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Full text of "Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche"

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SmtlFORD  VlflVERSITY  UBRARY 


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^"-^f&Mtk, 


rrinü'firrrifi 


^ealencyKopäbte 

für  j)roteftanttfd?e 

3n  öritter  oerbcfferter  unö  oermetjrter  2luf läge 

unter  Ztlittpirfung 
herausgegeben 


von 


Profeffor  in  Ceipjiö 


€Iftcr  :3anb 


1902 


2IIIe  Hed^te,  insbefonbcre  bas  bcr  llbcrfcfeunöi  für  jcben 
einselttcu  ^(rttfel  vorbcfialien. 


».  b.  t^of«  u.  Untb.«0u4brtitf(Tct  Don  i^r.  ^^unflc  (^nnae  &  6o^n),  (Erlangen. 


i^eqriiQttis  von  JlSftärinttgett. 


1.  eiblifi^e  efl^cr. 


:  ll^CDitlnig.  tu     : 

I  SitutttDiKunium.  ^r  : 


:  ©omuelH- 
:  ftönigt. 
:  Sgionila. 


?» 


:  ^Touctblen. 
:  ^!rc biger. 

totiee  ei(b. 
efaia«. 
:  geremiaa. 

;  ®flniet. 
:  ^o]ta. 
:  3o(I. 
:  ftmoB. 
;  Cbobja. 
:  aoro, 
:  aRi<^a. 
:  Sla^unt. 
:  ^abacuc. 


3t  =  3ep[|ania. 

Sag  =  ^oggoi. 
Sai^  =  Sadiaiiii. 

3Ra  =  IHültai^i. 

3ub  =  Subito- 

asri  =  aBeia^eit. 

lo  =  lobia. 

Si  =  Straifi. 

Sq  =  Sanit^. 

9HqI  =  aRallabacr. 

^t  =  3Ratt^fiuS. 

«Die  =  Stormä. 

Sc  =  SucoS. 

3d  =  aoSnnneä. 

Sl»  =  «poftelstFt^- 


ep6 

gl' 


«Sil 


=  mmtx. 

=  Soiint^n. 

=  «alfller. 

=  gptitter. 

=  BSiltppei. 

=  »olorter. 

=  Simot^euB. 

::=  lituS. 

=  mUtmoi,. 

^^  Hebräer, 

—  äalobufi, 

—  $etTU«. 
=  äuboB. 

=  XpoIalQpIc- 


«H        = 
«3        = 

■üzm  = 
ms      = 

liz      - 

Potthsat  — 

WO®      = 
SS91       = 


Du  C&nge 


t)8 
3bI6 


iansi 
ml 


2.  gcilf^riftcR,  6aaiKeI»nTc 
fivtilel.  HSO      - 

abitanblungeii  btr  Sertiner  Älnbtinie.     MSL       - 

ungemeine  bculf^t  Siograp^te.  ""' 

ftb^anblungen  bn  OläUlngcT  aefcnf^. 
btr  aSiUentdmften. 

«rt^iti  für  Siiterotur    unb  Äir^en- 
geic^it^te  bti  S(RilltIa(»rd. 

Hbtianbluiigen  b.  Wün^^ener  ^fabcnilc. 

Acta  Sanctornm  ber  Boffanhiftcii. 

ActaS&uctomin  otdiniB  s.  Beoedicli. 

ab^anblunge«  btt  6a*nf*eii  ®t\ta- 
t^üfl  btr  5Biflen|^Qfttn. 

Hlteä  ttftament. 

Sanb.     99be  =  SAnbc.       [dunensis. 

BibliothecA  mazima  Putram  Lng- 

Codez  diplomaticus. 

Corpus  Befonnatomm. 

Corpaa  Bcriptonun  ecclesinst.  lat. 

Dictionary  of  Christian  Antiqujtiee 
TOD  Bmlth  &  Cbeetham. 

Dictionary  of  christiaii  Biography 
von  Smith  &  Wace. 

Sleut|(fie  aitteralur-fieitung 

^  GlosBariom  medise  et   inÜmae 
latinitatlB  ed.  Dq  Gange. 
:  ®eut|d|t  Stil^rift  t.  Rir(^enre(6t. 
=  goTjdiunaen  jur  beutj^fn  OtfB&irfttc. 
=  %üllingi|c^c  gelehrte  Jlnieigen. 
=  ^iftorlf4c83abrbu(b  b.  mr^tiqe\<!U\di. 
-filftorifcöe  3eitf(&rllt  Don  v.  e^bel. 
n  Begeitapontif.Bom.eil.Jaffaed.il. 
=  3al|rbtii^cr  für  bcutfc^c  X^colugie. 
-  äa^rbü^tr  für  proteftant.  Xtjtoioqk. 
=  ftirt^tngtft^it^tc. 
=  ftitienorbnung. 
=  SiKrarifd^eS  Cftnlralblütt. 
-Collectlo  conoUiorum  ed.  Hansf, 
=  mngaiin. 
-" ,  GermaniM  hlstorica. 


IIb  bfli. 

Patrologiaed.Migne,  serieagraeea- 

Patrologia  ed.  Migne,  Beries  latina- 

SRitttilungen.  [«(((^itötShinbe. 

9teue8  fIrd|iD  für  bie  fllterc  bnitf^c 

ißeue  i^olge. 

9tciie  Sii^tbü^cr  f.  btutf(^c3^co(i>gle. 

Weue  rircblii^t  Seitf^rift. 

9teued  Z'eftamtnt. 

^irtulift^e  3a^r6ü(!^er.       [PotthaoL 

RegeBta  pontificnm  Romanor.  ed. 

JRiJtnitÄe  Ouarlaltdirift. 

@lgungSberii$te  b.  berliner fltobemle. 

b.  äßünt^ntT  . 

b.  SBiener         . 


S63» 
If)OS    - 


.  Scriptores. 

I6e(ik',iiitl)i-;  3o§rc«6«l*l. 
StBtDliMiHli.o  fiitcraturbtoll. 
lu  fliteroturjdtung. 
.t'i  Ouartol(d)rifl. 
Ifjcoli'iiiiti]''  Stubien  unb  aritifcn. 
Xtftc  unb   II nteifu [jungen    ^rauS- 
g«g.  Don  d.  ®tb^arbt  u.  ^amad. 
Urhinbtnbui^. 
93erfc.     »ti  Sut^tr: 
^erfc  Urlongcr  fluSgabc. 
ntxU  XSdniarcr  ?(u3gabe.      rfdia|t. 
gcilJÄrift   [iir  flltttflamenll.  Biffen- 

,    für  bcuifcficd  ^lleribum. 

„    b.  beulte  morgenl.  ©efcOf^ 

„    b.bcull^.^QläflinaSerdnfl. 

„    für  ^iftoiifrfie  Ibcologlf. 

„    für  ftirdiengci^iditc. 

,    für  Hirdicnrc^l. 

,    für  lal^ülifdit  Xbcoloatc. 

„     für(lr(^1.38if(i:n[(6.u.ee6«n. 

„    für lutticr.  :7t)f ulogicu. fttr^e. 

.    für  $rDlcftanltSmuS  U.  ftir^t. 

,    für  Sbeologie  unb  fiird)C. 

.    für  mtffenfd^ftl.  X^tologtc. 


Sonflantinifd^e  Sd^nilttiig.  —  Sefte  $(u$gaBe  be$  Zcitt^:  StaxlStumcx,  ^er  filtefte 
Xcyt  be§  Äonftitutum  Äonftantini  in  grcftgabe  für  SRubolf  Don  ®neift,  ©erlin  1888.  Qux 
®efcfti4tc  ber  Urtunbc  t)gl.  3)öIIinger,  $apftfabc(n  bc8  9KitteIaItcrÄ*,  @.  72—125;  ®icrfe, 
3)eutf(öe«  ®cnüffenf*aft«rc^t  93b  3.  8ur  Äritll  ögl.  t»on  ber  älteren  ßitteratur:  Nico- 
laus Cusanus,  De  concordantia  cathoUca  1.  III,  c.  2,  ed.  Schardius,  SyUoge  II,  p.  357;  6 
Laurentius  de  Valla,  De  falso  credita  et  ementita  ConstaDtiDi  donatione  declamatio, 
editio  princeps  Don  Ulric^  Don  ^utten,  ^ain^  1518,  mir  nur  gugöngtic^  in  bem  9^eubrud 
beS  SafobuS  ^arcud,  Lugduni  Batavorum  1620;  Beginald  Pecock,  The  repressor  of  over 
much  blaming  of  the  Clergy,  ed.  Churcliill  Babington  in  Rolls  Series  t.  II,  p.  351—366; 
Marqu.  Freher,  Constantini  donatio  integre  edita,  1610;  JeanMorin,  De  la  a^livrance  de  lo 
l'^glise  Chrestienne  par  Tempereur  Constantin,  P.  III,  eh.  2,  1630;  Petrus  de  Marca,  De 
concordia  sacerdotii  et  imperii,  1.  III,  c.  12,  p.  15,  VI,  c.  6,  §  6  ed.  II,  $ari8  1669; 
Guiacciardini,  Dissertatio  de  origine  potestatis  saecularis  in  Bomana  ecclesia  in  Herrn. 
ConriDgii  De  Germanorum  imperio  Bomano  liber  unus,  Helmestadii  1694;  H.  Altus,  Do- 
natio Oanstantini,  Helmestadii  1703;  Cenni,  Monumenta  dominationis  pontificiae,  Romae  15 
1760,  t.  I,  p.  306.  —  «U8  htm  legten  Sa^rl^unbert  t)gl.:  Wündi,  Ueber  bie  erbiditete 
6(^entung  5)*on[tantind,  ©ermifc^te  3cf)viften,  Subtvigdburg  1826.  <B.  185 ff.;  Bianchi,  Della 
potestä  e  polizia  delJa  chiesa  V,  p.  1,  201;  3)ö(Iinger.  ^Q{)ftfabeln  q.  a.D.;  Civiltä  catho- 
lica  1864,  Serie  V,  vol.  X,  p.  303 f.;  3anu«,  S)er  $apft  unb  ha^  Äonjil,  fieipjig  1869; 
^ergenrötfter,  Äird)e  unb  ©taat,  S.  360ff.,  1872;  CJolombier  S.J.,  l^tudes  religieuses  t.  XI,  ao 
p.  801  ff.,  1877;  Bionneau,  La  donation  de  Oonstantin,  Lisieux  1879;  ®melin.  ^ad  ©(^en- 
fungdDerfpre(^en  unb  bie  @4enfuna  $ippind  (5.  36  f.,  3Bien  1880;  kartend,  ^ie  römifd^e 
gragc  S.  346 f.,  Stuttgart  1881;  fiangen  in  ^8  1«83.  »b  50  (14),  8.  4l3ff.;  berf..  ©cfd^. 
ber  römifd)en  Äirdje  öon  fieo  I.  big  9?ifo(au8  L,  8.  724 ff.;  trauert  in  ^3®  93b  3  ©.3 ff., 

4,  S.  45ff.,  525 ff..  5,  S.  117 f..  1882—1884;  Kaufmann  in  Wündjener  ?iag.  Leitung  1884,25 
Beilage  14.  15;    93anet  im  Annuaire   de   la   facult^   des  lettres  de  Lyon,  Fase.  I,  $arid 
1884;  -öeilanb  in  S»^  22,  ©.137  ff.,  185  ff.;  »runner  in  Sreftgobe  für  ©neift,  ©crlin  1888, 

5.  Iff.;  3eunier  a.  q.  O.,  @.  39 ff.;  ^audt  in  3WBß  3,  6.  201  ff.;  griebri*,  S)ie  fonftan» 
tinifdie  ©t^entung,  9iörblingen  1889;  Sparten«,  S)ie  falfcfte  ©eneralfonjefpon  ÄonftantinÄ, 
Wunden  1889;  berf.,  ©eleutfttung  ber  neueften  Äontroöerfen  über  bie  römifcfte  grage  unter  90 
¥ippin  unb  Äarl  b.  ®r.,  ^üncften  1898,  ^jfurÄ  III,  6.  151  ff.;  fiampredjt,  S)ie  römifdje 
5rage  t)on  ftönig  ^ippin  biÄ  auf  ftaifer  Submig  ben  frommen,  ßcipjig  1889,  ©.  117 ff.; 
Serüger,  1623  14,  429 ff.,  455 ff.;  ©d|effcr.93oic6orft  in  mt  be8  öfterr.  Snftitut«  für  ®e= 
fdiidjtöfcrfdjung  10  (1889),  ©.  302ff.,  11  (1890),  @.  128ff.;  ©eeberg  in  2^2»  11  (1890), 
©.  25 ff.,  33ff.,  41  ff.;  fioening  in  ^S  65(29),  ©.193 ff.;  Pinton,  Le  donazioni  barbariche  86 
ai  papa,  loro  importanza  per  l'ordine  del  potere  temporale  della  chiesa,  Borna  1890; 
Thonias  Hodgkin,  Italy  and  her  invaders  7,  @.  135 ff.,  Ojforb  1899. 

Donatio   Constantini,    Äonftantintfd^e  ©d^enfung   nennt   man   fett  bem   f}>äteren 
3Rittelalter  ^erfömmlic^iertneife  eine   angebUd^   bon  Äonftantin   bem  ®rofeen  bem  $a))fie 
@tlt>efter  I.  au^efteUte,  umfängliche  Urfunbe,  toeld^e  unter  bem  2:ttel  constitutum  domni  10 
Constantini  imperatoris  guerft  in  bem  Codex  Paris,  lat.  2777  saec.  IX  (ineuntis  ?) 
auftaucht.    2)te  Urfunbe  gehört  fett  bem  11.  S^^^wnbert  jju  ben  §auj)tbeh)etdftü(fen  ber 
päpftlic^ien  ^rtei.    ©ben  beö^alb  ift  fte  fett  bem  12.  ber  ©egenftanb  fe^r  lebhafter  Rom 
tromfen  getoefen,  beren  ©innren  fogar  in  ber  bolfötümlic^ien  6age   unb  Did^tung  ftd^ 
t>erfolgen  laffen.    ^ugletd^  „ffot  fte  nid^t  varn  toenigften  bie  änfc^iauungen  geförbert,  auf  tf 
benen  bie  t^retifipe  9leiej)tton  be«  römifdyen  Siecht«  im  5Dlä  beruht,   ba  fte  e«  ermög« 
Hellte,  burc^i  bod  5Kittel0ueb  be«  5ßa))fttumd  eine  3led^tdfonttnuität  gtoifd^en  bem  Sleic^ie  ber 
ri)mif(^ien  3n^wö^oren  unb  bem  mittelalterlic^ien  Jtaifertum   ^ergujteDen".    Sie  l}at  alfo 
bie  h>ettgef$t4tlt4ie  Snttutcfelung  in  ^o^em  3Ra^t  beeinflußt.    Sben  be^toegen  ift  bie  ^age 
nadf   i^er  ^ethinft  unb  ßntfte^ungdjeit,   na^bem  im    15.  3<^r^unbert   i^re  Uned^t^ett  w 
borget^  tpot,  bid  auf  bie  neuefte  ^t\t  k)on  einer  loum  überfe^baren  Steige  k)on  ©ele^rten 

McoMhK^noyftMc  fftc  Z^Ioglc  nnb  ttMt.    8.  K.  XI.  X 


2  ftonflatittitifd^e  Sd^enluitg 

erihrtert  tuorben,  o^ne  ba^  bod^  btc  f^orfd^ung  ^u  einer  aUgemetn  acce))tierten  Söfung  bed 
^roblemd  gefü^  l)ättt  Slngeftd^tö  btefer  %f}ai\adf^,  fotuie  angeftc^tö  ber  ^o^en  gefc^td^t- 
lic^ien  Sebeutung  ber  Urlunbe  toirb  eg  ftc^  emjife^len  1.  furj  t^ren  3in^alt  mitzuteilen, 
2.  einen  Überblid  übet  i^re  ©efc^id^te  unb  3.  übet  bie  Snttoidelung  ber  jlritil  gu  geben, 
6  unb  enblic^  4.  furj  über  ben  gegentDörtigen  ©tanb  ber  ^orfc^ung  ju  orientieren. 

1.  gn^ItberUrfunbe.  9?ad^  fe^r  eigentümli^en  ^rotofoH  (§  1)  Kln^ 
bigt  ber  Äaifer  §  2  eine  liquida  enarratio  ber  tounberbaren  2^aten  an,  toeld^e 
bie  3(t)oftel  $etrud  unb  $aulu^  burc^  ben  summus  pontifex  et  universalis  papa 
©ifcefter  t)errid^tet  ^aben.    Sebor  er  aber  biefe  liquida   enarratio   giebt,   teilt  er  §  3 

10  unb  4  ba^  ©laubendbelenntnid  mit,  bad  @Uk)efter  i^n  geleiert  l^abe ,  unb  ermal^nt 
im  änfd^Iuffe  baran  aDe  SSöIIer,  fic^  ^u  biefem  ©lauben  ju  belegen  unb  ben 
ßi^riftug,  ben  ber  pater  noster  universalis  ©ilbefter  l^rebige,  anzubeten,  hierauf  bc^ 
rieftet  ber  Äaifer,  im  tocfentlid^^en  übereinftimmenb  mit  ber  ©ifoefterlegenbe,  toie  er  in 
9lom   k)om  3lug{a|  befallen,  burc^  ben  inluminator  noster  Silvester   bete^,  getauft 

16  unb  gel^eilt  toorben  fei,  §§  6—10.  SDobei  fei  i^m  Bar  getoorben,  toelc^^e  (äetoalt 
ber  ßrlöfer  5Kt  16,  18  bem  5ßetru«  berliel^en  ^abe.  Um  ft*  nun  für  5ßetri  ©0^1=: 
tl^ten  ertenntlid^  gu  geigen,  l}äbt  er  im  @ink)erftänbnid  mit  feinen  „Baixtiptn'*,  bem 
^mat,  aQen  Dli)timaten  unb  bem  gangen  römifc^en  93oI!e  ed  für  angegeigt  gehalten,  bie 
potestas  principatus  ber  äSilare  bed  3l))oftelfürften   anguerlennen,  unb  befqitoffen,   ben 

20  ©ift  be«  $etrud  über  feinen  irbifd^en  I^ron  gu  er^öl^en,  inbem  er  bemfelben  imperialis 
potestas,  gloriae  dignitas,  vigor,  honorificentia  Derlei^e  (§  11).  —  tiefem  Se- 
fd^(uf[e  gemä^  „fanitioniert''  er  gunäd^ft  §  12  ben  $ringi))at  ber  sedes  Petri  über  bie 
praeeipuae  sedes  Slntioc^ien,  me^anbrien,  jtonftantinopel,  ^erufalem  unb  aUe  Jlird^en 
be«  Srbfeeife«.    SBeiter  l)erfügt  er  §  18,  bafe  bie  bon  ti^m  im  Sereic^e  be«  2ateran= 

25  (Hilafted  gegrünbete  ©albatorKrd^e  atö  caput  et  vertex  omnium  ecclesiarum  in  uni- 
verso  orbe  bere^rt  toerbe,  unb  teilt  gugleic^  mit,  ba^  er  auc^  bem  ^etrud  unb  ^aulu^ 
Jttrd^en  gebaut  unb  benfelben  pro  concinnatione  luminariorum  feine  ^^largitas", 
b.  i.  feinen  93eft|  in  ludaea,  Graecia,  Asia,  Thracia,  Africa  et  Italia  vel  diversis 
insulis  gefd^enlt  ^abe.    hierauf  berma^ft  er  §  14  ben  ^ö^ften  ben  Sateran))alaft,  ben 

80  crften  ^otofi  bed  (Srbfreifed,  berlei^t  ©ilbefter  fein  laiferlic^ed  Diabem,  bie  ^Ritra,  bad 
Pallium,  bie  $urt>urd^lamVd  unb  bie  ^ur^urtunita,  bie  !aif erlid^en  ©gef^ter,  banda,  b.  i. 
^^nen,  lurg  bie  gange  processio  imperialis  culminis.  ^im  älnfc^lu^  hieran  bebenft 
ber  Jtaifer  §  15  gleich  aud^  bie  römifc^en  Jtlerifer  mit  ^o^en  ©nabenerh^eifen :  fie  erhalten 
©enatorenrang  ui&  bamit  bie  Dualifitation  gum  ^atrigiat  unb  5tonfulat  unb   gu    allen 

85  übrigen  dignitates  imperiales ;  tueiter  berleil^t  er  audp  i^nen  getoiffe  @^renabgeid^en  an 
i^^rer  Kleibung.  Slber  bon  ben  Älerifem  toenbet  ftd^  ber  Äaifer  gleid^  toieber  gu  bem  $a))fte 
felbet;  er  ]pxx6)t  bemfelben  bad  au^fd^lie^lid^e  Siecht  gu,©enatoren  gu  kentern  gu  tuei^en, 
unb  \oaxnt  nadf^brüdfltd^^  bor  anmafeenber  Übertretung  biefe^  ®ebote«.  —  2)arauf  beridSitet 
itonftantin  §  16  toeiter,  ba^  ©itoefter  cd  abgelehnt  ^abe,  bad  taif erliefe  Diabem  über  ber 

40  Corona  clericatus,  ber  Sonfur,  gu  tragen,  ©o  l^be  er  benn  bie  toei^e  3)litra  i^m  mit 
eigner  $anb  auf  ben  aQer^eiligften  ©d^eitel  gefegt  unb  aud  S^rfurc^t  gegen  ben  ^l.  $etru^ 
iS)m  ben  2)ienft  eine«  strator,  b.  i.  ©taüfnec^t«,  geleiftet.  3"  3"^"^  fc^li^fet  ber 
5paffud,  foDen  aDe  $ä))fte  bei  öffentlid^en  Slufxügen  bie  SKitra  tragen.  —  gemer  aber, 
fä^^rt  ber  itaifer  §  17  fort,  überlaffe  er  bem  ^at)fte,  bamit  ber  j^öpftlid^e  I^ron  nic^t  er* 

45  niebrigt  toerbe,  nid^t  nur  ben  £ateran))alaft,  fonbem  aud^  ad  imitationem  imperii 
nostri  bie  potestas  et  ditio  über  bie  urbs  Roma  et  omnes  Italiae  seu  occiden- 
talium  (=  abenblänbifd^  bgl.  orientalibus  1.  272)  regionum  provintias,  loca  et 
civitates.  Nostrum  Imperium  et  regni  potestatem  berlege  er  (§18)  nac^  bem 
Orient,  loo  er  gu  S5j9gang  eine  Slefibeng  pc^  grünben  tooUe.    „SDenn  e«  ge«emt  ftd^  nicbt, 

60  ba^  ein  irbifd^er  Jlaifer  ba  ^errfd^t,  too  bon  bem  ^immlifd^en  Jlaifer  bad  ^rftentum  ber 
95riefter  unb  ba«  ^aiipt  ber  Sieligion  feinen  ©i|  erhalten  \)aV'  —  2)arauf  bef(^|h)5rt  ber 
waifer  §  19  alle  feine  5Rad^folger,  alle  Dptimaten,  „©atrat)en",  ben  ©enat  unb  aDe« 
Soll  be«  @rblreife«  an  biefen  Verfügungen  nid^t  m  rütteln  unb  toünfd^t  aOen  3utt)iber^ 
bmibelnben  in  eigentümlid^er  ^ormel  bie  etoige  älerbammni«.    @«  folgt  §  20  noc^  bie 

55  aRitteilung,  ba^  er  biefe  Urfunbe  eigen^änbig  untergeic^net  unb  eigen^önbig  auf  bem  Seibe 
be«  ^l.  $etru«  niebergelegt  ^abe.  3Rit  ber  subscriptio  imperialis  unb  bem  5Datum 
jc^lie^t  bann  otblid^  ba«  umfängliche  ©c^riftftüd. 

2.  Oefd^ic^te  ber  Urfunbe.  6«  ift  eine  biel  erörterte  ©treitfrage,  ob  fd^^on 
5Pat)ft  ^abrian  I.  in  einem  93riefe  an  Äarl  b.  ®r.  bom  5Kai  778,   codex  Carolinus 

eo  nr.  60,  ed.  ©unbladj;  MG  EE  3,  @.  587,  ^affe  nr.  2423,  auf  bo«  constitutum  am 


ftoitfUiitÜitif4(  Sd^enlittig  3 

\pkU.  S)er  ©a^,  in  bem  §abrian  Äonftantin  unb  ©ifo^ftcr  crtoä^nt,  3-9ff-/  \^^it^ 
unfcre  Urlitnbe  Dorau^ufe^en,  bte  folgenben  ®ä$e,  3*  ^^ffv  füllten  el^er  ju  ber  gegen- 
tcUtgen  STletnung.  Setoetfen  lä^t  ed  ftc^  fomtt  ntd^t,  ba^  ^abrian  bie  Urtunbe  im  @tnne 
^Kttte.  Unonfed^tbar  tft  bagegen  ba^  S^^ntö  be$  codex  Paris,  lat.  2777.  @r  jeigt, 
bo^  bad  constitutum  ju  SBeginn  bed  9.  ^o^r^unbert^,  ja  bielleu^t  fc^on  k)or  793,  in  s 
@.  ^D^i^,  alfo  im  ^onfenreic^e,  betannt  toax.  3)em  ^onfcnreic^e  gehören  and)  bie 
nac^ftälteften  3^0^  f^  ^  äSor^anbenfein  ber  Urtunbe  an:  ^feuboiftbor  ed.  $infd^iud 
I,  569  ff.,  älbo  Don  Siienne  de  sex  aetatibus  mundi  ad  306 ;  MSL  123, 92,  $in!mar 
t>tm  Sleimd,  de  ordine  palatii  c.  13,  MG  Capitularia  II,  p.  522.  Dagegen  ^t  man 
in  Stom  im  9.  unb  10.  ^a^r^nbert  fu^  nie  auf  bie  Urtunbe  belogen.  @rft  }h)ei  lo 
„frdnfifc^"  ^Paj>fte  ©regor  V.  unb  (Serbert,  ber  gtoeite  ©Ubefker,  ^aben  fic^f  i^rer  gur 
Segrünbung  gett)tf[er  territorialer  9lnf))rü(^e  bebient.  älber  fte  enegten  bamit  am  $ofe 
Dttod  III.  fo  großen  Slnfto^,  ba^  ber  laiferlic^e  Rangier  Seo  k)on  SerceQt  ftc^  nidft 
fc^eute,  in  (einer  Urtunbe  für  bie  römifd^e  Äirc^  bad  constitutum  turger^nb  für  bie 
^{(^ng  eined  getoiffen  Johannes  digitorum  mutilus  )u  ertlören  (t)gl.  MG  Dip- 15 
lomata  Ottonis  III.  nr.  389,  Diplomata  II,  p.  818ff.  unb  Slod^  31%  22, 
©.  92  ff.  Ob  ber  go^^anne«,  ben  2eo  nennt,  ibentifd^  ift  mit  bem  Äarbinal  3o^ne«, 
bem  2lo^ann  XII.  964  bie  $anb  abladen  (ie^,  erfc^eint  gtoeifell^ft,  t)gl.  ^^öUinger, 
^5at)flfobeIn  *,  ©.  82).  9?ac^  biefem  erften  fd^arfen  angriff  bleibt  bie  Urtunbe  toieberum 
ein  boQed  ^albed  2!a^r^unbert  ^inburc^  gang  unbeachtet.  @r[t  toieber  ein  „frönttfc^''  20 
^3a))ft,  Seo  IX.,  entreiß  fte  gum  gtoeitenmale  ber  SSergeffen^eit,  aber  er  Dertuertet 
fte  in  ber  Sudeinanberfe^ung  mit  S^gong  gleid^  fo  energifd^,  ^aff^  nr.  4302,  ba^ 
fte  nun  nid^t  toieber  ber  SSergeffen^eit  anheimfällt,  fonbem  me^lr  unb  me^r  für  bie 
pcüpf&ii^t  Partei  bie  93ebeutung  eined  tlaffifc^en  9eh)eidftü(ted  getoinnt.  ©d^on  $ier 
Domiani  beruft  ftd^  auf  fte  mit  9ta(^bru(t  im  jtampf  gegen  Aabolud  k)on  $arma  (dis-  36 
ceptatio  synodalis  MG  libeUi  de  lite  I,  p.  88).  ©regor  VII.  fpielt  auf  fte  an  in 
ber  Sibedformel,  bie  er  1081  bem  ©egentönige  ^^^^^^i^n  k)on  ©alm  borlegen  lä^t  (MG 
Constitutiones  I,  p.  559).  ©ein  9$ertrauter,  ber  Jlarbinal  2)eu$bebit,  f^ric^t  im  ^in- 
blid  auf  fte  in  bem  fogenannten  dictatus  papae  bem  ^aj|)fte  taiferlic^e  @^renre(^te  gu 
(Dgl.  ©adfur  in  9131  18,  ©.  197  ff.)  unb  nimmt  fte,  toie  fcpon  borl^er  änfelm  bon  Succaso 
in  feine  itanonenfammlung  auf.  Sud^  k)on  ben  ^ubligiften  bed  beginnenben  12.  l^a^r^ 
^unbertd  toirb  fte  eifrig  benu|t  unb  gum  Seil  gu  fe^r  toeitge^enben  ©c^lüfjen  bertoertet 
(^ugo  bon  t^leur^  ca.  1105  in  De  regia  potestate  et  sacerdotali  dignitate  II, 
lib.  de  lite  II,  p.  486;  ^tacibud  bon  9tonantula  ca.  1111  in  De  honore  ecclesiae 
c.  57,  91,  151,  ebb.  p.  591f.,  614,  635;  disputatio  vel  defensio  Paschalis  papae  86 
ca.  1112,  ebb.  p.  664;  i^onoriud  äluguftobunenfi^  ca.  1123  in  De  summa  gloria  c.  17, 
ebb.  III,  p.  7ir.).  Äurg,  gu  Seginn  be«  12.  ga^rl^unbertd  ift  ba«  noc^  bor  50  3a^en 
faft  berfd^oQene  3)otument  überall  berbreitet,  betannt  unb  ald  tvertboQe  SQSaffe  im  Aampfe 
gegen  bie  toeltlic^e  3Rad^t  ttpxobt  @ben  baburd^  aber  fallen  ftc^  aud^  bie  Slntoälte  ber 
lederen  genötigt,  ftd(f  mit  ber  Urtunbe  au^einanbenufe^en.  3lnx  fe^r  feiten  gefc^^  bad  «o 
too^^l  in  ber  Seife,  ba^  fte  biefelbe  gerabegu  gum  ^etoeid  i^rer  Si^efen  bertoerteten,  in« 
bem  fte  g.  93.  aud  §  17  bie  Berechtigung  ber  Saieninbeftitur  folgerten  (©regor  bon  Satina, 
Orthodoxa  defensio  imperialis,  c.  4  lib.  de  Ute  II,  p.  537).  ^n  ber  Siegel  ber^ 
fuc^ten  fie  too^l  nur,  o^ne  bie  @^t^eit  ber  Urtunbe  gu  beftreiten,  ftc^  ben  rechtlichen  iion« 
jequengen  berfelben  gu  entgie^en  unb  bie  3nter})retation  ber  ©egner  al^  falfc^  gu  ertoetfen,  45 
inbem  fie  barlegten,  bafe  Äonftantin  unb  feine  9lac^folger  laut  bem  geugni^  ber  Über« 
lieferung  nie  auf  bie  ^errfc^aft  über  ^Italien  bergid^tet  ^tten  (fo  bie  3)tön(^e  bon  ^rfa 
1105  bgl.  ben  Seric^^t  be«  ®regor  bor  ßatina  in  historiae  Farfenses  c.  20—22,  SS. 
XI,  p.  569—571,  unb  ö^nlid^  auc^  bie  fautores  imperii,  beren  3lnft(^|ten  Dtto  bon 
greifing  1143—1146  in  feiner  S^ronit  IV,  c.  9  ed.  ^er^  p.  478 f.  toiebergiebt),  ober«) 
ba|  JtonfUmtin  ©ilbefter  nie  mit  ben  9iegalten  belel^nt  ^abe  (fo  lot^ringifd^e  Sln^änger 
^nnric^  V.  um  1120  nac^  $ugo  ^ReteQud,  Certamen  papae  et  regis  v.  133  ff.,  lib. 
de  Ute  III,  p.  718  f.).  aber  aB  folc^e  äudfü^rungen  berfe^lten  i^ren  S^td,  fo  lange 
man  ber  Urtunbe  felber  nid^t  beigulommen  bermoc^te.  $iergu  fanb  SRittel  unb  SSiege  erft 
bie  re))ttblttanif(^  Oppofttion  in  bem  ))ä))ftlic^en  Stom,  unb  ibr  Se^rmeifter  toar  auc^  in  66 
biefem  ©tücte,  tx)ie  ed  fd^eint,  älmolb  bon  93red€ia:  ein  Sln^önger  Slmolbd,  ein  ^urift, 
befiritt  ca.  1151  in  einer  SDi^utation  im  pä^ftlic^en  $alaft  mit  bem  ftreitbaren  $ro^ft 
®er^o^  bon  Sleic^er^erg  gum  erftenmale  bie  red^tlid^e  ©iltigteit  ber  Urtunbe,  „toetl 
ibmftontin  in  ber  arianifc^en  ^ärefte  getauft  ober  toieber  getauft  fei  (®txf)o\),  De  novi- 
tatibus    huius    temporis    c.  11,    lib.   de  lite  III,    p.  296;    Gommentarius   in  lo 

1* 


4  ftonftonttttifd^e  Sd^enlnitg 

psalmum  64/65,  ebba.  p.  447).  9lbcr  hierbei  blieben  bte  älmolbtften  nid)t  fielen:  fte 
ertlärten  1152  bte  gange  Urhinbe  runbtueg  für  ein  mendacium  unb  eine  fabula 
haeretica  unb  fuc^ten  biefe  Sel^auptung  erftmoli^  ^iftorifd^  )u  begrünben,  inbem  fte 
barauf  ^intoiefen,  ba^  nadf  ^{eubotftbor  ^nftanttn  bereite  bor  fetna  Snhinft  in  9lom 

öbie  iaufe  empfangen  \)ahi  (Srief  be«  Slmolbiften  SBejel  an  Sorbarojfo,  Wibaldi 
epistulae  nr.  404,  ed.  3<^ff^»  rer.  Germ.  bibl.  I,  p.  542  f.).  Slttein,  toad  bie  l^äre« 
tifc^en  Slmolbiften  be^au]t)teten,  ntad^te  toeber  auf  bie  Sln^nger  bed$a))fted,  nod^  auf  bie 
Sn^änger  bed  Jlaiferd  (Sinbrucf.  ^ebrid^  I.  erinnerte  ftd^,  ald  ^abrian  IV.  Don  ü^m  ben 
SRarfd^aUdbienft  forberte,  nid^t  an  993^eld  in^altreid^en  Srief,  unb  feine  Parteigänger  unb 

10  ^reunbe  toagten,  fo  anftö^ig  i^nen  bie  Ürlunbe  fd^ien,  boc^  nie  beren  @d^t^eit  ju  bejtoeifeln, 
fonbem  begnügten  ftd^,  gleid^  jenen  älteren  fautores  imperii,  bie  red^Üid^en  Jtonfequengen 
berfelben  unter  $inn>eid  auf  Jlonftantind  Sleic^teUung  unb  93ibelftellen  toie  Tlt  22,  21, 
abgule^nen  (Dgl.  ©ottfricb  bon  SSiterbo,  Pantheon  22,3,  SS  22,  p.  176.  äud^f  für 
®er^o^  ift  bie  @(^en!ung  ein  Stein  bed  älnfto^ed.  De  investigatione  I,  üb.   de  lite 

US  III,  p.  393  f.,  de  quarta  vigilia  noctis  ebb.  p.  51 7  f.).  Um  fo  guDerftd^tlic^er  beriefen 
fid^  feit  6nbe  be^  12.  ga^r^unbert^  bie  ^äjjfte  felber  auf  ba«  constitutum  (^nnocenj  III., 
sermodes.  SilvestroMSL217,  p.  481  ff.;  ©regorIX.,  Raynaldi  annales  ad  1236, 
24,  p.  481),  ja  im  13.  S^^^^wnbert  Derftiegen  fte  ftd^^  fogar  gu  ber  fbäter  oft  loieber^ 
polten  9el^au))tung,  ba^  fionftantind  jtonjef^onen   nic^td  toeiter  feien  cd^  Sleftitution  ber 

30  bem  ^I.  $etru^  bi«  auf  feine  3^*  unred^tmä^ig  Vorenthaltenen  Siechte  (^nnocenj  IV. 
5ßott^ft  nr.  11848).  Slber  je  überfj)annter  bie  3tnf}>rü4>e  ber  Kurie  tourben,  um  fo 
ftärler  toarb  bie  älbneigung  nic^t  nur  ber  Sln^änger  ber  toeltlid^en  ®en>alt,  fonbem  aud^ 
ber  kommen  gegen  bie  un^eilboUe  Urlunbe.  @($on  @nbe  be^  12.  ^a^r^unbertd  begegnet 
bte  Sage,  ba|  in  bem  Slugenblidte,  too  Jtonftantin  bem   @tul^le   k)on  9{om   „Jtreuj, 

36  @))eer  unb  Jtrone  übertrug"  eine  Xeufetö«  ober  eine  (Sngel^ftimme  laut  gerufen  ^abe : 
„^tid^  ift  ber  Äird^^e  ®ift  eingeträufelt  toorben".  Sluf  Orunb  biefer  ©oge  gelangten 
bann  bie  SSalbenfer,  Jlati^rer,  9t)}oftelbrüber  ju  ber  Uebeneugung,  ba|  Aonftantind 
@c^en!ung  in  ber  @nth)idelung  ber  Jtirc^e  bie  SSienbung  mm  ^faU,  jum  ^ntic^ftentum 
bejeic^ine,  ja   ba|  ©ilbefter  ber  ^ntid^rift   fei  (Dgl.  SJöllinger,  ^a))ftfabeln,  6.  111  ff.). 

80  ^te  ®age  fe^t  bie  @(^t^eit  bed  constitutum  l>orau^.  @elbft  ben  Jte^em  fäQt  e^  alfo  im 
13. 3^^^.  nic^t  ein,  biefelbe  gu  bejtoeifeln  —  fo  fe^r  bel^errfd^^t  bamal«  bie  Urlunbe  bie®  e= 
f(^i(^t^uffaffung  bed  Slbenblanbe^  (barüber,  ba^  fte  @nbe  bed  13.  ^a^^l^unbertd  aud^  im 
Orient  befannt  tourbe,  bgl.  SJöDinger  ©.  78).  (grft  um  bie  SBenbe  be«  13.  unb  14.  Sal^r« 
bunbert«  erhält  ba^  faft  fanonifc^e  SJnfe^en   be«  ©c^riftftüdfe^  einen   ftarlen  ©to^:    bie 

86  Stiften  $^Ui^j>ö  be«  Schönen  fommen  gurüdf  auf  bie  3be«t  jene^  amolbifttfc^ien  fünften, 
mit  bem  ®erl^ol^  1151  bieputierte:  fte  beftreiten  toieberum  bie  rec^tlid^e  ®iltigteit  ber 
©c^enlung  (k)gl.  ^ierre  3)uboi^,  Deliberatio  ed.  ^u))uV,  Hist.  du  diffär.  entre  Boni- 
face  VIII  et  Phil,  le  bei,  preuves  p.  45 f.,  bie  ©c^enfung  ungiltig,  prout  con- 
corditer   dicunt   doctores   legum.    ^ie  Quaestio   in   utramque   partem   dis- 

loputata  ed.  ®olbaft,  Monarchia  II,  95  ff.  fü^rt  nid^t  weniger  al^  fünf  juriftifc^e 
®egengrünbe  gegen  bie  ©d^^enfung  in«  gelb).  3)iefe  3:^eorie  finbet  fogleic^  an  ber 
5ßarifer  UniDerfttät  großen  Seifall  (t)gl.  S'^^önn  Don  $arig.  De  potestate  regia  et 
papali  c.  22,  ®olbaft  ebb.  I,  140)  unb  t)erbreitet  ftc^  k)on  ^ari«  aud  über  alle  anberen 
i^änber  bed  Occibentd.     Slber  nur  auf  folc^e  ec^t  fd^olafttfc^e  äßeife  Vermag  man  fic^  im 

46  14.  SöJ^^^wnbert  ber  unbequemen  Urfunbe  ju  entlebigen.  SDie  SKöglic^feit,  bafe  biefelbe 
eine  ^älfc^ung  fei,  fa^t  man  nie  emftlid^  in«  ätuge:  auc^  ^Rarftliu«  t>on  $abua  f^ielt 
nur  mit  biefem  ®ebanlen,  Defensor  pacis  I,  c.  19,  ed.  ®olbaft,  Monarchia  I, 
p.  187.  6rft  im  15.  Sö^^^^unbert  tritt  an  ©teile  ber  iuriftifdjj-fd^folaftifd^^en  SDebuttion 
toieber  bie  ^iftorifc^e  Äritif,   unb   ber  erfte,  ber  biefen  SDBeg   toieber  einfd^lägt,   ift   ein 

60  Deutfd^er,  9ti!olau«  k)on  ^ue«.  9iad^  fel^r  grünblid^er  ^iftorifc^er  Unterfuc^ung  tommt  er 
1432/33  in  feiner  concordantia  catholica  III,  c.  2  )u  bem  @rgebni« :  Gonstantinum 
imperium  per  exarchatum  Ravennatem,  urbem  Romam  et  Occidentem  papae 
minime  dedisse.  ^ie  donatio  ift  bemgemä^  feiner  älnftd^t  nac^  ein  dictamen  apo- 
cryphum.    1440  folgt  bann   bie  glänjenbe  declamatio  be^  Saurentiud  be  SaQa,  in 

56  toel^er  bie  Urhtnbe  ebibent  atö  ^fc^ung  ertoiefen  toirb,  unb  1450  bie  ettoad  fd^toer^ 
fällige  ^arlegtmg  9leginalb  $eco(f^,  ber  ganj  felbftftänbig  ju  bemfelben  Slefultat  ge- 
langt, toie  Siix^  unb  '^aüa,  Slber  über  ein  ^al^r^unbert  foQte  nod^  l>erge^en,  e^e 
bie  Unec^t^eit  be^  constitutum  allgemein  ^ugeftanben  tourbe.  älm  frü^eften  mad^ten 
SSalla^  älrgumente,  toie  ei^  fc^eint,  @inbrudt  am  beutfc^en  $ofe.    ^ier  fteUte  ^tccolomini 

eo  f^on  1443  ben  älntrag,  auf  bem  neuen  ©eneraltonjil,  beffen  Berufung  er  em)}fa^l,  auc^ 


ftonflatitttiifd^e  Sii^enlitiig  5 

bie  „Diele  ©eifler  Derioirrenbe  Stage  öon  ber  fonftanttnifd^en  ©c^enhing"  jur  Sntfd^bung 
)u  bringen  (Pentalogus  ed.  ^ej,  Thes.  Anecdot.  IV,  p.  3,  679 ;  ^iccolomtni^  Urteil 
über   bie  Urtunbe  J^UmiU  ftd^  überbied   in  ber  üReic^fanjIei,  fort,  bgl.   3Rt  bed  öfterr. 
^nfütutd  2,  @.  115  f.).    9lber  ju  einer  rücf^altlofen  Snerlennun^  ber  Uned^tl^eit  fonnten 
^  bor  1517  {t4ferlic^  nur  fel^r   toenige  ©elel^rte   entfc^tie^en  (etn  Seif))ie(:   ^ieron^mu^  6 
Satt^olaunud,  Sttbitular  SUe^anberd  VI.,  too^l  @{ri))tor  ber  ^ö^fttic^en  Aanjiei,  in  feiner 
practica  cancellariae  apostolicae,    gitiert   in   ber   oben   angegebenen  Slu^abe  ber 
SoOafc^en  declamatio  p.  12  f.).    ^n  ^arid  ^ielt  }.S9.  um  1510  bie  ÜRel^rja^I  ber  ^oU 
toren  nod^  an  ber  juriftifc^-fc^olaftifc^en  Xl^eorie  feft,  ba^  bie  Urfunbe  ec^t,  aber  nid^t 
gjl^g  f«i  (bgl.   Salob  älmain  in   Qersonii  Opera  ed.  bu  5ßin   II,    p.  971.    1063).  lo 
»nbere  ©ele^rte,  toie  ber  Bdfottt  Sodann  ÜRajor  (1512),  entfd^^ieben  ftd^^  noc^  immer  für 
bie  Qd^tifÄt  toie  für  bie  ®Utig!eit  (ebb.  p.  1158),  unb  nod^  anbere,   h)ie  ber   ))ä^ft(i(^e 
Sefretor  Slntonio  Sortefe  unb  ber  Jtarbinal  Semarbin  Sorbajal,  Derfud^ten  f ogar  litterarifd^ 
bie  @d^tl^eit  gegen  93aIIa  )u  t>erteibigen  (k)gl.  bad  6itat  aud  bem  ungebrucften  Auctarium 
beö  3o]^.  8u$bad^  gu  Iritl^emiu«  bei  ©iefeler  2.Sb  §  136  n.  5).    «ber  bie  grofee  SRoffe  i6 
ber  $riefter  unb  Triften  nahmen  über^au))t  bon  SSaQad  unb  Jtued  Unterführungen  leine 
9toti).    @o  lann  ed  nid^t  9Q3unber  nel^men,   bo^  Sut^er  erft  burc^  ^utten^  2)rudau^abe 
ber  declamatio  erful^r,  bo^  bie  Urtunbe  unecht  fei  (SBriefto.  ed.  @nber^  nr.  274,  93b  1, 
@.332  bom  24.f^r.  1520).  aSaQad  93en>eif e  mad^ten  nunaufijj^n  fogleid^  ben  tiefften  @im 
bruct :   no(^  bie  f))ätere  Serbeutfd^ung  „ber  toeiblic^en,  fetten,  bicfen,  h)o^(  gemäfteten,  ed^t  ao 
papfaid^  Sügen",  bie  er  1537  t)ublijierte  (@rl.^au«g.  25,  ©.206  ff.),  bejeugt  ba«.  §ür 
i^  unb  bie  $roteftanten  ioar  naturgemäß  bie  Urtunbe  mit  ^aSia^  Jtritil  abgetl^an.  9lber 
im  lat^oIif<^en  Sager  berftummten  bie  Stimmen  ber  äSerteibiger  erft,  ald  S3aroniud  1592 
fi4l   genötigt  fa^,   bie  Uned^t^eit   gugugefte^en,    Annales  ad    a.  324  ed.   Rom.  III, 
p.  244.    ^^odf  befd^rönlte  Saroniud  bied  S^d^f^^^^^^  ^^^i  ^^f  ^^^  öu^ere  ©eftalt  ber  26 
Urtunbe.    Den  2(1^^1^,  bie  fabelhaften  älngaben  über  bie  @d^entungen  Jtonftantind,  juckte 
er  mit  allen  ÜRitteln  aufredet  gu  erhalten,    ^^m  folgte  bie  STle^r^l   ber  latl^oltfd^en 
^iftoriter  bi«  gu  SJeginn  beö  19.  ^alj^r^unbertg.     ®rft  feitbem  ift  biefe   la^me  au^flud^t 
aufgegeben  tDorben,  erft  feitbem  fyd  bad  constitutum  alfo  enbgiltig  aufgehört,  „bie  ©eifter 
)u  bem)irren''  unb  enbgiltig  feine  h)eltgefd^id^tlid^e  Stolle  au^ef))ielt.  so 

3.  Die  Jtritit.  9ta($bem  einmal  bie  Unec^t^eit  ber  Urtunbe  ertdnnt  unb  anertamtt 
tDar,  ^ben  ))roteftantifd^  unb  tatl(rolifd^e  ^orfc^er  fe^  lebhaft  bie  ^^age  nad^  i^rer  ^er» 
tunft  unb  Sntftel^ungdgeit  erörtert.  Die  ^nfid^ten  gingen  gunäd^ft  toeit  aud  einanber: 
tot  capita,  tot  sensus !  Die  Jtat^oliten  ftimmten  in  ber  Siegel  für  gried^ifd^e  (Saroniud) 
ober  fräntifc^ie  (2:^omafftn,  g^^cöriö*  ßenni),  bie  ^roteftanten  für  römifd^e  §ertunft86 
(gteber,  ©d^röct^).  SJegtiglid^  ber  Datierung  fc^toantten  bie  änfä^e  gtoifd^en  752—757 
(&ia(>fym  II.),  757—767  (?ßaul  I.;  bgl.  g.  S.  be  3Jlarca),  772—778  ($abrian  I.),  ca. 
850  (ßenni),  ca.  875  (jjre^er),  ca.  963  (Worin).  Siel  Un^^eil  fyit  2eo  bon  Sercetti  an* 
gerichtet  mit  ber  Sngabe,  ein  getoif[er  2!o^<^n^  digitorum  mutius  \)aht  bie  Urtunbe 
berfa^  Denn  man  fud^te  mit  bieler  9Rü^e  biefen  ^o^amted  gu  ermitteln,  unb  benu|te  «o 
bod  unftd^ere  @rgebni$  f of ort  ati  f eften  9lnbalte)>untt  für  bie  Datierung  (3Rorin :  Jlarbinal 
^o^ned  ca.  963 ;  ^^er :  l^ol^nned  Dialonud  ca.  875 ;  6antel :  @ubbialon  5J|o^anned 
752/3).  Sine  ®))0$e  in  ber  Jtritit  ber  Urtunbe  begeic^nete  bie  erfte  Sluflage  bon 
DöQingerd  $a})|tfabeln  1863.  DöQinger  h)ied  bor  allem  ftegreid^  nad^,  ba^  bad  consti- 
tutum nid^t  grie(^if(^er,  fonbem  abenblänbifd^er  $^unft  fein  muffe.  Sine  gtoeite  Spod^e  46 
bqeic^ineten  bann  ©rauerld  Unterfud^ungen  in  $3®  1882—1884,  nid^t  toegen  i^rer  3le* 
fuitote,  fonbem  ioegen  i^rer  anregenben  SBirtung  unb  teilh>eife  h)egen  i^rer  37let^obe: 
®rauert  fyd  guerft  energifd^  —  nic^t  über^u))t  guerft;  benn  fd^on  bei  SSalla  finben  ftc^ 
beac^tentoerte  änfä^e  bagu  —  f^orm  unb  SBortfd^a|  ber  Urtunbe  gc})rüft.  ©eine  Sie« 
fultate:  ba^  constitutum  bolb  nac^  840  auf  fräntifd^em  93oben,  in  @.  D^ni^,  ent^so 
ftanben,  riefen  eine  fe^  lebhafte  Debatte  ^erbor,  in  beren  Verlauf  ^ebrid^  1889  mit 
ber  neuen  ^efe  ^^ortrat:  bad  constitutum  befte^t  aud  einer  älteren  bor  653  ber» 
fa^en  Urtunbe  unb  aud  einer  jüngeren,  bor  754  bon  '!ßa^ft  ^aul  I.  ^ingugefügten, 
^fi^ng.  Die  Debatte  n>urbe  gunäc^ft  gefd^lofjen  burd^  Soening  in  einem  äluffa^e  $3 
1890.  3^en  ®rtrag  toirb  man  tro|  3Rarten«'  neuefter  Seleud^tung  ber  ^age  — §obgtin  56 
ignoriert  bie  gefamte  neuefte  Äontrober^litteratur  —  in  folgenben  6ä$en  gufammenfaffen 
bürfen: 

4.  Der  gegenwärtige  @tanb  ber  ^orfd^ung:  1.  Dad  constitutum  ift 
eine  ^f4ntng.  2.  Die  ^Ifc^ung  ift  ein  ein^eitlid^ed  SBert.  G^  liegt  tein  ®runb  bor, 
fie  ate  bie  ungefd^idfte  3uf^mmenfügung  gioeier  gefälfd^ter  Urtunben  gu  betrad^ten.    3.  Dod^  m 


6  Sonfloiitititfd^c  Sd^enlitiig 

f)ai  ber  S^älfd^^er  ältere^  5IRoteriaI  benu^t,  nämlid^  a)  in  §6—10  bie  ©ilöefterlegcnbe  in 
einer  bid^er  nic^t  aufgefunbenen,  ober  tm  8.  ^a^r^unbett  aud^  fonft  in  Sflom  Belannten 
unb  benagten  ^afjung,  b)  in  §  3  u.  4  ein  ältere^  ®Iaubendbe!enntnid,  c)  im  ^rotoIoU 
unb  @^(^atofou  b^jantintfc^e  juiiferutlunben.     4.  Die  ^fd^ung  ift  in  ben  ^a^ren  752 

6  bid  778  in  9lom  entftanben. 

^eine  Übereinftintmung  ift  bagegen  erhielt  1.  über  bie  ^oge,  ob  bie  ^fc^ung  bem 
5BontifiIat  Bt^^an^  IL  752—757  ober  bem  ^ontifilot  5ßaul«  I.  767—767  ober  bem 
^ontifilat  ßabrian«  I.  772 — 796  angehört,  unb  2.  über  bie  ^oQt,  toddft  lenbenj  ber 
gfälfc^er  berfolgte. 

10  Über  beibe  ?^agen  ftnb  ba^er  nod^  einige  orientierenbe  Semertungen  nötig.  1.  9ßa^ 
bie  Senbenj  be«  gälfc^ier«  anlangt,  fo  bel^am)tet  ©(^effersSSoic^orft,  e«  fei  i^^m  in  erfter 
Sinie  um  bie  äSer^errlic^ung  bed  ^(.  @ilk>efterd  ju  t^un  geh)efen.  Slber  toöre  ba^  ber  '^oü, 
fo  ^ätte  ber  tJ^Ifd^er  nid^t  eine  Urfunbe,  fonbem  eine  neue  Segenbe  berfo^t.  Die  %f)aU 
mift,  ba^  er  eine  Urhinbe  fölfc^te,  beioeift  fd^on  mr  (Senüge,  ba^  ed  i^m  in  erfter  Sinie 

Vi  Darauf  anfam,  ben  @d^u|  ober  ben  Srtoerb  bon  9le(^t^nf))rüd^en  irgenb  ioeld^er  9(rt  ber 
römifd^en  Jlird^e  ju  ermdglid^en.  9(ber  ioeld^ed  toaren  biefe  3(nf})rüd^e?  Die  9(ner!ennung 
bed  $a))fte^  ak  eined  bem  ^ifer  an  SBürbe  unb  Stang  gleic^ftel^enben  ^Dlac^t^aberd,  bie 
Su^ftattung  ber  römifd^en  Jtlerifer  mit  @enatorenrang,  bie  $errfc|aft  über  aQe  ^robinjen 
^talien^  seu  occidentalium  regionum:   bad   aQed   f)<d  man  nad^h)eidlid^  niemals  im 

20  8.  unb  9.  ^a^r^unbert  in  Stom  emftlid^  erftrebt  unb  beanf))rud^t.     Diefe  X^atfad^e  fü^rt 
gu  ber  äSermutung,  ba^  ber  t^ölfc^er  abftd^tlic^,  ioie  boS  aadf  fonft  t)or!ommt,  bad  Objelt, 
um  bae  ed  ftd^  JS^anbelt,  nid^t  beutlid^  befc^rieben,  fonbem  nur  umfd^rieben  ^abe.  ^ftbadber 
\  bann  ift  bie  Snna^me  nid^t  k)on  ber  $anb  ju  toeifen,  ba^  bie  S^enbenj  ber  ^älfd^ung 
jtd^  in  bem  9lbfa|e  §  17  f.  berftedhe,  in  bem  ber  bi^ofitibe  Seil  ber  Urhmbe  fulminiert, 

26  0.  i.  in  bem  9lbfa|  über  bie  Sanbfd^enhtng.  Da  nun  bie  $ä))fte  jener  3^^^  ^^^  ^i^ 
ßerrfd^aft  über  gang  Italien  bege^  ^aben,  fo  tann  ber  ^^ölfd^er  nur  beabftc^ttgt  ^aben, 
i^nen  ben  Srtoerb  bed  %üLi,  ben  jte  toirllid^  begeben,  bed  @card^atd,  grünblic^  gu  fiebern. 
Die  Urfunbe  foBte  alfo,  fd^Refee  id^,  ben  $äj)ften  ald  SBaffe  in  bem  Äamj)fe  um  ben 
®(arc^at  bienen,  unb  jte  toar  toa^rfc^eintid^  beftimmt,  füge  id^  gleid^  ^inui,   bem  frän^ 

80  lifd^en  $of e  borgelegt  ju  ioerben ;  benn  ed  f e^It  aufföUigertoeife  unter  ben  Attributen  bed 
jtaiferd  im  $rototou  iaS  \d)X  geioö^nlid^e  Francicus  (bgl.  ©rauert  a.  a.  D.  4,  @.  62) ; 
bieiS  älttribut,  barf  man  bermuten,  ift  bon  bem  S^fc^er  abft^tlid^  au&  Slücfftd^t  auf  bie 
Raulen  toeggelaffen  toorben. 

9(n{))ruc9  auf  ben  S^ard^at  l^at  nun  nad^ioeidtid^  juerft  $a))ft  Bt^f^an  II.  (752  bid 

86  757)  erhoben.  @(^on  in  ben  SSer^anbtungen  mit  bem  fränfifd^en  $ofe  im  ^ai^re  754 
f))ielte  biefer  Slnf^ruc^  eine  gro^e  Stoße,  unb  fd^on  bamald  mu^  ber  ^a))ft  be^au))tet 
I^Kiben,  ba^  er  nid^t  auf  @roberung  neuer  ©ebiete  au^e^e,  fonbem  tebiglid(i  Slüdgabe 
el^emaliger  Seft^ungm  htS  ^t.  $etm$  begehre.  Denn  in  feinen  93riefen  an  ben  fräntifc^en 

tof  aud  ben  ^a^rm  754—757  gel^t  er  burc^toeg  bon  biefer  SKnfd^auung  aud.  Diefe 
nfc^auung  mtf^rad^  iebod^i  leinedtoegd  ber  9Qirflid^Ieit.  @ie  hKtr  eine  ^Ition,  eine 
^ion,  beren  ber  $a)}ft  fid^  bebiente,  um  bie  Raulen  feinen  SBünfc^m  gefügig  m  mad^en. 
®d  ift  nun  laum  bm{bar,  ba^  man  biefe  ^ihion  geltenb  mad^te,  o^ne  ,,SBeh)eife"  für  fte 
borguleam.  ©old^e  SSetoeife  mu^te  man  ober  erft  fabrigieren.  Dad  äSer^atten  ©te^^and 
im  ^al^re  754  forbert  alfo  gerabe^u   bie  Slnnal^e,   baft    er   mit   gefölfc^ten   Urtunben 

46  oli)erierte,  unb  legt  eben  babur^f  bte  SSermutung  no^e,  oa^  ba^  constitutum  bor  feiner 
älbreife  an  ben  frönlifd^m  $of  in  Stom  gefälf^t  h>urbe,  um  bie  ^an!m  bon  feinem 
Stetste  gu  übergeugm.  Stimmt  man  biefe  äSermutung  an,  bann  mu^  man  anbererfeitd 
bie  älbfafjung  ber  Urtunbe  in  bie  3^t  unmittelbar  bor  ©te^^an^  älbreife  berlegen. 
@te)>^an  ift  nämlid^  atö  SSetoerber  um   bie  ^errfd^aft  über  bm  S^arc^at  erft  aufgetreten, 

60  aU  fein  ^ilfegefud^  an  Jlaifer  Jtonftantin  V.  jto^ron^mod  ftc^  atö  toirlung^lod  ertoiefen, 
unb  er  bte  Uebergeugung  aetoonnm  \)atU,  ba^  er  bon  bem  ^aifer  nic^td  me^r  gu  ^offm, 
aber  auc^  nic^t^  mel^r  gu  fürd^tm  ^abe.  Jlur)  bor  feiner  älbreife  langte  nun  aber  bod^ 
nod^  ein  laiferlid^er  ©efanbter  in  9lom  an,  ber  i^n  belehrte,  bafe  Äonftantin  feine  an« 
f))rüd^e  auf  ben  @|ard^at  teine^toegd  aufgegebm  ^atte.     3Ran  mu^te  alfo  an  ber  Jlurie 

16  je^t  mit  ber  bi^^er  taum  rec^t  getoürbigtm  SJlöglid^feit  red^nm,  bag  ber  Jlaifer  gegen  bie 
^rberung  be^  ^a))fted  am  fräntifc^en  $ofe  @inf))md^  ergeben  toerbe.  Um  btefem  ftd^er 
)u  ertDartenben  @tnf^md^,  ber  f^äter  tl^a^öd^li^  erfolgt  ift,  begegnen  )u  fönnen,  fälfc^te 
man,  fc^ilic^e  id^^,  !urj  bor  ©tejp^an^  Slbreife,  14.  Dftober  753,  unfer  constitutum.  — 
@d  fragt  ft^  nun,  ob  bie  §orm  ber  Urhmbe,  bie  Sludbmcf^  unb  Slnfc^auung^tbeife  be^ 

60  gälfc^er^  biefcn  auf  l^iftorif(^e  Srtoägungm  gegrünbeten  9(nfa|  rec^tfertigm.    3Bad  gunäc^ft 


Sonflanttnifd^e  Sc^eiilttitfl  ftonffamtiito^el,  ^otttard^at  7 

1.  bte  %f>tm  ber  Urlunbe  anlangt,  fo  fei  l^erborge^oBen,  ba^  ber  %t}ct  an  einer  Stelle  intern 
))oItert  erfc^etnt.  3)er  belannte  ®a$  über  ben  ^Dlarfd^^btenft  Jtonftantind  in  §  16  paff^i 
abfolut  ni(|t  in  ben  Sufammen^ang.  @r  ern^etft  ftc^  bei  genauer  Prüfung  ald  fpötered 
@in{(^iebjel.  ^ft  er  atö  fold^ed  ju  betrad^ten,  bann  fragt  ftc^,  tuarum  er  nad^trägßd^ 
eingefd^oben  ifl.  Rtoeierlei  ift,  toie  mid^  bünft,  möglich :  enttoeber  ^atte  ber  3nterj)olator  bie  6 
Segegnung  bon  $ont^ion  t>ox  3(ugen,  b.  i.  er  interpolierte  ben  ®a|  nad^  berfeSben,  ober 
er  beabfidfitigte  ben  granlenlönig  ju  jener  Seremonie  ju  betoegen;  benn  e«  ift  mögli^i, 
ba^  man  t)ä)>ftltd^erfeitd,  k)ieQeidS!t  in  Erinnerung  an  einen  ö^ntid^en  ^^oQ  (bgl.  Öldner, 
$tt>))in,  @.  127f.),  biefe  eigenartige  ^ulbigung  forberte,  ald  man  mit  $i)>^ind  älbgefanbten 
fO^  über  boS  bei  ber  3ufammenlun^  )u  beobad^tenbe  SeremonieQ  Derftänbigte.  Sei  beiben  lo 
ätnna^men  gelangt  man  aber  jui  bem  @rgebnid:  boS  constitutum  ift  mit  Slui^a^e 
jened  @a|ed  l>or  @te))^and  älbreife  entftanben.  SBad  bann  2.  bie  Slu^rudK^  unb  Sn« 
fd^Kniung^eife  bed  pölfc^erd  anlangt,  fo  \)at  ©d^effer-Soid^orft  nad^getoiefen,  ba^  beibe  am 
meiften  berSu^ru^-  unb  Slnfc^auung^toeife  ber  ^anjlei  $auld  I.  entf))re^en.  9lber  ber 
Stil  ber  Äanjlei  unter  ©tep^an  jeigt  eine  fold^^e  SSertoanbtfc^aft  mit  bem  ©til  ber  Äan  jlei  15 
unter  $aul,  oa^  bie  Sntfte^ung  beS  constitutum  unter  Btipf}an  nic^t  für  au^efd^lofjen 
gelten  fann.  Suc^  ift  ju  bead^ten,  ba^  aud  Bt^\)an^  QÄt  löngft  nid^t  fo  bia  ©<^rtft= 
ftüde  und  für  einen  SSergleic^  ^u  ©ebote  ftel^en,  toie  an^  $auld  3^^^  —  bon  le^terem 
enthält  ber  codex  Carolinus,  bie  §auj)tquelle,  31,  bon  erfterem  nur  8  Sriefe  —  unb 
enblid^  ift  nic^t  )u  bergeffen,  ba^  bad  ^erfonal  au^  ©te)>^and  ^an^lei  )um  ^eil  unter  20 
^aul  im  Dienft  berbßeb.  3lid}t^  ^inbert  atfo  bie  Slnna^me,  ba^  bad  constitutum  Don 
einem  3flotar  berfa|t  towbe,  ber  erft  unter  5ßaul  ju  boffer  SBirlfamleit  gelangte.  3d^ 
erinnere  nur,  um  einen  gan)  betannten  92amen  gu  nennen,  an  ben  9lotar  6^rifto})^orud,  ber 
@te)>l^an  ald  Sle^ionar  ind  »^ranfenreid^  begleitete,  unter  ^ul  ald  primicerius  fungierte 
unb  bei  ^ul  h>te  bei  ©te))9an  aU  consiliarius  ein  folc^ed  SSertrauen  geno^,  ba^  man  25 
i^n  in  9)^)anj  ber  eigenmäd^tigen  Slbfaffung  antib^jantinifd^er  @rlafje  ber  jlurie  oefc^ut 
bigte  (cod.  Carol.  nr.  36,  p.  546;  3aff6  nr.  2363).  ffla«  bann  toeiter  bie  „»ufd^u* 
ungdtoeife''  bei?  ^ölfd^erd  anlangt,  fo  fei  a)  erh)ä^nt,  ba^  ©tet)l^n  mit  feinem  Sruber^aul 
bie  Serel^ng  für  ben  ^l.  ©ilbefter  teilte  (V.  St.  über  pontificaüs  c.  4,  ed.  ^uc^iedne 
I,  p.  441 ;  ©uriuö,  De  probatis  Sanctorum  historiis  V,  p.  659),  unb  bafe  gerabe  so 
!urj  t)or  ber  3lbreife  be«  5ßat)fte«  in«  granlenreid^^  bie  Slufmerffamfeit  ber  Slömer  auf  ben 
^I.  ©ilbefter  gelenit  iourbe.  i)mn  im  ^a^re  753  tourben  mit  Sliftulfd  (Genehmigung  bie  ©e^ 
betne  bed  ^eiligen  t>on  bem  lombarbifc^en  Slbte  Slnfelm  au^egraben  unb  tt)eggefd^let}^t.  äBeiter 
fei  b)  baran  erinnert,  ba^  bie  SlnKage :  bie  93ilberbere^rer  festen  an  ©teue  ber  ä)reieinigleit 
eine  Siereinigleit,  burd^aud  nid^t  erft  utr  3^  ber  Jtonftantino})olitaner  ©^nobe  bon  754  im  35 
ilager  ber  Si&erfeinbe  aufgetaud^t  ift.  ©d^on  3lo^ann  bon  2)ama^«  fe^t  fie  in  feiner  erften 
Siebe  für  bie  Silber  boraud  (c.  4  MSG  94,  p.  1236).  3)a^  man  aber  aud^  in  9iom 
fc^on  bor  754  bon  biefem  aDergrabierenbften  33orh)urf  erfuhr,  bafür  toerben  bie  ja^lreic^ien 
taiferlid^en  ©efanbten,  bie  jtoifc^en  726  unb  754  ben  ))ö))ftlid^en  $of  befud^ten,  ftd^erlid^ 
geforgt  ^aben.  Slnfc^uung^  unb  äludbruddtoeife  bed  ^älfd^erd  nötigen  und  olfo  burd^^  40 
oud  nid^t,  bei  ber  Datierung  bed  constitutum  über  753  ^inabjugel^en.  2)ie  ^nter» 
polation  in  §  16  mad^t  ed  fe|r  ma^rfd^einlid^,  ba|  ed  nod^  bor  bem  14.  Dttober  753 
berfa^  ift.  ©te))^and  Ser^alten  gegenüber  bem  fränfifd^en  ^of e  forbert  gerabeju  bie  Sm 
nal^me,  ba^  er  754  mit  gefälfd^ten  2)o!umenten  offerierte,  ^aya  tommt  nun  nod^,  bag 
aadf  bie  Ueberlieferungdgefd^id^te  ber  Urtunbe  bem  9lnfa|  753  fiünftig  ift:  fte  taud^tis 
^uerft  in  bem  Jllofter  ©.  i)6nx^  auf,  too  ©te^^an  754  bie  lalten  SRonate  gubrac^te,  wib 
\D0  ^bt  ^ulrab  amtierte,  $i))pind  Slbgefanbter  bei  Bt^^^an^  Slnhinft  in  ©t.  3Ronj^ ;  unb 
fie  finbet  fic^f  in  ber  bion^fianifd^en  gormelfammlung  ghnfd^^en  einem  Sriefe  bed  ^5^*^ 
3a4Kmad  unb  einem  Sriefe  ©t^^and  II.,  gegen  beffen  Sc^tbeit  allerbingd  me^rfac^  Sin- 
]pxudf  erhoben  morben  ift.  Der  älnfa^  753  f)at  alfo  ben  ^orjug,  ba|  er  ollen  ^I^at«  60 
fo^^en,  bie  bei  ber  3^^^^^u^9  ^^  Setrad^t  lommen  lönnen,  geredet  toirb.  @r 
nötigt  nirgenbd  ju  einer  lünftlic^en  (Srilärung  bo^elben.  Darum  barf  er  aU  bie  relatib 
einfac^fte  Sfung  ber  biet  erörterten  d^ronologifc^en  ^age  too^l  bon  neuem  empfol^len 
ta>erben.  $.  »d^mer. 

ftonfiaiitttto^d  nnb  beffen  ^atriord^at.   —    lieber  bie  @tabt  ^onftantinopel   bietet  55 
umfaffenbc  ßitteraturangabcn  Ärumbatftcr,  ©efcfii^tc  ber  ©qj.  fiitteratur,  2.  Aufl.  1897.    gu 
brausen  ift  au4  Ul^ffe  (S^eoalier,  Repertoire  des  sources  historiques  du  Mcyen  Ago,  ^ont* 
beltarb,  fbb  h  1894—1897,  s.  v.  Constantinople.    IBefonberd  bleibt  §u  nennen:   $feubo«fto* 
binod,  .tdiQia  KiovaiatTtvov.-ioXefogf   ed.  fiambeciuS,   $ariS  1655,   juleft   bei   MG  SS    157, 


8  ftiitiflaiitttio)peI,  ^atttard^at 

@.  429—634;  ^u  (Sattle,  Historia  byzantina  dupl.  oomm.  illustr.,  $art3  1680,  ^ci(  II, 
CoDStantinopolis  Christiana;  9ln{elm  Sattburi,  Imperium  Orientale,  2  $be,  $arid  1711; 
3*  t).  Jammer,  Constantinopolis  uttb  ber  S3odpOTUd,    2  93b€,   $eft^  1822.    ($atriaT(6  ftoit« 

ftatttioS  I.  Oon  ^Ottftatttinopel),    iTcovaravTcna;  jraAatare  xai  VEwriga,  ijxoi  IIsQiygatprj  Kcov- 
6  oxavxivovTfoXetog  oji'  agxfjs  f^^XQ^  ''^^  *'^^  6^'    *^*'  B^^^^^^  Tiaga  Ilavcf)  ßeodooiov  1820 ;  Skar- 

hioB  ByzsxiüoBf  "H  KcovatayzivovnoXig,  3  ©be,  9(t^en  1851— 1869;  (Sugcti  Dbcr^uinmcr, 
CoDStantinopolis,  Stbrig  ber  Topographie  unb  Q^efc^ic^tc.  S.V.  oud  ^auIt^'^iffotDaS  fRcaU 
etic^flopäbie  ber  flafpfdien  ©iffctif^aftcn  1899. 

Ueber  baS  ^atriar^at  in  ftonftanlinopel  ftnb  %unfi(6ft  bie  alten  unb  neuen  ^erfe  über 

10  bie  griec^ifc^e  IHrc^e  ^u  t)erg(ei(^en.  SSorjüglic^e  3)ienfte  (eiftet  ftattenbuf(6,  Se^rbu(^  ber 
üerg(e{(^enben  ftonfefrtonSfunbc  I,  1892,  bie  Ort^obojre  anatolifc^c  ^irc^e.  lieber  bie  filtere 
(Snttoidelung  ftnbet  man  aud)  fe^r  t)ie(cd  bei  ^.  ®eUer,  9(bri^  ber  bt^jantinifc^en  l^aifer« 
acf*i4te  (Anfang  bei  Äruniba*er,  ®efdi.  ber  »^j.  Sitt.  1897.  S.  911—1067).  ©efonbere 
tßerfe  ftnb  Petrus  de  Marca,  De  (ÜODstantinopolitani  patriarchatus  institutione,  ed.  $.  gfaget 

16  1669;  Se  Cluien,  Oriens  Christianus,  im  ganzen  3  S3be.  9?amentli*  «b  I,  ?ari§  1740 
lommt  in  Setrac^t;  3.  ^ergenröt^er,  $6otiu8,  $atr.  t)on  ^onftantinopel,  iRegendburg  1867, 
3  ©be;  (5.  3.  to.  ©efele,  (5onciIiengef(^i(6tc,  2.  Auflage,  ^reiburg  1889  ff.  ;r£vixoi  Karoviofiol 

negi  dtev&exrjoewg  xwv  ixxXijotaaTixibv  xai  i'&vixcjv  jtgayfiaxwv  xwv  vno  xov  olxovfievixov 
'&q6vov  diaxeXovvxcov    dg^odo^mv  /^lanaiwi'  vjtrjxowv  xijg   A.  Mey,  xov  HovXxdvoi^f  ^onftan« 

20  tinopcl,  $atriar(öat8bruderci  1888  unb  öfter;  ®l.  ©alellaropulo«,  'Exxltjotaaxixov  Alxaiov, 
9(t6en  1898;  Waagen,  ^ad  $rimat  bed  ©if(6ofd  Don  9}om  u.  b.  alten  $atriard)a(!ird)en 
1853;  ©eljer,  5)er  Streit  über  ben  Xitel  beö  ölumenifdjen  ¥ötriar*en  3pr2^  XIII  (1897), 
@.  549  ff.;  Sitfel,  ^ad  b^jantinif^e  ^önungdrec^t  bid  jum  10.  3a^r^unbert,  ©^5.  3eitfd)r. 
1898,  @.  511—557.    3)ie  neuere  ruf[tf*e  Sitteratur  ift  bei  Ihrumbadjcr  nat^jufc^en.    lieber 

25  bie  Speisenfolge  ber  Patriarchen  ^at  ftd)  eine  befonbere  fiitteratur  enttoitfelt.  ^ie  filteren  ^a- 
talogc  in  bcm  auc^  l^ier  fe^r  toic^tigen  ^er!e  t)on  9(nfelm  ©anburi,  au(^  bei  ftonft.  Satl^aS 
Mec.  BißX,  III.  1872,   @.  i&'  ff.    ®runblegenb  für  bie  filtere  Seit  Sc  Clnien  in  feinem  f*on 

genannten  ®crfe.     5)oritSeo8,    ^atr.    D.  ^tX.   'loxogla  negi  x&v  h  'hgaoolvfioig    jiaxgiagxev- 

odvxcov,  Sufareft  1715,  S.  1169  giebt  eine  fRcif^t  neuerer  $atr.,  ebenfalls  9^eop^^tod  Vlau» 
80  rommotiö,  ©letropolit  oon  Ärta  im  18.  So^'^^r  herausgegeben  oon  3-  SaWcHon  im  Evayye- 
Xix6g  Ktjgv^  1862,  @.  445 ff.;  «.  ^.  ^pfilanti«  in  feinem  ©erle  7a  /iexd  xrjv  ZiXcoair,  ed. 
«pötonibe«,  ^onftantinopel  1870,  bringt  bie  ^atr.  Don  1453—1789;  Sergio»  ®la!rfio«  in 
feiner  'ExxXrioiaaxixri  laxogia  bei  &,  Sat^a»,  Mea.  BißX.  ni,  S.  204  ff.,  ift  tüid)tig  für  bie 
3eit  1750—1800.    ©ine  ?Wonograpl^ie  über  ffimtl.  ?atr.  f*rieb  3.  9?.  ©lat^a«,  ©if*of  oon 

85  £^era  unter  bem  Xitel  KaxdXoyog  iaxogixog  xwv  jigwtoDv  imoxöjzcov  xai  xwv  iq^e^ijg  Jiaxoiag- 

X&v  etc.,  2.  Äuffage,  «(t^en  bei  ^oromila  1884.  5)a«  in^altSreicftfte  SBerjei(^ni8  ber  ^^otri- 
arc^en  oerfafete  W.  3-  ®ebeon,  Uaxgiagxifcoi  Wvaxegy  Äonftantinopel  1890,  mit  »ertooller 
Einleitung,  angezeigt  unb  beurteilt  oon  ®eljer  in  ber  ©^j.  Scitfdjr.  1893,  S.  152—154. 
einige  Heinere  fpfttere  Schriften  bi«  1897  beiÄrumba*er  S.  1088.   Seitbem  ift  ju  notieren: 

40  »roofS,  The  London  Catalogue  of  the  Patr.  of  C,  »^j.  8citf*r.  1898,  S.  32;  «.  ^apa« 
bopuf 08 ÄeramcuS,  Uaxgiagxtxoi  xaxdXoyoi  (1453—1636)  ebenbal899,  S.  392 ff.;  e.JRujicic, 
ftatalog  ber  $atriard)en  oon  St.  k.,  IBelgrab  1897  (ferbif(6).  ^er  Katalog  ber  Patriarchen 
oon  315—1520  oon  ^el^er  bei  ^umbac^er  a.  a.  £).,  S.  1148  ff.  Eine  oollftfinbige  Samm- 
lung  ber  (Sriaffe  ber  $atr.,   auc^  nur  ber  allgemeineren  e^iftiert  bislang  nic^t.    ^ie  filtefte 

45  Sufommenftellung  unb  jtoar  ber  (Srlaffe  oon  1538—1684  bilbet  bie  Nofuxrj  am'aywyi^  beS 
$atr.  3)offttieo8  oon  3ci^-  3)aS  ^^fi^ere  bei  ?1.  $apabopulo8  ÄerameuS,  'hgoooXvfuxixrj  BißXio- 
^xrj,  ©b  IV,   Petersburg    1899,   S.  3  f.    «Weuere  Sammlungen    oon  JR^alli«   unb  $otli«, 

JSvvxayfia  xwv  ^dwv  xai  Isgwv  Kav6vwVj  ©b  V,  9lt^en    1855;  9K.  3*  ®cbeon    KdvovEg    xai 

dtaxd^eig  etc.,  2  ©be,  Äonftontinopel  1888—1889.    3)ie  9led)tfpre4ung  be«  ^atriardjatS  oon 
60  1800—1896  ^at  regiftriert  TOdjael  ®.  J^eotolaS  in   ber  NofioXoyia  xov  olxovfievixov  .-raxgi- 
agxeiov  etc.,  Äonftantinopel  1897. 

^aS  alte  äS^jan)  am  tl^ractfd^en  So^oruS,  ber  @age  nad^  656  b.  6^r.  t>on  S^^a^, 
jlönig  Don  ^Jiegara,  aU  Volonte  gegrünbet,  ^atte  fd^on  hn  ßaffifd^en  Slltertum  teild  bie 
3Bi6ttgIett  einer  glüdlid^  gelegenen  ^anbel^ftabt,   teild  anä)  politifd^e  93ebeutung  gel^abt. 

66  3laq  me^rfad^  tpet^felnber  Slbl^ängigfeit  Don  perftfd^er,  macebontfd^er  unb  goKifd^er  Ober» 
l^errfd^aft,  etneßcit  long  audb  mit  Sltl^en  berbünbet,  öerfiel  e«  enblid^  bem  römifd^en  SRctd^, 
erl^olte  fic^  aber  Don  jefeem  Serluft,  felbft  Don  ben  ^folgen  ber  Groberung  unb  gämlid&en 
Serftörung  unter  ©eptimiu«  ©eDeru^  (192  n.  6l^r.).  ©eit  ber  9Bttte  be«  britten  dprtftlid^en 
3al^i^unbettg  unb  nod^  mcl^r  unter  2)ioHctian  lag  ber  ©d^toerpunlt  ber  römifd^en  9letc|^* 

60  regierung  nid^t  mc^r  in  Slom  felbft,  fonbem  in  ben  öftlid^en  ©egenben  Don  gH^ricum. 
5Der  ©ebanfe,  auf  biefer  ©eitc  be«  Sleid^g  eine  jtoette  ^ouptftabt  ju  grünben,  toar  olfo 
bereit«  l^iftorifd^  Dorbercitet,  e|^e  Äonftantin  il^n  ergriff  unb  mit  ber  SE^atfraft,  bie  feine 
^anbtungen  au«^jeid^net,  Dertoirttid^tc.  äfö  Äonftantin,  fo  erjäl^lt  ©ojomenu«  (Hist.  eccl. 
II,  3),  feine  äußeren  geinbe  befießt  ober  burd&  Sünbniffe  Derfö^nt  ^atte,  befd^lo^  er,  eine 

65  nac^  ftc^  benannte  unb  an  Gieren  9lom  gleic^ftel^enbe  ©tobt  ju  erbauen,  unb  nad^  einem 


ftonflaiittiiotPel,  ^atriord^ot  9 

n&j^tnd^en  ©eftd^t  tüäl^lte  er  ba$  l^cnlid^  gelegene  S^janj,  toelc^er  Ort  nun  fogleid^  in 
bebeutenbem  Stage  Decgrögert  unb  mit  ^Ranzm  umgeben  tourbe.  S)ied  d^4<t^  im  ^al^ 
326,  bie  @intt>et|ung  330.  S)ec  ^aifer  bertDenbete  ungeheure  SJlittel  für  biefen  etnen 
Qtoid.  Srogortige  Sauten  bon  Aird^en  unb  ^alöften,  ©d^enhtngen  bon  Sönbereien  an 
txmtebme  ^omilien,  ß^^d^'^fi^^^^'^S^  ^"^  älu^ftattung  mit  unjö^Kgen  aud  Italien  6 
unb  ^ried^fenlanb  geraubten  Jtunftf(i^ä|en  unb  @tatuen  (Euseb.  Vita  Const.  III,  48.  54) 
gaben  biefem  SJeurom  ober  Äonftantinojjoli«  (aud^  toie  SRom  %loxa  unb  2lntl^ufa  genannt) 
in  turjem  ben  ©lanj  einer  Steftbenj.  Sluf  bemfelben  ^lo^e  tourben  allein  mel^rere  ^unbert 
@tanbbilber  bon  aQen  älrten  errichtet,  unb  ber  Jlaifer  unterließ  nid^t,  ftc^  felbft  in  loloffaler 
bergolbeter  Statue  ;u  beretüigen.  911^  ältefte,  t>on  Jlonftantin  felbft  enic^tete  Jlird^e  be^  lo 
^etcpnet  Sufebiu«  (De  vita  Const.  IV,  58.  59)  bie  ber  Sl})ofte[,  bon  bebeutenber  ©röfte 
unb  reid^  Slu^ftattung,  unb  ©ojomenu^  (II,  3)  nennt  bie  9Jlid^ael8fird^e  iv  raJg  iorbug. 
9ud^  bie  beruhte  @o))^ientird^e  ift  \>on  jtonftantin  gegrünbet;  fie  iDurbe  iebod^  bon 
2iufHnian  538  böSig  neu  gebaut,  ber  jugleid^  bie  t)on  ber  J!ai{erin  $u[d^eria  (457)  l^er- 
rü^renbe  Slad^emenlird^e  (Iv  raig  BXayigvaig)  neu  unb  großartiger  aufführte  (3)u  Gange,  i6 
Constantin.  christiana,  üb.  III  et  iV  in  Histor.  Byzant.  illustrata,  p.  56.  65.  71). 
2)en  rafd^en  Sluffd^toung  J{onftantinot>eI$  erilörtc  bie  9(uffaf[ung  eine^  @o}omenud  aa» 
bft  lirc^lid^en  ^mmigteit  unb  d^ifllic^en  äßol^ltl^gleit  ber  @intt)ol^nerfd(jaft,  toeld^e  Jtd^ 
al^  hw^e  ^Pflanjftätte  ßl^fti  {veonayfjg  Xqiotov  jtdXig)  betoä^rt,  feine  ^eibnifdjien 
Xttjxpü  außer  ju  Julian«  3^^*^  gebulbet  unb  unter  Reiben  unb  ^uben  große  grüdS^te  2o 
ber  Selei^ng  gebrad^t  ^abe.  S)iefe  einfeitig  religiöfe  Xenbenj  laa  tool^l  bamald  bem 
@rünber  fem;  aber  inbem  Jlonftantin  fein  erneutet  SS^i^^nj  ju  gleid^em ätnfel^en  mitStom 
er^ob  unb  fogar  beffen  innere  Sinrid^tungen  mit  Sinfc^luß  besS  Bmatt^  bort^in  übertrug, 
bejtoecfte  er  bod^  getoifi,  bem  burd^  bie  änerlennung  be«  ßl^ftentum«  neugegrünbeten 
@taat  einen  3){itteii)unn  obne  l^eibni{d^e  Xrabitionen  ut  berlei^en,  ber  bem  alten  an  ^err^  36 
lid^Ieit  nx^ti  nac^eben  foQte.  @eine  Zl^at  l^at  bie  ^efd^ic^te  in  feltenem  (Srabe  ju  ber 
i^gen  gemacht.  3^^^  toenbete  fid^  ber  (ebenbige  @trom  ber  ßnttoidfelung  entfd^ieben 
bem  SB^en  )u;  ober  bie  ßrl^ebung  bon  J{onftantino))e[  l^at  bie  öftlid(fe  $älfte  bed  römi« 
fc^  9teid(f^  bom  Untergang  gerettet,  gegen  feinblid^e  Slngriffe  auf  bie  euro))aifd^e  (El^riften« 
^  eine  lan^e  ^At  unjerftörbare  @d(fuj^mauer  aufgerid^tet  unb  einen  Jtulturjuftanb  bon  so 
iebenfaflg  toeitretd^enber  SefKmmung  borbereitet. 

3)ad  erfle  3^1^^  ber  §auj)tftabt  fennen  toir  an^  ben  ©d^ilberungen  be«  G^r^fo« 
jtomu^  genauer.  ®ie  ©intoolnet^al^I  betrug  bamafö  üioa  100000  ©eelen,  unter  biefen 
Diele  3wben  unb  anfangt  auif  Reiben.  3)ic  l^errfd^enbe  Silbung  entl^ielt  römifd^c  unb 
griec^ifc^,  d^fttid^e  unb  l^eibnifd^e  @itten  unb  Unfttten  in  greller  3)tifd^ung,  i^  Sl^aralter  86 
tDor  bortmegenb  orientalifd(f.  S)a^  h)etblid^e  (Sefd^lec^t  toar  \)on  antiler  älb^ängigleit  unb 
3urü<!gejogenl^eit  ju  maßlofer  Ungebunbenl^eit  übergegangen  unb  bebiente  fidjf  feiner  ^wi^ 
^ten  mit  anftößtger  ^ßrunlfud^t,  Gitelleit  unb  griöolität.  3Ran  lefe  nur  bie  ©cenen, 
todd^  und  S^foftomud  beutli^  genug  befd^reibt,  t)on  ber  fd^amlo{en  Se^anblung  ber 
3Rägbe  bun^  i^e  Verrinnen,  bon  ben  öffentlid^en  älufjügen  ber  ^auen  auf  ^Jiaultieren  40 
unb  unter  Sunud^en,  t>on  il^rer  ^u^fud^t  unb  @d^toatf^aftig!eit  felbft  in  ben  ßird^en,  t>on 
bem  tmlben  3ubrang  )u  j{am))ff))ielen  unb  ^eatem,  ben  aberglöubifd^en  unb  ben  beib« 
nif<^  ©ebräuc^en  bei  2^aufen  unb  ^odjfjeiten  (t)gl.  Chrysost.  ed.  Montf.  tom.  XI, 
p.  112.  153.  464.  IX,  p.  93.  198.  199.  VI,  p.  45.  100).  3a^lreid^e  (ginjell^eiten  be* 
tpeifen  einen  ^ol^en  ®rab  moralif^er  Saj^eit  bei  verfeinerten  Sebendformen.  SBBel(^e«46 
»eift)iel  ber  $of  bon  oben  gab,  ben)eift  bie  Oefd^id^te  be«  S^r^foftomu«  (f.  ben  ä.  93b  IV 
©.  103  ff.).  3)ie  bogmatifc^en  SSertoidfelungen  ber  näd^ften  3[ö^t^unberte  l^ängen  ftarf  mit 
bem  SBeiberregiment  unb  ben  ^ofintriguen  bon  S^janj  jufammen.  3)ie  gelehrte  39tlbung 
toor  meift  bie  ber  SRebijin  unb  3iwndpnibenj,  jene  ben  Oried^en  eigentümlid^,  bie|e  bon 
9lom  ererbt  unb  ft)äterl^m  aud^  auf  bie  lanoniftift^en  ©tubien  Eingeleitet.  Stußerbem  ftanb  60 
9lEetoriI  unb  ©d^önrebnerei  nid^t  gerabc  jum  SSortcil  ber  ©efmnung  in  Slnfe^en.  9leben 
$lato  lam  bie  Sogit  bed  ätriftoteled  in  äufna|(^me,  bie  93efd^äftigung  mit  ber  ^at^ematil 
führte  leicht  ju  aftrologifc^en  Siec^nungen.  ^ie  Jtenntnid  ber  lateinifd^en  ©^rad^e,  nod^ 
im  5.  unb  6.  ^aJ^^unbert  gej)flegt,  befd^ränltc  fid^  fjjäter  auf  2)ülmctfd^er  unb  toenige 
®elebrte.  66 

Äu«  fol4fen  anfangen  cnttoidfelte  ftdjf  ber  Gl^arafter  bed  fjjäteren  gried^ifd^en  ©taate« 
unb  Äird^entum«.  SJiefer  b^jantinifd^e  ®eift  ift  o^ne  eigentlid^e  ©c^ö^jferfraft  unb^ifdjfe, 
ober  mit  tbunberbarer  93eftänbigleit  betoa^rt  er  aQed  Übertommene  unb  toeiß  jeben  em- 
bfongenen  l^n^  genau  unb  oft  fmnboS  toieber^ugeben.  Jtunft,  Sitteratur,  ©itte  unb 
äleb^etfe  ber  Sl^jantiner  l^aben  ettüad  ®emeinfamed  in  ber  ^orm  ober  ^rmlic^Ieit  unb  69 


10  Ston^anünoptl,  ^atriard^at 

untcrfd^eibcn  ftd^  bon  anbeten  ©ottungen  burd^  bte  fcltfame  Serbinbung  öon  gein^eit, 
©d^toulft  unb  SJeutelei  ober  Sd^nörfel^ftigf eit,  toelc^e  ßigenJc^Kiften  gerabe  geeignet  haaren, 
teil«  einen  SBangel  on  Oe^alt  ju  berbedfen,  ©d^ein  unb  ^eud^elei  }u  begünftigen,  teite 
bog  einmal  3luggej)rägte  in  unbenücKic^er  Überlieferung  feftju|^alten.  9Ban  fann  ferner 
sbem  S^jantinidmud  einen  ^ol^fen  ©rab  bon  Uniberfalität  nid^t  abf^red^en,  ba  er  aQe 
Iird^lid^:^o(iti{d^en  @rfd^einungen,  toeld^e  anbertüört^  jerftreut  liegen,  in  ftd^  Dereinigt  bar- 
fteKt.  älHein  aud  biefem  3uf<<^^^nf^^  entftanb  auc^  balb  eine  folc^e  S3erh:)irrung  unb 
jBertoad^fenlSfeit  ber  S^t^^^^n,  bafe  jebe  SKac^t  in  bie  il^r  fremben  ®ebiete  übergriff  unb 
bie  ©efd^äfte  ber  anberen  übernehmen  tooHte.    6in  reiner  Äamj)f  jtoifd^en  Äir^en«  unb 

10  @taati^en)alt  tDie  im  äbenblanb  tpar  auf  biefem  Soben  nid^t  möglid^.  Salb  l^errfd^te 
bad  3Jlönd^tum  unb  ber  Jtlerud  unb  mad^te  ftd^  felbft  jum  SQJerfjeug  ^olitifc^er  ^eft>otie, 
balb  trieben  bie  Jlaifer  tl^eologifd^e  ©c^riftftellerei  unb  $olemif,  führten  Krd^enpolitifd^e 
Unterl^anblungen  mit  bem  Slbenblanb  unb  jogen  ftd^  am  @nbe  nad^  unrul^boHer  Siegierung 
in  litterarifd^e  SRuge  jurüdE.    Unter  beftönbigen  Sd^tpanfungen  t)erl^arrte   bad   lirc^lid^e 

16  Seben  ^a^rl^funberte  lang,  ol^ne  je  burd^  ein  groged  @reigni^  innerlich  erfc^üttert  )u  toerben. 
Slber  beffen  ungead^tet  barf  ber  ^ßroteftanti^mu^  breierlei  nid^t  bergeffen,  bafe  bie  b^^an^ 
tinifd^e  äBelt-  unb  itirc^enmac^t  bad  d^riftlic^e  @urot>a  gegen  bie  bon  Often  anbringenben 
©efo^ren  gefc^ü^t,  bag  fte  ber  ))ä^ftlid^en  Oberl^errfd^aft  tpiberftanben  unb  einen  nid^t^ 
rdmifd^en  ^at^oltci^mud  burd^  aQe  ^al^r^unberte  aufregt  erl^alten,  tvdä^tt  ber  Sflef ormation 

20  ein  großartigem  Sctoeidmittel  il^re^  l^iftorifd^en  Slec^tö  in  bie  §anb  gab,  unb  bafe  fte  enblid^ 
bie  gried^ifd^e  S^rad^e  unb  SBiffenfd^aft  big  m  bem  3^\^unlt  in  fid^  ge))flegt  f)at,  h)0 
biefe  in  bie  reformatorifd^e  ©eifte^bilbung  fruchtbar  einoreifen  foQte. 

SQSir  ael^en  jur  ©ef^id^te  bed  ^atriard^atd  über,   fionftantin  l^atte  burc^  feine  Sieic^^^ 
einteilung  für  bie  ft^  gleidfjjeitig  enttoidCelnbe  SKetro^jolitanöerfaffung   unb  für  bie  SSers 

26  binbung  ber  ^iöcefen  in  größere  ^ierarc^ifd^e  ^rfserfd^aften  eine  ©runblage  gegeben.  Unter 
ben  3){etro))oliten  bed  Oriente  jeid^fneten  fid^  aber  au^  lird^lic^^l^iftorifcpen  ©rünben  bie 
bon  älleianbrien  unb  älntio^ien,  näd(fft  i^nen  bie  \)on  (Spff^n^,  Säfarea  unb  l^erufalem 
t>or  allen  ani.  3)ie  2age  il^rer  ©jjrengel  ftimmte  nid^t  ganj  mit  ber  neu  gefc^affenen 
Einteilung  in  5ßräfe!turen,  ba  bie  genannten  ©täbte  fämtlid^  in  bie  ?Präf ef tur  be^Drientd 

80  unb  leine  in  bie  \)on  ^Q^rifum  fielen.  Um  fo  naiver  lag  ed,  bei  ber  ^urd(ffü^rung  einer 
Organifation  ber  ftird^e  ben  ))olitifd^en  ©eftd^t^^untt  p  berüdEfid(ftigen,  bamit  mögli^ft  ber 
©runbfa^  gelte,  bag  bie  Krd^lid^e  Siegelung  ber  ))olitifd^en  ju  folgen  ^ab^  (Conc.  Chal- 
cedon.  can.  17).  2)iefer  ^jolitifd^en  ffieränberung  berbanite  berSifc^of  bon  Äonftantinojjel, 
ber  bimi^er  unter  bem  9Retro^oliten  t>on  ^eraclea  geftanben  l^atte,  feine  rafc^e  ßrl^ebung. 

86  @«  War  ein  bebeutenber  ©dj^ritt,  ate  baö  jh)eite  öfumenifdjfe  Äonjil  bon  381  nebft  anberen 
bie  93erbinbung  ber  2)iöcefen  betreffenben  Stnorbnungen  feftfe^te  (can.  3),  baß  ba«  ©jjiffo« 
jKit  t>on  Äonftantinot)el,  toeil  biefe«  3?eurom  fei,  ben  ^öd^ften  Slang  näd^ft  bem  römifc^en 
einnel^men  foDe,  tooburd^  ü^m  natürlidS^  ber  nad^l^er  ben  5IRetroj)oliten  erfter  Orbnung 
(SUejanbrien,  äntioc^ien,  3^^f<J«n^f  diom)  berliel^ene  3^itel  ^atriard^  ebenfalls  jugeftc^ert 

40  tt>ar.  3lo6)  Leiter  ging  ba«  jtonjil  t)on  S^alcebon  (451);  biefe«  binbijierte  im  can.  28 
bem  Patriarchen  bon  SB^janj,  bamit  biefe  öftlic^e  Sleftbenj  ber  toeftlic^en  in  nid^t«  nac^s 
ftel^e,  gleid^e  6^ren  (rd  laa  ngBoßeia)  mit  bem  römifd^en,  toiberf})rac^  alfo  h)örtlid^  ge= 
nommen  ber  Seftimmung  t)on"5Ricäa,  toofelbft  can.  6  nur  bie  SBorrec^te  ber  93ifd^öfe  bon 
Sllejanbria,  SRom  unb  2lntiod^ia  einfad^  anerfannt  toorben  toaren.   3luc^  f oHte  ber  ^ßatriard^ 

46  fein  2lufftc^t«red^t  über  bie  2)iocefen  Don  $ontu«,  2lften  unb  3;i^racien  au«be^nen,  fämt= 
lidjfe  il^m  untergeorbnete  üJletroj)oliten  orbinieren,  ^Proöimialf^noben  berufen  bürfen  unb 
für  l^öl^ere  Äird^enfad^en  im  Orient  bie  le^te  Snftanj  bilben  (bgl.  Petri  de  Marca  de 
Const.  Patr.  institutione  diss.  p.  194  sqq.).  2)a«  berliel^ene  Drbination«red^t  h)urbe 
t)raßifd^  nod^  h)eiter  au«gebe^nt.    2)en   ganzen  S'^l^alt  biefe«  djfalcebonenfifd^en  Äanon« 

60  toieberl^olte  fjjäter  ba«  bem  3lbenblanb  anftöfetge  Concilium  quinisextum  (692).  ^wfti- 
man  erflärte  bie  Äird^e  feiner  JHeftbenj  für  ba«  §au))t  aller  übrigen  neben  SRom  ur^  be^ 
[tätigte  bie  Stellung  be«  ?PatriardE^en  über  ber  ^roDinjialf^nobe  (f.  bie  ©teilen  bei  ©iefeler, 
Ä®  I,  2,  ©.  408,  4.  äufl.).  allein  trofe  atter  Sorjüge,  tt)dc^e  biefer  bifd^öflic^e  ©tu^l 
fortan  genofe,  toirften  bod^  mel^rere  ©rünoe  jufammen,  um   beffen  anfeilen  in  geh)iffen 

66  ©d(franfen  )u  galten.  Srften«  bulbete  bie  gned^ifd^^orientalifd^e  ^ird^e  leine  (Sentrolifation, 
bie  ber  im  älbenblanbe  f^d^  enth^idelnben  l^ätte  äl^nlic^  ioerben,  alfo  ein  b^jantinifd^e« 
^[ki))alf^ftem  begrünben  fönne.  Sie  SSifd^öfe  bon  ällejanbrien  unb  Slntioc^ien  übten  im 
4.  unb  5.  ^a^r^unbert  nod^  großen  @influß  unb  ixoXtn  erft  h:)ä^enb  ber  mono))l^^fttifc^en 
Unrul^en  gegen  ^onftantino))el  )urüd(,  ol^ne  jeboc^  bie  ©elbftftänbigteit  ii^rer  Sertoaltung 

00  einjubüßen.  3^  Mittelalter  finben  \o\x  biefe  ^triarc^en  be«  Orient«  l^äu^  in  freier  äJer- 


fionftaittiitotPel,  ^atrtari^at  11 

binbung  mit  bem  t>on  Äonftanlmol)eI,  beffen  SSorrang  fic  anerlennen,  in  Slb^öngigleit  aber 
metft  nur,  fofem  ba^  SSerl^ältnid  i\xm  $at>fttum  unb  ber  ©egenfa^  gegen  bie  lateinifd^e 
Sxtdft  fynip^äiflui^  bon  äS^^anj  oud  entfd^ieben  tourben.  @o  tvüi  oUerbingd  {ann  t>an 
einer  Dber^ol^eit  bie  Siebe  fein,  alö  bieje  ftird^e  me^r  cii  irgenb  eine  anbete  bie  ^ufammen» 
ge^örigfeit  be«  gefamten  nid^trömifd^en  Äall^oIici8mu«  rej)räfentierte.  3^^*^^  M  ^<^  ß 
me^oic^  toec^felnbe  SSerl^ältnid  ^u  9lom  ber  ©elbftfUinbigleit  bon  Jtonftantino))eI  älbbruc^ 
get^.  Qd^on  ^ßa))ft  £eo  I.  t>roteftiette  gegen  bie  ju  ß^alcebon  (nai)  P.  de  Marca  1.  c. 
p.  196  bon  ber  3Ktnorität  be«  Äonjil«)  befcetierte  böllige  ©leid^ftettung  beiber  ürd^lic^ 
©tfee  al«  gegen  eine  bem  TOcänum  toiberf^jrec^enbe  unb  bie  JRec^le  ber  anbeten  ^Patriarchen 
t)er!e^enbe  Steuerung  (Leonis  epist.  Baller.  ep.  104— 106,  de  Marca,  p.211).  ®urd^  lo 
eigene  S)emütigung  gelang  e^  bem  Patriarchen  9(natoliu^  bon  J{(mftantinot)el,  Seo  ju 
bofö^en,  unb  ber  SBiberfl)ru(^f  be«  römifd^en  Sifd^of«  gegen  jenen  Äanon  lä^t  fvS^  mit 
ber  jonftigen  änericnnung  ber  d&alcebonenftfd^en  Se(d^lüjfe  bon  feiten  Slomö  nur  lünftlic^ 
iKreinigen.  Derfelbe  $roteft  toieberl^olte  f\d)  fl)äter  gegen  bie  Seftätigung  be«  Concilium 
quinisextum.  Sbenfotoenig  Sollten  $a^ft  ^elagiud  II.  unb  ©regor  I.  bem  ^ol^anned  i6 
Sefunator  (587)  ben  fdjfon  bon  feinen  Vorgängern  angenommenen  2^itel  ölumenifd^ 
$atriard(f  einräumen,  unb  al^  ftc^  ft>äter  ©ergiud  II.  (1024)  unb  SRid^ael  Särulariud 
(1053)  biefen  Flamen  beilegten,  erfolgte  ber  SSortourf  unbefugter  änma^n^.  Über  bie 
Sebeuiung  biefe«  liteö  ^enfd^te  tool^I  jtoifd^en  Slom  unb  9leutom  ein  ^Jltfebetftänbni«. 
jtottenbufd^  (a.  a.  O.  ©.  112)  ^at  ed  fej^t  ioa^tfc^einlic^  gemad^t,  bag  bet  $attiatd^  nieao 
„qpiscopus  universalis"  fein  toollte.  35er  naTQidgxrjg  oixovjuevixog  toax  bielmel^r  nur 
„9$eid(fd))atriard^''.  @oIc^e  lonnte  ed  mel^rere  geben.  92ur  bie  ftanbl^aftefte  9e]^au))tung 
ber  (Sbenbürtigleit  ^ätte  aber  biefen  SQStberftanb  9iom^  entlräften  tonnen.  @ott)ie  aber 
glotoion  bon  Äonftantinot)el  ben  93eiftanb  cined  Seo  I.,  unb  ©ergiu«  I.  bon  Äonftanti* 
no^  im  SRonot^eletenftreit  ben  bed  ^onoriu^  I.  annal^:  fo  fel^lte  ed  aud^  übrigen^  26 
nicf^t  an  @d(fritten  ber  ^atriard^en,  bie  einem  i^ilfefud^en  bei  Stom  äi^nlic^  fallen  ober 
bo<^  fo  gebeutet  Serben  tonnten.  S)ie  ^^ol^e  biefed  jtoifd^en  Siferfud^t  unb  älnertennung 
fc^tDonlenben  SSerl^ältniffe^  Umr  jene  rid^terltd(fe  @u))eriorität,  mit  ioetc^er  bie  $ä))fte  bei 
me^en  ©elegenl^eiten  ben  Slu^fc^Iag  )u  geben  ftd^  erbreifteten.  3lad)  \oU^m  SSorgängen 
tanirbe  ber  9rud^  burd^  ^Jiänner  ioie  ^l^otiud  unb  Särulariu^  unbermeiblic^.  ^n  ben  so 
folgenben  l^a^^unberten  l^at  ftc^  bie  gried^ifc^e  Uniondpartei  ^ur  Sinräumung  eine^  römi« 
\d^  ^rirnatd  in  getoiffen  ©renjen  bereit  ertoiefen,  bie  ortl^obo^e  bel^arrte  bei  il^rem  3Bibers 
f^mtc^  unb  unterftü^te  il^n  mit  gelel^frten  (Srünben.  —  3)ritten^  tourbe  bie  freie  S3eh)egung 
bed  ^ktriarc^atd  burd(f  bie  ^errfd^fud^t  ber  jtaifer  bielfad^  gel^emmt.  S)ie  $atriatd^en  et< 
feigen  ali  ^öc^fte  geiftlid^e  SSafaHen  bem  ^tone  beigefeUt;  bie  ^offttte  gebot  ij^nenss 
jc^or,  bie  Sinfül^tung  jebed  Sifc^ofd  obet  fitc^ltd^fen  ©efanbten,  ber  bem  JCaifer  borgefteKt 
fein  tDoSte,  )u  übemd^men.  Oft  l^aben  fte  ii^ren  ^errn  Xto^  geboten  unb  imponiert, 
nic^t  nrinber  oft  ol^  Kreaturen  besS  ^ofed  fic^  mi^braud^en  laffen.  ^a|  i^re  9S$a^I  ober 
Abfe^ung  meift  eigenmäd^tig  t)om  Jtatfer  t)erfügt  ober  bod^  l^ferbeigefül^rt  tourbe,  ba^  manc^ 
burc^  Iaiferlid(fen  Sinflug  faft  unmittelbar  t)om  Saienftanbe  jur  $atriarc^enh)ürbe  em^orftiegen,  40 
bo^  bie  Jtaifer  in  bie  Kr^lid^en  unb  bogmatifd^en  älngelegen^eiten  beftänbig  eingriffen,  Union^ 
k>er^blungen  einleiteten,  einzelne  93ifd^öfe  unb  Alöfter  ber  ®eh)alt  be^  ^triard(fen  ent« 
logen  unb  unmittelbar  mit  bem  $ofe  ber{nü))ften :  biefe  unb  äl^nlic^e  Umftänbe  l^aben  bie 
$atriard^en  bon  S^janj  nid^t  p  h)ürbet)olIer  unb  gleid^mä^iger  Slu^übung  i^rer  ®erec^t< 
fönte,  biet  ioeniger  ju  ))ä^ftlid(fer  SlQgetoalt  gelangen  laffen ;  ed  ioaren  bie  Sefd^räntungen  45 
eined  Stoatglird^entum«,  bon  benen  bie  gried^ifc^c  Äird^enleitung  aud^  in  neueren  geiten 
nü^t  frei  getoorbcn  ift.  ©tatt  anberer  Setocife  erinnern  toir  an  bie  ^Regierung  be^  Sar« 
boned  (711),  toelc^er  bur^  feinen  $atriard^en  ^loi^anne^  ben  ^Jionotl^eletidmu^  burd^fe^en 
Ue^,  beffen  92ad^folger  Slnaftafiu^  II.  aber  benfelben  ^ol^anned  )u  bem  entgegengefe^iten 
38«f a^en  nötigte,  femer  an  bie  ^(Atm  be^  Silberftreilc^,  toeld^e  jtoar  man^e  firc^lic^e  so 
Stojib^oftigleit,  ciber  auc^  bie  ©d^toäc^e  etne«^  SSifc^ofeftubled  offenbarten,  ber  unter  $aulud 
(um  780),  9licej)l^oru«  unb  iJ^eoboru«  (814),  Qoj^anned  (842)  unb  in  bic^l  aufeinanber» 
folgenben  Airc^enberfammlungen  feine  ®runbfä|e  mieberl^olt  ;\urüd(na^m  unb  bertoatf,  foioie 
an  bie  toilben  bütgetlid^en  Untu^en  bed  14.  ^a^tl^unbettd. 

2)ie  Sleil^enfolge  bet  Sifd^öfe  bon  Äonftantinojjel  fennen  toit  au^  betfd^icbcncn  93er»  65 
leid^iffen  aiemlid^  boUftänbig,  eine  fel^r  jtoeifcl^aftc  Irabition  fü^tt  biefelbe  fogat  butd^ 
bie  erften  ga^l^unberte  unb  angeblicb  biö  auf  ben  Sljjoftel  2lnbreaö  aU  änfängcr  hinauf. 
Xbgefe^  bon  ben  erften  unftc^eren  ^öi^r^unberten  toürben  fid^  bier  $erioben  unterfd^eiben 
laffen,  bie  erfie  bon  Aonftantin  bi^  jum  ))l^otianifc^en  Streit  (861)  ober  bi^  jum  gäng» 
li(^  S9ru(^  mit  bem  älbenblanbe  unter  Särulariud  (1054),  bie  gioeite  bi^  ju  bem  ^nter-  6q 


12  Sonftanttno^el,  ^atrtard^at  ftonflaiitiito^ontaitifi^td  Symbol 

regnum  bcr  Satetncr,  tocld^e«  bic  gticd^ifd^cn  ^Patriordjjen  nötigte,  mit  bcm  Äaifcr  nad^ 
3lma  übenuftebeln,  tpöi^renb  in  J{onftantino))eI  ein  lateinifd^ed  ^atriarc^  beftonb  (1204 
bid  61,  bgf.  Conspectus  chronol.  ap.  Fabric.  1.  c.  p.  737),  bie  britte  6i^  jur  Qx^ 
oberung  ber  ©tabt  burd^  bie  3^ürfen  (1453)  unb  bie  bierte  bi«  jur  ©egentoart  l^erab. 

5  ^er  Umfang  bed  $atriard[fatd  tpor  im  ^Jiittelalter  am  größten,  ©ein  erfter  großer 
Serluft  batiert  öon  ber  ©rrid^tung  be«  rufftfd^en  $atriard^at8  im  3a^e  1589.  Qioax  pnb 
bie  rufftlc^n  ^errfd^er  audjf  fjjöter  immer  mad^ttootte  ©djfirml^erm  ber  ^atriardjfen  getoefen, 
bo(^  nid^t  immer  o^ne  ©egenbienfte  bafür  ju  beanft>ru(^en.  ^m  19. 2[<ii^i^'^unbert  ^at  ber 
nationale  (Sebanle  auf   ber  Sallan^albinfel  unnötigertoeife  etne  Steige  bon  autol^^alen 

10  Jlird^en  ^ert)orgebrad^t.  S)aburd^  ift  bie  3Jlad^t  bed  $.  in  J{onftantino))eI  unb  bamit  aud^ 
bie  3Kad^t  ber  ortl^obojen  Äird^e  im  Orient  fe^r  jurüdfgegangen.  S)en  2lnfang  ber  ©elbfts 
ftönbigleit^beftrebungen  mad^te  $ellad.  S)er  ^oKttfd^en  f^ei^eit  foKte  bie  tird^lid^e  folgen. 
S)ie  legten  9lbmad(fungen  gefd^al^en  im^al^re  1850.  Bulgarien  ift  feit  bem  legten  ©c^i^ma 
t>on  1872  mel^r  ober  toeniger  felbftftänbig  getoorben.    ©erbien  unb  ^Rumänien   ^aben  in^ 

16  folge  ber  auf  bem  berliner  Äongrefe  1878  errungenen  jjolitifd^cn  ©elbftftänbigfeit  1882 
bejio.  1885  auc^  eine  felbftftänbige  ^ird(fe  erlitten.  9lQe  autof^l^alen  Jtird^en  fte^en  aber 
in  naiveren  ürd^lid^en  Sejiei^ungen.  ^er  $atriard(f  in  Aonftantinofsel  geniest  nod^  immer 
eine  getpiffe  moralifd^e  Slutorität 

2)ie  Eroberung  t>on  Jtonftantin^el  1453   brad^te  ben  $.  erft  eine  SRad^tertoeiterung 

20  nad(f  innen.  @r  erl^ielt  au^er  feiner  Krd^Iid^en  SBürbe  anä)  ein  gute^©tüdC  äSertoaltung  unb 
9lec|tf^red^ung  \üx  iai  untertoorfene  SSolI  ber  Stomäer.  ^o6)  foax  feine  Slb^dngigfeit  bon 
ber  SBillfür  ber  Qviitam  unb  SBefire  eine  jiemlid^  boHftänbige.  häufig  fül^rten  biefe,  be- 
trugt ober  unbetDu^t,  aud^  nur  bad  aui,  tocS  bie  ©efanbten  ber  großen  abenblönbifd^en 
^öd^te  tooQten.    ^anfreid^  bertrat  babei  a\x6)  bie  fati^oHfd^en,  Snglanb  unb  ^oQanb  bie 

26  )9roteftantifd;en  ^nterefjen.  3ammert)olI  toar  ed  baneben,  bag  bie  käuflid^Ieit  ber  ^mter 
in  ber  3^ürtei  fid^  aud^  auf  ben  3^ron  ber  Patriarchen  auäbel^nte.  Äein  $atriard^  lonnte  ol^ne 
„©imonie"  jur  ^errfdjfaft  fommen.  3Ran  barf  md)t  meinen,  bafe  bie  tüdjftigen  SBönner 
auf  bem  ^rone  ba^  Unioürbige  biefed  3^f^^^^  ^^^^  füllten.  ®d  ftanb  aber  nid^t  in 
il^rer  SRad^t,  hai  )u  änbem. 

80  (Srunblage  für  bie  l^eutigen  Sled^t^erl^ältniffe  be«  $atriard^at8  bilben  bie  auf  (Srunb 
bed  Hati  humajun  Dom  18.  ^ebruar  1856  au^efül^rten  revixol  Kavoviafwi  (©aleQa^ 
rot)uloö  a.  a.  O.  ©.  52).  2)emnad^  ift  bie  5IRa^t  be«  ^Patriard^en  erweitert  ober,  beffer 
gefagt,  bejd^ränft  burd^  mel^rere  il^m  bcigeorbnete  Äör})erf(^aften,  unter  benen  bie  ©^nobe 
bie  bebeutenbfte  ift.    ^iefe  ovvodoq  hörnxovaa  ift  eine  uralte  ßinrid^tung.    ©ie  beftanb 

36  fd^on  )ur  ^z\i  bed  Sl^alcebonenfe  unb  erl^öl^te  bamatö  bie  Wtai^i  bed  ^ifc^of^  in  Jlonftan« 
tinoj)el.  ^ai  fte  f^jöter  cefjiert,  fo  tourbe  fte  1593  auf  ber  Sofalf^nobe  ju  Äonftantinojjel 
iebcnfafe  toieberl^ergeftellt.  äud^  j^Jöter  hai  fie  ba^  anfeilen  De«  ^atriard^en  geftärlt, 
löufig  aber  im  SSerein  mit  bem  l^öl^eren  jtleru«  ber  $au))tftabt  über  @infe|ung  unb  Slb» 
feftung  be8  «Patriard^en  entfc^ieben.  («aft  f)  *^.  SReijer. 

40        Sonpanttnofpel,  ©^nobe  n.  381  f.  93b  II  ©.  43, 22—44, 48. 

fion{iantino)POlitamf(^e9  ©^mbol.  —  Sitteratur:  ^ie  älteren  9(rbeiten  ftnb  üoQ« 
ftönbig  Qufgejä^lt  öon  (£.  ÄöUner,  ©QmboUf  aller  djriftli^cn  ©onfefftonen,  1.  Xell  1837. 
@.  Iff.,  @.  28—52;  %  eagpart,  3ur  ®cfd).  be8  Jouf beten ntniffeS  In  ben  oricntal.  Ä.  in 
ben  btxhtn   erften  Sa^r^.  nac^  ber  «Ibfaff.  be§  9f?lcäno*e$amf(ften  SijmbolS''  in  8!X6  1857, 

45  @-  634 ;  „^ie  ixotx  ^aufbefenntniffe,  bie  und  (Spip^aniud  in  feinem  9lncoratud  mitgeteilt 
bot",  „3)a8  ältere  eigentücfte  9iicänum  üon  325",  »2)a«  9Jicäno»®ißQnum  ober  jüngere,  un» 
eigcntlidje  S^icönum"  in  bcr  ^iorroegifcften  5:^eoI.  ^tW^.,  S3b  3  unb  7,  „OucDen  jur  ©efcft. 
bc8  Xauff^mbolS,  »b  I-IV,  1866f.,  oor  aüem  ©b  I,  @.  If.,  lOOf.,  113f.,  213f.;  Sumbij, 
History  of  the  Creeds,  2.  9lufl.  1880;     ©roainfon.  The  Nicene  and  Apostels'  Creeds  etc., 

50  Sonbon  1875;  ^ort,  Two  Dissertations.  II:  „On  the  CPan  creed  and  other  eastem  creeds 
of  the  fourth  century'S  ßambribge  1876;  ®.  ©djmibt,  ^ur  ©(bt^eitSfroge  be8  9^icäno-(5on» 
ftantinopoIttanumS  in  92f3  1899,  6.  935 ff.;  g.  Äunjc,  i)a«  nicänif(^»lonftantinopolitanif*c 
(Symbol,  ßcipjig  1898;  g.  tottcnbufdi,  fiel)rbudj  ber  oergleicbenben  Äonfcffionöfunbe,  1.  S3b, 
greiburg  1892;  berf.,  S)a«  apoftol.  ©Qmbol,  1.  ©b,  Seipjig  1894;  2.  )8b  1900. 

66  Dag  jtoeite  unter  ben  fog.  ölumenifd^en  ©bmbolen  ift  ba8  G5ßanum.  ®8  ift  baS^ 
ienige  bon  il^nen,  toeld^e^  allein  ben  9lamen  „ömmenifd^"  mit  Siecht  fü|^en  barf,  fofem 
ed  in  ber  griec^ifcben  unb  römifd^Iatl^olifd^en  ^ird^e,  toeiter  bei  bielen  orientalifd^en  ^etero» 
bösen  92ationalfirc^en  unb  bei  ben  meitaud  meiften  proteftantifd^en  Jtirc^en  unb  ©e!ten  in 
offijieQer  (Geltung  ift  (f.  bie  griec^ifc^en  Siturgien,   Trident.  Sessio  III,  Profess.  fidel 


Ston^mAnopoliian%\i^t»  Symbol  13 

Trid.,  bog  Iut^eri(cl^e  Äonforbicnbud^  u.  f.  to .:  Äic^Ung,  Historia  de  usu  symbolo- 
rum  etc.,  Lips.  1753).  Um  gleid^f  ba^  ^tc^ttgfte  )u  bemerten,  fo  brauchen  bie  abenb« 
lonbifc^  Äir^cn  —  unb  borin  fmb  ii^nen  bie  ßriecl^ifd^cn  borangeganflcn  —  unter  bem 
Flamen  bed  Sttcäno^S^anumd  ober  \6)ltd)tto^  bed  9{tcänum^  nic^t  bo^  auf  ber  erften 
©l^nobe  gu  5Ricäa  325  feftgefteate  »efcnntntö  (,,93efenntnte  ber  318  Sifd^öfe"),  fonbem  6 
eine  angeblid^  [ebiglid^  ertDeiterte,  nad^  trabitioneUer  Slnnoi^me  gu  ^onftantino))el  auf  ber 
fogenonnten  öhtmenifd^fen  @bnobe  381  regt)}ierte  SRegenfwn  bedfelben  CSelenntntd  ber 
150  Sifd^föfe'O-  @d  toitb  bedpalb  im  fotgenben  )u  l^nbetn  fein  1.  bdn  bem  aut]^enttf(^n 
Zect  beSSißanumd,  2.  bon  bem  nicänif($en  @^mbo[,  3.  t>on  bem  Urf^rung  be^S^onumd 
unb  feinem  SSer^tnid  jum  92icänum,  4.  bon  ber  ®ef(^id^te  bed  6$anumd  in  ber  jlird^e.  lo 
2)ie  le^te,  auc^  für  ben  Urf^rung  bed  Qi^mbol^  nid^ft  gleid^fgiltige  f^age  lann  jur  3^ 
noc^  mc^t  mit  toünfc^entoerter  ©ic^er^eit  beanttoortet  toerben;  bod^  finb  ^anl  ben  ^or« 
fcf^ungen  6ad))ariS,  £umb^  (mir  nur  au^  ber  f.  9(rbeit  betannt),  @h)ainfond  unb  namentlich 
^ortd  bie  $au))t^unlte  ftc^er  gefteQt.  S)ie  älteren  älrbeiten  finb  antiquiert  in  bem,  toai  fie 
Übvc  ben  Urf))rung  unb  bie  ®efd(fici^te  bed  ß^anumd  beigebracht  l^aben,  fofem  fie  l^ier  auf  is 
einer  untritifc^  ^orau^fe^ung  fu|en.  SSorjüglic^e  SSemerhtngen  bei  ^outt6e  in  feiner 
Sbtdgobe  ber  ilate^efen  S^riOd  t>on  ^erufalem. 

I.  @d  lafjen  ftc^  bome^mlid^f  brei  Xe^te  bed  6$anumd  unter{ci(feiben :  1.  ber  grie» 
cf^tfc^  %(ttt,  tDie  er  in  ben  Sitten  ber  2.  [^ier  ju  Unred^t  unb  nur  in  ben  2)rucfen]  4. 
ia(b  6.  öhtmenifd^en  @^nobe  unb  in  ben  3Berfen  ber  {Röteren  gried^ijd^en  Stird^entKiter  30 
fotoie  in  ben  Siturgien  enthalten  ift.  2.  ber  lateinifd^e  Xe^t,  re))räjentiert  burd^  eineSieil^e 
bon  Überfe^ungen  an^  bem  ®ried(fifc^  in  berfd^tebenen  ^anbfc^riften,  unter  benen  na- 
mentlich bie  fog.  ^nter))ret.  bed  ^ion^ftu^  @£iguud,  bie  in  ben  Slften  bed  Aongild  bon 
2oIebo  589,  unb  in  ben  Slften  ber  ©^nobe  gu  gorum  S^IH  796,  fotoie  bie  t>on  5ßa))ji 
£eo  III.  in  ber  ^autölirc^e  aufgefteQte  )u  nennen  ift  (f.  barüber  6ad))ari,  QueQen  I,  26 
©.213f.;  §a^,  »tbliot^  b.S^mbole,  3.  «ufl.,  §  145  u.33um,  The  old  Latin  text 
of  our  Nic^ne  creed  in  bem  Journ.  of  Theolog.  Stud.  1900  p.  102  ff.).  3.  ber  im 
älbenblanb  gebraud^te  gried^ifd^e  3:e£t,  tote  er  in  einigen  ^anbfc^riften  oom  9.  ober  lO.^a^« 
^bert  ob  un«  ersten  ift  (f.  6(^ari,  Dueflen  I,  ©.  236  f.,  III,  ©.  475  f. ;  §a|n 
a.  a.  O.  §  144).  S^agu  lommen  nod(f  einige  alte  Überfe^ungen,  toie  bie  f)^rifd^e  (nitrif^e  ao 
^onbfc^ft  bom  ^o^e  562  im  »rit.  3Kuf. ;  f.  6a«t)ari,  Duetten  I,  ©.  100  f.),  bie  ara^» 
bifc^sfo^tifc^  (f.  SBüftenfelb,  ©^najarium  b.  i.  fojjtifd^er  §eiligenlalenber  1879  g.  9.  §atur 
unb  1.  9(mfd^ir),  jtoei  angelfäc^ftfd^e  (^anbfd^riften  bed  11.  unb  13.  ^a^r^unbertd  in 
Gambribge  unb  Dsforb,  f.  ^eurtl^,  Harm,  symbol.,  p.  162  sq.)  u.f.  to.  ^er  lateinifd^e 
Xe^t  bed  ©^mboU  unterfc^eibet  ftd^  —  namentlich  in  {einer  je^igen,  t)om  gefamten  älbenb^  85 
lanb  einl^eUig  rqi)}ierten  ®eftalt,  aber  aud^  fd^on  in  feinen  ölteften  9tegenfu>nen  mit  ä(u^ 
naipxi^  berjjenigen,  toel^e  geleierte  toörtlic^e  Überfe^ungen  ber  griec^ifd^en  Urhtnben  fein 
tooHen  —  t>on  bem  ^ried^ifd(fen,  abgefe^en  bon  Heineren,  nic^t  bebeutenben  SSarianten, 
burc^  brei  @igentümltc^Ieiten.  ^oc^  toeic^t  bie  3nter))retation  bed  ^ion^ftud  @ciguu^ 
ftorter  t>on  bem  Driginolte^t  ab,  inbem  bort,  abgefel^en  \)on  ben  gleid^  gu  nennenben  abenb«  40 
lönbifc^  @igentümlid(fteiten,  fic^  nic^t  unb^eutenbe  SSerönberungen  unb  9lu^(affungen 
fmben.  3)ie  brei  bemertenömerten  ©igentümlid^feiten  finb:  1.  2)er  S^\^i  „filioque"  im 
britten  Srtitel,  2.  bie  SBeglaffung  be^  in  (etg)  t>ox  bem  ©liebe  unam  ....  ecclesiam, 
3.  bie  fingularifc^^e  ^orm  ber  ©efenntni^toörtd^en  credo  —  confiteor  —  spero  (grie* 
d^ifc^:  nunevofjLEv  öfjLoXoyov/uv),  Ad  1.  3)cr  3wf^  „filioque"  begegnet  im  ©^mbol « 
merft  in  ben  alten  be«  3.  ftomil«  tion  lolebo  589  (ältere  Sejeic^nungen  fmb  aj)oh:toj)l^), 
fobann  in  mel^freren  ftKinifc^  urhinben  ber  folgenben  3^^^^  toeiter  in  Urhtnben  ber  taro- 
lingi{c^  Sleic^tirc^e  (Si^^  796).  3)ie  Se^rform  einer  processio  Spiritus  ab  utroque 
ift  oon  3(uguftin  audge))rägt  ioorben  unb  tourbe  )>om  5.  \>\%  7.  ^a^r^unbett  im  älbenb- 
lanb ^errfc^b ;  bie  ^ufno^me  berfelben  in  bad  ©^mbol  ift  in  ©^anien  burd^  ben  ©egen^  so 
fa(  gegen  ben  toeftgotifcl^  älriani^mud  ju  ftanbe  gebmmen;  aud  Spanien  lam  fte  in 
bod  farolingifc^e  ^antenreic^  unb  toar  bereite  im  erften  ^ecennium  bed  9.  ^al^r^unbertd 
bort  in  bie  offi^iette  gorm  beö  ©^mbofe  aufgenommen,  ^n  9tom  bittigte  man  jtoor 
längft  bie  ougufttnifc^e  £e^  t}om  1^1.  ®eifte,  ^atte  aber  noc^  im  älnfang  bed  9.  ^al^» 
^bertd,  toie  bie  t)on  £eo  III.  aufgeftettte  ^fel  unb  fein  Sefd^eib  an  bie  fränlifd^en  ©e«  66 
fonbten  öom  3a^  809  betoeift,  ba«  ©^mbol  ol;ne  jenen  3wf^  (1-  äbdlarb  „Sic  et 
Non  IV,  p.  26  sq.  ed.  6oufw,  Äöttner  a.  a.  D.  ©.  46.  49).  ©erjelbe  ift  jeboc^  balb 
borauf  —  toann  unb  unter  toeld^en  Umftänben  ift  nid^t  anjugeben  —  aud^  in  :*Rom  in 
bod  ©l^ol  aufgenommen  toorben;  f.  ben  ordo  Romanus  de  divinis  officiis  (BM 
XIII,  p.  677*),  ber  bietteic^^t  ber  2.  ^älfte  be«  9.  Sa^^unbert«  angehört,  unb  ben  ©treit  eo 


14  ftnitflaitttitotpolttaittfd^td  S^ntbol 

beg  $l^otiu8  mit  3lom.  S8ßl.  bie  ältere  fiitteratur  über  ben  trinttarifd^  Streit  bei  Äöttner 
a,  a.  D.;  3BaI(^,  Hist.  controversiae  —  de  process.  S.  S.  1751;  @ai,  ©Emboli! 
ber  gried^.  R.,  ©.  130 f.;  ©toete,  On  the  history  of  the  procession  of  the  H. 
Spirit.,  ßambribge  1876;  Sangen,  2)ie  trinitarifc^e  Sel^rbifferenj  u.  }.  to.,  Sonn  1876. 

6  Ad  2.  2)te  Sluglafjunö  ber  ^röpofition  „ii^"  bor  „ecclesiam"  ift  nid?t  iiuföIKg;  fie  tft 
im  älbenblanb  fo  alt,  toie  bie  äSejeugung  bed  ©^mbotö  felbft;  benn  fte  finbet  ftcb  fd^on 
bei  SDion^ftu«  ©jiguu«  im  2lnfang  be«  6.  ^^^^^w^^^^f  in  ^^  äften  ber  ©^nobe  bon 
^lebo  589  unb  in  ber  mojarabifd^en  Siturgie;  nid^ft  toenige  lateinifd^e  formen  be^©t^m' 
botö  l^oben  bad  sig  oHerbing^  toiebergegeben ;   aDein  teil^  fmb  ba$  gele^e  Überfe^ungen, 

10  teil^  barf  man  baron  erinnern,  ba|  nad(f  bamaligem  ©}>rad(fgebraud^  ba$  ,4i^"  lebiglid^ 
aU  S^onent  bed  Slccufatibberl^ältnined  gelten  tonnte.  Sluc^  biefe  SSariante  gel^t  auf  bie 
auguftinifd^e  Geologie  gurüdf,  le^tlid^  aber  auf  bie  nod^  ältere  abenblänbifc^e  ätbneigung, 
irgenb  ettoad  anbered  aU  ben  breifaltigen  ®ott   ald  Objeft  bed  religiöfen  (Slaubend  im 

S>ö(^ften  ©inne  ju  befcnnen;  l^ierüber,  fotoie  über  bie  interejfanten  ÜRafenal^men  abenb^ 
änbifdjfer  Äird^en,  bie  93ejiel^ung  be^  „slg"  im©^mbole  auf„Ätrc^e",  „©ünbenbergebung", 
„3^fe",  „etoige«  Seben"  gu  berl^inbem,  f.  bie  erfd^öt)fenben  ß^f^w^^^P^tt^ngen  bei 
6aöt)ari,  Duellen  I,  ©.  222  f.  2)ie  bogmatifd^e  X^eorie  fyit  bann  äuguftin  bur(^  feine 
Unterf (Reibung  bon  credere  aliquid ,  alicui,  unb  in  aliquem  geliefert.  Ad  3.  2)ie 
SSertDanblung  bed  ^lural  in  ben  ©ingular,  toeld^e  ft^  nid^t  in  ben  f))anifd^en,  too^l  aber 

aotn  ben  römifc^en,  fräntifd^en,  angelfäd^ftfc^en  älteften  9tecenfionen  finbet,  flammt  au^  ber 
traditio  unb  redditio  symboli,  fofem  ba^  (Slauben^befenntnid  aU  bad  93etenntni^ 
jebe«  einzelnen,  ber  e«  ablegt,  gelten  foll.  —  3&a&  bie  abenblänbifd^*griec^ifdifen  legte  be^ 
trifft,  toie  biefelben  fid^  merhoürbig  lange  im  fird^lid^en  (Sebraud^  ber  Satetner  tro^  Un« 
lenntnid  ber  gried^ifd^en  ©^rad^e  erl^alten  l^aben,  fo  l^at  6a$)9ari  nac^etoiefen,  ^a^  meliere 

25  berfelben  an  ben  ©igentümlid^Ieiten  be«  lateinifc^en  legte«  teilnehmen  (f.  bor  allem  bie 
©t.  ©allener  §anbf^rift  saec.  X),  toäl^renb  ber  mit  lateinijd^en  Sud^ftaben  gefc^ebene 
gried^ifd^e  legt  im  „Sacramentarium  Gelasianum"  fotDte  in  einer  liturgif^en  ^onb- 
l^rift  ber  SBiener  Sibliotl^el  mit  bem  orientalifd^en  Driginaltegt  ibentifd^  ift.  2)er  anget 
fäd^jtfc^e  legt  ftimmt  natürlid^  mit  bem  lateinifd^en;    ber  bei  f^rifc^en  SWonotol^l^fiten  ge^ 

80  brandete  legt  b.  3.  562,  ben  6a«t)ari  I,  ©.  102  f.  f)at  abbrurfen  lafjen,  ift  mit  bem 
gried^ifdifen  ibentif^  mit  ben  SluSnal^men,  bafe  mareveiv  toie  im  Dccibent  im  ©ingular 
ftel^t,  n)a«  auf  gotte^bienftlid^en  (Sebraud^  |d^lie|en  lä|t,  unbbagba^^räbifat:  äjioaxohxt) 
bem  anberen:  xa^ohnr}  borangeftellt  ift.  3)er  loptijc^-arabifd^e  legt,  ben  SBüftenfclb  1879 
a\x^  bem  ©^nagarium  mitgeteilt  ^at,  ftimmt  toörtlid^  mit  bem  legt  überein,  ben  Safari  I, 

36©.  106,  91.  8  au«  Seüeribge,  2vvo6txov  I,  683  sq.  (Paraphrasis  Arabica  c.  1400) 
entnommen  l^at.  @«  fmb  tDörtlic^e  Überfe^ungen  be«  griec^ifd^en  Originaltegte«  be« 
6$anum8,  nid^t,  toie  6a«})ari  \o\%  inter))olierte  SRejenfionen  be«  9licänum«.  Iro^bem 
toerben  fie  ate  8e!enntni«  bon  3?icäa  eingeftil^rt.  —  6«  giebt  aber  noc^  eine  Sleil^e  bon 
©^mboltegten,  bie  ftd^  felbft  al«  nicäno-c^anifd^e  refb-  nicäntfd^e  begeid^nen  unb  aud(f  bon 

40  6a«j)ari  gu  einem  leile  toenigften«  für  SRobiflfationen  be«  ß^anum«  gelten  toerben, 
nämlid^  1.  ba«  rebibierte  antioc^enifc^e,  2.  ba«  neftorianifc^e,  3.  ba«  t)l^ilabelp^cnifc^e, 
4.  ba«  ©i^mbol  in  ber  t)feuboat^anafianifd^en  igjufjveia  eig  x6  avjtißoXov,  5.  ba«  gtoeite 
längere  ©^mbol  im  ^ncoratu«  be«  @^ipl^aniu«,  6.  ba«  Ia))pabo2ifd^sarmenifd(fe,  7.  bie 
bem  93afiliu«  gugefc^riebene  9lu«legung  be«  nicänifd^en  ©^mbol«,   8.  ba«  eine   bon  ben 

46  beiben  in  G^alccbon  berlefencn  ©Embolen,  tpelc^e«  ate  „5Jicänum"  bort  begeic^nct  ift.  ^n- 
beffen,  fo  grofee  33erh)anbtfcl^aft  biefe  ©i^mbole  mit  bem  ß^anum  ^abcn,  fo  finb  ftc  bodjf 
—  bie«  gcjeigt  ju  l^aben  ift  ein  SBerbienft  bon  §ort  —  nid^t  al«  lik^ter«,  fonbem  al« 
©c^toeftenejenfwnen  jene«  entftanbcn.  ©ie  tperben  mitl^in  bon  un«  im  3.  unb  4.  3lbs 
fc^nitt  gu  bef))red^en  fein,  ba  fte  nac^  Urfprung  unb  ^orm  für  bie  älufl^ellung  be«  Siätfel«, 

60  ibeld^e«  über  ber  @ntfte^ung  be«  S^anum«  fc^tDebt,  bon  ^öd^fter  Sebeutung  ftnb.  92ic^t 
^ierl^er  gel^ören  bie  turgen  armenifd^en,  Io))tifd^en  unb  ätl(>io^ifd^en  ©^mbole,  fotoie  ba« 
au«fü^rlic^e  ©lauben«belenntni«  ber  Armenier,  toeld^e  6a«j)ari,  Duellen  II,  ©.  10  f.,  ber* 
öffentlid^t  l^at. 

II.  2)a  ba«  ©^mbol  bon  Äonftantino})el  l^eutjutage  unb  fd^on  feit  bem  frühen  SKittel« 

66  alter  ben  9lamen  SRicäno^ß^anum  ober  aud^  gerabegu  9licänum  fül^rt,  ba  e«  ^erfiJmmlid^ 
al«  eine  blo|e  Srtbeiterung  be«  92icänum«  aufgefaßt,  \a  gerabem  mit  biefem  bertbec^felt 
tbirb,  ba  e«  enblic^  unleugbar  gro^e  äSertvanbtfd^aft  mit  bem  92icänum  beft^t,  fo  mu^ 
man  auf  Urf))rung  unb  ©efc^i^te  biefe«  }urüdfgei^en,  um  bie  @ntfte^ung«gefd^id^te  be« 
(S^anum  m  ermitteln  unb  ridj^tig  gu  beuten.    2)a«  9licänum,  beffen  Origtnalgeftalt,  toie 

60  fd^on  3&cHq  gejeigt  ^,  fu^er  au«  bortrefflic^en  Duellen  f eftgefteSt  toerben  rann  (f.  I^ierüber 


fionftantitto^olitairifd^ed  Symbol  16 

^0^  a.  a.  D.,  3.  Slufl.,  §§  142,  143;  bort  aud^  bte  alten  latctntfd^cn  Überfefeungen: 
bte  ältefte  ift  bte  be^^ilanud;  fte  tt>ei(i(ft  bom  gried^ifd^en  %^t  an  bret  ©teilen  ab,  1.  tjt 
im  2.  ärt.  ju  „dominum"  ba«  abenblönbijd^e  „nostrum"  getreten,  2.  ftnb  ebenbort  bte 
®orte  dl*  ^jLiäg  rovg  dv9Qd>novg  xal  unüberfe^t  geblieben,  3.  ift  für  xal  iQyöfievov 
„venturus"  gefegt),  ift  auf  bem  Äonjtl  ju  9?icäa  325  aU  erfter,  relativer  3lbf^Iu|  be^  e 
trinitarifd^en  Streite«  unter  bem  3)rua  be«  laiferlid^en  SBiDen«,  ^anf  bem  moraIi(d^en 
Übergetoid^t  ber  Keinen  alejanbrinifd^en  ^Partei,  aufgeftettt  toorben.  ®ie  Vorgänge,  bte 
f(^Ite|lid^  jum  @iege  ber  ale^anbrintfc^en  Geologie  unb  \\xx  SluffteQung  unb  9ie)ie))tton 
be«  ©l^mbote  gefül^rt  ^aben,  ftnb  bunfel  ((.  §efele,  Äonjil.^Sefd^.,  2.  äufl.,  Sb  I,  ©.  282  f. 
unb  a.  „arianigmug"  33b  11  ©.  14 f.),  ba  ®ufebiu«  abftc^tlid^  gefd^toiegen,  ref^).  bie  lo 
naiveren  Ümftönbe  berfc^Ieiert  l^at  (f.  ben  93rief  an  feine  (Semeinbe  bei  STt^anaftu«  de 
decret.  synod.  Nie,  S^i^eoboret  h.  e.  I,  12),  bie  fjjöteren  ^ifkoriler  aber  bereit«  au« 
ber  Segenbe  fc^ö^jften.  äud^  über  ben  urfl)rünglid^en  ©inn  be«  ofxoovaiog  lann  man 
nic^t  mit  genügenber  ©ic^er^eit  in«  Älare  fommen  (f.  bie  trefflid^en  3lu«fü^rungen  3^^"«, 
SKorccO  ö.  änc^ra  1867,  ©.  11—32).  ©obiel  ift  inbe«  getoife,  ba^  Gufebiu«  in  beris 
$at4)tfad(fe  red^t  l^at,  ioenn  er  fagt,  ba^  ba«  bon  il^m  borgelegte  ©^mbol  (ba|  e«  nic^t 
ba«  Xauff^mbol  \>t>n  ßäfarea  getoefen  ift,  barüber  f.  S5o  I  ©.  748)  bie  ©runblage  für 
bie  neue  ©laubeneformel  abgegeben  l^at,  toenn  aud^  bie  naiveren  Umftänbe,  bie  er  erjäl^It, 
toenig  glaubl^afte  fein  mögen.  I^ene«  nömlicb  toirb  beftötigt  burd^  eine  Unterfud^ung  ber 
Jtompofttion  be«  ^ticönum«.  S)a«  93erbienft,  biefe  rid^tig  ertannt  ju  ^aben,  gebiU[^rt  ^ortao 
(Two  Dissertations  I,  p.  54—72,  p.  138  sq.).  ®ie  tpid^tigften  ©rfenntniffe  in  93eaug 
auf  bie  Äomt)ofition  be«  9Kcänum«  ftnb  folgenbe:  I.  3)a«  9licänum  rul^t,  toie  eine  3Ser« 
gleicl^ung  lel^rt,  gan^  auf  bem  ©^mbol  be«  ßufebiu«  (f.  biefe«  bei  ^al^n  a.  a.  O.  §  123). 
IL  SSon  biefem  unterfd^eibet  e«  ftd^  a)  burd^  einige  SBegtaffungen  unb  Heine  SSerönbe? 
rungen,  b)  burd^  bie  ©nfcbiebung  ber  alejanbrinifc^en  t^riftologif^en  gonneln,  c)  burd^as 
eine  burc^e^enbe  leife  Stebaltion  unter  Slnlel^nung  an  bie  jerufalemifd^-antiod^fenifd^en  ^uf« 
betenntniffe  (bgl.  ba«  ©l^mbol  in  ben  a[l)oftoI.  Äonftitut.  bei  §a^n  §  129,  ba«  jerufalemifd^e 
Symbol  bei  ^aiin  §  124,  antioc^enifc^e  ©^mbole  bei  §a^n  §§  130  ff.).  III.  3)a«  9K= 
conum  ift  nic^t  al«  ein  2^uff^mboI  aufgeftettt  toorben,  fonbern  al«  eine  d^riftologifcf»e 
®(auben«regel  mit  f^mbolmögiger  Umral^mung.  Ad  II,  a)  SBeggelaffen  finb  au«  bem  ao 
©J^mbol  bon  ßäfarea  bie  3lu«brüdfe:  „t6v  tov  '&eov  X6yov**  (bafür  xov  vlov  ^eov) 
ffjigcoröroxov  ndorjg  xrioecog^',  ffTigd  Jidvrfov  rcbv  alcovcov  ix  rov  nargög  yeyewrj' 
fiivov'*  (bafür  yswrjdivia  ix  rov  naxQog)  unb  mobifijiert  ift  bie  ?$l^rafe  vlbv  juovo- 
yevfj  in  fwvoyeyij  —  '&e6v  (bajtoifd^en  ein  alejanbrinifd^e«  Ginfd^iebfel).  SJiefe  SGBeg« 
laffungen  pnb  für  ba«  richtige  3Serftänbni«  be«  9?icänum«  bom  l^öc^ften  Gelang ;  benn  pe  S5 
betoeifen,  ba^  bie  ftegenbe  alejanbrinifd^e  Partei  in  ber  bon  i^r  aufgeftettten  ©tauben«* 
regel  jebe  3h)^beutigfcit  toie  jebe«  TOifeberftänbni«  bermeiben  toottte  unb  ftd^  auf  feinen 
Äomjjromi^  eingeladen  ^at.  3)ie  auggemer^ten  5p^rafen  ftnb  nämlid^  fämtlic^  jtoar  biblifc^e, 
ober  gugleidjf  fold^e,  h>eld^e  bie  offenen  unb  falben  ®egner  am  meiften  im  SKunbe  führten. 
^e«I^b  entfd^[o|  man  ftc^,  fte  in  ber  neuen  ®(auben«rege(  fatten  ju  (äffen.  Ad  II,  b)  ^ie  40 
neuen  alejanbrinifc^en  ®infd^iebfcl  ref>).  ^yx\ä%t  pnb:  1.  „toCt'  ioxiv  ix  rrjg  ovmag  rov 
Tiargdg",  2.  „yewtj^ivTa  ov  Jioirj&ivTa'* ,  3.  „Sfioovaiov  reo  natQi*%  4.  bie  fec^ 
(bri^ologifd^en  ä[natl^emati«men  am  ©d^Iuffe  be«  ©^rnbol«.  Ad' II,  c)  Sitte«  übrige,  in 
bem  fidjf  ba«  9!i€änunt  bom  ©^mjbol  be«  (Sufebiu«  unterfd^eibet,  ift  nid^t  bogmatifd^er 
9latur,  fonbern  ftnb  rebaltionette  Säuberungen.  ®iefe  5Kobi^fationen  ftnb  aber  fämtlic^  45 
ber  ärt,  bafe  fte  mit  bem  SBortlaut  ber  jerufalemifd^santiod^enifc^en  3^uff^mbote  überein« 
ftimmen.  5Wan  fyii  alfo  anjunc^men,  bafe  fte  unbogmatifc^e  Ronjefftonen  cm  bie  auf  ber 
©J^nobe  bominierenben  $atriard^en  bon  äntiodjfien  unb  S^ntfalem  ftnb.  6«  finb  folgenbe : 
1.  im  erften  artilel  jidiTöM'  für  ändvicov,  2.  bie  3lufeinanberfolge  berSBorte:  dt*  ov  rä 
Ttdvra  iyevsTOf  3.  ber  S^f^-  ^^  ^^  ^  ^^  ovQavcp  xal  rd  iv  rjj  yfj,  4.  ber  3wfö^  w 
öl  ^juag  rovg  ävÜQionovgf  5.  ber  3^!^  xatek&dvxa,  6.  ivaväQCOJtqaavra  für  iv 
&y^Q(i)7ioig  jioXiTtvadjievov.  7.  elg  xovg  ovgavovg  für  ngog  rov  Tiariga,  8.  igxdfU' 
vov  für  fj^ovxa  ndltv,  9.  bie  Soranftettung  be«  Syiov  bor  TtvEVfia  im  britten  älrttfel. 
Ad  III)  %a%  ba«  9licänum  junäd^ft  fein  2^uff^mbol,  fonbern  eine  d^riftologifd^e  ®lauben«» 
regel  fein  iDitt,  ergicbt  fid^  1 .  au«  ber  Äürje  be«  britten  ärtifel«,  2.  au«  ber  §in^ufügung  ber  66 
Snat^emati«mcn  am  ©d^lu^.  2)urd^  biefe  3uf ö^e  unb  jene  Äürje,  fott)ie  burd^  bte  unber^ält» 
ni«mä6ige  3lu«fü^rlidiffeit  im  jtoeiten  ärtitel,  enblid^  burd^  bie  |[u«menung  ber  jtoeibeutigen 
biblifc^^n  ©tücfe  ^t  ba«  Sefenntni«  einen  t^corctifterenben,  unliturgijd^en  unb  unbiblifc^en 
e^arafter  erl^alten.  ©ie«  ift  für  bie  näc^fte  golge^eit  mit  ein  §au))tanla6  geworben,  ba«* 
felbe  )u  befam})fen.    9li(^t  nur  bie  Slrianer  unb  Sufebianer  griffen  e«  unter  bem  3Sor«  go 


16  Stonfianünopolttani\iit»  Symbol 

Sieben,  e«  (et  unbiblijci^,  an,  fonbem  audf  im  (Srunbe  J^omoufianifd^J  ö^ftnnte  9Jlänner 
onnten  M  ju  einer  botten  ßwf^w^w^wng  nic^t  entfc^Iie^en.  Slnbererfeit^,  überlegt  man, 
mit  toelcper  rüdjtd^täofen  Sntfc^ieben^eit  unb  mit  tpelqjem  @mfte  biefed  Selenntni^  in 
(einem  j)ofitiben   unb  in  (einem  negativen  3^eUe  ben  2lriani^mu^  auö(ci^lie|t,  tviz  eg  ju- 

6  gleid^  bie  ftörffte  SSerurteilung  aDer  ^olbl^eiten,  bie  gebac^t  Serben  tonnen,  entl^ält,  unb 
ba|  ed  ja  eben  aU  Sel^rorbnung  unb  allgemeine^  j{ir(^enge(e$,  junäc^ft  nid^t  aU  Xau^^ 
(^mbo(,  gemeint  toar,  (o  (tefert  ed  aSein  für  (tc^  ben  ftörqien  93etpeid  für  bie  Energie  ber 
Ileinen  olesanbrinifd^en  Partei.  Slber  bie(e  $artei  ^atte  (elbft  bie  Probleme  nod^  nid^t  (o 
toeit  bun^gebadift,  bag  fte  ba^  Selenntni^  nad)  aUen@eiten  l^inreic^enb  ju  bedien  t)erftanb. 

10  3)a^  @^mbol  toar  in  jeber  Sejiel^ung  berfrül^t,  unb  ba^  rodete  (td^.  SSerfrül^t  im  ^inblidC 
auf  ben  t]^eo[ogi(d^en  @tanb))un!t  (einer  SSertreter;  benn  bie(en  toar  bie  Slbgrenjung  unb 
Sid^erfteUung  il^rer  X^eologie  gegenüber  bem  ^Jiobali^mud  (elbft  nod^  nic^t  iflar  unb  bie 
Sebeutjamleit  ber  ju  iprä^ifierenben  Seigre  öom  ©eifte  toar  i^nen  noc|  ntd^t  aufgegangen. 
SBerfrül^t  aud^  in  (einer  ^uffteUung  aU  aSgemeined  lirc^lid^e^  ®^(e^;   benn   bie  fird^lid^e 

i6$ierar(|te  ftanb  nod^  jum  arö^ten  3:ei[e  tDiber  ba^(elbe.  ^n  ben  folgenben  ^al^r^e^nten 
toirb  um  bo«  9licänum  auf  ba«  l^eftigfte  geftrittcn  unb  eine  ganje  Sleil^e  bon  ©Embolen 
toirb  \^m  big  Jum  ^ai)xt  341  bon  ben  ©egnem  entgegengefteüt.  33er  Äamj)f  tpar  rec^t 
eigentlul^  ein  Äamj)f  um  biefeg  93efenntni«.  ^n  bem(elben  lernten  (eine  SSerteibiger  ben 
3BortIaut  beg(elben  (c^äfeen  unb  lauteten  fid^,  aud^  nur  in  einem  SBorte  bon  i^m  )u  toeic^en ; 

20  ja  aud^  jebe  erllärenbe  fertoeiterung  im  ©inne  ber  Ort](fobojie  tpurbe  abgelehnt ;  man  ^ätte 
ben  fieberen  SRec^t^boben  berlaf(en,  (obalb  man  (elbft  ein  nur  irgenbtpie  anber^  formuliertet 
©^mbol  jugela(fen  ober  aufgefteHt  ^öttc  (f.  bagu  6a«j)ari  I,  39,  41;  33incen^i,  de  pro- 
cess.  S.  S.  p.  80 sq.).  3)ie  $au)3tftellen  bei  Slt^anafiu^  f elbft;  ba^u  ^ilariu^,  ad  Con- 
stant.  Aug.  II,  5 ;  ^teron^m.,  ep.  ad  Damas.  ann.  381 ;  9lmp^ilo(|iud  [MSL  XXXIX, 

26  p.  93].  ©0  ift  benn  aud^  auf  ber  ©i^nobe  ju  ©arbica  344  lebiglic^  baö  9licänum  rcpe« 
tiert  toorben  (9(t^ana(.,  ad  Antioch.  c.  5,  Opp.  I,  2,  p.  616);  bie  (ogenannte  (arbi^^ 
ccnft(cbe  ©lauben^formel  ift  jtoar  ortl^oboj  unb  ift  in  ©arbica  borgelegt,  nic^t  aber  \)on 
ber  ©^nobe  reji)}iert  toorben.  üJlit  leidjfter  5IRül^e  fönnte  man  au«  ben  ©^nobalaften, 
an^  ben  SEBerf en  ber  Äird^enööter  unb  ^eterobo^en  3:i^eologen  jh)i(d^en  350  unb  450  2)u^enbe 

so  bon  ©teQen  nad^h)ei(en,  tpeld^e  ba^  uneneid^bar  l^o^e  äln(e^en  bed  9ticänumg,  mie  e^  atö 
^n^alt  ber  a))oftolifd^en  Xrabition  unter  bem  gloneic^ften  Jtai(er  Jton(tantin  t)on  ber  el^r« 
tDürbigften  ©^nobe  aufgefteHt  toorben  ift,  unb  feine  abfolute  Unantaftbarfeit  bezeugen. 
3inbeg  eineg  nur  machte  ©d^toierigleiten  unb  fül^rte  ju  2)tfferenjen  auc^  unter  ben  Sin« 
l^ängem  be^  3?icänum8  —  ba^  toar  bie  ^Jwge,  toie  man  fortan  bei  ber  2^aufe   ju  ber« 

86  fahren  l^abe.  SBir  l^aben  oben  ge(el^en,  bafe  ba«  3?icänum  fein  Iauf(Vmbol  ift,  (onbem 
eine  ©lauben^regel,  unb  ed  giebt  leine  3^u0n^ff^  bafür,  ba|  man  irgenbtoo  in  ber  ^ird^e 
jtoif d(fen  325  unb  361  mit  bem  92icänum  getauft  ^äitt,  t)ielme^r  blieben  junäc^ft  bie 
alteren  ^robinjialKrd^lid^en  ^uff^mbole  im  ©ebraud^.  9(1^  aber  (eit  ber  X^ronbeftetgung 
Sulian«  bie  ort^oboje  Partei  fic^  toieber   erl^olte,  al^  Don  ben  berühmten  ©^noben   im 

40  2lnfang  ber  (ed^jiger  ^ai^xt  ab  [xd^  ra(d^  unb  pc^er  bie  gro^e  Sleftauration  ber  Drtbobojie 
burd^fe^te,  ate  entfd^iebene  Sifc^^öfe  in  Äleinafien  unb  ©^rien  für  fie  eintraten  unb  mit 
Überlegenl^eit,  Äraft  unb  SBBeiö^eit  bag  SBerf  audfüi^rten  unb  bie  ort^oboje  ^ofition  nad^ 
allen  ©eiten  (td^er  ftellten,  ba  h:)ün(d^te  man  auc^  bei  bem  (olennen  Xaufafte  bie  reine 
nicäni(d^e  Seigre  jum  Slu^brudf  ^u  bringen.    S)ieö  fonnte  in  breifad^  Derfc^iebener  3Bei(e 

46ge(d^e^en:  inbem  man  nämlid^  enttoeber  bie  nicäni(c^en  ©tic^toorte  in  bie  alten  jjroöinjials 
lirc^li^en  ^uff^mbole  aufnal^m,  ober  inbem  man  bad  92icänum  für  ben  ())e5iellen  3^^^ 
m  einem  Iauf(^mbol  erweiterte,  ober  enblic^  inbem  man  e^  (elbft  tro^  feiner  UnDoH* 
ftänbigfeit  unb  feiner  )9olemi(d^en  ^altung  atö  ^ufbefenntni^  unberänbert  in  ben  fird^« 
lic^jen  ©ebraud^  na^m.    33iefe  brei  SBege  fmb  in  ber  3:l^at  (ämtlid^   in  bem  Sö^'f^unbert 

GO  ah)i(d^en  ber  ©^nobe  öon  3Uejanbrien  unb  bon  G^alcebon  einge(d^lagen  toorben,  h)ic  im 
folgenben  gejeigt  toerben  toirb,  unb  in  bie  ©e(4^ic^te  bie(er  3Ser(ud^e  gel^ört  (einem  Ur(prung 
nad)  ba^  ©^mbol,  toeld^e^  ben  9lamen  „ß^Panum"  fü^rt. 

III.  3?ad^  gemeiner  3Jleinung,  tt)ie   fie  fid^  feit  bem  6.  gal^r^unbert  feftgefteHt  l^at 
unb  im  älbenblanb  fotoie  in  ber  gried^ifd^en  Jtirc^^e  unb  in  ben  meiften  orientali(c^en  ^irc^en 

66  einl^ellig  bezeugt  toirb,  ift  ba^  S^ßanunt  auf  ber  ö!umenifc^en  @^nobe  t)on  381  rebigiert 
toorben.  3Die(e  ©^nobe,  berufen  Don  I^eoboftuö  I.,  um  ben  Slriani^mu^  ju  Demid^ten 
unb  ben  macebonianifc^en  ©treit  ^u  (d^lic^ten,  l}aU  ba^  Slicänum  burd^  eine  anti))neumas 
toma(^i(c^e  (Srtoeiterung  bed  britten  älrtiletö  ergänzt  unb  (o  (ei  bad  @^mbol  entftanben, 
toelc^e«  ben  9iamen  9iicänos6$anum  fü^re;    biefe^  ©^mbol  fei  bann  (ofort  in  ben  all« 

GO  gemeinen  lirc^lic^cn  ©ebrauc^  übergegangen,    ^m  f))dten  ^Mittelalter  tau^^t  bie  ^ioti^  auf 


ftottftatttmofpolitamfd^ed  Symbol  17 

(bei  9?tcej)l^or.  ßollifl.,  h.  e.  XII,  13),  ©regor  bon  9l^f[a  fei  bcr  SSerfafJer  jene«  ctKmis 
f(^  3^f^^  4^^  92i€anum ;  SRotcud  SugeniciiS  nennt  —  tpalSftfdbeinli^  bic  92amen  t>ets 
toec^felnb  —  auf  bem  Florentiner  ilonjU  ben  9iajtanjener  ate  SSerfaffer  (Conc.  Flor, 
sess.  XXIII.  ^orbuin  IX,  p.  264):  auf  beibe  9ca(^ri(^ten  l^at  man  aber  nirgenbiDO  in 
ber  Jttrd^e  ein  (Setoid^t  gelegt  S)ad  erfte,  h)ad  bie  gemeine  Meinung  erfd^fltterte,  toor  6 
bie  ßinftdift,  bafe  in  bem  äncorotu«  be«  6>)ij)l^aniu8,  ber  auf  ba^  3^^^373/74  batiert  ift, 
ein  ©J^mbol  f«^  finbet  —  ber  Sifc^of  enH)fiel^It  e^  ber  ©emeinbe  t>on  ©i^ebra  in  5Pams 
t>^V[ien  aU  {rrd^Kd^e^  ^uff^mbol  unb  legt  bedl^alb  auf  feine  h)5rtli(^e  @int)rägung  ®es 
toid^t  —  tDeld^ed,  obgefe^en  iccoon,  ba|  ii^m  bie  nicönifd^en  änot^emati^men  angefügt 
finb,  fic^  bon  bem  6$anum  nur  burc^  bie  beiben  ?P^rafen  Tovr^or^v  ix  rfjg  ovolag  xov  lo 
TzaxQog  unb  xd  xe  h  xoXg  ovgavöig  xal  xä  iv  xfj  yf\  unterfc^eibet,  fonft  aber  mit  il^m 
böUig  ibentifd^  ifi  (Über  fein  äSerl^ältnid  jum  Sißanum  unb  bag  toa^rfd^einlic^  bie  und 
betoa^rten  ^anbfc^ften  bed  äncoratud  ed  nid^t  ganj  treu  h)iebergegeben,  f.  $ort  a.  a.  O. 
@.  831).  S)iefe  Sachlage  erl^eifc^te  minbeftend  eine  leife  SRobififation  ber  trabitioneQen 
SReinung,  toenn  man  ni^t  iened  @)^mbol  im  äncorotud  enttoeber  für  einen  t>on  @))i)}l^a«  i6 
niud  felbft  nai^  bem  l^a^re  381  gemachten  3^!^  V^  feinem  3Ber!e  l^alten  (fo  f^an}elin, 
De  Deo  trino  p.  556)  ober  ed  a\%  :3ntert)o(ation  einer  t>iel  f^mteren  3^  i<n  ^ncoratud 
für  uned^t  ertlären  tooSte  (fo  93incen}i  in  feinem  ft)äter  ju  beleuc^tenben  3BerIe  de  pro- 
cessione  S.  S.  etc.,  Romae  1878).  @o  nimmt  benn  $efele  nai^  bem  äSorgong  bon 
liDemont  (M6m.  IX,  p.  222,  art.  78)  unb  91.  geiDier  (Hist.  des  aut.  sacrös  V,  20 
p.  646)  an  (a.,  a.  O.  II,  @.  10),  ba|  bad  Jtonjil  nid^t  eigentlid^  ein  XiiVi^^  Symbol  auf« 
ftellte,  fonbem  nur  ein  bereit«  übliche«  —  eben  ba«  be«  6j)i)}ISfaniu«  -—  regij)ierte  unb  an 
einjelnen  ©teilen  beränberte,  namentlich  in«  lürjere  jog.  Se^tered  fonnte  ^efele  nur  i^in« 
jufügen,  h)eil  er  ba«  betreffenbe  @^mbol  im  älncoratud  mit  einem  jtoeiten  längeren  in 
berfelben  Sd^rift  t)ertoed^felte  (a.  o.  O.  92.  5).  3)iefem  gegenüber  ift  baiS  Sißanum  allere  26 
bingd  türjer;  ober  mit  ii^m  l^at  ed  überlSfau))t  ioenig  ober  nic^t«  gemein,  ioä^renb  ed  mit 
bem  bon  @))i))]^niuiS  an  erfter  ©teile  aufgenommenen  fo  gut  ioie  ibentifd(f  ift.  S)ie  ZiQes 
montfc^e  §Vt)ot^efe  ift  t>on  ßag^jari  (3:1^3  93b  III,  Quellen  I,  1  f.)  mit  befannter  ©elel^r= 
famteit  tveiter  audgefül^frt  ioorben.  9lu^  nac^  il^m  ift  bad  bon  @))i)}l^aniu$  im  3lncoratu« 
mitgeteilte  Setenntnid  bom  Jlonjil  ^u  ^onftantino))el  )um  allgemeinen  Jlird^enf^mbol  tt^  so 
boben  toorben ;  er  fud^t  bied  burd^  bad  au^erorbentlid^e  älnfe^en  bed  @))i)}]^niud  in  feiner 
3eit  ju  begrünben  unb  nac^juioeifen,  tooi^er  fid^  bie  Setanntfc^aft  be«  ci)anifd^cn  ^onjild 
mit  bem  c^t)rifd^en  ©i^mbol  fc^reibe.  SBa«  ben  Urfj)rung  bed  ©^mbote  felbft  betrifft,  fo 
}eigt  er  untoiberlegli^,  ba^  ed  nic^t  bon  @))i)>l^aniu«  felbft  berfa^t,  auc^  nic^t  auf  6^))em 
entftanben  fein  lönne,  bielme^r  einige  ^oifct  bor  378  unb  jh)ar  in  ©^rien  aufgefteQt  35 
toorben  fei.  SQSir  ioerben  alfo  jtoar  für  ben  Urf))rung  bed  6$anumd  bereit«  bom  cj)anis 
fAen  Äonjil  toeggefü^^rt  unb  auf  eine  minbeften«  um  15  ^ci^xt  \vx)^^t  ^Ai  bertoiefen, 
ober  mit  ber  9le)e))tion  in  J{onftantino)9el  881  foS  e«  bod(f  feine  9ti(^tigteit  l^aben.  ^n- 
beffen  bon  einer  ^erborragenben  Stolle,  bie  @^ii)ISfaniu«  auf  ber  ©^nobe  bon  381  gef))ielt 
l^en  foll,  gefd^toeige  bon  ber  9ie)e))tion  eine«  bon  il^m  borgelegten  ©^mbol«,  ift  in  teiner  10 
Urfunbe  bie  Siebe.  Snttoeber  alfo  gilt  bie  freiließ  erft  f))ät  auftau^enbe  92ad^ric^t,  bie 
150  Später  l^ötten  auf  ber  ©^nobe  ein  neue«  ©^mbol  aufgefteQt,  reft>.  ba«  92tcänum  bon 
fidjf  au«  burd^  S"f^^  erweitert  —  bann  aber  ift  ba«  ©^mbol  im  Slncoratu«  al«  3nter= 
i>olation  ^u  ftreic^en,  ober  aber,  toenn  biefe«  gilt,  fc^eint  e«  um  bie  3uberlafftgfeit  ber 
Xrabition  bon  ber  äluffteUung  be«  6$anum«  im  ^ai^re  381  gefc^el^en  )u  fein.  3)em  ift  46 
nun  au(b  in  ber  Ti^  fo,  unb  e«  lä|t  ftd^  ii^re  Unric^tigleit,  ganj  unobJ^öngig  bon  bem 
Urteil  üoer  ba«  ©^mbol  be«  @))i)}l^aniu«  au«  äußeren  unb  inneren  ©rünben  bereifen. 
1.  ^ie  ©^nobe  bon  Jlonftantino^el  mar  überl^au))t  !eine  ö!umenifd^e;  Jlaifer  Xl^eoboftu« 
bot,  toie  Ibeoboret  h.  e.  V,  8  angiebt,  nur  bie  Sifc^^öfe  feine«  9leid^«anteil«  jur©^nobe 
berufen  unb  e«  finb  in  ber  %\^(A  nur  3Rorgenlänber  antoejenb  getoefen  (ßefele  a.  a.  0.  II,  so 
©.•3);  aber  au(b  ber  Orient  felbft  toar  fel^  unboüftänbtg  bertreten.  ®ie  ©^nobe  toor 
lKtu))tfä(^ltd^  aviÄ  tl^racifd^en,  fleinaftatifd^en  unb  f^rifi^en  äSifd^öfen  jufammengef^t;  fie 
tourbe  eröffnet,  bebor  ber  alejanbrinifc^e  ^atriardjf  unb  bie  toenigen  äg^j)tifd^en  SBifd^öfe 
lamen,  unb  biefe  ^aben  auf  i|r  überbauj)t  feine  SRolle  geft)iclt.  2.  Die  Kanone«  bon  Äon^ 
fUtntinopel  finb  in  bie  ölteften  gried(fif(^en  Jtanonenfammlungen  nid^t  eingetragen  gen)efen ;  55 
fd(fon  bie  93allertni  ^en  bie«  richtig  barau«  erfd^loffen,  ba|  in  ber  ölteften  lateinifd^en 
Ueberfe^ung  bcr  Äanone«,  ber  ?Pri«ca  (2.  §älfte  be«  5.  S^^^^i^uJ^bert«)  bie  Äanone«  bon 
Äonft  erft  nac^  benen  ber  4.  allgemeinen  ©^nobe  geftellt  fmb  (f.  Mansi.  VI,  p.  1174; 
SJallerini,  Opp.  Leon.  I,  T.  III.  p.  553;  ßefele  a.  a.  D.  II,  ©.  13).  5Ulan  barf 
i^ierou«  mit  Stecht  folgern,  ba|  bie  Sefc^lüffe  ber  @^nobe  bon  381  erft  x^ai^  bem  ^ai^re  go 

SlcaMsc^ao)>Abl<  fftr  Z^Iogtc  imb  INt<^   8.  «.  XI.  2 


18  fionftaitthio^oHtattifd^td  Symbol 

451  ein  allgemeine^  Slnfe^en  auc^  im  Orient  erl^alten  i^aben  (über  bie  fd^manlenbe  ^ol^l 
ber  Äanone«  unb  i^re  Serme^rung  im  Orient  f.  §efele  a.  a.  0.).  3.  Unter  ben  tpemgen 
SJenfmalen,  bie  un«  atö  Sllten  be^  jtoeiten  fog.  öfumenifc^en  Äonjil«  erl^alten  ftnb,  — 
e«  fmb  lebigKd^  7  Äanone«  unb  ein  einleitenber  Srief  an  ben  Äaifer  —  pnbet  fic^  bog 

6  Symbol  nid^t.  93ielme^r  ift  ed  erft  in  ben  {Röteten  Sammlungen  in  bie  9l!ten  bed  Jlon« 
lild  eingefd^altet  toorben,  unb  man  l^at  bereite  nid^t^  näl^ere^  mel^r  \)on  ben  gefd^id^tlid^en 
3Serl^ältnif[en  petoufet,  bie  ju  feiner  SluffteHung  geführt  l^aben;  benn  e«  ift  ol^ne  jebe 
j^iftorifd^e  (Sinfüi^rung  ober  Umral^mung  aufgenommen  (f.  Mansi  III,  @.  565),  ba^u  an 
einer  ganj  ungeioöl^nltd^en  ©teile,   fo  ba^  fd^on  bie  SoJDlerini  bie  @infd^iebung  fonftatiert 

10  ^aben.  4.  ©ofrate«  (V,  8)  er^äJ^It,  bafe  bie  ©^nobe  bon  Äonftantino^jel,  nad([bem  bie 
macebonianifd^en  Sifd^öfe  biefelbe  t)er[affen  l^otten,  ben  nicönifd^en  ®(auben  lebiglic^  be? 
ftätigt  l^ötte,  unb  ©ojomenu«  (VII,  7.  9),  fotoie  3:l^eoboret  (V,  8)  toiffcn  e«  nidf^t  anber^. 
9lod^  tpid^tiger  aber  ift,  bafe  ®regor  bon  3?ajianj,  ber  ber  ©^nobe  felbft  beigetpobnt,  in 
feinem  balb  nac^  i^er  93eenbigun^  gefd^riebenen  au^fül^rlid^en  93rief  über  bie  (Slaubends 

16  regel  an  Sleboniu^  lebiglid^  bad  mc^if^e  ©^mbol  ertväi^nt,  bagegen  t>on  einer  Srgönjung 
bleiben  ober  \)on  ber  Stufftellung  eineö  neuen  ©^mbote  nid^t^  fagt  (Ep.  102  [Orat.  52] 
Opp.  II,  p.  93  ed.  $ari^).  2)ie^  argumentum  e  silentio  ift  aber  bedl^alb  für  bie 
trabitioneHe  Slnpd^t  töblid^,  toeil  ®regor  in  bemfelben  93rief  fonftatiert,  baft  ba«  9licänum 
in  Sejug  auf  ben  1^1.  (Seift  unboQftönbig  fei.    (Tregor  l^ätte  unmög[id(f  fq>h)eigen  fönnen, 

ao  tuenn  ^hm  bie  ©^nobe  bon  Äonftantinojjel  ba«  9licänum  in  jener  ^infidj^t  ergänjt  l^ötte. 
5.  2)ie  Sateiner  l^aben  tool^l  gleid^  nad^  ber  ©^nobe  meF^rere  i^rer  Verfügungen  getabelt 
(^efelc  II,  ©.  30  f.),  aber  toie  fie  bon  einem  aDgemeinen  2lnfe^cn  berfelben  nid^tg 
tDiffen,  fo  ioiffen  fte  and)  bx^  über  bie  3Jl\ttt  be^  5.  ^a^rl^unbertd  l^inaud  h)eber  bon  ber 
äluffteQung  eined  neuen  ©^mbold  bafelbft,  noc^   bon   einer  @rtoeiterung   be^  92icänumd. 

26  S)ied  ift  aber  im  Orient  nid^t  anber^ ;  bie  ©^nobe  bon  J{onftantino))e[  bon  382  bejiel^t 
fu^  in  i^rem  ©^nobalfd^reiben  an  bie  in  9iom  berfammelten  Sifd^öfe  lebiglid^  auf  ba^ 
9?icänum  ate  auf  ba«  ^jaffenbe  lauff^mbol  {(Sxi^paxi  in  b.  lutl^.  M(^x,,  1857,  ©.  659  f.) ; 
bie  jioeite  (britte)  öfumentfd^e  ©^nobe  ^u  @))^efud  431  l^at  bad  inicänum  auf  ber  erften 
©i|ung  beriefen  unb  in  i^re  Slften   aufnel^men   laffen;    bon  bem  6$anum   fc^toeigt  fte 

ao  böuig.  auf  ber  Släuberf^nobe  im  ^aü^x^  449,  tuelc^e  bie  ©l^nobe  bon  (£})l^efu^  afe  „bie 
jioeite  ©^nobe''  bejeid^net,  mithin  bie  bon  ^onftantino))el  nic^t  jö^lt,  ift  bad  92icönum 
ritiert,  bezeugt  unb  ate  bie  alleinige,  unberrürfbare,  unberänberlid^e  ©runblage  ber  reinen 
Seigre  befannt  toorben;  über  ba^  6?Panum  toirb  gefd^tbiegen.  3Kan  mü^te  |ier  fe^r  au^ 
fü^rlid^   fein   ober  aber  man  lann  nad^  ben  Unterfud^ungen  bon  $ort  unb  6a^))ari  — 

86  toeld^e  le^tere  um  fo  jubcrlä|figer  ftnb,  ald  (Safari  bon  ber  (Sc^tl^eit  be^  6$anum^  ja 
nod^  überzeugt  ift  —  ftd^  fe^r  furj  faffen:  c^  giebt  au^  ben  ^a^rcn  381—451  im  Orient 
fotool^l  tote  im  Occibent  in  leiner  ©^nobalafte,  bei  feinem  Äird^enbater  ober  J^eterobojcn 
^ioloQm  irgenb  eine  ftc^ere  ©t)ur  ber  (Sjiftenj  be«  G^anum^,  gefd^toeige  benn,  bafe  e« 
nad^toei^bar  irgenbh)o  bamal^  ald  ba^  Symbol  bon  Jlonftantino^el  ober  old  bad  offizielle 

40  2^uff^mbol  gebraud^ft  toorben  toäre.  dagegen  berbrängt  in  biefer  3^it  baö  unberänbertc 
SJicänum  me|r  unb  mel^r  in  ben  toeitau^  meiften  ßir^en,  namentlid^  beg  Oriente,  bie 
alten  2^auff^mbole  unb  ftcigt  too  möglid^  no6)  im  3lnfe|>en.  3lud^  toirb  über  ben  reinen 
lest  beiSfelben  minbefteng  nod^  mit  berfelben  ©iferfud^t  getoad^t,  toie  in  bem  4.  ^al^^^unbert 
unb  jebe  SiJeränberung  be^Sfelben  mit  ßntrüftung  abgelehnt.  Unter  bem  fo  l^äufig  in  jener 

46  3rit  genannten  3?icänum  ba^  G^anum  ju  berftc^en,  toeil  biefe^  ja,  h)ie  man  fritiflo« 
meint,  nur  eine  3Kobififation  be^  SRicänumg  fei  unb  be^^alb  aud^  fo  genannt  Serben  f onnte, 
ift  })ure  ffiiflfür;  benn  an  ben  ©teilen,  h)0  ber  Söortlaut  bc^  9licänumö  toirflic^  citiert 
h)irb,  ift  niemals  ber  SCejt  beö  G^anumö  tpiebergegeben.  (Über  bie  3Köglid^feit  einer  ober 
j^toeier  Slu^na^men  f.  unten  unb  sub  IV;    barüber,  bafe  man  in   bem  5.  ^^^^^^"^i^^rt 

60  nid^t  unter  bem  TOcänum  ba^  9lic.s6^anum  berftanben  ^at,  f.  6a«})ari  in  b.  lut^.  S^f^^v 
1857,  ©.  643  f.)  9Ban  fönnte  nun  meinen,  eben  toeil  bie  ©^nobe  bon  381  ein  ötumc* 
nifd^e^  Slnfel^en  in  ber  erften  ^älfte  be^  5.  3^^^'^^"'^^^^  "'^^  ^^f^fe,  unb  gumal,  tvk 
nod)  bie  ©riefe  Seo«  I.  unb  Stufeerungen  bon  äg^^jtifc^en  JUerifem  betoeifen,  im  Slbenb^ 
lanb  unb  in  3tg^j)ten  für  nid^t«  galt,  fo  feien  bie  Verfügungen  berfelben  aud^  atebalb  in  3Ser= 

56geffen^eit  geraten  unb  mit  il^nen  and)  baö  neu  aufgefteHte  ©^mbol;  unb  man  fönnte  fic^ 
toeiter  auf  bie  9lad^rid^t  berufen,  bafe  laut  3Kitteilung  ber  2.  ct)anifd^en  ©^nobe  bon  382 
bie  ©^nobe  bon  381  einen  un^  leiber  nid^t  mel^r  erhaltenen  a^omuö  über  bie  ort^oboje 
Irinitötöle^re  aufgefteHt  ^abe;  in  biefem  lomu^  lönne  bad  neue  ©^mbol  ent\)alim  ge^ 
toefen  fein;  allein  bie«  ift  fe^r  untoal^rfd^einlid^,  benn  a)  ftel^en  biefer  §^j)ot]^efe  bie  oben 

60  mitgeteilten  angaben  bee  ©regor  unb  ber  brci  Rirc^enl^iftorifer  entgegen,   b)  müfete  bod^ 


ftim{)titt{itii)ioKtait{fd|td  Symbol  10 

trgcnbtoo,  h>cnn  btc  S^nobe  ein  fold^  ©^mbol  aufgcficHt  l^c  —  mtnbepm«  in  ber 
Xacd^  k)on  Jtonftontinopel  felbft  —  in  ben  folgenben  }h)ei  SRenfc^enaltem  eine  ®pwc 
bedfelben  ^u  ftnben  fein;  bied  ift  ober  nid^t  ber  %oS,,  t>xdmtfyc  lä^  ftd^  aud  einer 
k)on  S^foßomu^  ju  J{onftantino))eI  gel^oltenen  ^omilie  nad^h)ei(en,  ba|  ba$  Zanf^ 
fVmbol  ber  Aird^e  )u  J{onftantinot>eI  be$  4.  ^I^rl^unbertö  ntc^t  ba$  (S$anum  gett>efen  ifl  5 
(Opp.  X,  1  p.  440—49  ed.  Paris.;  f.  H^cotfon,  Expos,  symb.,  1691,  p.  683; 
^tvxdtf,  Harmonia  Symb.,  1858,  p.  39,  beibe  citiert  bei  Safari  I,  ©.  84 f.,  ber  bie 
^imiilie  audfül^Iic^  befd^freibt),  c)  mu|  man,  falliS  bie  @^nobe  iDirtlid^f  ein  neue^  @^mbol 
oufgefldlt,  reft>.  hcS  3lmnum  erweitert  l^ätte,  nac^  bem,  toa^  h)ir  bon  i^en  SSeri^anbs 
hingen  toiffen,  einen  anberen  SBortlaut  bedfelben  erwarten,  ol^  ben  be$  foaenannten  10 
6$anum.  i)oi)  fü^  un^  bicfed  bereite  ju  ben  inneren  ®rünben,  bie  gegen  bie  äCufftellung 
bed  fog.  S^ßonumd  auf  ber  S^nobe  bon  381  ft>rec^en,  hinüber.  @^  ift  bedl^alb  ab« 
fd(flieigenb  6.  ^u  bemerfen,  ba^  nic^t  nur  b\2  jur  SRitte  be$  5.,  fonbern  fogar  hx^  jum 
Sbifong  bed  6.  ^[al^rlSfunbertö  ftd^  mit  einer  9(u^na^me  fein  juberläffige^  3^9^^^  f^^  ^^ 
S^ßanum  finbet.  3)iefe  eine  äludnal^me  fmb  bie  älften  bed  3.  (4.)  5ton}itö  \)on  S^alcebon  15 
im  ^cijfvt  451;  in  biefe  ift  bad  6$anum  neben  bem  92iۊnum  aufgenommen  unb  ald 
Symbol  ber  S^nobe  bon  381  bej|ei(^net;  bom  9(nfang  bed  6.  I^al^l^unbertd  ab  finbet  ed 
fii^  bann  fel^r  ^dufig  neben  bem  92icänum.  9(uf  biefe  Beobachtungen  toirb  im  folgenben 
Sbfcf^nitte  sub  IV.  nö^er  einjugel^en  fein.  @o  bie(  toirb  aud  bem  in  Jtürje  Beigebrachten 
bereite  einleud(ften,  ba^  bie  trabitioneUe  ätnnal^me,  bie  @^nobe  bon  J{onftantino))e[  l^abe  20 
ein  }tDeited  @^mboI  neben  bem  Sticönum^aufgeftedt  ober  biefe^  ergänzt,  aa^  öugeren 
©rünben  überaus  untDa^rfd(feinlid^  ift. 

Sie  inneren  ®rünbe  freilid^f  finb  jener  ätnna^me  noc^  biel  ungünftiger;   benn  ed 
lafet  fui^  nad^toeifen  I.  bafe  ba8  G^anum  fein  bloft  ertoeiterte«  9licänum  ift  —  mithin 
foQt  bie  9(u$funft  fort,  bie  {))äteren  Berid^terftatter  l^ätten  baiS  neue  @^mbo(  aU  ibentifc^  25 
mit  bem  SRicänum  gefaxt,  too  fie  bejeuaen,  ju  Jlonftantino^el  fei  lebiglic^  ha^  9!icanum 
beftotigt  toorben,  —  II.  bag  bie  neue  Stejenfion,  borau^efeftt,  bie  ®^nobe  l^abe  ein  neued 
@i^bol  aufgefteOt  ober  bad  92icönum  erweitert,  unmöglich  fo  lauten  f onnte,  toie  ba$  fog. 
e^lßanum  lautet.    Ad  I.  3)a^  6$anum  unterfd(feibet  ftd^  nämlic^  bon  bem  9{icänum  nic^t 
nur  burd^  bie  ^injufügung  neuer  ©lieber  jum  britten  Slrtifel,  fonbern  ift  auc^  fonft  bon  so 
i^  bur^toeg  t}erfc^ieben  unb  ge^t  fid^tlid^  auf  eine  anbere  (Srunblage  jurücf,  toenn   ed 
aud(f  einen  Xeil  ber  nicönifc^en  Stid^morte  aufgenommen  l^at.  Bergleid^t  man  ba^  6'^anum 
mit  bem  SRicänum,  f 0  ergiebt  fidjf :  1 .  ®«  feilten  im  ß^anum  a)  bie  SEBorte  toiJt'  ioriv 
ix  T^?  ovalag  rov  TiaxQog,    b)  'deov  Ix  'deov,    c)  xd  re   h   reo  ovgavco  xal  rd  iv 
W  7V  (^*"  2.  ärtif.),  d)  bie  Slnat^ematt^men,   2.  e«  fmb  jugcfe^t  im  ß^pdnum :  a)  bie  85 
£$orte:    noitjrijv  ovgavov  xal   yng  (im  1.  Slrtifel),  b)  bie  SÜBorte  ngd  ndvrcov  rcbv 
aiiijvoDv  ju  yEWfj^ivza  (im  2.  Strtifel),  c)  bie  äSBorte  hc  tcov  ovgavwv  ju  xareX^ovrcif 

d)  bie  3Borte   ix  Jtvevfxatog    dyiov   xal  Maoiag   rfjg  nagmvov   ju   oagxco^ivTa, 

e)  bie  SGBorte  aiavoca&ivia  re  vtisq  fj^wv  im  tlovriov  itiXdxov  xal  bor  na'&dvta, 

f)  bie  SÖBorte  xal  zawevra  nad^  jrawnra,   g)  bie  3Bortc  xaxd  xdg  yqatpdg  nad^  dva-  40 
atdvia  z.  zQhj}  ^/i^QQf  b)  bie  SBorte  xal  xa'de^dixevov  ix  de^icbv  xov  naxqdg  nac^ 
dytkddvza  tlg  x.  ovgavovgt    i)  bie  SBBorte  ndXiv  Jß^d  do^rjg  gu  iQydfjievov,    k)  bie 
SBorte   ov  zrjg  ßaodelag  ovx  ^axai  xeXog  am  ©djflufe  be«  2.  Slrtifel«.    3.  ®«  fmb 
Unterfc^iebe   in   ber  Stellung   ber  3Borte   unb   im  @a^bau   bor^anben:   fo    ift  a)  im 

1.  artifel  bad®lieb,  toeld^e«  (Sott  al«@d(föpfer  alled  ©id^tbdren  unb  Unftd^tbaren  au^fagt,  45 
onberd  geftaltet,  b)  im  2.  älrtifel  ba«  juovoyevrj  mit  bem  Slrtifel  aU  9l))^ofttion  )u  vlov 
xov  ^€ov  gefteQt,  c)  ftatt  yewri^ivxa  ix  xov  naxgög  Reifet  e«  xöv  ix  xov  Jiaxgdg 
yevyij^ivxa,  d)  bie  ©lieber  im  2.  Slrtifel  fmb  mit  äu^nal^me  be«  oxavgco&evxa  fämtlid^ 
burc^  ein  xal  t)erbunben,  e)  im  3.  Slrtifel  l^eifet  e«  xal  eig  xönvevjua  xdäytov;  im  9li« 
conum  bogegen:  xal  eig  x6  äyiov  nvevjua.  3Q8ir  finbcn  alfo,  h)cnn  h)ir  ba«  ß^anum  öd 
mit  bem  SRicänum  bergleid(fen,  abgefe^en  bon  ber  angeblid^  alleinigen  @rh)eiterung  im 
3.  Xrtifel,  4  Slu^laffungen,  10  3"f^^  ^"^  ^  ftiliftifc^e  SSeränberungen ;  ja  e«  finb  über« 
fyixtpt,  toorouf  $ort  ju^t  aufmerffam  gemad^t  l^at,  bon  ben  178  SBorten  im  6$anum 
nur  33  ftc^^er  au^  bem  SJicänum,  alfo  nod^  nid^t  ein  fünftel  (§ort  ©.  107,  91.  1).  Äcin 
Sinfic^tiger  tDirb  bei  biefem  ^atbeftanbe  mel^r  bel^au)3ten  fönnen,  ba«  S^anum  fei  lebiglid^  66 
eine  leicht  mobifijierte  SRejenfton  be«  9licänumg,  fonbern  ber  ©c^lufe  ift  unabtoei^lid^,  bafe 
H  enttoeber  ein  gonj  felbftftänbige«  neue«©^mbol  ift  mit  getoiff en  nicäni|d^en  Ginfd^iebfeln 
ober  bofe  i^m  irgenb  ein  anbere«  ältere«  3^auff^mbol  ju  ©runbc  liegt,  meiere«  nur  nicä« 
nif<^  rebigiert  ift.  ©erabe  bie  fleinen  SlbtDcid^ungen  bom  äßortlaut  be«  92icönum«  betoeifen 
bied ;  bcmt  einen  Zeil  ber  größeren  3ufä$e  fönnte  man  jur  92ot  f 0  beuten,  bag  bie,  toelc^ 

2* 


so  fionftatttiito^oUtatiifi^ed  Symbol 

bad  @^mbol  auffkUten,  bte  ntcönifd^e  regula  fidei  ju  einem  ^aufbclenntntd  ertDettem 
tDoQten  unb  bedl^olb  ben  2.  3lrtilel  reicher  mit  folc^en  ©liebem  audftatteten,  toeld^^e  bie 
%fyit\a6)m  ber  (Sefd^id^te  ^^n  enthielten.  92amentli(^  lönnte  man  ben  S^f^i  ^>^  nvev- 
uatog  äylov  xal  Maqlag  rfjg  na^ivov   oiÄ   einen   antia^jollinariftifcl^en   Deuten,  toie 

6  Denn  aucp  nac^matö  bie  (Srben  ber  ^oQinariften,  bie  Sut^cbianec,  an  i^m  9(nfto^  9^ 
nommen  liah^.  3"b^|5"  ^M^  Ö^'^J«  Setrac^tunggtoeife  verbietet  ftd^,  ba  bie  gal^!  ber 
älbtDeid^ungen  "oom  9{icänum  eine  ju  groge  ift;  benn  abgefel^en  bon  ben  Wenigen  nicäni^ 
jc^en  ©tid^toorten  bifferieren  bie  betben  @^mboIe  auf  aQen  fünften  unb  ^oben  überl(fau))t 
ungefähr  nur  bad  miteinanber  gemein,  \oa%  aDen  Xauff^mbolen  in  ber  alten  Jlird^fe  ge« 

10  meinfam  h)ar.  S)ie  älud(af[ungen  aber  verlangen  nod^  eine  befonbere  Setrad^tung.  Zritt 
man  an  baiS  6$anum  mit  ber  $)^^otl^e(e  l^eran,  e$  fei  ein  auf  ber  @^nobe  }u  Jlonftans 
tino^jel  im  gal^re  381  jum  laufbefenntni«  ertoeiterte«,  rebigierte«  9iicänum,  fo  brandet 
bie  gortlafjung  ber  änatlf^emati^men  nid^t  ju  befremben,  ba  jie  in  einem  3:auTbefenntnig 
ftörenb  tooren;  anberg  fte^t  e^  mit  bem  geilen  ber  beiben  ©lieber;    xom'  iorlv  ix  rfjg 

15  ovoUxg  xov  nargög  unb  'deov  ix  '&eov.  2Bie  toiD  man  ed  erflären,  bafe  mel^  ate  100 
nicänifc^  gefinnte  93ifd^öfe  auf  einer  ©^nobe,  bie  ju  einer  ^txi  gebaUen  tourbe,  ba  ber 
älrianidmu^  nod(f  eine  SRac^t  toar,  bie  felbft  }um  größten  Xeile  ^cil^nel^nte  ^tnburc^  für 
ben  SBortlaut  bed  9{icänum^  getäm^ft  l^atten,  bie  aud(f  —  unb  bad  ift  bad  ftd^erfte,  h)ad 
toir  t)on  ber  ©i^nobe  toiffen  —  ftdjf  au^brücflid^  jum  9iicänum  befannt  l^aben,  bie  toid^* 

20  tigften  nicänij^en  gormein  a\x%  bem  93elenntni«  foDen  auggemerjt  ^aben?  SBer  fann  fid^ 
bier  bei  ber  ätudhtnft  berul^igen,  ba^  jte  ja  bad  ^yöfioovaiog*'  beibel^alten  l^aben  unb  ba| 
te  jene  ©lieber  ftric^en,  toeil  fie  im©runbe  mit  biefem  ibentifd^  feien?  S)enn  erften«  ftnb 
te  ba$  nic^t,  unb  toenn  fie  ed  tt)ären,  fo  l^fat  bod^  niemanb  jtDifd^en  325  unb  381  be^ 
^alb  auf  eine  SSerÜirmng  bed  92icänum^  angetragen.    92ein  —  btefer  Xl^atbeftanb  erllört 

26  ftd(f  lebiglic^  nur  jo,  oag  bad  S^anum  eben  lein  rebigierted  Sticönum  ift,  fonbem  ein 
eigentümlid^ed,  fretlid^  ort^obo^ed  @^mbol,  in  toeld^ed  man  bie  npttoenbigften  nicönifc^en 
©tidjftDorte  aufgenommen  l^at,  ein  ältere^  ^jrobimialfirc^lic^eö  ©^mbol  —  benn  ganj  neue 
Xaufbefemttniffe  mad^te  man  im  4.  unb  5.  ^aprl^funbert  über^au))t  nid^t  — ,  ba^  burd^ 
bie  älufnal^me  bon  ^iMzn  ber  nicänifd^en  regula   }u  einem  ort^obo^micänifd^en  umge« 

80  fc^affen  tourbe.  3luf  biefelbe  ^^^otl^efe  filiert  aber  aud^  bie  S3etrad^tung  }h)eier  B^f^^f 
tüeld^e  bad  S^num  gegenüber  bem  9!icänum  l^at;  ed  ift  erftend  bie  3^f^0ung  y^go 
7%dvx(üv  TQ>v  alwvcov"  ju  Tov  ix  Tov  naxQog  yewrj'&ivta,  fobann  ber  ß^f^^  xazä 
tag  ygaipdg,  2Ba«  ben  erftcn  betrifft,  fo  ift  befannt,  toie  fel^r  e«  bie  nicänifd^en  33äter 
fc^eutcn,  irgenb  eine  geitbeftimmung  jur®eburt  be^©ol^e^  au8  bem  3Sater  ^injujufügen, 

86  ba  fte  immer  mi^beutet  toerben  !onnte ;  l^aben  fte  bod^  aud  bem  ©lauben^befenntni^  bed 
@ufebiu^  audbrüdflid^  (f.  oben)  gerabe  jene  SBorte  ioeggelaffen.  ^^re  ©teUung  ju  ben^ 
felben  fonnte  fid^  nad^  ben  SSermittelunggformcln  bon  äntiodjficn  unb  ©irmium  nur  ber^ 
fc^ärfen.  SQSie  foKten  alfo  bie  Später  bon  J{onftantino))el  biefe  äßorte  tuieber  hinzugefügt 
J^aben  —  unb  bad  müßten   fte,  toenn  bie  Slnna^me  begrünbet  toöre,  ba|  bad  (S^anum 

40  ein  rebigierted  9itcänum  fei?  Rotten  fte  bamtt  nic^t  gerabeju  ben  ©emiarianem  r^t 
gegeben,  Ratten  fie  nic^t  ba«9Jicänum  berfälfd^t  unb  berborben?  unb  bie^  im  ^a\)xt  381, 
bamald,  h)o  und  bejeugt  ift,  bag  bie  OrtJ^obo^ie  trium^l^iert,  ber  nicönifd^e  ©laube  enb^ 
giltig  geftegt  ^at,  too  h>ir  gleidjf  im  1.  Äanon  ber  ©^nobe  lefen:  firj  dderelodai  rrjv 
nUniv  xGyv   naxegcov   x(bv   xQiaxooicov  dexaoxxcOf   xcbv   iv   Nixaia   x'^g  Bi^wiag 

46  ovveX&ovxcov,  äiid  juivetv  ixelvrjv  xvQiav,  unb  bie  ©emiarianer  audbrüdtli(|  berbammt 
tuerben!  2)ied  ift  fd^led^terbingö  unmöglicb.  SBieberum  aber  toirb  aBed  flar,  fobalb  man 
annimmt,  bad  6$anum  fei  ein,  freiließ  nic^t  ^u  ^onftantino^el,  nicänifd^  rebigierted  ältere^ 
2auff^mbol,  toel^ed  bie  angcfül^rten  ©lieber  Atn  bereit«  enthielt,  au«  bem  man  fte  ba^er 
nid^t  geftrid^cn  l}at,  fonbem   ftc^^   begnügte,   bie  tuic^tigften   nicänifd^en  ©tic^toorte   ein^u- 

60  fd^ieben.  SRid^t  anber«  fte^t  e«  mit  ben  ominöfen  SBorten  xaxd  xdg  ygaq)dg.  ©ie  toaren 
in  einem  langen  ©treite  fo  öerbäd^tig  gehjorbm,  bafe  fein  9Jicäner®mnb  l^atte,  fte  einem 
©^mbole,  toelc^e«  fte  nic^t  ^atte,  gefd^toeige  bem  9licänum,  beizufügen.  Ad  IL  3lu«  bem 
bidl^er  bargelegten  folgt  mit  ©Diben^,  bafe  ba«  ß^anum  fein  erweiterte«  9Jicänum,  fonbem 
ein  nicänifc^  rebigierte«  jjroDinjialfirc^lic^e«  3^auff^mbol  ift;  e«  folgt  aber  bereit«  an^  bem 

66  jule^t  93ef})roc^enen,  bafe  e«  überau«  untoal^rfd^einlid^  ift,  biefe  nicänifd^e  Slebaftion  \)ab^ 
}u  Konftantinotoel  auf  ber  ©^nobe  381  ftattgefunben.  Senn  bon  biefer  ©^nobe  ift  nur 
berid^tct,  bafe  fte  ba«  3?icänum  beftätigt  f^abt.  ^nnte  man  bicfen  8erid^t  fiUX  9lot  au^ 
fo  berfte^m,  bafe  bie  ©^nobc  ba«3?icänum  jugleid^  erweiterte,  fo  ift  e«  bod^  abfolut  au«* 
gefcbloffm,  ba^  fte  ein  ganj  anbere«  ©^mbol  gu  ©mnbe  legte  unb  nur  mit  einigen  nicä« 

60  nifc^m  ©tic^tDorten  au«ftattete.    S)ie«  toäre  ber  %aU  geioefm,  Wenn   ba«  fog.  6$anum 


fioitftatittttO)POlitaitifi^e9  Symbol  21 

tanrfltcf^  bon  il^  ^errül^e.  d^  lö^t  fid^  ober  bte  nic^t  geringe  Untoal^rfd^einltci^Iett  biefer 
Xitnai;me  nod^  bun^  eine  6e(onbere  Betrachtung  be$  3.  SlrtueliS  bed  6$anumg  ecl^föl^en, 
ber  ja  im  eigentlid^  @inne  il^r  SBetI  fein  fou.  ^a%  auf  ber  S^nobe  bon  381  bie 
^eumatoma(^en  belam^^  Sorben  finb,  ba^  \>on  bort  ob  ii^re  befinitibe  9lud|d^He^ung  aud 
ber  ort^oboien  Sttrd^e  botiert,  Da^  bie  @^nobe  ntc^t  nur  nid(ft  mit  il^nen  t>attiert,  fonbem  ^ 
t^en  in  ber  rüdftd^tdlofeften  äßeife  bie  ^l^ür  getoiefen  ^t,  ftel^t  feft.  Sbenfo  getoig  ifl, 
bo^  ber  bogmotifc^e  Xomud,  toeld^en  fte  erlaffen  ^at,  ber  leiber  Verloren  ift,  bie  boDe 
^omottfte  be^  ®eifted  mit  bem  SSater  unb  bem  @ol^ne  au^ef^roc^^en  tyit  (f.  namentlid^ 
Oregorii  Naz.  ep.  ad  Cledonium).  3&a^  finb  aber  bie  ^räbSate,  toelc^e  bem  ^I. 
®eifte  in  bem  fog.  6$anum  gegeben  Serben?  3lx(i^t  feine  ^omoufte  h)irb  belannt,  fon«]0 
bem  man  begnügt  fic^  ju  lehren  bom  1^1.  (Seifte:  tö  xvgiovt  rb  Ccdotioiovv,  zö  ix  rov 
Ttargög  ixnoQevößievov,  rö  ovv  Tiargl  xal  vl(p  ovvTZQoaxwovjuevov  xal  awdo^aCö-^ 
fuvQv,  TÖ  laX^oav  dia  r&y  nqoqyijtwv,  b.  1^.  man  begnügt  fid^  mit  äu^fagen,  bie  tool^I 
^omoufianif(^  Derftanben  tDerben  lönnen,  aber  bie  ^omoufie  burd^fauiS  nic^t  au^rüden,  bte 
am  9itfange  bed  Streitet  in  ben  fed^jiger  ^a\ftm  genügt  l^aben  mod^ten  unb  bamald  ifi 
tDtrflid^  ber  lorreite  Su^brudC  ber  Drt^obi>£ie  toaren,  bie  gegenüber  bem  groben  Slriani^mud 
genügen,  bie  aber  ganj  unjureid^^enb  finb  gegenüber  ben  energifd^en  Seftreitungen  ber 
^omoufie  be$  ®eifted  um  380.  Ober  lonnte  nid(ft  auc^  ein  ^neumatomac^e  le^^  unb 
bot  ed  gele^,  ba|  ber  ®eift  ^errfc^er  fei  unb  Sebenbigmad^er,  lonnte  nic^t  auc^  er  bie 
formet,  ba^  er  mit  bem  93ater  unb  bem  @ol^ne  angebetet  ioerben  muffe,  ftd^  jur  92ot  ao 
gefoOen  laffen?  Diefe  ^ormel  l^fätte  nun  unb  nimmermehr  ben  @treit  um  bie  ^omoufie 
bed  ®etfted  beenbet  unb  niemals  ben  äludfd^lu^  ber  3Jlacebonianer  behnr!t.  @o  ift  ed 
benn  aud^  mit  ©etDi^eit  ju  fagen,  fte  ift  nic^t  ba$  Ie|te  SBort  ber@^nobe  bon  381  ge> 
toefen;  jene  @^nobe  l^at  ntc^t  in  biefe  Formeln  ii^ren  ®Iaitben  an  bie  ^omoufie  bed  1^1. 
®etfted  eingelletbet  SIber  ba^  S^onum  entl^ält  jtoeifello^  eine  ortl^obo^e,  nur  nvi^i  ge«  as 
nfigenb  )n:ajifierte  £e]^e;  alfo  toerben  ioir  für  feine  9lbfaffung  tDieberum  auf  eine  ältere 
3ett  }urü(!getmefen  unb  toerben  genötigt,  in  il^m  ein  S^auff^mbol  ju  erfennen,  \oA6^z% 
noc^  362  unb  geraume  ^eit  bor  381  nicönifc^  unb  anti))neumatomad^ifd^  rebigiert  ift. 

%cA  (S^ßanum  ift  letn  ertoeiterted  Sticönum,  caxi^  nid^t  bon  ber  @qtio\>z  ju  6$.  381 
ci&  9lbf(^u|  ber  trinitarifd^en  @treitig!eiten  an  @teQe  be^  9{icänumd  aufgefteSt  toorben.  so 
3)iefe  ^  bielmel^  ald  Symbol  (ebiglic^  baiSSIicänum  re))etiert,  toenn  fte  aud^  jugleid^  in 
i^  bogmatif(^  5tonftitution  @rläuterungen  bedfelben  gegeben  l^at.  S)ie^  ift  au^  äußeren 
imb  inneren  ®rünben  ftd(fer  gefteSt.    S)a^  6$anum  ift  etn  ältere^  Xaufbelenntni^ :  aber 
too^er  fkmmt  ed  unb  ioeld^te^  ift  feine  Sntfte^ungi^efd^id^te?  ^ie  bidl^erigen  Unterfud^ungen 
^en   und  bafür  f^ingerjeige  gegeben.    3^9^^$  i^cbm  ioir  nyxn  bie  toid^tige  ^atfac^e  es 
ind  Sluge  }u   faffen,   ba|  ja  ber  SBortlaut  bed  fogenannten  S^anumd  8  ^o^re  bor  ber 
Si^obe  bon  Äonft.  im  äncoratud  bed  6})it)l^antu«  mitgeteilt  tüorben  ift.    2Bir  toerben 
nid^t  me^r  geneigt  fein,  biefe  SRitteilung  bort  für  einen  nad^tröglid^en  3^?^/  f^  ^  ^^ 
Serfafferd  felbft,   fei  ed   eined  anberen,    )u   l^alten,   ba  und  bie  9(nal^fe  bed  6$anumd 
fe(bft  beutKd(f  mad(fte,  ed  muffe  geraume  3^^  ^o^  381    entftanben  fein ;   bielme^r  toerben  lo 
txnr  fte  ald  toic^tigen  ^inioeid  auf  bie  toirflic^e  @ntftel^ung  bed  (S^anumd  gu  brauchen 
^aben. 

(Stri^l^iud  1^,  toie  6ad))ari  gegeigt  Yfdif  bad  @t^mboI  nid(ft  felbft  berfo^;  er  über» 
ßefert  ed  ald  ein  iJ^m  felbft  übertommened  e^rtoürbtged  Selenntnid  )um  Krd^Kd^en  ©e* 
brauch  imb  jur  toörttic^  Sin^rägung,  unb  er  fagt  nad^  3JlitteiIung  bedfelben :  xal  avrrj  45 
fjtkv  fj  TÜarig  7iaQ£d&9rj  djtö  rcbv  dytcov  d^oaiöXcov,  xal  h  ixxXtjaiq:  rjj  äylq 
nölei  [sie]  äjtö  ndvxoiv  ößjiov  rcov  dyla)v  ijiiaxÖTKOv  vtieq  XQiaxooUüv  dixa  rdv 
ägt^^udv,  @inb  biefe  SBorte  auc^  ni^t  gang  berftänblid(f  unb  minbeftend  an  einer 
@teue  berberbt,  fo  gel^t  boc^  fobiel  beutlid^  aud  i^nen  l^erbor,  ba^  @))i)}l^aniud  bad  @^mbo{ 
M  bod  at>oftolifd^i€änif(^e  ber  ®emeinbe  in  $am^l^^lien  mitteilt.  SBol^er  l^t  er  ed  ?  so 
@<^on  bem  alten  ®er^arb  SSofftud  ift  bie  itl^nlid^feit  gtotfd^en  bem  @^mbol  ber  Jlirc^e 
bon  3^äI^w*  wwb  bem  bed  6j)il)l^aniud  (bem  fog.  ß^anum)  aufgefallen  (de  tribus 
Symbolis  32—38);  $ort  ift  biefer  ätl^nlid^Iett  nad^gegangen  unb  l^at  fie  gur  @bibeng 
droben  (a.  a.  D.  ©.  76  f.  ©.  142f.).  9in  ber  Xl^at  ift  ba«  fog.  ß^anum  nt^td  anbere« 
ald  bad  neu  rebigierte,  mit  ben  ioic^tigften  nicönifd^en  Formeln  unb  mit  einer  regula  66 
fidei  betreff«  be«  ^eiligen  ®eifted  audgeftattete  Xaufbelenntni«  ber  jerufalemifd^en  ^ird^e. 
Der  aange  1.  Ärtilel  unb  ber  2.  bid  gu  ben  SBorten  rcov  alcovcov  ift  mit  bem  jerufas 
lemifd^  toortlid^  ibentifd^;  ber  2.  ^rtilel  ift  feinem  @ttippt  nad^  lerufalemifd^ ;  nur 
finb  bie  nicänifc^en  gormein  unb  folgenbe  l^iftorifc^^e  9?ä^erbeftimmungen  eingefd^oben : 
bc   Ttvsvfjuxtog  äyiov    xal  Maglag   rrjg  na^evov  —  je   irnkg  fifiwv  bil  Ilovtiov 


22  ftonftaittiito^oiitaittfi^ed  Symbol 

ütXdxov  xai  Jta&dvxa  —  xard  mg  yqawdg  —  ndhv  .  .  .  fuxä  döSrjg',  bodjf  lonn 
ber  eine  ober  anbete  biefec  3^!^^/  namentlid^  bec  (e^te  unb  borle^te,  audf^  im  ierufalem. 
©Vw^bol  geftonben  l^ben  —  ber  erfte  ift  too^I  antiaj)oIKnarif(^  — ;  toir  fenncn  bo^Jelbe 
nömlic^  nur  aud  ben  Jtoted^efen  S^riSd,  aud  toeld^en  ed  }u  relonftruieren  ift  (f.  $al^n  a.  a.  O. 
6  §  124).  S)er  3.  Srtitel  lautete  im  )eru(alemif(l^en  Selenntni^:  xal  elg  Ev  äyiov 
Ttvevjbux,  Tov  TzagdxXfjTov,  tö  laX^oav  iv  xdig  nQoqmraig,  §ier  fotool^l,  toie  in  bem 
gleic^folgenben  Selenntni^  mr^^fe,  Jtird^e  u.  f.  h).  finb  fe^r  ftarfe  Umarbeitungen  bor^: 
genommen  ioorben,  namentlich  ftnb  bie  ^robitate  bed  ®eifted  burd^  bte  betannten  ^ormeln 
erweitert  ioorben;  aber  bie  ierufalemifc^e  Srunblage  ift  nod^  beutltc^  genug.  Slbtoeici^ungen 

10  bon  il^r  erK&ren  {td^  burc^  bie  Slnna^me  eined  leii^ten  Sinfluffed  bon  feiten  ber  @^mbot 

"  form,  bie  ioir  oxA  ben  at)oftolif(^en  Jlonftitutionen  unb  au^  ber  antiod^nifc^en  Jlirc^e 
tennen  (f.  bie  genaue  SSergleid^img  bei  $ort  a.a.O.  ©.  76 f.).  ^ie  neuen,  bem  1^1. ®eifte 
beigelegten  ^röbilote  erilären  ftdd  l^iftorifd^  am  beften  burd^  eine  äSergleic^ung  mit  ben 
Snefen  be«  Slt^anafiu^  an  ©erojJion,  gefq^rieben  356 — 362.    3)ie  ©ti^toorte  finben  fic^ 

ifi  fc^on  bort  ($ort  @.  85  f.). 

3Bir  l^aben  alfo  in  bem  ©);mbol  bed  @))i)>l^iud,  ref)).  in  bem  f ogenannten  6$anum, 
eine  jtoifc^en  362  unb  373  gemad^te  Slebifton  be$  alten  ieru(alemi((^en  S3elenntni{fed  }u 
ertennen,  toelc^e  ben  Slnfang  be^  ^neumatomad^enftreitd  bereite  boraudgefe^t.  Um  373/4 
tourbe  biefed  Symbol  in  9|erufalem,  alfo  iool^l   überl(fau))t  in  ^aläftina,  too^rfd^einlic^  in 

90  6^))em  unb  boraudftdbtlid^  aud^  in  @^ebra  in  ^am))l(fi^lien  gebraud^t.  3Ber  ba^  alte  ierufa^ 
lemifc^e  ©^mbol  nad;  362  rebibiert  unb  nicänif4'anti))neumatomad^ifd^  erweitert  \^oi, 
lann  faum  ^toeifell^ft  fein;  ed  ift  (S^riK  bon  ^erufalem,  ber  toöi^renb  eined  SRenfd^en» 
alter«  ber  Äin^e  bafelbft  ateSifc^of  borftanb  (361—386).  §ort  l^at  biefe  jö^t>otl^efe,  bie 
an  |t(^  bie  nädj^ftliegenbe  ift,  burc^  eine  genaue  9lnal)^fe  ber  ^l^eologie  be«  ©^rill  im  äSer- 

25  gleio  mit  ben  Aufäßen  bed  ^ierof ol)^mitanum  ($©)  pr  ^öc^ften  äSoJ^fd^einlic^Ieit  erl^oben. 
@r  l^at  l^ierbei  oaran  erinnert,  ba^S^riU  anfangiS  etn  „unentfc^iebener''  Xl^eologe  getoefen 
ift,  ba^  er  noc^  in  feinen  Äotw^efen,  bie  bor  bem  3^1^^^  B50  gel^alten  ftnb,  ben  nicä* 
nifc^en  ©lauben  nic^t  ^röji«  geleiert  l^at,  bo^  er  aber  nadpmal«,  namentlid^  nad^  bem  ^ai^re 
360,  fi(^  immer  entfc^iebener  jur  Ortl^obosie  belannt  \iai  unb  fo  unter  bem  @influ|  ber 

80  at^anafianifc^en  S^eologie  gelommen  ift  (big.  ba«  3^0*^5^  ^^  ©oaate«  V,  8 :  aw^X- 
i9ov,  seil,  in  CP.,  ovy  ßikv  rtjg  Sfxoovolov  Ttlatecog  ix  juev^AleSavögelag  Ti/Lui&eog,  ix 
di  IsQoaoXvfMov  KvQiXkog,  rote  ix  juetaueXelag  rcß  Sfwovolq)  Tigoaxeijuevog ;  baju 
©ojom.  VII,  7 :  Kcd  KvqikXog  6  ^leQoaoAvuoov  juetajueXrj'&elg  x6te  dti  Ttgoregov  tä 
Maxedoviov  i(pQ6vei),  „©pKiS  ))erfönlid^e  (^efd^ic^te  btlbet  in  berfd^iebener  ^inft^t  eine 

86  $araUele  }um  Uebergang  oe«  jerufalemifc^en  ©bmbold  in  bie  @eftalt  be«  fogenannten 
65Panum«"  ($ort  ©.  85,  ©.  92  f.).  ©egrünbete  »ebenfen,  bafe  Stritt  ber  Slebibent  ge» 
toefen,  toirb  man  nic^t  ergeben  fönnen.  Die  3^*  bon  362,  bon  jener  berül^mten  alejan« 
brinifd^en  ©^nobe  ab  ift  bie  3^  ^^  ort^obo^en  Sieftauration ;  fie  ift  burd^  bter  gefc^id^t« 
lic^e  Srfd^einungen  c^aralteriftert:   1.  burd^  ba«  ^erfd^toinben  ber  tünftlic^  t)on  ber^olitit 

40  be«  ^onftantiud  gefd^^affenen  $arteiberl^ältniffe,    2.  burd^  bie  magboQere,  toeil  t^eologifd^ 

fiefidifertere  Haltung  ber  jum  ©iege  ftrebenben  ortl^obojen  *?artei  (ba^er  bie  bon  §ei^ 
Jörnen  l^eraufbefc^toorenen  ©c^i^men),  3.  burc^  ben  allmäl^ltd(f  ftc^  anbauenbcn  Umfd^h)ung 
bei  einem  3^eile  ber  l^erborragenbften  orientalifd^en  93if(^öfe  ju  ©unften  be«  Diicänum«  (6^riu 
bon  ^erufalem,  SReletiud  bon  SSntioc^ien)  unb  burd^  bad  9luftreten  aulerög^ptifc^er  ^er^ 

46  borragenber  Vertreter  ber  OrtlSfobojie  (bie  Äaj)j)abocier),  4.  burd^  ba«  Seftreben,  ben  nicö* 
nifd^en  ©lauben  aud^  in  bie  laufbefenntniffe  übenufü^ren  unb  il^n  fo  auf  ba«  pd^erfte 
im  93etDu^tfein  ber  ©emeinben  ju  begrünben.  2Ba«  ba«  le^tere  betrifft,  fo  fallen  Xovc 
fc^on,  ba^  bie«  auf  einem  breifac^  berfc^iebenen  SBege  gefd^ei^en  lonnte.  QXjxSSl  fte^t  mit 
fetner  nicönifc^en  Siebifton  bed  ^©anid^en  Xaufbelenntniffe«  nid^t  allein.   2)rei  bon  ben 

Go  oben  genannten,  ftd^  afe  nicänif^  bweid^nenben,  aber  bom  9licänum  berfc^iebcnen  3;aufs 
befenntniflen  finb  genau  unter  benfelben  3Serl^ältniffen,  ju  bemfelben  3h)cdfc  unb  nad^  ber= 
felben  3Retl^obe  entftanben,  toie  ba«  fogenannte  ß^anum,  b.  ^.  ba^  rebibicrte  §©anum. 
@«  ift  nämlid^  ba«  antiod^enifd^e  ©^mbol,  ioeld^ed  aud  ben  9l!ten  be«  Jlomil«  t)on  ®fyi\u%, 
au«  ßaffian  unb  ß^r^foftomu«  jum  größten  Steile  refonftruiert   hjcrben  fann  (f.  ßa^pari 

56  I,  ©.  73 f.;  $o^n  a.  a.  O.  §  130;  §ort  ©.  110 f.),  ba«,  toie  §ort  gezeigt  l^at,  um  363 
toa^rfd^einlid^  Don  3Keletiu8  felbft  nac^  bem  9ttcänum  rebibierte  alte  antiod^enifc^e  laufs 
befenntni«  (mit  bem  65panum  \^ai  t%  birelt  nidf^t«  gu  tl^un;  gegen  ßa^^jari.  Über  ben 
Umfd^toung  be«  SKeletiu«  jur  Drtl^obojie  f.  ^efele  I,  ©.  726.  729 ;  734 ;  §ort  ©.  95  f.). 
©benfo  ift  ba«  bon  6a«t)ari  I,  ©.  116  f.  beröffentlic^te,  nod^   je^t  im  ©ebraud^c  fte^enbe 

60  neftorianifc^e  ©^mbol  (^al^n  §  132),  toelc^e«  bie  Überfc^rift  trägt:  „ber  ©laube  ber  318 


ftDHpo>lin0)>i>lttiiKifi^  Symbol  23 

Sätn  unb  Stfi^üfe,  bte  fiif  m  ber  Stobt  9Iicäa  in  Sit^^nien  in  bnt  ^gen  Jtonftanttnä 
btÄ  ftcgTCtt^m  fiönigg  berjammettm",  aI|o  eben|o  bejcic^nü  ift,  loie  fca«  fogenannte  S^ßonum 
im  Slncotatu^,  eine  auf  (Bnmb  beS  9ticänum@  um  366  ßcmat^te  ©upetteftfion  be3  äln" 
ticK^auitnä  unb  nic^t  ein  ©^mbot,  bcfien  OrunbEage,  loic  ßa^ari  meint,  baö  E^anum 
mbtt  €d  iß  enbUt^  baä  bon  Sliarifiug  bem  jlongil  Don  Sp^efud  431  voigelegte  ©^bol  e 
($a^n  §  221)  ebenfalls  ein  mit  ben  nicänif(^en  Stit^tooiten  au^eftatteteS,  foteie  mit 
einet  regula  de  Spir.  S.  üerfe&ene*  (eis  lo  jivev/ta  r^?  'iXijiJtia^  rö  .-lagäxiijTov, 
SfMovatov  jidipi  xai  vlca)  ölteteö  Heinapatifi^  ©^6oI,  tocldieä  in  bem  lebten  35rittel 
beö  4.  So^^unbertä  ju  (fünften  bei  Drt^obOEie  reuibiert  ift.  Umgete^tl  ^abm  mir  in 
bei  )>feubi>at^a|tanif(^en'£'0/(f;vEta  elg  t6  avfißolov {(SaSptixil,  <Si.l  f.;  ^O^in  §  127),  in  10 
bem  gipeiten  längeien  ©timbol  beö  älncoiatuä  (ßo^ari  a.  a.  0.;  ^al^n  §  126,  in  bem 
Iat)tMbocif(^=annenit(^en  2:auf|?m6oI  (Saöpaii  II,  ©,  SO  f. ;  ^a^n  g  137),  in  ber  |)|eubi)= 
bafUiani|<^en  'Eg/trjväa  etg  tö  ot'fißoiov  (ßoetjari  II,  £.  If.;  S^ai}n  g  217)  Uier 
untcretnanbei  eng  beiHKUibte,  auf  «ine  Duelle  luiüdge^enbe,  in  bet  älueilcn  ^älfte  beö 
4.  Sfl^t^nbotS  Dbei  hoÖ}  nui  tcenig  f)}ütei  entflanbene,  bun^  it)e|tanMeile  ))rDbin)ial:  u 
ttR^itpei  Xoufbetenntniffe  unb  bun^  anbeieS  beieid^eite  tßaia^i^Tafen  bedSlitänumS  gu  eis 
lennen,  bie  obet  fämtlic^  —  bieä  ^at  $ort  gegen  Hawaii  untoiberleglit^  gegeigt  —  mit 
brm  [ogenonnten  S^anum  biieft  nit^tä  m  tl^un  ^aben.  3uf^<  i*^^  %camxm  ^al  ed 
um  430  gegeben,  luie  fc^on  oft  dement ;  oabon  toiib  tceitei  sub  IV  gu  leben  fein ;  obei 
ed  esifliert  nui  ein  B\fmboi,  lotl^tä  ftt^  alg  eine  ^Rifd^oim  oud  bem  fogenannten  w 
S^üonum  unb  bem  Sticänum  unb  fomit  olg  ein  lebibierteä  Tticanum  baifteDt,  bai  ift  ioM 
in  ben  3(ften  be«  bieiten  jtonjild  Bees.  V  Manei  VII,  111  ;  Oaüpazi  I,  103f. ;  ^oit 
©.  114  f.  145)  alö  letne«  Slicdnum  begeit^nete  ^mbol.  Sllle  3ufäee,  luelc^e  biefe«  fya, 
ftnb  aii  Entlehnungen  auä  bem  fogenannten  S^anum  gu  eillaien.  Sßii  tviffen  ni^t« 
nö^ei  übei  boifelbe,  bor  allem  nit^t,  ob  ei  iigenbtDD  im  (in^li(^en  @ebiau(^  tnai.  @d  ae 
tömtte  beieitS  ali  ein  3ieifuc^  eifdieinen,  gMif^en  bem  Slicänum  unb  bem  fogenannten 
6$anum  lu  twcmonifieien,  nac^bem  man  bie  ^eif(^ieben^eit  bei  beiben  angeblich  eine 
Sm^t  bilbenben  &\)mboU  bemeift  ^te  (f.  baiübei  unten  sub  IV).  Xa^  ober  triiHit^ 
ade  bie  fteben  uoi^ei  beiübiten,  bem  fogenannten  S^anum  ueifc^tDi|ietten  ©^mboEe  in 
bad  btitte  S)iitte(  beä  4.  ^o^iliunbeitg  foKen,  etgiebt  ftd^  —  abgefe^en  üon  befonbeien  so 
®iünben  füi  bie  eingelnen,  auf  bie  ^iei  nicbt  nö^er  eingegangen  toerben  lann  —  mit 
Sßo^^einli^iteit  1.  baiauS,  ba^  in  i^nen  auf  bie  fpäteten  t^tiflologiji^en  ©tiei^Ieiten 
not^  leine  91u(Ifi(^t  genommen  toiib,  2.  auS  bem  ju  fii^enben  Sehieife,  bag  bom  anfang 
b«Ä  5.  ^<i^t>unbertd  an  boä  unueränbeite  Siicanum  me^i  unb  me^ii  in  ben  öffentlid^en 
®Aiau$  lommt  unb  ftti  neue  Xaufbelenntni^bilbung  leinen  SRaum  met^i  lä^t.  ^ir  ^aben  b6 
olfo  fOi  bie  ^o^ie  360  b\i  ca.  400  eine  neue,  mannigfaltige  ©^bolbilbung  in  bei 
moigenlonbiftben  j^iic^e  gu  (onftatieien.  @d  ift  bie  gtveite  toufbelenntni^biCbenbe  Spot^ 
ber  oftlic^en  Hti^e.  ^ie  eifte  faßt  ba^rfc^einlid^  ni^t  vor  bie  gtoeite  ^olfte  be«  3.  ^a^r< 
^unbötä.  SaSSticänum  gab  baä  Signal  ju  einei  ^eubilbung  bei  Setenntniffe  im  Orient; 
ober  bie  3}eifu(^  lu  einer  antinicämli^en  ©Vt"^'^'^>Ibu"9  jtoif(^en  G30  unb  360  fmb  ges  «o 
feiert.  Srft  in  bad  britte  3^iittel  beä  4.  ^o^^unbcitä  fällt  bie  ^eubilbung  bei  ^auf= 
baenntnilfe,  toä^renb  ber  Occibent  fonferbalib  bei  feinem  (iri^lit^en,  fogenannten  aboltolifi^en 
ItouflVmboI  bis  jum  ffinbe  bcö  5.  ^obr^nbertä  »ertjarrte.  5Ru^t  auf  ötumenifi^en  Stje 
noben  tourbe  ein  uniforme«  laufbrfenntniä  befclilolfen  —  baä  ^äjM  erft  bei  golgejeit 
an — ,  fonbem  Mie  in  ber  eiften^eriobe  biiefc  bie  goimutierung  im  einjelnen  benSanbeSä« 
tmS}m  abertaften  unb  lit^tete  fic&  nai^  i^ren  alten  übeiKeferungen  unb  ©ebiiiui^en.  ätber 
tDie  in  bei  elften  ^eriobe  bie  gtei^eit  ber  ^louingiallii^e  gebunben  unb  gegügelt  toai 
bun^  bai  @runbbrfenntniä  ju  bem  ^atei,  @o^n  unb  @eift  unb  gu  ben  gegenüber  ber 
^äiefte  gu  be^au))tenben  ^atfai^en  ber  ^eiCigen  ©efd^id^te,  fo  Irai  ti  je^t  bai  Sefenntnid 
)u  ben  ^etfonen  bei  tvefen^Ieic^en  %na&  unb  tu  ben  gegenübei  bem  3lnanidmuä  feft^  to 
gcfleOten  „^atfad^en"  einei  Voigeitli^en  @efd^i^te  ©otteä,  toeidfe  bie  Siotauäfegung  füt 
eine  fieie  Steoifton  bei  tird^Cid^en  $iDbinjia(|^mboIe  touiben.  @ie  ei^ielten  ben  Dtamen 
„nicänif^e",  nii^  um  bun^  fie  boä  ^liconum  ju  beibiöngen  obei  ju  tteiänbem,  fonbem 
um  i^  übcieinftimmung  mit  bem  3!icänum  tuiUen,  gerabefo  luie  im  älbenblanbe  bie 
wrf(^iebenen  Sejenfionen  beä  fogenannten  a)3DftoUj(^en  ©^mbolä  biefen  3iamen  behielten,  ss 
Sntftonben  finb  fte  in  jenem  hitjen,  benftoüibigen  3«''«""'.  '»  Welcbem  noi)  fein  ein» 
fdnti  ^iatiiart^at  bie  itbrigen  meifteite,  mo  toebei  ber  {^anatiämuä  älle£anbnenä  noi)  be< 
leitä  bie  ©taatgraifon  beä  G^anif^en  ^atiionben  bai  Übeigehiictit  in  ber  Hkift  bcfa^, 
fonbem  in  bem  Jta)]))aboeien  unb  Serien  bun^  baä  3Infe^en  au^»eid^netei  39ifi^i>fe  unb 
Sedier  foltif^  ben  '^orfi^  in  ber  Jlirc^  beä  Oriente  füllten,  ^n  btefe  <Spod}e  gehört  boä  '^ 


24  ftoitflaittiiio:|ioIitaitif(4e8  S^tniol 

reDtbiette  Selenntntö  bon  3^<^I^  ^^  S3elenntntö  bed  el^rtüürbtgen  SSifd^ofiS  S^riQ,  bad 
fogenannte  ^onum.  „^a^  lurje  3^talter  ber  !a))))aboci{^en  unb  antiod^enifd^en  @u))res 
matie  ftel^t  in  leud^tenbem  ®egen{a|  )u  ben  bertDüftenben  SRaf^regeln  ber  ^ett  ))orl^er 
unb  nad^^er;  i^re  ^ol^re  l^aBen  lein  c^aroheriftifd^eced  Denfmal  )utüd(geTaf[en,  aU 
6  jene^  eine  ©^mbol,   toelc^eö  ben  Dften  unb  SSBeften  in  bem  Selenntniffe  einigt"  (§ort 

©.  136  f.). 

IV.  Die  @ntftel^ung  bed  fogenonnten  (S^anumd  ift  im  borigen  Slbfd^nitte  Oaraelegt 
Slber  bie  SeontlDortung  ber  fjrape  erl^ebt  fic^  nun,  h)ie  ift  ba«  ©^mbol  jum  SKanten 
be^  6$anum^  gelommen,  unb  ft)te  unb  unter  ft)el(^en  SSerl^ältniffen  l^at  ed  ftd^  in  ber 

10  Jtird^e  aü  bad  ©^rnbol  ber  jlDeiten  ölumenifc^en  @^nobe  unb  afö  öfumenifd^e^  burd^« 
je|en  lönnen?  Die  ©efc^id^te  be^  ©^mbofö  in  ber  Aird^e  erfd^eint  aU  ein  feltfamed 
SRätfel,  beffen  Söfung  fd^toierig.  3*^  ^^  2^^^  R^fl*  ^^  Slnfang  and)  nod^  im  35unfeln 
unb  nic^t  geringe  ^fi^agen  muffen  jur  ^^t  nod^  unbeanttDortet  ober  boc^  nur  unfic^er 
gelöft  bleiben. 

16  1.  9Sor  ollem  ift  feftjuftetten,  in  h)elc^er  3^*  i^i^  (SPitanifd^e  ©^nobe  öon  381  jum 
Snfeben  einer  ölumenifd^en  gelommen  ift  *  benn  nid^t  frül^er  tonnte  ))on  einem  ötumenifd^en 
Slnfe^en  be«  i^r  jugefd^riebenen  ©^mbofe  oie  Siebe  fein,  ref}).  nid^t  frül^er  tonnte  ein  ©^mbol 
burd^  S3e}iel^ung  auf  ^e  jum  allgemeinen  älnfel^en  erhoben  berben,  al$  bid  fte  felbft  ^u 
allgemeinem  Slnfel^en  in  ber  Jtird^e  gelangt  bar.    Die^   ift   im  Orient  nid^t  frül^er  old 

ao  feit  5Witte  be«  5.  S^^^^w'^t^^^/  w^^^ :  Dom  d^alcebonenfifc^en  Äonjil  ab,  im  Dccibent 
aber  erft  70— lOO^a^re  \pöin,  bej.  in  ber  b^jantinifd^en  Qpo6)^  ber  römifd^en  Äird^e  gefd^e^en. 
SBa^S  ben  Orient  betrifft,  fo  lä^  ftd^  nad^beifen,  iaf^  e^  ba$  (E^itanifd^e  Matriarchat  ge^ 
toefen  ift,  h>eld^ed  bie  Slutorität  ber@^nobe  aU  einer  ölumenifd^en  burd^^efe^t  l^at.  Diefed 
Matriarchat  eneic^te  enblic^  im  ^afyct  451  bie  ©u))rematie  in  ber  mor^enlänbifd^en  Jlirc^, 

25  nac^bem  bie  ©tül^le  bon  Slntiod^ien  unb  Sne^anbrien  ftd^  Iom))romitttert  l^atten  unb  ge^ 
|h>ungen  borben  ft)aren,  fd^iiSmatifd^  gu  h>erben.  92od^  b\^  gur  SRitte  be^  5.  2i<>^^^unbertd 
;atte  man  regelmäf^ig  nur  bon  jlDei  l^eiligen  ölumenifd^en  ©^noben  gef))rod^en  (toenn  bie 
TMönifc^e  ©^nobe  bon  382  bie  Don  381  al«  „ötumenifd^"  bejeid^nete,  fo  ift  ba«  SBort 
^ier  in  einem  allgemeineren  ©inne  ju  berfte^en,  h)ie  aud^  i^efele  ju^iebt).  Der  b^jantinifd^e 

80  ^of  unb  bad  EMitanifd^e  M^triard^at  l^atten  aber  alle«  3*^*^^ff^/  f^^*  ^^1  gerabe  bie  ©)js 
nobe  bon  381  old  ber  nicänifd^en  ebenbürtig  )u  ))rotlamieren  *  benn  1.  h>ar  fie  in  ber 
Äaiferftabt  felbft  abpe^alten,  2.  hmr  fie  bon  bem  jtoeitcn  Äonftantin,  S^l^eobofiu«  I.,  be« 
rufen,  3.  I^atte  fie  m  ibrem  3.  Jtanon  bem  SSifd^of  bon  Jtonftantino))el  ben  „SSorrang  ber 
Sl^re  gleich  nac^  bem  ^ifc^of  Slomd"  )ugef))ro4en,  b.  1^.  fte  ^atte  ba$  auf  bem  Ma))ier 

86  lonjebiert,  h)ag  bie  38erl^ältniffe  70  ^ai)xt  f})äter  toirllid^  ^erbeifül^rten  unb  h>aö  ben  ge^ 
fd^i^tlic^en  Stec^t^titel  für  ben  nun  anl^ebenben  9iibalität4ftreit  jbifd^en  9lom  unb  92eurom 
abgeben  tonnte.  Die  mono))^^fitifc^en  ^ird^en  l^aben  barum  aud^  in  ben  nöd^ftfolgenben 
20  ^abren  bie  ölumenijitöt  ber  S^itanifd^en  ©bnobe  nod^  nid^t  anertannt,  toie  \)\zU 
geugniffe  beh)eifen;   erft  bom  3lnfang  be«  6.  ^ö^tJ^unbert«  an  erlifd^t  bort  ber  SBiber^ 

40  f))ru^  gegen  bie  ©^nobe  unb  i^re  Sefd^lüffe  h>erben  aU  giltig  re)i))iert.  Der  Occibent 
^at  ftd^  feit  bem  ^roteft  Seod  I.  gu  Sl^alcebon  faft  ein  ^a^rl^unbert  lang  lonfequent  ab« 
tel^nenb  gegen  ben  bon  Jtonft.  aud  bretft  bel^au))teten  öhimenifc^en  (El^aratter  ber  ©^nobe 
unb  gegen  ilj^re  Sefc^lüffe  berl^alten.  vlod^  S3ifd^of  ^li^  II.  fqprid^t  im  ^äi)xz  485  nur 
Don  brei  ötumenifd^en  ©^noben,   ebenfobiele  fe|t  Selafiu^  borau^.    ^n  ber  ^cxt  bed 

46  römifd^'b^^antinifd^en  ©d^idma^S  484—519  tonnte  nid^td  aud  i^onft.  na^  9tom  im))ortiert 
ft)erben.  @rft  in  ber  nun  folgenben  @))od^e,  aU  ber  römifd^e  Sifd^of  in  fd^mad^boDe  Wy^ 
l^ängigteit  Don  bem  b^gantinifd^en  Jtaifer  geriet,  l^at  man  fid^,  ftiÜfc^iDeigenb  unb  ol^ne 
m  tontroDieren,  bie  2.  ötumenifc^e  ©^nobe  famt  il^ren  SSefc^lüffen  gefcilen  laffen.  Ma)?fl 
3Sigiliu«  (538—555)  ift  m.  SB.  ber  erfte,  ber  fie  fo  nennt ;  aud^  M^agiu«  II.  jäl^lt  ba^ 

60  Jtongil  Don  (Sl^alcebon  al^  \>a^  Dierte ;  aber  DieDeic^t  fd^on  Dor  il^nen  ift  bad  S^anifd^e 
©^mbol,  lateinifd^  interjjretiert,  ber  Überfefeung  ber  brei  erften  EM^nifc^en  Äanone^  in 
ber  gelehrten  ©ammlun^  bed  Dion^ftu^  @^guud  beigefügt  toorben.  Die  ötumeni|ität 
ber  ©^nobe  l^at  Dion^ftu^  nid^t  bel^auj)tet.  ®regor  ber  ®ro^e,  ber  ba«  traurige  grbe 
ber  b^jantinifd^en  ^Ät  antrat  unb  ed  nur  fobeit  gu  reDibieren  bad  Vermögen  l^atte,   al^ 

66  ^  mit  2lnf})rüd^en  beö  römifd^en  Sifd^of«  tottibierte,  Dergleid^t  bereit«  bie .  Dier  großen 
Äongilien  einfd^liefelid^  be«  ©M^f^^  ^^^  t>^n  ^^^  ©bangelien;  bod^  l^örte  ber  $rotefi 
SRom«  gegen  ben  3.  Äanon  ber  ©^nobe  babei  nid^t  auf.  —  Die  Setoeife  für  biefe  Äon* 
ftruttion  laffen  fic^  in  ber  §auj)tfac^e  fd^on  au«  $efele  a.  a.  O.  II,  ©.  1—33  ju= 
fammenftetten ;   am  beften  au«  6a«t)ari  (Sutl^er.   geitfd^r.  1857,   ©.  646  f.)  unb   jtoar 

60  invito  auotore,  ba  6a«)}ari  Don  ber  urf^rünglic^en  Oelumenigität  ber  @^nobe  au«gel^t. 


ftoiiflanttito:|ioIitaitif4ed  ®^mioI  25 

@el^  oudfül^rUd^  l^anbelt  über  biefe  fragen  SSincenjt  a.  a.  0.  p.  124  sq. ;  f.  aud^  $ort 
e.  101  f. 

2.  3i^i<^  ^^^  ^^fi^  ^^  bi^  ©efc^tc^te  ber  9te3e))tton  unb  Slnerlennung   bed  fog. 
S^3<tmimd  im  9(benb(anbe  feftfteQen.    Sie  fäDt  genau  jufammen  mit  ber  Slnerfennung 
ber  St^nobe  Don  381  atö   eined  öfumenifd^en  Jlonjild  feit  c.  530.    Sion^ftud  @^guud  6 
Ifcd,  fo  fd^eint  e«,   in  feiner  unter  ©^mmad^uö  (498—514)  berfa^ten  gelehrten  ©amm* 
hing  bod  in  bie  gried^ifd^en  ällten  ber  @^nobe  Don  381  eingefd^muggelte  (E^onum  guerft 
bem  äUenblanbe  befannt  gemad^t,  aDein  er  felbft  l^ot  bod  @^mbo(  nid^t  in  feine  ©amm^ 
luna  aufgenommen;  ed  ift  oielme^  ein  f^äterer 3ufa|  in  berfelben  (bied  ergiebt  fi^  u.a. 
auq  oud  ber  ©teDung,  ioeld^e  ba$  ©^mbol  in  ber  JloDeftion  l^at).    SSon  einem  Slnfel^en  lo 
bed  ©^mbold  im  äbenblanb  Dor  bem  jtoeiten  drittel  be$  6.  ^a^l^unbert^  ift  olfo  nic^td 
betonnt    Sonn  aber  fe|te  ed  fid^  fel^r  rafd^  burc^  unb  iourbe  fogar,    nad^bem  ed  einmal 
ald  ©^mbol  bed  nun  anerlannten  Jton^Ud,  <d^  ba^  ertoeiterte  92icänum,  ald  „ia^  Slicöno- 
S^onum''  galt,  in  ber  römifd^en   unb  f))anifd^en  jlird^e  jum  2)auff^mbo(  erl^oben ;   Der« 
brangte  mithin  ha»  uralte  „at)oftoItfd^e"  ©^mbol  (f.  (Safari  II,  ©.114  f.;  III,  ©.201  f.  iä 
230  f.  unb  ben  ^  Ä.  „»1).  ©^mb."  »b  I  ©.  741).    35ie  römifd^e  Äird^e  brad^  mit  ilj^rer 
lo^rl^bertelangen  ^auff)racid.   tiefer  S3rud^  erfolgte,  inbem  öuf^ere  unb  innere  Urfad^en 
jufammentoirften.    äluf^ere,    fofem   bie  römifd^e  Jlird^e  bamald  faltifd^   unter  bie  $err« 
f(^ft   ber  b^jantinifd^en   geriet,    ij^re  Dogmen  (bie  SSertoerfung   ber  brei  Jta))itel)  unb 
t$re  gwmeln    amtel^en  mufjte ;    innere,  fofem  ber  Äamt)f  gegen  bie  gotifd^^arianifd^e  ao 
l^nDofton  ein  ortboboied  ^ufbelenntnid  erl^eifc^te.    ^ied  bar  aud^  ber  ®runb,   bedl^alb 
bie  ft>anifd^e  Jtircpe,  bie  ioiber  ben  toeftgotifc^en  9(rianidmud  bamal^  nod^  fäm))fte,  fo  rafc^ 
icS  fogenannte  TOcäno^ß^Panum  accet)tierte.    ©d^on  im  ^afyc^  589  l^at  fie  ben  ber^äng*. 
nt^oOen  3"!^  „filioque"   jum  ©^mbol   gemad^t;   biefer  3^?^  if^  mitl^in  nid^t  biel 
iünger,   ald  bie  9te)e))tion  bed  ©^mboled  im  Slbenblanbe.    ^oiS  9(benblanb  l^at  alfo  in  25 
getoiffer  ®eife  ein  Sfted^t  gu  bel^awi)ten,  ba^  für  feine  Äirc^e  ba«  „filioque"  feine  3leue= 
rung  ift.    9tac^bem  einmal  bad  fogenannte  6$anum    in  ben  ioid^tigften  ^robinjen  bed 
Sbenblonbed  mm  Xauff^mbol  erhoben  toar,   nac^bem  bie  aud^  im  Sibenblanbe  geltenbe 
iufUnianifc^  ^efe^ebung  il^e  älutorität  für  ba^felbe  eingefe^t  l^atte,  ft)ar  an  eine  S3e« 
ftreitung  feinet  Sfnfel^end,   an  eine  Unterfud^ung   feinet  Urf))rungd  bort  nid^t  mel^r  )U80 
beuten,   jumal   ba  ja  bte  ©ammlung   bed  3!)ion^fiud  e$  barbot.    3^^^  d^^^^f^  ^^^  ^' 
mtf<^  Äird^e  feit  bem  3lnfang  be«  9.  ^ö^^^""^^^  toieber  ju  einem  lürjeren  ©^mbole 
bei  ber  ^£aufe  gurüdC  (bem  gaDifd^en  äl))oftoliIum)  unb   fe^t  biefed  aud^  Vermöge  il^red 
Übergett)i(^td  im  gomen  Slbenblanbe  burc^ ;  aber  bem  fogenannten  SRicäno^ß^anum  bleibt 
feine  ©teile  in  ber  3Iteffe  unb  bei  ben  übrigen  folennen  ^anblungen  ber  jlir^e ;  fein  9tm  86 
fe^  ift  fc^on  feit  bem  6.  S^^^^^^nbert  bem  be^  3lt)oftofiIumd  ebenbürtig ;   \a  eö  ift  im 
Äbenblanbe  gerabeju  ebenfaU«  „ba^  apoftolifd^e  ©^mbol"  genannt  toorben  (Setoeife  bafür 
aus  bem  7.,  10.  unb    15.  ^al^r^unbert    bei  &a^pan  I,   ©.  242,  5Kr.  45;    II,  ©.  115, 
3bc.  88  •   III,  ©.  12,  3lx.  22),   fei  e«,   toeil  fc^on  bie  ©riechen  ba^  TOcönum  afö  ben 
gnbegriff  ber  „at)oftolifc^en"  Se^re  oftmafe   fo   bejeid^net  l^aben,   fei  e«,   toeil  bo«  neue  40 
©bmbol,  inbem  ed  ba$  alte  ^oftolihim  bei  ber  Xaufe  berbröngte,  aud^  beffen  älttribute 
er^elt.    S)ie  Äonfufwn,  toeld^e  ba«  neue  ©i^mbol  afe  ein  ju  Äonft.  ertoeiterte«  5licänum 
ober  gerabQU  al«  ba«  9Ucänum  bejeid^nete,  gel^t  bi«  in  ba«  6.  ^aj^rl^unbert  l^inauf.    ^ie 
Steformotoren  fanben  ba«  3())oftolitum  unb  ba«  92icönO'(E^anum  in  gleid^er  ©eltung  in 
ber  itirc^e  unb  fteQten  fid^  auf  ben  9{ed^t«boben,  ben  ^uftinian,  im  ®runbe  fd^on  Xl^eo»  45 
bofiu«  I.,  ou«  ber  Xrinität«lel^re  gefd^affen  l^atte.    Salbin,  ber  ftd^  jeittoeilig  fel^r  fd^arf 
tmber  bo«  9ticäno«@$anum  au«gef))rod^en  ^at  (f.  JldUner  I,  ©.  48.  51),    l^at  nac^mal« 
jeben  %aM  unterbrücft.  äud^  bie  Reformatoren  nennen  e«  getoöl^nlic^  einfad^  „SRicänum". 
Sht«brä(fli(^  bertoorfen  l^aben  e«  bie  älrminianer,  ©ocinianer  unb  Unitarier,  ^ie  römifc^e 
Stin^  ^t  e«  )u  Xribent  feierlid^  toieberl^olt.    Jlate^etifd^  ift  ba«  ©i^mbol  im  Mittelalter  so 
un^eic^  toeniper  bertoertet  toorben  al«  ba«  9l))oftolifum,  ja  felbft  al«  ba«  ättl^anaftanum, 
toeil  e«  in  feinem  3wfö"^^cn^ö'^9  ^^^  ^^  2^aufe  mel^r  ftanb.   3!)oc^  toerben  bem  ^riefter 
Äntoeifungen  ju  feinem  SBerftänbni«  gegeben,   ba  er  e«  in  ber  5Weffe  ju  remitieren  ^atte 
(f.  ®öbl,   ©efd^i^te  ber  Äated^efe  im  Slbenblanbe   1880,  ©.  130  f.).    3)ie  neuere  ®e« 
fi^te  be«  6^num«  in    ben   reformatorifd^en  jtirc^en   beginnt  mit  ben  Sali^tinifd^en  56 
Jtontroberfen. 

3.  ®ie  9lejet)tion  be«  fogenannten  ß^anum«  im  Slbenblanbc  jeigt,  ba^  bereit«  balb^ 
nadj^  bem  3^^  ^^^  im  Orient  ober  minbeften«  in  Äonft.  unb  in  einem  leile  be« 
Orient«  ba«  rebibierte  S3etenntni«  bon  ^erufalem  al«  S^anum,  al«  ba«  ^u  ^onft.  ertoeiterte 
9iicanum,   gegolten  l^aben  muf(.   Die«  lä|t  ftc^  aud^  barau«  ertoeifen,   baf(  bie  mono""  eo 


26  St0u^antiu0p0Utün^dft»  ®^m(o( 

))I^Vfitt{c^en  Syrier  ed  bereitö  um  560  old  öfumentfd^ed  Symbol  bon  Ston\l  neben  bem 
SRicänum  gebraud^t  l^aben  (ber  Äobej,  au«  bem  ßa^ori  I,  ©.  100  f.  ba«  fV^fc^« 
Symbol  mitgeteilt  f^at,  ftammt  aud  bem  ^al^te  562.  Über  ben  lirc^lid^en  ®dbrau(^ 
fic^e  6agj)ari  ©.  112).  3n  bem  britten  3lb|d^nitt  ^aben  toir  feftgefteDt,  bafe  gtoifd^en 
5  375—450  überl^aul)t  feine  ®puxm  be«  (Sebrauc^e?,  ja  ber  ®jiftenj  be«  6?5anum«, 
b.  1^.  beö  rebibierten  i^Sanum^,  gu  fonftatieren  finb;  umgefel^rt  ift  für  bie  3^ 
bon  500  ab  ber  tj^eologifd^e  ®ebraud^  bed  S^mbold  old  6$anum,  bon  ca.  530  ob 
ber  {o(enne  (Sebraud^  bedfeiben  old  Xaufbefenntni^  naci^h)ei^bar.  ^itl^in,  foDiel  barf  al$  ft^fer 
gelten,  ift  bie  Unterfd^iebung  hirj  Der  450  erfolgt  unb  ^at  ftd^  bid  ca.  500  burc^efe^t :  ober 

10  ed  erl^ebenfid^  nun  bie^agen,  erftlid^:  lä^t  fid^f  ber^^itfjunltberUnterfd^iebung  nicpt  nä^er 
f eftfteDen  ?  fobann :  unter  toeld^en  Umftänben,  ju  toeld^em  S^zit  unb  auf  (Srunb  toelc^ 
91n{nü))fungd))unlte  ift  fie  erfolgt?  enblid^:  h>arum  l^at  man  fid^  im  Orient  ba)u  ent« 
fc^lojfen,  feit  ca.  530—550  bei  ber  3;aufe  ba«  5Ricänum  burd^  baö  neue  ©^mbol  }u  er» 
fe|en,  toö^renb  man  bereit«  über  ein  ^^^^^l^unbert  lang  (f.  Safari  in  ber  lutl^.  gettfc^r., 

16©.  635— 646  f.;  I^ier  ift  feftgeftettt,  baf;  minbeften«  bx^  jum  jtoeiten  ®ecennium  be« 
6.  ^al^^unbert«  ba«  SRicänum  in  ben  h>eitau«  meiften  Jlird^en  be«  Orient«  bei  ber  ^£aufe 
gebrandet  ft)urDe ;  ol^ne  erfid^tlid^en  ®runb  nimmt  Sa«))ari  ©.  671  biefe«  S^d^^^^^^i^ 
toieber  aurücf)  mit  jenem  SSelenntniffe  getauft  unb  ba«(elbe  me^r  unb  mel^r  bie  rebibierten 
unb  nio^t  rebibierten  ))ro))in)ialfird^lid^en  3^ufbelenntnif[e  Derbrängt  l^atte?  —  SEBa«  ben 

20  3rit))unft  ber  Unter(d^iebung  betrifft,  f o  begegnet  un«  ba«  rebibierte  ^©anum  al«  ©^mbol 
ber  ©t^nobe  bon  381  juerft  in  ben  ätften  be«  4.  öhimenifd^en  Jlon^il«,  unb  3ti>ar  ^toei« 
mal  (Sess.  II.  unb  V.)  unb  beibemale  neben  bem  92icänum  al«  gbeite«  ®runbf^mbol 
.ber  Äircbe  (Mansi  VI,  p.  957  ;  VII,  p.  111).  §iemad^  toäre  bie  Unterfc^>iebung  im 
^al^re  451  ober  lurj  borber  gefd^e^en.  2inbef[en  er^dbt  ftd^  ber  SSerbacbt,  ob  toir  e«  nid^t 

36  an  beiben  ©teilen  mit  2inter))oIationen  ber  Jlonjtl^aften  }u  t^un  b<iben ;  benn  1.  bie 
eutüd^ianifd^en  Sifd^öfe  in  ber  geit  gtoifd^en  451—470  toiffen  nod^  gar  nid^t«  t>om  6$anum 
\a  fie  ioeifen  bie^^ormeln  au«  biefem  ©bmbol,  h)eld^e  i^nen  borge^alten  ioerben,  oudbrüd» 
lid^  al«  unbered^tigte,  im  ,,©^mboI"  niqt  enthaltene,  jurüdf.  §ätten  fie  bie«  t^un  fönnen, 
benn  451  ju  jSbalcebon  einftimmig  unb  unbeanftanbet  ba«  S^anum  toirflid^  aufgenommen 

80  unb  belannt  toorben  toöre?  2.  bie  älnnal^me  Don  ^nter))olationen  gerabe  an  jenen  ©teEen, 
too  bie  ©^mbole  mitgeteilt  toerben,  ift  unbermeiblic^ ;  nur  i^r  Umfang  ift  ftreitig;  e«  ip 
nämlid^  ba«  TOcänum  (VII,  111  Mansi)  in  ben  Sitten,  ben  gried^ifd^en  unb  lateinifd^, 
nid^t  in  feiner  urft)rünglid^en  gorm,  fonbem,  toie  toir  fc^on  oben  fallen,  in  einer  noc^ 
bem  fogenannten  E^anum  berönberten  ©eftolt  aufgenommen.    9lun  bemerfte  aber  fd^on 

86  SSalu^e,  ba^  bie  ölteften  lateinifd^en  ällten  bie  unDerönberte  (Seftalt  barbieten,  unb  6a«))ari 
felbft  (I,  105  f.)  räumt  ein,  bafe  bie  gried^ijd^en  3lften  f)\ct  intert)oliert  feien.  ©«  erfc^eint 
baber  nur  fonfequent,  toenn  Sincemi  (a.  a.  0.  ©.  124—161.  145.  147)  ben  ganjen 
aibfd^nitt  in  ben  Slften  be«  4.  Äonjil«  für  interjjoliert  erflärt  unb  bebauj)iet,  auf  bem 
(Sbftlcebonenfe  b^be  man  t>on  bem  „ß^anum"  nocb  nid^t«  getoufet.    So  berlodfenb  biefe 

40  3^efe  ift,  fo  ift  aber  bod^  anbererfeit«  ju  bebenfen,  bafe  1.  bie  (Segner  ber  ©utocbianer  fuJ^ 
gleicb  nad^  bem  (S^alcebonenfe  auf  Formeln  berufen  f)obm,  bie  bi^d^ft  toa^rfd^einlid^  bem 
„(S^anum"  entnommen  pnb,  bafe  2.  ©iogene«  Don  S^cilu«  auf  bem  4.  Äonjil  fw^  alfo 
au«gef))rod^en  f)at :  Sut^cbe«  b<^e  bie  ©^nobe  ^u  SRicäa  in  trügertfd^er  9Bei{e  Dorgefd^ü^t ; 
fie,  b.  b.  ib^  ©^mbol,  babe  nämlid^  Don  ben  bl-  3Sätem  3«!^«  befommen ;  e«  fei  ju  bem 

45  ©^mbole  ber  f)l  JBäter  b^i^J^gefügt  Sorben  „ber  b^öbfam  unb  %Ui\d)  toarb  axi^  bem 
bl.  ®eift  unb  5Dflaria  ber  Jungfrau" ;  bie«  b^be  ©ut^cbe«  al«  ein  aij)oIlinarift  ai^elaffen 
((5a«})ari  ©.  638  f.).  ©dbtoerIi(b  fann  man  biefe  SBorte  anber«  Derfteben,  al«  Dom  6$anum. 
3.  2tucb  fonft  finbcn  fid^  um  450  freilieb  nid^t  ganj  ftcbere  ©Jjuren  Don  Sefanntfc^aft  mit 
bem  bereit«  ju  @b^en  gelangten  S^anum  (^ort  ©.  112—115;   (Ea^aü  I,  ©.  103  f.). 

50  4.  (Snblicb  ift  e«  ein  ß^anifcber  ®iafon,  ber  nacb  bem  Serid^t  auf  bem  (Sbalcebonenfe 
ba«  E^anum  Derlefen  b^ben  foH.  2)a  aber  jtoeifeI«obne  Don  Äonft.  bie  Unterfc^iebung 
überbauet  au«gegangen  ift,  fo  erböbt  biefe  näbere  9?acbricbt  bie  S^^^'^ffigfeit  ber  Äunbc 
felbft.  Unter  biefen  Umftänben  unb  ba  man  ba«  Scrbalten  ber  ©ulDcbianer  gum  65Panum 
au«  ibrcr  ^olitif   erflären   fann,    loirb    man  e«  für  übertoiegenb   toabrfd^einlid^   b^ten 

&ü  muffen,  ba^  ju  ßb^lcebon  h)irfli(b  ba«  reDibicrte  ^©anum  al«  G^anum  Derlefen  toorben 
ift.  5Rur  eine  ©^jejialunterfucbung  über  bie  äfften  be«  4.  Konjil«  fann  l^ier  Sid^t 
bringen. 

3!)ie  Unterfcbiebung  bat  alfo  loabrfd^einlicb  nid^t  lange  Dor  bem  g^b^^  4:51  inJlonfi. 
ftattgefunbcn.     3^^  Ermittelung  Don  3lnfnüt)fung«i)unftcn  für  bicfelbe  finb  toir  gur  3^ 

60  lebiglic^  auf  ^b^otl^efen  angeh>iefen.    ^a«  folgenbe  toiQ  nid^t  mebr  fein,    ©id^er  ift,  ba| 


ft0iiflaittiito)iolUatttf(4cd  S^mi^I  27 

bie  @^be  Don  381  toirllic^  eine  SSeftimmung  über  ben  ^l.  (Seift  in  il^em  berloren  ge^ 
gongenen  bogmotifc^  %omvL^  gegeben,  bagegen  ba$  9licänum  unDeränbert  ret>etiert  f)at. 
§n  ber  ^Igejeit  trat  nun  bie  Südenl^a^gleit  bed  9licänum$  immer  ftarler  l^ert)or. 
I^eme^  man  ben  23unf(^  ^attt,  im  Xaufbelenntnid  aad^  bie  rid^tige  Se^re  Dom  1^1.  ®eifte 
unb  bie  antiat)oDinarifti{c^en  @ö^e  jum  9lu$bru(f  gu  bringen,  um  fo  fül^lbarer  mugte  bie  6 
2fi(fe  im  9ticänum,  ioeld^ed  feit  bem  älnfang  be^  5.  ^i^'^unbertd  immer  aUgemetner  atö 
Xauffbmbol  gebrandet  lourbe,  erfd^einen.  Der  SSiunfc^  nad^  einem  boQftönbigeren  SSelenntnid 
t^  emorlid^  genug,  ebenfo,  baf(  man  {td^  inJlonftantino))eI  um  igUfe  gerabe  bei  ber  anti« 
macebonianif(^  St^nobe  Don  381  umfal^,  bie  an^  Derfd^iebenen  ©rünben  ({.  oben)  ber 
6^3<uitf(^  Stird^e  befonber^  loertDoD  toar.  ^at  man  ober  fd^ße^Iid^  gerabe  bad  rebibierte  lo 
Säenntnid  Don  ^erufalem,  bad  Sl^mbol  be^  (S^riQ,  als  bad  Symbol  Don  (S^anum  pxo» 
Oomiert,  fo  mu|,  bied  barf  man  tool^I  Doraudfe^en,  gtoifd^en  jenem  Symbol  unb  biefer 
Sl^nobe  irgenb  eine  Segiel^ung  beftanben  ^aben.  @^  ift  $ort$  SSerbienft,  @pwcm  fold^er 
»qie^ngen  aufgebedt  gu  l^oben  (a.  a.  D.  ©.  102— 106f.,  @.  97.  101).  (SDriH  ift  in 
Äonfl.  auf  ber  Sj^nobe  felbft  anbefenb  getoefen ;  aber  feine  Drtl^oboiie  toar  nicpt  unbean^  i6 
fionbet,  namentlich  im  S(benblanbe  ftau  angejtoeifett.  Die  Stbneigung  ber  Ocdbentalen 
gegen  bie  @^obe  Don  381  h>ar  toefentlid^  aud^  baburd^  beftimmt,  ba|  auf  i^r  Gönner 
tagten,  ja  geel^  iourben,  bie  ben  SBerbad^t  bed  9(benblanbe^  nod^  immer  enegten  ({.  bie 
So^nblungen  bed  \^^^  ^^2)-  ^^  S3i{c^of  Dor  aUem,  ber  ben  größten  XriumDl^  auf 
ber  Sl^nobe  feierte,  iDleletiud  Don  ^ntiod^ien,  galt  nic^t  ald  ein  entfd^ieben  ortpoboier  20 
9Rann.  ^m  Orient  lannte  man  bie  bogmatifd^e  @teQung  bed  älbenblanbed  fel^r  gut. 
@d  iß  bo^er  nic^t  unioal^d^einlid^,  baf(  S^riQ  auf  ber  @^nobe,  um  feine  Ortl^obo^e  m 
ertoetfen,  ein  Sdtenntnid  abgelegt  ^at,  natürlid^  fein  nicänifd^  reDibierted,  ))roDin3iaI{ir^s 
ü4^e«  Oiaufbefenntni«.  Diefe«  tourbe  gebilligt  unb  in  bie  äften  ber  S^nobe  Don  381 
aufgenommen,  tote  bad  Xaufft^mbol  bed  @u{ebiud  in  benen  bed  9licänumd,  ober  ba$  bed  26 
S^rifiu^  in  benen  bed  @))9efmum$,  ober  bad  bed  ^ofiud  in  benen  ber  @V^obe  \>Dn 
Sorbica  eine  Stelle  erl^alten  |^at.  9ltö  man  nun  in  Jtonft.  fid^  banad^  umfa^,  au^  ben 
Xtten  ber  @Dnobe  Don  381  eine  bad  92icänum  ergöngenbe  Sei^rorbnung  }u  getoinnen,  bot 
fUl^  bad  bafelbft  enthaltene  jerufalemifd^e  Symbol  bar,  toeld^ed  birllid^  eme  l^omoufianifd^ 
beutbare  au^fü^ng  bed  3.  Slrtileld  uub  ioertDoHe  ©lieber  im  2.  äirtifel  enthielt.  SRit  so 
ber  $roflamierung  ber  @V>^obe  Don  381  al$  einer  olumenifd^en  Derlünbigte  man  auc^ 
Dcrmittelft  eined  quid  pro  quo  i^r  angeblid^ed  Symbol  unb  fud^te  bemfelben,  freilid^ 
unter  8BBiberjJ)ruc^,  ber  erft  im  6.  S^il^^^ww^^  erlofd^,  alö  bem  „ergänzten  5licänum", 
oU  bem  „!Ricänos6$anum''  burd^  Sefe^bud^  unb  Siturgie  Eingang  gu  Derfd^ffen,  toad 
oud^  gelang.  I^nbed  —-  man  mag  über  oiefe  Äonftruftion  beulen,  h)ie  man  toiH  —  ftc^er  86 
bleibt,  baf  bo^  fogenannte  6$anum  bad  ca.  363  reDibierte  @Dmbol  ber  Airc^e  Don 
^erufälem  ift,  ba|  bie  @^nobe  Don  381  offigieQ  lebiglid^  bad  SRicönum  repetiert  l^at 
unb  ba|  erft  ca.  70  ^a\}xt  \pätn  Don  @$  aud  Die  Unterfd^iebung  ind  SSerl  gefegt 
toorben  ijL  Um  ca.  500  ober  ti)ioa^  \pättt  l^atte  fic^  ba^  neue  Symbol  im  Orient  bte 
@bmburtigleit  neben  bem  92icänum  errungen ;  balb  barauf  tourbe  ed  gum  ^uffDmbol  40 
erf^>ben  unb  Derbrängte  fo  ba^  Slicänum.  6agt)ari  (a.  a.  0.  ©.  661  f.)  fie^t  ben  (Srunb 
ju  biefer  SSerbrängung  in  bem  Umftanbe,  ba^  ba^  G^anum  bem  ^ono^pl^^fitidmu^  gegen^ 
üba  brauchbarer  toar  aU  jened.  ^nbeff em  man  ^t  nid^t  nötig,  f 0  toeit  gu  fud^en ;  Diel^ 
me^  genügt  ed,  barauf  m  Dertoeifen,  ba^  oad  92icänum  feiner  9inlage  nad^  fein  Xauffymbol 
ifi,  bag  man  ba^er  gufrieben  fein  mugte,  ed  bei  ber  Xaufe  burc^  ein  il^m  ebenbürtige^  46 
öfcf^en  gu  lömten.  Übrigen^  foD,  toenn  ben  eingaben  gu  trauen  (Jtöllner  I,  @.  47.  51), 
bie  griedpifc^e  Jtirc^  im  SRittelalter  um  bed  Streitet  über  ba$  filioque  toiQen  gum  reinen 
9licämm  bei  ber  3^ufe  unb  bem  3lbenbmal^l  jurürfgefe^rt  fein.  ®«  fann  bie^  jebod^  nur 
jeitlDtilig  gefd^e^en  fein. 

@^lie^ic^  ift  einer  rabilalen  ^\)poti)t\t  )u  gebenfen,  toeld^e  ein  römifd^er  2)l^eologe,  so 
Sincenji  (De  process.  Sp.  S.  Romae  1878),  mit  Diel  (Selc^amfeit,  aber  nad^  einer 
uner^rten  3Ret^obe  burd^gufü^ren  Derfuc^t  l^at.  Sincenji  fud^t  ju  ertoetfen,  ba^  bad 
S$amim  ein  griec^ifd^e^  9Kad^loerI  au«  bem  älnfang  be^  7.  S^i^rl^unberl«  fei,  eine 
galfc^unp  lebiglic^  gu  bem  3^^*^/  ^'<^  S^l^^'^«  ^on  ber  processio  Spiritus  S.  ex 
patre  bt«  in«  4.  ^oi^rl^unbert  ^inauf  ju  batieren  unb  il;r  eine  f^mbolmä^ige  ©runbla^c  66 
3U  geben  |  alle  ©})uren,  3^9"^ff^/  Gitationen  be«  ©^mbote  biö  jum  8.  ^^al^rl^unbcrt  m 
ben  ÄonjiI^Iten,  bei  ben  Äird^enDätem  u.  f.  to.  toerben  ate  griec^ifd^e  J^^lf^wngen  be* 
trachtet;  erft  in  ben  aften  ber  7.  ölumenifc^en  S^nobe,  alfo  am  Sd^luffc  bc«  8.  Sal^r^ 
^bertd,  tauchte  badfelbe  )um  erftenmale  auf.  @^  ift  nic^t  nötig,  biefe  ^\)poti)^\c  ju 
toiberle^en;  benn  1.  ^at  SJincenji  eine  SReil^e  ber  ioidS|tigften3^wgniffe  toic  auc^  alle  33or* 


28  ftoiiflaiittiio:|ioIttaitif(4ed  Symbol  Stonftanj,  Stetntit 

arbeiten  unbead^tet  geladen,  2.  ^at  er  in  bem  @^mboI  felbft  lebiglic^  bte  äBorte  „qni 
a  patre  procedif'  ind  äluge  gefaf^t  unb  aQed  anbere  al^  Sinlleibung  betfeite  Qdojntn, 
3.  ift  feine  Seiveidfü^rung  eine  gong  tenbenjiöfe,  bie  Don  bem  9I^m  au^el^t,  bo^  bte 
röntifd^e  jtird^e  and^  bie  ältefte  f^mbolmö^ige  ®runblage  für  tl^e  Se^e  Dom  ®et{)e  b^äjm 

6  muffe,  bie  ^Ifc^ng  mitj^in  bei  ben  ®rte<|en  liege.  Man  lamt  and  biefer  Unterfuc^mig 
lernen,  h>ie  h>eit  ein  römifd^er  2:l^eologe  in  ber  ^tit  ber  Überlieferung,  \a  feCbfi  ber  diu« 
menifc^en  @^noben  ge^en  barf.  SSertboD  ift  nur  bie  5tritif  bed  ©d^luffed  bed  9lncoratu9 
(©.  104—117)  unb  ber  ß^alcebonenftfc^en  «ften  (©.  124—161).  Set  ben  lederen  tjl 
ber  äSerfafler  bieQeic^t  im  Siedete. 

10  Suc^  bad  6$anum  ift  alfo  ein  „Wßofti^pffum",  @d  trägt  feinen  Flamen  ntd^t  mit 
größerem  Siedete,  ald  bad  9[))oftoliIum  unb  ältl^anafianum  bie  übrigen.  ®^  tfi  älter  unb 
jünger  jugleid^  ald  bie  @^nobe,  \)on  ber  man  ed  ^erlömmlid^  ableitet;  älter  feinem  Ut* 
fVrunge  nad^,  jünger  feinem  Slnfel^en  nod^.  3)ie  ^iftorifd^e  äludlegung  bed  S^kmunuS 
l^at  ftd^  junäc^ft  an  ber  Geologie  bed  (S^riD  unb  bed  3[tl^anafiud  )u  orientieren ;  ^e  lirirb 

16  bem  Symbol  ober  einen  bo))))elten  @inn  Dinbi^ieren  muffen ;  benn  bie  Säter,  toeld^  ed 
feit  ber  )h)eiten  igälfte  bed  5.  ^o^rl^unbertd  ald  öfumenifd^ed,  aU  ertoeiterted  Sltcotntm 
re2i))ierten,  tl^aten  bied,  inbem  fte  bad  Symbol  ald  3^0^  9^9^  ^oDinorid,  gegen  Sleftoriui^ 
unb  Sut^c^ed  ju  benu^en  iou^ten.  @o  h)erben  benn  au^  bte  ^ormeln  über  ben  ^l.  ®etß 
im  @inne  ))räjifefter  ^omoufie  ju  intert)retieren  fein,  obgleid^  fte  biefen  Sinn  in  9D3a^ 

90  l^eit  nid^t  in  ftid^f  fd^li^en,  ioä^renb  bie  ^ormel  x6  ix  tov  naxQÖg  ixnoqevdfuvoy  für 
eine  l^iftorifd^e  Setrad^tung  bie  ^age  nad^  ber  9lrt  ber  processio  bed  (Setfted  über^aut>t 
nid^t  beantn^orten,  fonbem  bie  arianifd^e  S3e^au))tung,  ber  (Seift  fei  ein  Untergeorbneted 
unb  ^robutt  bed  Sol^ned,  burd^  bie  Stütffül^rung  bedfelben  birdCt  auf  ben  SBater,  auf  „Ue 
SBurgel  ber  ©ott^eit",  toiberlegen  fott. 

26  ^n  bem  Sorftel^enben  l^abe  id^,  Don  loenigen  Jlorrelturen  abgefe^en,  bte  Tbo» 
legung  h)ieberl^olt,  toeld^e  id^  Dor  20  ^ol^ren  niebergefd^ridben  ^abe.  Slttd  neuerer  3^ 
ftnb  Dier  3lrbeiten  gu  nennen,  bie  l^ier  einf dalagen.  SB.  ©d^mibt  (3ur  ©c^t^eitdfrage  w 
SRic^e^onum  in  ber  5Reuen  Äirc^l.  3eitfd^rift  1899,  S.  935  ff.)  ^  ben  SBerfu^  ge» 
mac^t,  bie  @(^tl^eit  bed  S^mbotö  ju  retten ;  biefer  SBerfu^  ift  meinet  Sroc^tend  gefd^ettol 

80  Jtunje  (bad  nicänifd^-fonftontino^.  @^mbol  1898)  l^at  geigen  iooQen,  unfer  @l^mbol  fei 
in  ben  fiebriger  ^(Ajim  bad  ^ufbetenntnid  gu  ^rfud  getoefen,  fei  burd^  5Dtobor  an 
9{ectariuiS  Don  Jtonftantino))el  unb  burd^  biefen  in  bie  älften  ber  @^nobe  Don  381  ge* 
{ommen.  ^ie  älnnal^me  ift  möglid^,  fd^eint  mir  aber  minber  einfad^  gu  fein  al^  bie  ^D« 
))otl^efe,  bie  ed  auf  ^\pS,  gurüdffül^rt.    ^m  einzelnen  ^at  ^unge  auf  tnand^ed  bidl^er  ntcyt 

86  Sead^tete  aufmerifam  gemad^t.  2)ie  grünblid^ften  Unterfud^ungen  über  bad  Symbol  fett 
6ad))arid  unb  $ortd  arbeiten  Derbanten  h)ir  jtattenbufd^.  @r  l^at  in  feiner  „@^mboliI'' 
^b  I  S.  252—287)  bie  Sebeutung  be«  ©^mbol«  im  Orient  bargelegt,  unb  er  ^at  tm 
3ufammenl^ang  feiner  umfaffenben  @tubien  über  bad  a))oftolif(|e  ®laubendbelenntntd 
»b  I  1894,  93b  II  1900)  über  Diele  einzelne  fragen,  ba«  Symbol  betreffenb,  Sid^t  Der» 

10  breitet,  begto.  bie  ^orfd^ung  Dertieft  (eine  3"fö'"*«^"P^ßwng  S3b  II  S.  995).  äBenn  fdbfi 
i^m  ed  nid^t  gelungen  ift,  @id^erl^eit  über  bie  3!)etaild  ber  Urf))rungd  unb  Stej^tton^ 
gefd^id^te  )u  geh)innen,  fo  liegt  bie  ®d^ulb  an  ber  äSefd^affenl^eit  begto.  Süden^oftigteit  ber 
Duellen  fotoie  an  ber  Unmöglic^Ieit,  bte  in  Dielen  fällen  beftel^t,  mit  ®eti>t|i^  fefigu« 
fteDen,   h)elc^  ein  Symbol  ben  Sitaten  ber  SBäter  gu  ®runbe  liegt  (Sitate  bed  6$anttmd 

46  Dor  451  ?).  .^attenbufc^  l^at  in  feinen  Unterfuc^ungen  aud^  bie  anberen  ©l^mbole  bur^forfc^, 
ioelc^e  in  unf erer  3!)arfteQung  gur  93eleud^tung  bed  Urf})rungd  bed  (S^anumd  ^ingugego^en 
toorben  ftnb.  ®g  ift  aber  in  biefem  3wfö'""^c*^^^»^9  ^'^^^  möglid^,  bie  ÄontroDerfen,  bie 
^ier  beftel^cn,  gu  erörtern.  Wolf  ^ovnttf« 

ftonftanj,  Si^tum.  —  ^Birtcmbcrgiftfte«  Urfunbenbuc^.  6»be,  Stuttgart  1849— 1894; 

60  6.  ®.  3)üm9e,  Regesta  Badensia,  ßarlSruftc  1836;  ©(fttpeigeriWcS  Urfunbenreaifter,  2  ©be, 
»cm  1863  u.  77;  MG  SS  XIII  6.  324 ff.,  XV  6. 1023 f.  1284 ff.;  NecroL I  @.  282 ff.  Re- 
gesta episcoporum  Constantiensium,  1.33b,  3nn^brucf  1895;  2.93b  1.— 3.  ßieferung  1894  u. 
1896;  X.  iReugart,  Episcopatus  Ck)n8tantienöis,  2  XIc,  5rciburfl1803  u.  62;  &.  S5.  Wettberg, 
Ä®  3)eutf*Ianb3,   2  «be,  ©öttingen  1848,  8.  98 ff.;    3.  griebritft,  Ä®  3)cutfdjlonb«,  2  ©be, 

ööÖQmbcrg  1867/69;  ?l.^aucf,  Ä®  ^eutfcfilanbä,  3  93bc,  fieip.^ig  1887—96;  (£.  3.  ^fele,  ©e» 

W^\t   ber  (Einführung    bed  (Stiriftent^umd  im  (übtueftUc^en  ^eutfd^lanb,    Tübingen  1837; 

®.  93offcrt,  %\t  ?lnfänge  be«  e^riftentum«  in  Württemberg,  Stuttgart  1888;    C.  ©gli,  M 

berScbmeij.  Rürid»  1893;  S-  ^'  ävquS,  ^ie  djr.Snfcbriften  ber  JR^cinlanbc,  2  Xftle.  gfrclbur«  1890. 

^cA  S3i^tum  .ßonftang   gel^ört  gu   benienigen   beutfd^en  Si^tümem,  beren  Urf^mmg 

60  nic^t  ftc^er  nac^eioiefen  berben  tann.    3^  ^^  9ldmergeit   h>irb  überl^u))t  bin  Stdtum 


ftonftatt},  Sidtttm  29 

hn  norböftlid&en  ^ctoetien  ertoäl^nt.  dagegen  finben  ftc^  bte  9lamen  jtoeier  Stfd^öfe 
Don  Smboniffa,  Subuicud  unb  ®ramniattu$,  in  ben  Unterfd^riften  ber  burgunbifd^m 
S^obe  Don  @^  517  unb  ber  fränlifd^en  S^noben  )u  Orl^nd  541  unb  549  (MG  Conc. 
©.  30,  97  unb  109).  SBinboniffa,  beffen  9?antc  in  bem  Flamen  bc«  2)orfc«  SBinbifdj^  am 
3ufammenflug  ber  Slore  unb  Sleu^  noc^  fortlebt,  toar  in  ber  römtfd^en  3rit  ba«  ©tanbquartier  6 
ber  ll.u.21.2e0ion  (Orotefenb  in5PauI^,  91®  IV  ©.  891  u.  898).  Sott  man  annehmen, 
bag  ^er  erft  nad^  bem  @nbe  ber  römifc^en  ^errfc^ft  eine  c^riftlic^e  ©emeinbe  entftanb? 
92iemanb  toirb  bad  loal^d^einlid^  finben ;  bie  nä^fte  Vermutung  ift  bielme^r,  ba^  bad  bortige 
Stdtum  in  bie  rdmifd^e  3^t  gurüdreid^it.  älber  e^  berfc^toinbet  feit  bem  6.  ^^^^unbert: 
bie  Unterfc^rift  bed  ®rammatiud  aU  episcopus  ecclesiae  Uindunnensis  im  l^al^re  lo 
549  ift  bie  le^e  Srtoo^nung  be^felben.  ^m  beginn  bed  7.  ^i^^^unbertd  ftnbet  ftd^  in 
einer  guten  urteile,  ber  Vita  Coiumb.  o.  54,  bie  ®rh)äl^nung  eined  S3ifd^ofd  in  einer  ber 
9{a(^barfiäbte  bon  Sregenj.  ^ie  nä(^ftge(egenen  SSifd^of^ftdbte  finb  älug^burg,  S^ur  unb 
SBinbifip;  ober  leine  berfelben  toirb  man  aU  vicina  urbs  bejeid^nen  rönnen.  3)ie  9ln« 
no^e  liegt  bedl^  nal^e,  baf(  im  SSeginn  bed  7.  ^a^rl^unbertd  bie  erft  in  ber  legten  15 
SUhneneit  gegrünbete  Stobt  Jlonftan)  Sifd^of^fi^  loar:  fte  ift  9tad^barftabt  bon  Sregen}. 
6ine  !Reuarunbung  loar  biefed  Sidtum  fid^erlidti  nid^t;  benn  bie  Sl^riften  in  ben  Slömer^ 
orten  am  Sobenfee,  bie  Solumba  f(^on  Dorfanb,  mußten  gu  irgenb  einer  3!)i5cefe  gehören. 
2)ie  geograt)l^f(^e  Sage  mac^t  bie  3ugel^örigleit  ju  3[ugdburg  ebenfo  untoal^rfc^einli(|  toie 
bie  }u  @^r:  fie  toerben  alfo  )u  %inboniffa  gel^ört  ^oben.  ^e^^b  ift  ed  toal^c^eins  ao 
lic^,  ba^  ba$  Sidtum  in  Aonftan^  ba^  in  SSinboniffa  erfe^te.  ^an  lann  ftd^  bad  fo 
DorfHeOen,  bag  eine  Verlegung  be^  Sif(^ofefi|ed  ftattfanb,  ober  fo,  ba^  äSinboniffa  einging 
unb  jtonftan}  neugegrünbet  tourbe.  ®rof(  ift  ber  Unterfc^ieb  nic^t;  benn  bie  SReugrünbung 
mügte  ber  Suflöfung  fel^  balb  nad^gef olpt  fein,  ba  bie  SSerfc^iebung  ftd^  jtoifd^en  549  unb 
610  DoQjie^t.  3)ie  äßa^rfc^einßc^feit  f^nd^t  bemnac^  bafür,  baf(  ber  Urf))rung  bed  S3id=  25 
tumd  Jtonfton}  in  bie  2.  ^ölfte  bed  6.  ^al^rl^nbertd  föQt.  ^emfelben  ^el  ia^  gefamte 
9[(amannenlanb  ju,  ba$  nicpt  )u  ben  älteren  ^iMmem  Si^ur,  Slug^burg,  Strasburg  unb 
Sofel  gehörte:  ed  tourbe  bod  gröf^te  ber  alamannifd^en  SSiMmer.  6^  erftredte  fub  t)on 
Store  imb  9l^ein  bid  jur  I^Uer  unb  bom  mittleren  9tedar  bid  }um  @t.  ®ott^arbt  unb 
untfo^e  bie  fc^toäbifd^en  i5aut)tlanbe:  ben  grbf^ten  Seil  bed  heutigen  SBürttemberg,  ba^ao 
ffibli($e  Soben,  bie  Sentral:  unb  9lorboftfd^toei).  SSorarlberg  unb  bad  älUgäu.  Aeine  anbere 
beutfd^e  SDükefe  toar  fo  reic^  an  l^erborragenben  jllöftem  toie  bie  5lonftan2er:  @t.  ®allen, 
Sleic^enou,  ÄenH)ten,  S^xiö^,  Sinbau,  SKariä  ßinfiebeln,  ©t.  Slaften,  $eter«^ufen,  SKuri, 
SBeingorten  mögen  l^ier  genannt  toerben. 

®an}  unbäeutenb  toar  bagegen  ba^S  toeltlic^e  Territorium  ber  Sifd^öfe  t)on  Jlonftanj.  86 
S}ei  ber  ©otularifation  umfaßte  e$  nur  gegen  jtoölf  QuabratmeUen  mit  40000  ©im 
too^em. 

»ifc^^ofdlifte:  SWasimu«?  Sluobelo?  Urfmu«?  ©aubenttu«?  SWartianu«?  3ol^anne«I.; 
»ofo;  ®anboIf?  P>efö?  I^eobalb?  aiuboin,' geft.  736 ;  3lmefrib,  geft.  746;  ©iboniu«, 
geft  760;  So^ne«  II.,  geft.  782;  ©gino,  geft.  811 ;  SBoIfleoj,  geft.  nad^  835;  ©alomo  I.,  40 
geil871;  $atad^o,  geft.  873;  ©eb^arb  I.,  geft.  875;  SaIomoII.,geft.889;  ©alomo  III., 
gefl  919;  Woting  920—934;  Jlonrab  934—975;  ©amenolf  975—979;  ®eb^rb  IL, 
979—995;  Sanbbert  995—1018;  SRub^art  1018—1022;  $eimo  1022—1026;  SBar« 
mann  1026—1034;  (gber^arb  I.  1034—1046;  2)ietrid^  1047— 1051;  Slumolb  1051  bi« 
1069;  «arl  1069— 1071 ;  Otto  I.  1071—1086,  ®egenbifd^of:  ^ßertolf  1080— 1084;  46 
®ebM>  ni.  1084—1110;  ®egenbifd^öfe :  ©igfrieb,  ißenno,  Ubalric^,  Slmolb;  Ulrid^  I. 
1111—1127;  Ulrid^II.  1127— 1138;  ^ermann  I.  1138—1165;  Otto II.  1165—1174; 
»ert^olb  1174—1183;  ^ermann  II.  tjon  ^bingen  1183—1189;  3)ietl^elm  t)on  Ärenfingen 
1189—1206;  9Bem^  bon  ©taufen  1206—1209;  Äonrab  oon  legorfelb  1209—1233; 
^einric^  bon  2anne  1233— 1248;  ©ber^arb  II.  t)on  SBalbburg  1248—1274;  Slubolf  IL  eo 
mm  ^obÄura  1274—1293;  §einric^  t)on  Rlingenberg  1293—1306;  ®eratb  1307  bi« 
1318;  »ubolf  III.  bon  ÜKontfort  1322—1334;  TOfolau^  t)on  grauenfelb  1334—1344; 
Ulrich  ^feffer^  1345—1351;  ^ol^anne«  IIL  bon  SBinbloc^  1353—1356;  ^einric^  bon 
SJronbiÄ  1357—1383 ;  3Jlangolb  bon  Sranbi«  1384—1386 ;  §einrid^  g3al;Ier  1387—1388; 
Kilolau«  1383—1388;  Surttarb  I.  bon  ^eloen  1388—1398;  ?5riebri(|  IL  bon  ^ReBens  66 
bürg  1398;  3Karftoarb  bon  9lanbedH398— 1406;  aibertSlarer  1407— 1411;  Otto  IIL 
bon  ^oc^berg  1411—1434;  griebrid^  III.  bon  SoHem  1435—1436;  ^einrid^  IV.  bon 
^etoen  1436—1462-  9ur!^rb  II.  bon  Slanbed  1462—1466;  ^ermann  III.  bon  fianben« 
berg  1466—1477;  fiubtoig  bon  greiberg  1477— 1479 ;  Otto  IV.  bon  ©onnenberg  1480  bi« 
1491;  I^omo«  1491—1496;  $ugo  bon  Sanbenberg  1496-1529.  ^ancf.     eo 


30  ftoitftatt),  ftonjU 

fiottftanj^  Sonjil  ())om  5.  3lo\)mi^  1414  btö  22.  Slt^ril  1418).  —  Cluellen 
unb  i^itteratur:  St^elftrate,  Tractatus  de  sensu  et  auctoritate  decretorum  etc.,  dtom 
1686:  ^erm.  t)on  ber  ^arbt,  Magnum  oecum.  Constant.  Concüium,  VI  tomi,  FraDoof. 
et  Lips.  1700  j^cine  ©ammlung  oon  ®cfc6id)t8f Treibern,  JReben,   ©elegen^eitS-    unb  ©trcits 

5  fc^riften.  @utn)ürfen  unb  93efct)lüffen  unb  ^ofumenten  Quer  ^rt);  Bourgeois  du  Chastenet, 
Nouv.  bist,  du  Ck)nc.  de  (Jonst.,  ^ari«  1718;  Mansi,  Concil.  coli.  t.  XXVII  et  XXVIII; 
3.  ^öHinger,  )6eitr5ge  jur  politifdjen,  firdjlic^en  unb  ßulturgefcfjic^te  ber  legten  fec^ö  3a^r« 
^unberte,  93b  n,  SDlnnditn  1863;  Sltdbental,  (S^roni!  be3  l^onftan^er  ^onjild,  ^eiaudg.  Don 
a».  8».  ©ud,   Tübingen  1882   in    »ibi.  bc«  litt.  «ercinS  in  @tuttgort  CLVIII ;    Änöpper, 

10  ®in  ungebrudted  Xagebuc^fragment  n.,  $ift.  ga^rb.  XI;  ^.  ginle,  ^orfc^un^en  unb  OueDen 
)ur  ©efc^ic^te  bed  ^onftan^er  ßonjild,  $aberborn  1889 ;  berf.,  Acta  condb  Ck>D8taiitieiifii8, 
6b  \,  1896.  $on  ßorrefponbenjen  feien  nur  bie  größeren  ermähnt:  ber  Kölner Unioerrtt&tft* 
(lefanbten  in  Martine  et  Durand,  Thesaurus  nov.  II,  beratener  in  ^rc^it).  f.  öfterr.  Q^efd). 
XV,  ber  granffurter  in  Sönffcn.    granffurtS  SfteicftÄfoircfponbenj.     (Sinen  Steil  ber  Äorre- 

15  fponbcnj  ber  a)cutfdjorbenögefonbtfd)aft  t)Qt  ©cfe  üeröffentlicbt  in  3fÄ®  XVI.  @.  446  ff.  SgL 
au4  bie  (S^ronilen  ber  S^it  unb  ^lltmannd  9tegeften  @igmunbd.  — fienfant,  Hist.  du  Ck>nc. 
de  Const,  1714  unb  1727;  ü.  SJcffcnberg,  S)ie  großen  Äiräjcnöerfammlungcn  beS  15.  unb 
16.  Sal^r^..  21.  2,  1840;  gfr.  ü.  8*aumer,  5)ie  ^rc6enucr|ammlungen  ju  ^ifa,  Äoftnif  unb 
©Qfel  in  ^ift.  Jofcftenb.  1849;   tCftfabacft,    ®ef4i*te  ftönia  ©igmunb«,    »b  2,  1859;    Xofti, 

20  Storia  del  concilio  dl  Ck)n8tanza,  Napoli  1855,  beutfc^e  Ueberf.  t).  ^rnolb,  @4aff^.  1860; 
gfr.  SRüOer,  ^er  ftampf  um  bie  Autorität  auf  bent  ^on^il  5U  ^onftan^,  ga^redber.  ber  Serl. 
ftdbt.  ®en)erbefd)ule  1860 ;  grr.  Steinhaufen,  Analecta  ad  nist.  Concilii  gen.  Const  Diss.  BeroL 
1862;  ^übler,  a)ie  ©onftanjer  8«eformation  u.  b.(5onforbate  i)onl41ö,  fieipjig  1867 ;  ^efele, 
(Sonciliengef^i^te  16b  7,  1869;   ©iebefing,  ^ie  Organifation  unb  (S^efc^öftSorbnung  bed  (Soft* 

26  nifer  Äonjild,  3)iff.  fieipjig.  1871 ;  ^.  fienj,  ^önig  ©igiSmunb  unb  ^einricfi  V.  üon  ®ng* 
lanb,  Berlin  1874;  berf.,  $ret  Xrattate  and  bem  ^anbfd)riftenc^f(ud  bed  S^onftan^er^on^ild, 
Harburg  1876;  3of.  @d)mi^,  2)ie  franjöfifcfte  $olitit  unb  bie  UnionSüer^anblungen  beS 
Äon^ilS  uon  Äonftani.  Söonner  3)iff.,  3)üren  1879;  Söern^arbt,  3)er  einflug  be«  ÄorbinaU 
fcOegd  auf  bie  SSer^anblungen  bed  ^onftanjer  ^oniild,  1880;    3.  (^aro,   ^ad  ^ünbnid  von 

80  C^anterbur^,  1880;  ®tu6r,  ^ie  Drganifation  unb  (^efd^äftorbnung  bed  $tfaner  unb 
Äonftanjer  S^onjil«.  »erl.  S)iff.,  S^toerin  1891 ;  ©.  ©efe.  ©tubien  jur  ®e|cfti(6te  beö  ßonftanjer. 
J^on^ilS,  6bl,  ^arbural891;  berf.,  go^.  gfalfenberg  unb  ber  preu6ifc6*poInif4e  @treit  uorbem 
Äonftanjer  Äonjil  in  8^®  XVI;  (£.  ©ranbenburg,  Äönig  ©igmunb  unb  fturfürft  grriebridj  L. 
1891;   iö.  gromme,  3)ic  fpanifc^e  ^JMtion  unb  ba^  Äonftanjer  Äonail,   S)iff.  3Jlünfter  1894; 

36berf.,  ^ie  fpanifc^e  9{ation  unb  bad  l^onftanjer  ^on^il,  ebenb.  1896;  berf.,  ^ie  $3abl  bed 
^apfteö  Martin  V.  in  5RCl@  1896;  (5b.  ^el)benrcic^.  3)a«  Äonftanjer  Äonjil  in  ©eilage  jur 
a^^üncb.  9ing.  S^itung  1896;  ^erm.  ©lument^al,  3)ie  ^orgefci)i(ftte  beS  ßonflanjer  (Soncilg 
bi§  jur  ©crufung,  ©att.  a)ifi.  1897  ;  3oö.  Äeppler.  3)ie  ^olitit  beä  Äarbinal-Äoflegium«  in 
Äonftonj   üon  Sanuar  bi«  SJeärj  1415,  a)iff.  3Künfter  1899 ;    3Rartin  ©ouci^on,   S)ie  ^apft* 

40  toa^Ien  in  ber  ßeit  bed  großen  Sdiidmad,  II.  ©b,  ©raunfc^m.  1899 ;  ©.  ©eg.  ^ie  ^nnatenbebatte 
ber  „Natio  GalUcana"  be«  ^onftanier  S^onäil«  in  3Ä®  XXII,  1900;  fi.  Salembier.  Le  grand 
schisme  d'Occident,  $arig  1900;  S^elgmann,  S)a8  (Jonclaoe  in  Äonftan^  1417,  ^iff.  ©traft« 
bürg  1900:  ©.  ©cB,  3)a8  93ünbni6  uon  eatücrbur^  in  ^itt^cil.b.  3nft  f.  öfterr.  ©g.,  1901. 
—    «al.  audj  Äarl  aRüHer    in  3^®  VIII,  222  ff.   unb   bie   «rtifel   2liai,  »enebift  Xni., 

45  galfcnberg,  ®erfon,  ©regor  XII.,  Sodann  XXIII.,  3o^anne§  ^arüuS. 

®ie  älteren  35arftettungen  bon  fienfant  bt«  $efelc  fmb  ntc^t  öiclmcl^r  ate  (^ronifc 
artige  Scrid^terftattungcn  nad^  ben  offijieDen  Stften  beö  Äonjite.  SBtc  aber  bie  entfd^ei« 
benben  Sorgönge  ftc^  bor  bcn  iebe^maligcn  öffentlichen  ©i^ungen  in  ben  3SerfammIungen 
ber  Stationen,  bcn  Äommijfionöft^ungen  unb  beh  Scratungen  ber  ©efanbtfd^aften  abgef})ielt 

60  l^aben,  fo  lann  auc^  auf  ben  9lamen  einer  ©efd^id^tc  be^  JtonjUd  nur  ben  ä(nf)i)ru(i^ 
mad^cn  eine  ^orfteHung,  toelc^e  berfuc^t,  ben  t)erfc^iebenartt9en  ftänbifc^en  unb  politifd^en 
^ntereffcn,  bie  in  jenen  SScrfammlungcn  ftc^  begegneten,  nac^jugel^en,  fte  jurüdjuberfolgen 
in  bie  jetoeilige  §etmat  il^rer  Vertreter  unb  bie  aBed^feltoirfung  jtoijd^en  ben  ©reigniffen 
l^ier  unb  ben  2)ebattcn  be^  Äonjitö  feftjuftellen.     2)afe  baju  abgcfcl^en  bon  ber  SSertraut* 

55  l^eit  mit  bem  ungcl^curen  Duettcnmatcrial  be^  Äonjite  felbft  eine  einbringenbe  Äenntmd 
ber  })ofitifd^en  ©efc^ic^te  aller  jener  Staaten,  bie  in  Äonftanj  ftc^  l^abcn  vertreten  laffen, 
gel^ört,  liegt  auf  ber  §anb.  6ine  berartigc  Oefd^ic^te  bc«  5lonftanjer  Konjtte  bcjt|en 
toir  nod^  nid^t  ©inen  glänjcnben  Slnfang  baju  l^at  9K.  Senj  in  feinem  „Jlönig  Sigi^ 
munb  unb  ^einri^!  V.   bon  ©nglanb"  gemacht.    Sluf  i^m   l^abtn  toctter  gebaut  ginfe, 

60  93eft  unb  ^omme.  6rft  ber  in  Stu^fid^t  ftel^enbe  Slbfd^IuB  bon  ginle«  „Acta"  h)trb  t& 
ermöglid^en,  eine  neue  ©efd^id^tc  be«  Äonjite  ju  bcrfud^en.  Stu«  biefcm  ®runb  ift  aud^ 
bon  einer  burd^greifcnbcn  Sleubearbeitung  biefe^  3lrtifete  Slbftanb  genommen  toorben.  — 
3)er  ^Projefe  be«  §ufe,  ber  in  ber  Oefc^ic^te  be«  Jlonjite  feine  SRoIIe  fbicit  (bgl.  ben  81. 
„^uft")  fotoie  bie  grogc  nac^  ber  Slec^t^giltigfeit  ber  Äonftanjer  3)crrete  (bgl.  $üMer 


ftonjlattj,  ftottjil  31 

clclD,  S. 255 ff.;  ^infd^tu«,  Ätrd^enrcc^t III,  ©.  383 ff.;  §cfelea.  a.  0.  ©.  103 f.;  ©a* 
lembter  (lclO.  @.  313  ff.)  ftnb  übergangen  tootben. 

3)ad  Rongil  ju  $ifa  im  ^<ä^x^  1409,   bie  erfte  jener  brei  Äirc^enberfammlungen  be« 
15.  ^o^r^unbertö,  bon  benen  man  eine  Sieformation  ber  ^ird^e  in  ^aiipt  unb  ©liebem 
ertDoxtete,  ^tte  toenigftend  bem  Jtirc^enfd^i^ma  fd^einbar  abgeholfen.  @d  lub  jtoei  $ä))fte  bor  6 
ftd^  ol^  ha^  ^öd^fte  2:ribunal  ber  Jtirc^e  unb  fe^te  beibe  ab;   e^  erl^ob  ^e^anber  V.  auf 
hm  a)}oftoIif(^en  @tu^I.    S)iefer  ftarb  balb  unb    an  feine  @teQe  ioö^lten  bie  Jtarbinäle 
Salbaffane  6of{a,  ber  fi(^  3^a>^>^^  XXIII.  nannte,  eine  berbe  Jlraftnatur,  liftig  unb  fül^n, 
audf(^toeifenb  uti^  3U   jebem  äSerbred^en  fö^ig,  gierig  nac^  @elb,  um  ed  al^  SRittel  ber 
SRadl^t  2u  gebraudl^en,  lurg  einen  3Rann,  ber  fi^  e^er  )um  Jlonbottiere  atö  gum  Slac^folger  10 
$etn  geeignet  ^ötte.     älber  bie  beiben  entfetten  ^öpfte,  ®regor  XII.  (älngelo  Sorraro) 
imb  Senebitt  XIII.  ($etro  be  Suna),   entfagten  il^rer  SBürbe  nid^t;    jener   l;ielt   ftd^  in 
ättmini,  biefer  l^te  feinen  älnl^ang  in  Bpanitn  unb  ©d^ottlanb.    @o  h>ar  aud  bem  gtoei» 
ld))figen  ^ßa))fttum  )um  Srgemi^  ber  Stielt   ein  breifö^figed  getoorben.    Unb  gleid|^  atö 
^otte  er  feinet  93er{)yred^end  einer  Steform,    touc^erte  ^at)ft  ^jol^anned  mit  feiner  9Bürbe  is 
unb  trug  fc^amlod  oDe  jene  SDli^bräucj^e  gur  ©c^au,   bie  man   fo  bitter  betlagt,   fo  übel 
bemtfen  ^otte.    Sa  tourbe  er  ))lö^lic^  burc^  einen  3inxat  feinet  btdl^erigen  SSünbner^,  bed 
jtönig^  Sc^idlaui^  Don  3ltci!pA,  faft  bed  gan;ien  ftircf^enftaated  beraubt  unb  touf^te  in  feiner 
%)t  niemanb  um  ipilfe  an2uft)red^en  al^  ©igmunb,   ben  römifc^en  Aönig.     Diefer  aber 
machte  ein  allgemeine^  Jton^il  auf  freiem  Soben  jur  S3ebingung,  feinen  unb  feiner  Station  ao 
Ifb^ften  äBunfd^,  ben  3Bun{c^  aller  too^lgefmnten  (El^riften,   bem   befonberd  bie  ^ßarifer 
UniDerfttöt  ben  tül^nften  Slu^brudC  gab.  ^n  fc^mad^er  ©tunbe  überlief  ber  ^ap\i  i^m  bie 
SBo^l  bed  Orte^,  unb  bie  Sleid^ftabt  ^onftan^  am  S3oben{ee  iourbe  i^rer  geeigneten  £age 
tDegen  ou^e^en.     SSon  beiben  gemeinf^aftlic^   gingen  ©(^reiben   unb  ^otfd^aften  aud 
unb  luben  gum  Jtonjil,   toelc^ed   am   1.  SRobember  1414   eröffnet   ioerben   foEte;    au(^26 
®rcgor  XII.   unb  Senebitt  XIII.   tourben  aufgeforbert,  gu  erfd^einen.    ^eilic^   bereute 
l^o^ned  bolb,  hai  er  bem  ©d^irm^erm  ber  ^ird^e  ben  gefä^rlid[^en  äBunfd^  erfüllt,  ju« 
mal  ba  Sobi^laud  tur^  nad^^er  ftarb.    ^n  ber  ^offnung  inbe^,  burc^  ®elb,  ^lugl^eit  unb 
bie  mitgebrad^te  äln^a^l  italienifd^er  ^rölaten   bte  93erfammlung  nac^   feinem  SSiitllen  gu 
lenfen,  tomn  <md)  mit  bangem  ^orgefül^l,  ritt  er  am  28.  Dftober  1414  in  jtonftanj  ein.  so 
Sin  glon^enber  $offtaat  umgab  il^n,  man  jöl^lte  1600  $ferbe  in  feinem  ®efolge.    SSon 
ber  ©tobt  unb  bom  Jlönige  toar  i^m  ©ic^er^eit  gefteQt;  auc^  l^atte  er  gu  feinem  ©<^u|e 

ßenog  ^ebrid^  bon  Xirol  getoonnen.  Sa^  ©rfd^einen  bed  $a))fted  felbft  böm))fte 
bod  ^iBtrauen  berer,  bie  bi^l^er  an  ein  gro^e^  allgemeine^  ^on^il  nic^t  )u  glauben  ge- 
tDagt  Rotten.  @d-  tourbe  am  5.  9{obember  bom  vßapfte  in  ber  Somfirc^e  feierlid^  eröffnet  86 
unb  ^elt  am  16.  92obember  feine  erfte  allgemeine  ©i^ung.  ^n  ber  S^riftnac^t  erfd^ien 
axuif  König  ©igmunb,  ber  ©d^irmbogt  ber  SSerfammlung  mit  einem  ))run!ooQen  befolge. 
SSmo^li^l  lamen  aui  allen  d^riftlid^en  Sanben  29  Karbinäle,  3  Patriarchen,  33  Snbifd^öfe, 
gegen  150  Sifc^öfe,  über  100  Slrjte,  eine  toeit  größere  3^^^  bon  Üßrofefforen  unb  Sortoren 
ber  3;^ologie  unb  ber  Siechte,  über  5000  9Rönc^e  berfd^iebener  Drben,  augerbcm  eine  *o 
äRenge  bon  ®efanbten  unb  ©tettbertretern  bon  ^rften  unb  ein  reic^^e«  ©efolae  bon. 
Sbelleuten.  hieben  einer  firc^lic^en  Serfammlung  ging  )ugleid^  ein  euro))äif4ier  Üongreig 
ffct.  Sie  3^1  ^^  jw  Äonftanj  antoefenben  toeltlid^cn  gremben  betrug  ju  berfc^iebenen 
Reiten  unb  nad^  berfq^iebenen  Serid^terftattern  gmifc^en  50*  unb  100000.  SKod^ten  bie 
^ebner  ber  iSerfammlung  bie  (E^riftenl^eit  toie  in  ©ad  unb  älfc^e  trauemb  befeufjen,  bem  tf 
toiberf))rai^  ba^  üpjpx^t,  f^rac^tentfaltenbe  Seben  ju  Jlonftanj ;  mochten  ©ebete,  SDReffen  unb 
$roj|^{tonen  bed  ^ö^ften  ©egen  für  bie  itirc^e  erflel^en,  fo  ergö^te  man  fic^  boc^  mel^r 
an  ruinieren  unb  ^ten,  an  ®au!lem  aller  9lrt  unb  gefuntenen  Simen.  @$  toaren 
boruiglid^  bie  ^rofefforen  ber  Uniberfttöten,  bie  Soltoren  unb  bie  ^önd^e,  bie  fi^  in 
audffl|rli(^  ftlageliebem  unb  Alagejc^riften  über  ben  entarteten  unb  zerrütteten  3uf^<^nt>  ^ 
ber  Jtm^  unb  über  bie  9lottoenbigfeit  il^rer  SReform  ergoffen.  §ier  toie  ju  ^ßifa  \pxai) 
fU^  bte  ©e^nfuc^t  nad^  bem  ^beale  ber  urf})rünglid^en  a^oftoltfcf^en  ^irc^e  aud,  aud^toaren 
bie  t^efü^enben  ipäui)ter  Ijjier  toie  bort  biejclben.  SRur  traten  in  Äonftanj  bie  Uniüerft^ 
täten  unb  Sottoren,  bie  £aien  unb  gtoar  pmal  bie  ^rften,  il^re  @efanbten  unb  ^of* 
(eute  no(^  ft&rter  ^erbor  ald  in  $i(a ;  e^  toirb  bereite  bad  ©timmred^t  für  fte  in  ^n{))rud^  » 
genommen.  Unter  ben  granjofen  jeid^ncten  ftd^  ber  Äarbinal  ^iene  b*2lilli  unb  3ean 
S^ier  be  ®erfon  aud ;  «festerer  erfdpien  im  92amen  ber  Uniberfttät  $arid  aU  i^r  Jtan^ler 
unb  ald  ©efanbter  feine«  Rönig«.  Unter  ben  Stalienem  galt  Äarbinal  3öbarclla  afe  ber 
erfle.  ©ie  \pxai)m  fül^n  unb  im  2^one  ber  Segeifterung,  ate  Organe  ber  neuen  frei* 
gnftigen  Sti^^tung  unb  mit  einer  @elel^rfamtät,  bie,  obtool;!  befangen  in  ben  fd^olaftifc^en  eo 


32  ftonftatt),  ftottgU 

formen,  bie  ^engc  ber  UntDtffenben  bod^  (c^tDeigen  l^ieg.  @erfon  begeid^nete  man  bolb 
ald  bte  @ee(e  be$  JtonjUd.  S)rei  $au))taufgaben  ^atte  bodfelbe  ju  löfen:  bte  ^(uf^ebung 
bed  @d^igma,  bie  Prüfung  ber  Seigren  SBidifd  unb  $u^'  unb  bte  9lefonn  ber  5ttrc^e  in 
$au}>t  unb  ©liebem.     S)a^  Ie|tere   bon   ber  ^efc^röntung   ber  }>onttfiIalen  SJlad^t  bed 

6rdntifc^en  @tti|^Ie$  au^el^en  toerbe  unb  foDe,  tDu^en  bie  Jturialen  fe^r  tDO^l;  biefer  ©e« 
banfe  machte  il^nen  unb  bem  $at)fte  bo^  Aongil  unJ^eimlic^.  —  ©dpon  feine  Organifation 
jeigte  beutlid^  bie  Stellung,  bie  ed  einzunehmen  gebadete.  $af)ft  ^oi^anned  ^otte  auf  bie 
üblid^e  älbftimmung  nad^  Jtö^fen  gered^net;  bie  ^enge  ber  italienifc^en,  armen  unb  bon 
il^  abhängigen  Prälaten,  bie  er  mitgebrad^t,  foDten  i^m  ba^  Übergetoid^t  fiesem.    Xber 

10  gerabe  ba$  9(uftreten  ber  Italiener  ald  eine  gefd^loffene,  burc^toeg  }>af)iftifc^  gefinnte 
%5rt)erfc^aft  trieb  auc^  bie  0}>}>ofttion  gu  einer  nationalen  ®ru))}>ierung,  bie  an  [xdf  einem 
borperrfc^enben  (Streben  jener  Qtit  entf}>rad^.  @d  bilbeten  fi^  wnäd^ft  freie  äSereintgungen 
ber  franjöfifd^en,  beutfd^en  unb  englifd^en  Station,  ^^r  Verlangen,  tünftig  in  ben 
©eneralberfammlungen  nac^  Stationen  abguftimmen,  angeregt  burc^  bie  (Snglänber,   ftie^ 

15  anfangt  auf  garten  SBiberftanb,  tDurbe  aber  feit  bem  7.  ^bruar  1415  o^ne  eigentlichen 
Säefd^lu^,  ja  tro|  ber  SRajjoritöt  ber  @timmbered^tigten,  mit  einem  turnen  @eh)altfd^ritt 
burd^gefei^t.  3)ie  SSierjal^l,  an  bie  man  bei  ben  Uniberfttäten  getoö^nt  toar,  mad^te  fid^ 
geltet^,  toie  benn  überl^au))t  bad  SSorbilb  jumal  ber  ^arifer  ^o^fd^ule  in  ben  ®ef(^ft^ 
formen  be$  Aonjild  bielfad^  erlennbar  ift.     @o  erfc^einen  fortan  bier  jtdrf)erfc^aften :   bie 

20  beutfd^e  Station,  an  tbeld^e  fu^  bie  2Benigen  anfc^loffen,  bie  aug  Ungarn,  $olen,  ^äxit^ 
mart  unb  @Ianbinabien  antoefenb  toaren,  bie  fran^öftfc^e,  bie  englifd^e  unb  bie  italienif d^e ; 
iebe  beriet  für  ftc^.  S)aju  fam  f))äter,  feit  ber  @ntfe^ung  Senebittd  XIII.,  bie  f})anif(^ 
ol^  fünfte.  S)iefe  @ru))})ierung  ift  bebeutung^boU  genug  für  ben  ^roge^  ber  älufldfung 
be^  l^ierard^ifd^seuro})öif^en  Sierbanbe^.     ^ebe  Station  toä^lte  fic^  einen  SSorftanb,  ber 

26  monatlich  toec^felte;  in  jjeber  führte  ©timmenmel^l^eit  ju  einem  ^efd^luffe.  Sin  9(udf(^| 
bermittelte  unter  i^nen,  unb  nationentoeife  tourbe  bann  in  ben  öffentlid^en  Si^ungen  in 
ber  S)om!ird^e  abgeftimmt,  bod^  toar  m  einem  ©eneralbefd^luffe  be^  Jtonjild  Sinftimmig- 
teit  ber  bier  Stationen  erforberlic^.  Stac^  bem  eintrage  bed  $af)fte$  foDten  nur  bie 
jtarbinäle,  ©rj«  unb  93ifd^öfe,  bie  ^rälaten  unb  Drben^enerale  eine  entfd^eibenbe  Stimme 

80  ^aben.    S)oc^  tourbe  e$  jjeber  Station  freigeflellt,  in  il^ren  SSerfammlungen  auc^  bie  S)oIs  * 
toren,  ben  nieberen  Äleru^,  ^rften  unb  beren  ©efanbte  mgulaffen.    ^n  biefen  ru^te  aber 
gerabe  bie  §au^)tfraft  ber  gegen))ä^)ftlic^en  Partei.   —   3)ic  ^age,  toeld^e  bon  ben  SUif- 
gaben  be$  Aongild  guerft  m  erlebigen  fei,   erfc^eint  an  ft^  bebeutfam.    S)er  $a))ft  tooDte 
bie  Priorität  ber  Sc^anblung  auf  bie  ^uffitifc^c  Äe^erei  lenlen.   2lber  e^  j^atte  fic^  fofort 

35  unter  ber  ^^^rung  ber  beiben  Jtarbinöle  älilli  unb  ^iUaftre  eine  toefentlid^  aud  franko« 
ftfd^en  ^röloten  unb  S)o{toren  beftel^enbe  0)))}ofttton  gebilbet,  toeld^e  barauf  anfing,  bie 
Union^frage  in  ben  ^orbergrunb  ju  rücfen.  3)ad  Pisanum  foDte  gtbar  nid^t  auf« 
aeroben,  aber  boc^  ignoriert  toerben;  an  alle  brei  $ät)fte,  aud^  bie  bereite  abgefegten, 
foDte  bie  älufforberung  }u  freiwilliger  älbbanlung  ergeben,  ^n  bem  römifd^en  ^nig  fanb 

40  biefe  Partei  einen  fräftigen  Slüdt^alt ;  i^r  erfter  (Srfolg  toar  bie  Sw'Iöffw'^  ber  ®efanbten 

©regord  XII.  mit  allen  ^^d^m  i^rer  Sürbe.     Unb  balb  lonnte  ftd^  aua^  ^ol^ann  jener 

^orberung  nid^t  me^r  entgte^en;   am   2.  SJtärj  1415  ertlärte  er  in   offentltd^er  @i|ung 

feine  93ereitn)intg!eit  gur  ßeffton  unb  erlieg  unter  bem   8.  eine  barauf  begüglid^e  Sülle. 

§n  ben  nun  folgenben  äSerl^anblungen  über  bie  9lrt  ber  älu^fü^rung  biefed  9Serf}>red^en^ 

46  (burc^  ^rofuratoren  ober  in  eigner  $erfon)  boU^og  fic^  aber  eine  ben  Fortgang  beö  Äonjite 
bebro^enbc  38erfc^iebung  ber  ^Parteien:  bie  bi^l^erigen  gü^rer  ber  antit)ä})ftlic^en D^op^n 
unter  ben  Jlarbinälen  fc^Ioffen  ftd^  mit  i^ren  JtoUegen  unb  ben  ©efanbtfcpaften  bed  jtdnig^ 
bon  granhretd^,  fotoie  bed  ^erjogd  bon  Surgunb  gufammen  gegen  @igmunb  unb  ben  bon 
2|ol^anne^  SJtaurofü,  ^atriard^en  bon  älntiod^en,  einem   alten  ä(nti}>oben  älilltd,  geleiteten 

60  ©eneralau^fd^ug,  ber  ani  I)ei)utierten  ber  in  Silbung  begriffenen  Stationen  fic^  ^ufammen« 
fe^tc.  Offen  tourbe  auf  jener  Seite  bte  Verlegung  beg  Äonjil^  nac^  Sübfranlreid^  be* 
ft)rod^en.  3)te  6ntfd^eibung  lag  bei  ber  frangöfifc^en  Station,  too  nur  eine  fd^toad^e  9Jlajo= 
rität,  gefül^rt  bon  ber  ©efanbtfd^aft  ber  ^arifcr  Uniberfttät,  für  Sigmunb^  ?}olitiI  fid^ 
ergab.    I)ie    unfluge  gludj^t  9[o^önn«  in   ber  Stad^t  bom  20.  ouf  ben  21.  SDtörj  l^otte 

56  aber,  nac^bem  bie  momentane  $ant!  übertounben  toax,  eine  ungeal^nte  Stär!ung  ber 
Union^s  unb  Sieformpartei  nir  golge.  3)ie  Stationen  fonftituierten  fic^  nun  boHenb^  jur 
oberften  Vertretung  ber  allgemeinen  Äird^c  —  junäc^ft  unter  Slu^fd^lug  be«  Äorbinal» 
folleg«  ate  fold^em  —  unb  in  ber  5.  Si|ung  am  6.  2l})ril  1415  tourbe  jum  3)efret  er= 
l^oben,  bag  ein  im  1^1.  @ei[te  rec^tmägig  berfammelte^  Jton^il  feine  ©etoalt  unmittelbar 

eo  bon  S^riftud  ^abe,  unb  bag  jeber,  tDe|  Stanbee  er  au^  fet,  felbft  ein  $af)ft,  i^m  )um 


ftottftattj,  ftottjU  33 

®^otfam  t)er)}flt(i&tct  fei  in  aOem,  toa^  ben  ®la\xhcn,  bte  9(u^rottung  be^  @c^i^ma  unb 
bic  Slefonn  betrifft.  —  ©lei^jeitig  traf  ben  Sejd^üftcr  gol^ann^^  ben  ^ergog  ^ebrid^ 
tnm  5EtroI,  bie  äd^t  be^  9leic$e^^  unb  rafc^  folgte  feine  böttige  3?ieberh)erfung.  ^a- 
bun^  tDurbe  aud^  bie  toeitere  ^lud^t  be$  $a^fted  nad^  93urgunb  bereitelt.  3$on  ^eiburg 
iDUtb«  et  old  ©efongener  bed  Jtongtl^  nad&  bem  @d^loffe  @ottlieben  bei  itonftanj  gebracht,  6 
too  (oxdf  Qni  gefangen  fa^.  9lm  14.  ^i  ]pxa6^  baiS  itonjil  feine  Su^enfton,  am  29. 
feine  äbfe^ung  an^.  ©regor  XII.,  ein  ®reig  Don  90  S^i^^^n,  legte  am  4.  3uli  1415 
feine  ®etoaIt  freitoiQig  nieber.  9Iun  toar  nur  Senebilt  XIII.  noc^  übrig.  @r  aber  tooUte 
nur  in  eigner  $erfon  abbanlen  unb  forberte  ju  biefem  ^to^ä,  toenn  ni^t  eine  38erleguna 
bcd  Jlonjite,  fo  boid^  eine  3ufammentunft  mit  @igmunb.  3uf ^^^^  ^i^  ^^  ou^fc^Iie^Iicp  lo 
au^  ben  Stationen  ertoöi^lten  3)e^utation  ber  ^nftan^er  älerfammlung  mad^te  biefer  ftq 
im  3uli  auf  nad^  Sübfranbeid^.  ^n  92arbonne  unb  $erf)ignan  tourbe  bom  äluguft  hx^ 
in  ben  S)e)embet  ber^anbelt,  ol^ne  ba6  man  ^toifc^en  ben  bered^tigten  älnf^rüd^en  93enebi!td 
unb  ber  @elbftbe](fau))tung  bed  beutfc^en  AonjUd  einen  älu^gletc^  ju  finben  tou^te.  Sticht 
o^ne  bie  3Ritn)irning  bed  Übergetoic^td,  h)e((^e^  ber  @ieg  ber  (Snglänber  über  bie  ^anjofen  i6 
bei  Xjincourt  am  25.  O!tober  bem  germanifc^en  (Slement  gegeben  ^atte,  gelang  e^  aber 
@igmunb,  bie  f))antfdien  Sleid^e,  junäc^ft  älnagonien,  92ak)ana  unb  Portugal,  f}>äter  au^ 
Radien  bon  99enebilt  p  trennen,  ^ie  SSereinigung  mit  bem  ffonjil  freilid^  unb  bie 
Silbung  einer  f))anifd^en  Station  haitt  noc^  gute  Seile.  @igmunb  feierte  nid^t  auf  ge^ 
rabem  äBege  nad&  jtonftang  jurüa;  er  fc^meid^elte  ftc^  mit  bem®ebanlen,  ^totfc^en  ^ranl«  20 
reic^  unb  Snglanb  ^eben  ftiften  )u  lönnen.  @^  toar  i^m  gelungen,  ba^  ^avößt  ber 
fran)5ftfd^en  ©efanbtfc^aft,  ben  ^ergog  Subtoig  bon  Saiem^^ngolftabt,  ben  Siruber  ber 
frongöfifd^en  ^ntgin,  auf  feine  Seite  }u  gießen.  (Seiner  $tlfe  toar  im  toejentlid^en  bie 
rafd^K   Stiebertoerfung  ^ebridj^  bon  2^iroI   unb  bie  ©efangennal^me  S^o^ann^  XXIII. 

Sbanfen  getoefen.  Stgmunb  l^atte  ftd^  bann  auc^  bad  Siertrauen  ber  orleaniftifd^en  25 
itglieber  ber  franjöfifd^en  ©efanbtfd^aft  unb  bor  aQem  bed  jeittoeife  in  ^onftan^  ton« 
angebenben  Aanjler^  ber  $arifer  Uniberfttät,  ^o^anne^  @erfon,  ertoorben,  inbem  er  ftd^ 
für  bie  Serurteiifung  ber  Se^re  bed  ^ol^anned  $arbud  über  ben  2^brannenmorb  engagierte. 
Sber  in  ^ßori^,  too  er  auf  eine  bon  bem  ^erjog  Subtoig  II.  bon  ^njou  gefül^rte  ^rieben^- 
tHtrtei  fid^  ftü^en  mu^e,  gelang  ed  i^m  nic^t  gegen  ben  (Sinflu^  be^  ©rafen  Sem^arbao 
bon  Xrmagnac  aufjufommen,  ber  gugleid^  mit  ber  @ad^e  ber  DrI6an^  bie  ^olitifd^e  toie 
foi^U^K  ^rärooatibe  ^anhreic^  berfoc^t.  Unb  al^  er  nad^  Sonbon  ftd^  begab,  um  bon 
^ier  aud  ber  $arifer  |^ebene}>artei  bie  nottoenbige  @tärtung  jugufü^ren,  n)urbe  er 
boQenb^  bon  biefer  im  Stic^  gelaffen  unb  fc^Io^  nun,  mel^r  gejtoungen,  cii  freitoiQig, 
mit  $einri(^  V.  bon  Snglanb  (Sluguft  1416)  jenetS  93ünbni^  bon  ßanterbur^,  ba^36 
i^n  h>enigftend  auf  bem  $a)}ier  gum  ^einb  ^anhrei^^  machte,  ^ie  §olge  toar, 
bog  et,  nac^  Aonftanj  jurüdtgele^,  mit  ber  fanatifd^en  D}>}>ofttion  aQer  ^atriotifd^en 
pran^ofen  bed  Aonjitö,  auc^  unter  ben  Jtarbinölen,  ju  !äm)}fen  ^atte.  ^urc^  bie  Stefonn« 
frage,  an  ber  man  fic^  ^ier  toäl^renb  ber  l^tiäbrigen  älbtoefen^ett  bed  $roteItord  refultat« 
lod  berfud^t  ^atte,  toar  bereite  bie  neue  JlonfteUation  borbereitet  toorben.  S)enn  bei  ber  40 
^age  ber  ^frünbenbergebung  mu^te  ftd^  fofort  ein  ©egenfa^  gtoifc^en  ben  $rö(aten 
unb  ben  3)oftoren  ergeben.  2)ie  Sonangebenben  unter  biefen,  bie  ^arifer,  Ratten  bereite 
^  h>ieber^oltenmalen  erfahren,  ba^  fte  fi^  unter  bem  $rälatenrcgime  (@a((itanifc^e  ^rei- 
betten)  biel  fd^(e<^ter  ftanben  aU  unter  bem  }>äpft(ic^en.  ^toax  toar  in  ber  fränjöftjc^en 
Station  banf  ber  gefc^idtten  Leitung  bed  Patriarchen  bon  ä(ntio(^ien  im  ^erbft  1415  46 
(Xnnotenbebatte)  biefer  ®egenfa^  no$  berbedt  unb  ein  ein^eitlic^ed  äSotum  gegen  bie  äln« 
noten  eruelt  toorben.  9lber  bad  bon  ben  Jtarbinälen  mit  gef^icfter  Serec^nung  angeregte 
erfte  Sfleformatorium  (feit  3uK  1415)  mu^te,  unfähig  ber  gegcnfä^lic^en  ^ntereffen  $err 
2U  tDerben,  feine  arbeiten  einfteQen.  ä(u(^  ein  jtoeiter  Steformau^fd^u^,  ber  im  9(uguft  unb 
@e))tember  1417  tl^ötig  toar,  tam  nid^t  toeiter.  älbgefe^en  bon  ber  älbfe^ung  SBenebtlt^so 
am  26.  3uli  1417  ift  feit  ©igmunb^  Stüdtfel^r  bi«  jum  Df tober  nid^t«  erreicht  toorben. 
3)ie  3«t  berging  unter  ben  ^eftigften  Streitigfeiten  teU«  über  ben  5pia^  ber  \pa^ 
n^dfm  3)e))utierten  unb  ba^  Sted^t  ber  @nglänber  eine  Station  ^u  bilben,  tetl^  gtoifc^cn 
€igmunb  unb  ben  ^arbindlen  über  bie  Si^er^eit  bed  iton^il^  unb  ben  SJtobu^  ber  ^o^ft^ 
taKi^I,  teild  ^toifd^en  ä(rragoniem  unb  ^aftilianem  über  bie  Stimmenjal^I  innerhalb  i^rer  65 
Station.  Unb  ungelöft  fcptoebte  barüber  bie  §ouj)tfrage,  ob  man  bie  Sleform  bor  ober 
ttoc^^  ber  ?Pa))fttoa]^I  erlebiaen  foHe.  3)ie  Slefultatlofigfeit  ber  bi^^erigen  Sieformarbeiten 
gab  bai  Äarbinölen  ein  Stecht  bie  Priorität  ber  $a))fttoa^I  gu  forbern  unb  fie  Ratten  ber 
(StmifunQ  biefe«  3'^'^  ^  »^^«  Sonberintereffen  untergcorbnet.  3)iefe  ßin^cttlic^feit  i^rcr 
$o(itiI  berlie^  i^nen  bon  bom^erein  ein  Übergetoic^t.    Sie  !onnten  aber  bereite  auc^  auf  go 

■toMw^eiotaMc  fiT  Sl^logic  niib  9M^    8.  «.  21.  3 


34  ftottpanj,  ftottjil  ftontiolattott 

eine  fiebere  ©efolgfc^aft  bct  9Waioritäten  in  ber  franjöfifd^en  unb  ber  italienifc^en  Station 
red^nen.  9Qd  au^fc^loggebenber  ^attor  ober  tarnen  nun  bie  @}>anter,  bie  fünfte  Station 
be^  jtonjild,  binnt.  ^on  boml^etein  Ratten  ftc^  bie  itaftilianer  bem  AoDeg  unb  feiner 
$o(itit  angefc^loff en ;  aber  auc^  bie  Slrragonier,  bereu  ^nftruftionen  me^r  ein  ^uf^ntmen« 

6  gelten  mit  @igmunb  unb  Snglanb  entfprac^,  tourben  in  ber  entfc^eibenben  ^age  Jd^lie^id^ 
auf  bie  ultramontane  @ctte  ^inübergeu)gen,  fo  *  ba^  nun  bad  ^oQeg  über  bie  Majorität 
bed  jtonjtld  gebot,  ^amit  toar  inbeffen,  ba  @inftimmigfett  ju  einem  3)eh:et  nottoenbtg 
toar,  nod^  ni^t  aQe^  erreicht;  unb  e^  fc^ien,  <d^  ob  @igmunb  unb  bie  3)eutfc^en  hierin 
niemals  nachgeben  toürben.     9lber  aU  nun  bie  Snglönber,  benen  bont  ber  bereite  er« 

10  reiften  tirc^Ud^en  älutonomie  \fyc^^  Steic^ed  an  ber  Sleform  toenig  (ag,  feine  Steigung 
mel^r  geigten,  ben  Jtonflitt  toeiter  ju  treiben  unb  auf  eine  SSerftänbigung  bröngten  (SJtiffion 
be$  93tfc^of^  ^einric^  bon  SBind^efter,  3lnf.  Ott.  1417),  ba  mu^te  @igmunb,  tooQte  er 
nid^t  aUe^  t)erlieren,  bie  Priorität  ber  Steform  }>rei^geben,  unb  ber  beutfc^  Station,  fotoie 
ben  übrigen  Sleformfreunben  blieb  nic^tg  übrig,  al^  i^m  ju  folgen.     §n  ber  39.  ©effton 

16  am  9.  Dttober  1417  tourben  jtoar  bie  toenigen  Sleformartitel,  über  bie  man  fic^  geeinigt 
^atte,  fanttioniert  unb  ba^  folgenreid^e  Setret  ^equend  befc^Ioffen,  nac^  toel^fem  junac^fl 
in  5,  bann  in  7  unb  für  bie  ^olgegeit  in  10  ^o^ren  allgemeine  itongilien  ftd^  toieber« 
^olen  unb  bei  eintretenben  @(^idmen  bon  felbft  jufammentreten  foQten.  S)ann  tourben 
auc^  18  S{eform})untte  im  oorau^  beftimmt,   über  toeld^e  ftc^  ber  tünftige  $af)ft  mit 

20  bem  Äonjil  „ober  ben  3)ej)utierten  ber  Stationen"  ju  einigen  ^e.  Slber  toie  toenig 
bamit  erreicht  toar,  fobalb  toieber  in  einem  ^a^)ft  eine  fefte  Vertretung  beö  ^ierarc^ifd^^ 
lurialen  ^ringi))^  gefc^affen,  foQte  fid^  balb  geigen.  —  9luf  ®runb  eine^  bon  frangdftfd^er 
Seite  boraefc^lagenen  SJtobu^  tourbe  am  11.  Stot^ember  bon  ben  Jtarbin&len  im  SSeretn 
mit  j|e  feqd  deputierten  ber  fünf  Stationen  ber  5tarbinal  Obbo  SoDonna  )um  ^Qp\t  ge» 

26  toäl^lt.  @r  nannte  ftd^  SJtartin  V.  9lm  längften  Ratten  bie  ^anjofen  im  ftonllabe  feiner 
SOSo^l  toiberftrebt,  benn  er  toar  ber  itanbibat  @igmunbd  unb  ber  (Snglänber,  aud  ber 
Obebieng  ©regord  XII.  Slber  er  ^atte  an  ben  $arteifragen  toenig  teU  genommen  unb 
galt  für  einen  nüd^temen,  mäßigen  unb  in  ben  ^dnbeln  ber  3Belt  too^lerfo^renen  SRann. 
Bp&itt  }eigte  er  einen  toiberlic^en  ®eij,  unb  ba^  er  ein  Solonna  toar,  tourbe  fül^lbor 

30  genug,  ^ür  bie  Steform  toar  bon  übler  äiorbebeutung,  ba^  bie  ßanjleiregeln,  bie  er  nai^ 
altem  ^ertommen  am  f olgenben  ^ge  erlief,  bie  t)ielgetabelten  Übergriffe  unb  9)ti^btäu(^ 
feiner  SSorgönger  toieber  fanttionierten.  3)ann  ernannte  er  eine  itommiffton  bon  fed^  Rox^ 
binälen,  bie  mit  ben  älbgeorbneten  ber  Stationen  unter^anbeln  foDten.  @igmunb^  (Sinflu^ 
toar  ba^in,  bie  SSäter  ermattet,  ftatt  eine^  ötumenifd^en  itonuld  gab  e$  eigentlich  nur  no<^ 

86  fünf  Stationaltongile.  Gine  allgemeine  unb  gteid^artige  Hird^enbefferung  tourbe  ald  un« 
mögltd^  aufgegeben.  S)er  $a))ft  einigte  fid^  mit  ben  Stationen  in  brei  @e))aratberträgen, 
bie  atö  Jlontorbate  bejeid^net  tourben,  ein  äludbrudt,  ber  ^ier  gum  erftenmale  erfc^int 
(Sined  tourbe  mit  ber  beutfc^en,  ba^  gtoeite  mit  ber  englif^en,  bad  britte  mit  ben  ber^ 
einigten  Stationen  ber  ^angofen,  Bpankx  unb  3*<^Ii«"^  abgefd^Ioffen,  unb  jtoar  auf  bie 

40  3)auer  bon  fünf  S^l^ren,  f o  baft  fie  ein  ^roüif orium  bi«  jum  näc^ften  Äongil  bilbeten ; 
nur  baS  englijd^e  Rontorbat  tourbe  für  etoige  Sitten  gefd^loff en  (f.  b.  ä.  Äontorbate  58b  X, 
705  f.).  3)ie  toeitere  grünblic^e  Slef orm  ijerfc^ob  man  auf  ein  tünftige«  Äonjil,  toeldj^ed  ber 
^ap\t  in  fünf  ^a^ren  m  $abia,  alfo  auf  italtentfc^em  S3oben,  anfagte.  Um  aber  feit\em 
(Sibeju  genügen,  erlief  ^Kartin  noc^  eineSleil^e  bon  Steformartiteln,  bie  aber  enttoeber  nur 

46  SBerf))rec^ungcn  ober  fo  ücrtlaufuliert  ober  unfic^cr  toaren,  ba^  man  teine  S>pnx  bon 
i^rcr  SBStrtung  bemertt.  gn  ber  45.  unb  legten  Si^ung  am  22.  Wßx'xl  1418  bertünbete 
er  burc^  eine  SuHe,  ba^  er  ba«  Ronyl  auf  beffen  ©ege^ren  fc^lie^e  unb  entlaffe.  Äönig 
Sigmunb  tourbe  für  feine  Untoften  mit  einem  3^i^nten  bon  allen  geiftlic^en  @ütem  feine« 
SRetc^e«  entfc^äbigt.    SJlit  großem  ^ßomj)  berlieft  ber  ^a))ft  bie  Stabt,  ftitt  unb  berfc^ulbet 

60  ber  Äönig,  unmutig  unb  unjufrieben  bie  meiftcn  SJtitglieber  biefer  SJerfammlung,  beren 
eimige«  Serbienft,  bie  §ebung  be«  S(^i«ma,  nid^t  entfernt  ben  ©rtoartungen  unb  Sieben 
m\pxad),  bie  eine  Siegeneration  ber  gefamten  Äird^e  ber^ciften  l^atten. 

{&.  »oigt  t)  »*  »e§. 

aottjHtitttoncn,  a))oftolifd^e  f.  Sb  I  ©.  734—741. 
66        ftontem)iIatton  f.  SJt^ftit. 

aonbototion  f.  anglitan.  Äird^e  S3b  I  S,  543,  u»-544, 22. 


ftool^aad  Stopiattn  35 

Stoolf^aa»,  RaSpax  ^an^^oon,  geft.  1615.  —  ^.  (S.  S^ogge,  Caspar  Janszoon 
Coolhaes,  de  voorlooper  van  Armmius  en  der  EemoDstranteD,  ^mft.  1856,  58,  2  Sie.  Sin 
ooDftfinbiged  IBer^eic^nid  feiner  64riften  bei  dlogge,  Bibliotheek  der  remonstrantsche  ge- 
achriften,  «mft.  1863,  @.  12  ff. 

ftooD^oo^  tourbe  am  24.  Januar  1536  )u  ^In  geboren.  @r  ftubtette  ^ter  unb  in  6 
Sfiflelborf  unb  trat  in  ein  üart^äuferflofter  in  ^blen^  ein,  toanbte  [xd)  ober  fd^on  in 
feinem  24.  ga^  ber  JRefotmation  ju.  SSon  1560—1566  J)rebigte  er  in  Srorbad^,  Seit 
jiein  unb  9{af(au=@tegen ;  bon  ^ier  a\x&  tourbe  er  nad)  3)ebenter  berufen.  $ier  ber^in^ 
berte  er  burc^  fein  ma^boDe^  Sluftreten  bie  93ilberftürmerei;  mu|te  aber,  aU  bte  @tabt  an 
bie  @t>anier  überging,  nac^  S)eutf(^lanb  flüd^ten.  @r  toirlte  in  @ffen  unb  SRanni^eim;  lo 
bid  er  1573  nac^  (Sorind^em  unb  im  folgenben  ^a^re  nac^  Seiben  berufen  tDurbe,  h)0  er 
aber  erfl  nad^  ber  Belagerung  fein  9lmt  antreten  lonnte.  Sei  ber  ®rünbung  ber  bortigen 
Unibofttät  ^ielt  er  bie  @röffnung§rebe  fotoie  bie  erften  t^eologifc^en  SSorlefungen  bi^  jur 
Xnhmft  bon  ©uiQaume  ^gerai^. 

3n  einem  @treit  jtoifd^en  Slegierung  unb  Jtird^enrat  berteibigte  Jtool^aad  ba^  Stecht  u 
ber  Obrigfeit  in  tirc^lic^n  Slngelegenl^eiten.     @(^on  auf  ber  @^nobe  }u  3)orbred^t  1572 
botte  er  fid^  gegen  bie  bort  feftgefe^te  ^ird^enorbnung   erflärt,  toeil  bie  Jtird^e  ftc^  nac^ 
feinem   Urteil  me^r  Stecht  anmaßte  ald  il^r  }ulam   unb   bie  ©etoiffendfrei^eit  berhlnen 
tooQte.    @r  geriet  in  @treit  mit  feinem  itoDegen  Bieter  Someli^oon,  ber  burc^  bie  utc^ 
gieruna  abgefe^  tourbe.     3)arauf^in  berboten  bie  Pfarrer  ber  Slafftd  bon  Sübl^oOanb  20 
ccad^  ^ol^ood  bod  ^rebiaen,  ober  bie  Slegierung  befoJ^I  i^m  im  Sienft  ju  bleiben.  Aaum 
toar  biefer  @treit  burc^  SSermittlung   be$  älnttoerpener  ^farrerd  ^brano  Salfö  beigelegt, 
(Ai  itool^ad  bei  ber  @^nobe  bon  3Ribbe(burg  1581  toegen  ^eterobo^ie  angellagt  tourbe. 
SBtrKtclf  badete  er  über  bie  ^röbeftination  unb   anbere  S)ogmen  anberd  aU  bie  SRel^r^ 
ytäjH  ber  fhreng  calbiniftifc^en  ^oOänbifc^en  Pfarrer.    3)a  er  \x6^  Weigerte  gu  toiberrufen  35 
unb  bog  nieberlanbifc^e  93etenntnid  ^u   unterj^eic^nen,  tourbe  er  abgefegt ;   bie  ^aarlemer 
S^nobe  bon  1582  t^at  i^n  fogar  atö  Slbtrünnigen  in  ben  93ann,  bi^   er  fu^  belehren 
tourbe.    2)ie  Seibener  Slegierung  jaulte  il^m  noc^  etliche  ^al^e  feinen  ®e^alt  an^,  unb  er 
felbft  fu^r  fort  in  befonbcren  Sänften  feine  ttberjeugung  ju  berteibigen  unb  bad  SBorge^en 
ber  Solbiniften  )u  berurteilen.    9(uf  ber  nationalen  S^^obe  im  $aag  1576   fam   feine  so 
6a(^e  nod^mald  ;|ut  SSer^anblung.    ^er  93ann  tourbe   aufgel^oben  unb   er  burfte  nac^ 
einem  ^Iben  ^ol^re  toieber  einen  9)uf  annel^men;    atö   er  aber  o^ne  3uf^i>n>nut^d  ^^ 
Slaffid  in  SQiarmonb  ))rebigte,   lub  er  ftd^   neue  Unanne^mli(^!eiten  auf.     (£r  jog   ftc^ 
enbltc^  bon  ber  Airc^e  }urüdt  unb   fuc^te  aU  2)tftiQateur  feinen  Unter^lt  gu  berbtenen. 
Son  3^  )u  3^  K^  ^  ^^d)  @d^riften  erfd^einen,  in  benen  er  feine  reltgiöfe  Überzeugung  35 
au^prad^  unb  bie  bamaligen  lir^lic^en  3uftänbe  be^anbelte,  bid  er  am  15.  Januar  1615 
in  älmfterbam  ftarb. 

itool^ad  toar  ein  bulbfamer  ^ann,  ber  feine  religiöfen  Slnfc^auungen  anberen  ntc^t 
oufbrongte,  aber  auc^  bad  gute  9ted^t  feiner  Überzeugung  anerlannt  fe^en  toollte.  ^n 
feinen  reformatortfc^en  Slnfd^auungen  ftanb  er  Sut^er  nal^e,  beffen  €(^riften  il^m  juerft  bie  40 
ähigen  über  bte  Sd^öben  ber  fat^olifc^en  Jlirc^e  öffneten,  nid^t  auf  ber  Seite  Salbind. 
@r  erflorte  ftc^  gegen  bie  SSerpflic^tung  auf  93elenntniffe  unb  bie  ©eltung  fird^lid^er 
gformulare,  burc^  toel(^e  feinet  Srac^tend  bie  c^riftltd^e  ^^ei^eit  gebunben  tourbe,  unb  mu| 
borum  gleic^^  toie  bie  Pfarrer  60m.  SBiggert^j  in  §oom  unb  $erm.  §crbert^  in 
@ouba  al^  ein  93orläufer  bon  älrminiu^  unb  ben  9lemonftranten  betrachtet  toerben.  45 

$.  a.  9{og0e. 

St99pttüt9Tf  ein  mx  geiftlic^en  Su^^ilfe  für  unbeftimmte  ^eit  angefteüter  ^riefter,  ber 
fk^  mit  bem  orbentlicpen  ^ßfarrer  in  bte  SSertoaltung  ber  getftltc^en  Munitionen  in  ber 
9rt  teilt,  ba^  er  in  Xbl^^ängigfeit  bon  bem  $faner  nur  an  ben  ^lialen  t^ätig  ift,  toobei 
er  aDerbingd  aud^  in  ber  ^uttertirc^e,  toenn  bie  Umftänbe  ed  er^eifc^en,  bem  Pfarrer  50 
Mfe  gu  leiften  berj)flid^tet  ift.  Slid^ter,  3)obe,  Äal^il,  Jtirc^enret^t,  8.  Aufl.,  2t\pm  1885, 
e.  468.  ^ersog  f. 

St^iüien.  —  IBinol^am  (-®rif(6otoiui»),  Origines  ecclesiasticae  II  42  ff. ;  ®.  SB.  be  mo\[\. 
Boma  sotterranea  III   533  ff.  unb  ebenfo  bie  übrigen  ^atafombentoerfe. 

2)ie  Totengräber  ber  alten  Äirc^^e  l^ie^en  xomaxaiy  xomajvxeg,  lateinifc^  copiatae,  66 
fossarii ,    in  3tom    ftetd   fossores.      Sie  toerben    fett    bem    änfang  be«  4.  Sai^r* 
^unbertd  bei  ben  @(^nftftellem  ertoäl^nt,  }uerft  in  ben  Gesta  apud  Zenophilum,  einem 
afrtlantf<i^n  ^rototoD  über  @reignif[e  bed  ^afycii  308  (im  Sln^ang  ber  0))tatu^u^aben, 

3* 


36  fto)itatctt  ftoro^ 

im  CSEL  26, 187,3).  §ier  h)erben  fie  toic  auc^  fonft  (Epiphanius  Defide  c.  21  p.  583 
3)tnborf  *  Ps.  Ignatius  ad  Antiochenos  c.  12 ;  ein  Chronicon  Palatinum  bed 
6.--7.  S^'^^^w'ib^^  6^i  Mai,  Spicilegium  Romanum  IX  133)  ju  bm  Clerici  mi- 
nores gercd^net  unb  au^  ber  arca   ecciesiae    bcfolbct  (Ps.  Hieronymus  De  VII  or- 

6dinibus  ecciesiae;  XI  2,  160  Vallarsi).  §n  anbeten,  unb  ben  meiften,  9(uf}ä^Iungen 
be^  nieberen  5tlerud  fel^Ien  fte  ober;  unb  be  Slofftd  SSotfd^Iag,  fte  in  folc^en  ^äQen  mit 
ben  Dftiariem  ju  tbentifijieren,  f^at  toenig  eingeleuchtet.  Jtonftantiud  befreite  fte  bon 
ben  Saften,  ju  benen  fie  atö  ©etoerbetreibenbe  t)erj)ffic^tet  getoefen  toären  (Codex  Theo- 
dosianus  XIII  1,1;   XVI  2,  15).    93on  ifyc^  X^ötigleit  in  ben  Stdmifd^en  Aoto» 

10  lomben  gcugen  manche  ©emölbe  (Bosio  305.  385.  339.  373.  529  =  Garrucci  II  tav. 
40,  2.  42,  2.  43, 2.  50,  2.  72,  2 ;  ber  goffor  ©iogene«  bei  Boldetti  GO  =  Garr.  II 
41;  be  Slofft  a.  a.  D.  II  tav.  17.  18)  unb  ^nfc^riften  (bcSloifi  III  542  ff.),  au«  benen 
^erborgel^t,  baft  fte  —  feenigften«  feit  ber  9)ütte  be^  4.  ga^r^unbert«  —  ben  äkdouf 
ber   ®räber   gu    beforgen    Ratten.  —  3)a«  ÄoUcgium   ber  gofforeu  toirb  im  3.   ober 

16  fc^on  im  2.  gal^rl^unbert  geftiftet  fein ,  fobalb  bie  Äirc^e  ©rabftätten  für  bie  Oe« 
meinbe  befa|,  beren  9(nlage  unb  Sinft^n^^^I^ung  ted^nifc^e  itenntniffe,  l^btoerf^mä^ige 
©efc^idSi^teit  unb  genaue  Solalfenntnid  erforberte.  2Bad  bi«  bal^in  ein  freier  Siebedbienfl 
ber  einzelnen  ßl^riften  gelDefen  toar,  bie  Soten  ju  begraben  (äriftibe«  Sinologie  XV  8), 
tDurbe  t)on  ber  ©emeinbe  übernommen  unb  ben  ^offoren  übertragen.    Sa  in  ben  Oesta 

20  apud  Zenophilum  a.  a.  D.  fid^  einer  ber  ^offoren  ald  artifex  begeid^net,  fyd  man  ge^ 
fc|lof[en,  ba^  man  innerhalb  i^re«  itoUegiumd  gtoif^en  leitenben  Ingenieuren  unb  aud^ 
fül^renben  ä(rbeitem  unterfc^ieben  l^abe;  unb  bie  ä(nlage  ber  Jtatatomben  mac^tbied  toQÜft* 
fc^einlid^.  —  3Kit  ben  Äo))iaten  J)flegt  mon  ba«  JtoHegium  ber  3)elane  ober  XexTixdgioi 
in  ßonftantino))el  )u  ibentifigieren,  beren  älnga^l  auf  950  begto.  1100  angegeben  toirb 

26  (Cod.  Theod.  VI  33;  Cod.  Justinianeus  1  2,  4;  XI  18;  Novella  43,  1).  ©eSRofp 
ergebt  aber  gegrünbete  Sintoenbungen  bagegen:  bie  S)e!ane  feien  bie  (^rHtianifterten 
sandapilarii  ber  ä(nti!e,  ein  ^au^tftöbtifd^e«  HoUegium  }um  93egräbnid  ber  älrmen. 

Stopix^i^t  ftirc^e,  f.  am  ©d^lu^on  93  b  XII. 

80  ftoro^.  —  »Qublffin,    ®cf*.  b.  altteft.  ^ricftcrtum«  (bej.  34  ff.  51  f.   65.   146  ff.  153. 

287);  Äauftfdi,  W.  „Äoro^itcn"  bei  ©rf*  u.  ©ruber  2.  ©er.,  »b  39,  36 ff.;  3.  Äöbcric,  S)ie 
Xeinpelfängcr  im ^tX  1899,  182 ff.;  Äuenen,  Theol.  Tijdsehr.  12, 138 ff.  (=  ©cfamm.  «bftanb» 
lungcn  498  ff.) ;  ^ittmann  ju  Sflu  c.  16  ;  ©.  3B.  ©acon,  The  Triple  Tradition  of  ExoduB, 
1894.190;  ©cflöaufcn,  Äompofition  bc§C)ejatcuct)öM05ff.  184  f.  339  ff.,  38racl.  jüb.  ®ef*. «, 

86  191;  ©tobe,  ®cf(6.  b.  S3oI!c8  S^roel,  2,201;  (£.  ^c^er,  dntftc^ung  bcS  3ubcntumÄ  162.181; 
3?obcrt|on  ©mitf).  The  Old  Testament  in  the  Jew.  Church*,  204  ff. 

1.  a)ie  5Ramen  „Äorai^"  unb  „Äoral^iben"  (pTf?,  Vyp.^  o-^n^^PH)  lommen  im  %% 
in  folgenbcn  3Serbinbungcn  \>ox. 

a)  ®en  36,  5.  14.  18;  1  6^r  1,  35  ift  Jtoral^  ein  ebomitifd^er  Stamm,  ®en  36,16 
40  au^erbem  ein  ebomitifc^er  Unterftamm,  toai  jeboc^  t)ie(leid&t  nur  auf  einem  ^e^Ier  beruht. 

b)  1  6^r  2,  43  ift  ^oiaf)  ein  ®efd&Iec^t  (ober  eine  Stabt)  unter  ben  Slad^Iommen 
Äaleb«,  ber  ^ier,  h)ie  9lu  13,  6,  ^u  ben  Subäem  gered^net  toirb ;  ob  1  6^r  12,  6  bo^felbe 
®efc^(ec^t  meint,  lä^t  ftd^  nic^t  ftd^er  au^mac^en. 

c)  3lm  l^äufigften   ift  Äoral^   ein  5Wa(^tomme  £ebi«.    ^n  ben  ®eneaIogien  ©j  6,i21. 
46  24;  16^r6,  7.  22;  9,15.  26,1,   bie  übrigen«   in   ben  ein)\ell^eiten   ettoa«  bibergieren, 

gehört  er  bem  ©efc^Icd^te  Siai}ai^  an.  dagegen  fül^rt  ba«  9Serjeid&ni«  9tu  26,  58,  ba« 
auf  bie  gcn)ö^nlid(>c  Dreiteilung  betS  Sebiftamme«  (®erfon,  Äoi^at  unb  9Herari)  leine  Slüdfs 
fic^  nimmt,  ba«  lorabibifc^fc  ®ef(|le(^t  ("»n-pn  nncD?:)  neben  üicr  anbcren  fieüitengefc^lec^tem 
auf.  —  3Son  bem  Äa^atiben  Äora^  ^anbelt  bie  ©rjöl^Iung  9?u  c.  16  f.,   too  er  nad^  bem 

60  je^igen  lejte  in  SSerbinbung  mit  3)otan  unb  2lbiram  fid^  gegen  3Wofe  unb  Slipon 
em>)()rt  unb  mit  jenen  beftraft  toirb,  ügl.  5Ru  26,  9—11.  27, 3.  —  3n  ber  g^nif 
toerben  bie  Äora^iben  aU  i^orl^üter  beig  Heiligtum«  bcjeic^nct,  1  6^r  9, 19.  26, 1.  19 ; 
üon  bem  ßrftgebomcn  Äora^g  ^ei^t  ^  au|erbcm  9,  31,  bo^  er  ba«  ^fannenbadttoert  für 
ben  Äuitu«  ^u  beforgen  l^atte.  —   Snbli^   fommen   einige  ^Pfalmenüberfc^riften   in  Se* 

65  tra4>t  (^f  42.  44—49.  84.  85.  87.  88),   bie  bie  angäbe  t-.^?  '';.^'^.  ent^aüen. 

2.  Unter  ben  angeführten  ©teilen  forbert  junäd^ft  bie  ßrjä^Iung  9lu  c.  16  f.  eine 
befonbere  Betrachtung.  3)a^  ber  %^t  l^ier  nid^t  einl^ettlic^  ift,  ^atte  man  f^on  frül^ 
gelegen,  aber  erft  bie  einge^enben  Unterfud^ungen  ituenen«  ^aben  bolle«  Sicpt  borüber 
gebracht    unb   bie  Slnal^fe  auf  enbgiltige  äBeife  boQgogen.    3lad)  ^uenen  f^nb  in  biefer 


Soral^  37 

(Srjä^Iimg  brei  loerfd^tebene  93eftanbletle  )u  unterfd^eiben,  bon  benen  iebod^  nur  ^toei 
tDinlic^  DueDenf(^ften  entnommen  fmb,  toä^renb  ber  britte  eine  fehtnböre  SSearbeU 
tunfl  be«  älteren  3;e|te«  ift.  Slad^  ber  jel^obiftifd&en  ©rjäl^Iunö  (16, 1  b.  12—14. 
15  b.  25.  26.  27  b— 32  a.  33)  toaren  bie  ©egner  TOofe«  ^aian  unb  Wxxam,  bie  feine 
gü^rerf(^ft  nic^t  aner!ennen  tooDten  unb  be^^alb  mit  i^ren  äBeibem  unb  ^tnbem  bon  5 
ber  erbe  berfd^Iungen  tourben;  bfli.  5Dt  11,6.  9lac^  ber  ^riefterfd^rift  (16,2—7.  15  a. 
19—24.  27  a.  17,  6  ff.)  cmjjörte  ft*  Jtoral^  afe  Vertreter  be«  Saienbolfö  gegen  3Wofe  unb 
9ffaxün  old  Vertreter  ber  })riefterU4en  SSoned^te  be^  Sebigefc^lec^te^;  jur  Strafe  tourben 
fte  bor  bem  Eingänge  bed  ^etligtum^  bom  %tiLtt  berjej^rt.  3)ie  übrigen  2^eUe  be^  SSb» 
f<^nüte^  ftammen  bon  bem  Bearbeiter  ^er,  ber  Äora^  in  einen  nic^tjjriefterlid^en  fiebiten  lo 
bertDanbeÜ,  tbeld^er  im  9tamen  feiner  lebitifc^en  Srüber  gegen  bie  })rtefterlic^en  $rdroga« 
tibe  ät^iorond  unb  ber  SO^oniben  o))))onierte. 

2)er  in  biefer  Bearbeitung  auftretenbe  Jloral^  ift  nun,  tote  16, 1  au^brüdStc^  angtebt, 
ber    oben   unter  litt,  c    ertoäl^nte   ital^atibe  Jloral^.     ^e^l^Ib    treffen   totr  9!u  26, 11 
bie  Semertung  „bieSöi^ne  5tora^  lamen  bamald  ntc^t  um'',  bie  ertlären  toiO,  toie  tro^»  i's 
bem  in  ftmterer  S^t  ein  Äoro^ibengcjc^let^t  ejiftierten   lonnte.     äu^  ä^nlic^em  ®runbe 
tberben  o^e  3^^M  in  ber  Steprobuftion  $f  106, 16  f.  nur^atan  unb  9(biram  genannt 
unb  Jtoro^  toeggelaffen ;  aud  StüdCftd^t  auf  ba$  angef e^ene  Jlora^ibengefc^led^t  lö^t  ber  ^id^ter 
t^ren  Stammbater  unertoäl^nt    dagegen  f}>ric^t  aDe  SBai^d^einltc^teit  bafür^  ba^  bie  tn:^ 
^ptünalxäft  @nä^(ung  ber  $riefterf$rift   unter  itoral^  einen  SRann  aud  nic^tlebitifc^em  20 
®ef(^ied^te  ber^anb,  benn  nur  ein  fold^er  eignete  [xd^  naturgemäß  jum  ^ü^rer,  toenn  bon 
einer  Ot)})ofttum  gegen  bie  äiorred^te  bed  gefamten  Sebitenftammed  bie  St^e  toar  (17, 18. 
23).     Sei  biefer  ©ad^Iage  mu^  man   bermuten,  baß  ber  Bearbeiter  ju   feiner   Um« 
fc^ehung  ber  Aorai^erjäl^lung  einfach  burd^  bie  Stamen^^nlid^teit  be$  Sebiten  unb  bed 
9ä(^t<2ebtten  Aora^  geleitet  tourbe.     ferner  muß  e$  ald  fel^r ,  untoa^rfc^einlic^  bmid^net  25 
tberben,  baß  fein  Beitrag  }u  biefem  Slbfc^nitt  auf  toirRid^em  Überßeferung^ftoffe  berul^te, 
ba   ed  bo(^  ein  ju  metttoürbiger  B^f^  g^toefen   toäre,   toenn  bei   berfd^tebenen   ®t> 
legenl^eiten  Slänner  (bejie^ung^toeife  ^milien)  mit  bemfelben  3lamtn  äoxal}  in  gan) 
berfd^iebenem  @inne  gegen  bad  $rieftertum  aufgetreten  toären.     9Stelmel(^  toirb  laum  gu 
bejtoeifeln  fein,  baß  ber  Bearbeiter  ntc^t  bom    gefc^id^tlic^en  S^tereffe   geleitet  tourbe,  so 
fonbem  bon  bem  SBunfd^e,  feine  lebitifc^en  3^itö^^f!^  ^or  ettoaigen   gefäl^rlid^en  2lf})is 
rattonen  )u  tooxtxG^, 

@(^toieriger  ju  beanttoorten  ift  bie  ^age  nadb  bem  gefc^td^tli^en  SBerte  ber  urf})rüng« 
fielen  Dorfteuung  ber  $riefterf(^ft  9lu  c.  16  f.   Bon  einer  feinblic^en  Steflung  ber  ganjen 
Saiengemeinbe  (16,  3)  gegen  ben  Sebiftamm  ift  fonft  nic^t  bie  Siebe  bei  P,  unb  mon  be*  35 
lommt  be^lb  ben  Sinbrutf,  baß  ber  Srgä^ler  l^ier  ni^t  tenbengidd   erfunben,   fonbem 
einen  fiberlieferten  @toff  benu|t  f^at     9lud^  toürbe  biefer  Berfaffer,  toemt   er  felbft  bie 
Situation  gef(^ffen  ^otte,   getoiß  nic^t  ben  9Iamen  be^  bon   i^m   ftart  l^erborge^obenen 
Aoro^efc^led^ted  getoä^lt   l^ben.    9(ber  fonft  ftnb   und  bie  ber  @rjä^(ung  ni  @runbe 
liegenben  toidreten  Ber^ältniffe  nid^t  mel^r  burc^ftc^tig.    3Ran  lann  itoar  ben  >5aienfü^rer  40 
ftoral^  mit  bem  oben  unter  litt,  b  ertoä^ten  jjubätfqien  ©efd^ted^te  Koral^  1  (Si)x  2,  43  in 
Bcrbtnbung  bringen,  aber  biel  ift  bamit  freilid^   ni^^t  getoonnen.    Unb  iebenfaUd  ift  ed 
eine  fe^  unft(^e  Sac^e,  toenn  man  ed  berfuc^t   f^ai,  aQe  oben  angeführten  Stellen  ^u 
einem  ©efomtbilbe  ju  tombinieren,   um  baburd^  bie  ältere  @efd^id^te  ber  Jtora^tben  gu 
beleuchten.    So  meint  ).  B.  ®.  We^er,  baß  bad  urf))rünglic^  ebomitifc^e  ©efc^led^t  Jlora^  45 
(f.  litt,  a)  f)>äter  in  Berbinbung  mit  italeb  jubaiftert  tourbe  (litt,  b),   um  fc^ließlic^  bom 
^rieftertobes  imter  bie  Sebiten  aufgenommen  unb  burc^  bie  Stammbäume  biefer  Si^rift 
legitimiert  ^u  toerben.     Sber  bann  müßte  toenigftend  bie  Sebitifterung  ber  itorol^iben  fo 
toeit  jurficRtegen,  baß  man  )ur  Reit  ber  $riefterfcfrift  nic^td  me^r  bon  ber  Bertoanbtf4Ktft 
ber  lebitifc^  unb  jjubäifd^en  Koraj^iben  toußte,  benn  fonft  lönnte  ber  Berfaffer  biefer  50 
Schrift  bo<^    ni^ft  )u  ^leic^er  3^^  Horal^  burc^   feine  Stammbäume   ald  l^erbonagen« 
bed  Sebitengefd^led^t  legitimieren  unb  i^n  aU  BorIäm))fer  ber  gegen   bie  Boned^te  bed 
£ebtfUmtmed  o)^onierenben  Saien  auftreten   laffen.     Sel^r  getoagt   ift   auc^   ber  Berfuc^ 
Sacond,  in  3lu  c.  16  eine  alte  ja^biftifd^e  (Sr^lung  audguf^älen,  nad^  toeld^er  ber  Sbo- 
miter  itoro^  unb  ber  ^l^ilifter  On  (On  ben  Peleth  16, 1)  beftraft  toorben  feien,  toeil  66 
fte  in  bod  ^eißgtum  einbringen  tooQten. 

3.  9Ud  totrOic^  greifbare  ®efta(t  bleibt  bemnac^  nur  bad  im  ^riefterfobes  unb  in 
ber  ß^nil  ottftretenbe  lebitifc^e  Aora^efc^lec^t,  mit  bem  toeiter  bie  itora^fö^ne  ber 
$falmenüberf(^ften  in  Berbinbung  ju  bringen  fmb.  9lber  aud^  l^ier  liegt  bieSad^e  nic^t 
fo  flar  unb  emfad^,  tote  man  tool^l  toünfd^en  mik^te.  ^n  ber  S^ronit  ftnb  bie  üoral^iben  er 


38  Stotüfi  StoTnOta 

üRUglteber  bed  ScDiftammcd  unb  tl^^rem  Serufe  nad^  ^oxfßttt  bed  ^^tgtunt^,  fotoo^ 
in  bet  mofatfd^en  3«^  (1  6^  9, 19)  toie  au(^  ft)ätcr.  ^  ber  ^tieftetf^rift,  too  bic  ^^w« 
^üter  unb  ©anger  übetl^au))t  ntc^t  erh>a^nt  toerben,  ge^en  bie  Jtora^iben  ju  ben  £ebttm 
unb  ^aben  tote  bie  übrigen  Sta^iben  (92u  3,  31)  bie  Shtfgabe,  bie  £abe,  ben  %i]d^,  ben 
6  Seuc^er,  bie  3lltäre,  ben  SSorl^g  unb  bie  Jtultu^eräte  gu  ^üten.  S)agegen  redten  be* 
tanntlid^  bie  ölteften  Seßonbteile  beS  93uc^ed  (S^aSld^tmxa^  (too  übrigen^  Aoro^  felbft 
nid^t  genannt  toirb)  bie  @anger  unb  ^^^or^üter  nic^t  }u  ben  £et)iten,  fonbem  nennen  fie 
orft  nad^  biefen  <d^  befonbere  Slbteilung.  Suf  biefe  S)iffecen^en,  bie  eine  {e^r  umfaffenbe 
ä3e^anblung  forbem  toürben,  tann  in  biefem  3u1amnten|^ge  nid^t  nä^  eingegonaen  toetben 

10  (f.  b.  9[.  Sebiten).  2)agegen  mu^  bod  SSer^tnid  gtoifc^  ben  9(ngaben  ber  S^ronit  unb 
ber  ^falmenüberfc^ritten  tttoa^  nöl^er  betrad^tet  toerben.  2Bä^n^enb  bie  in  ben  ^falmen« 
überf^rtften  auftretenben  9tamen  ^]a!pf),  $eman  unb  @tan  burd^  bie  Angabe  ber  G^ronil 
über  bie  @ängerfamtlten  hinlänglich  beteuertet  toerben,  ift  e^  aufföOig,  ba^  toir  bie  in 
11  ^folmen   ertoö^nten  ^ro^iben   in  ber  6l(^onif   nid^t  unter  ben  Sängern,  fonbem 

15  unter  ben  ^^or^ütem  treffen,  ^od)  fel^lt  cd  l^ier  nid^t  gang  an  SSermimungen.  @o 
toirb  2  &)x  20, 19  mä^lt,  bag  bie  ita^atiben  unb  Aora^iben  )ur  Reit  Softjad  @ott  ,,mit 
lauten  Stimmen  px\t\tti",  toobei  aQerbingd  bie  Slebeneinanberfteuung  kH>n  Jto^t  unb 
Aoral^^  giemlic^  befrembenb  ift.  1  Qijx  6, 18  ff.  toirb  ber  Stammbaum  bed  ©ängerd  ^emon 
auf  ben  Aa^atiben  itora^  jurütfgefü^rt.   3(u^erbem  l^ei^t  ber  Soi^n  ^ra^  f^m  toie  oud^ 

ao  6,  8.  9, 19  unb  ^  6,  24  „W>xa\(Os>Y,  toorin  Slobertfon  @mit^  \do^  mit  Stecht  eine 
genealogifd^e  ^^^eorie  t)ermutet  fyd,  bie  bad  Sängergefd^kd^t  ber  3lfat)riben  (bie  fonft  Don 
©erfom  abgeleitet  toerben)  unter  bie  Aora^iben  fubfumieren  tooQte.  (Snbltd^  f(^nt  bie 
Unterfc^ft  1  6l^r  9,  33  „ha^  finb  bie  Sänger''  ftc^  auf  bie  unmittelbar  iyoxf^ix  genannten 
Aorobiben  93.  17  ff.   ju  bejie^en,   obfd^on   ed  aäerbingd  nic^t  gang  au^efd^loffen  ift,  ba| 

26  bie  SBorte  mit  9S.  14  ff.  )u  berbinben  feien.  S^ebenfaDd  ftel^t  man  aber  ncldf  beutlicp, 
ba|  bie  ®ren}en  ^toifqen  ben  Sängern  unb  ben  ^orj^ütem  in  ber  S^ronil  nic^t  gonj 
fc^arf  fmb,  eine  ^^j^^atfac^e,  bie  auc^  burcf^  anbere  Srfc^einungen  beftätigt  toirb,  k)gl.  ).  93. 
Sle^  11, 17  mit  12, 25  unb  befonber«  bie  Sufgäl^lung  1 6l^r  15, 17ff.  Slber  tro^  biefer 
Vermittlungen  finbet  bie  Überfc^rift  »^^P  ""^^^  ber  5ßfalmen  feinen  gang  befriebtgenben 

80  ^nl^alt  in  ben  eingaben  ber  Qfycoml,  unb  fd^eint  in  SBirllid^Ieit  auf  einem  ettDOd  ob« 
toeid^enben  S^ftemeju  berul^en.  S)afür  \px\d^t  and),  ba^  ber  9Zame  „Aora^''  in  biefen 
Überfd^riften  nid^t  auein  bortommt  toie  „Slfa^l^''  u.f.n).,  fonbem  immer  in  berSSerbinbung: 
Sö^ne  Äora^,  f^^>p  '''^.  9Kan  lönnte  bed^alb  meinm,  ba^  in  ber  nad^d^roniftifc^m  geit 
eine  neue  Sängergilbe   neben  bm  älterm  mtftanben  fei.    S)a  aber   bad  Softem  ber 

86  S^ronif  nodb  in  f))äterm  Sd^riften  borau^efe^t  toirb,  ift  bied  nid^t  toal^c^einlicr,  unb 
eber  angune^men,  ba^  bie  Aoral^föbne  eine  umfaffenbere  93enennung  nebm  ber  f})e)iellm, 
Slfa))^  u.  f.  h).,  getoefm  ift.  3Jlit  Sted^t  betont  Ädberle,  ba^  fiora^  in  bm  Stammbäumen 
old  biel  altered  ©efc^led^t  auftritt  ald  älfa))^,  $eman  unb  @tan,  unb  bermutet  bedl^, 
ba^  bie  Smmnung  Bene  Korah  urf}>rünglid^  ald  @efamtname  2^em))elfänger  unb^or« 

40  lauter  umfaßte  unb  f}>äter  ald  S))e)ialname  bolb  auf  bie  erfte,  balb  auf  bie  jtoeite  ©viippt 
übertragm  tourbe.  ^^^^t^Qd  mu^  aber  biefe  Ernennung  auc^  in  ber  nac^ronigifcpen 
3eit  in  ©ebrauc^  getoefm  fein,  bmn  unter  bm  loral^ibifc^m  ^falmm  ift  aDer  28ai^ 
fc^einlic^feit  nac^  minbeftmd  $f  44,  bielleid^t  aber  au^  $f  87  in  bm  f})äterm  ^erioben 
ber  griec^tfc^m  ^At  gebic^tet.  ^r.  t^n^l. 

46  ftornt^ol  (unb  SBil^elmdborf),  ©emeinbe  im  toürttembergifd^en 9ledtarlreid  in  ber 
92%  bon  Stuttgart,  bebmtfam  ald  @rünbung  unb  Sammel))unrt  bed  toürttembergifd^ 

^ietidmud.  —  ßitteratur:  ®e|4idjtc  unb  ^Seranloffnng  511  ber  ©itte  be«  tönigl.  iRotar» 
unb  93ürgermetfterd  (S^ottlieb  ^Bil^elm  ^offmann  gu  fieonber^j  um  (Sriaubnid  gur  ®rünbung 
unb  9(nlegung   religiöfer  ®etneinben   unab^fingig   uom  ßonfiftorium,  1818,    oon  ^offmann, 

60  obne  ^rucfoit  unb  SBerleger ;  ^apff,  ^ie  toürttembergifc^en  IBrübergenteinben  ^ornt^al  unb 
^il^elmdborf.  i^re  ®efd)id)te,  (Sinrid)tung  unb  (Srgic^ungdanftalten,  1839;  $fleiberer,  ftom- 
t^al,  bie  @)e{d)i(6te  feiner  @ntfte^ung  unb  fein  bermaliiier  93eftanb,  9(rtifel  in  ber  1.  Vluflage 
biefer  Snc^tlopöbie,  aud)  feparat  erfdiienen;  @^r.  ^offmonn.  ^etn  Seg  nacb  Serufalem.  I, 
©.78  u.  öfter;  SIou^,  3Bürttemb.  53ätcr  1888,  II,  @.  354.  erinnerunßcn  an  bie  SubiläumS» 

66  feiet  ber  ^ctneinbe  ^orntbal  1869  unb  bedgleidjen  1894;  ^urge  ®e|(4i(4tc  ber  ®emeinbe 
S^ornt^al,  1873.  Ueber  bie  @ntioi(felung  beS  ^nabeninftitutd  feit  1848  giebt  ^uff^Iug: 
¥fleiberer,  ^enffdirift  gur  Sfeicr  feine«  25jfi6rigcn  SubiläumS,  1874.  9ie^f*er.(£ifenIoir, 
%3ürttembergif(6e  ITir^engefe^e  II,  §  86;  Stölin,  gf^ec^tSDcr^nitnid  ber  religtöfen  (Gemein» 
fcbaften  1870,  @.  87 ;  9}itf4I,  @)ef(6ic^te  beS  $ietidmiid,  III,  @.  187.     ^ie  Don  ibm  dtierte 

60©(6rift:  3um  ^Inbenfen  an  ben  ooffenbeten  &.  ^.  ^offmann,  ©luttgart  u.  (Sannftatt  1846, 


iDor  mir  nic^t  jugängltd);  ®riineifen,  9Ibrig  einer  6)ef4tc^te  ber  reliaiöfen  @)emetitfd)Qften 
©ürtiembcrgS  in  3^0^"^  8ö^^  1841;  Volmer,  ®emcinfdjaftcn  iinb  ©eften  ©urttcmbcrgS, 
^orlefungcn,  berouÄgegcbcn  üon  ^xo\.  Ritter,  1877.  S^gl.  boju:  S)ic  ©emeinfcöoftcn  unb 
Seftcn  in  ©ürttemberß,  ^lagem.  euoug.  fiulft.  ^irdicnjcitung  1878  9?r.  20.  21.  22.  23  (t>on 
^.  SAmibt).  Ucber  ble  Sebcutung  Seornt^ol«  für  bie  innere  ^iffion  f.  ^.  ©(^rnibt,  ®cfd).  6 
ber  inneren  TOlffton  in  Sürttemberg  1879,  @.  52  ff.  Ueber  bie  ©inrit^tung  ber  ©emeinbe 
giebt  qu4  bod  äemeinbebüd)(ein  $(iiffc^(u6.  9ud  ber  biird^  bie  (Sntfte^nng  ber  @)emeinbe 
oeTonlagten  IBrof^ürenlitteratur  feien  ermähnt:  ferner,  ^freimütige  ^Betrachtungen  über  bie 
neue  politii4*reitgiÖfe  (S^emeinbe  ^u  Württemberg  1819;  S3ilfinger,  SBemerfungen  gegen  bie 
^nric^ien  ber  neuen  religiöfen  ®emeinbe  in  ^.,  1819;  Steubel,  ^in  Wort  ber  Sruberliebe  lo 
an  unb  über  bie  ®emeinf(t)aften  in  W.;  So^nmaier,  IBruber  Ulrich  an  bie  lieben  IBrüber  ber 
neuen  (^meinben  in  W.,  1818;  @,  ^artg.  Ueber  bie  $ietiften  mit  bef.  SRü(!)td)t  auf  bie 
roürtlembergifc^en  unb  i^re  neueften  SScr^ältniffe,  1819;  bcrf ,  ^offmSnnifd^e  5^ropfen  gegen 
bie  d^Iaubeni^o^nmac^t  unferer  3^it  ^32^-  ^in^elned  für  bicfen  ^rtifel  burfte  auc^  ben  ^tten 
bed  St,  ftultudminifteriumd  entnommen  merben.  16 

2)er  toürttembergtfc^e  ^ieti^mud,  obtDol^I  bon  @))ener  unb  bon  ^anle  angeregt, 
^otte  hod)  eine  eigentümliche  ®eftalt  angenommen,  teild  fofem  er  tDenigec  imjlam)}fe  mit 
einer  ort^obo^en  t^eologifd^en  Xrabition  begriffen,  ber  ))o(emifc^en  (Sd^rfe  entbel^rte,  teil^ 
fofem  er  eben  borum  aud^  Weniger  alabemifdf  au^ebilbet,  me^r  in  bie  Greife  be^  eigent« 
Kdj^  Solled  eingebrungen  toar,  tetld  enblicp  fofem  er  burc^  feine  $au))tbertreter  unter  ao 
ben  ^i;^logm  ein  mel^  leJ^r^ofted  (Slemmt  in  c^iliaftifd^er  unb  tl^eofo))^ifcl^er  Slic^tung  in 
fvif  aufgmommen  ^tte.  3lud^  feiner  geitlid^m  Srfc^einung  nad^  btlbet  er  eine  eigentüm? 
üi^  9Dbtetlung  inner^b  bed  $tetidmud.  ^ä^renb  ber  $allef4e  ^ietidmud  um  bie  3Ritte 
bed  18.  2la^r|unbertd  feine  $ö^e  bereite  überfc^rittm  l^tte,  erlebt  ber  toürttembergifd^e 
ecfl  in  ber  jtoeitm  Hälfte  btefed  ^^^^^^nbertd  eine  folc^e,  aU  bie  Sd^üler  bed  1752  ber^  25 
ftorbmm  3-  3f-  Swgel,  be«  toürttembergtfd^en  Äird&mbaterd,  il^re  SBirffamfcit  entfalteten. 
9{eben  bm  Xrögem  biefer  Slid^tung  im  nrc^lic^m  9(mte,  einem  Oetinger,  ^in,  ^f),  3R, 
fyä^n,  9urt,  @tein^ofer,  Stieger,  $ood,  toar  etS  ber  1758  geborme  Sauer  Wtd^ael  ^a^n 
(f.  b.  3L  Sb  VII  6.  343),  ber  bem  ^iettdmud  eine  eigmtümlic^e  ©eftaltung  unb  Belebung 
brod^te,  inbem  er  bie  So^mefd^e  @)}eIulatton  emeuerte  unb  toefentlic^  bagu  bettmg,  ba|  so 
bie  i>ietifitif(^m  Säten  ein  l^^öi^ered  Setou^ein  il^rer  religiöfen  @elbftftänbtgleit  em))^ngm. 
Dtefed  Sabftftänbigteit^efül^l  ber  religii^  angeregtm  Saien  erl^ielt  gegm  @nbe  bed  3^^- 
^imbertd  bon  berfc^iebmm  @ettm  l^er  toeitere  9!al^rung.  Stnerfettd  ^otte  bie  Serbinbung 
mit  ber  6^rijimtum^efellfc^aft  in  Safel  (f.  Sb  III  @.  820  ff.),  bie  erftm  änregungm 
^  bem  mobemm  Sereindtoefen  gegebm,  bad  bie  XJ^ötigleit  religiös  angeregter  Saien  für  85 
bie  3^»^^  ^  Sleid^ed  @otted  in  befonberem  SRa^e  in  Slnf^mc^  nimmt.  9(nbererfeitd 
^e  nod^  bem  Sludfterbm  jener  @etftltc^m  aud  ber  Smgelfc^m  @(^ule  in  ber  ßirc^e  ein 
@etfi  Staum  getoonnm,  ber  mit  ber  })tetiftifc^en  Xrabition  in  einem  getoiffen  ©egmfa^e 
fk^  befanb.  3)er  biblifc^e  @u^ranaturalidmud,  bm  ber  jüngere  Ston  auf  ber  loürttem^ 
bergtfc^  ^od^fd^ule  begrünbet  l^^atte,  erfc^etnt  bem  älterm  Smgelfd^m  Sibltudmud  gegen«  40 
über  toefenUi^f  aU  bon  bed  ©ebantmd  Släffe  angehänielt,  bad  neue  Xl^eologengefd^lec^t, 
bod  bon  ber  Storrfc^m  Schule  ergogen  tourbe,  entbehrte  gro^nteild  ber  {raftboUm,  ori» 
ginellm,  religiöfm  ^nntgleit,  burd^  toeld^e  ftd^  bie  3Ränner  ber  frül^erm  ©eneration  au^ 
gegetc^et  l^m.  yloc^  me^r  aber  lourbe  bon  obm  l^er  ber  SSerfuc^  gemacht,  bie  alhu« 
tDorme  reltgiöfe  3ltl^mofbl(^are  ab}ulü^len.  —  3la6^  einem  mebr  ald  60iäl^rtgen  lat^olifdpm  45 
^erregnum  ^tte  im  ^cä^t  1797  fj^ebrid^  I.,  ein  ebongelifc^er,  in  ber  fnebericianif4m 
6<^e  aufgetoac^mer  ^rft  bie  RiiQd  bed  Slegimented  ergri^en.  3Son  92atur  gu  getoalt« 
ÜfäAQtm  Sorge^m  gmeigt,  in  auflElärerifc^er  Suft  erjogm,  glaubte  er  auc^  bei  lirc^lic^m 
(Singriffm  ha&  befonbere  3)li^traum  nic^t  fürd^ten  gu  mü{|en,  bad  fetnm  Sorgängem  aU 
9lnberig(äubigm  fold^  Singriffe  unmöglid^  )u  mad^en  gebrol^t  ^otte.  ^m  5treife  ber  60 
Oberftn^mbepdrbe  felbft  l^atte  ein  einflu^retd^ed  ^it^lieb,  bad  ber  9Ieologie  juneigte,  ©rie:: 
finger,  ^fücdi  gefunbm.  S)er  bureauhratifc^-abfolutifttf^e  3^0  berbanb  ftd^  mit  bem  auf:: 
D^rerifc^  m  einer  mi^auifc^en  Sel^anblung  bed  $ietidmud.  tiefer  l^tntotebemm  fing 
an,  mit  no<9  größerem  Wi|;traum  gegm  bad  ^irc^enregtment  ft^  gu  erfüQm,  boQenbl 
a(d  im  3a^e  1809  bem  mobemm  ©efangbuc^  bon  1791  aud^  eine  ftart  rationaltftermbe  66 
Xgmbe  fo^te,  bie  nammtlic^  bie  älbrenunttation  bei  ber  2^aufe  aufhob  unb  mit  allen 
)»oU)etlid^  3)Iad^tmitteln  eingefül^rt  toerbm  foQte.  @elbft  bad  Siecht  ber  @emeinbm, 
gegm  bie  Xnftellung  eined  mi|liebtgm  ©eiftlic^en  ein  begrünbeted  Seto  etnjulegm,  ging 
feit  1810  berlorm.  äuc^  bie  gemäßigteren  ruhigeren  ^ictiftm  füllten  ftc^  burd&  biefe 
getDoItfamm  liturgifc^m  9{euemngm  tief  gehäuft,  ^abei  ^at  iebenfaQ^  bad  bem  fc^toä«  ao 
btfd^  9}oUe  befonberd  auf  bem  Sanbe  eigentümliche  gäl^e  ^angm  am  hergebrachten  mim 


40  Stovntttal 

beftend  fo  Diel  9(ntetl  gehabt  ald  ber  ©laube,  benn  bic  neue  $eftaIo)}tfc^e  Sel^rmetl^obe 
iüar  in  biefen  Steifen  eben  fo  ber^ajt.  35ie©eele  aber  ber  ganjen  })iettftifc^«n  SBetoegung 
jener  ^At  ift  ber  burc^  93engel  enttvicfelte  Sl^tlia^mud;  ber  in  ben  getoaltigen  SCBel^ 
ereigniffen  bie  fieberen  93orboten,  in  bem  üon  Sengel  bered^ncten  ga^r  1836  ben  für  un« 

6  trüalid^  gehaltenen  Termin  be^  3WiIIenium«  fa^.  3)ie  3^l(^ätigfeit  ber  Jlrübener,  bie  ?ßer« 
fönlic^teit  be$  Jtaifer^  Slle^anber  fd^ienen  bie  Einbeulungen  bon  Sengel,  befonberd  ober 
au^  t)on  S^ng^StiUing  auf  Slufilanb  ald  Sergung^ort  ber  @emeinbe  in  ben  3^^^  ^^ 
d^riftlic^er  $$erfoIgung  ju  rechtfertigen.  Stielet  }u  überfeinen  ift  ber  (Sinflu^,  toel^fen  ber 
\\oax  t)on  ben  $ietiften  insgemein  nid^t  gebiQiate  ober  nad^geal^mte,  aber  auc^  nic^t  mU 

10  wieben  Dertoorfene  ©e|)aratigmu^  ^aipp^  (f.  b.  91.  $arntoniften  SSb  VII  6. 432)  mit  feiner 
O))))ofttion  gegen  bie  itirc^e;  feinem  läu^gug  nad^  älmerila  unb  feiner  ©emeinbegrünbtmg 
übte,    ^aju  tarn  noc^  bie  fouale  9tot. 

9(1^  nun  ber  %o\>  bem  ^ef))otidmud  ^ebric^  I.  ein  @nbe  mad^te,   toor  eine  ber 


erften  ^a^reaeln,  toelc^e  bad  liberale  Slegiment  SBill^elm^  I.  antünbi^ten,  bie  Suf^ebung 
bed  ftrengen  Slu^toanberung^berboted.  ^unberte,  ja  taufenbe  Don  $iettften  jogen  ie^t  naq 
bem  füblid^en  9tu^lanb,  um  l^ier,  bem  $)rudt  ber  ftaatlid^en  unb  fird^lid^en  ^oiijei  ent« 


rönnen,  ben  93ergung^ort  Dor  bem  älnti^rift  ut  finben  unb  jugleid^  ben  af)otalM)ttfc^en 
@reigniffen  nö^er  gerüdtt  )u  fein.  3)er  neue  iRegent  tou^te  bie  ))olitif(^en  unb  Dolfötoirts 
fc^afüid^en  ^lad^teile  tooi^l  ju  toürbigen,  toelc^e  aud  biefem  @ang  ber  3)inge  bro^ten,  er 

20  lie^  fofort  audb  in  ber  Se^anblung  lird^lid^er  ^^g^  ^ne  Derftänbni^oDere  $anb  f})üren 
unb  beeilte  \\4  @(^ritte  gur  SlbfteDung  biefer  3Jtipänbe  )u  tl^un.  @d  erging  fc^on  unter 
bem  14.  ^ebruar  1817  ein  9(u^f (^reiben  an  fämtlid^e  obrigfeitlic^e  @teUen  bed  Sonbed, 
be$  ^nl^alted,  ba^  bie  )ur  Slu^toanberung  geneigten  Untert^anen  bor  \m  Sudfül^rung 
il^red  SSorl^aben^  getoamt  unb  auf  bie  bamit  Derlnü))ften  ©efa^ren  l^ingetoiefen  iperben 

25  foHten. 

^iefe^  älu^fc^reiben  nun  gab  bie  SSerantaffung  jur  @nttoid(elung  bed  ©ebantend  ber 
©rünbung  einer  eigenen  ©emeinbe  —  eine«  ®ebonfen«,  ben  o^ne  gtoeifel  ber  Url^eber 
be^felben  fc^on  Dorl^er  betoegt  unb  tool^l  aud^  im  Äreife  ber  näc^ften  ©enoffen  fd^on  be« 
fjjrod^en  l^atte.    3)enn  fd^on   unter  bem  28.  ^bruar  1817   lie^   ber  Sürgermetfter  unb 

so9!otar  @ottlieb  Sill^elm  ^offmann  Don  Seonberg  atö  ätnttoort  auf  ben  @rla^  Dom 
14.  ^ebruar  eine  ^^n^^biateingabe  an  ben  ßönig  abgelten,  toorin  er  barjulegen  fuc^fte, 
ba|  bemjenigen  2^eUe  ber  Slu^toanberung^tuftigen,  toet^er  toeber  bur^  eigentlid^  fe^Ktro« 
tiftifd^e  @runbfö^e,  no(^  burd^  äußeren  Mangel  auf  fold^e  Slu^toanberung^ebanten  ge» 
bracht  fei,  fonbem  lebiglic^  burc^  ben  religiöfen  RtoanQ,  biefe  Suft  leidet  genommen  toerben 

36  !önnte,  toenn  bie  @rric^tung  Don  ©emeinben  erlaubt  toürbe,  toeld^e  bejüglid^  il^^rer  lirc^- 
lid^en  Einrichtungen  Don  ben  orbentlid^en  93e^örben  ber  ^ird^e  gan}  unabhängig  to&ren, 
o^ne  bamit  aud^  au«  bem  SSerbanbe  ber  lut^erifc^en  Jtirc^e  im  allgemeinen  au^jufd^eiben, 
beren  Se^re  fte  im  ©egenfa^  )u  ben  in  il^rer  SRe^r^a^l  Don  berfelben  abgefallenen  Seigrem 
ber  ^trc^e  gerabe  feftl^alten  tooDten.    ^offmann  burfte  ftd^  eine  berartige  (Singobe  um  fo 

40  el^er  erlauben,  al«  er  in  ben  streifen  be«  bamaligen  $ieti«mu«  too^l  berjenige  ^ann  toor, 
ber  mit  ben  ))olitifc^en  ©etoalten  in  ben  Derl^ältni«mä^ig  näd^ften  Sejie^ungen  ftanb.  Stö 
bcrSol^n  eine«  in  toter  Drt^obojie  unb  gef e^lid^em  Ätr^entum  befangenen  ©eiftlic^en  1771 
geboren,  batte  $offmann  ben  getoöl^nlid^cn  93ilbung«gang  be«  alttoürttembergifc^en  SSer« 
h)altung«beamten  eingefd^lagen  unb  toar  in  eine  @d^reibftube  eingetreten.    $ier  erlebte  er 

46  in  feinem  18.  ^al}xt  eine  ©rtoecfung  im  Stile  be«  ^ieti«mu«.    3Son  ba  an   trat   er  mit 

ben  ÄorVl)^äen  biefer  Slid^tung,  namentlid^  mit  ben  ^farreni  ^Hac^tolf  in  SKöttlingen  unb 

flattic^  in  SRünc^ingen  in  engere  äierbinbung.    älQein,  toenn  bamit  aud^  ba«  religidfe 

Jntereffe  jum  3Jlittel))unIte  feine«  Seben«  geloorben  toar,  fo  geigte  er  fid^  boc^  nid^t  minber 

in  ben  toeltlid^en  älngelegenl^eiten  al«  ein  fel^r  energifc^er,  toeltgetoanbter  unb  toelterfal^er 

50  Beamter  —  namentlid^  in  ben  ^Äim  ber  9leDolution«friege,  toö^renb  toelc^er  er  ol« 
£anbe«Iommipr  i^ur  ©inquartierung  ber  2;rm)})en  fungierte.  SRad^  feiner  (Ernennung  jum 
faifcrlid^en  5Wotariu«  im  Anfang  be«  gal^r^unbert«  jum  ämt«bürgermeiftcr  in  bemStäbts 
(|fen  fieonberg  ertoä^lt,  trat  er  aud^,  al«  nac^  bem  SBiener  Äongre^  bie  38erl(Kxnblungen 
über  einfü^rung  ref}).  Sleorganifation  ber  toürttembergifd^en  38erfaffung  begannen,  al«  Ab« 

55  georbneter  be«  Sejirl«  Sconberg  in  bie  ©tänbcDerfammlung  ein.  So  toar  ^offmann  ber 
naturgemäße  Berater  unb  Vertreter  feiner  ))ietiftif4en  Srüber,  too  e«  fid^  um  ben  SScrfel^ 
mit  Sel^örben  ^anbelte  ober  um  38eranftaltungen,  ju  benen  befonberc  SBclterfal^rung  unb 
Drganifation«talcnt  gel^örte.  S^^l^^fonbere  l^atte  er  bei  ben  Äämjjfcn  loiber  bie  neue 
9[genbc  unb   i^re   mit  bem  ätuftoanb  be«  ftaat«fir(^li(^en  $olt)eiat)))arate«  Derfuc^te  @in« 

60  füi^rung  al«  33crfaffer  Don  Sittfc^riften  unb  Sefc^toerben  im  3?amen   ber  Beteiligten  eine 


ftomt^al  41 

rege  I^gfrit  entfaltet,  ftömg  SBil^elm  bcrftanb  bcn  ©tnfluj  berarttger  3Wänner  tool^I 
)u  f(^ä|en  imb  ed  lann  bälget  ntc^t  SQunber  nel^men,  ba^  bem  äSorfc^lage  be$  Seonberger 
Slmt^bürgermeifter^  t)oQe  Sead^tung  tm  föntgltc^en  itabinette  gu  teil  h)urbe.  @(^on  unter 
bem  1.  äj)ril  1818  erfolgte  eine  löniglic^e  Sntfc^liefeung,  burd^  toeld^e  §offmann  aufge* 
forbert  tourbe  1.  einen  genaueren  (Snttourf  für  bie  ©inri^tung  folc^er  ©emeinben  borju*  6 
legen,  2.  angugeben,  tote  biel  $erfonen  ettoa  auf  biefc  SBeife  jurüdfge^alten  toerben  lönnten. 
^nbem  ^offmann  ben  gleiten  Sluftrag  ablehnte,  in  toelc^em  er  geh)if|ermaf(en  eine  %ciSit 
erblicfte,  bur^  toelc^e  er  pc^  aU  Agitator  »erraten  toürbe  (e^  toaren  ettoa  5000  5ßerfonen, 
ti>el<i^  bei  feinen  SSertrauen^männern  ftd^  einjeid^neten),  reichte  er  unter  bem  14.  9l)}ril 
einen  Snttourf  ein,  ber  ftd^  au^rüdSi^f  auf  ben  SSorgang  ber  93rübergemeinbe  begog.  lo 
$atte  bie  ledere  bod^  fogar  unter  bem  autohratifc^en  9legiment  be$  Aönigd  ^ebrid^  1806 
in  bem  f)>dter  an  93aben  abgetretenen  ßönig^felb  älufnai^me  gefunben. 

SQIetn  biefer  rafc^  ©inleitung  ber  ©ac^e  mi]pxad)  nic^t  ebenfo  bcr^ortgang.  Sei 
Prüfung  bed  borgelegten  (Snttourfd  lonfurrierten  biele  93e^5rben,  mand^er  mberftanb  toar 
gu  übertDinben,  fo  ba^  bie  aUfeitige  @ntf(^eibung  erJ^eblic^f  länger  auf  ftd^  harten  lie^,  al^  i6 
bie  Ungebulb  ber  beteiligten  für  nötig  ^ielt.  Obgleid^  ^offmann  anfangt  ed  abgelel^nt 
batiz,  t)on  fid^  aud  eine  93elanntmac^ung  be^  $lane^  gu  beforgen,  um  ^d^  leinen  aUgu» 
großen  Slnlauf  auf  ben  ^aU  gu  laben,  ein  f))äterer  SSerf uc^  aber,  burd^  eine  S^itung^notig 
ben  @tanb  ber  S)inge  brfannt  ju  mad^en,  bon  ber  SSorftc^t  ber  Slebaltion  bed  @c^toäb. 
SRerfurd  gurtidfgetoiefen  tourbe,  fo  lonnte  e«  bod^  nid&t  fehlen,  bafe  bie  betr.  Srübertreije  30 
boDon  unterrid^tet  tourben  unb  in  bem  ^ungerjal^re  1817  bie  älu^toanberung^luftigen  mit 
ber  grage:  ob  ,;ge^en  ober  toarten"  ben  Urheber  be^  ©ebanlen^  l^art  bebrängten.  ®od^ 
erft  unter  bem  8.  ©ej)tember  1818  erfolgte  bie  löniglid^e  ©ntfc^lie^ung,  tooburc^  einer 
tttoa  ftc^  bilbenben  religiöds})olitifc^en  @emeinbe  bie  Erteilung  eined  $ribilegiumd  guae« 
fi^^  tourbe.  llrf))rünglic^  fd^eint  $.  ^ol^en^eim  ind  äluge  gefa^  gu  ^aben,  aber  für  25 
biefen  günfliger  gelegenen  Ort  erl^ielt  er  bie  föniglic^e  ®ene^migung  nic^t.  @o  erfolgte 
bie  @m>erbung  bed  @örli$fd^en  Slittergute^  Jtomtl^al  am  12.  Januar  1819,  am  22.  älug. 
1819  bie  gunbation^urfunbe  unb  am  7.  9lobember  be^felben  ^q!1)x^  bie  ßintoeil^ung  be^ 
Setfold  ber  (Semeinbe. 

Sei  ben  Ser^nblungen,  toeld^e  auf  biefe  SBeife  gum  9(bfd^lu^  lamen,  toar  ^offmann  90 
natürlich  nur  in  Serbinbung  mit  ben  übrigen  ^ü^rem  be$  ^ieti^mu^  ^vorgegangen.  §n^ 
befonbere  toar  eS  ber  (Singangd  ertoä^nte  SJlic^ael  ^a^n,  ber  aU  ebenbürtige  ÜKac^ft^offs 
mann  jur  ©eite  ftanb  unb  gum  SSorfte^er  ber  neuen  ©emeinbe  befigniert  toar,   aber  un- 
mittelbar  nod^  bem  @m>erb  bon  ftomt^l  ftarb. 

&dfon  bie  @emeinfd^aft  biefe^  ^anneiS  toürbe  e^  ertlären,  ba^  ber  ©emeinbe  ein  85 
umfaffet^erer  ^toti  gegeben  tourbe,  ate  er  in  ber  urfprünglic^en  §offmannjd^en  ^IJlotis 
bierung  geforbert  fc^ien.  Slid^t  ber  ©ebanfe,  bie  altlut^erif(|e  reine  fie^re  bor  ber  ©e* 
fo^bung  bun^  ^Ib  ober  gang  rotionaliftifc^e  ^ird^enbe^örben  ju  befc^irmen,  trat  cd^  bie 
@emeinoeorbnung  beftimmenb  l^ert)or,  fonbem  bielme^r  bie  bon  älnfang  an  im  $ietidmud 
lebenbe  gbee  ber  Slealifierung  einer  ©emeinbe  bon  Sele^rten.  $atte  fic^  ber  ältere  ^te^  40 
tidmud  mit  ber  ätealifterung  biefer  ^bee  in  ben  ^onbentifeln  begnügt,  fo  trat  bagegen  in 
ber  fyify^]d^  Slbteilung  eine  getoiffe  O))))ofition  gegen  bie  Jtirc^e  ^ert)or,  bie  teild  fd^on 
barin  begrünbet  tt>ar,  ba^  an  i^rer  @))i^e  ein  £aie  ftanb,  ber  ftc^  burc^  bad  $rit)ilegium 
ha  ®^^väfm  gur  Übung  be$  Sei^ramte^  beengt  fa^,  teil^  in  einem  bem  tl^eofo))^if(|fen 
Se^ebäube  $abnd  in^ätierenben  a^Ietifc^^gefe^lid^en  3ug,  ber  bie  @emeinfd^aft  k)on  ^anb-  45 
^ung  ber  Ruqt  abhängig  mad^en  tooÜte,  unb  f^d^  auc^  me^r  ober  Weniger  beutlu^  in 
einem  ®egenfajj  ju  bem  ®eift  ber  lird^Uc^en  Se^re  toujte,  enbltc^  in  bem  ajvolal^ijtifc^en 
®Iauben  an  bie  unmittelbare  3"^wnft  be«  §erm,  auf  bie  man  [xd^  nur  burc^  Sammlung 
ber  ©töubigen  red^t  borbereiten  tonne.  3)iefer  le^terc  3^0  ^^^  ^^"^  fd^h)äbifc^en  $ieti^ 
mud  gemeinfam  unb  bie  9lu^toanberung^)üge  na^  9lu^lanb  »erfolgten,  toie  toir  fa^en,  60 
nic^t  nur  ben  negatiben  3^^'  ^^^  ©etoiffen^jtoange  ftd^  ya  entjiel^en,  fonbem  auc^  ben 
)>o^t>en,  bem  ©djfauplafe  ber  fommenben  Jtataftrojj^e  nä^er  gu  fte^en.  SSon  biefem  ®e== 
ftc^t^untte  aud  toar  aud^  ^offmann  einem  relativen  Separatismus  nid^t  abgeneigt,  ^at 
er  ho^  aud^  fein  Seben  lang  bie  Äird^e,  i^re  SSertrcter  unb  il^re  3i5iffenfd^aft  nur  ate 
i^inbemiffe  oQeS  t^ortfd^rittS  im  äteid^e  @otteS  beurteilt!  ©obann  ^atte  au^  bicSrüber-sö 
gemeinbe  genügenb  auf  il^n  getoirlt,  um  i^m  bie  ätuSgeftaltung  beS  c^riftlid^en  SebenS  in 
einem  ®emeinbeorganiSmuS  ju  einem  toünfd^enetoerten  ^beal  )u  machen,  ^{amentlic^ 
reijtc  i^n  auc^  baS  SSorbilb  ber  Srübergemeinbe  auf  inbuftriellem  unb  päbagogifd^em  ®es 
biete.  S)er  ®ebante,  auS  ber  ®cmeinbc  eine  3Kuftergemeinbe  in  getoerblid^en  Unter* 
ne^mungen  gu  ma^Kn  unb  burc^  Srjie^ungSanftalten  i^r  einen  Sinflu^  auf  baS  Solföleben  60 


u.  nnvrr.   wvlz  :*r  ü^ir  r:v.L  .-rpiu  ?.rli     r :  izir  s  i':nir.    rs|>  ipcin:  snd»  rvn  idl* 

Üü'uiuinoi:  ^r  i'.rE*cri:ri:  >2:  ?e!*i:5  ;- .irsärTt:?.     Cr    lrl::^:    i^aiu    er   hacncr  {^ora: 

ras  .i'::'rT:iL'ranr  lyrzcz  oxT  —  Mrr  $^ii.  '■■■■inu'  >r:  crcsriiaicani*'  —  ic!^uIld«  ^CI^ 
I  i:ii -:it*Tn:n:iitrn:ir.  un^Tiii:  »ex  inr  i;  i.'>r  :?*:^an:  >::  ixrrranamr  -nuC^cmcr  fint= 
iu:*r  ?^üa*r  unr  :arjma:-T.r?r^r  J'nnrrimr  zir  >a^  IlizmaT:  3:  >lrji»r  nn?  Sdulc 
nrMi>rr  ;x  inr.  T-'^a  iri=>j  ^L  "Vjor.^.-nr  ar  >jr  a-ijrj  fmuöcE  Siid«cni  nüfct 
n^  ^n^  SB.a?;.  rrjir.isr  in-^  laT^n-T-^n  iri.  ttizt.  naa  >c:  r^l^=l£I^a^ct  JS^ianLmung 
inrr  Siil^unr  vzni  zm^zzicr  i-^ini^.     J?  ^iria::  tu:  iD.nr  aL-  ^u?i^^.  JLixxnhciL  Mfe  lüfct 

.  ras  >^^i^^-  ^-  Ctr^'^-T^^  ^-  i-irtr^-auva  Ä*r  >:*  hraüia^a:  äasiasnuif  irsizbgcn 
>r  f'in  ^r  S>cn>:ai:ru  c^:  i.-n-^Tr  raj  inrnria«.  ^af  almnfs  >cr  iniünxtai  Bnrras 
Tucxanisnui^  ar  Soiaisri^umr  :«a:  a>2:  anr  T.pzizlis^zr  .^".uilimTfi:  Tu  rdi^xm  nnb 
Tcixat  iJ^clsaÄa:u^l:.  Jf  n:  ra*  7^:a.  .-mr  ar^'nz.n-TC  ir^cic^incr.  @lC^U3Il^e,  ^a^ 
onanrs^  cn    Ju  ^»«•i^^  >r  6rarrJ^la:  v'l^    a:*   ^af  5»«'^3    i»c:  5*anmiM    qdicn. 

ai  ^as  a;2i:  ma  aLr  ^0:1.131!--^  >=3«  aisf  >:ir  2^r»anim»annuir  ipciita:  3Bid^d 
oam  TiE  ?t  5»cm::ni>.  y-srrtzi^z.  >.'  >r^ma:  ^a:  &r  Xtl  t  a?;  Ssici.  Z'OnnB 
Tm:  aiia  rt  ^:n  raana  air  aiir^iu^on^r  ^l.  iürr±.  ^;»ar^i::  VKxaa  rid  an  lUunj 
>r  t:aB»n;ai2T:  namnuiia  air  äoniar-n^.  nr^  iiü-iau-i  ais*  >r  $»ansxiiXK  beruhen. 
Ci  aarn-    aua    ?i.'t;nin:r  iuniu    r»^a».    ^l.    ^anan-T.    iKr^ar»r:unarr   -nrcu    nad^xcn. 

s  ?;cr  rar  ca:  ^lS:  ^Vnifi.  tt.::  aL.i.T^'ni-T.  .'♦„•acr^apn-  irTTa»^«Lr:  imtMn:  idoo:  snd> 
acrama.  ir  rrha^r  c'nthar  J>j>jri>T  u.  ar,*:!.T.  "^.r  .rnr-a:  £Sr;i3um4  ins  mrmal  m 
5>iraar.  :ai  mar  ri.  aiü  >.r  -:u?jn.nra.*-  ua  -.^».nnjx^.  '^ninJtcvn'  ftstcäamrcadtc  l« 
tiKiinin^  r-T  »:ajT  ^i'  riaa:.^  niav  >.t  aloir-cciia*^  ^"ms  ^zsüiflict  Srraucriäfo» 
rrr-raa^n  tmna.      ^i.    .^».Tj^^-TC-ar  i'r.rj.   an:    :r^  ?as?ci:unuaia^   rstr.  irnia^nnonfo 

h  TUT  •.:  Tia»aT.  ra?  ti.  ::Tr.  3i;i:>a  ^a:''•:lrT:.•.^  ja-  :na.>=:ui  r.atL:iais  ^otic^  a:  dna 
ar-r::  :>»:mnra*.  ''.•iruiraan^.  r-:*^rT  a:«*:  N':  dLus^aiX't  ais*  >r  Jnaitaiü*:  aai  rinc 
5*:hs^r^a^.^=^^u'  nrnr-jrJ'u-  T:.r.a«-T  ir-rirj.  .•v::r>T  ^l.  ':^ciT>a:  ^tt  iTnaiu-  ax  Inc  6in= 
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^'»n:.rnL-     .la'jTr.T.   r.iar:  rar   ravTr*.    -/r^ar  aiir   'ur  ^ai   ;:or:ai:»5c-a!T:  >£  xioabc  l« 

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6dte  ^in  ber  äluffu^t  ber  ftaatötird^ltc^en  Organe  unterfteQt  (ein  follte,  tuobei  t)on  feiten 
ber  ©emeinbe  nur  ber  SSorbel^alt  gemalt  tvurbe,  bag  be^ügltc^  ber  SlnfteQung  be^2el^rerd 
unb  bed  ©ebraud^  ber  tirc^Itd^en  Sel^rbüc^er  in  ben  Schulen  i^re  Selbftftänbigleit  ge- 
tiHil^rt  bleiben  unb  fte  in  biefer  93e|\ie^ung  lebiglid^  ber  aOgemeinen  @taatöaufft(|t  untere  5 
geben  fein  f oUte.  ®er  ft)ejififc^  })ietiftif c^e  3ug  bcrriet  fid^  in  ber  gorberung,  bafe  aufter  in  ben 
inrbent(id^en®otte^ienften  auc^  bie  £aten  bag  Stecht  ber  ßrbauung  ber  ©emeinbe  l^aben  foDten. 

tiefer  toid[|tigfte  2^eil  be^  @emeinbeftatutö,  a\ii  bem  tt)ir  l^iermit  bie  $au))t))unlte  an^ 
gefü^,  enthält  offenbar  ba^  3beal  einer  j)ietiftifc^en  ©cmeinbe,  unb  c^  toirb  bie^  nod^ 
beutli^fer,  toenn  man  l^^injunimmt,  ba^  bie  Jttrd^enjuci^t  indbefonbere  auc^  auf  Jlleibung,  10 
Slo^ng,  Seitüre  au^ebel^t  h)erben  folltc.  ®iefer  Seil  be«  ©cmeinbeftatut«  bürfte 
au(^  gan)  befonberd  auf  bie  Sintoirfung  ^id^ael  $a^n^  prücfjufü^en  fein.  9ltö  ba^  ben 
beiben  ^(en  gemeinfamc  3)ogma  aber,  toeld^e^  für  bie  gorberung  ber  Äerftellung  ber 
3u(^t  getotffemtagen  bie  Safid  abgab,  ift  ber  Sl^ilia^mu^  anjufe^en.  Sie  @emeinbe  foDte 
\a  xddft  tttoa  nur  ein  Sergung^ort  bor  einer  rationaliftifd^en  Siturgie,  fonbern  bor  ben  15 
unmittelbar  beborflel^enben  antid^riftTtd^en  Jtäm))fen  fein,  unb  jtoar  nur  ein  borläufiger 
(etlic^  Jlomt^let  jogen  f})äter  bo(|  noc^  nad^  Sluftlanb).  3)ie  ettoa^  (eid^te  93auart  ber  $öufer 
in  ber  neuen  Slnftebelung  foO  ftc^  ber  Sage  nac^  nid^t  nur,  au^  bem  3)rang  ber  Umftönbe 
unb  bem  Streben  nac^f  93iQigteit,  fonbern  auc^  aui  ber  Überzeugung  ertlören,  ba^  bi^ 
gu  bet  beborfle^ben  3Be(tIataftro))^e  aud^  ber  leic^tefte  93au  au^reic^e.  ©etoifferma^en  ao 
ald  britte«  (SIement  neben  bem  3"*^^!?«  ^^  Slbtoel^r  be«  rationalifierenben  ©taatöfird^en* 
tumd  unb  ber  ^erfteDung  einer  reinen  ®emeinbe  machte  ftc^  bei  Einrichtung  ßomt^ald  bad 
Sorbilb  ber  Srübergemeinbe  geltenb,  bad  namentli^  auf  $offmann  einen  großen  9leij 
ausübte.  9{i(^t  nur  in  ber  ^erübemal^me  etlid^er  liturgifd^er  Sinrid^tungen,  in  bem  ®e« 
banlen  ber  Silbung  bon  Stören  mad^fte  ftd^  biefc^  SSorbUb  geltenb,  fonbern  bor  aDem  25 
audf  bann,  ba^  bte  ©emeinbe  bie  p&bagogif(|fe  ätufgabe,  toie  f^e  in  ben  9(nftalten  ber 
Srübergemeinbe  mit  fo  biel  Srfolg  bel^anbelt  lourbe,  in  Singriff  nel^men,  baft  fie  eine 
SRifftondanftalt,  3)rutferei  u.  f.  to.  errichten  foQte  unb  in  inbuftrieDer  SSejie^ung  in  bem 
bomold  no<^  giemlic^  inbuftrielofen  Württemberg  eine  befonbere  Sebeutung  gu  erringen 
fk^  bemü^  foUte.  ^eilic^  gerabe  bon  biefen  le^teren  $(änen  $offmann^,  beffen  fan-  ao 
gutntfc^  Xemt)erament  für  l^oc^fliegenbe  ^rojefte  eine  bejonbere  Steigung  berriet,  trat 
toemg  ind  2eben.  28ie  eS  im  toefentlic^en  bei  ber  @inen  ®emeinbe  blieb  unb  ber  burc^ 
iQoi^  unb  bad  93eif}>iel  ber  93rübergemeinbe  angeregte  ©ebanle  eine  Weitere  Slu^bel^nung 
bed  ^er  t>ertDirIli4ten  ^beatö  ju  fud^en,  nid^t  jur  SuiSfül^rung  lam,  fo  gingen  auc^  bie 
berfui^ten  inbufhieDen  Unternehmungen  flanglod  unter,  ^atte  $offmann  in  feinen  (Sin^  36 
gaben  toteber^olt  borauf  l^ingen)iefen,  baf;  fold^e  @emeinben  an  „großen  ^ommerjialftra^en'' 
errichtet  toerben  muffen,  fo  t)etitionierte  bagegen  im  5.  Sa^rjel^nt  i^re«  Seftanbe«  bie  ®e* 
meinbe  um  SSerfc^onung  mit  einer  ©ifenba^nftation,  loelc^c  Sitte  i^r  freiließ  ebenfotoenig 
getDO^  iourbe,  olö  el^emald  ber  $la|  an  einer  großen  ^ommerjialftra^e  eingeräumt 
toorben  toor.  9lic^t  einmal  eine  eigene  SDrudferei  tourbe  eingerichtet.  3lm  e^eften  noc^  40 
fonben  bie  ))dbagogifd^en  Päne  SSermirtlid^ung,  namentlid^  bie  beiben  älnftalten  für  Söc^ter 
^l^erer  unb  mittlerer  Stäube  erfreuten  fic^  jeittoeife  eine«  bcbeutenben  Stufe«.  35ic  Ser« 
anftoltungen  jur  9lu«bilbung  ber  männlichen  ^ugenb  nahmen  ettoa«  toed^felnbe  @eftalt 
on,  t^3iele  unb  @innc|ftungen  toaren  nic|t  immer  benen  ber  übrigen  Sd^ulen  be«Sanbe« 
axiatpa^,  bte  nötigen  Sel(^träfte  nic|ft  immer  )u  finben,  e«  toaren  ba^er  me^r  au^toärtige  45 
Sd^er,  nomentli^  auc^  au«  ber  Sd^toei)^,  toel^e  ben  l^ier  beftel^enben  älnftalten  anber- 
traut  tmirben.  gmmerl^in  barf  ber  longjä^rigen  erf))rie^lic^en  SBirffamleit  bon  ^rofeffor 
^flctberer  am  Änabeninftitut  mit  Slnerfennung  gebac^t  loerben.  ®ie  je^ige,  nad^  ftaat- 
Itt^  SUiforberungen  eingerid^tete  fiateinfc^ule  ftebt  ebenbürtig  neben  ä^nlid^en  Slnftalten. 
J)ie  9Rifjion8gebanIen,  toie  fie  im  $ieti«mu«  lebten,  loaren  wenige  ^fl^te  bor  ber  ®rün-  so 
buna  ber  ®emeinbe  Äomt^al  in  Safel  jur  SRealiftcrung  gefommen,  ein  ettooiger  3Serfu^, 
in  Komt^l  eine  SRiffwndanftalt  ju  grünben,  toürbc  ju  einer  Äonhirrenj  mit  S3afel  ge- 
fö^  ^ben.  9lur  burd^  Sinrid^tung  eine«  3Jliffion«fefte«,  ba«  ol«  boHc  ®emeinbefeier, 
ntd^t  nur  im  9lebengotte«bienft  gebalten  toirb,  lonnte  ftc^  bie  befonbere  Sejie^ung  ber 
®emeinbe  jur  i^eibenmiffton  einen  9lu«brucl  berfc^affen.  56 

Sagegen  na^m  bie  ®emeinbe  burd^  Srric^tung  einer  ber  erften  9{ettung«anftalten  für 
bertDO^lofie  5ltnber  an  ben  beginnenben  älrbeiten  für  innere  ^Riffton  borbilblicben  Slnteil 
(bgl.  Ä.  Sc^mibt:  Sie  innere  SKifpon  in  2Bürttemberg,  1879,  S.52ff.). 

ffite  bie  äußere  SKiffion  i^r  ^ft  an  bem  in  Württemberg  nod^  lirc^lic^  gefeierten 
(l)N)>^ienfefl  feiert,  fo  ^at  bie  innere  i^ren  t^efttag  an  bem  gleic^fall«  no^  ftr^lic^  be<  tio 


44  ftomt^ 

flaitflcnen  ®ebäc^tnteta(|  be«  3cbebaiben  golobu«  (25.  3uK).  ©afe  btefc  gejifeiem  mc^ 
old  ä^lic^e  an  anbeten  Orten  audf  ^rentbe  angte^,  erttört  ftc^  eben  borotid,  ba^  bie^ 
felben  l^iec  boDftönbige  ©emeinbefeiem  fmb.  ^ad  ift  überl^Kxu^t  ber  9lei},  ben  biefe  ®es 
meinbe  au^t,   ba^  religiös  gefttmmte  @emüter  ftc^  l^ter  m  einer  burc^oud  gletd^^artigen 

5  Stmof}>^äre  beftnben,  in  einer  ältmof)}l^öre,  in  toelc^er  man  ftd^  nid^t  burc^  auffaDeabe  (St* 
fc^einungen  toeltlic^en  @inned  ))lö^li(i^  geftört  fü^lt.  S)arum  toirb  bie  ®emetnbe  oitdb 
je^t  noc9  gerne  aU  Stücfjug^ort  bon  älteren  ^eirfonen,  bie  i^re  Seben^orbeit  l^^inter  ^ 
l^en,  aufgefuc^t.  ^^er  gefc^a^  ba^  ouc^  tttoa  bon  foI(^en,  toeld^e  jeittoetfe  eine  gofl« 
lid^  Suftfur  gebrauten  toouten. 

10  9[m  älnfang  freiließ  —  unb  bamit  neunten  toir  ben  §aben  gefc^ic^tlic^  (Snitoidelung 
toieber  auf  —  toar  bad  Seben  naturgemäß  ein  betvegtered,  bie  Sebeutung  ber  ®emeti^ 
eine  eingreif enbere  aU  je^t.  9(tö  bie  ©emeinbe  im^al^re  1819  i^re  ©ottelbienfle  anfangt 
im  @aale  be^  ^errfd^aftlic^en  @(^(of(e^,  aber  balb  in  bem  nac^  bem  SRufter  ber  9rüb^ 
gemeinben  eingerichteten  fe^r  einfad^en  93etfaal  jul^alten  begann,  berief  fte  gu  ilj^rem  orfken 

15  ©eiftlic^en  ben  liegen  9teniten)  gegen  bad  neue  ^irc^enbu^  abgefegten  $faner  ^eberid^ 
bon  Sßinjer^ufen,  ^ugleic^  einen  93ertreter  be$  S^ilia^mud  unb  jtDar  in  feiner  grdbflai 
®eftalt.  9ltö  SSorftel^er  trat  tro^  anfänglicher  SBeigerung  naturgemäß  $offmann  an  bie 
@))i^e,  nac^bem  ber  erft  baju  beftimmte  ^al^n  geftorben  toar.  @d  toar  notürlid^,  baß  bie 
Setoegung,   toeld^ejur  ©rünbung  ber  ®emeinbe  gefül^rt  ^atte,  namentlich  in  bem  erftoi 

30  ^al^jel^nt  ftarl  fortfiutete.  3)ie  ©rünbung  ber  ©emeinbe  l^^atte  eihe  ganje  93rofc^ürenIitteratur 
^erborgerufen.  ^ie  rationalifterenben  Jtreife  in^befonbere  innerl^alb  ber  ©eiftlid^teit  lonnten 
nur  mit  aBtbertoiUen  biefe^  $robuft  be^B  „^ieti^mu«  unb  „2Rvftici8mu^"  anfe^  —  fte 
ertbarteten  nid^t^  anbere^,  al^  baß  bie  @reuel  be^  3Rvfiici^>nud  ^ier  nun  )um  Sludbrudji 
lommen  toürben  unb  baß  iebenfaui  bem  Sichte  ^eilfamer  Sluftlärung  bon  einem  folc^ 

26  @i^e  ber  ^nftemid  l^er  ®efa^r  brol^e.  älber  auc|f  bie  milberen  @u)>ranaturaliften  ber 
@torrfd^en  Schule  h)ie  Steubel  unb  93al^nmaier,  ja  aud^  ein  S)ann  unb  ber  au$  bem  Aird^s 
bienft  angetretene  ^etan  A.  ^.  ^arttmann,  fa|en  ntc^t  ol^ne  93ebenlen  bem  Unternehmen  )u. 
©ofem  fie  in  bem  ^ieti^mu^  einSalj  ber  Äird^e  erfannten,  fürchteten  fte,  baß  bie  Sanbedfird^ 
burd^  f old^e  @emeinbebtlbungen  ein  (^ut  berltere,  unb  fofem  fte  am  ^ieti^mu^  ettoad  @stra« 

80  bagante^  erlannten,  fürd^teten  fie  ntc^t  mit  Unreal  bie  ®efa^  ber  SSerftörlung  ber  Sim 
feitigleiten.  3)iefe  3lngriffe  unb  Sebenlen  bienten  natürlid^  nur  bam,  ben  ßifer  ber  tm» 
mittelbar  beteiligten  Greife  unb  namentlich  il^rer  jugenblic|fen  ^eunoe  anzuregen,  toie  bed 
bamald  nod^  auf  ber  Uniberfttät  befinblic^en  ®ottlob  93art^,  M  f})äter  berühmt  gett>ars 
benen  ®rünberd  bed  Saltber  93erlag^berein^.    ^a   eine  Slnja^l  ber  originellflen  unb  be» 

86  lannteften  ^itglieber  ber  ®emeinfd^aften  alt))ietifttfc^er  unb  ^al^nfc^er  Obferban)  in  ber 
®emeinbe  i^ren  SSoJ^nft^  auffd^Iugen,  fo  tpurbe  itomtl^al  fd^on  be^toegen  ein  SSaQfa^rt^ 
ort  für  biejenigen  ®lieber  ber  ®emeinfd^aften,  tbelc^e  noc|f  in  il^rer  alten  Heimat  geblieben 
tbaren  —  unb  tbie  bie  SSorftel^er  itomtl^^  fic^  einen  9lat  au^tbärtigerSrüber  (di  oberfte 
^nftang  getbiffermaßen  beigefeUten,  fo   fa^en  anbererfeitd  bie  ®emeinfd^aften  i^  ^avCpU 

40  quartier  in  biefer  neuen  ®emetnbe  unb  bie  ^urd^t,  ed  möchte  ba^  ©al^  bed  ^ieti^mu^  in 
ju  großem  Umfange  ben  übrigen  ®emeinben  entzogen  toerben,  toar  infofem  unbegrünbet, 
al^  bielme^r  ber  $ieti^mud  burd^  bicfe  ®rünbung  aud^  anbertoärtd  ein  ^öl^ered  @elbfl< 
betbußtfein  ^etoann.  3Jlit  ben  eigentlid^en  au^ef))roc|fenen  3Jlitgliebem  fuc^ten  biete  anbm 
emftere  (Sänften  bie  ®emeinbe  auf,  um  ben  ©egen  einer  ßrbauung  gu  erfal^mt,  toie  jte 

45  il^nen  in  mand^en  ®emetnben  ber  Sanbe^Iirc^e  in  bamaligen  3^iten  berfagt  toar.  Unb  enblic^ 
toar  felbftberftänblic^  auc^  bie  RaÜ^l  ber  ^Neugierigen  ni^t  gering,  toeld^e  bie  SBunberbinge, 
bie  ^ier  fid&  begaben  unb  bie  ©tgentümUc^teit  be«  ^errfc^enben  religiöfen  Seben^  lennen 
lernen  tboQten,  fo  baß  ed  un^  nid^t  tounbem  tann,  toenn  ein  2^eil  ber  bor^er  fd^on  miß* 
trauifd^  gefmnten  ®eiftlid^!eit  fic^  über   biefen  S^'^wf  befc^loerte   unb  namentlic|^  tbegen 

60  3ulaffung  auswärtiger  ®emetnbegenof(en  }um  ä(benbmal^l  in  ^omtl^l  SSerl^anblungen  mit 
ber  Oberfird^enbcbörbe  me^ö^  beranlaßt  hjurben. 

35aß  tro^  beS  3"f^"^"'^"tluffcS  religio«  eigentümltd&  gerichteter  ^erfönlic^feiten  teiÖ 
ju  bauembem,  teil«  )u  borübergc^enbem  9lufent^alt,  eigentlid^  fc^toärmerifdt^e  9ludfc^< 
tungen  nid^t  borlamen,  erfc^etnt  um  fo  bemerfenStDerter,  ba  in  ber  c^iliaftifd|^en  ©timnmttg 

bb  ber  0cmüter,  in  bem  ungezügelten  ©ubieftibiSmuS  ber  fd^toäbifc^^  ^ietiften  3änbfton 
genug  borl^^anben  mar,  ben  baS  3tuftreten  beS  au«  ber  ebangeltfd^en  Sen>egung  in  ber 
fatbolif^en  Äird^e  SBa^em«  befannt  geworbenen  Jtnbl  toirllic^  im  3a^re  1831  }ur  (£s* 
J)lofion  ju  bringen  brobte.  6«  ift  ein  3^"0"^^  ^^"  ^^^"^  bebeutenben  ^ägiofMa 
xrßeQVfiaeüK,  ba«  bem  Storfteber  §offmann  mnetoobnte,  baß  e«  i^m  gelang,  bie  goren- 

Go  ben  ®eiftcr  in  biefer  :^ugenb)eit  ber  ©emeinbe  in  leiblicher  3ud^t  unb  Drbnung  ju  er^lotot. 


Stovntiial  45 

Sod  organifatorifc^e  %altnt  bed  SRanned  h)urbe  freiließ  nic^t  nur  nad)  ber  inneren 
Seite  bejüglic^  ber  Seitung  ber  @eifter  in  9lnf))ruc^  genommen,  auc^  bte  äu|erlt(^en  Orb« 
nungen,  beren  bie  @emeinbe  beburfte,  bie  manc^fad^en  Einrichtungen  für  bie  @r}iel^una  u.f.  h)., 
bie  er  felbft  al^  Aufgabe  für  bie  ©emeinbe  geltenb  gemalt  ^atte,  ftedten  gro^e  älnforbe» 
rungen  an  i^n.  ^ndbefonbere  h)ar  e$  aber  bie  Einrichtung  einer  jtoeiten  ©emeinbe,  bte  6 
t^  biel  )u  fd^ffen  mad^te.  äSerfuc^e  Weitere  ©emeinben  }u  grünben  haaren  felbfU 
toer^blic^  ind  9luge  gefa^  h)orben.  älber  ber  Siberftanb  ber  Stegierung  tpar  unterbeffen 
erftortt.  9Iur  toenn  gugleid^  eine  Jtulturaufgabe  bamtt  gelöft  tperben  lönne,  foUte  bie  Er» 
ri^tung  einer  jtoeiten  ©emeinbe  geftattet  toerben.  Jlönig  äBil^elm,  ber  offenbar  burd^ 
bie  Sbäetnanberfe^ung  ber  t)oItetoirtfc^aft(ic^en  SSorteile,  bie  fol(^e  ©emeinben  berf))red^en,  lo 
in  ^offmonn^  erfter  l)en{fd^rift  fe^r  angenel^m  berührt  toar,  l^atte  nun  ben  ©ebanten  ge^ 
fo^,  eine  9)loorgegenb  Dberfc^toabend  burc^  ben  ^lei^  feiner  ^ietiften  gu  fruchtbarem 
Sonbe  umgeftalten  ^u  laffen.  @r  bot  bal^er  ber  ®emeinbe  Jlomt^al  bie  Überlaffung  biefer 
®egenb  unb  bie  Erteilung  ber  gleid^en  ^rit)i(egien  h)ie  fie  ^omt^al  geno^,  an.  ^offmann 
taKigte  nic^t  nein  ju  fagen  unb  mochte  in  feiner  fanguinifc^en  9(rt  aud^  aQerlei  Hoffnungen  i6 
boron  tn^fen.  @o  tourbe  benn  mitten  im  !atl^olifcJ[;en  Oberfc^tvaben  1824  bie  ©e» 
metnbe  SBil^elm^borf  gegrünbet     2)od^  tourbe   biefe  @rünbung  für  bie  3Ruttergemeinbe 

rfc^toeren  £aft  Sticht  ber  3)rang,  ber  bie^ietiften  nac^  ftomt^al  gefül^^rt  ^atte,  führte 
auc^  nac^  3BU^elmdborf.  2)ie  ftd^  bort  anftebelten,  betrad^teten  biefen  Schritt  aU  ein 
Dp\tt.  @d  toaren  burd^fc|fnittlidt^  bie  ärmften  ©lieber,  bie  )u  bem  Dp\tt  ftc^  entfc|f(offen.  ao 
^exnob  bon  allem  SSeiiebr  nid^t  nur  mit  ber  Wuttergemeinbe  unb  ben  ^ietiftenbrübem, 
fonbem  bon  aQem  ^nUfyc  überl^u))t  gelegen,  erregte  bie(e  ©rünbung  auc^  nid^t  bie 
Zeitnahe,  bie  bad  mitten  im  $er)  be$  Sanbed  gelegene  ^orntl^al  gefunben.  3lnx  mit 
ßTo|en  unb  fc^toeren  0))fem  lonnte  ber  ©emeinbe  il^r  93eftel^en  gefiebert  toerben,  biiS  fte 
tm  ^0^  1852  il^  Sierbinbung  mit  Aomtl^al  löfte  unb  in  bie  Steige  ber  getoö^nlic^en  26 
)>o[tttf(^  ©emeinben  eintrat,  fte  ift  too^l  bom  Jtonftftorium  e^emt  h)ie  Jtomt^al,  aber  in 
anberer  6tnfu^t,  jl  93.  @d^ule,  nic^t  )>rit)ilegiert  toie  biefed.  Übrigen^  ^at  auc^  SBili^felm^ 
borf  bur^  feine  Erjie^ung^anftalten  ftc^  einen  guten  3tamen  gemacht. 

(Sine  }t9eite  $eriobe  in  ber  ©efc^ic^te  ber  ©emeinbe  bürfen  h)ir  tool^l  bon  bem 
Stittritt  bed  jtoeiten  ©eiftlid^en  an  batieren.  9Iad^  Pfarrer  ^riebriclf^  2^ob  1827  h)urbe  so 
bod  J&mt  )ttnä(^ft  interimiftifc^  berfel^^en.  Shin  aber  tourbe  aud  ber  Sanbe^tird^e  ^eraud 
Sbtfang  1883  ein  Slonn  berufen,  ber  f))ötere  Stift^rebiger  unb  ^rälat  Dr.  t>.  Jta))ff, 
ber  mit  ben  Orbnungen  biefer  Jtirc^e  nid^t  toie  fein  äSorgänger  in  einen  ßonflift  geraten 
toar,  bet  lein  )mn2i))ielle$  ^inbemi^  gefunben  l^ätte,  auc^  in  ben  ^ienft  ber  i&tnbe^tird^e 
m  treten.  @(^on  biefe  X^atfac^e  lie^  ben  ©ebanten  an  einen  fc^on  bor^anbenen  ober  86 
1^  erfl  noc^  unb  nad^  ^eraud  bilbenben  @egenfa|  jtoifd^en  ber  ©emeinbe  unb  ber  Jtirc^e, 
tnm  ber  fte  angegangen  toar,  ^urücttreten.  Ettoaige  fe))arcitiftif^e  ©elüfte  innerl^alb  ber 
©emeinbe  tour^en  baburd^  getotfferma^en  bementiert.  Ed  ift  benn  auc^,  obgleich  mit 
Sorftc^t,  bom  Jlonftftorium  ben  ©eiftlic^en  ^at)ff  unb  @taubt  geftattet  toorben  toa^ 
anfimgd  ftreng  bertoetgert  toar,  3ul<xftung  t)on  Slu^toärtigen  ju  älbenbma^l^enu^,  iton-  40 
firmationdunterric^t  unb  «^anblung.  @o  auc^  bem  gegenwärtigen  ©eiftlid^en,  bod^  in  ftet^ 
tmbemiflic^  SQieife.  3)ie  Erinnenmg  an  bie  mi^trauifd^e  Se^anblung,  toelc^e  bie  ©e^ 
meinbeglieber  bon  feite  ber  ftaatöfird^lid^en  Se^örben  erfahren  Ratten,  erblaßte  unb  nac^bem 
bte  Shtfgoben  ber  ©rünbung  in  ben  ^intergrunb  getreten  toaren,  ba^Seben  ber©emeinoe 
regetmältgere  Sahnen  gefunben  l^tte,  trat  unter  ber  Eintoirtung  eine^  ©eiftlid^en,  ber  «6 
bioi^  feinen  Urf))rung  toie  burc^  feine  forttoölj^renbe  äSerbinbung  mit  bem  Seben  ber 
SoitbedEirc^  geeignet  toar,  bie  3uc^i  eined  größeren  firc^lid^en  ©emeintoefend  auf  bie  ©e^ 
metnbe  überzutragen,  bie  ©efa^r  religidfer  E^trabagan}  ^urüdC.  Ratten  bie  $ietiften  nad^ 
iener  a)>oIab^}>tif($en  Sered^nung  93engetö  im  2|a^re  1886  bie  gro^e  ßataftro))^e  erwartet, 
fo  btente  ber  ni^ige  Serlauf  biefe^  2la^red  bagu,  bie  d^iltaftifd^en  Erwartungen  gu  bäm))fen.  6o 
9iif  ber  anberen  Seite  gog  auc^  im  Saufe  ber  anbert^alb  ^^al^r^e^nte  bon  1881—48  in 
ber  Sonbedlirc^e  ein  neuer  ©eift  ein  92ac^  bem  im  ^a^re  1829  erfolgten  Xobe  betS 
^iati))tk>ertretenS  tirc^lic|fer  9Ieologie  in  ber  Oberfird^enbe^örbe  traten  Männer  in  biefelbe 
ctn,  toelc^  man  jum  Xeil  fd^on  al^  äSertrauen^mönner  be^  ^ieti^mu^  be^eid^nen  lonnte. 
Sor  2.  ^ofoderd  gewaltiger  3eugenmunb  auc^  frül^e  berftummt,  fo  traten  in  bem  ^a^r-  66 

et  «Km  1830—40  nad^  unb  nad^  Söi^ne  eine^  neuen  lebenbigen  ©eifted  in  ber  Sanbe^ 
e  auf  —  man  barf  nur  an  einen  21.  Rnapp,  SB.  §ofacfer,  El^r.  3)ettinger  erinnern. 
5Dte  reCtgiofe  aSJorme  be8  $ieti«mu«  mad^tc  \xd)  innerhalb  ber  Äirc^e  immer  fühlbarer, 
namentlich  auc^  in  ben  Seftrebungen  für  Erneuerung  ber  Liturgie  unb  be^  ©efangbuc^ 
—  Seßrebungen,  bie  im^a^re  1841  jumgiele  führten  unb  im  toef entließen  eine  ätüctte^r  ao 


46  ftortttl^al 

^u  ben  älteren  Bä^äi^m  bet  toürttembergifc^en  unb  ber  gemembeutfc^en  Aird^e  b^euteten. 
äBie  ber  ä&eg  be^  @etftlid^en  bte{er  ^eriobe  aud  ber  Sanbedtirc^e  in  bie  ©emeinbe  unb 
1843  aud  ber  ©emeinbe  in  ein  9(uffi(^t^mt  ber  Sanbedtird^e  unb  Jd^lie^td^  in  bie  Ober» 
firc^enbel^örbe  unb  an  bie  @))i^e  ber  Sanbe^eiftlic^feit  führte,  fo  rönnen  toir  biefe  ganje 

5  $ertobe  a(d  bie  ^eriobe  ber  9(nnäl^erung  jtDtfc^en  Jtird^e  unb  ©emeinbe  bejeid^en.  2)er 
^ietidmud,  ber  in  ber  ®emetnbe  ©eftolt  getvonnen  unb  ftc^  einen  ^erb  gefd^ffen,  bunb« 
bringt  bie  Jtird^e  me^r  unb  me^r,  aber  ber  ^ietiSmud  {elbft  toirb  aud^  mel^  t>erlirc^(t(9t 
unb  in  ßuc^t  genommen. 

2)amit  toor  freilid^  bie  ratio  existendi  ber  ®emcinbe^  toenn  toir  auf  beren  for« 

10  meOen  Slu^ang^unft  fe^en,  getotflerma^en  felbft  fraglich  getoorben  unb  in  ber  ^Ktt 
h)erben  toir  fagen  muffen,  bag  bie  allgemein  fird^lid^e  93ebeutung  in  ber  le^en  $eriobe 
feit  1848  me^r  in  ben  ^tntergrunb  getreten  ift.  3)ad  SSerl^ältnid  ber  Jlirc^e  }um  Staat 
unb  äSoMeben  em))fing  bie  burc^greifenbfte  Umgeftaltung.  3)ie  3^^^  ^^  ^i^  Sanbed« 
Ürd^en  mit  ^oUjeigetoalt  i^re  ^errf^aft  über  bie  (Stngelnen  feft^ul^alten  berfud^  lomiten, 

15  toaren  gu  @nbe.  §n  bem  3J2a|e,  aU  in  ben  Jtirc^en  bie  leitenben  ^erfonen  unb  Jtrafte 
bie  @tgentümlid^Ieit  bed  cbriftlic^  religiöfen  Sebend  tiefer  erlannten,  tourbe  aiu^  ber  (Segen« 
fa^  ber  äBelt  gur  Jtir6e  Karer,  beftimmter.  Unter  bem  Xitel  ber  inneren  üRiffton  fc^loffen 
[xd),  bie  (Srenjen  ber  IBanbe^tird^en  überfd^reitenb,  bie  religiös  lebenbigen  Jtrdfte  unb  Jtretie 
3)eutfd^lanbd  inniger  jufammen,  e^  fam  bie  Hi^iobe  ber  itongreffe  unb  Aird^entage.    2)er 

20  ^ieti^mud  fa^  ein  umfaffenbere^  §elb  ber  ä(rbett  auc^  für  fid^  angetoiefen.  Unter  biefen 
^er^ältniffen  mu^e  bie  ®emeinbe  Jtomt^ol  me^r  unb  me^r  ben  (Sinbrutf  einer  abfettd 
bon  bem  Äam})fe»felb  liegenben  '^\>\)üt  mad^en.  3m  Anfang  be«  3^^^  lö^ö  *^>fl^  €<>ff* 
mann  geftorben.  S)ie  alten  originellen  $äu))ter  ber  ©emeinbe  gingen  einer  nac^  hm 
anberen   bal^in,   bie  t)erfd^iebenen  ÜRic^tungen   bed  toürttembergifc^en  ^ietidnntd  fonben 

26  anbertoärtd  bebeutenbere  93ertreter  unb  ^ü^rer.  @tne  jtoeite  unb  britte  ©eneration  ioudb^ 
l^eraU;  aud  ber  ©emeinbe  felbft  ^eraud,  bie  Weniger  burd^  ftifc^eS,  au^to&rtiged  9lut  müft 
erneuert  tourbe.  3)ie  SJlac^t  ber  @itte  unb  @emeinbeorbnung  betoä^e  \xd)  too^I  an 
biefem  @))igonengefd^led^t,  aber  bie  frifc^e  ^^itiatibe  ber  früheren  ^dUn  mad^te  ft^  nic^t 
mel^r  geltenb. 

80  3>n^^^^  ^^^  ^  3-  $•  Staubt,  biefer  toürbige  unb  treue  ^irte,  toäl[^enb  feiner 
langen  SBirlfamteit  (1843—82,  gcft.  1884)  ate  Pfarrer  unb  al«  Sorftei^  be«  l^ö^eren 
^^ö^terinftttutd  berftanben,  nic^t  blo^  bie  @igentümlid^teit  ber  (Semeinbe  )u  hKi^nren, 
fonbem  fie  immer  noc^  jum  änjte^ungepunft  für  bie  ^ietiften  unb  felbft  für  toeitere 
Äreife  ju  ma^en,  h)ie  er  anbererfeitd  bie  @emetnbe  babor  betoal^rte,  in  bie  toeitaudfel^' 

86  ben  aber  aud^  biel  tveiter  atö  bie  urf))rüngltc^en  Aomtl^aler  ^Utn  txm  ber  Jtird^e  ab« 
fü^renben  $läne  6^r.  ^offmannd  hineingezogen  ju  Serben ;  e^  tourbe  biefem,  bem  jüngeren 
@o^ne  be$  ©rünberiS,  bie  92ieberlaffung  in  Aomt^al  unmöglich  gemacht.  ®egen  anbere 
neue  mel^r  ober  minber  ncbenlird^ltd^e  religiöfe  Srfc^einungen  toie  ^earfall  ©mit^  u.  o. 
I^at  ^.  eine  biefem  ^ieti^mud  fonft  nic^t  eigene,  aber  bem  aufmertfamen  Seoboc^ter  niAt 

40  unerflörlic^e  Sm^fänglic^teit  gejetgt.  ißon  ben  Gräften  ber  itonbe^fird^e  gel^renb,  fyiX  SL 
in  einem  unangenehmen,  jtoifc^en  bem  9?ac^folgcr  Staubt«  unb  einem  2^1  ber®emetnbe 
entftanbenen  Aonflilt  bie  Söfung  bem  @nlgegen{ommen  eben  be«  Aonftftorium«  )u  banlen 
gel^abt,  üon  bem  bie  Segrünbcr  einft  fi^  trennten. 

Sd^h)ierigcr  ate  früher  ^at  bie  Sage  fid^  gcftaltet  burc^  bie  Snttoidtelung  ber  @efe|< 

46  gebung  in  ber  neueren  3«it.  3)ur(^  bie  33unbe^efe|e  üom  1.  9?ot)ember  1867  betr.  grei« 
}ügig!eit,  unb  bom  3.  3^1^  ^^^^  ^^^-  (Gleichberechtigung  ber  itonfeffionen  in  bürgerlich 
unb  ftaat^bürgerlic^er  Sep^ung,  fotoie  burc^  ba«  £anbe^efe|  t)om  16.  3uni  1885  b^. 
bie  ®emeinbeangei^örigteit  ift  ba«  ^ribilegtum  ber  @emcinbe,  un)Hxffenben  Slementen 
ba«  Bürgerrecht  t^erfagen  ^u  lönnen,  l^infäQig  geworben  unb  ^toar  ift  bie«  au«  9(nla| 

50  eine«  S))e}ialfalle«  1889  burc^  richterliche  @ntfd^eibung  feftgefteQt.  So  fonnte  auc^  biefe 
unabl^ängige  ©emeinbe  bon  bem  $roje^  nic^t  berfc^ont  bleiben,  ber  an  ber  £anbe«Itn9e 
fic^  t)oll)ogen  l^at,  bag  nämlic^  beim  SUegfaQ  fo  mancher  ftaatlid^en  Stufen  unb  Sc^u^ 
toel^ren  bcibe,  fic^  genötigt  fallen,  bie  in  i^nen  liegenbe  moralif^c  aJiac^t  befto  Iräftiger  ju 
enttoidtlen.    Übrigen«  baben  bie  beiben  @emeinben  Jtomtl^al  unb  9Q3il^elm«borf  in  9(na« 

55  logie  gu  bem  für  bie  )8anbe«Iirc^e  erlaffenen  ©efe^  üon  1887  ebenfaH«  eine  neue  1892 
fanftionierte  Äird^enorbnung  gefd^affen,  toelc^e  bie  Unterfd^eibung  ber  bürgerlich  Oe« 
meinbe  tjon  ber  ftrd^lic^en  jur  ©nmbtage  l^at.  Sie  giebt  tl^nen  ba«  3led^t,  fobolb 
bürgerliche  unb  lird^ltd^e  (Gemeinbe  fic^  nic^t  me^r  fo  becfen,  toie  e«  je^  nod^  über« 
tDiegenb  ber  %(i!H  ift,  burd^  au«fd^lie^lic^  Itrc^lic^e  ^a^regeln  ben  ß^arafter  ber  Srüber« 

ao  gemeinbe  )u  toa^ren. 


ftuntt^al  fturt^ult  47 

gaffen  toir  bic  Sebeutung  bcr  (Semeinbe  für  bic  ©egcntoart  in«  äuge,  fo  lütrb  fid^ 
biffelbe  tDefentltc^  }unä(^ft  barauf  befc^rönlen,  ba^  f^e  ä^nlic^  ben  Alöftem  be«  SRitteloIterd 
eine  gufhi^tftätte  bietet  für  folc^e,  iDelc^e  nai)  ben  äußeren  unb  inneren  Aäm})fen  be« 
Sebfnd  einer  füllen,  religio«  gcfättigten  ätmof))^äre  für  il;r  Seben  begel^ren  unb  ba^  fie  in 
ben  Sugen  ber  Jtircf^e  unb  ber  28e[t  ben  ^l^atbetDei«  liefert,  Ido«  ber  $ieti«mu«  burc^  6 
feine  religiöfe  unb  ftttlii^e  ^\xä)t  au«)uric^ten  t^ermag,  Ido  man  il^m  audfd^lieglic^e  ^err- 
f(^aft  einr&umt.  ^a^  biefer  Setoei«  im  aOgemeinen  )u  feiner  @^re  au«fc^(ägt,  !ann  nic^t 
geleugnet  toerben.  S)ie  (Semeinbe  ■—  fie  jä^It  gegenwärtig  1216  ebang.  ßinlüo^ner  — 
fielet  in  ftttlid^er  unb  ötonomifc^er  ^inftc^t  noc^  immer,  iDenn  auc^  m^r  geföi^rbet  aü 
lubor,  aü  3Rufiergemeinbe  ba.  Slber  felbftt)erftänbli(^  barf  babei  nid^t  überfeinen  toerben,  lo 
bo^  biefen  Setoeid  }u  erbringen  bem$ieti«mu«  eben  nur  m5g(ic^  iDar  unter  ^ebingungen, 
bte  in  einem  größeren  ©emeintoefen  abfolut  unerfüQbar  iDären  —  unter  ber  ^ebingung 
eine«  äußerlichen  9(u«gang«  au«  ber  28elt,  ber  unt)erlennbar  auc^  iDieber  feine  ®efa^ren 
in  ftf^  trägt  SBeite  ©ebiete  be«  SBeltleben«,  bie  bom  ©eifte  S^rifti  ftcp  bur^bringen 
laffen  foDen,  bie  ©ebiete  ber  Äunft,  ber  SBiffenfd^aft,  be«  ©taat«Ieben«  erfc^einen  bem  is 
t)ietifKf(inen  S^tereffe  um  fo  frember,  too  ber  ^ieti«mu«,  lüie  in  folc^er  ©emeinbe,  foju« 
fagen  unter  fic^  i^  Sem  belDegten  Seben  ber  jlirc^e  gegenüber  nimmt  ber  $ieti«mu«, 
namentlid^  toenn  il^m  bie  frifc^e  ^rbe  be«  jläm))fen«  unb  9{ingen«  Derloren  gegangen  ift, 
in  betn  ^eben  feiner  ©emeinbe  auc^  ben  S^arafter  ber  ^efc^ränftbeit  an,  unb  e«  tritt 
oud^  bie  ®efa^r  ber  SSertnöc^erung  l^ertor.  Sie  ©efa^r,  baß  ber  feftgefugten  @itte  nic^t  20 
bte  Xiefe  ber  Sittlid^feit,  ben  l^erfömmlic^en  Säuberungen  be«  religidfen  @eifte«  loeniger 
d«  anber«h)o  toirllid^  religiöfe«  Seben  entf))red^e,  baß  ein  ®eift  Ileinßc^en  dt\i)tm^  ^df 
geltenb  mac^  unb  boneben  ein  3Rangel  an  iDirflic^  fritifc^em  @a(^  f^d^  reKgid«  geberben- 
ben  Srfd^einungen  gegenüber,  bürfte  bei  näherer  Betrachtung  auc^  xn  ber  ©emeinbe  J^om- 
tfyd  nid^t  bermieben  werben  unb  ni^t  ganj  ju  bermeiben  fein,  fo  erfreulid[|  auc^  in  i^rer  25 
@))tgonen)eit  ber  3uft<^n^  ^^  ©emeinbe  abftcd^en  mag  gegen  bie  getoöl^nUdnen  @c^äben 
unferer  ((mbe«Itr(^lic^en  ©emeinben.  (^.  (Sd^mibt  t)  ^*  StM. 

Storp9tüüün9attc  tmtt  1661  f.  S3b  I  @.  529, 11. 

Sirt^nIt^S^riftian,  geft.  1694.—  ©eine  Schriften  fte^cn  uerjefcftnet  in  ber  pane= 
qprif^    ge^Itcnen   ®fbSd)tnidrebe    feine«  (Sibom«  Sinbemonn  bei  $ipptng.   Memoria  Theo-  so 
logonim  nofitra  aetate  clarissimorum,  Lips.  1705,  p.  571  sqq.     lieber  ^.  al«  ll^ird)eni)tftonfer 
banbelt  S^röcff),  fitrci)enQefd)i(i)te  L,  173.     (Sin  inftru!tiuer  \Hrt.  über  ^.  finbet   fid)  qu4   in 
(3ebler«)  Unioerfallcjiton,  ©b  15,  CMiUe  1737,  @p.  1559  ff. 

Sl^riflian  Jt.  tt>ar  ein  ad^tbarer  fiird^en^iftoriler  unter  ben  lutl^erifc^en  i£^eoloaen  Dor 
9lo«^eim.    @r   ift   geboren  ben    15.  ^fonuar  1632    )u  Sorg    auf   ber  Sfnfel  ^emem.  86 
%u^bem  er  auf  ber  Schule  ju  ©dble«toig  ben  ©runb  ju  feinen  ©tubien  gelegt,  bie  er  auf 
ben  Unit)erfitaten  SRoftod,  3ena,  Seijj^ig  unb  SBittenberg  öoHenbete,  tourbe  er  1662  ^ßro* 
feffor  ber  griec^ifc^en  Bpxad^t  )u  9loftoc(,  too   er  auc^  ben  Sohorgrab  in  ber  Xl^eologie 
eri^dt.    ©später  toarb  er  bon  §erjog  Gl^riftian  3llbrec^t  bon  §olftein=©ottort)  al«  ^rofeffor 
ber  Z^togie  na^  itiel  berufen  unb   jum  ^rofanjler  biefer  neu  gegrünbeten  Unit^erfttät  40 
ernannt  (1666).    ßr  ftarb  ben  31.  SRära  (1.  a^^ril)  1694,  nac^bem  er  berfc^iebene  an  il^n 
ergangene  Stufe  au«gefc^lagen.     @«   ift  toeniger  feine  erft  nac^   feinem   Xobe  l^erau«^ 
gegebene  Äirc^gefd^ic^te  (Hist.  eccl.  N.  T.,  Lips.  1697),    toelc^e   il;m  ben  ^o^en  9luf 
in  ber  gelehrten  2Belt  t^erfc^fft  l^at;  t^ielme^r  t^erbanft  er  biefen  einigen  tüchtigen  SRono» 
gra}>^en,   loie  ber  über  bie  erften  6^riftent?erfolgungen  (De  persecutionibus   ecclesiae  45 
primitivae  sub  imperatoribus  ethnicis,   Jen.  1660,   4^,  KU.  1689)   unb   über   bie 
^^riftlici^en  ©egner  be«  Sl^riftentum«  (Paganus  obtrectator   s.   de   calumniis  genti- 
Hum,  Lib.  III,  KU.  1698,  Lubec.  1703,  4");    aud^  toar   er  einer  ber  erften  ))roteftan« 
ttf(^  ^eologen,   toelc^e  ben  Saroniu«  ju   loibertegen    fuc^ten  (Disquisitiones  Anti- 
Baronianae,  KU.  1700,    1708  etc.).     gbenfo    beftxitt    er  Seiarmin    (De  canone  s.  50 
flcriptarae,  Rostoch.  1665).  S)em  bamal«  auftauc^enben  3)ei«mu«  fe^te  er  feine  ©c^rift 
De  tribus  impostoribus  magnis   entgegen,    unter   iDelc^en  er  Sl^erbur^,  ^obbe«  unb 
@^ino)a  Derftanb.    ^x\  feiner  tJ^eologifc^^tird^lic^en  9lic^tung   l^armoniert  er  mit  ©))ener, 
bon  bem  er  in  jungen  3a^en  toirlfame  Anregung  erl^alten  ^atte.    ^n  Äiel  toar  grancfe 
eine  Reit   lang  $au«s  unb  lifc^genoffe   bon  Jtortl^olt  getoefen.     ©eine  „tool^lgemeinten  55 
Sorf^Iäge^'  erfc^^ienen  1676,   ein  ^ai}x  nad)  bem  ©rfc^einen  ber  ©))enerfc^en  Desideria. 
Sie  begieß  f^,  toie  biefe  Desideria,   auf  Serbefferung  ber  firc^lic^en  ^uftänbe.    3"^ 
oOgemetnen  aber  fmb  feine  älrbeiten   in   ber  (jraftifc^en  unb  SRorcdt^eologte  bon  toeniger 


48  StoxifioU  Sottkot^ 

Selang.  6r  \vax  einer  bcr  bier  mit  ©^jcncr  bcfreunbeten  S^cologen,  toclc^e  biefet  auf* 
forberte,  }u  entfc^eiben,  ob  er  beii  9{uf  nai)  ^re^ben  annel^men  foOie.  @o  erfc^etnt  ^ 
Seben  in  bie  älnfönge  bed  ^ieti^mu^  t^erflod^ten ;  bort  l^at  er  auc^  ald  Geologe  am  beflen 
feine  ©teile.  ($ageiiiiid^  t)  ¥•  2:fd|iiffert. 

6  ftottttii^^  §an«  ßrnft,  greil^err  bon  (1757— 1843).  —  Ou eilen  nnb  ßit* 
teratur:  ^ie  t)on  IBa^mann,  ^itte  unb  ^aur  benu^te  ^rteffammlung  ift  uerfd^oQen,  bamit 
bie  mi(^ttgfte  OueUe  uerfd)üttet.  ßottrci^:  $lud  meinem  (S^IaubendbefenntniS  für  meine  gfi^eunbe 
(d.O.,  0.3.)  [bad  ))on  mir  benu^tc  Sjremplar  im  ^efi^  bed  X^oIucffd)en  ^ont>iM  in  ^aQe]; 
gfranj  8^^^^  ^^  ^^^  ^on  iftm  herausgegebenen  3)orf(^roni!,  Sa^rgong  1850,  S^r.21— 24,  biefe 

10  4  92umntern  gefommelt  unter  uorgefe^tem  $ttel:  Qvlx  Erinnerung  an  ben  Saron  ü.  S^ottmi) 
[baS  mir  jur  @infid)t  überlaffene  S;em^Iar  uerbanfe  id)  ber  (S)üte  t)on  gfr(.  K.  S^^n  inü^ördl; 
3.  2.  Sacobi,  Erinnerungen  an  ben  IBaron  Ernft  x>.  ^ottmi^;  S.  IBaur,  S9aron  x>.  S^ottmif 
(9?eue  S^riftoterpe  1883,  mieber  abgebrucft  in:  ©cfammelte  (Scftriften  üon  ®.  ©aur,  ©b  I); 
bcrfelbe,  «.  Äottmif  in  «bS  XVI,  765-772;  ®.  3iet^e,  «aron  Don  Äottwi^  (^almblÄtter 

I5  92r.  319);  $1.  Södel,  ^er  alte  ^otttoi^.  eingeuge  pra!tif4en  E^riftentumd,  $riebenau>^rltn 
1892;  3K.  C)ennig,  3)cr  alte  tottmiS  (&ür  Sfefte  unb  greunbe  ber  inneren  TOifrion,  ©eft  31); 
%f),  SRitter,  Erinneiiingen  aud  bem  fieben  beS  $rebigerd  fRoHe  unb  bed  S3arond  D.  ftottwit 
(mir  nid^t  er^&ltli^  gemefen);  ^rebd  I,  @tabtuerorbneter,  (^efd^i(j^te  ber  x>.  l(ottrai(fd(en 
Krmen'©ef(!6äftigungdanftalt;  5^.  Süc^fel,  ^ie  üv^Iid^en  Suftänbe  ^erlind  nat!^  b.  S3efreinng^ 

20  friegen,  93er lin  1870;  %ij.  ©angcmann,  ®ciftIid)cS  SRingcn  unb  SRegen  am  Oftfeeftranb ;  ber- 
felbe,  (Bieben  ©üc^er  preugifc^er  ßir(f)engefd)id)te ;  berfelbe,  ^ie  Iut^erifd)e  ^rc^e  ber  ®egen« 
mart  in  i^rem  SBer^ältniS  ^ur  Una  Sancta;  Ä.  Ztiolud,  3)ie  ficl&rc  üon  ber  Sünbe  nnb  Dom 
$erfö^ner  ober  bie  ma^re  ^ei^e  bed  S^^eiflerd,  befonberd  bad  ^ortoort  )ur  7.  %ufl.,  ^am« 
bürg  1851;    Et)r.  Xtf(^t)aufer,  (^efd)i(f)te  ber  euangelifc^en  ^irc^e  ^eutfd)Ianbd  in  ber  erften 

26  ©äme  be«  19.  Sa^rt).  a)aäu  bie  «ioörapl^ien  Xftolucfä  (oon  fi.  SBitte),  9Bi(ftem8  {pon  g.  Ol* 
benoerg).  ^cngftcnbergö  (üon  S3a(ftmann),  ?fioti)i^  (oon  fj.  9?tppoIb,  ^))^eiger  u.  a.)»  @tler« 
(üon  Stier),  ©oftuerS  (oon  3)aIton),  5.<Pertf)c«  (oon  (5.  X^.  ^crt^e«),  ^.  Elaubiu«  (o.  ßerbft). 
3önicfc§  (oon  ficbberöofc).  gerncr  ?(.  3^^"/  9)ieine  Sugenbieit,  fomie  Ä.  Ebrarb,  SebenS« 
fü]()rungen.    ^(ud^  ^Sic^ernd  je^t  erfc^einenbe  ^Briefe  unb  $;agebüc^er  lommen  in  Betrachtung. 

80  33aur  l^at  (®ef.  B6)x.  l,  ©.  78)  erinnert,  bafe  Äottloife  auf  feinen  etgentlid^en  Sto« 
grapl^en  nod^  immer  loarte,  iifc^^aufer  (a.  a.  0.  ©.261)  e«  beilagt,  bag  in  bieferSncJ^« 
Kopäbie  i^m  fein  eigener  älrtüel  gemibmet  fei.  $eute  lommen  ^al(^nung  unb  5tta9e  )u 
fpät :  loa^  man  ertoartet,  ift  unerreichbar  getoorben,  loa«  mi^Kc^  bleibt,  ift  bie  3ufammens 
faffung  etlicher  jerftreuter  ^loti^en,   mit  ber  Sitte:  nel^mt  bie  paar  ^rbenHecffe  fto  ein 

86  33tlb.  ©c^on  mit  33aur  oerglid^en  bepnbet  ftd^  jeber  l^eutige  Bearbeiter  im  Jlad^teiL 
S3ac^mann  f)at  für  feine  §engftenbergbiograp^ie  nod^  ^unberte  bon  Sriefen  benu^en  lönnen, 
bie  Äottmi^  i)on  1824—1843  mit  bem  Äammergeric^t^rat  ^ocfe  getoec^feü  Ij^at.  Soc^» 
mann  berbanfte  fie  bem  oerftorbenen  3Kiffion«bireftor  SBangemann  (ju  bg(.  I,  299).  9fatd^ 
93aur  (a.  a.  0.  ©.  78)  unb  SBitte  (I,  126)  ^aben  fie  noc^  vorgelegen.    §eute  fmb  fte 

40  berfc^lounben,  loeber  bie  SBangemannfc^cn  noc^  bie  gocfefd^en  6rben  loiffen  über  i^ren 
SSerbleib  älu^Iunft  m  geben.  SSieUeic^t  tauchen  fte  nod^  einmal  toieber  auf.  3Reine  Sn* 
frage  bei  ben  noc^  lebenben  iöc^tem  gocfe«  l^at  mir  mein  SSater  bermitteü,  unb  e«  ifl 
im  ^ntereffe  ber  ^otth)i^freunbe  unb  be«  etwaigen  fpäteren  Siograpl^en,  ben  erhaltenen 
SSef^eib  aud;  ber  öffentltd^en  ^enntiti«  nid^t  Dor^uent^alten,  mag  auc^  immerl^in  iai  eine 

46  ober  anbere  Heine  SDlißDerftänbni«  in  i^m  enthalten  fein,  „©ie  [bie  ©c^loeftem  tJodfe] 
toiffen  jiemlid^  biel  Don  Äotttoi^,  ba  i^r  Sater  fein  S^eftament^DoDftreder  loar.  @inmal 
fei  bie  6^e  be«  33aron«  mit  feiner  %xa\x  fel^r  unglücMic^  getoefen,  bie  %xavi  l^abe  feine 
religiöfe  ©tettung  nic^t  berftanben,  e«  fei  lein  3wf<^'""^^"I^^€'^  geh>efen.  ©obann  fei  er 
bon  ber  Ätau  gefc^ieben,  biefe  f)ab^  getrennt  Don  il^m  gelebt,  nur  eine  lod^ter  fei  anfangt 

60  bei  bem  5Bater  geblieben,  aber  balb  geftorben.  Xann  l^abe  er  einfam  gelebt.  Sr  fei  am, 
loie  fo  Diele  mit  befonberer  Energie  c^riftlid^  gcrid^tete  Seute  Iranfl^aft  nerDö«  getoefen  unb 
e«  immer  mel^r  getoorben,  fo  ba|  er  fc^Iie^ü^  fleiftig  umnad;tet  gemefcn  fei.  SKfo  bie 
©ren^e  jtoifd^en  bem  gefunben  unb  bem  frantl^aft  belafteten  3)tanne  toirb  fc^toer  ju  jie^ 
fein,    gräuicin  gocfe«  meinen,  ba«  Heine  Suc^  Don  3lacobi  enthalte  fo  giemlic^,  loa«  fid^ 

66  Don  Äotttoi^  fagcn  laffe,  benn  manche«  laffc  fid^  toegen  ber  e^)elic^en  SSer^öltniffe  unb 
toegen  feine«  ®eifte«juftanbe«  eben  nid^t  gut  fagen."  Unter  bie|en  Umftänben  erfc^eint 
eine  au«fül^rlic^e  95iograpl;ie  be«  alten  35aron«  al«  eine  jiemlid^  unbanfbare  9lrbeit  3Sc^t 
nur  mü^te  fie  im  %aü  be«  ©elingcn«  baju  fül^ren,  eine  liebgeloorbene  ^eiligenlcgenbe  )u 
jerpflüdten  (getoiffe  apo(ogetifd[^e  SBenbungen,  j.  8.  bei  Säur,   loerben  erft  burd^  bie,  im 

60  einjelnen  Diedeic^t  )u  \d)tvaxi  gehaltenen  SRitteilungen  ber  beiben  3)amen  Derftänblid^  unb 
ertoedten  ü^nen  ben  ®Iauben,  ben  man  fonft  )u  Derfagen  geneigt  fein  möchte),  fonbem  aud^ 


bie  Semü^ungen  um  audreic^nbe^  3Raterta(  l^ben  aOe  äludftd^t,  t^ergeblic^  )u  bleiben. 
^  ber  äiegt^atur  be^  föntgltc^  (jteu^ifc^en  Jlultudminifterium^  bin  ic^  bei  einer  frttl^eren 
ddcgenl^  auf  Jtotttoi^'  9Iamen  unb,  fo  \>kl  mir  erinnerlid^,  aud^  auf  feine  ^anbfc^rift 
oc^^,  b>eim  ic^  nic^t  ine,  in  ben  Wttm  ber  ©eidfac^fc^en  ^enunjiation,  ber  Sab(erf(^en 
Berufung  unb  ber  SSre^Iauer  @e)>arierten.  28a^  ed  aber  in  erfter  Sinie  gilt  au^finbig  )u  6 
moi^,  bod  finb  biejul^  nod^  k)or^anbenen  ^ofumente,  nad^  benen  \id^  fein  trauriger 
Snteil  an  be  äBetted  @ntlaf[ung  nac^  Umfang  unb  ©renken  beftimmen  lö^.  Sad  ^o^ 
la<S\d^  Xogebuc^,  bad  ja  in  biefer  ^age  nur  felunbaren  23ert  l^aben  lann,  l^abe  ic^  mir 
nic^t  erft  utr  Sinftd^t  erbeten,  ferner  beft^en  ^eute  iDeber  bie  ÜRifftoni^ef eOfc^aft  S3er(in  I 
nod^  bie  @o|nerf(^e  in  il^ren  9legiftraturen  bie  Jtottn)i^briefe,  bie  man  bei  i^en  k)ermuten  lo 
foBte.  SBir  bleiben  alfo  auf, bie  paax  2iebe«briefe  angelüiefen,  bie  gacobi,  SBitte,  Dlben« 
berg,  Sour  gelegentlid^  unb  %.  ^oifn  abftd^tdbon  mitteilen,  ^^re  @igentüm(ic^Ieit  ift  ber 
enge  Sbtfd^h^  an  bie  iebe^malige  Xage^Iofung,  bie  au^iebige  SSertDertung  bed  ©efang- 
fnä^  ber  S&rübergemeinbe,  bie  ajorliebe  für  bie  Unterfqrift:  „^l^x  geringfter  (©ruber, 
^mcty,  bie  5totttx)i^  t^on  feinem  longja^gen  9ei(^tt>ater  ^änide  entlehnt  }u  i^abm  fd^eint.  15 
9&\dji6ßt  Dudlen,  tote  ber  S^^^B^^B  ^^  ^orfc^ronil  unb  bad  aU  Snanuftri^t  gebrudEte 
„%i&  meinem  ©loubeniSbelenntnid''  qriftieren  nur  noc^  in  t^erein^elten,  nid^t  leicht  ju  er« 
mittdnben  ®sem))laren.  @o  ift  ber  Saron  in  ©emä^l^eit  fernem  2Ba^(ft)ru(^e$  Jid^e 
ßuooag  nid^t  banac^  angetan,  ba|  er  einen  S3iogra))l^en  anlode,  aber  in  ©otted  &auSi)aU 
onfi^la^dmäli^  berbraud^t,  l^t  er  @egendft)uren  im  Seben  anberer  genug  l^inter(affen,  unb  ao 
i^  9u>gra))^ten  ftnb  ber  Drt,  too  man  i^n  auc^  toeiter^in  tpirb  auffud^en  muffen.  Xa^ 
er  anbere  jum  Ferren  fül^e,  namentlid^  X^oludt  gewann  unb  SBid^em  anregte,  mac^t 
feine  gefd^id^tlic^  Sebeutung  aud,  bie  alfo  nid^t  in  feinem  @elbftleben  gi)>felt,  gefd^toeige 
ftty  erfcbdbft. 

Sift  fett  bem  ^oijit^  1807,  aU  Jtotttoi^  feinen  SBol^nft^  naif  SSerlin  mlegte  unb  36 
bort  rafc^  eine  öffentlid^e  ^erfönlic^Ieit  tourbe,  fönnen  toir  fein  Seben  einigerma|en  k)ers 
folgen.    2)ad  über  fein  SSorleben  gebreitete  Sunfel  ift  !aum  ganj  ju  (üften,  aud^  gegen 
^rmnbe  befc^önlte  er,  aSer  Sertraulic^teit  ab^olb,  toie  er  j^eitlebend  toar,  fu^  auf  am 
beutungen,  bie  fic^  bann,  toie  e^  ju  gefc^e^en  )>f[egt,  beim  9j3eitererjäl^(en  ju  falfc^er  93e« 
fHmntt^  Derbid^teten.    ©eboren  ift  er  auf  bem  f^miKengut  Xf(^e))))lau  in  ben   erften  ao 
Xogen  bed  @e))tember  1757.    ^er  Xag  felbft  ift  jtoeifel^aft.    ^ad  ©rabfreuj  nennt  ben 
1.  @e)>tember,  an  bem  er  aitc^  bie  ©(ücftoünfd^e  feiner  berliner  ^eunbe  entgegennal^m, 
bie  too^I  jut)erl&ffigere  ^milientrabition  n>eift  auf  ben  2.  @et)tember.    @r  mag  um  bie 
SRittentaqit  geboren  ober  ber    1.  ®e))tember  für  feine   innere  (Snttoictelung   befonber^ 
toii^tig  getoo»en  fein,  toer  toid  bad  entfd^eiben?    ^crantoac^fenb  em)>fing  er  feine  ^(ud^ss 
bilbung  in  einem  Srei^Iouer  ^[nftitut,  too  bie  ^[efuiten  ©elegen^eit  nahmen,  [xd)  an  ben 
Jtnoben  ^ongumadj^,   o^ne  i^n  jeboc^  für  il^ren  Orben  m  gewinnen.    Bpättx  tarn 
er  old  $age  an  ben  $of  ^ebrid^  II.    ^n  biefer  ßeit  verfiel  er  mit  feinem  @lteml^aufe 
unb  bockte  emfUid^  baran,  au^utoanbem,  nur  ein  Rabinettdbefe^I,  ben  fein  äSater  t^om 
Kömat  ertoirbe,  Jj^elt  il^n  fe^r  gegen  feinen  Sßunfd^  im  Sanbe  jurüd.  ^n  reiferen  ^al^ren  4o 
fimup  er  Don  biefer  $eriobe  ald  k)on   einer  ^txt  ber  äSerirrung. .  ^araud   mac^t  Säur: 
6finbentounben  ber  Igugenb,  l^acobi:   ©türme  iugenblic^er  Seibenfd^aften,  Sitte:   toeltlic^ 
atc^d^toeifenbed  Seben,  Olbenberg :  eine  ftürmifc^  ^i^genbjeit  in  ber  großen  23elt,  bie  il^m 
mit  )K>ner  ^onb  aSe^  gegeben,  toad  fte  ^u  geben  j^at,   aber  feine  nac^  t?oDem  ©enügen 
bürftcnbc  ^ele  imbefri&igt  gelaffen  ^atte.    2)amit  ift  ben  unbeftimmten  älnbeutungen,  45 
auf  bie  ber®reid  ftd^  fietd  bef(^rän(t  )u  ^aben  fc^eint,  eine  unerlaubt  beftimmte  Sßenbung 
gegeben.    3)tefer  tnige  $raamatidmud  nac^  bem  beliebten  $arabigma  äluguftin  mag  ju« 
treffen,  braucht  t&  aber  ni^t.    3^  möd^te  ftatt  beffen  an  ben  ©amafd^enbienft  ber  Arte* 
beii3]a^  unb  ben  g(eid^)eitigen  amerilanifc^en  ^rei^eitdfrieg  erinnern,  bie  mir  bad  mi^ 
toonbcning^eKlfl  beffer  )u  erfldren  fd^emen.    ^enn  bie  @tanbedfünben  &pxd,  %xnnl,  go 
^taam  unb  bie  Sc^ulben  in  i^rem  ©ef olge  fc^affen  eine  gan^  anbere  Situation :   beren 
iMpfer  muffen  tH>n  iJ^ren  9(nge^rigen  auf  ben  @d^ub  gebraut  toerben,  ^otttoi^  tourbe  Don 
fernen  mit  ®tti>ait  im  Sonbe  gehalten.    9Iur  loenn  bie  9lbenteuer(uft  unb  ber  ©ebanfe 
an  frcmben  itttegfttenft  im  @)>ide  loar,  begreift  fidf  aud^  o^ne  SRül^e,  toed^lb  ber  itönig 
^  }u  einem  folc^ien  Jcabinettdbefe^I  bereit  finben  Iie|.    2)er  itonflih  mit  bem  vierten  66 
©ebot  iß  für  ft(^  audreid^b,  um  bie  Trauer  Derftänbßc^  )u  machen,  mit  ber  ber  ©reid 
auf  biefe  3^  ber  SSerirrung  jurüdtblidhe.    fiotttoi^  m\x^  übrigen^   bamald  ein  unreifer 
Jüngling  getoefen  fein.  Senn  fein  Sater,  ber  bad  föniglic^e  Serbot  au^toirtte,  ftarb  fc^on 
am  31.  m^  1777. 

Shm^  btefen  XraucrfaO  toirb  Qcm&  @mft  atö  einjig  überlebenber  &o^n  )n>eiter  @^e  eo 


50  Sottkoi^ 

in  bcn  lanbtDirtfd^aftlic^en  9eruf  ^tneinoejo^cn  iDorben  fein,  alfo  bamold  bie  Srmee  Der» 
(äffen  j^aben.  ^n  bie  bann  folgenben  brei^tg  ^oi^re  bed  ^unleld  foQen  k)on  betonntcn 
©reigniffen:  bie  §eirat,  ber  Eintritt  in  ben  greimaurerorben,  bie  Säcfe^ng,  bie  Slnfonge 
be^  fc^lefifc^en  £iebe^n)er!ed,  mannigfache  Steifen  unb  t^ieQeid^t  au^  fdjion  bie  S^rennung 
5  feiner  &)t, 

^ad  SSermä^lungejal^r  lä^t  fic^  nic^t  au^mitteln,  ebenfotvenig  ber  Sd^bung^termtn. 
3)2it  ber  gefd^iebenen  @(;e  Serben  toir  aU  mit  einer  X^otfac^e  )u  redten  ^aben,  ober 
felbft  in  i^rer  Sürftigleit  geftatten  ed  bie  JQueOen,  bad  bief er  ^atfad^e  an^ftenbe  Obtum 
ju  milbem.    ^ie  @attin,  @räfin  S^arlotte  Helene  B^^^i^^  ^^^  B^ted  Sal^t  älter  ald  üott« 

10  iDi^,  brachte  i^m  bie  gro^e  ^errfc^aft  $ei(au  ^u,  unb  bad  junge  $aar  na^m  bort  aaif 
feinen  SBo^nfi^.  3)rei  Äinber  toerbcn  ertoä^nt,  eine  2o(^ter  unb  jtoei  ©ö^ne,  fämtlid^ 
unt^ermä^lt  \)ox  i^rem  Sater  geftorben,  ber  ältere  @ol^n  tDof)l  fd^on  bor  1818,  bie  mit 
befonberer  Sere^ng  amSSater^angenbe^^od^ter  1821,  ber  jüngere,  „etiooiJ  fc^toac^finnige" 
So^n  1830.    ein  »rief  SRabede«  an  %f)olud  (22.3uni  1816),  öon  ffiitte  (I,  133)  dn» 

16  leuc^tenb  interpretiert,  mad^t  ed  un^toeifel^aft,  ba^  bamal^  fc^on  bad  fd^(eftfdi^e  SiebeStoerl 
ben  gefamten,  einft  fo  anfel^nlic^en  ©runbbeft^  ber^amilie  bid  auf  bad  Heine  ®ut  ®aumt| 
bei  9{im))tf(^  berfd^Iungen  l^atte,  ba|  auc^  bie  $eilauer  ®üter  fc^on  bor  1816  ^tten  M« 
äußert  loerben  muffen.  S)ie  SKuttcr  eine«  fd^load^rmnigen  ©o^ne«,  ber  nad^  menfc^id^ 
©rmeffen  in  feiner  §ilflofigIeit  fie  unb  ben  Sater  überleben  ioürbe,  toirb  aö  unt>erant« 

20  toortlic^en  Seid^tfmn  beurteih  l^aben,  toa«  i^rem  ®atten  ald  ber  felbftberftänblid^e  Sudflu^ 
feine«  @ottt)ertrauen«  unb  al«  c^riftlic^e  ©elbftloftgleit  erfc^ien.  2)ie  grogartige  ^eigebigs 
teit  be«  ^ianne«  !annte  leine,  auc^  nic^t  bie  t^erftänbigen  ®rengen,  bie  bie  ^au  ifyln  ge* 
))rebigt  ^aben  toirb.  @o  mag  unter  bem  ®eftci^t«))un!te,  bag  eine  ®ütertremiung  be^ti^ 
gürforge  für  bie  Äinber  ioünfd^en^loert  fei,  ber  ®eban!e  an  eine  Trennung  ber  6|e  gereift 

25  fein.  SSar  bie  Trennung  fo  t^eranlagt,  bann  begreift  ftd^  auc^,  toiefo  bie  ®atten  nod^ 
nac^  ber  ©d^eibung  l^armlofer  gufammen(;a(ten  !onnten,  al«  e«  fonft  unter  ®ef(i^iebenen 
übßd^,  unb  jugleic^  bie  ^rabition,  bag  bie  Saronin  lein  ooOie«  Serftänbni«  gehabt  ^obe 
für  i^re«  @atten  religiöfen  ©tanb^junft,  nämlid^  für  feine  9lrt,  )>raltif(^e«  Sbriftentum  au 
treiben,  ^tan  barf  bie«  nid^t  ba^in  üba:f))annen,  al«  fei   il^r  be«^alb  fog(ei(9  oDe«  d^riflN 

ao  lid^e  Serftänbni«  abgegangen,  ^er  ^räftbent  @ö^e,  ber  gerabe  für  biefen  3Rangel  eine 
fc^arfe  SSitterung  gei^abt  ^ätte,  embfing  bon  berSaronin  ben  aQergünftigften  (Sinbrud,  oI« 
er  fte  ge(egentlic^  einer  Xl^eegefeUfci^aft  bei  ßotttoi^  fennen  (ernte.  2)amal«  toar  bie  gan)e 
^mi(ie  in  Serlin  beifammen,  bie  6(tem,  bie  fc^ioärmerifd^e  Soc^^ter  unb  ein  auffallei& 
ftiUer  ©oj^n.    ^toax  ba«  fü^(te  ®ö^e  a(«ba(b  l^erau«:    „3)a«  Serl^ä(tni«  ber  ^mi(ie  )u 

86  einanbcr  ift  ganj  eigen",  aber  bann  fä^rt  er  fort :  „3)ie  SKutter  ift  eine  alte  loürbige 
3)ame,  bie  fe^r  emft  ift  unb  mit  ber  ic^  am  3lbenb  am  meiften  \pxa6)/'  SUfo  1818  be* 
fu(^te  bie  öaronin  ben  Satten,  er  fte  auf  feinen  f(i^(efifd^en  Steifen  öfter,  ©o  Reifet  e« 
in  einem  33riefe  au«  bem  9i<*^re  1826:  „meine  (iebe  grau  fanb  id^  fel^r  Deränbert", 
loa«  auc^  auf  einen  frieb(i(^en  Hergang  bei  ber  @l^efd^eibung  beutet    9l(«  fie  im  Januar 

40  1829  ftarb,  n)ei(te  er  gerabe  in  ©d^leften  unb  toirb  bei  i^rem  (e^ten  ältemjuge  zugegen 
getoefen  fein.  älQe  biefe  ^{oti^en  ftimmen  ju  ber  ä(nnal^me,  bag  bte  @atten  ftd^  nur  be«* 
|a(b  getrennt  l^aben,  tocK  f^e  in  i^ren  anflehten  über  bie  ®ren^en  ber  c^riftlic^en  3&offU 
tl^ätigfeit,  in  biefem  $aufe  eine  Karbina(frage,  au«einanbergingen. 

liCottn>i|'   innere  religiöfe  @nth)i(te(ung   ift  überau«   unburdbftd^tig.    1835  giebt  ber 

46  ®rei«  ba«  !3a^r  1773  al«  bcn  3^i^.wnlt  an,  ioo  '\i)m  anfd^aulic^  geloorben  fei,  toa«  ber 
Sla^nung  be«  9())ofte(«  ju  ®runbc  (iege :  „^ütet  md^  Dor  ber  ^^^ilofo)>bie  nac^  ber  ^di? 
fa|ung  —  SJac^bilbung  be«  ©öttlic^en  —  unb  nid^t  na^  G^rifto."  3)ama(«  toürbe  er 
im  Äonfirmanbena(ter  geftanben  ^abcn,  auc^  mag  bie  Xragiocite  biefer  @r!enntni«  )iT>eife(< 
^aft  fein.    9((«  entfc^eibenb   geioorben   für  fein   innere«  ^cbcn,  a(«  bie  SBenbung  jum 

60  gricben,  ))f(egte  er  ba«  SBort  ^u  bejeid^nen,  ba«  er  einft  in  einem  93etfaa(  ber  SBrüber» 
gemcinbe  gehört:  „e«  gehört  fc^on  Oie(  ®nabe  ba^u,  bag  man  f\d)  fe(bfl  ertrage."  Um 
Don  biefem  SBorte  im  3"«^^^  angefaßt  ju  toerben,  mug  man  fc^on  an  ^o^robiger 
grieb(ofigfeit  leiben,  eine  erfolglofc  $eriobe  gefe|lic^en  ©trebcn«  hinter  fic^^  ^en.  5Dm 
im  ®cnug(eben  bal^inftürmenben,  emfteren  @cbanlcn  noc^  abgetoanbten  SBeltmenfc^  auf« 

66  jurütteln,  ift  ba«  äSJort  m.  @.  gan^  unb  gar  ungeeignet.  3)a«  SSort  (ä|t  fu^  nid^t  mit 
©ic^er^eit  batieren,  immcrl^in  ioerben  ioir  e«  eine  geraume  933ei(e  Dor  1792  an)ufetoi 
baben,  benn  ba  ftarb  ber  33ifc^of  ©))angenberg,  beffen  ©eelforge  fein  Sefte«  }u  ber^onlen 
«ottloife  fid^  ftet«  betonet  b(ieb.  ®a«  fc^t  eine  getoiffe  Dauer  il^re«  Serte^r«  toorou«,  unb 
biefer  Seidtei^r  mug  l^inter  ba«  ertoäl^nte  SBort   faDcn,   ba«   übrigen«  nidjit  ©})angmberB 

GO  felbft  anjugel^ören  braucht.  2)er  betreffenbe  Setfaal  ift  too^l  in  bem  nur  eine  ^olbe  ©tunbe 


Stoiiwi^  51 

bon  Obcrj)eiIau  entfernten  (Snabenfrc^  ju  fachen,  (©cgen  2Bitte,  ber  I,  128  öon  bct 
äJorou^fe^ng  au^el^t,  bte  @cene  muffe  t)or  ^otttDi^'  Verheiratung  fallen.)  2)ad  Sänften« 
tum  bc^  aSaron«  be^tdt,  feitbem  er  burc^  Sermittelung  ber  Srübergemetnbe  jum  ^rieben 
gelommen,  immer  beren  Signatur,  boc^  ift  er  il;r  nie  förmlid^  beigetreten. 

SBenn  ed  richtig  ift,  \oa&  f))äter  bie  ^eunbe  au^  b^n  älnbeutungen  be^  @reif e^  l^eraud«  5 
^en,  ba|  er  eine  ffleile  bem  greimaurerorben  angehört  ^obe,  fo  toirb  biefe  3Kitgliebfci^aft 
ber  Sele^rung  Dorau^egongen  fein,    ^ie  religiöfen  $rin^i))ien  mißbilligte  er  fpäter  nic^t 
o^e  eine  getoiffe  9lert90^ät.    @d   toerben  il^re  l^umanitören  äSeftrebungen   getrefen  fein, 
toQ^  i^  an  ber  Soge  anjog.    Senn  e^  ge^t  burc^  bie  Jlottn)i|litteratur  binburd^  (ober 
borf  man  bad  fo  genau  ni^t  nel^men?),  baß  feine  au^gebe^nte  äBo^lt^ätigleit  fofort  mit  10 
bem  älntritt  bed   ))äterli(^en  @rbed   einfette,   a(fo  um   1777.    Saß   er  jum   betoußten 
(glauben  lam  unb  in  biefem  ®lauben  feinen  ^rieben  fanb,  tann  fo  frü^  nid^t  angefe^t 
iDerben.    3)o(^  t^erfte^t  ftc^,   baß  bad  große  (Sriebnid  aud^  in  feinem  SBo^It^un  Spod^e 
madi^te,  ed  gab  i^m  ein  neued  3Rotib  unb  fteOte  ed  bamit  auf   eine  gan)  anbere  Saftd, 
bie  Humanität  machte  ber  bringenben  Siebe  S^fti  ^laij,  bie  Sinberung  leiblid^en  @Ienb^,  15 
biö^  ©elbftjtoedt,  trat  ^infort  in  ben  Sienft  ber  ©eelenljflege.    @r  toerftanb  2  SKof.  6,  9 
unb  „tüot  ber  3Reinung,  baß  großem  leiblic^e^  @Ienb  ben  menfd^Iic^en  @eift  fo  nieberbrücfe, 
ba^  er  barunter  laum  ju  bem,  toa^  broben  ift,  auf^ubliden  toage.    @l^e  er  ba^er  ben  an 
2eib  unb  ®eift  fe^r  Slenben  bie  SBunben  il^rer  ©eele  jeigte,  trodtnete  er  erft  bie  S^ränen, 
bie  übet  txbtfc^e  Sc^merjen  floffen,  unb  Ratten  fie  fo  ald  i^ren  Sßoj^lt^öter  i^n  lieben  ge-  ao 
lernt,  fo  Porten  fie  toiOiger  an,   toad  er  i^nen  bon  ben  SBunben   i^rer  @ee(e  fagte  unb 
bem  J&elfer  ba^u".    6«  ift  feine  5^age,  baß  ^olud  mit  biefer  ©(^ilberung  bed  „3}ater 
Xbral^mt''  fein  eigene^  Programm  für  bie  d^riftlid^e  SQ3ol^ltl^tigIeit  enttoidelt,  baß  e^  ü^m 
ta>eniger  borum  )u  t^un  ift,  bem  böterUc^en  ^eunbe  ein  Sentmal  )u  fe^en  aU  i^m  3la^' 
folger  gu  getoinnen.    ^oq  toirb  er  biefe^  Programm  feinem  anberen  aU  eben  itotttoi^  25 
abgelernt  ^oben.  @o  bfixfen  toir  annehmen,  baß  auc^  bie  borl^ergel^enben  @ci$e  einen  getoiffen 
gefc^tli^en  item  entl^alten:  „bie  Statten  bed  Slenbed  unb  bed  ^ammer^  fa^en  i^n  am 
öfterften,  koetl  er  nic^td  Siebered  toußte,  al^  frönen  trod(nen.    (£r  reifte  felbft  uml^er  in 
mehreren  Staaten.   SBo^in  feinSinfluß  unb  fein  93erm5gen  reichten,  berbef[erte  er^ranfen^ 
^fet  unb  ©efärigniffe ;  too  feine  Xl^ätigteit  im  großen  28iberftanb  fanb,  toanbte  er  [xd)  ao 
ya  ben  einjclnen  i^ilflofen  unb  bot  fic^  i^nen  al^  JJreunb".  Äotttoi|  ift  gereift,  toir  loiffejt, 
baß  et  SRatt^ad  Slaubiud  aufgefu^^t  l^t  unb  nid^t  nur  @d[fleften  unb  bie  iätaxt,  fonbem 
cavif   @<^ledh)ig,  $oIftein,  SRccflenburg ,  $ommem    aud    eigener    9lnf(^uung   fannte. 
Saß   er   ed   mit    biefen   Steifen  nic^t   nur  auf  ?$ü^lung  mit  gleic^eftimmten  ß^riften 
obgefe^en,  fonbem  überall  bem  ^of))itat  unb  ©efängnidtoefen  Slufmertfamfeit  unb  ^üx^  35 
fotge  jugeiombet  l^abe,  fd^eint  X^olucf  bon  ^otttoi^  au^jufagen,  toenn  er  ed  aU  einen 
3ug  in  bod  S9ilb  bed  5Bater  Slbra^am  aufnimmt.    Xro^bem  muß  e^  fraglich  bleiben,  ob 
ber  Soton  toirtltc^  in  eine  Sßirffamfeit  toie  bie  ^otoarbfc^e  eingetreten  ift  ober  ob  er  ^otoarb 
nur  Setfall  gejoQt  fyd,    Senn  ol^  ©efd^id^t^uelle  ift  bad  ]d)'6m  S3ud^  boc^  nur  mit  äSor« 
^c^  pi  gebroud^en.    9(uf  gefu^ertem  ®runbe  befinben  toir  und  mit  bm  beiben   großen  40 
SicbedlDmen  bä  SSarond,  bm  fc^leftfc^en  ^brifanlagen   unb  ber   „freiwilligen  Sefc^äf- 
tigungiSanftalt''  (®egmfa(:  3^<^ng^rbeitdl^aud)  in  SSertin.    @emeinfam  ift  beiben  bad  ^u 
®runbe  Uegmbe  ^rinji^  ber  Selbftl^ilfe.    itottloi^   tooQte   nic^t   burd^    einmalige    ober 
tDtebet^olte  Sllmofen  ben  93ettel  )>rotegieren  unb  baburc^  bie  Strmut  berlängem,   fonbem 
bun^  Sefc^ffung  bon  lo^nmber  ätrbeit  bie  borl^anbme  älrmut  ^ebm  unb  ber  ettoa  brol^m*  45 
bm  botbeugm.    Sie  Armen,  bie  er  in  ^eilau  bor  9lugm  l^tte,  loaren  faft  burc^el^enbd 
gelernte  SBSeber.    9bi  fie  berteilte  er  ®am,  beml^lte  il^re  älrbeit  reid^lid^  unb  bertrieb  i^re 
Stgeugniffe  auf  eigme  Slec^ung.    SRit  einem  Ittrbett^uftrag,  ber  nic^t  bie  Schaffung  neuer 
fficrte,  fonbem  nur  ^eilfame  SSefc^äftigung  unb   audfömmlic^m  Sol^n   für  ben  einzelnen 
Sbbeiter  be)tDe(tt,  muß  ber  Auftraggeber  jd^lec^te  ®efd[|äfte  mac^m,  immer  toieber  fu^  ge^  so 
ndtigt  fe^,  bie  SBore  unter  bem  Selbfttoften^eife  lod^ufc^lagm.    Sanebm  berfud^te  ed 
ber  Soron  mit  ber  Snlage  bon  ^brifm.   SRanc^,  ber  fonft  ^ätte  l^ungem  muffen,  fanb 
bwt  Srbett  unb  So^n.    Slber  auc^  biefe«  Unteme^men,  ba«  §unberttaufmbe  berfdjilang, 
imtiertc  fii^  ntc^t,  unb  bm  Sanf  feiner  Sd^ü^linge  mußte  ^ottloi^  mit  einer  Einbuße  an 
eigmem  Seft^  unb,   toad  fc^toerer  in«  ©etoic^t  fiel,  mit  bem  Sierluft  feiner  ^milie  be«  65 
ja^fen.    Sine  ^tbore  Serbinbung  jtoifc^m  UnterftüQung  unb  eigener  Arbeit  bed  Sebürf- 
tigen  ^  JtotttDtt  nii^t  gefunbm. 

Sie  Überftebelung  nadf  Serlin  1^  noc^  nic^t  ju  i^rer  nottoenbigm  9Joraudfe^ung 
eine  bereite  fortgefcffrittme  Sntfrembung  bon  ber  ®attin.  SerSaron  befaß  anfangt  noc^ 
ein  eigmed  ^ond  in  Serlin  (®r.  ^antfurter  Straße  44),  ein  fte^mbe«  ^bfteigequartier,  60 

4* 


52  StothoUi 

n)ie  ber  gutfttuterte  $rok)in]\abeI  ed  f^c^  in  ber  9leftben)  gu  polten  pfk^U.  Rvmädf^  mag 
c^  au^  biefe^  3Ral,  tüit  gelDt^  oft  f^on  ^f^,  auf  einen  t^orüberge^er^  ^fent^  db* 
gefe^en  getoefen  fein,  aud  bem  nur  bie  il^m  entgegenttetenbe  3lot  einen  bauemben  moc^ 
^an  begreift,  ba^  mit  ber  Sefe^ung  ^erlin^  burc^  bie  Tamofen  bort  aDe  ®ef(l^äfie 

5  ftocften  unb  k)iele  9(rbeiter  brotlos  iDurben.  @oI(^e,  mit  SSorliebe  toieber  SSkber,  befc^« 
tigte  KotttDi^  gan)  nac^  bem  fd^teftfd^en  ©d^ema.  Slnfangd  mad^te  er  fein  ^oud  lur 
Sßerlftötte;  atö  bted  }u  eng  tourbe,  mietete  er  einen  anberen  dtaam  ^in)u,  enblic^  tAoi 
er  ftcp  bie  gerabe  leerftel^enbe  Sinningfc^e  Jlafeme  (9Qe£anberftra|e  5—7,  too  ^eute  bod 
^o(i)ei))räftbium  an  bie  Jtaiferftra^e  ftö^)  für  feine  3^^^*    ^i^  )i><^  er  in  ber  Soge, 

10  nic^t  nur  älrbeit  unb  SSerbienft  }u  bieten,  fonbem  }ug(ei(^  frete^  Quartier  für  bie  glamt« 
lien  feiner  älrbeiter.  9ei  bem  großen  älnbrang  }u  biefen  Sßo^ungen  tourbe  fofort  auiS« 
bebungen:  tvax  eine  ^amilie  burc^  älrbeit  unb  @))arfam!eit  lieber  gel^oben,  fo  mu^  ftc 
einer  anberen,  no^  bebürftigeren  $(a^  machen,  bamit  bie  28o^ltl^at  möglic^ft  Dielen  ju 
gute  täme.    älber  au^  eine  fold^e  loieber  au^ejogene  ^miKe  em))fing  oft  genug  oiu^ 

15  n)eiterl^in  bie  ©elbunterftü^ungen  bed  93arond.  ^r  bie  Jtinber  biefer  äbbeiterfamilien 
tourben  Seigrer  angenommen.  ®ie  inOefang,  ®(^nftt)erlefung  unb  freiem  ®ebet  befte^^enbe 
^benbanba^t,  ju  ber  bie  (Sintool^ner  ber  ^afeme  („^au^emeinbe'O  tfigUd^  Derfommelt 
iDurben,  ^ielt  Kotttoi^  fe(bft  ober  einer  ber  Se^rer.  äln  ben  Sonntag-  unb  39Iitttoo<^ 
abenben  fa^  ber  9aron  gern  ®äfte  bei  f\6)  )um  X^ee,  bann  gab  e^  bei  ber9(nba(l^t  auä^ 

20  eine  freie  'Sln\pxad)t,  )u  ber  in  ber  9{ege(  ein  befreunbeter  $rebiger  ober  Jtonbibat  au^ 
geforbert  tourbe.  SBenn  5Bitte  (I,  136)  betont,  ba^  feine  ®emut  ben  Soron  fletd  abge» 
galten  ^abe,  felbft  „©tunbenl^alter"  ju  toerben,  fo  geigt  bo{^  baö  bon  gacobi  (©.  43 — 46) 
mitgeteilte  ^on3ei>t  einer  Jtotttoilf^en  9[nf))ra(^e,  ba|  biefe  Siegel  bod^  nic^t  o^ne  Xud« 
nahmen  geblieben  ift.    ^n  feiner  i^aienfc^aft  l^at  ^otttoi^  !ein  )>rin2i^id[ed  ^inbemid  ge* 

25  fe^en,  e^er  fc^on  ein  fa!tif(^e^  in  ber  Sd^merfäUigfeit  be^  äludbrudCd,  bie  feinen  lätmmn 
Darlegungen  geitlebend  anhaftete,  iDÖ^renb  i^m  ni(^t  feiten  ein  turjed  treffenbeS  SBort 
gelang.  @on)ie  il^m  bie  itafeme  überlaffen  tourbe,  ftebelte  er  felbft  bortlj^in  über,  too  er 
ftc^  mit  jtDei  befc^eibenen  3intmem  begnügte,  älu^er  einem  )>erfönli(^en  3>iener  bef^&f* 
tigte  er  einen  Sefretär,  beffen  er  gur  Seitung  bed  fcpier  unüberfel^baren  ^audl^ted  bd)urfte. 

80  gür  ben  @olb  biefe^  Sefretärd  !am  f))äter  ber  ^önig  mit  600  ^J^em  auf.  9lu|erbem 
fteuerte  ber  Jtönig,  boc^  too^l  erft  feit  ^tWa  1814,  noc^  3000  %fydct  im  ^ci^xt  bei  }ur 
Verpflegung  Don  120  alten  unb  gebrec^lid^en  ^erfonen.  2)er  ©efamt^udl^olt  toudfi  bü 
auf  600  Äö))fe. 

Der  berliner  SKagiftrat  übertoie«  im  3a^re  1812  ber  »nftaU  gefc^^enltoeije  56  »ett» 

85  fteDen  unb  180  Sd^emel.  SSon  fonftigen  3utt)enbungen  Verlautet  nic^t^.  äSelc^e  t^erföm 
liefen  Ot)fer  bad  ^erl  ben  ä3aron  getoftet  ^at,  Id^  ftc^  baraud  entnel^men,  bo^  bie  @tabt« 
Dertoaltung,  ald  i^r  bie  Übernahme  ber  Slnftalt  jugemutet  tourbe  (1819),  ftatt  bed  h\Sf^ 
oon  Jlotttt)i$  genoffenen  3ufc^uffed  bon  3000  2^alem  beren  13000  glcmbte  t^erlongen  jit 
muffen.    Der  mi^autfd^e  ^önig  tDitterte  hinter  biefer  ^orberung  ftdbtifd^e  ^ludmad^ectn, 

40  in  ä9}a](|r^eit  toirb  ^otttt)i$  ebenfobiel  jö^rlic^  3Rxm^  gemad^t  l^abm.  @rft  1823  über» 
na^m  bie  ©tabt  „bie  berunglücfte  ^ritjat-gabril-änftalt"  auf  i^ren  ©tot,  boc^  töurbe 
JtotttDi^  eined  ber  Direltion^mitglieber  unb  burfte  bid  )u  feinem  Xobe  in  ber  itafeme 
tDol^nen  bleiben;  ba^.auc^  $aftor  Souarb  in  ber  Direltion  fa^,  fieberte  ber  9(nf)alt  ouc^ 
toeiterl^tn   i^ren  d^riftlic^en  S^arafter.    ällfo,   tDirtfdjiaftlic^   angefeben,   aud^  bad  Serliner 

45  SSert  t^erunglüdft!  @d  befleißt  fein  @runb,  biefer  Urteil  bed  3Ragiftrate^  an)U)ti>eifeIn, 
unb  e^  ift  an  ber  ^cxt,  e^  nod^  befonber^  gu  unterftreid^en.  ©erobe  in  ber  t)0t)ulären 
Äotttüi^litteratur  begegnen  Wxx  ben  Älagen,  ba^  ber  inneren  SKiffion  auf  bem  Sereindtoeg, 
ben  fte  befc^ritten  l^at,  me^r  unb  mel^r  oerloren  )u  ge^en  brol^e,  toad  einen  J{otttm(  (ox^ 
geid^nete  unb  fo  angie^eiib  machte,  bie  ^erfon^aftigfeit  feiner  Siebe^übung,  bo^  er  aQqeit 

60  felbft  unb  aüein  feinen  3Ram  ftanb  (j.  33.  Säcfel  a.  a.  D.  ©.  39).  Diefer  SSorgug  öon 
Jlotttt)i$  ift  )ugleicb  feine  @c^ranle.  SBenn  eine  93iograp^ie  bed  93arond  nod^  mdgli^ 
ioürbe,  fo  toürbe  fte  getvi^  bagu  beitragen,  un^  au^mfö^nen  mit  bem  ©anoe,  ben  bie 
Siebedt^ättgfeit  genommen  |at.  Sc^lie^lic^  ift  ed  bod^  möglid^,  bad,  toorin  Kotttoi^  und 
befd^ömen  mag,  )u  toerbinben  mit  bem,  toa^  tt)ir  Dor  il^m  ooraud  ^aben.    @d  befielt  fjm 

55  fein  ®nttoebcr=Dber. 

Die  Ärone  t)on  Äotttüift'  SBitffamfeit  ift  fein  SSerfe^r  mit  greunben  unb  bie  bon  i^ 
fo  gern  unb  erfolgreid)  geübte  inbibibuelle  ©eelenpflege.    ^n  SSerlin  tüurbe  er  balb,  un» 

Sefuc^t  unb  tt)ie  t)on  felbft,   bad  anerfannte  ^avcpt  ber  bortigen  ^ietiften  unb   bie  alte 
Eafeme  beren  bomel^mfter  ©ammel)ptunft.    SBie  t^erlaffen  fic^^  bie  um  ipn  gefc^forten  Äreife 
60  füllten,  toenn  er  einmal  feiner  ^milie  ober  ber  t^rifen  toegen  in  6(^leften  abtDcfen^ 


Sotttot^  ftraBBe  53 

toor,  jeigt  bcr  Don  SBat^mann  (1, 193)  im  Slu^jugc  mitgeteilte  Srtef  gode« :  bie  3}erh)aifien 
^en  bann  leinen  anbeten  SSereinigung^unlt.  Unb  tpenn  ber  berliner  ^ietidmud  bor 
bem  feparatiftifd^en  Slbtoege,  ber  anber^too  befc^ritten  tourbe,  glüdlid^  betoal^  blieb  (Sac^^ 
mann  I,  194  t.),  fo  ift  <iu(l^  baran,  obtool^I  toir  ©enauere^  nid^t  toiffen,  ^otttoi^  nic^t 
o^e  Seibienß,  benn  er  toar  e^,  ber  für  aQe  bie  Slidbtung  angab,  ^er  ^eunoe^eid  6 
Uam  fjin  nicpt  be^belt  toerben,  id^  mu^  micf^  barauf  befci^rön!en,  einige  92amen  ju« 
ammcnjuftellen,  SDltere  unb  jüngere,  guriften,  Dfjijiere,  Ideologen,  ol^ne  beftimmte  Sleil^ens 
olge  unb  offm  a[nft)ru(^  auf  SJoKjäl^Kgleit :  ©raf  änton  ©tolberg,  b.  Il^ile,  bie  ©net!^« 
ofle«  SSoter  unb  ©o^n,  gönWe,  §ermed,  (So^ner,  Äun^e,  SloKe,  to.  Set^manm^oKtoeg, 
t).  ganctcoHe,  t>.  ©enfft,  to.  Seloto,  b.  (Serlac^,  §eubner,  a.  9leanber,  ©traufe,  Äenaften«  lo 
berg,  2:^oIud,  ©ticr,  Slot^e,  2.  unb  g.  ^af)n,  2Bi(^em,  gacobi,  SRabede,  Slenneae,  gocfe, 
®d|e,  be  Salenti,  Flitter,  Souarb,  Si^co,  ©ad,  SSoItoHni.  ®em  fe^te  ic^  in  biefe  iReil^e 
bcrer,  benen  ber  Saron  ettoad  getoefen,  auc^  ^einric^  b.  Jtleift  unb  t^erftänbe  bie  (iebebod 
buic^efü^e  ^tgur  feinet  Dbrij^en  b.  Jlotttoi^  aU  eine  $ulbigung  für  ben  alten  9aron. 
6in  fu^ered  3^9^^^  föi  i^te  ))erfönli(l^e  Serü^rung  \)at  ^d)  nid^t  au^finbig  mad^en  laffen,  i6 
bo(^  iß  fte  an  Jk^  nic^t  unttHil^rfdlieinli^er  aU  bie  Begegnung  mit  ^id^te.  ©einen  |^eunben 
tDar  ScotttD^  f4t  btel.  2)a|  er  immer  diät  getou^t  ^ätte,  toenn  fie  ftd^  in  fdptoierigen 
Rollen  an  i^n  toanbten,  möi^te  ic^  t^on  bem  SQSeltunlunbigen  nic^t  glauben.  SlebenfoQd 
aber  teilte  fic^  bie  ^ebendatmoft)l^äre,  bie  i^n  in  feinen  befferen  ^[al^ren  umfd^toebt  l^aben 
mu^  bem  S^uc^er  tool^lt^uenb  mit  9lm  Xage  Dor  $5nigem,  too  in  äSerlin  nic^td  mel^r  20 
|u  roten  toar,  fuc^te  ber  ^ron))rin)  ben  alten  ^otttoi^  auf,  i^m  fein  ^erj  au^jufc^ütten, 
bat>im  berftnrad^  er  m  @rlei(^terung.  ©elegentlid^  f onnte  ^otttoi^  im)^onieren,  felbft  einem 
^if^te,  ber  bad  Sefte  bed  ÜRanned  nid^t  berftanb,  aber  i^n,  ben  faft  ^emben,  )um  SSor- 
muitbe  Jetned  ©obned  befteDte.  Sefonber^  gut  t^erftanb  er  e^,  mit  feinen  jungen  ^^nben 
urnjugepen,  eine  Hunjt,  bie  i^m  2:i^oluc(  abgefe^en  1^.  25 

SSenn  fiotttx)i(  in  bie  öffentlid^^  2)inge  eingriff,  ^at  er  nic^t  immer  bie  gltidlic^e 
^onb  beta>iefen  tote  in  ber  Selotofc^en  ©a^e  unb  bei  ®o|ner^  SSerufung  nac^  äSerlin. 
ier  bunWjie  ^unlt  ift  ber  be  ®ettef(^e  §anbel.  3)afe  Äottloife  e«  geioefen  ifl,  ber  beffen 
Xbf^ung  beim  jtdnige  betrieb,  ßel^t  aud  Xj^oludE^  SCagebuc^e  feft  (SBitte  I,  174).  3lud) 
äb^f^ä^  Don  ber  tmnlic^  t^age,  toie  er  in  ben  93ef^  eined  fremben  $rit>atbriefed  tam,  so 
bleibt  bie  unt)fv4foIogif(^e  Sjregefe  gel^äfftg,  bie  aud  bem  Xroftfd^reiben  an  bie  unglüdlid^e 
SRutter  ©onbd,  bad  feine  et^ifc^e  ^b^anblung  ift,  ein  Jta))itatoerbred^en  mac^t.  2)ie  ^age 
beim  Jtönige  an^gig  )u  machen,  loar  boQenb^  nidbt  feinet  Slmte^.  3)a^  i^m  biefe  Sin- 
mtf<i^un0  ® etoiff en^faqe  toar,  ift  fo  toenig  eine  Sntfd^ulbigung  ioie  ber  mutma^lid^e  ^inter^ 
mann,  Don  bem  ju^  ftotttoi^  in  biefem Jfoll  DieQeid^t  f^ai  mi^rauc^en  laffen.  —  3)ad  86 
©(^idfal  ber  ©c^dianer,  in  benen  er  3Kärt^rer  i^red  ©laubend  fal^,  verfolgte  Jtottloi^ 
mit  taxtrmer  Zeitnahme,  er  fül^lte  mit  i^nen,  aber  er  felbft  backte  ni^t  an  ©e^jaration, 
^otte  fie  axtäf  ben  SBredlauem  bid  jule|t  audjureben  gefügt.  SSoltolini,  ber  ^aui^enoffe 
feiner  Idfim  ^afyct,  belam  Dom  alten  Saron  l^arte  Urteile  über  bie  ©e))arierten  )u  ^ören, 
m  benen  er  ftd^  ^elt  Bpäitt  gelang  e^  i^m,  fe))arierte  ©etftlid^e  toie  @l^ler^,  Saftud,  40 
SBermelittir«^  bei  fiotttoi^  einjufüi^ren.  3>^f olfl^  ^^^^  93erf el^rd  mag  fid^  bef(en  Urteil  über 
bie  6e))arierten  milber  geftaltet  l^aben.  9aur«  (I,  118)  9eri(^t  über  bie  le^te  Äranfibeit 
be^  Sorond  fu^  auf  SRitteilungen  Soltolinid,  bie  faft  fo  Hingen,  aU  fei  ^ottloi^  ^ule^t 
ber  Sonbeffin^  entfrembrt  unb  auf  bem  beflen  ® ege  getoef en,  ber  ©e))aration  beizutreten. 
9Kr  erfc^eint  ed  ntd^t  glaublich,  ba|  er  bem  öfumenifd^en  2[beal  feiner  befferen  ^ge  (9(ud  tf 
meinem  ®(aubendbeienntnid)  toirllic^  follte  untreu  getoorben  fein.  SSermutlic^  finben  f\i^ 
^anbf^rriftlic^  aiufjeic^nungen  über  Jtotttoi^  in  3$oltolinid  9Iac^la|  (Säur  fci[|liegt  93.^ 
SBotte  in  @(anfefü^qfen  ein),  beren  93elanntgebung  toünfc^endloert  toöre. 

9m  13.  tiai  1843  ift  5totttoi|  geftorben  unb  l^at   auf  bem  Sllten  gfneb^ofe  ber 
6t  ®eorgengemeinbe  fein  ^eute  mit  einem  fc^lic^ten  gu^eifemen  ^reuje  gefd^müdhe^  ®rab  60 
gefunben.  S3offe. 

StnAU,  Otto  üarften,  gefi  1873.  —    iRefroIoge  erfc^ienen  u.  a.  in  ber  9(ag.  eü.^ 
Ittli^  STirdKnAeitung  1874,  8.  99 ff.;  in  ber  (Soang.  ^irc^en^eitung  1874,  @.  209  ff . 

O.  fi.  Arobbe,  l^orragenber  lutl^erifc^er  Geologe  be$  19.  ^[al^rl^unbertd,  geb.  aU 
Qöfya  eined  itaufmannd  ju  ^ambura  am  27.  3)e)ember  1805,  emjpfing  feine  ^orbilbung  66 
auf  bem  go^nneum  feiner  Saterftabt,  ftubierte  1826—1829  in  $onn,  SSerlin  unb 
(Illingen  Xl^lo^ie,  baneben  auc^  ))^ilologif(^e,  t)l^ilofot)l^if(^e  unb  l^iftorifc^e  SSorlefungen 
^drcnb.  ^n  ®5ttingen  ))romoDierte  er  jum  Dr.  phil.  auf  @runb  einer  Slb^anblung  de 
oodice  canonum,    qni  apostolorum  nomine  circumfenintur.     9{ad^bem   er  einige 


54  SrnBBe 

Sa^rc  in  Äamburg  Jjrtoatifiert  ^atte,  iDurbe  er  1833  afö  ^rofeffor  ber  KbKfd^en  ^P^iloloflie 
unb  ber  ^^ilofopl^ie  an  ba^  2io^^>^^un^  berufen.  @tnen  im  ^oifycz  1838  ergangenen 
SRuf  nad^  ^otpat  an  ©artoriuö'  ©teile  lehnte  er  ab,  erl^ielt  1839  bon  Serltn  bie  t^ 
logifc^e  3)oItorh)ürbe  unb   tourbe  1840  ^rofeffor  ber  3;l^eologie  in  Slojiodt,   in   toddftt 

5  ©teOung  er  big  an  fein  Seben^enbe  t^erblieb.  ©eine  SSorlefungen  er[tre(tten  fxdf  auftragt 
mä^ig  ,,t)or5ügli(i^''  auf  bie  f^ftematifd^e  unb  bie  praltifc^e  Xl^eologte,  baneben  oud^  auf 
(Snc^IIopöbie  unb  ^irc^engefc^id^ite.  Slud^  jum  UniberfUätg))rebiger  tourbe  er  berufen  unb 
bemnäd^ft  gum  Seitcr  be«  l^omiletifd^en  ©eminar«,  1844  jum  SÖlitglieb  ber  tl^eologifc^ 
^rüfunggfommiffton,   1851    jum  5KitgIieb   be«  ÄonRftorium«,    1860  jum  jproDtfor   am 

10  ^(ofter  5um  f)l.  itreu)  unb  an  ber  ^irc^enölonomie  ^u  Sloftodt.  @ine  feltene  Slu^eic^nung 
iDurbe  i|m  1864  feiten^  bed  Sanbe^^erm  ju  Xei(  burc^  SSerlei^ung  ber  golbenen  Ser» 
bienftmebaiDe.  äln  berSeitung  ber  Uniberfttätdangelegen^eiten  na^m  er  ben  regfien  Slntetl ; 
fed^^mal  belleibete  er  ba^  Stehorat.  9luf  fein  ^Betreiben  l^in  erftanb  bad  pxädfti^t  neue 
Uniberfitätggebäube,  tueld^e^  er  ate  SReftor  1870  eintoei^en  burfte.    @r  ftorb  am  14.  SRo» 

lööember  1873. 

Über  Ä.«  religiöfe  unb  tl^eologifc^e  ßnttoidtelung  liegen  auö  frül^erer  ^Ät  leine  SMit« 
teilungen  bor.  3)a«  gs^^^^nneum  ftanb  unter  ber  Seitung  be«  Dr.  ©urlitt,  todc^  ent^ 
{(Rieben  ben  9lationaIigmud  bertrat  unb  ).  S.  1822  eine  ,;9iebe  jur  @m))fel^Iung  bed  Ser« 
nunftgebrauc^eg  beim  ©tubium  ber  S^eologie''   l^ielt.    Sa|  aber  5t.  fd^on  beim  älbgong 

20  jur  Unit^erfttöt  anberer  9ii(^tung  toax,  lä^  ftd^  baraud  fc^liegen,  ba^  er  nac^  Sonn  ging, 
um  [xd)  befonber«  an  9Sj^f^,  Sacf  unb  Südte  anjufd^He^en.  ^n  33erKn  trat  er  ©c^ifeier» 
matter  au4  t)erfönlid^  nä|er,  tvelc^em  er  jeitlebend  bie  banibare  Slnerlennung  betoal^ 
l^at,  „ba^  er  e^  getoefen,  toeld^er  ba^  neue  Seben  ber  Äir(^e  ^erbeigefül^rt  unb  lange 
allein  getragen  l^at"  (fiel^e  bon  ber©ünbe,  3Sorh>.  ©.  X[).  9Some|^mlic^  aber  trat  er  bort 

25  m  9Jeanber  in  näc^fte  33e^ie^ung,  unb  biefer  lourbe  i^m  güfyrer  über  ©c^Ieiermcu^ 
^inau^  in  bie  1^1.  ©c^rift  hinein,  ^n  ber  ©t^rift  ,,9luguft  9leanber.  (Sin  Seitrag  ju  feiner 
ß^arafteriftil"  1862  l^at  er  i^m  ein  3)enfmal  ^öc^^fter  Serel^rung  gefe|jt  ®r  nennt  i^n 
,,einen  ber  $au)}tträger  bed  toieber  erlDac^ten  ©laubendlebend,  ja  red^t  eigentlich  einen  ber 
Gmeuerer  unb  geiftlid^en  33äter  ber  ebangefifc^en  Äir(^e   in  unferer  3cit"  (©.  143)  unb 

30  fagt :  „Äeinen  treueren,  feinen  h)a^reren  3^w0^  ^^  gottf eligen  2Ba|lrl^eit  1^  bie  eban* 
gelifd^e  Äird^e  in  neuerer  3rit  gefeiten"  (©.  171).  Unb  loie  er  mit  Siedet  „9leanber8  gonje 
t^eologifc^e  Jlid^tung  toefentlic^^  eine  ))raftifc^e"  nennt  (©.  146),  fo  ift  aud^  StA  Seben^tom 
burd^aug  auf  bie  $ra|ig  bed  religiöfen  unb  ürd^Iic^en  2Am^  gerichtet  getoefen.  SBod  St. 
ate  2:^eoIog  unter  Jleanberö  6inf(u^  geworben,   belunbet  feine  erfte  größere  ©c^rift,  bie 

35  au(^  ^cutc  no(^  bead^ten^toert  ift:  „SDie Seigre  bonber©ünbe  unb  bom3;obe  in  i^rer  S3e» 
j\ie^ung  ju  einanber  unb  ni  ber  äuferftel^ung  ß^rifti.  ©jegetifd^^bogmatifd^  enttoidtelt."  1836. 
älu^e^enb  bat^on,  ba^  ©c^Ieiermad^er  mit  feiner  £e^re  bon  ber  (Srlöfungdtl^gleit  QfyAfü 
\toax  ein  tpefentlic^ed  ^nbament  ber  d^riftlic^en  Überzeugung  fieser  gefteut  ^abe,  ober  im 
folge  feiner  SSerfennung  be^  SBefend  unb  ber  Sebeutung  ber@ünbe  nid^t  )um  aboquoten 

40  33erftänbnig  ber  33erföl;nuna  unb  ßrlöfung  burd^gebrungen  fei,  enttoidtelt  Jl.  an  ber  ^nb 
be«  21  unb  9Ü  bie  ©c^^rittle^ren  bom  Urftanbe,  bom  ©ünbenfaHe  unb  feinen  ^Igen 
unb  bon  S^rifto  ald  bem  Übertoinber  ber  ©ünbe  unb  bed  Xobed,  toobei  bie  %^a^ 
ber  3luferfte^ung  ß^rifti  in  il^rcr  centralen  33ebeutung  ^eröorgel^oben  toirb.  Ä.  nimmt  ju* 
gleid^  Sejug  auf  bie  äSerfuc^e  ber  neueren  ^l^ilofo^j^ie  (SDäei^e,  "^id^U),  bie  Unfterblic^Ieit 

45  ber  ©eele  fpelulatib  barjutl^un,  unb  jeigt,  h)ie  beren  @rgebni{fe  fotool^l  l^infid^tlic^  ber 
fubjeltiben  ®eh)i^l;eit  ate  be«  objcftiben  ©e^alte^  burd^  bie  auf  ber  Offenbarung  rul^be 
@Iaubengerfenntnig  h)ett  überboten  iDerben.  3)iit  DoQer  (Sntfd^ieben^eit  betont  unb  be« 
t^ötigt  Ä.  bie  rücfl^altlofe  Eingabe  an  bie  ©d^rifttoai^r^cit ;  unb  in  ber  bogmatifd^  &iU 
lüicfeiung  fünbigt  fid^  ber  über  SWeanber  l^inau^ge^enbe  ^ortfd[iritt  an   ju  lut^erifdHons 

60  fefftoneHcr  Seftimmtl^eit. 

gm  Safere  1839  folgten,  burd^  bie  ©traufefd^e  ßbangclienfritil  bcranlafet  unb  an 
9icanber  ftc^  anfd^lie^enb,  „SBorlefungen  über  bag  geben  gefu  für  SD^eologen  unb  3lxdfU 
tl^eologen".  3"^  übrigen  l^at  St,  bie  fo  glüdtid^  befc^rittene  Sa^n  biblifc^stlj^eoloaifc^er 
gorfc^ung  litterarifd^  leibcr  ni(^t  tociter  berfolgt.    infolge  feiner  Berufung  nac^^  Stoftod 

56  mu|te  er  tro^  feiner  au^ergetoö^nlid^en  3lrbeitgfra^  auf  litterarifc^e  I^ätigf eit  in  größerem  ©tile 
junäd^ft  über^au)}t  Derjic^ten.  92cben  feinem  afabemifc^en  $aut)tamt  unb  ben  ^al^lreid^en 
9iebenämtcm  nal^men  ii^n  freitt)iQig  übernommene  älufgaben  ber  firc^lic^  $rastö  in  in* 
ft)ruc^.  6r  toar  berufen  toorben  in  ber  beiberfeit«  Ilar  belüu^ten  Slbfid^t,  bie  big  ba^in 
nod^  jiemlic^  intahe,  aber  befonberg  burd^  bie  SSirffamfeit  beg  ^rofefforg  ber  $l^ilofot)^e 

Go  (Sbuarb  ©c^mibt  innerlich  fd^on  erfc^ütterte  .^enfc^aft  beg  9tationaltgmug  in  ber  t^eologifc^ 


SraBBe  55 

gahtität  toie  in  bcr  mecflenburgtfci^en  Sanbe^ttrd^e  über^au))t  )u  bred^en.  2)a^  ^al^neBnt 
1840—1850  ift  au^efüllt  toon  angeftrengtcftcr  SKitorbeit  jur  Smeuerung  be«  nrdSfucpcn 
Bebend  unb  SBJefen«  in  SKcdlenburg.  3"  biefe  ^t\t  fallen  bie  Slnfänge  ber  SBerIc  ber 
^eibenmiffion  unb  ber  inneren  SDlijfton,  ber  ©ammlung  einer  im  (Slauben  unb  Se* 
tenntnid  einmütigen  ®etftltd^Ieit  burd^  Jtonferenjen  unb  burc^  bod  ;;3Jte(!(enbur0.  ^irc^en^  5 
blatt",  toelc^e  95efirebunöen  fämtli(^  an  Ä.  einen  mit  ^eubigfeit  fic^  l^ingebenben  ^örberer 
unb  Stitleiter  fanben.  ^m  engften  Vereine  toirlte  er  mit  Männern  lüie  Jpofmann,  Älie» 
fot^,  3)e(i(f(^.  alte  ^l^er  unb  trctbenbe  j^raft  trat  balb  ber  etn^ad  füngere  ^Uefotl^  in 
ben  Sorbergrunb,  an  beffen  SRic^tung  auf  SBiebergeltenbmad^ung  beö  lutberifd^en  93elennt= 
niffed  unb  ber  lut^erifc^en  Jtirc^enorbnung  R.  überjeugung^od  ftc^  anfcplo^.  3Re^r  unb  lo 
mei^  fa^  er  fic^  t)eranla|t,  n)0}u  er  ftd^  bei  feiner  SSerufung  audbrüctUd^  l^otte  Der^flic^ten 
(äffen,  „arbeiten  im  rein  lirc^lid^en  ©ebiete,  indbefonbere  )u  legidlatorifc^en  ^to^cn  )u 
übfme^men".  Ä.  toar  aui)  3^eUne^mer  an  ber  bebeutfamen  ©d^toeriner  firc^UdSien  Äon- 
ferena  Don  1849,  iDelc^^e  jur  ßrri^tung  ber  ^^Äird^enfommiffion"  führte,  ber  äSorgängerin 
bed  DberÜrc^enrated,  unb  bamit  bie  Söfung  ber  Sanbedlirc^e  aud  ben  fanben  bed  2;erris  i6 
torialidmud  t)rin2i)}iell  anbal[;nte.  ^n  naivem  3ufammen^ang  mit  biefen  Bestrebungen  ftd^t 
eine  umfänglichere  fird^en^olittfc^e  ^ublilation  aud  bem  ^ai^e  1849:  ,,^ie  et^angelifd^e 
£anbedtir(^e  ^reufeend  unb  il^re  öffentlid^en  9le(^tdöerl^ältniffe  erörtert  in  ben  9Ka^nal;men 
i^red  Äir^enregimentd."  ^n  biefer  ©(^rift  erl^ebt  er  feine  ©timme  für  ,,3Bieberl^erftcuung 
eined  feften  fird^enrec^tli(^en  95obend  in  jeber  Sgie^ung"  unb  befürtoortet  aufd  ©ntfc^ie^  20 
benfte  etnerfeitd,  baft  bie  innige  SSerbinbung  jtpifd^en  ©taot  unb  Jtirc^e,  indbefonbere  ber 
furftlic^  @umme)}ifxo))at,  feftge^alten  tverbe,  anbererfeitd,  im  ®egenfa^  )u  ber  @enerat 
f)^nobe  Don  1846,  ba|  bad  reformatorifc^e  93elenntnid  toieber  jur  @e(tung  !omme,  umäd^ft 
bomit,  ba|  bie  unierte  Aird^e  aOe  an  bem  lutl^erifd^en  ^elenntnid  feftl^altenben  Gemein- 
ben  jtoedFd  93ereinigung  mit  ber  „ebangelif(^4ut^erif(^en  ^irc^e  in  ^reu^en'^  aud  i^rem  25 
Serbonbe  entlaffe.  „9iur  in  bem  ^ft^alten  an  ber  Dbieftibitöt  bed  33elenntnif[ed  liegt 
ba«  ^eU." 

Suf  biefem  ©tanb^junh  ftel^enb  mu^te  St.  mit  tiefer  Seforgnid  toal^me^men,  toie 
fein   im  ^afyct  1860  rxaö)  Sloftorf  berufener  Äollege  95aumgarten  in   feinen  ©driften, 
namentlich   feit  bem  ^lal^re  1854  („2)ie  92ad^tgeftc^te  ©ad^oriad'O/   älnfc^auungen   unb  ao 
®runbfä|e  enttoidelte,  toelc^e  i^m  bal^in  i^u  fielen  fd^ienen,  bie  befenntnidmäftige  Orbnung 
ber  Sanbkßrd^  aufjulöfen,  unb  toelc^e  bie  oberften  ürd^lid^en   unb  ftaatlid^en  Sel^örben 
mm  Sinfc^reiten  gegen  il^n  veranlagten.  Stad^bem  93aumgarten  fc^on  1856  aud  ber  t^eo^ 
logifd^en  $rüfungdIommiffton  entlaffen   toar,  fa^te  bad  3Rinifterium  1857   feine  älmtd» 
eiüfe|ung  ind  Sluge  unb  erforberte  bon  bem  Jlonfiftorium,  in  toeld^em  Jt.  bie  ma^gebenbe  ss 
^erfönlid^Idt  toar,  ein  Srac^ten  über  bie  gftage,  ,;0b  unb  intoietoeit  bie  bon  SSaumgarten 
in  feinen  Soften  niebergelegten  Se^ren   Don  bem  ^nl^alt  ber  f^mbolifc^en  Sucher  unb 
ber   inl&nbifc^  fiirc^enorbnung  abtoeic^en'^    3)iefer  Auftrag   brad^te  R.,   toie   er  felbft 
bdannt  fyd,  in  bie  fc^toerften  inneren  ^onflilte,  nid^t  blo|  im  ^inblict  auf  fein  loQegialed 
Ser^tnid,  unb  toeil  er  Doraudfal;,  toelc^e  älnfec^tungen  il^m  baraud  ertoad^fen  mußten,  40 
fonbem  oud^  toeil  er  grunbföfelic^  (Dal.  „Sluguft  SReanber''  @.  110  ff.)  ber  SDteinung  toar, 
ba|  eine  Sludfc^eibung  l^etifqer  Slicptungen  nic^t  burd^  äußere  Sintoirfung,  fonbem  burd^ 
bie  freie  i&^enttoidelung  gefd^e^en  follte.    3)oc^  glaubte  er  nic^t  leugnen  ^u  !önnen,  bag 
Smimgarien  bie  beim  antritt  ber  $rofef(ur  übernommene  eiblic^e  $ert)flic^tung  auf  bie 
Selenntniffe  unb  bie  ^irc^enorbnung  t^atfäd^lic^  gebrochen  ^abe.   ©0  unterzog  er  ficl[i  ber  45 
ibm   gufoQenben  Aufgabe   unb  Derfa^te  bad  {aU  SDtanuftri^t  gebrudte)  „@rad^ten  bed 
®to|l^«r)oglid^    medHenburg.   jlonfiftoriumd  betreffenb  Sel^rabtoeid^ungen  bed  ^rofefford 
Dr.  Saumgarten''  1857,   auf  toeld^ed  l^in  bie  Sienftentlaffung  toirllic^   erfolgte.    @d  ift 
^er  nic^t  ber  Ort,  biei^  ©rächten  ju  (jrüfen,  noc^  über^aut)t  auf  biefe  Slngelegen^eit,  toelc^e 
bomoü  toie   in  SRedElenburg  fo  burd^  bad  ganje   eDangelifd^e  3)eutfc^lanb  bie  äu^erfte  60 
(Erregung  tooc^rief,  nöl^er  ein^ugel^en.    3lux  ift  ^u  ertod^nen,  ba^  Jt.  in  ber  Über}eugung 
\Hm  ber  Serec(^tigung  feinet  Urteile  unerfd^üttert  geblieben  ift  unb  badfelbe  in  mehreren 
Streitfd^riften  Derteibigt  fyit,   nömlic^  einerfeitd,  Domel^mlic^  gegen  Don  ^ofmann,  in  ber 
Äin^^l.  3eitfc^t  Don  Äliefotl^  unb  SKejer  1858,  ©.  499  ff.,    anbererfeitd  in  ber  ©c^rift 
^{Dad  lut^erifd^  Selenntnid  unb  bie  in  ber  ©ac^e  bed  $rof .  Dr.  Saumgarten  abgegebenen  &5 
0utac(ten  ber  t^eologifc^en  ^fultöten  )u  ©öttingen  unb  ®reifdtoalb''  1859. 

^ierDon  abgefel^en,  toar  Jt.d  litterarifd^e  Xpö^I^t  feit  1850  ganj  Dortoiegenb  auf 
bie  ®efc^te  ber  UniDerfttöt  9io[tod,  ber  firc^lid^en  Sergongenl^eit  SRedtlenburgd  unb  feiner 
bcctMn:ragenben  2;^eologen  gerichtet.  @d  erfc^ienen  f olgenbe  auf  grünblid^ftem  DueUenftubium 
bcru^enbe,  )um  %ül  fel^  umfaffenbe  ©d^riften:   „3)ie  UniDerfttät  9loftod  im   15.  unb  eo 


56  Stahit  ftrSnjc 

16.  Sfa^rl^unbert''  1854;  ,,9lud  bem  Itrc^lic^etv  unb  au^erKrcl^IicI^en  Seben  Stofhxfö.  ^ 
©efc^tc^te  äBoaenftein^  unb  bed  bteigigiä^rigen  Jtrieged''  1863 ;  „^etnrid^  SRüaer  unb 
feine  3ett"  1866 ;  „3)aDib  ß^l^träu«"  1870.  ©ie  jeugen  iDie  Don  bcr  eminenten  Sict 
fettigfett  feiner  ©elel^rfamleit,  fo  bon  bem  liebeboden  ^ntereffe,  mit  toeU^em  Jt.  ftA  in 

5  feiner  jtoeiten  i^eimat  ein9e(ebt  ^atte.  SStl^nlic^  ^atte  er  feiner  Saterfiabt  Hamburg  beim 
Scheiben  1840  tn  ber  Schrift  Ecclesiae  evangeUcae  Hamburg!  instauratae  historia 
ein  Senimal  feiner  {^ietätboden  ^nl^änali(^!eit  l^interlaffen.  ^oc^  erft  in  SRedlenburg  fonb 
er  in  fird^Ud^er  ^inftc^t  ben  feiner  gefc^ic^tlic^sfonfert^atibenCSrunbricptung  boQ  entf})red^ 
ben  Soben.    2)te  Steugeftaltung  ber  öffentlichen  2)inge  in  3)eutf(^lanb  feit  1866  erfäOte 

10  i^n  t}orh)iegenb  mit  9ef orgnid,  iDeld^er  er  in  feiner  I^ten  ©d^rift  ,,2Biber  bie  gegentaxlrtige 
9{id^tung  bed  ©taat^Iebend  im  SSer^tnid  jur  Jtird^e.  @tn  ^eugnid'',  1873,  Su^brutf 
gab.  3^^^^^^^  Heinere  ^ublilationen,  ol^  Sin)el))rebigten,  olobmifc^e  Sieben  unb  Sor^ 
tröge,  muffen  l^ier  unberüd^td^tigt  bleiben. 

3um  @dblu^  fei  einem  banlboren  ©c^iUer  geftattet  )u  bezeugen,  ba^  Si^  $erfönlt(^< 

16  leit  in  i^rer  iisauterfeit  unb  i^rer  ^ingabe  an  bie  SSal^rl^eit  bed  dbangeKumd  ü^m  bä 
einer  ganzen  Generation  medtlenburgifc^er  ©eiftlic^er  ben  S9[nft)rud^  auf  bletbenbe  SSere^nmg 
gepokert  l^at  D.  Ä.  e^wibt. 

ftrSwer,  i&einrid^  f.  «b  VIII  ©.  33,4. 

ftrSttje  bei  ben  Hebräern.—  fiittcratur:  einige  ältere  ^Ronograp^len  In  Ugollni, 
20  Theeaur.  Vol.  XXX.    «[rt.  ^anj  in  SBiner,  {Rcaltoörtcrbu*  unb  »te^m,  ©Ibl.  fmnbroörter» 
bu(ö,  2.  «ufl.,  877  f. 

Sei  ben  ©ried^en  unb  Slömem  \p\dtn,  tok  allgemein  bdEannt,  Jtränje  unb  SItmien 
im  öffentlid^en  unb  ))ribaten  Seben  eine  gro^e  Slode  (f.  unten).  @benfo  bei  ben  alten 
'^Q\)\>tttn.    ^er  ög^))tifd^e  $of  ).  S.   brauchte  nac^  einem  und  erl^Itenen  SBerjeid^id  ffis 

25  äludfd^müdEung  ber  Seinlrüge  täglich  100  Slumenfrdnje,  für  toeld^e  bie  Beamten  bei 
Sleifen  bcd  Äönigd  ebenfo  ©orge  tragen  muffen,  h)ie  für  bie  onberen  S9ebürfnif[e.  Unb 
toie  man  bie  SBeinlrüge  mit  S(umen  fd^müote,  fo  fc^müdhen  fu^  beim  ^effano^I  oud^  bie 
®äfte  felbft  bamit;  „fte  ftedCen  ftd^  Sotud{nof]pen  ind  ^aar  unb  galten  fie  einanber  jum 
^iec^en  ^in,  tok  bie  ©äfte  bei  anberen  SSölfem  ftd^  SQSeinbec^er  reid^en'^   9(umenftri1u|e 

80  bringt  man  ben  ®öttem  bar,  mit  Slumenfrdnjen  umtoinbet  man  ben  ©arg  bed  ^ten. 
3um  ©tedbic^ein  mit  bem  (beliebten  im  ©arten  bringen  bie  Wiener  SSIumen  in  gfüde 
(ermann,  ^Q\}pUn,  163.  271  f.;  bgl.  SBUIinfon  II,  393).  —  33ie  SSorliebe  ber3«raeßten 
für  Blumen  toax  lange  nid^t  fo  gro^.  93on  eigentlichen  SSlumengdrten,  toie  bie^^oroonen 
».  9.  fo((^e  mit  großem  Jtoftenauftoanb  anlegten,  l^ören  iDir  bei  ibnen  faft  nid^td.    2)ad 

85  begreift  [i6)  aud  ben  Himatifd^en  SSerl^ältniff en :  bie  nötige  93etoöff erung  f ol^er  ©orten 
toar  in  ^olöftina  in  ben  ©ebirgi^egenben  ganj  unmöglich.  9lber  bie  ©itte,  bei  ®afU 
mälem  unb  ^rin!gelagen,  bei  ^0(|)eiten  unb  anberen  feftlic^en  ©elegenl^eiten  ftd^  mit 
grünen  S^ÄQtn,  mit  Blumen  unb  Donjen  ju  fd^müdCen,  toar  bod^  aud^  ben  alten  ^aeliten 
nic^t  fremb,    unb  iDurbe  bei  i^nen,  tvenn  aucp  in  befc^ronher  Sludbe^nung,  geübt    ^btx 

40  $rot)^et  berg(ei(^t  ).  S3.  einmal  @})l^raimd  $aut)tftabt  ©amaria  auf  ^o^em  Serge  mit 
bem  ftol^en  Äranje  ber  3^^^  wnb  ben  toellen  95lumen  anf  bem  i^atXpt  ber  %tan* 
lencn  (9ief  28,  1,  bgl.  Sj  23,  42).  Sei  ^oc^jeiten  erfc^eint  ber  Sröutigam  mit  Rröngen 
gefd^müdtt  ($S  3,  11,  bgl.  3  3Kaf  4,  8).  Unter  bem  ©nflufe  be«  §edeni«mu«  toirb  bie 
Sertoenbung  bon  Slumen  unb  Jtrön^en  bei  tieften  gan^  aiOlgemein.    Unter  ben  S)ingen, 

46  bie  bie  gottlofen  ^eigeifter  )um  l^eiteren  Seben^enu^  rechnen,  }ö]^lt  bie  SQ3eid^eit  ©olomod 
(2,  8)  löftlid^en  ©ein,  feine  ©olben  unb  buftenbe  Slumen  auf.  gürften  unb  Ferren 
^ulbigt  man  bei  il^em  @m)^fang  mit  Jtrönjen  unb  ftreut  i^nen  SSlumen  auf  ben  SBeg 
(3ub  3,  8).  3)ie  ©ieger  in  ber  gelbfd^lac^t  fd^müdt  man  ebenfo  (3ub  15,  13,  bgL  Bpt 
6,  2).    Überl^au)}t  too  gro^e  ^euoe  unb  ^ubtl  l^errfc^t,  ba  fc^afft  man  il^r  baburq^  Sbä 

60  brud,  ba^  man  ftd^  mit  Slumen  fd^müdt,  aud^  2:^ür  unb  ^l^or  unb  bie  ^öufer  betränkt/ 
(3  aJlaf  7,  16:  ©ir  1,  11.  18;  6.  31;  16,  6).   3)aju  bergleid^e,  toie  ber  Slu«brudt5lranj 
ober  ^rone  fel^r  ^äufig  ald  ©innbilb  für  ©c^muct  unb  @^re  jeber  älrt  berh>enbet  toii^ 
($i  19,  9;    Bpx  12,  4;  14,  24;  16,  31;  17,  6;    ©ir  1, 11;    26,  6  u.  a.).  —    3m 
Äult  ber  gdraeliten  f(^einen  bagegen  Äräme  fo  gut  h)ie  feine  aSerloenbung  gefunben  m 

65  baben.  @d  ift  ^eibnifd^e  ©itte,  bie  ©ö^enbilber  mit  golbenen  Kronen  )u  f($müden  (Snef 
^er  9),  beim  Saccc^udfeft  ft(^  mit  ß^j^eu  ju  befransen  (2  3KaI  6,  7),  bie  Djjfertiere  mit 
jtrönjen  ju  bel^ängen  (^®  14,  13).  2)ie  2i^^<^^iten  l^aben  berarttged  nic^t  gelannt.  9tur 
bie  2:em^elh)änbe   ftnb  mit  gefd^niftten  Slumenge^ängen    berjiert  (1  Äg  6,  29),   Aenfo 


ftraiije  Smfft,  ^of^m  57 

ffobtn  bo^  eherne  SReer  unb  bte  fahrbaren  äßafferbeden  be^  Xcm^jcld  ©utrlanbenberjterungen 
(1  R0  7,  29.  36).  Stber  t)om  ©d^mudt  be«  Icn^efe  mit  Icbenben  Stumcn,  ©uttlanbcn 
ob«  Jlröngen  totrb  un«  nirgenb«  cttoa«  gcfagt  2)o(^  Rängen  btc  3«*^^  ^^^  ^^  SöiÄers 
emtoet^ung  bed  bun^  Slntiod^ud  entlDei^tm  ^em))eU  golbene  Jträn^e  an  ber  SSorberfette 
be^dben  auf  (1  SKal  4,  57).  aber  iDcber  beim  3:emj)elh)ei^fefte,  noc^,  h)ie  man  bor  allem  6 
ectoorten  foBte,  beim  frol^ien  Saubbüttenfeft  ift  babon  bte  Siebe,  ba^  bie  ^Jeftfeiembcn  fid^ 
ober  bie  C)l)fertiere  mit  Äränjen  fd^müdften.  —  3"^  Sefonberen  ift  noA  ju  erloäi^nen  bie 
Sitte  ber  (Sried^en,  bem  Sieger  in  ben  öffentlichen  aBettIämj)fen  einen  Äranj  bon  Dlibem 
ober  ^gen)ta>eigen  ju  übeneit^en,  benn  hierauf  toirb  an  jal^lrei(^en  StcUen  bc^  9KE« 
»^10  genommen  (lÄo  9,  24 f.;  W  3,  14;  2  %i  4,  8;  3a  1,  12 ;  1  «ptr  5,  4 ;  OP  lo 
2,  10;  3,  11;  4,  4).  »ensiiiger. 

ftrftfff,  äbam,  geft.  1558.  —    ßitteratur:  ©ort^oIomSu«  We^cr,  Oratio  funebris 
in  obitum  Cratonis,  SJlorburg  1558;  ?JetruS  9?iflibiu§,  Eleochus  Professorum  Acad.  Marp. 
Tita  defimctoram,    Marpurgi  Cattoram  1591,   6.  30;    ©fl^elm  3)ili(ft,   Urbs  et  academia 
Maiporgends.  Äeu  ^crauÄgca.  oon  g.  ©äfor,  SRarbiirfl  1867,  ©.  22 ;   3o§.  Xilemann  dictus  16 
S4encf,  Vitae  professorum  meologiae,  qui  in  illustri  academia  Marburgensi . . .  docuerunt, 
Marburgi   1727,    4»;    8f.  SB.  Strlebcr,    ©effif^c   ©clc^rtengcfc^Htc,    II.  ob,    Saffcl  1782, 
e.  378—383;  (g.  flUanfe,  ^Rorburgcr  ©cfangbu*   üon  1549,  3Rarbur9l862;  fj.  9B.  ©offen- 
comp,  ^\fi\^t  Älrc^engcf^ic^te  feit  bem  Scttaltcr  ber  ^Reformation,  1.  93b,  granffurt  q.  ^. 
1864,  2.  KuSg.  S.76ff.;  %f),  »rteger,  3)tc  onoc^If^c  aWorburgcr  Äircftenorbnung  oon  1527,20 
9ot^a  1881.  —    »riefe  oon  unb  on  Strafft  pnbcn  p*:    Helii  Eobani  Hessi   poetae  ex- 
oellentiasimi   et  amicorum  ipsius   epistolarum   famiUarium  libri  XII,  Marpurgi  Hessorum 
1543;   3o6.   Wl'  Äudjcnbccfcr,    Analecta  Hassiaca,   «Harburg   1732 ff.,   VIU,   S.  421  ff.; 
2-  «urfte  unb  S.  d.  »fteim«,  (»ef(6i(ftte ...  ber  tir^c  8t.  Äilion  ju  ©orbo*,  «rolfen  1843, 
e.  251  ff.;    %  Xfc^dert,  93ricfwc(Mc(  be8  «ntoniuä  ©orolnu«,  ©annooer  unb  ßeipafg  1900  36 
(=  jQueüen  unb  ^arfteHungcn  jur  ®cf4l(fttc  92icberfo(6fcn«  93b  rV). 

abam  Ärafft  (au(^  SRagifter  Äbam,  Slbam  Don  gulba,  Crato  Fuldensis,  Vege- 
tius  genonnt),  töurbe  1493  )u  gulba  al«  Sol^n  eine«  S3ürgermeifter«  geboren.  @r  ftu- 
biett«  fett  1512  in  ©rfurt,  too  er  fw^  bem  ^umanifkenfreife  anfc^Iofe,  toarb  1614  S3acca* 
loureuS  unb  1519  unter  bem  2.  Selonat  be«3Ragifter  ®.  Spiringiud  )um  3Ragifter  ))romot)iert.  so 
6r  ^ielt  SSortefungen  unter  onberem  über  (Sradmud  Sob  ber  ^anl^eit  unb  toar  an  einer  Sd^mäl^^ 
fc^  gegen  ben  geinb  be«  Sra«mu«,  Seu«,  beteiligt.  SWit  bem  il^m  innig  befrcunbeten 
3oa(^  Sameroriu^  tool^nte  er  ber  Seipjiger  ^i^t)utation  bei,  too  er  auc^  SRelanc^tl^on  !ennen 
lernte.  3n(Stfutt  toor  er  mit  Sut^er  bewnnt  geworben.  9lad^bem  er  in  gulba  nid^t  ol^ne 
98etfrfö«ng  boö  ©Hmgelium  toerfünbet,  begab  er  ftd^  nad)  $er«felb.  $ier  lernte  il^n  Sanb»  86 
graf  $l^it»t>  lernten  unb  ernannte  il^n  ju  feinem  §ofprebiger,  1526  jum  Superinten* 
bfittcn  unb  1527  jum  ^rofejfor  ber  3:i^eoIogie.  auf  berS^nobe  ju  §omberg  loar  er  in- 
gegen  unb  töo^te  bem  Sleligionggef^jräc^  ju  3Rarburg,  bem  Jlonbent  ju  Sc^moIIalben, 
bem  gürflentage  )u  Slaumburg  unb  ben  S^noben  in  Öefjen  bei.  an  ber  SReformation 
in  ©ötttngen,  ^öiter,  gronffurt  a.  SK.,  ber  (Sraffd^ft  SBittgenftein,  ben  gemeinen  Sanben  lo 
an  ber  2äjin  u.  f.  to.  na^m  er  tl^ätigen  anteil.  3)ie  Selel^rung  ber  Wif<!^«»  SBiebertäuf er 
unb  bie  Ser^anblung  mit  J^eobalb  I^amer  (f.  b.  a.)  toar  Ärafft  in  bie  $anb  gweben. 
au^eibem  ^nit  er  boö  SKarburger  ©efangbudji  öerfafet,  ioie  er  benn  überhaupt  al«  3tefor» 
mator  Don  ^en  ba«  QavUpt  ber  j^efpfd^en  ©eiftlic^Ieit  ioar.  ©r  ftarb  am  9.  Sebtember 
1558  an  ber  SSafferfuc^t.  $.  «od^^nt^  t  {^*  mxU).     46 

Äwff^f  3«>^ann  (ßrato  Don  ßrafft^eim),  geft.  1585.  —  ©(Triften:  Johannis 
CrmtoDia  a  Knfftheim  consilia  et  epistolae  medicinalcs  (^crouSg.  o.  fi.  @(ioIj),  Francofurt 
1671,  7  Tom.  —  lieber  ft.  Unbclt  ©cnfcftel,  ©roto  oon  arofft^eim«  ficben  unb  örjtH(fte8 
Strfen,  Oredlou  1853,  4  *  (f)ier  »irb  ^.  aid  9?eformator  ber  mittelalterlichen  Materia  medica 
btngeftcat);  (BiUtt,  drato  oon  (Srafft^eim  unb  feine  greunbe,  grranff.  a.  Wt.  1860,  2  ZtxU  60 
(mit  8enu|^ung  bed  reidKn,  aum  Xeil  ungebrurften  »rteffd^a^ed  ß.d.). 

3o^amt  itrafft  ifl  am  22.  !Robember  1519  in  äSre^lau  geboren  unb  erhielt  auc^  ^ier 
feine  erfte  auttUbuno.  3m  3a^re  1534  bejog  er  bie  Unit>errttät  28ittenberg.  auf 
Sm)yfel^(ung  bed  Sre^er  Sleformatord  3ol^.  $e|  nal^m  Sut^er  i^n  in  fein  ^au^  auf. 
^  toar  er  fecbd  3a^  lang  Zifd^enoffe  Suti^^erd  unb  l^at  Dielet  aufgezeichnet,  toa^  66 
fp&tn  3^-  aurtfaber  in  feine  au^abe  ber  Xifc^eben  Sutl^er^  aufgenommen  fjat  aud^ 
ui  9tetand^t^  trat  er  in  enge  Seael^ung.  Seibe,  Sut^er  unb  anelanc^tl^on,  Dertoenbeten 
fk^  taricbeijS^oIt  unb  mit  Srfolg  für  t^n  beim  State  ber  Stabt  Sredlau.  Sut^er  fanb,  ob^ 
gbk^  er  t^   gern  ber  Zoologie  jugefül^  l^ötte,   „feine  Äom^jle^ion  )u  fc^toac^  jum 


58  Ärafft^  Soi^ann 

?5rebt0m"  unb  riet  i^m,  jid^  jur  SWcbijin  gu  tocnben.  9Rit  ©rlmtbnfe  bfi8  Sredlouet 
dtat^  tDtbmete  er  ftd^  feit  1543  fec^  ^al^e  lang  biefem  @tiibium,  juecfl  )u  Sei^gtg,  Ido 
er  mit  ^oac^.  (Eamerariud  befreunbet  iDurbe,  unb  ju  $abua,  Ido  ber  berü^mtefte  3Rebt)iner 
jener  3«i^/  S^^.  3}aj)tift  SKontanu«,  fein  fiel^rer  toar.    Site  2)oftor  ber  3Rebijin  le^e  er 

5  nadf  Seutfc^lanb;  gemä^  feiner  93er))flic^tung  bem  fRait  gegenüber  noc^  Srei^lau  gurüct 
n)o  er  im  ^a^re  1550  )um  @tabt))l^^fttud  befteUt  tpurbe.  3)urd^  gliUflic^e  Jturen  unb 
geleierte  (Schriften  gelangte  er  rafc^  ju  bebeutenbem  Stufe,  ^m  ^a|re  1560  iDurbe  er 
ifaiferlic^er  ^eibarjt  unb  biente  ate  fold^er  nad^einanber  ^binanb  I.,  3Wajimilian  II.  unb 
9{ubolf  II.    @r  berlie^  bei  june^menber  Sc^mäd^e  ^rbinanb^  im  ^fo^re  1563  Sre^lou 

10  unb  lebte  feitbem,  mit  furjer  Unterbretl^ung  nad^  SRa^imiliand  Xobe,  am  Iaiferlt(^  $ofe. 
^o^milian^  ernannte  i^n  ^um  laiferlid^en  fRaU,  erl^ob  i^n  unb  feine  ^{ac^Iommen  unter 
Beilegung  be^  9iamen^:  ßrato  bon  Grafft^eim  in  ben  Slbeleftanb  unb  erteilte  ibm  aufeer 
anbercn  Ounftbejeugungen  im  ^aü^xc  1568  bie  ^rit)ilegien  eine«  ^faljgraf«.  ®a«  grofee 
SSertrauen,   tpel^e«  er  bei  bem  Jutifer  ^Ra^milian  geno^,  benu^te  er   offenbmbtg  un^ 

16  entfc^ieben  jur  görberung  be«  ^^ßroteftantiömu«.  6r  toar  e«,  ber  bie  33erfu(^e  bed  Stfd^ofd 
$ofeu«  unb  ber  ^[efuiten  am  laiferlid^en  ^ofe,  SRasimilian  au«  feiner  Kn^lic^  unent« 
fc^iebenen  Stellung  ^erau«  gan^  auf  bie  Seite  ber  @egner  be«  $roteftanti«mu«  )u  }ie^, 
fortbauemb  bereitelte.  2)al;er  er  am  faiferlic^en  §ofe  fe^r  angefeinbet  toar,  um  fo  mel^, 
ate  ber  flug   angelegte  $lan,   nac^  toel^em  ber  ^roteftantiSmu«  befämj)ft  toerben  follte, 

30  borläufig  gu  einer  f^einbaren  Segünftigung  be«  ftrengen  Sut^ertum«  (^laciani^mu«)  gegen 
bie  milbere  melanc^t^onifd^^cafoinifc^e  Mid^tung  im  beutfd^en  $roteftanti«mu«  führte.  3" 
biefer  l^atte  fic^  ßrato  immer  entfc^iebener  l^ingeneigt.  ©(^on  in  Sreölau  ^atte  er  fu^  im 
©alramentgftreit  auf  bie  ©eite  3KcIand^t^on«  geftcUt,  bon  bem  ein  h)i(^tiger  Sricf  an  6r. 
(21.  SKärj  1559)  borliegt,    ©eine  öertraute  greunbfd^aft  mit  ^ac^^aria«  Urfmu«,  bie  ^ 

26  au«  ber  frül^eren  ©önnerfc^aft  gegen  biefen  feinen  S5re«lauer  Öanbdmann  f})äter  gebtibet, 
befeftigte  i^n  in  feiner  fir(^lid^en  ^arteifteHung.  2)al^er  er  fi(^  aud^  ju  bem  reformierten 
Btaatimanm  Sanguet,  bem  früheren  ®efd^äft«träger  be«  ^urfürften  äluguft  bon  ©ad^fen,  bann 
SJatgeber  3iol^.  Äafimir«  unb  SDicner  SBill^clm«  t)on  Dranien,  ^ingejogen  fül^lte  unb  mit  ben 
©d^tocijem  SuKinger  unb  Seja  in  8riefn)cd)fel  ftanb.  —  ^JKit  me^r  ober  toeniger  ©rfolg 

so  ^alf  er  bie  bon  ber  flacianifc^en  Slic^tung  au«gel^enben  äSeftrebungen  }ur  ^erfteOung  einer 
ftreng  lut^erifd^en  Äird^e  in  3)cutfd^Ianb  ju  befänn^fen.  6r  nal^m  in  biefem  ©inne  einen 
toefentlic^en  2lntcil  an  bem  SJerfud^e,  bie  Krc^lid^en  SBerl^ältniffe  ber  ^roteftanten  in  ben 
öfterreid^ifd^en  ©rblanbcn  (im  ^a^re  1568)  ni  orbnen.  6r  trat  al«  ein  $aut)tfürft)re4^ 
ber  böl^mifc^en  Srüber  auf,   unb  al«   ber  ^crgleid^   ju  ©enbomir  in  $olen  (im  ^aiftt 

36  1570)  eine  Union  ber  Sut^eraner,  Sieformierten  unb  böl^mifd^en  Srüber  glüdflid^  bergefteBt 
^atte,  Derfuc^te  er  bie  bö^mifd^en  33rüber  ju  einer  Union  mit  ben  Äircpen  augwurgifc^ 
i^onfcffion  ^u  betücgen  unb  il^nen  fo  ben  nod^  mangelnben  9le(^t«boben  jju  berfd^ffen.  — 
2)ic  Umtriebe  ber  ©egner  bc«  Rurfürftcn  griebrid^«  III.  bon  ber  $falj  unb  feiner  fird^ 
lid^en  Sieformen  tourben   t>ur(^   i^n   bereitelt.   —    S)er  SSerfuc^,  ben  umft(^tigen,  überail 

4ot^ätigcn  SKann  in  bie  SBittenberger  Äataftrojjl^e  bc«  ^ai)x^  1574,  tbeld^e  bie  9KeberIaae 
ber  melanc^^tl^onifd^.-calbinifc^cn  Slid^tung  in  Äurfac^fen  ^erbeifül^rte,  ju  bertoidteln  unb  fo 
feinen  ©turj\  ^crbei^ufül^ren,  mi^ang  ^mar,  aber  boc^  mußten  bie  ®egner  i^n  bom  ©terbe« 
bette  aKajimilian«  fenie  ju  l^alten  unb  bc«  fiaifer«  Xob  (12.  DItober  1576)  jog  feine 
ßntfemung  bom  $ofc  naq  [xd).   ©r  leierte  nac^  Sre«lau  jurüd.   ®er  fc^^möi^lid^^  angriff 

46  feine«  ÄoHegen,  be«  faiferlid^en  £eibar;|te«  3!)obonäu«,  ber  \f)n  in  einer  ©c^rift  ber  falfc^ 
ärjtlid^en  Sel^anblung  SJlajimilian«  befcfiulbigte,  folltc  i^n  für  immer  befeitigen.  ©ein 
9luf  al«  airgt  tüar  aber  fo  feft  begrünbet,  bafe  ilaifer  diuMpf)  II.  i^n  im  3abre  1678 
Ibieber  an  feinen  .pof  berief.  $ier  Ratten  ftd^  unterbe«  bie  SBerl^ältniffe  fo  beronbert,  ba| 
an  eine  einflufereicfe  ©tetlung,  ibic  früher,  nic^t  mel^r  ju  beulen  toar.    3)e«  ^ofleben« 

60  mübe  unb  törjjerli^  gefd^mäd^t  50g  fid^  ßrato  im  ^a^re  1581  auf  fein  früher  ertoorbene« 
®ut  Slücfert«  bei  Sleincr^  in  ber  ©raffd^aft  ®la^  jurücf,  Ibo  er  eine  ebangelifc^e  ®e» 
meinbe  gegrünbet  unb  nac^  pfäl^ier,  alfo  reformierter  Drbnung  eingerichtet  l^atte.  gm 
Saläre  1583  fe^rte  er  noc^mal«  nad^  Src«lau  jurüd  unb  bilbete  neben  9lnbrea«  S)ubit^  ben 
^itteli>unft  für  einen  Ärei«  fird^Iic^  gleic^gefmnter  unb  l^oc^gebilbeter  3Känner,  toeld^e  bie 

65  tpid^tigftcn  ^ritfragen  einge^enb  erörterten  unb  mannigfa^e  nrc^Uc^e  Slnregung  gaben,  bie 
auf  bie  fonfcffionette  SBanblung  am  $ofe  bon  2iegni$,  95rie^  unb  Diolan  einen  entfc^enben 
Sinflu^  übten.  2)al;er  ber  33ifd^of  bon  93re«lau  ben  beiben  glei(^  ber^a^en  SRännem 
ßrato  unb  SDubitl;  noc^  einmal  eine  Slac^ftettung  bereitete  unb  im  3a^e  1584  einen 
laiferlid^en  Sefe^l  ^ur  Unterfuc^ung  unb  ebent.  9lu«rottung  be«  6albini«mu«  in  Sre«(au 

w  ertuirlte,  ber  ben  bon  meland^t^onifc^em  @eifte  befeelten  Slat  beftimmte,  bie  angefochtene 


ftrftfft,  ^offom  StrafH,  ^of)am  SJ^rift.  ®ottl.  Subto.  59 

©ad^  offen  gegen  ben  33if(^of  in  ©c^ufe  ju  nel^men.  6rato  ftarb  in  feiner  SBaterftabt 
19.  Dftober  1585.  3^  merltoürbigcr  l^eute  bie  6j)ifobe  ber  SRegierunö  3KajtmiIian«  II. 
etfc^eint,  bejio  ^ö^er  toirb  man  bie  firc^engefc^ic^tlid^e  Sebeutung  biefc^  feltenen  Slrjte« 
einfc^often;  in  ber  ^roöinjiallirc^engcfc^ic^te  ©c^^Ieften^  toirb  man  i^n  au^crbem  neben 
$e^  ftetö  mit  gieren  nennen.  (mUtt  f)  ¥•  X\^aätxt.      5 

ftwff^  Sol^ann  ßl^riftian  ©ottlob  Subtoig,  geft.  1845.  —  ®.  X^omarm«, 
35a«  ©icbererioacficn  be«  coangel.  Sebenä  in  ber  lut^cr.  ^ird&c SBaljcrnS,  (£rl.  1867,  ©  171  ff.; 
¥^.  ^fincftcn,  einige«  ou«  bcm  fieben  Ärafft«  in  ber  SReform.  ßß.  1868,  S.  193  ff. 

3)ie  im  8.  unb  4.  3)ecennium  biefe«  S.o^^^w'^bert«  gefd^el^ene  (Erneuerung  ber  lut^e^ 
rif^^n  fitrd^  in  Satoem  au«  bem  äSerfaD,  in  toelc^en  ^er  Dulgäre  9lationaH«mu«  fte  ge^  lo 
brculft  ^tte,  tnü))ft  fi6  )um  %txl  an  bie  ^^ßerfon  be«  reformierten  Pfarrer«  unb  ^rofeffor« 
Dr.  Ärafft.  3-  6^^-  Ä.  bon  ^ofmann  l^at  c«  öffentlich  unb  Jjribatim  toieber^olt  bezeugt, 
ba^  Jtrafft  fein  geiftlic^er  93ater  getoefen  fei,  bem  er  nöc^ft  @ott  ba«  SSefte  k)erbanle,  loa« 
ein  3Renf(^  bem  anbem  geben  !()nne.  ©tal^l  fagt  in  einer  9{ebe  auf  ber  ©eneralf^nobe 
ut  9er(in  1846,  toorin  er  Ärafft  mit  ©^jcner,  SBilberforce,  §arm«  jufammenfteKt :  ,,3)er  i6 
mcatn,  ber  in  meinem  SSaterlanb  (Sägern)  bie  Äirc^e  auferbautc,  ber  ai)oftolif(^efte  3Rann, 
ber  mir  in  meinem  fieben  begegnete,  ber  ^faner  Ärafft,  loar  ein  ftrenger  Sefenner  be« 
reformierten  fie^egriff«.  Ob  er  ben  ^eibelberger  Äatec^i^mu«  in  ber  %a\i^t  ^erum* 
getragen,  g(ei(^tDie  ber  ^{ejenfent  K(eift«  §rü^(ing,  ba«  toeil  ic^  nic^t  (bejie^t  f^c^  auf  bie 
Scugerung  eine«  SSonebner«);  aber  ba«  toei^  ic^,  ba^  er  einen  ^rül^ling  aufblühen  machte  20 
im  gonjen  fianbe,  beffen  ^c^te  für  bie  ßtoigleit  reifen  loerben."  9loci^  nä^er  i^axatt^ 
riftert  t^n  ©tal^I  in  ber  9lug«b.  älQg.  S^^^^^d  ^^^  ^-  ^ebruar  1846:  „^n  (Sriangen 
toirftc  bamal«  ber  ^faner  Ärafft,  ein  3Rann,  loie  er  fid^  in  unferer  ^eit  unb  ju  allen 
3etten  feiten  finbet.  Dl^ne  befonbere  geiftige  (Saben  unb  h)iffenfci^aftlt(^e  9lu«jet(^nung, 
namentiid^  o^ne  gro^e  Setoeglic^Ieit  unb  ©etoanbtl^eit  ber  ©ebanlen,  aber  t)on  großer  25 
©tärte  unb  Snergie  be«  28iuen«,  k)on  fd^Uc^tem  ©lauben  an  ba«  Sßort  ®otte«  unb  t)on 
einer  t)önigen,  fein  ganje«  SBefen  berflärenben  Eingebung  in  ba«felbe,  ja  ^bentifijierung 
mit  bemfelben  —  ein  toal^r^aft  apoftoüfc^^er  ß^araiter  —  tourbe  er  für  bie  j)roteftantifcl^e 
fianbedltrd^  Sabem«  jener  Sauerteig  be«  ®i>ange(ium«,  ber  ben  ganzen  Xeig  burc^- 
fäuert."  —  Stxajft  toar,  ioie  SCI^omaftu«  in  feiner  ®ebäd[|tni«rebe  il^m  nac^rül^mt,  ein  treuer  30 
3eu0e  ber  göttli^en  SBal^rl^eit,  nic^t  blo^  burc^  SSBort  unb  Siebe,  fonbem  burd^  feine 
^anje  ^ikrfonlic^feit,  ia  burc^  fte  juerft.  ©efmnung  unb  SQ3ort  burc^brangen  ftc^  lebenbig 
m  tpm  unb  bte  öu|ere  Se^eugung  toar  nur  ber  treue  unb  toa^r^afte  9lu«brudt  be« 
Snnem.  „@«  lag  ein  6mft  über  feiner  $erfönlid(|feit  au«gebrcitet,  bem  man«  ioo^l  an- 
merfte,  ba|  er  au«  einem  in  ®ott  verborgenen  fieben  [tammte,  ge))aart  mit  jener  ftiUcn  86 
unb  ftc^em  Slul^,  bie  il^e«  SSBege«  unb  ^kle^  getoi^  ift.  3)abei  tiefe  ®otte«furc^t  unb 
bie  Siebe,  bie  nic^t  ba«  3^^^  fwd^t,  ßntf^iebenj^cit  be«  S^arafter«,  ©eloiffenl^aftigleit  im 
iSetnen  unb  aufo))fembe  ireue  im  ä^mt.  ©eine  perfönlid^e  ßrfd^einung  toar  eine  ftiDe 
$rebi0t  öon  ber  Äraft  ®otte«,  bie  in  il^m  too^nte."  Seibe«  aber,  jener  ßrnft  unb  jeite 
%üf<  fyiUm  i^ren  ®runb  in  feinem  feften  ®Iauben  an  ®otte«  SBort  in  ber  ©d^rift,  in  40 
ber  ertoogenen  Überzeugung,  ba^  bie  ^I.  ©c^^rift  vom  3lnfang  bi«  jum  ßnbc  SBerl  be« 
^L  ®eifte«,  ^nbegriff  be«  ganjen  Slate«  ®otte«  ju  unferer  Seligteit  fei.  S)iefe  Über:: 
)eiigung,  nac^em  fte  il^m  auf  bem  SSege  feiner  fieben«fü^ng  unter  langen  unb  fc^toeren 
Srfa^ngcn  aDmöi^Iic^  ju  Dotter  Klarheit  aufgegangen  toar,  ift  fortan  bie  ©cele  feine« 
fieben«  unb  ber  3lnge^punlt  feiner  ganjen  ^peologie  getoefen.  6r  toar  ein  ©c^rift*  45 
t^Ioge  im  tooBpcn  ©inne  be«  SBort«,  ©c^riftforfd^ung,  ©<briftau«legung,  S(^riftt)erteibi- 
axnq  toar  i^m  fieben«aufgabe,  in  ber  ©c^rift  gegrünbete  Ideologen  ju  bilben,  fein  S^d, 
Som  So^re  1818,  too  er  ^rofeffor  in  ©rlangen  tourbe,  bi«  jum  ^ai)x^  1824  toar  ber 
(Eingang,  ben  er  fanb,  nur  gering,  aber  mit  bem  ^af)xt  1824  begann  für  il;n  eine  ß^t 
umfaffenber  ©ntoirlung  unb  fte  bauerte  in  il^rer  tootten  Slüte  über  ein  S^^^i^^»^*/  fo  eo 
lange  nämlic^,  bi«  neben  il^m  gläubige  2)o5enten,  meift  feine  ©d^üler,  in  grlangen  auf- 
traten.  SSor  einem  grogen  9tubitorium  la«  er  ^aftoraltl^eologie,  Dogmatil,  neuteftament^ 
lid^  @ieaefe,  unb  al«  befonbere«  Serbienft  mu^  b^rborgel^oben  toerben,  bafe  er  ber  erfte 
beutfc^  ißrofeffor  toar,  ber  ein  Äottegium  über  3Jiijfton«gef(^i(^te  la«,  im  3Binterfemefter 
1825;  26.  ®ie  Ärafft  auf  bem  Äat^eber  juglei4)  ©eelf orger  unb  ^rebiger  toar,  fo  toar  er  auf  65 
ber  Jlanjel  {ugleid^  fiebrer.  Saju  machte  i^n  einge^enbe  Xe^tenttoidelung  unb  grünblid^e 
€(^ftaii«legung.  ©eine  $erfon  unb  fein  $au«  toar  ber  ^tttel))unft  ber  t)erfd^iebenften 
S^ötigleiten  für«  9iei(^  ®otte«  (S9ibel<  unb  Wiffton«fac^e)  in  bamaliger  3eit,  too  bie 
Slndft  faft  lein  fieben«jei(^en  t}on  ftd;  gab.    @r  f^at  1824  ein  9lettung«^au«  geftiftet  (ber 


60  ftrafft,  So^nn  %ift.  ®ott(.  Subto.  Strafft,  Stau 

(Sntftel^ung^eit  nac^  bad  k)terte  ober  fünfte  in  2)eutf(i^(anb)  unb  innere  ÜRifftmi  getrieben, 
(ange  e^e  btefer  3larm  auflam.  3R\t  k)ielen  gläubigen  S^ten  no^  unb  fem  flonb  er  in 
äSerbinbung,  bte  in  iDic^tigen  9(ngelegenl^eiten  feinen  9iat  begel^en  unb  fein  Urteil  ein« 
polten,  ober  an  feinem  ©lauben  fid^  erquidten. 
6  ©eboren  toar  ^rafft  ben  12.  ^ejember  1784  )u  ^uidburg,  too  fein  Soter  aß 
?$rebiger  lüirfte.  Sc^^on  im  gal^re  1798  berlor  er  feinen  33ater  unb  nun  lam  bei  b«i 
f(^h)eren  Äriegöjeiten  eine  3«*  ber  9lot  über  ba«  berloaifte  §au«,  in  toelc^em  aber  bie 
trefflicl(>e  SKutter  i^ren  Äinbem  aK  leud^tenbe«  ®jenH)el  be«  ©lauben«  Dor  Äugen  ftoib. 
Ärafft  ftubierte  in  3)ui«burg,  beffen  Seigrer  aber  leiber  im  33ienft  be«  Unglauben«  fki^en. 

10  allein  fo  fel^r  biefe  Stid^tung  feinen  fd^arf  benlenben  ©eift  mit  SSorurteilen  gegen  ©otte« 
SBort  unb  Offenbarung  erfüttte,  f o  liefe  boc^  ba«  S3eift)iel  gläubiger  SRenfd^en  i^n  nie  bcQU 
lommen,  in  ben  ©runbfä^en  be«  Unglauben«  9{u^e  )u  finben.  3n  feiner  Jtanbtboteiqeit 
toar  er  fünf  ^al^re  lang  §au«lel^rcr  in  granffurt  a.  9R.  bei  ber  trefflid^en  gomilie  be  9toif« 
k)ille,  unb   biefer  Slufentl^lt  gereichte  il^m  t^ielfad^  jur  ^örberung,   o^ne  feboc^  feinen 

16  inneren  3toief))alt  Ö^nji  ju  lieben,  ^m  Df tober  1808  tourbe  er  Pfarrer  an  ber  refor» 
mierten  ©emembe  )u  SBeeje  bei  ßlebe  unb  im  ^bruar  1811  trat  er  in  ben  (S^efkcmb  mit 
ber  5Prebiger«tod^ter  SBill^elmine,  geb.  9ieumann  au«  6let)e.  3"  ^^  ^^  ^a^tm  feine« 
@l^eftanbe«  l^atte  er  nod^  l^^inftc^tlid^  ber  großen  Xbatfad^en  be«  @t)angelium«  mit  3ta>tifdn 
}u  Iämt)fen,  bie  feinen  ©eift  quälten  unb  leine  ^eubigleit  )u  feinem  ^rebigerberuf  bei 

20  tl^m  auflommen  liefen.  3"^^^  forfd^te  er  unter  ©ebet  immer  fleißiger  in  ber  Schrift 
unb  immer  mel^r  fielen  bie  ©4uj)pen  Don  feinen  äugen.  81«  er  1817  jum  ^rebiger 
ber  beutfdd^reformierten  ©emeinbe  in  ©rlangen  berufen  tourbe  OProfeffor  an  ber  bortigen 
Uniberfttät  tourbe  er  1818),  l^atte  er  bereit«  ben  ©tanb))unft  eine«  bibelgläubigen  BußfUca^ 
naturali«mu«  errungen  unb  freute  ftd^,  in  ber  UniDerfität«fiabt  beffere  ©elegen^ieit  )u  be« 

25  lommen,  feine  Dogmatil  ju  fd^reiben,  eine  Slrbeit,  bie  er  al«  feine  £eben«aufgabe  anfob. 
unb  and}  infofem  gelöft  l^at,  al«  er  mel^rmal«  \)ox  einem  großen  Slubitorium  3)ogmattI 
la«  unb  ein  beinabe  brudfertige«  3Ranuf(ri})t  l^interlaffen  ^at.  3>ie  le|te  Jtrift«,  bie  er  in 
feinem  Seben  burc^jumad^en  l^atte,  ,,feine  Sele^rung",  batiert  er  felbft  bom  grül^ja^  1821. 
Sil«  er  biefen  Vorgang  feinem  ©ruber  ©ottlob  (toeilonb  Pfarrer  in  Äöln)  gemelbet  l^otte, 

80  antoortete  le^terer:  „3^  al^nete  too^l  au«  beinem  längeren  ©d^toeigen,  bafe  eine  befonbert 
Säctoegung  in  beinem  ^nnem  borgel^e:  ba«  SSerftummen  be«  ^aifoda^,  bi«  er  mit  einem 
Sobgefang  ben  3Runb  öffnete."  —  1833  nal^m  il^m  ber  ^err  feine  au«gejeid^ete  Sdften«« 
gefäl^rtin,  bie  il^m  namentlich  bei  feiner  2:^ätigfeit  für  innere  5IRifrion  (j.  8.  ©rünbung 
ber  älrmentöc^teranftalt)  treulid^   )ur  @eite  geftanben  ^atte.    3tai)  einem  )toölfiäl^ri{p 

86  SBittoerftanb  erlag  er  felbft  einer  breimonatli(^en  Äranll^eit  am  15.  SRai  1845  im 
61.  £eben«ial^re.  ©efc^rieben  b^t  ^rafft,  aufeer  einer  Slbl^anblung  de  servo  et  libero 
arbitrio,  SRümb.  1818,  fteben^Prebigtenüber^ef  53  unb  Dier  ^rebigten  über  1  fto  1,30, 
enbli(^  einen  3öNö«0  ^tebigten  über  freie  lejte  (ßrlang.  bei  §e^ber  1828,  1832,  1845). 
^a6)  feinem  ^obe  ift  etfc^ienen:  Sl^onologie  unb  Harmonie  ber  bier  StHxngelien,  ^ou«* 

40  gegeben  Don  Dr.  Bürger,  Erlangen  1848.  |^.  0»elel  f. 

Ärofft,  Äarl,  gefi.  1898.  —   Äurjc   ©clbftbioßrQp^ic  au«  bem  ^oftorcnalbum   ber 

rcf.  ®cmeinbe  in  (Slbcrfclb  abgcbrucft  in  ©eftb.  Scitung  1898,  9^r.  101  Dom  2.  SWoi;  Wefro» 

löge  in  3tfd)r.  be«  »erg.  ©efdjiditSücrcin«  1897,  @.  171  ff.  unb  im  ©uppert^.  «olWalenber, 

93ote  be«  Xfialc«  1899,  6. 13 f.;    Seibcnfroft,  Stammtafel  ber  gfamilic  fieibenfroft  xu  f.  »., 

46  ®raa  1876. 

2)er  befonber«  al«  $aftor  an  ber  reformierten  ©emeinbe  ju  (Slberfelb  unb  oI« 
Störfeuer  auf  bem  ©ebiete  ber  3flbeinifd^en  Äirt^engefc^ic^^te  befannte  Äarl  3o^.  %t.  SS5U^. 
Ärafft  ftammte  au«  einem  alten  Il^eologengefc^led^t.  ©ein  Urgrofebater  3o^-  333-  öHir 
?$rofeffor  ber  Il^eologie  au  2Jiarburg,  ber  ©ro^bater  6lia«  S^ftopl^  reformierter  ^fior 

60  JU  2)ui«burg  getocfen.  3)er  95ater  ^of).  ©ottlob  toar  al«  reformierter  ^apor  juerp  feit 
1811  in  ©d^öKer  bei  eiberfelb,  bann,  nac^bem  er  ftd^  1813  mit  einer  a;od^ter  be« 
originetten  Äird^fpielpaftor«  ©traufe  ju  ^ferlol^n  bermä^lt  ^atte,  feit  1814  in  Jtötn  t^ätig, 
too  il^m  bier  SEBoc^en  nad^  biefer  uberfiebelung,  25.  SWobember  1814,  ber  erfte  ©o^  Äöä 
geboren  tourbe.    3Ra(^  bem  fc^on  jtoei  ^al^e  barauf  erfolgten  2^obe  ber  SDlutter,  toeb^ 

66  i^  ©ruber,  ^aftor  ©trau^  ju  9lon«bort  unb  ©Iberfelb  in  feiner  ©(^rift  „©lodtentöne"  in 
bem  Slbfc^nitt  „^ie  ©terbenbe''  ein  2)enlmal  gefegt  l^at,  tourbe  bie  ®r)ie^ung  be« 
Änaben  juerft  bon  ber  ©rofemutter  Ulrile,  geb.  2eibenfroft,  fpäter  bon  einer  jlDeiten 
^iRutter,  Souife,  geb.  SSorfter,  geleitet.  9Ia^bem  bon  i^m  ba«  ©Vmnajtum  feiner 
S^aterftabt  burc^gemac^t  toar,  toibmete  er  ftc^,   burc^  bie  gefegnete  3Birt{amIett  angeregt, 


Srafft,  Jtatl  61 

bie  \em  ^Satn  aÜ  offenbaningSgläubiset  ^rebign  beg  SDangeltumä  unb  f«it  1SI6 
oiic^  ali  Jtonft^otialiot  in  bem  neugegrUnbeten  (gl.  pxtü%.  ADnjtflDrium  ju  Stülri  i\i  ju 
fnnem  frü^  lobt  1830  fl<^abt  fjaüt,  bem  ©tubium  ber  ^^^eologit.  3"  bietem  3toed 
begab  er  {ü^  im  $eibft  beä  ^ai^xti  1832  nad)  @i[angen  in  ba«t  ^aui  feinet  C^etmi}, 
beö  ^forverä  bei  bortigen  beutf^^iefonn.  @emeinbe  unb  ^lofeffoi^  ber  refotm.  X^eologie  b 
^0^.  (S^rifL  Aiafft,  tuel^n  bamalä  au{  bem  ^ü^etiunlte  |«inci  beitreic^enben  unb  tief< 
gntfmbcn  X^ätigleit  ftanb.  3tu^  bicfem  icor  e«  bejonberä  no^  bet  Ideologe  ^aile^, 
b«  9tatui^t|tontci  5larl  Don  9t«imer  unb  bei  ^^ilologe  SJöbcriein,  Bon  bencn  beiJlünfl; 
lina  fötbeiKAe  Xniegung  e^W'-  3hit  ungern  infolge  eine«  ©tubentenauftu^rt  Berliefe  et 
Snangen.  (Si  Ju(^U  nun  Seilin  auf,  tco  fein  D^eim  müllcrlii^erfeitö,  ber  5|Jiofeflor  ber  lo 
paiti^Öjtn  ^I^eoiogie  ^^ri(^  ©trauft  lebte.  ©t^Ieieimot^ei,  gegen  ben  et  ^neigung 
fü^lle.  War  lutj  Dornet  geftotfew,  ?(eanbet,  ßengftenberg  unb  Steffens  ober  tiörte  ei  in 
t^iCT  Sotlefungen  getri.  ^nbeiferi  bie  ä^Pteuungen  ber  gro^  ©tafit  toiittcn  naäj 
fetner  eigenen  äu^eiung  nid^t  vorteilhaft  auf  i^n,  toä^enb  eine  emftlit^e  @ilranhing  auf 
(inn  gmtnicife  m  $cag  füi  fein  inneicä  Seben  fegenäreit^  tourbe.  3^ann  1835  biebei  u 
(in  ^eimot  juiüdgefeijtl,  be;og  ei  bte  UniUeifität  Sonn.  Stac^bem  ei  ^iei  bei  3li^\ä) 
unb  €a(f  noq  einige  t[ii;ologif<^e  ^ortefungen  gehört  ^atte,  tvanbte  ei  fi^,  bo  er  fu^  jum 
^lAigtomt  nid^t  fä^tg  hielt,  unb  eine  Heine  (Sibfc^aft  i^m  bie  ^rlfeiung  a!abemi^ct 
©tubien  ermöglii^te,  jut  «!)Jl;iIoiDgic,  abvc  fie  etfi^ien  i^m  balb  olä  eine  geiftlofe  SSü^en' 
ft^ft  unb  fo  gab  er  fic  miebn  ntif.  20 

Sitlme^r  beftanb  er  nun  1837  unb  1838  bie  beiben  t^eologijc^en  Prüfungen,  looiauf 
a  am  @Vmnafium  in  SJonn  ali  SteligtonSle^rer  3(nftcQung  fonb.  Salb  banad^  ober 
touibe  er  Bon  ber  ®emeinbe  $Iamei^eim:@roftbüQeä^eim  bei  Sonn,  unb  jmei  ein  fyilb 
äo^  ^er  Don  bei  lefoimieiten  ®emeinbe  ^üdeätoagen  an  ber  28u)}}>er  bei  Senne))  gum 
$aflor  berufen;  <m  (eUeiem  Orte  füllte  er  fic^  im  Serfe^  mit  einem  liefflii^en,  be<3a 
fonbtiä  oud  in  ber  ©eefforge  erfahrenen,  AoQtgen  unb  mit  tüchtigen  benachbarten  3Imt^ 
brübem  fel^  tooEfl.  3IU  aber  burc^  feinen  Siortiag  üb«  eine  grügere  Steife,  bie  er  toon 
boit  auc^  naä)  ^tolien  unternommen  unb  auf  ber  er  in  9tom  unb  ^tOftl  aud}  ge^irebigt 
^atte,  bie  ®emeinbe  ju  ^üffelborf  auf  il?n  aufmeilfam  getoorben  Ivar,  folgte  er  im  $eiDft 
1844  b«  »eiufung  bort^in.  Grft  bo  in  Iiüfielborf  (amen  feine  Kräfte  ju  tooller  Ent»  so 
foltung  tmb  Siirtung.  Risax  unberbetmtet  in  einem  gaiij  unjurei<^enben  ^fan^oufe 
XooffaaO),  cäxe  tooQrr  leibucfier  @efunb^eit  unb  ^fc^e  ft<^  erfreuenb,  Dettiinbete  er,  inbem 
bie  Stntvtrhmaen  ber  Srlanger  3^  in  i^m  tcieber  lebenbig  tourbcn,  baS  (Soangeltum  immer 
bäftigtr  tuib  begeiflerter,  auc^  mit  bem  nat^fenben  Erfolge  ber  Sitcedung  unb  ©tärfung 
i^fUii^  @laubend  unb  Seben^.  2)ie  Siebolutionäia^e  1846  unb  1849  gaben  i^m  so 
mt^odlre  Gelegenheit  feine  eifrige  tihiigetreue  ®efinnung  unb  feine  überjieugung  bon 
bem  gdttUi^  Seruf  ber  Obrigteit  burc^  Sdämtifung  aller  aufrü^ierift^  Seftrebungen 
}u  bct^ätigen,  ioaS  i^  bie  ^obfeinbfi^aft  ber  d^ebotuttonäre  )u}og.  ^(inai^  aber  fu^te 
er  bie  allen  äR&c^len  be*  Umfturje«  entgegengefteHte  Strbeit  ber  inneren  aiiffton  no^ 
itiäften  ui  foibetn.  3n*'''f''"b*'^s  •'"^'^  ^^  beteiligt  an  ber  ®rünbung  ber  JReltungSanftalt  10 
JU  ^ffeU^  bu«^  ben  ®rafen  Bon  ber  SRerfe  unb  aU  tangjä^rigeö  ^JlitgUeb  be^  flura= 
tonumS  an  i^ti  foitbouemben  Sßertnaltung.  ^\iä)  bei  äußeren  SJülfion  tcanbte  ei 
fein  t^iged  ^toeffe  )u.  älu|eTbem  übernahm  er  bie  Seitung  bei  etoangel.  ^ii^eren 
Xöt^terf^ule  p  Xiüffelboif  unb  ^r  fünf  ^o^re  bie  ^^ätiglcit  ali  Steligiondle^er  an  bei 
bortigm  flöbtifi^en  91ealfct)ule.  f^cr  ma^te  er  fic^  um  bie  ©labt  tierbient  burc^  bieu 
@rAnbung  eined  ebangel.  jhanlen^aufeä,  bie  ei  in  @iinneiung  an  feine  ISihanhing  in 
^rag  unb  feine  ®enefung  Bon  beifelben  betrieb.  Unb  felbfl  über  bie  St^ein^roBing  ^inau« 
erftc^  fu^  feine  SBirffamleit,  inbem  er  ju  ©eneralürt^enttifitationen  in  anbeien  ^loBingen 
berufen  touibc.  Dieben  foli^ei  Bielfeiligen  (trattif^en  ^£^tig(eit  fanb  er  abei  auc^  no<^ 
3cit  unb  Araft  ju  litterarift^ei  Sef^ä^gung.  3)en  äu^en  älnla^  bagu  bot  feine  amtcfo 
bi^  "BttpfVi^iimQ,  ben  Itrt^lic^en  unjeiger  Der  ebangel.  @emeinbe  gu  S:üffelborf  mit  ge; 
eignetem  ©toffe  ju  Uerfor^en.  3u  biefem  3loe(I  geft^w^  ei  junäc^ft,  baft  er,  innerlit^  bagu 
bün^  fein*  Siebe  gur  5*"""'  betooflen,  ©tubien  über  bie  fiirt^eng^c^idite  ber  Slawin" 
patmt  betrieb,  am  tDelqen  neben  m^ireren  tleineren  äluffä^en  im  älngeiger  loie  bem  üBet 
bit  fLfalggififin  Aat^oiina  Sl[iariDtte  in  ben  ^a^gängen  1861  u.  1852  aut^  bie  giügeie  w 
Xb^onblung  fiber  bie  gele^e  ©t^ule  ju  3)üffeIborf  unb  beten  erften  Stettor  ^o^.  3Ron^m 
1853  ^«Dorging. 

3>iefc  ttu^  unb  gefegnete  ^iitfamteit  in  SJüffelboif  Wutbe  aber  naA  gtoi>(fiä^em 
Sufent^olt  bort  abgebt«^,  ole  S,.,  tnä^tenb  er  einen  Stuf  nac^  feinet  iBaterftabt  Juln 
obgc^nt  ^e,  int  Cftober  1866  einer  ^Serufung  in  ba<  von  häftigem  leligüifen  Sebcn  eo 


62  ftrafft,  Jlarl  Sttüfft,  SBil^elm 

burd^jogenc  SSJm)j>crtl^aI,  in  bic  neu  errid^tctc  fünfte  ^farrftette  ber  reformierten  ®cmcinbe 
ju  ßlberfelb,  folgte,  t)on  feiner  i^m  einige  ^afycc  jut>or  bermä^Jten  ß^efrau,  einer  %odfttt 
bed  ^aftor  ßbuarb  ^ermann  ^u  ^ui^burg,  unb  }n>ei  tleinen  Jlinbem  begleitet.  9Luä^  ba 
in  SIberfelb  ^t  St.,  obfd^on  bolb  unter  einem  nerDöfen  ßo))f(eiben  feine  ^rifc^  ju  leiben 
6  begann,  einige  ^a^rje^nte  l^inburd^  eine  in  ^ol^em  3Ra^t  fruchtbare  ))ramf((^  X^ottglät 
entfaltet,  bie  nur  burc^  feine  SBirffamfeit  ate  ^lb))rebiger  in  ben  Jlrieg«ial(frcn  1866, 
70  u.  71  unterbrochen  hjurbe.  Sieben  feinen  ^rebigten,  hjelc^e  mit  unerfArodener  S5e» 
Iäm))fung  bed  Unglauben^,  be^  9S$e(tftnne^,  bed  Umfturjed  unb  bed  romifc^  Slberglouboid 
bie  (9runbn>al^r^eiten  be^  6t)angeliumd  geltenb  mad^ten,  trieb  er  mit  großer  2^reue  püüMdt 

10  @eelforge  unb  ^antenbefud^.  3)agegen  jog  er  fid^  t)on  ben  mancherlei  ^m))fen  im 
öffentlichen  Seben  unb  in  ber  ©emeinbe  mel^r  unb  me^r  jurücf,  um  lieber  bie  3Ru^, 
tDcld^e  il|m  feine  9lmtg))flic^ten  liefen,  ju  ftiUer  tviffenfc^aftlic^er  9[rbeit  ju  benu^en.  S)ies 
{elbe  be^og  fic^  too^l  aud^  auf  ba^  ©ebiet  ber  neuteftamentlidE^en  SBiffenfc^ft,  auf  bem 
er  freiließ  burd^  eine  fe^  fd^roffe  ^^fpiration^t^corie  jiemlidf^   enge  gebunben  toar,   gom 

16  befonber«  aber  hjieber  auf  bie  Sl^einijc^e  Äirc^engefc^id^te.  Unter  ben  au^erorbentltcp 
reidj^en  JJrüc^ten  feiner  ber  le^teren  geltenben,  auf  bie  erftcn  üueDen  begrtinbeten,  Stubten 
tonnen  ^ier  nur  bie  toid^tigften  l^erDorgel^oben  tDerben.  ^al|in  gehören  t)on  ben  befonberd 
beröffentlid^ten  Schriften:  ©riefe  unb  5)ofumente  au^  ber  9leformation«jeit  (^er.  jitf.  mit 
feinem  ©ruber  SBill^elm)  1875,  Slücfblicf  auf  bie  f^nobalc  ©efdf^ic^te  be«  Sergifd^en  2anbed 

20  1878,  ©cfd^ic^te  ber  Slärt^rer  Ätarenbad^  unb  ^liefteben  1886,  Seben^bilb  be«  Raufmann« 
33an.  §ermann,  unb  jum  Slnbenfen  an  ß^riftian  Äraft  1895.  %ztnct  t)on  feinen  8ei= 
trägen  für  bie  3eitfdS^r.  be«  Sergifd^en  Oefc^ic^tg^aSerein«,  ben  Ä.  1863  mit  bem  ©treftor 
©outertoecf  begrünbet  ^atte,  1869:  3Ritteilungen  aud  ber  nieberr^ein.  Sleformatimt«« 
gefd^id^te;    1871:   Sllej.  ßegiu«  unb   feine  ©d^üler;    1890:  ?Ricolau«  8u«cobucenfiÄ  ju 

26aBefel;  1893:  S)om^err  griebr.  Oraf  ju  Slictberg;  1894:  ©erwarb  Oemifen.  eobami 
t>on  Slblianblungen  in  ben  %f).  arbeiten  au^  bem  r^ein.  toiff.  ^rebiger^SSerein,  1872 :  Duellen 
ber  Oefd^id^te  ber  eöangcl.  ©etuegung  am  SJieben^n;  1874:  ©riefe  ^Kelond^tbon«, 
©uccr«  u.  f.  h).  unb  14  ©riefe  Sut^enJ;  1880:  ^oac^im  ?Reanber ;  1882:  3ur®efc^ic^ 
t).  Älarenbad^  unb  ^tiefteben;   1889:  ©riefe  ^a6).  Urftn«,  j.  r^ein.  3leform.«®efc^.  unter 

3o6rjb.  §ermann  t).  3iSieb;  1891:  bie  Sleformation^orbnung  t)on  Äaifer^toertb.  @nbli(^ 
t)on  Sluffä^en  im  6lberf eiber  Slcform.  SBoc^enblatt :  1893:  bie  berübmte  Kaufmann«» 
focictät  ju  6lberfelb  bor  100  ^af)xm  unb  Erinnerung  an  ^eter  lefc^enmad^er ;  1895: 
ein  ©lief  auf  bie  geiftl.  Sitteratur  ßlberfelbe  im  borigen  3<^^wbert;  1895:  bie  ^tt* 
ftörung  ber  SJeanber^öl^le.  —  33ie  ©eröffentlic^ungen   biejer  ärt  erfc^öpften  aber  leine«« 

86  toeg«  bie  ^unbgruben,  tveld^e  5t.«  umfangreid^e  ^enntniffe  unb  feine  bebeutenben  Samm« 
lungen  öon  §anbfc^riften,  ©üd^em  unb  2tu«jügen  für  bie  (Srforfd^ung  ber  firc^lic^en  unb 
audp  bürgerli^en  ©efdf^idf^tc  ber  SRI^eintanbe  boten.  Unb  fo  ^at  er  jene  bielfac^  mit  gro|er 
Uneigennü^igleit  unb  ^reunblid^teit  and)  anberen  f^orfc^em  auf  biefem  ®ebiete  )ur  ©er^ 
fügung  gefteDit.    S)ie  h)iffenfcf?aftlidS^en  ©erbienfte,  bie  er   pd^  bamit  ertoarb,  fanben  bo» 

40  burd^  einen  gebül^renbe  SBürbigung,  ba^  er  bei  Oelegenl^eit  be«  Sut^erjubiläum«  1883 
t)on  ©onn  ben  t^cologifc^en  unb  bon  5Warburg  ben  ^l|ilofo})^ifcf?en  ®o!torgrab  erhielt.  3n 
äufeerlid^er  ©ejiel^ung  toar  bamit  ber  §ö^c^unft  jeine«  Seben«  bejeid^net. 

5)a«  ^Qi}x  barauf  fall  er  ftd^  bur^  bie  Steigerung  feine«  Äo})fleiben«,  befonbet«  burc^ 
bie  häufigen  ©c^hjinbelanfäDe,  genötigt,  fein  Pfarramt,  ba«  er  28  ^af)x^  lang  in  @Ibeife(b 

45  bertoaltet  i}aiU,  nicberjulcgen.  3cbo^  ^at  er  bann  noc^i  faft  12  ^aSjx^  lang  al«  @meritu« 
burc^  allerlei  freitoiHigc  ^oftorale  J^ätigfeit,  h)ie  ©ibelftunben,  Äranfenbefut^e  unbfieic^« 
))rebigten,  ftd^  in  feiner  @emetnbe  nü|(ic^  gemad^t,  bi«  enbli^,  nac^bem  i^m  früher  t)ier 
kinber  unb  feine  (Sattin  burd^  ben  lob  entriffcn  toarcn,  auc^  er  fclbft  nad^  längeren  fd^toeren 
Seiben,  bie  aud^    in   innerlid^e  fiäm))fe,   aber  julej^t   }u    frohem  @lauben   fübrten,   am 

60  15.  ÜKärj  1898  in  bie  ßhjiafeit  gerufen  tourbe,  in  tocitcn  Äreifen  al«  ein  S&lann  Don 
origineUer  2trt,  ein  ©rauJeto))f  mit  friebfcrtiger  menfc^cnfrcunblic^er  ©efmnung  unb  ein 
lauterer  c^riftlid^er  S^ararter  betrauert.  ®ie{fert, 

Srofft,  SBil^elm,  geft.  1896.—  Selbftbioärap^ie  im ^rofefforenalbum  ber  cD.*t^eo!. 
3rafultät  5U  33onn;  ^icfrolog  in  ber  58onncr  ä^itung  üom  10.  S^nu^r   1897  tjom  Unter^ei^» 
65  netcn.   ©inigc  eingaben  in  O.  9?itfd)(,  91.  JRitfcftl«  Seben. 

S)er  jüngere  ©ruber  bon  Äart  Ä.,  SQäil^.  Subm.  ft.,  ber  ©onner  ^rofeffor,  toar  ge« 
boren  ben  8.  ©e^)tember  182  Iju  Mn,  au«  ber  j^citcn  gbe  be«  ©ater«  (f.  ©.  60,67). 
9(uc^  i^n  h)ie«  in  t^eologifc^e  S3a^nen  bie  ^milientrabition  unb  bie  ftarle  religiöfe  @tn* 
tpirlung  be«  frommen  ©ater«,  bie  auc^  nac^  beffen  frühem  Sobe  nad^tvirtte.    2)enn  ti>a^« 


ftrafft,  SBU^elm  63 

rcnb  ber  ^anim  QÄi  feinet  (S^mnajtaluntcrrid^t^,  ben  er  tnÄöln  jucrft  auf  bcm  Äarmc* 
Itterg^nrnoftum,  bann  auf  bcm  bamate  unter  ber  Seitung  bc^  S)ireftorg  ©raö^off  fte^en« 
ben  3Ticbri4^SB3U^eImgs®^mnarnim  erhielt,  belegten  i^n  am  meiften  bie  rcligiöfen  fragen, 
ffio^l  trieb  er  audf^  bie  übrigen  ©tubien  mit  2uft  unb  Siebe,  h)ic  feine  fc^önen,  auö  ber 
@<^ul^it  ftammenben,  bid  ^u  feinem  ^obe  t)on  i^m  aufbetva^rten  Sammlungen  t)on  5 
Stinerolien  unb  römifc^en  3D!ünjen  behjiefen.  SlHein  me^r  unb  mel^r  trat  bor  folgen  ba« 
Sntcreffe  für  bie  ©efd^ic^te  bc^  Sleic^e^  (Sottet  in  ben  )Borbergrunb.  So  cntf))rac^  e^ 
feinem  J)erfönJic^en  ©unfc^e,  ba^  er  im  ©ejjtember  1839  t)om  O^mnaftum  mit  bem 
3eugm«  ber  Steife  entlaffen,  bie  Uniöerfität  33onn  bej^og,  um  fic^^  bem  ©tubium  ber 
x^ologie  ju  toibmen.  5Rac^bem  er  bort  brei  ©emefter  l^inburd^  t^eologifdf^e  SSorlefungen  10 
»on  9li^f(^,  ©acf,  SIeef,  Äinfel,  })l^ilofo))^ifc^e  unb  jil^ilologifci^e  bon  Sranbi«,  Scrfci^  unb 
®tlbemetfter  befud^t  ^atte,  begab  er  ftd^  Oftem  1841  nac^  Berlin,  ipier  l^örte  er  be^ 
fonber^  Atn^engefd^id^te  bei  SReanber,  baneben  aud^  einige  JtoDegien  Don  ^engftenberg 
unb  ©traug.  »ufeerbem  getuann  auf  i^n  einen  fc^r  anregenben  ©influfe  and)  ber  ^^i* 
lofo))^  ©(beSing,  ber  bamatö  nac^  längerem  ©cl^tt>eigen  Azn  tvieber  öffentßd^  aufgetreten  16 
toor,  unb  jhxir  nic^t  bJofe  burdf^  feine  3SorIefungen,  fonbem  nodf^  mcl^r  burd^  ben  engen 
berfönlic^en  SBerfe^r  Äraff t«  mit  bcm  berühmten  $^ilofo))^en,  in  beffen  §au^  er  burdf)  bie 
froinbfc^ftlid^en  Schiebungen  feinet  @r(angcr  Dl^eimd  ju  i^m  ^xittxtt  er^idl. 

Oflem  1843  fe^rte  St.  nad)  ber  9l^ein))robin3  }urüdt,  um  ftd^  für  bad  t^co(ogifd^e 
ftonbtbatenesamen  borjubereiten,  ba«  er  im  §crbft  bcdfelben  ^af)x^  in  Äobicnj  beftanb.  20 
Sbann  Idjxtt  er  noc^  rinma(  nad^  Berlin  ^urüd,  n>o  er  ben  Sefuc^  ©(^cDingfd^er  SSor^ 
lefungen  fortfe^tc,  im  Slanfefd^en  ^iftorifc^en  ©eminar  arbeitete,  bei  ©(^mölberd  9(rabifd^ 
lernte  unb  mit  bejonberem  3ntcrcf[e  Äarl  Slitter^  Vorträge  über  bie  Ocogra^j^ic  ^aläftina^ 
^drte.  3Rxt  (e^terem  tourbe  er  aud^  ^erfönlid^  nä^cr  bclannt  in  bem  ipaufe  feinet  Dntcld, 
be^^ofj)rebigerd  %.  ©traufe,  in  hjclc^em  aud^SRitter  berte^rte.  auf  be«  le^tcrcn  Slat  fa^te26 
er  nun  ben  Sntf^lu^,  bie  für  bie  SSorgefc^ic^te  unb  (äefc^id^te  bed  S^riftentumd  tDid^ttgften 
Orte  be^  SWorgenlanbcö  auf^ufudf^en.  gm  §crbft  1844  trat  er  mit  feinem  ^eunbc  unb 
95etter  %,  8.  ©traufe  bie  gc|)Iante  Drientrrife  an.  ©ried^enlanb,  äg^t)ten,  9cubien,  ära= 
bien  mit  bem  ©inai  unb  $aläftina  tourbcn  bcfuc^t,  befonber«  biel  3^^^  U>urbe  ber  ©r« 
forfc^ung  3«wföl«n«  getoibmet.  Sluf  ber  Slüdfreife  gegen  Snbc  be^  3^^^  1845  blieb  so 
er  nod)  einige  3^*  l^^^B  iw  9lom  jum  3h)edfc  arc^äologifd^er  unb  gef^^ic^tlidf^cr  ©tubien. 
Äuc^  lnüj)fte  er  ^ier  h)ie  an  biclen  anberen  §altc})unlten  feiner  3lrife  mannigfad^e  S3e« 
lonntfc^en  an,  bie  bon  bicibcnbcm  SBerte  für  i^n  tburben.  i)ann  tebrte  er  in  bie  i^eimat 
pxtQii,  unb  nun  ftebeltc  er  mit  friner3Ruttcr  bon^öln  nad^Sonn  über,  h)o  er,  befonber^ 
burd^  3l\ii\d)  baju  ermuntert,  am  1.  3(uguft  1846  }um  Sicentiaten  ber  2^eologie  j^romo^  35 
bierte  unb  am  12.  3?obcmber  beöfclben  ^af)xti  feine  Habilitation  an  ber  ebang.'t^eolog. 
^hiltot  boQ^og.  9lu^  feiner  Sicentiatenarbeit  ging  bann  bie  erfte  bon  i^m  beröffentlid^te 
©<^rift  ^erbor,  bie  ßnbc  1846  abgcf(^loffen  tourbe,  bie  lojjograp^ie  S^^f^Icm«/  in 
tDeU^  er  feine  auf  ber  Drientreife  gewonnenen  Seobad^tungen  erfolgreich  bcrtoerten 
tonnte,  toäl^rcnb  feine  Strifctagebüc^cr  in  ber  bon  {einem  ©efdl^rten  %t.  ©trau^  1847  40 
^oudgegebmen  ©(^rift  „©inai  unb  ©olgat^''  ^um  ä(bbrudt  tamen.  9(ud^  feine  im 
©ommerfemefter  1847  gehaltenen  SSorlcfungen  tnü^ften  nod^  an  feine  burc^  bie  Orient^ 
reife  belebten  3nteref[en  an,  inbcm  er  bie  ©eograb^ie  ^aläftina^  unb  bie  altteftamentlic^e 
®ef(^i(^te  bortrug.  I)aneben  aber  ^atte  er  fi^  bereite  aud^  bem  ©tubium  ber  j^irc^em 
qit^xd^U  )ugen>enbet.  9Ud  bann  balb  nad^  ber  Berufung  bon  3l\i\i)  nad)  Scrlin  and)  45 
©ocf  Sonn  berlicfe,  trat  R.  im  SBintcr  1847  in  bie  baburc^  entftanbene  SüdEe  ein  mit 
einer  Sorlefung  über  ben  jtbcitcn  2^eil  ber  Äird^engefc^id^tc.  Unb  fcitbem  l^at  er  biefe 
Si^i))lin  in  feinen  SSorlefungen  regelmäßig  be^anbelt,  bie  fid^  aud^  auf  bertoanbte  Segens 
fiänbe  erftredten.  3Jtit  ^intoeid  auf  ben  fe^r  guten  @rfolg  biefer  Sel^rtoirtfamteit  em^fa^l 
i^  bte  f^ultot  tbieberl^olt  bem  Winifterium  jur  Serüdftd^tigung.  3lber  erft  ein  im  ^erbft  60 
1850  an  i^n  erganaener  Sluf  an  bie  Uniberfttät  Safel  ^atte  jur  ^olge,  baß  er  }um 
au%erorbfntli(^$rofeffor  beförbert  tourbe,  toorauf  er  jene  äußerhd^  borteil^afte  Berufung 
oble^inte.  Sin  ^a^r  banac^  trat  er  mit  ^eba  bon  ©c^eibler  in  bie  @^e,  toeld^er  brei 
©ö^e  unb  ^toet  Xik^ter  entf))roffen. 

©0  in  Sonn  fefter  eingetourjclt,  ber^iett  er  [xd)  ablel^nenb  aud^,  ate  im  §erbft  1853  66 
i^  bie  ^rof effur  für  reformierte  X^eologie  in  ßrlangen  angeboten  tourbe.  Salb  barauf 
er^i^ien  feine  $au))tf(^rift:  2)ie  Äirc^engefd{)id^te  ber  germanijd^en  Sölfer,  I.  Sb,  1.  Slbt. 
1854.  3n  Sejug  auf  bie  ^örberung,  toelc^e  hnx^  biefe  leiber  nidj^t  ioeiter  fortgefc^te 
Arbeit  bie  Jttr($engefd(fi4ftdfd^reibung  ofa^ren  ^at,  fei  nur  bad  @ine  ertoä^nt,  baß  bie  ^ier 
gesebene  Seftimmung  bed  Xobe^io^red  bon  UlfÜa^,    obfc^on  lange  toiberfproqfen,  ^eut«  eo 


64  ftrofft,  SBiD^elm  ftraitl^eiteit  ttnb  ^etltttttbe  ber  dfradttoi 

jutage  faft  aKgemem  aU  bie  rid^tige  anerfannt  tft,  h>ie  benn  gaii)  aifalvif  audf  bte  Sbi< 
fd()auung,  bie  er  in  feiner  XopoQxapf^k  bon  ^erufalem  über  bie  Sage  \>on  ®oIgat^  baa> 
geftedt  l^atte,  nadf  t)ielfac^er  ^eftreitung  \pätct  tvieber  mel^r  ^eunbe  gewonnen  ^atte. 
@in  @l^renerfo(g  ber  julei^t  t)eröffentlici()ten  @cl^rift  tpar  ei,  \>ai  im  @€t)tember  1855  bte 

6  Sonner  ^tultdt  bei  (Gelegenheit  ber  britten  Söfularfeier  bed  3(ugd6urg.  9leligton^Aeitf 
il^rem  @^aorbin.  Jl.  bie  SUiürbe  eined  Dottor^  ber  2^eologte  erteilte,  ^ßa^t^tn  M^ 
jögerte  ftd^  feine  me^rmaU  bon  ber  ^alultöt  beantragte  (Ernennung  )um  Oibinanud  bid 
jum  ^vix  1859.  @eitbem  ^at  er  no$  einige  Heinere,  meiftend  auf  bie  neuere  Sl^einifc^ 
Kirdf^engefd^id^te  bejüglid^e  3(r6eiten  t)erdffentlic^t. 

10  ^m  ^a^re  1863  tvurbe  er  in  bie  ti^eol.  ^rüfungdtomntiffton  )u  SRttnfkt  l  SB3. 
berufen,  \päUx  jum  ^itglieb  bed  ^onftftoriumd  in  jtoblenj  ernannt  9(udj|  fonfl  1^  er 
ftd^  no(^  bielfadgi  auf  lird^Uc^  ))ra(tifci^em,  befonberd  f^nobalem  ©ebtete  b^ätigi  Unb 
einige  bemfelben  angei^örige  3(uffä|e  bon  i^m  fmb  in  ber  3)tonatdf(^rift  fftr  bie  ebangcL 
Äird^e  ber    Sl^einjjrobinj   unb    SBeftfalen«,    S^^^^Ö-  1850—1852,    jotoie  in   ben   J)on 

15  b.  b.  ®oI^  unb  aSac^  herausgegebenen  „©^nobalfragen"  1874—1875  beröff entließt,  »fir 
bad  ^a^r  1866/67  tvurbe  i^m  baS  3(mt  eines  9{e!torS  ber  Sonner  Uniberfttöt  flba> 
tragen. 

^n  biefen  berfd^iebenartigen  2^ätigteiten  l^at  fid^  ft.  burc^  jtoei  SBo^lge  auSge)etc^et 
@rftli^  betoieS  er  ba  überaU,   tro^  feines  feften  pofttiben  t^eo(ogifc^  @tanb|)unIteS  au<^ 

20  in  tir^lid^en  unb  t^eologifc^en  3(ngelegen^eiten  eine  toeitge^enbe  ))erf5nli(^e  ^ebenSHebe, 
bie  i^n  too^I  mitunter  aud^  }u  unbegrütü>eter  ßuftimmung  führte,  aber  bod^  auS  aufrichtiger 
menfc^enfreunblid^er  @eftnnung  ^erborgegangen,  im  ganzen  tool^lt^uenb  beruhe.  Ibtb 
baS  anbere  toar  bie  ®en>iffen^afttgteit,  mit  ber  er  feine  ^flic^ten  erfüllte.  Sluc^  feinen 
befonberS  in  ber  erften  ^zit  nxijt  unbebeutenben  atabemifd()en  @rf o(g  berbanite  er  neben 

26  ben  reid()en  ))erfönlid^en  Sejiel^ungen  ^u  ben  tirc^Iid^en  Itreifen  ber  $robin)  bem  emfigen 
l^leig,  ben  er  nad^  bem  B^^d^^^  f^^^^  ^reunbeS  9llb.  9titfd(fl  auf  bie  9(uSarbeitung  feiner 
^orlefungen  bertoanbte.  3lnx  freiließ  ^atte  feine  ^flid^terfüuung  i^re  Sd^rante  an  ben 
(ärenjen  feiner  jtraft.  Unb  biefe  toar  tro|  t5r))erlid^er  Slüftigteit  in  geifti^er  Se^ie^ung  iiKi^ 
renb  feiner  legten  SebenSjeit  in  ftartem  9lbnel;men  begriffen,   toa^rfc^etnlic^  infolge  einer 

80  anatomifdfjen  ©trufturberänberung  feines  Gentralnerbenf^ftemS.  3"folgebeffen  legte  er 
1894  fein  3lmt  als  Witglieb  beS  5tonrtftoriumS  nieber  unb  lie^  [v^  1896  bon  ber  Ser* 
))flid^tung  ju  Sorlefungen  entbinben.  Seim  Heimgang  bon  feiner  le^en  amtlich 
ipanblung  aber  erlitt  er  einen  ^aU,  ber  eine  d^ronifd()e  Sungenentjünbung  unb  enblid^  ben 
Job  jur  golge  l^atte.  ©ieffert. 

36         arttin,  ainbreaS,  (grjbifc^of  b.  f.  Sb  I  ©.  516,  26. 
Sranfeitfommnnion  f.  Sb  VII  ©.  6,  20— 43. 

Sranf^etten  «nb  ^etltnnbe  ber  Israeliten.  —  fiittcratur:  3Rc§r  ober  weniger 
braucftbare»  ^iaterial  finöet  fid)  in  ben  ücrfct)iebenen  Werfen  über  bie  ®ef4lcbte  berWebi^in. 
SSgl.  g.  93.  ^,  ^ftfer,  j(!e^r6u(4  ber  @cf(4id)te  ber  ^})?ebi5tn  unb   ber  epibemif^en  ftranf^eiten, 

40  3.  91.  1881;  ^.  i)irfd),  $)anbbu(ft  ber  f)iftor.*gcogvapt)if*en  ?5at^|oIoflie,  Stuttgart  1883.  — 
2)te  älteren  Sonographien  über  btbl.  ^ranff)eiten  finb  in  mebijimlc^er  ^inftc^t  ni^t  me^r 
braud)bar  unb  metft  prinuploS,  wie  ^  $.  X^om.  !iBart^olm,  De  morbis  biblids  misc.  ed.  3a, 
Francof.  1692;  &,  S.  ^ebel,  exercitationcs  medic.  philos.  sacrae  et  profanae,  3^na1686; 
3Barlit,  Diatribc  do  morbis  biblicise  prava  diaeta  animique  affect  result.,  Vit.  1714;  3.3. 

46S(5mibt,  öibl.  gJZcbicuS,  3üaicftau  1743,  I.  «^b^fiologic  8.  1—340:  IL  ^at^ogie  6.  343 
bis  584;  III.  ®efunbt)citS(ct)rc  @.  587—761;  (5^.  3:.  (S.  SReiu^arb,  ©Ibelfranf^elten,  wel^e 
im  ?IX  üortommcn.  granffurt  unb  fieipjig  1767;  9lcfermann,  ©rlfiutcrung  berjenlgen  JhonN 
Reiten,  bcren  im  iRKSrroätjnung  gefdjie^t  in  3BeifeS  3Rater.  für  ©ütteSflcI.,  II— Iv,  1784ff.; 
^.  $.  Stc^aeliS,   Philologemata  medica,   Halac  1758;    Seab,  Medica  sacra,  Amst  1749, 

Mbcutf*  fieipjtg  1777;  Gfdjenbad»,  Scripta  medico-bibl.,  SRoftocf  1179;  ^ebenftreft,  De  cura 
saoit.  publ,  Lips.  1783.  —  9ieuere  SBcrfe:  Dr.  ©c^rcgcr,  Sebijin.»§erm.  llnterfuc^ungen; 
%f).  @^aptcr,  Aledica  sacra  or  short  exposition  of  the  more  important  diseases  in  the 
sacred  writings,  Lond.  1834;  ©olbmonn.  Dies,  do  rel.  med.  vet.  Test,  Vrat  1845. 
Dr.  JJrtebrei(ft,  3"^  SBibcI.  92atur^iftor.  ant^ropolog.  «nb  mcbicin.  Fragmente,  2  %lt.,  ^üm* 

66  berg  1848;  Brufen,  @r(öuteruna  einiger  Steüen  ber  ^eil.  8(brift,  welche  auf  bie  ^ebi^in 
©cjug  ^aben,  in  SoSperS  SBoc^cnfc^rift  f.  b.  gcf.  ,6etl!uiibe  1842,  9ir.  34— 38;  berfelbe,  3)ar« 
fteüung  ber  btblifcf)en  5(ranf^eiten  unb  ber  auf  bte  ^ebiun  be^üglicben  ©teilen  ber  beiUgen 
©c^rift,  $ofen  1843;  berf.,  ^it  Sitten,  O^ebröudje  unb  ^ranftieiten  ber  alten  ^ebrfier  nad| 
ber  (S^rift;    $runer,   S)te  Shranf Reiten  beS  CrientS,    uom  Stanbpunfte  ber  oergleiiS^nben 


ftroHn^eiiett  «itb  ^rillititbe  ber  ^radttttt  65 

9{ofoIogie.  klangen  1847  (o^ne  btrelte  Stüdfic^tno^me  auf  bie  in  ber  fßibtl  t)orfommenben 
ftrant^iteti) ;  (tt.  Söttger),  ^ie  Hr^neitunft  bei  ben  alten  Hebräern,  S)Tedben  1853:  %.  Zobltx, 
Beitrag  }ur  mebtcinifc^en  2:opogTap^ie  von  S^nifalem,  Berlin  1855;  Oppler,  diniged  oud 
ber  altjübifdjen  IRebisin:  3)cutf(^S  «rc^io  f.  ®ef«.  b.  ^Rebijin  1881,  62 ff.;  3.  «Prcuft.  3)er 
«rat  in  IBibel  unb  2:almub:  Birc^oro«  ^rc^io  1894  (8bl38),  261  ff.;  SR.  »ennett,  The  dis-  6 
easeB  of  the  Bible,  3.«.  1896;  SB.  ©bfiein,  5)ie  ^Hcbijin  im  912:,  ©tuttgort  1901.  —  teuere 
Sonographien:  lieber  bie  Anatomie  bei  ben  alten  Hebräern  in^^rtC,  Se^rbuc^  ber  Anatomie, 
20.  «ufl..  3Bien  1889;  6.  »oltoer,  «egetariSmu«  in  ber  ©Ibel,  ^^orb^aufen  1872;  ^idjel 
fi^o^,  Pe  Iliygi^e  Moeaique:  Gaz.  M^dic.  de  Paris  1843  (t  XI),  Nr.  47;  ^.  ©oginSÜ?, 
$ie  t)pgieinif4en  (Srunbjüge  ber  ntofaifc^en  ©efe^gebung,  2.^.,  iBraunfd)roeig  1895;  u.$af*  lo 
ftglt,  Un  antica  pagina  d'igiene  d.  passato.  La  nettezza  d.  corpo  e  d.  vestimenti  presso 
gli  Ebrei,  1896;  (S.  (£.  IBombaug^,  The  plagues  and  pestilences  of  the  Old  Testament:  The 
John  Hwkins  Hoep.  Bulletin,  Vol.  IV,  Öaltimore  1893,  64 ff.;  ugl.  für  bie  $eft  ou* 
iXoItfe,  »riefe  über  bie  äuftänbe  in  ber  Xürlei,  »erlin  1877,  110 ff.;  fianc,  Sitten  unb ®e- 
brfiudK  ber  heutigen  ^eg^pter,  3)eutf(^e  ^uSgabe  I,  4 ff.;  ^^olojan,  Histoire  de  la  peste  is 
bnbonique  en  Mesopotamic  etc.,  $anS  1874;  berf.,  La  peste  en  Turquie  dans  les  temps 
modernes,  $arid  1880;  S.  I^otelmann,  2)ie  @^eburtd^ilfe  bei  ben  alten  Hebräern  3c.,  ^D^ar- 
bürg  1876;  ^.  ?Io6,  S)a8  »eib  in  ber  9iatur=  unb  »öllerfunbe,  fieipjig  1885;  U.  <ßaf- 
ftgli,  Le  oognizione  ostetrico  -  gineologiche  d.  antichi  Ebrei,  »ologna  1898;  berfelbe, 
Le  levatrioe  e  l'arte  ostetrica  n.  tempi  bibllci,  »ologna  1898;  berf.,  L*allattamento.  20 
Saggio  di  pediatria  biblica,  »ologna  1898;  berf.,  La  prostituzione  e  le  psicopatie  sessuall 
presso  gli  Ebrei  all'  epoca  biblica,  Milano  1898;  berfelbe,  Dermosifilopatia  biblica.  Le 
malattie  venerie  presso  gli  Ebrei,  Milano  1898;  3.  $reug,  ^ie  männlicben  Q^enitalien 
unb  i^re  ftranff)eiten  na4  »ibel  unb  Salmubt  Siener  mebi^inifc^e  Soc^enfc^rift  1898, 
570 ff.;  berf..  IRaterialien  jur  @)ef(^.  ber  alten  ^ebi^in.  S)ie  Organe  ber  »aud)t)ö^(e  na4  26 
»tbel  unb  2:almub:  magern,  mebi^in.  Central jeitg.  1898,  489 ff.;  ^.  (Sbftein,  Heber  bad»or' 
fontnten  ber  St^a^itid  im  Altertum:  Sanitd  1900,  332 ff.  —  ^ie  ^rtitel  Jierant^eit,  ^rjnei^ 
fünft  tludfa^,  »lattern,  »(inb^eit,  2)rüfe,  $aralQtifd)e,  $eft,  ©amenflug,  Türmer  u.  f.  ro. 
tnSiner,  9)ealn>drterbu4;  9iie^m,  ^anbroörterbud^ ;  EncyclopaediaBibhca;  ^aftingS  Dictio- 
nary;  fteil,  »Ibl.  «rd^äol.,  2.  «Infi.  6.  557-570;  3a^n,  $)äu8lid)e  mt,  II,  346ff.  —  3)ie  ao 
Sitteratur  fiber  ben  «uSfa(  f.  »b  II  6.296.  Weitere  £itteratur  jur  ©efc^i^te  ber  ^ebi^in 
in  ber  »ibel  f.  bei  (Sbftcin  a.  a.  D.,  bei  9.  $aulQ,  Bibliographie  des  sciences  m^cales, 
^ari«  1874  unb  bei  3.  $agel,  ^iftor.  mebijin.  »ibliograp^te.  »erlih  1898. 

I.  3)te  allgemeinen  ®efunbl^eitdt)erl^ä(tniffe  bei  ben S^acliten bürf en  al^ 
fc^  pute  bejeic^net  toerben,  Inenijfien«  fotneit  —  tnag  Inir  oDetn  fidler  beurteilen  fönnen  86 
—  bte  dufteten  Sebingungen  l^terfür  in  »etradf^t  fommen.  2)ie  ^^^^rfi*^  erfd^einen 
burd^^  old  ein  gefunbed  SSolt,  ald  ein  Iräftiger  ^enfd^enfc^Iag.  ^ud^  in  törperlid^er 
»Qie^ung  bürfen  tnir  fte  und,  aU  fie  nod^  in  ber  SBüfte  jelteten,  bem  %\)pvi^  ber  l^eu- 
tigen  Sebuinen  jiemlid^  ä^nlid^  borfteden;  fie  tnaren  fc^Iant  unb  ^ager  ).  S.  gegenüber 
bot  boQeren  9(f|vtem.  3)te  fiuft  ber  SBüfte  ift  gefuno.  9luc^  bie  i^raelttifc^e  ^rabition  40 
erjo^U  mit  ®enugt^uung  bon  ber  gefunben  Straft  bed  alten  SSolted.  3(D[er  Drud  ber 
agV)>tif(^  ^^n  bermod^te  nid^t  bie  Sebendlraft  bed  SSoßed  }u  brechen.  3^"^^^^  f^^  ^^ 
btüdtt  tourben,  befto  me^r  nahmen  fte  }u,  fo  baft  bie  %^pter  bor  ben  3^^^^!^^^^  ^"dft 
bctamen  (6j  1,  10  ff.).  3"^^^«>"k^^  ^^^  ^^^  ^^  idraelitifd^en  ^auen  gerühmt,  baft 
fte  ittc^t  fo  fc^tnad^  tnaren,  toie  bie  äg^ptifd^en  iSSeiber,  fonbem  gcfunb  unb  fräftig:  noc^  46 
e^  bie^ebamme  )u  i^nen  tommt,  l^aben  fte  fc^on  leidet  unb  mül^elo^  geboren  (@{  1,1 8  ff.). 
^ayu  bgl.  bte  ^reube  bed  $falmiften,  baft  ed  teinen  @traud^elnben  gab,  old  3^^^^'  ^^^ 
yo^  ($f  105,  37).  3"  ktef^  fräftigen  Äörperbefdf^affen^eit  lamtti  in  ißaläftina  beim  an* 
fonid^  2d>m  bte  in  gefunbl^ettlid^er  Sejie^ung  bentbar  günfttgften  Ser^ältniffe.  ^aläftina 
felbft  ifl  ^u  allen  3^^^  ^^  gefunbed  Sanb  getoefen.  ^r  bad  Jtlima  ^aläftinad  ftnb  60 
(^amherifhfc^  bte  aroften  ®egen{ö|e:  Reifte  2::age,  lü^le  9?ä(^te,  ,glü^enbe  Sübtoinbe,  talte 
9torbtDtnbe,  ftorte  Stegengüffe,  bürre  @ommergIut.  ^ber  barin  liegt  nxdft  an  ftd^  fd^on 
ttü>a&  ®efuitb^ett^4fäblt^ed;  im  ®egenteil:  biefe  @d^h)antungen,  an  bie  ber  Stoiber  ftd^ 
aetDO^en  tnu|,  geben  tl^m  eine  er^ö^te  ^ftigteit  unb  @Iafti»tät.  Der  Setool^ner  ^a^ 
läfttnad  lernt  ^i^e  unb  Jtölte  unb  namentlich  ben  plö^Uc^en  äßedj^fel  beiber  ertragen.  6^  66 
fepU  in  $ala{hna  natürlich  aud^  nic^t  an  ungefunben  ®egenben,  ^.  93.  bie  fumpfigen 
Sonbftric^  am  $ulefee  im  Slorben,  in  benen  biel  gieber  ^enjd^t.  ®erabe  ba^  ^^eber, 
Sbffenterie  uitb  3(ttgenent)ünbungen  tann  man  atö  eigentliche  Ilimottfc^e  Jtranf^eiten  ^a- 
Ufnncid  begetc^en. 

9Ud  letdbtere  @))tbentten  tommen  im  @ommer  Slul^ranfäDe,  im  ^^ling  unb  $erbft  go 
gtcbcr  bor  (gübede,  »efc^r.  be«  türl.  SReic^,  S.  60).    3m  Sommer  berlaufcn  pe  auf 
bm  ®cbtrgen    fc^toerer   unb   rafd^er,   im  SBinter   in   ben   ßbenen   unb  ©täbten.    S)ie 
2)tfir3te  M  SEBed^elfieberd  (ZertiantV))^ud,  in  9lrabien  unb  Serien  ^ufig)  \xn\)  bte  92ic^ 

ntaU9mt^fiüpäMi  fftf  Z^togic  nah  Sthit,    8.  0.  XI.  5 


66  ftranl^etteti  «nb  ^eillttttbe  ber  didridtten 

l)erun9en  unb  ©ebtrg^tl^äleT,  aud^  @teDen,  \üo  bie  legten  3^9^  bon  Säcken  berfuint)ffn. 
aWärj  unb  Dhober  ftnb  befonbcr«  gefün^tet  (grüner,  Ätairf^.  be«  Dr.,  ©.  87.  358  ff.). 
9(u(i^  älugenent^ünbungen  ftnb  tvte  in  %^^ten  ^äuftg,  teild  infolge  ber  $i|e  unb  ber  bo^ 
burc^  t)erurfad^ten  ^vt'^^^i^  ^^  ©e^tmd,  teild  infolge  ber  @eeluft  unb  bed  noc^tGc^ 
5  ^ue^,  aud)  be^  ^lugfanbd ;  fie  boben  t)ielfacl^  böQige  ßrblinbung  )ur  f^olge  Cßruner, 
a.  a.  D.  432 ff.  456 f.;  bgl.  3  9Kof.  19,  14;  5  3»of27,18;  3Kt  4,27.  12,22.  20,  30; 
21,  14;  ^0  5,  3).  älber  bieje  Kranfbeiten  aQe  l^olten  ftc^  ou^f  tpö^enb  ber  ungefuiAen 
^al^re^jett  im  @ontmer  in  mäßigen  ©renken.  3)ie  9(nnal^me  ober,  ba|  boS  Säima  in 
^tftorif^er  3^t  fic^  toefentlic^  t)eränbert  l^obe  unb  namentlich  frül^  regnerifc^  getoefen 


10  fei  (fo  g.  S3.  SJraa^,  äu^  bem  Orient  I,  198  ff.),  ift  gam  unbetoeiÄar.    3)ie  gefunbbetts 
^':      aSer^ältniffc  1       :         ~         :  "  '  .    " 

teine  anberen,  old  ^eute  noc^.    ^n  biefer- Sejiel^ung  toar  $aläftina  ftetd  günftiger  g< 


lid^en  äSer^ältniffe  ber  alten  ^Ät,  fotoeit  fie  burc^  bad  Alima   bebmgt  finb,  ftniren 


al^  bie  meiften   angrenjenben  Sänber,   ^.  S.  ald  mand^e  Xeile  Srobiend  (t^oL  äBeÜj^w», 
Steifen  1,2 15  ff.)  ober  ai$%^))ten,  ober  bad  ß^^'f^i^ii^^^  ^^^  feinen  Überfcptoemmungen 

15  (Dgl.  SDt  28,  27.  60). 

3(u(^  bie  gange  Seben^toeife  be^  ^aläftinenftfci()en  93auem  tpor  ftetd  boiu  onget^, 
il^n  gefunb  }u  erl^alten.  ßinfac^  unb  gefunb  toar  bie  9{a^rung :  Srot,  üRilc^,  %tQdfU, 
feiten  ^leifcp.  @efunb,  ben  kötptt  ftäl^lenb  h>ar  bie  Slrbeit  beö.^irten  unb  älcferDOuem. 
S)a^  Sanb  Verlangte  nid^t  bie  faft  übermäßig  l^arte  Slrbeit,  toie  Slgi^ten,  too  ber  ^e(bu^ 

20  }u  allen  Qütm  toenig  ^cube  am  Seben  l^at  unb  emft  unb  t)erbro]^en  2iag  für  Xa^  feine 
@tlat)enarbett  t^ut  ^aläftinad  S3oben,  ber  t)on  3^^^^  f^^'^fl  getoäffert  tmnrbe,  gab  bei 
nxd)t  alljufd^ioercr  Slrbeit,  h)a«  ber  Sauer  beburfte  (S)t  8,  7  ff.),  ©o  loirb  ba«  gute 
3eugni0,  ba^  nod^  Xacitud  (Hist.  V,  6)  für  ben  günftigen  ©efunbl^t^ftanb  ber  ^ßol&ßts 
nenfer  abglegt,  aud^  für  bie  alten  3^ten  guSled^t  befte^en:  corpora  hominum  saJubria 

25  et  ferentia  laborum. 

II.  Äör})erpflege  unb  §^gieine  im  allgemeinen.  —  ®ie  ltör)>er)>flege 
f))ielt  bei  ben  ^^^^^it^  int  Sergleid^  gu  bem,  tpa^  toir  aui  bem  gried^ifc^en  tmb  rdmi« 
fcben  Sebcn  toiffen,  eine  fe^r  geringe  Slolle.  ©^mnaftifc^e  Übungen,  ©jjiele  unb  be^ 
gleid[^en  finben  ftd^  über^aut)t  nid^t.    Dag   gur  Stömergeit   fold()e  ©itten  auffamen,   ba| 

80  Slntiod^u^  @p\pi)an^  in  S^^l^n^  bie  bion^fifcben  ©J)iele  einführen  tooHte  (2  3R(ä  6,  7), 
bag  $erobe^  ein  Sweater  unb  älm^l^itl^eater  in  ^erufolem  erbaute  (Jos.  Ant.  XV,  8, 1) 
unb  bergleid^en  enegte  fd^toeren  9tnftog  bei  ben  gefe^eiStreuen  ^uben.  Dad  pl)axi]aX\(fyt 
Subentum  l^at  ftct«  bie  g^mnaftifc^en  Übungen  unb  Bpidt  berjjönt  (Dgl.  ©c^ürer,  ®ef4 
be«  iübifd^cn  SSolfe«,  3.  3lufl.  II,  45  ff.). 

35  9tuc^  bie  ä3  ab  er  fpielten  nad^  bem  toad  toir  toiffen,  lange  nic^t  biefelbe  SloSe  tote  im 
Ilaffifc^en  ältertum  ooer  im  f^cutigen  Orient,  too  iebe  ©tabt  i^re  öffentlich  Säber  ^ 
Da^  ^ängt  in  le^ter  Sinie  mit  tlimatifd^en  Ser^ältniffen  gufammen.  Die  groge  $i|e 
unb  ber  t)iele  ©taub  auf  ben  J!alfbergen  u.  f.  to.  mad^en  e^  gtoar  einerfeiti^  ^m  unen&|* 
liefen  Seben^bebürfnid,  ftc^  ^äufig  }u  toafd^en.    3luf  ber  anberen  ©eite  ober  t>erbot  bo 

40  ^{angel  an  SUiaffer  in  ben  meiften  Sanbe^tetlen  bie  all}u  t)erfc^n)enberifc^e  Sertoenbung 
be^fclben  ju  Sabcjtoeden;  ioar  boc^^  j.  S.  S^^f^^^"^  fo  Ö^t  toie  ganj  auf  Siftemempaffer 
angetotefen.  ^'^^B^^be^  SOBaffer  giebt  e^  über](!aut)t  fel^r  toenig  in  ^äftina,  tmb  mit  Si« 
ftcmentoaffer  finb  bie  Scute  ju  allen  3^^^^  «w^  guten  ©rünben  fj)arfam  umgegangen. 
Der  Sebuinc  ber  f^rifd^cn  Bttppt  fte^t  l^eutc   nod^  ba«  2Bafd{)en  mit  SBaffer  ate   einen 

45  unberjei^lic^en  £uju«  an ;  er  reibt  fic^  ben  Rör^jer  mit  feinem  SBüftenfanb  ab.  Unter 
biefen  Umftänbcn  begreift  eö  ficl>,  bag  man  im  alten  3^^^^'  ^^^^e  öffentlidben  Sobe» 
anftalten  unb  auc^  leine  Sabeetnric^tungen  in  ben  ^rit)atfäufem  tannU,  ^ticpt  einmal 
t)om  föniglic^en  ^alaft  in  3^wfalcm  ^ören  toir,  ba|  er  eine  fold{)e  ge^t  ^e.  9iur 
h)o  man  „Icbenbige^",  b.  i),  flicgenbe«  SBaffer,  ober  ©een  unb  3:eidbe  ^otte,  babcte  man 

60  (2  Rö  5,  12 ;  Se  5,  l:J),  fonft  befc^ränfte  man  ftc^  auf  äbtoafd^ungen.  Dabei  ton 
übrigen^  bie  9teinlid^!cit  feine^toegd  ya  lurj,  benn  biefe  SEßafc^ungen  fpielten  eine  fe^ 
toic^^tigc  SWoHc  unb  tourbcn  fcbr  ^äufig  t)orgenommen,  ba  fold^e  Steinigungen  bei  ben  3^ 
raeliten,  tote  bei  allen  ©emiten,  einen  Seftanbteil  i^rc«  Äulte^  bilbeten.  3^^^  luUifc^^ 
Steinzeit  gel;örte  t)or  allem  bie  förderliche  ^einl^eit.    De^l^alb  toufd^  man  ftc^,  tpemt  man 

55  ber  ©ottI;eit  na^cn,  an  irgenb  einer  religiöfen  §anblung  teilnehmen  toollte  (®en  25,  2 : 
@E  19,  10;  1  ©a  IG,  5).  ßbcnfo  erforberte  ei^  natürlid^  ber  2lnftanb,  ba|  man  ftcp 
toufc^^,  el?e  man  üor  einen  §ö^ergeftellten  trat  (SRut^  3,  3 ;  3ub  10,  3).  Strenge  ©ttte 
toar  e^,  bor  lifc^  bie  §änbe  ju  toafc^en;  ber  Srauc^  ift  allerbing«  nur  im  3tX  auSß 
brüdlic^  ermähnt  cKc  7,  2 ff.;  mt  15,  2;  £c  11,  38),   er  ift  aber  natürlic^^  uralt    Qx 

Go  erflärt  fid^  fc^on  baraud,  ba^  man  im  alten  ^^xad  toie  im  l^eutigen  Orient  mit  ben 


ftrattt^fttett  «ttb  ^ciRnnbe  htx  ^xafüiitn  67 

Mnb«!  a^,  b.  ^.  mit  ben  §änben  in  bic  gcmeinfame  ©d^üflel  iandftt,  bic  ©J)cifen  jtc^ 
Mte  unb  )u  Vhtnbe  führte  (Bpx  26,  15;  ^t  26,  23).  Da  man  biel  barfuß  ging, 
htfio.  nur  ©onbolen  trug,  toeld^e  ben  %ni  nid^t  gegen  @cl^mu$  unb  @tau6  be^  SBeged 
f^fü^en,  tDor  bod  l^äufige  SBofdj^en  ber^ü^e  ebenfo  felbftberftär&Kd^,  tote  bad  ber  $änbe. 
2)em  ®aft  ber  tarn,  bot  man,  toie  im  ganzen  Cri^nt  unb  in  ©rted^enlanb  ^u  oulererft  6 
SBofler  jum  Saferen  ber  pfee  (®en  18,  4;  19,  2;  1  ©a  25,  41;  Sc  7,  44). 

Stmerolifd^ed  Saugenfdj  pr?;  vkgov,  to^Ienfoure«  5Ratron)  unb  ©eifenafdf^e  (^^,  ^^i^ 
graue,  fteinortige  Sfd^e  t)erfqiebener  in  ^aläftina  toaci()fenber  Soljfräuter,  befonberd  ber 
Salsola  Kali  2.)  toaren  ben  S^raeliten  red^t  gut  befannt  (3ef  1,  25;  3cr  2,  22;  ÜRa 
3,  2 ;  St)r  25,  20).  grft  in  ber  l^eOeniftifc^en  geit  lamen  öffentliche  Säber  auf,  bie=  lo 
felben  tooren  natürlid^  gana  nad^  gried^ifd^^römifcl^em  ÜRufter  erbaut  unb  eingerichtet,  ^^r 
Sefuc^  toor,  obn)ol^I  ed  ^eionifd^e  9(nftalten  toaren,  ben  ^uben  erlaubt  (Jos.  Ant.  XIX, 
7, 5 ;  9R.  9leb.  5, 5).  —  §eißräftige,  toarme  JDueHen  finben  ftd^  in  ^oläftina  an  mehreren 
Orten,  ).  8.  bei  Xiberiad,  bei®abara,  inJMin^oS;  ob  aber  bie  alten  ^draeliten  fd^on  bie 
^eiltraft  biefer  DueQen  tannten  unb  gebrauchten,  ift  fe^  fraglic^.  Do^  fdf^rieben  auc^  fte  i6 
etn^(nen  QueQen  unb  ^^lüffen  befonbere  ^eilfräfte  ^u  (2  5tg5,  lOff.;  k>gl.  ^o  5,2).  ^n 
ber  griet^ifc^mifc^  3^^  P"^  ^^^  genannten  ^ermen  fel^r  berühmt  getoefen  (Plin. 
bist,  nat,  V,  15;  Jos.  beU.  jud.  I,  33,  5;  II,  21,  6). 

3Rit  bem  Sßafc^en  t)erbanb  ftc^  bad  @alben,  b.  1^.  ba^  Einreiben  ber  ®(ieber  mit 
CL  ^ierburc^  foQte  bie  ^aut  gefc^meibig  gemad^t  unb  gegen  bie  $i^e  ber  ®onne  ge«  20 
\djü^  toer^en.  SBenigften^  be^au^ten  nod^  l^eute  bieSraber,  ba^  ba^  Salben  mit  Öl  eine 
foh^  SBirhtng  ^obe  unb  ben  2eib  ftörte  (t)gl.  9{iebul^r,  Sefd^eibung  t)on  .9(rabien,  131). 
2)ad  Salben  toor  gan}  allgemein  bei  l^od^  unb  niebrig  t)erbreitet,  unb  ba^  Öl  gel^örte  bed« 
toegen  )u  ben  getoö^nlic^ften  fieben^bebürfniffen.  ÜRan  gebraud^te  jum  Salben  bad  reine 
DIh)cnöl  ($f  92,  11;  2)t  28,  14;  3Ki  6,  15);  bal^er  ift  V^  ber  getoöl^nlic^e  äuöbrucf  25 
\üx  Salbe.  3)te  Sleid^  mifc^ten  bemfelben  auerl^anb  tool^lriec^enbe  Sub^anjen,  bie  au^ 
bem  Slu^lonb  belogen  toaren,  bei.  äluf  biefe  SBeife  tourben  feine  buftenbe  Salben  be- 
reitet (1  §ta  10,  10;  gj  27,  22;  §i  41,  23;  t)gl.  65  30,  22).  SDiefe«  9Jli|d^en  toar 
bod  ®efc^wt  ber  SHabinnen  (1  Sa  8, 13)  ober  befonbercr  Salbmifd^er  (np.*7  Sj  30, 35 ; 
9le^  3,  8;  Rob  10,  3).  ©ine  befonber«  f oftbare  Salbe  toar  ba«  ec^tc  5Rarbcnöl  '^is  §290 
1,  12;  4,  13ff.;  3Jlc  14,  3ff.;  ^o  12,  3  ff.).  3Ran  falbte  \id)  bomel^mlic^  bei  ^Jeftcn, 
bei  $o<^eiten  unb  ®ajbnä^lem  («m  6,  6 ;  $Pf  23,  5 ;  Dgl.  2c  7,  46) ;  §aut)t^aar  unb 
9art  übergoß  man  reic^lid^  mit  £)l  (in  toelc^em  ^afe  }eiat  ber  bic^terifd^e  Bpxud) 
$f  133, 2).  eine  au«jeic^nung  toar,  jemanbem  bie  güfee  ju  falben  (2c  7, 46  ;  30  12,  3). 
3n  Trauer  unterließ  man  ba«  Salben  (2  Sa  14,  2 ;  12,  20).  35 

2)er  ^ieinifc^  2Bert  biefer  SBafd^ungen  ac.  ift  felbftberftänblid^  ^od^  anjufd^lagen, 
unb  bod  ®leic^e  gUt  bon  einer  Steige  anberer  Sitten  unb  ®ebräud^e,  bejto.  SSerorbnungen 
bed  ®ef^ed.  9{ur  barf  man  bei  i^rer  Beurteilung  nic^t  in  ben  ^e^ler  t)erfallen,  boj^ 
man  in  ^^etnifc^en  @rtoägungen  ben  Urfprung  berfelben  fuc^t.  So  namentlich  bei  ber 
Scfc^etbung.  Sd^on  $erobot  leitet  fte  aui  fanitären  ®rünben  ab,  ebenfo  nocb  beute  40 
nunufie  Stamme,  bie  fie  üben :  fte  f oD  bie  Steinlic^teit  förbem  unb  ein  Sc^u|mittel  gegen 
getütffe  Jlronl^eiten  fein,  älucb  bie  jal^lreic^en  SSorfc^riften  über  toitifcbe  ^ein^eit  unb 
unreinst  (f.  ben  91.  Steinigungen)  ^aben  jtoeifellod  auf  fanitörem  ®ebiet  il^re  gitte 
Sirfung  ge^t  3lber  man  t)ertennt  bod^  i^rSBefen  unb  il^re  Sebeutung  gan^  grünblic^, 
tocnn  man  toie  j.  S3.  9»ic^aelt«  (3Rofaifd^e«  SledS^t  IV,  220  ff.),  Saalfc^ü^  (ÜKofaifd^e«  46 
Htdfi  I,  217.  272)  u.  a.  hierin  toefentlid^^  $oli)eit)erorbnungen  ^ur  (Sr^altung  t)on  2eben 
unb  ®efimb|iett  erblidEt.  92ic^t  einmal  bei  folc^en  Sierorbnungen,  toie  bie  über  bad  SSerfd^arren 
UA  menfc^lic^  Unrats  au|er^alb  bed  2ager^  (Dt  23, 13  f.),  ^aben  bem  ®efe^eber  folc^e 
(fotDogungen  t)orgefd^1foebt ;  aud^  ba  ift  ed  i^m  barum  ^u  tl^un,  bie  SScrunreinigung  be^ 
2ager^  im  hiltifcpen  Sinne  ju  berl^inbem,  t)ergleid()e  bie  bamit  in  parallele  ^u  fe^enbe  so 
Scrorbnung  bed  5ßrieftergefefee«,  ba^  jeoer  Äricger,  ber  im  Stampf  einen  ^einb  getötet  ober 
in  Serfi^ng  mit  einem  (Metallenen  gefommcn  ift,  fieben  2^age  lang  unrein  fein  unb  bad 
Säger  meiben  foll  (9{u  31,  19).  @d  liegt  übrigen^  auf  ber  $anb,  ba^  bei  beiben  @e^ 
fe^  Z^eorie  unb  $rapd  toeit  au^einanberlagen. 

III.  3)ie  religiöfe  Setradf^tung  ber Äranf^eiten.  —  Äranfbeiten  ftnb  eine 55 
tnn  (SMt  gefc^idEte  $lage.  Dad  ift  felbftk)erftänblid^e  Übeneugung  ber  frommen  ^dra- 
ditcn  tone  ber  kommen  aller  3^^^*  3^  d^^S  befonberem  (äraoe  ^ilt  bad  bon  fd^toeren 
Scud^,  pWfixdfcm  34)b  u.  bgl.  Der  äludfo^  toirb  nadE^  toa^rfc^etnlic^er  Deutung  be^ 
Sorten  nr:af  oö  „Schlag"  Don  ®ott  be^eic^^et  (f.  bie  Wörterbücher),  er  ift  eine  Strafe 
9ütM  in  befonberem  Sinn  (QT^* -k  y^^),  unb  bed^alb  bor  allen  anberen  jtranl^etten  ber*  eo 

5* 


68  ftranl^etteti  «nb  ^eUtnitbe  btr  39taeltten 

unreintocnb  (f.  9(.  9ludfa$  ä3b  II,  296  ff.)/  eine  Slnfd^uuna,  bie  ftc^  bei  bet  berj^gnii^ 
t)ullen  Sebeutung  unb  bem  entfe^Ud^en  6|ara!ter  bet  Rxanu^ai  leicht  begreift.  SBenn  Ufa 
))Iö^[ic^  tot  nieberfmit  (2  @a  6,  7),  tpie  Slnaniad  unb  @at)))^ira  auf  bod  9Boct  bcd 
2lj)oftel«  tot  umfotten  (ä®  5,  1  ff.),   fo  ift  e«  ®otte«  Som,  ber  pe  nieberflefc^Ioflen  ^ 

6  äl^cnn  bie  @euc^e  im  älff^rer^eer  t)emi(^tenb  tpütet  (2  Stq  19,  35),  tpenn  bte  ^eft  iu4 
3);it)ibd  SSoIt^jö^Iung  3«;rael  berl^eert  (2  @a  24,  13),  ift  ed  SoJ^toed  ®ngd,  ber  ab 
SBiütgengel  au^)ie^t,  bie  9)lenfc^en  ju  f erlagen  (bgl.  2  @a  24,  16).  9(ber  bamit  ifl  bte 
religiöfe  S3ebeutung  ber  Jtranli^eiten  für  ben  alten  g^raeliten  nod^  lange  nid^t  erfd^d^t 
6r  fte^t  in  i^nen  nici()t  nur  in  bem  @inn,  toie  ber  mobeme  ^omme,  Strafen  unb  ^efan« 

10  fud^ungen  ©otted,  fonbem  er  betrachtet  fte  ald  bireft  bon  ®ott  getoirtt  unb  l^orgerufen 
in  einer  SBeife,  ba|  nad^  toeiteren  natürlid^en  Urfac^en  gu  fuc^en,  i^m  in  ber  atten  Q6t 
gar  nid^t  in  ben  @inn  fommt.  ^^re  Teilung  ertoartet  er  barum  au^f  ntd[|t  t)on  einem 
ärjt,  einem  3Kenfc^en,  fonbem  bon  ®ott  (ögl.  ßj  15,  26  „id^,  Sal^toe,  bin  bein  Sfat'O- 
3lod}  3ofe))^ud  toeig  babon   ju   erjä^Ien,  ba^  bad  fßolt  ju  oQerl^anb  aberg(aubifc^ 

16  ÜJlittcIn,  Slmuletten,  Sefd^toörungcn  2c.  feine  S^P"^^  nimmt  (Ant.  VIII,  2,  5),  unb  in 
alter  3eit  ift  bad  icbenfaQd  noc^  t)iel  me^r  ber  %aü  getpefen.  SBenn  fo  t)ielfad^  im  XX 
t)on  ^auhttÄ  oHer  Slrt  bie  Siebe  ift,  fo  l^ot  biefe  nidbt  blofe  ben  ^\o^  gel^abt,  bie  ^ 
fünft  JU  er^eDen,  fonbem  and)  bm  anberen,  [x6f  t)or  @d^aben  aQer  9trt,  ^ranl^eit  u.  bgL 
gu  fc^ü^en  unb  Brautzeiten  gu  feilen ;  namentlich  ber  ®ebrau(^  ber  Smulette  gehört  ^erper 

30  (Dgl.  ä.  Jöeiber  unb  ®efcZmeibe  9b  X  ©.  523, 38). 

Sc^on  bied  legt  uni^  ben  ®ebanten  nal^e,  ba^  man  auc^  in  2l^ael,  toie  bei  allen 
SSöltem  auf  einer  getoiffen  @tufe,  einft  unb  urf))rünglic^  bie  Kranll^eiten  nid^t  auf  nat&> 
lidEje,  fonbem  auf  übematürlic^e  Urfac^m  gurüctgefü^rt,  m.  a.  SB.  fte  <d^  SBirfung  tnm 
Dämonen  betrad^tet  ^at. 

26  9lm  beutlid()ften  ift  bad  nod^  gu  ertmnm  bei  bm  ®eifte^Iran{m  unb  @))ile))tif(^ 
SBie  ber  heutige  i^lamifd^e  Orient,  fo  l^at  axii)  bad  alte  ^^rael  unb  gUHxr  bid  in  f)yäie 
3cit  herein  gt^ifd^m  ®eiftedlranten  unb  gottbegeifterten  $rot)l^etm  leinen  ))rin)t)>ie(leR 
Unterfd^ieb  gemacht,  ^al^toe  fmbet  einm  Sügmgeift  au^  unter  bie  $ro))Zeten  W^cSA 
(1  Äg  22,  19  ff.),  3<^*^e«  ßanb  faßt  auf  einen  @lifa  unb  begeiftert  i^n  )u  bem  Bpmif 

ao  (2  Äg  3,  15  ff:) ;  ein  böfcr  ®eift  bon  Sa^toe  ift«  aber  aud^,  ber  ben  ©aul  plaat  (1  6a 
16,  14 ff.).  S)ie  5Rebüm,  bene^mm  fid^  toie  SBemidte  (1  Sa  19,  18 ff.;  2  ii^  9,  11) 
unb  bie  SSerrüdften  (^^w*?:)  gmiegm  ol«  l^eilige  Seute  bm  Sc^u^  ber  Unberle^ic^Iöt 
(1  ©a  21, 13 ff.);  mit  3Jlu[xl  befänftigt  man  ©aul,  hjmn  ber  böfe  ®eift  über  il^n  lommt 
(1  ©a  16, 14  ff.),  mit  aBufil  Derfe^t  ftd^  (Slifa  in  bie  t)ro))ZetifcZe  Sfftafe  (2  Ä^  3, 15  ff.). 

86  Da«  ift  fo  geb  iebm  bi«  auf  ^efu  ^^xt,  h)0  bie  allgemeine  Siolt^anfc^auung  bte  ®ei{lcds 
frantm,  (Sj)ile>)tifdf^en,  ^^fterifc^m  aU  bon  einem  3)ämon  befeffme  (öaifwvi^ofievoi)  be^ 
trachtet  (bgl.  3t.  35ämomfd^e  S3b  IV,  410  ff.),  ja  bi«  auf  ben  ^eutigmlag,  too  belonntli^ 
bicfer  ®laube  im  S5olf,  unb  nic^t  nur  in  biefem,  immer  noc^  fortlebt. 

92od^  bei  einer  anberen  ®ru))))e  bon  Jlranfl^eitm   lä^t  fic^  biefe  Slnfdbaimng  nad^ 

40  toeifm,  nämlidf^  bei  ben  al«  bemnreinigmb  betrac^tetm  5trantZeiten  ber  ®efdbled^tdtetle 
(f.  untm  unter  V,  4).  Seifc^laf,  ®eburt,  SOlenftmation  unb  bie  berfc^iebmm  ©ef^lec^td« 
franf^eiten  ftnb  im  ®efc^  aU  fultifd^  bemnreinigmb  begeic^net.  Da«  ift  natürlid^  uralte 
ainfc^auung.  Unb  biefelbm  SSorfteDungm  finbm  fid^  aud^  bei  bielen  anberm  äSöUem. 
Überall  bort  ftcben  fte  im  3"fömmcn](>ang  mit  allerlei  abergläiibifd^en  SSorfteHungm.   3Ui* 

46  mmtlicb  bie  i^orfteDung  bon  ber  Unrcinl^eit  ber  3Kmftmation  pnbet  ftd^  bei  aHm  femi» 
tifc^en  i^sölfem ;  ber  @runb  ift  ^ter  gang  beutltdE^  ein  9tberglaube:  ba«  3Rmftmalblut  gilt 
al«  häftige«  3^wbcrmittcl.  Nihil  facile  reperiatur  mulierum  profluvio  mirificum, 
ift  bie  Slnfcbauung  aucb  ber  Slömer  (Plin.  h.  nat.  VIII,  63).  3la6)  bem  ®laubm  ber 
2traber  fdf^ü^t  ein  Sa^)))cn  mit  biefem  S3lut,   ber  auf   eine  Äinbbetterin  gelegt  toirb,  biefe 

60  unb  ba«  Äinb  bor  ben  Dfd^innm  unb  bor  bem  böfen  Slidf  (bgl.  SB.  9t.  ©mit^,  ReL 
of  the  Semites  428  f.).  Söir  bürfen  alfo  aud^  bei  bm  ^ebräem  jur  ®rllämng  nid^t 
auf  foldbc  reUgio«'fittlid(^c  älnfd^auungen  }urüdtge^m,  bte  il^nen  eigentümli^i  ober  gar  eifi 
im  fpäteren  ^ubmtum  nac^tociöbar  finb,  tbie  j.  S.  auf  bie  Scurteilung  be«  ganjm  ®e» 
fc^led^telcbcn«   al«   eine«  fünbigen,  !Ücib   unb  ©eele  bemnreinigenbm.    Die  )u  ®runbe 

56  liegenbc  58orftcllung  ift  bielmcf^r  tbie  bei  anberen  Sölfem  bie,  ba^  fold^e  Äranfe  unb  biefe 
S^orgängc  bc«  @ef^lec^^t«leben«  überf^aui)t  unter  bem  ßinflufe  be3iel[iung«loeife  urtter  bem 
©c^u^  beftimmtcr  Dämonm  ftel;m.  SSon  ^ier  au«  h)irb  man  audf^  bie  Unreinheit  be8 
3lu«fafee«  al«  ein  gcic^cn  bafür  betrac^^ten  bürfm,  ba^  man  biefe  Äranf^eit  in  ältefter  3^ 
einmal  al«  ißjirfung  böfer  (Seifter  bctrad^tcte.    Dafe  biefcr  le|te  ®mnb   bei  bm   onge« 

60  fü^rtm  innerm  Aranf^eiten  ben  ^i^raeliten  alle  ^zxi  bemüht  tbar,  foQ  natürlich   bomit 


ftratttiititett  ttnb  ^etRnttbe  ber  ^fdraelitett  69 

nu^t  b^fyxusptzt  toerben;  im  ©egenteil  ift  gar  nid^t  {tveifeH^aft,  ba^  fd^on  frül^e  bte  Sin« 
fu^t  in  ben  urf^rüngKd^en  @tnn  biefer  Unreinigtett  Derlotcn  ging  unb  eine  Umbeutung 
^  bottiog. 

@<9(te^icl^  borf  bte  ganje  3(rt  unb  SBeife,  h)ie  bte  ^^raeliten  bte  Jtranll^en 
atö  t>on  ^o^toe  getottit  anfe^en,  ol^  eine  Umbeutung  älterer  Doqa^tviftifc^er  SSorfteQungen  6 
betrachtet  toerben,  tponac^  bie  Jlrant^eiten  Don  ©eiftem  getvirtt  ftnb  unb  unter  beren 
Bd^  fte^.  SRä^ered  über  biefe  ältefte  S^orfteDung  bei  ben  Hebräern  lägt  ftc^  nid^t 
fagen.  Srtüäl^nt  fei,  bag  man  bei  manchen  SSöIIem  bie  JtranÜ^eiten  atö  93efud^e  ber 
@eifler  obgef^iebener  Sinnen  anfa^  (ögl. Sjjencer,  De  leg.  Hebr.  rit.  I,  279 ff.;  9Bai^ 
©erianb,  ant|rot)oIogie  ber  ?Raturt)öaer,  2.  a.  1876,  .1,  322,  VI,  394 ff.).  lo 

IV.  $etllunbe  unb  $eiIt)erfonaI.  —  ^n  äg^j)ten  tpar  in  früher  3^  \^^^ 
bie  ^etUunbe  auf  einem  Der^ältnidmägig  l^o^en  @tanb  angelommen;  ed  gab  fogar 
et)ejiaIonte  für  »ugen,  3äl^ne  k.  (§erobot  II,  84;  III,  1.  129;  ßrmann,  SgVt)ten 
477  ff.).  ®anj  anber«  bei  ben  3*fflditen.  3)a^  begreift  fid^  einmal  an^  bem  oben  (unter  III) 
über  bie  Slnpauungen  ber  aüm  ^raeliten  Dom  SBiefen  unb  bem  Urf^run^  ber  Jtrant^  i5 
Reiten  bemerften.  auf  einer  @tufe,  too  man  in  ben  Itrant^eiten,  toenigftend  tn  einem  Xei( 
berfelben,  bie  Sßirlungen  ber  ©otti^eit  ober  Don  Dämonen  erblidtt  unb  nid^t  nai)  ben 
natürltd[ien  Urfac^en  berfelben  fragt,  tann  Don  einer  ^eillunbe  überl^au))t  teine  9{^e  fein. 
Xber  ouc^  otö  bod  aHmäl^Kc^  fic^  änberte,  blieb  atö  ein  bauembed,  aud^  bei  toeiterem 
^ortfc^ritt  ber  @rlenntnid  bte  Slu^bilbung  einer  $ei[{unbe  ^emmenbed  ^inbemid  bie  9(n<  ao 
^ouwtg  Don  ber  Unreinheit  getoiffer  Itrantl^eiten  unb  namentlid^  Don  ber  Unreinheit  ber 
2ioten.  Der  ®ebante,  eine  Seiche  ju  gergßebem,  um  ben  Sau  bed  menfd^Iidf^en  Jtör))erd 
lennen  )u  lernen,  tonnte  einem  Hebräer  gar  nie  lommen.  @d  fel^Iten  alfo  aQe  SSorbe- 
bingungen  für  bie  ©runblage  ber  mebhinifd^en  3Biffenfd()aft,  bie  9(natomie.  Denn  tpad 
man  an  bMtigen  Seobad^tungen  beim  ©c^Iac^ten  unb  3^^^^  ^^  ^'^^  <>^^  ^^^  9^  ^^ 
(egentltc^  SSerle^ngen  Don  lebenben  ^enfd^en  machen  tonnte,  ba$  toar  Don  fel^r  geringem 
SBert  Die  Säuberung,  bie  ^iob  Don  ber  ä3ilbung  bed  ßmbr^o  im  HJtutterletb  giebt 
(^i  10,  8  ff.),  geigt  nur,  toie  aUe  anberen  9lnf))ie(ungen  hierauf,  bag  man  barin  ein  uxu 
burc^bringlid^,  nur  ®ott  betannted ©e^eimnid  erblidbe  (Dg(.  $f  139, 13 ff.;  $i3, 11.16; 
3er  20, 17).  ^Ran  bxaud^t  alfo^ier  nid^t  einmal,  toie  oft  gefc^iel^t,  an  eine  Don  au^tDärtdao 
)u  ben  Hebräern  getommene  allgemeine  Itunbe  Don  biefen  Dingen  gu  beuten. 

SBo  fo  bie  Kenntnis  Dom  S3au  unb  ben  ^nttionen  be^'  menfd^Ud^en  Organi^mud 
tH>(I{länbig  mangelte,  mugte  auc^  iebed  irgenbtvie  rid^tige  SSerftänbni^  für  äBefen,  Urfad^e 
unb  SBirbtng  ber  einzelnen  Jtranl^eiten  fel^ilen.  Sebiglid^  bie  @rfal^rung  im  Saufe  ber 
3a^rl^berte  lebrte  ben  SBert  unb  bie  ffiirlung  getoijfer  Heilmittel  bei  getoiffen  Ärants  85 
if6Xm ;  unb  aucp  ba^,  nac^  allem  toad  toir  tDiffen,  in  fel^r  befd^ränttem  ÜKage.  älld  Sei^ 
^el  folc^  Sßiffend  Don  ber  ^eiltraft  eimelner  ^flanjen  ober  rid^ti^er  bed  ©lauben^  an 
Wefelbe  mag  au2  fe^r  alter  Rat  bie  ©efd^id^te  angeführt  toerben,  tote  Stapel  bie  £ea  um 
ben  Seft^  ber  Dubaim,  ber  Stebedä))fel  (Atropa  Mandragora  Sinn.)  beneibet,  tveil  biefe 
bie  emi^fängnig  beförbem  (®en  30,  14 ff.;  Dgl.  ÄS  7,  14),  ein  Slberglaube,  ber  no^  40 
^cute  im  Orient  fortlebt.  3lm  älteften  DieÜeid^t  i|t  eine  getoiffe  Kenntnis  unb  ^rtigteit 
in  ber  ©eburtdbilfe.  Die  Hebammen  toalten  nad^  ber  ttoerlieferung  fd^on  bei  ben  ^Sa- 
trion^  \fyc^  aimte«  (®en  35,  17;  38,  28);  Dgl.  I^ierüber  and^  ben  ä.  ^milie  unb 
«^»bV,  747, 58  ff.  ... 

®ie  frü^e  e«  berufsmäßige  SSrjte  (^V^,  ^?n)  in  3«rael  gab,  hjiffen  h)ir  nid^t.  ®e--  46 
Miftdidf  f^liegt  man  auf  i^r  S^orl^anbenfein  auS  ber  ä3eftimmung  beS  93unbeSbuc^,  baß 
toer  einen  anberen  Derle^t,  für  beffen  Teilung  ©orge  tragen  foH  (6j  21,  19).  SlDein 
biefe  SefHmmung  fe^t  nur  eine  ^eiltunbe,  aber  boc^  nid^t  beren  berufsmäßige  9luSü6ung 
bun^  befümmte  ^Serfonen  DorauS.  ^mmerl^in  tt)irb  man  auS  allgemeineren  ßrtoägungen 
für  jene  3^  baSSJorl^anbenfein  Don  Srjten  annel^men  bürfen.  6S  loärc  fe^r  intcrcffant,  so 
ya  toiffen,  in  toeld^em  Ser^ältniS  Srjte  unb  ^riefter  ftanben.  Daß  legiere  tt)ol|t  Dor* 
|ugSt9eife  jugleic^  bie  äinte  in  ^Sral  toaren,  barf  man  auS  ben  Seftimmungen  beS  ©c- 
fe^  über  ben  9[uSfa|  (Se  13),  too  bem  ^riefter  bie  Gntfc^cibung  über  ben  S^aratter  ber 
Kranit  augetoiefen  tvirb,  nid^t  fd^ließen;  benn  eS  ^anbelt  ftd^  ^ter  in  erfter  Stnie  um 
eine  tuUif(|e  ^a^i,  gu  beren  ©ntfc^eibung  felbftDerftänblid^  nur  ein  $rieftcr  berechtigt  ioar.  65 
Daui  mitßte  er  natürlid^  aud^  gett)iffe  mebijinifc^e  Kenntnis  ^aben,  ttjenn  man  fo  tDtll, 
b.  $.  er  mußte  bie  älttgaben  bcS  ©efe^eS  über  bie  Rennjeid^en  bcS  SluSfo^eS  Dcrfte^cn 
unb  onguloenben  loiffen.  aber  ein  Derollgemeinember  ©d^luß  ^ierauS  ift  tuieberum  nid^t 
^e  toeitereS  [tatt^aft.  Slber  baS  oben  über  bie  religiöfe  Setrac^tung  ber  Äranfl^citen 
fltcfogte  legt  bte  Snna^me  natürlich  nal^e,  baß  man  in  ältefter  QAt  toie  bei  3^^^^^  ^ 


70  ftroitl^etten  nnb  ^eUtttitbe  btr  ddreeliie« 

fo  auc^  bei  ben  ^neftevn  Teilung  iai^U.  Überl^au))t  toaren  bte  ,,®ottedmäiiner^'  boju 
t)or  anbeten  geeignet.  9lBer  bafür,  m^  bte  $ro))l^eten  ,,l^in  unb  toieber  mebiginif d^  Slot 
erteilten'^  barf  man  ftd^  nici()t  auf  bie  SBunber  eine^  ®[ia  unb  @Iifa  (2  jb  4,  18 {f.; 
5,  Iff.;    8,  7  ff.)   berufen,  fonbem   ^öc^ften«  auf  ^i^üa^  Rettung  burc^  Sqoia  (2  Ag 

6  20,  7  ff.) ;  ober  auc^  biefe  Teilung  n>irb  atö  ein  SBunber  bettad^tet.  2)ie  ^uifll'imcäfm 
ber  ^ropl^eten  in  JtranfJ^eitöföKen  gefci()iel^t  alfo  nici()t  i^rer  mä)i»nif(^  fienntntff e  lochen, 
fonbem  toeil  fte  al^  (äotte^männer  SBunber  tl^un  unb  i^enfaQd  ben  Xu^ong  etnec 
5tran!^eit  t)orl^erfagen  tonnen.  @d  liegt  natürlich  au^  ^ier  na^e,  baron  m  benlen,  bc$ 
bte  $roj)l^eten  namentlich  in  ber  alten  ^t\i  toie  bie  ^riefter  unb  3<tuberer  im  9eft( 

10  ber  geringen  Jlenntniff e  jener  RÄt  t)on  Der  ipetttraft  mand^ier  3Rittd  tDoren  unb  bolnm 
gegebenen  %ci!H^  ©ebrauc^  matten,  toad  fte  noc^  lange  nici()t  ju  ä3etrügem  ftem^ 
(t)g[.  ba^  93eif))iel  ^efaiad).  älber  iraenb  tttoa^  0ared  unb  @ic^ered  über  hai  SerpUni« 
btefer  ,,@ottedmänner''  Derfd^iebener  9lrt  ju  ber  ^eilfunbe  )u  fagen,  ftnb  toir  nic^  im 
ftanbe. 

16  3)ie  X^ötigteit  ber  ^ebratfd^en  SÜirjte  befd^räntte  ftd^  ber  Statur  ber  Bad^  gemo^  in 
früj^erer  3^^^^  fotoeit  man  avS  ben  gelegentlidS^en  @rn>ä^nungen  im  3i%  fc^Uefien  tomi, 
meift  auf  d^irurgifc^e  ^^e  unb  beren  ^e^anblung,  toie  SBunben,  ä3rü(^e  t)on  ®Iiebmi 
unb  bg(.  hierbei  tourben  @alben,  namentltd^  Solfam  unb  Öl  ^ur  @rtoeid^ung,  Sinboimg 
ber  $i$e  2C.  angetoenbet;  man  t)erftanb  bie  SBunben  ju  Derbinben  unb  burd^  äbi^fträdm 

aoöon  eiter  u.  a.  ju  reinigen  (»gl.  3ef  1,  9;  3,  7;  gj30,21;  3er  8,21;  46,11;  51,8; 
2  Äg  8,  29;  9,  15;  20,  7;  2e  10,  34;  3Kc  6,  13;  3ac  5,  14  u.  a.).  M«  SKittd  yax 
(Srtoeic^ung  eine^  ©efd^toürd  toirb  einmal  ein  ^tgen))flafter  angetoenbet  (2  Sta  20,  7; 
3ef  38,  21).  2)ag  man  anöf  einzelne  anbere  ltranl|eiten,  b)ie  ben  äludfa|,  forgfältig  be> 
obad^tete,  tvenigftend  in  f^öterer  3^^  i^d^  ^^^  jiemlid^   treffenbe  ^iagnofe  bed  S(udfa^ 

26  im  @efe^  (Se  13).  9(ber  im  allgemeinen  toerDen  bei  ben  meiften  im  StX  gefc^ilberten 
Jtranfl^etten  bie  ^rant^eit^erfd^etnungen  fo  allgemein  unb  fo  toenig  genau  gefd[|Ubert,  ba| 
e^  faft  nirgenbd  mit  Sid^erpeit  möglid^  ift,  bie  ltranfi(^eit  m  beftimmen.  £a  bod  bun^ 
gängig  ber  %d!H  ift  (f.  unten  V),  toirb  man  bod^  barau^  fd^Iie^en  muffen,  ba|  auc^  bte 
Beobachtung  ber  Jlrantfieit^mernnale  eine  jiemlic^  oberfläd[|ltc^e  toar. 

30  ^m  3SerIauf  ber  ^üt  tourbe  ber  Oebrauc^  \}on  Särjten  immer  getoöl^Kc^er.  !^mer^ 
^in  mug  ^oxam  nadf  feiner  ^aubtftabt  }urüdRel^ren,  um  ftd[i  Don  feinen  SBunben  ^cn 
ju  laffen ;  im  ^Ibe  beim  $eer  fc^eint  ed  um  Srgte  fd^Ied^t  befteDt  getoefen  }u  fein  (2  Rfi 
8,  29).  älber  Sf^emia  bebauert  ed,  ba^  bie  @d^äben  bed  ganzen  SBoUed  nicpt  toie  bte 
SBunben  eineg  5Kanne«  Don  einem  Slrjt  geseilt  toerben  lönnen  (8,  22);  ber  (S^ronift  Don 

86  feinem  @tanb))untt  au^  tabelt  fogar  ben  Slfa,  toeil  er  fid^  ju  fel^  auf  bie  ^xitt  unb  )u 
toentg  auf  ^af}to^  Derlie^  (2  6l^r  16,  22).  3)er  @iracibe  ergel^t  fid^  in  ^o^en  SoE^ 
f^rü^en  ber  ^eilhtnft  unb  ma^nt,  ben  äirjt  ju  eieren  unb  m  gebrauchen  im  9IotfaIIe, 
benn  aud^  i^n  ^abe  ber  ^err  gefc^affen,  ber  bie  älrjneien  aud  ber  @rbe  toac^fen  lägt,  bie 
!etn  SSemünfttger  Derfc^mä^t;  geehrt  toirb  ber  9(r}t  Don  Itöntgen  unb  t^ürften,  unb  burd^ 

40  be«  Sl^otl^elcr^  ÜKifc^ungen  Derbreitet  fid^  SBol^Ifetn  über  bie  ganje  6rbe  (©i  38,  1  ff.X 
Slu^  biefen  fpäteren  3^^^^"  P"b  und  noc|  mel^rere  3leje>)te  für  hjeiblidf^e  Äranl^eitcn  er« 
l^alten  (mitgeteilt  bei  Sig^tfoot,  horae  hebr.  et  talmud.  ad  Marc.  5,  26).  2)antaU 
benü^te  man  aud^  fd^on  bie  mineralifc^en  ä3äber  Don  Xtberiad  unb  ItaUirrl^oä  (Joseph. 
Ant.  XVII,  6,  5;  Bell.  jud.  I,  33,  5;  II,  21,  6;  Vita  16).    3m  ZmlpA  toor  tuu|| 

46  bem  SCalmub  (6d&efaltm  V,  1.  2,  Dgl.  SDelt^fc^  in  atiel^im  Ä2B»  119)  ein  eigener  «rjt 
für  Unterleibdfranf^eiten,  benen  bie  $riefter,  meil  barfufe  ge^enb  imb  ju  ^foufigen  falten 
SBafd^ungen  Derjjflic^tet,  bcfonberd  au^cfc^t  toaren;  ebenfo  foDte  (nac^  ©ani^&rin  17**) 
jebc  Drt^emeinbe  einen  äir^t  unb  einen  ß^irurgcn  l^aben.  ^m  Sntcreffe  ber  mebijinifd^ 
SBif[enfd^aft  ftd^  an  einer  Set^e  ^u  Derunteinigen,  galt  je^t  ebenfalls  für  erlaubt,  unb  ^eli^fd^ 

60  (a.  a.  D.)  füi^rt  bad  öeif))iel  einer  ©eftion  an.  SKel^rere  taJimubifd^e  Seigrer  füi^ren  Km 
Seinamen  ,,2ltjt". 

V.  ^ie  einzelnen  Jtranl^eiten.  ^ad  %%  ift  lein  mebi^inifd^^ed  Sel^bud^  unb 
bad  (äefe^,  tote  oben  ertoä^nt,  nic^t  ein  gefunbl|eitd))oli^eilid^ed.  (Stne  DoQftänbige  Sbif^ 
}ä]^lung  ber  DerfdE^iebenen  ^tanll^eiten   ober  auc^  nur  eine  genaue  Sefc^reibung  einjdner 

66  barf  man  Don  Domel^erein  nic^t  ertoarten.  (*Jenauere  3Sorfdf^rtften  für  Äranl^eiten  tDerbot 
nur  in  folc^en  %äüm  gegeben,  too  biefe  Äranfl^eitcn  (j.  8.  äudfaj,  ©efd^lec^tdfranl^eiten) 
in  befonberem  ©rabc  unter  religiöfe  Oefic^t^unfte  faUen  (f.  oben  3?r.  III).  ©onft  toirb 
nur  gelegentlid^  Don  ber  einen  ober  anbeten  ber  auftretenben  ^erfonen  ergä^lt,  ba|  fte 
an  biefer  ober  jener  Äranfl^eit  crhanft  feien,   ^n  faft  allen  Rollen  ift  e«  ganj  unmöglid^, 

tio  aud  ben  meift  Dolf^tümlid^en  9{amen  ber  ^ranl^eit  unb  ben  getoö^nlic^  ganj  allgemein 


ftnntll^titett  nnb  ^eiltitnbe  ber  3dnielitett  71 

ae^tmen,  unguuerlöffigen  unb  unDoDftänbigcn  älngaben  über  bie  ltranfl^eitöf^m))totne  bie 
betreffenbe  Jtronl^eit  genau  feftjufteUen,  fo  tote  e^  bie  heutige  mebtjtnifd^ie  9Bif(enf(^ft  er^ 
foi^ön  ta>üxbe.  Unb  ebenfo  unmöglich  ift  ed  be^l^alb,  bie  einzelnen  ertuä^nten  ^ranf^eiten 
nodjf  einem  mobemen  Softem  ^ufammenguorbnen ;  ed  bleibt  nur  eine  f^ftemlofe  ^fgö^» 
btng  übrig.  6 

1.  ®er  au«faft.  hierüber  ögl.  ben  »rt.  in  S3b  II  ©.  296  ff. 

2.  $autlr aufweiten.  @d^on  in  bem  9(rt.  ä(u^fa|  II,  296  ift  bemerb,  ba^  unter 
bem  9{amen  ,,3(u^{a|^''  im  ^ebräifd^en  3Utertum  too^I  ouc^  anbere  äJ^nlid^e  ßrfc^einungen, 
nif^  nur  bie  eigentliche  Lepra  Arabum  befaßt  toorben  finb.  ^n  bem  ®efe$  über  ben 
3(i^a|  (2e  13,  1  ff.  k>gl.  14,  56)  tperben  Dier  Jlrant^eit^formen  aufgegöl^It,  bie  mit  bem  lo 
Kudfol  in  feinem  Snfang^ftabium  äl^nlici()teit  l^aben  unb  mit  i^m  ))ern)ecit^felt  toerben 
tonnen,  fo  bo^  erft  7— Utögige  Seobad^tung  Don  feiten  bed  ^riefter^  nottoenbig  ift,  um 
ben  genauen  ßl^aralter  ber  Äran!^eit  feftjufteuen.  6^  toerben  genannt :  rxia  (33. 2),  nnso 
(S.  2;  togL  baju  ba«  »erbum  nsb  gif  3, 17),  nntin  (gs.  2)  unb  pr??  (2J.  30  ff.);  aDe« 
^«nttttu^f^Ioge  irgenbtoeld^er  9(rt.  $ie  Jtenmeid^en  biefer  Brautzeiten  toerben  nur  ne^  15 
gotit)  ang^eben:  toenn  bie  $aare  ber  betroffenen  ^autftede  nic^t  toei|  toerben,  toenn 
Me  betro]^en  @te([en  im  SSergleid^  mit  ber  übrigen  $aut  nic^t  eingefunten  erfd^einen, 
toenn  bod  Übel  nic^t  um  fxd)  gre^,  fonbem  lotaliftert  bleibt  —  bann  ift  bie  Itranl^eit 
nii^t  ber  b&tertige  oerunrrinigenbe  9(udfa$,  fonbem  ün  ungeföl^rlic^er,  nic^t  oerunreinigenber 
Su^c^lag  X.  nnsCT:  (gs.  6)  ober  pv72  (38.  39).  ©bftein  meint  jtoar,  auc^  biefe  Ärant^  20 
^ettderfc^eimmgen  feien  t)on  ben  ^ebräem  unter  ben  93egriff  ^T^^  „3ludfa|''  fubfumiert 
tooi^en,  unb  ed  toerbe  im  W£  ein  gutartiger,  t)on  felbft  rafd^  l^eilenber,  unb  ein  bö^ 
artiger  unJ^eilborer  (unb  t)erunreinigenber)  äiu^fa^  unterfc^ieben.  älQein  ber  SBortlaut  ber 
9ej&mmtngen  f))ri(i[|t  burc^aud  bagegen;  ed  toerSen  immer  einanber  gegenübergefteQt  ber 
twrflic^  äu«fa|  (^^^)  unb  ber  ®rinb,  Sterbe  2c.  (tjgJ.  jj.  ».  35.  6  unb  8;  20  unb  23;  25 
27  unb  28;  39  unb  42).  Suger  ben  ertoöl^nten  Dier  vlamm  tommen  in  Dem  ®efe| 
über  bie  ^riefter  noc^  )toei  toeitere  Segeid^nungen  t)on  $auttrantf|eiten  t)or  (£e  21,  20), 
todd^  )um  ^rieftertum  untauglich  machen,  ndmlid^  ^>;  unb  ript:.  ßnblid^  toirb  ein- 
mal (3)t  28,  27)  neben  a>;  nod^  c'^.n  genannt.  —  33ie  g'^age,  toeld^e  mobeme  §aut= 
bant^eiten  biefen  !Ramen  entf))rac^en,  tann  nid^t  beanttoortet  toerben.  ^ie  biblifd^e  Se»  ao 
fc^reibung  ift  eine  burd^aud  ungureid^enbe,  gan}  abgefel^en  t)on  ber  t^age,  ob  toir  über^ 
ffiaxpt  bie  jtrantl^en  jjener  3rit  ol^ne  toeitere^  mit  benen  ber  ®epentoart  t)ergleid^en  be« 
lie^ung^toeife  ibentifijieren  bürfen.  auc^  bie  5Ramen  fetbft  l^elfcn  nic^t  toeiter.  rixb  ^^gt= 
lebung,  Sr^abenbeit''  be)eid()net  too^I  im  Unterfd()ieb  t)on  bem  für  ben9tudfa|  ol^  c^arat^ 
tmfUf^  angegebenen  Wertmal,  ba^  bie  betroffene  Stelle  eingefunten  erfd^eint,  ettoa^  auf  35 
ber^t  fi$  Sr^ebenbeö  (^iUmann :  ®rinb;  @aalfd^ü$,  Wof.  Siedet  235:  ^nnen;  SEBiner: 
Stnfmmal,  lenti^o;  atteö  geraten),  f^nso  LXX  oriimoia  fc^eint  noä^  3^  3,  17  befon^ 
bcrd  auc^  ben  Ss>\l\  )u  befolOlen;  eine  et^mologifd()e  @rtlärung  bed  SBorted  ift  unmöglid^ 
ODiOnumn:  eruptio,  Slu^fc^lag).  SKit  größerer  SBaJ^rfc^einlid^teit  toirb  ri^na  tnit  ""na 
,4cuc^ten''  in  S^fammen^ang  gebracht  unb  auf  li^te  Stellen  unb  l^elle  ?^ie(ten  in  ber  4o 
bitnteln  ^caxi  gebeutet  (Ogl.  ^.  4  ^?2b  r\y)'2,  ,,ein  toeifecr  Rieden",  bieUeid{)t  vitiligo, 
eine  ^t^ai^eit,  bei  ber  an  umfd^riebenen  (Stellen  ber  ^omX  bad  Pigment  t)erfd^toinbet. 
SHefe  genannten  Sudfc^Iöge  ac.  tonnen  fotool^l  ol^ne  t)orangegangene  SSerle^ung  ber  $aut 
überall  am  Jlör))er  entfielen  (33.  2),  ober  ft^f  bilben,  too  t)orZer  ein  ©efd^toür  (3$.  18) 
ober  eine  Sronbtounbe  ($.24)  toar.  pn:  (ge  13,  29 ff.;  t)gl.  14,  54)  toirb  ba«  eineTOal  46 
(13,30)  einfacb  mit  ber  Zara'at  be^jtopfed  ober  Sarted  gleic^gefe^t,  bad  anbere  3Jtal  ba« 
gegen  (13, 31—34)  ift  t)on  einer  gutartig  t)erlaufenbcn,  ni^t  berunreinigenben  gorm  biefer 
ftron^eit  bie  9l^e.  3Ran  ertlört  bad  SBort  getoö^nlic^  aud  pr«?  ,,rei^en'',  toie  Jträ^e  Oon 
Jlro^,  xvrjqjti  bon  xvao),  Scabies  t)on  scabere  pc^  ableiten.  3*;'.;  (LXX  xfioga  dygia, 
Vulg.  Scabies)  unb  riST;?  (LXX  keixi^v,  Vulg.  Impetigo)  begeidf^nen  fd{)toerere  d^ronifd^e,  w 
ate  un^^ilbar  betrad()tete  Jtrantl^eiten.  3)ad  barf  man  baraud  folgern,  ba^  ber  mit  biefen 
ftponO^en  behaftete  jum  ^rieftertum  untauglich  ift  (£e  21,  20)  unb  ba^  biefelben  in  ^a= 
raOele  geflellt  fmb  mit  Seibe^ebrec^en  toie  ^obenbrü^e,  33uctel  k.  3Ran  bentt  mcift  bei 
ec^erem  an  Jträ|e,  bei  le^terem  an  ^led^ten.  älber  man  toirb  Sbftein  (a.  a.  D.  145)  red^t 
^btn  muffen,  toenn  er  barin  lebiglid^  Sammelnamen  für  judtenben  9ludfd^lag  fef^en  toiD.  55 
9hu^  o-Tj  (LXX  xvYiqyn,  Vulg.  pnirigo),  bad  neben  ^eft  unb  äg^jjtifc^em  ®efd^toür 
genannt  toirb  C^t28,27),  gehört  gu  ben  fc^toeren  ^rantl^eiten,  bie  al^  unheilbar  be^eid^net 
toerben.  Über  bie  Oerfcbiebenen  ^rten  t)on  Jträ^e  k.  in  Serien  unb  ätg^pten  t)gl.  ^ru- 
na  a.  a.  O.  142  unb  2:obler  a.  a.  D.  46  ff. 


72  Sttantlitiitn  nnb  ^elRnttbe  ber  S»nüitm 

$ter  bei  ben  ^autbanÜ^eitm  mag  noc^  bte  Jtronl^  fiiobd  Sttoäl^uns  finben.  2)te 
tneiften  Srflärer  benten  bobet  enttpeber  an  ben  eigentlichen  Stud{a|,  Lepra  Arabum  = 
Elephantiasis  Graecorum,  andere  an  Elephantiasis  Arabum  =  ^od^t^bermie,  eine 
JtranÜ^eit  ber  Sv>^^'  ^^^  Slutgefä^e,  befonberd  an  ben  unteren  Sstrentitäten  (t^ol.  $ni^ 

6  ner  a.  a.  O.  235  ff.).  SQiieber  anbere  ertlären  bie  ItranfiS^eit  für  ben  „\dftüaxun  Shid^" 
(^eu^ler,  ®efc^.  be^  abenbldnbifc^en  3(udfa$ed  193 ;  ^al^n,  SOtert.  II,  381  noc^  Origenes 
c.  Geis.  XI,  52;  Xeixrjv  äygiog,  tfcoga  xvrjoibuig,  xm  50littclalter  morbus  S.  Miaevü 
genannt),  ^er  berüi^^mte  äinatont  ^^rtl  nimmt  eine  Jtombinatton  Don  9Iudfa|  imb  (SU* 
pf)ant\afxi  an  unb  finbet,  ba^  au^erbem  $iob  an  9(1)),  (Sü^t,  3)Vfenterie,  Hlbmbfäule  (Sto- 

10  maeace),  Jträftefd^tDunb  (Marasmus)  unb  Säufefuc^t  (Phtiriasis)  gelitten  J^be.  Xr^oe 
älutoritäten  (j.  ä.  BRünd^,  ^ie  3^^^^^^^  ^<^  SibeO  meinen,  ba|  ed  m  (ebtglid^  um  ein 
d^ronifd^ed  @hem  gel^anbett  l^abe.  3Ran  mad^t  l^ierfür  gdtenb,  „hai  ein  foI(^ed  ^otUletbcn 
nic^t  nur  t)ouftänbig  bie  quateoQen  fubjeltiDen  ®m))finbungen  unb  bie  fd^Io^fen  9Uid^ 
$iobd  erfloren,  fonbem  aud^  fämtlid^e  obiettiD  h>al^el[imbaren  Jtrant^ieitderfd^ehumgen  mib 

16  jtpar  abgefe^en  Don  ben  totalen  SBerönberungen  ber  $aut  t)omebm(id^  bie  gan)  befonbes^ 
betonten  SlQgemeinerfc^einungen,  toie  ).  S.  bie  fel^r  au^ef))rod^ene  9lbmagerung,  t)er^linbs 
Kc^  mad^e''  (@bftein  a.a.O. 94 ff.),  ^ber  ßbftein  bejeicpnet  aud^  Diefe  Söfung  aü  teine^ 
ttm^  befriebigenb.  ^an  toirb  bei  bem  Überblid  über  biefe  Dielerlei  2)eutungdberfu(^  i^ 
DoUftänbig  bei})fli(^ten,   toenn  er  fagt,  ,,ba|  toir  un^  ^üten  foQten,  bie  ^^otttojte  beS 

20  ^xd)t^  in  il^rem  j^öd^ften  t^lu^e,  ,,,,bie  fid^  auftrennt  unb  bie  fu^  nie  genug  t^ut''",  m  )M 
Schema  einer  tlinifd()en  Xermmologie  getoaltfam  l^ineinjugtoängen".  %iJa  bie  Derf^i^encn 
Dom  S)td^ter  gefc^ilberten  Äranll^eit«erfd[^einungen  Dgl.  $i  2, 7. 11;  7,3—6;  16,8.13.16; 
17,  7;  19,  17.  20;  30,  17.  30.  Übrigen«  toirb  gerabe  bie  Äranl^  Äiob«  mit  bem* 
fclben  au«bru(f  (y^  rrrc;  §i  2,  7)  au^  bem  SSolf  3«rael  unter  ben  f(§toer|lcn  ?piaflen 

26  angebro^t  (^t  28,  27.  35),  unb  biefe  ©teOe  bürfte  bem  a)i(^ter  be«  Suc^ed  $iob  bei 
feiner  Sefc^reibung  Don  §iob«  Äranf^eit  Dorgefd^toeJ&t  l^aben. 

3.  S)ie  ^eft.  äfe  Derberblid^fte  aOer  Ätanf^etten  toirb  im  «2  bie  „?Pefl"  "'5'n  be» 
jeic^net  (£e  26,  25;  5Ru  14,  12;  S)t28,21;  2@a24, 13.  15;  lÄg8,37;  3er  14, 12; 
21,  6  ff.;  24, 10;  44,  13;  §cf  5, 12:  7, 15;  14, 19;  3lm  4, 10;  SRt  24,  7:  üuf  21, 11 

80  loijLiog),  ^ai  SBort  ift  ^unä^ft  nid^t  JBejeid^^nung  einer  bejtimmten  ftranl^eit,  fonbem 
bebeutet  ba«  „Serberben"  fc^lec^ttoeg.  ät^nlid^  ba«  ebenfalls  hierfür  Dertoenbete  Söp.  (S)t 
32,  24;  ^f  91,  6;  §of  13,  14).  33iefe  Sejeidfinungen  entfprei^en  alfo  unferen  fhO* 
briidfen  „©eudj^c",  „^eftilenj".  5Ro(^  aBgemeiner  ift  bie  Dolfötümlid^e  Benennung  ber  Äranfc 
l^eit  alg  „Stob"  ni^   (§i  27,  15;   3er  15,  2;    18,  21),   ddvazog  (LXX  SJt  28,  21; 

86  ä))I  6,  8;  18,  8),  Dgl.  ben  im  SKittelalter  gebraud^ten  äu«bru(f  „ber  fc^toarje  lob",  mit 
bem  jene  furd^tbaren  @eud(fen  benannt  tourben,  todd(>e  um  bie  3Ritte  be«  14.  3^^-  ^^ 
Sänber  Der^eerenb  burd[>jogen.  2)ie  ^ebräifc^cn  äluöbrücfe  bejeic^nen  alfo  bie  „5Pefl"  in 
bcmfelben  @inne  toie  @alenu«  ben  S3egriff  ^eft  befiniert:  toenn  eine  ^anl^eit  an  einem 
Drt  Diele  iDlenfd^en  befällt,  fei   fie  ejjibemifi,   toenn  Diele  SRenfd^en  an  biefer  5tran^cit 

40  fterben,  fei  e«  bie  $eft  (ßomment.  j.  3.  Sucp  ber  §i))))ofrattf(^en  ®})ibemien).  —  %ta%m 
toxx  nad)  ber  Jtranf^eit,  toelc^e  toenigften«  Dor^ug^toeife  mit  biefen  3lu«brüd!en  bed  9i%i 
gemeint  fein  bürfte,  fo  liegt  e«  natürlid^  am  näc^ften,  an  bie  93eulen))eft  )u  benten,  bte 
im  ätltcrtum  in  !äg^i)ten  enbemifd^  getoefen  }u  fein  fd^eint  unb  aud^  im  übrigen  Dorberen 
Orient  fett  uralter  ^üt  bcfannt  mar  (Dgl.  über  bie  ^cftgott^eit  Dibarra  in  ®.  @mit^ 

16  Chald.  Genesis  6.  309;  ^liniu^  bist.  nat.  III,  4;  Athen.  II,  4;  Cypr.  de  mort 
pag.  p.  485).  9{ud^  bei  ben  einzelnen  ^äQen  Don  fold^en  Der^eerenben  @eud^en,  bie  und 
im  212^  berichtet  toerbcn,  pa^i  biefe  Äranff^eit  rcc^^t  gut  gum  ©efamtbilb.  Sei  ben  ^3^^ 
liftem  bric^^t,  nad()bcm  fie  bie  fiabc  3^^^^)^  erobert  b^ben,  eine  Derf^eerenbe  Ärarf^  au&, 
aU  beren  c^arafteriftifc^e  ÜKerfmale  ^"1^.,  Seulengefd^toüre  bejeidf^net  toerben  (1  ©a  5, 

60  6.  9.  12;  Dgl.  über  bie  töblic^e  äBirfung  ber  Äranti^eit  bef.  33. 10).  3)e«^alb  toerben  ob 
©ül^ncgaben  Don  ben  ^^Jbiliftcrn  fünf  golbene  Slbbilbungen  biefer  Seulen  bargebradjft  (1  ©a 
6, 4  f.).  änberc  beuten  freiließ  biefe  „beulen"  ber  ^^^ilifter  anber«:  auf  geigtoarjen  (ma- 
riscae),  ober  Siffe  ber  Sopulga  fatalis  (§äfer,  ^ifts^at^ol.  Unterf.  I,  19;  ^ebreicff 
a,  a.  D.  I,  215),  ober  §ämorrl?oibaIfnoten,  ober  benfen  (nad>  Josephus  Ant.  VI,  11; 

66BeU.  jud.  V,  9,  19;  (SmalD,  ©efcf».  3«rael<g  II,  126)  an  3)^fenterie;  aber  ba«  aOe« 
fxnb  boc^  feine  fo  getoaltig  Derheerenben  ©eueren.  —  S)iefclbe  Seulenfranf^eit  erfc^eint 
aud»  unter  ben  ganj  befonber^  Derberblicbcn  Äranf^eiten,  bie  bem  3Solf  3^rael  angebro^t 
loerben  (Dt  28,  27).  2)ic  ©eud^c,  bie  infolge  Don  3)aDib«  SBolföxäblung  über  3^oeI  Der« 
^ängt  toirb  (2  ©a  24,  13  ff.;  1  ßl^r  21,  14  ff.),  toirb  jtoar  nic^t'nö^er  befc^rieben,  ober 

60  bie  ^al)l  ber  Cj)fcr,  bie  fte  forbert  —  70000  5Dlann  in  brei  ^a^xcn  —  ft)rid^t  gan)  bo^ 


firtttt^eitett  nnb  ^eiRnnbe  bet  ^drtditeit  73 

fax,  bo^  bie  $efl  gemeint  tft.  SBenn  bann  bte  ßrjöi^Iung  berid^tet,  ba^  ber  @ngel  ^ol^tDed 
bad  fßoH  aef^Iagen  ^be  (2  @a  24,  16),  fo  lelM  btefe(be  SBorfteQung  tpteber  in  bem  ^^ 
ric^t  über  bie  SBer^eerung  im  Saget  Baril^mfy^  (2  Äg  19,  35;  3ef  37,  36).  S)er  ®ngel 
^o^toed  fd^Iug  bDtt  in  einer  Stad^t  185000  3Rann.  3)amit  l^at  man  fd^on  lange  ben^e^ 
lid^  ^erobotd  (11,  140)  in  3uf<><^^^^A>^9  atbxai^t,  tDonad^  eine  Bd^ax  ^bmäufe  bie  6 
S(öä^,  @<l^tlbriemen  unb  Sogenfe^nen  ber  Sl^^rer  jemagt  unb  fo  bie  SBel^rlofen  gur  ^(uc^t 
oqtmmgen  l^e.  3)ag  ^ier  bie  9)läufe  SSilber  ber  $eft  finb  unb  ber  Serid^t  nur  in  anberer 
%üxm  bodfelbe  erjö^U,  tpie  ber  biblifc^e  93erid^t,  tpirb  baburd^  afö  nid^t  unh)a|^r{d^einlic^ 
eitpiefen,  ba|  in  ber  oben  ertoöl^nten  Srjäblung  Don  ber  ^eft  unter  ben  $l^iliftem  biefe 
neben  ben  golbenen  ^efibeulen  aud^  fünf  golbene  3Räufe  jur  @ül^ne  barbringen,  old  S3ilber  lo 
ber  3Raufe,  „toelc^e  ba«  Sanb  öer^ecren"  (1  ®a  6,  4).  3luc^  bei  bem  großen  Sterben 
im  SoH  3ln  17,  9 ff.;  26,  8 f.  mag  an  eine  5Peft  gebadet  fein.  3)afe  gerabe  bicfe  Ärant 
ffüt  in  befonberem  vRa^t  aü  unmittelbare  göttUd^^e  @trafe  unb  SBirfung  be^  ©otte^jomd 
oufgefa^  tourbe,  ifl  Ieid()t  t)erftänblid^  (f.  oben).  Übrigen^  toirb  man  auc^  l^er  bei  aQen 
btefen  ^orfoKen  fid^  t)orfi(^tig  mit  Sbftein  (@.  100)  ba^tn  audbrüden  muffen,  ba^  toir  i6 
au|er  9Iaturereigniffen  unb  fo(d[ien  @eud^en  leine  anbere  Urfac^e  für  ein  fo  maffen^ofted 
Sterben  temten  unb  nur  bedl^alb  eine  folc^e  ^nfeftion^fratd^eit  old  bad  toal^rfc^einlid^fte 
etfc^etnt. 

3)ie  9eulen))eft  (9ubonen))eft)  l^at  biefen  i^ren  Flamen  nac^  bem  d[iaratteriftif(^en 
69m)>tom,  ben  ^eftbeulen  (angefd^tpoüenen  unb  Dereitemben  Svm))^brüfen),  toelc^e  am  so 
boufigften  in  ber  Seiftengegenb,  feltener  unter  ben  9(d^feln,  im  !Raden   ober  unter  bem 
O^  ald  runbli4fe  ©efcbtoülfte  manc^al  bi^  ju  $ü^nereigrö|e  erfc^einen.    Seltener  di 
biefe  Seulen  finb  bie  ^eftlarbuntel,  bie  befonoer^  an  ben  Steinen  unb  am  ®efä|  auf« 
treten,   übrigend  erfolgt  mand^e^mal  ber  %ob  gan)  rafd^  noc^  el^e  bie  erft)&l^nten  äu|eren 
firanll^ett^d[ieinungen  an  ben  ^g  getreten  finb.  2)er  Srreger  ber  $eft,  ber  ^eftbactUud,  25 
tft  erfl  in  jüngfler  ^At  entbedt  toorben.    Statten  f^ielen  bei  ^Verbreitung  ber  $eft   eine 
gro^e  StoQe.    ^iniud  (bist.  nat.  III,  4)  bringt  bie  $eft  mit  ber  Stilüberfc^toemmung 
in  ^u^ammtnl^anQ,  toenn  auf  ftarle  Überfd()h)emmung  unb  Stegen  rafd^  $i^e  unb  SSer« 
bani)>fimg  bed  getr&ntten  Sobend  folgt,    ^en  Seginn  ber  Jtranfi(^eit  bilben  (neben  ober 
o^e  biefe  örtlich  ®rfd()einungen)  Sd^toinbel,  eingenommener  Ito^f,  O^renfaufen,  «(roft,  so 
gro^e  ©d^Wad^,  92iebergefd^lagenl^eit  unb  Slngftgefül^l,  toelle  ®efi(^td}üge,  matter,  unftäter 
Sita,  @d^me!^em))finbungen  an  ben  Stellen  too  bie  beulen  bann  au^bred(^en,  3l))))etits 
mangel,  Sdjflaflofigteit,  befd^leunigter  altem  unb  $ul^,  ^ei|e  $aut,  bi^toeilen  @rbred^en 
ttnb  Durd^foll.   3)iefem  erften  Stabium  folgt  namentlich  nad)  auftreten  ber  örtlichen  ^eft« 
male  eine  ^eriobe  bed  heftigen  ^eber^  mit  tV))l^u^nlid^en  S^m))tomen  unb  ^oc^grabigem  35 
Serf<dl  ber  Aröfte.    Übrigen^  toeid^en  S^erlauf  unb  älnjeid^en  ber  ^ranH^eit   in  ben  ein« 
jclnen  3aQen  oft  fel^r  t)on  einanber  ab;   oft  lie^t  ber  tränte  Don  9lnfang  an  in  raufd^» 
artiger  »enebelung  unb  ftirbt  in  Setou^tlofigfeit,  anbere  Äranfe  behalten  i^e  Dolle  33es 
ftitnung  bi^  jum  2^ob.    3)er  lob  tritt  in  j^em  Stabium  ber  itranH^ett  ein,  bei  manchen 
S^Kbemten  flerben,  toie  oben  ertoäl^nt,  bie  Jtranten  l^öufig  in  ben  erften  24  Stunben  nac^  40 
ber  Xnfledhtng.    3)ie  SRe^rjal^l  ber  Xobe^föQe  erfolgt  }toifd^en  bem  britten  unb  fed^^ten 
%a%  ber  itronl^eit.    Zritt  @enefung  ein,  fo  gelten  bie  ^eftbeulen  in  Eiterung  über,  ge- 
langen  tttoa  am  8. — 10.  %a^  jur  Steife,   brcdf^en  unter  bem  äu«flu|  einer  ftinlenben 
^[Q^gleit  auf  unb  Demarben  in  3—4  SBoc^en.  S)ie  $eftlarbunteln  ge^en  in  einen  Sranb» 
f^orf  über,  ber  abgeftofeen  toirb.    S)ie  ^rognofe  ber  ^^\i  ift  fel^  fdf^lec^t,  in  heftigen  (Spu  46 
bmten  fterben  bi^  ju  90*^/0  ber  ßrlranften ;  im  SBerlauf  ber  3)auer  einer  6j)ibemie  nimmt 
bie  Sterblic^feit  ab.    Heilmittel  gegen  bie  $eft  giebt   e«  bi^  je^t  nodf^  feine.    S)ie  beften 
allgemeinen  SBorbeugung^mittel   befte^en   in  ben.getoöl^nlic^en  fanitöt^oli^eilid^en  3Ra^' 
regeln,    ^rc^  beren  33ur(bfü^rung  ift  3.  8.  in  Stg^ten,  ioo   bie  $eft  fic^   felbftftänbig 
enttaridelt,  biefelbe  fe^r  eingebämmt  toorben.    3)en  ^i^taeliten  fmb  berartige  Sorftd^t^mafe«  60 
regebt  ganj  fremb,  bad  älm  6,  10  ertoö^nte  Serbrennen  ber  ^eftleid^en  ^at  bamit  nid^td 
m  t^.    3)ie  genauere  Sefd^eibung  ber  $eft  f.  bei  Siebermeifter  (in  ßiemfjen«  $anbbuc^ 
II,  1,  S.  468  ff.,  2eiJ)jig  1874),  Orieftuger  (in  SSird^oto«  Äanbbuc^  II,  2  §  351),  ^ru^ 
ncr  (0.  a.  O.  387  ff.  413.  463),  fotoie  in  ben  anbercn  angeführten  SEBerfen  über  bie  $eft. 
©ie  gefunb^t^oligeilid^en  SWafetegeln  bc«  2:almub  f.  laan.  3,  4   Dgl.  aRid^aeli«,  ^o-  65 
fatf[^  9le(^t  IV,  §  213. 

aRü  biefer  »eulenjjeft  M  n^tg  ju  t^un  bie  „^cft",  bie  baö  SBic^  ba^intafft  (gj 
9,  2,  ögL  ^f  78,  50;  gg  14,  21;  1  3er  21,  6).  Die  eigentliche  $cft  ift  eine  Ärant 
ffdt  be«  3Wenfc^en;  bte  2iere  fd^einen  (mit  äuönalime  ber  Statten,  f.  oben)  gegen  bie= 
felbe  iamm  )u  fein.  oo 


74  ftrttttl^eiten  nnb  ^tiltttttbe  btr  ^twlikä 

^m  ßufammenl^ange  mit  ber  $eft  fei  and)  t)ie  Jtranll^eit  ^idliad  ertvö^t  (2  Jta  20, 7; 
3ef  38,  21  rrnp).  ©icfclbe  toirb  üieJfad^  (ögl.  ^cbrcic^  a.  a.  0.  I,  204)  in  totfolen 
3ufammcn^ang  mit  ber  oben  ertixi^nten  9l{f^rer)}eft  gebracht  unb  bod  ®fl\^toik,  hci&  hm 
König  pl%t,  ol^  ^eftbeule  ertlört.  6^  foQen  md)  9(uf^ören  einer  @))ibemie  ft>Drabif[^ 
6  leicht  heilbare  Subonen  t)orf ommen ;  orobifc^e  ^rjte  ertt)etci()en  bie  ä3eule  unb  fiM^  bm 
ßiterung^^roge^  aud^  je^t  noci()  burd^  9(uf(egung  t)on  ^gen.  äUber  ein  jeitlicver  Qa\am^ 
menl^ng  mit  ber  9(ff^eri)e[t  ift  tvegen  ber  mit  ber  ^onl^eit  jeitlic^  t)erbunbenen  ®efanbt< 
fd^ioft  ÜJcerobad^  Selaband  unmögli^  unb  bamit  fällt  jebe  SSeronlaffung,  an  ^eflbeulm  ju 
beuten,  tveg.    6d  bürfte  fu^  bann  um  einen  ^arbunld  gel^anbdt  ^oben. 

10  4.  Jlrantl^eiten  ber  ©efd^Ied^td teile,  ^em  Umftanb,  bo^  biefe  JttanG^eiten 
ald  l&>xt\\i)  Derunreinigenb  galten  (f.  oben),  t)erbanten  toir  e^,  ba^  über  biefelben  ret^feteS 
SRaterial  ald  über  anbere  5{ranl^eiten  im  @efe(  t)orUegt.  ^ie  betreffenben  ®efe^edbefttm« 
mungen  fiel^en  2e  15  (bgl.  5Wu  5,  2 ;  2  ©a  3,  29).  ß«  ^anbelt  fid{>  babei  um  Irant 
^afte  ©d^Ieimflüffe  bei  aWann  unb  2Beib   unb  um  franl^afte  »lutflüffe  beim  SBcib.  — 

15a)  Ärant^afte  ©d^Ieimf  Jüffe.  3)ag  ©efeft  beftimmt,  ba|  toer  einen  glufe  air  an 
feiner  ©d^am  l^at  —  3Jiann  ober  9Beib  —  babutd^  unrein  toirb,  „mag  ber  ^lu|  axA  ber 
©d^am  im  ®ange  fein,  ober  bie  ©d^am  öerftopft  fein"  (2e  15,  2  f.).  ^vxq  ben  aßort« 
(aut  bed  ©efe^ed  ift  }unäc^ft  au^efd^Ioffen  bie  Don  ipieron^mu^  (nadj^  ben  9labbinen)  tKt* 
fud^te  2)eutung  auf  ben  ©amenergug  über^au^t,  ober  fpe^ieU  auf  Gonorrhoea  benigna, 

20  bad  untoiQfürlid^e  9(udflie^en  bed  ©amen^  infolge  ber  ©c^toöd^ung  bed  Organa.  %ma 
bann  toürbe  bie  S^erfto^fung  be^  ^^(uffef  nid^t  fob)o^(  Unreinigteit  bringen  0B.  3),  fon» 
bem  bielme^r  bie  Teilung  bebeuten.  Überbied  finb  bie  3(udbrüd(e  fo  geilten,  ba|  ftt 
DonSKann  unbSBeib  gelten,  unb  ber  ©amenergufe  toirb  erft  an  f})ätererStene(Sl6 — 18) 
ermäl^nt.    Sbenfotoenig  mit  bem  SBortlaut  ))ereinbar  ift  bie  Snnal^me  anberer,  ba|  unter 

25  biefen  9(udf[üffen  bie  ^ämonl^oiben  gemeint  feien  (Beyer,  De  haemorrh.  ex  lege  Mos. 
impuris,  Lips.  1792).  ^ie  9e}ie^ung  t)on  93.  3  auf  pffige  unb  blinbe  (ftodknbe) 
ipämon^oiben  erfc^eint  aQerbingd  auf  ben  erften  ^Ixä  einleud^tenb.  9(ber  bie  game  dx* 
fiärung  toirb  baburd^  au^efd^loffen,  ba^  nad^  bem  ßufommen^ang  (t)gL  SB.  16  ff.)  nur 
bon  Äranfl^eiten  ber  ©efc^lec^töteile  bie  Siebe  fein  lann,  unb  "i^?  (93.  2),  oui^  bem  ba 

90  %lui  tommt,  ift  jtoeifelloiS  ©efd^led^t^Iieb  (t)g[.  Tr.  Sab.  unb  baju  Maimon.  II»  2; 
Philo,  Opp.  I,  88;  Joseph.  BeU.  jud.  V,  5,  6;  6,  13).  ©ine  britte  ©rHärung 
bejie^t  bie  ©teile  auf  f^jjf^ilitifc^en  äuöflu^  (Gonorrhoea  virulenta ;  fo  g.  8.  ÜRid^iS, 
SKof.  Siecht  IV,  282;  ^ebenftreit,  De  cura  sanit.  publ.  II,  157;  Jenaer,  ®ef4  b« 
Suftfeud^e  211.  315;  gnebreid^  a.a.D.  1,237  ff.).    »Dein  ba«  SBorlommen  ber  BttpfyiiS 

86  in  jener  alten  ^^xt  ift  ganj  unbetoiefen  (f.  u.).  ÜRan  l^at  alfo  an  irgenb  n)el(^e  atd)ere 
Slufiiflüffe  infolge  entjünblid^er  Steigung  gu  benf en ;  mit  bem  „?flu|,  bei  toelc^em  bie  ®ifam 
öerfto})ft  ift",  toären  bann  nac^  (Sbftein  (©.  139)  (Sntgünbungen  o^e  Stu^Pufe  oemetnt 
„^ag  berartige  Sntgünbungen  ber  ©d^amtetle,  bei  benen  nur  toenig  entjünblic^ed  "^robutt 
abgefonbert  n>irb,  tDobei  e«  alfo  }u  einem  toirilid^en  3(udflug  nid()t  tommt,  oft  genug  tNn> 

40  lommcn,  ift  eine  befannte  I^atfadf^e."  9lal^eliegenb  ift  bie  2)eutung  auf  ben  Zxiißpct,  ben 
anftecfenben  fc^Ieimig  eitrigen  Sluöflufe  an^  ber  ^amröl^re.  3)od^  ift  and)  l^ier  ©bftein  red^ 
gu  geben,  tocnn  er  fagt:  „SBenn  au^  zugegeben  toerben  mufe,  ba^  e«  fid^  l^er  um  ttippeci 
artige  Stuöflüffe  ge^anbclt  ^at,  fo  barf  ani  ben  altteftamentlid^en  .  .  .  SBorfd^ften  ein 
berartiger  ©d^Iufe  nic^t  abgeleitet  hjerben."  ®r  felbft  fd^liefet  bereit«  biel  gu  öiel  ou«  biefen 

46  SSorfd^riften,  toenn  er  barau«  folgert,  bafe  biefen  Äranl^eiten  anftedfenbe  6igenf(^ften  bei* 
getoo^nt  ^aben,  bie  fic^  nic^t  nur  auf  ben  3tu«flu^,  fonbem  aud^  auf  ben  Sptidfü  et* 
ftredften. 

b)  S)ie  franfl^aften  Slutflüffe  be«  äBeibe«.  Slud^  bie  regelmäßige  SWen* 
ftruation  toirb  al«  Ärant^cit  bcgeic^nct  unb  mac^^t  lebitifd^  unrein  (2e  20,  18;  12,  2.  5; 

60  15,  33).  Site  anormale  Slutflüffe  nennt  ba«  ®efc^  (Se  15,  25  ff.)  einmal  biejenigen,  bei 
benen  ein  Sffieib  aufeer  ber  ^^\t  ber  SKenfhiiation  ben  Slutfluß  l^at,  unb  fobann  biejenigen, 
bei  benen  einSJcib  über  bie  gctoö^nliAe  2)auer  ber  SKenftruation  l^inau«  blutflüffjg  bleibt. 
9[n  bem  blutflüfftgcn  2Beib,  ba«  3>efu«  ^eilt,  tritt  un«  ein  befonber«  fc^toerer  goU  folcM 
d{)ronifc^en  93lutfluffe«  entgegen,   ben  bie  ärjte   nic^t  ju  l^eilen  Dermodf^t  (SKt  9,  20;  SWc 

56  5,  25 ;  2c  8,  43). 

c)  33  ie  ©VP^ilt«.  Unter  bie  Äranll^eiten  ber  ®efd^lec^t«teile  ift  tool^l  oud^  bie 
Äranl^eit  einzureiben,  mit  toclc^er  ^a\)m  ben  Slbimcle^  unb  fein  SBeib  imb  feine  ©Da* 
öinnen  fd^lägt,  fo  bafe  le^tere  feine  Äinber  bcfommcn.  393cld^er  2lrt  aber  biefe  fbon^ieit 
nac^  ber  Slnfid^t  be«  ßrgäf^ler«  mar,  lönnen  h)ir  gar  nid^t  fagen.    (Singelne  (j.  99.  93uret, 

60  Syphilis  to  day  and  among  the  ancients,  2onbon  I,  1891)  f^m  l^ier  bie  ©l^tli« 


ftriid^ettett  ttnb  ^eiffnnbc  htx  S^tüAikM  76 

aefunbcn;  Suret  meint,  ba^  aui)  bte  Unfrud^tBorteit  ber  @ara  m  biefer  Jlranl^ett  ü^ren 
®nmb  ge^bt  ^e.  —  Setoeife  hierfür  laffen  ftctf  ober  lerne  beibringen,  unb  oud^  au^ 
3lu  25,  1  ff.  (bgl.  3of  22,  17)  lä^t  ftcb  eine  »efanntfd^aft  ber  alten  Hebräer  mit  ber 
&fpifd\d  md^t  taHi^(^einli4f  machen.  @^er  erinnert  bie  Sefc^reibung  ber  ^ont^t  bed 
^be«  be«  ®ro|en  bei  3ofet)l^u«  (Ant.XVII,  6,  5;  BeU.  jud.  1,33,  5)  an  &tfp\)\l\»]  6 
bte  ^oulnid  ber  @(i^mteile  joQ  SBürmer  erjeugt  ^ben.  @d  !önnen  aber  auc^  ).  9.  SbcA^ 
gefd^toüre  ober  onbere  ©efc^tpüre  am  ©efd^led^t^lieb  getvefen  fein.  —  %x\  Denerifc^  5tranls 
Reiten  im  toeiteften  @inne  bed  SSSorted  be^ie^t  f\^  m  1,  27. 

5.  Äranl^eiten  be^5Reröenf^ftem«.  —  a)  SäJ^mungen.  3'^i<'^  ^öufifl  ift 
im  ^%  i>tm  2a$men  bie  Siebe,  ^n  ber  Siegel  ^anbelt  ed  fic^  babei  um  paxAdl  ©elöJ^mte.  lo 
6auß  Snlel  3ReribaaI  h)ar  (a^m  an  beiben  pgen  (2  @a  4,  4 ff.;  9,  3.  13  ;  19,27). 
^e  Säumen  ftnb  neben  ben  S3Iinben  bie  ©qftoöd^ften  mtter  ber  ©d^toad^en  unb  ge= 
^oren  m  ben  eienbeften  im  SBolI  (2  ©a  5,  6 ff.;  3ef  33,  23;  3er  31,8).  3um 
^^rieffceroienft  finb  fie  untauglich  (2e  21, 18).  3)abei  toirb  bei  nss  eigentlich»  immer  an 
2o^ng  ber  »eine  gebadfit  (Dgl.  3ef  35,  6;  $i  29, 15;  5Pr  26,  7).  Slur  einmal  ift  üon  is 
So^mung  bed  Xrmed  bie  Siebe ;  ald  göttlid^ed  Strafgerid^t  trifft  fte  gang  pÜÜxd}  ben 
gerobecun,  vm  ebenfo  pl&tfiid^  auf  bad  ©ebet  bed  $rot)^eten  tpieber  )u  t)erfc^toinben 
(1  Jtg  13,  4  ff.)  @benfo  ^ufig  ift  im  9i%  Don  ©elöl^mten  bie  Siebe  (jio^oiltnrfxo/,  Ttaqd- 
Ivoi^,  jiOQolelvfjiivoi,  andf  x^^O-  Unter  ben  Itranlen,  beren  Teilung  ald  für  menfc^^ 
ßc^e  fiünfte  unmdglid^  galt  unb  bie  )u  ^^u  unb  ben  3l))ofteln  lamen,  um  fic^  feilen  )u  ao 
lof{<n,  jie^  bie  Sal^men  mit  oben  an  (3Rt4,24;  8,5;  9,2ff.;  11,5;  aRc2, 3; 
2c  5, 18;  13,11;  17,2;  3o  5,  5ff.;  ä©3,2;  8,7;  9,33;  14,8).  ©afe  il^nen  ge= 
^(fen  totrb,  gehört  )u  ben  3^^^  ^^i  ^^  meffianifc^e  Sleid^  getommen  ift  (Sc  7,  22). 
Sieben  ben  Sä^mungen  ber  S^emitäten  ^aben  toir  einen  %cSl  t)on  Mftenlöl^mung  in  ber 
ywtj  avyxvTtiovaa  xal  jurj  dwa/iivt]  ävaxvxpai  (Sc  13, 11).  Scad^  grüner  (a.  a.  0.  26 
319)  finbet  fid^  nod[i  je^t  im  Orient  b^ufig  beim  toeiblic^en  ©efc^lec^t  ©ic^t  in  ben  Ruften 
unb  infolge  langen  ^ubauemd  berfelben  $arall^fe.  —  Über  bie  Urfacben  fold^er  Söl^ 
mungen  erfobren  toir  begreifliAertoeife  fo  gut  toie  nic^td.  3)arüber  ^at  ftd^  bie  alte  ^At 
naifidtd^  oudp  Irin  5to))f)erbrec9en  aemad^t.    ^öd^ftend  toirb  gelegentlich  bei  SReribaal  an:^ 

aeben,  ba|  i^n  einft,  ald  er  fünf  ^abre  alt  toax,  feine  SBärterin  auf  ber  ^luc^t  ^abe  so 
en  laffen  unb  ba^  böiger  feine  Säbmung  ftamme  (2  @a  4,  4  ff.),  tooraud  fui^  natürlich 
aad^  nic^  ertemten  lö^t,  toad  ber  eigentlicpe  ©runb  ber  Sä^mung  toar.  Sut^er  überfe|t 
TfOQohnixög  ftetd  mit  ©ic^tbrüd^ig ;  bad  tft  infof em  nid[|t  rid^tig,  ald  bad  griecbifd()e  na- 
galvTixög  nic^t  nur  ©id^tlrante  unb  Dom  SlerDenfd^lag  getroffene,  fonbem  überbaiQ)t  aKe 
einbcoreift,  bie  aud  irgenb  einem  ©runb  burc^  @rfc^laffung  ober  ßufammengiel^ng  i^rer  86 
Shtmfai  bie  Setoegung^eibeit  eine^  ©liebet  Verloren  ^aben.  @old^e  Söl^mungen  tonnen 
oDerbingd  ^Ige  t)on  ®id[|t  fein,  ebenfogut  aber  and)  aU  $olge  t)on  Sd^laofUlffen  ober 
püljllidf  obo:  gan)  aKmöpd^  t)om  Slüdenmarl  aud  entfte^en.  Übrigen^  toerben  91©  8,  7 
bte  x^^  ndKti  ben  nagoXmixot  genannt,  alfo  Don  ibnen  unterfd^ieben.  3Rit  ber 
Sa^nnutg  ift  nic^t  feiten  9ltro))l^ie  ber  gelähmten  ©lieber  Derbunben.  S)iefer  99eobac^tung  4o 
entfimd^t  ed,  toenn  3^obeamd  ^eläl^mter  Slrm  gugleid^  Derborrt  (1  jtg  13,  4).  @benfo  brq^t 
Soi^aria  ben  ni4ltdnu^igen  ^trten  mit  SSerborrung  bed  Slrmed  neben  (Srblinbung  ^'"^T 
^^T'  ©oc^  11,17).  a)aju  Dergleid^e  bie  „Derbonte  §anb"  x^)q  ^rjQd  SKt  12, 10;  Sc 
6, 8)  unb  bie  „Surren"  (^tigol  3o  5,  3).  —  äte  Slücfenmarßlä^mung  toirb  neuerbing« 
(»on  (gbfiein  a.  a.  O.  112  f.)  bie  Äranf^eit  be«  3lntioc^u«  (2  9Kc  9,  5.  9)  crHört.  Ältere  46 
Srtlärer,  toie  Xrufen  (3)arftellung  b.  bibl.  Jlrant^.  169 ;  Dgl.  ^ancud,  Diss.  de  phthiriasi, 
^eibdbetg  1678),  beulen  an  Säufefuc^t,  Phthiriasis,  b.  ^.  eine  Äranl^rit,  bei  toeld^er  in 
unb  unter  ber  $aut  in  äübfceffen  unb  ©efd^toüren  Saufe  angetroffen  toerben.  älllein  fc^on 
J&ebta  (SEBiener  mebijin.  treffe  1865  Sir.  31  f.;  Dgl.  ebftein  a.  a.  0.  105)  bot  nad^» 
aetoiefen,  ba|  ed  eine  fold^e  Jtranlbeitdf))ecied  überl^aut)t  nic^t  giebt.  Slnbere  (3.  ^.  Jtam^^  so 
bmifen  in  Sliebm  ^Wb  876)  l^alten  bai^  Seiben  für  eine  SBurmhrantl^eit  unter  $inn>ei^ 
barauf,  ba|  SRaffen  Don  @))ultoürmer  eine  burd^  @iterung  Derbünnte  Sarmftelle  burd^« 
brccben  Iditnen  ($runer  a.  a.  D.  244  ff. ;  Dgl.  Äeil,  Äomment.  %.  ©t.),  ober  ba|  jutoeilen 
bunp  Siterl^ö^len  ani)  SBürmcr  nacb  au^en  entleert  toerben.  3u>^Äc^ft  ift  iebenfaDi^ 
fcp}u^atten,  bag  ber  SBerid^t  feinet  fagenl^aften  ß^araher^  toegen  überl^au^t  für  genaue  56 
in^)tnif(^e  Seftimmung  ber  Jtranll^eit  fe^r  toenig  brauchbar  ift  Dann  bürfte  @bftein 
(0.  a.  O.)  bann  Siecht  ^aben,  toenn  er  itoei  ganj  Derfd^iebcne  $perioben  ber  firanfbeit 
unterfc^etbei  Ign  ben  erften,  5B.  5  f.  gefcbilberten,  ift  Don  unerträglid^en  S^merjen  in  ben 
CingetDeiben  bie  Siebe  —  eine  febr  a&gemein  ge^ltene  Sefd^reibung.  Slm  el^eften  meint 
Sbfkin  barin  eine  älrt  ber  Unterleibi^lrant^eiten  finben  )u  foQen,  ba  bie  ^ranlbeit  toeber  eo 


76  ftronl^etteti  «nb  ^eilbtnbe  htt  39ridiic« 

)um  Xobe  führte,  nod^  ben  Qtoli  be^  9(ntto<i^u((  )u  bred^en  bermix^te,  er  Didmei^  fai 
,,{aufenb  bo^inroKenbem  Sßagen''  fol^  lonnte,  offenbar  nad^  Suf^dren  ber  Xnf&Oe.  Sei 
bem  @turi  aud  bem  2Bagen  )09  er  fu^  botm  nac^  Sbftem  einen  Snu^  ber  SSndMfäuIe 
;iu.  ^"Md^  baDon  trat  Säl^mung  ein,  unb  ber  ä3ranb  enttoiddte  fid^  an  ben  oeUS^mten 
6  %Mm.  „^ai  avi^  folc^en  abgeftorbenen  Jt5r))erteUen  SBürmer  in  Stenge  —  Vtobin  — 
berau^ac^fen,  bag  unter  folcpen  Umftänben  ein  unfoglic^er  ®eftanl  entfiel,  ba^  bie 
branbigen  Xeile  fid^  abfto^en  unb  ba^  ein  folc^er  $ro)e|  jum  3^be  führen  nut^  Kegt 
auf  ber  .§anb." 

b)  @(^(aaflu^.    3lad)  grüner  {a.a.  0.  294 ff.)  ift  bie  9lt)i)))Iesie  im  Orient  mc^t 
10  feiten,  namentliq  bei  Eintritt  ber  ^ei|en  ^a^e^jett  unb  unter  bem  @influ|  bed  f^im 

@irocco.  ^m  3tl  liegt  ein  ^all  Dom  Sd^lagflu^  Dor  bei  3lab(d,  Don  bem  ed  l^ei^,  ba| 
er  na(^  je^ntögiger  Setoufetloftgfeit  ('^Nb  n;n)  ftarb.  3)er  Unfall  toirb  loeiter  baim  fo 
erflört,  oa^  Der  t)lö$li(i^e  ©d^reden  nad^i  ber  fc^toeren  Setrunten^eit  bie  Urfad[ie  getoefen 
fei  (1  @a  25,  37).     3)ag  ein  berartiger  plb^x^(^  Xob  ald  ,,@(^(ag  Don  ®ott''  betrocfrtct 

15  tpurbe,  Derftel^t  fic^  Don  felbft.  3läi)nt  Unterfud^un^en  Darüber  anjufteQen,  Yodfyx  Xrt 
biefer  @d^(ag^|  h>ar,  ber  ^ter  unb  bei  anberen  ))I5|[ui^en  Xobe^föUen,  bei  Ufa  (2  6a  6, 7), 
bei  älnaniad  unb  ecüpp^xa  (9(®  5, 1  ff.)  a(d  3Ritte(  ber  fd^Iagenben  ^anb  ®otted  gä»ac^ 
toerbe,  ift  ein  überflüfftged  unb  erfolglofed  Unternehmen.  —  äiucb  SHimod  ftirbt  naa^  \>tiit» 
angegangener  Sö^mung  feiner  ©lieber  (aud^  ber  ß^nge)  an  @d^lag.    2)er  gried^c^e  Xest 

30f))ri$t  aud^  ^ier  Don  ^aral^fe  (1  3Jlc  9, 55  f.).  Da  ed  l^ei^t,  ba|  fein  3;ob  ueid  ßaad- 
vov  jueydlrjg  ,,unter  großen  Dualen''  erfolgte,  l^at  man  aud^  fcbon  auf  fetaritiamvf, 
Tetanus,  gefc^Ioffen  ($runer  a.  a.  O.  302  u.  a.).  Die  äußeren  fu^tbaren  69mt>tome 
be^  @(^lagfluffed,  A^dFungen  ber  ®eftd()tdmudteln,  fc^äumenber  3Runb,  ftarreS  äluge  mad^ 
übrigen^  auf  Die  Umgebung  be^  Jtranfen   ebenfalls  ben  ßinbrud   großer  Dualen.    XuS 

36  bemfelben  ®runb,  toeil  bie  Säl^mungen  fc^merjlod  ober  nur  mit  leidstem  mbbeinben  @(^mer) 
Derbunben  ftnb,  ^at  man  auc^  in  bem  nagalvxixdg  deivcbg  ßaaavi^ö/Mvog  (^  8,  6; 
Sc  7,  2)  einen  mit  Tetanus  behafteten  Äranlen  erblidtt. 

c)  6})iJej)fie.  3"^  2tl  fommt  bie  ®t)Ue))jie  nid^t  Dor.  g«^  9121  bogegen  erfd^en 
unter  ben  Jtranten,  bie  Don  ^efud  gel^eilt  toerben,  aud^  @pi(e))ttfd^e.     Die  griec^ifd^  Se» 

»jeidfjnung  Diefer  Äranfen  ift  oelrjviaCojuevoi  (^It  ^,24:;  17,15;  Dgl.  SRcl,  23ff.; 
9, 17 ff.;  2c  9,  38  ff.).  Der  9lame  rüj^rt  ba^er,  bafe  man  bie  Äranf^it  bem  fc^äbli^en 
@tnflufi  bcd  SJlonbc^  auf  ben  menfc^Iid^en  Drgani^mu^  gufd^rieb.  ^n  neuteftamentlic^ 
3eit  i}ai  man  bief e  ^uftänbe  auf  »cfeffen^eit  jurücfgefül^rt  (Dgl.  ÜKc9, 18);  9Kt  aDerbing« 
bölt  fonft  (4,  24)   bie   daijuoviCoixevoi  xai  aelrjvtaCo/LLevoi  au^nanber;    Dgl.  naivere« 

86  hierüber  in  bem  ä.  Dämonifcbe  8b  IV,  412.  Die  ©^m))tome,  toie  SRc  unb  2c  f«  in 
bem  %oS,  be«  bämonifc^cn  Änaben  befdf^reiben  (ÜJlc  9, 17 ff.;  2c  9,  38 ff.),  pnb  genau  bie 
bei  ben  3wf<^^"  6))ile^tif d^cr  m  beobac^tenben :  Irampf artige  ßudfungen  erf(^üttem  ben 
Äranfen,  er  fällt  ^u  33oben,  fcbäumt,  fnirfd^t  mit  ben  3^"^^  brüllt,  ftürjt  ftd^  oft  in« 
aOäafler  unb  in«  ^^ucr  unb  magert  infolge  Don  alle  bem  ab.    Diefe  Sn\Wii  treten  inter« 

40  mittierenb  auf,  toenn  eben  ber  Dämon,  Der  ibn  ftänbig  beft^t,  i^n  padt,  an  i^m  reiftt 
(önoif  iav  avxbv  xaraldßjj  ^^oaei),  il^n  mi^^anbelt. 

d)  §^fterie.  Sltö  (^toere  §l;fterien,  toomit  fic^  ben  ganjen  änfd^ungen  ber  S5e» 
troffenen  entfjjrec^cnb  fuggefftDe  SBa^nDorftettungen  Dom  Scfeflenfein  Derbanben,  loerben 
Don  ber  neueren  ÜKebij^in  bie  meiften  ^äJDle  ber  Äranf^eiten   aufgefaßt,  toeldfie   im  SU 

46  unter  ben  Äranfen^eilungen  3^fw  «^^  „öefeffenl^eit"  (datfxovi^o^e^'oi)  eine  fo  gro|e  SloHe 
fDiclt.  Da«  SJäl^ere  l^ierüber,  f omie  bie  betr.  2itteratur  Dgl.  in  bem  21.  Dämonifc^e  8b  IV, 
410  ff.    2lu«  bem  213^  ift  un«  fein  ?yall  au«gefDrodf^ener  §Dfterie  befannt. 

e)  ®eiftc«franf^citen.  Über  bie  änfc^^auung  ber  alten  ^^raeliten  Dom  SBefen 
ber  ®eifte«Iranf^eiten  f.  oben  unter  Dir.  III.    6«  ift  bort  fd^on  bemerö  toorben,  ba^  ber 

60  alte  toie  ber  mobcme  Orient  ^ioifc^^en  ber  ®ottbcgeifterung  ber  ^rojjl^eten  unb  bem,  toad 
h)ir  ®eifte«franfbeit  nennen,  nt^t  prinjijjicll  untcrfc^^eibct.  3Kit  crftercr  l^aben  loir  e«  l^iet 
natürlich  ntc^t  i\x  t^un.  ^m  allgemeinen  toeift  ber  alte  toie  ber  l^eutige  Orient  Derbältnid« 
mägig  tocnig  ^äQe  Don  @eiftc«han{^cit  auf,  tocnigften«  im  ÜBergleic^  mit  ben  Serl^alts 
niflen  ber  mobcmen  Äulturftaaten.    Slber  boc^  ift  rec^^t  l^äufig  Don  ®eifte«franl^ten  im 

66  311  bie  Siebe.  SBa^nfmn  y^'\4  ftcbt  unter  ben  fc^toeren  Äranfl)eiten,  mit  benen  ba«  SSoII 
bebro^t  toirb  (Dt  28,  28—34;  Dgl!  Baif  12,  4);  ba«  I^un  unb  treiben  ber  Serrüdttcn 
(r.;d':)  unb  lobfüc^^tigcn  ("V"^-^';)  ift  jebermann  nur  ju  gut  be!annt  (1  ©a  21, 14 ff.; 
2Äg  9,20;  ^r26,  18).  ßioei  ^äDe  tocrbcn  m^  ettoa«  au^fübrlid^er  befc^rieben:  bie 
Äranl^eit  6aul«  unb  bie  aJebufabnejar«.    Sei  6aul  (16a  16,  14'ff.;  18,  lOff.;  19,9ff.) 

60  bejeid^inet  man  getoö^nlic^  bie  geiftige  Störung  al«  Melancholie,  bie  mit  3^bfu(^t  toed^fette. 


ftraid^eiteit  tutb  $eiUttitbe  ber  ^radttett  77 

Sbftnn  (a.  o.  D.  127  f.)  mad^t  auä)  l^ier  mit  Siedet  fleltenb,  bafe  btc  fcl^r  tnccpp^  ©d^übe« 
tung  ber  Sibel  und  noc^  tein  Siedet  gtebt,  )u  folgern,  ba|  @aul  h)trlltd^  bie  ^rant^eit^ 
erfc^nungen  bargeboten,  toeld^e  bie  mobeme  ^{^c^iatrie  }ur  älnnal^me  einer  ÜJteland^oIie 
fih:  nottoenbig  erad^tet.  „3Senn  man  glaubt,  ben  geiftigen  g^ftonb  @auld  ai^  @d^n>ers 
mut  im  mobemen  @inn  beuten  m  bürfen,  fo  ift  babei  teinedtoegd  bie  @ucbt  jur  ©elbfU  6 
bemtc^tung,  fonbem  toie  fein  ^erl^alten  )u  2)a)nb  angiebt,  ber  franf^aft  entftanbene 
Irieb  gur  3«f*örung  unb  SSerle^ung  anberer  SDJenfd^en  |ert)orgetreten."  Ueber  bie  Sin« 
toenbung  Don  SRufu  aU  $eilmütel  f.  oben.  ^ofe^l^uiS  (Ant.  VI,  8,  2)  rechnet  @aul 
unter  bie  Sefeffenen.  —  Son  3lebulabnegar  toirb  ergäl^U  (3)a  4, 29  %),  ba|  er  fic^  in 
feinem  SBo^ftnn  für  ein  Xier  gel^alten  unb^ol^re  lang  cii  ein  folc^ed  gelebt  l^abe:  „toie  lo 
bie  Stinber  borget  er  ©rünfutter,  unb  fein  £eib  tourbe  bom  %an  bed  i^immete  bene^, 
bid  i^  bie  $aare  getoac^fen  toaren,  n>ie  ben  ®eiem  bie  ^ern,  unb  bie  9täge(,  toie  ben 
Segeln  bie  JUauen".  Urfa(|e  ber  Jtranf^eit  ift  fein  frebentli^er  Übermut  (3)a  5, 18).  9lna« 
logien  ba)u,  bag  Stebutobnegar  fic^  einbilbete,  ein  ^ier  gu  fein,  finben  fic^  in  ber  fogen. 
£^tant^o)>ie  (DgL  i^äfer  a.  a.  0.  II,  §  38).  SDamit  ober  ift  natürlich;  nod^  nic^t  be»  i6 
bnefen,  ba|  Stebulabne^ar  toirflic^  biefed  Xierleben  gefül^rt  ^abe,  toa^  gang  einfach;  um 
moglicl^  ift.  2)iefe  Sc^tlberung  gel^ört  ut  ber  ))^antaftifd^en  3(udma(ung  ber  gangen  @a(^e. 
gum  Serft^^ni^  ^^  Jtrant^eit  toeift  @bftein  (a.  a.  O.  115  f.)  baraufl^in,  ba^  borbiefem 
Stabium  92ebufabne)ar  bereite  in  einem  ßuftanb  fid^  befanb,  ben  man  tool^I  bem  Säfaren» 
too^nfinn  jugo^Ien  fann.  „@r  f^attt  äSiftonen  unb  @innedtäufc^ungen,  unter  beren  @in«  30 
flu|  fu^  ^erfolgungdtoal^nibeen  enttoicfelten.''  SDiefem  @tabium  ber  @negung  folgte  ein 
lang  anbauembed  @tabium  ber  tiefften  tör))erli(^en  unb  geiftigen  SDe^reffion.  SDiefen 
Übergang  ber  geiftigen  Störtmg  an^  einem  @tabium  in  bad  anbere  meinen  ^c^reic^ 
(o.  0.  O.  809  ff.)  unb  anbere  ald  ^o(ge  ber  9lngft  bor  3)anietö  93orl^erfagungen  edlören 
ya  lönnen.  ^Dod  mag  h)o^(  mebiginifc^  guläffig  fein,  aber  ift  t)om  l^iftorifc^en  ©tanb^as 
punh  oud  eine  unmögliche  @r{Iärung.  ^tebufabnegard  Slierrüdfti^eit  h)ar  früi^er  ein  be« 
liebted  olabemifc^ed  S^ema  (t)gl.  j{e))ner.  De  metamorph.  Nabuch.,  Viteb.  1Q53  ; 
Pfeiffer,  Exercitat.  de  Nabuch.  in  feram  transm. ,  Regiomont.  1674;  Slentel, 
De  mira  et  stupenda  Nebuc.  metamorph.,  Marp.  1675;  @<^toei)er.  De  fuiia 
Nebuc,  Alt.  1699;  ^entfc^el,  De  metarmorph.  Nebuc,  Viteb.  1703;  Sledtenberger,  ao 
De  Nebuc.  ab  hominibus  expulso,  Jon.  1733;  äRüQer,  De  Nebuc.  /jieta/wQqxoaei, 
Ups.  1747). 

f.  $ert)erfe  ©efc^led^tdtriebe.    3)ad  ®efe$  toenbet  ftc^  gegen  jtoei  formen 
franl^fter  ©efc^Ie^t^triebe :  gegen  bie  fonträre  @e£ua{em))finbung,  toie  fte  im  gefc^Ied^tlic^en 
Serfe^  }toif(^en  ^ann  unb  3Jlann  }um  älu^brud  tommt ;   bief er  toirb  mit  ^ob  beftraft  sö 
(2e  18,22;  20, 13);  ber  gefd^led^tli(^>e  Serfel^r  jtoifc^en  SBeib  unb  SQBeib.  ber  im  Orient 
ebenfalls  im  S^nnmge  ift,  h)irb  nic^t  erh)ä]^nt.     SBeiter  Verbietet  bad  @)efe$  bei  Zoht^ 
flrafe   ben  gefc^Ied^tli^en  äJli^rauc^  eined  %mi,  fütool^l  t)om  3Jlann  cii  t)om  äSeib  (Se 
18,23;  20, 16 f.;  22, 18).    2)afe  folc^e  Unjuc^t  im  ©c^toange  fear,  toenn  aut^   lange 
nii^t  fo  fe^  toie  etn>a  bei  ben  ©riechen,  betoeift  fd^on  bie  ^^atfad^e,  ba^  fte  fo  einbringlic^  40 
Verboten  tDerben  mu|te.  @ie  toirb  al^  ein  bon  ben  Reiben  übertommener  ©röuel  betrachtet. 
3n  ber  Srjä^lung  ®en  19,  4   toirb  ^öberaftie  f))euell  aU  @ünbe  ber  Sobomiter  bar^ 
gefleOt  !Roc^  bid  auf  ben  l^eutiaen  Sag  ftnb  biefe  Safter  im  Orient  verbreitet.    2)a|  bie 
aüe  3^  f^^  einfach  aliS  9Serbrec|en  beurteilt  unb  nid^^t  a(iS  Jtranf^eit,  ift  felbfttoerftänblic^ ; 
ift  bo(^  erft  bie  mebijinifc^e  iSSiffenfc^aft  ber  neueften  3^it  baju  gefommen,  ben  3ufammens  45 
^g  biefer  $ert)erfttät  ber  triebe  mit  geiftiger  ^normalttät  ju  ertennen. 

6.  Jtrant^eiten  ber  Organe  ber  ^au(i)f)'61^U.  SDer  einzige  %ati,  ber  l^ier 
angufü^^ren  ift,  ift  bie  Ärant^eit  be«  Äönig«  Soram  (2  6^r  21,  15.  18  f.).  Qx  leibet  an 
einer  itronl^  ber  @ingeh>eibe;  nac^  )h)ei  2la|ren  treten  infolge  ber  Jtrant^eit  bie  @in- 
getDeibe  ^aug,  unb  er  ftirbt  unter  ftarfen  ©c^mergen.  ^ebri^  (a.  a.  O.  1, 272)  erflärt  so 
bie  Jtranl^  für  c^rontfc^e  Slul^r,  toobei  ©tüde  ber  ^armfcbleim^aut  abgingen  (t)gl. 
fiber  bod  nic^t  ganj  feltene  SSortommen  biefer  fd^toeren  2)ian^oe  im  Orient  grüner 
0.0.0.  212).  vlad)  ßbftein  {a,a.  0.  135  ff.)  fönnte  man  auc^  an  einen  ©ingetoeibe- 
bruc^  mit  feinen  mannigfaltigen  fc^Itmmen  Jtomplifationen  benfen.  3Jtan  mu^  ftc^  aber 
Idididf  hcd)  bomit  befc^eiben,  ba^  bie  biblifc^en  3(ngaben  fo  allgemein  gehalten  ftnb,  66 
boB  unter  ben  rtelen  benfboren  ©rfconfungen  ber  ©ingetoeibe  eine  einjelne  ju  beftimmen 
unnidg(i6  ifL 

7.  Äronf^eiten  ber  Änoc^en  unb  ©elenfe.  —  a)  2)er  Änoc^enfraJ 
(Seinfoule,  caries;  ^ebr.  ^Til),  eine  mit  Sluftöfung  be«  Ä^nod^engetoebe^  t)erbunbcne 
IbuK^en^finbung,  n)irb  im  %%  mel^ac^  ertoä^nt,   oUerbing^  nur  al^  93ilb    fc^toeren  c 


78  ftnntqiettett  nnb  ^etllmtbe  ber  dfiSnidttni 

aSerbeAen«  (§of  5,  12 ;  $ab  3,  16 ;  ^r  12,  4 ;  14,  30).  ein  betKmmter  goO  Wcfcr 
Rxanlf^  tütrb  nirgenb^  berichtet,  ober  \fyc  offenbar  nid^t  fo  gom  feltmed  Smrfommen  tf| 
burc^  bte  angeführten  Stellen  bezeugt.—  b)  Slac^tttd.  SSon  SudeHgen  tft  im  XX  bei 
ben  aSorfc^riften  über  bad  ^rieftertum  bte  Siebe ;    fte  jinb  atö  mit  einem  Seibedfe^Ier  be> 

6  lüftet  bobon  audge{(^(o{fen.  %a  bte  Stod^itid  ^engßfc^e  Jtranl^ieif 0  noc^  bem  ie|figen 
@tanb  ber  mebijimfdi^en  ^orfc^ung  aU  bo^  l(;ert)orragenbfte  (mibi^onierenbe  SRoment  bei 
SUirbelfäuIeberlrümmungen  an}u{e|en  ift,  tptrb  man  nac^  @bftein  (a.  a.  0. 147)  ,,bei  id)em 
Sucfligen,  ber  nic^t  etn>a  an  einer  Srlranhing  ber  SBirbelföuIe  infobe  Don  ^ubecnibfe 
(eibet,   in  erfter  Sleil^e  cai  eine  rad^itifd^e  SSerlrümmung   }u  benlen  ^oben".    Sgl  oit^ 

10  SB.  @bftein,  Über  bad  Sorlommen  ber  Slac^itiS  im  Sltertum,  ^anud  1900,  6.  332.  — 
c)  ®i(^t.  aSon  ben  ^Porall^titem,  ben  ,,®i(|tbrü(^>igen"  be«  SRI«  ifk  oben  (unter  V,  6  a) 
bie  Siebe  getoefen.  Unter  tl^nen  ftnb,  tote  ertod^nt,  auc^  folc^e  mit  inbegriffen,  toeU^  on 
ber  ©idj^t  leiben,  an  jener  fc^mei^^ften  entjünblic^en  JtranQfeit  ber  ©denle,  todd^  ftd^ 
anatomifd^  burc^  bie  9(blagerung   ^Ktmfaurer  @ahe  in  ben  ©elenlen  unb  ben  fte  um« 

16  gebenben  3Bei(^tei(en  cbaraberiftert.  9lu^  bem  9(X  toirb  mit  einiger  fB<äjv^d^mü^tüt 
bie  Jtranl^eit  9({a$  (1 5tö  15,  23;  2  @^r  16,  11  ff.)  I^ier^er  gerechnet,  ber  in  feinem  äOier 
an  ben  %ü^tn  erfranfte.  2)ad  ällter  bed  itönigd  unb  bie  lattge  Sauer  ber  fitonl^ 
(nac^  ber  @|rontt  ftirbt  er  jtoet  ^al^re  nac^l^)  f))re(^en  für  bie  ©idbt  9(ber  oud^  ^ 
ift  bie  Sngobe  Diel  ju  allgemein  gehalten,   atö  ba^  man  über  eine  Vermutung  f^inau^ 

ao  lommen  lonnte.  Slnbere  l^alten  bie  5trantl^eit  für  bie  Elephantiasis  arabum,  f.  oben 
unter  V,  2. 

8.  ilranll(;eiten  berälugen.  Slinbe  finb  im  l^tigen  Orient  fe^  ^äufig 
(f.  oben  unter  I)  unb  auc^  im  9(3:  ift  bonSlinben  Diel  bie  Siebe.  3>ie  Urfad^en  loed)im 
in  alter  QÄt  biefelben  getoefen  fein  tote  l^eute :   \>ox  allem  SRangel  an  Steinlic^Ieit  in  ber 

26  Pflege  ber  Sugen  ber  Kinber,  baut  ber  @taub,  had  grelle  Sonnenlicht,  bie  ^liraen  unb 
2[nfe!ten,  unb  bte  burc^gongtge  SBemac^löffiguitg  erfraniter  ält^en.  9Ran  brandet  fft\xi> 
}utage  nur  bie  Ileinen  5tinber  auf  ber  @tra^e  anmfe^en,  toie  ^e  mit  offenen  Xugen  in 
ber  Sonne  liegen,  bie  älugentoinfel  Doli  Don  Scpmu^,  baiS  ®eft(^t  mit  t^iegen  bebedt, 
bie  niemanb  toegfc^eud^t,  um  ju  Derfte^en,   toarum   in  '^t^ptvx  ).  9.   jeber  ^unbert|le 

80  3Jienfd^  blinb  ift.  i^etlung  ber  93ltnbl^eit  burc^  örjtlic^e  Jlunft  n>ar  ganj  audgefc^ffen. 
Sad  ®eje^  unb  fo  tool^l  fc^on  bie  alte@itte  nimmt  ftc^  ber  Slinben  gan}  befonberd  on 
(3)t  27,  18;  2e  19,  14);  auc^  l^cutc  im  Orient  genickt  ber93linbc  alle  Siüdfrt^^t.  Slotöi* 
lic^  ift  Slinbl^eit  ein  SRadel,  ber  Dom  ^riefterbtenft  au^fc^lie^  (Se  21,  18).  Sfö  Urfoc^ 
ber  »linbl^eit  erfd^nt  nic^t  feiten  l^ol^e«  3llter  (®en  27,  1 ;    1  @a  3,  2 ;   4,  15);   um« 

86  Qdtf)xt  totrb  Don  3Jiofe  befonberd  l^erDorgel(;oben,  ba|  er  tro^  feined  ^o^  SHterd  Don 
120  ^af)xm  noc^  frifd^e  äugen  f)attt  (3)t  34,  7).  ©n  Slinbgebomer  loirb  3o  9,  6  ff. 
ertoöi^nt.  Tld)x^ad)  ift  Don  h>unberbar  getoirtter  unb  ebenfo  tounberbar  toieber  befeitigter 
»linbl^eit  bie  Siebe  (®en  19,  11 ;  2Äö  6,  18  ff.;  ©ad^  12,  4  u.  o.).  »lenbung  ifl 
eine  in  ber  graufamen  Äriegfül^rung  ber  alten  3^   beliebte  9Jlarter  (Sii  16,  22 ;  1  @a 

40  11,  2;  2  itö  25,  7  ;  3er  39,  7).  SCobit  erbltnbet  baburdb,  ba|..l^eifeer  ^)erling8to 
il^m  in  bie  9lugen  fällt  unb  in  ben  9lugen  toet^e  Rieden  Derurfad^t.  än^ic^e  Stunft  Dermog 
nid^td  au^^uric^ten;  aber  ald  er  mit  ber  @aQe  eined  ^tfc^ed,  ben  ber  ßngel  feinem  @o^e 
lobia«  gigeben,  feine  äugen  beftric^,  tourbe  er  toieber  fc^enb(2:o2, 10  f.;  11, 11  f.).  S)er 
äSerfuc^,   bie  93linb^eit  be^  Xobit  mebijintfc^  naiver  m   beftimmen,  ift  ganj   t>ergebli<^. 

45  3lüd)  überflüfftger  tft  e^,  über  bte  tounberbare  ^etlfraft  ber  @alle  mebijinifc^  Slefle^ionen 
an^ufteüen.  ^^i^^^ii^  ^^^  haxan  erinnert  toerben,  ba^  man  im  ältertum  gegen  eine 
eigentümliche  ärt  Don  $om^autflecfcn,  „ba^  toetfee  äugenfell"  (albugo),  ^^f^aHe  an« 
jutoenben  pflegte  (Dgl.  ^^tjc^e  ju  %o  2,  10;  griebreic^  a.  a.  O.  I,  250). 

9.  lieber.    @ine  Siet^e   Don   ^ebräifc^en  äu^brüdEen   für  5tranl^eiten   bejeic^en 
60  biefe  nac^  ber  „§i^e",  ber  ^ieberglut,  bie  mit  ber  Äranfl^eit  Dcrbunben  ift :    rirrn?  (2c 

26,  16;  2)t  28,  22),  ntr:i  (2)t  28,  22),  "n-n  (3)t  28,  22),  qp*:  (35t  32,  24;  ^ 
3,  5).  Ob  bamtt  beftimmte  Jtrant^eiten  gemeint  ftnb,  lä^  ftc^  au^  bem  3ufammen^fang 
(Strafanbroi^ungen  an  bad  93olt)  nid^t  entnehmen ;  bie  äu^brüdte  fmb  alle  ober  aum  Xett 
tool(;l  nur  Don  ber®lut  irgenb  einer  ©euc^e  gemeint  (Dgl.  $ab.  3, 5,  too  ^^1f.  in^ßorollele 

56  ju  ^'^"^  fte^t).  3^^^^in  barf  gerabe  in  ^aläftina  an  bad  bort  nod^  l(;eute  in  monAen 
®egenben  l^äufige  Sßec^felfieber  gebac^t  h>erben.  3)ie  (Sntftel^ung^urfad^e  ift  ein  Stiho« 
organi^mud,  ber  in  b'ad  93lut  gelangt,  toa^rfc^einlic^  übertragen  burc^  ^^f^^^f^^  ®^ 
allem  ftnb  bie  93lutorgane,  namentlich  bie  SJtil)  in  SJtitletbenfc^aft  gebogen.  $eriobif<^ 
toirb  baburd^  J^eber  l^erDorgerufen,  g.  8.  jeben  jtoeiten  ober  britten  Sag  tritt  ein^tcbe> 

GO  anfaQ  ein.    aber  ^öuftg  l^at  bie  JlranC^eit  auc^   einen   unregelmäßigen  ^})ud.    SBeb^ 


Stmnt^etteit  nnb  ^etlluitbe  ber  ^fdraeKteit  Stratt^  79 

«tt  hai  ,,ato|e  gieber"  nvgetdg  fuyag  bei  ©d^toiegcrmutter  bc«  5Petru«  (2c  4,  38  f. ; 
SRt  8,  14  f.,  t)0l.  griebrcic^  a.  a.  D.  I,  274)  unb  ba«  giebcr,  cm  bcm  ber  6ol^n  bc« 
fiöntgtf(^  beinoi^  ftarb  (3o  4,  46ff.)^  tvaxm,  läfet  ftd^  nit^jt  au^mac^en.  3«>f^M 
(Ant  Xni,  15,  5)  cqa^U,  ba|  3llcsanber  Sannäu«  brei  Salj^e  lang  am  SBec^fel^cber 
banite.  —  SBenn  im  3wfö"^"^^^<*«0  ^^  '^^^\^  %itbctn  bie  „©t^jtombfud^t"  r^?np  ge»  5 
lunmt  tfi  (2e  26,  16 ;  2)t  28,  22),  jo  tft  babct  ni(^>t  an  eine  eigene  ÄranB^eit^form, 
tttoa  an  &mgentuberfuIo{e,  bie  j^eutjutage  auc^  im  Orient  befannt  ift  (grüner  a.  a.  D. 
337  ff.),  gebaut,  f onbem  allgemein  an  SräfteberfaU  unb  3(bmagerung  infolge  böfer  @eu(^e, 
gieber  2C 

10.  Sonnenftid^.  9!)a|  bei  bem  l^ei^en  Jtlima  ^aläftinad  ^öQe  bon  Sonnen^  lo 
^ic^  (dx:c  n5tt)  n\d^i  fel^Ien,  ift  natürlich,  ©er  ©ol^n  be«  ©unamttim  (2  fld  2,  19), 
ber  (Satte  Subiti^  (3ub8,  3)  ftarben  am  ©onnenftic^,  ^ona«  erfranft  baran  (3er  4,  8), 
unb  ber  ^falmift  rülj^mt  3A^ti>^  ®c^u|,  ber  ben  kommen  babor  behütet,  ba|  ibn  am 
2age  bte  ©onne  nid^t  ftic^t,  nod)  ber  3Jlonb  be^  3lai^t^  (${  121,  6).  3lodf  l^eute  ift 
ber  ©onnenftid^  in  ber  ^orbanebene  bei  3^i4'(>  nic^t  feiten  (9lobinfon  II,  526),  unb  aud^  i5 
fonft  gefibr^ltet;  bte  Orientalen  in  l^ei^en  Sänbem  t>erl^üUen  fic^  ben  ^oj)f  fe^r  forgfölttg. 
3n  unferem  5tltma  lommt  ed  unter  bem  bireften  @influ^  ber  ©onnenftra^Ien  nur  ju  rofe« 
artiger  (Sn^ünbung  ber  i^aut;  fo  auc^  bie  leichteren  ^öQe  in  ^ei^en  Sönbem  Oßruner 
a.  0.  O.  118).  3n  fc^toereren  gallen  tritt  ©ntjünbung  ber  (Se^iml^dute  ein  mit  nad^« 
folgenbem  %oh  meift  jtoifc^en  bem  vierten  unb  fiebenten  ^^g^  t^^n  ni(^t  ber  ©onnen^  ao 
{ti(9  gan)  rafc^  tötet,  n>ie  in  ben  oben  angefül(;rten  ^Qen.  ^it  ©i(^erl(;eit  (ö^t  ftc^  aber 
caxäf  ^er  ntd^t  beftimmen,  ob  e^  ftc^  in  ben  genannten  %äütn  um  ©onnenftic^,  ober 
nic^t  trielme^r  um  ^i^fd^Iag  l^anbelt,  bie  Über^i^ung  bed  5t5r))er$  nid^t  fotool^I  unter 
btrmem  Sinfluft  ber  @onnenftral(f(en,  fonbem  bur^  äSänneftauung,  gro|e  SBärmeaufna^me 
bei  manget^er  äßormeabgabe.  Sensinger*     25 

firniß,  aibert,  geft.  1517.  —  (iRit.  ©Hefen«)  Seben  be8  berühmten  Doct.  Alberti 
Crantzii  u.  f.  f.,  -Hamburg  1722,  2.  9(ufl.  1729;  Johaonis  MoUeri  Cimbria  literata  III, 
p.  376-391;  Öejifon  ber  tjamb.  ©djriftftcDer  IV,  ©.178-184;  Sari  SWöncfcberg,  5)cr  t^co^ 
logifcbe  (S^aratter  bed  Gilbert  ^an^,  in  ber  3eit{4rift  bed  ^eretnd  für  t^amb.  @tWditt,  III 
(1851),  €.  395—413;  O.  ^abbe,  5)ic  Umüerfitöt  Sfloftod,  SRoftod  unb  ©cöwcrin  1854,  I,  » 
e.  224  ff.;  9{uboIf  2ange,  3ur  ®e{d)i4t{4reibung  bed  Gilbert  ^an(,  in  ben  ^anfif^en  ®e« 
fdji^tdblättern,  Sa^rgang  1885,  S.  61—100;  (grnft  ©(^äfer,  3ur  ®cid)i*tf(6rcibung  be«  Al- 
bert «ranf,   in  ber  Seilftftrift   bc«  Söcrcin«  für  ^amb.  ®ef(^.  X  (1899),  ©.  885—484;  «b» 

xvn,  43  f. 

äObert  Jbran^  tourbe   bor  ber  3Ritte  bed  15.  3<^^^unbertd,  ettoa  1445   ober  aud^  35 
^kood  frü^,  ju  Hamburg  geboren.    @r  ftammte.  aud   einer  betannten   unb  angefe^enen 
imifie;   fein  SJater  beüeibete  einige  ftäbtifc^e  Smter;   feine  ©c^toefter  9e!e  h)urbe  bie 
lutter  be«  berühmten  Suriften  3o^nn  Dlbenborj)  (3ö(^>er  III,  ©J).  1046,  bgl.  Olden- 
dorpü  opera,  Basüeae  1559,  II,  p.  527).    «m  23.  SKai  1463  tourbe   er  in  Sloftocf 
tnftnbiert,  unb  biefeö  ift  ba«  erfte  fiebere  2)atum  au«  feinem  Seben.    9Son  Sloftod  ging  40 
er  Uli  $ortf<^ung  feiner  ©tubien  nad^  Jtöin,  tpa^rfc^etnltd^;  fc^on  im  ^ai)x^  1464,  a(«  in 
9lt/{tod  bie  ^eft  au«gebro(^  toar.    3lad)htm   er  anfänglich   eifrig  juriftifc^e  ©tubien  ge^ 
triebai  ^e,  toanbte  er  ft^^  l^emac^  befonber«  ber  2^eo{ogie  unb  ber  @^d^\d)tt  )u.  9iad^ 
ber  Sitte  ber  ^eit  ma6)tt  er  bann  ju  feiner  3lu«bilbung  noc^  größere  Steifen,  auf  benen 
et  oui^  einige  uniDerfttöten  befu(^>te ;  nac^  bcm  3^0»^«^  ^^^^^  ^^^"  Urlunbe  (bgl.  9Re^er,  46 
®ef4^id^  bed  l^mburgifc^  ©d^ul-  unb  Unterric^tgtoefen«^  im  aJlittelalter,  Hamburg  1843, 
@.  363)  tDurbe   er   in  ÜJtainj   decretorum   doctor   unb  in  Perugia  magister  theo- 
logiae.    ^  er  nac^  feinen  eigenen  Slngoben  in  mel^reren  ©täbten  Oberitdiend  unb  in 
3lmn  felbp  getoefen  ift,  toirb  man  mit  Jrtec^t  annel^men,  ba|  er  biefe  ^läi^t  auf  biefer 
©tubtenretfe  beftu^t  ^at    ©c^on  um  biefe  3^it  begann  er  auf  berfc^iebenen  Sibliot^eten  eo 
fk^  ben  ©toff  )u  fammeln,  ben   er  fjjätcr  in  feinen  großen  ®efc^i(^>tgh)erlen  toertoertete. 
9alb  na<^  Seenbigung  feiner  ©tubienreifen  fc^eint  er  an  ber  Untt)erfttät  Sloftod  aU  ^ro« 
feffor  ongefteQt  ju  fein ;  er  ^ieb  \>ox  einer  gro|en  Slnjai^I  t)on  3ui^örem  ))^iIof ot>^ifd^e  unb 
piriftifc^  aSorlefungen,  hmrb  im  Sa^re  1482  Sleftor  ber  Unit)erfität  unb  im  Saläre  1486 
JMm  ber  jb^i(ofot)l^ifc^en  ^lultöt.    Um  ^id^aeli^  1486  tparb  er  ©^nbilud  be^  Siated  55 
ber  ©tobt  fiübedf  unb  im  Oftober  1486   fotoie  im  Saläre  1487   unb  f^ttna^  toieber   in 
ben  3a^  1490  unb  1491  toar  er  in  biefer  ©tellung  auf  mannigfache  SBeife  für  Sübecf 
t^otig;   auf  ben  t)erfdbiebenen  „3:agen''  in  unb  au^er^alb  Sübed^  t)ertrat  er  biefe  ©tabt 
unb  mac^  in  i^em  ^ienfte  auc^  toeite  9{eifen,  }.  93.  1490  nac^  Sieflanb,   1491  nac^ 


80  Strang 

3lnth)ert)en.  (SSfll.  über  biefe  feine  jjoIWfd^e  %f)ätiq,lüt  ©(^ofer  o.  a.  O.  ©.  389  ff.).  & 
fc^eint,  aliS  ob  er  in  biefer  3^t  feinen  orbentli^en  SBol^nft^  in  Sübed  l^atte ;  unb  ed  bleibt 
unflor,  ob  er  tro^bem  auc^  nod^  an  ber  Unit)erfttät  ju  Sloftod  tl^ötig  \oax.  3ladf  älterer 
älnftc^t  (ugl.  SBildend  a.  a.  0.  @.  4)  toar  er  bid  ju  feiner  Berufung  noc^  Hamburg  ^|$ros 

6  feffor  ber  Xl^eologie  in  9loftodt,  too  er  iebenfmld  im  ^o^re  1490  ^octor  ber  73fto» 
togie  h)urbe.  ^m  ^al^re  1492  toorb  er  fobann  ob  lector  theologiae  primarioB, 
canonicus  unb  possessor  praebendae  maioris  primae  an  ben  2)om  )u  ^mburg 
berufen;  er  jog  nun  im  3Rai  1493  nac^  Hamburg,  too  er  fortan  too^nen  blieb.  S)ie 
©teKung  cii  Sübecfer  @^nbiIuiS  bel^ielt  er  }unä(^ft  bei.    Obh>ol^I  er  in  ben  @treitigfeiten 

10  bed  erjbifc^öflid^en  2)omed  mit  ber  @tabt  i^amburg  bie  Steckte  bed  erfteren  vertrat,  fo 
toarb  er  bod^  je^t  auc^  bielfac^  t)on  ber  @tabt  ^amburg,  mitunter  gemeinfc^oftlid^  mit 
ßübecf,  ober  aud^  aU  SSertreter  ber  $anfa  mit  t>olittfc^en  Ser^anblungen  betraut,  bie  i^ 
nun  toieber  me^rfac^  )u  toeiten  Steifen  t)eranla^ten  unb  i^m  fo  toieberum  Dielfac^e  ©elegen« 
^eit  jur  ^ortfe^ung  feiner  gefd^id^tiic^en  9lrbeiten  in  9lrd[;it>en  unb  Sibßotl^en  boten  tmb 

16  i^n  mit  fielen  geleierten  R^itg^noffen  in  ))erfönli(iee  93erü^rung  brad^ten.  @o  ging  er  1493 
nac^  3^^f^'  ^^^^  ^^^  Süneburg,  Siotenburg,  Sübecf,  ^u^te^ube,  ^ilbed^eim,  1497  mu^ 
9lntn)er))en  (t)on  too  er,  um  nid^t  unnü^  feine  3^^  nii^  äSarten  ju  berbrisigen,  ouc^  nod^ 
$arid  ging),  1499  nad^  9lnth)er))en  unb  Srügge,  1503  ald  SSertreter  bed  Joirbinold  9lai« 
munb  nac^  @tralfunb  unb  Sloftocf,   1504  toieber  nac^  93rügge,   ja  noc^  1507  für  Sübed 

20  nac^  S^Ijöbing.  äSom  ^al^re  1500  an  fc^eint  er  neben  ber  Stellung  bed  lector  Prima- 
rius am  3)om,  in  h)eld^er  er  t^eologif^e  SSorlefungen  ju  l^alten  l^atte,  bad  9lmt  eined 
ftänbigen  @^nbttud  ber  @tabt  Hamburg  innegeJ^obt  }u  l^aben.  Um  biefe  ^üt  erfpo^ltoi 
il^n  auc^  ber  Jtönig  ^o^ann  Don  ^änemarl  unb  ber  i^erjog  ^ebrid^  Don  i^olftein  |um 
Sd^ieb^ric^ter  in  il^rem  Streite  mit  ben  ^^itl^marfen.    Berufungen  in  ou^tDÖrtige  Jlmter 

26  lehnte  er  je^t  ab.  Sltö  er  im  ^.  1508  jum  3)elan  be^  ^omlcüpitete  ernannt  n>ar,  l^ielt 
er  jtoeimal  (1508  unb  1514)  in  feiner  S)iö2efe  ftrenge  jtirc^enbifttationen,  bei  h>eU^  er 
t>telfac^  auf  Slbftellung  eingerifjener  3Jli^bräuc^e  unb  bei  ben  ®eiftli(^en  unb  SRönc^en  auf 
ftrengere  93efolgung  ber  ürc^lic^en  @a^ungen  brang. 

3lad)  feinem  Xobe  ift  ^ran$  al^  ©efc^tc^tfd^retber  befonberd  berühmt  getoorben ;  man 

80  bat  'xf)n  too^l  einen  ^toeiten  älbam  Don  93remen  genannt.  Slnbere  freiließ  l^aben  t^m  Den 
äSortourf  ber  ^arteiltc^Ieit  unb  be^  ^lagiatö  gemad^t.  93ei  ber  93eurteilung  feiner  ^ifto^ 
rifc^en  äSerle  barf  nic^t  Dergeffen  toerben,  ba|  fie  alle  erft  nac^  feinem  im  ^a!fyK  1517 
erfolgten  Xobe  l^erau^elommen  finb,  bie  Vandalia  juerft  im  ^afyct  1519  in  ^In,  bie 
Saxonia  1520  in  Jtöln,  bie  Dania  beutfd;  1545  in  Strasburg,  lateinifd^  1546  in@tra^ 

86  bürg,  unb  enblic^  fein  ^aupth)er{,  bie  Metropolis,  1548  in  Safel,  fo  ba|  er  für  il^re 
i^erau^gabe  in  biefer  ^orm  nic^t  Derantn)ortlic^  ift.  9lu^erbem  ^at  er  andf  teine^^ 
feine  CueQen  nur  toörtltc^  aufgenommen;  oftmals  l^at  er  fte  überarbeitet,  Derlürjt  ober 
erweitert  unb  berbeffert,  f o  ba^  e^  an  @t)uren  eingei^enber  Iritifc^er  H(;ätigfeit  il^nen  gegen* 
über  ntc^t  fe^lt  unb  eine  toörtltc^e  i^inübemal;me  oftmals  al^  eine  3uftimmung  angefe^ 

40  Serben  barf.  S^^^föH^  ftnb  fie  Setoeife  eine^  großen  ^et^e^  unb  bilben  in  ber  ^ifto« 
rifc^en  Sttteratur  fc^on  burc^  bie  in  i^nen  angetoanbte  ^et^obe  einen  h>efentli(^en  ^ört^ 
fc^ritt.  2)aig  fte  bann  in  immer  neuen  älu^gaben  erfc^tenen,  namentlich  im  16.,  ober  au<^ 
noc^  teiltoeife  im  17.  SaJ^rl^unbert,  jeugt  Don  ber  großen  Verbreitung,  bie  fie  fanben.  Über 
biefe  fpäteren  Slu^aben  Dgl.  befonber^  ba«  Sejifon  ber  l^amb.  ©c^riftfteHer  a.a. D.S.  181  ff., 

46  too  auc^  bie  au^fü^rltc^en  Xitel  angegeben  ^nb.  ^r  bie  ^ird^engefc^ic^te  bed  9{orbeiU 
(Dania)  unb  bie  be^  norbtoeftlic^en  ^eutfc^lanb^  (Vandalia,  Saxonia  unb  Dor  aOeflt 
Metropolis)  l^aben  fie  noc^  immer  bebeutenben  333ert;  faft  ebenfo  toic^tig  fmb  fie  ober 
toegen  ber  Urteile  i^re^  SSerfafferö  über  Begebenheiten  unb  3wflänbe  für  ba«  Berftänbni« 
ber  firc^lic^en  3uftänbe  ber  ^txt,  in  ber  fte  gefc^rieben  ftnb.    Äran^'  eigene  fird^lid^e  ©tel« 

60  lung  fönnte  fd^on  baraud  ^erDorgel^en,  ba^  feine  l^iftortfc^en  äBerfe  in  ber  römifd^en  Rit^ 
auf  ben  3"^^  9^f^^  f^"^ ;  ^^c^  gcfc^ö^  ba^  nac^  Seilarmin«  3^"0"i^  toegen  ber  impiae 
notae  ad  marginem  additae  ab  haereticis.  ^lebenfaU«  aber  gel^t  auiS  il^nen  fein 
firc^lic^cr  ©tanbjjunft  oft  beutlic^er  ^erüor,  ate  au«  feinen  Don  i^m  felbft  l^crau«gegebenen 
ober  toäi^renb  feine«  Seben«  erfd^ienenen  t^eologif(^en  unb  j)l^ilofoj)^ifc^en  SBerlen.    Unter 

66  biefen  jeic^net  fic^  bur^  befonber«  frönen  ^rud  ber  Ordo  missalis  secundum  ritum 
ecclesiae  Hamburgensis,  Strasburg  1509  (expensis  providi  viri  Hermann!  de 
Emdem,  fol.)  ani.  älu«  feinen  Sorlefungen  für  ben  ^amburgifc^en  Äleru«  gab  Sertolb 
3Roller  im  ^.  1506  ba«  spirantissimum  opusculum  in  officium  misse  l^erau«,  au« 
toelc^em  fein  Streben,  bie  ©eiftlic^en  für  i^ren  ^o^en  Seruf  ^u  begeiftem,  beutlic^  l^ertoor* 

60  gel^t.    Stxanij  ftel^t  auf  bem  lird^lid^en  @tanb))un!t  be«  älteren  Jtat^oliä«mu«  unb  ift  auf 


Strang  SttmÜt  81 

t^  old  Srftor,  ^rebiger  unb  ^elan  totffenfd^aftltd^  unb  t)ratttf(i^  )ur  AonferDterung  ber 
Eni^Iu^  Seiten  unb  Orbnungen  t^öttg,  toxt  er  benn  biefe  fic^tbare  Sirene  ai^  bie  @t)ens 
bcxuT  be^  ^dle^  anfiel^i  3lber  er  berf^lie^t  fu^  auc^  nid^t  etnje(nen  älnfc^auungen,  in 
benen  pd&  bie  38orboten  ber  neuen  3^  8«i0«i-  3*^^^  ^P  <^  ^i"  entfc^iebener  ©cgner  Don 
SBicIef,  ^ufe  unb  anberen  bleuerem  (Dgl.  j.  9.  Metropolis  XI,  8,  ed.  1568,  p.  341,  6 
tDO  2|D^(mned  $u|  old  improbus  calumniator,  loquax,  clamosus,  blasphemias  in 
omnem  romanam  ecclesiam  ausus  proferre  gefc^ilbert  tpirb),  ober  er  taufest  ftc^ 
toö^  md^t  über  bod  in  ber  jtird^e  t)orl^tü)ene  93erberben,  h)enn  er  auc^  bie  äBurjel  be^ 
felben  nu^t  erlennt  9{eben  ber  Setonung  ber  ^irc^e  old  ^eil^inftitution  finbet  fic^  boc^ 
bei  i^m  bie  @rlenntnid,  bo^  ber  einzelne  3Jten{c^  )u  einer  ^ttlic^en  (Erneuerung  gelangen  lo 
muffe,  n>enn  bie  ilird^e  i^re  älufgobe  erfüllen  fode.  Unb  \>on  biefem  @tanb}>unlte  aud 
tDerben  n>ir  ouc^  am  ric^tigften  fein  belannte^  SBort  über  Sutl^er  auffaffen,  bad  er  h)enige 
läge  t>or  feinem  am  7.  S)egember  1517  erfolgenben  lobe,  oI«  i^m,  ba  er  fc^on  frani 
toor,  2uÜ^  Z^efen  gebrad^t  h)urben,  geäußert  baben  foÜ.  2)em  Sluftreten  gegen  ben 
Sti^auc^,  ber  mit  bem  9lbla^  getrieben  tourbe,  tonnte  er  nur  juftimmen;  aber  er  mochte  i6 
ed  für  ein  bie  Kräfte  eined  3Rönc^e$  überfteigenbe^  Unternehmen  f)altm,  biefem  3Ri|brauc^ 
^em  )u  tüo&en. 

9Bad  bie  Beglaubigung  biefed  SBorte^  anlangt,  fo  liegt  tool^l  ber  erfte  93eric^t  über 
bodfelbe  in  ber  ^orrebe  ^[oac^im  ÜJtoller^  )ur  erften  Sludgabe  ber  SRetropolid  bor;  biefe 
SSorrebe  ift  im  3a^  1547  gefd^eben.  3*^^^  H^  ^^"^  Unterjeid^ncten  niqt  gelungen,  ein  20 
Ssem^lor  biefed  erften  ^ruded  )u  erl^alten;  aber  e^  ift  burc^aud  anjunel^men,  bag  bie  be^ 
treffcnben  ©orte  genau  fo,  h)ie  fte  ftd^  in  ber  3lu^abe  bon  1568  be^ben,  fc^on  in  ber 
bon  1548  fUmben,  jumal  fte  in  il^rem  SSerfolge  borau^fe^en,  ba^  9le))in  (geft.  1558;  bgl. 
9b  I  @.  231, 11)  nod^  lebe.  $ier  lantü  ber  Seric^t  nun  fo:  Quare  cum  aegrotus 
ac  fere  animam  agens  vidisset  propositiones  Martini  Lutheri  contra  indulgen-  36 
tias,  considerans  rei  magnitudinem  et  imminentia  pericula,  quasi  desperans 
de  tantae  rei  successu,  dixisse  fertur:  nihil  effecturum  esse  contra  tarn  po- 
tentes adversarios.  Suum  esse  consilium,  ut  ab  incepto  desisteret.  Frater, 
frater,  inquit,  ab!  in  cellam  et  die:  miserere  meiDeus.  ^oac^tm 3Roller, 
geboren  ju  ^amburg  im  ^al^re  1521  unb  geftoiben  ju  äSarbotoied  1588  ald  3)o{tor  ber  90 
jttd^U  unb  plrfUid^  lüneburgifc^er  Jtanjler  unb  9lat,  toar  @o^n  bed  l(;amburgif^en  Sena» 
tord  ^oac^im  3Roller;  fein  äSater  ift  fieser  mit  firan^  ))erfönlic^  befannt  getoefen  (Dgl. 
Otto  Öenefe,  3)a«  ©efd^lec^t^regiftcr  ber  ^amburgifc^en  gamilic  3Kollcr  bom  ftirfc^,  ^am* 
bürg  1876);  er  fonnte  alfo  eine  genaue  Jtunbe  bon  biefem  ätu^ruc^c  ^aben,  unb  feine 
Shtffaffung  be^felben  toirb  eben  biejenige  fein,  bie  man  in  ben  Äran^  noi^efte^enben  Äreifen  86 
^e.  3)ie  ber  S^tfolge  nac^  jtoeite  9totij  bon  biefem  SBorte  finben  toir  bei  §einr.  "^an^ 
takon,  prosopographia  heroum  atque  illustrium  virorum,  Basileae  1565,  II, 
p.  477;  ^er  ift  eö  faft  genau  fo  referiert  (ftatt  die  fte^t  dicito)  unb  toirb  auc^  ebenfo 
aufgefaßt.  Slortin  S^emni^  fül^rt  bann  im  4.  Xeil  feinet  examen  concilii  Tridentini, 
ber  jueqi  im  l^al^^re  1573  erfc^ien,  ba^  SBort  in  folgenbcr  S^ffung  an:  Vera  quidem  40 
dicis,  bone  frater,  sed  nihil  efficies;  vade  igitur  in  cellam  tuam  et  ora:  mise- 
rere mei  Dens  (Oftabaueig.  bon  1606,  IV,  ©.  142).  2)ag  näc^ftfolgenbe  3^"ö"^^  \ft 
bad  bon  ^abib  Si^^träud  in  feinem  Chronicon  Saxoniae  bom  ^a^re  1583,  ber  bie 
Sorte  in  ber  ^orm:  O  frater,  abi  in  cellam  tuam  et  die:  miserere  mei  Deus 
(9tidg.  Lips.  1593,  p.  223)  anführt;  unb  in  biefcr  gorm,  bie  ber  ^Kollcrfc^en  faft  gan5  46 
gkic^,  toerben  fte  ^nac^  meift  angeführt.  SlUe  biefe  genannten  ©c^riftftcner  faffen  ben 
@tnn  ber  SBorte  fo  auf,  tote  3RoUer  e^  getl^an,  unb  nac^  bem  ganjen  S^araftcr  bon 
jtron^  ift  auc^  eine  anbere  äluffaffung  nic^t  too^l  mögltc^.  ^a]|  einige  ^at^oUfen  in 
i^en  eine  entf^iebene  SSertoerfung  be^  :6eginnen^  Sut^erd  burd^  5tran^  gefunben  (labcn 
(bgL  SR^deberg  a.  a.  £).),  toerben  toir  für  eine  gefc^ic^tlic^  nic^t  begrünbete  äluffaffung  60 
berfelben  Ratten  bürfen.  —  6^  mag  noc^  ertoö^nt  toerben,  ba^  Sut^er  bie  Saxoitia  (^us 
erft  g^nicft  1520)  gefannt  unb  gelefen  |at;  bgl.  6mft  ©d^äfer,  Sutber  ate  Äirc^enf^iftos 
ritar,  Oütcrdlol^  1897,  @.  358  «nm.  unb  ©.  477.  1>.  Carl  »ert^ea«. 

StttmÜi,  ß^arle«  ^orterfielb.    ^rofeffor  unb  3)oftor  ber  2:fieologte   in  ^f^ila^ 

hdpfjia,  aeft   1883.  —  Ouelle:    Charles  Portorfield   Krauth,  D.  D.  LL.  D.  by  Arl()li>h  66 

dpäeth,  D.  D.  LL.  D,,  Professor  in  the  hithcran  Thcological  Seininary  in  Philadelphia  .  . 

In  two  Volumea.     Vol.  I.     1823  —  1859  .  .  .  New- York,  The  Christian    Literatiire    Com- 
paDy,  189& 

9talt%mntio¥WM  fiT  Thtolo^U  unb  IHräc.   ».  8.  Xi.  0 


82  Sttmtii 

Dr.  Rxanti)  toax  ber  bebeutenbfte  Geologe  ber  (utj^erifd^en  ilttd^e  englifd^cr  Ruxust 
in  älmerifa.  @etne  ^orfa^ren  ftammtm  toal^rfd^einlic^  axi^  ber  ©egenb  bed  9{tebm9€iti& 
@ein  ®xo^\)attt,  Jtarl  ^.  ^rautl^,  tarn  gegen  @nbe  bed  18.  l^oJ^j^nbertö  mSf 
älmen{a,  unb  tovdtt  ald  Seigrer  unb  Drganift  in  $ennf^(t>ania  unb  SSirgtnta.  @etn  Sater 
6  toar  Raxl  ^^ili})»)  Äraut^  (1797—1867),  5Pafior  in  3Kartin«burfl,  SSirglnia,  unb  5P^ 
bel))^ia,  $rörtbent  bed  ^ennf^bania  ^oÜegiumd  in  ®ett^burg,  unb  f^äter  ^rofeffor  am 
t^eologifc^en  @eminar  bafelbft,  ein  j^erjen^frommer  3Rann,  t)on  unermfiblid^em  ^orfc^ 
flei^,  unb  umfaffenber  ©elel^rfamleit,  babei  ftid  unb  befc^eiben,  liebreid^  unb  frtebfertig 
gegen  jebermann.    Seine  ®röffnungd))rebigt,  bie  er  ald^räfibent  ber  lut^erifc^  ®enerat 

10  f^nobe  a.  1850  in  Sl^arlefton  ^ielt,  ertoedte  bei  ben  lonfeffwnellen  Sut^onem  3)eutf(^ 
tanbd  gro^e  Hoffnungen.  @ie  fallen  barin  bie  SJlorgenröte  eined  neuen  ^ged  für  bie 
amerilani{c^4utl^erifc^e  jtirc^e,  ben  älnfang  einer  beh)u^en  Umlel^r  )um  9e{enntnid  ber 
Später.  Sein  @ol^n  S^arle^  ^orterfielb  Jtrautl^  ift  ©otled  au^em)äl(;lted  9litft}eug  getoefen, 
biefe  Hoffnungen  i](^er  äSertpirflid^ung  nö^er  ju  bringen.    @r  tt^ar  geboren  am  17.  3Räxt 

16  1823  ju  SKartin^burg,  Virginia,  ^n  feinem  jel^nten  ^a^re  fam  er  nac^  ©irtt^burg  unb 
abfobierte  ba^  bortige  J^odegium  f^on  mit  fec^jel^n  ^al^ren.  Qtv^  ^oifftt  \päitt  DoQ* 
enbete  er  feinen  t^eologifc^en  Jturfu^,  unb  trat  ald  blutjunger  Wann  t)on  a(^t}e^3al^ 
in^  $rebigtamt  ein.  Qx  bebiente  junäc^ft  eine  3Riffton^emeinbe  }u  (Santon,  einer  Sor» 
ftabt  t)on  93altimore,  unb  übernahm  bann  a.  1842  eine  größere  ©emeinbe  in  Baltimore 

ao  felbft,  3lai)  einem  furjen  ^oftorat  in  SRartin^burg,  SSirginia,  feinem  ®eburt«ort,  folgte 
ber  junge,  allgemein  beliebte  $aftor  einem  9iuf  an  bie  ©emeinbe  i^u  SEBinc^qter,  SSirginia, 
bie  er  1848—1855  bebiente.  ©c^on  bamate  l^atten  feine  t^eologifc^en  3lnf(^auungen  jene 
bebeutfame  äBenbung  genommen,  bie  il)n  Don  bem  93ann  be^  unlutl^erifcl^en,  met^obiftifd^en 
SBefen^  loö,  unb  mit  ber  ^Ät  jum  §auj)tDertreter  eine«   entfc^iebenen  befenntnidtreuen 

26£ut^ertumö  in  englifc^er  ©jjrac^e  machte.  2)en  SSäinter  1852—1853  brachte  er,  um  feiner 
leibenbcn  grau  toiUen,  in  SBeftinbien  ^u,  auf  ben  ^nfeln  St.  %\)omcS  unb  ©anta  (Snij. 
2tuf  ©t.  S^oma«  bebiente  er  eine  meift  an^  garbigen  beftel^enbe  nieberlänbifc^sreformierte 
@emeinbe,  beren  $aftor  burc^  einen  2:obe«faU  in  feiner  gamilie  ))l5^li(^  nac^  älmenla 
abgerufen  toar.    gm  ^af)x^  1855  berief   il^n  bie   erfte  englifc^e  ©emeinbe  gu  ^ßittdburg, 

30  unb  im  ga^re  1859  bie  englifc^e  ©t.  3Karfu«'®emeinbe  ju  5ßl^ilabel|)^ia.  3)iefe  SSerbtn* 
bung  toar  aber  nur  t)on  lur^er  SDauer.  @r  übernahm  bie  SlebdEtion  be«  SBod^enblatted 
„The  Lutheran",  ba«  in  feiner  §anb  bie  jc^arfe,  fd^neibige  SBaffe  tourbe,  „mit  toelc^ 
baö  Dertoafc^ene  „ämerifanifc^e  Sutl^crtum"  gefc^lagen,  unb  einer  neuen  %ca  für  bie 
englifc^-lut^erifc^e  Äird^e  93a^n  gebrod^en  tourbe.    äte  ba«  5!Rinifterium  toon  5ßennf^löania, 

86  im  ©egenfa^  gegen  bie  (Seneralj^nobe,  il^r  eigene«  t^eologifAe«  ©eminar  in  5ß^ilabelt)^ta 
grünbete,  a.  1864,  ba  toar  e«  eine  felbftöerftänblic^e  ©ac^e,  ba|  er  ben  Se^rftu^l  für 
bogmatifd^c  Ji^eologie  gu  übernel^men  ^atte.  Sei  ber  feierlid^en  Eröffnung  be«  ©emtnor« 
unb  Snftaßierung  ber  erftcn  ^rofefforen  toar  er,  ber  jüngfte  unter  feinen  RoDegen,  ber 
©tjred^er,  ber  in  il^rem  3Ramen  i^re  t^eologifc^e  unb   firt^jlic^e  ©teHung  barjulegen  ^otte. 

40  5Wit  ben  ©c^ritten,  bie  ^ur  ©rünbung  be«  ©eneratRongil«  führten,  begann  für  i^n  eine 
neue  3:^ätigfeit.  SBä^renb  er  frül^er  t)ortt)iegenb  jjolemifc^  gearbeitet  ^otte,  in  Slbtoe^rung 
bc«  grrtum«  unb  SSerteibigung  ber  SBa^r^eit,  galt  e«  nun  ben  rechten  ®runb  j|u  legen, 
auf  ben  fic^  eine  belenntni«treue  Äird^e  in  (Sin^eit  be«  ©lauben«  mit  ben  SSötem  er» 
bauen,  unb  il^re  alten  fc^önen  ©ottesbienfte,  bie  i^r  in  3^iten  ber  Sau^eit  unb  beö  Station 

46  nali^mu«  abl^anbcn  gclommen  toaren,  toicber^erfteUcn  f onnte.  ©o  nai)m  er  in  ber  Äirc^en* 
bud[»«-Äommifrion  eine  ^croonagcnbe  ©teHung  ein.  6r  enttoarf  bie  ©runbortifel  imb 
Äonftitution  be«  ©encraWlonjil«,  toie  fic  auf  ber  ÄonOention  ^u  Sleabing,  a.  1866,  an* 
genommen  tourben.  6r  toar  ber  SSerfaffer  ber  ©emeinbeorbnung,  bie  nac^  langen  JDe« 
batUn  enblid)  a.  1880  angenommen  tourbe.    äl«  im  ®eneral=Äonjil   bie  S^age  über  bie 

50  ©runbjä^c  ber  Äird^engemeinfc^aft  eine  brennenbe  tourbe,  fc^rieb  er  eine  Sei^e  toon  ge* 
biegencn  Slrtifeln  im  Lutheran,  bie  er  fc^liefelid^  in  106  liefen  über  3lbenbma^fe  unb 
Äan5cl-©emcinfd^aft  jufammenfafete,  in  beren  grünblic^er,  t)rä5ijer  unb  umfaffenber  Se* 
^anblung  biefe«  belifaten  fünfte«  fic^  feine  ganje  t^eologifd^e  ßnttoidelung  juf^i^t.  S)er 
©tanbjjuntt,  ben  er  babei  Oertritt,  ift  ber  ftrcng  fonfeffioncHe,  baj  Slbenbmai^fegemeinfc^ft 

66  Äirc^engcmeinfd^aft  ift,  unb  jeber  Unioni«mu«  am  2lltar  unb   auf  ber  Äanjel  J)nnjipieiD[ 

m  oerh)erfen  fei.    ^n  Dr.  Hraut^«  ^crfon  erfd^ien  bie  gefunbe  befenntni«treue  @ntnri({e* 

lung  be«  ©cneral-Äonjil«  gleic^fam  Ocrtörj)ert.    6in   oolle«  So^'^ä^^"^   *^^  ^  ^Präfibent 

biefe«  Äörj)er«,  bi«  i^m  feit  1880  fein  leibenber  3wftanb  ben  93efud^  ber  a[5erfammlungen  tjirbot 

©eine  eminente  33egabung  unb  Diclfeitige  ©ele^rfamleit  fanben  auc^  au|er|alb  feine« 

60  engeren  lirc^Iic^en  Greife«  oerbiente  SBürbigung.    93alb  nac^bem   er  feine  ^rofeffur  am 


SttmOt  83 

Seminar  in  $^ttabel)>l^ia  angetreten,  tpurbe  er  mi)  in  ben  äiertpaßung^rat  ber  UniDer« 
fttat  Don  ^ennf^toania  ertvä^lt,  unb  bann  a.  1868  al^  ^rofeffor  ber  $^t(ofo))^te  unb 
SRorol  in  bie  Se^rerja^l  biefer  tüchtigen  älnftalt  berufen.  @eit  1873  belleibete  er  auc^ 
boS  Xmt  beS  93ice{an}(er$,  unb  e.  1881  übernahm  er  noc^  bie  $rofef(ur  ber  ©efd^ic^te. 
@r  geleerte  ju  ber  amerilanifd^en  Itommiffion  jur  SleDifion  ber  englifc^en  93ibelüberfe|ung,  5 
als  @(teb  ber  oltteftamentlic^en  älbteilung,  unb  förberte  bod  2Ber!  befonber^  burd^  feine 
Vertrautheit  mit  ben  alten  englifc^en  Überfe^ungen.  Dr.  Jlrautl^  ^at  eine  fe^r  au^e^ 
be^te  fd^riftfteOerifc^e  S^ötigleit  auf  tl^eo(ogifc^em  unb  ))^i{o{o))^tfc^em  @ebiete  enttpicfelt. 
©eine  Seiträge  ju  ben  firt^jlic^en  ©lottern  toürben  33änbe  füllen,  ©ie  erftreden  fic^  über 
eine  lange  Slei^  t)on  3?^^^"*  1846—1882.  Unter  feinen  ©c^riften  finb  befonber^  ju  lo 
nennen:  Sine  engHfc^e  Überfe^ung  bon  %f)olni^  Jlommentar  jum '^loJ^anne^-Sbangelium, 
1859;  eine  neue  SSu^abe  t>on  gleming^  Vocabulary  of  Philosophy,  1860,  unb  in 
bd>eutenb  ertoeiterter  ^onn  1876;  eine  naie  2lu^abe  bon  93erlele^«  Principles  of 
human  knowledge,  mit  älnmerlungen  unb  Sinleitung,  1874;  eine  englifc^e  Übeirfe^ung 
ber  Slugdburgifci^en  Äonfeifton,  mit  Einleitung  unb  3lnmer!ungen,  1868;  The  Conser-  is 
yatiye  Reformation  and  its  theology,  fein  i^au)>ttDerI,  1872,  tporin  er  bad  äQ3ert))oUfte 
feiner  t^ologifd^en  Stuffö^e  jufammen^eÜte.  Sin  mel^reren  @nc^I{ot)äbien  tpar  er  ein  ge? 
fucbter  9Ritarbeiter.  3^""  Sut^erjubiläum,  1883,  l^atte  er  eine  au^ebe^te  englifc^e 
2uti^bü)gra))l^ie  geplant,  mit  beren  älbfaffung  il^n  bie  ^ennf^ltKintfc^e  ©^nobe  betraute, 
unb  in  beren  ^ntereffe  er  im  ^al^re  1880  eine  Sieife  nac^  @uro))a  unternahm.  Seiber  3o 
blieb  bie  Slrbeit  unbollenbet.  9lm  2.  Januar  be^  Sut^erjubelia^red  1883  ging  Dr.  ^rautl^ 
^m,  niK^  e^e  er  fein  fec^jigfte^  Seben^ja^r  bollenbet 

^e  Sebeutung  Dr.  ßraut^  für  bie  innere  @nth)tcfelung  be^  Sutl^ertumd  in  engltfc^er 
&ptaii^t  lann  fd^toerlic^  überfd^ä^t  tuerben,  tpenn  ^e  btelletc^t  auc^  erft  bon  f))äteren  ©efc^lec^^ 
tem  m  i^em  boQen  Umfang  getDürbigt  werben  mag.  ^ür  bie  h>eltgefc^i^tltd;e  unb  rec^td-  35 
gefd^id^tlid^e  ©tellung  ber  lu^erifd^en  Jlirc^e  ift  mit  i^rer  3$er))flansung  auf  ben  ameritant jc^en 
Soben  unb  i^rem  Übergang  in  bie  englifc^e  ©jjrac^e  eine  5ßeriobe  bon  ber  allergrößten  8e- 
beutung  unb  Xragtoeite  angebrochen,  ^n  Jtned^t^geftalt,  al^  ein  armer  berac^teter  ^rembling 
unb  Pilger  ift  fte  eingetreten  in  biefe  neue  äSelt,  unb  l^at  in  il^rem  SSölfergetümmel  i^r  be- 
fc^^eibened  31^  ju  bauen  begonnen,  älber  bei  aller  älrmut  unb  Unfc^einbarfeit  l^atte  fie  90 
bo^  gerabe  ^ier  bon  älnfang  an  ben  93eruf  unb  eine  Gelegenheit,  toie  nie  }ubor,  fu^  in 
t^rem  eigenem  ®eifte  }u  erbauen,  unb  ba^  il^r  anvertraute  @ut  in  Se^re  unb  Sefenntni^, 
in  ©ott^ienftorbnung  unb  SSerfaffung,  al^  ^reifirc^e  ju  t)ollem  j^armonifc^em  ätudbrud 
}tt  bringen.  2)ad  lonnte  il^r  aber  nic^t  gelingen,  toenn  fte  ntc^t  il^r  @igentümlic^ed  tief 
unb  fic^  erfa^  ^atte  unb  entfc^loffen  unb  ftart  genug  toar,  e^  ben  frembartigen  ftörenben  S6 
Stnflüffen  gegenüber  feftju^alten,  bie  bon  allen  ©eiten  auf  fie  einbrangen.  ^iefe  SüiSiber- 
flanb^feaft  unb  Äamjife^freubigfeit  erlal^mte  aber  bei  bielen,  befonber^  ba,  too  mit  bem 
Serbtft  ber  beutfc^en  Qpxaä)^  ber  ^ben  bed  l^iftorifc^en  3u{Ai^>n^n^An6^  abgeriffen  h>ar, 
unb  man  anfmg  fu^  bed  Sut^ertum^  in  feiner  ^f(>Ii^^^^i  jtoifc^en  ^omani^mu^  unb 
reformiertem  ^roteftanti^mud  ju  fc^ämen.  3)ie  eigenen  Jtinber  h)aren  an  ber  3Rutter  40 
irre  getoorben,  unb  man  burfte  [xd)  nic^t  h>unbem,  h)enn  anbete,  felbft  ^erborragenbe 
a^^ologen  ein  ganj  falf(^>e^  33ilb  bon  i^r  pc^  jurec^t  machten,  ^n  folc^er  3cit  W  ®ott 
ber  ^err  ber  amerUanifc^-lutl^erifc^en  ^irc^e  in  Dr.  Jlraut^  ein  3Ser!jeug  em^ecft  unb 
oiiiggerüftet,  bod  burc^  natürliche  Begabung  unb  burc^  aUgemeine,  toie  fpe^iell  t^eologifc^e 
9ilbung  berufen  h>ar,  nic^t  bloß  unter  i^ren  eigenen  Jtinbem  toieber  ein  ^etoußtfein  unb  46 
Serftänbnid  i^rer  i^errlic^feit  ju  toecfen,  fonbem  auc^  nac^  an^tn  l)xn  fte  tröftig  unb 
ftege^eubig  }u  bertreten,  al^  bie  Wutterlird^e  ber  Sieformation,  al^  bie  gefunbe  ^Bereinigung 
ec^t  tonfert)attt>er  Jtat^olicität  mit  ec^t  reformatohfc^em  ^roteftanti^mu^.  9Bie  Sut^er  im 
ittofter  tmb  ^ulud  ^u  ©amalietö  ^üßen,  fo  l^atte  auc^  Dr.  ^rautl^  bur^  feine  ganje 
^ugenb^  unb  ©c^ulbtlbung  in  }>erfönlid^er  Srfa^rung  ben  @eift  lennen  gelernt,  ben  er  60 
fpcdct  fo  mäd^tig  unb  erfolgreich  be!äm}>fte.  Ol^ne  irgenb  toeld^e  äußere  älutoritöten  unb 
SinflüÄe,  einfac!^  burc^  bad  tägliche  unb  grünblic^e  ©tubium  ber  ^l.  ©c^rift  unb  ber  Se^ 
tomtnidfi^ften,  lam  er  fd;on  in  ben  erften  ^a\)xm  feiner  t)aftoralen  I^ätigfeit  ju  einem 
böOigen  Umfc^toimg  feiner  tl^eologifc^en  älnfc^auungen  in  ber  Stic^tung  auf  bad  lut^erifc^e 
Seformtni^.  9Hd  fec^unbjtoan^igjä^riger  jiinger  Tlarxn  \)at  er  mit  oöUiger  Jtlar^ett  unb  66 
9efiimmt^  bie  ©runbfäfee  au^geft)ro^en,  bie  feine  gan^e  ft)ätere  t^eologifd^c  unb  fird^- 
liclie  SBirffamteit  geftaltet  |aben.  S)em  ungefc^ic^tlic^en,  fubie!tit)iftifci^  verfahrenen  S^^^Ö^^f* 
gegenüber  fc^ut  er  fic^  um  nac^  bem  S^^B»^«^  ^^  (Sefc^ic^te,  nac^  bem  SJetenntni^  ber 
md)^,  toie  ed  aai  ber  großen  5tamt>fedgeit  bed  fec^^e^nten  ^abr^unbertd  hervorgegangen 
t$L    äRit  aQem  Sifer  ))roteftiert  er  bagegen,  baß  bie  begriffe  „älmerilanifc^"  unb  „Sut^e^  eo 

6* 


84  ftrani^ 

rifd^"  irflcnbtoic  mitemanber  in  3BibcrfJ)ruc^  ftel(;en  {ollen.  „3)te  SBelt  Derbanft  ber  Sie* 
formotion  mel^r  ci^  unferem  Slmerilo.  ^a,  älmerila  becbonlt  ber  Steformotum  me^  oä 
ftc^  felbft.  ^db  bin  erft  ein  Sutl^eraner,  unb  bann  ein  älmerilaner.  ^  meinem  ^er^p 
ift  lein  JtonPin  jtoifc^en  beiben,  {te  fdj^meljen  j^armonifd^  ineinanber.  3Bir  ftel^  l^ier 
6  mitten  im  @e{tenh)e{en  brin  unb  bürfen  und  nic^t  leic^tjtnni^  baju  l^ergeben,  ben  ret|enbm 
Strom  bed  @e))aratidmud  ju  berftärten,  ber  mel^  d^  oQed  anbre  bad  ©ebei^en  eined 
gefunben  Si^riftentumd  in  unferem  Sanbe  ju  jerftören  brol^t.  SBir  muffen  bomit  anfangen, 
und  {e(ber  fennen  ^u  lernen  unb  folc^er  @rfenntnid  treu  fein.  £a^  und  boc^  nidit 
mit  unferen  reichen  @<^ä^en  an  fremben  Sl^üren  betteln  gelten,  tDo^nrenb  tutr  felber  bte 

10  i^lle  audjuteilen  l^oben.  ^eine  ^irc^e  lann  dl^pdt  bor  juj^  felber  ^en,  unb  anberen 
^c^tung  einflößen,  tpefm  fte  fic^  'il)xtt  eigenen  @ef(^i(^te  fc^mt"  @o  f}nrt(^t  er  ed  bemi 
unber^ol^len  aud,  mm  bielfad^en  ^ärgemid  bed  amerilanifc^en  ^tibidmud:  „^a^  @al^ 
bad  unfere  Äird^e  ^ier  bctoal^rt  l^at,  ift  germanifd^en  Urft)rungd."  @r  bertieft  pdfi  in  bte 
beutfd^en  äSöter,  i^re  Dogmatil,  il^re  älgenben  unb  Sieber,  toie  f))äter   für  feine  Xrbeit 

15  an  ber  Uniberfttät,  in  bie  beutfd^e  $l(;ilo{ot>l^ie,  beren  eigenartigen  ©pxadfidfoii  er  in  fein« 
finniger,  treffenber  Sßeife  indSnglifc^e  ju  übertragen  berftanb.  ®r  ^at  bem  beutf(^®ei{} 
ind  ^er^  gefc^aut,  tpie  tt^o^l  fein  anberer  engltfc^er  ®elei^rter  älmerifad.  @ben  barum  totll 
er  auf  ür^^li^^em  93oben  nid^td  toiffen  bon  einem  @}>rac^natibidmud  nac^  ber  einen  ober 
anberen  @eite  ^in.    „@d  ift  ein  fanatifc^ed  beginnen,  unfere  groge  Jlin^e  )u  einer  beut« 

20  fd^en  ober  englifc^en  Softe  einengen  ju  tt^ollen.  S)ie  lut^erifc^e  jtirc^e  ift  tueber  engCf(^ 
noc^  beutfc^.  Unb  tpenn  aud^  btefe  beiben  @))rad^en  nimmer  gef}>rod^en  toürben,  fo  tarn 
fie  boc^  ni^t  Derge^cn."  3)abei  aber  ift  er  jid^  ber  ©efal^r  too^l  betouftt,  bie  für  ben 
©tauben  unb  bad  Seben  ber  iürc^e  in  bem  Übergang  bon  ber  beutfd^en  )ur  englifc^ 
Bpxai^t  lag,  unb  ^at  immer  toieber  feine  tpamenbe  Stimme  bagegen  erl^oben.    „Take 

25  care  of  the  German,  the  English  will  take  care  qf  itself "  (forgt  für  bad  S)eutfc^, 
bad  6nglifc^e  toirb  für  fi(^>  felber  forgen).  35iefe  feine  ^ufeerung  ift  in  ber  amerilanif<^ 
lut^erif(|en  Jtirc^e  gerabc^u  ft>ric^h)örtlid^  getporben.  „Unfere  ^irc^e  mag  engltf(^  reben, 
red^t  unb  gut.  älber,  toenn  bad  aüe^  ift,  bann  tpirb  bie  neue  @))rac^e  fte  in  ein  neued 
Seben  ^inüberlodten.    älQe  lebenben  Qpxad^m  ^aben   lebenbige  i^erjen  l^inter  ftdf,   unb 

90  {teilen  nn^  in  ben  Strom  i^red  eigenen  Sebend  hinein.  Unfere  Jtirc^e  barf  nic^t  bie  Stenft« 
magb  ber  S))rac^e  ioerben,  fonbem  bielmel(;r  mu^  fte  bie  S))rac^e  }u  il^er  2)ienftmagb 
ma^cn.  Sonft  toirb  ed  ba^in  lommen,  ba^  bie  neue  S))rac^e  fie  in  eine  neue  Jlird^e 
bertoanbclt,  ftatt  ba^  bie  alte  Jlird^e  eine  neue  S))rac^e  gewinnt;  ba§  bad  Snglifc^e  bie 
Jttrd^c   bclierrfd^t,   anstatt  bie  Jlirc^e  bad  @nglif(^e.    9lud^   in  ber  St)ra(^enfrage  tDoren 

85  unfere  äSäter  in  älmerita  burc^aud  nic^t  fo  befc^räntte  Jtö;pfe,  tt^ie  ed  je^t  3Jlobe  getoorben 
ift  fte  an^ufe^en.  @d  toar  nid^t  fo  fel^r  bie  englifc^e  S))rac^e,  ald  bielmel^r  bad  englifc^ 
2ebcn  bed  Sanbed,  bad  unferer  Äird^e  taufertbe  i^rerÄinber  abtoenbig  gem<w^t  l^at"  ßonb 
in  ^ant>  mit  ber  innigen,  tief  gegrünbeten  Überzeugung  bon  ber  fc^rif^emö^en,  imanfec^t« 
baren  9Ba^r^eit  bed  lut^erifd^en  SBefenntniffed  unb  ber  begeifterten  Siebe  }u  feiner  Aird^ 

40  ging  bei  Dr.  ßraut^  ber  fefte,  beinahe  fc^n)ärmerifc^e  ®laiibe  an  eine  gro^e  unb  l^en> 
lic^e  3w^wnft  berfelbcn  in  i^rer  neuen  amerifanifc^en  §eimat.  3*^  biefem  Stücfe  toar  er 
ein  Optimift,  ber  ftc^  burc^  leine  noc^  fo  fc^h)ere,  bittere  Srfo^rung  irre  machen  lie^ 
„^ie  lut^erifd^e  ^irc^e  ift  ba^u  beftimmt,  in  biefem  Sanbe  i^r  h)a]^red  Seben  unb  i^ren 
eckten  ©cift  boHer  unb  ^enlic^er  ju  entfalten,  ald   jemald  feit  ber  Sieformation,  toeil  fie 

45  ftd^  ^ier  o^ne  allen  3^^^9  ^nb  Sebormunbung  enttotdeln  fann."  2)aju  aber  bebarf  ed, 
h)te  er  flar  erfannt  unb  beutlic^  audgefbroc^en  l^at,  nic^t  einer  blo^  mec^anifc^en  Ueber« 
tragung  lut^erifc^er  Schriften  in  bie  englifc^e  Sjjrac^e.  3)ad  reicht  nic^t  l^in,  um  bie 
©runbgebanfen  lut^erifc^er  SL^eologie  bem  cnglifc^en  Sbra^^freid  jugönglic^  unb  l^mifd^ 
5u  mad^cn.    ^^r  ©cift  unb  2^btn  felbft  mu^  in  bad  3^iom  ber  neuen  Slationalitot  ^in» 

50  eingcfd^afft  Serben,  in  meiere  fte  in  Slmerifa  einge^ft.  ©erabe  baju  toar  nun  ober 
Dr.  Mraut^  t)or  anberen  berufen  unb  befä^jigt.  6in  Äenner  ber  englifc^en  @ipxad)i  unb 
Sitteratur,  toie  toenigc  feiner  3citgenoffcn,  ganj  befonberd  vertraut  mit  ben  älteren  Hafp« 
fd^en  Siebtem  bid  l^crunter  ju  SBSorbdtoort^,  beren  ^6Un  feinem  treuen  ©eböc^tnid  in 
rcic^ftcm  Ma^c  jur  i^erfügung  ftanbcn,  fo  red^t  im  i^oHbeft^  ber  ebelftcn  Srjeugniffe  bed 

55  englifc^en  ©eiftcd,  eingelebt  in  feine  ganje  3)cnf'  unb  3lnfd^auungdtoeife,  unb  ein  9Reifter 
in  t)räj|ifcm,  fd^ön  unb  fc^arf  gefc^hffenem  Stil,  babci  ein  grünblic^er,  bielfeitiger  ©e* 
le^rtcr  im  bcutfc^cn  Sinn  bed  SBorted,  ber  Sammler  unb  Seft^cr  einer  ber  reic^^ltigjtet 
unb  toerttjollftcn  ^4Jrit)at=Süc^crcien,  bon  ^t\Da  15000  Sänben,  in  beren  Sc^ä^en  er  bdStg 
gu  §aufe  toar  — ,  toar  er  ber  IDlann,  t)on  ©ott  erforcn,  ber  borne^mfte  ^olmetfc^er  ber 

60  lut^erifc^en  Deformation  für  bie  englifc^c  äBeltfprac^c  ju  toerben.   9.  8|iät4,  ^^ilabcip^ta. 


ftreO  85 

ftrcB  (aud^grctt),  91  tfol au«,  lurfä#f(i^cr  Jlanjier  iwcQüt  ber  ftV})tocalbtmfttfci^en 
Sctoegungcn  in  ©ad^fen,  gefi  1601.  —  OucIIen:  a)  SwfomntenfQffungcn:  3)1.  SRittcr  in 
bcr  %5©  «b  17  (öeipiig  18ö3),  ©.  116-122;  »aut  in  bcr  «flg.  (Sncijclopäbic  ber  SBiffen- 
fcftaften  unb  Äünftc  r>on  ©rfd)  unb  ©ruber,  20.  3:cil  (ficipjig  1829).  @.  122—124;  ^afc, 
SftofenDorlefungen,  Seipjtg  1880,  92r.  5;  ^ir^lidie^  ^anble^iton,  ^eraudg.  t)on  Sari  Teufel,  6 
2.  ©b,  @.  42—44;  ©cftcr  u.  ©citc,  ßir*enIeji!on,  7.  5}b  (grciburg  i.  93.  1891),  @.  1049. 
1237;  S.  «landmctftcr,  Sädifift^c  ßircftcngcfci^tcfttc,  3)re8ben  1899,   ©.  162—166.  428 f.;  — 

b)  IBilbunadgang:    ^.  gfriebberg,  ^ad  (Kollegium  guribicum.  @in  Beitrag  jur  ®efc^id)te  ber 
fieiPitgcr  giiriftcufalultat,    ficipiig  1882,   @.  105;    ®.  ©ftr.  SBinjer,  @uininarl|4c  9?a*ri4t 

üon  bem  9lart«-(5oDegio  3n Scipjig,  fortgefcft  Don  3.  grr.  SSoHbert,  fieipjig  1783.  (ejcm*  lo 

plar  ber  Seipjiger  ©tabtbibliot^ef  mit  ^anbfc^riftüc^en  iRac^trägen).  Matricula  Eectoralis 
(^otibfctrifr  ber  @tabtbtbHot^ef  in  fieipxig);  %.  (SIemen  in  „Ueberft^t  über  bie  gefd)ic^t(i4e 
(^tmicfelung  ber  ©^mnaften".  SSeröffentUd^ungen  uir  ©efc^id^te  bed  gelehrten  Sc^ulmefen?  im 
^[Ibeninift^en  6a4fen,  ^eraudg.  im  Auftrag  bed  8fic6ftf(!^en  ©tjmnaftaUel^rerDereind,  1.  ^eil, 
fi«ipjigl900,  @.  32;  fiorenj,  ®rimmenfer»«Ibum,  ®rimma  1850;  «.  gfrouftabt,  ®rimmenfer=  16 
@tammbu4,  1900.  Sebendna^ri^ten  über  bie  Si^d^^i^d^  ^^^  SfürftenMuIe  ®rimma,  Zeigen 
1900,  @.  17,  92r.  96.  Promotiones  Magistrales  (^anbWrift  ber@tabtbibIiot^c!  inScipjig).  — 

c)  iHr^enpoIitit.  3)ie  Elften  über  ^reU  befinben  ^id^  imS^önigl.  $)auptftaatdar(^it>  ju  ^redben 
unb  begreifen  fiitt  9— 12Sofate,  ftnb  jebo4  ni^t  me^r  üoUftfinbig  Dor^anben,  ba  ma^rfd^ein* 
tid)  Dieied  nat^  $rag  gefenbet  morben  unb  r>on  bort  nidjt  mieber  jurüctgelangt  ift.  ^ad  30 
fBicfttigfte  barau«  in:  ©amml.  oerm.  iRocftr.  j  födjf.  Oefcftic^tc  IV,  1—185;  V.  295-333; 
»«ije,  ^ufeum  m,  57ff.;  bcffcn  9?eue«  8Kuf.  91  ff.  «eitere  Sitterotur:  ©eftftreibung 
ber  caloinifc^en  Spotte,  in  @a4fen  eingefc^Ii^en,  S^na  1 591 ;  ©unbermannd  j^u  Setpjig  ^lage, 
?ein  unb  »e!enntniÄ  1592  (®ebt(öt);  Seidjprebigt,  S3ber  ben  Custodierten  D.  NICOLAUM 
KRETJi  .  .  .  burd)  Nicolaum  Blumium  .  .  .  ^rftlid^  gebructt  juiOeipjig  3C  ;  Urb.  $teriud,  26 
(iiamtn  unb  ^rleuterung  ber  in  bie  iBeid)prebigt  3C.  etngeftreuten  falfcben  Sefc^ülbigungen  u. 
unerftnbl.  9lnflagen,  öremcn  1602 ;  &.  ®.  angelten,  Historia  Nie.  Crellii  capite  plexi,  variis 
ab  errationibus  liberata,  Rostocb.  1727;  ®Ieid|,  Annal.  eccies.  1,  321  ff.,  352  f.,  416 ff.; 
ßeben,  6<ftic!fale  unb  @nbe  beS  Dr.  ^.  {^xtU,  fieip^ig  1798;  «rnolb.  Unpart.  JTirtöen*  unb 
Äefertjiftorie  II,  864;  Xbomapu«,  «nnolcn,  @.  207.  !Reuere:  ^affe,  §lbri6  bcr  meiön.s  30 
albertin.«ffi(fif.  SHrcftengefdjic^te  II,  65  ff.,  mit  ben  ©rgän^iungcn  ^icrp  in:  9'iiebncr,  8^**' 
{d)Ttft  für  bie  ^ift.  S^eoL,  1848,  8.  315 ff.;  ®retf(6cl'93ülau,  ®ef4i(6te  b.  föcbf.  $o(ted  unb 
etaate«  II,  116ff.;  «öttiger-gflolbe,  ®efd)i*lc  b.5hirf.  u.  tönigr.  Saufen,  II,  94 ff.;  ?Ri(^arb, 
i)eT  5hirfurft(i(t)  S5d)rtfcf)e  banaler  Dr.  92icoIaud  ^reU,  ^redben  1859,  2$be;  »Robert  (Salinid), 

gmei  ffid)f.  dan^ler,  S^emni^  1868;    ®.  6aran,  ^er  ^^ptocabinidmuS  in  ^urfadifen  unb  85 
T.  9^it  Äreü,  in:  »eQ|(6Iag,  a)eutfc6c  eoangel.  «lättcr,  1879,  8. 596 ff.;  ^enfe,  <ßeucer  unb 
Area,  HRorburg  1865;  g.  öranbeS,  2)cr  Ä:an§Ier  ÄrcD,  ein  Opfer  beS  Drt^obojiSmuS,  fieipjig 
1873;  3R.  aiitter,  ©riefe  unb  «Itcn  jur  Oefc^idjte  beS  brcifeigjä^rigen  ÄriegcS  in  ben  Selten 
be«   Dorwaltenben  dinfluffe«   ber  ©ittciSbadjer,    1.  ©b,   @.  10-61;   JJ.  uon  ©cjolb,  ©riefe 
be*  ^falsgrofen  Sofiann  Saftmir   mit   uerroanbten  6c6riftftüden   gefommelt  unb  bearbeitet,  ^ 
2.  ©b,    1582-1586,   SWünAen  1884,   @.  419,  «nm.  1;  W.  SRitter,   ^eutfdje  ©cfdjicbte  im 
3eitalter  .ber  Oegenrcformatlon  unb  be«  breijigjfiörigen  Äriege«  (1555—1648),  1.  ©b  (@tutt. 
gort  1889),  ©.  644  f.,  2.  ©b  (Stuttgart  1895),    <B.  44—61 ;  ®.  ©ro^fcn,  3)ag  Seitalter  beS 
breifiigjfiöriaen  Äriegeö.  Oef^idjte  unb  ©orgcfdji*tc,  ©erlin  1888,  @.  364—375  (t)ier  ©.  374 
ein  gleic^jeitiget  anonymer  6tid)    Caput  r^icolai  Crellii  CaDcellarii   Christiani  I.  Electoris  45 
Saxoniae);  ^.Siitter.  2)aiS  Sc^idfal  bed  Dr.??.  ^rell  in  $t.  Don SeberS «rdiio  für  bie  @ä(^^ 
ftftftc  ®ef(t)i(6te,   7.  ©b  (Seip^ia  1869).  @.  211-217;  ^.  ®.  ^elbig,  3ur  ®e|4i*te  ber  fur= 
fa(t)rif<ften  ^oHtil  1590  unb  1591,  ebenba  @.  287—317;  g.  Sanffeu,   ©efcbidjte  bcS  beutfcften 
©olfe»,   5  ©b®.  90  ff.  137—140;    6.  ©b,  ©139.  503  f.;  7.  ©b,  ©.571-574;  ®.  Lanier  au, 
aUeformation  unb  Gegenreformation  (fie^rbucft  ber  lEirc^engefc^idite  oon  S.  ^öUer,  3.  ©b),  60 
2.  «ufl ,  grreiburg  i.  ©.  1899,   ©.  267.  274  biS  276  ;  Ä.  x>.  SBeber,  3Ir*it)  f.  b.  ©ä*ftfdje 
Okfcbicbte,  8.  ©b  (iBeip^g  1870),  ©.  219;  ©.  ©o^nenftfibt,  ^ad  ^rojegoerfa^ren,  gegen  hen 
furfSt^ftf^en  S^an^Ier  Dr.  ^Ricolaud  ^eU  1591   bid  1601.    ^argeftellt  nad^  ben  %ften  beS 
3)reebener  ^upt'©taatdar(^it)d.  3nauguraI«^iffertation,  ^alle  a.  ©.  1901. 

92iIolau$  Ärett  tourbe  um  1550  in  Sei^jjig  ol«  ©ol^n  bc«  ^rofefjor«  bcr  3)efreta(en,  66 
itonontlu^  bed  SKerfdburger  3)omIapitefö  uno  5ßrofonfute  be^  Seipjiger  SRale^,  Dr.  jur. 
SBolfgona  Jlrett,  geboren,  ©ereit^  im  ©ommerfemeftcr  1556  h)urbe  er  ate  le^ter  in  bie 
Slri^ifqle  SRotion  an  ber  Umt)erfttät  aufgenommen.  3lad)  feinet  ©ater«  frühem  ^^obe  bc« 
fudftt  er  unter  bem  Sleftor  äfcam  ©iber  1568  bi^  1571  bie  JJürftenfd^uIe  ^u  ©rimma, 
taribmete  ftd^  in  feiner  ©oterftabt  bemStubium  ber  9le(^t«U)iffenf($aft,  tourbe  1572  ©acca^  go 
butreud,  am  27.  3<*nuar  1575  afe  17.  bon  38  SRa^ifter,  unb  fd^Io^  feine  ©ilbung  mit 
einer  3leife  nad^  ber  ©d^toeij  unb  SJranfreid^  ab.  ^ler  l}ai  er  ftd^  tpo^l  bie  iuriftifd^e 
S)oItortt>ürbe  erloorben.  I3n  feine  ^aterftabt  jurüd^efel^rt  jeigte  er  ate  3)ojent  an  ber 
Unit)er|ität  toie  aö  ©ad^toalter  eine  l^erDonagenbe  ©efä^igung.  3)al^er  ernannte  i^n 
Jturffirß  Xuguft  1580  }um   i^ofrat.  in  ber   Sanbe^regierung   unb   orbnete    i^n    1581 


86  ftreO 

bem  Jtur))rin2en  S^rifttan  atö  diai  unb  ^rer  Bei.  9Ud  biefer  1586  na^  bem  Xobe 
feinet  SSaterd  jur  ^urtDürbe  gelangte,  erl(;o6  er  toenige  SJtonote  ft)äter  ben  Dr.  ftteO 
mm  gel^eimen  diät  unb  1589  nac^  bem  Xage  t)on  Sangenfolja  an  ^atnb  $eifec^^ 
bed  $au)}ted   ber   (ut^erifd^en  93eamten))artei,  @teKe   jum  Kan}(er  mit  beinal^e   imttms 

6  fc^räntter  ®eh)alt,  inbem  gleichzeitig  ber  bon  bem  Jlurfürften  äluguft  eingefe|te  ©eJ^etmrot 
aufgelöft  h)urbe  unb  aQe  Sefugnid  biefe^  JtoQegiumd  in  ber  $au))tfaci^e  auf  ftreU  oDetn 
überging. 

dia]d)  unb  ^oc^  tt^ar  biefer  em))orgeftiegen,   tief  unb  jöl^  tt^ar  fein  ^ciSi.    Hurfac^fen 
tpar  )u  ber  Rüt,   aU  ItreK  anfing,  bie  @eele  ber  @taatdleitung  ya  n^erben,  tuieber  ein 

10  ftreng  lut^erifc^ed  i^anb.  2)er  SSerfuc^  ber  SBittenberger,  bem  calDiniftifc^  gefärbten  ^ffU 
Ii^))i^mu^  unter  bem  3)echnantel  bed  Sutl^ertumd  im  Sanbe  (Singong  }u  berf^affen,  toor 
1574  energifc^  unterbrücft  toorben.  2)er  Äanjier  ßracau,  ber  furfürpiic^  fieibarjt  ^eucer, 
ber  $of))rebiger  @(^ü^  unb  ber  @u)>erintenbent  Stößel  Ratten  fämtlic^  il^e  SKmter  Der* 
loren  unb  befanben  ftc^  enttoeber  in  ftrenger  $aft  ober  tparen  in  il^r  bereite  geftorben. 

15  Surd^  bie  jtonlorbienformel  unb  bad  1580  i^ubli^ierte  Jtontorbienbud^  l^atte  ba^  uttl^enfc^e 
Sef enntni^  t^eologifc^en  älbfd^Iu^  unb  lirc^lid^e  @anItion  erl^alten.  2)ie  l^o^en  Jtirc^enämter 
im  Sanbe  toaren  faft  überall  mtt  ftrengen  unb  eifrigen  Sut^eranem  befe^t.  3lux  toenige 
3Sertreter  ber  calbinifc^en  2e^re  fanben  ftc^  „unter  bem  Abel  unb  in  ben  gebilbetcren  bite* 
gerlid^en  Jtreifen. 

20  .  ^rell  bagegen  ^atte  frül^er  auf  feinen  Steifen  burd^  ^rantreic^  unb  bie  @d^toeii  mit 
äSeja  in  ®enf  berfe^rt  unb  mit  cabiniftifd^en  ®runbfä^en  fid^  befreunbet.  @obaIb  er  ba^er 
5ur  9Rad^t  gelangt  h)ar,  eröffnete  er  burc^  eine  gan^e  Sleil^e  tiefgel^enber  firc^Iic^er  3Rafy 
regeln  eine  ^meite  @))od^e  bed  firV^tocalt)ini^mu^  für  Jturfac^fen,  aSerbingd  nic^t  ol^ne 
3Jtith)iffen  unb  ^uftimmung  be^  bon  bem  $of)n:ebiger  @d^ü|  in  ^^tli))^iftifd^en  Stnfc^auungen 

25  erlogenen,  babet  tt^enig  felbftftönbigen  Jturfürften  Sl^riftian  I.,  Yodö^n  übrigen^  berftc^erte, 
h)eber  6alt)inift  noc^  ^lacianer,  fonbem  gut  d^riftlid^  fein  }u  h)oUen.  3)ie  Unterjeic^nung 
ber  foeben  erft  nac^  fd^h)eren  ^äm))fen  aufgerichteten  ^onlorbienformel  h>urbe  t>on  ben 
Äirc^enbiencm  feit  1587  nic^t  hjeiter  geforbert,  toie  bcnn  Ärell  felbft  bei  feiner  SeftoDung 
jum  Jlanjler  auf  feinen  äBunfd^  bamit  t)erfd^ont  tourbe.    @in   lanbeel^exrlic^  ÜRanbot 

30  t)om  28.  äluguft  1588  gebot  ben  ^rebigem,  „\)a^  unjeitige  unb  unnötige,  aadf  ärgerlich 
®cbei^,  @e}änl  unb  SSerbammni^,  beffen  ftd^  etliche  mel^r  ^u  3^i^i^üttung  bemt  @rbauung 
unb  Sauung  ber  c^riftlic^en  (Semeinben  an^  ge^efftgem  ©emüte  eine  3cit^cro  unterfUmben, 
gänjlic^  gu  Dermeiben".  3)er  ©uperintenbent  ©elncccer  in  2ei})ug,  toeld^er  fid^  baburc^ 
in  feinem  jjolemifd^en  ®ifer  nic^t  ftören  liefe,   tourbe  1589  entlaffen  unb  an  feine  ©teile 

36  ber  cafoiniftifd^e  ^ßaftor  an  ber  5RifoIaifirc^e  aBolfgang  §arber  gefegt,  toä^renb  ald  5ßaftor 
an  ber  I^oma^Iird^e  ber  gleic^gefinnte  ©unbermann  berufen  tourbe.  gn  SBittenberg  liefe 
man  ^ßol^farj)  Se^fer,  ben  SWitarbciter  bei  bem  JEonforbientoerfe,  nac^  Sraunfd^toeig  jiel^en 
unb  berief  an  feine  ©tefle  ben  ©uperintenbenten  Urban  5Pieriu^  au«  Äüftrin.  3n  3)re«ben 
tourbe  ber  §ofj)rebiger  3Riruö,   toeld^er  bem  Äurfürften  erflärte,   er  toerbe  bem  ^l.  ®eifte 

40  ba«  5!Raul  nic^t  ftojjfen,  be^^alb  1588  feine«  3lmte«  entfe^t  unb  eine  ^üt  lang  auf  bie 
geftung  Äöntgftein  gebracht.  3)ie  bciben  $of})rebiger  ©almutl^  unb  ©teinbad^  bagegen 
toirften  für  ben  6atoini«mu«  burd^  SBort  unb  ©c^rift;  jener  bearbeitete  in  ©emeinfdpaft 
mit  5pieriu«  eine  Sibel  mit  catoiniftifd^en  ©loffen,  bie  fogenannte  Ärettfc^e  Sibel,  toelc^ 
aber  nur  bi«  ^um  2.  93üc^  ber  S^ronila  Dorrücfte,  biefer  einen  ^atec^i«mu«  t)on  gleich 

45  Jenbeng.  ©leic^jeitig  tourbe  1588  ba«  Dber!onfiftorium  ju  2)re«ben  aufgej^oben  unb  bie 
§erau«gabe  t^eologif^cr  ©cbriften  einer  fd^arf en  Genfur  unterteilt.  2)oc^  tiefer  a\S  burc^ 
(Stte  biefe  SSorgängc  tourbe  ba«  firc^lid^e  SSolföbetoufetfein  Derle^t  burc(i  bie  unter  bem 
4.  3"li  1591  anbefohlene  2lbfc^affung  be«  @jorci«mu«  bei  ber  3;aufe,  in  toelc^er  nic^t 
blofe  ber  gemeine  5!Rann,  fonbem  auc^  ein  grofeer  3^eil  ber  (Seiftlid^en  einen  f(^>toeren,  bie 

60  ©ctoifjen  bcbrücfenben  (Singriff  in  ba«  SBefen  be«  ©aframent«  erblicfte.  3^^^  ^**^ 
ßl^nftian  I.  felbft  feine  jüngfte  loc^ter  2)orot^ea  im  Januar  1591  uim  tiefften  Seibtoefen 
ber  Äurfürftin  ©opf^ia  burc^  ben  §ofj3rebtgcr  ©almutl^  obne  jene  ^ormel  taufen  laffen; 
aber  Diele  liefeen  jc^t  i^re  Äinbcr  lieber  ungctauft  ober  fuc^ten  bie  3^aUfe  au«toärt«  noc^f. 
'^n  ber  Äreujfirc^e  ju  3)re«ben  erxtoang   ein  93ürger  unb  ^l^iW^   bd  ber  Xaufe  feine« 

66  «inbe«  ben  ßgorci^mu«  mit  bem  33eile  in  ber  §anb,  in  Seij)5ig  unb  anbertoört«  lam  e« 
in  tumultuarifc^en  Sluftritten.  311«  ber  .^urfürft  mit  Ärell  um  jene  3rit  auf  einer  Steife 
nad^  ^tnta  fam,  bat  \f)n  ber  ©ut)erintenbent  Salt^afar  Äabemann  mit  feinen  fämtli^en 
©eiftlic^en  fufefäüig,  fic  mit  ber  Untcrfc^rift  toegen  ber  SBeglaffung  bc«  ®jorci«mu«  }tt 
Derfc^onen.  2)er  Hurfürft  toar  fic^tlic^  betroffen  unb  liefe  ben  ftanjlcr  l^art  an :  ,,2)o«  1^ 

üo  id;  nid^t  getoufet,  bafe  ba«  3)ing  fo  t)iel  ju  bebeuten  l)at/' 


^(0  87 

SBte  ed  bei  eingelnen  btefer  tirc^lidben  Sieformen  gtDeifel^aft  bleibt,  ob  fie  auf  JtreS 
aQetti  ober  nur  l^u))tfä(i^Ii(^  jurüdjufül^ren  fmb,  fo  lö^t  ftd^  ^ur  3^it  nic^t  mit  @id^erl^eit 
fefIßeDen,  ob  er  ber  Url^eber  ober  nur  bo^  Organ  ber  ))o(ittfci^en  3Ra§nal^mcn  mar,  ju 
benen  fu^  S^füan  I.  im  ©egenfa^e  ju  jturfürft  äluguft  in  ber  93e^anblung  ber  Sleid^' 
^olittt,  toie  befonberd  ju  ®unften  bed  ßalDini^mui^  beftimmen  lie^.  Sßäl^renb  ItreQ  in  6 
einem  ©utac^ten  t>om  16.  9lobember  1586,  in  bem  er  bie  ©rünbe  für  unb  toiber  eine 
llnterflü(ung  92abarrad  obtoog,  ftc^  fc^Iie^Iid^  abratenb  an^pxad),  bertrat  er  f^öter  bie 
entgegengefe^te  Snfc^auung  unb  fieberte  i^re  3)urci^fü^rung  auf  ben  ß^f^^n^^^^f^^ 
feinet  $erm  mit  ))roteftantif(^en  ^rften  )u  $(auen  1590  unb  Xorgau  1591 ;  fud^te  aber 
and^  ^er  gegenüber  bem  ^Drängen  unb  treiben  ^o^ann  Safimird  m  befcbh)ici^tigen  unb  ju  lo 
madigen.  3)ie  Hugenotten  in  ^anbeic^  tourben  gegen  bie  fat]^o(if4e  Sigue  mit  naml^aften 
^ilfdgelbem  unb  mit  3;ru)}t)en  unterftü^t.  älllein  ber  1591  unternommene  ^(bjug  unter 
bem  ^rften  S^tion  t)on  ^n^olt  blieb  o^ne  @rfoIg,  unb  ru^mlod,  mit  einer  niemals 
eingelöften  Slntoeifung  auf  rücfftonbigen  @o(b,  leierten  im  folgenben  ^Qi}xt  bie  föc^ftfd^en 
$Ufdtni))t>en  jurüd  ©erabe  auf  biefen  $unh  tourbe  f))äter  bie  $au))tanl(age  toiber  Jtrell  15 
gegrünbet 

@d  begreift  fid^  nämlid^  leidet,  ba^  bie  Umufrieben^eit  mit  bem  mächtigen  Jlanjler, 
ber  )uglei(t^  l^eftigen  3Iem))eramentd  unb  l^errifc^en  S^aralterd  toar,  namentlid^  in  ben 
Greifen  bed  8bel^,  ber  f)o1^m  §ofbeamten  unb  ber  ©eifttid^feit  immer  f)'6f)^  ftieg.  ©en^ 
nod^  toürbe  er  bei  ber  ©unft,  in  toelc^er  er  bei  bem  jturfürften  ftanb,  toa^rfd^einlid^  noc^  ao 
lange  fui^  bel^au))tet  l^en,  f)ätt^  nid^t  ber  ^lö^lic^e  ^ob  feinet  ©önner^  i^n  ebenfo 
jpBifiidf  ju  Soben  getoorfen.  ßl^riftian  I.  ftarb  ben  25.  ©e))tember  1591,  erft  31  3^*^^ 
alt,  unb  l^interlie^  feinen  minberiöi^rigen  @ol^n  unb  92ac^foIger  Sl^riftian  II.  3lo^  am 
3^ge  toor  bem  Segräbni^  be^  flurfürften  entfette  ber  pix  Sormunbfd^aft  be«  jungen  Sles 
lenten  berufene  älbminiftrator  ^ebri^  äBil^elm,  ^ergog  ju  Sad^fen^älltenburg,  ein  Snfel  26 
|o^n  ^ebric^  bed  ©rogmütigen,  auf  älntrag  be^  äluSfc^uffed  ber  Slitterfc^aft  unb  im 
5iiü>erftdnbnid  mit  ber  toertoittoeten  Äurfürftin  Sophia  ben  Äanjler  feiner  SBürben  unb 
lie|  i^n  auf  ben  itdnigftein  bringen,  ^ier  h)urbe  ü)m  ein  elenbe^  ©emad^  jur  ^ol(;nung 
ongetoiefen,  toeh^ed  t>orl^er  bem  Dr.  3Rirud  gum  Slufen^alt  gebient  l^atte  unb  bem  {ranlen 
SRonne  nic^t  einmal  ^inlönglid^en  @d^u^  gegen  bie  Sßitterung  bot.  @in  öi^nlic^e^  So^  90 
traf,  ©olmut^,  $ieriuS,  ©unbermann  u.  a.  SSiele  ©eiftlic^e,  toeld^e  ftd^  toeigerten,  bie 
bei  ber  1592  angeftdlten  Jtirc^ent)ifttation  t)orgelegten  bier  älrtifet  )u  unterjeid^nen, 
tourben  abgefegt,  jo^lreic^e  alabemifc^e  Seigrer  unb  anbere  93eamte  aud  gleid^em  ©runbe 
entfernt. 

@ine  naivere  2)arftellung  be^  fireUfc^en  ^rojeffe^,  ber  fid^  bon  je^t  an  burd^  bolle  86 
u^  ^a^re  longfam  ^in^og,  l^at  93.  93ol^nenftäbt  in  ber  oben  genannten  ^iffertation  in 
Ibigri^  genommen.  2)rei  ^agen  fud^t  er  ju  beanttoorten :  ^urc^  toen  tourbe  JtreQ  )otx= 
baftet?  SBer  trug  bie  ©c^ulb  an  ber  je^niäi^rigen  3Serfd^lej)j)nng  be^  gerid^tlid^en  3Sers 
fa^en«  gegen  i^n?  SDSaö  enblic^  fül(;rte  feine  Verurteilung  ^erbei?  3"  ^^"^  bi^l^er  t)ers 
öffentlid^ten  erften3:eile  fommt  ber  SSerf affer  ju  bem  6rgebniffe:  „9lad^bem  ba«  ^ai}x  1592  40 
bm  Älägem  bie  Überzeugung  gejeitigt  ^attc,  bafe  ber  SJerfuc^  eine^  georbneten  ^Projeffe« 
ein  toergeblic^ed  beginnen  fei,  fo  bafe  ein  fummarif^e«  Verfahren  befc^loffen  tourbe,  rebräfen^ 
tiert  ^ebric^  ^il^elm  für  bie  älu^fü^rung  biefe^  93efd^luffe$,  toelc^ereine  foforttgeSeenoigung 
bed  ^rojeffe«  l^erbeifül^en  mu|te,  ba«  retarbiererü)e  3Koment.  6r  berfuc^t  c^  obermate,  Se« 
toetfe  für  bie  @(^ulb  be^  ©efangenen  l^erbeijufc^affen,  toöbrenb  bie  Sanbf c^aft  ba^  @rgebnii^  45 
biefer  Semül^ungen  ru^ig  abtoartet".  2lnfang«  fanben  bie  5Kitgliebcr  ber  SRitterfd^aft,  toeld^e 
Jtrdld  SSerl^aftung  beantragt  Ratten,  feine^toegg  allfeitige  Seiftimmung.  SSielmel^r  erflärten  [xi^ 
bie  Umt>erfttäten  Wittenberg  unb  2üpm  ablei^nenb  ober  au^toeic^enb,  ja  ein  beträc^tlid^er 
%üi  bed  Stbel«  äußerte  [xä)  gegen  ben  Kurfürften  bon  Sranbenburg  unb  ben  älbminiftrator 
mi^iOigenb,  ba§  burd^  bad  bii^l^erige  Vorgehen  gegen  ben  Jtan^ler  ba^  ©ebäc^tnid  be^  so 
iKrftorbenen  2anbe«^erm  t)erunglimi)ft  toerbe.  Srft  nac^  mel^riäi^rigcn  SSerl^anblungen  unb 
nod^bem  bie  ©attin  Arelix,  5!Rargareta  geb.  ©riebe,  toieberl^olte  ÜJlonitoria  be^  Sleic^^ 
lommergeric^t^  ju  ©beier  toegen  Sled^t^tjcrjögerung  ertoirft  l^atte,  gelang  e^,  34  Älage^ 
pmdU  jufammenjuftellen,  bie  aber  ft)äter  me^rmafö  geänbert  unb  fc^lie^Uc^  auf  einem  ben 
1.  Jebruar  1600  ju  9Reifeen  gehaltenen äu^fc^ufetage  auf  folgenbe  bier  rebujiert  tourben:  55 
ÄreU  l^be  ben  flurfürften  jum  ßalbini^mu«  berfü^rt,  jum  framöfijc^en  Ärieg^toefen  ber= 
leitet,  bem  Raifer  entfrembet  unb  mit  ber  Sanbfd^aft  entjtoeit.  ^er  3tngcflagte  berief  fic^ 
in  ben  feit  1597  mit  i^m  angcfteüten  Verhören  fortbauemb  auf  bie  überall  eingeholte 
unb  erlangte  ©ene^migung  be^  2anbe«l^erm,  ja  btfjaupUU,  bafe  er  il^m  bon  ber  fran* 
}öfif(^^  Äriegderllärung  abgeraten  l^abe.    6nblid^  aber,  um  jum  ^kk  ju  gelangen  un^ 


88  ^cO  Stttta 

tarn  Setpetfe  ber  Un))artetKcl^Ieit,  überfanbte  ber  Slbmimftrator  bie  Unterfuc^ung^otten  {um 
%erf)}ruc^  an  bie  bö^mifc^e  9lt>))eIIatu)nd!ammer  in  $raa,  toetd^e,  o^ne  bed  Steligiond» 
t>un!ted  ju  gebenlen,  unter  bem  8.@e)>tember  1601  )u  Snfed^t  erlonnte,  „ia^  Xngdlaster, 
3).  ?ltcol.  Ären,  mit  feinen  bielfac^en  böfen,  toiber  feine  ^flic^t  fürgenommenen,  bo^tm  unb 

5  mit  frembber  ^errfc^aft  unb  berfelben  Slbgefertigten  gebraud^ten  ißradEtilen  unb  aOeij^anb 
argliftigen  fd^äblic^en  ^ümel^men,  fo  ju  ^ec^t  genugfam  uf  in  bargetl^on  unb  ertmefen, 
baburd^  er  toiber  ben  ufgerid^teten  Sanbfrieben  ju  2!urbirung  gemeine«  38aterlanbe«  Snil^ 
unb  (Sinigleit  gel^anbelt,  fein  Seib  unb  Seben  bertoürdEet  unb  alfo,  anbem  mm  SDbfc^, 
mit  bem  ©d^toerb  gerechtfertigt  toerben  fott".    Ärell,  toeld^em  hcS  toon  bem  »bminiftrator 

10  beftötigte  Urteil  ben  22.  September  t)ubli]^iert  tourbe,  toenbete  t>ergebli(^  fofortige  2äu< 
terung  bagegen  ein  unb  tourbe  ben  6.  Öltober  \>on  bem  Ifönigftein  nadf  SDre^en  ge» 
brad^t,  too  man  il^n  bem  2)ol^naer  5ßfaner  TOIoIau«  93lume  nebft  utoei  ©reiJbener  SDio? 
Ionen  )ur  Xobe^borbereitung  übertoie«.  92ad^bem  er  feierlich  feine  Ünfd^ulb  an  ben  ibm 
beigemeffenen  93erbred^en  beteuert  unb  mle^t  ftc^  in  bie  $anb  ber  göttlich  SDreietnmteit 

16  überanttoortet  ^atte,  toarb  er  ben  9.  Drtober  1601  auf  bem  Sleumorft  )u  3)redben  öffent« 
lid^  ent^au))tet.  2lfö  fein  $aupt  gefallen  toar,  rief  ber  6<^arfri(^>ter:  ,,3!)a«  toor  ein  cot 
binifd^er  ©treid^ !  ©eine  2:eufel«gefellen  mögen  fic^  too^l  fürfel^en,  benn  man  fc^ont  oll^ier 
feinen."  2)er  junge  Äurfürft  ß^riftian  II.  ^atte  am  Sage  nad^  ber  5ßublifation  bed  UrteiÖ, 
ben  23.  @ej)tember,  nac^  erlangter  SWünbigleit  bie  Slegierung  angetreten  unb  berreifte  am 

20  ^inrid^tung^tage  bon  ©reiben  nac^  Orofeen^ain,  toä^renb  feine  5!Rutter  ©ojjj^ia,  toelc^ 
ben  Äaijer  Slubolf  au^brüdflid^  um  eine  „x^ö^i  crnfte  ©traffe"  gebeten  l^e,  bem  blutigen 
©c^aufi)tel  jufal^,  inbem  fie  äußerte,  fie  tooHe  bem  9Kanne  fein  9le(^>t  t^un  fe^en,  ber  i^ 
feiigen  §erm  fo  übel  angefü^ret  ^abe.  3)a«  ©d^toert,  mit  toeld^em  Ärell  ent^au))tet  toorben 
ift  unb  ba«  bie  Snfc^rift  Cave  Calviniane  trägt,  toirb  im  l^iftorif(^>en  SKufeum  ju  35reÄen 

26  aufbetoal^rt.    3)ie  Äoften  bc«  ^Pro^effeö  beliefen  ftc^  auf  117972  ©ulben. 

Ären  erinnert  Dielfac^  an  ben  bänifd^en  5!Rinifter  ©truenfee,  toelc^er  ebenfalls  oud 
bürgerlicher  ©t)l^äre  jum  allmächtigen  Slatgeber  eine«  fc^toad^en  gürften  emj)orgeftiegen, 
bur^  unborfid^tige,  alle«  überftürjenbe  Steuerungen  $ol^e  unb  Sliebrige  toiber  fxdf  auf» 
brachte  unb  auf  bem  2RarItt)la^  ju  Äopenl^agen  ben  28.  3lt)ril  1772  blutig  enbigte.    Um 

80  ftreitig  füllt  bie  §ärte  unb  ©raufamleit  in  bem  SJerfal^ren  toiber  ben  unglüdHid^en  3Rann 
ein  bunfle«  93latt  ber  fäd^fifd^en  ©efc^id^te  unb  toirft  auf  ben  bamaligen  Mec^t^juftanb  in 
SDeutf^lanb  ein  trübe«  2id^t.  9?amentlic^  toar  e«  eine  grobe  3lnomalie,  ba|  ein  lutJ^erifd^ 
2anb  fc^liefelic^  einen  lat^olifd^en  ®eric^t«l^of  anrief,  um  einen  ^e^n  ä^re  lang  l^in» 
gcfd^le^>)ten  ^rojefe  >um  3lu«trag   bringen  ^u  laffen,   bei  toelc^em   fonfeffionelle  ?JunÖe 

86  toefentlic^  in  5Jrage  famen.  Slber  nur  eine  einfeitige  ®efd^ic^>t«betrad^tung  fann  in  ÄreH 
lebiglid^  ba«  Ojjfer  be«  lird^lic^cn  ganati«mu«  unb  ben  fc^ulblofen  2Rärt^rer  feiner  reli» 
gtöfen  Überzeugung  fe^en.  SSielmel^r  fe^t  ftc^  bie  Urfac^e  feine«  ^He«  unb  Untergange« 
au«  fe^r  Derfc^jiebenen  g^^toren  ^ufammen.  3)er  äbel  unb  bie  ^urüdEgefe^ten  bolzen  $of« 
beamtcn  Derjiel^en  i^m    nic^t  feine  bürgerliche  3lblunft  unb  Übergebung,   too^l   aud^  bie 

40  Sef^räntung  gctoiffer  5ßrit)ilegien,  5.  93.  be«  ^agbrec^t«  (Ä.  b.  ffieber«  3lrd^ib  für  ©äd^f. 
®efc([id^te  7.  93b,  ©.  214  f.).  2)ie  ®eiftlic^!eit  mit  ber  Äurfürftin  iüxnU  ij^m  toegen  feiner 
lird^lic^en  ®etoaltfc^ritte,  lei^tere  in«befonbere  toar  il^m  Jjerfönlid^  abgeneigt.  2)er  Äaifer 
enbltc^  unb  fein  ®eric^t  in  ^rag  bestrafte  i^n  für  bie  Hinneigung  ju  granlreid^.  @r 
fclbft  aber  beging  ben  folgenfc^toeren  ^el^ler,  baj  er,  ol^ne  babci  mit  boller  Älar^eit  unb 

46  Offenheit  ^u  Säcrfe  gu  ge^en,  bem  ©ad^fenbolfe  jum  gtoeitenmal  nad^  furjer  3^^  f«« 
lut^crifc^e«  93cfenntni«  in  ^rage  ftelltc  unb  e«  im  ©turmfd^ritt  ju  fird^lic^en  Umgefial« 
tungcn  brängtc,  für  beren  95ebeutung  im  gntereffe  eine«  einj^eitlic^en  3Sorge^en«  ber  eban« 
geli'fc^en  3Hci^«ftänbc  in  tocitcn  iRreifen  toeber  ä5erftänbni«  noc^  gmpfänglic^feit  bor» 
^anben   toar.    Über  bie  }3olittfc^e,  fird^lid^e  unb  Jjcrfönlic^e  ©tellung   be«  abminiftrator« 

60  ^cbric^  Söil^elm  gicbt  93o^nenftäbt  (j.  93.  ©.  34  -36)  eine  Steige  bon  SBinfen, 

D«»a(b  ec^mibt  t  (©eorg  aRfttter). 

Srcta  im  ajjoftolifc^cn  Zeitalter.  —  fiitteratur:  Ä.  ^öcf,  ÄretQ,  3  »önbc,  ®öts 
tingcn  1823 — 29;  i.  ?l.  ib.  eprott,  Travels  and  researches  in  Crete,  Bonbon  1865;  ®.¥cr« 
rot,  nie  de  Cröte,  Souvenirs  de  voyage,  ^ßari«  1867;  ^.  @trobI,  ^reto,  ^üntftcn  1875— 77; 
öö^onbb.  b.  floff.  WItcrtumsJmiffcnfcÖQftlll,  S.  212— 219;  Kiepert,  ^Iqö  öon  C>eUa«,  »l.XXI; 
3nf4viften  CJG  II.  2554—2612;  ^Jommfen,  9i®  II,  64.  III,  74f.  141;  aRarquarbt,  mm. 
StaatSücrnjaltung  P,  ©.  457  ff.;  (Slrabo  X,  4  p.  474 ff. 

Kreta,  in  früberer  ^txt  bie  blül^enbc  „S^f^  "^^  ^unbert  ©täbte",  toar  im  lefeten  gjal^r» 
l^unbcrt  t).  6f^r.  biirc^  unaufl^örlic^e  95ürgerlricgc   \)'oüxq  jerrüttet   unb  für  bie  jfänber  be« 


ftreia  ftrct^t  nnb  ^ItOfi  89 

Sttttelmeexd  eine  bouembe  ©efal^r  burd^  bie  bort  l^aufenbe  Piraterie,  ^m  fretifd^en  Jhtege 
(68—67)  imtertoorf  ber  5ProIonful  D.  SKetelluö  in  fd^toeren  RänH)fen  bic  ganje  S^H 
3^te  Dtflonifation  oI«  5ßrotoinj,  bon  SWetellud  begonnen,  toutbe  im  ^cii)xt  66  bon  $oms 
pnu&  iVLttt  Xbfd^lug  Qtbxad)t  Ob  fte  bereite  bamal^  mit  S^renaica  bereinigt  toorben, 
iß  }ta)eife(]^  (^arquarbt  @.  461).  ^m  ^a^re  27  nad&  bem  Xobe  bed  älntoniu^^  ^ai  5 
Octobion  fte  mit  il^ene  }u  einer  ^robinj  ^ufammengefa^t.  SDer  92ame  ber  9!)o))))e(^rot>in) 
taKd^felt:  &ete  ober  Sirene  ober  Srete  (et)  Sirene  (Dio  Gass.  LIII,  12,  4:  Kqijttj 
furd  Aißvfjg  rng  nEQi  KvQijvf]V ;  ©trabo  XVII,  3  p.  840 :  Kgi^rtj  fieiä  Tt\g  Kvgrj' 
raiag),  @te  geipörte  bem  @enat  (Dio  Gass.  a.  a.  O.)  unb  tourbe  bon  einem  ^ro^rätor 
mit  bem  litel  proconsul  bertooltet.  Unter  ben  ©tobten,  bie  in  römijc^er  3«t  ein  xoiv6v  lo 
btiben  mit  einem  KQrjtdgxvg  (CJG  2744),  toaren  jur  ^t\i  be^  ©trabo  am  bebcutenbften 
®ort^na,  ^onia  uno  ßnoffod  (lat.  Gnossus),  (entere  eme  römifc^e  Jto(onie.  9U^  $aulu^ 
auf  feiner  ®et)ortation«reife  21®  27,  7  nac^  Äreta  tarn,  fui^r  fein  ©c^iff  am  norböftli(^>en 
Sorgebirge  ©olmone  borbel  93ei  ©trabo  l^ei^t  e^  HaX/Luoviov  (II,  p.  106)  ober  2*0- 
fjuüviov  (X,  p.  472.  474  u.  ö.,  bei  Ptolem.  III,  17,  5  ZafifjKbvuyy,  Plin.  n.  h.  IV,  i6 
12,71:  Samonium);  ouc^  finbet  fic^  ZaXfxoyvlg  Dionys.  Perieg.  110.  3ln  ber  ©üb* 
fit^  entlang  fal^enb,  lanbet  man  in  Kcuol  hueveg,  in  ber  92ä^e  ber  ©tabt  SJlatala 
^iatalia  Ptolem.  III,  17,  4)  an  bem  fübli(^>ften  SSorgebirge  ber  g^fel.  3)ie  ©tabt 
&fata  {Aaoaia,  Aaaaala  ^*,  Aatoaa  ^^<^,  'AXaaoa  A  vg.  OdXaooa  vg)  ift  nic^t  nac^« 
tDci^bor;  bieQeid^t  liegt  'Aixxl  )u  ®runbe  (f.  93(ag  ).  ©t.).  3)er  i^afen  $l^5ni£,  ben  bie30 
€(^er  27,  12  errei^en  mdd^ten,  l^eifet  bei  Ptolem.  III,  17,  3  0oivixovg  hfxrjVy  ba« 
neben  eine  (Pöivii  ndhg  ögl.  ©t)ratt  ©.  249.  2)ie  3nfel  Kavöa  («'^  B ;  KXavfni  HLP, 
KXavda  «)  Reifet  bei  Ptolem.  III,  17,  11  KXavöog.  2)ie  »eööllerung  bon  Äreta,  ur= 
fprfinglic^  ftarl  gemifc^t  aud^  mit  femitifd^en  Elementen,  fül^rt  ben  9{amen  Kgfjreg.  ^u« 
ben  auf  Äreta  fmb  bejeugt  1  9Raf  15,  23  (®ort^na).  Jos.  Ant.  XVII,  12,  1  §  327  26 
b.  j.  II,  103.  Phüo  leg.  ad  Gaj.  §  36.  II,  p.  587  M.  ©ie  KQtjreg  31®  2,  11 
finb  tretifc^e  Ipuben  ober  ^rofel^ten.  ^er  fd^lec^te  9luf,  ben  bie  äSebölIerung  \>on  Jtreta 
^e,  ift  ni^t  nur  burc^  Sit  1,  12  bezeugt.  KQrjuCeiv  für  lügen  unb  trügen  Anth. 
11,  371.  Kgrjta  xQfjxlCeiv  einen  ©d^elm  überKften,  Plut.  Aem.,  23.  Lys.  20.  S)er 
twm  bem  SSerf.  bed  Ittudbriefe«  dtierte  ^ejameter  KgijTeg  del  yjievarai,  xaxä  ^gux,  ao 
yaarigeg  ägyal  \oü  nac^  S^r^foftomud  an^  ben  Xgtjafioi  be$  @^imenibe^  ftammen,  bed 
jnciefterlid^en  ©el^erd  unb  SBunbertJ^öter^  aud  ber  Reit  (unb  go^O  ^w  fieben  SBeifen  (Plut. 
SoL  12.  Diog.  Laert.  I,  p.  109  ff.).  33gl.  ben  9(rt.  bei  ^aul^.        ao^amted  eeig. 

StnÜli  tmb  ^(tt^i.  Gleitete  ^Ibl^anblungen  barüber  fie^e  in  UgoliDi,  Thesaur.  vol. 
XXVII.  «gl.  ewalb,  ©cfcft.,  3  «ugg..  I,  353  f. ;  »crt^eau,  3ur  ®c|(ft.  ber  3«r.,  ®ött.  1842,  36 
186  ff.;  Äöftler,  ©cfdj.  ü,  295.  298;  ®ut6c.  ®cfd|.  ©98;  »crt^olet,  Stcflung  ber  S^taelitcn 
|u  ben  grremben,  fjrcib.  1896,  8. 38  f.;  Slncfler,  ®efd).  gsr.  II  (1900),  @.184f.;  S)ie  Äom^ 
mcntore  ju  6am.  unb  tönige,  unb  bie  «rtt.  6rctM  unb  ^Ut^i  in  SBtnerS  SRrob.,  Ärcti  u. 
ffeti  in  6t^enfeld  «S.  (oon  ^eutfer),  (Sretf)i  u.  $let^i  in  Stie^md  ^bmb.  (uon  (^.  ^aur). 

«tet^  unb  ^leti^i  (^n^cm  \-)-2n)  j^eifet  in  ber  baöibifc^en  3eit  bie  föniglic^e  2eib*  40 
gorbe,  bie  bon  Senaja  (f.  II, ©.556)  befehligt  h)urbe2  ©aS,  18  (ju  lefen  mi)  1 6^r  18,17); 
15,  18;  20,  7.  23  (nadi^  kerß  ju  berid^tigen) ;  lÄg  1,38.  44.    ©ie  bilbeten  bie©i^er:: 
(icitdtDac^  be^  Äönig«  {owjLiaToqwXaxeg  S^f^^-  Ant.  7, 5, 4)  unb  toaren  il^m  ate  näc^fte 
«onpreder   feine«  ©inen«  jur  $anb  (^rr?:;^?:  2  ©a  23,  23;   t>gl.  1  6^r  11,  25),  im 
ibieg   aber  tine  bem  Jtönig  treu  ergebene  ltemtrup))e.    ^er  ^o))^elname  ift  Don  alter«  46 
^  oft  aj)t>eBatit>  gebeutet  toorben,  aU  „©(^>arfri^ter  unb  ßäufer"  (®efeniu«  Thes.  u.  a.), 
ober  ,,Sogenfdi>ü^en  unb  ©c^leuberer"  (larg.  Sonatl^.  unb  ^t\6^.).  Die«  ift  jeboc^  jprac^s 
üdf  mdft  julöfftg.    Slbgefel^en  bat>on,  bag  leine  biefer  et^mologifc^en  9(bleitungen  folc^e 
Deutungen  einleud^tenb  rechtfertigt,  \piAd)t  fc^on  bie  fmgulare  93ilbung  auf  \  entfc^eibenb 
für  n.  gentilicia.   Unb  gtoar  ift  ber  9lame  Krethi  offenbar  ^u  berfte^en  toie  l©a30, 14;  w 
»jgL  S^^  2,  5;  ej25,  16:  e«  ift  bamit  bie  }3^iliftäifc^e  »ebößerung  ober  ein  leil  bcr^ 
felboi  gemeint.    SBeniger  Mer  ift  ber  S^fammcn^ang  bief e«  SSolIe«  mit  ber  3nf ^I  Äreta ; 
boc^  ip  er  immerl^in  toa^rfd^einlid^.    ©ie^e  b.  ärt.  Äa^)^t^or  93b  X  ©.  33, 52.    Plethi 
f(^etnt  eine  9U)für}ung  für  P'lischthi  ju   fein,  bie  fid^  mit  Krethi   reimen  unb  neben 
biefem   auf  bie   t>erf^iebenen  93eftanbtei(e  ber  ^^iliftäifc^en  SSeDölterung  anf))ielen  fodte.  55 
BiwHer  lömbiniert  ba«  erftere  mit  Beth  Pelet  ^of  15,  27,  ba«   aber  Dielme^r  mit  ^ 
gefc^eben  toirb,  unb  fiebt  gar  in  ben  Äretl^i  unb  ^Ict^i  „bie  &mt^  be«  5icgeb,  bcncn 
I)atoib  entftammte" !  —  2)abib  ^atte  fc^on  in  jungen  ^af)xcn  mit  ben  ^l^iliftem  feinbltc^e 
imb  freunblid^e  Berührungen  gel^abt.    Sßie  er  bort  al«  ^elben^after  Jtönig  l^o^e  3(c^tung 


90  ftrei^i  uttb  flei^i  Strettj  itttb  ftreitjtgttitg 

genofe  unb  biefe  fidb  barin  äußerte,  bafe  t)^iKftätfcl^e  Slccfen  il^m  t^  arm  jur  SScrfüflunfl 
ftcttten,  ictgt  ba«  Seifricl  beö  ^t^aj  unb  feiner  2eute  au^  ®at1)  2  Sa  15,  18  ff.  (18, 2). 
©0  ift  nic^t  ju  be^toeifeln,  bafe  er  gcrabe  an^  biefem  friegerifd^en  Slac^bortoolf  eine  fiom 
bige  l)tenfttru})j)e  um  fid^  ^atte,  bie  nur  il^m  Jjerfönlid^  ergeben  unb  bai^er  ouc^  bei  tmteien 

5  abirren  t^öllig  )ut>er(äfftg  Wax.  SBentgftend  ber  ©runbftod  biefer  ®arbe,  h>e((^e  nic^t  mit 
ben  600  ©ibborim,  ber  einl^eimifd^en  ©Kte,  ju  bertoed^feln  ift  (bgl.  2  ®a  20,  7),  nm| 
t)l^iliftätfc^en  Urfprung^  getocfen  fein.  2)abibi^  33er^alten  m  ^ifyx\  betpeift,  ba|  man  an 
einer  f o(c^en  93ei)ie^ung  bon  9lu^(önbem,  unb  jtt^ar  unbefc^nittenen,  tt^eber  t>om  nationalen 
nod)  Dom  t^eofratifc^en  ©eftd^t^unlt  ^toa^  anftöfeige«  fa|^.  —  Slotürlid^  gab  e«  am  Qc^ 

10  aud^  toeiterl^in  ftet«  eine  Seibtoad^e,  unb  e^  ift  toal^rfd^einlid^i,  bafe  fie  nod^  längere  ^A 
ben  bolfötümlic^en  5Ramen  Äret^i  unb  ^let^i  führte,  obtool^l  biefe  Benennung  ol^ne  Stov^ 
balb  nic^t  me^r  auf  bie  ^Rationalität  ber  Seute  pa^ltt  ^wc  3^  i>cr  ^if^dia  finben  toir 
2  Kg  11,  4.  19  eine  anbere,  offenbar  bem  alten  2)ot)^elnamen  nat^ebilbete:  „2)ie  ilari 
unb  bie  Säufer".    3)ie  le^teren  pnb  bie  bor  bem  föniglid^en  SBagen  l^erlaufenben  unb  ü^ 

16  begleitenben  3:rabanten  2  ©a  15,  1 ;  bgl.  1  ©a  22,  17  unb  fonft.  Kari  aber,  toie  bad 
kethib  fc^on  2  ©a  20,  23  lieft,  bietteid^t  infolge  bon  aSertoed^lung  mit  ber  fjKitetcn 
©teDe,  läfet  erfennen,  bafe  in  einer  fj)äteren  $eriobe  bie  Rarer,  ein  oft  auf  älbenteuer  ou^ 
gegangene^  unb  jum  Ärieg^bienft  angetoorbene«  SSolI  (§crobot  2,  152;  5,  111;  StohiiS 
87,  40),  in  Serufalem  bie  ©teile  ber  alten  $^ilifter  eingenommen  l^aben.    @ine  orobifd^ 

20  Seibgarbe  $i^üad  fd^eint  bie  ©iege^infc^rift  ©an^erib^  ju  bezeugen ;  bgl.  Sayce,  Monu- 
ments" p.  431.  433.  ».  DtcHi 

ftreuj  itnb  Srenjtgnng.  —  3uftu8  gipftuS,  De  cnice  lib.  III,  «nttoerpen  1595  unb 
fpätcre  9IuflQßcn;  g.ft.  Srieblieb,  Archäologie  ber  SeibenSgefcftidjte,  ©onn  1843;  Sr.a.3cfter* 
mann,  S)ic  bilblirfie  3)Qrfteaung  bc§  iJrcuje«  unb  ber  l^rcujiflunfi  3efu  ©ftriftl,  2tiph^^  1867. 

26  1868  (^rortramme  ber  2:i)omQgfc6uIe) ;  23.  @mit^,  Dictionary  of  the  Bible  I,  Sonbon  1863, 
9lrtt.  Gross  unb  Cnicifixion;  O.  3ö(fler,  3)q«  Äreuj  S^rifti,  ®üter«Io6l875;  ^.  gulba,  3)a« 
Äreuj  unb  bie  ^rcuj^igung.  93reglaii  1878;  5B.  SBoob  ©cQmour,  The  cross  in  tiadition, 
history  and  art,  9^croi)orf  unb  fionbon  1898  (öicr  p.  XX— XXX  bie  bieder  Dollftönbiflpe 
SBiblioötap^ie).    ^rt.  crux  in  ^quIq'«  atcolcncljfropäbic  b.  Haff.  5IItcrtum8,  2.«.    »gl.  Qit4 

80  bie  fiitteratur  ju  b.  91.  Sheuje«jeic^en. 

3)a^  Äreuj\  (orai'^rfc,  axoloyf,  oavlg,  crux,  stipes)  ift  bie  93ejeid^nung  für  bod 
bei  ber  Äremigung  in  Slntoenbung  lommenbe  SRartertoerljeug,  toeld^e^  biefem,  juerfl  im 
Orient  bei  5Webem,  ^erfem  unb  ©emiten  (mit  2lu«nal(;me  ber  ^uhtn)  nad^toei^baren  unb 
f jjötcr  bei  ben  ©rieben  unb  befonber^  bei  ben  Slömem  eingebürgerten  $inri(^tungÄ)erfal^ 

86  feinen  Gl^arafter  "ottlki}.  3)ie  öorliegenben  bürftigen  unb  nid^t  immer  burd^fui^tigen  3laif* 
richten  über  bie  ®eftalt  beö  Äreuje^  laffen  jtoei  ©runbformen  erfennen,  bie  fog.  crux 
acuta,  ein  fenfrec^ter,  oben  sugeft)i(ter  ^fal^l  ($ef^c^.  s.  v.  axöXoy)  unb  bad  aud  einem 
fenfrec^ten  Salfen  unb  einem  oben  aufliegenben  ober  burd^fdjjnetbenben  DuerboKen  be» 
ftel^enbe  Äreuj  T  f.  2)ag  fogenannte  Slnbrea^freuj,  baö  angeblid^e  SWarterbolj  be«  3l))ofteß 

40  älnbrea^,  toelc^e^  nad^  ber  trabitioneKen  3luffaffung  an^  jtoei  fid^  fd^neibenben  SaSen  t>on 
gleicher  Sänge  beftcl^t  (  ),  ift  ein  ^robuft  mittelalterlid^er  Segenbe  unb  im  ältertume  nic^ 
nad^mei^bar  (3eftermann,  I,  41  ff. ;  Julba  ©.  126  ff.).  SBäl^renb  ber  einfache  ?ßfa^l  fo* 
h)obl  jum  3)urd^f}3icfeen  al^  ^um  Sluf^ängen  ber  Verurteilten  benu^t  tourbe,  biente  biö 
jufammengefe^tc  .ftreuj  allein  le^terem  3^^*^-    3)ie  Sänge  be^  §au))tbalfenö  betrug  in 

«ber  Siegel  toenig  über  ÜRanne^l^ö^c  (Slpulej.,  Metam.  III,  17;  ©ueton.,  Galba  9),  bad 
Duer^olj  (patibulum)  mar  an  ben  fenfred^t  eingerammten  ^Pfol^l  enttoeber  angeboljt  ober 
tourbe,  toa^  häufiger,  t)on  bem  SSerurteilten  jum  §tnrid^tung«i)la^e  getragen.  3)ag  8e» 
feftigen  be^  ^Delinquenten  am  Sreu^gcfd^a^  ntc^t  nac^  ein^eitlid^em  i^erfo^ren.  ©otooBI 
^inftd^tUd^  ber  babci  angctoanbten  äRittcl  afe  aud^  bejüglic^  ber  3lrt  unb  SBeife  be^  Auf* 

60  ^ängcnö  fd)eint  ben  ßrefutoren  eine  getoiffe  ^Jretl^eit  geftattet  getoefen  ju  fein  (©eneca, 
Cons.  ad  Marc.  20,  :3;  SiofcpM,  Bell.  jud.  V,  11,  1,  (Sufeb.  H.  E.  VIII,  8),  too« 
fid^  begreifen  läfet,  ba  bei  ben  SWömem  unter  rec^tlid^en  SSerbältniffen  bie  5treu)igung  nur 
bei  ©tlaocn  unb  Seuten  nicberen  ©tanbe^  in  ^J^age  !am.  ©nttoeber  hJurben  nur  ©tride 
ober  ©tridfe  unb  9?ägel  benu^t  (icnoj)^.  D.  Spfief.,  Ephesiaca  IV,  2;   SCufoniu«,  Cu- 

56pido  cruci  äff.  56 ff.;  qjliniu^,  Hist.  nat.  XXVIII,  4,  11;  ©cero,  In  Verr.  IV, 
11,  26;  §ilariu^,  De  trinit.  X,  13;  Sucan.,  Pharsal.  6,  538  ff.)  unb  in  leftterem 
galle  balb  bie  $änbe  allein,  balb  bie  §änbc  unb  bie  ^ü^e  feftgenagelt  (Sucan.  a.  a.  D.; 
ärtemibor.,  Oneirocrit.  I,  78;  ^lautu«,  MosteU.  II,  1,  12;  SCertull.,  Adv.  Marc.  III, 
19).    Daneben  biente,  bod^,  toie  e^  fc^eint,  nid^t  in  allen  ^en,  al«  ©tüfte  be«  S(&tpa^ 


ftrett}  ititb  Sreitjiflititg  91 

bad  fo^.  St^l^ol)  (sedile),  ein  in  ben  Jtreuje^baRen  eingefügter  ^^oi,  auf  tpeld^en  ber 
Sccurtetlte  reitenb  gefc|t  tourbe  (Suftin.  M.,  Dial.  c.  Tryph.  91;  3^ettäu«,  Adv.  haer. 
n,  24,  §  4 ;  SertuD.,  Adv.  Nat.  I,  12),  fotoie  ein  %xxtt^oh  für  bie  güfee  (})alattnif(i&e« 
g^pottfcugifis,  obgeb.  bei  g.  Secfer,  3)a«  ©Jjottcruc.  b.  röm.  Äaifer^aläfte,  93re«Iau  1866; 
(Bomtcci,  Stoiia  della  arte  cristiana  %al  488),  tpelc^ed  inbed  nic^t  mit  bem  Trittbrett  5 
(h'H'opodium,  suppedaneum)  mittelalterlicher  ßreujigung^barfteUunge^  ju  bertoe^feln  ift, 
benm  (^ijienj  im  3Utertume  burd^  ba^  ^eugnid  ®regor«  Don  ^ourg  (De  glor.  Martyr. 
1,  6)  ni<^t  ^inreid^enb  geftd^ert  h)irb.  ®a^  Serge^en  beö  Verurteilten  Jjflegte,  toenn  e^ 
nu^t  burc^  einen  boranf^reitenben  9(u^rufer  münblic^  befannt  gemacht  tt^urbe,  auf  ein 
X&fdc^en  (titulus,  rlzXog)  gefc^rieben  )u  toerben,  toelc^eiJ  entloeber  ber  Delinquent  felbft  lo 
ober  ein  anberer  t>ot  i^m  l^ertrug  (@ueton,  Cali^.  32 ;  Domit.  10).  3)a^  biefer  Xitulud 
noc^  k>on)ogener  Einrichtung  an  ba^^  ^euj  befefttgt  tt^urbe,  lag  nai^e  unb  toirb  au^brüd« 
üif  bun^  bie  @banaelien  (9Jtt  27,  37  u.  b.  $arall.)  bezeugt. 

Über  bie  Sefc^affen^eit  be^  Äreu^e«,  an  toelc^em  ^^uä  ftarb,  finben  ftd^  im  31Z 
Wne  beftimmten  angaben.  6r[t  bie  fird^lid^en  ©(^riftftetter,  feit  3uftin  b.  9K.,  bejeic^nen  i6 
bad  )u{ammengefe|te  bierarmige  Jlreu)  al^  ^artertperljeug  S^rifti  (^uftin  a.a.D.;  Apol. 
I,  55 ;  Srenäu^  a.  a.  D. ;  lertutt.,  Adv.  Jud.  10).  Suftin  (Dial.  91),  grenäu«  (a.  a.  D.), 
%cctuOxcai  (Ad  nat.  I,  12)  u.  a.  ertoö^nen  aufeerbem  ba^  SSor^anbenfein  eine«  sedile. 
Xuc^  bad  bem  anfange  bed  3.  ^ci)x\^,  ange^örenbe  ))alatinifcl^e  @t)otttnuift£  jeigt  ba^ 
toicrarmiae  Jtreu},  bod^  ol^ne  sedile  unb  mit  ^u^l^ol).  ®^  liegt  nun  tein  ®runb  t>or,  in  20 
ber  l^or^eQung  bed  lird^lid^en  Sltertum^  bejüglic^  ber  ®eftalt  bed  ^reuje^  ^efu  ein  ^^an^ 
taftebilb  f^Kiterer  3eit  ju  je^en,  h)ie  ^ba  (©.221  ff.)  tüiH.  ®ab  e8  3eugen  be«Äreuje«= 
tübed  ^^u,  unb  bilbete  ba^  SBort  bom  Jlreuje  ben  3Rittel))untt  a)}oftoli(c^er  unb  nac^^ 
c4K>ftoltfc9er  $rebigt,  fo  toirb  auc^  eine  ec^te,  h)enn  aud^  allgemein  gehaltene  Xrabition 
iwn  ber  ©efiolt  be«  ^errenfreme«  ftc^  erhalten  Ifabtn  bi^  gu  ^uftin  (bgl.  3öcf ler  ®.  426  ff.).  25 
3a  in  ber  ebangelifc^  @r^l^lung  felbft  liegen  ätnbeutungen  bor,  bie  biefen  ©d^lu§  }u 
beftatigen  geeignet  ftnb.  3)er  aiavQÖg,  ben  anfangt  ^efu^  unb  bann  ©imon  Don  Jl^rene 
trug,  lann  !aum  ber  fenfred^t  einge^^anjte  Jtreugedftamm  mit  ober  o^ne  $atibulum  ge$ 
torfen  fein,  ba  für  bie  Saft  eine^  folc^en  bie  Jtraft  eine^  einzelnen  fd^toerlid^  au^ereid^t 
^oocn  bürfte.  Slufterbem  ift  ein  fol^er  Srauc^  nirgenbi^  au^brüdlid^  bezeugt ;  Yoof)l  aber  90 
(pflegten  bie  Verurteilten  ha^  $atibulum  gu  tragen  ($lautud,  Mil.  glor.  II,  4,  7;  No- 
nios  Marcellus  p.  366;  221).  3)a  aber  mavpög  S3eieic^nung  ni^t  nur  für  „93alfen", 
„^ftt^l",  fonbem  in^befonbere  aud^  für  „5ßatibulum"  ift  (6obet  in  ber  3^^^^-  5Dlnemo5 
1^  VIII,  ©.  278 ;  gulba  @.  137  ff.),  fo  erhält  bie  Annahme,  bafe  ber  bon  3efu  ge* 
tiogene  aravgdg  bad  Querl^ol)  be^  ^reuged  toar,  eine  gute  @tü|e.  2Bie  auc^  fonft  im  86 
Xtotume  (3eflermann  II,  ©.  35  f.),  fo  ^at  man  o^ne  3^^^f^I  <^^^  '"  3^^^"^^  ^^* 
fcQrß,  koie  oud  bem  Stufe  ber  ^enge:  „Kreiuige  il^n!''  ^erborge^t,  Jlreugigungen  nid^t 
ttii0ctx>&^nli(^  geh>efen  gu  fein  fc^einen,  auf  ber  Stic^tftätte  eingerammte  $fäl(;le  gum  3^^^^ 
ber  ilteujigung  in  Sereitfd^aft  gel^abt. 

9bid  bem  Umftanbe  enblic^,  ba^  bad  ^^elution^Iommanbo  ben  Xitulud  am  oberen  40 
Cnbe  bed  5treu)ed  befeftigte,  tö^t  ftd^  fc^lie^en,  ba§  ber  Duerbalfen  nic^t  oben  auflag, 
fonbem  ben  ^fclijfl  burc^fd^nitt,  alfo  bad  Jtreug  ein  Dierarmige^  toar.  äBenn  in  ber  altftr^- 
üäffn  Eitteratur  (g.  9.  93amab.  c.  9 ;  SCertutt.,  Adv.  Marc.  III,  22)  ba«  gried^ifc^e  Stau 
ob  @^tnbol  bed  5treu}ed  bejeid^net  h)irb,  fo  entfc^ieb  babei  nur  bie  allgemeine  ä^n- 
Vtäflat,  unb  man  blieb  ftd^  betonet,  ba§  bad  %a\x  lein  eigentltd^e«  Slbbilb  be«  Ferren-  45 
mi)ed  fei. 

^  bie  »ered^nung  ber  §ö^e  bc«  Äreuje«  3efu  ift  30  19,  29  (bgl.  aud^  2Rt  27,  48 
mb  bie  $arall.)  ein  3(n^alt«))un{t  gegeben,  ^a  nämlic^  bie  Sänge  be«  bort  erh)äl^nten 
9{ot>Jitengeld  gegen  1  3Reter  oeträgt,  fo  toürben  ftc^  aU  $ö^e  be«  ganjen  5treu3ed  gegen 
2,5  Dtö  3  Steter  ergeben.  60 

5Dte  llreu}igung  {qiavQovv,  oxohilCeiv,  jiqotjXovv,  crucifigere,  patibulo  affi- 
eere)  gab  im  ganjen  9lltertume  aU  bie  graufamfte  unb  }ugleid^  fcfimpflic^fte  Xobe^ftrafe 
(Stcarp,  In  Verr.  V,  66:  extremum  summumque  supplicium)  unb  fanb  faft  au«- 
ttCte^u^  bei  5ßerfonen  unfreien  ober  nieberen  ©tanbe«  (servile  supplicium)  ober  gremben 
ofne  rdmifc^e  ßibität  Slntoenbung  unb  jtoar  für  gemeine  mie  für  poKtifd^e  35erge^cn.  66 
Saju  lam,  ba^  fte  fic^  geh>ö^nlic^  nid^t  in  orbnung^mö^igcr  S^etution  Dolhog,  fonbem 
bic  Sbidfü^ng  ber  SlBillfür  ber  §enfer  überlaffen  blieb.  6ine  ©et^clung  pflegte  borau«- 
»ge^  (Liv.  XXXIII,  36:  verberatos  crucibus  affixit),  h)omit  fid^  aflerlei  "ikt- 
j^tftlxmQ  bed  Verurteilten  berbanb.  2)ie  ©ntlleibung  t)or  bem  ©c^lufealtc  entfprac^  einer 
allgemeinen,  ober  borum  nid^t  au^na^mdlojen  ®e))flogenl(^eit,  toie  au^  bie  33erteUung  ber  gq 


92  ftreit)  nitb  ftrettstgitiig  Smtjer^ekfnig 

jlleiber  an  bie  genier,  ^en  Seid^nam  lie^  man  in  ber  Siegel  am  $oI)e  bertoefen; 
Staubtiere  befd^Ieunigten  ben  ^rojeg  ber  SJemid^tung  (^oraj,  Ep.  I,  16,  48:  non 
pasces  in  cruce  corvos).  ^od^  ftanb  ber  Sludlieferung  beiS  Setc^nomd  ein  gnmbfäfc« 
Kd^c«  §inbemi«  nid^t  entgegen  (Dig.  XLVIII,  24,  1).    3)ie  furchtbaren  t)^ly(tf<||«i  in» 

6  feelifd^en  Dualen  be^  langfam  ^infterbenben  h)erben  huxi^  bie  SorfteOung  loum  erreicht 
(t)gl.  neuerbingd  %  SteDiUe,  J^sus  de  Nazareth,  II,  @.  405  ff.).  9uf  bie  öffentTt^ 
feit  ber  S^elution  tDurbe  SBert  gelegt;  Straften  ober  erl^öl^te  Orte  ti>äl^Ite  man  }u  biefem 
3tt)ede  aud. 

^ie  jtreujigung  l^efu  fügt  ftd^  biefem  allgemeinen  Silbe  burc^d  ein,  nur  treten 

10  einige  burd^  jübifd^e  älnfd^auung  unb  @itte  geforberte  93efonberl[^eiten  l^inju,  toie  ba  be> 
täubenbe  ^ranl  (1^1.  $rob.  31,  6)  unb  bie  älbnal^me  nod^  am  f$reitag  3(benb  (5  9to{ 
21,  22  f.).  ^ie  älnnagelung  ber  ^{;e  ift  ftritttg  unb  eine  fiebere  @ntfd^etbung  borüber 
nic^t  ju  getDinnen  (bgl  Qbdlcx  @.  439  ff.),  ^n  Segie^ung  auf  bod  9Iä^  fei  auf  bie 
Äommentare  unb  bie  3)arfteIIungen  be«  fiebeng  3^w  bertoiefen. 

16        Äonftantin  b.  ®r.  befeitigte  bie  ftreuje^ftrafe  (f.  b.  ä.  Sb  X  ©.  767/26). 

fBittBt  Sf^iU^e* 
areujaltor  f.  »b  I  ©.  397, 26. 

^eujouffinbttttg  (^reujerfinbung,  inventio  s«  crucis).  —  Inventio  s.  cnids,  ao- 
torom  Cyriaci  pars  1  latine  et  graoce,  hymnus  antiquus  de  sancta  cruoe,  testimonia 
inventae  s.  crucis  conlegit  et  digessit  "k.  ^olber,  Seip^ig  1889;  ®ber^.  S^eftle^  De  sanctt 
30  crucc.  @in  !^eitrag  jur  diriftl.  Segenbengefc^ic^te,  Berlin  1889;  3*  ®ilbenteifter  u.  ^.  t>.  S^bel, 
S)ev  1)1.  9ioc!  ju  2:rier.  3)üffclbür}  1844;  «Bapcbrocö,  AS  III,  Maj.  p.  361-367;  Smitft  vu 
@^eet^Qm,  Dictionary  of  Christian  antiquities  I,  @.  503  ff.  (Finding  of  croBs)  \  i^at^olifd^fl 
Stir4enIcJifün^  VII,  6.  1092  ff. 

3n  ber  (Sefd^id^te  ber  ßntbedfung  ber  „^I.  Orte"  erfd&eint  nod^  Dor  ber  HJlitte  bcS 

25  4.  ^al^r^unbert^  aud^  bie  Sluffinbung  be^  ^I.  Jlreuje^.  SBö^renb  @ufebiud  t)on  S&forea 
unb  ber  ^ilger  toon  Sorbeaus  (333)  nic^tg  babon  toiffen,  fe^t  balb  barauf  (347/348) 
S^rid  t)on  l^erufalem  ba^  SSor^anbenfein  biefe^  Jtreujed  unb  Sie  h)eite  Serbreittmg  ber 
bat)on  gelöften  ©plttter  üorou^  (Catech.  IV,  10;  X,  19  Migne  PSG  33,  p.  468. 
f)85 ;  t)gl.  aud^  Epist.  ad  Imperat.  Const.  c.  3   p.  1168).    9?od^  in  bemfelben  ^oS/tf 

80  ^unbert  bringt  bie  Segenbe,  ol^ne  3^^^H  angeregt  burd^  ben  S3efud^  ber  1^1.  ®tdtim  huxif 
bie  Äaiferin  $elena  (Sufeb.  V.  C.  III,  42—45),  biefc  mit  bem  ©reignid  in  unmittelbare 
SScrbinbung.  Danach  üeronla^te  bieSaiferin  in  (Semeinfd^aft,  mit  bem  Sifd^of  SRalariuS 
92ac^forfd^ungen  nad^  ben  Derfd^ütteten  ^reu^en  auf  (Solgat^a,  unb  e^  gelingt  mit  ^ilfe 
eine^  ^uben  ober  aud^  einer  göttlicben  Offenbarung,  bif  brei  itreuje  ju  n^ben  -  ba^  tocä/tt 

86  h)irb  burc^  ben  baran  gehefteten  ^itulu^  ober  burd^  ein  $eilungdh)unber  eriannt  (Sm* 
brofiug,  De  obitu  Theodosii  c.43ff.  MSL  16  p.  1400 f.;  $aulin.  D.  Slola,  Epist. 
XXXI,  4—6;  MSL  61  p.  327 ff.;  ©ojom.  II,  1;  ©ofrat.  I,  17  u,  a.).  ^im  6.  3a^ 
^unbert  toöd^ft  bie  ^ai}l  ber  3^0^-  ^'^  93ertd^te  iDetd^en  in  Sinjel^etten  \>onm^ 
anber  ab,   l^aben   aber  im   toefentUd^en  benfelben  SSeftanb.    @d  lä^t  ftd^  \iboi)  ertoeifen, 

40  ba^  biefe  (Srjä^Iung  in  Übertragung  einer  entfpred^enben  @))ifobe  in  ber  älbgarlegenbe 
—  Doctrina  Addai  —  auf  bie  Äatfcrin  §clena  tl^ren  Urfprung  ^at,  toä^renb  ber  um« 
geteerte  SBeg  au^efd^loffen  ift  (ögl.  Sitjfmg,  Die  cbeffenijd^e  äbgarfage,  Sraunfd^toeig 
1880,  ©.  67 ff.;  Ilj^eob.  3a^n,  ^orfc^ungen  jur  (Scfd^ic^te  be«  ntl.  Äanon«  I,  grlangen 
1891,  ©.370  ff.). 

46  3)te  ßrinnerung  an  ben  XJorgang  l^telten  (Sried^en  unb  fiateiner  in  einem  befonbercn 
fcftc  aufredet,  mit  bem  Untcrfcbicbe  jebod^,  ba^  jene  e^  mit  ber  Iga^reöfeier  ber  (Sintoet« 
)\xnQ  ber  fonftantintfd^en  Safiüfa  am  13.  ©e})tember  bcrbanben  (Peregrinatio  Silviae 
Aquit.  in  loca  sancta  ed.  Gamurrini,  Slom  1887,  p.  108),  biefe  aber  am  3.  HJlärj 
eine  eigene  getcr  bafür  anfcftten.    3!5ic  crften  ©jjuren   biefer  le5^teren  begegnen   und  in 

60  @aUicn  am  (Singange  bc^  ^Jtittclaltcr^;  bie  ^ufton  be^  gaStfc^en  unb  römifd^en  Stitu^ 
brad^te  e^  um  800  auc^  nac^  ')(om,  t)on  too  aui  c^  ftc^  aHmä^Iid^  in  ber  abenblönbifd^ 
j^irc^e  burd^fc^te.  Victor  Bdiulift. 

Sreujbrüber  f.  Sb  VI  ©.  438, 2<»— 439,  lo. 

Srenjerfiebnng  (exaitatio  crucis,  vy^comg  rov  oxavoov), 
66         Diefe^  ^^ft  ^^äl^It  ;ju  ben  älteren  ber  «Sirdt^e,  bat  jebo^,  toie  ed  fd^eint,  Don  Slnfong 
an  leine  ©elbftftänbigfeit  gef;abt,   fonbem  tourbe,  nac^bem  ed  im  3(nfc^lu^  an  bie  5trai)* 


ftreit)tr^e6]uig  ftreitjei^jeu^eit  93 

oufftnbung  (f.  b.  9L)  ouflant,  an  bie  jö^rlici^e  %Äct  ber  @tnh)eil^ung  ber  lonftanttntfcl^en 
Skifüild  am  13.  Btpimbtt  335  (eufeb.  V.C.  IV,  43 ff.;  Chron.  pasch.  334/35 
MSQ  92  p.  713:  hnev^ev  iJQ^ato  f}  aravgoqxivsia)  am  14.  ©eljtcmber  begangen 
(gricct^ifc^  Jtalenbarium  AS  Maj.  I  p.  XLI  g.  13.  September:  /xvi^jbirj  rwv  iyxaivicov 
xijg  äyiag  lov  Kgiarov  xal  &€ov  yhjlcov  dvaoidoeayg  xal  Jigoeögria  rfjg  vipcooecog  6 
Tov  Tifiiov  xal  C(o(molov  aravQov).  SHe  erfte  ®rtoäl^nun0  unb  Sefd^reibung  berbanfen 
tofx  ber  aquitanif^en  ^Ugerin  @ut>ia  um  385  (Hilarii  tractatus  de  mysteriis  et 
hymni  et  Silviae  Aquitanae  peregrinatio  ad  loca  sancta  ed.  Gamurrini,  Stom 
1887,  ©.  108  f.),  bie  ben  großen  ^omj)  unb  ba^  g^f^«^"^^"  ^^  ÜJlenfd^enmajfe  aug 
3t^  unb^feme  ^^or^ebt  (nullus  est  enim,  qui  non  seeadem  die  in  Jerusolima  lo 
tendat  ad  tantam  laetitiam  et  tarn  honorabiles  dies),  ^a^  ^eft  ^atte  in  biefer 
ftmnbinatiim  fvif  fc^on  bamatö  jur  Dttaüot  au^ebe][;nt  unb  fonnte  mit  Dftem  unb  SBei^« 
nackten   t>erglid^en   toerben   (ut   per   pascha   vel  per  epiphania).     ^m  ^Beginn  bed 

5.  ga^^unbertd  ift  ed  fc^on  in  ^onftantinopel  ^eimifc^  (^l^otiud,  Bibl.  MSG  103  p.356) 
imb  lUK^  in  ber  erften  ^ölfte  be^felben  h)irb  ed  für  @)^rien  (@))agriud  HE  IV,  26)  unb  i5 
«0lrt)ten  {&o\>fycimm^,  Vita  Mariae  Aegypt.  MSG  87,  3  p.3711)  bezeugt.  SWan 
b<af  annehmen,  ba^  biefed  ^ft  im  Verlauf  bed  5.  ^ai^i^unbertd  über  bie  ganje  Jtird^e 
bed  Cften^  ftc^  au^ebreitet  l^at.  Offenbar  ift  i^m  burd^  bie  SBanberung  ber  Jlreuj« 
poxMda  nad)  oQen  Seiten  mittelbar  ober  unmittelbar  ber  9Beg  geebnet,  ^ie  9Bieber« 
^ckDtnmmg  bed  im  ^o^re  614  ))on  bem  $erferfönige  (Sl^odru  II.  geraubten,  aber  628  ao 
tn  feierli^  ^rojeffton  burc^  ben  Jlaifer  ^erafliu^  t>^^önli(^  nac$  ^erufalem  jurüd« 
ecfü^en  ^igen  Jtreuge^  (Chron.  pasch,  a.  614  MSG  92  p.  988;  %htopi)an,,  Ghro- 
nogr,  1  p.  503  f.  ed.  Bonn.)  mu^e  ber  ^ier  natürli(^erit)ei{e  einen  neuen  @d^h)ung 
beriet^ 

3m  aibenblanbe  toirb  juerft  unter  bem  Sifd^ofe  ©crgiu^  (687—701,  bgL  SJud^e^ne,  Liber  25 
Pontificalis  I,  @.  374)  bie  exaltatio  s.  crucis  aU  %^t  genannt;  h)ol^I  nid^t  mit 
Unrecht  ift  ))ermutet  h)orben,  ba^  (Sregor  b.  ®r.,  ber  in  Jtonftantino))eI  eine  ^dt  lang 
ob  9l4>otnftariud  bed  rdmifc^en  @tul^le^  lebte,  ber  SSermittler  geh)efen  fein  tonnte  (t>gl. 
&mii!fy  u.  S^eet^om,  Dictionary  of  Christ,  ant.  I,  @.  500  ff.  unb  Jtat^olifc^e^  5tir^en« 
Icplon'  VII,  ©.  1099).  Über  ben  gegentoörtigen  SRitu«  in  ber  griey^ifc^en  Äird^e  f.  ao 
Simttr.  Sololota),  ^arfteQung  bed  ®otte^bienfted  ber  ort^obos^Iat^olifc^en  Jtird^e  be^  SRorgen« 
fambed,  Serlin  1893,  6.78^.  »ictor  ec^itl^e. 

ftrenjeSjetl^eil.   —  3ur  Sltt.  f.  b.  «.  ^cuj ;  3ac.  ®retfcr,  De  cruce  Christi  rebusque 
ad  eam  pertineDtibus,  ^^golftabt  1598 ff.;  (Sonr.  2)ec!er,  De  staurolatria  Romana,  Havoiae 
1027^    3.  Stocfbauer,   jeunftgcf^ldjtc  bc«  Ärcujc«,  ©(^afffjaufen  1870;  S- 3£- Ärau«,   ^reuj,  86 
inb   Strxe%,  ftreuj^ei^en    in   ^.  3£.  Ihraud,  97eaIencQfIopöbie   ber   d)riftU4en   VUtertumer  II, 

6.  224  ff.;  251  ff. 

1.  Sud  ber  J^eil^efd^id^tlid^en  SSebeutung  be^  Jtreujed,  b.  1^.  be^  jtreuje^tobed  S^rtftt, 
oittmdelte  ft(^  fd^on  fdi^  bie  ©e^flogen^cit,  burc^  SSoHuel^ung  be^  jlreuje^jeic^end  ftc^  bed 
Gegend  unb  ber  Jtraft  biefer  $eil^tl^atfac^e  unb  be^  erlösten  S^riftu^  überl^au))t  ju  ber^^  «o 
geünffern,  aber  fd^on  balb,  nämlid^  fc^on  um  bie  Witte  bed  2.  ^^^^^unbert^  entartet  fte 
m  einer  oberaläubifc^en  9luffaffung  unb  ä^ertoertung.  ^m  Jtreujfc^lagen  nämli^  fuc^te  ber 
bc^Uc^e  Soui^aube,  unterftti^t  burc^  bte  X^eologie,  ein  erfolgrei^ed  SRittel  gegen  bie 
Sdit  ber  Dämonen,  bon  benen  man  fu^  umringt  unb  bebro^t  glaubte  (S^riU  t).  ^mx]. 
Catech.  XIII,  3  MSG  33  p.  775 :  rö  ornxelov  Iddvxeg  juövov  rov  oravQov  JtrtjO'  46 
oovoiy  ol  daluoveg,  c.  36  p.  816:  orj/Lieiov  nioxibv  xal  (poßog  dai^6v(ov.  Lact., 
IMt.  instit.  IV,  27  ber  93en)eid,  quanto  terrori  sit  daemonibus  hoc  Signum) ;  ba$ 
vrflmtnglic^  SRoment  fe^t  nic^t  gan^  an^  (j.  $.  XertuQ.  De  resurr.  carn.  c.  8:  caro 
Signatur,  ut  et  anima  muniatur ;  (S^r^föft.,  Hom.  54  n.  4  in  Matth.  MSG  58, 
p.  537 ;  (Spbxäm,  Siebe  auf  ba^  Dftcrf eft  jum  2obe  be^  1^1.  Äreuje«,  beutf^  t)on  S^'^Ö^'^I^  «> 
m  »ibliotH  ^«^  Äird^enlKiter,  I,  Äempten  1870,  ©.370  ff.),  bleibt  \chod}  im  hinter* 
mmbe  ober  fe^lt  gän^lic^.  SSereitd  ^ertuUtan  bezeugt  guftimmenb  ben  @ebrau^  bed 
xieu)ed)ei(^d  al^  emed  pro))^^lafttf^en  ^JDtittetö :  ad  omncm  progressum  atque  pro- 
motum,  ad  omnem  aditum  et  exitum,  ad  vestitum  et  calciatum,  ad  lavacra, 
td  menaas,  ad  lumina,  ad  cubiiia,  ad  sedilia ,  quaecunque  nos  conversatio  56 
exeroet,  f rontem  signaxxulo  terimus  (De  cor.  mil.  c.  3 ;  G^riH  t).  ^tnxl  a.  a.  0. 
a  36).  äuc^  in  Äranf^eit  unb  anberen  gd^rlic^feiten,  t)or  ber  ©c^lac^t  unb  fonft  mirb 
ci  mit  Stulpen  ongeiDanbt:  crux  pellit  omne  noxium  (^rubent.  Cathem.  hymn.  VI, 


94  ftrettjedjeii^ett 

V.  133  MSL  59  p.  839;  Adv.  Symm.  II,  711 ;  S^t^fofi  a.  a.  D.).  35al^er  l^et^  ed 
fieya  to  qwXaxti^Qiov  unb  eveqyhrjg  (G^rill  b.  3^-  <*•  ö-  D.  c.  36).  3SoII)ogen 
h)urbe  bag  Jlreuge^mc^en  in  ber  iRegel  an  ber  @tim,  oBer  aud^  an  anberen  Smpa* 
teilen,  bie  gu  ber  fd^ü^enben  SBirfung  be^felben  in  Sejie^ung  gefegt  h)erben  foDten  d,  9. 
6  5ßrubent.  a.  a.  D.). 

©leic^jeitig  bamit  gel^t  ber  ©ebraud^  bed  jlreuje^geid^end  im  Jtultud  in  ber  9e« 
beutung  be^  Segnend,  Seilend  unb  .bantit  ber  @d^ui^))orricl^tung  gegen  bie  ungöttltc^ 
SBelt.  33egeid^nenb  bafür  ift  eine  Sufeerung  äugufting  Tract.  118  in  Joh.  n.  5: 
Quid  est,   quod  omnes  noverunt,   Signum  Christi,    nisi  crux  Christi?    Quod 

10  Signum  nisi  adhibeatur  sive  frontibus  credentium  sive  ipsi  aquae,  ex  qua 
regenerantur,  sive  oleo,  quo  chrismate  unguntur,  sive  sacrificio,  quo  alun- 
tur,  nihil  eorum  rite  perficitur  u.  f.  to.  ^m  ©sorcidmud  trat  biefe  äBtrhmg  in 
befonberer  SBeife  l^erbor.  3)er  ^eibntf^e  5?ortourf  ber  Äreujedanbetung  (XertuD.  ApoL 
c.  16:  crucis  religiosi,  baju  SJiin.  ^I.  c.  29)  mag  burd^  biefen  umfaffenben  (Sdbrou^ 

16  bed  Jtreujedjeid^end  mit  angeregt  fein.  3)te  mittelalterliche  Snttoidtelung  fü^e  eine  )um 
2^eil  fel^r  beträd^tlid^e  SSermebrung  be«  lultif^en  Äreujfc^>lagend  l^erbei  (3öcHer  ©.  174ff.X 
^ie  abenblänbifc^e  fön^e  ^at  bie  Do^pelform  bed  fogen.  lateinifd^en  unb  bed  fogen. 
beutfd^en  ^reujed.  2iened  totrb  burc^  Serübrung  ber  @ttm  unb  S3ruft  unb  borouf  bo 
Knien  unb  ber  regten  Seite  mit  ber  flauen  redeten  $anb  ))olljogen  mit  ben  ^rmebi: 

ao  In  nomine  patris  et  filii  et  Spiritus  sancti.  Amen,  ober:  Adjutorium  nostrum  in 
nomine  domini,  ober:  In  nomine  domini  nostri  Jesu  Christi,  ^ad  beutfd^e  ficeu) 
beftel^t  in  93erül^rung  bon  ©tim,  3Runb  unb  93ru[t  bur^  ben  mit  ben  übrigen  ^[tngein 
gujammengelegten  Daumen  ber  rechten  $anb,  toö^renb  bie  linfe  $anb  auf  ber  Sruß 
rul^t.    3)ie   beglcttenben  SBorte  lauten:   „'^m  9?amen  ®otte«   beö  SSater«,   be«  @o^e8 

25  unb  bed  ^l.  (Seiftet.  Slmen."  ^k  ©ried^en  legen  Daumen,  3^0^."0W  wnb  HJlittelfiriget 
ber  redeten  §anb  gufammen  unb  bie  beiben  anberen  Ringer  in  bie  innere  Äanbfläc^  luA 
berüi^ren  bamit  ©tim,  33ruft,  rechte  unb  linfe  ©c^ulter.  Die  brei  au^eftredften  gfingec 
gelten  i^nen  ate  öefenntnig  jur  Dreieintgfeit,  bie  beiben  eingebogenen  brücfen  ben  ©louben 
an  bie  göttliche  unb  bie  menj^lic^e  5Ratur  in  ß^rifto  aud.    3)ie  gormel  lautet :  „^üL\%fX 

80  (Sott,  l^eiliger  ©tarier,  l^etliger  Unfterbltc^er,  erbarme  bic^  unfer." 

Die  lutl^ertfc^en  fiird^en  ^aben  ba^  Äreuje^getc^en  bei  eimelnen  Äultu^alten  (Xaufe, 
Slbenbma^l  unb  fonft)  feftgel^alten,  ebenfo  bie  anglifanifd^c,  toä^renb  ber  reformierte  ?Pro* 
teftanti^mu«  e«  fc^arf  abtote«  (3öcfler  ©.  314ff.)  ^n  ber  §augtafel  fd^reibt  Sut^er  fogor 
ba«  fic^>  Sefreugigen  t)or:   „De«  3Rorgen«,  fo  bu  au«  bem  Sette  fä^rft  —  be«  Slbeim, 

86  toenn  bu  ^u  93ette  ge^eft,  joUft  bu  bic^  fegnen  mit  bem  ^l.  Areu)  unb  jagen:  Dod 
toalt  ®ott  aSater,  ©o^n  unb  1^1.  (Seift !  amen."  Der  ©inn  ift  ^ier  fcd  toon  jebem  SOKI« 
bräud^lic^en,  tote  aud)  im  großen  Jiatec^t«mu«  ^um  ^toeiten  @ebot  (SRüUer  6.  399) 
bie  „Äinberübung,  bafe  man  fic^>  fegne,  toenn  man  ettoa«  Ungelj^eure«  unb  ©c^redHid^cd  fie^ 
ober  l^örct  unb  fjjrec^e  u.  f.  to." 

40  2.  Dtefer  J)ribatcn  unb  fultifd^en  Beurteilung  be«  Äreuje«jeid^ene  entfjmd^t  ber  Um* 
fang  unb  Sleic^tum  ber  Darftellungen  bcefelben.  ©c^on  in  alt^riftlid^er  3^*  Ia|t  fu^ 
biefe  3J;atfad^e  beobachten.  Die  fujjerftittöfe  Sluffaffung  fommt  gur  (Seltung  in  ber  (sut* 
tragung  be«  Äreujc^jetc^en«  in  3tmulettinfc^riftcn  (f.  b.  ä.  3lmulett  93b  I,  ©.469,86. 
unb  Stet,  ©d^ul^e,  Die  fiatafomben,  äcxp^^xQ  1882,  ©.219.  222)  ober  auf  ©i^ulmebaiDen 

46  (Bullettino  di  ärcheol.  crist.  1869,  ©.  40  laf.);  ba«  Amulett  jelbft  erhält  bie  gorm 
eine«  Äreui^e«  Q.  X.  Ärau«,  Slealcnc^Il.  ber  d^riftl.  Slltertümer  %  (gnfolpien  I,  ©.  420  ff.). 
Die  Sejcid^nung  ber  SBänbe,  Stl^ürcn  unb  (Segenftänbe  bc«  $aufe«  (G^r^foft.  a.  a.  D.)  bürfte 
in  ötelen  göHen  berfelbcn  Urfacbc  entfpringen.  3JJeiften«  bagcgen  tritt  ba«  Äreujedjei^en  al« 
HRerfmal  unb  Se^eugung  bc«  6(?riftcntum«  auf.  Da^er  toäd^ft  fein  (Sebrau^  mit  bem  ftegreid^en 

60  (Sänge  ber  neuen  Sieligion  burd^  bie  ^eibnifc^effielt  feit  Äonftantin  b.  (Sr.  93egeid^net  tocrben 
bamit  ©c^mudtfadt^en,  bcfonber«  SRinge  (©arrucci,  Storia  della  arte  eristiana  VI, 
laf.  478),  ©ctoänber  unb  fonftigc  ©toffe  (ijorrer.  Die  (Sräber-  unb  lejtilfunbe  in 
aic^mim^anopoli«,  ©trafeburg  1891,  2af.  12.  14;  berf.,  9lömifd^e  unb  b^ganttnif(^e 
©eibentejtilien   au«   bem  (Sräberfclbc  Don   3td^mim=^anopoli«,   ©trafeburg  1891,  3:af.  8. 

65  9.  17),  ®cbraud^«gcgcnftänbc  mand^crlci  2lrt,  al«  fiamjjen  (©arrucci  VI,  3:af.  470.  472. 
474;  5.  .^Ärau«,  SRealcncD«.  bie  »bbilb.  II,  ©.  271.  274.  275),  ftämme  (be  Sloffi, 
Bull,  di  archeol.  crist.,  1881,  p.  77),  Ääftd)cn,  Süc^fcn  (©arrucci  VI,  3:af.  428; 
gleurV,  La  Messe  V,  Staf.  3()8.  ;^69.  371),  enblic^i  ©arfojj^age  (©arrucci  V,  SCof.  336. 
337.  344.  346.  347.  356  u.  fonft)  unb   ©rabinfd^riften  (f.  bie  ©ammeltoerle  (^^i(^ 

60  ^nfd^riften,  ba^u  be  diofft,  De  titulis  christianis  Carthaginiensibus  in  $itrad  Spid- 


ftrenjedgeii^ett  95 

legium  Solesmense  IV,  @.  505  ff. ;  @bmonb  £e  ^lani,  Manuel  d'£pigraphie  chr6- 
tienne  d'apr^  les  marbres  de  la  Gaule,  $an^  1869,  @.  27ff.  unb  %.  X.  ftrau^, 
JlcoIcnctoH.  b.  cl^ft.-ältert.,  II,  ©.  225 ff.;  in  biefen  SJarftcttungen  fommt  auc^  bie  d^ro« 
nolo^^ifc^e  ^age  gut  Seri^anblung). 

^er  nn^Iici^e  ©ebraud^  bleibt  leintet  bem  })rit)aten  nid^t  jurücf.  ^a^  Streuj  tDurbe  6 
bo^  dunere  ftd^^tbore  SBa^rgeic^en  ber  ürd^Ii^cn  @ebäube;  in  ben  3Jlofai!en  be^  ^nnen- 
räume«  leud^tete  e«  ((Sarrucci  IV,  %al  211.  241.  265.  262  u.  fonft),  an  ben  Safa  facta 
(R.  X.  Ärou«,  SRealenc^fl.  II,  ©.  165)  unb  ben  liturgifd^en  ©etoänbcm  toar  e«  ju  finben 
(»artucci  IV,  Xaf.  264),  ben  ältar  (f.  b.  21.  33b  I,  ®.  396)  fd^mücfte  e«.  2luc^  ber 
Staat  lie^  e«  auf  feinen  HJiünjen  burd^  fein  ganjeS  @ebtet  unb  barüber  l^inaud  gelten  lo 
(Cc^,  MödaüleB  VI,  a:af.  18.  19;  (Sarrucci  VI,  a:af.  481  n.  43;  482  n.5.  9);  e« 
hdnte  ben  Sleic^^fel,  ba«  ©jet)ter  unb  ba«  3)iabem  (ßo^en,  a.  a.  0.;  (Sarrucci  VI, 
3:af.  482  n.  3.  4.  9.  12.  13). 

3m  SRitteloIter  tritt  bad  ^eu^  3h)ar  im  ^ribatgebrauc^  ^urüdE,  getpinnt  aber  um  fo  me^r 
Soben  im  öffentlichen  fird^Iic^en  Seben.  @«  ift  ba«  Symbol  ber  äSeft^ergreifung  unb  be«  ä3eft^«  15 
Rii^ed  ber  Äird^^,   bertiKic^ft  in  biefer  ober  jener  ^orm  mit  tirc^Uc^en  Sllten  (äUtartpei^e, 
Xbla^l>erfünbigung,  ^rogeffton  u.  f.  U).),   gewinnt  reichere  SSertoertung  an  ben  fultifd^en 
(Scgenftonben  unb  h)irb  boi^  be^eid^nenbfte  ^^riftltd^e  @rabbentmal.    ^m  (Gottesurteil  (f.  b. 
SL  8b  VII  @.  34)  tohflt  e«  mit,  ma^nt,  frei  aufgej)flanjt,  ju  religiöfen  33erri^tungen 
mannigfachen  ^nl^alteS  (^bfreuj,   Stationdtreuj,  Su^freu^)   unb   toirb  Don   geiftlicpen  20 
unb  tDeltlid^en  ^erfonen  i^rer  9{amenSunterfd^rift  beigefügt,  ^ie  religidd-erbaulid^e  @^mboliI 
edennt  ed  atö  @runbform  ber  ßir^en  an  (lateinif^ed  unb  griec^if^eS  Kreu)).    3Rön^d« 
mbcn  unb  9{itterorben  unb  toeltlic^e  Jtorporationen,  geiftlid^e  unb  toeltlid^e  Ferren,  @täbte 
unb  Sonber  nehmen  e«  afö  SBa^rgeid^en  an.   Sanner  unb  SBaffen  tragen  t^,  Sdfefe  unb 
SR^füf  unb  bie  geiftlic^e  $oefte  toenben  i^re  ©ebanlen  il^m  ju  (3öc!ler,  a.  Derf^.  Oo.).  25 
Sd  ift  toie  boS  einfac^fte,   fo  baS  t)erbreitetfte  c^riftlid^e  @^mbol.    @oit)eit  ftc^  überfeinen 
t,  beftanb  in  biefem  Äreife  leinerlei   Unterfd^ieb  jtoif^en  ber  öftlid^en  unb  toeftlid^en 
iften^t 

3)ie  Sieformation  führte  im  Slbenblanbe  einen  fräftigen  Stüd^d^lag  l^erbei,  foh)eit  e« 
fk^  um  bie  fu))erftttiöfe  unb  ixbttl^axapt  untoürbige  SSertoertung  beS  Kreujed^ei^enS  l^an-  30 
bette.  SBo^renb  jjebod^  ber  reformierte  5ßroteftanttSmug  rabifal  tocrful^r,  befc^ränfte  fi^  ha& 
Sttt^ettum  feiner  Eigenart  entf})rec^enb  auf  ätudjc^etbung  beS  unet>angelifc(^en  @ebrau^eS. 
S^c^enb  für  hai  Serl^alten  beSfelben  ift  eine  Sugerung  Sut^erS :  „^eri^olben,  too  folc^ 
SNtt^ouc^  unb  ^rrtum  gefc^iel^t  in  älnbetung  ber  33ilber  unb  ber  ^reuje,  foQt  man  bie 
Amt)  ober  Silber  abreißen  unb  toegt^un,  aud^  bie  Stireren  beri^albS  einreiben.  2Bie«  35 
tiH>^l  ic^  bie  Silber  nid^t  l^erioerfe  genjlid^  unb  fonberlid^  bie  ^gur  beS  gefreujigten  S^rifti'^ 
(«a*  15,  @.  359  f.). 

3.  @S  ift  me^  aU  h)ainrfdneinli^,  ba^  fd^on  in  borlonftantinifc^er  ^^  baS  Jtreu^ 
in  ber  ^laftit  unb  3Kalerei,  Dor  allem  in  ber  fileinlunft,  t>ern)ertet  h)urbe ;  nur  fel^len 
gam  fiebere  Selege.  3)ie  toerftedften  5lreuje  (cruces  dissimulatae,  be  9toffi=®arrucci,  40 
%.  3L  Ärauö ;  f.  3ödler,  ©.  142  ff. ;  bagegen  Stctor  Sc^ul^e,  a)ie  Äatafomben  ©.  125 
unb  3Ä®  3.  Sb,  ©.  479)  berul^en  auf  einer  uncrtoiefenen  ÜJlutma^ung.  6«  ift  nid^t 
Mflönblicff,  h)ie  bie  Soften,  h)ä^renb  fte  t)on  bem  Jireu^eSjeic^en  old  @eftuS  in  um^ 
foffenber  SBeife  ©ebraud^  machten,  baS  jtreujeSbilb  felbft,  um  ed  tyox  ben  Reiben  ju  l^er^ 
beracn,  im  griec^ifd^en  %au,  im  fogenannten  (St)afti{a  unb  im  ätnier  f oQten  Derftecft  i^aben.  45 
Crff  tn  nac^fonftantinifc^er  3^it  tritt  unS  baS  Jtreuj  juerft  unb  immer  häufiger  im  Silbe 
cntjgegen;  bied  erflört  ftd^  einmal  auS  bem  größeren  ^eic^tum  beS  und  erhaltenen  monu- 
ncntäen  SRateriold,  bann  aud  einer  offenbar  bamalS  auftommenben,  ba^in  gel^enben 
Seb^K^berei.  S)ie  älteften,  toa^rfc^einltc^  gleichartig  auftretenbcn  gormen  fmb  +  (fo* 
aouinnted  griec^ifd^eS  jtreug)  unb  t  (fogenannted  lateinifc^eS  5^reug,  crux  immissa).  50 
ston  mu^  aber  auc^  annehmen,  bag  in  bem  Sud^ftaben  Qi)i  bed  $}onogrammd  S^rifti 
Q.  b.  %)  bad  Jtreu^  borau^efe^t  tourbe,  toenn  auc^  anfangt  bamit  ntc^t  gemeint.  3^- 
tocilen  Derbinben  fid^  bem  Äreuge  bie  Sud^ftaben  A  CO  (f.  b.  21.  Sb  I.  ©.  9),  ober  ein 
ftreid  umjie^t  ed  (£e  Slant,  Inscriptions  chr^t.  de  la  Gaule  II,  ^f.  52.  53 ;  ^übncr, 
Inscriptiones  Hispaniae  Christ,  n.  11.  82.  158.  300.  305.  311  u.  fonft)  oberXauben66 
ober  Plifterte  Slumen  geid^nen  e«  au«  (2e  Slant  I,  SCaf.  31.  36;  II,  63;  ©arrucci  V, 
Jof.  347.  356.  336.  346  unb  fonft).  ^JWit  bem  ©c^mucfe  foftbarer  ©teine  h)irb  eö  toer^ 
\äfm  (©orrucci  V,  laf.  351.  353)  unb  mit  bem  SKonogramm  jum  fiegreicben  Saba^ 
onn  lombiniert  (V,  laf.  349—350  unb  fonft).  3Ud  ©iegc«ieid[>en  fc^tocbt  e«  am 
etcmm^fimmel  (IV,   3:af.  265),   (Sngel  galten    ed  fd^toebenb  (IV,  2;af.  262),  unb  im  60 


96  Stnuy^ddftn  ftreitj^erreit 

5.  ^o^rj^unbert  tritt   ed  in  ben  9fimBud  Sj^riftt  ein,    um  ii^m  bid   utr  ©egentoaxt  föne 
d^aralteriftifd^e  @e[talt  ju  geben.    Seltener  ift  bie  in  f^mbolifd^en  Stefiecumen  ber  XxiSfmf 

fd^riftfteDer   h)ur}elnbe   ^uform    "f  (fogenannted    älntoniu^    ober  ägVt'ttfc^    Jheu] 
crux   commissaX  bie  gleid^faDd  bor  bem  4.  ^o^rl^unbert  nid^t  nad^ta>eid6ar  ifl  (SMEhr 
6  ®.  427  ff.). 

^em  SRittelalter  gel^ören  an    bad  fog.  Slnbreadlreu)  X ;    tt)el(^ed  bie  Segenbe  (um 

SRarterl^oI)  bed  Snbread  mad^te,  bod  t>^ftlid^e  Areuj  mit  brei  DuerbaSen  -^    iinb  bad 
^atriard^enlreu)  mit  fioÄ  Duerballen    -=f-    unb  jal^lreid^e  h)eitere,  auf  ben  ®ninbfonnen 

bed   d^ftlic^en   SQtertumd   aufgebaute,    h)efentli(^   jur   ^eralbil  ge^örenbe  SUbungen: 
10  SRaltefertreu),  Silienlreu^,  Xa^enfreug  u.  f.  h). ;  bgl.  bie  3ufammenftellung  bei  SRüQer  unb 

3Rotf)t^,   ^Duftrierted  arc^äologifd^e^  3Börterbuc^  ber  ^unft,   £ei))}ig  unb  Serltn  1878, 

©.  591. 

S^nlid^e  ober  gleid^e  bon^riftlid^e  ^rid^en  biefer  3(rt  l^aben  mit  bem  d^rifUtd^  Jlteu)C0* 

jeid^en  toeber  einen  inneren  no(^  äußeren  ^ufammen^ang,  ioie  fe^r  ein  fold^  aud^  immer 
16  toieber  bi^  in  bie  neuefte  S^^  geltenb  gemad^t  toorben  ift  (bad  3lcä^  barOber  bei  ^Mtt 

©.  7 ff.  395 ff.;   ©e^mour  ©.  Iff.  mit  lel^et^en  »bbilbungen;   c^afteriftif(^  für  Wefe 

äuffaffung  e.  b.  Sunfen,   3)ag  Symbol  be^  5treiue«  bei  allen  Stationen  unb  bie  (bdß 

fte^ung  be^  5treuaf^mbo(^  ber  d^riftlic^en  Jtirc^e,   ä3erlin  1876).    ^ad  &g9))tif(^e  $enlet 

Ireuj  "f",    toelc^e«  bereinjelt  in  bie  Ioj)tif^e  Äunft  übernommen  toorben  ifk  (g.  3E.  StcaxA, 

20  ® ef^it^te  ber  ^riftl.  Äunft  I,  ©.  532 ;  ®:  ©ber«,  ©innbUblid^e«.  ®ie  foptifc^e  Äunfl  u.  f.  to^ 
2ei))jig  1892,  ©.  8.  21.  40.  41 ;  SR.  gorrer,  grü^d^riftl.  Altertümer  ou«  b.  Oröberfdbe 
))on  Sc^mim»$anot)olid,  ©tra^urg  1893,  Xaf.  8.  14),  ift  in  bad  ilreu)  erft  umgebentet 

unb  umgebilbet  toorben;    bad  fogenannte  ©baftifa,  crux  grammata    j^  ,  ein  uroUcS, 

burd^  aQe  Völler  ge^enbeS  ))rot)l^^laItifc^e^  ©^mbol  mag  feine  nid^t  feUene  SertDenbung 
26  bei  ben  G^riften  (^oUer,  Les  catacombes  de  Rome^af.  88, 13;  10,  31)  ber  S^nüifK 
feit  mit  bem  ^reu^e  berbanfen,  ober  biefe  mag  i^m  toenigftend  förberli6  getoefen  fein,  bo^ 
fte^t  ed  felbftftänbig  neben  bem  ßreuge  (bgl.  SSict.  ©c^ul|e  im  e^riftl.  jlunftblott  1883, 
©.  56  ff.).  »ictor  ei^ttlte* 

Srenj^crren  (Cruciferi,  Crucigeri)  —   I.  3talicntf<ftc:  öencbettofieoni,Origine 

30  e  fondatioDe  dell' ordinc  di  Crociferi,  Venet.  1598,  4**;  ^clQot,  Hist.  des  Ordres  etc.  11, 
222 sq.;  3of.  ganfcn,  S.J.  im  ^m\  VII,  1101  ff.;  Ubiöorn,  3).  «riftl.  SicbcÄtifitigfcit  Im 
aRittelalter  (etuttaart  1884),  8. 17r)f.  341.  476f.  -  IL  <Ri  cbcrUnbif*' franjöf  ifdje 
unb  bcutfc^e:  3?crbuc,  Vie  du  P^re  Th6odorc  de  Celles,  Perigaeux  1632;  Gkxlefr.  ä  lit, 
Explanatio  constitutionuin  ordinis  fratrum  Cniciferorum,  Colon.  1632 ;  ^.  9{uf[e(,  ChronicoQ 

85  OrdiDis  s.  crucis,  Col.  1635 ;  ^erman^,  Annales  canonieorum  regulariam  s.  AugustiDi 
ordinis  s.  crucis,  3  voll.,  Silvae-Ducis  1858;  ^elQot  II,  227—234;  ^eimbucber,  Orben 
unb  ^ongreg.  I,  406—408.—  III.  ©ö^mif «•  ftftlef ifcfte  Ärcuj^crrcn  mit  bem 
roten  ©tern:  J^ibigcr,  Serieset  acta  magistrorum  Wratislaviensium  sacri  militaris  ordinis 
Crucigerorum  cum  rubra  Stella  hospitalis  s.  Matthiae  (bei  8tenge(,  Scriptores  rcrom  Sile- 

40  siarum,  II  [1840],  p.  287);  ^c(t)Ot  II,  235—240;  Regula,  statuta  et  constitutiones  ordinis 
Crucigerorum,  Pragae  18H0;  ^^foten^auer,  3)ie  Sircujt)erren  mit  bem  roten  @lern  in  Sdjlepen: 
8.  b.  «er.  f.  ®ef*.  u.  filtert,  edjlcficn^,  1878,  e.  52 ff.;  g.  Qocffctjc.  5)ic  rittcritdje  Orbcn 
ber  Ärcui^licrren  mit  bem  roten  6tern,  SBürjbiirg  unb  ©icn  1882;  Uftl^orn,  1.  c.  6.  177 f. 
341f.  477f.;    ^eimbudjer  S. 408 f .  —    IV.  ^olnifdje  ifl  reujbcrren   mit   bem  roten 

46^crjen:  ^clljot  II,  241  sq.;  Fontes  Oliveuses:  a)  Exordium  ordinis  Cruciferonim  etc.,  in 
ben  Monumenta  Poloniae  historica,  t.  VI,  Strafau  1893 ;  ©ta^I,  ?1.  „^üfterorbcn*',  9lr.  10, 
im  StX!d\  II,  1449 f.;  ^eimbud)cr  6.  409. 

äufeer  ben  Dcutfd^orbengrittem,  h)cl^c  h)cgen  ihre«  OrbenSfreuge«  gun>eUen  jhxui« 
ritter  ober  Äreuj^erren  genannt  toerbcn,   fül^ren   ben   lotteren  9iamcn  nidjt  toeniger  oft 

60  toier  G^or^errcnorben  mtttelalterlid^cn  Urf})rung«,  h)ot)on  jh^ci  (9ir.  I  u.  III)  burc^  i^ 
fieiftungen  auf  bem  ©cbiet  ber  ©pitalj)flegc  jeittocilig  [xd)  au^ejeid^net  l^aben. 

I.  Die  ttalientfc^en  Ärcujl^errcn  ober  Kreujträger  fül^ren  |\h)ar  i^en  Urf))rung 
bi«  auf  ben  SÖtärt^rcrbifc^of  ß^riacu^  oon  ^crufalem  (geft.  c.  362),  ja  nac^  einer  anberen 
SSerfion  i^rer  Drbcn^fage  bi^  auf  6lctu^,   ben  9?aci^folger  $ictri   im  römifc^en  Sptffojkrt, 

66  jurücf,  fmb  iebod^  gef^id^tlid^  ntd^t  oor  ber  5JJittc  be«  12.  3!ö^^l?unbert«  nac^timdbor. 
3^rem  SKuttcr^aufe,  einem  großen  ,5ofj)ttaI  ju  öologna,  gctuö^rte  Sllejanber  III.  (c.  1160) 
Privilegien,  h)oju  Urban  III.  (1185)  unb  bann  3jn"occnj  III.  toeitere  ©^enfungen  unb 
SBergünftigungen  hinzufügten,    ©erwarb  be  Stoc^a,  ^ißrior  bed  bolognefer  ^aufed  unter  ben 


ftrettj^errett  ftrenjjftge  97 

betben  erftgenamtten  $ä))ften,  fd^etnt  ben  Orben,  h)enn  nic^t  geftiftet,  bo^  burd^  (Srünbung 
mehrerer  ))on  Sologna  abl^ängtger  Xoc^ter^äufer  in  anbeten  @täbten  l^toliend  gu  na^m« 
^erSebeutung  erhoben  gu  paben.  QuxR^tif)xn  l^öd^ften  93Iüte  (ettoa  unter  Siemens  IV.) 
^e  bie  ®enoffenf(^ft  me^r  old  200  Aldfter  (beah).  @))ttäler)  in  ben  fünf  Orbendt)ro« 
tmtjen  Bologna,  SBenebig,  9lom,  3RaiIanb,  9{ec^el.  ^^  älbjeidben  b^tonb  in  einem  6 
etfemen  Jtreuje,  bo^  ber  $rior  ben  klobigen  nad^  93e[tel^en  il^rer  ^robe^eit  in  bie  ^onb 
gab  mit  bem  Segen^f ))ru^e :  ,,9{imm,  mein@ol^n,  ba^  streng,  ba^  bu  im  $er)en  unb  in 
bot  Äonben  fteö  bei  bir  führen  fottft"  k.  (fieoni  1.  c,  14  a;  U^Il^om,  ©.  176).  Qx-- 
fc^Ioffung  ber  ^id)it)Iin  unb  innere  @))altungen  begannen  fc^on  feit  bem  14.  ^o^^unbert 
bot  Orben  )u  jerrütten.  (Sin  bolognefer  @eneralta))itel  unter  $iud  II.  (1462)  fuc^te  lo 
beigebend  burd^  @infül^rung  bon  ^Reformen  bem  SSerfau  ju  tDe^ren.  Unter  Sle^anber  VII. 
erfolgte  be^jM^  ^'^^  Slufl^ebung  ber  (Senoffenf^aft  (1656). 

II.  6ine  in  ben  SJieberlanben,  in  fjranlreic^,  SBcft«  unb  ©übbeutfc^s 
lanb,  auc^  ^rlanb  jeittoeilig  ausgebreitete  JtreugJ^erren-SSrüberfc^aft  ftiftete   1211   ^u 
^u^,  ®iöcefe  fiüttid^,   ber  Sütti^er  Kanonifu«  SC^eoboru«  b.  ßette«  (geft.  1236),   J^aupU  i6 
fäc^li(^  pxm  3^^^  i>^  Jte^erbele^ng.    2ll^re  nac^  bominilanifc^em  SSorbilb  mobifijierte 
Xugußinerfa^ungen  foO  angeblid^   fd^on  l^nnocenj  III.  (1216)  beftätigt  l^aben(?).     S3id 
gegen  (Snbe  beS  SRittelalterd  erlangten  jte  in  ben  genannten  (Sebieten  beträc^tlid^e  Ser^ 
brntung  (mit  9{ieberlaf{ungen   auf  beutfd^em  Soben  j.  93.  in  i^ln,   Slad^en,  Düffelborf, 
^Duisburg,  Irier,  ©aljburg).    ÜJad^bem  teite  fd^on  toäJ^renb  ber  9lef ormationSjeit,  teils  in  ao 
ber    fran)ö{tf(^en  9lebolution   bie   meiften  i^rer  92ieberlaffungen  untergegangen,   beft^en 
fte    gegentoortig   noc^  fünf  i^öufer:    3h)ei   in  ^oDanb,    jiDei   in  93elgien   unb   eins  in 
Salzburg,    ^er  bon  Seo  X.  1516  i^nen  berliel^ener  Siubult,  toonac^  fte  Stofenfrönje  mit 
500  klagen  Sbla^  auf  jebeS  SSaterunfer  ober  9lbe  3)iaria(!)  toeil^en  fönnen,  l^t  ioieber« 
bolte  Seftötigungen  burcp  f^Kttere  $ä))fte,  5ule|t   1884   burc|  Seo  XIII.  erfahren  (^eim^  25 
bui^  ©.  507). 

III.  2)ie  Äreug^erren  mit  bem  roten  ©tern  (Ordo  militaris  crucigero- 
mm  cum  rubra  Stella)  tooDen  jtoar  als  geiftlic^er  Slitterorben  toäl^renb  ber  jlreu^üge 
im  ^l.  Sanbe  entftanben  fein,  ftnb  aber  bielmel^r  nac^toeiSli^  erft  unter  ®regor  IX.  als 
e)>ttalbrüberfd^ft  in  einem  (c.  1235)  bon  ber  böl^mifc^en  StönigStod^ter  älaneS  in  ^rag  30 
gestifteten  f^anjiStuSKofter  inS  Seben  getreten,  ^^re  SebenSorbnung,  nebft  bem  älbgcic^en 
beS  itreujeS  in  fec^Secfigem  rotem  ©tcm,  erl^ielten  fie  erft  1252  burc^  ^^^^cenj  IV.  ©^on 
im  f olgenben  ^al^r  übernahmen  fte  bie  pflege  in  bem  bamalS  Don  ben  fc^leftf^^en  $er^ögcn 
i^einnc^  unb  SBlabiSlato  errid^teten  @lifabetl^{^ttal  in  S3reSlau.  S3öl^men  unb  ©(^le^en 
blieben  bie  $au))tgebiete  i^er  ferneren  Xl^ätigleit.  ©ie  gelangten  balb  ^u  beträc^tlid^en  86 
Slcic^tümem,  berftäen  aber  infolge  babon  t)ielfac^  in  ü^t)igeS  toeltlid^eS  treiben.  Son  bem 
ShtttcrfKfte  in^rag  fuc^te  jjeneS  93reSlauer  (Slifabet^f^ital,  baS  burd^  SSereinigung  mit  einem 
6t  SKatt^iaSlloPer  gu  einem  großen  imb  befonberS  reid^en  „SWatt^iaSftifte"  gctoorbcn 
toor,  m  9(nfang  beS  15.  I^a^i^unberts  fu^  ganj  unabl^ängig  )u  machen.  @S  ftürjte  fii) 
ober  beim  Streben  banac^  in  ©c^ulben  unb  mu^te  beSl^alb  (gemä^  einem  Urleil  5taifer  40 
6igtdmunbS  bomlg.  1424)  bie  SSertoaltung  feiner  Slnftalten  eine  ^^t  lang  bem  ftäbtifd^cn 
Stot  überlaffen  (U^l^om  ©.341).  ^n  ber  neueren  QÄt  gingen  manche  i^rer  ^auf^ti^äufer 
an  anbere  Drben  über,  j.  S.  baS  ^rager  feit  1555  an  bie  ©efellfc^aft  ^efu,  fpätcr  (1599) 
an  bie  fia))u^iner. 

IV.  @in  ft>egififd^  j)olnif(^eS  ^nftitut  toaren  bie  in  ber  Jtoeiten  §älfte  beS  13.  ^a^r«  45 
^bertS  gu  jtrafou  geftifteten  unb  auS  i^rem  ©t.  SRarluSllofter  bafelbft  fpäter  Kolonien 
noc^  onberen  Orben  $olenS  unb  £itt^auenS  entfenbenben  jlreuj^erren  mit  bem 
roten  ^erjen.  ©ie  unterfd^ieben  fic^  burc^  h)cifee  DrbenStrac^t  toon  ben  fc^toarj  ge* 
fleibeten  Slotftemlreuj^erren,  bilbeten  eigentlich  einen  Sü^erorben  (Ordo  B.  V.  Mariae 
de  Metro  de  poenitientia  ss.  martyrum,  ober  fürjer :  Ordo  poenitentiae  ss.  mar-  60 
tyrum),  erreichten  gegen  änfang  beS  16.  ^a^r^unbertS  il^re  l^öc^fte  Slüte,  fingen  aber 
bann  einem  rafc^  SSerfall  entgegen  (^el^ot  u.  ©ta^l  1.  c).  ädcfler. 

ttnuipvoht  f.  9b  VII  @.  34,  a. 

SfCnjjigf.  —  Clu eilen:  JRaimunb  Don  ^gifeS,  Historia  Francorum  qiii  cci)onint 
Jerusalem  (prooen^alifc^);  Gesta  Francorum  et  alionim  Hierosolymitanoniin  (normannifd));  56 
Siüc^rr  ton  d^artreS,  Gesta  Francorum  Jerusalem  peregrinautium  (lütt)ringifcl));  JKabuIf 
XK>n  Hatn,  Gesta  Tancredi  Siciliae  regis  in  expcditione  Hicrosolymitana  unb  ($!fct)Qrb  uou 
Vura,  Hieroaolymita :  ffimtlidi  Augenzeugen  bcS  erften  B^dcS.  Gilbert  uon  ^lac^cn,  llisU)ria 
ÜMUCaclfbliAMc  fir  Z^coKogic  mb  IHr^c    8.  «.  2i.  7 


98  firettjjfige 

Hierosolymitana  ( —  1121)  fielet  unter  bcm  @influ6  bcr  ©aßcnbilbung.  Cbo  Don  3)euil  (De 
Ludovici  VII.  regis  Francorum  profectione  in  orientem)  fcftrctbt  unter  bem  frifc^en  (Sin« 
brucf  ber  ©reignifie  Don  1145—1148  on  "übt  ©u^er  öon  ©t.  3)en58.  ©il^elm  oon  Xl^rud, 
bcr  glänjenbfte  unter  ben  ^eujjugd^iftorifern  (Historia  rcrum  in  partdbue  tranBrnarinw 
6  gcstarum)  fü^rt  bie  @^e{(^td)te  bed  97ei4e3  ^^rufalem  bid  1184  roeiter.  Sageno  oon  $affau 
(I)escriptio  expeditionis  asiaticae  Friderici  I.  imp.  contra  Turcas)  unb  9(ndbert  (Historia 
de  cxpeditione  Friderici  imp.  edita  a  quodam  Austriensi  clerico,  qui  eidem  interfuit) 
maren  Begleiter  S^^icbrid)  Söarbaroffad.  Geoffroy  de  Villehardouin,  La  Conqueste  de  Con- 
stantinoplc,  unb  Jean  Sir  de  Joinville,  Histoire  du  St.  Louis  IX.  glänjenbe  ^arfteHer  ber 

10  franjöfifc^en  ^ii^t  im  13.  ^a^r^.  3af ob  üon  $itrQ  mistiger  bur4  feine  Epistolae  de  ex- 
peditione  Damiatina  aug  ben  Sauren  1216— 1221  (3^®  14.15.16)  alÄ  burd)  feine  Hißtoria 
Orientalis.  —  ©amnrlungen  ber  OueOenfc^riftfteller:  Bongars,  Gresta  Dei  per  Francos,  Ha- 
noviae  1011;  Michaud,  Biblioth^ue  des  croisades,  4  vol.  1830  ss.;  Becueil  des  historiens 
des  croisades  publi^s  par  les  soins  de  l'Acad^mie   des  Inscriptions   et  Belles-Lettres  (Hi- 

16  storiens  occidentaux,    5  vol.  1844  —  95 ;    Hist.    orientaux,  4  vol.    1872 — 95 ;    Hist.    grecs, 

2  vol.  1875—81;  Hist.  arm^niens,  1  vol.  1869).  ^ufecrbem  faft  alle  S^ronifen  fomie 
jal)lrcic6e  ©riefe  unb  llrfunben  be8  11.  bi§  13.  3a^r^. 

l!i  1 1  e r  Q  t  u  r  :  Unter  ben  ^al^Ireidien  Schriften  unb  Vuffä^en  über  bie  ShTeu^fige 
finb  ju  bcQcfiten:    SBilfen,  ^efdil^te  ber  ^eu^jüge,  7  93be   1807-1832;    Michaud,  Histoire 

ao  des  croisades,  3  vol.  1812 — 1817,  Nouvelle  edit.  4  vol.  1856;  Biant,  ExpMitions  et  p^ 
lerinages  des  Scandinaves  cn  Terre-Sainte  au  temps  des  croisades  1865,  baju  Tabtes 
1869;  9?öt)ricftt,  ©eiträge  gur  ^efcftidjte  ber  ^reiijjüge,  2  »be  1874.  1878;  berf.,  ®e- 
fd)ic6te  ber  ^rcu^jüge  im  Umrig  1898;  ^ugler,  ®ef4td)te  ber  S^reu^üge  1880  (^dlgemeine 
(SJefcfticftte   in    (Sinjelbarfteüungen    Don  3S.  Cncfen,  IL  5).    —    ^.  D.  @i)bel,   Oefc^icSte   be« 

25erften  S^reuj^ugS  184L  2.  ^ilufl.  1881.  53on  bemf.  met)rere  WufföSe  in  kleine  ^iftor.  Schriften 

3  93be  1863-1880;  Äugler,  ©tubien  j.  ®ef*.  b.  jmeiten  Äreujauge«  1866;  berf.,  «naietten 
j.  ®cf4.  b.  ^weiten  ^eujjugeS  1878;  IRieiler,  2)er  ^cujjug  Äoifer  JJriebri*  L,  in  gb» 
1870;  6treit,  ^Beiträge  g.  ®ef*.  beg  oierten  ^eusjug«  1877;  9»ö^rict)t,  3)cr  ftinbcrfreui- 
gug,  in  Si)bcl§  $3,  93b  36,   1876;    berf.,  3)ic  ÄrcujjugSbenjegung  im  3a§re  1217.  in  gbO^ 

80  1876;  berf.,  ©tubien  g.  ®cfd).  beS  fünften  ^reujauges'  1891;  berf.,  ®efc^.  be«  ÄönigreicW 
Scrufalem  (1100—1291)  1898;  9legenbogen,  Commentarius  de  fructibus  quos  humanitas 
libcrtos  mercatura  industria  artes  atque  disciplinae  per  cunctam  Europam  perceperint  e 
sacro  bello  1809;  ^eercn,  S^erfucft  einer  ©ntmidelung  ber  folgen  ber  jheujj^üge  für  (Suropa, 
in  b.  SBermifdjt.  t)lftür.  Sd^riften,  2.  %i„  1821 ;  3.  2.  ^a^n,  Urfac^cn  unb  fJoTgen  b.  Äreu|« 

85  i^üge  1859;  '^x\x^,  S^riftentum  unb  ^^lam  n)ät)renb  bed  SRittetalterd  u.  b.  fulturgefd)i4tL 
fergebniffe  ber  ß'reiijjüge,  im  ^iftor.  Xafc^enbu^  1878;  berf.,  Äulturgefcfticftte  bcr  ftreui* 
gügc  1883. 

3n  bcm  taufcnbiä^rigcn  fiam})fc  jtoifc^cn  ß^riftcntum  unb  gglam  bilbcn  bie  Kreuj« 
gügc  bc^  12.  unb  13.  ^al}x\).  ein  in  fid^  abgcfc^loffcnc«  (Sanjcö.    3)ie  2lngriff<Jt)oIitif  bec 

40  ei)^nc  bc^  ^roj)^ctcn  inar  fett  bcm  8.  ^al)xi).  gum  (Stittftanb  gclommen.  S)cr  9Ru^m< 
mcbancr,  bi«^|cr  nur  gchjol^nt  für  feinen  ©laubcn  gu  ftrciten,  fanb  mit  etnemmole  ®^ 
fdimadt  an  ben  3)ingcn  bicfcr  SBJcIt,  fo  bafe,  toa^  bamal^  bie  iäamitif^cn  Sölter  auf 
tuiturcdcm  @cbietc  gc(eiftet  l)abm,  noc^  ^cutc  i^rcn  9tul^mcdtitcl  in  bcr  ©cfd^ic^te  ber 
SKcnfdtj^cit  auömac^t.    Umgcfcl^rt  gclnann  bei  ben   c^rtftlic^cn  Söllern  be«  äbcnblanbed 

46  bcr  rcltgiöfc  ©cbanfc  fid^tli^  an  ©tärfc.  33ci  i^nen  „lam  eine  Stimmung  auf,  )uglet4 
tootl  bon  fcinbfeligcm  .^affc  gegen  bie  trbifc^c  SBclt  unb  glü^cnb  bon  ^ei^er  Se^nfuc^ 
nac^>  bcr  ©cligfctt  bc^  §immcl^,  eine  allgemeine  6ncgung  bcr  (Scmüter,  toelc^c  bereit 
toax,  jcbcö  trbifd^c  ®ut  l^inlneg^utücrfcn,  jcbcr  mcnfc^Kd^cn  Scjtc^ung  ben  SRüden  gu  fe^^ren, 
mo  immer   il^r  ein  Sl^cg   ju  einer  mi^fttfd^cn  Scrbinbung  mit  ®ott  bem  §erm   eröffnet 

60  fd^icn"  (evbel,  ®cfc^.  bc«  crftcn  «rcuj^.  (2)  ©.  150).  3n  bicfcr  finnU^en  SReRgio^öt, 
bie  nid^t  rul^tc,  bi^  fic  ®ott  leiblich  gcfd^aut  unb  ergriffen  ju  l^abcn  glaubte,  ^aben  tpir 
borjugölDcifc  bie  DucUc  icncr  einzigartigen  ßrfc^cinung  bcr  Rrcu^jüge  ju  fuc^en.  3)a^  auf 
ein  folc^ic^  ©cfd)lcd^t  h)ic  bie  Sicliquic  üh^xliavupt,  f o  bie  bcbcutfamftc  unter  aüzn  9teltquien, 
ba^  1)1  £anb  fclbft,   in   iDcld^cm  ^t\n^   gclcl^rt   unb   gelitten   l^attc,   eine   befonbere  an« 

66  jtcl^ungölraft  ausüben  mufetc,  liegt  auf  bcr  §anb.  2)ic  im  11.  ^af)xl}.  maffenl^aft  auf« 
trctcnbcn  ^Isilgcr  finb  nid^t  cigcntlid^j  bie  Vorläufer  bcr  fpätcrcn  Äreugfa^rer,  tool^l  ober 
crmöglid^cn  il^rc  Intentionen  ha^  33erftänbni^  für  jene  nad^maltgc  Setoegung.  SBoren 
nid^t  bon  bombcrctn  taufcnb  Gin^clnc  bon  berSc^nfucbt  nac^  bcm  i^immlit^en  ^erufolem 
erfaßt  gcmcfcn,  fo  inürbc  c^  bcr  Staatöfunft  fd^mcrlid^  gelungen  fein,   mehrere  äRenfc^en» 

CO  alter  l^inburd^  ganjc  aJiaffcn  für  ein  freiwillige^  Unternehmen  gegen  ba^  irbift^e  Serufolem 
intercffiert  ^u  erl^altcn. 

älu^  ®rcgor  VII.  joHtc  bcm  m^ftifc^cn  SBcfcn  bcr  3^*  feinen  3:ribut,  nur  mit  bem 
Untcrfd^iebe,  bag  er  ba^  l^rbifc^e,  ftatt  cd  beifcite  ju  laffcn,  biclmc^  bem  ®5ttli(^en  in 
©eftalt  ber  ^ird^e  untert^an  )u  modffcn  ftrebte.    ^m  3ufammen][^ange  bamit  pUuiU  tt 


ftreitjaftje  99 

bereite  1074,  ald  Jtlemaften  an  bte  @elbf deuten  betloren  gegangen  toax,  einen  ßrieg  gegen 
Ue  lederen,  bei  bem  ed  ^ugleid^  auf  eine  SBiebergetvinnung  ber  griec^ifc^en  ^irc^e  abge« 
fc^en  toor  (Registrum  ed.  Ph.  Jaff^,  Mon.  Gregor.  I,  49.  II,  31.  II,  37;  bgl. 
I,  46.  II,  3.  I,  18).  50000  SWann  toarcn  angeblich  bereit,  bie  ber  ^Jajjft  })erjönlid^ 
führen  tooQte.  3(u(^  tDtrb  ba^  1)1  @rab,  tDennglet^  nur  beiläufig,  ate  @nbgiel  genannt  5 
(Reg.  II,  31,  ©.  145).  Snbeffen  fd^eiterte  bie  Slu^fü^rung  be«  ^Jlane^  an  bcm  Äon^ 
fBlte  mit  ^einric^  IV.,  unb  erft  Urban  II.  na^m  bie  ^h^c  unter  anberen  ©efic^t^punlten 
tonebec  auf.  ^enn  bei  i^m  beftanb  bag3i^^  ^^^^  fotoo^I  in  einer  3(u^breitung  ber  })äpfts 
Udfm  ^Dia(^tf)}l^cire  aU  in  einer  93et^ätigung  ber  a^tetifd^en  3^itftimmung.  @ie  gur  t)oUen 
Entfaltung  m  bringen,  fc^ien  red^t  eigentlid^  al^  eine  ^rei^merte  Seiftung  bed  Dberl^aupte^  lo 
ber  tat^oltfqen  G^riftenl^eit,  toä^renb  bie  te^nifc^e  ^urc^fü^rung  al^  eine  fe(bftt)erftänb' 
ü^  Sdaftung  ben  SBeltmäd^ten  ju^el.  ^iefe^  le^tere  um  fo  me^r,  atö  fc^on  feit  ^ai^x^ 
^nten  fpejiell  bie  normannifc^en  Flitter  an  ben  kantp^  mit  ben  Ungläubigen  gemöl^nt 
tDoren,  fo  ba^  alfo  ein  Sarajenenfrieg  ni^t  mel^r  au^er^alb  bed  @efic^tdfreife^  ber  ätbenb^ 
lonber  Lag.  2)a^  tDu^e  auq  jlaifer  äUeciud  I.,  al^  er  ftc^  1094  bireft  an  Urban  II.  15 
um  ^ilfe  toanbte.  9lur  bafe  er  mit  feiner  Sitte  ben  berfc^iebenften  SBäünfc^en  be^älbenbs 
lanbed  entgegenlam,  ba|  l^ier  adfetifd^e  (Stimmung,  l^ierarc^ifc^e  Sini^eit^beftrebungen  unb 
abenteuernde  Jtam^fbegier  jufammentrafen,  um  ber  SBelt  eined  ber  eigenartigften  unb 
folgenfc^toerften  @d^auf))iele  aÜer  ^txtcn  ju  bieten,  ba^  fonnte  niemanb  al^nen. 

Sei  Slnlunft  ber  gried^ifc^en  (Sefanbten  toar  ber  ^apft  im  Segriff   auf  bem  Äonjil  ao 
toon  SIermont  bem  e^ebrec^erifd^en  jtönige  $l^i(ip))  Sluguft  I.  bon  ^ranfreic^  eine  Derbiente 
Slüge  )u  erteilen,    älber  alle  SBelt  lou^te,  bag  ed   ftd^  noc^  um  ®ro^ere^  ^anbelte  aU 
van  einen  ber  immer  toieberfe^renben  ^i^jit^linarfäUe.    ^er  SeböUerung   bemächtigte  ftd^ 
bie  ^eftigfte  ©tKxnnung,  bie  Qa!^l  ber  ^^eilne^mer  touc^«  ind  Ungel^eure.    Sor  biefer  un« 
überfe^baren  ÜJlafJe  \pxad^  Urban  II.  am  26.  Slotoember  1094   auf   freiem  gelbe  öom  26 
®rabe  ^^n.    3&a^  ber  ^ap\t  bamal^  gefagt  ^at,  toiffen  tDir  nid^t  me^r;    nur  ba^  ift 
getoi^,  ba^  er  ben  redeten  %on  traf.    3llle  Seibenf^aften  erit)acbten   unter  bem  Sofung^^ 
toorte  ber  neuen  Setoegung:  Deus  lo  volt.  3"^"^^  "^^  SWaffen  erllärten  mit  ber  äln^ 
na^me  bedJlreu^edjei^end  il^re  SereittoiUigfeit  2um3uge.   ^n  bem  lieben^tDürbig  frommen 
Sif((^of  Sfc^mar  bon  5ßu^  fanb  fid^  fogleid^  ein  ben  5ßaj)ft  toertretenber  Segat,   toä^renb  30 
bie  3uftimmung  bee  mächtigen  3taimunb  t)on  @t.  @ille^  bie  ^urc^fü^rbarfeit  be^  $lane^ 
1104^  ber  militärifc^en  Seite  l^in  ft(^erte.    ^nbeffen  n^oUte  fic^  ber   religiöfe  Snt^ufta^mud 
bom  ^ßat)fttum  niift  in  fefte  @d^ranfen  gtoingen  laf{en,  t)ielmel^r  bemäd^tigte  er  fid^  rafc^ 
ber  itieberen  Jtlaffen.  Der  Sauer  toerfc^leuberte  feine  §abe  unb  fe^te  [\^  um  l^o^en  $rciö 
in  ben  Seftl^  bon  äBa^en;  il^m  fc^lojfen  fic^  folc^e  an,  bie  unter  ))olitifc^em  Drudt  ober  36 
moterieOer  SÜot  feufgten;  SBeiber,  Äinber,  niebere  Älerifer  unb  entlaufene  aRi)n4^e  fanbcn 
fk^  ebenfalls  in  Stenge  ein  unb  ))rägten   biefem  Sorläufer  ber  ^reuj^eere  ben  S^aratter 
eincd  milben  ätaubgermbeld  auf.    @ott  allein  foQe  fie  führen  unb  i^nen  gum  @iege  ber^ 
men.    3)iefe  ftiDe  Dt)t)ofition  gegen  ben  $apft  ^at  bann   bie  @age  mm  3tu^brucf  ge- 
bnK^  iiü)em   fte  bis  l^eute  nic^t  Urban  II.,  fonbern  ben  (Sinfiebler  $eter  Don  Slmien^,  io 
einen  ber  gü^rer  jener  fanatifierten  Sanben,  für  ben  eigentlichen  Sertreter  ber  Äreuj^ug^« 
ibee  ou^iebt.    2Ba^  aber  $eter  baju  getrieben  ^abe,  fei  eine  ))erfönlid^e  (Srfd^einung  ^efu 
getoefen,  ber  i^n  aufforberte,  bie  S^riften^eit  mit  bem   traurigen  3ul^<^^^  ^^^  ^^'  Sanbe^ 
belonnt  gu  machen.    Die  armen  ©d^toärmer  fanben  nac^  toilben  @reuel{cenen,   bei  benen 
fic  t^e  SBut  befonberd  an  ben  ^uben  au^Iie^en,  teitö  f^on  in  Ungarn,  teitö  jenfeit^  be^  45 
9od)>i>ru^  ein  tlögli(^e^  @nbe. 

äuc^  ben  eigentlid^en  Äreuj^eeren  fel^lte  ber  äußere  fid^tbare  gufammen^ang ;  aber  e^ 
befeelte  fie  eine  freie  Übereinftimmung  unb  neben  ber  religiöfen  Eingabe  ein  ftarfer  3;rieb 
ber  @e(bfterl(^altung.  @o  nur  toar  e^  mdglid^,  ba^  auc^  ol^ne  t^ätige^  (Singreifen  be^ 
l^it^ic^en  Segoten  alle  jene  $eerfäulen  bc^  3^^^^  1096  —  Sot^ringer  unter  ben  Srü-  6j 
bem  ©ottfrieb  bon  SouiUon,  Suftad;  unb  Salbuin,  SJorbfranj^ojen  unter  Sflobert  t)on  ber 
Stoxmonbie,  ^robenjalen  unter  Slaimunb  t)on  @t.  @ille^,  italienifd^e  3f2ormannen  unter 
Soemunb  unb  lonfeeb  —  ba^  ate  ^\A  genommene  l|l.  ®rab  toirflic^i  errei^ten.  3l"^"^^l?i« 
icigte  fid^  auf  Schritt  unb  Zritt  ber  jmiefpältige  (S^aratter  bed  Unternehmend.  @in  Xeil 
9a  obenblonbifc^en  ^rften  mag  t^atfäd^lid^  o^ne  perfönlic^e  ^intergebanten  gemefen  fein.  65 
2)ie  meiften  aber  trugen  ftc^  Don  älnfang  an  mit  ^öc^ft  realen  planen,  motten  f^e  bie» 
fdben  nun  toie  Soemunb  Don  Xarent  o^ne  befonbere  @c^eu  eingefte^en  ober  n)ie  3{aU 
mmb  Don  ©t.  (SiHed  ängftlic^>  hinter  fir^lid^em  Übereifer  Derftedten.  SBeitere  i^ertridte* 
bmgen  brachte  bod  Ser^öltnid  mm  griec^ifc^en  Sleic^e.  3lai^  langer  Hrifid  loar  ed  erft 
jßng^  bem  militärifc^  ©efd^icl  Sllesiud'  I.   gelungen,  ben  Seftanb  bedfelben  toieber   ^u  go 

7* 


100  ftrettjjfige 

{tcf)em;  Don  neuem  l^atten  bie  bürgerlich  unb  tird^Iid^en  Elemente  angefangen  ft(^  neben 
ben  Snforberungen  bed  Sagerlebend  )u  be^au))ten.  Unter  biefen  Umftänben  fd^ien  niAtd 
gefä^rlid^er  aU  bad  3(uftreten  ber  unbönbigen  jlreu^fa^rermaffen  mit  i^er  ml^fHfc^en 
Sd^tDärmerei  unb  bem  feigen  Sänber^unger.    3)enn  btefelben  ertDogen  gerabeju,  ob  Jloifer 

6  9lle£iud  atö  f^einb  ober  ald  SSunbe^eno^e  anjufel^en  fei,  im  (enteren  ^oDe,  ob  man  fid^ 
feiner  nur  aud  S'^^tdmäiigH^ii^xix^xS^tm  bebienen  ober  für  il^n  alö  ben  geborenen  §croi 
be^  d^riftltc^en  Dften^  SSorteile  ^erau^fd^Iagen  foDe.  ^en  fc^önften  @rfoIg  bed  jlreu)^^ecred 
bilbete  bie  Eroberung  bon  9(nttoc^ien  (3.  ^uni  1098)  unb  bie  93el^au))tung  ber  Stobt 
gegen  ben  jum  @ntfa(  ^eranrüdCenben  SmirJlerbuga  tyon  SJlofuI  (28.3uni  1098).  %a)l^ 

10  bem  me^r  ald  einmal  aQed  berloren  fd^ien,  fül^rten  mutige  älu^auer,  Suge  Sered^nung 
unb  ber  burc^  bie  angebli^e  9(uffinbung  ber  ^l.  Sanje  gefteigerte  @ntl^uftadmud  fc^Iie^tc^ 
ju  einem  glänjenben  @iege.  3(ber  ebenfotoenig  fehlte  e^  am  bitteren  $aber  ber  ^ürfien 
unb  Sölfer:  bort  bie  cl^rgeijigen,  berfc^toenberifc^en,  in  religiöfen  fingen  f f et)tif(^en  %»> 
mannen,  l^ier  bie  befd^eibenen,  nic^t  befonberd  Iriegerifd^en,  aber  m^ftifc^  ^veranlagten  $ro« 

16  benjalen.  Slud^  bie  Don  ben  (e|teren  toertgebabene  1)1  Sanje  mu^e  nunmel^r,  feit  fie 
i^ren  Dienft  get^an  l^atte,  fi^  ben  @))ott  ber  ©egner  gefaDen  (äffen,  ©leid^tool^l  erjtoang 
^robenjalifc^e  ^ömmigf eit  ben  3Beitermarf^  nac^  ^erufolem  unb  bie  Sroberung  ber  @tabt 
(15.  ^uli  1099)  atö  älbfc^lu^  einer  DiertDöc^entlid^en  S3elagerung.  greilid^  fc^Iug  mit 
biefem  Erfolge  auc^   rafc^  bie  Stimmung  um.    SRorbluft  unb  ©elbgier  lannten   n>rtan 

20  leine  @ren^.  @benfott)cnig  toar  man  geneigt  bem  SBunfc^e  ber  @eiftli(^teit  nac^utgeben 
unb  au^  bem  1^1.  fianbe  einen  unter  bem  $atriard^en  Don  ^erufalem  ftel^enben  itixt^em 
ftaat  ^u  mad^en.  SSielme^r  tt)arb  (Sottfrieb  Don  SSouiQon  jum  S3ef(^ü|er  be^  1^1.  ®rabe< 
ermä^It.  6rft  Don  biefem  2lugenbIidE  an  tritt  ber  $erjog  in  ben  Sorbergrunb;  benn  tiHi^ 
®aat  unb  Segenbe  f^äter  Don  ber  ^orgefd^id^te  biefed  eigentlich  nur  burd^  ma^oDe  6elb{i> 

25  befc^ränfung  au^e^eid^neten  ^rften  gu  erjä^len  tDu^ten,  ftimmt  mit  ber  SBirflic^feit  nid^ 
überein.  ^a  man  mu^  e«  gerabeju  ate  ein  ®lüdt  für  feinen  9?ad^ru^m  bejeic^nen,  bafe  i^ 
fd^on  am  18.  ^xdi  1100  ber  2^ob  einer  3lufgabe  entjog,  ber  er  laum  getoad^fen  jetoefen  toore. 
S)ie  3(rbeit,  hai  ^nigreid^  ^erufalem  unter  befferen  93ebingungen,  aber  freiließ  auc^  mit 
größerer  Begabung  au^jugeftaHen,  Derblieb  feinen  iRad^foIgem,  ben   brei   erften  Jtöniaen 

aoSalbutn  I.  (f  1118),  »albuin  IL  (f  1131)  unb  gulfo  (f  1143),  toelc^e  e«  Dor  allem 
Derftanben,  bard^  glüdHi^e  militärifd^e  £)))erationen  ben  äußeren  SSeftanb  bed  9)eic^  |u 
fid^ern.  Ünterftüfet  iDurben  fie  babei  burc^  neue  auf  bem  ©eetoege  ^eranrücfenbe  ^ilger» 
maffen,  iDelc^c  fic^,  ol^ne  bafe  fie  eigentliche  Äreujl^eere  ret)räfentierten,  boc^  gern  bei  einem 
5tamt)fe  gegen  bie  Ungläubigen  bem  5{önige  jur  SSerfügung  fteUten.  ^a^u  bilbeten  bürgere 

85  lic^e  ©lemcnte  au^  ben  italienifc^en  ©eeftäbten,  )u  eigenen  (Semeintoefen  in  ben  f^rif^en 
§afenj)lciJben  jufammengefd^loffen,  in  fultureller  ^infic^t  einen  überaus  toertDotten  SefUmb* 
teil  be^  ^eic^e^,  toäl^renb  bie  religiödsritterli^en  ©enoffenf^aften  ber  Zem))el^erm  (feit 
1118)  unb  ber  gol^anniter  bem  König  eine  too^lorganifierte  unb  ftetd  bienftberette  InipJ)e 
ju  liefern  Derfj)rad^en.  ©o  mehrte  ftc^  tro|  ber  unauf^örlid^en  ^ben  bie  SeDötterung  unb 

40  touc^^  ber  Si^ol^lftanb  bi^  gur  Ü^)}igfett.  3(uc^  tourbe  biefe  Snttoidelung  nod^  bdbun^ 
begünftigt,  bafe,  U)ä^renb  bad  normannifc^e  Clement  aHmä^ilic^  Derfd^toanb  unb  S)eutfd^ 
h)te  Gnglänber  nur  fpärlic^  Dcrtreten  haaren,  abgefel^en  Dom  italienifcben  Raufmann  ed  aud* 
fd^licfelic^  ber  fran^öfifd^e  Slitter  toar,  ber  bem  c^riftlic^en  Orient  fein®et)räge  gab.  @leid^ 
too^l  fc(;ltc  eg  me^r  unb  mcl^r  bem  gemeinfamen  ^ctnbe  gegenüber  an  IraftDoUer  (Siniglett, 

45  fo  bafe  e^  nad^  Rönig  ^ulfo^  3;obe  bem  Gmir  ^wiöbebbin  ^mlx  Don  3Roful  möglich  tDurbe, 
bie  ©rcnjfcftung  Sbeffa  am  SBei^nad^t^tagc  1144  jur  Äapitulation  ju  jtoingen  unb  Damit 
in  ben  53cftanb  be^  jungen  Rönigrei4»e^  bie  erfte  Srefc^e  ju  legen. 

2)a^  (Sreigni^  fanb  in  allen  d^riftlid^en  Sänbem  fc^merjlid^e  leilnabme ;  bennod^  tritt 
biefc^  3Jtoment  bei  ber  3!)urc^fül^rung  bc^  jmeiten  3^0^  f^""^  i"  ^^"  äSorbergrunb.  S)te 

60  3citen  hatten  fic^  benn  bod^j  geänbert.  ^a  eigentlich  ^errfc^te  nur  bei  2ubh>ig  VII.  twm 
^rantrcid;  noc^  biefelbe  anbäd^tige  (Sefmnung;  er  toollte  feine  unb  ber  ©einigen  ©ünben 
büfeen,  inbcm  er  gegen  bie  geinbe  ßl^rifti  baö  ©c^lDert  jog.  ^n  biefer  2lbftc^t  brachte  er 
bie  Jragc  ^uerft  1145  auf  Dcmfionjil  gu  Sourge«  jur©j)rac^e,  tourbe  aber  bejeic^inenber» 
h)eifc  nid^t  einmal  Don  bem  ^o^en  Äleru^  in  biefer  ©timmung  beftärlt.    äbt  ©uger  Don 

55  ©t.  3)eni^  toamte  Dor  Übereilung ;  Sem^arb  Don  ßlairDauj  aber  tooHte  in  ber  ©od^ 
nic^t«  ol^ne  päpftlid^en  Sefe^l  t^un  unb  Dertrat  fie  auc^  fräter,  ald  er  fid^  ber  i^m  mifs 
getragenen  Äreu^^rebigt  mit  5^"^<?ifw  toibmete,  me^r  mit  mo^lertoogenen  ©rünben  aU 
mit  jener  inftinttiDen  Öegetfterung,  mit  ber  man  unter  Urban  II.  auf  bie  @ad^  lo^ 
geftürmt  toar  (©^bel,  Äl.  ^iftor.  ©c^r.I,  426  f.).  ^a  felbft  (Sugen  III.,  fo  fe^r  er  formeO 

60  bie  Seitung  in  ber  ^anb  behielt,  toar  mc\)x  ber  ©efd^obene  atö  ber  ©c^iebenbe.    Sö|t  fiäf 


Stttn^i^t  101 

b€mna(^  in  ben  ttrd^Iid^en  Itretfm  eine  getDiffe  nüd^teme  Serßänbigteit  nid^t  in  älbrebe 
ftcQen,  fo  f))ric^t  erft  m^t  bad  tooc^enlange  3^0^^  Jlonrabd  III.  im  9b>bem6er  unb  ^e» 
)ember  1146  bafür,  ba|  neben  bem  m^fttfd^sagfetifc^en.  orange  ouc^  bad  SSerftänbni^  für 
bie  Sufgoben  biefer  9Belt  feinen  $la$  be^au))tete.    Unb  l^ötte  man  nur  biefen  ^olitifc^en 
SrtDogungen  Slaum  gegeben  unb  bon  boml^erein  einen  el^rlic^en  Slu^Ietd^  gefuc^t  jtDijc^en  5 
bat  frommen  @m)>finbungen  be^  ^erjend  unb  ben  Seben^intereffen  ber  3$ö(!er.    @erabe 
bicfe  (enteren  aber  h)urben,  fotDeit   e^   fic^  um  bad  SRorgenlanb   ^anbelte,  bebenlltc^  in 
^oge  geftdlt,  toenn  je^t  neue  ^eere^maff en  ftd^  über  ben  Orient  ergoffen,  bie  ieben  äCugai^ 
bltd  unb  je  nac^  ber  ))olitifd^en  JtonfteQation  einem  ber  neu  aufblü^enben  @taatengebi(be 
gcfo^ic^  h>erben  tonnten.    Obenbrein  l^atte  SemJ^orb  in  r^etorifc^er  Überfd^toenglid^feit  10 
@&nber  aSer  9lrt  auf  biefe  ftd^  neu  öffnenbe  ®naben))forte  aufmerifam  gemacht,  o^ne  ju 
edDogen,  ba^  Sbenteurer,  ©efinbel  unb  3)imen  toeber  ein  Jtreujl^eer  em^fe^Ien  nod^  feine 
3>id)i)>lin  er^ö^en  (Epist.  363  MSL  182,  566).  ed^IiegUd^  toaren  ed  aber  boc^  bie  Unttar« 
^  ber  betben  abenblänbifd^en  Könige  unb  bie  big  ^um  SSerrat  gefteigerte  Sonberpolitil 
ber  morgenlonbifc^en  ^rßen,  benen  im  3Binter  bon  1147/48   in  ^einafien  ber  größte  15 
Ztä  ber  Ateu)fa^er  unb  in  ber  ^ulii^i^e  1148  DorDamadfud  ber  übrige  3teft  )um£)})fer 
fielcn.    Sbeffa  blieb  in  f^nbedl^anb,  ^eml^arb  t>on  Qlaittyaujc  galt  old  Url^eber  be^  grä^^ 
lt<^  Unglüdg,  toennglei^  er  felbft  mit9tac^brud  barauf  l^inioeifen  burfte,  bag  ni^t  feine  * 
im  ^ö^en  auftrage  ))oD)ogene  ^reu)))rebigt,  fonbem   ba^  fünbl^afte  treiben   ber  Jtreuj^ 
fa^^  bie  Äataftrot)^e  Deranlafet  ^abe  (De  consid.  II,  1  MSL  182,  741—745).  3)er  \)kU  20 
gefeierte  Solbuinlll.  bon  ^erufalem  aber  beging  in  ber^olgqeit  bie  bo))))eIte  Unllug^eit: 
er  fonb  ^  bamit  ab,  ^ama^fu^  ioieSbeffa  in  ben  Rauben  9curebbind  bon3Roful  }u  be^ 
laffen,  o^nerac^tet  ber  baraud  für  bad  d^riftlic^e  9{orbf^rien  entftel^enben  ®efa^ren,  „  unb  er 
rei)te  burc^  bieSroberung  Don  äldfalon  (1153)  bad  bid^er  burcpau^  ungefö^rli^e  3tg^))ten. 
®erabe  mit  biefer  toteren  $olitit  arbeitete  er  bem  ^ode  bon^erufalem  birett  Dor;  benn25 
bie  im  96>rben  unb  SÜorboften  ^erangeioac^fene  @elbf(pu!enmac^t  f})rang  1169  auf9ig^t)ten 
über.    Srbe  biefed  großen  big  ^leinafien  unb  9){efo))otamien  reid^enben  ©ebieteg  toarb  aber 
@uttan  Solabin,  ber  eg  fid^  jur  Seben^aufgabe  mad^te,  ,,bie  Sltfamofd^ee  ju  befreien'^  b.  1^. 
bie  ß^riften  aug  $aläftina  ^u  vertreiben  unb  ^erufalem  ju  erobern,    ^er  ^rieg  begann 
unter  ben  ungünftigften  3luft)icien  unb  enbete,  Don  ben  Sl^riften  mit  falber  Kraft  unb  ge«  ao 
ringem  äSertrauen  geführt,  mit  bem  entf^eibenben  @iege  (Salabing   bei  ^attin  (4.  ^uli) 
unb  mit  ber  Äa))itulation  ber  1^1.  ©tabt  (2.  Dftober  1187).    Die  G^riften  blieben  fortan 
auf  ben  9eft(  t>on   Slntioc^ien,  ^rit)olig,  X^rug  unb  ber  ^o^anniterfeftung  3)iargat 
bef(^rän{t 

©cn  3jöwmer,  ben  biefe  fd^limmen  Slad^rid^ten  im  Slbenblanbe  ^ert)orriefen,  fteigerte  86 
mx^  eine  erregte  Stimmung,  bie  infolge  bon  ungetoöl^nlid^en  Slaturereigniffen  fi^  für  bie 
näc^fte  3^  ^  fc^limmften  3)inge  berfal^.  Die  SQiebergetoinnung  l^erufalemg  galt  bei 
gfirfken  unb  SSölfem  für  bie  einzige  ber  @egentoart  gefteHte  Slufgabe.  Unb  boc^  toar 
man  bon  bem  Irantl^aften  Sntl^ufiagmug  früherer  3^^^  f^^^  jurüctgetommen.  ^lebcnfaUg 
fineben  $oIitü  unb  @taatgtoo^l  bei  ben  Vorbereitungen  eine  entf^eibenbe  diolle,  fo  bag  4o 
tein  anbmr  Jlreu^ug  ftc^  an  berftänbiger  ^lanmägigfeit  mit  biefem  britten  meffen  fann. 
XQe  Differenzen  in  §uro))a  tourben  borläufig  beigelegt.  Da^  eg  f^i^U  ^toifc^en  ^anf= 
retd^  imb  Snglonb  ju  ben  nötigen  äluggletd^ungen  tam,  toar  bag  2Bert  ber  Jiird^e,  bie 
auf  biefem  i^  eiüjtorec^enben  ®ebiete  beg  ^ebengftifteng  eine  rül^rige  unb  glücflic^e  X^ätig^ 
t6t  enttmdtelte.  vtod^  jufunftgrei^er  geftolteten  ft^  bie  93er^ältnif{e  in  Deutfc^lanb.  3lm  46 
Sonntag  ,,2ätare  gerufalem"  (27.3Wära  1188)  brad^te  ber  ,,9leic^gtag  gj^rifti",  fo  genannt 
toeil  ber  Äaifer  im  93etou^ein,  bafe  G^riftug  j)räribiere,  feinen  I^ron  leer  gelaffen  l^atte, 
eine  gonje  9%ei^  bon  SSerfö^nungen;  ^um  @c^lu^  nal^m  aud^  ^ebrid^  I.  bag  j^euj. 
Unter  ben  bon  i^m  erlaffenen  Seftimmungen  toar  befonberd  bie  be^eid^nenb,  bag  jcber 
itrotgfa^er  minbeftend  brei  SRarfäBegjel^rung  auftoeifen  foQte;  man  tooUte  ba^  bielc  arme  so 
9ioÜ,  toeh^ed  1147  für  bad  $eer  gu  einer  brücfenben  Saft  getoorben  toar,  bon  boml^crein 
oudfd^lie^en.  Sber  tro(  aQer  Sorgfalt  foHte  auc^  biefer  britte  ^ua  böUig  fc^eitern.  (£^ 
ift  belonnt  toie  ber  %o\i  JJriebridS^d  imSalef  (10.  3ium  1190)  ba^  SJertraucn  bc^  bcutfc^cn 
^etrcd  brac^,  toie  bie  SRaffen  ftd^  auflöften,  bie  9tefte  burc^  @eud^en  in  Serien  tociter 
^tmiert  tmtrben,  unb  toie  fd^lie^lid^  ^er^og  ^ebric^  bon  Sc^toaben  nur  ettoa  mit  taufcnb  65 
HKoitn  bor  9(Kon  eintraf.  Diefe  reiche  ^anbetöftabt  l^atte  nac^  ber  ^Jticberlage  bon  ^attin 
fofort  ta))ituliert;  )u  i^rer  SBieberertoerbung  bereinigte  ftc^  jje^t  bie  gefamte  c^riftltc^e 
3Kad^U  Um  ber  bei  ber  langen  S3elagerung  entftel^enben  9{ol  ^u  fteucrn,  l^attcn  bereite 
1189  $tlger  oud  2iä>^  unb93remen  ein$oft)ital  gegrünbet;  baejelbc  enttoidteltc  ftc^  bani 
ber  ^firforge  ber  ©taufen  ju  einer  33rubei^d^aft  nac^  2lrt  ber  3io^annitcr  unb  1198  jum  eo 


102  fttfttsjfige 

ritterlichen  Deutfd^orben,  ber  in  bem  bamol^  beutfc^en  Sel^^ftaate  ^erufolem  bte  ^ntereffen 
ber  beutfc^en  3lation  gegenüber  Xem))(em  unb  l^o^annitem  t>ttfxat,  Sd^Ue^id^  fiel  )tDar 
9U!on,  ober  ^nig  Slid^arb  I.  \)on  @nglanb  erreid^te  im  trieben  t>im  1192  btx^  nur,  bog 
bie  Pilger  in  tieinen  @c^aren  unb  unbettHiffnet  ba$  1^1.  ®raB  befuc^en  burften. 

6  ^er  5tam})f  $^iltt>^  bon  @d^h)aben  mit  ben  SBelfen  unb  bie  itriege  jtoifd^  %ran& 
reid^  unb  (Snglanb  lenften  in  ber  ^olgejeit  bie  S3Iide  ))on  bem  be!bgendti>erten  Suponbe 
be^  l^(.  Sanbe^  ab.  ^ie  eigentlid^e  jlreujmgdibee  toax  tot,  unb  nur  bie  ouStoärtige  $oItttI 
ber  $ö))fte  ftrebte  nod^  für  einige  SRenfc^enoIter  bie  jlräfte  ber  eurot^oifc^  Staaten  noc^ 
ben  lüften  bon  Serien  ^in  ab^ulenlen.    3(m  beften  gelang  bied  bei  ^anlreic^,  loo  ber 

10  $faner  %\dlo  Don  3lta\S\}  ä^nlid^en  Sinflu^  ausübte  h)ie  frül^  $eter  t>on  Smiend  unb 
^eml^arb  ))on  6Iairt>au£.  SSiele  Pilger  freilid^  h)ttrben  aud^  burd^  fe^  rationelle  (St^ 
toägungen  getoonnen  toie  burc^  bie  be^  SiftercienferobteiS  SJlortin  t>on  $äri$  bei  Jtolmor, 
ba^  fie  ,,in  toeltlid^en  ^Dingen  bort  grö^ered  ®lü(f  finben  h)ürben,  ätö  fte  ^ier  jjemald  t^ 
feffcn  ju  ^aben   fic|   erinnern"  (Äugler,  ®efc^.  b.  5lreujj.  ©.  265).    ©o   lam   fc^UeJß«^ 

16  boc^  etn  beträd^tlid^e^  $eer  jufammen,  toeld^e«;  in  ber  @rh>ägung,  ba|  bie  3Rad)t  bed  fa« 
labinifd^en  ©ultanated  auf  bem  93eft^e  bon  äg^))ten  beruhe,  auf  benetianifAen  Schiffen 
nac^  bem  92ilt^  beförbert  toerben  tooDte.  ^iefe  älbl^ängigfeit  bon  feiner  ^otte  benujfte 
inbeffen  ber  ^oge  @nrico  ^anbolo,  um  boS  game  Unternel^men  mit  ben  ))enettantfd9en 
^ntereffen  ju  berlnüj)fen,  inbem   er  bie  ftreujfo^rer  gur  ©inmifd^ung  in  bie  ^omilien* 

20  vtreitigleiten  bed  griec^ifd^  Jtaiferl^aufe^  beranlo^te.  Qtoax  nal^men  bie  93ertvtd(e(ungen 
jd^Ue^Iic^  einen  gam  anberen  3(u^ang,  ald  urf))rüngli^  )u  ertoarten  ftanb,  aber  bie^Sene« 
tianer  erreichten  boc^  bie  Demütigung  bed  mit  i^nen  rit)alifterenben  itonftantinot)eI.  3)ie 
@tabt  tDarb  erobert  unb  greuli^  Dertoüftet;  burd^  brei  auigebel^nte  ^euerdbrünfte  ^aben 
bamal^  bie  SBerle  ber  jlunft  unb  ber  SÖSiffenfd^aft   eine  Dejimierung   erfal^ren,  bie  im 

26  3^iiAlter  tDieber  gut  ma^en  lonnte.  Dad  Sieid^  fe(bft  aber  n>arb  unter  bie  Sieger  geteilt. 
gnnocenj  III.  fanb  fid^  in  ba^  Unbermeiblid^e,  er  abfoltoierte  bie  unge^orfamen  Sene» 
tianer  unb  behielt  im  übrigen  bie  SBiebereroberung  ^^^f^I^^  unbertDcmbt  im  Shige. 
f^eilid^  toaren  bie  Hoffnungen  gering  genug,  ba  ju  ben  fd^on  genannten  )>olitifd^en  Stm 
fluten  noc^  ber  93ürger{rieg  jtoifcben  ben  SSIbigenfem  unb  ben  mit  bem  ^^[erufalemabla^ 

30  au^geftatteten  Vertretern  ber  Äird^e  getreten  toar.  ©feic^tool^I  flammte  ber  religiöfe  ®m 
t^ufia^mu«  im  fog.  Jtinberfreujjug  (1212)  nod^  einmal  un^eimli^  emj)or.  6^  ift  bejdc^ 
nenb,  bafe  nid^t  nur  bag  abergläubifd^e  2?off,  fonbem  felbft  ein  Ignnocenj  III.  in  bem 
unglücffeligen  Unternehmen  ben  Ringer  ®otte^  erblidfte,  ber  bie  ©rtiKid^fenen  l^e  be* 
fc^ämen  tooUcn,  unb  bafe  ber  $aj)ft  bei  benjenigen  Äinbem,  toeld^en  bie  ©ad^e  leib  ge» 

85  tDorben  iDar,  nid^t«  toon  einer  Söfung  be«  Äreujgugggelübbc^,  fonbem  nur  Don  einer  SSer« 
längerung  beg  3:ermin^  toiffen  tooHte.  2tuc^  begegnet  feit  biefer  ^tit  eine  burc^greifenbe 
firc^lic^e  Drganifation,  toeld^e  mit  regelmäßigen  $rojeffioncn,  ©ebeten,  ^rebigten  unb 
ällmofen  unDertoanbt  auf  einen  neuen  3ug  l^inarbeitet.  @in  boOftönbiged  Programm 
aber  brad^te  ba^  4.  Sateranfon^il  (1215)  in  feiner  Expeditio  pro  recuperanda  terra 

40sancta  (MansiXXII,  1058—1068).  ^nfolgebeffen  fanben  ftd^  feit  1217  toieber  größere 
^eere^maffen,  gunäc^ft  an^  Ungarn,  Öfterreidp  unb  S3aiem,  fobann  au$  ^edlanb  unb 
tom  Ütieberr^ein  t)or  Slffon  ein  unb  fd^ritten  be^  Weiteren  ju  einem  äBagnid,  ba«  an  bie 
beften  3^^*^"  ber  Äreujjugöbegeifterung  erinnerte,  inbem  fie  3)amiette,  ben  ©c^lüffel  bed 
9iiltl^alc«,  banf  ber  tccpnifd^en  Unterftü^ung  friefifd^er  (Seeleute  unb  be«  Jtölner  ©(^^olafier« 

46  Oliücr  am  5.  $Rot)ember  1219  nahmen.  Soller  ©tolj  über  biefen  ßrfolg  gtoang  nun 
aber  ber  mit  ben  iDeiteftge^enben  S3oUmacl|ten  auggeftattete  Segat  $elagiud  bie  gur  S9e« 
fonnen^eit  mal^nenben  gürften  Äairo  felbft  anzugreifen.  Salb  toar  e«  neuer  3^^ 
ober  bie  $Rac^ric^t,  ba^  Äaifer  gricbrid^  II.  bemnä^ft  in  Slg^jjten  lanben  tocrbe,  balb  bie 
für  jene  3rit  tl^pifd^en  a)3ofal^j)tMcn  Schriften  mit  ber  Sotfd^aft  be«  naiven  Untergänge« 

w  be«  53^^^^"^/  ^ö«  ba«  Dertoegcne  SSor^abcn  bc«  5{Jelagiu«  gu  em})fel^len  fd^ien.  ®od^  ©ulUin 
39talif  cl-5^amil  iDufetc  burd^j  Ilugc  SBenu^ung  ber  3fHlüberfd^h)cmmungen  ba«  §eer  fc^lie^ic^ 
t)or  bie  SBabl  ju  ftetlen  entmeber  gu  fa})ituliercn  ober  ju  crtrinlen.  Äaifer  S^dbnc^  ü., 
auf  ben  fiA  in  biefer  5Rot  aller  Slugen  richteten,  trug  bereit«  feit  1215  ba«  J^eu);  bo<^ 
l^inbertcn  i^n  bie  euroj)äifd&cn  2?er^ältniffc  ^ai)x  für  ^abx  an  berSlbfa^rt.  änber«  freiTu^ 

66  fafete  ®rcgor  IX.  bie  Bad}t  auf,  ber,  in  bem  Äreujjuge  auefc^liefelic^  eine  ©ac^e  fetner 
eigenen  tl^cofratifc^en  3>ntereffen  fel^enb,  felbft  beftimmen  iDoHte,  tvann  unb  h>ie  ein  abenb« 
länbifd^er  ^err  bie  f^rifc^e  5^age  in  Stngrijf  ju  nel^men  \)abt.  ©o  erlebte  bie  SBeU  bo« 
t)erh)irrenbc  ©c^auft^iel,  bafe  ben  enblicl)  am  28.  Quni  1228  ton  Srinbifi  abfegeinben 
Äaifer  ber  J)ä)3ftlid^e  Sannftral^l  auf  ©d^ritt  unb  2;ritt  im  ^l.  Sanbe  ^emmte.  ^mmerbtn 

eo  gelang  e«  bem  bi))lomatifc^en  ®efd^icf  ^riebrid^«,  im  ^ebrUar  1229  mit  bem  ©uUan  für 


ftreujjftge  103 

ydj^  ^ofyct  einen  SSerttag  ju  vereinbaren,  bemmfolge  bie  @täbte  ^erufalent;  92a^aret^ 
unb  Set^el^  famt  ber  t>on  Sflon  nad^  ^^^f^I'^^  fü^enben  $i(0erftra^e  ben  Soften 
fibetliefert  tourben.  ^erSrfoIg  übertraf  aUe  (Srtoartungen;  aber  nur  bie  el^rlid^en  $i(aer, 
unter  i^en  fpe^ieH  bie  beutfd^en,  jubelten  bem  Jlaifer  ^u.  hingegen  beurteilte  bie  üerifale 
gartet  bod  ®retgnid  unter  bem  ©eftc^t^unlt  il^rer  eigenen  ^Intereffen,  bie  freili^  bei  ben  6 
SDbmac^ungen  bed  freifinnigen  ^iferd  gar  feine  93erü(ffic^tigung  gefunben  l^atten.  Sor 
oOem  ober  betmed  ber  ^ccp%  bag  i^m  bie  Steigerung  ber  eigenen  3Rad)t  tpid^tiger  tvar 
old  bod  Sc^idfol  be^  I^L  Sanbe^.  SOSäbrenb  ^ebri^  II.  mit  ben  mu|(^ammebanifci^en  dürften 
in  einem  SSerle^  blieb,  beffen  tDo^lt](^citige  folgen  aud^  bem  d^rtftlic^en  SSeft^ftanbe  in 
$ala{Hna  )u  gute  lommen  mu^en,  fagten  ftc^  bie  t)ä))ftli(^en  (Elemente  unter  ^l^rung  lo 
ber  Zem))ler  1243  offen  ))om  ^aifer  lod  unb  reijten  in  freDell^after  äBeife  ben  äg^ptif^en 
Sultan.  2)ie  älnttDort  barauf  foax,  ba^  bie  Don  le|terem  l^erbeigerufenen  innerajtatif4en 
S^otxKtredmier  ^erufalem  normen  unb  bie  d^riftlid^e  3Rad)i  bei  ®aja  total  Demid^teten 
(1244).  Qtoax  toccti  ^nnocenj  lY.  auf  bem  jlonjil  ju  £^on  1245  für  einen  neuen  3ug, 
ba  er  ober  jugleid^  ben  ffam^f  gegen  bie  Staufen  für  einen  itreujjug  erflärte,  fo  burfte  i6 
er  fü^  nic^t  tounbem,  h)enn  bad,  toa^  einft  oQe^er^en  mit  93egeifterung  erfüllt  l^atte, 
je^  auf  @Iel  unb  SBibertoiDen  ftie|,  \a  h)enn  bie  99ürger  bon  Stegendburg  jeben  mit  bem 
Zobe  bebrol^ten,  ber  bad  ^eu)  auf  ben  Leibern  trug.  .So  re))räfentiert  benn  Subtoig  IX. 
)oon  ^anlreic^  mit  feinen  beiben  S^Qen  nad^  6^^em,  äg^^ten  unb  Serien  (1248 — 54) 
unb  noc^  %im\^  (1270)  eine  für  immer  bal^ingefc^tounbene  ^t  3Ran  glaubte  nic^t  20 
md^  an  bie  ^ilb^anbifd^en  Igbeale,  feitbem  biefelben  in  ben  nr^en))olitifcl^en  ßonflilten 
jtirifcben  ffaifer  unb  $<4)ft  entn)eil^t  h>aren.  ^edl^alb  ^uitt  bad  Slbenblanb  laum  noc^ 
mexflii^  jufammen,  ald  mit  bem  %aB,  ber  brei  glänjenben  Seefeftungen  älntioc^ien  (1268), 
Xri^olid  (1289)  unb  äffon  (1291)  bie  ©^riftenl^errfc^aft  in  Serien  t^r  befinitit)ed  ®nbe 
erreu^te.  fortan  begnügte  flc^  ber  Slbenblönber  bamit,  feiner  Sel^nfud^t  nac^  bem  1^1.  25 
®rabe  tme  in  alten  Qdtm  burc^  eine  unlriegerif^e  $il^erfal^rt  ^udbrucl  ju  geben.  Unb 
toenn  gletc^too^l  nod^  $a))fite  bed  15.  ^al^r^unbertd  toie  $iud  II.  an  bem  ©ebanlen  feft- 
leiten,  bad  ^L  ®rab  mit  ^ilfe  einer  militärifd^en  @£))ebition  jurüdjugetoinnen,  fo  lag 
biefer  gbee  l(KUi))tfä(^lid^  bie  Erinnerung  an  jene  Sorteile  ju  ®runbe,  toeld^e  gerabe  bad 
^ß(^fttum  aud  ber  jtreujjugdbetoegung  gebogen  l^atte.  so 

2)enn  ni(^  lam  ber  mit  bem  11.  ^a^r^.  beginnenben  Erhebung  ber  geiftlid^en  über 
bie  toeltlic^  3Rad^t  mel^r  ju  ftatten  ald  Jtriege,  bie  ton  ben  ^ürftcn  im  ^ntereffe  ber 
Atn^  unb  um  ber  9teligion  toiüm  gefül^rt  tourben.  Slieb  auc^  im  einzelnen  bie  ätud- 
fü^nmg  toeit  hinter  ben  urf))rünglici^en  planen  jurücf,  fo  l^at  fu^  boc^  ^a^r^unberte  l^in^ 
bim^  bie  ^ee  bel^KUit)tet,  ba^  ber  $a^ft  ed  fei,  ber  an  ber  St)i$e  ber  ganzen  teaffen-  86 
fo^en  (S^riften^eit  bad  |^1.  ®rab  erobere,  ^enn  er  rief  lum  Jtreuuug  auf,  er  betoiQigte 
bie  nötigen  SRittel  aud  tird^lic^en  f^onbd,  er  getoöbrte  ben  S^riftudjtreitem  Sorrec^te  unb 
Segnungen,  er  fül^rte  fte  an  burd^  feine  Segaten  (ätbl^emar,  $elagiud).  ^ie  unbantbaren 
mt&örif^en  Singel^eiten  überlief  man  gern  ben  ^rften,  l^atte  man  biefe  \a  toieber  ganj 
in  ber  ^onb  burd^  bie  Untoiberrufli^feit  bed  einmal  abgelegten  @elübbed,  neben  toel^em  40 
feine  anbere  ^errfd^erpflid^t  jur  @eltung  fam.  3R\t  bem  Momente,  ba  ein  ^rft ,  bad 
itreu)  genommen  ^atte,  )a>ax  er  nid^^t  mel^r  feiner  felbft  $err.  S^eber  Sluffc^ub,  jebe  SÜnbe^ 
rung  bed  SSor^bend  toar  abl^ängig  bon  ber  ßuftimmung  bed  $(ü)fted  bejio.  brachte  über 
ben  Setreffenben  Ungnabe,  9tügen,  f^lie^i^  ben  93ann.  ätucp  ba^  man  bad  Jtreu^ 
nd^en  burfte,  um  ein  firc^lic^ed  SSergel^en  abgubü^en  (Subtoig  VII.  bon  ^anfretd^),  jeigt  46 
tone  bie  ^[S^fte  bad  gange  äSerl^ältnid  auffaßten,  ^aiu  liegen  fu^  aud  bem  für  Serien 
gegebenen  93erf)>re(^en  nur  aUguleic^t  eine  Steige  anberer  93er))flic^tungen  jum  S3eften  ber 
päpf&id^m  Xl^otratie  gleiten. 

Seit  bie  Xbeorie  ))on  ber  Sentralgetoalt  bed  $a))fttumd  mr  äBtrflic^feit  getoorben 
tiKir,  traten  bie  Segaten  ald  Vertreter  pö^ftlic^er  93efugniffe  nacpbrücflic^  in  ben  SSorber^  50 
grunb.  älber  erß  mit  ben  Jtreuggügen  crbielt  biefed  neue  ^nftitut  feine  boHe  3tudbilbung: 
Segaten  )n:Aigen  bad  Jlreuj,  bringen  bie  uRtttel  gufammen,  begleiten  bad  $eer.  Da^u  ftnb 
fie  att  btrefte  Stellljertreter  bed  fird^Iic^en  Dberl^auJ)ted  ftetd  mit  einer  befonberen  3)iad^t- 
füDe  oudgeftattet  unb  nehmen  eine  unbebingte  älutorität  für  ftd^^  in  3ln\pmä).  3Sl\t  biefer 
Sudbe^nung  bed  Segatentoefend  toud^d  bemna^  gugleic^  ber  birefte  @tnflug  ber  ^ö^fte  66 
innerhalb  ber  Aird^e.  Unb  nid^t  minber  gab  bie  92otn)enbigfeit,  bie  ind  1^1.  £anb  ^ie^en- 
ben  9tf(^öfe  burd^  SSifare  gu  erfe^en  ober  ben  aud  i^ren  93iMmem  Vertriebenen  epi- 
Boopis  in  partibus  infidelium  eine  i^rer  SBürbe  entf^red^enbe  ^^ätigleit  im  älbenb^ 
ioibe  onploeifen,  bem  römifc^en  Stuhle  bie  befte  Gelegenheit,  in  bieSt>^äre  ber  ^trc^en» 
ffirßen  bnreft  etngugreifen. 


104  ftrenjjSge 

^ie  für  einen  Jlreu^ug  nötige  ^(uMftung  fteDte  an  ben  einjelnen  ftnonjtdle  Sbifoc^ 
berungen,  benen  er  in  bev  iRegel  nid^t  geh)ad^fen  toax.  Um  boreiS  (Selb  )u  bdcmmm, 
fallen  ftd^  biele  mm  SSeriaufe  ober  )ur  93eri)fänbung  bon  Siegenfd^often  unb  äRobtCm 
genötigt,  für  tpelc^e  in^efamt  bie  ßirc^e  ein  ftetd  bereittDiQiger  unb  lonlurrenjiofer  itmtfer 

6  foax,  ^efer  faft  )h)ei|unbert  ^al^re  l^inburc^  offenfte^enbe  ©ütermorlt,  neben  ioe^em 
bann  noc^  bie  immer  l^äufiger  tperbenbe  3(blöfung  be^Jlreu))ug^eUlbbed  bur(^®elb  etn|ec^ 
ging,  brad^te  aDen  teilen  ber  itir^e  unermellid^e  Steid^tümer.  äßieber  profitierten  bobei 
am  meiften  bie  $ö))fte.  ^enn  toiä^enb  fte  im  12.  ^afycl^.  ou^  ben  Jlirc^engütem  ben 
^rften  93eifteuem  ju  ben  3^0^  betoiDigten,  toeU^e  je  länger  je  me^  bon  ben  $rä(aten 

10  nur  mit  3Rurren  entrid^tet  tourben,  fo  rdflamierten  fte  feit  bem  SoteronlonjU  bon  1215 
biefe  älbaaben  für  fid^  aU  bie  oberften  Seiter  ber  berfd^iebenen  jlreugjußdunteme^mungen 
unb  fd^ufen  bamit  eine  Steuer,  toeld^e,  in  l^äufiger  äBiebertel^r  bon  ^tolten  bid  ©rönimib 
erhoben,  fogar  ben  %ciSl  bon  9lf{on  nod^  lange  überbauerte. 

^ie  Jlreu)}üge,  in  ber  $au)}tfac^e  Steligiondiriege,  bilbeten  atö  folc^e  eine  gefä^ul^ 

16  Duelle  ber  l^ntoleron^.  @d  toar  ber  religiös  anberd  3)enlenbe,  ben  man  fc^blod  ia 
mad^en  ftrebte,  mod^te  er  ^ul^ammebaner,  2!ube  ober  ^eibe  fein.  3(ber  man  ging  nocb 
einen  Schritt  toeiter.  Su(^  ber  mit  ber  ^errfd^enben  Stic^tung  ber  ftird^  im  9Biberf}m4 
fte^enbe  Sl^rift,  ber  Jle|er,  galt  balb  a(d  ^reu^jug^obieft.  3(ud^  in  biefer  Sfrage  mod^ 
Sinnocenj  III.  Qpod)c,  inbem  er  fic^  ni^t  fd^eute  gegen  bie  innertird^Iid^en  0))))ofUton^ 

30  Parteien  aU  ^örefien  ba^  ^reu)  ju  ^rebigen,  f))e)iell  in  f^anfreid^  einen  Sürgerlrieg  mit 
ben  äUbigenfem  ju  entfejfeln  unb  bie  toeltlic^  Dbrigleit  jur  Seftrafung  ber  ^^l^io^ 
m  jtoingen.  3)ie  Snqutfition  mit  aUm  i^ren  ®reueln  toürbe  nic^t  in  fol<^ein  9la^ 
^aben  %ii^  faffen  fönnen,  toenn  nid^t  bie  religiöfe  (Srregung  ber  ßreu))üge  boronge* 
gangen  toöre. 

26  Obtoo^I  e^  ben  $ä))ften  nidbt  gelungen  toar,  @^rien  für  bie  itird^e  jurüd^uerobern, 
fo  tonnten  fte  boc^  bamal^  bie  Itrc^lid^en  ®ren)))fä^le  toeiterfteden.  3)ie  Sufmerlfamlttt 
toar  einmal  auf  bie  Übertoinbung  ber  Ungläubigen  gerichtet,  ^en  jtreujjug^jel^ten  trgei^ 
toie  anber^  yx  bertoenben,  em))fanb  man  teine  Strubel;  ber  ^reu)))r<ä)iger  beruhe  fid^ 
mit  bem  SRtffbnar;  Orben^ritter,  bie  im  1^1.  Sanbe  teine  SSertuenbung  me^  fanben,  be« 

80  l^ätigten  ftd[>  gern  in  entft)re^enber  SBeife  an  onberen  Orten.  @d  ift  betonnt,  toie  biefe 
äSerl^öltniffe  ber  S^riftianifterung  unb  jlolonifierung  bed  beutfc^en  Dftend  )u  gute  ge« 
tommen  fmb. 

hingegen  bienten  bie  toäl^renb  bed  13.  ^obrl^unbertd  g^flegten  Sejie^ungen  ju  ben 
SRongolen  nur  bem  ))ä))ftlid^en  Slenommee.    man  glaubte  in  ben  leeren,  ba  fte  o^e 

86retigiöfen  ^anatidmud  toaxm  unb  mit  ben  SRul^ammebanem  auf  itriegdfu^  fianbim, 
greunbe  unb  laufbetocrber  fe^en  ju  bürfen.  S)a^  biefer  ober  Jener  SQ^xt  bereit  fei  6^ 
m  toerben,  gehörte  ju  ben  l^äufigen  3!äuf^ungen  ber  3^^-  ^ementf})red^enb  begegnen  in 
Den  40  er  unb  50  er  ^ci!i)xm  beg  13.  ga^^unbertg  mieber^oft  Slbgefanbte  ^nnocenj'  IV. 
ober  Subtoig'  IX.  bon  j^ontreic^,  metft  avS  bem  ^anjidtanerorben,  im  ^nnem  bon  Xfien 

40  btd  nac^  ^inbien  unb  Sbina.  ^od^  ftnb  bie  ^lefultate  il^rer  Steifen  eigentlich  nur  ba 
3$erme{^rung  geogra))^ifc^er  5tenntniffe  ober  bem  Stubium  ber  orientalifc^en  ©pxadfm  bon 
9{u$en  getoefen.  ä(uc^  ba^  3(uftreten  Sla^munb  SuQd  toiU  bom  @tanbi)untt  biefed  bun^ 
bie  Äreuiijüge  genäl^rten  S^terejfe«  an  ben  Unaläubigen  berftanbcn  fein. 

Da^  bie  lirc^Ud^e  3Biffenfd(>aft  burd^  bie  Äreujjüge  eine  befonbere  ejörberung  erfol^ren 

46  ^obe,  tann  nic^t  be^au))tet  toerben.  ^enn  bod  @tubium  bed  Slriftotele^  im  ätbenblonbe, 
bag  ^ier  in  erfter  Sinie  ju  nennen  loärc,  fd^reibt  [id)  me^r  bon  ben  frieblic^en  Sejie^ungen 
m  ben  Slrabem  in  Bpamm  unb  Sizilien  l^er.  ßbcnfo  tann  man  bon  einer  Bereicherung 
oe^  fünftlerifd^en  ^ormenfd^a^e^  nur  beretnjelt  unb  felbft  bann  nic^t  einmal  mit  abfoluter 
©id^erl^cit  f})re(^en.    §öd^ften^  ba^  bie  maffenl^aft   aU  ^mtt  mitgcfd^Iet)J)ten  SBerie  ber 

öoÄleinfunft  ^ierunb  ba  ein  betoratibeö  ÜJlotib  barboten,  baö  toie  bie  fj)ri4^h)örtlic^|  getoorbene 
3lrabe«Ie  jur  9tac^a^mung  reijte. 

Um  fo  l^ö^cr  ftnb  bie  Anregungen,  n)elc^>e  bie  tirdt^Iid^e  ^römmigteit  au«  jener 
religiöfen  ßri^ebung  gefd^öj)ft  l^at,  einjufc^ä^en.  ^n  ben  })äj)ftüc^cn  2lgenten,  toelc^  jur 
Übernahme  bc«  Ärcujc^  aufforberten,  begegnen  bie  erften  93oIföj)rebigcr  be«  3RitteIaIter« ; 

65  fic  bcrlaffcn  bie  engen  Äirc^cnmauem  unb  reben  auf  gelbem  unb  5ßlä^en  jur  SRenge. 
äluc^  bie  ^acfenbe  bilberreic^e  (Sprache,  toie  fie  ben  93ettelmönc^  in  ber  f^oigejeit  oud» 
jeid^nct,  bürfte  fi^  jum  guten  leile  auf  jene  bie  5ßl^antafte  fcffclnben,  bie  Seibenfc^ftm 
aufftac^elnben  Ärcuj))rebiiicr  jurüdffül^ren.  25aju  toarb  bie  finnlic^e  Slnbod^t  immer  nerböfer. 
(S^bilbct  ba^  fragtoürbige  3Serbienft  ber  ja^lrcid^en  in©i;rien  bertretenen  religiöfen  JlöH>ers 

0)  fc^aftcn  ftet^   neue   burc^   bie  ^rabition   auc^cjetc^netc   ^eilige   Örtlid^^teiten  aufgefutä)en 


ftreitjjfige  105 

unb  bcn  bofdbfl  l>oII)oamen  Sevetnonien  einen  Befonberen  9Bert  beigenteffen  )u  l^en. 
^  eitmteie  an  bod  „Sefängntö  ^efu  (S^rifti'',  bad  man  ben  pilgern  in^^<^(^ni  gegen 
®db  jetgte  (itugler,  ®ef6.  b.  Rxmn,,  6.  349).  ^te  bamtt  berbunbenen  materiellen 
Vorteile  j^eiaerten  naiüxlxa)  ben  ®ifer  biefer  Xtabitiondmad^erei,  bie  bad  geogra))bt{d^ 
Stib  be^  ^l.  fianbed  btö  ^eute  getrübt  l^at,  unb  bie  au^  auf  bie  ®(äubtgfeit  be^  ^benb^  6 
lonbed  t)erb(ingnid))oD  einh)irlte.  ^enn  jene  in  @tabt  unb  Sanb  ^erborfc^ie^enben 
J^etltgengrobtir^en,  Ölberge,  Seiben^tDege  tvaxm  nid^td  anbetet  a(d  ein  befd^eibener  @tfa( 
^  bie  feit  bem  3ufammenbTuci^  ber  d^riftli^en  ^errfd^aft  tDieber  fem  gerüdtten  ei^r^ 
tDurbtgen  Originale.  ^ebenfaQ^  fanben  fte  beim  Solfe  biefelbe  SertDenbung.  Unb  ba 
ber  burd^  bie  9leligiondIriege  erzeugte  SOSanbertrieb  nac^  bem  ^^e  bon  älflon  nid^t  jum  lo 
SttUßanb  lam,  fonbem  ^^  in  ben  jur  fte^enben  ©etooi^nl^eit  h)erbenben  SBaQfal^rten 
innerl^olb  bed  eigenen  Sanbe^  äußerte,  fo  tDurbe  bie  93ef^affung  bon  neuen  h)unber« 
boren  Dertlic^tetten  )u  einer  religiöfen  ^flic^t,  ber  ftd^  aud^  bie  abenblänbifc^e  (SeiftUd^- 
feit  gern  uiUer}og.  ^m  3ufammenl^ange  bamit  ftel^t  bie  Sluffaffung  bom  Orient  cii 
einer  unl[>er{tegli(^  OueDe  t)on  ^Reliquien,  ^urc^  bie  Jlreujjü^e  erful^r  ber  Sleliquien- 16 
bslbi^  eine  ungeol^nte  Verbreitung,  lam  ber  SReliquienl^anbel  in  aÖen  nur  benibaren 
formen,  jugleid^  mit  aQen  Söc^erlid^Ieiten  unb  93etrügereien  überl(Kiu^t  erft  auf.  @d  fei 
mir  an  bie  SBic^tigfeit  erinnert,  bie  man  militärifd^erfeit^  bem  Sefi^e  ber  1^1.  Sanje  ober 
be^  ^L  5treu)ed  beimaß,  ober  an  bie  SioDe,  toeld^e  ber  rafd^  m  aQgemriner  Se^ 
rü^m^^  gelangte  1^1.  Sflodt  f))ielte.  ,,®d^te''  Silber  ^efu  ober  oie  auf  ben  Sban^ao 
geltften  2ma&  jurüdtge^l^rtcn  b^jantinifc^en  SRabonnen  fluten  feitbem  in  ber  Jtunft^ 
oef^ic^te.  Steliquien  btiben  ben  umfangreid^ften  unb  intereffanteften  93eftanbteil  ber 
Sleid^fleinobien  (9Uta>.  @(^ul$,  3)eutfd^e^  geben  im  U.  unb  15.  S^^^^unbert,  ®r. 
SUtdg.,  6. 447),  fte  mac^  ben  Stob  rric^er  jlirc^en  unb  ^löfter  au^,  fte  berfe^en 
bot  gemeinen  3Rann  in  religiöfed  Sntgüclen,  h)enn  fte  i^m  t)om  ^erumjiel^enben  25 
Settefandnc^  )ur  anbackt  t^orgetoiefen  toerben.  Suc^  ber  h)ertlofen  ^u$enbh)are  eignet 
ein  befonberer  9{imbud,  fomn  fte  ft^  auf  bad  ^I.  Sanb  ober  auf  bie  ftrem^ugde^oc^e 
joiräclfü^ren  lann.  9{atürli(^  l^at  biefe  9(rt  bon  f^ömmigleit  ber  Segenbenbilbung  neue 
T^o^nutg  gegeben;  befonberd  erfal^ren  bie  ®r^äl^(unaen  t>on  ber  ^lungfrau  SJtaria  in 
SSort  unb  9ilb  eine  tmgeal^nte  Bereicherung.  3(ucb  fd^eint  bie  bor^er  nur  t)erein2elt  ao 
auftretenbe  S^fenfranjanbac^t  erft  unter  bem  Sin^ug  be^  entf))red^enben  mubamme^ 
bantf(^en  ^ttfUtuted  (tesbih)  il^re  mit  bem  13.  ^a^r^unbert  beginnenbe  eigentliche  Ser^ 
breitung  gefimben  )u  l^en. 

93on  grdgter  ^ragtoeite  aber  h)urbe  bie  Jtreujjug^betoegung  für  bad  älbla^toefen,  ba^ 
bann  toi^er  feinerfeitd  bad  bidl^erige  Suginftitut  gef))rengt  l^at.  Urf))rünglid^  toar  gtoar  nur  36 
baten,  toelc^e  auS  rein  religiöfen  ®rünben  bad  jtreuj^  nehmen  toürben,  boUfommener@rla^  aQer 
^önttenien  )ugeft(^  (Slermont,  1095  can.  2;  MansiXX816).  9(ber  fc^on  Söleftin  III. 
(1195.  guli  25;   Mansi  XXII  604)   getoöbrte  für   blofee   ©elbbeiträge  jum   Äreuuuge 
tDcnigftend  einen  Xeilerla^,  unb  ^Innocenj  III.   t)erlangte  überl^au))t  nur  bie  boQe  3(u^ 
räfhtng  eined  belDaffneten  ©tetlDertreterd,  um  ben  t)oüm  9(bla^  ju  f))enben.    9{immt  man  40 
niK^  ^)u,  ba^  im  13.  ^a^^unbert  an  Stelle  ber  bi^i^erigen  Unlddbarleit  be^  iRreujjug^ 
gelfibbed  ebenfalls  eine  äfblöfung  für  @elb  mögli^  tourbe,  ja  ba^  felbft  für  geringfügige 
£eiffatngen,  toie  ).  93.  für  bad  blo^e  Sln^ören  einer  ßreujt^rebigt,  irgenb  ein  ®rla^  gegeben 
tmnbe,  unb   ertoögt  man,  ta^  t>a&  Jtreu))}rebigen   gegen    bie  berfc^iebenften  ^einbe  ber 
ftirc^  bomob  über^au))t  nid^t  aufhörte,  fo  lä^t  ftc^  berfte^en,   baft  bei   einer  fo   reid^en  45 
Stoglic^dt,  bie  ^önitenjen  )u  umgeben,  Don  einer  Kontrolle  ber  festeren  toenig  me^r  bie 
Siebe  fein  lonnte. 

Sereitd  biefe  (Srfd^einung  toirb  felbft  bon  römifd^en  X^eologen  aU  ein  92ad^teil  ber 
ftreuDugdbett>egung  für  bie  jlird^e  jugeftanben.  älnbere  Jlritifer  ftnb  nod^^  toeiter  ge^ 
ganzen  unb  f^zn  angefic^t^  ber  aud  ben  Jlreu^^ügen  ertoacbfenen  Sd^äbigungen  gerabe^u  60 
t)on  einem  tnurerjeiblid^en  ^l^ler  ber  $ä))fte  gefprod^en.  SBo^l  mit  Unrecht,  infofem  bie 
menfd^ic^  ))orati^ufe^enben  (Srgebniffc  jener  Kriege  in  ber  Xl^at  aQe^  ba^  ber  ilirc^c  bc- 
fc^en,  tood  biefelbe  nur  bon  il^nen  ertoarten  fonntc,  toä^renb  bie  entfernteren  3Birs 
hingen  ber  ^üge,  bie  aQerbingd  ganj  anber^  geartet  toaren,  au^er^alb  ber  bamaligen 
Serec^ng  logen.  55 

^unäd^  tourben  burc^  bie  frieblid^en  Se^iel^ungen  m  ben  SRu^ammebanem,  an  benen 
ed  nid^  fehlte,  bie  SorfteDungen,  toeld^e  man  ftd^  d^riftlid^erfcit^  ton  bem  ^Slatn  gemad^t 
^e,  grünblid^  mobifijiert.  ^ian  begann  ber  tuItureUcn  Silbung  toic  bem  ritterlid^en 
Sinne  feiner  Sn^ger  ))olle  Slnerfennung  ju  joden;  ja  man  fanb  i}m  Xugenben,  bie 
man  bei  ben  eigenen  ®lauben^cnoffen  fc^merjlic^  t)crmi^te.   6^  gab  alfo  aud^  augcr^alb  eo 


106  Sreitjjfige  ftneg 

bc«  Sereid^«  bcr  d^riftlic^en  ® ogmcn  eine  ©ittli^f eit,  bie  Seac^tunß  ijerbiente ;  man  f onnie 
ntorafifd^  l^anbeln  o^ne  Gl^rift  ju  fein.  Solche  ©rtüägungcn  mu^en  frül^  ober  ft>tor 
ju  einem  emftlic^en  Äon^ilte  mit  ber  firc^Iid^en  Seigre  führen,  jumal  toemi  obenbretn  in 
tl^eologifc^en  3)i«puten  mit  getoanbten  aScrtretem  be^  ggfam   ober  im  Serle^  mit  ben 

5  bunten  Seften  be«  Oriente«  ba«  für  unfehlbar  gel^oltene  lat^ofij^e  3)O0ma  p(^  d«  am 
fec^tbar  erioied.  ^a^n  lamen  tro|  aUer  SSer^eigungen  unb  Segnungen  bie  ntc^  pf, 
leugnenben  SWifeerfoIge  ber  c^riftlid^en  SBaffcn.  Die  grobe  SKafJe  mad^te  für  biefetten  bmb 
biefen  ba(b  jenen  öu^erß^en  ®runb  geltenb.  3lber  jener  })roben;iaIifc^e  @tet)titer  ma%  caxSf 
nid^t  ber  einjige  in   feiner  2lrt  getoefen  fein   mit  ben  böfen  SBort'en:    ,,6d  gid&t  fem 

10  jlreu),  e«  giebt  feinen  ©tauben,  ber  und  ju  Reifen  t)ermag  gegen  biefe  ber^c^ten  @(^urfen 
bon  3:ürlen.  Offenbar  ift  eö  Dielmel^r,  ba^  ®ott  biefelben  befd^ü|t  ju  unferm  nnJ^" 
(Äugler,  ®efd^.  b.  Äreujj.,  ©.  415). 

3Rit  biefer  SBertfc^ä^ung  be«  5Rid^tc^riftIi^en  berbanb  fw^  bann  leidet  bie  Ätitil  ber 
eigenen  ^uf^Änbe.  „Illud  schisma,  quod  inter  regnum  et  sacerdotium  a  tempore 

16  Alexandri  papae  usque  hodie  tarn  nos  Romanis  quam  Romanos  nobis  invisos 
et  infestos  iam  heu!  confirmavit'',  ^ielt  nid^t  nur,  toie  (Sffe^arb  t)on  Sura  (MG 
SS  VI,  214)  berid^tet,  bie  Deutf^en  bon  ber  93eteiligung  am  erften  3^0^  )uriul, 
fonbem  Ue^  e«  aud^  in  ber  ^olgejeit  bielfa^  nic^t  ju  einer  frol^en  Segeifterung  ffJa  eine 
@ac^e  lommen,  beren  Untemel^mer  feinedtoeg«  bon   felbftlofen  9Rotit)en  getrieben  toaren. 

20  $unbert  2!^^^^  f)>äter  toamt  SBalti^er  bon  ber  SSogeltoeibe  gerabeju  babor,  boS  beid(^ 
©über  in  ben  „toelfc^en  ©c^rein"  ju  fc^ütten.  Unb  toem  bie  immer  toieberfel^renbe  Sa» 
toeigeruna  bed  Streu^^ugdjel^nten  burd^  bie  geiftlid^en  ©tönbe  ober  bie  eJ^geijigen  $läne 
ber  f^rifd^en  Jtird^enfütften  ober  bie  ©onber^oUtif  ber  Stitterorben  noc!^  nic^t  bie  äbigen 
gä^ffnet  ^atte,  ben  Härten  ftc^erlic^  bie  Jlreuj^rebigten  ber  $ö))fte  bed   13.  ^a^r^unberld 

26  gegen  Btau^m  toie  äUbigenfer  über  bie  toal^ren  3(bftc^ten  ber  römifd^en  Jturie  auf. .  „3(n 
bie,  toeld^e  fid&  gegen  bie  Deutfc^en  toaffnen,  berfc^toenbet  ber  ?ßa))ft  ben  3(b(a|' ben 
Krieg  in  ber  fiombarbei  l^at  er  an  bie  ©tette  beg  1^1.  Kriege«  gefegt."  Ober:  „31)er^3<# 
unb  bie  falf^en  £el^rer  ^aben  bie  1^1.  Jtird^e  in  fo(^e  Trauer  berfe^t,  ba^  ®ott  felbfi 
barüber  ergrimmt.    ^l)x^  ©ünbcn  unb  2^l^orl^eiten  finb  e«,  um  berenttoiHen  bie  dSretiter 

aoftci^  erl^oben  l^aben;  benn  toenn  fte  felbft  ba«  Seif))iel  jum  S3ofen  geben,  toirb  ftdp  freiließ 
nicmanb  be^felben  entl^alten."  ©o  urteilten  bie  ritterlid^en  ©önger  jener  3^*  flJnA, 
ÄuUurgefd^.  b.  Äreuj^.,  ©.  271  f.).  Damit  erftarlt  aber  bie  OpJ)ofition  gegen  ba«  ^p 
tum  —  bi^l^er  nur  ©ac^e  einzelner  —  gu  einer  allgemeinen  2lnfc^|auung  ber  Söller  unb 
ertoeitert  fid&  ;iugleid^  ju  einer  Äritil  be«  ganzen  lird^lic^en  ©^ftem«.   9?ad^  me^en  Seiten 

86  l^in  äußert  ft^  biefe  beränberte  ©ituation. 

§atte  bie  Äird^e  fid^  afe  »Jü^rerin  in  ben  Äreujjügen  gefül(^lt,  fo  fam  ba«  3)li|» 
lingen  ber  le^teren  einer  ^{ieberlage  ber  Kird^e  felbft  glei^.  Ot)t)ofitionene  Slic^tungen,  Ue 
latent  bor^anben  toaren,  aber  mit  fefter  ^auft  nieberge^alten  tourben,  traten  mit  Energie 
^erbor  unb  be^au))teten   ftd^   fiegreic^.     Der   @laube  an  bad  audfd^lie^id^e  Sle^t  ber 

40  ^ä))ftlic^en  Kirche  toar  ein  für  aQemal  bal^in.  (Sin  anbere«  gearteter  reltgidfer  @eift  Iam 
erft  in  ben  ©eften  (Äat^arcr,  3tlbigenfer),  bann  in  ben  SReforn^jarteien  jum  Slu^bruct, 
beffen  9lom  niemafö  mel^r  §err  toerben  follte. 

Unterftüfet  tourbe  biefe  ßntioicfelung  bur^  eine  ebenfall«  in  ben  Äreujjügen  tounelnbe 
aufllärerifc^e  3lic^tung,  bie  fic^  in   ber  Siegel   afe  tool^lioollenbe  SEoleranj,  l^öufig  freiM 

46  aud^  al«  religion^feinblid^cr  S^nigmu«  offenbarte.  %ixx  fte  ift  Äaifer  griebrid^  II.,  ber  fu? 
in  3i^ökw  i^it  ben  ©cfanbtcn  be«  ©ultan«  über  Probleme  ber  Sogif  unb  3Keta})^f3 
untencbet,  fj)ätcr  aber  in  Palermo  ein  bie  c^riftlic^e  SDloral  mit  Seloufetfein  berle^enM 
Seben  fü^rt,  ein  bortrefflid^e«  93eifj)iel.  Unb  ba«felbe  gilt  bon  feinen  ©egnem,  ben 
2em})elrittem. 

60  Der  ertoeiterte  ©cfid^tefrei«  aber  l^atte  eine  Sleil^e  bon  3B3iffen«gebieten  entbedt,  bie 
obnc  eine  Domäne  ber  Äird^e  ^u  fein,  bod^  bie  reblic^fte  Semü^ng  berbienten.  älw^ 
fül^rten,  h)a«  nid^t  unterfd^ä^t  loerben  barf,  jene  9leligion«friege  ju  einem  regelred^ten 
§anbeföberfc^r  mit  bem  Orient,  ber  ba«  bi«  ba^in  gelbarme  euroJ)a  erl^eblic^  be^ 
reid^jerte.  @rft   feit  biefer  3^^^  geioann  ba«  3tbenblanb   loieber  bie   boHe  JJreube  an  ben 

66  realen  ^ntereffen  ber  3)ienfd^|eit  unb  fonnte  e«  mutig  auf  jene  ©ntfaltung  unb 
^Verallgemeinerung  ber  geiftigen  Silbung  Einarbeiten,  bie  ioir  ate  SRenaiffance  bonlbar 
begrüben.  grriebrid^  CSiega«!. 

Stieg,  Ärieg^bienft  ber  ©eiftlid^en.  —  ^arlefe,  etftll,  §  49  ?lnmerf.;  Wot^e, 
et^l!,  2.  Aufl.,  §  1159-1162;  3Wovtenfcn,  (St^it,  III,  ©.  280-292. 


Ärtcg  107 

©er  Krieg,  in  feiner  äußeren  6rf(^einung  unb  unmittelbaren  SBirfung  unftreitig  ein 
Übel  unb  eine  golge  ber  ©tinbe,  lä^t  glei(^h)o^l  eine  fe^r  berfd^iebene  Setrad^tunggtoeife 
ju.  Sticktet  man  ben  SUcf  auf  bie  Seiben  unb  ©(freien,  bie  jeber  Krieg  mit  fic^  fü^rt, 
auf  bie  £)J>fer  an  5Kenf(^enleben  unb  an  ^milienglüdf,  an  SBo^lftanb  unb  an  ©rtoerb^ 
hdften,  bie  er  forbert,  auf  bie  ©rbitterung,  bie  er  itüifd^en  ben  Sßölfern  })flanjt,  auf  bie  6 
Sntfeffelung  böfer  Seibenfd^aften,  bie  er  in  feinem  ©efolge  ^at,  erträgt  man  ))oIIenb^,  ba| 
jene  Dj)fer  bermalen  in  ^o^em  SKafee  fd^on  bon  ber  })ermanenten  ÄrieaMftung  unferer 
Staaten  al^eifc^t  tDerben  unb  ben  Sölfem  nac^gerabe  unerfc^U)inglic^e  Saften  au^  biefer 
Slüftung  ertoad^fen,  bafe  femer  eben  biefe  bon  SBaffen  ftarrenbe  Haltung  ber  SKäd^te  eine 
fiete  Ärieg^ol^ung  in  fid^  fd^Iiefet  unb  baburd^  eine  lä^menbe  Unfi(^er^eit  in  ben  frieb^  lo 
lt<^en  38ene^  ber  Stationen  bringt,  ^anM  unb  SBanbel  unb  gemeinnü^ige  Unterne^s 
mungen  ^emmt :  fo  möchte  man  bad  entfd^iebene  SSerbammung^urteU,  ba^  gett)if[e  c^riftlid^ 
^Portrien,  toie  bie  Quäler,  SKennoniten  u.  a.  über  ben  Krieg  f(^led^t|in  föUen,  für  geredj^t* 
fertigt  i^lten.  ,  SlQein  biefe  93etrac^tung^h}eife  ift  einfeitig  unb  i^re  biblifd^e  93egrünbung 
mif  betonnte  Sufeerungen  gefu  in  ber  Serg})rebigt  (Tlt  5,  39)  ift  gerabeju  falf(^.  gm  i6 
^tmmelretc^,  ba^  ©erec^tigfeit,  griebe  unb  g^eube  im  |^I.  ®eift  ift,  |at  frrili(^  ber  Krieg 
mne  Stdtte,  unb  bie  Sti^eftaltung  be^  göttlid^en  $eil^tt)erle^  in  ber  3)lenfc^^eit  jielt 
auf  einen  SuP^wk  <il>#  <iwd  toeld^em  er  bollftänbig  berbannt  fein  toirb  (9ief2,4;  3Ki4,3; 
Dffb.  3o  20, 4).  aber  bie  8ufunft  läfet  fid^  nid^t  antigtoieren,  unb  in  bie  3rit  famt  i^ren 
UnboUtommeit^eiten  unb  Übeln  foQ  ber  Sl^rift,  bietpeil  er  in  i^r  lebt,  ftc^  fd^idEen  (9lö  20 
12,  11). 

3ubem  ifl  eine  anbere  93etrad{|tung^tt)eife  be^  Krieget  nic^t  blo^  ftattl^aft,  fonbem 
btangt  fit^  bom  biblifc^en  ©tanb})unfte  gerabeju  auf.  SBenn  3Wofe  (®j  15, 3)  fagt :  „ber 
pm  ip  ber  rechte  Krieggmann"  ?^^nb?:  d-^N,  unb  ®abib  (5Pf  9.  18.  60  u.  ö.)  balb  fein 
megerifc^  I^un  bem  35eiftanb  be«  $erm  mit  gläubiger  3uberftd(|t  em})fie^lt,  balb  unb  25 
mit  Sorliebe  bag  geredete  SBalten  ®otte«  unter  bem  Silbe  ber  Kriegführung  f(^ilbert,  fo 
fommt  barin  eine  poliere  SBal^i^eit  jum  Slu^brud,  bie  nid^t  berlannt,  auc^  nic^t  ettpa  auf 
bie  3^  ^  ^^^  33unbe«  in  i^rer  (äeltung  befd^ränlt  toerben  foll.  I)enn  ba^  9leue 
Xefiament  \püd}t  nirgenb^  in  unbebingt  bertoerfenbem  ©inne  gegen  ben  Krieg,  g^l^anne^ 
ber  lauf  er  mutet  ben  Krieggleuten  Sc  3,  14,  3^w«  t>^"^  $auj)tmann  bon  Kojjemaum  90 
9Rt  8,  5,  ?Petrug  bem  Komeliuö  91®  10  fein  Serlaffen  il^re^  35erufe^  ju,  unb  in  ber 
Offenbarung  ^^o^anniS  erfc^eint  nid^t  nur  Rap.  6,  4  hinter  bem  SBorte  ®otte«  auf  bem 
toei^en  ?Pferb  33.  2,  ber  Sleiter  auf  bem  roten  5Pferb,  bie  5Perfonififation  beö  Kriege«,  al« 
bon  ®ott  gefenbet  unb  mit  bem  großen  ©d^toert  au^gerüftet,  fonbem  Kaj).  19,  11  ff.  gie^t 
ber  §en  felbfi  gum  legten  Kam})f  unb  ©ieg  au^  in  ber  ®eftalt  eine«  Kriegöfürften  an  86 
ber  ©J>ifte  feine«  ßeere«,  unb  ber  in  ber  ©onne  ftel^enbe  ßngel  33.  17  ruft  mit  großer 
Stimme  ben  33ögeln  be«  ^immel« :  „Kommt  unb  berfammelt  euc^  gu  bem  2lbenbma^l  be« 
großen  ®otte«." 

SBir  toerben  bal^er  nid^t  toie  §egel  (9led^t«j)]^Uofot)l^ie  §  324)  ba«  3^"^"^^'^  ^^^  t>^ 
Krieg  al«  dne  feige  SD3eic^Ii(^Ieit  berfjjotten,  auc^  nic^t  mit  bem  §iftorifer  $einri(^  Seo  40 
einen  „friftben  frö^lid^m  Krieg"  al«  ärgnei  gegen  bie  ©fro})buIorttät  unfere«  ®efc^le^t« 
^erbdhmnfcpen,  too|^(  aber  jugeben,  bag  ber  Krieg  al«  göttliche«  33er^ängni«  oft  eine  für 
bad  ®an)e  too^lt^ätige,  luftreinigenbe,  ba«  Seben  ber  Söller  fteigembe  SBirfung  nai)  jid^ 
läilt,  unb  bal^er  feine  gefc^ic^tlid^e  92ottoenbigfeit  begreifen. 

^0«  Siecht  be«  Kriege«  aber  grünbet  ftd^  Har  barauf,  bafe  ber  Dbrigleit  ba«  46 
6<^toert  bon  ®ott  ocgebm  ift  gur  ©träfe  über  ben,  ber  35öfe«  t^ut  (5Rö  13;  1  5pt  2). 
®Iet(^h>ie  fte  folc^e  ÜWad^t  übt  jur  äufred^t^altung  bon  Rxxd^t  unb  Drbnung,  ®efe^  unb 
%ec^t  im  ^v^v^^^  i>^  ®emeintoefen«,  fo  ^at  fte  auc^  naq  äugen  ba«felbe  gu  fc^ü^en  unb 
)u  bertcibigen  bie  unjtoeifell^afte  ?PfIid^t  unb  toürbe  i^ren  Semf  berfäumen,  too  fie  e« 
nic^t  t^te.  9Son  biefem  ®efi(^t«bunlt  au«  enttoidfclt  Sutl^er  bie  ebangelifc^e  3lnfd^auung  60 
bom  Krieg  in  fdner  befannten  Ileinm  ©d^rift:  „Ob  Krieg«kute  au(^  in  feKgcm  ©tanbe 
fein  fönnm?"  6r  |^anbelt  grünblid^  ab,  bafe  bie  Unter^erfon  niemal«  toiber  bie  Ober= 
})erfDn,  biefe  gegen  jene  nur  im  ^Ile  be«  2lufru^r«,  ©leic^er  toiber  ©leieren  aber  bann 
mit  gutem  (^riftlic^en  ®etoiffen  friegen  möge,  toenn  er  ungerec^tertocife  angegriffen  unb 
^oiägeforbert  jri.  Krieg«luft  fei  berbammlic^  unb  fü^re  in«Unglüdf  (2Kgll),  friegen  66 
vm  be«  Kriege«  toillm  fei  ©ünbe,  5Rotfrieg  aber  $flid^t  ber  Obriafeit.  2)cmnac^  fällt 
bie  gerechte  unb  bem  G^riften  erlaubte  Kricgfü^mng  unter  ben  Segriff  ber  9?ottoel^r. 
SBo«  femer  bie  Beteiligung  be«  ein^jelnen  ß^riftcn  am  Krieg  anlangt,  fo  ift  bie«  eine 
grage  be«  ®e^orfam«  gegen  bie  Obrigfeit.  ^n  einem  au«  gerechter  Urfac^e  j\um  ©c^u^e 
be«  Saterionbe«  unb  be«  guten  9{ed(^t«  untemommenen  Krieg  fann  ber  S^rift  mit  ader  6Q 


108  Stieg 

^reubtg!ett  audjie^en  unb  ald  ^rieg^tnann  feine  (Sc^ulbigleit  tl^un.  Xad  Stecl^t  feiner 
Dbriglett  jum  Krieg  ju  ))tüfen  foK  t^m  ntc^t  bertvel^rt  fein,  ober  too  nid^t  einem  au^ 
brücflic^en  SBillen  @otte^  ^utDiber  ge^anbelt  tt)irb,  foK  er  bie  getDiffe  $fli(^t  bed  @tf 
l^orfamd  über  bie  ungetoi|fe,  ))on  i^m  U)eber  )u  entfc^eibenbe  no^  ju  k)eranttDortenbe 

b  Sted^töfrage  ftellen.  ®ie  SRec^enfd^aft  f)at  er  nid^t  ju  geben.  —  dagegen  fc^örft  Suäfcc 
nad^brüdlic^  ein,  ba^  Slaufluft,  @^rgeig,  Seutefud^t,  ^ang  ju  Slbenteuem  fd^Iec^te  9ntriebe 
unb  9teijmittel  feien,  mit  benen  ein  d^riftUc^er  Jtrieg^mann  unt>ertPorren  bleiben  muffe; 
i^m  jieme  ))ielme^r,  in  2)emut  unb  Su^fertigfeit  ^c^  bor  ®ott  ju  beugen,  ft(^  bed  gu 
tröften,  ba^  er  in  einem  gottgeorbneten  Berufe  ftreite,  unb  bann  mutig  unb  tat)fer  brenu 

lü  ^ufc^lagen.    (Sgl.  ba^  ^errltc^e  ®Aü  am  ©d^luffe  ber  @(^rift.) 

Sie  ebangelifd^e  @t^if  ^at  biefer  SlntDeifung  be^  Sleformatord  toenig  beijufi^en.  & 
ift  nic^t  iuläffig,  bad  Unred^t  unb  bie  9$erantn)ortung  eine^  jtrieged  imb  oDer  feiner  Übd 
bemjenigen  jmufc^ieben,  ber  bie  erften  Iriegerifd^en  mte  ))omimmt,  j.  93.  bie  JtriegderfUU 
rung  juerft  abfenbet,  ba«  feinbli(^e  (Sebiet  juerft  betritt.    S)ie  9loth)e^r  ift  im  SSölIerred^t 

ih  anber^  aU  im  $ri))atrec^t  ju  beurteilen.  SlBo^I  aber  mu^  ber  Eröffnung  ber  ^eiubfelig- 
!eiten  bie  6rfd^ö))fung  aQer  frieblic^en  3RitteI,  ber  Unterl^anblung  unb  ber^o^ung  Doroud, 
gelten,  bamit  ber  ®egner  in^  offenbare  Unrecht  gefegt  toerbe.  —  älfö  ein  red^tmä^igec 
$rieg  toirb  auc^  bie  bem  93unbe^enoffen  bertrag^mö^ig  ober  aud  anerlannt  ftttlic^  ^e^ 
toeggrünben  geleiftete  ^ilfe  angefe^en;   ber  bare  nacne  Sgoidmud  ftel^t  aud^  einem  c^rifts 

30  lid^en  äSolIe  übel.  @tn  fd^toieriged  RapiUl  aber  ift  ba$  fogenannte  2[ntert)entiondn!C^t 
todd^e«  neuerbing^  jiemlid^  allgemein  bertreten  toirb;  unb  nid^t  minber  bebenHic^  fc^eint 
bie  ^age,  ob  in  ©ad^en  bed  Sleid^e^  @otte^  ba^  ©d^toert  )u  jiel^en  fc^Iec^t^in  t)erboten 
fei,  gemä^  3Ri  26,  52.  —  Sie  ^riegdlift  l^at  bon  jej^er  aU  erlaubt  gegolten  unb  torai 
au^  ber  SReil^e  ber  erlaubten  5lam))fmittel  um  fo  ioeniger  au^ef(^loffen  toerben,  ote  fte 

26  utr  älblür^ung  bedjtrieg^  unb  jur  SSermeibung  bon  93lutbergiei^en  oft  toefentlid^  beiträgt.— 
äüenn  femer  Sut^er  nod^  neben  Schlagen  unb  SBürgen  ani)  Stauben  unb  brennen  aß 
unbermeiblic^e,  bem  geinbe  jujufügenbe  Übel  fennt  unb  nennt,  fo  freuen  ioir  und  ber 
humaneren  ©runbföfee,  bie  in  ber  mobemen  Äriegfül^rung  toenigftend  tl^eoretift^  ^errf(^fen 
unb  ))raftifc^  allmä|lid^  burd^brin^en,   toonac^  Seben  unb  Eigentum  ber  $rit)at))erfonen 

80  ungeftörte  Sid^er^eit  im  Jtrieg  gentegen  foQen,  alle  ^erfonen  aber,  ©egenftönbe,  Sinrid^« 
tungen,  bie  ber  Pflege  ber  Scriounbeten  unb  Äranfen  getoibmet  fmb  ^ote«  Äteuj),  oU 
gänjli^  aufeerl^alb  bed  Ärieg^juftanbe^  bepnblid^  betrad^tet  unb  be^anbelt  toerben.  —  Über* 
^au^t  ift  ju  betonen  unb  toirb  aui)  nic^t  mel^r  bejtoeifelt,  ba^  ber  einjige  red^tm&^e 
3toecf  be^  Ärieged  bie  ^erfteHung  be«  ^eben«  unb  ber  geftörten  Stec^tdorbnung  fei,  uÄ 

86  ba6  bem  geinbe  nur  fobiel  Sd^aben  bürfe  zugefügt  toerben,  ate  bie  ©id^erung  biefcÄ 
3toedEeg  erforbert. 

3Dlit  bem  ^ier  über  ben  Ärieg  felbft  (Sefagten  ift  bereite  gegeben,  ba^  bie  für  ben 
ÄrieggfaH  im  ^eben  fc^on  getroffenen  2lnftalten  unb  (Sinric^tun^en  für  ben  ßl^riften  }u 
Siecht  befte^en,  bafe  er,   je  nad)  ben  ®efe|en  feine«  ©taate«,  bie  S)ienft))fli(^t  im  ^eere 

10  leiftcn,  ben  ^l^neneib  fd^toören,  in  bie  eigentümliche  militärifc^e  Si«}i))lin  fid^  fügen  muftr 
be^leic^en  ben  ©tanb  eine«  Seruf^folbaten  (Offizier«)  loä^len  barf  unb,  toenn  einmal 
in  benfelben  eingetreten,  bie  bcfonberen  ^flid^ten  biefe«  ©tanbe«  erfüllen  mufe,  enbltcj 
an  ber  Qntfd^eibung  über  Jtrieg  unb  ^eben  al«  Staatsbürger  mittelbar  ober  unmittelbar 
teilzunehmen  ^at. 

i6  ®anj  anberS  freilid^  l^at  ftc^  baS  d^riftlid^e  älltertum  über  Jtrieg  unb  Jtrieg^ienfi 
auSgef})rod^en.  5Wan  berief  fic^,  in  leicht  ^u  befeitigenbem  SKifeberftanb,  auf  3efu  SQSort 
an  ^}ctru« :  „2Ber  baS  Sc^toert  nimmt,  foH  bur^g  ©c^toert  umfommen"  3Rt  26, 52,  unb 
toar,  mit  bcfferem  Siecht,  bem  3)ienft  ber  SBaffen  abgeneigt  toegen  feiner  bielfad^en  Ser« 
mifd^ung  mit  abgöttifd^en  ©cbräuc^en  unb  3öwbereifünben.    $auj)tfäd^li(^   aber   fiel  ben 

60  ßl^riften  ber  erften  Igal^r^unberte  ber  ©taat  unb  ba«  gottfeinblic^e  äöefen  biefer  SBelt  )u 
fe^r  in  @inS  ^ufammen.  ©o  fc^retbt  XertuQian  de  idolol.  19:  „non  convenit  Sacra- 
mento  divino  et  humano,  signo  Christi  et  signo  diaboli,  castris  lucis  et  castris 
tenebrarum,  non  potest  una  anima  duobus  deberi,  Deo  et  Caesari",  unb  tDOif» 
rcnb  er  jugicbt,  bafe  im  Slltcn  Sunbc  unb  nod^  bei  ^o^anne«  bem  3;aufer  ber  Jlrieg  er» 

^  laubt  fd^einc,  bel^au))tet  er :  „omnem  postea  militem  Dominus  in  Petro  exarmando 
diseinxit".  9Joc^  ftärfer  fprid^t  er  in  ber  montaniftifd^  gerichteten  Sd^rift  de  Corona 
militis  U  fic^  au«,  Wo  er  einen  ©olbaten  toerl^errlid^t,  ber  ben  ^eftlram  aufjufe^en  ftd^ 
toeigcrte  unb  beSl^alb  toon  manchen  beS  un^eitig  gefuc^ten  3Kart^riumS  begid^tigt  tourbe: 
„Licebit  in   gladio   conversari,    Domino   pronuntiante    gladio   periturum    qui 

60  gladio  fuerit  ususV    Et   proelio  operabitur  lilius  pacis,   cui  nee  litigare  con- 


firieg  109 

yeniet?  Et  vinciila  et  carcerem  et  tormenta  et  supplicia  administrabit,  nee 
suarum  ultor  injurianim  ?  etc."  ^06)  glaubt  man  an  eben  biefer  Stelle  ^u  bemerlen, 
bo^  XertuQtan  fu^  bei  3ufttmmung  ju  einem  abfoluten  Verbot  be^  ^rieg^btenfted  nid^t 
gon)  Dorfic^ert  l^olt,  ba  er,  obtoo^I  für  feine  ^erfon  bagu  geneigt,  bod^  nidfit  barauf  be- 
fiel toid:  ,,de  prima  specie  quaestionis,  etiam  militiae  ipsius  inlicitae,  plura  6 
non  fadam,  ut  secunda  reddatur",  b.  1^.  ii)  toill  auf  ba^  eine  ntc^t  )u  fe^r  bringen, 
bomit  mir  ba^  anbere,  ba«  SSerbot  ber  35efränpng,  befto  el^er  zugegeben  hjerbe.  3)enn 
ifyü^aäjlvi^  toat  e«  ja,  tro^  aller  Sebenlen  ber  firc^Iid^en  Sd^riftfteller,  fo,  ba^  ))iele  S^riften 
bomal«  f(|on  im  ^eere  bienten,  bg(.  Apolog.  42:  „navigamus  et  nos  vobiscum  et 
militamus",  unb  ad  Scap.  4  cf.  Apolog.  5,  U)o  ^ertuQian  erjä^It,  bag  bie  ^ürbitte  10 
djfo^lxd^  @o(baten  bem  SRarhid  älureliu«  auf  einem  beutfc^en  ^^bjug  too^ltl^tigen  Siegen 
t)crfc^jft  ^obe. 

Xld  mit  Jtonftantin«  Slegierung  ba«  SSer^oItni«  ^tpijc^en  Staat  unb  itird^e  freunblic^ 
fic^  geftobete,  traten  auc^  bie  frül^eren  (Sintpenbungen  me^r  unb  me^r  jurüc!.    Sluguftinu«, 
ber  mit  ^od^efteOten  Staatsmännern  in  ))erf()nlic^em  unb  brieflid^em  SSerlel^r  ftanb,   U)ie  16 
mit  SRorceOtnu«  unb  Sonifaciu«,   fte^t  ben  ^rieg   al«  eine  SBo^lt^at  an:   ,,cui  licentia 
iniquitatis  eripitur,  utiliter  vincitur,  quoniam  nihil  est  infelicius  felicitate  pec- 
cantium,    qua  poenalis   nutritur   impunitas  et   mala  voluntas  velut  hostis  in- 
terior  roboratur",  unb  ben  SEBaffenbienft  al«  gottgefällige  äntoenbung  einer  ®otte«gabe : 
virtus  tua  etiam  ipsa  corporalis  donum  Dei  est ;    sie  enim  cogitabis   de  dono  ao 
Dei  non  facere  contra  Deum  (ep.  207  ad  Bonif.  cap.  4;    138  ad  Marceil.  12); 
er  fragt  in  feinem  SD3er!e  gegen  bcn  SRanid^äer  gauftu«  (lib.  22,  cap.  74.  75):    „quid 
culpatur  in  bello?  an  quia  moriuntur  quandoque  morituri,  ut  dominentur  in 
pace  victuri?   hoc   reprehendere  timidorum  est,    non  religiosorum" ;    er  unter« 
\df6!M  au(^  fc^on  gtDifd^en  ber  SSeranttoortlid^feit  ber  Ober))erfon  unb  ber  Unter))erfon  25 
gong  tDte  Sutl^:  „i^  ^^  fortasse  reum  faciat  regem  iniquitas  imperandi,  inno- 
oentem  autem  militem  ostendat  ordo  serviendi''. 

6«  tjerftonb  pd^  bon  felbft,  bafe  aller  9Biberf))ru(^  gegen  ben  Ärieg  berftummen  mufete, 
ob  €d  galt,  bie  germonifd^en  Stämme  ber  jtirc^e  einguberleiben.  9iur  mä^igenb,  milbemb, 
Dbcr  aud^  f(^re(tenb  lonnte  bie  itirc^e  auf  bie  U)ilbe  unjö^mbare  Jlam))flufit  i^rer  Sieu«  ao 
Bdd^en  ivirlen  burc^  bie  treuga  Dei,  bie  Unberle^lid^Ieit  aller  ^eiligen  Stätten  unb 
Sejirfe  u.  bgl.  Segeiftembe  Slufforberung  aber  jum  Itrieg  lie^  bie  ^irc^e  ergeben  in  ben 
ftrm))ügen,  bie  al«  jtriege  ®otte«  felbft  gleid^  benen  ^ofua«  unb  2)at)ib«  bargeftellt  tDur« 
bot;  unb  nad^bem  bie  le^te  Sd^eu,  U)el(^e  fonft  jeben  and)  entfernten  Anteil  am  Slut« 
]9ergiegen  ber  Äird^e  toe^e,  gefd^tounben  toar,  becfte  man  axxd)  bie  ®reuel  ber  aUbigenfer^^  86 
triege,  ber  SEBalbenferberfolgung,  ber  3lu«rottung  ber  Stebinger  mit  bem  Sc^ilb  ber  gött« 
lid^  @^ 

3)ie  beutfc^en  Sleformatoren  bilbeten  il^re  oben  bargelegte  änfd^auung  an  ben  in  il^re 
Seit  foDenben  änläffen  be«  35auemaufru^r«  unb  be«  2^ünenlrieg«.  S)a«  3led^t,  ja  bie 
Isfitd^t,  jenen  ui  bämt)fen,  biefen  mit  allem  3Rad^brudE  ju  führen,  folgte  il^nen  auS  bem  40 
obrigfeitlic^  Seruf,  bon  toelc^em  Sut^er  in  feiner  S(^rift  „bon  toeltlid^er  Dberfeit",  bie 
XugA.  Äonfeffton  art.  XVI,  bie  2lj)ologie  217,  guerft  feit  ber  3l})oftel  2^agen  toieber 
richtig  le^en.  2lu(^  in  einer  anberen  i^nen  je  länger  je  näl^cr  tretenben  Srage  blieben 
Sut^er  gon)  unb  3Relanc^t^on  liemlid^  feft  bei  i^rer  einmal  getoonnenen  c^riftli^en  Über« 
leugung:  ob  e^  nämlic^  ftatt^aft  fei,  jum  Sd^u^  be^  @bangeltum^  unb  ber  ®eh)iffen^46 
frei|eit  gegen  bie  rechtmäßige  Obrigfeit,  sc.  gegen  ben  Äaifcr,  Ärieg  ju  fül^ren?  5Rur  mit 
fd^toerem  ^erjen  unb  nur  auf  ba«  (Sutad^ten  ber  fünften,  bie  au«  bem  toeltlic^en  SRcc^t 
i^ren  S3ett>ei«  fd^ö^jften,  gab  Sut^er  ben  fc^mallalDifd^en  SSunb  ju.  änber«  ftanben  in 
btefem  ^untt  bte  Solbiniften.  (SSgl.  bie  fe^r  lehrreichen  unb  au«fü^rlic^en  Mitteilungen  in 
b.  ^oleng  ®efd^i(!^te  beö  franjöf.  6albini«mu«,  Sb  III.)  3n  ber  Schrift  Suniu«  Srutu«,  50 
einer  Äaujj^ueffe  be«  fog.  ^ugenottifd^en  Staat«recl)t«,  toirb  fogar  berlangt,  baß  benac^ 
borte  gürfken  ben  toegen  ber  tüa^ren  Sieligion  gebrüdften  ober  offenbarer  2^^rannei  er« 
K^enben  Untertanen  anberer  gürften  §ilfc  leiften,  alfo  ber  3leligion«frieg  jur  religiöfen 
$f[t(^t  gemacl^t!  (a.  a.D.  S.  326  ff.).  —  3)ie  neuerbing«  aufgetretenen  Seftrebungen  jur 
i^erfteOung  be«  allgemeinen  SßJeltfrieben«,  nad^  borangegangener  2lbrüftung  ber  333cltmäc(^te,  55 
ae^  tDeniger  bon  c^ftlid^en  ®eftd^t«})unften  ober  ©runbfä^en  au«,  al«  bon  ber  unbe« 
jtrettboten  brüdenben  35elaftung  unb  f orttoä^renben  Sebrol^ung  ber  SJölfer  burc^  bie  Ärieg«* 
bereitfc^  aller  Staaten,  unb  fmb  mit  einem  fentimentalen  3wg  behaftet,  ber  fte  bem 
epott  )>ret^iebt. 

aStr  tDenben   un«  nun  jum  anberen  Seil  unferer  Slufgabe.    3)ie  in  ber   älteften  go 


110  firieg 

S^riftenl^eit  angefttebte,  tvenn  aud^  nie  ganj  burd^gefe^te  Sntl^tung  oQer  6^^ 
bom  SOBaffenbtcnfte  blieb  ate  ftrenge«  SSerbot  für  bic  Rlcrifcr  aufregt.  3^  Z)ieiiß 
am  ^eiligtutn  t)ertrage  ftd^  nid^t  mit  Slutbergic^cn.  @in  militietenber  Jttmter  fodte  ob« 
gefegt,  einer,  ber  früher  al^  6^rift  militiert  batte,  in  ben  Äleru^  m(^t  aufgenommen  toer« 

5  ben  (Slic^ter^  ^irc^enrec^t,  4.  älufl.,  §  94).  3)ad  äSerbot  mu^te  aber  oft  ioieberl^olt  unb 
unter  ©trafbro^ung  eingefd^ärft  toerben.  äbgefef^en  öon  ben  ftreitbaren  SRönd^aufcn  ber 
morgenlönbifd^en  ^irc^e  unb  bon  ben  ßircumceQionen  unb  9lgoni[ten  ber  bonottftifc^ 
3eit  in  2lfrifa,  toar  e^  befonber^  ber  beutfc^e  l^ö^ere  Äleru^,  bem  bie  ßuft  jum  äBoffen« 
l^anbtoerf  tief  im  Slute  fafe.    ©d^on  712  fommt  ein  Sifc^of  afe  fränfifc^er  gelb^war  tm 

10  (Ann.s.Amandi).  865  tabelt  5Papft  9lif olauö  bie  fränfifd^en  Sifc^öfe,  bie  öon  einer  ©l^nobe 
toegblieben,  um  bie  J!üften  gegen  ©eeräuber  nu  betoad^en.  911^  bann  bie  ^öl^eren  firc^lic^en 
SBürben  meift  ben  fürftlid^en  unb  abeligen  gamilien  jur  SSerforgung  il^rer  jüngeren  ©d^e 
bienten  unb  mit  ber.3Ke^rung  beö  Iirc^U(^en  35eft^e^  an  Sanb  unb  Seuten  bie  2ebn^fli<^t 
bon  93ifc^öfen  unb  ^bten  ju  erfüllen  foax,  famen  jtrieg^^elben,   toie  ber  Sr^bifcpof  6^ 

15  f&m  bon  iSRaxtii,  ber  ^(b^err  ^riebrid^  I.  Slot^bart^,  nid^t  eben  feiten  bor. 

3taä^  bem  Einfall  be^  ^ubalmefen^  unb  bem  6m))or{ommen  be^  lanbe^fürfUic^ 
Slegimentd  trat  ber  ®runbfa^  ber  93efreiung  bed  geiftli^en  ©tanbed  bon  allem  ))erfönli4en 
itriegebienft  in  boQe  Jlraft  unb  blieb  in  ®eltung  bi^  jur  ßinfü^rung  ber  allgemeinen 
3Be^r))flid^t.    ©eitbem  aber  ift  bie  ^age  bon  neuem  aufgetaud^t  unb  toirb  lebhaft  ber* 

ao  ^anbelt,  ob  e^  rec^t,  ob  nottoenbig,  ob  jtoedmägig  fei,  aud^  bie  ©eiftlid^en  unb  bie,  todifi 
e^  toerben  tooHen,  jur  äbleiftung  be^  SBe^bienfte«  f^eranjujiel^en. 

SBag  ben  9led(^t^punft  anlangt,  fo  fann  fw^  ber  geiftlid^e  ©tanb  auf  eine  ^mmu» 
nität  berufen,  bie  big  in  bie  läge  ftonftantin^  b.  ®r.  jurüdfrei^t.  3)er  ®ienft  am  Sleic^ 
(Sottet,   für  ioelc^eg  bie  ©eiftlic^en  unmittelbar  ju  toirfen  ^aben,   bertrögt  ftd^  ntc^t  mit 

26  bem  rein  toeltlid^en  Seruf  be^  ©otbaten,  ber  Uniberfaliömu«  ber  Äirc^e  nit^t  mit  ben  im 
Äriege  ftet^  bortoiegenben  j)artilulariftifc^cn  3^^^^«?!^'^  ^^^  ©taaten.  ®ie  burc^  ben  Sit 
ber  Orbination  gef^e^ene  äSer))flic^tung  für  ben  Itirc^enbienft  mu^  bal^er  bon  Sted^tdioegen 
ber  allgemeinen  3Be^r>)fIid^t  unbebingt  berogieren  (3Dlartenjen,  (St^il  III,  286). 

Keinen  Slec^t^grunb  hjüfeten  mir  bagegen  geltenb  )u  mad^en  für  Befreiung  ber 

80  ange^enben  Äir(^enbiener,  ber  Ideologie  ©tubierenben  unb  nid^t  orbiniertcn  jtanbiboten, 
fofem  in  bem  betreffenben  ©taat  bie  allgemeine  9Q3e^r))flic^t  ju  toirllid^er  2)urd^fü^rung 
gelangt,  ^nben  aber  2luönalSimen  ftatt,  fo  fjjrec^en  unfereg  ©rac^ten^  feine  ®rünbe  ber 
ylottoenbigieit  für,  erf^eblic^e  ^toecfmäfeigfeitögrünbe  gegen  bie  ©inrei^ung  ber  tünftigen 
Äir(^enbiencr  in^  $eer.  —  ©uborbination  unb  })ün!tlic^en  ©el^orfam  toirb  ber  X^eologe 

85  too^l  in  einer  anberen  ©c^ule  lernen  unb  ftd^  aneignen  muffen,  ol^  in  ber  jtafeme  utü) 
auf  bem  @£er3ier))la^.  ©eine  föi)}erlid^e  älu^bilbung  mag  er  burc^  bie  an  jeber  Uniberfttät 
reid^lid^  ge})flegten  Übungen  beg  lurnen^,  ©c^mimmenö,  Steiten^  nad^  Suft,  ®abe  unb 
Vermögen  förbem.  2)afe  er  mit  ber  blanfen  unb  mit  ber  ©c^iefetoaffe  umjugel^en  berfte^, 
galten  mir  nid^t  für  notmenbig,  el^er  für  fc^öblid^,  benn   in  ber  Kenntnis  liegt   auc^  bie 

40  SSerfud^ung  beö  ©ebraud^g,  ber  bem  (Seiftlid^en  burc^  fein  2lmt  berfagt  ifL  ®eift  imb 
©itte  beg  §eereg  ju  berebeln,  ift  gemife  eine  jd^öne  aufgäbe.  2lber  ber  i^eologe  leiftet 
bafür  bag  ©einige  afö  Sc^rer  unb  ©rjie^cr  ber  3^0^"^;  ^^^  We  ©tubierenben,  bie  M 
ßiniä^rigfreimiUige  in  Unibcrfität^gamifonen  boc^  me^r  nur  unter  fic^  berle^ren,  für  biefen 
Rtoed  beitragen,  möchte  nic^t  l^oc^  anjufd^lagen  fein.    3)a6  baterlänbifc^c  ®efmnung  unb 

46  ÄDt^alität  bom  3)urd^gang  burd^  ba^  §cer  eine  tocfentlic^e  ^örbcvung  erführe,  bie  nici^t 
aud^  anbertoeitig  ju  erlangen  toäre,  h)irb  man  un^  nic^t  glauben  ma^en. 

9loth)eubig  alfo  tvxxh  ber  Äriegebienft  ber  SC^eologen  nic^t  fein.  3*^^*^ä6'9 
aber  erfd^eint  il^re  Befreiung,  ©ie  mad^t  einen  SSorjug  be^  geiftlic^en  ©tanbe^  ouÄ,  unb 
toir  fmb  fo  frei,   e«  gang  gerecht  ju  finben,  bafe  ein  folc^er  SJorjug  biefem  ©tanbe  ein» 

60  geräumt  toerbe.  3)er  ©taat  tl^ut  nur  gut  unb  tocife,  hjenn  er  bie  Wiener  ber  Itirc^e  ou^ 
geidbnet  unb  unterfdieibet ;  fie  bergclten  e^  i^m  reid^lic^.  33om  fird^lic^en  ©tanb))unft  aud 
aber  mufe  bringenb  getoünfc^it  toerben,  bafe  unferen  jungen  üj^eologen  bie  3^'*  ^^^  toifjen« 
fd^aftlic^en  Slu^bilbung  n'xd^t  butd^  einen  iienft  gefd^mälert  hjerbe,  ber  i^rem  f))äteren  Seruf 
fo  böHig  fem  liegt,  ber  fie  geiftig  jerftreut  unb  bon  i^rer  eigentlid^en  Slufgabe  ablenit,  ber 

66  enblid^  fo  beträchtliche  ®elboj)fcr  cr^cifc^t. 

3m  gatl  eine«  au^brec^enben  großen  unb  nottoenbigen  Kriege^,  bei  bem  ba«  ^eil 
unb  bie  6^re  be^  aSatcrlanbe^  auf  bem  ©})iele  ftünben,  hjürben  felbftberftänblit^  alle  ^^er 
genannten  ®rünbe  unb  (Srtoägungen  bcrf^toinben,  unb  jcber  Il^eologe  unb  Äanbibot,  ber 
no^  nic^t  förmlid^   in  ben  gciftli^en  ©tanb  aufgenommen  ift,   fic^   bereittoiHig  jur  3Ser« 

eofügung  fteÜen.     ©ie  toürben  aber  felbft   bann  oli^  itranfenpfleger  unb   g^Ibbialonen 


firieg  firtegdmefett  bei  bot  ^At&txn  Hl 

toerü>oQere  unb  rfyct^  93erufed  toürbtgere  Xienfte  tl^un  unb  fo  ben  iuxä)  i^te  Befreiung 
entfie^enben  9(udfaU  an  itotnbattantemai^I  überflüjftg  eiferen.  9{ad^bem  neueften^  bie  an« 
ge^enben  93i>l!dfc^uQel^rer  burd^  bie  beftanbene  @cmtnarau^trttt^))rüfun0  ba^  Stecht  i^um 
gtnia^gfreiioUIigenbtenfl  erlangen,  bie  iatl^oHfc^e  ^ird^e  aber  für  i(^re  S^eologen  S9e« 
fretung  t)om  SRilitorbienft  au^etptrft  ^at,  bleibt  nur  ein  3udeftänbni^  übrig,  um  U)elc^ed  6 
bte  ekxtngelif^fen  Jttrc^enregierungen  ftc^  bemül^en  foßtcn,  bag  nämlid^  bie  i^r  ^al^r  ab- 
btenenben  Shibierenben  unb  ßanbibaten  ber  Xi^eologie  tpenigften^  Don  ber  {))ejieQen  3lu^ 
btlbuna  )u  Offi§ierdbtcnftabf))iranten  bejU).  Unteroffizieren  au^efc^Ioffen  unb  bamit  bon  ben 
gtoei  Sfefeibeübungen  befreit  tDürben,  bie  am  aUerfc^äblic^ften  in  bad  Unit)erfttätd[tubium 
eingreifen.  Xud^  bie  mit  jener  äluebilbung  befaßten  ^nftruftion^offi^iere  tpären  baburd^  lo 
einer  Arbeit  überhoben,  bie  i^nen,  tpeil  ))raftijc^  toertlod,  leinerlei  93efriebigung  gemöbrt. 
2)eim  e^  ber  Jtanbibat  toirflid^  Steferk^eoffi^ier  tpirb,  mu^  er  bei  feiner  Drbination  fulj; 
tjon  ber  abf})irantenlifie  hodf  ftreid^en  laffen.  »atC  9itr(|er« 

firiqidltifftit  bei  best  Hebräern*  —  fittteratur:  ^te  öltere  einfc^lägige  Sitteratur 
f.  in  Ugolint  Thesaur.  Vol.  XXVII.  SSon  92cuercu  finb  ^u  nennen:  droalb,  ©efcfticfttc  iß 
3«rael«  U,  600ff.;  ©aalfdjüj,  ^ofaifc^cS  9ftc*t  285f.  641  ff.;  Mc  «rdjöologicn  üon  3a^n, 
be  fBette,  @oaIfd)üJ,  dmolb,  Äcil,  «iffer,  ^enjinflcr,  ^otoad;  bie  9lrti!el  ftricg,  gcftunflcn, 
Stoffen  2C.  in  ©cftenfelÄ  ^ibcllejtfon,  •föincrS  SReaIroi)rlerbu(ft,  SRicI)m8  ^anbrnörterbucft,  En- 
cyclopaedia  Biblica  u.  Q.;  gf.  (sc^tpaO^.  @emittf4e  ^riegdaltertümer  I:  ^er  ^eilige  ^rieg  in 
3^raei,  fieipAig  1901.  —  gut  bo8  ägt)pttfc6e  unb  affijrifcftc  ßricgäiocfen  ogl.  ©ilünfon,  2o 
Manoers  and  customs  of  ancient  Egyptians  I,  282;  (Ermann,  ^gl^pteu  686  ff. ;  SaQarb, 
SJiniDe^  unb  feine  Ucbcrreftc  (überf.  öon  ^Keifener),  iJeipjig  1850,  356ff. 

I.  S)  a  d  $  e  e  r.  @in  ftänbiged  ^eer  l^aben  bie  ^[draeliten  erft  in  ber  ^nig^seit 
a^en.  Slber  t)on  jel^er  toar  id^er  @m)acbfene  unb  itampffobige  natürlich  aud^  fneg^ 
pfitf^tig.  9Benn  ber  ^ebuinenftamm  auf  9laub  au^jiel^it  Dber  gegen  feinen  ^einb,  fo  ift  25 
felbfberftonbltc^  jebe^  ®lieb  be^  (Stammet,  bad  SBaffen  tragen  !ann,  babei.  9Benn  im 
$nefteraefe|(9lu  1, 2  f. ;  26, 2 ;  ögl.  2  6l^r  25, 5)  beftimmt  toirb,  bafe  bom  20.  Sebengja^re 
an  ber  uRann  toaffenfö^ia  unb  frieg^p^ic^tig  fein  foQ,  fo  mag  bad  too^l  auc^  alter  Sitte 
entf^ec^en  unb  man  baif  bieQeid^t  barau^  fd^lie^en,  ba^  in  alter  ^txt  bie  9(ufna^me  ber 
^üiMlinge  unter  bie  Vollberechtigten  3Ritglieber  be^  Stammet,  b.  ^.  bie  Itrieger,  im  20.  ^(ä)xt  ao 
ßttttfonb.  gebenfaH^  bürfen  toir  ben  3^^^un{t  nid^t  fpöter  anfe^en,  e^er  früher,  ^ie 
Sr^Iungen  über  bie  fogenannte  Slic^terjeit  geben  un^  ein  anfc^aulic^e^  ^ilb  ber 
3uftänbe  in  biefer  ^infic^t.  ©alt  e«,  einen  Seute^  unb  ©roberung^^ug  jtu  mad^en,  ober 
toor  ber  getnb  l^ereingebroc^en,  fo  fammelten  fic^  bie  toaffenfä^igen  Männer  be^  ©e* 
fc^ec^t^  ober  ber  Stad^barfd^aft  um  ein  freitoiQig  anerfannte^  Oberhaupt,  ben  tapferften  aud  86 
i^  TOitte  (9li  11,  1  ff.).  Sffiar  bie  ©efa^r  grofe,  reichte  bie  3Kac^t  be«  ©efd^led^t«  unb 
Stommd  ntc^t  aud,  fo  riefen  eilenbd  au^efcbidfte  S9oten  bie  befreunbeten  ©efc^lec^ter  ju 
Mfe.  SUd  bie  @tabt  ^abe^  in  ©ileab  bon  ben  Slmmonitem  l^art  bebrängt  toar,  fanbte 
^  Soten  burd^  bad  aanje  ©ebiet  ^rael^;  unb  <Saul,  ber  ftd^  bom  ©eifte  ©otte^  er- 
griffen  an  bte  @bi^e  gellte,  fd^idEte  feine  Soten  mit  ben  StüdEen  ber  verteilten  SRinber  im  40 
äonbc  um^,  aUeö  85olf  jur  §^^^foIge  aufzubieten  (1  ©a  11,  3  ff.).  SBar  bann  ber 
$emb  beftegt,  fo  le^e  jeber  toieber  mit  feiner  S9eute  nac^  $aufe  jurüd.  9ln  gro^e 
Ariege  unb  Sc^lac^ten  unb  an  getoaltige  ^riegdl(|eere  barf  man  babei  natürlich  nic^t  benfen. 
Sei  bem  (SinfoD  ber  ^nbe  ^anbelt  e^  ftd^  eben  um  ®f)ai\x%  Streif^üge  bon  ^ebuinen- 
f<l^cnren  ind  bebaute  Sanb  ^um  Qtoed  ber  93ranbfc^a|ung  be^  Säuern,  mie  f olc^e  bid  ^eute  45 
in  jenen  ©egenben  an  ber  Sage^orbnung  geblieben  fmb,  toenn  nid^t  eine  ftarfe  Slegierung 
bte  Sebuinenftömme  ber  ©renjgebiete  in  mnJ^t  l^ält.  9lud^  bie  in  ben  alten,  ^iftorifc| 
toerü^oOen  (Sr}abltmgen  angegebenen  ^ai)kn  finb  fel^r  befc^eibene :  ©ibeon  bat  bei  feinem 
3ug  gegen  bie  3Jlibianiter  300  9Kann  um  ftcb  (SRi  7,  16) ;  ber  ©tamm  ^an  jä^lt  600 
bKiffettfäi^ge  ©lieber  {dix  18,  11).  ©rötere  9Jlaffen  ftnb  nur  in  bem  im  3)eboralieb  ge*  so 
f(^bertcn  S(axt(p\  gegen  ©ifera,  ber  bie  We^rja^l  ber  ©tämme  einigte,  berfammelt;  bie 
©efamtyi^I  ber  tDaffenfö^igen  3Ränner  ^i^raeld  toirb  auf  40  000  angegeben,  unb  lange  nid^t 
aEe  tHm  biefen  folgten  bem  Sluf  ber  ^ebora  (3li  5,  8,  bgl.  4,  14). 

6rp  bod  Königtum  brachte  ben  ^^raeliten  ein  fte^enbeö  $eer.  SBar  man  imÄampf 
gegen  bte  9Iomaben|orben,  bie  bon  Often  unb  ©üben  ^er  i^re  ©treifjüge  machten,  mit  66 
ber  often  Sitte  mx  9iot  au^etommen,  ba^  man  jetoeil^  bie  toaffenfäbigen  3)iänner  erft 
)um  Aom^f  aufbot,  fo  toar  man  mit  biefer  (Einrichtung  bem  neuen  geinbc,  ben  ^^iliftem 
nii^t  getixicl^en.  S)enn  biefe  toaren  ein  Irieg^eübte^  SUolf  mit  ber^ältni^mä^ig  größerem 
unb  gut  bftoaffnetem  $eer.    Bd)on  ©aul  ^at   bie  SRottoenbigleit  eine^  fte^enben  ^eered 


112  firiegdmeftti  M  bett  ^ebrSertt 

erlannt.  @^  tt)trb  ergo^It,  ba^  er  nad^  bem  ftegreic^en  Stampf  gegen  bie  Slmmontter,  ber 
t|m  bie  itönig^Irone  bringt  (1  @a  11),  nid^t  ben  ganzen  ^eerbonn  in  bie  ^eintot  ent* 
lä^t,  fonbem  angeftd^t^  be^  brol^^enben  jtani))fe^  mit  ben  $l^iuftern  3000  ÜRonn  bom  ^ca 
bei  ftd^  unter  äBafjfen  behält,    ^on  biefen  legt  er  2000  ^ann  nad^  3Ric^ma^  unb  (uf 

5  ba«  (äebirge  t)on  SBetl^el,  1000  SWann  lagern  unter  gonatan  ju  ®ibeo  (1  Sa  13,  1  ff.). 
äBenn  auc^  bamit  nod^  nid^t  gefagt  unb  nic^t  einmal  ivo^rfc^einlid^  ift,  ba^  Scrnl  mm 
aud^  nad)  bem  ^^iliftertrieg  ftänbig  biefe  3000  3Rann  ol^  [te^bed  ^eer  unter  ben 
SBaffen  behalten,  fo  toiffen  toir  bod^  —  toa«  audb  an  fid^  felbftberftänbfi^  ift  — ,  baj 
fd^on  @aul  ftc^  mit  betDaffneten  Sirobonten,   einer  iSeibtDac^e,  umgab.    ^1^  Sefe^b^dbcc 

10  h>ar  2)abib  (1  @a  22,  14).  ^I^re  ©lieber  tvaren  lauter  anertannt  taf>fere  jtrieger ;  too 
@aul  einen  friegdtüd^tigen  taf>f eren  SRann  in  ^^rael  fa^,  ^ei^t  ed,  ba  jog  er  ü^  an  feinen 
$of  (1  @a  14,  52).  2)amit  ift  bad  anbere  jufammenjunei^men,  tomd  einen  ntd^t  min» 
ber  tDic^tigen  ^ortfd^ritt  bebeutete,  ba^  nämlid^  nunme^  ber  itönig  bie  Xnfü^rer  unb 
$auf)tleute  im  $eer  ernannte  unb  nic^t  ba^  äSolt  fte  ftd^  felbft  hml^lte.    9iatürlic^  imtb 

15  babei  @aul  im  älnfang  tDenigftend  fd^on  au^  Jllug^eitdrüd^ten  in  erfter  Sinie  eben  au^  bie 
Stammet«  unb  ®efd^lec^t^l(|äu))ter,  bie  „^omei^mften''  eined  @tammei^  jetDeifö  al^  %iifm 
m  bem  Slufgebot  il^re^  Stammet  belaffen  ^aben.  Slber  bad  ^tereffe  ^^  Jtönig^  ging  boc^ 
bon  älnfang  an  bal^in,  auf  bie  U)id^tigften  Soften  treue,  juberläff^e,  b.  1^.  i^m  felbft  gon) 
ergebene  Seute  ju  fteQen.    Ütamentlic^   toaren  e^  bie  ^ngej^^örigen  be^  töniglic^en  $aufeS, 

20  bie  in  erfter  Sinie  burc^  i^r  eigenfte^  2i"^^^^  ^^  ^^^  ^nig  gebunben  toaren  tmb  för 
biefe  Stellungen  in  Setrac^t  lamen.  ©o  treffen  toir  ben  Äönig^fo^n  Son^tan,  toie  oben 
ertüäl^nt,  fofort  in  ber  Stellung  eine^  Dberbefel^^Ul^aber^  (1  Sa  13,  1  ff.) ;  unter  S)atoib 
tnb  feine  nä(^ften  SSertpanbten  ^oab,  Slbner,  ämafa  bie  ^eerfü^rer.  ©inen  S)at)ib  aber 
ud^t  Saul  baburd^  an  fu^  ju  letten,  ba^  er  i^m  feine  Xoc^ter  jum  93}eibe  giebt.    Sine 

25  bebeutenbe  Atolle  \pxdt  bann  fd^on  unter  3)abib  bie  löniglid^e  Setbtoadbe.  Sie  ift  ^eraud« 
aetDad^fen  aud  jenen  bertvegenln  unb  b(»»n)eifelten  ®efellen,  bie  fup  in  ber  Sergfe|te 
älbullam  um  if^n  gefammelt,  bei  400  3Jcann  (1  Sa  22,  2).  9(uf  [einen  Streif <  unb 
Staubjügen  in  ber  Ste^))e  unb  im  Süben  be^  Sanbed,  in  ^egila  uno  SiKag  hmr  bie 
3al^l  immer  mel^r  angetDac^fen  (1  Sa  23,  13  tt)irb  fie  auf  600  angegeben),    fo  bo^  eS 

80  fc^on  ein  für  jene  ^Ät  ganj  anfel^nlid^er  Heiner  $eerbann  mar,  mit  bem  2)ak)ib  old  SSafod 
be^  $^ilifterfürften  9ld^i$  bon  ®atf)  in  ben  Jtrieg  gegen  bie  ^^raeliten  au^i^og  (1  Sa 
28,  1  ff.).  3)iefe  Seibgarbe  bel^ielt  3)aDib  bei,  nac^bcm  ibm  ba«  Königtum  jmgefauen.  Sie 
trug  ben  6l^ennamen  c-nis-.,  ,,bie  $elbcn",  al«  offigieue  35egeid^nung.  ®amit  toedHeÜ 
in  unferen  Duellen  ber  anbere  5Jame  tVeh";    ^"1'-2n  (i  Äg  l,  8  Dgl.  v.  38).   ®etoö^ 

85  lid^  erflärt  man  biefen  le^teren  92amen  ba^er,  ba^  biete  ^^ilifter  unter  biefer  SeibtDOC^ 
getoefen  feien ;  auc^  ''P'is  fd^eint  eine  Sejeic^nung  für  ^^ilifter  ju  fein,  bgl.  1  Sa  30, 14. 
Sid^er  ift  biefe  @rtlarung  feine^tveg« ;  aber  fobiel  ift  jjebenfaQ«  fe^r  toa^c^einlid^,  bci% 
eine  berartige  Xxväßpt  ftd^  ju  einem  großen  ^eil  au«  älu«länbem,  fremben  Slbenteurecn 
jufammenfe^te,  bie  fein  anbere«  ^ntereffe  l^^atten,  al«  ba«  be«  Itönig«.    älnbaerfeit«  iß 

40  aud^  fieser,  ba^  2)abib  ))l^iliftäifc^e  Sölbner  in  feinem  3)ienfte  l^atte,  benn  e«  toirb  eine 
2;n4)^e  bon  600  9Kann  ertoäl^nt,  bie  unter  t^rem  ^l^rer,  bem  ©at^iter  Stl^i  bon  ®aäf 
^ergefommen  toaren  unb  in  35abib«  Solb  ftanben;  in  bem  Sufftanbe  Slbfolom«  ertoeifcn 
gerabe  fte  fid^  al«  jubcrläffig  (2  Sa  15,  19).  äl«  83efel^l«^aber  biefer  Seibtoac^e  ton* 
Senaja  ben  ge^ojaba  genannt  (2  Sa  23,  23).    3^^^^^^^^  ^elbenftüdte  ergö^lte   man  fid) 

46  im  9Solf«munb  bon  biefem  ©ibborim  (2  Sa  23,  8  ff.).  2)ief e  geibtoac^e  bilbete  ben  Äem 
be«  babibifc^en  ^eere«.  Db  au^er  i^nen  nod^  hjeitere  2;n4)j)cn  ftänbig  unter  SBaffen  ge« 
galten  hjurl)cn,  erfal^ren  toir  nid^t.  3)ie  ß^ronif  läfet  3)abib  ba«  ganje  3Soß«^eer  feft 
organifieren  in  jh)ölf  Slrmeefor))«  bon  je  24000  3Kann,  bon  bcnen  jebe«  einen  9Ronat 
im  Sflj^t  unter  ben  SBaffen  3)ienft  ^at  —  eine  5Rad^ric^t,  bie  aui)  abgefel^en  bon  ben  gon) 

50  übertriebenen  3^^^^"  Ö^^J  unglaubmürbig  erfc^cint  (1  &}x  27,  Iff.).  3"^*"^^^**^  W&fen 
toir  eine  gctüiffe  Drganifation  be«  3SolI«^ecre«  fc^on  unter  3)abib  borau«fe|en.  2)erObfrB 
befel^l«l;abcr  be«  §eerc«,  ^oab,  foax  fd^on  in  ^rieben«5eiten  ernannt  unb  befleibete  fein 
Slmt  al«  ftänbige«;  bieHeic^t  toar  ba«felbe  no^  mit  anberen  gü^rem  ber  %ciü.  Suu^ 
toar  tool^l  fc^toerltc^  bei  all  ben  bielen  Kriegen  SDabib«,   too    oft  ba«  $eer  ^ja^re  hinter« 

66  einanbcr  bom  gj^^ling  bi«  jum  Spätl^erbft  im  gelbe  lag,  ba«  gange  93olI«l^eer  unter 
3Baffen.  3)a«  toar  bei  manchen  gelbjügcn  ganj  unnötig  unb  toäre  eine  unerträglid^e  Saß 
für  ba«  i^olf  getoefen.  Übcrbie«  ift  al«  gut  beglaubigte  I^atfacbe  überliefert,  bafe  2)abib 
burc^  feine  Offiziere  ba«  3?olf,  b.  b.  bie  toaffcnfä^ige  9)iannfd^aft,  jäl^len  lie^,  unb  totr 
toerben  too^l  faum  fel;lgel)en,    toenn   toir  annehmen,   baf^  biefe  3^^^u'^d  namentlich  aud^ 

GO  milttärifc^en  ^to^dm  gebient  ^at.  9!ä^ere«  über  bie  $eere«organifation  erfahren  toir  leiber 


SiitgäRitfcn  hti  bcn  ^tbräcnt  113 

'  nhrgenbä,  au^er  bet  einen  9lng<ibi:,baR  baö§cer  in  Mbtetlungcn  üon  lÜOO,  10u,unbi)0  3)larm 
'^eilt  tvar,  bie  je  i^ren  ^ü^ci  fjatten;  auä}  bie  Scitmodie  luar  in  ^unbertft^ftcn  aec 
■äiebttt  (1  Sa  ß,  12;  17,  18;  18,  13  ;  2Sq  18,  1;  2Ä9  1,  9.  11;  11,  4.  19).  (äme 
\tld)t  @Itebening  beftanb  nai^  unjenn  (^rjotiluiigen  f^on  ju  @aulä  ^C't ;  bon  ^wib  bei 

l-tit^et  eine  @c;a[;[ung,  bag  ei  ein    „^^^rer  übei  ^^aufenb"   gemefen   fet  (1  6a  18,  13).  & 
^  tann  aber  boi$  jraeifel^aft  erfdieinen,    ob  [c^on  unter  Soul  bie  alte  &i\ä)l&!l}ti'-  unb 
Stamm e€>cinleilung  {□  fe^r  in  ben  0iniergninb  gebrannt  mar ;  jene  (SinteiCung  ber  Xaufenbi 
fi^ften  bebeutel  offenbar,  Inenn  fte  ftceng  burc^gefüttit  Wirb,  eine  Surdibret^ung  ber  alten, 
tutürlii^en  Sliebening.  ^ag  le^tere  aufgegeben  toutbe,  ertlärt  fu^  nit^l  nur  baburd),  bafi  |ie, 
ftwil  Bon  iU  ungteidjarligem  Umfang,  für  eine   fefte  ^eereömganifation  ungeeignet  erfc^ioi  m 
anb  ba^  iibeitjaupt  bicfeSlammelgUeberung  !C.  fit^  in  ber  Äönigöjeit  ouftöfte,  fonbem  JU' 
Bäi^ft  mehr  nocb  baiauö,  ba|  ti  für  bae  Rijnigtnm  eine  fiebenäfrage  mar,  bie  Bebeutung 
»nb  ©elbftftänbigteit  ber  Stämme  unb  ®etc()Iedjtet  ju  üerringeni.    3igl.   baju  bie  '^^nD= 
rierung  ber  alten  SlammcätiTiteitung  bei  ©atomoS  SEreiäeint^lung  (l  Äg  4,  7  ff.).    2)q6 
biefe  [entere  aucb  für  bie  militärift^e  Ovganifation  oon  Sebeutung  gemefen,  bnif  man  mit  16 
einigem  Orunb  oermuten.    %li  i^t  '^W^i   mitb  auöbiücflittt   bie  Sierteilung   ber  Steuer= 
laften  angegeben;    aufä  engfte  [fangen  aber  mit   biefen   bie  Saften  beä  JTiiegäiienfteä    pi= 

gmmen.  Wie  mir  auä  ba  (Sejt^i^tc  SKcna^emö  erfe^en :  um  ben  Iribut  für  ben  äff^rep 
nig  aufuibringen,  legt  er  eine  Steuer  „auf  aüt  mei^flit^tigen  ^JRänner"  (2  Atg  lö,  20). 
nf^r))^i(^t  unb  Stcuerpflidit  l^ängen  am  @runbbefi^ ;  jeber  ©lunbeigentümei  nm^  felbfl  ao 
w  ^elbe  jie^en  unb  ebentueQ  nn^  ber  @tijf|e  feinet  SBefi^eä  entf);re{^enb,  eine  l^njo^I 
SSetoaffncter  fteflen.  SJeöljalb  bleiben,  nat^bem  *jtel>u!abnejar  „oHe  toc^rfä^igen  Gönner, 
l^ntoufenb  an  ber  ^a^l"  ali  ®efangene  (jinmeggefü^irt  l}at,  im  Sanbe  nur  noi^  „bie 
goingen  Seute  ber  SanbbeSiJlterung"  (2  Sg  24,  14).  3)aö  fmb  Serfjöltniffe,  bie  in  bie 
lütt  3*''  iwriitfgeben.  —  3)iit  allebcm  —  unb  baß  ift  nic^t  unmic^tig  —  bilbetc  fii^  \<i}on  'it, 
in  ftü^  ÄönigSi^eit  aud)  in  ^itad  ein  Stanb  «on  ScrufejDlbaien  ifnaui.  ISin  ^tidftn 
^ttoon,  mdc^eä  Sinfeben  bide  gencffen,  ift,  tia%  nnc^ift  bem  Mönig  bet  gelb^autiimann, 
Rgart  -ic,  ber  mi^itigfte  2«nnii  im  jfeit^c  ift.  3tuö  ftiäteret  3"t  mirb  unä  unter  ben 
■nlitärif^en  Beamten  notb  ein  ~^^  genannt,  meltter  bem  gclbtjaiibtmann  nur  Seite  ftonb 
Qa  52,  29;  2  %  25,  l'J).  ffiJir  tonnen  nur  Dermiilen,  bnfe  biejer  etma  mit  £iften>30 
fti^ning  unb  UluSliebung  ber  maffenfnbigen  aJlannfc^aft  m  tbun  (jatic.  ^ur  bie  fpdtere 
.geil  toenigflenä  büifen  mir  foic^e  liiften  annehmen;  mie  frü^e  fie  geflirrt  mürben,  miffen 
leir  nic^t. 

3lie  allgemeine  3öel)rpflictit  finbet  nun  in  bem  Hiieglgefe^  beä  3^t  fe&r  auffaUenbe 
Äinff^tintimgen  (3)t  24,  5;  20,  5—8).  3^Drt  luiib  beftimmt,  bafe  Sieubermabllc  einst 
3abr  lang  öom  ^eerbienft  frei  fein  foUen ;  fobann,  bafe  nac^  gefcbebsnet  Muö^cbung  juriidt' 
gtji^iift  tcerben  fuUen  atte  äterlobten,  bie  mä)  nii^t  geheiratet  ^aben,  ferner  ade,  bie  ein 
ncueö  $aud  gebaut  unb  noc^  ni^t  cingemeitit,  ober  bie  einen  neuen  3ßeinbetg  ge^flanjt 
unb  benfelben  noib  niibt  in  ^tie^brauc^  genommen  t^bcn,  enblic^  überi)au))t  alle,  bie  fur[^t= 
'  fem  unb  mutlos  finb,  bamit  fie  bie  anbcren  nic^t  auä}  muttoä  matten.  Sie  ^eobad)tung  w 
'  fciefcr  ©efe^eäborft^riften  burt^  3"^"^ '^^''•"''''''uö  Wirb  ausbrücflit^i  berichtet  (1  ^iaf  3,55). 
Sod  9111er  biefcr  @efe^e  ift  fi^n>er  ju  beflinmten ;  ft^on  bie  littecarifc^e  ^uge^Örigfeit  jum 
Milpiüngtii^en  St  ift  Von  'j^eUl^aufen  u.  a.  mit  gcmic!)ligen  @rünbcn  angejmeifelt  morben 
pjgL  aSJeUljaufen,  Äompofilipn  be«  §eEateu(^  192,  f.  aber  3.  Sufl.  1899,  ©.  359,  mo 
Mt  ^toglii^teit  jugcgcben  mirb,  bag  2ü,  7  alt  ift).  '^lan  gebt  babei  int  mefentlic^en  babon  u. 
ni^,  bflfi  bie  ©eftimmungen  jebenfattö  in  biefem  Umfang  bem  (riegerifctien  Sinn  ber  alten 
'S^vaeliten  burt^auö  nic^t  entfljredjen  unb  dot  allem  audj  ganj  unpratlifc^,  ja  unbu«^; 
fl^bar  eif(^inen.  „^ad}  ben  bafelbft  auägefptottiencn  ®ruubfa^en  ifattt  ^ofw  fc^merlitti 
rin  $eer  aufbieten  fönnen,  unb  bie  "Jlnfcliauung  cineä  mirtlicti  jübif^en  Staate^  fc^cint 
&i«r  fc^on  ganj  ju  fehlen"  (3BelIl?au|en  a.  a.  D-,  bgl.  au(^  ^enjinger,  älrtbäol.  359 ;  oj 
WolBod,  9J»taoI.  361).  Sem  gegenüber  Bcrfucljt  SttimaHij  (a.  a.D.  74 ff.)  ben  ^Jlatbmeiä, 
bafi  biefe  ißeftimmungen  ber  oltisraelitifc^en  Sitte  enlfprettien  unb  tcitmeife  Q.  S.  in  ffletreff 
bn  Stemjcrma^tten)  in  bie  3eit  öor  ber  ianjiebelung  jurüdreitben.  Sa  berSrieg  in^Srael 
nn  „^eiliger  Jtrieg  3af)De6"  ift  unb  alle  Ärieger  mälirenb  besfelben  im  3tif<anb  ber  äßeilje 
\.  fü^  befinben,  ift  Don  ber  iteilna^me  am  jlrieg  jeber  au^gefi^loffen,  ber  fultifi^  unrein  ift,  ^ 
t  B.  ^.  irgtnbmie  in  Sejie^ung  ^u  anberen  Cbjehen  lultif^er  Sierelitung,  in  unfeiem 
,  ftoUt  }U  Säinonen  trgcnb  melier  älrt  fteltt.  "iiiti  nimmt  Sd;mallb  für  bie  erflgenannten 
^^e  an  unb  belegt  ti  mit  jablreic^en  ^^aiaHelen  au^  anberen  SJölEem.  j]rur  bie  lef^t^ 
genannte  öcftimmung,  bie  geigen  betieffenb,  oermeift  er  auf  bie  ben  Jünglingen  bei 
I  anberen  üUöltem  auferlegten  Blutproben,  beicn  !6efle^en  allein  loiirbig  mat^ft,  in  bie  Seilten  so 


114  firiegdmefett  bei  btti  ^ebraent 

ber  itrieger  einzutreten.  Statürltd^  ift  bamit  nic^t  gefagt,  ba^  jur  Qtit  ber  92ieberfd^ft 
btefer  ©efe^e  bem  äSolfe  nod^  bad  ä9eU)u^tfetn  t)on  ^ebeutung  unb  Ur{))runa  biefer  Säten 
üotl^anben  toar.  Siefe  ^agen  fönnen  ntc^t  in  biefem  3ufamnien^ang  entfi^ieben  ioecbcn. 
S9ei  ber  ^eilafjung  ber  ^Serlobten  unb  9{eubermäl(|lten  bom  jtriegdbienft  tonnte  ouc^  bk 
5  ^o^e  SQiertfd^ö^ung  ber  9!ad^Iommcnfd^aft,  bo^  93eftreben,  bie  Stad^Iommenfd^ft  tu  fi^em, 
einen  ^inreid^enben  ®runb  abgeben.  Sa^  U)ir  au^  alter,  an^  nur  aud  bormaflabaifc^ 
3eit  gar  nirgenb^  aud^  nur  bie  leifefte  ^nf^ielung  auf  irgenb  eine  btefer  Sitten  ^oBen, 
bleibt  auffaHenb. 

Unter   ben  Iriegerifd^en  3)lalfa6äem  änberte  fic^  ba^  jübifc^e  3Rt{ttärtt>efen.    ^uboi 

10  teilte  fein  §eer  in  ©d^aren  bon  1000,  500,  50  unb  10  3Kann  (1  Ttat  3,  55);  ©inum 
bcfolbete,  gumS^eil  au«  eigenem  SSemiögen,  ein  fte^enbe«  $eer  (1  3KaI14,  32);  §i^rlan  üe| 
äu^länber  anwerben  (Joseph.  Ant.  XIII,  8,  4),  mmal  Araber  (Dgl.  1 3Rat  5,  39),  koo^ 
rcnb  umgetel^rt  mel^r  unb  me^r  Swben  in  frembe  Kricg^bienfte  traten,  fo  in  bcn  beeren 
be«  ©eleufu«  92ifator,  ^tolemäu«  ©oter,  ^tolemöu«  $l[|ilabel^^u«  unb  äUe^anber  haba 

15  (Joseph.  Ant.  XI,  8,  5;  XII,  2,  5;  3,  1 ;  XIII,  10,  4;  1  9JlaI  10,  36).  Unter 
Sllejanber  Söwnäu«  unb  2llejanbra  mußten  frembe  ©ölbner  bie  unrul^igen  Iguben  im 
3aume  balten  (Joseph.  Ant.  XIII,  13,  5);  $^rfan  II.  leiftete  ben  Slömem  n>efentlic^ 
SDienftc  burd^  feine  2;rui)})en  (Joseph.  Ant.  XIV,  10,  2).  ®ie  too^l  gang  nac^  römifc^ 
SBeife  organifierten  2;ruj)pen  ber  ^erobier  (Joseph.  Ant.  XVII,  10,  3;  Bell.  jud.  II, 

20  18,  9;  Vita  11 ;  togl.  3Kt8,  5  mit  So  4,  46)  beftanben  pm  leil  felbft  au«  ©ermonen 
(Joseph.  Ant.  XVII,  8,  3).  ®te  3"f^"^"^^^^^f""0  *>'^f^  ^eere«  gefd^a^  too  (Säe 
not  luar,  burc^  ba^Slafen  ber  Ärieg«j)ofaunen  unb  äufftedten  bon  ©ignalen  (0.:)  auf  ben 
Sergen  gur  2(ngabe  ber  ©ammelfteHen  ober  ber  SRid^tung  be«  Qixq^.  §äuftg  ne^en 
bie  ^iro))^eten  eben  baüon   i^re  93ilber  }ur  ©c^ilberung   ^lö^lic^   l^ereinbre^ienber  Rtxtgßß 

26gcfa^r  (9[er  4,  5f.  21 ;  6,  1;  51,  27  ;  3ef  5,  26;  11,  12;  13,  2;  18,  3;  30,  17;  0^ 
7,  14;  3oel  2,  1;  3lm  3,  6;  1  3Waf  7,  45).  darüber,  ob  in  ber  älteren  gett  ^OO» 
geic^en  irgenb  toelc^er  Slrt  im  ©ebraud^  maren,  fe^lt  jjebe  iRa6)x\6)t  %üx  bie  nac^e£utf4fe 
3eit  iebenfaH«  bürfen  toir  fol(^e  borauöfe^en,  ba  nac^  ber  ©d^ilberung  be«  ^ßriefterlobes 
(öln  1,  52;  2,  2—34;  10,  14—25)  auf  Dem  SBüftenguge  je  brei©tämme  ein  gemeinfamcÄ 

30  panier  (-?")  Ratten,  unb  eben  fold^e  and)  für  bie  Unterabteilungen  crtoäl^nt  toerben  (^ 
2,  2).  SBeld^er  2(rt  biefe  hjaren,  lä^t  ftd^  gar  nic^t  erraten. 

I)ie  aScrj)rot)iantierung  be«  §cere«  toar  in  alter  3^*  natürlich  m6)t  befonber«  je» 
regelt.  ^Ran  nal^m  eben  too  man  toar  ba«,  toa«  man  befommen  fonnte,  au(^  im  eigenen 
Sanbe  (2  ©a  17,  27  ff.).    3fai  fc^idft  feinen  ©ö^nen,  al«  fw  in  ber  5Rä^e  bon  »et^le^ 

86  lagern,  burd^  3)aDib  ettoa«  H^tobiant  (1  ©a  17,  17).  3Ke^r  ober  toeniger  ift  e«  natürlich 
(Baci)^  ber  einzelnen  be^hj.  ber  Heineren  Abteilungen  getoefen,  fid^  £eben«mittel  ju  befd^ffen. 
2)ie  ßr^äl^lung  t)om  Ärieg  gegen  ®ibea  (3ti  20,  10)  bagegen  fjjrid^t  öon  einem  ganj  ge» 
regelten  ^rot^ianttoefen ;  je  ber  je^nte  Xeil  ber  einzelnen  Slbteilungen  U)irb  baju  beftimmt, 
8eben«mittel   ^crbeijufd^affcn.    3)a«  älter  ber  ©rgä^lung   unb  ber  ©itte  ift   aber   ntcjt 

40  ju  bcftimmen.  —  ©olb  belamen  nur  bie  ftel^enben  2;ruj)})en  (f.  oben),  unb  bie  fremben 
9Wiet«tru))pen  (f.  0.  ©.  1 12, 40 ;  t)gl.  and)  2  6^r  25,  6).  3)er  So^n  be«  Jlrieger«  beflonb 
nur  in  feinem  Anteil  an  ber  gcmad^ten  Seute  (®en  14,  24;  5Ru31,  25ff. ;  3ef9,  3  ff.; 
5Dt  21,  11).  3)ie  2lnfül;rer  befamen  natürlich  einen  befonberen  Anteil  (bgl.  3li  8,  24 ff.; 
1  ©a  30,  26 ff.;  2  ©a  12,  30).    Alte  ©itte  fd^on  hjar  e«,  bafe  bie  au«  irgenb  einem 

45  ®runb  \)on  einer  ©d)lad^t  i^urüdgcbliebcnen  Ärieger  ebenfall«  il^ren  Anteil  an  ber  SSeute 
befamen  (3of  22,  8 ;  3tu  31,  27  ;  1  ©a  30,  24 f.;  2  üKa!  8,  28,  30). 

II.  3)  ic  Seh)  äff  nun  g.  3)ie  3Baffe,  bie  bie  S^raeliten  an^  i^rem  9?omabenIeben 
mitbrachten  unb  bie  allezeit  bie  §aupth)affe  ber  Sebuinen  getoefen  ift,  toar  bie  fionje  mit 
j^öl^erncm  ©d()aft  unb  bronjener  ©J)i|e.    Auc^  bie  ©c^lcuber  ift  hjo^l  bon  alter«  ^er  bei 

6«>  i^ncn  im  ©ebrauc^  getoefen,  toäbrenb  ba«  ©c^toert  erft  in  ^aläftina  eine  allgemeiner  ge« 
brauchte  ffiaffe  tourbc.  2)ort,  auf  bem  Sobcn  bon  ^Paläftina,  trafen  bie  S^raeliten  )uni 
erftenmal  auf  einen  ®cgner,  bcffen  ganje«  Ärieg«toefen  einen  l^oljien  ®rab  bon  Au«btlbung 
erreich  thatte.  3)ie3)etoaffnun0  ber  Äanaaniter  ftammt  au«  bem9Jorben,  »on  ben^et^itent 
ffia«  bcn  3l«^^a^Iitcn  am  meiften  ©c^rccfen  cinflöfete,    ba«   toaren   bie  „eifemen  Sagen" 

r^ö  (3li  1,  10  u.  0.).  Dem  93cfi^  biefer  firicg«toagen  berbanfen  bie  Äanaaniter  nat^  unferen 
Öcrid^tcn  bcn  (Srfolg,  ba^  fie  bie  Sbenen  $aläftina«  gegen  bie  3^raeliten  mit  (Srfolg  ber» 
tcibigcn  fönnen  (3of  11,  4;  »li  1,  19 ;  4,  3 ;  1  ©a  13,5).  3lai)  ^etl^ittfd^  SJraui^ 
ftanbcn  je  brci  ^j^erjoncn  auf  bem  SBagcn :  ber  Stoffelenfer,  ber  eigentliche  5!ämj)fer,  unb 
ber  ©d^ilbträger,    ber  bcibe  ju  bccfcn  ^attc.    2)ie  5|i^ilifter  Ratten   auc^  Sleiterei  (1  Sa 

01 13, 5).  2)a«  gufebolf  teilte  fic^  in  ©d^toer*  unb  Scic^tbetoaffnetc.  ^mt  trugen  einen  nmben 


firiegdkoefett  iet  bett  ^dnr&ern  115 

^m  oud  Svonje,  einen  Qd^uöppen-  ober  Jtetten^anjer,  bronzene  S9etnfc^tenen,  Sd^toert, 
ffiurff)>cec  unb  grofee  ßonge  (jJgl.  1  ©a  17,  4).  ®iefe,  bie  Seic^tbetoaffneten,  tooren 
Sogenfd^ölen  unb  Sc^leuberer. 

Z)tefe  Setuaffung  l^en  im   großen   unb   ganjcn  bie  ^l^raeliten  bon  i^ren  ^nben 
angenommen.    9Bir  finben   gtoar  nirgenb^  im  3ufammen]^ang  bie  Setoaffnung  ber  ber?  6 
fc^iebenen  Xni)>))entei(e  bed  $eete^   befd^rieben,   ober  bie  einzelnen  Sßaffen  ftnb  bod^  fe^r 
^fig  eTta)äl(^nt    Sie  S^ronil  berichtet,  ba^  bie  äSenjaminiten  bie  Seid[|tbetoaffneten  [teilten, 
bie  9ogenf(^en(2  61^14,  7;  17, 17),unbrü^mt  bon  ben  Senjaminitifd^en  gelben,  ba^ 
fte  im  Sogen{c^e|en  unb  @(^leubem  mit  ber  redeten  unb  linfen  $anb  ftc^  befonberd  aud- 
ge}ct(^net  Rotten  (I6^r8, 40;  12,  2),  ebenfo  bieSr^ä^lung  im  92ad^trag  be^  SRid^terbuc^e^  lo 
0li2O,  16).    2)te  Subäer  bagegen  ftetten  (nad^  2  6l^r  14,  7)  bie  ©c^toerbetoaffneten   mit 
großem  &c^Ub  unb  @)>ie^,  ebenfo  ioerben  bie  ©abiten  unb  92a^l(|taliten  f^ejieQ  ol^  Itäm^fer 
mit  San^e  unb  6(^ilb  begeic^net  (1  6^r  12, 8.  24.  34),  Semertungen,  benen  offenbar  eine 
alte  ÜbetCteferung  )u  ®runbe  liegt.    SQiir  ^aben  bemnad^  aQed  Siecht,  auc^   im  i^raeli« 
t^dfta  ^eer  in  ber  erften  ^5nigd}eit  leidet-  unb  fc^toerbetoaffnete  Xn4)))en  ju  unterfc^eiben  is 
(bgt  oiu^  2itg3,25). 

2)ie  Seic^tbetoaffneten  ^aben  Sogen  ober  <Sc^leuber  unb  Keinen  Sd^ilb.  3)er  Sogen 
(PVT^)  toax  gehjö^nlid^  oud  Mortem  elaftifc^em  $olj;  eö  toerben  aber  in  ber  f})äteren  3^ 
au4^  e^etne  Sogen  genannt  ($f  18,35;  ^i  20,24).  Ser  Sogen  toirb,  tote  ber  Slud^ 
brud  T^l  „treten"  geigt,  gefjpannt,  inbem  man  i^n  auf  bie  6rbc  ftemmt,  ba«  untere  6nbc  20 
mit  bem  $n^  feft^lt  unb  bad  obere  mit  ber  $anb  nieberbrüdt.  ®d  muffen  alfo  giemlic^ 
gro^e  Sogen  gen)efen  fein.  S)aneben  gab  e^  ani)  Heinere,  bie  mit  ber  ^anb  gef^annt 
tmaben  (2  itg  13, 16).  ®ie  ©eignen  pD":,  ^^^"i^)  toaren  au^  Dd^fens  ober  Äametebärmen. 
3)ie  Pfeile  (>*n)  aud  leichtem  öolg.(3er  51, 11;  3ef  49,  2)  mit  ©t)i^en  au«  ©rg  ober 
Stfen  kDurben  in  einem  Adc^  (^??^)  getragen.  Sidtoeilen  toaren  bte  $feilf))i^en  ber«  35 
giftet  (^i  6,  4) ;  um  ^cc  m  belagerte  ©täbte  ober  in«  Sager  ber  JJeinbe  }u  toerf en, 
umtmdeüe  man  bie  $feilft)i^en  mit  Sßerg  unb  $ed^  unb  günbete  ba«  an  ($f  7, 1 4 :  ^ef 
50, 1 1).  Xu«  $ab  3,  9  fd^eint  ju  folgern,  ba|  ber  Sogen,  toenn  er  nid^t  gebraucht  tourbe, 
gong  ober  nxi^rfc^einlic^  nur  in  ber  üJlitte  eingefüllt  toar;  bgl.  9(bbilbung  ög^))tifd^er 
Sogenfc<^ü^  bei  Jliel^m  $h)b.  235.  —  ©ie  ©(^leuber  (y^P),  ani)  SBaffe  be«  Wirten  ao 
(1  ©a  17,  40),  beftanb  in  einem  Seberriemen  ober  irgenb  einem  (Sefled^t,  ba«  in  ber  3Ritte 
breiter  toor,  eine  ©<^leuberl)fanne  (q?  „^obl^anb"  1  ©a  25,  29)  ^atte,  auf  toclc^e  ba« 
Oefc^ol,  meift  ein  glatter  ©tein  (1  ©a  17,  40;  ©ad^  9, 15;  ^i  41,  20)  gelegt  tourbe. 
Seim  Sßerfen  fa^e  ber  ©d^leuberer  bie  ©c^leuber  an  ben  beiben  @nben,  fc^toang  fte 
einigemal  im  Kreife  unb  fd^leuberte  bann  ba«  @efd^og,  inbem  er  ba«  eine  @nbe  lo«lie^.  86 
SttUlbung  f.  bei  Senjinger,  ard^äol.  357.  %ixx  bie  Sertoenbung  ber  ©c^^leuberer  im 
Ätieg  togL  2Äg  3,25  unb  Joseph.  BeU.  Jud.  III,  7,  18;  IV,  1,3.  —  5Der  ©d^tlb 
ber  2eid^tbetiKiffneten,  ben  ioenigften«  bie  Sogenfd^ü^en  trugen  (1  6^r  5,  18 ;  2  6^r  14, 7 ; 
17, 17),  toar  ber  Heine  ©d^tlb,  V.'?,  ber  nad^  1  %  18, 16  f.  nur  ungefä^  l^alb  fo  grofe 
toor,  cta  ber  gro^e  ©c^ilb  ber  ©d^toerbetoaffneten  (f.  u.).  3)ie  ^orm  beiber  ©d^tlbe  ift  40 
un«  gon)  unbelonnt;  älbbilbungen  ägV))ttfd^er  unb  aff^rifc^er  ^d^ilbe  f.  Site^m  $h)b. 
450  f.  885.  141 5  ff.  2)a  @a  39,9  bom  Serbrennen  ber  ©c^ilbe  unb  anbertoärt«  bom 
©olbcn  betfelben  bie  Siebe  ift  (2  ©a  1,  21;  3ef  21,  5),  bürfen  toir  annehmen,  bafe  bie 
Bdßbt  bei  ben  ^«raeliten  tote  bei  anberen  Söltem  au«  ^olg  mit  einem  Scberübergug 
ober  ou«  meieren  Sagen  Seber  übereinanber  beftanben.  ©alomo«  golbene  b.  f),  mit  @olb«  45 
tkdf  überjogene  ©(^ilbe  (lltg  10,  16  f.),  Heine  unb  groge,  toaren  mo^l  nur  ^arabeftüde; 
Ste^obeam  erfe^te  ^e  burc^  bronzene  (b.  f),  mit  Srome  über^oaene,  1  Jtg  14,  2Gff.; 
2(%  12, 9  ff.),  «u«  3ef  22,  6  barf  man  fc^liefeen,  ba|  bie  ©c$ilbe  auf  bem  SKarfc^ 
in  einem  Übmug  getragen  unb  erft  jum  Stampf  „entblößt"  tourben. 

Sei  ben  ©(^loerbetoaffneten  toar  ber  Sd^ilD  nj]^  ({^vgeög,  scutum),  toic  ertüäl^nt,  so 
b^eutenb  großer,  äl«  3lngriff«loaffe  l^atten  fte  bor  allem  ben  ©))ecr  r-^rn^  ber  jum 
©toft,  mi^  )um  Sßurf,  beftimmt  toar,  toie  bie  Sefd^reibung  ber  langfd^aftigen  Sanje 
®o(tat«  jeigt  (l©al7,7;  19,  9 f.;  26,  7 f.;  2  ©a  23,21).  S)a«  l;inbert  natürlid^  ntc^t, 
ba|  man  gelegentlich  bie  SBaffe  aud^  toerfen  fonnte  (1  ©a  18,  11 ;  20,  33,  menn  nic^t  in 
biefm  ©teuen  ber  Xe^t  anber«  ju  lefen  ift,  bgl.  3Bell^aufen  j.  @t.).  Cb  unb  h)ie  fic^  55 
^ieil>on  We  n^"  genannte  ©tofetoaffe  unterfd^icb,  toiffcn  toir  gar  nid^t;  fie  ift  jebenfatl« 
in  fpaterer  3eit  bie  ^ou^ttoaffe  (bgl.  2  6l^r  11,  12 ;  14,  7;  25,  5;  26,  14;  3k^  4,  7.  10. 
15X  ^fix  einen  Unterfc^ieb  beiber  äBaffen  fd^eint  ber  Umftanb  ^u  fjprec^en,  ba^  1  G^r 
12,  8.  24.  34  n-rn  ol«  SBaffe  ber  9tat)^taliten,  n^r  al«  ffiaffe  ber  Subäcr  unb  ©abitcn 
gcmuint  tDtrb.    ^m  Unterfc^ieb  bon  biefen  beiben  äBaffen  bqeid^net  'P*^^?  ma^rfc^einlic^  ao 

8* 


IM 

;^ea  £ir^  Sturn^tis^  <^o(ia:  zzjat  ezun  ficUca  lutec  nöux  soiqe  ^TT  fl  Sa  17,  & 
t/, :  ^i  iO,  >?,:  H,  21 :  ,>»  ^,  I-. f :  ,1«  •>,  2:i  x  x.  —  Zas  Simn  =T?  mos  «# 
luÄ  <|iJ€a  äjL  •  Sa  :;^,  Ift;  rti»  2,  i:  ,>«!  4,  Mv,  ngnae  CNsc*  »«  to  SlHfe  M 
^n^^xtiS  xieam  tbui  Wstaä  ^=7?  „InLoiciu''  jQumir  •%  3„  22;  ogL  1  Sx  17,  7;  ^ 

s  ^rr,  j:;>,  xor  ^neua^t  azL  1  Ba  :^1,  i')  sne  cn 'Vccinfae&ig  '36  ^,  16;  $c  5,4)l  Soi 
S<&tcer:  xuttt  si€  Ijriib^  uns  Stühnnre  gefrczocfe  'sgL  ^TT^  ^"^  2  Sa  12, 9;  X 
2U  :/;  I  ft?  %  21;  -  -  3&  :i,21 ;  1  Sa  :U,  4;  2  Sa  2,  16;  1  6bc  10,  4;  ^  12, 13X 
i)>^n  Xtiq  ca«(  S<to€n  an  eäum  Qmz  öfcer  tes  Saraccd 1 1  Sa  17, 39;  35, 13  s.  a.X 
inu  tftxR  auf  cer  üdm  2^au;  ttt  ÜBbfecn&ige  Sbnfi  mr  oä^  es  mtig^iii^^  mät  pnat^ 

A  inn  «  m  )Ofabfx%m,  vaan  ce«  Hinf  (3B  3, 15.  16.  21;.  —  jgi«  \^^  ofecr  ^■^)  nb 
X^^R^er  <'  -'-';  ^€6ct«n  txi  olta  ;^  sttfrt  piz  ^ts^mig  tcd  ^gcatmm,  Staunet,  fonbcn 
nni^<R  mb  mir  bd  Jlcxtubram,  idni  ftci^  bei  ^ccrrebccni  x.  (lSal7, 5. 38;  31,9f.; 
I  ftqi  22,  -'A).  Sm  Dctt  Hfia  imifia  tu  66nin!,  cos  er  to^  ^ccr  wäx  ^dnm  nb 
'liaoMfitn  axOMtuhtt  habt  (2  66r26,  Uj,  enu  9aivit,  bercn  Knwiji^  OCanbtoinMghit 

;.;  ivtr  auf  ftt^  oeniBen  loffcn  in0(i^tm,  bic  aba  i^cnfallö  twrand^tt,  Kib  in  f^Mtem  3^^ 
tiefe  S^uttDonen  oOgemeour  toaren.  iBcn  Soul  uxib  @o(tat  taut  bcrk^lct,  bo^  fic  hoii)cnc 
j^eime  taib  'Üw^a  baaea,  Xic  ^me  unD  ^ßoit^  bö  JhuggtwQei  toobcii  toir  voi 
v^y^ttUi^  aü  f^ccnj^  mctalleiie  btnfcn  bürfen.  Sidmc^  bürfen  toir  babci  dfa  an  Mcnc^ 
mit  ^m\€  obfi  Sifen  Joalitbtne  Qdmt  benfcn,  tmc  oiub  btc  ö^B/VüMycu  Soübatcn  fufa^ 

y^  txu^tti,  VUbtt  bie  ^orm  btd  i^mcd  kDintn  toir  gor  iticbtd.  Sbbtibmigcii  äg^Ufd^  nb 
afji^ifi^  Jl^me  f.  bei  9liebm  &a}b,  1767  f.,  vov^dfa  ipelme  (nmbe  Aocppm)  luv^  bcn 
XaAtüunc^m  in  flontat  f.  bei  Öen^iimer,  9t(^L  61.  65.  Mxub  über  ben  $aii}cr  er> 
iatßtn  tanr  ni^ftö  9Iä^e0.  @oliatd  $an^  toor  ein  bnmjcner  @(^iin)cn)Nni)a  (1  €a 
1 7, 5;.    Siu^  Sould  'Ißani^er  toor  toobi  aud  Snmie,  bcnn  er  tixir  fo  fc^^tocr,  bog  2)a(bib 

V«  bartn  nxdfi  ^d^  tonnte  fl  Sa  17,  38  f.)-  Si<  ^$an|er  ber  gemeinen  Solboten  bogegcn, 
fotpett  biefe  fob^e  trugen  jff.  o.;,  bürften  toobi  eba  boten  ba  gemeinen  atf^rifc^  Striqgcr 
ent()[rtodJKn  fyibtn,  b.  ff.  eine  9lrt  bttfer  3^<Qt  oud  ^^  oba  ^^er,  ettoa  no^  twrfUrlk 
mit  eifemen  9le<^  ober  Sudeln,  getoefen  fein  (Sbb.  f.  9lie^,  ^kob.  1768).  Stur  bk 
t^ome^en  3äagentämt)fer  trugen  bei  ben  Slff^rern  bie  langen,  bid  aber  bie  finie  reic^ 

m  ben  fd^u^^igen  äUaffenrikle.  ^n  römifc^-griec^ifc^  3^  ^  ^  metoOene  ^ß^mjcr  bid 
allgemeiner  getoorben;  in  ben  Seteuciben^eeren  trug  auc^  ber  gemeine  €<^ti)erbetoaffttele 
btclfm^  ben  Hetten^Hinj^er  aui  feinem  SroJ^tgeflec^t  (t>gL  1  9tat  6, 35.).  —  ^ßaäx^ 
roerben  im  ^X  auA  nod^  anbere  SBaffen  genannt,  bie  aber  nic^t  jur  regelmd^cn 
^^etoaffnung  ieraelitifc^er   Solbaten  gel^^örten:  Keulen    ober  Streit^ammer  k)erf((iebener 

»  an  ^'r^  {iQi  4\,2\),  Tr-  (3er  51,  20),  "rc"  (5Pr  25, 18),  ^-^?  Qer  50,  23);  eine 
gan;^  unbefannte  äöoffe,  bie  "T^r  ^fet  (®^  49,  5) ;  eine  "^  genannte  Sngriffdloaffe 
i^^y  M,  >i),  bie  gctoö^nlic^  —  aber  o^ne  gureid^enben  ®runb  —  ber  ©treitajt  ber  ^ßecf^r 
nnynniQt  gleic^efe^t  toirb. 

%\t  alte  3eit  h\^  auf  Salomo  f annte  nur  ^^tru))})en  (f.  o.).     9to(^  2)at)ib  tmi^ 

1/)  mit  bcn  im  S^rerfrieg  erbeuteten  3Bagen  unb  Stoffen  nic^td  anjufangen,  fonbem  lähmte 
bie  ^{(ferbe,  inbem  er  i^nen  bie  Seinen  aa  ben  ^^en  burc^fd^nitt  (2  Sa  8, 4).  9itf 
^a(omo  bagegen  toirb  bie  (Sinrid^tung  bon  Sleiterei  unb  jtriegdioagen  jurüdgefü^.  dr 
f oU  rjoo(  Olleilcr,  liOOSüagen  unb  iOOOOaBagent)ferbegel^t  l^aben  (1  Äg5,6;  10,26), 
^')al;(en,  bie  aUetbing^  übertrieben  erfc^^einen.    3)iefclben   toaren    teite  in  gerufalem,  teiB 

ih  in  einigen  anbercn  Stäbten  ftationiert  (1  jlg  9,  19;  2  (Sfyc  8,  6).  2)amit  toar  über  bie 
Vcibtoad(;e  l;inau^  ein  groged  fte^etibc^  ^eer  gefd^affen.  Sfleiter  unb  SOBagen  bilbeten  osaii 
bott  ba  ab  einen  toici;tigen  93eftanbtei(  ber  i^raelitifc^en  Xn4)))en,  toietool^I  boS  Sanb  ^ier^ 
fitr  nid)t  befonbercf  geeignet  erfc^eint  unb  il^re  äSertoenbung  auf  bie  @benen  befc^r&nlt  ge» 
toelen  |ein  biirfte  (1  .Hg  Ui,  9 ;  2  Mg  8,  21 ;  13, 7;  3ef  2,  7 ;  3Ki  5,  9).  ©erabe  an  biefe« 

M)  Wagen  unb  ^Hoffen  (;aben  bie  ^jiropl;eten  feine  ^reube;  ba^  finb  toeltIic^e3)lac^tmittel,biebad 
3<olf  num  ^2<ertrauen  auf  3Jlenfc^cnmac^t  berlciten  (§o  1,7;  14,4;  SKi  5,9;  gef  2.  7; 
T't  17,  Hi  \K>(^.).  Xie  Wagen  felbft  glichen  natürlid^  benen  ber Itanaaniter  unb  ^biliftergon); 
fle  »waren  toie  bie  ber  3lf|v»?er  ^tociräbrig  unb  feinten  offen.  aBa^rfc^einlic^  ftonben  brei 
Vi'tfoJien  (y\\\  einen  "Hia^Yw  (f.  o.) ;  ob  bamit  ber  ^ebräifc^c  äuöbrud  '«s^bti  für  einen  ^ 

ri5  borragenben  .Urieger  ;\ufammenl;ängt,  ift  fe^r  fraglt^. 

III.  Y>eftungen.  "iXU  bie  ^^raeliten  '\n%  Weftjorbanlanb  borbrangen,  fanben  fie 
baofelbe  \>\\\^  i\abllofe  Shirgen  unb  ^eftungen  ber  «Uanaaniter  gefc^ü^,  biemiti^en^l^ 
"Dtauern  einen  getoaltigen  C^inbrud  auf  bie  Wüftenfö^ne  matten  (bgl.  9lu  13,  28 ;  2)t 
1/JH)  unb  bie  fie  ,ut  erobern  jiunäc^ft  auc^  nic^t  im  ftanbe  toaren.    Sie  felbft  too^nlcn 

«)  j|unä((|ft  auf  bem  flac(;en  llfanbc  in  offenen  Crtfc(;aften  unb  tou|ten  ft^  in  ftrieg^tcn 


ftrEtgSWefen  M  ben  {ieiticnt  117 

Ulli  bui^  bic  ^^t  in  bie  SSIbei  unb  $ä^ten  ju  letten  (1  Ba  13,  6).  @t{)  in  ber 
fiönigäjctt  tvmbc  boä  anberä:  bie  Ianaaniti[c^en  i^ftungen  fielen  in  \fyct  $anb,  alä  eine 
ba  Ic)^  boÄ  faft  uneinne^mfcare  ^ebuS  (2  Sa  5,  9).  Unb  nun  lernte  man  au$  fetter 
gcfliingm  gu  bauen,  ©(eic^  5Datib  bcfeffigte  3e6uS:^3'"'f''t""  "on  neuem;  ©alomo 
baute  ^0)01  imb  SWegibbo  an  ben  Strafen  Bon  3iotben,  ®ejer,  iaS  untere  Set^  ^oion  6 
unb  Saalat  acQtn  9Seften,  lamax  an  bei  ©trage  Don  ©üben  ^ei,  lauter  ftiategifc^ 
tmi^tigc  $unn<  (1  Jtg  9, 15.  17  f.).  ^ie^eam  foQ  nac^  bei  ^onif  bie  ®ienje  gegen 
۟bcn  unb  SBcjlen  bun^  nic^t  Weniger  tui  IS^eftungen  gefiebert  ^aben  (2  <Si}T  11,5^.). 
Seiobeain  befeJH^  im  SRorbieit^  ©ic^jem  unb  *ßnuel  (1  Hg  12,  25).  Saefa  Oerfu^te  in 
Sianui  fit^  eine  auätaII))foite  gegen  bag  6übiei^  ju  f^affen ;  obei  tä  gelang  ^önig  Slfa  lO 
Mm  ^uba,  bie  t^f^ng  ju  ler^öien,  no^  e^e  fie  boHenbet  mai;  mit  bem  Material  bei^ 
felben  befe^igte  ei  jum  @4ni|  feinei  ©lenje  gegen  "iai  ^oibieicb  bie  Stäbte  ®eba  unb 
unb  SRijiw  (1  Bg  15,  16—22).  Omti  enbli«^  baute  ftc&  feine  ^auptftabt  ©amaria  auf 
tfi>liatan  Sngtegel  jur  getoaltigen  gef'«  nitö.  bie  bann  erft  nac^  breiiäljriger  SBelagening 
bue^  bie  Xf^ei  genommen  Iveiben  tonnte  (2  Äg  17,  6).  3n  nat^ejitifcfler  3*'*  ^oben  i6 
namaitnc^  bie  ällanab&er  unb  ^erobier  Biele  Surgen  unb  ^^tungen  erbaut,  »on  benen 
befonbcrt  9et^  Qm  (nörblii^  Bon  ^ebron  in  ben  Waftabäerfriege),  ^ota))ata,  ^erobium 
(ber  foflen.  ^antenberg  fübüftlic^  Bon  Set^Ie^em),  SRafaba  (am  3Seftuf er  be$  Xoten  3neereg) 
unb  SRot^äm«  (im  O^en  beä  Xoten  3}tmei)  im  giogen  tübifc^en  Itrieg  (66—73  n.  <Sfyc.) 
eat  bdwiitenbc  3toUt  geffiielt  ^oben.  % 

Die  geigen  tnuiben  ouS  [eic^t  eiKädii^en  ©lünben  aufbügeln  angelegt;  in  ober 
bei  iebei  fc^en  &tabt  tcoi  na^i  alter  Bon  ben  ®l)mn  geübter  @itte  eine  ganj  befonbeid 
Wie  eitabeae  angelegt,  foj.  ».  bei  Senifalem  (f.b.Ä.  Sb  VIII  ©.  666,  6  ff.) bei  Si(^«m 
«i  9,  46f.),  bei  ^nuel  (9ti  8,  9.  17),  bei  I^ebe»  (3li  9,  51).  ©onft  beftanb  bie  Se. 
fcpigung  einer  ©tabt  »or  ollem  in  einer  ringsum  lauf enben  3Jlmier  (^^'n),  ^jefelbe  toat,  as 
hm  unB  namentlich  bie  3Rauerrefte  Uon  ^erufalem  geigen,  ou^  mi^li^ß  giogen  äSerl: 
^Mat  ou^efc^tet,  bie  nit^t  immer  regelrei^t  bearbeitet  hioren  unb  ^äufig  in  alter  3Ht 
of/nt  äRBita  ober  itgenb  anbereä  Sinbemittel  aufeinanbergelegt  tuurbcn  (Bgl.  3lbb.  in 
Souinger,  3b^.  231).  ^n  ber  Siegel  toar  bie  3Rauei  fobid,  ba^  fie  nii^t  bieg  einzelnen 
Sappen  boS  ®e^en  gemattete,  fonbem  bag  man  auc^  gtügere  2:ru)3)>enmengen  auf  bei  w 
Vteaux  auf^en  tonnte  (ültff  12,31ff.;  Bgl.  Sef36,ll;  1  ^IRal  13,46).  Sbenfo  ftanben 
bort  ftatdtmlten,  Ivel^e  ©tetne  unb  ißfeile  fcbleuberten,  toie  bad  jum  erftenmal  au€  bei  Rät 
tIfiaS  bfii^  iriib  (2  G^i  26,  15).  ©lofee  lüime,  BöQig  maffiBe  aSürfel  avä  groften 
Duabem  (bgl.  bie  ^erufalemer  aRauertürme),  Icaren  ju  größerem  ©i^u^  an  ben  gtfen, 
bei  ben  It^oien  unb  fonft  in  angemeffenen  Sh'it'^enräumen  in  bie  3Rauer  eingefügt  (2  ßl^r  bs 
26,  9).  £inta  ben  Sin"™'  "lit  benen  Stürme  unb  3Jtauem  gelrönt  toaren  (^"3?  2  6^ 
26.  15;  3e  1,16:  riniati  ^ef  54, 12),  loaien  bie  Serteibiger  geborgen.  33ie  5Rauer= 
Ufon  totam  ni<^t  biege  Öffnungen  in  ber  Stauer,  fonbem  jiemlic^  geräumige  ISebäulit^: 
leiten  mit  X&rmen  (f.  o.),  bie  manchmal  ein  Dbergemac^  galten  (2  ©ü  19,  1),  ba^er 
ber  Shiftnud  „itmfc^en  ben  beiben  ^oien"  (2  @a  18,  24).  Siellei^t  teaien  fte,  tvic  not^  «o 
^eute,  hn  SQtiuel  angelegt,  ©taite  fiüljeme,  Uiellei^t  aui^  mit  @ij  befc^Iagene  glügel: 
*ütm  (Sli  Iti,  :i;  y]  :>1,2)  mit  ehernen  ober  eifemen  SÄiegetn  (1  Rg  4, 13;  iCt  3,  5; 
33,26)  Derfcfelüifcn  bie  T^ore.  ©eioö^nli«^  ^tten  bie  ©labte  nur  ein  4^or(®en  34,  20), 
bo«  am  äbcnb  gcfdiUiiicn  gelten  lourbe  (^of  2, 5).  äioi  ber  eigentlid&en  ^eflungämauet 
befonb  fic^  Jjatcfig  eine  Heine  Bormauer  ^'O,  LXX  ngorsixiafta,  Vulg.  antimurale  «s 
0  ©a  20,  ir,;  lHg21,23;  Thren.2,8). 

IV.  Xie  flriegfiibrung.  6^e  man  in  ben  Aamfif  jog,  befragte  man  felbft; 
MiPfaMit^  3a^li)«  bwr*  ba«  2oSorafel  (SHi  I,  1;  20,  27  f.:  l©a  14,37;  23,  2  ff.; 
28,  6;  30,  7 f.;  2  ©a  6, 19.  23),  ober  bur(^^ro))[)eten  (1  Rg22,  5ff.;  2  Äg  19,  2ff,); 
«an  pfft^  (1  ^  7>  Sft' ;  13>  3  ff-)  "itb  „b^Iigte  fi<^",  benn  ber  Jtrieg  Mar  ein  ^lige$  eo 
Untonc^mcn,  f.  unten.  %ai  triegeiifi^e  ifkiUabium,  bie  Sabe  Radweg,  burfte  bei  größeren 
Jtric0^en^IbßMrftänbli(^ni(^t  felilen  (1  ©a4,  4ff,;  2@all,ll;  lü,24ff.).  '^ai'^t 
V^mbt  bot,  bag  bei  ^liefter  bor  ber  ©c^Ia(^t  eine  9tebe  ^oittn  unb  ben  ©ofbaten  beim  3In> 
Mid  bt«  feüibli^en  ^eere«  aJtut  jufPK^fn  foß  (35t  20,  2)  —  ein  3eic^en  für  ben  Seift  jener 
ItriM<Sgcf4(  unb  i^er  3eit  (f.  oben);  bie  alten  Söiaelitcn  batten  ba«  nit^t  nötig.  3>a«  cg 
$nepciscfet  fyii  bann  alä  befonberö  tDi(^tig  angefeben,  bag  man  bie  ^riefter  mit  ben 
^UoncR  Oiompeten  mitnimmt:  am  2;n>mbetenMafen  Ijängt  ber  ©ieg  0lu  10,  9  ;  31,6; 
2  G^  13,  12) ;  —  biefe  3eit  Ijat  eben  (einen  Ätieg  aus  ber  3iäbe  gefe^en.  3)ic  JUalta- 
bäcr  ober,  als  gefe^treue  ^uben,  folgen  avä}  in  biefem  ©tüd  bcm  ®efe^  (1  Wtat  16,8), 

9tan  )O0,  toemt  eS  möglit^  toai,  im  gtU^ii^t  i"  «^Ib,  um  bor  bem  3i}intei  toiebei  hü 


118  ftriegdkoefeit  6d  ben  ^ebr&ent 

l^einmtlel^ren  (2  @a  11, 17  u.  a.).  3m  äBinter  blieb  man  )u  ^oufe.  2)abutd^  jogen  jü^ 
bte  RmQC,  namentlich  bie  Belagerungen  fefter  ©tobte,  fel^r  in  bie  Sänge.  Über  bie  Stmu^ 
tung  eine^  l^ebräifd^en  Jtrtegdloger^  erfahren  ivir  ntc^t^.  2)a^  Sager  bed  SoKed  auf  bem 
äBüften^ug  toirb  9tu  2   tDal^rfcfeinlic^   aU  breiectig  angelegt  gebadet.    9(ber  h>te  bid  man 

6  bon  biefer  @c^i(berung  ali  ber  SBirQic^Ieit  entnommen  betrad^ten  barf,  iß  fraolt«^.  Qdbt 
tDerben  im  Sager  ber  ^^raeliten  unb  ber  @^rer  ertDäl^nt  (2  @all,  11;  2  Ag  7,  7);  beibe» 
mal  ^anbelt  ed  ftd^  aber  um  langanbauembe  Belagerungen  einer  feften  @tabt  3)te 
Sagertpac^en  tourben  breimal  in  ber  3lai)t  abgelöft  (SRi  7, 19 ;  1  SWal  12,  27).  gum 
@c^u^  bed  Sager^  blieb  tDä^renb  einer  ©c^lad^t  ftet^  eine  Bejahung  jurüct  (1  @a  25, 13 ; 

10  30,24).  2)ie  Steinl^altung  bed  Sagerd  ift  bem  ®efe^  fe^  angelegen  (Xt  23, 10 ff.;  bgL 
9lu  5, 1—4);  e«  beftimmt,  bafe  berÄrieger  feine  9lotburft  nur  aufeer^olb  be3  Sagend  toct* 
richten  barf  unb  befiel^lt  i^m  für  bie  @|Iremente  ein  Sod^  ju  graben  unb  fte  ju  t>frfc^arren. 
Über  ben  alten  llrf})rung  biefer  ©itte  in  religiöfen  Sorftellungen  f.  unten. 

3n  ©d^lad^torbnung  (n?':?;^  l©a4,2;   17,8.  20 f.;   9li  20,20.  30)  ftenb  bod 

15  $eer  enttDeber  einfach  in  Sinie,  ober   in   brei  Raufen,  einem  Zentrum  unb  gioei  ^üg^ 
(3ef  8,  8  unb  baju  ©efeniug,  »b  I  ©.  335;  3li  7, 16.  20;  1  iSa  11, 11;  2  ©al8,2 
§il,  17;    laWaf  5,  33;    2  3Ra!  8,  21  ff.);    au(^   ein  Hintertreffen  torrb  ertoä^nt  §0 
8, 13 f.,  bgl.  10, 19.    Unter  lautem  ih:ieg«gef(^rei  O^^'i'Jr?  3of  6,  20;  1  Sa  17,  52;  3e 
42,  13 ;  am  1, 14 ;  3er  4,  19 ;  49,  2 ;  gj  21,  27)  ftürjte  man  auf  ben  geinb.    3)ic  oiu 

2ogett)anbte  5trieg^Iunft  tpar  nid^t  fe^r  entn)idEelt:  gelegentlid^  bebiente  man  ftd^  einer  JtricgS» 
lift  (2  Kg  7,  12),  fuc^te  ettoa  bur(^  Überrumt)elung  (3li7, 16ff.),  ober  burd^  Hinter- 
halte (3of  8,  2.  12 ;  SRi  20,  36  ff.),  ober  burd^  Umgeben  ber  feinblidS^en  Sinie  (2  @a  5, 23) 
ftc^  ben  @ieg  ju  berfd^affen,  auc|  too^l  burd^  @))ione  bie  Stellung  unb  &tädt  ber 
®egner  au^julunbfc^aften  (^o]  2 ;  6, 22;  3li  7,  10  ff. ;  1  ©a  26,  4;  1  5KaI  5,  38 ;  12,  26). 

25  ©onft  beftanb  bie  ganje  ^elbl^ermlunft  berühmter  $eerfü]^rer  in  ))erf5nlid(fer  Xo^ferfett  unb 
©etoanbt^eit  (9li  7, 16 ;  1  Sa  11, 11 ;  15,  5 ;  2  6a  5,  23 ;  18,  2).  2)aö  ©e^d^t  befknb 
in  Singelfämbfen,  toobei  bie  berfönlid^e  ^£a))ferleit,  jtraft,  ©etoanbtl^eit  unb  Sd^neOtgteit 
ber  mit  entblößten  armen  (bgl.  ©j  4,  7 ;  3ef  52, 10)  5Kann  gegen  SBlann  ilanHjferAen 
bie  ©(^lad^t   entf(^ieb  (2  ©a  1,23;   2,  18;    1  ß^r  12,  8;    Slm  2, 14  ff.,  too  ba^  fene 

30  ))erfönlid^en  ihieg^tugenben  gerühmt  toerben).  Hin  unb  ioieber  eröffnete  ein  ^hmtomiif, 
beffen  Slu^gang  für  bie  ©d^lad^t  bon  Bebeutung  fein  mod^te,  ben  allgemeinen  Streit 
(1  ©a  17;  2  ©a  2,  Uff. ;  bgl.  21, 18ff.;  23,  21),  unb  fold^e  unb  ä^nlicje  au^qeic^nete 
333affentl(iaten  emt)fingen  bann  befonbere  Belohnung  unb  Sludjeid^nung  (3of  15,  13,  16; 
1  ©a  18, 25 ff.;  2  ©a  18, 11 ;  1  6^r  11. 6). 

35  3)a^  Berfal^ren  gegen  bie  beftegten  ^einbe  ließ  an  ©raufamleit  auc^  bei  ben  3^^ 
liten  nid^t^  gu  toünfcpen  übrig,  tpenngleid^  ed  an  bie  aff^rifd^en  Teufeleien  lange  nid^ 
heranreichte.  9Ba^  bei  ben  ^ff^rem  Siegel  toar,  Jtö))fe  unb  Q&vbi  ben  ©efallenen  otö 
%xo)ß\)äm  abgufc^lagen,  fc^eint  bei  ben  3^^A^lii^  boc^  nur  aU  Sludnal^me  bei  gefaOenen 
gü^rem  borgefommen  ju  fein  (1  ©a  17,  5 ff.;  31,  9;  2  ©a  20,  22);  bieHeidi^t  toar  «S 

40  aber  in  alter  3rit  ©itte,  ben  getöteten  geinben  bie '^or^aut  abjuf(^neiben  (l®al8,25.27). 
©efangene  Äönige  unb  Heerfül^rer  tourben  nic^t  feiten  getötet  (3of  10,  24 ff.;  9li  7,26); 
bo(^  ^aben  gerabe  in  biefcm  ©tüdf  3^raefe  Äönige  ben  Stuf  ber  3Dlilbe  (1  Äg  20,  31). 
3lud^  bie  übrigen  ©efangenen  tvurben  bann  unb  toann  fömtlic^  umgebracht  (2  (Sfyc  25, 
12;  3li8,7;  2  ©a  12, 31?);  graufame  SSerftümmelungen  lamen  ebenfall«  bor  (Mi  1,  67; 

45bgl.  1  ©a  11,  2).  3*^  ber  SRegel  toof^l  tourben  bie  (Sefangenen  }u  ©Haben  gemac^ 
aber  aud^  ba«  fonft  fo  milbe  3)t  toiü  bei  eroberten  ©tobten  nur  SBetbcr  unb  Äinber  ber» 
fc^ont,  b.  i).  ju  ©Haben  gemad^t  toiffen  (3)t  20,  13  f.).  Sluffc^lifeen  ber  ©c^toangewn, 
3erfc^mettern  ber  Heinen  flinber  toaren  ganj  an  berDrbnung;  fo  ift  fogar  ein  SRena^nn 
im  Sürgerfriege  gegen  i^raelitifd^e  ©täbte  berfa^ren  (2  Äg  15,  16;  8,  12;  3ef  13,  16; 

5o2lm  1,  13;  $0  10,  14;  14,  1;  9Ja^  3,  10;  $f  137,  8;  2  üKaf  5,  13).  Sk«  Sanb 
be^geinbe«  tourbe  bertoüftct,  bie  Säume  umgehauen,  bie  Duellen  berfc^üttet  (®t20,  19 f.; 
3ti  6,  4 ;  1  S^r  20  1 ;  2  Äg  3,  19.  25).  ©täbte  unb  SJörfer  tourben  niebergebrannt 
(9ti  9,  45;  1  SKaf  5,  28;  10,  84).  Über  bie  ©itte  be«  Sann«  f.  unten.  2)em  befiegten 
"iNolt  tourbe  3ö^lung  großer  ©clbfummcn  ober  jäl^rlid^er  Iribut  auferlegt  (2  Äg  18,  14; 

66  3ef  33,  18);  jur  ©id^crung  na^m  man  ©cißeln  mit  (2Rgl4,  14).  —  ®er  ©ieg  tourbe 
burdb  ©cfang,  3ubel  unb  %an^  ber^errlic^t  (2  5Kof  15;  SWi  5;  1  ©a  18,  6 ff.;  3ub 
16,  i  ff. ;  1  mal  4,  24)  unb  mitunter  burd^  Trophäen  beretoigt  (1  ©a  15,  12);  Hcrobe« 
ber  ®r.  bclobnte  einmal  alle  ©olbaten  mit  ®clb  (Jos.  Ant.  14, 15.  4).  2)a8  Segraben 
ber  ©efallcncn  galt  al«  l^^eilige  ^flic^t  ber  Heere  (1  %  11,  15);  um  gebliebene  Xnfü^ 

Go  trauerte  ba«  ganjeHcer(2©a3,31),  i^reSBaffen  gab  man  il;nen  mit  ind®rab(ej32,27). 


ftriegi»ktiefett  bei  bett  ^ebraent  Sttitii,  bibKfc^e  119 

V.  S)ie  religiöfc  Sebcutung  be«  Ärtegg.  ©er  Jlrieg  toor  bem  ggracliten 
ein  ^Uiger  ilrieg.  2)a^  tft  abfemitifc^e  älnfdElAuung.  9(uc^  bem  alten  9lraber  tvar  ber 
un:  @^  bed  Stammet  unternommene  Startip\  eine  religiöfe  9lngelegenl^ett  ())g(.  ©olbji^er, 
aRu^meb.  ©tubien  I,  249  f.  unb  SRob.  ©mlt^,  Rel.  of  the  Sem.-  38).  ©o  ift  bei 
ben  3«raeliten  ber  Jftrieg  ein  Jlrieg  SaJ^toe«  (6?  17,  16;  1  ©a  25,  28;  5Ru  21,  14).  5 
SSeil  {te  3<i^tDe  nid^t  ju  $ilfe  lamen,  U)irb  im  SDeboralieb  benen  geflud^t,  bie  bom  ^am^f 

Sd^  fem  ^ieüen  (9li  5, 23).  3«racÖ  geinbe  ftnb  Sa^tocit  geinbe  CJ«  5, 31;  1  ©a  30,26). 
II«  34toe  3ebaot^,  oI«  „Oott  ber  ©d^Iac^treil^en  S^raelg"  (1  ©a  17,  45)  jie^t  ^a^toc 
felbfi  mit  in  ben  ^m^f.  Unb  jtoar  ift  biefe  ^eilna^me  ^a^tDed  am  jtrieg  fe^r  real  ge« 
boc^t;  er  lö^  ).  S.  getoattige  ©teine  auf  ben  ^nb  bom  $immel  fallen,  um  feinem  SSolI  lo 
)u  ^dfcn  (3of  10,  11).  Unb  au(^  feine  ®cgentt)art  beim  ^eere  S^rael«  ift  in  alter  R^xt 
gonj  buc^floblic^  berflonben.  SBie  anbere  äSöIIer  l^aben  aud^  bie  ^i^taeliten  il^ren  @ott 
mit  in  bie  ©c^Iac^t  genommen  mit  ber  l^eiligen  Sabe.  ©ie  ref)räfentiert  ba«  numen 
praesens,  in  iJ^  ift  leibhaftig  ber  ^eg^gott  gegentoärtig.  2Bie  bie  Sabe  im  ^l^ilifter^: 
bieg  tnd  i^raelitifd^e  Sager  fommt,  ba  rufen  bie  ^^ilifter  erfd^rocfen :  „®ott  ift  )u  i^nen  is 
in«  Sager  gelommen;  toel^e  und!"  (1  ©a  4,  6  f.).  ©o  gehört  ber  5lrieg  ju  ben  toic^tigen 
rdigidfen  gnftitutionen  S^aefö.  ®er  ilrieger  l^at  bor  bem  Ärieg  gam  toie  bor  einer  an* 
bcrm  fuüifc^en  ^nblung  ftd^  ju  „^eiligen"  (^"^PJ^n  gof  3,  5),  b.  I9.  [xd)  getoiffen  hiU 
tifc^  Steinigungen  ju  unterwerfen;  bie  Ärieger  fmb  „©etoei^te"  (gef  13,  3;  3er  51, 27); 
ber  Hebräer  fbri^t  bed^alb  auc^  babon,  ba^  man  „einen  Ärieg  ioei^t"  ^^^b?;  •»ij'ip.  (gjoel  20 

4,  9 ;  3Ri  3,  5 ;  3^  6i  4)-  SBä^renb  be«  Äriege«  mufe  ber  Ärieger  im  3wpÄ'^*>  !ultif(^er 
Steinzeit  fein.  SSon  biefer  SSorfteDung  au«  ift  bei  fe^  bieten  SSößem  bem  Jtrieger  bie 
ßnt^^oltung  bom  SEBeibe  ftrenged  ®ebot.  9(uc^  bie  alten  9(raber  hielten  fic^  toöi^renb  be« 
Äriege«  bon  ben  SDSeibem  ferne  (bgl.  SB.  JRob.  ©mitl^,  Rel.  of  the  Semites*  455).  Die^ 
fdbe  ©itte  bürfte  für  3^rael  belegt  fein  bur(^  2  ©a  11, 6  ff.  Uria  toeigert  fu^  fein  SBeib  25 
m  becü^n^en,  fo  lange  bie  Sabe  ©otted  unb  bad  $eer  im  ^Ibe  ftnb.  3Rxt  Stecht  mad^t 
&btDaibf  (o.  0.  O.  64)  barauf  aufmerifam,  ba^  bon  ben  idraelitifd^en  ©olbaten,  bie  fi^ 
ntc^t  fc^euten,  ben  Sc^toangeren  ben  9aud^  aufjufd^li^en,  bod^  nirgenbd  ©(^änbung  ber 
SBeiber  berichtet  toirb  (gef  13, 16  unb  Bai)  14, 2  reben  bon  fremben  ©olbaten).  S)ad  er- 
Hort  fu^  nur  avA  ber  Sitte  bed  fe^ueüen  ^bu.  äBer  irgenbtoie  fultifd^  unrein  ift,  barf  ao 
am  ilrieg  nic^t  teilnel^men.  Xamit  ertärt  ©c^toaQv  (a.  a.  0.  74  ff.)  bie  93eftimmungen 
bed  Äriegggefe^ed  im  S)t  (f.  0.).  SBer  neu  bermcü^lt  ift,  toer  einen  SBeinberg  ge})flangt,  ein 
neued  ^caji&  gebaut  l^at,  ber  ftel^t  nad^  ©c^toaQ^  nod^  in  engfter  äSe^ie^ung  ju  getoiffen 
Dämonen,  unb  ift  bed^alb  für  ben  S^^hjefult  unrein.  2)ad  Sager  aber,  in  toeld^em  nacb 
alter  Slnfd^auung  ^ai^tot  felbft  toeilt,  ift  felbftberflänblic^  eben  barum  heilig,  b.  i^.  ^raftifd^  86 
aetx)enbet,  ^  b(n:f  bei  Seibe  nid^t  berunreinigt  ioerben;  bal^er  bie  oben  angefül^rten  SSor« 
fc^rtften  über  SleinjHxltung  be^felben  (2)t  23, 10  ff.),  ßnblid^  erltärt  fu^  auö  biefer  ganjen 
Sorftelung  bie  ©itte  be«  „Sännet"  (C";n).  ^al^toe  gehört  bie  aanit  Seute.  ®ie  rabi= 
lalfie  gorm  be«  Sännet  ift  bie,  bafe  aJDle«  toa«  lebt,  niebergeme^eU,  unb  alle^  anbere  ber* 
bronnt,  bie  ganje  ©tabt  bem  ©rbboben  gleid^gemad^t  ioirb  (3of  6,  17  ff.;  1  ©a  15,  3;  40 
baL  ®tl3,16f.).  2}ielfa(^  tritt  aber  eine  getoiffe  einf(^rän!ung  ein.  2)a«  5Dt  befc^ränft 
bie  Idtung  atte«  Sebenben  auf  bie  fanaanitif(^en  ©täbte  (S)t7,2ff.),  fonft  fpUen  SBeiber, 
Jtinber  unb  bad  SSiel^  lebenbig  bleiben  unb  al^  93eute  berteilt  toerben.  Sl^nlid^e  @tn- 
{c^ronfungen  bgl.  9lu  31,  7 ff.;  17 f.;  3of  8,  2.  27 f.;  11,  10 ff.;  3ti  21,  Uff.  3n 
bor  ^roj^d  toirb  fc^on  be^l(|alb  meift  folc^e  milbere  ^orm  jur  älnmenbung  gelommen  fein,  46 
tDeil  man  hod)  auc^Seute  machen  toodte.  2)ie  äSemic^tung  eine^  Xeifö  ber  Seute,  be^„@es 
bannten",  bebeutet  bie  SBeil^e  biefed  leite  an  bie  (Sottl^eit.  3"  bemfelben  Srauc^  bei 
onberen  SSi^lIem  bergleic^e  bie  SKefainfc^rift  (3,  11  f.,  16  f.),  too  3Kefa  fic^  rü^mt,  bafe  er 
na<^  ber  Sinnal^me  bon  5Rebo  7000  3Kenf(^en  [einem  ®otte  Äemofd^  gebannt  i)ab^,  unb 
ba|  er  aDe  Setoo^ner  bon  Starotl^  ^be  über  bte  Jtlinge  f^ringen  laffen.  60 

Seti^itiget. 

Sttltilf   biblif(^e.   —    3ur   Sitter atur    ogl.    b!e  eingaben    im    §1.    ^ermcncutft. 

5.  «ft,  Ö^runblinien  ber  Orammatif,  ©crmcneutif  unb  i^ritit  1808;  3)e  SBctte,  ^ritif  bcv 
3iraeUtif4en  ©cfcftldjtc,  1807,  6.  1—26;  g.  ©ijig,  begriff  ber  Äritif  oom  ^%  pra!ti)d}  er^ 
drtert,  1831 ;  fi,  Äucncn,  Critices  et  hermeneutices  librorum  N.  T.  lineamenta',  1889.  55 
«ritifctie  IRet^obe,  «b^anblungcn  ^ux  bibl.  ©iffcnfdjaft,  übcrf.  oon  S3ubbe  1894,  8.  3-48; 
©efer  u.  »eIte,Äircöc^IcJiton^  VII,  1197— 1209;  Sc^Ieiernmcöer,  Uebcr  Scgrlff  u.  CSintciluiin 
ber  pt)iIofop^if(t|cnftritif  (5Bid.  m,  3  ®.  387-404);  5.  ^lafe,  ^crmcneutif  u.  Ärittf  {^anbb. 
ber  flaff.  «ItcrtumÄrolffenfcftaft,  I,  @.  127f.);  33crnt)eim,  Sctirbucft  ber  ^iftorifitcn  ^iett)übc^ 
1894;   ©unbt,  fioflif»,   11,2  6.81—150   (bie   angcmclnen  !iWctl)oben    unb  4)ilfdmittel  ber  60 


120  ftrittl,  bOinfc^e 

©eiftedmiffenfc^afteit) ;    ^etitrici,   dürfen   mir  tioc^    S^^riften    bleiben?     lhittf(^e    9etra4« 
hingen  1901. 

gnbalt.     I.  »cgriff  unb  «ufgabe  ber  bib(tf*en  Äritfl.   1.  5»o«  Reifet  ftritil? 
2.  ©iftorifd)c8.    3.  SRecbt  unb  %\iW  ber  Äritit.    4.  iBiblifcfte  ftritif. 

6         IL  3)o8  fr itifd)eSJ erfahre n.    1.  eJrunblöjHcfte«.  2.  Einteilung.  3.  3)ie fjunftioncn, 

III.  ^ie  Gebiete  ber  S^ritif.  1.  ßritif  be$  ^anon«.  2.  Xe;tfritif(i)er  fippaxat  unb 
Jeytfritif.  3.  ©pracftfritü.  Äonjefturen.  4.  ^iftori(4c  ftritif.  5.  Stillritif.  6.  »cfon* 
ftruierenbe  Ärittf. 

IV.  3ur®efd)i(i^tc    ber   Äritif.    1.  ?lbgrenjung.    2.  ^ellcnifttfc^c  unb   <)Qtrlftlf<Je 
10  ^itif.    3.  ^irAenle^re  unb  ^itif.    4.  Unbogniatifd)e  l^ritit. 

L  »eoriff  unb  aufaobe  ber  bibttfc^en  Äritil.  1.  2)ie  Äriti!  iji  eine 
Itunft,  tt)ie  bie  ^ermeneutif.  S3eibe  fmb  berfd^tDiftcrt  unb  t)on  ber  äBtffenfd^aft  ^mSfyA, 
Sie  $ermeneuttf  tft  bie  5^unft,  jum  SSerftänbni^  ju  bringen,  U)ad  totrlltc^  \%  ba^  Überlieferte, 
fo  tüie  e«  ift,  ju  erfaffen ;  bie  Äritif  ift  bie  Äunfl,  ba«  na(^  feiner  3BirIli(^Ieit  fod^emd^  8üif» 

16  ö^öfe^^  rid^tig  ju  beurteilen,  i^ermeneutif  o^e  Äritif  öerftaubt  unb  entnervt  bie  Übmiefe» 
rung;  Jlritif  ol^e  i^ermeneutit  befd^toörtSuftgebilbe  tDiQfürlic^en  unb  einfeitigen  ©d^arfftnttd. 
Sa  man  nic^t  berftel^en  lann,  ol(|ne  ju  urteilen,  ftnb  beibe  in  ber  geiftigen  9(rbeit  nie  getrennt, 
tDO^I  aber  fmb  bie  ©efid^t^unfte,  unter  benen  fte  benfelben  ®^enftanb  bearbeiten,  bet^ 
f^ieben  unb   bemgemä^   aud^  i^r  SSerfa^ren.     Sie  $ermeneutif  t)erfä^   inbuItiD,  fte 

30  fammelt  äße«,  toa^  uim  SScrftänbni«  nötig  ift ;  bie  Äritif  berf ä^rt  bebuftiö,  fte  liefert  bie 
üRa^ftäbe,  um  ba^  IBcrftanbene  ^u  teerten,  ^agt  jene  nad)  ber  SBirflid^feit,  fo  fragt 
bieje  nac^  ber  äBa^^eit,  baut  jene  auf,  fo  fd^etbet  unb  fc^ä^t  biefe  bad  Saumaterial  unb 
))rüft  bie  Sauau^fü^rung.  ©o  ift  bie  Äritif  „bie  Umfe^rung  ber  ^ermeneutit"  (SBunM), 
aber  noc^  mei^r  al^  ba^.    3nbem   fie  über  bie  ßrgebniffe  ber  i^ermeneutif  ba^  Urteil 

25  fj)ri(^t,  eröffnet  fte  neue  ^agen  nad)  ben  Urfad^cn  ber  3wi>erläffigfeit  ober  ber  UnjuJ)er» 
läfftgfeit,  ber  SSoÖftänbigfeit  ober  ber  SSerftümmelung,  ber^erfunft  unb  ber  S9ebeutung  ber 
@ac^e;  fo  giebt  fie  ben  älu^ang^^unft  für  enbgiltige  älbf^ö^unaen  unb  SSeri^iltntdbefiinu 
mungen.  „<Sie  ift  eine  teil^  natürlid^e,  teil^  erloorbene  Äunftfertigfeit,  bad  9Bal^  vtxib 
l^fd^e,  ba^  @\xtt  unb  9öfe,  bad  Schöne  unb  $ä^lid)e    enttoeber  burd^  anfd^uenbe  @rs 

80  fenntnid  unb  Offenbarung  ober  burd^  Seifall  unb  Überlieferung  nac^  Serl^ältnid  unferet 
B)ßf)äxt  ya  erfennen  unb  fid^  gujueignen"  Q.  ®.  Hamann,  ffito.  IV,  32).  3^  S^rf 
ift  bemnac^  burc^au^  })ofttiö,  mögen  i^re  ßrgebnifje  auc^  oft  negatiö  fein,  ©ie  terait 
feine  anbere  älutorität,  ald  bie  ber  ©ad^e,  feine  anbere  ^et^obe,  al^  bie  t)on  ber  6ac|ie 
geforberte. 

85  3Kan  barf  fagen,  alle  SDSiffenfd^aft,  bejiel^e  fie  f\d)  auf  (Segentoärtigeö  ober  Sergongened, 
auf  $^tIofo))l^ie,  Sieligion,  Äunft,  QÜ}\1,  erbaut  ftd^  mit  Äritif  unb  bur(^  Äritif.  „gn  ber 
Äritif  liegt  ettoad  augemeine^.  SQSir  finb  auf  jebem  ©ebiete  bed  Sefen^  unb  ^örend 
beftänbig  in  einer  fritiWen  pj)eration  begriffen"  (©d^leiermad^er).  Äant  nannte  feine 
5Reubegrünbung  ber  $^ilofo})^ie  mit   bemfelben  ditd^tt  Äritif,   toie  bie  ©rfenntnid  eine* 

40  Sefefe^lerd  ober  bie  ^eftftellung  eine^  ©aj^fe^lerd,  unb  fei  er  noc^  fo  geringfügig,  5trittl  t^ 
Salier  ift  bie  Äritif  ebenfo  berfd^iebenarttg,  toie  bie  ©rjeugniffe  bcd  menfd^lid^en  ®etfted; 
fie  gel^t  fotoo^l  auf  biefe  felbft  toie  auc^  auf  bie  Weinungen,  bie  barüber  gel^egt  toerben. 
Unb  eben  in  bem  ©ebiete  ber  ©eiftedtoiffenfd^aft  l^at  fte  il^re  ©renken.  Sie9tatur  bringt 
I^atfad^en  l^eröor,  bie  in  ber  ftnnlid^en  SBäa^me^mung  gegeben  finb.    9lfö  folt^e  tooDen 

46  fte  erflärt  unb  befd^rieben  tocrben.  Sie  5Raturerflärung  ^at  i^r  3^^^  erreid^t,  toenn  fie  bie 
9laturerfc^einungen  ,jin  einen  U)iberf})ruc^lofen  3ufömmen^ang  gebrad^t  Ifat"  (3Bunbt)^ 
9tid^t  biefe  ©inregiftrierung  öon  I^atfac^en,  fonbern  bie  Siagnofe,  fraft  beren  fie  getoertet 
hjerben,  alfo  eine  geiftige,  freie  Seiftung,  crtoedft  bie  Äritif.  Sie  ©rjeugniffe  ber  ©eift^ 
toiffenfd^aften  fixieren  fid^  nic^t  in  SSef^retbungen,  fonbern  in  Urteilen  unb  ©(^lüffen;  fte 

60  hjollen  innerlid^  ergriffen,  toerftanben  unb  abgeleitet  loerben ;  bei  il^nen  brängt  ^xd^  bie  ^%t 
nad)  ber  Slic^tigfeit  unb  SBaf^r^eit  unabtoet^bar  auf,  ba  fie  in  unmittelbarer  93e}ie^ung 
jum  inneren  Seben  ber  Demün^gen  ^Perfönlic^feit  fte^en.  3"^  ^^^^  gel^ört  bal^er  „bie 
^öd^fte  ^l^^fiognomif  ber  menfd^lic^en  9Jatur  unb  il^rer  Dielen  Äünfte"  (§amann  9Bto.  IV, 
©.  466). 

65  2.  $>n  biefem  umfaffenben  ©inne  ift  Äritif  (xgmx^  Texvrj),  toofür  fid^  ein  glei^ 
fertiger  beutfc^er  SlußbrudE  ni(^t  finben  lä^t,  feit  5piato  im  ©cbraud^.  Siefer  untertreibet 
(260  AB)  bie  xolaig  unb  bie  imra^igy  zö  iTuraxnxov  fugog  unb  tö  xQixtxöv  ob 
Seftanbteile  ber  yvcoanxal  imorij/btai  in  äl^nlic^er  9Bctfe,  toie  §amann  e^  meint:  „Ign 
Äritif  unb  $olitif  beftel^t  ber  ganjc  Äanon  menfd^Iid^er  SBoHfommen^eit"  (SQBto.  IV,  63). 

eo  2(Ilc^  ©treiben  unb  SßJerten,  bie  ^nfttonen  bc^  Urteilend,  bie  burd^  bie  Slnalogie  ber 


Sttitif,  tiBItfc^e  121 

^rüfimö  be«  ®olbe«  gern  bcrbeutltd^t  toerbm  (j.  33.  Slrriamet)iftet  II,  3, 3.  4),  fmb 
barin  einbqoam.  3"  eiöcntüd^  tcdj^ntfd^em  ©innc  aber  erhält  xQinxog  neben  yga/u- 
fiaitxdg  feit  9(ri[t0teled  (d^*  ov  ^^aae  t^v  xqitixt^v  re  xal  yQajUfianxrjv  &QX^'^  ^a- 
ßdYf  ^io  Sl^f.  LIII,  1)  unb  beräSegrünbung  ber  ^eKeniftifc^en  ^^tlologte  mätlesanbria 
unb  ^gamon  bte  Sejte^ung  auf  bad  SSerfte^en  unb  Seurtetlen  ))on  £ttteraturtt)er{en,  tn^  6 
befonbere  öon  ©ebi^^ten.  Äenntntö  unb  SSefd^äftiflung  mit  ben  yQdfifmxa  \\i  Wjftt  3luf5 
gäbe.  ©0  fagt  ©io  (a.  a.  D.),  biete  l^aben  über  §omer  gefcbrieben  in  toerfd^iebener  SBeife, 
ov  ^iovov  'AgioTaQxog  xal  KQaxtjg  xal  exegoi  nXelovg  xwv  voregov  yQaju/juxnxcbv 
xifj&ivtcovf  ngoxegov  de  xQixtxibv,  ßlemenö  2lIeE.  (Strom.  I,  79)  beftätigt  in  feiner 
flbetfc^  unb  »bleitung  ber  ^eUenifd^en  itultur  biefe  ^atfad^e,  bag  erft  f^äter  yga/Lijua'  lo 
xixog  al«  SSerufäbejeid^nung  Don  xgixixög  unterfd^ieben  toorben  fei.  6«  ift  bebeutfam  für 
bie  griec^ifd^e  2)enfh>eife,  ba^  SBiffen  unb  Urteil^lraft  junäc^ft  nid^t  getrennt  gebac^t 
tDurben,  bofe  femer  xgixixog  nie  in  ber  SBeife  toie  vQajbipiaxixög  ben  ©ele^enftanb  be« 
leic^ete.  Ueberl^u))t  ift  in  ber  älntile  bie  ^Terminologie  unfic^er.  9(ud^  (pdoloyog  tpirb 
gtoor  t}om  ^liöofxpog  unterfd^ieben,  begeicbnet  aber  nid^t  ben  felbftftönbigen  ^rfd^er,  i6 
fonbem  gletcbfaüd  ben  ftritiler,  ber  bie  Ilafftfc^en  Xe^te  etflärte  unb  bamit  grammatifd^en 
unb  r^orifd^en  Unterricht  berbanb.  ^n  biefem  @inne  toarb  Songinu^  ald  6  xQixtxdjxa- 
xog  unb  old  ßißiio&i^xrj  ijuywxog  ge})riefen  (Eunap.  Boisson.  ©.  456).  gm  ©inne 
ber  ©d^eibe«  unb  Sc^ä^unß^Iunft  bon  ®eifteder^eugnif[en  aUer  9(rt  ift  ßritil  erft  feit  bem 
18.  ^abr^nbert  ein  t^ntfc^er  9(u^bruc!.  ©ie  ift  im  befonberen  ©inne  la  restitution  ao 
de  la  Utterature  antique,  im  aDgemeinen  un  examen  ^lair6  et  un  jugement 
^uitable  des  productions  humaines.    ©o  bie  ^ormuKerung  ber  @ncvno))äbiften. 

3.  gebe  Jmtit  fe^t  bri  einem  ItonfiUt  ein  ^U)ifd^en  bem  ©egenftanbe  bed  Sßerfte^end 
unb  bem  Serßänbnid;  bie  ©ad{ie  unb  il^e  ©c^ä^ung  f))annt  fid^.  3Bo  ba$  SSerftänbnid 
ftd^  tr^enb  toie  gehemmt  fül^It  ober  bie  ©d^^ung  ald  eine  unbegrünbete  embfunben  toirb,  26 
tritt  em  fubjehiber  9lüdfd^(ag  ein.  3)a^  2)unfle,  ba^  ^äpc^e,  bad  Unorbentß^e,  bad 
äbima^enbe,  bad  @r!ünftelte,  bad  ©ejierte,  !un  alled,  U)ad  irgenbtoie  ben  reinen  @inbrudE 
jlort,  tDedEt  bie  Jtritil,  äußere  fie  fic^  in  fc^lic^ter  W)Ul}x  unb  einfad^emSiabel  ober  in  ertoogenem 
ytad^toad  ber  Urfad^en  beiS  ©törenben  unb  @rfc^Iid^enen.  9lber  bie  ^emmungen  be^  SSerftänb« 
ntffed  liegen  nic^t  aQein  imObjeft,  fonbem  aud^  im  ©ubjeft.  3)tannigfac^unb  fc^tDerjufaffenso 
finb  bie  Umftönbe  unb  9(ntriebe,  bie  bad  Urteil  blenben,  ablenlen  unb  beftecben.  Ungelöuterter 
®ef<^ad,  mangell^e  ©ad^Ienntni^,  bogmatifc^e  äSoreingenommenbeit,  leic^tl^er^ige  ©elbft- 
Übergebung,  ^arteitortit,  9{eib,  Sigennul^,  bie  f^eube  am  ©enfationeuen,  B^^^d^^^d  ^^^  ^^ 
netgimg  imb  toa&  fonft  nod^  —  bie  $atl^ologie  biefer  Trübungen  unb  9(blenfungen  ift 
ebenfD  unerf(^dt)f(id9,  toie  bie  SSetoegungen  ber  3J{en{ci^enfeele.  Sa$  Überlieferte  aber,  bad  86 
ffiert  be^au))tet  fyit,  toirb  burd^  berartige  @ingriffe  mtifc^er  Unfac^lic^feit  gefd{|öbigt 
2Bcr  ed  toert  f^Ü,  fyd  bereite  bie  @m))finbung  eined  SSerlufte^,  auc^  toenn  bie  Kriti!  eine 
foc^Iic^  ifl  —  einen  fidleren  lieben  ä3eft$ftanb  fie^t  er  in  ^age  gefteUt,  e^  ift  il^^m  ju 
3Rut,  atö  taKtre  fein  ®olb  in  Ito^len  bertoanbelt;  —  toie  btel  me^r  aber  ift  bie^  ber 
%aä,  taxnn  in  ber  Jtritit  Unlauterleit  unb  @igenmäd^tigleit  berf))ürt  toirb.  ^a^er  nimmt  4o 
ed  ntc^  SBunber,  bag  öft^etifd^e  unb  bor  adem  religiöfe  Staturen  mit  Slbneigung  unb  3Jli^' 
trauen  gegen  bie  Jtritil  erfüllt  finb.  ®oet^e  fagt  einmal  untoirfd^:  ,,6inSBucl^,  badarofe 
SSirfauig  gel^t,  fann  eigentlicb  gar  nic^t  me^r  beurteilt  toerben.  2)ie  ^ritif  ift  überpau^jt 
eine  hlc%t  ängetoo^n^eit  ber  aWobemen"  (Unterhaltungen  mit  Äangler  3Küller^  ©.  73  f.). 
Oft  tommt  er  in  ben  ®ef))räd^en  mit  @dEermann  auf  biefe^  X^ema.  ,,2Benn  bte  Slömer  46 
grog  genug  tooren,  fo  ettoad  m  erbic^ten  (tpie  bie  ©efc^id^te  bon  Lucretia  unb  M,  Scae- 
yola)y  fo  foDten  toir  toenigfien«  grofe  genug  jein,  baran  ju  glauben"  (I,  164  SReBlam). 
„©0  rütteln  pe  ie|t  an  ben  fünf  Suchern  SKofi^,  unb  tpenn  bie  bemid^tenbe  Äritil  irgenb 
\d^lväf  ift,  fo  ift  fte  t^  in  Steligion^fad^en;  benn  l(|ierbei  berui^t  aQe^  auf  4)em  ®lauben,  ^u 
todd^tm  man  nid^t  jurüdtle^ren  lann,  toenn  man  i^n  einmal  berloren  i)Qt/^  9[ber  mit  60 
fob^em  Serbift  ber  Jtritit  tpäre  boc^  nicbt^  anberd  fum  .^erm  gefegt,  ald  bie  blinbe 
Sutoritot  2)iefelben  ^attoren,  bie  ba^  Iritifc^e  Urteil  befted(^en  ober  fälfd^en  lönnen, 
tanrien  coid^  bei  ber  ßntfte^ung  ber  Überlieferungen,  toelc^e  bie  Äritif  forbem.  3^^  ®^* 
fianb  Urin  bal^  beurteilt  toerben,  bamit  man  nic^t  ©teine  für  ä3rot  ausgebe.  Onoma« 
tritud  timrbe  au^  Stilen  berbannt,  toeil  er  babei  ertaubt  tourbe,  in  tenben^iöfer  älbfid^t  66 
Oralet  bed  3Rufäud  felbft  erbic^tet  gu  ^aben  (§erob.  VII,  5  f.).  ©olon  foH  burc^  einen 
gefdlfc^ten  $omerber8  ben  üRegarenfem  i^re  Untertoerfung  unter  Sltben  berfüfet  baben 
(Diog.  Laert.  I,  48).  2)ie  5ß^tl^agoreifd^e  iJitteratur  beftc^t  au^  gälfd^ungen ;  bie  \xbt)üu 
nif^Kn  Otalel,  bie  ®ebi(^te  bei^  Or))^eu^,  Sinud,  3J{ufäu^  finb  ^jeubepigra^l^a.  ^i^ner^alb 
ber  Iin^(t(^  X^Iogie  toar  e^nid^t  anber^.  ^ieiUagen  be^  Crigene^,be^  ^ieron^mu^  unb  ou 


133  Stxm,  (iUifi^e 

bte  ^lotijen  be^  SufeBiud  über  tuiDIürKc^e  (Stngriffe  in  bte  biblifd^en  @d^ften  unb  übte 
{trc^Kc^e  ^(fd^ungen  ftnb  belannt.  ^te  a))oftV))^tf(^e  unb  ))feube|ptgra))^tfd^e  Sttterotur  it* 
anfprud^t  ober  für  ec^t  angefe^en  ju  tuerben.  3^Iottf^^  6tot{er  fc^oben  bem  Sbttur  ®emctns 
Reiten  unter,  an  bte  btefernie  gebadet  \)at,  unb  anbererfeitö  befeitigte  man  Sinftögiged  aui 

6  ktnon^  SBerfen  (Diog.  Laert.  VIT,  34 ;  X,  3) ;  bem  entfpred^enb  tft  Drigene«  t)on  fernen 
@egnem  burd^  ^älfd^ungen  bem  9(bf(^eu  ber  ©laubigen  ))ret^egeben  iuorben  (Rufinas 
ep.  ad  Macarium  de  adulteratione  librorum  Origenis,  unter  anberem:  non  peper- 
cerunt  scriptis  eorum  —  nobilium  tractatorum  veterum  —  venenatum  virus 
infundere,  sive  interpolando  quae  dixerant,  sive  quae  non  dixerant  inserendo. 

10  —  3a^Ireid5;e  Weitere  »elege  bei  ßlericu«  III,  2, 1).  3ft  biefer  I^atbeftonb  nic^t  9tf 
leg  genug  für  bte  ^orberung,  bag  auc^  ba,  tuo  bie  ^ietät  unb  bie  Sutoritot  bod  erfle 
SBort  ju  fjjrec^en  l^aben,  bie  Äriti!  nic^t  f^toeigen  barf? 

4.  3)ie  allgemeinen  SRormen  ber  Äritil  liegen  ebenfo  toie  bie  ber  $enneneutil  (bfji.  b. 
21. 1,  5.  6)  in  ber  Sogif,  ber  ^Pf^d^ologie  unb  ber  SRI^etorif  befd^Iofjen.  ®ie  Äritil  n>aibct 

16  biefe  9lormen  auf  ben  beftimmten  ©egenftanb  an,  inbem  bie  allgemeinen  Siegeln  nac^  ber 
befonberen  Sefd^affenl^eit  be^felben  ftc^  mobifijieren.  ^a  nun  foiDO^I  boS  "&%  ime  hau 
31%  a(d  9le(igion^urtunben  ein  eigenartige^  innerlich  jufammenge^iirenbe^  ®an)ed  au^ 
mac^t,  in  bem  in  f^jejifijc^er  SBeife  „aUe^  für  ba^  anbere  ^ParoJttele  unb  Slnolooie  tjl", 
fo  erforbert  b^r  befonbere  ß^arafter  bed  ©egenftanbe^  auc^  eine  baburd^  beftimmte  Sbttoen? 

aobung  ber  Jtritil.  ^al^er  barf  t)on  biblifc^er  itritil  ald  einer  befonberen  unb  feObß« 
ftänbigen  toiffenfd^aftlid^en  älufgabe  gerebet  toerben.  Sie  ift  Quellenhitif,  Oef^ic^tdfcitil, 
SReligion^Iritil,  b.  1^.  fie  l^at  ben  3"^^"^  ^^  Überlieferung  unb  ben  gefd^ic^tlic^en  8B8ert 
ber  Haffijc^en  Urfunben  ber  altteftamentlic^en  unb  ber  c^riftlid^en  SReligion  ^u  J^röfen,  fo 
h)ol^I  infofem  fte  für  ftc^  fielen,  al^  auc^  infofem  fie  einem  gefc^ic^tlid^en  3ufommen^<wiäe 

25  angel^ören.  ^i)x  le^te^  ^kl  ift  babei,  eben  toeil  e^  fic^  um  SteligiondqueSen  ponbelt,  ni^t 
bie  Ermittlung  be«  l^iftorifc^en  Verlauf«,  ber  fid^  in  biejen  ©d^riften  erlennen  lä^,  fonbern 
bie  Ermittlung  be^  in  ibnen  toirffamen  religiöfen  Seoen«,  tooburd^  biefe  Sttteratur  tl^ 
fpe^ififc^e  Sebeutung  ermatten  l^at.  9tic^t  bie  ^age  nac^  ber  ©efd^id^te,  fonbern  bie  ^ta%t 
nao)  ber  Sleliaion,   toelc^e  in  ber  ©efc^i^te   fu^   tunb  giebt,  g^h)ä^  ber  biblifc^en  ffritit 

80  i^re  SRic^ti^unfte. 

^iefe  e^agefteQung  l^at  eine  boi))}eIte  3$oraudfe|ung:  bie  Einfielt  in  bad  SBefen  ber 
SReRgion  unb  in  bai^  SBefen  be«  gefd^ic^tlic^en  ©efc^e^en«;  benn  bie  ßrgebniffe  ber  btbli« 
fc^en  Rritil  tootten  ein  begrünbctc^  Urteil  barüber  abgeben,  ob  unb  intoietoeit  eine  ge» 
fc^id^tlic^e  3)arftenung  rüqic^tlid^  i^rer  3u^^löffigfeit  alteriert  toirb,  toenn  fte  (Sott  in 

86  ber  ©efc^ic^te  fuc^t  unb  finbet,  ober,  toai^  baejelbe  fagt,  bie  gefc^ic^tlic^en  3^^aAcnjjU« 
gleid^  aU  ©otte^t^aten  toertet.  ^ie  beiben  SSorau^fe^ungen  ^nb  bon  grunbfä^Itcper  de» 
beutung  unb  toeifen  auf  bie  ©egenfä^e  ber  SBeltanfc^auung. 

3unäd^ft  bie  Sleligion.  Sie  ift  bie  fraftbollfte  unb  ge^eimni^bollfte  Set^ätigung 
be«  inneren  Seben^,  bie  ade  Setoegungen  ber  Seele  beeinflußt,  mit  allen   ftd^  berbinbet 

io  unb  boc^  in  feine  berfelben  aufgebt.  Sie  forbert  ben  ganjen  5Jlenfc^en,  fie  jie^t  fic^  in 
bie  oerborgenften  3:iefen  feinet  SBefen^  ^urüdE  unb  brängt  boc^  jur  ^arftettung,  bie  üor 
aller  3tugen  liegt.  Sie  erblüht  attein  in  ber  geiftigen  ^eil^eit  unb  beborf  bod^  beö  S5e« 
Icnntniffe^,  baiJ  bie  ©Icic^geftnnten  um  fic^  fammelt.  Sie  lebt  nur  ba,  too  fie  tool^^ftcd 
©rlcbni«   ift,  unb  formt  fic^  boc^  ju  einer  Überlieferung,  bie  unbebingte  äutoritat  beon« 

46  fprud^t.    Sie  ift  örlebnig  unb  freut  fic^  boc^  am  Silbe  unb  ©leic^ni«.    5Kit  elementarer 

itraft   unb   untoibcrfte^lic^er  ^nnißf^it   eignet  fie  fid^  allcg  an,   toa«  i^  9?a^ng  l>er« 

It^rid^t.    Sic   bur*bringt    bie  Stoffe  mit   il^rem  ©eift.    3)ie  9Jatur  erl^ebt  fte  jur  3Jer» 

fünbigerin  ber  SlUmacbt  unb  SBcißbeit  ©otte«.    3)ic  ©efc^ic^te  toirb  i^  jur  §etwt>rebigt 

3)ic  biblifd^en  Schriften  finb   bie  Urfunben   unb  Duellen  für  ben  unCTfc^öJjfßc^ien 

60  unb  gef)eimni^t)ottcn  ^Weic^tum,  aber  aud^  für  bie  berfrfiiebenartige  Sebingti^eit  unb  W>* 
ftufung  be^  religiöfen  Sebcn^,  ba^  in  bem  3Jolte  ^^tad  [\d)  au^toirfte  unb  im  S^flem 
tum  eine  fficltreligion  erjeugte.  Sluf  toeldje  SBeife  toirb  bie  bibtijc^e  Äritif  biefer  Ipiotfac^ 
geredfjt'c'  '3^ur  bann,  toenn  fic  bie  SKannigfaltigfeit  ber  Äußerungen  be«  religiöfen  2eBen8 
mit  facf>lic^er  Klarheit  ermittelt  unb  nach  i^ren  berfc^icbcnen  formen,  i^rem  ml^tl(^oIoflif(^|en, 

66  entbufiaftifcben,  fittlic^en,  intelleftueHen  unb  rein  frommen  ©ehalte  toürbigt.  3)ad  SKIb, 
baö  fie  erfaßt,  toirb  ein  falfd^e^,  toenn  fie  ^Vma  bie  SHeligion  unb  ben  Jtultu^  jufammen« 
toirft  unb  toenn  fie  über  ber  geftfteHung  m^t^ologifc^er  (Slemente  bie  fittlic^en  unb  inteSel* 
tueßen  Iriebfräfte  Dergißt. 

Stber  bie  biblifcbe  Äritif  ift  anbererfeitS  ©efc^ic^tijfritif.    3)arau«  entftel(^t  bie  Suf« 

60  gäbe,  ben  „natürlichen  ©ang"  ber  (Jrcignifjc  unb  bie  religiöfe  Öebingt^eit  ber  bibltf^ 


SttiÜl,  biblifc^e  123 

(Kefci^d&töbarftellung  bonetnanber  ju  fc^eibcn,  um  tl^r  gegenfeittge^  SSerl^öItntd  auf  ©runb 
bicfcr  @<^butig  richtig  unb  fac^gemäfe  gu  erfaffcn.  3if*  ^^^  möglich?  SBcim  btc  „natur* 
tmffenf(^ftli(^e  SKct^obe",  für  toelc^c  ber  reUgion^>)l^iIofoj)^tfc^  au^etouc^erte  Slfterbartots 
tudmud  bte  ©ogmatif  liefert,  aU  9Jorm  ber  Sibeltrittf  gilt,  gehnft  nid^t.  ©ie  mu^  grunb* 
Säfix^  iebed  ®e^eimnid,  bad  einen  älueblic!  eröffnet  in  bie  SBelt  bed  Übernatürlichen,  6 
leugnen.  2)ie  religiöfen  Srlebniff e  mu^  fie  bal^er  pf^c^ologifc^,  ))atl^o[ogif(i^  unb  religion^- 
gef^f^tlt«^  objuleiten  berfuc^en.  SSon  ba  au^  erfd^eint  eine  religiöfe  ©efc^icJ^t^barfteHung 
ate  tenbenjiöfe  ®ef((i(^tdfälfc^ung,  ober  tpenigftend  aU  @inbeutung  frembartiger  ^Jlomente 
in  ben  natürlichen  ®ang  ber  2)inge.  ©ie  änn)enbung  ber  „naturtoiffenfc^aftlicl^en"  3Ke- 
t^obe  auf  bie  l[^eilige  ©efc^ic^te  fpric^t  bad  Urteil  bor  ber  Unterfuc^ung.  lo 

®ie  ffe^t  e«  in  ber  2M?  Sefftug  (SQBh).  Sac^mann  VII,  S.  50)  fagt:  „2)er  bra= 
matifc^  ®i(^ter  ift  fein  ©efc^id^t^fc^reiber.  5Die  l^iftorifc^e  SBa^r^eit  ift  nic^t  fein  3h>«*/ 
fonbem  nur  ba«  ?KitteI  m  feinem  3h>edfe/'  SBirb  er  bamit  jum  (Sefd^id^t^fälfc^erV  älud^ 
für  bie  btblifc^en  Sc^riftfteQer  ift  bie  l^iftorifc^e  SBal^r^eit  nur  3JlitteI  jur  Darbietung  ber 
teliatöfen;  fie  ift  3:rägerin  ber  Offenbarungen  ®otte«  (3o  1,  U.  18).  2)a  ift  boc^  bon  i6 
1^  ^u  %ciH  iu  unterfuc^en,  intoietpeit  unb  tuarum  bie  gefc^ic^tlic^e  äBirflic^Ieit  aU  eine 
Offenbarungdt|atfac^e  fic^  betpäl^rt.  Unb  h)ann  tuirb  biefe  Unterfuc^ung  )u  einem  fad^^ 
gema|en  (Srgebnid  tommen?  ^reitfc^Ie  bemertt:  „bem  $iftori{er  ift  nic^t  geftattet,  na^ 
b«t  S^fe  ber  Slaturforfd^er  baö  Spätere  au«  bem  ^l^eren  einfach  abzuleiten.  3Jlänner 
mai^  bie  ©efc^ic^te."  9?atürlid^  nid^t  [xt  attein ;  toa«  SKänner  vollbringen,  ift  ermög:=  20 
lic^  burc^  bie  3uftanbe,  bie  i^nen  bie  ^Jlöglic^teit  geben,  gelben  )u  tperben  ober  bod^ 
Steuermänner.  Stber  ba«  bleibt  ftc^er:  ber  ^robu{tit)e  2BiQe  ift  fein  ^}Iatur))robuIt.  Der 
fromme,  ber  ®ott  fuc^t,  erfährt  bie  ®ott6ebingtbeit  feine«  äBiQen«.  Danad^  l^anbelt  er. 
®ott  giebt  i^^m  ffiollen  unb  Vollbringen.  2luf  ®runb  feiner  ©rfal^rung  bon  (Sott  beur* 
teilt  er  bie  ©efc^tc^te.  Die  religiöfe  ®ef(^td^t«betrad^tung  erlebt  in  bem  l^iftorifd^en  @rs  25 
eignt«  eine  ®otte«t^. 

Damit  ift  ber  Sibelfritil  il^r  fac^emä^er  6tanbt)unlt  gefiebert.  Sic  unterfuc^t, 
tDontm,  mit  iuelc^em  Stecht  unb  unter  toelc^en  Umftänben  unb  Sebingungen  ba«  91  unb 
9H  ote  eine  Sammlung  religiöfer  Schriften  entftanben,  erl^alten  unb  toirffam  getoorben 
ip.  auf  ®runb  biefer  ^Prüfung  giebt  fte  barüber  SRed^enfc^aft,  intoietoeit  biefe  Sd^riften  so 
|u^><^ff^  8ef(^(^tli4  überliefert  ftnb  unb  juberläffige  gefd^id^tlic^e  Überlieferung  enthalten, 
mtDietoett  femer  ber  gefc^ic^tlic^e  Serlauf,  bem  biefe  Sitteratur  entftammt,  erfaßbar  ift. 
So  tpirb  ber  Sletigion  gegeben,  toa«  ber  SReligion,  unb  ber  ©efc^ic^te,  tua«  ber  ©efd^ic^te 
0ctfdrt  Die  Äritif  ertoäc^ft  au«  ber  rid^tigen  ©infid^t  in  bie  Sefc^affen^eit  unb  ba«  SEBefen 
ber  ®e(c^i(^t«religion  unb  betoä^rt  i^r  2eith)ort  distingue  in  frucf^tbarer  görberung  berss 
Srlenntni«  bon  bem  SBerte  ober  bem  Untoerte,  bon  bem  Seben  ober  bem  Schein  ber 
Überlieferung,   »gl.  0.  Rm,  ®laube  unb  ®cf(^ic^te,  1900. 

II.  Da«  Iritifj^e  »erfal^ren.  1.  Da  für  bie  Sa^gemäfel^eit  ber  Sibelfritif 
bie  SBürbigung  be«  religiöfen  ^ftor«  mafegebenb  ift,  ba  femer  alle  Äritif  junäd^ft  im 
SSeurteUm  p«^  bet^ätigt,  fo  ift  ba«  mtf d^etbmbe  SHoment  für  i^re  (grgebniffe  ber  3Kafeftab  40 
be«  Urteil«,  bm  pe  antombct.  SBic  ift  biefer  5U  gewinnen?  9ln  fid^  läfet  [\d)  too^t  leidet 
eine  beflimmte  anttoort  finben.  Der  Ärittfer  barf  nid^t  nac^  SKobellcn  arbeiten,  tvtnn 
er  feinem  ®egmftanbe  gerc^^t  toerben  toill;  bielmel^r,  nac^bem  er  ba«,  toa«  Vorliegt,  burc^ 
bie  ^ermeneutil  [väf  jur  änfc^auung  gebrad^t  ^at,  giebt  er  Slec^enfc^aft  bon  ben  Sebin- 
gimgen  be«  ^^beftanbe«  unb  il^rer  Sered^tigung.  Die  Äritif  tocrfäl^rt  nad^  immanentem,  46 
nii^t  nadf  tran«cmbentem  SKa^ab.  9Bie  bie«  gefc^iel^t,  jeigt  Seffing  in  fetner  Rritif  toon 
Sobotre«  Semirami«  (SBto.  fiac^^mann  VII,  ©.  47  f.).  Durc^  änal^fe  be«  Stürf«  tueift 
er  bie  öuftertic^e  unb  med^anifc^e  Äomj)ofttion  be«felben  nac^,  burd^  SSergleic^  mit  Sl^afe- 
beore«  ^mlet  geigt  er  auf,  toie  ein  cd^ter  Did^ter  ^ätte  toerfa^rcn  muffen.  Slber  berfclbe 
geffma  betueift  in  feiner  Äritil  ber  iVabel,  toie  ein  abftraftcr  SKa^ab  bie  grfaffung  bc«  so 
eiflentltc^  2ebm«  ber  Stoffe  ablmft  (togl.  %lß&'  VI,  ©.  702).  gjleifterl^aft  beleucbtet 
9t>€äft  an  ber  5lritit  be«  Sopl^ofle«  burd^  ben  Hegelianer  §inric^«,  toic  burd^  ör^ 
fc^Ieid^ng  unb  Selbfttäufc^ung  unfad^lic^e  ^Jlagftäbe  entfte^en  (©efpr.  mit  erfermann, 
Steflom  III,  S.  86  f.).  Sft  aber  ber  redete  Wa^tab  gefunben,  fo  l^at  ber  .ftrititer  im 
Xii0e  3U  bellten,  ba^  feine  Unterfuc^ung  tooUftänbig,  nic^t  befultorifc^  unb  fragmentarifc^  55 
bind^efü^  toerbe,  ba|  femer  in  ber  Seurteitung  ba«  ©leic^getuid^t  jmifcben  bem  hitifc^cn 
Sc^orfftnn  unb  bem  Sinn  für  ba«  3)Jöglid^e  unb  einfache  erbaltcn  bleibe.  ,,öott  bat  ben 
WenfdSffn  aufrichtig  gemacht,  aber  fte  fudfjen  biele  Äünftc"  (^reb.  7,  .SO),  ba«  gilt  auc^ 
^er.  ®e{elSn1amteit  unb  Urteil  fallen  nid^^t  jufammen.  G«  giebt  eine  urteil«lofe  ©elc^r^ 
fomfeit ;    anbererfeit«  liefert  ber  Sc^arffmn  o^ne  tattt)olle«  unb  umftd^tige«  Durc^bringen  eq 


124  ftrittf,  mmt 

ber  @a(^e  getftDoQe  @tnfäUe  unb  luftige  $9))ot^efen,  bte  blenben  aber  nu^t  etleud^en. 
3lx6)t  mit  Unred^t  {lagt  3.  9.  93a^Ie  über  be^  großen  Jtritilerd  ^of.  @caliger  oft  über  bte 
@ad^e  ^inau^fd^ie^enbe  fc^arffinnige  fionjelturen  unb  Kombinationen.  @caliger  t>erg&^, 
ba^  er  nod^  me^r  tou^e,  al«  bie  ©d^riftftetter,  beren  S^ejt  er  tjerbeffem  tooHte. 

6  äßorin  liegt  nun  bcr  immanente  iDla^ftob  für  bie  Sibeltritit?  2)ie  gefc^ic^tüd^ 
5Rac^ri^ten  ber  Sibel  —  e^  gilt  bag  bon  atten  i^ren  3:eilen  —  ftnb,  infotoeit  fte  irgenbioie 
mit  bem  religiöfen  Seben  ftd^  berül^ren,  jugleic^  ©efd^ic^t^beutungen  unb  ©laubendjeugntffe 
(I^  4).  ^er  Krittler  l^at  bemgemä^,  toenn  er  bad  ®an)e  richtig  beurteilen  totS,  bodScr* 
^ältnid  be^  gefc^ic^tlic^en  unb  bed  religiöfen  ^ttord  ju  beftimmen,  bamit  erl^e,  ob   bte 

10  Steligion^ueQe  aud^  old  ©efd^id^t^ueüe  fi^  be^au))tet.  ^n  biefer  93er|ältnidbefliins 
mung  fd^eiben  jtd^  bie  SBege  ber  Rritif,  unb  je  nadj^bem  fte  gefaxt  toirb,  berfc^ieben  fid) 
bie  @rgebniffe.  @o  h)olIte  be  äBette  ben  $entateuc^  atö  ^id^tung  auffaf|en  unb  \pn^ 
ii^m  be^l^olb  jeben  2Bert  al^  ©efc^idbt^ueSe  ab.  „3l\d)i  aQe^  \oai  ioie  ©efc^ic^te  auS* 
ftel^t,  ift  ®ef(^i(^te ;  e«  giebt  auc^  SKärd^en,  Segenben,  SDl^tl^en.    ^m  ©toff  unterfd^etbcn 

16  ftd^  biefe  toon  ber  ©efc^ic^te  nid^t,  bie  ©efc^ic^te  ift  oft  lounberborer  unb  poetitter  aü  bie 
5Poefte  felbft;  nur  in  ber  lenbenj  liegt  ber  Unterfc^ieb."  ,,ßat  ein  ©rjä^Ier  nid^t  bie 
einfache  älbftd^t,  ©efc^ic^te  aii  ©efdpid^te  )u  er^ä^Ien,  .  .  .  toiu  er  irgenb  eine  pff\k\iy* 
pf)\\d)t  ober  religiöfe  SBa^^eit  baburd^  anf^aulic^  mad^en,  mit  einem  SBorte,  toill  er  irgenb 
auf  ettoa«  anber^  toirfen,  aU  auf  bie  i^iftorifc^e  3Bipegierbe,  fo  l^at  feine  Slelation  feinen 

20  l^iftorifc^en  SBert."  ,,3)er  ßrjä^Ier  giebt  ja  SBal^re«  unb  ^Ifd^e«  in  einer  Sebeuttutg,  . . . 
nac^  i^m  ift  ba^  9Ba^re  fo  gut  a(d  bai^  %ol\d)t  SJel^ilel  bed  au^ergefd^ic^tlic^  (potA\d^, 
religiöfen,  pl^Uofoj)l^if4en)  ©inn^,  für  il^n  ift  ba«  ^olfd^e  ebenfo  loal^r  atö  ba«  SEBo^" 
(Äritif  ber  i^raelit.  ©efc^ic^te  I,  ©.  11  f.).  a)en  ®egen))oI  ju  biefer  äuffaffung  ^^olten 
biejenigen,  toelc^e  in  ber  ä3ibel  nur  ©ef^id^te,  unb  jtoar  ©efd^ic^te,  in  ber  bie  ^onbdnben 

36  aJläd^te  tran^enbenter  ärt  ftnb,  feigen  tooHten,  toie  §en«Ier,  ben  be  SBette  (©.  27)  anfü^ 
loie  §engftenberg  unb  feine  ©d^üler.  3)ort  toirb  5Poefie  unb  SReligion  irrefti^renb  glet^« 
gefefet,  l^ier  SReligion  unb  ©efd^ic^te.  S5ei  be  SQBette  fommt  bie  I^atfod^e  nic^t  gu  ii^rem 
inec^t,  ba^  bie  oltt.  Steligion  bie  totrllid^en  (Sriebniffe  ^^raeld  mt  Soroudfe^ung  I^Kit,  bei 
feinen  ©egnem,  bag  biefe  (Sriebniffe  innerhalb   ber  natürlid^en  ^ebingtmgen  ber  gefc^tc^ 

80  ticken  @elbftbel^au))tung  einer  toerbenben  3lation  liegen  müjfen,  um  über^jou^t  fa|bar  yd 
fein,  ©efc^icbte  ift  feine  9l)3otaI^^fe.  3^if^^"  ^^^^^  @£tremen  liegt  bie  Stnerfenmin^, 
bafe  in  ber  Sibel  toirflicbe  ®efc^id[^te  ju  religiöfem  3^^*^  erjäl^It  ift.  3if^  "«"  ^ff^  ^^ 
giöfe  Orientierung  aU  bie  fac^gemäfie  ^eftlegung  be^  9Bertd  unb  ber  Jtroft  bed  toirfltd^ 
©efc^e^en«  amufe^en  ober  ift  fte  fpäter  l^erangebrad^t  in  beftimmten  S^enbenjen?   ift  fie 

85  aud  ben  %\)ail\ai)^n  l^erau^ebeutet  ober  in  fte  l^inein^ebeutet?    Unb  in  (entern  ^aQe,  ift 

ed  überl^aut)t  möglid^,  bie  toirflid^en  Sbatfad^en   in  t^rer  religiöfen  Übermaluiig   )u  er* 

fennen  V  ift  e^  nic^t  bielmel^r  offen  m  galten,  bafe  fie  ber  SRcIigion  jju  Siebe  erbi^^tet  finb, 

fei  e3  in  fd^toarmgeiftiger  Trübung  W  Setüufetfein«,  fei  ed  in  pfäffifc^er  ©c^Iaulj^eit? 

3)iefen  SKöglid^feiten  gegenüber    l^at   bie  Äritif,   bie  SBage  ber  SBabr^eit  ^enb, 

40  ©teHung  5U  nehmen,  inbem  pe  guerft  bie  einzelnen  Seftanbteile  ber  Sibel  t)räft,  um 
t)on  ba  aud  ju  einer  ©efamtanfc^auung  bon  bem  biblifc^en  ©c^fttum  ftc^  )u  ergeben, 
auf  ®runb  biefer  fann  bai^  Urteil  barüber  gefällt  toerben,  intoiefem  bie  gefc^ic^ttic^ 
3:]^atfac^en,  toelc^e  bte  Sibel  berichtet,  mit  il^rer  religiöfen  SQSürbigung  in  orgonifd^em  Ser» 
l^ältntffe  ftel^en,  ob  femer  fte  toirtlic^  ai^  ©efd^ic^te  angefeben  loerben  bürfen,   ober  biet 

46  me^r  Segenbe,  ©age,  y}h)ti}tn  finb.  ^ierbei  finb  bie  berf^^iebenen  3Kif4^ung^er^äItmjfe 
beö  ©efd^ic^tlid^en  unb  Sleligiöfen  fotoie  bie  Slbftufungen  ber  3)eutlic^feit  iu  bead^ten,  bor 
adem  aber  ift  bcr  Slbftanb  bcr  atl.  unb  ber  ntl.  Sitteratur  nac^  gefc^ic^tliqien  9e)i(^tmgen, 
Urfj)rung^bcbingungen  unb  ^hJ^dfcn  im  3tuge  ju  behalten.  6^  ift  eben  eine  atibere  Siufgobe, 
ba^  SBcfcn  bcr  religiöfen  9cationalIittcratur  3i^tacte  ju  erfaffen,  bie  in  ftc^  bie  3)eitfntäler 

60  einer  taufcnbjä^rigcn  ßnttüirfelung  begreift,  unb  ben  ß^arafter  unb  ®ert  ber  neu» 
teftamentlid^cn  Sd^riftcn,  bie  jjum  3^^*  ^"^  religiöfen  ^Projjaganba  unb  old  S5e« 
ftanbteilc  bcrfclbcn  toä^renb  jtoeicr  3Wcnfd^cnaIter  in  einer  gcf^id^tlid^  l^ellen  3^  ^xah  in 
einer  Umgebung,  bie  unter  gemeinfamen  ilulturbebingungen  lebte,  entftanben  finb.  SEBie 
fd^toicrig,  t)crfc^iebenartig  unb  bertoirfelt  bie  Aufgaben  finb,  bie  bamit  ber  Jtritif  pd^  auf* 

66  brängen,  jeigen  bie  ju  immer  ftärfcrem  Umfang  anfd^^toeHenben  bibltfc^en  @inleitiuia|m, 
in  benen  bie  arbeiten  für  bie  gef (f)ic^tlid^en  ^Probleme  ber  Sibelf orfd^ung  gebucht  ftnb.  S)te 
']J2etl^obe,  nad^  ber  bie  btblifd^e Krtttf  t)erfa()rt,  ift  an  ftd^  überall  bie  gleiche;  in  ber  Studübimg 
aber  mug  bte  Kritit  bei^  %  unb  bed  ^32^  j^unäcbft  eigene  28ege  gelten,  ber  (Sigettort  unb 
ber  t)erfc^icbencn  gefcbic^tli^en  Sebingtl^eit  ber  ©toffe  entfjjrecpenb.    6rft  toenn  bie  tJfrage 

60  nac^  bem  99}efen  be^  G^riftentum^  aufgetoorfen  toirb,  fteHt  ftc^  bie  neue  älufgabe,  bieSk* 


ftntil,  biUifdie  125 

beutung  ber  atl.  Steltgton  für  bad  S^ftentum  ju  erfaffen  unb  ju  beurteilen,  ^tefe  Slufs 
gäbe  ift  eine  gonj  onbere,  ald  ber  Serfud^  einer  9{eton(truItion  ber  ©efc^ic^te  l^^raeld. 

2.  2)te  grut&fa^Iic^e  Setrad^tung  bemö^  al]o,   bag  jebed  fc^riftfteUerifc^e  @rjeugnid 
ebenfo  tote  eine  Stet^  Don  @d|^riften,   bte   berfelben   Kategorie  angehören,  mit   Stüc!« 
{t4|t  auf  i^  Sigenort  eine  eigene  i5ermeneuti{  unb  eine  eigene  itritif    erforberen.    ^ie  5 
SRittd  unb  3^^^  berfelben  toerben  übereinftimmen,   too  ber  ©ejamtd^arafler  ber  ju   Iritis 
fierenben  Sitterotur   be^errfc^enb  in  ben   einzelnen   Seilen  ^ert)ortritt;    fte  toerben   ab- 
toeii^  uiü>  fu^  inbitoibualifieren,  too  Urfprungdüerl^öltniffe  unb  gefc^ic^tlic^e  Sejiel^ungen 
t>eif(^eben   finb.    ^emnac^  tft  bie  Einteilung  ber  biblifc^en  JtrUif  nid^t   aud  logifc^en 
Xbftroltionen   ju   Mjö})fen,  fonbem   au^   ben  Slnforberungen,    toe(cl^e   bie   eigentümliche  10 
Sef^Ktffen^ett  ber  Sibel  cai  bad  fritifd^e  Urteil  fteUt.    6ie  enthält  aber     @d^riften^  bie 
jtoci  gro^  b€cfd|^iebenartige  Sammlungen   tanonifc^en  9(nfel^en^    bilben,    toelc^e   fobann 
\)tm  ber  c^fUic^en  ^irc^e  }u  ber  ,,l^ei(igen  @d^rift''   toerbunben  toorben  ftnb.   9Bie    bad 
gefc^el^    ift   unb   mit   toelc^m  Siedete,  beanttoortet  bie  Jlritit  bed  Jtanon^.    SBeiter; 
bie  ä3ibel  befte^t   au^  @(^riften,  bie  ber  Sergangenl^eit  angehören   unb   burd^    l^anb^  is 
fd^ftlic^  Überlieferung,  \patix  burc^  ^xni  fortge))fIan^t  fmb;   be^^alb  fragt  bie  ^ritif 
na^  ber  Sefc^ffen^eit  i^rer  S^qrtüberlieferung  unb  l^at  bte  Slufgabe,  ba^  rechte  Serfa^ren 
)it  ermitteln  )ur  ^erfteSung  eines  juberläfjtgen  Xei^teS.  ^iefe  Schriften  ftnb  teiU  in  femi« 
tif<^,  teils  in  grted^ifc^er  Sprache  aufgejeid^net.  ^ie  ^ermeneutil  ^at  ben  @)}rac^d^ara{ter 
feftgefteOt;   bie  Äritit  })rüft   ben  fo  getoonnenen  SC^atbeftanb,  inbem   Jte   bie  ilorreh^eit,  ao 
Sin^,  Eigenart  ber  SQorttoal^I  unb  beS  @a$bauS  unterfuc^t  unb  bamit  ben  ^a^ftab  ge^ 
tomnt  für  bte  Seftimmung  beS  SSerl^ältniffeS  bief eS  @))ra(^treifeS  jum  toertoanbten  <Bpxa6)^ 
gonjen.    @S  ftnb  SteligionSfc^riften,  bie  teils  ^iftorifd^en,  teils  bic^terifc^en,  teils  lel^ri^aften, 
teils  pttipfft6\ö^m   ^tt^alt  ^aben,  bie   teils  beftimmten  SSerfaffem    jugefc^rieben  toerben, 
teils  namenlos,  teils  oIS  @ammeltoerle,  tei(S  als  einheitliche  $robuIte  überliefert  ftnb.  ^ie  as 
^ermeneutil  ^t  ben  ^n^t  unb  bie  gefd^ic^tlid|^e  SSebingt^eit,  toie  fte  in  i^nen   in  Er^ 
fc^fimmg  tritt,  fefitgeftmt.    ^ie  ^rttif  prüft  nunmehr  ben  gefd^ic^tlid^en  9Bert  ber  @d^rift, 
fte  ertoogt  baS  SBer^tniS  ber  Überlieferung  ju  ber  tl^atfäc^li^^en  Sefc^affenl^eit  ber  Schriften, 
inbem  fte  bie  ^rage  nad^  \fycn  @ntfte^ung  unb  nad|^  bem  ©efamtuiftanbe,  ben  il^re  Se« 
fc^eni^  borauSfe^t,  fotoeit  möglid^  jur  @ntfd^eibung   bringt.    @S  ftnb  Schriften,  bie  ao 
befttmmte  ^fo^z  t>afolgen.    ^ie  $ermeneutil  l^at  in  ber  @tilertlärung  ben  logifc^en,  rl^e« 
toiifi^   tmb    äftl^etifc^en  S^ralter  mit  Slüd^tc^t   auf   bie   litterarifc^e  Jtategorie   biefer 
Schriften  ermittelt    ^ieJtritil  jie^t  barauS  i^re  Folgerungen.   9luf®runb  ber  (SrtenntniS 
ber  Xngemeffen^  Don  3^^  unb  SRitteln  unb  ber  litterarifc^en  :^nbit)ibualität  fällt  fte  i^r 
urteil  fiber  ben  DueQentoert  ber  Schrift  unb  über  i^re  Sebeutung  für  baS  ©anje,  bem  fte  86 
entflammt  unb  bient.    Uitb  fc^lie^t  fie  ftc^  babei  an  bte  Slrbeit  ber  ^ermeneutif  an,  fo 
^eOt  fte  ftc^  eben  bon  l^er  auS  il^re  le^te  unb  l^öd^fte  Slufgabe;  fte  berfuc^t  eine  äBieber» 
^ccflcOtutg  beS  aefc^ic^tlic^en  S^erlaufS,  bem  biefe  Schriften  i^ren  Urfprung  berbanten  unb 
ber  in  i^nen  fu9  toieberf)9iegelt,  fie  unternimmt  femer  eine  begriffSgefd^ic^tlic^e  unb  über« 
OefertmgSgefc^ic^tlic^e  Prüfung  il^reS  ^n^alts,  um  baS  reltgiöfe  2^bm,  baS  fie  beurtunben,  40 
borouS  )u  ergeben.  Sef^fft  bie  ^^e^ttritil  bie  SJorbebingungen  für  bie  ^ermeneutif,  fo  jiel^t 
bie  9te!onftruttionStritiI  t^  Folgerungen  auS  ber  ^ermeneuttt.  @ie  bringt  enttoeber  bie  Slrbeit 
mm  9Uf(^lug,   ober  fte  geigt  auf,   toarum  bie  @toffe  eS  nic^t  geftatten,  eine  abfc^lie^enbe 
CrternttniS  beS  gefc^icbtlic^en  äSerlaufS  unb  eine  guberlöffige  9lbteitung  beS  SJorfteHungS^ 
hcifeS  unb  ber  Überlieferung  ^u   getotnnen.    ^n  jebem  %aü^  bient  fte  bamit  ber  @inftd^t  46 
in  ben  toa^ren  @ac^t>er^.   Utuc^  too  fie  mit  einem  negativen  Ergebnis  abfc^lie^en  mu^, 
brirtt  fte  pofrtiö;  fte  befeitigt  ben  Schein. 

S)emno(^  gliebert  ftc^  bie  ÄrUif  in  Sejtfritil,  ©tjrac^tritil,   Oefc^ic^tStritil,  ©tUfritit 
tmb  rebnfh:uterenbe  Jtritit. 

3.  I>a,  fubjeltit)  betrachtet,  bie  Äritil  il^ren  Slnlafe  erl^ölt  burd^  §emmunaen  beS  Ser^  60 
^änbmffeS  (I,  3),  fo  tft  ü^  äuSgangSpunlt  ber  3toeifel  an  ber  3uberläfftgfeit  unb  ber 
teerten  Orbmmg  beS  Überlieferten.  ®er  3h>^^I  fü^tt  gurgrage  nac^  benUrfac^en  biefeS 
SinbnufS.  Siegt  bie  Urfac^e  nic^t  in  ber  ©eifteSbefc^affen^eit  beS  3^^if^(nben,  fonbem 
im  Objelt,  fo  erfc^eint  baSfelbe  als  mit  einem  F^^ler  be^^aftet,  liege  berfelbe  im  ätuSbmd, 
^tikcit  ober  Stil.  Stufgabe  beS  J^ritilerS  ift  eS  beS^alb,  bie  9lrt  beS  ^e^terS  ftc^  Ilar  gu  66 
mad^  imb  feine  Urfac^e  gu  ertennen.  ^IS  ^Jltittel  bagu  be^^eic^net  $ieronl|^muS,  ^cr^^ 
meneuttfc^  tmb  fritifc^e  f^nltionen  in  ber  SOSeife  ber  ^eUeniftifc^en  ^l^ilologie  gufammen^ 
faffenb,  digerere,  ordinäre,  diducere,  complere.  S5eftimmter  orbnet  ftd^  bieS  auf 
Cntbedung,  Ableitung  unb  Sefeitigung  ber  F^^ler  gerichtete  SSerfa^rm  unter  bie  ©eftd^tS« 
piadU  beS  reoensere  unb  emendare.    3)urc^  jenes  giebt  \xd)   ber  ßrititer  iHec^enfc^aft  eo 


126  SttHa,  (tülifdie 

über  ben  fcl^Ierl^aften  Sad^ftanb,  er  fteDt  bte  ^tagnofe;  burc^  btefe^  toenbet  er  bte  fai^ 
gemögen  9Rttte(  an  jur  Sefeittgung  be^  ^lerd.  ^arnit  fteUt  er  bte  9rau(||barteit  bä 
Ueberlieferten  für  ba^  relonftruierenbe  SSerfal^ren  feft. 

Selbe  f^unttionen  greifen  bei  3(uMbung  ber  ^ritit  an  jebem  $unhe  tnetnanber  unb 

5  ergänzen  fic^.  @ie  h)erben  g(eid^ertt)eife  auf  aQen  Gebieten  ber  Jtritit  angehKinbt.  Xuf 
@runb  bed  SJergleid^end  fteQt  bie  recenfierenbe  f^un!tion  bie  Südfen,  Ungletc^mägigteiten, 
Irrtümer  feft  in  %tict,  SBortfaffung  unb  S^^I^äI^*  ^^^  Slüifid^t  auf  ba^  ®anic  unb  auf  \)cA 
@tn;\e(ne.  ^ie  emenbierenbe  ^unftion  ergänzt,  gleicht  an^,  Dertoirft,  fteHt  1^,  je  na^^bon, 
tnbem  fte  älnalogien  l^erbet}ie|t  unb  ^aradelbertc^te.    ®ie  Sntfc^etbung  über  bad9tt(^ttge 

10  liegt  beim  Subjeft.  9(uf  ®runb  be^  Urteile  über  ben  ®egenftanb  gel^t  bie  Jtrttit  t)or, 
unb  auf  ®runb  ber  ßinfic^t  in  bie  S5ef(^affen^eit  legt  fte  bte  emenbierenbe  ßanb  an.  Sie 
t)erfäl^rt  babei  in  aSitn  %äütn  ,,bibinatorifc^''.  2)ie  @m))ftnbung  bed  gfe^ler^ften  unb 
bie  @m))finbung  be^  Sficbtigen  führen  )um  abgehörten  @rgebnid,  ba^  im  beften  ^^e  eine 
cinleuc^tenbe  ^^pot^efe  tft. 

16  tiefer  @a^ber^alt  beftötigt,  bag  t>on  ben  formalen  ^^inltionen  ber  Jtrttil  tetne  ®im 
teilung  il^red  ©ebtete^  ju  geh)innen  ift,  bie  bai^  äBefen  ber  burd^  ben  ©egenftanb  beftimmten 
3(ufgabe  gutreffenb  tennjeicf^net.  2)a^felbe  gilt  t)on  ben  fojufagen  räumlichen  Sinteilungen 
in  äußere  unb  innere,  ^öl^ere  unb  niebere  Jlritil.  3)e  9Bette  (©.  22.  25)  fagt:  ^ux 
äußeren  Äritif  j^iftorijc^er  Delationen  gehören  bie  g^^agen:   „ob  ber  Sleferent  ben  äußeren 

30  äSebingungen  naä^  bie  ©efd^ic^te,  toelc^e  er  berid^tet,  ^ab^  toiffen  tonnen,  ob  ber  3^  nad^, 
in  toelc^er  er  lebte  unb  f4>rieb,  ob  feinen  örtlid^en  unb  bürgerlichen  3ier^ältnif[en  nai),  ob 
er  älugengeuge  tpar,  unb  n)enn  bie^  nic^t,  au^  toeld^en  DueQen  er  fc^&t)fte,  iuer  feine  ©e» 
iüäl^r^männer  toarenV"  2)ie  innere  Äritif  aber  fe§t  er  in  bie  G^aralterijiif  ber  9üd^. 
„3Ba«  berid^ten  fie  unb  toie?    SSon  toeld^em  aBert  ftnb  i^re  SBeric^te?    SBelcJfed   ifi  ifyc 

36  6^aratter?''  ^ad  ift  aDed  ganj  gut  gefagt.  ^ber  abgefe^en  babon,  bag  eine  folc^  Um* 
fd^reibung  ber  älufgabe  mel^r  ber  ^ermeneutif  ate  ber  Äritif  entfj)ric^t,  läfet  ft(||  bei  ben 
biblifd^en  Schriften,  unb  t)on  biefen  l^anbelt  be  9Bette,  bie  gefc^id(^tlic(^e  jlritit  übertoiegenb 
nur  burd^  innere  ®rünbe  burd^fü^ren.  Unb  toarum  foQ  bie  gefc^ic^tli^e  firitit  eine 
„äufecre"  fein?    §i$ig  (©.  VI)  umfc^reibt  bie  Slufgabe  ber  ,,l^ö^eren  Äritir'   im  Unter» 

30  fd^iebe  t)on  ber  S^e^tedfritit  unb  ber  ©efc^id^t^tritit  alfo :  ,,@ie  tpeift  ein  9uc^  in  eine 
getoiffe  3^^^  «i«/  begreift  feine  eingaben,  2cl;ren,  Slnfid^ten  irgenb  too^er  au«  ber  ®ef(||td^te 
unb  fc^offt  i^m  toielleid^t  irgenb  einen  gcfd^id^tlic^  ejiftierenben  3Kann  gum  93erfaffer,  hirj, 
enttoidelt  ©efagte^  au^  @efd^e^enem  unb  bejtoedt  jmifc^en  beiben  Übereinftimmung,  ober, 
negatit)  toerfa^renb,  toeift  fte  ben  SKangel  einer  fold^en  nad^."  9Barum  ift  bie^  bie  ^ö^ 

86  Jlritif  !^  @th)a,  toeil  fie  mit  $^))otl^efen  mirtfc^aftet  unb  eine  ^^))Ot^efe  burd^  bie  *  onbere 
fd^Iägt,  nac^  ©olon  ftc^  ric^tenb,  ber  ba  forberte,  bafe  jebc«  abgefc^^affte  ®efe$  fofort  burd^ 
ein  anbcre«  er|e|t  toerbe  (§i$ig  ©.  2)*J^  Äann  benn  bie  S^ejtfrttil  unb  bie  ®efc^i(||tdfriti( 
ber  §^potl^eje  entraten  ?  Soft  fic^  aber  bie  „^ö^ere"  Äritil  bon  il^nen  toie  t)on  einer  ,,nie* 
bcren"   Sphäre,    fo   entgeht  fte  bem   fc^toerlid^,    ein  neue«  9BoIfenludtudfö^eim  fu^  )u 

40  grünben. 

IIL  Die  ©ebieteberÄritif.  1.  2)ie  Rritif  be^Äanon«  (ögl. b. 8t unb $ein* 
rici,  (gnc^Hopäbie  §§  17.21).  Dafe  berÄanon  be^äSC  al«  ^eilige«  2lutorität«buc^  berifta» 
elittfc^en  Synagoge,  ber  Kanon  be«  dl%  in  SSerbinbung  mit  bem  ^X  al«  ^eilige«  Sluto« 
ritätßbud^  ber  ^riftlid^cn  Äirc^c  befte^t,  ift  bie  I^atfac^e,  beren  ^uftanbefommen  unb  beren 

46  gefd^id^tüc^c«  9{ec^t  bie  bibltfcbe  5trittt  git  unterfuc^en  ^at.  @ie  fagt  babei  ind  Sluge  ben 
H^ro^e^  ber  ftanonifierung  (Ätritif  ber  Überlieferung  über  ben  Äanon)  unb  bo«  @elb{l« 
geugnt«  ber  fanonifiertcn  Schriften  nac^  feinem  %er(;ältni«  )u  ber  i(;nen  beigelegten  Slutoritat. 
2)a«  9Ratcrial  gu  biefcr  Unterfuc^ung  ift  für  ba«  3t  unb  911  an  Umfang  unb  ^nl^ 
fe^r  berfc^icben.     gür   ba«  SIS   ftel^t   al«   Überlieferung   nur    bie  Segenbe   bc«   ©^ 

öojubentum«  unb  be«  3^almub  gur  Verfügung;  bie  Sefc^affcnl^eit  ber  ©c^riften  felbfl  giebt 
feinen  entfc^eibcnben  3tuffc^lu^  über  bie  Urfprung«bebingungen.  3)a^er  ift  ba«  Urteil  ber 
Äritif  barüber,  toie  unb  toann  bicfc  ©ammtung  entftanben  fei,  ob  fte  eine  gemachte  ober 
eine  getoac^jene  fei,  ob  unb  intoietoeit  il?rc  ScftanDteile  ^feube))igra))I;a  feien,  großen  ©c^taHtn« 
fungen  unterworfen,    gür  ba«  31X  bagegcn   liegt   eine  gütle   t)on  3^"0"fl^   ^^^r   <^ 

56  benen  ftcb  ergiebt,  bag  feine  ^Seftanbtcile  allmöl;lid^  au«  fleineren  ©ammlungen  )u  einem 
atoeigeteiltcn  ©angen  gufammengetoac^fen  finb,  unb  jtoar  ioar  biefer$roje|  in  ber$au)>t< 
fac^e  um  180n.  6br.  abgejc^loffen.  Setreff«  feiner  einzelnen  ©tabien  gelten  bieSKeinungen 
ber  ilritÜer  au«einanber,  toäl^renb  barübcr  ßinbcit  beftel^cn  bürfte,  bafe  bie  Seftonbteile 
be«  ntl.  ftanon«  nicbt  in  ber  Slbfic^t  abgefaßt  finb,  ©lieber  eine«  Kanon«  gu  tt>erben,  ba| 

60  ferner  bie  im  ntl.  Stanon  gefammelte  Sitteratur  in  ber  Xi^at,  unbefdj^abet  ber  äCbftufungm 


ftritif,  biUtfc^c  127 

bed  inneten  ^ertd,  bte  tlafftfc^en  3^9"^^^  ^^^  ^^^  Urci(^rtftentum  cntl^ölt.  ^ie^  beftä« 
tigen  au(^  bic  gorfc^ungen  berer,  todd^t  btc  im  313:  gefammclten  ©d^rtften  nur  aU  93e* 
ftonbtcUe  ber  urc^ftlic^^en  Sitteratur  anfeilen  tooDcn.  aufgäbe  ber  Äritif  ift  cd,  bte  SKos 
tme  ber  Jtanonbilbuug  auf  i^e  Sad^Iic^teit  ^u  ))rüfen  unb  be^Ieid^en  bad  Siecht  einer 
foh^  Sudfonberung  aud  bem  Sergleid^  ber  lanonifierten  Sitteratur  mit  ber  au^erfanoni-  6 
\6ftn  mit  inneren  @rünben  enttoeoer  ju  entlräften  ober  gu  belegen.  3^  übereinfUmmen^ 
bot  Srge&niffen  f^at  bte  ^orfc^ung  nod^  nid^t  geführt,  h)ei(  ber  bogmatifc^e  S9egriff  bed 
Itanimd  unb  bte  ^iftorifd^e  Berechtigung  ber  Jtanonifterung  ntc^t  fc^arf  getrennt  tptrb. 

2.  ®te  3!eEtfrttif  unb   ber   tejtfritif d^e  3lt)j)arat.   (§einrici,  6ncVMot)äbte 
§§  19.  23;  a)ic  «.  »ibeltejt  be«  ä  u.  be«  5R2:  Sb  II  ©.  713—773;  6.  31.  ©regor^,  lo 
Iqctfritif  be«  gia:  I,  1900.)    §at  bie  Ärittf  be«  Äanon«  ein  Urteil  angebahnt  über  ba« 
3uflanbelmnmen  ber  ^o))})eIfammIung  ^eiliger  Schriften,  fo  unterfud^t  bie  Xecttritit  ben 
3itfUmb  i^er  Sr^altung  in  Sejug  auf  ben  äBortlaut.    2)ie  9}oraudfe|^ung  bafür  ift  bie 
Sammlung  bed  testhiti{c^en  Wppaxat^,  ber  ein  georbneted  unb  mögli(f^ft  boQftänbiged  SSilb 
tnm  ber  Sefc^ffen^eit  ber  ^^e^berlteferung  }u  t)ermitteln  ^at.    ^ied  ift  bie  9(ufgabe  ber  i6 
bi))Iomatif(!^  jtrittt,  tüelc^e  bie  Urtunben  befd^reibt  unb  bte   äußeren  93ebingungen   il^red 
3uflanbetommend   <m^   Stc^t   ftedt.    ^ie  Duellen   für   ben  testfritifc^en    Separat  ftnb 
für  \>cS  91  unb  31%  gleid^e,  ^anbfc^riften  mit  bem  Criginalte^t,  Settionare  mit  au^e^ 
tDoJ^Iten  ^Teilen,  alte  ftberf^ungen,  bte  für  bad  31%  big  naljt  an  bie  (Sntfte^ungdjeit  ber 
Originale  jurüdtge^en,  Sitate,  fobann  für  bad  9lX  befonberd  bie  üRafora,   für  bie  LXX  20 
imb  boiS  3c%  aui^  bie  ^atrtftif^en  Kommentare  unb  @d^oIien.    9(ud  biefem  erbrüdenben 
unb  t>eHi>irrenb€n  Sleic^tum  ftnb  bie  berfc^iebenen  Sedarten  unb   fonftigen  älbtoeid^ungen 
bcd  %€iAtd  )u  fammeln  unb  }u  orbnen.    ^te  Sorbebingung  bafür  ift  bie  28ertung  ber 
einzelnen  ZqrtqueQen  mit  SRüafic^t  auf  SUter,  $er!unft  unb  3ut)erläffig{ctt  —  eine  mül^e^ 
t>one  unb  f4n>ierige  9(ufgabe,  t>on  ber  ed  gleichfalls  gilt,  bag  ftc^  „allgemeine  Siegeln  nid^t  25 
ouffikdlen  loffen,  bie  nic^t  fofort  äludna^men  f)abm'*  (9la^).  älderbingd  liegt  auc^  ^ier  bie 

e  für  bod  912  anberd  ald  für  bad  31%,    2)er  l^ebräifc^e  %c}ct  ift  burd^  bie  ))un!tueQe 

iffen^oftigteit  ber  jübifd^en  Sd^riftgelel^rfamteit  bi))lomatifc^  gefiebert  erl^alten.  ätber 
bie  9tt»tDeic^ungen  ber  LXX,  bie  ^um  Steil  @rtüeiterungen  unb  ganj  eigene  Slnorbnungen 
^oben,  betoeifen,  ba|  fte  einen  Se^t  überfe^ten,  ber  bon  bem  maforetifc^en  ganj  unab-  ao 
^gig  \DQX.  SBore  bie  3^e£tgeftalt  ber  LXX  felbft  ein^eOig  bergefteOt,  fo  ftünben  gtpei 
Innigen  einanber  gegenüber,  jtoifc^en  benen  ju  entfd^eiben  toäre.  ^em  ift  aber  nic^t  fo. 
S^e  Sertuirrung  bed  LXX-Xe^ed,  toie  fte  burc^  9lac^läfftgteit  ber  Schreiber,  burd^  totUs 
briicife  Slbänberungen,  burd^  9tecenfionen  fc^on  in  ))atrifttf^er  3^t  l^erbeigefü^rt  ift,  fteHt 
bot  JlritUem  bid^er  noc^  ungetöfte  9(ufgaben.  3lil.  Schriften  anbercrfeitd  mürben  bid  auf  35 
Drigened  nic^t  mit  ber  Sorgfalt  be^anbelt,  mit  ber  ber  fc^riftgele^rte  ^ube  bie  X^ora- 
roOe  topierte.  @rft  bie  bl^jantinifc^e  3^it  fi^Id^^  treulich  ber  9[$ortage;  allein  eine  ein« 
^eitlic^e  Vorlage,  auc^  recenfterte  Xe^te,  gab  ed  nic^t.  9(ud  biefem  @ad^ftanbe  erl^eUt, 
tme  fd^toierig  ed  ift,  einen  einleuc^tenben  unb  einfachen  üRa^ftab  für  bie  biblifc^e  Xe^tfritil 
)u  getoimten.  40 

2)ie  Sammlung  bed  ntl.  testtritifd^en  9l^))aratd  bergegentoortigt  alfo  einerfeitd  ein  un^ 
rege{ma|ig  betoegted  SJleer  bon  Slbtoeid^ungen  ber  Ort^ogra))^ie,  ber  äÖSortformen,  bie  für 
bot  Sinn  ipenig  ober  gar  nid^td  auftragen,  anbererfeitd  fadj^lic^  n)erü)olle  Slbmeid^ungen, 
tDeh^  bie  Älage  Ded  Drigened  (InMtö,  14)  beftätigen,  ber  bie  iKerfc^iebenl^eit  bed  Sejted 
nic^t  btoft  auf  bie  9lad^läfftg!eit  ber  Schreiber,  {onbern  auc^  auf  toiUfürlid^e  unb  tenbenuöf c  45 
9D»änbentngen  )urüctfüJ(^rt  Hak  ift  in  biefe  üermirrenbe  ^üQe  bon  älbmeid^ungen  Drb- 
nung  )u  bnngen?  2)ie  93earbeitung  ber  ^anbfd^riften  l^at  in  einem  fünfte  )u  n)eitgebenber 
fibertinfümmung  gefül^rt.  @d  laffen  fu^  nämlid^  iebenfaHd  brei  bur(|  d^aratteriftifc^e  Unter- 
fc^iebe  inbbibualifterte  Xe^tgeftaltungen  unterfc^eiben,  bie  ale^anbrinifd^e,  bie  abenblänbifc^e 
unb  bie  Ionftantino)}olitanifc^e,  bie  ben  @influg  ber  fprifc^en  S^egetenfd^ule  nic^t  toerf ennen  50 
lä^  Stammbäume,  mit  benen  bie  ^^ilologen  fo  freigebig  ftnb,  laffen  ftd^  aber  bed^alb 
oud  biefen  ®ru))^en  fc^mer  ^erftellen,  tueil  überall  „bte  t)ertitalen  Sinien  ber  ^qrtüber- 
Fieferung  getrübt  unb  geftört  toerben  burc^  horizontale  SQeHen''.  2)ie  meiften  fac^lid^en  älb- 
loeu^ungen  }eigen  bie  Xe^e  ber  f^no))ti{c^en  @t)angelten,  in  benen  bie  ^enbenj  auf  'äu^- 
gbic^ung  unb  Srgänjung  l^ert)ortrttt,  befonber^  beutlic^  bei  ben  9telationen  beS  ^euen-  &6 
gebetd  unb  bed  Xbenbmal^lS.  ^er  Xe^t  ber  9())oIal^pfe  ift  in  groger  S^ermirrung  burq^  Sin^ 
tnmung  Don  (Stoffen  auS  ben  Kommentaren  beS  9lnbread  unb  ätret^aS  (f.  b.  91.).  ^ie  mid^- 
tigften  Unterfc^iebe  bieten  bie  lejtc  beS  Sufanifc^en  ©d^rifttumS.  3)ie  alejanbrintfcben  unb  bie 
gried|^if(^(ateintfc^  ^anbfc^riften  ^aben  meit  abmeic^enbe  Überlieferungen.  Cb  bie  Qx- 
toeitentngen  ber  lateintfc^en  ®ru))pe  auf  benfelben  Serfaffer  ober  auf  einen  ^nter^olator  60 


128  Sttitii,  biBHfc^e 

jurüd^pfü^ren,  ob  fte  bte  ältere  ^orm  ober  9lac^träge  {tnb,  bleibt  ebenfo  umftritten,  tme 
t^r  S^orotter;  bte  einen  m5d|^ten  in  il^nen  S^enbenjen  nac^toetfen,  bie  anbem  galten  fte 
für  fac^lic^e,  tenbengfreie  Sereid^erungen.  gür  bie  ©eftoltung  be^  ntl.  3:e£teig  tft  bie  SBer» 
tung   ber  olesanbrinifc^en   unb   ber  griec^ifc^^lateinifd^en   (obenblänbifd^en)    ^onbfcdriftens 

6  gruppe  entfc^eibenb.  ^ie  erfteren  toerben  }ur  3^'^  ^^  hitifc^en  Slu^aben  gu  ©runbe 
gelegt.  ®ie  ^ortarbeit  jeigt  aber^  bag  l^ier  ba^  le^te  9Bort  noc^  nid^t  gef)}ro(^en  tft  Xiu^ 
bie  grunbfö^lic^e  SSebor^ugung  ber  Staju^Ieln  t)or  ben  ^inu^feln  bürfte  aufhören,  tperni 
bie  le^teren  met^obifc^  burd^gearbeitet  fein  toerben.  Unter  i^nen  V(t  manche,  bie  tDerü^oSe 
unb  fäbftftänbige  ^^e^tbeftanbteile  ^at. 

10  ^er  georbnete  te^tltc^e  Wppaxat  bietet  bem  Jtrititer  ben  Stoff  bar  für  bte  ^erftedung 
be3  relatit)  beften  lejte^.  2luf  ®runb  ber  3^0^^  \^^^  ^  ^^^  ^tuQm\>ttf)bx  an.  3^ 
be^felben  ift  bie  möglid^fte  9lnnäl^erung  an  bie  Urgeftalt.  2Bo  t)erf(^tebene  Sedarten 
borliegen,  ^at  er  ba^er  bie  relatib  urf))rünglid^fte  ju  ermitteln,  \üo  unberechtigte  Singnfh 
^erbortreten,  l^at  er  bied  ju  ertoeifen  unb  bie  ec^te  Raffung  l^erguftellen.   ^o($  btefe  Xufs 

16  gäbe  greift  fc^on  l^inaud  über  bad  ©ebiet  ber  eigentlichen  ^e^ttritit.  ^te  3Stittd  für  bte 
^fung  ber  tqrttritifc^en  Slufgabe  getoöl^rt  einerfeitd  bie  Jtenntnid  ber  @c(^idtfale  bed  Xested, 
anbererfeitd  bie  Orientierung  über  bie  mec^anifd^en  ^e^ler  unb  bie  beabftc^tigten  älbätbe* 
rungen,  alfo  über .,, bie  Fehlerquellen".  9Bad  bad  erftere  anlangt,  fo  tyd  \xd^  burd^  bie 
@ntbedEungen  in  9J[g^))ten  ein  mid^tiger  ^{tor  neu  eingefügt,  bie  genauere  Selanntfc^ft 

20  mit  bem  $a))^rudbuc^,  toie  benn  überl^au))t  bie  (Sinftc^t  in  bad  antile  Suc^tpefen  retd^ 
geförbert  toarb.  2Bir  toiffen  je^t,  ba^  urf))rünglic^  tp^er  9lccente  nod^  3nta:))un{tionai 
gefegt  tourben,  bag  man  berlaufenb  f^rieb  unb  toiQfürlic^  abbrad^,  bem  SRaume  ftc^  an« 
paffenb.  9Bir  h)iffen  femer,  bag  aQed  toad  toir  bon  Sitteratur  beft|en  aud  ^ßa))Vntdrollen 
in  ^ergamentcobice^  umgefc^rieben  ift,  unb  gtuar  juerft  in  ^Dlajudlelfc^rift.     Srft  ]päta 

25  tourben  in  ben  ^inu^fel^anbfc^riften  SBortabteilungen,  ^interpunttionen,  fonftige  £efe> 
erleid^terungen  eingefügt  unb  auc^  too^l  9Raiu0!eln  mit  SlüdCft^^t  barauf  burd|^torrtgtert 
6o  ift  ed  ein  toeiter  9Beg  bom  ärc^et^jju«  bid  gu  unfcren  ^anbfc^^riften,  beffen  Stationen 
fic^  einigermaßen  überfe^en  laffen. 

3luf  biefem  SBäege  ftnb  bie  äbänberungen  unb  gel^ler  in  bie  3^ejte  gelommen,  bte  ber 

80  ^ritiler  feft^ufteHen  unb  ju  befeitigen  l^at,  fomeit  ed  angebt.  SSei  jeber  9lbfc^rift  ^aben  fte 
ftd^  berme^rt  burd^  mec^anifc^e  Urfad^en  ober  burc^  betoußted  (Singreifen.  2)ie  mec^o» 
nifc^en  %d)ltc  ge^en  gurüd  auf  SSerl^ören  beim  2)iftat  unb  auf  SSerlefen  beim  äbfc^reiben. 
Slbtür^ungen  tourben  unrid^tig  aufgelöft,  gleiche  SBorte  tourben  überfe^en  ober  badfelbe 
9Bort  überflüffig  bop))elt  gefc^rieben,  3^^^  tourben  toegen  gleid^en  Slnfangd  überf)}ningen. 

86  ^ie  itafuifti!  biefer  objeltiben  ^el^lcrquellen  ift  forgfältigft  bon  ber  ^^ilologie  ermittelt  unb 
burc^ge))robt.  (Sc^toieriger  ju  faffen  ftnb  bie  frei  getooQten  ^el^ler,  m  benen  namentlich 
aelel^rte  äbfc^reiber,  bie  bem  2e|t  gegenüber  ftd^  nic^t  gebunben  füllten,  ben  Slntrteb 
fül^lten.  2)ie  Serfuc^ung,  gärten  gu  glätten,  buntle  älu^brüde  burc^  geläufige  j|u  erfe|en, 
lag  nal^e.    ©eftaltete  fic^  bod^  in  ber  borfanonifc^en  3^^  Satian  no^  biet  tiefere  dtn» 

40  griffe  in  ben  ©til  ber  S5ricfc  be^  $aulu^,  um  fte  feinem  ©efd^madt  anjut)affen.  9loc^  ein 
©dj^ritt  toeiter,  unb  man  berglic^  bie  ^araDclberic^te  unb  ergänzte  ben  einen  au&  bem 
anbem.  2)al^er  bie  Slagm  über  bie  fietaxv&hxeg  xä  evayyeha  (Clem.  AI.  Strom. 
IV,  6).  Kommen  bogmatifc^e  9[ntereffm  ba^u,  fo  lorrigierte  man  tenbmjiöd,  toieSRorcion 
baö  Sula^ebangelium,  ober  man  glofftertc,  toie  bied  bei  bem  äöorte  bon  ben  brei  3^0^ 

46  (1  So  5,  7)  gefd^al^.  äud^  bie  äbtoeic^ungm  bon  3jo  1, 18  {vl6g  —  ^eog)  unb  3lö  8,11 
{did  xov  Jivevjbiaxog  —  did  x6  Jivevjua)  toerben  mit  bogmatifd^en  3*^*^^^  ^  ®^ 
}iel^ung  gebracht.  2)od^  bad  ftnb  Slu^nal^men.  ^n  bm  bogmatif^en  6treittgteiten 
ber  alten  Äirc^e  entfc^ieb  nid^t  bie  Sei^art,  fonbern  bie  2)eutung.  gitr  bie  Srientttntd 
ber  2lrt  ber  %ei}ict  ift  ber  6l;aralter  ber  §anbjd^riften    unb   bie  Verbreitung   ber  SeÄ« 

60  artm  maßgebenb.  @g  gilt  ju  fd^eiben  unb  gu  toägen.  SBmn  aber  ber  teEtlrtttfc^fe 
^rogeß  gu  feinem  ßrgebni«  fü^rt,  baö  toiH  fagen,  too  bie  überlieferten  SBorte  leinen 
©inn  ergeben  ober  a\x^  bem  ß^aralter  be«  Sc^rififtürf^  fallm,  ift  ber  Pa$  offen  für  bie 
Äonjeftur. 

»id^er  tourben  bie  lejtberbältniffc  be«  512«  in«  äuge  gefaßt.    Seim  äl  liegt  We 

65  Slufgabe  infofem  anber«,  al«  im  l^ebräifd^en  2ejte,  ber  urfprünglic^  auc^^  berlaufenb  ge« 
fc^rieben  toar,  nid^t  nur  bie  Sefeerlcic^temngen,  fonbem  auö)  bie  JSofaljeic^en  fel^lten.  ^ 
folgebeffen  ift  ba«  ©ebiet  ber  möglid^en  ^tmngen  unb  Slbänbemngm  größer  ate  bei  grie» 
d^ifc^en  ^^eyten.  ©otoie  ber  ^aun  ber  9)lafora  burd^brod^en  unb  ber  atl.  iejt  nac^  feinem 
^erl^ältni«    ;\u   ben  Überfe^ungen   unb  ber  inbireften  Überliefemng  ge))rüft  toirb,  }etgt 

60  ftc^'«,  baß  bei  i^m   too^l  noc^   toentger  Sludftc^t  ba^u  ift,   in  jtoeifel^ften  göDen  fu 


ftritil,  hmi^dft  129 

enntttebi,    tDod  ber  3hxtox  urfprüngltc^   gefc^rieben   l^ai,  aü  bei  ben  neuteftamentlic^en 

3.  @j)rac^frtttl.  Äonjcfturen  (bgl.  bie  2lrt.  §cnneneuttf  II, 2a,  §ebr. ©prac^c 
8b  VII  ©.  506,$eaentj».  ©riet^ifc^  ib.  ©.  627).  SRad^bem  bie  §ermcneutif  ben  lejtfaUfd^en  unb 
bm  grammotif d^  S^araher  ber  Sprache  herausgearbeitet  l^at,  fragt  bie^htif  nad)  berSn^  5 
gemeffen^  bed  SudbrudfS  }um  ©ebanten,  nac^  ber  (Sin^eit  ber  SluSbrucfStoeife,  nad^ 
ber  3nbil[)tbualttät  beS  Su^rud^S  im  SSergleic^e  mit  bem  @))rac^gan}en,  bem  er  angel^ört, 
unb  nac^  ben  t>erf(^iebenen  @inflüffen,  unter  benen  eine  f old^e  SludbrudSf orm  [xd^  bilben 
fonnte.  9luf  ®runb  btefer  Seurteilung,  bie  ber  l^iftorifc^en  uub  ftiliftijc^en  Jtritit  bor» 
arbeitet,  t>erfeinert  fic^  bie  @m))finbung  für  baS  Unregelmäßige  unb  ^embartige  innere  10 
^olb  etned  abgegrenzten  @})ra(i^gebtetS.  ^ie  ^age  naS)  bem  3uftanbetommen  ber  auf 
i^  ©})ra(^e  unterfuc^^ten  ©c^ift  lann  mit  ben  ^ier  getoonnenen  gnftanjen  am  fid^erften 
gelöfl  tuerben.  Ungleic^mäßigfeit  beS  @))ra(^(^aralterd  tueift  barauf,  baß  bie  Schrift  ein 
6aimneIkDert  ifl,  n>ie  Sc  unb  31®,  Störungen  beS  fonft  einl^eitlic^en  @))ra(^c^aralterd 
legen  bie  9(nna^me  \)on  Interpolationen  ober  f))äteren  Srgänjungen  nal^e.  SefonberS  15 
ipic^ttg  iß  bie  @)}ra4^{riti{  für  bie  fad^gemöße  (Sd^ä^ung  beS  @inned  unb  ®e^altS  ber 
centralen  Segriffe,  bie  für  jebe  ©tjrac^e,  bie  eine  längere  enttuidelung  bur^^gemac^t  ^at, 
nic^t  auf  bie  ®tl^moIogie  ju  grünben  ift,  fonbem  auf  SJergleic^ung  bed  ©prad^gebrauc^S 
innerhalb  bed  abgegrenzten  ©jjrac^lreifeS.  Non  agitur  de  vocabulis,  quae  sive  pro 
antiquissimis  habeantur  sive  recentius  inventa  putentur,  naturam  rei  minime  20 
mutant,  quae  aliunde  quam  ex  vocabulis  disci  debeat,  btefer  ©a$  ^oS^eimS  trifft 
bie  SCufgabe,  a)ie  »egriffe  ®otte«reic^,  fieben,  ©lauben,  ©erec^UgleU,  ®eift,  gleifd^ 
toerben  nic^t  t>erfianben,  tpenn  i^  ©prac^gebraud^^nic^t  in  erfter  Sinie  nad^  ber  9(naIogie 
ber  9ibetf))ra€^e  feftgefteQt  tüorben  ift. 

2)ie   SJlet^obe,    nac^   toelc^er   bie   ©))rac^!riti{   il^re   @igebniffe   getoinnt,    forbert  25 
boS  ©ammeln  unb  dergleichen  beS  gleichartigen  ©prad()fgutS,  bad  bie  beftimmenben  SRo- 
mente    bed   eigenartigen   ©jjrac^gebrauc^   einer  ©d^rift   ober  ©dj^riftengrupjjc   marfiert. 
Serben   berartige   Sammlungen   o^ne  fritifc^eS  Urteil   angefertigt,   fo  mirten   fie   ber- 
totrrenb.    3>er  Äritifer  barf  nic^t  toergefjen,  baß  ber  Slutor  feinen  SBortfAa^  nic^t  naö) 
SUtalogie  ber  mec^ifc^en  92aturbetrac$tung  bilbet  unb  t)ertpenbet.    ^emorritifc^e  ältome  30 
unb  Wirbel   erjeugen   fein  ®eifiedprobu!t.    ^ieS  ertoäc^ft   t)ielmel^r  au^   felbftftänbiger 
SRebttotton,   betDußter,   freier  ®eftaltung,  toie  fie  fid^  burd^  bie  ©ac^e   unb  burc^  be^ 
ftemte  3^^^   ^^^^  (äßi-  ®<(  Gilbet  aud  ber  ©ac^e   il^re  9lnfc^auungen  unb  prägt 
fr«    ober   übernimmt    bie    gtoedEmäßigen    3tu^brürfe.     2)ie    große   ©ruppe    Don    ©ad^« 
b^eii^mmgen  fmb  bal^er  nur  in  bebingtem  ©inne  geeignet,   bestimmte  Folgerungen  für  35 
bie  6)nrac^tnbit)ibualität  )u    liefern,    ebenfo    bie   ^opa^legomena.     2)ie    c^aratteriftifd^en 
Weximale  berfelben  liegen  bagegen  in  bem  ®ebietc  be^  Unbewußten  unb  rein  ^«^'^«ß^W/ 
in  bem  ®ebrauc^  bon  gormtoörtem,   bie  ju  bem  geiftigen  Seben  be^  3lutorö  leine  birelte 
Sqie^g  l^aben,   bie  fojufagen  in  ber  Suft  liegen,   treten  in  bem  ®ebrauc^  ber  $rä^ 
po^tmm,  Äonjunftionen,  äbtoerbien  unb  5PartiIeln,  ber  rein  formellen  Übergangdformeln  40 
eigentümlich  ®ru))pierungen   ^ert)or,    n)ic  bie^  j.  ^.   in  bem  ®ebraud^e  t)on  tva  in  ben , 
So^onneifc^  ©c^riften,  in  bem  gel^len  ober  §ert)ortreten  bon//^  in  beftimmten©c^riften5* 
gn^^lKn  ber  gall  ift,  geigen  fxd^  grequenpnterfd^iebe  in  fonlurrierenben  gormtoorten,  tuie 
L  9.  in  bem  ®ebrauc^e  üon  Tva   unb  öjicog,  t)on  ovv  unb  /Lieid,   fo  ergeben  ftc^  fcfte 
Sn^aItA>untte.    ^iefelben  getuinnen  an  Sebeutung,    toenn  beftimmte  ftiliftifc^e  Werfmale  45 
t^etorifcpffl  S^afterd,  äSermenbung  t)on  Siebttng^tDorten,  ))on  fragen,  ^enbeng  auf  ^ara- 
tolttfc!^  ober  })eriobifterten  ©a^bau,  mit  i^nen  forrefponbieren.   9)lit  Senu^ung  berfelben 
laßt  fu^  foipo^l  ber  ©prac^arafter   einzelner  ©c^riften,  tuic  and)  bie  ^ufammenge^örig- 
teit  txm  ©ci^riftenfammlungen  ftc^erer  feftfteQen.   2)erartige  Unterfuc^ungen  fmb  neuerbingd 
\)tm  Sutodlatp^ty  (The  origin  and  growth  of  Piatos  Logic)   unter   ber  Segeid^^nung  50 
„©tUometrie"   in  einer  SBeife  au^enu^t,    afe  ließen  ftc^   burc^  mec^^anifc^e  Serec^nung 
litterarifc^  Serl^ältniffe  feftfteQen.    @r  mü  auf  ftilometrifc^e  Unterfudj^ungen  bie  ß^rono- 
logie  ber  $latonifc^en  ©c^riften  grünben,    tuobei   er  bie  2:^atfad^e  gang  außer  ac^t   läßt, 
baß  ^lalo  an  frinen  SBerfen  unermüblicf^  unb  toieberl^olt  bi«   an   fein  fiebeni^enbe  gefeilt 
ifOX  (Dien.  Hai.  De  comp.  verb.  208  R.  Diog.  Laert.  III,  37).  3Kit  Stecht  ift  gegen  55 
fob^  tlbertreibung,   bie  fc^ließlic^   bie  Slutoren  gu  ©prac^mafd^inen   machte,   meiere  t)on 
ber  Qpxad^t  i^frergrit  in  Setoegung  gefegt  tourben,  (Sinfpruc^  erhoben  toorben  (^mmifc^, 
3l.3atrrb.  f.  Haff,  altert.  1899,  ©.440  f.).   aber  e«  ift  anbererfeit^  nic^t    ju   toerfennen, 
baß  ftUometrifc^e  3(bto)eid^ungen    innerl^alb   einer  aU  @in^eit  erfannten  ©c^riftengru))))e 
ou^  für  (^imoliygifc^  Slnfä^e  bertvenbbar  finb.    töbenfo  ))ert>ollftänbigen  fte  ba^  „litte-  eo 

9Uü»9nt!^tlopfiihk  fix  Z^tolo^t  unb  Stixdtt.  8.  ü.  XI.  9 


130  fttUa,  iibmt 

rarifd^c  Porträt"  eine«  äutorg.  3i"h)ieh)eit  fie  ^um  ©rtoeife  ber  Slbi^ängiöleit  üerf(^iebener 
©d^riften  bertuanbt  toerben  fönnen,  ift  eine  offene  ^age. 

3)ie  (Srfenntni«  be«  Sj)racl^(i(^araftcr«  fufet  auf  bem  tejtfritifc^en  3l))t)arat,  ber  m(^t  nur 
ben  S^atbeftanb  ber  obtoeid^enben  Se^arten  unb  ber  btaleftifc^cn  unb  grammotifc^en  ©gen? 

5  tümlic^feiten  einzelner  §anb|(iS>riftengnH)J)en  bergegentoärttgt,  jonbem  aud^  bie  äußeren  ßin« 
griffe  unb  3lbänberungen  lenntlic^  mad^t.  ©prac^fritif  unb  JeEtlritif  totrfen  ba^er  oui^ 
jufammen  bei  ber  Teilung  unberftänblid^er  unb  berborbener  Überlieferung,  burc^  bic  Äom 
jettur.  ©egentuärtig  l^errfc^t  eine  gciinffe  Äonjelturenmübigfeit.  2)er  Überfd^toong  bed 
©c^arffinn«,  ber  feit  3-  ©caliger  unb  Sentlc^  in  fic^  fteigembem  SQSetteifer  bic  flaffifc^ 

10  %c}ct^,  oft  o^ne  3lüdfi(^t  auf  bie  l^anbfd^rifilid^en  S^Q^n,  toerbeffcm  iooHte,  l^at  bie  arbeit 
auf  tote  ©eleife  geführt,  ^umal  nac^bcm  bie  au^gebilbete  SKet^obe  man^^en  Unberufenen 
jum  gabrigieren  t)on  Äonjefturen  toerfü^rte.  SBeber  burd^  unfac^Iid^e  Set^ätigung  fuiiets 
tiben  ©^arffmnd,  nod^  burd^  unjjaffenb  angctoanbte  2^ed5>nif  toirb  bie  @rtenntntö  gept^ 
bert.    2)arum  ruft  man  ^eute  nad^  ,,abforrigierten  3:ejten",  um  bie  grammatifc^e  unb  bie 

16  le^italifd^e  9(rbeit  auf  juberlälftgem  (Srunbe  aufnel^men  m  tonnen.  Mein  ber  Wigbrouc^ 
l^ebt  ben  9Ju$en  ber  Ronjeftur  nic^t  auf.  SBie  toerttjou  bleiben  j.  S3.  bie  Ronjefturen 
Steinte«  ju  ^eHeniftijc^en  ©c^riftftellem  (Observationes  ad  Graecos  auctores  1, 1757; 
II,  1759),  bie  mit  gebiegener  ©jjrac^tenntni«  unb  genialem  Slirf  für  ba«  5alf<^e  unb 
Unöerftänblic^e  eine  finngemä^e  Sefung  ^erftcHen.    ®ie  gute  Äonjeltur  mu^  bie  Urfac^ 

20  be«  3tnfto^eg,  feien  fte  äußerer  ober  innerer  3lrt,  bejeic^nen,  fie  mufe  einen  ©inn  ergeben, 
ber  ben  änfto|  ^ebt,  unb  bem  ©jjrac^gebrauc^e  be«  SSerfajfer«  tnt\pxtd^m.  9>aö  SSerfa^ 
ift  auc^  l^ier  bibinatorijc^.  „^r  bie  Äonjefturalfritil  giebt  e«  leine  Siegeln,  fonbem  nur  Rm* 
telen"  (S4>Ieiermac^cr  S.  338).  3)ie  nveiften  ßonjelturen  für  biblifc^e  Schriften,  j.  S.  bie 
©i^ig«  für  ba«  Wt,  finb  ber  SSergeffenl^eit  Verfallen,  toie  SBlätter,  bie  bom  Saume  fallen. 

26  ©efc^id^tlid^  intereffant  bleiben  fie,  toenn  fte  bie  ©efmnung  i^rer  Url^eber  beleuchten,  toie 
J.33.  bie  bogmatifc^e  äibänberung  be«  ©ojinianer«  ßreH,  ber  §0 1,1  für  i^eog  fjv  6  iövog 
p  lefen  toorfc^lug  ^eov  fjv  6  Xöyog.  ^m  ®egenfa§  baju  ift  eine  auf  bie  ^ejtübet» 
tieferung  gegrünbete,  eine  unöerftänblic^e  SBenbung  b^eitigenbe  Äonjeltur  lJlo2,  4:  oix 
h  Tieii^öi  oo(plag.    Slm  fraglid(^ften  bleiben  Äonjelturen,  toeld^e  ntc^t  fpra^^Iicbe,  fonbon 

80  gefd^id^tlid^e  änftö^e  befeitigen  trotten,  aud^  toenn  fie  fid^  auf  immanente  Äritif  fttHen, 
toie  ber  3Sorfc^lag,  1  Äo  1,  12  iyo)  de  Xqiötov  ju  ftreid^en.  ältere  Äonjefturen  för 
ba«  31%  fmb  gefammelt  tjon  3.  6^.  %.  ©c^ulfe  nad^  SB.  Soto^er  1774,  2  »be.,  bie 
neueren  Vermutungen,  an  benen  ^oHänbifd^e  ©ele^rte  befonber«  rei^Iic^^  beteiligt  fmb,  öer* 
Seid^net  ber  21.  Sibelte^  II  ©.  768. 

86  4.  2)ie  gefd^ic^ttic^e  Jlritif  (V)gl.  3t.  §ermeneutif  II,  2b).  „3)ie  unmittdbar 
l^ermcneutifc^e  aufgäbe  ift  gelöft,  toenn  id^  toeife,  toie  ber  ®ef(^id^t«fd^reiber  bie  3^atfac^ 
bargefteUt  ^at.  älber  toenn  ic^  i^n  gebraud(^en  toiQ  ald  l^iftorifd^e«  3^9^^^^  entfte(ft  bie 
Slufgabe  ber  j^iftorifc^en  Äritif"  (©c^leiermac^er  ©.  377).  3)iefe  bejiel^t  ftdjf  jebod^  ni(^ 
blo^   auf  gefd^ic^tlic^e  Überlieferung,   fonbem   auf  jebe^  litterarijc^c  (Srjeugniö   ber  SSer* 

40  gangen^eit,   ba«  für  einen  gefc^^id^tlic^en  Verlauf  eine  Sebeutung  getoonnen  ^al  ober  be» 

.  anfpruc^t.  älud^  ber  Seftanb  eine^  folc^en  2)ofumentö  fteßt  eine  l^iftorifd^e  3:^atfo<^e  bor, 

bie  in  beftimmter  ^t\i  unb   für  beftimmte  Verljältniffe  ein  urlunblic^e^  3^0"^^  J"  f*^ 

t^ermag.    2)ie  Slufgabe    ber  biporijc^en  Äritit  ift  baJ^er   bie  Prüfung   bed  QueHentoertÄ 

ber  fiitteratur,  bie  i^r  ©egenftanb  ift.   ©ie  löft  biefelbe,  toenn  fie  ermittelt,  ob  bieSd^ 

46  ed>t  ift,  alfo  bem  Serfaffer  gufommt,  bem  fie  gugejc^rieben  toarb,  ob  fte  unangetaftet  übep 
liefert  ift  ober  !^üden,  Verftümmelungen,  3"^^^^^  enthält,  ob  i^r  Snl^olt  glaubtmlrbig  tfl 
unb  SBtrf Itc^teiten  toiebergiebt,  ober  ob  er  oX%  ^älfd^ung  eine^  toirtltc^en  X^atbeftanbed,  aU 
Umformung,  über^aujjt  ali^  (Srbic^tung  ju  beurteilen  fei.  2)ie  SKittel  für  bie  ©telbtng« 
na^me  in  ben  fragen  ber  3tut^entie,  3*^tegrität  unb  ©laubtoürbigfeit  finb  teild  bie  inneren 

50  ©rünbe,  toie  fte  burc^  bie  ©prad^lritit  tjorbereitet  unb  burd^  bie  änal^fe  k)ert)onftanbigt 
toerben,  tcite  bie  Überlieferung,  bie  3^"0"i|l^  ^^^  ^^^  ©c^rifttoert.  SBo  bie  le^^ecen 
fel^lcn,  finb  bie  Grgebniffe  unfid^erer.  3^"^  Stbjc^lu^  tommt  bie  frittfc^e  arbeit  erft  btm^ 
eine  möglic^ft  t)ollftänbige  2luffaffung  ber^eit,  in  toelc^e  bie  ©c^rift  ftc^  eingliebem  toiB: 
^at  ber  Stutor  teil   an   il^rem  @eift,   ift  bte  äBeife  ber  ^arftetlung  ben  jeitgefc^ic^tlidben 

65  Analogien  entjprec^enbV  SBenn  biefe  Prüfung  ergiebt,  bafe  bie  ©c^^rift  baS  Silb  beö  ®e» 
famtjuftanbe^  il;rcr  3^t  ergänzt  unb  t^ertjollftänbigt,  fo  ift  i^re  Sraud^barfeit  al«  ^^iftonj«^ 
DueUe  für  biefe  ^pi  ertoiefen.  @ntl;ält  fte  anbererfeit^  aSortoegnal^men  f})äterer  Verhält» 
niffe,  benu^t  fie  eine  Terminologie,  bie  erft  fjjäter  au^gebilbet  toarb,  toeift  fie  c^^nmolo« 
gifc^c  9[i^ümer  auf,  fo  entfte^t  bie  neue  Slufgabe,  gu  unterfuc^en,  ob  i^re  (^a{tert{ltf(^ 

60  SJtertmale  fte  a\^  Duelle  für  eine  fpätere  ^z\i  brauchbar  machen.    @d  ift  erftd^tlu^,   ba| 


SMÜf,  bibltfc^e  131 

bic  ©rgcbnifSc  bcr  l^iflorijc^en  Änttf  in  ben  mciflcn  %äütn  nur  l^^t)otl^cti|cl^  fein  fönnen, 
too  fu^c  Äontrolinftanjcn  feilten.  3)enn  jelten  trifft  eine  beftimmte  Überlieferung  über 
bie  S^ft,  beftel^e  (te  in  beutlic^en  ©t)uren  i^red  ©ebraud^^  in  ber  fiitteratur  einer  ^pä- 
tcrm  ®eneration  ober  in  SRad^rid^ten  über  i^ren  SSerfafler,  ü^ren  Urfj)rung,  über  bie  Se« 
bcutung,  bie  i^r  beigelegt  tourbe,  mit  ben  inneren  3"bicien  jufammen.  ^ie  gefc^id^tlid^e  6 
Sebfutung  ber  otl.  @d^riften  ift  faft  audfc^liepd^  burd^  innere  ^rlttt  ju  gewinnen.  Sturere 
Jtoiitroltnj^angen  fmb  nur  fpörlic^  t>orl^anben.  2Benn  and}  bie  neueren  ^unbe  ber  Sfe« 
I^tondforfc^ung  mand^e^  Saturn  ber  atl.  Überlieferung  beftätigt  l^oben,  fo  ftnb  bad  glüd- 
li^  Singelfälle.  SBie  unftd^er  bie  @rgebniffe  bleiben,  bereift  bie  X^atfad^e,  ba^  bie 
Überlieferung  ))on  ^^raeld  älufentl^alt  in  9ig^))ten  toie  bon  bem  bab^lonifc^en  Qid  be-  lo 
^ritten  toerben  tann.  Unb  aud^  bie  ntl.  @^riften  l^aben  {eine  burc^greifenb  entf^^eibenbe 
gefc^ic^tlic^e  Siebenüberlieferung.  3)ie  (Sntfc^eibung,  ob  fie  toirflid^  3)ofumente  ber  Q!po\tO' 
lif(ben  3^  P"b,  ^ngt  toefentlic^  an  ber  Beurteilung  il^re^  ©cjamtd^aralter^  unb  ber 
Scpaftung  i^red  Sbftanbe^  t)on  ber  nad^apoftolijc^en  unb  ber  a))orr^))l^i{d^en  Sitteratur. 

3)ie  brei  ®efi{^tgj)unlte,  toeld^e  bie  ^iftorifc^e  Äritil  orientieren,  jinb  nid^t  toon  gleid^er  15 
XragtDette.   SBirb  bie  Jrage  ber  Slut^entie  auö  inneren ©rünben  Verneint,  fo  ift  bamit 
über  ben  Duellentoert  ber  ©d^rift  bad  Urteil  nod^  nic^t  gefjjroc^en.    2)ie  ©d^rift  lann  un= 
richtig  etifettiert  fein,  toeil  fie  urf))rüngli(^  anonym  \oax.    ätuc^  toenn  bie  ä3üd^er  ©amuelid 
iti^^  t>on  Samuel  gefc^rieben  ftnb,  bleiben   fte  bie  5ut)erläjftgfte  Quede   für  bie  $eriobe 
ber  ®ef(^t(^te  9;«raefe,  üon  ber  fie  berichten.  3)ie  ^falmüberjc^riftcn  finb  j^ätere  3wtl^aten.  20 
2>te  @))rü(^  Solomo^  ftnb  ©ammellttteratur.    Unb  toenn  bad  (Soangelium  be^  ^attl^äu^, 
ipie  eS  t>orIt^t,   nid^t  ))on  bem  9{))ofte(  aufgegeid^net  ift,  fo  bleibt   e^  boc^   atö  93u(^ung 
ber  ölteften  Kunbe  Don  ber  Sel^rtoet^l^eit  ^t\n  eine  Duelle  bon  unerfcjbarer  Sebeutung. 
2)ie  2ragb>eite  ber  ^rrage  nad^  ber  9(ut^entie  toirb  burc^  bie  anonyme  Sitteratur  beleud^tet. 
©er  ^ebräerbrief  bleibt  ein  3)ofument  bed  Urc^riftentum^,  tro^bem  jebe  fiebere  Überliefe*  25 
tung  über  feinen  Serfaffer  fe^lt.    äluc^  bie  f^rage  nac^  ber  !^ntegrttät  giebt  nid^t  bie 
Ie|te  3i^f^^)  fw^  ^^^  Sefttmmung  be^  dueHentoert^.  ©ie  ermittelt  bie  Süden  unb  ettoaige 
3ut^ten,   um  ben  eigentlid^en  ^rjjer  bcr  ©d^rift  mit  SRüdfic^t  auf  bie  ©c^idfale  i^rer 
Ueberlieferung  (3:ejtfnttt)  in  feiner  gefd^id^tlic^en   Sebeutung   ju  toürbigen.     3)a«    ab- 
fd^Iie^enbe  Urteil  \pxxdfi  erft  bie  Unterfuc^ung  ber  ©laubtoürbigteit.    äißie  toirb  e^  ^0 
gekDOimen?    ©te   Unterjuc^ung   ber  SSoUftänbigfeit  ber  ©c^rift  fü^rt   auf  bie  (Srfennt* 
nid  i^ner  3"fÄinmenfe^ung.    §icr  fc^t   bie   Duellenlritif  ein,  bie  auf  ®runb   ber  ^fts 
flcSung   ii^red  f)}rac^lid^en  S^aratterd  im   gangen  unb  einzelnen  barüber  entfc^eibet,  ob 
bie  S^^rift  ein  ein^eitli^  abgefagted  9Ber!  ober  eine  ©ammeiarbeit  ift,  im  le^teren  ^Qe 
fobaim,   tüie  bie  urf)}rüngli^en  ^eftanbteile   befd^affen  toaren,   intoien)eit  bie  le^te  ^anb,  35 
ber  fie  i^   je^ige  ®eftalt  toerbanft,  ben   urf}}rünglic^en  3"^^'^^  ^^  Duellen  oeränbert 
ffoL    ^n   innerer   SSerbinbung   mit  ber  Duellenfritil  ftel^t  bie  grage   nad^  ben  aSiber« 
fl^cüf^en.    ©inb  biefelben  ber  Slrt,   bag  fte  bie  (Sinl^eit  ber  ©d^rift  aufgeben,  toie  bied  bei 
)ia  jmefterli^^en   unb  ber  }}roj)betifc^cn  Duelle  bei^  ^entateuc^  ber  %aü  iftV    SKac^t  bie 
„ebionitifc^"  Duelle  ben  ?ßauliner  2u!a«  m   einem  „gefinnungdlofen  Unionetjauliner"  ?  40 
Stnb  bie  t>erf(^iebcnen  Duellen,   bie  ftc^  auöfonbem  laffen,   untocränbert   an  einanber  gc« 
Wtet,    ober  finb  fie  überarbeitet,  fei  e«  in  beftimmter  lenbeng,   fei   cd  o^ne  biejelbe? 
©ie  @ef(^ic^te  ber  ^cntateud^tritit  unb   be^  f^no))tifc^en  ^roblemd  geben  einen  (Sinbltd 
in  bie  ©^^toierigteit  biefer  Unterfuc^ungen.    älber  fo  ic^toan!enb  ber  ^oben  auc^  ift,   auf 
ben  fie  fü^en,  fo  bejeidS^nen  fte  einen  toerttooHen  gortfc^ritt  über  bie  Seiftungen  ber  3^il/  45 
toeli^  buri^  eine  ben  toijfenfc^ftlic^en  ©ruft  biehebitierenbe  ^armoniftil  empfunbene  ober 
cdannte  SBiberfprüc^e  gu  bemänteln  fic^  beftrebte.    !^^r  ^at  Sefftng  in   bem  ©treit   mit 
6d^,  ber  fi(^   an  bie  'Veröffentlichung  bcr  SBolfenbütteler  ^^agmente  anfc^lo^,   für  alle 
3eit  bod  Urteil  gef)}ro(^en.    ©ie  Ducllentritit   bagegoi  arbeitet  auf  ®runb  ber  crfannten 
Siber^rüc^  unb  Unaleic^^eiten,   um  fte  an^  ben  gefc^ic^tlid^en  Urf))rungdber^ältniffen  gu  so 
ctfloren.    ©amit  greift  fie  bereite  über  in  bad  ®ebiet  ber  refonftruierenben  Ärittf. 

©ie  Beurteilung  ber  ®laubtoürbigteit  einer  ald  in  fic^  einl;eitli(^  unb  bollftänbig 
fiberlieferten  @(^ft  t>ollgiel^t  fic^  burc^  Sergleic^ung  mit  bem  ®efamtguftanbc,  bem  fte 
(Di^e^rt  ©ied  SSerfa^ren  erl^ält  beftimmtcre  Jtonturen  unb  äln^alt^puntte,  toenn  biejelbe 
einem  Serfajfer  beigelegt  toarb,  toon  bem  noc^  anbere  ©c^riften  überliefert  ftnb.  $ier  5 
bietet  bie  33erglei(^ung  ber  ©prac^e,  bed  93egriffefrei|e^,  ber  ®ebanfenfül;rung,  ber  ge* 
fc^ii^ic^  Seaie^ungen  bie  ^nftangen  für  ba^  Urteil,  ©agu  !ommt  bann  bie  äußere  Über* 
Kefentng,  ta)el(|e  bic  m  unterfuc^enbe  ©c^rift  bem  beftimmten  Serfaffer  gumeift,  ber  aud 
oiiberen  SBerfen  nadf  feiner  ^nbioibualität  befannt  ift.  älber  au^^  l^ier  bleibt  ber  93oben 
mific^.    Um  ein  fac^lic^ed  Urteil  gu  geh)innen,   mu^  ber  ^rititer  nid[^t  nur  ein  fc^arf^  oo 

9* 


132  ftrtt»,  bifilifc^c 

rinniger  ©ammicr,  fonbcm  aud}  ein  erfal^ener  SKenfd^enfenner  fein,  ber  bod  ©el^etnmid 
litterarifc^en  Schaffend  unb  feiner  93ebtngtl^eit  burd^  3^^/  Stimmung  unb  äußere  @tn* 
brücfe  in  Sled^nung  fteQt.  @r  mu^  femer  Stellung  nehmen  jur  äußeren  äSe^eugung,  beren 
Sefc^affenl^eit  meift  abtueic^enbe  (Sinfd^ö^ungen  möglich  mac^t.  3)ie  ffritit  bed  $$Uit)txi^ 
5  brief^  giebt  einen  93eleg.  9lacl^bem  93aur  unter  Sertuerfung  ber  Überlieferung  auf  ©runb 
einer  unrichtigen  2)eutung  ber  c^riftologifd^en  6teQe  (2,  5  f.)  i^n  ald  gnofttfc^  &eeinfbt|t 
auff äffen  ju  bürfen  meinte,  ^ot^olften  mit  großem  9(uftpanbe  bon  Sd^rffinn  bun^  Unters 
fuc^ung  bed  6t)rac^(^ara!terd  bad  @rgebni($  gewonnen,  ber  SSrief  fei  jtoar  )>aulimf(^,  ober 
nic^t  bon  $aulud.    2)ie^  @rgebni^  tcurbe  t)on  $.  2B.  @c^mibt  ald  |vP^^^f<^  trttiftert; 

10  unb  in  ber  %fyti,  ^olftend  jtritif  bietet  ein  Seif))ie(  für  jene  9(ntoenbung  einer  etnfettigen 
SRetl^obe  auf  ben  Unterfuc^ungeftoff,  bte  ben  Sßalb  bor  Säumen  nid^t  ftel^t.  3lodf  um 
gefc^ic^tlic^er  ift  bie  älrt,  in  ber  ^ierfon  unb  92aber  in  il^ren  Verisimilia  aQe  )>aulimf(^ 
Briefe  a(d  unberftänblic^e  unb  übel  jufammengeflidfte  @amme())robuhe  bed  jft>eiten  ^dfycs 
l^unbertd  ertpeifen  tuoQen.    9(uf  ©runb   einer  oberflächlichen  älnal)^fe  toirb  belretiert,  ^ 

16  eine  fei  unberftänblid^,  ba^  anbere  toiberftjruc^^boD,  ba^  britte  frembartig,  ba^  bierte  ten« 
benjiöi^;  l^ier  jübifd^e  gtagmente,  bort  altfatl^olifd^e  ^wt^^ten.  2)a«  eigentümlich  Seben 
ber  jjaulinifd^en  S3riefe  bleibt  ben  Äritilern  ein  S5uc^  mit  fieben  Siegeln,  g^re  jjatriftifc^ 
Segeugung  toirb  bortueg  aU  nict^t^  bejeugenb  jur  Seite  gefd^oben.  Unb  bte  3Ret^obc? 
3ßa^  bem  Aritüer  frembartig  ift,  gilt  atö  unberftänblic^.    Sa^  ftc^  auf  bad  31%   bqie^ 

30  ift  jübifc^.  SBaiJ  fw^  auf  bie  Rir^e  bejiel^t,  ift  altfatl^olifc^.  Divide  et  impera !  6o 
lägt  ftc^  jebe^  litterarifc^e  $robu!t  aU  unberftänblic^,  atö  jufammengeflidEt  unb  ofö  gefäl{(^ 
bartl^un.  ^ür  bie  neuteftamentlid^e  Aritit  ^at  bied  im  ©egenfa^e  }u  ben  ©c^effen  bo 
Duettenfc^etber  treffenb  gclenngeic^net  ^efebamm  (3Keabe),  3)er  3lömerbrief  beurtät  unb 
gebierteilt  (1891).    ©egen  bie  tourjellofcn  SKad^tf jjrüc^e  bon  ^ierfon  unb  Slaber  er^ob  b« 

26  getoig  unbefangene  unb  unbeftoc^ene  31.  ^uenen  feine  toamenbe  Stimme  (9(bl[^anblungen 
S.  330—369).  aber  fte  finben  bennoc^^  5Rac^foIger.  SBa«  fyd  2:j^ubic^um  (Äird^It^e 
gälfd^ungen  II,  1899)  jüngft  mit  bem  §ebräerbrief  ftc^^  gcftattet?  6r  ift  i^nen  ebmbürtig, 
h)o  er  fte  nic^t  übertrifft. 

^ai  toid^tigfte  Problem   bei  ber  Prüfung  ber  ©laubtbürbig!ett  bietet  ber  f))e}tftf(^ 

80  ß^arafter  ber  biblifd^en  ©efc^ic^t^er^ä^lung  (1, 4).  2Bad  ift  bon  ben  äBunbem  ju  l^ten? 
9[nh)ich)cit  ftnb  bie  Scripte  legenbar  ober  ml^t^ifc^?  §ebt  überl^aiit)t  bie  3Serbinbung  ber 
rcligiöfen  Orientierung  mit  bem  gefc^ic^tlic^en  SSeric^t  ben  ^iftorifc^en  ®ert  ber  8üc^ 
aU  ©efc^ic^tdquede  nid^t  auf?  2)ie  t^age  nac^  ben  SQiunbem,  fotoie  nac^  legenboren  unb 
m^tl^ifc^en  93eftanbteilen  ^ängt  ntc^t   adein   mit  gef^ic^tlic^en  Unterfud^ungen  jufammen, 

86  fonbem  auc^  mit  ber  grunbfä|lic^en  äBeltanfd^auung  bed  ^titerd.  ^er  S^l^etft  leugnet 
bad  SBunber  nid^t  unb  erfennt  Sd^ranfen  an  für  bie  3RögIic^teit  gefc^ic^tlic^er  älbleitungen, 
bie  nid^t  in  ber  lüdFenl^aften  Überlief erung  gu  fuc^en  ^nb,  fonbem  in  ber  Unburd^bringlic^ 
feit  ber  le^tm  Urfac^m  ber  2)inge.  „®ott  tüo^net  in  einem  Sic^t,  ba  niemanb  jutommen 
tann./'  „©Ott  l^at  einen  gellen  Sd^ein  in  unfere  §er^en  gegeben."  S)al^er  fc^ä|t  ber  I^ 

40  bie  äugemngm  be^  göttlid^en  Selbftbetougtfein^  ^efu  cil^  tl^atfäd^Iic^e  3^9"iff^  f^^ 
erlebtm  ©ottgemeinfc^aft.  Sbenfo  ctlmnt  ber  Steift  in  bm  äBunbem  nic^t  nur  (SxtU 
ftellungen  be«  „natürlicl;cn  ©ang^  ber  2)inge",  fonbern  eine  Srt^ätigung  be«  göttltd^ 
SBeltrcgimentg.  Slber  mit  biefer  prinzipiellen  Stellung  ift  bie  l^iftorifc^^e  grage  noqf  SD8un« 
bem,  Segenben  unb  SD^^tl^en  nid^t  gelöft.   ^ier  entfcbeibet  bie  Ermittelung  ber  jettgefc^ts 

46  liefen  äSebingtbeit  ber  ä)erid^te.  2Ber  anerfennt,  bag  ^cfu^  n)ir!lic^  SBunber  get^  fyd, 
ift  bamit  ai^  Hritiler  nid^t  ber  ^fltd^t  entnommen,  ju  prüfen,  ob  bie  Sßunbetfberic^te  }u« 
berläjfige  finb  ober  beeinflußt  ftnb  burc^  Sßorftellungen,  bie  ©emeingut  ber  antifm  SBdt 
toaren.  SBer  3i«fu  fp^^ififc^e  3Bürbe  al^  ©otte«fo^n  anerfennt,  ift  bamit  nic^t  ber  $fGd^ 
entnommen,   bie  Äinb^eit^berid^tc  auf  i^ren  legmbarcn  ©el^alt  ^u  prüfen,  n>ofür  bie  jett» 

60  gefc^ic^tlic^en  älnalogien  ein  überreichet  Material  geben.  Überhaupt,  bad  antife  SBSdtbUb, 
bie  SJorfteDungen  bon  §immel  unb  ©rbe,  bie  SBorfteUungcn  über  ba«  3^(^^^^^i^^ 
be«  9!atürltdjim  unb  bed  Übernatürlichen,  all  bie^  gel^ört  ber  ©efd^id^te  an  unb  ift  ntc^t 
mc^r  ein  integrierenber  göftor  unferer  religiöfm  Überzeugungen.  2lud^  bie«  ift  eine  ge» 
fd^id^tlid^e  2:l;atfac^e,   an  ber  fid)   nid^t  rütteln  läßt,  unb   beren  SSerfennung  ober  31k^U 

66  ad^tung  bie  Sibelfritif  in  ben  3Jerbac^t  ber  Unreblid^feit  bringt. 

92un  ift  aber  mit  ber  9(nerfennung  biefe«  älbftanbe«  unb  mit  bem  gefc^ic^tltc^  92a(^ 
loci«,  baß  in  ben  SBunberberic^tm  bie  il^ncn  m  ©mnbe  Itegmbm  2^tfa<^fen  metP  un« 
burc^ftc^tig  ftnb,  baß  Sel^rbid^tung,  fiegenbe  unbaji^t^u«  auc^  ben  biblifd^en  Schriften  ntc^ 
fremb  bleiben,  feineetoeg«  ba«  Urteil  gefproc^m  über  bie  ©efc^ic^tlic^teit  ber  btbltfd^  9^ 

60  richte  über^aiipt.    ©etotß  giebt  e«  ^e,  too  bie  religiöfe  ©efc^ic^t«beutung  bte  glättete 


ftrittl,  UBlifc^c  133 

®cf<i^te  alteneri  ^otte  Jluenen  ffltd)t,  fo  mügte  bad  ftet^  ber  ^K  fein.  ®r  eignet 
ftc^  Ue  Sßotte  bon  @v^etö  an:  ,,^ie  Sorou^fe^ung,  mit  tpelc^er  bie  Sid^l^eit  be^  (Sx^ 
feimend  pel^t  unb  föDt,  ift  bie  abfolute  GJefe^mäfeigfeit  ber  ©nttoidfelung,  bie  gemeinfame 
Sinj^  in  bem  Seftanbe  ber  irbifd^en  ®inge.  3)enn  ejiftierte  biefe  nid^t,  ober  fönnte 
fte  trgenbtoo  unterbrochen  toerben,  fo  toäre  e«  Vorbei  mit  ber  ©ic^erl^ett  jebcd  Sd^luffe«  6 
unb  bem  ß^fammenl^ange  ber  ßreigniffe,  ebenfo  toie  jebe  Sered^^nung  menfc^Itd^er  5Pecf onen 
bem  3uf^  anheimgegeben  toöre.  ^ie  beiben  Duellen  ber  l^iftorifd^en  @r!enntnid  toären 
t)erf^üttet."  2)iefe  ©ö^e  ftnb  jeboc^  eine  Sammlung  öon  ^oftulaten,  beren  Sraud^barleit 
an  iebem  $unlte  brüchig  ift,  gumol  auf  bem  ©ebiete  ber  Sfeligioni^Iritif.  2Ba^  ^ei^t  „ah^ 
fohlte  ®ef^md|igleit  ber  ©nttoidfelung"  --  ßnttoidfelung  ift  ein  bel^nbarer  unb  bielbeu*  lo 
tiger  Begriff  — ;  ,,gemeinfame  ßin^eit  ber  irbifc^en  S)inge?"  (3?gl.  ^.  3?.  ßofemann,  6Ies 
mente  ber  enHjirifc^en  2^eIeoIogie,  1900).  3?ein,  nur  ba  toirb  bie  (Sefd^ic^tßc^Ieit  ber  Duette 
alteriert,  too  ein  SBiberfpruc^  jtoifc^en  ben  2^atfad^en  unb  i^rer  Beurteilung  greifbar  l^cr:: 
bortritt.  9Bo  jeboc^  ber  ge^eimni^otte  5lraftqueQ  be^  gelben  in  einzigen  ^l^aten  ftc^ 
bmbgiebt,  bie  e))0(^emac^enb  eingreifen,  toirb  nic^t  erft  burc^  bie  em})irifc^e  9(nalvfe  be$  15 
„vM(d^  Sufammen^ang^"  ber  gefc^id^tlic^e  SSerlauf  richtig  aufgefaßt,  fonbem  burc^  bie 
Snertennung  ber  emj)irifd^  unme|baren  Äräfte,  beren  3Birfungen  toeit  ^inau^el^en  über 
boÄ  unmittelbar  ßrflrebte  unb  ®eh)ottte.  ^ebrid^  ber  ®ro|e  fämpfte  für  bie  ®röfee 
$reu^end.  ®er  englifc^^e  ®efanbte  5Dlitd^ett  fagte  unter  bem  ©inbrua  ber  Sebeutung  fei« 
ner  itdnH)f e :  „Äönig  ^iebrid(>  l^at  toirflic^  für  bie  f^^^eii^eit  be^  üJlenfc^engefc^Iec^t^  ge*  ao 
fochten."  Sie«  Urteil  ift  ®efc^i(^t^beutung.  älteriert  e8  ben  gefd^id^tlic^cn  S^atbeftanb? 
3^  ed  bemgem&l  eine  gefc^id^tllc^e  Unmöglid^teit,  ba^  ol^ne  ällterierung  ber  entfc^eibenben 
^S^ad^  bie  StKingelien  unter  bem  @inbrud(  ber  $erfon  l^efu  fic^  )u  ii^m  aü  bem 
®ottedfo^  unb  SBel^eilanb  betennen?  ^er  ®laube  ift  gef^ic^tltc^  begrünbet;  ,,credit 
non  tantum  historiamy  sed  etiam  effectum  historiae''  (Conf.  Aug.  XX,  23).  26 
^Sorum  ift  ber  ®laub,  ba  bie  äl))oftel  t)on  reben,  ntc^t  ein  fc^le^t  (Srtenntnid  ber  ^ifto^ 
rien,  fonbem  ein  ftarl  ftäftig  SBert  be«  ^eiligen  ®eifte8,  bag  bie  §crjen  beränbert"  (Apol. 
IV,  98).  SBenn  ber  3:^eologe  bon  §eitetl^atfa(^en  rebet,  bie  in  ber  ®efc^ic^te  lunb  toer« 
ben  ($br.  1,  1—3;  2c  1,1—4),  fo  ift  ba«  feine  bogmatifc^c  3)e«orientierung,  fonbem 
eine  richtige  SBertung  bed  gefd^ic^tlic^m  Verlauf«,  in  bem  bie  d^riftlic^e  Sfeligion  unb  i^re  ao 
alttefiamentlic^e  Borbereitung  fid^  offenbarm. 

5.  ®ie  etillritif.  (Bgl.  8.  §ermeneutil  II,  2c).  3)er  ©Jjrac^toert  ift  burd^  bie 
\i^ad^lxd^,  ber  Duettmtpert  burd^  bie  gefd^ic^tli^e  Aritif  feftgeftettt.  ^ie  @tilfritil  über« 
nimmt  berm  ßrgebniffe  unb  fül^rt  bie  Unterfuc|ung  ju  ßnbe.  „Le  style  n'est  que 
Tordre  et  le  mouvement  qu'on  met  dans  les  pens^s".  „Le  style  suppose  la  36 
r^union  et  Texercice  de  toutes  les  facultas  intellectuelles."  „Le  style  c'est 
lliomme  m6me"  (Buffon).  ^n  biefer  ^inftd^t  ertoägt  bie  ©tilfritil,  \m^  bie  ©c^rift 
äI*  3^w^^  ^"^  eigmartigm  religiöfm  fieben«  bebeutet,  ©ie  \px\(i)i  ba«  abfd^tie^enbe 
SBecturteil,  in  beffen  Begrüt&ung  bie  fritifc^en  unb  bie  l^ermeneutifc^en  gunftionen  me^r 
tone  in  ben  übrigm  ®ebietm  jufammmtrcffm.  3)mn  p«  erlebigt  bie^age:  SEBelc^m  3h>edf  40 
fyd  bie  S^^fift,  unb  toie  l^at  fte  benfelbm  erreid&t?  3"  tiefem  Belauf  ^at  fte  bm  ®es 
fomtrinbmdt  ber  ©c^rift,  i^  ®ebanfmbch)egung  unb  ®efc^i^t«auffaffung,  il^re  Ätar^eit 
unb  ibaft,  ober  auc^  i^re  Unbeftimmtl^eit  unb  Ungefüge,  i^e  Originalität  ober  i^re  Sö[n= 
)Kiffung  an  gegebme  5lunftformm,  il^r  tooltetümlid^e«  ober  il^r  refleftierte«  ©c^rifttum  jur 
betontem  Stnfdjauung  }u  bringm.  3)ie  3Wittel,  mit  benm  fie  arbeitet,  bedEcn  [xd)  mit  46 
benen  ber  Q\>xa6)'  unb  ®efc^id|t«lritil,  aber  bie  SRic^tung  i^rer  Slntombung  ift  eine  anbere. 
6te  t)erfö^  mel^  bebuftito  al«  inbuftiö.  ^\i  bie  litterarifd^e  Äategorie  feftgeftettt  unb  mit 
Slficfftd^t  borouf  ber  S^araher  ber  ©d^rtft  ge))rüft,  fo  bimt  jebe  @imeluntcrfuc^ung  aum 
Beleg  für  bie  ®efamtanf(^auung.  ©ie  !ann  unter  bem  ®e^d^t«))unlte  ber  ©))rac^mti! 
(©tiumtetrie)  ober  ber  ®efd^ic^t«Iritü  untemommm  toerbm.  2)ie  ©rgebniffe  fübrm  burc^«  50 
ge^enbd  auf  bmfelbm  ^Punft,  auf  ba«  Werturteil  über  bie  ©c^^rift  mit  SRücfficpt  auf  t^re 
geft^tlic^  Bedienungen.  $anbelt  e«  fu^  um  ftiliftif^e  (Stgentümlic^Ieitm,  fo  ift  gu 
entfcfK^bm,  intoietoeit  biejelbm  bie  ßini^eit  ber  Sllnfd^auung  ^erftetten  ober  ftörm,  intüictüeit 
fie  inner^b  einer  ©d^riftengrupjje  3lbftänbe  marlierm  ober  bie  bertüanbtfd^aftlid^m  Bc^ 
{td^ungm  t>ermenrm.  6«  \]i  babci  Slücfftd^t  ju  nel^mm  auf  bie  ©prad^farbe  über^au^jt  55 
(bilblid^e  ober  eigmtlic^^e  Äu«brüdfe,  SRbtot^mu«,  5Paratteli«mu«  ber®lieber),  auf  ba«  3;em- 
paammt  be«  Stil«,  auf  bie  3)euttid(^fett  unb  ftlar^eit  be«  au«bmdf«  in  SBorttoal^l  unb 
©a^bou.  $ierin  lieam  bie  üJtaMtäbe  für  bie  Äritif.  (3ur  (Sa6)(i  (ab.  ^nig,  ©tilifrit, 
3HÄmf,  ?5oeta  in  Sejug  auf  bie  bibl.  Sitt.  1900.)  (Sin  Beiffiel :  3n  ben  Briefen  be« 
^Soulud  erf^^toert  bie  fw^ere  S^ffung  ber  Iragtoeite  ber  äu«fagen  bie  2lrt,  in  ber  mit  bem  eo 


134  ftritü,  tmmt 

©tngular  unb  5piural  ber  crften  ^Perfon  getoed^fdt  toirb.  3ft  in  biefem  SBed^fel  SEbjic^ 
ober  finbet  et  unbetoufet,  em|E)finbun0«mäfi0  ftatt?  ^r  ben  3lo  totegt  btefe  Swfie  leu^, 
ba  ^aului^  ftd^  aQein  al^  9(utor  be^  ä3nefd  nennt.  9(nberd  liegt  ed  in  ben  Sriefen,  too 
er  Schüler  a(d  an  bem  ©einreiben  beteiligt  anfül^rt.    33efonberd  2  fto  ifi  bie  Seurt^äbtng 

5  ber  gefc^id^tUd^en  £age  burd^  bie  9(uffaffung  biefe^  äBed^fel^  toefentlid^  mitbefHmmt.  9hm 
[teilen  ftc^  bie  älnftc^ten  über  bef(en  9tnla|  tonträr  gegenüber.  Sinerfeite  n>irb  be£hatit)tct, 
bie  erfte  ^erfon  be«  Plural  bei  $aulud  fei  nie  r^etorijc^,  Jonbem  er  meine  bamit  fidf  imb 
jeine  (Senoffen,  anbererfeit^,  fie  fei  meift,  too  nid^t  immer  rl^etorifc^.  ©ie  gnbuftion,  bie 
jebe^mal  ben  ^ufammen^ang  ertoägt,  fommt,  fo  toiel  ic^  fe^e,  ju  bem  ßrgebnid,  baft  beibe 

10  9(bfc^ä(ungen  einfeitig  finb  unb  bad  Slic^tige  in  ber  ^Jlitte  liegt.  SBeiter ;  bie  gfefiftellung 
bed  6^rac^ebrauc^^  ber  einzelnen  ä3riefe  bed  $aulu^  ermittelt  für  jeben  eine  bebinitenbe 
3a^I  üon  §aj)ajIegomena ;  bie  ©ebanfenfreife  unb  bie  3:erminoIogie  femer  fte^en  jum  leil  frei, 
\a  unabl^ängig  neben  einanber.  3)ie  ganje  Terminologie  ber  SRec^tfertigung^le^e  tritt  in 
ben  ftobr.  ebenfo  jurüd,  h)ie  bie  c^riftologifc^en  unb  e^d^atologifc^en  Erörterungen  im  Sti) 

15  unb  ®al.  ©el^ören  be^l^alb  bie  ©riefe  ni^t  bemfelben  SSerfaffer?  3)ie  ©tilWtil  edoetft 
au^  il^rem  ©efamtd^aralter,  toie  in  i^nen  biefelbe  2|nbit)ibualität,  bie  gleiche  )>laftif(^e  jbaft 
ber  älnfc^auung,  biefelbe  Iraftöotte,  fojufagen  imprefftoniftifc^e  ©ioleltil  fidj^  au^loirR.  ®te 
eiaentümlid(^en  Segriff^fceife  ber  einzelnen  Sricfe  erflären  ftc^  be^l^alb  aud  ber  fd^en  mib 
lebeneboHen  Sluffaffung  ber  beftimmten  Slufgabe,  bie  ber  3lj)oftel  in  jebem  biefer  Sriefe 

2ofic^  gefteKt  l)at  —  3)ie  gef c^idj^tlid^e  Äritil  f)at  bie  3wf<»"^»w<^fügung  ber  ©(^riften  getJrüft 
unb  bie  ^aQ^,  ob  fie  auf  ®runb  gefc^loffener  freier  Äonjet)tion  abgefaßt  fmb  ober  ob  fie 
burd^  ©ammeiarbeit  entftanben,  beanttoortet.  3ft  ba«  le^tere  ber  %aü,  fo  unterfuc^t  bie 
©tiltritif  hai  SSerl^ättni«  ber  verarbeiteten  QueUen  jum  ®anjen.  ®amit  [teilt  fte  eine 
neue  Slufgabe,  toeld^e  bie  refonftruftitoe  Jtritif  aufnimmt,  bie  Unterfu^ung  ber  Sef^foffen^ 

25  l^eit  ber  Duellen.  ^Jemer  ^ot  bie  ^iftorifd^e  Äritif  ba«  SSer^öltni«  ber  Überlieferung  )um 
Seftanbe  ber,  Sd^riften  beurteilt.  SBenn  fie  bei  ben  ^falmen  ju  bem  ßrgebni«  gelommen 
ift,  ba^  bie  Überfc^riften  feinen  l^iftorifc^en  SBert  l^aben,  fo  entfd^eibet  bie  ©tilmtif  über 
ben  ß^arafter  biefer  Sichtungen,  ©inb  fie  Äultlieber  ober  fmb  fie„3*^^toibuall)falmen"? 
Ober  menn  bie  3:itel  ber  f^noj)tifd^en  ©bangelien  fpöter  ^injugef4)rieben  fmb,   toie  erHort 

30  fic^  biefe  3lrt  il^rer  Benennung  au«  ibrem  ©efamtc^aralter?  Unb  ber  §auj)tt)unft:  toenn 
bie  gefd^ic^tlic^e  Äritif  bie  ^iftorifc^en  Sebingungen  unb  S5ejüge  einer  ©c^rift  allfeitig  unter« 
\ud)t  i)at,  fo  übernimmt  bie ©tilfritif  biegrage  nac^  il^rer  ©laubtoürbigfeit  in  einem 
neuen  ©inne.  3"^^"^  P«  ben  erfannten  3^^*  ^^  ©c^rift  mit  ben  5Kitteln,  i^n  burc^« 
jufe^en,  unb  mit  bem  Seftanbe  bergleic^^t,  beurteilt  fte,   ob  ber  ^)fü^i  ein  fac^lic^er  ober 

35  ein  j)erfönli(^er  toar,  ob  alle«  ^ßerfönlic^e  mit  fad^lic^em  3beaU«mu«  bun^läutcrt  ift,  ober 
ob  t)erfönli(^e  9[ntereffen  unb  Seibenfc^aften  bie  fad^lid^e  §altung  ber  ©d^rift  alteriert 
l^aben.  6ine  jebe  ©dj^rift  l^at  ti^re  Senbenj,  toenn  fie  nic^t  in  einfachen  Slufjö^lungen 
beftel^t.  2Ber  eine  3lebe  l^ält,  l^at  bie  S^enbeng,  feine  3wl^örer  ju  belehren,  fie  in  eine  be« 
ftimmte  5Ri(^tung  gu  leiten,  fte  ju  (Sntfc^lüffen  ju  ermutigen.    Säer  einen  Seij^rbrief  f(^reibt 

40  an  eine  ©emeinbe,  toer  ^rop^etien  fammelt,  toer  SfJad^rid^ten  über  beilige  ^ßerfonen  budbt, 
bei  jebem  tritt  eine  beftimmte  2:enbenj,  bie  3lbfid^t  auf  beftimmte  SBirfungen  ^ertoor.  Sxi 
einer  religiöfen  Sitteratur  entfc^eibet  be«l^alb  bie  geftftettung  ber  3;enbenj  über  i^en  SBJert 
für  bie  (Srfenntni«  ber  SReligion,  bie  fje  beurfunbet.  ^ier  liegt  bie  h)i($tigfte  aufgäbe  ber 
©tilfritif,  ju  berenfiöfung  fie  alle  fritifc^e  Slrbeit,  bie  auf  bie  Beurteilung  ber  litterarifc^en 

45  (Srfd^einung  gel;t,  jufammenfa^t.  3)ie«  ^at  Säur  erfannt,  inbem  er  belj^uf«  be«  ©nttourf« 
feiner  ©efamtanfd^auung  öon  ber  (SnttüidEelung  be«  Urc^riftentum«  nad^  ber  lenbenj  ber 
©c^riftfteller  fragte.  Slber  Senbem  unb  lenbenj  unterfd^eiben  fic^  ebenfo  toie  Überliefe^ 
rung  unb  Überlieferung.  ^n't>tm  SBaur  bie  eigentlid^  religionebilbenben  fac^lic^en  f^oltoren 
au«fc^altete,   fuc^te   er  bie  entfc^eibenben  Xenben^en  für   bie  Normung   ber  urd^riftlic^ 

50  Sitteratur  in  ben  ©egenfä^en  eine«  ^arteitreiben«,  ba«  er  in  biefe  ©d^riften  einbeutete, 
©elegentlic^e«,  93orübergel;enbe«,  Vereinzelte«  al«  Duellj)unfte  unb  treibenbe  Äräfte  etn^ 
fe^enb.  (£r  toerfannte  ben  burd^ge^enb  unitoerfeDen  ©runbd^arafter  ber  ntl.  ©c^riften,  i^ 
SRic^tung  auf  ^rojjaganba  unb  auf  inneren  3lu«bau,  unb  fa^te  fie  al«  ^ßarteifd^riften  auf, 
bie  im  ^nl^cffe   ber  ^arteitaftif  bie  Überlieferung   jurec^tftu^ten   unb  umbitbeten.    ^m 

56  SSerfolg  feiner  ^^potl^efen  trat  er  in  fc^arfen  ®egenfa^  ju  ber  Überlieferung  \}on  bem  Ur« 
fprunge  unb  5fi!.efen  biefer  Schriften.  Siefelbe  erfc^ien  al«  für  bie  Srfenntni«  ber  ©dj^« 
ten  fclbft  toertlofc  ^ttion.  ©o  f^ai  bie  ^age  nad^  ber  lenbenj,  ^xi  ber  bie  aufgäbe  ber 
©tilfritif  fic^  jujpi^t,  ben  SBäeg  bereitet  für  ben  Serfuc^  einer  gefc^ic^tlid^en  SRefonftruftion 
ber  SScr^ältniffe,  au«  benen  ber  ju  fritificrenbe  ©d^riftenfornplej  l^ert)orgegangen  ift.    9ht« 

60  i^r  crtoac^fen  bie  ®runbgegenfö^e  in  ber  älbfc^ä^ung   be«  religiöfen  3Berte«  ber  biblifc^ 


ftrit«,  biMtfc^e  135 

Stiften  unb  bed  SJ^aralterd  ber  9ielt0ion  felbft,  beten  Urlunben  fie  ftnb:  tft  bte  einjtgs 
artige  Setbinbung  bon  ®^c^t(^te  unb®Iauben,  ou^  h)elc^er  fotuol^I  bte  atl  Sfeligion  tote 
bad  S^riftentum  eriDod^fen  tft,  eine  organtfc^e  unb  fad^gemä^e,  ober  mug  fte  ol^  eine  tpiUs 
fiirlt^  itnb  eingebeutete,  ald  ber  Jtetmboben  für  ^Dt^t^en^  unb  Segenbenbilbung  beurteilt 
toerben?  SBte  biefer  ©runbgegenfa^  mit  ben  ©egenfö^en  ber  SBeltanfci^auung,  bte  ftc^  5 
immer  beläm))ft  ^en  unb  beläm))fen  toerben,  verflochten  ift,  toarb  nac^getoiefen  (I,  3. 
II,  1.  III,  4). 

6.  Sie  refonftruierenbe  Äritil.  (Sgl.  b.  ä.  Anleitung  in«  ä  unb  31%  \, 
6.  254—274;  ^einrici,  enc^HotJÖbie  §§  16,3.  20.  22.)  ^n  ben  bi«^er  betrachteten  ®e* 
bieten  fke^^t,  obgefel^en  bon  ben  tejtlic^en  Unterfud^ungen,  bie  Äritif  in  ftänbiger  SEBec^fels  10 
toirhmg  mit  ber  ßermeneutif.  3)urc^  S^^wftion  unb  3)ebuftion,  bie  ftd^  auf  bie  ßrf^ei« 
ming  unb  ben  Seftanb  ber  überlieferten  @d|^riften  richtete,  juckte  fte  ein  fad^ltc^  begrünbeted 
Urteil  über  i^ren  SBert  abzugeben.  ^f)xt  ßrgebniffe  im  einzelnen  ftnb  balb  j)ofitiü,  balb 
negatit).  2)a«  ©efamtergebni«  bermittelt  bad  Urteil  über  bie  SSoQftänbigleit,  bie  Ru^ 
beriöfftgtett  unb  ben  2Bert  ber  Überlieferung,  ^amit  aber  ber  hitifc^e  ^roaeg  •  gum  Mb«  15 
fc^Iu^  tomme,  ift  ba«  Serl^ältni«  ber  jum  ^erftönbnt«  gebrad^ten  unb  Iritifcp  abgefd^ö^ten 
Uebolieferung  )u  il^rer  urfbrünglid^en  äBirllid^teit  im  einzelnen  unb  im  gangen  gu  unter« 
fuc^.  2)ie  9{ottoenbigteit  biefer  Unterfuc^ung  ift  gegeben,  fotpie  bie  Überlieferung  al« 
®ef(^ic^t^eQe  bearbeitet  toirb. 

SBod  ^^ei^  ©efd^ic^^t^ref onftruftion  ?  S)er  erftc  SSerfud^,  eine  t)ofttibe  ©efd^id^t^Iritil  im  20 
gro^  Stile  bui^gufü^en,  liegt  in  92tebul(^nB  römifc^er  ©efd^tc^te  t>or.     ^m  ®egenfa|e 
)u  ber  alten  SBeife,  bor  bem  Überlieferten  al«  einem  ©angen  l^alt  gu  machen  unb  ,;®etft 
unb  Urteil  unter   ben  überlieferten  gefc^riebenen  ä3ud^ftaben  gu  untertoerfen^^  unb  in 
leb^fter  Slbneigtmg  gegen  bie  2^miumbeutungen  be«  rationaliftifc^en  ^ragmatifteren« 
iPoQte  er  in    ber  Ueberlieferung  ben   toirtlid^en   SSerlauf  entbeden.     ^urc^   bod  $eQ«  26 
bunlel   ber   @age  unb  burc^  bte    SJerfc^iebungen   unb  9(ufbaufd^ungen  be«  92aäonat 
fblged,  ber  bie   ©efd^ic^t^barfteQungen  ber  DueUen  beeinflußte,  ^inbur^bringenb,  berfud^t 
er  ben  SHngen,  h)ie  fte  toirllic^  toaren  unb  tourben,  auf  ben  ®runb  )u  fe^en.     So 
t>erfnät>fte  er  nic^t  mit  gelegentlid^er  Jtritil  bon  Singel^eiten   unb  ))l^antafterenber  9[u«« 
füQung  ber  Südfen  bie  überlieferten  92ac^ric^ten,  fonbem  er  erf orfc^te  iJ^ren  Urf))rung,  i^ren  so 
(Späher,  i^ren  Sac^gel^alt.    ^ie  Srgebniffe  feiner  9(rbeit  ftnb  burd^  erweiterte  @rtennt« 
mffe  gum  guten  Steile  erlcbigt ;  bie  5Ket^obe,  mit  ber  fte  gewonnen  tourben,  tft  unb  bleibt 
bie  SRet^obe  ber  relonftruterenben  ftritil. 

3^e  befonberen  Stufgaben  erl^ält  aud^  fte  burd^  bie  Sefd^affenl^ett  be«  Unterfud^ung^ 
fioffed.    Sinb  bie  Süden  unb  ^unlel^eiten  ber  Überlieferung  ermittelt,  fo  muffen,  bamit  86 
bie  Siefonftruttion  fic^  nid^t  in  ^l^antaften  Verliere,  h)ie  fte  g.  93.   Sollmar   in   feiner 
,,9teIigion  3efu  unb  i^re  dnttoidtelung"  (1857)  aö  ©rgebni«  toijfenfc^aftltd^er  gorfc^ung 
barbietet,  bie  feften  55unfte  gewonnen  toerben,   toeld^e  ber  SRelonftruItion  i^ren  gefd^ic^t« 
ßc^  $alt  geben.    3$on  il^nen  au«  tft  bad  ®laubh)ürbtge  unb  @rbic^tete,  ba«  @^te  unb 
Unechte  gu  bemeffen.    2)ie  Sorbebingung  l^ierfür  ift  bie  DueKenhitif,  bie   nic^t  nur  bie  40 
Sefc^offen^eit  unb  ben  SBert  ber  eingelnen  Duellen  ))rüft,  fonbem  aud^  ba«  SSer^öltni«  gu 
il^rem  urf))rünglic^en  Seftanbe  unb  i^re  gegenfeitigen  ^egid^ungen,  i^re  gegenfeitige  älb« 
^gigleit  ober  Unab^ängigleit  in«  Sluge  faßt.  %üx  bte  religtdfe  Sitteratur  entftel^t  fobann 
bie   koeitere  Aufgabe,  i^re  Überlieferung  auf  ii^ren  93egriff^e^alt  mit  SlüdEfid^t  barauf  gu 
unterfud^en,  ob  biefer  ha&  urfprünglid^e  äBefen  ber  SReligton  tptebergebe,  ober  ob  er  im  3!}er«  4> 
laufe  ber  ßnttoidelung  neue  unb  anberdartige  Seftanbteile  aufgenommen  l^abe.    3>emnac^ 
richtet  |tc^  bie  refonftruierenbe  Jtritil  auf  bie  ^utüd^l^rung  ber  Duellen   auf  tl^ren  ur« 
ft)rünglic^^en  3wft<w^^/  «wf  bie  Slbleitung  ber  Segriffe,   auf  bie  Darlegung  bed  urfprüng« 
üdftn  gefc^ic^tlic^en  äSerlaufd,   h)obei  fotool^l  bie  SSeurteilung  ber  $erfonen,  bie  für  ben« 
ftlben  ma^ebenb  toaren,  toie  bie  (Srienntnid   ber   objeltiben,  guftänblic^en  93ebingungen  bo 
}ufammentt)irfen. 

3)ie  je^t  l^errfc^enbe  SKetl^obe  ber  Duettenfcitil  ift  bie  litterarifc^e.  ©ie  bergleid^t 
aOetn  unter  bem  ®eftd^t^punfte,  baß  ed  fid^  um  fc^riftlic^e  älufgeic^nungen  l^anble,  bie 
fHirallelen  Überlieferungen  l^inftc^tltc^  il^rer  JiertDanbtfc^aft,  ^erlunft  unb  9lbbängig{ett ;  fte 
fteDt  ben  urfprünglic^^en  ober  abgeleiteten  Gl^arafter  feft,  fte  fragt  nac^  ben  2lnläffen  ber  66 
Stbtoeic^ungen ;  fie  fud^t  im  3wföwi*nenl(>ange  ber  ©d^rift  bte  9Jäl^te  gu  erfennen,  bie  SBeifc 
unb  e^orm  ber  @infc^altungen.  @infeitig  toirb  fie,  tuenn  fte  unbefel^en  annimmt,  ba^ 
Ser^tni«  ber  Duetten  untereinanber  erfläre  ftd^  attein  au^  litterarifd^en  ^rogeffen,  öott« 
gte^  fte  fu^  in  gegenfeitiger  93earbeitung  ober  in  t)erfd(^ieben  gerichteter  äSenu^ung  einer 
gleu^en  DueiOie.  3ln  [\i)  ift  e^  in  jebem  gegebenen  ^^e  eine  offene  ^agc,  06  bie  Duelle  uo 


136  ftritil,  Bttlifc^e 

auf  münbltd^e  ober  auf  {d^riftUd^e  Überlieferung  jurüdfgel^t.  3)te  ungemein  tecfc^iden 
bebtngten  Urfjjrung^berJ^ältniffe  f ommen  babei  toefentlt^^  in  Setrac^t  (III,  4).  Unb  au(^  bei 
Vereinbaren  ütterarifd^en  Regierungen  ift  e«  leine^toeg«  au^efd^Ioffen,  bo^  ba«  ©ebäc^tni^,  tnc^ 
aber  eine  Sorlage,  bie  übernommen  unb  überarbeitet  tourbe,  bie  aufföDigen  ftbereinfüm« 

6  mungen  erßärt.  S)ie  $arattelfabeln  be«  Sfop  geben  j.  S3.  fe^  beftimmte  Slnratej)unlle 
für  bie  abfc^ä^ung  biefer  gHöglic^feiten  (ögl.  ä.  OleidS^nijfe  VI,  ©.  694  f.).  ®ie  biblif(^ 
fiitterarfritil  l^at  im  SlS;  ben  ^entateud^,  bie  ©efd^id^t^büd^^er,  bie  Jjrojjl^etiid^  ^ßaroaelen, 
im  SfKE  bie  S^notJtifei*,  bie  21®  unb  3tpl,  aud)  einen  a:eil  ber  tnuilin.  8r.  in  Unter* 
fuc^ung   gebogen,    ^n  ber  ännal^me,  ba|  aDe  (Srfd^einungen   au«   litterarifd^  @rtoa« 

10  gungen  unb  aud  ben  ^^enbengen  ber  Serfajfer  gu  erllären  feien,  ift  fie  ju  immer  Der« 
toidfelteren  (Srgebniffen  gelommen,  beren  Unftd^erl^eit  oft  in  fc^arfem  Äontroft  fte^t  ju  ber 
Seftimmt^cit,  mit  ber  fte  eingeführt  toorben.  SBo  neue  ©c^^toierigfeiten  auffto^en,  tocAm 
neue  Eingriffe  ober  neue  Dueuen  angenommen,  ©o  poftulierten  bie  alten  äftronomen  fofott 
eine  neue  ©Jj^äre,  loenn  il^re  Slec^nung  nic^t  ftimmte,  unb  jogen  neue  Mfölinien  in  i^ 

16  §immetefarten.  5Kit  ben  Quellen  aber  fc^altct  ber  SRebaftor  ober  bie  Slebaltoren,  bie  je 
nad^bem  entioeber  al«  überaus  jc^arffmnig  ober  überau«  einfältig  erfc^einen.  3)en  ©tonb 
ber  atl.  QueKenfritif  bergegentoärtigt  graj)rif4^  „bie  Slegenbogenbibel".  ^r  baö  9KE  tfl 
eine  folc^e  farbige  3)arftettung  ber  DueDenfd^eibungen  nod^  nic^t  unternommen  toorben. 
9leuerbing«  ma^t  ftd^  ein  3"0   jw^^  SSereinfac^ung  ber  quettenfritifc^^en  Slnj^e   geöenb. 

20  2Bie  bei  ber  Jlonielturaltritif  jo  ift  aud^  l^ier  „bie  ß^rerbietung  t)or  ber  SBirtlic^feit"  ein 
toirifamer  ^emmfd^ul^  für  leidpt^ergige  unb  unfruchtbare  ©fljerimente  getoorben,  ober  oEer* 
bing«  nur  bann,  toenn  ^k  nic^t  eine  Umfd^reibung  bafür  ift,  ba|  ber  religibö  „borau^ 
fe^ung^loje"  gorfd^er  bor  ben  ^«"^wtungen  ber  mobemen  ©nttoidtelungäebre  Ic^ituüert 
l)cd,    3)ie  ßinftd^t,  ba^  bie  Sinologien  mobemer  glidtarbeit,  bie  „ein  SRagout  auö  anbem 

26  ©df^mau«  braut",  nic^t  auf  bie  Urit)rung«berl^ältnijfe  ber  biblifd^en  Sucher  ontoenbbor  fuib, 
bringt  mel^r  unb  mel^r  burd^,  aud^  bie  ßrlenntni«  be«  Unterf^ieb«  jtoifc^en  ber  Dudlem 
benu^ung  in  ben  atl.  unb  ben  ntl.  Suchern.  3ene  beftel^en,  infotoeit  fte  gefc^ic^itlic^ 
Snl^alt  l^aben,  übertoiegenb  au«  mel^r  lunftlo«  gufammengeftellten  ate  jufammengearbeiteten 
heften   einer  älteren  fiitteratur,  bie  au«  toerfc^iebenen  Seiten  unb  Äreijen  l(^erftammt ;  bie 

90  f^noptild^en  (Söangeüen  bagegen  unb  bie  21®  fmb  bie  erfte  für  bie  d^riftlic^e  ©emeinbe 
beftimmte  Sud^ung  Don  erlebnifjen,  Erinnerungen  unb  Slufjeic^nungen  au«  bem  SBirfcn 
^efu  unb  ber  aj)oftoIifcren  3eit.  3)ie  felbftgetoiffe  2lrt,  toie  §.  ßtoatb  au«  ber  fvnoj)« 
ttfc^en  Überlieferung  toerfc^ieben  orientierte  öorfanonifc^c  QueHenjd^riften  (ßprud^iamm 
lungen,  Sud^   ber  §öl^en,   Jjoetifd^e  ©tüdfe)  freierte,  berul^t  auf  emer  unfad^Iid^en  Über« 

86  tragung  ber  am  213:  gefc^ulten  a:e^nif  ber  QueHenfc^eibung  auf  ba«  3i%.  3lod)  unfU^erer 
toirb  ber  Soben  für  bie  BueHenltitif,  toenn  er  ol^ne  äußere  Äontrolinftanjen  nur  auf 
eine  Stnal^fe  ftd^  ftü^en  fann,  toclc^e  Srüc^e,  Ungleic^mä^igfeiten  unb  SBiberf})rüc^fe 
jum  2lu«gang«^unft  be«  2ReIonftruItion«t)erfuc^  mac^t.  3)ie  gorfc^^ungen,  bie  jur  ^ra^« 
mentierung  be«  2  Äo  ober  be«  $l^i  geführt  ^aben,  bie  Quellen^  unb  3interi)olotion«lritil 

40  ber  2li)ofaI^t)|e  geben  bafür  Seifptele  (III,  4). 

2)te  55rüfung  bc«  Serl^ältniffe«  ber  biblifc^en  SorfteHungen  unb  Segriffe  }u  xfycm 
urfj)rünglid9em  ©inne  unb  ber  SSerfuc^,  il^re§erfunft  ju  erflären,  ift  burc^  bie  gortfd^ritte 
ber  SRengion«h)iffenWaft  in  ben  aSorbergrunb  be«  ^ntereffe«  gerüdft.  @«  fragt  ftd^,  finb 
bie  leitenben  9lcligion«t)orftcnungen  original  unb  in  il^rem  originalen  ®eifte  erhalten,  ober 

46  fmb  [k  übernommen  ?  ^aben  fie  fxd)  in  gleid^em  Segriff«h)erte  h^auput,  ober  l^at  ftd^  bem 
alten  SBorte  eine  neue  Sebeutung  untergefc^oben ;  ift  fein  urfj)rüngli(rer  ©inn  abgetüanbdt 
unb  in  eine  frembartige  SSerbinbung  eingegangen?  äiuf  ®runb  biefer  Unterfud^ungen  ift 
bie  ©efamtanjc^auung  bon  bem  SBefen  ber  atl.  SReligion  unb  be«  Urd^riftentum«  ju  ge» 
toinnen.    35ie  ^ier  anjiutoenbenbe  SKetIfiobc  ift  bie  begriff«gcfcrid^tlid^e.    2)ieje  Sejeicpnung 

60  trifft  bie  aufgäbe  too^l  bcffer,  toie  bie  unbeftimmtc :  „religion«gef(rid^tli(be  ÜHet^obe". 
©ie  gielt  ab  auf  eine  2lbleitung  ber  Segriffe  unb  auf  eine  enttoerfung  i^re«  ©tamrn* 
bäum«  in  aüm  SSerjtoeigungen.  3)ie  2lrbeit  auf  biefem  ®ebiet  ift  in  ben  2lnfängen. 
Sei  ber  2lbleitung  ber  Segrifte  ift  ber  SJi^brauc^  ber  3lnalogie  unb  bie  Serattgemeine* 
rung  unbollftänbigcr   unb   einfcitiger  ^nbuftion    ju   bermeiben.     3"föttig^  S^nli^ifeiten 

55  ergeben  nod(^  feinen  urfäd^lic^en  3ui<»"i"^^"r<^«9-  ®egenüber  ben  Ableitungen  ber  i«roe« 
litifd^en  SReligion  au«  Jjröbiftorifd^en  9lcligion«formen  bemerft  aBeDIj^aufen  (3)S3  1900, 
©J).  1302):  „3)a«  loa«  ftd^  3teligion«h)iffenfd^aft  nennt,  befd^ränlt  ftd^  auf  ben  ÄuUu«  unb 
beffen  origines  pudendae.  Unb  toenn  and}  bie  ©ntftei^ung  be«  ganzen  l^ebräif^^en  Jlubu« 
au«  bem  §eibentum  jugeftanben  loerben  mu^,    fo   toirb   baburd(^  ba«  SBefen  ber  i«raeli« 

6«»  tijc^en  ^Religion  bo(^  nic^t  berül^rt,  toeil  c«  nic^^t  im  Äultu«  liegt,  toie  bie  ^ropl^eten  be? 


ftrttil,  (tUtfi^e  137 

Mtgen.'^  Sie  ^rö^iftorifci^en  JtuItmottt)e,  tt)te  fte  im  3:otemi^tnu^,  Slnimi^tnud  unb  im 
i)&ntonen9lau6en  aufgefuc^t  Serben,  geftatten  aud^  nid^t  einmal  einen  fidlem  @(i^lu^  auf 
boS  urft)tün8li(l^e  religiöfe  SJlotiD,  ba^  bo^  in  bem  Ruqz  jur  SSere^rung  beiS  Übematür» 
(tiefen,  hQ&  ben  SWenfd^en  auf  feinen  übertierifd^en  urft)runa  toeift,  ft^  betl^ätigt.  ©ie 
fud^  bodfelbe  in  bem  felbftfüd^tigen  triebe,  bie  ®eifter  ber  Serftorbenen  aU  (Sd^u^mäc^te  5 
US  getoinnen  ober  bun^  allerlei  Räuber  ftd^  befonbere  SSorteile  ju  fidlem.  9(ud^  bie  W>= 
Icitmigen  bed  ntl.  Segriff^freife«  p^^en  neuerbingg  im  3«i^^  i>w  ^Prä^iftoril.  35er  %altox 
bcd  ,,@nt^ufiadmud''  beeinträchtigt  ben  @inbrud(  ber  rationalen  unb  et^ifd^en  Elemente, 
unb  bie  moniftifc^e  ßnttoidelung^le^re  übt  i^ren  ®influf[  auf  bie  Serfud^e,  ben  ..natürlid^en 
®aii0"  t)on  f(^toarmerif^en  Erregungen  unb  felbftfüd^tigen  $raltifen  ju  abgeflörten  Über^  10 
jeugunaen  nac^un)eifen.  Soman  erüärte  bemgemä^  atö  ba^  Slltefte  unb  @^tefte  in  ber 
cDangeitfc^en  Überlieferung  bie  Sagen  t)on  ben  munberbaren  @reignif(en  beim  2:obe  ^efu, 
tme  fte  9Rt  berid^tet.  3)ie  Sebeutung  beiS  Slbenbmal^U  foQ  au^  gnoftifd^^orientalifd^en 
flberlieferungen  Derftänblid^  toerben,  ber  ^araflet  bei  ^0  foQ  mit  af(^rifd^en  @öttergeneas 
logten  gufammen^ängen,  bie  ©elbftbejeid^nung  ^efu  al^  3Renfd^enfo^n  ein  gnoftifd^er  Sin»  16 
trag  in  bie  @toangelien  fein.  9lu^  bie  ^^t'ot^efen  über  ben  Urf))rung  ber  Sieligion  au^ 
®eb)itterfur(^t,  aud  ^anbel^erte^r,  au^  $erfonifiIationen  u.  f.  to.,  bie  Slbleitung  ber  Über» 
Keferungen  oud  ber  Etymologie  (t)gl.  @rill,  @rjt)äter  ber  ^enfd^l^eit)  tourben  auf  ba^  91^ 
ongetiHmbi  9lm  31Z  ftnb  fte  noc^  nid^t  burd^gef^robt  toorben.  älber  biefe  @infeitigleiten, 
bie  Probleme  fingieren,  bie  nid^t  in  ben  Stoffen  liegen,  bürfen  ben  33lidE  ni^t  trüben  für  20 
bie  Vertiefung  ber  Srienntnid,  toelc^e  bie  aQgemeine  Sleligion^forfd^ung  ben  biblifd^en 
Sldigtonen  bringt.  @ie  giebt  ber  Segriff^efd^id^te  i^ren  unit^erfeQen  Untergrunb  unb 
bietet  ein  ^eilfameiS  5torre{tit)  gegen  aÖed  ^attonalifieren,  ba^  gerabe  bem  ri^tigen  unb 
kwOen  Serftönbni^  religidfer  Seben^u^erungen  oft  t)er^ängni^t)oII  getoorben  ift.  @d()on 
^erber  Sogt  über  bie  „au^ef})ülten  $^rafen  beiS  3iZ^\  in  bie  eine  feine  Slu^legung  „ben  25 
^ec^teften  9taturali$mud,  ©ociniani^mu^  unb  (S})ituridmu^  ^üQe'';  er  forbert,  ba^  man 
r^gton^efc^id^tlid^  erfaffe,  toad  ein  Slu^brudC  toirllid^  bebeute.  @r  toiU  jeigen,  „ba^  bie 
SBorte  ©rlöfung,  feeilanb,  ß^rift,  ßl^iftu«,  ?Rame,  «ßriefter,  ©laube,  ©o^n  ®otte«,  König 
über  bie  Engel,  iEBort,  Sid^trei^,  ^immel  {elbft  im  ^eibnifd^en  Slberglauben  unb  im  SVebe- 
gcbroud^,  tpo  fid^  biefe  @t>tac^e  ^erfd^reibt,  me^  unb  ettoa^  anbered  bebeuteten,  atö  ed  so 
ie|t  SRobe  ip,  fte  bebeuten  ju  laffen"  (Erläuterungen  j^um  9KE  aa^  einer  neu  eröffneten 
morgenl.  Duette,  Einlt).  Dieje  SBorte  tjerfe^en  in  ber  SEI^at  mitten  in  bie  begriff^efc^id^t« 
lii^  ätrbeit  ber  ©egentoart.  äluc^  ber  ^intoei^  auf  religiöfe  ©e^eimtrabitionen,  aud  benen 
Sotc^ungen  ber  Sieligionen  uitb  älbleitungen  t)erfud^t  toerben,  belebt  bie  alte  unb  ^iftorifd^ 
ntqt  toertlofe  $^))ot^efe  einer  philosophia  barbarica  ober  orientalis  al^  Inbegriff  bed  86 
gemetnfamen  religiöfen  Erbgut«  ber  SSölfer  be«  Orient«,  an  bem  aud^  bie  ^uhm  %M 
Rotten  unb  ber  ®noftici«mu«.  ^atob  SrudEer  (Histor.  phil.  I,  1)  gab  einen  Überblidt 
borüber,  ber  atterbing«  nur  jufammengeraffte  SRotijen  unb  2lbftraItionen  enthält.  5Ko«s 
^eim  benu^e  bie  3bee  unb  ßerber  ^at  fte  jeiner  „älteften  Urlunbe  be«  9Renfd^cngefd^le(^|t«" 
1^  ©nmbe  geleot.  @ie  toiro  fid^  ^eute  Don  neuem  al«  frud^tbar  ermeifen,  toenn  über  40 
bem  Eifer  für  »bleitung  ber  religiöfen  Segriffe  nid^t  ber  ©inn  für  bie  fd^ölpferifc^e  Äraft 
unb  bie  unableitbare  Eigenart  ber  biblifc^en  Sieligionen  ftd^  abftum))ft.  2)ie  Slnalogie 
toirb  nur  bann  fruchtbar  angetoanbt,  toenn  fie  baju  bient,  bie  Segriffe  „mit  SReagentien" 
)tt  emoben ;  toie  oft  aber  erbrüdt  unb  t)ertoifqt  bie  falfd^  au«genü|te  Slnalogie  bie 
(^oxamnftif((^  3üge  be«  Silbe«,  ba«  fte  t)erbeutlid^en  toitt.  2Bo  nun  eigentümlid^e«  45 
fc^ferifc^  religiöfe«  fieben  ift,  toerfagt  ber  3Serfud^  gefc^ic^tlid^er  Ableitung.  2lud^  gleid^» 
lou^ibe  9lu«brüae  unb  Silber  erhalten  auf  anberem  Soben  unb  in  anberem  ^ufammen- 
^ange  einen  neuen  ©inn.  Ober  ge^t  bie  £e^rer)\ä^lung  t)on  ber  ©d^öt)fung  auf  in  i^re 
reKgion«gefd^(^tli(^en  Analogien?  Ergebt  fte  ftd^  nid^t  t)ielme^r  über  fie  al«  bie  Offen* 
banmg  einer  neuen  SBa^rl^eit?  so 

^ie  ^öc^fie  unb  fd^loierigfte  Slufgabe  ift  bie  Slefonftruftion  be«  ^efd^id^tlid^en  $tojef{e«, 
bef^  3)enfmäler  bie  fritifterten  ©Triften  fmb.  ©ie  jtoedft  auf  eme  ®cfamtanfd^auung 
ab  unb  fuc^t  au«  ben  lüden^aften  Ouetten  ben  urft^rünglid^en  3ufammen^ang  unb  au« 
ben  aneinonbergerei^ten  Sladj^rid^ten  bie  urfprünglic^e  EntloidEelung  ju  erlennen.  3)ie 
Xufgobe  ift  rein  gefd^id^tlid^.  3^rc  fiöfung  ift  burc^  bie  Ergebniffe  ber  Qucllenfritif  be*  55 
btngt,  bie  nid^t  nur  ben  3Bert  ber  einzelnen  Duelle,  fonbem  aud^  ba«  gegenfeittge  l^^er- 
^Itoi«  ber  Duetten  beftimmt  ^at  ©0  grünbet  fte  ftd^  auf  gunbamente,  beren  Sefc^affen= 
^  nii^t  in  gleid^er  SBeife  ju  objeltit^er  Ebiben^  gebracht  toerben  lann.  3)ie  ®rabe  ber 
&dfet^  ber  quettenlritifd^en  Ergebntf(e  ftnb  mannigfad^  abgeftuft,  —  examinandi 
graduB  fidei  historicae!     In   dubiis   suspendendus   assensus.     ^er  Xrieb,  bie  60 


138  Sttitit,  bttltfi^e 

Ueberlteferung  Beffer  ^u  t)erfte^en  unb  lebenbtger  ju  geftalten,  mu^  {id^  regen,  tDeim  ber 
^rittfer  ftd^  ntd^t  fül^l  bi^  tnd  $erj  ^inan  begnügt,  bte  Std^ter  aud^ulöfd^en  unb  ed  bot 
9(ugen  überlädt,  ftc^  an  ba^  ^unlel  ju  geh?ö|nen;  er  h^irb  ja  au^  bem  jtritüer  }utn 
Saumeifter,  —  aber  major  lux  non  iuferenda,  quam  historia  in  se  habet. 

6  äBegen  beiS  rein  gefd^ic^tlic^en  S^arafter^  ber  ätrbeit  ift  ber  SSerfuc^  einer  äBteber^ 
l^erftetlung  ber  ©efd^ic^te  be^  SSolIeiS  ^^rael  unb  ber  ©efd^id^te  bed  Un^riftentumd,  ime 
fte  aui  bem  31%  unb  ber  mit  i^m  j^ufammen^ängenben  Sitteratur  )u  ergeben  x%  )u 
trennen.  Über  bie  Slbgrenjung  beiber  ©ebiete  entfd^eibet  bte  Beurteilung  be^  3BerIed  unb 
ber  ^erfon  ^efu.    @ie^t   man  in  il^r  ben  älbfc^Iu^   unb  $5^e))unlt   ber  (Snttotcfelung 

10  S^rael^,  fo  beginnt  bie  ©efc^id^te  beiS  Urd^riftentum^  mit  ber  SBirffamtett  ber  9l))ofteL 
2)te  bogmatifd^e  9Sorau«fe^ung  für  biefe  äbgren^ung  ift  bie  3Keinung,  3^w  gefd^ic^tlic^ 
@rfd^einung  au^  feinem  3ufcimmenl^ange  mit  bem  jübifc^en  SSolte  ableiten  )u  fönnen, 
h^obei  enth^eber  auf  bie  ))rop^etii'd^e  Sleligion  ober  auf  ba^  @})ötiubentum  ber  $au))ttim 
gelegt  h^irb.    ^efu^  tt)irb  „\)on  rüdtoärt^''  abgeleitet.    @ie^t  man  in  ^^n  ®t\d^mxni 

16  bagegen  einen  ©t'od^ent^untt  in  ber  religiöfen  (Sntmidelung  ber  ^Jlenfci^^ett  unb  ertennt 
man,  ba^  biefelbe  ftc^  grunbfö^Iid^  unb  unableitbar  über  bie  gefd^id^tlid^e  Sebingtl^  a> 
\)tbt,  fo  barf  ber  9lu^ang  ber  atl.  ©efd^id^te  nid()t  in  „bem  großen  ^xop^ttm  Don  310^ 
jaret^"  ge(ud^t  Serben,  fonbem  in  bem  Untergang  ber  ))oliti|d^en  Selbftftönbigteit  ber  jü» 
bifd^en  9Jation.   2luc^  bie(e  Sctrad^tung  ift  ^iftorifd^,  toenn  anber«  2.  SRanle  ein^tftorUcr 

20  ift.  ^m  ^inblid  auf  3^w  2B^  f^Ot  « -  /.ba«  SKenfd^engefc^led^t  ^ot  feine  Snnnerung, 
toelc^e  biefer  nur  öon  ferne  ju  tjergleic^en  tüäre";  im  §inblidE  aufS^fw  ?5erfon:  „in  bem 
3Renfd^enfo^n,  ©otte^fol^n . . .  erfd^ien  ba^  eh^ige  allgemeine  SSer^ältni^  @otted  ju  ber  äBelt, 
be«  SKcnfd&en  ju  ®ott". 

3)ie  ©ejamtauffaffung  ber  ©efd^id^te  S^rael^  l^ängt  ab  bon  ber  Beurteilung  be«  aSer^alt* 

36  niffe«  ber  proi)^etifd&en  Sitteratur  jum  ^entateud^.  Sft  bie  in  biefem  gebud^te  ©efe^ebung  t>or» 
t)rop]^ettfd&  ober  nad^>)ro>)l^etifd^  unb  nad^ejilifd^  ?  ©eit  aBell^aufen«  toirifamer  35urc^fü9runfl 
ber  ©raffd^en  §^})ot^efe  ift  bie  Ic^terc  änftd^^t  in  ben  SJef onftruttionen  aHmä^lid^  bor^errft^enb 
geh^orben.  ^n  ben  d()ronologifd^en  älnfö^en  gelten  aUerbing^  bie  Urteile  toeit  au^nanba. 
9lud^  in  ber  älbfd^ö^ung    be^  gefd^td^tlid^en  DueHenh^ertd  be^  $entateud^d   ift  bied  ber 

80  gall.  3)ie  grage,  ob  unb  toie  ber  Überlieferung  öon  ben  ^atriard^en  unb  t)on  9Rofe 
felbft  eine  l^iftorifc^e  Sebcutung  julomme  ober  nid^t,  bleibt  ^eife  umftritten.  SBirb  fie  txt* 
neint,  fo  ift  ba«  9leligiö«-t^))ifdE)e  in  ben  §elbengeftalten  be«  312:  bollftänbig  lo^elöft  t>on 
bem  gefc^id^tlic^en  9Rutterboben ;  e«  ift  nid^t  Slu^beutung,  fonbem  ßinbeutung  ober  reine 
©rbid^tung.   SBirb   fte  bejal^t,   fo  pnb  bie  gefd^id^tlid^en  2ln^alt^untte    in   ber  ttberlie» 

86  ferung  auf^utoeifen,  t)ermöge  beren  e«  pd^  erflärt,  bafe  3Kofe«  M  ber  gröfete  ^xcipffd 
(3)t  34,  10)  unb  35abib  ate  ber  5Kann  nad^  bem  §er^en  ®otte«  (1  ©a  13, 14)  gejjnelen 
tourbe. 

35ie  SRelonftruItion  ber  ntl.  ©efd&ic^te  fufet  auf  ber  Überzeugung,  bafe  im  913;  brauc^ 
bare  l^iftorifd^e  Duellen  t)or^anben  pnb.    3)ie  neuere  SQSenbung  ber  ^ollänbifc^en  Äritil,  bie 

40  nad^  Bruno  Bauer«  unb  §at)et«  Borgang  perfon,  9laber,  2oman  u.  a.  inaugurierten,  ntu^ 
ber  im  512  ^feubepigraj)l^a  meift  au^  bem  2.  S^^^^.  gefammelt  feien,  erlebigt  jeben  Berfu<^ 
ber  airt  oortDeg  ate  au^ftd^t^lo«.  Srf cnnt  man  bagegen  im  512  Urhinben  ber  opoftolifc^ 
3eit,  fo  gliebert  ftd^  bie  Strbeit  in  bie  Unterfud^ungen  über  ba«  Seben  3i^fw  unb  bie  ®t> 
fd^id^te  bcg  a>)oftolifc^en  geitalter«.    ^mt  er))robt   bie  gwberläffigfeit  unb  ®efd^id^tli(^felt 

46  ber  etjangelifd^en  Überlieferung,  inbem  pc  ein  Bilb  öon  bem  SBirfen  unb  ber  ^erfon  3efu 
au«  berfelben  f(^ö>)ft.  SBie  ba^felbe  auffällt,  ^ängt,  toa«  bie  Duellen  anlangt,  an  ba 
Beurteilung  be«  Ber^ältnifje«  ber  ©t^no^jtifer,  be«  3^  unb  ber  ß^riftologie  ber  Briefe. 
Äommt  ber  Äritüer  j|u  ber  Sntfd^eibung,  e«  giebt  leine  eigene  3o^anneifd^e  Überlieferung, 
fonbem  toa«  al«  folcbe  erfc^eint,  finb  im  ®runbe  nur  Slnlei^en  unb  Umformungen  b« 

60  ©^no>)tifer,  fo  fel^lt  bem  iobanneiJd&cn6^riftu«bilbc  ba«3^ugni«  be«  Slt^ofkel«;  ba«2:^j)if<^ 
ber  ©elbftoffenbarung  ß^rifti  Verliert  bie  fidlere  gefd^i^tlicpe  Bei^iel^ung.  Unb  finbet  er 
jtüifd^en  ben  ®lauben«au«fagen  über  bie  ^erfon  gefu,  feinen  2ob,  feine  Slufcrfte^ng, 
toeld^e  bie  DueHpunlte  ftnb  für  bie  a})oftolifc^e  SBürbigung  ^c\n,  unb  jtoifd^en  ber  Uebet^ 
lieferung  ber  ©hnoptifer  einen  unüberbrüdtbaren  ©cgenfa^,   jo  muft  er  bie  2:^oIogie  ber 

66  äl^ioftel  unb  bie  SReligion  3^fu  boncinanber  trennen,  ^ene  ^ätte  ba«  ©bangelium  3^ 
übermalt  unb  feinen  ©c^toerijunft  toerfc^oben.  3)amit  entfte^t  bann  bie  Slufgobe,  bo« 
ec^te  et)angelium  3^fu  öon  ber  Stjjoftelt^eologie  ju  fonbem.  3)ie  2lu«fagm  über  3efu 
©enbung,  fein  einzige«  Ber^ältni«  jum  Bater  im^immel,  muffen  mttoeber  ol«  „)>aulinif(l^ 
interpoliert"  geltm,  ober  gcfu«  ift  al«  ©d&toärmer  aufpfaffen,  ber  nur  im  ^enfeit«  lebte. 

60  ^n  biefer  älltematit)e  ^at  ftd^  in  ber  %^at  ber  ®egmfa^  3ugef))i^,  ben  im  3lamm  ber 


firitil,  biBIiff^e  139 

^ftorifc^  SEBitllid^feit  bic  fritifd^c  Searbcitung  be^  SBcrfc«  ^^u  ^crau^carbcitct  ^at. 
auf  ber  einen  Seite  toitb  ber  SJac^toei«  berfud^t,  baft  aü^,  toa^  in  Se^re  unb  3^0"^ 
3efu  über  berSiniebe^  rein SKenfd^Uci^cn  liegt,  f^äterer ©intrag  fei,—  er  fül^Ite  fid^  burc^« 
aud  ald  3Renf(i^  unter  SRenfd^en,  o^ne  ein  i^ejififd^e^  Serl^ältni^  )u  @ott  für  ftd^  in  äln- 
fjjrud^  gu  nehmen;  auf  ber  anbercn  Seiten  toirbSefu«  atö  ber  ßnt^uftaft  ebelfter  Segierung  6 
gejc^ilbert,  ber  *  ganj  eingetaud^t  toar  in  (Seift  unb  ©inn  be^  ©^jötjubentum«.  §ier 
toirb  bad  ,,6^ftentum  ber  33erfirt)rebigt"  im  ©egcnfa^e  ju  g^fw  J^ropl^etifc^en  Sufeerungen 
(di  ha^  ti)U,  ett)ige  @t>angelium  ^erau^e^oben,  bort  mirb  bie  3Jtoral  ber  93ergprebigt 
für  ßnt^ufwfienmoral  erüärt,  bie  für  bie  Sittlid^feit  ber  d^riftlid^cn  ©egentoart  nur  bebingt 
brauchbar  fei  ^  ben  äBanbel  ber  3^iten  ift  t^  bejeid^nenb,  ba^  biefe  9lbfd^ä|ung  ^efu,  lo 
bie  ber  früheren  (Generation  aU  einfach  au^gefd^Ioffen  erfc^ien,  ie^t  aud^  bon  tf^eologifd^er 
geite  ate  bie  toa^r^aft  l^iftorifd^e  toerteibigt  toirb.  3*^  anbere  Sluffaffung  fei  jd^toäc^ 
fic^e^  JtonH)romr6.  35iefe  änfä^e  toerbcn  burd^  bie  Sitterarfritif  ber  ©^noptiier  unb 
burc^  bie  Slbleitung  ifolicrter  äu^fagen  unb  Setl^ätigungcn  be^  ©elbftbetoufttfein^  ^^u 
qud  reltgion^efd^i^tlic^en  9(na(ogien  gebedt.  2)er  leere  $la$  aber  in  ber  {^nn^tifc^en  i6 
Überlieferung,  ben  fie  fc^affen,  toirb  burd^  Jjf^d^ologijd^e  SRelonftruftionen  ber  inneren  6nt= 
toidelung  3efu  angefüllt,  bie  biötoeilen  na^e  an  bie  fcntimentalen  ober  inbrünftigen  3lau 
toitäten  be«  alten  SRationaligmu«  ftreifen.  „SBer  mag  e«  f cftftetten,  toa«  un«  3efu«  getoorben 
toore,  toenn  er  nic^t  pd^  ^ätte  ^ineinreifeen  laffen  in  bie  meffianifc^e  Setoegung  be«  läus 
fer«"  ?  e«  ift  erftd^tli(^,  boft  bie  Slriebfräfte  m  berartigen  tritifc^en  Slefonftrultionen  nid^t  20 
blofe  in  berfc^iebenen  SBertungen  ber  Überlieferung,  fonbem  in  grunbjö^lid^er  lontrörer 
Suftaffung  be«  SSer^ättnifje^  öon  9Jlenjd^  unb  ®ott  tourjeln.  ©ie  jielen  auf  eine  neue 
äteligton  ob,  bie  ni(^t  me^  ba^  ß^riftentum  ift. 

gür  bie  äuffajfung  ber  aj)oftolifd^en  ßeit  ift  bie  Seurteitung  be«  ßuettentoerte«  ber 
a®  unb  il^red  SSer^öltnifje«  ^u  ben  j)aulinifd^en  Briefen  maftgebenb.  gntl^ält  jene  eine  ge«  26 
f(^id^tli((^e  Überlieferung  unb  fmb  bieje  fämtlic^  ober  ijum  3:eile  aut^entijc^,   fo  bilben  bie 
©nmblage  für  bie  SRefonftruftion  ber  (Sejd^id^te  bie  fic^  ergänjenben  SKitteilungen   beiber, 
über  bie  binauig,  fall«  bie  ßd^t^eit  ber  Keinen  ^aulinen  unb  ber  ^aftoralbriefe  angenommen 
toirb,  no<p  einige  bereinjelte  Daten  ju  getoinnen  ftnb.    3m  l^eflften  Sid^te  liegt  bann  bie 
SBirIfamleit  beö  5Paulu«  aU  ^eibenmiffionar,  bie  Äunbe  jeboc^  bon  bem  Swbend^riftentum  90 
unb  fetner  ®nttoirfelung  bleibt  ebenjo  unbollftänbig  unb  unftd^er  toie  bie  Überlieferung 
über  bie  lat^olifd^en  Sriefe.    SBie  bann  ba«  SBejen  unb  SBirlen  bee  ^ßaulu«  felbfl  auf= 
^faflen  tp,  bad  toirb  gegentoärtig  toeit  au^cinanbergei^enb  abgefd^ä^,  toobei  auc^  religionö^ 
gefc^tli^e  Analogien  bi^toeilen   Iräftiger  in  älnfa^  gebracht  toerben,   al«  bie  älu^fagen 
ba  ©riefe  be«  ät^oftete.   5Paulu«,  ber  toeltfrembe  ©nt^uftaft  —  $aulu«  ber  Organifator ;  35 
^[kutlud,  ber  mit  ))^rifäifd^en  2:^eologumena  ba«  Sbangelium  3^u  belaftete,  unb  $aulu«, 
ba  ben  3wben  ein  3ube  unb   ben  §ellenen  ein  §ettene  toarb  —  ba«  fmb  ©egenbilber, 
toie  fie   nic^t  fraj)})ierenber  fein   lönnen.    gntoietoeit   über^uj)t   ber  gaftor  be«  ©})äts 
pibentum«  unb  be«  ^eUenidmu«  für  bie  @nttoidelung  be«  Urc^riftentum«  toirffam  getoorben 
fei,  borüber  ift  nod^  lein  Sinberftänbni«  erjielt  toorben.    3)er  erftere  toirb  im  allgemeinen  40 
einfettig  in  ben  Sorbergrunb  gerüdft. 

35te  ^ier  angebeuteten  ©egenfö^e  ber  äluffaffung  unb  ber  @rgebniffe  beleud^ten  bie 
©c^toierigteit  einer  SRelonftrultion  ber  biblijd^en  ©efc^id^te.  3lud^  ^ier  fte^t  bie  arbeit 
niK^  in  ben  anfangen.  (Sefid^erte  ergebnifje  giebt  e«  bi«^er  nur  in  ben  engen  Äreifen 
ber  ©<^ule,  geftd^erte  grageftettungen  nur  ba,  too  über  bie  religiöfen  ^ringipienfragen  45 
Stn^it  erhielt  ift.  Sin  toirtlid^er  ^ortfd^ritt  in  biejer  älrbeit  lann  nur  bann  erhielt  toerben, 
toenn  ber  Äritiler  über  bie  fiüdfen  ber  Duellen  unb  über  bie  fad^lid^e  Segrünbung  feiner 
^Vt>ot^en  fic^  nid^t  ^intoegtäufd^t,  unb  toenn  er  nid^t  üergigt,  ba^  bie  ©efc^ic^te,  bie  er 
pi  refonftruieren  unternimmt,  bie  religiöjen  Gräfte,  bie  in  ber  ©efd^id^te  toirffam  ftnb, 
nii^t  erfe&en  lann  unb  foll.  Der  Äritifer,  ber  bie  fubjeltiben  unb  objettitoen  ©d^ranlen  50 
jeiner  Arbeit  fennt,  toirb  fid^  bie  2Borte  be«  (Sicero  aneignen:  Ea,  ut  potero,  expli- 
cabo,  nee  tarnen  ut  Pythius  Apollo,  certa  ut  sint  et  fixa  quae  dixero,  sed  ut 
homunculus  unus  e  multis,  probabilia  conjectura  secutus ;  ultra  enim  quo 
progredior,  quam  ut  veri  videam  similia,  non  habeo. 

IV.  Sur  (Sefd^id^te  ber  Äritil.  («gl.  %  §ermeneutif  III.  V.)  1.  Die  ®c::  66 
f(^(^te  ber  ilritil  tonnte  an  ftcb  aüt^  umfpannen,  toa^  mit  {ritifd^er  Arbeit  an  richtiger 
^ftorifc^  @in{ic^t  getoonnen  ift,  alfo  bie  (äefd^id^te  aller  einzelnen  ^W^Qt  ber  biblifd^en 
SBiffenf^Kxften,  fotoo^l  i^rer  $^j)ot^efen  ate  auc^  i^rer  6rgebnif|c.  Um  l^ier  eine  be- 
Pimmtere  Sbgrenjung  ju  getoinnen,  ift  utoifd^en  ber  l^iftorijd^en  Überfielt  über  bie  ßr^ 
gebniffe,  tote  fie  am  angemeffenften  bie  @efc^i(^te  ber  ©d^riftaui^legung  bu^t,  unb  jtoifc^en  oq 


140  fttttil,  (tUifdle 

ber  Überftd^t  über  bie  Sebmgunßcn  unb  9lnfä|e,  toeld^e  Slnftö^e  für  eine  neue  Iritifd^e  f^roge» 
fteQung  geben,  ju  fd^eiben.  3RU  ber  [enteren  ift  ^iualeic^  eine  S^aratteriftit  ber  Tlda^ohm 
ju  t)erbinben,  bte  infolge  neuer  ^^agefteHungen  fidp  au^bilbeten,  foh^eit  biefelbe  eben  in 
einen  gefd^ic^tlid^en  Überblid  gel^ört.    ^abei  ift  m  bead^ten,    ba^  Jtritil  unb  ^ermeneutil 

6  aud^  in  ber  ©efd^ic^te  ber  SBiffenfd^aft  ftd^  geh^ifferma^en  in  ber  älrbeit  ablöfen.  Solange 
bie  Überlieferung  ate  juDerläffig  übernommen,  get)flegt  unb  toere^rt  tourbe/,  blü^t  bte  §er» 
meneutil.  ®ie  Kritif  erh>ac^t  unb  erftarft  in  Uebergang^jeiten,  too  bad  Übertommene  in 
feinem  SQSerte  jtoeifel^aft  toirb  unb  bie  SSa^r^eitöliebe  SRec^enfc^oft  )oon  feiner  toirRid^ 
33ef(^affen^eit   forbert.    3ebe   @t)od^e  in  ber   SntloidEelung  ber  SBiffenfd^aften   fielet  bie 

10  Äritil  bei  ber  arbeit,  fei'^  im  Sorbereiten,  fei'^  im  aufräumen  unb  Umwerten.  Slm  firäf« 
tigften,  aber  aud^  am  einfeitigften  bet^ätigt  fte  fid^  im  Jtamf)fe  entgegengefe^ter  äBelt» 
anfd^auungen.    35ie  ©egenloart  ift  beig  S^m^- 

2.  ^ie  SSäter  ber  jtritil  ftnb   bie  ^euenen.    ^ein  anbere^  93olI  bed  äDltertumd  fyä 
Iritifd^e  ÜJleti^oben  au^gebilbet,  fonbem  aQe,  bie  fonft  ein  geiftige^  ®rbgut  befa^en,  rid^teten 

15  ftd|^  audfd^Iiej^id^  auf  bie  Setoa^rung  be^felben ;  fie  fammeln,  ^oi^Ien,  t)ergleid^en.  Sod  ®^ 
bäd^tnid,  aber  nid^t  bad  Urteil  fül^rt  ba^  ©cefjter.  9(ud^  bte  iübifd^e  ®e[e^rfam!eit  mod^t 
leine  äu^nal^me.  35ie  3Kafora  ift  bo^  nur  in  fei^r  bebingtem  ©inne  ^^ejtfritif.  S)ie 
eigentlid^en  Seiftungen  liegen  auf  bem  ®ebiete  ber  ^ermeneutit. 

älber  aEerbing^  aud^  bie  Jlritil  ber  ^eQenen  fteft  im  ^ienfte  ber  ^ermeneutil.  $omer 

20  toar  i^r  eigentlich  lanonifcber  0af jtler.  ^n  ben  ^omerifc^en  ©ebid^ten  toied  man  bod 
SSorbilb  nad^  für  ben  t)olltommenften  älu^brudC  aller  menfd^lic^en  SSer^dltniffe  (Quintil. 
Inst.  or.  X  1,  46  f.).  Sieben  i^m  ftellte  ariftard^  unb  äriftot)^ne^  Don  S^onj  cd» 
poetarum  judices  ein  SSerjeid^ni^  ber  Alafftler  auf,  bie  S^orbilb  fein  foQten  (Quintil. 
X  1,  54:  Ordo  a  grammaticis  datus ;  Rhunken.,  Hist.  crit.  orat.  Graec.  1778, 

26  ©.  XCIV  f.).  9ln  ^omer  unb  aufeerbem  an  5piato  ^at  pd^  bie  Äritil  au^ebilbet  Sei 
$omer,  bem  bie  größte  ©orgfalt  getoibmet  tourbe,  unterfud^te  man  in  erfter  Sinie  ben 
%^lt,  ftellte  Unregelmägigteiten  feft,  nai^m  UmfteQungen  \>ox  unb  fd^ieb  unechte  Serfe 
aud.  ©0  erhielt  man  einen  recenfterten  unb  emenbierten  lejt.  2Bar  ber  3ufammens 
l^ang  nid^t  tlar  ober  geigten  fid^  9[Biberf})rüd^e,  fo  tourben  fte  martiert  unb  burd^  SrHönmg 

80  bejeitigt  (äjiogiai,  kvoeig).  Slud^  bie  oxdvdaXa  im  §omer  (t)gl.  31.  ^ermeneiitil  III  2), 
bie  bereit«  ^lato  fammelte  (Rep.  II,  ©.  378—394),  lourben  ^ermeneutifd^  bel^anbelt. 
®ie  ^ritil  ging  noi)  toeiter.  ^o  bie  Überlieferung  ber  ©d^riften  unfi(^er  toar,  toui^e 
über  bie  Sd(|tl^eit  ober  Uned^tl^eit  toerl^anbelt.  Unter  ben  gefammelten  ©d^riften  ?|ilato« 
ftellte  man  nic^t  toenige  al«   v6§oi  beifeite.    Slud^  bie  ^^olge   feiner  Dialoge  unterfud^te 

86  man;  fie  tourben  in  ®nH)t)en  jufammengeorbnet.  (3ur  ^omerfritil  g.  31.  SBolf,  Prole- 
gomena  ad  Homerum  1795,  Se^r«,  De  Aristarchi  studiis  Homericis^,  1888; 
gu  ^lato,  Diog.  Laert.  III,  56  f.  61  f.  65  f.).  ©o  ift  bie  grage  nad^  ber  Integrität 
unb  ber  Slut^entte  in  ber  ^ritif  be«  SUtertum«  f})rud^reif.  3lm  energifc^ften  tourbe  für  bie 
^erftellung   ber  3"^C9rität  gearbeitet.     3)ie  Älagen  über   bie  35iaffeuafken  (Seorbeiter, 

40  interpolatores)  bc«  ßomer  finb  ebenfo  lebhaft,  toie  bie  Älagen  über  bie  ©iaffeuaften 
ber  ©öangelien.  S«  bilbcte  fic^  für  bie  2^eEtfritif  eine  fefte  3Ket]^obe  au«.  Umftritten 
blieben  ftärlere  Eingriffe,  bie  jur  ännal^me  toon  3lt]^etefen  unb  ^u  Sluöfd^eibungen  führten, 
35er  3^^!^""^  biejer  arbeiten  toar  bie  §erftellung  be«  lejte«  tn  möglid^ft  öoDIommener 
?form,  bei  ber  ba«  äft^etifc^e  ^«tereffe  ben  Slu^fd^lag  gab.    3)ie  beften  ©tilmufter  foDten 

46  in  befter  Raffung  Vorliegen,  dagegen  lie^  man  bie  ©laubtoürbigfeit  ber  al«  Qafftfd^  an* 
gefe^enen  ©d()riften  ununterfud^t.  3^r  SBert  ftanb  t)on  Vorneherein  feft.  3^re  Se^eiigung 
nol^m  man  auf  3:reue  unb  ©lauben  an.  6«  fe^lt  an  jebem  SSerfuc^,  eine  I^eorie  in 
biefer  ?ltd^tung  au^^ubauen.    3lux  gelegentlid[)e  3^eifel  toerben  laut,   bleiben   ober  o^ne 

^  3Kand^e  3:^eologen  J>aben  e«  runbtoeg  Demeint,  ba^  bie  })atriftifd^e  ^Ai  Äritil  geübt 
^abe.  3)a«  Urteil  erfdfieint  auf  ben  erften  ©lief  loai^rl^aft  felbftt)erleugnenb  vorurteilsfrei 
unb  „aufgeflärt",  ift  aber  falfd^.  3öie  bie  >)atriftifd^e  Sitteratur  ftd^  in  ber  3!enbenj  axS* 
bilbete  unb  orientierte,  bie  Sittcratur  ber  2tnti!e  ju  tjerbrängen,  neue  Älafftfer  an  bie  ©tdle 
ber  alten  ju  fe^en,  eine  neue  SBiffenfc^aft  anzubauen,  fo  ift  aud^  bie  Äritif  be«  ^eHenid^ 

^  mu«  jur  ©rl^altung  unb  ©id^erung  ber  neuen  Slaffiler,  b.  ^.  ber  fanonifd^en  ©c^riften  be8 
31  unb  31%,  übernommen  unb  angetoanbt  toorben.  ^toax  l)at  biefe  3lufgabe  feinen  d^riftlic^en 
Slriftarc^  gcfunben,  aber  fte  tourbe  ate  eine  nottoenbige  erfannt  unb  mit  ben  toon  ber  ^elle» 
niftifd^en  $^ilologie  gcfd^miebeten  SBerfjeugen  ju  löfcn  berfud^t.  3llejanbria  unb  9(nttO(^ia 
pnb  bie  §auj)tftätten,  an  benen  bie  Ideologen  ber  t>atriftifd^en  ^txt  Äritil  üben  lernten  }um 

<K)  ^ommen  be«  ©c^riftverftänbniffe«,  toie  aud^  in  ben  Kommentaren  bie  übliche  ^I^Uologtfc^ 


ftrit»,  HUtff^e  141 

SRet^obe,  Anogiai  )u  ermitteln  unb  kvoeig  ju  geben,  angetoanbt  h^trb.  ä^nltd^  eignete  bie 
abc^fUid^e  Jtunfl  ftd^  bie  ontilen  ^^ilofop^ent^^en  an  unb  geftaltete  bement{))re$enb  bie 
Xfptn  ber  ^o^td  unb  ^eiligen.  35oci^  e^  barf  nid^t  überfeinen  Serben,  bafe  bie  fritild^c 
Arbeit  ber  ^eDcniften  unb  ber  Äirc^ent)äter  unter  tjerfd^iebenen  ®efic^t^})un!ten  fic^  öott« 
gie^t.  gür  jene  tvax  ha§  äfti^etifd^e  ^ntereffe  leitenb,  für  biefe  ba^  religiöfe.  3lene  hjottten  6 
bie  ®runblage  ber  geiftigen  S3Ubung  feftigen,  biefe  für  bie  jutoerläfftge  Überlieferung  ber 
Offenborunggurfunben,  beö  S^^^^Ö^ff^  ^^  göttlid^en  SBei^^eit,  3}orforge  treffen.  3)iefer  ß^a« 
roher  namlid^  mürbe  ben  biblifc^en  Sd^riften  o^ne  h^eitere^  aU  felbftt)erftänblidn  ^uerfannt, 
gerabe  fo  tane  $omer,  ber  infpirierte  ©id^ter,  ate  ba«  3Jlufter  DoIHommener  3)arftellung 
galt.  Urib  toenn  bie  ^efleniftifd^e  ^l^ilologie  eingeteilt  toirb  in  tö  dtoQ^corixdv  (jxigog),  lo 
t6  dvayviooTixdv,  ro  i^rjyrjrixdv,  x6  xQirixöv  (Scdter,  Anecdota  736),  fo  tDÜrbe  Dri« 
gened  ober  X^eobor  t)on  !lKo})fueftia  für  bie  tl^eologifc^e  älrbeit  btefe  Einteilung  ^aben 
übernehmen  fönnen.  3^e  Seiftungen  entfprad^en  berfelben.  Slud^  bei  i^nen  bient  bie 
Stritit  ber  i&ermeneutif. 

2)ie  arbeit  ber  Äin^entjäter  für  bie  S^ejtfritif  unb  i^re  2lnfä$e  gur  ^Prüfung  ber  ^n^  i6 
tegritot  ber  biblifc^en  ©c^riften  ift  ben  Seiftungen  ber  ^elleniftifc^en  $^ilologie  nid^t  eben* 
bürtig.    35a^    grofte  Untemel^men    beö  Drigeneig,   ber   ben    öertoirrten   Sejt   ber  LXX 
met^obifd^  in  Orbnung  bringen  tooQte,  blieb  ein  Xorfo   unb   brad^te   in  ber  «^otge  me^r 
Sertoirrung  ald  JKärung.    Seine  Xec^nif  toar  babei  bie  ber  ale^anbrinifc^en  ?ß^Uotogen. 
2)un!^  fritif(^e  3^4^  ^^  SRanbe  be^  Xtjct^  ioerben   bie  Urteile   über   ben  Sad^ftanb  20 
f^ert,  burd^  ößeXol,  äoreQioxoi  u.  a.    2Bie  lange  biefe  Überlieferung  ftd^  erhielt,  betoeift 
bie  9loti3  bc^  ^f**^'^  (Orig.  I,  20) :  Obelus  apponitur  verbis  aut  sententiis  super- 
flue  iteratis.    %nx  ba^  31%  ift  tro|  aOer  jllagen  über   toiafürlic^e  @ingriffe   ber  ^ia^ 
f feuaften  (1, 3)  eine  burd^greifenbe  dioQ&cooig  nic^t  burd&gefül^rt  toorben.  ^^ox  bon  diog- 
dovv  ift  öfter  bie  SRebe,  aber  in  bem  üblen  ©inne  lüillfürlic^er  unb  tenbenjiofer  äbänbe«  25 
rung,  —   bie   JÖXfjiri  xivarv  fjLox^Qä  rrjg  diOQ^cboecog  rcbv  yQaq)ojueva)v  (Orig.  in 
Mt  XV,  14),  toie  bie  diog^coaeig,  bie  ^tian  in  ftiliftifd^en  ©löttungen  an  ben  ©riefen 
bed^ßoulud  tjoma^m  (Euseb.  H.  E.  IV,  29, 6),  ober  toeld^e  bie  5Konar^ianer  fic^  erlaubten 
(Euseb.  H.  E.  V,  28,  15  ff.).    SBag   üon  ben  SRecenftonen   beg  Sucian  unb  ^t\t)^m^ 
)u  fydtm  ift,  über  bie  ^ieron^mu^  fo  abfd^ä^ig  urteilt,  bleibt  ungeh^i^.    älud^  bed  ^iero^  so 
tOfmu^  Semü^ungen  um  einen  beffcren  SSuIgatatejt  fd^ufen  für  bie  Sejtlritil  felbft  feinen 
SSonbel.   älnberd  öer^ölt  e^  ftd^  in  ber  Äritif  ber  Überlieferung  be^  ntl.  Äanon^.  §ier  fmb 
bie  ^irc^t)ater  ben  ale^anbrinifd^en  ^^ilologen   ebenbürtig.    äBö^renb  nämlid^  ber  atl. 
5tanon,  toie  bie  LXX  i^n  barbot  —  ber  ^ebräifc^e  Jlanon  toarb  nid^t  ©eaenftanb  befon« 
bfrec  Unterfud^ung  — ,  ald  in  feinem  ©eftanbe  gefiebert  galt,  tourbe  bie  Hanonidtät  ber  86 
ntl.  ©((triften  forgfällig  ge})rüft.    3)ie  Äirc^engef^id^te  bce  Sufebiu^  giebt  öon  ben  SSers 
^blungen  ui^  i^ren  ^ottt)en  ein  greifbare^  ©ilb,  bad  bie  fonftigen  ^ac^ric^ten  beftötigt 
unb  bereichert  (^einrici,  Beiträge  I,  ©.  57  f.).    ©olool^l  bie  grage  nac^  ber  §ertunft  unb 
bcm  öffentlid^en  ®ebraud^  ber  ©d^riften,  al^  aud^  bie  t^age  nac^  Sd^tl^eit  unb  Uned^tl^eit 
imrb  ertoogen.    ^ie  ©rabunterfc^iebe  ber  (Srgebniffe  toerben  Uafftfigiert.    2)abei  bient  bie  40 
^£erminoIogie  ber  ^eQeniftifd^en  ^^ilologen  auc^  ben  Jlirc^enDätem.    SBie  bei  ber  ©etoin^ 
imng  ber  ©rgebniffe  öerfa^ren  tourbe,  geigt  bie  Äritil,  bie  ©ion^f^o^  öon  Sllejanbria  an 
ber  aH)ofal^fe  übte  (Euseb.  H.  E.  VII,  25).    »uf  (Srunb  innerer  (Srünbe  gelangt  er 
}u  bem  ©d^luft,  ba^  biefe  ©(^rift  bem  äpoftel  go^anne«  abgufprec^en  fei.  Slu^e^enb  toon 
ber  unbestrittenen  älnna^me  ber  Sc^t^eit  M  Süangcliumd  ^0  beleud^tet  er  bie  t)erfc^iebene  45 
SBetfe,  toie  ba«  (Stjangelium  unb  bie  Sljjofal^pfc  fid^  einfül^rt,  ben  abtoeic^enben  (S^arafter 
ber  ®ebanlen,  Slu^brücfe  unb    beig  ©tiü,   ben  üJlangel   jeglicher  Segie^ung  ber  übrigen 
©elften  be«  30  auf  bie  ätol,  er  übt  ©prad^fritif  unb  Rritit  au^  ben  Analogien.    9lid^t 
9Ko4!tfj)rüd^e  ber  Ürt^lid^en  äutorität  alfo  entfc^ieben  über  bie  Äanonicität.   ßrft  feit  bem 
4-  3<^^^*>^  P"b   bie  fd^toebenben  SJer^anblungen,  bie  nac^  Scfc^affenl^eit  ber  Übers  50 
Iteferung  burc^  fac^lid^e  ®rünbe  nid^t  erlebigt  toerben  lonnten,  burd^  ©i^nobalbefd^lüffe  unb 
2)c(rete  jum  ©dj^toeigen  gebracht.    35iefc  fallen  in  eine  S^xt,  in  ber  bie  b^jantinifc^e  ©e* 
(e^rfamlett  bie  ^^rung  übernommen  ^atte,  bie  ben  ©(^ulbetrieb  burc^  ÄompUieren  unb  Qp 
cetpxetm  aufredet  erhielt,  o^ne  ftc^  um  fritifc^e  tragen  anber^  al^  gelegentlid^  ju  fümmem. 
Unb  andf  im  Slbenblanbe  toar  e^  nid^t  anberd,  too  bie  5tlofterfc^ulen  bie  2:rabitionen  ber  66 
alten  Jttrc^  in  ))ietätt)oller  Sefd^rönfung  unb  ^efd^rönttj^eit  fortpflanzten. 

3.  3Kit  ber  SReformation  ertoad^te  öon  neuem  bie  biblifd^c  Äritif,  nacbbem  ber  §uma- 
ntdmud  baju  ben  Soben  bereitet  ^atte.  ©ie  betocgt  fid^  ^unäd^ft  innerl^alb  ber  ©renjcn 
ber  iHüriftifd^en  Äritif.  SBäie  bem  §w^ö«t^»"u^  bie  toieberentbedte  flaffxfd^e  Sitteratur  ge^ 
tmffnma|en  al&  lanonifc^  galt,  fo  toar  ben  äleformatoren  bie  93ibel  bad  SSiort  ©otted.  eo 


142  fttttil,  (tbltfflle 

Slbcrlücnn  fie  aud^  ,,bic  ©d^rift"  nid^t  Irittficrtcn,  fo  nal^mcn  fw  bieSlufgabc  beräBertun^ 
ber  Schriften,  ber  einzelnen  Seftanbtcilc  bc^  Äanong,  eben  an  bem  fünfte  auf,  bid  )u 
bem  fte  ethja  Sufebiu^  ßcfül^rt  ^atte.  Sie  crfenncn  SBäcrtunterfd^iebe  an  unb  fonbem  bic 
©dE)riften  in  Älafjen.  ©an^  toie  in  ber  alten  ÄirdE^c  lüirb  bie  ^age  na^  ber  l^nft^itotion 
5  ber  Sibel  nicf^t  Leiter  erörtert ;  biefe  gilt  atö  felbftberftänblic^.  3)urc^fd^laflenbc  ^Rotiot 
für  bie  SBertung  geben  aber  nid^t  gefd^ic^tlid^e  ®rünbe,  fonbem  bag  Sebürfnig  bcrSeelens 
na^rung.  3Rit  toelc^er  grei^eit  fürt  fic^  Sut^er  fraft  feiner  ®Iauben^eh)ife^eit  feinen 
Äanon  au^  ben  fanonifc^cn  ©d^riften !  %ixx  ben  S^atbeftanb  ift  eö  bebeutfam,  baft  a 
auf  biefem  fubjjettiben  äBege  ju  Sßertungen  lommt,  bie  ben  bon  (Sufebiud  berichteten  faft 

10  boÜftönbig  entf))re(^en. 

Seftimmtere  formen  unb  3^^^^  erhielt  bie  Äritil  feit  ben  SSerfud^en  einer  bogmati« 
fd^en  ^i^ierung  ber  ebangelijd^en  Airc^enle^re.  ^ie  Slu^bilbung  ber  alt))roteftantifd^ 
3nf})iration^Ie^re  mottte  gum  ©efe^  erl^eben,  \oa^  big  bal^in  jd^lid^te  religiöfe  SSorau^fe^unfl 
hjar.    ©ie  hjollte  bamit  einen  äöall  aufrid^ten   gegen  bie   fatl^olifd^en  angriffe   auf   boä 

16  ebangelifc^e  ©(^rift})rinjij3  unb  jd^miebete  bamit  ^ugleid^  eine  ^eflel  für  bie  freie  Setoegung 
ber  tl^eologifd^en  2Biffen|c^aft.  3)cr  ganje  3«"i"i^^^  ^^^  2l})ologetiiE  auf  alle  gätte  unb 
einer  §örmoniftif  mit  Sejd^toid^tigungen  unb  S^^fl^Ö^tt^itt^^»^  toar  bie  golge  babon,  fobolb 
bie  unfad^lid^  formulierte  Slutorität  mit  ber  SBud^t  ber  S^l^atfad^en  in  Äonflift  fam.  Unb 
bag  mu^te  gefd^e^en.    Sin  bem  lejtbeftanb  beg9l2  ertoac^te  ba«  Iritifd^e  ©etoiffen.  3)a8 

20  2)ogma  bon  ber  SQ3ortinf})iration  ^atte  ben  übelberatenen  textus  receptus  —  fo  toar  er 
auf  Orunb  einer  9lellamet)l^rafe  be«  SJerleger^  ßljeüir  genannt  toorben  —  getüiffermafeen, 
toenn  aud^  unau^gefproc^en,  lanoniftert.  ^nä)  mit  bem  Sejte  ber  3Kafora,  big  auf  bie 
SSotaljei^en  ^in,  tourbe  bieg  berfud^t.  ©otoie  man  aber  einen  te^tlritifc^en  9l))))arat  )u 
fammeln  begann  unb  bie  älbh^eid^ungen  in  ber  Xe^tüberlieferung  jufammenfteQte  unb  orb« 

26  nete,  ba  fonnte  ber  ©a^  nic^t  mel^r  mit  guten  (Srünben  aufrecht  erhalten  toerben,  bo^ 
ber  ^l.  (Seift  auc^  bie  irrtumgfreie  ©eftalt  ber  biblijc^en  lejte  verbürge. 

2lber  auc^  bag  bogmatifd^e  Urteil  über  ben  ^ni}ali  ber  ©(^rift,  über  jeine  perspi- 
cuitas  et  sufficientia,  fc^eiterte  an  ben  'S^atfad^en.  ®ie  ©egenfd^e  ber  äluglegung,  in 
benen  ©eften  unb  SRed^tgläubige  fic^  befämpften,   bie  fleifeige  ©ammlung   ber  9Jad^ri(^ten 

80  jur  Oefc^id^tf  beg  Äanong,  bie  burc^  bie  ^ortjc^ritte  ber  Srfenntnig  beg  ältertumg  getlärte 
gefd^ic^tlic^e  Sluffafjung,  lur^  aUeg  Wa^  TOänner  toie  §ugo  (Srotiug,  SRic^arb  ©imon  unb 
alle,  bie  il^nen  folgten,  für  bag  gejc^ic^tlic^e  ©c^riftöerftänbuig  geleiftet  ^aben,  erfc^ütterte 
langfam  aber  unaugn^eic^lid^  bie  @runblage  beg  altproteftantifd^en  3nf))irationgbogmag. 
9Sarb  eg  nic^t  lorrigiert,  fo  mufete  eg  ^um  93rud^  fommen  gtüifc^en  ber  fird^lid^en  %\)ti>* 

86  logie  unb  ber  h^iffenfd^aftlid^en  ^ritif,  ju  einem  ^rud^,  ber  jtoar  berfd^leiert,  aber  ni(^t 
gej^eilt  Serben  fonnte. 

3n  biefem  Oegenfa^  ^at  fic^  bie  biblifc^e  Äritif  enttoidEelt  unb  burd^gefe^  ÜKe^ 
unb  me^r  tüurbe  fie  eine  antibogmatifd^e,  inbem  fie  nic^t  fpürte,  baft  fte  felbft  bon  anti= 
fird[|lid^en   bogmatifc^en  SSoraugfe^ungen   geleitet  marb.    ^enn   auc^   bie  antibogmatifc^ 

«o^ritif  ift  big  ^ur  SRitte  beg  18.  ^a^rl^unbertg,  toag  3Qerturteile  unb  bie  Übergeugung 
beftimmenben  ©rgebniffe  anlangt,  bogmatifc^  gcbunben.  3^r  Älaffifer  ift  ©pinoja,  ber 
in  feinem  tractatus  theologico-politicus  (1670)  bie  aufgäbe  in  ber  fürbiegolge  ma^ 
gebenben  SQSeife  formulierte.  SBeber  ber  ©fet)ticigmug  beg  17.  ^So^^N"^^^/  ^^^  ^w 
ä)eigmug  unb  ber  Stationaligmug  beg  18.  ^aben  an  feiner  grageftellung  ettoag   geänbert; 

46  nur  ben  Xon  ber  ^ritif  änberten  fte,  unb  jmar  nid^t  ^um  Vorteil  ber  ©ac^e.  ©)>tnoyi 
giebt  eine  ergreifenbe  ©d^ilberung  beg  geiftigcn  SRotftanbeg,  ben  bie  bogmatifc^  erftarrte 
3:j[>eologie  ^crborgerufen  l^at.  6r  toill  an^  ber  Sibel  ein  unbogmatifc^eg  6^riftentum  ge« 
toinnen,  unb  jtoar  burc^  Äritif  ber  Überlieferung.  3)ieg  ßbriftentum  fotl  in  feinem  Unter« 
fd^iebe  bon  ber  ^l^ilofop^ic   alg   Jjrattifc^e  Sebengle^re  (obedientia)   öerftanben  toerben. 

eoSBäag  barüber  l^inaugge^t,  toirb  burc^  ben  SSerfud^  befeitigt,  eg  alg  jeitgefc^ic^tlic^  bebingt 
ober  alg  bem  gaffunggbermögen  niebrig  ftc^enber  ©inftd^t  anget)a6t  ju  eirflären.  !Raments 
lid^  auf  bie  Sefeitigung  ber  SBunber  rid^tet  fic^  biefe  Äritif.  3^^  ©rgebnig  ift  aber  ntc^t 
bag  ©c^leiermac^erg,  ba|  ber  Religion  il^re  unabl^ängige  ^}5robinj  im  (Seiftegleben  ange« 
toiefen   toirb,  fonbem   bie  ^ormel:   bic  Sieligion   barf  ber  Semunft  nic^t  h?iberf))re(^. 

66  Diefer  ©a^  toarb  bag  2)ogma  ber  antifirc^lic^en  Sibelfritif .  Der  ©egenfo^  bon  3}emunft 
unb  Offenbarung  trat  ^eraug.  2)ie  ßnttoidtelung  ber  Sibelfritif  ift  bon  biefem  ®egenfa|e 
beftimmt,  ber  in  bm  berfc^iebcnartigftcn  älbtönungen  fte  burc^bringt,  o^ne  jum  ftaren 
Slugtrag  fommen  m  fönnen. 

Cg  ftnb  berfd^lungene  Sinim  unb  ftd^  freu^mbe  S^t^^^cn,   in  benen   im  Saufe  beg 

ao  17.  ^a^r^unbertg  bie  @nttt)idelung  ber  Jlritif  in  immer   leb^afterm  SSer^nblungen  unb 


SriHI,  HUiff^e  143 

mit  bcm  Suftoonbe  ftd^  immer  tociter  auöbcl^nenber  ©ele^rfamfcit  boH^iel^t.  ©ie  fc^tc 
ein  mit  ber  Ztjct^  unb  Äonjetturalfritif  unb  erlüettcrte  ftd^  auf  bie  Ärittf  beig  Äanong  unb 
be«  ^n^oltd  ber  Biblifc^en  Süd^cr,  hjobei  im  Kampfe  ber  Ort^obo|ie  mit  bcm  ^ieti^mu^ 
unb  ber  älufHärung  aUmä^lic^  bie  @rlenntni^  aufleuchtete,  ba^Steligipn  ettDad  anber^  fei 
ald  3^ologie.  S3i«  in  bie  9Ritte  be^  18.  3a^r^unbertg  rei^t  biefc  Übergang^periobe,  in  6 
ber  fid?  ber  3Biberftreit  gtoijc^en  ber  S^^eologie  unb  ber  „hjeltlic^en"  Söiffenfc^aft  au^bilbete, 
o^e  bo^  bie  ju  ®runbe  liegenben  $rimi)}ienfragen  entfd^cibenb  erlebigt  h^urben. 

35ie  erften  SSerfud^e,  eine  fritifd^e  3)cet^obe  au^jubauen,  übten  fic^  an  ben  römifd^en 
JKaffttem  unb  lehrten  bie  Äunft  be^  ©menbieren^.  %,  SRoborteßu^  veröffentlichte  in 
^ßabua  1557  De  arte  sive  ratione  corrigendi  antiquorum  libros  disputatio.  Sein  lo 
^i^  i%  scriptores  pristino  nitori  et  elegantiae  reddere.  ^n  flüchtigen  R^gen  ^an- 
belt  er  Don  bem  (S^rafter  ber  §anbfd^riften,  öon  älbbrebiaturen,  SJerfe^ung  bonSud^ftaben. 
91^  ^^lerqueQen  giebt  er  an  bie  additio,  ablatio,  transpositio,  extensio,  con- 
tractio,  distinetio,  copulatio,  mutatio.  f^einfmniger  unb  einbringenber  h^ar  bie  gleich« 
jeitig  erfc^etnenbe  Sc^r^  be^  ^.  &itpf)anu^,  Castigatio  in  M.  T.  Ciceronis  locos  is 
quam  plurimos,  beren  Unterfud^ung  de  origine  mendorum  bem  S.  6a))))eUud  in 
feinen  tertfritifd^en  älrbdten  antrieb  unb  SSorbUb  abgab.  @ad}).  @ciot)))iu^,  De  arte 
critica  et  praecipue  de  altera  ejus  parte  emendatrice  (1597),  Derfolgt  eine  ton- 
fertKitit>e  Xenbenj.  6r  rid^tet  fid^  gegen  ©elel^rte,  qui  temeritate  et  plus  quam  ju- 
yenili  audacia,  nullis  omnino  libris  veteribus  adjuti,  passim  in  omnes  scrip-  20 
tores  grassati  sunt,  ^ie  $^^^f^^f^^^  f^^  h^^^  B^  unterfuc^en,  @menbationen  au^ 
ben  J5<inbfc^riften  unb  burc^  itonjeftur  feien  au^einanber  ju  galten.  ^^  ^,  Sialefiu^ 
@(^nft  De  arte  critica  blieb  unboßenbet  (jule^t  ebiert  öon  Surmann  1745);  \oa^  öor« 
^nben  ift,  be^anbelt  bie  ®efd^id[|te  ber  Äritif.  3"?^"^^^"^^^  ""^  ^^^  ^'^^^^  berÄlaf^ 
fiter  unb  ber  Sibel  öerbinbenb  ift  ba^  SBerl  öon  3^^.  Glericud  Ars  critica,  in  qua  26 
ad  studia  linguarum  Latinae,  Graecae  et  Hebraicae  via  munitur  veterumque 
emendandorum  et  spuriorum  a  genuinis  dignoscendorum  ratio  traditur  (3  35be, 
1697.  '  1730).  9Rit  ga^lreid^en  gut  gctoä^lten  Seifpielen  erläutert  er  bie  Don  i^m  auf* 
OefteQten  Segeln,  bie  jum  Seil  treffli^  formuliert  finb.  Slber  aud^  bei  il^m,  toie  bei 
feinen  Sorgängem  fiept  bie  Jtritit  noc^  ganj  im  Xienfte  ber  i^ermeneutif,  obmo^l  Slnfä^e  90 
jur  @rfaffung  i^rer  felbftftänbigen  Sebeutung  ftc^  pnben.  3ft  6lericuö  bod^  ber  erfte,  ber 
bie  ©inftc^t  audf})rid^t,  ba^  ber  Hanon  eine  (Sej^ic^te  f)ah^.  —  3)ie  t^eoretifc^en  Anregungen 
biefer  Schriften  finb  für  bie  Sibelfritif  in  SBerfen  Verarbeitet,  bie  tejtfritifd^e^  unb  ^ifto- 

Sd^ed  SRoterial  jur  @(^riftaudlegung  unb  Sd^riftbeurteilung  aggregatmö^ig  unb  WtxU 
ic^tig  jufammenfteUten.  Unter  i^nen  rttgten  bie  Criticae  sacrae  be^^  £.  Sa))^ellu^  86 
(1634),  bed  a.  Pfeiffer  (1680)  unb  8.  &atpioYD  (1728,  2  Sbe)  ^ertoor,  bie  grunbfä^lic^ 
mit  Derfc^ieben  ftarfer  Setonung  bie  unantaftbare  Slutorität  ber  ^l.  Schrift  aufrecht  er^ 
galten,  —  bie  aufgäbe  ber  „^eiligen"  Äritil  fei,  dextre  judicare  de  sublim!  sacrae 
scripturae  origine,  irrefragabiU  auctoritate,  intemerata  perfectione,  fagt  6ar))5on). 
Senn  aber  einige  unter  i^nen,  toie  S.  ßajjJjeHu^  \xd^  Äonjefturen  im  maforetijc^em  Jejte  40 
geftotten,  fo  erregt  bo^  nun  ebenfo  ben  3^^  ^^  Ort^obojcn,  bie  eben  biefen  %^t  für 
getoifferma^en  unantaftbar  ertlärten,  toie  ba^  bem  Saurentiud  iUalla  unbßrodmu^  g^gen» 
über  einft  bie  SSerfec^ter  ber  unantaftbaren  Slutorität  ber  äSulgata  Derfuc^t  Ratten. 
92o(^  Säoldenaer  fanb  ed  notig,  toiber  bie  te^tfritifc^e  Drtl^obo^ie  eine  toertDoÜe  Stebe  ju 
^ten :  De  critica  emendatrice  in  libris  sacris  a  litteratoribus  quos  vocant  non  46 
adhibenda  (Hemsterhusii  et  Valck.  orationes  1784  6.  301).  —  3)ie  Unterlage 
für  atl.  3:e5ts  unb  Äonjefturalfritif  ^atte  ber  Dratorianer  3-  3Jlorinu^  in  ben  Exer- 
dtationes  biblicae  de  Hebraei  Graecique  textus  sinceritate  etc.  (^ari^  1633) 
jugerid^tet,  ber  bie  LXX  afö  au^  reineren  Quellen  ftammenb  bem  maforetifc^en  2^ejte 
gegenüberftellt.  Diefe  SBertung  tourbe  burd^  ben  §intoei«  auf  bie  unftc^ere  Sejtüberliefe^  60 
tung  ber  LXX  namentlich  öon  feiten  Jjroteftantifc^er  ^5^^^^  W^Ö  beftritten.  3)em  31% 
gegenüber  toar  bie  Äritif  jurüdE^altenber.  Sefonber«  ÜRiC  (1707)  unb  SBetftein  (1751. 
1752),  beffen  toertDolle  ^rolegomena  (f^on  1730  üeri)ff entließt)  für  bie  ©c^icffalc  be« 
Zc^ted  3laiSjind)Un  aui  ber  ))atriftifc^en  Sitteratur  ^ufammentrugen,  fammelten  einen  te^t« 
trittfc^en  9()))>arat  in  größerem  Umfange;  93engel  ^at  atö  ber  erfte  e^  getoagt,  ben  textus  66 
reoeptus  )u  änbem,  inbem  er  bie  i5^n^f4Tifi^>^  ^^^  ^^^^^  SUerte  ^u  fc^ä^en  unb  ju 
grut^ieren  unternahm  (1734).  35e«  gro|en  SR.  Sentle^  älbfic^t,  eine  neue  Stecenfion  be« 
griei^ifc^  3:ejte^  unb  ber  33ulgata  gu  liefern  (1720  erfc^ien  eine  $robe),  fc^eiterte  an 
bem  SBiberftanb  ber  S^eologen.  (Sr  toollte  ben  Cod.  A  ju  (Srunbe  legen  unb  bie 
berbefferte  SBulgata.     Sein  Programm    tourbe    um    ein  ^a^r^unbert  f))äter    im   toe-  eo 


144  ftrtta,  (iBItfdre 

fentltd^en    t)on  S.  Sad^mann  aufgenommen  unb   h^irlt  fort.    (3)a$  9t&l^e  hn  XttSd 
StbelteEt  ©.  755  ff.) 

älud^  in  ber  SRetl^obe  ber  DueQen{nttI  tDor  Sentlej^  3lad}tDÄ^  ber  Unec^tl^ett  bon 
ben  Briefen  be^  '^^olarid  grunblegenb.  ^ür  bte  Stbel  blieb  e^  bei  bereinjelten  äSetfuc^, 

5  bie  meift  auf  me^r  ober  minber  begrünbete  Vermutungen  anliefen.  9tamentlid^  m  ben 
Greifen  ber  älrminianer,  bie  meift  mit  guter  f})rac^[i(i^er  unb  ^iftorifc^er  ©ele^rfomlett  mt^ 
geftattet  haaren,  unb  ber  bogmatifd^  enegten  Sodnianer  fehlte  ed  an  folc^en  nid^t  S>ad 
äBertüoQfte  bat^on  enti^alten  bie  Stommentare  be^  $.  ®rotiud  jum  31%,  ber  g.  9.  bie 
UmfteDung  ber  beiben  S^effalonid^erbriefe  üorfd^Iägt.    ©infam  fte^t  in  i^rer  3«t  btc  erjte 

10  an  ber  ®en  burc^gefü^rte  Dueßenfd^eibung  beö  franjöfifd^en  ärjte^  ^tan  äftruc  (CJonjec- 
tures  sur  les  m^moires  originaux,  dont  il  parait  que  Moyse  s'est  servi  pour 
composer  le  livre  de  la  Genese  1753).  35en  Stanb  ber  ^iftorifd^en  Jlrtttt  bid  \xA 
18.  ^a^r^.  lenngeid^net  ber  f^eftige  Streit,  ben  Spinoga^  tractatus  theologico-politicus  on^ 
fadste,  unb  bie  freien  ^^antafien  über  ben  Urf))rung  bed  atl.  fianond,  in  benen  bie  ort^obosat 

16  3^eoIogen  mit  5Kännem  toie  31.  ©imon  toetteiferten.  ^m  18. 3^^^^.  fteigerte  fic^  bie  anti« 
bogmatifd^e  Jtritif  ju  immer  fd^örferem  ©egenfo^e.  Xie  ^erfud^e  }um  ®rfa^  ber  traditionellen 
änfd^auungen  futb  bürftig.  3)er  englif^e  3)ei^mu^  griff  plump,  mit  })^arifäifc^  3^ 
bringlic^Ieit  namentlid^  bie  (Sefd^id^tli^feit  ber  alt.  ©c^riften  an  (g.  9.  3.  lolanb,  Adesi- 
daemon  et  origines  Judaicae  1709).     ^er  ©Ie))tict^mu^  (Sa^Ie)  freute  ftc^  an  bem 

20  9lad^lüeig  ber  öe^d^iebenen  Urteile  über  ben  ®e^alt  ber  Sibel,  bie  ftd^  gegenfeitig  auf« 
^oben,  unb  münbete  aud  in  frivole  Verachtung  ber  ))ofitiDen  Sieligionen  (Voltaire  tc), 
S)er  3lationali£Jmu^,  beften  $auj)tfü^rer  in  2)eutjd^lanb  ber  unftäte  (Sbelmann  h)ar(9RofeÄ 
mit  aufgebecftem  ängefic^t  1740),  fud^te  in  breifter  gw^^^P^t  im  Vertrauen  auf  bte  un« 
toiberftel^ltd^e  Äraft  be^  gefunben  9Renfc^ent)erftanbe^  ju  bereifen,  baft  e«  in  ber  ©efc^tc^te 

26  {eine  Siätfel  giebt,  fonbem  alles  auf  feinen  rationellen  @ang  jurüclgefü^  Serben  loim. 
6ine  tiefere,  bie  ©ad^e  bereic^erenbe  Vetoegung  betpirfte  an  ber  9leige  be«  Sa^r^unbertd 
bie  Veröffentlid^ung  ber  „SBolfenbütteler  ^agmente"  unb  ber  fid^  baran  Inüj)fenbe  Streit 
gtDifd^en  Seffing  unb  ®ö^e.  ®egen  bie  ma^lofe  Jtritif  beiS  englif^en  ^eidmud  richtete 
ftc^  baS   tt)ertt)olIe  ©ammeltpert  SarbnerS  (Collection   of   the   ancient  judish   and 

80  heathen  testimonies  to  the  thuth  of  the  chrisüan  religion,  beutfd^  t>on  9rul^ 
unb  ^eilmann  1750.  51,  5  Vbe).  ^aS  h?if(enfd^aftlid^e  ©leid^getpid^t  fuc^ten  buxi^ 
energitee  fid^  emancijjierenbe  ©ac^fritif  t)or  anberen  ^erjuftellen  3-  3).  SRid^aelid  unb  ber 
ed^te  äfle>)räfentant  ber  ÜbergangSperiobe  3-  ©•  ©emier. 

4.  3)ie  epoc^e  ber  fritifc^en  3lrbeit,   in  ber  lüir  ftei^en,  beginnt  mit  bem  Slu^ang 

86  beS  18.  Sö^'^'S^unbertS.  ©ie  je^t  bie  grunbfä^lic^c  änerfennung  einer  rein  öon  ber  ©ac^ 
geleiteten  unbogmatifc^en  Äritif  burd^  unb  ftdlt  bie  aufgäbe  einer  SRefonftruftion  ber  ur« 
f))rünglid^en  Vefd^affen^eit  unb  beS  tvirflid^en  Verlaufs  auS  ben  gegebenen  Duellen.  9(ber 
ollerbingS,  ber  ©cgenfa^  Don  Il^eorie  unb  $rajiS  ift  mit  ber  änerlennung  ber  rid^tigen 
©runbfä^e  noc^  nic^t  aue^eglid^en.    ^ieS  ^ängt  gufammen  mit  ben  unftd^eren  Veftim« 

40  mungen  beS  äBefend  ber  iReligion.  Vei  ben  Verfuc^en,  fie  abzuleiten,  toirit  noc^  immer 
tro^  ^ant  unb  ©c^leiermac^er  bie  alte  Meinung  nac^,  fte  fei  modus  et  ratio  Deum 
cognoscendi  et  colendi.  Xa^er  h)trb  fie  teiU  ber  $^ilofo))^ie  untertoorfen  (bie  t)on 
§egelbeftimmteÄriti!),  teite  öom  ©tonb^junfte  ber  „naturtoiffenfd^aftlid^en  SKet^obe"  mit 
ängftgefü^len,  h)ie  fie  bie  mangelnbe  DJaturerfenntniS   erzeugt,  unb  ben    t)lumj)en  ober 

46  raffinierten  Vefc^toic^tigungSDerfud^en  berfelben  gleic^gefe^t,  too^er  f^e  in  bad  ©ebiet  ber 
iQufftonären  ©uggeftion  t)ern)iefen  toerben  mü^te.  Unb  mit  toelc^er  ^urjfic^tigfeit  ton^ 
babei  toon  „naturmiffenfc^aftUc^cr  3Ket^obe"  gefjjroc^en!  3)ie  3Ket^oben  ber  Slaturtoiffen» 
fc^aft  futb  fe^r  öerfc^iebenartig,  unb  DJatur  unb  ©efc^ic^te  fmb  jtoeierlei.  3Kit  ber  8c« 
ftimmung   beS  SBefenS  ber  iKeligion  aber  ^ängt  jeber  Verfuc^,  ba«  SBefen  ber  biblifc^ 

60  Sieligionen  rid^tig  ju  beftimmcn,  organifc^  jufammen  (I,  4.  II,  1.  III,  4.  5). 

Slbgefe^en  öon  ber  grunbfä^lid^en  Slnerfennung  be«  Siedet«  einer  unbogmatifc^ 
Äritil  unterfd^eibet  fxc^  bie  neue  ^tit  t)on  i^ren  VorbereitungSftabien  burcp  k>trtuo|e 
2luSbilbung  ber  fritifd^en  SKetl^oben  unb  i^ren  fombinierten  ©ebraud^.  3)ie  ftritil 
l^at  toon  ber    ^f^d^ologie,   ber   ©^jrad^miffenfc^aft,    ber   Sitteraturfunbe  unb    ber   ®e« 

66  fd^ic^te  über^auj)t  bie  ^Kittel  f^c^  formen  ju  laffen,  bie  ein  fachgemäßes  Urteil  ju  fällen 
im  ftanbe  finb.  ^i}xt  äöenbepunfte  toerben  bewirft  burc^  bie  einfielt,  bafe  biefe 
3Rittel  auf  einzelnen  ©ebieten  unb  in  beftimmter  Slic^tung  einfeitig  angetoanbt  tourben. 
Damit  tritt  ein  SlüdEfc^lag  ein,  ber  bie  ©ac^e  förbert.  Stud^  l^ier  liefert  bie  (SnU 
toicfelung  ber  jj^ilologifc^en  Äritif   ein   ©egenbilb.     (Segen   ba«  äluStouc^em   ber  Äon» 

60  jelturalfritil,  bie  fu^  in  ber  ^eube,  bie  überlieferten  2e£te  ju  bemeffen  an  ben  feß« 


Srit»,  BtUtff^e  145 

gefleOten  StUgefe^en  ber  dnjcincn  Sttteraturgattungcn  (lg.  93cc!cr  j.  S.\  immer  fubjeftU 
knfttfc^ere  Singriffe  erlaubte,  erfolgte  atö  SRücff^lag  bte  ^orberung  urfunbltc^  begrünbeter 
Xejirecenftonen,  toobet  lüieberum  bie  ©efo^r  nid^t  immer  bermieben  hjurbe,  mit  gleic^s 
gilägen  unb  ^uföDigen  ^bh^eid^ungen  ben  te^tiritifd^en  9l))})arat  ^u  belaften.  ®egen  ba^ 
Uebergreifen  ber  ^nterpolation^fritit,  bie  in  äludfc^altungen  unb  Umstellungen  auc^  bie  5 
tfi^te  ^omerfritu  bed  ^eUent^mu^  h^eit  jurüdlieg,  inbem  fte  nac^  logifc^en  unb  öftt^e:: 
tifd^en  ®efu^td))unften  onoli^fierte  unb  bidh^eilen  faft  Umbid^tungen  ber  Ueberlieferung 
toorna^m  (j.  83.  Ä.  Sei^rö,  D.  ^c^'^ötiu«  gtoccu«  mit  öor^ug^toeifer  SRüdtftd^t  auf  bie  un= 
eii^ten  Stellen  unb  ®ebt(|te,  1869),  erfolgte  al^  Stüctfc^Iag  ber  3lai}to^i,  ba^  fold^e  all^ 
tonffenbe  Umformungen  frembeiS  3Rai  gebraud^ten,  ba^  ^ier  bie  alten  älutoren  bel^anbelt  10 
tanirben,  ald  Ratten  fte  nic^t  für  i^re  ^^t,  fonbem  für  ben  ))^ilologi{c^en  Sd^arffmn  ber 
©egentoort  gefc^^rieben.  35ie  Sinfeitigfeiten  ber  Sitterarlritil  toerben  bur^  bie  Icben^s 
üoOere  @rfajfung  ber  Urf)>rungdber^ältniffe  ber  Sitteratur  unb  burd^  bie  bertieftere  Srfennt^ 
nid  ber  Sebingungen  litterarifd^en  @r^eugend  jurüdgebömmt.  9lud^  bie  blenbenbe  Itraft 
ber  Stetonfhrubion^erfuc^e  ber  ®efd^id(|te  auf  ®runb  })l^ilofo})^ifc^er  ^rdmiffen  l^at  nic^t  15 
6tt(^  gelten.  2)ie  3}ta^me,  ba^  bie  2Bir!ltc^Iett  unb  bie  Seric^te  über  bie  h^irflid^en 
Sorgönge  ftd^  tD&erftreben  unb  xrabition  eigentlich  ^iftion  fei,  ba^  bie  Überlieferung 
cxfl  aiifgeldft  n)erben  muffe,  um  eine  erneute  @r!enntnid  unb  SBieberl^erftellung  ber  urf^rüng^ 
llifym  SSirtlid^Iett  ju  ermdglid^en,  ift  erlebigt  burd^  bie  h^ad^fenbe  Sinftc^t  in  bie  lortiplu 
gierte  $at^ologie  unb  bie  bunten  SJtifc^ung^Der^öltniffe  aller  Überlieferung.  2Bie  gro^  20 
t^  ber  äbftanb  jtoifd^en  ber  unlritifd^en  Äritil,  bie  ©trau^  mit  feinen  Ableitungen  am 
Beben  gefu  tooma^m,  unb  ber  33aurfd[)en  SRefonftrultion  beö  Urd^riftcntum^  mit  ben 
Stitteln  ber  Sienbenjlrittt  einerfeitd,  anbererfeitd  ber  litterargefd^i^tlid^en  f^unbierung  be^ 
Sebend  ?;efu  unb  ber  trabition^freunblic^en  SBenbung,  bie  Dor  anberen  burd^  91.  SRitfc^l^ 
Sntttntii  ber  Tübinger  ©efd^ic^tdfonftruftion  unb  91.  i^amadf^  erfolgreid^e  Arbeit  beran^  25 
lo^  tfi 

^ie  gefd^ic^tlid^en  @efid^t^})unfte,  toelc^e  in  i^rer  ^urd^fül^rung  jur  umfaffenben  92eu' 
begrünbung  ber^tif  gefüJ^  l^aben,  ftnb  in  ben  Slnregungen  i^^ber^  juerft  au^efprod^en. 
^ter  ^erber  aber  ftel^t  ber  tieffmmgc  unb  bunlle  SReifter  beö  9l})^origmu«  3-  ®.§cimann. 
3^  erf(^lo^  ftd^  bad  SSerftönbni^  ber  ©efc^id^te  unb  ber  83ebingungen  einer  religiöfen  QnU  90 
toidtelung  (III,  6).  gür  bie  au^ereifte  frttifd^e  3Ketl^obe  gab  bie  g-ormulierung  (Schleiers 
mac^er,  mit  bem  bie  )>^ilologifd^en  X^eorettter  })arallel  ge^en.  ^ür  bie  ftreng  h^iffenfd^aft^ 
fif^  gefü^e  Unterfud^ung  ber  ^iftorifd^^en  Probleme  bcd  atl.  unb  ntl.  Schrifttums  brad^te 
bie  neuen  ©efic^tejiunfte  juerft  3.  ®.  6ic^l^om(t  1827)  in  9tnh)cnDung.  Sr  gab  ben  gcift* 
botten  2)ur(^blidEen  $erberS  bie  fad^lic^e  ©rgän^ung  unb  ben  fritifd[^en  Unterbau,  nic^t  o^nc  35 
fic^  felbft  in  übertü^ne  ^\}poÜ}^m  ju  berlieren.  ©ein  ©tic^toort  ift  ,,l?ö^ere  Äritif ".  „Äein 
alter  ©c^^riftftellcr  irgenb  einer  Station  ^cd  bie  ^zit  überlebt,  o^ne  bafe  mancherlei  an  fci^ 
nem  I^e  geänbert  ober  3wf^^  '"  benfelben  eingefc^altet  toären."  ,,2)ie  toenigften 
Seiften  famen  in  ber  S^rm,  in  ber  toir  fte  je^t  bcft^en,  au«  ber  §anb  ibrer  SSerfaffer." 
3n  Slnleitung  biefer  ®eftd^te|)unfte  unternahm  er  eine  „Äomj)ofitiondfritif "  fotoo^l  ber  40 
(üL  ©elften  toie  ber  fynojjtifc^en  ßbangelien  (Urebangelium«^^})ot^efe),  bie  in  i^ren  ©r^ 
aebniffen  ftd^  nic^t  betodi^rten,  aber  für  bie  heiteren  Unterfud^ungcn  überall  fruchtbare  9lns 
pö^e  gaben.  333a«  er  nic^t  eweid^te,  toar  ber  Snttourf  einer  einleud^tenbcn  ©cfamt* 
anfc^uung,  tote  fie  Berber  in  fü^nen  Surc^blidEcn  a^nen  lieft,  unb  toie  fxc  ber  folgenbcn 
®eneration  bie  ^egelfc^c  ßnttoidEelungSle^re  Vermittelte.  ^l)x  berbanft  3).  %.  ©trauft  bie  46 
berblüffenbe  Sinfac^^eit  feiner  rein  inteUeftualiftifd^ien  3)iet^obe,  ben  gef^ic^tlici^en  ®e^alt 
ber  (gbimgelien,  o^e  fid^  toeiter  um  Dueüenfritif  ju  fümmcm,  in  m^t(>ifd^e  ^id^tungen 
umjufe^en;  toon  t^  erhält  Sruno  SBauer  ben  9lnfto6  ju  feiner  SRefonftruttion  be«  eckten 
Urdpnftentumd  aa&  $^ilo,  ©eneca  unb  ber  griec^ifc^^römifc^en  ^oj^ularp^ilofot^^ie  über- 
ffcaipt ;  i^  entle^t  6.  %.  S3aur  ba«  ©c^ema  für  ben  9luf toei«  ber  urc^riftlic^en  (Snttoicf c=  60 
lung,  bie  in  bem  urfjjrünglic^en  „9lnftd^fein",  bem  ©trcit  unb  ber  9lu^leid^ung  firc^en^ 
^titifc^  ®egenfä$e  (III,  6)  Verlaufe,  aber  93aur  touftte  aHerbing«  tiefer  ju  grünben, 
ald  S.  Sauer  unb  35.  g.  ©trauft.  3)urc^  einbringenbe  Sitterarfritif  ertoarb  er  für  feine 
(Srgebniffe  einen  fad^lid^en  Untergrunb.  Unb  eben  in  biefem  ©tüdt  feiner  großen  Sebcng^ 
arbeit  liegt  i^  gruc^tborleit.  ^icr  bilbete  er  ©d^ule  unb  fc^ricb  auc^  feinen  ®canem  bie  ot, 
SRet^obe  öor.  Der  (Sinfluft  ber  §egelfd^en  ^l^ilofojj^ie  machte  fid^  auc^  in  ber  Mritif  be« 
ai«  geltenb.  Satte  in  feiner  „Jtteligion  be«  912«"  (1835)  übte  „fpefulaabe"  Äriti!  mit 
ben  5Kitteln  ber  fiitterortritif.  3"^^^  tom^  beachtet,  ja  um  be«  pl^ilofop^ifc^en  Gin* 
fc^tagd  toiUen  unterfc^ö^t,  ^aben  3iatt^  @rgebniffe  im  Fortgang  ber  litterarifc^en  Sear:: 
bestmtg  bed  9(Xd  Vielfache  Seiftimmung  unb  Srtoeiterung  gefunben  (Sleuft,  ®raf,  SSeQ«  go 


146  ftrit»,  (itltff^e  ftrflbetter 

6auf en),  fo  ba^  jur  Q^ü  bte  DueKenlrittl  @tt)alb^  unb  ^tQmannd,  bie  au  entgegengefeiten 
älbfd^äi^ungen  tarn,  jur  @ette  aebrängt  ift.  2)a^  ©letd^getoid^t  in  ben  Segenfö^  bä  otL 
Jtrittl  }u  erhalten,  blieb  91.  Huenen  in  tt)ertt)oQen  älrbeiten  nid^t  o^ne  ®tfoIg  bemü^ 
9!eben  ber  Sitterorfritil  mehren  {td^  neuerbing^  bie  SSerfud^e  religiotUgefd^ic^tlic^er  Slbleitung, 

6  für  bie  $.  @unlel,  @(i^ö))fun9  unb  (S^ao^  (1895),  aud^  einen  mdü^obifd^en  Unterbau  ju 
geben  berfud^t. 

3Bie  in  ber  ^ortarbeit  ber  @d^h)erf)unlt  ber  Sibelfritil  {td^  t)eränbert  1^,  beleud^ 
am  beutlic^ften  bie  äSibellesiea.  XeOerd  äBörterbuc^  be^  3i%^  ('  1805)  fielet  auf  ber  $d§e 
ber  rationaliftifd^en   9(u^laugung  bed  Sd^riftgei^altd;   bad  biblifdbe  ^^ütbtoörterbuc^  bon 

10  ®.  93.  SBiner  (2  93be  '  1847),  bad  ftc^  burc^  eingel^enbe  iBerüdCfu^tigung  ber  &^d^vifU 
ber  ^orfc^ung  auei^eid^net,  entf))rid^t  in  feiner  objeftiDen  ©efamti^altung  ber  fac^Kc^  gebtm» 
benen  tritifd^en  Bttpfx^  be  SBette«.  S)aö  Sibellejilon  bon  ©d^enlel  (1869—75,  5  8be), 
ba^  nad^  einem  ^enfc^enalter  erfd^ien,  ftanb  unter  ber  ^irehibe  ber  ^£übinger  @(bttlt 
3^m  folgte  bad  ^anbtoörterbud^  beS  biblifd^en  äUtertumd  \>on  Siiel^  (1875  f.,  2  Sbe, 

16  2.  91.  bon  Saetlj^en  1897  f.),  bog  $^))ot^efen  möglid^ft  au^fd^Io^  unb  in  ben  atL  Xrtileln 
auf  bie  Sleligiondgefd^i^te  reid^lid^er  ^ejug  no^m.  ^erh>anbt  in  ben  ©runbfo^en  tfit  boB 
feit  1898  unter  Seitung  bon  3.  ^aftingd  erfd^einenbe  Dictionary  of  the  Bible.  Xuf 
bem  fortgefd^rittenften  Stanb^untte  ber  Aritit  $ält  fid^  bie  Encyclopaedia  Biblica,  bie 
ß^e^ne  unb  Sut^erlanb  fßlai  feit   1899   ^erau^jugeben   begonnen   ^aben.    SßeO^fen 

ao  ^aralterifiert  bie  barin  befolgte  ^etl^obe  ald  (Smenbation  unb  Seition  ber  atl.  Überliefe* 
rung,  „nötigenfalls  t)erbunben  mit  SßeiSfagung  auS  ben  (Singetoeiben'^  ^en  religioniS« 
gefqid^tlid^en  9(bleitungen,  bie  ))rä^iftorifd^e  Dueu))unlte  für  bie  @rfd^einungen  bed  religidfen 
SebenS  fuc^en  unb  fid^  an  bem  ^uftoeiS  bon  ältabiSmen  freuen,  ift  ein  toeiter  &pxdxcam 
gegeben;   ^aben  [a  bod^  auc^  englijd^e  ^orfd^er  befonberd  barauf  Sebad^t  genommen,  eine 

26  religiöfe  ^räl^iftoril  gu  entbed^en.  ^ie  ^erau^eber  ber  ®nc^{(o))äbie  beSagen,  ba|  bie 
Äritif  be«  ^X^  noö)  nid^t  fo  toeit  fortgefd^ritten  ift,  toie  bie  be«  ä2:«,  b.  1^.  bc^  bie 
flafftfd^en  3^ugniffe  beS  Urd^riftentum«  gegen  fold^e  Iritifc^e  ®£berimente  tDiberftonb^&iger 
finb.  2)iefe  SBiberftanbSfö^igleit  h^irb,  fo  biel  id^  fel^e,  ber  t^ortgang  ber  ntL  Stam  ht* 
h^öl^ren  unb  ftärlen.    Unb  ob  nid^t  aud^  „baS  SBeiSfagen  au«  ben  Singetueiben''  bte  od. 

30  Jlritif  baran  erinnern  foQte,  ba^  bie  haruspices  immer  mei^r  ju  bel^oupten  pflegen,  aß 
bie  ®ingeh)eibe  felbft  il^nen  lunb  getrau  ^aben?  ^ie  unentwegte  @id^er^eit  toenigflend, 
mit  ber  ^.  S.  (S^e^ne  feine  $^k)ot^efen  in  ©efc^id^te  umfe^t  (^ad  religidfe  Seben  ber  l^uben 
nad^  bem  6jil,  übcrf.  b.  Stoa«  1899),  bürfte  bem  nüd^temen  ©acblenner,  bem  bie  3^rüm* 
merftüdte  gegenwärtig  finb,  bie  biefe  ^od^bauten  tragen  foQen,  @4winbel  erregen. 

86  0.  feindet« 

ftrfibener,  grau  bon,  geft.  1824.  —  SSgl.  ©6.  e^narb,  Vie  de  Madame  de  Kru- 
dener,  $arig  1849,  2  ©be;  ®.  Siet^e,  Suliane  Don  $tx.,  SSorttag,  ©erlin  1864;  Capefigoe, 
La  baronne  de  Krudcner  et  l'empereur  Alexandre  I,  Par.  1866 ;  ?lnon^mu8,  gfrau  Don  Stv., 
©ern  1868;    ©ü^Ier,  grau  oon  l^r.   auf  bem  iRappen^of,  in  ^eilbronn  unb  8d)Iu(^tem  im 

40  So^re  1815,  in  ber  3eitf4r.  beö  ^ift.  ©ereinö  für  bad  roürttemb.  Sfranfcn  10.  »b.,  1877; 
©r.  ©Quer,  (Sinflug  b.  citgUfc^en  Cuöfert^umd  auf  b.  beutfd^e  C^ultur  unb  auf  b.  englifft« 
ruffifcfte  ^rojcft  einer  Söeltfirc^e,  ©erlin  1878,  169-182;  <ß.  fi.  3acob  (?aul  ßaCToij),  Ma- 
dame de  Knidener,  ses  lettres  et  ses  ouvragcs  in^its,  $arid  1880,  3.  $ludg.  1881; 
E.  Mulilenl>eck,  Etudes  sur  les  origines  de  la  Öainte-Alliance,  $ari8  unb  ^tragbur^i  1887; 

46  5(nonQmuä,  5rou  Don  Ar,  in  ber  3)eutid)en  SRunbJcftau  101.  ©b,  1899,  303—317. 
428-452.  S)ie  burcftfjeeiler  unb  UrteilSIofiflfcit  entfteQte  ältere  Sittcratur  ift  burtft  bad  x>ofi» 
ftänbig  aud  ben  OueUen  unb  mit  {djarfer  Sl^ritif  gearbeitete  ©uc^  Don  ^lü^Ienbecf  grögtens 
tcild  antiquiert  roorben;  bo(^  bebält  bie  panecmrifc^e  unb  gönjiidti  unfritif^e  ©tO0ra|)^ie 
(Sl)narbd  wegen   ber   uielcn    barin  mitgeteilten  ©riefaud^üge    einen   geroiffen  SBert.    ^ür  bie 

50  legten  fieben^ja^re  Dgl.  augerbem:  $.  uon  ®öße,  grürft  Sie;.  92it.  ©ali^in  unb  feine  3^tt, 
i^eipjig  1882 ;  ^non^mud,  S)eutf(t)'proteftantifct)e  kämpfe  in  ben  baltifdjen  $rot)inien  ^ug« 
lanbiJ,  fieipiig  1888  (tjicr,  6.  40  ff.,  eine  aftenmäöige  3)arfteaunö  ber  legten  SRetfe  ber  Ar. 
burcft  Äur»  unb  Siolanb).  Ueber  bie  iDlartird)cr,  Straßburgcr  unb  ©tcint^aler  greunbc  ber 
JIr.  ögl.  ?rnünr)mu«  (JRatftgeber),  3)ie  ©aronin  oon  Ar.  unb  il^rc  ©ejicöungcn  jum  Slfa(,  tn 

55  ber  ©tragburger  ^oft  1885,  ^Jir.  143.  146—149.  152—156.  158.  ©on  roidjtigeren  jelt- 
aenöffifdjen  ©rofc^üren,  bie  fic^  mit  ber  j^r.  befc^äftigen  unb  bie  Don  ^ü^lenbedC  forgffiftig 
benußt  finb,  mögen  genannt  fein:  ^nont)mu^,  grrau  uon  ^r.  in  ber  Sd^roei^,  1817;  Qtnonl^muft, 
^infe  ber  ^abrtjcitdUebe,  bie  grau  oon^r.  betreffenb,  8d)aff6. 1817;  a^r.  ®.$.©urba4,^tt 
oon  Ar.  unb  ber  öJcift  ber  yeit,  Seipj.  1818;  Ärug,  ®efpräd)  unter  oier  Äugen  mit  ber  5™^ 
oon  S^r.,  fieip^ig  1818;  ©re^ciud  unb  ©picfcr,  ©citrägc  ^ju  einer  (J^arafteriftif  ber  grou  ©o* 
roneffe  oon  ^r.,  ©erlin  1818.    Äu4  bie  ,, (Erinnerungen  an  3o^.  d^onr.  S^aurer",   6(l^ff§. 


ftrflbtner  147 

1843,  Ftnb  iu  Dergleichen.  Ueber  bie  „Shimmerin''  ügl.  $.  $6.  §t.  ^tnU,  9[ctenmägtge  &t* 
f4l4te  einer  toürttemberQif^en  neuen  ^ro^^etin  unb  i^rer  erften  S^^^^^  "•  i-  ^-t  ^^^' 
burg  1808. 

Sarbora  ^luliona  t)on  Xieting^off  tourbe  am  11.  92ot).  1764  atö  ba^  Dterte  jtinb 
bcd  lh)Ianbtf(^  Slegterung^rated  unb  taiferlid^  rufftfd^en  ©e^eimrate^  Dtto  $^nnann  t)on  33.  s 
unb  fetner  ®ema^Iin  Slnna  Ulrita,  geb.  @räfin  ^Jlünnid^,  ju  9iiga  geboren,  ^a^  fte  auf 
bte  9iamen  ^taia  l^o^nna  getauft  Sorben  unb  biefe  tarnen  bei  t^er  SSermö^lung  ge^ 
dnbert  fyibt,  ift  folfc^  (f.  Smi^I.  42).  2)er  Sater,  ein  um  bie  »ilbung^gefd^ic^te  9tiga^ 
tnelfac^  t>erbienter  3Rann,  iDor  aufgeQärt  aeric^tet  unb  [tanb  an  ber  Bpx^t  ber  ^eimaurer« 
lo^t  ber  <Stabt;  bie  görtlic^e  unb  fd^h^a^e  Butter  tt)ar  in  ben  Überlieferungen  ftrengen  lo 
Sut^ertumd  gro^  getoorben.  ^uli^t^en^  @nie^ung  h^ar  burd^au^  auf  i^re  fünf tige  (Stellung 
in  ber  Sklt  {ugefd^nitten.  @in  längerer  SReifeaufentl^alt  in  $ari^  unb  ber  Unterrid^t  bei 
einem  berühmten  Xanjmeifter  ftnb  auf  bad  begabte  ^äbd^en,  in  bem  ftd^  (Sitelteit  unb 
SdbftgefäOtgleit  frü^geitig  enttoidtelten,  t)on  befonberem  @influ^  geh)efen.  9lm  23.  &tpt. 
1782  reichte  ^[uliane  i^re  $anb  bem  34  ^o^re  alten,  bereite  }tt)eimal  gefc^iebenen  93aron  is 
Sinn^b  Don  Jtrübener,  bamaligem  rufftf^en  ^Ttinifterpräftbenten  am  turlänbifc^en  $ofe. 
SHe  &^  toca  nid^t  glüdlid^.  3)er  tüd^tige,  feine  Slmt^ef^äfte  mit  größter  ®etoif|en^aftigs 
hat  erfuDenbe,  aber  ouc^  gong  in  i^nen  aufge^enbe  ®i]olomat  unb  bie  toeid^e,  fc^toärme- 
rifd^,  (eben^ftige  unb  liebeburfKge,  nur  mit  ftd^  felbft  unb  i^ren  93ebürfniffen  befd^äftigte 
jtmge  gh^ou  ^aben  ftc^  degenfeitig  nie  berftanben.  Slber  ioö^enb  ber  ®atte  i^ren  ftc^  ao 
übcrftitejenben  £aunen  tote  ben  tleinen  unb  großen  äierirrungen  i^rer  oon  ^a^r  p  ^aipc 
umei^enben  Soquetterie  mit  ber  Sangmut  beiS  reifen  SJtanneiS  @tanb  ^ielt,  l^at  i^m  Igu« 
uant  hcS  Seben  fe^r  fd^toer  gemalt.  SUd  bielumfd^todrmte  unb  t)ertoö^nte  ©ema^lin  bed 
Sefanbten  fü^  fte  in  Xenebig  unb  ^))en^agen  ein  glänjenbeS  ©efeUfc^aftdleben,  ba^  t^r 
gnr  Set^attgtmg  einer  lieben^toürbigen  SSerfd^toenbung^c^t  ^inreid^enbe  ©elegen^eit  bietet.  25 
Sine  (Srl^obtngdreife  nad^  bem  Silben,  bie  fte  allein  unternimmt,  V)erh>anbelt  fxd)  balb  in 
einen  längeren  SSergnügung^ufentl^alt  in  ^ari^  (1789).  $ier  btü^ft  fte  nid^t  nur  fc^ön« 
geistige  gtettnbfc^en,  fonbem  aad^  ein  äSer^öltnid  mit  einem  jungen  Offizier  an,  ber  bie 
tnm  ®aütn  gurüdtbeorberte  ©eliebte  aU  Satai  oertleibet  nad^  ^eutfc^lanb  jurüdtbegleitet 
(1792).  3"  bie  i^m  Dorgefd^lagene  ©c^eibung  toiQigt  Jlrübener  nid^t  ein,  too^l  aber  in  ^ 
eine  löngere  Xrennung^jeit,  toö^enb  toeld^er  Juliane,  i^e  beiben  jltnber  $aul  unb  ^ulie 
(^tette)  beim  SSoter  jurüdttaffenb,  ein  nerDcnjerrüttenbcg  SReifeleben  fü^rt.  9lod^  einmal 
fe^  fte  )urü(t,  um  an  ber  Seite  bed  ingtoifd^en  gum  @efanbten  in  Berlin  ernannten 
Satten  bie  ^onneur^  p  mad^en  (1800/1801).  ©änglid^  unbefriebigt  ge^t  bie  Stu^elofc, 
gegen  ftrübenerS  audbrüctlid^en,  in  i^rem  eigenen  Igntereffe  geltenb  gemad^ten  3S}unfc^  (f.  35 
fmen  berjlic^en  SRo^brief  bei  ^JlO^l.  61  f.),  t)on  neuem  auf  Steifen  nac^  @enf,  Wo  fte 
bie  Semmtfc^ft  ber  ^au  oon  @tael  mac^t  unb  mit  DeriDegenen  Xoiletten  Sluffe^en  er« 
regt,  unb  toieber  nac^  $ari^,  too  fte  u.  a.  S^ateaubrianb  nö|er  tritt.  $ier  trifft  fte  bie 
9Uidfnidft  t)on  bem  am  14.  ^uni  1802  erfolgten  Xobe  i^red  3Ranned,  an  beffen  Sterbebett 
fe^ren  fte  bie  fle^entltd^en  93itten  bed  So^neiS  nicbt  t)ermoc^t  Ratten,  ^ngtoifd^en  40 
bie  ©u4^t,  felbfk  unter  ben  ©c^öngeiftem  ju  glänjen,  fte  jur  älbfaffung  eineö  SWoman^ 
»fiert,  ber  unter  bem  Xitel  Valerie  ou  Lettres  de  Gustave  de  Linar  ä  Ernest 
de  G . .  anonym  erfc^en  ($ar.  2)cj|.  1803,  mit  Sa^reöja^l  1804  in  2  Sbn;  öfter  auf« 
gelwt,  s^le^  ^«  1878;  beutfc^  geipgig  1804,  §amb.  1805),  banf  ber  öon  ber  SSerf. 
fdbft  mit  raffinierter  ©efd^idtlic^feit  in^  SEßerf  gefegten  Steflame  eine  ^tit  lang  Diel  t>on  45 
^  rAen  mad^te,  um  bann  toieber  ju  Derfc^toinben  (ogl.  übrigen^  bie  lobenben  Semer« 
hingen  in  ©ointes8eut>e«  3ludgabe  beig  SRoman^  öon  1837 ;  3acob*£acroij,  Pr^face).  3!)en 
(Bcgcnftanb  bilbete  eine  nac^  bem  ^Jlufter  oon  SBertl^erd  Seiben  unb  getoiffer  ^obeer^ä^« 
bniigen  aufget)tt|te  Siebe^efd^id^te,  ber  eine  romantifd^e  @))tfobe  au^  ber  Denetianifd^en 
Xänbdjeit  ber  $erfafferin  ju  ®runbe  geleat  toar.  so 

3«  Sommer  1804,  toö^enb  eine«  Slufent^alteig  in  ber  93aterftabt,  erlebt  Juliane, 
40  ^aS^  alt,  i^  Sele^ng,  nad^  ben  ßinen  infolge  bei^  Sc^recfen^,  ben  il^r  ba^  plö^« 
üift  @nbe  eined  t)or  i^^  ätugen  fterbenb  jufammenbrec^enben  Selannten  einjagte,  nad^ 
Xnbercn  unter  ber  geiftlic^en  @intotrfung  eineiS  }u  ben  i^erml^utem  gel^örenben  äiigaer 
Scfttißerd.  3lidftö  in  \fyctm  JJorleben  beutet  barauf  ^in,  bafe  bie  Saronin  religiöfen  g'^agen  66 
Zeilna^e  gefehlt  ober  gar  emft^afte  religiöfe  änh)anblungen  gel^abt  ^ätte.  3Sa^  aber 
auf  ben  erften  Slidt  ald  eine  neue  Saune  ber  i^rer  bi^^erigen  ^efc^öftigungen  unb  Ser- 
gnägtmgen  überbrüfftg  getoorbenen  SBeltbame  erfd^^eint,  ift  t^atföc^lid^  immer  me^r  5U  bem 
eilten  be^mmenben  $anor  i^reiS  SBefen^  getoorben,  ba^  baoon  f^lie^lic^  gan^  au^efüllt 
ofc^eint :  eine  in  i^ren  ^u^erungen  toac^fenb  ungefunbe,  nerDöfe  iHeligiofttät,  ber  boc^  eine  eo 

10* 


148  ftrfibener 

cigentümlid^e  Äraft  tnncgelüol^nt  l^abcn  mu^,  bte  im  SSercin  mit  bem  Sauber  emcr  liebend.- 
lüüröigen  unb  bei  ollen  S^^nß^  toome^men  ^erfönltc^feit  au^  eiflentümlic^e  ffiirftmgen 
^eröorjubringen  tjennod^te.  3)iefe  SReligiofität  trägt  gan^  unb  gar  bie  g^ge  eine«  tum 
hjarmem  Siebe^brgng  erfüllten,  aber  unllaren,  gjö^n  bie  fonfeffwneffen  Unterfc^iebe  gleich 

5  giltigen  (f.  il^re  Stulerungen  ju  5Waurer  bei  Wiü)l  294),  bafür  jeglid^em  älberglaubcii 
zugeneigten  SDl^ftici^mug,  toie  er  bamatö  im  unbermeiblid^en  SRürffd^Iag  gegen  bie  Sei* 
ftanbeöaufflärung  ber  vergangenen  3«^^^^"^«  unb  ate  trübe  Segleiterfc^einung  einer  nm» 
erftarlenben  ^ömmigleit  i^umal  in  bomei^men  Jlreifen  eine  l^äu^e  (Srfc^einung  toar.  @etnf 
9?a^rung  fanb  biefer  9R^ftici^mu«  ber  Saronin  nid^t  fohjo^I  in  ber  gtoar  obfonberiid^ 

10  aber  ruhigen  unb  fteten,  gottergebenen  ^ömmigleit  ber  33rübergemeinbe,  ju  ber  fte  bo 
toorüberge^enbem  Slufentl^lt  (©ommer  1807)  tiefer  gel^enbe  Regierungen  nic^t  getoonnm 
l^at,  ate  Vielmehr  in  ber  jjj^antaftifd^en  ©d^^märmerei  ber  babifc^en,  elfäfjtfc^en  unb  toürt« 
tembergifc^cn  ß^iliaften.  Sluf  i^r  in  ^ol^em  5Wafte  be«  35än4)fer«  bebürftige^  3:em})erament 
{;atte  biefer  aufregenbe  iserfe^  ben  benfbar  ungünftigften  ßinflufe,  unb   auc^  ber  fijm 

15  l^at^ifdE^fte  ßug  i^re^  SBefen^,  ber  ftd^  in  ja^Uofen  Siebe^ertoeifungen  an  SKrmen  unb 
jlranten  öu^embe  SBo^lt^ötigleit^brang,  ^at  in  biefer  ältmof^^^äre  aQmöl^lic^  feine  Stcim 
^eit  eingebüßt. 

Slnfangg  be«  ^ai)x^  1808  finben  toir  fie  afe  gläubige  güngerin  im  $aufc  Sung* 
©tilling«  (f.  b.  31.  ©tilling)  ju  Äarföru^e.    33on  ^ier  brid^t  fte  im  ©ommer   in«  @lfa| 

20  auf,  mit  ©infü^rung^bricfen  an  Dberlin  (f.  b.  21.),  9Segefin  unb  anbere  $äuj)ter  ber  (fc 
toecften.  3Jtit  üoQenbeter  Urteiteloftgfeit,  bie  faubere  unb  unfaubere  ©eifter  ntc^t  )u  f(^ 
ben  toermag,  fäflt  fie  bort  in  bie  a})ofaI^t)tif^en  Ste^e  beö  Pfarrer«  l^ean^g^r^^nc  goii» 
taine«  (^ontaine)  gu  ÜRarürd^  (Sainte-Marie-aux-Mines)  unb  ber  bei  i^  toeilei^ 
lüürttembergifd^en   ©el^erin  5Karie  ©ottliebin  Äummer  (genannt  „bie  Äummerin").    S)« 

25  bauembe  ä^erfe^^r  mit  biefen  beiben,  über  beren  jtoeifel^afte  SSergangen^eit  ^Ulü^lenbei  bie 
nötigen  Sluffc^lüffe  gegeben  ^at,  f)at  me^r  aU  aueiS  anbere  baju  beigetragen,  bie  Saronin, 
bie  fic^  5u  i^rer  Sefc^ü^erin  (vergab,  irre  ju  leiten  unb  i^r  änfe^cn  gu  fd^bigen.  ©ibe 
1808  gie^t  fie  mit  ben  neuen  @enof(en  in^  SBürttembergifd^e,  h?o  fte  bod  £anb^ud  ito^ 
t^arinen-^Iaiftr   bei  SSönnig^eim   untoeit  Jlleebronn,   bem  ©eburt^ort  ber  Jtummerin,  )u 

30  einem  3Kittel^unft  erbaulid^er  JJcrfammlungen  ^errid^tet.  ©d^on  im  ©ommer  1809  toer* 
ben  fie  unb  ^ontaine^  au^getoiefen,  bie  Äummerin  gu  Sublüig^burg  für  einige  3Ronate 
eingeftedt.  3)ie  Vertrautheit,  mit  ber  bie  Saronin  nunmehr  in  Sid^tentl^al  bei  Saben  mit 
i^rem  ©eclforger  toerfel^rt,  erfdf^eint  Dielen,  auc^  ber  eigenen  3Jlutter,  anfköftig.  9?on  beren 
Sterbebett  fe^rt  fte  ju  ßnbe  be«  gia^re«  1811  nac^  Äartöru^e  gurüi.    Öftere  SReifen  in« 

35  6Ifa6  befeftigen  bie  ©emcinfc^aft  mit  ben  bortigen  ^eunben.  3"  ®^"t  Ö^tointtt  fte  einen 
begeifterten  äln^änger  in  bem  jungen  @eiftltcben  @mt)e^tag,  bem  ft)äteren  ^au!pt  ber  fog. 
a)Jomierg  (f.  b.  31.  §albane  Sb.  VII  ©.  357, 37),  ber  bon  nun  ob  ii^r  ftönbiger  »^ 
gleiter  lüirb. 

gnjtoifc^en  toaren  bie  ^ommcn  burd^  bie  fid^  jagenben  })oIitifd^en  unb  Iriegcrifd^ 

40  (Sreigniffe  in  3ltem  gel^alten  tüorben.  Die  ßnbgeit  fd^ien  öor  ber  S^^üre.  ©a^  man  alt 
gemein,  lüie  Sung,  in  bem  Äorfcn  ben  SljjoB^on  (Slbabbon)  ber  SlJ)!  (9,11),  fo  h^enbeten 
fid^  bie  Slidte  auf  ben  nijfifc^en  Äaifcr  ate  ben  Setter  in  ber  9lot,  ben  „toeifeen  äbler^, 
toic  it)n  bie  Äummerin  in  i^ren  Sifionen  begcid^nete.  2)urd^  ben  brieflichen  Serfe^  mit 
einer  rujfifc^en  §ofbamc   fear  ^rau  toon  Ar.   über  bie  ©timmung  3lIeEanber^,   in  beffen 

45  fc^lüanfenbem  ®emüt  bamate  ^jietiftifc^e  ßinflüffe  bie  Dber^anb  gewonnen  Ratten,  genau 
unterrid^tct,  unb  eö  glül^te  in  i^r  ber  aBunfd^,  ba^  toon  ber  ©e^erin  öerlünbigte  SQSertgeug 
ber  i^orfeF^ung  auf  feine  l^ol^e  SKiffion  toorgubereitcn.  SBon  ©d^ludbtem  bei  ^eilbronn,  einer 
babif^en  Gnf latoe  in  toürttembergifd^em  ©cbiete,  au«  ioufete  fte  fic^  am  Slbenb  bcd  4.  Sunt 
1815  bei  bem  in  §eilbronn  toeilenben  Äaifcr  ©intritt  gu  ergtoingen,  unb   e«  gelang  üfc, 

EO  in  me^rftünbigcr  Unterhaltung  ben  Scic^tbetoeglid^en  fo  öoDftänbig  für  ftc^  eingune|men, 
baj  er  toon  nun  ab  monatelang  in  §^^€W)<^9  unb  ^ari«,  tool^in  fte  i^m  folgte,  ftönbiger 
&a\t  in  il^ren  Sibelftunben  toar.  Sie  felbft  bilbete  balb  ben  ÜRittelpunIt  eine«  Jtreife«, 
beffen  3Dtitglieber  ber  ^^eunbin  be«  Äaifer«  ben  §of  gü  mad^en  befliffen  toaren,  unter  t^en 
and)  bie  JHcIigioJen  ber  §auj)tftabt,  üor  attem  ber  5Öle«merianer  Sergaffe,    g^^au  r>on  Ät 

65  unb  Sergaffe  l^aben  inSllejanber  bie  ©ebanfen  gcnäl^rt,  ate  beren  9lieberfd^Iag  am26.@e))t 
1815  ber  unter  bem  9lamen  ber  „{^eiligen  Slßiang"  bcfannt  getoorbene  Vertrag  gtoifc^en 
ben  Saifcm  toon  Slufelanb  unb  Öftencic^  unb  bem  Könige  toon  ^reufeen  gefc^loffen  touitt. 
£)h  bie  Ar.  an  ber  Stebaftion  be«  2lftenftüdtc«,  beffen  öon  i^m  eigen^änbig  gefc^riebenen 
©nttourf  ber  Äaijer  i^r  Vorgelegt  ^atte,  irgenb  toeld^en  Slnteil  gel^abt  l^t,   lält  M|  nid^ 

60  f eftfteden ;   nic^t   einmal,  ba^   ba«  Seitoort  „^eilige''   auf  i^re  ^nitiatiDe  gurüd^e^t,   t^ 


ftr&btner  149 

)ta)ctffDod.  iSi'^^^ii^  mochte  jte  ®nmb  j^oben,  fid^  tl^c^  Stnfluffe«  aud^  bei  biefem  SSor« 
gonge  pi  rfi^men,  ber  ol^  bie  SrfüQung  i^rer  unb  ber  frommen  @(i^tt)ärmer  SBünfd^e  er^ 
\dfim,  tDO^renb  bie  ^if^Iomaten  ben  neuen  Sunb  t^erfpotteten  unb  ber  SSelanntmad^ung 
ber  Urfunbe  nur  um  i^er  offenbaren  Unjd^äblid^Icit  loittcn  juftimmtcn  (togl.  atu^SKetter* 
nic^  na((^elaffenen  5{ki)ieren  1.  Sb,  3Sien  1880,  214  ff.),  äiejanber  aber  jog  fxc^  balb  5 
t>tm  bfr  gteunbin  jurücf,  na^bem  er  fd^on  in  5Pari«  an  i^rem  Umgang  mit  ber  ^^feubo^ 
t>rot)betin  ilummcr,  bie  in  ber  93erjüdfung  ®elb  t)om  Äaifer  forberte,  StnftoJ  genommen 
botte;  i^  gonget  toeitered  äSer^alten,  befonber^  i^re  inbiiSfreten  äu^erungen  über  bie 
^XQian)"  (t)gl.  bierju  bie  Srojd^üren  bon  ^rug  unb  33re^ugs©J)ieIer),  über  bie  er  felbft 
bolb  onberd  beuten  lernte,  t>erme^rten  fein  3Jti^faIIen.  lo 

2)te  ^ßorifer  (Spifobe  bilbet  ben  §öl^e})unft  im  Seben  ber  ©aronin.  9?on  nun  ab 
ge^t  ed  unouf^oltfam  mit  il^r  bergab,  unb  i^r  raftlofeiS  ^afein  toirb  immer  abenteuerlicher. 
3Rctft  t>on  ja^keid^er  ©efolgfd^ft  begleitet,  ^at  fte  in  ben  ^ofycm  1816 — 18  bie  nörblid^e 
@(^tDet)  uiA  bad  füblid^e  Saben  burd^ftreift,  nac^  i^er  2Beife  ©eelen  für  ba^  §immet 
reid^  erobemb  unb  bobei  mit  Jjerfd^loenberijd^er  §anb  unb  o^ne  3lnfel^en  ber  ^^erfon  ba^  15 
(Selb  unter  bie  Armen  unb  Seibenben  au^ftreuenb,  basj  il^r  tJ^öridf^te  SSere^rer  immer  loieber 
^ulommen  liefen.  @inen  ^öd^ft  t)erberblid^en  Sinflu^  iJibtz  auf  fte  ber  frühere  braun« 
jcfttodgifc^e  ^oftfelretär  Kellner,  ber  nad^  einer  SSerfion  toegen  feiner  })olitifd^en  ©eftnnung, 
nof^  einer  anberen  toegen  Unterfc^lagung  an^  bem  9lmte  entlaffen  h^ar,  iebenfaJI^  eine 
febr  bebenfltc^  @rfd^einung.  @r  l^ai  ber  armen  ^au  ben  Jto))f  t)oIlenbd  berrüdtt.  ^n  20 
feiner  Srofc^tire :  „Der  lebenbige  ®laube  unb  ba«  ©üangelium"  feierte  er  fie  ate  3)ebora^, 
gft^,  Subit^.  er  unb  anbere  fallen  in  i^r  ba«  9Seib  ber  äpf  (12,  1),  ba«  ben 
SRefftod,  ober  „eine  3le})räfentantin  ber  3Karia,  bie  bie  neue  ÄirdE^e  gebären"  jollte  (nad^ 
Xnna  &(^latter,  Sriefe  2,  252,  bie  übrigen^,  tro^bem  fie  ,;bon  bem  @lauben  unb  ber 
Sieb«,  bte  in  großem  3Kafte  in  bem  ^erjen  biefer  grau  liegt",  burc^brungcn  toar,  fold^e  26 
übertriebene  3Sere^rung  ni((>t  mitmad^en  toollte.  3)a6  fie  ftd&  felbft  3Q5unberträfte  jufd^rieb, 
jeigcn  i^  Äufeerungen  Sreöciu^  unb  ©})iefer  gegenüber  (5Kül;l.  288).  3?on  bem  SBirt^^ 
boud  )um  ^drnlein  bei  ©renjad^  an  ber  babif^^fc^h^eijerifd^en  ©ren^e  au^  trieb  bie  ©e» 
feflf(^ft,  teiltoeife  fe^r  gtoeifel^afte  ejiftenjen,  monatelang  eine  5Kiffion,  bie  ber  ber  mo« 
bemen  ^etliSormee  bergleid^bor  ip.  Äellner  bebiente  fid^  aud^  ber  treffe :  eine  „Slbreffe  ao 
an  bie  Armen"  unb  bie  „9[rmen;jeitung",  öon  ber  bie  crfte  unb  le^te  5lummer  am  5. 3Kai 
1817  erfc^ien,  ftnb  feinSDBerf.  SDen  Sel^örben  bereitete  ba«  S^reiben  ber  öomel^men  3)ame, 
beren  ©o^n  ald  rujftfd^er  ©efanbter  in  5Rom  aflrebitiert  toar,  manche  Ungelegen^eit. 
@<^Itc§lt<^  ift  jie  mit  ii^ren  ©enoffen  auö  ber  ©c^loeij  unb  ben  jübbeutfd^en  Sänbem  auö- 
getmefen  loorben  unb  über  Seijjjig  unb  granffurt  al£).  0)\tt  bie  Unterrebung  mit  bem  86 
Xonfffbrialrot  Src^ud  unb  bem  $rofef(or  ©})ieler,  über  bie  bie  beiben  einen  intereffanten 
Scrii^t  erstattet  b<iben)  in  bie  ^eimat  jurüdgele^rt  (1818).  Der  baltifd^e  ©eneralgouüer- 
neur,  Storquid  ?ßaulucci,  befahl  fte  unter  Jjolijeilid^e  Slufftd^t  ju  ftellen  unb  i^re  Segleiter 
über  bie  ®ren)e  jurüd^ufd^ieben.  älber  Itaifer  älle^anber  h)ie^  il^n  an,  ^au  Don  Kr.  in 
todOiger  9lu^  )u  laffen  unb  il^ren  Begleitern  ben  eintritt  in  ba^  rufftfc^e  SReid^  m  ge^  «o 
polten.  9htn  |at  fte  )u  3Jtitau,  9iiga  unb  auf  i^rem  @ute  Aoffe  bei  SBerro  Bibel::  unb 
Srbouungdfiunben  abgebalten.  Borüberge^enb  toar  fte  auc^  in  ^eterdburg,  too  il^r  ©c^h)ieger' 
fo^,  ba  Soron  bon  ©ercB^eim,  al^  rujfifd^er  5Winifterialrat  lebte  unb  too  i^r  in  bem 
SUejonber  Jlilolajetoitfd^  ©al^jin  ein  befonberer  gürfjjred^er  erftanben  toar.  Site 
ober  no^f  einmal  gur  ))olitifd^en  $ro})^etin  tourbe  unb  in  Slle^anber  I.  ben  tünftigen  45 

rier  ber  Hellenen  feierte,  l^iefi  fie  ber  Äaifer  in  eigenl^änbigem  ©d^reiben  bei  ©träfe 
feiner  Ungnobe  fd^toeigen.  auf  Sinlabung  ber  ^rftin  ®al^||in  reifte  fte  mit  biefer  unb 
bem  Qf^tpaax  ©erdt^eim  1 824,  ^ur  ©tärlung  il^rer  burd^  ein  Bruftleiben  angegriffenen  (Se« 
funbbett  unb  um  unter  ben  bortigen  ^ietiften  ^u  toirlen,  in  bie  Ärim  unb  ift  in  ber  Don 
ber  gürflin  gegrünbeten  })ietiftifd^en  Äolonie  Äarafu^Sajar  am  25.  3)ej.  1824  entfcblafen.  60 
3n  einem  i^  I^en  ©riefe  befannte  fte:  „Oft  genug  ^obt  id}  für  bie  ©timme  ©otte« 
genommen,  hHtd  febiglid^  ^d^t  meiner  einbtlbung  unb  meinet  ©tolje^  gctoefen  toar." 
3ft  biefed  ©elbftgeugnid  ri^tig  unb  mad^en  bie  beglaubigten  9tad^ri(^ten  ^umal  au^  ben 
le^ften  QtiUn  i^  Sebeng  eö  unmöglid^f,  in  ^au  bon  Ar.  eine  gefunbe  3Sertreterin  be« 
9tei(^ottedgebanfend  ju  erbliden,  fo  foUen  boc^  i^re  eblen  ^ix^t  nid^t  bergeffen  toerben.  66 
6in  iBUattt,  ber  fein  greunb  ber©^toärmer  loar,  ber  rationaliftifc^eCSencralfuperintenbent 
tnm  Stt^Ionb  ©onntag,  ^t  nod^  in  f^äteren  ^al^ren  über  fte  geurteilt,  bag  er  ^toar  {eine 
9e)tel^gen  au  feiner  Setannten  (Don  1811)  „bon  Slmt^«  unb  ®emüt«toegen  nid^t  fort- 
fe^  )u  bürfen  geglaubt  ^be,  bog  er  berfelben  aber  ba^  3^0^^^  fci^ulbig  fei,  fte  i^abc 
für  jebNC«  3Renf(^etben  unb  SKenfd^enbebürfni^  ba«  tieffte,  reinfle,  t^ätigftc,  f clbftocrgeff cnfte,  oo 


150  ftrfibetter  Sttummaiittf  ^ebric^  Slbolf 

fid^  jelbft  aufo})fembe  3Ritflefül^I  befeRen".  S)a^  flefd^id^tl^e  Urteil  über  berarttgc  bon 
ben  ebelften  SKbftc^ten  erfüllte,  babei  ^altlofe,  ben  eigenen  Stimmungen  unb  fremben  Sim 
flüffen  unterworfene  9?aturen  toirb  immer  fd^toanlenb  bleiben.  8.  lhHI§er. 

Srummad^er,  griebric^  äbolf,  gefi  1845.  —  «.  3S.  3RöDer,  g.  «.  Jhrummwj« 
6  unb  feine  Sfreunbe,  2  83bc,  ©remen  1849. 

%,  21.  Ärummad^er  —  ber  öltefte  ber  rül^mli(^)ft  belannten  reformierten  ^ktfioren 
biefeg  Flamen«  —  tourbe  geboren  am  13.  SuK  1767  m  lecflenburg,  bem  ^auj)tort  b« 
altreformterten  unb  alt)}reu|tf(i^en  gleid^nomigen  ©raffcpaft  in  3Beftfalen,  too  bie  ^rniCe 
feit  mehreren  ©enerotionen  anfäfftg  toar,  35er  3Sater,  griebrid^  Solob,  ^offiSoI,  SuP^^ 
10  lommiffor  unb  Sürgermeifter,  öld  geh)iffet^after  Sted^tdlonfulent  ^oc^ead^tet,  toor  em 
emfter,  frommer  Wlann,  bur(^  lör^erlid^e  Seiben  unb  ^ouäid^e  @orgen  oft  gebrüdb;  bie 
3}tutter,  Tlaxxa  3)orotl^ea,  geb.  Strüder,  in  i^rer  j^olben  Seutfeligleit  ben  Jtinbem  unbei» 

Sie^id^,  tt)irb  bon  bem  bem  ^oufe  befreunbeten  3)ui^burger  Siettor  f^o^onn  ®er^b  ^fem 
artip  in  einem  Sriefe  an  Sabater  al^  3JtufterbiIb   lauterer   d^tud^er  gfri^mmiglett  imb 

16  frieben^reid^en  ebangelif^-Iinblid^en  ©inne«  gefd^Ubert.  —  %t.3L  Ar.  befudjte  bie  lateinifc^ 
©d^ule  feiner  SSoterftabt,  too  ber  SReftor  5Weefe  mit  eifemer  Strenge  toaltete,  bejog  barai, 
mit  ))^iIologifd^en  Jtenntniffen  h^o^l  au^eftattet,  1786  ald  ©tubent  ber  Xl^eologie  bie 
Heine  reformierte  ^od^fd^ule  Singen,  ftebelte  aber,  burd^  bie  bejal^rten  ^rofefforen,  bie, 
meift  ^oBänber,  mit  ben  ©tubenten  fe^r  lorbial  berfe^rten,  toenig^  befriebigt,   fc^on  im 

20  folgenben  ^a^re  nad^  $alle  über,  tDo  er  neben  RncCißp  u.  a.  aud^  ^a^rbt  ^örte,  r>on  bem 
er  fid^  aber,  obh^o^l  in  feiner  ti^eologifd^en  9tid^tung  noc^  fe^r  fd^toonlenb,  bolb  toteber 
jurüdC^og.  3lad^  SSoQenbung  feiner  ©tubien  brad^te  er  ein^^ct^  aü  l^nformotor  inSremen 
m,  h^urbe  bann  1790  ^onreftor  am  ©i^mnafium  }u  $amm,  ber  bamaligen  ^auf^t^bt 
ber  ©raff^aft  SJlarl,  unb  t)erlebte  l^ier  in  ber  lieber  aufgenommenen  Sef^aftigung  mit 

26  ben  Älaffuem,  in  einer  i^m  fe^r  gufagenben,  erfolgreichen  a:i^ätigleit  unb  im  froren  imb 
geiftreid^en  Umgang  mit  bem  f))äter  an  bad  ^oad^im^t^alfd^e  ©Vntnafium  in  Serlin  bec^ 
festen  9ieftor  @net||[age,  mit  bem  nad^maligen  93ifd^of  (Stiert  u.  a.  brei  glüdnu^  So^re. 
Um  bie  Sraut,  @leonore  SJtöQer,  bie  er  im  ^au\i  beiS  Sürgermeiflerd  ju^omm  gefunben 
l^atte,  balb  ^eimfüi^ren  ju  lönnen,  toagte  er  1793  ba^  Sleltorat  ber  geleiten  ©tabtfc^ule 

80  in  5Kör«  ju  übemel^men  mit  einem  f^en  ®e^alt  toon  nur  300  3^alem,  tro^  ber  ^ 
am  linlen  SR^einufer  immer  lieber  bro^enben  Ärieg^unrul^en,  —  ein  ©d^ritt,  für  ben  er 
bü^en  mu^te.  9?ad^bcm  er  im  ©ommer  1794  feine  „Saura"  in  feine  fülle,  befc^on&e 
i^äu^Iid^feit  eingefül^rt  f}attt,  h^urbe  ber  fro^e  Seben^mut  beiS  jungen  ^ored  balb  auf 
eine  ^arte  $robe  gefteHt  burd^   ba^  neue  fiegrei(^e  SSorbringen  ber  ^angofen,   ti>eld^ 

36  mit  ber  })atriotifd^en  Setlemmung  aud^  bielfad^e  materieDe  ^ebrängntd  burA  @inquar« 
tierung^Iaft  u.  f.  \o.  brachte,  big  berjjriebe  bon  Safel  SRu^e  fd^affte,  aber  ouc^  bie®raf» 
fc^aft  5Wör«  mit  bem  ganjen  Knien  ST^einufer  ben  grangofen  überlief,  gnbe«  bliäfU  bei 
®^mnaftum  unter  jtrummac^er^  Seitung  em^or,  unb  neue  engejfreunbfdbaft^nbe  fiJaA 
gange  Seben  h^urben  gelnü))ft,  bor  allem  mit  bem  ©d^toager  9(.  28.  $.  MdQer  (gefi  aß 

40  Dberfonftftorialrat  in  ÜRünfter  1846),  bamafö  ^rofeffor  in  bem  nur  jtoei  ©tunben  ent« 
femten  ^ui^burg.  SJlit  il^m  unb  beffen  befreunbeten  JtoQegen  tDurbe  etn  nur  burd^  bie 
Ärieggunru^en  jeitlüeilig  unterbrodE^ener  lebhafter  SSerfe^r  über  ben  SR^ein  ^in  Qtpfloqm, 
big  ber  befd^eibene  SReftor,  nad^  bem  lobe  beg  ©eniorg  ber  tl^eologifd^en  g^lultät  Serg 
an  beffen  ©teile  ate  Prof.  theol.  et  eloquentiae  berufen,  Degember  1800  in  benÄrei« 

46  berfelben  eintrat,  —  ber  S^^^öf*^  i"  ^^  legten  ©eneration  ber  öon  bem  großen  Jlurfürjlen 
geftifteten  §öd^fd^ulc,  beren  ©tem  ftd^  fc^on  jum  Unteraange  neigte,  yiad^bem  er  hcS 
tl^eologifd^e  SDoItorat  erh>orben  ^atte,  trat  er  rüftig  unb  freubig  in  bie  neue  Arbeit  ein, 
inbem  er,  obh)ol^I  felbft  toon  ber  3^ii*^S?^oIogie  tingiert,  bod^  mit  feinem  frommen  ®emüt 
unb  feiner  §odE)ad^tung  toor  bem  biblifc^en  Gl^riftentum  in  feiner  äft^etifc^en,  Berber  fot 

60  genben  9(rt  im  Sunbe  mit  ^öQer  ein  ®egengeh?id^t  gegen  ben  bulgörrationoliftifc^, 
übrigeng  foUegialifc^  befreunbeten  ^afultötggenoffen  ®rimm  bilbete,  lag  nic^t  blofe  über 
tl^eologifd^e  fjäd^er,  fonbem  aud^  über  bie  griec^ifc^en  2;ragifer  unb  anbere  Äloffifer  toie 
über  beutfd^en  ©til  unb  trat  nun  aud^  afö  ©d^rtftfteller  auf  juerft  mit  bem  „$^mnug  an 
bie  Siebe",   1801,  2.  2lufl.  1809,   bem  1805   bie  nad^^er  in  mehrere  frembe  ©J^rac^cn 

66überfe^ten  „Parabeln",  8.  Slufl.  1848  unb  bie  bamalg  t)ielgelefene  t^eologifc^e  ©c^rift: 
„Über  ben  ®eift  unb  bie  gorm  ber  et)angelifc^en  ®efd^id^te  in  l^ft.  unb  äftl^etifc^  $in» 
fic^t"  folgten.  ^nt>^  tointe  balb  ber  3)rucf  ber  na})oIeonifd^en  ®eh)altperrf4Kift  ouc^ 
lölj^menb  auf  bie  3)uigburger  UniDerfttöt.    ©eit  fte  1806  an  bag  neuerric^tete  ®to|^ 


Sttnmmnditt,  ^rtebric^  Slbolf  151 

{ogtunt  Serg  überaegongen  tvax,  tarn  fte  t)onmbS  ^erunter;  Jlrummac^er  ^atte  jule^t  nur 
iu>4^  ein  paar  ibuegien  Dor  einem  ober  ^tt)ei  ^u^örem  ju  lefen;  baau  jaulte  bie  fran^ 
^{tf(!^  Stegtentng  ben  $rofef[oren  nid^t  einmal  ben  @e^alt,  unb  nac^bem  ber  9(ufentl^alt 
m  ^idbtnrg  fc^on  burc^  ben  SBeg^ug  3Jt5Qerg  nadf  SRünfter  1805  einen  großen  ^eil 
feiner  9lnne|mli(^leiten  für  Jtrummac^er  t)erloren  l)att^,  Dertoujd^te  er  gern  im  ^afycz  1807  6 
ben  ,,9Rdufeft|'',  toie  er  ben  alten  !lJlu{en{t$  tDO^l  nannte,  mit  einer  San^^^rebigerfteUe  ju 
Äetttoig  im  romontifd^en  dtvfyctfyd,  too  ,,ber  ^rofefjor",  anfangt  mifetrauifd^  angefel^cn,  ftc^ 
balb  bodSertrouen  feiner  ©emeinbe  unb  feinerfeit^  unter  ben  i^m  fe^r  f^m))at^ifcl^en  toefU 
fältf^en  Säuern  bod  ^rebigtomt  lieb  gewann,  toä^enb  er  jualeid^  bie  fo  erfolgreich  be« 
gonnene  S^^riftflenerei  eifrig  fortfe^te.  3lu^er  äuffö^en  unb  Sl^enfionen  in  3^c|>riften  lo 
fiefe  er  in  biefer  3^  erf (feinen:  ,,S)ie  Äinbertodt",  Oebid^t  tn  Dier  ©ejängen,  1809, 
2.  »ufL  1813,  —  ein  Siebtinggbudif  ber  Äöniain  Souife;  „35a«  gfeftbüdbtcin,  eine  ©c^rift 
für«  Soll",  1.  Der  Sonntag,  1809,  5.  aufL  1828,  2.  35a«  ß^riftfefi,  1810,  4.  äufl. 
1846  öt)ater  3.  S5a«  9leuial^fe|i,  1818,  2.  älufl.  1833);  „äpologen  unb  ^Param^ti^icn", 
1809 ;  ben  „»ibettated^idmu«",  1810,  12.  äufl.  1843 ;  enblic^  blig  origineOe  iSd^ftc^en :  is 
„2)0«  äBörtlein:  Unb,  eine  ®eburt«tag«fcier",  1811. 

gm  Sa^re  1812  erfolgte  Jl.«  SSerfe^ung  in  einen  größeren  9BirIung«frei«,  inbem 
ber  $er}og  9D[ejnu«  ^ebrid^  S^fttan  Don  afnl^alt^^Semburg  i^n  al«  ®eneralfui>erinten« 
bent,  {{onfiftorialrat  unb  Obei))rebiger  nad^  Semburg  berief.  @«  toaren  reiche  ^al^re,  bie 
er  bter  in  angefe^er  Stellung,  t)on  feinem  $er)og  tro(  gelegentlid^er  35ifferenjen  |o^'  20 
g^(9d|t,  al«  immer  gern  gehörter  ^rebiger,  in  t)ielfeitiger  au«gebebnter  amtlid^er  unb  nac^ 
tote  t)or  fruchtbarer  Ittterarifc^er  2^ätigifeit,  in  einer  ^oc^beglüdEten,  forgenfreien  $äu«lic^« 
lic^Ieit,  too  bie  fiinber  gur  ^^reube  ber  @ltem  ^offnuna«t)ou  gebieten,  jubringen  burfte, 
^äijnct,  in  benen  er  aucp  unter  ben  er^ebenben  SinbrüdTen  ber  Sefreiung«lnege,  Dom®eift 
ber  „SrtoedEung''  berül^,  ju  fefter  i)ojttit)er  Haltung,  }um  Dringen  auf  ba«  „einfädle  26 
Sbongeltum''  mit  fel^  entfd^iebener  SteDungnal^me  gegen  ben  bamal«  nod^  überaO  ^err« 
fc^enben  9lationali«mu«  gelangte.  9tad^bem  im  Sturm  unb  Drang  ber  ^ofyc^  1812  nvb 
1813  bie  geber  gerulj^t  ^atte,  erfd^ien  1814  bie  Jjatriotifd^e  Di^tung:  „Der  ©roberer, 
eine  Sertoonblung" ;  1815  ba«  biblitee  Drama  „gol^anne«"  unb  anon^  eine  burc^ 
bie  @infe^ung  ber  fog.  liturgifd^en  xommiffwn  in  Serlin  ^ert)orgerufene  Streitfd^rift:  so 
„9l))o{lolifd^e«  Senbfd(^eiben  an  bie  (Sbriftgemeinben  Don  bem  toa«  notl^  t^ut  jur  Jtirc^en» 
besbefferung" ;  1818  „Seiben,  Sterben  unb  äuferfte^ung  unfer«  ^erm  3^«  G^rifti", 
12  Silber  nac^  ©oltaiu«  mit  Sorrebe  unb  %t}ct,  unb  „?Paragrai)^en  gur  ^l  ©efc^id^te"; 
1819  bie  fcbon  ertoä^nte  JJortfefeung  be«  geftbüc^lein« ;  1820  „Surft  SBolfgang  juan^t. 
eine  9leformation«j)rebigt",  unb  oie  Streitfd^rift  gegen  So^:  „Sriefloec^fel  jloifd^en  3l«mu«  86 
unb  feinem  Setter";  1821  „Die  freie  etnmgelif^e  Äin^e,  ein  ^eben«gruft";  1822  bie, 
toie  er  bolb  felbft  erlannte,  Voreilig  unternommene  unb  ba^er  ntc^t  fortgefe^te  Überfe^ung 
Jwm  „(Satoin«  gnftitutionen"  (sie);  1823  „Silber  unb  Silbd^en",  ber  „Äatec^i^mu«  ber 
dbriflli^^  2e^re",  3.  «ufl.  1836,  unb  „Die  d^riftlid^e  Solföfc^ule  im  Sunbe  mit  ber 
Jcfapc^",  2.  StufL  1825.  —  Den  3luf  ju  einer  t^eologifd^en  ^ßrofeffur  in  Somt,  ben  40 
XUenflein  1820  an  il^  ergeben  lie^,  f^attt  er,  obh)0^l  bie  9lu«{td^t  auf  eine  neue  ata^ 
bemifc^  ^ötigfeit  i^n  lodtte,  bod^  jule^t  toegen  eine«  Slugenleiben«,  t)on  bem  er  gerabe 
^eimgefw^t  toor,  abgelehnt,  folgte  aber,  nad^bem  nod^  1821  unter  feiner  Seitung  bie  Union 
in  Semburg  eingefül^rt  toor,  1824  burc^  t)erfc^iebene  ©rünbe  beftimmt,  einem  Stufe  al« 
^3<^tr  an  ber  9ln«garilir(^e  in  Sremm.  ^ier  ^at  er  ftd^  too^l  in  mand^er  Sejiei^ung  45 
entlaufest  gefüj^lt,  inbem  er  nebm  einem  S))egialfoQeam  toie  Dräfete  ju  leiner  bebeuten- 
berm  Aonjeltmrlfamleit  gelangen  lonnte,  ift  aber  boc^,  burc^  ba«  lebenbige  religiöfe  ^n^ 
tereffe,  ba«  i^  in  bm  firc^hd^m  Jlreifen  Sremm«  begegnete,  too^lt^umb  anaef^rod^m, 
äU  l^enble^er  unb  Seelforger  t)iel  gefud^t,  in  t)ertrautem  Umgang  mit  SJlauet,  $ault, 
Zretnronu«  u.  a.,  in  toeitm  5lreifm  al«  ba«  „Säterc^en"  bod(igeel^rt,  au^  auf  biefem  so 
neum  Sobm  in  ber  altm  9teid^ftabt  ^eimif^  getoorbm.  ^ucp  bie  SJlufe  ru^te  nid^t. 
S«  erfc^mm  noc^  in  ber  Sremer  ^At  ber  „^atecSi«mu«  ber  d^riftl.  Se^re  nacb  bem  Se- 
tamtni«  ber  awng.  Äird^e",  1825,  8.  Slufl.  1846;  „St.  än«gar",  1826;  „Da«  2:äub:: 
d^",  1828,  3.  »ufL  1840 ;  „Der  $auj)tmann  Someliu«",  ^Prebigtm  über  3lj)oftelgefd^id^te 
10,  1829 :  „Die  Oefd&id^te  be«  Sleic^  Ootte«  nad^  ber  ^l.  Sd^rift,  anbeutmber  SCejt  ju  56 
Jwm  «ügelgm«  Silbem",  4  ßefte,  1831—45;  „£ebm  bc«  ^l.  ^o^anne«",  1833.  Dabei 
tDor  er  ^o^e  lang  ber  treuefte  3Jlitarbetter  an  bem  \>on  fallet  Serau«gegebmm  Sremer 
Ain^mbotm.  l^nbem  er  jule^t  bie  Sd^toäd^en  be«  Sllter«  ju  fü^lm  begann,  trat  er,  nad^^ 
bem  er  1843  in  ber  Stille  fetn  9lmt«jubiläum  gefeiert  ^attt,  in  ben  m^eftanb  unb  ftarb 
ein  ^0^  noc^  bem  älblebm  feiner  ^au  am  4.  3l))ril  1845.  go 


152         Stvnmmaä^tv,  ^ebrid^  3lboIf         Sirttmmacl^er,  ^iebrid^  3BS^dm 

©runbDerfd^teben  bon  feinem  93ruber,  bem  frommen  9But)))ert^aIer  (nräbefKnattanifd^ 
SonberUng,  eine  finnige,  äft^etifd^  unb  ))oetifci^  angelegte  92atur,  bon  feiner  @et{letot, 
l^eiter  jobial  unb  babei  Don  tiefem,  jartem  ©emüt,  bon  h)ürbet)oQem  @mft  unb  \oafy^^ 
tinblid^er  ^ömmigfeit,  babei  bielfeitig  gebilbet,  ^^ilologifd^  unb   ti^eologifd^  n>o^I   g^c^ 

5  (aud^  ein  eleganter  !iiateiner  unb  muftfalifd^  begabt),  ^at  ^rummad^er  in  fe^  Derfd^ieboien 
Sebendftettungen  al^  ©d^ulmann,  alabcmifc^cr  Se^rer  unb  ^rebiger,  bor  attcm  aber  in 
h)eitcn  Greifen  afe  Did^ter  unb  ©d^riftfteßer  anregenb  getoirlt  unb  fd^on  bor  h>ie  in  ber 
3eit  ber  ©rtocdhmg  auf  bie  religiöfe  i)enltoeife  ber  3^itgenoffen  an  jeinem  Orte  in  eigen* 
tümlid^er  SBeife  mit  eingetoirlt.    ^urd^  feine  Parabeln  ^at  er  ftd^  einen  bleibenben  $Ia| 

10  in  ber  beutfd^en  Sitteratur  em)orben.  3lu^er  i^nen  ftnb  befonberd  bie  erften  Xeile  bed 
^eftbüd^lein^,  bie  Äinberfd^riften  unb  bie  Äated^i^men,  toie  fd^on  bie  bieten  3tuftagen  geigen, 
mit  befonberem  SSeifaQ  aufgenommen  toorben.  ©o  biete  Sieber  unb  2)id^tungen  ^abcn 
älufnai^me  in  bie  Se^rbüd^er  ber  ©c^ulen,  mand^e  Sieber  aud^  in  bie  ©^angbüc^  ber 
©emeinbe  gefunben.     @ine  n)ertbolle  9leliquie,   intereffant  unb  angiel^enb   burc^   gfOOe 

15  bon  geiftreid^em  ^umof,  bon  toarmen  ^erjen^tönen  unb  d^riftlid^er  Seben^toeid^eit,  ein 
äludbrud  ber  ebenfo  lieben^mürbigen  toie  origineQen  ^erfönlid^feit  bed  ©d^reiberd  finb 
aud^  feine  Sriefe  in:  21.  iffi.  SKöfier,  g.  21.  Ärummaci^er  unb  feine  ^reunbe,  f.  oben. 
9{ad^  biefem  9Berfe,  münblic^er  Jtunbe  unb  ))erfönlid^er  Erinnerung  ift  biefer  Slrtifel  ge» 
arbeitet. 

20  ©öl^ne  ^ebrid^  2lbolfd'  finb  ^ebric^  SBit^elm  unb  ©mit  SBill^etm  ftrummac^er. 
Über  ben  erfteren  f.  b.  folg.  21.  2lu^  ber  le^tere,  geb.  7.3nai  1783  ju  üJlör«,  1841  bi« 
1876  ^aftor  in  Duisburg,  geft  1886  gu  S3onn,  toar  toie  fein  SSater  unb  Srubcr  ob 
Srbauung^fd^riftfteller  bielfad^  tl^ötig,  o^ne  ba|  feine  ©d^riften  für  bad  gtoeite  drittel  beS 
borigen  ^al^rl^unbertd  ä^nlic^e  )8ebeutung  gehabt   l^ötten,  mie  bie  feinet  iSaterd  für  boiS 

26erfte.  3"  wtoäl^nen  finb:  §irtenruf  jur  lebenbigen  Duelle  be^  §eife  1830.  3)ad2)ognta 
bon  ber  Onabentoa^l  1856.  ^aftorenfj)iegel,  ©^n.  5Jreb.  1859.  ©ibeon,  ber  Sli^tc: 
S^raete  1861.  SCäglid^e  §erjen«h>eibe  an«  Sut^er«  SBerfen,  2.  2lufl.  1852.  ©ebctbudj 
für  ebangelifc^e  Sbriften  1853.  (Sbangelifd^er  §au«fd&a$,  2  95be  1853.  ®.  S).  Ännm 
mad^er«  Seben  1838  (f.  b.  21.).     SSgl.  §.  Ärummadfier,   6.  iffi.  5lr.  Seben^erimterungen 

80  eine<^  geiftlid^en  Veteranen,  @ffen  1889.  ^.  VHaUtt  t« 

^nmma^er,  griebrid^  SBil^elm,  geft.  1868.  —  gfr.  3S.  $tx.,  eine  ©clbftbiogra* 
ptjit,  »erlin  1869;  Vltbt,  3ur  ©efcfticftte  ber  $rebigt,  SBieSbabcn  1879. 

^ebr.  SBil^.  Ärummad&er,  ©o^n  ^Jriebric^  2lbolf«  unb  5Reffe  ©ottfrieb  S)aniel«,  ifi 
am  28.  Januar  1796  au  ÜRör«  a.  du),  geboren,  befud^te  erft  bag  2)ui^burger,  bann  noc^ 

3ö  ber  93erfe^ung  feinet  Später«  ba^  SSemburger  ©^mnafium.  @r  ftubierte  in  $oIle  unb 
^ma  3:l^eologie,  aud^  an  bem  iffiartburgfeft  ber  SSurfd^enfd^aft  1817  nal^m  er  teil.  1819 
fam  er  afe  orbinierter  ^ilf^eiftlidfier  an  bie  reformierte  ©emeinbe  in  ^anlfurt  a.  9W. 
1823  ging  er  al^  ^Pfarrer  nad^  Slu^rort,  1825  nad^  ©emar!e  (SSarmen).  3^i>^^ 
nad)  bem  benad^barten  ©Iberfetb  an  bie  reformierte  ©emeinbe  berufen,   tourbe   er  bort 

40  1834  ber  ÄoHege  feineiS  D^eimg,  jugleidfi  folgte  il^m  ^nebr.  ©man.  ©anber,  ber  tnnigfte 
unb  treuefte  ^eunb  feinet  Seben«,  bortl^in  an  bie  lut^erifAe  ©emeinbe. 

1840  entftanb  infolge  einer  bon  Ar.  in  ber  2ln^arisÄird^e  ^u  SSremen  über  ©oI  1, 
8.  9  gel^altenen  ^rebigt  ber  burd^  mel^rere  ^aÜ^x^  fid^  ^inburd^jiel^enbe,  biete  ©d^riften 
berborrufenbe  „Sremer  Äird^cnftreit" ;    1847   ging   er  nad^  95erlin  an  bie  2)reifattigfeitd« 

46  firdfie,  1853  afe  §of})rebiger  nad^  ^Potsbam.  2lu«  bem  ©c^o^  eine«  reidjien  gamilien* 
leben«,  h)ie  e«  in  bem  93ud^  „Unfere  3Kutter"  (SSielcfclb  unb  Sei})jig  1880)  auf«  ax\^ 
gic^enbfte  gefd^ilbert  ift,  ging  er  am  10.  3)e^ember  1868  ^eim. 

Unter  feinen  gal^lrcid^en  ©d^riftcn  ift  bie  l^erborragenbfte  vint>  toal^rl^ft  ba^nbrec^enb 
„6lia«  ber  3:^i«biter",  felbft  mit  6lia«feuer  getauft,  toic  §eubner  fie  in  ber  S3üd^nerf(^ 

60  Äonforbang  (8.  2lufl.)  treffenb  begeid^net.  ©ie  ift  au«  2Boc^enanbad^ten  ^erborgegangen. 
©ogar  ©oct^c,  fonft  in  ber  f^omUetifd^cn  Sittcratur  ein  feltener  SRejcnfent,  l^at  fid^  über 
Rr.«  erfte  ©ammlung  „Slidfe  in«  SRcid^  ber  ©nabc"  geäußert.  „5Kan  lönnte  biefe  3Sor» 
träge,  h)eld^c  bie  in  $anbarbeit  berfunlenen  33eh)o^ner  jener  ©egenben  über  förperlic^ 
unb  gciftige  Unbilben  in  ©dfilaf  lullen  tooBen,  nartotifd^c  ^Prebigten  nennen;    h>el(^c  ftcl^ 

55  benn  freiließ  am  Haren  Sage,  beffen  fic^  ba«  mittlere  3)eutfc^lanb  erfreut,  ^öd^ft  h>unbcrli(^ 
au«ncl^men".    ©octl^e«  SBerfe,  2lu«gabe  1840,  33anb  32,  ©.  377—379. 

3Rag  bie  ^Pbantafic  be«  ^od^begabten  \id)  oft  ju  übcrrcid^em  S3ilbh)erl  ^cn  fort» 
reiben  laffen,  „mein  ©efc^madE",  fagt  Ar.  einmal,  „ift  ba«  biblifd^  SKaffibe";  mag  in 
feiner  fonft  fo  cblen  ©Jjrad^e  ba«^cmbh?ort  bi«h?cilen  eine  ftörenbe  §errf(^aft  beanfj)ru(^ 


ftnmtittad^er,  ^ebrid^  SBil^elm  Srummad^er,  (Sottfrieb  2)antel       153 

unb  bte  ma^oDe  Sinte  etned  2:i^eremin  l^öuftg  ü6erfci^ttten  fein:  biod^  ift  ^r.  in  ber  $o- 
miktil  für  otte  3ctt  einer,  „ber  ©etoolt  l^at". 

SBie  er  mit  ber  ©dffärfe  feineiS  SBi^eö,  mit  bem  Sd^tDunge  feinet  ©cniuig,  mit  ber 
ftraft  feinet  (glaubend  ben  9lationaIi^mu^  gegeißelt  unb  erfolgreich  belriegt  unb  bie  ger« 
fox^en  Sltöre  bei^  alten  ©laubeniS  glül^enben  bergend  gu  l^eilen  fic^  gemüht  ^at,  fo  l)ai  5 
et  mit  2^olucf  unb  61.  §orm^  ben  SleinJ^arbtfd^en  junftmäfeigen  ^Prebigt^Sc^emati^mu^ 
mit  freier  $anb  traft  ber  Äü^ni^eit  feiner  i)rot)l^ctifd&en  aber  über  S3orb  toerfen  l^elfen. 

5lann  man  bon  feiner  })Iö^Iici^  ouftaud^enben  ©eftolt  fagen,  ba^  fie  i^rer  3^^  h)ie 
eine  ^omiletifii^e  „ßrfd^einung"  golt,  bod^  ift  bie  Vorbereitung  ba^u,  bie  geiftige  unb  gcift^ 
lii^  Anregung  burc^  Är.^  SSater  unb  D^eim,  burd^  ben  nieberr^emifd^en  Sobcn  mit  feinem  10 
übtrtoiegenb  reformierten  oltteftamentlid^en  ®cj)räge,  fo  toie  burd^  bie  bomalige  frül^ling^s 
^e  ©rtoerfung^jeit  unöerfennbar.  äud  bem  ©c^a^  feiner  litterarifd^en  ©rjeugniffe  fül^ren 
toir  folgenbe  an:  ©olomo  unb  ©ulamitl^,  1827,  9.  Slufl.  1875;  SlidEe  in^  Sleid^  ber 
®nobe,  1828,  3.  »ufl.  1869;  ©lia«  ber  SC^i^biter,  1828,  6.  3lufl.  1874;  ^ßrebigt,  geb. 

S®emarfe,  1819;  Sel^Wiitmen,  2  3:le.,  1832,  2.2lufl.  1846;  2)er  5Prot)^et  ©lifa,  äb=  15 
lidwtoorte,  1835,  2.  äufl.;    2lbfc^ieb«j)rebigt,  1847,  2.  2lufl.;    3)er  fc^ein^eilige  Station 
nali^mu«   1841;    SC^ogifcbe  dtuplit  1846;    2)a^   äbbcnt^bud^   1847,  2.  äufl.  1863 
(Selben  unb  Älafing,  SSielefelb  unb  Sei^jig);  2)a^  ^ßaffiongbud^,  ber  tcibenbe  ßj^riftu«, 
1854,  3.  äufl.  1878  (SSel^agen  unbÄlafing,  Sielefelb  unb  2^m)y  3)ie  ©abbatl^glodfe, 
12  33e.,  1851—1858;    2)e«  ß^riften  ffioBfal^rt  nad^   ber  ^immlifd^en  ^eimati^,  3  3:le.,2o 
1858;  a)at)ib,  ber  Äönig  öon  S^rael,  1867;    ß^riftu«  lebt;    ein  Dfter^  unb  ^fingftbuc^, 
1862 ;    Immanuel  ^ebr.  ©anber,   1860 ;    SBeg  jum  §eil,    1842 ;    2)ie  SBa^r^eit  ber 
elxmgel.  ©efc^id^te  befiegelt  burd^  bie  älteften  nad^at)oftolifc^en  3^B^  (SSerl.  b.  3Bieganb 
unb  ©rieben) ;  Der  tird^lid^e  Dften  unb  SBeften  unf ereiS  })reufeifc9en  SSaterlanbe^  (93erl.  b. 
ffiieganb  unb  ©rieben);  äbfd^ieb^grufe  unb  2Bitlf omm,  jh)ei  ^ßrebigten  gef^alten  bei  feinem  20 
ämt^ec^fel  ^u  93erlin  unb  ^ot^bam;  go^ann  ^no^  unb  bie  Jtönigin  3Raria;  einleitenber 
SSortrag  über  ba^  3^ema:    „gntoietüeit  l^at  ber  ^ßrebiger  ben  ©efdfimorf  feiner  §örer  ju 
betücffu^tigen  ?"  (SBieganb  unb  ©rieben).  IRnb-  Äögel  f- 

Jtntntmad^er,  ©ottfrieb  2)aniel,  geft.  1837.  —  CueUen:  ®.  ^. ^ummac^erd 
fkhtn  Don  beffen  ißeffen  @.  ^.ftr.  old  ^orrebe  jur  (^uten  ^otfc^aft  unb  e^lro,  @lb.  1838;  90 
«.  5B.  aJiöncr,  &r.  «.  firummocierö  fiebcn,  SBrcmen  1849;  gr.  Sß.^rug,  Äritifcfte  ©efcftlcftte 
ber  protcftantifd)»religiö[en  ©Arofirmcrci  u.  f.  10.  im  ^erjogtum  SBerg,  ©Ib.  1851;  Acta,  betr. 
9.  3).  Ärummacöer  ju  eiberfelb,  1819  im  ?roö.  Ä.  ?lrd)iö  ju  Äoblenj  XXI.  10. 11.  ?lu(jcr. 
bem  perfönlit^e  ^unbe. 

®.  S).  Ärummod^er,  ber  jüngere  Sruber  bon  ^cbr.  äbolf,  tourbe  am  1.  ät)ril36 
1774  in  ledlenburg  geboren,  unb  ftarb  im  63.  ^a^re  am  30.  Januar  1837  al«  ^aftor 
bet  reformierten  ©emeinbe  in®lberfelb.  Über  feine  ©Item  f.  0.  ©.  150,9.  Daniel  jetd^nete 
ftt^  fd^on  ol«  Ätnb  —  meift  bei  ber  einfamen  ©ro^mutter  unb  %anU  erlogen  —  burd^ 
ein  eigentümlid^e«  unb  fcltfameö  2Befen  au^  unb  mufete  fid^  balb  einen  3:räumer,  balb 
einen  ©onberling  fd^elten  laffen  —  toeld^e  ärt  il^m  aud^  j^eitleben^  anl^ing.  auf  ber  40 
Unit)erfttät  in  Duisburg  ^atte  er  bielen  ©egcn  in  bem  §aufe  beiS  Sleltord  %t,  ämolb 
^fenlarnj)  (f.  b.  ä.  8b  VII  ©.461)  unb  erl^ielt  fid^  baburd(i  unb  burd^  ben  näheren 
Umgang  mit  bem  ^ßrofeffor  Dr.  SKöBer  gegenüber  ben  rationaliftifd^en  unb  ungläubigen 
Sorlefungen  ©rimm^  toenigften^  bie  äußere  äd^tung  bor  bem  geoffenbarten  2Borte  ©otte^ 
in  ber  jj^I.  ©<^ft,  o^ne  jebod^  fd^on  bon  beren  ©eift  ergriffen  ju  fein  ober  bie  finblid^e  45 
grommigteit  fu^  erhalten  ju  ^aben.  5Rad^  feinen  ©tubienjal^ren  begab  er  fid^  ju  feinem 
wuber  gt.  äbolf  nad^  $amm,  too  er  fid^  mit  Unterrichten  unb  ^Prebigen  befd^äftigte ; 
boim  toarb  er  ^auöle^rer  in  ©oeft  unb  1796  in  SKörg,  h?ol^in  fein  SSruber  berfe^t 
tporben  toor.  SSielleid^t  l^ai  er  [xd)  bamate  gleid^  feinem  Sruber  auf  furjc  ^^t  bem 
gteimaurerorben  angefd^loffen.  33on  3Körg  h)arb  er  1 798  ^um  ?}farrer  in  bem  nahen  w 
»aerl,  1801  jum  Pfarrer  in  SBülfratb  bei  eiberfelb  unb  1816  ^um  ^farrcr  in  glber^ 
felb  getoä^lt.  $ier  erlitt  er  am  15.  ^^nwar  1834  auf  ber  Äan^el  einen  ©d^laganfatl, 
brni  tDeld^m  er  ftd^  nur  auf  lurje  Mt  h?ieber  erl^olt  ^at.  SSerl^eiratet  ^at  er  fid^  nie^ 
mate;  feine  bertoittoete  ©d^toefter  SWe^er  too^nte  mit  i^ren  fünf  Äinbem  bri  il^m,  if^m 
eine  treue  ©tü^e,  h)ie  er  il^nen.  &5 

Ärummo^fer  ift  baburd^  fo  bebcutenb  für  feine  ^Ät  unb  für  feine  ©emeinbe  unb 
toeite  Äreifc  getoorben,  bafe  er  ein  ganger  üKann,  ein  ganger  6^rift,  ein  d^riftlid^er  Gbaraf ter, 
namentlich  al«  $rebiger  tvax,  freiließ  auc^  mit  bieten  @dfen  unb  ©c^roff^riten,  loeld^e  feine 
än^ger  leiber  f^äu^  atö  lugenben   angcfel^en   unb   fic^  baburd^  gu   einer  befonberen 


154  Sttnmmaäitt,  ©ottfrieb  3)antd 

^Partei  in  ber  ©emeinbe  auSacbilbct  l^aben.  Der  crft  22iäl^0e  junöe  ?ßfatrer  fonb  in 
SBaerl  einige  entfd^teben  gläubige  ©Triften,  burd^  beten  ^erjanbringenbed  B^d^^^  ^^  ^ 
ü^m  alihalh  unb  plöi^lid)  ein  neue^  Seben  entjünbet  tourbe,  bod  er  nun  mit  getoaltigem 
Smfte  unb  ©ifer  unb  mit  großem  Erfolge  ben  tl^m  anvertrauten  ©eelen  berfünbigte.  gn 

6  feiner  Ideologie  fd^Iofe  er  fid^  nun  gom  an  bie  J^oDänbifc^e  (cocceianifd^slamtjtfc^e)  ©c^ 
an,  nur  ba^  er  Befonberd  anfangt  in  @[berfelb  bie  obfotute  ^röbeftinotion  in  aQer  mög- 
lid^en  Sd^roffl^eit  nad^  ben  @ä^en  ber  3)ortre(i()ter  @^nobe  lel^e.  3B&l^b  ftd^  8am))e 
unb  feine  Sd^üler  in  il^ren  ^rebigten  h)ie  in  i^rer  @ee(forge  gleichmäßig  an  bie  tKC- 
fd^iebenen  klaffen  t)on  Seelen  toanbten,  jog  Jtrummac^er,   ben  man  borum   au(^   too^ 

10  ^art,  barfd^,  unfreunblic^  unb  lalt  nannte,  nur  bie  ©laubigen  unb  Segnabigten  an  uxib 
ftieß  bagegen  bie  nod^  nid^t  S3elel^rten  entfd^ieben,  \a  DieKeic^t  abftc^tlid^  )urüd(,  bid  fie 
ct\oa  auf  anberem  3Bege  ober  burc^  anbere  gewonnen  tourben  unb  nun  auc^  bei  i^ 
il^re  9la^rung  unb  Iroft  fanben.  @r  felbft  ^at  hierüber  gefagt:  „6«  ift  lein  Sfläunber, 
baß  fid^  t)iele  Seute  in  mir  nid^t  ^nben  fönnen,  ba  mein   ganged  auftreten  oft  ettooS 

16  Steif eiS,  SBunbertid^c«  unb  ^ßarabc^eö  an  pc^  tragen  mag."  Sefonber«  galt  biefe«  Don 
feinen  ^rebigten  unb  feinem  5Prcbigtt)ortrage.  S^einbar  trodfen  unb  fteif  feffelte  et  butd^ 
bie  untDibetftel^Iid^e  ^raft  ber  Überzeugung,  bie  9Bieberl^o(ung  einer  unb  berfelben  Sßo^t^ 
mit  fetfenfeftet  ©ntfc^iebeni^eit  unb  bie  2^iefe  unb  Snniglet  ber  d^riftlid^en  Erfahrung  unb 
Srienntnid,  bie  er  bome^mlid^  Den  Schriften   ber  ^an  b.  ®u^on,  93un^and,   Sogo^, 

ao  2^crfteegen8  unb  ä^nKAer  berbanlte.  ©jegetifd^  fmb  feine  ^ßrebigten  toegen  i^er  abfouit 
toiUfürlid^en  SSibelau^legung  nad^  ber  au^earteten  unb  mißDerftanbenen  cocceionifc^ 
3Jtanier  \)kl\ad)  ju  tabeln  unb  filierten  aud)  in  d^riftlid^er  äSegiel^ung  anfangt  ^äuftg  )u 
einem  bloßen  ^bö^tafie^  ober  ©efü^te^g^riftentum  unb  SBerftanbedbogmatiSmu«,  unb 
bemnad^  aud^  toobi  jum  ganatiiSmug.    Setoeig    l^ierbon  fmb  befonber«  feine   berühmten 

26  ^rebigten  über  bie  Flamen  ber  Sagcrftätten  ber  ilinber  S^rael  in  ber  SBüfie  unb 
feine  fonftigen  altteftamentlid^en  ^ßrebigten,  fotoie  bie  feiner  jabireidjfen  ©d^ület.  Ätum« 
mad^er«  9luftreten  in  ©tbcrfetb,  jur  3^it  ber  attgemeinen  religiöfen  ©rtoedfung  unb  (St* 
Hebung  in  gan^  Deutfd^Ianb,  unb  na^bem  bei  feiner  3Ba^I  bie  alte  t)erfum))fte  oligatd^ifc^ 
5looj)tationgöerfaffung  ber  ©emeinbe  in   eine  frifd^e    Icbengbolle  ariftolratifc^e  SRet)täfens 

80  tati))t)erfaffung  ju  beftänbigem  Segen  berfelben  bertoanbelt  tDorben  toat,  ei^eugte  in  bec 
©emeinbe,  bie  feit  einiger  ^Ät  feine  9lu^icßung  be«  ^l.  ©eifte^  erlebt  l^tte  unb  in  il^en 
bi^f^er  tonangebenben  ©liebem  meift  freimaurerifc^  inbifferent  getoorben  toar,  ein  neueö 
Seben,  toeld^e^  aud^  in  toeiteren  Äreifcn  unter  ber  meift  neologifd^en  ©eifUid^teit  bc^ 
Sanbe^   ungeheure«  2luffe^cn   unb   ^eftigen   3Biberfj)rud^    erregte.     SBon   feinem   Keinen 

86  aber  eifrigen  äln^ange  getragen,  toerftieg  ftd^  Jlrummad^er  toirutd^  m  ben  äußerften  unb 
ärgerlid^ften  (Sjtremen  ber  ^räbeftination^lc^re  unb  als  1819  feine  Slnbänger,  nac^  i^^ 
bomel^mlid^ften  Si^e  bie  SBüften^öfer  genannt,  anber^  geünnte  ©lüften  unb  ^ßrebiget 
(j.  S.  ben  frommen  ÄraH  in  ©emarle)  in  il^ren  befonberen  ^erfammlungen  unb  ©otted« 
bienften  burd^   laute«  Sad^en   unb  SCabeln  ftörten  unb  felbft  jur  93erad9tung  ber  Sticdft 

40  mit  btennenber  pfeife  in  bie  Äird^e  gingen  unb  bie«  aÖc«  mit  bem  SBortoonbe  be» 
fd^önigten,  ba«  äße«  fei  erlaubt  ober  ba«  tl^ue  nur  i^  alter  3Jlenfd^,  mit  bem  i^r  neuer 
ÜRenf^  nid^t«  gemein  l^abe:  ba  trat  Ärummacber  ber  i^n  jur  SSeranttoortung  jie^^ 
ben  bürgerlid^en  unb  geiftlid^en  Dbrigleit  al«  93erteibiger  biefer  fred^en  unb  lofen  Seute 
anfang«  tro^ig,   ja   faft  frec^  entgegen,  befann   fid^  aber  bei  ber  unermüblid^en  SRilbe 

46  ber  Scl^anblung,  mit  toeld^er  i^m  namentlidfi  ber  ©eneral))räfe«  ber  nieberr^einifc^ 
reformierten  S^nobe,  ber  nadfi^erige  Sifd^of  Dr.  Sloß,  entgegenlam,  aHmä^lid^  eine« 
Seffercn,  unb  aud^  fein  inbcj)enbentifcl5|sfird^lid^=rej)ublifanifd^  geftimmte«  ?ßre«b^tetium, 
feintet  h)eld^e«  fid^  Ärummad^er  al«  l^inter  feine  „Se^örbe"  jurüdfjujiel^en  fuc^te,  fieß 
attmäf^lid^  toon  feiner  Slenitenj   ab.    So   biclt   er  am   24.  DItober   1819  nac^   langem 

60  Sträuben  auf  »efe^l  be«  Ä.  Äonfiftorii  in  Äöln  feine  SRed^tf ertigung«}3rebigt  übet  815 
6, 1  (Srefelb  1820),  bercn  Xbema:  Sollen  toir  in  ber  Sünbe  beharren,  bamit  bie 
©nabe  bcfto  mächtiger  toerbe?  unb  bie  i^m  nod)  au«brüdElid^  auferlegte  Sortebe  ctm 
mciftcn  baju  beitrugen,  il^n  toon  feinen  bi«l^erigen  ejtraöaganten  Slnl^ängem  —  bie  nun 
jum  Xeil  Seltierer  tourben  —  ju  fd^ciben  unb  ipm  ba«  SSertrauen  ber  befleren  ©emeinbe^ 

66  glieber  ju  crf^alten  unb  in  immer  fteigcnbcm  ÜRaße  jujutoenben.  @r  ^atte  jje^  bie  ©e« 
fahren  feiner  eigenen  Seigre  unb  Slrt  lennen  gelernt  unb  fud^te  fie  je  länger  Je  me^  }u 
bermciben.  3)agegen  bilbete  fid^  boc^  um  if^n  unter  Slbftoßung  ber  großen  9Raf(e  in  feinet 
©emeinbe  unb  im  ganzen  aSBujJtjertl^alc  unb  bcrgifd^en  eine  neue  entfd^ieben  unb  fc^roff 
^räbeftinatianifd^c  Partei  mit  bielem  dfiriftlid^cn  ©rnfte   aber  auc^   mand^er  SSertel^t^^ 

60  toeld^e  ftd^  nad^  5{rummad[;er«  Xobe  unb  nadf  feine«  in  feine  ^ßta^fen  getretenen  Steffen 


Stxnmmaäitx,  (Sottfrieb  Hantel  ftntjifi{  155 

gt.  SSSill^cIm  Slbgong  bomcl^mlici^  in  bie  nieberlänbifd^stefonnierte  ©cmdnbe  bon  Dr.  Stof)U 
btügoe  (f.  b.  8.  33b  IX  ©.  633)  in  SIberfcIb  berlouf cn  f)Qi,  2luc^  toax  5lnintmaci^er,  ganj 
im  Seifte  feiner  ©emeinbe  ober  toeniaftenS  feiner  Slnl^änger  unb  gegen  ben  bamold 
^etrfc^enben  3^0#/  ^^  entfd^iebener  Segner  ber  Union  unb  ber  neuen  9(genbe  unb 
beftörlte  boburii^  feine  ©emeinbe  in  btefem  il^rent  befonberen  @inne  gegen  bie  fonftige  6 
bnfiante  9ixt  unb  Steigung  ber  reformierten  Jtirc^e  )ur  Union,  ^m  ganzen  toerbantt  bie 
beutfd^e  ekKmgeIif<i^e  S^ftenl^eit  bem  feften  unb  lemigen  2Befen  Jtrummac^erd  fotool^I  nad^ 
feinem  ))erfönlid^en  auftreten  oö  burd^  feine  gebrudten  ^rebigten  toiel  ©egen,  ber  nod^ 
forttanrit. 

Schriften:  äufeer  jener  au(^  in  bie  ®nU  Sotjfd^aft  aufgenommenen  ^ßrebigt  fmb  lo 
\>on  \ijm  folgenbe  ^ßrebigten  in  ©tberfelb  erfd^ienen:  9teformation«})rebigten,  1817.  Sei* 
trag  jur  Seonttoortung  ber^age:  SEBoö  ift  eöangelifd^?  in  fünf  ^rebigten,  1828.  S^Iobö 
ÄaiiH)f  unb  Sieg,  1829.  ©inige  ^rebigten  über  bie  ebangelifd^e  Se^re  bon  ber  SRec^t» 
fertigung,  1831.  ^ie  SBanberungen  ^draeliS  burd^  bie  äBüfte  nad^  Kanaan,  in  äSejiel^ung 
auf  bie  innere  ^^ü^ng  ber  ®(äubigen  be(eud^tet,  1834.  2)ie  l(>o^e))riefterIid^e  ©egenS^  i6 
fotmel,  1834.  gBabr|eit  jur  ©ottfeligleit  ober  ^au^po^iiüt,  üReur«  1834.  ®ute  ^oU 
\dfa^,  1838.  Xäglid^e«  üRanna  für^ßilger  burd^  bieSBüfte,  gefammelt  bon  einem  greunbe 
be«  Seretoigten,  12.  SUifl.  1891.  äuferbem  erfc^ien  bon  i^m  1836  in  2)üffelt^al  eine 
ÜBerfe|ung  ber  Sludlegung  bed  $l^ili))))erbriefed  bon  Salbin.  SR.  &bM  f« 

Jh^jife  —  8^^  fiilleratur  f.  b.  »lÄ.  ^reuj  unb  ÄreuaeSjeicften  0.6.90  u.93;  ferner  20 
Jobber!,  3ur  dntfte^ungdgefcfiic^te  bed  ^Uiiftjred.  ^^erlin  1880;  ^ngel^arbt,  ^ie  älteften 
Änijipjc  gWBfi  1880  ©.  188 ff.;  g.  3E.  ^qu«,  Äreujiaung  In  SRealcncQ».  ber  diriftl.  Slter* 
tümer,  II,  6.  283 ff.;  ®rifar,  Sreuj  unb  trcujigung  ^OS  1894,  6.  Iff.;  m.  &orrer  unb 
V.  Wäaer,Sh:eu}  u.  ^eujigung  S^rifti  in  i^rer  ^nftenttoicfelung,  ©trogburg  1894  (mägig); 
IRicft.  Cngel«,  3)le  ftreujigung  ©ftrifti  in  ber  bilbenben  Äunft,  fiujemburg  1899  (inftruftio  burd^  26 
bie  Wbilbungen) ;  gr*  3E.  S^raud,  ©efc^ic^te  ber  c^riftl.  ^unft.  II,  8.  31  Iff. 

®egen  bie  2)arfteQung  bed  £eibend  S^rifti  f^ai  bie  altd^riftlid^e  Jtunft  ftd^  (ange  ge« 
^äubt,  barin  befitimmt  aud^  bie  religiöfe  Stimmung  ber  Sl^rifteni^eit,  toeld^e  ben  $ei(anb 
nic^t  fotoo^I  im  ©tonbe  ber  @miebrigung  atö  bie(me^  in  feiner  mad^tboQen  @r|5l^ung 
anjufc^uen  getpol^nt  toar.  S(Id  fie  in  ber  gtoeiten  ^ölfte  bed  4.  ga^rl^unbertd  mm  erften^  ao 
moljag^aft  biefen  SBeg  betrat,  crfd^eint  fie  Baiser  bon  bem©treben  be^errfd^t,  oie  ^ßaffton 
mdßlub^  ab)uglötten  (Met,  ©d^u(^e,  Slrcbäologie  ber  altd^riftL  5tunft  ©.  332  ff.),    ©o  be^ 

Getft  ftt^,  ba^  bier  S^l^^unberte  borübergingen,  el^e  fie  an  bie  ©cene  l^erantritt,  in  toeld^er 
^  Seiben  ßbrifti  git>felte,  bie  Jlreujigung.  ©d^on  borl^er  aber  —  in  ber  erften  ^ölfte 
be«  3.  S.Ä^Pwnbertg  —  l^e  in  einer  ber  Äammem  be^  Äaiferpalafte«  ouf  bem  36 
^Jalatin  eine  ^eibnifc^e  $anb  ben  „®feI^ott"  ber  6bnft«i/  biefen  mm  ®ef})ött,  in  bie 
SBJonb  geriet  mit  ber  Snfc^ft  AAESAMENOC  C  EBBTE  SEON  (befte  ab* 
bUb.  ©arrucd,  Storia  della  arte  crist.  V  S^af.  483 ;  berfelbe,  II  Crocifisso  graf- 
fito  in  casa  dei  Gesari,  9loml857;  julc^t  au^fül^rlic^  g.  X.  ÄrauS,  ba^  ©tjottmi^ifij 
bom  ^[Jalotin,  greiburg  1872.   Da^  Original  felbft  im  üRufeo  Äird^eriano  in  9lom).  40 

%(A  erfte  8eif>)iet  eine^  Ärujipjuö  d^riftlidfier  §erfunft  ^aben  toir  in  einem  SRetief 
ber  ^oljt^ür  bon  6.  ©abina  auf  bem  Slbentin  frül^eftend  a\x^  ber  ^itte  ettoa  bed  5.  ^al^r^. 
(SBieganb,  2)0«  altc^riftlid^e  ^aui)t>)ortaI  an  berÄirc^e  ber  ^I.  ©abina,  SCrier  1900,©  19  ff., 
laf.  4).  3)en  $intergrunb  btlben  bie  3Jlauem  ber  ©tabt  J^erufalem.  3)ie  mächtige  ©eftalt 
bed  ^eilonbed  ^t  bon  ben  jn)ei  fnaben^aft  gebilbeten  ©d^öd^em  begleitet.  SSieQeid^t  eben  46 
fo  m  bürfte  ein  oberitalifd^e^  Slfenbeintöfeld^en  bed  S3rit.  3Rufeumd  fein,  toeld^ed  bem 
ßetlanbe  Sol^ne«  unb  SRaria  jugefettt,  bie  eine  tiefe,  ftitte  ©d^merjen^jfinbung  be* 
$enfd^t  (Äbbilb.  g.X  Jtrau«,  ®efd^.  ber  c^riftl.  Äunft,  I,  ©.174;  ^ooxi  ®raeben,  ^rü^* 
(^rifUic^  unb  mittelolterlid^e  ©Ifenbeintoerle,  I,  n.  24).  '^n  beiben  göHen  ift  ß^riftuig 
lebotb  unb  leiblod  aufgefaßt.  9Bte  ftarf  inbed  nod^  ein  §abr^unbert  nad^l^er  bie  ältere  6o 
Stimmung  nod^toirhe,  bezeugen  uni  bie  3JletaIIfIäfd^d^en  in  SWon^a,  bie  ^ur  ^e\i  ®regord 
bed  ®ro^en  au«  S^'^fölem  nad^  bem  9lbenblanbe  tamen.  ©ie  bemühen  ftd^  ficbtlid^,  ber 
tmrflic^  Streu)igung  audjutbeid^en,  unb  begnügen  ftd^  mit  3lnbeutungen  entmeber  fo,  ba^ 
3efu3  bie  arme  ausbreitet  toie  ein  ®elreujigter,  tool^rcnb  ba«  Sreu^  felbft  fef^lt,  ober 
fo,  ba|  fein  $auj)t  über  bem  Äreuje  fd^toebt  (®arrucci  VI,  Xaf.  434.  435).  ©c^on  66 
bicfe  ^^^ad^en  toeifen  ba^in,  ba^  ba«  Jtreujigungdbilb  in  ber  9labbula(^anbjd^rift  ber 
gourentiana  (»bbilb.  g.  X.  Krau«  a.  a.  D.  I,  ©.  176)  einer  toefentlid^  fi)äteren  geit 
angehört,  ote  angenommen  ju  toerben  j)flegt  (586).  I)enn  bie  ©cenc  ift  l^ier  au«  i^rer 
iirf))rüngli(^  Sinfad^l^eit  unb  ^foliert^eit  ^erau^enommen,  inbem  au|er  ^o^anneS  unb 


156  firtt)tfi£ 

ajlaria  Ilagenbc  %ta\xm  unb  Ärieggfneci^te  cingcfül^rt  fmb ;  betont  ift  au^erbcm  bcr  2eibm^ 
au^brudf,  unb  ein  lan^e^  ©etoanb  umJ^üHt  ben  Selb  ßl^rifti.  S)a0e0en  fmb  auf  töp^ 
ttfc^en  Stoffen  3)arfteBun9en  bc«  Ocfeeujigten  etl^alten,  bie  no^  bie  "aurüdt^altenbe 
aSeife  beö  au^e^enben  d^tiftlid^en  2lltertum«  betoo^rt  l^oben  (j.  S3.  tJorretsSKüDer  lof.  3 

6  n.  3.  5.  9). 

3>n  bem  Überöange  öon  ber  altd^riftfid^en  gur  romanifd^en  5periobe  taffen  fic^  bie 
JJad^toirfungen  ber  älteren  3cit  baran  erfennen,  ba^ßj^riftu^  lebenb,  nur  mit  bemSenben* 
tuc^e  beflctbet,  bie  ^^e  nebeneinanber  georbnet  bargeftellt  toirb.  änbererfeit^  geigt  bie 
toad^fenbe  3^^  *>^  Segleitfifluren  bie  SBeiterbilbung ;    ani)  tritt   bie  lange  3!unifa  auf, 

10  bod^  atö  2lu«naf^me  (Seiftjiele :  %,  1.  Ärau«  a.  a.  D.  II,  ©.  312 ;  Oraeben  I,  n.  55 ; 
II,  n.  17).  '^m  Unterfd^iebe  t)om  äbenblanbe  beborgugt  bie  b^jantinifc^e  Jlunft  je^t  unb 
in  ber  %o\^t  bie  2)arfteIIung  be^  fterbenben,  im  Xobe  jufammenbred^enben  ^eilanbe^ 
(d^arafteriftifc^  ein  ©mailtoerf  be^  10.  Sa^rJ^unbertö  bei  ©d^Iumberger,  Un  empereur  by- 
zantin  du  dixöme  siöcle,  ^ßari«  1890,  ©.  580  StafeO-    3n  oDen  goDen  ftnb  §änbe 

16  unb  gü^e  burd^bol^rt ;  Ic^tere  ftel^en  auf  einem  brettartigen  Duer^olj.  3)ie  romonifc^ 
6})oc^e,  in  toelc^er  ber  Ärujifiyu^  ate  ÜRalerei  ober  al^  ©fulj)tur  bie  toeitefte  Verbreitung 
fanb,  fc^müdft  ba^  §aut)t  mit  einem  Ärange  ober  einem  3)iabem  (®ngefö,  %cl\.  10. 12. 14; 
gorrersSWütter,  3:af .  4 — 7 ;  ©todfbauer,  ©.  259  f.),  aber  je^t  treten  aud^  immer  ga^treid^er 
©eif>)eUe  be^  tot  ober  fterbenb  aufgefaßten  §erm  auf ;  ja  man  fc^eitet  jum  berbften  SReo« 

aoligmu«  fort  (©ngcte,  laf.  14.  16  ^g.  5118;  gig.  58;  ßloquet,  Elements  d'icono- 
graphie  chr^t.,  $ari^  1900,  ©.  77).  3)agegen  bleibt  aud^  jefet  nod^  d(Kirafteriftif4^  bie 
5lebeneinanberorbnung  ber  ^üfee,  unb  biefe  ®ej)fIogenl^eit  erhält  fid^  bi^  an  bieSDlitte  beg 
13.3a^r^unbcrtg(ögI.5.I.  Äraug  11,1,  ©.336  f.).  dagegen  führte  bieSoüI  eine  tocjent^ 
lid^e  2BanbeIung  ^erbci,  gum  3:eil  unter  bem  6influffe  bc«  religiöfen  ©ubjeftibi^mu^,  gum 

26  3:eil  unter  ber  Slüdftoirlung  be^  SReali^mu^  ber  geiftlid^en  ©d^aufj)iele.  2)ie  Äönig^hone 
tocic^t  ber  3)omcnfronc,  in  ber  Haltung  be^  Äörjjer«  toirb  bie  ©d^menendtoirfung,  oft 
in  ftärffter  SBeife,  anfd^aulid^  gemacht :  baö  ^aujjt  ift  geneigt,  ber  fieib  gebogen,  ©in 
einjiger  SRagel  burd^bo^rt  je^t  —  nac^  3Ka6gabe  angeblid^  befferen  ^ifjen^g,  t>ergL 
$ij)er,  ginleitung   in   bie  monumentale  il^eologie,  Ootl^a  1867,  ©.  619  f. ;    ©tocfbauer, 

80  ©.  287  -—  bie  beiben  übereinanbergetegten  güße.  3)a^  ®rfd^üttembe  unb  Iragifc^ 
be«  93organgc«  fri^grft  fid^  Icbenbig  in  berUmgäung  toieber  (^orrers^Rüttcr,  3;af.  7 — 11; 
engel«,  3:af.  11.  16;  g.  X.Ärau^II,  1,  ©.237.  274.  280.  325.  327.  381  unb  fonft). 
3luf  biefen  ©oben  ftel^t  bie  beutfcf^e  Äunft  be^  1 6.  ^a^tl^u«^^^.  ^^^  fw  borjüglid^  Dürer 
unb  §olbein  bertrcten  (Seifriele :  Änadffufe,  SCttgemeine  Äunftgefd^id^te  II,  55ielefelb,  £eil)jifl 

86  1900,  ©.  567.  585 ;  ^anitfc^el,  ©cfcbic^te  ber  beutfc^en  Watoei,  »erlin  1890,  ©.  350. 
388.  418.  419.  498.  510  u.  f.  to.).  ©ie  fudftt  bie  gefc^ic^tlic^e  SBa^r^eit  unb  fc^cut  bot 
bem  ^rcbtbaren  nid^t  jurüdf.  2)ie  italienifc^e  SRenaiffance  bagegen  milbert  bie  ^rten 
SCöne  in  äntoenbung  il;rc«  ©djiönl^eitgibeafö  (Seifriele :  Ärau«  II,  2,  ©.  212.  220.  226. 
252  u.  3:afel  ©.269).  3)iefem  3^9^  folgt  toefentlidfi  bie  allgemeine  Äunftenttoidfelung  im 

40  17.  unb  18.  S^l^rbunbert ;  bie  jogenannten  5lajarener  ftil^rten  einen  toeid^ilid^en,  fentimem 
talen  3^0  i"  ^^^  ^JaffiongborfteHungen  ein,  unb  unter  biefem  6inbrud  ftel^en  aud^  3Mer 
toie  ^Pfannfc^mibt,  ^locfftorft,  §ofmann.  3)ie  mobeme  religiöfe  SRid^tung  fud^t  bem  gegens 
über  bie  gefd^id^tlid^e  SBal^rl^eit  bid  }um  berbften  Sleali^mu^  )ur  ©eltung  ju  bringen 
(b.  ©cb^arb,  b.  Ul^be,  3^'"'"^i^öi^"/  Älinger  u.  a.). 

46  3)ie  burd^  bie  ebangclifc^e  ©rjä^lung  gegebenen  giguren  treten  anfangt  nur  teiltoeife 
auf  (3|ol^anneö  unb  2Raria,  ein  ober  gtoei  Ärieg^Incd^te) ;  gegen  Slu^ang  bed  9RitteIalter8 
toerbcn  barau«  reid^e,  betoegte  ©cenen,  bor  allem  an  ben  ©d^ni^altärcn.  3)te  3Birtung 
ber  geiftlid^en  ©c^aufj^icle  ift  hierbei  unberlennbar.  3)od^  fc^on  in  ber  romanifd^en  ^eriobe 
beginnen  aucb  legenbarifc^e  ober   aQegorifc^e  ©eftalten   f^d^   um  ba^  Jtreu)   gu  fammeln. 

60  5Die  ^erfonififationen  ber  Äird^c  unb  ber  ©^nagoge,  jene  afö  ©iegerin,  biefe  ote  Seftegte 
treten  auf  (?}aul  SBeber,  ©eiftlic^e^  ©c^aufj)iel  unb  fird^lic^c  Äunft,  in  il^rem  Sed^tnid 
erläutert  an  einer  3tonogra>)^ie  ber  Äirc^e  unb  ©^nagogc,  ©tuttgart  1894  mit  äbbilbungen). 
äbam  unb  ®ba,  bie  Url^cber  ber  ©ünbc,  bie  ber  §eilanb  am  Äreuge  aud&  für  fie  fü^ntc,  mien 
neben  bem  Äreugc  (®arr.  VI,  laf.  434) ;  geh)öl^nlid&  aber  fie^t  man  älbam  allein  enttDcber 

66  f 0,  baß  er  in  feinem  ®rabe  unter  bem  Äreuge  ruf^t  ober  fic^  aufrid^tet,  bie  $anb  nad^  bem  ®^ 
heugigten  erbcbenb.  ^n  ber  Äreugigung^gru>)j)e  ber  Äird^c  gu  SBedbfelburg  in  ©ad^fen 
^ält  er  (ober  5li!obcmu^?)  einen  Ä'elc^  em>)or,  um  ba^  l^emicberträufelnbe  Slut  S^fti 
aufgufammcln  ($.  I.  Ärauö  II,  ©.  222).  3luf  fein  ®rab  in^befonbere  auf  ®oIgat^ 
toeifen  ber  lotenf o^jf  unb  bie  3:otengebeine  am  gufee  be^  Ärcujeö  (Sngete,  2^f.  10.  13 ; 

60  gorrer^SDlüUer,  %a\.  8,   bgl.  ^erbinanb  ^i})er  im  (Sbangelifc^  Äalenber  1861,  ©.  17  ff., 


Sttuiih  ftfibel  157 

h)o  lüctterc  äbbilbungen  bermerft  fmb).  5lnbcrcrfctt^  ringelt  fid^  in  9lnlnül)fung  an  ®en 
3,  15  dne  ©(^longc  um  ba«  gufeenbc  bc«  Ätcugc«  (SBebcr  a.  a.  D.  3:af.  2,  4,  ©.16; 
©ngd^,  lof.  11).  3)cr  Äeld^,  auf  todd^cm  ber  gufe  beS^cilanbe^  rul^t  ober  ber  unter 
bem  Inttbrett  befeftigt  ift,  bilbet  ben  ^eiligen  ®ral  ab  (©ngete  Xa^  13,  18,  öfter« 
auf  ©tfcnbeintäfelc^en).  (t^  lommt  auc^  öor,  bafe  bic  Sfllefia  biefen  Äcld^  in  ber  6 
^b  f^QÜ  (SBSeber  lafel  4)  ober  ein  Engel  (@ngcfö,  Stafel  19.  21).  ©d^on  frül^! 
toerben  ouc^  ©onne  unb  2Ronb,  enttoebcr  in  natürlid^er  SSilbung  ober  i)erfonifijiert,  in 
bie  ©cene  ^ineingejogen  (gerb,  ^ßi^jer,  3%tl^ologie  unb  ©^mbolif  ber  d^riftl.  Äunft  I,  2, 
3Beimarl851,  ©.11 6  ff.),  ebenf o  flagenbe  @nget,  (Sott  »aterunbber  ^l.®eift  in  ber$öf^e 
(Ärujifij  in  SBec^felburg).  3)ie  Selicbtf^eit  unb  toeite  Verbreitung  ber  93eroniIaIegenbe  lo 
enblu^  mad^t  e«  t)erftönb(id^,  bat  bie  fromme  ^au  SSeronita,  aUerbing«  getoöI^nKd^  in  ber 
©cene  bed  ®ange«  jur  Slid^tftätte,  jutoeilen  aber  aud^  in  ber  5Rä^e  be«  ®elreujigten  einen 
$(a|  finbet. 

^Q^  5treu)  hd)au!pUt  im  aQgemeinen  bie  überlieferte  gorm.  2)ie  Jtreuje^^oI^Iegenben 
bc^  Slittdatter«  berfc^affen  fid^  ©influfe  in  ber  SRid^tung,  ba^  pd^  \>a^  Äreuj  mel^r  ober  i6 
toenigcr  ber  öaumform  annäl^ert  {%.  I.  Ärau«,  II,  1  ©.  331f.*  gerb.  S^iptt  im  ©bange- 
lifc^en  Äolenber  1863,  ©.17—94;  D.  gödfler,  3)a«  Äreuj  ß^rifti,  ©.468  ff.).  S)iefe 
Seobad^tungen  fteUen  bie  mäd^tige  älnjie^ung^fraft  feft,  meiere  ba«  Jtreuj  unb  bie  Jtreu- 
)tgung  auf  bie  rdigiöfe  ©timmung  unb  bie  fird^lid^e  ©itte  unb  bamit  mittdbar  unb  un^ 
mittelbar  auf  bie  ttunft  ausübten.  IBictov  S^nl^e.     ao 

Stttfptü  f.  5tird^enbau,  93b  IX  ©.  786,44. 

Sr^tocabmifteti  f.  $^i[i))))iften. 

Stibtl,  Slobert,  geft.  1894.  —  fiitteratur:  JRobcrt  Äübel,  na*  eigenen  Äufaeicft* 
nungen  gefcftilbcrt.  Stuttgart  1895;  «ßrofeffor  D.  Stöbert  Äübcl,  ^Refrolog  o.  SBur!,  in  WS 
VI,  1895.  26 

Jtübd,  Etobert,  ift  ber  Ie|te  a!abemi{d^e  SSertreter  be«  dgentümlid^  fd^n)äbijc^en,  au« 
ber  ©(^ule  Sengetö  hervorgegangenen,  in  ber  3Jtitte  be«  19.  ^al^r^unbert«  befonber«  burc^ 
Zobia«  9edt  in  Tübingen  toieber  ju  S^ren  gebrad^ten  biblifd^en  9ieali«mu«.  ®eboren 
am  12.  gebruar  1838  )u  ^irc^i^dm  u.  X.  al«  ©ol^n  be«  9le(^t«ann)alt«  unb  ©tabt« 
fci^ult^d^en  Sluguft  Jtübd,  jdgt  er  in  fdnem  gaiuen  Seben  ben  ©influ^  eine«  gotte^für^-  ao 
tigen  unb  babd  frö^lic^en  Slteml^aufe«.  ©ein  ^ilbung«gang  tDar  ber  gen>öl^nlid^e  ber 
itnhrttembergtfd^en  ®dftlid^en.  gür  fdne  t^eologifd^e ,.  ^i^tung  tourben  toö^renb  fdne« 
©tubtum«  in  S^übingen  befonber«  bie  ?}rofefforen  Dlf^Ier  unb  Sedf  beftimmenb.  9lad^ 
SoDenbung  fetner  ©tubien  unterrid^tete  er  brd  ^ai}x^  lang  bie  ä^^^'^Ö^  ^^  ©eminar« 
Slaubeuren  im  ^ebräifc^en.  älud^  al«  9iet)etent  am  tl^eologifd^en  ©tift  in  S^übingen  rid^-  86 
tete  er  fein  ©tubium  ^aut)tfäd^lid^  auf  ba«  311,  toie  er  benn  eine  Sorlefung  über  ba« 
^euteronomium  l^idt  unb  neben  dner  älb^anblnng  über  ben  „®lauben  im  ^%",  eine 
Oeinere  ©<^ft  über  ba«  „altteftamentlid^e  ®eje^  unb  feine  Urfunbe"  beröffentlicbte.  gür 
bic  Sdtung  ber  angel^enben  If^eologen  in  if^ren  ©tubien  toar  er  burd^  bie  grifd^e  feine« 
SBefen«,  burc^  fdne  Se^rgabe  unb  fdne  mit  (Sntfc^ieben^eit  ber  tf^eologifdfien  Überzeugung  40 
berbunbene  SBdt^erjigfdt  befonber«  geeignet.  3)arum  tourbe  er  aud^  bon  einem  3?erdn 
iDofittb  gefinnter  üRitglieber  ber  ebangelifd^en  2anbe«!irc^e  Saben«  aufgeforbert,  ftd^  in 
^ttbelbcrg  oI«  Seigrer  ber  Ideologie  ju  habilitieren,  um  gegen  bie  bort  ^errfc^enbe,  befon* 
ber«  burd^  ©(^nfel  bertretene  tbeologifc^e  9{id^tung  dn  ®egengen)id^t  ju  bilben.  ®r  lehnte 
ober  ab;  bagegen  tourbe  i^m  1867  ba«  3!)iatonat  93alingen  übertragen,  tvo  er,  aud^  jum  46 
2eüer  ber  ©i^uUe^rerlonferenj  beftettt,  2ln(a6  fanb,  fid^  aud^  litterarifd^  einge^enber  mit 
bcm  SoIf«touItDefen  ju  befc^äftigen.  Sil«  3Kitglieb  ber  Äommiffion  für  Sibelrebifton  in 
ßoDe  bearodtete  er  1868  bie  Sudler  Wofi«,  unb  ferne  9RitgIiebf(^aft  in  ber  amtlid^en 
Äommiffion  für  bie  Siegelung  be«  9leligion«unterrid^t«  gab  i^m  1870  SSeranlaffung  ^ur 
Sbfaffung  fdner  „Sibellunbe".  —  ^n  bemfelben  ^(ä)x^  h)urbe  er  al«  ^rofcffor  ber  2^eos  so 
logie  unb  3)ireItor  be«  ^ßrebigerfeminar«  nad^  ßerbom  berufen,  too  er  nid^t  nur  bie  ber* 
fdj^^encn  S^dge  ber  Jjraltifd^en  If^eologie  in  9Jorlefungen  bel^anbelte,  fonbem  aud^  dn 
btblifAsfi^jiemattfc^e«  Äonberfatorium  in«  Seben  rief.  Bm  „ß^riftlid^e«  Sef^rf^ftem,  nad^ 
ber  i^L  ©4^rift  bargefteHt"  (1873),  dn  „Umrife  ber  ^Paftoraltf^eologie"  unb  dne  ©amm* 
lung  feiner  ^rebigten  entftanben  h?äf^renb  fdne«  bortigen  2lufentl^alte«,  fotoie  eine  9ldl^e  66 
bon  SSortrögen,  grö^tentdl«  in  SSarmen  ge^^alten.  Södl  fic^  aber  bie  Hoffnung  auf  ©r* 
iDciterung  unb  92euorganifierung  be«  ©eminar«  nid^^t  erfüllte,  td)xtt  er  nac^  toenigen  ^al^ren 


158  fiflbel 

in  feine  {ci^h)ä6ifci^e  ^eimat  jurüd,  h)o  il^m  1874  in  ber  übertoiegenb  la^Iifii^en  Stobt 
©Btüangen  bog  ^Pfanamt  ber  ebangelifd^en  ©enteinbe  übertragen  tourbe.  9Kit  biefcm  toor 
ber  Sleligiondunterrid^t  für  bie  SSoiföfc^üIer,  bie  eüangelifc^en  ©c^üIer  ber  öerfii^iAenen 
Jtlaffen  be^  ®^mnaftumd  unb  bie  Sd^ülerinnen  ber  l^ö^eren  Snäbdj^enfd^ule  Derbunben. 

5  älud^  ba^  S3ejtrfdfd^ulinf))eftorat  tpurbe  il^m  übertragen.  3)en  Erfahrungen  feinet  9(mt^ 
lebend  in  Stttoongen,  toie  feinen  frül^eren  SSorlefungen  in  Äerbom  öerbanft  feine  „SUdtf 
d^etif"  (1877)  il^re  ©ntfte^ung.  'änd)  an  bem  GJraufd^en  S3ibelh)erl  l^at  er  burc^  Seat* 
beitung  ber  Sriefe  an  bie  Oalater  unb  5pi^ili))})er,  ber  ^Paftorolbriefe  unb  be^  Satobu^ 
briefd  fid^  beteiligt  unb   baneben  über  einzelne  fünfte   ber   d^rifili(^en  @t^if  Vortrage 

10  üeröffentlid^t. 

^m6)  feine  bi^l^erige  £aufbal^n  für  eine  alabemifd^e  SBirlfamleit  Vorbereitet,  tourbe 
Hübel  nad^  S3etf«  SCob  1879  atö  ^p^ofeffor  ber  c^riftlid^en  2)ogmattI  unb  etj^il  an  bie 
Uniberfität  5Cübingen  berufen.  Sieben  biefen  beiben  §auj)tfäd^em  ^ielt  er  im  Saufe  bon 
15  3^1^^^  SBorlefungen  über  mefpanifd^e  ffiei^fagungen  unb  SJeuterosS^öiö,  fotoie  über 

16  mel^rere  neuteftamentlid^e  S3üd^er,  ani)  über  Sut^erö  Sd^riften  unb  bie  ^mtoptn,  fomt 
ber  (Sinfü^rung  in  bad  t^eologif(^e,  befonberiS  baS  biblifc^e  @tubium.  Sitterarifc^  tiHtr  er 
t^ötig  teil^  burd^  Slbfaffung  gebiegener  9(rti!e[,  befonber^  a))o[ogetifd^en  unb  eti^fc^en  ^n^ 
l^altg  in  3^J^^^ift^  (SSetoeig  bei^  (Staubend,  9113)/  teifö  burcp  umfangreid^ere  Schriften, 
fo  bie  ^Bearbeitung  ber  äl^ologetit  in  3öd(Ierd  ^anbbud^  ber  tl^eolog.  SBiffenfc^aften :  ,,Ueber 

2oben  Unterfd^ieb  ber  ))oftttDen  unb  ber  liberalen  9lic^tung  in  ber  mobemen  Xpeologie'' 
(1881);  „ei^riftl.  Sebenfen  über  mobem4riftlic^e«  SBefen  bon  einem  ©orgbotten"  (1888) ; 
femer  auf  bem  e^egetifc^en  @ebiet  ,;@|egetifd^«l^omtletifc^ed  ^anbbud^  jum  @t)angelium  bed 
ajlatt^äu^"  (1889);  unb  in  ©tradf^  unb  3ödElerg  lurjgefafetem  Kommentar  bie  erflänmg 
ber  ^aftoralbriefe,  be^  §ebräcrbriefe^  unb  ber  Offenbarung  S^^anni^;   enblic^^  im  3^1^ 

25  bor  feinem  3;obe  „3)ie  Offenbarung  3<>^-  für  bibelforfd^enbe  ßl^riften"  (1893).  ®rfi  nac^ 
feinem  3:obe  erfd^ien  feine  ,,6^riftlid^e  ®t^il",  ^erau^egeben  bon  3Beiffer  (1899). 

3)a^  eS  i^m  and^  an  ^ra!tifd^er  SSegobung  nid^t  fehlte,  betoeifen  bie  $rebigten,  bie 
er  in  Tübingen  bor  einer  ja^lreic^en  3u^(^rerfd^aft  an^  aSen  ©täuben  l^ielt.  @te  ftnb 
biblifd^,  b.  i},  nid^t  nur  te^tgemä^,  fonbem   in  ben  ^uf^^ntmen^ong   ber  ©d^riftgdHmten 

90  einfü^renb;  nic^t  fotoo^l  auf  @rregung  beiS  ©efü^U,  oJä  bielmel^r  auf  nüd^temen  äBillends 
entfc^^lufe  mittete  JElarer  Selel^rung  ^inarbcitenb,  bem  SebürjrniiJ  jeförberter  Soften,  toie 
berer,  bie  nod^  im  SSor^ofe  ftel^en,  entfjjrcd^enb.  ßl^riftu^  in  feiner  ©rlöferögnabe,  aber 
aud)  in  feiner  $eilig!eit  ftel^t  im  3J}itte(bunIt.  älud^  einjelne  prägen  bed  (^ftlid^  Sebend 
toerben  einge^enb  bel^anbelt.    ©ein  emfteiS  2)ringen  auf  S3efe^rung  ^at  nid^td  ^et^obiftts 

86  fd^e^,  fonbem  trägt  bem  ftufenmäfeigen  SJÖad^tum  be^  ß^riftenlebm^  Slec^nung.  ©o  frei« 
mutig  er  bor  gefä^rlid^er  S'^l^'^i^«  Wavnt,  fo  läfet  er  bod^  jebem  SRingen  nad&  3Ba^r^ 
©eredj^tigfeit  h)iberfal^ren  unb  ftraft  me^r  bie  ©ünbe  ber  ©läubigm  atö  bie  ber  Ungläu« 
bigen.  O^ne  lünftlid^e  Einteilung  reiben  fic^  bie  ©ebanfm  in  Harem  ^ortfd^ritt  anetn« 
anber.    O^ne  l^o^leiS  $at^od  n)ei|  er  in   ebler  SSolfötümlid^Ieit  bai^  natürlid^e  Seben  aß 

40  ©leid^ni^  bed  geiftlic^en  ^u  gebraud^en.  ^n  feinem  ungelünftelten  ebtm  SSortrag  offen* 
barte  fid^  tiefet  ©rgriffenfein  feiner  ©eelc.  Dem  IraftboUm  SBirIm  Äübete  toar  ein  frü^ 
@nbe  befd^iebcn.  9(a^bem  i^n  jd^on  1893  ein  ©c^laganfall  getroffen,  fü^rtm  immer 
toieberl^olte  3lnfälle  bon  $erjfc^toäc^e  am  4.  2)ejember  1894  feinen  lob  ^erbei. 

3)er  t^eologifd^e  ©tanbj)unlt  Kübete  berührt  fw^  in  bielcn  Sejie^ungm  mit  bem  feinet 

46  SSorgänaerd  S3edt.  @rforfd^ung  ber  biblifd^en  äßa^r^eit  aU  Sebem^tva^r^eit  ift  beiben  bie 
eigentlime  Slufgabe  ber  X^eologie.  SSeibe  blieben  bm  ^arteten  in  Aird^e  unb  Xl^eologie 
fem ;  aber  toä^renb  Sei,  bem  altortJ^obogm  3nfJ)irationgglauben  fic^  nä^emb,  äße  onberen 
älnfc^auungen  neben  bem,  toa^  il^m  aU  ©d^riftlel^re  galt,  unbead^tet  lie^,  fa^  ftd^  Jlübel 
auf  bem  öoben  ber  Äritif  unb  biblifc^cn   Xl^eologie  ^u  Konjeffionm   an  bie   mobeme 

60  SBijfenfd^aft  beranlafet,  unb  toufete  anbererfeit«,  namentlid^  in  ber  Slec^tfertigung^Ie^e,  ben 
lut^erifc^en  ©tanb})unft  me^r  ju  h)ürbigcn  atö  Sei. 

3im  ÜRittelpunft  feiner  SC^eologie  fte^t  ber  »egriff  be^  Seic^e^  ®otte«.  3)iefeö  ifi 
für  il^n,  nid^t  toie  für  bie  Sitfdfilfc^c  ©d^ule,  ein  ^robuft  ber  mcnfd^lid^en  2^ätigleit  ober 
natürlichen  ©nttoüelung,  fonbem  ein  im  ^immcl  bor^anbeneö  ©taat^toefm,  ber  Orgonid« 

56  mu^  be^  ©otteigs  unb  §immetölcbeng,  atö  ben  9Renfc^en  burc^  ßl^riftum  erft  in  feiner 
$amfte  böHig  erf^loffmcr.  3luc^  ber  $crr  bicfe^  SReidfie«,  3^w^  G^riftug,  ift  toefentlic^ 
ienfeitig  bermöge  feiner  ^räe^iftcn^  unb  jpcrfönlid^en  ißofteEifteng.  2)a^  9leue,  bod  er  ge« 
brad^t  l^at,  ift  bie  dixaioavvj]  ^eov,  bie  er  einjjPangt,  ein  ZAm  ber  3«ifritigleit,  in  bod 
er  berje^t.  35er  ®ered^tig!eit^ftanb  ift  in  erfter  Sinic  ba^  f eligc  33eh?u|tfein  ber  auf  @runb 

60  ber  3Serfö^nung  erlangten  Vergebung,  toomit  jugleic^  ber  Slnfang   eine«  neuen  Sebend 


ftftbd  159 

gefeit  t{L  Sie  Aneignung  ber  Serföl^^ung  im  ®(auben  n)irb  vermittelt  burd^  ba^SBort 
®otted,  bad  ben  geo^enbarten  ©ott  unb  S^riftuS  gegentoärtig  in  ftd^  trägt.  3)a^er  toirb 
auf  bie  Shttoritöt  berSd^rift  großer  92aci^bru(I  gelegt,  il^re  ^nfoKibilität  aber,  im  Unter« 
fc^ieb  foiDol^I  t>on  ber  ort^obo^en  Sel^e  ald  bon  S3ed,  auf  bod  befd^rönlt,  toai  Sl^riftud 
unb  bie  Sli^oftel  mit  Se^autoritöt  feftgefteQt  ^aben,  auf  ben  burd^  bie  SSibelforfd^ung  6 
^croud^ufteDenben  consensus  *biblicus.  3nf))iriert  fmb  bie  ^erfonen  ber  erften  S^n^m 
ber  Offenbarung,  i^r  SBort  aber  ift  ed  nur  mittelbar. 

^n  ben  @alramenten  mad^t  ber  ®eift  bie  natürlid^en  (Elemente  jum  Se^ilel  feiner 
Sebendhaft;  fo  ift  in  ber  ^^aufe  bai^  SDSaffer  nid^t  blog  Symbol,  fonbem  Präger  bed  1^1. 
®etfled.    Sod^  fommt  bie  Sßiebergeburt  nid^t  o^ne  ben  ©(auben  be^  Täuflings  m  ftanbe,  lo 
unb  bie  5tinbertaufe  mad^t  nur  ber  S^ftenanlage,  nid^t  ber  SBiebergeburt  teil^afti^. 

^^  ä(benbmal^I  toirEt   bei  ben  ©laubigen  Slneignung  ber  berflörten  geiftletbtid^en 
$erfdnli4^teit  S^fti,  ^iaütt  ben  Seib  mit  SSerllärung^fräften  an^  unb  berbinbet  mit  ber 
®emeinbe  ald  bem  Seib  S^rifti  ju  ,,einer  93lut^emeinfd^aft  im   eigenttid^en,   aber  pnm^ 
matifd^  Sinne''.  Sllfo :  Ubiquitöt  bed  Seibed  S^rifti,  nid^t  aber  (Sm^fang  bei^felben  burd^  i6 
bie  Ungläubigen. 

3)er  3uftanb  na^f  bem  Xobe  ift  für  alle  ni(^t  in  S^rifto  ©eftorbenen  ein  ^tDifd^en« 
jußonb  im  igiobed,  aber  nur  bad  ^AÜAm  entfd^eibet  über  bie  @elig!eit.  %üx  3Jltlennium 
imb  SBieberbringung  bleibt  !ein  Slaum. 

9{a^bem  Jlübel  in  ber  3)ogmatiI  baS  Sl^riftentum  tpiffenfd^aftlic^  bargefteQt  ^at,  foD  20 
bte  9(t)ologetiI  ben  93eh)ei$  führen,  ba^  nur  biefei^  S^riftentum,  nid^^t  aber  eine  au^erd^rift« 
Itc^  Religion,  no^l  eine  ))l^ilofo))l^if(^e  3Beltanfd^auung  älterer  ober  neuerer  3^it  ^i^  ^^f' 
9ai  S^i^iffe  bei^  3Renfd^en  befriebtgen  lann:  bad  S3ebürfnid  nad)  en)igem  £eben,  nad^ 
^Ifrieben  mit  ©Ott  uno  nad)  äBal^r^eit.  Sagegen  bürfe  man  ben  Sinflu^  bed  S^riften« 
tumd  auf  bie  Jtultur  nid^t  o^ne  toeitered  a))ologetifc^  bertoerten,  benn  ed  gebe  l^od^gebilbete  25 
SoUer  ouc^  o^ne  S^riftentum. 

^n  ber  @t^il  bei^anbelt  Jt.  juerft  bie   ))neumatif(^e  ^flanjung  bed   neuen  Seben^. 

tierbei  toirtt,  ba  auc^  ben  gefallenen  3Jlenfd^en  eine  ))neumati{d^e  Einlage  übrig  ift,  bon 
nfong  an  bie  menfd^lid^e  ^^rei^eit  mit  ber  göttlid^en  ©nabe  jufammen.  SSekoeggrunb  bed 
(^rifUi(^  ^anbelnd  ift  bie  Santbarleit  für  ba^,  foai  S^riftuS  für  umS  getl^an  \)at,  aber  ao 
mdf  ber  ©ebanle  an  ben  So^n,  ber  freilid^  !ein  anberer  ift  ali  S^riftud  felbfi  ^n  biefem 
Straie  ift  bie  Sibel  eubömoniftifd^.  Sie  $aut)taufgabe  bed  Sl^riften  ift  @elbfter}iel^ung 
für  bad  Himmelreich  (9ld!efe);  ba  aber  ©Ott  aud^  ber  $err  ber  @rbe  ift,  fo  bient  treue 
SiffiDung  bed  irbif(^en  SSerufed  jur  SSorbereitung  für  bie  eh)ige  S3eftimmung.  SSom®efe$ 
ab  äußerem  Sud^ftoben  ift  ber  S^rift  frei ;  aber  ber  ^n^alt  bed  ©efe^ed  ift  i^m  ^um  86 
inneren  Sebendtrieb  getoorben,  böiger  umfaßt  ed  fein  gangei^  Seben:  ed  giebt  !ein  adia- 
phoron,  lein  blo|  Srlaubtei^,  leine  über  ba^©efe^  ^inau^e^enbe  consilia  evangelica, 
IDO^I  ober  eine  ^angorbnung  unter  ben  ©eboten,  je  nad^bem  eine  ^anblung  in  me^r 
ober  tpeniger  centraler  SSejie^ung  ju  S^rifto  ftel^t.  ^ierna^  löfen  ftd^  bie  Jtouifionen  ber 
$f{ic^ten.  40 

Sen  Stufen  bed  c^riftlic^en  Sebend  entf^rec^en  bie  Stufen  ber  $flic^t.  ®g  giebt 
einen  ftttlic^en  $eroi^mud,  ein  über  bad  ©ute  l^inau^liegenbed  ftttlid^  @d^öned. 

Sie  (^ftli^e  Xugenb  mirb  al^  Sl^riftui^ä^nUd^fett  bed  ganzen  3Befen^  unb  SSerbaltenS 
noc^  ben  beiben  Seiten :  Sterben  mitS^rifto  unbSeben  mit  t^m,  bejei(^net.  Sad  6l^riftens 
lebm  tDirb  <d§  Seben  ber  Siebe  gefaxt  unb  babei  für  bie  ^ered^ttgung  ber  „m^ftifd^en  45 
©ottedliebe''  eingetreten.  Unmittelbarste  ^u^enmg  ber  ©ottedltebe  ift  ba^  ©ebet.  S3eten 
lu  3^u  unb  ber  ©laube,  bo^  ©Ott  fic^  burc^  ©ebet  beein^luffen  laf(e,  n)irb  gered^t^ 
fertigt.  3^if<^  9{äd^ftenliebe  unb  S3ruberliebe  ift  {d(^arf  gefd^ieben.  fie^tere  fteQt  fic^  in 
ben  eodesiolae  bar;  beren  S3ered^tigung,  aber  aud^  beren  älbtoege  toerben  i^erbor« 
gehoben.    äUd  befonberer  ^l  ber  @t^it  tritt  bie  Sogialet^it  auf.  so 

^nerl^  ber  natürlid(^en  ©otte^orbnungen  (S3eruf ,  gejeUige^  Seben,  @^e  unb^milie, 
Staat)  betagt  ber  (S^rift  fein  innere^  £eben,  nidj^t  aü  fönnte  er  ba^  9leid[^  ©otteS  bauen, 
{onbem  um  feinen  ©Ott  )u  beri^errlic^en.  3*^if^^  Staat  unb  ©otteiSrcic^  toirb  fd^arf 
unterfc^ieben.  SBeber  bur^  einen  c^riftlid^en  Staat,  nod^  burc^  eine  äSolMrd^e,  nod^  burc^ 
innere  SRiffton  tonn  ha^  3$olföleben  berd^riftlid^t  toerben.  Sa^  $immelret(^  ift  ein  „2;abu'',  66 
toddftd  Btaat  unb  SSolI  nid^td  angebt.  Unfere  SSolt^tird^en  l^aben  ba^  Siedet  auf  ben 
Stauen  bon  Jtirc^en  folange  aU  in  i^nen  feftftebt,  ba^  nur  ©laubige  n)a^re  ©lieber  ber 
iKrd^  ©otted  fin^.  Sie  SRel^rja^l  unferer  ^ircpenglieber  fmb  Jtatec^umenen,  bie  im  SSor» 
W  ^  toaj^en  Äirc^e  flehen.  —  Sie  SSefenntniffe  l^abcn  if^rc  ^Ät,  aber  bie  neuen  lieben 
bie  atot  nic^  auf.  Sie  Xl^eologie  fyd  ba^  @ntfte^en  neuer  Symbole  bor}ubereiten,  inbem  eo 


160  Vilbel 

fte  neu  auftretenbc  ^fragen  erörtert,  toobei  bie  liberale  unb  bie  ^^oftttöe  Slid&tung  jufammem 
gutoirfen  ^aben.  3)ied  tft  ober  nur  möglich,  tpenn  bie  1^1.  Schrift  aU  DueDe  aud^  für  bie 
t^eologifd^e  SBiffenfc^aft  anerlannt  toirb.  3)arum  ift  t^eologifd^er  SRabifalif^mu^,  namentlich 
9(ntibtblicidmu^  tDeber  in  Der  Jtirc^e  noc^  in  ber  t^eolologifc^en  ^ahtltöt  berechtigt,  tDO^l 

5  aber  ein  bie  $ietät  gegen  bie  Symbole  tool^renbe^  (Srfe^en  ber  Iircl(^li(i^en  £e^e  bur^ 
bie  biblifd^e. 

3n  ber  SBolI^Iird^e  fie^t  Äübel  ein  Übergang^ftabium,  ou^  bem  fiii^  enttoeber  bie 
^eifird^e  ober  bie  9lationalfird^e  enttoidfeln  h)irb,  bei  toeld^  lefeterer  ber  6h)igIeit^(|Kn:after 
ber  ^ird^e  bertoren  gu  ge^en  brol^t.    äluf  fragen  ber  tird^li(i9en  SSerfaffung  unb  auf  bie 

10  t^ormen  be^  ©otte^bienfteiS  toirb  toenig  ©etDid^t  gelegt,  bie  Meinung  t)on  einer  Übertragung 
bed  @abbat^  auf  ben  Sonntag  unb  bie  ^orberung  einer  ))untanifc^en  @onntagds 
feier  abgelegt,  Äirc^enjud^t  unter  unferen  SSerl^ältnijfen  für  unmöglid^  erflört;  ober  bie 
ecclesiolae  foQen  offenbar  und^riftlid^e  ^enfc^en  Don  fid^  au^fc^eiben. 

3Son  bem  bi^^er  bargelegten  ©tanb>)unfte  au«  beurteilt  Äübel  in  feinen  „(Sl)n^vd^ 

16  SSebenfen"  ben  gegentoärtigen  3wftanb  ber  ebangelifd^en  Äird^e.  2)em  mobemen  Soften* 
tum  toirft  er  bor,  bafe  e^  ftrebe,  SBeltmad^t  ju  toerben  im  ®egenfa$  gegen  bie  SBelt« 
flüd^tigleit  beiS  emften  ß^riftentumg  früherer  3^iten.  ©in  bo})^elter  Sauerteig  berbreite  fic^ 
in  ber  ebangelifd^en  Äirdfie,  ber  metl^obiftifd^e  unb  ber  fatl^olifd^e.  SReti^obiftifd^  fei  bog 
Streben  nac^  berme^rter  ^a^    unb   3lrt    ber   Srbauung^gelegeni^eiten,   nac^   m5g(i# 

20  großen  @rf olgen,  nad^  pf^d^ifd^en  unb  äft^etifd^en  ©inbrüdfen,  ftatt  nüdj^temer  Selel^^nmg ; 
tatl^olifc^  fei,  ba^  fo  biele  e^  für  befonber^  gottgefällig  galten,  ftatt  bed  irbifc^cn  Serufd 
ober  nAm  ü^m  „Sleid^iggotte^toerfe"  ju  treiben.  S>er  alte  ^ieti^muS,  ber  bie  ecde- 
siola  in  ber  ecdesia  ))flan2te  unb  ))flegte,  mac^e  immer  me^r  bem  neuen  $la|,  ber 
enttoeber  feltiererifc^   ober  toeltförmig   n)erbe.     ferner  toirb   am   mobemen  S^rifientum 

26  ba^  SBor^errfc^en  bed  toeiblid^en  2Befend  in  ber  „9teid^^otte«arbeit"  beanftanbet  3)a6 
man  für  ba^  Sl^riftentum  nad^  oben  unb  unten  in  ber  SBelt  @influ^  ju  gewinnen  fiuH 
ed  (di  Heilmittel  für  aQe  Sd^öben  an))reift,  bie  3Raf[en  burd^  S^nobaleinri^ftungen 
unter  bem  Flamen  be^  allgemeinen  ^rieftertum^  getoinnen  toiH  unb  fo  bie  Jtirc^e  bem  ^erm 
Dmne«  ausliefert,  mit  allerlei  3Jlitteln  (Sotterien,  Sajare  u.  bgl.)  ®elb  für  Krc^tic^eStoede 

80  jufammentreibt,  burd^  äft|^etif(^e  ©eftaltung  beS  ©otteSbienfteS,  ^^fte  u.  bgl.  auf  bie  hoffen 
toirft  —  fmb  toeitere  SKerf male  beS  mobernen  ßl^riftentumS,  baS  93erföl^nung  öon  Sofien* 
tum  unb  Äultur  J)rebigt,  toäl^renb  bod^  bie  mobeme  SBeltanfd^auung  mit  ber  biblifc^ 
unvereinbar  fei.  Sielen  ß^riften  fei  bie  eigene  ©rfal^rung  beinal^e  baS  ©in  unb  SUleÄ, 
toogegcn  baS  2Bort  ®ottcS   gurüdEftel^en    müjfc    unb   toorin    fid^   ber   mobeme   c^riflHc^ 

86  SiberaliSmuS  mit  bem  metl^obiftifd^en,  ja  fd^tvarmgeiftig  ange^aud^tm  ^lßofttit)idmud  beriU^re. 
2lud^  bie  ^errfd^enbe  Slrt  ber  c^riftlid^en  3Sereingt^ätigfcit,  bie  Seeinträd^tigung  beS  gamiliem 
lebmS  burc^  baS  ©öangelifieren  unb  innere  3Kiirioniercn  toirb  gerügt.  Dm  in  c^riftlic^ 
Äreife  einbringenbm  SujuS  unb  bie  in  bm  SBortcn  „d^riftlid^-germanifd^",  „(^'^ftlic^ 
national"  fw^  auöfprec^enbe  SJJeinung,  bafe  ba«  beutfd^e  SSolf  ein  neuteftamentlid^e«  3^rael 

40  fei,  enblidfi  bie  SSeteiligung  ber  ßj^rtftcn  am  >)olitifc^m  ^ßarteilebm  unterjiel^t  er  ebenfolb 
feiner  Äritil.  2)ad  ©nbergebnie  ift:  eö  mufe  gum  Sruc^e  lommen,  mttoeber  fo,  bafe  bie 
mobeme  d[iriftlic^e  Slnfd^auung  in  ber  Kirche  gur  $errfc^aft  gelangt  unb  bie  emfhn 
©laubiger  ju  Heineren  2)enominationm  übergcl^en,  ober  fo,  ba^  ein  ÜRaffmauStritt  ber 
mobern   ©cbilbeten   au«   ber  Kirche   unb  bie  äluflöfung   ber  fianbe^lirc^m   erfolgt,  ober 

46  —  toa^  am  toal^rfd^einlic^ften  ift  —  ba|  unjere  j)roteftantifc^en  9Raffen  lat^olifiert  n>erben. 
3ebenfall^  mufe  ber  SBeltgcift  in  ber  Ä'ird^e  bie  Äirdpe  fj)rengen. 

2Bic  gegmtoärtig  unfere  SSerl^ältnifje  geh)orbm  fmb,  ift  bie  innere  3Jliffu)n  eine  un* 
mtbe^rlid^e  Arbeit  ber  Sirene,  ©obann  tvoi^nt  xf)x  aU  einer  aUm  SKmfc^en  geltenbm 
Stiftung  ßl^rifti  ein  3:rieb  ber  3lugbreitung  inne,   ben  fie  teite  im  SSer^ältni«  pi  anberm 

60  Äonfeffionen,  teil«  burc^  9Riffion  unter  9Jid^td^riftcn  bet^ätigt.  3)ieje  fann  in  gefunber  SEBetfe 
nur  burd^  fleinere  Äreife  öon  toirflid^  ©läubigm  betrieben  h)erben.  ^f)x  gortgang  ift  eine 
©mnbbebingung  für  bie  mbltd;e  Sollenbung  be«  §eitöratfc^luffe«  burd&  bie  ^3<imfte. 
3)iefer  ge^t  im  gegmh?ärtigen  Slon  ber  äufeerlic^e  Sieg  be«  anti(^riftlid^m  $rinjij)^  \>cftan; 
aber  berfelbe  ift  nur  ber  Durchgang  jum  toottcnbeten  Sieg  ßl^rifti.     3)a^er  ift  ebenfo  bie 

66  fdj^toärmerijc^c,  toie  bie  rationaliftifd^e  2)ie«feitigteitgl^offnung  ju  bertoerfen;  audj^  börfen 
bie  biblifd^m  3lnbeutungm  über  ba«  SJJilennium  nic^t  gu  ^^ntafien  bmü^  toerben,  mUft 
bie  fd^arfe  Äante  jtoifd^en  bem  je^igen  unb  bem  einftigm  Säon  aufl^eben,  3"^  3)ieöfeilÄ 
ift  eö  aiufgabe  be«  ß^riften,  feinem  §erm  bantbar  treu  ju  bleiben  in  ®ebulb;  anbetet* 
feit«  in  Sel^nfud^t  auf  feine  Sw^funft  fic^  ju  bereiten.   Sluf  bie  lünftige  ^eimat  loeijl  txa 

60  S^ftmtum  namentlid[f  auc^  bie  @lmben  l^in,  ba^er  toirb  ba«  fogiale  äBirIm  ber  S^tiftm  ben 


St&bd  StJkltnil  161 

Sbmen  nxd^t  ein  bte^fetttged  ©lud  bonnalen,  fonbcrn  bezeugen,  ba^  and)  ba^  Si^riftentum 
bie  Stbe  nü^t  )utn  ^immel  machen  tann,  Dieltne^r  un^  anh)eift,  naä)  bem  lünftigen  etDtgen 
Sden  )u  trad^ten.  D.  6.  »nr!. 

fiiid^eiter,   ^ermann,    aud  ^{ümBerg,   le^erifd^er  ^Jl^ftiler,   geft.  nad^  1342.  — 
MonumenU  Boica,  165  40  (9Ründ|.  1870),  @.  415— 421;    ugl.  dtuianb,  ^ie  (Sbradjcr  ^anb^   6 
f^rift   bed   Wic^ael   be  fieone,  im  Streit)  bes»  ^iftorif^en  SSerein^  Don  Unterfronfen  SBb  XIII, 
6.175  unb  Sc^neibf,  Thesaurus  juris  Franconici  I,  17  @.  3256  ff.;  ^.  ^oupt,  S)ie  religio jen 
6cfttn  in  granfcn  r>ox  btx  Sflcformotion,  SBürjburg  1882,  @.  6ff. 

^m  ^cipct  1342  tourbe  ^ermann  Jtüd^ener  auS  9{ümbetg  in  SBütjburg,  feinem  ba^ 
moHgen  Slufent^altöorte,  toegen  Jte^erei  t)or  ein  bifd^öfltd^ed  ^nquifthon^erid^t  gefteQt.  lo 
@ctne  bor  biefem  ©eric^te  abgelegten  SSetenntniffe,  bie  einzigen  3^9^^if^/  ^^^  ^^  ^^^ 
i^  befi^en,  taffen  llüc^ener,  bev  \id)  old  ^riefter  au^ob,  atö  Sm^änger  ber  bantatö  in 
toeiten  Kreifen  ^verbreiteten  quietiftifii^s^ant^eiftifci^en  Ttg^txt  ())gt.  b.  91.  Srüber  bed  freien 
(Seißed,  9b  III,  @.  467  ff.)  erlennen.  ä^nlid^,  \o\z  n)ir  ei^  t)ielfaci^  in  ben  bamoligen 
Hdflerlic^  Greifen  ftnben,  geigt  fxä)  ^üc^ener  berart  bon  bem  2)rang  nac^  bem  älufge^en  i6 
in  bem  obfoluten  göttlic^fen  SBefen  6e^etrfcl(^t,  ba^  fid^  bei  il^m  Diftonöre  3uftänbe  ein- 
fteOen.  2)ie  Setrod^tung  ®otted  ma6)t  i^n  felbft  gum  ®ott,  lä^t  i^n  für  jebe  ©inned- 
eiiit>ftnbungunem))finbli(9ti}erbenunb  ertoedtin  i^m  bie  SSorfteUung,  ba^  er  eUen^od^  über 
ber  @rbe  fd^tt>ebe  unb  benSt^ein  trodenen  %n^^  überfd(^reiten  tonne.  2)ie  ^eitöle^re,  bie 
$afon  (Sfyn\%  bie  ^ieron^ie,  3)ogmen,  @a{ramente  unb  ®ebote  ber  Jtird^e,  aber  ani)  bie  ao 
&it^ngefeke  berlieren  für  ben  ^^Sergotteten''  jebe  Sebeutung.  ^m  Saufe  be^  gegen  i|^n 
oefu^en  ^rogeffed  erOärte  fvif  itü(^ener  gum  äBiberruf  bereit  unb  erhielt  bemgemä^  im 
^i  1342  bie  lird^Kc^e  3lbJotution.  2)ie  S^Ä^ü  an  ber  älufrid^tigteit  feiner  ^e!e^rung 
)KcanIa|ten  iä>od^  feine  Stifter  i^n  no^  langer  in  ^aft  gu  l^alten.      ^entton  ^aupt* 

SOäfuBl (Kuinoelius), S^riftian®ottIieb, geft.  1841.  —  gr. fB. ©trieber, ©runbloge  26 
2tt  einer  befftif^en  ®ele^rten«  unb  @cf)riftfteaergefc6id)te,  ^eroudgeg.  Don  ^uftir  ®b  18  (^ar« 
bürg  1819),  6.313;  Suft»,  M-  ^entroürbigfeiten,  IV,  2,  @.  435 ff.;  @criba.  »Ioor..littcr. 
gejifon  ber  ©(ftriftfteacv  be« (öroft^erjogtum«  ^t\\tn,  1,199 f.;  11,419;  ^nobcl,  ©robrcbe  bei 
b.  Seerbigung  Dr.  (£.  &.  ßü^nöU,  biegen  1841 ;  (^uftao  ^ronf,  ©ef^tc^te  ber  prot.  X§eo* 
logie,  «b  III  (Spj.  1875),  6.  353;  ©.  ©cftürer  in  b.  9lb»,  «b  17,  6.  354—357.  W 

6.  ®.  SÜÜfnbl,  einer  ber  bielfeitigft  gelehrten  Ideologen  ber  rational^fujjranatura- 
(ifäf<^  @<^ule  bed  au^e^enben  18.  2i<^^^^unbertd,  tourbe  geboren  am  2.  Januar  1768 
)tt  £<i)>}ig/  t»o  fein  äSater,  ber  ^rebiger  S^r.  ®ott(.  Jtül^nöl,  im  ^al^re  1805  a(^  ^axipU 
]^afbr  an  ber  Slifolaitirc^e  ftarb.  äluger  biefem  feinem  äiater  toor  ed  befonber^  einO^eim, 
Dr.  ^d^,  ber  ald  Se^rer  an  ber  ^^omadfd^ule  (bie  Jt.  bon  früher  ^ugenb  auf  ali  85 
fogcnannter  $rit>atift  befud(^te)  @influ|  auf  feine  toiffenfd(^aftlid^e  Slu^bilbung  übte.  S3ereit^ 
1785,  alfo  erft  17  2|al^re  alt,  beglüdtoünfdS^te  er  feinen  bamaU  )um  ^o!tor  ber  Xl^eologie 
(nnmiotrierenben  SSoter  mit  einem  ge^altboQen  Specimen  observationum  in  Euripidis 
Aloestin.  ^m  folgenben  ^ai^xt,  bei  feinem  Übergange  gur  Uniberfttät,  gab  er  bie  m^ftifd^- 
||)^ofo})^if(^  @d^ft:  Demetrii  Cydonii  opusculum  de  contemnenda  morte  (77£^£  40 
jov  xaraqjQoveiv  xov  ^dvarov)  griec^tfc^  unb  lateinifc^  l^erau^,  ertvarb  fd^on  nac^ 
IV,  jährigem  alabemif(^em  @tubium,  toobei  er  befonberd  bie  X^eologen  Sö^ner,  3J}oru^, 
2)<ü^  unb  SftofenmüQer,  bie  $^ilologen  %.  31.  9Q3o(f  unb  93ed,  fotoie  bie  $^tlofo))(^en 
^[Uatner,  ^Pqolb  unb  ©e^bli|  ^örte,  bie  t)^iIofot)^ifd^c  3)o{torn)ürbe  (§erbft  1787)  unb 
^tlttierte  f[d^  ein  ^a\^  barauf  mit  einer  Disputatio  de  subtilitate  interpretationem  45 
fijammaticam  commendante  ald  3)02ent  ber  $l^i(ofo^^ie  unb  ^^ilologie.  ©otooi^I  in 
feinen  Sorlefungen,  Xoxt  in  feinen  n)eiteren  fd^riftfteUerifd^en  Slrbeiten  befd^äftigte  er  ftd^ 
{iemltf^  glei^ä|ig  einerfeitS  mit  alt»  unb  neuteftamentlid^er  S^egefe,  anbererfeit^  mit 
ber  StDäruna  grieqiUer  unb  r5mifd(^er  Stlafftfer,  toie  er  benn  auf  le^terem  @ebiete  1789 
eine  gried^ifc^e  unb  lateinifd(^e  Slu^abe  ber  Sllceftid  bed  Suripibe^  (ed.  2,  1811),  1790  10 
eine  baaL  bÄ  fojji^otleifc^^en  Oedipus  Rex,  f})äter  Äommentare  ju  3bmo))^ong  6^>roj)äbie 
imb  )u  »ripoijl^ed*  $lutu^  (biefe  beiben  auf  ®runb  ber  nac^^gelaffenen  arbeiten  feine« 
grtunbe«  %  gr.  gifc^,  1803  u.  1804),  aud^  eine  ju  i^rer  geit  red^t  gcfc^ä^tc  fritifd^^ 
ciegetifc^  Slulgabe  be«  5Pro|jertiu«  in  2  Sänben  (1805)  fotoie  melf^rere  Specimina  ob- 
senrationum  critioarum  in  Ovidii  Heroidas  (1805.  1806)  Veröffentlichte.  —  ^n*  56 
iSmf4lcn  toor  er  1790  a»o.  $rofeffor  ber  5pi^ilofo})^ie  ju  £ci>)jig  getoorben  (tocldfic  ©teile 
a  mit  einet  Siebe  ,,De  Petri  Mosellani  Protegensis  virtutibus  et  in  bonas 
literas  meritis''  antrat),  l^atte  in  biefer  Stellung,  namcntlid(^  baburc^.  Dag  er  im  ^a^re 

IlMMactfloHMc  ftr  Z^Iofic  mb  9tM^   B.  X.  xi  n 


162  ftfilfttSI  ftneneit 

1793  Äufto«  ber  Unitoerfttät^^Sibliot^c!  neben  Slofenmütter  tourbe,  fotoie  burc^  Sejtün^ 
bung  einer  e^egetifd^-tj^eologifci^en  3^i^ci^ifi»  ^^  Commentationes  theolo^cae,  bte  er 
toö^renb  ber  ^af^xt  1794—1798  mit  feinen  Äonegen  SelÜ^ufen  unb3liH)erti  gemctnf(^afts 
lic^  f^erau^ab,  ©elegen^eit  jur  ©rtüeiterung  unb  toielfeitigeren  ©eftoltung  feinet  })ralttf(^ 

6  unb  litterarifd^en  SQSirfen^  gefunben,  Wax  aber  bod^  erft  burd^  einen  1799  an  i^n  ge^ 
langten  Sluf  nad^  Sieben  ben  Särgernijfen  unb  Äümmemiffen  enthoben  loorben,  h)d!|e 
mel^rere  Seijmger  ©egner  burd^  38erf})errung  be^  S^Ö^"?^  jwr  orbentlidj^en  ^Profeffut  il^ 
bereiteten.  @ine  faft  gleid^jeitig  mit  bem  mfe  nac^  ®te^en  an  il^n  ergangene  Senifimg 
j^um  ^rofeffor  ber  gried^ifc^en  ©})rad^e  in  5lo})en]^agen  lel^nte  er  ob.    S)er  (Siegener  ^o(^ 

10  fd^ule  blieb  er  feitbem  treu,  nur  ba^  er  bie  ))^iloIogifd^'))^iIofo))^ifd^en  Se^öc^er,  für  bie 
er  berufen  tDorben  tpar  (bal^er  feine  älntritt^rebe  De  Helii  Eobani  Hessi  in  bonas 
literas  meritis,  Oissae  1801),  ft)äter  mit  bem  ber  olt^  unb  neuteftamentlic^en  @iregefe 
öertaufd^te.  ^m  ^al}xi  1809  rüdfte  er  aU  orbentKd^er  ^ßrofeffor  förmlich  in  bie  I^leos 
logenfafultöt  ein  unb  ftieg  bann  f})äter  nod^  ju  ben  SBürben  eine^  ®el[^.5lird^ettrat8(1818), 

16  geiftlid^en  ©e^^eimratö  (1829)  unb  Senior«  ber  t^eologifc^en  guttat  (1826)  cnH)or. 
Salb  nac^  ber  ^eier  feine«  SOjäl^rigen  S^biläum«  al«  alabemifd^er  ^ßrofeffor  (1840) 
emeritierte  er  unb  ftarb  nid^t  lange  nac^l^er,  am  23.  Dltober  1841. 

Äüf^nöfe  —  ober,  h)ie  er  feinen  ?Jamen    lonftant  fdj^rieb,  Äuinöl«  —   tl^eologtfc^ 
SSorlefungen  litten  an  übergroßer  ))l^ilologifd^er  9{ü4ltem^eit ;  fte  toirften  baburc^  no<9  er» 

20  mübenber,  baß  er  2Bort  für  SBort,  unb  jtoar  in  langfamem  %mpo,  biltierte.  9lid^tftefb« 
toeniger  erfreute  er  pc^  eine«  nid^t  unbebeutenben  älnfe^en«  bei  feinen  gwi^örem  unb  1^ 
auf  biele  berfelben  einen  ^eilfam  anregenben  ®inPuß  fotoo^t  in  toiffenfdj^aftlic^er  tote  in 
^raltifd^er  SRic^tung  geübt,  ä^nlid^  toar«  mit  feinen  ©dj^riften,  bie  mit  aller  uncrqui* 
lid^en  Sreite,  ^ßebanterie  unb  XrodEen^eit  [xd^  bod^  längere  3^t   in  ^o^em  Slnfe^en   be» 

26  l^au))teten  unb  fogar  einen  über  2)eutfd^lanb«  ©renjen  ^inau«gelbenben  Stuf  erlangten. 
9lamentlid^  in  ^oBanb  unb  6nglanb  fmb  bie  ejegetifd^en  2Berfe  5tuinöfö  noc^  einige  3«t 
über  feinen  2^ob  l^inau«  gefc^ö^t  unb  beliebt  getoefen,  toa«  ftd^  au«  bem  milb  Dermittelns 
ben,  ettoa«  fu))ranaturaliftifc^  angetoe^ten  S^aratter«  i^re«  ^n^alt«,  )um  2:eit  tool^l  auäf 
au«  i^rer  fc^lid^ten,  aber  lorrelten  Satinität  erltören  mag.  —   93on   feinen  })^iIoIogtfc^^ett 

80  Schriften  jtnb  bie  bebeutenbften  bereit«  oben  genannt.  SSon  ben  bem  Sereic^e  ber  alt« 
teftamentlid^en  ©jegefe  angel^örigen  nennen  toir  feine  mit  lurjen  beutfc^en  Slnmerhrngen 
berfe^enen  Überfefeungen  be«  $ro})l^eten  §ofea  (1789),  ber  meffwnifd^en  2Bet«fagungen 
(1792)  unb  ber  5Pfalmen(1799);  feine  lateinifc^e  6r!lärung  be«  ^ofea  (Hoseae  oracula 
hebraice  et  latine,   perpet.  adnotat.  illustr.  1792),  fein  Specimen  observationum 

BöinPsalmos  (in  S3bIV  jener  Commentationes  theologicae,  1798)  unb  feine  „©efd^id^ 
be«  jübifc^en  S8olI«  öon  3lbraf^am  bi«  auf  ^^nifalem«  3^^örung,  für  benlenbe  Sefcr  ber 
Sibel"  (1791),  loelc^e«  le^tere  iffierl  1792  öon  3Hoerbedtin«  §oUänbifd^e  überfefet  tourbe. 
9ßert))ol[er  al«  biefe  je^t  burc^toeg  Veralteten  altteftamentlid^en  9(rbeiten  (toelcpe  bereit« 
Sd^cHing  al«  „fd^led^te  Rom>)ilationen"  verurteilte)  fmb  bie  Kommentare  jum  9R3:,  namentlich 

40  ber  Commentarius  in  libros  N.  Testament!  historicos  (vol.  I. :  Ev.  Matthai, 
1807,  et  IV.  1837;  vol.  II.:  Ev.  Marci  et  Lucae,  1809,  ed.  IV.  1843;  vol.  III.: 
Ev.  Joannis,  1812,  ed.  III.  1825;  vol.  IV.:  Acta  Apostolorum,  1818,  ed.  II. 
1827)  unbber  Commentarius  in  Epistolam  ad  Hebraeos  (Lips.  1831).  ^ier  finbet  man 
tro^   einer   geloiffen  Unfid^er^cit   unb  Unfelbftftänbigfeit  ^inftd^tlid^  ber  toid^tigcren  t^ 

46  logifd^en  ^agen  unb  trofeber  ^ie  unb  ba  ju  läge  tretenben  9leigung  ju  rationaliftifc^ 
$intoeg=erflärungen  be«  SBunberge^alt«  ber  bel^anbelten  ©teDen  (bgl.  ba«  bon  ®.  ^Jron! 
l^ert)orgel^obene  33eif>)iel  au«  bem  Äommentar  ju  Sufa«  2,  9 :  Si  dö^a  xvqIov  indicat 
fulmina,  possunt  haec  verba  ita  explicari:  fulgurabat  inprimis  in  ea  regione 
oppidi  Bethlehemitici,  ubi  erat  stabulum)  —  bocb  manche  gebiegene  (Erörterungen  &rac^ 

60  lid^er  unb  l^iftorifdfier  2lrt,  h)äl^rcnb  bie  einer  früf^cren  2^z\i  angel^örigen  arbeiten,  j.  Ö.  bie 
Observationes  ad  N.  Test,  ex  libris  apoeryphis  Vet.  Testam.  (1794)  unb  bie  ®r* 
Ilärung  ber  eöangelifdfien  ^erifot)cn  (Pericopae  evangelicae  illustr.,  vol.  I.  II.,  Lips. 
1796,  1797)  im  ganjen  benfelben  fcid^t  oberfläd^lic^en  ßf^aratter  tragen,  toie  jene  SSer» 
fud^e  auf  altteftamentlid^em  @ebiete.  39if(et. 

66  Suenen,  9lbra^am,  geft.  1891.  —  Ouellen:  ^.« Schriften  unb  bie  8ef c^reibunaen 
feine«  iJeben«  unb  ©ir!en«  burtft  SSicffteeb,  Jewish  Quarterly  Review,  guU  1892,  @.  571  bi« 
605,  burcft  %oXi,  New  World,  March  1892,  6.  64—88.  bur*  6.  ^.  Xielc  im  Sa^rbucft  ber 
9tmfterbamer  ^Ifob.  ber  Siffcnf haften  für  1892  auf  25  Ouartfeiten.  burtft  ben  JJuriften  ©. 
oan  ber  )8Iugt  auf  115  OttQDfeiten,  Selben  1893,  burc^  $.  Oort  in  Theol.  TijdBchrift  1892, 


Stamm  l6ä 

€.  H3— 116  unb  befunbiTS  in  her  3(ilf(firifl  De  Gid«,  iDoriii  et  S.  nU  Stiewlogcn  auf 
57  CtlODfeiten  luÜTbigl  mib  rotUett  ^lai)iix\t  aufjäljlt,  buri^  ^.  Q.  Dan  ^Rancn,  ^rutcfl. 
Bjlg.  1892,  Sp.  255-260;  284-289;  307—312  unb  burcb  St.  »ubbe,  ber  Ä.S  .©efam- 
melte  «bbonblungen  jur  Sibl.  aSiiTtnf<fia|!"  ÖeroitSgab  ($.  Siebcd  1894,  ugl.  ®,  UI^VII) 
unb  am  Si&lug  (@.  501—511)  baS  burd)  uan  Waiien  julammenBeftellli:  Bergdc^iilä  \&mU  6 
lief)»    im  ^tud  tx\<tiltnenra  Jlrbeitcn  Don  A.  milleiite. 

^er  ju  ben  berü^imtcrten  alttcftamentlittwn  2:kelD0nt  beS  19.  ijiljr^unbettä  geljörenbe 
ä.  Ä.  Ijal  gleit^  ben  meiften  (Sele^rtoi  einen  äu6erli($  (e^t  (infamen  Sebenälauf  ge^abl. 
ais  ©D^n  rineä  Slpotbeferä  in  bcr  \d}Mm  ©tobt  ^aarlem  am  16.  Septcnitei  1828 
gefcpien,  gctoann  ber  ^nabe  bort  taicfe  bie  3""^i9"''0  f^'"^  S^mnariaUc^rei;  unb  fejte,  lo 
als  er  na4>  beä  Saterä  lob  S';,  3a^rc  fang  in  ber  Slpot^icte  ßetjriingSbienfte  acmc(!len 
mufite,  im  Stillen  bie  Shibicn  fort,  bis  \tim  tanic  SJ^i^oom  i^m  baS  Oeftänbntö  ent 
Iwfte,  bafe  er  liebet  Ideologie  ftubicrcn  toürbe,  unb  bie  SHüite^i  jui  i^ateinfi^ule  möglich 
mac^ite,  Itog  bet  me^jätirigen  Untetbtet^ung  bcö  Unterrichts  fceftanb  er  |(t)Dn  im  Sep= 
Icmber  1846  baS  ben  3''9<'ng  jur  ^otfjfifiutc  etöffnenbc  Slaotöejamen  in  glänjenber  is 
SiJeife,  nat^bem  bie  im  ^wni  1846  gehaltene  Oratio  de  Socrate,  cive  praestantissimo 
ju  ^oorlem  aii  feine  cifte  Druilfc()rift  eifi^imen  toar.  So  [tcfe  er  fi^  im  §ctbft  1846 
alä  stud.  theol.  ju  Sriben  etnft^reibcn,  ofjne  lu  a^nen,  ba^  er  biefer  Stobt  fortan  immer, 
ti*  HU  feinem  am  10.  Dejembet  1891  erfolgten  lobe  angeljüren  JoQtc.  I)et  ^oi)-- 
getDac^fene,  burd)  cmneiimenbeÄ  9Befen  unb  ungelDij^mÜctie  ©ctfteögoben  auögejeidjnetc » 
Jüngling  erregte  balb  bie  Slufmcrtfamleit  feiner  Se^rer  in  ber  ÜjeDlogifc^en  unb  tiljilo^ 
fovtiifdrcn  ^fultöt.  Slamentlii^  Würbe  er  ber  Siebting  beä  Drientalifteii  3iUV"t'titt  unb 
best  feil  1843  ju  Seiben  leljtcnben  Sl^eobgen  ©t^olten.  2>aä  18.51  ju  Seiben  gcbrudte 
Specimen  theologicura,  continens  GeneBeos  libri  Capita  XXXIV  priora  ex 
Arab.  Pentateuchi  Samaritani  veraione  nunc  primum  edita  cum  prolegomenis  as 
toar  bie  I^if^ertation,  mit  ber  fii^  Ä.  am  28.  ^uni  1851  ben  l^eolrgiftöen  ^ohorgrab 
crtoarb.  Iier  noä)  im  ^a'^tt  18.51  Dero  ff  ent  lichten  Sluögobe  ber  ganjen  ®enefiö  folgten 
bann  185-1  bie  Libri  Exodi  et  Levitici  sec.  Arabicam  Pentateuchi  Samaritani 
versionem  ab  Abu-Saido  cooscriptam.  Ex  tribus  codicibuB.  ^ie  tüchtigen 
Spraddenntniffe  berfdiafftm  bcm  jungen  ©eictjrten  bereits  im  Dttober  1851  bie  Stelle  30 
beS  adjutor  interpretis  legati  Warneriani,  t.  i}.  er  tourbc  UnleiOertüalter  ber  oricn^ 
talifdien  ^nbfc^ften  duS  bem  SegolSJamei  unb  jtDeitet  SSerlieter  ber  femitifi^en  Sptai^en 
an  ber  Unioerfiiät.  3Bie  gerne  j^n  aber  aud?  ^u^nboQ  ali  adjutor  behalten  ^ättc,  fo 
blieb  H.  bo^  feiner  urfprüng Eichen  Uteigung  getreu  unb  Würbe  burt^  Si^oltenö  Stnftu^ 
((^on  am  U.JJejcmber  1852  jum  ao.  ^rofeffor  ber  Itieologie  ernannt,  ^ic  Oratio  deac-35 
curato  antiquitatis  Hebraicae  studio  Theologo  Christiano  magnopere  commen- 
dando,  mit  toclc^cr  ber  24  jährige  am  12. 3)läxj  fein  Stmt  antrat,  erfc^iEn  185a  ju  Seiben. 
3300  äi  tuat  bamatfl  fein  t^eologift^eä  Seljtfat^,  fonbem  würbe  ton  bem  Hebraicus  in 
bct  pf^tlotovlfifi^en  ^tullöt  uertreten,  ^ßrof.  SlutgcrS,  ber  in  übeteinftimmung  mit  ber  in8 
^oQänbifc^e  überfe^ten  altleftamenttii^en  Einleitung  MeilS  gu  Seiben  b\i  1875  bie  mofaifc^e  to 
Äbfaffung  beä  *Centateu($*i  lehrte.  SS  begreift  fic^i  baljer,  bafi  S(^oltcn  feine  neutefta: 
mentlic^en  unb  bogmaiifiljen  ©tubicn  bur^  bie  reiffenfdiaftltt^e  Üiit^tigteit  feineä  mit  bem 
%%  tiertrauten  S^üleiä  Jt.  unteiftü^t  ju  felien  wünfdite. 

Uer  Senat  ber  Uniüerfitöt  fietben  bejeugtc  bem  jungen  ^rofeffor  bei  ^fjeologic  ben 
Ztant  für  feine  grünblic^ie  Stibeit  am  Katalog  ber  arabifc()en  ^anbfc^riften  baburi^,  ba^  4& 
n  am  2.  ^^bruar  1853  i^m  bie  ^Urbe  beS  Dr.  phil.  {^[)ren  falber  Derlte^,  unb  nit^t 
minbei  erfreute  fl.  feine  fi^on  am  1.  Dltober  1855  BoUjogene  Ernennung  jum  orb.  ^rofefjor 
bet  3:^oli)flie.  Obglcii^  nic^l  ju  altteftamcnt[ic()en  SJorlefungen  Berpftii^tet,  ^a  i^m  )u= 
nöt^ft  außer  bem  9i3;  bie  (Snc^flopäbie  unb  ffliet^obologie,  feit  1860  aucfe  bie  düfit 
fibertragen  mar,  uerjic^tcie  er  tioÖ)  Bon  2tnfang  an  nidjt  auf  bie  SBe&anblung  ber  olt=  m 
teflamcntli(^en  llinleitung,  fotoie  ouf  ®ef{^i(^te  unb  Sletigion  ^^^fli^^-  C^crt  fie^t  ein 
e^renBotteS  3"»9"'^  fj'^  Ä.ß  Äenntniä  bcä  ©riet^tfi^en  barin,  bafe  ßobet  1860  mit  i^m 
baä  9(1  ad  fidem  Codicis  Vaticani  cbietic.  Scijon  Oorljer  gab  Jt.  Orunblinien  Der 
Britif  unb  §ermeneuti(  ber  SBüt^et  be«  31.  S.  ^erauS  (1856,  ed.  altera  1859).  SJtit 
hjelc^em  ^ntcieffe  er  bie  Mtbeiten  auf  bem  ©ebiete  beä  9)X  bis  ju  feinen  legten  Sebenä;  a 

i'fl^ren  berfolgte,  jrigcn  not^  bie  Seflpretfiungen  bet  frnglPitrbigcn  Veriaimilia,  Icoburt^ 
let  früliere  Ilieobge  91.  *|Jierfon  mit  bcm  (laffift^en  ^pfjilologen  3laber  bie  lacera  con- 
ditio Novi  Testamenti  bart^un  iDoHte,  unb  ber  beiben  Süßtet  Bon  %oi}  übet  ^wboiä; 
THU*  unb  S^flentum  unb  Bon  $alc^  über  ben  ßinflufi  griet^ift^et  Sbeen  unb  @ebräu(^e 
ouf   bie   d}n\ä\d}t   Hirc^e  (Tb.  Tijdschr.    1886,  S.  491— 53G;    1891,  ©.487—515).«) 

11* 


164  ftnetieti 

9(1$  31tttglteb  ber  tJ^eobgtfd^en  ^ahtltöt  fyitt^  5t.  oud^  regelmäßig  im  alabemifii^en  ®ottt^ 
bienfte  gu  ))rebigen,  unb  Stiele  berid^tet  bon  biefen  mit  Sßönne,  ober  ol^ne  ^ßot^  t)ots 
oetrogenen  5Prebigten,  bafe  fie  fid^  mit  überjeugungÄfcäftiger  Setoeidfü^nmg  mel^  an  ben 
jBerftanb  einzelner  ßörer  toonbten,  aber  mtt  il^rer  t)^ii[ofo})^if(i^en  3tu^e  toentger  geeignet 
5  tparen,  bie  große  ^enge  ju  fef^eln  ober  gar  mit  fx6)  fortzureißen.  2)arum  lonnte  fi. 
fitoerlid^  bie  Sctrübni^  teilen,  bie  ber  Utredj^ter  3l^eolog  öan  Dofterjee  (f.  b.  SL)  über 
ben  SBegfatt  ber  Uniberptät^rebigten  empfanb,  ben  ba«  am  1.  Dftober  1877  jfir  bie 
nieberlänbifd^en  Uniberfttöten  in  J!raft  tretenbe  @taat^efe$  )ugletc^  mit  einer  neuen  Sec^ 
teilung  ber  Se^föd^er  an  bie  bi^berigen  $rofef|oren   ber  xl^eologie  berfügte.    SBie  fd^ 

10  a\i6)  St,  bie  glüdlid^^e  ®abe  flarer  3Ritteilung  feiner  ebenfo  rafc^  gefaßten  afö  gut  üba> 
legten  ©ebanlen  befaß,  eine  ®abe,  bie  i^n  )u  einem  borjüglid^en  alobemifc^en  Se^er  unb 
m  einem  t)ortrefflici^en  @))reci^er  unb  SSorjt^enben  in  gelehrten  äJerfammlungen  machte :  ein 
^olförebner  ober  jünbenber  ^eftrebner  tDar  er  eben  nic^t  2)ennod^  brauchen  Imr  und 
ntd(^t  barüber  ju  toertounbem,  baß  er,  atd  bad  neue  ®efe^  i^n  auf  bie  oben  ertoo^nten 

16  altteftamentlid^en  ^äd^er  befd^ränlte,  in  benen  feine  ^eifterfc^aft  fd(^on  feit  längerer  ^ 
unbeftreitbar  feftftanb,  baneben  au$  freien  @tüden  bie  SSorlefungen  über  bie  @t^if  bei^ 
bel^ielt  unb  bi$  ju  feinem  Xobe  fortfet[te;  erft  nad^  bemfelben  erfc^ien  Het  onderwijs  in 
de  zedekunde  van  Prof.  A.  K.  9lmfterbam  1893.  ®eh)iß  toccc  ed  nic^t  feine  6ad^, 
gleid^  einem  $ro^^eten,  toon  l^eiliger  £eibenfd(^aft  getrieben,  3^gnid  abjutegen.    ä(ber  bie 

20  il^m  ^erfönlic^  jufagenbe  SSertretung  be$  JloQegd  über  ®t^it  ^ielt  er  um  {o  lieber  fefl,  ob 
nac^^  Xiele^  S^^Ö*^^^  ^^^  3Jla|fe  ber  ©tubenten  fic^  ftäricr  öon  bemfelben  angezogen  fü^^ 
aU  \)on  ben  altteftamentlid^en  SSorlefungen,  bie  ))ielen  etiva^  troden  borbxmen;  )u  einem 
im  allgemeinen  toeniger  lebl^aften  toiffenfd^aftlid^en  ^ntereffe  gefeUt  fid^  ja  oft  ber  betdnnte 
3Jtangel  an  l^inreid^enber  ))(^ilologif4ier  SSorbilbung,  unter  bem  bie  altteftamentlic^  Sor^ 

26  lefungen  ju  leiben  (^aben.  Sein  ®pxd)cn  toie  fein  @d^reiben  toax  immer  einfad^  unb 
nar,  nie  gefud^t  ober  burd^  ^ürje  bunfel;  feine  $olemif  tDar  ftetd  ^öfli^f,  mernate  ro^, 
n)enn  au^  nad^Drüdlid^  unbtoarm,  Wo  [\ä)'i  um@runbfä^e  Rubelte.  3Bie  er  ben®egnec 
nur  mit  ®rünben  bcfänH)fte,  \o  fud^te  er  feine  $örer  nid^t  burdj^  fd^öne  lünftlerifc^e  gform, 
fonbem  burd^  reid(^en  ^n^alt,  feine  Aritit   unb  jtDingenbe  93etoei$fül^rung  ju  getotnnen. 

90  Sßeil  er  ftd^  nid^t  berufen  fül^lte,  unter  ben  tt)i|fenfc^aftlid(^en  ^örberem  ber  @tl^tl  auf^ 
l\utreten,  obgleid^  tl^m  eine  fe^r  au^ebreitete  JtenntniiS  ber  etl^fd^en  Sitteratur  )u  ®ebote 
ftanb,  fo  bertoeigerte  er  ben  ^xni  feiner  äSorlefungen  unb  ließ  fu^  mit  feinem  Xolt  an 
bem  münblic^en  SSortrage  ber  @t^it  genügen. 

^ö^lid^  mit  ben  %xbf)lxä)m,  aber   emft  in  ber  (Erfüllung  übernommener  ^flic^ten, 

86  fanb  ber  lieben^tvürbige  junge  ®ele^rte  1855  in  ber  l^od^begabten  Soc^ter  be$  ®rontnger 
^Profeffor«  3Kuurling  eine  toie  für  il^n  gefc^affcne  grau,  mit  ber  er  in  glüdtlic^er  e^e  rtele 
pa^e  berieben  burfte,  jule^t  unb  namentUd^  feit  1882,  bem  Xobedja^re  ber  lange 
rränfeinben  ^au,  \)on  feiner  ben  ^au^l^alt  fü^renben  @d^toefter  unterftük,  bie  \>on  bot 
Jtinbem  unb  ^au^freunben  ald  Xante  ^ien  Derei^rt  n)urbe.    3)ad  il^m  befc^iebene  f^äväh 

40  lid^e  £eib  unb  eigene  för^jerlic^e  Sefd^toerben,  bie  if^n  in  ber  t^ten  Seit  jutoeilen  ISfeims 
fud^ten  unb  bei  gefd^toäc^ter  Slrbeit^Iraft  nur  um  fo  eifriger  toeiterfd^offen  ließen,  trug  er 
mit  d^riftlid^er  ©rgcbung  unb  tourbe  burc^  einen  rafd^en,  fd^merglofcn  S^ob  öor  bem  \>on 
ben  3lerjtcn  gefürd^teten,  langwierigen  unb  quatootten  Seiben  betoa^rt.  ^n  bem  Sebend« 
bilbe  beö  aufeerorbcntlic^  öielfeitigen  3Kannc«  toürbe  aber  nod^  ein  toefentli^er  3^9  fel&len, 

46  toollte  ic^  nic^t  öor  bem  ©ingef^en  auf  feine  mr  eigentlichen  göAerung  ber  altteftaments 
liefen  aBiffcnfd^aft  beftimmtcn  gebrudEtcn  üBerfe  and^  feiner  gemeinnü^igen  3;^ätigleit 
gebcnfcn,  mit  h?eld^er  er  engeren  unb  h)citercn  Äreifen  ftetg  gerne  biente.  3?on  ben 
öerfd^icbcnftcn  Seiten  toanbte  man  fid^  an  ben  immer  l^ilfebereiten  SRatgeber  unb  nol^m 
auc^  5um  äJerrid^ten  öon  Il^aten  feine  loftbare  ^Ät  l^äufig  in  2tnft)ruc^.  Sei  ber  Sürger^ 

60  fd^aft  Seibeng  tvax  er  im  ^öd^ften  ®rabe  beliebt  unb  angefe^en,  o^ne  baß  biefe  gwße 
SSolfötümlic^feit  öon  ben  nic^t  gerabc  j)adEenben  ^rebigten  ^errü^rte.  3*^  *"  ^^  Stobt 
fanntc  ben  ftattlid^en  ÜRann,  einen  ber  berüj^mteften  ^rofefforen,  ber  bei  feinem  ©tKiÄiergong 
täglid^  in  ber  Stabt,  am  ©onntag  regelmäßig  in  ber  Äird^e  ju  fe^en  toar  unb  niqt  let^ft 
in  einer  toic^tigcn  ä5erfammlung  fel;lte.     SBie    er  ate  Kurator  be^  ®^mnafium«  t^iatig 

66  toar,  fo  ftanb  er  j.  SJ.  auc^  einem  freifmnigen  ffia^ltoerein  in  Seiben  ju  allgemeiner  8e« 
friebigung  ber  a)litalieber  öor.  6«  ift  bclannt,  baß  Ä.  1883  ben  internationalen  Orien« 
taliftenfongreß  ^u  Seiben  mit  ^ft  unb  $umor  leitete  unb  gegen  ®nbe  feined  SebenS 
na4  D>)5oomer^  SlüdEtritt  auf  ben  cl^renbollen  Soften  bed  SSorft^enben  in  ber  Slrnfter» 
bamer  Slfabemie  ber  ffiiffenfd^aftcn  berufen  h)urbe.    ©r  toar  nidj^t  nur  SKitbegrünber  ber 

eo  Theol.  Tijdschrift,  bie  burd^  bie  3Bid^tigfeit  il^reiS  ^nl^altd  allein  fd^on  bem  audl&nbif4«n 


Stütntn  166 

®dtfyAm,  ber  auf  bet  $öl^e  ber  olttefiamentltii^en  3Btf(enfd^aft  Men  )n>\ü,  bo^  Stiemen 
ber  ^oDoi^c^en  Qpxadft  jur  ^flid^t  mad^t,  fonbem  naf)m  audp  ein  boDed  Sßieictelja^Ys 
^^imbcTt  l[^tiibur(^  teil  an  ber  ÜRü^e  ber  Slebaltton,  tote  er  au^erbem  ber  Xe^Ierfd^en  ©e« 
noffenfc^  ald  SSorft^enber  unb  ber  ^aaaer  ©efeQfd^aft  jur  SSerteibigung  ber  d^riftlid^en 
äidigion  ald  unermübtid^er  Selretär  angel^örte.  2)ie  toon  A.  ))erfa^e  Sd^rift  über  iai  6 
lOOiä^ge  Sefte^en  biefer   Haagsch  Oenootschap  erfd^ten   1885   )u  £e&en.    Sßom 

1.  Dftobet  1855  an  toar  er  22  ^af)xt  lang  ÜRitglieb  ber  ©^nobe  ber  9KeberIänbifd^en 
äiefomtierten  Jlirc^e  unb  beteiligte  fi^  P^ifeig  ati  i|ren  arbeiten,  ^n  ber  gemeinnü^igen 
^^ötiglett,  mit  ber  A.  feinem  engeren  ^ater(anbe  in  umf affenbfter  Sßeif e  ju  bienen  fucpte, 
nimmt  feine  Iir(^en))olitif(^e  äBirrfamleit  eine  fo  toid^tige  @telle  ein,  ba^  fein  SSer^dltnid  lo 
)u  ber  in  bad  l^oQänbifd^e  SSolf^leben  tief  eingreifenben  „mobemen  Slid^tung''  ^ier  nid^t 
gon)  mit  @tiQf(^h>eigen  übergangen  toerben  lann. 

Sßo^I  mit  dltä)i  gilt  5t.  neben  feinem  Seigrer  @d^oIten  unb  bem  Utred^ter  $l^iIofo))]^en 
Dpioomtx  ate  bie  ^auj)tftü^e  biefer  SRic^tung.    2)er  3l(mt  „mobeme  Slid^tung"  bejeid^- 
nete  nad^  bem  Angriff  bed  ort^obo^en  3)id^ter$  ^f.  ba  Softa  auf  bie  bon  ber  t^eologifd^en  16 
golultät  )u  Seiben  geleierte  2^^eoIogie,  nä^er  feit  bem^a^re  1858,  bie  freiere  älnfd^auungd^ 
ta>etfe  Don  Schoben  unb  feinen  ®efinnung^enoffen,  bie   anfänglid^   nid^t  baran  gebadet 
Ratten,  bog  fte  burd^  i^  toiffenfd^aftlid^ed  Streben  ftd^  in  SBiberf^rud^  mit  ber  fir^lid^en 
Ueberlieferung  fefeten.    aß  Ä.  feine  erften  SSorlefungen  über  bie  ©ntfte^ung  be«  5KC« 
^elt,  ftonb  i^m  oie  a))ofto(ifd^e  Slbfaffung  be^  4.  Sbangelium^  nod^  burd(^aud  feft  @d^oIten  20 
le^e  bid  1860  bie  äBimid^Ieit  ber  ^immelfal^rt  ^efu,  unb  felbft  bei  Oi)20omer  ging  bem 
Sm)>iridmu^  eine  QÄt  bed  bibelglöubigen  SabinidmuS  toorl^er.    ^a  id^  auf  bie  Snttoide« 
lungiSgefd^ic^te  ber  mobemen  Siiq^tung  nic^t  eingeben  barf,  fo  genüge  bie  S3emerluna,  bag 
bei  bem  Streit  atoifc^en  ber  ort^obo^en  Dogmatil,  bie  auf  bem  Glauben  an  bfe  SSerbat 
intoiration  ber  ^eiligen  @(^rift  rul^te,  unb  ber  grammatifd^4if^>>^f(^^  ®C^d^^/  bie  bon  26 
ouer  2)ogmatiI  unaol^gig  fein  tooQte,  bai^  bon  A.  vertretene  ^d^  ber  oltteftamentlid^en 
aSiffenfc^ft  gon)  befonberd  in  ben  SBorbergrunb  trat,  unb  bafe,  toie  Dort  (©.  30)  fidj^  au8- 
bdidt,  „in  ber  ^orberung,  ba$  religtöfe  unb  fittlid^e  £eben  t)on  ben  93anben  ber  93ibel 
frei  gu  mac^,  aUe  3Robemen  ftc^  ))ereinigten'^  toie  fe^  fie  auc^  fonft  auSeinanbergel^en 
mw^ten,    3n  ben  l^eol.  Beiträgen  (1860,  ©.  705—757)  erfd^ien  unter  bem  3:itel  „3)er  ao 
©utnranaturali^mud  unb  bie  (Sef^id^te  ^^^<td^''  ber  jur  Sröffnung  ber  SSorlefungen  eben 
t)on  Jt  ge^Itene  Sortrag,  toorin   er  feinen  freien  ©tanb^unlt  barlegte,    ^ie  Siebe  bom 
8.  ^ebr.  1862    de  religione  Christiana  per  eontinuas  theologiae  commutationes 
aibi  constanti  et  incolumi,  bie  er  bei  Stieberlegung  be^  9le!toratd  ber  Unit)erfttät  ^ielt, 
toar  eine  Serteibigung  ber  mobemen  2^^eoIogie  gegen  bm  einfeitigm  @u))ranaturaliiSnmg,  86 
ber  Settgung  ber  Semunft  t)or  ber  ©c^rift  verlangte,  gegm  bie  bm  ®(aubm  an  ^urd^- 
brec^Hna  ber  mec^nifd(^en  92aturgefe|e  forbembe  Ortl^obocie,  ber  eine  bai^  übematürlid^e 
Stngretfm  ®otted  in  bm  natürlic^m  Sauf  ber  ^inge  Imgnenbe  2:beoIogie  ald  eine  un« 
ifü^\dit  ^fd^en.    Sbmfo  trat  St.  1866  in  ber  ©d^rift  „^ad  oute  Siedet  ber  3Jlobemm'' 
gegen  bie  9Reinung  auf,  bie  Sieligion  fte^e  unb  faQe  mit  bem  33unberglaubm,  inbem  er  40 
gegen  bm  frü^m  ©moffm  ^ierfon,  ber  fxä)  öffmtlid^  von  berJlanjel  jurüdCgejogen  ^atte, 
nic^t  minber  old  gegm  bm  l^i^igm  Ortl^obosm  S3u^tm  $uet,    ber  bm  älu^tritt  ber  3J}os 
bernen  auö  ber  Jlird^e  Verlangte,  barauf  ^intoie^,  ba^  ba$  burd^  Sl^riftud  unb  bie  Slefor- 
mation  gebrad^te  !Rme  in  ettoaS  anberem   al^  in  bem  SBunberglaubm  beftanb,  bm  bad 
^^iibentum  unb  Slom  \a  fd^on  vorder  bejahen,    ©eit  1866,  ald  bie  Seitung  vieler  nieber^  46 
länbtfc^  ©emeinben  burc^  bai^  allgemeine  ©timmrec^t  in  bie  $änbe  ber  Orti^obo^m  !am, 
begonnm  bie  mobemm  X^eologm  il^re  aQgemeinm  ^a^redVerfammlungm  ju  älmfterbam 
|u  galten.   3lodf  lange  l^atte  R.  allerlei  Eingriffe  abjutoe^rm,  j.  S.  ben  in  Th.  Tijdschr. 
1868,  S.  414 — 444  belämt)ftm  SBortourf,  ba|  bie  3Jlol>emm  vermummte  älnl^änger  Von 
QemM  ^ofitividmud  feim,  mit  bem  aQerbingd  bie  ))^ilofo^l^tf(^e  Slnfc^auung  Of^joomer^  60 
einigemut^  Vertoonbt  toar.    9lud^  bie  ©efa^r,  bie  Von  ©c^oltend  auf  bie  ©))i^e  getrie- 
bmem  SRonidmud  ^er  bem  3u{A^^^^<tItm  ber  Partei  brol^te,  ging  vorüber;   Vgl.  Cort, 
©.  34  ff.  •  Von  ber  SBlugt,  ©.  79  ff.    3)er  von  bm  Verfd^iebmm  Slid^tungm  gleid^  ^odj^ 
aeoi^ete  St,  beffm  Sieblingdf))md^  ^^  30,  15  toax,  mugte  öftere  bie  unbebad^t  ^oran- 
ßürmenbm  )u  ruhigem  Slbtoartm  erma^nm ;   aber  fein  @influ^  auf  bie  3Jtobemen  tourbe  66 
immer  grdger.  9Son  R.  felber  gilt,  toa^  er  in  bem  älrtitel  ©d^oltm  (in  biefer  @ncVflo))äbie 

2.  ÄufL  XVIII,  ©.262)  von  feinem  ^od^Vere^rtm  Se^rer  beric^tm  (onnte,  ba|  er  in  ber  ^ol^en 
S3ett^[^^d^g  bed  ßl^ftmtumd  ftetd  ftd^  gleid^  gebliebm  fei.  911^  er  in  ber  25.  äSerfamm- 
bmg  )u  a[m|terbam  bie  nod^  1891  burd^  bm  Xxni  Veröffentlid^te  ©ebäcbtni^rebe  geJ^alten 
ftatU,  tDurbe  er  unter  bem  ^^i^ud^jen  aller  ^ntoefenbm  jum  S^rmvorft^enben  ernannt ;  go 


166  titeneti 

^l^er  ber  3Itobemen  unb  gletcl(^{am  3nittel))unlt  bei  ganjen  Slic^tung  \oax  er  tl^äd^Iu^ 
toon  änfong  an  getoefen. 

äln  ben  93enci^t  über  bte  gemeinnü^tge  ^ätt^!ett  He^e  ftc^  ber  über  5t.d  gemetm 
berftänblid^  gel^altene  ©d^riften  anfc^Iie^en,  burd^  bie  er  bie  ©rgebniffe  femer  toiffÄifc^aft* 

5  liefen  älrbett  n)etteren  Jtreifen  jugänglic^  m  mad(^en  fuc^te.  ^ft  ober  ber  junftmä^ig  ge» 
machte  Unterfc^ieb  jtoifd^en  ftreng  toiffenf^aftlid^en  unb  boBStümlidj^en  Schriften,  ber  ge* 
rabe  in  ^eutf(|lanb  oft  ju  ungebül^rlid^er  Unterfd^ä|ung  ber  Ie|teren  füi^^rt,  fe^  l^m^ 
nur  ein  fiiefeenber,  fo  toäre  er  bei  ben  arbeiten  unfere«  SSerfofierg  befonber«  übel  ange« 
bracht.    Jt.  gel^örte  ja  ju  benjenigen,  bie  ntc^t  Überreben,  fonbem  burd^  ®rünbe  überi^eugen 

10  tDoQen.  Wlaxi  lann  fagen,  ba^  er  immer  für  fold^e  f(^rieb,  bie  mitforfcl(^en,  bie  felbft  ur^ 
teilen  tooQten.  Slul^ig  unb  un^arteilicl(^  fud^te  er  bie  %\fa^aä)m  jufammenjufteOen,  tmb 
biefe  liefe  er  bann  il^r  3^9^^'*  ablegen.  2)a^er  lommt  e^,  bafe  audj^  feine  für  bie  gro^e 
3Kenge  ber  Oebtlbeten  beftimmten  Sudler  für  ben  gad^mann  nid^t  nur  tntereffont,  fonbem 
in  ber  Siegel  aud^  anregenb,  nid^t  feiten  gerabeju  belei^enb  ftnb.    9Bir  laffen   bol^  ben 

15  ertpäl^nten  Unterfd^ieb  auf  ftd^  berufen  unb  gelten  fofort  jum  $au))tn)erl  feiner  gefomten 
toiffenfd^aftlidj^en  9lrbeit  über,  bem  er  toiele  ^ai)x^  unermüblic^en  gorfdj^en«  getoibmet  bat, 
ju  ber  1861—1865  unb  in  jtoeiter  2lu«gabe  feit  1884  ju  Seiben  beröffentlid^ten  „gim 
leitung  ing  311".  ©ie  erfd^ien  unter  bem  ben  ^nf^cdt  genau  bcjeidj^nenben  Xitel:  Histo- 
risch-kritisch Onderzoek  naar  het  ontstaan  en  de  verzameling  van  de  Bodden 

20  des  Ouden  Verbonds.  3)er  crfte  2^eil  ober  Sanb  Ij^at  jur  Sluffd^rift :  „S)ie  Sntfie^^ung 
ber  J^iftorifd^en  Sudler  be^  äl.  S3.",  toäl^renb  fte  in  ber  neuen  Slu^abe  bon  1887  ImM: 
„3)ie  3:^ora  unb  bie  l^iftorifc^en  Sucher  bc«  2t.  95."  3)ie  SSorrebe  toom  ©et)tember  1861 
^eigt  beutlid^,  bafe  R  ftd^  feiner  3lufgabe  !lar  bttonii  toar;  leine  Sitteraturgefc^id^te  tooOte 
er  geben,  fonbem  eine  möglic^ft  erfd^öjpfenbe  Äritil  ber  im  313;  öorliegenben  DAieHen  für 

26  bie  ©efd^id^te  be^  SSolfe^  unb  ber  9leligion  ^iSrael^.  311^  er  t)on  ber  „gan)  umgearbeiteten 
3lu^abe"  ben  Slnfang,  baS  ben  ^e^ateud^  bel^anbelnbe  ©tüd(  ^erau^ab,  bem  erfl  nod^ 
aSeginn  beiS  ^alyt^  1887  bie  ^iftorif^en  Sudler  folgten,,  betonte  er  in  ber  Sorrebe  bom 
15.  Oftober  1884,  ba^  \>a^  3Ber!  ein  Se^rbud^  gur  Sinfül^rung  in  ben  gegenwärtigen 
©tanb  ber  äBiffenfd^aft  fein  foQe,  eine  3luiSeinanberfe^ung  ber  fritifd(^en  tragen  für  bie 

80  ©tubierenben,  bafe  er  aber  nic^t  ben  ^ad^genoffen  gegenüber  ben  Slnft)rud^  ergebe,  in  feinem 
Streben  nad^  görberung  ber  SBiffenf^aft  l^ier  überall  gu  fidj^eren,  il^n  aud^  nur  felbfi  be» 
fricbigenben  ©rgebniffen  gelangt  ju  fein.  Sag  über^au^jt  Ä.^  ©törle  nidj^t  fotool^l  in  ber 
©^nti^efe  afö  in  ber  Slnal^fe,  fo  lam  fte  in  ber  fd^arffmnijen  g^K^^'^J^g  ^^  aötefta» 
mentlid^en  93üd^er  glängenb  mx  Geltung.    3)ant  ber  anal^ttfd^en  SRetl^obe  lonnte  er,  um 

86  ben  Umfang  be^  9BerIeiS  ni(|t  ju  fel^r  anfd^n)eQen  gu  laffen,  bie  %ßolii)pl)m  au^c^Re^; 
aud^  bie  ©efd^ic^te  bed  ^^e^e^  unb  ber  Überfe^ungen  no^m  er  nidpt  in  feinen  $lan  auf. 
^nbem  er  ber  be!annten  Einteilung  bed  %%i  in  ^iftorifd(^e,  ))ro))l^etifd9e  unb  ))oetif(|e  Südjier 
folgte,  ergab  ftd^  ungejtoungen  bie  SSerteilung  bed  gefamten  ©toffeiS  auf  brei  Sänbe  t)on 
jiemlid^  gleid^er  ©eitenja^l.    2)er  erfte  S3anb  erfc^ien  1861  mit  XII  unb  379  ©eiten,  b« 

40  jtoeitc  brad^tc  bie  })ro>)^etifc^en  Sucher  1863  auf  VI  unb  472  ©eiten,  ber  britte  ben  Slefl 
1865  auf  VIII  unb  450  ©eiten.  ^n  ber  2.  3lu«gabe  toar  ber  erfte  ©anb  ju  XIV  unb 
554  ©eiten  angctoad^fen ;  ber  jtoeite  erfd^ien  1889  mit  IX  unb  508  ©eiten;  ba^  erfte 
©tüdE  be«  britten  Sanbe^  (XII  unb  209  ©eiten)  gab  3.  ß.  aHattl^e«  1893  i^erau«,  ba 
fic^  im  5Wad^lafe  bed  SSerfaffer^  aufeer  bem  12.  §aut)tftüi  über  bie  i^raelitifc^e  5ßoefte  nur 

46  nod^  bie  brei  folgenben  mit  ben  gnomifd^en  ©c^riften  (©^jrüd^e,  ^iob,  ^ßrebiger)  brudffertig 
öorgefunben  Ratten.  3lm  ©d^lufe  ber  öom  29.  Dltober  1892  batierten  33orrebe  t)erfi)ric^t 
3Slattf)^i  feinerfeitd  bie  3lu^rbeitung  ber  nod^  fel^lenben  ^ölfte  bed  legten  Sanbed;  bi^e 
^älfte  foÜ  t)on  ben  5Pfalmen,  ben  Älagliebem,  bem  §ol^enliebe  unb  oer  ©ammtung  ber 
Sucher  bed  31.  9.  ^anbeln,  ift  aber  nod^  nid^t  erfd^ienen.    2)ie  äußere  (Einrichtung  beiber 

60  äu^abcn  ift  bie  gleid^e ;  in  ben  einzelnen  ^aragra})l^en,  beren  ^oü^l  im  erften  Sanbe  anföngfu^ 
56  in  8  $aiH)tftüdfen  betrug,  \päitx  nur  38  in  5  $auj)tftüdEcn,  folgen  auf  ben  furwefa^fcm, 
getoöfjnli^  in  berfd^iebene  Slbfö^e  eingeteilten  3n|alt  jebeömal  in  Reinerem  3)rua  bie  jur 
Sctoei^fül^rung  bienenbcn  3lnmer!ungen.  3)ie  Überfic^tlid^Icit  ^at  in  ber  2.  Slu^abe  bo» 
burd^  nod[i  getoonnen,  bafe  biefe  in  ben  ©eitenüberfd^riften  ben  ^nl^alt  unb  bie  QaifL  b«5 

55  5Paragra))f^en  unb  ber  5lotcn  angiebt.  2)er  Slnfang  be«  2BerIc«  (^entateuc^^  unb  ^o\ua) 
fanb  in  beibcn  3lu^aben  eine  engßfd^e  Überfe^ung  (Sonbon  1865  unb  1886)  burA  ben 
SSifc^of  ßolenfo  unb  burd^  iffiidffteeb,  bie  beiben  erften  Sänbc  eine  beutfdj^e  bun^  Sßeber 
unb  aKüDer  (Seijj^ig  1886—1892),  ber  erfte  Sanb  eine  fran^öfifdfie  burd^  ÜR.  31.  5ßierfon, 
bie  mit  einer  SJorrebc  bon  6.  Slenan  1866  ju  ißari^  unter  bem  fel^r  übel  tniffenben  %M 

60  Histoire  critique  des  livres  etc.  erfc^ien.  3)agegen  !ann  id^  bem  ^orrebner  juftimmen, 


Anetten  167 

ta>eim  er  R.^  oltteflamentlidj^e  @tnlettung  nennt:  l'ouvrage  le  plus  complet,  le  plus 
m^thodique,  le  plus  judicieux  de  tous  ceux  qui  aspirent  ä  präsenter  l'en- 
semble  des  recherches  sur  rancienne  litt^rature  h^braique.  Esprit  ferme  et 
s^vöre,  M.  Kuenen  vise  moins  ä  dövelopper  des  hypoth^ses  originales  qu*ä 
donner  la  mesure  exacte  de  ce  qu'il  est  permis  d'affirmer.  II  sait  ignorer;  il  5 
se  r^igne  ä  ne  pas  entendre  l'herbe  germer ...  II  expose  toutes  les  opinions, 
les  p^e  avec  une  sagacit^  admirable,  trace  avec  süret^  la  limite  de  ce  qui 
est  probable,  douteux,  certain,  impossible  ä  savoir. 

3)ie  Snttpidelung  ber  dtteftamentUc^en  2Btf(enfd^aft  brachte  ed  mit  ftd^,  bag  ber  erfte 
Sonb,  ber  ben  ^ejoteud^  an  ber  6toi$e  ber  ^iftorifd^en  Sudler  betrifft,  am  metften  ben  10 
3iamm  einer  ;,gan^  umgearbeiteten''  Auflage  t)erbiente;  t)on  ben  554  Seiten  lommen  über 
20  3)ru(Ibo0en  auf  ben  Q^ai^i^,  3Wit  Siecht  fanb  Ä.  bie  SJorlefungen  meine«  1859 
geftorbenen  Se^reriS  S3IeeI,  bie  id^  1860  mit  feinem  ©ol^ne  l^erau^ab,  für  bie  93üd^er 
9lic^ters@amueI4lönige  nid^t  boQftönbig  genug  unb  f onnte  aud^  in  mand^en  ^entateud^ifd^en 
^agen  leinetoegd  ber  altteftamentli^en  Einleitung  Sleel«  juftimmen.  ^n  ber  vierten  15 
ilttflage  biefer  (Einleitung  (Berlin  1878,  §  81)  t)er}eid^net  äBeQ^aufen  n)ic^tige  fünfte,  in 
benen  St.  1861  bered^tigten  äßiberf^ruc^  gegen  bte  bamaU  l^errfd^enbe  SReinuna  erl^ob, 
tod^enb  er  an  ber  l^ergebrad^ten,  burd^  ®en  1  nal^e  gelegten  Slnftd^t,  bag  ber  Rtm  ber 
(nriefterKd^  ©runbfd^rift  älter  fei  aU  bie  übrigen  ^entateud^ifd^en  Quellen,  nod^  rui^ig 
feß^elt.  ©e^r  lel^rreic^  fd^itbert  nun  SBettl^aufen  in  §§  82--84,  inbem  er  Ä.«  3Witteilungen  20 
(Th.  Tijdschr.  1870,  ©.  396—425)  afö  einer  2lrt  litterarifd^er  äutobiogra})^ie  folgt, 
toic  fi4f  bie  ^Pentateu^fritil,  bie  bur^  ben  «ifd^of  Solenfo  (f.  b.  %  93b  IV  ©.  215)  einen 
mächtigen  Slnfto^  erhielt,  feitbem  h)eiter  enttoidCelt  bat.  ^d^  l^abe  mid^  über  bie  für  bie 
(Srf enntnid  bed  totrllid^en  ©efd^id^t^erlauf«  ^ertorragenbe  äSebeutung  be«  1862  erfd^ienenen 
ecflen  Xeild  Don  Solenfod  äBerle  The  Pentateuch  and  book  Joshua  fd^on  1863  25 
(@4^d[d  äOlgemeine  tird^lidbe  R^^xi%  ©.  340)  beutlid^  au^ef^roc^en.  äluf  St.  mu^te 
ber  bünbtge  Setoeid,  ba^  Diele  @r}äi^lungen  be«  $entateud^  mit  ben  allgemeinen  ®efe|en 
\Hm  3^  unb  9iaum,  benen  aUe«  ^l^atfäd^lid^e  untertoorfen  ift,  in  fd^neibenbem  SBiber^ 
\ipitud)  ftel^,  um  fo  tieferen  @inbrudC  machen,  aU  nic^t  nur  Solenfo  gerabe  bei  ben  fd^einbar 
genaueften  SBerid^ften  ber  ©runbfc^rift  ober  be«  93ud^  ber  Urf^rünge  i^re  Ungefd^id^tlid^feit  ao 
aar  enoi^en,  fonbem  aud^  jt.  felbft  in  ber  ©runbfd^rift  be«  fogenannten  älteren  (Slo^rften 
fi^on  frü^  iüngere,  ja  bid  unter  bie  3^^  ^^  ^euteronomiler«  l^erabgel^enbe  Seftanbteile 
gcfunben  ^e.  ^ie  gegen  @nbe  1865  angegebene  3J{onograt)]^ie  t)on  St.  $.  @raf  über 
bie  gefc^idj^tlic^en  Südffer  bed  ^%i  nennt  R.  im  eigentlid^en  ©inne  be«  äBorte«  e^od^e« 
iiuu^enb  für  bie  $entateud^lritil,  toeil  biefer  ©c^üler  t)on  @b.  9leu^  bie  größere,  über»  86 
tmegeiib  legi^lotibe  Sfflaffe  ber  Orunbfd^rift,  nämlid^  Sj  25—31.  35 — 40,  ben  ganjen  Se^ 
tnticud  unb  ben  grölen  Xeil  t)on  92umeri,  für  ba«  9lQerj[üngfte  im  $entateuc^  erllärte, 
toa^renb  er  ben  Ileineren,  nur  erjäl^lenben  2^eil  ber  ©runbfcf^rift  t)or  toie  na(S)  al«  älteften 
Seftanbteil  bed  ^^xUaXm^i  anfa^.  93alb  erfannte  St.  bie  ^alb^eit  biefer  ^^^ot^efe,  toeld^e 
bte  jufammenge^örenben  ©tüdCe  ber  ©runbfd^rift  burd^  ^a^rl^unberte  bon  einanber  trennen  40 
ioDUte,  unb  fcprieb  an  ©raf,  ba^  tool^l  beibed,  bie  ^riefterlid^e  ©efe^gebung  unb  bie  ^riefter^ 
Iti^  ^ifloriograt)^ie  ber  ©runbfd^rift,  jünger  fein  muffe  ald  bie  anberen  DueKenfd^riften 
bed  ^entoteud^.  Dbglei^  ©raf  am  12.  92ot)ember  1866  St.  anttoortete,  ba$  toerbe  h)o^l 
la  Solution  väritable  fein,  unterblieb  1869,  atö  ©raf  furg  bor  feinem  2^obe  ftd^  (Dgl. 
SKers,  «rc^ib  I,©.  466— 477)  ju  biefer  Söfung  befannte,  bie  @rh)äi[inung  t)on  Ä.«  Anteil  45 
cax  ber  Aorreltur  feiner  ^^^otl^efe.  ^er  befd^eibene  3Rcain  badete  <md)  f^äter  nid^t  an 
©dtenbmac^ung  feinet  $riorität^red^t^,  bgl.  2^iele,  ©.  16.  ^ie  t)on  Sliel^m  1868  unb 
yhObdt  1869  an  ©rafd  ©c^rift  geübte  i^til  lie^  biefen  h)o^l  St.^  93erbienft  um  bie 
enbgilttge  Sdfung  überfe^en;  jubem  urteilte  Jt.,  ©raf  l^abe  bie  ^entateud^tritü  auf  bie 
rechte  Bpnt  }urüd(gebrad^t,  auf  ber  beäßette,  ©eorge  unb  ^atfe  fd^on  einmal  getoefen  so 
taxtren.  SBenn  S3ubbe  ben  SQ3eltruf  Ä.^  auf  bem  ©ebiete  ber  altteftamentlid^en  3Biffen= 
fc^oft  einen  unbeftrittenen  nennt,  fo  mu^  biefer  too^berbiente  9{uf  l^au^tfäc^lid^  auf  R.i 
Onderzoek  jurüdCgefül^rt  toerben.  911^  Seleg  für  feine  Sefonnenl^eit  em)ä^ne  id^,  toie 
fUtrt  er  in  mand^en  ^^en  bie  Unftd^erl^eit  ber  QueQenfd^eibung  unb  ber  @ntfd^eibung  in 
^rioritolgfragen  betont  (t)gl.  SleefsSBeai^aufen  *  ©.162.168  unb  bie3:]^©tÄ1889,©.196)  66 
tmb  tDeife  auf  ben  §umor  l^in  (bgl.  ©ef.  Slb^anblungen  ©.  412  ff.),  mit  bem  er  bie  toHe 
itritif  eined^obet  unb  93eme^  unfd^äblid^  mad^t.  9lud  bem  leiber  unDoQenbeten  britten  2^eil 
berbient  }.  93.  bie  Se^anblung  bed  ^rebigerbud^  @m)ä]^nung,  beffen  t)on  6b.  Jlönig  u.  a. 
oufgegebote  @inl^eitlid^feit  R.  Derteibigt,  ober  bie  ^Sorftd^t  in  ber  Beurteilung  ber  $orm 
ba  i^roelitifc^  5Poefie  (©.  12—59).    2Kie  fel^r  er  aud^  Subbe«  richtige  Beobachtung  über  eo 


168  jhtettett 

ben  Rlagotx^xf)\}t^mn^  billigte,  jeigt  bod^  bie  älnmerlung  26  beutlid^,  bog  er  ftd^  bi^un^ 
nid^t  ju  jal^Ireid^en  Xeitänberungen  betoegen  lie^;  namentrtcl^  ober  ift  bie  Se^igung 
biefed  §  94  aü  ben  jtünftlem  ju  em))fel^len,  bie  neben  ben  jal^Hofen  3)entmälem  auf  bem 
jtird^l^ofe  ber  l^ebräifd^en  SRetril  immer  no6)  neue  errichten  miki^ten.    ^otfy  ber  Stoum 

5t)erbietet  ein  n)eitered  Eingeben  auf  ©injell^eiten. 

^ad  anbere  ^au^üoerf  St.^,  bad  nic^t  ben  @ottedbienft,  fonbem  bie  9ie(igton  l^aeK 
betrifft,  ift  in  2  ^änben  1869  unb  1870  erf(^ienen  unter  bem  Xitel:  De  godsdienst 
van  Israel  tot  den  ondergang  van  den  Joodschen  staat  (XVIII,  504  unb  XIV, 
562  ©eiten  gr.  8);   ba«  13.  ober   lefete  §aui)tftüd  (©.  516—560)  giebt  al«  Sln^g  in 

10  lurjem  9(bri^  bie  ®efd^i(^te  be$  ^ubat^muS  t)on  70  n.  (Sfyc-  bid  )u  ber  1869  }u  S^tg 
gel^altenen  ^übifc^en  @^nobe.  3)er  $aarlemer  SSerleger  jtrufemann,  ber  bem  gebilbetai 
^ublihtm  bie  l^au))tfäd^lid^ften  9teligionen  t)orfü^ren  tooüU,  l^atte  Jt.  für  bie  Searbettimg 
ber  i^raelitifd^en  gewonnen.  Sluf  bie  englifd^e  Überfe^ung,  bie  )u  Sonbon  1874  unb  1875 
erfd^ien,  ift  feine  beutfd^e  gefolgt,  obtool^I  k,  an^  für  einen  größeren  Seferbei^  fei^^  ta>o^ 

15  t)erftänbli(i^  ju  fd^reiben  tou^te.  92atürlicl^  enthält  bied  auc^  für  ben  gde^en  Sefer  be^ 
a(^tung^toerte  SÖSerl  mand^ed,  ba$  bleibenben  SBert  f)at;  fo  t)erfte^e  id^,  ba^  ^ele  fagen 
fonnte,  toer  bad  bortrefflid^e  ^au^tftüd  über  ^eremia  gelefen  l^obe,  toerbe  ed  niemafö  t^ei- 
geflen.  ^an  ma^  and)  für  ^.  bie  @^re  in  ^nf^ruc^  nel^men,  ba^  er  bie  erße  {rtttf(^ 
©efd^id^te  ber  Sleltgion  ^draelS  in  i^rem  3uf^ntmen^ange  mit  bem  idraelitifqen  äSoltt« 

20  leben  gejd^rieben  l^abe,  unb  fidler  berbient  baS  9(tt^e^en  t)om  8.  ^^^^^unbert  D.  (Sfyx.  an 
\\d)  leinen  ^bel.  ^ennod^  fd^eint  mir  eine  Überf(^ä|ung  t)or)uIiegen,  toenn  Xiele  bted 
3BerI  toenigften^  ebenfo  l^0(^  fteUt  als  Jt/$  Onderzoek.  ®g  ift  R.  jjjiüax  nid^t  entgangen, 
ba^  bie  3Raf\t  be^  93oIIe$  fxd)  t)on  9(nfang  an  nic^t  jur  Qb\)t  bed  SRofed  erl^eben  lornite. 
9(ber  ed  ift  i^m  toeniger  gelungen,  beiben  @eiten  in  gleid^er  SBeife  geredet  ju  tt)erben,  bem 

25  in  ber  Siegel  mit  frembem  ©öi^enbienft  t)erbunbenen  älbfall  be$  %olIed  Don  ber  ^ö^ 
bed  3Rofed  unb  bem  ^ortfc^ritte  ber  SnttoidCelung,  tooburd^  bie  $rot)l^eten  ftd^  über 
3Rofed  erj^oben.  3)abei  {e|e  id^  mit  beutf^en  Xl^eologen  t)erfd^iebenfter  Sticptung,  mit  OettTt 
unb  @eQin  (bgl.  ben  @onberabbrudC  meinet  ^rogrammd  über  ba^  3)lenfc^eno|>fer,  Sonn 
1896,  6.  29),  mit  ©iefebred^t  (ögl.  bie  ®reif«h)alber  Stubien,  ®üter«lo^  1895,  ©.37  ff. 

30  68  ff.),  ©iKmann  (3lltteftamentlic^e  3:i^eologie,  ©.  69.  72),  SDlartt  u.  a.  toorau«,  ba|  bie 
gefc^id^tlic^e  ©nttoidCelung  unb  bie  güttlid^e  Offenbarung  ftd^  fel^r  gut  miteinanber  t)er» 
tragen.  Seiber  toirb  biefe  SBal^rl^eit  t)on  ben  l^oQänbipen  ©eieren  ber  mobemen  9li(^ 
tung,  für  bie  jjebed  9l))^eQieren  an  ba$  Übernatürliche  ein  Slufgeben  bed  t)emünftigen  2)en« 
lend  ift,  leine^toeg^  anerlannt,  ba  ber  9{üd[{(^lag  gegen  ben  einseitigen  @u^ranaturalidmud 

85  bei  i^nen  ben  göttlid^en  ^altor  nid^t  ju  feinem  Steckte  lommen  l&^.  2Benn  \.  9.  .SRorti 
(aittcft.  Stl^cologie  1894,  ©.  54)  für  bie  ©rflärung  be«  3a]&ft)i«mu«  fu^^  mit  fej  3  barauf 
jurüdEjie^t:  „(Sott  ^at  fic^  3Wofe  geoffenbaret",  fo  meint  bagegen  Dort  (Th.  Tijdschr. 
1895,  @.  191):  Hoe  [b.  i.  9Bie]  kan  een  denkend  man  als  Marti  zieh  hierbij 
nederleggen?    ,God'  is   van  alles  de  oorsprong,  dus  [b.  i.  alfo]  de  verklaring 

40  van  niets,  um  het  Jahwisme  längs  natuurlijken  weg  entfte^en  )u  laf[en.  2)iefet 
SRangel  mac^t  fic^  befonber^  em^finblid^  in  bem  Sud^e  geltenb,  ba§  Jl.,  burc^  ben  fc^otti* 
fd^en  ©angfritiftcn  %  3Wuir  beranlafet,  in  2  Sänben  (XII,  320  unb  X,  370  ©eiten) 
unter  bem  ^itel  De  profeten  en  de  profetie  onder  Israel  1875  )u  Seiben  ^erau^ab, 
ol^nc  ba^  auf  bie  t)on  üRuir  mit  einer  Einleitung  berfel^ene  englifd^e  Überfe^ung  (Sot&on 

46  1877)  eine  beutfc^e  folgte. .  3)cn  ber  3Serbalinf))iration  $ulbigenben  SngläntMjm  foHte  na» 
mentlid^  burd^  bie  onvervulde  voorzeggingen  (S3bl,  ©.  114—320)  tlar  gemadj^t  toer« 
ben,  bafe  bie  5ßroj)^etcnbüd^er  nic^t  auf  „unmittelbarer,  übematürlid^er  Offenbarung",  fon« 
bem  auf  natuurlijke  ontwikkeling  beruhten,  bgl.  S3b  II,  ©.354. 360  f.  368;  übrigen« 
liefe  nac^  bem  lobe  bon  3-  5Wwi^  beffen  ängftlid^er  ©ruber  bie  englifd^en  ®jemj)lare  be8 

50  93uc^ed  auflaufen  unb  bemid^ten.  ^d)  tann  @iefebre(^t  (^ie  Serufdbegabung  ber  älltteflas 
mentlid^en  ^xopi)ttm,  ©öttingen  1897,  ©  1—6.  102.  177)  aud^  nad^  ber  Suftimmung, 
bie  jein  ©cgner  Oort  bei  %o\)  in  ber  New  World  (©ejjtember  1899,  ©.  549  f.)  gefun« 
ben  l^at,  nur  SRcd^t  geben  in  ber  SKifebiUigung  ber  ©d^toierigfeiten,  bie  Ä.  in  3er  28, 15— 17 
gefunbcn  l^at,  too  [\d}^i  um  bie  SSor^erfagung  be«  Sobe«  ^ananja^  l^anbelt.     Ä,  Derfä^ 

55  bier  nid^t  rein  gefd^ic^tlid^,  fonbem  ift  burd^  ein  bogmatifc^e^  SSomrteil  beeinfluß ;  naiSa> 
li(^  leugne  id^  nid^t  (ögl.  S«.  ^Icifd^er^  ©eutfd^e  SHebue,  ^uni  1899,  ©.  304),  baft  immer 
ein  3wjammcnl^ang  jtoifd^cn  ber  Sll^nung  unb  bem  ©cfd&c^men  borl^anbm  ift. 

Siel  toerttJoHer  fmb  m.  6.  bie  t)on  Ä.  1882  m  Ojforb  unb  Sonbon  gel^altencn  fünf 
SSorlefungcn,  ju  toeld^en  i^n  bie  S8ertoalter  ber  ^ibbertftiftung  aufgeforbert  ^tten.    SRod^ 

üo  in  bcmfelbcn  ^a\)xt  ju  Seiben  unb  in  cnglifc^er  Überfe^ung  ju  Sonbon  angegeben,  er» 


»ntntn  169 

fd^en  bie  äSorlefungm  1884  ju  $arid  in  franjöftfd^er  Übertragung,  ber  bie  beutfd^e 
(XVI,  339, ©eilen)  borau^eaangen  lüor.  3)iefe  fül^,  o^ne  ba^  Ä.  ^ubbe,  bcm  lüir  bie 
borjüglid^e  Überfe^g  berbanlen,  genannt  h)äre,  folgenben  2^itel:  ,;9Solföreligion  unb  SBelt- 
tdtgion.  gfftnf  ^ibbertborlefungen  bon  %  Ä.  3Som  3Serf.  autorifiertc  unb  burd^gejc^ene 
beirtfd^e  «uSgobe,  Serlin  1883."  SJie  brei  SBeltreligionen  toottte  R  J^inftd^tlid^  il^erent*  6 
^el^g  miteinanbet  bergleid^en:  toie  er  für  bie  Sel^anblung  be^  ^^lam  unb  beö  ^ubbl^i^« 
mai  nic^t  old  gpad^ele^rter  auftrat,  \o  \)at  er  aud^  in  ben  brei  mittleren  SSorlefungen,  bie 
getotRermolen  eine  3wfö»«wtenfaffung  be«  großen  SBSerl^  über  bie  Stcligion  3^^<*^I^  geben, 
inbnn  fte  bie  altteftantentlid^e  unb  bie  au^  bem  91.93.  I^erborgegangene  c^rifüid^e  9{eIigion 
mal  ©egenftonb  ^en,  „nid^t  beobftd^tigt,  bie  n)if(enfc^aftlicl^e  ^orfd^ung  Leiter  ju  führen,  lo 
fonbem  bielme^  bie  (Srgcbniffc,  toclc^e  biefelbe  bereit«  ju  3iage  geförbert  l^atte,  in  il^rem 
tDCc^elfeitigen  3ufammenl^ang  ben  ©ebilbeten  jugänglid^  ju  mad^en".  Unb  h)eiter  l^ei^t  e« 
in  ber  Sorrebe:  „Sie  ^cl^genof(en,  benen  mein  itBert  De  Godsdienst  van  Israel  ju 
®efü^t  gelommen  ift,  tuerben  nid^t  überfeinen,  bag  bie  bort  t)orgetragene  Slnfc^auung  ^ier 
in  monc^  (Sinjel^eiten  geänbert  unb,  toie  ic^  l^offe,  berbefjert  ift."  ^6)  bemerle  nur  nod^,  i6 
ba^  Jt  bie  1^0^  Sebeutung  ber  $erfon  be«  ^ro^l^eten  bon  92a|aret^  unb  mit  Stot^e  ba« 
gyoj&e  SlnjHifjun^ennögen  beö  ß^riftentum«  incrt)orinebt,  unb  bap  am  ®nbe(©.  297— 339) 
Inerge^  fleine  ^uffä|e,  bie  ßinjell^eiten  betreffen,  al«  Erläuterungen  beigegeben  ftnb. 

älbgefe^  bon  einiaen  ©rabreben,  finb  au^er  ben  fd^on  ertoö^nten  ©d^riften  Jt.«  nur 
noc^  bie  folgenben,  bie  für  einen  Weiteren  £ef erfrei«  beftimmt  toaren,  gefonbert  erfc^ienen:  ao 
Sine  9lebt  }um  ©ebäc^tni«  ©c^Ieiermad^er«  (Seiben  1868),  brei  bon  ^.3Ruir  in«  @nglifc^e 
öberfe^  Seric^te  über  ben  Speakers  Commentary  (Sonbon  1873),  bie  ebenfaU«  bon 
SDlutT  übertragene  SSorlefung  über  bie  5  Sudler  5Ölofe«  (Sonbon  1877),  bie  aud^  in« 
Unflorifc^e  überfe^t  tourbe  (Subaf)eft  1884),  enblid^  ftebennel^n  ©{ijjen  au«  ber  ©efd^id^te 
3«raete  (Nijmegen  1892),  bie  Ä.  1860—1873  in  geitfd^riften,  mciften«  in  Nieuw  en  26 
Oud  t)eröffentli^t  fyiü^.  Unmöglid^  lann  id^  ^ier  feine  in  36  ß^^^^ften  unb  anberen 
SBcrten  erfc^ienenen  äb^anblungen  fömtlid^  auf^ö^len.  Sa«  bon  Subbe  mitgeteilte  ©d^riften« 
Dcrieti^m«  umfaßt  ja  allein  in  ben  24  ^a^rgdngen  ber  Th.  Tijdschrift  eine  gro^e  Steil^e 
tKm  äbtffö^,  bie  utfammen  ni(^t  bie(  unter  200  Srudtbogen  füQen.  ^d)  em)ä^ne  bal^er 
nur  ou«  ber  SBoR«bibliotineI  (älmfterbam  1876)  bie  älb^anblung  über  ba«  taufenbiö^e  ao 
Stetig  unb  ou^erbem  bie  Dielen  in  bem  Bijbelsch  Woordenboek  vor  het  Christelijk 
gezin  [b.i,gamüie]  1852—1859  beröffentlid^ten  ärtifel,  um  nod^  ber  Beteiligung  Ä.«  an 
einem  fe^  toit^tigen  ffierl  ju  gebenten,  f.  Äau$fd^,3:^©tÄ  1901,670— 681.  5Der  SCitel  be«* 
ftfbcn lautet :  Het  Oude  Testament  opnieuw  uit  den  grondtext  overgezet  en 
▼an  inleidingen  en  aantekeningen  voorzien  door  Dr.  A.  Kuenen,  Dr.  J.  Hoy-  36 
kaaSy  Dr.  W.  H.  Kosters  en  Dr.  H.  Oort.  Voor  de  pers  bewerkt  door  H.  Oort. 
Selben  1898  ff.,  bgl.  %f^2S  1898,  5Rr.  10.  Son  ben  bier  ab  unb  ju  auf  Ä.«  ßimmer 
fk^  t>erfammelr^  ©elel^rten,  bie  1885  ba«  SQ3ert  angriffen,  [tarben  bie  brei  erften  bor 
(bibe  1897.  5Die  befd^toerlic^e,  fotoo^I  fd^riftli^e  al«  münblid^e  Seitung  übemal^m  Ä.  auf 
Sitten  feiner  jüngeren  greunbe,  fo  bafe  er  il^re  Särbeit  einer  forgföltigen  3)urd^fid&t  unter*  40 
taxirf,  ei^  fte  }ur  treffe  ging.  92ad^  ber  93erftd^erung  be«  $erau«geber«  (k)g(.  ^e  ®ib«, 
©.  57)  ffoX  SL,  obgleid^  feine  STOitarbeit  fid^  nur  bi«  pr  $älfte  erftrccftc,  bem  ganjen 
Kerle  ben  ©tenn^ef  feine«  ®ei[te«  aufgebrüdEt.  ai«  $robe  crtoä^ne  id^  ben  fd^on  1891 
(Th.  Tijdschr.  ©.  555)  mitgeteilten  Slnfang  bon  ®cn  1:  Toen  [b.  i.  ai«]  God  een 
aanvang  maakte  met  de  schepping  van  hemel  en  aarde,  terwijl  .  .  .,  sprak  16 
Qod:  Er  zij  licht!  en  er  werd  licht.  S3on  großem  SQ3ert  ift  auc^  ba«  mit  bem 
f4fdnen  SUbni«  be«  54iäl^gen  it.  gejierte  93uc^,  ba«  ^.  Subbe  1894  f^erau«gab,  bie 
©ommlung  ber  koid^tigften  älb^anblungen  be«  äSerfaffer«  ^ur  biblifd^en  äBiffenfd^aft.  ^ie 
Xnzegung  }u  biefer  ©ammlung  ging  t)on  bem  bereittoidigen  93erleger  Dr.  ©iebed  au«; 
mc^  tpeniger  aber  ift  bie  gefd^idtte  9lu«toal^l  unb  bie  Sortrefflid^Ieit  ber  Überfe^ung  au«  6o 
bem  $oDänbif(^en  m  loben,  koeld^e«  Subbe  feit  feiner  Utred^ter  ©tubentenjett  grünblid^ 
betitelet.  3ur  (ginfü^ng  ift  bie  juerft  in  The  Modern  Review  1880  beröffentlic^te 
Äb^anblung  über  bie  Iritifd^e  SKet^obe  öorangeftcHt  (©.3—46).  3)arauf  lä^t  S3ubbe  bie 
fec^  Vorträge  (©.  49—251)  folgen,  bie  in  ben  Sendeten  unb  3DlitteiIungcn  ber  9lmfter= 
bamer  SUobemte  erfd^ienen  fmb  unb  aKein  fd;on  l^inrei^en,  um  it.  eine  ber  erften  ©teQen  53 
unter  ben  Vertretern  ber  altteftamentlid^en  SBiffenfd^aft  ju  fidlem,  nämlid^  öom  30^^1866: 
Über  bie  3"föw*w*^f^wng  be«  ©an^ebrin,  1873:  3)er  Stammbaum  be«  mafor.  lejtc« 
be«  ai.,  1876:  Über  bie3Wänner  ber  großen  ©^nagoge,  1883:  .^.©rotiu«  al«  3lu«leger 
be«  ai.«,  1888:  „Die  ÜJleledj^et^  be«  ^tmmel«"  in  ^er  7  unb  44,  julc^t  1890:  2)ie 
Senologie   be«  ))erftfc^en  3^i^^(^^^  ber  jübifc^en  ©ef^ic^te.    Daran   fd^liegen   fid^  au^  u) 


170  jhtetiett  fififter 

bm  Salären  1880—1890  ftcbcn  Unterfu(^un0en  (©.  255—500),  bie  in  gfad^jcitfc^tiftai 
berbffentltci^t  h)urben  unb,  abgefe^m  bon  bem  guerft  in  ber  Revue  de  Thistoire  des 
religions  erfd^ienenen  äluffa^e  über  bad  2BcrI  @^ra^,  aUe  ber  Th.  Tijdschrift  entnom« 
men  ftnb,  nömltd^  Semerlungen  über  ®en  84  unb  @£  16  atö  groben  bon  Jt.d  ^Eq^tmut^ 

6  I^fen,  h)eiter  eine  9{eil^e  t)on  9(rbetten,  bie  jur  @rgän)ung  ber  beiben  $att))tn)erle  bienen 
unb  jugleid^  it.g  Sßirlen  aU  Reviewer  geigen,  junöd^ft  au^  bem  ^afyct  1885:  ^esoteuc^ 
Iritif  unb  i^raelitifd^e  SReKgion^gefci^ici^te,  au«  1886  bie  oben  ertoä^en  „Verisimilia?" 
^ann  gtoei  älbl^anblungen  aud  1888:  ^ie  jüngften  ^l^afen  ber  ^esoteuc^frittl,  fotoie  ber 
älufjo^:  2)rei  äßege,  ein  3iel,  enblid^  aui  1890:  ©efc^id^te  bed  3a^n?e))rieflertumd  unb 

10  ba«  3ßter  be«  ^rieftergefe|e«. 

Kein  großer  @ntbe(fer  toax  R.,  aber  ein  ungemein  fd^rfftnniger  unb  fe^  bebeutenber 
©elel^rter,  ein  Äritifer  erften  Stange^,  beffen  Äraft  unb  getoaltiger  ©influfe  and  feiner 
6elb[tbefd&ränfung  unb  ber  geinl^eit  unb  Unbefangenl^eit  feiner  l^iftorifi^en  ^et^obe,  tun 
au^  ber  mit  feinen  menfd^Iic^en  3^ugenben  eng  gufammenl^ängenben  reiben  Segobung  fu9 

16  erflärt.  ^anb  ein  ®egner  feine  ©d^reibart  „trocfen  lüie  Äortf",  fo  nannten  bie  grombe 
fie  bagegen  „Ilar  tt)ie  @la^''.  Obgleid^  e^  il^m  an  $umor  unb  (Seift  nid^t  fehlte,  txHxren 
feine  h)iffenfd^aftlid^en  älrbeiten  nid^t  geiftreid^,  fonbem  fad^lid^  unb  bebäd[|ttg.  @ein  ebkr 
Sl^aralter  geigte  ftd^  auc^  in  ber  ungetDöl^nlid^  großen  93efd^eibenl^  unb  bem  ftrengen 
^flid^tgefül^I,   h)omit  er  Don  @egnern  fotool^l  ali  Don  gleid^gefinnten  Mitarbeitern  gerne 

20  annal^m,  toad  er  ol^  toa^r  erfannte.  93on  ^ugenb  auf  fleißig,  befa|  er  ein  erftaunlic^ 
®cbäd^tni§,  fo  ba^  bie  3Dlenge,  3Serfc^iebenartigfeit  unb  ©id^er^eit  feiner  Äenntniffe  and 
SQ3unberbare  gtenjte.  3)arum  burfte  äubbe  feinen  5Rad^ruf  {%f)2S  bom  22.  guli  1893) 
mit  ben  fd^önen  3Borten  fd^Ue^en:  ;,@l^re  feinem  älnbenfen,  unb  feinem  äSorbilbe  tAdt 
5Rac^foIger!"  «bplf  ftanMP^mfen. 

26  Äüflcr.    —     Du  Gange  s.  v.;    SRt^ter,  3)ol)c,  Staf^l,  $m,  8.  «ufl.,  6.  458;  3)reirtng. 

^ad  $lmt  bed  ^iifterd  in  ber  euong.  ^irc^e,  ^Berlin  1854. 

3)ie  alte  Äir(^e  fennt  fein  fhrd^Iic^e«  3lmt,  befjen  3)räger  ben  3SteI  Custos  ecde- 
siae  fül^rte.  ^n^i  fd^eint  biefe  Segeid^nung  in  ben  f^anifd^en  5ll5ftern  borgelommen  gu 
fein.  §ier  lourbe  berjenige  STOönc^  fo  bcgeid^net,  bem  bie  ©orge  für  bie  Älofierfird^  oblag, 

aobgl.  Sftbor  ©ebiUa.  Regula  cap.  19:  Ad  custodem  sacrarii  pertinet  cura  vd 
custodia  templi,  Signum  quoque  dandi  in  .  .  officiis,  vela,  vestesque  sacrae, 
ac  vasa  sacrorum,  Codices  quoque  instrumentaque  cuncta,  oleum  in  usus 
sanctuarii,  cera  et  luminaria.  ®ang  getoö^nlid^  toar  bie  Segeid^nunp  in  ber  fram 
fifd^en  Äird^e.    öier  l^ei^t   ebenfo  ber  Sifc^of  loie  ber  3lbt  unb    bie  SPbttffm  ober  ber 

86  Sorftel^er  einer  $arod^ialIird^e  custos  ober  custor  ecclesiae  (bgl.  Form.  Andecav.  46 
©.  20;  Form.  Marc,  suppl.  6  ©.  109;  add.  1,  6  ©.  110;  Cart.  Senon.  16 
©.  191;  Form.  Sal.  Bign.  18  ©.  235;  Form.  Sal.  Merk.  2  ©.  241;  3  ®.  242; 
Form.  Sangall.  20  f.  ©.  389;  Ooll.  Sangall.  7  ©.  401).  2)emgemäfe  tourbe  bod 
2Bort  in  ber  jtarolingergeit  gleid^bebeutenb  mit  rector  ecclesiae  gebrandet,  bgLg.S.  cap. 

40  Bonon.  811  c.  10  ®.  167.  3n  ben  Älofter«  unb  ©tiftglird^en  l^at  M  biefe  Sejei^ 
nung  toö^renb  bed  gangen  3)t3l  erhalten.  3lnx  lommt  fte  nun  nid^t  me^r  bem  Slbt  ober 
5ßro))ft,  fonbem,  loie  fd^on  in  ben  angeführten  ©t.  (Satter  Formeln,  bemjenigcn  3Röndf 
ober  Äanonifer  gu,  bem  bie  ©eelforge  an  ber  ©tift^  ober  Älofterlird^  übertragen  toar, 
bgl.  j.  93.  Contin.  Gas.  s.  GaUi  38,    üRittl^.  g.  baterl.  ®efd^.  XVII,  ©.  101  ou«  bem 

46  12.  gal^r^unbert.  U33  t)on  Safel  I,  ©.  89  5Rr.  125  t)om  13.  3Wai  1233 :  Ab  episoopo 
curam  animarum  recipiat,  unb  bie  Sntfd^eibung  be^  @b.  @erl^arb  t)on  SRaing  über 
bie  Siedete  ber  Guftoben  unb  $arod^i  in  3Kaing  öon  1255,  Guden.  C.  d.  I,  ©.  652  3flr.  279. 
3)emgemä6  fie^t  ein  ©^nobalfanon  t)on  2:oIebo  (^),  ber  fid^  in  ben  2)elretalen  ©regord  IX. 
pnbet   (c.  2  de  off.  cust.  X  (I,  27)   ed.  ?friebberg   II,  ©.  156)   in  bem  «rc^ibialon, 

60  3lrd^i})re«b^ter  unb  Äuftoö  bie  brei  ©äulen  ber  Äirqe,  bie  plus  meliores  et  sanctio- 
res  esse  viderint.  Officium  custodiae  aber  lann  einfach  ein  ©eelforgeomt  bebeuten 
(g.  93.   Greg.  VII  Reg.  II,  10  ®.  124). 

3ln  ben  großen  fiat^ebralfirc^en,  g.  93.  gu  Äöln,  lourbe  f^äter  ba«  3lmt  be«  3)om« 
fufto^  gur  SBürbe  eine«  5ßrälaten  erl^oben.    ^\)m  ftanb  bann   ein  98ilar  afe  Subcustos 

66  gur  ©eite,  ber  bie  ©eelforge  über  bie  ©tiftö^äufer  auMbte  unb  gum  Unterfdj^iebe  öom 
eigentlid^en  3)onH[)farrer  ber  ß^ort)farrer  l^ie^.  3n  manchen  ©tiftem  fyiüt  ber  StafM 
and)  ba«  ^a))iteteftegel  gu  betoal^ren. 

2ln  ben  bei  ^[it>ot  borliegenben  ©^jrac^gebraud^  fd^Iie^t  e«  fic^  an,  toenn  in  ber 
jtarolingergeit  t)on  bem  custos  thesauri  bie  9lebe  ift,  bem  bie  SSeriool^rung  be9  itirc^ 


Sfifter  171 

f(^ed  oblag  (Oapit.  missor.  t)on  806  c.  4  6.  131)  ober  h)enn  in  bte  ^elretalm 
©regord  IX.  eine  Stelle  au^  einem  Ordo  Romanus  aufgenommen  h)urbe,  in  ber  ber 
custos  ecdesiae  ald  ein  mit  5{ird^enbienergefc^äften  betrauter  Untergebener  bed  älrd^ibiafon 
erfc^eint  c.  1  de  off.  cust.  X  (I,  27),  ed.  ^iebberg  II,  ©.  155.  hierauf  berul^t  ber 
mobeme  @)nra(l^gebraudjl.  3)em  ^uftod,  ßüfter,  aud^  @I5dner,  3Re^ner,  jtirc^ner,  in  ber  6 
alten  jttrc^orbnung  bon  ßilbe^l^eim,  ^eflen  unb  Slort^eim  ben  ,,Dj)fermann",  in  ber 
lot^olift^en  jtirc^e  bem  ©alriftan,  aud&  bei  ^rotcftanten  bent  ©afrift  ober  6igrift  (fo 
namentlich  in  ber  Sd^tuei))  liegt  bie  9luffi(^t  über  bie  ^ird^e,  bie  vasa  sacra,  unb  bie 
ganje  äußere  Jtultu^orbnung,  foh)ie  bie  amtlid^e  Sebienung  bed  $faner$  ob.  3)ie  latl^o« 
lifcpen  ^roDiiuiallonjUien  unb  biete  reformatorifd^e  ^ird^enorbnungen  l^aben  fic^  umftänb-  lo 
(td^  über  bie  $fKd^ten  unb  Siedete  ber  Lüfter  bexbreitet,  „nad^bem,  toie  bie  Sranbenburger 
3Ji1|ttation^  unb  Äonfiftorialorbnung  1573  |agt,  an  einem  tretoen,  fleißigen  Äüfter  nic^t 
toenig  gelegen".  3)ie  braunfd^lüeigifd^e  t)on  1528  fagt:  „ber  Softer  fd^al  ben  ))rebicanten 
gel^orfam  f^n  unbe  er  nid^t  bnber  ogen  munen,  fonbem  bol^n  in  ber  ferfen  toat  fe  em 
pcten,  tonbe  Isafen  in  noeben  be  prebicanten,  toenn  fe  f^nt  \)Ü)  gegaen.  SBen  fe  toebber*  i6 
murren,  DntoiUid^  f^n  tmbe  fidt  te  füllen  binften  befd^toerlidt  madCen,  fo  late  me  fe  baren 
tmbe  neme  anbere"  (SRid^ter,  ÄO  I,  ©.  113).  2)ic  Safeler  RD  t)on  1529  l^at  aud^ 
einen  befonberen  Xrtifel,  „tük  Jic^  bie  ©ubbiacon,  ba«  finb  ©afriften,  Italien  fottenb". 
©ie  foHen  bon  ©emeinbeloegen  fo  gefteHt  toerben,  „bamit  f^  jjrer  ämj)ter  bfeloarten  mögen" 
(älidj^ter  I,  123).  dagegen  foQen  fie  nad^  ber  braunfc^toeigifd^en  unb  ))ommerfc^en  SD  ao 
bon  i^ren  SSerrid^tungen  „i^re  getoentlif  3)randCgelt  l^aben"  (Stic^ter  ©.  252).  3lad) 
ber  Hamburger  bon  1529  (ib.  ©.  131)  fönnen  aud^  arme  gotte^fürd^tige  ^aftoren,  loenn 
fie  e«  begeben,  biefe^Slmt  überfommen.  ^a^  ber  ))ommerf($en  bon  1535  foKen  gerabeju 
}u  Jlüftem  angenommen  toerben,  „bar  ^ö^eninge  ^nne  ^,  bat  fe  tom  ^rebidCam))te  mit 
ber  ti^bt  geforbert  mögen  toerben,  bnbe  b^  ben  ))rebileren  ftuberen  bnbe  bortlamen".  ®§a6 
fott  aber  ber  Äüfter  bem  5ßfarrer  gel^orfam  fein  unb  nid^t  einer  angeftettt  toerben,  „be  bem 
Pfarrer  unliblidt  iö".  Sflad^  ber  ®öttingenf(^en  bon  1530  (©.  143)  follen  in  jeber  Äin^e 
„ei^lic^e  Äird^er  beftellt  loerben,  toeld^e  gotte^fürd^tig  unb  ben  5ßfanem  gel^orfam  finb, 
vxib  ®otted  SBort  mit  ©ingen,  Sefen  unb  anberen  3)ingen  förbem".  3lai^  ben  fäd&fifc^en 
Sifttation«arti!eIn  bon  1533  (ib.  ©.  228)  f ollen  bie  Äird^ner  niemanb  toiber  bie  5ßfarrer  ao 
ber^e^en  unb  fid^  leinet  SRuttoiQend  gegen  fie  untertoinben.  ©ie  follen  bie  ^ugenb  ju^ 
toeilen,  fonberlidb  im  äBinter,  and)  bie  anberen  £eute  bie  d^riftlid^en  (Sefänge  leieren  unb 
biefelbe  in  ber  Kird^e  treulich  unb  orbentlid^  l^elfen  fmgen;  fte  foQen  fid^  aucb  d^riftlid^ 
unb  unfträflid^  im  Seben  erzeigen  —  bei  empfinblid^er  ©träfe.  3lad)  bem  5Kei^ner  Sifi- 
totimi^bfd^ieb  1540  foQen  oie  Jtird^ner  leinen  ^anl  jtoif d^en  ben  ^fanl^erren  unb  ben  86 
Seuten  erregen,  ani)  bie  jtinber  fleißig  lehren  fingen,  unb  too  fid^  leiben  toiQ,  bie  jel^n 
®ebot,  ©Imiben  unb  ben  Keinen  Jtated^i^mu^  ber^ugenb  fürfagen;  baju  gehören  gelehrte, 
fo  man  bie  ^ben  fann,  follen  für  ungeklärte  angenommen  toerben  (Jli^ter  I,  321).  3lad) 
ben,  ha&  Sta!pxiü  bon  ben  3)orflüftem  am  au^fü^rlid^ften  bel^anbelnbcn  fäc^fif^en  ©eneral« 
artiteln  bon  1557  follen  bie  bon  ber  ©emeinbe  nur  mit  SBortoiffen  unb  SBiUen  be^io 
^fonerd  geloäl^lten  Äuftoben  am  Äonfiftorium  erft  examiniert  unb  bann  lonfirmiert, 
ouc^  ni(^t  ol^ne  äSer^ör  beim  Ronfiftorium  be^  ^ienfted  entlaf(en  toerben.  ^ie  ^orftüfter 
foOen  beipflichtet  fein,  alle  ©onntag  ^{ad^mittag  unb  einmal  in  ber  SBod^e  ben  Jlated^i^ 
mud  unb  bie  (9ef&nge  ben  Ainbem  beutlid^  bor^uf))red^en  unb  abp^ören,  namentlich  auf 
ben  gtlialen  •  l^ier  fotten  fie  auc^,  toenn  ber  ^faner  bie  ^Jrü^prebigt  l^ält,  mittlerjeit  au^  45 
tDortd  bem  SSolIe  Sbangelium  unb  6))iftel  borlefen  unb  d^riftlid^e  beutfd^e  fiieber  fingen ; 
toemi  aber  ber  ^farrl^err  be^felbigen  Ortd  92ad^mittagd  ptebigt,  foQ  ber  Jtuftod  am 
anberen  Orte  ber  ^ugenb  ben  Äated^i^mu^  borlefen  unb  mit  i^nen  fleißig  üben.  6^ 
fott  ober  fein  ©lödner,  ber  nid^t  examiniert  unb  orbiniert  ift,  hierüber  ju  })rebigen  nad^« 
gelaffen  toerben.  ®ie  egaminierten  unb  orbinierten  unb  jum  3)iaIonatamt  berufenen  bürfen  w 
(nrebiaen,  Seicht  Igoren,  ©aframent  reid^en  k.  3)ie  ^farr^erren  follen  il^re  Äird^ner  nid^t 
mit  9 otenlouf en  ober  anberem  ju  i^rem  eigenen  92u^  befc^toeren.  9(lfo  foUen  aud^  bie 
@IddFner  jtoifc^  ber  gemeinen  Äird^fa^rt  unb  ^farrl^erren  feine  5IKeuterei,  ^ftion  ober 
SEBibeitoillen,  baraud  SSerfleinerung  be^  ^farr^erm  unb  ^j^erad^tung  ber  ^reoigt,  93eid^t 
unb  ©otramentd  )u  folgen  ))flegen,  enegen,  fonbem  aQejeit  gegen  tl^ren  ^fanl^erm  freunb-  66 
üd),  e^erbietig  unb  ju  grieb  unb  ©inigfeit  geneigt  fein,  fonft  bom  älmt  gefegt  toerben. 
SBeil  bie  ©löcfner  gemeiniglid^  fel^r  geringe  Sefolbung  ^aben,  follen  aud^  |)anbtoerf«leute 
bagu  berufen  unb  il^nen  ber  SBetrieb  be^  ^anbtoerf^  in  il^rer  Drtfd^aft  erlaubt,  im  übrigen 
i^nen  ber  bon  fat^olifd^en  ßriten  j^er  übliche  33ejug  ber  Dftereier,  „9Meftnerlaibe",  SJeujal^r^- 
gefc^enfe  ungeminbert  fein.  —  Sßie  nun  bed  (Softer^  ampi  (nad)  ber  pommerfc^en  510  bon  eo 


in  ftfifter 

15C3)  ift,  in  ber  Äercfcn  fingen,  bcn  ßated^ifmum  afflefcn,  bcm  5Pa[tori  mit  oller  e^bie* 
binge  am  äUtar  ^d^,  t)nb  fonften  gel^orfam  bnbe  bienfttoiUig  f^n,  (üben,  bie  Jlettfe  v^ 
unbe  tl^o  i(^Iuten,  9Kor0en«  bnbe  Stbenb^  Sebeflocf c  fd^Ian,  t))p  bie  funte  (fons,  bcr  lauf 
Brunnen,  ba«  3)aufbecfen)  fe^en,  bat  rein  bnbe  im  SBinter  lüarm  SBater  brin  %  bortor 

6  ^efft  i)t  f^n  ©randgelt,  ^ttm  l^e  fd^affet  333^n  bnbe  93rob  —  jum  älbenbmal ;  fo  fotten 
ßuftobe«  j^n  gelert,  bie  bem  $aftor  fönen  f^dptn  mitftngen,  t>falmen  unter  Siben  od  la- 
tinifd^e  Santica,  t)nbe  bat  fie  ben  Satec^ifmum  bemeSolf  fönen  bütlid  t)orIefen,  fonberlid 
foHen  bie  gu  Güftereien  geforbert  Serben,  bar  l^opm  (beren  Hoffnung)  ^  tl^om  ^rebig« 
ampi,   al]o  fönen  h)ol^I  in  @teben  gefd^idte  Söftere  angenommen  toerben,   bie  bor  Ionen 

10  mit  in  ber  ©d^ole  ^eljjen,  effte  in  ber  Äerden  lectione«  ^ften.  3"  ber  branbenburgif(^ 
3Siptationgs  unb  Äonftftorialorbnung  t)on  1573  (SRid^ter  II,  371)  toerben  Pfarrer  unb 
jtüfter  gleid^erma^en  bon  bürgerlid^en  Saften  entl^oben,  unb  toeil  fte  jeberjeit  üS^re^  Stmted 
jum  Äinbtaufen  ober  ju  Äranfen  in  lobeönöten  geforbert  toerben,  „barumb  foHen  We 
3Jad^bam,  tocil  bie  Pfarrer  unb  Äüfter  Wirten  il^rer  ©eelen  fein,  i^r  SSiel^  toiHig  mitj^üten''. 

16  3)ie  ^üfter^öufer  foQen  t)on  ben  ©emeinben  erl^alten  toerben,  auf  ba^  fte  fonberlid^e  ge^ 
loiffe  SQBol^nunaen,  ba  fie  im  ^alle  ber  9Jot  ju  finben  fein,  l^aben  mögen.  2)ie  Äüfter 
foÖen  neben  Katec^i^mu^  unb  beutfd^en  ^falmen  auc^  bie  gebrudtte  Jtird^enorbnung  ben 
Äinbem  unb  Oeftnbe  öffentlid^  borlefen  unb  abfragen,  ©d^liefelid^  foffen  bie  Äüfier  mit 
fonberm  gleite  barauff  feigen,   ba^   bie  Pfarrer  aud^   biefer  Drbnung  tretolid^  in   allen 

ao  fünften  nad^fommen,  unb  too  fte  fold^ed  nid^t  tl^eten,  fold^d  un^,  ben  Patronen  ober 
unferm  Consistorio  bermelben"  (©.  378).  3)aju  fotten  fte  na^  ber  ^o^afd^en  ÄD  bon 
1581  „neben  bem  $aftor  aud^  ac^tung  l^oben  auf  i^re  Saf^eMeute,  unb  ba  fte  jjemanb 
lotifeten,  loeld^er  ber  1^1.  ©aframente  unb  anbcrer  ilird^engerec^tigfeit  bon  toegen  feiner 
Unbufefertigfeit  unb  Soö^cit  nid^t  fönnte  tcill^aftig  toerben,  fold^ed  bem  5Paftori  toermelben". 

26  3)ie  ^orftüfter  foQten  t)or  aQem  jum  religiöfen  ^ugenbunterrid^t  l^elfen.  Saut  ben  bn> 
fäd^fifd^en  SBifitationdartifeln  bon  1580  mu^te  gefragt  loerben,  „ob  ber  ßuftobe  in  3)örfem 
aQe  Stage  aufd  h)enigft  t)ier  ftunben  fd^ul  ^alte  (mit  lefen,  fc^reiben,  fingen),  befonbexd 
aber  ben  6ated^ifmum  bie  ^inber  mit  ^(eid  in  ben  ©c^ulen  le^re  unb  mit  il^nen  Dr.  Sutl^exd 
geiftUd^e  gefang  unb  t>fct(men  treibe,  ob  er  aud^  ben  Sated^ifmum  in  ber  Jtirc^en  bor  ber 

80  ^rebigt  t)or(efe  unb  nad^matö  (nämlid^  nad^mittagd)  mit  feinen  ©c^ülem  ö^entlidj^  ben 
anberen  jur  anreifeung  unb  le^r,   mit  guter  Drbnung  ejaminire"  (SRid^ter  II,  ©.  413). 

tiermit  l^at  ftd^  beim  Slbfd^Iu^  ber  reformatorifd^en  ^ird^enorbnungen  ber  ))roteftantif(^ 
üfter   )um   beutfd^en  93orfänger  unb  ©(^ulmeifter  enttoidelt.    @ine  SSerbinbung,  beren 
Söfung  toäi^renb  ber   legten  gal^rjel^nte  teite    erfolgt,  teite  angebai^nt  ift. 
86  9.  9Rer§  t  «^««d). 

$ulturlam)if  f.  U 1 1 r  a m  o n t a n  i^ mu d. 

Änltttd  f.  ©ottegbienft  Sb  VII  ©.  If. 

Kunibert,  geft.  um  660.  —  (Sine  junge,  frü^eftcn«  b.  10.  ga^r^unbcrt  entftammenbe 
Vita  Cuniberti  bei  @uriuS  Vitae  Sanctorum  j.  12.  ^^oDembcr.  Urfunben:  MG  Dipl.  I; 
40<W?l  XIII  6.  157;  i«Q^ric6ten:  Fredegarii  chron.  IV  ed.  Ihruf (^  ©.  1 50  ff . ;  Gallia  christiaM 
3.  S3b  <S.  626  f.;  @)eleniu$,  De  admir.  magnitudine  ColoDiae,  ^öln  1645;  9{ettbera,  M 
3)cutfcblanb«  1848,  1.  ©b,  6.  296  unb  535  2.  93b,  6.  602;  gricbricft,  Ä®  S)eutfdilanb«, 
2.  ©b,  1869,  6.295;  ^aucf,  m  3)eutf4lQnb§  1.  S3b  2.  ?lufl.,  1898,  @.377f. 

3u  ben  ©liebem  ber  geiftlid^en  äriftofratie,  bie  in  ber  f))äteren  iUlerototnacrjeit  eine 

46  einflu^reid^e  ©teQung  in  Staat-  unb  Jtirc^e  einnal^men,  gehörte  jtunibert  t)on  Köln.    S)ie 

ältefte  SJad^rid^t  über   feine  §erfunft  giebt  eine  Urfunbe  Sertolf^  bon  3)rier  für  bo^ 

©tift  ©t.  Kunibert  in  Mn  Dom  28.  ©e})tember  874,  Sacomblet  US  I  ©.  33   5Rr.  67. 

3)anad^  ift  Kunibert  am  3)om  bon  girier  crjogcn  unb  gebilbet  unb  erhielt  er  \pjaUx  bie 

©tellung  eine«  2lrd^ibiafon  in  Syrier.    3iP  f^^^"  ^icrau«  ju  folgern,  ba^  feine  $eimat  im 

60  ©J)rengel  bon  2!rier  lag,  fo  toirb  bag  baburd^  beftätigt,  bafe  nad^  ber  anaefül^en  Urbmbe 

bie  Äird^e   in  GreHingon  i^m  burc^  ßrbrec^t  gel^örte.    3)ie  genaueren  Sutgaben  ber  Vita 

berufen   fd^toerlid^   auf  Überlieferung.    3)a«  Si^tum  Köln  erl^ielt  er,  loai^rfd^einlid^  bur<^ 

föniglid^e  ©mennung,  öor  bem  ^a^xt  626.    3)enn   in  biefem   ober  bem  näd^fien  ^cift 

nal}m   er  an  ber  ©^nobe  bon  6lic^^  (Clipiacum)  Slnteil.    Sr  unterfc^tbt  an  biert« 

66  le^ter  ©teile  al«  Honoberhtus  episcopus,  MG  Concil.  ©.  201.    Jturj  banad^  begranet 

er  ate  Seilne^mer  ber  Sl^etmfer  S^nobe  unter  ©onnatiu«  627—630,  ib.  ©.  203.    ©ine 

einflufereid^e  politifc^e  ©tettung   unb  SBirffamfeit   eröffnete   fic^   il^m   feit   bem  SÜtdtritt 

älmulf«   bon  3Jte^,   629  ober  630,   am  $ofe  ber  merobingifc^en  Könige   S^lotor  IL, 


ftititiBrrt  Sniifi,  bilbettbe,  bei  bot  ^(briern  173 

3)o0obert  I.  unb  befonbcrö  feine«  minbetiä^gen  ©ol^e«,  be«  Äöntg«  ©tgebcrt  III. 
(632—656)  in  auftraften.  Sieben  bem  aKajorbomu«  äbalßifel,  bem  ©o^ne  ämulf«, 
fü^e  Äunibert  ein  Iräftiöe«,  bei  ber  ed^toäd^e  be«  Äöniötum«  um  \o  feaengreid^ere« 
Äegiment,  ©o  etfd^emt  er  t^ätig  in  geiftUd^en  unb  lüeltlid^en  ©efd^äften,  j.  85.  bei  3;ei* 
lung  bed  Stüi^6)C^^  688,  bei  JHoftergrünbungen,  h)ie  ber  t)on  Sougnon,  ©tablo  unb  6 
SMalmeb^  642—650,  bei  berfd^iebcnen  ©^enfungen  unb  ßrtoerbungen  ber  lölntfd^en  ftird^e, 
ouc^  beim  »etrieb  ber  aWijfwn  unter  ben  griefen,  bgl.  Bonif.  ep.  109  ©.  895,  btellei^t 
mq  unter  ben  Sorulterem,  bgl.  Socomblet  US5  1  ©.  142.  3lad)  bem  lobe  Äönig 
©igeberö  III.  656  Jc^eint  fidji  Kunibert  in  fem  Si^tum  jurücföegogen,  660  aber  nod^mal« 
bie  £ettun0  bed  Honig«  SJ^ilberid^  II.  übernommen  ju  ^aben.  3t\^t  oHju  lange  bonac^  lo 
mufe  er  gejiorben  fein.  S)ag  getoöbnlid^  angegebene  Stobe«batum  663  ift  toeber  über« 
liefert  no^  betoei«bar.  Bpätn  tourbe  er  oI«  ^eiliger  öerel^rt  unb  ber  12.  9lot)ember  afö 
fein  ®Ää^tni«tag  gefeiert,  ©egraben  ift  er  in  ber  t)on  i^m  felbft  erbauten  6Iemen«fir(^e 
ju  Äöln,  an  beren  ©teile  fic^  f>)äter  (im  9.  ^al^r^unbert)  ba«  ÄoHegiatftift  unb  bie  Äirc^e 
©t  Äunibert  erl^ob:  ber  je^ige  S3au  in  romanif(^cm  ©til  ift  an^  bem  18.  ^al^rl^unbert,  is 
getDei^t  Don  ®r}bif(9of  jtonrab  i>on  $od^fteben  1248.  f&a^tnmanuf  {^Md.) 

fiSHp,  bUbenbe,  bei  ben  Hebräern-—  fiitteratur:  Penot  et  Chipiez,  Hietoire 
de  Fart  dans  l'antiquit^.  Tome  IV  Sardaigne-Syrie-Cappadoce,  ^ari»  1887,  @.  339  ff. ; 
»enjingcr,  «rcbfiol.  §  36  @.  249 ff.;    «Rowacf,  SlrdiHel.  §  46,  @.  259 ff. 

Stitf  bem  (gebiete  ber  bUbenben  jtunft  ^aben  bie  alten  ^«raeliten  ju  leiner  ^At  irgenb  20 
ettDa^  nennen^toerte«  gcleiftet.  6^  ging  i^nen  jebe  eigentli^  tünftlerifd^e  Slnlage,  fd^öjjfes 
rtfd(^  itraft,  bilbenbe  $l^antafte  ab.  ^a^u  tarn  nod^  bie  eigenartige  ^einbfc^aft  il^er  ^^ 
ligion  gegen  bie  bilbenbe  Jtunft.  ^n  jenen  alten  ^^ttn,  atö  nod^  @otte^biIber  jur  (Sottet 
toerei^ng  f 0  gut  n)ie  noth)enbig  maren,  ba  f el^Ite  neben  ber  eigenen  göi^igleit  tünftlerifd^en 
®efUiltend  aud^  jeber  befru(^tenbe  6influ|  t)on  au^en  l^er;  fo  bciben  bie  altidraelitifd^en  25 
®otteä&ilber  nur  bie  attenol^eften  gotmen  getragen.  Unb  in  fpöterer  ^tii,  ate  bie  SBe« 
rü^ning  mit  !ünftlerif(^  begabteren  92ad^bam  ben  ^eraeliten  bie  ted^ni|6e  gertigleit  jur 
StadJKt^mung  frember  äiorbilber  gebracht,  ba  ^atte  bie  Sal^h)ere[igion  ftc^  bereite  in  ben 
fd^orfften  ®egenfa^  )um  altidraelitifc^en  93ilberbienft  gefteQt  unb  führte  fo  erbittert  ben 
fiom^  gegen  afle  bilblid^e  3)arftellung  (Sottet,  ba^  fte  fogar  jebe  2)arfte(Iung  t)on  irgenb«  ao 
toel^fcn  lebenben  SBefen,  t)on  3Jtenf(^  unb  Xier,  mi^biQigte.  @d  ift  flar,  ba|  ein  fold^ed 
Serbot,  ioie  ed  im  2|dlam  nod^  fortlebt,  nur  möglid^  toar  bei  einem  t)on  Statur  nid^t 
fihiftlerifc^  t>eranlagten  SSoH,  bem  ber  SSerjid^t  auf  fold^e  bilblid^e  XarfteQungen  nid^t 
fd^n>er  fiel.  Sei  einem  Solt  t)on  ber  getoaltigen  fünftlerifc^en  Araft  ber  ©ried^en  toäre 
eine  fold^  Sieligion  einfad^  unmöglid^  gemefen.  86 

Silbbauerei  in©tein  tourbe  offenbar  t)on  ben  alten  ^^raeliten  gar  nid^t  geübt, 
tDenigflend  l^ören  tmr  fogut  toie  nicbtiS  bak)on.  2ln  bem  93erid^t  über  ©alomod  93auten 
).  9.  iDürbe  fieser  babon  gerebet  h)erben,  h)enn  ber  $alaft  ober  ein  anbere^  ®ebäube 
mit  ©tatuen  ober  irgenb  h)eld^er  ©teinomamentif  märe  \)tti\ttt  Sorben.  Unb  and)  fonft 
ifi  nirgenbd  ettoad  berortiged  ertoä^nt.  ©teinfarlopl^age,  n)ie  fte  bei  ben  ^l^öni^iem  uno  40 
iltgifptttn  in  )um  Seil  feiner  fünftlerifd^er  9ludfül^rung  angefertigt  tourben,  n)aren  ben 
5||^aeliten  fremb.  ^iki^ften^  bie  3J{affebe,  bie  fultifd^e  ©teinfäule,  fönnte  ^ier  in  Setrad^t 
tommen.  Aber  tool^renb  bei  anberen  SSöllem  bie  ©teinfäule  jur  ^erme  unb  mm  ®otteds 
btlb  ftd^  enttoidelte,  koar  bad  bei  ben  Ig^raetiten  nid^t  ber  %ciH]  l^ier  ^at  fte  ftet^  bie  ein» 
füc^^e  ^orm  ber  ©öule  beij^alten.  Unb  loenn  gclcgentlid^  bon  „fd^önen  SWalfteinen"  bie  45 
31^  ifk  ($of  10, 1),  fo  toirb  man  am  el^eftcn  nod^  baran  beulen  bürfen,  ba^  Ioie  bei 
anberen  femitifd^  Böllern  bii^meilen  Silber  in  me^r  ober  h)eniger  ro^en  formen  auf 
ber  ©teinf&ule  au^e^uen  toaren. 

2)ie  ^oljfc^ni^erei  fd^eint  ettoad  mel^r  al^  bie  ©teinbilbl^auerei  geübt  toorben 
}u  fein,  ^on  in  alter  3^t  t)erftanben  ed  bie  ^^raeliten,  au^  $ol^  Silber  ju  fd^neiben  so 
imb  mit  ®olbblec^  )u  überjiel^en,  toenn  ber  ßp^ob  fo  erflärt  werben  barf  (f.  unten),  ^e« 
benfoSd  ift  ber  Xerapl^im  ettoai^  (ünftlerifd^er  geftattet  ge^efen;  er  ^atte  h)enigften^  einen 
menfc^oi^idj^en  Äoüf  (1  ©a  19,  18).  SBciter^in  pnben  toir  im  Icm})cl  ©alomoö  im 
9ner^igften  groge  jterube  aud  bem  ^olj  be^  toilben  Ölbaum^  gefd^ni^t  (1  Ag  6,  28). 
3u  (Sjcdjfidte  S^  toaren  aud^  Spüren  unb  äUänbe  bed  ^emf^el^  reic^  mtt  ^oljfc^ni^ereten  66 
Mfe^  ((S}  41,  17 ff.;  Ugl.  bie  nad^träglid^en  3^?^^^  i^^  Sauberid^t  bed  falomonifd^en 
Zemt^U  1  ilg  6,  18.  29.  85).  Überl^au))t  liebte  man  in  ber  fpäteren  ^önig^jeit  fold^e 
6(^m|ereien  an  3;^ür})foften  unb  §oljgetäfel  ber  $äufer,  an  3int'«wm(>beln  toie  3)i* 
bonen,  3^c^,  ©tüJ^len.    S)oc^  fann  man  nic^t  fagen,  ba^  bie  i^raelitifc^e  ^unft  auf 


174  dttnft,  bilbettbc,  (et  beti  ^ebrSertt 

bicfcm  ®ebict  eine  befonbere  §ö^e  erreid^t  l^ätte;  ©alomo^  2^ronfeffel,  ba§  SKeijier» 
ftüct  {olc^er  älrbett,  toax  iod)  n)ol^l  h)ie  alled  anbete  t)on  pj^ön^ifc^en  Jtünftleni 
geferttgt. 

@benfo  l^ot  ftd^  bie  Metall  arbeit  ganj  unter  j^l^önijif  d^em  @influ^  enttoideli  @tn 

6  f^rifd^er  Äünftler,  ßl^uram  2lbi,  tourbe  öon  ©domo  mit  ber  Slnfertigung  ber  für  ben 
Zmpd  nottoenbigen  ®eräte  k.  berufen  (1  Äg  7,  13  ff. ;  bgl.  2  6^r  2,  12).  3)a«  be» 
loeift  jur  Oenüge,  bafe  bie  ggraeliten  bamafe  nod^  nid^t  im  ftanbe  toaren,  berartige 
arbeiten  ju  Verfertigen,  ^n  ber  ^orbanebene,  toirb  un^  erjöl^It,  gloifd^en  ©uttot^  uiü) 
3aret^an,    go|   er  bte  2:emj)elgefäfee  unb  bie  beiben  großen  ©äulen  ^a^m  unb  Soa« ; 

10  )um  ®u|  bebiente  er  [xi)  t^önemer  formen.  Über  bie  ^orm  ber  @äulen  unb  ber  ®eräte 
bgl.  Slrt.  Stempel.  SJid^t  minber  afe  bieje  ©tüdEe  toaren  aud^  bie  Heineren,  im  >)rofanen 
Seben  gebraud^ten  SRetaQgeröte,  bie  93afen  unb  ©dualen  au^  Sronje,  @Uber  ober  ®oü, 
fotoeit  fie  fünftlerifd^en  S^arafter  Ratten,  J^^önijifd^en  Urf))rung^.  ^ie  ^J^önijier  ^abtn 
gerabe  auf  biefem  ®ebiet  l^erbonagenbed  geleiftet  unb  i^re  ^nbuftrie   l^ot   ben   gonjen 

iB  SDlarlt  be«  borberen  Drientig  öerforgt ;  aud^  in  äg^)3ten  fmb  il^re  ©rjeugniffe  in  ^enge 
gelouft  toorben.  ©oloeit  bie  ^^raditen  jold^e  3)inge  felbft  l^er^ufteÖen  in  ber  golgejat 
gelernt  l^aben,  toirb  e«  ftd^  ber  ßaul)tfad^e  nac^  um  einfad^ere  älrbeit  unb  auf  olle  JJoffe 
bIo|  um  SJad^a^mung  frember  ÜRufter  unb  )3^öni«fd^en  ©tile«  gelJKinbelt  l}ahm  (2  St% 
16,  10).    3)aSjelbe  gilt  öon  ben  ©d^mudEfad^en,   oie,   fotoeit  fie  i^raelitift^en  Urflmin^ 

20  toaren,  red^t  cinfad^  gebadet  toerben  bürfen ;  fotoeit  fie  fünftlerifc^  feiner  loaren,  finb  pe 
burd^  ben  )3^önijifd(>en  §anbel  geliefert  toorDen.  3i^^^"M^  P"^  h)ir  für  bie  ^orm  ber* 
felben  ganj  auf  bieSlefte  })]^önij^d^er  Äunft  angetoiefen. 

ällter  Ol«  bie  Äunft  be«  aRetaDguffe«  ift  bei  ben  S^raeliten  bie  üRetattbledS^ted^nil 
3)iefe  \pklt   im    ganzen   öorberen  Orient   eine  gro|e  Slotte.    ^m  %twpzl  toarcn   t>tm 

26  <^igfia  Spüren  unb  ^5f eiler  mit  ©olbbled^  überwogen  toorben  (2  %  18,  16)  unb  bie 
f))äteren  ^\x\äiit  jum  Sauberic^t  laffen  fd^on  bon  ©alomo  93oben,  SÖBänbe  unb  2^ren 
be«  Iemt)ete  mit  ©olbbled^  belegt  toerben  (1  %  6,  21.  22.  30 ;  f.  Senjinger  j.  ©t). 
aud^  fonft  ift  biefe  ©itte  ertoä^nt  (j.  ».  5Ru  17,  3 f.);  namentlid^  loaren  ®otte«bUber 
mit  metattenem  Überjug   im  ®ebraud^   C^^^^t  ober   ^7?»  3ef  30,  22).    aSielleid&t  borf 

30  auc^  ber  9tame  be^  uralten  ®otte^biIbe^,  (Spl)db,  fo  erilört  toerben,  ba^  bo^felbe  aud 
einem  Äem  öon  §olj,  3!l^on  ober  uneblem  SKetaD  mit  einem  Überjug  bon  ®oIb  ober 
©ilber  beftanb  (f.  Mrt.  Qp\)o\>  Sb  V  ©.  402,  n  ;  Sli  8,  24;  17,  1  ff.).  au(^  bei  ben 
,,goIbenen  Kälbern''  bon  2)an  unb  Setzei  toirb  man  an  fo(c|e  mit  ®olbbIed^  überjogene 
©tierbilber  beulen  bürfen  (1  Äg  12,  28  u.  a.). 

85  2)ie©teinfc^neiberei  gilt  bei  ben  S^^^eliten  ate  eine  uralte  Äunft,  bie  fie 
fd^on  ioä^renb  be«  2öüftenjuge«übten(@£28, 21P  u.a.).  ^a  fogarben  5ßatriard^en  toerben 
©iegel  beigegeben  (®en  38,  18;  ögl.  3l.Äleiber  unb  ©efd^meibe  SbX©.  521,44).  3)anad^ 
ift  iebenfaU^  jur  3^'^  ^^  ©rjäl^ler^  bieje  Äunft  allgemein  geübt  loorben  unb  gtoor  fett 
langer  3^'^-    ©if^nte  ©riffel  mit   3)iamantjpi^en  toaren,  toie  toir  gelegentlid^    erfo^^, 

40  mm  ®rat)ieren  Don  ©teinen  im  ®ebraud^  (3;er  17,  1).  2lud^  biefe  5lunft  ift  toon  ben 
^^öni^iem  tool^l  burd^  SSermittelung  ber  ^anaaniter  ^u  ben  ^^raeliten  gelommen;  jene 
i^rerfettö  ^aben  fi^  Don  ben  @uj)l^ratlänbem  übernommen.  SSir  fmb  in  ber  glüdKic^ 
£age,  bafe  toir  einige  i^raelitifc^e  Siegel  nod^  befi^en.  ^orm,  ©c^rift  unb  Dmamentiening 
berfelben  gleichen  bottftänbig  ber  })^önijijc^en,  foje^r,  bafe  man  bie  ©iegel  mit  ©id&er^ 

46  nur  bann  ben  3^^^^^^^^"  jutoeijen  lann,  toenn  ein  f})ejifijc^  i^raelitifc^  SRame,  b.  1^.  ein 
t]^eo)3l^orer  9Jame  barauf  fte^t,  j.  33.  ba^  ©iegel  be^  Dbabja  'ebeb  l^ammelet^,  bed 
^annaja^u  ben  "Slf^bor,  be^  ^ananja^u  ben  äljarja^u  unb  ä^nlic^e.  ^od  t>ennutli(^ 
öltefte  ©iegel,  ba^  be^  Obabja,  ift  ein  einfad^e^  ODal  ol^ne  äSerjierung,  anbere  tragen 
al^  33er3ierungen  ba«  })l^önififc^e  ^almblatt,  einen  Jtranj  t)on  9Mo^n!ö)3fen  (ober  ®ranats 

60  äj)feln?),  bie  J)^önijij(ben  geflügelten  Äugeln  u.  a.  (Slbbilbungen  f.  bei  Senjinger,  2r« 
d&äologie  ©.  258  ff.),  Über  bie  ©iegclringe  bgl.  31.  Äleiber  unb  ®ef(^meibe  93b.  X  ©.  521,  i4. 
Ob  bie  bei  ben  9igV))tem  ganj  getoöl^nlid^e  unb  aud^  bei  ben  $^5niliem  beliebte  ^orm 
be^  ©farabäud  ober  ©farabäoibd  bei  ben  l^ebräifd^en  ©iegeln  üblid^  toar,  toiffen 
h)ir  nid^t. 

66  5Die  Äeramü.  Über  ba«  a:öj)fer^anbh)er!  f.  93b  VII,  ©.  395  f.  3ln  alten 
Xj^ongefä^en  l)aben  bie  älu^rabungen  in  ^erufalem  unb  neuerbingd  in  Teil  el-HasI 
reic^eg  5IKaterial  ju  Siage  geförbert  (ögl.  l^ierüber  SB.  ÜK.  ^linberö  Metrie,  Teil  el  Hesy 
Lachish,  Sonbon  1881).  2luc^  I;ier  entfprid^t  bie  gorm  ber  in  Teil  el-Hasi  gVfum 
benen   i^raelitifc^en  Ärüge  im  toefentlic^en  ber  ber  ^^^öni^ifd^en ;    aud^   bie  heutige  f^orm 

60  toeic^t  laum  bat)on  ab.    2)ie  ^unbe  aud  Sierufolem,  bie  ber  Sage  in  ben  unterften  ®$utt» 


ftmijl,  6Ubettbe,  (et  beti  ^ebramt  dttnft  nnb  Strebe  175 

fc^id&tcn  nad)  ^u  fd^Uefeen,  ber  Äönig^jeit  angcl^örcn,  jetgcn  bereit«  bie  ©itte,  bie  Krüge  2c. 
jiu  bemalen,  ^lamtnüvä^  gegenüber  ben  ganj  primittoen  Serfud^en  toon  ÜJlalerei  bei  ben 
gunben  öon  Teil  el-Hasi  Verraten  bie  jerufalemiid^en  Krüge  eine  fd^öne  forgfältige  Äu«- 
füi^ng.  3RögIid^ertoeiJe  fmb  fie  jjj^önijtfc^e  arbeit  unb  jene  einl^eimifd^e  JJad^a^mung. 
Slnbcrerfeit«  lönnte  fidj^  ber  Unterfci(>icb  aber  aud^  jur  ©enüge  barau«  erflären,  ba|  in  ber  6 
^aujjtftabt  feiner  gearbeitet  tourbe,  al«  in  ben  Keinen  Sanbftäbtd^en.  3)ie  Ornamente  ftnb 
gang  öortoiegenb  rein  geometrifd^e :  paxaM^  ober  unter  öerjc^iebenen  SBinfeln  fid&  freu« 
jenbe  gerabe  2tnien,  toeld^e  Duabrate,  Sll^ombcn,  3)reiccfe  bilben,  3i*i<**K"'^/  3Käanber 
u.  bgl.,  gu  einer  ärt  8anb  bereinigt,  ba«  um  $afö  unb  Saud^  be«  Kruge«  geführt 
ifL    Stbbübungen  f.  bei  »enjinger^  Strc^öol.  ©.  261  ff.  lo 

@«  ift  noc^  bem  (Sefagten  felbftt)erftänblid^,  ba^  man  auf  feinem  ber  bef^rod^enen 
©ebiete  öon  einem  l^ebräif(|en  ©til  reben  fann.  3)ie  gange  Dmamentil  —  nur  biefe 
lommt  in  Setrad^t,  ba  3)arfteIIungen  t)on  3Kenfc^en  in  Statuen  ftd^  nid^t  finben  —  ift 
biefdbe,  toie  bei  ben  ^l^öniüem  unb  in  gangSl^rien.  Slud^  biefe  ift  nic^t  Original;  t)on 
ÄffV^em  unb  äg^))tem  finb  bie  allermeiften  5Wotiöe  gelommen  unb  einfad^  nebeneinanber  i6 
gefteOt  toorben.  S)ie  >)^önijifd^c  ilunft  ift  burd^au«  elleftifd^  berfal^ren.  9?äl^ere«  l^ierüber 
Hel^b  bei  «ßerrot  unb  ©(^ipieg    a.  a.  0.  629 ff.;    »enjinger,   arc^öologie  266 f. 

IBensiitger. 

Shtttft  nttb  ftirc^e.  —  3.  (S^r.  S3i(^.  ^ugufti,  Settröge  gur  c^riftli^en  ^unftgefc^ic^te, 
I.  II,  £etpgig  1841.  1846  (ent^ölt  einfdjlögige  ^eaterialien  au«  ben  älteren  ßird)en(e^rern);  20 
gerb.  $iper«  Einleitung  in  bie  monumentale  ^^eotogie,  @)ot^a1867;  $.  Dtte,  ^anbbu^  ber 
rirdjlicften  ßunftarcftöologle  be«  bcutfdjen  ^Mittelalter«,  5.  Slufl.  I,  n,  fieipjig  1883.  1885; 
Sictor  @(4ul^,  9(rd)äoiogie  ber  altd)riftlid)en^unft,  ^ünc^en  1895;  ^.  ü.  Ihau«,  ®efc^id)te 
ber  cftriplidjen  Äunft.  greiburg  1896  ff.  5)aju  bie  weitere  Sittcratur  jur  c^riftlidöcn  Äunft= 
gefc^id^te  unb  ^rd)fioIogie.  26 

3m  aBefen  be«  ß^riftentum«  liegt  lein  ben  Setrieb  unb  ®ebraud^  ber  bilbenben 
fiunft  au«f4llte|enbe«  SRoment.  2Benn  angenommen  toerben  barf,  ^a|  im  apoftolifd^en 
3ettalter  ber  «in^e  unter  bem  ftarfen  3SortoaIten  rein  religiöfer  Setra^tung  be«  2eben« 
unb  ber  2eben«aufgaben  bie  Srfenntni«  unb  Pflege  ber  fultureOen  Aufgaben  unb  bamit 
ber  Jtunfi  gurücftraten,  fo  fü^e  ber  Sintritt  be«  Sl^riftentum«  in  bie  gried^ifd^-römifc^e  ao 
9ilbung«ix>elt  fo  raf^l  unb  fo  umfaffenb  bortl^in,  ba^  bie  innere  Sm^fönglid^Ieit  beutlid^ 
l^eitortrat  SBerni  bereit«  am  6nbe  be«  1.  3iö^'^'^wnbert«  bie  Kirche  fogar  an  ben  emften 
Statten  be«  34}be«,  ben  unterirbifd^en  SömeterieU;  ben  Sd^mucf  religiöfer  unb  toeltlid^er 
«un|i  geftattete  (SRom  unb  5Rea})el ;  bgl.  Sict.  Sd^ul^e,  Archäologie  ber  altd^riftl.  Kunft 
S.  162  ff.),  fo  ift  ber  Sd^Iufe  geftattet,  bafe  auc^  in  bem  gotte«bienftIid^en  3SerfammIung«s  86 
boufe  bie  Kunft  eine  Stätte  ^tte.  ^arin  f))rid^t  ftc^  bie  grunbfä^lid^e  Stellung  ber  Kirche 
Bar  au«.  Obtoo^l  Xoxx  lein  ba^in  gielenbe«  au«brücflid^e«  Urteil  ^aben,  fo  lä^t  bod^  bie 
toac^fenbe  9lu«be^nung  be«  Kunftbetrieb«  im  2.  unb  3.  ^^'[^^unbert  nid^t  ettoa  nur  auf  ein 
fliOft^toeigenbe«  ©eftatten,  fonbem  bielmel^r  auf  eine  unmittelbare  görberung  fd^liefeen,  fo 
toenig  auc^  ber  ©ebante  guläfftg  ift,  ba^  bie  5tünftler  unter  lird^lid^er  Suf^d^t  arbeiteten  40 
(be  Steffi,  ®arrucci;  %.  1.  Krau«  u.  a.,  bagegen  SSict.  Sd^ul^e,  3)ie  Katafomben,  Sei^nig 
1882,  S.  96).  Änbererfeit«  brängten  ftd^  bei  einzelnen  in  bopj^elter  Segie^ung  Sebenicn 
auf ;  gunäc^ft  im  Slid  auf  bie  X|atfad^e,  ba^  ber  antife  @ötterlult,  inbem  er  bie  bil^ 
benbe  Kunft  in  toeitgel^enbfter  SQ3eife  in  älnft)ruc^  nal^m,  auf«  engfte  mit  il^r  berbunben 
unb  burc^  i^n  biefe  gleid^fam  mit  einem  3KafeI  behaftet  erfc^ien.  3)iefer  3!bötfad^e  gegen-  46 
über,  aber  ouc^  beftimmt  bur^l  bie  Grfa^rung,  ba^  c^riftlicbe  Künftler  fid^  mit  ber  3lns 
fertigung  t)on  ^boten  abgaben,  formulierte  SiertuHian  feine  fd^roff en  Urteile  über  bie  Kunft 
(De  idol.  c.  3:  omnis  forma  vel  formula  idolum  se  dici  exposcit).  ^amit  ift 
iebo<^  bie  grunbfä^ic^e  t^age  nad)  ber  Sered^tigung  ber  Kunft  im  6^riftentum  überl^aut)t 
nid^  btciüftt ;  e«  ^anbelt  fid^  für  il^n  immer  nur  um  bie  mit  ^bololatrie  infigierte  Kunft  60 
(o.  a.  O.  c.  3 :  jam  caput  facta  est  idololatriae  ars  omnis,  quae  idolum  quo- 
qaomodo  edit).  SJa^er  tabelt  er  an  ^ermogene«  nxd^t  ben  Setrieb  ber  ÜJlalerei,  fonbem 
ben  (Segenflanb  fäner  Silber  (Adv.  Hermog.  c.  1 :  pingit  ülicite).  ßlemen«  Don 
SUesonbrien  ift  öon  einer  äl^Iid^en  Stimmung  bel^errfd^t  (Protrept.  c.  4),  aber  biefe  ^inbert 
ibn  nic^t,  fo  toenig  fte  Xertullian  gel^inbert  l^aben  toirb,  eine  mäßige  älntoenbung  ber  66 
Kunft  juguloffen  (Paed.  III,  11,  MSG  8  p.  633),  ja  fid^  ju  bem  Sa^e  ju  befennen: 
htaivda^Q)  fikv  fj  xixvtjf  jLiij  &7iaxaia)  de  xov  äv&gcoTiov  cbg  äXi^l^Eia  (Protrept. 
c.  4,  MSO  8  p.  156).  i)od)  mug  nod^  l^injugefügt  toerben,  ba^  ba«  a«Ietif(^e  Seben«^ 
bea(  bei  beiben  9Rdnnem  einem  richtigen  SSerftänbni«  ^inberlic^  toax. 


176  Stnnft  ttnb  ftitc^c 

3)te  engere  ^age,  ob  man  ani^  bie  göttlid^en  $erfonen  in  bie  formen  ber  Kn^« 
liefen  ^unft  au^^^rögen  bürfe,  h)urbe  entgegen  ber  burc^  bie  Dor^anbenen  2)enbnäler  be< 
jeugten  Sqal^ung  burc^  bte  angefel^ene  fpanifd^e  ®^obe  ju  (tb>ixa  cm  anfange  bed 
4.  Sal^r^unbert«  (f.  b.  a.  Sb    V  ©.  325)  mit  ben  SBorten  t)emeint  can.  36 :   plaeoit 

6  picturas  in  ecclesia  non  esse  debere,  ne  quod  colitur  et  adoratur,  in  parieti- 
bus  depingatur.  Sie  immer  bad  3J{otit)  biefe^  93efcl^Iuf(ed  ju  t)erftel^en  fein  ma^  (t>gL 
u.  a.  §efele,  Äon^iliengejc^.  *  I,  ©.170;  be  SRoffi,  Roma  sotterranea  III,  S.  475 ;  §.  I. 
Sxani,  ©efc^ic^te  ber  d^riftl.  Äunft  I,  ©.  64,  bagegen  aSict.  ©d^ul^e,  Jtjw^ologie  ©.  11), 
bie  9lnh)enbung  ber  ^unft  an  fxd)  unb  ald  fold^er  im  ©otte^^aufe  toirb'  bamit  nid^t  pto» 

10  Jlribiert,  bielmel^r  fte^en  nur  beftimmtc  2)arftettungj8gegenftänbe  in  %ta^t.  SRaftgebenb 
für  biefe  ßntfd^eibung  ift  ol^ne  3^^M  l^ouptfäd^lic^  ba$  altteftamentlidj^e  äSeroot  ber 
(Sotte^barfteQung  getuefen,  \üdd)^  ).  93.  auc^  bie  9(bbilbung  (Sottet  in  menfdbli6er  ®es 
ftalt  bid  in  bie  ^tueite  ^älfte  be^  4.  ^a^rl^unbertd  gön^lid^  jurüdt^ielt.  9luc9  @ttfebtii9 
t)on  Göfarea  l^atte  Sebenfen  biefer  älrt,  h)ie  fein  Srief  an  bie  Jlaiferin  itonfiantia  bqfugt 

16  (MSG  20  p.  1548),  in  noc^  ^öl^erem  'SSla^t  @pi^l^aniuS,  ber  einen  mit  einem  ^igen 
Silbe  gefd^müdten  äSorl^ang  in  einer  j^aläftinenfifd^en  ^orflirc^e  jerri^,  toeil  ba^  ber  ^igen 
©d^rift  miberftreite  (Ep.  ad  Job.  Hieros.  IX  MSG  43  p.  390).  Sli4  ber  »ifd^of 
aifteriu^  t)on  älmafca  mal^nt  in  einer  ^rebigt :  „male  Gl^riftum  nid^t  ab"  (hom.  I  MSO 
40  p.  168).    ^ier  f))ielte  iebod^  h)ie  aud^  fonft  bie  Seforgnid  l^inein,   ba^  bie  au9  bem 

ao  ^eibentume  etnftrömenben  ^Raffen  bie  l^eibnifc^e  93ilbert)erel^rung  auf  bie  (^rifUic^  ^ 
hgen  ^arfteQungen  übertragen  lönnten,  toa^  ja  aud^  eingetreten  ift.  Sie  allgemeine 
ürd^lid^e  ätnfc^auung  inbed  lie^  fid^  burc^  biefe  ©timmen  nic^t  beeinfluf(en.  Xngefel^e 
iUlänner  ber  2öif|enfc^aft  unb  ber  firc^lid^en  ^rajig  nehmen  Sejug  auf  Kunfttoerle 
(Sluguftin,  ®regor  bon  9^ffa)  ober  forbem  bie  Äünftler  jum  ©d^affcn  auf  (SafUiu«  b.  ®r.) 

25  ober  brüdCen  i^re  ^eube  über  bie  ©d^ö))fungen  ber  Jlunft  aud  (®regor  \>.  !Ra}ian)). 
93gl.  älugufti  a.  a.  0.  2Bie  man  im  Dften  unb  äBeften  am  Slu^ange  bed  d^riftlid^  SUte^ 
tum^  bie  ^age  auffaßte,  fj^rid^t  rid^tig  ©regor  b.  ®r.  in  ben  äBorten  auii:  In  lods 
venerabilibus  sanctorum  depingi  bistorias,  non  sine  ratione  vetustas  ad- 
misit  .  .  .    Nam  quod   legentibus   scriptura,    boc  idiotis  praestat  pictura  oer- 

3onentibus  (Epist.  XI,  13,  MSL  77  p.  1128). 

3lod)  beutlic^er  unb  umfaffenber  belehrt  un^  barüber  bie  Bpxad^c  ber  Jtunftbenhn&Ier 
felbft.  ^mmct  breiter  bel^nen  fid^  in  rajd^em  gortfd^ritt  feit  ben  Reiten  Äonftontin«  fin^ 
(td^e  Strc^iteltur,  3)ialerei,  ^laftif  unb  K(ein!unft  aud.  3l\ä)t  nur  für  bie  gotte^ien{Ui(^ 
©ebäube  toirb  immer  mel^r  ber  ©c^mud  ber  jtunft  in  3lnf))ruc^  genommen,  fonbem  ouc^ 

86  bie  itultgegenftänbe,  bie  Vasa  sacra,  bie  ®eh)änber  u.  f.  tu.  tuerben  bafür  gern  gur  Ser« 
fügung  gefteUt.  3)ie  93ifd^öfe  ber  frei  geh)orbenen  Jtirc^e  entfalten  eine  eifrige  Saut^otsg* 
feit,  meiere  ber  SBettftreit  mit  ben  Heiligtümern  ber  unterge^^enben  SReligion  bel^errfd^t 
©elbft  ein  Sl^fet  toie  ber  ^l.  mxx^  (ögl.  äugufti  II,  ©.  88  ff.)  enttoirft  ben  ^lan  }u 
einer  ^rac^treic^en  Jürd^e ;   ^aulinu^  bon  9tola  ergebt  ftd^   mit  befonberem  3Bo^Ibe^en 

40  in  entwürfen  unb  in  ber  ©c^ilberung  aufgeführter  Sauten  (2lugu|ii  I,  ©.  147 ff.; 
II,  ©.  124  ff.).  3)er  Liber  pontificalis  eröffnet  un^  ben  SlidE  in  eine  eifrige,  um« 
faflenbe  Jlunfttl^ätigfeit  ber  romifc^en  Sifd^öfe.  3)urc^  bie  ganje  S^riftenl^eit  l^inbuxt^ 
pnben  toir  baueifrige  Sifc^öfe  (ögl.  2?ict.  ©d^ul^c,  Archäologie  ©.  31  ff.).  An  ber  3«* 
lälfigfeit  ber  Äunft  m  jtoeifeln,   ^atle  man  umfotoeniger  Slnla^,   ba  man  me^r  ote  ein 

46  Silbnid  be{a6,    tuelc^e^  burd^  ein  göttlid^e^  äBunber  entftanben  toar  {äxetgonoirixa^  boL 

e.  ö.  5Dobfcfüft,  (Sl^riftuöbilber,  Scipjig  1899)  unb  ber  eoangelift  2u!a«  felbft  otö  aRoUr 

l^eiliger  Silber  galt  (ögl.  2^eob.  3a^n,  (Einleitung  in  bag  511  2.  Sb,  2ei})jig  1899,  ©.  337). 

3)a^   abenblänbifd^e  SKittelalter  ^at  bicfen  I^atbcftanb  übernommen,  um  i^m  nix^ 

Weitere   Slu^be^nung    ju    geben.    3a,    in  ber   Äarolingerjeit   unb    in   ber   romonifc^ 

60  ^eriobe  finb  Jtleru^  unb  ^önc^tum  bie  eigentlichen  Präger  ber  fird^lidj^en  Jtunft  (^^ultud 
ö.  ©d^loffcr,  ©d^riftqueHen  jur  ©ejc^ic^tc  ber  larolingifd^en  Äunft,  SBien  1892,  unb 
dueHenbud^  3ur  Äunftgefd^id^te  be^  abenblänbifc^en  ^Mittelalter«,  SBien  1896 ;  ä.  Senmr, 
Arcbitecture  monastique,  $ari«  1852).  Sauge  3rit  ftanb  ^ier  ber  Senebütinerorben 
t)oran.    äöenn  in   ber  ©otif  ba«  Saicnclement  eine  größere  ©intoirfung   m  ^^^^^i*^;   \^ 

65  bleibt  jene  bod^  in  engftem  3"fönimen^angc  mit  ber  Äird^e.  3)urd^  baS  gange  amttet 
alter  l^inburc^  ge^en  l^eröorragenbe  SScifpiele  funftUebenber  Prälaten  (Otte  II,  ©.  24  f.). 
Selannt  ift  öor  attem  »ifd^of  Semmarb  t)on  ^ilbe^^dm  (f.  b.  «.  9b  II  ©.  648; 
Seiffei,  2)er  ^l.  Semloarb  bon  §ilbe«^eim  al«  Äünftler,  ^ilbe^^eim  1895). 

2in  ber  griec^ifc^en  Jtirc^e  be«  ^JJlittelalter«  liegen  bie  ^inge  nic^t  nur  nid^t  anbotf, 

60  fonbem  noc^  enger  erfc^einen  l^ier  ittrc^e  unb  Jtunft  t)ertnü))ft,  in  ber  SDSeife  nämlic^,  ba| 


ftnitft  ttttb  fiirc^e  177 

Ueilirc^  einen  t>iel  n)eUergel^enben  @tnflu^  auf  ben  ^nl^alt  beanfj^md^t  unb  ausübt  3)ie 
g[teU^  ber  Jtunft  ift  eine  n)eit  befc^tänftere,  fomeit  biefe  in  ben  ftrd^licl^en  ^tenft  über» 
nommen  ift  ^Ran  batf  bied  audj^rec^en,  o^ne  in  ben  (anbläufigen  ^rrtum  ^u  verfallen, 
in  ber  b^jontinifd^en  Jlunft  tote  3;^rm,  Sd^emoti^mud  t)orau^)u{e^en.  ^m  ©egenteil  l^ot 
biefe  feit  bem  9.  ^o^l^unbert  eine  glänjenbe  9ienatf(ance  erlebt  (ftonbaloff,  Histoire  5 
de  Tart  byzantin,  consid6r6  principalements  dans  les  miniatures,  fran^öfifd^e 
ausgäbe,  ^ari«,  gonbon,  2  9be,  1886 ff.;  g.  X.  Äwu«  I,  ©.  538 ff.,  too  and)  bie 
no^  aittetotur).  SIBo^l  trat  ber  »ilberftreit  (f.  b.  ä.  Sb  III  ©.  221)  jerftörenb  ba:: 
}by^4Kn,  aber  fein  9lu^ang  ift  ber  fij^erfte  Setoeid  bed  unjerrei^baren  ^^f^^^^- 
getDoc^enfeind  bon  Jlunft  unb  Äirc^e.  Über^aut)t  toUI  in  biefem  Jtretfe  bie  )8ebeutung  10 
ber  Silberbere^rung  bead^tet  fein.  @ie  fteUt  bie  feftefte  äSerbinbung  jtoifd^en  ber  9{eligion 
b.  1^.  ber  Jtin^e  tmb  ben  SBerlen  ber  3J{a(erei  unb  Silbnerei  bar.  $Da^  gilt  t>om  älbenb- 
lonbe  nxdft  minber  toie  bom  Orient.  ^aräuS  h)irb  jugleic^  bie  SRonotonie  berftänblid^, 
tod^  bort  toie  ^er  bie  @d^ö))fungen  be$  ^infeld  unb  be^  ^ei^eli^  burd^jie^t.  ^er  reit- 
giofe  Slonfert)ati))idmud  toar,  toenn  überl^u^t,  fo  nur  für  einen  langfamen  ^ortfc^ritt  ju  16 
getDtimen.    2)amit  beengte  er  bie  |^et^eit  ber  itunft  unb  f4läbtgte  i^r  SSefen. 

3)ie  9ienaif[ance  )erf))rengte  biefe^  SSerl^ältni^.  3Bte  fie  a(^  ©eifte^ri^^tung  bad  Stecht 
bed  3nbik>ibuumd,  bie  eigene  (Sntfc^eibung  unb  äjeranttoortlic^teit  ber  ^erfönlid^Ieit  be« 
Unüt,  fo  befreite  fie  bie  Aunft  bon  ber  fird^lic^en  93efttmmtl^eit  unb  Sebormunbung.  Sie 
freie  (Srfoffung  ber  3latax  in  ber  tünftlerifc^en  ^^antafie  trat  an  ©teQe  ber  bi^^erigen  ao 
größeren  ober  geringeren,  betonten  ober  unbetonten  älb^ängigfeit  bon  ber  Xrobition 
Q.  Surc^bt,  2)ie  ^tur  ber  9lenaif|ance  in  Italien,  4.  Sufl.,  Sei)))ig  1885 ;  ®efd^id^te 
ber  Stenoiffance  in  Italien,  3.  äuft.,  Stuttgart  1890  f.).  3n  SKic^elangelo  tritt  biefe  grei^eit 
am  grol^^tigften  $en>or  ($erm.  ©rimm,  Sa^  Seben  ^J^id^elangelod,  8.  älufl.,  Serlin 
1898).  2)ie  jtirc^e  felbft,  ^ingerif(en  bon  bem  mä^tigen  Strome  ber  neuen  Jlultur,  lie^  26 
fid^  anfangt  bon  il^m  o^e  Sfleße^ion  treiben,  aber  i^re  eigentlid^en  ®ebanfen  prägen  md)t 
jotDol^l  bie  9lenaiffance|)ä^fte  l^uliud  II.  unb  Seo  X.  aud,  fonbem  ein  ^abrian  VI.  2)a]^er 
trat  aui^  bolb  bie  Srnüc^terung  ein.  3Rit  ber  Steftauration  be^  ^t^olici^mud  nad}  ben 
Srfc^ättenmgen  ber  äteformation  beginnt  ber  äSerjic^t  auf  bie  freie  Aunft  ber  Slenaiffance 
unb  bie  Stfidfe^  ju  ben  Iird|^li4|s{ünftlerifd^en  2|bealen  bed  3Rittelatterd.  Sie  Slomontif  30 
Derftoifte  burc^  öl^nlid^e  Xenbenjen  biefe  Stid^tung,  unb  ber  mobeme,  ultramontane  ^at^oli^ 
cidmud  fü^  fie  bid  jum  äu|erften  burd^.  $ie  Unföi^igleit  ber  fatl^olifc^en  ßtl^il,  bie 
Srfc^immgen  bed  toeltUc^en  gebend  ju  toürbigen,  beftimmt  and)  bad  Urteil  ber  römtfd^en 
Stin^  ober  SBefen  unb  Aufgabe  ber  Jtunft.  Sie  n>eltlt(^e  ^unft  fte^t  il^r  grunbfci^ltc^ 
auf  tieferem  SiiDeau  ald  bie  ftrd^lid()e.  @o  toenig  äluffaffung  unb  ^udfül^rung  gleic^giltig  86 
finb,  fo  tommt  bon  bom^erein  ber  religidfen  unb  firc^lid^en  ^unft  ein  SSorjug  bor  ber 
mit  toddxd^m  Stoffen  fc^ffenben  ju ;  nur  jene  ift  im  ^öd^ften  Sinne  itunft  unb  erhält 
t^rcn  ^^n^  unb  i^  Aufgabe  burc^  bie  Jtirc^e.  Siefe  9luffaf(ung  be^errfi^te  aud^  bie 
mittelalterti^  itirc^,  aber  {ie  trat  toeniger  l^ert)or,  ba  ber  @egenfa^  baju,  eine  fräftige 
freie,  ioeltli^  Äunft,  fehlte.  Siefem  2:batbeftanbe  cnti))rid^t  bie  Summe  lird^lic^er  SBors  40 
\djnftm  unb  Slotfc^lage  in  Segie^ung  auf  bie  firc^lid^e  5tunft  (bgl.  ).  S3.  ©eorg  Redner, 
$rattif(^  ^onbbud^  ber  tird^lic^en  )8aufunft  jum  ©ebraud^  bc^  JUerud  unb  ber  Sau« 
tk^nikr,  gretburg  1886). 

5Der  $roteflantidmui8  bagegen  f e^t  bie  bur(^  bie  Stenaiffance  l^ertoorgeruf ene  3luf fafjung 
bed  SBefend  unb  ber  3iele  ber  Jlunft  fort.  Ser  ürd^lic^e  ©eftc^t^punh  bleibt  für  i^n  in  45 
ber  ®efamtbeurteilung  au^er  t^^age.  Sie  3Ra^ftäbe  bed  ifflerted  unb  ber  äBertung  eined 
AuitfitDerled  finb  nic^t  an^  ber  Sogmatit  unb  ßt^it  ju  erbeben,  f onbern  an^  ber  Eigenart  ber 
Jtunft  felbfL  Sin  grunbfä|lid(^er  ©rabunterfc^ieb  ^toifc^en  meltlid^er  unb  reltgiö{er  Jtunft 
iDirb  nic^  onerfannt.  Samit  ift  bie  iDtögli^feit  eined  uneingefc^ränften,  freien  SSer^ält« 
niffed  )ur  Jlunft  getoonnen.  Sie  beiben  3^^0^  ^^  ^roteftantidmud  fte^en  ^ier  in  ooU-  so 
bmmener  Übereinftimmung.  Sie  feigen  in  ber  Jlunft  ettoad,  bad  bem  Sl^riften  aU  folc^em 
frei^,  toie  ber  ©ebraucb  ber  toeltli(^en  Kultur  überl^aupt.  Stoingltd  ©eftänbni« :  „^d) 

r\  bor  onberen  SWenfd^en  2uft  an  fd^önen  ©emälben  unb  fte^enben  Silbern"  (togl. 
Sto^^in,  ^ulbreic^f  ätoingli  I,  Safcl  1895,  S.  436  ff.),  ^at  auf  ber  anberen  Seite 
eixni^  unb  no(^  entfc^iebenere  parallelen  bei  fintier,  ber  ber  jtunft  nic^t  nur  bulbenb,  55 
bem  ennjfänglic^  gegenüberftanb  (?Jaul  2e^felbt,  Sut^er«  Ser^ältni«  ju  Äunft  unb  ftünft« 
lern,  SerKn  1892).  Srin  S^üler  unb  greunb  ©radmu«  Silber  bezeugt  bon  il^m:  „bie 
ebCe  Jlunft  ber  äRaler  unb  Drganiften  unb  bergleic^en  l^attc  er  fel^r  lieb",  unb  jeinc 
eigene  9Reinung :  e«  fei  „ein  lieblid^e«  SQ3unbertoerI  ©otted  unb  eble  Äunft,  bafe  ein 
Stoifc^  oSertei  malen,  Silber  in  ^olj  unb  Stein  formieren  lann"  (2Biber  bie  berfluc^te  eo 

ltftf^ggc»fto»aMc  ftr  X^IeeU  »ib  IHr^c   8.  C.  XI.  12 


178  ftttnft  ttnb  ftfec^e  ftitric 

ße^rc  ber  Sarlftabter,  SBicbertäufer,  SRottettgeifter  u.  f.  h).  155(»),  ßtebt  butd^^  bic  Sfe 
fd^auung  bed  lut^erifd^cn  ^roteftantiSmud  h)ieber.  91ut  barm  fc^eiben  ftd^  beibe  Jtonfeffumen, 
iai  bie  lut^erif(^e  Jtttd^e  ba^  gottedbtcnftlid^e  ^aud  nic^t  nur  offen  l^cilt  für  bie  Stm% 
fonbem  fie  grunbfä^lid^  unb  regelmäßig  bafür  and)  in  9ln{^ntd^  nimmt.    SSie  fte  bei  bei 

6  Uebemal^me  ber  mittelalterlichen  jttrc^en  in  eigenen  ©ebrauc^  leinen  älnla^  fanb,  bie  in 
biefen  t)or]^anbenen  SS^etfe  bilbenber  Aunft,  bie  älltäre,  ^^iguren,  jtru)ift|e,  Yasa  sacra, 
Malereien  u.  {.  h).  m  befeitigen,  {o  gilt  Ujx  bie  {ünftlerifd^e  Slueftattung  neuer  Jtirc^  oU 
felbftberftänblici^.  3)afür  ift  ber  äSorgang  Sutberd  beftimmenb  getuefen.  ,,Sutber  flonb 
auf  bemfelben  @tanb)3unlt,  ben  unfere  ebangelifcbe  Jtircbe  l^eute  einnel^men  foQ.   @r  tooDtc 

10  bie  ^eiligenbiber  nur  ber  SSerebrung  in  ben  jtird^en  en^ie^en,  toä^renb  er  gegen  bic 
lünftlerif^e  ^arfteUung  an  [\i)  unb  in  bem  Sinne,  h)ie  i^n  nod^  l^eute  ber  l:>eniünftitte 
$roteftanti«mu«  feftl^ält,  nid^t«  l^attt''  (Se^felbt  a.  a.  D.  ©.  58).  5Die  reformierte  Rir|e 
bagegen  berlie^  l^xct  ben  ^roteftantifcben  ^onfenfu^.  2Bie  auc^  fonft  in  ibrer  @t^it  bc» 
brüdt  burc^  eine  altteftamentlicb  gefe|li(be  älnfd^auung,  fcblo^  fte  bie  jtunft  mogli(^ft  axA 

15  bem  ßultu^  unb  bem  tircblicben  ^ienfte  über^au))t  axi^,  2Bie  bort  Sut^er,  fo  ftei^^t  i^ier  3t<>i>^ 
bejeid^nenb  boran.  S)ie  2;^efe  feinet  ^eunbeö  2eo  3ub :  ,,ba^  bie  Siteer  bon  ®ott  in  ber  ^ 
(Scbrift  Verboten  feien  unb  be^l^alb  unter  ben  (S^riften  nic^t  gemad^t  no^l  geebrt,  fonbem  ob« 
getrau  toerben  follten'^  mad^te  er  ju  ber  feinen  unb  gab  il^  eine  fc^arfe  Segrünbung  (@tä^elin 
I,  ©.  335  ff.).    3)ie  Silber  fmb  i^m  ,,®ö$en"  unb  faüen  ate  fold^e   unter  ba«  aütepo? 

20  mentlid^e  Verbot  (@.  436  ff.).  £em  entf^rad^  bad  i)raltif(^e  Ser^ten  im  gonjen  Um« 
fange  bed  reformierten  ^roteftanti^mu^,  ba^  balb  bie  |^orm  geräuf4llofer  Steinigung  ber 
Jtir^en,  balb  toilben  Silberfturmed  annal^m.  2)abur(^  ift  ber  ^roteftantidmud  old  fob^ 
mit  Unrecht  in  ben  SSerbac^t  ber  Jtunftgegnerfcbaft  ge!ommen  (t^l.  bagegen  ©rüneifcn, 
De  protestantismo  artibus  haud  infesto,  ^^übingen  1839  ;    Victor  @(l^ul|e,   &Km^ 

26  aelifd^e  $olemif  in  Södtler«  §anbbuc^  ber  tbeol.  SBiffenfd^aften,  3.  Slufl.  3.  S3b,  ©.  409  f. ; 
Sebfclbt  ©.  81  ff. ;  SQSoltmann,  5Die  beutfc^e  Äunft  unb  bie  Sleformation,  »erlin  1867). 
älnbererfeiti^  ift  biefer  9iigori^mud  in  neuerer  Q^i  in  einer  ftarten  9lbf4ltoäc^ung  begriffen, 
\a  berein^elt  gänjlic^  aufgegeben,  äßenn  ber  beutfc^e  ^roteftantidmud  Irine  Jlunftenth>i(fc> 
lung  ^ert)orgerufen  l^at,  toie  bad  fatl^olifd^e  ^Italien  ber  Slenaiffance,  fo  liegt  ber  ®nmb 

30  nic^t  im  äßefen  bemfelben.  ;,2Benn  immer  ein  93olf  bid  in  alle  feine  Xiefm  l^inein  tMm 
einer  religiöfen  Setoegung  ergriffen  toirb,  berliert  t)or  il^  bie  ftunft  bie  Sebeutung.  9n 
bie  ©teile  ber  teeeQen  @emeinfamleit  im  ©d^auen  tritt  bie  ibeole  ©emeinfomteit  im 
@lauben,  unb  alle  geiftigen  Jlräfte  toerben  in  ber  @eftaltung  becfelben  aufg^el^rt'^  (^o^V 
Xl^obe,  ällbred^t  SDürer.    S)eutf4ie  Aunft  unb  beutfc^e  9leformation  in :    ,,S)er  ^rotefiom 

36  ti«mu«  am  ßnbe  be«  19.  Sa^r^unbert«",  6.  Sieferung,  ©erlin  1901). 

9lu^  biefer  ©tellung  bed  ^roteftanti^mud  jur  jtunft  ergiebt  fic^  bie  boSe  Unabhängig« 
leit  becfelben  gegenüber  ber  lird^lid^en  Überlieferung,  ©o  fel^  er  eine  religidfe  unb  In^ 
lic^e  Jlunft  forbert,  fo  fel^r  fielet  er  hanoon  ab,  biefe  mit  lanonifd^en  ©o^gen  in 
Sejie^ung  auf  älu^eftaltung  ju  belegen.    äBol^l  aber  n)irb  unb  mug  tr  borouf  fydtaif 

40  ba6  biefe  jtunft  toürbig  unb  ben  ^o^en  3^^^  angemeffen  fei,  benen  m  bienen  fte  bf 
rufen  ift.  Sictpv  ef|«M|c 

ftnrte.  —  3Wejer,  3)ie  röm.  ßurtc,  iijxe  ©e^örbcn  unb  i^r  ®efdjöft»gang  in  Sacobfon 
u.  SRic^tcr,  3cilfd}r.  f.  SRec^t  u.  "i^oUtit  ber  Äird)c  1847;  ©angcn,  S)!e  römifdic  Äurie,  iire 
((egentoärtige  gufamnienfe^ung   unb   i^r  QiJefc^öft^^ganc;,    SJ^ünfter   1854.    9)er   ^rattat   oon 

46  Bonix,  Do  curia  Romana  etc.,  ^joriö  1859  ift  mit  ^orpcbt  ju  gcbraudjcn.  @inc  ungleidi 
gränbüc^eve  9(rbcit  ift  bie  Don  &.  Wm\>^  im  6.  Bonbe  feined  ^trc^enred)ted  (1864).  ^ie 
befte  neuere  ^arfteUung  aber,  aud)  in  betreff  ber  reic^Iid^  noc^gemiefenen  £itteratur,  flnbet 
n*  bei  ^inf(t)iu*,  ei)ftem  beS  tQt!)oI.  Sl^ircftenrecftteiJ  für  3)eutfdjlanb,  21.1,  S.  309— 498.  3« 
einigen  Sin^elpuntten  lägt    [ie  ftd)  ergänzen  aud  ben  9(nmerfungen  ju  SSeringi^  Softem  M 

60  ßird)enred)ted  (1876)  §  104  ff.  —  ^n  SteUe  beS  ehemaligen  pöpftlid^en  Staatdtalenberd,  ben 
Notizie  per  TaDDo  etc.,  nad)  ber  ^^rucferei,  in  meld^er  er  erfcbien,  gemö^nlicb  d^racad  genannt, 
ift  in  neuerer  3cit  bie  im  obigen  fct)on  benu^te,  jä^rlid)  eridjeinenbe  ®(^rift  getreten:  Im 
gerarchia  cattolica  c  la  famiglia  pontiücia  per  l'aDno  ....  Con  appendlce  dl  altre  notiiie 
riguardante  la  S.  Sedc,  Roma,  Tipografia  ciei  fratelli  Monaldi. 

56  ^urie,  römifd^e,  ^ei|t  ber  Jtom))le£  bon  93ebörben,  beren  ber  $a))ft  fUb  }ur  centralen 
Siermaltung  feinet  ^rimated  bebient.  3)a  bie  Jtarbinäle  bie  n)id^tigften  3){itgli^er  btefd 
Sentralöertoaltung  ftnb,  fo  ift  auc^  t)on  i^ncn  l^ier  ju  l^anbeln.  —  S)er  5Paj)|k  ift  jueiß 
Sifd^of  t)on  9tom,  bann  }ugleid^  ßr^bifc^of  einer  Jtirc^en))robin2  bon  ad^t  Stdtümem,  ba> 
neben  al^  Sifc^of  ber  einzigen  aipoftolifd^en  Jlird^e  bed  älbenblanbe^  $rimad  bed  rdmifc^ 

60  Occibentd  unb  nac^  ber  römifc^en  Se^re  atö  9Ia(^folger  bed  „Sl))oftelfürften''  $etnid  onf 


ftmrte  179 

b«n  rdmtf(^  Sifd^of^fi^e  3)ltttelt)unft  unb  ^au^t  ber  römtfc^-lat^olifd^en  ^ird^e,  ja  nad^ 
))ätyfUi(^  Se^  ber  ganzen  S^riftenl^eit.  ^n  biefen  brei  Slid^tungen  \ioX  \\&j  oyxij  ber  Dr- 
goiudmud  fetner  Sei^ärben  entmidelt.  S3i$  auf  fe^r  neue  ^txX^n  \oox  er  ^ürftbifd^of,  b.  i. 
gefärfteter  ^n^^ober  etned  bebeutenben  territorialen  Jttrd^enguted,  bed  ..^ird^enftaated''.  @eit 
1859,  bejto.  1870  l^at  er  benjelben  btö  ouf  ben  3Satifan  unb  bcffen  nöc^ftc  ftöbtijc^e  Um«  6 

!|dbun9  ^toor  k)erIoren,  betrachtet  bad  aber  ald  bloge  X^otfac^e  unb  ^ält  feinen  9lnfpruc^ 
eft,  fo  ba^  er  bie  Jttrc^enftaatdbe^örben  jtuar  nid^t  aftib  erl^alten  lann,  ober  aud^  nid^t 
oufgel^oben  1^.  %xk  Serüdffic^tigung  biefe^  ®eftd^t^))un!te^  mirb  auc^  im  folgenben  bon 
ben  fiaatlu^  Se^örben,  beren  S)arfteQung  fonft  nid^t  l^ierl^er  gehört,  infotueit  bie  Siebe 
fein,  ab  ed  }um  SBerftanbniffe  ber  turialen  Einrichtungen  nottoenbig  ift.  9(bgefel^en  fann  lo 
toabcn  t>on  bem  ^offtoate  be^  $at)fte^,  ber  fog.  Famiglia  pontificia,  ber  auger  ben 
Gardinales  Palatini  bon  ben  fog.  Praelati  Palatini  gebilbet  h)trb.  3^  '^mn  gehört 
ber  Magiordomo,  ber  Maestro  di  Camera,  ber  Elemosiniere  apostolico  unb  anbere 
Seomte. 

9Bte  ber  (Snbifc^of  im  aQgemetnen  old  folc^er  leine  eigenen  Sel^örben  ^at,   fonbem  i6 
burc^  bie  feinet  Sidtumd  in  feinen  erjbifc^öflid^en  @efd^äften  gleid^faQ^  unterftü^t  mirb, 
fo  urfprüngUc^  aud^  ber  $a))ft,  unb  niqt  blog  in  betreff  ber  mbijc^öf(i^en,  fonbem  ebenfo 
ber  ))rimatialen  ®efc^äfte.    @d  toar  fein  römifc^-bifc^öflid^ed  ^redb^terium,  bad  i^m  bei 
allen  b^eutenberen  berartigen  ©efd^äften  l^alf,  koä^renb   er  minber  Sebeutenbe^  ^ribatim 
(in  capella)  mit  Mfe  feiner  ^(öne  bef orgte.  £ie^  ^re^b^terium  mar,  ^uf olge  ber  @röge  20 
ber  @tabt,  frü^  )ai|lreid^.   2)er  römifd^e  Sijd^of  l^atte  teine  fpe^ieQ  bifc^öflid^e  ßinjeUirc^e, 
fonbem  bie  @tabt  jerfiel  in  ber  ölteften  3^it,  bon  ber  mir,  >coqA  biefe  £inge  betrifft,  h)if(en, 
tn  Sirrengd,  in  beren  jebem  eine  jtirdi^e  ald  ^aupt-  ober  Xauftirc^e  au^fc^lie^Iid^  o.\x^ 
gejeii^net  toar:  tituli.    9ln  jeber  folc^en  jtirc^e  (titulus)  mar  ein  ©eiftlic^er  angefteUt, 
ber  ben  $a))ft,  fotoeit  berfelbe  nic^t  felbft  bort  fungierte,  bertrat,  unb  ber  a(^  ein  bei  einer  26 
^au))t{ir<^  SbtgefteOter,  mie  jjeber  fo  gefteQte  ©eiftlid^e,  frü^  incardinatus,  c^rdinalis 
^te^    9)ie  ®efamt^  biefer  „Jlarbinäle''  bilbete  ba^  ^re^b^terium  bed  römifc^en  Sifc^ofd, 
i^  Sofammtungen  tmter  il^m  l^iegen  6^noben  ober  jtonfiftorien,  unb  in  folgen  mürben 
<dle  tmc^tigeren  ^rimatialgefdtKifte  hztoXtXi  unb  beforgt.  —  ^ad  Jlan^Ieimejen  führten,  nad^ 
bamoltger  Sitte,  9{otare  unter  einem  fog.  ^rimiceriud.   Solche  3uftänbe  merben  aud  bielen  do 
SteOen  bed  fog.  Liber  diurnus  (um  720)  anfd^aulid^;  bgl.  ).  S.  in  Hoffmann,  Nova 
scriptor.  ^  monumentor.  collect.  (Lips.  1733)  tom.  2,  p.  27  mit  ber  92ote,  6.  22. 
25.  42.  44.  46.  86.  103.  108.  151  fg. 

9tac^  bem  $ontifiIa(e  bed  SDamofud  (f  384)  mürbe  burd^  %^\i  SRarceaud  (308) 
bie  Stobt  9tom  in  25  folc^  Xitel  geteUt.  3^  ^^  presbyteri  intitulati  berfelben  86 
lamen  bann  aber  ate  ilarbinöle  bon  älnfang  an  auc^  bie  Sorftänbe  ber  ^rment)fleges 
ätegionen,  beren  Einrichtung  bereite  Element  I.  ^ugefc^rieben  mirb:  diaconi.  2)erartiger 
Stegtonen  toaren  e«  anfangt  ficben.  Unter  ^a))ft  Stej}^an  IV.  (III.  f  771)  !amen  ferner 
bie  fuburbilarijc^  Sifcböfe  l^in^u.  ^ann  ^t  bie  3^^^^^  ^^  Jtarbinöle  t)ielfad^  gemec^felt. 
3m  12.  3a^.  ftieg  fte  feiten  über  30  (^urter,  ©efc^id^te  ^apft  ^nnocenj  III.  1,  73, 40 
äbim.  419),  im  13.  fiel  fte  einmal  auf  7;  bad  )8a{eler  fionjilium  beftimmte  fte  auf  24 
(sess.  23.  (5.  4.  decr.  de  numero  et  qualltate  (ordinal.),  im  ^oiftt  1516  maren 
nur  13,  unter  ?ßapft  pud  IV.  (f  1559)  einmal  76  Rarbinäle.  .,?5apft  ©ijtujg  V.  jc^te 
enbltd^  bie  3^1  ^>^  f^^  allemal  feft  auf  70,  entjprec^enb  ben  70  ällteftcn  3^^<^^(^^  meldte 
Slofed  auf  bed  ^erm  Sefe^l  jufammenrief.  Unb  jmar  foKen  fein  6  Jlarbinalbtfc^öfe  (bon  46 
Ofüa,  ^ßorto,  mit  melc^em  ba^  frühere  7.  fuburbifartfd^e  Si^tum  @t.  9{ufina  burd^  Sa- 
Ul^II.  bereinigt  mar,  f^a^ti,  6abina,  ^aleftrina,  ällbano),  50  jtarbinalpriefter,  14  Aar- 
binalbtotonen :  SuOe  Postquam  verus  b.  13.2)es.  1586;  BuUar.  Lux.  t.2.  f.  608.— 
£ie  3<^I  ^  '^«^t  berönbert  merben,  aber  feiten  ftnb  alle  70  ©teilen  befe^t.  6«  ift 
ein  Sui^ta^efaS,  ba^,  mie  1853  einmal,  bie  3^^^  boQ  ift.  3)ie  Xitel,  auf  meldte  bie  so 
einidnen  Aorbinäle  felbft  ernannt  merben,  l^at  ©i^tud  V.  burc^  bie  ä3ulle:  Religiosa 
Sanctorum  Pontificum  bom  13.  ä(t)ril  1587  (im  Bullarium  a.  a.  D.  Fol.  621  sq.) 
beffotmt;  noi^bem  fc^on  bor^er  ber  92ame  Cardinalis  feine  frühere  allgemeine  Sebeutung 
Mioren  ^otte  tmb  feit  bem  15.  ^a^r^unbert  nur  in  einigen  3J{etro))olttanIird^en  in  ^n- 
toenbung  aeblicben  mar,  bid  $iud  V.  unterm  15.  »^ruar  1567  berorbnete,  ba^  blo^  bie 
ba  rdimfcyen  iltn^e  unmittelbar  inlarbinierten  ®eiftlid^en  fernerhin  ba^  ^räbilat  jtarbinal  ^ 
ffi^ren  foEtcn  (Ferraris,  Bibliothec»  canonici  s.  v.  Cardinales,  Art.  I.  nr.  6). 
w  @nmb  fftr  biefe  Sefd^rönhtng  bienten  ältere  3^9^^f(^f  ^^4  meieren  9lom  „cardo 
eedesiAram''  iß.  i^Sicut  c^rdine  ostium  regitur,  sie  Apostolicae  Sedis  auctori- 
tote  omnes  eodesiae  (Domino  disponente)  rcguntur''  (c.  2.  in  fin.  dist.  XXII) ,  eo 

12* 


180  ftitric 

h)0)u  bann  bie  @tllärung  lommt:  Unde  Senatus  Cardinalimn  a  cardine  nomen 
accipit  etc.  ^n  biefem  6tnne  f(^retbt  Seo  IX.  bem  ^oriard^en  3Rxd^atl  Don  ibmfittm 
tino^el  um  1050:  ,,Clerici  summae  Sedis  Oardinales  dicuntur,  cardini  Uli,  quo 
cetera   moventur,    vicinius    adhaerentes''    (Mansi,   OoU.    Goncil.    Tom.    XIX. 

6  Fol.  653). 

3)ie  red^tltd^en  9Ser]^äItntf(e  ber  jtavbinäle,  bie  f old^ergeftalt  fd^on  frü^  ein  orgoniftcitcd 
Kollegium  audmac^ten,  bentl^en  tetld  auf  älteren  @a|ungen,  indbefonbete  bem  Ceremo- 
niale  Romanum,  fobann  bem  Goncil.  Tridentinum  sess.  XXIV.  cap.  1,  de  re- 
form., ben  fd^on  citierten  @rlaf|en  ©ijtu^'  V.  unb  einigen  \pcd^m  JtonfKtutionen.    J)o« 

10  nad^  erfolgt  bie  3Sai)l  (creatio)  ber  jtarbinäle  burd^  ben  $a)>ft.  3)ie  3Bä^lbarIett  ^ongt 
bon  ben  ©igenfd&aften  ab,  toAd)t  bei  ber  Ernennung  eine^  Sifd^of«  erforberlic^^  fmb,  in^ 
befonbere  ift  au|erbem  beftimmt,  ba^  au|er  ber  @^e  ©eborene,  toenngleic^  burd^  noc^ 
folgenbe  @l^e  legitimierte,  nid^t  ^romot)iert  toerben  bürfen,  bamit  nic^t  bie  @r^aben^ 
unb  ber  ©lanj  be^  j^arbinalatd,  toelc^e^  ber  tönigli^en  SÖSürbe  Vergleichbar  ift,  l^erabgefe|)ty 

iB  befledft  unb  irgenbloie  öerbunfelt  Serben  fönnte  (Sijtu«  V.  a.  a.  D.).  5Der  ^romotoenbu« 
mu|  ftd^  toenigftend  ein  ^al^r  im  Sefifye  ber  nieberen  3Bei|^en  befinben,  borf,  toenn  aui^ 
aud  gefe|lic^er  6^e,  toeber  ^inber  noc^  @n{el  l^aben  (Jlarbinöle,  bie  t)or  i^rer  @mennuna 
notorifd^  unel^elid^e  jtinber  l^atten,  gab  e^  genug,  ).  93.  1817  einer  au&  Sofern);  ai«9 
barf  fid^  fein  naiver  93em)anbter  (bi^  jum  jtoeiten  ®rabe  lononifc^er  Aom))utation)  berettt 

20  unter  ben  bermaligen  5larbinälen  befinben.  Ser  ^a))ft  foQ  bei  ber  Sefe^ung  ber  Stellen 
alle  92ationen  berüdftd^tigen,  bod^  ^aben  immer  bie  F$t<il^ener  hai  orö^te  fibergetoic^t  3*" 
anfange  be«  ^afyctd  1899  toaren  unter  57  Äarbinölen  (balant  4  Äarbinal})riejier,  9  Jto> 
binalbiafonen)  29  3tölie««ff  7  S^angofcn,  4  6j)anier,  2  5Portugiefen,  1  Sel^ier,  4  Snj» 
länber  unb  S^ö'^^^f   1  ämerilaner,  3  3)eutfd^e  (1  ^ole),   4  Oefterreid^,  2  Ungarn. 

26^|^er  l^atten  mand^e  dürften  ein  ^räfentation^redj^t  unb  aud^  je^t  toerben  berortige  S3or< 
{erläge  noc^  berücfftc^tigt.  £ie  auf  biefem  2Bege  ernannten  l^ei^en  Jtronlarbinäle.  — 
Sie  Jtreation  erfolgt  jucrft  in  einem  gel^eimen  ^onfiftorium  ber  Jtorbtn&Ie  unb  toirb  borai 
in  einem  öffentlid^en  loieberl^olt.  6ine  blofee  3)efignation  finbet  ftott,  toenn  ber  ^Jo^jft  ben 
SRamen  be«  ßreanbu«  nod^  nid^t  bcröffentlid^t  (in  petto  [pectore]  refert)iert,  creatio  se- 

80  creta).  ^n  öffentlicher  fionfiftorialfi|ung  toirb  ber  @mannte  feierlic^^  re5i))iert  unb  mit 
bem  Aarbinaldl(iute  beUeibet:  ,,Ad  laudem  Omnipotentis  Dei  et  Sanctae  Sedis  Apo- 
stolicae  ornamentum  accipe  galeum  rubrum,  Signum  singulare  dignitatis  Car- 
dinalatus,  per  quod  designatur,  quod  usque  ad  mortem  et  sanguinis  effusio- 
nem  inclusive,  pro  exaltatione  Sanctae  fidei,  pace  et  quiete  populi  christiani, 

86  augmento  et  statu  S.  Romanae  Ecclesiae  te  intrepidum  exhibeas.  In  nomine 
Patris  etc."  ®egen  baö  @nbe  be^  näd^ften  gel^eimen  Äonftftoriumd,  toeld^em  bie  neuen 
^arbinäle  beitoo^nen,  toirb  bie  Promotion  t)oQenbet.  ^er$aj)ft  f4llie{^t  il^nen  benStunb: 
„Claudimus  vobis  os,  ut  neque  in  consistoriis  neque  in  congregationibus 
aliisque  funetionibus  cardinalitiis  sententiam  vestram  dicere  valeatis."    Sobolb 

iobag  Konfiftorium  feine  Sier^anblungen  gef^loffen,  toirb  i^nen  loieber  ber  SRunb  geöffnet: 
„Aperimus  vobis  os,  tarn  in  collationibus,  quam  in  c^nsiliis,  atque  in  electione 
Summi  Pontificis  et  in  omnibus  actibus,  tam  in  consistorio,  quam  extra  etc." 
darauf  folgt  bie  Übergabe  bed  Jtarbinal^ringed  uno  bie  älntoeifung  bed  beftimmten  titulus 
ecclesiae.    3lad)   ber  jtonftitution  @ugend  IV.:   In  eminent!   t)om  26.  Oftober   1431 

46  (BuUarium  cit.  Tom.  I.  Fol.  319)    fotten   bie  Äarbinäle  nic^t  früher,   atö   bi«   biefe 

tormalitäten  DoKjogen  ftnb,  jum  Seft^c  i^rer  ©erec^tfame  gelangen,  namentlid^  nic^t  ein 
otum  bei  ber  ißa^^fttoa^l  unb  fonft  erlangen;  bo^  l^at  $iu^  V.  burc^  9leffri)>t  tnm 
26.  Januar  1571  ba^  ©egenteil  angeorbnet  (Ferraris,  Bibliotheca  canonica  s.  v. 
Gardinalis  art.  I.  nro.  22). 

60  ^ie  jtarbinöle  nel^mcn  in  ber  ^ierarc^ie  ber  ^uriebiftion  bie  näd^fte  Stelle  na^  bem 
%ap\U  ein  unb  fmb  allein  fällig,  ben  ^a>)ft  p  toä^len.  UrbanVI.(1378)  toor  ber  Ujfte 
$ai>ft,  ber  bor^er  nic^t  ^arbinal  toar.  älber  red^tlic^  lann  jeber,  felbft  ein  Saie,  jum 
5|}ai)ft  getoä^lt  loerben,  ber  ntd^t  öon  felbft  auggefd^loffen  ift,  tüai  ftattfinbet  für  Unge» 
taufte,  §äretiler,  Äinber,  SQ3al^nftnnige,   ober  burd^  j^ofititoe  ©a|ung,  load  für  Simont^ 

66  gilt  (6onft.  3;uliu«  II.  Cum  tam  divino  bon  1506).  3)ie  SSa^l  übertoie«  t^nen  9fib» 
lau^  II.  im  Sa^re  1059  (c.  1.  dist.  XXIII).  Um  biefeö  Sorjug«  loiDen  erretten  jte 
ba^  Siecht,  ben  roten  $ut,  mit  ^erab^ängenben  Cluaften,  ju  tragen,  toon  ^nnocen)  IV. 
im  ^a\)x  1245  auf  bem  erften  Äomil  ju  S^on,  ba«  ^urt)urgeh)anb  öon  5ßaul  II.  1464, 
unb  ben  bi^  babin   nur  ben  beutfc^en  Jturfiirften  unb  bem  ^oc^meifter  bed  ^;emf>en^emts 

60  orbent^  eigentümlichen  Xitel  Eminentissimi  t)on  Urban  VIII.  1630  (Ferraris  a.  a.  0. 


ftitrie  181 

art.  II.  nro.  13).  ScHnöge  ber  ©Icid^ftcffung  mit  ben  Äurfürfien  ift  bic  Sßcrle^ung  bcr 
Jtorbinä(e  ald  SRajefiötöberbred^en  cmgefel^en  tporben  (c.  5.  de  poenis  in  VI.  [V,  9J. 
Srniifa^  VIII.).  9bibere  Siebte  ber  Jlarbinäle  ftnb  eine  jurisdictio  episcopalis  in  i^ren 
^Titeln  unb  ben  biefen  untertootfenen  Itird^en,  bod^  nid^t  unbebingt,  h)ie  namentKd^  ba$ 
flollationdref^t  ber  Senefijien  nur  im  %aU  il^rer  älntpefenl^eit,  inbem  eö  fonft  auf  ben  6 
$a)>ft  fibetgei^t  (Gonstit.  Romanus  Pontifex  Don  ^^nocenj  XII.  Ferraris  a.  o.  O. 
art.  III.  nr.  36  sq.  öerb.  nr.  12  sq.).  ©ie  jtnb  befugt,  [iq  in  il^ren  3Steln  ber  ^on» 
üfSciim  ju  bebienen,  aud^  folenn  ju  benebnieren,  tt)ie  S3if^5fe,  unb,  h)enn  fte  h)enigften$ 
$redb^ter  ftnb,  bie  Xonfur  unb  nieberen  SBei^en  i^n  Untergebenen  unb  $au^enoffen 
m  erteilen  ((Ferraris  a.  a.  0.  nr.  21  sq.).  ^oron  fd^Iie^t  ftd^  eine  ^enge  anberer  lo 
^iritnlegien,  beren  ^cä^l  man  b\&  auf  800  gered^net  l^ot  (o.  a.  O.  art.  lY.  nr.  25). 

Unter  ben  jlarbinälen  felbft  ^oben  bie  Sifd^öfe  ben  93orrang,  tuö^renb  bei  ben  Rax^ 
biiia()>redbvtem  unb  ^Diotonen  berfelbe  fi^l  nai^  ber  3^^  ber  Ernennung  rid^tet.  ^er 
oltcfte  Jlart>inaIbifd^of,  toeld^er  feine  Stefibenj  in  9lom  l^at,  ift  Defan  bed  ^rbinaltoUe» 
otumd  (Ferraris  o.  o.  O.  art.  II.  nr.  19  sq.).  ^a^  5tolIegium  bilbet  ben  Slat  bed  is 
$a))fted  in  aKen  toid^tigeren  älngelegen^eiten  (causae  majores,  consistoriales),  na^ 
mentlid^  ben  causae  episoopales,  bei  h)e(d^en  ber  ^ap\i  bie  ^orbinöle  i>ox  feiner  93e« 
\dfluinaißit  )u  t>emel^men  ber)}flid^tet  ift.  @obaIb  ber  ^ö^ftltd^e  @tul^l  erlebigt  ift,  bilben 
bie  ftorbinole  ba^  jtonllabe  p  SSa^I  bed  9iad^foIgerd  (f.  b.  9(.  „$at)ftn>a^ro  unb  bürfen 
loo^renb  ber  Sebi^tHxIonj  bte  notn)enbigften  älnorbnungen  treffen,  „quod  eos  (Oardi-  20 
nales)  oporteret  de  terra  ipsius  ecclesiae  defendenda,  vel  ejus  parte  aliqua 
providere,  vel  nisi  aliquod  tam  grande  et  tarn  evidens  periculum  immineret, 
quod  Omnibus  et  singulis  cardinalibus  praesentibus  concorditer  videretur  illi 
oeleriter  ocourrendum"  (c.  3.  de  eiectione  in  VI.  [I,  6]  Gregor  X.  in  Conc. 
Lugdun.  II.  a.  1275*  dem.  2.  eod.  [I.  3]  Clemens  V.  in  Conc.  Vienn.  1311).  26 
3>er  tirc^ftootiid^  S^rolter  Slomd  brad^te  mit  ftd^,  ba^  h)ie  in  ber  $anb  be^  $a))fted 
geiftttc^  imb  toddvä)^  Slegiment  t)ereinigt,  ebenfo  bie  l^öd^ften  geiftlid^en  unb  h)eltli(^en 
SteQen  ful^  in  ben  ^änben  ber  Jtorbinäle  befanben;  inbeffen  l^en  fd^on  einzelne  $ö))fte 
eine  teiltoetfe  9tudeinanberfe|ung  ber  Sertuoltung  für  gut  befunben. 

9Benn  in  ber  ongebeuteten  9trt  bad  Jtarbinal^foQegium  neben  bem  $a))fte  eine  öüfn^  ao 
liäft  Stellung  einnimmt,  ta>ie  bad  ^om{af>iteI  neben  bem  Sifd^ofe,  fo  jeigt  ftd^  aud^  eine 
$araOe{e  in  ber  äSerfaffung^nttoictelung.  ^n  faft  aQen  älteren  Si^tümem  l^aben  im 
i&tufe  ber  l^ifbrifd^  Sltkgeftaltung  be$  Jtobitel^  beffen  beibe  oberfte  ^Jlttalieber  —  Slrd^i- 
biotomtd  unb  Xrc^i^edb^ter  —  bie  eigentli^e  SSertDoltung  in  il^re  $anb  belommen,  toci)^ 
renb  bad  ehemalige  ^re^^^erium  ober  nunmehrige  RcOß'üd  felbft  ftd^  aU  toal^lbered^tigted  86 
unb  nur  in  bestimmten  3)ingen  mitregierenbed  JtoDegium  erhielt.  @benbadfelbe  ift  im 
ftarbinaldtoSegium  ber  %dü  gett)efen,  h>enn  ftc^  audji  bie  ^iftorifd^e  Jtontinuitöt  in  ben 
\p6Uxm  @tabien  ni6t  in  aleid^er  ©ic^erl^eit,  toie  in  ben  erften  nad^meifen  lä^.  2)er 
Xtf^ibialonud,  ^ier  ^rbinals5tamerlengo  genannt,  toeld^er  fd^on  im  über  diurnus  aU 
erfiter  unb  einflu^ic^fter  Beamter  aui  bem  ^re^b^terium  ^ert)ortritt,  erl^ielt  SSermögen^::  40 
Mrtoabung  unb  S^itt^^on  i^  Si^tum,  n)obei  er  ftd^  feine  eigenen  Offijiale  l^ielt:  filr 
bie  Jtriminoliuridbiftion  ben  SBije^amerlengo,  f^äter  fogenannten  ©obernatore,  für  bie 
(Sttnljuri^bittion  ben  Auditor  Camerae,  für  bie  Sd^Dertoaltung  ben  S^eforiere.  ^er 
Xn^t^yrett^,  ^er  Jlarbinab}ilariu§,  t)erfa^  bie  gotte^bienftlid^en  ®ef4läfte  bed  Sifc^of^. 
5Diefer  felbl^  begnügte  fu^  mit  ber  Oberleitung  unb  betrieb  au$fc^lie|;licb  bie  SSertooltung  46 
bcd  $rimatd,  in  toeld^er  neben  il^m  bann  bad  ^arbinal^foQegium  gleid^faltö  feine  ^au^t^ 
befc^ftigung  fanb.  3)erj|enigen  f)3äteren  @nth)idtelung,  burd^  h)el(^e  in  ben  Si^tümem  ber 
Src^ibtclonat  geftürjjt  hmrbe,  entfprad^  )u  9iom,  ba|  ber  $apft  (9if4lof)  bie  Ernennung 
jener  brei  Unterbeamten  bed  jtarbinol-^merlengo  an  ftd^  felbft  na^m,  h)%enb  biefelben 
übriaend  in  i^  ^^ötigleit  bel^arrten.  9htr  tourben  fte,  ber  großen  Slu^bel^nung  bed  so 
{nn^uc^  9e|%(e^  toeit  über  bie  (Srenjen  ber  römifd^en  ^iöcefe  l^inau^  unb  ber  neueren 
Stoatdentnndelung  gemög,  me^  ©taat^iener  al^  firc^li(^e.  9luc^  ber  5larbinal'jtamers 
lengo  fe(b{i  tanmbte  fic^  au^  biefen  ©rünben  immer  me^r  ben  @taatdtntereffen  ju,  unb 
[eine  Itn^Kc^  ©efc^fte  lamm  babei  aHmöl^ltd^  an  ben  JlarbinalDifar,  f 0  ba^  bief er  f))äter 
m  faft  ber  gefamten  9tegierungdt^ätigfett  be$  $a))fted  aH  93tfc^of^  t)on  Slom  beffen  'ßtt^  56 
treter  unb,  man  tann  tt)ol^l  fagen,  ber  eigentltd^  fungierenbe  ^ifd^of  bafelbft  ift.  3l\xx 
toenige  3^^^  ^^  e))ifIo))alen  ^l^ätigteit,  j.  ^.  bie  JtoQation  ber  ^tmtcr  unb  bie  6c^lüff eU 
gctDoIt,  Dertooltet  er  nid^t  @r  ^at  ju  feiner  $tlfe  einen  SBetbbifd^of  (^St^egcrente)  unb 
k^erM^ebene  onbere  Seamte.  »^r  bie  93erh>altung  ber  potestas  Ugandi  et  solvendi  ^at 
ber  ^ßcepft,  tote  onbere  93if(^öfe  auc^,  ein  eigene^  SRitglieb  feined  Jta^itel^  —  ben  5^rbina(s  go 


182  ftttrie 

^önitengiar  —  jum  ©el^Ufen:  ben  eingtgen  unter  ben  ft)e)teQsrömtf(^en  Stöcefanbeomten, 
ber  bx^  auf  ben  l^euttgen  Za^  mit  ben  ^irimatialgefc^äften  ju  t^n  fyit. 

Sie  Äir(^en))rot)in2,  ber  3)letro)>olitanfprengeI  9tom  begreift  bie  oben  genannten  fec^ 
—  ftüi^er  fieben  —  fog.  fuburbifarifd^en  SiStümer,  beren  SDiöcefanregierung  inbeö,  ba  i^w 

6  ä3ifc^öfe  im  fiarbinatgifoUegium  finb,  großenteils  t)on  Stom  aud  beforgt  tDtrb,  unb  bei  ber 
gerabe  bort  unumgänglichen  Slnnal^me,  baß  ber  $a^ft  mit  jebem  Sifd^ofe  obfolut  bm» 
!urrierenbe  ^urisbittion  l^abe,  teiltoeife  an  ben  ^arbinolDüar  gelommen  \ft.  Srjbif^flit^ 
ä3e^örben  giebt  eS  bal^er  gu  9{om  fonft  nic^t. 

Ser  fiirc^enftaat  tourbe  bis  1815   als  fiirc^engut  betrachtet,  tocS  er  au^  tn> 

10  ft>rüngli(^  ift;  unb  bad  tDeltlic^e  ^Regiment  beS  ^apfteS  barin  begriff  nic^t  kriel  md^  aß 
eine®ütert)ertüaltung  im  „Patrimonium",  fotoeit  bafclbft  nic^t  ber  8bel  l^errfc^te,  unb  eine 
@tabtregierung  gu  9tom,  fotoeit  beffen  a(te,  reid^freie  @etbftftdnbigteit  gebrond^en  toor. 
Surc^  bie  Srtoerbung  ber  fog.  ,,£egationen"  erlitt  bieS  !eine  SJerönberung,  benn  btefen 
$robin)en  berblieb  bei  tl^rer  lta))ituIation  große  @elbftftönbig!eit,  unb  ber  $a))ft  fc^t^ 

16  b(oß  einen  geiftlic^en  @tattl^alter  —  Segaten,  Delegaten  —  ^in,  um  bie  oberfte  Stegtetung 
2U  fül^ren  unb  bie  @in{ünfte  an  bie  ))ä^ftlid^e  5tammer  nad^  Stom  abjuliefem.  Übrigen^ 
regierten  9(bel,  @täbte,  Jtlöfter  tc.  ftd^  felbft.  SBegen  biefeiS  ))atrimonialen  Sl^dCterd  bed 
^ird^enftaateS  toar  für  il^n  ber  JlarbinaI«fiamerIengo,  auc^  nac^bem  er  feine  Unterbeamten 
nic^t  mel^  felbft  ernannte,  t)on  größtem  Sinfluß:  ein  ültinifter  bed  Innern  unb  ber 

ao  ginanjen,  als  toelc^er  er  auc^  bie  auS  ber  fiirc^e  gezogenen  @in!ünfte  bed  ^rimateiS  in 
feine  ^Bertoaltung  be!am.  3)abei  bel^ielt  er  ftetd  feinen  toefentlic^en  Sl^ratter  old  fUfSfftSi^ 
fentant  beS  mitregierenben  Jta))iteIS  ber  jtarbinöle,  bef|en  bomel^mfted  SRitglieb  er  ifil;  o 
toar  faft  mel^r  SRinifter  biefer  Slriftofratie  als  beS  ^apfted.  9{eben  ü^  jj&oc^  er^ob  ftd^ 
feit  @nbe  beS  15.  unb  9lnfang  beS  16.  ^al^^r^unbertd,  alfo  fobalb  bie  $ä))fte  begannen, 

26  fic^  toefentlic^  atö  SanbeSl^erren  gu  enttoideln,  auc^  ein  SRinifter  beiS  monarc^ifc^en  $nn* 
ji})eS:  el^emald  Jtarbinals9te})ot,  ober,  toenn  er  nic^t  3ltpot  ttHir,  Jlarbinat$atron,  je)^ 
i{arbinals@taatdfefretär  genannt.  @r  ift  anfangt  eine  9(rt  ÜJtinifter  beS  ))d))fUi(^  ^oufeS 
ober  ^abinetSminifter,  fobann  SSertoalter  aQer  berjenigen  9efugnif|e,  bie  ber  $a))ft  neben 
unb  über  ber  fia))itelSregierung  beS  Jtarbinal^merlengo  im  Jtird^enftaate  })erfiynli(^  noc^ 

80  befaß,  alfo  3Rinifter  bed  ^nnem,  fotoeit  eS  nid^t  ber  ftarbinal^merlengo  fc^on  toac,  ben 
er  übrigens  ftetig  ju  belämt)fen  gehabt  unb  ebenfo  ununterbrochen  rücttpärts  gebr&ngt  fyxL 
@r  l^atte  als  folc^er  bie  Segaten  foh)ie  bie  toö^ftlic^en  %tu!pptti  unter  ftc^,  unb  bertrat 
aQen  !or))oratit)en  unb  abeligen  @elbftftänbigfeiten  im  Sanbe  gegenüber  ben  SanbeS^erm. 
3Jtinifter  beS  SluStoärtigen  enblid^  toar  er  t)on  9lnfang  an  allein,  unb  jtDar  nic^t  bloß  in 

86  ftaatlic^en,  fonbem  au^  in  lird^lic^en  älngelegenl^eiten,  unb  baburc^,  fotDte  burd^  feinen 
beftänbigen  )>erf5nlic^en  SSerte^r  mit  bem  $a))fte,  auf  bie  ®efc^&fte  beS  ^rimoteS  bon 
größtem  Sinfluß.  ^enn  ber  $rimat  ru^et  ^ule6t  auf  ber  ^erfon  beS  $a)){led,  unb 
biefer  lann  ftd^  in  jebem  eingelnen  ^Qe  als  (Sel^ilfen  ju  beffen  SSertoaltung  tuäblen,  toea 
er  toiH.  —  ©eit  man  t)on  1815  an  begann,  bie  mobeme  ^i>^  beS  Staates  audp  te  ben 

40  ^irc^enftaat  unb  feine  93erfaf|ung  in  9lnh)enbung  ju  bringen,  mußten  bie  ®efc^fifte  beS 
StaatSfefretariateS  fid^  bebeutenb  berme^ren,  fo  baß  man  1833  baSfelbe  )u  teilen  befc^bß. 
@ettbem  tourbe  neben  bem  alten  Jtarbinal^taatSfelret&r,  ber  je^t  ^rbinatStaatSfetretfir 
beS  äluSivärtigen  l^ieß,  nod^  ein  befonberer  fiarbinal^@taatsfetretär  beS  ^][nnem  ernannt, 
ber  aber  jenem  erfteren  burc^auS  untergeorbnet  blieb  unb  il^m  bal^er  Don  feiner  alten  Se» 

46  beutung  nid^tS  entzogen  l^at.  Sie  feit  $tuS  IX.  in  ber  Sinric^tung  ber  StaotSbe^örben 
gemachten  SSeränberungen  nö^er  ju  Verfolgen,  liegt  außer  ben  ©renken  biefer  nur  bie  getft* 
lic^e  ßentrdftelle  betreffenben  3)<urfteBung. 

S^re  Organifation  toar  ju  9lnfang  beS  16.  ^al^r^unbertS  bie,  baß  aOe  eigentlich 
^uftijfac^en,  berrn  bamals  noc^  eine  große  älnja^l  nac^  9tom  gingen,  t)on  ber  Siota,  bem 

60  oberften  @eric^tSl[;ofe  für  ben  Airc^enftaat  unb  für  bie  ^irc^e,  SlegierungSfac^en  hingegen 
in  ^erfammlungen,  bie  c^onsistoria  gießen,  bem  JtarbinalS^JtoQegium  unb,  toaS  pm  Qk« 
toiffenSforum  gehörte,  t)om  ^arbtnalpönitenuor  unb  ber  i^m  untergeorbneten  ^ömtenjiorie 
bearbeitet  h)urben,  fotote  enbUc^  ber  $a))ft  für  )>erfönlid^eS  Eingreifen  eine  9Crt  Sureou 
mit  bortragcnben  Späten  (referendarii),  bie  Signatur,  befaß:  babon  benannt,  baß  er  bie 

65  burc^  fte  ge^enben  9leffrij)te  felbft  ftgnierte  (in  bem  Driginallonjebte  unterzeichnete).  J)i^ 
felbe  verfiel  nad^  ben  beibcn  ^autJtjiveigen  ber  )>ä^ftlic^en  X^ötigfeit  —  geifUic^e  Xbmini* 
ftration  unb  ^uftij  —  in  bie  Signatura  gratiae  unb  justitiae,  f))äter^in  jtoet  gon) 
getrennte  93e^örben.  ^r  baS  Vermöge  ber  betaillierten  Sd^riftlid^teit  beS  ^Regimentes,  über 
beren  Umfang  unb  93ebeutung  ^urter  in   feinem  Seben  ^apft  l^nnocen)  III.  gute  9ta(^ 

60  roeifungen  gegeben  l^at,  fotoie  toegen  frül^en  3){ißbraud(|eS  gur  t^nan)f)}efulation  fe^  auS< 


ftttm  183 

gebe^nte  @c)>ebUu)ndtt)efen  beburfte  man  einer  ani  jenem  el^emoltgen  JtoQegium  ber  92otare 
eittfianbcnen  Slanjlei  (Cancellaria  apostolica) ;  unb  \vül  toegen  ber  ^enge  t)on  ^frünben^ 
refeitxktümen  ein  genaue^  Siegtfter  ber  gefc^ei^enen  SSerlei^unaen  nötig  toax,  t)eranftaltete 
man,  ba^  in  ber  ^atarie  aQe  @£})ebitionen  il^r  Satum  empfangen  unb  regiftriert  iverben 
mußten.  2)iefe  Satorie  tourbe  an^  bem  @$ebitiondbureau  ber  i^anjlet  balb  eine  t)on  ber  6 
Ie|teren  gong  abgelöfte  unb  im  SSeneftjialivefen  felBft  bortragenbe  ä3el^örbe.  ^ergeftalt 
amiteten,  ald  ho^  Xrtbentinum  begann,  für  S^nftruftion  unb  Sntfc^eibung  ber  ^uriat 
gefc^ofte  1.  bod  im  Äonftftorium  t)erfammelte  jlarbinaldloQegium,  2.  bte  beiben  Signa^ 
turen,  3.  bte  ^nitenjiarie,  4.  bie  Slota  unb  5.  bte  ^atarte;  für  bie  ®£)}ebitton  ber  im 
Sbmfil^um  unb  ben  Signaturen  bearbeiteten  ©efc^äfte  bie  ßanjlei  unb,  toenn  fie  auf  lo 
einem  finden  unb  too^Ifetleren  SBege  q^ebiert  toerben  foSten,  bie  ©efretarie  ber  ^reben, 
toeU^e  urf})rüngli(^  mel^  für  bie  pn\)au  ^orref))onben2  bed  ^apfted  gebient  l^atte.  ^öni» 
tenjtane,  9tota  unb  ^otarte  e£pebierten  baiS  t)on  il^nen  ä3earbeitete  felbft.  ^m  Jtonftftos 
rtum  aber  befa^  jebe  fiircl^en))rot)in^,  jeber  3R5nci^orben,  jebed  bebeutenbere  Sanb  einen 
oud  ber  3^(  ^^  Jtarbinäle  nac^  etgenem  SSertrauen  erh)ctl^Iten  $roteItor,  tDdid^er  aUed  is 
auf  feine  iUientel  Sejüglic^e  an  jtonftftorialgefc^äften  beforgte,  b.  1^.  ed  inftruierte,  im  Ron? 
ftftorium  bocüber  Vortrag  ^ielt  unb  ba$  ^efultat  ber  bortigen  Hbftimmung  fd^riftlid^  in 
aut^entif^er  gform  (mit  feiner  Unterfc^rift  unb  feinem  Siegel  berfel^en)  mitteilte.  %ixx  bie 
gfonnitlierung  unb  @ä)ebition  in  forma  biillae  ober  brevium  ^atte  ber  Klient  hierauf 
fetter  ju  forgen.  —  ®ie  ÄompetengDerteilimg  toar,  toie  DctaDianu«  SeftriuS  in  feiner  ba^  ^ 
moiü  gefc^riebenen  Introductio  in  Romanae  Aiüae  actionem  (ä(u^.  cum  not.  Gra- 
vatii,  Senebtg  1564)  fte  fc^ilbert,  folgenbe:  aQed  S^ogmatifd^e  unb  Siturgifc^e,  aQed  ba^ 
Jttn^engut  fotote  ben  fog.  ^eben  ber  Jtirc^e,  tool^in  namentlich  i^r  SSer^öItnid  ju  ben 
Staaten  gehört,  Setreffenbe  ^tte  bad  fionjtftorium,  nid^t  minber  bie  Sifc^of^emennungen 
unb  bte  ^ertei^ung  getDtffer  $frünben  (beneficia  consistorialia).  3!)ie  potestas  ligandi  26 
et  solvendi,  famt  allen  ^[nbitlgenjen,  t)erh)altete  bie  ^önitenjiarie,  unb  au^erbem  gett)if[e 
5Dtd|>enfen  ))on  menfc^lic^en  ©efe^en,  j.  93.  @^e^tnbemif[en,  befonberen  Orbendregeln,  @is 
monie  u.  bgL  m.  ^ie  Signatura  gratiae  t)ermittelte  bieienigen  ©nabenfac^en,  beren  ^^' 
tanOtgung  ber  $at)ft,  neben  bem  ^arbinal^^önitenjiar,  nod^  felbft  gu  erteilen  beliebte,  famt 
ollen  ittc^tlonfi^orialen  Senefi)ient)erleil^ungen,  fotoeit  biefelben  nid^t,  toad  bamaU  nur  bei  ao 
bat  uitbebetttäü)eren  Senefi^ien  ber  ^t  toar,  bereite  an  bie  3)atarie  gelommen  toaren. 
^e  Sehetorie  ber  9ret)en  ^atte  f(^h)an!enbe  ftom))eten2.  diota  unb  Signatur  ber  ^ufti) 
tDoren  reine  ^uftijbe^örben :  jene  ein  ätppeUation^eric^t  für  bie  gange  d^riftlic^e  ^elt,  bief e 
bod  eigentlich  getftlic^e  ®erid£^t  bed  ^rimated  für  bad  forum  ecdesiasticum  personale 
unb  reale,  tDelc^ed  blo^  baburc^  ftc^  befd^räntt  fanb,  bag  ber  ^apft  h)egen  ber  befonberen  86 
9tti)tt  mancher  9{ationalIird^en,  j.  93.  ber  beutfd(|en,  in  getoijfen  fällen  t)er)9fli(^tet  toar, 
fitttt  Sad^  bor  biefem  (Sendete  entfc^eiben  gu  laffen,  t)ielmel^r  judices  in  partibus 
gu  geben. 

Son  biefen  Sel^örben  f^cd  bie  Signatura  gratiae  )u  eueren  aufgei^ört  unb  i^re 
Sefc^fte  tetld  an  bie  ^otarie,  teitö  an  bie  Sebetarie  ber  Sreben  unb  ben  jtarbinat  40 
Stoatdfelretär  abgegeben.  3)ie  Slota  aber  unb  bie  Signatura  justitiae  blieben,  toegen 
SRongeU  an  ®ef(9äftd)u^^  t)on  anitn,  nic^t  me^r  ))rimatiale  ä3e^5rben,  fonbem  behielten 
Uo^  no(^  territoriale  ä3ebeutung.  92o(^  eine  ^arfteOung  ber  9tota  Don  1854  ober  — 
Del  tribimale  della  Sagra  Rota  Romana,  memorie  storiche  colle  rispettive 
boUe  de'  Pontefici  ridotte  in  compendia  col  Metodo  dei  Guerra  e  volgarizzate,  46 
dl  Giuseppe  Bondini  segreto  di  Rota  gia  di  Monsig.  T.  Mertel  ora  Ministro 
ddl'InternOy  Bibliotecario  di  S.  E.  il  duca  Torlonia,  ec.  Roma,  coi  tipi  de' 
frateOi  Pallotta  —  ffrid^t  i^re  uniberfale  Jtom))etenj,  gang  toie  fte  oben  begeic^net  toor« 
ben  ifi,  oud,  imb  er!Uirt  bie  gegentoärtigen  ^inbemiffe  in  beren  9ludübung  nur  für  fat 
ii\i^  unb  borüberge^enbe.  ^r  Italien  fei  bie  9tota  auc^  ein  ®eri(^t  erfter  ^nftanj  mit  60 
bcfd^onlter  Rompttm^  (fte  fte^t  unter  ber  Signatura  justitiae),  für  bie  Sänber  jenfeitd 
ber  SUpen  hingegen  etn  9l|)))ellatton^erid^t  britter  unb  ^öd^fter  ^^fian),  an  toelc^e^  itoax 
nur  foUe  Socken,  in  benen  fc^on  iftm  nic^t  lonforme  Srtenntniffe  ergangen  feien,  ge^ 
langen  wmten ;  bo(^  gelangen  biele  Sad^en  obne  biefe  ä3ebingung  an  ba^felbe.  Xa^  ©e^ 
rii^  befionb  feit  $a))P  Si^tud  IV.  aud  )h)ölf  SRitgliebem  (9lubitoren),  bon  benen  brei  66 
Sldmer  tborcn,  einer  aud  ä3ologna,  einer  a\x^  ^errara,  einer  abtoed^felnb  aud  Xodfana  ober 
^krugia,  ein  Senetianer,  ein  ^ailänber,  ein  3)eutfd^er,  ein  ^anjofe  unb  itoÄ  Spanier. 
®en  „S)eutfc^"  bwfeitticrte  ber  Äaifer  bon  £)fterrci(^  an^  feinen  italienifc^en  Staaten, 
unb  fo  taxtren  au(^  bie  übrigen  ftatutarifc^en  SSerfd^iebenl^eiten  ber  ^Rationalität  ntc^t  aQe 
tpcrilt^  beachtet    2)en  93orft^  fül(;rte  ber  ältefte  ^ttbitor,  unter  bem  Flamen  beö  3)eland.  eo 


184  ftttrie 

3n  ber  neueften  offijtöfen  Gerarchia  cattolica  fmb  Stota  unb  Signatur  bet  Suftiji  jtooc 
ntc^t  ol^  Se^örben,  ober  ed  fmb  bte  SRttgUcber  angegeben,  toelc^e  fte  au^maqen  (com- 
ponenti  la  S.  Rota  unb  la  Se^atura  papale  di  giustizia),  tDomit  betberiet  Se» 
lörben  al^  na<^  Slnnal^me  ber  fiune  fortbeftel^enb  genügenb  gelennjetd^net  tuerben. 

6  31U  eigentlich  unb  altiD  lirc^Iic^e  fiurialbel^örben,  abgefel^en  t)on  ber  Jtommer,  bte 
ald  übertviegenb  ftaatlic^e  93erft)altungd[teQe  nid^t  baju  gered^net  toerben  lann,  fmb  oQo 
t)on  ben  bortribentinifc^en  nix^  übrig  bad  fiarbinaI^!oQegium,  bte  ^önttenjiarie,  bte  2)a? 
tarie,  @elretarie  ber  ä3ret)en  unb  Jlanglei.  Über  bie  3uf^>n^^<if^ung  beS  AarbinoU« 
!oOegiumg  unb  bie  ftonftftorien,  toetc^e  t)on  ben  ju  9tom  refibierenben  Jlarbtnälen  ge^oltm 

10  toerben,  ift  oben  bie  Siebe  getuefen.  3)ie  $5niten^iarie  ftel^t  imter  bem  j{arbtnals$dttttens 
jiar,  bie  3)atarie  unter  bem  ^räftbtum  bed  Jtarbtnat^robatard,  bie  Jlanglet  unter  bem 
^arbtna('93i2efan)Ier;  bie  @e(retarie  ber  Sreben  unter  bem  JtarbinatSebetorttid  brevium. 
2iebe  ä3e]^5rbe  l^ot  @efretäre  unb  fonftige  ültitglieber,  toeU^e  aud  ber  iä^lid^  erf^etnenben 
Gerarchia  cattolica   ju  erfel^en  fmb.    Sie  @ebetarie  ber  Sreben  tft  fett  Xnfmtg  btefeiS 

16  S^a^rj^unbertd  oft  mit  bem  ©taat^fefretoriate  be^  Slu^toärtigen  t)erbunben  getoefen.  Ser 
itarbinol^taat^felretär  l^at  ein  Sureau,  bad  au^  berfc^iebenen  @etretären  tt.  f.  tu.  befte^ 
^(bgejtoeigt  ftnb  befonbere,  &^nli(^  !om))onierte  @efretariate,  de'  Memoriali,  de'  Brevi 
ai  Prindpi,  delle  lettere  latine  unb  deiruditore;  le^tere  brei  nur  unter  ^roloten, 
nid^t  unter  Äarbinölen  ftcl^enb,  alle  bier  mit  geringerem  ^ßofonal. 

ao  .  Sicfe  bi^  auf  bie  @efretariate,  tok  biefelben  j^t  befc^affen  fmb,  fc^on  Dortrtbenttmfd^ 
ä3e^5rben,  unb  ^toar  in  gleid^er  ober  faft  gleid^er  SSerfaffung,  ftnb  nun  ober  fett  bem  16. 3^^ 
^unbert  baburd^  in  i^rer  Stellung  beränbert  toorben,  baft  fett  ettva  ber  3)lttte  bedfelbat 
bie  ^ö^fte  neben  ü^nen  ftänbige  ^arbinalslommifftonen  für  beftimmte  ®efd^äft$!retfe  etm 
juric^ten  anfingen,  fogenannte  Kongregationen,  an  bie  man  ftc^  ebenfott>Dl(^l  tüie  an  bte 

26  alte  für  bergletc^en  @(cf(^äfte  nad^  tote  t)or  gleichfalls  fompetente  Sei^örbe  toenben  loniilc, 
unb  an  bie  man  ftc^  t^atfäc^lic^  häufiger,  als  an  bie  alte  Stelle  toenbete  tmb  ta>enbet 
3)iefe  Kongregationen  e^ebieren  fömtlic^  nic^t  burd^  bie  Jlanjiei,  fonbern  jjebe  Jtongregottim 
burd^  il^re  eigenen  Beamten.  Sie  SSerfaffung  jeber  einzelnen  beruht  auf  ben  befonbercn 
93eftimmungen,  bie  bei  i^rer  @rric^tung  ober  ^ortbilbung  barüber  getroffen  tuorben  ftnb. 

80  ^nbeS  ift  (tuen  gemeinsam,  ba^  neben  ben  eigentlichen  SRitgliebem,  ben  Jtarbinölen,  tnm 
benen  fic^  au^er  bem  SSorft^enben  Cßrdfelten)  nur  bie  ju  9iom  antoefenben,  tmb  ott^  bte 
ntd^t  alle,  beS  ©efd^äftSbetriebeS  annehmen,  fte  eine  älnjal^I  fac^lunbiger  Hilfsarbeiter 
l^aben,  toeld^e  in  ben  @i^ungen  referieren  unb  ol^ne  iBotum  bie  eigentliche  SSrbett  t^un. 
^ebe  Kongregation  ^at  emen  Selretär,  toelc^er  getoö^nliA  ^rälat  ift  (nur  ber  ber  ^nqui« 

86  fttton  ift  Karbtnal,  benn  ber  ^apft  felbft  ift  ^ier  ^räfeft)  unb  ber  bie  ®efd^^  tl^ 
fäc^lid^  leitet  Sie  Hilfsarbeiter  ^ei^en,  je  nad^  ber  9lrt  ber  il^nen  übertragenen  9töeit, 
Konfultoren,  toaS  ber  getoöl^nlid^e  92ame  ift,  bann  Dualiftlatoren,  Stelatoren  u.  f.  to. 
©ubaltemj)erfonal  tritt  bei  jeber  Kongregation  ^ingu. 

Sie  dltefte  tourbe  1542  auf  9lnlaf  ber  beutfd^en  9{eformation  geftiftet  )ur  Serfol« 

io  gung  jeber  älrt  $ärefte :  bie  S.  Congr.  Romanae  et  universalis  Inqtiisitionis  ober 
Sancti  Officii,  im  gemeinen  £eben  Sant' Ufficio.  @ie  ift  f^öter  ergämt  toorben  btitc^ 
bie  Don  $a))ft  $aul  Y.  I^^ingugefügte  ftar!  befe^te  S.  Congr.  Indids  libror.  prohibi- 
torum  für  Ucbcrtoac^ung  ber  Sitteratur  (f.  b.  3[.  Süc^erjenfur,  S5b  III  ©.  523).  SU 
fitoeite   KongregationSftiftimg   gefd^a^  bei  (Gelegenheit  ber  ^ublüation  ber  Xribenttno 

46  KonjilSfc^lüffe,  1564,  inbem  ber  $aj)ft  $iuS  IV.  junäc^ft  für  biefe  unb  für  bie  Über» 
h)ac^ung  ber  9luSfül(^rung  eine  fol^e  Kommiffton  t)on  jtarbinölen  ernannte  uitb  berfelben 
aufgab,  i^m  t)or2utragen,  h)aS  ftc^  babei  als  ;h)eifel^aft  ertoeifen  möchte  (SuQe  Alias  nos). 
3Son  ©ijtuS  V.  erl^ielt  biefe  S.  Congr.  Cardinalium  Concilii  Tridentini  Inter* 
pretum,    aud^  Congregatio  Concilii    unb  im   gemeinen  Seben  fc^led^tbin  Cond^Jo 

60  genannt,  1587  (c.  Immensa  Aeterni  Dei  t)om  22.  ^lanuar),  baS  Stecht,  bergleU^ 
gtoeifel,  ioenn  fie  nic^t  bogmatifc^cr  9latur  feien,  felbft  ju  entfc^eiben,  tourbe  fo  t|Niii» 
fäc^lid^  für  faft  aOe  ^ngelegenl^eiten  lom^etent,  in  benen  auf  eine  Slnorbnung  bed  Xri« 
bentinumS  93e^ug  genommen  tvirb,  unb  i^re  Stic^terfprüd^e  (resolutiones),  tute  t^ 
autl(^enttfd^en  Kontrot)erfenentfc^eibungen  (declarationes)   beft^en   großes  Slnfe^.    Sme 

65  ©ammlung  berfelben  (thesaurus  resolut.)  ift  feit  1718  in  über  150  Duortonten  er» 
fd^tenen.  äluSjüge  barauS  in  l)er  9ttc^ter'@d^ultefc^en  SluSgabe  beS  XribentinumS.  %xif 
bie  Snquifition  ^atte  5Pa})ft  ©ijtuS  V.  in  ber  angeführten  Konftittition  reorgoniftert 
3ugleic^  errid^tete  er  brei  neue  Karl)inalSlongregationen :  bie  S.  Congr.  super  negotüs 
Episcoporum  et  Regularium,  im  gemeinen  Seben  Vescovi  e  Regolari  genamtt,  für 

60  Übertoac^ung  unb  Rettung  ber  Stfc^öfe  unb  ber  geiftlid^en  Orben  an  fic^  unb  in  tl^rem 


ftttrie  186 

gegenfeitigen  Seri^bntffe  (Ck)l]ectanea  in  usum  Secretariae  S.  Gongr.  Episco- 
porum  et  Regalarium,  Rom.  1836),  bie  S.  Gongr.  Rituum  für  SJeaufficptigung 
unb  $ebung  bed  jtultud,  für  Jlanonifattonen  u.  bgl.  (Decreta  authentica  S.  Gongr. 
Rituum  ex  actis  etc.  ed.  Gardellini,  Romae  1824  unb  Eberle  Manuale  decre- 
tor.  etc.,  Ratisb.  1851)  unb  bie  S.  Gongr.  consistorialis  für  SSorbereitung  bcd  bem  6 
oDgemetnen  JtarbtnaldtoQegtum  in  feinen  ftonftftorien  noc^  juftönbigen  @efc^äftöbetriebe^. 
3m  eemetncn  Seben  ^ei|t  jene  Riti,  biefe  Gonsistoriale.  Stegelmä^ige,  fogenannte 
,,orbentltd^",  itonftfbrien  tourben  el^ebem  ^tDeimoI,  bann  einmal  toöci^entltc^  gehalten;  in« 
bem  bon  \ijfttn  ®ef(i^ften  immer  me|^  auf  bie  ftonfiftoriale  unb  auf  bie  anberen  ftongre« 
gotionen  überging,  l^en  bie  orbentlic^en  Jtonfiftorien,  bie  um  1680  noc^  monatlid^  ein»  lo 
mal  bonufommen  p^t^ttn,  aÜmäJ^Iic^  fo  gut  toie  böQig  aufgel^ört,  unb  ie^t  !ommt  ba9 
fiarbinatefoQegium  faft  nur  noc^  in  ^^au^erorbentlid^en''  ftonftftorien  unb  nur  ba^u  ju« 
fommen,  um  moterteU  bereite  befc^loffene  Slngetegenl^eUen  formeQ  ju  genehmigen  unb  ber 
^ublilotimt  bed  Stefultoted  anjutoo^nen. 

3m  17.  3<^^^vibert  lamen  ^in^u :  1622  bie  Kongregation  De  Propaganda  Fide  i6 
für  Scntrolifterung  bed  3Rifftondbetnebed    fotoo^I  9li($td^riften,   toie   ^rotqtanten    unb 
(Srtec^  gegenüber  unb  ju  Seitung  bed  Jtirc^enregimented  im  ültiffiondaebiet  aud  biefem 
®€fi(^tö)nmtte  (Bullarium   Gongreg.  de  Propaganda  F.,    5  ä3be,  mom  1839  ff.,  f. 
b.  9L  ,,$ro))aganba'Or  femer    1626   bie   S.  Gongr.  Immunitatis  ecclesiasticae  für 
SBa^nmg  foqlic^er  ^riiinlegien  gegenüber  bem  Staate  (Ricci  Synops.  decret.  et  reso-  20 
lut.  S.ConffT.  Immunitatis.  Taur.1719),  t)on  beren  ©efc^äftdhei^  fpäterl^n  (1815  ff.) 
ein  Xetl   ot^  bie  S.  Gongr.  super  negotiis  ecclesiasticis    extraordinariis  (deffli 
affari  eodesiastici   straordinarii)  übergegangen   ift.    ^r  bad  ^nbulgenj-  unb  ^e» 
liquientDefen   entftonb    1669   bie    S.  Gongr.  Indulgentiarum    et    Sacrarum  Reli- 
quiarum  (Prinzivatti  Resolut,  s.  decreta  .  . .  S.  Gongr.  indulgentiis  sacrisque  25 
reliquiis  praepositae,    Rom.  1862).  —   Slnbere  jtongregationen,  immer  Don  gleicher 
SintK^tung,  finb  für  onbere  ®efc^äfte,  oft   nur  borübergel^enb,  be})utiert  tDorben:  bie 
Gerarchia  cattolica  fül^  ald  le^t  beftej^enbe  Kongregationen  au^er  ben  bi^l^er  genannten 
nodf  auf:   bie  ber  Visita  apostoiica,  eine  @))e)ialIongregation  per  i  Goncilii  provin- 
dali,  bie  ber  Residenza  dei  Vescovi,  Sopra  lo  stato  dei  Regolari,  Gerimoniale,  ao 
DiseipÜDa  regolare,   Esame  dei  Yescovi,   Fabbrica   di  S.  Pietro,   Lauretana, 
Studü;   fämtlMj^  in  i^en  älufgaben  unb  ben  bemgemä^en   allgemeinen  ©renken  il^er 
fiom)>eten)  fc^on  oud  ü^ren  92amen  ertennbar;  gum  ^eil  blo^e  Slbjiveigungen  ber  |ier« 
t>orgd^obenen  $au))tbngregatbnen. 

3^  Sa^&ttnid  ju  ben  älteren  Sel^drben  ift  in  betreff  ber  Jtonftftoriaßongregation  86 
bereite  bcri^ri  SBrnn,  um  nod^  ein  )h>eited  ä3eifi>tel  naiver  au^jufül^^ren,  bie  Gongregatio 
Goncilii  fomt>etent  1%  fo  oft  ^  bie  9lu^fü^ng  irgenb  eine^  ^efd^Iuffed  bed  Sriben« 
tinumd  gilt,  fei  berfelbe  an  fic^,  in  feiner  ä3ebeutung,  fei  ed  blog  in  feiner  ^(ntoenbung 
auf  einen  borliegenben  ®inj|d[fall  beftritten,  fo  Qd}t  bied  fo  toeit,  baft  ).  9.,  toeil  ä3e« 
bingunßcn  unb  §orm  ber  S^efd^lie^ung  im  Xribentinum  georbnet  toeroen,  Dor  jene  ä3e«  40 
^drbc  id)t  Prüfung  ber  StuUitot  t)ermeintli(^er  @l^en  gegogen  toerben  lann,  unb  ebenfo 
toeil  bad  Znbentinum  beftimmt,  toad  )ur  Orbination  toefentltd^  ift,  jebe  Prüfung  ber 
92uIIttat  bon  Orbinotionen  u.  f.  to.  Sebenft  man  nun,  toie  t)ielfa(l^  bie  S(^Iüf|e  Don 
Xriatt  in  bod  Seben  ber  jtird^e  eingreifen,  fo  h)trb  man  ertennen,  tote  gleid^foÜ^  ein- 
grctfenb  in  bie  ilomt)eten)freife  aQer  älteren  jturiatbe^örben  bie  Jton^eten^  jener  ^ongre«  45 

r'm  fein  mu^  3&dft  anberd  ift  ed  mit  ber  ^Kongregation  Vescovi  e  Regolari,  benn 
lonn  JolM  fo  jiemlic^  aQed  unb  jjebe^  bearbeiten,  toad  ftc^  auf  Sifc^öfe  unb  Orben 
be|tc^  Xe^ic^  toäre,  toenn  au<^  ntc^t  aUentl^Iben  in  gleicl(|em  ®rabe,  t)on  anberen 
fiongrcootionen  gleic^falä  ju  fagen.  ^n  ^öl^em  ®rabe  aber  no<^  gilt  ed  Dom  5tarbinal3 
ftoatdfmctfir,  ber  burd^  feinen  forttoä^renben  ^erfönlic^en  SSerte^r  mit  bem  $at)fte  ®es  60 
legen^  fyä  unb  Dorbmmenben  f^aSed  auc^  nimmt,  in  ber  fiomt)eten5  mit  ben  t)ers 
{($t^enflcn  Stellen  )u  lonturrieren. 

2>a  mm,  toie  Jc^on  gefagt,  bie  älteren,  t)ortribentintfc^en  93e^örben  ber  Aurie  in  i^rem 
normalen  Qkfd^ftdbeife  nai^  toie  t)or  rec^tlid^  nid^t  befc^räntt  fmb,  auc^  bie  Jtom))eten2s 
greifen  ber  neueren  Sel^drben  einanber  fo  tyiA^ad)  burc^fd^neiben,  fo  entftel^t  ju  9tom  eine  66 
gro^  3^1  dd6ö  lonlurrierenber  ^uridbiltionen,  unb  ein  alter,  furialer  ^raftifer  toar 
ballier  geneigt,  bie  Ssiftenj  einer  georbneten  ©efd^äft^erteilung  unter  ben  Jturialbel[;örben 
übes^out^jni  leugnen,  unb  ed  nur  al^@itte  anjuerfennen,  ba^  man  filr  befttmmte  @cfc^äfte 
be^nraite  SBc^ben  ange^  SSSietoo^l  bied  nur  annöJ^emb  richtig,  ba  jene@ttte  lemedtoegd 
eine  ttdfäii^,   btdta>eilen  ^ft  )}ofitik>e  ®runblage  ift.    @enauered  l^ierüber  finbet  ftd^  in  60 


186  ftttrte 

bcm  auffafee  bon  5!Jleier :  bic  tömtfd^c  Äurie,  il^rc  Sd^örben  unb  t^  ® eft^äftögong,  ©.  45  if., 
195  ff.  unb  bei  Sangen,  Sie  rdmifd^e  Jturie,  erftereiS  ein  Steif eberic^t  t>on  1845,  leffta^ 
in  Stom  felBft  gearbeitet,  umfänglicher  unb  eingel^enber,  aber  ol^ne  Ueberblid.  ^ter  genüge, 
neben  ber  borpin  berül^rten  Semerfung  über  bie  $ro))aganba,  l^ett)oriu^cn,  ba|  nn 

5  ®ef(^äft^betriebe  ber  ^urie  Italien  fid^  t)on  ben  übrigen  latl^olifc^en  £&nbem  infofam 
no€^  immer  unterfd^eibet,  aU  für  Died  Sanb  ber  )Ki))ftu(^e  3ln\ptni)  auf  ftdnbtge  Sitri^ 
biltiondlonlurrenj  mit  ben  äSifc^öfen  am  meiften  burc^gefü^rt  ifi  ^er  Jtreid  be^aüfiger 
©efd^äfte  toirb  t)on  ben  beiben  Jtongregationen  Gonciglio  unb  Yescovi  et  Regolari, 
nebft  i^ren  9(nl^ängen,  ben  Jtongregationen  deUa  Residenza  unb  Disciplina  regolare 

10  beforgt.  ^r  bie  übrigen  ,;Iat|olifd^en'',  b.  i.  nic^t  nur  burc^  ben  ®efic^td)>uim  ber 
SRiffion  toefentlic^  betroffenen  ©ebiete,  ftnb  bie  (aufenben  ^rimotialgefc^dfte  bed  ^tgen 
@tu^Ied  im  allgemeinen  äSifd^of^Ireationen,  ^frünbenberleil^ungen  ober  Sefiättgungcn  luib 
peh)iffe  3)i^enfen  unb  9(bfoIutionen.  ^r  erftere  ift  bie  Jlongregajione  Sonftftoriale  nebß 
t^rem  9lnl^ange,  ber  Kongregation  beQ'  @fame,  für  bie  $frünbent)ergabungen  bie  Satoric, 

16  für  bie  3)i^enfen  unb  ^bfolution  biefe  unb  bie  $öniten||iarie  |iaut)tfä(^Ii(^   ^ätig,   für 

®£t)ebition  ober  aQed  beffen,  toad  auS  ber  fionftftoriale  unb  Satarie  lommt,  bie  Sancmane. 

für  bie  ®c)>ebition  enblid^  unb  größtenteils  aud^  @£trabierung  ber  Sreben  bie  Secretoxia 

)ret)ium,  toietoo^l  aud^  bie  Kanjlei  je^t  Sreben  espebieren  fann.    Sie  ^önitenjiorie  unb 

fdmtlic^e  übrige  Kongregationen    l^aben  i^re  @£t)ebition,  getoöl^nlid^  in  §orm   etned  b^ 

20  glaubigten  ä(ud)ugeS  a\xi  bem  @i^ung^roto!oQ,  ber  Sebet  l^ei^;  in  9lebenbtngen  ober 
fel^  t)erf(^ieben. 

^n  ben  meiften  laufenben  ®efd^ften  tömten  bie  Se^örben  felbftftfinbig  entfd^etbcn, 
toobei  fie  fid^  nac^  il^ren  beSfaUftgen  SSoQmac^ten  (f^atultoten)  unb  noc^  ber  ^ßxo^ 
richten:   nur  bie  h)td^tigften   9(ngelegenl^eiten  !ommen  ))erfönlid^  an  ben  ^ßopft      3^ 

26  bi^em  S^tit  l^aben  bie  Sorgefe^ten  —  ?ßräfeften  unb  ©efeetdre  —  ber  ^au})tbe^ötbcii 
meiftend  toöcbentltc^  jiveimal  Vortrag  bei  il^m  (udienze  regolari);  fo  bte  ber  $t0|m< 
ganba,  ber  Kongregation  bei  Soncigtio,  SSefcoDi  e  Stegolari,  ber  Satar,  ©ubbotor,  $dm< 
tenjiar,  ber  ©erretör  ber  93ret)en  2c.  Ser  ©ebetär  ber  $ro))aganba  fyd  ieben  ©oniitag 
älbenb  feine  befonbere  älubienj;  ber  Karbinat©taatSfeIret&r  (beS  SluMftrtigen),  ber  (auf 

so  im  )>ö))ftlid^en  $alafte  h)ol^nt,  ^at  jeberjeit  3utritt.  ®r  unb  ber  ©elretär  ber  Sretmi 
muffen  in  ben  regulären  9lubienjen  ecfd^emen,  bie  übrigen  lommen  nur,  fo  oft  fie  ettDOi 
t)or2utragen  l^aben,  unb  bie  Karbinolpräfelten  ber  Kongregationen  bürfen  fic^  bobet  noc^ 
burd^  il^e  ©elretäre  vertreten  laf|en. 

ä3ei  aQen  römifc^en  Kurialgefd^äften  aber  toirb  Dorau^efe^t,  baß,  toer  irgenb  tttixA 

86  an  einer  Sel^örbe  fud^t,  ftc^  bei  berfelben  ))erfönlid^  einfinbe.  Kein  Sefc^eib  tDtrb  bun^ 
Soten  ober  ä^nlid^e  Sflittel  angefertigt,  fonbem  er  mu^  abgeforbert  toerben.  Sied  tw> 
fönlic^e  (Sin^olen  eines  Sefc^IuffeS  fü^rt  t)on  felbft  auf  beffen  p^Mxd^t  ^^örbenmg.  Sie 
@ä)ebition  betoiUigter  ©efu^fe  an  Satarie  unb  Kanglei  unb  el^emolS  an  beren  t>erfd^tAene 
fportelbered^tigte  ätbteilungen  lonnten  bie  äJittfteQer  unb  Parteien  felbft  übemel^cn  unb 

40  burd^  mand^erlei  bef(^(eunigenbe  SRittel  betreiben,  ^a  nic^t  aQein  bei  ber  ben  audferttgen^ 
ben,  fonbem  fd^on  bei  ben  bearbeitenben  Sel^örben  machte  il^re  Sintoirlung  fic^  geltenb  unb 
ift  no(^  ^eute  in  einer  ^orm  unb  9luSbe^nung  ju  9{om  ©itte,  bie  )u  ben  größten  Stt^ 
brauchen  fü^rt.  Senu^ung  t)on  t)erfönli(^en  9^erbinbungen,  t)on  3^^  unb  Um^änben  tfl 
eS,  h)aS  ben  geft^äftstunbigen  Slömer  auszeichnet,    ©d^on  bie  l(^ufige  Konlurren)  M> 

46  fd^iebener  Se^örben  unter  fic^  unb  noc^  mit  außerorbentlic^en  ®efc^äftötoegen  leitet  baxaiif 
^in,  fid^  ben  SBeg,  ben  man  feinerfeitS  einfc^Iagen  toill,  nac^  9tebenrüd(ft(9ten  )u  tDä^: 
©c^neQe,  9Bo^Ifeill^eit,  ®unft  (amicitia)  fmb  babei  bie  entfd^eibenben  ©rünbe. 

Semgemäß  ift,  um  an  ber  Kurie  ettoaS  ju  erreichen,  Dor  aQem  ^erfonaKeimtniS 
bienlic^:  unb  barauS,  näc^ft  ber  erh)ä^nten  ^orberung  t)erfönli(^er  ®ntgegennal(^e  bd 

60  ä3efdbeibeS  t)on  feiten  ber  ä3ittfteller  unb  ^arteten,  f^cd  ft^  Don  frül^  1^  baS  ^^^f^  ber 
^roluratoren  enttoidCelt,  beren  bei  t)ielen  S3e^örben  Meinbered^tigte  toaren,  unb  )b>ar  in 
KoOegien  jufammengefd^Ioflen  unb  felbft  ju  fogenannten  ^artejifmnten  auSgebilbet  *  ffoä* 
jutage  [xni  für  bie  fird^lic^en  ©efc^fte  beS  Primates  unter  i^nen  bloß  no^  bie  Sgenten 
unb  ©^ebigtoneri  toic^tig.  —  ©einen  älgenten  am  römifd^en  $ofe  ^atte  Don  altoS  ffa 

66  jebeS  93iStum:  eine  9lrt  geiftlic^en  ©efanbten,  ber  bieS  Slmt  getodl^lic^  für  me^im 
Kommittenten  ^ugletc^  Derfal^.  @in  folc^er  toar  ein  Kurialbeamter  unb  beforgte  bie  ®e» 
fd^äfte  fotoo^I  beS  bifc^öflic^en  ©tu^IeS  fetbft,  olS  auc^  bie,  toelc^e  in  ©ad^  Don  $ritKtt« 
teuten  burc^  ben  Sif^of  nac^  ^om  gelangten^.  93.  SiS})enfationSgefu(^e.  ®r  Dertoonble 
ft(^  unb   Derl^anbelte.     Sie  9(bfaf|ung  beS  äRemorialS  aber,  baS  jebe  Sitte  einfü^ 

60  muß,  baS  })erfdnlic^e  Setreiben  ber  9(u^fertigungen  in  ben  Kmijleien,  bie  SMjol^biiiQ  ber 


ftnrie  ftitr^  187 

®dbü^^ren  an  bte  Derfc^tebenen  berechtigten,  lurj  ade  ©ubaltemgefc^öfte ju  Befolgen,  toor 
er  }u  tH>me^  unb  überlief  bad  einem  @})ebtiionere,  beffen  3(mt  in  Seforgung  gerabe 
fob^er  ®ef(^fte  beftanb.  ^ie  ))(ö$Ii(l^e  ©efc^äftdberminberung  jebod^  feit  1808,  bie  @tn^ 
rid^tung  mobemer  ©efonbtfc^aften  ju  9lom  unb  bte  9{otn)enbigIeit,  in  h)eld^e  fo  biete 
9tf<^5fe  jetttoeilig  gefegt  tourben,  bur^  93ennittlung  berfelben  mit  bem  1^1.  @tul^I  gu  ber«  6 
lehren  —  tooburd^  benn  bie  ®efanbtf(^aft  gan^  an  ©tette  be§  Slgenten  trat  — ,  enbli<^ 
bie  Verarmung  Storni  ^ben  ben  Unterfc^ieb  jivtfc^en  @))ebition  unb  Sgentfc^aft  DertDifd^t. 
3>rr  allgemein  gebräuchliche  92ame  biefer  beiberlei  2^^dtig!eit  bereinigenben  ^roluratoren 
i^  gegentoärtig  soUecitatore  di  lettere  pontificie,  beren  ftc^  benn  oud^  bie  ie|ft  toieber 
btrm  mit  bem  ^I.  ©tu^Ie  lorrefiponbierenben  Sifc^öfe  bebienen.  —  6«  ift  eine  eigentüm^  lo 
lüfc  ^ittelfhDung,  in  toelc^er  biefe  ^rialen  fic^  befinben:  benn  gerabe  bie  fc^toäc^eren 
©eiten  bed  Orgontdmud  audjubeuten,  t)on  toelc^em  fte  fe(ber  ein  Seil  finb,  bie  kleben- 
toege  aufuttuetfen,  l^inftc^tlic^  einer  im  ©runbe  migbräuc^lid^en  Senu^ung  t)on  $erfonaI^ 
lenntni^  benen  au^ubelfen,  bte  ettoad  fud^en,  unb  baburc^  möglic^ft  fernen,  günftig  unb 
tDO^lfeil  bie  erbetene  Ausfertigung  ju  liefern,  ift  t^re  Seftimmung  unb  ®l^e.  i6 

9BeI(^  2)inge  einem  Agenten  an  laufenben  ©efd^äften  regelmäßig  burd^  bie  ^anb 
ge^en,  er^eQt  aud  ben  folgenben  fünf  Stubrifen  ber  ©efc^äftötabeOe  einer  beutfc^en  ©efanbt^ 
fc^ft  aa^  ber  ^At,  h)o  fte  noc^  bie  Agentur  l^atte:  1.  Matrimonialia,  2.  ^nbulgengen, 
3.  Saoerdotalia,  b.  ^.  dispensae  aetatis  et  natalium  famt  ©älularifationen,  4.  Ca- 
pitularia,  b.  ^.  $rot)ifu)nen  refert)ierter  Jßfrünben  unb  Seftätigungen  ber  nac^  ^atronat^  2o 
rei^t  tKtgebenen ,  5.  Episcopalia,  b.  1^.  Konfirmationen  unb  ^fultöten,  famt  ben  ©tatu^ 
relotumen  unb  fonfHgen  ä3eric^ten.  ^urc^  9(|)))eIlationen  nad^  Stom  erweitert  ftc^  biefer 
Ärei«.  —  3n  ollen  folc^en  götten  toerben  bon  ben  Sifc^öfen  lateinifd^e  Sittfc^riften  an 
ben  ^ßo)^  gerichtet,  unter  Seilage  Der  ettDa  erforberlid^en  3^0^i{l^/  }u  beren  glaub« 
iv&ibtger  Sutfjetc^nung  ed  in  ouen  2:eUen  ber  römif^^lat^olijc^en  fiirc^e  fogenannte26 
a)>ofbltfc^  9totarien  giebt.  ^efe  Sittfc^rift  toirb  Dom  ©))ebi)tonere  in  fe^  einfacher 
gfonn  —  mit  ber  Anrebe  beatissime  pater  —  munbiert  unb  einer  fom})etcnten  Se^^örbe 
birelt  vorgelegt,  bon  ber  fte  al^ann  enth>eber  nac^  gefc^el^enem  SSortrage  beim  $a))fte, 
ober  (mdf  o^ne  benfelben  entfc^ieben  unb  bie  SeiviOigung  mit  lurjen  SQSorten  Ex  secre- 
taria  Congregationis  etc.  unter  bie  ©ut)))Iif  gefcbrieben  h>irb,  toorauf  ber  ©))ebt2ionere,  80 
ber  audf  bielEoften  auflegt,  gegen  beren  3a^(ung  erft  bie  Sefd^etbe  berabfolgt  toerben,  bie 
formelle  Attdfertigung  ber  9uue  ober  beS  SreDeS  betreibt  unb  baS  fertige  ^o!ument 
feinem  Jtommittenten  ausliefert.  Abfc^Iögige  Anth>orten  toerben  fc^riftlid^  nic^t  erteilt, 
fonbent  bie  Sittfc^rift  bloß  unbeantft)ortet  jurüdtgelegt,  h>aS  ber  ©pebigionere,  nad^bem  er 
cd  bei  pa^MLxi^  9tac^frage  erfal^ren  l^at,  ben  ^ntereffenten  melbet.  tiefer  unmittelbar  86 
ffapc^lii^  ®ef(^&ftSberfd^,  toie  aud^  ber  bei  ben  ))ä]pftlid^en  ©eric^ten,  toirb  lateintfc^ 
^cfd^  ©onft  fc^reiben  bie  l^ö^eren  römifc^en  SSe^örben,  aud^  ber  Jtarbinalfetretdr 
ttoBcnifi^.  ($.  ^.  Sacobfon  f)  d.  ^i^iilte. 

Shnrti,  3<>^An'^$^i'^^i<^/  0^i*  ^^^0.  —  S^^ann ^einric^ Jtur^  tourbe gu üRontjoie 
bei  Xoi^  am  13.  ^ejember  1809  geboren,  ©ein  SSater,  auS  ber  9tä^e  Don  Jtaffel  40 
9<nnmenb,  toar  eine  ungetoöl^nlic^  reic^  beanlagte$erfönlic^!eit,  aber  Don  unruhigem  ©eiflt, 
bo^  aaä^  in  toec^felnber  X|dtigleit  unb  äußerer  Sage.  Unmittelbarer  übte  in  religtöfer 
^tnftil^t  bie  fromme  ©itte  )){iegenbe  SRutter  einen  Einfluß  auf  ben  ©ol^n.  tiefer  (oute 
crfl  neuere  &ptaäftn  in  Aachen  lernen,  bann  genoß  er  toei^felnb  ben  Unterrid^t  ber 
gateinf(H<  )u3Ront)oie  (1821—23)  unb  ber  ©^mnaften  )u  ^ortmunb  (^erbft  1825  bis  45 
Oflem  1827)  unb  ©oeft  (^erbft  1827  bis  Oftem  1830),  bajtoifc^en  ^riDatunterric^t.  SRit 
S[^>uenbem  Abgangszeugnis  bejog  er  bie  UntDerfttät.  @r  l^atte  an  3uriS))ruben;i,  SJlebijin, 
$l^to0te  g^c^t,  griff  ober  enblic^  )ur  2:^eologie.  ^en  ^been  ber  Auftlärung,  bie  er 
auf  ben  (S^nafien  jtc^  angeeignet,  im  Aampf  toiber  ben  Aberglauben  gu  bienen  unb  fte 
mit  )um  ©ieg  ju  fü^en,  l^tte  er  ftc^  jum  ^\d  gefegt.  Aber  fc^on  in  $alle,  too  er  60 
Oflcm  1830  bis  SRic^.  1831  ftubierte,  DoOpg  ftd^,  tok  eS  fc^eint  mit  unter  3:^oludCS 
Smfluß,  ber  innere  Umfc^toung,  toie  gleichzeitig  DöOig  unabhängig  baDon  bei  ben  ©einen 
im  Ai$^Iuß  an  ben  Sergifc^en  $ietiSmuS.  ^em  ©tubium  in  $alle  folgte  3Ric^.  1831 
bis  Oßem  1833  baS  ju  Sonn  (bod)  toar  er  tl^atföc^lic^  toäl^renb  bef|en  jumeift  ^auS« 
Ubrer  in  ber  3läift  SonnS)  unb  baS  „gut''  beftanbene  @^amen  yx  Äobleng.  ^tt  ber  55 
|e^  Abfti^  balbiger  9{üd({el^r  inS  SSaterlanb  toarb  er  ^auele^rer  tn  Aurlanb,  aber  burc^ 
t^  ftfbß  tminberbore  ®eftaltung  ber  S[ierl^ältnif|e  tourbe  er  ^leujal^  1835  Oberlel(^rer 
bn  Stdigiim  am  ®t^naftum  ju  Tlxtan,  3lod)  als  folc^er  toarb  er  1844  bei  ber  300- 
i^^en  SuMfeier  ber  JÜnigSberger  UniDerfttät  gum  lic.  theol.  hon.  c.  unb  1849  Don 


188  ftttr^ 

Sftoftod  jum  Dr.  theol.  hon.  c.  })romot)tert.  ^em  9luf  in  bte  fird^enl^tftorifd^  ^[{rofeffur 
naö)  ^otpat  1849  folgten  faft  unmittelbar  im  ^^rü^ling  unb  @ommer  1850  foU^  ito^ 
9tofto(f  an  ^eli^f(^  SteQe  unb  nac^  SJlarburg  an  9lettberg$  ober  JQ.  ^x^^  StcOe 
(nad^  eigener  SEBal^I).     R.  blieb   in  ^or))at,   ^unäd^ft  old  SSertreter  ber  ftin^Kttgefc^id^, 

5  feit  1859  ol^  folc^er  ber  altteftament.  @cegefe,  bid  gu  feiner  $enfionierung  im  ^uli  1870; 
jtDöIf  3a^e  ^inbur(^,  bon  1855—1866,  toar  er  ©elon  ber  tl^eologifc^en  galultät  9M 
borüberge^enb  tDed^felnbemälufentl^alt  nal^m  er  1871  feinen  bteibenben  SSol^n^  in  SRorburg. 
3tT>ei  ^al^r^e^nte  Derbrad^te  er  ^ier  nod^  in  unermüblid^er  Arbeit,  ald  ^erfönlidj^Ieit  fic^ 
immer  me^r  audreifenb,  mit  Harem  unb  unbefangenem  ^lidC  bad  Iird^li<|e  unb  ^oltttf^ 

10  Seben  beobad(;tenb  (o^ne  aber  aftit)  in  badfelbe  einjugreifen),  für  aOe  %x(iim  ber  SBiffen« 
fc^aft  erf(^Iof[en.    3lm  26.  äpril  1890  ift  er  geftorben. 

3)lel^r  aU  anbere  l^atjt.  bomel^mlid^  burd^  t^ne  @d^riften  geh)ir!t  @(^on  aldSe^rer 
in  ültitau  f}at  er  feine  fofort  überaus  fruchtbare  litterarifc^e  Xl^ätig!eit  begonnen.  Seine  @r^ 
ling^fd^rift  toar  bie   ®.  $.  t)on  Schubert  geh)ibmete    ,,^ie  äftronomie   unb   bie  SibeL 

15  SSerfuc^  einer  ^arfteQung  ber  biblifc^en  Jto^mologie,  fotoie  einer  Erläuterung  unb  SefU« 
tigung  berfelben  aai  ben  Stefultaten  unb  9lnftd^ten  ber  neueren  9(ftronomie'^  SRitou, 
%t.  Suca^  1842.  ^n  ben  f^öteren  Sluflagen  bi^  auf  bad  ^eifo^fe  bed  Umfangd  an* 
getoac^fen,  ^at  fte  jugleic^  tiefgreifenbe  Umgeftaltungen  erfai^ren;  au<^  i^  Zitel  ^d^eint 
ft)äter  beränbert:   ,,9ibel  unb  Slftronomie,  nebft  3^0^^^  bertDanbten  ^inJ^KiUd.    Sim 

20  ^arfteUung  ber  bibltfc^en  Jto^mologie  unb  ü^rer  Segiei^ung  ju  ben  ^{aturtoiffenfc^ften^, 
5.  Slufl.  Berlin,  3.  91.  SBol^Igemut|  1865.  3)er  ©runbgebante  einer  ,,Unit)erfal0ef(^tc^ 
bed  Jtoemo^''  ift  boc^  ftetd  ber  gleid^e  geblieben.  @in  t^eofo))^ifcl^  3ug  giebt  biefem 
3BerI,  tro^  enger  äJegiel^iung  ju  anberen  @d^riften  t)on  R,,  ein  eigenartigeiS  ®e}nräge  tmb 
lägt  eine  fonft  me^r  jurüdEtretenbe  Seite   feinet  SBefend  toal^me^men.    »nbererfeitd  jetot 

25  fi(|  l^ier  befonber«;  jene^  lebenbige  l^nterefle  aud^  für  aQe  @rgebnif|e  ber  SlaturiDiffenfc^aji, 
bad  k.  ftetd  geblieben  ift.  Sie  centrale  @teQung,  bie  ber  Sl^eologe  im  Unterfc^teb  tmm 
9lftronomen  ber  @rbe  in  ber  ©efd^tc^te  be$  äBeltaHd  }utoeife,  fu<^t  R,  ^ier  ut  begrünben. 
3n  @en  1,  2  erblidEt  er  bie  Jtunbe  t)on  einer  über  bie  @rbe  burc^  einen  Slbfou  in  ber 
geiftleiblid^en  ©eiftertoelt  l^ereingebrod^enen  fiataftro)>l^e ;  er  fu<^t  bann  bie  enge  SSerflec^tung 

80  ber  ®ef(^i(^te  ber  ganzen  3lat\xx  mit  ber  bed  3Renf(^en  ju  geigen,  unb  toie  ba^  an 
gortfc^ritt  unb  SSoOenbung  ber  @rlöfung  bed  SRenfd^en  auc^  bie  gange  3taim  Sntetl  em* 
))fange.  Sie  gleid^en  ©ebanlen  l^at  fi.  auc^  in  einem  Sluffa^  in  jtna))))d  @^riftotec))e 
t)om  ^a^r  1848  @.  46ff.  enttoidCelt:  ,,9ll^nungen  unb  Slnbeutungen  einer  oUgemetnen 
©efd^td^te  be^  Unit)erfum^  auf  @runb  ber  biblifd^en  Offenbarung.''    ^n  ber  @(^rift  fiej^ 

85  fi.  ein  Srama  ber  SBeltentividtelung  burc^  Slbfall  unb  @rlöfung  ^inburc^  boi^effiJ^rt,  in 
bem  Jtreatur  unb  Schöpfer,  ©etft  unb  9{atur,  @ngel  unb  SRenfd^en  eine  SioUe  peleiL 
?Hlr  bie  älftronomie  ein  unbebeutenbed  $ünftlein  im  Uniterfum,  ift  bie  @rbe  im  Sichte  ber 
Offenbarung  betrachtet  „ber  Jtulmination^punlt  aOer  geiftigen  Setoegung  im  äBettoO". 
R.^  äluffaffung  bed  ©c^öpfung^beric^ted  geigt    aud^   ein  Sluffa^   „3^^  ©efc^ic^te  ber  llr« 

40  toelt'',  @t)angel.  Jtirc^engeitung  1846.  Sie  @d^ö^fung^efc^i<^te  mit  ü^ren  fed^  Xoge« 
toerten  erfd^eint  ü^m  ^ier  ,,al^  eine  gufammen^ängenbe  9tet^e  bon  ebenfoDiel  })rot>l^ett{(^ 
aSirtonen"  (®.  599). 

3Beifen  {c^on  biefe  9lrbeiten  auf  ein  t)ome^mlic^  bem  31%  gugetoonbted  ©tubium,  fo 
fmb  R.^  anbere  ©d^riften  au^  biefer  3eit  nod^  bcftimmter  ber  ßrforfc^ung  be«  ä3^  ge» 

45  toibmet.  Surd^  ä3ä^r^  „©^n^I^i^^it  ^^  3Rofaifc^en  Mtu^"  fal^  ftc^  R.  gu  ä^lid^  Unter» 
fud^ungen  angeregt.  @cbon  gleic^gcitig  mit  ber  erften  Slu^gabe  t)on  „Sftronomie  unb 
Sibel"  erfd^ien  jcine  ©d^rift  i&cr  ,,Sa«  3Jlofaifc^e  Opfer,  ein  Beitrag  gur  ©Vmbolil  be^ 
3Wojaifc^cn  Äultu«",  5Kitau  1842.  Sr  Ifat  bie  l^ier  erörterten  ^J^agen  oud^  tueiter  be« 
l^anbelt  in  ben  Sluffä^en  „Über  bie  f^mbolifd^e  Signität  ber  Qa\)lm  an  ber  ©ttftä^ütte", 

6o2:^tÄ1844,  II:  1846,  III;  „Über  bie  fi^mbolif^c  Signüät  be«  in  9lu  19  gurXilguna 
ber  SCobe^unreinigfeit  berorbncten  Slitu«",  I^StÄ  1846,  III ;  „Ser  aHic^e  ®otte*ienft  noc^ 
feinen  §au»)tmomcnten",  6^riftoterj)c  1849.  1851.  1852;  „3ur  ©^mbolif  be«  äSIid^ 
Äultu«",  313;^Ä  1851,  I  unb  geipgig  1851.  Sie  reiffte  gru^t  biefer  Slrbeit,  ber 
offenbar  ein  befonbere«  3ntcreffe  R.^  gehörte,  ift   fein  SBerf  „Ser  aXlic^e  Dj)ferfultu« 

55  nad^  feiner  gefeilteren  93egrünbung  unb  älnioenbung'',  SRitau  1862  (aud^  l^ier  tritt  er  u.  a. 
für  ben  Gl^arafter  einer  poena  vicaria  ber  Schlachtung  be«  Dj)ferticre§  ein). 

3R\t  Ä.«  unterrid^tcnbcr  Sübätigleit  l^ing  eine  SRci^c  t)on  arbeiten  gufammen,  bie 
ber  biblifd^cn,  \>ovnc\)mlx(f)  a3:lid9cn  ©efc^id^te  getoibmet  toaren.  3"  *>^  3I^^Wl  1842,  III 
unb  1843,  I  erfc^ienen  gunäd^ft  feine  „Präliminarien   m   einer  neuen  jlonftruhion  ber 

60  I^L  ©efc^id^ite''  (1.  ^nl^alt  unb  Segriff,  2.  älrc^iteltonil  ber  1^1.  ©efc^.).    ©ie  lieferten  bie 


ftttr^  189 

tmf{enf<^ftlt(^e  ©runbloge  für  fein  „2tfycbnd)  ber  ^l  ®^ä)i^U,  An  äBegtoeifer  jum  äSer- 
ßaiümtö  bed  gdttltd^en  QüL^plan^",  Jtömg^berg  1848.  ©ebanlen,  tote  fte  befonberd  ^of^ 
nurnn  in  ^^ffictöfagung  unb  ©tfüffung"  enttoidtelt  ^attc,  bcftimmen  toefentRc^  bic  ^ier  gc* 
gAene  Suffaffung  be^  SBefend  ber  i^etUgefc^ic^te,  obfd^on  R.  nie  gur  Schule  ^ofmanni^ 
ge^e.  Sud  biefem  ,,Sel^rbu(^  ber  ^I.  ©efd^id^te''  ift  etnerfettö  bie  ,,ä3tbaf(^e  ©efc^ic^te.  6 
2)a  ^L  @^ft  nad^erjö^It  unb  für  ba^  SSerftänbnid  ber  unteren  Jtlaffen  in  ©V^naften 
unb  ffbf^ta  Särgerfc^ulen  erläutert'',  ä3erlin  1847,  ^ert)orgegangen,  ba^jenige  ^nd),  bad 
tDO^I  am  meificn  ben  3lamtn  txm  fiur^  Belannt  gemacht  f)at,  toie  ed  benn  j.  9.  felbft  in 
bcn  inbtfc^en  HRiffiondfc^uIen  in  ©ebrouc^  genommen  tourbe  (41.9luf[age  1888).  Slnberer^ 
fcitg  tfi  au«  ienem  Se^buc^  and)  bie  „Oef^ic^te  be«  alten  Sunbe«",  1.  S5b,  SJerlin  1848  lo 
(3.  Sufl.  1864),  2.  S3b  1856  (2.  äufl.  1858)  ertoad^fen,  Ä.«  $aut)ttt)erf  auf  alttepament« 
liebem  ®ebiete.  @d  bejubelt  iebod^  nur  bie  ©efd^ic^te  b\i  lum  %clb  3Äofed.  Untere 
fud^ungen  über  bie  DueUe  biefer  ®efd^ic^te,  ben  ^entateuc^,  h>aren  Dorau^egongen.  Bd)on 
1844  $atte  St.  „Seitrdge  jur  Sierteibigung  unb  ^egrünbung  ber  @in^eit  be«  ^entateuc^d", 
ildnigdberg,  t)eröffent(i($t  Sie  gleid^e  Aufgabe  na^m  er  in  feiner  ©d^rift  „^e  Sinl^eit  16 
ber  ®ene^",  Serlin  1846,  h)ieber  in  Singriff  unb  fuc^te  feine  Sluffaffung  nodf  bef[er  ju 
bcgrünben.  @r  ^t  bann  boc^  felbft  biefe  $ofttion  aufg^eben  unb  ä^ic^  h)ie  bamoli^ 
Sdi^fc^f  ^tDifc^en  t)erf<^iebenen  Seftanbteilen  be«  ^entateud^,  aQe  jebod^  toefentlid^  in  bie 
mofatfd^e  ^eit  ge^drenb,  unterfc^ieben.  Sabei  blieb  il^m,  felbft  „toenn  fein  ^entateuc^ 
csifticrte'',  Die  burdf^  3Ro\t  bermittelte  ®efe|gebung  am  @inai  bad  geftc^ertfte  ^ttum  berao 
oltat  ®ef<^i(^te.  Sie  t)oQe  ©efd^id^tlic^feit  be«  im  $entateu(^  niebergelegten  ©efc^ic^t^ 
berieft«  tmb  beffen  Dffenbarungäc^aratter  ftnb  bie  ®runbt)oraudfe^ungen  feine«  3Berfe«. 
3^em  @rtoeid  ift  Dome^mlic^  feine  ^Erbeit  getDibmet,  fo  entfc^ieben  er  gegen  bie  ^olo- 
gcttl  ^engflenbergd  unb  feiner  @c^ule  GteUung  nimmt.  92eben  ja^lreic^en  9trttteln  jum 
%%  in  b^  erften  Auflage  biefer  Steolenc^Ilopäbie  fyit  Jt.  Dielfad^  Sinjelfragen  in  befonberen  96 
Unterfuc^gen  bei^nbeU:  „5Die  Ureintoo^er  ^oläftina«"  (312:^1845,  III),  „3e>)^^t^a« 
Oj)fer"  (ebb.  1853,  II),  „Ser  gngel  3e^ot)al^«"  (I^olucI«  Sitterar.  ängeiger  1846),  „Slidte 
auf  W)t(iJ^am&  Seben''  (3Ronat«fc^r.  t).  Bai  u.  9tt$f(^  1846),  „Sie  toeltl^iftorijd^e  Stellung 
bc«  2anbe«  unb  ajolfe«  3«racl"  (6l^riftoterj)e  1853),  „SieSerufungSKoJe«"  (Mitteilungen 
ffit  bie  ebongeL  ®eiftl.  in  9tu|lanb  1854),  „Über  bie  rid^tige  S^^^^^d  unb  ©lieberung  &o 
h€&  Sefalogd"  (Äliefot^  Äirc^l.  geitfc^r.  1858).  gu  einer  erregten  2lu«einanberfe|ung, 
ou^f  f(^em  })erfönlic^en  ©egenfo^,  fül^rte  ein  t)on  feinem  Sor))ater  ^Qegen  Aeil  gegen 
it  o^ffneter,  Don  ^engftenberg  unterftüffter  Slngriff  h)egen  beffen  bem  SBortlaut  be« 
Sciii^te«  entf))rec^enber  Seutung  t)on  ®en'^6.  ft.«  @d^riften  „Sie  @^e  ber  Sö^ne  ®otte« 
mit  ben  Zdd^tttn  ber  ajlenfc^en",  Serlin  1857,  gegen  Äeil  unb  „Sie  ©ö^ne  ®otte«  in  86 
1  aRo  6, 1—4  unb  bie  fünbigenben  ßngel  in  2  $t  2,  4.  5  unb  Subäa  33.  6.  7,  eine 
©ttcitfc^rift  gegen  ^erm  Dr.  $engftenberg",  SJerlin  1858,  entftammen  biefer  ^^^be.  — 
9fi<^  pentateucbifc^  teilen  be«  ai  fmb  bie  äbl^anblungen  in  ber  Soq^ater  „32:^" 
(au^  gefonbert)  getoibmet:  „Sie  @l^e  be«  5Pro})l^eten  $o|ea",  1859,  unb  „3ur  i^eologie 
ber  ^falmen"  1864,  IV;  1865,  I.  III.  —  ©inem  biblifd^en  SRcoli^mu«  im  Sinne  eine«40 
Sdi^fc^  ^ulbigen  alle  biefe  Schriften.  Sc^arffinn  in  ber  Surc^fül^rung  unb  Segrünbung 
ferner  9bif(^uungen,  Klarheit  unb  Sur^fu^tiglett  ber  SarfteOung,  geh)if|enl^aften  SBa^r« 
^eitdfinn,  geeint  mit  ))ietätt)oOer  SteQung  i^ur  Schrift  al«  Dffenbarung^grunblage  ber 
Airc^,  toirb  niemanb  in  biefen  biblifc^en  ^otfc^«ngen  Ä.«  t)erlennen  lönnen.  3l^re  SJe* 
beutung  ift  nac^  bem  ©tanb  ber  SlXlic^en  3Bi{fenf(^aft  um  bie  3Jlitte  be«  19.  ^o^r«  46 
^bert«  )u  bemeffen.  Sie  SBanblung,  bie  fic^  feit  ber  SKitte  bc«  fiebcnten  So^rge^nt« 
in  ber  Sxlic^  Siffenfc^aft  boQjog,  brachte  e«  mit  fu^,  bag  )t.«  auf  gang  anberen  ^ox^ 
audfe^ungen  beru^enbe  ©elften  )um  912  balb  in  ben  ^intergrunb  gebrängt  tourben.  — 
^  ^fammen^ng  mit  ü^nen  ftel^t  bie  le^te  ber  biblifc^en  äBiffenfd^aft  angel^örenbe  Schrift 
um  R.,  bie  „erilärung  be«  ©riefe«  an  bie  Hebräer",  5Kitau  1869 ;  Dgl.  bagu  anä)  feinen  eo 
Xttflat  in  ber  Sorjjater  3eitfc^ft  1868,  III  „®rörterung  etlicher  ejegetifc^er  Äontrot)er«s 
pwmt  oud  bem  Serdd^  be«  ^ebräerbriefe«''. 

Sem  „2e^buc^  ber  ^l.  ®efc^ic^te"  ^tte  St.  fd^on  1844  feine  „gl^riftlic^e  Religion«* 
le^'',  2Ritaul844,  folgen  lajfen  (14.aufl.  1889),  cbenfaH«  für  ben  ®Vmnafialunterric^t 
be^mt  $ier  fmb  auc^  ju  ertoä^nen  bie  „ä^^ori^men  über  bie  Seigre  t>on  ber  laufe,  66 
befonberd  in  i^rem  aSerJ^öltnig  jur  SBiebergcburt"  (3WitteiI.  für  bie  eüang.  ®eiftl.  in  Stufel. 
1846).  Sie  beöorftd^enbe  Überfül^rung  auf  ben  Sej^irftul^l  für  Äirc^engejc^ic^tc  in  Sor^at 
rfidte  —  junäc^ft  nur  für  einige  3cit  —  firc^en^iftorijc^c  Stubien  in  ben  5KittclpunIt 
feiner  arbeit  Stö  ^c^t  berfelben  erfd^ien  fd^on  1849  fein  „Se^rbuc^  ber  5t®  für 
©öibierenbe"  (2.  »up.  1850),  bem  1852  fein  „Se^rbuc^  (feit  ber  3.  «ufl.  1856  „Slbri^')  eo 


190  ftitr^  ft^boned 

ber  m  für  ben  Unterrtd^t  in  ^ö^cren  Scl^ranftalten"  an  bie  ©eite  trat  (12.  »ufl.  1889). 
^ad  Se^rbuc^  für  @tubterenbe  (oUte  junäc^ft  burc^  ein  „^cmbbni)  ber  allgemeinen  il®'' 
I,  1.  2,  mOaxi  1853  (in  erneuter  3luflafle  1858);  I,  3,  1854;  II,  1, 1856  erf e^  toerben. 
^a  bie  ^(udarbeitung  biefed  SBerted  aber  natürlich  nur  langfam  fortfc^etten  bmnte,  lie| 

5  Jt  m  burc^  an  i^n  l^erangetretene  SBünfc^e  beftimmen,  fein  Sel^buc^  in  ber  fdU^feren 
lom^enbiarifc^en  ^orm  }u  erneuern  (3.ä(ufl.  Wtan  1857;  11.  Sufl.  £et^}ig,  2u€adl890), 
ber  fegen.  ,,@tubententur|''  ober  ;,droge  ^ur^'^  ^m  ^anbbuc^  ift  beutlic^  ein  ^ort^ 
fc^reiten  in  ber  tptffenfc^aftlic^en  SRet^obe  toa^rjune^men,  bem  entf^^red^enb  bie  erfie  Xb« 
teilung  bed  2. 93anbe^  ber  h>ertk)oQfte  ^eil,  ber  bebauem  läjt,  ba|  5t  bied  SBerf  mäfi 

10  toeiter  fortgeführt  bot  (too^I  infolge  ber  SSertaufc^ung  ber  nrc^en^ftorifc^en  mit  ber  ece« 
getifd^en,  b.  f),  faltifc^  SlXIic^en  $rofef|ur).  Sad  Sej^rbuc^  lie^  gunäc^ft  beutlic^  erteimen, 
ba|  fein  iBerfaffer  ntc^t  t)on  lir^enl^iftorifc^er  Singelforfd^ung  au^egangen  toor  unb  )im 
meift  aud  gtoeiter  $anb  nel^men  mu|te,  böiger  fo  manche«  ^tÜQt,  nocf  ^figer  @6tefe  in 
ber  ^arfteuung;  DueQenbelege  fmb  bi^  jule^t  nur  audnal(|m^n)eife  mitgeteilt    Suic^  ^ 

16  laubte  il^m  bie  burc^  feine  ^Xlic^en  Slrbeiten  unb  feine  feit  1859  anber^ortige  Sdft* 
tbötigleit  in  9[nf)>ruc^  genommene  3^^^  füt^  ®^te  nic^t  ben  jjenem  9ud^  oni^ftenben 
SDlängeln  grünblic^  abgul^elfen.  SIber  Don  bomberein  geigte  ftc^  auc^  in  biefem  Sßerl  bie 
eigentümli^e  (Sobe  feinet  SSerfafferd  Ilar  unb  überftcl(|tlic^  )u  bi^onieren  unb  bei  Ina))|>fler 

taffung  in  bollMmlic^  fraftt^oOer  unb  boc^  nic^t  unebler  SBeife  )u  fc^Ubem  unb  bad 
^aratteriftifc^  ^au^jul^eben.  @eit  i^m  bann  bie  Smeritur  3Ru^e  getoäl^^e,  1^  er 
2h)ei  ^al^rjei^nte  l^inburc^  feine  ganje  ^raft  ber  3(rbeit  an  biefem  Se^buc^  getoibmet  unb 
ed  baber  bei  jeber  neuen  9tuflage  immer  toieber  in  teiltoeife  neuer  (Seftalt  at^ei^en  [äffen. 
3)ie  älnlage  im  gangen  mit  ij^rer  mebr  facl(|[icl(|en  aU  rein  d^ronologifc^n  @inteUung  ift  VM 
gule^t  bie  gleiche  geblieben.  Sie  lä|t  freiließ  ben  ®ang  ber  ürc^engefc^id^tlic^  (StdAoxddmi 

25  nic^t  lebenbig  genug  l^ert)ortreten,  bo^er  bad  ä3u(l^  gu  einer  jufammeni^ängenben  Seltüre  toenig 
geeignet  ift.  Slucl^  ift  g.  9.  bie  So^ldfung  ber  ©efc^i^te  ber  b^^antinifAen  ilir<^  bon 
ber  mittelalterlichen  nic^t  glücflic^,  ebenfo  bie  $eriobifterung  ber  neueren  ftirc^g^c^ic^te 
nad^  ben  ^E^l^i^^unberten.  dagegen  ift  oft  aner!annt  toorben,  toie  bied  Se^ucb  immer 
toieber  burd^  ben  3fteid(|tum  feinet  ^in^alted  überrafc^t,  unb  toie  ed  mit  groger  SoBftön* 

80  bigteit  orientiert,  ^n  tna))))fter  gorm  Diel  gu  bieten  ift  i^m  eigentümlid^.  ^Dtan  |^  ed 
ba|er  tool^l  einem  guberläffigen  „Säbedter"   für  bie  Steife  in  baiJ  ®ebiet  ber  Äir^en* 

![ef(^i(^te  berglid^en.    3^0"^^^  "^^  ^  i"  immer  berftörftem  SRage  bie  toeitgel^enbe  SBiOig« 
eit  unb  ä3eföi^tgung  feinet  Serfafferd  fic^  belel^ren  )u  laffen  unb  auc^  einem  anber^rtigen 
Stanbpunft  geredet  gu  toerben  l^erbortreten.    ^gl.  feinen  ä3rief  an  9li))))olb,  3^^  ^^^h 

86  ©.  417. 

9lld  alabemifd^er  ^ogent  h)ir{te  ft.  bomel^mlic^  burc^  bie  forgfölttge  3)urd^beitung  unb 
burc^fu^tige  ©lieberung  bed  t)on  il^m  (Gebotenen.  3)ie  &Qbt  freier  Siebe  befag  er  ni<^t. 
@elbft  bie  gorm  feiner  SSorlefungen  toax  nid^t  bie  bed  SSortragd,  fonbem  be^  SBud^.  Um 
fo  mel^r  ftanb  il^m  bad  fc^riftlic^e  9Bort  gu  ®ebote.   3}lxt  faft  leibenfd^ftlid^em  ^eig  unb 

40  erftaunlic^er  älrbeitdlraft  bereinigte  er  bie  ^^igleit  überaus  fc^neQer  f c^ftftederif d^er  ^ro« 
bultion.  @^  \vax  i^m  leidster  mit  ber  ^eber  ald  mit  bem  münblic^en  äBort  feinen  6^ 
lenntniffen  unb  @m]pfinbungen  3lu^brud(  m  berleil^en.  ^a^er  trat  auc^  bie  ©emütdfeite 
feinet  SBefen^  unmittelbarer  in  Briefen  aU  in  ))erfönlic^em  SSertel^r,  too,  toenigftend  für 
ben   femer  Stel^enben,   ©c^ärfc  bc«  3Serftanbc«  unb  Energie  be«  SBillm«  übertoogen,  ju 

46  Xag^f  unb  ein  äl.  Jtna^p  l^at  t^m  h)teberl(;olt  ba^  3^0^^^  gegeben,  bag  er  mit  feinem  f«^ 
fo  eine^  ©inne«  toiffe  toie  mit  i^m.  3^^^e^^'0  ^^  ^^  5Polemif  fc^rf,  ^t  i^n  bod^  ber 
ü^m  eigentümliche  (Serec^tigfettdfinn  auc^  bem  ©egner  gegmüber  nic^t  berlaflen,  unb  ift  i^ 
and)  toiffenfc^aftlic^e  ^ebfertigfeit  immer  me^r  ein  @cgenftanb  emften  unb  erfolgreich 
©treben«  gctoejen. 

60  Sine  bon  i^m  felbft  burc^gefel^me  Überfielt  über  bie  ©c^riften  Jt.d  finbet  ftc^  in 
$^.  ©c^aff^  unb  ©.  3R,  ^ad^ond  Encyclopedia  of  living  divines  and  Christian 
workers  ©,  121.  3Son  ben  meiften  ber  felbftftänbigen  ©c^riften  ftnb  auc^,  nameiUlic^ 
englifc^e,  Überfe^ungm  erfd^imen.  3)ie  3Rittetlungen  über  k,d  Seben  berbanfe  ic^  feinem 
©ol^n  Staatsrat  @.  jtur^  in  Stiga.  89nt0ctf^. 

66         ftnfetafcl  f.  S5b  VI  ©.  275,  le— 24. 

finfc^  f.  935l!ertafel. 

St^bonei»  Semetrioi»,  bipjantinifd^^er  X^eolog  bei^  14. ^ai^rl^nbertd.  —  fiitteratur: 
grabriciud  ^arled,  Bibliotheca  Graeca  tom.  XI,  @.  398-405 ;  gr.  3-  @tein,  Stublen  über 


St^boned  Stmetriod  Sababie  191 

bie  ^{l^cfeQflen  bed  14.  Sa^r^unbertd,  in  ber  Öfterreic^ifcgen  Viertel ja^r^fdiTift  für  fat^olif^e 
i:^o(ogif,  Sien  1873  (Sa^rgang  12),  @.  552  ff.  unb  fonft;  S^t^arb  bei  ßrumbac^er,  ®ef(^. 
bcr  ©9i.  SittcratuT,  2.  Auflage  1897,  6. 101  unb  ^umbac^er  fclbft  a.  a.  D.  6.  487  f.  S)ic 
bisher  beraudgegebenen  Seite  bed  ^boned  ftnb  gefammelt  bei  MSG  tom.  154  @.  825— 1217. 
Sein  interejfanter  %riefmed)fel  foll  bemnöc^ft  befonberd  herausgegeben  merben  (^umbac^er  6 
a.  0.  O.  488). 

Sicmetrio«  ft^boneö  ( Jiy/iWT^iog  öKvdcovtjg)  lebte  zttoa  in  ber3eU  t)on  1330—1400. 
@r  fdSfänt  ftc^  namentlich  in  ^b^alonic^  unb  J^onftanttno!))eI  aufgehalten  gu  l^aben.    ÜJttt 
(Helen  bebeutenberen  SDtännem  feiner  3^^^  f^"^  ^  in  SSerbinbung,  tuie  mit  ä3arlaam,  $a« 
lamad,  9ltIet>^orod  ©rmorad,  ^o]tp\)  93n^ennio^,  auc^  mit  bem  ^ifer  ^io^anned  Jtanta«  lo 
Iu)cni>d,  bem  er  cdd  ^iniftet  biente.    Seine  Stlbung  h>ar  eine  bef|ere,  er  t)erftanb  auc^ 
2<üetmf(^.  Jtrumbacber  nennt  i^n  einen  ,,ber  fruc^tbarften  unb  ta[entt)oaften  @ffa^iften  ber 
$a[ai>li>0en)ett".    3Dlit  ber  abenblänbifd^en  Stid^tung  feiner  ä3Ubung  ^ängt  cd   h>ol^l  ju^ 
fommen,  ba|  Jt);boned  in  ben  tird^Iic^en  ^ageefragen  nad^  Stom  neigte.    @r  ttHir  für  bie 
Union  unb  gegen  bie  ^ef^c^aften.    ^n  bem  ^[ntereffe  fmb   feine  ®(^riften  gel^alten  llegl  15 
rrjg  bcjiogevaecog  tov  äyiov   Jtvevßicnog  MSG  864  ff.   unb   IJegi  tcov  ßlaotpi^/Licov 
ooYfAäcKov  r^yogUn)  xov  IlaXa/ia  etc.  MSG  a.  a.  0.  836  ff.    3)ie  (entere  barf   aU 
eine   ber   bei^enberen  Schriften   in   ber  ^ef^c^aftenlitteratur  be^eic^net    n)erben.    3)ie 
$olemtI  bed  Sb^boned  richtete  ftc^  auc^  gegen  ben  ^dlam.    @r  überfe^e  ind  ©ried^ifc^e 
bie  „Ck>nfatatio  Alcorani  Muhamedici''   bed  Richardus  Florentinus  Fabr.  Hari.  ao 
6.  404.    Seine  loteinifd^en  jtenntniffe  bienten  il^m  ba^u,   auc^  einige  bebeutenbe  @tüd(e 
au^  ben  äBerten  obenblänbifd^er  Geologen,  n)ie  äluguftm;  Xl^omad  t).  Slquin,  ind  @rie« 
^]ifc  pi  übertragen.  9(uf  et^ifc^em  (äebiete  liegt  bie  Schrift :    Uegl  tov  xatatpQovüv 
tor  MvoTov,  {uTe^t  beiSRigne  a.  a.  0.  1169.    älucb  einige  tl^eologifc^e  Sieben  iverben 
bem  A^boned  utgefc^eben.    Übrigen^  tl^äte  ed  aud^  l^ier  not,  bag  eine  eingebenbe  Unter- » 
\u^vmq  ^  mU  bed  3R<mn^  £eben  unb  Schriften  befc^äftigte.  ¥b*  SKeifer. 

Sbfntmnl^  f.  Sb  lY  @.  864  f. 
StUtit  elrif0ii  f.  Siturg.  Formeln. 


£ab«bte  (geft.  1674)  nnb  bie  Sababtften.  —  m.  ®oebeI,  (Sefc^icbte  beS  cbriftltc^en  ao 
gebend  in  ber  rbein.»»eftpbanf(ften  eoang/Äirdje,  ©oblenj  1852,  II,  181—273  ;  H.  van  Berkum, 
De  Labadie  en  de  Labadifiten,  8neet  1851 ;  $.  $eppc,  ©efc^id^te  bed  $iettfi(niu^  ber  refot:: 
sttetten  SKrc^e,  namentlich  ber  ißieberlanbe,  i!e^ben1879,  @.  241—374  (^eppe  ^at  auf  ®runb 
bidt)fT  unbenu^ter  CueQen  bie  früberen  ^arfteüungen  mebvfacb  berichtigt) ;  ^.  Sf^itfc^I,  ®ef(b. 
be«  t$ieti«mu«,  IBonn  1880,  I,  194-268  („Sabobie,  ber  Urheber  be«  SeparatiSmu«  in  ber  35 
reformierten  ihrcbe");  ^.  83ajorQtb,  3ean  be  fiababied  ^eporationdgemeinbe  unb  Bin^enborfS 
©ruber.Unitat  [X^StÄ  1893,  6.  125-166J.  3)ie  ältere  fiitteratur  ift  oerjeicönet  im  öafe- 
ItfdKn  aOgemeinen  biftorifc^en  lüejciton,  Supplement  II,  267,  in  J.  G.  Walchii,  Bibliotheca 
tliedogica  aelecta,  11,  48—56,  unb  in  ^.  ^.  gu^rmonnd  ^anbmörterbuc^  ber  cbriftlic^en 
9leIigion9«  unb  fttrcbengefc^ic^te,  n,  609.  40 

3ean  be  la  Sobie  ober  be  Sababie,  geboren  ben  13.  ^bruar  1610  )u  ä3ourg  bei 
9arbeaiic  geftorben  an  feinem  ©eburtdtage  1674  in  SLItona,  ftammte  ani  einer  abeligen 
atifto(ratif(^)>arIamentarifc^en  gamilie ;  er  toar  ein  feuriger  ©übfranjofe,  Don  Heiner  Ge- 
füllt unb  fd^tooc^lic^er  ©efunb^eit,  aber  \>oü  ®eift  unb  Seben  unb  ein  93el^errfc^er  ber  ®eifter. 
3Rit  jtoei  Srübem  toarb  er  in  ber  S^witenfcbule  ju  SJorbeauj  erjogen,  in  toelc^er  ber  45 
em))faiiglic^  Jtnobe  unb  S^gling  anfangt  t)oOe  93efriebigung  feinet  tiefen  religii^fen  9e« 
bürfntffed  unb  feiner  fel^r  leb^ften  ^^ntafte  fanb.  9lu^  eigener  Überzeugung  unb  loiber 
ben  SBiOen  fetner  (SItem  fc^Iog  er  ftd^  gan^  an  ben  ^efuitenorben  an,  ol^e  boc^  ,,Profez 
de  leur  Compagnie''  )u  toerben.  @r  ftubierte  feit  1626  fe^r  eifrig  $^ilofo;p^ie  unb 
2beo(ogie  unb  Ua  befonberd  fleißig  bie  (lateinifc^e)  Sibel  unb  bie  Schriften  t)on  Sluguftinud  so 
unb  9eni^arb.    Seine  ^mmig!eit  nai^m  feitbem  eine  auguftinifd(|-mvftifd^e  ^rbung  an. 


s 


192  SoBabte 

ä3et  feiner  Drbtnation  (1635)  burd^  ben  Stfc^of  bon  Sajod,  be  9Raront,  übergoß  bie 
^I.  2)reieinialeit  fein  $en  mit  einet  innerlid^en  @albung.  2)ur(^  ben  Ifi.  ®et{it  lernte  er 
bad  redete  ^eten  unb  SRebitieren.  2)ad  innerliche  SBort  galt  i^m  ofö  bie  untrfigltc^ 
Sendete  bed  äußeren  SBorted  ber  1^1.  @d^rift.    3)er  ®eift  ®otted  gab  i^m  atu^  ein,  ba| 

5  er  berufen  fei,  bie  ^ir^e  nad^  bem  SRufter  ber  at)oftolif(^en  ©emeinben  )u  teformtecen, 
hai  er  aber  biefe^  nur  DoQbringen  lönne,  toenn  er  ftc^  Don  ben  ^[efuiten  trenne.  Seine 
Aräntlic^teit  öffnete  il^m  ben  äBeg  an^  bem  Drben.  ,,Ab  omni  vinculo  liberum  ob 
invaletudinem  ipso  petente  dimisimus"  ^etgt  ed  im  @ntlaffung9be!ret  Dom  17.9l[)nril 
1639.  ^er  Sludaetretene  begann  nun,  ol^ne  an  bie  Oratorianer  oba  S^nfeniften  fu^  am 

10  jufc^liegen,  ald  SSolföprebiger  (ä  la  Huguenotte  fagten  feine  ®egner)  mit  unglaublich 
@rfolg  3u  toirlen  in  feiner  ^eimat,  in  $arid,  in  ätmien^,  too  er  1640  ftanonitud  unb 
Theological  (Se^rer  ber  ^^peologie)  tourbe,  unb  in  SlbbebiUe.  ^urd^  ha»  @tubium  ber 
1^1.  Schrift  toarb  er  ber  reformierten  Seigre  nä^er  geführt.  @r  ))rd>igte  bon  freiem  SiiOcn 
unb  ®nabe,  Don  ^räbeftinotion  unb  Srlöfung,  n)obei  bie  Um>erbienfUic^Ieit  ber  guten 

16  äBerte  ald  ftonfquenj  ftd^  nal^e  legte.  ®egen  bie  baburd^  aufgebrachten  3Rdn^  mib 
^riefter  na^m  i^n  Stic^elieu  in  @d(|u$.  3lber  Slid^elieud  Sloc^folger  SRagarin  lie|  t^n  att 
Störer  ber  Stulpe  bed  @taated  ani  Slmiend  Dertoeifen.  ®r  ging  in  bie  Jtarmelitereremitage 
)u  ®rat)i0e.  ^ier  lad  er  gum  erftenmal  SalDind  Institutio,  mit  beren  ®laubendtn^ 
er  ftc^  einftimmig  fanb,  toä^renb  er  aud^  noc^  ebenfo  einberflanben  blieb  mit  ben  befon* 

20  beren  Sinrid^tungen  ber  !atl^olifd^en  Jtirc^e,  ber  SSerel^rung  bed  1^1.  älbenbma^led  unb  bed 
^riefterftanbed,  bem  äJeid^tDerl^öltniffe,  ber  ®lut  ber  Slnbac^t  unb  ber  Sßeltendtfagung,  btc 
er  bei  ben  Steformiertm  bermi^te.  @rft  bie  unaufl^örlid^en  93erfolgungen  ber  il^  mm 
töbtlic^  l^affenben  ^efuiten  unb  ber  älnblid  bed  reformierten  ®emeinbelebend  brockten  i^ 
1650  ju  SRontauban  jum  Übertritte  jur  reformierten  Jtirc^e,  beren  $rebiger  ®ariffole8 

26  ertlärte :  ,,(ix  glaube  nic^t,  ba^  feit  Sabin  unb  ben  erften  Steformatoren  fold^  ein  3Ramt 
mr  ®emeinfc^aft  feiner  ^irc^e  übergetreten  fei.''  Sababie  brad^te  aber  feinen  reformotori^ 
l^en  Xrieb  ani  feiner  bidl^erigen  ttrc^ltc^en  ®emeinfc^aft  in  bie  neue  mit  l^inüber  unb 
eiferte  ba^er,  aU  augerorbentlic^er  $rebiger,  f))äterl^in  auc^  ald  ißrofeffor  b^  Z^logie 
in  ^nontauban  angefteSt,   für  SBieber^erfteUung  ber  alten  @ittenftrenge,  bamit  aud  ber 

80  beformierten  Jtird^e  eine  toxvtlii)  reformierte  ioerbe.  2)ed^alb  gab  er  auc^  1658,  noc^bem 
er  1657  Don  bem  93ifc^of  unb  ben  3Rönc^en  Derbrängt  toorben  toar,  in  bem  bamald  gon) 
reformierten,  aber  auc^  fel^r  ioeltltc^en  Orange  an  ber  Simone  bie  treffliche  discipline  des 
^glises  r^form^s  deFranc^e  neu  l^eraud,  mu^te  aber  auc^  Don  bort  balb  toieber  fort, 
aU  Subioig  XIV.   bie  @tabt   bebrängte.    @r  begab  ftc^  nun  1659   auf  bie  Steife  nad^ 

86  Sonbon,  too^in  er  ate  $rebiger  ber  fran^öfifc^-reformierten  ®emeinbe  berufen  n)orben. 
Unterioegd  aber  bi^lt  man  il^n  in  ®enf,  gerabefo  n)te  123  ^al^re  Dor  i^m  SalDin,  fefi, 
unb  ma^te  i^n  jum  augerorbenttic^en  ^rebiger,  old  n)elc^er  er  mit  bem  größten  @rfolge 
für  SBieber^erfteQung  ber  alten,  bort  fofel^r  enttoic^enen  unb  Dertoeltlic^ten  ^5mmig!eit  ur^ 
3uc^t  toirlte.    ^n  biefem  auc^  bamald  nod^  gefegneten,  toenn  auc^  laum  mel^  ald  bod 

40  alte  ®enf,  er!ennbaren  3Rittel))unIte  bed  d^riftlic^en  Sebend  für  ^anfreic^,  ^^lien,  Seutfc^ 
lanb  unb  bie  Sc^ioeig  fammelte  [xd)  aldbalb  ein  Jtreid  au^lefener  Jünglinge  um  ii^n, 
toelc^e  feine  ergreifenben  $rebtgten  mit  äSegierbe  l^örten,  unb  an  feinen  ^audonbod^ten 
(jtonferenjen)  gu  i^rem  großen  Segen  teilnal^men.  3^  ^^^^  gehörten  feine  nac^i^engen 
SDlitarbeiter :  ^Pierre  ?)Don  au«  SDlontauban  (1646—1707),  5ßierre  Shilignon  (geft  1679) 

46  unb  grauQoi«  SKcnuret  (geft.  1670),  unb  bie  ©eutfc^en  I^eobor  Unterei^I  (geft  1693  in 
S5remen)  unb  %x,  Bpan^^im  (f.  b.  21.).  S>)ener  ^at  fiababie«  5Prebigten  öfter,  i^  fdbft 
nur  einmal  befuc^t.  ®letc^h)o^l  meinte  man  in  ber  3^  ber  beutfc^en  älufflorung  mib 
^efuitenrted^erei  au«  biefer  ä3efanntfd^aft  Spener«  mit  Sababie,  bem  S^efuiten,  ben  @c^tu| 
jiel^en  ju  bürfen,    bafe  jener   „ein   bürrer  6tab  in   ben  §änbcn  ber  3^witen"    getoefen, 

60  fomit  ber  $ieti«mu«  ein  SBcrf  ber  S^futten  fei  (pe^e  Äöfter«  Sleuefte  3leligion«begeben* 
Reiten  auf  ba«  ^al^r  1789,  ©.  863  ff.).  Sababie«  Stuf  unb  feine  in  ben  ®ebanlen  ber 
Selbftmortifitation,  ber  3)tebttation  unb  ber  ba«  $erj  Dergottenben  Jtontem))lation  ftc^  er« 
gel^enben  Schriften  iourben  befonber«  and)  burc^  ^ermittelung  be«  ®ottfc^all  Don  Odfioc 
man  in  ben  Slieberlanben   au«gebreitet  unb   machten   namentlich  ben  itrei«  Don  emften 

66  Soften  in  Utrecht,  ®.  33oetiu«,  3.  Don  Sobenftein  unb  älnna  3!flana  Don  ©c^ürnum 
(f.  b.  31.)  auf  Sababie  al«  auf  einen  ertoünfc^ten  unb  nottoenbigen  SReformator  be«  c^rip» 
lid^en  Seben«  für  ba«  in  arge  äBeltlid^feit  unb  Üpptgkit  DerfaQme  nieberl&nbifc^  refor« 
mierte  ß^riftentum  aufmerifam.  3luf  i^r  Setreiben  ioarb  bal^er  Sababie  1666  jum  ^w» 
biger  ber  ioallonifd^^eformierten  ®emeinbe  in  3)tibbelburg  berufen.  äSor^er  unb  untertoeg« 

60  fdj^lol  er  mit  feinen  genannten   brei  franjöftfd^^en  ^^eunben  einen  (ge^men)  Sunb  Dor 


SaBobie  193 

bcm  ^ertn,  jucrft  an  bcr  eigenen  Heiligung  in  bcr  SKac^foIge  ß^rifti  unb  in  ber  ©elbft^ 
t>erleiignung  —  biö  ju  völliger  ©ütergemeinfd&aft  ?  —  unb  bann  auc^  an  ber  ^Reformation 
anbetet  )u  arbeiten,  ^n  biefem  engen  Sunbe  ber  bier  c^riftlic^en  ^eunbe  toar  ber  Jteim 
)u  i^tet  nac^l^erigen  @e)Kiratton  enthalten,  fo  toenig  fte  jelber  bied  aud^  nod^  al^nen 
mochten.  2)enn  bamatd  befeelte  Sababie,  —  ben  alten  fatl^oHfd^en  5ßriefter  —  no(^  bie  6 
Hoffnung  emet  Sieformation  ber  Airc^e  burc^  bad  ^mt,  burc^  ben  $aftorat,  ivie  er  aud^ 
jeitlebenS  eine  })riefterli(^e  Ober^errfc^aft  in  feiner  @emeinbe  au^eübt  ^at.  Über  Utrecht 
in  ^ibbelburg  angelommen,  f^te  er  feine  ©enfer  ^au^anbad^ten  unb  SSerfammlungen 
mit  großem  @egen  fort,  getoann  ^oQanbd  3Rinert)a,  9lnna  ÜRaria  bon  @c^ürmann 
(g.  Duanbt,  %  m.  t>.  ©d^ürman,  ©ie  Sungfrau  t)on  ütt^dft,  Serlin  1871,  ©.  59  ff.)  lo 
j^neD  unb  auf  immer  für  ftc^,  fü^^e  bie  gänjlic^  erfdjjlaffte  Äird^engu(^t  toieber  ein  unb 
ecjeugte  toitKi^  eine  gto^e  @rh)edEung  in  feiner  ©emeinbe  unb  in  bem  ^anjen  Sanbe. 
3)amald  (1668)  gab  er  feine  h)i(^tige  ©c^rift  über  bie  ^rop^ejei  ober  bte  ^ro)>^etif^e 
ftbung  ffitaii^,  tooxm  er  bad  Stedit  unb  bie  $fli^t  ber  ^rd)tger,  bor  unb  mit  bcr  @^ 
metnbe  ©(^riftbetrac^tungen  ober  Konferenzen  ju  l^alten,  in  überjeugenber  SBeife  aud  ber  i6 
^igen  ©(^rift  unb  ben  reformierten  ^irc^enorbnungen  nad^h)ied  unb  gugleic^  ben  Hergang 
in  btefen  SSerfammlungen  ober  Jtont)entiIe[n  unb  ©tunben  gang  f o  befd^rieb,  toie  fte  Untereb! 
1665  in  3DliU^eim  unb  ©))ener  1670  in  granffurt,  ber  biefe  ©d^rift  1677  in«  3)eutfcbe 
fiberfe|te,  in  2)eutf(^lanb  eingefül^rt  ^aben.  9lucl^  gab  er  bamdd  jum  ®ebrauc^  für  bie 
^auämibac^t  feiner  ®emeinbe  fein  berü^mte^  Manuel  de  pi^t^,  ba^  fc^öne  unb  innige,  20 
^on  1687  in»  2)eutf(^e  unb  bann  n)ieber  1726  t)on  @.  Xerfteeaen  überfebte  $anbbüd(|Ietn 
ber  ©ottfeligleit  ^eraud,  toelc^er  (entere  in  ber  SSorrebe  t)on  Sababie  rüpmte,  „iai  bie 
Seele  biefed  fonberlic^en  unb  getreuen  3)iener^  ©otted  t)on  ber  ^immlifd^en  SSia^r^eit 
betgefitttb  bur^fbrungen,  burc^  il^r  Sic^t  fo  erleuchtet  unb  mit  @ifer  für  bie  ^errlid^feit 
gefu  S^ßi  unb  bad  ^eil  ber  ©eelen  bermagen  erfüllt  getoefen  fei,  ba^  ed  lein  3Bunber  26 
fei,  bo^  folc^  erbaulid^e  unb  j^eilfame  Seigren  in  feinen  93üd^em  )u  ^nben  ftnb''.  älud^ 
ote  ein  fe^t  begabtet  innig  religiöfer  ^ic^ter  beh)ied  ftd^  bamald  Sababte,  tt)ot)on  Xerfteegen 
tmSbi^ong  einige  groben  mitgeteilt  l^at. 

SRitten  in  biefer  fc^önen  unb  gefcgneten  SBirIfamleit  aö  gefeierter  5Prebiger,  emfter 
©eelen^irte  unb  erbauli^er  ©(^riftfteUer  toarb  Sababte  burd^  feine  ä3efonber^eit  unb  feinen  ao 
Sigenftim  ge^mt  unb  in  eine  ä3ai^n  geleitet,  toelc^e  t^n  aQmä^lic^  auf  ben  Ileinen  Jtreid 
toentget  ober  befto  eifrigerer  äln^nger  unb  einer  befonberen  fe))aratiftif(^en  unb  feftte^ 
tif(^  ©emeinbe  befc^rönfte.  @r  t)erh)etgerte  bie  Unterfc^rift  ber  belgtfc^en  ^onfeffton 
ald  in  Dielen  äirtiteln  unbiblifc^,  benahm  ftc^  überbau))t  eigeniviQig  unb  rec^tl^abertfd^ 
gegen  feine  DteHeic^t  fe^r  t)erh)eltlic^te  toaQontfd^e  Klaffe  unb  ©^nobe.  Sluc^  banb  er  ft^ss 
ni^t  —  toie  bamald  noc^  in  ber  reformierten  Äird^e  allgemein  üblic^  toar  —  an  bie 
twtgefc^ebenen  litutgifc^en  ©ebete,  fonbem  \)xdi  an  beren  ©tatt  freie,  innerltd^  gefalbtere 
(Seoete.  92a4^bem  er  eine  rationaliftifc^e  ©d^rift  be^  Utrec^ter  $rebigerd  Subivig  äBol^ogen : 
de  scripturarum  interprete  (1668)  ald  unrec^tglöubig  bei  ber  ©^nobe  angeflagt,  bie 
6^be  in  i^  ÜRel^^eit  aber  il^m  unb  feinem  ^re^b^terium  Unrecht  gegeben  ^e,  t)er-  40 
toeigette  et  biefem  Sefc^luffe  burc^  älnlünbigung  t)on  ber  Kanzel  ftc^  gu  untertoerfen,  unb 
toai^'be^olb  mit  feinem  ^redb^terium  fu^^enbiert.  3)a  feierte  er  16i68  in  arger  Ser- 
blenbung  mit  feinen  ^a^lreic^en  fanatifterten  Slnl^ängem  t)or  bem  getDö^nlic^en  ©otted- 
btenfte  in  ber  Jtirc^e  em  befonberen  Slbenbma^l,  ivomit  bie  ©))altung  unb  bie  ©rünbung 
einet  befonbeten  (lobabiftifdj^en)  ©emeinbe  begonnen  h>ar.  @r  h)urbe  abgefegt  unb  il^m  45 
unb  feinen  Sn^ongem  bie  Jtanjel  unb  ber  ^ufent^alt  in  ber  ©tabt  unterfagt,  toogegen 
et  nun  guerft  in  bem  na^en  ©täbtd^en  SSeere  unb  bann  in  bem  großen  älmfterbam  ben 
SSetfu^  nuu^te,  noc^  9lrt  ber  3)onatiften  unb  aUer  ©e))aratiften  eine  t)ollfommene  reine 
©emeinbe  aud  lauter  SEBiebergeborenen  gu  grünben  unb  gu  erhalten,  guerft  aln  Drtd«, 
fpätet  ote  blo^e  ^au^emeinbe.  Sababie  unb  feine  Slnl^änger  beftritten  ber  beftei^enben  50 
tKtfoQenen  Aitd^  unb  i^ren  Organen  ba^  9ted(|t,  f^e  au  ftraf en  unb  au^^ufc^liegen,  nannten 
fte  balJK'  in  i^rem  anerfannt  jämmerlichen,  t)erberbten  unb  unc^riftltc^en  3uftanbe  nur 
eine  untoo^e,  falf(^  unb  ^euc^lerifc^e  ©^einfirc^e  unb  l^ielten  bagegen  i^re  ©emeinbe, 
al^  toal^t^  awS^efc^ieben  au^  ber  äBelt  unb  aud  93abel,  für  bie  „eine  et)angeltfd[^e  Jtirc^e'', 
to&cbig  bed  bon  ti^nen  mit  Ungebull)  erfel^nten  taufenbjö^rigen  Sleic^ed.  ^te  neue  ©e-  65 
meinbe  mu^  aber  um  i^ed  eigenen  äSefteJ^en^  toillen  ertoarten  unb  em)ir!en,  ba^  nun 
attt^  toitflul^  alle  toai^rl^aft  ©laubigen  ber  ganjen  nieberlänbtfd(|en  Kird^e  ftd^  t)on  ber 
alten  gu  Sobel  getoorbenen  Airc^e  trennten  unb  an  fie  anfc^löffen  ;  fte  mugte  bal^er  pro- 
feb;tenfü(^ttge  SSerbereifen  machen  laffen,  Wk  bied  in  gleicher  SEiJeife  gu  il^rer  3^^t  bie 
^cttn^futet  unb  3Retl(fobiften,   bie  ä3a))tiften   unb  bie  3rt)ingianer   get^an  l^abcn.    älbcr  go 

■nf^gftpfrapible  fir  X^cotogic  mb  IHr^    8.  K.  zi.  13 


194  SoBabie 

au|er  ber  Sd^ünnan  unb  emtgen  jungen,  reichen  unb  botnel^cn  gröuleind  (t>an  ©ommeös 
h\)f)  fc^loffen  [xä)  nur  tocnige  bebeutcnbc  ÜRänner,  h>otunter  bcr  3lltbürgennciftcr  Jtimrab 
t)on  Scnningcn  (Slcij,  ^tft.  ber  aßiebergeborenen,  IV,  121—138)  unb  bie  beiben  Jtoibu 
baten  ober  ^rebi^er  ^emric^  unb  $eter  Schlüter  aud  SBefel,  an  fte  an,  toö^enb  alla> 

6  bing^  ii}xt  erbauhc^en  SSerfammlungen  toeit  ga^treic^er  befuc^t  tourben  unb  bie  Slmficp 
bamer  ^rebiger  ftd^  barüber  bellagen  mußten,  „ba^  bie  Sababiften  bte  beften  S^riften  unb  bte 
gottfeligften  §€Wn  getoännen  unb  bie  großen  ©emeinben  Don  ben  perlen  entblößt  toürben". 
^a  t)erbot  ber  ^agt[trat  jjebem  Sludto&rtigen  ben  ä3e(uc^  ber  ^audanbac^ten  Sobabied  unb 
nötigte  baburd^  bie  ©emeinbe,  ftd^  nac^  einem  anberen  audtoörtigen  91(^1  umgufe^.    2)te 

10  in  ämftcrbam  für  immer  mit  il^r  berbunbene  ©t^ürmon  ertoirlte  i^r  bie«  bei  ber  $fa(is 
gräpn  eiifabetl^,  Sbtiffin  in  $erforb  (f.  ben  a.  »b  V  ©.  306),  foAi^t  ba^er  1670  bw 
ganje  aud  tt\va  fünhig  ^erfonen  unb  fünf  $aftoren  unb  $rebigem  befte^enbe  ^au^ 
gcmeinbe  unter  bem.9Sorh)anbe,  ba|  fte  eine  geiftlic^e,  üofterartige  Stiftung  beobftc^ttgten, 
ju  p(^  eintub  ($ölfd^er,  Die  fiababiften  in  §erforb,   $erforb  1864).    3)ie  ©emeinbe  be* 

16  |au})tete  jtoar  ganj  rechtgläubig  ju  fein,  toar  e«  aber  leineetoeg« ;  i^r  gel^etmer  ©emeim 
fd^aft^runb  toar  eben  bie  fe))aratiftiUe  Trennung  t)on  ben  anberen  öffentlichen  ©emeinben 
bedfelben  ä3efenntnif(e«,  eine  für  fiep  reine,  toürbige  unb  l^eilige  ©emeinbe  3U  bilben  mit 
befonberer  (l^terard^ifd^er)  Airc^enjuc^t.  @ie  fül^rte  eine  gemeinfame  ^oud^ltung,  ^atie 
bai^er   auc^   fommuniftifd^e  ©ütergemeinfd^aft  unter  fic^   eingeführt  unb  forberte  fie  ott 

ao  9eh)ei«  be«  toa^ren  unb  lebenbigen  ©(aubend.  äBo^renb  Sababie  unb  anbere  nur  ^eimltc^ 
t)er^eiratet  toaren,  t)erh)arfen  fte  manic^äifd^  bie  @be  ber  Ungläubigen  afö  fünblic^  unb 
l^ielten  nur  bie  Q^m  ber  ^eiligen  für  l^eilig,  red^t  unb  erlaubt  unb  beren  fcbmer^lo«  g^ 
borene  Jlinber  für  ^eilige  ©emeinbeglieber,  toelc^e  aber  barum  auc^  nic^t  me^r  ben  Sltem, 
fonbem  bem  $erm,  b.  ^.  feiner  ©emeinbe,  angehören  unb  t)on   i^r  unb  in  i^r  erjogen 

26  toerben  mu^en.  9loc^  in  $erforb  fam  bie  in  ber  ©emeinbe  ^errfd^enbe  Segeiftening  inib 
@cl^h)ärmerei  )u  einem  l^^gen  älu^bruc^,  inbem  nac^  einem  gemeinjamen  Siebe^ol^ 
eine  aOgemeine  @rtoed(ung  (resurrectio),  eine  Spltation,  ein  „d^nfklic^ed  3^u<^3^^f 
©pringen,  ^^aiuen  unb  Püffen  entftanb,  toorauf  bann  auc^  gemeinfame  Slbenbmai^llfeio 
unb  öffentliche  $rebigt  begann. 

80  ^iefe«  äluftreten  einer  neuen  unb  fremben  ©emeinbe,  bie  fogar  in  ^oQanb,  oOtoo  bie 
jtonfluenj  aQer  ^Religionen  toax,  ntc^t  gebulbet  tDorben  toar,  mitten  in  Seutfdblonb  mä> 
in  ber  beutfc^en  ebangelifc^en  fiirc^e  erregte  ungel^euere«  äluffel^en  unb  groge«  SJli^auen. 
S^ergeblic^  t)erfu(^ten  bie  reformierten  ^^rften,  bie  fromme  ^falggröfin,  ber  ©tatt^oltar 
^ori^   t)on  Dranien  unb  ber  groge  jlurfürft  ^ebric^  SBil^elm   t)on  Sranbenburg   ate 

85  ©d^u^^err  ber  äbtei  bie  t)erfolgte  ^emeinbe  gu  fc^ü^en.    auf  Sefc^toerbe  be«  feinbfeligen 

tcrf orber  SRate«  befal^l  ba«  Sleic^^fammergcric^t  ju  Bp^tc  1671  unter  Berufung  auf  bie 
tanbate  h)tber  bie  äBiebertäufer  unb  ben  nur  brei  SReligionen  bulbenben  tt>efitfälifc^ 
Jfrieben  ber  ^ürftin  bie  Sludtoeifung  ber  fünf  ^rebiger  „al«  ©eftierer,  SBiebertoufer  unb 
Quäler,  h)eil  burd^  il^ren  Slufent^alt  im  Steid^e  groge  SBeiterung,  älufrul^,  @m))örung  unb 

40  93lutt)ergie^en  entftel^en  möd^te,  aud^  bad  ^»^ufammentoo^nen  beiber  ©efc^led^ter  unter  @tnem 
Sac^e  ber  @l^rbartett,  gemeinem  ä3eften,  'ßlui^  unb  SBo^lfal^rt,  auc^  aQem  Steckte  gutoiber 
fei".  333ä^renb  bie  gürftin  nod^  S3ciftanb  toiber  bteje«  50{anbat  in  Serlin  fuc^te  unb  ba 
Äurfürft  eine  genaue  Unterfud^ung  ber  gangen  ©efc^tc^te  angeorbnet  l^atte  —  toelc^er  toir 
befonber«  öiel  2lu|f(i?lufe  t)erbanfen  —  öerliefe  bie  ©emeinbe  freitoißig  1672   biefe  gegen 

45  bie  l^eilbrtngenbe  SSertoaltung  be«  reinen  @t)angelit  unbanfbaren  Sanbe  unb  hnrnberte 
naä)  ber  religiöfen  ^eiftabt  3tltona  au«,  tvo  fte  di\xl)i  unb  ©ebetl^en  fanb,  ftc^  aber  \>cn 
ber  bortigcn  frangöftfd^s  unb  l^oUänbifci^-reformicrten  ©emeinbe  ftreng  gefonbcrt  ^ielt.  $ia 
fc^rteb  bie  (Jöiäl^rigc  ©c^ürman  1673  in  fcliger  ©timmung  il^e  unb  ber  ©emeinbe  ©e« 
fd^id^te  unb  i^ertcibigung  in  bem  unübertreffli^en  S3üc^lein  Eucleria,  beffen  jtoeiten  leil 

60  fie  1678  t)oOenbete.  Sababie  bezeugte  gleid^geitig  in  feinem  2^eftamente  feinen  c^ftlic^ 
©lauben  unb  fein  ^eft^alten  an  (einer  befonberen  ©emeinbe,  unb  ftarb  1674  (stetit 
ceciditque  suo  Domino),  feine  ©emeinbe  feinen  ^eunben  §)t)on,  ^ulignon  unb 
ber  ©cbürman  anöertraucnb  (3-  fiicbolb,  J)er  älufentl^alt  bed  ^^an  be  Sobobie  in 
ältona.'  ©c^riftcn  be«  3Serein«  für  Jc^Ie^toig^^olfteinifd^e  Äird^engejc^ic^te  1901,  2.  fH6fft, 

f 5  6.  $eft). 

SDic  Sababiftijc^e  ©emeinbe,  ober  toic  fte  fic^  felber  nannte,  „bie  bon  bcr 
333elt  abgefd^icbcnc  unb  gegenwärtig  gu  3Bictoert  (SBieutoerb)  in  ^e«lanb  t)erfammelte 
reformierte  ©emeinbe",  fe^rte  balb  barauf,  t)on  bem  gtoijd^en  ©änemarl  unb  ©d^toAcn 
au«brcd^enben  Äriege  gcängftigt  unb  üon   ben  brei  ßrbinnen  t>an  ©ommeldbl^I   in  ben 

Go  93eft^  be«  {c^önen  ©d(|loffe«  äBaltl^a  ober  ^^etinga  bei  )iEßieh)ert  in  3Beftfrie«lanb  gefe(^ 


Sobabie  195 

brthnal  fUirtcr  aü  fte  ou^ejogen  \t>ca,  nämßc^  162  @ee(en  jöi^Ienb,  nad}  ben  ^lieber« 
lonbm  surüct,  unb  lotmte  nun  auf  bem  etnfamen;  i^r  mit  ber  Umgegenb  ge^örem 
ben  S^lofle  gu  äStetDert  eine  t)on  ber  2BeIt  unb  ber  Rxxi^t  aud^  öugerlid^  ganj  ob« 
gefonberte  jtolonie  ober  ©enteinbe  grünben,  ganj  h)ie  fünfzig  ^ol^re  f)>äter  bie  trüber« 
gemetnbe,  tuelc^e  über^au})t  mit  ben  Sababiften  fo  au^erorbentltc^  biele  äJü^nlid^Ieit  l^at.  6 
t)ie  berettd  befte^enbe  fommuniftifc^e  ©üteraemeinfc^aft  toath  \)kx  ui  einer  fouoltftif^^en 
ertDettert  9UIe  trugen  biefetbe  ^öc^ft  einfache  ^leibung  o^ne  übertxüfftgen  @c|mu(f,  fte 
f^)etflen  gemetnfam,  ieboc^  an  bcei  untexfc^iebenen  Xifc^en,  bed  SSorftanbe^,  ber  $au^ 
genoffen  unb  ber  f^remben,  and)  bie  ^^milien,  toel^e  eine  befonbere  3Bo^nung  für  fic^ 
ermatten  ^en,  unb  aQe  muftten  ald  3^9*^^^  ^^  gemeinsamen  @igentum^  i^re  X^üren  lo 
offen  ^en.  ^e  Jtolonie  bejal^lte  il^e  €teuem  gemeinfam  unb  nährte  fic^  befonberd 
bon  ^ober  Suc^iueberei  (no<^  je^t  in  ^oQanb  Sababiftenjeug  genannt),  Seifenfteberei 
unb  SifenfabrUation,  je^e  aber  immerme^r  ein.  SSergebend  berfu($te  bie  frieftfc^e  S^nobe 
fte  gu  bannen  unb  bie  toett(ic^e Obrigteit  ^u  i^er  SSerf olgung  ju  beilegen;  eine  bon  biefer 
ongeorbnete  Unterfu^ung^Iommiffion,  )u  toelc^er  ber  fromme  i^ermann  äßttfutd  Jf!^^^^'  ^^ 
\ptad^  fic^  günftig  fifac  bie  ©emeinbe  aud,  nac^bem  ^^t)on  fte  berteibigt  l^atte.  ^irflid^ 
erlebte  bie  ©emeinbe  in  biefer  3eit  (bon  1675—1690)  i^re  ^öd^fteSIüte  unb  erhielt  nun 
ottd  gang  9{ieberlanb  unb  bom  9{ieberr^ein  unb  aud  Oftfrie^Ianb  ftarten  S^S^g ;  auger 
bot  fc^on  ®enam!ten  traten  noc^  fieben  anbere  Xl^eologen  mit  bielen  9(n^ängem  unb  ber 
berühmte  äCnt  ^enbrit  bon  2)ebenter  auf  ülrjere  ober  längere  ^cxt  gu  i^nen,  unb  auger^  20 
bem  Rotten  fte  auc^  unter  ben  emften  Soften  eine  toAt  au^ebe^te  Sia{))ora  bon  be« 
ftu^cn^  unb  befu(bten  ^eunben.  ^^I^re  33erfa{fung  toar  arifto{rati(c^4i^^Hcl(l ;  ^^ 
bie  bome^men  gh^auen  gel^drten  mit  ixim  SSorftanbe  unb  in^befonbere  toar  ber  @tnflu^ 
ber  @<^ürman  fel^  grog.  ^faftifc^  lag  jeboc^  bie  ^errfd^aft  über  bie  @emeinbe  ganj  in 
f)bond  ^onben,  ber  fte  mtt  eifemer  @{l^ärfe  imb  Schroffheit  ausübte,  ^^re  Se^eigen-  25 
tümlid^eiten  tooren:  unmittelbare  9Bir{fam{eit  bed  ffi,  ©eifte^  im  ^ergen  ber  @rh)äl^(ten; 
bie  IEir<^  eine  ®emetnbe  nttr  ber  SBiebergeborenen,  ij^r  Xrium))^  bad  taufenbiö^rige  Sfleic^ ; 
bie  ©afromente  nur  ben  3Biebergeborenen  beftimmt.  3)al^er  toar  bie  ßinbertaufe  nur  ge» 
bulbet,  bie  9(benbma^Idfeier  fel^  feiten.  9lld  erfte  unb  nottoenbigfte  Xugenb  galt  um 
bd»tngter  ®e^orfam,  toiUenlofe  Untertoürfigleit  unb  ä3reci^ung  be^  @igenn)iOen^.  ^^^erao 
Sbp^  mufc  ob'',  tamr  f))ri(^h)5rtli(j(^.  ^er  ®ottedbienft  —  teitö  in  franjöftfc^er,  teitö  in 
I^Dänbt{(^  Sprach  gel^alten  —  toar  ^oc^ft  einfad^  unb  h)urbe  \)on  ben  fprec^cnben 
Stübern  ober  Se^rem  gel^alten,  toöi^renb  in  breierlei  Bpxad^^,  aber  nad)  berfelben  Gelobte, 
gefunoen  tourbe.  SSö^enb  bed  ©ottedbienfked  unb  felbft  @onntagd  burften  bie  ^auen 
nad^  Selieben  finden  tmb  naiven ;  über^au^t  ^ulbigte  bie  ©emeinbe  in  ber  Sonntag^«  35 
feier  gan)  ben  freien  9(nft(^ten  bon  Socceiud  gegen  äSoetiud,  h>ie  nad)  il^r  and)  bie  äSrüber^ 
gemeinbe. 

dkrabe  gut  3^  dft^  l^öc^ften  ä3lüte  1680   erhielt  bie  ©emeinbe  burc^  ben  ®ou« 
tenteur  bon  Surinam,  Someliud  ban  @ommel%Vt  ^i^  9lufforberung  gur  ätnlegung  einer 
Aolonie  bofelbft  gur  9)le^rung  ber  toal^en  Airc^e  auf  ^eibnifc^em  ®ebiet.    3Rit  freubigem,  40 
fd^toarmertfdS^  @ifer  ging  bie  gange  @emeinbe  barauf  ein  unb  fanbte   il^ren  ^rebiger 

tefenaer  mit  Sobobied  SBtttoe,  einer  geborenen  ban  Sommel^^I,  unb  bielen  anberen 
(iebctn  bort^in  ob,  too  fte  tief  in  ber  @infamfeit  eine^lantage  ober  Kolonie  ^$rot)tbence 
anlegten  —  bte  aber  fc^on  1688,  nac^  @rmorbung  bed  ®out)emeur^  burd^  feine  eigenen 
Solboten,  tmeber  aufgegeben  tourbe.  ^mnod)  unternahm  bie  ©emeinbe  einen  giveiten  45 
JtoUmtfatiimdberftu^  gu  9leuböbmen  am  ^ubfonflug  in  9{en)2^})orI,  tool^n  $.  Sd^lüter 
ging,  —  mit  bemfelben  9Rigerfolg.  Unterbcffen  ^atte  bie  bi^  auf  300—400  angeioac^- 
fene  SRutteigemeinbe  burc^  bie  1692  notn^enbig  geworbene  Sluf^ebung  ber  ©ütergemein^ 
fc^t  bei  treidle  jeber  ein  Viertel  feinet  (Singefc^offenen  einbüßte,  einen  großen  @tog 
eifitten,  bon  bem  ^e  ftc^  nic^t  toieber  erholte;  in  ffiteivert  blieb  mit  ^^oon  nur  ein  gar  eo 
fc^tiKul^  Slefl,  ber  1703  taum  nod^  au^  breigig  ^erfonen  beftanb;  1732  berlieg  i^r 
l^tix  G\pittdftx  Jtonrab  Sodmamt,  ein  ^eunb  unb  ^orref)>onbent  3:erft'.'egen^,  ilBieivert, 
unb  bie  bortige  ®emeinbe  löfte  ftc^  gönglic^  auf.  ^^re  feit  1692  überaQ^in  gerftreuten 
®licber  tamrbot  ober  nur  befto  mel^r  ein  teil^  h)ürgenbed,  tetl^  gerfe^enbe^  @alg  an  t^rem 
neuen  SBo^rt,  unb  SRönner,  toie  Untere^t,  Steanber,  Sam^e  unb  anbere  tonnen  aU  55 
Sababiften  in  ber  reformierten  Jtirc^e  angefel^en  toerben.  Über^uf^t  t)erban{te  gunäd^ft  bte 
reformierte  ftirdbe  tmb  bann  auc^  bie  ebangeltfc^-lutl^erifc^e  ben  !^ababtftcn  größeren  (Smft 
im  c^rifUic^en  Seben  unb  in  ber  Krc^lid^en  3^^^*  itont)enttfel,  ^atec^ifationen,  33ibel' 
ßunben  unb  bie  gonge  äSerfaffung  unb  älrt  ber  93rübergemetnbe,  beren  Stifter  3^^S^"' 
bcff  ebenfo  toie  6t>^er   fe^r  günftig  über  bie  Sababiften  geurteilt  l^at,   ftnb  bie  l)M^  va) 

13* 


196  £a(abte  SoBbe 

famen,  ©etjarottemu^  unb  Ähd^ens  unb  Slbenbmal^fömcibuna  bie  bitteren  ^c^te  be« 
gababi^mug.  Ä.  «pebel  t  («.  8rr«i«). 

Sabait  f.  S5b  VIII  ©.  644,  i7. 

fiabontm  f.  3Jtono0ramm  S^rtfti. 

6  ßabbe(Labbeus),5pi^iU})}),  S.  J.gefi  1667.  —  3.  ®arnicr,  Prole^.  ad  opp.  Mar. 

Mercatoris  (Par.  1673),  c.  5  1B  ....  8,  bei  SJlic^aub,  Biogr.  universelle,  t.  Xfil,  p.  256-258; 
^e  ^acfer,  Biblioth.  des  ^rirains  de  la  Comp,  de  J^us,  2«  edit,  t  II,  p.  549—562; 
C)urter,  Nomenciator  liter.  II,  p.  201-210;  gefl,  S.J.,  a.  „fiabbe"  im  StStü\  VU,  1281  f. 

5pi^iRt)>)e  Sabb^,  bon  ben  tefuitifd^en  ©elc^rten  be«  17.  g^^w^t^^^«  einer  ber  be* 

10  rül^mtcften  unb  fc^riftftcBerifd^  fruc^tbarften  —  nid^t  ju  bertoetpfeln  mit  feinem  3^  ""^ 
DrbcnggenoRen  $ierre  2abb6  an^  ßlermont  (geft.  1680)  —,  tourbe  geboren  gu  Sourged 
am  10.  ^uli  1607  unb  intrtte  teils  ^ier,  teils  an  einigen  anberen  Orten  ald  })^iIos 
fopl^ifd^cr  unb  tl^eologifc^er  Sc^rer,  3)ieS  jeboc^  nur  toöi^renb  toeniger  3^^/  ^^  ^  W*>" 
balb  t)on   feinen  DrbenSoberen  ber  93er))fli(l^tung   ju   münblic^en  gel^orträgen  entj^oben 

15  inurbe  unb  fo  in  $ariS  bis  )u  feinem  am  25.  SJtörj  1667  erfolgten  Xobe  ouSfc^lte^ii^ 
feiner  g^rfd^er*  unb  ©(^riftftmertJ^ötigfeit  leben  burfte.  —  ©ein  litterarifd^  9ta(^Ia|  er* 
fd^eint,  toenn  man  baS  ni^t  fe^r  l^ol^e  äUter  ertoögt,  baS  er  erreichte,  als  bon  ftounenS« 
Inertem  Umfang,  beibeS  toaS  bie  3<^^I  unb  toaS  bie  3JtannigfaItigIeit  feiner  $ubIitationen 
betrifft.    ßinft^tli(^  beS  fd^riftfteDcrifc^en  SBertS  berfelben   ift  er  freilid^  faft   auf   febem 

20  ber  bon  ifm  in  9(ngriff  genommenen  9lrbeitSgebiete  binnc^  f)>citere  9la(^fo(ger  in  mel^  ober 
mtnber  erheblichem  3Ra^t  übertroffen  toorben.  93on  ben  nal^e^u  80  3Berten,  toelc^e  be  Soder 
als  bon  i^m  t)erfa^t  auf^ä^It,  ift  baS  bebeutenbfte  bieAonjtlienfammlung,  toelc^e  er,  \poUx 
gefolgt  t)on  feinem  DrbenSgenoffen  Oabriel  ßoffart  (geft.  1674),  unter  bem  Xitel  „Sacro- 
sancta  Concilia   ad   regiam  editionem  exacta"   ^erauSgab  (^riS  1662  ff.),    ober 

25  freiließ  nur  ettoa  jur  $älfte  fetbft  )u  ebieren  t)ermoc^te,  ba  er  toä^enb  beS  9)ruded  tum 
93anb  IX  ftarb.  ^ie  SSoQenbung  beS  bis  ju  18  ^oliobänben  gebiel^enen  SBerleS  bKeb 
Soffart  borbe^alten.  9{ä^ereS  über  biefe  ©ammlung,  t>on  toelc^er  \pättt  9titoI.  SoktuS 
einen  5Rcubrudt  beforgte  (Venetiis  1728—1732;  XXIII  t.  in  fol.),  bie  aber  burd^  bte 
rei(^l^altigeren  SBerfe  ber  ft)äteren  Äongilienfammler,  befonberS  3KanftS,  antiquiert  tintxbe, 

90  f.  bei  gr.  Salmon,  Trait^  de  T^tude  des  conciles,  $ariS  1724,  p.  506—514,  bei 
$cfelc,  Äongiliengef^.  ^  I,  ©.  76  f.,  fotoie  beim  neueften  ilritiler  ber  großen  Äongilfamm* 
lungen  ($.  Duentin,  O.  S.  B.,  Jean-Dominique  Mansi  et  les  grandes  collections 
conciliaires,  $ariS  1900).  SHS  einen  ^robromoS  biefeS  SBerfeS  ^atte  er  (^JariS  1661 
in  4^)  eine   Historica    Synopsis    eoneiliorum   generalium   nationalium,  provin- 

85  cialium,  dioecesaneorum,  cum  vitis  epistolisque  Romanorum  Pontüicum  t>ers 
öff entließt,  foJnie  noc^  früher  ($ariS  1646  in  ?foI.)  eine  Galliae  synodorum  concilio- 
rumque  brevis  et  accurata  historia.  —  änbere  feiner  9lrbeiten  gelten:  ber  alt 
gemeinen  unb  fird^Iic^en  3^i^^nungSlunbe  (Coneordia  sacrae  et  profanae  chrono- 
logiae  a.  5691  ab  o.  c.  ad   an.  Chr.  1638,  $ariS  1638  in  12*»;    Abrßg^  chrono- 

40  logique  de  Thistoire  saer^  et  profane  de  tous  les  ages  et  de  tous  les 
siöclesete.,  ebb.  1663— 1666, IV S3be,  12**;  Coneordia  chronolociea,  ebb.  1656[4»be 
gol.,  tooju  fpäter  ^1^.  8rict  1670  einen  fünften  ^injufügte]) ,  ber  aRart^oIogte  (Hagio- 
logium  Franeo-Galliae  excerptum  ex  antiquo  martyrologio  s.  abbatiae  S.  Lau- 
rentii  Bituricensis  etc.,  $ariS  1643,  4**);  ber  b^jantinifc^en  Oefc^ic^tSqueDenfunbe  (De 

45  byzantinae  historiae  scriptoribus  protrepticon  1658 ;  Michaelis  Glycae  annajee, 
1660  [bie  erfte  gried^.  ^^e^tauSgabe  biefeS  h)id^tigen  SnnaIenn)erIeS,  bgL  jtrumbac^, 
©efd^.  b.  bt}i.  2it.^  384J) ;  ber  franjöfifd^en  Äirc^en«  unb  StaatSgefc^id^te  (j.  8.  M61anges 
curieux  de  plusieurs  sujets  rares  pour  servir  h  Thist.  de  la  France  eccl^ 
siastique  et  politique,   etc.  1650,  4°),  ber  allgemeinen  unb  ber  Krc^Ud^en  Sittetotur* 

60  gefc^ic^te  (Novae  bibliothecae  ms.  librorum  tomi  duo,  1657,  fol. ;  Bibliotheca 
bibliothecarum  1664,  8^®;  De  scriptoribus  ecdesiasticis,  quos  attigit  card. 
Rob.  Bellarminus  philologica  dissertatio,  1660,  2  voU.  8^<^).  —  9iudf  an  ber 
^olcmif  feines  DrbenS  gegen  bie  janfeniftifc^e  S3etoegung  erfd^eint  er  beteiligt,  unb  jtoor 
als  öor  anberen  eifriger  SSertreter  eines  fd^roff  ultramontanen  ©tanb})unftS.  So  in  fernem 

55  Triumphus  catholicae  veritatis  adversus  novatores,  s.  Jansenius  damnatns 
a  conciliis,  pontificibus,  episcopis,  universitatibus,  doctoribus  theologicis  atque 
ordinibus  religiosis,  etc.  (1651)    unb   in:   Bibliotheca   antijansenisticay  8.  cata- 


logus  piorum  eruditoruraque  scriptorum,  qui  Com.  Jansenü  ep.  Iprensis  et 
JaDsenianorum  hacresis  errores  ineptiasque  oppugnarunt ,  cum  pradudiis 
bistoriae  et  cribratione  farraginis  jansenisticae  (1654,  4"),  33atiibct,  „quod  in 
Lutheranos  et  Reformatoß  fuerit  ingenio  duro  nimis  et  acerbo",  fü^rt  oud) 
3B.  Caüc  Ätage  {Hist.  litt,  scriptor.  ecel.,  Prolegg.,  c.  5).  äW".      6 

Soiftmnnn,  6atl  f.  SBb  II  ©.  758, 45ff. 

ßniJiinniiii,  Sodann,  SRcformator  in  $«il brenn,  gefl.  1638.  —  3ftger,ifflii^ 
ttilunMii  jur  fcbiuflh.  unb  (tfinl.  iHcf..®..  Sluilfloil  1Ö28;  SilPt,  ft«  »eilTOß  über  Slobl 
iinb  Operamt  iieilBtonn,  ^eilbronn  18fi2 ;  iöün-,  ^eilfironner  Ebronit,  ^tilbronii  1895  ;  SlbiB 
17,  469;  «rieft  an  a.  uoii  ^BelQndjt&on  CR282.  871;  BonSSretii,  eirobelMiec.  3.  164.  16&;  lo 
fiortinann-SÜg«,  Srcnj  1.435,  459;  3«gcr  o.  a.  C.  85,  147;  trefft!,  Anecdota  Brent, 
186.  100  ftolt  Luthtu.  Lachm.  ju  leftn  i(t;  Siief  Bon  Sacfimann  Jb^l  a.  SBiirileinb, 
7,  23  ff.  3it[..?ttlEn  bc«  ^eilbr.  Slabtori^ioa,  flefnnimelt  unb  jiir  Verfügung  geflettl  uon  ipf. 
itundtr  in  Selftn.  Monument«  Oermaniae  Paedagogica  XXII,  reo  Irof  her  SBorTcbe  beä 
JlaitÄi^muä  oon  1536  S.  ein  91ntdt  an  ®iateT4  ffiatediefiS  uinbicint  roirb.  IB 

Sßt^mann  ob«  eiflcntlic^  Satlwmann,  Kic  [xä)  ber  33atei  SBem^rb  8.,  ein  b«= 
ni^mln  @lc(fengiegeT,  auf  unjä^Iigcn  Woätn  unb  ber  SoFin  iit  bcr  einj^igen,  bi^  ]«^i 
Bon  i^m  bctannten  £irud|c^iift  unb  au^  in  ^tiefen  nennt,  ift  um  1490,  BieUetc^t  fd^on 
etwa«  früher,  in  ber  Steic^äftabt  ^eilbronn  geboten.  1631  fliebt  er  lein  SUter  anna&emb 
auf  40  3a^rc  an.  Srenj  nennt  iljn  pater  maior  Ojnger  26,  186).  ©t  entftammtao 
ttnei  iDopUiabenben  33ürgerä|amilte,  tute  fein  ctmaä  jündeier  £anbömann  @r^aib  Sibnefif. 
©rine  erfte  Silbung  empfing  er  in  bcr  Si^ulc  feiner  ^aterftabt,  bie  unter  ber  fieitung 
fion.  5löilerä  in  gutem  SHuf  ftanb,  Don  toeitber  befudit  unb  Don  ben  ifranjtöfanem  gerne 
benu^t  ionrbe.  1505  bejog  Sj.  bie  .^ot^fc^ule  ^cibelberg  (inffrib.  22.  ^uli,  Ibple, 
SRolrilel  bet  Uniuerfität  0eibel&erg  1,  456),  iuurbe  1-3.  ^'^""'"^  l'^O'  33accalaureuö  unb  as 
24.  gebruar  1508  SWagiflei  (löpte  I,  455;  2,  430).  2.  mußte  grofee  ettDortungcn  bei 
jemer  '^Jromoticn  enegt  boben,  toie  ber  3"fi^  ^*^  iJetanö  im  tUfagifterburf)  bei  feinem 
9tamen  beireift;  Spiritus  astra  tenet.  3iunme^r  toanbte  fit^  S.  bem  Stubium  ber 
9ted)te  ju  unb  tcurbe  am  II.  September  1509  SaccalaurcuS  juris,  War  aber  auä)  ncd} 
bei  OTagifterpriifungen  in  ber  arti^enfalultät  t^otig  (%ü)pU  2,521;  2,432).  Er  ^ttca> 
fidf  bem  emftgcticf)tetcn  .ftrciS  ber  bortigen  ^umaniften  angeft^Icffen  unb  loar  tnoEjI  mit 
SJimpljeling  bcfreunbet,  bcffcn  Sebunbening  für  ©eilet  Bon  Jtaiferäbcrg  er  teilte.  Sgl. 
fiöt^mannö  33iftid?cn  im  Planctus  in  Keysersbergii  mortem  (Dppcnt»eiml510.f.  XIV). 

Sion  ber  Unibcrfitot  fjinwcg  Inurbe  fiadjmann  jum  ^fartamt  feiner  SÖoterftabt  be= 
rufen.  SBie  in  ben  meiften  SHei^ftäblen  War  bie  ^pfartei  in  ^eilbronn  einer  fremben  ss 
Jfopeift^oft  einverleibt  ^ie  reii^en  @infünfte  geno^  ein  ^omberr  ju  ÜSü^burg  ald 
flirt^ticrr,  Ktldfa  \>a.i  Slmt  buri^  einen  ietoeilig  gemieteten  *Priefter  «erfeben  liefe.  S)er 
9tal  toünft^te  luomöglid)  ein  Stabttinb  auf  biefem  Soften,  ©o  roirb  tnotjE  aud}  Üad)= 
mann  auf  (Sm^'fe&Iung  bc«  JHatS  pum  fiiri^fjerm  *l!etcr  bon  3luffe6  am  21.  ^JtpOcmbcr 
]5i:{  äum  ^JSfarrüetmefet  bcftcflt  toorben  fein.  (Sin  gciftlii^eä  9Imt  fjatte  £.  bisher  nicbt  *' 
bdleibet,  tuar  audj  nit^t  gemeint  unb  ^atte  outfe  ju  feinem  Stubium  leine  *pfrünbc  gc= 
noffen.  ^riefter  Würbe  er,  aU  er  nac&  feinem  aimlärntritl  am  22.  J^ruar  1514  Dum 
SJat  mit  einem  Gmpfetilungäfcjjreibcn  (Dom  7.  3J(äTj)  nn*  SJürjbutg  gef^iiiit  iDurbe. 

aiiit  bem  ^ann,  ber  banwtU  bie  ^erborragcnbfte  ©tcKc  in  bet  Jtirme  ju  §,  inne  ^atte, 
bem  frommen  ^Brebiget  Dr.  ^o^.  firöner  »on  Si^erbing  (Ogl.  b.  21.  Sbettin  ©b  5,  122,  *5 
38)  bcrbanb  iE)ti  ^crjlit^e  ^eunbfc^aft,   wäljrenb  bie  übrige  @eiftlic^feit  um  i^rer  @enufes 
fucbt  unb  Unjuc^t  toillen   m  fc^Ie^tcm  ÜHufc  ftanb.    Sie  Ijatte   itir   eigene^  ^auenfiauä 
auf  ber  Stabtmauer. 

liutljerÄ  ©ebanfen  muffen  ft^on  ftulf  in  ^eilbronn  ©oben  gefunben  ^oben.  5)arauf 
lueip  eine  äiufeerung  bcö  am  16.  September  1520  Bcrftotbenen  «ronec,  am  eifrigen  §i)tcn  bo 
be*  SSotteä  ©otteä  fei  mebt  gelegen  atä  an  bet  ''Biefefeier.  S.  lourbe  nidjt  nur  ^rönerä 
leftamentäücllftteder,  fonbetn  au$  fein  uom  ;iiat  erwählter  Diadjfolger.  9lnfangö  terfa^ 
£.  ^ßfonamt  unb  iprebigtamt  nebeneinanber.  Slbcr  auf  bie  flauer  Würbe  ibm  baä 
35oppe[amt  ju  fc^wer.  aieäljolb  trat  er  im  ^erbft  1521  (23.  D(tober)  baö  ^fanamt  an 
feinen  Sanbömann  SK.  ^eter  ®ieh  ob.  liefcr  Stritt  War  für  ben  ®ang  ber  3iefor=  65 
mation  bcrbängni^od.    ^afe  bte  ^Heformotion  in  ^eilbronn  ni^t  fo  rafi$  gelang,  roie 

faß  unb  äieutlingen,  [)at  eben  barin  feinen  ^auptgrunb,   bafe  ^ai^mann  Bon   feiten  1 
fatrer#  (eine  Untttftüfung  fanb.    23ie5  War  ein  fdtwae^er,  gciftig  Wenig  bebeutenber, 


,,m  m 

nbn,  ^H 


198  Sad^matttt,  ^ol^n 

leidet  erregbarer,  unb  Dor  ben  geiftlid^en  Obern  bangenber  3Rann.    S.  berfol^  ober  bi§ 
$erbft  1527  aud^  nod^  ben  3)ienft  )u  ©.  Salob  bei  ben  ©onberjted^. 

älld  ^rebtger  l^ielt  ed  Sad^mann  für  @l^ren))fltd^t,  ft^  ben  S)oItortiteI  iu  ertDerben. 
@r  h)ar  einer  jener  16  2)oftoren  ber  Dlet^te,  h)eld^e  bie  Suriftenfolultat  mit  brei  Sicentioten 
Barn  29.  3lt)ril  1521  auf  einmal  Ireierte  (%bpU  2,  536 ff.).  SSom  16.— 26.a[t)ril  fyOft 
Sutl^er  in  SBormd  gen)eilt.  UntDiDIürlid^  fe^t  man  jene  auffaEenbe  Promotion,  toeU^  in 
3Sormd  boraud  äluffel^en  erregte,  unb  gegen  h)eld^e  ber  ^urfürft  Subh)ig  old  gegen  einen 
3(ft  atabemifc^er  ^abfuc^t  bon  SBormd  <mi  am  27.  9lt)ril  (»roteftierte  (SQSinlelmonn, 
U93   ber  Unit),  ^etbelberg  1,  213)  unb  Sut^erd  äluftreten  in  SBormd  in  SSerbinbung. 

10  $at  S.  bor  ber  ^romotion  in  3Bormd  geiDeUt,  bann  ift  ed  berftänblid^,  ba^  ^eilbronn 
bem  SBormfer  @bitt  teine  ^olge  gab.  Salb  jeigte  ed  fid^,  ba^  bie  abe  Jtird^e  burc^fSoc^ 
mannd  @influ^  immer  mel^r  Soben  Derlor.  S)en  Sarfü^em  fd^idFte  1522  ein  Sürger 
l^um  @t)ott  ein  Süd^lein  bed  @ra^mud,  n)ol^l  Sberlin^  6.  9unbe^enof[en.  1524  iinnbe 
ber  $riefterIon!ubinat  berboten,  ber  SJlorienbienft   ber  Karmeliter  famt  ben  angeblid^ 

15  3Bunbem  im  S^ejember  1524  in  $rebigten  l^eftig  angegriffen  unb  bagegen  loermel^ 
$rebigt  (3.  ^ebruar  1525)  unb  bad  Stbenbmal^l  sub  utraque  berlongt,  toai  ber  Sifd^of 
9.  ^ör;  abfc^lug,  ben  SSarfügem  am  9.  ^är^  ^i^Dentur,  ebangelifd^e  ^rebigt  unb  %m* 
l^altung  frember  93rüber  auferlegt,  unb  ald  fie  ba$  SRoJtögebot  migad^teten,  bie  $migt 
Verboten  (31.  SRörj).    3lte  ^ort  ber  Sbangelifd^en  galt  Sod^mann,  ben  ouc^  ©^  Don 

20  äSerlid^ingen  ald  Seiftanb  feinet  $farrerd  in  9tedtar}immem  )ur  2)ii^utation  mit  einem 
übermütigen  Sorfüfeer  fid^  erbot,  ber  aber  jtd^  nid^t  ftettte. 

^m  Sauemtriege  betoäl^e  ftd^  bie  3:reue,  ber  3Rut,  bie  ®eifte^eh)alt  unb  bie 
SSaterlanbdliebe  Sad^mannd.  älfö  ber  n)ilbe  ^allein  Slo^bad^  bie  ^eilbronner  oufforbcrte, 
il^m  )u  )U)iel^en,  „um  bie  Jlinber  ^ixad  ind  gelobte  Sanb  )u  fül^ren'^  unb  bie  Säuern  beS 

26  ^eutfd^orbend  il^m  mit  pfeifen  unb  trommeln  gugogen,  moj^nte  fte  Sod^mann  cm  5.  itpvl 
)um  ©el^orfam  gegen  bie  Obrigteit  unb  nur  ^eimtel^r  in  einer  S^f^f^  ^^  toieber^lte 
feine  SSü^nung  am  @rünbonnerdtag.  !^n  i^^^^^^"  ^^^  ^^  ^<^  Sa^onn  oufd 
9latl^aud  jur  93egütigung  ber  erregten  Stenge,  toa^  ifftn  aud^  gelana.  9lld  bie  Souem 
am  18.  3^)ril  in  bie  @tabt  eingebrungen  h)aren,   h)anbte  fi^l  ber  mai  )um  )tpettenmal 

80  an  Sac^mann,  ber  bie  93auemfül^rer  |\um  9{ad^la^  il^  l^ol^n  ^orberungen  <m  bie  illöfier 
unb  Jllofterl^öfe,  n)ie  jum  SSer^id^t  auf  ^eilbronnd  93eitritt  unb  nt  einem  erträglich  916» 
tommen  mit  SBimpfen  beh)og.  2)ie  Un^at  bon  SBein^berg,  bie  pünberung  bed  beutfc^ 
^aufed  in  ^eilbronn,  ber  SSnIauf  ber  bort  geftol^lenen  f^c^te  burd^  Sürger,  bie  um 
barml^^erjige  iBel^^anblung  ber  unglüdHid^en  ®räftn  b.  ^elfenftein,  bie  lange  bor  bem  X^or 

8ö  haarten,  im  äBirt^l^au^  älufnal^me  fud^en  unb  bergeblid^  tnn  Sorfd^u^  beim  9tat  bitten 
mu^te,  em})örte  ilj^n  aufd  tieffte.  3lm  8.  3Kai  l^ielt  er  ben  93auem  in  einer  britten  S^ 
fc^nft  bad  @efd^id(  aller  älufrül^rer  bor  älugen  unb  mal^nte  fte  bei  ber  l^erbeieilenben 
Strafe  nid^t  )u  murren,  fonbem  ftiDe  ^u  fein  (Sad^amon  3.,  2)rei  6]^riftlid|e  ermanung 
an  bie  Sautoerfd^afft,  bie  )bu,  el^e  fie  Dor  2Be^nft)erg  gebogen,  bon  jjrem  fümemen  ab»^ 

40  ftel^en.  3)ie  britt  na^  ber  ©retoenlidf^en  tl^ate  gu  SBe^nfjjerg  berloffen.  &Mec,  ^cä.  %<wn 
1525.  4.  10  81.).  3)ajR  £.  fte  auf  einem  SBagen  ben  Säuern  geprebigt  ^obe,  ift  eine 
burc^aud  ungegrünbete  ^nfc^tilbigung  ber  älltglöubigen. 

3Rit  bemfelben  unerfc^ütterlid^en  3Jlut  h)ie  ben  Säuern  trat  2.  aud^  ber  SReoItion  in 
^eilbronn  entgegen,   too  man  eben  noc^  im  9lat  Sad^ntannd  Serbienfte  um  bie  Stabt  in 

45  ber  fd^toerften  9lot  gerül^mt  l^atte,  er  Ij^abe  ber  ©tobt  h)ol^I  2000  p.  erfport.  3eftt  er* 
^oben  bie  altgläubigen  ®eifter  im  'Siat  im  Sertrouen  auf  bie  ©iege  bed  Xrud^fe^  bon 
SBolbburg  unb  bie  ftreifenben  SReiter  be«  ©d^toäbifd^en  Sunbed  bod  ^oxtpt,  bie  9te^rma< 
tion  follte  nic^t^  ol^  ^c|erei  unb  Sul^lerei  fein  unb  fc^offe  Slufrui^r.  2)0  l^ielt  2.  bem 
9tat  ol^  @rgcbni^  be^  alten  @laubend  unb  ber  alten  fitird^e  bad  böfe  ©pnc^toort  Dor: 

60  ein  §cilbronner  ©cbot  h?ä^rt  bon  elf  bi«  SKittag  (11  U^r).  3)er  5ßrebigt  be«  Söon» 
gelium^  berbanfe  ber  9tat  bie  @ebulb  ber  ©emeinbe.  3)tit  bem  befc^menben  ßintoeid 
auf  ben  eüangelifd^en  ßifer  in  3)örfem  unb  SBeilem,  bie  ftd^  Weniger  bor  ben  §emben 
be^  neuen  ©tauben«  fürd^ten,  ol«  bie  ^etlbronner  in  ilj^rer  Slingmouer,  berlangt  et  9e« 
ftellung  eine«  ebangelifc^en  Pfarrer«,  @infül[;rung  be«  ebongelifd^en  Slbe^ibma^l«,  t>enne^ 

66  ^ßrebigt,  2lbfd^affung  ber  unnü^en  geiertage,  gur  SScfper^eit  ^Jfalmengefong  unb  Sudlegung 
be«  SBorte«  ©otte«,  SSerbot  ber  SefcBimpfung  be«  neuen  ©lauben«,  Seftrofung  ber  Saßer, 
©otte«läfterung,  (S^ebrud^,  ^urerei,  @^icl,  SBuc^er,  ^utrinfen,  unb  ebongelifc^  9lrmen< 
fürforgc.  3"  ^^^^  Überrofd^ung  fallen  bie  altgläubigen,  bafe  £.  feinen  ©cj^ritt  Bwt 
l\urüdhoid^,  n^öl^renb  fte  mit  bem  ©ieg  über  bie  Souem  oud^  über  bie  Sieformation  geftegt 

60  }u  ^ben  toasten,    ^a  £.   h)ogte   e«  fogor  am  20.  Wpnl  1526  mit  Sarbara  SBSei«» 


Saifmann,  2So^nn  199 

bionn,  b«r  Zod^ter  eined  ^annengte^erd  unb  SSürgermetfier^,  in  ben  @^eftanb  ju  treten 
unb  ber  bifd^öfltd^en  Sorlobung,  bie  nun  an  i^n  unb  bte  beiben  anbeten  eDangelifc^en 
$rebt0er  eratng,  leine  $olge  )u  leiften,  ba  fie  in  leiner  SBeife  le^erifc^  unb  aufrU^rerifd^ 
toiber  bod  miferKd^e  SRanbat  ge))rebi9t,  fonbem  nur  ^etj^an  })äam,  h)ad  ü^nen  ber  SBei^- 
bt{(^of  bei  ber  SBei^  jur  ^flid^t  gemacht  l^abe,  bet  il^em  Seelenheil  ba$  StKxngeßum  6 
aUer  Jlreatur  }u  ^rebigen.  3)er  dlat  h)ied  ben  93if(i^of  ab,  inbem  er  ftc^  auf  bie  ©tim- 
mung  ber  ®emeinbe  berief  unb  auf  ben  günftigen  äludfaU  be^  Sleic^dtagd  m  Bptm 
toartete.  Sro|  ber  SSerunglim^fungen  bed  ^farrerd,  ber  auf  ber  jtan^el  Sad^mann, 
ben  mutigen  Sdenner  im  Sauemtrieg,  unb  feine  ®enof{en,  ,,bie  Sut^er  ^um  Slbgott 
ma^Kn",  al^  feige  Seute  audfd^rie,  h)eld^e  bad  S3eil  nid^t  m  tveit  tverfen,  bag  fte  e^  lo 
toieber  ^olen  lönnen^  anbere  £eute  ind  93ab  fe^en,  aber  felbft  nic^t  fc^h)iken  tooQen  unb 
auf  Sttngmouem  pod^en,  toöl^renb  bie  Sl^oftel  Dor  bad  älngefid^t  ber  ^rften  getreten 
fden,  tro(  ber  3)ro^ungen  eine^  Sürger^,  ber  mit  eigener  ^uft  ^e|er  erf^Iagen  h)oIIte, 
tn>^  ber  9efd[fim))fungen,  bie  über  Sad^mann  unb  feine  ^au  ergingen  (gelber  Sedter, 
i5itre)  ging  bie  Sac^e  bed  @bangelium^  bortt)ärtd.  Sad^mann  begann  mit  Jlnoben  unb  15 
uRäb(^en  ben  loted^etifd^^en  Unterrid^t.  3)er  altgläubige  @d(iulmeifter  fal^  feine  Stellung 
für  iKrloren  an  unb  gab  fein  Slmt  auf.  9(n  feine  ©teile  trat  Ra\pax  @räter  (Dgl. 
8b  7,  @.  58),  ber  Sad^mann  bie  religiöfe  Untertoeifung  ber  ^ugenb  abnalj^m  unb  für  biefen 
3tDe<f  feine  „Sotec^eftd'^  1528  l^erau^ab.  üJtit  @mft  ging  S.  aller  Unorbnung  im  ®otte^ 
btenft  unb  Seben  mSeib.  9ln  ^immelfal^rt  1527  berlieg  er  bie  Jtanjel,  ol^^ne  ju  prebigen,  ao 
ba  man  nad^f  latbolifc^  äBeife  ben  ^eilanb  ;ur  Jtird^bede  em^or  gebogen  unb  bafür 
fiorten  l^era6geit>orfen  l^otte,  tooburd^  in  ber  Airc^e  ®etümmel  unb  Staub  entftanben  foax, 
tDo^enb  man  in  t^iMd^ter  SBeife  über  bad  ebangelifd^e  ätbenbma^l  fpottete  unb  bem 
Snftonb  unb  ber  Sittlid^Ieit  $o^n  fpraA  (nadte  ^rue,  ^äger  76).  @nblid^  am  28. 3())ril 
1528  tpogte  ed  ber  dlat  nad^  einer  älnfrage  in  ^all,  bie  ermutigenb  auffiel,  bad  älbenb-  25 
ma^l  unter  beiberiet  ®eftalt  feiern  )u  laffen.  älllerbingd  lub  ber  SSifd^of  jekt  alle  ©eift^ 
Itc^  t>on  ^eilbronn  nad^f  SBünburg.  äBol^il  tvagte  ber  9lat  junödbft  nic^t,  bie  ^er 
toeiter  }u  gefUitten,  unter  bem  SBorhKinb,  ed  fehlen  bie  3)littel,  cwer  S.  rul^te  ntc^t.  @r 
^dt  bem  älot  feine  Unbeftänbigteit  Dor.  ^eilbronn,  l^eige  e^,  fei  böurifc^,  toenn  SBauem, 
bunbtfc^,  toenn  Sünbifd^e  (Steiter  be^  @c^h)ä6ifd^en  93unbe^),  ebangelifc^,  h)enn  StKxnge::  ao 
Itf^K  ba  feien. 

1529  fd^Io|  fid^  ^eilbronn  ben  $roteftierenben  in  @t)eier  an  unb  nal^m  1530  bie 
&dfiaxLbad^  mtitd  mtt  Sludnal^me  bed  17.  an,  lel^nte  aber  auf  Sac^mann^  9iat  ben 
Eintritt  in  ben  ©c^maSalbifc^en  93unb  gleid^  9lümberg,  93ranbenburgs3ln^bac^  unb  ^aK 
ob,  ba  2.  ben  bewaffneten  äSSiberftanb  gegen  ben  5laifer  mißbilligte.  9luf  bem  Steic^-  85 
tag  }u  Sug^urg  lie^  ^eilbronn  bem  ^aifer  ein  t)on  Sad^mann  berfa^ed  Selenntni^  ober 
rii^t^er  eine  SarfteQung  ber  9teformation  unb  be^  ^ird^entvefen^  in  ^eilbronn  überreid^en. 
2)ad  @(^ftftüdt  jeigt,  h)ie  ber  {ati^olifc^e  unb  ebangelifc^e  @otte^btenft  nebeneinanber 
^erging.  S)er  Pfarrer  foQte  in  feinen  $farned^ten  ni(|t  getränft  Werben,  aber  S.  I^ielt 
boneben  ©otte^bienft,  älbenbma^l,  ^ufe,  nid^t  aud  bem  2Ba))tifterium,  fonbem  aud  bem  45 
Seden  auf  bem  ittmioltax  mit  frifd^em  2Baf{er  gam  in  ebangelifc^er  äßeife  mit  feinen 
®e^fen.  ©efungen  Würbe  lateinifc^  unb  beu^c^.  Sin  ben  SEBod^entagen  Würbe  täglich 
obwec^felnb  über  1  SRofe,  $etri=  unb  ^aulibriefe  unb  ^abahtl  ge^rebigt.  3Benn  ^eil^ 
brmrn  au^  bie  Xuguftana  nic^t  fofort  unter^eid^nete,  fo  DerWarf  e^  boc^  nac^  einer 
träftigen  Srmo^nung  ^d^mannd  ben  Sleid^^tag^bf c^ieb ,  nad^bem  am  17.  StoDemberis 
beibe  State  unb  am  24.  92oDember  aud^  bie  SSürgerfd^aft  ftd^  eiblic^  jur  Sreue  im  ^aQ 
ber  92ot  t>ert)flid(ftet  Ratten. 

9hinmd^  ging  ber  9tat,  gebröngt  t)on  Sac^mann,  @d^  für  @d^ritt  Wetter,  Verbot 
bie  fflei^  be«  2:aufWaffer«  am  21.  SKärj  1531,  mißbilligte  bie  gortbauer  ber  3Jleffe  in 
ber  ^farrfird^,  Wofür  bie  $riefter  (»rebtgen  foQten.  2)a^  ^aftengebot  ^atte  man  fd^on  50 
1530  oufgel^oben.  Stm  8.  ^ejember  1531  morgend  lieg  ber^at  burc^  bie  gan^e  @emeinbe 
bie  beborfte^be  9leformation  gutl^^eijgen.  92ur  ein  Bürger  Wiberft^rac^,  ber  aber  fofort, 
aU  man  i^  bad  Bürgerrecht  tünbtgte,  einlenfte.  3)ltttagd  Würben  fämtlic^e  ^riefter, 
bie  iUdfter  unb  ber  Aommentl^ur  bed  beutfc^en  ^au(ed  jur  älnna^me  ber  9ieformatton 
aufgeforbert  S)ie  $riefter  mit  bem  Pfarrer  fügten  ftd^.  2)ie  Jllöfter  unb  bie  3)eutfd^::  55 
^erm  toetgerten  ben  Seitritt  )ur  Sleformatton,  Worauf  i^re  ^ird^en  gefd^loffen  unb  ben 
flormeCitem  i^  Wunbertl^iätiged  Warienbilb  genommen  Würbe.  @tne  Disputation,  auf 
ber  bie  SRönc^e  i^e  @a^e  Dertetbigen  Wollten,  unb  Woju  ber  9tat  Bren^  Don  $all, 
Slorer  txm  Solingen,  t^an^  l^renicuS  t)on  @emmingen  unb  Seml^.  äßur^elmann  Don 
&iftoa\^ttn  beijiel^  Wollte,  }erfd^lug  ftc^.    2)er  äßiberftanb  ber  alten  Rxxd^t  im  großen  go 


200  Sad^mattn,  ^otyinn 

foax  Qcbrod^cn,  h)cnn  auc^  ber  ®eutf(f>orben  für  feine  Äird^e  ben  alten  ©otte^tenfl  M« 
bel^telt  unb  Sarfü^er  unb  Karmeliter  bem  9lat  nod^  lange,  befonberd  im  ^[ntenm,  triel  }u? 
fd^affen  machten.  Um  bie  $rtefter  m  brauchbaren  Wienern  beS  ©Dangeliumd  ^eron« 
jubilben,  erbot  fid^  Sad^mann,  jh)eimal  h)5d^entlic^  bie  Sriefe  $auli  ju  erfldren,  Jt  ®räter 

5  foQte  bie  ^ropl^eten  bortragen,  älm  24.  äluguft  15B2  lonnte  eine  neue  el>angeltf(^ 
©otte^ienftorbnung  eingefül^rt  Serben  (Säger  240).  SBar  bie  altgläubige  gartet  ^ 
paaren  getrieben,  fo  mad^ten  £.  bie  SBiebertäufer,  n)elc^e  1526  Don  Spngen  f^tt  ein« 
gefc^lid^en  tparen,  unb  bie  Siberttniften  Diel  3u  fd^affen.  Se^tere  lernen  toir  aud  ®täte(9 
@d^rift,  „\>a^  ber  Sl^riftlid^  glaub''  lennen.    3^^^  h)ieber  mal^nt  ll^ac^mann  jur  (Sin* 

10  fül^^rung  ftrenger  ßuc^t,  benn  auf  ben  3unftftuben  mad^te  ftd^  gro^e  ©enu^fud^^t  geltenb, 
ate  toollte  fte  aUed,  foa^  '\\)x  bie  ^ftengebote  ber  Kird^e  einft  Derfagt,  j|e^  l^eretnbringen. 
®urd^  alle  feine  SKalj^nungen  gel^t  ein  ernfter,  aber  treu  h)ol^lmeinenber,  ibatriottteer  3&m. 
®r  fd^reibt  gern  an  ben  3lat  „euer  ?Prebiger  unb  SJlitbürger".  Dem  9tat  ^t  er  am 
26.  Steril  1534  bor,  ba^  e«  nidbt  genug  fei  mit  bem  etogl.  Sefenntni«,  man  muffe  emffc 

16  lid^  bie  Safter  [trafen  unb  bad  Sbangelium  nid^t  ^um  @d|anbbedCel  mac^  @r  toiD  ober 
feine  SRai^nung  lieber  fc^riftlid^  an  ben  9lat  bringen  aU  auf  ber  Jtan}el. 

2Bie  aud^  ®räter  fagt,  h)ar  bie  Srbeitglaft  für  S.  Sabre  lang  faft  übergroß  ©r  hai 
um  @rleid^terung.  Der  9tat  tüoüU  @rlSi.  @(^ne)}f  al^  jn)eiten  $rebiger  S.  an  bie  @eite  fidlen. 
3Ran  berl^anbelte  mit  il^m  Slnfang  1532,  aber  berSrat  mu^  eingefel^en  l^aben,  boft  6(^e)>f 

20  nic^t  h)obl  alc;  )h)eiter  $rebiger  nac^  ^eilbronn  lommen  tonnte.  9(m  20.  ÜKoi  1533 
n)urbe  m.  3Renrab  SRolter  aud  Slua^burg  ald  S.d  ©el^^ilfe  angeftellt,  1536  anftatt  be^ 
unjuberläffigen  S)ie|  £.«  treuer  SKi^treiter  Igol^.  Säerfid^  jum  ^Pfarramt  berufen.  2.,  ein 
inniger  ^eunb  bon  l^ol^.  Srenj,  l^atte  fic^  ftetd  al$  ©egner  bed  3^inglianidmud  unb  9ln* 
l^änger  Sutl^er^  beh)iefen,  h)enn   er  aud^  1527   gegenüber  Don  ^efd^ulbigungen  ber  Sllt^ 

26  gläubigen  ertlärte,  fiutl^er  fei  nid^t  fein  „2lbgott",  er  l^e  oft  in  feinen  $rebigten  gefogt, 
man  foll  toeber  lut^erifd^,  noc^  ölolamjjabif^,  noc^  jtoinglifd^  fein,  benn,  fintier,  Defc 
lamjjab  unb  3^'"0l'  f^^  SKenfc^en,  fonbem  man  foll  ^riftifd^  fein.  5Wit  Dotter  Über« 
}eugung  l^atte  S.  ftc^  1525  am  Syngramma  suevicum  beteiligt  unb  ftetd  mit  Sren) 
unb  @(^ne))f  treu  )u  Sutl^erd  @a^e  gel^alten.    3Roc^te  aud^  fein  ^reunb  unb  Slad^bor 

30  SWartin  ©ermanu«  Don  gürfelb  fid^  1529  bem  3h)i"0KÄni^«'w^  jutoenben  (Säger  147), 
SKeland^t^on  l^atte  nid^t  nötig,  S.  am  3.!3uni  1530  Dor  bem  3h)ingliani«muö  ju  h>amen 
(CR  2,30).  aud^  afe  »u^er  auf  ber  »lüdUcIS^r  Don  ©d^toeinfurtperfönlic^  3lnfang3Rai  1532 
nad^  ^ürfelb  unb  ©emmingen  fam,  um  feine  älnl^änger  )u  ftär!en  unb  neue  )u  gelDtnnen, 
unb  biefe  nad^  einer  3ufammen{unft  am  22.  3Rai  aufd  neue  im  5lraid^gau  h)arben,  ftonb 

86  £.  treu  ju  Sutl^erd  ©ad^e.  äluf  15.  äluguft  ^atte  er  S3ren)  unb  bie  lln^ger  Sut^etd, 
Srenicu«  in  ©emmingen,  SBurjelmann  in  @d^h)aigem  unb  SBolfg.  ©tier  (3^ru^)  in 
Orenbelfatt  m  ftd^  eingelaben,  um  mit  bem  ^l^^rer  ber  Su^erianer,  ©ermanud,  tu  Der« 
l^anbeln  uno  Don  i^m  ein  Dotte^  93efenntni^  m  Sutl^erd  äbenbma^läe^e  )u  forbem 
(Äeim,  ®fjl.  SWef.  931.  118  2lnm.).    Dafe  Säuger  felbft  in  §eilbronn  getoefen,   lofet  fid^  in 

40  reiner  SBeife  beh)cifen.  3"  ^^^^  ^^^^  Sld^tung  £.  ftanb,  betoeift  nid^t  nur  ber  jtoeite 
©rief  ?Dtelanc^tl^on«  an  S.  Dom  25.  3lj)ril  1535,  in  toelc^em  er  il^m  ben  ougcnleiDen» 
ben  ^aiti).  9teic^enberger  em))fal^l,  il^m  über  bie  neue  äludgabe  ber  Sinologie  unb  ber 
Loci  berichtete  unb  feinen  @d^h)ager  unb  feine  Sd^loefter  burd^  £.  grüben  liefe  (CR 
2,  871),  fonbem  auc^  bie  el^renbe  SBibmung  Don  3Kelanc^t|>on§  Enarrationes  in  psalmos 

46  aliquot  burc^  ben  S)ruder  ©e^er  (In  Psalmos  aliquot  Davidicos  Phil.  Mdanch- 
thonis  enarrationes  doctissimae  Hagennoae  1528). 

Über  bie  le|te  Scben^jeit  2.«  I^errfd^te  bi«  je|t  grofee  33erioirrung.  2.  fotttc  noc^ 
1548  gegen  ba^  l^nterim  eine  Exhortatio  ad  constantiam  an  ben  ^at  gefc^rieben  unb, 
al^  ber  viat  bennod^  bad  2i"^^^   annahm,  fein   älmt  niebergelegt  l^aben  unb  bann  Dei» 

60  fd^otten  fein  (Säger  271,  272).  3)iefe  Slnnal^me  unterlag  fc^on  bi«l^er  ben  größten  Se» 
beulen.  3)ie  ßinfül^rung  ber  an  ber  §aller  orientierten  Äir(^enorbnung  Don  1543  o^ne 
9)tith)irlung  2.  afö  2eiterö  ber  §eilbronner  Äirc^e  ift  gerabcju  unbenibar.  3lber  obgleid^ 
alle  §eilbronner  Kird^enbiencr  bobei  um  ilj^r  ©utac^ten  angegangen  lourben,  toirb  2.  mit 
leinem  SBort   erloä^nt.     Überl^aupt  erfc^eint   er  nac^   1537   (3)ienfi;tag  nad^  S^reüönig, 

66  9.  Sanuar,  Auftrag  m  einem  mit  SKolter,  ®ie^  unb  Rre^  gemeinfamen  ©titad^^ten 
über  ;iugcfanbte  Slrtirel,  loolj^l  im  3wf^*"'"^"'^^"0  *"i*  ^^"^  ^0  •  ^  ©d^maHolben, 
23.  Dftober  ßinlabung  ^um  §afenma^l,  11.  ®ejember  9Serfdf>reibung  an  bie  Jlinber  f einc6 
Derftorbenen  SSruberö  ©eorg)  nic^t  mel^r  in  ben  Slften.  älm  28.  Januar  1539  aber  tüiib 
ba«  Slmt  be«  ^rebiger«  mit  ber  SBol^nung  an  Wl,  SKolter  übertragen,  ber  bie  ^räbilotur 

60  fc^on  einige  Qtxt  Derfe^en  l^atte.     1540  aber  (S)ien«tag  n.  pubica)   toerben  SSormünbcr 


iaifmann,  l^oJ^tm  Sacurbaire  20t 

für  bed  ,,Dr.  ?ßrAtflcrö"  Ähiber  nad)  bem  3!ob  il^rcr  ©ro^mutter  bcflellt,  1542  crfd^eint 
old  itoeiter  ®atte  ber  SBtttoe  Sad^mannd  ein  @e.  ^tnb!  t)on  ^errenberg,  ber  ^tendtag 
luu^  Xrtnitatid  um  ba$  $eiIbronner  93ürgerre(^t  bittet.  ®d  fann  alfo  tein  ^tD^\\d  fein, 
ba^  Sac^onn  im  ^alft  1538  geftorben  ift,  unb  }h)ar  tüol^I  im  @ommer  ober  ^erbft, 
nad^bem  er  nod^  ben  Seitritt  ^eilbronnd  utm  @(i^mallälbifd^en  93unb  erlebt  l^^atte.  WU  6 
lulong  toirb  bie  Smttolebigung  unb  bie  äserfei^ng  be^felben  burc^  3)lo[ter  nic^t  getDÖi^rt 
laben.  SHe  SSonebe  R  ®räterd  )u  feiner  ©c^rift  Dom  c^riftlid^en  @[auben  beutet  fd^on 
an,  bog  £.d  ilraft  ber  großen  älmt^laft  mit  ben  oufreibenben  ffäm))fen  nic^t  mel^^r  gan) 
getaxic^fen  toor.  ^n  lange  l^atte  er  bie  i^ilfe  eined  jtDeiten  ^rebigerd  entbel^ren  muffen. 
90^  ein  O^fer  feiner  Slmt^treue  ift  er  frül^^^eitig  }ufammengebroc^en,  h)ie  @am  in  Ulm.  lo 
£.0  (S^cdEtörbilb  }eigt  atö  l^ert)orfle(^enbe  3üge  einen  feingebilbeten,  l^^umanen  unb  l^umor- 
twikn  @A%  eine  fefte  tlberjeugungdtreue  unb  einen  unbeugfamen  Wut,  ber  feine  Ru^ 
geftonbniffe,  leine  ^rd^t  h)eber  nad^  oben  nod^  nad^  unten  lennt,  ber  ebenfo  bem  ^ot 
tote  ben  tonlb  erregten  SBouem  bie  SBioiSirl^eit  fagt,  einen  emften  @inn,  einen  ^eiligen  @ifer 
gegen  bad  Softer  unb  oEed  juc^tlofe  äßefen  in  allen  Stänben,  einen  frommen  äBanbel,  i6 
eine  glü^be  SSaterlanbdliebe;  gei>aart  mit  Seutfelig!eit  unb  ©aftfreunblic^Ieit,  toelc^e 
ee^  Tii^mt    (S)ie  Exhortatio  gel^ört  in  ben  3lo\>.  1530.)  &.  »offert. 

gacmiibe  f.  S5b  VII  ©.  268, 55—271,  6. 

Sacorbairf,  Soi^ann  Sa^jtifi  §einric^,  geft.  21.  Slobember  1861.  —  HRonta:: 
lembert,  Le  P.  Lacordaire,  ^arid  1862;  %ib.  be  93roglie,  Discours  de  r^ption  ä  TAca-  30 
d^iefran^aise,  1863;  le  $.  (S^ocarne,  Lacordaire,  sa  vic  intime  et  religieuse,  2  $be,  $arid 
1866;  ^oura^.  Demi^re  Maladie  et  mort  du  R  P.  Lacordaire,  ^arid  1868;  ^.  ^inarb. 
Ckirrespondance  in^te  du  P.  Lacordaire,  pr^c^ee  d'une  ^tude  biographique  et  critique, 
*ori«  1860;  a)uc  be  ©roalic,  Le  P.  Lacordaire,  «ßari«  1889;  ©.  ^.  Sollet,  Lacordaire, 
in.  in  La  Grande  Encyclop^die,  93b  21.  (Sine  beutfc^e  iBiogra|)^ie  üon  iBleibtreu,  $ater  26 
2acorbatred  2tbtn  unb  SSirfen,  Srreiburg  1873. 

!3o^ann  8a))tifl  ^einrid^  Sacorbaire  tourbe  geboren  am  12.  SKärg  1802  in  SleceV» 
fur^Ouxce  (6ote  b'Dr).  9fia(|bem  er  ba^^  ©^mnafium  Don  ^ijon  „mit  jerftörtem  ©tauben 
unb  bebro^^en  Sitten"  (Mtooires)  Derlaffen,  ftubierte  er  bafelbft  bie  Slecpte,  Derbanb  jebod^ 
bannt  bod  Stubium  „ber  l^ik^ften  Probleme  ber  $l^ilof  opl^^ie,  ber  $olitiI  unb  ber  Sttteratur".  so 
SKc^  ate  Soltaire,  jog  il^n  3-  3-  SRouffeau  an,  ber  auf  il^n  „einen  ^avbzt  ausübte, 
ber  jutoeilen  fe^r  tool^U^uenb  ift  für  junge  2tntt  bie  alle  ßl^rfurd^t  Verloren  l^aben"  (Srief 
toom  30.  Spi  1855).  ®r  h)ar  3)eift,  jebod^  Doller  Setounberung  für  ba«  ßbangeKum, 
unb  ber  Sleinung,  eg  fönne  ^anlreid^  erft  h)oblerge^en,  h)enn  e^  Jjroteftantifc^  h)ürbe 
(Notes  de  famiUe).  Sd^on  im  Igal^re  1822  begann  er  in  $arid  feine  stage  old  85 
Stonbibot  ber  9(bDotatur  unb  fc^ien  in  juriftifc^e  ©utad^ten  Derfenft.  Slber  feinem  feurigen, 
mit  aller  ©nergie  auf  ein  fefte«  3'^^  lo^bringenben  ©eifte  genügte  biefe  SBeltanfdfjaus 
ung  md^ft.  Samennaid,  Essai  sur  rindiff^rence,  mad^te  tiefen  Sinbrud  auf  i^n, 
tD^^oIb  Sacorbaire  au(|  bad  fc^i^nfte  2Bert  Samennai^'  genannt  tpurbe.  3)lontalambert 
nennt  feine  Sete^nß  eine  ur))l5^lid^e  (un  coup  subit  de  la  gräce),  jebod^  fd^eint  fie  «o 
toidme^  eine  allmäi^lid^e  getoefen  ^u  fein.  1823  fd^rieb  Sacorbaire  an  einen  jungen  älbbos 
loten:  „3(^  l^beein  fel^r  frommet ©emüt  unb  einen  fel^r  ungläubigen ©eift.  3)a  e«  jebod^ 
in  ber  Statur  ber  3)inge  ift,  bafe  ba«  ©emüt  fxd)  ben  ©eift  unterwerfe,  fd^cint  mir  hja^rs 
fd^einlic^,  bofi  id^  einmal  ein  ßlj^rtft  tocrbe."  Slnfang^  1824  fc^rieb  er  an  einen  anberen 
greunb :  ,4wnnft  bu  glauben,  bafe  id^  jeben  2;ag  me^  ein  ßl^rift  toerbe  ?  Diefer  pro-  is 
grcffiDe  Umfd^^tmtng  meiner  Überzeugungen  ift  fonberbar.  3^  f^^d^  ^^  h^  glauben,  imb 
bodb  toor  i^l  nie  me^  $l^ilofot)b  ol^  j^t.  @in  tvenig  $^tlofot)l[;ie  entfernt  t)on  ber 
Steltgion;  tM  5ßl^ilofoj)|ie  bringt  jur  SÄeligion  gurüd."  Unb  am  11.  TOai  be^felben 
3a^rt^ :  „^d^  toerbe  morgen  frü^  in  ba«  ©eminar  Don  @aint5Sult)ice  eintreten".  3)a^  G^riften^ 
tum  erfd^ten  i^m  al«  bie  unentbc^rlic^fte  ©runblage  jebcö  fojialen  menfd^li(^en  Scbcnö ;  w 
ba  ber  3Rm\df  für  bad  S^f^mmenleben  gefd^affen  ift,  fo  toar  i^m  ba«  ß^riftentum  unb 
fimrit  bie  !ati^olifd^e  Äird^e  ein  Slsiom,  eine  9Joth)enbigIeit  für  ben  yKenfd^en.  @x  felbft 
fogt:  „9Rft  25  3^^^^^  fwd^t  ^w«  ^^^^  ©«ck  nur  il^r  Sebcn  ba^in  gu  geben.  Sie  t)er' 
Uaigt  toom  ßtmmel  unb   Don  ber  @rbe  nur  eine  groge  @ad^e,   um  il^r  mit  9lufo))ferung 

Sbtenen ;  fie  ftrömt  öon  Siebe  unb  Don  Rraft  über."    ®r  entfd^lofe  fid^,  ber  Sad^e  be«  k 
olte,  bergwiij^eit  unb  ber  Rird^e  gugleic^  ficb   gang   ju  h)ibmen.     ©ein  ßntfd^lufe  toar 
im^t  ein  9^  ber  Selel^ng,  fonbem  ber  äluffd^h)una  }u  einer  neuen  lird^lid^r^bemotratifd^en 
Slomontit.    3m  $riefterfeminar  Don  @t.  Sulpice  fanb  er  fic^  nic^t  in  feinem  Elemente; 


202  Sambam 

ber  ©aHifantemu^  ber  ^rofefforen  erfd^ien  t^m  oI«  eine  l^öfifci^c  übertünd^tc  6im>önmfl, 
ate  eine  Teilung  ber  einen  SBal^rl^eit,  ba«  SlationoKird^entum  ofe  8rütofen  ber  ^drejie, 
bie  bem  $a))fttum  burc^  ben  @taat  entgegengefteUten  ©d^ranlen  ate  Sefc^anhtngen 
(temp^raments),  toeld^e  (Sott  felbft  auferlegt  h)ären.  3)ie  erfte  ^rebigt,  tod^c  er  Dw* 
5  legte,  n)urbe  t)on  ben  Seigrem  ^al6  atö  ©dimatiod;  i^olb  atö  ftnnlod,  im  gangen  oü 
läd^erlid^  recenftert.  3m  ^af)xt  1827  erl^ielt  er  bie  ^rieftertoei^e.  ®r  fd^lug  mehrere  3fe 
fteUungen  ab,  auc^  einen  9luf  nad^  9iom,  atö  auditeur  de  la  Rote,  ber  i^n  ju  ben 
f^öc^ften  äSBürben  gefügt  l^ätte :  ,M^  xä)  mid^  entfd^lo^,  in  ben  geiftlic^  Stanb  ju  treten, 
fc^reibt  er,  l^atte  ic^  nur  @ind  im  Sluge:   ber  Jtirc^e  )u  bienen  burd^  bie  9lebe  (par  la 

10  parole).  3^  ^^^^  ^i"  einfacher  ^riefter  Serben,  unb  toaWc^rinlic^  einmal  ein  Mftöm^'' 
(religieux).  3)od^  fagte  il^m  ber  5Pfarrbienft  in  einer  ©emeinbe  h)enig  gu.  6r  tmirbe  fbjn^ 
monier  an  bem  ^lofter  de  la  Visitation,  unb  ettoad  f))äter  aud^  an  bem  colldgeroyal 
Henri  IV.,  h)o  fein  SBiberh?itte  gegen  ba«  ®r«el^ung^f^ftem  ber  Uniöerfttöt  mit  jdJem 
3kxge  größer  tourbe.  —   S)e  Samennai«  (f.  b.  21.)/  3Kontalembert  unb  Sacorbaire  be? 

16  grüßten  in  ber  ^uUreüolution  1830  bie  3c^^6ung  ber  @Ilat)entetten,  n)obur(^  bie  5Hr«^ 
an  bie  t)olitifd^e  Legitimität  unb  an  bie  Sleftauration  gebunben  toar.  ^fyc  äBo^lfpnu^ 
h)ar:  (Sott  unb  bie  ^ei^eit,  ober  —  ber  ^at)ft  unb  ba«  3Solf  mit  allgemeinen  Stimm« 
rec^t  unb  freier  Slffociation.  3)iefe  unb  bie  ®eh)iffen«frei^eit  machten  fie  })raltifd^  geltenb, 
inbem  fie  im  Oftober  1830,  ol^^ne  t)on  ber  (»riDilegierten  Uniberfttät  bedStaated  {t$  boju 

20  @rlaubni$  einjul^^olen,  eine  @d^ule  errichteten.  S)ie  ^oligei  fc^lo^  biefe  @d(iule,  unb  ba 
Snontalambert  t)on  ^ol^^em  älbel  toax,  erfd^ienen  fte  im  @e}}tem6er  1831  bor  bem  ©end^^td^ 
l^ofe  ber  $aird.  Sacorbaire  (»latbierte,  inbem  er  ftd^  auf  bie  allgemeinen  93erf)>re(^ungen 
bed  Sürgerfönigtum«  berief.     2luf  bie  2lnllage:   „3)iefe  $riefter  bienen  einem  fremben 

terren,"  erh)iberte  er :  ,,393ir  bienen  6inem,  toeld^er  nirgenb^  fremb  ift,  toir  bienen 
_,  Ott."  Sie  tourben  jeber  gu  ^unbert  jjranfö  unb  in  bie  Äoften  t)erurteilt;  il^e  @d^ 
blieb  gefdf^loffen.  ©Icic^geitig  lourbe  i^re  g^^^f*  „Slbenir",  toeld^e  grofted  Sluffe^ 
gemacht  ^atte,  Dom  ?Pa})ftc  berbammt.  63  rächte  fic^  nun  an  il^en,  bafe  jte  bie  grei^ 
gu^leid^  im  mobemen  bemofratifc^en  unb  im  ultramontanen  ©inne  gefaxt  Ratten,  gacor» 
ban:e  untem)arf  ftc^  ber  ))ät)ftlic^en  Sntfc^eibung  unb  bet^ätigte  bied  bur^  eine  Sieife  na(^ 

80  9lom.  9lac^  ^ariö  jurüdgefel^rt,  toibmete  er  ftd^  ber  Serteibigung  ber  Äirt^enlebre  bur^ 
Conferences,  treidle  nic^t  blo^  t)on  ber  ^ugenb  eifrig  gel^ört  h)urben.  @r  fud^te  nai^ 
juloeif en,  toie  bie  gbeen  ber  grei^eit  bon  ber  Äird^e  in  allen  ga^rlj^unberten  gel^egt  tourben ; 
mbem  er  bie  Unterfd^iebe  ber  ©runbanfd^auungen  bertoifc^te  unb  bie  Kultur  feiner  3^ 
aU  $ebel   benü^te,  h)u^te  er  bie  ^^antafte  t)on  ^unberten  in  l^lle  t^lammen  ju  fe^en. 

36  Seine  natürlid^e,  feingebilbete  ÜRimif  trug  Diel  gu  feinem  ©rfolge  bei.  3)ie  ultramontane 
(Sefd^ic^t^bel^anblung  tourbe  Don  Äeinem  glänjenber,  blenbenber  geübt,  ald  in  feinen  geijis 
reichen  Vorträgen;  ber  Dom  Don  Slotre  3)ame  füllte  fid^  fd^on  Stunben  Dor  feinem  auf» 
treten  mit  Damen  unb  SKännem  ber  beften  ©efeUfc^aft.  6«  toar  il^m  aber  nid^t  blojl 
um  })erfönlirf^en  6rfolg  pi  Ü)\in;   er  glaubte  bem  3^^0^f*^  ^  entfjpret^en,  inbem  er  in 

40  einer  Don  gefäl^rlid^en  ^been  gärenben  3^^  ^^^  ^rebigerorben  in  fjranlreid^  erneuerte, 
um  in  jenen  ba^  6c^tc  Don  bem  Uned^ten  gu  fd^eiben.  Dober  begab  er  fu^  im  ^äiftt 
1838  abermate  nac^  SRom,  too  er,  anfangt  1839  ein  „Memoire  pour  le  r^tablisse- 
ment  en  France  de  TOrdre  du  fröres  pr§cheurs"  Derfa^te,  in  h)eld^em  er  folgen* 
ben  auö^ruc^  t^at :   „Die  TOönd^e  unb  bie  ßid^en  ftnb  eh)ig."     3lm  9.  9toril  erhielt  er, 

46  mit  noc^  gtoei  anberen  ^rangofen  ba^  Drbenäleib  in  ber  Dominifanerllofternrdjfe  SKinetDa 
unb  mad^te  bafclbft  fein  5RoDij\iat. 

95alb  barauf  nac^  ^anfreid^  jurüdtgclcl^rt,  iou^te  er  befonber«  ba«  Dffijierlor^  Don 
ÜRe^  für  feine  Sbeen  ober  bod^  für  feine  SSorträge  ju  begciftem;  e«  ift  ^afterifitf(^, 
bafe   feine  Seid^enrebe  auf   einen  ©eneral   au«  ben  großen  Kriegen  (Drouot)  für  feine 

60  fd^önftc  po^ulärfte  Siebe  gilt,  ^n  feinem  geben  be«  ^l.  Dominien«  ^t  er  bie  Slutgerh^te, 
h?eld^e  ber  Drben  leitete,  toeielid^  in  ben  §intergrunb  geftetlt.  —  infolge  ber  ^ebruor^ 
reDolution  1848  tourbe  er  in  bie  SlationalDerfammlung  geh>ä^lt;  ba  er  aber  burc^  fein 
Sefcnntni«,  ba^  er  Se^jublilaner  fei,  fid^  einen  SJertoei«  feiner  Oberen  jujog  unb  bie 
SKeftauration  ber  nur  überrumpelten  fonferDatiDcn  ©clbmäd^te  auffteigen  fa^,  trat  er,  ber  neue 

65  9Sorfämv>fer  be«  nieberen  Solle«,  beffcn  2eiben  unb  D^jferfreubigfeit  er  mit  teilne^menbem 
3beali«mu«  auffaßte,  au«  ber  SlationalDerfammlung  unb  })rebigte  h)ieber  fleißig  in  $ari«. 
aucb  feine  fire  nouvelle,  eine  3citfdf)rift,  lie^  er  al«  gel^orfamer  So^n  ber  Jltrc^  ein» 
gelten.  3m  ^ai^xc  1850  reifte  er  nac^  9lom,  um  bie  Sac^e  be«  (grjbifd^of«  Don^ari«  ju 
führen,  h)eld^er  ben  realtionär  ultramontanen   UniDer«  Derbammt  ^atte.     ©lütfte  t^ 

60  biefe«  aviöf  nic^t,  fo  fe^te  er  e«  hod^  burd^,  ba|  ^anfreic^  al«  eine  befonbere  ^roDni) 


Sacurbatre  Lactantius  203 

b«Ä  ^omtnifonerorben«  fonftituicrt  unb  er  il^  aU  ^robinjial  t)orgefe|[t  h)urbe.  3lai)  bem 
lunjolcomfd^en  ©taotöftreid^  bon  1851  h)ctflcrte  er  \xd),  feine  3:^ättgfett  in  9Jotre  3)ame  fort* 
jtff^cn,  unb  entfernte  ftc^  bon  ^ari«,  unter  bem  Sortüanb  ber  Sifitation  bc^  Drben«  in 
$ouonb  unb  ©nglonb.  Slur  noc^  einmal  Jjrebigte  er  in  ber  ßaujjtftabt,  in  ber  Äirc^e 
6t.  SUx^,  am  10.  fjebruar  1853,  über  ben  %^:  Esto  vir.  ©r  eiferte  gegen  ben  aKi|-  6 
btaad^  ber  ®eit>aU,  unb  rief  gum  ©d^Iufe  ani:  „Sluc^  id^  bin  eine  ^ei^eit,  barum  mufe 
ic^  l>af(^toinbett !"  S)ie  SRegierung  »erlangte  nun  feine  Entfernung  auö  5Part«.  ®r  ^ielt 
feine  lejien  Äonferenjen  in  2!ouloufe  (1854),  unb  h)ibmete  fu^  bann  ganj  ber  3w9«i*>- 
erjie^ung,  guerfl  in  DuIIin«,  bann  in  ©orreje  {%axn)\  too  er  feine  legten  £e6en«ial^re  ju« 
bta^U,  Sine  (e^e  @^re  n)urbe  i^m  nod^  ju  teil,  bie  '\\)n  auc^  noc^  einmal  nad^  $art^  lo 
jurüdfü^;  er  tourbe  an  bie  Stelle  Don  3;ocquet)ilIe  in  bie  Acad^mie  fran<;aise  erh)ä^lt. 
©eine  Sftebe,  toie  bie  Don  ©uijot,  ber  il^n  in  cmj)fangen  l^atte  (Januar  1861),  erregten 
grofee«  Süffelten,  ba  ber  S)ominiIanermönc^  ba«  £ob  ber  SBerfaffung  ber  bereinigten 
Staaten  Smerilad  audft^rad^,  unb  ber  ))rote[tantifd^e  @uijot  bie  n)eltli(^e  SRac^t  be$ 
3Jaj)Ptumö  öerteibigte.    fiacorbaire  ftarb  am  21.  Sloöember  1861  ju  ©orreke  (lam).       is 

Socorbaire«  ©c^riften  toirlten  nic^t  fo  bebeutenb  h)ie  fein  J)erfönlid9e^  auftreten. 
3)0^  Seinfie  über  feine  ?Perfönlic^feit  unb  feine  ^been  pnbct  ftd^  in  ben  Causeries  de 
lundi  t>on  ©ainte  SeuDe  unb  in  ber  Revue  des  deux  mondes  Dom  1.  Wai  1864  in 
einem  Xrtilel  Don  6^.  be  5Kajabe.  3)iefcr  d^aralterifiert  bie  ^auptfdbriften,  toeld^e  nad^ 
Socotbaired  3;obc  über  i^n,  „ben  ©d^ulmeifter  unb  ba«  ÜRitglieb  ber  älabemie",  erfc^ienen,  20 
namlt(^:  Correspondance  du  r^v.  p^re  Lacordaire  avec  madame  Swetehine, 
publik  par  M.  de  Falloux  1864.  Lettres  du  röv.  pöre  Lacordaire  ä  des 
jeunes  gens,  publ.  par  Tabb^  Pereive  1863.  SKontalambcrt  \pnd^t  folgenbe«  Urs 
teil  über  il^n  oud:  „Sei  aßen  geiftigen  3Biberfj)rüc^en  bleibt  er  für  un«  alle  ber  SJlann, 
toelc^  mit  bem  grölen  auffeilen,  mit  einer  Derfül^^rerifd^en  lü^nen  Originalität  bie  @^re  25 
bed  $riefterd  unb  ba«  männlid^e  ®efül(^l  eine«  5linbe«  unfere«  2la^r^unbertd  erhalten 
^"  —  ©id^  Jelbfi  nannte  Sacorbaire  einmal:  einen  bußfertigen  Äat^olilen  unb  einen 
unbulferttgen  liberalen. 

Sacorbaire«  fömtlid^e  ®erle  erfd^ienen   in  ?Pari«  in   9  Sänben  1872—73  (nouv. 
Äiit) ;  feine  5Prebigten  unb  Sieben  erfd^ienen  in  4  95änben :  Sermons,  Instructions  et  ao 
aDocutions,  ^ariS  1886—88.     1886  erfd^ienen  aud^  Lettres  ä  Gh.  Foisset,  $arid, 
2  Sonbe.  (9iettf^att  f)  d.  ¥fettber. 

Lactantius  Ij.  Caedlius  Firmianus.  —  ^iblioorap^ie:  Bichardson,  Biblio- 
gn^»hical  Sjnopeis  (The  Ante-Nicene  Fathers,  Suj^lement),  Buffalo  1887,  p.77sq.;  U.  Che- 
valier, B^pertoire  bibliographique  des  sources  hist.  du  moyen-äge  1338  s.  2702.  85 

Siudgaben.  ®efamtaudgaben:  Editio  princeps:  Subiaco  1465,  gebrudt  üon  (Son« 
rab  Sroel^n^eim  unb  Ämolb  ^annarj,  mar  nadt  ®racffc  (Tresor  des  livres  rares  IV.  65) 
bü^  erfte  in  Italien  gebrudte  9u4.  ^ie  llu^gabe  entbielt  bie  Institutioues,  de  ira  dei,  de 
opifido  dei.  $on  ben  fpöteren  tludgaben,  bie  bie  8a^(  fiebj^ig  überfteigen,  fiub  j^u  nennen: 
^ie  Hudaabe  be«  gfariteliud  (bei  9(lbu$  ^anutiuS,  Venetiis  1535)  ^öuftg  nacf)gebrucf t ;  cnt«  40 
^It  suerft  bie  buaUftifc^en  Suffixe  unb  bie  ^aiferanrebcn.  2)ie  ^iudgabe  bed  ^idjael  3:^0* 
nafiud  (ex  officina  rlantini,  Antuerpiae  1570),  bie  in  bie  großen  8ammcl»crfc  (Bibliotheca 
magna  unb  maxima)  übergegangen  ift;  3ol).  (^eorg  Sa(d)  (Lipsiac  1715),  (Il)r.  ^.^eumann 
(Gottiiigiae  1736,  in  iftr  eine  jucbtiofc  (£onjc!turaItritif) ;  3ot).  fiub.  »uenemann  (Lips.  1739, 
2  volL),  bie  beftc  ber  Siteren  Aufgaben  mit  mertpotlen,  beute  grogenteil^  nocft  bvaudibaren  46 
Stoten.  5)ie  ^Raurineroudgobc  beforgten  30^.  ©apt.  fie  83run  unb  9iic.  ficnglet  3)ufre§nüij 
(Paria.  1748,  2  voU.),  mit  öcnübung  einer  großen  3at)l  uon  feff.  ^ierna«  MSL  VI.  VII. 
S)ie  erfte  »irflicb  fritif^e  9(udgabe,  bie  a(d  abfcblicgenb  ^u  betrad)ten  ift,  üon  6.  IBranbt, 
CSEL  19.  27,  1.  2.  Vindob.  1890.  1893.  1897,  de  mortibus  pereecutorum  ift  \>on  ®.  fioub- 
mann  bearbeitet).  —  6eparatau«gabcn  ber  Epitomc  üon  ©ör.  ^.  ^faff  (Paris.  1712;  50 
ed.  princepe),  g.  5)ai)i8  (Cantabrig.  1718);  ^.  3.  9?outb  (Script,  eccl.  opuscula  praecip. 
quaedam*  II,  299  sqq.  [Oxon.  1858J).  —  «on  de  opificio  dei,  (Söln  1506  u.  q.  —  5)ic  ©e- 
btcbte  ftnb  Don  SBurmann  herausgegeben  (binter  ben  Werfen  bed  SlaubianuS  [Amst.  1760] 
p.  1035  sqq)  u.  0.;  in  neuerer  Seit  üon  911.  JRiefe  in  Claudianus  ed.  Jeep.  II  (1879)  p.l IM)  sqq. 
211  sqq.  unb  öon  (5.  öocbrenS,  Poetae  lat.  minor.  III  (1881)  p.  247 sqq.  —  De  morti-55 
bus  persecntorum  Etieone  Baluzc  (Miscellanea  II  [Paris.  1679]^ p.  1  sqq.  and)  feparat. 
ed.  princepa).  Oxon.  1680  [C)erau«g.  »ar  3.  geü];  3.  CEolumbuS  (Abo  1084);  %  üBauIbri 
(Trajecti  ad  Bhen.  1692);  £c  92üurrp  (Paris.  1710)  u.a.  ißeuere  ^luögobcn  uon  g.  3)uebner 
(PÄris.  1863.  M879);  g.  ^urter  (S.  Patrum  opuscula  22)  [Oeniponti  1873]);  6  SBranbt 
(Yindob.  1897).  —  S3gl.  über  bie  ^tuSgoben  Sdjocnemann,  Biblioth.  hist.-litcrar.  Patrum  60 
kt.  I,  ISOeqq.;  6.  ©ranbt,  in  feiner  «uögabe  II,  1,  t>.  XXXIX  sqq.  —  2)eutf*c  Ucbcr* 
fet^nng:  tluiSmo^I  de  mortib.  pers.,  epitome,  de  ira  dei)  oon  $.  ^.  3<^nfcn  unb  9?.  6torf 


204  Lactantius 

(Kempten  1875.  1876  [S3i6l.  b.Ä^SJ.l).  3nftitutionen  uon  ^ergt  (Oucblmburg  1787-1818). 
SlnÄjüge  bei  m%Ux,  ©ibi.  b.  m^,  lU  (1777),  @.  355  ff.  @nglifd)C  oon  gflet(^er  in  Ante- 
Niceno  Libr.  XXI,  Isq.  (1871);  XXXI,  1  sq.  1871). 

Sitteratur:    1.  lieber  fein  iOeben:    $.  S3ertoIb,  $ToIegotnena  }u  Sactantiud  (¥r.)> 

6  gjlettcn  1861;  %  Wetjcr,  Quaeetionum  Lactant.  part.  prima,  ($r.)  3üli(^  1878;  @.  ©ranbt, 
©3BÄ.  120,  9?r.  5  (1890);  fjreppel,  eommobion,  «rnobiu«,  Sact.,  $ari«  1893;  Mandni, 
QuaestioDes  Lactantianae  Studi  storici  2  (1893)  p.  444  sqq.  ^a^u  ©ranbt  ib.  III  (p.  1894) 
p. 65 sqq.;  G.Negri,Uimp.GiulianorApo8t.Milanol901;  83Qrbenftewcr,1894,@.209ff.;  Cavel 
(1740)  p.  161  sqq.;  CeiÜier  III  (1732),  387  sq.;   Xitteniont,  Memoires  pour  seirir  ä  l'higt 

I0eccl63.  VI,  p.  203 sq.  727 sq.;  ©bert,  ®efd)  b.  *riftl.  latein.  filtteratur  *I  (Seipsifl  1889), 
@.  72  ff.;  ^üger,  «lt*r.  Sitteraturgefcft.  @.  192 ff.;  ©«anj.  SRöm.ßitteraturgcf*.  HI,  (Wunden 
1896),  ©.363  ff.;  ^euffcl-SdiiDabe  (Seipjig  1890)  ©  996  ff.  —  Ueber  feine  Seöre:  ^.S-Ält, 
De  dualismo  Lactantiano  (JD.),  ©redlaii  1839  f  unbrauchbar) ;  (S^.  iOeuillier,  Etudes  bot  Lac- 
tance  apologiste  de  la  religion  chr^tienne  (JD.),  (Säen  1816;    (S^.  ^r.  Sacob,  Lact,  oonai- 

15  der^  comme  apologiste  (JD.)  ©tragburg  1848;  ^.  Coerlo^,  S)ie  ^^eologie  bed  2.  ($r.), 
©*»erin  1858;  W.  e.  peinig,  3)ie  ©t^if  beS  S.  (JD.),  ®rimmo  1887;  g.  Warba*,  a)ie 
<ßfl)töoIogie  be8  S.  (JD.),  ©aüc  1889;  ®.  grotfdjer,  3)er  Apologet  S.  in  feinem  «er^.  §. 
griec^.  ^öüofop^ie  (JD.),  ficipjig  1895;  ©.  Simberg,  Quo  iure  L.  appellatur  Cicero  Chri- 
stianus (JD.),  «Dtünfter  1896.  —  Ueber  feine  ©d^riften:   ©.  ©ranbt,    ©©«.  125   (1892) 

20  9^r.  6.  —  Ueber  bie  ©4rift  de  mortibus  persec.;  SI.  @bcrt,  ©33.  b.  ffitfif.  ©efeüfcö.  b  »Iff. 
p^il.  5ift.  m.  22  (1870),  ©.  115  ff.;  «.  Äc^rein,  Quis  scripserit  UbeUum,  qui  est  L.  Caedlü 
de  mort.  persec.  (JD.),  Monasterii  1877 ;  Q.  ©elfer,  Ueber  b.  55erf.  bed  ©ucftcÄ  de  mortib. 
pers.,  X^O©  74  (1892),  ©.  246  ff.  439  ff.  3)agegcn  ©ranbt,  Ueber  b.  SSerf.  beö  )8u*eÄ  de 
mortib.  persec,  9?cue  Qa^rb.  f.  ^tiilol.  u.  ^äbagogtf  147  (1893)  ©.  121  ff.  203  ff.   »gL  jut 

26  fjrage  0.  ©eed,  ®cfd|.  b.  Untergänge«  b.  anlifen  Seit  I,  ©.  425  ff.  —  Ueber  bie  ®lQub* 
iDÜrbigfcit  ber  ©djrift  de  mortib.  pers.  ^.  3-  JWotöfucftÄ,  Qua  historiae  fide  Lact  usus  sit 
in  libro  de  mortib.  pers.  (^r.),  SÄarb.  1862;  g.  ®örre8,  8.  ^itif  b.  dufcbiu»  u.  Sacton» 
tiu«  ¥6iIologu«  36  (1876),  ©.  597  ff.;  (5.  58e^ner,  3n  ttjeld^en  fünften  ieigen  p*  M  ß., 
de  mort   pers.   b.  burd)  b.  lofalen  ©tanbort   b.  ^txl  bebingten  ^or^üge   in   ben  Verlebten 

80  über  b.  legten  brei  JRegierungSjatire  3)iocletion8?  ($r.),  ©oolfelb  1885 ;  3- ©elf er,  ©rammat 
frit.  ©rflörung  oon  fi.,  de  mort.  pers.  34  (^r.).  (Sflmangen  1889.  —  3Koncini,  La  storia 
eccles.  di  Eusebio  e  il  de  mortib.  persec.  Studi  storici  V  (1894),  p.  555  sq.  —  Ueber  de 
opificio  dei  ©.  ©ranbt,  Ueber  b.  OueOen  üon  S«  ©(ftrift  de  opificio  dei,  SBicner  ©tubien  13 
(1891)255  ff.  —  Ueber  bie  Snterpolationen  in  ben  3nftitutionen:  ©.  ©ronbt,  Ueber  bie  buaUfL 

36  Bufä^e  unb  Äaiferanrcben  beiß ,  ©®?t  118  (1889),  119  (1890).  —  Ueber  bo«®ebi(ftt  de  ave 
Phoenice  3.  ©.  3)e4ent,  Ueber  bie  @d)tbeit  b.  ^^oentj  ü.  fiact.  ütftein.  SRufeum  35  (1880) 
©.  39 ff.;  ©.  ©ranbt,  8um  «Btjoenij  b.  fiact  SRbein.  3Rufcum  47  (1892)  ©.  390  ff.;  fft,  Soebe, 
In  scriptorem  carminis  de  Phoenice,  quod  L.  Caecilii  Firm.  Lact,  esse  creditur  obss.  3p^ 
18  (1892)  ©.  34  ff.  —  «.  ^appitfd^.  De  L.  Caeli  Firm.  Lact  ave  Phoenice  (^r.).  ®raa 

40  1895/96.  ©.  ©ranbt,  Ueber  b.  in  ben  patr.  (Sjcerptencobej  F.  60  Sup.  ber  Ämbrofiona  er» 
baltene  fjragm.  b.  Lact  de  motibus  animae  (?r.),  fieip^ig  1891.  —  Quin  ©ibeltej^  DgL 
^.  JRönfd),  SBeitrag  g.  patrift.  Xejtgeftalt  unb  fiatinität  S^Xt)  41  (1871)  @.  531  ff. 

^onbfdiriften.  Ueber  bie  fel^r  ga^Irei^en  ©ff.  toergl.  bie  $rotegomeno  in  S3ronbt8 
«uSgabe  I.  5)ic  ältefte  ©anbfcftrift  ift  Cod.  Bonon.  701  sc.  VI./VII.   (de  opif.  dei,  Institut 

46  unb  de  ira  dei).  gür  de  opif.  no(6  Cod.  Aurelian.  169  sc.  VI./VU.  u.  a.  gür  Institut 
Cod.  Sangall.  rescr.  213  sc.  VL/VIL  u.  a.  5)ie  (gpitome  ift  tjoüftänbig  nur  im  Cod.  Tau- 
rin.  I  b  VI  28  sc.  VII  erl^alten ;  aufeerbem  im  Bonon.  701  u.  a.  —  De  mortibus  p«r- 
secutorum  ift  nur  im  Cod.  Paris  lat  2627  erhalten.  —  3)ie  befte  ©anbfc^rift  t>on  de  ave 
Phoenice  ift  Cod.  Paris,  lat.  13048 sc.  VIII. 'IX.  —  SJgl.  ©ornarf-^ßreuf^en,  «Itc^rift  Sitle- 

60  raturgefc^.  I,  736  ff. 

I.  ^a^  Seben  be^  Sactanttud.  Unter  allen  lateimfd^en  Jtird^ent^ötem  ift  letnec 
fo  l^äufig  ^ebrucft  Inorben,  afe  fiactanj.  L.  Caecilius  Firmianus  Lactantius,  fo  nem 
nen  il^n  bie  jüngeren  ßanbfc^rtften ;  bie  ältefte  (sc.  VI)  freiließ  L.  Caelius;  oBer  cm 
numibifc^er  @)rabftein,  ber  tool^l  einem  25erh)anbten  be«  £.,  bieücic^t  feinem  SBoter  ober 

66  ©rofebatcr  (©eccf,  ®efc^.  b.  Unterg.  b.  antifen  SBclt  I,  426)  gefegt  Sorben  ift  [CIL  VIII, 
7241 :  D(is)  M(anibus)  L.  Caecilius  Firmianus  v(ixit)  a(nni8)  XXV  h(ic)  8(ita8) 
e(st)]  entfc^eibet  für  bie  Se^rt  ber  jüngeren  §anbfc^riften.  3^0'^'^  betoeift  bie  ^nfc^rip 
Inolj^l  aud^  enbgiltig  ben  afrilanifd^en  Urfprung  be^  SKanne^,  ber  bi«  in  bie  neuere  S«^ 
(A.  Mecchi,  Lattanzio  e  la  sua  patria,  Fermo  1875 ;  baju  Sranbt,  63891  120, 5, 

60  @.  10  ff.)  melj^r  an^  lolalpatriotifd^en,  oI«  au«  toiffenfc^aftlid^en  ©rünben  für  Italien  — 
bie  ©tabt  Jvcrtno  beanfpruc^t  i^n  für  ftd^  —  reflamiert  h)orbcn  ift.  33on  feinet  Seben^ 
jeit  ^aben  h)tr  ebenfo  bürftige  Jlunbe,  tnie  bon  feinen  Sebendumftönben.  ^ieron^miiiS  be« 
richtet  bon  \f)m  (de  viris  inl.  80)  er  fei  ein  ©d^üler  bc«  älmobiu«  getoefen,  bon  S)u)ne* 
tian  mit  einem  @rammatifer  ^labiu«  jufammen  ald  Seigrer  ber  Sti^etoril  nai)  92iIom^eii 


Lactantius  206 

berufen  ft>otben;  ber  SRongel  an  ©d^ülent  f)aht  t^n  g^lDungen,  ©d^riftfteKer  )u  tüerben. 
3n  ^o^em  Sllter  fei  et  bann  in  ©aHien  2d)x^  bed  Srt^^ud,  be$  Sol^ned  5lonftantind, 
getoefen.  Ob  totrllid^  Slmobim^  ber  Se^rer  be«  2.  getoefen  ift,  fte^t  balj^in;  e«  fann  Don 
^.  aud  rein  äußeren  ©rünben  gef(^lof[en  h)orben  fein,  unb  bie  fprac^lic^en  @rünbe,  bie 
man  bafür  geltenb  gemacht  f)at  (f.  »ranbt  ©2B31  120,  ©.  19  f.),  biegen  nic^t  fo  fc^toer,  5 
äü  bad  @<i^tDeigen  be$  S.  ba,  h)o  er  Don  feinen  SSorgängem  3)linuctu^  ^eli|,  ^ertuQian 
unb  Svt'rian  rebet  (Inst.  V,  1,  22  sqq.)  unb  älmobiud  übergei^t.  2Bar  älmobiud  fein 
Setter,  fo  burfte  er  an  bef[en  2BerI  nid^t  Dorübergel^en;  ober  er  burfte  nic^t  fc^reiben: 
ex   iis,   qiii  mihi  noti  sunt.  —   Über  bie  Qdt  feiner  ©eburt  lä^t   ftd^  nid^td  au^ 

machen.    SKud^f  barüber  tann   man  im  3^^f^(  \^^^t   ^^  ^  ^'^  ^^^f^  ^^^  ^^  $^^^  d^  10 
boren  tourbe.  S5iele®rünbe  fjjret^en  für  bie  le^tere  älnnai^me.  ©0  h)enn  er  fclbfk  (Instit. 
I,  1,  8)  in  toegtoerfenbem  Sione  Don   feiner  fxii^eren  i^ätigleit  ate  Seigrer  ber  Sfti^etoril 
f^c^t  unb   i^  feinen  je^igen  93eruf,  ben  ©ebilbeten  bie  tva^re  äßei^^eit  unb  ben  Unge« 
btibeten  bie  toa^re  SVeHgion  ju  lehren,  entgegenfe^t.  Slber  immerhin  fann  er  in  bem  3lmte 
eined  ^rofeffot«  ber  Sl^etoril  afö  folc^em  fd^on  fcäter  ettoa^  Dertoerflid^eö  gefunben  ^aben.  15 
Xugufttn  IM  iebenfatt«  angenommen  —  DieHeic^t  auf  ®runb  eben  biefer  Stelle  -— ,  ba^ 
et  ur^yrünglid(^  $eibe  getoefen  fei  (de  doctr.  Christ.  II,  11,  61).    älud^  über  ben  3^^ 
))unft   feiner  Überfiebaung  nad^  9tiIomebien  lägt  ftd^  nic^tö  audmac^en.    3)a  S)ioIIetian 
9!tIomebien  285  bauemb   ju  feinem  SlufentM^  tttüäf)lU,  h)irb  bie  93erufung  ber  beiben 
$rofefforen  bort^in  nid^t  fe^r  Diel  ft^öter  faQen.    3)a^  feine  93erufung  Dor  Slu^brud^  ber  20 
Verfolgung  ftattfanb,  tyit  er  felbft  bejeugt  (Instit.  V,  2,  2),  unb   atö  er  feine  Instit. 
begann,  fa^  er  auf  eine  langjäl^rige  Sc^rtJ^ätigfeit  jurüi  (1, 1,  8).    ©ein  Se^ramt  l^at  er, 
tane  biefelbe  Stelle  jeigt,  bei  bem  93eginn  ber  biolletianifc^en  3ierfolgung(23.^ruar303, 
f.  Sb  IV,  679, 54  ff.)  nod^  befieibet.    3)a  in  bem  ©bifte  bicfe«  ^a^re«  alle  freien  ß^riften 
ber  fioatlid^^en  ^mter  beraubt  h)urben,  Derlor  and)  S.  bamit,  trenn  er  fc^on  Si^rift  h)ar,  36 
feine  Stelle  unb  toirb  ftd^  nun   au^fc^lie^lid^  feiner  fd^riftfteQerifc^en  ^ätigleit  geh)ibmet 
^obcn  (»ranbt,  ©SB«  120,  5,  25).    S)ie  giotij  be«  ^ieron^mu«,  bafe  i^n  ber  TOangel 
an  Schülern  gegtoungen  ^be,  Sucher  ju  fd^reiben,  berul^t  h)o^l  nur  auf  einer  SSermutung, 
Dtdleic^t  auf  ®runb  einer  Stelle,  an  ber  er  felbft  feine  geringe  ^eanlagung  )um  Siebner  ht» 
imgt  (de  opif.  dei  20,  8).    2)od^  lä^t  fid^  auc^  über  bie  3^t  feinet  Übertritte^  )um  ao 
S^nflentum  nid^tö  Seftimmted  au^mad^en.    SBeld^e  ©d^idfale  er  in   ber  biofletianifc^en 
Serfolgung  l^tte,  Dorau^efe^t,  ba|  er  bei  i^rem  älu^brud^  bereite  S^rift  toax,  ift  DöDig 
unbebmnt  Son  ber  Verfolgung  in  Vitl^^nien  berid^tet  er  einzelne  güge,  inbem  er  betont, 
bo|  et  ald  äugenjaige  rebe  (V,  11, 13. 15,  Dgl.  überl^aupt  c.  11  ff.),    ^ie  gerftörung  ber 
i^xtfUic^  Safilila  in  Ütilomebien,  mit  ber  man  am  23.  ^br.  303  begann  (Euseb.,  h.  e.  35 
VIII,  2,  1  f.  Sb  IV,  S.  680,  u  ff.),   ^at  er  h)o^l  Instit.  V,  2,  2  im  Sluge  unb  eben 
barauf  ge^t  tool^l  Inst.  IV,  27,  3  ff.  (Dgl.  de  mortib.  persec.  10,  1  ff.).    Von  einem 
praeses  h)ei|  er  )u  berichten,  ba^  er  ftd[|  tok  ein  Sieger  gefreut  l^^cdbe,  afö  ed  i^m  ge« 
uingen  toor,  einen  ß^ften  nadj^  jtoeijäl^gem  SBiberftanb  jumäbfaH  $u  bringen  (V,l  1,15). 
Sud  biefer  ©teOe  ergiebt  ftd^,  bag   er  minbeftend  305   noc^  in  Vitl^^nien  n)eilte ;   tDai^r»  40 
{<!^«tnlidi  ^at  aber  fein  äufenti^alt  bort  nod^  länger  gebauert.   Von  ben  3Kartem,  bie  man 
in  ber  Verfolgung  antoanbte,  giebt  er  Instit.  V,  13  ff.  eine  anfd^aulid^e  Vefc^reibung,  h)ie 

gj  nur  jemanb  liefern  fann,  ber  mand^erlei  berart  felbft  mit  angefcl^en  l^at.  SBann  2. 
tlomebten  Derliefe,  toei|  man  nid^t.  2lu«  Instit.  V,  2,  2  ^at  man  Dielfac^  g^d^loffen, 
bag  er  niAt  me^  in  9{itomebien  gen)efen  fei,  al^  er  bie^  Vud^  fc^rieb.  älllein  bie  ©teile  45 
forbert  ni^t  eine  folcbe  Annahme  (Vranbt,  Sa^rb.  f.  claff.  «ßlj^ilol.  147,  1893,  ©.  122  ff.; 
®rodcurt^,  De  auctore  libri  .  .  de  mortib.  persec..  Verlin  1892,  ©.  9  f.).  ^n  feinem 
^0^  Süter  fott  er,  toie  $ieron^mu«  melbet  (de  viris  inl.  80  Chronic,  ad  ann.  Abr. 
2333  =  317  n.  6^.  II  p.  191  ©d^oenc),  in  ®aaien  Seigrer  Don  Äonftanrtn«  ©ol^n 
(Sxiäpva,  ber  um  307  geboren  h)urbc  (©eedt,  bei  ^auI^^SBiffotoa,  9leal-®nc^Ilo})äbie  IV,  50 
1722),  getoefen  fein.  SBann  bieg  ber  %aü  toar,  barf  man  iebenfaü«  nid^t  (h)ie  ©eetf,  ®efd^. 
b.  Unterg.  ber  antil.  SBelt  I,  ©.  428  tlj^ut,  Dgl.  ©c^anj,  SRöm.  Sitteraturgefc^.  III,  ©.  364) 
nai^  bem  irrefü^renben  Slu^rud  bed  ^ieron^mud  de  viris  inl.  80 :  hie  extrema  se- 
neetute  magister  Gaesaris  Crispi  .  .  .  fuit  beftimmen  unb  bemnad^  annehmen,  ba^ 
ed  nac^  317  geh>efen  fein  muffe,  h)eil  in  biefcm  ^ai)xt  6ri«pu«  jum  ßäfar  ernannt  tourbe  66 
(Seed ,  3eitf c^r.  f.  SÜe^ftögefd^^.  1889,  S.  187  Slnm.  4).  ^ieron^mu«  loitt  bamit  ben  6ri«J)u« 
nur  näpinr  bqeic^en,  h)ie  fid^  ani  Chronic,  ad  ann.  Abr.  2333  ergiebt.  3)er  2Bort- 
laut  ber  Stelle  m  ber  ß^ronif  fc^liefet  e«  Dielmc^r  an^,  bafe  6ri^u«  fc^on  6äfar  toar, 
oö  i^  S.  unterri(^tete.  3)emnad^  fällt  ber  Slufcnt^alt  in  ©allien  Dor  317.  3)ie  3eit 
feinet  Xobed  ift  unbrfannt,  n)ie  auc^  feine  toeiteren  Sd^iifale.    9lü^rt  bie  Schrift  de  eo 


206  Lactantins 

mortibus  persecutorum  t)on  tl^m  l^er,  unb  ift  fte  h)ttlltc^  in  92tIomebien  gef(^rieben(f.u.), 
fo  ift  S.  um  313  in  93ttl^^nten  getDefen  unb  t)on  ba  aud  nad^  ©ollien  gegangen. 

IL  @ctne  Sd^riftfielUrei.  &mon'i}mvi^  nennt  Don  il^m  folgenbe  Sd^nften 
(de  viris  inl.  80) :  1.  ßine  ^ugeubtci^rift  Symposium,  nod^  in  äfrifa  öerfo^;  2.  eine 

b  poetifc^e  Sefd^reibung  ber  Steife  Don  älfrila  nac^  92iIomebien,  in  ^qcametent ;  8.  ein  9ud^ 
mit  bem  ^itel  Orammaticus,  n)o^[  eine  %md)t  feiner  SeJ^rt^ötiglfeit  in  !RiIomAien; 
4.  de  ira  dei ;  5.  Institutiones  adversus  gentes,  in  fieben  meiern ;  6.  eine  oEm 
gefürjte  SSeorbeitung  biefer  6ci^rift,  Epitome ;  7.  )h)ei  Sudler  ad  Asclepiaden ;  8.  ein 
Öud^  de  persecutione ;  9.  ©riefe  an  5Probuö,  Dier Sudler;  10.  Sriefe  an  ©eöenrö,  jtDci 

io93ü(^er;  11.  Sriefe  an  feinen  ^u^örer  2)emetrianud,  )h)ei  iSüc^er;  12.  de  opificio  dei 
vel  formatione  hominis,  ein  93ud^.  3)at)on  finb  erl^alten  9lr.  4—6,  8  (?f.  u.)  utA 
3lx,  12.    2)ie  übrigen  fmb  teil^  DoOftänbig,  teitö  bid  auf  bürftige  9tefte  verloren. 

1.  De  opificio  dei.  3)ie  Heine  <Sd^rift  ift  an  einen  ehemaligen  3uj^i^ter  bed  2. 
92amend  ^emetrianu^  gerid^tet,  ber  in  glüdlic^en  SSer^ältniffen  lebenb  (1, 5),  toie  ed  fc^eint, 

16  in  ©efal^r  ftanb,  feinen  t^^ilofo^^^ifd^en  ©runbfö^en  untreu  ^u  toerben  unb  fid^  einem  (Stf 
nu^Ieben  in  bie  9lrme  ju  toerfen.  S.  I^ält  il^m  \)ox,  in  bem  Seben  bed  ÜRenfc^en  mfiffe 
ber  ®eift  ^errfc^en,  bem  ber  itörj)er  ate  feinem  §erm  unterworfen  fein  folle  (1, 10).  2)08 
Serl^ältni^  Don  £eib  unb  Seele  )u  beftimmen  ift  ber  ^to^  ber  @d(irift.  @r  geigt  ^nodj^ 
ba^  @ott  bem  3){enfd^en  bie  Vernunft  gegeben  i^abe,  bie  i^n  ebenfo  fc^ü^e,  h)ie  bte  Zäce 

30  bie  äBaffen  il^^red  ^5ri)er^.  Um  bie  @ere($tigfeit  ber  äSorfe^ung  genauer  nad^uitDeifen,  be« 
fd^reibt  er  eingel^enb  ben  S3au  be^  menfc^Ud^en  Jlörperd  (Dgl.  bagu  ^amad,  SRebijinifclftf 
au«  b.  älteften  Ä®.  lU  8, 4,  ©.  89).  ajaran  fd^Iiefet  er  eine  Erörterung  über  bie  ©ede, 
in  ber  (»f^d^ologifc^e  ^agen  beft)ro(^en  toerben.  S^m  @d^lu^  h)eift  er  ben  9(breffaten  auf 
eine  @^nft  ^in,  bie  er  gegen  bte  $l[;i[ofo^l^en  gu  fc^reiben  geben!e.    Samit  toirb  er  bie 

26  3"ftttutionen  gemeint  ^aben,  in  benen  er  auf  de  opif.  jurüoDertoeift  (II,  10,  15).  S)te 
ä(bfaffungd}eit  pflegt  man  nad^  I,  1.  7;  20,  1  )u  beftimmen,  unb  fte  nadf  bem  Seginne 
ber  SJerfoIgung  anjufe^en  (Sbert,  SS©  1870,  6. 128 f.;  SSranbt,  ©aSSC  125, 6, ©.14 ff.). 
3lber  bie  ©c^lüffe,  bie  man  au«  ben  genannten  ©teilen  gebogen  ^at,  fd^einen  nic^t  jtDingaib. 
^enn  necessitates  1,1  fönnen  aud^  bie  brüdenben  äSer^dltniffe  fein,  unter  benen  £.  noc^ 

80  bem  3cw0wte  be«  §ieron^mu8  (Cronic.  ad  ann.  Abr.  2333)  lebte  unb  ebenfo  iji  ber 
älu^brud  pro  rerum  ac  tcmporis  necessitate  Don  bem  „Mangel  an  3^  unb  @elb" 
ju  Derfte^en.  2Benn  ber  2^eufel  1,  7  al«  saepe  violentius,  sicuti  et  nunc  videmus 
begeic^net  n)irb,  fo  ift  }u  bead^ten,  bag  im  Dorl^^erge^enben  Don  ben  SSerlocEungen  }um 
2Bol[|lleben  bie  Siebe  toar,  bie  auc^  im  folgenben  aDein  bie  ©ebantengänge  bed  2.  htlfta^ 

85  fc^en.  ^a^er  fc^eint  e«,  bag  man  ba«  ä)atum  ber  ©dj^rift  auc^  nid^t  annöi^emb  (nad^f  304) 
beftimmen  fann. 

2.  Divinae  institutiones.  ^a«  ^au^^ttoer!  bed  £.,  in  fteben  93ü(^em.  2)a9 
erfte  S3u(^,  de  falsa  religione,  betäm^ft  ben  ^ol^t^ei^mu«  al«  bie  ^runblage  aUed  ^* 
tum«.    3)ie  ginl^ett  @otte«  betoeift  S.  p^ilofop^ifd^  au«  bem  93egriff  be«  ^öc^ften  9Befen« 

40  unb  l^^tftorifc^  an^  ben  3^ugniffen  Don  ^td^tem  unb  ^^ilofo^^^en.  3)ur(^  eine  Jtritil  ber 
©ötterlegenben  fd^ltegt  er  biefen  2^eil  ab.  ^m  jtoeiten  S3uc^,  de  origine  erroris  fud^ 
er  bie  a)ämonen  al«  bie  QueQe  bc«  ^rrtum«  ju  ertoeifen.  ^m  britten  Sud^e  (de  falaA 
sapientia)  jeigt  er  bie  ^infölligfeit  ber  ^^ilofop^ie,  bie  ein  Riffen  (»rätenbiere,  toie  e« 
niemanb  ^aben  fönne  unb  bie  ftd^  felbft  in  i^ren  ^a^^lreid^en  ©elten  betämpfe.   £)a«  Dierte 

45  S3ud^  (de  vera  sapientia  et  religione)  fe^t  ber  ^l^tlofop^ie  bie  S^riftologie  entgegen. 
3n  ben  folgenben  ^^üc^em  erörtert  er  bie  fittlic^cn  ©runbbegriffc  Dom  (<^riftli(^en  ©tcmb* 
^)unft  (S.  V),  bie  rechte  gorm  ber  ©ottceDere^rung  (33.  VI)  unb  bie  Unfterblic^feit  (8.  VU). 
lieber  bie  ^eranlaffung  jur  ©d^rift  läfet  fid^  nic^t«  beftimmte«  ermitteln.  3^^^  ©^enfionb, 
h)enigften«  ber  Don  93. 1— IV,  fd^eint  2.  fd^on  bei  3tbfaffung  Don  de  opif.  dei  befc^ftigt 

60  ^u  ^aben.  Xa,  toie  oben  gezeigt  tourbe,  bie  älbfaffung  Don  de  opif.  dei  nidbt  mit  Qvifa* 
i^eit  nac^  303  an^ufe^en  ift,  fonbem  toai^rfc^einlid^  Dor  bie  93crfolgung«äeit  fällt,  fo  fe^U 
bamit  auc^  ber  älu«gang«pun{t  für  bie  Datierung  ber  ^nftitutionen.  ^n  ber  ^at  toe^ 
nic^t«  barauf  ^in,  ba^  93.  I— IV  loä^renb  ber  3Serfolgung«jeit  Derfafit  finb.  Säenn  bie 
ainfpielung  IV,  27,  3  ff.  ift  fo  unbcftimmt  gehalten,   ba^  man  über  i^re  Säebcutung  im 

65  3h)eifcl  fein  fann  unb  toenn  fte  ftd^  auf  bie  SSerfolgung  bejie^en  foH,  fo  fielet  fie  toie  ein 
nad^träglid^er  3"!^!  ^^  2lutor«  au«.  3*^^f^^"  ber  2lbfaffung  be«  IV.  unb  ber  be« 
V.  Sud^e«  liegt  ber  älu«brud^  ber  SSerf olgung,  eine  minbeften«  jtoeiiäl^rige  93erfoIgung«)ett 
3Sietleid^t  ift  2.  eben  burc^  ben  aiu«brud^  ber  -iNerfolgung  an  ber  Jfortfe^ung  feine«  3Berfe« 
gel^inbert  toorben  unb  fanb  erft  3Ru^t  ba^u,   al«  er  bem  $au))tfi^  ber  (^riftenfeinbli^Kn 

eo  ^etoegung  ben  ätüdfen  gefel^^rt  ^atte.  2Ber  bie  beiben  V,  2  gefc^ilberten  ©egner  be«  S^riftai« 


Lactantius  207 

tumd  tDorett,  bereit  auftreten  für  S.  t^iedeid^t  mit  SSeranlaffung  jur  ^ortfe^ung  bed  b^ 
goimenen  SBerted  gab,  ip  jtoeifell^aft.  3)cr  crftc  toor  ein  Dome^mcr  unb  reicher  2öelt« 
moim,  ald  fob^er  gt^leid^  Hiotron  ber  $^iIo{op^en.  SSaroniud  h)oQte  x\)n  mit  $or))^^riud 
tbmtifi^ieren;  ober  biefer  ift  f^öteften^  301  geftorben.  älud^  pa^  bie  Sd^tlberung  be$  2. 
mc^t  auf  ii^  (Sranbt,  ©SßJä  125,6,  6. 11).  ®cr  jtoeite  ©egncr  h)ar  SRtc^ter  unb  h)irb  6 
txm  2.  ol^  tntefleftucBer  Urheber  ber  gangen  aScrfolgung  angefel^en  (Instit.  V,  2,  12). 
@r  fc^eb  gtoetäSüd^er  ad  Christianos.  3){an  ^at  in  il^^m^ierocled  fe^en  tDoDen  (93ranbt, 
6SB«  125,  6,  ©.  11);  bieHeid^l  mit  Siedet  (Dgl.  de  mort.  pers.  16,  4).  S.  loar 
gugegen,  ald  fte  i^e  Seiften  borlafen,  unb  fagte  babei  ben  @ntf(^lu^,  bie  „älniläger  ber 
©att^tigleit''  (accusatores  iustitiae)  ju  h)iberlegen  (Instit.  V,  4,  1),  2)ie  äßorte  auf  lo 
ben  ^lon  ju  ben  ^nftitutionen  überhaupt  gu  begießen  (Sranbt,  6®»  120,  5,  ©.  29. 
125,  6,  ©.  11  f.)  Verbietet  ber  äBortlaut  ber  ©teile,  fotoie  aud^  ber  Umftanb,  ba^  er  im 
$roömium  )ur  ©(^ft  l^ierbon  fd^n)ei9t.  SSielme^r  ftnb  bie  äBorte  nur  Don  ber  älb» 
faffung  bed  V.Suc^eö  (de  iustitia)  gu  Derfte^en.  äu«  V,  11,  15  ergiebt  \xd),  bafe  8.V 
ntc^t  toor  305  unb  aud  VI,  17,  6,  ba^  btefed  S3ud^  nid^t  nac^  bem  3:oleran}ebt{te  be$  i6 
©oleriuÄ  (25.  8tt>riI311,  f.  8b  IV,  ©.  682, 46  ff.)  gefc^riebcn  fein  fann.  3)ie  S8oUenbung 
ber  gnffttutioncn  fottt  olfo  in  bie  geit  >h)ifd^en  305  unb  311.  3)ie  SSerfuc^e,  bie  Sb» 
faffung  in  bie  3^  ^^  Verfolgung  bed  Siciniud  gu  berlegen,  fmb  bergeblic^  (f.  bagegen 
ebert,  »©®  1870,  ©.  125  ff.  unb  Sranbt,  ©SBja  125,  6,  ©.  12  ff.).  Über  ben  Ort, 
an  bem  bie  ©(^rift  boDenbet  tourbe,  finb  nur  SJermutungen  mögltd^.  Sranbt  (a.  a.  0.  ao 
©.18  ff.)  ift  für  ©allien  eingetreten  unb  bafür  {prec^en  mand^e  @rünbe.  9lur  mu^  man 
basm  ^ienm^miid  eine  ftarte  Übertreibung  fc^ulb  geben,  toenn  er  (de  yiris  inl.  80)  be- 
^c^tet,  £.  ^e  extrema  senectute  bie  (Srgiel^ung  be^  Sri^pud  übernommen. 

8.  2)ie  epitome.  ^ieron^mud  fannte  Don  il^r  nur  ein  am  9lnfang  berftümmelted 
@seni))Iar.  ^n  biefer  Derftümmelten  t^orm,  in  ber  tttoa  ^U  bed  @anjen  fehlen,  toar  bad  26 
SSBerf  bid  1712  allein  belannt.  Slad^bem  bereit«  1711  ©ci})ione  3Kaffei  über  eine  Muriner 
^bfc^ft,  bie  bad  gan;|e  SBerf  enthielt,  berid^tet  ^atte,  gab  1712  S^r.  3R.  $faff  au« 
^^r  bie  unDerftümmelte  @t)itome  ^erau«.  ©ie  ift  an  einen  frater  Pentadius  gerid^tet, 
rteaeid^t  einen  lOblid^  Sruber  be«  2.  (Sranbt,  ©2Ba  120,  5,  ©.  16  ff.)  unb  fteHt  nid^t 
fotDO^I  einen  ä(u«}ug,  ol«  Dielme^  eine  giemlid^  felbftftänbige  fürjere  ^Bearbeitung  be«8o 
©toff^  ber  lange  öorl^er  berfafeten  (praef.  1)  3"Pi^twnen  bar.  Selangreid^e  Q^^^d 
an  ber  Sd^t^eii  (9BaI(^  in  f.  9lu«gabe,  praef.  p.  38  sq. ;  Soi^r,  ^ie  c^riftl.  SDid^ter  u. 
(Skfctiic^tf^nf.  9lom«  II,  ©.  77 ;  ©bert,  ®ef(^.  b.  c^riftl. Jat.  £itteratur  *  ©.  85,  2lnm.  2 
unb  in  91@.  ^  VIII,  365)  finb  nic^t  borgebrac^t  n)orben  unb  e^iftieren  nic^t. 

4.  De  ira  dei.    ©d^on  in  ben  Institut.  II,  17,  5  ^at  2.  bie  ^age  geftreift,  ob  35 
man  ®ott  Rom,  b.  ^.  einen  älffeft  gufd^reiben  bürfe,  unD  babei  auf  eine  f^äter  }u  ber^ 
foffenbe  au«fü^lid(^ere  2)arftellung  be«  Problem«  bertoiefen.    ©eine  ^fic^t  ^at  er  in  ber 
©ü^  de  ira  dei  au«gefü^    3n  ilj^r  (2,  4.  6.  11,  2.  17,  12)   toeift   er  auf  bie  3m 
ßitiittonen  )urüd.   ®r  h)iQ  bie  ^age  t)on  bem  ©tanbpunite  be«  c^riftlid^en  ®otte«glauben« 
aui«  Idfen.    S)iefer  @laube  )tt)ingt  un«  jur  älnna^me  eine«  bie  SBelt  regierenben  ®otte«.  40 
S)tefen  ®ott  muffen  toir  bere^ren  unb  fürchten.    D^ne  ®otte«fur^t  herfiele   ber  TOenjc^ 
fernen  Seaterben  unb  \omn  ®ott  ba«  o^ne  3^^^!  }uliege,   toürbe   er  bie  ©ünbe  3ulaf|en. 
Xte  Xbfatiung«}eit  lä^t  fic^  nic^t  naiver  beftimmen,  al«   ba«  burd^  ba«  :iUer^ältni«  ber 
©4nnft  pi  ben  gnfJitutionen  möglich  ift.    Sranbt  (®®a  125,  6,  ©.  21)  f^t  fte  in  ba« 
^afyc  308  ober  balb  banad^.    3lber  au^  ntc^t«   lägt  ftd^  entnehmen,  bag  bie  ^^erfolgung  46 
toä^renb  il^^  Jlbfaffung  nod)  anbauerte  unb  bie  auffaUenbe  X^atfac^e,  bag  2.  bie  na^e^ 
liegenbe  Sejie^ung  be«  Zl^ma«  jur  Verfolgung  ftiUfd^toeigenb  übergangen  ^e,   ift  bon 
Sronbt  nic^t  erftört  tDorben.   ÜRan  totrb  ba^er  bie  ©c^rift  in  bie  3^t  nac^  311  ober  312 
ui  fe^  ^oben.    ®erid^tet  ift  ba«  9uc^   an   einen  nic^t  nä^er  bejeid^neten  ^onatu«,   ein 
92aine,   ber  a(«  ber  be«  älbref(aten   bon   de  mortibus  persecutorum  begegnet.     Db  60 
beibe  ibentifd^  finb^  ^gt  i,  %.  bon  ber  @ntfd^eibung  ber  @(^t^eit«frage  bie(er  ©d^rift  ab 
(f.  u.  ©.  208  f.). 

6.  Verlorene  ©d^riften.  ^^r  i^re  Senntni«  fmb  loir  auf  ein  paax  Fragmente, 
für  etnjebie  nur  auf  bie  Slotij  be«  ^ieron^mu«  angeh)iefen.  Völlig  Derloren  ift  ba«  Sym- 
posium, über  beflen  ^rif^lt  nic^t«  befannt  ift.  Sluf  ®runb  einer  SHanbbemcrfung  (in-  66 
canus  firmianus)  in  einer  ^anbfd^rift  bie  Stätfelfammlung  be«  ©^mb^ofm«  mit  btefem 
litel  jufommengupeaen,  ip  unftatt^aft  (Dgl.  barüber  Vranbt,  ©iü^ä  125,  6,  ©.  13Q). 
SöÜta  berfc^oDen  ift  aud^  ba«  metrifd^e  Sleijeioumal,  ba«  bie  SRcijc  be«  Slutor«  bon  Slfrifa 
nadf  SKfomebien  beftngt.  2.  folgte  aud^  barin  einer  Verbreiteten  litterarifd^en  ©itte  jciner 
3eit    ©benfotoenig  ift  über  ben  ^nf)alt,  bie  abfaffung«jeit  unb  ben  Ort  ber  ©ntfte^ung  gd 


208  Lactantins 

bed  Orammaticus  emc  Vermutung  tnöglid^,  bem  ol^ne  ®eh)ci]^r  ein  Itetned  %tagmtni  bei 
bem  33ir0ittommentator  ©erbiu«  (gu  Aen.  VII,  543)  beigelegt  h)itb  (Srattbt,©9339ll25,6, 
@.  127).  äluc^  Don  ben  jh^ei  93üd^em  an  9l^fle))iabe^  tennt  man  nur  bie  ifyii^ad^  'üjm 
eEifteng.    S)er  Slbreffot  i|t  au«  Institut.  VII,  4,  17  befannt  al«  SSerfaffer  einer  bem  a 

6  bebijierten  @c^rift  iiber  bie  göttliche  3$orfe^ung.  Ob  bie  Don  $ieron^mud  genannte  an 
i^n  geridbtete  @d^rift  be«  £.  in  irgenb  einer  Sejie^ung  )u  biefem  SBerle  ftel^t,  ift  unbe» 
tannt.  kümmerliche  tiefte  l^^aben  ftc^  bon  ben  berjd^iebenen  93rieffammlungen,  bie  £.  tyo 
öff entließt  ^at,  erhalten.  93riefe  im  eigentlichen  @inne  fc^einen  eiS  nid^t  getoefen  ^u  fein, 
fonbem  me^r  ber  bamaligen  @elel[;rtenfitte  entft)red;enb,  ätbl^ianblungen  über  bie  Derfc^^en* 

10  artigften  ©egenftänbe,  fo  h)ie  fte  au«  bem  S3riefn>e(^fel  be«  ^ieron^mu«  }ur  (Btnüat  be» 
lannt  ftnb.  3)amafu«  Ilagt  über  il^re  Sänge  unb  SangtDeiligfeit,  über  bie  feltene  SSqug« 
na^me  auf  c^riftlid^e  Se^ren  unb  bie  fd^ulmeifterlid^e  SäeJ^anblung  metrifd^^er,  geogra)>^if(^ 
unb  p^ilofo})^if^er  fragen  (ep.  ad  Hieron.,  apud  Hieron.  ep.  35, 1  [I,  p.  167  SSot 
larft]).  9$on  fold^en  93rieffammlungen  tannte  ^ieron^mu«  brei:  eine  an  $robu«  gerici^tete 

15  in  Dier  Suchern  (^agmente  bei  ^ieron^m.,  Comment.  in  ep.  ad  Gal.  II  praef .  [YII, 
p.  425  SiaQarft]  unb  bei  Slufin.,  Comment.  in  metra  Terent.  [Orammatici  latini 
ed.  Keil  VII,  p.  564  sq.],  beibe  abgebrudft  bei  Säranbt  in  f.  ausgäbe  II,  1,  p.  155  sq.). 
Sanac^  h)aren  jebenfall«  geogra))l^if^e  unb  metrifd^e  ^^agen  barin  erörtert.  3(u(^  tK>n  boi 
)h)ei  93üc^em  Don  93riefen  ad  Demetrianum  ftnb  noc^  ^toei  93ruc^ftüd(e  erl^alten  (^ienm., 

20  ep.  84,  7  [I,  p.  524  SSattarfi]  unb  Comment.  in  ep.  ad  GaL  II,  4  [VII,  p.  450 
^aUarft]).  9ln  le^terer  @telle  ^aben  bie  $ff.  in  octavo  libro,  tna«  äJaUarft  in  altero 
änberte ;  einleud^tenber  ift  bie  fd^arfftnnige  SSermutung  Don  Sranbt,  SSEBSC 125, 6,  ©.  123, 
ba^  $teron.  bie  93riefbüd^er  fortlaufenb  geaäl^lt  l}Qbt,  fo  ba^  ba«  ad^te  }uglei(^  bo«  )ti>fite 
ad  Demetrianum  getoefen  fei    @ar  nid^t«  ift  erhalten  Don  ben  Briefen  ad  Severom, 

25  bie  ebenfalls  )h)et  93üd^er  umfagten.  3Ran  toeig  nur  Don  bem  älbreffaten,  bag  er  ein 
©panier  toar  (§ieron.,  de  viris  inl.  111).  Unftc^erer  ^erhmft  finb  nod^  einige  tleineie 
^agmente,  bie  93ranbt  in  f.  älu^abe  II,  1,  p.  157  sqq.  jufammengefteKt  l^at,  banmter 
eine^  de  motibus  animae. 

6.  Schriften  gtoeifell^after  ©d^tl^eit.    Unter  ben  ffierfen  be«  &.  fld^  feit 

80  bem  l^a^re  1679  eine  Schrift,  bie  in  bem  einzigen  Don  il^r  belannt  geworbenen  Sobes  ben 
Xitel  fü^rt :  L.  Cecilii  Iiber  ad  Donatum  confessorem  de  mortibus  persecutomm. 
®ie  ©c^rift  enthält  in  c.2— 6  eine  lurje  3)arftellung  ber  SJerfolgungen  Don  Slero  an  M 
äurelian  unb  c.  7  ff.  eine  Sefc^reibung  ber  bioHetianifc^en  Verfolgung  ju  bem  3^^^ 
nad^jutoeifen,  bafe  aDe  SScrfolger  einem  befonberen  ©trafgeric^te  ®otte^  erlegen  feien.  3)ie 

85  gange  DarfteQung  ift  getragen  Don  einem  toilben  unb  ^ügellofen  $affe  gegen  bie  Verfolger, 
beren  2^^aten,  aud^  too  fte  ntd^t^  mit  il^rem  'l^er^ältntd  )um  S^riftentum  ju  tl^un  fy£m, 
auf  ba«  fd^ärffte  Iritiftert  Werben.  3Kit  Se^agen  Derioeilt  ber  Serfaffer  bei  ber  ©dj^ilberung 
ber  Jlranf^eit  be^  ©aleriud  (c.  33),  Don  ber  er  bie  toibertoärtigften  Singeli^eiten  mit  be> 
l^aglid^er  breite  erörtert,    ^od^   geigt  ftd^  ber  Verfaffer  über  bad,  toad  er   eqä^lt,  gut 

40  unterrichtet,  unb  man  barf  feiner  Verftc^erung,  er  l^abe  nur  secundum  fidem  erj&J^len 
Wollen  (52,  1)  Wo^l  ©lauben  fd^enfen,  foWcit  eben  nid^t  feine  SCenbeng  in  Setrac^t  lam. 
3)a^  er  mand^erlei  J!latfd^,  ^offlatfc^  unb  ©tabtHatfd^,  getreulid^  aU  ^iftorifc^e  äßal^r^ 
mitberid^tet  ^at,  tl^^ut  feiner  allgemeinen  @laubwürbigfeit  feinen  Eintrag.  S)enn  toeldJKK 
^tftorifer  ^ötte  ba^  Dermteben,  Wo  er  Gelegenheit  bagu  fanb!  Vielmehr  Wirb  boburc^  bie 

46  ollgemetn  gugeftanbene  X^atfac^e  nur  beftätigt,  ba^  in  ber  fleinen  Schrift  ein  ätugengeuge 
rebet,  ber  bie  blutigen  @rcignif]e  in  Slilomebien  felbft  mit  erlebt  If^.  Über  bie  Sfc 
faffung^jeit  ift  nur  bad  mit  Veftimmt^eit  gu  fagen,  bag  bie  ©d^rift  Dor  bem  9ludbnic^ 
ber  licinianifd^en  Verfolgung  gefc^rieben  ift,  alfo  Dor  321.  ©eedt  (®efd{f.  b.  Unterg.  b. 
antifen  SBelt  I,  ®.  429  f.)  meint,   ba^  fie  Wo^l  ben  ^toei  gehabt  Ij^abe,  2iciniud  lu  er* 

60  fc^redfen,  ba  fte  nad^guWeifen  fuc^e,  bag  aKe  Verfolger  bed  S^rtftentum^  Don  ®ott  fc^toer 
geftraft  Worben  feien.  äBennfd^on  eine  folc^e  3)enbeng  nirgenb^  au^efprod^en  ift,  fo  Uc^ 
ftc^  boc^  baran  benfen.  Slbcr  e^  ift  nicpt  nötig,  etWaö  berartige^  ya  Dermuten.  ®er  ®e» 
banfe  an  bie  göttliche  @ered^tigleit  legte  eine  folc^e  9ieflesion  na^e  unb  bie  aufgeregten 
©emüter  ber  (i^riften,  bie  bie  Verfolgung  nic^t  nur  erlebt,  fonbem  auc^  burc^litten  Ratten, 

65  em))fanben  o^ne  3*^cifel  eine  Wtlbe  ^eube  über  ßrörterungen  ber  2lrt,  Wie  fie  in  de  mor- 
tibus persecutorum  Dorliegen.  $arin  aber  Wirb  ©eed  Stecht  ^aben,  ba|  bie  @<^ 
nic^t  in  bem  TOac^tbereic^e  be«  Siciniu^,  alfo  im  Dften  erfd^ienen  fein  fönne.  S)o  bä 
Sob  3)iocleaanö  (3.  ^ejember  316)  bereit«  erwähnt  wirb  (42,  2  f.),  fo  lann  bie  ©d^* 
rü^eften«  317  Derfafet  fein.    3)afe  geraume  ^^t  nad)  bem  lobe  be«  3)ioIletian  Derflofföi 

CO  fein  muffe.  Weil  bie  Eingabe  über  bie  Xobe^urfac^e  falfc^  fei,  braucht  man  nic^t  mit  Seid 


Lactantius  209 

)u  folgern.  S)enn  Selbftmorb  f)at  man  oft  genug  ber^^ten  ©egnem  ^ugefc^rieben  unb 
bag  ^ioKettan  fc^toer  tront  getoefen  fei,  h)irb  ouc^  Don  bem  93erfaf|er  ber  @ci^rift  ntd^t 
in  Xbrebe  gefieOt  (duplici  aegritudine  adfectus  c.  43,  2).  3Ran  h)irb  fid^  ballet  mit 
bem  Spielraum  817 — 320  begnügen  muffen. 

Über  ben  SSerfaffer  ber  ©d^rift  befielen  Rtoti^zl  faft  feit  ber  Qtxt  \\)xtt  SSeröffent*  6 
Ixifwxq  (über  bie  ©efd^ic^te  ber  ©treilfragc   bgl.  »raubt,  ©2Bä  125,  6,  S.  22  ff.).    3n 
neuefier  3^*  ^  ^i«  Sutorfd^aft  beö  Sactang  am  lebhafteren  bon  ©raubt  beftritten  toorben 
(a.  a.  D.  unb  ga^rb.  f.  claff.  ?P^iIoI.  147,  1893,  ©.  121  ff.   203  ff.)  unb  ber  animofc 
Xon,   in  ben   er  in  biefen  älbfc^nitten  feiner  mit  au^lefener  ©ad^fenntntd  unb  fidlerem 
Urteil  ge|(^riebenen  Slbl^anblungen  berfaQen  ift,   f^at  feiner  Setüei^fü^rung  h)ol^l  me^r  ge-  lo 
fij^bet  ald  genü^.    Sranbt  ^at  t)or  aDem  innere  ©rünbe  geltenS  gemad^t,  bie  S^ifferen^en 
b^  ©ttled  unb  bie  üble  ärt,  in  ber  fid^  ber  3lutor  in  ben  mortes  })räfentiere.  3lber  ben 
SHfferenjen  bed  ©tile^  ftel^en  auc^  tüieber  jal^lretd^e,   bon  Sranbt  anerlannte  Überetnftim- 
mungen  gegenüber  unb  ber  SSerfud^,  ben  ^utor  ber  mortes  )u  einem  geiftlofen  Qicttptox 
bed  S.  ^obju^rüden,  ift  nid^t  gelungen.    SSad  ben  6^ara!er  bei^  Slutord  anlangt,   h)ie  15 
er  fu^  in  ber  ©d^rift  barfteQt,  fo  ift  ntd^t  ju  bergeffen,  bag  bie  ^eitgenoffen  ftetd  rabiat 
ta>erben  —  man  bergleid^^e  ®ufebiug  —  toenn  fie  bon  ber  ^eriobe  jener  je^n  ^af)xe  reben. 
^{eflju^ten  ift  f olgenbe^ :  1.  ^er  ©til  ^eigt  Übereinftimmungen  mit  unb  9tbU)eic^ungen  bon 
bem  bed  S.,  ift  alfo  }u  einem  beftimmten  Urteil  nxd^t  )u  brauchen,  ^enn  bie  älbtDetc^ungen 
(offen  fü^  oud^  bon  ben  älnl^ängem  ber  Weinuna,   ba^  S.  ber  ^iBerfaffer  ift,   etflären.  20 
2.   ^ie  Überlieferung  fd^eint  ber  Url^eberfd^aft  be$  £.  günftig  )u  fein.    S)a|  ^ieron^mu^ 
(de  viris  inl.  80)   mit  ber  S(^rift   de   persecutione  unfere  ©<^rift  meint,   ift  faum 
}u  bejtoeifeln  unb  bie  §anbfc^rift  legt  fie  beftimmt  £.  bei,   loenn  aud^   fein  9Jame  nic^t 
\}oü  genannt  ijt.    3.  Der  SBerfaffer  f)at  h)ä^rcnb  ber  3Jerfolgung«geit  in  9Jifomcbien  ge« 
lebt  unb  bie  (Sreigniffe  rid^tig,  toenn  auc^  mit  9lu^h)al^l,  bargejteUt.    4.  3)land^e  (Sin^el«  25 
fetten  ber  3)arfteuung  laffen  barauf  fc^lie^en,  ba|  ber  3,^erfaffer  feine  ®eh)ä^rdmänner  in 
^^eren  jtreifen  ge^bt  l^at.    6r  mu^  ba^er  felbft  ein  SRamt  t)on  SVang  getoefen  fein. 
5.  9n  eine  (itterarifd^e  ^ölfd^ung  }u  beulen,  liegt  fein  ®runb  Dor;  man  mü^te  benn  an^ 
nehmen,  ein  unbe!annter  ©dj^üler  M  2.  ^abe  bie  ©c^rift  anonym  berfafet  unb  fte  fei  f j)dtcr 
(l^enfoiDl^  toor  388)  bem  £.  fölfd^lid^ertDeife  beigelegt  loorben.   3lbcr  foUte  2.  toirflic^  einen  30 
©4^er  gelabt  ^aben,  ber  fo  unfelbftftänbig  toax,  bag  er  feinem  2e^rer  bie  ^^rafen  ab- 
böigen  mu^e  unb  ber  bennod^  mancherlei  erfuhr,   toa^  nic^t   o^ne  toeitere^  für  jeben  ^u 
erfa^en  toar?    6.  ffia^  an  beftimmten  Daten  auö  bem  2eben  be«  2.  befannt  ift,  verbietet 
ntc^t,  i^  old  SSerfaffer  ber  ©c^rift  ju  betrachten,  ba  fid^  nic^t  me^r  au^mac^en  lägt,  tpann 
M.  Siitom^ien  Derlöffen  ^at.     äu«  bem  ©efogtcn  ergiebt  fid^,  bafe  jtoingenbe  ®rünbe,  35 
bie  Schrift  2.  abjufprec^en,  nic^t  borliegen.     SSSer  ftc^  auf  bem  »oben  fubjettiDer  (Sm- 
(yfinbungen  betoegt  unb  meint,  bag   ein  'SItann  Don  bem  ®efd^mad(  unb  ber  bome^men 
©efmnung  bed  $.  bie  leibenfc^aftlic^e   unb   in  il^rem  $affe  rol^e  ©c^rift  nic^t  Derfagt 
^oben  töime,  mug  bie  biefem  @m))finben  entgegenftel^enben  Jlrgumente  für  ftc^  abmachen. 
6ob^  ®rünbe  ol^  9lorm  für  ein  ^iftorifc^ed  Urteil  ju  betrachten  ift  jebenfall^  nic^t  an>  40 
g$ngtg. 

De  ave  Phoenic^.  Died  ©ebic^t  entl^ält  eine  DarfteQung  ber  ©age  Don  bem  SSogel 
^dntc,  ber  im  etoiß  grünen  i^aine  h)eit  im  Dften  too^nt  unb  nac^  taufenb  ^[a^ren  ftirbt, 
tnbem  er  in  $^öniaen  feinen  2eib  Derbrennt.  9tud  fetner  9tfd^e  entfte^t  bann  jebeeimal 
ein  neuer  $^nii^  ber  in  bie  alte  $eimat  jurüdte^rt.  Dag  ba^  @ebic^t  oon  einem  S^riften  45 
toerfa^t  ifl,  betoeift  ber  ©c^lug,  in  bem,  tocnn  aud)  nic^t  mit  auSbrüdtUc^cn  SBorten,  ber 
S^mc  an  bie  ©teBe  ß^rifti  tritt:  „Die  2iebe  ift  fein  2;ob,  im  lobe  alletn  ^at  er  feine 
8ufi;  bamit  er  geboren  loerben  möge,  felj^nt  er  fic^  nad^  bem  Siobe.  6r  felbft  iftö  unb 
bodj^  nic^  berfelbe,  berfelbe  unb  boc^  nic^t  er  felbft.  ©toigc«  2cbcn  ^at  er  erlangt  um 
ben  ?JreU  be«  lobe«."  2.  I^at,  toie  fein  Derlorene«  SReifctagebuc^  betocift,  auc^  ?Serjc  gc^  so 
moc^t.  Da  aud^  fprad^lid^e  Serü^rungen  jtotfc^en  bem  ^^öni^  unb  feinen  ^rofafd^riften 
befte^,  unb  bie  ^anbfc^riften  e«  beftimmt  2.  jufc^rciben,  toirb  man  eö  für  edfit  anfeilen 
bfirfen.  ^ieronl^mud  nennt  e«  aUerbing«  ntc^t  unter  feinen  ©c^riften,  aber  ba^  ift  fein 
(9runb,  an  ber  @c^t|feit  }u  jtoeifeln. 

7.  Uned^fte  ©dj^rtften.  3"  Unrecht  fmb  2.  noc^  jtoei  Weitere  ©ebic^te  beigelegt  ts 
toorbcn,  nomlic^  bad  @ebic^t  de  resurrectione  ober  de  Pascha,  ba^  SScnantiu^  ^ortu= 
notu^ge^rt,  unb  ein®ebic^t  de  passione  domini,  ba«  juerft  in  ber  Sllbina  Don  1515 
crfc^iencn  unb  bon  bem  nod^  feine  ^anbfc^rift  nac^getoiefen  ift.  @«  ift  nic^t  au^gefd^loffen, 
bog  e«  eine  ^manifüfc^e  ^fd^ung  ift  (fo  Sranbt,  Commentationes  Wölfflinianae 
1891,  ©.  79  ff.).  Go 

mmi^^mc^ttgpSkk  fit  XHoIogic  »ab  ttM^  8.  K.  21.  14 


210  Lactantius 

8.  Dh  £.  feine  in  ben  ^nftitutionen  (IV,  30,  14)  angefünbigte  abft(^t,  bie  ©cften 

3u  toiberlegen,  je  au^efül[^rt  f^at,  ift  ebenfo  unftc^er,  hne  ob  er  eine  befonberc  ©c^rift  gegen 

bie  ^uben  9e))lant  \)at,  trenn  er  \aQt  (Instit.  VIT,  1,  26):  sed  erit  nobis  contra  Ju- 

daeos  separata  materia,   in   qua   illos  erroris   et   sceleris  revincemus.    &  iß 

5  nic^td  bobon  befannt,  ba^  S.  iemold  bie  eine  ober  anbere  @(^ft  beröffenUid^t  IfoL 

III.  2)ie  fd^rtfiftellerifc^e  unb  t^eologifd^e  Sebeutung  bed  S.  S.  toor 
bon  ^axii  ani  Sl^etor  unb  er  l^at  feinen  eigentlichen  93eruf  nie  berleugnet  @etnc  gonje 
Sc^rtftfteDerei  trögt  ein  ftart  r^etorifc^ed  ®e))räge  aud^  ha,  h)o  er  fi^l  auf  boiS  ©ebtet  ber 
@pehtIation  begiebt.  Seine  Unterfuc^ungen  lefen  ftd^  angenel^m,  feffdn  burd^  bie  gennmUe 

10  @prad^e,  bie  ft$  mit  @rf olg  an  bie  beften  SRufter  ber  Ilafftfd^en  3^  anjulei^nen  fucbt,  in« 
tereffieren  burd^  gefd^id^e  SSertoertung  l^iftorifd^er  unb  antiquarif c^er  ftenntniffe :  bie  Sc^nftcn 
ber  alten  $^tIofot)l^en  toerben  ^öu^g  citiert  unb  mit  ben  SS^en  ber  tlafftfc^en  Stifter, 
namentlich  bed  SSirgil,  toeig  S.  feiner  Siebe  ®lanj  gu  berlei^en.  ä(ber  fo  bid  öu^ere  %iot* 
3üge  feine  2)arftellung  f^ai,  i^r  mangelt  bod^  bie  3;iefe.    @r  fc^reibt  h)ie  ein  goiilletontjl 

16  unb  toenn  ed  ein  9lu^m  ift,  über  bie  tiefften  Probleme  be^  menfc^lid^en  Sentend  in  am 
genehmem  ^laubertone  )u  unterhalten,  fo  ^at  S.  ftc^  o^ne  S^ü^d  folcpen  Slu^m  ertoorben 
unb  bie  ^umaniften  tl^^aten  rec^t  baran,  i^n  neben  Sicero  gu  fteQen  unb  aü  ben  „^^v^ 
lid^en  Sicero''  (fo  nennt  i^n  %x,  $icud  bon  3Jliranbola  [opera  omn.  1573  p.  21j)  auf 
ba^  ^öd^fte  ju  greifen.    $eute  fc^ä^t  man  ü^n  geringer  ein,  unb  fo  fe^r  er  formell  ob 

20  @c^riffteäer  xertuQian  ober  9luguftin  überlegen  ift,  fo  toenig  lä|t  fic^  benennen,  toie  toett 
er  Don  i^nen  an  Begabung  abftei^t. 

äll^  3:^eologe  ift  er  ^erjlid^  unbebeutenb.  @rft  in  ^öl^erem  Sllter,  h)ie  ed  fc^eint,  lum 
(S^riftentum  übergetreten,  blieb  i^m  ber  eigentliche  religiöfe  ®e^alt  bed  neuen  ©Imibend 
aeitleben^  fremb.    ^n  93ranbtd  älu^abe  füQt   ber  3^^^  ^^  bon  i^m  benü^ten  ))rofanen 

26  Tutoren  24  Seiten,  ber  ber  93ibelcitate  bier :  biefe  3^'^l<^  erlautem  bortrefflic^  bad  Sec^ 
^ältnid,  in  bem  fid^  S.  gur  ^eiligen  Schrift  befanb.  Unb  toenn  man  toeiterl^in  ertuogt, 
iai  bie  Sibelcitate  großenteils  auS  ben  2^eftimonien  6^))riand  übernommen  ftnb,  jutoeilen 
fogar  jufammen  mit  ber  Überfc^rift  e^})rian«  (f.  Slönfc^,  S^"^  41,  1871,  S.  531ff.)/  fo 
erhellt  barauS,  h)te  fremb  bad  S^riftentum  feiner  inneren  2Belt  geblieben  ifi    9tif^t  mit 

80  Unrecht  ^at  ^ieron^muS  einmal  getlagt :  utinam  tarn  nostra  affirmare  potuisset 
quam  facile  aliena  destruxit  (ep.  58,  10  ad  Paulinum  [I,  p.  324  SaQorft]).  Qwn 
d^riftentume  f^at  i^n  bie  Jlraft  ber  ftttlid^en  (iiebanfen  l^iingejogen,  unb  biefUtli^en  ®t* 
bauten  fmb  f^äter  aud^  ber  d^riftlid^e  (S£f)onent  in  feinem  Genien  geblieben,  ha  bem 
(Glauben  an  einen  @ott,  ben  Bd^öp^ct  ber  2Belt,  unb  an  bie  Araft  bed  bon  6l[nnffaid 

86  gegebenen  neuen  @^e^eS,  beffen  SSefolgung  ben  3){enfc^en  bor  @ünbe  unb  ©ünbenftrafe 
rettet,  erfc^öpf t  fic^  im  ©runbe  ber  „Se^rbcgriff "  be«  2.  3Son  bem  Jlamj)fe  um  bie  S^nPo^ 
logie  ift  er  ntc^t  berührt  toorben.  ^n  feiner  (SSc^atologie  l^at  er  fei^r  altertümliche  ®tf 
bauten  beba^rt  (Instit.  VII,  14  sqq.).  3la6)  fed^Staufenb  ^lal^ren  toirb  ber  äBeUfabbo^ 
anbred^en,  inbem  ftd^  baS  taufenbjä^rige  9teic^  Sl^rifti  auf  @rben  bern^irHic^t.    @^e  iebo<^ 

40  G^riftuS  fein  SReic^  aufrichtet,  toirb  ein  großer  Äampf  ftattfinben,  bie  Srbe  toirb  unfrud^tbor 
n)erDen  unb  baS  Seben  toirb  ^ur  £aft,  bie  3)lenf^^eit  aber  toirb  becimiert.  3)aim  taHrb 
ein  großer  $ropl[;et  auffielen,  ber  bie  Wenfd^en  ^ur  @rlenntniS  ®otteS  leitet.  ®egen  üj^ 
loirb  ftd^  ein  jtöntg  an^  Serien  ergeben,  ber  auc^  3^^^^  unb  SBunber  tl^un  tonn  unb 
Der  bie  ©cred;tcn  oertoirrl.    3)ann  erjc^eint  ß^riftuS,  ber  ben  äntid^rift  beftegt,  fein  9lei(^ 

46aufricl>tet  unb  mit  ben  ©erec^ten  mitten  auf  ber  (Srbe  ^errfc^t.  tiefer  SBeltfobbot^  boucct 
taufcnb  ^al)xt,  2lm  (Snbe  biefer  ^^'xt  erfc^eint  ber  2lntic^rift  jum  ^toeitenmale,  bö  er 
abcrmafe  übcrtounben  toirb.  9Jun  erfolgt  bie  Umgeftaltung  ber  @tttd)Un,  bie  j|e^  ec^ 
bertlärt  toerben  nac^  ber  ^toeiten  äluferfte^ung.  3)iefen  Erörterungen  liegt  eine  in  6i* 
bv^tlenform  bearbeitete  a^jotal^pfe  ju  ©runbe  (95ouffct,  3)er  älntid^rift  ©.  50  f.),   mit  ber 

60  jeboc^  noc^  eine  anbere  Duelle  berbunben  Sorben  ift  (^reufdj^en,  35J3:3Ö  2,  1901,  178). 
2)ie  Duelle  ift  noc^  nic^t  genauer  nac^getoiefen. 

Unter  bie  großen  ©eifter  in  ber  Äird^e  ift  £.  fid^erlid^  nic^t  ju  rechnen.  Slber  eine 
licbenßh)ürbige  ?Jerfönlid^teit  ift  er  geloefen  bei  aller  Dberfläc^lic^teit,  bie  feinem  S)entcn 
anhaftet.    Unb  toenn  er  aud^  teine  neuen  $fabe  gefunben  ^at,  fo   ift  er  bod^  toielen  )u 

66  feiner  ^cxt  unb  fpäter  ein  ^ü^rer  getoorben.  SSef^eiben  ^at  er  felbft  e^  au^ef)>ro(^ 
(de  opif.  dei  20,  9) :  „toenn  ic^  bied  2Bert  üoQenbet  J^ab^,  fo  ^abe  id^,  loie  vd)  gloi^ 
genug  gelebt,  unb  id^  habe  nteine  ^flic^t  auf  Srben  getl^an,  toenn  meine  Srbett  nur 
einige  SRenfd^en  t)om  ^rrtum  befreit  unb  auf  ben  3Beg  gum  ^immel  getoiefen  fyiL" 

dmim  ^tenf^es. 


Lacticinia  SSfare  211 

Lacticinia  (lactentia,  lactantia,  lactaria),  tDörtßc^  3)lU(^ft)ctfen,  fmb  alle@peifen, 
tDclcl^  mittelbar  Don  ben  Vieren  oenommen  h)erben  lönnen,  omnia  quae  semeDtinam 
carnis  trahunt  originem,  h)te  ^ild^,  SSutter,  Schmal};  kä\^,  and)  @ter  im  ©cgenfo^ 
}u  bnt  fogenonnten  txoitnm  @t)eifen  (^tjQocpayia,  aridus  victus,  arida  saginatio). 
6(^on  frü^  iß  ed  üblid^  getoorben,  an  ben  Slbftinenjtagen,  namentlich  in  ben  Duobra«  6 
gefunolfaften  toor  Dftem  (f .  b.  8.  gaftenSbV  ©.7 73, 3  ff.),  pc^  nic^t  nur  bc«  ©enuffc«  bon 
gleifc^,  fonbem  auc^  anberer  na^r^after  Steifen  gu  enthalten.  2)iefem  ©ebrauc^e  ent^ 
fjjrc^^cnb  orbnete  fc^on  ba«  Äonjil  Don  2aobicea  (stoifc^en  343—381)  c.  50  (c.  8  Di  st. 
III  de  consecr.)  an,  ba^  bie  9{a|^runQ  h)ä^renb  ber  Quabragefimal^eit  nur  an^ 
trodenen  Steifen  befleißen  foUe,  unb  fpäter  f)at  ba^  truQanifc^e  jton^il  Don  692  c.  56  lo 
gegenüber  ber  abtoeic^enben  ©itte  ber  älrmenier  beftimmt,  ba^  ein  unb  biefelbe  äBetfe 
be^  ^ftend  in  ber  Äirc^e  ^errfc^en  unb  man  fic^  ber  Don  agieren  tommenben  S))cifen, 
indbefonbere  ber  @ier  unb  bed  ^äfed,  entl^alten  foQe,  inbcm  e^  }ugletdb  ald  Strafe  für  bie 
Serld^ung  feinet  ©ebote^  gegen  5llerifer  bie  2)e^ofition  unb  gegen  iSaien  bie  @£lommu« 
ntf^ion  anbro^t.  2)ie  @nt^tung  Don  ben  Sacticinien,  h)el(^e  noc^  ^eute  in  ber  orien«  i6 
tttlifc^,  indbefonbere  ber  rufftfc^en  ^ird^e  ^errfc^enbe  $ra£id  ift,  beginnt  mit  bem  älblauf 
ber  fogen.  Ääfe«  ober  Suttertooc^e  {Tvgocpdyog,  TVQivtj),  b.  ^.  ber  mit  bem  TOontag  nac^ 
unferem  Sonntag  Sexagesimae  anfangenben  unb  mit  bem  Sonntag  Quinquagesimae 
enbenben  SBod^e. 

^m  Occibent  1^  man  flc^  jtoar  auc^  fc^on  frül^   an  ben  9(bftinen)tagen  Don  bem  20 
@eni^e  ber  Sacticinien  ferngehalten,  o^ne  ba^  ieboc^  ^ier  fic^   eine  fo  fefte  ©etoo^n^eit 
va(b  Stegel  toie  im  Orient  gebilbet  ^at     SSon  9lom   au^  tourbe  bie^  aQerbing^  fc^on  im 
6.  ober  7.  3<*^^wnbert  empfohlen  (c.  6.  c.  2  Dist.  IV,  jugefc^rieben  ©regor  I. :  „Par 
autem  est,  ut  quibus  diebus  a  came  animalium  abstinemus,  ab  omnibus  quoque 
quae  aementinam  carnis  trahunt  originem,  ieiunemus,  a  lacte  videlicet,  caseo  25 
et  Ovis").  S)iejer  Stot  ift  f})äter  Don  einzelnen  ©^noben  feit  bem  9.3^^^^""^^  loiebcr- 
^It,  ja  caiif  fogar  ber  Senu^  Don  Sacticinien  an  ben  ^fttagen  bireft  Derboten  toorben 
(»interim,  ©enttoürbigleiten  ber  c^^riftfat^olifc^en  Äirc^e,  »b  II,  1,  601  ff.;  8b  V,  2,  78). 
BpaUx  t^,  toie  Zffoma^  Don  Slquino  begeugt,  bie  9lege(  l^^errfd^enb  getoefen,  bag  in  ben 
Qit^ageftmalfefiten  leine  Sacticinien  gegeffen  toerben  foUten  (summa  II.  II.  qu.  147.  ao 
art.  8:    „In   ieiunio  quadragesimali  interdicuntur   universaliter   etiam  ova  et 
lacticinia,  circa  quorum  abstinentiam  in  aliis  ieiuniis  diversae  consuetudines 
ezistunt  apud  diverses"),  unb  biefe  ©etoo^n^eit  ift  unter  äUe^anber  VII.  am  18.  Mäx^ 
1666  tnadf  9t())robierung  bed  @a^ed:   „Non    est    evldens,  quod  consuetudo  non 
eomedendi  ova  et  lacticinia  in  quadragesima  obliget"  gebiQigt  toorben ;   Dgl.  Be-  35 
nedict.    XIV.    de   synodo  dioecesano   IIb.   XI.    c.  5.   n.  13.  14,    unb    Ferraris, 
prompta  bibliotheca  canonica  s.  v.  abstinentia  n.  8.  9  unb  s.  v.  ieiunium  art.  I. 
n.  9.  10.    Jtraft  ^artilulärer  SSorfc^rift  unb  ObferDam   toar  aber  aud^   bie  @ntl^altung 
Don   3RiU^f))eifen  )u  anberen  ^aftenjeiten  ald  ber  Duabrageftma   geforbert,    toie  bied 
namentlich  aud  ben  ^i^penfen  be^  ))ä))ftlic^en  @tu^le^  Don  1344   für  bie  ^iöcefen  Jtöln  40 
unb  ^er  unb  1485  für  bie  Sonbgraffc^aft  3)leigen  in  93etreff  biefer  3^^^<^  ^erDorge^t. 
Xber  (utc^  felbft  für  bie  Duabrageftmolfaften  ftnb   fold^e  3)i^i)cnfalionen  (fogen.  Butter- 
briefe)  Dom  päp^iö^m  @tu^l  indbefonbere  für  2)eutfcJ^lanb  erteilt  (Samberger  (S^nobe  Don 
1491,   tit  37,   $ar^^m,  Concilia  Germaniae,  5,  619)  unb  bie  Slic^tbeobad^tung  bc^ 
Serboted  gebulbet  toorben,   Dgl.  Benedict.  XIV.  institutionum  ecclesiasticar.  XVI :  45 
„Non  ignoramus,  regiones  quasdam  in  septemtrione  positas  ovis  et  lacticiniis 
uti,  quod  crebris  assiduisque  immunitatibus  Romanorum  pontificum  liberali- 
tate  concessis  tribuendum  est,    illas  deinde  populi,  pluribus  annis  interiectis, 
cum  pontifices  rem  dissimularent  vel  scienter  paterentur,  in  Privilegium  per- 
petuamque  facultatem  converterunt.     Haec   autem  immunitas  iis  potissimum  go 
causia    innititur:    coeli   temperie,    diversa    corporum    habitudine,    earumque 
regionum  indigentia,   ita  tamen,    ut  medium   quoddam   iter   insistant   et  ab- 
stinentiam, qua  possunt  ratione,  sequantur."    äluc^  nac^  heutiger  römifc^er  ^ra^i^ 
erbauen  bte  SiMböfe  nod^f   in  ben   i^nen   getoä^rten   Duinquennalfafultöten  pro  foro 
extemo  (unter  9ifr.  19)   bie  „facultas   dispensandi,    quando   expedire   videbitur,  66 
super  esu  camium,  ovorum   et  lacticiniorum  tempore  ieiuniorum  et  quadra- 
gesimae". 

$.  ^tnfi^ittd  f. 

£if«rc  f.  Gd^ftoeben. 


212  be  Sagorbe 

$OttI  bc  fioaorbf,  1827—1891.  —  Sittcratur:    1.   SJon  ßagarbe: 
[ald   %  %.  Söt tiefer.]    Horae  Aramaicae  47.  ||  Budimenta  Mythologjae  Semiticae 
Supplementa  Lexici  Aramaici  48.    ||   Initia  Chromatologiae  Arabicae  49.  ||  Hymne  of  the 
old  catholic  church  of  England  50.  ||  Arica  51.  ||  ^ur^elforf (jungen  52.  ||  Acta  apoetolonun 

6  coptice  52. 1 1  Epistulae  novi  testamenti  coptice  52. 

[anont^m.]  Didascalia  apoetolorum  syriace  54.  ||  3^^  Urgefc^i^tc  bcr  9[rtnenier.  ^in 
p^ilologifdjer  ^ßerfuc^  54.  ||  )8eiträge  )U  3of.  ^unfend  Analecta  Antenicaena  II  unb  Chris- 
tianity  and  Mankind.  Vol.  3.  4  (=  Outlines  of  the  Philosophy  of  Universal  History 
Vol.  1.  2)  fionbon  1854. 

10  [ald  be  ßagarbe.]  DeG^oponicon  versione  syriaca  commentatio  55. || Beliquiae  iuris 
ecclesiastici  antiquissimae  graece  56.  ||  Beliquiae  iuris  ecclesiastici  antiquissimae  syriaoe  56.  || 
De  No  To  ad  versionum  orientalium  fidem  edendo  57.  ||  Analecta  Syriaca  58.  ||  Analecta 
appendix  Arabica  58. 1 1  Hippolyti  Bomani  quae  feruntur  omnia  graece  58. 1 1  Titi  Boetreni 
contra  Manichaeos  libri  quatuor  Syriace  59.  ||  Titi  Bostreni  quae  ex  opere  contra  Mani- 

15  chaeos  in  cod.  hamburgensi  servata  sunt  graece  acccdunt  Julii  romani  epistolae  et  Gre- 
gorii  Thaumaturgi  xmä  /nigog  jtiaug  59.  ||  Oeoponicon  in  sermonem  synacum  versorom 
quae  supersunt  60. 1 1  Giemen tis  romani  recognitiones  syriace  61.  ||  Libri  V.  T.  apocryphi 
syriace  61.  ||  Constitutiones  apostolorum  graece  62.  j|  ^nmerfungen  )ur  griec^ifdien  Uthtr» 
f e^ung  ber  ^rouerbien  63. 1 1  ^ie  mx  (Euangelien  arabtfc^  aud  ber  SSiener  banbfc^nft  berank 

20  gegeben  64.  ||  Josephi  Scaligeri  poemata  omnia  ex  museio  Petri  Scriverii  64.  ||  (äemen- 
tina  65.  ||  (^efammelte  ^b^anblungen  1866.  ^naft.  92eubrucl  1896.  ||2)er  ^ntateuc^  !opttf4 
67.  II  9{act)n4ten  über  einige  familten  beS  namend  SBöttic^er  67.  ||  Materialien  )ur  ge|(tid)te 
unb  frttif  bed  $entateud)  I.  II.  67.  ||  Genesis  graece  68.  ||  Hieronymi  quaestiones  hebrai- 
cao    in    libro  Geneseos   68.    ||    ^Beiträge   jur    baftrifd)en   fie^icogropliie  68.  jj    Onomastica 

25  Sacra  70,  f .  87.  ||  Prophetae  chaidaice  72. 1 1  Hagiographa  chaldaice  73.  ||Ueber  baS  oer^filt« 
nig  beg  beutfd)en  ftaatrd  jur  Ideologie,  firc^c  unb  religion.  ein  Derfuc^  nid)tt6eologen  auf« 
i^uflören  73.  ||  $olitifd)e  ^luffä^e  1874.  IV.  134  @.  ||  Psalterium  iuxta  Hebraeos  Hieronymi 
74.  llPsalmi  1 — 49  in  usum  scholarum  arabice  75.  ||  Psaiterii  versio  memphitica,  aocedunt 
psalterii  thebani   fragmenta  Parhamiana,  Proverbiorum   memphiticorum    fragmenta  Beio- 

80  linensia  75. 1 1  Psalterium  Job  Proverbia  arabice  76.  ||  ^rmenif^e  ©tubien  77.  tl(^Q^  22.  || 
e^mmicta  (mit  armenifdje  ©tubien  624  66.,  o^ne  233  66.)  [I.]  (au«  jeitfcftriften.  bcbräi- 
f(t)e  6anbf(t)riften  in  Erfurt,  ein  ftagment  bed  anted  ^fricanuS.  aud  S^iebrid)  9{ü(fertd 
nacblaffe.  (Epip^antana.)  77.  ||  Semitica  I.  (^ritifc^e  ^nmerfungen  jum  95ud)e  Sfaiad.  (grfted 
etücf.    ^rflärung  d)albätfd)er  Wörter.     @rfteg  Stücf)  78.    ^i&&  23.   ||   S)eutf4e  ©Triften. 

85  (Über  bad  uer^ältnid  be«  beutfd)en  ftaat«  ju  t^eologie,  Tirc^e  unb  religion.  ein  oerfud)  nictt« 
tt)eologen  ju  orientieren.  1873.  gebid)te.  über  bie  gegenmärtige  läge  bed  beutfcben  reidi«. 
ein  berldjt.  1875.  jum  unterrid)t«gefete.  bie  religion  ber  jufunft.)  78. 1 1  Orientalia  I.  (5)ie 
fopttfd)en  ()anbfd)riften  ber  Q^öttinger  IBibliot^ef.  ^ruc^ftücfe  ber  toptifc^en  Ueberfetung 
be«  91X.  79.  9((ä)(^  24.  |j  Semitica  II.  (Die  parifer  blötter  be«  codex  sarravianus.)  79.  «Q^Q^  25. 

40  i:  Praetermissonim  libri  duo  syriace  (Eliae  Nisibeni  interpres.  Abulfarag  inpsalmoe.)  79.  | 
Orientalia  II.    ((grflärung  l}ebräl{d)cr  "©örter.  Ucbcr  ben  Hebräer  (gpbraim«  oon  ^beffa)  80. 
?l®®  26.  II  Vis  Ti  ab  Origene  recensiti  fragmenta  apud  Syros  servata  quinque  80.  ||   Äu# 
beut  beutfcben  gele^rtenleben.   ^Ittenftücle  unb  (ä)Iof{en  80.  ||    6t)mmicta  II.  (au«  ^eitfcbriften. 
Moabitica.    jmei  proben   moberner  fritif.    oorbemerfungen  ju  meiner  au«gabe  ber  Septua- 

45  ginta.  be«  (Spip^aniu«  bud)  über  mage  unb  geroi(t)te  ^um  erftenmale  ooUftfinbig.  au« 
einem  uncia(cobe£  ber  Slementina.)  80.  ||  Deutfc^e  fc^riften  IL  (gebic^te.  bie  fteQung 
ber  religion«gefeÜfd)aften  im  ftaate.  noc^  einmal  jum  unterri(4t«ge|e^e.  bie  reorganifation 
be«  abel«.  bie  finan^politif  Deutfd)Ianb«.  bie  graue  internationale.)  81.  H^nfünbi^ung  einer 
neuen  au«gabe  ber  grie(t)ifd)en  überfe^ung   be«   alten   teftament«  82.)    ||   Johannis  Euchai- 

60  torum  metropolitae  quae  in  codice  vaticano  graeco  676  supersunt  Johannes  BoUiff  des- 
cripsit  82.  911ÖQJ  28.  ||  ^ic  Iateinifcf)en  überfe^unqen  bc«  Sgnatiu«  82.  «0®  29.  ||  Judae 
Harizii  makamac  hebraicae  83.  ||  Petri  Hispani  de  lingua  arabica  libri  duo  83.  ||  Aegyp- 
tiaca  (de  morte  Josephi;  de  dormitione Mariae ;  Sapientia  Salomonis;  Ecclesiasticus;  Fsu- 
roud  oa;  Canones  Apostolorum ;  Canones  ecclesiastici)  83.  ||The  Question;  wether  marriage 

56  with  a  deceased  wife's  sistcr  is,  or  is  not,  prohibited  in  the  Mosaic  writings,  answered  &. 
&^%,  II  Librorum  V.  T.  canonicorum  pars  prior  graece  (®enefi«  —  (Sft^er  Sudan^«)  83.  || 
^Düttcilungen  <Bb  I.  1884;  <öb  II.  1887;  «b  III.  1889(90);  53b  IV.  1891.  ||  Programm  für 
bie  fonferoatioe  ^artei  'tp^reufeen«  84.  | piJerfifdje  Stubicn  84.  «©(iJ  31.  ||  ¥robe  einer  neuen 
au«gabe  ber  Iateinifd)en  Überlegungen  be«  alten  teftament«  85.    ||    ^^ebic^te  85.  ||  ^ie  rem* 

60  bierte  Sutt)erbibel  bc«  {)aQe*fd)en  '^^aifenbaufe«  befproc^en  85.  ®g^.  ||  Catenae  in  Evangelia 
aegyptiacae  quae  supersunt  86.  ||  9^eu«grted)ifd)e«  au«  ^leinafien  86.  9®®  33.  jj  ^eutfcbe 
6(t)riiten.  CMe{amtau«gabe  le^ter  ^anb  86.  ||  Novae  psalterii  gracci  editionis  specimen  87. 
«(SJ(^  33.  II  91m  Stranbe,  ®ebid)te  87.  ||  <Punm,  ein  beitrag  gur  gcf^ic^tc  ber  religion  87. 
91® öJ  34.  II  Erinnerungen    an  gricbrid)  Slücfcrt.    fiipman   äunj   unb    feine    ©crcbrer  (H). 

ßo  [(II.)  (III.)  2C.  =  8onberabbruct  au«  ben  9J2itteiIungen.j  ||  Onomastica  sacra  alterum  edita 
87.  II  Suben  unb  Sn^od^^tn^n^n  (II.)  ||  91gat^angelu«  unb  bie  Elften  (i)regor«  oon  Hr-- 
menien  neu  ^erau«gegeben  87.  ^(&&  35.    ||   Uebcrfi^t  über  bie  im  ^IramAif^en,  )&rabif4en 


bf  Sagorbe  213 

ttnb  ^bröifc^tt  übliche  «Übung  ber  92om{na  89.  9(@)®  35.  ||  SReqifter  (t)on  ^.  9?a6IfiS)  unb 
^{adjtrfige  ^u  ber  Ueberftc^t  91.  ^(&®  37.  ||  Le  opere  italiane  di  ÖiordaDO  Bruno  ristampate 
I.II.88.||Ueber  einige  »crlincr  X^cologcn  unb  »aS  oon  iftncn  ju  lernen  ift  90  (IV).  (^iicfit 
für  ben  Sucb^anbel  beftimmt).  Erinnerungen  an  Sfriebrid)  !Rücfert.  Ueber  einige  ^Berliner 
%%toioqtn,  unb  »ad  t)on  i^nen  )u  lernen  ift.  3^^^  ^ufffi^e  üon  $aul  bc  fiagarbe.  3n  einem  6 
neuen  «bbrucfe  überreicht  üon  ?lnno  be  Sagarbe,  ©öttingen  2.  ^«oöember  1897.  127  S.)  || 
^f^einigung  über  ben  nötigen  Smpfang  eineS  oon  ^errn  Otto  9{itfc6I  an  mic6  gerichteten 
offenen  ÄriefeÄ  90  (IV).  ||  Ueber  bie  oon  ^erm  $aul  ®ü6fetb  oorgefc^Iagene  !Reorganifation 
unferer  ©ljmna|ien  (III).  ||3)ie  reoibierte  fiut^erbibel  be«  |)aaefd)en  ©aifenbaufe«  (Ul)  f.  85. 
I  9llte«  unb  92eue«  über  bad  SSeibna^tdfeft.  ^it  einem  ^n^ange  91.  (rv.)||  ©eptuaginta«  lO 
Stubten.  I.  1.  3)a«  ©uc^  ber  Slic^ter  (c.  1—5)  in  jioei  JRecenfionen.  2.  S)ie  d^ronologie 
bed  (Element  oon  %Ie;anbrien  91.  $(®®  37.  (6ogen  3  ff.  fonnten  bed  @e^eraudftanbeS  megen 
nid^t  gebntdt  »erben);  im  8anbe  38  merben  folgen:  II,  3.  [^ie  (S^ronologie  ber  Iateinifci)en 
^rdbe  9(frifa9.]  Cknealogiae  totius  bibliothecae;  Origo  humaDi  generis  (9?eapler  2!vrorptg 
ir  i:tizofAq}  tfjg  xaXaiag  dia^i^xijg.  4.  @ine  neue  SJecenfion  ber  ©eptuaginta.  5.  Ezdrana  [erfdjien  16 
ind)t  me6r].  il  ^eutfd^e  Schriften.  ®efamtaudgabe  le^ter  ^anb.  3^^^^^^  ^^^  oierter  ^bbrucf 
92. 1 1  Psaltoii  Giueci  Quinquagena  prima  a  Paulo  de  Li^garde  in  usum  scholarum  edita. 
GottiDffae  1892.  ||  Bibliothecae  Syriacae  quae  ad  philoiogiam  sacram  pertinent.  92.  ^n« 
balt :  Fragmenta  veteris  testamenti  graeci  (GeneBis,  Exodus,  Numeri,  Joeue,  Judices,  Ruth, 
RegDorum  yd,)  Evangeliarium  Hierosolymitanum  (Matthaeus,  Marcus,  Lucas,  Johannes).  20 
(3)ie  beiben  legten  @d)riften  mit  ben@®t.  im  ^rud  beenbet  burc^  %[.  9ia^lfd.)||®ebic6te  oou 
$aul  be  i^garbe.  ®efamtaudgabe  beforgt  oon^nna  befiagarbe.  (S^i)ttingen  97,  115  8.  (^iefe 
(iefamtau^abe  entl^ält  auc^  bie  ©tranblieber,  totldtt  feit  langer  3^it  oergriffen  finb,  unb 
brei   bid^er  unbelannte  ®ebi(bte,  meiere  ft^  ^n  $aul  be  Sagarbe«  ^ac^Iag  oorfanben.) 

2.  Ueber  i^garbe:  a)  fluf  eine  au9  9nlag  bed  8.  ^nternationafen  Orientalifternfton«  25 
greife«  im  Sa^re  1887  an  ibn  gericfttete  ©itte  oeröffentlid^te  fi.  (3Kt  III,  34  ff.)  „3KitteiIungen 
über  ^ul  9nton  be  Sagarbe'';  bie  ange^fingte  fiifte  feiner  ^iic^er,  nac^  ben  @prac^en  ge« 
orbnet,  in  benen  ober  über  me^e  fte  oeröffentlicbt  finb,  unifagt  63  92ummern  in  14  Ab- 
teilungen, aU  i^in  Ißorbereitung"  ftnb  8  tbeitere  ^erfe  aufgeführt;  bai  perfifcbe  Scblug^ 
motto  lautet:  „menn  itb  fterbe,  boffe  id)  auf  bem  93ege  ;(u  fterben".  ^uiS  bem  gleichen  Sal^r  so 
ftammt  ber  Krtitel  in  €d)aff*3acffonS  Encyclopedia  of  living  Divines  p.  122  mit  ber  @bct« 
ratteriftil:  He  accepts  nothing  but  what  is  proved,  but  accepts  every  thing  that  hasl>een 
proTed.  ^gl.  auc^  Symm.  1,  227—232,  Librorum  V.  T.  can.  pars  prior  542 — 544.  3" 
ber  Contemporary  Review  für  9Jlar*  1889,  322—329  befprad)  ©.  SR.  3)rioer  14  ©erle,  bie 
2.  im  8auf  oon  5  Sorten  oeröffentli^t  ^atte.  —  Unmittelbar  nadj  fi.g  2:ob  ocrteilte  ber  86 
Unterzeichnete  bie  Oorftebenb  ergänzt  abgebrudfte  fiifte  feiner  felbftftfinbigen  Veröffentlichungen 
unb  balb  barauf  oeröffentIid)te  S^icbarb  3l.  ^.  ©ott^eil  in  ben  Proceedings  of  tue  American 
Oriental  Society  1892  (p.  C5CXI— CCXXIX  unb  fe^arat)  eine  BibUography  of  the  Works 
of  Paul  Anton  de  Lagude  oon  297  92ummern  unter  51  S^ubrifen.  (^er  i^abenpreid  ber  oon 
ibm  gebrucften  ^erfe  betrfigt  mel^r  aU  500  ^arf).  —  ($ln  Quellen  ftanben  bem  Unter*  «o 
^etctneten  auger  ben  im  Vorftel^enben  unb  grolgenben  aufgefüf)rten  gebrucften  Werfen  nur 
eine  Vnja^I  Sriefe  Sagarbe^  unb  feiner  ^itrae  )ur  Verfügung.  ®efe|en  bat  ber  Unterjeid)« 
nete,  n>a9  irrigen  VorfteQungen  gegenüber  ju  bemerfen  nottoenbig  fcbeint,  fi.  nur  ein  einjiged= 
mal  ein  poor  @tunben  in  Söttingen,  auf  bem  ^eimmeg  oon  bem  OrientaUftenfongreg,  für 
toeldb^n  S.  bie  errofi^nten  9]>littei(ungen  jufammenfteQte.  Vegeiftert  aber  mar  er  für  S.S  46 
©dbriften  feit  feinen  erften  Stubienfemeftern  unb  oon  niemanb  &at  er,  feit  er  im  S^br  1875 
aud  Vnla^  bed  Psalterium  Hieronymi  unb  einer  beabftcbtigten  toiffenfcbaftlicijen  9}eife  ^um 
er^enmal  an  ibn  ju  fdireiben  fid)  erlaubte,  me^r  grörberung  erfabren,  aU  oon  fi.  @ine  für 
^aupti  Seitrfige  jur  ^ffl^riologie  beftimmte,  aucb  fcbon  öffentlicb  angefünbigte  Vef^reibung 
ber  Schriften  Sagarbed  mit  audfübrlic^en  9^egiftern  ift  ^ur  3^it  noc^  unooQenbet.)  60 

b)Knna  befiagarbe,  $aul  be  Sagarbe,  (Erinnerungen  auS  feinem  Seben  für  bie 
greunbe  jufommengefteat.  9118  ©anbfcbrift  gebrucft,  ®öttingen  1894,  189  @.  (^Sormort  2. 92oo. 
1893;  bonn  im  ©ucbbanbel;  SBorroort  2.  Ort.  1894).  ||  9Jebe,  gebalten  im  auftrage  beri^önigl. 
<Bforg«9uguft»Unioerfttfit  am  Sarge  bed  ©ebeimen  SlegierungSrated  $rofeffor  D.  Dr.  $aul 
be  S.  am  25.  ^ejember  1891  oon  Utdcb  oon  ^ilamomi^-^oeOenbor^,  jur  ^z\t  $roreftor  66 
ber  ftdnigl.  Unioerfität  ©öttingen,  7  8.  4®  (erfter  unb  ^weiter  S)rucf;  britter  S)rucf  in  beS 
©«rfoffer«  ««eben  unb  Vorträge*  (Berlin,  ©eibmann  1901,  6.  90—96,  mit  einer  «Tnmer- 
hing;  ogl.  ebenba  117  bie  $roreftoratdrebe  oon  1892).  ||  ©ebfi^tnidrebe  auf^aul  be  2.  $on 
3uliud  Sen^aufen  (&&^  1894,  ®efcbaftli(be  Mitteilungen  8.  49  ff.  unb  im  @onberbrucf 
9  SS.).  Son  ben  S.  3  f.  ber  Erinnerungen  jufammengcftenten  9?acbrufen  finb  im  8onber«  eo 
bnuf  erfd^ienen  ber  oon  2.  3:e(ben  au8  Engelbert  ^crnerftorfer«  5)eutfdje  3Bortc  (12.  [3)e= 
jcmber]  ^eft  1892,  32  SS.);  Eugen  SBoIff,  3)eutfcbe  Scbriften  für  nationales  fieben.  3mcile 
mtikt,  ^ft  4,  Äiel  1892,  44  SS.;  in  3eitungen  unb  3eitfd)riftcn  erfdjienen  folcbe  oon  ^a\i\ 
«Otter,  d.  «[efUe],  ©uftao  Sfloetbe,  JRub.  ^einje,  E.  Siegfrieb,  %  ^eniel  E.  o.  Saffroürf, 
8rr.  Hirc^ner,  ßubw.  Scbemann,  ^anS  fieufe.  5Bon  SluÄmärtigcn :  91.  3)uff.  ®eorgc  g  Moore  es 
(The  Andover  Beview.  fjfebr.  1892).  ^on  bemfelben:  An  address  at  the  opening  of  the 
Lagarde  Library  in  the  üniversity  of  the  City  of  New- York,  Apr.  29.  1893  in  The  Uni- 


214  bf  Sagorbe 

versitj  Quarterlj  166-179  (f.  ii.).  3n  ^önneded  Stiberatlad  hnx  (&t\d)idiit  btr  bfutf^fii 
9?ationaUSiltcratiir  ftcbt  SagarbeÄ  »Hb  neben  bem  Xrcitfdjie«.  —  «Tuf  S.»  70.  Qkhnxma% 
erf(^icnen:  ^eutfdie  ^ammerfc6Iä(\e  III.,  $aitl  be  S.  @in  SBorfömpfer  beutf(6«fodaIer  97 eform 
oon  Dr.S^.  Sinbftrönf^odlar,  Berlin  1897,  16 @.;  Submig  6d)emann  in:  (Somemudblfttter 

6  für  »olfSerjieftiing  V,  ^x.  9.10  (»crlin  1897,  8  S.).  -  ^u8  «nlofe  ber  3o§r6unberl»cnbe 
föibmete  ber  EEN02  ber  ^^^eilage  jur  SlDgemetnen  B^itu^S"  ^-  ^^e  fec^fte  unb  le^te  {einer 
„6:entenarbetradjtungen''  (^r.  99.  100  uom  l.unb  2.^ai  1901:)  «.eine  ber  gottedfürcfetigllen 
92aturen.  benen  ic^  auf  biefer  (Srbe  begegnet  bin",  grri^  Sien^arb,  in  ber  ^^eut{d)en  ^imat" 
1900.    «gl.  meltcr  X^fi»  XI,  91;  XIV,  112;  XV,  96;  XVII,  104:  XVm,  135.    äff.  %k, 

10  g^ejer  in  „3a^rc«ber!*te  für  neuere  beutftfte  Sitieraturgefcfti^te  (1894)  1897,  IV,  5,  n.  634 
bid  638;  (S.  9{eft(e,  $.  be  S.  gu  9}it{d)Id  Urteil  über  bie  beiben  ^rinji^ien  be«  $rote^n- 
tidmud  (@t^  1898,  1);  S6r.  @)rog,  $aul  be  Sagarbe  unb  bie  „9l2efiaion  ber  Bufunft" 
in  3)e93I  19,  229-258;  fiub».  $aul,  ©emerlungen  ju  einigen  «uÄfpruc^en  Don  ?.  be  ß. 
in  feinen  „3)eutf4en  ©cöriften"  (3pr£^  18  [1891]  159.  160).  -  5Bon  jübif^er  6eite:  5).  Äouf- 

16  mann,  $.  be  fi.d  jübif^e  ©ele^rfamteit.  (§ine  (^rmiberung,  Seipjig  1887;  9(.  berliner,  %xi>* 
feffor  $.  be  fi.  nacb  feiner  9^atur  ge^eicbnet,  Seipjig  1887;  S9.  giemli^.  9Iu«  ber  @c6ule  be 
fiagarbed  (3übifd)ed  iBitteraturblatt  1884.  24.  28.  [24  auf  ®runb  üon  Kaufmann  in  ber 
Cefterr.  gKonatdf^rift  f.  Or.  4.  5];  50.  52.  <ßMI.  i^roner,  ebenba  1888,  22);  6.  Jammer» 
f^tag  in  9IIg.  3eitung  bed  3ubentumd  1887.  48.  49;  Defterreic^ifc^e  ^o(6enf(6rtft.  (SentroU 

ao  organ  für  bie  gefammten  3wtcr«ffen  be«  3w^ent^um§  1891.  49. 

$aul  Slnton  be  Sagarbe,  h)te  er  ftc^  feit  1854  nannte,  urft)rfingltd^  ^ßoul  Xntmi 
SBöttic^er,  tft  geboren  am  Slllerfeclentag,  ben  2. 9loDember  1827  ju  S3erKn,  Äod^ftta^e  27, 
afö  älteftc«  Ätnb  be«  Dr.  3ol^.  griebr.  2BiII^.  »öttic^er,  ber,  geb.  1798  afö  ^Prebiger«» 
fol^n  bei  ^agbeburg,  am  6.  9lt)rU  1850  al«  ^rofef[or  am  ^ebri(i^28U^elm'®Vmnafhtm 

35  in  93erltn  ftarb.  9luf  Sd^Ietermad^er«  Sd^og  tft  er  al«  5ttnb  mel^r  ald  einmal  aefeffen, 
l^abe  aber  faft  ftetiS  ein  ©rauen  bor  tl^m  em))funben  (Stüdert  86).  Sel^tretc^  fitr  bod 
richtige  SSerftänbnt«  beiS  @ol^ne«  tft,  Xoqä  ber  ^treltor  bed  ®^mnaftumd  %,  Stonle  im 
Programm  ber  Slnftolt  für  1851  über  ben  93&ter  mitteilt,  bag  er  nac^  @rlebtgungen  ber 
Schularbeiten  jeben  Slugenblid  benü^te,  um  in  toetteren  Jtreifen  burc^  Sd^ften  )u  totrien. 

30  „^anb  ftc^  ntemanb,  ber  e«  berlegen  tooQte,  Xoa%  er  gefd^rieben  l^tte,  fo  fanb  fu^  bix^ 
ein  3)ruder  unb  freubig  no^m  er  au«  feinen  toentgen  befc^rdntten  3RttteIn  bie  notti>en< 
bigen  Summen,  mit  benen  ber  3)rudt  beftritten  (Derben  lonnte'';  ebenjo  tocA  Don  ben 
trüben  (Srfal^rungen  feine«  Seben«  mitgeteilt  ift,  in«befonbere  bem  Xob  femer  erften  ^ou, 
Suife  geb.  Jtlebe,  bie  am  14.  9lobember  1827,  nod^  nic^t  boD  19iä^rig,   12  Xage  nocb 

86  ber  ©eburt  il^re«  @o^ne«  ftarb  (bgl.  @tranblieber  %.  11).  Die  Pflege  be«  ftinbe«  blieb 
utnäd^ft  jtoei  älteren  ©ro^anten  überlaffen,  beren  eine,  eine  ©d^toefter  ber  ©ro^mutter, 
^äulein  (Smeftine  be  Sagarbe  feine  fißötere  älbo))tik>mutter  tourbe;  bon  ber  jlDetten  gh^ou 
feine«  äSater«  rül^mt  er  in  ben  für  feinen  jüngeren  93ruber$an«  1867  jufommengeflelllen 
„9tac^ric^ten",  bafe  fte  il^m   eine   forgfame  3Wutter  geioefen,  beren  33tlb  er  mit  tnnigfton 

40  ^anl  in  ftc^  trage ;  )um  SSater  aber  geftaltete  \x6^  ba«  SSerl^tnt«,  jumal  burc^  ba«  ^cSß 
1848  fo,  ba|  ber  @ol^n  an  feinem  Sterbebette  ftanb  mit  bem  graufamen  ©d^meii  über 
biefen  2:ob  nid^t  trauern  ju  lönnen  (Erinnerungen  13).  28ie  er  Oftem  1844  me^r  ein 
jtnabe  al«  ein  Jüngling  bie  UmberTttöt  93erlin  bejog,  b.  1^.  in  ben  engen,  bumt^fen 
SSerl^öltniffen  blieb,  in  benen  er  bie  legten  "^alix^  geftedt,  mit  bem  Siecht  Sorlefungen  )u 

46  l^ören,  bie  für  il^n  au«getoä^lt  tourben,  toie  ^engftenberg«  borjüglid^e  SSorlefung  über  t^o« 
logtfd^e  @nc^Ilo^öbie  unb  ^Ret^obologie  il^m  i^alt  gab,  toie  er  9tüdEert«  @d^ec  tpurbe, 
l^at  er  felbft  erjä^It.  Über  ben  eintritt  bei  Slüdtert  f.  je^t  aud^  5IWar  aMler,  «Ite  3eiten 
—  alte  ^eunbe  (©ot^  $ert^e«1901;  ©eutfd^::®!).  Slötter  1901,  309).  „Unterfiü|ungen 
unb  ©ti})enbien,  bie  al«  Slnerfennung  unb  jur  ßrmunterung  feine«  ^lei|e«  bem  Sünglinge 

60  jufielen,  nal^m  o^ne  ivettere«  ber  3Sater  an  ftd^,  um  fte  biefem  ober  jenem  frommen  ^aufe 
ober  SJlenfd^en  jugutoenben"  ((Erinnerungen  10).  38on  93erlin  ging  er  nac^^alle,  „auf 
meiner  Db^ffee  burd^  bie  Äirc^en  bamal«  beim  ältlutl^ertume  angelangt"  (Stücfert  92). 
35a«  ebangelifc^e  (5äfular^©tit)enbium  bon  jäl^lid^  300  2:^alem,  ba«  bie  ©tabt  »erlin 
am  2. 5Rot)ember  1849  auf  2  ^a^xt  ju  bergeben  ^atte,  ermöglichte  i^m  in^atte  bie  fyibu 

55  litierung  in  ber  j)^Uofo>)l^ifc^en  gafultät.  ©ie  erfolgte  (20.  ^Kai  1851)  auf  ©runb  ber 
©eiten  1—29  ber  Arica,  benen  bon  toiffenfc^aftlid^en  3lrbeiten  fc^on  1847  bie  Horae 
Aramaicae,  1848  bie  Rudimenta-Supplementa.  1849  bie  Initia  borau«gegangen 
toaren,  le^tere  al«  berliner  35oftorbiffertation  gegen  SR.  ©ofc^e,  D.  ©traufe  unb  9Jl.  \üjLt^ 
mann  al«  O))))onenten.   SSon  ben2:^efen,  bie  er  berteibigte,  lautete  bie  erfte  nemo  Uieo- 

60  logus  nisi  philosophus,  bie  bierte  lingua  armenica  mere  aric^a.  ^ort  fanb  er  boS 
©lüdt  feine«  Seben«,  feine  ^'^au  2lnna  Serger,  2^od^ter  eine«  ^ö^eren  SRilitär«,  mit  b«en 
(Jltem  ber  SSater  Söttid^er  in  jungen  ^oiix^xK  befannt  getoefen  toar ;  mit  be«  3Sater«  jüngfiem 


be  Sogarbe  215 

Smbec  taHtr  eine  ©d^toeftet  il^rer  SRutter  verheiratet  (Erinnerungen  14).  @tne  93erufung 
nac^  3f^>  ^^^  SUUfert  für  eine  au^emad^te  @acl^e  l^ielt,  6Iie6  au^;  bagegen  erhielt  er 
hm^  Sermtttelung  Sunfend  bon  griebrid^  SBil^elm  IV.  ein  Sleifeftijjenbium  öon  1000  %f}a' 
lern,  bad  i^n  über  ®öttingen,  Wo  er  bie  einzige  ^^Uologen-  unb  Drientaltftens93erfamm« 
hing  in  feinem  Seben  mitmad^te,  bon  93enfeV  aU  ber  fdpmarje  ^ufar  unter  ben  jungen  6 
DrientoKflen  begrübt  (Srinnerungen  @.  20),  nac^  Sonbon  unb  gtvifc^en  hinein  nac^^ari^ 
fü^e.  2)ie  9Bur}e(forfc^ungen  unb  bie  älu^obe  ber  Io))tifd^en  ^))ofteIgef^ic^te  unb  Briefe 
tooren  imtmfd^en  erfc^ienen.  ^antit  begann,  toa^2,  einmal  ,,bie  traurige  f^rifc^e  @t)i{obe'' 
feined  Seiend  nannte,  bie  bod^  für  bte  t^eologifd^e  äBiffenfd^aft  bie  reic^ften  ^d^te  ge^ 
tragen  ^  tmb  für  bie  @nttoi(lelung  feiner  Seben^nfc^auungen  l^öc^ft  n^td^tig  tvurbe,  in-  lo 
bem  bie  bon  ben  beften  englifd^en  Greifen  il^m  mie  aai)  fonftigen  beutfc^en  ®Ati)üm 
gebotene  ®aßfreunbfc^ft,  boQenbd  feit  feiner  9lufna^me  in  Sunfend  $aud  feinen  SlidE  in 
einer  ffleife  ertoeiterte,  toie  bag  toenig  i^eologen  bergönnt  ift  ((Erinnerungen  ©.22—24, 
obtoo^l  bort  bie  toid^tigften  aud  bicfer  3^^^  erhaltenen  9?othen  für  fpäter,  für  eine  ioirI= 
üd^  9iogra)}l^ie  aufbehalten  finb ;  bg(.  auc^  bie  bon  äBeS^aufen  angefül^rte  Stelle  aud  i6 
Memoir  of  Bansen  II,  321).  3lad^  feiner  SlüdKe^r  bemül^te  fid^  £.  um  ein  Bd^nU 
amt,  erl^ielt  ol^ne  bie  üblid^e  Prüfung  bie  facultas  für  aQe  £e^rfäc^er  unb  alle  Jtlaffen, 
trat,  noc^bem  er  am  21.  3fläxi  1854  noc^  unter  bem  alten  Flamen  getraut  toorben  toar 
—  über  ben  Siamendtoed^jel  f.  ©rinnerungen  ©.  45  — ,  an  Dftem  ba«  ^Probeja^  an 
bem  ^ebri(^3Berberfd^en  ©^mnaftum  an,  unb  n)ar  12  2|a^re  lang  bon  1854—66  20 
64fulmeifier  (an  ber  Suifenftöbter  9iealfd^ule,  5töIInfc^en  (S^mnafium,  jule^t  mieber 
am  SBerber),  mit  bielen  @£traftunben  an  berfd^iebenen  3Räbd^enfc^ulen  unb  für  $ribat- 
f(^üler,  bei  einem  ®e^alt,  ber  bon  400  X^alem  jule^t  auf  850  ftieg.  älQe  9lu<^ 
fk^ten  auf  otabemifc^e  $rofef[uren  (Jliel,  ^Jlarburg,  ^mle,  ®ie^en)  jerfc^Iugen  ftc^  —  über 
bie  SetDerbung  um  ©ie^en  nac^  Rnobd^  %oh  f.  @rinnerungen  @.  66  — ;  befreit  tourbe26 
er  aud  biefer  Sage  auf  ®runb  einer  burc^  ®eneral  bon  Sranbt  bermittelten  @ingabe  an 
ben  ft^ig  bom  2.  ä())ril  1865,  auf  toelc^e  l^in  il^m  fein  bamaliger  ©el^alt  bon  850  ^a« 
lern  auf  8  l^al^e  bertoiUigt  tourbe,  toenn  i^m  nic^t  fd^on  früi^er  ein  alabemifd^ed  Se^ramt 
übertragen  toerben  foQte.  93on  bem,  ioad  S.  in  biefen  12  Igai^ren  l^^erau^egeben,  gilt 
toa^  er  einft  oud  Sonbon  im  SlidE  auf  feine  Ropxm  fd^rieb :  „xd^  erfd^redCe  orbentlic^  über  ao 
ha&,  toQ^  \äf  bor  mid^  gebracht  l^abe,  ed  ift  rafenb  btel''  (@r.  41),  bon  ber  noc^  anonym 
erf^ienenen  Didascalia  an  bii  ju  ben  Clementina  unb  ben  (Sefammelten  Sbl^anblungen 
bom  ^0^  borauf.  ^ad  3^0^^^  ^^  berliner  ^ogiftratd  (@r.  82).  ^ie  fd^ulfreien 
2';,  3#^#  bie  S.  in  @d^leuftngen  jubrad^te,  galten  fd^arfer  Slrbeit  an  ber  ©e^^tuaginta. 
9Im  7.  Xuguft  1868  erteilte  i^m  $alle  ben  tf^eologifc^en  ^oltor  burc^  ©d^lottmann  aldss 
^romotor.  SIm  6.  3Jlär}  1869  erfolgte  bie  @mennung  nac^  ©öttingen,  an  @malbd  ©teQe, 
too  t^m  bad  Sinleben  juerft  burc^  Smalbd  älbneigung  ut^  Stitfc^fö  ÜRangel  an  3^- 
neigung,  bann  burd^  bie  äieröffentli^ung  bed  äSriefd  erf^toert  mürbe,  ben  ber  23iä|^nge 
am  2.  ^Aituar  1851  an  ben  bamaligen  $räfibenten  92a)}oleon  gefc^rieben  ^atie  (Srinne^ 
ntngen  94 — 101).  Slber  fd^on  1875  toar  er  Vertreter  ber  Uniberfität  bei  ber  (Srünbung^  40 
feta  ber  Uniberftt&t  Sjemomi^,  im  3)ejember  1876  n)urbe  er  orbentlid^ed  3Jlitglieb  ber 
®efeQf(^ft  ber  3Biffenfd^aften  an  ©teQe  bon  ®eorg  2Bai$  unb  bat  „bid  ju  bem  2;age 
fetned  Xobed,  bem  22.^e)ember  1891,  eine  "Slma^  großer  unb  Ileiner  älbl^anblungen  unb 
Xuffä^  in  ben  Sönben  ber  Slbl^anblungen  unb  9cad^ric^ten  berdffentlic^t,  biele  bon  ber 
geölten  93ebeutung,  aDe  ^Äd^m  eifemen  ^I^i^^,  umfaffenber  unb  grünblid^ffter  (Selel^r«  46 
famfeit,  tiefen  unb  ta)}feren  ©eifted.  Q^  ^at  laum  jemaliS  einen  fo  regelmäßigen  unb 
eifrigen  Xetlne^mer  an  allen  Beratungen  unb  SSer^anblungen  ber  ©efellfc^aft  gegeben'' 
(Seri^t  bed  beftonbigen  ©efretärd  (Sg9l  1892,  16,  576).  ^  ©ommer  1888  über« 
broi^te  €t  ber  Uniberfttöt  Bologna  )ur  freier  i^red  800iäl^rigen  BeftebeniS  bie  (Slüd^toünfd^e 
ber  ®efeQf(^ft ;  am  29.  ^uli  1887  toar  i^m  ber  Stitel  (Sel^eimer  Stegierung^rat  ^u  teil  60 
getoorben.  @r  {ianb  auf  ber  $5^e  feiner  ©d^affen^haf t ;  boc^  fc^rieb  er  f^on  bamal^ 
bem  Unter)ei(^neten :  „äöeltlid^e  ®^ren  fmb  für  meinerlei  ^Jlenfc^en  bie  ^Ra^nung,  baß  bie 
Gtunbe  tommt,  l^eimmärt^  jum  Bater  aufjubred^en.  ®em  bräd^te  ic^  nod^  meine  älr« 
betten  unb  mein  ^aud  in  gute  Drbnung,  e^e  e^  fortgel^t''.  3)a^  ^atte  er  getl^an,  al^ 
lebermonn  unertoortet  bie  %xd^ric^t  bon  feinem  2^obe  tam;  er  erfolgte  am  22.  ^e^embersB 
1891,  brei  Zage  nad^  ber  Operation  eine^  3)armfrebfed.  9lm  äBei^nad^t^feft,  bem  feine 
Ic^  boQenbete  Slrbeit  galt,  ift  er  beerbigt  toorben.  „S.  toar  au^  ber  Sanbeefird^e  au^ 
aetreten,  olfo  toar  bie  amtlid^e  Beteiligung  eined  ©eiftlid^en  au^efd^lof(en ;  bei  fetner 
jii^renben  ilam))fedfiellung  lagen  antifemitifc^e  ober  |)l^ilofemitifd^e  ©törungen  nid^ft  außer:: 
^alb  ber  9Röglt(^Ieit.    ^ie  leitenbe  Bel^örbe  ber  Uniberfttöt  @öttingen,  ber  Bertoaltungd-  &> 


216  bf  Sagarbf 

au^fd^ug,  l^at  ftc^  ber  fd^toeren  SlufgoBe  getoad^fen  gmtgt,  oDerbtng$  nur  bed^olb,  toA 
aQe  unb  jeber  unter  bent  erfd^üttemben  @tnbrucl  bed  xobe^,  bem  !Dcanne,  ber  fo  btd  über 
pai  gellagt  ^atte,  gern  aQed  ju  Siebe  t^t.  3)te  @tabt  ©öttingen  fleOte  bie  Xa^f^ 
{(üßdlt  für  bie  Seid^enfeier  jur  SSerfügung,  bie,  toa^  fonft  nic^t  gefd^id^t,  Don  ber  UntDe^ 

5  fttät  in  bie  $anb  genommen  n^arb;  einer  ber  5toIIegen  [@menb],  ber  ba)u  bie  Orbtnatioii 
befag,  berlad  auf  bem  ®rabe  [9lö  8  u.]  bie  ritueQen  ®ebete  ber  reformierten  fttrc^,  mürbem 
ber$roreItor  bie^ebe  in  ber  $ta)>elle  gehalten  l^atte/'  ^rorettor  toor  b.  3Bi(amotot$s!Dtod[en« 
borff.  ^lameniS  ber  ©efeQfd^aft,  bie  ftd^  vorbehalten  l^atte  bad  SKnbenlen  be^  ou^erorbent« 
liefen  3Ranne^  in  toürbiger  2Beife  ju  feiern  (®g9I  1892,  77),   l^ieU  bie  ©ebäc^tntdrcbe 

10  auf  S.  am  24.  ^vxl  1894  fein  !Rad^f olger  an  ber  UniDerfttät  unb  in  ber  ©efeOfc^ 
^uliu«  SQSeHl^aufen  (®g9l  ©.  49 ff.;  au^  im  ©onberbrurf).  SttJ^^w*  P^  Jw^  barauf  be« 
fd^räntt,  über  bie  totffenfc^aftlid^en  QWU  unb  9Bege  S.d  einen  rurjen  Sericpt  gu  erftottcn, 
bilbet  fie  in  oQem  \>a^  ©egenftüdt  gu  ber  an  feinem  @arge,  in  ber  „toa^  er  fonfl  )u  be* 
beuten  l^atte,  gu  rechter  ^eit,  unter  bem  frifc^en  SinbrudE  feinet  Xobe$  bon  anberer  Seite 

15  gefagt  toorben"  toar.    3lDer  ioa«  l^atte  er  ju  bebeuten? 

@^  toirb  toenig  ^eologen  be^  19.  ^lal^rl^unbertiS  geben,  über  toelc^e  bie  Xnftd^ten  fo 
au^einanbergel^en  toie  über  2. 

1.  @d^on  feine  Xe^tau^gaben  fd^eint  bie ©öttinger ©ebäc^tni^rebe ntd^t  fo  ffod^pi 
toerten,  toie  fte  gumal  nad^  ben  Umftänben,  unter  benen  fie  erfc^ienen,  Derbienen  bftrften. 

20  ,,@etne  ^Rugeftunben  benuite  er  }ur  ^erau^abe  go^lreid^er  f^rifd^er  unb  einiger  gried^ifc^ 
3:ejte,  bie  faft  atte  ber  cutd^riftltc^en  Sitteratur  angehören",  fagt  fte  über  bie  Seritner 
$eriobe,  unb  über  bie  f))ätere:  „neben  ber  griec^ifd^en  ebierte  er  lateinifd^e,  berfifd^e,  Io))ttf4{e, 
aramöifd^e  unb  arabifc^e  Überfe^ungen  olt^  unb  neuteftamentlic^er  Südper''.  @d  ifi  \a 
richtig:  „bie  f^rifc^en  toaren  ^rogenteiU  nur  treue  Stbbrudte  meifl  einer  einzigen  ^anb< 

26  fd^rift";  „er  emenbierte  fie  md^t  unb  tl^at  nid^t^  Don  bem  ©einigen  baju  au^er  in  ben 
5Soneben,  in  benen  er  .  .  .  feine  Seobad^tungen  unbSCBinle  ju  berftedten  liebte";  „er  fyd 
beinal^e  niemals  einen  Xe^t  fo  ebiert,  toie  er  tooQte,  fonbem  enttoeber  nur  groben  gegeben, 
ober  ftatt  ber  Siecenfion  eine  treue  kopxt^\  Slber  ift  bie^  33erbienfl,  toenn  nur  eine  etnjige 
^anbfc^rift  verfügbar  ift,  )oie  meiften^  bei  S.d  9lu$Qaben,  Don  ber  Didascalia  an  bid  jiir 

30  Bibliotheca  syriaca  ntd^t  fc^on  grog  genug,  gumal  in  feiner  Sage,  boQenb^  toenn  mit  9teAt 
gefagt  h^erben  lonnte,  bag  an  feinem  ©rob  tool^l  leiner  fte^e,  ber  oQe  bie  Bpxad^  buCf* 
ftabieren  lönne,  in  benen  er3:ejte  gebrudft  ^abe?  35ie  3U,U  unb  9leuteftamentlid^e  8B8iffai« 
Waft,  toie  bie  ^ßatriftil  toerben  il^m  für  feine  2!ejtau^aben  bleibenb  banfbar  fein,  ©le 
attein  fc^on  betoeifen,  bafe  er  ein  9lac^fomme  jene«  Sagarbe  toor,  t)on  bem  ^lebrid^  ber 

85  ®ro^e  gefagt  ^aben  foD:  mein  92ad^bar  Sagarbe  unb  id^  ftnb  bie  flei§igften  Slenf^fen  in 
^Preufeen. 

2.  Slber  ju  ben  legten,  bie  er  t)orIegte,  lamen  bie  Unterfud^ungen.  ^ier  fpaiij/i 
ba^  3^d>^^^  SeQ^aufen^  laut  genug :  „@r  ertannte,  ba|  bie  $l^ilologie  ba$  Heilmittel 
für  bie  3:^cologie  fei" ;  er  l^at  toefentlid^  baju  beigetragen,  ber  ?P^iloIogie  auf  bem  (Sebiet 

40  ber  Sl^eologie  Soi^n  gu  bred^en.  „@r  ^at  bie  ^l^eologen  nic^t  blo|  aud  bem  ©d^Iaf  gerüttelt, 
fonbem  er  l^at  il^nen  aud^  gegeigt,  toie  fd^fön  unb  frud^tbar  il^e  3)id2it>lin  fein  föraite; 
er  l^at  bie  2:^eologie  ju  ß^ren  bringen  tootten  unb  ift  ftolj  barauf  getoefen,  i^  onju» 
gel^ören.  6r  l^at  bur^  bie  Slnforberungen  unb  bie  aufgaben,  bie  er  ftellte,  ©amenfömer 
für  bie  3wtunft  au^eftreut.    2lm  2lbenb  feinet  SebeniS  bat  er  biej?reube  gehabt  ju  fe^, 

46bafe  ettoag  baoon  aufging."  3)er  })l^iloIogifd^en  b.  1^.  ^iftorifd^en9Ketl^obeS3a^n  gdbrodjien 
JU  ^aben,  betrad^tcn  toir  afe  ein  jtoeite^  gro^e^  3?erbienft  8.^. 

3.  Säber  bie  ^Ketlf^obe  ^ilft  nic^t«,  o^ne  ben  Oeift,  ber  fxe  befeelt.  3)a«  britte  unb  be« 
beutcnbfte  3?crbienft  8.^  fte^t  ber  UnterjieidSfnetc  in  ben  t^eologifd^en  3lnfd^ungen,  bie  er 
t)ertrat.    @^  ift  Ilar,  ba^  l^ier  bte  Urteile  am  toeiteften  aufeinander  gelten,  Kar  aud^,  bo^ 

50  8.3  2lnfc^auungcn  nid^t  gu  allen  R^Un  biefelben  getoefen  finb.  „Sagarbe  toar  in  feiner 
3lugenb  Säpologet  getoefen,  bie  SBiffenfc^aft  ](>atte  il^m  aj)})ortieren  follen,  toa«  er  toünfc^ 
©})äter  befliß  er  fid^  ber  größten  Unbefangenheit  unb  ©trenge."  „SBon  ber  SRaiWät,  baft 
bie  SBiffenfd^aft  bie  SBortc  l^efu  unb  bie  ßinrid^tungen  ber  3l})oftel  ju  eruieren  unb  ba| 
bie  Sieligion  ba«  Grgcbni^  bann  einfach  amunei[|men  l^abe,   toar  er  in  ffäteren  ^oüfcm 

65  fe^r  gurüigefommen"  (SBeHl^aufen).  35er  9teann,  ber  im  3^^^  1861  fd^rieb:  „i^  ^abe 
noc^  am  ^ien^tag  Sl^riftum  belannt  [in  einem  t>on  einigen  älteren  ®^mnafiaften  erbetenen 
Vortrage  über  bie  Stegulatibe],  id^  ^offe,  ba^  er  mic^  auc^  belennen  toirb.  3^  möchte  fo 
gern,  ba^  ber  SBiberf^ein  etoigen  Sic^te^  auf  meiner  ©tim  unb  in  meinem  gangen  SBefen 
liege",  unb  t)on  bem  ber  EEN02  ber  allgemeinen  S^'^w'^B  »"^  3^^^  1901  belennt  „bief« 

60  SBibcrfd^ein  lag  in  ber  Il^at  auf  ber  ©tim  biefe«  J'^embling«  in  biefer  SBelt",  \)(A  fd^ 


be  Sagarbf  217 

im  ^(äpc  1875  Don  ^att)  Selt^fd^  am  Sd^Iul  fetner  Ad  Lagardium  epistula  ben 
3uruf  er^oUen:  sit  quidem  ut  contra  homunculos  paratragoedies ;  at  abstine, 
obsecro,  a  Filio  Hominis,  parce  apostolis,  ut  ne  ex  Paulo  Saulus  evadas  (Vet. 
lest  gr.  ed.  3)tfci^botf*  I,  p.  CXXII),  unb  auf  ber  Serüner  ?PaftoraIlonferen||  bed 
3aM  1894  M  (««*  ^  e^ronif  ber  ß^riftltc^en  SJBelt  9flr.  24  ©f.  218)  ?Profeffor  6 
D.  @<^latter  au8  S3erRn  in  einem  Sleferat  über  bie  ©ünbe  toiber  ben  j^eiltgen  (Seift  2. 
ci^  ^El^t'ud  beigejooen,  ioeil  er  gefagt  l^abe,  ^efud  fei  bod^  eigentlid^  ein  red^t  langioeiltger 
Stobbiner.  3>ad  ait^rillSieft  ber  2)eutfc^'@t>an0elif(i^en  Slätter  bedfelben  ^a^e^  fc^ilbert 
ibn  old  9Renf(^,  ber  fc^eb,  toaiS  lein  anftänbigerSRann,  toa^  nur  ein  ©affeniunge  unb 
ein  ^f(^ti>ei6  fagen  toürbe,  bei  tDeld^em  3)erbl^eiten  unb  Unarten,  ©d^mö^fud^t  unb  pk»  lo 
tätäofe  Unbanfborleit  ju  einem  ganjen  SRattentönig  k>on  SSerbrel^ungen  unb  Irrtümern 
fi(^  berbinben,  ber  feine  3Rutterft)rac^e  fo  toentg  be^errfc^t,  toie  ^^anjöfifd^  unb  Sateinifd^, 
ber  toenn  er  bon  fid^  felbft  rebet,  nur  Don  ©elbftbetounberung  unb  ©elbftoergötterung 
überflog,  bei  bem  ber  $ferbefu|  bed  Ultramontani^mu^  unb  ^efuiti^muiS  an^  jeber  RäU 
^ou^dft,  beffen  ^l^tlofe  jum  3!eil  mit  unenblid^en  äBeitfd^toeifigleiten  unb  bobemofer  i6 
©elbPgefäOigleit  gefd^riebenen  9(uffä|e,  ©c^möl^fc^riften  unb  SRufterab^anblungen  burc^ju* 
arbeiten,  unenblid^  3Mf^  loftet,  bon  bem  oQed  toa^  bem  ^reugen  unb  bem  3)eutf4en, 
toenigfiend  bem  ebongelifd^en  n^ert  unb  teuer  ift,  mitogen  getreten  n)irb[!].  ^er^erau^ 
geber  ber  £@93I.,  ber  biefe  S^aralteriftil  2.9  aufgenommen  ^atte,  lel^nte  eine  @infenbung, 
bie  i^  in  ettoo^  onberem  Sid^te  barfteDen  tooOte,  mit  ber  (brieflid^en)  Semerhtng  ab,  er  20 
bef^^eibe  ftd^  über  2.  ein  grünblid^ed  Urtei(  ju  l^oben,  urteilte  bann  aber  bod^:  „^at  er 
im  einjdnen  Sebeutenbed  geleiftet,  fo  ift  bie  ©efamtfrud^t  feined  2ebend  für  bie  neufte 
3ett  bodb  ioenig  über  3luü'\  unb  tooDte  il^n  ben  $at^o(ogen  be^  (Seiftet  überlaffen,  benen 
er  bon  ^ec^t^  loegen  gel^öre. 

9ltt^oIb  ftellt  2.  (in  bem  ftoDegialen  ©enbfd^reiben  an  ^ödteO  mit  @gibt;,  (Sic^di,  25 
9lie^f^  unb  ^Iftoi  ^ufammen  M  ben  Vertretern  ber  9leIigion  au|er  ber  Ktrd^e.    ©eil 
(2)te  ta>tffenf(^ftli(^  Siufgaben  einer  ©efd^ic^te  ber  c^riftlid^en  Sieligion,  $reu^.  ^aj^rbb. 
Ctt  1899)  rechnet  ibn  gu  ben  SSertretem  ber  jüngften  mor))l^oIogif(^en  (9eftalt  be^  Sl^riften« 
tumd,  bie  er  unterf(9eibet,  bed  c^ftlid^en  ^umaniiSmu^,  toelc^er  }toei  ©ebanlen,   bie  )u 
ben  utf^ncünglid^en  S^^lm  ^^  Sbangeliumd  gel^ören,  bie  d^riftlic^e  $erfönlic^{eit  unb  bad  so 
9let<^  ®otted,  in  ben  ^orbergrunb  gerüdh  l^be,  unb  fc^Iie^t  mit  il^m  bie  9ieil^e  ber  „großen 
?[nbhribuantäten,  bon  benen  eg  eine  Überlieferung  giebt"  (3)enf,  granf,  ©d^toenlfelb,  %oi, 
$enn  .  .  .   Äierleporb,  ßarhjle,  3. 1.  33edt,  2agarbe).    aBilamotoil^gjloeHenborf  l^at  an 
feinem  ©arg  bon  t^m  gefagt:   „^fö  $ro))^et  l^at  er  feine  ©timme  erl^oben  über  ©taat 
unb  Jltrd^,  gugenbbilbung  unb  ©otte^bienft,  ©efellfc^aft  unb  ©efittung.    (Sd  l^at  il^n  86 
mi)  nxdft  irre  gemad^t,  toenn  fte  bie  ©timme  eined  9tuferd  in  ber  9Büfte  blieb.    Denn 
er  füli^lte  fid^  ow  ^tipf^tt.    (Sr  fyittt  ein  fRtd^t  boju,  er  toar  eine  J}rot)^etifd&e  SRatur." 
Hn  Sbiguflm  unb  ^orbono  Sruno,  3.  3-  Slouffeau  unb   21^.  (Sarl^le  erinnemb  ate 
an  einige  ber  größten  fold^  ))rot)^etifd^er  9?aturen  fagte  er:    „S^  finb  fubjeftib  ge* 
tooUige  9latitren ;  barum  n^edEen  fte  aDe  nod^  ^eute  ftarle  ©^m))atl^en  unb  9tnti))atl^ien.  40 
Sei  (ulen  bleibt,  ie  naiver  man   guftel^t  um  fo  ftärler,  ein  Srbenreft  m  trafen  t)einltd^; 
bei  allen  iß  ber  Sug^ntt,  ani  bem  fte  hcS  SIU  betrad^ten,  in  SBa^peit  reltgiöd/'    3)as 
gegen  meinte  Slröltf^  (2)ie  c^riftltd^e  SBeltanfc^auung  unb  bie  n^tffenfc^aftli^en  (Srunb^ 
Mnnmgen,  3fl^  1894,  16):  „2Benn  ^eute  rcligton^bebürftige  $l^ilofoj)^en  in  $.  be2. 
einen  ^xofpffctm  ftd^  ertoäl^lt  |aben,  fo  ftnb  fte  in  il^rer  Unlunbe  beffen,  toa«  Sleligion  ift,  45 
an  ein  f olcped  (Semüt  geraten,  Oag  bei  aQem  Sieic^tum  unb  bei  aQer^iefe  feiner  ^ömmig^ 
feit  bo<^  mel^  eine  unllare,  unrul^ige  unb  übeneigte  ©ebnfud^t  nad^  9ieligion  al^  biefe 
felbfl  befo^'',  unb  aud^  ber  jtoeite  'Jlac^folger  bon  2.^  ©öttinger  9lntt))oben  rebei  au$ 
9(nla|  bon  SemouDid  toiffenfc^aftlidE^er  unb   lirc^lic^er  ^etl^obe  in  ber  Xbeologie,  bon 
„trübenbem  9lebel,  ber  au8  ben  liefen  2agarbifd^er  gSeidl^eit  auffteiat"   (i^bf. ;  bgl.  60 
auc^  {^ermann,   3:^23  1898,  3);   aber   ein  93ud^  ioie   ba«  SemouHi«   ober   bie  Il^at* 
fac^,  ba|  ber  9{a(^olger  SBeigfädEerd  in  feiner  alabemifd^en  Slntritt^rebe  ober  jüngft^amadE 
in  jeiner  9er(iner  SleKorat^rebe  „über  tl^eologifc^e  galultäten  unb   allgemeine  Sleligion^ 
tanffenfc^''  für  bie  SSered^tigung  i^re«  %ad)t^  fäm})fert  muffen,   jeigt  beutltc^  genug,  ioie 
loeit  Snfd^ungen  fd^on  borgebrungen  ftnb,  bie  Sagarbe,  toenn  auc^  ntc^t  guerft  unb  nic^t  55 
oDetn,  f 0  bocb  mit  boDfter  Älar^eit  unb  unerf c^rodtener  Äonf equenj  bertrcten  l)at,  2lud^  ber 
„2agaiWf4^  »nti|)rotepanti^mu«",  ben  ^axnai  (2^23  1899,  514)  al«  einen  3ug  ber 
Reit  anerlannte,   fd^eint  nod^   nic^t  im  3tbne^men  ;|u  fein,    ^at  man  Slttfc^l  ben  legten 
xin^enboter  ßcnonnt,  fo  toar  feinSlibale  gang  getoi^   ein  $ro))^et  bed  20.  3^^^^^"^^ 
tbib  man  totrb  ni(^t  fel^I  ge^en  mit  ber  Überzeugung,  ba^  2agarbefd^e  (Sebanfen  noc^ 


218  be  Sagatbe  Saint 

Diel  toettere  J!retfe  toirlen  fottbm,  toenn  ein  ^at^tl^tnbemi^  ber  SSerbreitung  berfelbeit  etm 
mal  gefaDen  fein  mirb.  Sagarbe  i)at  faft  aQe  feine  SBerte  im  Selbft»  ober  ftornmifftonds 
berlag  ^erau^egeben,  bälget  fanben  fte  il^rcn  2Beg  nic^t.  3Ran  fel^e  bie  Slntiquotioi^ 
lotologe  burd^  felbft  über  äSibliotl^elen,  bie  bon  ben  näd^ften  ^c^enoffen  ^tnterbiffeii 
6  tDurben,  toie  feiten  b^^Qiiü  man  ba  einem  feiner  SSerle!  9Ba^  ^tte  ein  rühriger  Ser« 
leger  au^  i^nen  gemalt;  fo  muffen  toir  tparten,  bid  ju  feinem  ^unbertften  ®^ttrtdtag 
ba^  Urheberrecht  i^re  unbefd^ränlte  ^Verbreitung  geftattet.  SBon  feinen  ©ebic^ten  ftnb  im 
jtDifd^en  ^mei  burc^  ^facobom^tig  Sammlung  ben  meiteften  ftreifen  jugänglid^,  unb  im 
©tillen  totrften  unb  toirfen  auc^  feine  größeren  SBerfe. 

10  Sagarbe  l^at  in  bem  äBunfc^,  ba^  fein  mit  bieler  Strbeit  unb  @ntfagung  ertoorbeiud 
unb  betoal^e^  SSermögen  ben  Familiennamen,  ba  er  burd^f  5tinber  ntc^t  er^en  toerben 
tonnte,  burc^  eine  nü^lid^e  Stiftung  auf  bie  9Iac^h)elt  bringe,  bie  Jt  ®efellf6aft  bcr 
üBiffenfd^aften  ^ur  @rbtn  eingefe|t,  unter  Sebingungen,  meiere  bie  Slnna^me  nicpt  teid^ 
matten  ((Erinnerungen  145).    ^u«  einem  2lufruf  gu  einer  „Stiftung  ber  ^eunbe  ^ßaul 

16  be  Sagarbe^''  ift  befannt  gen)orben  —  in  ben  ©efd^äftlic^en  Sßitteilungen  ber  (Sg92  fntbct 
ftd^  nic^t^  92ä^ere^  barüber  —  ba^  ber  Srtrag  feiner  Stiftung  gur^erau^abe  einer  fort* 
laufenben  Steige  bon  ^rudEtverlen  bienen  foQ,  bie  umfaffen  lönnen  auf  ber  einen  Seite: 
irgenb  toeld^e  lulturgefd^id^tlic^en  Xe^te  bed  Mittelalter^,  namentlich  feiner  Sitnte,  S^^emtlcr 
unb  Sotanifer;  Srieftoed^fel  berbienter  ©ele^rter;  (folgen  bon  ©efanbtfc^ftöbend^en  unb 

2oä3riefen  belannterer  Staatsmänner  unb  ^ubligiften;  auf  ber  anberen  Seite:  bie  9Bet(^ 
ber  Äirc^enböter  unb  Sc^olaftiter,  fotoie  ber  eranifc^en,  neuäg^btifd^^  unb  femitifc^  Shte« 
raturen  auger  $ierogl^))l^en,  5teilfc^rift  unb  f^ejififc^  jübifc^  SdSiriften  bed  ft)ätecen 
Mittelalter«. 

^ie  unter  biel  D))fem  unb  mit  biel  Siebe  gufammengebrac^te  Sibltot^ef  tourbe  butd^ 

26  $aul  ^aiüpii  3}ermittelung  um  30  000  3Rarl  an  bie  neugegrünbete  Uniberfttot  ber  Stobt 
SRen)-?)orI  berfauft;  fte^e  (S.  SKooreS  fc^öne  Siebe  bei  ©röffnung  berfelben  ((Srinneningen 
S.  149—158).  3ut  Stiftung  gel^ören  toeiter  aufeer  2Bert))abieren  feine  S)rudfe>erle  uxib 
fein  ^auiS,  in  bem  bie  SBittoe  bis  1.  Wpxxl  1901  no^  too^nte  (ie^t  in  ftoffel,  (Srinne» 
Hingen  S.  147).    2Bo  ber  92ame  $aul  be  Sagarbe  in  @l^en  geleiten  toirb,  ba  iß  oud^ 

80  ber  bon  9lnna  be  Sagarbe  gu  nennen,  nad^  bem  englif^en  Sbric^toort  men  are  what 
their  wives  make  them,  baS  felbft  bei  einem  fo  eigenartigen  SKanne,  ioie  8.  toax, 
einigermaßen  gelten  toirb.  „Sc^  unterfd^eibe  mic^  bon  meinen  3^fl^*w>ff^  <*wi  toefent» 
lic^ften  baburcp,"  fc^rieb  er  einmal  in  einem  ©riefe  (1889),  „bafe  ic^  mid^  als  $rie^ 
füllte,  als  Seelforger,  als  Seigrer  —  ic^  fteige  in  ber  Scala  abtoörtS.    ^er  2)ienfi  ott 

86  ^riefter  ift  eS,  ber  mtd^  glüdElic^  unb  gelegentlid^  aufbringlic^  mac^t."  2Bie  er  feinen  Secuf 
an  ben  einjielnen  auffaßte,  bezeugen  auc^  bie  „Stammbuc^f))rüd^e''  unter  feinen  ®ebic^ten; 
toie  bie  9lufgaben  ber  @efamt^eit,  jeigen  feine  „©utac^ten  bie  Jt.  (SefeQfd^aft  ber  Sßiffen« 
fc^aften  in  (Söttingen  betreffenb"  (grinnerungen  S.  162—189);  feine  „S)eutfd^  S<Srif* 
ten''.    X^eologie  unb  $l^ilologie,  ^Religion  unb  äSaterlanb  toaren  bie  ^renn))unlte  fetncS 

4oStrebenS;  ^eutfc^lanb  ftarl  in  ^ömmigleit,  unb  bie  ^ömmigfeit  beiUfd^em  SBefen  ent« 
f})red^enb,  m  beffen  Iraftbottften  33ertretem,  au^  feiner  äußeren  ®rfd^einung  nac^  —  boL 
fein  (Sebidpt:  ßelfe  ®ott  mir  —  8.  im  19.  ^a^rl^unbert  gehörte,  ein  toürbiger  Sc&üler 
bon  3aIob  ©nmm,  SRüdtert,  Sac^mann.  ^b.  Keftie. 

Säten.  —  (Sbmin  ^atd^r  ^ie  Q^efeOfc^aftSDerfaffung  ber    dgriftndjen  iHrc^en  im  flUtx» 
46  tum.    ^(^t  Sßorlefungen,  gehalten   an  ber  Uniuerfttfit  O^forb  im  ga^re  1880.    überfe^t  oon 
^.  ^axmd.   ©ießen  1883   @.  11 2  ff.  —  3)ic  9hiffaffung  beS  fat^ollfcficn  Älrc^enrecfttS   ogL 
3öctcr-5Bclte,  ^irci^enlcfifon  s.  v.  ßleruS  (o.  ©euerer). 

„35er  Unterfc^ieb  gtoifc^en  ÄleruS  unb  Saien  (xXfjgog  unb  Xadg,  ordo  unb  plebe) 
^at  feine  anbere  ^ebeutung  als  in  ber  Stabtberfaffung,  auS  ber  bie  92amen  fUnnmen: 

60  bie  ©emeinbe  unb  baS  Organ  i^rer  Selbftbertoaltung,  ber  ÜRagiftrat"  (Ä.  aRiUter).  Diffe- 
rentiam  inter  ordinem  et  plebem  constituit  ecclesiae  auctoritas  (TertuUian  De 
exhortatione  castitatis  7,  Deisler  I  747).  3"  ^^^  d^riftlid^en  ©emeinbe  traf  man  biefe 
Sd^eibung  feit  ettva  bem  älnfang  beS  jtveiten  ^al^r^unbertS,  als  bie  @^riSmen  auSflorben 
ober  bur(|  bie  (SnofiS  bishebitiert  h^urben,  unb  als  an  bie  Sbi^e  jeber  ©emeinbe  ber  mo^ 

55  narc^if^e  Sifd^of  getreten  fear.  Rnm  RleruS  gel^örten  Sifc^of,  ^ßreSbJ^ter  unb  S^iatonen, 
feit  bem  «3.  ^a^r^unbert  aQmäl^lid^  auc^  bie  ordines  minores,  fo  baß  bie  Smenfimter 
gan)  aufl^örten.  SQe  übrigen  Sl^riften  toaren  Saien.  3Rärt^rer  unb  ftonfefforen,  unb  mf 
bererfeitS  älsfeten  unb  9)tönd^e,  nal^men  eine  äluSna^meftellung  ein,  tourben  ober  ie  I&ngcr 


Saiett  Satenlommitittiiit  219 

beffa)  entfc^wbencr  )u  ben  fiatcn  gerecl^nct.  S)te  Älcrilcr  toarcn  btc  SRegenten,  bie  Saien 
bte  Slegterten,  bie  )u  bem  l^öl^eren  @tanbe  nur  gelangen  lonnten  burd^  bie  btfd^öfUc^e  Or^ 
bimction.  3nt  ® ottefttenjt  maren  beibe  ®ru))))en  äu^erltc^  getrennt :  ber  JtleruiS  fa^  bejtD. 
Panb  in  bec  äjjft«,  bie  Saien  im  ©d^iff  ber  »afilita.  —  gn  ber  Urlirc^e  toar  ba^  aUe« 
anberd  getoefen.  3)amal$  l^atte  bie  @emeinbe  bie  3)i^2i))lin  ge^anb^abt;  aQe  i^re  ^it^  6 
gfieber  tparen  „Srüber"  getoefen ;  e«  l^atte  iebem  freigeftanben,  feiner  befonberen  Segabung 
im  ®otte^ienfi  freien  Sauf  ju  laffen  ober  ftc^  ganj^  in  ben  ^ienft  ber  Jtird^e  ju  fteQen 
ati  äl^oftel,  (StHmgelift,  $rot)^et  ober  Seigrer,  menn  ftc^  nur  ber  ®eift  in  i^m  ntädEftig  er^ 
nnefen  ^e.  ^a^  tonnte  bie  Sinfüi^rung  bed  monarc^ifc^en  ßpiflo^td  nur  eine  aQ« 
md^Iici^  inberung  aQer  biefer  SSer^ältniffe  ju  ©unften  be^  ^erud  herbeiführen.  3loö}  lo 
fe^  lange  begegnet  man  Studbrüden,  Stnfc^auungen  unb  Sled^t^er^öltniffen,  bie  eigentlid^ 
in  bct  Urtir«^  )u  $aufe  haaren  unb  }um  9(udfterben  beftimmt  ftnb.  ^Ignatiud  rietet  feine 
Sriefe,  ebenfo  tote  $aulud,  nod^  metften^  an  bie  ©emeinben;  \pättx  Iorref))onbieren  faft 
nur  bie  9tf(^öfe  untereinanber.  ^ie  ©emeinbe  l^ei^t  noc^  lange  bie  ädeXw&zrjgf  aud^ 
old  ed  l&ngfl  üblich  geworben  toar,  bag  nur  bie  93ifc^öfe  i^re  9lmt^enof[en  mit  bem  i6 
Srubemamen  au^jeid^neten.  3)ie  r^etorifd^e  ^rage  XertuUian^  Nonne  et  laici  sacer- 
dotes  sumus?  (De  exhortätione  castitatis  7,  Deisler  I  747)  toar  nic^t  me^r  gan) 
baec^ttgt  in  ber  3^;  <^^  ^  fi^  auftoarf,  ba  man  ben  $riefterbegrif[  auf  bie  berufsmäßigen 
Setter  ber  ©otte^tenfte,  Sifd^öfe  unb  $redb^ter,  anjutoenben  ftd^  gemö^nt  l^^atte;  aud^ 
totO  Zertulltan  bem  Saien  ia&  9lec^t  ju  taufen  unb  ben  älbenbmal^l^otteSbienft  ju  leiten  20 
nur  für  ben  f$all  jufd^iben,  baß  lein  Jtlerifer  antoefenb  ift;  für  bie  9{ottaufe  ^at  fu^ 
bied  Saiemec^t  nod^  lange  (Dgl.  ^^ertullian,  De  baptismo  17,  äteifferfc^eib^SBiffotoa  I  214 
unb  c.  88  Elvira  306)  unb  felbft  in  ber  tat^olifc^en  Jlirc^e  bis  auf  bie  ©egentoart  er» 
^en.  ®ie  Canones  Hippolyti  XU  VI  4  c.  35  ©.  HO  geben  ben  Saien  Seriös 
tung^Smaßreoeln  für  bie  9lga)>e,  toenn  babei  tein  5tlerifer  jugegen  ift.  Saient^rebigten  ^aben  25 
im  britten  ^a^^unbert  aufgehört;  bie  9eift)iele  bafür  bei  @ufebiuS  h.  e.  VI  19, 18  finb 
f(^(m  nmt  ^erge^olt  (boc^  Dgl.  Gonst.  apost.  VIII  32,  10);  als  befonberS  ungehörig 
tmirbtn  fte  em))funben,  toenn  fie  in  ©egentoart  beS  äSifc^ofS  o^ne  feine  Slufforberung  ge« 
galten  tamrben  (t)gL  Statuta  ecclesiae  antiqua  =  Garthago  IV  c.  98).  ,,ä(ltefte  (se- 
niores)  in  ber  a^ilanifd^  Jtirc^e,  nid^t  jur  Seigre  beftimmt  unb  nic^t  jum  5lleruS  an  so 
^orig,  bqeid^nen  nic^t  emen  Qar  gebauten  Unterfd^ieb  jmifc^en  Saien»  uno  JtleruS))reSb^ 
tcm,  finb  bielme^  Übenefte  ber  urft)rünglic^en  ©Icic^^eit  jtoifc^en  JtleruS  unb  SSoll  ©otteS, 
ob  bie  ^reSb^ter  no^f  nic^t  alle  lel^r^aft  unb  bie  ©emeinbe^lieber  t)om  Se^ren  nic^t  auS» 
gef(^loffen  toaren''  (Safe  Jt©  ^^  101 ;  bgl.  9ingl^am'©rifd^ot)tuS,  Origines  ecclesiasticae 
I  294  ff.).  @ine  loml  begrenzte  Sitte  mar  eS  bermutlid^,  toenn  Saien  S^noben  befud^ten  86 
(Tarraoo  516  c.  13).  3^  ^^^  f^rifdS^en  35ibaSlalia  finb  bie  Saien  in  berfc^iebenen  ßl^ören 
^püppxttt,  bie  im  ©ottelbienft  getrennte  $lö^e  l^aben:  Jünglinge,  altere  Gönner,  ftinber, 
Stoigfrauen,  junge  ^auen,  SBittoen  unb  ©reifinnen  (bgl.  3"t2B  I  94  ff.)  —  auc^  eine 
Sinrubtung,  bie  bermutlid^  in  bie  ältefte  ^tit  ^ineinreid[|t.  %aS  f))e;iielle  ^ec^t  ber  Saien 
blieb  umge  3^  bie  SBabl  beS  Sifc^ofS,  toenn  aud^  allmäi^lid^  eingefdbränit  burc^  bie  TlxU  «0 
toirlung  ber  übrigen  Sifd^öfe  in  ber  ^robinj  unb  bie  3Kad^t  ber  9J(etrot)oliten  (bgl.  5CU 
VI  4  ©.  226  ff.),  aber  im  SRubiment  auc^  nod^  ^cute  in  ber  2lßlamation  bei  ber  $al)ft= 
toal^l  erholten.  $.  ^d^elid. 

£oie»Mlbfr  itnb  Si^mefiern  f.  SRönc^tum. 

Sftienbmmitvtii«  (communio  laica)  bebeutet  ^unäc^ft  bie  ©emeinfd^aft,  toeld^e  je-  45 
manb  als  Saie  innerlj^alb  ber  5tirc^e  f)at,  ben  ©tanb  ber  getoö^nlid^en  Jtircb^nn^itglieber 
im  ©egenfol  )u  bem  ©tanbe  beS  ÄlerilerS.    ©eit  ber  geftfteHung  ber  Unterfd^eibung  beS 
itteniS  unb  Der  Saien  in  berÄird^e  lonnte  öon  einer  SSerfe^ung  auS  ber  l^öl^eren  ©tcHung 
beS®eifUtd^  in  bie  niebere  beS  Saien,  bon  einer  reductio  in  communionem  laicam, 
bie  Siebe  fein,    (gine  fold^e  toirb  fc^on  feit  bem  3.  ^oi^xl).  c.  1  (Cyprian.)  G.  I.  qu.7sq.  60 
eitoa^  unb  )hHtr  namentlich   als  ©träfe  neben  ber  gegen  ^lerifer  auSgef^^roc^encn  Hb- 
fe^ung,   can.  apostolor.    XV.  LXII.    „c&^  Xa'ixdg  xoivcDveija)" ;    „/btejavofjaag   d>g 
ioikdc  dex&ifro}") ;  c.  7  (conc.  Agath.  a.  506,  c.  50)  Dist.  L  („quamdiu  vixerit, 
laicam  tantummodo  communionem  accipiat''),  c.  2.  19  Aurel.  III.  a.  538;  In- 
noc.  I  ep.  ad  episc.  Macedon.,  c.  414.  c.  4    (Goustant,  epist.  Romanor.  pontif.  66 
p.  834:    ,,noBtrae  lex  est  ecclesiae  venientibus  ab  haereticis,    qui  tarnen  illic 
beptizati  sunt,  per  manus  impositionem  laicam  tantum  tribuere  communionem 
nee  ex  iis  aliquem  in  dericatus  honorem  vel  exiguum  subrogare").    ^ie  9^ 


220  Saifttfommitiiioit  SoniBert,  ^on) 

beutung  btefer  ©träfe  tft  bie,  ba|  bte  be))onterten  iUeriter  in  ben  @tanb  ber  2aten  )urfl(b 
treten,  in  ber  Jtirc^e  nunmel^r  nur  biefelben  Siedete  toie  bie  le^teren  l^en  unb  folgetoeife 
aud^  n)te  biefe  bie  Jlomntunion  au^er^alb  be^  Sl^ore^,  nid^t  mel^,  ime  bie  Genfer,  inner» 
halb  be^  ©anituariumd  em))fangien  (t>^l  Jtober,  ^ie  3)e))ofUion  unb  3)egrabation,  XfU 

6  Dingen  1867,  ©.  56  ff.),  unb  e«  ift  unrid^tig,  toenn  SeDarmin,  De  eucharist.  IV,  c.  24 
unb  nad)  i^  anbere  latl^oUfc^e  @(^riftfteDer  unter  ber  Saienlommunion  bie  ^mmumon 
nic^t  unter  jtoei,  fonbem  nur  einer  ©eftalt  t)erfte^en  tooUm,  um  fo  mel^r,  al9  boS  ^LSbenb« 
maf)l  in  ber  ölteren  5tird^e  auc^  ben  Säten  für  bie  Siegel  unter  betben  ©eftolten  gereii^ 
tDurbe.    3Jlit  ber  reductio  in  communionem  laicam  borf  bie  reductio  ad  oommn- 

10  nionem  peregrinam,  b.  ^.  bie  33erfe(ung  eined  ©eiftlid^en  in  bie  |$rembengemeinf(^aft, 
nic^t  bertpec^feu  toerben.  hierbei  touroe  ber  ©eiftlid^e  \mm  fremben  JllerUem  gleid^ 
be^anbelt,  meiere  fic^  nic^t  burd^  fog.  literae  formatae  il^re^  ^idcefonbif^ofd  genflgei^ 
au^eh)iefen  litten.  Sin  fold^^er  ©eiftlic^er  bel^ielt  feinen  geiftlid^en  @tanb,  fein  Smt  unb 
fein  Sinlommen,  burfte  aber  leine  SSerrid^tungen  bome^nten,  el^e  er  ni(^t  noc^  überftom 

16  bener  Su^e  mieber  utr  Stu^übung  feinet  Slmte^  jugelaffen  mar  (Agath.  v.  506.  c.  2  in 
c.  21.  Dist.  L).    3)iefe  ©träfe  toar  alfo  eine  ärt  ber  ©u^enfion. 

2Ba^  bad  ^eute  geltenbe  lat^olifc^e  Jlirc^enred^t  betrifft,  fo  ift  mit  Slüdtfu^t  auf  bie 
9(uiSbilbung  ber  Se^re  bom  character  indelebilis  bed  Örbo  bed  Sifd^of^  unb  ^riefter^ 
eine  9lebu!tton  berfelben  in  ben  Saienftanb  nic^t  me^r  möglich  (conc.  Trident.  Sess.  XXIII. 

20  can.  4.  de  sacram.  ordin.),  tüoi)l  aber  lönnen  fie  burcp  bie  3)egrabatton  t^rer  geifis 
liefen  ©tanbeerec^te  entHeibet  (Derben,  ma^  felbftberftänblic^  auc^  bei  ben  JUeritem  ber 
übrigen  9Bei^egrabe  borlommt.  9lbgefel(^en  \>on  ber  ^egrabation  ift  bie  Sntbinbung  etncd 
jtlertlerd  ber  ^öl^eren  äBeil^en  \>on  ben  geiftUd^en  ©tanbe^flid^ten,  in^befonbere  ber  6öG< 
batd&er))flic^tung,  tDomit  and)  bie  geiftliqfen  ©tanbedrec^te  auf(^5ren,  nur  burc^  3)td))enf(M 

26  tion  be^  $a))fted  möglid^.  dagegen  fönnen  bie  ÜRinoriften  tDieber  in  ben  Saienjionb  p 
rüd^treten,  unb  fte  Verlieren  in^befonbere  mit  bem  ä(bf(^Iu^  einer  ®^e  ol^ne  tDeitered  t|re 
ettDaigen  äSeneftjien  unb  bie  geiftlic^en  ©tanbe^red^te  ($.  ^infd^iud,  ftirc^enrec^t,  9b  1, 
©.  117.  160.  161). 

^n  ber  ebangelifd^en  5tird^e,   (Deiche  burc^  bie  Drbination   tDeber   einen  f))trttuellen 

80  Unterfd^ieb  jtDifc^en  ©eiftlic^en  unb  Saien  begrünbet  tDerben  lä^t,  noc^  bie  Se^  Don  bem 
character  indelebilis  ber  Orbination  lennt,  ift  ein  freitDiQiger  9lttd(tritt  be^  (SeijUid^ 
in  ben  Saienftanb  immer  möglid^  unb  femer  tritt  biefe  ^olge  mit  ber  ©träfe  ber  9Db< 
fe^ung  ein,  f.  3intmermann,  Über  bie  äBirtungen  ber  et>angelifd^en  Orbtnation  in  2)oDe 
u.  JJriebberg,  35151  9b  14,  ©.  25.  *.  «infi^lii»  f. 

86         fiatuej  f.  gefuitenorben  9b  VIII  ©.  769,i9— 49. 

£ambert,^ran)(geft.  1530).  •—  3.®.@d)eI6orn,CoDameDtatio  devita,  iatis,  meritis ac 
scriptis  Franc  Lamberti  AyeDioDeosis :  Amoenitates  literariae  Ed.  II,  t.  FV,  grranffurt  n. 
2t\pm  ^^730,  6.  307—389;  SupplenaeDta  t.  X,  6.  1235  ff.;  fjr.  2BiIt  8ttieber,  ^ffifcfte 
®elet)rtcn9ef*i^tc,  VII.  SBb,  ©affcl  1787,  6.378— 396, IX @. 405  f  ;  3.®.»aum,gfranafiambert 

40  üon  ^oignon,  Strasburg  u.$arU  1840;  gf.  ^.  •&  offen  camp,  ^effifctje  ^irc^engef^ic^te  feit  bem 
3eitaltcr  ber  ^Reformation,  1.  83b,  ^J^arburq  1852,  @.  65-75;  berf.,  SranciÄcu«  fiambert 
öon  9loignon,  eibcrfelb  1860  (=:  fiebcn  ber  Sßöter  ber  reformierten  tirdje  IX);  gr.  @t  6tte»>e, 
De  Francisco  Lamberto  Avenionensi,  Vratislaviae  18G7  (2)iff.);  berf.,  Slrt.^^fiombert*:  9IIg. 
beutfdie  «iograpöie  XVII.  SBb,  fieipi^iö  1883,  @.  548 ff.;  «.  &.  d.  SJilmar,  ®cf*i(ftte  beöUon- 

46  fcffionöftonbe«  ber  eoangelif^en  Äird^e  in  C>cffen,  2.  «iugav  granffurt  c.  3R.  1868,  6.  9  ff.; 
S.  Sluffct,  Lambert  d'A\ignon.  le  r(5forraateur  de  la  Hesse,  ?5arid  1873;  (£.  Zt^.  ^nft, 
92euere  ^irc^en^efcbi^te.  9?a4gclaffene  ^orlefungen  ^eraudg.  oon  $3.  ®ag,  1.9b,  ßallel874, 
S.  98  ff.,  ogl.  bie  fiitteratur  bei  bem  9lrt.  „.©ombergcr  ©^iiobe",  VIIL  Sb,  S.  288. 

©ine  Sammlung  ber  8cbriftcn  fiombertä  ejiftiert  nic^t,   SScrgeicbniffc:  ©trieber  a.  a.  0. 

60®.  389  ff.;  93aum  o.  a.  D.  @.  167 ff.;  einjjelne  ©riefe  obgebrucft:  Cbrrespondanoe  des  E^ 
formateurs  dans  les  pays  de  langue  franyaise,  publice  .  .  .  par  A.  L.  Herminjard,  1.  9b, 
©enfeue  u  ^Pori«  1866,  6.  112  ff.,  2.  53b  1868,  ©  239  ff.  StOQX  bisher  unbetonntc  ©ut- 
acbtcn  ÖombevtS  ouS  ber  3eit  feineS  ©ittenberger  ?tufent^alte8,  ein  unbatierted  an  Henricas 
Esslingiiis  unb  ein  anbereS  oom  26.  ^e^  1523  an  ©tep^an  9%ot^  in  3n)t(Iau,  ^at  O.  (Sternen 

66  in  ber  3eitfcörift  für  l^ird)engefd)i(f)te,  XXII.  9b.  1.^,  ®ot^Q  1901,  ©.133  ff.  tjeröffentHdit. 

granj  Sambert  öon  Slbignon,   ^efftfc^er  Sleformator  unb  5IWarburger  ^Profeffor,  tfl 

1486  au«  abeligem  ©cfd^Iet^t  ju  9lDtgnon  geboren,    grü^  berlor  er  feinen  SSoter,  ber 

Oe^eintfd^reiber  be^  ßrjbifc^of^  unb  ber  pöjjftlic^en  Segation  toar,   aber  au8  Orgelet  in 

Surgunb  ftamntte.    ^ünfje^njä^rtg  trat  er  ini  ^lofter  ber  ^ani^t^tanersObfertHmten  in 

60  Sbignon,  gefeffelt,  h)te  er  felbft  fagt,  t>on  |bem  ^etUglett^f^etn  bed  Orben^,  t)on  bem 


2amhtti,  ^on)  221 

golboien  ^eben  ber  AloflerjeQe,  h)te  man  fte  il^m  borf))ie9eIte.  @etnc  glücflic^e  Se^ 
gabung  unb  fein  Siebnertolent  machten  t^n  balb  jum  @egenftanb  ber  93etpunberung,  aber 
ouc^  netbif(^er  ^[nfeinbung  bon  feiten  feiner  Orbenebrüber.  @ein  Seruf  al^  ;,a))ofto(ifci^er 
$rebtgec''  (praedicator  generalis,  b.  1^.  ^erumreifenber  ^rebiger)  gab  i^m  älnla^,  f\d^ 
felbfl  tiefer  in  bie  1^1.  Sd^rift  einzuleben:  er  legte  feinen  in  franjöftfc^er  Bpxad^z  gel^oltenen  5 
Self^rebigten  erft  Stüde  au$  bem  WH,  $fauer,  $io6  unb  ^ieremiad,  bann  ben  9lömer« 
brief  unb  bie  Offenbarung  ^io^annid  ju  ®runbe,  unb  machte  ali  emfter  93u^'  unb  Strafe 
Inrebtger  folc^en  ßinbrud,  ba^  j.  S3.  in  einem  framöftfc^en  ©töbtclEfen  bie  Seute  auf  fein 
®el^|  Silber,  ffiürfel  unb  Äarten  ing  geuer  toarfen.  inneren  grieben  fanb  er  ober 
nic^t  in  feinem  Orben  (nunquam  fui  tranquilla  conscientia  —  fagt  er  felbft  bon  10 
fic^)  tro^  ber  ftrengften  Äafteiungen.  Sein  ^Jlan,  ben  9Kinoritenorben  mit  bem  noc^ 
firengeren  ber  ftart^äufer  p  t)ertauf(^en,  tpurbe  bon  feinen  eigenen  Orben^genoffen  ^inter^ 
triebet.  S)a  fanben  iu  änfang  ber  jtoanjiger  ^ai^xt  Sut^er«  ©(^riften  ben  SBSeg  nac^ 
d^on  unb  3[k>ignon.  Sambert  h)urbe  babon  mäd^tig  ergriffen ;  ali  man  fie  i^m  toegnal^m 
unb  kKrbronnte,  litten  fte  bereite  in  i^m  gejünbet.  @ein  Sntfc^Iu^  ftanb  feft,  ftlofter,  15 
Orben  unb  ^eimat  au  berlafjen.  —  3)er  i^m  getoorbene  Sluftrag,  öriefe  feine«  Älofter« 
an  einen  beiUfdj^  Orben^oberen  m  überbringen,  gab  i^m  ©elegen^eit  jur  äludfü^rung 
feine«  $Iand.  @r  t)erlie^  fein  jtlofter,  35  S^re  alt,  im  ^^jai^r  1522,  um  nie  h)ieber 
bo^  2urü(f}ule^en,  —  ber  erfte  fran)öfifd|^e^ön(^,  ber  bem  in  ^eutf erlaub  aufgegangenen 
Sic^t  be«  StKUtgelium«  juftrebte.  ao 

Sombert  ging  nac^  ®enf  unb  Saufanne,  h)0  er  bor  bem  Sijc^of  btebigte,  aber  bereit« 
le|erif<^  SReinungen  t)erbä4^tigt  tpurbe ;  nad^  Sem,  too  er  mit  @eb.  3J{eier  unb  S.  $aDer 
iMtle^rte;  nad)  ^üxxi),  tpo^in  i^n  Roller  an  S^in^lx  em))fo^len  ^atte  unb  too  foeben  ber 
Aam))f  auf«  ^^efttgfte  entbrannt  mar.  92o(^  magte  er  e«,  im  2luli  1522  in  einer  öffent« 
lieben  3)i«putation  bie  ^rbitte  ber  heiligen  gegen  3^i>^B^i  i^  t)erteibigen,  fc^liepc^  aber  25 
erllärte  er  fid  für  beftegt  unb  fbraq  bor  ber  ganjen  SSerfammlung  ba«  Selenntni«  au«, 
ba^  er  Slofennrange  unb  gürfbre^er  al«  fc^rifttvibrig  aufgebe  unb  ^infort  an  ®ott  unb 
G^riftum  allein  fu^  l^alten  tooDe.  3lnn  reifte  er,  unter  bem  angenommenen  Flamen  eine« 
^D^onne«  Serronu«  über  Safel  nac^  ^eutfd^lanb,  in  ber  älbfid^t,  bie  lutl(^erifd^e  äteforma- 
tion  an  ber  Duelle  fennen  ju  lernen,  ^m  ^ot)ember  1522  tam  er  in  @ifenad^  an  unb  so 
toonbte  fi(^  k)on  ^ter  au«  bri^lic^  an  Bpalatxn,  um  burd{^  il^n  an  Sut^er  unb  ben  5turfürften 
empfohlen  )u  toerben.  ^  ber  3t^if4^^i^it  legte  er  einigen  Setvo^nem  ber  @tabt  ba« 
Sivangeltum  ^o^nni«  in  lateinifd^er  Bpxad}^  au«  unb  t)eröffentltd^te  139  2^^efen  (über 
Sblibat,  O^enbeic^te,  Xaufe,  Suge,  3ted^tfertigung),  bie  er  am  ^^oma«tag  ben  21.  I)ez. 
öffentlid^  )u  t)erteibigen  fu^  erbot.  @«  erfc^ien  jeboc^  letn  Ob))bnent  unb  bie  ^i«))utation  35 
unterblieb.  @nblidEf  tourbe  fein  äBunfc^  erfüllt,  nad^  3Bittenberg  ju  lommen  unb  Sut^er« 
p€x\ütdx^  Selanntfc^ft  mad^en  )u  bürfen  Qanuar  1523). 

£ut^,  ber  ^uerft  gro^e  Sorfid^t  gegen  il^n  beobachtet  l^atte  (Sut^er«  Sriefe  an  Qpa- 
ladn  t>im  ©ejember  1522  bei  Snber«,  £ut^er«  »riefmec^fel  IV,  3flr.  595.  602),  erllärte 
m  f4|lie^i(^,  auf  Sifenac^er  (Smpfel^lungen  ^in,  ^u  feiner  Stlufna^me  bereit,  überjeu^te  fic^  40 
mtf  ®runb  i)erfönli4^en  SSerte^r«  balb  t)on  fetner  Unbejd^olten^eit  unb  empfahl  tbn  ju 
einer  Ileinen  Unterftü^ung:  „3)er  Tlann  gefäiOit  mir  in  allen  StüdEen  unb  id^  glaube  i^n 
^^tnlonglic^  betoä^  unb  mürbig  gefunben  ju  l^^aben,  ba^  h)ir  i^n  in  feiner  SSerbannung 
unterfm^  unb  tragen."  3)a^cr  möge  ©palatin  ben  Äurfürften  bitten,  20—30  ©ulben 
an  i^  toenben  )u  tPoQen,  „bi«  er  burc^  eigene  älrbeit  feinen  Unterhalt  getvinne"  (Sut^er«  45 
»riefe  \>.  23.  San.  unb  25.  gebr.  1523  bei  ßnber«,  Sut^er«  »rief loedS^fel I V,9lr.  616. 627).  (gttoa« 
über  ein  ^afyc  bauerte  Sambert«  SBittenbergcr  Slufentl^alt,  Januar  1523  bi«^bruar  1524. 
Xuf  £ut^n«  9lat  ^ielt  er  »orlefungen  über  ben  ^rojp^eten  $ofea,  ba«  @t)angelium  £ucä, 
(Sgeit^iel,  ba«  $oJ^e  Sieb,  fuc^te  burd^f  Überfe^ung  reformatorifc^er  glugfd^riften  in«  %xan^ 
fiff\d)t  unb  2|talienif(^e  bie  9ieformation  gu  förbem,  berfa^te  eine  Sd^rift  über  feinen  60 
lllo|ierau«tritt  (Rationes,  propter  quas  Minoritarum  conversationem  habitumque 
rejecit,  ^bruar  1523,  gebrudt  bei  ©c^el^om  ©.312;  ^erminjarb  I,  118),  fotoie  einen 
ftmnmentar  jur  SKinoritenregel  (^Dlärj  1523),  toogu  Sut^er  eine  SSonebe  fd^rieb  (Opera 
lat  var.  arg.  cur.  H.  Schmidt,  granffurt  1873,  VII,  498:  Praefatio  in  Fr.  Lam- 
beiü  Avenion.  commentarios  in  regulam  Minoritarum),  in  bem  er  jtoar  nid^t  55 
Sbif^ebung  ber  itldfter,  aber  »em)anblung  berfelben  in  Schulen  unb  @r)iel^ung«anftalten 
forberte.  Cr  felbft  aitfc^lofe  fidSf  —  not^f  x>or  Sutl^er  unb  al«  einer  ber  erften  ÜRönd^e  be« 
9tffonnation«}eitalter«  —  in  bie  @^€  ju  treten  mit  einer  fädEfftfd^en  »äd(er«tod^ter  Sl^riftine 
au«  ^enberg,  bie  er  im  $aufe  be«  3Kebt}iner«  äl.  @(^urff  fennen  gelernt  (15.3uli  1523, 
f.  ben  »rief  an  ©palatin  bri  ^erminjarb  I,  @.  142  ff.).    3Rxi  i^r  lebte  er  in  großer  älr*  go 


222  iamitri,  %tani 

ntut;   feine  SSorlefungen  btad^ten  tl^m  ein  Honorar  Don  15  ©rofc^en;   eine  lurfüTfäid^ 
Unterftü^ung  teid^te  )u  feinem  Seben^unter^alt  nic^t  au$. 

^a  e^  für  iJ^n  brüdenb  toax,  auf  Jtoften  Sut^erd  ju  (eben  unb  ju  @rlangung  einer 
befriebigenben  Stellung  in  9Bittenberg  leine  9(udftc^t  mar,  aud^  bie  SSerfuc^  in  SiJtni^,  in 

6  Strasburg  ober  fonfttoo  anjulommen  o^ne  6rfoIg  blieben  (^erminjorb  ©.  145),  fo  ent« 
fc^Iog  er  ft(^  ))(ö^lid^;  ol^ne  äBiffen  be^  5turfürften  unb  gegen  ben  Slot  Sut^ecd  unb  9te> 
landpt^ond,  nad^  ""^i^i^i  g^^  (^Jlärj  1524),  tpo^in  einige  ^eimlic^e  ^eunbe  ber  9leffn> 
mation  i^n  riefen.  Mein  bie  ÜJtac^t  ber  ©egner  mar  ju  grog,  er  tonnte  nid^t  tanigen 
öffentlid^  aufzutreten;  eine  angetünbigte  ^i^utation  über  116  @a$e  mu^te  unterbletboi; 

10  ber  0eru^  Verlangte  SSerl^aftung  be^  lutl^erifc^en  5te|^erd  unb  entlaufenen  3}lön(^.  @m 
@<^reiben  Sambertd  an  Jlönig  ^an}  I.  t)on  ^anfreic^,  um  biefen  für  bie  ekKingelifi^ 
9Ba^rl^eit  ju  getoinnen,  blieb  o^ne  älnttoort  unb  @rfolg.  ^er  3tat  ber  @tabt  9)te^  ta)ibe> 
ftanb  jmar  ben  Einträgen  ber  ®egner,  aber  gab  i^m  felbft  bie  Wohlgemeinte  9Beifung,  bie 
@tabt  ju  berlaffen.  @r  toanbte  ft^  nac^  @tra^urg  (Slpril  1524).  ^ier  tourbe  er  tmtnb 

15  lic^  aufgenommen  friftete  aber  fein  ^afein  tümmerlid^  mit  SSorlefungen  imb  Süc^erfc^retben. 
@r  fd^rieb  eine  ©d^rift  totber  ben  Sölibat  (Gomm.  fle  s.  conjugio  adv.  pollutissimum 
coelibatum,  mit  SSonebe  an  5t5nig  ^anj),  tveld^e  in  69  &ä|en  bie  9lottDenbigleit  unb 
@c^riftmö^igfeit  ber@l^ek>erteibigt;  aud^  gab  er  feine,  fc^on  in  Wittenberg  begonnene  ®rllä> 
rung  bed  ^o^enlieb^  ^erau^  (in  Gantica  Canticorum  Salomonis  commentarii  Wite- 

20  bergae  praelecti,  Strasburg  1524).  @ein  9Bunfd^,  eine  äln^eQung  in  @tra^urg  )u  erhoben, 
erfüllte  fxd}  nic^t.  am  1. 9Rob.  1524  befc^enfte  i^n  aCerbing«  ber  SRat  mit  bem  SBürgenw^ 
unterftü^te  i^n  auc^  burc^  ©elbgaben,  ober  eine  SSertoenbung  im  ^rebigtamt  ober  BdjviUaxd 
fc^eiterte  an  feiner  Unbelanntfd^faft  mit  ber  beutfc^cn  @))rac^e.  !Run  lie^  er  eine  Stet^ 
bon  5tommentaren  p  ben  altteftamentlic^en  $ro))^eten  erfc^einen :  m  $ofea,  2loeI,  Xmod  x 

26  1523—26,  mit  3wgninblegung  ber  SSulgata,  jum  2^1  f^fon  in  Wittenberg  ^Ä|t:  ouc^ 
eine  @c^rift  gegen  ^ra^mud  de  arbitrio  hominis  vere  captivo  1525;  eine  ätol^bB 
lung :  de  causis  excaecationis  multorum  saeculorum  etc.,  über  bad  göttliche  Sben« 
bilb  u.  a.  iJragen  (1524,  mit  einer  3"W^if*  ^  ©igmunb  bon  ^ol^enlo^e);  enblt(^  1526 
eine  ärt  öon  bogmatifc^em  ÄomJ)enbium  unter  bem  litel:   Farrago  omnium  fere  re- 

3ü  rum  theologicarum,  eine  @rtoeiterung  feiner  ÜRe^er  2:^efen  k>om  ^afyct  1524,  au(^  inS 
@nglifd^e  überfefet  1536.  911^  nad^  Seenbigung  bed  Sauemfriege^  bie  ^age  über  bie 
red^tmäfeige  SBofation  ber  ^Prebiger  bielf ad^  öerl^anbelt  tourbe,  fc^rieb  S.  (3uni  1525)  einen 
Xrattat:  de  fidelium  vocatione  in  regnum  Christi  sive  in  ecclesiam;  de  voca- 
tione  ad  mlnisterium  etc.,  toorin  er  bie  äSerufung  ber  ©laubigen  }um  ©otte^reid^  unb 

36  bie  Berufung  jum  Äird^enbienft  unterfc^eibet  unb  ba^  SSer^ältniö  inneren  unb  äußeren 
93erufe^  genauer  m  beftimmen  fud^t.  'Und}  fuc^te  er  forttoäl^renb  burd^  Schriften  unb 
©enbfd^rcibcn  für  SJerbreitung  unb  ^cilaffung  ber  ebangelifc^en  5Brebigt  in  3Kc|  unb  in 
Sranfreid^  ju  toirfen  (^uni  1525  ©d^reiben  an  ^erjog  älnton  bon  Sot^ringen  u.  a.X 
5;ro^  biefer  SRül^rigleit   blieb  feine  äußere  ©teHung  in  Strasburg  brüdtenb,  bo$   tft  fein 

40  borttger  Sufentl^alt  unb  ber  ^er!e^r  mit  ben  bort  ftc^  jufammenfinbenben  fran^öftf(^ 
mie  beutfc^en  ©lauben^cnoffen  toic^tig  für  bie  toeitere  ^udbtlbung  feiner  tl^eologifc^en  9(m 
fd^auungen  getvorben.  jßö^renb  er  bi^^er  in  allen  ©tüdEen  mit  Sutl^  gegangen  toox, 
inöbefonbere  in  ber  Se^re  x>om  9lbenbmal^l  (cf.  ju  2ucä  22,  19.  20  in  pane  et  vino 
Christus  datur  etc.),  fo  näherte  er  ftd^f  je^t  tetl^  ber  3^i"9l^fc^^  (panis  et  vmam 

46  fidelibus  signa  1525),  teitö  tvenigften^  ber  bermittelnben  93ucerf d^en  Sluffaffung,  toie  er 
benn  aud^  bei  aller  38ere^rung  für  Sutl^er  ben  9?amen  eine^  Sut^eranerd  aufd  entfdt^iebenfle 
ablel^nt  (paradoxa  fol.  13). 

ßnblid^  aber  eröffnete  fid^  il^m  im  ^af)xt  1526  —  infolge  be«  ©))eierer  Sleic^tag«  —  ein 
j^lb  für  ftrc^lid^e  3Btr{famIett  unb  }uglet^  bie  Stu^ftc^t  auf  eine  gefid^^erte  äu|ere  Seben^eDun^. 

60  $)er  ©trafeburger  ©tättemeifter  ^ciiob  ©türm  toar  e^  bermutlicb,  ber  i^n  bem  Sanbgrofen  $^ 
l}p)ß  t)on  § ef  f en  emt)fa^l  (Sommel,  ^^ilipj)  S3b  II,  ©.  106).  (Sr  tourbe  freunblic^  aufgenom« 
men  unb  erhielt  fogletd^  ©elcgenl^eit,  l^icr  bei  einem  toidS^tigen  ßreignt^,  ber  §omberger@^nobe, 
eine  grofee  SRolle  gu  fpielen.  Über  bief e  S^nobe  bgl.  9lrt.  „$omb.  ©^nobe"  9b  VIII  ©.  288  ff.  — 
Sambert  felbft  fanb  feinen  SBirfung^tret^  balb  an  ber  t)om  Sanbgrafen  $^ili))))  1527  gegrünbeten 

66  9Rarburger  Uniberfität,  ju  beren  erften  t^eol.  Se^rem  er  mit  9lbam  Äraft  unb  Qxfyab  ©^nej)f  9^ 
l^örte  (Joh.  Tilemanni,  dicti  Schenck,  Vitae  professonim  theologiaein  academia  Mar- 
burgensi,  ^JJiarburg  1 72  7,  ©.  1  ff.,  W.  Dilichius,  ib.  ©.  12  f. ;  2.  SBac^ler,  De  originibus  etc. 
acad.  Marburg.  ($rogr.)  181 1  ©.  15 ;  Ä.  SB.  3ufH,  ©runbgüge  einer  ®ef4.  b.  Unit).  3JlarburBr 
1827;  D.  von  Coelln,  Memoria  profess.  theol.  Marburg.,  1809;  ®.S.2;^.<6enIe,  JHeSr» 

60  Öffnung  b.  Unib.  SRarburg  i.^!.  1653, 1862).  —  3)em3Rarburger®ef))rö4^  im  Oft.  1529  ta>0^ 


Sambert,  ^nj  Samhtti  tiott  ^erdfelb  223 

er  bei,  ol^c  boron  ti^ttgen  Stntetl  ju  nel^men ;  feine  eigene,  toef entließ  S^^^ö'^W^^  ätnfici^t  bom 
^L  Slbenbmai^I  (=  commemoratio,  non  iteratio  sacrificii  Christi;  visibiles  sub- 
stantiae  signa  ejus,  qui  invisibiliter  adest)  i}att^  er  fd^on  ju^omberg,  mie  nac^^er 
in  SRarbuta,  befonber«  in  einem  furj  nad)  bem  3Kar6urger  ®efj)täci^  an  einen  ©trafeburger 
^SrAifler  (®erbel?)  gefc^riebenen  SWef  (f.  Saum,  ©.146  ff.)  unter  bem  %\Ul  de  symbolo  6 
foederis,  quam  communionem  vocant,  confessio,  ©tra^burg  1530,  au^e()}roc^en 
(corpus  Christi  neque  mathematice  neque  re  ipsa,  sed  symbolice  porrigitur). 
®ie  Sut^aner  fallen  m  biefem  ÜReinung^toet^fel  „gallifd^e  Seid^tf ertigfeit" ;  unb  oud^ 
fonp  erregte  Sambert«  franjöftfd^e  SetoegUd^Ieit,  3?telget4äftigfeit,  Slebefcrtigleit  unter 
ben  ruberen  ^eulfc^en  t)ielfad^en  ä(nfto^  unb  üble  Tiad^rebe.  ^em  bielbefd^äftigten  lo 
S^KiIatin  tDurbe  feine  ®efc^h)ä|tgfeit  läftig;  ber  ^umanift  ^ermann  93ufc^  f^ottete,  er 
reife  fo  Diel  l^in  unb  ^er,  ut  manducet,  mendicet,  mentiatur  (brei  M). 

Sn«  2el^  fanb  er  bielen  SeifaH;  ju  feinen  erften  SJlarburger  ©d^ülem  gehört  u.  a. 
ber  ©d^otte  ^atrit  Hamilton,  bem  er  nad^  feinem  frühen  SKärt^ertob  im  3Dlärj  1528  ein 
^renbe^  ^entmal  f^te.  ©ein  Sieblingdfad^  mar  Srflärung  be^  9t  unb  3¥£^ ;  boc^  mar  i6 
ed  i^m  nicf^  um  gele^e  @iegefe,  fonbem  me^r  um  t)ralttj^e  älu^Iegung  unb  Slnmenbung 
ju  t^.  „Die  S3ibel  fei  nii^t  um  ber  ^pi^ilologie,  fonbem  biefe  um  ber  Sibel  toillen  ba", 
baS  tDor  ber  6a^,  ben  er  in  einer  eigenen  l^ermeneutifd^en  Slb^anblung  (Comm.  de  pro- 
phetia,  eruditione  et  Unguis  deque  litera  et  spiritu,  ©tra^urg  1526)  berteibigte. 
Sud^  im  Solföunterric^t  brang  er  auf  Sinfac^^eit  unb  ))raftifd^en  92u$en :  „^e  etnfad(fer  20 
bie  ^r^gtlDeif e,  bcfto  löblicher  unb  nü^Uc^er."  3)oc^  miU  er  —  toie  er  an  gr.  ÜB^Ioniu« 
f^wrabt  (bei  ©triÄer  ©.384)  —  toeber  bie  Spxad^m  noc^  bie  ©ele^rfamfeit  berbammen, 
fonbem  nur  ben  bamit  getriebenen  'SR'x^xanä),  9lm  meiften  aber  fc^merjt  il^n,  menn  je^ 
manb  bie  c^rifUid^e  ^ei^  mi^brauc^t,  ober  toenn  er  fielet,  bag  ed  an  ber  Siebe  fel^^It, 
ba|  oDed  boO  92eib,  SSerleumbung,  Süge  unb  ©d^mäj^fuc^t  ift.  9(Uein  bie  fiieblid^e  SÖSirt-  25 
famleit  im  3)ienfte  be«  ffiorte^  unb  ber  Äirc^e,  bie  i^m  ba^  ^öc^fte  ^\A  feiner  SBünfd^e 
ip,  toor  i^  nic^t  lange  bergönnt.  ©eine  beiben  legten  fd^riftfteüerifc^en  Slrbeiten  toaren, 
tDie  ed  fcf^int,  ein  Jlommentar  gu  feinem  Sieblingdbud^,  ber  Offenbarung  ^o^anntö,  bem 
Sanborofen  $^(i)>t)  gemibmet  1528,  unb  ein  erft  nad^  feinem  %oi  bon  ®.  @elben^auer 
gu  Sbormd  ^erouägegebened  9BerI  De  regno,  civitate  et  domo  Dei  in  brei  SBüc^em  ao 
(1538,  8*,  gefd^rieben  1527—1530).  211^  im  ^a^re  1530  bie  Äranf^eit  bc«  „englifc^en 
BdftDv^^'  SRorburg  l^eimfu(^te,  flo^  er  mit  anberen  nad^  ^anfenberg  an  ber  @ber  unb 
fUxrb  ^er  ben  18.  3SiM  1530;  feine  ^au  unb  Jtinber  folgten  ibm  noc^  in  bemfelben 
3al^  im  ^be.  (föagenniaitnt)  CTarl  TlixU. 

Somftert  ober  Samj)ert  bon  ^er^fclb,  geft.  nac^  1078.   —   Seine  @c6riften:86 
Lampeiü  monachi  Hcrsfeldensis  opera  recogn.  Osw.  Holder-Egger  in  SS  renim  Grerma- 
DicanuD,  Hannoverae  et  Lipsiae  1894,  8°,  too  bie  früheren  ausgaben  unb  bie  umfangreidie 
Sitteratur  oer^eit^net  ftnb.    8eitbem  erfd)ienen:  C^.  ^ei^er  Don  ffnonau  in  Sa^rbüdjer  bed 
beutf<^en  9ieid)ed  unter  ©einrieb  IV.  II,  791—853;    51.  ^annenborg,  in  3)eutf4e  3eitf4rift 
für  (ikf4t4ttoiffenfdiaft  9^51,  154—159;  S.Äurje.  ebenba  II,  177-188;  ?lug.  eigenbrobt,  40 
fiami^rt  0.  ^rdfelb  unb  bie  neuere  GueUenforfct)ung,  Staffel  1896,  8°;    berf.,   fi.  x>.  ^.  unb 
bie  SortaudUgung,  fieip^ig  1896,  8^  —   £d.  priDceps  ber  9lnnalcn  nad^  oon  ^elanc^t^on 
im  Vugu^inerftift  ^u  Wittenberg  oufgefunbener,  je^t  oerlorener,  ^anbfd^rift,  oon  ber  er  eine 
Hbf^rift  an  dafpar  (S^urrer  ^ur  $ubIifation  fanbte,  Tubingae  1525   o^ne   ben   92amen  bed 
55erfaf|eT8.  —  3m  aflgemelnen  ögl.  Sattenbo*,  2)eutfcblanb8  ®ef*i(fttgqucaen  im  3R«.  IP,  45 
97—109;    berf.,  «b»  XVII,  548;  4)oucf,    Äir*e  3)eutf4lQnb«   unter  ben   ©ä^ftfcben  unb 
^rfinKfdKn  ftcifern,  @.  945-947. 

Der  9{ame  bed  berühmten  ^erdfelber  ^Jlönc^eä,  burd^  beffen  ©efd^ic^töfc^reibung  bie 
Xuffoffung  ber  ^erfönlid^Ieit  Aaifer  $einric^  IV.  big  auf  bie  neuefte  3^^  ^^  meiften 
befÜmmt  toorben  ift,  tovth  und  erft  bon  ©ele^rten  aud  bem  @nbe  bed  15.  3<^^t^unbertö  so 

![cnanni  SBo^  fie  i^n  toiffen,  ift  nic^t  ju  ermitteln,  er  fann  bai^er  ald  nic^t  für  fuber 
eftfie^b  ge^en  toerben.  9lu(^  fonft  ift  toenig  über  fein  Seben  betannt.  @r  h)irb 
ta>o$(  um  1025  geboren  fein.  3)ag  er  bie  in  ber  erften  ^älfte  bed  11.  ^al^r^unbertd  l)od): 
beruhte  SambergerSomfc^uIe  befud^te,  btelletd^t  auc^  etne3^tt  lang  leitete,  ift  eine  na^ 
X.  fyxüd  ittc^t  unb)a^(^ein(ic(fe  äSermutung.  9lm  15.  ^är}  1058  trat  er  ald^önc^  in  bie  66 
aüberübmte  tmb  reiche  Senebiftinerabtei  $ergfe(b  ein,  an  beren  Bpx^t  bamald  ber  bon 
8.  bcre^rte  Äbt  SKwin^er  fUmb.  3"^  ©e^Jtcmber  bedfelben  ^al^re«  tourbc  er  bom  3Kainger 
(EqbiMof  ju  Xfc^ffenburg  ^um  ^riefter  getoei^t,  toax  alfo  fd^on  bor  feinem  Eintritt  in 
Ktf  hUI^  5Dia(on.  Son  äCfc^affenburg  jog  er  ol^ne  @rlaubnid  feinet  3l6ted  burd^  Ungarn 
unb  Su^joricn  in  bad  ^I.  £anb.  @erabe  na$  einem  ^cäfxz  lehrte  er  in  fein  Jtlofter  jurüd,  ao 


224  2amittt  nott  $crdfdb 

h)0  ber  9t6t  i^m  SSetjet^ung  für  bte  SSerle^ung  bed  mönd^ifd^en  ©el^orfamd  erteilte  unb 
t^n  freunblic^  em))fing. 

Unter  iSbt  iDlegini^er  unb  feinen  näc^ften  92ac^folgem  ftanb  bie  ^erdfelber  JSo^ 
fc^ule,  bte  bieUeidEft  Sambert  felbft  fortan  geleitet  fyd,  in  ^(üte,  unb  man  6ef(^äf%te 

6  ft^  bort  eifrig  mit  miffenfc^aftlid^en  @tubien.  Sin  gldnjenbed  3^01^^^  f^  ^^^  M^ 
formale  äSilbung,  tvelc^e  man  burc^  f^e  bort  erreid(^te,  fmb  S.d  SBerfe,  beren  erfled  f(^im 
überaus  ^aralterifierenb  für  ben  aSerfaffer  ift. 

^an  berel^rte  )u  ßerSfelb  aU  Jtlofterftifter  SuS,    ben  !Ra(^folger  beS   bL  Sontfo) 
auf  bem  ÜRainjer  9ifd[^offtu^l,  aber  man  tou^te  bon  i^m  toenig,  berer^rte  \i^n  noof  ni(^t  oü 

10  ^eiligen.  2.,  bem  bie  ^ntereffen  feine«  Älofter«  über  alle«  in  ber  ffielt  gingen,  untere 
nabm  e«  feine  9iograt)^ie  ju  fc^reiben  unb  il^n  baburd^  }um  ^eiligen  ju  ftempebt.  gi^ 
beffen  ^atte  e«  für  biefe  älrbeit  fe^r  bürftige  unb  faft  nur  ^ulbifd^  CueQen  }ur  sin> 
fügung,  unb  in  biefen  toar  SuQ  ba«  übelfte  3)enlmal  gefegt,  ba  er  lange  bie  SeCbfi^ 
ftänbigleit  be«  ^Iber  J!Iofter«  beläm))ft  unb  e«  bem  3Jlain}er  Srgftu^l  j^u  untertoetfen  ge* 

16  trad^tet  l^atte.  ^.  t)erftanb  e«  au«  ben  bürftigen  f^en  ber  feinem  gelben  fo  un^ünfUgen 
Überlieferung  niäfft  nur  ein  Heiligenleben  gemö^nlid^e«  mittelaltnge«  AujArnttt^  p 
fammenjufe^en,  fonbem  eine  gerabeau  meifter^afte  Keine  9iogra)}l^te  ^er)u|teuen.  2)iqc« 
fein  jn^ifc^en  1063  unb  1073  gefd^fnebene«  Srftlin^Sn^erl,  mel^^e«  er  ber  gfulbifc^  Vita 
Bonif atii  Otlo^  geh^ifferma^en  entaegenfe^te,  ift  etn  glämenbe«  3^0^^  f^^  f^in^  f^^ 

20  fteQerifc^e  Begabung,  ein  um  fo  fcplimmere«  für  feine  Semiffen^aftigleit  al«  ©efd^ic^t^ 
fd^reiber,  jumal  er  bem  SBerld^en  offenbar  bon  il^m  jelbft  erbid^tete  ®r)ä^lungen  üb« 
äBunber,  meldte  ber  ^l.  SuQ  getvirlt  l^aben  foQte,  l^injufügte. 

Sein  jtoeite«  2Ber{,   ein  ©ebtc^t  über  bie  neuere  ©efc^ic^te  be«  jllofter«  ^erdfelb, 
in  melc^em  er  bermutlid^  ^umeift  bie  3^^ntftreitigletten  be«  JUofter«  mit  bem  3Rain}er  @^ 

25  ftu^(,  über  bie  er  f)}äter  m  ben  Slnnalen  mit  Seibenfc^aft  berichtete,  be^nbelt  l^tte,  $ 
verloren.  @elbft  in  ^er«felb  toodte  man  biefe«  2Bcrf  nic^t  gelten  laffen,  man  be^au))tete, 
er  ^ätte  barin  bie  3)inge  nid^t  ber  äBal^rl^eit  gemö^  berid^^tet 

@ein  britte«,  mit  einer  äSorrebe  feinem  älbte  ^atttüx^  getoibmete«,  SBerf  toat  eine 
©efdEfid^te  be«  JUofter«  $er«felb,  ba«  er  bermutlic^  bi«  jum  yiafyc^  1074  ^ab  führte  unb 

80  in  biefem  ^a^re  fd^^rieb.  9luc^  barin  j^atte  er  feiner  l^iftorifc^en  ^orfc^ung  ganj  abgeneigten 
^Veranlagung  }ufolge  bome^mlic^  bie  neuefte  ©efd^id^te  be«  Hiofter«  beponbelt  unb  Jid^ 
bemül[|t,  bie  gerügte  Untoai^rl^aftigfeit  feiner  früheren  Srjäi^ltmg  ju  )>enneiben.  äSon 
biefem  SBerfe  finb  nur  je^r  bürftige  6jcerj)te  au«  bem  16.  3|flJ^^^nnbert  oorl^nben.  Q^ 
vermute,  ba^  ber,  toelc^er  bie  @ccer))te  machte,  bie  Originol^anbfc^rift  biefe«  Sßerfe«  be* 

86  nu^te,  in  ber  S.  einige  nic^t  me^r  jur  0oftergefd^tc^te  gehörige  92oti^en  über  bie  Sreig- 
niffc  ber  ^aJ^re  1074—1076  nadE>trägIidS>  bergeid^net  ^atte.  ®ie  Driginal^anbfc^^rift  ber 
Vita  Lulli  ift  noc^  ^eute  borl^anben.) 

@ein  ^au^ttoerf  finb   bie  9lnnalen  bon  @rfc^affung   ber  2Belt  bi«  )ur  SEBo^I  be« 
©c^toaben^erjog«  Jlubolf  jum  ©egenfönige  gegen  ben  red^tmäfeigen  5lönia  ^einric^  IV.  (1077). 

40  ^n  ben  früheren  Partien  giebt  er  nur  einen  äu^erft  bürftigen  ®ef(pi^t«abri^  —  eigent* 
Ixd)  nur  eine  gelürjte  Äojjte  —  au«  anberen  Duellen.  3Jom  ^a^xt  1040  cttoa  an  toiib 
bie  @r}äl^lung  aOmäl^lid^  reid^^er,  unb  tväd^ft  fc^Iieglic^  gum  breiten  Strome  au«fü^tt(^^ 
Seric^terftattung  be«  3€^t0^»offen  an.  33eren  Siücrt  ift  früher  toegen  ber  glönjenben 
d^riftftellcrifdSfcn  Äunft  be«  SSerfaffcr«,  bie  im  5KitteIalter  faft  einjig  bafte^t,  fe^r  übe^ 
4ä^t  toorben,  toäl^renb  bie  neuere  ^orfd^ung  ein  fe^r  ungünftige«  Urteil  über  beren 
Slaubtoürbigfeit  feft  begrünbet  ^at.  fflä^renb  ber  äbt  unb  bie  aJle^ryx^l  ber  SKdm^ 
be«  Älofter«  §er«fe(b  in  ben  3flcüoIution«fämpfen  treu  gu  Äönig  §einridj^  IV.  gelten,  toor 
£.  biefem  gänglid^  abgeneigt.  @«  fann  lein  3^^f^l  barüber  befte^en,  ba^  er  bte  abmalen 
mit  in  ber  SbftdEft  gefd^rieben  ^at,  bie  SBal^l  be«  ©egenlönig«  SRubolf  bun^  bie  föd^fifc^ 

60  {ird^lidffe  gartet  ber  dürften  m  r^tfertigen.  @d^on  biefer  3^^^  berfüi^rte  i^n  au«^^ 
lid^  über  ^od^toid^ttge  ))o(itifc9e  ^Vorgänge  gu  berid^ten,  t)on  benen  er  feine  Kare  S3or< 
fteUung  l^atte,  eine  ftc^ere  jtenntni«  nic^t  beft^en  fonnte.  (S«  fehlte  i^m  aber  übet(fau|)t 
jebe«  ^iftorifd^e  ©etoiffen,  er  l^atte  leine  ä^nung  öon  ber  ^flidS^t  be«  ®efc^i(^t«f((^relb<t« 
genau  ber  eigenen  toirllic^en  —  ^ier  natürüdSf  fubjelttöen  —  Jfenntni«  aemä^  m  berii^ten, 

66  fonbem  er  ftrebte  allein  banad^f,  in  breiter  Srgäl^lung  fein  gro^e«  fd^riftftellerifc^e«  Xalent 
)u  bet^ätigen,  bie  i^m  h^irflid^  belannten  X^atfac^en  bienten  i^m  babei  nur  ol«  Sinfc^og 
gu  bem  au«2ufül^renben  farben^jräd^tigen  ©etvebe.  ^al^er  lommt  e«,  ba^  gerobe  feine 
au«fü^rlid^ften  @r^^lungen  am  tvenigften  glaubmürbig  unb  bon  bem  ^Jrorf^^er  laum  in 
berh^erten  fmb.    $)enno^  bleibt  ber  S^ert  be«  S3ud[|e«  feiner  ga^lreid^en  t^tf&c^lid^  9&« 

60  gaben  toegen  ^oc^bebeutenb. 


45 


Sintert  tiott  ^erdftlb  SomBert  (e  edgne  225 

Übtt  S.d  f))ätered  Seben  iDtffen  toir  gor  nid^tö.  Ru  ertoäl^nen  tft  l^ier  noc^,  ba^ 
er  ein  glül^enber  SBece^rec  be^  l^arten,  eigenfüc^tigen  @t)bt((^of^  Slnno  bon  Mn  h)ar,  bem 
er  burtp  feine  Srjö^Iungen  ben  feiten  tDeniger  berbtenten  9luf  ber  ^etligleit  t)erfcl^afft  Bat. 
^m  Zeil  entfUmb  btefe  Serel^rung  bed  mönd^^  tDO^l  böiger,  tDcil  älnno  ein  molarer 
iRon^^ater  mar,  ber  mehrere  SRönc^IIdfier  geftiftet  f)Mt,  9(ber  bon  ben  Steuerungen  6 
an  ber  Senebütinerregel,  toelc^e  ä(nno  in  bem  ))temonteftf(l^en  JUofter  ^ftuarta  lennen 
gelernt  unb  bon  ba  oud  in  feine  Stiftungen  eingefüi^rt  l^atte,  tooUU  2.,  ber  ^önc^  einer 
alten  SSoiebittinerabtei,  bm^  nic^td  toiffen.  O.  $olber«(S0ger. 

Sombert  (e  S^gne^  geft.  um  1177.  —  $etr.  (Soend,  Disquisltio  hlstorica  de  origine 
begfainanun,  Leodii  1629;  iöartt).  grifen,  Historia  ecclesiae Leodiensis,  Leod.  1642,  @.395  ff.;  lo 
gouHon,  Historia  Leodiensis,   Pars  I,   Leod.   1785,   @.  281  ff. ;    3.  (S^apeaüiüe,  Qui  gesta 
pontificam  Leodiensiom   scripserunt  auctores   praecipui,   T.  II,    Leodii  1613,    8.  12t) ff.; 
Jean  de  Preis  dit  d'Ontremeuse,  Myreur   des  histors,   publ.  par  St  Bormans  Tom.  IV, 
BmxeUee  1877,  S.  455,  461-66,  475,  480,  700-709;  »rial,  Lambert-le-Bfegue,  Histoire 
litt^nure  de  la  France,  T.  XIV,  $arid  1817,  8.  402—410;  3. 16.  ®oetl)Ql«,  Lectures  rela-  is 
tifs  k  lliistoire  des  sdences  . .  .  en  Belgique  T.  IV,    BmxeUes  1838,    8.  8—19 ;  (E.  ^aQ' 
mann,  ^ie  «efc^idite  bed  Uriprung«  ber  belgifc^en  »egtiinen,  Berlin  1843;  ^.  WloH,  Kerk- 
Eeschiedenis  van  Nederland  voor  de  Hervorming  T.  II,  part   2,  Utred)t  1867,  8.  148 ff.; 
^ridj   Lambert-le-B^gne,  in    Le  memoria],    revue   des   int^r^ts   reiigieox,    Nouv.  Sdr. 
om.  i,  lihgft  1873,  8p.  659—674;  3of.  ^artd,  Histoire  du  diocöse  et  de  la  principaut^  20 
de  Li^  depuis   leur  origine   jusqu'au   13.  siöcle,   Li^ge  1890,   8.  600—602,  680;   Dcrf., 
ffistoire  . .  .  pendant  le  13.  et  le  14.  si^le,  Li^ge  1891,  8.  68 ff.,  208  ff.;  berf.,  Notices  sur 
ks  Elises  du  dioc^  de  Li^,  Tom.  V   (1874)   8.  187 ff.,   Tom  XVI  (1897)    8.  25 ff.; 
tigl.  bier^u  aud^  Chronique  de  la  Soci6t^  d'art  et  d'histoire   du  dioc^  de  Li^ge,  Ann^ 
1897,  6.  27  ff. ;    ^.  ^eloaujc,  Lambert  le  IB^gue,    in   ber   Biographie  nationale  publ.  par  25 
Facad.  r.  de  Belgique,  Tom.  XI,  Bruxelles  1890—91,  8. 158-162;  Analecta  BoUandiana, 
Tom.  XIII,  Brux.  1894,  8.  206 ff.  (Vitae  b.Odiliae  libri  duo  priores);  «ug.  ©Untermann, 
9tubolf  oon  Bfi^ringen,  »ifc^of  Don  fiüttid),  $ü411898.  Sfreiburger^iffertation;  $.  gfrebericq, 
Les  documents  de  Glasgow  ooDceruant  Lambert  le  B^gue,  in  ben   Bulletins  de  Tacad.  r. 
de  Belgique,  3.  s^rie,  T.  XXIX  (1895),  8.  148 ff.;   berf.,  Note  complömentaire  sur  les  do-  80 
comenta  de  Glasgow  concera.  Lambert   le  B^gue,  ebenba  8.  990^.;    berf.,  Corpus  docu- 
mentorum  inquisitionis  haereticae  pravitatis  Neeriandicae,  Deel  II,  Gent  u.  'sGravenhage 
1896,  8.  9—36  (hierin  aud)  bie  älteren  Gueaenbertd)te) ;  $.  ^t\^ex,  Le  psautier  de  Lam- 
bert le  B^e,  in  ber  Bomania,  Ann^  29  (1900),  8.  528-545;  ferner  bie  gu  bem  Srtifel 
,,8egtnen''  in  SSbll  8.  516  unb  524  angeführten  $3erfe  über    bie  Anfänge   ber  S9eginen- 86 
9enoffenf(^ften. 

9In  ber  ^anb  ber  bor  lurjem  burd^  $.  ^ebericq  and  Sic^t  gezogenen  tutc^tigen  Slten^ 
fiüde,  namentlich  ber  SBerteibigungdfd^riften  Sambertd  unb  feiner  ä(n^änger  lä^t  fic^  über 
feine  Sebendgef^id^te  folgenbed  feftfteUen:   Sambert  le  S^gue  (11  Beghes,   11  Beges), 
im  erfbm  Siertel  bed  12.  ^al^rl^unbertd  geboren,  entflammte  einer  armen  toaOonifd^en  40 
^onblverlexfamilie.    Ob  er  ben  auc^  fonft  öfter  begegnenben  Flamen'  Se  93^ue  (=  ber 
„6tammler^  toegen  eined  Iör))erlicl^en  ©ebrec^end  trug,   lö^t  ftc^   nic^t  mit  Sic^er^eit 
entfc^eiben.    9ta(^bem  er  ben  Seruf  bed  SBeltpriefterd  getoä^It,  ftanb  er  jetttoetltg  einer 
bem  Sfittic^  S^orl^enftift  m  @t.  $aul  inf oi^orierten  5tirc^e  bor  unb  übernahm  aldbann 
bie  SertiKiltung  ber  in  einem  3iorort  Süttid^^d  gelegenen  Iletnen  Jtird^e  ju  @t.  @^riftopl^,  mit  45 
ber  to>o^(  \iftm  bamald  bad  gleid^namtge  $ofpital  (auc^  „höpital  des  coquins"  genannt) 
toerbimben  toor.     »uf  ber   1166   bon  ©ifd^of  Sllejanber  II.   (1165—67)   abge^tenen 
Sidcefanfl^be  trat  Sambert  mit  SRad^brud  für  eine  ftttlic^e  Sleform  bed  ^lerud  ein  unb 
forberte,  aOerbingd  bergeblid^,    ein  ßinfc^reiten   ber  S^nobe  gegen  ben  5t(eiberlu£ud  ber 
Sktßli^en  jotme  gegen  bie  S^affung  ber  $riefterf()l^ne  ju  ben   tirc^Ud^en  SBei^en.    ^ie  60 
ougcrorbentlic^  nr^Iid^en  ^i^bräutpe,  bie  unter  bem  (St)tfto^ate  9iubolfd  bon  ^äf^xxnQtn 
(1167 — 91)  einriffen,  brachten  Sambert  in  fc^arfen  ®egenfa§  ju  ben  fird^Kc^en  (Seioalten. 
Sefonbert  bie  ftmoniftifd^e  Vergebung  ber  Krc^Iid^en  Ämter,  bie  äudbeutung  ber  Saien  huxd) 
bie  für  bie  (Erteilung  ber  Satramente  geforberten  abgaben  unb  bad  ^tberftreben  bed 
Sflttk^  JQerud  gegen  ben  Sölibatdjtoang  l^at  Sambert  bon  ber  5tan}el  l^erab   unnac^-  66 
fii^tUi^  gegeißelt. 

Soffm  bie  bid^  belannt  getoorbenen  DueQen  Sambert^  Semü^en  um  bie  Sieform 
bei  JÖeniS  befonberi  ftart  berbortreten,  fo  ^atte  er  feinen  eigentlichen  Seruf  bod^f  offenbar 
in  ber  an  bie  breiten  Solföfd^ic^ten  [xd)  toenbenben  )9u^rebtgt  gefunben.     Durd^f  fte  l)at 
er  auf  fene  jtreife  einen  mächtigen  Sinflu^  au^eübt  unb  namentlid^  unter  ber  Sütttd^er  60 
^rouentoelt  eine  ou^erorbentlid^  ftarle,  nod^^a^rge^nte  l^inburd[|  fonbauembe,  religtöfe  ^Se- 

«•tU«actCIa>SMt  fit  S^Ioglc  mb  9M^  8.  K.  li  ^5 


226  SamBert  le  edgtte 

tDcgung  ^ert^orgerufen,  bte  ftd^  bt^  p  tranfl^aften  Srfd^etnungen  mt^fKfd^er  @lflafe  fleigertc, 
unb  bon  ber  ^atob  bon  äSitr^  (Vita  b.  Mariae  Oigniaoensis ,  prolo^s,  Acta 
Sanctor.  Juni  Tom.  IV,  636 ff.;  bgl.  ^reget,  (Sefd^.  beraW^f«!  I,  53 ff.)  anfc^auTw^ 
Sc^ilberungen  liefert,  ^er  ftc^  enge  an  tl^n  anfd^lie^enben  ©emeinbe  feiner  9(n|i^er, 
6  nantentlid^  ben  bon  il^m  jur  äBeltflud^t  beftimmten  ^auen  unb  Jungfrauen,  toaxm 
Sambert^  religiöfe  ^ic^tungen  in  tDaQonifc^er  ÜRunbart,  ein  3RarienIeben  unb  eine  Stod^ 
bilbung  ber  Slj^oftelgefcl^ic^tc,  fotoie  feine  Überfejung  ber  Sriefe  5PauU  jugeeignet  Iliefe 
Schriften  finb  un^  leiber  ebenfotDenig  h)ie  ber  bon  Sambertö  9[n|ängem  benu^te  tuoDos 
nifdSfc  ^Pfalter  erl^alten,  toäl^renb  Sambertö  lateinifc^en  5PfaIter  neuerbing«  $.  39ce)^  iwfs 

10  gefunben  ju  ^aben  glaubt,  tiefer  in  mel^reren  Slbfc^riften  erhaltene  ^folter  entl^ 
au^er  einer  älnjal^l  religiöfer  ^ic^tungen  in  tvaQonifc^er  ÜRunbart,  bte  mdglid^ertüeife  auf 
Sambert  jurüdtge^en,  auc^  bie  bon  @c^riftftellem  bed  13.  u.  14.  ^fo^unbertd  ertoö^ntc 
,,Tabula"  Sambert^,  eine  um  1140  mit  Sd^arffinn  aufgefteUte  Xabeue  jur  älufftnbimg 
be«  3^^"*^^^^  ^^  Dfterfefte«.  —  3n  feinem  ftürmifc^en  Sifer,  bie  toeiteften  Äretfe  für 

16  bie  ©ebanlen  ber  9erg))rebigt  unb  für  bie  9?ac^folge  bed  armen  Sebend  Jefu  ju  gewinnen, 
erinnert  Sambert  mannigfach  an  feinen  jüngeren  3^ii0^(^fl^n  SBolbe^  bon  Sl^on,  ober 
aud^  an  ^an)  bon  älffifi.  9Son  bem  Setou^tfein  feiner  göttlichen  Berufung  bun^ 
brungen  unb  inmitten  eine«  Äleru«,  beffen  Unfitten  er  täglich  betönn^fte,  ifi  Sambert  in 
feinen  Su^rebigten  bielfac^  ganj  feine  eigenen,  bon  ber  Seigre  unb  bem  ßerlommen  bet 

20  i^ird^e  jum  Seil  tveit  abtoetc^enben  SBege  gegangen ;  fo,  toenn  er  ben  @(irramenten,  htk 
tifd^en  Sinrid^tungen  unb  ©nabenmitteln  ber  5ttrd^e  atö  ungleich  bebeutung^oOer  bie 
fromme  ©efmnung  unb  bie  tverttl^ätige  9?äc^ftenliebe  gegenüberfteQte,  ti>enn  er  lehrte,  ba| 
nur  ben  „^eiligen",  nic^t  ben  j)flic^tt)ergeffenen  ?Prieftem  ©el^orfam  gefd^uftet  toerbe,  tocnn 
er  aQe  Slbgaben  für  bie  @))enbung  \)on  Satramenten,  äBei^en  u.  f.  to.  atö  Simonie  brcmb« 

25  maxtU,  toenn  er  ben  SBaQfa^rten  nac^  ^aläftina  unter  bem  ^intoei«  auf  bie  ber  3l&6ßai^ 
liebe  in  ber^eimat  gefteQten  älufgaben  il^re  äSerbienftlic^Ieit  beftritt,  ober  n>enn  er  enblic^ 
ber  Entheiligung  be«  Sonntag«  burd^  toeltlic^e  Suftbarleiten  in  ber  SBeife  k>orbeugte,  bo^i 
er  bte  ^üfftggänger  an  Feiertagen  bom  %an^la^  jur  3Ritarbeit  an  feinen  fir^lic^ 
Sauten,  au^  benen  ber  Süttic^er  Seginen^of  ertouc^«,  peranl^olte. 

80  @«  ift  leicht  ju  berfte^en,  bag  ber  Süttic^er  ^eru«,  ber  bon  ben  lird^lid^  Stefornu 
gebauten  be«  12.  gf^^^^u"^^^  offenbar  fo  gut  ioie  unberül^rt  geblieben  toor,  M  beS 
löftigen  unb  gefä^rlid[|en  Sitten^^rebiger«  )u  entlebigen  fuc^te.  3Kan  tocJ^bt  bie  SlnKoge 
auf  ^Verbreitung  fe^erifc^er  Se^en  unb  lub  Sambert  um  1175  bor  eine  Serfommlung 
be«  Süttic^ier  Äleru«.    ®«  toar  bergeben«,   bafe   er  ftc^  burc^  bie  geuer^robe  )u  reinigen 

85  bereit  erflörte  unb  fc^lte^Iic^  an  &alxit  III.,  ben  bamal«  in  Sütti^  anertannten  ®egen< 
pap\i,  a))))ellterte.  Stil«  ^e^er  berurteilt,  tourbe  Sambert  unter  lör^lid^er  3Jl%^anblung 
feftgenommen  unb  auf  bem  Schlöffe  Slebogne  gefangen  gcfe^.  Sine  Slnjol^l  ij^m  er» 
gebener  Süttid^er  ©eiftlid^en  n)urbe  gleid^faQ«  tn  Sambert«  ^roje^  berftricft  (Sin  Zeil 
bon  il^nen   trat  ftanb^aft   für  Sambert«  Unfc^ulb    ein  unb   tvurbe  be«l^   mit  Smt«* 

40  entfe|ung  unb  Verbannung  au«  ber  ^töcefe  beftraft.  älnbere  ®efinnung«aenoffen  Sambotd 
toaren  bon  feinen  ©egnem  baju  bermod^t  toorben,  fid^  bon  i^m  al«  $e^er  lo«)ufagen, 
toibeniefen  jeboc^  \pätQx  biefe  ©rtlärung  unb  toanbten  ftd^  ebenfo  toie  bie  erfte  ®ru)4)e 
mit  einer  5ProteftfdS>rift  an  ben  5paj)ft.  Qu  biefem  machte  fid^  Sambert,  bem  e«  gelungen 
toax,  nad)  jc^ntoöd^iger  §aft  ani  feinem  ©cfängni«  ju  entiommen,   felbft  auf  ben  SGBeg. 

45  2Bir  bcft^en  brei  einge^cnbc  3?erteibigung«fci^riften,  bie  Sambert  ju  SSiterbo  Galtst  IIL 
borlegte.  3)ie  au«fül;rUc^fte  Streitfd^rift  Sambert«,  „Antigraphum  Petri"  betitelt,  bie  in 
enblofer,  leibenfd^aftlid^er  ^olemtf  gegen  bie  iIBortfü^rer  be«  Süttid^er  5tleru«  berläuft, 
l^at  juerft  ^.  ^ari«  (Notices  historiques  sur  les  ^glises  du  clioc^se  de  Lidge, 
Tome  XVI,    1897,   p.  25—74)   boüftänbig   beröffentlic^t ;  eine  abfd^liefeenbe    kttiW« 

60  9lu«gabe  beranftaltete  bor  furjem  91.  %a\)m  (L'Antigraphum  Petri  et  les  lettres 
concernant  Lambert  le  B^gue,  in  Compte  rendu  de  s^ances  de  la  commission 
royale  d'histoire,  Tom.  68,  Bruxelles  1899,  S.  255—356;  bier  audji  bie  ältere 
Sitteratur  bejüglic^  biefer  Streitfcl^rift).  —  S)er  ^a!p\t,  ber  für  Sambert  bereit«  tDO^ncenb 
feiner  ©cfangenfcl^aft  fc^ü^enb  eingetreten  toar,  l^ob  allem  9lnfd^ein  nac^  ba«  über  Sambert 

55  gef))rocI;ene  Urteil  auf  unb  entließ  i^n  in  ®naben  in  feine  ^eimat  Salb  nad^  feiner 
iHücRel^r  au«3italien,  um  1177,  ift  Sambert  ju  Süttic^  geftorben.  Äurje  ^tit  nac^  feinem 
lobe  (1188)  ^ielt  ber  Sarbinallegat  ^txnxxq,  SifdS^of  bon  älbano,  ein  ^rte«  Straf« 
gericj^t  über  bie  Süttidjfer  Simoniften.  —  SBie  grofe  ba«  anfeilen  toar,  ba«  Sambert  in 
Süttid^  geno^,    le^rt  bie  Xl^atfac^e,  ba^  man  in  bem  großen  93ranbe  ber   bortigen 

60  St.  Sambertu«Iird^e  bom  ^al^re  1185  eine  ^^ne  für  bie  Sni^l^anblung  Sambert«  ed&Iid^ 


Sambtrt  1e  S^gnt 


SdmbttfftatiM 


227 


ber  ongetüt^  bic  3^t^"'"9  ^^  Hmiicbralc  Jitpp^ejeit  t;attp.  53e[i)ntcK  S'ottfjruTiö  ^a&m 
bie  bon  t^m  geftifteten  ScgmengciicHenldjaften  bem  ©ebäc^tnine  Sanibettä  gtjoUt,  (i)  bo^ 
bn  aU  fle^CT  3.'erurteiltc  im  17.  ^a^^uiibert  ben  fltr<I)cni)«ligcn  jugetet^net  werben  \\t 
(Acta  Sanctor.,  Juni  Tom.  V  B.  3,  unter  SBnufung  «uf  ä.  3!)u  Saufja?,  Supple- 
mentum  niartyrolog;ii  Oallicani)-  ^ 

Über  bie  [cüfyrc  Diel  umftrittene  5^age  nad)  bem  Mnteil  Sambertä  an  ber  Snlftetjung 
ber  OenoRenfcIjaften  berSÖcginen  ift  bereite  in  Sab  11  @.516ff.  ge^anbelttoorben.  entgegen 
bei  bort  Bertretenen  Üluffaflung  bemertt  neuerbingS  .^i.  ^irenne  (®e|i^.  SelgtcnS,  8b  I,  ©ot^a 
1899,  6.402),  ia%  bie  ^junirffübrung  beö  gtamenö  „Seginen"  auf  Sambert  fieSfegue 
auf  einer  folft^cn  Stiimologie  berul^e ;  ba  Lambert  ben  Seinamen  £e  SB^ue  angeblic^i  alä  lo 
perfBnlit^eS  (i))it^eton,  nidit  alS  'Familiennamen  fübrte  (ügl.  bagegen  oben  ®.  22.^  n),  fo 
Isüiben  (eine  Anfängerinnen  bei  Stnnaljme  (eineS  9ianien*  ft$  Eambettinerinncn,  nid)t 
Seguinen  genannt  ^ben.  hierbei  ift  aber  überfeljen,  ba|  ber  ^Jaine  Segittnen  offenbar 
uiftirwngUdj  ein  Schimpfnamen  ber  gleii^  iljreni  gjteifter  Betfolglen  Süttic^er  religiüfen 
e^iwännerinnen  loar  (ögl.  ^atob  Bon  ititr^.  Vita  b,  Mariae  Oigniacensis  a.  a.  D.  ib 
€-  (137:  nova  nomina  contra  eas  fingebant,  sicut  Judaei  Christum 
Samaritanum  et  Christianos  GalUaeos  appellabant  .  .  .  ipsae  autem  mirabili 
patientia  opprobria  suetinuerunt  et  persecutiones).  St^nlic^er  3(it  i[t  bie  &nt= 
fie^ng  ber  Settennomen  SBolbenfer,  ©l)eroniflen  (Bon  ^ugo  be  Speione),  Muncoticr  (oon 
^o^anneö  bc  SHonco).  Slugei  ben  bur$  Coenö  auä  ber  ^rabition  beä  Süttitber  SSe=  jo 
gtnen^ofe^  beigebrachten  bebeut|amcn  SSelegtn  [teilen  namentlid)  bie  ber  er[len  $ä[ftc  beä 
13.  3abr^unbertö  ange^ötenben  ©ericl)tc  bed  Älbeitc  Bon  Iroiej^^ontatneS  unb  Slegibiuä 
hon  Drcol  fotoie  bie  Stngabe  be*  Üambertfc^en  Ißfalterä  bie  3tegrünbung  ber  Seginen= 
genofienfciiaften  burc^j  S.  Bbllig  fic^er.  3"  *'^"  SttenntniS  bürfen  aut^  bie  tocitgefjcnben 
@nt|tellungen  uiib  legenbaren  3lud[dfmücfungen  nti^t  irre  machen,  bie  bie  ©efduc^tc  oon  2^ 
tambertö  2eben  unb  »on  ber  ®rünbung  bes  Sütticljer  SeginenliDfcö  in  beii  (päleren  fc^rift' 
fieUerif(t»en  Seriellen  (j.  S.  bei  ^ean  b'Dutremeufe)  erfahren  ^at.  $einax  ^aupt. 

£anibtli)arlifcl,  1595.  —  Biblioth»?iL  BTmboliua  ecclesioe  uniTeraalia  (The  Creeds  of 
Chrislcndoni  with  a  history  and  criiital  mt^),  bv  Pbiüp  Schaff,  ö.fflufl,  91e[a.!0ur[1887, 
Tol.  1,  ßfiefi.  I®cicfai4l[.  Stenicrfungtn)  unb  III,  52Hff.  (ieji);  G.  ^arhiuict.  A  Hialory  of  ao 
the  ArticIeH  of  rehgion  [),  barübev  'üb  I,  531, 5B  (f.) ;  Dan.  9ieal,  The  HisUiry  of  the 
Paritaus,  reprinled  from  the  teit  of  ToulnÜDa  edition,  fionbon  18'22,  vol.  I,  453 ff.;  Ältj. 
@d)n)eiitr,  Sie  prnicft.  Bcmrolboflcncn,  3i'rii6  1856,  SJb  11.  9ff, ;  ijoufll.  (SampbcQ,  The 
PunbBi)  in  Holland,  England  and  America,  Sonbon  1892,  II,  l&Üff.;  gel.  aKaloiocc,  3)ie 
Serfaffung  ber  fiirdjf  odo  englonb,  1894,  S.  lf<2'  einige  fpejiede  ßilletülur,  &e(cmber«  bes  35 
mifcnb  ben  eiibifADf  ^olin    SQ^iigifl,   bei  iHc^afi.     Sgl.  oui^  ?t.  .^ucllanev". 

SDie  „£ambeti?attitel"  finb  uiffrünglii^  gebockt  als  ein  ^a^a^  ),u  ben  39  älrtifetn 
ber  mglif^en  Staatlfin^e,  ber  ber  Üe^e  Bon  ber  ^Jräbeftination  eine  fc^ärfere  Ocftott 
geben  tollte.  3n  9trt.  17  jene«  offijietten  angiitanifdien  Selcnnlniffeö  <»on  1563,  bejW. 
1571  ;  Bgl.  2(0.  17  ber  Sblöarbinijc^cn  42  Slrlifel,  1150  fdion  fafl  biö  aufö  aßorl  bie « 
gleiche  j^ffung)  Wirb  eine  „praedestinatio  ad  vitam"  gelebrt,  aber  ber  reprobatio 
gar  nii^t  gebai^t.  m  mirb  (KiBorgctiobcn,  ba^  dott  ante  jacta  mundi  tundameiita 
euo  i>onsilio  nobis  occulto  be^niüB  bestimmt  bobc,  eos  quos  in  Christo  elegit 
ex  hominum  genere  Bor  bet  itcrbainmniö  ju  erretten  unb  jur  etuigen  Seligtcit  ju 
bringen,  eö  toirb  ou^  furj  aiiSgefü^tt,  icie  fid>  baS  in  ben  cinjelneii  reolificrc,  nämlic^  4.1 
fo,  bofe  qui  tarn  praeclaro  Dei  beneficio  sunt  d'inati  gur  rechten  3«'  berufen,  ge= 
ret^ifenigl  jc.  tourben,  bann  aber  wirb  nur  nocb  IjerBotgeljobcn,  ba^  bie  59etM$tung  prae- 
destjnationis  et  electionis  nostrae  benen,  qui  sentiunt  in  se  vim  epiritus  Christi, 
tDunberbaren  ^roft  gelnä^e,  wäbrenb  hominibus  curiosis,  carnalibus  et  spiritu 
Christi  destitutis  ber  göttliche  ^räbefttnationäratfi^Iu^  lote  ein  „[[^redlic^er  Slbgrunb"  bii 
nfcbeine,  ttsa^  bem  S^eufcl  jiim  Mittel  Werbe,  um  fte  vel  in  deaperatioDeni  vel  in 
aeque  perniciosam  impiissimae  vitae  securilatem  ju  ftürjen.  Wit  einet  6cmnt?= 
Rung,  bag  jeber  an  bie  promissiünes  divinae,  Wie  fte  in  ber  Sclirift  unä  „gene- 
raliter"  bargebolen  feien,  fitij  bal'en,  T«  „erfaffen"  (amplecti)  unb  jebenfaUä  in   feinem 

tionbeln  r«t  an  ©otteö  „geoffenbaiten  EüDen"  tjalten  möge,  fc^tiefet  bei  teiatiB  auSfü^r=  k 
i^e  SIrtifel  ob.    3ltan  tann  benfclben   otjne  ^'o^iff'   calBinifc^  uerfteben,    fann  i^n  aber 
auc^  anbcrö  wenben,  unb  na^  bem  Siege  ber  Staatötirc^e  über  ben  ^luritaniörnuä  ifl  ei 
fflft  fte^cnb  geworben,   bafi  bie  anglitonifc^en  Ideologen  iljn  me^r  ober  Weniger  anninia' 
nifc^  auöfü^ren. 

13' 


228  Sombet^ttttad 

@d  tft  belannt  unb  mag  übrt^end  in  bem  Srtilel  üBer  bie  Puritaner  nac^elefoi 
h)erben,  h)te  lebhaft  Adnigin  @UfabetJ[i  ftdj^  bem  borbringenben  6ab>intdnutd  entgegenfc^ 
fretUdif  tDefentltdjf  bodj^  nur  tnfofem,  cii  berfelbe  bie  et)ifIo})aIe  äSerfaffung  unb  jumol  oucp  mt 
,,6eremonien''  unb  ,,®eh)änber''  im  ©ottedbienfte  ber  estabüshed  churoh  beonfknbelt 

6  ^n  ben  bogmatifdj^en  tragen  geftattete  bie  Königin  mel^  ^et^eit.  äBie  fie  (»ofdnltd^ 
ut  bem  fdj^arfen  cafoini{c(;en  ^räbeftinotion^ogma  ftanb,  ift  unbefonnt,  \>tcmutüdf  toor 
fie  il^m  nic^t  geneigt,  aber  fie  bel^anbelte  aQe  lirc^tic^en,  reli^idfen  %agen  ))oIittf(|^.  ^ 
ii^rer  ^^  geh)ann  audj^  unter  ben  ber  ©taatdtirc^e  an^ongltc^en  X^eologen  ^erobe  bie 
bogmatifd^e  Se^re  SoIbinS  mit  Sinfdj^lu^  ber  fc^roffen  ^ffung  ber  $räbeftinationdtbee  einen 

10  großen  (Sinflu^.  ®ie  religiöfe  Stimmung  h)ar  i^  h>ett  über  bieJtreife  l^inaud,  bie  idft  diS 
,,$uritaner''  anfingen,  fic^  gegen  bie  @taatdürd^e  )u  h)enben,  geneigt  Sin  ^mil^ 
einer  ec^t  calbinif(|  gegoltenen  ^eologie  h)ar  bie  Üniberfitöt  )u  Sambribge.  ^ier  n* 
ftanben  berfelben  unb  infonberl^eit  bem  ^räbeftinationdbogma  nam^fte  SSertreter  an 
^omod  Sarttorig^t  (ber  l^ier   iebodj^  nur  big  1570  leierte,  bann  abgefe^  tourbe,  ae^ 

16  1603 ;  bgl.  ben  Srt.  Sb  III,  733  ff.,  too  jeboc^  ber  ©tettung  ßarttorigl^t«  jur  $rib 
beftination  leine  (Srtoäl^nung  gctoie^t),  SBiDiam  5ßerlin^,  geft.  1602  (SJerfaffer  ber  Ar- 
milla  aurea,  1592  —  feine  SSerle  h>urben  in  brei  Sönben  gefammeb  ^audgegeben, 
Sonbon  1616—1618)  unb  2Biaiam  äB^italer  (2B^ittaIer)  gefi  1595  (u.  a.  ein  berfi^mto 
Sierteibiger  ber  ebangelifdj^en  ©dj^ö^ung  ber  93ibel  h)iber  SeQarmin;  feine  äBerte  tmxxbm 

20  in  )h>ei  Sönben  loteinifc^  ^u  ®enf  ebiert  1610,  jum  2^eil  ouc^  toieoer  \>sm  ber  Parker 
Society  Cambridge  1849).  ^odjf  traten  in  Sambribge  audjf  ®egner  ber  cabtnif«^ 
Seigre  auf.  @o  ber  ^rofeffor  9aro  ^aron,  ein  t^anjofe)  unb  ber  %älotD  am  &qud 
eoQege  äBiOiam  93arrett,  ber  ft^  am  29.  WßiAl  1595  in  einer  $rebtgt  aufd  k^ftt 
h)iber  ßolbin,  Seja,  ^etrud  3Rar^r  u.  a.  toanbte,  bamit  ben  Streit  entfod^enb,  het  f^ 

25  ]p^idl  in  Setracpt  lommt.  Sie  UniDerfität  fc^idtte  3Bl^itaIer  (unb  ben  Dean  of  Ely, 
Dr*  ^^nbol)  nac^  Sonbon,  um  bort  mit  @r)bifc(;of  äBl^itgift  bon  ßanterbur^  unb  onberen 
^erborragenben  3Rännem  über  ben  @(^u^  ber  calDinifd^en  Se^e.  be)h>.  bie  rid^tige  gnter« 
^retation  beS  17.  Sleligiondartileld  ^u  berl^anbeln.  älm  20.  9{obember  1595  (9Ie(. 
©c^lDeiger  nennt  in   ber    2.  äluflage   ber  9lea[enc^Ko))äbie  irrig  ia&  ^cd^x  1598 ;   ouc^ 

80  ftei^t  ie^t  ber  20.  9bbember  feft  gegen  bie  Angabe  älterer  ^oMex,  ba^  ber  10.  9lo« 
bember  ba$  Satum  fei ;  f.  ©c^aff)  h)urben  l^ier  ©ö^e,  bie  äBpitaler  formulierte,  mit 
leidjften  (Srmä^igungen  bon  aQen  angenommen.  Untei^d^rieben  Imirben  fie,  au^  bon 
Sffi^itgift,  Don  93ifdifof  ^letdj^er  bon  Sonbon,  Sifdj^of  SSaugl^Ktn  bon  Sangor  u.  o. ;  nad^ 
tröglic^  erllärte  jumal  audj^  ber  @nbifc^of  bon  9)orI,   Button,  feine  3uftimntung.     @ie 

86  l^ei|en  bie  Sambetl^artif el  nac^  bem  Orte  il^rer  93ereinbarung,  bem  iSambet^alace  in  Sonbon 
(ein  $alaft,  in  bem  feit  bem  12.  ^abr^unbert  ber  Srgbif^of  bon  ^mterbur^  )u  getariffen 
Reiten  be«  ^abre«  rcfibiert :  bgl.  ÜJlalotoer  ©.  285  Snm.  6).  3^re  urft)rünglid^  ©|rrac^e 
ift  bie  lateinif(9c,  i^re  ^af)l  neun,  ©ie  im  einzelnen  bier  borjufü^ren,  f^at  im  ^Entere^ 
@d  genügt  )u  bemerfen,   ba|  fte  fo  })rä3id  h)ie  möglich  audbrüdCen,  ba|  ®ott  Don  &oig' 

40  leit  ^er  einen  ^eil  ber  Snenfc^en  jum  Seben,  einen  anberen  )um  Xobe  beftimmt  babe  unb 
ba|  bie  causa  movens  bafür  in  leiner  äBeife  in  benSRenfd^en  )u  fuc^en  fei.  ^Ric^t  bie 
praevisio  fidel  aut  perseverantiae  aut  bonorum  operum  aut  ullius  rei  qute 
insit  in  personis  leite  (Sott,  fonbem  sola  voluntas  beneplaciti.  @d  toirb  in  ben 
Derjc(;iebenften  äBenbungen  umfc^rieben,  ba^  burc(;  bad  bo^)>elte  bettet  ein  abfoluter  Unter» 

46  fc(;ieb  unter  ben  SRenfc^en  aufgerichtet  fei.  älber  eS  ift  bodj^  nidj^t  gefaxt,  bog  ®otted 
Sefret  auc^  ben  %q!H  beranla^t  ^abe.  ä$ielmebr  laffen  ftdjf  bie  Sambet^ortttel  au(|^  tnfca« 
la))farifc^  beuten.  ®iB  ift  nic^td  barüber  gefagt,  ob  bod  „ab  aeterno''  bed  Stotfd^btffeS 
©otte«,  einige  gu  „ertpö^len",  anberc  gu  „bertoerfen",  ben  gaU  mitbebingte,  i^  tDoDte. 
Dag  ©(^toeigen  ift  ftc^er  abftc^tlic^. 

60  Jlönigin  @lifabet^  h)ar  h)eit  entfernt,  bie  Sambetl^artilel  )u  ratifizieren.  @te  fo^  in 
bem  33erfaF;ren  bed  (Srjbifc^ofd  eine  Beeinträchtigung  i^rer  ©u))rematlce(^te  unb  in  bem 
gangen  Sl^orge^en  eine  ©tärlung  ber  ^^uritaner.  Srgbifdj^of  3Bl£fitgift  toar  feinctfeUd  ein 
biet  gu  forrefter  ©taat^Krc^enmann,  auc^  ))erfönlic(;  )u  h)enig  bem  Satoinitoud  ftrengexer 
Slic^tung  gugeneigt,  um  auf  ben9(rtileln  ju  befte^en.   @r  ^atte  fie  bon  bome  herein  mi^ 

66  aU  folc^e,  bie  (äefe^e^traft  Rotten,  ber  Untberfität  Sambribge  mitgeteilt,  fonbem  oU  foU^ 
bie  eine  t^eologifc^e  Snter))retation  be^  17.  Sleligion^ortileld  re^räfentieren  mdd^ten,  tofUft 
gefe^ltdjf  }uläfftg  fei.  ©ein  älbfel^en  bei  ber  gangen  äSereinbarung  mit  äB^Ier  x.  toor 
nur  borauf  gerichtet  geh)efen,  ben  ©treit  in  Sambribge  m  erlebigen,  e^e  er  bebro^Iitee 
3)imenfionen  annehme.  @r  t^offte  gerabe  ben  aud^  il^m  berl^a|ten  Puritanern  entgegemottaMCfen, 

eo  toenn  er  ben  ber  ©taatdürc^e  treuen  calbinifc(;en  X^eologen   entgegen!omme.    wbnn  er 


SambeC^ortetd  Sattttetdd^tttt  229 

^dt  t^  fär  angejeigt,  ber  jtömgin  aföbalb  )u  gel^ord^en  unb  bte  Sambetl^artilel  t)on  ber 
tlnteerfit&t  Gambribge  h>ieber  jurü^uforbem.  3^  ^ilfe  lom  t^m  ber  Umftanb,  \>a% 
SB^ttaler  tDenige  %aQt  nad^  ber  Sambetl^Ionferen)  ftarb.  ^n  Sambribge  bel^u))tete  ftcp 
borldufig  ieboo  bie  fteeng  colDintfdife  S^id^tung.  93aro  unb  Barrett  mußten  h>ei(^en. 
(Srflerer  )og  fi(9  1596  nacp  Sonbon  gurüd,  ta>o  er  nad^  einigen  l^o^ren  ftarb,  le^terer  tm^  6 
Vvf%  ßngumb  imb  imtrbe  fi)äter  {ot^olifc^. 

Die  Santbetl^artilel  l^ben  noc^  toieberl^ob  eine  SloQe  gef))ielt.  B^^^f^f^  <^uf  ^^ 
Hamptoncourt  Conference  in  Sonbon  unter  ^atoi  1.,  l^onuar  1604.  Die  Puritaner 
baten  bort,  bog  biefe  Slrtilel  anerlannt  loerben  möchten,  aber  burdj^au^  t^ergebli^.  3R\U 
Dccarbeitet  loutben  fie  in  bie  ,,3tifd!fen  äirtilel''  bon  1615.  93g(.  über  biefe  Schaff,  I,  lo 
662  ff.  (®e{(^i(^te)  u.  III,  526  ff.  (SCejt).  Der  »erfaffer  biefer  Serie  öon  ©lauben«* 
\&ljm  toat  Solob  Ufferiud,  bamold  nodj^  ^rofeffor  in  Dublin.  @ie  tourben  bon  ber  erften 
itmiDoIation  ber  irifc^en  Staatölirdj^e  abo})tiert  unb  t)on  l^alob  I.  and)  acce})tiert.  Unter 
Stadl,  ftnb  fie  loieber  obgefc^afft  toorben  1635;  boc^  l^ielt  Uff^er  old  $rima$  an  il^nen 
feft,  toenn  er  auc^  nic^t  um^in  lonnte,  bie  89  Srtäel,  bie  bi$  ba^  in  l^rlanb  leine  i6 
Hebung  ^en,  M  i$nen  t^orgeorbnet  ^injunel^men ;  k>gl.  ben  9.  ^.Uff^er''.  Die  104 
j^Irish  (ober  aud^  Dublin)  Airticles''  (bie  übrigen^  noc^  in  j{a))iteln  georbnet  finb), 
bieten  einen  Slbrt^  ber  ganjen  Dogmatd.  ^n  Seutg  auf  bie  ^räbeftinationdlel^re  lom« 
btirieren  fie  6ä^  unb  äSenbungen  ber  39  Srtifel  unb  ber  Sambet^ortilel.  Durd^ 
bte  SBeffaninfterlonfeffion  lourbe  bc^  3>^^^^^  ^^  Sambet^rtifel  für  bie  Puritaner  ^in«  2o 
fäOtg.  3n  biefer  Jtonfeffton  treten  in  ber  $räbeftinationdlel^re  (Chapter  III)  9(ntlänge 
an  aOe  \oAm  bef)m)d^enen  Dobtmente  auf ;  fte  runbete  bie  Se^e  befinitit)  im  @inne  ber 
^Mtaner  ob.    Sgl.  ben  91.  ,,9Seftminfter  ©l^nobe".  9.  ftatteitbitfd|. 

2mniaMiiM,  Suigi,  Jlarbinal  unb  Staatdfefretör  1836—1846  (gefi  1854).  — 
fiitteratur:  Mtetifd)e Schriften £.9  erf^ienen  gefammelt  a(d  „Opere  spirituali'S  SRom  1836,  as 
l^ebig  1838,1839.  Ueber  eine  ütel  üentilierte  bogmattf^e  gfrage  »eröffentU^te  er:  SuU'  immacu- 
IaId  ooDcepimeDto  dl  Maria,  dissertazione  polemica  0Rom  1843).  ^ie  üon  i^m  Derfagten 
6taatdf4nften  ber  l^urie  im  @treit  mit  $reugen  warben  1838  in  9^om  gebrucft  unb  er« 
fd^ienen  au4  in  beutf^er  Ueberfe^una  (3)arlegung  bed  9}e4td«  unb  X^atbeftanbed  mit  aut^en* 
tifd^en  ^ofumenten  ald  9(nt»ort  auf  bte  Srilfirung  ber  lol.  preugif^en  ^Regierung  2C.,  ^Tugdburg  8o 
1839).—  »gl.  2rarini,  Lo  stato  Romano  dalF  anno  1850,1,  78  ff.  (3.  «uSg.  gloTcna  1858); 
Qhmlterio,  Gli  ultimi  riyolgimenti  italiani  I.  SBefonberS  ^tudilin,  ©efc^ic^te  Stauend  I, 
Vbf^nitt  8  u.  a.  (fieip^ig  1859);  Orojc^,  (S^efc^i^te  bed  ^rc^enftaated  U,  354  f.  u.  a. 
•ot^  1882). 

Sambnt^ini  (f^r.  Sambrudlini)  tourbe  am  6.  3Rax  1776  gu  ®enua  geboren,  trat  86 
fc^  frü^  in  ben  Samobitenorben  unb  jeid^nete  fic^  burd^  Anlagen,  ti^eologifdj^e  ©elel^r- 
fondett  unb  ftrenge  Seobod^tung  ßrd^lid^er  ©itte  unb  geifttic^en  älnftanbeS  aud.    Salb 
Irnnben  i^  oud^  bie  ^öl^eren  Smter  iened  Orbend  übertragen,  aber  bied  genügte  feinem 
(Sfftioi  matt,   bie  böd^ften  SDSürben  ber  Jtirc^e  unb  bed  Staate?  toaren  ba$  3^^  f^^^ 
Gtmtai.    @etne  ftaotdmdnnifc^e  Silbung  erl^ielt  er  in  ber  Schule  bed  Jlarbmal^  Son^  40 
\cM,   ber  i^  oud^  jum  Jtongre^  in  SBien  mitnal^m.    fRac^  feiner  SlüdCIe^r  bon  bort 
tmixbe  i^  bod  toid^ttge  Slmt  eined  ©elretärd  ber  5{ongregation  für  au^erorbentltc^e  Krd^Iic^e 
Sngdegen^etten  übertragen,  unb  er  no^m  in  biefer  Stellung  an  bem  9(bfdiflu|  ber  Jton= 
brbate  mit  ffUapd  unb  Sofern  t^ötigen  älnteil.   ^m  ^o^re  1819  tourbe  er  )um  (Sn^ 
bifc^  femer  Soterftabt  ®enua  ernannt  unb   enttoidelte  l^ier  einen  großen  @ifer  in  lird^»  45 
üäfit  Sttifamteit.  Seine  Hirtenbriefe  unb  ^rebigten  tourben  fel^  gerül^mt.  Sßap\i  £eo  XII. 
cnumnte  i^  1828  jum  ))ä))ftlidifen  9luntiud  in  $ari^,   balb  getoann  er  am  franjöftfc^en 
fiof  gro^  (Sinfbt^,  inbem  er  RaxU  X.  SSertrauter  toarb  unb  nun  mit  aSer  jtunft  unb 
fHadft  ba^  arbeitete,   bie  abfolute  ^errfd^ft  in  f^anlreic^  ioieber  ^eriufteQen.    @r  toar 
cd,  ber  Jtorl  X.  riet,   bie  Orbonnanjen  m  erlaffen,   bie  feinen  Sturg  herbeiführten,  unb  50 
oü  fiarl  gefallen  toar,  blieb  er,  toie  er  ftc^  au^rüdllic^  au^ebeten  l^tte,  in  eifriger  Aorre^ 
ftNmben)  mit  ü^,   nid^t  fotool^I  um  ii^n  im  UnglüdC  gu  tröften  unb  i^m   einen  93etoeid 
feiner  Zetlna^me  gu  gdben,  aü  cax2  grunbfd^lid^er  Siebe  gur  legitimiftifc^en  Sadj^e.  Diefe 
tnig  er  oud^  auf  ben  ^ergog  t)on  Sorbeau;  über,  t)on  bem  er  mit  einem  bamal^  berüf^mt 

Korbenen  Xudf)mu^  fogte,  er  fei  nidj^t  nur  ber  Sol^n  ^anfreid^,   fonbem  Suropa^.  55 
in  boS  Se^itimitätd))rin)ik  ber  jtam^f  gegen  bie  9teoolution,  toar  i^m  eine  euro})äifc^e 
Xufgobe.    Seme  poli^d^  9lidiftung  beruhte  teifö  auf  Überzeugung,   teild  auf  einer  an« 
eborenen  £^errf(^begierbe.  ä(fö  ®regor  XVI.  ben  })ä))ftlidifen  Stu^l  beftieg,  toar  SambruS:: 
fini  ber  er^e  iosrbinal,  ben  er  ernannte  (am  31.  Sefjtember  1831),  ober  £.  fal^  biefe 
mir  <d&  ben  SBeg  gur  SteQe  eined  erften  SRinifterd  im  Jtirc^enftaat  an.  Da  er  go 


230  Sainbmdi^M 

bemerf te,  ba^  Karbinol  Semettt,  ber  bamafö  im  Seft^  biefer  SteQe  toax,  am  dflerreui^ifc^ 
$ofe,  bem  er  ntc^t  genug  (Ergebenheit  jetgte,  nic^t  in  ®unft  fte^e,  tamr  fein  eifrigfleiS  Se^ 
ftreben,  i^n  aixi  bem  @attel  ju  lieben.  ®regor  gab  i^m  ®el^ör,  unb  afö  Semetti  einfi 
emftlic^  erhanit  h>ar,   benü^te  er  biefe  (Gelegenheit,  i^m   einen  ^{ad^folger  )u  (jeben  unb 

6  ernannte  ben  JtarbinalSambru^ini  1836  ^u  feinem  @taat^fe!retär  )imci(^|t  für  bieott^ertn 
älngelegenl^eiten,  bem  in  ber  Siegel  bie  Settung  ber  römifc^en  $oIitiI  jutam.  2)er  Stoatd» 
fefretär  für  ba^  innere  mar  bamald  ffarbinal  ®amberini,  ein  ongefel^ener  älterer  Stann 
t)on  feftem  SBiUen ;  ^  bel^agte  bal^er  SambruiSdifini  nid^t  fonberlidjf,  bie  SRac^t  mit  btefem 
teilen  ^u  mü^en,   unb  er  forgte  bafür,   bag  ein  anberer,  ber  Jto:binal  äRottei,  ein  un^ 

10  bebeutenber  3Rann,  beffen  $au))ttugenb  bad  ©efdj^id  h>ar,  ftd^  einem  fremben  SBiQen  unter» 
guorbnen,  an  feine  ©teile  lam.  SambruiSc^ini  übernahm  je^t  auc^  bad  ÜRiniflerium  bcd 
öffentlichen  Unterric^tö,  h>urbe  ©elretör  ber  ))ä))ftli(^en  äret>en  unb  Sibliot^or  bed 
äiatifan^.  92un  im  trollen  9efi|  ber  ÜRac^t,  t)erfolgte  er  mit  aller  @nerate  fein  ^iü,  bie 
Seläm))fung  ber  9let)olution  utw   ieglid^er  Steuerung  im  Staat  unb  in  ber  Jlirc^e.    9ä 

15  feinem  @intritt  in  bie  SSertpaltung  bed  Kirc^enftaated  l^anbelte  ed  jtc^  um  SlmnefHerung 
ber  nadjf  bem  Sufftanb  ber  Segationen  t)om  Iga^re  1831  äSerurteilten  unb  ©efongencn 
unb  um  9ludfü^rung  ber  bamald  in  Su^ftc^t  gefteQten  Sieformen.  Sombru^ini  arbeitete 
bal^in,  ba|  bie  fc^on  toegen  Überfüllung  ber  ®efängniffe  rätlid^  getoorbene  unb  t)on  bo 
öffentlichen  3)leinung  geforberte  älmneftie  möglic^ft  befdj^ränlt,   bie  3ugeftänbntffe  ber  Sie» 

ao  formen  gefc^mälert  unb  namentlidj^  bie  erteiUen  ftäbtifd(^en  ^eil^eiten  burc^  bie  9rt  bo 
älu^fül^rung  gelähmt  unb  bem  93olI  t)erletbet  tourben.  92amentli(^  lou^te  er  ed  eingulciten, 
bag  9lom,  felbft  aller  ÜRal^nungen  ber  liberalen  ^rtei  unerac^tet,  ol^ne  3Runt)i))ab)erf 
faffung  blieb.  3)iefelbe  realttonäre  unb  abfolutiftifc^e  Slic^tung  Verfolgte  er  in  bm  faA^ 
liefen  Angelegenheiten.    (Sr  betrieb  bie  äSerfolgung  gegen  bie  ^ermeftfc^e  Xl^eologie  oufd 

26  eifrigfte  unb  bertrat  in  bem  Streit  über  bie  ©efangennel^mimg  bed  @r)bif(^fd  Don  itöbi 
unb  bie  gemifc^ten  (S^en  in  ben  ^[a^ren  1836—1838  bie  @aqe  ber  r5mif<^  fturie  mit 
großer  Energie  unb  ®eh>anbt^eit.  ^ie  ald  meifter^aft  anerlonnten  Staatdfc^riften  in  bem 
Aölner  Streit  finb  bon  ii^m  berfa^t.  Sie  fmb  nöd^ft  bem  Original  unter  fo^enbem 
^itel  beutfc^  erfd^ienen:  ,,UrIunblic^e  3)arftellung  ber  ^atfad^,  toeld^e  ber  gehKUtfomen 

80  SBegfü^rung  bed  ^eil^erm  b.  2)rofte,  Srgbifc^ofi  bon  fföln,  borau^egangen  unb  nac^ 
gefolgt  finb.  3laq  bem  ju  Sflom  am  4.  3Rär)  1838  erfd^icnenen  Original  ioörtlid^  über» 
fe^t,  9legen«burg  1838." 

Sambru^c^ini   fe^te  ben  SSerfuc^en   einer   l>ermittelnben  Se^anblung  ber  Streitfrage 
eine  eifeme  Jtonfequen^  entgegen  unb   t^ertrat  babet  feinen  Stanb})unft,  man  mu|  oner« 

85  lennen,  mit  Energie  unb  Offenheit.  Überl^aut)t  mu^  man  i^  ben  9lu^  I<^en,  bog  er 
ba^,  toofür  er  gelten  iooSte,  audj^  mit  ganjer  Seele  h>ar.  (tx  toax  nic^t  auf  ben  Qdftai 
angelegt,  ben  ^ortourf  ber  ^euc^elei,  ben  man  fo  gerne  gegen  eine  ftreng  Itxd^Ii(|ie  ^cd^ 
tung  bereit  ^at,  lonnte  man  gegen  il^n  nic^t  erl^eben.  ^r  Seftedbtmg  burc^  motcncSe 
ÜRittel  toar  er  umugänglic^,  bagegen  Ite^  er  ful^  oft  burc^  bie  ^euc^elei  anberer  toufc^ 

40  SSon  inl^umaner  .parte  unb  l^oc^fa^enbem  Stolg  lonnte  man  i^n  nic^t  freif))re(^en  unb  er 
trug  baburc^  feinen  guten  Seil  ber  Sc^ulb  an  bem  $a|  unb  ber  Erbitterung,  toelc^  bie 
Slegierung  @regor^  XVI.  in  bem  ^irc^enftaat  unb  in  gang  gftalien  traf.  3)tefen  $a^ 
betam  er  audj^  )u  fül^len,  atö  eiS  ftdj^  nadj^  bem  2^obe  ®re^ord  um  eine  neue  ^at^fhoo^ 
^anbelte.    @r  l^aüt  toöl^renb  ber  gamen  3eit  feiner  öffentlichen  Saufba^n  bie  Sbi^  hii 

45  ^rieftertumd  ald  bad  3^el  feine?  Strebend  unt^errüdt  im  Suge  bel^alten  unb  bedl^ow  Sorge 
getragen,  bad  jtarbinaldloQegium  mit  feinen  ^^reunben  tmb  äln^ngem  )u  befe^en.  Un* 
^toeifel^aft  toar  er  bie  bebeutenbfte  l^ntelltgen^  unter  feinen  geiftlicpen  Jlollegen  in  9iom, 
fo  ba^  ed  fc^ien,  il^m  fönne  bie  9{ad^folge  auf  ben  ))ä))ftltc^en  Stu^l  nic^t  entge^  S)0(^ 
eneic^te  er  fein  3iel  ntdi^t.    ^m  Äonllabe,  baö  nac^  bem  lobe  (Sregord  XVI.  im  3""" 

60  1846  bie  äBal^l  eined  neuen  $at)fted  m  t^oQgie^en  l^atte,  ftanb  i^m  eine  $artei  entgegen, 
toelc^e  t)on  feinem  Stol)  unb  feiner  ^errfc^fuc^t  ben  gängli^^en  Serluft  il^  Sinfluffed 
fürchtete,  unb  mit  il^r  Derbanben  fic^  anbere,  meldj^e  bie  geredj^te  Seforgnid  i^ten,  eine 
fioÄU  gregorianifc^e  9tegierung  lonnte  bad  römifdj^e  Soll  gur  93erjh>eiflung  treiben  tmb 
t)erberblic^e  Slufftönbe  ^erk)orrufen.  92ur  allmä^lic^  ftegten  bie  ®egner  £ambrud(^tnid,  fein 

65  geftür^ter  Vorgänger  im  Staatdfehetariat,  ber  jtarbinal  Semetti,  joS  nid^t  o^ne  XnttU 
an  feiner  9{ieberlage  getoefen  fein,  ^m  erften  Sfrutinium  erhielt  Sambru^ini  15  Stimmen 
unb  fein  ®egner  3)laftai,  ber  f))ätere  '$iud  IX.,  nur  13 ;  am  ^enb  bedfelben  Xoged  ge< 
toann  ber  le^tere  9  toeitere,  am  folgenben  Xage  toar  bie  SEBal^l  baburc^  entfc^iebm,  ba| 
3)laftai  36  Stimmen  erhielt,  toö^renb  bem  Sambru^ini  nur  10  blieben,  ^n  bem  neuen 

60  Sl^ftem  })ä))ftltc^er  $olitiI,  bad  unter  $iud  IX.  jur  ^errfd^ft  gelangte,  toar  für  Sambni8< 


£attt(ru9il^titt  fiamenttatd  231 

dfini  tetnSlattm  me^r,  feine  eigentlich  ))olitif(i^e  Saufba^n  toax  gefc^Ioffen,  obgleid^  er  and) 
fäft  nix^  ^o^e  Stoatöämter  betleibete  unb  SHitglieb  ber  neuerric^teten  Staatölonfulta 
tDuxbe.  2)er^a^  ber  ret)oIutionären  Partei  traf  il^n  im  ^ol^en®rab,  unb  er  l^atte  manche 
t>ctfönli4ie  Serfolöung  )u  befte^en:  fein  $au^  tourbe  geftürmt  unb  teiltpeif e  jertrümmert, 
er  f^ft  lotmte  nur  in  ber  93eruetbung  eined  StoKInet^t^  nad)  ®acta  entfliel^en.  9lm  5 
8.  SKai  1854  fiarb  er,  78  Solare  alt,  unb  tourbe  in  ber  Rxxd)^  be«  Samabitenllofteri^ 
S.  Carlo  ai  Gatinari  in  9h>m  beigefe^t  (Stlüp\tl  f)  »enrat^. 

Samcdli  f.  Sb  IX  @.  700, 38  ff. 

Smuomatt,  (^ugued^t^elicit^sStobert  be)  gefi  ben  27.  ^^bruar  1854.    — 

Laoordaire,  Consid^ratioDS  sur  le  systöme  philosophique  de  Lamennais,  ^ariS  1834;  10 
A.Bku2e,  Essai  biographique  sur  Lamennais,  $artdl858;  Oeuvres  postliumes,  Correspon- 
dance  unb  Documents  in^its,  in  mehreren  SBänben  l^eraudgegeben  Don  @.  ^.  f^orgued 
(1858).  ^.  be  SouTC^  (1862),  «.  ©laise  (1866),  «.  bu  53oi8  be  la  SSiOerabcI  (1886),  ^.  «. 
»ouffcl  (1892);  ^Rgn.  JRicarb,  TEcole  mcDaisienne,  2  ©be,  1884;  ^.ganct,  La  Philosophie 
de  Lamennais  1890;  (S.  6^u(ler,  Lamennais,  ^tude  historique,  politique  et  religieuse  1892;  15 
3a^lrei4ie  9CrtiteI  uon  6ainte«©eut)e,  IRenan,  8d)erer,  ^rbou;,  ©runeti^re,  u.  a. 

$ugued«^icit^9lobert  be  Samennaid  h>urbe  geboren  in  Saint  3)laIo,  ben  19.  ^uli 
1782;  er  toca  ber  ©o^n  eined  reichen  SHI^eberg,  ben  Subtoig  XVI.  in  ben  2lbeteftanb  er« 
^oben  ^otte.  ^n  ber  ftrengen  Sretagner  f^römmigleit  erlogen,  gab  er  ftd^  mit  grofi;em 
(Eifer  ben  @ti^ien  l^in.  @r[t  in  feinem  22.  ^alfxt  lie^  er  ftd^  gur  erften  Kommunion  20 
aufriefen,  ^n  f^nem  29.  ^^al^re  (1811),  alfo  nid^t  unüberlegt,  trat  er  in  bad  @emi« 
narium  t)on  @t.  iDtalo.  @(^on  l^e  er  für  ))ä))ftlicl^e  ©emaft  unb  9lutorität  geftritten, 
obfc^on  fein  ftird^enbegriff  bamab  nod^  nid^t  jur  DoQen  fflarl^eit  gelangt  toar.  ^^m  ^a^re 
1808  nomlic^  jberöffeirtlid^te  er  feine  R^flexions  sur  T^tat  de  TEglise  en  France 
pendant  le  XVIII.  si^le  et  sur  la  Situation  actuelle.  2)iefe  (Sd^rift  trug  atö^ö 
iRotto:  Portae  inferi  non  praevalebunt  adversus  eam.  @r  lä^t  barin  ben  Sifc^öfen 
no^  bod  Stecht,  Srmol^nungen  an  ben  $at)ft  \n  richten;  biefem  alletn  aber  lommt  ed  ju, 
KU  cntf(|^etben,  h>ad  ber  Jtirdj^e  förberlic^  ober  tc^öblid^  fei;  biefe  Sdj^rift  h>urbe  t)on  ber 
Zatferit(|fen  $oK}ei  mit  9efd^(ag  belegt,  ^n  feiner  Tradition  de  TEglise  sur  llnsti- 
tution  des  6v^ques  (1814),  bie  er  gemeinfd^aftlic^  mit  feinem  Sruber  berf agte,  freut  er  so 
fii^  bed  @tur)e8  bed  Jtaiferd;  barum  glaubte  er,  nad^  ber  SlüdSe^r  bon  @[ba,  fic^  nac^ 
Snglonb  fUU^ten  ya  muffen,  h>o  er  ipäl^renb  ber  „l^unbert  Sage''  blieb.  @r  tourbe  in 
Soiäon  ^audlel^er  in  einer  ))roteftantifc^en  ^milie  unb  bearbeitete  feinen  Schüler  ber» 
maiim,  bog  fid^  berfelbe  nod^  $arid,  nacp  @aint^ul))ice  fü^en  unb  gum  Jtat^olici^mud 
bd^ren  liej^;  Somennaid  gab  i^n  nic^t  el^er  toieber  l^eraud,  hxi  er  gerid^tlic^  bagu  ge-ss 
)kmingen  tmirbe.  ^m  ^^al^e  1816  erl^ielt  er  bie  Drbination  unb  befc^äftigte  ftc^  junöd^ft 
mit  €{^rtf tfieOerei ;  er  fc^rieb  Srtilel  in  bie  latliolifdjf-legitimiftifc^en  Slätter  (D^fenseur, 
ConservaiBur,  Drapeau  blanc,  Memorial  catholique),  toeniger  ieboc^  um  ben  ^ron 
ber  Sourbonen  )u  t^erteibigen,  ald  um  ben^eidmud  ju  beläm})fen.  1817,  al^Samennaid 
35  3a^  alt  Inar,  erfc^ien  ber  erfte  9anb  feine?  ^au))tn)erle^,  Essai  sur  Tlndiff^  40 
rence  en  matidre  de  Religion  (^arid,  4  3be  in  S%  @$  l^anbelte  fid^  bmeit  nid^t 
me^  borum,  iai  Sbriftentum  gegen  ben  ältl^ei^mud  ju  berteibigen,  fonbem  t^ielmel^r  bie 
2c&^  in  i^  ®lei(9giltigleit  aufzurütteln  unb  toieber  für  bad  Sl^riftentum  gu  intereffteren. 
SDad  fyitU  bereite  3ofe))9  be  ÜRaiftre  in  feinen  Soir^s  de  St.  Petersbour^  t^erfud^t ; 
bad  unternimmt  nun  Samennaid;  auc^  beruft  er  ftc^  l^ier  nid^t  auf  bie  @d^nft  unb  bie  45 
Jli|^em>ater,  fonbem  er  ge^t  Don  ber  $l^ilofo))l^ie  aud:  „Sed  ^enfd^en  Vernunft  ift  un^: 
DoOSommen,  une  fein  ganjeis  @ein;  unfel^lbar  ift  nur  bie  allgemeine  SSemunft,  ber  ge^^ 
memfc^ofttid^  Jtonfenfud  aller  93511er,  biefer  aber  befinbet  ftdj^,  autt^entifc^  beftötigt,  alletn 
Ol  ber  Kiroe.  9Qd  er  bie  SBelt  erfc^affen,  lann  ®ott  leinen  anberen  ^iv^d  gel^abt  traben 
ob  bie  Offenbarung  feiner  unenblid^en  äJoHIommenl^eit ;  barum  mu|  er  aud^  bon  9lns  so 
fang  an  betn  3Renf$en  geoffenbart  ^aben,  toad  biefem  Don  feinem  ©efe^e  gu  totffen  not^ 
tocnbig  ift  Siefe  etoige  ©efe^ebuna  ift  bie  Sieligion,  erl^alten  unb  ourdif  alle  ^a^r^ 
^b^  ^inburdp  betoa^rt  in  oer  unfel^lbaren  Xrabition  ber  Jtirc^e,  ober  beffer  in  bem 
ßmit>te  ber  ftir<|e,  bem  $a))fte,  ber  biefelbe  bertritt,  ber  bie  unfel^lbare  3Bal^rl^eit  ift. 
2)iefe  Xrobitum  ift  bemna^  eine  9lrt  allgemeiner  SSemunft;  burd^  ben  @lauben  lommt  55 
fie  ber  ®d^ts>&dft  unterer  Vernunft  ;u  $Ufe ;  fie  ift  ber  toa^re  ®runb  ber  ©etoifel^ett." 
Sfn  ben  folgenben  Sonben  bringt  Samennaid  bie  Seioei^fül^rung  feiner  $rimi)}ien,  mit 
einem  ffco^  XufbHmb  bon  ®  del(;rfamleit ;  er  toel^rt  }ugleid^  barin  bie  Eingriffe  ber 


232  Samenitdd 

(Scaner  ab;  bicfc  Sänbc  crfd^tenen  1820—1824.  3)icfe«  aSerl  Brachte  bte  Oemüter  in 
aro|e,  mit  jebem  Sanbe  ftc^  fteigembe  9(ufreQung.  S3ei  bm  galKIdntfd^en  99if(^dfen  unb 
bei  ber  Sorbonne  fanb  Samennaid  ipenig  ä(nerlennun^ ;  bie^efuiten  erl^oben  bittere  5t(agen; 
})roteftantif(^erfeitd  fd^rieb  Samuel  äSincent  eine  Srtotberung:  Observations  sur  PUnit^ 

6  reli^euse,  en  response  au  livre  de  M.  de  Lamennais ;  biefer  antwortete  borauf 
in  etner  langen  SSorrebe  bed  gioeiten  Sonbe^,  iebod^  ol^ne  auf  feine  ®rünbe  einjugeben. 
@r  toar  eben  bem  $roteftantt^mu$  immer  abgeneigt,  ben  er  nie  rec^t  k)erftanben,  toeil  er 
i^n  nie  red^t  fennen  gelernt,  ^m  ^afyct  1824  reifte  er  nac^  Slom,  too  i^m  Seo  XII.  ben 
^arbinate^ut  anbot ;  er  fd^Iug  il^n  aud  unb  em^fa^l  bafür  bem  ^ccp^t  SambttOdjm,  bet 

10  f})äter  fein  erbittertfter  ®egner  h>urbe.    9la(^bem  1825  feine  fd^öne  Ueberfctung  bet  3la^ 

olge  S^rifti  erfdj^ienen  h>ar,  lel^e  ftc^  Samennaid  toieber  gegen  ben  (SiEulilanitoud,  in 

einer  Schrift:  De  la  Religion  consid^r^  dans  ses  rapports  avec  l'Ordre  poü- 

ique  et  civil  (1826),  bie  tro^  ber  93erebfamleit  feine?  Slbbolaten  SSerrl^er,   gericptlii^ 

t)erurtei[t  tourbe.    @r  fiel  nun  immer  mel^  Don  ben  Sourbonen  ab,  beren  @tux)  er  t)o^ 

16  auiSfagte  in  feinem  Sudj^e:  Des  Progr^s  de  la  Revolution  et  de  la  Ouerre  oontre 
TEglise  (1829).  Samennaid  toiS,  ba|  fic^  bie  ffirdj^e  Dom  Staate  trenne,  ber  fte  xwx 
unterbrüd(t  unb  blo^fteOt;  bie  Prälaten  foQen  auf  il^re  ^ol^  Sefolbung  berjtc^ten,  axA 
i^ren  ^aläften  heraustreten  unb  toieber  baS  arme  Seben  ©^rifti  ful^ ;  fo  loerben  fte  bte 
2BeIt  erobern.    3Kit  bem  Solle  foD  bie  Äird^e  jebe  greil^eit  erringen.    3lad^  ber  ^u 

20  ret)o[ution,  bie  fe^r  balb  feine  $roV^ejeil^ungen  rechtfertigte,  benutzte  Satnennatd  bte  nun 
getoäl^rte  $re^freil^eit,  um,  ben  1.  S^tember  1830,  bad  beruhte  Ölott  TAvenir  fftuaO^ 

{ugeben,  mit  bem  bojjijelten  SKotto :  „® Ott  unb  bie  fVreii^ett,  —  ber  ^ßajjfl  unb  boÄ  Sott**. 
Im  i^n  fd^arten  ftdjf  als  ÜRitarbeiter  be  SaliniS,  ^sacorbaire,  Sombalot,  SRontoIembeit, 
Slol^rbac^er  (ein  pxoU%  Slenegate)  u.  a.    ^n  ber  @c|)ebüion  beS  SlotteS  erriete  er  eine 

25  9lgentur  „^ur  SSerteibigung  ber  religiöfen  ^eil^eit.''  ^t  mel^  aber  bie  SSolISgunfl  fonäfi, 
befto  größer  tourbe  au$  bie  ^inbf^aft  ber  Sifd^öfe,  toeld^e  fdrmRc^e  Slnflage  gegen  i^ 
erhoben.  SamennaiS  reifte  mtt  Sacorbaire  unb  ÜKontalembert  nac^  9tom ;  fie  fonben  aber 
lein  ©ei^ör,  unb  erfüllen  bei  i^rer  Stüdlel^r,  ba^  ber  neue  $a))ft  ®regor  XVI.  t^e  gbeen 
in  ber  ©nc^flila  bom  15.  2luguft  1832  berbammt   l^abe.    L'Avenir  ^örte  auf  jm  er* 

80  fc^einen ;  SamennaiS  30g  ftd^  nad^  Sa  Sl^naie  gurüdC  unb  nun  trat  bei  tbm  ein  SSenbc» 
pxmtt  ein,  ben  feine  ehemaligen  greunbe  mit  größter  Sitterleit  afö  feinen  //goU"  beDagten. 
Segeid^nenb  ift,  ba^  er  t)on  biefem  Xage  an  bie  9lbeIS})artiIeI  an  feinem  fuamen  toe^Ite^ 
unb  ftc^  furntoeg  g.  SamennaiS  fc^rieb.  3n  ellatantcr  SDBeife  bottjog  er  (1834)  fernen 
93rud^  mit  9lom  burc^  bie  unerwartete  93erö|fentlid^ung  feiner  „SBorte  eines  (Släubt^en" 

85  (Paroles  d'un  Croyant),  eineS  merftoürbigen,  tounberbaren  Süc^IeinS,  eineS  3Ret{iets 
toerfeS  in  feiner  9lrt.  SamennaiS  bleibt  feinem  dj^riftltd^en  ®Iauben  treu,  an  bem  er  btS 
an  fein  @nbe  fefti^ielt;  er  beginnt  im  5Ramen  beS  breieinigen  ®otteS,  (jrebigt  ®Iauben, 
Siebe,  Hoffnung;  bocp  tritt  ^ier  gugleidj^  ber  an  ben  SojiaKSmuS  ftreifenbe  2)emoIrate 
^erbor;  Königtum  unb  $rieftertum  finb  bem  3(rgen  Verfallen,  barum  toenbet  er  ftc^  btrA 

40  an  baS  SSolf:  „S)iefeS  93ud^,  ^ei^t  eS  in  ber  93orrebe,  ift  l^au))tf&d^li(b  für  euc^;  euc^ 
toibme  i(^  eS  .  .  .  3Röge  eS  eud^,  bie  il^r  beS  ^geS  Saft  gu  tragen  l^abt,  für  eure  arme, 
mübe  Seele  fein,  toaS  am  3Rittag  auf  bem  älder,  ber,  toenn  auc^  noc^  fo  fbdrlic^e  SdJKttten 
eines  SaumeS  für  ben  ift,  ber  ben  ganjen  SKorgen  unter  ber  bremtenoen  Soimenghit 
gearbcit  ^at.    ^f)x  lebt  in  einer  böfen  3«t;  bo(^  biefe  geit  toirb  borübergel^n  .  .   hoffet 

15  unb  liebet.  ®ie  Hoffnung  linbert  alleS  unb  bie  Siebe  erleichtert  alles  .  .  .  S^rtffatS,  für 
eud^  gelreugiget,  l^at  t)ert^eigen,  eud^^  gu  erlöfen.  ©laubet  feiner  SSerl^eigung  .  .  .  itnb 
liebet  eud^  untereinanber,  gleic^toie  ber  (Srlöfer  ber  SKenfd^l^eit  eud^  geliebet  ^,  bis  in  ben 
Xob."  3n  ganj  anberem  Stil  als  feine  Vorigen  SBerfe  ift  biefeS  Süc^lein  gefd^eben. 
S(^h)ungt?oQ,  retdj^  an  Silbern  unb  ©letc^niffen,  folgen  bie  Sä^e  aufeinanber,  h>ie  Stbel« 

60  öerfe.  ^n  ber  Bpxaä)^  ber  5ßroljl^etcn  rietet  er  feine  glül^enben  Grmal^nungen  unb  ^off« 
nungern)edent)en  ^röftungen  an  baS  Soll.  9lud^  mad^te  eS  einen  tiefen  Siitbrud  auf  bci^ 
Soll;  alles  tourbe  l^ingeriff en ;  bie  latl^olifd^e  5ßartei  toar  au^er  ft(^  bor  Ärger  unb  6rrt» 
rüftung:  „2)rei  unb  5Reunjig  feiert  feine  Dftem!"  ^ie|  eS  bei  il^nen.  ®regor  XVI.,  in 
einer  neuen  ©nc^Ilifa  bom  7.  Quli  1834,  öerbammte  biefeSSuc^  „bon  aertngem  Umfoi^ 

55  aber  bon  uitge^eurer  SoS^eit".  5Rur  nod^  eine  Schrift  berfa^te  er  in  biefem  Stile,  fein 
„Sud^  beS  SolfeS"  (Livre  du  Peuple  1837),  in  toelc^em  er  bem  Solle  nic^t  bloft  feine 
SHcd^te,  fonbem  aud^  feine  5ßfli(^ten  borl^ält:  „2)enn  toaS  ift  ber  5Kenf(^  obne  ^fw^ten? 
(Sine  Slrt  t)on  t^ereinfamtem  Ungel^euer,  ol^ne  Serbinbung  nod^  Siebe,  in  fidp  gejogen  tme 
ein  Slaubtier  in  feiner  $5l^le,  büfter  unb  blinb,  balb  bom  ^unaer  utm  9laube  getriebat, 

60  balb  fc^lafenb,  nac^bem   eS  gefreffen  tyil    Unb  h>aS  ift  ber  üRenfq  ol^ne  Stetste?    Cin 


l'aineniiatS  l!am))t  233 

bloptö  aBcrfjeug  bercr,  bic  Stedite  ^a6cn,  iljt  S^aftttcr,  boäIeI6e  tua«  für  fie  iljt;  Stofe  ob« 
ibt  Dcf)[e  ift."  3m  ^a^re  1S36  oeröffcntlit^te  «  bie  Affaires  de  Rome,  1837  grün' 
bete  er  iai  93Iatl  1e  Monde,  baä  nur  iDentge  Zonale  lette,  unb  fdirieb  (obann  eine 
9iet^e  bmiDitattfcter  ^lusW^H*"!  ^-  «■  L'EscIavage  moderne,  Le  Pajs  et  le  Gou- 
vernement, Wofür  er  Bon  betn  St^tmirgeri^l  ju  2000  %x.  ©u|c  unb  einem  Qa^e  ®e=  e 
fängnti  Oenirteilt  Würbe,  Une  Voix  de  Prison  u.  f.  K.  Seine  neuen  gbeen  (ui^te  er 
mit  feinen  früberen  $rinjipien  in  (Sintlang  ju  bringen,  in  ber  bebeulenben  S^ift:  Es- 
quisse  d'une  philosophie  (1841—1846),  9Bie  in  feinem  Essai,  behält  er  liiet  alö 
@iunb  bet  ®elüi6[)eit  bic  allgemeine  3!emunft  bei,  nämli^  bie  Itabition,  bie  gleit^fam 
baS  (Sebäc^lniS  bf*  SKenft^engeidjled'ie  ifl.  !Rur  loirb  fte  nit^t  mebt  butc^  bie  flirc^e  lo 
frfonnt  unb  bcfiätigt,  fonbcm  burdj  bcö  5l!enf(t)en  9!emunft,  bie  prüft,  ritztet  unb  baS 
SBobre  behält,  'lüir  erwähnen  noc()  Bon  feinen  anberen  ©d)riften:  Les  Amschaspands 
et  les  Darvands  (1843);  les  Evangiles  (neue  übcrfe^ung  mit  ^ioten  oerfe^en  1846), 
De  la  Societe  premigre  et  de  ses  Lois  (1848).  iie  3^''"i<"^<*otut'f"  (1848),  bie 
fr  mit  greuben  begrüßte,  bereitete  i^m  neue  ^äufdjungen.  35on  ben  'JSarifer  SSä^Iem  15 
Würbe  er  jtuar  in  bie  9tatiPnalDerfamniIung  gctpn^lt,  boi^  ber  Gntlourf  einer  Ronftitution, 
ben  er  gicid?  Don  SJInfang  an  Borlegte,  Wiiibe  |War  berounbcrt,  ober  als  jjrallif^  unauö= 
fübrbar  wmjorfen;  er  Hefe  i^n  bnicfen  in  feinem  Slatte  Le  Peuple  constituant,  baS 
Wegen  feiner  leibenft^afltit^ien  ^eftigteit  nur  Wenige  Monate  beftefjen  tonnte,  ^aä)  bem 
©taatäftreicti  lebte  fiamennaiö  betrübt  unb  entmutigt  in  ber  ^unl^gfioaen^eit,  überfe^te  ao 
jio(^  bie  gbttli^e  Äombbie  Bon  3;ante,  unb  ftarb  ben  27.  Jebruar  1854:  „^d^  WiQ,  öer= 
orbnete  ev  no^l,  inmitten  ber  Slrmen  unb  wie  bie  2lnnen  beerbigt  »erben.  Sein  iDentmal 
foO  man  auf  mein  Orab  fe^en ;  meine  §üKe  foül  jum  ffirc^^ofe  gebracht  Werbe»  oljne 
burd)  bie  .ffir^e  ju  gefjn."  Iiiefer  Ie|ie  SBiHe  tourbe  erfüÜt.  —  Samennaiä  War  eine 
eble,  t^alenburftige  91alur;  feine  Schriften  toaren  Ibaten;  et  tonnte  nit^t  (eben  obne  jujs 
Witlen.  Sinft  tüfimte  fid)  Bor  i^m  ein  Sretagner  (Ibelmann  feine*  Bcme^men  2Rü|ig= 
pangS;  IJamennaiS  etwiberte:  „fflenn  i^  ein  StltfeLboitm  Wäre,  WoDle  idj  meine  äBurgetn 
immer  tiefer  in  bie  Srbe  fiofien  unb  bie  fi^önften  9t|)fel  beä  2anbeÄ  tragen."  för  ^atte 
eine  fromme  bemütige  Seele,  allem  Gigennu^  fremb;  boc^  Ipar  feine  J'ßnini'öt"'  "":&'^ 
ejaltiert  <di  tief.  Sabei  War  et  aber  aui$  eine  befpotif^e,  Öufeerft  leibenj(^aflU(^e  3latur,  so 
burdr  bad  ^^Ifi^Iagen  oller  feiner  $läne  immer  me^r  erbittert  unb  mit  Safi  erfüOt. 
^enen,  bie  i^m  feine  3itanbelung  BorWaifen,  antwortete  er:  „^ie,  Wel<^e  fi^  i^rer  Un: 
tvonbelbarleit  rühmen  unb  fagen :  ^1^  habe  mi(^  noc^  nie  geänbert !  bie  täufc^en  fid) 
jelbft  unb  baben  einen  übertriebenen  ©Imtben  an  \f}xt  eigene  2)ummtieit;  biä  ju  biefer 
ibeaten  SloÖfommcn^ett  bat  cä  ber  menfi^litde  Slöbfinn  no^  nidit  gebrat^l,  tro^  ber  un=  ae 
eimüb[i<^en  Siebe,  mit  Welcher  man  feiner  pflegt".  23ie  Sierfe  Öamennatä  Würben  me^t: 
mate  ^croulgegcben  ;.  8.  ^patiä  1844—47.  6.  Vfenher. 

t^ntnm  f.  b.  3t.  SinnbiCber,  i$rift(ii$e. 

Sammifteti  f.  b.  %  ^Jlennontten. 

Siiiitpe,  griebrit^  3IboIf,  gcft.  1729.  —  &.  Siroge,  ©enoifiä  [ellaer  iluSgoHg. ,.  10 
9Ie&(t  einer  SebenSbettbretbunfl .  .  .  ^anipe'a,  BTtmen  1741;  A.  J.van  derAa,  BiograpliiBch 
Woordenboek  der  Nederlanden,  Bb  XI,  S.  8;i  (bafcibfl  Blttie  fiillevntiir  unb  ein  eoü- 
ftanbigeS  SArifKnuerjeldiniB);  W.  föorbel,  (fie|c^.  beS  diriftl.  Hebend  in  ber  rticlnifdi^iueftp^. 
eDong.  «iriljc,  öd  II,  S.  898 ff.;  0.  Sficiemann,  gt.  ?(b.  Sampc.  Bielelcib  u.  ijeipjia,  1868; 
fieppe,  «([dl.  bee  ißietigmu^,  Selben  1879,  6.  236ff.  479  f. ;  »ilfdil,  »efi^.  beä  $l<li£miiS,  «g 
»b  I,  ®.  4-J7  ff. 

^.  9lb.  Sampe,  ber  einflu&tei(^fte  _3:^eologe  ber  beutfi^^reformietten  Äirc^e,  ftammt 
au^  einer  altangefebenen  Sremer  Jamilie  ton  bewährter  Jfire^lid'Ieil.  Gr  iomlit  (WabT= 
fctieinlif^  am  18.  gebniar)  1683  ju  SJetmofb  geboren.  Wo  fein  SÜater  bamalä  ^aflOF 
luar.  Seine  5Rutler  War  eine  loc^ter  beö  aiiä  ber  Si^Weij  gebürtigen  Oeneialfuperintcn^  so 
Beuten  ^iün,  be§  SerfafferS  ber  gebiegcnen  £ippef(|en  Äin^enorbnung  bon  1684.  Seine 
Srjiebung  empfing  Sampe  in  Sremen,  Weli^eS  i^m  jur  eigenttidjen  ^eimat  Würbe,  na^; 
bem  fein  Sater  jc^on  1 690  ali  .öofprebiget  ju  .Rönigäberg  geftorben  War.  Seine  3ugenb  ftanb 
unter  etnften  pietiftifi^en  (Sinpüflcn :  benn  ber  SrofeBnler  müHerlii^erfeitS  War  ein  perfönlii^er 
Jreunb  SobenfteinS,  unb  bie  geifttidje  i;uft  Sremenß,  ber  „Verberge  (Sotled",  tonr  bon  bem  cb 
©eijte  ^i^wcbor  Untere^dg  bun^ttänlt.  Hiner  bon  beffen  bcgeiftertften  ©i^ülcm,  S.  ban  $afe 
(bet  ältere),   War  unter  Sampe«  t^eologift^en  £et»rem  am  Gymnasium  illustre,    ^ux 


234  SattMie 

SSoQenbung  feiner  t^eologtfd^en  @tubien  ging  ber  reid^gebilbete  unb  frühreife  3^<iißIiR6 
1702  noc^  auf  ein  ^cä)x  nadjf  bei  bamald  in  il^rer  l^öc^ften  Slüte  ftebenben  ^oOonbtfc^ 
Itniberfttät  ^aneler,  too  bie  Sdj^üler  bed  großen  Socceiu^,  unter  i^nen  namentlich  \m 
®seget  SSitringa,  bereite  jenen  9unb   ber  bibliciftifd^en  gföberoltl^ologie  mit  ber  SSoctia« 

6  nifcpen  praxis  pietatis  gefdjfloffen  Ratten,  toelc^er  für  £am))e$  eigene  Stellung  imb  —  rnd^ 
)um  toenigften  burc^  feinen  @influ^  -—  für  ba^  c^riftlic^e  Seben  ber  norbtoeftbeutf^ 
reformierten  Aird^en  auf  ^ol^ge^nte,  mand^erort^  auf  ^a^r^nberte  ^tnaud  c^hmt 
teriftifc^  tperben  foDte.  3n  biefe  ®rut)J)e  ber  „emftigen"  ßoccejaner  toirlte  ouc^  bet 
i^abidmu^  l^inein,  boc^  ol^ne  feine  antilird^lid^fen  @|trak>agan}en.    3n  biej^  Umgdbui^ 

10  erlebte  Sam)>e  unter  fd^toeren  inneren  jtäm^fen  eine  Sefe^rung  )u  böuiger  Sntfc^ieben^ 
für  ben  Äerm. 

3la^  feiner  9iüdRe^  bon  ^aneler  tourbe  Sam))e  fofort  (1703)  al$  Pfarrer  nad^ 
SBeeje  bei  Stoe  unb  nadj^  3  ^al^ren  an  bie  bebeutenbe  ©emeinbe  in  3)utdbuM  berufen, 
h)o  er  fdjftDierige  äSerl^ältniffe  fonb:    ber  größte  ^eil  ber  ©emeinbe  toax  bei  auer  &u|ets 

16  liefen  ^ird^lic^Ieit  bertpeltlic^t  unb  bie  ffir^en^uc^t  lag  ganj  banieber,  baneben  beftnnS^ 
labbabiftifc^e  Jtont^entilel.  ^ier  lernte  er  „\>a^  SBort  redj^t  teilen"  unb  luirtte  befonbeid 
audjf  burd^  fleißige  ^audbefuq^e,  fo  ba^  er  eine  georbnete  ®emeinbe  )urüdBie|,  oU  er  1709 
einen  9iuf  an  @t.  @tet)l^ani  in  feinem  geliebten  Sremen  annahm,  ^ie  9}er(N&Itiitf|e 
h>aren  ^ier  biefelben,   toie  er  fte  anfangt  in  ^ui^burg  getroffen  l^atte,  unb  er  l^otte  oiü^ 

aoba  h>ieber  ju  bauen  unb  )u  orbnen.  Seine  Hoffnung,  in  bem  1710  an  @t  SRatttni 
berufenen  $eter  ^ebridj^  S)etr^,  mit  bem  er  in  2)ui^burg  aufd  engfte  befreunbct  toax, 
eine@tü^e  )u  erl^alten,  h>urbe  getöufc^t.  ^enn  biefer  geriet  unter  benSinfbt^  SlömelmgS, 
eine^  toegen  @(^h)ärmerei  in  ^arburg  feineiS  SmteiS  entfetten  lutl^erif (^  $rebigerd,  Der^ 
toidelte  Samt)e  in  feine  ^änbel,   toegen  beren  er  1715   nadjf  eingeholtem  SiUoc^ten  t>on 

26  älmfterbam  unb  ^eibelberg  abgefegt  h)urbe,  unb  griff  il^n  ft)äter  fogar  öffentli6  in  einer 
heftigen  Schrift  an.  ^m  l^al^re  1714  t^ermä^lte  f^?  Sam))e  mit  bem  Sletd^äuuin  äRona 
@o))]^ie  @leonore  bon  3)iemar  aud  Raulen,  bai^  in  Sremen  ßeilung  Don  Utlptükä^m 
unb  ©emüti^leiben  gefud^t  unb  gefunben  ^atte  (Sam})eiS  ©attin  utu)  brei  ^A^Ux  übeddien 
il^n;  ©ottfrieb  SRenten  toar  fein  Urenlel). 

80  aSon  1720—1737  toirlte  Zawpt  al«  ?Jrofef|or  ber  ©ogmatif,  neben^  auA  ber 
Jtird^engefdjfic^te  gu  Utrecht.  @in  3^^$^^^^  f^^  f^^^^  naAl^altige  SEBirhing  ifl  bie  SEBeife, 
toie  man  an  ben  ^ollänbifc^en  t^eologtfd^en  ^lultöten  aßbalb  ben  Streit  ber  Stiftungen 
augjugleidifen  unternahm  (ftel^e  Sb  IV,  193,84). 

^m  ^ai^re  1727  folgte  äampt  einem  abermaligen  9iufe  nac^  Sremen,  ioo  er  $a^ 

86  an  @t.  äln^ari  unb  ^rofeffor  an  ber  Sfabemie  tourbe.  @r  ber^e^lte  fu^  bie  Sd^tmerig« 
feit  ber  neuen  Stellung  nad^  ben  frül^eren  äSorgängen  unb  bei  feiner  großen  SSertoimbt* 
fc^^  nic^t.  „SoQ  ^efu^  mein  SÄu^  unb  meine  ^ilfe  fein,''  fagt  er  in  feiner  Sbitrütd« 
t)rebigt,  , Jo  barf  ic^  lein  3Jtenfd^enmec^t  fein.  SBill  id)  feine  $ulb  ertoerben  unb  betoo^ren, 
fo  mu^  id^  aller  3)lenfd^en  ®unft  unb  ^rc^t  auf  bie  Seite  fe6en.''  ®d  gelang  ij^m  audf 

40  bie  9lbf(^affung  be$  „Seid^tgelbe^'',  bad  er  aU  „Sünbengelb"  bejei^nete,  unb  bie  Strich 
tung  einer  ^affe  mit  freitotuigen  Seiträgen,  aud  toeld^er  bie  ^rebiger  für  ben  Sudfou 
entfc^äbigt  h)urben.  ^iefe  (Sinrid^tung  fanb  f))äter  bei  allen  reformierten  ©emeinben  in 
ber  Stabt  Bremen  92ac(;al^mung.  SEBie  in  ber  ©emeinbe,  fo  entfaltete  Zampt  audf  auf  bem 
Jtati^eber  eine  tiefge^enbe  äBirJffamfeit.    Sein  92ame  jog  auc^  nid^tbeutfc^e  Stubenten  noi^ 

46  Sremen.  älu^  feiner  Schule,  fotool^l  ^ier  atö  in  Utredj^t,  ift  eine  gro^e  Sn^I  innt 
Männern  hervorgegangen,  bie  in  allen  ©ebieten  ber  reformierten  Airc^e,  mm  Xetl  in  ^^ 
bonagenben  Steuungen,  fegen^reidj^  h)irtten.  93remen  felbft  foSte  ftd^  feiner  nic^t  lange 
erfreuen;  am  8.  ^ejember  1729  ftarb  er  pWxd)  an  einem  Slutfturg,  nad^bem  tr  ebot 
eine  3.^orlefung  beenbet  unb  noc^  einen  ^au^befuc^  in  ber  ©emeinbe  gemad^t  ^otte. 

60  Sam))eiS  St^eologie  mar  burc^  unb  burc^  biblifc^  interefftert  3Bir  befi^en  oud  feina 
^er  au^er  einem  umfangreid^en  Commentarius  analytico-exegeticus  in  Evange- 
lium  secundum  Johannem  (9lmft.  1724  f.,  3  Sbe,  beutfc^  in  2  Sbn,  £et)))ig  1729) 
eine  gro^e  3<^l  e^egetifc^er  Slbl^anblungen  über  einzelne  Stellen  unb  Segriffe  ber  ^I.  Sc^rifi 
Siefeiben  ftnben    ftdjf  meift  in  bem   gtoeibönbigen  Syntagma   dissertaüoiium   etc., 

65  äimft.  1737  unb  in  ber  Bibliotheca  Bremensis,  einer  tl^eologifc^en  ß^^^Mf^«  todäft  er 
1718—1722  in  ©emeinfc(;aft  mit  bem  jüngeren  ban  $afe  l^erau^ab.  2)iefen  bibtif^ 
S^aratter  trägt  auc^  £amt)e^  f^ftematifd^e^  ^av!pt\otd,  ioeld^eiS  bor  mlem  ber  Xtäger  feiner 
ioeitreid^enben  äBirbtng  auf  Xbeologte  unb  Jtirc^e  geh)orben  ift:  ©e^eimnid  bed  ©mdMi* 
bunbed,  bem  großen  S3unbedgott  xn  @l^ren  unb  allen  ^eilbegierigen  Seelen  pr  Sdcnnmg 

69  geöffnet,  Sremen  1712  ff.  unb  fepr  oft  f))äter,  aadf  J^ollönbifc^.   Ser  bei  toettem  totd^iigfle 


Üampt  235 

cc^  Sonb  bed  äBerle^  l^anbelt  bon  ber  „3t(äm  \>ti  ©nabenBunbcd''  unb  f(^It€|t  fid^  (in 
ha  Uitterfc^eibung  bcd  })arabteftf(^en  SBerlbunbe^  unb  be$  bie  gefamte  ^eU^offenbarung 
bom  ^rotebangelium  an  umft)annenben  ©nabenbunbed,  überl^aubt  in  ber  centralen  Stel- 
IimQ  b<d  ©ebonten^  eine^  gegenfeitigen  S^er^oltniffe^  ^h)ifd^en  ®ott  unb  ^tenfd^,  h)el(^e^ 
boc^  nur  ,,unetgentltcl[f"  Sunb  Reifet  unb  jule^t  ftd^  olö  eine  „©a^ung"  unb  ein  „^^efia»  6 
mcnt''  borfteOt,  toeU^e«  ®ott  felbft  erfüttt  (ögl.  S5b  IV,  189, 45  ff.),  ööflig   an  bie  cocce^: 
kmifc^  (Srunbbegriffe  an.    Sam})e  rü^mt  ®otted  93orfe^ung,  bie  nac^  manchen  ^or« 
ifiufem  bem  „großen  9lpoUf>9,  ^o^,  ßoccejud"  in  ber  äl>^  ^^  Sunbeg  ben  iSd^lüffel 
0CoeBen  fyit,  „um  bie  ®el^eimnif[e  in  ber  @(^a|Iifte  beiS  Sorten  ju  finben''.  Sie  folgenben 
Sänbe  t)erfoIgen  bann  bie  Airc^e  ®otte^  gefcpid^tlic^  burc^  bie  brei  „^audbaltungen  bed  lo 
©nobenbunbe«''  unter  ber  SJer^eifeung  (S3b  2),  bem  ®efej^  (S3b  3  u.  4)  unb  bem  Söam 
gdiinn  (9b  5  u.  6),  toobei  jule^t  bie  SarfteQung  h)ieber  in  bad  bogmatifdj^e  (Gebiet  über- 
gebt   ^ier  fyit  alfo  Sam^e  biejenige  ft^ftematifd^e  (äeftalt  übernommen,  meiere  %t.  Sur- 
matm  ber  gdberalt^eologie  gegeben  ^atte  (bgl.  9b  IV,  193, 4»  ff.).    3"  Wefem  Slal^men 
bmmt  mm  ber  gefamte  ^^M  ber  Geologie  gum  Vortrag :  bibtifc^e  Sefd^idj^te  unb  ^Xl^eo- 15 
bgie,  Jttrd^gefc^idifte  unb  Dogmatil,  aber  aUe^  nur  in  feinen  für  ba^  ^rattifd^-c^^riftlic^e 
Sdbcn  bertoertbaren  Srgebniflen,  o^ne  fd|fulmägigen  "Sappaxat,  in  einer  bibelfunbigen  &t: 
mänbegltebem  borftänblid^en  §orm.    ^iefe  ^Jietl^obe,  ipeldj^e  leine  geleierten  älnf^rüd^e  er^^ 
fftbt  uib  ftclf  bod^  t)on  tpo^r^aft  t^eologifc^er  (Sinfidj^t  getragen  jeigt,  ift  c^araberiftifd^  für 
£am)Kd  eigenartige  9erbinbung  bon  X^eorie  unb  ^ra^iiB.    ^^r  t^erbanlt  er  ^  aud^,  ba^  ao 
fem  ®eift  toie  ber  feine«  anberen  2!^eologen   in  bie  ©emeinben  gebrungen  ift,   toäl^renb 
bie  ®ef(|^i(bte  ber  junftmd^igen  SBiffenfc^aft  bon  il^m  toenig  3lotii  genommen  ^at.    Sie 
„Gpftaäft  fianoand"  mit  ipren  altteftamentlic^en  ^))ologien  ift  ganj  toefentlic^  burc^ 
Somped  $au))ttDerl  get)rägt  unb  Verbreitet  h)orben.    Sefonbere,  bon  einer  t)raftifd^  ge^ 
m&|i0ten  reformierten  D^obo^e  abioeic^enbe  Se^ren  ^at  er  fo  toenig  gefül^rt,  h)ie  fein  35 
9Retfter  ßocceiud.  $ier  unb  ba  ^at  feine  Xrinitöt^le^re,  toeld^e  bie  äu|erften  jtonfequen^n 
bcS  S)ogmad  hinter  ber  lebenbigen  Offenbarung  jurüdtreten  lie^,  unb  fein  Sl^iliadmu«,  ber 
bix^  Don  S^olotaftaft«  nidj^t«  h)iffen   tooSte,  t)orüberge^enben  ä(nfto^  enegt.    9lber  ber« 
gleu^  itleinigleiten  folgten  einfadj^  au&  bem  leben^t^oKen  Siblicidmu«.    ^iel  ioic^tiger  ift 
cd,   (otf  2amp^  Se^e  bon  ber  ^eildorbnung  ju  adj^ten,   ioelc^e  bem  Salbini^mu«  unb  so 
6o€ce]anidmud  eine  neue  unb  eigenartige  })ietiftifd^e  3Q3enbung  giebt.    Sie  ))ietiftif(^e  ^i)U 
famtett  auf  bad  innere  Seben  ber  Sinjel^erfönlic^feit  unb   hoS  Sröngen  auf  })erf5nli^e 
(Sntfc^ung  fonben  ^ier  einen  ettoad  fd^ablonenl^aften  ä(u«brud.    £am)>e  göl^It  fteben  (äüter 
i^er  Stufen  bed  ©nabenbunbed  gh)ifd^en  ®ott  unb  ber  einzelnen  (Seele  (9b  1,  ^avü^U 
fOd  6  ff.) :  bie  fräftige  Serufung,  ber  ©laube,  bie  äBiebergeburt,  bie  Stec^tfertigung,  bie  36 
6eiltgung,  bie  Serftegelung,  bie  Ser^enlic^ung.    Saneben  lommt  auc^  bie  Slbftufung  bed 
maxa^  unb  fiarlen  ©loubenB  bor,  unb   ein  munberbare«  Sieb  (in  ben  30  geiftlic^en 
2iAem,  Sremen  1746  9lr.  21 :  Sob  be«  $erm  ^efu)  fc^ilbert  ben  Stufengang  ber  eigenen 
Cnettung.    Soldj^e  ^eilSorbnung,  iDeldj^e  in  ber  Drtl^obojrie  nur  auf  bem  $a))iere  ^anb, 
bätte  unter  bem  Seben^emfte  bed  $ietidmud  ftc^er  in  eine  beunru^igenbe  ^et^obil  um^  40 
Dcingen  muffen  unb  l^ot  bie«  bielfac(;  getrau.    9ei  Sam^e  bilbete  inbeffen  bie  calbinifd^e 
ennäonftc^  eine  @c^u|ta>e^r  gegen  folc^e  ©efa^ren :  e«  ftanb  feft,  ba^  ber  ÜRenfc^  leinen 
ciaenen  Sbtteil  an  ber  9ete$rung  beft|t,  fonbem  bag  in  feinen  Srfal^rungen  nur  bie  ab« 
ffllute  ®nabe  ^ur  Srfc^einung  lommt.  ^uf  biefen  feften  $unlt  lonnte  bie  Kare  unb  rubige 
^eiäaekDt^^  immer  h)ieber  jurüdgreifen,  unb  bei  aSen  tl^eoretifc^en  3RängeIn  l^at  bem«  45 
0ema|  biefe  breitere  SerüdCftc^tigung  be«  t>^(>i^Ii^^  Elemente«  })raftif(^  anregenb,  aber 
mc^  oufr^enb  getoirlt    Siefer  $ieti«mu«  toar  ein  burc^  unb  burc^  {ir^füd^er,  ber  reid^^ 
liniere  ©eUgenl^  )u  biblifc^er  Erbauung  unb  engere  ©emeinfc^aft  ber  (titoiitm  überall 
fBi^erte,  ber  ober  bie  gro^e  Jtiri^e  al«  göttlid^e  ^etlanftalt  mit  aQer  9lufot)ferung  t)flegte 
unb  \Ätm  @e)>aratidmud  grunbfä^lid^  abl^olb  h)ar.    2ampt  urteilte  über  bie  Sobabiften  so 
(Onabenbunb  XetI  4  9b  1  $aut)tft.  12) :  „Unter  aOen,  bie  ftc^  t)on  ber  Jtirc^e  gefonbert, 
ftnb  leine  no(([  näber  bei  ber  äBaJ^rl^eit  geblieben,  al«  biefe.    Unb  boc^  l^aben  f^e  muffen 
erfahren,  bo^  t^  Slat  nid^t  bon  bem  $erm  getüefen  fei."    3^r  ^ler  toar,  ba|  fie  i^rc 
(Bemetnf<^  fth:  bie  allein  toal^re  Jtird^e  l^ielten  unb  bie  Salramente  nur  SBtebergcborenen 
geBen  tDoDten.    ©0  toar  e«  2amp^  9erbienft,  bafe   er  bie  Äirc^e  burd^  ben  ©rnft  eine«  » 
arfunben  $teti«mu«  befrud^tete   unb   gur  @ef>aration  geneigte  Jtreife  eben  baburc^  in  ber- 
fdben  feß^ielt.   ßl^alteriftifdif  für  biefen  inner{irc^lid^en  $teti«mu«  toar  audj^  feine  ^rebtat- 
toetfe,  toeUSfe  nacp  einer  grünblidj^en,   oft  cocceianifc^'t^t>olodif(^^  Se^terllörung  bie  äln« 
iDcnbung  mtf  bie  berfdj^iebenen  @xvipp^  ber  ^ui^oxn  madj^te:  Untoiffenbe,  Unbu^fertige, 
Migeifi^  G^rifien,  überjeugte  Seelen,  gläubige  Seelen.    @r  i^atte  fte  alfo  alle  in  ber  «Q 


236  Sampt  £atib(tfil|of 


)rogen  (Semetnbe  bor  [vif,  aber  rechnete  auf  eine  Sc^eibung.  2)tefe  ^r^tgttamfe  UteBeite 
tdjf  ein  unb  erjeugte  am  92ieben^ein  bte  Sitte,  ba^  toenigftend  bie  beben  ItlgUn  (SniM'oi 
td^  erboben,  toenn  an  jte  bte  Steige  tarn. 

SSon  h)eiteren  ©duften  2ant))e$  berbient  aU  erfte  föberolifüfdife  Stl^it  feine  Delineatio 

6  theologiae  activae,  Ultraj.  1727  (beutfd^  ^anlf.  a.  3R.  1728)  SrtD&^nung.  SHe  iDettefk 
äSerbreitung  fanben  feine  ffated^idmen :  ÜKild^  ber  SDSa^beit,  nod^  Xnleitung  bed  £cibeI6. 
Aat.  1718;  @in[eitung  )u  bem  ®e^mnt$  bed  ®nabenbunbed;  (Srfte  äBol^^didmdc^  für 
Säuglinge  am  SUter  tmb  93erftanb.  Sid  in  unfere  3^  ^i^  gebroud^t  tourbe  bod  txeff« 
lidj^e  Jtommunionbuc^ :  3)er  l^etlige  Srautfc^mudC  ber  $oc^)etts®äfte  M  Sommcd  an  fetiw 

10  SunbeStafel,  Sremen  1720  unb  fel^r  oft 

9(u(^  unter  ben  Sieberbic^tem  ber  reformierten  Jttrci^e  nimmt  Saxttpt  neben  ^octäf.  Ste» 
anber  unb  Xerfteegen  eine  ^erborragenbe  Stelle  ein.  ,,@ine  tociSfxfyi^  brennenbe  ®Iitt  ber 
®efü^Ie  unb  ein  erl^bener  Sd^toun^  ber  ^^ontafte  jeid^nen  i^n  ouiS;  er  tft  mit  ben  0e« 
betmniffen  bed  inneren  Seben^  foh>ie  ber  objelttben  äBobr^it  bertraut"  (g.  $.  Sänge). 

16  3Rand^e  Sieber  leiben  )tpar  unter  einem  Übermaß  bon  gehäuften  biblifc^en  Silbern,  aber 
einige  ber  beften  finb  in  engeren  ober  ioeiteren  ©ebieten  in  (Sebrauc^  geblieben:  ,,9Rein 
Seben  ift  ein  ^ilgrimftanb'',  ,,3Rein  %di  f^at  übertounben",  „D  tüer  giebt  mir  9blci» 
flügel",  ,;$5(^ft  em)ünf(^teiS  Seelenleben'',  „D  Siebe^lut,  bie  @rb  unb  i^immel  pemt 
unb  ba^  älbenbmal^telieb  ,,0  %A€  bed  QüÜ".     (D.  X^tlmüun  f)  d*  9.  ftütl  IRiller. 

ao        SanMiettaner  f.  ÜReffa lianer. 

Sancelott,  Joanne«  5ßaulu«,  gep.  1590.  —  »gl.  3.  g.  öon  Spulte,  «ef^i^te 
ber  dueOen  unb  Sitteratur  bed  fanomf^en  Stentes,  8b  3,  @.  451  f. 

I^oanne^  $aulu^  Sancelott,  $rofef[or  bed  lononifd^en  9led^  in  Perugia,  too  er  1590 
ftarb,  ift  belannt  aii  äSerfaffer  bon  Institutiones  juris  canonici,   toeld^e  ftd^  im  9bi< 

26  ^<>nge  nic^t  toeniger  Su^aben  bed  Corpus  juris  canonici  befinben.  2)er  (S^mle,  nod^ 
bem  ÜRufter  bon  S^uftinian^  ^^nftitutionen  auc^  für  ben  Unterrid^t  im  tononifd^  ffttd/tt 
ein  Sel^rbuc^  )u  fcpretben,  befdj^äftigte  Sancelott  fc^on  längere  3^/  <^  ^^f^  $aul  IV. 
im  S^^re  1557  i^m  felbft  ben  Sluftrag  bam  erteilte.  Sd^on  naif  jluet  3<^^^  teid^ 
ber  $erfaffer  fein  SBerf  jur  Rm\ux  ein,  toelope  einer  Jtommiffion  übertragen  tmnbe,  bmn 

80  Urteil  günftig  auffiel  (gebruot  in  ben  mehreren  älu^oben  l^injuaefügten  commentarii 
Institutionum  beiS  SSerfafferd  felbft  jum  liber  I.),  fo  ba|  bod  S3u(^  balb  tmter  bec» 
breitet,  namentlid^  auf  ber  Uniberfität  ju  itöln  fogleidp  benu^t  tmirbe.  2)ie  förmfid^  S^m 
))robation  burd^  ben  Sßcüp^  toax  inoeffen  nid^t  m  erlangen  uno  ed  tourben  Sebenlen  gegen 
Sinjelj^eiten  erhoben.   3)er  9[$erfaffer  toar  ieboq  nic^t  gfneigt,  feine  9(rbett  )u  SxÜKtn  mä> 

86  lie^  biefelbe  aU  $ribatfd^  )u  Perugia  mit  einer  $)ebiration  an  $iud  IV.  fio)  bor 
bem  Sd^luffe  bed  Xribentinumd  im  Suguft  1563  bruden.  3)arauf  tourbe  fte  bolb  tmebo* 
l^olentlic^  ^erau^egeben,  inter))retiert  unb  lommentiert,  unb  juerfl  nal^m  $etrud  9)tatt^Sud 
in  einer  bon  il^m  gu  f^anlfurt  a.  ÜR.  1591  beforgten  9(u^abe  bed  Corpus  juris  cano- 
nici bie  l^nftitutionen  Sancelott^  auf.    3)ad{elbe  gefc^oi^  in  einer  in  bemfelben  ^ol^  m 

loS^on  erfd^ienenen  Slu^abe  beiS  Corpus  juris  canonici  unb  feitbem  bäufig,  ba  ^(muIy. 
(1605 — 1621)  auf  bringenbe  ®m))fe^lung  bed  ffarbinald  Sci))io  Sobdtutiud  unb  onberer 
$erfonen  geftattete,  ba^  bie  ^nftitutionen  bem  Corpus  juris  angelangt  tperben  bfirften; 
inbeffen  foQten  fte  baburd^  leinen  offigieQen  Sl^aralter  erhalten.  3)er  SBert  bon  Smicdottf 
^[nftitutionen  befte^t  barin,  ba^  barau^  leicht  ba^  bor  bem  Xribentinum  geltenbe  3tcd^ 

46  unb  bie  $ra^$  jener  3^^^  lennen  gelernt  toerben  lann.  ®ie  f})äteren  Herausgeber  l^oben 
in  ben  älnmertungen  bte  3)tfferen)en  be^  neueren  Slec^td  forgfälttg  nac^etotefen.  Sgl 
6aft)ar  S^^^^t  Notae  ex  ipsis  antiquitatum  ecclesiästicarum  fontibus  dednotae, 
Vitemb.  1699,  4**,  toieber^olt  in  ber  ausgäbe  bon  Ibomapu«,  ^alle  1716,  1717,  4%- 
femer  bie  Slu^abe  Soujat,  beren  92oten  in  \pätttt  @oitionen  übergegangen  ftnb.    Sine 

60  frangöftfd^e  Überfe^ung  mit  Serüdfftd^tigung  ber  italienifc^en  unb  gaDilonifd^  $racid  e^ 
festen  bon  ®uranb  be  5KaiDane,  S^on  1710.  10  vol.  in  12°. 

«^.  9*  3ac9bf9«  t)  Se|Ihii. 

Sanbbif^of,  Sl^orbifd^of  (^(ogerdaxonog).  —  Sitteratur:  Bbaralea,  De  chorepifloopifi 

in  Fleury,  DiscMplina  populi  dci,  «i.  II,  Venet.  1783.  III,  180  ff.;  Spitz,  Praef.,  aut.  P.Joe. 

66  Plenz,  De  cpiscopis,  cnorcpiscopis  ac  regulär,  exemptionibus,  Bonn.  1785,  p.  43 sqq.*  Mo- 

rinu8,  Comment.  de  s.  ecctesiae  ordinationibus,  Pans.  1655.  P.  III.  exerc  IV;  P.deMarca, 

De  coDCordia  sacerdotii  et  imperii  lib.  II.  c.  13.  14;  Thomasam,  V.  et  d.  disdpliiia  eode- 


StmbMfi^of  Stmbbelaite  237 

P.  I.  lib.  2.  c  1.  2;  öinterim,  3)cn!n)ürbialciten  I.  %  386 ff.;  ^ßciaffidcr,  %tx  Äampf 
gefielt  beit  (£6ore))if!ot>at  bed  frönf.  SRei^d,  STübingen  1859;  %  ^inf^iud,  ftivc^enre^t.  2, 
161  ff.;  Sriebberg,  ftlR.  4.  Slufi.  @.  37,  171.;  C>aucf,  Ä®.  3)/»  H,  @.  721  ff.  IV,  @.  9 ff. 

3m  Orient  toerben  feit  bem  3.,  tn«bcfonberc  ober  feit  bem  4.  ^a^r^unbert  neben 
bm  %fifd^öfen  in  ben  Stäbten,   aud^  auf  bem  Sanbe  h)o^nenbe  Sif^öfe,  Sanbbifd^öfe,  6 
bdaxonoi  %wv  AyQCJv,   x^Q^^^^^^^>  ertpöl^nt,    Euseb.  bist.  eccl.  YII,  30.    tü^xt 
Cn^liei^ung  fü^rt  Ido^I  borouf  jurüdt,  ba^  in  einzelnen  lönbltc^en  ©emeinben  einer  ber 
OcmctnbeDot|ie^et  an  bie  S))i^e  bed  ^teftenloUegg  getreten  ift  unb  biefelben  Steckte,  toie 
bte  Sifc^dfe  m  ben  @täbtm,  erlangt  ^t.    ^m  4.  gfa^r^unbert  erfc^einen  fie  toie  bie  Si» 
Möfe  mtf  ben  Sl^noben,   ).  9.  )u  92icäa  325,  tutb  finben  ftc^  auc^  fonft  im  9eft|e  hu  lo 
\q6^\d^  Sted^te  (c.  13   conc.   Ancyr.  a.  314;   c.  14  Neocaesar.  jh).  313  u.  325; 
e.  10  Antioch.  a.  341,  toie  f^e  benn  nidj^t  bie  })riefterli(^e,  fonbem  bie  bifc^öflic^e  SBei^e, 
tocrmgleid^  nur  burc^  einen  Sifc^of  (nid^t  h>ie  bie  ©tobtbifd^öfe,  burc^  minbeftend  brei), 
cc^idten.    ^  bemfelben  ^obr^unbert  tritt  ober  auf  ben  S^noben  fdj^on  ba^  Seftreben 
ffctboi,  bie  Sanbbifdjföfe  in  iipren  Siebten  )u  befc^ränlen  unb  fte  bon  ben  ©tabtbifc^öfen  i6 
ab^gtg  )u  nuul^en,  indbefonbere  toirb  i^nen  nur  bie  felbftftänbige  @rteilung  ber  nieberen 
SBct^egrobe  gefltottet,  bie  SSoma^me  ber  ^riefter»  unb  Siafonatdh)eil^e  aber  bon  ber  (Sin« 
toiffigung  bed  9if(^ofd  berjenigen  @tabt,  )u  h>eld^er  ij^r  Sanbbejirl  gehört,  abl^ngig  ge- 
nof^,  c.  13  Ancyr.  u.  c.  10  Antioch.  cit.,    ja  bie  JtongUien  bon  Sarbila  bon  343 
c.  6  unb  \>on  Saobicea  (c.  5  Dist.  LXXX)  fuc^ten  fte  fogar  ganj  )u  befeitigen,  inbem  ao 
^  bie  Sinfe^ng  k>on  Sifc^öfen  auf  bem  Sanbe  Verboten,  unb  boS  ledere  ftatt  beffen  bie 
ShßeDung  ttm  |erumreifenben  äSifttatoren  mit  nur  })riefterlic(;em  S^arafter  borfd^eb.  ^n^ 
beffen  ift  i^re  Sefeitigung  bamali^  nidj^t  k>5IIig  gelungen,  bielmel^  l^aBen  fie  ftdjf  gum  £eil 
nod^  iebenfaHd  bid  in  bo^  6.  ^[ai^^unbert  ^tnetn  (c.  42.  §  9  C.  de  episc.  et  der.  1. 3) 
ec^alten,  freiließ  in  ber  SEBeife,  boft  fie  bie  tirc^Ii^e  Seitung  einzelner  Sanbbiftrifte  unter  25 
bon  @tobtbif(^ofe  fü^en  unb  auc^  mitunter  nur  bie  ^riefter«,  mxfyt  me^r  bie  Sifc^ofd» 
tod^  er^ieben. 

^m  Slbenblanbe  tommen  bie  S^orBifd^öfe  erft  feit  bem  8.  3<^rl^unbert  bor,  teili^  aU 
(MfWfm  unb  Vertreter  ber  in  ber  Wiffton^t^ötigleit  h>irlenben  Sifc^föfe  für  bie  neu  erri(^« 
tctcn  Sidtümer,  teiU  ald  SSertoalter  erlebigter  2)iöcefen,  ^^aff^,  Monument.  Mogunt.,  so 
p.  260.  232.  463;  Oesta  episc.  Virdun.  c.  13,  SS.  4,44.  (Sin  gujammen^ang  biefer 
C^mcKfc^fe  mit  benen  ber  orientaltfdjfen  Jtirc^e  ift  nidj^t  nad^toei^bar,  melme^r  fdj^eint  bad 
t  ben  SRijfionen  l^erbortretenbe  Sebürfnid  nadj^  bifc^dflidj^en  (Sel^ilfen  gu  i^er  (Sinfe^ung 
px  9aben.    SSö^renb  bed  9.  ^aJ^^unbertd  finben  fu^  bie  S^orbifc^öfe  audj^  ali^ 

fcn  neben  ben  2)id)efanbif(^öfen  m  beren  Slefibengen,  toogu  offenbar  bie  bielfac^e  Se»  86 
^  010  ber  lederen  an  ber  ^olitil  unb  an  ben  @taatögefd^ften  bie  SSeranlaffuna  gegeben 
bat  2)ie  lirc^Iif^  Sleformgefe^ebung  biefer  3^it  ffoi  gunädj^ft  unter  (Sinfd^rfung  ber 
Soifc^riften  ber  orientolifc^  jtongilien  ii^re  älb^öngigleit  bon  ben  $aut)tbi{(^öfen  betont 
(oonc.  Paris,  b.  829  lib.  I.  c.  27,  "SHanfx  14,  556).  ®egen  bie  3)litte  bed  9.  ^afyc» 
fmibcrtd  trat  aber  im  SBeftfranlenreic^  h)ol^l  mit  Stüdtfic^t  auf  bie  Übeln  Erfahrungen,  40 
mdä^  man  bort  mit  ben  Sl^orbifdi^öfen  gemacht  ^tte,  —  bie  ipeltlid[fe  ®etoaIt  ^e  fu^ 
bccfdben  pr  Offen^faltung  bon  Sebidbalanjen  bebient  unb  i^re  äSertoaltung  l^atte,  fo  na^ 
maäiäf  m  fK^m&,  ju  erl^BIic^en  Seeintröd^tigungen  bed  Airc^enguted  gefü^  —  eine 

e  Ot»t>ofition  feitend  ber  tirdjflidjfen  ^ieformpartei  gegen  bie  Sl^orbif^öfe  ^erbor,  fo 
auf  bem  Jlon;|iI  bon  3Reau£  845  c.  44  unb  c.  47,  äRanfi  14,  829,  ini^befonbere  45 

bei  »enebiitu«  Sebita  II,  124.  369 ;  III,  260,  394,  402,  423,  424,  unb  ^Pfeubo» 
Sfibot  ($inf4Hud,  Decret.  Pseudo-Isidor.  praef.  p.  GCXVII),  toeldj^e  i^nen  ben  bifd^öf- 
Kd^  G^arotter  ci>\pxtd^m  unb  fie  ganj  unb  ^ar  verbieten.  3lad)itm  biefe  Snf^KUtungen 
aiic^  in  ber  Kr^Ud^  (Sefebgebung  jener  Q^ü  (conc.  Mettens.  bon  888,  c.  8,  üRanft 
18,  80)  fan!tbniert  tamren,  ftnb  fte  in  ber  erften  ^ölfte  beS  10.  ^a^l^unbertd  im  äBeft«  60 
fiponlenreii^  berf(^lDunben,  toä^renb  fte  in  Seutfdj^latto,  too  ^rabanu^  3Raurud  (über  de 
ehorepisoopis  bei  ÜRanft  16,  872)  für  fte  eingetreten  h>ar,  fic^  in  ben  füblidj^en  au^e* 
bc^ntcn  2)idcefen  nodf  bid  )ur  Tlxttt  bed  gebadj^ten  ^al^r^unbertd  ersten  l^aben.  9(u^ 
in  <Shro|brittannien  finb  fte  borgetommen,  unb  in  ^jrlanb  erft  mit  bem  13.  ^ja^r^unbert 
bcsfc^luunben.  66 

Seit  bem  10.  Sai^^unbert  fmb  übrigen«  au(^  bie  Äantoren  in  ben  ©tiftem,  unb 
bann  bor  aütm  bie  älrcpibialonen  atö  chorepiscopi  be^eic^net  toorben. 

^.«inff^indt. 

Snibbcitae  f.  Sb  I  @.  783, 89  ff. 


238  Sanberer 

Sanberer,  SKajtmilian   Sllbcrtb.  (geft.  1878).  —  ^ortc  bcr  ^nncrung   an 

Dr.  3Rqj  Gilbert  fionberer,  Xüb.  1878.    Sum   SJnbenfcn   an  Dr.  fionbercr  \>on  Dr.  Sogen: 

mann,  3b2:6  1878,  3.  ^eft.  3un!  ?lnbcnfen  Dr.fianbcTer«,  SEBürtfcmb.  Äir^cn»  unb  Scftulblatt 

1878,  9?r.  26—28.    92cfroIog  öon  Dr.  O.  ^fleibcrcr  in  bcr  ^rotcftant.  Äir^enjeitunji  1878, 

6  9{r.  20.    (S^arafteriftit  in  ber  m^.  eo.Mut^.  ^irdjenaeitung  1878,  9h.  23  Don  ^.  @4inibt. 

Sanberer  geleert  )u  ben  bebeutenbflen,  toenn  \>xdit\xfyt  audj^  nic^t  beloimteften  Set^ 
tretem  ber  äSermtttlung^tlieoIogie.  2Bte  er  felbft  e^  nxqt  liebte;  mit  ben  eigenen  9n> 
fc^uunaen  unb  Überjeugungen  ftc^  ^en^orjubrängen,  fo  mad^te  aui)  feine  9Str(fam!ett  fU( 
nidjft  fofort  offen  geltenb,  aber  fte  h>ar  um  fo  nac^j^oltiger,  je  fti&er  fte  h>ar.    Xuc^  fein 

loSeben^ang  toax  in  feltenem  3)la^e  ftid  unb  einfad^:  ed  tüox  i^m  nid^t  befc^ieben,  an  tm» 
fc^iebenen  Orten  unb  auf  berf(^tebenen  ©ebieten  anzuregen;  um  fo  me^  lonjentrierte  a 
feine  Araft  auf  ber  Tübinger  ^od^fd^ule.  ®eboren  ben  14.  Iganuor  1810  )u  ^Dlaulbnmn 
atö  ber  @ol^n  eine^  an  ber  bortigen  jtlofterfdj^ule  t^ätigen  Se^rerd,  feierte  er,  nac^bem  er 
bei  bem  93ater  in  SBalbborf  bei  Tübingen,  too^in  berfelbe  im  ^a^re  1818  ald  ^oner 

15  übergeftebelt  foax,  ben  Dorbereitenben  Unterricht  genoffen  ^atte,  an  feinen  (Seburtdort  jutfid, 
um  atö  3^0'[i^0  ^^  3Raulbronner  (Seminar^  ben  ©^mnafiolunterridift  in  ben  Sauren  1823 
bid  1827  in  empfangen.  SSon  bort  trat  er  in  bad  Tübinger  ti^eologifd^  Seminar  über. 
Sei  feinem  (Eintritt  toar  eben  ber  ^roje^  im  ©ange,  ber  bon  ber  fu))ranaturaltftif<^ 
Schule  Tübingens  }u  ber  ^egelf^en   Tübinger  Schule  ^inüberfü^rte.    9aur  fyiXtt  feine 

20  afabemifc^e  Saufbal^n  begonnen,  tod^renb  ©tcubel  noc|  an  ben  ©torr-^Iattfd^en  Xrabttionen 
fefi^ielt,  @(^mib  bie  t)o^tiben  älnregungen  ber  ©c^leiermadj^erfc^en  Geologie  jur  ®ebung 
brad^te,  Jlem  enblic^  eine  bogmatifcp  ettoa^  fc^toantenbe  Haltung  einnal^.  ®d  (og  niil^ 
in  Sanbererd  Statur,  ftc^  an  einen  Se^rer  mit  befonberer  ^ingabe  anjufd^liegen,  geto^  bie 
93erfc(;iebenartigfeit  biefer  t^eologifc^en  Seigrer  mag  gur  SSed^tng  ber  tritifc^en  unb  biokt 

25  tifc^en  93egabung  beigetragen  ^aben  —  um  fo  me^r,  ba  im  Jlreife  ber  äRitftubierenben  bie 
3a^l  ber  ^5^er  begabten  Jünglinge  nic^t  gering  toar,  h>eh^e  in  fe(bfiftänbiger  SBesfe  bie 
ti^eologifd^en  unb  noc^  me^r  bie  })^i(ofoi){^ifd^en  6tubien  gu  treiben  ftd^  bemühten.  StnuA 
l^atte  bie  Sefanntfdj^aft  mit  —  unb  bie  Segeifterung  für  bie  ^egelfc^e  @t)duIation  in  Xu^ 
na^me  gebradj^t,  bie  Sdi^Ieiermadj^erfc^e  Geologie  ^tte  auf  ber  anberen  @eite  i^re  Xbe))ien 

so  geh>onnen.  Unter  ben  S^^d^^^d^^^  ^^^  ^^^  ^-  ^^^  3)lauIbronn  l^er  übergeftebelt  tooren, 
befanb  fidj^  ^,  91.  Corner,  fo  ba|  toir  und  Don  bem  regen  toiffenfd^ftlic^en  9btdtauf(^, 
ber  bamald  unter  bem  Solfe  bed  Xübtnger  Stiftet  j^errfc^^te,  eine  nic^t  geringe  SorfteDung 
madigen  bürfen.  S.d  ©etoiffenl^ftigleit  Deranla^te  i^n  gum  audbauembften  @tubium,  er 
lautete  f\6)  ein  Urteil  abzugeben,  el^e  er  felbft  geprüft  —  gu  ben  jc(;nell  fertigen  Sotten 

35  ^at  er  fein  Seben  lang  nt(^t  gehört,  ^ie  9lntoenbung  ber  ©tubtenjeit  }u  l^ingebenba 
älrbeit  tourbe  i^m  t)iellei(^t  burdj^  ben  Umftanb  erleichtert,  ba|  ein  fc^on  bamold  ftd^  ents 
toidelnbed  ®el[|örleiben  i^n  für  bie  Pflege  ber  ©efeHigleit  in  toeiteren  ftreifen  toeniger 
qualifizierte,  fo  fel^r  er  anbererfeitd  burdj^  feine  Sefdl^igung  )u  einer  mit  SoI)  ge)oflx|tcn 
Unterhaltung  bagu  bi^oniert  fein  mochte. 

40  ^ie  t^djft  feiner  treuen  ätrbeit  erntete  Sanberer  gunöd^ft  in  einer  fel^  gttten  3bU 
bei  feiner  Ulbgang^rüfung  im  ^af)xt  1832.  3lun  maqU  er  fo  giemlic^  feinen  bid^engen 
®ang  auf  t^öl^erer  Stufe  mieber  burdj^  —  juerft  aU  SlmtiSge^ilfe  feined  Saterd  in  SEBoIb* 
borf,  bann  ald  Slepetent  am  nieberen  Seminar  in  3)laulbronn.  1835  fü^e  i^  fein 
2Beg  in  bad  t^eologifc^e  Seminar  gurüd,   mitten  l^inein   in  bie  burc^  bad  erße  Seben 

45  3^fu  t)on  Strauß  l^ert)orgerufene  Setoegung.  Wxt  Strauß,  Corner  u.  a.  fa^  er  ntm  am 
S^epetententifc^.  !^u  Jlontroberfen  unb  toiffenfc^aftlid^en  äludeinanberfe^ungen  ti>ar  ^ett  tntb 
(Gelegenheit  günfttg.  3Rit  Unterbred^ung  burc^  eine  längere  itanbibatenreife  naq  Btorb* 
beutf^lanb,  tnebefonbere  Serlin,  toar  S.  nun  4  ^al^xc  ald  Stepetent  t^ötig.  ^n  ben  buR^ 
feinen  Seruf  il^m  bargebotenen  ätufgaben  —  ben  bogmatifc^en  unb  bogmengefc^c^tlic^ 

60  Sefprec^ungen  mit  ben  Seminor^öglingen,  h)ie  in  feinen  ^orlefungen  über  neuere  ptote* 
ftantifc^e  'X^eologie  mit  befonberer  Mdtftd^t  auf  Sc^leiermac^er,  in  @|^aminatorien  über 
2)ogmengef4td^te,  35ogmatif  unb  S^mbolif,  ertoied  er  fic^  alg  ein  fo  grünblic^  itenner 
unb  bialeftifc^  getoanbter  Bearbeiter  be«  Stoff«,  bafe  aud^  in  einer  3^*/  *«  toelc^  bie 
tl^eologifd^e  ^u^m))  mit  etlidf^en  fpefulatiben  3<iu6erformeln  bie  ganje  3:^eologie  a  priori 

66  lonftruieren  ju  lönnen  meinte,  feine  9Sorlefungen  ben  9lul^m  eine«  l^ol^en  infintltiMt 
SBerte«  ertoarben. 

3im  ^Qi}x^  1839  h)urbe  er  gum  erften  35ia!onug  in  bem  alten  ^o^enfimtfenftäbtie« 
®öppingen  ernannt.  3Wit  berfelben  ©etoiffent^aftigfeit,  mit  ber  er  fein  Stubium  betrieben 
^atte,  toar  er  aud^  im^farramte  tl^ätig.   aber  fein  ©e^örleiben  unb  bie  bamit  )ufammen* 

eo  ^ängenben  SJtöngel  im  ^rebigtt)ortrag  beeinträchtigten  ben  Srfolg  feiner  Arbeit  im  ^fott» 


Sottberer  239 

tad,  hm  t^m  fo  mand^e  anbete  @a6e,  t^orab  feine  ®eti>tf|en^aftt9lett  unb  Sauterleit,  an^ 
»cntfaOd  fßüt  t>erbür0en  mögen.  9tt(^tä)eftoti>ent9er  Begreifen  \ü\x,  bag,  aU  ber  9tuf  in$ 
itabemtfc^  £e^ramt  an  i^n  lam,  er  nur  ^ögemb  unb  mit  bem  ÜBorbeJ^alt  eine^  ^üdtrittd 
nd  gei{Üt(^e  Smt  fic^gur  9(nna|me  entfc^lo^,  h)ar  bodj^  biefer  9tuf  an  i^n  gelangt,  erft 
uu^bem  anbem)ettige  ^erfuc^e  ber  Sefe^ung  mi^glücft  h)aren,  bie  Sofation  einer  aud-  6 
Dortigen  6elebrität  {tdj^  jerfdj^Iagen  ^atte,  unb  nid^t,  ol^ne  ba^  emfte  Differenzen  innerhalb 
)cr  ^ohiltöt  borangegangen  h>aren.  @o  leierte  er  benn  im  ^ai^e  1841  gum  brittenmale 
lu»^  2)übingen  gurüdt,  um  nun  bie  (Stätte  für  feine  Nebenarbeit  bi^  jum  Sd^Iuffe  gu 
finben.  3^^^f^  ^^  ^  ^^  Sstraorbinariu^  in  bie  ^lultöt  ein  unter  gleichzeitiger  lieber- 
wfyait  ber  @teQe  eine^  ^rül^))rebiger^  an  ber  Xübinger  i^au))tltr(^e.  1842  rüdhe  er  bann  lo 
jktt^jeüig  mit  3.  ^b.Sed  in  ba^  Drbinariat  ein.  Sie  SBerfud^ung,  biefe  [entere  Stelle 
fu  I9maffen,  trat  nur  einmal  an  i^n  ^eran,  al$  er  im  ^al^re  1862  eine  Serüfung  nac^ 
Söttingen  erhielt  Ser  freunblic^e,  mit  einer  h)ol^foerbienten  Serbefferung  feine?  letne^^ 
mq^  glongenben  (Se^alted  t)erbunbene  itBunfd^  ber  9{egierung,  i^n  ber  ^eimat  erl^aUen  )u 
^m,  erietc^terte  i^m  bie  feiner  innerften  Steigung  entf)>rec^enbe  älble^nung.  15 

^n  bie  3Rttte  ^toifc^en  93aur  unb  Secf  gefteUt,  ^atte  Sauberer  ber  atabemifd^en  l^ugenb 
menflber  leinen  (et(^ten  Stanb  —  lag  i^m  bo(^  bie  $fltd^t  ob,  ben  äu^erlid^  für  bie 
joptiiot  Slic^tung  ber  Geologie  gewonnenen  Sel^rftul^l  fo^ufagen  aui^  innerlich  in  9efi| 
)ii  nehmten  unb  )u  be^ut)ten  unb  jujeigen,  ba^  man  auc^  ol^ne  ]prin)i))ie(Ie  äJertoerfung 
MT  Stefultate  ^iftorifd|fer  Aritit,  ol^ne  SSerfc^mä^ung  einer  flaren  h>iffenfd^aftlic^en  3)let^obe  ao 
)te  ®runblagen  Iir(^li(^  (Staubend  feft^alten  Idnne,  h)ie  anbererfeitd  gu  beh)eifen,  ba^ 
lum  mit  Äonjeffionen  an  bieilritil  —  an  bie  h)iffenf(^aftlidif  nid^t  ab^utoeif enbe  gorberung 
)cr  SBo^rl^ftigteit  nod^  leinedtpegi?  bie  Autorität  ber  @^rift  beeintrödbtige.  ^n  jtoei  (urg 
^inieretnanber  gehaltenen,  t)on  feinen  ©c^ülem  Suber  unb  2Bei|  nadp  feinem  $obe  Der- 
Sffentlti^ten  alabemifd^en  Sieben  über  bie  ^et^obe  ber  Dogmatil  unb  bad  materielle  $rinji))  36 
)öfdben  fyd  er  gleidj^  bei  feinem  @intritt  in  bad  Orbinariat  ben  \>on  üfm  caxi)  \pätn 
[epge^tenen  Stanbpunit  gelennjeidj^net.  ^n  erfterer  93e}ie^ung  fej^t  er  fu^  \>ox  allem  mit 
^em  ^egelfd^  @tanb))un{t  bed  abfoluten  äBiffend,  ber  ot^riorifc^en  ffonftndtion  au^n« 
mbcr  unb  fteSt  i^m,  ta>ie  in  ber  9{atum)iffenfc^aft  fo  auc^  auf  ftttlid^-religiöfem  ©ebiet 
^  (Srfo^ng  gegenüber.  ®r  lä^t  bie  fpefulatit)e  Betrachtung  nur  ju  aU  Bearbeitung  30 
^et  6m)E)me,  unb  forbert  bor  allem  für  bie  ^atfad^en  bed  ftttlic^^reltgiöfen  SetougtfeinS 
Sc^.  SUet  biefed  ledere  felbft  ift  i^m  nid^t  abtrennbar  Don  ber  in  ber  Sdj^rift  ent^al» 
loien  Offenbarung,  bie  eben  il^rerfeitd  h)ieber  in  gefc^ic^tlidj^er  SnttoidCelung  fid^  mit  bem 
inbibibuellen  Setoufitfein  vermittelt.  Sad  materielle  $rin)i^  aber  ber  2)ogmatiI  ift  bie 
ttn^  bed  ©öttlicpen  unb  ÜRenfc^lid^en  burc^  bie  boQIommene  ^Bereinigung  ®otted  unb  86 
M  9Renf<^  in  ber  $erfon  ^efu  t>on  ^{agaret^,  tpoburd^  bie  c^riftlid^e  9teligion  cd^  bie 
ibfolute  emriefen  toirb.  ^um  ^e^uf  biefed  le^teren  @rn)eifed,  bei  bem  ftc^  burc^  eine 
et|^if(be  2)ialmil  bie  Unfä^igfeit  ber  blo^  ))^ilofot)^if(^en  Betrachtung  gur  Befriebigung  ber 
et^fc^en  ^berungen  ald  Slefultat  ergeben  foQte,  lie^  er  feiner  3)ogmatiI,  ba  er  ftdjf  auf 
eine  befriebigenbe  ))^ilofo})^fdife  ätrbeit  nxd)t  be^ie^en  lonnte,  eine  Steligionj^l^ilofopl^ie  40 
vaä>  einen  rtltgton^efcdic^tltd^  Überblidt  Vorangehen,  um  fo  bie  2i^ee  ber  Steligion  ^u 
gdmmicn,  an  ber  fu^  nun  bad  S^riftentum  aU  bie  abfolute  Bertoirflid^ung  berfelben  er- 
HKifen  foQte.  SBar  er  auf  biefem  9Ö3ege  bann  jum  Begriff  ber  ))oftttVen  Offenbarung 
gcCangt,  Jo  [teilte  er  ftdj^  jur  älufgabe,  im  einzelnen  h)ieber  gu  erioeifen,  tvie  bie  t)^iIofO' 
li^iff^  93erfu(^  gur  Söfung  ber  bei  ber  Betrachtung  bed  religidd^ftttlidS^en  Sebend  ftc^  er«  46 
Mbfnbcn  Probleme  immer  ungureic^enb  feien,  unb  h)ie  nur  bie  in  ber  @d^rift  gegd^ene 
Bdfung  befrtebige,  toeld^e  le|tere  aber  felbft  erft  tvieber  Dermittelft  ber  l^iftorifc^en  @nts 
^nUUbmq  {t(^  )um  Befianbtei!  eined  h)iffenfci|;aftlic^en  @^ftemd  l^eraudbilbe.  3)ie  @rgebniffe 
ber  £anberedd(fen  (Slaubendle^re  toaren  im  groften  ®anjen  burc^aud  ))ofiJtiD.  (Sin  ))ans 
t^ctßif(^  nicpt  angehänfelter  ^eidmuiS,  ein  t)ouer  Offenbarungdbegriff,  eine  unbebingte  50 
Incifennung  ber  @ünbe  ci^  lebiglidj^  menfc^lic(;er  Sl^at  au&  menfc^lic^er  ^eil^eit  ent« 
A^cungcn,  eine  SBunbert^eorie  o^ne  ^laufen,  eine  itoat  nxd^i  d^iliaftifd^  aufge^u^te  aber 
in  ben  luii^tigften  $unhen  bod(f  fel^r  fonirete  S^atologie  ftd^em  Sauberer  einen  $la$ 
jAcnfoIId  auf  ber  Steckten  ber  Bermittlungdt^eologie.  2)ie  einfd^neibenbfte  3lbh)eic^ung  \>on 
bem  firc^Itc^  Sei^rfl^ftem  lag  in  feiner  fogenannten  ant^rot)0€entrifd^en  Jtonftrultion  ber  66 
S^riftologie.  (Sx  t)eifc^m^te  eine  fpelulatit^e  Jtonftrultion  ber  Xrinität,  obgleich  er  t^er» 
Ucite,  bo^  ed  il^m  ein  Seid^ted  h)äre,  eine  fold^e  j^erguftellen,  aber  im  ^ntereffe  boQer 
Mor^  über  feinen  @tanb})untt  fudj^te  er  aQed,  tpad  benfelben  berfc^leiem  tonnte,  )u  tm^ 
Bleiben,  ^nbem  er  bad  Sentrum  ber  ^erfönlidjfleit  S^rifti  in  bie  Wenfdbl^eit  k)erlegte, 
h«^  er  für  boil  religiöfe  ^{[ntereffe  bie  nötige  Befriebigung  in  ber  energifcpeu  Betonung  ao 


240  Stmbmr 

abfoluier  ©ünbloftalett  unb  ber  übematürltd^en  ®eburt  fotoie  in  ber  möglic^P  Eonheten 
^ffung  ber  Offenbarung.  Sl^riffat^  ift  t^m  ©egenftonb  unb  Xröger  ber  abfoluten  Siebe 
®otte^.  93or  aQem  ober  glaubte  er  burc^  3i^u>^0  ^^  boSen  Jtonjequen)  aud  ba  Xiif- 
erfte^ung  für  ben  status  exaltationis  bem  ^ntereffe  bed  })erfönlt(9en  S^ftenlebend  an 

5  ber  $er{on  S^rifti  bie  ou^retc^enbe  Serüdfid^tigung  )u  teil  iperben  laffen  m  tonnen.  SRon 
mag  biefe  Söfung  ungenügenb  finben,  iebenfml^  fyid  auc^  auf  biefem  3Ktttel))untt  (^ri^ 
lid^en  ©lauben^  Sauberer  mit  @mft  gerungen,  ben  ))oftti))en  ^ntereffen  ifii^idfm  ®(auBend 
gerecht  ju  toerben. 

äBenn  toir  fagten,  er  ^abe  in  ber  3)litte  jtoifc^en  9aur  unb  See!  leinen  leichten  Stonb 

10  gel^abt,  fo  mögen  fc^on  bie  bid^erigen  Semerbtngen  über  bie  h>idiftigften  materiellen  Qx» 
gebniffe  unb  9[$orau^fe$ungen  feiner  Dogmatil  eine  geipiffe  Srflorung  bieten.  3lodf  me^ 
h)irb  bied  aber  im  folgenben,  tva^  toxx  ^ur  genaueren  S^arafterifierung  ber  3(rt  ber  San? 
bererfd^en  2:^eologie  ^ingujufügen  ^aben,  eri^eden.  Qd^on  im  ^u^erliäften  tüor  Sanbecer 
ber  93ermittler  atvifc^en  genannten  Kollegen :  mit  bem  erfteren  teilte  er  ml(f  in  ben  Sortrog 

15  bon  ^ogmengefc^iq^te  unb  (S^mbolit,  mit  bem  le^teren  in  ben  ber  3)DgmattI  ui^  neu« 
teftamentlic(;en  S^egefe,  bie  er  in  f))äterer  3^^  ^^  ^^^^  eigenen  93arlefung  über  neutefias 
mentlic(;e  X^eologie  2ufammenfa|te.  9lber  auc(;  in  anberer  SBeife  fc^ien  er  ber  SSennittkr 
)h)if(^en  ben  beiben  )u  fein,  ©alt  für  Säur  bie  logifc(;e  ßonfequen)  alleiS,  glaubte  er, 
bie  ftttliAen  ^oten^en,  bie  ja  aud^  für  il^n  unbidhttierbaren  äBert  ^tten,  böQtg  oud  bem 

au  6})iel  lajfen  )u  muffen  bei  ber  tpiffenfc^aftlic^en  3)arftellung,  fo  blieb  für  9ed  bad  (8t 
tpiffen  bie  le^te  unb  ^öc(;fte  ^nftanj,  bie  bireft  ind  ^Ib  ^efü^  tourbe,  )ur  Sntfc^eümng. 
Sauberer  bagegen  ftörte  ben  Saurfc^en  Sogicidmud  burdj^  bte  ^^orberung  ber  SerücEfi^ftigung 
ber  ftttlid^-reltgiöfen  (Sm^irie  unb  bem  Sedfc^en  "Süppdl  an  bad  SetDijfen  l^ielt  er  bie  ^ 
berung  entgegen,  ba^  bie  religiöfe  äBabrl^eit  ftd^  aud^  bem  2)en!en  ald  boDe  Sefriebigung 

26  au^ipeif en  muffe.  äHiar  ber  Saurfd^en  Hritit  bie  @{^rift  nur  ba^  erfte  ©tüd  in  ber  jtird^ 
unb  2)ogmengef(^id^te,  beftimmt,  burd^  bie  ganje  nad^folgenbe  (Sefc^ic^te  „aufgel^oben"  ju 
tperben,  fo  toanbte  Sauberer  ein,  ba|  bie  (Schrift  atö  göttliche  Dffenbarungdurtunbe  über 
bie  gefc(;tc(;tlic^e  Setoegung  übergreife  unb  bie  bleibenbe  SEBo^r^ettöqueDe  fei  @e^e  bo« 
gegen  ^ecf  t^oraui^,  ba^  für  alle  t^ragen  tl^eologifc^er  äBiffenf^Kift  bie  Sc^ft  birett  Shi^ 

ao  !unft  gebe  unb  ba|  man  nur  ii^ren  ^[nl^alt  in  f^ftematifdj^e  gorm  )u  bringen  f^abt,  fo 
forberte  Sauberer  bie  äSermittltmg  bur^  bie  gange  ^eil^e  ber  bogmengef(^i(^tltc^  @rf^ 
nungen.  9iei^te  fu^  bei  93ed  ^ogma  an  ^ogma  fc(;arf  unb  umfänglich  cuidgearbeitet,  o^e 
Unterbred^ung  burc^  3^^^^^^^^*^  dritter,  fo  fonnte  bei  Sauberer  lein  bogmattfc^  &(A 
au^ef))ro(^en  ioerben,  o^ne  bad  eingel[|enbfte  3eugenber^ör,  unb  ber  bogmatifc^  @a(  felbft 

85  fteOte  [xd^  oft  nur  toieber  al^  Problem  bar,  bad  nodj^  toeiter  erörtert  koerben  muffe.  ®ing 
Saurd  Jtritit  in  großen  Stritten  über  bie  bogmatifc^e  (Sntmidtelung  ^in,  um  enblic^  }u 
geigen,  ba|  an  bem  gangen  ®ogma  nic^ti^  übrig  fei  al^  ein  Slfc^en^äufc^en,  aud  hm 
i^i^ftend  ber  $^önijc  eine^  ))l^ilofo))l^ifc^en  ©a^eS  ftc^  erl^eben  fönne,  fo  ging  bie  San« 
bererfc^e  Jtritil  in  feiner  3)ialetttf  auf  aüe  eingdnen  ^en  in  bem  ®eh>ebe,  bad  im  Saufe 

40  ber  2i<i^^^unberte  um  eine  religiöfe  Sffia^rl^eit  gef})onnen  tourbe,  ein,  um  )u  geigen,  todift 
noc^  faltbar  feien,  ioelc^e  nidj^t,  um  fc(;lie|lidif  auf  einen  Jteim  mit  fru^tbarem  bogmo« 
tifc^en  „93ilbungdtrieb''  ald  legten  t)ofttiben  (Srtrag  ^inguioeifen.  —  Aein  3Bunber,  ba| 
bie  Siugenb  bie  flarere,  rafc^ere  Söfungen  liebt,  bie  ftc^  ber  ^^ormeln  ^egelfc^er  2)ialdtil 
leichter  bemäd|;tigen  fonnte,  al^  be^  feinen  9l))))arateg,  mit  bem  Sauberer  arbeitete,  bte 

45  leichter  \xd)  bie  feften  Sflefultate  eined  biblifc(;en  S^ftemd  angueignen  t)ermo(^te,  ote  bte  oft 
felbft  })roblematifc9  lautenben  bogmatifc^en  (Srgebniffe,  bie  man  an  ben  langen  3^^^ 
biblifc^er  unb  bogmengef(^ic(;tltc^er  @nth)idtelung  gufammen))flüdCen  mu^,  fu^  junod^  me^ 
bon  ben  in  gemiffem  Sinne  entfc(;iebeneren  JloQegen  Sauberer^  angegogen  füllte.  Xuq 
brachte  bie  Sanbererfc^e  3Ret^obe  eine  ätudbet^nung  ber  Dogmatil  mit  U(^,  bie  an  bie  ®e» 

50  bulb  ber  Si^ffbxtt  gro^e  3lnft>rü^e  mad^U.  3)agu  fam,  ba^  and)  an]  bem  Jtat^^er  ber 
Siortrag  fein  günftiger  toar  —  ein  um  fo  bebauerlic^erer  Umftanb,  ald  an  fic^  bie  S^ncacbe 
^el  unb  fc^ön  toar.  2^ro^bem  gei^örte  Sauberer  gu  ben  einflu^eic^ften  afabemifd^  2df* 
rem  unter  ben  SBermittlungdt^eologen.  3Bie  man,  fobalb  man  il^m  nält^er  trat,  in  fetner 
äußeren  Srfdj^einung,  tro$  i^rer  relatit)en  3^^^'^/  ^^^  @t)uren  l^ö^erer  Sebeutung  twä/t» 

55  na^m,  fo  lernte  ber  ^ul^örer  bei  naiverer  $efanntfc(;aft  mit  ben  otabemifd^  Seiffatn^ 
bed  Se^rerd  biefelben  immer  mei^r  fc(;ä$en.  3)a|  man  namentlich  in  einem  SRomtfln)^ 
feiner  bogmatifcJ(;en  ^orlefung  ein  tool^red  mare  ma^um,  um  mit  SBeffel  gu  reben,  btß 
jt^e,  ein  compendium  culeg  t^eologifc(;  äBiffendtoürbigen,  bad  tou^  auc^  ber  oberfloc^ 
liqK  Stubent,  ber  getroft  nadS^  ^aufe  gegogen  toöre,  l^ätte  er  badfelbe  too^l  oudgefö^ 

eo  ol^ne  Süden  aud^  mit  nac^  ^aufe  nehmen  tonnen,   älber  mand^er,  ber  auf  ber  Unt^erfttat 


Sanberer  241 

\ipxdl  fertig  gelDorben  tDor,  lernte  aud^  ben  ®etft,  ber  in  biefen  ^eften  lebte,  mit  ber 
Reit  beffer  fcpä^en,  unb  tpenn  and)  h)ol^l  ber^ältnidmä^ig  ipenige  bie  9lefultate  feinet 
^eologifd^  3)entend  ftdjf  o^ne  tpeitereiS  aneigneten,  fo  fanben  boc^  aSe  ftrebfamen  ©c^üIer 
htt  Zübinger  ttniberfUöt  ®runb,  il^m  Dor  aQem  ben  ^anl  bafür  im  (StiSen  ober  offen 
{tt  fogen,  toenn  {te  gelernt  Ratten,  mit  tl^eoIogif(^en  Problemen  gu  ringen,  ftdj^  Dom  im::  5 
)Hmierenben  @(^ein  toiffenfc^aftlid^er  Seiftung  nic^t  l^innel^men  ju  laffen.  Unb  ioa^  bie 
crften  fhibentifdi^en  Generationen  bieOei^t  erft  nad^  i^em  Slbgang  \>on  ber  UniDerfttöt 
)tt  iDürbigen  lernten,  ba^  berftanben  bie  f))äteren  fc^on  me^r  bor  feinen  9(ugen  }u  fd!fä|en. 
Z)te  Jtrifid  bed  go^red  1848  ^atte  junäc^ft  bem  älnfel^en  ber  .gegelfdj^en  @})em(ation  in 
Tübingen  einen  @to|  t)erfe(t.  3)ie  ftubierenbe  ^ugenb  tourbe  nüq^temer  unb  gegen  fc^neQ  10 
fertige  ^erung  ber  Stefultote  migtrauifdj^er.  ^mz  f!e})tifc^e  Stimmung,  bie  im  3^!^^- 
tncn^g  mit  bem  äluffc^toung  ber  9tatum)iffenfc(;aften  feit  bem  7.  3)e2ennium  unfereS 
So^^bertd  ber  ®eifter  ftc^  bemäc(;tigte,  lam  bem  @influ^  Sanberer^  ju  gut.  ^ie  ))02 
ftti})  gerichteten  unter  ben  @tubierenben,  bie  biefer  Stimmung  ftdj^  bodj^  ni((it  ganj  ent« 
nd^  tonnten,  fü^Uen  fii^  k>on  einem  ÜRanne  angezogen,  ber  unter  ^eftl^altung  ber  ^o»  15 
fith)en  ©runbbtgen  dj^rifUi^en  ©laubend  begüglid^  bed  älbfc^luffe^  ber  bogmatif^en  @ä$e 
eine  gebü^renbe  iTioxti  ju  bel^ut)ten  unb  fidp  immer  aQen  Sintoenbungen  offen  gu  erhalten 
lelnrte.  3)ie  3eit  jh)if(^en  ben  ^a^ren  1860  unb  1870  —  ba«  britte  Sa^r^e^nt  feiner 
eigenen  olobemifc^en  S^gleit  —  barf  tDof)l  ald  ber  ®lanj))unlt  feinet  äBirfen^  angefeilten 
toerben.  3n  biefer  3^  toor  er  audj^  nad^  Saur^  %oh  in  bie  6teQe  eine?  erften  ^nf^ef«  ao 
tord  bed  Seminar^  eingerüdt  unb  na^m,  ba  3e(t  ftc^  bon  ben  gemeinfamen  ^afultöt^ 
gefc^often  mel^  unb  me^  gurüdtjog,  bie  leitenbe  Stellung  ein.  2Baren  in  ben  beiben 
Rolbgen  Deisler  unb  $almer,  namentlidj^  in  bem  le^teren,  ii^m  liebe  ^eunbe  in  bie  ^' 
btbot  eingetreten,  fo  iourben  burc^  beiber  ^ob  Stellen  frei,  bie  mit  i^m  Vertrauten  S^ü^ 
fem  befe^  tmirben  unb  fo  auc^  in  biefer  SBeife  bie  ^tni^t  feiner  9lrbeit  botumentierten.  35 
^n  biefer  3eit  batte  Sauberer^  9tame  auc^  in  ben  au^em)ürttembergifdifen  t^eologifc(;en 
Streifen  einen  befferen  JUang  belommen  unb  bie  3<^^l  <^^^  ^^  aulertoürttembergifc^en 
S(^filer  tmu^.  Unter  benfelben  bürfte  namentlich  ber  frü^  entfc(;lafene  ^oi^.  S)eli$fct^  ju 
nennen  fein. 

f$ragt  man  freilid^  nac^  ber  %tud)t,  bie  bie  Arbeit  Sanbererd  für  bie  Geologie  über?  ao 
bcai))t  getragen,  fo  loirb  man  geftel^en  muffen,  ba^  biefelbe,  auc^  abgefe^en  Don  bem 
Slongd  eingreifenber  litterarifc^er  3Birlfamteit,  burc^  bie  älrt  feinet  ^l[|eologiftereniB  felbft 
bednträ^tigt  toor.  Offenbar  toar  feine  Stärfe  auc^  feine  Sc^ioäc^e.  2)ie  tritifc^e  unb 
bialettifcpe  Sirtuofitöt  nötigte  i^n,  immer  fic^  felbft  getpifferma^en  in  ben  Strm  ^u  fallen, 
toenn  man  eben  einen  feften  älbfc^lu^  Don  i^m  ertoartete.  @r  felbft  ^at  ein  ©efü^l  baDon  86 
gel^t,  ti>enn  er  3.  9.  bem  Unterjeic(;neten  gegenüber  t&  avi^\pxad},  toie  er,  ba  er  an  ben 
Stubien  feinet  )um  Slrjt  beftimmten  So^ned  teilnehme,  bie  SJlebijtn  um  il;re  t>ofitiDen 
Slefultote  beneibe.  9Q3a^  bie  legten  ^rinjtpien  betrifft,  fagte  er,  ba  bin  ic^  meiner  Sac^e 
gelDi^  unb  loiQ  rafc^  mit  einem  3)u^enb  unferer  fog.  ©ebilbeten  aufräumen,  aber  im  em^ 
}ebien  bringen  toir  ed  )u  leinen  genügenben  Slefultaten.  Unb  ebenfo  l[|inberte  ii)n  bie  übers  40 
malige  ®ekDif{en^ftigleit  in  ftofflic(;er  Seue^ung  an  einem  }ufammenfaffenben  ätbfc^lu^. 
64  fdbtte  i^  bad  Selbftoertrauen,  eine  ^ofttion  aud^  einzunehmen,  o^ne  ba|  juDor  naq^ 
oOen  9li(^tunaen  l^in  bad  Xerrain  aufgeflärt  getoefen  toäre.  ^arum  fe^lt  auc^  feinen 
tN^tttoen  Hufftellungen  ber  9{acbbruct,  ben  fte  erft  in  einem  gefc(;loffenen  3ufammen^ang 
unb  in  beutlic^  innerer  Sejie^ung  aufeinanber  empfangen.  @r  tonnte  \\d)  nic^t  ent»  46 
Mlie^,  fic^  prei^mgeben.  2)a^  toar  getoi^,  neben  ber  @eh)iffen^aftigteit  in  Sludric^tung 
fetned  Selj^mted,  oem  er  möglic^ft  toenig  QÄt  entjie^en  tooQte,  ber  ^auptgrunb,  toarum 
ber  (Sntfcblu^  )u  litterarifdj^er  $robuttion  i^m  fo  fc^mer  tourbe.  ätld  ^JDtitarbeiter  an  ber 
erßen  Huflage  biefer  Snc^llop^ie  \al)  er  ftc^  }u  Utterarifc^en  jtunbgebungen  veranlagt, 
bie  eine  ^o$e  SReinung  Don  feiner  tl^eologtfc^en  Begabung  ertoedCten,  namentlich  machte  60 
ber  Xrtitd  über  SRelonc^t^on  bebeutenben  (Sinbruct.  @benfo  ift  bie  Slbl^anblung  über  bad 
Scr^öltmd  Don  ®nabe  unb  ^ei^eit  in  ätneignung  be^  ^eild  in  ben  Don  i^m  mitbegrün^ 
beten  3^^^^^^  f^  beutf^e  X^eologie  eine  3i^be  biefer  3^^f(^#'  ^ber  ed  ift  be- 
icif^enb,  b<^  bem  bogmengefdi|idS^tlid^en  Slrtitel  I.  tein  bogmatifd|;er  IL  folgte.  Sllle  feine 
3htile{,  mit  Sbtdna^me  jtoeier  über  ^ermeneutit  unb  Stanon  be^  31%^  ftnb  bogmengefc^td(^t-  66 
üi^  ^j[n^d.  SRtt  feiner  3)ogmaiif  an  bie  Öffentli^Ieit  ju  treten,  toagte  er  nic^t.  ^er 
Ollere  Jo  trefflich  )u  richten  tou^te,  tooUte  [id)  bem  ©erid^te  anberer  ni^t  au^fe^en,  unb 
Mbft  bte  bogmengefc^id[ftlidi|en  älrbeiten,  foDiel  fte  il[|m  ätnertennung  brachten,  fe^t  er  nid^t 
fort  2)aB  er  tro^  aUed  tiefen,  et^ifdj^en  unb  religiöfen  ^^ntereffed,  tro|  l^er^ltc^er  XeiU 
nalfmt  an  bem  SBo^l  unb  3Be^e  feiner  Jtirc^e  boc^  Don   bem  @mft   bed  Jkmpfe^,  bed  eo 

IteUCactCIoiiMt  fte  Z^Iogic  mb  IHn^    8.  K.  XI.  X6 


242  Sattberer  Sattk)if[eger 

äußeren  toentgften^,  bieDetd^t  aud^  bed  inneren,  )u  fel^r  berfd^ont  blieb,  begta).  ftd^  felbfi  ju 
\ti)x  au^et  @d^u^toeite  ^ielt,  bad  mag  mit  betgetragen  fyibm  ju  bem  3Rangel  feiner  2)^ 
logie,  gu  bem  hängenbleiben  im  Problem.  @^  ift  oud^  eine  ftttlid^e  Slufgabe,  ebenfo  toie 
bor  fd^neUem  9U)fc^lie^en  ftd^  ju  lauten,  fo  aud^  unter  ber  tentatio  nid^t  }u  rul^,  bid 
6  man  feften  @rutü)  l^at  unb  ^eubigfeit,  aud^  bie  Jtonfequengen  feiner  ^ofUion  auf  ^ 
gu  nel^men. 

S9ud^  ba^  9ilb  ber  ftttltc^en  ^nbibibualität  bed  üRanned  bürfte  mel^  bun^  bie  %m^ 
l^eit  unb  Harmonie  ber  Stu^fü^rung,  ald  burc^  l^ert)orragenbe  ©tarle  unb  @nacgie  bä>eu? 
tenb  unb  toirtfam  getoefen  fein.   SReben  ber  Sauterteit  unb  @eta)iffenl^aftigleit,  toie  fte  oud^ 

10  in  fetner  n>iffenfd^aftlid^en  9(rbeit  ftd^  toieberf^ieaelte,  traten  bie  ßüge  feinen  3<t^#nnd  unb 
anfjpruc^Iofer  äSomel^ml^eit  befonber^  bei  il^m  pert^or.  ®ie  S^arafterjüge  etned  ®ele^rt(n 
im  beften  @tnne  gierten  il^n  unb  n>ir  bürfen  ^ingufügen,  ed  n>aren  aud^  bie  beften  Seiten 
bed  fc^tDäbifd^en  S^araftcr^  in  tl^m  Vertreten ;  ä>m  feine  @d^Ud^tl^eit,  Jener  äBibertoiDe  gegen 
aQeg  @emad^te,  gegen  aQen  bloßen  (Schein,  fotoie  bie  ßufriebenl^eit  im  Seinen,  bie  beinah 

16  bt^  gur  Sefd^rönft^eit  QtS)t,  3lm  tool^Iften  n>ar  il^m  im  eigenen  ^amilienheid,  bcn  er  in 
@emetnfd^aft  mit  ber  gtoeiten,  il^n  fo  befonberd  gut  t)erftel^enben  ®attin  —  bie  erfie 
toar  nac^  einem  @^eftanb  toeniger  äBod^en  geftorben  —  ftd^  fo  freunblic^  geftolten  fe^ 
burfte. 

9lad^bem  er  beinal^e  34  ^al^re  lang  feinet  afabemifd^en  Sel^ramted  ^etoaltet  ^atte,  )O0 

ao  ftd^  Sauberer  im  ^yriU^ja^r  1875  burd^  einen  %oSi  auf  ber  ^ref^^e  eine  SSerle^ung  fa, 
loeld^e  i^n  gloang,  feine  SSorlefungcn  au^jufe^en.  ^m  ©ommer  1877  mufete  er  fiÄ  gnr 
Sitte  um  feine  Sntlaffung  entfd^lie^en.  9lm  @onnabenb  bor  ^almfonntag  ben  13.  S^nril 
1878  fe$te  ein  Slutfturj  feinem  Seben  unb  Seiben  ^)Iö^td^  ein  ^id. 

®a^  nad^  feinem  ^obe  ber  @eban!e  im  Greife  feiner  @d^üler  lebenbig  fic^  regte,  bie 

26  angefammelten  @d^ä$e  Sanbererfc^er  @elel^amfeit  flüfftg  gu  mad^en,  ttHtr  natürlt<^.  ^ 
nd^ft  gaben  Suber  unb  SSSei^  l^erau^:  3^^  Dogmatil  3^^^  alabemifd^e  Sieben  tum 
Tl.  9(.  Sauberer.  9Ud  @rgängung  ift  beigegeben  Sonbererd  Seböc^tnidrebe  auf  ^^erbtnonb 
S^riftian  S9aur,  %üb,  1879.  tiefem  ©c^riftd^en  folgte  bie  ^erau^abe  einer  Sudtoa^ 
t)on  ^rebtgten  burc^  $.  Sang,  1880.   9Ud  brttted  opus  postumum  erfAien  bie  „9teue^ 

80  ©ogmengepid^te  (bon  ©emier  bi«  auf  bie  ©egenloart),  l^erau^egeben  bon  ^.  3dler,  1881". 
^n  ben  ^^eologifd^en  ©tubien  aai  äBürttemberg,  toeld^e  bon  einem  Jtreid  jüngerer  &^ßUx 
bc^  @ntfc^lafenen  gegrünbet  tourben,  ^at  ber  ^erau^eber  ^ermann  3Jtittetlungen  oud  ber 
Sanbererf^en  ©ogmatif  gegeben.  ^.  ©i^mlbtt« 

Sonbeftfird^en  f.  bie  2lrt.  Äird^e  »b  X  ©.  338,22—339,28   unb  Äirc^enregt* 
ssment  S3b  X  ©.  467,40—476,23. 

gonbo,  ?PaJ)ft,  913—914.  —  3aff^  I  S.  148. 

^er  ^ontifilat  Sanbo^  fällt  in  bie  3^^^  i^  toeld^er  ber  römifd^e  9lbel  über  9lom 
unb  bad  $a))fttum  Verfügte,    ^emgemä^  ift  über  feine  Slmt^fü^rung  nid^td  überliefert, 
al«  bafe  fte  6  3Jlonate  unb  11  Jage  bauerte,  bom  Sluguft  913  bi«  HRärj  914. 
40  ^uuä. 

Sanb)ifleger,  Sanbbogt.  —  fiitteratur:  Sunt  gangen  9(rt.  bie  «rtt.  Sanbpfleger 
unb  $ro!uratoren  in  ^inerd  ^.  9t.  ^.  II,  1848;  Sanbpfleger  unb  ^ermaltung  röm.  oon 
Ärenfel  in  6d)cnfelg  ©ibellej.  SSb  4  u.  5,  1872.  1875;  iRömer,  SRöm.  IRcic^  üon  ^ol^mamt 
ebenb.  5,  1875;  Sanbpfleger  u.  5Römcr  üon  6(^ürcr  in  [Ricömd  ^anbio.  b.  SB.  Ä.  II,  1884.— 

46  3ii  1-  ^ic  altt.  ^ebr.  ©örterbüd^cr.  —  S^  2.  Sibranba,  De  statu  Judaeae  prov.  sab  pro- 
curatoribus,  Fran.  1698;  ^KaScoüiuS,  De  procuratore  Caesaris,  ^Itorf  1724;  ®eib,  Offcft. 
bcS  röm.  Ärlminalprog.  1842;  ^occf,  3flöm.  ®c{c^.  I,  2  1843,  180  ff,  254  ff.;  «ein,  Ärtt. 
$rofonful  unb  $rofurator  Söfarid  in  $quI^S  9tealeiic.  VI,  1852;  ®erM,  ^.  röm.  Statt* 
balter  in  6^nen  unb  3uböa  1865,  44  ff.;    ilubn,  3).  ftöbt.  u.  bürgerl.  «erf,  b.  röm.  »ei(W 

50  II,  1865,  161  ff.,  363 ff.;  ®erM  in  313:^  1869,  30ff.;  ^irfcfifclb,  Unterf.  a.  b.  »ebiet  b. 
9^0 m.  ^ermaltungdgefd).  I,  1877 ;  ^ntolb,  The  Rom.  syst.  of.  provinc.  adminiatnUiOD, 
1879;  ^ary,  Essai  sur  les  pouvoirs  du  gouverneur  de  proviuce,  $artd  1880;  ^arqua^t, 
mm.  ©taatöuertnaltung  I,  1881 ;  ^crfel,  «Ib^onblungcn  a.  b.  ®cb.  b.  röm.  SlecftlS  I,  1881 
(©cgnabigung^rcc^t).  2,  1883  (^IppcUation) ;    ^crjog,  ®cicl&.  u.  @qft.  b.  röm.  Staat«t)erf.  I. 

66  1884,  II,  1887;  SJcommjcn,  9töm.  ©taatSrccftt  II,  1.  2»,  1887;  fitcbcnom,  8rorf(!öungen  |. 
ScmjQltungSgcfc^.  I  (Scgaten  in  b.  ri)m.  Ißroüinjcn),  1888;  bcrf.,  ©eiträge  %.  Sermaltung^ 

5cfc^.  b.  röm.  ÄQiferrei(t)S  I   (Saufba^n  ber  ^roturatorcn),   1888;    teüner,   S).  röm.  6latt» 
alter  t).  Serien  u.  gubäa  u.  b.  faiferl.  $rofuratoren  t).  gubäa,  gtS:^  1888,  630 ff.;  berf.» 


«olil.  u.  abtniniftr,  3ii(lSiibf  u.  ^offift,  j.  3eil  eijrifli,  bct  ftnlbolif  18S8  I,  47ff.;  .öirfifi. 
ftlb,  X.  ritlHl.  «roDiniialfloltijoli«.  SS«  1889,  417f!.;  Sfftüwr,  »cj*.  h.  3üS.  «Dllne  P, 
1390.  3T8ff.;  Wonitn|en,  SIliTifi  lH8  TÜm.  StaaldreAttS  1S93  (in  IBlnbingg  ftanbb.  I,  3); 
btrl-,  fflBm.  (»(iiti.  V,  1894;  bctf..  iRöm,  Strn[rcd|l  1899  (in  »inbingB  ^anbb.  I,  4); 
fiiebcnant,  eiKbteueraaltung  btS  töm.  SaiSen..  19Ü0:  äßominfen,  $ie  Sfe^tSuetliailiiiffe  bcS  i 
«tpoftel  ^Qulug  3tilS  II,  2  1901,  81  ff. 

1.  3"!  211  trauifit  Sut^et  baö  boitft^e  „Snnbpflcgn"  faft  nur  für  baö  (jebräiff^e 
X«^  (^^),  tocti  üBcrfe^t  er  lef tereö  bamit  ni^t  übaaQ,  (onbem  allein  in  ben  Süt^em 
e«  (5,3;  6,6.13;  8,  36),  Diclj  (2,  7.  9;  3,  7;  5,  14.  18;  12,  26)unbeft  (3,  12;  8,9; 
9, 3)  in  ^ejug  auf  »eiftfi^c  Seamte  unb  einmal  im  99u^e  Sa  (3,  2)  bon  babtibnilc^en  lo 
£anb})flegeni.  Sogegen  an  anberm  SteKen  beä  SSudieä  3)aniel  unb  in  allen  Ubiii;m 
oltteft.  Süt^em  giebt  er  baäjelbe  ^et^a^  in  anberer  3Seife  tvieber,  am  ^ufigften  mit  g^rft 
(3er  51,  2:j.  28;  6^23,6.  23;  J&ag  1,  1.  14;  2,3.22;  3Ra  1,8),  aber  au*  mit  §ert 
(2flg  16,24;  ^et  5,67;  1  ßg  20,24;  2(51;r9,  14),  Hauptmann  (3ef36,  9;  S)a  6,  7), 
©etDoÜigei  (1  fig  10,  15)  unb  Sogt  (3>a  3,27).  ^mmer  btjeidjnet  ber  %M  «ße(i>ab,  i6 
bet  nicbt  (lerfiidien  (©efen.,  QtoaÜ!  u.  a.),  fonbem  rein  femitiji^en  Urfprungö  ift,  niimtic^ 
ouf  baö  öü^tildje  pibätu  eigentlich  b6l  pihftti  (§err  be*  Sejirfö)  jurütfgc&t  (Sdjraber, 
fieilinjc^r.  u.  Sti  186  f.;  3)eli5fct,  hebr.  iHoguage  12  f.),  ben  DomSouberän  abhängigen, 
unter  Umflanbcn  aut^  mit  bem  miütorijt^en  Dberlommanbo  auSgeftattetm  Sinili^ef  eine^ 
£anbeeteilcä,  unb  cd  ^nbet  [id;  |o  Don  iäraelilifc^en  (1  Ag  10,  15;  2Qi}x9,  U),  (Vrifi^enaa 
(1%20,  24),  ajl^lt^en  (2  Äg  18,24;  Sof  36,  9,  wo  eä  geflridfen  Wirb  Don  ©tabc 
Rom  6, 182),  tj&otbäifdjen  {3er51,  23.  28.  57;  6^23,6.  23)  unb  petfifdfen  (eör8,36; 
gie^,  7.  9 ;  3,  7 ;  5,14.18;  12,26;  gft  8,  9;  9,3)  ©tatt&altem  gebraucht.  Con 
))erflfd)en  Oberbeamlen  erhält  im  31^  bielen  Xitel  foWo^l  ber  Cberbefe^IeEiaber  bed  gongten 
@ebieteä,  loelt^eö  Bon  5|Jafifn  auS  betrat^tet  jen(eitö  be*  ßupiirat  lag  {p~~-  ~~^,  rins  as 
dar  5.  3 ;  6,  6.  13 ;  8,  3ti ;  !He&  2,  7.  9 ;  3,  7),  alä  and)  jeber  ber  bon  biefem  offenbar 
abhängigen  Statthalter  ber  einzelnen  ^robinjen,  bie  ju  jenem  ®ebiete  gehörten  (®ör  8, 315 ; 
^0}  2,  7.  9),  inäbefonberc  «lio  aud;  ber  pertiic^e  Unlerflall^lterton  ^uba  pj^'rr  rn?  ggr 
5,  14;  $ag  1,1.  14;  2,2.  21;  Wla  1,8;  9Ie^  5,14;  12,  2ö).  3)«  lejtere  War  moiil 
immer  (elbft  ein  3ube,  wie  bieö  toeiiiflftenei  uon  ben  beibm  unä  bclannlen  Itiigem  biefe«  ao 
Smteä  Serubabel  unb  ^{e^emia  ({.  b.  31.)  geloig  ift.  3Iuger  bem  !XitcI  $ed)a^  ballen 
biefe  perfift^ien  i^anbpfleger  Don  Quba  no^  ben  jKrfiji^cn  Slmtönamen  ÜirMala  (!*na~J? 
6^2,63;  Siie[)7,  65.  70;  8,9;  10,2;  12,  2G).  ^Ejc  Öefiatt  bejogen  biefclben  gemife  jum 
größten  leil  auü  löniglit^er  Äaffe,  fie  [jaUen  aber  au^,  nbgejetjen  bon  gclegenlticben  öbten^ 
gefcbenten  (^a  I,  8),  Mnlpruc^  auf  40  ©etel  (c.  100  beutle  9Ieicf)emarI)  tägli*e  2;a|el=  at. 
gelber  au«  bet  ©emeinbeiafje  Oie^  5,  15).  SJocl)  rü^mt  ficti  ^iefiemia  (a.  a.D.),  auf  bie 
[enteren,  bie  fonft  mit  §ärte  eingebogen  luorben  toaren,  ttetiii^tet,  foWie  au(^  anbere  Se; 
brüdungen  unb  Grprefiungen,  Welkte  bie  Änappen  jeina  Itoigänget  bem  Solte  gegenüber 
(i4  ertaubt  ftatten,  befeitigt  ju  ^aben.  I)en  ^ec^ia^  übeigeotbnet  erfi^einen  nac^  ®ät 
B,  36;  33a  3,  2;  6,2;  Sft  3, 12  bie  Satrapen,  o^ne  bofe  bo«  gegcnfeitige  aiei^älmiä  lo 
Itoifc^  i^nen  böflig  flar  loäte  (»gl.  fleil  ju  ^a  6,  2),  untergeorbnet  bagegen  bie  ä5ci= 
Walter  (="??  £uii)tt:  Dberfte  ober  Herten),  bie  freiließ  im  Su(^e  33nniel  (3,2.27;  6,7) 
m  ber  Slufreiljung  ber  SBeamten  borangc^en,  (onft  aber  immer  (3eu  51,23.  28.  57;  ©j 
23, 6.  12.  23)  auf  fie  folgen.  —  3lufeci:  bem  ^itel  '':^e<^&  ift  »on  Sut^er  not^  bo«  au« 
bem  ^erfift^en  (fratama)  ftammenbe  äSort  Hartmim  ('^''?r'~?},  baö  allgemein:  (SSrofee,  *6 
9Jomelrme  bebeulet,  einmal  (fft  1,  3  unrichtig  mit  Sanbpfleger  überje^t,  loä^enb  ei  baö= 
[dbe  £o  1,  3  beffcr  mit  ^enentinber  tuiebcrgiebt,  @ft  6,  9  aber  ganj  unitberfe^t  lä^t.  — 
^anbbbgte  tcerben  bon  It^ut^er  im  31^  bie  SetirEä:  ober  @tablDorfte^er  im  !!)(eit^e 
3«rad  (nirran  ^i:;  i  Hg  20,  Uff.)  unb  einmal  {%a  6,  Iff.)  aud}  bie  anberloärtö  als 
gürflen  begeiebneten  Sotropen  beiS  perftfi^en  fRtidß  genannt  do 

2.  ^m  9iX  berfä^rt  £ut^er  im  ®tbxaud}t  bei  SKiöttcr  Sanbpftegcr  unb  Sanbbegt 
fonfequenter.  3))it  fianbpfleger  übeifeft  er  bie  gtiedjifttien  9lmt*bejei($nungeii  Hegemon, 
Jpegemoneuon,  tuelt^e  jur  äÜiebetgabe  beö  lateinift^en,  ur|prüngli(()  looljl  Bon  ber  GibiU 
junäbiftion  hergenommenen  (^tommfen,  SH.St.iH.  II,  1,  267),  allen  Slrten  Bon  römifttjcn 
etaüMtwn  gemeinfamen  (Suet.  Oct.  28,  Tib.  41 ,  Claud.  17 ,  Digest.  1,  18,  1,  bb 
Borghesi,  oeuvrea  V,  405)  litelö  Praeses  berlnenbet  Werben  (Bgl.  Strabo  12,  6,  Ö ; 
14,  3,ß;  17,3,24  unb  oft  auf  ^nfcfirif ten  f.  Siebenam  gorft^.  405);  unb  jKar  t^mt  bieä 
Sut^ix  immer  bann,  tBenn  fu^  jene  gtiec^ift^cn  3lmtäbejeid)nungen  auf  einen  taiferli^en 
2egaten  ©^tienä  (Sc  2,2)  ober  einen  *lirofuratur  bon  ^uböa  (3R[27,2.  11.  14.  16. 
21.  23.  27;  28,14;   Sc  3,  1 ;   20,20;    21®  23,24.  26.  33.  34;  24,1.  10;   26,  30)  so 

IG' 


244  £attb)i{leger 


be^te^en,  toäl^renb  er  \>a,  n>o  mit  tl^nen  römtfd^e  @tattl^altei:  im  allgemeinen  bejeic^nä 
fmb,  bie«  mit  ,,gürften"  (9Kt  10, 18 :  üBc  13,  9)  ober  ,,^am)tleute"  (1  ^:ßt  2,  14)  toiebet» 
aiebt.  3)agegen  Sonbbogt  fe^t  Sutl^er  für  3inilfi)paio^,  ben  feften  gried^ifc^en  Sludbtud 
für  ben  römifd^en  litcl  ^rolonful. 

6  3)ie  amtliche  Stellung  unb  Sefugnt^,  toeld^e  biefen  brei  ftlaffen  bon  römifdl^n  Statt« 
l^altem,  ^rolonfuln,  Segoten  unb  ^rofuratoren,  gur  3^  ^^  neuteftamentlid^en  ®efd^i(^ 
ialam,  berul^t  auf  ben  Sinrid^tungen,  n>e(c^e  Sluguftud  für  bie  SSertoaltung  ber  rdmifd[^ 
^robinjen  getroffen  l^atte,  inbem  er  ftd^  babei  an  bie  frühere  re)>ublilanif(^e  Drbmmg 
einigermaßen  anfd^Ioß. 

10  ^ad}  ber  le^teren  n>aren  bie  fämtlid^en  $rot)in^  bed  römifd^en  9leid^  in  lonfu« 
larifd^e  unb  ^rötörifc^e  eingeteilt  unb,  \z  nad^bem  fte  einer  militärtfc^  ©ic^enmg  ober 
nur  einer  frieblic^en  ^ertpoltung  beburf ten,  ^Jlännem  ))rotonfuIarifd^en  S^anged  mit  bem  Obei^ 
befel^l  über  eineßlrmee  ober  $ro))rätoren  ol^ne  einen  fold^en,  immer  aber  mit  fibertragung  fofi 
fouberäner  ©etoalt,  jurSeitung  anvertraut  toorben.   92ad^bem  nun  3(uguffatd  bur^  ben  Sirä 

16  bei  älctium  31t).  S^r.  $en  be^  9leid^e^  getoorben  toar,  tourbe  i^m  bom  @enat  {unoc^ 
auf  unbeftimmte  ^at  mit  bem  2:itel  eined  l^m^eratord  \>a&  militörifc^e  Obertommanbo 
über  bie  ganje  ©treitmad^t  bed  9teid^ed  unb  fomit  tl^atfäc^Iid^  aud^  eine  9rt  bon  Ober« 
ftattl^alterft)ürbe  übertragen,  ^urd^  bie  ftomöbie  einer  fd^einbaren  älbbonlung  fü^  er 
balb  barauf  (13.  ^an.  27  b.  6^r)  eine   feftere  Siegelung    feiner  SKad^tbefugniffc    gerbet 

20  ©eine  militörifc^e  Dberl^o^eit  ließ  er  burd^  Senate«  unb  äSolfdbefd^luß  auebrüftid^  be« 
ftätigen,  unb  fein  ^erl^ältnid  ju  ben  ^robin^en  orbnete  er  in  einer  38eife,  bei  toelc^er  er 
unter  bem  ©c^eine  größter  Sefd^eibenl^eit  t^atfäd^lic^  nur  SSorteile  errang.  üBäl^rimb  er 
bem  ©enat  aQe  rul^igen  ^robinjen,  befonberd  bie  Italien  gunäd^ft  gelegenen,  old  leic^ 
}u  be]^au})tenben  Sefi^  jurüdjugebcn  ertlärte,  tooQte  er  nur  biejenigen  ^robtnjen  fetner 

26  eigenen  Sluffid^t  vorbehalten,  toelc^e  burd^  äußere  älngriffe  unb  innere  Unru^  gefäl^rbet 
toären  unb  eine  Slrmee  ju  i^rer  ©id^erung  erf orberten,  alf o  namentli^^  bie  ®ren})}ro)nn)en. 
^nbem  er  auf  biefe  SBetfe  einen  Xeil  ber  ^robinjen,  bie  !aiferltd^en,  }u  benen  audf  oOe 
neu  ju  ertoerbenben  gefrören  foDten,  böDig  unb  bauemb  unter  feine  alleinige  ^errfc^ 
brachte,  entließ  er  bo^  aud^  bie  übrigen  fenatorifd^en  ^robinjen  gan)  unb  gor  nic^t  oud 

80  aller  Slb^ängigfeit.  ^enn  jebe  in  benfelben  entftel^enbe  Unrul^e  berechtigte  ben  Jlaifer, 
fofort  ein  feinem  Oberbefehl  untergebene^  $eer  einmarfd^ieren  ju  laffen,  ia  unter  Um« 
ftänben  na^m  berfelbe  eine  ober  bie  anbere  ber  fenatorifd^en  ^robinjen  jeittoeife  gan)  in 
eigene  aSertoaltung  (bgl.  Dio  53, 14;  54,30;  55,28;  Tacit.  1,  76);  unb  immer  lonnte  a 
au6)  in  if^nen  feine  @eneralftatt^alterfd^aft  jur  @eltung  bringen,  toä^enb  ber  @influß  beS 

86  ©enatiS  auf  bie  3[}erloaltung  biefer  ^robinjen  tl^atfäd^lid^  ganj  gering  getoefen  „ift.  S)iefe 
auf  bie  ^robin^en  bezüglichen  ä^er^ältniffe  tourben  faum  toefentlid^  burd^  bie  ^nberungen 
berührt,  loelc^e  2luguftu^  nad^  feiner  ©enefung  bon  einer  fd^toeren  ©rlranlung  im  ^(Sftt 
23  b.  6l^r.  mit  feiner  ^jolitifd^en  ©teÜung  burd^  ben  ©enat  bomel^men  ließ.  ®enn  bie 
})rotonfularifc^e  ©etralt  über  aQe  ^robin^en   ift  bamald  tro^I  nid^t  erft  ibm  übertragen 

40  (3Rarquarbt),  fonbem  al^  eine  bereite  in  ein  faiferlid^e^  ?jmj)erium  eingefd^wffene  ©etoolt 
lebiglid^  befinitib  feftgeftellt  toorben  (bgl.  ^er^og).  3*^"Tflß*  <^i^  tlieb  bc!^  auc^  je^t 
bie  ©tcllung  ber  ©tattl^alter  in  beiben  3lrten  bon  ^ßrobin^en  eine  be^iebene. 

a.  ^ür   bie  S3eftimmung  ber  ©tattl^alter  in   ben  fenatorifc^en  ^robinjen,  )u  benen 
ftet^  Saetica,  Sizilien,  2lfrifa,  Äreta  unb  Sirene,  Slften,  einige  anbere  bagegen  nur  jeit» 

46  tpetfe  gel^ört  l^aben,  n^urben  möglic^ft  bie  re})ublifanifc^en  formen  beibehalten,  namentlich 
alfo  bie  SBaf^l  burc^  \>ai  io^,  bie  in  ber  Siegel  nur  einjäl^rige  ®auer  bed  Slmted  unb 
bie  Unterfc^eibung  bon  })rofonfularifc^cn  unb  ))rätorifc^en  $robinjen.  35ie  Sefümmung 
burc^  ba^  2o^  erfolgte  nä^er  in  ber  SBeife,  baß,  infoh^eit  nic^t  ber  Raifer  il^m  nic^t  g^ 
nel?me  ^erfonen  bon  ber  Äanbibatenlifte  ftrid^,   bie  an  Slnciennitöt  unb  an  tonfulartf^on 

60  unb  prätorifc^em  Slange  gleich  ftel^enben  SSetoerber  unter  fid^  loften.  3"  betreff  ber  ©in» 
teilung  ber  ^robin^en  ober  trat  an  ©teile  be^  bi^l^erigen  jö^rlid^en  ^ec^fetö  bon  lonfu* 
larifc^en  unb  ^jrätorifd^en  ^robin^en  bie  fefte  Seftimmung,  baß  älften  unb  Slfrüa  bon 
getoefenen  Äonfuln,  alle  übrigen  fenatorifc^en  ^robinjen  aber  bon  getoefenen  $rätoren 
berh)altet  Serben  foHten.    Unb  nur  bie  ^txd^m  ber  SBürbe  blieben  für  biefe  beiben  JUoffen 

66  bon  ©tattl^altcm  berfc^ieben,  inbem  fie  in  ben  fonfularifc^en  ?Probinjen  jtoölf,  in  ben 
))rätorifc^en  nur  fed^^  ga^ce^  mit  je  einem  Sittor  l^atten,  bie  3}erfc^iebenl^eit  be«  23teB 
bagegen  tourbe  befeitigt:  je^t  l^ießen  bie  ©tatt^alter  fämtlid^er  fenatorifd^er  ^robinjen, 
mocl^ten  fie  fonfularifc^en  ober  })rätorifc^en  Slang  ^aben,  o^ne  äu^nal^me  ^ßrolonfuln.  6o 
toerben  benn  auc^  im  3i%  biefer  SSeftimmung  ganj   entf))rec^enb   ebenfotoo^l   bie  Statt» 

60  ^alter  ber  ^robin^en  ßi^pem  unb  Slc^ia,  bie  bamold  }u  ben  fenatorifd^n  gel^drten,  SecgiuS 


Santufltgn  245 

UnuEuä  (S®  13, 7.  8.  12)  unli  ®atliou,  bcr  Snibcr  bf«  ?lfiilo(o»![)en  Smecd  (S® 
18,  12)  aU  ^rotonluln  (griei^.  ^vi9i'«uroi)  bejeit^nel.  Suc^  barin  ftanben  jc^t  bcibe  Mrten 
oon  Stalt^altCTn  cinanbcr  gttiifi,  baft  f",  a&gtK^eii  Bon  bem  ^Jrotonjul  öon  ajrüa,  bre 
im  Sefiinn  bei  ÄQtlerjeit  übet  eine  Megion  ju  lommanbiatn  IfatU,  ionft  immer  ganj  c^nc 
Ibatfäctlicfie  milttäri|c&c  ®eH)all  luftten,  Bielmeijr  nur  eine  ganj  Heine  Slbleilung  bon  ©dI=  5 
baten  jui  Slufret^tfialtuiig  bcr  Drbnung  in  ber  *|3roDinj  itinen  jur  SBcrfügung  ftanb.  ^r 
bic  ßibilBcdralhing  Ratten  bie  ^Jrotonfuln  ton  3tfri(a  unb  9I|tcn  je  brti  t'egatcn,  bic 
übrigen  je  einen  neben  ft{^  ali  iintevgcotbnete  ^^lobtnjialbeamte,  ju  bcnen  natürlich  no(^ 
eine  größere  ^aifl  Bon  aUerlci  Unterbeamten  (am. 

b.  ^ie  Statthalter  in  ben  organifterten  unb  felbftftanbigen  laifcrltt^en  ^roBinien,  ju  10 
benen  immer  3)rittannien,  ©ullicn,  Sv""'^/  Ober^  unb  Unlergermanien,  ^iannonicn,  iGacien, 
OTöfim,  gidcten,  ©^rim,  9tumibicn,  Ülrabien  unb  a(f|l?rien  ge&ijrten,  würben  bagcgen  Bom 
Jtaifer  feEbft  emonnt  unb  umar  nicbt  auf  ein  ^a(}x,  jonbetn  auf  unbeftimmte  ,'Jeit,  (0  bafe 
bei  flai(ec  fic,  wann  er  roodte,  abberufen  tonnte.     tOieiften«  geji^a^  bieö  crft  na$  mcljr= 
ifl^ger,  buriiffbnittli^  Wot/l  naä}   brei=  bi*  fünfjähriger  (bgl  Dio  52,  13)  SlmtSbaucr;  15 
i!Od}  (((injanfte  bie  ^rapö  in  biefer  Sejie^ung  feljt,   je  na<^  bet  Steigung  ber  Äaifer  unb 
ber  Ilü^tigfeit  ber  Beamten.     St^nlic^i    Wie   bie  ^lirolontuln   ber   fenatorift^en  ^proBinjen 
Würben  fte  au#  ber  Steige  ber  gewefenen  fipnfuln  unb  ^ßvötoren  gewählt,   ^n  iljrem  SImto 
obcv  bauen  fie  famtlitfi  nur  prolorifcten  9tang,  ba()er  fam  ifjnen  aurfj  eine  geringere  ^aifl 
von  ^iQt^  )u  als  ben  ^lofonfuln  ber  fenatimfc^cn  ^roBinjen,  nämtic^  nur  fünf,     Unb  » 
fie   b'efeen   and}  ni(^t  ^rolonjuln  {3Biner,  9ieairo.),   fonbem   aU   bIo|c   2Ranbatarc   bc* 
flatfer^:   Segaten  ober  Bofl(tänbiger  Legati  Caesaris.     ^ebot^  Wutben  unter  i^nen  bie= 
jmigen,  wdi>t  flonfuln  geWefen  waren  ober  au*  Bom  Raifa   v^rfönl''^"!   lonjutarifiiicn 
^Inng  nbalten  Ratten  unb  barum  bic  SHnrebe  vir  consularis  beanfprut^en  fcnnten  legati 
consulares  ober  einfot^er  conBuIares  (vTiaTMoi),  bieienigen,  Welcfec  nur  bie^iätur  bc=  as 
Reibet  batten  legati  praetorii  genannt.  (9iur  ouä  ^iat^iläffigleit  Werben  aud)  tcnfularift^e 
laiferlicbe  Segaten  ni(^t  in  ^nfi^tiftcn  ino^I  aber  gulneilen  bei  S(i&riftftcl!cm  alä  ^loprätoren 
ober  ^iratorcn  bejeii^net,)   Unb  bic  crftcren  lourben  geicöbnl't^  mit  bem  JtommanbD  über 
niebrere  iSegioncn  in  bic  wit^tigeren  ^CoB'")*"!   ^'*   Ie|(eren   mit  ^u'^iling  «inft  Segion 

in  minber  bebeutenbe  gctdntft.  33cibe  fflanen  Bon  2egatcn  fjattcn  aber  im  SGcr^ättniä  jii  ben  so 
^rolcnfuln  ber  fenatorifcben  *]JroBinjen  Iroö  iljreä  geringeren  amtlit^en  fflangeö  erfjcblit^ 
grijgere  Inirftii^e  SHac^lbefugniä,  infofem  iEmen  ba€  boQe  mUitäri[(^c  ^mt^erium  übertragen 
War  (Dio  ö3,  13,  15).  'Jieben  i^nen  ftanben  alä  mililärift^e  Segaten  (legati  legionum) 
bie  Äommanbeure  einer  Segion,   für  bie  ßiöilberWaltung   aber  nirfit  Segaten,  fonbem  Se^ 
gleiler  (eomifes,  asseEsores,  consiliarü),   bie   Bom  ©tati^alter  gewählt    unb   in   beva« 
ftaiforjeit  fcft  befolbet  Würben  (Dig.  1,22,4)  unb  füi  bie  finanjieUen  Sngelegenbeiten  ein 
^toBinjialpiofurator  {proc.   provinciae)    famt   mcbreten   untergeoibneten   ißtohiratoren 
für  etnjelne  3™^gf  biefcä  SImtÄgebictcö.     SJic  wit^tigftcn  öon  allen  faiferlii^en  ^roBinjen 
War«i  im  Höeften  be^  Sleidie«   bie  gaüifiien  (Sibenam,  S9eitr.  18)  unb  im  Cften  ©itnen 
(Tacit.  Agric.40:   majoribus  reservatam ;  JuJ.  Cap.  Pertin.  Seirtr.;   3)iommfcn,«) 
3(öm.  ®ef4  5,  447  ff.),   baS   barum  (jcbenfaßö  feit  bem  3af>re  13  B.C&r.)   ftebenb  Bon 
fonfularifdben  Ücgaten   »eiwaltet  Würbe.     35on   tiefen  Segaten  ©ijrtenä  (über  Wett^e  Dgl. 
i^unopt,  Comment.  epigr.  II,  73ff.;  Siommfen,  Res  gestae  A.  liaff.)  Wirb  im  Vi% 
Quiriniug  (G^rcniuä  Sc  2, 2)  genannt. 

c.  3Jon  bieten  beiben  Mrten  cigcnlHt^er  *ßi^fBinjiiaIftattbaItet  [inb  bcftimmt  ju  unter^  « 
ff^eiben  bie  römifi^cn  Stallballer  in  foti^cn  Rlienielftaaten,  Welt^ic  in  ben  JRcdjtS^  unb 
SScrwaltungäorganiömuä  be«  römifcben  SRcic^eö  auS  üetfc^ieBenen  ©riinben  Borlfitifig  nod^ 
ni(^t  Dolfftänbig  aufgenommen  Werben  tonnten,  alfo  ni(^l  eigentlii^  als  ri^mifi^e  !probin>en, 
fonbem  mehr  ali  anneftitrte  ©taaten  unb  taiferlii^e  Romanen  betrat^tel  Werben,  ^ic 
Statl^Itet  in  biefen  Sänbem  ftnb  ba^er  nicbt  foWo^I  Staatsbeamte  ali  bietme^r  9Ib-  so 
mintflratoren  beä  laifetlic^en  §üuteä.  Unb  beSlttegen  Werben  fie  toie  bie  laiferlit^en  $i>(= 
beamten  nit^H  auä  ber  ^ai)l  ber  Senatoren,  fonbem  auä  bem  Jflitterftanbe,  auänal?mö= 
Weife  fogar  auö  gteigelaffenen,  Bom  Äaifer  geWäblt  unb  erbielten  untergeorbnete  iitel. 
3"  Agilen  (Tacit.  bist.  1,11),  bem  flottift^en  ICiftrilt  unb  einigen  tleinercn  ©«bieten 
(Siebenam,  Seitr.  17)  \;aüm  fte  ben  auä  mititärifcfien  3Jer^äItniffen  entnommenen  litel  sb 
Praefecti  (§irfi^fclb,  Sigungäbcrit^tc  425  ff.),  in  ben  meiften  ^icrliergefiörigen  ©ebieten 
ober  lote  in  SRouretanten,  dt^ätien,  2.?inbi(ecien,  9toricum,  i^racien,  florfita  unb  ^ubäa 
nmrb«  ifmen  (febcnfalte  feit  (Slaubiuä)  ber  Smtäname  ^ßroluratoren  (griec^ift^  /tiI- 
TQOJTo;  Jos.  b.  j.  2,  i),  FTiagx'x:  Jos.  ant.  18,  2;  19,  !*  fj/te/uitv  im  ^fuen 
leftament   unb  Jos.  ant.  18,3    ober  bitfieXeri^g  Jos.   ant.    16,  4)   gegeben,  ber  ut:äo 


246  Sattk^eger 

f))rünglicl^  in  bev  9{e))ubli!  ben  bet)oIImäcl^tigten  ©efd^äftd^er  einer  ^ribat)Krfon,  boim 
im  Jtaifeneid^  f)>ejietl  einen  iBertoaltet  bev  laiferlid^en  ^riDatgüter  begeid^nete  unb  übo» 
l}aupt  fonft  finangieHer  9lrt  toar.  ^um  Unterfc^iebe  t)on  fold^en  l^öl^en  laifedid^ 
^nanjbeamten  n>urbe  ber  $robin)ial))rofuratot  mit  bem  t)oDftänbigen  Xitel  Procurator 

6  et  Praeses  be^eid^net  ober  e^  tourbe  il^nen  einfad^  bie  für  aQe  Jtlaffen  bon  tömtfc^ 
@tattl^altem  giltige  Sejeid^nung  Praeses  in  f})e3ieQerer  Sebeutung  gegeben  (93i>ra^ 
Oeuvres  unb  baju  3J{ommfen  ^nm.  5),  in  tDetd^er  benn  aud^  tool^l  bad  entfl^recpenbe 
gried^ifd^e  Hegemon  an  ben  bielen  ©teDen  bed  3i%^,  an  benen  ed  bon  ben  ^robiratoten 
^ubäa^  gebraucht  n>irb,   ju   faffen:  tft.    ®er  %xid  aber  Procurator  cum  jure  gladii 

10  bebeutet  n>ol^l  eine  @rn>eiterung  einer  getudl^nlid^en  Ronipzimi  (bgl.  Siebenam,  Settr.  18), 
tDäf^renb  procurator  vice  praesidis  ober  procurator  pro  legato  ftd^  tiHi^d^einKd^ 
auf  einen  folc^en  oberften  ^inanjbeamten  in  einer  eigentli^en  taiferlid^en  $rot>inj|  bejie^ 
n>eld^em  bie  @tetlbertretung  be^  Segaten  übertragen  tft.  2Bie  bie  $rot)tn}iaItm>Iuratorat 
gleid^  ben  Segaten  ber  eigentlid^en  taiferlic^en  ^rot^ingen  bom  Jtaifer  auf  unbeftimmte  3^ 

16  getDäl^It  tourben,  fo  toar  aud^  ii^re  amtliche  SteDung  tro|  bed  berfd^iebenen  Stange^  im 
n>efentlidben  bie  gleid^e  (Joseph,  ant,  18,  1,  1),  in  Sinjell^en  ober  toid^  fte  ob  unb 
\oax  auc9  in  ben  berfd^iebenen  Jllientelgebieten  berfd^ieben. 

2Sad  indbefonbere  bie  ^roturatoren  bon  2iubäa  betrifft,  über  todd^  toir  im 
übrigen  berl^ältni^mä^ig   gut  unterrid^et  ftnb,  fo  ift  nur  il^r  SSerböItnid  gu  ben  Segaten 

20  bon  @^rien  nid^t  boQIommen  ftd^er  gu  beftimmen.  @ine  Oberl^opeit  @)^end  über  ^ 
läftina  n>ar  ja  bereite  burd^  bie  ©eleudben  begrünbet,  bon  ben  ^Oj^monäem  mir  fifar 
lurge  3^t  abgen>e](|rt,  bon  ben  Slömem  aber  in  anberer  $orm  n>i(berl^ergefte&t  toorben, 
al$  fte  bon  @v^en  aud  in  ^aläftina  erobemb  einbrangen.  92ad^bem  $om))eiud  im  ^afyct 
64  bor  Qfy:.  ba$  eigentlid^e  @^rien  gur  romifd^en  ^robing  gemocht  l^tte,  untertDorf  a 

26  ^aläftina  in  feinem  gangen  Umfange  befinitib  ber  rdmifd^en  Dber^o^eit,  inbem  er  einen 
^eil  babon,  befonber^  ba^@ebiet  ber  gräcifterten  ©tobte,  unmittelbar  ber  fl^cBen  $robin) 
einberleibte  unb  bad  übrige  @ebiet,  in  bem  ^^rtan  II.  ald  QÜ^naxi)  unb  Ober^me^ 
eine  getoiffe  ©elbftftänbigteit  bel^ielt,  boc^  ber  Sfuffui^t  bed  ©tattl^alterd  bon  ©i^rien  unter» 
ftettte  (bgl.  b.  %  ^erobe«  S3b  VII  ©.  760).    ©«  fragt  fid^  aber,  ob  unb  intoietoeit  bieje 

80  lange  ^zxt  toöl^renbe  Unterorbnung  $aläftinad  unter  ©^rien  aud^  bamald  nod^  nod^tDirlte, 
ald  ba$  @ebiet  bed  Slrd^elau^  i.  ^.  6  n.  Sl^r.  ber  unmittelbaren  römifd^en  ^errfc^  unb 
ber  SJertoaltung  bon  ^JJroturatoren  untertporfen  tourbe.  ©obicl  ift  freilid^  fidler:  „fotoo^I  bad 
jus  gladii  biefer  ^roturatoren  toie  il^r  ganjed  Sluftreten  betoeifen,  ba^  fie  nic^t  ju  benen 
gel^drten,  bie  unter  einem  laiferlic^en  Segaten  ftel^enb  nur  finanzielle  @ef(^fte  beforgten'' 

86  (SDiommfen,  SRöm.  ®efd^.  V,  509  21.).  S""^^^'^  Swböaö  afö  einer  befonberen  Sßrobinj 
(Jos.  b.  j.  2,  8,  1 ;  Tac.  ann.  2,  42.  hist.  5,  9)  erfd^einen  f^e  ald  bie  bddUien 
^robingialbeamten  für  alle  @ebiete  ber  SSertpaltung.  Slnbererfeitd  aber  ift  ein  ouffouenb 
l^äufige^  Eingreifen  bed  Segaten  bon  Bt^xxm  in  bie  äSerl^ltntffe  bon  ^vibäa  unb  in  bie 
Slmt^bertvoltung  be^  bortigen  ^roluratord  ge(d^id^tlid^  bezeugt.  SDerle^tere  1^  unter  Um^ 

10  ftönben  ben  Sefe^len  be^  Segaten  gu  ge^ord^en  (Jos.  ant.  18,  6),  toirb  bon  i^  )ur 
SSerantn^ortung  gebogen  unb  abgefegt  (Jos.  ant.  18,  6,  2 ;  Bell.  jud.  2,  14,  3 ;  Tadt 
ann.  12,  54).  Unb  in  militärifd^er  Sejie^ung  ift  er,  ba  er  felbft  nur  über  b)entge  Ros 
Porten  berfügt,  bon  jenem boQftänbtg  abhängig:  e^  tommt  fogar  bor,  ba^  ber  Segat  noc^ 
93efinben,  o^ne  bom  ^rofurator  baut  aufgeforbert  ober  bom  Jtaifer  bamit  befonberd  be* 

45  auftragt  loorben  m  fein,  mit  einer  Slrmee  in  3ubäa  einrüdft  (Tacit.  ann.  12,  54).  ©oi? 
eine  ober  anbere  oiefer  93orfommniffe  mag  \a  nun  al^  ein  äludnal^mefall  aufgefo^  tDeä)cn 
lönnen  (SJJommfen  a.  a.  D).  Unb  3ofej)l^ud  fd^eint  auf  ©runb  berjelben  jtd^  eine  )u 
hjettgc^cnbe  rec^tlic^e  Unterorbnung  gubäa^  unter  ©V^en  borgeftellt  ju  l^ben  (ant 
17  fin.:  rov  dh  'AqxsMov  x^Q^^  vnoxeXovg  jiQoovefirji^eiatjg  jfj  2vq(ov\  bgl.  jieboc^ 

50  b.  j.  2,  8, 1 ;  ant.  19,  9,  2).  Slber  in  i^er  ®cfamt|^eit  mad^en  fte  e^  bod^  tool^rfd^etn» 
lid^,  bafe  bie  3?ac^ri4>t  be^  3*>f^^"^'  "^yxVixa  fei  bei  ber  römifd^en  Singie^una  ol^  ein 
Sinnes  bon  @^rien  bel^anbelt  tvorben,  nid^t  gänglid^  unb  einfad^  old  unrid^tig  (^ommfen) 
abjuhjeifen,  fonbem  in  ber  S^at  eine  geloiffe  red^tlid^e  unb  ftänbige  älb^gigleit  ber 
bortigen  ^roturatoren  bon  ben  Segaten  ©^rien^  angune^men  fei  (bgl.  ou^  Tac.  ann. 

55  12,  23). 

92ad^  innen  tbar  bie  ©etvalt  bed  $roturator^  bon  ^ubäa  nic^t  fel^  er^lic^  be» 
fc^ränft  burd^  bie  iübifc^en  SSel^örben,  loelc^e  bie  Slömer  i^er  getoö^nlid^en  $ra|^d  gemä^ 
auc^  bort  l^atten  fortbefte^en  laffen.  ^n  allen  römifd^en  ^robingen  l^ten  bie  ftäbttf(^ 
Sei^örben  ber  untertl^änigen   ©täbte  (SWarquarbt,  31.  Biaam,  l\  80  ff.),   bie  »efugni« 

60  }u  lommunaler  ©elbftbertoaltung  (bgl.  Siebenam,  ©töbtebertb.  174^.)  unb  )u  befc^riantter 


£aitb)if[eger  247 

ätet^t^flege,  nontentltdb  }ur  SSerl^ftung  unb  erften  SSerl^örung  ber  Sd^ulbigen,  )ut  93e> 
^ofung  tum  2)ie6fta^i  unb  anbeten  geringeren  SSerbred^en  unb  jur  Strafgetualt  über 
bte  eflotoen  (^oedt  223 ;  ^Jlommfen,  Staatsrecht  II,  1, 244).  S)ana(]^  ift  eS  )u  ertDarten, 
ba^  ed  äfynixq  oud^  in  2iubäa,  baS  bie  Stellung  einer  untertl^änigen  @emeinbe  l^atte, 
gdvefen  fein  b>irb  (mit  Unrecht  bel^auf)tet  eine  9(uSna^mefteDung  für  ^ubäa  @etb,  @e^  6 
f^ic^te  bed  römifd^en  JtriminoltjrojeffeS,  485  f.).  Unb  fc^on  feit  alter  ^^\t  beftanben  in 
aOcn  Seilen  $aIäflinaiS  ftäbtifc^e  ^eften!otIegien  ober  Senate,  toelc^e  für  bie  Stäbte  unb 
t^  £anbgebiete  SSertDaltung  unb  Slec^t^fle^e  auMbten.  93efonberS  n>o^l  in  SSe^ug  auf 
btefe  Idjtete  gunition  l^iefeen  fte  aud^  ©V^^ebnen  (3Rt  10, 17 ;  9Kcl3, 9  bon  Heineren  fiolal« 
geiid^t^fen).  ^aS  ^eftenloQegium  bon^erufalem  aber,  baS  minbeftend  feit  ber  griec^ifc^en  lo 
ßeit  beftanb,  l^otte  naturgemäß  bor  ber  römifd^en  ^errfd^aft  eine  für  baS  ganje  £anb  gittige 
lettenbe  Stellung  befeffen,  unb  fo  l^aben  benn  aud^  bie  9i5mer  fte  bei  ber  @infü^rung 
i^rer  unmittelbaren  9tegierung  im  eigentlid^en  ^ubäa  mit  @infd^ränfung  .auf  btefeS  engere 
®ebiet  fortbeftel^en  la^en,  toofür  bie  Stellung  beS  Slrd^ibilafteS  in  äi[gvt)ten  eine  ge^ 
toiffe  Snologie  bietet  SRatürlid^  bunten  auc^  fonft  überall  bie  Si^naaogen  ber  ^uben  i6 
oitd  frdcm  SBiUen  bie  3(norbnungen  beS  l^au^tftäbtifc^en  ©^nebriumS  befolgen  (3l@  9, 2). 
SDie  immunen  aber  ber  übrigen  bom  ^roturator  bon  ^ubäa  bertbalteten  SanbeSteile 
kiHtren  biefem  felbft  allein  untergeorbnet  3)agegen  in  93egug  auf  ha&  eigentlid^e  ^ubäa, 
ben  füblic^ften  2iett  beS  SanbeS,  l^atte  baS  ©^nebrium  bon  ^erufalem  9(nteil  an  ber 
ßcntralgetxHib,  inbem  il^m  bie  ^reidl^au))tftäbte  mit  ben  jel^n  ober  elf  Jtreifen,  in  toeld^e  20 
^uboa  geteilt  tourbe,  untergeorbnet  tbaren.  3(ud^  bie  bürgerlid^e  ©erid^tsbarleit  befaß  ed 
mit  Sinfc^luft  bon  J{a))italfad^en  (9(®  7,  57 f.;  Jos.  beU.  6,24)  für  aOe  ^uben  unb  fo« 
gor  bie  ©trafgetbalt  über  foU^e  rümifd^e  S9ürger,  toeld^e  berSOSamung  gum  S^ro^,  bie  eine 
an  ber  Stormorfd^ranle  bed  inneren  ^^em^efö  angebrad^te  Xafel  mit  Slnbrol^ung  ber  Sobe^ 
^fe  enthielt  (Jos.  bell.  5,5,  2;  6, 2,  24;  ant,  15, 11, 15;  aufgefunben  revuearch.  23, 26 
1872,  220),  ben  %€w!pd  »profaniert  l^atten  (Jos.  bell.  6,  2,  24;  ä®  25).  Snbeffen  beburften 
ntc^t  bloß  bte  Xobedurteile  beS  ©^nebriumd  ber  93eftötigung  bed  ^roIuratorS,  bem  toie 
bot  ©tott^oltem  ber  übrigen  ^rohtratorifc^en  ^robinjen  (^Rarquarbt,  ©taat^erto.  I, 
557,  9L3;  ÜRommfen,  ©taat^ed^t  II,  1,  246;  ^irfc^felb,  @i|ungSberid^te  438)  aOein 
bad  jus  gladii  jutam  (Jos  .bell.  2,  8, 1),  fonbem  aud^  in  feiner  ganzen  fonftigen  Sl^äs  so 
tiglett  bliä  ed  immer  bon  ü^m  abl^ängig.  3)ad  gilt  ebenfo  toie  bon  ben  S^ertoaltuttg^ 
angclegenl^en,  in  toeld^en  toir  aud^  anbertoärtS  eine  toeitgei^enbe  älb^ängigfeit  ber  (Se- 
mctnbaäte  ber  Untert^anenftäbte  bom  ©tattl^alter  finben  (^eberbe^,  D))ramoaS,  ^S^f^^* 
b.  3*l^obii*oli«,  aStcn  1897;  9Jlommfen,  %  ©trafred^t,  240,  Slnm.  1),  aud^  bon  ber 
(Senc^tdbaiteit  (Jos.  ant.  20,  9, 1).  ^n  biefer  ^md)unQ  ftimmt  gu  allen  fonftigen  86 
92ac|rri(^ten  boDIommen  bie  ^arfteQung  ber  neuteftamentlidS^en  @bangelien  bon  bem 
^^  B^en  SefuiS  (bgl.  SRommfen,  91.  ©trafred^t,  240).  äBo^l  betoirtt  aud^  l^ier  bie 
Sololb^drbe  bie  Serl^aftung  unb  fteJDlt  bad  93erl^5r  an  unb  aud^  ber  3)elitt  toirb  nad^  iltt)ifd^em 
9lec^  be^anbeli  9lber  aud^  bem  ©tattl^^alter  toirb  ber  SSerurteilte  borgefül(^,  er  toirb 
bon  t^  befiogt,  bann  toirb  bie  ^inrid^tung  bon  il^m  berl^ängt  unb  in  römifc^er  ^orm  40 
ou^efü^  SBoiS  aber  bie  in  2|ubäa  ft^  aufl^ltenben  römifc^en  Bürger  betrifft,  fo  ftanben 
fie,  toie  oud^  fonft  ben  ^robin^ieQen  ©tabtbe^örben  bie  ©trafgeric^tdbarteit  über  rümifc^e 
Sfirger  nur  oudnal^mdtoeife  ^ugeftanben  tourbe  (3Rommfen,  9t.  ©trafr.,  236),  bon  ber  er« 
too^nten  Sudno^me  abgefe](ien,  nid^t  unter  ber  ^iurisbittion  beS  S^nebriumS,  fonbem  unter 
btr  bed$roluratord(9l®  23,  24).  S)od^  toaren  fte  toie  überaO  fonft  im  Sftöm.  Sfteic^e  (9(@  tf 
16,87;  Liv.  10,9;  Cic.  pr.  Rab.  4;  Dio  64,2;  Plin.  ad  Trajan.  96,4:  PHn. 
^.  2,  11;  Paulus  sent.  5,  26;  Dig.  48,  6;  TOommfen,  31.  ©trafred^t,  47,  242,  329, 
633),  fo  oud^  in  ^uböa  bor  entel^enben  Jldrt)erftrafen  gefd^ü^t  Qm  22,  25)  unb  be« 
ret^ttgt,  einen  J{a))ital))rojeß  bor  bad  Jlaifergerid^t  in  9{om  ju  bringen  unb  gtoar  fotool^l 
buR^  boOe  9telufterung  bed  ftatt^alterifd^en  Seric^t^  (fo  äl@  25, 10  unb  baju  ^ommfen,  60 
9lc(^tdbcr^altntf[e  94  %)  afö  burd^  ^pptüaixon  bon  biefem  an  ha&  !aiferlid^e  ®erid^t  atö 
Idste  Sttfton).  ^n  militörifd^er  ^ejiel^ung  l)(dtta  bie  ^roturatoren  bon  Iguböa  jtoar  ben 
Ooeibefe^l  über  ote  in  ber  5ßrobinj  fte^enben  a:nH)})en,  berfelbe  ^atte  aber  toenig  toirllid^e 
S^eutung,  ba  i^en  nur  toenige  Jlol^orten  jur  SSerfügung  ftanben  (nä^ered  barüber: 
bei  ©#rer  3102:^  18, 413 ff.;  @gli,  baf.  27,  10 ff.;  3Kommfen,  $erme«  19,217  anm.;66 
^\x\dfidb,  ©t^gdb.  433  f.).  ^iefetben  toaren  ftationiert  in  6äfarea'©tratondturm,  ba^ 
bie  Sleftbcnj  be«  5ßrofurator«  loar  (ä©  23,  23 ff.,  25,  Iff.;  Jos.  ant.  18,3,  1; 
20,5,4.  b.  j.  2,  9,2;  12,2.  14,4fin.  15,  6fin.  17,1;  Tac.  ant.  2,78)  unb  ftd^ 
boju  audf  befonberd  gut  eignete  fotoo^l  toegen  bed  bortoiegenb  ^eibnifd^en  (S^aralter^  ber 
Sintoo^er  ald  tt>egen  feiner  fc^önen  Sage  am  üReere  unb  feiner  bun^  ^erobed  b.  @r.  go 


248  Sottktifleger 

au^efül^rten  glänjenben  tnneven  Studfd^müdtung  mit  großartigen  ^olafttouten.  SBemgflend 
einmal  im  ^af)xz  mußten  aber  bie  ^roturatoren  nad^  ben  für  famtlic^e  r5mif(^  QtatU 
fydtct  geltenben  Seftimmungen  eine  9lunbreife  burc^  bie  ganje  ^robina  machen,  um  in 
beftimmten  größeren  ©tobten  (ben  Ronbenten)  bie  ii^nen  julommenbe  Slec^t^flege  oud* 

6  juüben  (Cicero  Verr.  5.  12,  29 ;  ©trobo  3,  4, 20 ;  Plin.  ep.  10,  85 ;  Gajus  1, 20; 
Cassiod.  var.  5,  14,  7;  12, 15,  7).  Unb  nad^  Serufalem  lamen  pe  häufiger,  gctoöl^nß^ 
tDO^I  junöc^ft  balb  nad^  i^em  älmt^ntritt  (3(®  25, 1)  unb  außerbem  )u  ben  großen 
jübifd^en  %^^^,  befonberd  jum  $affal^feft,  um  ber  ®efal^r  t)on  3;umulten,  toel^  unta 
ber  großen  iDlenge  t?on  ^tbefuc^em  leidet  entfteben  lomtten,  t)or)ubeugen.    Sie  tooren 

10  ba^er  bei  ben  l^teren  @e(egenl^eiten  bon  einer  Sibteibmg  Solbaten  begleitet  (Jos.  ant. 
20,  5,  3),  bie  in  ber  »urg  Sntonia  am  3:enH)eIj)Ia|e  ftatiomert  tourben  (81®  21,  31  ff.; 
22, 24  ff. ;  23, 23  ff.).  @in  frül^erer  $a(aft  bed  ^erobe^  ober  tourbe  ebenfo  n)ie  in  e&f<nca 
(Jos.  ant.  15,  9,  6)aud^  tnSerufalem  jum  «JJrätorium  (gütiger:  SRid^tl^u«, 3Rt  27,  27;3Rc 
15, 16;  3o  18,  28;  19,9;  91®  25,  23)  b.  1^.  gur  Slmtötool^nung  be«  ^rofuratord  bemi^t, 

16  in  toeld^er  er  jugleid^  9led^t  f^rac^  unb  auc^  Unterfud^tmg^efanaene  unterbringen  lonnte 
(31®  23, 35  f.).  2Bie  in  ber  9Sertoaltung,  fo  bienten  aud^  in  ber  Slec^t^flege  m^me 
SRäte  unb  Seifiger  (comites,  ovfxßovhov  S[®  25, 12),  bie  ben  ^JJrofurator  in  bie  ^Jro^ 
bin)  begleiteten,  il^m  ^ur  Unterftü^ung  (bgl.  ®eib,  5triminal))r.  243;  üRommfen,  ^ermed 
4, 123).    ajaß  berfelbe  auc^  feine  ^au  nad&  3ubäa  mitnal^m(aRt  27,  19;   «®  24,24; 

20  Jos.  ant.  20, 10, 1),  entf^rac^  etner  allgemeinen,  ben  ^robinjialftattl^tem  unter  ber 
9le))ublil  nod^  berfagten  (Seneca  contr.  9,  25),  in  ber  Jtaiferjeit  ober  getoö^rten  Sr^ 
laubni^  (Tacit.  ann.  3,33;  biele  l^nfc^riften  auf  ^entmälem  ber  Segaten  für  i^ 
trauen  unb  ber  le^teren  für  il^re  ®atten),  beren  ®ebraud^  freilid^  balb  )u  fol^fen  Unju» 
träglid^!eiten  fü^e,  baß  unter  Siberiu^  berorbnet  tourbe,  jjeber  $räfed  foQe  für  bod  Ssec^ 

25  galten  feiner  ^au  beranttoortlid^  fein  (Tacit.  ann.  4, 20),  unb  f^öter  fogar  toieber  bad 
5Kitnel^men  ber  grauen  ungern  gefeiten  tourbe  (Ulpian  4,  2 ;  Dig.  1,  16  de  off.).  SUlen 
©tattl^altem,  alfo  aud^  ben  $ro{uratoren,  tourben,  um  ®r))reffungen  ber  ^robinjen  ju 
ber(!üten,  oax^  ber  ©taatdiaffe  Um^ug^elber  unb  ein  beftimmted  iö^lid^ed  ®e^  au^ 
ge3a^lt,  beffen  $5l^e  ftd^  aud^  bei  ben  ^roturatoren  nac^  ber  ®röße  ber  $robin)   tmb 

so  bem  SRange  be«  ©tattl^alter«  ober  aud^  (^irfd^felb,  Unterf.,  86,  260)  nad^  ber  Slrt  ber 
aSertoaltung  rid^tetc.  ©ie  tourben  bal^er,  je  nac^bem  fte  200000,  100000  ober  60000 
©efterjien  (=  ca.  45000;  22  500  unb  13000  SReic^marl)  eri^ieüen,  Ducenarii,  Cen- 
tenarii  ober  Sexagenarii  genannt  (Suet.  Claud.  20;  Dio  53,  15  f.,  f))äter  atu^  auf 
Snfd^riften  Or.  2648  C.  J.  G.  5895);  einige  ^roIuratorenfteDen  toaren  nod^  ^ö^botiert, 

86  aber  feine  annäl^emb  in  ber  $ö^e  be^  ®e^a(ted  bon  einer  ^JlUIion  ©efter^ten,  hcA  bie 
^rolonfuln  bon  Slften  unb  Slfrila  b^gen.  3lud^  burd^  fonftige  SSerorbnungen  fuc^ten 
bie  Jtai(er  bie  ^robtn^en  gegen  bie  ^Ulfür  unb  Slu^beutung  bon  feiten  ber  ©tattl^olter 
)u  befd^ü^en,  toeld^e  bie  (Sefe^e  ber  9fle))ubtil  nid^t  l^atten  berl^üten  rönnen  (Tacit.  ann. 
1, 2).    ^ie  ben  ©tatt^altem  übertragenen  ^nltionen  unb  Sefugniffe  tourben  beutlic^  be» 

40  ftimmt  unb  burc^  eine  beim  älbgange  in  bie  ^robinj  bom  Jtaifer  angefertigte  ^Injinmion 

eftgefteQt  (mandata  principum  Dio  53,  15  ;  Plin.  et  Traj.  ep.  64;  De  off .  procons. 

1,  16).    gür  bie  barin  nid^t  borgef ebenen  %'(^z   Ratten  bie  ©tattl^lter  in  3lom  onju« 

fragen.    Sefonberd  aud^  bie  ©teuem  unb  älbgaben,  toeld^e  bie  $robin;i  ju  jaulen  Rotten, 

tourben  genau  geregelt,  unb  ed  tourbe  ben  ©tattl^altem  berboten,  biefelben  }u  berme^ren 

46  (Dio  58,15;  57,10;  Tacit.  ann.  4,6).  Suc^  ©efd^ente  anjuncl^men  (Dio  53,16) 
ober  ®elb  auf  ^xa\za  au^juleil^en  (Dig.  XII,  1  de  reb.  cred.)  toar  i^ncn  unterfogt; 
be^leid^en  l^atte  fc^on  äluguftu^  für  \\t  ba^  fretlid^  balb  bergef^ene  SSerbot  erlaffen,  toö^renb 
ber  älmt^bauer  unb  ber  nöc^ften  fed^jtg  Xage  ^anl^  unb  ß^renbeaeugungen  ber  ^robtn) 
anjune^men  (Dio  56,  25).     ^^mer  mußten  fie  gleid^  nad^  ^Infunft   be«  Sloc^folger«  bie 

60  ^Probinji  berlaffen  unb  fpäteften«  in  brei  5Konaten  fid^  in  SRom  borfteDen  (Dio  63, 16), 
bamit  bie  ^robinjialen,  benen  bafür  3lbbofaten  befteDt  tourben,  gegen  toiBlürlidJK  88er» 
toaltung  Älage  ergeben  lonntcn  (Tacit.  ann.  3,60—70;  4,15;  15,20).  3tter  biefe 
®efe(e  batten,  toie  in  ben  übrigen  ^robinjen  (o  auc^  in  ^ubäa  teine  boÖftänbige  SEBirlung. 
6^  fehlte  ^ter  bei  ben  ^roturatoren   ni^t  an  93eifpielen  bon  ®rau{am!eit  (Jos.  ant 

66  20,11,1)  unb  »eftcc^lic^teit  (Jos.  ant.  20,11,1;  Bell.  2,  14, 2  bgl.  21®  24, 26). 
Unb  unfäl^ig,  ftc^  in  bie  @igentümltd^feiten  be^  jübifd^en  SSolte^  ^u  j^ben,  reijten  fte 
beffen  SBibertoiHen  gegen  bie  römifd^e  §errfd^aft  in  immer  ftrigenbem  SKaße,  f o  baß  jtc 
jum  älu^brud^  be^  jübifd^^römifd^en  Jlrieged  aud[^  t^rerfeitS  nic^t  toenig  mittoitften. 

aSon  benjenigen  ^Profuratoren,  toeld^e  in  ber  ^6i  bon  6—41  n.  6l^r.   baö  ®ebiä 

60  be«  Slrc^elau«  bertoalteten,  toirb  im  912:  nur  5ßilatu«  genannt  (9Jlt  27,  2 ff.;  28,14; 


Sattktifleger  Saufraitt  249 

2c  3, 1 ;  20,  20),  f.  b.  31.  gn  ben  Sollen  41—52  n.  6l^r.  tourben  nod^  ebimal  otte  Seile 
Don  $alä{lina  unter  ber  ftüntgdl^errfd^aft  be^  ^erobe^  9(9n))))a  bereinigt.  3lad)  feinem 
2;obe  tourbe  fein  Steid^  toi^er  römifc^en  $roIuratoren  )ur  SSertDoItung  übergeben,  bie  ed 
umäd^il  in  feinem  ganjen  Umfange  44—52  n.  6^r.,  bann  ol^ne  bie  an  ^erobed 
90n)))>a  n.  gefallene  Sletrard^ie  bed  $l^ilt)}))u$  hxi  jum  S3eginne  bed  jübifd^en  jlrieged  6 
52 — 66  regierten.  Sind  biefer  itoeiten  SRct^e  bon  $roluratoren  toerben  im  3i%  Äelij 
(«®  23,24ff.;  24, 1.  10)  unb  geftu«  (21©  26,30)  ertoo^nt.  ©.  b.  21.  »b  VI  6.28. 
Uebet  bie  übrigen  ^roluratoren  f.  93b  IX,  481  f. ;  über  bie  t^nanjbertoaltung  biefer  Statt« 
fydUt  f.  b.  «rtt  ©«Haftung,  3oB,  3öaner.  (Sieffert* 

Soitfrtitl,  $rior  bon  See,  Srjbifd^of  bon  Santerburl;,  geft.  1089.  —    Guellentio 
Opera  ed.  VäditT^i,  $arid  1648;   banac^:  Bibl.  Patnim  18,  p.  617—833;  neue,  aber  ^öc^ft 
minbenoertige  Sudgabe  x>on  &ik^,  patres  ecclesiae  Anglicanae,  2  vol.,  O^forb,  $arid  1844; 
92ad)bru(f  btejer  9(udgabe  unb  ber  ^uSgabe  V'Ribtxr^^  in  MSL  t.  150.—  Einige  ^Briefe  unb 
bie  Constitiitiones  ftnben  ftd^  bei  SilfiniS,  Concilia  Magnae  Britanniae  t.  1.    ^en  liber  de 
corpore  et  BaDgnine  Domini  ebierte  ^uerft  Sid^arb,   ^ofel  1518,   bonacft  (Suillaume  le  IRat,  15 
»ouen  1540;  weitere  (gbitionen:  ©ofellööl;  in  ber  Collectio  Orthodoxograph.  t.  I,  1279  ff., 
ebb.  1555.    3^^  Siograp^ie:   t>g(.  Vita  Lanfranci,  ro^e,    aber  nic^t  ganj  mertlofe  ^om« 
|)Uation,  Derfagt  na(6  1130  t)on  Wlo  (Sridpin,  Kantor  ju  See,  ed.  mM  I,  p.  281  {if.;   SSRa^ 
biüon,  ASB  saec.  VI,  vol.  2,  p.  628  ff. ;  Appendix  ad  Anglo-Saxon  Chronicle  ed.  2:6or))e 
unb    Sarle ;  (£obmer,    Historia  Novorum  in  Anglia,    ed.  ^u(e    in  Bolls  Series    p.  20  ^. ;  ao 
GuilelmuB   MalmesbiriensiB,    Gtesta  Pootificum  Anglorum   ed.  Hamilton   in  Eolls  Series 
p.  37  ff. ;    Wilhelmus  Pictaviensis,    G^ta  Wilhelmi  ed.  @^tled    in  SS  rer.   gest.  Wilhelmi 
p.  115ff. ;  Ordejricus  Vitalis,  Historia  ecclesiastica  ed.  le  Pr^vost  passirae ;  Sigibert  üon  ©em^ 
blou^:,  liber  de  Script,  eccl.  c.  150,  MSL160, p.  582f.  fiitteratnr:  Histoire  litt^raire  de  la 
France  t  8,  p.  260 — 305;    Antoine  Charma,  LanfraDc,   $arid  1849;  Hook,  Lives  of  the  25 
archbiihope  of  Canterbury  vol.  2;    Joseph  de  Crozals,  Lanfrane,   sa  vie,    sod    enseigie- 
ment,  sa  politique,  $arid  1877;  Pietro  Moiraghi,  Lanfranco  di  Pavia,  Padona  1889. —  %gl. 
aufterbem  für  bie  SBirffamfeit  £.9  in  $at)ia :  Kobolini,  Notizie  appartenenti  vlle  storia  della 
sua  iiadria  2,  p.  112 ff.;  ^i^erfrl,  ©efcb   bed  fiangobarbenred)tg.  iBerlin  1850:  Soretiud  in  ber 
praefado  )um  Liber  Papiensis  MG  LL  t.  IV ;   Sarti-Fattorini,    De  clarissimis  archi^m-  ao 
nadi  BononienBis  professoribus  2.  ed.  Bononiae  1888—1896,  I,  P*  3ff.  —    ^ür  £.9  Sirf« 
fomfeit   in  ber  9?ormanbie  ogl.  oben  9b  2   @.  608 f.;  Freeman,  The  Norman  Conquest  of 
England,   9b  3,  4  ;    berfelbe,    William    the  Conqueror,    in   the  CoUection  pf   Statesmen, 
p.  141  ff. ;    Stubbs,   Gonstitutional  history  I,  p.  281 ;   Albert  du  Boys,  UEgliso  et  T^tat 
en  Angleterre  depuis  la  conqu^tc  des  Normands,   $arig  1887 ;  9i)6nier,  SHr^e  unb  @taat  85 
in  (jhiglanb  unb  in  ber  S^orntanbie  im  11.  unb  12.  ga^rbunbert,  Seip^ig  1899;  berfelbe,  ^ie 
r^(f(tungen  fianfranfS  ))on  (Santerbur^  in  @tubien  ^ur  @)ef4i(^te  ber  X^eologie  unb  ^irc^e, 
fieil^ig  1902. 

3e  bebeutfamcT  bie  SloDe  ift,  bie  SanfranI  aU  Seigrer,  ©elel^rter,  Jtird^enfürft  unb 
Staatsmann  in  ber  ©efd^id^te  bed  11.  ^al^rl^unbertd  gef))ie(t  ^at,  um  fo  bebauerlic^er  ift4o 
eS,  bo^  er  felber  lemerlei  iRac^d^ten  über  fein  beh)egted  Seben  binterlaffen  unb  erft 
40  ^afyct  nadf  feinem  ^be  einen  S9iogra^^en  gefunben  l^at.  9Bir  erfahren,  ba^er  gerabe 
über  bie  entfd^eibenben  ^cifyct  feiner  @ntn>i(Ielung  unb  aud^  über  feine  9Birifam!eit  in  ber 
9{onnanbie  fe^  toenig  unb  aud^  über  bie  legten  19  ^a\)xt  feine«  Seben«  (1070—1089) 
gerobe  nur  fobiel,  b^  toir  tool^I  eine  tlare  iBorfteDung  t)on  ben  ^Jlotiben  unb  ^klm,  45 
nic^  ober  ein  Silb  \>on  bem  93erlauf  feine«  äBirlen«  im  einzelnen  ju  geh)innen 
bctmdgcn« 

1.  ^eriobe  1005(?) — 1041.    ©o  toenig  toir  aud^  über  bielgugenb  be«  großen 
VUamt^  toiffen,  fo  fie^t  bod^  feft,  ba^  aud^  für  feine  @ntn>idEeIung  ^eimat  unb  ^erlunft  t)on 
entfdktbmba  SMbeutung  toaren.  ^n  ber  alten  lombarbifd^en  $au))tftabt  $at)ia  ift  er  n>ol^I  50 
m  Segtmt   bcd  11.  3a^l^unbert«  —  ber  üblid^e  3lnfa|  1005  berul^t  auf  einer  ganj  um 
fieberen  Berechnung  SWabiDon«  —  geboren.  ©eine@ltem,  §aribalb  unb  SRoja  (Gervasius, 
Actus  ponti!.  Opp.  ed.  Stubbs  II,  p.  363  f.),  gehörten  ju  bem  äbel  ber  ©tabt.  3)er  3Jater 
beKetbete,  toie  e«  fd^eint,  ein  ämt  in  ber  ftäbtifc^en  Sertoaltung.  Sid^er  toar  er  ein  juriftifd^ 
gebilbeter  9Rann.    S)enn  ^cdöxa  toar  bamal«  nid^t  nur  bie   blü^enbfte  ^anbe(«ftabt  ber  55 
£ombarbet,  fonbem  oud^  Sleftben^  be«  !aiferlid^en  ^falggerid^t«  unb  al«  folc^e  liugleid^  ber 
©if^  einer  beruhten  9led^t«fd^ule  unb  bie  ^ert)onagenbfte  ^flanjftötte  juriftifd^er  Silbung 
in  gon^  3^^^-    S)em  mt^pxidftnh  geftaltete  ftd^  aui}  bie  Sr^iel^ung  be«  jungen  S.    @r 
erhielt  oen  Ablief  Unterrid^t  in  ©rammatil  unb  9ll^etori!,   aber  mit  bem  Unterrid^t  in 
ber  Slbetoril  {ugleic^  eme  elementare  Untertoeifung  im  römifd^en  SRed^te  (bgl.  Vita  c.  13.  eo 
3>ie   berül^mten  38orte  flammen   t)on  äBUI^elm  t)on  $oitier«,  t>gl.   ^ölfd^ungen   §  8). 
9Uiät  bem  frfi^  Zobe  be«  SBater«  berlie|  er,  toie  e«  ^ei^t,  für  einige  3eit  bie  ^eimat, 


260  fianfranl 

um  au«h>ärt«  ju  ftubicren.  3)a^  er  aud^  nai)  Bologna  flegangen  fei,  melbet  jebod^  leine 
ber  alten  DueDen.  @rft  SRobert  bon  Sorigni  er^ä^It,  bafe  er  bafelbp  im  Serein  mit  grnetiu« 
bie  römifdben  leges  toieber  aufgefunben  unb  atebalb  in  Vorträgen  erllärt  i^oBe.  aber  biefe 
angäbe  ift  fo  fagen^aft,  ba^  man  mit  il^r  nic^t«  redete«  anfangen  lann.  JJeftfte^t,  bafe  ber^öng» 

6  ling  nac^  längerer  2lbh)efen^eit  toieber  in  feine  SJoterftabt  jurüdtfel^rte  unb  bort,  nad^bcm  er  f^ 
eine  genaue  Äenntni«  be«  lombarbifc^en  Siedet«  angeeignet  ^atte,  ate  SJntoalt  gu  Jnrdhijiercn 
begann,  äte  fold^er  erntete  er  bie  größten  erfolge,  fo  bafe  er  oHmö^lid^  einer  ber  am 
gefe^enften  ^uriften  ber  5ßat)efer  ©d^ule  hjurbe,  „beffen  Urteile  unb  ©utac^ten  bie  Slec^l«* 
aete^rten  gerne  annal^men".  3  ©teilen  be«  liber  Papiensis,  in  benen  er  namentlich  onge» 

10  fü^rt  toirb,  MG  Leges  IV,  p.  CXXXVIII,  geben  noc^  3eugni«  bon  feinem  Stumme,  feinem 
juriftifd^en  ©c^arffinn,  feiner  juriftifd^en  Silbung.  —  3c  größer  ba«  Slnfe^  toat,  beffen 
er  fid^  erfreute,  um  fo  befremblid^er  ift  c^  aber,  ba^  er  plö^Iid^  ber  §eimat  Solet  fagtt 
3lad)  bem  f))äteren  S3eric^te  be^  chronicon  Beccense  l^ätte  il^n  lebiglid^  bie  Su^j^ 
auf  noc^  größeren  Stu^m  unb  @eh)inn  in   bie  ^^e  gelocft.    9lber  bi^e  Angabe  flammt 

16  au«  fef^r  ]pätzt^t\t  unb  Hingt  ^öc^ft  unglaubtoürbig.  Silier  SBal^rfd^einlid^feit  nad^  berßej 
S.  t^ielme^r  nid^t  freitoiHig  $abia,  fonbem  mürbe  berbannt  (vita  c.  13  in  exilio),  loo^ 
n>eil  er  ak  3tnge](|öriger  be«  ©tabtabeld  in  bie  fojialen  unb  ))olitifd^en  ftämpfe  DertoidEdt 
loar,  bie  in  ben  ^af)xm  1035—1043  in  ben  lombarbifd^en  ©tabten  toüteten.  Aber  toie 
lam  er  bagu,    gerabe  ju  Slbranc^e«  in   ber  9lormanbie  eine  ^^f^^^^  i^  fud^en  unb  oB 

20  Se^rer  fid^  nieberjulaffen  ?  ^atte  er  Sejiel^ungen  ^u  9Konts©amt*3Ktd^el,  too  bamote  ber 
Italiener  ©uj)))o  al«  2lbt  fungierte  ?  ober  lodfte  il^n,  toie  fo  biele  Italiener,  ber  9luf  feine« 
großen  Sanb^manne«  SBil^elm  bon  3Sol))iano  in  ba«  „toilbe  £anb  Der  ©eeräuber"  ?  Unfere 
QueQen  geftatten  un«  nid^t,  biefe  t^ragen  ju  beantworten,  nur  ba«  eine  bürfen  toir  fär 
au^gemad^t  anfe^en,  ba^  ber  geleierte  Sombarbe  in  bem  abgelegenen  normannifc^  2anb« 

26  ftöbtd^en  aU  Seigrer  fe^r  toenig  ^nllang  fanb  unb  bal^er  fel^r  balb  ben  @ntf(^lu^  fa|te, 
nad6  ber  $au))tftabt  ber  92ormanbie,  nad^  Stouen,  überjufiebeln.  älber  auf  bem  SBege 
naq  Slouen  tourbe  er,  toie  e«  l^ei^t,  in  bem  äBalbe  an  ber  Stille  bon  Stöubem  überfallen 
unb  mit  gefeffelten  ^änben  unb  berbunbenen  Slugen  in  ber  38ilbnid  gurüdEgelaffen.  ^n 
ber  fd^rcdflic^en  9lad^t,  bie  er  l^ier  jubrad^te,  gelobte  er,  toenn  ®ott  il^n  befreie,  fein  fk» 

30  nere«  Seben  bem  ^ienfte  @otte«  ju  toibmen.  ©ein  ®ebet  n>arb  erl^ört.  ®qon  am 
näc^ften  3Korgen  toarb  er  burd^  toorübergie^enbe  SBanberer  befreit.  Unb  fogleic^  etffiQte  a 
fein  ©elübbe,  inbem  er  fid^  in  bem  unloeit  ber  ©tätte  be«  Überfall«  gelegenen  Jtlofter  2e 
33ec  jum  Eintritt  melbete.  3)a«  gefd^a^  nad^  ber  Scccer  3^rabition  (erfter  3^^-  Stöbert 
t)on  Xorigni)  im  ^a^x^  1042. 

85  2.  5ßeriobc  1042  —  10  70.  3)a«  Älofter  93ec  beftanb  Damal«  erft  5  3a^  6«  toor 
noc^  fe^r  arm  unb  fe^r  fc^toac^  befe^t,  e«  tourbe  aud^  bon  feinem  @rünber,  bem  alten 
Ärieg«mann  §erluin,  offenbar  nid^t  befonber«  gefd^idt  geleitet.  35enn  bie  Sebcn^toeife 
ber  Wenigen  Srüber  tnt\pxad)  teine^Wcg«  ben  ftrengen  gorberungen  be«  a«!ettf(^  3^eaä. 
^aum  eingelleibet,  bereute  ba^er  Sanfran!  feinen  Sntfd^lug  unb  fa^e  ben  $lan,   ^etmli(^ 

40  ju  entfliegen.  Slber  3lbt  §erluin  merfte  jur  redeten  3«t  feine  Slbfid^t,  betoog  tbn,  fn 
bleiben,  ja  er^ob  il^n  jum  $rior,  übertrug  il^m  alfo  fd^on  je^t  tl^öc^lid^  bie  fieitung 
ber  SKbtet.  Salb  barauf  begann  nun  Sanfrant  wa^rfd^einlid^  in  See  ai  lehren.  Stter 
fein  ©d^ülerlrei«  War  fw^er  junäc^ft  fe^r  flein,  unb  feine  ©d^ule  erfreute  fid^  fii^ 
felbft  in   ber  9iormanbie  bi«  gum  ^af)xc  1050    nic^t  fold^en  anfeilen«,   toie  bie  Q^t 

i6bon  ^our«  unD  bie  ^omfd^ule  bon  Süttid^,  obgleich  bie  framöftfd^en  ©j^olofter  alt 
mäl^lid^  auf  i^n  aufmerffam  tourben  unb  i^n  al«  tüd^tigen  ÄoÜegen  fc^fo^en  lernten 
(bgl.  Serengar«  gel^bebrief).  ®rft  burd^  ein  untoor^ergefel^ene«  Sreigni«,  tvxd^  ben  3bt«bn4 
be«  3lbenbmal(;l«[treite«,  toarb  er,  man  barf  too^l  fagen,  mit  einem  ©daläge  eine  abenb» 
länbifc^e  Serü^mt^eit.   2Bo^I  um  bie  Jlurie  auf  bie  beabftd^tigte  unlanonifcpe  Serbinbuna 

CO  SBil^elm«  be«  gröberer«  mit  5Kat^ilbe  toon  glanbem  aufmertfam  %\x  machen,  ^otte  er  ^ 
im  ^Qi)xc  1049  ^n  bem  Äonj^ilc  £co«  IX.  nad^  9leim«  begeben  unb  toar  bonn  im  ®f 
folge  be«  $aj)fte«  mit  nad^  SRom  gejogen.  2)ort  eneic^te  il^n  Dftem  1050  jur  3«t  be« 
£ateran!onjil«  Serengar«  gel^bebrief.  SBic  er  bd)auput,  l^ätte  ba«  Äomil  au«  biefem 
Sriefe  aud^  toiber  i^n  iJerbad^t  gefd^öpft.    ^ebenfaD«  legte  er  auf  Sefe^l  Seo«  IX.  m 

66  berfammeltem  fionjil  au«fü^rlid^  feine  eigenen  älnfd^auungen  über  ba«  älltarfalrament  bot 
Son  biefer  ©tunbe  batiert  fein  ganjer  t^eologifd^er  9lu^m.  3)enn  ba«  ÄonjU  begrüß 
feine  Darlegungen  mit  bem  größten  Seifalle.  3ERit  ganj  befonberer  SQäärme  ober  erfläte 
fid^  für  il^n  bie  Äuric.  Seo  IX.  behielt  il^n  gleich  bi«  jum  ©ej)tember  in  fetner  Mm 
gebung,    betraute  i^n  bann   auf  bem  Äonxil  gu  Sercelli  gleid^fam  al«  pöt^ftlid^  2:^ 

60  logen  mit  ber  SEBiberlegung  Serengar«  uno  getoöl^rte  i^m  fo  bie  @elegeni[^  ya  einem 


Saitfrattl  251 

jtoetten  biOtgen,  aber  glänjenben  Xriunü)l^e  über  ben  berül^mten  SRetfter  ber  Stalettt!.  @benfo 
bucd^^Iaoerb,  tomn  auc^  nid^t  fo  mül^elo^  toar  ber  Sieg,  ben  er  al^balb  in  ber  9{ormanbie 
über  bte  Serengorianer  babontrug.  3[uf  bem  „Ronixl"  t)on  Srionne  (untoeit  See)  getDann 
er,  b>te  ed  fd^eint,  bie  normännifd^en  $rölaten  in  ber  ^Jlei^rja^l  für  ftd^.  9(ber  e^  glüd^e 
t^m  nid^t,  Sorengar^  älnl^änger  t)on  i^rem  Unrechte  ju  überzeugen,  ^iefelben  blieben  l^ort^  5 
lUicftg  bei  il^er  Snfid^t,  fo  ba^  ber  lirc^Iid^e  unb  })olitifd^e  Oberl^en  bed  Sanbe^,  ^erjog 
SBtl^ltn,  fc^lte^id^  ®eh)alt  gebrauchte  unb  fte  )ur  ^eube  aSer  kommen  au^  bem  Sanbe 
iogte.  SSUi^renb  biefe  drtlid^en  5täm})fe  fid^  abf))ielten,  ftieg  bie  ^af)l  ber@d^olaren  in  See 
tH>n  ^äfyc  )u  ^afyc,  ®ie  borbent  faum  t)on  älu^toärtigen  befud^te  ©d^ule  überflügelte 
binnen  turjem  %ovx^  unb  aSe  anberen  berül^mten  @d^ulen  be^  9(benblanbed.  Tamofen  10 
(3Do  Don  ß^rtreg),  SSlamen  (©uibo  bon  ämien«?),  SDeutfd^e  (SDietric^  t)on  5ßaberbom, 
aSUKroin  Don  Sberi^erg),  Italiener  (9(nfelm  Don  Slofta)  toanbten  ftc^  bem  neuen  Sterne 
}U,  ber  ben  Slul^m  l^öd^fter  @e(e^rfamleit  mit  bem  ©lanje  fledtenlofer  9led^tgläubig!eit 
Derbanb.  Sor  aJDlem  aber  bezeigten  bem  neuen  ^Reifter  al^  il^rem  bogmatifc^en  ^er« 
trouendmonne  bie  ^ßö^fte  i^re  ©unft.  92itolau$  II.  fd^td(te  ju  il^m  1059  eine  ^njal^I  Jlapläne,  15 
imperatoris  et  nostros,  mit  beräBeifung,  fie  in  Sll^etorif  unb  3)ialeftil  ju  unterrid^ten, 
Dgl.  3aff6  9tr.  4446;  SUqranberll.  betraute  il^n  fogar  mit  ber  9(u$bilbung  feiner  92ef[en, 
Dgl.  epist.  3  unb  S^ffö  3flr.  4669 ;  furj  ber  ^rior  Don  See  tourbe  ber  größte  firc^lid^e 
ä^rer  unb  bie  grd^te  bogmatifc^e  9(utorität  be^  Slbenblanbed. 

SCOein  biefe  frieblid^e  SBirffamteit  erlitt  ®nbe  1058  ober  Stnfang  1059  eine  iä]^e20 
Unterbrechung:  toegen  feiner  @l^e  mit  SRatl^ilbe  Don^lanbem  Don  ber  fturie  jenfuriert,  Der« 
bannte  $enog  SBil^elm  ber  (Eroberer  ben  gro|;en  ^embling  al^  ^au^tgegner  jener  SSerbinbung 
oud  feinen  Sanben.  Slber  im  S9egriffe,  bie  Statte  feinet  9iu]^e^  für  immer  ju  Derlaffen,  be« 
gegnete  S.  bem  toilben  ^erjog.  @d  gelang  il^m,  ben  ^ümenben  ju  Derfö^nen,  ittbem  er 
getiHmbt  feinen  bii^j^erigen  Stanbf)unlt  änberte.  @r  erbot  fu^  nämlid^,  in  9tom  bem  $er)og  25 
^erjet^ng  m  ertotrien.  @^  glüd(te  i^m  in  ber  S^l^at,  tool^l  )ur  ^At  bed  berühmten 
SatmnIon}i&  Oftem  1059,  SRifolaud  II.  umjuftimmen.  SHefer  @rfolg  mad^te  auf  ben 
gn>^  ^rften  ben  tiefften  @inbrudE.  @r  erlannte,  ba^  ber  frembe  3Jidnd^  ein  bi^loma« 
tifcped  unb  ))olitifd^ed^ent  erften  9langed  fei,  unb  er  gögerte  barum  nic^t,  i^n  in  feinen 
9tat  )u  berufen,  ja,  i^n  )u  feinem  Domel^mften  9flatgeber  ju  erl^eben.  ^amit  beginnt  so 
eine  neue  ^eriobe  im  Seben  S.«,  er  tritt  ein  in  bie  Sleii^e  ber  5ßolitiIer.  ffiie  toeit  fein 
Sinflu^  ^unäd^ft  reid^te,  ift  nid^t  ju  ermitteln.  Slber  aller  SOSal^rfd^einlic^feit  nad^  bebiente 
ftc^  ber  ^erjog  feinet  Slated  Dome^mlid^  für  ben  Serlel^r  mtt  ber  neuen  euro))äifd^en 
®tc%aiaqt,  beren  l^öd^fted  SSertrauen  ber  ^önc^  al$  ^ogmatüer  geno^ :  für  ben  Sertel^r 
mit  ber  Jturie.  S)ad  Sünbnid  mit  Sllqranber  II.  im  ^al^re  1066  ift  toal^rfd^einlid^  Don  £.  86 
angeregt.  3^^  Donle  Dafür  erl^ob  il^n  ber  $erjog  im  ^uni  1066  ^um  Slbte  feinet  neuen 
grolcn  gomilienllofter«  St.  Bttpl^an  in  gaen.  @in  ^al^r  ft)äter,  äuguft  1067,  nad^  bem 
glüdltc^  äludgange  ber  großen  ^reujfa^rt  nad^  @nglanb,  bot  er  il^m  ba$  erlebigte  Srj« 
bidtum  Slouen  an.  Slber  Sanfrant  lehnte  biefcn  9^uf  ab.  ^afür  ging  er  im  ^al^re 
1068  old  ©efonbter  äBili^elmd  nad^  9tom,  1 .  um  bie  ^ä})ftli(^e  @rlaubni^  jur  Sran^  4o 
fenenmg  bed  Sifd^ofd  ^ioi^^ttn  Don  SlDranc(fed  nad^  Slouen  einjuj^olen,  2.  um  bie  QnU 
fenbung  einer  tKi))ftlic^en  @efanbtfd^aft  jur  9{euorbnung  ber  englifd^en  Jlird^enDerl^ältniffe 
}u  eitomen.  3«  Seginn  be^  ga^re«  1070  traf  biefe  ©efanbtfcDaft  in  Snglanb  ein.  ^\n 
Sommer  erfc^en  fie  in  ber  92ormanbie  unb  Der!ünbete  bem  Slbte  Don  ßaän,  ba^  er  an 
SteOe  bed  abgefe^enStiganb  gum  Srjbifc^of  Don  Santerbur^  ertoö^lt  toorben  fei.  45 

3.  $  er  tobe  1070—1089.  Slm  29.3luguft  1070  toarb  fianfrani  in  ßanterbur^ 
int^nmiftert.  Slber  fd^on  einige  ^üi  barauf  bat  er  Slle^anber  II.  bringenb  um  @nU 
^fcbung  Don  bem  neuen  Slmte  (epist.  3).  Siefe  S3itte  toar  ^etoi^  aufnd^tig  gemeint. 
2)€im  ouc^  ein  mutige^  ^erj  mu^te  too^l  angeftc^td  ber  Sc^toterigfeiten,  mit  benen  ein 
@ribif(^of  Don  Sonterbur^  Damals  ui  ringen  l^atte,  Derjagen :  bie  jlati^ebrale  unb  bie  so 
Stcfi^)  l<%^  in  3;rümmem,  ber  ^omflerud  toar  DöQig  Dertoilbert,  ba^  Jlirc^engut  jum 
cotten  Xeile  Don  bem  getoalttJ^ötigen  Sifc^of  Don  ^a\)mjc  unb  bem  rollen  normönnifc^en 
ftrieg^el  mit  Sefd^lag  belegt.  Slber  nid[^t  Diel  beffer  al^  in  (Santerbur^  fa^  e^  in  ben 
anberen  Sidtümem  mi:  ba$  einft  fo  blü^enbe  jtird^en»  unb  Jtloftertoefen  @nglanbd 
toar  DöQig  DerfaOen.  9Ba^  jebod^  Sanfran!  too^l  am  fc^toerften  em))fanb,  ba^  toar,  ba^  er  66 
mc^  bie  3Radfi  befo^,  toirtfam  bem  Übel  ju  fteuem.  3lxä)t  nur  toar  unter  feinem 
Sorgänger  bad  Slnfeben  (SanterburD^  fo  tief  gefunten,  ba^  [id)  niemanb  in  @nglanb  mei^r 
betooaen  füllte,  auf  ben  (Srjbifc^of  iHüdffic^t  m  nehmen,  gefc^toei^e  benn  il^m  ju  ge^orc^en, 
ed  be|tanb  audji  unter  ben  anglonormännifd^en  @ro|en  unb  S3tfd^öfen  eine  Heine,  aber 
mächtige  Partei,  toelc^  ber  neue  ßr^bifc^of  atö  äKönd^  unb,  toie  ed  fd^eint,  auc^  aU  eq 


252  Sattfrattl 

äludlänber,  ein  3)oTn  im  äuge  n>ar!  3)iefe  Partei  arbeitete  ntd^t  ol^ne  @rfo(f)  felSfi  am  $ofe 
feinem  Stnflu^  entgegen,  ^enn  i^re  ^äxUptzt  tooren  Obo  t)on  SBat^eu^,  ber  ^albbruber  mnig 
9Bi(l^elmg,  unb  bie  el^emaligen  fönigltd^en  ^a))Iäne  ^omai^  t)on  ^ort  unb  SBalldin  tnm 
SBind^efter.    35tcfe  Umftänbe  mad^en  e«  begreifltd^,   bafe  2.  eine  3^  ^^9  \>axan  bockte, 

b  abjubanten.  älDein  bte  jagi^afte  Stimmung  ^ielt  nic^t  lange  bei  i^m  t)or.  @te  toid^ 
al^balb  bem  feften  Sntfd^luffe,  bem  Srjbifd^of  bon  (Santevbut^  bie  leitenbe  Stellung  in 
Äirc^e  unb  SReid^  ju  erobern,  b.  i.  mnäd^ift  bie  9Jlad^t  jener  ariftofratifd^en  ®egner  )u 
bred^en.  ^er  älu^ang  biefed  Jlarn))fe^  l^ing  bon  ber  @nt{d^eibung  jtoeier  ^ogen  ab: 
öon    ber  ©ntfd^eibung    1.  ber   ^rimatgs   unb   2.  ber   3)omHofterfrage.    ^n  ben   Ie|ten 

10  3al^2e](|nten  bor  ber  Eroberung  toar  ba^  @r^bi^tum  bon  ^orf  überaus  m&c^tig  ge» 
toorben.  @^  beanf})ru(^te  nid^t  nur  eine  böDig  unabhängige  Stellung  in  Slorbenglai^, 
fonbem  aud^  bie  ^uri^biltion  über  bie  brei  bon  9led^td  toegen  gur '^robinj  Santerbur)^  ge« 
l^örenben  2)iöcefen  SBorcefter,  Sid^fielb,  3)ord^efter.  2.  toar  bon  boml^erein  entfd^Ioffen, 
biefem  gupö^be  ein  ®nbe  ju  mad^en.    ®r  forberte  fc^on  im  §erbfte  1070  bon  bem  neuen 

15  @nbifd^of  ^^oma^  ba^  Obebien^gelübbe  unb  bie  9(nerlennung  (Santerbur^^  atö  ber  SRetro» 
))oIe  unb  be^  $rimatialft$e^  bon  gan^@nglanb.  3;^oma^  bertoeigerte  i^m  ben  ®el^orfam, 
unb  er  tourbe  hierin  pnöc^ft  bur^  Jtönig  SOSUI^dm  beftärit.  3(ber  fc^lie^lid^  ftatuierte 
ber  itönig,  burd^  2anfranl  umgeftimmt,  ein  Jtompromtg :  ^omad  toarb  genötigt,  ffir 
feine  ^erfon  £.  Dbebienj  ^u  leiften.  9lber  in  ein  bauembe^  SKbl^ängigleitdberl^ältnid  foDte 

20  ^orf  }u  Santerbur^  nur  bann  treten,  toenn  eg  2.  gelinge,  nad^jutoeifen,  ba^  ^orl  bon 
je^er  unb  bon  9{ed^t^  toegen  Santerbur^  unterfteQt  getoefen  fei.  ^axt\it  fd^ien  biefe  9lm 
gelegen^eit  für^  erfte  erlebigt.  Slber  ald  bie  beiben  @r)btfd^öfe  in  ber  ^toeiten  ^fte  M 
2|a^re^  1071  nad^  9lom  gingen,  um  ftc^  ba^  ^aOium  ju  Idolen,  mad^te  ^omod  bor 
ber  Äurie  erneut  Ifeine  2lnf})rüd^e  geltenb.   älejanber  II.   erllärte  ftd^  HugertDeife  für  im 

26  Iom})etent  mr  ©ntfd^eibung  ber  l^eifeln  ^age.  @r  übertrug  biefelbe  einem  eng[if<^ 
9lei4^fon;iiIe.  Slber  mit  ber  ?5ü^nmg  be^  5ßrojeffe^  betraute  er,  feltfam  genug,  ben  9e» 
flagten,  SJanfran!,  ben  er  gleid^xeitig  ju  feinem  3SiIar  ernannte,  ©o  tam  bie  Sngdegen« 
^eit  auf  bem  §oftage  bon  SBJinc^efter  Dftem  1072  nod^mal^  jur  Ser^anblung.  S.  fuc^^te 
^ier  burc^   einen   umfaRenben  f^iftorifc^en  Setoei^  barjutl^un,   bafe  ßanterbun?  bon  jje^ 

w)  9Ketroj)oIe  bon  gam  Sritannien  getoefen  fei  unb  bie  gw^^biltion  über  bie  brei  fintti^en 
SSi^tümer  befeffen  ^abe.  3"  bem  lei^tercn  fünfte  ertannte  ber  ßoftag,  toie  e^  fd^emt, 
feine  Semei^fü^rung  ate  jutreffenb  an,  aber  in  bem  erfteren  erllärte  er  fte  für  un» 
genügenb  unb  erfud^te  i^n,  auf  bem  näc^ften  §oftage,  ^fingften  1072,  betoei^Iräftigere 
3)olumente  borjulegen.  3)iefer  Slu^ang  !am  einer  SJlieberlage  gleid^.  3)enn  2.  I^atte  feine 

85  betoeidfräftigeren  ^ofumente,  aU  ^aeba^  bist,  ecclesiastica.  ^o^u  fteSten  eben  idtt 
eine  Slnjal^l  Stfc^öfe  unb  @ro^e  ben  Eintrag,  ba$  ^omflofter  bon  Santerbun^  unb  oue 
anberen  in  Snglanb  beftel^enben  I)om!löfter  in  loeltlid^e  Stifter  ju  bertoanbeln,  toeil  bie 
Seforgung  geifütd^er  ämt^efd^äfte  burd^  SWöndj^e  untl^unlic^  unb  unge](|örig  fei.  3)ie  QpH^ 
biefeg  Stntrageö  richtete  [xi}  gegen  2.   in  ^erfon  —  benn  er  toar  felber  3Rönd^  —  mb 

40  jugleid^  gegen  feine  l^eiligften  Uebeneugungen ;  benn  er  l^atte  eine  entl^uftaftifd^e  Sorftettung 
bon  ber  $o^ett  unb  SBürbe  bed  3)(5nd^tum^.  2^ro^bem  toar  ed  ben  Slntragftellem  ge< 
lungen,  auc^  ^önig  ^il^elm  für  ft^f  %n  geh>innen.  Somit  mu^te  ie^t  2.  fürchten, 
in  jtoei  toid^tigen  Streitfragen  feinen  ©egnern  ju  unterliegen  unb  bamit  feinen  @in* 
flu^  in  Äird^e  unb  SReid^  fo  gut  toie  ganj  ju  berlieren.     FJn  biefer  3?ottage  griff  er  ju 

46  b^m  einzigen  5Kittel,  toeld^c^  bie  unbermeiblic^  fd^einenbe  9lieberlage  nod^  in  einen  Sieg 
bertoanbeln  fonnte.  @r  fälfc^te  ober  er  liefe  fälfc^en,  loa^  auf  ba^felbe  J^inau^Iommt 
5Die  gcfälfc^ten  2)ofumente,  10  ad  hoc  fabrijierte  ober  beruned^tete  ?Paj)fibriefe,  fotoie 
toal^rfc^einlic^  eine  ad  hoc  fabrizierte  2egenbe  unb  brei  Äonjilientanone^,  ))rpbujtcrte  a 
bann  ^fingften    1072  auf  bem  ftongil   bon  aBtnbfor   unb    erlangte   burc^   fie   unfc^toer 

60  einen  glänjenben  Sieg.  ^a$  ^omtlofter  bon  Santerbur^  blieb  erl^alten.  S)er  ^rimot 
unb  bie  3Jitetro))olitangetoaU  tourbe  feterlic^  anerfannt,  bie  mächtige,  bem  lombaittf<^ 
3Rönd^e  toiberftrebenbe,  ariftofratifc^e  ^artei  toar  für  immer  übertounben,  2anfran!  num 
me^r  näc^ft  bem  ftönig  ber  mäc^tigfte  5Wann  in  Äird^e  unb  Sleic^  (bgl.  Böl^mer, 
gälfc^ungen). 

66  3tad}  biefem  großen,  mit  unehrlichen  SQSaffen  erfoc^tenen  Siege  toanbte  ftd^  ber  6rj« 
bifd^of  mit  aller  Snergie  ber  SReform  unb  SReorganifation  be«  englifc^en  Äirc^entoefend  jju. 
ßunäd^ft  nal^m  Ganterbur^  unb  bie  SDiöcefe  6anterbur^  feine  Slufmerffamfett  bomei^mlwj 
in  Stnfjprud^.  9ioc^  im  $^a^re  1072  entrife  er  feinem  6au))tgegner  Dbo  bon  ©oticus,  ber 
in   feiner  Erbitterung  f^öter   fogar  mit  S3crengar   anfnüt)fte,   bie   toiberredbtlid^  befe^ten 

60  Äirdpengüter.    ©leid^jeitig,   toie  e^  fc^eint,   begann  er  in  großartigem  3Rafeftabe  mit  bem 


Sottfrattl  253 

9{eiibau  be^  2)omd,  bed  3)otntlofter^  mit  hn  SBieberJ^erfteOung  ber  fttftifd^en  ^inanj» 
unb  ®ütest)ertoaltung.  @d  folgte  in  gleich  großem  @tUe  bie  9leorganifation  ber  älrmen- 
)>flege,  bie  @rrid^tung  eined  großen  Spitals  unb  eine^  älu^fä^igeni^eimd ;  toeiter  bie  Sleform 
bed  3>omtIoßerd,  in  toeld^ed  biele  normännifc^e  unb  blamifd^e  ^önd^e  berufen  n>urben, 
fo  ba|  ber  Seftanb  fc^lte^ic^  bie  Qa\)l  150  erreid^te,  bie  Steorganifation  ber  ^omfc^ule,  6 
ber  2)ombt61ii)t^!  u.  f.  n>.  @o  er^ob  fu^  Santerbur^  aud  @d^utt  unb  Krümmern  oQ« 
mä^Itc^  b>i^er  gu  einem  glönjenben  ^ittel))unlte  nid^t  nur  bc^  firc^Uc^en  unb  monaftifc^en, 
fonbem  cmi^  bed  geiftigen  SebemS,  —  man  brandet  nur  bie  92amen  Ddbem,  ©o^celin  t)on 
6t  Sertin,  Sobmer  m  nennen. 

SCOein  2.^  äBirffamteit  befd^ränhe  ftd^   nid^t  auf  feine  Sleftben^  unb  ^iöcefe.    Sie  lo 
umfa^  boö  ganje  englifc^e  Jtirdf^enn)efen.   3J2it  bem  Sonboner  ^onjtle  t)on  1075  beginnt 
in  großem  5Kafeftabe  ^ier  unter  feiner  Seitung  -bie  SReformarbeit :  bie  Verlegung  ber  I)orf» 
bidtümer   in  fefte  @täbte,   bie  SBieberJ^erfteQung   be^  f^nobalen  ^nftitutd,   bie  SSerfelbft» 
^önbigung  ber  geiftlid^en  ®eric^tdbar(eit,  bie  Sinfüi^rung  bed  fontinentalen,  b.  i.  ^feubo- 
ifiborifd^,  llir^enrec^td  (ß  lä^t  fu^  ein  beftimmter  X^pud  ber  decreta  unb  canones  15 
nac^tDetfen,  ber  bon  Sonterbur^  aud  in  Snglanb  verbreitet  n>urbe,  bgl.  ^ölfd^ungen,  9(n« 
bong),    ^onb  in  ^anb  bamit  ging   bie  aQmö^Iid^e  9leform  be^  ^loftertpefend  burd^  Sin- 
tü^ng  ^lrei(^er  tontinentaler  ^önd^e,  Erneuerung   be^  Sigentum^erboted,   ftra^ere 
^onb^abiuig  ber  Jtloufur,  Sleorganifation  ^a^lreid^er  Slbteien,   unter  benen  &t.  SUband, 
1^  t)on  bem  Aönig  £.  gefd^entte  Jtlofter,   befonberd  l^erbor^u^eben   ift.     ®erabe  biefem  20 
Zeile  ber  Steformorbeit  braqte  ber  Srjbifc^of  naturgemäß  bai^  ^ik^fte  ^^tereffe  entgegen. 
@elbß  ein  älnnnilt  ber  Sefiegten,  berälnnaiift  k)on  ^eterborougl^,  lann  böiger  nid^t  uml^in, 
i^  ab  ben  awurdha  muneca  fader  and  frouer  banfbar  ju  feiern. 

3tt>ed  unb  ^id  biefer  ^ö^ft  umfaffenben  9ieform   toar  bie  größtmöglid^e  9(n|)affung 
bed  englifd^en  Jtiic^entumd  in  93erfaffung,   33ern>altung,  9tec^t  unb  Jtubur  an  bie  fort«  26 
gef<^rttteneren  Sonbe^tird^en  bed  jbntinentd  —  alfo  eine  2Bieberaufna^me  ber  Seftrebungen 
bed  X^bor  bon  %ax\u^,  an  ben  S.  auc^  in  feinem  6^ara!ter  unb  in  feinen  @d^i(ffalen 
fd^r   leb^  erinnert     @in  rabitaler  Umftur}  ber  beftel^enben  Serl^ältniffe   lag   jjeboc^ 
nif^t  in  2^  9lbfi(^t    S)a^  jeigt  oufd  beutlid^fte  feine  Haltung  in  ber  ßölibat^frage.  Ob« 
tDD^l  ein  überjeugter  älni^fänger  bed  Jteufd^l^eitdibeald,  nötigte  er  boc^  nur  bie  ^omHeriler,  so 
i^  ^ouen  ju  entlaffen.    $ie  verheirateten  Pfarrer  lie|  er  bagegen  unbeJ^eQigt.    9tur 
forbertc  er,  bafe  fortan  jeber  Äleriler  bei  ber  ©iatonat^toei^e,  —  nit^^t  aber  fd^on  bei  ber 
Subbialonot^toet^e  (®r^or  VII.)—  bad  ^eufc^^eit^elübbe  ablege.  Slber  er  machte  biefe 
^rorberung,  toie  ed  fc^eint,  nur  au^nal^m^toeife  ftrenge  gettenb  (epist.  24.  25).    P^a  einer 
allgemeinen  @infü^ng  bed  ßölibatd  ift   e^  ba^er  unter  feinem  $ontifiIate  in  Snglanb  86 
nii^t  gdommen.    S)iefer  toeifen  3unldf^altung  entf))ra^  burd^aud  feine  ^olitil  gegenüber 
ben  (Eingeborenen.  3^^^  ^^^  ^/  ^i^  ^  fd^eint,  mit  bem  älu^fc^luffe  ber  @nglänber  von 
^1^  Air^Kn*  unb  Alofterämtem  einverftanben.  @elbft  ben  ^eiligen  2Bulftan  Von  2Borcefter 
bat   er  )u  ftürjen   verfuc^t    unb   eine  ätnjaf^l   '^htt   o^ne    @nabe  allmö^lic^  befeitigt. 
Xbcr  er  ^tte  n)obl  ßetd  fe^  triftige  ®rünbe  für  fein  Siorgel^en.   ^mn  er  toar  burc^aud  4o 
!ein  %vx(b  unb  Seröd^ter  bei^  engltfd^en  SSotte^.    @r  bezeichnete  ftd^   l^äufig  felbft  ald 
Anglus  unb  bad  englifd^e  Solt  atö  nostra  gens.  @r  förberte  and}  an  feinem  Zeile,  aQer« 
binod  nic^t  o^e  toeife  Prüfung,  bie  SSeref^rung  ber  national^englifc^en  ^eiligen  unb  be« 
toirtte,  b^  in  Santerbur)^  bie  nationale  $agtogra))^ie  me^r  ge})flegt  tourbe,  dd  je  guVor  (vgl. 
Odbem,  SoiScelin  von  @t  Sertin).  33or  aUem  aber  trat  er  mit  größter  Energie  unnü^en  46 
®etixiltmaßregeln,  toie  ber  Einrichtung  bed  6arl  SBaltf^eof,   entgegen,    unb  t^at,  toad  er 
Iimnte,   um   bad   leibliche  unb  getftli^e  ßtenb  ber  Seftegten  ju  mtlbem.    ^ie  SSoraud- 
fe^una  \üx  biefe  großartige  unb  toeife  Sleformpolitit  toar  bie  mad^tvoDe  Stellung  be^  Erj« 
biff^ofd  in  Jtircf^e  unb  Sleid^.    Seit  bem  Zage  Von  SBinbfor  toar  er  unbeftritten  näc^ft 
bem  ilöntge  ber  möc^tigfte  SJtann  (Snglanbd.     ^n   lirc^lic^^en  Slngelegen^eiten  toar  fein  go 
SBiOe  gerabe)u  oudfc^laggebenb.    S)enn  ed  fd^eint,  baß  Jlönig  SBill^elm,  ber  feit  1073  foft 
immer  btm^  Jtriege  auf  bem  Jlontinent  in  3lnfi)ruc^   genommen  toar,    il^m  hierin  Volle. 
%t6!^  ließ.    9lber  aud)  in  toeltlic^en  fingen  toar  er  ber  vomei^mfte  Statgeber  bed  ge» 
toaUgen  prften.    So  oft  SQSil^elm  über  See  ging,  betraute  er  2.  mit  ber  SSertoefung 
bed  Swäfi,   j)enn  er  toar  überzeugt,    baß  ber  lombarbifc^e  3Rönc^  aud^  biefem  fc^toeren  56 
Slmte  getoac^fen  fei,  unb  bie  Setoältigung  be^  großen  äufftanbe^  von  1074  jeigte,  baß 
er  fi(^  nid^t  toufc^te.    jtein  (Sr^bifd^of  Von  Santerbur^,  barf  man  fomit  be]^au))ten,   ^at 
eine  fo^e  äRoc^tfteUung  in  ßnglanb  eingenommen,  tote  ber  lombarbifc^e  ^embling,  aber 
loum  einer,  mu^  man  ^in^ufügen,  befaß  aud^  in  fo  ^o^em  3Rai^  bie  natürlichen  @aben 
bcd  äkgenten  unb  Staatsmannes.  eo 


254  Soitfrattl 

9nietn  bem  S^rgehe  S.d  genügte  biefe  tm))omei:enbe  ©teDung  nod^  nVfyt:  fd^on  im 
^al^e  1072  erl^ob  er  3in\pxui)  auf  ben  Primat  ntd^t  nur  über  Qarn  Sritomiien,  fonbeni 
auä)  über  ^rlanb,  epist.  5,  p.  24.  @r  benü^te  ba^er  tuol^l  feinen  Sinflu^  auf  bie 
irifd^en  SJiönd^e  in  (Santerbur^  unb  in  6t.  Sllban^,  um  bei  ben  Oftmönnem  Don  S)ublsn 

6  Santerbur^^  9(utorität  jur  Slnerlennung  ju  bringen,  unb  berfäumte  bann  nid^t,  bie  neue 
äierbinbung  gu  })f{egen  unb  ben  irifd^en  Jtönigen  Jtird^enreform  nad^  rümifc^em  3Rufta 
an2uem))fe^Ien.  3)agegen  gefd^al^  e^  n>ol^l  ol^ne  fein  S^Ü^^n,  ba^  bie  jlöniain  ÜRorgarete 
t>on  @(^ottlanb  ftc^  t^n  }u  i^rem  geiftlid^en  SSater  ern>ä||lte  unb  il^n  erfudpte,  ü^  einen 
@e^tlfen  für  bie  beabfid^tigte  Jlird^enreform  au  fenben.    @o  erlangte  unter  S.  Sonterburl^ 

10  borübergel^enb  in  @c^ottlanb,  bauemb  in  ^xlan\>  unb  aud^  in  SBaled  Sinflu^.  2)er  ^CUeC 
eine^  $atriard^en  bon  gam  Britannien  unb  ber  benad^barten  ^^f^^^»  ^  ^^  ju  jener 
3eit  tt>of)l  ^uerft  bem  Srjbifc^of  beilegte, '  fd^ien  bamatö  mirtlic^  nid^t  blo^  ein  ähiftrud 
})^antaftifd^er  Hoffnungen  unb  fübner  l^ierard^ifd^er  Iräume  ^u  fein. 

^e  me^r  aber  £.    in  bie   Slotle  eine^  $rima^  bon  ganj  Sritannien   fid(f   einlebte, 

16  um  fo  lü^Ier  toarb  fein  SSerl^ältni^  )u  ber  ^urie.  äUesanber  II.  I^atte  i^n  ftetd  befom 
berd  au^ejeid^net,  i^n  ju  feinem  93ttar  ernannt,  ja  bie  älbftd^t  gel^egt,  i^n  }um  Jtorbtnol 
ju  ergeben,  epist.  9  p.  31.  @regor  VII.  ftanb  bagegen  t)on  9(nfang  an  bem  @rjbif(^of 
nid^t  fo  nabe,  unb  feine  off entunbige  SSorliebe  für  Serengar,  fein  anmo^enber  %on,  feine  ^o^ 
fal^renben  SOSeltl^errfd^aft^Iöne  toaren  nid^t  ba^u  anget^an,  il^n  S.  nö^er  ju  bringen.  9Bd>er 

20  ba$  @regorianifd^e  Sölibat^efe^  noc^  bad  ©regorianifc^e  3m)efHturt)erbot  fyit  2.  iemoß 
k)ertünbet,  —  ba«  (entere  nic^t,  toeil  er  fc^arfblidenb  genug  toar,  bie  3)o)))yeIfeitigleit  be^ 
bifc^öf lid^en  9(mte^  )u  ertennen,  ftreng  jtoifd^en  feodum  unb  episcopium  unterfc^ieb  unb 
in  ber  feubalen  @teQung  ber  $rälaten  bad  Sefe^ung^rec^t  ber  Jtrone  au^i(^enb  be» 
grünbet  fanb.  ^toetfeUo^  nid^t  ol^ne  feine  3uftimmung  l^at  bann  ca.  1080  Jldnig  SBill^m 

25  @regor  ben  Sepen^eib  bertoeigert,  unb  jtoeifeQod  aud  3(bneigung  gegen  ben  p&p^üfca 
3)ed))otidmu$  l^at  er  felber  fo  lange  gezögert,  @regor^  @inlabungen  ober  Dielme^  Sor« 
labungen  ^olge  )u  letften.  SJtan  gewinnt  ben  beftimmten  (SinbrudE,  ba^  er  nur  no^ 
auf  einen  })affenben  3ln(a^  toartete,  um  mit  bem  gregorianifd^en  $ofe  ju  bred^.  3)er  Sbilaft 
tam  mit  ber  Eroberung  ^omd  burd^  ^einrid^  IV.  Sll^balb  trat  er  nun  mit  bem  %U/m 

80  ber  SOSibertiner,  ^ugo  bem  SOSei^en,  in  SSerbinbung.  9(ber  bie  Unterl^anblungen  beniefen 
im  ©anbe:  Snglanb  blieb  neutral  in  bem  ^mj)fe  ber  Parteien,  —  entfd^ieben  bie  be^e 
?PoIittf,  bie  e«  befolgen  lonnte,  bgl.  Siebermann  in  Historical  Review  62,  p.  322 ff.— 
^n  ben  legten  ^al^ren  feinet  Seben^  blieb  aud^  biefem  ©ünftling  bed  ®Iüded  Summa 
unb  ©nttäufd^ung  nid^t  erf^jart.    ©ein  großer  ^eunb,  2Bil^eIm  ber  I.,  ftarb  am  7.  SetJ^ 

86  tember  1087.  SBilf^elm  II.  aber  lol^nte  mit  Unbanf  bie  3^reue  unb  Snergie,  mit  ber  ber 
?Prima^  bei  bem  a;bronh>ec^fel  für  i^n  eingetreten  toar:  er  lie^  2.  beutUd^  mcdm,  ba( 
bie  ^zxi  feinet  Sinfluffed  Vorüber  fei.  ©d^toererem  tourbe  ber  @reid  rechtzeitig  bun^  einen 
rul^igen  2:ob  entrüdt,  am  24.  ^ai  1089 :  bie  (e^te,  aber  nid^t  geringfte  ®unft,  toeb^ 
ba^  ©lüdf  tl^m  nod^  getoöl^te. 

40  28ürbigung:^n  bem  betoegten  ®ange  biefed  Sebend,  in  bem  jebe  lritif4^  Sßem 
bung  bod^  fd^lie^lic^  einen  ^ortfc^ritt  ju  l^öl^erer  unb  breiterer  SOSirifamleit  be)eid(^net,  f))iec 
geln  ftc^  ber  ßl^arafter  unb  bie  Begabung  beg  SRanne«.  ©r  ift  nad^einanber  Igurift,  9Rön<^, 
Se^rer,  ©ele^rter,  Ideologe,  Äird^enfürft  unb  ©taat^mann  getoefen,  unb  er  ^  in  lAem 
biefer  Berufe  §erborragcnbc^,   ja  äu^crorbentlid^e^   geleiftet.    ®tne  ungetoöl^nlic^e  Siel* 

«feitiglcit  ift  fomit  ein  bemerfen^merter  3^9  feiner  geiftigen  5ß^^fiognomie.  aber  biefe 
Bielfeitigteit  barf  nic^t  überfc^ä^t  toerben  :  am  bebeutenbften  toar  er  bod^  aü  l^urift  vaib 
^Politifer.  SDic  2lnlage  ^n  beibem  mar  tl^m  al^  bem  ©ol^ne  ber  großen  lombarbifc^ 
^uriftenftabt,  aU  bem  ©brögling  eine^  ftarf  Oon  ^olitifd^cn  unb  f oktalen  ^öm))fen  betoegten 
©emeintoefen^  gleic^fam  angeboren.   2lber  nur  in  ber  Sugenb  unb  in  öoKem  HRa^e  erfl  im 

60  ällter  l)at  er  biefe  feine  ftärfften  Talente  betl^ättgen  fönnen.  3Sa^  ba^toifd^  liegt,  feine 
Sel^rti^ätigfeit,  feine  bogmatifc^en  Äämi)fe,  feine  t^cologifc^e  S^^riftftellerei,  ifi  bemgem^ 
mei^r  ate  eine  6j)ifobe  in  feinem  Scben  anjufe^en,  obmo^I  bereit«  bie  ^^tgenoffen  il^ 
öor  allem  alg  ®eleH^;  öl^  SDogmatiter,  gefc^ä^t  l}abzn.  —  SBa«  feinen  t)erfönlt(^ 
Sl^aratter  anlangt,  fo  befag  er  burc^au«  bte  2^ugenben,  aber  auc^  bie  ^l^ler  bed  ©taol^ 

66  manne«.  @r  toar  ru^ig,  )ä^,  freigebig,  auc^  treu,  aber  er  fc^eute  £tft  unb  Süge  ni(^t, 
toenn  e«  galt,  grofee  ^totdzjti  erreichen. 

©d^riftftellerei:  aSie  ate  ßl^aralter,  fo  ftel^t  2.  aud^  al«  S^riftfieffer  toeit 
unter  feinem  großen  ©d^üler  unb  9{ad^folger  ätnfelm.  Pauca  ingenii  monimenta 
reliqult,    jagt  fc^on  SOSill^elm  t)on  ^alm«bur^,  unb   biefe  toenigen    monimenta    finb 

eofaft  oudna^mäo«  ©elegenl^eitdfd^riften.    (Sr^alten  fmb:    1.  ber  über  de   corpore  et 


Soitfrattl  Sang  255 

sanguine  Domini  contra  Berengarium.  ^ai  SOSerl  jerfäDt  in  ^toei  $au))ttetlc, 
einen  t)olemif(l^  c.  1—17:  SBiberlcgung  bcr  bon  SSerengar  totbcr  $umbert  bonüRo^cn- 
numtier  unb  bie  römifc^c  Rird^e  etl^iobencn  S8orh>ürfe,  unb  einen  bogmattfd^en  c.  18—23 : 
)>ofititoe  Searünbtmg  bet  bulgör-lat^olifd^en  3lbenbma^(dle^re.  S)te  ^olemit  2,i  ift  flein^ 
Itc^,  robulipifc^,  une^Iid^,  feine  bogmatifc^e  S)arlegung  arm  an  neuen  @ebanlen.  3tnx  6 
infofem  gel^t  er  über  feine  SSorgänger  l^inaud,  a(d  er  eine  9tie^ung  be^  £eibed  unb 
Sluted  6$rifti  aud^  feiten^  ber  improbi  annimmt,  ^n  ben  ^rucfau^aben  enthält  bad 
aSer!  ©.  151  f.  einen  ^Paffu«  über  bie  römifc^e  ©^nobe  bon  1079.  aber  jener  5ßaffug 
iß  ftc^  f^ered  (Sinfc^iebfel :  er  fel^It  in  aüm  mir  belannten  alten  $anbf4iriften.  ^n 
SEBo^^  ift  ber  liber  ibentifd^  mit  ber  epistula,  bie  S.  nad^  feiner  eigenen  älngabe  lo 
epist  5  p.  27  ol^  Slbt  bon  (Säen  an  S9erengar  richtete,  b.  i.  er  ift  berfa^t  jtDifd^en 
^mi  1066  unb  äuguft  1070,  genauer  1069  ober  1070  (bgl.  bie  SSricfform  unb 
lilalmdbur)^  a.  a.  O.);  2.  finb  auf  un$  gefommen  £.g  decretales  epistulae,  b.  i. 
ein  %tiL  feiner  Äonef})onbenj  au3  ber  Qtxt  feine«  Primate«  1070—1089;  3.  baö 
scriptum  de  ordinatione  sua,  b.  i.  ein  9luffa$  über  feine  ^äm))fe  mit  ^l^oma«  1. 16 
)Hm|)ort,  berfa^t  tool^l  nad^  1075  unb  bor  1087,  ebiert  jum  erftenmal  unter  £.«SRamen: 
Sdl^mer,  ^fd^ungen,  Slnl^ang;  4.  bie  statuta  ober  constitutiones  be«  S)om{(ofter$ 
tyon  (SonterourV,  berfa^t  bor  1084.  ^ie«  9Berf  jerföUt  in  jtrei  Xeile;  ber  erfte  entj^ölt 
bie  Sgenbe,  ber  jtoeite  l^nbelt  bon  ber  ^au^orbnung  unb  SSerfaffung  be«  Softer«. 
£e|tercr  fttmmt  )um  guten  ^^eile  to5rtIid^  mit  93em^arb«  Ordo  Cluniacensis  überein,  30 
ed.  Herrgott,  Vetus  disciplina  monastica  p.  134  ff.  (Sntmeber  ^at  aljo  £.  93em^arb 
bhrdt  6enu|t  ober  Sem^rbd  DueQe  au^efd^rieben.  dagegen  jeigt  ber  erfte  2:eil  eine 
ouffäOtge  ^ertoanbtfc^  mit  ber  concordia  regularis  9(et^elh)oIb«  bon  SOSind^efter. 
p$r  bie  ^enbe  l^at  alfo  £.  tpal^rfd^einlid^  eine  englifd^e  DueDe  benu^t.  —  @e^ 
niT)  unb  unbebeutenb  ftnb  5.  ber  libellus  de  celanda  confessione,  ein  Xraltat25 
über  bod  Seic^tge^eimnid ;  6.  Sermo  sive  Sententiae,  eine  Überfielt  über  bie  SJtönc^ 
p^idfUn;  7.  bie  Annotatiuncnlae  ober  ©loffen  ju  6afftand  Ck)llationes.  —  3t\6)t 
kH)n  2.  berfo^  finb  bie  in  ben  Slu^aben  mitabgebrudte  oratio  in  concilio  habita,  unb 
bod  Eluddarium,  bgl.  ben  21.  ^onoriu«  bon  Slutun  Sb.  VIII  ©.  330, 11.  —  Sejtoeifelt 
tanrb  8.  bie  @d^t^t  ber  ®Ioffe  m  ben  ^aulu^briefen.  3^^^  ^^^  ^-  ^^^  f^^4^  ©loffe  90 
k>etfa|t  fyxt,  ftebt  feft.  9lber  nad^  @igibert  bon  ©emblou^  l^ätte  er  bei  ber  Slu^legung 
bie  bialeiEtifc^  ^et^obe  jur  älntoenbung  gebrad^t.  S)abon  finbet  ftc^  nun  in  bem  ge^ 
bructten  Jtotnmentor  teine  ®f)ur.  3Jtit^in  ift  enttoeber  @igibert«  älngabe  falfd^,  ober  ber  ge^ 
brudte  Jtommentor  ift  nid^t  ber  itommentar  S.«.  ÜJlabiQon  entf^ieb  ftd^  für  bie  le^tere 
StdßUc^Ieit ;  benn  er  lannte  nod^  einen  Jlommentar,  ber  @igibert«  6l^arattertftil  ttit\pxa6),  86 
unb  ben  er  2.  jufd^reiben  ju  bürfen  glaubte,  älber  biefe  älnfic^t  ift  !aum  jutreffenb. 
^(^  fonb  ben  gebrudtten  Jtommentor  unter  2.«  SRamen  in  einigen  ^anbfd^riften,  beren 
3eugnid  tbegen  i^  äßterd  unb  ii^rer  ^ertunft  ntd^t  überhört  n)erben  barf.  ^d^  l^te 
ba^  ben  gebrudCten  Kommentar  für  e^t.  —  SSerloren  ober  berfd^oDen  fmb  folgenbe 
2.  beigelegte  SBerte :  1.  de  sacramentis  excommunicatorum,  $rüfeninger  SSibUot^ef^  40 
fatalog  bon  1347;  2.  nonnulla  scripta  contra  Berengarium  (@igibert  bon  @em« 
blmtc  SReller  Snon^mud,  beibed  nic^t  burc^au^  glaubmürbige  @etoä^r^männer) ;  3.  laudes, 
triumphi  et  res  gestae  Wilhelmi  comitis  (@igibert  bon  ®emb(ou|,  Xrit^eim,  SSaftle« 
^eon^olb;  ob  nit^^t  eineSertoed^dlung,  bielleid^t  mit  bem  SBcrfe  ®uibo«  bon  Slmien«  ?) ; 
4.  historia  ecdesiastica  (Sobmer,  too^l  ibentif^^  mit  bem  scriptum  de  ordinatione.)  —  46 
Xte  @<^rtftfteaer  ^t  fomit  2.  nid^t  fonberlidj^  biel  geictftet.  5Wa^f^aItiger  l^at  er  aU  2e^rer 
gekmrtt  ^toax  eine  t^eologifc^e  @(^ule  l}at  er  nic^t  begrünbet  unb  nid^t  begrünben  töm 
nen.  S)enn  er  ttHtr  old  ^ologe  nod^  ju  fei^r  Epigone,  Spigone  ber  Jtarolingerjeit :  ed 
taribcrfbrebte  i^m,  t^eologifc^e  Probleme  bialeftifc^  ju  bel^anbeln.  @ein  bebeutenbfter  t^co^^ 
logifd^fer  QdfOkt,  9lnfe(m,  bat  bal^er  frü^e  fd^on  eigene  äSege  eingefd^Iagen,  er  ift  in  ber  60 
SRet^bc  me^  Serengar  gefolgt,  aU  2.  ©tärfer  M  ^'  toa^rfc^einlid^  aU  juriftifc^er 
2e^r€r  getotrft  @d  ift  glaublid^,  tocnngleic^  nic^t  nad^jutoeifen,  bafe  er  in  See  tano« 
mfbf4^  Unterrid^t  erteilte :  3bo  bon  G^artre«  toar  fein  ©d^üler.  3)a«  2ob,  ba«  man  3;bo 
f)>enbet,  aebü^  bo^er  bieDei^t  jum  guten  Steile  2.  Son  2.  rül^rt  loo^I  bor  attcm  bie 
belonnte  2dfung  bed  gnbeftitur^roblemd  l^er,  burd^  bie  ^bo  fo  berühmt  getoorben  ift.        66 

^«  Signier« 

Saug,  ißtxnxxä),  geft.  1876. 

^föxmd)  2an^,  ber  feurige  93orfäm))fer  ber  freien  Stic^tung  in   ber  })roteftantifd^en 
AbR^  bcr  6(^toet)  unb  (saq  2)eutfd^lanbd   im   britten  Stertel  bei^   19.  ^ol^rl^unbertd, 


256  Song 

n>urbe  geboren  ben  14.  92ot)ember  1826  ju  »^ommem,  etnetn  ®orf  auf  ber  \dft»äb^d^ 
W>  (SBürttemberg)  aU  bad  iüngfte  bet  ai)t  Itinber  bed  bortigen  £)rtöt)fanerd,  itnb  boUto 
in  ber  ib^Difc^en  Sinfad^i^eit  unb  gefunben  äUmofpl^  eined  tuo^Igeorbneten  lonbliAeii 
$f arrl^aufed,  tute  in  ber  t)om  geinten  ^al^re  an  befud^ten  Soteinfc^ule  in  @ul)  am  3ltttax, 

6  l^ierauf  in  bem  nieberen  @eminar  im  el^emaligcn  Jtlofter  ©c^öntl^  unb  t>om  oc^e^nten 
^o^re  an  im  tl^eoIogif(^en  Stift  ber  Uniberfttöt  Tübingen  eine  glüdHic^  ^^enbgett,  bte 
er  felbjt  in  ber  £ei)))iger  Gartenlaube  (^a^rgang  1875)  unter  bem  Xitel  ,,9id  ivxB^todU 
be^  $fanamtd''  einläf^Iic^  befc^rieben  l^at.  ^urc^  ^milientrabition  unb  Segabung  auf 
bad  @tubium  ber  Xl^eologie  l^ingen>iefen,  ertoarb  er  fic^  unter  ber  ftrengen  Qudft  ber  ge> 

10  nannten  beiben  Dorbereitenben  Bd^uita  bie  }um  SSefud^  ber  ^oc^fd^ule  unb  %ux  Xtifno^e- 
ind  @tift  geforberte  tüchtige,  h)enn  aud^  aD^u  übern>iegenb  ^umaniftif(be  SSilbung,  bie  i^n 
mirllic^  in  ben  @eift  bed  IIa(ftfd^en  9(ltertumd  einfüge,  nni^renb  er  für  bie  Jlemitnid  Us 
beutfd^en  jtlafftfer  unb  ber  jeitgendfftjd^en  beutfc^en  £itteratur  auf  feine  eifrig  betridbene 
^ritKitleftüre  angeh)iefen  tuar.    ^ie  fo  in  i^m  gemedte  Steigung   gur  $oe{te  unb  Jtunji 

16  tiKirb  in  X^ingen  burd^  bie  SSorlefungen  Sifd^erd  jur  ^en  SS^eifterung  entflammt, 
tDogegen  ber  getDö^nlid^e  5toI[egienbefud^  mit  feiner  langfamen  3(neignung  bed  t)i>rtiimeiis 
n>eife  jugemeffenen  n>i^enfd^aftlic^en  Stoffel  i^m  n>enig  jufagte.  SSon  einer  romontifc^ 
@(^n>örmerei  unb  ibealiftifc^en  uberftiegen^eit,  in  bie  fein  ^o^fgeftimmted  ®tmM  fu^  ffir 
eine  3^^  ^^  berirrt  ^e,  !am  er  bolb  tuieber  gurüd,  um  fu^  nun  mit  tiHXC^em  ®e$e 

30  ben  emften  Problemen  ber  $^Uofo))l^ie  unb  X^eologie  )ujun>enben.  9lud  einem  in  feine 
^önbe  geratenen  @ef(^i(^t!^l^eft  bed  frül^eren  9tet)etenten  unb  fpöteren  Uniberfttätdlonglert 
Mmelin  mar  ü^m  fd^on  im  Seminar  bie  ©runbibee  ber  ^egelfc^en  ^I^Uofo^^ie,  boS  gonje 
Uniberfum  atö  einen  einheitlichen  geiftigen  Sntmicfelung^roje^  auf^ufoffen,  toie  ein  pdM 
Sid^t  aufgegangen  unb  beftimmenb  für  bie  ganje  Slid^tung  unb  n)ettere  @ntfattung  fetncS 

26  ^en!en$  getuorben.  S)agegen  lernte  er  bon  Jtant  tuo^l  bie  Solibitot,  @(^ärfe,  md^tem« 
l^eit  bed  berftänbig-fritif^en  9lefleftieren^;  aber  auf  bie  ®auer  tmmodfit  i^  btefer  mit 
feinem  ^ormalidmud,  2)ualidmud  unb  älgnofticidmud  in  Se^ug  auf  bad  fiberfinnlic^  ni^ft 
ut  feffeln.  3(ud^  bon  ^egel  inbeffen  entnahm  er  nur  bie  ein^eitlid^  SBeItan{<^uimg  ber 
^mmanen)  im  großen,  h)ie  fie  in^befonbere  aU  bie  in  ber  natürlidj^  @ntb>tdtduna^ 

80  gef(^id^te  bed  menjd[^lt^en  @eifted  ftc^  boHgie^enbe  Offenbarung  bed  göttlichen  ®eißed  fi4 
barfteQt,  ben  objettiben  ^beali^mu^  im  allgemeinen,  bie  ^^enbem,  bom  ®eift  toxdüaf  geifüg 
ju  beuten,  ol^ne  i^m  in  ba^  Sab^rint^  jeiner  abftratten  S)ialdnil  ju  folgen  ober  mit  bem 
ferneren  Slüftjeug  feiner  Terminologie  ftci^  in  belaben. 

älDein  jugleic^  religiös  erlogen  unb  geftimmt,  h>ie  er  toar,   obfcbon  er  bon  ben  am 

86  gelernten  {trd^ltc^en  Se^rformeln  ftd^  mel^r  unb  me^r  lo^elöft  l^aüt,  tonnte  er  bo<^  nic^ 
fo  toeit  ge^en,  toie  bie  jjung^egelfd^e  @c^ule  eine^  ^euerbac^,  9tuge  u.  a.,  toelc^e  bamatt 
auf  bie  ^ubierenbe  ^ugenb  großen  ßinflu^  übte,  tonnte  nid^t  bon  ii^r  jur  @ntfrembung 
bon  Sleligion  unb  S^riftentum  berleitet  toerben.  ^ierbor  beh>al^rte  i^n  aud^  bie  Sdonnt» 
{c^aft  mit  @d^letermad^er,  bon  bem  er  lernte,  bie  äleligion  aufjufaffen  old  bad  S^^^  unb 

40  ßrfa^ren  be^  @toigen  im  ^erjen,  aU  ein  @emüt^  unb  Seben^er^ältnid  bed  3KenJtten  )tt 
®ott,  ba^  afö  fol(|e^  unabhängig  bon  ben  ^entformen  bed  ^^teHettd,  bon  ben  S)ogmen 
ber  ^^eologie  toie  ben  Srtenntniffen  ber  $^ilofoi)^ie,  auc^  niemals  bon  ben  leiteten  yx* 
ftdrt  ober  abgeldft  h>erben  tonne  ali  bon  einer  bermeintlid^  l^öl^eren  Stufe  ber  Qrtttoxdt» 
lung,  eine  @infu^t,  bie  ftc^  bei  i^m  mit  ber  bon  ^egel  begrünbeten  äBeltanfc^auung  um 

46  fo  frieblic^er  bertrug,  al^  auc^  Sc^leiermaci^er  mit  bem  ©ebanten  ber  göttlich  ^mmonen) 

mjammentraf  in  feiner  Se^re,  bag  ber  ^{aturjufammenl^ang   unb  bie  äBirIjamteit  (Sottet 

fic9  i^rem  Umfange  nai}  betfen,  ba^  bie  SleUgion  auf  teinem  $untte  Urfad^e  ^obe,   ein 

öugerlic^ed,  tounber^afted  Singreifen  @otte^  in  ben  SGBelt^ufammenl^ng  anjune^men. 

S3ei  btefer  9lic^tung  feinet  @eifted  tonnte  er  in  bem   großen  t^eologifd^en  llam))fe, 

60  ber  gerabe  bon  Tübingen  aud  burc^  Strauß,  Säur  unb  bie  um  le^teren  gefd^rte  Xübingcp 
fc^ule  ftc^  entfacht  ^atte,  über  feine  Stellung  nic^t  im  ß^^^f^^  f^^^*  ®^  ^^  rüdtl^luot 
auf  bie  Seite  ber  freien  ^orf^ung,  bolljog  mit  Strauß  alle  negatiben  Jtonfequenjjoi  ber 
))l^ilof o})l^ifc^en  unb  ^tftorifd^en  Kritit  gegenüber  benSBunbem  unb  überbemünftigen  2)ogmcn 
be^  überlieferten  jttri^englaubend ;   er  folgte  mit  @ifer  ben  ^orfc^un^en  Saurd   auf   bem 

66  @ebiete  ber  urc^rtftlic^en  Sttteratur  unb  ber  c^riftlic^en  ^ogmengefc^td^te  old  eined  not« 
toenbigen,  nie  rul^enben  ^rojeffe^,  in  melc^em  bad  d^rtftlici^e  Seh>u^tfetn  feinen  abfohlten 
gnl^alt  in  ben  ü^m  gegebenen  3)entformcn  ju  egjlijieren  unb  ju  erfc^öpfen  fuc^t  —  oU 
ber  natürlichen  @nth)icfelung^efc^tc^te  be^  reltgtöfen  ^rinji^y^  ber  ^d^riftlic^  ®emetm 
f Aaft  — ,  ein  ©eftc^t^puntt,  melc^er  ebenfo  berftänbntdboD  bie  einzelnen  S)ogmen  noc^  t^rem 

60  bleibenben  äBa^r^eitdlem  )u  toürbigen,  old  eine  freie  Stellung  )u  i^nen  )u  geftatten  ber^ 


ßaitfl  257 

SUIetn  mitten  in  biefec  freien  ^orf(^ung  unb  i^rer  unerbUtlt(^en  Jlritil  betool^rte  er 
\>odf  bod  religiöfe  ^ntere^e,  bie  religiöfe  Segeifterung,  unb  füllte  ftdb  immer  nod^  jum 
^6^\d^  Serufe  mit  feiner  tbealen  Seftimmung  i^inae^ogen  unb  beföl^igt.  916er  toeil  bie 
tamrttembergifc^e  Sanbedtird^e  eine  fo  entfc^ieben  freie  iKic^tung  ebenfo  entfc^teben  beläm))fte, 
unb  Song  um  leinen  $reid  ben  Eintritt  in  i^ren  3)ienft  mit  bem  Opfer  feiner  Überjeugung  6 
erlaufen  tDoDte,  fo  gebac^te  er  jtoar  feinen  @tubiengang  in  regelrechter  äBeife  mit  bem 
tl^Iogifc^en  @(amen  objufc^Iie^en;  bann  aber  jic^  t>on  biefer  Jtirc^e  ob-  unb  bem  Sel^r* 
foc^e  {ujutDenben,  um  tpo  möglich  eine  pl^ilologifc^e  ^rofeffur  jid^  ju  ertoerben.  @r  beftcmb 
beitn  ouc^  im  Sluguft  1848  bod  @£amen  rüj^mlt(^,  mitten  in  ber  politifc^en  Setuegung 
unb  Shtfregung  biefer  3;eit,  bie  mit  ben  übrigen  @tubierenben  auc^  i^n  ergriff  unb  ju  lo 
lebhafter  S^^ätigfeit  inlßort  unb  Schrift  für  eine  freiere,  ja  bemolrotifc^e  ©eftaltung 
3)eutf(^lanbd  ^inri^  SUIein  bolb  betpog  ibn  bie  ®efa^r  einer  ))oU5eilic^en  Unterfuc^ung, 
bie  i^  tDegen  feiner  9iebe  an  einer  ^o(Idt)erfammlung  in  Steutlingen  für  älbberufung 
bed  gh^onlfurter  ^^(amentd  unb  bie  @infül^rung  ber  beutf c^en  9ie})ub(il  brol^te,  fu^  fd^Ieunig 
nac^  ber  @(^kDei)  }u  begeben,  unb  reifte  in  t^m  ben  (Sutfc^Iug,  l^ier  einen  äBirlung^Irei^  i5 
für  ft<^  }u  fuAen. 

(Sx  fonb  biefen  fc^on  im  9lobember  bed  gleichen  ^al^red  in  ber  ®emeinbe  äBartau 
im  Jtanton  @t  ©ollen,  tpo  eben  bie  ^farrfteQe  knilant  geworben  toar,  nac^  älblegung 
bed  lontonolen  ))^UoIogi{c^en  unb  tl^eologifd^en  @{amen^  unb  erfo^tef  SBc^I  burc^  bie 
®emetnbe.  $ier  verlebte  er  15  ^ja^re  glüdlic^er  unb  befriebigenber  SSirtfamfeit  unb  grün«  20 
bete  1852  feinen  eigenen  ^au^ftanb  burc^  Serel^elic^ung  mit  Sonftantia  @uter,  berXoc^ter 
eined  fcüJ^eren  $faner^  t>on  äßilb^aud,  bem  Geburtsorte  3^^^0l^^f  toelc^e  i^m  toö^renb 
etned  24ia^igen  S^tanbeS  5  Jtinber,  8  SOtäbc^en  unb  2  jlnaben  gefc^enft  ^t. 

^  btefem  erften  ))farramtli(^en  ^iriungSlreiS  reifte  Sang  unter  emftlic|[en  @tubien 
)um  t^eologtfc^{tr4f(ic^en  @4^riftfteQer  l^eran.  ^uzt\i  erfc^ien  t)on  il^m  eine  !(eine  Samm«  26 
lung  k)on  $rebigten  (1853,  @t.  ©allen,  @{^eithn  unb  3<>'Ii^<>f^)r  ^^^  ^^^^  SetoeiS  lieferte, 
bo^  ber  Irttifcb  freie  Xl^eologe  o^ne  Verleugnung  feinet  @tanb))unfted  boc^  erbaulich  unb 
DoU^mlic^,  felbfi  t)or  einer  länblic^en  ©emeinbe  ju  reben  Derftanb  unb  ber  ))rattifc^s 
tin^lic^  Z^ötigleit  mit  i^rem  3Rittel))un{te,  ber  ^n)el,  ebenfo  eifrig  guget^an  toar,  toie 
ben  t^logif(^  Stubien.    Se^tere  aber  trugen  i^re   erfte  bebeutenbere  ^ruc^t  in  feinem  ao 
^,Serfud^  einer  c^fUic^en  Dogmatil,  allen  benlenben  (S^riften  bargeboten",  1858,  93erlin, 
(Seorg  sleimer,  in  2.  Auflage  erbeblic^  Deränbert  unb  erweitert  1868.    $ier  legt  Sang 
in  fbceng  tanffenfc^Ktftlic^er  unb  hoq  jugleic^  jebem  ©ebilbeten  Derftänblic^er  §orm,  unter 
SBeglaffung  bed  ^erfömmlic^en  toeitföufigen  gelehrten  Slpparatd  ber  Sibel-  unb  Airc^en- 
läfK,  bie  ®runb)üge  feiner  religiöfen  Überzeugung  fotoo^l  nac^  i^rer  pofttiüen  aU  nega«  35 
thien  @ette  bor:  bad  Sbriftentum  nic^t  veraltet  unb  hinfällig  getooroen  mit  ben  un^alt« 
baren  t^Iogifdben  äSorfteUungen,  burc^  toelc^e  fein  religiöfed  HSnnji))  in  bad  @ebiet  bed 
refkbtcrenben  äSerflanbed  )u  ergeben  t)erfuc^t  toorben  ift,  nic^t  übermunben  t)on  ber  „im« 
numcnten  S3eltanf6auung''  ber  ©egentoart,  fonbem  nur  bebürftig  einer  reineren  unb  ric^« 
tigecen  bentenben  Verarbeitung  biefeS  ^rinait)^  an  ber  $anb  ber  reichhaltigen  ÜJlittel  ber  io 
fortge(<^rittenen  l^eHtigen  SBiffenfc^aft.    3)iefed  ^ißringi))  ift  !ein  anbered  ald  bad  ber  @eiftig« 
tat  im  (Segenf^  HU  ben  ^eibnifc^en  92atuaeligionen  unb  ber  ©otteSKnbfc^aft  im  @egenfa( 
}ur   iübifc^  @e{e|^religu)n.    So   ergiebt  fic^  für  bie  ^ogmatif  eine  neue  (Einteilung 
unb  3Ret^be,  bie  man  $rin2i)>almet^obe  nennen  tonnte:   I.  'Xeil:  2)aS  c^riftlic^e  ^rinjip 
noc^  feinem  ®runb  unb  3Befen,  ald  unmittelbar  religiöfcS  —  unb  baefelbe  nac^  feinen  46 
t^feor^fc^  Soraudf e^ungen ;    IL  2^eil:  ^aS  c^riftlic^e  ^rinji))  in  feiner  gefc^ic^tlic^en 
SermitteCung,  mit  ben  brei  äObfc^nitten:  über  bie  jtirc^e  aU  baS  gefc^ic^tltc^e  ^ebium  für 
bie  Sertmrlw^g  biefeS  $ringit)d  aU  beS  (SüangeliumS  ^efu  S^fti  mit  i^ren  '})titteln 
ber  Stnt)flan}ung  bedfelben:  bem  SBort  ber  Schrift  CJteuen  SeftamenteS),  ber  2)arftelluna 
ber  ^erfon  imb  bed  SebenS  ^efu,   ben  f^mbolifc^en  ^anblungen  (Sahamenten) ;   enblicp  so 
III.  ZetI :  3>ad  c^ftlic^  ^rinji]^  nac^  feinem  3^^  ^^^^  3^^I  —  für  baS  ^nbiüibuum 
bod  etmge  geben,  für  bie  ©efamti^eit  bad  9ieic^  (Sottet.    —    ^m  I.  Zeil  melfac^  an 
Si^leierma^Kr  an{nü))fenb  unb  erinnemb,  aber  ben  Determinismus  entfc^icben  able^nenb, 
b>eu^t  2.  t>on  bem  getoöl^nlid^en  SSerfa^ren  ber  3)ogmati{er  am  auffauenbften  barin  ab, 
ba|  er  bie  Se^  »on  ber  @ünbe  unb  Srlöfung  junäc^ft  obne  Sejie^ung  auf  bie  $erfon  u 
3cfu  be^onbelt,  ben  SEBeg  burc^  biefelben  als  einen  SnttoicielungSprojel  barfteUt  Don  bem 
anfänglich  unt)oIIIommenen  unb  unangemeffenen  3uftA>^i>^  ^<^  blof[en  9{atürlid^feit  ober 
ha  unmittelbaren  (Einbeit  Don  (Seift  unb  92atur  (ber  natürliche  3)2enfc^)  burc^  bie  ÜJlittel« 
^ufc  ber  (Snt)ta>eiung  beiber  unter  ber  (SrtenntniS  beS  Sittengefe^eS  unb  bem  Setou^tfein 
ha  6finbe  (ber  gef^ic^  üRenfc^)  )u  ber  @tufe  ber  93erfö^nung  Don  ®eift  unb  9iatur,  eo 
■■■I  gfgnoiimt  fic  xicoiotu  »ib  fite^  8.  ft  II.  17 


^8  Sang 

@ott  unb  ^enfc^  im  Seben  bed  ©etfte^menfd^en,  bem  bad  göttlid^e  ©efe^,  bod  ®ute  m 
h)o^nt  atö  ^eil.  ©eift,  ald  bie  ^aft  )u  ollem  (Suten,  ja  (Sott  felbft  old  bk  fu^  mttteUenbe 
äSatecßebe,  tpeld^er  f^ortfc^rttt  unb  3(bfci^(ug  be^  fUtltc^en  2Am9  borum  ebenfo  fe|nr  ob 
@r(öfung  be^  ^tenfd^en  burd^  ®ott  t)ermö0e  bec  @r^ebung  jut  ©ottedfmbfc^foft  unb  %ris 
6  l^eit  ate  bem  aOein  befeltgenben  $rin)t)>  ober  Sebendt)er^!mtnvS  erfd^eint.  ^m  II.  xelle 
tritt  bec  ©egenfo^  ju  bcr  ^ertömmlic^en  S^ogmotit,  and)  bec  bec  SSecmittelungdt^coIogie 
unb  bec  i^c  no^efte^enben  Seite  bec  freieren  nod^  me^r  m  Sage  in  bec  Qfypf^toMt,  too 
bie  Sebeutung  bec$erfon  ^jefu  jtoor  überaus  ffoä)  angefcplagen  toirb,  infofem  in  t^m  boS 
d^riftlid^e  $rin)it>  t^erfönlid^e,  ba^er  ftetd  religiöfe  ^erfönlid^Ieiten  nad)  ftd^  bilbenbe  ©eflofi 

10  getoonnen  f^at  —  toie  benn  bie  Sebeutung  be$  ©ef^idfttlid^en  in  bec  Sletigion  eben  bcorin 
beftel^t;  celigiöfen  SBol^i^eiten  nxd)i  Setoei^fcaft  füc  ben  SSecftanb,  ober  belebenbe  Araft 
füc  bad  ^ec)  unb  ben  SBiDen  ^n  t)erleil^en  — ,  babei  ober  bodff  feine  ^ecfon  bon  bem 
^eil^))rimi)>  felbft  ftceng  unterf^ieben  n)irb.  Unb  n\d)t  minbec  (^rotteriftifd^  ifi  ffir  feine 
Dogmatil  bie  rücfl^altdlofe  Jlonfequen),  mit  toel^er  fte  iebe  immer  mel^  ober  tami^ 

16  miOIücIici^e  bogmatifd^e  Konftruttion  ber  $erfön(ic^Ieit  unb  bed  Sebendbitbed  gefu  bertoicft 
unb  für  bie  Srtenntnid  berfelben  auf  bie  unbefangene  ^iftorifd^e  ^orfd^ung  otö  ben  einjig 
rid^tigen  3Beg  l^inn>eift.  Sei  biefem  II.  Xeile  ift  übrigen^  auc^  bon  fel^  no^efk^enber 
@eite  bei  auer  Übereinftimmung  in  ber  @ac^e  ber  SBunf(^  laut  getoorben,  S.  ^ätte  pa 
^er^ütung  bon  3Rigberftänbniffen  unb  SRi^beutungen  bie  toenn  auc^  nur  &ugertt(^  Soram 

ao  fteDung  ber  Jürc^e  t)or  ber  $erfon  Igefu  Dermieben. 

^e^r  über  ben  Jlrei^  ber  2:^eo(ogen  aud^  in  bie  Saientoelt  l^inein  brong  Song^ 
nä^fte  Sd^rift:  ,,@in  ®ang  burd^  bie  cpriftUd^e  3Bdt,  Stubien  über  bie  Snttoid^ng  btd 
(^riftli4>en  ®eifteg  in  Sriefen  an  einen  Saien",  1859,  Serlin,  ®.  Keimec  —  txkUft  m 
g^brängter  Aürje  unb  farbenretc^  3)arfteSung  eine  Snttoidtelung^efc^ic^te  ber  c^rißlic^ 

26  irleligiondlel^re  unb  @tl^it  t)on  i^ren  äln  fangen  bid  gur  ©egentoart  nac^  i^ren  fy^ 
momenten  bietet. 

3u  ber  gleid^en  QÄt  eröffnete  fw^  Sang  ein  reid^eS  JJelb  regelmäßiger  ßttecactf(^ 
^ätigleit,  inbem  bie  feit  Siebecmannd  auftreten  in  ben  t)ier)iger  3<^$^  V^  ©dümg 
gekommene  liberale  Stiftung  in  ber  Xl^eologie  unb  Jtirc^e  ber  beutWen  ®(^tt>ei}  noc^  bem 

80  ©ingel^en  il^re«  erften  Organa,  ber  „Äird^e  ber  ©egenhmrt"  ba«  S3Aürfni«  eine«  neuen 
em^fanb  unb  für  bie  al^  fol^^e^  gegrünbeten  ,,3^^^^^^^^  ^^^  ^^  reformierten  Stn^ 
ber  ©c^loeij",  (1859—1872)  Sang  bie  Slebaltion  übertrug,  ©einer  unöerjieglic^en  ?Jcos 
bubion^fraft  unb  «Suft,  feiner  fnfd^en  unb  tü^en  t^ber,  feiner  ®abe,  bie  Stefultote 
h)ifjenfd^aftlic^er  ^orfc^ung  in  gemeinöerftänblid^er  unb  genießbarer  gorm  borjulegcn,  tm- 

86  banite  neben  Siebermann^  tiefgrünbigen  Seitrögen  bad  Slatt  l^au})tfä(^li(^  ben  großen 
9lnllang  unb  @tnfluß,  ben  ed  bei  ber  ©eiftlid^Ieit  unb  in  Saienireifen  getonrnn,  unb  bini^ 
ben  e^  ein  2Befentli^ed  baju  beitrug,  baß  biefe  Slic^tung  ftd^  aSmäl^li^^  bie  ©leic^bece«^ 
tigung  mit  ber  ort^obo^en  unb  t)ermittelnben,  in  einzelnen  5{antonen  felbft  bad  Übecgeloic^ 
errang.    3Son  ben  größeren  Sttbl^anblungcn  Sang«  in  biefer  3^itf(^rift  fei   nur  biejenige 

40  über  „bie  mobeme  SBcltanfc^auung"  1861  ertoäl^nt,  bie  n>eaen  ber  rücf^lt^tofen  Dffai^, 
n)omit  fte  ben  burc^göngigen  Unterfc^teb  jtotfd^en  biefer  auf  bem  lot^emilanif^en  &tßm 
ru^enben  unb  bem  bibltfd^-fird^lic^en  SSeltbilb  mit  feinen  fupranaturalen  Sorftedungen 
Don  ^immel,  $ölle,  2Bunber,  ®ebet  u.  f.  h).  bttt>oxf)oi  unb  bie  Jtonfequenjen  für  unfm 
l^eutigen  religiöfen   unb   ^um  'Xeil  auc^  ftttlid^en  Segriffe  l^ierau«  30g,  Dielerort«  ©taub 

46  aufloarf  unb  teilloeife  fc^arfe  (Srloiberungen  in  gegncrifd^en  Äirc^enbtöttem  ^ert)orrief,  We 
nic^t  minber  fd^arf,  mitunter  noc^  fc^ärfer  abgetoel^rt  tourben.  gft  e«  aud^  utjugeben,  baß 
S.  in  feiner  Seftreitung  bed  fu^ranaturalen  SBeltbilbe«  bie  alte  {irc^lic^e  ^iorftedung  tu 
fe^r  bei  il^ren  JlonfequengeU;  bie  fte  bei  i^rem  betoealic^en,  flüfftgen  Si^aratter  nid^t  iie(ft, 
behaftet  unb  ba«  Steltgiöfe  unb  S^riftltd^e  feiner  auf  ®runb  be«  neuen  SBeltbilbed  ftcp  er> 

60  gebenben  ©teDung  ju  @ott  unb  SOSelt  l^ier  nur  angebeutet,  nic^t  bargefteOt  fyd,  fo  ip 
bod^  bie  Sefc^ulbigung  grunbfalfc^  unb  t)öDig  ungerecht,  afö  fei  er  ober  bie  bon  ^  be^ 
tretene  Stid^tung  in  ber  ©c^toeij  eine  3^it  long  mit  ben  ärgften  ^inben  oDet  Tldigion 
unb  5tird^e,  \a  felbft  einer  ftttlic^en  2Beltorbnung  im  engften  Sunbe  gqionben.  93ie  fe^ 
il^m  im  ®egentcil  an  ber^örberung  d^riftlic^er  SWeligiofttät  auf  ®runb  läge  feiner  mobemcn 

66  SSeltanfd^auung  unb  eine«  gefunben  ürc^lid^en  Seben«  gelegen  toar,  betoeifen  bie  „©timben 
ber  änbad^t"  (ffiintert^ur,  ®.  Surfe),  loeld^e  er  1862  begann  unb  in  einem  2.  »anbl865 
fortfe^te,  unb  bie  auf  einem  fortgefd^ritteneren  ©tanbpunfte  t^eologifc^er  9Siffenfd(f^  unb 
religiöfer  ©rienntni«  ba«  loerbcn  foHtcn,  loa«  3f^^'^^  „©tunben  ber  Slnbac^t"  für  i^ 
^eit  getoefen  toaren.    Unb  nic^t  toeniger  pofttit)  aufbauenbe  2;enben2  berroten  bie  JfiA 

60  gidfen  S^arattere''  1862  (in  bemfelben  Serlag),  in  toeld^en  er  bie  Seben^  unb  fS^cmXtOf 


Sang  258 

bilb<r  bon  öter  HRännem  bcr  toerfc^icbenften  g^ten,  Silbung^elemente  unb  Sjnbibtbualitäten 
—  ^ulud,  3^^0(i'  S^png,  ©d^Ieiermad^er  —  mit  bcr  Siebe  be«  f^nH)at^fc^en  (SeifteS« 
iKttiKmbten  unb  bec  Unbefangenheit  be^  freien  jlritilerd  bargefteDt  i^ot. 

3m  ^afy[  1863  bon   ber  (Semeinbe  SKeilen  am  gütic^fee   berufen,   trat  2.  in  einen 
ordneten  (Kifioralen  SBirfungdlreid,  eine  propere  Sanbe^firc^e  unb  in  einen  innigeren  SSer«  6 
te^  mit  ben  t^otogifc^  unb  lirc^lic^  freieren  Jtreifen  ber  Sc^toei^  unb  2)eutf(^lanb^.  ^r 
bte  Sa^K  ^^  f^^  ^roteftanti^mud  beftänbig   fampfbereit,  bertrat  er  biefelbe  in  SBort 
unb  6(^ft  nac^  aDen  Seiten  unb  bei  jebem  gebotenen  toic^tigen  3lnla^,  fo  bag  er,  ol^ne 
nomtncQer  Setter  ber  ^ortei  )u  fein,  bod^  nac^  unb  nac^  bie  Seele  ber  lird^Iid^en  Steform« 
betDCgung  in  ber  @(^tDei)  tDurbe,  bie  er  in  il^ren  fci^n>erften^äm))fen  inSafel,  ^em  u.  f.  n>.  lo 
auc^  bun^  feine  ))erf5nli(^e  ©egentoart  unterftüi^te.  (Vortrag  mit  3)id^utation  in  93afel 
1868,  ^rebigt  imTOttnfter  ju  Sem  1872  bei  ber  3a^re«berfammlung  be^  1870  gearün^ 
beten,  bem  !ßroteftantens93erein  S)eutf(^(anb^  bertoanbten  „Sc^tveijorifd^en  Sereind  für  freiet 
@(^n^entum'^)  ^m  ^ufommenl^ang  mit  biefer  Slu^be^nuna  ber  Setoegung  ftanb  bie  äSer« 
fc^eljung  ber  „3ettftimmen"   mit  ben  „8emif4>en  Sleformblättem"   ju  ber  „Sleform,  is 
3eitfttmmen  aud  ber  reformierten  ftird^e  ber  Sd^mei)'',  beren  9lebaItion  toieberum  Sang, 
bi«  )u  feinem  %ohc  (1872—76),  aber  im  Serein  mit  5ßfaaer  SUbert  Si^iu«,  bem  ©ol^n 
bed  betomten  ec^ftfieOer^  ^eremia^  (Sott^elf,  gefü^  l^at. 

3m  3a^  1870  erfd^ien  feine  ©d^rift  „SWartin  Sut^er,  ein  religiöfe«  (S^rafterbilb", 
Serlin,  (9.  Sleimer,  nic^t  eine  9iogra))l^ie  bed  großen  beutfc^en  9{cformator$,  fonbem  eine  ao 
iunfdectfc^  SorfteOuna  biefed  Seben^bilbe^  unter  bem  ©eft^t^untte,  bon  bem  ba^felbe  in 
oQ  feinen  9Biberf))rü(9en  einl^eitlid^  burc^ft^tig  unb  berftönblic^  toerben  fodte  —  Sutl^er 
ald  3Rbndf,  ofö  Sieformator,  old  Jtirc^enmann  —  unb  mit  bem  ))rattifd^en  3^^^^  ^^^^ 
an  biefe  I^e  $^fe  fid^  anfc^liegenben  ort^obo^en  jlirc^entum  gegenüber  bem  beutfd^en 
Soße  )ur  religiöfen  ©elbftbefreiung  mitju^elfen.  ^mn  biefem  blieb  er  jeitleben^  ein  25 
treuer  6ol^,  aucp  nad^bem  bie  @(^n>ei)  —  )ule|t  nod^  burc^  Serlei^ung  bed  93ürgerre<^td 
fettend  ber  @tabt3üri(|  —  feine  ^toeite  Heimat  getoorben  toar,  ber  bie  ))oIitifd^e  @intgung 
ttnb  Stoc^tentfoltung  S)eutf(^(anbd  nad^  ben  @iegen  bon  1866  unb  1870|71  freubig  be^ 
gTfi|te.  3^^^^  Uffntt  2.  eine  Berufung  atö  ^aftor  nac^  Sremen  toieber^olt  ab;  aber 
mit  großer  Sefriebigung  erfüQten  il^n  bie  auf  einer  Steife  in  mel^reren  ber  bebeutenbften  90 
etatten  ))n>teftantifc^en  ®cifted(ebend  in  9torb«  unb  ©übbeutfc^IanD  im  ^rü^ja^r  1870 
ge(itüt>ften  ober  erneuerten  Selanntfd^aften  mit  bortigen  @eftnnung^enoffen,  unb  mit  reger 
Zetlna^e  begleitete  er  bie  93eftrebungen  bed  beutfd^en  „^roteftantenbereind",  toie  er  benn 
).  S.  am  $roteftantentage  in  Sei^^ig  1878  eine  ^rebigt  über  bad  X^ema  „92aturgefe^ 
unb  Sldigton"  l^dt.  85 

9Cm  5.  SRoT}  1871  tourbe  £.  nac^  einem  (ebl^ften  3Sa^Ifam))fe  ^toifd^en  ben  lirc^- 
üdfm  ^ßotteten  an  bie  @t  $eter^emeinbe  ber  @tabt  3^^^  ^'^  3)iaIon  berufen,  aber 
f<^n  furje  3^  barauf  )um  $faner  gemä^lt  an  ©teile  bed  im  Steril  berftorbenen  Slmtd- 
geiwffen  unb  S.  innig  befreunbeten  Wit{äm)9ferd  ^einrid^  ^itjel.  ^ier  erft  {am  nun  feine 
S^cutung  <ta  $rebiper  au  il^rer  boUen  ©eltung  unb  3Strffam!eit,  tt^obon  nid^t  nur  ber  40 
aufterotbentltc^  jo^Iretc^e  5iir(^enbefuc^,  aud^  bon  feite  bieler  ber  Jtirc^e  bid^er  (Sntfrembeter, 
3eu0ntd  ablegte,  fonbem  aui^  bie  beiföQige  ätufnai^me  ber  gebmdCtm  ^rebigtm,  bie  er  in 
jtoet  SMnben  unter  bem  litel  „SHeligiöfe  Sieben  bon  §einri(^  Sang",  3ünd^,  6äfar  ©c^mibt, 
1873  unb  75  (in  jtbeiter,  ))oft^umer  Auflage  erfc^ienen  1896)  l^erau^ab,  tt^ie  feine  übrigen 
^rebigten  nac^  feiner  eigenen  Sejeid^nung  teitö  ©tanbpunft^prebigtm,  toeld^e  bie  3u^örer  45 
mit  bcr  aonjen  Sluffaffung  ber  freien  religiöfm  Stid^tung  unb  beren  ©teQung  ^u  ben  toic^« 
tigften  ®Yaubmdfragen  bertraut  mad^en  foute,  teitö  ©timmung^))rebigten,  toeld^e  bie  fragen 
bed  toglii^  Sebend,  bie  Setoegungen  ber  3^'^  in^befonbere  auf  etj^ifc^^fojialem  @ebiete 
bc^belten,  tDie  fie  eben  bem  ^rebiger  burc^  feine  täglid^e  @rfa^mng  unb  Beobachtung 
no^  gelegt  tamrben.  00 

8iu^  in  feiner  übrigen  amtlichen  Xbötigleit  unb  im  ^ribatm  Serle^r  getoann  S. 
fietgcnbed  Xnfe^en  unb  3utraum,  unb  atö  ^titglieb  bed  eb.  Jlird^enrat^  be^  $t'antond 
3firU^  (1872—76)  fuc^te  er,  toietoo^l  attem  äußeren  3*^<*'^9^  abl^olb,  bo(^  gu  bcr  2lufs 
tci^t^altung  einer  bemünftigen  Ürc^lid^en  Drbnung  bad  ©einige  beijutragen.  3")toifd[^en 
nifytt  auif  feine  h>iffenf(^aftli(^e  unb  publtgiftifd^e  X^ötigleit  nic^t.  ^on  jtoei  öffentlichen,  66 
ruma  gebrudien  Sorträgm  „3ur  lird^Iic^en  ©ituation  ber  ©egentoart''  3ünd^,  ©c^abe- 
&(f^  Su^^Uung  1873  —  beleuchtet  ber  erfte,  beranla^t  burc^  bad  batifanifc^e  5{on5i( 
tmb  feine  ^(gen,  bm  Jlamjpf  ber  mobemen  ©efcQfd^aft  mit  ber  ^ierarc^ie,  ber  ^toeite  bie 
tcIigiM>Iin^(i($e  Situation  inmittm  ber  beibm  gegenfö^Iic^en  @^eme  ber  Ort^obo^ie  unb 
bc0  iXatanatidmud.    9li(^t  ber  erfteren  galt  fortan  fein  $au))tfam))f,  fonbem  bem  le^teren  ao 

17* 


260  Sng 

obfr  allgemeiner  unb  genauer  ausgebrücEt,  ema  allein  ßbrifkentum  femb(t4^  ober  H 
toentgftene  tbat\ädfi\d>  untergrabenbtn  rabifalen  Slic^tung  in  ba  SBiffcnfc^aft,  bte  )u  icncr 
3eit  fidf  befonbere  nihig  ;u  }eigen  anfing,  unb  ba  gegenüber  2.  o^e  Seeinträc^tiguiig 
{einer  ^rtnai^ien  nun  bte  älufgabe  eine«  äriftlic^  9po(oaeten  übernabm.   Strauß*  l0ftt 

6  bebeutenbe  S^^rin  ,,Xa  alte  unb  neue  ©taube"  1872  mit  iorem  matcnoltfüf (^  Sef cnntnid, 
ihrer  SBertoerfung  bee  Ghriftentumd  ald  einer  Sleltgion  ber  adlett{<!^  S<^tDanncrei  unb 
bifitimf(^  ^umbug^,  toie  ihrer  @eringf(^ä^ung  aller  Seftrebungen  jur  Serfö^mmg  bon 
Jlirc^e  unb  mobemer  Silbung  nötigte  ihn,  m  ba  ,,9tefonn''  bcs(  ^(Hftti  1873  gegen  ben 
bid  babin  bon  ihm  btx^efeierten  Slann  mit  f^arfen  SSaffen  ber  Jtrttit  unb  ^ttmxt  |u 

10  ^(be  }u  jieben.  ^te  gilfeic^e  ^flic^t  erfüllte  er  1874  unb  75  in  bemfelbcn  Slatte  gegen» 
über  ber  B^H  bon  (rb.  t)on  i^ortmann  „Xk  Selbftjerfe^^ung  bed  (S^rifientumd  ui&  bie 
9ieligixm  ber  3utunft'\  toobei  er  ben  ^ilettantiemud  biefed  ^btlofot»^  mif  bem  ®ebiete 
ber  ^beologie,  ben  lünftlicben  S^nhetiemud  feina  angeblich  neuen  Sldigion  ebenfo  f^ 
ind  Sic^t  yd  fleOen  bemüht  tuar,   ole  bie  Seret^tigung  bed  liberalen  ^rotefUmtitouid  auf 

16  ben  Flamen  einer  9leligion.  9Ud  britten  @egner  be{air4>fte  er  (in  ber  ^Steform''  k>im  1875) 
ben  'Jieutantianer  ällbert  orange,  ber  in  feiner  ,,@ef(^i^te  bed  9Raterialidmud"  bte  StcGgton 
toie  bie  3Belt  ber  ^h^c  überhau))t  für  einen  blo^  f4;5nen  Xraum  bed  bic^ta^ 
3Renf(^engemüte^,  unentbe^lid^  in  ber  brücfenben  ^rofa  ber  SSiirllid^Ieit,  ober  oj^e  i^ai 
objeftiDen  3Ba^^eit6ae^t,   o^ne  ollen  SBert  für  bie  Srtenntnid  erBart  l^otte,   inbcm  er 

20  gegenüber  einem  folc^en  fc^roiren  Xuolidmu^  gtoifcben  (Semüt  unb  ^nteQett,  einer  fob^ 
unauefüQbaren  ftluft  jtoifc^  ber  2Belt  ber  Sinne  mit  i^er  mec^tfc^  SbttpenMgbit 
unb  ber  SBelt  bed  ©eiftee  mit  i^ren  ^bealen  auf  bie  Sin^eit  ber  SRenfc^ennotur  in 
i^ren  beiben  ^^nttionen  ber  SBobme^mung  ber  SBirllic^teit  unb  ber  Silbung  i^rer  ^^eole 
^intoie^  unb  auf  bte  tl^öc^lic^e  SBeltbeft^ffeni^,   todd^  gerabe  burc^    bie  ftnnli^e 

25  äl^a^ei^muna  unb  bie  tägliche  Srfa^ng  bad  iDlaterial  uitb  ben  9teu  ju  ben  ^beolen 
bee  menfc^licpen  @emütd  abgebe  —  eine  ©etuöl^  bafür,  ba|  fte  me$r  atö  blo^  fubjet 
tit)e  ^Hufwnen  fein  muffen. 

2)emfelben  3^^^/  ^^  bielangefoc^tenen  9leligion  i^re  gebü^renbe  Stellung  in  ba 
heutigen  @efellf(^aft  ju  toal^ren,  bienten  auc^  bie  Slrtifel,  todd^  in  ben  „2)eutf4Kn  3^ 

80  unb  Streitfragen  t)on  $ol|enborff  unb  Cnden''  erfc^ienen:  „^ai  Sehen  ^^n  unb  bie 
ftirt^c  ber  3ufunft"  1872  unb  „"I^k  ^Religion  im  3eitalter  35arh)in«"  1873.  3n  bem 
lederen  tDirb  gejeigt,  n>ie  bte  Steltgton  jtvar  etnerfeitd  ben  feften  SBiOen  ^aben  mäffe,  bie 
neuere  SBcIt'  unb  92aturertenntntg  in  il^em  berechtigten  Utitemehmen,  aSed  äBebgefc^e^ 
au^  natürlichen  SBelturfad^en  unb  ben  in  btefen  n>tr!enben  (Sefej^  )u  erllaren,  in  feinem 

86  fünfte  ju  ftören,  anbercrfettd  aber  auc!^,  ftc^  in  tl^rer  Selhftgetpi^^  nic^t  ftören  lu  laffen 
burd^  bte  SÜelttDtffenfchaft,  unb  tote  fpe^teO  ber  S^artotni^mud,  ber  bie  (Sefamt^eit  oDer 
3Belterfc^einungen  montfttfc^  an^  einem  einheitlichen  bringt))  )u  begreifen,  if^^en  gamen 
9{ei(^tum  aue  ben  einfad^ften  formen  unb  ber  natttrgemägen  ^ortenttDicfdimg  berielben 
mit  9tuefci)lu|   jebed  Singriffd   einer  ü6erh>eltltc^en  3Kac^t,   jebeS  SBunberd  }u   erDorai 

40  unternimmt,  ber  Steltgton  i^r  ^errfc^aft^ebiet  nic^t  entreißen  lönne,  ba  fte  felber  auf 
einen  ^tont^mud,  nämlic^  eine  Sinl^eit  über  unb  in  ben  beiben  ätei^  ber  92atur  unb 
bed  ®etfte6  ^tntpeife,  ber  fte  beibe  ju  einer  einmütigen  SBelt  Derbinbe.  3m  übrigen  i^ 
ii,  auf  eine  naivere  äludeinanberfe^ung  mit  bem  ^artt)intdmud  nic^t  eingetreten  unb  bot 
e^  ntd^t  unternommen,  bie  noc(>   btelfac^  ungelöften  fc^h^ierigen  ^agen   betreffenb  beffcn 

46  Stellung  ;;ur  Steligton  unb  3J}oral  im  einzelnen  ^u  be^anbeln. 

!Sm  Februar  1875  folgte  £.  noc^  einer  ßtnlabung  nac^  bem  9Iorben  ^Deutfc^lanb^ 
unb  nac^  .^oHanb,  um  auc^  bort  Vortrage  gegen  bte  mobemen  Eingriffe  auf  bad  (^fri^ 
tum  ju  l^alten.  9lbcr  fc^on  na^te  mit  fc^nellen  Bd^xittm  bad  @nbe  biefer  immer  me^ 
gefteigerten,  in  ben  legten  ^a^ren   gerabeju  aufreibenben  2:)^ätig{eit  unb  feiner   gonjen 

60  Sebenelaufbal^n.  Sein  fc^on  längere  3^^  ^^^^  ^^^^^  ^^^  gefunber  Jtör)>er  erlog  noc^ 
ber  9tücf reife  bon  einem  'l^ortrog  in  Safel  über  bie  Offenbarung  ^ol^tnnid  ben  13.  §<uniar 
1876  einer  ©eftc^t^rofe,  bte  mit  einem  Sungenfc^Ioge  enbete.  Slm  16.  S^nuor  foiä  noc^ 
ber  lirc^lic^en  Xrauerfeter  im  St.  $eter  bie  SSeerbigung  auf  bem  ftöbtifc^en  SentrolfriA^ 
ftott,  tpo  feine  too^lgelungene  !6üfie  fein  @rab  jiert.    2)ie  bei  biefem  ä(nlo|  i^  gebnb« 

66  meten  Sieben  ftnb  im  ^rucfe  erfc^ienen  ate  „©ebäc^tnt^morte,  ge^en  bei  ber  9eerbiguii({ 
&.  £ongd'',  S^^^f  ^Äfor  Sc^mibt  1876.  3lod^  im  felben  §^re  erfc^ienen  mdf  jM 
9iogro))^ien  bed  ^^erftorbenen  bon  S^^unbeei^anb :  „^eiurid^  Song,  bon  S.  @.  Siebermarat, 
mit  bem  ä3ilbnif|e  Songd,  3^^#  ^^f-  Sc^nttbf'  unb  „$einric^  Song,  Sebendbilb  eined  frei* 
fmnigen  ^eologen.    äion  Aorl  @b.  'Hlcü^tt,  ^ofel,  (S^r.  5trüft.''  3)er  fc^n)ei)erif(^e  Seron 

ou  für  freiem  S^tentum  aber  e^rte  feinen  beretuigten  ^rer  burc^  bie  im  ^o^t  1876  gc* 


Sang  Sauge,  :3<x^<^^  "261 

gdmbete  Sangjltiftung,  tpeld^e  ben  ^totd  ffat,  unbemittelte;  junt  ©tubium  ber  Geologie 
geeignete  fc^tDeijerifcpe  Jünglinge  )u  unterftü^en,  ol^ne  auf  il^re  9ii(^tung  irgenb  einen 
mit  ou^uüben,  unb  bie  e^  im  abgelaufenen  SJiertelja^r^unbert  tu  einem  anfe^nli(^en 
Seftanbe  unb  manchen  erfreuli(^en  9iefultaten  i^rer  3Bhd(fam!eit  gebra(^t  l^at. 

$rof.  Dr.  f  •  e^rlfl  in  3üri(6.      5 

2m%tf  ^oad^im,  Sd^ulmann  unb  Xl^eolog,  ber  $au})tborIäm))fer  unb  SBortfül^er 
ber  ^aHefi^en  ©<l^ule  in  ben  jjietiftifdjen  ©treittgleiten  be«  18.  Sol^tl^unbert«,  geft  1744.  — 
£itteratUT:  i)ie  ^auptqueOe  für  feine  ßebendgefdjic^te  ift  {eine  freiließ  fe^r  unDoQftönbtge 
unb  tenben^iöfe  flutobiograp^ie  u.  b.  %,  Dr.  3.  fiangend  fiebendlauf,  5ur  ^rmecfung  feiner 
in  ber  etmnaeUf(^n  ^rc^e  fte^enben  unb  e^emald  gehabten  üielen  unb  tvert^eften  3uPrer  10 
Don  i(m  felbfl  Derfagt  ^aQe  unb  fietpjig  1744,  8^  $(ugerbein  Dgl.  (Sötte,  ®el.  (Suropa  I, 
6. 359 ff.;  n,  @.  700 ff.;  3Äofer,  fiejilon;  iWeubaucr,  Sliadjricöten  öon  jefrt  Iebenben®ele^rten; 
Qal(4,  Steligiondfireitioreiten,  I,  844 ff.;  göc^er  II,  8.  2249,  unb  9ioterinunbd  Sortfe^ung, 
in,  6. 1205 ff.  (ncbft  «craeic^niS  feiner  @d)riften);  @d|mib,  ®efd).  be«  ^ietiSmuS,  @.320ff.; 
dngelftorbt,  fiöfdjer  @.  131  ff.;  granf,  ^rot.X^eoI.  II,  144;  ©aß,  (SJefd).  ber  prot.  S)ogmatif,  IB 
ni,  e.  23 ff.;  t^olurf,  (»efcöidjte  be«  mationaligmu«,  ©erlin  1865,  @.  12 ff.;  ß.  S)ieftcl, 
«ef4i(6te  bed  «Iten  Xeftament«  in  ber  diriftl.  IHrcfte,  3ena  1869,  @.  418-20.  464.  477. 
519;  $.  Zfc^cfert  in  ber  «(b©  17  (fieip^ig  1883)  @.  634 f.;  ^.  {»oratvi^  in  (Srf4  unb 
•ruber,  «Ilgem.  (Snc^IIopäbie  ber  ^iffenfd)aften  unb  ^nfte.  2.  ©ehion.  ^—%  42.  Seil, 
6.  29 f.;  $.  ©landmeifter,  ®&äi[i\6)t  jeir^engefdjicbte,  ^redben  1899,  @.  226;  gr.  $aulfen,  20 
(9tf4i4te  bed  (Skle^rten  Unterri^tS  auf  ben  beutfcben  @d)ulen  unb  UnioerritSten  üom  9(u^ 

Sänge  beft  Mittelalters  bis  jur  (S^enenmart.  Mit  befonberer  Slücffi^t  auf  ben  Ilaffifcben 
Interricftt,  2.«ufl.  »b  1  (fieipjig  1896).  6.555,  93b  2  (1897),  @.  140f.  396;  3.  ßattmann, 
Oef4i(bte  ber  Met^obit  bed  fiateinifc^en  (SIementarunterricbtd  feit  ber  Sleforntation,  (Böttingen 
1896,  6.  184-196;  gfr.  9(ug.  (S#ein,  £ateinif4er  unb  griediifc^r  Unterriebt.  Mit  einem  25 
Sonoott  t>on  fß.  ©grober  .  .  .  beraudgg.  uon  ^.^e^ben,  fieip^ig  1887,  @.  108.  142f.  187; 
«.  9IHtf(tI,  Oef^icbte  bed  fßietidmuS,  1.  ftt>t,  ©onn  1884,  @.  288— 560;  ©Araber,  (Sef(bi(bte 
ber  9riebricb».Unit)errttat  ju  ^aHe.  I.  Seil  (»erlin  1894),  @.  133-135.  200-212.  307  bi« 
320  tt.  ö.;  n.  Xeil,  6.  377.  462.  550;  Äranter,  «.  ^.  gfranrfe.  (£in  ßebenSbilb,  ^aHe  a.  6. 
1880-82,  2  »be;  «.  g.  ©.  Sifcfter,  mrd)enIieber=fiejifon,  1.  ^älfte  (®otba  1878),  @.  27^90 
285;  2.  ^Ifte  ((»ot^a  1879),  @.  184.  452;  Supplement  ((»ot^a  1886),  6.  72;  ©rif^ow. 
ftirc^ner,  ftunt)erfabte  92o4ri4t  ))on  altern  unb  neuern  Sieberuerfaffem,  ^de  1771,  6.  27; 
(S.  S.  Stodi,  ®ef(bid)te  bed  irir(benliebe9  unb  SHr^engefangd,  4.©anb,  3.^uf(.,  @tuttg.  1868, 
8.  343-349;  «.  ©eftel,  Analecta  hymn.  SBb  2,  ©tücf  4,  (»otba  1754,  @.  453—472;  3)ie 
legten  Stunben  einiger  .  .  .  feiig  in  bem  ^errn  oerftorbenen  fßerfonen.  gufammengetragen  S6 
oon  tibmann  Einrieb,  ©rafen  oon  ^enfel,  ^afle  1746,  1.  SBb,  4.  ^ufl.  @.  100—116;  3. 
(S.  oon  S)Tei9bau))t,  ©efci^reibung  be«  6aaIe«(Sre^fe9,  ^aUe  1751,  2  ©be.  Unaebrutfte  »riefe 
oon  ibm  an  oerfci^iebenen  Orten,  3. ».  in  ^eumannd  »riefmeci^fel  auf  ber  »ibliotbef  ju  ^an« 
nooer,  in  bem  ^tbmannfcben  ^acblag  unb  anberdmo. 

l^ooAtm  Sänge  tourbe  am  26.  DItober  1670  juSarbelegen  in  ber  SHtmarl  geboren,  40 
too  fem  Soier  SRori^  Sauge,  SlatdbemKtnbter  toor.  Sa  er  burc^  eine  ^er^brunft  foft 
db  feine  ßobe  verloren,  mu|te  ber  @obn  fub  in  bürftiger  Sage  unb  mit  frember  Unter« 
flfitpmg  auf  ben  @(^ulen  }u  Oftertoiel,  Dueblinburg  (1687)  unb  3Ragbeburg  (1689)  auf 
\M  Stubtum  ber  ^eologte  borbereiten.  9luf  feine  religiöfe  Slic^tung  übte  befonber^  ein 
alteret  Sruba  @tnfht|,  ber  ald  ein  gottfeliger  studiosus  theolo^ae  i^n  in  ben  studiis,  46 
fonberitcl^  aber  im  ©^riftentum  unterrichtete  unb  il^n  antoied,  mit  eigenen  SBorten  ani 
freiem  ^eijen  )u  ®ott  }u  beten.    Seine  Unit)erfttötd{fatbien  begann   er  im  $erbfte  1689 

eSciMifl  —  gerabe  }u  ber  ^tit,  afö  bort  bie  j^ietiftifd^e  9en)egung  ibren  Slnfang  na^m. 
^.  ^luaiit,  an  ben  er  burd^  feinen  93ruber  em))fol^Ien  nmr,  nal^m  i^n  tmentgeltlid^  bei 
ffa^  ouf^  f 0  bo^  et  neben  ben  CoUegiis  and)  feinen  tägli(^en  Umgang  m  t)ieler  Srbauung  so 
0010^  (St  toot  in  bet  alten  $l^i(oIogie  grünbUdb  t)orgebilbet,  ertoarb  ft^  nun  aud^  5tennt= 
niffe  in  ben  otientalifd^  @)9rad^en,  bi^rte  tl^eologifd^e  SSorlefungen  bei  Dleariu^  unb 
Ste^cnbetOy  %tandt  unb  @(^be,  no^m  teil  an  ben  e^egetifd^en  Übungen  be^  fog.  Collegii 
phOobibUd   untet  SSPOftertid  3)ireItion  unb  fd^Io^  f^eunbfc^aft  mit  einer  9leil^e  bon  Män^ 
nctn,  bie  to&tet  feine  JtoDegen  ober  $arteigenoffen  in  ^aÜe,  Serlin  unb  anbertoortd  66 
timtben.    Sutf  gtonded  @m))fe^lung  n)urbe  er  Seigrer  im  ^aufe  bon  ^riftian  ^omaftu^. 
9tt  btefet  im  ^cifyct  1690,  um  einer  gegen  il^n  eingeleiteten  Unterfudpung  au^jutoeid^en, 
iößnn  t^ßftü^^  bmie^,  toar  Sänge  ber  einzige,  bem  er  „feine  borgenommene  fc^neQe  9leti« 
lobc  tKnd^  im  Sertrauen  eröffnete".    Stlö  bann  in  bemfefben  ^afyct  in  Seipjig  „bie  toa^ 
$ietdt  untet  bem9{amen  ber  ^ietifterei  t)erl^a^t  aema(^t  tourbe"  unb  infolge  babon  ?^andte  eo 
ä$  SDiaSoma  noc^  (Srfutt  ging,  fo  folgte  il^m  Sänge  babin  (1690),  tourbe  mit  anberen 
Xn^fingetn  beweiben  öffentltd^  U\d)mp\t,  )og  mit  nac^  ^aUe  (1691)  ^örte  nod)  bor  ber 


262  fiattge,  Soad^im 

Eröffnung  bei*  Unberfttöt  tl^eologifc^e  SSorlefungen  bei  93reit^au))t  unb  ^ondc  unb  (otte 
mit  biefem  '„<m\^  neue  ju  feiner  t)ielfa(^en  @rbauung  einen  oefegneten  Umgona'^  Slodft 
t)oDenbeten  @tubien  ging  Sänge,  ba  er  jur  Übernahme  eine^  ^forromted  leine  ^mtbtglett 
^otte,  1693  nac^  Serlin:  er  n)urbe  Don  @ad))ar  @^be,  bem  JtoSegen  &pmtt&,  ind^otf 

5  genommen,  erl^ielt  auf  beffen  Smbfe^Iung  eine  ^auele^rerfteOe  bei  bem  ®e^.  9lat  ^.  91 
t>on  6ani^  (f  1699),  befjcn  ©ebi^te  er  fpöter  l^erau^ab  (Serlin  1700,  8^),  benfi^  beffen 
reid^l^altige  Sibliot^e!  mx  ^ortfe^ung  feiner  @tubien,  mochte  Dome^me  Seihnntfcpaftcn  im 
Sibit  unb  SOtilitärftanbe,  nal^m  teil  an  einem  t)on  @))ener  geleiteten  Collegimn  biUi- 
cum  exegetico-asceticum  unb  trat  in  naivere  33erbinbung  mit  bem  frommen  firetfe,  ber 

10  in  Serlin  um  @))ener  ftc^  fammelte  unb  )u  bem  u.  o.  bie  gftau  bon  6ani^,  i^  ^olb* 
bruber,  ber  f^eil^err  t)on  Sanftetn  2c.  gel^örten.  Ütoc^bem  er  Don  ^oDe  in  absentia  ben 
gradus  magistri  erhalten,  ging  er  1696  atö  9leItor  nad)  (SMvn  m  $tntet))ommeni, 
feierte  aber  fc^on  1698  al^  ^Reltor  be^  ^ebri(^^erberf(^en  ©l^mnafiumd  naic^  Serlin 
jurüd,  übemal^m  ba}u  1699  aud^  noc^  eine  ^rebigerfieUe  an   ber  ^ebrid^dfiäbter  SSxdft 

15  U1Ü)  befleibete  biefed  ^o))))elamt  neun  ^a^e  lang  mit  großem  @ifer  unb  Srfolg.  @r  ^ing 
mit  ganzem  ^^erjen  am  @c^ulamt,  fo  baft  er  m  fagen  ))flegte,  bie  @^ule  fei  bie  mater, 
bie  Kirche  bie  filia ;  cid  bie  brei  $au})tftüae  eine^  guten  ©(^ulregimentd  begeic^ct  er 
$ietät,  ®elel^rfam{eit  unb  3)i^2^lin;  bie  totere  n)u^te  er  gut  )u  l^b^aben.  9m  ®ele^ 
famleit  unb  Se^gabe  fei^lte  e^  i^m  nic^t.  @r  berteibigte  ben  (Sebrauc^  J^eibnifc^erSlutoren 

20  gegen  {ird^lic^e  (Siferer,  fc^rieb  für  feine  Schüler  eine  Dielgebraudbte,  feit  1707  bid  m  be^ 
^erfafferd  2:obe  in  26  ^[uflagen  unb  100000  @|em))laren  erfd^ienene  loteinifc^  @kam* 
matä  nebft  anberen  ^Ufgbüc^em,  für  ^^ilofot)^if($e  $rot)äbeutiI  eine  medicina  mentis, 
toar  aber  Dor  aQem  bemül^t,  feine  Schüler  jur  toa^en  @rtenntnid  unb  t^ird^t  Sottet 
amuleiten,  ba  ein  getoiffen^afler  Schulmann  lein  bloßer  St^rod^meifter,  fonbem  ein  ^eifi» 

26  lieber  Sater  feiner  3^(i*^0^  f^  muffe.  @r  begann  bal^er  feine  Schularbeit  in  \An 
SBoc^e  mit  einer  lectio  sacra  et  biblica,  ^ielt  ben  äUumnen  ber  erften  JQaffe  eine  e&ene 
a^fettfd^e  Seition,  fud^te  einzelne  @d^olaren  burd^  $riDat)urebe  )u  getoinnen  unb  bunp  fie 
auf  anbere  }u  toirlen,  unb  l^atte  babei  bie  ^eube,  Diele  ^ruc^t  Don  feinem  SoEfol^ren  )u 
feigen  unb  indbefonbere  Diele  2:|^eologen  auf  bie  UniDerfttöt  ^olle  ju  liefern.    Xn  biefe 

8u  UniDerfttöt  n)urbe  er  felbft,  junäc^ft  ald  älbjunlt  Sreit]^au))td,  ald  biefer  9tbt  Don  Jttofier* 
bergen  getoorben,  balb  atö  orbentlic^er  $rofeffor  in  ber  tl^eologifc^en  gahiltät  berufen. 
gaft  35  ^af)x^  h)irlte  er  l^ier  Don  1709  big  ju  feinem  am  7.  Sücai  1744  erfolgten  lobe 
—  einen  e^renDoHen  Stuf  nac^  Stopttü^Qm  lel(^nte  er  ab  —  mit  großem  6ifer  unb  an» 
gcftrengtem  ^leifte,  ald  gleic^gefmnter  unb  innig^  befreunbeter  College  Don  9.  $.  grcondt, 

86  3.  3.  Sreitl^aujjt,  5Paul  änton,  3ol^.  §einrid^  SKic^eli«,  3.  3).  ^ermfd^mibt,  3.  3. 5Ram» 
bac^  ate  Se^rer  unb  Sc^riftfteQer,  ald  ^au})tftreiter,  SEBort»  unb  6d^ftfü]^er  be^  ^aOe* 
fc^en  ^pietiömug.  Seim  Steformation^jubiläum  1717  tourbe  er  S)oltor  ber  33^1ogie. 
1721/2  unb  1731/2  belleibete  er  ba«  Sleftorat  an  ber  UniDerfttät.  3)a«  jtoeitemal 
n>urbe  il^m  feine  un^eitige  Strenge  burc^  {öniglic^en  @rla^  Dertoiefen.    Seine  Sorlefungen, 

40  bie  er  anfangt  Dor  bunberten  Don  ^uü^öx^m,  ft^öter  feit  1730  meift  Dor  leeren  Samen 
^ielt,  umfaßten  Dorjug^toeife  Dogmatil  unb  3Roxal,  toobei  er  feine  in  lateinifc^er  unb 
beutfc^er  Bpxaö^z  Derfa^e  Oeconomia  salutis  aU  Se^rbuc^  gu  ®runbe  legte,  femer 
exegetica  über  91  unb  iR^;  baneben  l^ielt  er,  toenigften«  eine  3^^  I^i^d#  ^^  befonberei 
collegium  litterarium  unb  lectiones  asceticas.    9ltö  feine  $au))taufgabe  betroc^tde  er 

46  e«,  bad  aequilibrium  fidei  et  iidelitatis,  bed  ©lauben«  unb  ber  ^reue,  tDorauf  im 
S^riftentum  alle«  an!omme,  ju  erl^alten  unb  feinen  Sd^ülem  ju  em))fe^len  unb  fo  me^ 
nod^  bie  @ottfeligfeit  ald  bie  @ele^rfamleit  feiner  ^nl)'6xtt  gu  förbem,  toie  er  benn  mi) 
ald  ^meimaliger  ^roreltor  ber  UniDerfttät  eifrig  unb  unter  fc^n>eren  Itäm))f en  bie  h>an!enbe 
^i«^i))lin  h^ieber  ^er}ufteQen  bemüht  toar.    ®röf[er  nod^   unb  bauember  al«  feine  otobe* 

60  mifqe  toar  feine  litterarifcbe  SBirffamfeit :  bei  feinem  langen  Seben,  feiner  gefunben,  fe^ 
aftiDen  unb  arbeitfamen  92atur,  feiner  gefc^toinben  ^anb,  ben  Dielen  il^m  fic^  bietenben 
Seranlaffungen  unb  9lufforberungen,  aber  aud^  bei  feiner  großen  Sreite  unb  pUlc^tigteit 
lieferte  er  faft  Don  ^ai)x  ju  3al^r  eine  fold^e  3Kenge  ber  Derfc^icbenften  ©d^riften  p^\lo» 
logifd^en,  ^^ilofo^^ifd^en,  t^eologifc^en,  erbaulict^en  ^n^alt«  auf  ben  Süd^ermartt,  ba^  ^Jreunbe 

66  unb  @egner  feine  ^berfertigfeit  ebenfo  betounberten  toie  feine  SJlängel  an  SJletl^obe  unb  ®rönb» 
lic^feit  beHaaten.  @ine  nic^t  einmal  DoQftänbige  9lufjä^lung  feiner  Schriften  (bei  Stoter» 
munb,  gortf.  Don  ^ödf^er,  Sb  III,  ©.  1205  ff.)  giebt  95  9Jummem:  nur  bie  für  bie 
@efc^ic^te  ber  Xl^eologie  toict^tigften  fönnen  ^ier  genannt  toerben. 

1.  Sänge«  fc^riftfteQerifd^e  Seteiligung  an  ben  pietiftifd^en  Streitigleiten  begann,  loic 

60  e«  fc^eint,  erft  nad^  S))ener«  Xobe  (f  5.  ^bruar  1705),  ba  bie  1701  gegen  bie  9Bitten» 


Sauge,  ^oad^tm  263 

beiger  erfd^enene  Sd^rtft  orthodoxia  vapulans  nt(^t  fi(^er  t>on  i^m  ^etrül^rt  (f.  äßold^ 
6.  844).  3bm  ober  trat  in  ber  Stellung  ber  Reiben  ^arteten,  ber  ^ietiften  unb  Ort^o« 
bösen,  eine  bo))))erte  SBenbung  ein:  jene,  bie  bi^i^er  old  bie  eingegriffenen  me^r  in  ber 
3)efenftl)e  ft(^  gehalten,  gingen  je^t  aggrefftt)  gegen  i^re  ®egner  t>ox,  inbem  jte  biefe 
bcd  XbfaOd  t)on  ber  rechten  Se^ie,  ber  ^feuboortl^obocie  befd^ulbigten;  anbererfeit^  trat  6 
ein  $er{onenn)ed^fel  ein  in  ber  ^^^li^ng  ber  beiben  Parteien:  Sofc^er  übernahm  bie  ^üf}» 
rung  ber  ort^obosen  @ad^,  SBortfül^rer  ber  ^ietiften  aber  iDurbe  ber  ij^m  tpeber  an  Seift 
unb  ©ele^rfamleit  noc^  an  ftttlic^  Sauterleit  unb  %altt  ebenbürtige,  Dielme^r  nic^t  feiten 
pbvampc,  Ietbenf(i^ftli(^e,  intrigante  Sänge.  @r  eröffnete  ben  Streit  f(^on  t)on  Serlin  au^ 
1706  burc^  eine  Seine  Schrift  unter  bem  2:itel:  Idea  theologiae  pseudorthodoxae,  lo 
spedatim  Schdvigianae,  bie  er  ber  t)on  3iero(b  t)erfa^ten  Synopsis  veritatis  al^ 
Sn^ong  beigab,  ^m  folgenben  ^a^re  1707  Iie|  er  ni(^t  blog  biefelbe  Schrift  unter  bem 
Xitdi  Idea  et  anatome  theologiae  pseudorth.  gefonbert  erfc^einen,  fonbem  fteOte  aucb 
ben  Don  ä^df€t  feit  1702  ^erau^egebenen  ^^Unfc^ulbigen  ^lac^ric^ten''  ein  antilritifc^ed 
Sert  unter  bem  Xitel  ;,9lufric^tige  Sla^^d^t  t)on  ber  Unec^t^eit  ber  fog.  Unfc^ulbigen  i5 
9ladjiKidfim''  1707  entgegen,  unb  lie^  in  ben  folgenben  ^ol^ren  1708,  9,  13,  14  t)ier 
toeitere  Sanbe  unter  gletd^em  Xitel  folgen.  Seinen  ^auptangriff  richtete  er  1709/11  gegen 
bie  Ortl^obosen  unter  bem  injuriöfen  Xitel  Antibarbarus  orthodoxiae  dogmatico- 
hermeneutious,  toorin  er  ben  „^feubort^obocen"'  eine  Steige  Don  ©runbirrtümem,  in^ 
befonbere  in  ber  ^eildlel^e  bie  Ste^erei  be$  ^{eopelagiani^mud  Dortoirft.  3)a^  unter  ben  ao 
fog.  $teti{len  allerlei  Sludartungen  unb  Übertreibungen  Dorgelommen,  leugnete  er  nic^t; 
jte  feien  aber  nid^t  auf  Siec^nung  ber ^ietiftenju  fe^en,  toe^l^b  er  in  feinem  1712—14 
in  4  Sonben  erfc^ienenen  SEBerte  „9iic^tige  SKittelftra^e"  biefe  ^i^rtümer  unb  Errungen 
oudffi^ic^  bdt&m))fte.  Unterbeffen  l^atte  93.  &  Sdfc^er  (f.  b.  91.),  im  ^abrgang  1711 
feiner  Unf(^.  Stacbric^ten  ben  erften  Xeil  feinet  Timotheus  Verinus  erfcpeinen  laffen.  36 
Sofort  trat  im  Flamen  unb  ätuftrag  ber  tl^eologifc^en  ^otultöt  in  $alle  Sänge  mit  einer 
(Segenf4^  l^ettor  unter  bem  Xitel,  „3)ie  ®eftalt  bed  Jtreujreic^  S^rifti  in  feiner  Um 
fc^mb  mitten  unter  ben  falfc^en  Sefd^uJ^igungen  unb  Säfterungen''  2c,  nebft  einem  älni^ng 
Don  ber  Sünbe  toiber  ben  bl.  ®eift  1713,  ioorin  er  feinem  ®egner  33erläfterung  ber  um 
fc^ulbigen  SBal^l^eit  Dortoarf.  9lld  bann  Sdf(^er  )u  ioieber^oltenmalen,  erft  1716  burc^  ao 
SubboiiS,  b<mn  1719  burd^  ben  S3orf(^lag  einer  ))erf5nli(^en  Unterrebung,  ben  ^eben 
mit  ben  ^oQenfem  borjufteSen  fu(^te,  toar  ed  Dorjugdtoeife  Sänge,  ber  homo  eristicus, 
an  beffen  ^artnödioleit  bie  ^ebeni^erl^anblungen  fc^eiterten,  ba  biefer  Dor  allem  bad 
3ugeftdnbntd  Don  Sdf(^er  Derlangte,  ba|  er  ben  ^ietiften  Unred^t  getrau  unb  biefe  in 
oOen  $au))t))unlten  Stecht  Ratten,  äludfprac^e  unb  Srieftoec^fel  blieben  o^ne  @rf olg ;  auf  ss 
Söfc^erd  1718  erfdbienenen  „SSoDftänbigen  Timotheus  Verinus''  anttoortete  Sänge  im 
9lamen  ber  ^oQefc^en  ^lultöt  mit  feiner  „Slbgenöt^igten  DöIIigen  älbfertigung  be^  fog. 
DoOfianbigen  T.  V."  1719,  lie^  barauf  feine  „Srlöuterung  ber  neueften  $iftorie  bei  ber 
eD.  fttrc^  Don  1698—1719"  folgen  unb  toibmete  au^  noc^  bem  1722  erfc^ienenen 
pamtm  Xeile  be^  Timotheus  Verinus  ein  SBort  ber  Srtoiberung.  ^amit  erlofc^  ber  «o 
Dtctifüfdk  Streit:  in  Jturfad^fen  tourbe  bad  toeitere  Streiten  Derboten,  in  ^aOe  l^atte  fu^ 
untccbeften  ein  toeit  geföl^rlic^erer  ^nb  gejeigt,  gegen  ben  je^t  Sänge  feine  2Baffen  lehrte. 
2.  ajie«  toar  ber  5p^^ilofoD^  ©^riftian  SBolff,  ber  feit  1706  ^ßrofeffor  in  ^aOe  toar 
unb  ^er  tnffyc  no<i^  burd^  bie  ^orm  ald  burc^  ben  l^n^alt  feiner  Vorträge  in  ben  gläubigen 
Arnfen  9n&o^  erregte.  SBäl^renb  ^andt  bad  ^eneleib,  ba^  i^m  2Bol|F  antl^at,  in  c^rift«  46 
li4fer  ®elaffeni^eit  ©ott  auf  ben  J!nien  Ragte,  fül^lte  ftc^  ber  „alljeit  fh:eitfertige"  Sänge 
berufen,  ben  Streit  aufjune^men  unb  gegen  ben  $^ilofot)l^en,  ber  nic^t  blo^  bie  theo- 
lo^OB  bei  ieber  ®elegenl^eit  fugiOierte,  fonbem  au^  Diele  studiosos  theologiae  }ur  Ser^ 
®otted  unb  feinet  9Ö3ortd  Derfül^rte,  mit  offenem  Angriffe  Dorjugeben,  aber  and) 
aigleiA  ben  (Einfluß,  ben  er  bei  ^f  befa^,  gegen  i^n  aufzubieten,  ^en  ^nla^  bot  eine  so 
^JroreftorotÄrebe  SBolff«  über  bie  3motal)c)^ilofü})^ie  ber  ßi^tnefen  (12.  3uli  1721),  toorin 
et  bie  ^eibnifc^  SRorol  be^  Sonfutfe  prie^  unb  barauf  ben  S(^lu^  ableitete,  ba^  bte 
menfc^lic^  SSomunft  au^  eigner  Jlraft  unb  ol^ne  göttlid^e  Offenbarung  im  ftanbe  fei,  bie 
ftttUi^  SBo^rl^eiten  }u  finben.  ^ie  Stebe  gereid^te  ben  Xl^eologen  jum  älnfto^,  ^reit- 
toi))t  brac^  fie  auf  bie  Jtamel,  bie  t^eologifc^e  ^alultät  reichte  eine  Jtlagfd^rift  toiber  bie  66 
SBoIfffc^  $^ilofo))^ie  bei  ^ofe  ein,  Sänge  f^rieb  feine  Causa  Dei  adversus  atheis- 
mum  et  pMudophilosophiam  praes.  Stoicam  Spinoz.  et  Wolfianam  1723,  feine 
modesta  disquisitio  u.  a.  Sd^riften,  benü^te  aber  pgleid^  feine  ^o^en  Sonnainancen 
bei  ^ofe,  um  bie  SBolfffc^e  ^^ilofop^ie,  in^befonbere  i|ren  ^etermini^mud  unb  ältl^ei^mud 
aU  poot^efäl^lic^  )u  benunjieren,  unb  Deranla^te  fo  bie  belannte  jlabinet^orbre  Dom  eo 


264  Sänge,  ^joad^im  Sauge,  ^o^ann  $etet 

8.  3lot>mhtx  1728,  burd^  bte  SBoIff  feinet  Slmte^  entf^t  unb  au9  ollen  KnxQVxd^m  Säm 
bem  t)erft>tefen  tourbe.  Sänge  felbft  erfc^ad  über  bte  SKa^egel,  bie  biel  toeiter  otng,  ott 
er  gebadet.  3)ot)))eIt  unangenei^m  tpar  für  i^n,  ha%  fein  @o^n  nu  SBoIffd  92a(^Iger  er^ 
nannt  tourbe.    SKuc^  femer  no^  bel&m))fte  er  bte  SBolfff(^e  $l^iIofot)^te,  befonberd  beren 

6  3Red^ntömu^,  ^etemttnt^mud,  Sltl^etdmud  2c.  in  mel^reren  Schriften,  namentlich  einer 
1725  erfc^ienenen  äludfül^lic^en  9i^enfton  ber  toiber  bie  3B.f<^e  3Reta)>l^l^ftI  auf  9  Uni^ 
t)erfttäten  unb  anbertt^ärtd  ebierten  Sd^ften,  in  einer  Nova  anatome  1726,  134^agen 
aud  ber  neueren  nted^anifc^en  ^^iIofo))l^ie  1734,  ^rje  S^arfteQung  ber  ©runbf^e  oer 
2B.f d^en  5ßbil.  1736,  fotpie  in  einer  ©d^rift  gegen  bie  t)on  bem  SBolfianer  Sareng  ©d^mibt 

10  1735  ^erau«gegeb.  fog.  aEBcrtl^eimer  Sibel  (j)^ilof.  3leIigion«fJ)ötter  1735;  2.  «.  1736), 
t)gl.  6.  ®.  Suboüici,  $iftorie  ber  aBoIfftf(^en  5P^ilofoj)l^ie,  Seij)jig  1737,  trug  auc^  1736 
bem  Jtönige  feine  93ebenlen  münbli(^  bor.  —  3Rit  ollebem  t)ermod^te  er  nic^t  )u  l^inbern, 
ba^  1740  SBoIff  im  Xrium))]^  nad^  ^olle  jurüdKel^rte,  ba^  i^m  felbft  bie  Weitere  $olemä 
gegen  3Bolff  audbrüddid^  t)erboten  tpurbe  unb  bo^  1743   ein  SBolf^er,  6.  3*  Saum» 

15  garten,  fogar  old  Orbinariud  in  bie  ^aDefc^e  X^eologenfafultot  eintrat  ^fjm  bfteben 
nur  unfru^tbare  Jtlagen  über  ben  status  noster  pristinus  penitus  mutatus,  über 
ben  „oJDlgemeinen  9luin  ber  jtird^e  unb  ber  ^aOefc^en  Uniberfttöt"  (fiel^  ben  Xrt.9BoIff 
unb  bie  SDäolfffc^e  ^eologenf(^ule). 

3.  2Bie  bie  biiSl^er  genannten  Streitfd^riften,  fo  ^aben  and)  bie  übrigen  äfu>lo^dfm 
ao  Slrbeiten  Sangen,  fo  l^od^  fte  au(^  \>on  einem  Xeil  ber  3^^0^<>f!^  Q^^öü^t  h>urben,  für 

und  nur  no^  ^iftorifc^ed  ^ntereffe.  @o  feine  Iir(^en]^iftorifc^en  arbeiten  (©efialt  bed 
Äreujreid^d  1713;  ©rläuterung  ber  neueften  $iftorie  1719 ;  Historia  eccL  vet.  et  novi  T. 
1722;  Sebendbef(^reibung  Sanfteind  1740;  ^iftorifd^e  unb  bogmat  Slbl^anbl.  ber  ^reil^ 
bed  ®etoiffend  1744);   fo   bie  f^ftemat.  (bef.  Oeconomia    salutis   ev.  dogmatica  et 

2bmorali8  1728,  2.  äufl.  1730;  beutft^  1738  u.  ö.;  bie  et>.  Se^re  bon  ber  attgemeinen 
®nabe  1732,  gegen  bie  $räbeiftinationdlel^re ;  Institutiones  studii  theol.  lit.,  $aOe 
1724;  de  genuina  studii  theol.  indole  1712);  fo  enblid^  bie  früher  befonberS  ge» 
fd^ä|ten  e^egetifc^en  arbeiten,  ).  3.  ein  Comm.  bist.  herm.  de  vita  et  epistolis  Pauli 
1718;  exegesis  ep.  Petri  1712;   Joannis  1713;   Hermeneutica  saora  1783;    be» 

80  fonberd  aber  feine  beiben  umfaffenben  93ibeItDerIe,  bad  größere  unter  bem  ©efontttitd 
„Stblif(^ed  Sid^t  unb  Stec^t'^  in  einzelnen  Abteilungen  erfd^ienen  unter  ben  ©toegioltiteln : 
aRofaifd^c«  (1732),  biblifd^^^iftorife^e«  (1734),  bai)ib.^falomonifd^c«  (1737  bon  Slbler),  M^ 
J)^etif(^e«  (1738),  eöangelift^e«  (1735),  a})oftoIif(^e8  (1729),  a))ofaIV»)tifc^e«  (1780)  Sic^ 
unb  Siedet;   fotoie  eine  lüqere  3ufo»"ntenfaffung  biefer  ©efamterllärung  in   feiner  fog. 

86  ^audbibel  ober  Siblia  parenthetica,  Seipjig  1743,  2  93be,  gol. 

4.  äluc^  aU  Jlird^enlieberbic^ter  trat  S.  mit  einigen  für  feine  ))ietiftif(^e  Siiäf* 
tung  d^aralteriftifd^en  @rjeugniffen  ^erbor.  3)ie  3^^^^  feinet  !nameniS  bilbet  badStorgen« 
lieb  „D  3^u,  fü^e«  Sid^t,  nun  ift  bie  3lad)i  üergangen."  3"  ^^^  Sebenlen  ber  ^eo« 
(ogifd^en  ^hiltöt  m  SBtttenberg  über  bad  ^eiltngl^aufenf(^e  ©efangbuc^  (^antfurt  1716), 

40  tourbe  ate  nid^t  ft^riftgemäfe  bejcid^net,  ba^  ber  5)id^ter  in  ©troj)l^e  2,  3-  3—6  tres 
partes  hominis  essentiales,  ®etft,  @ee(e  unb  Seib,  „statuire."  3$on  bem  Siebe  „$err, 
toann  toirft  3)u  3*^"  bauen?"  laffen  neuere  ©efangbüc^er  ben  Don  6^r.  Jteimann  (t)gL 
8b  X  ©.  202)  übernommenen  Äe^aeim  „S^eube,  greube,  über  greiü)e  u.  f.  to."  toeg. 
S)a^  t)on  33äe|el  (Hymnopoeographia  II,  55)  unb  3-  3-  SÄöntbad^  in  bem  ^effensj)arm» 

46  ftöbtifd^en  ©efangbud^e  Don  1733  3oad^im  Sänge  gugefd^riebene  Sieb  „$err  3efu,  ©nabem 
fonnc"  ftammt  nit^t  t)on  il^m,  fonbem  t)on  S.  ä.  ©otter  (SBe^el,  Anal.  hymn.  II,  471; 
gifd^er,  Äirc^enlieber^ejilon  I,  278).  (»agemitaiiii  t)  «w^fg  Wiaer. 

Sange^  So^^nn  $eter,  geft.  1884.  —     ©orte    ber    (grlnnening  an  Dftonf..8fJttt 
^rof.  Dr.  3.  $.  Sänge,  SBonn  1884;   3)Q^cim  11.  ga^rg.  1875,  6.  532;  20.  3a^rg.  1884, 
60  @.  715. 

3.  $.  Sänge,  geboren  am  10.  3lt)ril  1802  auf  einem  Saueml^ofe  ber  Sie«,  bei 
©onnbom  im  bergifd^en  Sanbe,  t)on  too  ber  Sater,  ber  ein  einträglid^ed  ^u^gefc^ft 
jtoifc^en  ©Iberfelb  unb  Grefelb  beforgte,  toenige  gal^e  nad^  ber  ®eburt  feine«  ©o^neJ 
3o^ann  feinen  SSo^nft^  au«  bem  ^l^ale  nac^  bem  hochgelegenen  l^errlic^en  92oden  Derhgte. 
66  $ie  fc^öne  ®ebirg«natur,  bie  ben  Jtnaben  bort  umgab,  toedtte  fc^on  frü^e  in  i^m  bie  ®abe 
finniger  93etract>tung  unb  feine  lebhafte  ^^antafie  fegte  aQe  ^l^önomene  in  Sejie^ung  )u 
bem  lebenbigen  unb  airgegentoörttgen  ©d^ö^fer.  ©d^on  frü^e  tDu^te  ber  ftnobe  fnj^ 
©c^riften  ju  t)erfd^affen  unb  ba«  Sefen  tourbe  feine  größte  Sieb^aberei.  35ie  Selture  be« 
31%  in  einer  großen  unb  fc^önen  93ibel,   bie  ber  SSater   einmal   mit  nac^  ^aufe  brachte, 


2an%tf  Solenn  ^er  265 

betrieb  er  fo  eifrig,  ba^  er  fxd)  rine  ^Ät  long  emftlic^  }u  Den  Jünbem  ^^xad  red^nete 
unb  ficl^  ber  ^ben  annehmen  tooDte.  älld  er  für  ^elbarbeiten  Dont  äSater  einige  S^^aler 
er^elt,  trug  fte  ber  Jhtabe  fo  fd^neO  ald  m5g(i(^  jum  Sud^l^änbler  nad)  Slberfelb,  um 
ftti^  oud  eigenen  SRitteln  Sucher  ju  t)erf (Raffen,  ^d  ber  SBater  im  ^joi^re  1817  burc^ 
einen  Unfall  auger  ftonbe  gefe^  tpor,  bad  ^m>erl  )u  beforgen,  mu^en  bie  @5l^ne  il^  6 
vertreten  unb  ber  iugenbli(^e  ^o^nn  bad  ©efd^äft  eine^  fog.  @d^irrmeifter^  übernehmen, 
alfo  bie  Sabungen  annel^men  unb  abliefern.  Untertoeg^  pjlt^U  er  beftänbig  )u  lefen, 
atu^  feinen  jtameraben  bie  beliebten  SSolföfagen  t)or}u(efen.  äUd  ber  SSater  im  Igoi^re 
1819  tmeber  ind  ©efd^äft  eintreten  lonnte,  tpar  nad^  @onnbom  ein  ^ilf^^rebiger  RolU 
^o^  gelommen,  ber,  bie  ©aben  be^  5tnaben  ertennenb,  i^n  im  Sateinifd^en  unterrid^tete  lo 
unb  in  bie  Haffifc^en  Schriften  einfüge.  Jtaltl^off  überrebete  ben  93ater  Sänget,  ben 
^d(^{t  beaabten  Sol^n  ftubieren  )u  Icifjen,  unb  er  tDurbe  auf  bad®^mnafium  na(|  Düffel- 
borf  gefdpidtt.  @(^on  frül^e  auf  bem  vloim  i^otte  er  gebi(^tet;  ju  ^üffelborf  erfreute  er 
feine  3Ritf(^ü(er  burc^  mand^e^  gelungene  Sieb,  Don  benen  eind,  eine^arobie  be^@&ngerd 
tnm  ©oetl^e,  nod^  nid^t  bergeffen  ift.  15 

3m  ^bfte  1822  bejog  S.  bie  Unit)erfttät  Sonn  unb  lonnte  bort  aud^  nad^  bem 
Xobe  bed  äSoterd  unter  bem  Seiftanbe  feiner  trefflid^en  Butter  feine  @tubien  fortfe^en. 
6r  f(^lo|  fU^  gong  befonberd  an  9ti^fd^  unb  Südfe  an,  bie  ftc^  friner  annahmen.  3)ie 
&a(d,  bie  fte  in  bod  jugenblic^e  ®emüt  geftreut,  ift  in  reid^em  ^Ra^t  aufgegangen.  9lld 
a  im  $erbft  1825  Sonn  Derlieg,  lub  fein  ©önner,  $aftor  3)5ring  in  @lb^elb  il^n  ein,  30 
ald  Amanuensis  i^m  bei  feinen  fdf^ftlic^en  arbeiten  ju  Reifen;  babri  t^rebigte  er  mit 
beflem  @rfolg.  3^  9leuja^  1826  forberte  il^n  $aftor  @mil  ßrummac^er  in  Sangenberg 
auf,  Ott  ^Uf^ebiger  bet  i^m  einptreten.  @d  itmr  nur  für  lurje  ^At,  ba  bie  ©emeinbe 
SSoIb  ben  beliebten  $rebiger  rinfttmmig  toäl^lte  unb  Sanae  f(^on  im3Rai  1826  bort  rim 
geffibrt  tourbe.  @o  taKtr  er  \pät  jum  @tubieren,  aber  frü|^e  ind  9lmt  gelommen.  ^n  26 
SBolü  fing  2.  feine  fc^riftfteQerifd^e  2^ätig{eit  an  mit  Seiträgen  für  3ritfd^riften,  auc^ 
tanirben  rinige  !ßrebigten  t)on  i^m  gebrudft.  ®d)on  im  Spötl^erbft  1828  ftebelte  ber  junge 
^r^er  nad^  Sangenberg  über,  too  er  neben  treuem  3)ienfte  im  3lmtt  frine  fd^riftfteQe^ 
nf4K  3^^^ätiglrit  fortfe^te.  3)ad  erfte  Sänbd^en  feiner  „biblifd^en  ^ic^tungen''  bad  bort 
esfc^enen,  toibmete  er  feinen  i^oc^berel^rten  Se^rem  92^f(^  unb  SüdCe.  @d  ^bet  fic^  barin  so 
b<i^  i^erdtc^  Sieb:  „33er  3luferftanbene",  ba«  f})äter  Kird^enlieb  getoorben  ift:  „3)er  §err 
ifi  ottferftanben,  fingt,  Dfterboten  fingt  u.  f.  to"  Seine  ^ä^igleit  tax  Se^anblung  toid^tiger 
^agen  ber  cbrifUicfien  ®lauben«lel^re  betunbete  er  bereit«  burd^  feine  @d^rift:  „^ie  Se^e 
ber  ^.  Schrift  Don  ber  freien  unb  allgemeinen  ®nabe  ®otte«"  bargefteUt  mit  Se^ug  auf 
bie  €d^  bon  »ootl^:  35er  ^ron  ber  ®nabe  (©Iberfelb  1831).  Sie  toar  gegen  ben  36 
$a{br  %t.  9Bil^.  Jliummad^  in  ®emarle  gerid^tet,  ber  jene  englifc^e  @d[^rift  frei  bear- 
beitet ffML  Xu«  ber  SertoidCelung,  in  bie  S.  mit  ben  Xn^ängem  ber  ftrengen  calbini^ 
fUfd^  $rfibeftination«lel^re  geriet,  ging  er  ungefäl^rbet  ^erbor. 

(Einem  Stufe  nod^  ^ui«burg,  ber  im  Sommer  1832  an  il^n  erging,  folgte  er  gerne 
unb  fyd  bort  faft  neun  ^abc^  al«  $aftor  ber  größeren  reformierten  ®emeinbe  in  großem  40 
6egen  getoirlt.    9luf  ber  itanjel  burd^  ba«  SBort  ber  $rebigt,  unter  ber  5lan^el  burc^ 
treue  Seelforge,   bie  i^m    bie  Siebe  aiOier  Jtlaffen  ber  Seböllerung  eintrug.    3)te  Srgeb^ 
niffe  feiner  tanf[enf(^ftli(^en  Stubien,  bie  er  in  ber  Stille  be«  9lbenb«  oft  bi«  tief  in 
bie  9laä^t  fjüam  fortfe^te,  ftnb  in  feinen  „Sermifc^ten  Schriften''  ni^ergelegt,  4  Sdnbc^en 
(Sleur«  1840  unb  1841),  mdft  äuffö^e,  bie  in  Derfc^iebenen  gritfd^riften  erfc^ienen  toaren  45 
unb  bie  bon  ber  Sielfeitigleit  feine«  feinen  unb  tief  angelegten  ®eifte«,  jugleid^  aber  and) 
Don  einem  nid^t  rigorofen,  aber  l^ol^en  @mfte  ftttlid^en  ®efü](|le«  jeugen,  toie  }.  S.  über 
bie  greif^re<j^unfl  be«  ®enie«  bon  bem  @efe^,  ober  über  bie  Slei^ilitation  be«  gleifc^e«. 
9u«  ba  3)ui«bttrger  3rit  ftammt  aud^  ba«  jtoeite  Sänb(^en  feiner  „biblifd^en  3)id^tungen'', 
bo«  bie  l^errlic^  Sieber  entl^lt :  „Sei  bu  mein  f'^eunb  unb  fd^au  in  meine  Sruft,  ^err  60 
3«fu  StenMenfo^  jc",  bann:  „3Rein  SBeg  !ommt  Don  berSBiege,  unb  ge^t  ber^eimat 
ya,  huxdf  jmiottt  ^ge  Jtriege,  jur  großen  $eimat«rul^  k/* 

3tn  Slo^e  1839  trat  Sänge  mit  feinen  Sangenberger  ^eunben  eine  9{eife  nad^  ber 
Gdfiimt  an,  ber  toir  eine  erhabene  Sd^ilberung  ber  bortigen  9latur,  befonber«  einiger 
Saffetfaile,  ta>ie  be«  StJ^einfaD«  (Dermifd^te  Sd^riften  9teue  ^olge,  1.  Sänbc^en)  Derbanfen.  65 
Sonb  unb  Seute  gefielen  bem  Sleifenben  Dom  Ütieberrl^ein  fo  tool^l,  ba^  er  einem  balb 
borauf  an  ü^  gerid^eten  9lufe  nac^  3^^^  ^'^  ^rofeffor  an  bie  UniDerfttät  folgte.  9lm 
6.  9l)nril  1841  jog  er  mit  feiner  ^amtlie  bort  ein.  3Ba«  il^m  biefen  9luf  nac^  B^rid^ 
too^I  DerjAafft  yat,  ba«  toar  eine  ju  3)ui«burg  im^a^re  1836  erfd^ienene  Schrift :  „Über 
ben  geft^icptTu^  @^alter  ber  lanonifd^en  @Dangelien,  in«befonbere  ber  j{inb^cit«gefd^i(^te  go 


266  Sftitge,  ^ofyam  $etet 

S)[efu",  toorin  er  fc^arf  fle0cn  bte  anfid^ten  Don  2)cü)ib  Strauß  l)oIemifiert,  bet  m  feinem 
Seben  fj|efu  t)om  ^a^re  1835  bte  eDangeßfd^e  ®ef(^i(^te  flic  üR^ti^  <utd  ber  ^ett  ber 
evften  ^tiftli(^en  ©emeinbe  ertlärt  l^atte.  Ign  SBürttemberg  tuar  Strauß  toegen  biefer  be^ 
ftrulttoen  Sd^rift  feiner  SteOe  am  tl^eologtfci^en  @tift  )u  Tübingen  enthoben,   oba  balb 

6  barauf  nad^  3^^^  berufen  n>orben.  äBegen  biefer  Berufung  foax  im  5tanton  3^^  ^^ 
fo  heftige  Semegung  entftanben,  baft  bie  Slegierung,  tpelc^e  ^obib  Strauß  berufen  l^otte, 
t)om  SSolfe  geftürjt  unb  bie  Berufung  Don  Strauß  rüdgängia  gemad^t  tDurbe.  Sie  neue 
gemäßigte  Ionferbatit)e  Slegierung  berief  nun  3.  $.  Sänge  auf  ben  3).  Strauß  jug^ad^ 
Se^rftu^l,  lonnte  ftd^  aber  auf  bie  3)auer  nic^t  Italien.    ,,^df  trat/'  fyd  £.  \päUx  gefogt, 

10  „in  ein  fmlenbe«  ©dj^iff."  6«  folgte  eine  fe^r  ftürmifc^e  unb  betowte  3«*^  berenSBogen 
fxi^  erft  legten,  ald  na^  bem  @onberbunb^triege  eine  frieblid^ere  &ift  ourt^  bte  ^X!fyaltt 
ber  Sd^toeij^  unb  über  bie  Serge  jog.  £.  toir!te  )u  RMd)  \d)x  anregenb  bun^  feine  SSorr 
lefungen.  ^nd)  in  {ird^Ud^en  SSngelegen^eiten  iou^te  ftd^  £.  toö^renb  feiner  breije^niäJ^ngen 
äBirIfamleit  bafelbft  eine  gro^e  3uneigung  feiner  älnl^änger  unter  @tubierenben  tDte  ge> 

15  reifteren  SJlännem,  unb  felb^  bie  ^o^^ac^tung  feiner  ®egner  ju  ertoerben.  Unter  ben 
©d^riften,  bie  2.  ;iu  3^^^  öerfafet  ^^at,  ^eben  n>ir  feine  äntritt^rebe  l^erbor  (bom  1.3Rat 
1841):  „äBeld^e  ©eltung  gebül^rt  ber  @igentüm(id^Ieit  ber  reformierten  Jtird^e  immer  no(^ 
in  ber  toiffenfc^ftlid^en  (Slaubenglel^re  unferer  R^it/' 

^r  feine  $au))taufgabe  l^ielt  er  ed,  ein  Seben^efu  ju  berfaffen,  im  ©egenfa^  )u  bem 

ao  ^errbtlbe,  bad  ®at)ib  Strauß  enttoorfen  ^atte.  2)a«  ffierf  erfd^ien  in  3  Süc^^em :  „^cS  Seben 
gefu  mi)  ben  ßbangelien"  (ßeibelberg  1844 — 47)  unb  jerföBt  in  folgenbe  Stbf^^nitte :  1.  ©m 
leitung,  2.  bie  ein^eitlid^e  f)arfte(Iung  ber  (Sefc^id^te  be^  Sebend  gefu,  3.  bad  Seben  ^efu 
nad^  ber  äludbreitung  feiner  ^^e  in  ber  9(nfc^auung  unb  S)arfteDung  ber  Sbangelqien 
unb  bie  bier  Sbangelien  aU  bie  a))oftolifc^en  @runbformen  ber  Slnfd^uung  bed  Sebend 

26  3efu.  —  2)ie  ©d^rift  jog  i^m  in  ber  §eimat  allerlei  Änfed^tungen  mi.  ©0  trat  gfr.  fflil^. 
Krummad^er  ju  Slberfelb  in  feiner  3^itfd&nft  „$almblätter''  gegen  S.  auf  ut(t>  beranlo^ 
i^n  ju  „SBorten  ber  aibtoel^r".  2Ber  ba«  Seben  gefu  S.«,  ba^  audj  in«  ©nglifc^  über« 
fe^  toorben  ift,  aufmerifam  lieft,  toirb  ftd^  überzeugen,  ba|  ber  SSerfaffer  bie  ^errltc^teit 
S^rifti  in  i^er  Xiefe  erfaßt  ^at.    ©trenge  l^ielt  er  an  bem  „@m))fangen  bom  ^etL  ®eifite, 

80  geboren  bon  ber  Jungfrau  SJlaria"  feft  unb  fteHt  ben  l^iftorif^en  ß^aralter  ber  Jttnb^ettd« 
gejc^it^te  in«  redete  Sid^t.  35a«  Seben,  SBirfen  unb  Seiben  be«  ©rlöfer«  ift  in  ergreifenber 
SBeife  gefc^ilbert  unb  babei  treffenbe  i)f^(^ologifd^e  S^aralteriftilen  eingeflodSften.  3n  ber 
bon  92i^fc^  unb  ®ai  ^u  Sonn  herausgegebenen  3Ronat«fd^ft  gab  $rof .  ftling  ein  treffen« 
be«  Urteil  ab :  über  bie  fefte  @ebunben^eit  an  ba«  göttliche  O^enbarung««  unb  ^eiUtoort, 

d5  über  bie  freie  unb  geiftboQe  Raffung  unb  Deutung  be«  ©(briftinMte«,  unb  über  bie  auf« 
rid^tige,  entfd^iebene,  c^riftlid^e  ©läi^igleit,  berbunben  mit  ber  frifc^en  unb  traftigen  Xeit 
na^me  an  ber  großen  tl^eologifd^en  Setoegung  ber  3«it.  —  Sin  jtoeite«  $au^)ttoerl,  bad 
Sänge  in  3üri4  berfafete,  ift  eine  „Gl^riftlid^e  2)ogmati!"  in  3  teilen  (^eibelberg  1849 
bi«  52,  neue  2lu«gabe  1870),  1.  ^P^ilofo^jl^ifc^e  3)ogmatif,  2.  5Pofitibe  ©ogmatif,  3.  an^ 

40  gcn>anbte  3)ogmati{  ober  $olemif  unb  ^renif.  ^n  biefem  SBert  tyd  ftc^  bad  f)>ehilatibe 
Talent  be«  Serfaffer«  befonber«  beioä^rt,  toie  bie«  auc^  bon  Geologen  anberer  Stic^tung 
bezeugt  ift.  3)urc^  bie«  pro^artig  angelegte  unb  au«gefül^rte  3Bert  ift  er  ol«  ein  bd)eu« 
tenber  Vertreter  ber  ^oftttben  unb  lonfef^oneS  unbefangenen  X^eologie  (angft  anerbmni 
3Rxi  n>a^r^aft  a))oftolif4fer  f^ei^eit  tritt  er  ber  ©a^ung  entgegen,  too  fte  il^  in  ©louben«« 

« le^re  entgegentritt.  —  9Jon  ben  Heineren  ©c^riften  au«  3üri<^er  3^*  ^^^  ^ir  ^erbor : 
„Ueber  bie  5Reugeftaltung  be«  3Ser^ältnif[e«  jtoifc^en  ©taat  unb  Äir(^e"  (^eibelberg  1848), 
bie  für  bie  Äämpfe  ber  (Segenloart  fe^r  bel^crjigen«n>erte  SBinfe  entl^t  gemer:  „5h!« 
tijd^e  Seleud^tung  ber  ©c^rift  bon  Subtoig  ^euerbat^:  2)a«  SBefen  be«  S^riflentinn«" 
(^eibelberg  1849),  bte  eine  bemicbtenbe  Jtritif  be«  ^euerbad^fc^  9leligion«begriff«  ^iebt 

BD  3ur  §cbung  be«  ftrd&licben  Oemeinbelcbcn«  fuc^te  S.  einen  Äirc^engefongberein  lu  jhften, 
ber  lurjtoeg  „SangesSBerein"  genannt  lourbe  unb  jur  ©rbauung  ber  ©emeinbe  b\i  ^eute 
bient.  2)aran  erinnert:  Sänge«  „35eutfc^e«  Äirct>enlieberbuct>  ober  bie  Se^^  bom  ftix^em 
gefang,  praft.  abteilung"  (3ürid^  1843)  unb  „35ie  fird^lid^e  §^mnoloaie  ober  bie  Se^ 
bom  iiirc^engcfang,  tl^eorct.  3lbtcil."  (cbcnbafelbft  1843).    Seibe  fafete  S.  nod^  einmal  in 

66  einer  neuen  (^itel09lu«gabe  jufammen,  mit  einer  Seleud^tung  ber  nam^afteflen  Kn^K^en 
@efanabü(^er.  ©einen  ^reunben  in  ber  $eimat  fanbte  er  bon  3üttd^  <ut«  alte  unb  neue 
geiftlicpe  Sieber  unter  bem  ^itcl:  „3Som  Ölberge",  barin  bie  bebeutfamen  Sieber:  „^fSn^ 
bu  bie  (Slode  ber  6toig!cit"  unb  „9iun  ioeife  id^  einen  fidlem  Ort"  2c  2C.  Sie  \lpml)m 
e«  au«,  hai  ber  3)ic^ter  in  feiner  bamaligen  Seben«^eriobe  nic^t  ol^ne  Jläm))fe  unb  ©orgen 

ao  feinen  „^ilgerlauf'  fortgefe^t  ^at,  aber  auc^  in   freunblic^er  Umgebung  bon  tDarmcn 


ÜMitf  ^o^ann  $eter  267 

grcunben  unb  ber  l^lic^en  Statur  tDol^lt^uenbe  Stnbtüde  in  fem   erregtet  ®emüt  au^^ 
genimttncn  fyxL 

9tac^  13iäl^dec  t)ie(fetttger  ^ötialett  in  3^<^  ^^^  S-  <^  ^^  ©c^toeij  im  ^jol^ 
1854  in  feine  ^eimat  gurücf,  ald  $rofef(ot  ber  S^^eologie  ju  Sonn,  tpo  er  Dor  me^r  atö 
brei^  ^a^ren  fein  tl^eologifc^ed  @tubtum  begonnen  ^atte.  ^ie  Sangenberger  ^eunbe  5 
^Kktten  btefe  Berufung  getpünfc^t  unb  be^^olb  ftc^  bei  ber  Sel^örbe  für  £.  t)ertt>anbt.  @r 
ncijm  ben  Se^rffatl^I  für  f^ftematifd^e  XI(|eologie  ein,  ben  Corner  bid  bo^in  inne  gelM^t, 
ber  einem  S^fe  nac^  Berlin  gefolgt  toar.  3^  feiner  älntritt^rebe  toä^lte  er  n>ieber  ein 
e^  reformiertet  Zl^ema:  ,;£lber  bie  @rtt)ä^lung''.  @eine  93onner  äBirIfamleit  umfaßt 
bie  jtDette  ^fte  feiner  beinahe  60iäl^rigen  Se^rt^ätigleit.  3Bie  frül^er  in  3^^^  ^^^  ^^ 
2.  ouc^  in  ISonn  an  bem  {ird^lid^en  Seben  ber  9{^etn))rok)im  ben  regften  älnteil,  bei  $0« 
ßorotfonferenjen,  $rot)in2iaIf^noben,  Jtir(^entagen  unb  ol^  3Jlitglieb  bed  ^onftßoriumd  )u 
JtoUen),  bem  er  bid  an  fein  @nbe,  jule^t  a(d  @l^renmitgUeb  angehört  ^at  auc^  beftieg 
er  niK^  0^  bie  Jtonjel  unb  tpurbe  fel^r  gerne  gehört,  ^m  jtoeiten  ^al^xt  feiner  Sonner 
SBirffamleit  begann  er  ein  großartigem  2Ber!,  fein  .^t^eologifd^'^omiletifci^ed  Sibeltoert'',  15 
toüdft^  er  in  Serbinbung  mit  einer  Steii^e  na^ml^after  ^l^eologen,  toie  bem  J^oDänbifc^ 
X^ologen  Don  Oofterjee  )u  Utred^t,  ®eneralfu})erintenbent  SRoD  in  5tönigdberg,  $rof. 
Xuberlen  in  Safel,  üRmifL^Slat  9%  in  5tar(drul^e,  2)elan  JUing  in  SRarbac^  u.  a.  me^r, 
^oudgab.  Sß&i^enb  jtoeier  ^al^r^ebnte,  t)om  ^ai^re  1856 — 76,  towc  er  ftetd  eifrig  be« 
wüSfi,  bie  ^[ortfd^ng  unb  SBoDenbung  }u  betreiben.  S.  felbft  l^at  t)om  3(X  bearbeitet:  20 
SHe  bier  often  äSüd^er  SRoftd  unb  bie  brei  Reinen  $roi)^eten  ^aggai,  Sac^arja  unb 
SRaboc^i:  bom  31%  bie  StnmgeUen  bed  SJlott^äud,  SRartud  unb  ^o^anned,  fotoie  bie 
^fyctcibfpit:  mit  feinem  @(^n)tegerfol^n  %,  %a\),  $faaer  in  Jtrefelb,  ben  9lömerbrief; 
mit  $rofe|for  bon  Oofterjee  ben  Srief  bed  ^a!obum.  ^ad  bönbereic^e  äBerl,  eineiS 
ber  brauc^borfiten,  toelc^  in  biefer  3(rt  bie  beutf^e  tl^eologifd^e  2Bif(enfc^ft  ^erborgebrac^t,  36 
bot  in  tociteren  Jtreifen,  in  ber  Sd^toei),  in  ben  9{ieberlanben  unb  in  9{orbamertfä  SSer» 
brettimg  gefunben.  !ßrof.  @(^aff  in  9ten)'3)orI  J^at  eine  englifd^e  Bearbeitung  beforgt,  bie 
fv^  gro^  Seliebtl^  erfreut  unb  and)  in  @ng(anb  (Singang  gefunben  \)at, 

S.  ^  ber  ebongelifc^stl^eol.  ^{ultöt  )u  SBonn  30  ^^a^re  angehört  Seine  afabemifc^e 
SBtrIfamteit  umfaßt  bemnac^  me^  aU  bier  ^a^rne^nte,  feine  gefamte  amtUd^e  2Bir!fam!eit  so 
bon  1826 — 84  me^  ald  jtpei  !D^enfc^enalter.    @ie  l^atte  in  feiner  rl^einifc^en  ^eimat  be^ 
gönnen  unb  fyit  l^er  toieber  geenbet. 

Sbu^  in  ben  legten  3^^^  f^ned  l^o^en  ällterd  gönnte  fu^  2.  leine  Stulpe  unb  fe|te 
neben  feinen  Sorlefungen  unb  ätmt^efd^äften  ju  Noblen),  befonber^  ben  Jlanbibaten« 
bc&fungen  feine  fcf^riftftdlerifd^en  Slrbeiten  unermüblid^  fort.  (Sin  im^a^re  1876  }u@lber::86 
felb  ge^K^tener  Sortrag:  „übtt  bie  dtiffe  unb  3^^f Zungen  in  ber  heutigen  @efellf^aft'' 
betbeiß  Songed  tiefe  Stoneigung  gegen  jebe  eherne  9iid^tung,  toöl^renb  er  für  ^^b^^^ntonifc^ 
(Segenfä^''  einen  tiefen  SinblidC  befaß.  9luc^  feine  ,,@runbnnien  ber  fird^Iid^en  älnftanb^« 
Ufyct''  berbienen  boQe  Serüdfu^tigung  in  betreff  beffen,  toa^  S.  über  afabemifc^e  Se^r^^ 
frti^  im  ®egenfa^  gegen  SeJ^iQtür  unb  Se^rfrec^eit  bemertt  Sbenfo  bie  emften  40 
Sorte  Ober  bie  t^logifc^en  glotultätdtbtffenfc^aften.  ^ad  @(^rift(^en :  ,,Über  ben  SJle« 
t^idmud''  Iam))ft  für  bie  ebangelifc^e  ^eil^eit  in  ber  @ebunben^eit  an  bie  ebangelifd^e 
Sonbedfirc^,  gegen  aQe  lünftlic^en  SJlittel  d^riftlic^er  ^römmigteit  gu  ertoecfen. 

3m  3a^  1876  feierte  S.  fein  fünfitgiö^rtgem  l^ubiläum,  bei  bem  e^  i^m  aud^  an 
äußeren  9lud|ei(^nungen  unb  tDärmfter  Xeilna^me  bon  na^e  unb  aud  ber  ^^e  ni(bt  fehlte.  45 
3u  Oftem  1882  bwing  ber  greife  ^atriarc^  im  Äreife  feiner  gamilie  feinen  80.  (Seburt*« 
tag,  tari^erum  bon  vla!^  unb  jVem  aufm  i^erjKc^fte  begrüßt.  Seiber  fe^be  bei  biefem  fc^önen 
geßc  fein  So^  5Prof.  Dr.  Sttbert  Sänge,  ber  3Serfaffer  ber  „®efc^ic^te  be«  ÜKatcriali^ 
mud",  ber  bereite  geftorben. 

9Cm  21.  3uni  1884  l^atte  £.  ^ule^t  gelefen,  bem  l^eißeften  ^ge  be^  l^a^re^.  @m  so 
ergriff  i^  ein  Srufrtram))f,  ben  aber  ber  rröftig  angelegte  ^ann  toieber  ganj  übertoanb, 
fo  baß  fein  l5fUi(^  ^urnor  toieber  gurüdCfei^rte.  ^a  machte  gan^  unerwartet  am  92a(^s 
mittag  bed  8.  guli  1884  ein  ©e^imfd^lag  feinem  Seben  ein  @nbe.  Obne  aQen  5tam))f 
iß  ber  SoSenbete  fonft  heimgegangen.  JBä^renb  S.«  ©c^toiegerfol^n,  Pfarrer  %a);),  am 
reiibgefc^mfldten  Sorge  im  Srauerl^aufe  treffliche  SBorte  rebete  über  )iic  2,  29.  30,  l^ielt  66 
^^oftor  Itrobb,  ber  auc^  einft  toie  Sänge  in  Sangenberg  getoefen  unb  bon  bort  nai^  Sonn 

glommen,  bie  Irauerrebe  in  ber  gtiebl^oföfapette  über  1  Äo  3,  22.  23.    —    9lac^  bem 
uxMt  bed  Serfbrbenen  tourbe  fein  @rabftein  mit  bem   bejeid^nenben  S^rud^e  ge}iert : 
,,2>er  SBSeg  bed  Sebend  gebet  übertoärtd''  $r  15,  24. 

Son  ben  nt<^t  f))e)ieu  angefül^en  Soften  2ä  feien  no(^  ertoöl^nt :  „^ad  a))ofto«  eq 


268  Sauge,  Sol^ann  $eter  Sangen 

lifd^e  3eitalter",  2  »änbe  (8raunf(^h)ct0  1853  unb  54).  „aSermifd^te  ©d^riften",  neue 
^olge,  2  Sänbd^cn  (Sielefelb  1860).  @el^t  brau(^bare  alobemifc^e  ec^ften  ^  S.  be* 
forgt:  „®runbrife  ber  tl^eol.  ©nc^fiopäbie",  1877.  „©runbrife  ber  bMfdSfen  ^ermeneutü", 
1878.  „®runbri§  ber  (^riftTit^en  QÜ)\V%  1878.  ».  «rafft  f. 

6  Sangen,  S^f^t^^/  0d>oren  am  8.  Sunt  1837  ju  Mn,  gefbvben  old  orbenißc^ 
^Profegot  ber  latJ^oL^tJ^eolog.  galultöt  ju  Sonn  am  13.  3uli  1901. 

3!)er  äußere  Scbenigong  Sangend  toor  ein  ganj  einfädlet.  @r  {fatbterte  in  Simn,  em))fcng 
1859  bie  ^(.  ^rieftertDeil^e;  toirtte  ein  ^o^r  lang  aU  RcCflUm  in  äßerbeling^oMi  bei 
92eu^,  n>urbe   bann  Staplan  unb  9let)etent  am  {atl^olifd^-tl^eologifd^en  JlonDift  )u  Sonn. 

10  3m  So^re  1861  l^abilitierte  er  fui^  an  ber  lat^ottl^eolog.  ^otultät  für  S^egefe  bed  3tZ, 
1864  tourbe  er  aufterorbentlid^er,  1867  orbentlid^er  $rofef(or.  9(ud  bem  ®^iet  ber  neu^ 
teftamentlic^en  @cegefe  unb  ber  mit  i^r  Dertoanbten  %äd)tt  t)eröffentli(^te  er  b\&  jum 
3a^re  1870  abgefe|en  t)on  Untt)erfttätdf(^riften  folgenbed:  bon  äbl^anblungen  erfc^ienen  in 
ber  Tübinger  %l)QB,  1860:  3)ie  beiben  griec^ifc^en  Xcj^t  beg  »uc^egeji^,  1862:  bo« 

isjübifc^e  @^nebrium  unb  bie  römifd^e  ^robtratur  in  ^nbäa,  1863:  3)ie  erften  Sefet  beiS 
^ebröerbriefed,  1865 :  3)er  t^eologifc^e  @tanb))unlt  beiS  ^abiud  3ofet)l^ud.  Selbfifl&nbige 
Schriften  fmb  folgenbe:  „S)ie  beuterofanonifc^en  ©tüdfe  be«  Su^e«  @ft^'  (1862),  eine 
biblifd^^!riafd^e  9lb^nb(ung,  ,,3)ie  (e|ten  Seben^tage  ^efu''  (1864),  ein  bibltf^^^^ifbriUber 
^mmentar  über  3^n  le|te  Seben^tooc^e,  „^a^  ^ubentum  in  ^aläftina  )ur  ^eit  S^nfti'' 

ao(1866),  ein  Seitrag  }ur  Offenbarung^  unb  9leligion^ef(^id^te  afö  (Stnleitung  m  bie  2;^ 
logie  bed  31%^,  tiefem  SSerl  XooüU  er  ein  anbere^  über  bie  neuteftamentli(^e  3^logie 
folgen  laffen,  ed  ift  hcS  aber  ni^t  erfd[^ienen.  Ser  Serleger  Saugend,  ^erber  in  gfret« 
bürg  i.  Sr.,  toünfd^te,  Sangen  foDte  in  Serbinbung  mit  feinem  Sonner  ^tultat^Qegen 
für  allteftamentltc^e  @£egefe,  Sleufd^,  bie  Searbeitung  „eineiS  turggefa^ten  esegetifd^en  ßmib« 

26  bu(^e$' behauten  unb  ÜReuen  2:eftamented''  übernel^men  (bgl.  ®oe|,  %taai  ^einrid^  9leuf4f, 
©otl^a  1901,  @.  29) ;  auc^  biefer  Pan  gelangte  nid^t  )ur  äudfü^rung.  S)ad  berbreitetfie 
Su(^  Sangen^  in  biefer  feiner  erften  Seben^eriobe,  bie  bid  jum  Sotilonifd^  ilon)il  1870 
reid^t,  ift  fein  „©runbrife  ber  ßinleitung  in  ba«  5«eue  leftament"  (1868  I.  »ufL,  1873 
II.  äufl.).  3)er  SBert  ber  ,,@inlettung''  tourbe  Iat^olif(^erfeitd  allgemein  onerldnnt,  mif 

80  1870  fd^rieb  nod^  ber  Sitterarifc^e  ^onbtoeifer  Ml^1am)ß  (1871,  98),  bie  (Sinleitunjj 
„}ei(^ne  ftd^  aud  burd^  überftd^tlid^e  Suf^mmen^eOung  bed  Stoffel,  gro^e  Sertrout^ 
mit  ber  Sitteratur,  lorrelte  SRitteilung  berfelben,  gebrängte  Süxü  neben  SoOfiänbigieit 
ber  Se^anblung''.  ^nh^  trat  bei  bem  erftmaligen  @rfd^einen  oer  Einleitung  f(^on  ber 
Bpcdi  }u  ^ge,  ber  }h)ifc^en  ber  aud^  t)on  Sangen  t)ertretenen  älteren  ftberolen  beutfc^ 

86  lat^olifd^en  ^^l^eologie  unb  ber  neueren  ultramontanen  Stid^tung  beflonb.  ®d  beburfte 
nämlic^  Ser^anblungen,  ba^  feine  Sinlettung  bie  t)orgefd^riebene  lird^lid^e  9l)>))robatiim 
bom  er)bif(^5flid^en  @tu][^l  in  ^eiburg  erl^ielt,  toeil  er  in  ber  3nf))iration§le^e  ntc^t  bie 
lorrett^ultramontane  ^eorie  bertrat.  3lod^  bejeid^nenber  für  ben  Umf(^n)ung,  ber  ftd^  1870 
in  ber  lati^olifd^en  Ideologie  boUjog,  fmb  aber  bie  Umftänbe,  unter  benen  bie  j|ft>eite  Staf« 

40  läge  ber  Einleitung  in  anberem  Serlag  erf(^ien.  Ser  Serleger  $erber  in  gretburg  teilte 
Sangen  mit,  baft  „angeftc^td  ber  5toDifu)nen,  ya  benen  bie  Erteilung  ber  oberl^irtlic^ 
9lt)^robatton  3lnla^  geben  bürfte'',  er  auf  fein  Serlag^ed^t  ber)i(^te.  Sangen  begleitete 
feinerfettd  bad  Erfc^etnen  ber  neuen  Sluflage  in  anberem  Serlag  mit  ben  SBorten,  „baft 
toenigftend    lein  jad^lic^er   ®runb   für  bie   lird^lid^e  Se^örbe  bor^anben  gelDefen   tDöre, 

46  bie  ber  erften  Sluflage  erteilte  ält)t)robation  ber  jmeiten  m  t)ertoeigem,  ba  bod  Suc^  in* 
l^altlic^  völlig  unt)eränbert  bleiben  lonnte'^  Sangen  d^ralterifterte  treffenb  bie  gonje 
geiftige  Sage  mit  ber  Semerlung:  „^urd^  ben  2Be(|fel  bed  Serlagd  h>trb  badSud^ 
aber  l^offentüc^  fo  toentg  an  Sraud^barleit  berloren  ^aben,  \ok  burc^  ben  Sßed^fel,  ber 
ftc^  in^toifcben  aud^  anbertoärtd  boQ^ogen  ^at.'' 

60  Seine  Slnl^ängerfd^aft  an  ber  t)orbati!anifd^en  liberalen  9ii(^tung  ber  beutfc^en  lat^ 
lifc^en  2;l^eologie  betunbete  Sangen  aud^  burd^  eifrige  SRitarbeit  an  beren  Organ,  bem 
Sonner  Il^eologifd^en  Sitteraturblatt  (l^erau^egeben  t)on  9leuf(^  1866—1877). 

@o  toar  ed  feiner  ganj^en  bisherigen  Stellung  nad^  {lar,  ba^  er  ftd^  ber  $roteftbeh)egung 
gegen  ba«SatiIanum  anfd^lofe  (fte^e  t)on  ©d^uUe«  ä.:  aitfatl^olici«mu«  Sb  I  ©.  416  ff.). 

66  ^it  feinen  Sonner  Jlollegen  tourbe  er  t)on  bem  5tölner  Erjbifd^of  ÜRelc^erd,  ber  fein 
Serftönbnid  für  bie  inneren  5täm))fe  biefer  Männer  baburd^  behinbete,  baft  er  i^en  oB 
ultima  ratio  ^ur  Unterbrüdhtng  i^rer  getoifjen^emö^en  Überjeugung  geifUic^  Esarjitien 
bringenb  anriet,  fu^enbtert  unb  e^ommuni}iert.  92aturgemö§  no^m  er  auc^  olttoen  9bi« 
teil  an  ber  altlat^olifd^en  Jtird^enbilbung,  er  t)erfa^te  ben  „alttat^olifc^en  jtatei^idmud''  unb 


Sangen  269 

ben  ,,£eitfaben  für  ben  Sieltgtonduntenici^t  an  ben  ^ö^eren  Sc^ulen^^  er  gei^örte  t)ecs 
fc^iebenen  Jlommifftonen  jur  Organifation  ber  altlot^oUfd^en  ^trc^e  an,  it)ar  SSorft^enber 
bor  bor  ben  fogen.  Sonner  Uniondtonferenjen  eingefe^ten  jtommiffton  jur  tl^eologif^en 
(Erörterung  ber  Union^frage  ntit  ben  Orientalen  u.  f.  to.  9lte  1878  bte  fünfte  olt^ 
lot^olifc^e  St^nobe  ben  Sölibat^toang  aufhob,  gab  Sangen  feine  früi^ere  geiftltd^e  5 
I^gleit  in  ber  Sonner  (Semembe  —  er  ^atte  bi^  ba^in  mit  feinen  getftlit^en 
JtoQegen  abtoec^jelnb  (Sottedbienft  unb  $rebigt  gel^olten  —  auf,  ba  er  ©egner  ber  9[uf« 
^ting  bed  Sdltbot^itoonge^  toor.  @r  l^ieb  ftc^  t)on  bem  altlat^olifc^ürc^Iid^en  Seben 
bon  ba  ab  in  jiemli^em  Umfang  fem  bejto.  na^m  nur  bei  gang  befonberen  älnläffen  an 
i^m  nod^  2!eil.  lo 

Ser  aitlat^olicidmud  l^at  ben  feften  Soben  für  feine  Iatl^o(if(^e  ©teOung  gegenüber 
Siom  in  ber  ®ef(^id^te  bed  Jtat^olicidmud,  in  ber  3)arfteIIung  ber  @nttoid(e(ung,  bie  ber 
fiot^olicidmud  im  Stbenblanb  genommen  ^at.  @o  tourbe  auc^  Sangen  naturgemäß  aud 
einem  @segeten  ein  ^iftoriler,  ber  ftc^  an  ber  großen  aIttat^olif(^en  älrbeit,  ber  burc^ 
greifenben  Stebijion  ber  bi^^er  iati^otifc^erfeitg  gehegten  t^eologifc^en  unb  Iir(^lic^en  9ln«  is 
fc^KUumgen  beteiligte. 

Stuf  rein  l^i^rifc^  3Beg  f)ai  er  mit  anberen  ^ü^rem  bed  SOttat^oIicidmud  bie 
9Iic^tberdbtigung  bed  ultramontanen  Sel^rf^ftemd  nac^etoiefen.  ^unäcbft  ber5ffentli(^te 
er  bad  Su^,  bad  für  ben  Slltfat^olicidmu^  bie  n>if|enf(^aftltci^e  @runblage  unb  juglei^ 
ber  tmffenfc^aftlid^e  Tlac^toei^  ber  Sered^tigung  ber  tat^olifc^en  Opt^ofttion  gegen  ba^  ao 
Sotüanum  getoorben  ift,  bad  SBerl:  „^a^  Datifanifc^e  ^ogma  Don  bem  Unioerfal« 
(Spx\loipat  ut&  ber  Unfe^Ibarleit  bed  ^a))fted  in  feinem  Serl^ältni^  jum  9{euen  Xeftament 
unb  )ur  lirc^Uc^  Überlieferung'^  (t)ier  ^eile  in  einen  Sanb,  jtoeite  Stu^obe,  Sonn 
1876).  @r  bietet  ba  eine  fortloufenbe  gefd^ic^tlic^e,  t)on  ber  )[)atriftif(^en  ^eriobe  bid  gur 
neueflen  3^  reic^nbe  3)arfte(lung  t>on  ber  Sluffaffung,  bie  bie  {atl^oUfc^e  X^eologie  t)on  26 
ben  Sebren  bed  SSotüanum^  unb  ben  }u  il^rer  Segrünbung  angeführten  SibelfteOen  gelabt 
fyd.  3)er  (Sieget  Derbinbet  fid^  in  biefem  Suc^  mit  bem  ^iftorUer ;  Sangen  fuc^t  urlunb^ 
It(^  ju  i^gen,  baß  bie  nac^  ber  ^Formulierung  bed  ^efuiten  SeQarmin  Dom  $a))fte  auf 
bem  kHtttlonifc^en  Itoruil  feftgefteOten  Seigren  bon  feiner  eigenen  (Setoalt  unb  Unfe^lbarleit 
mdft  bloß  na4  ber  allgemeinen  menfc^lid^en  unb  c^riftlic^en  ^enlmeife,  fonbem  aud)  nad)  ao 
ben  ®runb^rin)it>ten  ber  lat^olifc^en  2;^eologie  ald  ^rrle^ren  )u  betrad^ten  feien.  (Sine 
tanffenfd^ftlic^e  SBiberlegung  ^at  ba^  Sud^  nid^t  gefunben,  ein  Setoeii^,  toie  unanfed^tbar 
feine  Stefultote  fmb.  Sluc^  noc^  in  biefe  Uebergang^geit  Dom  (S^egeten  gum  ^iftorifer  fällt 
fein  1874  erfc^ienened  Suc^:  „^k  5)^ird^enk)äter  unb  ba^  92eue  ^eftament,  Seiträge  gur 
®ef(^te  ber  @rllärung  ber  toi^tigften  neuteftamentlic^en  Stellen'',  „^nxd^  grobe  Wb^  86 
toetc^gen  —  fc^reibt  er  in  beffen  Sortoort  ©.  VI  —  \>on  ber  altfirc^lic^en  Se^e  unb 
Sroitd,  tDelc^e  einen  bie  gange  3Belt  betoegenben  Ramp\  l^eraufbefc^tooren,  ^at  bie  r5mif(^e 
xurie  aSe  unbefangenen  unb  too^lmeinenben  ^^eologen  ju  einer  forgfältigen  Unterfu(^ung 
ber  ^iftorif^^  ®runblagen  ber  {ird^lic^en  Se|ire  heranlaßt,  Unterfuc^ungen,  toeld^e,  fo 
(Sott  tmd,  bagu  beitragen  toerben,  langgefc^iebene,  burc^  $oIitit,  ^arteil^aß  unb  i^terard^tfcpe  40 
^errf(^fu4t  felbft  in  ^nbfc^ft  gegeneinanber  berfe^te  Xeile  ber  (^riftlic^en  Jlir^e  ein« 
onber  tarieber  näj^  gu  bringen,  bieUeic^t  gar  miteinanber  gu  berfö^nen."  ^n  biefem  Sud^ 
,,bte  Aird^enbäter  unb  bad  ^leue  Xeftament"  ntad^te  er  ben  Serfu(^,  ber  gum  erftenmd 
in  ber  totJj^olifc^  Xl^eologie  gefd^a^,  „an  SJlitteilungen  aud  ber  jpatriftifc^en  Sitteratur  gu 
leigen,  tarie  bie  bogmatif^en  Sebren  unb  9lnfd^auungen  ber  jtird^^enbäter  großenteils  auS  46 
Der  neuteßamentlic^en  3)ottrin  ftc^  naturgenäß  enttoidCelt  ^aben",  er  bot  alfo  ein  möglic^ft 
onfc^aulic^  unb  relatib  boQftänbigeS;  in  feinem  $un!te  einfeitiged  Silb  bon  ben  auf  ba^ 
9tX  OMTünbeten  SlnUauungen  ber  Jlirc^enbäter. 

2)ad  ^aut}ttoer(  feiner  nac^batifanifc^en  Slrbeit^eriobe  unb  feiner  l[|iftorifc^«fritifdben 
Stebtfton  ift  feine  bierbänbige  „(Sefd^ic^te  ber  römifc^en  Jtirc^e,  quellenmäßig  bargefteut"  60 
(Sonn  1881—1893),  bie  bi^  auf  ^nnoceng  III.,  geft.  1216,  reicht.  SDa«  SBerf  berfolgt 
ben  Qlmd  „toiffenf(^aftli(^  b.  i.  burc^au^  t|>atjä(^lic^  bie  @nttoideIung  ber  ))ä))ftltd^en 
Stallt  hü  }u  i^rem  unter  ^nnoceng  III.  eaeic^^ten  (Si))fel  bor  Sugen  gu  führen".  @^  ift 
ein  (Segenftüdt  gu  fdnem  SBerle  über  ba^  Satilanifc^e  ä)ogma,  ed  fou  in  @rgängung  gu 
ben  bort  gebotenen  bogmengefc^icbtlic^en  9tad^toei[en  bon  ber  Unberec^tigtbeit  ber  batifo^  66 
mfc^  2)oamen  ab  möglic^ft  artenmäßige  ^arfteUung  ber  römifc^en  itirc^e  gu  biefer 
bogmengefqtc^tlidS^  Snttoidtelung  ben  t^otfäc^ltc^en  ^intergrunb  liefern.  Über  bie  %zU 
lung  ber  gangen  $eriobe  in  bier  Sänbe  ^at  fu^  Sangen  felbft  au^efproc^en:  ^er  erfte 
8anb  reu^t  m  Seo  I.  3)ie  Slegierung  3t>[tud'  III.  (432—440)  bilbete  ba  ben  ))affenben 
Sbfc^btß,  ^tnbem  bie  gegen  (Snbe  bed  beerten  ^a^r^unbertd  aufleimenbe  ^errfd^ft  be^  r 


270  Sangeit 

römtfd^  @tul^Ied  über  bie  ganje  c^riftUc^e  5tttd^e  burd^  feinen  Slod^folger  Seo  I.  f^fle» 
matifc^  begrünbet  unb  lonfequent  au^ebilbet  tpurbe,  mit  Seo  I.  alfo  eine  neue  @pod^ 
in  bet  ©efc^ic^te  ber  römifd^en  $ä))fte  beginnt''.  SDer  9lbfd^lu^  bed  bü  auf  92ttoIau6  I., 
alfo  bi^  858  reic^enben,  jtociten  Sanbed  bot  ftc^  Sangen  baburci^,  \>a%,  „tok  Seo  I.  M^ 

6  matifc^  ba^  geiftUc^e  $a))fttum  begrünbete,  fo  9{ifo(aud  I.  ber  erfte  ^opft  tiHtr  im  Gtile 
bed  Mittelalter«,  ber  »egrünber  ber  5pa))ft^errf(^aft  über  gürflen  unb  9SöIfet".  3>ie 
Stoifd^enjeit  bis  ®regor  VII.  858—1073  bejubelte  ber  britte  8anb,  ber  bierte  bie  3e!t 
t>on  ®regor  VII.  bi«  Ignnocenj  III.  1073 — 1216.  5Dlit  Snnocenj  fc^Ke^t  gongen  feine  ©nt« 
toicfelung^efc^id^te  be«  ^apfttum«:    „^a^  Softem,  tt^elc^  in  ber  fogen.  Ionjlanttnif(^ 

10  @(^enfung«urtunbe  flij^iert,  in  ben  ^feuboiftborifd^en  Sefretalen  tt^ettläu^g  enttoiddt,  beffen 
Sertoirfli^ung  t)on  sSregorVII.  »ergeben«  angeftrebt  tourbe,  ift  t>on  S^nnocen)  III.,  fo* 
tpeit  bie«  über^au))t  möglid^  toax,  aur  9(u«fübrung  gebracht  toorben.  @rfl  im  13.  So^r^ 
^unbert  ^atte  ber  römifc^e  Sifc^of  ftc^  bie  2Belt^errfd^aft  erftritten.  ^og  unter  ^mtocenj  III. 
ber  3(bf(^(ug  biefer  @ntn>i(fe(ung  faßt,  jeigen  bie  balb   nac^l^er  erfolgten  jtobifi^tenmgen 

15  ber  Se^e  unb  be«  9tecl^te«,  toeld^e  bie  ^ä))fte  t)ertraten.  S)ie  eigentlich  p&p^Üxdf^  9lera 
in  möglic^fter  SSoHfommen^eit  batiert  feit  jener  Qc\t/'  2)arum  fc^Ue^t  biefe«  SBerl  mit 
l^nnocen}  III.,  toöl^renb  in  feinem  „SSatifanif(^en  ^ogma"  Sangen  bie  SeJ^renttnidelung 
bi«  )ur  ©egentoort  »erfolgen  mu^te. 

Sangen  ^at  in  ber  $orrebe  }um  britten  93anbe  e«  al«  möglich  ^tngeflent,  bag  „nod^ 

ao  Dielfad^  geäußerten  SBünfc^en  eine  gebrängte  Überfielt  ber  Vetteren  ©ef^ic^te  ber  pa!p^ 
lic^  SJlad^t  bi«  }ur  ©egentvart  [xd)  anf erließen  toirb.''  SSermutlid^  ift  ba«  ÜRanuf friert 
ba}u  ba,  e«  fc^eint  aber  jtoeifel^aft,  ob  e«  »eröffentUd^t  toerben  tpirb,  nac^bem  Sangen« 
@rbin,  feine  @(^toefter,  jebe  ^ittoirlung  ber  altlat^olifc^en  ©eifUic^Ieit  bei  Sangen«  Se^ 
erbigung  runbtoeg  abgelehnt  ^at  unb  ibn,  ber  faft  40  ^a^re  ^oc^fd^uUe^  in  Sonn  ItKtr, 

26nad^t«  o^ne  @ang  unb  ^ang  nac^  Jt5(n  überführen  unb  bort  rein  ctDil  ol^e  tixdflidft 
aiffiftenj  beerbigen  Keß. 

2)te  Urteile  über  biefe«  $au))ttt)erl  Sangen«  lauten  t)erf(^ieben.  @eine  Xrbeit«- 
genoffen  unb  ©enoffen  in  ber  l^iftorifd^en  Sluffaffung,  toie  ^öQinger  (»gl.  ^ebric^  ^öOingers 
biogra))^ie  III,  671),  lobten  bie  Slrbeit,  a(«  monumentum  aere  perennius,   ba«  etat 

ao  (ängft  em^funbene  Südfe  au«fünte,  ba«  mit  {einem  älteren  ober  neueren  SBerl  )u  »ers 
gleiten  fei,  unb  bie  ^tünd^ener  ^fabemie  tvä^Ite  nacb  älbfc^luß  biefe«  äBerte«  Sangen 
jum  !orrefj)onbierenben  3RitgIieb.  2)agegen  l^at  fic^  Ärüger  in  ber  3:^S3  1885,  472 
nad^  bem  Srfct^einen  be«  jtveiten  Sanbe«  ba^in  geäußert,  baß  Sangen  metft  nur  referiere, 
ba«  3)2aterial  beitrage,  o^ne  e«  ^u  »erarbeiten;    „toa^  bem  3uc^   l^ai^tfäd^tic^   mangle, 

86  feien  burd^greifenbe  ®eftd^t«punfte  unb  organifc^e  2)arftellung",  e«  fei  eine  guberläfpge 
3ufammenftcttung  be«  3Katerial«,  aber  Sangen  ^abe  ben  großen  Stoff  nic^t  »crarbeitä 
ju  einer  toirtlic^en  ©efct^id^te.  ^te  T)t»ergen)  be«  Urteil«  h)irb  mit  i^en  ©runb  ^aben 
m  ber  »erf^^iebenen  9luffaffung  »on  bem,  toa«  Slufgabe  eine«  ^iftoriter«  ber  rdmtfc^en 
^ird^e  fei,  unb  in  ber  SSerfc^ieben^ett  fat^olifd^er  unb  e»angelif(^er  {ird^enJ^iftorifc^  älm 

40  fd^auung.  3)em  @ub|elti»i«mu«  ber  le^teren,  ber  fid^  ja  in  einer  für  lot^olifc^e  2)enls 
tveife  !aum  annel^mbaren  3lrt  namentli^  auf  bogmengefc^tc^tlic^em  ®ebiet  geltenb  mac^t, 
t)flegt  bie  {at^olifd^-^iftorifd^e  Stic^tung  ber  Slltfat^olilen  »or  aQem  bie  objettibe  @niterung 
ber  t^atfäc^lic^en  3uf^^>^be  unb  SSorgänge  unb  überläßt  c«  —  toie  man  ba«  ouc^  an 
anberen  aItIat^olif4>s^iftorifd^en  SBerlen  »erfolgen  lann  —  bem  einzelnen,  ben  Stoff  fu^ 

46  fubjcfti»  ju  geftalten. 

Sie  fubje{ti»'^iftonfd^e  Se^anblung  l^at  Sangen  felbft  aud^  geübt  unb  jtvar  in  einer 
SHeil^e  »on  Sluffä^en,  bie  er  in  ber  Revue  internationale  de  Th^logie  über  berfd^iebene 
fünfte  ber  Snttoidelung«gefc^ict>te  bc«  ^apfttum«   unb  ber  römifc^  Äird^e  beröffentlic^ 

!}(d,  unb  bie  mit  jum  heften  gel^ören,  toa«  al«  geiftboQe  3)urc^blid(e  über  ^olj^unberte 
ange  Krcblid^e  @nttt)id(e[ungen  gefd^rieben  toorben  ift.  ^n  feinem  ^aupttoerfe  tDoQte  er 
nac9  ber  ^2luffaffung,  bie  er  »on  feiner  Slufgabe  ^atte,  eben  nur  ba«  ^iftorifc^  Stotmol 
in  möglic^ft  obj[eIti»er  2)arftellimg  barbieten. 

6inc  treitere  ©d^rift  Sangen«:  gur  6nttrirfelung«gefd^ic^te  be«  5ßat)fttum«  tfi  feine 
9Jlonograj)^ie  über  „bie  6lemen«romane"  (i^re  (Sntfte^ung  unb  i^re  ^enbenjen  aufd 
65  neue  unterfuc^t,  ®ot^a  1890),  toeld^c  nad^  Sangen  ©nbe  be«  2.  unb  ätnfang  be«  3.  ^cifft* 
bunbert«  entftanben  unb  Umarbeitungen,  bejto.  $eläm))fungen  einer  ni^t  me^  tm* 
^anbenen  ©runbfd^rift  fein  foQen,  toelc^  le^tere  bie  Übertragung  be«  tird^lid^en  $rimatc« 
auf  3lom  nad^  3^^!«"^^  Untergang  (135)  »erfochten  f^ab^  (»gl.  §amadf  in  Xl^83  1891, 
145).  Seine  Stellung  al«  Slltlat^oli!  unb  bie  bamit  »erbunbenen  Union«»er^blun0En 
eo  mit  ber  orientalifc^en  Ort^obo^ie  iourben  9(nlaß  ju  jtoei  anberen  S(^riften  Sangen^.    3m 


Songeit  SangoBorbeit  271 

3a^rcl876  crfd^ien  „bte  trimlarifc^c  Scl^btfferenj  jtpifc^cn  ber  abenblänbifc^en  unb  morflerts 
lon^ifc^  Jlm^e".  Sangen  j^atte  an  ftc^  toentg  l^ntereffe  an  ber  ^Uioquefrage;  aber 
ba  beten  Söfunß  bie  unum0änglt(^e  Sorbcbingung  be«  großen  fird^Uci^en  ^eben^toerle«, 
ber  Untim  jtpij^en  äbenblanb  unb  TOorgenlanb  fei,  „tpirb  —  meint  Sangen  —  jeber 
Denlenbe,  toeb^er  reßgiöfen  Überzeugung  er  auc^  fein  mag,  in  ber  SBieberaufna^me  ber  6 
tlnterfud^gen  über  bad  ^lioque  ettvad  anbered  erbliden,  al^  eine  ißerirrung  heutiger 
X^Iogie  }u  ber  @))i^ftnbigleit  bl^jantinifd^er  Si^))utierfu(^t''.  ®lei(^fand  t)on  bem  ©e« 
fic^t^nlt  ber  9Biebert)ereinigung  ber  latj^olifd^en  Rxtd)t  be^  ^torgen«  unb  3(6enblanbeiS 
axA  \ifyAA  Sangen  1879  feinen  „go^anned  bon  ^amadtud'',  eine  ^arfteHung  be^  Sebend  unb 
t>üt  aOem  ber  Sel^  btefed  Hafftfc^en  ^ogmatiterd  ber  orientalifc^en  ^ird^e  bor  il^rer  Trennung  lo 
bon  ber  abenbUhtbifd^en  (t>gl.  barüber  ^errmann  in  3:^S3  1880,  326).  Sangen  l^at  noc^ 
eine  SRci^  Heinerer  ©c^riften  berfa^t,  J)0j)uläre  35arfteDungen  einzelner  fünfte  Der  römifd^en 
ftirc^gefc^^te,  bie  metfl  anonym  ofd^ienen  unb  t)om  altfatl^oltfd^en  $re^-  unb  Sct^riften« 
toeretn  t)erbreitet  tourben.  Sie  ftnb  in  ber  Sibliot^el  be«  altfat^oI.4^eoIogifc^en  Seminar« 
in  Sonn  aufbetoal^  unb  atö  Sangenfd^e  3(rbeit  bejeid^net.  i6 

Sangen  tocx  ein  fe^r  anregenber  Seigrer,  beffen  ^iftorifd^e  SSorlefungen  einerfeitö  frei 
tooren  bon  bem  unnü^en  SaQaft  t)eraUeter  93ü4>ertitel  unb  t)ergeffener  3Reinungen,  bie 
fid^  ober  oft  bur(^  bie  ^e  bed  l^iftorifd^en  3Rateriatö  unb  bie  Slu^e  ber  3)arfteuung  )u 
geifboaen  Sd^ilberungen  ber  (Snnoitfelung  ber  firc^Iid^en  i^nftituttonen  erhoben.  9((d 
aRenf(^  ItKtr  er  jiemli^  t)eretnfamt,  ein  ftcmer  ^effimidmu«  n>ar  il^m  eigen,  a\i^  bem  ^er»  2p 
an^  er  manche«  ju  fc^fe  Urteil  über  ?Perfonen  unb  3wpänbe  fällte,  ©eit  1899  toar 
feine  »rbeitelrott  burc^  Äranf^eit  ftarl  geft^toäc^t.  am  13.  Suli  1901  9Rittag  mad^te  ein 
©c^lagonfaD  feinem  Seben  xa\d)  ein  @nbe,  atö  er  eben  im  begriff  toar,  in  bie  äSorlefung 
ju  g^fn.  £eo)iolb  Statt  9oet}* 

Songeiipttit  ^dttt.  bon  f.  »b  VII  ©.  604—607.  25 

£ait0|toti  ^Uptfan  f.  9b  IX  ©.  118,  21-57. 

Sangofcarbett.  —  Ouellen:  lieber  bie  flnffinge  bed  $oIfd  [itt^i  einzelne  ^^a^ri^ten 
in  gtiect)ifd)en  unb  römifcben  @4riftfienern,  tvie  Strabo,  ^acitu^.  $toIemSud,  SeQejud  $Q' 
terlulud,  in  b^jantiniftben,  »ic  ^rofopiuö  (Corp.  scriptor.  hist.  Byzant.  II,  Vol.  1—3,1833), 
SDbeopb^lahod  unb  Zicop^anc^  (de  Boor.  1885.  1887).  —  .^aiipt quellen  in  Mon.  Germ,  ao 
HiBt:  8S.rer.  Langobard.  et  Ital.  sec.  6— 9,  ed.  Waitz,  Hannov.  1878.    3)Qrin  j.©.  Origo 
sent.  Lang.  —  Hist.  Langob.  cod.  Gothani.  —  Pauli  Diac    h.  Lang.  —  Andreae  Bergom. 
Eist  u.  f.  tD.  —  (Sefe^e   ber  S.  in  Mon.  G.  Hist.  Legcs  IV.  ed.  Bluhme  unb  PadeTetti, 
Fontes  jor.  ItaL  med.  aevi,  Xurin  1877.  —    Urfunbcn:  Troya,  (Dodice  diplom.  Langob. 
dal  568-774,  6S3b.  Napoli  1852—1855.  -  ©onftigc  DueUennac^rocifc  unb  Angaben  älterer  36 
^arfteOungen  unb  Unterfuc^ungen   ftet)e    in  2)a6ImQnn<^ai$,  duellenfunbe,   6.  ^ufl.  1895; 
in  3)abn,  fiangob.  Stubien,  ©b  I  1876;  berf.,  Utflcfcb.  b.  aerm.  u.  rom.  SSölfer,  93b  IV  c.  7 
(1889)  unb  in  ben  neueren  ^arfteQungen  uon   Th.  Hodgkin,  Italy  and  her  invaders,  Voll. 
V— Vm,  1895—1899    unb  S.  9R.  ^artmann,  ®cf(b.  gtcl.   im  Mittelalter  ©b  II,  1,  1900 
in  ^nmerfungen  unb  Ginleitungen  ber  einzelnen  ^bfc^nitte;  unb  in  Atti  e  Memorie  del  con-  40 
storico  in  Cividale  1900. 


^ie  Sangobarben,  juerft  bon  ©trabo  ertoä^nt,  nad^  eigener  unl^altbarer  ©age  aa^ 
©tanbmat)ien  ftammenb,  ftnb  SBeftgermanen,  ber  ©prad^e  nad^  Sägern  unb  Sllemannen 
MliKtnbt  9ln  i^  älteften  ©i^e  toeftlid^  t)on  ber  unteren  @Ibe  erinnern  92amen  h)ie 
Sarbengau  unb  93arbotoi{.  Über  i^re  Urgefc^ic^te  finben  ftc^  in  antilen  ©efc^id^tfc^reibem  45 
nur  färglic^  Angaben,  ^urd^  Jtriegdmut  tro^  geringer  äSoIf^ja^l  t)on  möd^tigen  92ad^bam 
g^tn^et  unb  bor  i^nen  gefiebert,  erliegen  fte  bod^  ben  Segionen  be$  ^iberiu^  (5  n.  6l^r.). 
IRit  Storbob  fte^n  pe  erft  im  Sunbe,  bann  mit  ben  G^eru^fem  gegen  i^n  (17  n.  6^r). 
^fju  ©d^dfale  in  ben  näc^ften  ^a^r^unberten  liegen  im  T)un{e(.  (Segen  @nbe  bed  4.  ^ai^r« 
^unbertd  toanbem  fte,  tool^I  Don  junger  getrieben,  aud,  untem?egd  frembe  93ölIerbrod(en  50 
fu^  angHd)emb  unb  ben  2Beg  gen  ©üboften,  t)teaeid^t  burc^  bad  frei  geh)orbene  93ö^men 
n^enb.  Segen  (Enbe  bed  5.  ^jal^r^unbertd  fe^en  fte  ftc^  in  9eft^  bed  Slugierlanbed, 
ettoa  im  ^tigen  9!ieberi^fterreictf,  ^ie^en  ftd^  bann  in  bie  Ebenen  ber  %f)^i  unb  T)onau, 
fd^ebi  bte  $errfc^aft  ber  benachbarten  ^eruier  ab,  Iätn))fen,  t)om  Jtaifer  ^uftinian  burc^ 
©(^othmgen  begünftigt,  gegen  bie  i^m  gefä^rlid^en  ®tpihm,  t^re  fübltd^en  92ad^bam,  unb  55 
^  iunger  ftdnig  SHbotn  bemid^tet  fte  im  93unb  mit  ben  SlDaren  unb  tötet  i^ren  ^errfcber 
itutnmunb  (566  ober  567). 

Unter  i^frem  $elbent5nig  jte^en  fte,  biellei(^t  bon  i^ren  überlegenen  abarifc^en  Sunbe^* 


272  Sangobarbett 

aettoffen  Wbxol)t  ober  burd^  bie  9(bberufung  bed  92atfed,  in  bcffen  $eet  B^m  'üftcc 
Sanb^Ieute  bad  fruc^itbaTe  ^talxm  lennen  gelernt  Rotten,  aber  nicpt  burdb  feine  dtadfiudft 
angeloA,  im  SSerein  mit  Sruc^teiten  berfc^iebenfter  ©ermanenftämme,  ).  ^.  t>on  ®e))tben, 
befonber^  auc^i  t)on  @ac^{en,  nac^  bem  @üblanb  (Oft.  568).    ^n  rafc^em  Slnfturm,  tDoj^I 

5  tDegen  ber  ©c^ilDäc^ung  ber  b^jantinifcIS^en  ^iegdmac^t  burc^i  ^erfer-  unb  SbHttenIriege, 
erobern  fte  Oberitalten.  $or  ber  Serfolgung^tout  ber  toilben  orionifc^en  Sangobotben 
}ittemb,  flutten  ftc^  mehrere  93ifclS!öfe  aud  i^en  @))rengeln.  9Iac^  mel^rjö^riger  9eb^e> 
rung  toirb  $abia  (3:icinum)  genommen  (572)  unb  jum  Jlönigdft^  erhoben.  Xuc^  %uSdm 
unb  einjelne  @täbte,  tote  Sologna,  lommen  unter  i^re  ^errfcpaft    Setd^ter  toirb  t^en 

10  bie  ©rünbung  ber  ttoÄ  großen  $er}ogtümer  @))oIeto  unb  Senebent  ioegen  älterer  Icm^^ 
barbifc^er  unb  gotiper  älnftebelungen  bafelbft  unb  toegen  Sntböllerung  biefer  ®ebiete 
burd^!  $eft  unb  ^unger^not.  SRangel^  einer  ^otte  aber  bermod^ten  fte  toid^ttge  itilfiau 
ftric^e,  toie  bie  bon  33enetien,  92eat)el  u.  a.  m.  ben  ©rie^^n  nicpt  )u  entre%m,  eboifo^ 
toenig  größere  @täbte,  toie  9iom  unb  Slabenna,  biedeid^^t  toegen  unou^ebi&eter  Se» 

15  lagerungdlunft. 

9iiele  eble  Slömer  tourben  bon  ben  Siegern  getötet.  3)ie  SReJ^rjol^I  ber  Seftegten 
tourben  ^albfreie  (9(lbien,  SQbionen).  SBenige  blieben  ganj  frei,  ober  ol^e  äbtteil  an 
Ämtern  unb  ^eerbienft.  Me  jebod^  toaren  langobarbifc^em  Stecht  imtertooi^en,  tote  aw^ 
bie  mitgetoanberten  Sunbe^enoffen,  mit  geringen  Bpwccn  t)erföTUid^en  Sled^td.  @r{i  unter 

ao  Siut))ranb  tourbe  ben  9iömem  bied  teiltoeife  jugeftonben.  @ine  Sanbteilung  tDorb  anfangt 
nic^t  borgenommen,  ^ie  Unterworfenen  i)attm  ben  $erm  t^rer  ©ebiete,  bie  oft  in 
Stäbten  toof^ntm,  einen  ^eil  i^rer  Srtröge  abjuliefem.  Der  Jfönig  erhielt  bie  laiferltd^en 
j^IaU  unb  bie  rebeUifd^^en  ^erjögen  abgenommenen  ®üter.  SDie  93erft>altung  trug 
bäurifc^en  6^ara!ter.    3)ie  römtfd(ie  Staate  unb  @tabtberfaffung  tourbe  befeitigt  Sbi  ber 

25  @))i^e  be^  in  @b[e,  |^reie,  ^alb-  unb  Unfreie  ^erfadenben  SSoIfed  ftanben  feit  ber  9Banba< 
unb  Jtam))f2eit  Jtönige,  au^  ben  eblen  ©efd^^ledS^tem  ^erborgelbenb,  ald  oberfle  ^eerfü^rer, 
Sttd^ter,  ®efe|geber,  SSertoalter.  Set  i^rer  SBa^l  tourbe  ber  ®runbfa|  ber  Srblic^teit  be> 
rüdfid^tigt.  ^ie  näc^ften  nad^!  U)ntn  toaren  bie  urf))rüngndS!  bom  SSolf  ^etod^lten,  in  ^ta^ 
Ken  bom  5lönig  ernannten  §erjöge,  bie  gü^rer  ber  einzelnen  §eere«abtcilungen.   Dieäio:» 

30  faffung  loar  anfangt  nämli^  eine  ^eere^erfaffung.  Sie  toaren  Seamte  auf  Sebendjeit, 
bei  gesteigerter  SRad^^t  mit  @rblid^feit  unb  toie  fränlifd^^e  ®rafen  mit  militorifc^,  netter« 
lieber  unb  SSertoaltung^etDalt  au^eftattet.  Sie  ftebelten  ftd^  in  ben  eroberten  Städten 
an  unb  toaren  bie  Ferren  bie{er  unb  ber  jugel^örigen  2anbgebiete,  eingelne  barunter,  tote 
bie  bon  Orient,  ^aul,  @t)oleto  unb  93enebent,  faft  bom  Jtönig  unabl^ängig.  2)urd[;  3^ 

85  unb  Streben  nad^^  @elbftftänbigfett  Werben  fte  bem  5tönigtum  gefä^rlic^.  ^fjk  Segtoingung 
fteHen  ftc^  ba^er  ade  fräftigeren  ^err{c^er  jur  9(ufgabe.  911^  ©egengeWid^t  gegen  fte  bie« 
nen  ben  jlönigen  bie  ©aftalbt,  Vertreter  bed  föntglic^en  Stec^td,  ^ertimlter  ber  gro^ 
jlrongüter  unb  Wie  laroltngtfd^e  SJlifft  93eaufftc^tiger  ber  ^erjöge,  ald  ))erfönlic^  @tü^ 
©efolg^leute  (©aftnbi). 

40  @(^n)ered  33er^ängnid  laftete  anfangt  auf  ben  Eroberern.  Der  erfte  jtönig,  ber  l^elben^ 
^afte  ällboin  tourbe  ber  @age  nad^  burd^  feine  ge))ibifd^e  ©ema^lin  aud  SBlutroc^  ermorbet 
g72),  r/i  ^oi)xc  barauf  auc^  {ein  9lacl^f olger  JÖej)^  Wegen  feiner  ©raufomtett  (574). 
Verwirrung  trat  ein.  ^nfunbbreifeig  §erjögc  berWalteten  ba^  Sleic^  10  ^afyci  long  ju* 
gleid^!.    Die  mttgelommenen  <Sad^fen,  unter  aufgezwungenem  langobarbtfc^en  Siedet  fid^  un* 

45  be^agltc^  fü^lenb,  jogen  ftd^  unter  fd^^idfaleret^en  Stampfen  in  i^re  ^eimat  jurüd.  %m 
au^en  unb  innen  bro^enbe  ©efal^rcn,  Wie  bergeltenbe  SinföUe  ber  ^anfen  in  ^t^^^  unb 
Sünbniffe  berfelben  mit  SS^^am,  nötigten  jur  äSal^l  bed  {raftDoUen  Jtönigd  Xutl^,  be^ 
@obned  bon  Si^l),  unb  }ur  äudftattung  bed{elben  mit  ©runbbeft^  feitend  ber  ^erjdge. 
älufftänbifc^e  überWanb  er  nad^!  Wieberl^olten  gefährlichen  Jtäm))fen,  machte  ben  unterWor« 

60  fenen  ätömern  i^r  ^oc^  weniger  brüdtenb,  fteUte  bie  Drbnung  Wieber  ^,  fc^lo^  mit  bot 
j^anfen,  totnn  aud^!  borüberge^enb,  ^ebcn,  erweiterte  fein  ©ebiet  burd^!  neue  @robentngei^ 
befonber^  93eft$na^me  bed  ganzen  $ot^ale^  unb  filierte  biedetd^t  bie  erwähnten  (Stofklbi 
ein.  Sebeutfam  Würbe  feine  SJermä^lung  mit  ber  fat^oltjc^en  2|beubelinbe,  ber  Xoc^ 
bed  $erjog^  ©aribalb  bon  93a^em,  weil  baburd^^  mittelbar  ein  Umfc^wung  in  bem  ®Iauben 

55  feinet  ^olU  unb  in  bef|en  Stedung  ju  ben  9iömem  unb  ©lauben^leid^^^eit  mit  ben  dkc« 
manen  2Befteuro))a^  herbeigeführt  Würbe. 

Die  Sangobarben,  feit  'xl)xtt  SSerbinbung  mit  ^erulem  unb  Svjantinem  bem  atiom« 
jc^en  Selenntni^  gewonnen,  }eigten  ftd^!  Wä^renb  i^red  älufent^alted  in  $annomen  grau« 
fam  gegen  ^atl(|oliIen  unb   erft  {eit  ber  Vermählung  Sllboine  mit  ber  fränlifc^  taüf^ 

^  lifc^en  Sl^lobidWinba  milber  gegen  fte  geftnnt   Unter  ftle))^  bagegen  ftieg  bie  9}afo(gun0<i( 


Sangobarbett  273 

fuc^t  iDteber,  befotiberd  bei  bem  ^eibntfc^en  triebe  bed  SSolfö,  todd)^  feine  ©ötter  in  aller 
SBetfe  auf  Sergen  unb  in  Rainen  ju  bere^ren  fortful(ir.  3)er  ^a|  ber  äSefiegten  gab  bem 
®Iauben  unb  ber  92ationalität  ber  Sieger  guglei^l.  ^iefe  ^uft  überbrücke  bie  fatl^^oUfcIS^e 
itöntgin.  3^^  ^'^^  ^^  \d)iim  unb  bur(^  Jlrieg^erfolge  unb  äBaffen^ünbniffe  mo^lber- 
biente  Xgilulf,  ber  ^erjog  bon  Xurin,  ben  fie  t)ieIleiclS!t  haft  toeiblidS^en  ©rbred^^tö  }u  tl^rem  6 
jdpetten  ®ema^  imb  }um  Jtönig  ertoä^lte  (590),  bermutlidS!  bid  }u  feinem  Xobe  (616) 
Sbioner.  älber  fc^on  toor  i^m  tourben  einzelne  Sangobarben  lat^oIifcIS!,  f o  ba6  noc^  ä(utl(iari 
ein  3$erbot  gegen  bie  lot^oKfc^e  Xaufe  langobarbifd^^er  jtinber  erlief,  unb  uRifc^e^en  mil^ 
berten  bie  Segenfä^.  ^fym  (Semai^I  betpog  X^eubelinbe  }ur  Sefc^enlung  lat^oUfd^er 
fitrc^  unb  Suöjier,  toie  bed  columbanifc^en  Sobbio,  }ur  SÜiebereinfegung  red^tgloubiger  lo 
9tf4dfe  unb  SBSi^erftottung  ü^ed  Jtird^enbermögend.  Sie  felbft  erridS^tete  ^irc^en,  tpie 
bie  ptöä^ÜQt  in  SRonja,  unb  i^ren  @o^n  älbaloolb  lie^  fie  jur  ^^eube  ©regorS  bed  ®ro^en 
lot^oUf^  taufen  unb  e^ie^en.  ^n  bem  2)reita))itelftreit  aber  na^m  fte,  nic^t  o^ne  StUi^ 
oing  i^red  ®ema^fö,  mit  melieren  Sifc^öfen,  toie  bem  bon  9(quilej|a,  Stellung  gegen  ben 
v^%  toa^  man  otö  Streben  nac^  Unob^ängigteit  beuten  tonnte.  Qu  biefem  ©lauben^  15 
umfd^tmma  trug  J^ouptföc^Uci^  ber  Sinflu^  ©regord  auf  ^eubelinbe  unb  bie  langobarbi>: 
\dfcn  SBifc^dfe  bei  @r,  ber  Vertreter  bed  religiöfen  unb  nationalen  Setou^tfeind  ber  Slö« 
mer,  imtrbe  boburc^  i^r  SorIam))fer  unb  93ef(^ü(er.  @o  bermoclS|te  er  bie  Belagerung 
SRomd  burc^  ^eqog  äruilf  bon  Bpoltto  unb  balb  barauf  burc^  älgilulf  felbft  burd^  Kuge 
SSeri^anblui^en  unb  ©elbjolplungen  ab^utoenben,  enblic^  einen  SBaffenftiiDiftanb  mit  S^janj  20 
(609)  ^erbe^fü^en,  bur^  toeld^en  mittelbar  bie  Sangobarben  ate  93eft$er  {aiferlic^er  @^ 
biete  onerlannt  iuurben. 

Xro(  toorüberge^enber  Slüdfälle  in  ben  9(rianidmud;  befonbetd  unter  ben  beiben  aria^ 
mfc^en  ®ema^len  ber  ®unbeberga,  X^eubelinbend  2:o(^ter,  ben  Jldnigen  Slriotoalb  (f  635) 
unb  9lot^  (t  652),  trat  unter  beren  92a(^folgem  eine  f^örberung  bed  fat^olifc^en  ©lau«  25 
bend  ein.  Qaifix^id^  Jlirc^en  iourben  gebaut,  )umal  in  ^iabia,  unb  reid^!  bef^entt.  ^n 
Stobten,  in  ioelc^  ein  lotl^olifc^  unb  ein  orianifd^^er  Sif^of  gugleid^  toalteten,  befa^  ber 
ex^re  ben  Sorrang.  Silber  bei  aller  Pflege  bed  SRönc^toefenS  unb  gottedbienftlic^  Sffierte 
leigten  bie  (angobarbifc^en  93if(^öfe  bem  $a))ft  gegenüber  Steigung  jur  Unabbängigfett. 
Ibü>ererfeitd  blieben  fie  bem  Staat  untergeorbnet  unb  o^ne  @inp[u^  auf  beffen  ätngelegen«  ao 
l^en  unb  ®efe^ebun^.  9lu|er  in  rein  tird^lic^  3)ingen  unterlagen  bie  ®etftlid^en  ber 
toeblic^  ®eri(^tdbartett.  93on  Slribert  an  (653),  einem  Steffen  3:^eubelinbend,  befteigen 
nur  Idt^olifdJK  ^errfc^er  ben  X^on;  nur  lat^oUfc^e  93if(böfe  bertoalten  bie  S))rengel. 
9Railanb  toirb  lirc^lic^er  aRittel))unft  be^  9leid^d. 

2)ie  SlMierung  Stot^rid  (615),  toelc^er  gefährliche  ^erjöge  rüdftc^tdlod  beläm))fte  unb  86 
fein  Sieid^  abrunbete  unb  befeftigte,  ift  befonberd  burc^  bad  Strafe:  unb  $rtt)atrec^t  um^^ 
faffenbe  unb  an  SteDe  bed  alten  ungefc^riebenen  }um  erftenmal  gefc^riebened  Sled^^t  fe^enbe 
Edictum  Rothari  (643)  au^egeic^net,  toelc^ed,  obtoobl  bon  barbarifd^^er  $orm,  bocb  ^u^^ 
monen  ®etft  berrät  unb  ben  Slrmen  @c^u(  gegen  bie  ^öc^tigen  getoä^e.  ^^m  gefeilten 
fk^  fpdter  nod^i  menf^lic^ere  ®efe^e  ju.  ^acb  langer  3^^^n0  nämlicb  gelangte  Stut:  40 
pronb  (712 — 744),  ein  Siater  bed  Solid,  ein  Orbner  bed  dieicb^  auf  ben  X^ron.  ^n  fei- 
nen in  lafyAüfta  ^olt^erfammlungen  feftgefteUten  ®efe|en  linbert  er  bie  Sflaberei,  toenbet 
fic^  gegen  ^bnifc^e  ®ebräuc^e  unb  cbriftlic^e  üJlt^röuc^e,  gegen  bor^eitige  Slblegung  bed 
ittoftergelübbed,  gegen  ben  Sn^^i^^^f  u.  a.  m.  @te  fmb  bon  ©ereqtigteit^efü^l  burd^- 
bntngen  tmb  benaten  einen  ^ortfc^ritt  gegen  frühere  Barbarei  Seine  ^ömmigfeit  be-  46 
!unbet  fi<^  in  bem  Sau  }a^lreicberjtirc^en,  ber  Übcrf übrung  ber®ebetne  bed  ^l.9luguftinud 
noc^  ^ßobui  unb  in  feiner  ^oc^ad^^tung  bor  bem  ^a))ft.  Sein  ))olitijcbed  S^d  toax  bie 
Stni^  3^^*^*  ^^  ®egenfat(  jtoifcpen  Sangobarben  unb  Stömern  in  9ieligton,  Sitte 
unb  &ptaiift  tbar  burc^  bod  kmgobarbifc^e  Stecbt^^  unb  ^eerloefen  unb  bie  ©laubend- 
otetc^^  bereite  übertbunben.  3)er  äußere  äludbrudf  biefer  Serfc^meljung  follte  ein  einiget  6i> 
Italien  fein.  ^Diefem  Streben  traten  bie  $ä)>fte  ^inbemb  entgegen.  £iut))ranb,  obtoo^l 
in  bem  Jttrd^ftrett  ®regord  II.  (715—731)  mit  B^pj  auf  bed  $a))fted  Seite,  bebro^t 
me^rmate  Slom,  übertb&ltigt  auc^  bie  bom  ^a)>fte  aufgebe^ten  ^er^öge  bon  Benebent  unb 
Stwleto,  )ie^t  aber,  ebenfo  toie  unter  ©regor  III.  (731—741),  toel^^er  bereite  Harl  ^arteO 
ald  Sunbcdgenoffen  )u  getoinnen  berfuc^te,  befänfttgt  toteber  bon  9tom  ab.  ^er  poM\(i)  66 
getaMUibte  .^oc^riod  erlangt  bon  bem  frommen  Itönig  ^rieben  (743)  unb  9{üdfgabe  bon 
gtpei  Drittetlen  feiner  Sroberungen  unb  bon  beffen  ^jtadS^folger,  bem  tapferen,  aber  ben 
Stürmen  ba  3^  «ic^*  getoadj^fenen  unb  römerfrcunblidS^en  Slatd^i«  bon  griaul  (744—749) 
bte  Aufgabe  ber  Belagerung  bon  Perugia.  Sein  friegerifc^ed  Bolf  nötigt  biefen  ba^er 
jurZl^nentfagung  unb  jum  3Rön^leben  unb  erfe^t  i^n  burd^^  feinen  ta)>feren  unb  leiben-  co 

99aU9M€^tlopnU  fflr  Z^coCogie  unb  fiirc^c.  8.  0.  XI.  18 


274  Sangoborbett  Sangitet 

fc^iaftlic^cn  Srubcr  ätftulf  (749—756).  S)iefcr,  bcn  ?ßlan  bcr  ®ried^ent>enretbung  imb 
Siei^^runbung  toieber  aufnel^^menb,  bebtest  9ftom  unb  bricht  naä)  lutjer  3^^  ^^^  ^ 
Bttpf}an  II.  ab0cf(^loffenen  ^cben.  '^n  feiner  9lot  getpinnt  ber  tl^atfräftigc  @tet>^n. 
ben  e^^anfenlönig  $t))))m  in  ))erj5nli(^er  3ufantmenlunft  al$  Sunbe^enoffen.    ^>^  )toci 

5  ^Ibgügen  (754  unb  756)  übertptnbet  ber  ftegreic^e  Jlönig  $aiit)t{itabt  lutb  ^enfc^  unb 
}tDtn9t  il^n  ju  Tribut  unb  Xteueib,  jur  äluäieferung  cined  Xdfö  feiner  @<^e,  Dor  ollem 
}ur  ^erau^gobe  bed  S^or^atö  9tat)enna,  ber  älemilia  unb  $enta))oIid  unb  ^ur  9)öumung 
ber  noc^i  niqt  überlieferten  Orte,  todd)t,  bem  $a))ft  überlaffen,  ben  Jleint  fetner  tod&^m 
§errf(IS>aft  bitten. 

10  SJem  auf  ber  S^gb  untgelomntenen  äiftulf  folgte  DeftberiuS  (756—774),  todäfct  um 
feiner  Jtrönung  tuiUen  anfangt  bem  ^a))ft  unb  bem  ^onfentönig  gefügig  tDor.  SEBo^renb 
mei^^rfad^en  ^arteitoec^fete  im  SSerJ^öItni^  }u  bem  erfteren,  bei  h)el(|em  er  au(ij;€te|)^III. 
(768—772)  }um  a))oftoItfc^en  @tu^l  t)er^alf,  ^otte  er  feine  5tönigdma(^t  befeßigt,  feinen 
@ol^n  ä(bel(^id  }um  äJtitregenten  angenommen,  in  Senebent  feinen  @(^i^erfol^  ob 

16  $er}og  eingefe|t,  @))o[eto  toieber  abhängig  gemacht  unb  burc^  äserm&^Iun^  feiner  ^X&dfixx 
mit  bem  ^ranfenlönig  Jlarl  unter  heftigem  9Biberf))ru(^  Bttpfym^  unb  mit  bem  Sotonis 
l^^erjog  Xafftlo  einen  Slücf^alt  im  Sterben  unb  Sßeften  getoonnen  unb  feine  Xu^ftdj^ten  auf 
bte  ^errjdS^aft  über  Italien  günftiger  geftaltet  Unertoartet  trat  ein  UmUimtng  ein.  itorl 
fd^ieb  fxd)  bon  feiner  langobarbif^en  ®emal^lin.    ^eftberiu^  nal^m  aud  9tac^  bie  flüchtige 

30  ^milie  feinet  Sruberd  ^arlmann  in  feinen  @(^u(.  $a^ft  ^abrian,  anftott  noc^  2)eftbes 
nud'  Sßunfd^!  il^m  bei}uftel(ien,  fd^^lug  fu^  toegen  neuer  ^nbfeugleiten  unb  in  bem  Streben 
nac^  einem  unabhängigen  toeltlidS^en  Sfteici^e  auf  bie  @ette  ^rtö  unb  bat  i^n  bnngenb  um 
$ilfe.  3)ie  Vorgänge  aud  ber  ^üt  $i))^in$  toieberl^olten  fu^.  5tarl  unteriiHirf  2)e{tbenud, 
beffen  X^ron  burc^  SSerrat  unb  $a^  bermutli^  erfc^üttert  toar  unb  berbonnte  i^n  unb 

25  feine  ^amtlie  in  ba^  Softer.  Xai  f elbftftönbige  Sangobarbenreic^  ^örte  auf ;  ed  fiel  an 
ba^  fränÜfc^e  ^errfc^er^au^.  Jtarl  nannte  ft$  ,,itönig  ber  ganten  unb  Songoborbcn^ 
3)ie  bem  ^ßat>ft  übertoiefenen  ©ebiete  verblieben  il^m.  BpoUio  unb  Senebent  ober  finb 
nun  Sigentum  Itarl^.  3)ie  langobarbifc^en  $Iäne  einer  ^errfd^  über  9lom  unb  ben 
$au))tteil  ^talien^  ftnb  nunme^  jur  9(udfül(irung  gelangt,  aber  hwcif  einen  fränlifd^ 

so  ^erm.  Dem  dieic^  berblieb  jtoar  ein  Schein  bon  @elbftftänbigteit  unb  ^eimifc^em  Sied^; 
balb  aber  tourben  fräntifc^e  @inrici^tungen,  toie  Se^n^  tmb  ^eertbefen  unb  SSernxiItung 
burd^  fränüfclie  ®ro^e  eingefül^rt.  SRipräuc^e,  toie  9(udfaugung  beS  Sollet  burd^  Seomte 
tourben  abgeftedt,  aber  auc^i  bem  ®ottedftaatigeban!en  ilarl^  gemä^  ba$  9(nfe^  ber  9i< 
fd^ofe  unb  ba^  Vermögen  ber  ^irc^en  erl(|ö^t. 

86  SHIerbingd  mugte  5tarl  junäd^ft  @m)}örungen  einiger  ^erjöge,  toie  i^^obgaubd  t>on  %fAcad 
unb  älrid^i^'  bon  Senebent,  bed  @d^toiegerfol^n$  bon  Defiberiud,  ben  er  )ur  UntertDorfung 
unter  bemütigenben  93ebingungen  }n>ang,  unterbrüdfen.  92i(^t  geringere  5täm^fe  ^fotte  RaM 
@ol^n  $it)1)in,  @tattbalter  ^talien^  mit  bem  Xitel  eined  ilönigd  ber  Sangoborben,  mit 
älrid^id'  @ol^n  unb  Scac^folger  ©rimoalb  ju  beftel^cn;  aber  bertrag^emä^  mugte  btefec 

40  nad^  $t))))ind  2^ob  fin  Jldnig  Seml^arb  Sribut  jaulen.  Seft&nbige  SllbfaIIdber|u(^e  unb 
beftänbtged  Streben  nac^  Unabl^ängtgteit  bon  ben  Raulen  toaren  Senebent  m  btefem 
3eitraum  eigen.  Durc^  "i^ertrag  mit  bem  Jtaifer  9(ice))^oru$  erlangte  Aarl  enblid^  bte 
l(ncr!ennung  feiner  langobarbifd^en  Sefi^ungen  burd^!  93^2^1^)- 

Die  heiteren  Sd^tdfale  bed  1Rä6^  unter  jtönigen  au^  bem  Itarolinger^fe,  tine  bte 

46  bc«  §crjogtum^  Sencbent,  toeldj^e«  840  in  bie  ^^ürftentümer  SSenebent,  ©alemo,  3ltolfid 

unb  6a;pua  verfiel,  unb  bie  bon  @))olet,  beffen  genüge  äBibo  unb  Sambert  fic^  )u  5töntgen 

bon  Italien  unb  891  burc^  $a))ft  ^ormofu^  ju  Jtaifem  honen  liefen,  aber  ber  Jtrieg^ 

getoalt  ^atfer  9(mulfd  toeid^en  mußten,  liegen  jenfeit^  ber  ©renjen  unferer  Xufgobe. 

Die  @rlcbntffe  feinet  ^olfe^  unb  beffen  @agenf(^a(  ^at  bor^ugdtbeife  $aulud  S)ta$ 

60  lonu^  ber  Slad^^toelt  in  feiner  nac^  ber  Untertoerfung  feinet  SSaterlanbed  mit  SQox^ 
SBal^r^eit^liebe  unb  äBärme  berfagten,  aber  leiber  nur  bid  gum  Xobe  Siut))ranbd  (744) 
reic^enben  ©efc^ic^te  ber  Sangobarben  überliefert.  ^.  ^tl«* 

Sanguet,  $ubcrt,  geft.  1581.  —  Ouellcn  unb  ßittcratuf  über  ß.:  6ei«e 
Briefe,  Don  benen  brei  unten  gu  befprec^enbe  ©amnilungen  gebrucft  borliegen,  unb  feine 
65  ®d)riften,  bercn  Sitcl  unb  Snl^alt  unten  bcf protzen  tocrbcn.  ©obonn  ^MHbert  belafftate, 
Vita  H.  L.,  cd.  Tob.  Pct,  Ludoviciis,  Hai.  1700;  ^.  S^eorcuil,  Hubert  Langaet,  II.  edit, 
¥ari«  1856;  Xrcitfc^fe,  Hub.  Langueti  Vindiciae  contra  tyrannos,  ficipjig  1846;  3[.  Qlafel, 
^.  Sanguet.  ZI  h  ^redlau  1872;  Odf.  Sc^olg,  ^ubert  ^Üanguet  ald  furffi^rtf^^r  tBericIlt- 
erftatter  unb  QJcfanbtcr  in  grantreidj  1500-1572,   ^aOc  1875.   —  9lu8fü^rlit&e  Äa<ftTl(^tni 


Saitgitet  275 

über  2,  finbcn  fic^  au4  in  ®i(Iet,  Srato  üon  (Erafft^cim  unb  feine  ffreunbe,  1.  u.  2.  gfranf« 
fürt  1860. 

^ubert  £.,  geboren  1518  ju  $tteau£  beiälutun  in  SSurgunb,  toax  ein  au^ejetc^ineter 
(nmtefUmttfdj^er  ^t^düntat  unb  einer  ber  geiftoollften  ^ublijiften  bed  16.  ^a^r^unbert^. 
6ein  Soter,  @mnotn,  ein  nic^it  unbermögenber  Seamter  (bie  SRutter  l(|ie^  ^eane  3)^bo^o),  5 
fydU  bem  begabten  So^ne  eine  treffliche  Srjie^ung  geben  laffen.  Unter  feinen  Seigrem  n>irb 
befonbetd  old  ^umonifl  unb  Slrjt  glcid^bebeutenb  ^ereQu^  Saftilionenftd  genannt.  @r 
ertDeche  ta>o^I  fq^on  in  bem  ilnaben  ben  @inn  für  bie  !RaturU)iffenf(|iaften,  bon  n^elc^em 
fic^  fpoter  Iriele  Spuren  in  feinen  Briefen  ftnben.  Um  bie  Steckte  ju  ftubieren,  bejog  S. 
bie  UitiMrfü&t  $oitietd,  unb  n>ie  grünblic^  er  biefer  93ef(^äftigung  obgelegen,  babon  legt  10 
i^  feiner  9(b^Kntblungen  rüJ^ntlidS^ed  3^U9"^^  ^'  ^cmSBunf^e  feinet  SSaterd,  in  feinem 
Soterlonbe  bie  einfache  unb  el^enboDe  ^^ötigleit  eine^  äSeamten  aufzufüllen,  bermoc^ite 
$ubect  nic^t  )u  entf))rec^;  fein  lebhafter  @inn  toar  nic^t  für  ein  ru^tged  @tillleben  ge^ 
f^Kiffen;  bebmfc^t  bon  einem  unenblidS^en  3Btffendburft  (b^eid^^nenb  ift  feine  äu^erung 
Polchnun  et  dulce  est,  scire  ea,  quae  all!  Ignorant),  ftubierte  er  X^eologie,  ts 
®ef(^tc^te, Slotur^  unb Staatdtoiffenfc^aft  gletd^!  eifrig:  bie religiöf en ^agen,  toelc^ie  bamatö 
aDe  SBelt  betoegten,  mochten  fd^on  in  feiner  Uniberfttötd^eit  getoaltig  an  fein  Dl)x  ge^ 
fc^togen  ^aben ;  tnit  toa^rem  ^ei^unger,  belennt  er,  l^abe  er  aUe^  berfc^ilungen,  toa^  i^m 
bon  tl^(ogif(^  Sitteratur  unter  bie  $änbe  gelommen  fei,  o^ne  bag  feine  @eele  bon 
i^fren  Qto^dn  (befonberd  über  bie  älbet&ma^tele^re)  befreit  tourbe.  SBann  er  gum  $ro$  20 
teßanttdimid  dffentlid^  fic^  betannte,  ift  nic^t  gu  beftimmen,  toie  über^au))t  bie  Qi^xono» 
bgte  fetner  ^uigenbjla^re  eine  giemli^  unfic^ere  ift.  @ine  gewaltige  Steifeluft  trieb  i^n 
aud  feinem  Soterlanbe;  fein  glü^enber  äBunfc^,  bie  )Berü^mtJ[|eiten  ber  SQelt  tennen 
)u  fernen,  i^  Urteil,  il^re  9(nfi^ten  ut  erfahren,  ift  grünblid^!  in  Erfüllung  gegangen; 
benn  taum  giebt  ed  einen  berühmten  iRamen  in  jener  ^üt,  mit  meieren  er  nic^t  in  ^er«  25 
btnbung  gefknben  ifL  @r  befuc^te  ^taliend  Uniberfttäten  $abua  unb  Soloana,  toar  auc^ 
eine  3^  ^%  <^^  $of^  ^^  ^^ogin  Stenata  in  ^errara  (um  1545)  unb  lernte  SSenebig 
unb  ^(xmien  tennen.  3Reland^t^on$  Loci  theologici,  bie  il^m  ein  Deutfc^er  in  Italien 
gab,  brachen  eine  entfc^benbe  3Benbung  in  feinem  Seben  ^erbor;  ni(^t  nur  feinen 
3tDeife(n  mochten  fie  ein  @nbe,  fonbem  regten  in  i^m  ben  begreiflichen  3Bunfc|i  an,  ben  90 
fcUenen  SRonn  )>ei^nlic^  fennen  m  lernen,  ^m  ^a^re  1549  begcib  er  fid^  nac^  SBitten^^ 
beig,  too  er  bon  ÜJtelanc^t^on  aufd  3u^(>rf<'^nt^Mi^  aufgenommen  tourbe;  biefer  tou^te 
miäjt,  foBte  er  me^  Songuetd  Sefc^eiben^eit  fd^^ä^en  ober  feinen  e^renl(iaften  Sl^arafter, 
ben  bie  frembe  Sitte  unb  bad  3Banberleben  nic^t  |^abe  berberben  fönnen ;  er  belounberte 
fein  feinet,  Kuged  bon  Seibenfc^ft  unb  Sefted^lid^Ieit  freiet  Urteil ;  ben  greifen,  biel  am  36 
mfoc^tenen  Sbmn  ergd^e  ed,  ben  frifc^en,  lebendboüen  @c^ilberungen  bed  bielgereiften 
grüni)ofen  mu^dren;  er  toar  ®aft  feined  ^aufe^,  ^ufig  Segleiter  auf  feinen  Steifen,  mit 
bem  SReloncpt^onfc^  ^eunbedfreife  eng  berbunben.  Sanguet  bergalt  bie  Siebe  bed 
Praeeqptor  Oermanie  mit  ber  finblic^iften  Sere^rung,  bie  er  aUejeit  gegen  il^n  ^egte 
unb  bcbmnte,  ouc^  ba  nic|it  bereite,  too  fte  i^m  gum  Stad^^teil  gereichen  mu^te.  ^uxd)  40 
bie  Serfolgungen,  ioelc^  bie  Protestanten  in  ^ranfreid^  )u  erbulben  Ratten,  aud  feinem 
Saterlanbe  bertrieben,  toöl^lte  S.  SBittenberg  für  eine  Steige  bon  ^al^ren  gu  feinem  Stuf:: 
ent^^  Sktod^nTtc^  mad(^te  er  im  Sommer  unb  ^erbft  eine  größere  Steife  unb  lehrte 
för  ben  ffiinter  )u  SReland^t^on  gurüdf.  @o  reifte  er  im  ^al^re  1551  über  Sommern 
noi^  2)an)iß  unb  Sc^toeben,  1553  ging  er  über  Sre^lau  nad^!  äBien,  1555  mit  Sm-  45 
)yfe^lun0dbrtefen  bon  SReland^t^on  berfe^en  gum  gtoeitenmal  nad^!  ^talien  unb  ^anfreic^, 
um  auf  ben  bortigen  Sibliot^elen  ©efc^id^^te  gu  ftubieren.  Über  bie  9üeberlanbe  lehrte  er 
im  ^i  1556  noqi  SSittenberg  gurüd.  ^m  ^a^re  1557  finben  toir  il^n  in  ^innlanb 
tmb  Bö^to^Un,  ioo  ®uftab  SBafa  xl)n  auf^  ^eunblic^fte  empfing ;  bon  bort  eilte  Sanguet 
in  bod  bomol^  fo  out  toie  unbeiannte  Sa))))lanb.  Jteine  feiner  Steifen,  fc^reibt  er  fpöter,  so 
^abe  i^  fo  biel  %fagnügen  gemad^t,  toie  biefe  in  benStorben,  toeil  er  ba  bieled  gefe^en, 
tocA  ifyn  fonß  niemanb  ergö^len  lonnte,  toad  er  auc^  niemanb  geglaubt  ^ätte.  @o  fe^r 
ei  t^  ober  gelüftete,  Unbelcmnted  gu  fe^en,  jo  ging  er  boc^  nic^t  auf  geogra))l(|ifcl^e  ^nU 
bechmgen  axS;  ta>o^l  berglid^^  erben,  toeld^^er  ^efi^ic^te  ftubiere,  o^ne  ®eogra))^ie  )u  fennen, 
einem  SRonne,  ber  bei  Stacht  unb  Stebel  burd^^  ein  frembed  Sanb  reife,  unb  noc^  in  fpäter  55 
3eit  regte  ed  i^  möc^tig  an,  n>enn  er  bon  ^anj  ^rafed  turnen  Seefahrten  ^örte,  unb 
tnfianbig  bittet  er  um  audfü^rlic^e  Stad^rid^^ten  barüber;  aber  ald  ©uftab  äBafa  i^m  ben 
9ox\dfiaq  madfU,  eine  @|))ebition  ju  leiten,  toeld^^e  bie  norböftlid^e  ^urd^fa^rt  auffud^^en 
foOte,  ba  k^te  er  «entfc^ieben  ab :  fein  Streben  ge^e  ba^in,  bie  cibtlifterten  Sänber  ju 
bmlttHmbem.    (Rtiaoi^,  ein  Stann,  ber  fo  au^ef))rodS!ened  ^lent  )um  ^i))lomaten  ^atte,  go 

18* 


r?4 

'tnn&t  TÄ  TicöL  Jims:  :isi  ^deser   les  5i2!3eiB  jrnuiüei,    hob  BL^mifiifiun.  ^  äi 
iissT;^  rificj  M^wtTfSniC:   Ci^nr  s:  iisrzuTiiuü    3ixq  inrnnpr  mm:  sto^  ünog  ans  IRaR  je^ 


S'vrrTäfti  Jvin«ra^  z-mt  IVS:  Xiavr  jofi  ^jsSvcbl  mf  sne  Jken  laä  rjaxuet  nC  JM^ 
i/r/klerrKr.  i:t?.  -^la  ztvr  iir:  ucs  S»crs  jvoesist.    liuiuu.  mc  iimqnr^  Scäräc  ^s  nie 
in^^KVt.  VI  'S,  TftB3  i^sc^'vx  rsL  5jneuü»e:  1:»::?  miä  n  Bnr»'wf!,f  ans  snfi  M 
J37.:zt  'V-'-  s*:?:  sutiss     cSteiic  LVXiVxr'   tsbl  Srsäoxi    ms  3ist  jgiDBt  \ 
\/L^*xi.   /,^K^.   Max   TSbz   'S,   itc  Jtxmnsi.   ^eissiehea^   yr.niftiir    iii£ 
.;  f4u£  ;iLirr<i.    £•:   c  JÜ7J2&  1^   rrlsrr   32x2   itsn:  ftatmininfc  T.iniPiirf  St 

vr^f  SosCindccT  sc:  3:.:r>ni^  les  iu"l:'i5agr  ^c^  3int  Satm  tsahtlm  BMibca, 

^  33Z  i^  ^.J3v^  ^.'reS    :ctr  Stjcc^sz    yrirnr   sie   ^  vnnrar   sisüniLznxSx  S^cntoi 

£3Z  i(!.i?34:^c^<e::.{SL     .:.rr.;a?i   xcCzi  fccr   ;*>£  sctue  r..ff.»..Ti&£  Sacie  iml^  bot  Uau 

:r  r:^f<3:  c  z^  :S7^  M:^^.    £fcs  irret:    '-rmn^.   ^  zcr  <r  2<r  ^k^wxc  SRom, 

y,  ev^  '-:Cf  <  Zy^.  ZiS^^'llxz :  r:  :c:{r  J^c  rc  ^2  ^Laäntes  ^ia|janE  m^pagm  imb 
r;  '-eS?  cr:^:;^^!:  lrLr«ür«  ='z:  £z:2K=:  rcct<£:  jüILmi  runr.  :er  ök  v  j»<citcU€tc8c« 
lr.trr4<^  r^*^.  rdv  e^  'i:c  sfr^i-'T^-—.^^  läfc  xcr.  res  dia  Setoi  tic  pitocrs 
I.;^,riK:  i^-cr^v,  ;:;:  c^clzsi,  sn:  :«s^  5i=^  S«a  ite  fcSÄe  Sazaxme  für  fciiie 
/:<''<f'r:*-«»r-C'K:  uns  I:r^  i:i.    $:n  ?ir«EÄc  l->5&  6»  ;es  Scbbkc  15»>5  finb  bic 

%  >r:*^e  zr.  i'iztz-v:^^,  ztr^Ziz,  zczi  icrt  rs  beeide«  jft'^jwr  ^BB  itsraEften  Xu^iiß  uns 
rr.'^uCcc:;  trir^  ^i^  '^*srjt  3bafiz<si  zczs:  usZ  vcrvääs,  km,  lixtfg  mn  mib  rii^; 
rr.u  ui;{iT::^<tr^fr  Zdvjilij/tn:  itlssi  a  älKfrilfic:  rcn  sväcucaS&Kii  in  kme  ^önbe; 
a;;4  I-::^n:'d<  iU-jii:^Utun  nn£<n  xtetei  t€R  cdis^äa  ittc  Stelle :  bd  aQcr  9<{^^cihais 
E^,:  :n  .^jr^n  n*^  cn  cm  zmcTMi  Xcn  fccnkbd  8<i^citMä  o^  ihki^gfi  gefallen. 

V,  /tri:4  ^u^  ^*-<  Unanr.i£r!nluf:fh:m  einer  «cUben  SrcQinu;  bor  er  cmrfiaibcn.  „Sa  an 
rnffii  hKtt^im  jqch  Ufc«t  ittll"  —  'dreih  er  —  «nniB  kine  i^eibenNbaftcn  mäßigen, 
c-v^  if^dlirnxen  c^dluden  un£  mit  aller  fcrficfrt  Ie^m  Streit  i>ameibeiL''  5teib  unb 
^i'}mvii  '^t/kvxi  '{bn  rrjoaxaiz^oA  axi\  un;ät(i^exnale  tridexMen  vA  he  JUagen  über 
f'itiinct,  cenn  Eei  erntm  Tr^ebolt   Den  2*/}  Ibcian   sni§te   a   tocU   einen  b^eutenben 

y,  ^«[  leinee  )oauxlutm  üibti  ;uie^.  l^cm  Aurtürnen  trurte  er  an  bte  Mrfc^^en^ 
/>crt  ^*^&,\di\  hall  in  er  in  iHori^,  balt  in  £^ten,  fSrog,  ^onffuxt,  Arln,  ben  9Kebe^ 
lancm,  unt  je  nae^  tdnem  älufentbolt  fdQt  bas  ubeiiriegenbe  9tebr  feiner  Mitteilungen 
Q\ri  J^cufüit^ten  au3  cen  franicnYc6en  :Heü^irne£  unb  Sürgerbiegen  ober  oud  ben  dürfen- 
feit  /en,  Mer  au6  ttn  iL' erfoant langen  bes  5laifer9  mit  ben  bcbmiKben  Stönben  oba  ben 

Vi  nucfnbncifdm  Untufien,  ^^n  Xeuti6(anb  lelbft  nabm  a  regen  9nteil  an  ben  bamoligen 
tird  m);r.Uttic^en  3treittgfeiten.  äUe  ^eunb  'üJlelombtbone  trat  er  ber  immer  miß  \täi 
'^/Ueno  mad^mcen  (tren.:;  (uthertid^en  ^l^artei  entgegen ;  ben  ^ober  ber  Siberlogen  tief  be^ 
flaqenc,  bietet  er  6n  t)eri(f>iecenen  (Gelegenheiten  oQee  auf,  bte  $aneien  vi  Mfö^en,  fo 
beim  /^urumtag  in  J^aumburg  l'/;i ;  ebenio  fucbte  er  als  l'midmpfa  bed  ^rotefUmtidmud 

iL  ru  änatennun^  cer  fran;^oftf(^en  ;!pugenotten  a(9  ©laubenebrüber  auf  bem  ^yürftentage  in 
i^anfiurt  ir,f;j  butc^iujeftcn,  freiüd»  ebne  (rrfolg. 

(Se  tanii  nic^t  unfae  älufgabe  fein,  ^anguet  auf  aQen  feinen  Jtreu)«  imb  Cuerj&gen 
^u  begleiten;  h)ir  \:jzbaK  ba^  niic^tiafte  ^ert7or.  SSom  äJtai  bid  September  1560  blieb  er 
tn  '\\ai\^,  bann  reifte  er  i^urüd  naq  Xeutfc^lanb   unb   befuc^ite  unta  anberem  axä)  bad 

U)  t)em)aifte  ^JUtttenbag.  tötnen  ^itntrag  3)tDrbeifend,  eine  ^rofefjur  in  3Bittenberg  anju« 
nei;men,  Iel;nte  er  ah,  tpie   er  früher   einen  äf^nlid^en   bei  Cttbeinridj;  in  ^eibelberg  aud« 

Sie|4|lagen  l^atte.  !iüalb  joUte  it^anguet  nac^  ^anfreid^!  jurüct ;  bte  religiöfe  Setoegung  be< 
lanbee,  bae  im  iikgriffe  rpar,  fic^  ^um  Sürgerfriege  anjufdS^icfen,  erfoAerten  einen  juber» 
läjfigen  unb  fc^arfen  i?kobad;ter. 
u  (Snbe  ""Max  UM  ging  er  naii  ^antreicb,  bie  Se^tel^ungen  ber  beutfd^  ^Jürflen  ju 
ben  fran;(bfi{d;en  ^{itoteftanten  fefter  i^u  fnüpfen,  ^ugleicp  aber  auc^,  um  bie  ^intereffen  M 
turfürftüd^en  .^ofcd  gegenüber  ben  iierfucben  ^u  bertreten,  meiere  bie  @mefKner  machten, 
;^antret4i  i^u  getoinnen.  !:lktm  ^Heligtonegefpröc^  in  '^oiff^  1561  h)ar  er  )ugegen;  ber 
auebreAenbe  Steligionetrieg  uertrteb  i^n  aber  au^  $arid  unb  ^anfeeic^;  am  11.  guli 
«0  1562  ift  er  in  ätntmer))en ;  ba^ij^^  ^^^^  u"^  ^i^  folgenben  ^0(^1^  bergingen  mit  b^b* 


Sangnet  277 

motifc^en  Steifen  nad^  ^anlreid^  unb  jurüd  nai)  Sad^fen;  1565  erl^telt  er  aU  ä^nx^ 
fÜrfUidj^ec  ©efonbter  bie  toid^ttge  äJtifjton,  ben  franjöftfd^en  ^önig  Staxl  IX.  babon  ahm^ 
galten,  mit  Dem  „dtävbtt"  ©rumbaq  in  SSetbinbung  gu  treten ;  etS  gelang  i^m  aud^^,  aber 
toon  Sachen  iDurbe  bietS  nic^t  aUgureid^  belol^nt,  bon  ©rumbac^  (Senoffen  nie  bergeffen. 
SHe  Selagerung  toon  ®ot^  (^^rül^ioi^r  1567)  mad^^te  Sanguet  aud^  mit,  nad^  ^anfreid^  6 
brnite  er  inbed  nid^t  me^  mrüdf,  ba  berjtDeite  Steltgion^Sfrieg  angebrochen  toot,  unb 
mit  Sbi^o^e  ber  htrgen  ^eben^aufe  (^Körg  bid  äluguft  1578),  toelc^e  er  in  $ari$ 
iitbrac^te,  mu^en  i^m  Sie  beutfd^en  @täbte  Strasburg,  ^anffurt,  @))eier,  SRainj,  ®a^U 
freimbfd^ft  bieten.  9[n  ®efd^äften  fel^Ite  etS  \l)m  aud^  bamal^  ni^lt:  auf  bem  Sletc^tage 
in  6|>eier  1568  fül^rte  er  bie  Unteri^nblungen  toegen  ber  Jtrieg^Ioftenentfd^äbigung  im  lo 
got^fd^  Jtriege ;  boneben  beforgte  er  bie  ® efd^äfte  bieler  anberer  $er|onen ;  babei  ift  er 
fo  in  Slnj^nu^  genommen,  ba^  er  aufruft:  0  i^r  oDgu  ©lüdflid^en,  bie  i^r  eud^  beÖagt, 
luDiel  3Ru|e  }u  l^en !  ÜRik^tet  ü^  biefe  5tlage  rec^t  lange  fortfe^en  lönnen.  (^ie  ä(ngabe 
Zrettfdj^led,  b<t|  Sanguet  1570  old  fäd^fifd^er  9(6georbneter  ben  ^eben^unter^nblungen 
in  Stettin  angetoo^t,  ftimmt  mit  Sanguet^  Sriefen  gar  nid^t.)  15 

3m  Sbtgufl  1570  i)aüt  ^anlreid;  burd^  ben  ^^en  bon  @t.  ®ermain  feine  Stulpe 
getoonnen,  unb  Sanguet  belam  bon  bem  Jturfürflen  ben  9(uftrag,  im  SSerein  mit  ben 
(Sefanbten  anberer  )yrote|iantif(^er  ^rften  ^eutfd^lanbd  bem  ^nig  Aarl  IX.  bagu  unb 
)ur  Scrmfi^Iung  mit  (Sltfabet^,  Xod^ter  ÜRa^imiliand  II.,  ®lüi  }u  tbünfc^en,  ^egember 
1570.  Sanguet,  am  beften  bertraut  mit  ber  frangöftfd^en  @))rad^e,  toar  ber  @^rec^er;  mit  30 
Mm  %eimut  ioied  er  barauf  ^in,  ioad  in  bielen  anberen  Sänbem  möglid^  fet,  ba^  beibe 
itimfef^nen  frieblic^  nebeneinanber  leben,  fei  aud^  in  e^^anlreic^  burd^mfü^en  (bie  9tebe 
fte^  M^moires  d'E8tatl576,  I,  82-~38).  3)ie  9(nth)ort  barauf  gab  bie  Sart^olomäu^« 
nad^t  Xud  feiner  eigenen  ^er  ^aben  tbir  über  jene  fd^redtlid^^e  ^üt,  bie  ^anfreid^  um 
feine  Ael|ien  äRdnner  brad^te,  leine  9Iad^rid^t  (bom  26.  9[uguft  1571  h\»  @nbe  9Iobember  26 
1572  festen  bie  Sriefe),  eine  unerfej^bare  Südfe.  !Rur  ein  furjed  @mt)fe^(ungdfd^reiben  an 
9BaIjtiü|6am  für  einen  talentboDen  jungen  ^anjofen,  ioelc^en  er  1569  auf  ber  ^anl^ 
^er  9ceffe  totnen  gelernt  unb  in  $arid  tbenige  ^age  gubor  Solign^  borgefteQt  ^atte, 
3>u|)Iefft«*3JtomaV,  ift  erl^ten  (Calendar  of  State  Papers.  Foreign.  1572—1573). 

Snbem  er  feine  Sigenfd^ft  ald  (Sefanbter  unb  feine  ^erfönlic^e  Selanntfd^aft  mitao 
bielen  (Sro|en  geltenb  mad^te,  gelang  ed  il^,  auc^  feinen  ^au^toirt  unb  ^^nb  SBed^el 
(ber  t^m  bafftr  bie  Slu^abe  ber  ®efd^ic^te  ber  SSanbalen  bon  Jtran^,  ^anffurt  1575, 
toibmete),  }u  retten.  Silber  er  felbft  lief  ®efa^r,  bom  ^öbel  ermorbet  ju  toerben,  unb 
^atte  fein  Sdben  nur  ber  ener^ifd^en  SSertbenbung  bed  Hanglerd  SJlorbimer^  ju  banlen. 
?|ene  f(^erCid^en  Xoge  finb  me  me^r  au$  Sanguet^  ©ebäc^tni^  gefc^tounben ;  fein  SSater^  35 
lanb,  in  bem  folc^e  SKenfc^en  lebten,  ja  bie  oberfte  ©etbalt  l^atten,  tbar  i^m  feitbem 
tmbeirtoartig;  er  berlie^  ed  bon  bort  an,  DItober  1572,  unb  i{l  nur  einmal,  !un  bor 
feinem  Zobe,  ba^n  }urüdEgete^ri  9(u(^  bie  ))roteftantifc^en  j^rften  3)eutfc^lanbd  bitten 
tocnig  me^  flhp  i^  ©lauben^brüber  in  ^anfreid^  )u  hoffen;  Sanguetd  ^ätigleit  in 
$arid  taxir  bomit  etgentlid^  überflüffig.  9(m  7.  3)e}ember  1572  (bon  Sredben  au^)  bat  40 
er  fdbft,  man  mdd^te  il^  nac^  Sien  ober  SSenebig  fenben.  ^ie  9(ngriffe  ber  dürfen  auf 
Stalten  unb  Ungarn,  beren  getbaltigften  itoax  bie  Seefd^Iad^t  bon  £e))anto  (1571)  ge» 
broc^  ^otte,  bie  aber  bo<^  immer  bro^ten,  boten  ^^tereffe  genug  jur  Serid^terftattung. 
SBegen  ber  Sleligiondfragen  entfd^ieb  ftd^  ber  fäd^fifc^e  §o|  für  SBien ;  ber  Äaifer  SKajimilian  II., 
oDmä^Cic^  einer  ©ro^mad^t^oKtil  l(iulbigenb,  tbar  nic^t  me^r  fo  entfc^ieben  ber  ®önner  45 
ber  Steformotion  ibie  früher,  unb  Sanguet  foQte  bie  ^ntereffen  ber  ^roteftanten  bei  tl^m 
l9frtreten,  aber  auc^  über^u))t  bie  au^toärtigen  SSerbältniffe  im  Sluae  behalten.  3)2it  bem 
GdfoapUdft  feiner  Xl^ätigleit  önberte  ftd^  aud^  ba^3KateriaI  feiner  93erid^terftattung.  Öfter:: 
reii^,  Ungarn,  J?olen,  ba^  türlif(^e  Sleic^  treten  in  ben  3Sorbergrunb,  ^anlreid^,  6nglanb 
me^  lurüd.  Som  ÜRärj  1573—1576  blieb  Sanguet  am  laiferlid^en  ^ofe  unb  begleitete  60 
bkfen  mtf  beffen  betfc^ebenen  Steifen  nac^  Sing,  $rag  k.,  na^m  aud^  teil  an  berfd^^iebenen 
Stctc^dtogen  g.  8.  Siegendburg  1576.  3*^  3^^^  befud^te  er  bie  g^anffurter  Dftermeffc; 
^ia  maoftt  er,  ioie  etS  fc^eint,  feine  ©elb«  unb  ^ribatgefc^äfte  ab,  traf  bie  alten  f^eunbe 
unb  {nfit>fte  neue  SSerbinbungen  an;  ^ier  tburben  aucp  bie  Aommunilationdmittel  megen 
ber  bomaU  du^erfl  fd^ioierigen  Sriefbeforgung  au^emad^t.  k 

Son  t)erföttli(^en  (Sriebniffen  melbcn  bie  ©riefe  jener  3^  tbenig;  bon  ÄranB^eitcn 
taxir  Sanguet  oft  l^mgefuc^t,  unb  mel^rmald  brol^te  ber  gebred^lic^e  jför^er  ben  3lnftren- 
gungen  ber  Srbeit  unb  ber  Steifen  ^u  erliegen,  ©inen  ^eunb  getbann  Sanguet  1573  in 
bem  geiflreidj^en  Kebendibürbigen  $l^tli))))  @ibne^,  bem  %\)p\x^  ber  totffenjc^aftltc^  gebtlbeten 
(Sngl&iber  jener  QAt  (geb.  1534,  gefaQen  1586  in  ber  @c^lac^t  bei  3^4>^^"f  Sd^^tbieger^  eo 


278  Sangtiet 

\ol)n  äBalftng^am^,  ^tplontat,  ober  aud^  aU  3)ic^ter  belannt);  er  betrachtete  i^  betna^ 
al^  feinen  @ol(in  unb  fanb  in  feiner  ^eunbfc^aft  einen  @rfa|  für  bie  SSaterfreuben,  bie 
ibnt  ni(^t  beraönnt  tparen,  ba  er  fic^  nie  t)er^eiratete;  bxi  an  feinen  Xclb  ftonb  er  mit 
il^m  im  [ebl^a]pteften  93riefn)e(^fet. 

6  ÜRit  bem  S£obe  ÜRasimilian^  II.  (^eitag  ben  12.  Oltober  1576  in  Slegendbuig) 
toor  bad  ftärffte  Sanb,  bad  fianguet  an  ben  Sßiener  $of  gefeffelt  f^tU,  gelöfl;  in  bem 
jtaifer  l^atte  er  nic^t  blog  ben  Siegenten  l^od^efd^öt^t,  ber  tj^m  ^erföntid^  fe^  getoogen 
toar,  fonbem  auc^i  ben  ^onn  unb  S^riften,  unb  ber  Srief,  in  todd^tm  er  bm  Jan> 
fürften  ben  Xclb  ÜRa^imiliand  melbet,   ift  ein  el^renboQed  unb  rül^renbed  3^flmd  feinet 

10  9(nl(|än9li(i^!eit  (Arcana  [ftej^e  unten]  I,  @.  240).  ÜRit  bem  fäd^ftfc^en  $ofe  felbfl  ^atte 
Sanguet  bamal^  3Ri^l^eQigteiten ;  ber  @turm,  tueld^er  ben  $l(|i[i))t)iiSmud  in  benJlurlanben 
traf,  ftreifte  aud^  xpn;  er  toar  betannt  aU  treuer  ^eunb  SRelanc^tl^on^,  aud^  fyxtit  er 
aud  feinem  Salbinidmu^  nie  einen  $el^t  gemad^t ;  man  toarf  iJ^m  unel^erbietige  %x^ 
rungen  über  ben  t)erftorbenen  ^ifer  bor  unb  ftem))eUe  i^n  enbKc^i  gar  )u  einem  @piime 

16  ^anfreid^d.  @d  tourbe  £anguet  nid^t  allju  fc^ioer,  fic^  bon  biefen  SSerbac^ttoungen  ju 
reinigen,  aber  bitter  bellagte  er  fic^  über  ein  fold^ed  Sene^men  gegen  einen  Scann,  oer 
im  ^tenfte  be^  ilurfürften  alt  unb  grau  getoorben  fei,  er  bat  um  feine  Sntloffimg  unb 
um  bie  @rlaubni$,  in  fein  SSaterlanb,  bai^  im  SlugenblidE  hieben  l^e,  gurüdBelSirai  ya 
bürfen.    3)er  ilurfürft  betbiOigte  gnäbig  ben  erbetenen  älbfc^ieb,  lie^  i^m  aber  feine  w 

20  ^erige  93efolbung  unb  forgte  für  9(u^a^tung  ber  rüdEftdnbigen  ^^orberungen,  1.  gebntor 
1577.  Sanguet  fc^ieb  ol)nc  ©roQ.  bon  Sad^fen,  fe^te  ober  freitbUlia  feine  Jlorreft)onben)en 
fort,  ^m  3Kär)  1577  berlieg  er  $rag  unb  begab  ftc^  über  ^anlfurt,  ioo  er  an  bem 
jtonbent  ber  Sieformierten  teil  na^m,  aud^  mit  Sibne^  gufammentrof,  nadb  jtöln,  um  bem 
ilrieg^fd^au))Ia(  ber  9Ueberlanbe  nä^er  ju  fein.  Oraniend  ftiQed  unb  erfolgretd^ed  X^un  {üg  i^ 

25  an;  ber  33orIäm^fer  für  bürgerliche  unb  religiöfe^eü^eit  toar  xi)m  geiftedbertxxmbt,  fc^on  I^a 
ftanb  er  in  SSerbinbung  mit  i^m,  il^m  lonnte  er  in  manc^  äSegie^ungen  nüü^Rc^  fein, 
unb  barum  blieb  er  fo  jiemlic^  feitbem  in  feiner  Umgebung.  Sinmal  (Januar  1579)  bc^ 
gleitete  er  ben  ^falggrafen  ^ol(iann  Saftmir  nad^  Sonbon  (fölfd^lic^  bel^oi^tet  S^reitfc^b, 
Sanguet  fei  nic^t  bort  getoefen;   bgl.  bagegen  bie  aud  Sonbon  batierten  Sriefe  Arama 

80 1,  773),  unb  ein  anberedmal  (1580)  toar  i^m  bergönnt,  fein  geliebte^  ^onlmc^  toieber 
m  fe^en.  ^ribatgefcbäfte  erforberten  feine  ^ntoefen^eit ;  Oranien  unb  feine  ^ou  (6^ 
lotte  bon  SBourbons3)tont)}enfter)  gaben  xl)m  il^re  Sluftröge  (f.  ®roen  ban  $riitflerer, 
Archives  etc.,  VII,  335).  Um  gegen  aJDle  feinblic^  92ad^fteQungen  geftc^  m  fein, 
fd^lo^  er  [xd)  an  bie  ©efanbtfd^aft  ber  ©eneralftaaten  an,  toelc^e  mit  ^nri^  III.  Sniber, 

söällengon,  unteifl(ianbeln  foQten;  ed  ift  nid^t  unglaublich,  ba^  Sanguet  3^  gefunben, 
aud^  in  biefer  ängeleaenl^eit  feinen  9lat  m  erteilen.  O^ne  Unfall  ging  biefe  Steife  ntd^ 
ab :  bie  @änfte  toarf  um,  unb  bad  Sc^toert  feined  9lebenft^eri^  bertounbete  i^n  an  ber 
rechten  3Bange. 

3)ad  le^te  ^c^x  feinet  Sebend  brad^te  er  in  ben  9lieberlanben  )u,  bxi  )u  feinem  Zobe 

40  tl^ätig  unb  Oranien  unterfiü^enb.  9lm  30.  @e))tember  1581  ftarb  er  in  9[nttba4>cn. 
^u))lefftiS'3)'{oma^  eble  ®attm,  6l(iarlotte  bon  Slrbalefte,  ftanb  an  feinem  Totenbette. 
^n  ber  ^angi^Ianerlird^e  liegt  er  begraben.  @in  reid^ed,  bielbetoegted  Seben  l^otte  ftc^ 
bamit  gefd^lotfen,  aber  ein  nur  annäl(iemb  boQftänbtged  93ilb  bedfelben  )u  geben,  feine 
äBirffamleit  ^u  fd^ilbem,  ift  febr  fc^toer.    Sanguet  toar  tein  SJlann  ber  X^t,  unb   ftc^t« 

46  bare  Erfolge  feinet^  3:^und  laffen  fic^  nic^t  nad^toeifen;  in  bem  bi))lomatifdJKn  ©etorn 
jjener  ^üt  bie^ben  l^eraudgufinben,  toel^e  Sanguet^  geübte  ^anb  eingetooben  ^,  möchte 
fd^toer,  j|a  unmöglich  fein;  aber  glauben  lä^t  ftc^,  ba^  mand^^er  @ntf(^lu^  jener  ®eta>altigen, 
benen  ber  $err  ber  SSöKer  il^re  ©efd^^idte  anbertraut  f^at,  bon  Sanguet  getoedt,  geförbert,  ge« 
^emmt  tourbe.  Sie  leitenbe  ^bee,  toelc^er  er  auf  bem  bomenbollen  $fabe  ber  Si))lomatie  immer» 

60  bar  treu  geblieben,  ift  ber  ©ebanle  ber  religiöfen  unb  bürgerli^en  ^ei^eit,  bie  fic^  unter 
ben  bamaltgen  SSer^ältniffen  gur  93efd^ü|ung  unb  SSerbreitung  bed  $roteftantidmud  ober, 
nad^  feinem  9ludbrudt,  „ber  reinen  Sldiigion''  geftaltete.  @ine  SSereinigung  ber  )m>t 
^irdS^en  gegenüber  ber  gefd^^loffenen  äJtac^t  bed  Jtat^olicidmu^  fuc^te  er  möglic^ftgu  förbem; 
nic^t^  beflagte  er  fd^merjlic^er  ald  bie  Streitigleiten  pifd^^en  ben  Sut^eranem  unb  Stefor* 

66  mierten,  mit  Sefenntnid  unb  Xbat  ftanb  er  auf  ber  Seite  ber  le|teren.  3tit  ben 
tüc^tigften,  lemigften  3Rännem  feiner  ^ext  ftanb  er,  felbft  bon  unangefo^ftener  Sitten« 
reinl(ieit,  ein  el^renfefter  6l(|ara!ter,  in  ben  freunbfd^aftlic^ften  Regierungen;  Su)>leffv^ 
^JRomaV  toibmete  i^m  fein  93ud^  de  yeritate  religionis  Christianae  unb  bmmt 
Sanguet^  Xob  toie  ben  SSerluft  eined  SSater^.   Ser  ©efc^ic^t^fc^reiber  X^uanud  reifte,  m 

60  Sanguet  1579   in  9abens93aben  toar,  bort^in,  auebrücHic^  nur  um  i^n  gu  fe^  unb 


Sangnet  279 

über  mand^  )u  fragen;  auf  feine  SSeranlaffung  fc^rieb  Sanguet  eine  9(bl^anblung  über 
bie  beutfc(le  Steid^orfaffung,  bte  inbed  nie  gebruclt  mürbe;  e^  ift  2h)eifell[faft,  ob  bog 
9ta]iufht))t  no4l  esifttert 

3)ie  Jlorref))onben)  mit   bem  jturfürften  9(uguft   bon  Sad^^fen  (329  Sriefe  bom 
17.  SfloDember  1565  h\&  8.  @ej)tentber  1581)  unb  mit  3Rorbeifen  (111  Sriefe  t)om  3lo^  6 
tKmbtt  1559  bid  )um  Sommer  1565)  ^t  ^ob.  $etr.  Subobicud  l(ierau^egeben  unter  bem 
Zitd:   Arcana  seculi  XYI.   Huberti  Langueti  Epistolae,    Hai.  1669:   leiber  \^l)x 
unhittfc^,  \>oU    fmnentfteHenber  3)rudfe^ter   unb   92adS!läf{tg!eiten.     3)ie  Ort^inalalten, 
bte  SublDig  nic^t  benü|te,  ftnb  im  Slrd^ib  )u  ^redben.     @eine  Sriefe,  au4^  m  lultur:" 
^pütifc^  ^infu^t  nid^t  unintereffant,  toerben  ftet^  eine  gefc^ö^te  Duelle  für  bie  ©ef^ic^te  lo 
ba  bamoligen  3^  bleiben;   nid^t  mit  Unred^t  fagte   ein  S^itQttio^t,  er  fc^eine  Oie  3^- 
hmft  )u  erraten.    Sine  jioeite  Sammlung  bon  Briefen  ift:  Hub.  Langueti  Epistolae 
politicae  et  historicae  ad  Philip.  Sydnaeum,  ^onlfurt  1633  (befte  Stu^abe  Serben 
1646,  eiieinr).  96  Sriefebom  22.  Sljjrit  1573  bi^  28.  Dftober  1580,  toeniger  intereffant  für 
bie  3^i^^>^^&^if[^#  u^  f <>  I^^rreid^er  für  bie  Kenntnis  toon  Sanguet^  S^arafter ;  benn  l)\tt  i6 
lo^  er  feinen  ®ebanlen  unb  Saunen  freien  Sauf ;  S^ge^neuigteiten  toec^feln  ab  mit  Se^ren, 
(Smtol^nungen,  Sc^erjen,  unb  man  traut  bem  emften,  bebäc^tigen  3Ranne  bie  fd^toör« 
mcrif^e,  f oft  eiferfüc^tige  ^ärtlic^Ieit  laum  )u,  mit  toelc^er  er  über  ben  „geliebteften  @o^n'' 
taKic^,  für  feine  ®efunb^t,  felbft  feinen  ^umor  forgt.  —  @ine  britte  Sammlung  Sriefe: 
Hub.  Langueti  epistolae  ad  Joach.  Camerarium,  Patrem  et  filium;  juerft  ^er^ao 
aud0e^eben  t)on  St^toig  Samerariud,  (Srdningen  1646;  108  Sriefe  entl^altenb;   Saq^job 
(Sti)i)t0  unb  gfronlfurt  1685)   fügte  nod^  22  Sriefe  l^injiu,  toeld^e  auc^  in  Arcana  fi^ 
ftnben ;  befonberd  ioid^tig  ift  Srief  15  toegen  Sangueie  Silbung^ang.    Snblid^  Decädes 
treB  epistolarum  Hub.  Langueti,  Jo.  Camerarii  etc.,  bon  3Beber,  ^anlfurt  1702, 
mit  6  l)riefen  Sanguetd,  {iemlicp  unbebeutenb.  —  Sanguet  fc^rieb  eine  lurje  ©efd^ic^te  bed  25 
go^otfd^  Jtrieged:  Historica  descriptio  susceptae  executionis  —  et  captae  urbis 
Gothae  1568,  öftere  aufgelegt;   fte^e  aud^  Senkel,  Historia  Qothana  @.808.    ^\)m 
2U0€f(^riebcn  toirb :  Apologie  ou  defence  du  trös  illustre  Prince  Guillaume  —  gegen 
bie  ^Tof{rit)tion  $^ili))))d  II.,  9lnth)er))en  1581  (f.  auc^  Du  Mont,corps  diplomatique 
Vy  392  sqq.).    ^vbt^  fragt  fu^,   ob  Sanguet  fte  berfa^t  fyd ;   getoö^nlid^   toirb  ^erre  so 
Sot^eQeur,  genannt  beSiUierd,  für  ben  SSerfaffer  angegeben.    3)lotle^,  The  rise  of  the 
dutch  republicy  entfd^eibet  fid^  für  Sanguet,  ®roen  ban  ^rinfterer,  III,  186  sq.  fd^^reibt 
fte  Oranien  felbft  )u,  Sanguet  |abe  fte  n\x]f  begutachtet. 

DoaS  $aut)tta>er{ Sanguet^  ift:  Vindiciae  contra  tyrannos  sive  de  Principis  in 
populum,  Populique  in  Principem,  legitima  potestate  Stephano  Junio  Bruto  85 
Cdta  Auetore,  Sbinburg  (Safel?)  1579,  8^  feitbem  oft  aufgelegt  unb  in  alle  euro= 
pcä^  ©ptad^tn  überfe|t.  3Stt  unter  bem  ^feubon^m  berftanben  fei,  ift  ®egenftanb 
langen  unb  ^^ftigen  Streitet  getoefen.  93e^a,  ^otman,  2)ui)lefft^3Jloma^,  Safatibonu^ 
tmtäm  mit  htt  @^re,  Serfaffer  biefer  ))olittfd^en  @(^rift  }u  fein,  betraut.  9lgri))))a  b^älu^ 
bignä  (Hist.  univ.  T.  2  II.  2)  ^atte  auf  $ub.  Sanguet  ^ingetoiefen,  unb  feit  Sa^led  40 
fipaifftmiiger  unb  umfid^tiger  Unterfud^^ung  ift  biefer  jiemlid^  augemein  al$  SSerfaffer  an^ 
genommen  (poL  bef.  $olen},  ©efc^ic^te  bed  fran)5ftfd^en  Salbini^mu^,  III,  Setlage  6, 
6.  434  ff.).  9Benn  ed  auffollenb  erf(|eint,  ba^  Sanguet  in  feinem  feiner  Sriefe,  ouc^ 
nic^t  in  ben  bertratili(^ften  anSibne^,  irgenb  auf  feinSBerl  auffielt  (benn  bie  bei  $olem 
angefü^e  Stelle  fc^etnt  mir  ftd^  nid^t  barauf  m  be^ie^en),  fo  tft  nid^t  ju  bergeffen,  ba^  45 
H  xämäf  fein  mod^e,  beim  @rfd^einen  eined  fo  gefährlichen  93ud^ed  ben  92amen  in  bod 
btd^teße  Siutlel  ber  Ungetoi^eit  }u  l^üDen.  3)ad  ^uc^  verfällt  in  bier  älb^anblungen, 
bmn  erfie  bie  ^age  aufn)irft:  @tnb  bie  Untertl(ianen  einem  ^rften  ®e^orfam  Wu6tg, 
tDcrni  er  etiDOd  gegen  ©otted  ®ebot  befiehlt?  ober  genauer:  ^ft  im  ftreitigen  ^oue  ®ott 
me^  Ott  bem  gfürften  )u  ge](;ord^en  ?  3)ie  SntfdS^e&ung,  ba^  ®ott  md^  )u  QÜ)oxd^zn  60 
fei,  tanrb  bomit  begrünbet,  ba^  ®ott  afö  Ober^err  ber  @rbe  unb  ber  SSölIer  feine  9{ed^te 
an  bte  i&mge  (Obrigleit)  nur  übertrage,  biefe  nur  feine  @tattl^alter,  SSafallen  feien;  ®ott 
fei  ba  Sefijfer,  bie  %üx\Un  nur  Slegierer  unb  ^irten,  ©otted  SBiüe  alfo  ber  abfolut 
aeltenbe.  •—  2)ie  jtoeite  älb^nblung  toenbet  [xd^  f))e}iell  auf  bad  religiöfe  ©ebiet  unb 
fragt :  Ob  man  einem  ^^ten,  ber  bad  ®efe$  ® otted  beriefe  unb  bte  ftird^e  bertoüfte,  66 
SBiberfUutb  leifkn  bürfe,  tooburd^,  tote  unb  tote  toett  ?  9luc^  l^ier  ift  bte  Slnttoort  ein  ^a, 
Stdigimt  imb  Jtird^  ftnb  bon  ®  Ott  nic^t  einem  einzigen  9lugen))aar  ant)ertraut,  f onbem  bem 
gmt)en  SoS,  unb  bei  bem  93unbe,  toeld^en  ®ott  mit  König  unb  Untertl^anen  fd^tte^t,  ftnb  bie 
oeibcn  lederen  folibarifc^  für  einanber  t)erbinblic^ ;  bie  @ünbe  be^  einen  Xettö  (be^  ^rften) 
toirb  )ur  @<^b  bed  anberen  (Untertl(ianen),  toenn  er  berfelben  nic^t  @tn^alt  t^ut  unb  eo 


280  Sangatt 

SBtberftanb  letftet.  3)te  Organe  btefedSBiberftanbed  ftnb  bte  SSormünbcr,  Sletnräfmtanten  be9 
SSolfed,  bte  Steid^^berfammlungen,  geioä^lte  SDbgeorbnete  u.  f.  \d,,  bie  einzeln  bem  Adntg 
untergeben  ftnb,  al^  ®an)ed  über,  il^m  ftel^en.  SSorfu^t  unb  ÜRa^igung  tft  inbed  hnmet 
an2uem))fe]^Ien,  um  nid^t  oII}u  {d^neD  mit  bem  Sßiberftonb^red^t  borjuge^  —  3Rit  ber 

6  britten  Slb^anbtung,  ber  umfangreic^iften,  ge^t  Songuet  auf  ba$  })oltttf^e  ®ebtet  über: 
ob,  tote  toeit,  toem,  h)te  unb  mit  toelc^  Siedete  etS  erlaiibt  fei,  einem  ben  Staat  untere 
brüdenben  ober  jugrunbe  ric^itenben  ^rften  SBiberftanb  ;iu  leijien?  ÜRan  tcam  \dfm 
au^  bem  t)or^erge^enben  f(||[te|en,  tote  bie  9(nt1oort  auiSfaDen  totrb.  SHe  Sanguet  leiten« 
ben  2[been  ftnb  ungeföi^r  folgenbe:  ^er  Jtdnig  ift  bem  SSoIte  bon  ®ott  gegeben,  bom 

10  SSolIe  aber  eingefe|t,  getoö^lt,  beftätigt,  angenommen,  unb  fo  befte^t  itDx\qta  beibcn  ein 
SSertrag,  fei  e$  au^brüdlic^,  fei  ed  ftiüfd^toeigenb,  haft  beffen  ber  5tdnig  bad  belebte  ®efet 
tft,  bem  ba^  S3o(t,  fo  lange  er  feine  ^fßd^ten  erfüllt,  toie  ®ott  }u  ge^orc^en  fyit  (st* 
füllt  er  aber  feine  $flt(|iten  nid^t  unb  toirb  er  baburd^  )um  X^rannen,  fo  fte^t  ber  ®es 
famt^eit  beS  SSolIetS,  ntc^t  bem  einzelnen,  bad  Sted^t  )u,  \a  ed  ioirb  3ur  $flic^t,  btm^ 

16  feine  Slntoölte  unb  9l4>täfentanten,  bie  Slegierung^enoffen ,  bem  X^amten  entgegen« 
jutreten,  i^n  im  9iotfaIle  ab)ufe|en,  unb  einen  reqtmä^igen  ^(ürßen  )u  toäl^len.  3^ 
beachten  ift  l^^ierbei,  ba^  2anguet  bie  erblid^e  SRonarc^ie  afö  oad  geringere  Übd  bem 
größeren  bet  SBol^tmonar^ie  borjiel^t,  ebenfo,  ba^  man  nid^t  gegen  jeben  dürften,  ber 
einmal  bie  ®efe^  übertreten,  biefe  ^rin}i))ien  in  älntoenbung  bringen  bürfe,  fotibem  bei 

20  ber  @d^h)ad^l^eit  ber  menfd^Iid^en  92atur  fic^  unter  einem  mittelmäßigen  gfürjlen  für  |e^ 
tool^lberaten  galten  bürfe.  3)ie  bierte  ^age:  ob  bie92a(^barfürflen  ben  toon  i^^ren  g^üttlen 
bebrüdFten  Untertbanen  )u  $ilfe  lommen  Dürfen,  bamald  mei^rfad^  ^raltifd^,  ioirb  lur)  be> 
^anbelt  imb  bejal^t. 

@$  ift  unfere  Slufgabe  nid^t,  auf  bie  9lid^tigteit  ber  Sanguetfc^  ^romiffen  unb 

25  Sc^lüffe  ncil^er  eingugel^en,  fonbem  nur  auf  bie  StdSung  l^injutoeifen,  ioelc^e  bie  @d^ 
in  ber  Sitteratur  jener  ^At  einnimmt,  ^ie  Vindiciae  ftnb  bie  reifße  ^^ruc^t  bed  ^ge« 
nottifc^en  Staat^ec^td,  ioeld^etS  fonft  in  Reveille-Matin,  Franoogallia  (toon  ^otmorai), 
bem  $olitiIer,  einen  berebten  Sludbrudf  fanb.  ^ie  ÜRagbeburger  @(^rift  (f.  $olem  III, 
430  ff.)  t)on  lutl^erifd^er  Seite,  bie  Sd^riften  $o)^net$  unb  Suc^an^  toon  Snglano  unb 

80  @c^ottlanb  ^er  fmb  @rgän^ungen  baju.  ®emä^  ben  ^eitt>erl^ltniffen,  ioelc^e  ben  ^ro* 
teftanti^mud  in  ^anfreid^  tmmer  gum  Jhiege  gegen  feine  ^rften  itoangen,  mußten  biefe 
et^ifc^en  unb  ftaat^toiffenfd^aftlid^en  Unterfud^ungen  toeit  mel^  auf  bie  negatitoe  Seite  ber 
?^age,  b.  \),  bie  bed  SQiberftanbed  al$  bie  be^  ®e^orfamd  getrieben  toerben,  unb  ed  iß 
belannt,  toeld^  fd^toere  Sefd^ulbigungen  man  auf  bie  6(^nftfiteller  unb  auf  ben  ^rotefion« 

86  ti^mud  getoölgt  i)at,  atö  toerbe  ber  ^l^rannenmorb  nid^t  blo|  entf d^ulbigt,  fonbem  aerobe^ 
gejjrebigt  unb  b^nftigt.  6«  ift  ri^tig,  mand^e  biefer  ©djriften  ge^en  toeit,  fe|r  toeit 
in  il^ren  rebolutionören  Jtonf equehgen ;  aber  ed  ift  ungered^t,  gu  bergeffen,  ba^  man  l>on 
ber  93artl^olomäu$nac^t  unb  i^rer  blutigen  Baai  toopl  leine  anberen  ^d^te  ertoorten 
burfte;  bie  Jtanjel  toar  ben  $roteftanten  verboten;  fotoie  nad^^er  bie  Siguiften  fyämt  fte 

40  bief elbe  nie  gebraud^^t  unb  enttoei^t  ^ie  treffe  toar  ben  ^roteflanten  no^  gugängßd^ ; 
ba^er  jene  5ßamj)F;lete,  bie  toie  Sranbfadfeln  in  bie  ©elt  gefd^leubert  tourben.  9Den  ©n* 
brudf,  ein  folc^ed  )u  fein,  mac^t  aber  Sanguet^  Sd^rift  nic^t;  bie  älb^nblungen  finb  knel« 
me^r  im  Xone  ber  rul(|igften  Sludeinanberfe^ung  gel^olten,  lü^l,  Ilar  unb  befonnen,  nic^ 
leidet  toirb  eine  ©d^toierigleit  überfe^en  ober  umgangen,  fonbem  offen  beft>ro(^en;  bie 

i6  Setf^iele  ftnb  gleid^mö|ig  aud  ber  l^L  Schrift  toie  au$  ben  Sd^ö^m  be$  ^P^  ^^ 
tum^  unb  ben  bamaligen  Staat^berfaffungm  entnommen;  eine  f))e3ielle  9iüd(fu^t  auf 
^anfreic^  lägt  ftcb  ntd^t  berlennen,  feine  Staat^formen  toerbm  me^rfad^  angefü^  unb 
mand^e  ber  bamalg  lebenben  „3:t^annen",  toie  §einridS>  III. ,  Äat^na  toon  SRebici, 
mod^ten  in  bm  gefd^ilberten  ^erfonm  il^r  tool^Igetroffened  93tlb  erfmnen.    9lu(^  bie  gonje 

60  aiid^tung  be«  Sierfaffer«  ift  nidj^t  bemofratifd^,  fonbem  —  toie  f^ranlreid^  SSerfafjung  — 
ariftofratifd^.  @ntf))red^atb  bem  oben  auf^eftelltm  ®mnt)fa$e  Sanguetd  glaubm  totr:  er 
berfagte  ba^  93ud^,  um  in  eine  bamal^  btel  befprod^me  ^age  illarl^ett  )u  bringen:  bte 
©rl^ebung  feiner  J)roteftantif(^en  ©lauben^brüber  toollte  er  bon  retigiöfm  unb  })olitif(^en 
®mnbfä^en  au$  rec^tfertigm  unb  bm  bamal^  im  Sd^toange  gel^mbm  unb  biel  befolgten 

66  mac^iabeuiftifc^en  ®mnbfä^en  mtgegmtretm.  Samit  ftimmt  ed  auc^,  bag  er  mit  foUen 
3fürften,  toeld^e  feinem  ^rftmibeale  na^e  lamm,  toie  SBil^elm  bon  Dranim,  in  bejier 
gteunbfd^aft  lebm  lonnte,  o^ne  feiner  Überjeugung  untreu  gu  toerbm.  —  95gl.  bie  oud» 
fül^rlid^e  unb  trefflid^e  9lbl(|anblung  bon  $olmj  a.  a.  0.  93b  III,  @.  289  ff.,  über^out^ 
bm  gangm  britten  Sanb. 

60  (S^esbsr  Si^stt  f)  9-  £f^«tfett. 


Saobicta,  Sqttabe 


Sap^iiaiibift^c  SRifftan 


—  MHDsi,  Coric,  cnll,  II,  Flor.  1750,  p.  563  ff.  Son- 
.  öer  tDidjt.  alitirdil.  ßoncilicn  18a6,  @.  XXII  f.  72  ff. 
eltam.Hüitiniäll,  193  ff.;  aadi  Sfoulteä  im  DCA  ©b  I 


SdBbitca,  S^nobe  um  3fi0. 
ftiflt  Mitwtoiur  bei  üiiu*crt,  Die  »ar 
197:  befonlitra  3atiii,  ©(f*.  6efl  neu: 
1880,  15.  928  f, 

Die  aün^anWungen  tiefer  ©ij»obe  be§  pljr^ifd&en  i?.  (OgI.Äc-1, 13.  I5f.  cf.Fragm.  6 
Murat.  64;  apo(  3,  U;  Acta  Joh.  ed.  Bonnet  p.  179  ju  3.  6;  Euseb.  h.  e.  IV, 
26,  3;    Ramaay,  The  citiea    and  blshoprics  ot  Phrygia  I,  Oxf.  1895,  p.  32  ff.) 
finben  fi^  in  ben  ÄonjUienfammtungeit  (lateinilrfien  f.  SBb  X  @.  2,  k.  3,ai,  ögl.  Quini- 
Bextum  can.  2;  f^rif^e  §ff.  bei  R.  Duval,  La  litt,  syriaque  1899,  p.  171;  J.  R. 
Harris,  The  Goapel    of   the  twelve  Apostles  1900,   p.  10)  jhjiftbcn  benen  bcr  an=  10 
tioAeml^en  ©v^o^^  "on  341  (39b  I,  ©.  695  f.)   unb   bcncn   ber  tonftantinopDlitanifttfcn 
fcpti  381.    @ine  tttoai  enge«  Befltcnjung  biefe*  3^"'^'"""*   ^^^^  JWfi'ift  ^urd)  can.  7 
(tmöglit^l,   hjo  jiDift^en  ben  ^iobatianern  unb  Guar  tob  ecimanem  bic  SJfjolinianCT  genannt 
finb  (beren  äöegloffung  in  bev  Jogenannten  iftbotijt^ien  Übtxfe^ung  auffällig,  aber  bodj  er= 
Häi^ar  ift) ;   auc|i   bie  'Btontaniften  ttterben  c.  8  ernannt.    5Die  2^cilne^mer  werben  nidjt  'a 
Tingegeben,    aber  0ratian   fprtc^l   »on  33  ©ift^ijfen  unb  nennt  aU  §aut)tutl)eber  ber  Se= 
((^ui|fe  einen  Sififtof  T^ecboftuö,  ben  man  mit  Steigt  mit  bem  I^bijc^en  öifrfiDf  unb  Sunc= 
mtaner  bei  ^l^iloftorg  im  ^af^ve  363i'64  ober  ©emiarianer,  8i[t^of  Bon  ^^ilabelpljiü,  bei 
epitj^iuS  haer.  73,  2ß   im  3a^re  359  julammcngebraiit   Ijnt  (^a^n  196).    3)ie  Äa= 
nonef  finben  [\4}  neben  benen  Don  ^ncVi^a  unb  @angi:a  au^  im  ät^to)]if<^en  ffiri^enrei^lä:  w 
buc^  (Sunt,  Die  ovcft-^i^nftitutionen  6.246);  bie  Kbi^ngigfeit  einiget  ber  o^oft.  fianoned 
bon  Iaobtcenif(^en  (ebenba  185)   ift  inbe^   bei  Iceitem  nii^t  \a  beutlid)  mie  bie  Scnuf^ung 
ber  legieren  burd)  baS  Quinisextum  bon  692  (can.  7,  29,  28,  30,  46  =  S.  20,  50, 
74,  77,  78).    3)ie  fianoneä  Bon  2.  betreffen  bie  Suftöertiflicfitung  (1  f.),  5!otbebingungen 
unb  grfotbemiffe  beS  gcifllirften  ämteä  (3-6  ef.Uf.  40—44.  54—58),  ba«  Sßcr^ältni«  26 
}u  ^elifem  (6—10.  31—34),  golteStienftlii^e  ^unttionen  (13-28),  inäbejonbere  3:auf' 
Botbetettung  unb  ^^m  in  bn  boiDfletLicden  3ett  (45—52)  unb  baä  Set^atten  Der  6brifl«i= 
Seit  gegenüber  3"ben  unb  Reiben  (29—39).   .^erborjufieben  ift  bie  Grtoätjnung  ton  '^xti' 
t^terumen   (c.  11.  bgl.  §.  Si^eliä  in  3eitfcbr.  f.  b.  neuteft.  gßiff.  I,  1900,  ©.  88)  unb 
iPeriobeuten  (c.  57,  ögl,  ©ingbam,  origines  1,  198 f.;  fi.  ^Wtt,  Äirt^engeit^.  I,  229).  3o 
IIa  fi(^  innex^lb   ber  Steige   gerabeju  Saüebeidolungen  finben  (31  cf,  10,  33  ct.  R.  43 
cf.  22,  auc^  34  ef.  9),   [0  ift  erfidjtüdj,  bafe  eine  3ufammenpenung  ober  ^nbalKangabe 
älterer  Äononc«  botliegt  (Boudinhon  bgt.  Sam^erl  ©.  XXII;  Batiffol,  Studia  patri- 
Btica  1890,  p.  136).    %u^  gfoulleö  pe^t  in  ben  etboltenen  biö  av.]  c.  60  (5(erjei(tinig 
ber  fanonifc^en  ©(^tiften)  nur  einen  Sluäjua,  unter  ainalogieöcrtbeis  auf  Gteäconiud  (Sb  X  b6 
6.4,  37  ff.),  ber  in  feinet  Sammlung  bae  afrilanifcl)c  ©(f)riftenbetäeicf)niä(«b  XS.  108,58) 
fya,  wäfirenb  eä  in  feinem  fiompenbium  fe^lt,  c.  60  erfctteint  jeboc^  ^äufig  mit  bem  bott 
berge^enben  al§  c.  59  jufammengejä^lt.   ©eit  ©vittlet  (flritif^e  Untetfui^ung  beS  fed)gigften 
fiaob.  Ganonä,  Sremen  1777)   ift  feine  utftJtunglidje  3"9t^i'ti9feit  ä""^  'f"**-  ©^""be  6c= 

Eitten  wotben ;   bot^  fallt  gegenübet  bem  (^e^len   bei  33iDn^ftuö  unb   nnberen  baö  Slot;  *o 
mmen   in   bet  älteren  fog,   ifiborildjen  Überfe^ung  f<ttoer  inä  ®etoicf)t  (^aa^en,  ®ef($. 
ber  CueHen  u.  b.  gilt,  beö  can.  fliei^tS  I,  ©.  106),   unb   toenn  iai  S^ttftenOcrjeidmi« 
be*  9ÜS  in  c.  60  mit  bem  beö  gleicjijeitigen  Gltrill  bon  ^^"'f*''*'"  (catech.  IV)  übeteim 
ftimmt,   fo  pellt  man  fic^  entfj^ieben  lu  ber  Vermutung  gebrängt,   bafe  jene«  fpater  fcrt^ 
Aclaffen  hjurbe.  Weit  bie  eigenen  ©t^riftenüerjeic^niffe  fonft  inä  Unrecht  gefegt  Itjären.  55iefc  iß 
gottlaffung  ertläTt  fit^  loenigftenä  (eic^ter  al&  bie  umgelebrle  Slnna^me  (3<t&n  ©■  200  f.) 
einer  festeren  Sintragung.    Eä  War  eine  ungefc^irftc  itermutung  Spittlerä,  anjunefimen, 
man  t)a,bt  ben  Äanon  au^  bem  legten  (85)   apoftol.  Äanon  fupplietl  (a.  a.  D.  40,  84). 
aSill  man   für  ben  Wegfall  ber  Stbofndjbfe,  beren  Unbeliebtheit  im  Orient  feit  ber  ^itte 
iti  3.  3a^runberl«  ja  notorifd;  ift,  not^  nat^  einer  gcfonbetten  Gttlärung  fut^en,  fo  märe  w 
biefe  tveniger  in  '^ot  3,  14  ff.   aB   in   can.  36  ju  finben,  Wo  bic  GngelBerefjrung  »et: 
beten  Wirb.  &.  ^cnneift. 

Sa  ^Inrc  f.  ^laceuö. 

liUlIVlnnbtfl^e  ajiiffipn.  —  Sinei  olur:    P.    HöRström,    IlmlirifniDg    iifwer   de   tili 
Bweriges  krooa  lyrlaade  Lapmaiker,  €loi11|olm  1747;    J.  Vahl,  LHoperoe    og   den    lapske  t>S 
.    Uisaion,  ßDlJenbagen  lä6ti;  £.  Ealler,  äveneka  kyi'kans  mission  i  I^ppmarken  nnder  tri- 
hetfltiden,  Stodtiulm  1896, 


282  So^ianbifiile  äRifftoit 

3)ic  Sctppta  ftrcifen  fett  unbenllid^en  3^^^  i"  ^^  nörWtd^fien  ©egenben  t>cn  !Bor= 
tDegen,  Sc^itoeben, ^nlanb  unb  diu^lanb  umpet.  ^nSlortoegea  begann  man  in  ber  Slttte 
betS  13.  ^aJ^J^unbertö  bad  S^rifientum  unter  bie  2appm  audjubteiten.  Sei  ber  5tolonU 
fierung  t)on  ber  ^tnmarf  (be^  nörbfidj^ften  Steile«  SJortoegeng)  in  ben  legten  Sa^unbertin 

6  be^  Sitittelalterd  tarnen  bie  2apptn  in  eine  lebl^ftere  Serü^rung  mit  ben  Sofien,  unb 
einige  2cCppm  liefen  [\d)  taufen,  ton  ben  äußeren  S^orteilen  gelodt,  bie  fte  bat)on  jogen, 
fte  bel^ielten  aber  im  allgemeinen  il^re  l^eibnif(|en  Sitten.  3laA  Sinfül^rung  ber  Steformo' 
tion  bauerte  ed  noc^  mel^r  ali  ein  ^al(^^unbert,  e^e  mel^  b)irfffame  Snftolten  )um  Zoufm 
ber  ZciUßpm  getroffen  tourben.    3)ie  ^^itiatibe  ba^u  tourbe  ton  (Sril  Srebal  ergriffen,  SBi^ 

10  fc^of  in  Ironb^iem  (1643—1672),  au  beffen  ©ttft  bie  gange  ginmarl  gehörte,  gm  Sfa« 
fang  bed  18.  ^a^rl^unbert^  n)urbe  bie  la)>))länbifc^  ÜRiffion  ton  bem  bänifc^en  Jtönige 
^iebric|iIV.  Iräftig  beförbert.  ®r  ridS^tete  1714  ein  SKiffion^IoIIegium  in  Jto))enl^agen  ein, 
bad  über  bie  la))})lanbifci^e  unb  bie  oftinbtfc^e  ÜRiffwn  Sluffid^t  laben  foOte.  Unter  ben 
SRönnem,  bie  ftcp  ie|t  ber  Ia||)))[önbif(9en  SRiffton  mibmete,  nimmt  ^omod  bon  SBeftai 

16  (geft.  1727)  ben  erften  $Ia^  ein.  t.  SBeften  n)urbe  33orfte^er  einer  Scpule  in  ^onb^em, 
bie  gur  9(ufgabe  l)atU,  la))))länbifclS!e  ÜRiffwnöre  au^gubilben.  @elbft  reifte  t.  SSeften  floftig 
um^er  unb  terlünbete  ben  Sjcippm  ha&  Sbangelium.  ©eine  Slrbeit  tnm  reiche  ^cuiftt, 
unb  mit  Siecht  fü^rt  er  ben  9iamen  ber  ^oftel  ber  Sa))t)en.  ^nid)  b.  SBeßen  eri^telt  bie 
nortoegifc^e  ^ifjion  eine  georbnete  Organisation,  unb  ©eiftlid^e  unb  ©c^ulle^rer  tourben 

20  überau  in  ben  Sa))))be3irlen  berorbnet.  3)ie  icü^pm  toaxm  \elfi  im  allgemeinen  getauft, 
biele  ful^ren  aber  mit  i^rem  9lberglauben  unb  ibren  l^eibnifd^en  ©itten  fort.  ®egen  Snbe 
bed  18.  ^a^r^unbert^  ging  bie  Ia))t)Iänbif(|ie  !Dtiffion  gurütf,  unb  bie  9)egierung  jteigte 
toenig  ^ntereffe  für  fte.  Sin  neue^  ^ntereffe  tourbe  burc^  bie  ^^ätigteit  %tö  ©todßet^ 
(geft  1866)  em)e(It.    @r  toar  ton  1825  an  $aftor  in  ber  nörblic^iften  grinmarl  unb  totb» 

26  mete  ftc^i  mit  biel  @ifer  bem  Unterrid^t  ber  Sa))^en.  3lai)  bem  Seif^iel  ©toiipietl^  fingen 
bie  ©eiftlid^en  allgemein  an,  bie  Ia))))länbif(^e  ©jprac^  gu  lernen.  ©tocEßet^  überfe|te  bod 
neue  Xeftament  in  bie  Ia))t)Iönbif(l^e  Bpxai)^  (1840).  2)er  religiöfe  unb  ftttlid^  S^tß^ 
ber  2aj)j)en  ift  bon  biefer  3^it  an  fe^r  berbeffert  toorben. 

9lu(|i  in  ©d^toeben  ioaren  bieSa))))en  in  ben  le|ten ^^^r^unberten  beg 3KitteIattei^ 

80  in  einige  Serü^ng  mit  bem  S^riftentum  gelommen.  3)ie  Jlönige  (Suflob  I.  unb  ^ 
^ann  III.  fanbten  mel^rere  SRifftonäre  nad^  ber  Saüppmaxt,  aber  ed  tbar  boc^  erfl  itorl  IX, 
ber  ben  ®runb  )u  etner  lirc^lid^en  Organifation  bafelbft  legte.  ®uftab  II.  9lboIf  bolt 
fül^rte  bad  3BerI  feined  Saterd,  unb  unter  feiner  Stegierung  n)urbe  bie  ©fi^tteanifc^  @<^e 
gu  S^d^ele  eingerid^tet  (1631),  fo  genannt  nac^  bem  Sleid^^at  ^o^nn  ©fi^tte,  fodiftt 

86  ber  ©d^ule  eine  größere  ©elbfumme  fcbenite.  ^n  ber  ÜRitte  bed  17.  ^a^^unbertd  ent< 
ftanb  ein  lebhafter  ^üttenbetrieb  in  ber  £a))^marl,  unb  biefer  gab  aud^  ber  SRifftondt^otig« 
leit  einen  neuen  9(uffd^b)ung.  Unter  ©eiftlid^en  in  bem  17.  ^a^rl^unbert  ragen  befonberd 
^o^annetS  ^onä  Xomäug  (geft.  1681)  unb  Olau^  ©tet)^ani  ®raan  (geft.  1690)  ^or. 
Jtarl  XI.,  ber  für  bie  ilolonifation  unb  Kultur  ber  Sa))t)mart  ein  regeS  ^ntereffe  geigte 

40  unb  bon  bem  ©u))erintenbenten  ju  ^emöfanb  ÜRattl^iad  ©teud^iud  häftig  unterfU^t  tourbe, 
errid^tete  mehrere  neue  ®emeinben  unb  berfal^  fte  mit  ©eiftlid^en,  bie  angeben  tourben, 
ftd^  bem  Unterrid^t  ber  äaUßptn  genau  gu  n)ibmen.  9lod^  am  @nbe  bed  17. 3<^unbectd 
^atte  bod^  bad  ^eibentum  tiefe  SBurgeln  an  mehreren  ©teilen,  obgleich  ftd^  bie  Sdfipm 
feit  @nbe  be^  16.  ^al^^r^unbert^  ber  äußeren  Krd^lic^en  ©itte  unb  Drbnung  oDgemetn 

46  unterwarfen,  infolge  ber  ^ättgteit  3:l^omag  b.  äBeftend  in  9lortoeaen  em)adj;te  um  1720 
ein  regere^  ^intereffe  aud^  für  bie  fd^toebifd^en  äaüppcn.  9luf  ben  ^eic^tagen  bimen  oft 
Beratungen  über  bie  la))))länbif(^e  SRiffton  bor.  ^urd^  bie  töniglic^  SSerorbnung  bom 
3.  Oftober  1723  erhielt  biefe  SJirIfamfeit  eine  neue  Organifation.  @d  h)urbe  borgefc^ric* 
ben,  ba^  aUe  (Seiftli^e   in  ber  £ai)))marf  ber  (a))))[änbifd^en  ©^rad^  tunbig  fein  foQten; 

tobei  ieber  $au})tfirc^e  in  ber  £at)t)marl  foQte  eine  @(^ule  errid^tet  Werben;  (c^öifd^eSüd^ 
foQten  auf  öffentlid^e  iloften  gebrudft  Werben;  SSifttationen  foQten  fleißig  gelten  toerben. 
9lm  12.  Siönuar  1739  Würbe  eine  befonbere  Se^örbe  erricbtet,  bie  ^ireftion  über  We 
getftltd^en  unb  Unterrid^tgangelegenl^eiten  ber  2aj)J)marI.  3)er  35ireItion  lag  e^  ob,  na<^ 
Beratung  mit  bem  gcbül^renben  2anbeö^au^)tmann  unb  Äonftftorium,  bie  Seitung  ba  Uü^ 

66  ptfd^en  ^Riffton  gu  l^aben.  ^wcd)  freigebige  Slnfd^Iä^e  be^  9fteid^dtage$  unb  enueme  ©oben 
erhielt  bie  fird^^lid^e  Xl^ätigfeit  in  ber  £a))))marl  etnen  feften  5lonomif(^en  ^runb.  ^e 
©uj)erintenbentengu§emöfanb9?itö©temea(1728— 1744)unbOIoffliöming(1746~-1778) 
förberten  eifrig  biefe  3:^ätigfeit.  SKel^rere  ber  gu  grofeen  ©emeinben  Würben  in  fletnere 
geteilt.  2)ur^  @ti))enbien  Würben  ©tubierenbe  auf  ber  Uniberfttät  gu  U^fala  aufgemuntert, 

60  fu^  ber  Ia))^tf(^en  ©))ra(^e  gu  Wibmen,  unb  um  1740  l)'6xtt  ber®ebrau(^  eined  S)o(metf (^ 


Sa^ianbifdle  9Rtfftott  Lapsi  283 

tDo^renb  bcd  ©otte^bienftetS  auf.  3^  berfelben  ^^it  t)erorbncte  man  meiere  Snifftonäre, 
bte  befonbetd  bamit  beauftragt  tourben,  unt^ergureifcn  unb  bte  Sa))))en  in  t^ren  Käufern 
|u  untemd^ten.  @met  ber  erften  SJliffwnäte  toax  $er  ^öoftröm  (geft.  1784),  ber  ftc^ 
feinet  Su^obe  mit  flrofecm  ®ifet  toibmetc.  5Per  gi^ßfttöm,  H^öftot  inS^cIeCgcft.  1764), 
legte  benSrunb  )u  einer  (a))))i{clS!en  ilitc^enf))rad^e,  inbem  er  unter  anberen  aufSa))))Iänbtfd^  5 
Stotcc^idmuS  (1738),  Jttrc^enl^ianbbud^  unb  ©efangbud^  (1744)  unb  bad  neue  ^eflament 
(1755)  ^^erou^ob.  @c^on  1735  tDurbe  eine  befonbere  @d^uIorbnung  für  bte  S(4)))maidt 
fefigefe^.  3^  ^^^  3^^  tourben  fieben  neue  Sd^ulen  errichtet.  @te  tuurben  ald  boQ^ 
fUtfürige  Internate  georbnet,  too  bie  Schüler,  gen)öl^nli(^  fed^^  an  ber  ^af)l,  auf  öffentlt(|ie 
ftoften  unta^alten  mürben,  ^ie  eifrige  3}iifru>ndt^ätigleit  be^  18.  ^a^l^unbertd  in  ber  lo 
2a(ipipmad  trug  gute  ^d^te  in  einem  er^ö^ten  religiöfen  unb  ftttliclien  3uf^<^nbe  tmb  in 
tDOf^enber  Solf^bilbung.  Unter  ben  ©eiftUc^en,  bie  mö^renb  bed  19.  ^a^r^unbert^  in  ber 
£att>marl  getoirft  l^en,  fxnh  bie  Srtiber  $etrud  Säftabiui^  (geft.  1841)  unb  2ax^  Set)i 
2aftabiud  (geft  1861)  am  meiften  begannt.  2)ie  fieitung  ber  geiftlid^en  Xl^igfeit  in  ber 
2ajpipmad  ging  1835  t)on  ber  ^ireftion  )u  ber  @ffleftafti{eE))ebition  (bem  ilultu^minifterium)  15 
fibcr.  9Ieue  ^eglementd  für  bie  geiftlic^en  unb  Unterric^t^ngelegen^eiten  ber  Sc4)))marl 
finb  aai  14.  Storni  1846  unb  31.  Januar  1896  erfc^ienen.  3)ie  ganje  93ibel  erfc^ien  auf 
Sat)|>Ianbtf(^  1811. 

Sßod  bie  finnifc^en  Zap^tn  betrifft,  gilt  bon  i^nen  in  adem  3BefentIid^en,  ioad 
Don  ben  fc^toebtfc^en  oben  gefagt  toorben  ift.    3)ie  ilemi  Sa))))mart  geleerte  nömlid^  bid  20 
1809  unter  6(^h)eben.    ^er  Sieg  bed  Sl^riftentumd  in  biefer  Sa))))marl  batiert  {t(|i  bon 
ba  eifrigen  3;^gteit  bed  ©abriel  Xuberud  (geft.  1705).    Sefonberd  bei  ben  2(ippta  in 
Snaie  toor  ber  religiöfe  unb  ftttlic^e  3#^i^^  bon  Einfang  betS  18.  ^al^^r^unbertd  an 

j«^  gut 

Unter  ben  S^,^  int  ndrblid^en  9lu^Ianb  fing  in  bem  16.  ^^r^unbert  eine  25 
giriec^fc^tatl^olifd^e  3Riffu>n  an.  Sinige  Jtird^^en  unb  illöfter  iourben  in  biefen  nörblic^en 
®egei^en  oufgefü^,  unb  biete  £a))})en  liefen  fic^  taufen,  ^er  ärd^imanbrit  jteoborit 
unb  ber  V&nö^  XrVfon  toaren  befonbetd  t^ötig,  ba$  Sl^riftentum  ju  berlünben.  9u(^  in 
ben  folgenben  3<^unberten  tourben  mehrere  Jtird^en  unb  ltat>e(Ien  in  ber  rufftfd^en  Sa))))« 
morf  aebout,  tmb  bie  meiften  £a))t)en  nahmen  ben  gried^ifd^-Iatl^olifc^en  (Slauben  an.  ao 
Xbctalaube  unb  Untoiffen^eit  ^errfd^t  aber  no(^  bei  il^nen,  unb  i^r  S^riftentum  befte^t  in 
numd^  Ställen  in  einer  nur  äußeren  93eobad^tung  ber  Zeremonien  ber  ruffifd^^en  Hirc^e. 

(S(0f  Malier. 

Lapsi.  —  Morinns,  de  disdplina  in  administr.  s.  poenit  1651  fol.;  Orsi,  Diss.,  qua 
oetenditiur,  cath.  ecclesiam  tribus  prioribus  saeculis  capitalium  crimiDum  reis  pacem  et  35 
abfioliitionem  neutiquam  denegaflse,  1730;  ^(ee,  ^ie$eid)te  1827;  Routh,  Beliq.  S.  2.  edit. 
T.  rv,  p.2l8q.  115  sq.  255 sq.;  iRitfdjI,  ©ntftet  b.  oltfot^ol.  Äir^c,  1857;  Stei^,  S)a«  rö* 
mif4e  Buftfaframent  1854;  f.  au4  bedf.  ^b^anblnng  in  benga^rbb.  f.  beutfd)eS6eoI.  18631; 
^anf,  ^e  Ougbiddpltn  berlHrc^e  bid  5.  7.3a^r§.  1868;  ^efele,  6;onciIiengef(t)i4te,  2.  9lufl., 
1.  9b,  1873;  bie  Specialarbeiten  über  (St)prtan,  ben  ^Roüattanidmud  unb  Sonattdmud.  40 

3m  toeiteren  ©inne  begriff  bie  alte  Äird^e  feit  bem  3. 3al^rl(|unbert  unter  biefem  3:itel 
folc^  lot^olifc^  Soften,  n)el(^e  in  eine  Xobfünbe  gefallen  toaren  unb  bed^  enttoeber 
bem  Sonne  ober  ber  i^ffentIid(Kn  Su^bi^jiplin  unterlagen ;  im  engeren  @inne  —  unb  ^ier 
allein  ift  bad  9Bort  mm  terminus  technicus  geworben  —  Oerftanb  man  unter  ,,lapsi" 
getaufte  totl^oltfc^  Soften,  unter  Umftänben  aud^  ^ated^umenen,  n)eld^e  in  ber  SSerf olgung  46 
gefallen  toaren  (f.  b.  ä.  „G^^riftenberfolgungen"  93b  III  ©.  823),  fei  e«  burc^  auÄrüdt« 
üdft  öffentlich  Verleugnung  ibred  ©lattben^,  fei  ed  burd^!  älntoenbung  ftttlic^  unftattl^fter 
SRittd,  burdb  bte  fte  ftd^  ber  Sefenntnt^flic^t  entgogen.  ©otoo^I  über  bie  Xl^atfrage  aU 
fibcr  bte  9le(9t^age  unb  ©traf au^mcffung  mar  man  in  berilird^e  felbft  jeittoeife  unftc^cr: 
eiS  Id^  m  in  biefer  ^infu^t  eine  Snttoidtelung  Verfölgen,  bie  in  i^rem  Snbpunfte  nocb  so 
toeit  fiber  bte  3^  3)iotIetiani^  l^tnaudreid^t,  fofem  partielle  SSerfolgungen  au(^  no(^  nacp 
ber  3^  AonfUmtind  (burd^  l^eibnifc^e  ^ac^tj^ober,  aucb  burc^  arianifc^e)  fortbauerten. 
J>odf  ifit  bad  3.  Sal^^unbert  bie  ^üt  ber  brennenben  ^ontrooerfe,  namentlid^  aber  bie 
noi^en  ^cäpct  na^  ber  becianifd^en  unb  Oalerianifd^^en  SSerfolgung. 

SHe  utib^ingte  Selenntnid^fiic^t  ift  in  ben  Soangelien  geboten  unb  ba^  ©erid^t  über  66 
bie  aSerleugner  Oerlünbet  toorben  (Sült  10,  33;  9Wc  8,  38;  £c  9,  26;  12,  9);  auf  fold^e 
blidt  bereit«  bie  edi^ologifc^e  9tcbc  5Kt  24,  9  f.    Rur  ©tanbl^ftigleit  gegenüber  ben 
Setben  ba  äkrfolgung  ermobnen  namentlid^  ber  ^ebräerorief  unb  ber  erfte  93rief  bed  $etru^ ; 
mdf  bie  fieben  (ipoMifpi\\qcn  ©enbfdS^reiben  blidfen  auf  ^rüfung^geiten  ber  ©emeinben 


284  Lapsi 

jurüd,  btc  jum  %dl  burd^  SSejotionen  j^crbetgefü^rt  ftnb  unb  ermaj^nen  gum  gejl^olten 
unb  )ur  9(u^auer.  So(^  toax  bie  äBcItlage  im  1.  ^a^tl^unbert  für  bie  jungen  ©emehtbcn 
nod^  relattb  günftig,  bie  ©efo^r  ber  Verleugnung  unb  betS  Slbfad^  gering.  SlüdfaO  ind 
^[ubentum  ift  aud^  in  ber  älteften  Qüt  toal^rfd^einlid^  feiten  gen>efen  —  am  toentgften  f oDte 

5  man  fic|i  \)m  auf  ben  ^ebräer^:  unb  SJamaba^brief  berufen  — ,  totnn  ouc^  folc^c  5toni9er« 
fionen  6i^  m^  3.  ^a^r^unbert  hinein  bereingelt  nac^itDei^bar  ftnb  unb  ^ie  unb  ba  bun^ 
befonbere  lolale  3uftänbe  in  größerer  ^af}l  beronla^t  tourben  (f.  @))i))^an.  de  pond.  et 
mens.  15.  18  über  9(quUa  unb  3^eobotion,  @era))ion  bei  Euseb.  h.  e.  VI,  12,  1, 
TOart^r.  ^ionii).    aö  bie  Äird^e  in  ba«  trajanifd^e  3ritalter  eintrat,  toufeten  römifc^  Se« 

10  amte,  bie  ftd^  mit  il^r  befaffen  mußten,  ba^  tein  focä^  Sl^rift  fid^  }iDingen  Cajfe,  bot 
l(ieibnifc^en  P))ferbienft  mitgumac^en  ober  eine  @(^mö^ung  6l(|ri{li  au^)uf))rec^en  („quorum 
nihil  posse  cogi  dicuntur,  qui  sunt  revera  Christiani" :  Plinii  ep.  ad  Traj.), 
obgleid^  ba$  bur^  Xraian  fanttionierte  ))oIi)eiIi(^e  SSerfa^ren  gegen  bie  S^rt^en  eine  {loife 
SSerfud^ung  jum  Abfall  bebeutete. 

15  ^ie  d^nftUd^en  älpologeten  feit  ^uftin  lonftatieren  im  allgemeinen,  ba|  bie  Sl^flen 
ftanbl^aft  bleiben,  unb  biefe  @tanb^aftigleit  ^aben  jene  römifd^en  unb  gried^ifd^en  Sitteraten 
bed  2.  ^a^^unbert^  Bezeugt,  toeld^e  benS^riften  fanatifd^e  *Xobe^erad^tung  begto.  $runten 
mit  bem  lobe^mute  t)orh)erfen  (^arc  Slurel,  Sucian,  ßelfu^  u.  a.),  fotoie  jene  ^nifc^ 
9tid^ter,  toeld^e  ftd^  ber  gum  Xobe  brängenben  d^riftlid^en  ÜJlaffen  nid^t  ertpe^ren  tonnten 

20  (Stellen  }.  9.  bei  ^ert.  unb  aud^  bei  ^uftin).  Sine  ÜJlart^riumdfud^t  ertoac^te  tuirRif^ 
jeittoeilig,  an  mannen  Orten  berbunben  mit  ^emonfhationen  unb  rief  ben  3;abel  nüchtern 
gefmnter  6l(irtften  perbor  (f.  epp.  Ignatii,  bef.  ad  Rom. ;  Martyr.  Poly«.  4).  SMe 
ä$ert)flid^tung  jum  ÜJlart^rium  tourbe  oQerfeit^  in  ber  5tird^e  anerlannt  (eine  9htdna^me 
bilben  einzelne  gnoftifd^e  Jlultbereinc,   f.  j.  S.  lertuHian«  ©d^rift  Scorpiace  c.  gnosti- 

26  cos ;  Clem.  Alex.  Strom.  IV,  4,  16,  boc^  nid^t  bie  3Dlarcioniten,  f.  Euseb.  h.  e.  V, 
16  fin.),  aber  fe^r  balb  tourbe  Iontrober§,  too  biefe  ${Iid^t  anfange,  ref^.  ob  bie  ^bxS/t 
bor  unb  in  ber  SSerfoIgung  geftattet  fei.  ^ene  Stid^tung  in  ber  Itird^e,  toddft  bie  altm 
ent^uftaftifd^en  ÜJlagftöbe  geltenb  mad^te  unb  nac^mald  ald  „3Jlontaniften''  ^at  au^d^eiben 
muffen,  beftanb  auf  ber  gorberung,  bafe  ba«  5!Jlartvrium  bon  jebem  Sl^fken  )u  erjireben 

80  fei,  mä^renb  bie  (Gegenpartei,  bie  me^r  unb  me^r  bom  Jtleru«  felbft  unterflü^t  tourbe,  bie 
^ud^t  bor  ber  Verfolgung  gutl^ie^  (f.  XertuD.  de  fuga  in  persec.;  9litfd^i,  @nt{le$.  b. 
altfatl^ol.  Ä.,  2.  »ufl.,  ©.  495  f. ;  bie  ®efd^.  be«  5|Jol^farb,  6^})rian,  ©ion^fiu«  «lej. ; 
biele  Seifjjiele  in  ber  biofletianifd^cn  5?erfolgung).  2)iefe  ftü^te  fid^  feit  bem  (gnbe  beg 
2. 3al(|rl(|unbert«  namentlich  auf  Sit  10,  23,  jene  bor  allem  auf  5IKa^nunpen  be«  ^dHet, 

86  beibe  nal^men  aud^  bie  Xrabition  in  9lnf))rud^.  2)ie  SRontaniften  fairen  tn  ben  ^te^enben 
bereit«  lapsi,  bie  Sßeltlird^e  umgefel^rt  erlannte  feit  bem  älnfang  be«  3.  ^a^l^unbertd 
bie  montanipifdj^en  aRart^rien  ni^t  mel^r  afö  9Jlart^rien  an  (Euseb.  V,  16  fin.,  Cy- 
prian.  De  unitate  eccl.  et  al.  II). 

@ine  Sinftd^t  in  bie  faltifd^^en  3uftänbe  getoäl^ren  inbe«  nur  bie  nid^t  polemifc^  ober 

40  a))ologeti{c^  intereffierten  Schriften  be«  2.  unb  3.  ^ai^rl^unbert«.  @ie  {eigen  un«,  ba^  }u 
allen  Serfolgung^jetten  nic^t  nur  bie  ©efal^r  be«  älbfaU«  eine  gro^e  toar,  fonbem  ba| 
t)iele  toirllidS!  abfielen.  Xrügt  nid^t  alle«,  fo  ift  aud^  bie  relatibe  3^1  ^^  SlbgefoIIenen 
bei  jeber  neuen  Verfolgung  ftet«  toac^fenb  getoefen,  namentlich  toenn  eine  längere  griAen«« 
jeit  unmittelbar  bor^ergeaangen  toar.   ^ür  bie  SEBirlungen  ber  älteften  Verfolgungen  unter 

46  xraian  unb  §abrian  auf  bie  römifd&e  ©emeinbe  ^aben  toir  an  bem  „$irten  be«  ^ermo«" 
eine  unfc^ä^bare  Urfunbe.  3)er  Verfaffer  l^at  biele  Verleugnungen  ju  beßagen,  unb  er 
todfe  bereit«  über  fe^r  t)erfd^iebene  3Wotit)e  ju  berid^ten  (bie  friüole  Vla«t)^emie,  ber  tücRfc^ 
Verrat,  bie  JJeig^cit,  ber  Sleic^tum,  bie  SBcltfreunbJd^aft  unb  ber  toeltlic^e  Seruf,  bie  innere 
Unfid^erl^cit  über  bie  ^flid^t  bc«  Ve!ennen«  u.  f.  to.,   f.  Vis.  I,  4.  II,  2.  3.  III,  6. 

60  Mand.  IV,  1.  Sim.  I,  VI,  2.  VIII,  3.  6.  8.  IX,  19.  21.  26.  28  etc.,  f.  3al^n,  ßirt 
b.  §.331,  338  f.).  SKan  erfennt  aud^,  bafe  äbfatt  bom  ©lauben  felbft  in  ruhigen  Seiten 
um  toeltlid^er  Vorteile  toiHen  nid^t  gefcblt  ^at.  Über  älbfaH  nir  3eit  be«  äntonimi«  ^tu« 
f.  Martyr.  Polyc;  intereffante  SWitteilungen  über  traurige  folgen  ber  SRarc  Sbtrelfc^ 
Verfolgung  f.   bei  Dionys.  Cor.  in  Euseb.  h.  e.  IV,  23,  2 ;  Ep.  Lugdun.  bei  Eu- 

65  seb.,  h.  e.  V,  1  sq.  unb  fonft.  3)ie  ©d^riften  lertullian«  de  fuga  in  persec^,  de 
Corona  u.  a.  bejie^en  fic^  auf  bie  fe))timianifc^e  Verfolgung.  SEBeig  er  au^  nid^t  bon 
bielen  Verleugnungen  ju  erjä^len,  fo  Ragt  er  bod^  über  bte  2Rartt^um«fd^  ber  ^irfc^ 
fügigen  Jllerifer  unb  bie  Seiben«fc^eu  ber  gemeinen  (Sl^riften  („Mussitant  tam  bonam 
et  longam   sibi   pacem  periclitari'^    de  cor.  1).    3!)ie  gelungenen  Verfiu^  gomer 

60  ©emeinben,  burdj^  Veftec^ung  ber  Ve^örben  bie  Verfolgung  abjutoenben  —  Veifud^,  bie 


L^si  285 

ber  ^eofc^be  Stonb  in  ber  ilirc^e  gebilligt  )u  ^aben  fd^eint  —  beurteilt  er  al$  SSerleug« 
mmgen  (de  fuga  11 — 13).  @eit  bem  älnfang  bed  3.  ^^^^^nbevt^  beginnt  bereite  jene 
abf^^id^  3Rep^obe,  nic^t  genehmen  lirdS^lidS^en  ^erfonen  neben  anberen  äiortoürfen  aud^ 
ben  ber  9Ser(eugnung  }u  mooen.  ^n  ben  ^^m  ber  becianifdS^en  93erf olgung  ift  er jtotd^ 
ben  3$ertretem  berfd^i&ener  nrc^ilic^er  @tanbi>untte  faft  fte^enb  geworben  (t)iele  S3eif))ie[e  6 
bei  e^Tlman;  au(^  ber  Sifc^of  Someliu^  fudpte,  freiließ  mit  menig  ©efdS^tc!,  bem  9{ot>atian 
fo  ettooS  omu^gen).  SBie  bedorganifterenb  btefe  33erfolgung  unb  bie  nädS^fte  unter  SSa« 
(erian  getotrn  fyü,  [&^  fu|  namentlich  au2  ben  Sriefen  6V)>^^n^  unb  bed  ale^anbrinifc^en 
9Dion);^  (Euseb.  h.  e.  VI,  41),  fotote  au$  bem  Xrattat  bed  erfteren  de  lapsis  er« 
lennen.  S)ie  3^^  ^^  SSerleugnenben  fyit  ol)nt  ^totx^d  bie  ber  SRärtt^rer  unb  ber  tovA-  lo 
Tvä^  oba  nur  möblierten  ilonfefforen  n>eit  übertroffen.  3lxd}t  onberd  toat  ed  im  ^fang 
ber  biotletianifc^en  äSerfoIgung.  Sie  traf  bie  orientalifd^en  Jtirc^en  bereite  in  einem  gan} 
toertodtlic^ten  3uftanbe  traurigfter  9rt.  Sufebiud  i)at  (h.  e.  YIII,  1)  ben  @(^Ieter,  ben 
er  barüber  beot,  ein  toenig  gelüftet;  bad  toenige  genügt,  um  einen  ungebeuren  älbfaU  }u 
a^dfixt^m  (f.  ouc^  Petr.  Alex.  ep.  de  poenit.).  3)o(^  toöl^e  bie  le|te  Verfolgung  lange  u 
genug,  um  bie  S^fien^ett  einigermaßen  fax  Sefmnung  unb  jum  @nt]^ufia^mu$  jurütf* 
jurufen.  S)ie  le^te  „SSerfolgung^'  unter  emem  bv^antinijc^en  Jlaifer,  ^^i^i^f  toxttt^  aud^ 
noc^,  tote  Soboted  unb  namentlich  Slfteriu^  berid^^ten,  t)erti)üftenb.  ^oc^  tonnten  bie  feigen 
92amenc^riften,  „bumm  getoorbened  @al}'',  balb  toieber  in  bie  ilird^e  »trücfftrömen.  2)ie 
brei  f^fkmottfd^  9le))reffion^erfudj;e  unter  3)eciwS,  SSalerian  unb  ^iotletian  f)atitn  aber  »t 
ntc^t  nur  offeimmbige  SSerleugnungen,  fonbem  auc^  trügerifd^^e  äSorf^i^elungen  )ur  $olge. 
6ett  bfm  ^oÜft^  250  tmterf4iieb  man  terfc^iebene  Klaffen  bon  „lapsi''.  1.  Sacri- 
ficati  unb  2.  Thurüicati,  toeld^e  ben  ®öttem  mirllic^  geot)fert,  re|t).  \>ox  i^ren  93ilbem 
9lauc^ectx>erl  Derbrannt  botten,  3.  Libellatici.  Über  bad  SSerge^en  biefer  ^errfd^^t  ÜRei« 
nun0^k>erf(^teben^ett  (f.  Stigaltiu^  [not.  ad  ep.  30  Cypr.  in  edit.  Oxford,  p.  57J,  t^ell  26 
[L  c.  not.  ad  üb.  de  laps.  p.  133],  SKaranu«  [Vita  Cypr.  §  VI,  p.  L  sq.],  Sitte* 
mimt  [M^UL  T.  III  sur  la  pers^c.  de  D^ce  n.  3,  p.  327],  äJto^^eim  [Oomment. 
de  reb.  Christ  a.  C.  M.  p.  482  sq.],  9lettberg  [SV))rian  @.  362  f.],  ^efele  [Itirc^enles. 
2.  ItafL,  e.  88  f.],  $etet«  [&\fpxxan  ©.  159  f.],  gec^trup  [ß^prian  I,  ©.  66  f.]).  3Rit 
SRod^etm,  Slettberg  unb  f^tru^  ift  anjunel^men,  ba^  unter  libeUatici  lebiglid^  folc^e  so 
S^rißen  )u  berfte^  ftnb,  bie  toon  ber  unter  ber  $anb  bon  ben  Se^orben  gebotenen  ®es 
Ugesi^  ®ebrau(^  machten  unb  ftd^^  für  (Selb,  fei  ed  in  $er{on,  fei  t^,  borftd^tiger,  burd^ 
einen  S)ritten,  einen  libellus  au^ftetten  liefen,  ba^  fte  ft^  bem  faiferlic^en  ©ebot  gefügt 
unb  geo|)fert  Ratten  (f.  namentlich  Cypr.  ep.  55  aud^  ep.  30).  ^^re  Flamen  tourben 
notürlid^  ouc^  in  bie  $rotototte  ber  Sebörben  eingezeichnet,  ja  ed  ift  möglid^,  ba^  mand^^e,  86 
um  i^r  ®etotffen  )u  folbieren,  nid^t  einmal  ben  @d^ein  nahmen,  fonbern  ed  bei  ber  amt* 
lic^  Slegifteierung  betoenben  liefen.  3)oc^  ift  le^tered  nic^t  ftd^er.  3^^  größten  Über* 
rofc^una  pnb  bor  ein  paax  ^a^ren  jioei  libelli  bon  libellatici  mit  ber  Sefd^einigung  ber 
Ortdbepöi^  im  Original  in  äg^))ten  gum  SSorfd^^ein  gefommen,  f.  Sxcb^  i.  b.  Si^ung^b. 
b.  it.  $reu^  aUab.  b.  9Biff.  1893,  30.  @e^t.  unb  äBeffel^  in  b.  93eridS!ten  b.  äBiener  ältab.  40 
1894  l^an.  Serfc^iebene  Unterarten  bon  libellatici  anzunehmen  (^efele  )ä^lt  beren  fünf), 
liegt  lern  0runb  bor,  mag  auc^  9lot  unb  ©etoiflen  nod^  mand^^e  befonbere  Umgebungen 
^^cAwrgebroc^t  ^oben ;  namentlich  ift  ed  nic^t  geboten,  eine  befonbere  Jtlaffe  bon  acta  f acientes 
oba  bon  x^oyo^fV^^^^^  (Petr.  Alex.  1.  c.  can.  5)  gu  ftatuieren;  benn  acta  fa- 
dentes  finb  aKe  libellatici,  fofem  für  fte  ein  ^rotoIoQ  au^eftettt  tourbe;  fofem  fte  bad  45 
$rotoloQ  in  bielen  ^(ötten  gu  unterfdj^reiben  Ratten,  ftnb  fie  x^iQoyQa<pi^aavTeg.  Sliefen 
btc  eigentümlichen  Slca^regeln  ber  bectanifd^^en  ilird^en))o(ttif  bie  Vergebungen  ber  libella- 
tici ^erbor,  fo  entftanb  eine  neue  Jtlaffe  bon  SSerleugnem  burd^^  bad  @bilt  3)iocletiand, 
toddfei  bie  Xudlieferung  ber  d^riftlic^en  ÄuUu^eräte  unb  93üd^er  berlangte :  bie  traditores. 
^fju  ^l  (namentlich  unb  faft  au^fd^^lie^id^  toaren  ed  jtleriter)  toar  eine  fe^r  groge,  so 
unb  man  unterfc^ieb  gtoifc^en  folc^en,  toeld^^e  mirflid^!  bad  äSerlangte  angeliefert,  unb  fold^^en, 
btc  ftott  bed  »erlangten  trügerifc^  äSertlofed  ^in^egeben  Ratten.  2Ba^  für  3)littel  fonft 
noäf  bomoliS  au^efonnen  tourben,  um  ben  @c^etn  bor  Sb^ften  unb  Reiben  }ug(eid(!  ju 
retten,  barüber  belehrt  ber  über  de  poenit.  bed  $etrud  ällq^.  am  beften  (Routh,  Reliq. 
S.  2.  edit  T.  IV,  p.  22  sq.).  @r  toeig  bon  fold^^en  }u  erjö^len,  bie  if;re  l^eibnifd^^en  66 
Gflobcn,  \a  felbfl  ti^re  c^ftlid^^en,  für  ftd^  felbft  an  ben  0))feraltar  gefd^idft  Ratten,  bon 
anberen,  bte  Reiben  für  ©elbfummen  betoogen,  ftd^^  fubftituieren  ju  laffen  unb  unter  an^ 
genimimenem  9tamen  )u  o})fem,  bon  fold^^en,  bie  in  flagranti  ben  93ebörben  @anb  in 
bie  Xugen  ftreuten  unb  nur  fo  traten,  atö  o))ferten  fie,  u.  f.  to.  2Ba^  bie  bid2t))(tnäre 
9e^anb(ung  ber  lapsi  feiten^  ber  Jtirc^e  betrifft,  fo  ftanb  im  2.  ^^(^vljiunbert  feft,  [a  noc^  eo 


286  L^si 

bxi  mx  3ctt  bed  römifd^en  Stfd^of^  JtaDtft,  bag  ber  gut  idololatria  abgefaOene  6^ 
ü6er|au))t  nic^t  mel^r,  tro|  oufrid^tiger  93uge,  in  bte  Jtird^engemetnfdbaft  oufaenomtnen 
toetben  lönne.  SertuIItan^  i^^eftige  ^otemtt  gegen  hai  @bilt  bed  römtfcpen  Sifc^ofi^  (Aen 
bed  itaniftud,  f.  Philosoph.  IX,  12,  p.  458  edit.  Duncker;  ouc^  ^ter  {mb  bieffiorte: 

6  kfywv  näoiv  vn  avrov  ä(pUa&ai  äjuagrlag  nt^t  auf  äße  lobfünben,  fonbem  auf 
bte  ^(etfd^edfünben  ju  bejtei^^en)  betreffe  bet  fixd^ltd^en  93etgebung  ber  moechia  unb  for- 
nicatio  fe^t  übetau  beraub,  ba^  jene  Siegel  in  Seaug  auf  bte  }um  ©ö^enbienft  SCbge« 
foUenen  auc^i  bei  ben  „^f^ttem''  nod^  }u  Siedet  beftel^e  (f.  c.  5  fin.  12  fin.  19  fin. 
22  fin.,  aud^  de  monog.  15).    ÜRiti^m   ift  aud^  ber  Stotfd^Iag  beS  3)tmt^ftu^  6or.  an 

10  bie  ))ontifd^e  ©emetnbe  ju  Slntaftri^  aud  ber  ^üt  SRorc  9(uretö  (Euseb.  h.  a  IV,  23, 6), 
fte  foQe  biejenigen  tpieber  aufnehmen,  tueld^e  bon  irgenb  einem  %aSit  ^urüdKe^en,  auf 
bie  beiben  bort  genannten  SSerge^en  ber  groben  UnftUlidS^feit  unb  bed  ^äretifc^en  ^J[rrtumd 
)u  befc^änten. 

$Die  ^altung,  toeld^e  ber  $irte  bed  ^emtai^  in  ber  ^nd^i^taQt  einnimmt,  fc^t  bie 

16  äUIgemeingtItigteit  bed  eben  aui^ef))ro(^enen  Urteile  ju  beeinträchtigen.  SDa  biefer  rdm^ 
S^rift  um  bad  2!^^^  ^^0  aEen  Sünbem,  au(^  ben  !SerIeugnem,  bie  SRöglic^Ieit  einet 
jtoeiten  Sufee  eröffnet  —  bie  auf  immer  Serloorfenen,  toelc^e  ber  SJerf.  lennt,  juib  CAigs 
lic^  bie  33erfto(ften;  f.  ^al)n  a.  a.  D.  ©.  331,  338  f.  — ,  fo  fd^eint  bie  unnac^fuj^tliije 
Strenge  ber  ilird^e  gegen  bie  älbgefoDenen  eine  Steuerung  gu  fein.    äUIein  biefed  Ur^ 

30  ift  barum  falfd^,  toeil  1.  $erma$  bie  Eröffnung  ber  ÜJlöglic^Ieit  einer  }h>eiten  9u^  bun^ 
eine  au^brüdlic^e,  göttliche  Offenbarung  ad  hoc  begrünbet  unb  toeil  er  2.  bie  ä^ergebung 
bon  feiten  ©otted  bel(|ufd  9(ufna^me  in  bie  ©emeinbe  ber  Snbjeit  aEein  im  äuge  fyd, 
fxd^  ober  mit  ber  t^age  nad^  ber  Krc^lid^en  Slu^fc^lie^ung,  re^.  Siieberaufna^me,  b.  ^.  ber 
5tir(^en3ud^t,  nic^t  befaßt,    ^n  beiben  fünften  ref^räfentiert  er  fomit  einen  on^ifttfd^ 

26  @tanb))unlt,  ber  ftc^  gu  bem  tatl^oUfc^en  ber  ^olgejeit  gan2^bi^))arat  beri^ölt  Sofern  ober 
^ermad  für  bie  SBergebung^mögltc^feit  auf  eine  befonbere  Offenbarung  r^rriert,  geigt  a, 
ba^  bie  Strenge  gegen  bie  SlbgefaJDlenen  aud^!  in  ber  älteften  3^^^  ^^^  "Si^^tl  toor;  bte 
Siegel,  bie  freiließ  )ur  jlonferbierung  ber  ©emeinben  bereiti^  Sludna^men  notto)enbig  machte 
3)ie  toerbenbe  tat^oKfd^  Jtird^e  übernahm  gunäd^ft  in  i^rer  ©efamt^eit  jene  ftrenge  2)ide 

80  giplin,  aber  behielt  toal^dS^einlic^  ben  Steturd  atrf  S^ialoffenbarungen,  fotoie  av^  UA 
Eintreten  ber  SRärt^rer  für  bie  ©efatlenen  (in  ben  ^ärt^rem  \px\^t  Sj^rifiud)  bei;  im 
$rin)i))  traten  ba^  auc^  bie  3Rontaniften,  ja  —  nad^!  ber  9e^au))tung  i^  (Segner  — 
mad^ten  i^e  JQävcipttt  bon  i^m  untereinanber  einen  fräftigen  ©ebraudb.  ^n  ber  groge 
nac^  ber  Se^anblung  ber  älbgefaüenen  ift  ed  gtoifc^en  äBelttird^e  unb  ÜJtontonidmud  nodf 

86  )u  feiner  grunbfä^IidS^en  Itontroberfe  getommen.  ^nbem  bie  ^riefterltrc^  ober  an  ber 
alten  Strenge  gegenüber  ben  ©efoÜenen  guerft  feft^iett,  gugleic^  aber  me^r  unb  me^  bad 
gutünftige  ^eil  für  ben  Singeinen  \)on  feiner  3ugeli;öngl;eit  gu  i^rem  Serbanbe  ob^^ 
mad^te  unb  bie  Prärogative  ©otted,  Sünben  gu  bergeben,  ufur))ierte,  geriet  fte  in  etne 
l^öcMt  fatale  Sage,  bie  notloenbig  gur  Srtoeic^ung  jjener  Strenge  führen  mu^te.     2)er 

40  3tad)la^  begann  bei  eingelnen  ©ru))^en  bon  Xobfünben  unb  gmar  mit  ber  Jlongeffum  einer 
einmaltgen  ©eneralbu^e  nad^  ber  2:aufe  fc^on  im  legten  SSiertel  bed  2.  ^ai^^unbertd  (Stom^f. 
6or.,  1.  c.  SKud  ber  Sc^ft  XertuDian^  de  poenit.  c.  7  sq.  tonnte  man  fc^Iie^en  iooOen, 
bag  bie  äJtöglid^teit  einer  gtoeiten  9u^e  für  aQe  Sünben  bamald  fd^on  beftanb,  oOetn  ber 
Sd^rift  de  pudicit.  ift  ba^  ©egenteil  gu  entnei^men;   bie  ^Ibololatrie  im   ftrengen  Stmt 

46  toar  iebenfaUd  au^gefc^Ioffen).  2)er  $irt  be^  ^ermad  —  ben  man  bereite,  abftcf^tlic^  ober 
unabfic^tlic^,  migbtcftanb  —  \)at  bie  ^ongeffton  betfen  muffen  unb  fo  ift  feine  SUitorität 
in  ber  ftird^ie  berftärlt  toorben.  ItaUift  bel^nte  ben  Stad^^la^  guerft  auf  fämtltc^  groben 
^leifc^e^fünben  au^.  Ser  äJtontanift  XertuQtan  ift  bemgegenüber  borüberge^eitb  felbfi 
älntoolt  ber  in  ber  SSerfolgung  Slbgefaüenen,  unter  Oualen  ^^erleugnenben,  getooi^  (f. 

GO  de  pudic.  22  fin.).  3)te  Vergeltungen  Homicidium  unb  Idololatria  ^tten  no<^  imma 
beftnitiben  älu^fd^lu^  au^  ber  Jtird^e  gur  t^olge;  nur  bad  unumtounbene  Selenntnid  bei 
erneuter  ^nquifttion  unb  ber  ^ärt^rertob  tilgten  auf  Srben  bie  Sc^ulb  (f.  Ep.  Lugd. 
bei  Euseb.  h.  e.  V,  1,  26.  45.  46.  48.  49.  3tux  auf  fold^e  ©efaOene,  toeb^  toä^renb 
ber  SSerfolgung  felbft  nod^  ®elegenl(ieit  Ratten,  il^e  ^Verleugnung  gu  ioiberrufen  unb  ju 

66  belennen,  begießt  ftc^  bte  fürbittenbe  unb  unterftü^enbe  Sorge  ber  gadifd^en  Aonfefforen. 
Sufebiu^  f)at  bied  1.  c.  c.  2  berbecft;  er  fud^^t  bem  Sriefe  B^^S^^ff^  i^  entne^en,  boft 
bie  Jlonfefforen  bie  SBieberaufna^me  beftnttib  © efaHener  betrieben  unb  erreicht  l^ättcn  [§  8], 
aber  bie  bon  il^m  beigebrad^ten  SteQen  reben  babon  ntd^^t).  @^  ift  fein  fu^ered  8«^^ 
betannt  aud  ber  3^  bor  ^eciud,  ba^  bie  ^onfefforen,  benen  bie  SBelttird^e  bod  3Mi/t  }u 

60  litterae  pacis  eingeräumt,  x^p.  gugeftanben  fyii,   biefed  Stecht  auc^  in  Segug  auf  Impsi 


Lapsi  287 

ausgeübt  ^6cn.  XertuQian  beläm))ft  btefe^  Siedet  (de  pudic.  22)  überl^au^t  (anberd  ad 
mart  1),  obglet^  ed  getabe  bem  3Rontantömud  tertDanbt  toax,  fagt  ober  ntc^t,  ba^  bie 
ftonftfforen  ed  oud^  gegenübet  foU^en  ongetDenbet  l^oben,  bie  jum  ©ö^enbtenft  abgefallen 
tooxtn.  ^vbt^m  tft  tool^I  anjune^men,  ba^  biefe  m  man^^en  Kirchen  t>on  biefem  9le(^te 
bo(^  Vorteil  ge||abt  ^en.  6 

^^  man  in  ber  Rtt6^  etft  lurj  bor  ber  3}2ttte  be^  3.  ^[al^rl^unbertö  mit  bem  ftrengen 
Secfa^ren  gegen  bie  9lbgefaIIenen  brac^,  l^at  ol^ne  3^^M  ^ud^  barin  feinen  ©runb,  ba^ 
bie  3^  )t9tf$en  @e))timiud  unb  S)eciud  eine  faft  ununtetbrod^ene  gtiebendjeit  getoefen  ift. 
6oi$  ^e  fid^  jener  ®runbfa$  nid^t  fo  lange  galten  lönnen,  tpö^renb  boc^  felbft  ein 
ZertuDian  )ugrftel^t,  ,,ba^  man  bei  er))re^ter  SSerletignung  bod^  im  S^tt^m  ben  ©lauben  lo 
unbffledb  betoopren  Idnne''.  Übrigen^  i)at  felbft  nt>i^  6^))rian  unb  ein  Zeil  be^  römifc^en 
Abnid  um  250  gefd^hnmlt,  ob  ben  lapsis  bie  SRögltc^Iett  ber  SBieberaufnal^me  ju  eröffnen 
fcL  2)te  ftroigere  Sluffaffung  bertrat  auc^  ^abiu^  \)on  9(ntio(^ien  (f.  Euseb.  h.  e.  IV, 
43.  44).  2)ie9riefe  bed  ole^anbrinifc^en  S)ion^ftu$  jeigen,  toie  tief  bie  alten  rigoriftifc^en 
äbifc^imngen  aud^  nod^  jtoifc^en  250  unb  260  tourjelten  (Euseb.  h.  e.  VI,  42  fin.  i6 
44 — 46).  Sa  einjelne  Sanbeettr^^en  l)abtn  biefelben  noc^  bid  gum  9(nfang  be^  4.  ga^r^ 
^mbectd  für  bie  grj^bften  ^^e  ber  ^bololatrie  betoal^rt,  toie  bie  Jtanone^  1—4,  6  ber 
©^obc  toon  eiöira  (im  Saläre  306)  betoeifen  (f.  §efelc,  6onciliengef4>.,2.aufl.I,©.  151. 
155—158).  3n  ben  Sirenen  )u  ^artl^ago,  9{om,  ällesanbrien,  9(ntiod^ien  ftegte  f^^Iiepd^ 
cme  mtlbere  ^xag&,  ber  in  Sde^anbrien  unb  Jtart^ago  ber  größere  Zeil  ber  Jtonfefforen  ao 
fdbfl  bod  ffiort  rebete;  in  le^terer  @tabt  l^aben  biefe  fogar,  um  il^r  eigenem  älnfe^en  )u 
€c^^,  in  f<^nmmer  SBeife  getoirtfc^aftet  unb  bon  i^rem  ä^ed^te,  litterae  pacis  au^ju^ 
Pdlen,  ben  tDettge^bften  unb  bertoerflid^ften  ®ebraud^  gemad^t.  ^xcc  toie  in  9{om  tourbe 
ber  Jlampf  vm  bie  ©runbfä^e  ber  Jlirc^enjud^t  barum  ein  fo  erbitterter,  toeil  ftd^  l^inter 
t^  ein  Streit  um  $erfonen  unb  um  bie  ßompeten}en  be^  S3ifc^of$,  ber  ^re^b^ter  unb  as 
ber  Jlmtfefforenorifblratie  berfted(te.  ^n  9{om  f^^ieb  fc^lie^ic^  bie  ftrengere  Partei  unter 
ber  gfü^rung  bed  9lot)atian  au^  ber  ©emeinbe  aud.  3^if4^"  ^^^  ^"^  ^^^  f)abm  bie 
Sifcpöfe  bod  3^^^'  un^  Su^erfal^ren  gegenüber  ben  lapsis  au^ebilbet.  ^a^felbe  tourbe 
fn  einem  Eom))ltjierten  Softem,  ba  man  bie  religiöfe  Betrachtung  ber  Jtird^e  unb  ber  ^.^er« 
genügen,  loeld^  bie  9lot)atianer  an  biefem  ^untte  no^!  folgten,  mit  einer  moraliftifc^en,  so 
barum  aud;i  bie  inbibibueDen  SSerfc^ieben^eiten  berücf ftc^tigenben  bertaufc^te  unb,  menigften^ 
anfalle^,  eine  3Ritte  )u  l^ten  fud^te  gtoifd^en  nobatianif^^em  Sligoridmud  unb  jener  Sa^^ 
ffA,  bte  bie  Partei  b«S  ^elicifftmud  in  Karthago  gejeigt  ^atte.  3u^^^f^  mürbe  bon  6^- 
pAan  sujgeftoi^en,  ba^  in  casu  mortis  nac^  abgelegter  @£l^omologefe  bie  SBieberaufna^me 
in  bie  Jtircpe  jebem  getoä^rt  toerben  foQe  (f.  Cypr.  epp.  unb  de  lapsis);  bie  Sel^anblung  86 
ber  übrigen  %äüz  —  borüber  lie^  er  ^  Don  ben  SRömem  belel^ren  —  foHte  nid^t  ©ac^e 
ber  einsdnen  ^robinj,  fonbem  ber  allgemeinen  Kirche  fein.    9luf  ben  @^nobcn  gu  Jtar« 


im  ^aSjU  251  f.   in  Überein 
eine  ^VidfitH^wxit  feftgefteOt  ( 


c 


timmung  mit  ber  römifd^en  ßirc^e  mürbe  niqt  o^ne 
.  namentlid^  ep.  55):  bie  SRöglic^teit,  2Bieberaufnal[fme 
in  bie  Jtirc^  jm  erlangen,  tourbe  allen  lapsis  eröffnet,  aber  unter  fe^r  berfc^iebenen  93e«  4o 
binguiigen.  viid^t  nur  toirb  }toif4!en  sacrificati  unb  libellatici  ein  Unterfd^ieb  gemalt, 
fonbem  au(^  bie  k)erfd^iebenen  Umftänbe,  unter  meldten  fxd)  jemanb  jum  o))fem  ^at  belegen 
(offen,  feilten  berüdEfu^tigt  toerben;  ^iemac^  foU  fotoobl  bie  93u^^eit  ald  bie  ^u^übung 
eine  t>erf(^ebene  fein,  bo$  fc^eint  bie  älu^meffung  berf elben  bamald  noc^  nic^t  fc^ematiftert, 
fonbem  bem  @rmef|en  bed  Sif^^of^  überlaff en  toorben  ^u  fein ;  benjenigen  aber,  mel^^e  erft  46 
auf  bem  Zotenbette  9u^e  }eigen,  foQ  bie  Vergebung  übcr^au))t  ni^t  getoöl^frt  merben ;  ge« 
faOene  SUeriler  foHen  i^er  äBürbe  berluftig  ge^en.  (Über  anbere  S^noben  in  ber  S^^^ 
fcoge  f.  Euseb.  h.  e.  VI.)  ©eit  jener  ^^i  nun  beginnen  bie  $önitentialt>erorbnungen 
wk  i^rer  itafuijtU ;  bie  älteften  unb  mic^tigften  ftnb  ber  liber  de  poenitentia  bed  ^etrud 
ÄUj.  (bie  Seftimmungen  in  ben  App.  Constit.  II,  14,  38—41),  bie  Äanonc«  1—4  ber  60 
Qljflitibt  bon  (&b>\xa  im  3al^re  306,  bie  Äanone«  1—9.  12  ber  ©^nobe  bon  anc^ra  im 
3a^  314,  ba  Jtanon  13  ber  ©^nobe  bon  9(rled  im  ga^re  314,  bie  Jldnoned  10—14 
ber  @l^be  bon  iRicfia  im  ^obre  325  (f.  auc^  Can.  ap.  62  unb  Gregorii  Neocaes. 
ep.  can.).  S>ie  bioQetianifd^e  Sserfolgung  unb  ber  gro^e  SlbfaQ  in  beweiben  betoirlte 
abermatt  eine  {^erabfe^ung  ber  lir^^lic^en  9lnft)rü(^e  an  bie  ©laubigen  (fie^e  aud^  ben  66 
6tait  in  Slom  jtoifd^en  ®ufebiu«  unb  §erafliu«).  S)ie  Äontroterfe  f})i^te  pc^  bie^mal  — 
unb  poax  faft  lebiglid^  in  9lorbafriIa  —  ^u  einem  Kampfe  um  bie  mtlbere  ober  ^örtere 
Se^onUung  ber  aefaUenen  Aleriter  ^u :  ein  Semei^,  ba^  man  bereite  in  biefen  allein  bie 
twObürtigen  6^ri^  erlannte.  93eftimmungen  über  lapsi  fmb  auf  ber  ©^nobe  gu  älrle^ 
(443?)  c  10,  juSlom  im  ^al^re  487  unb  auf  einigen  anberen  nod^  erfolgt  Hbolf  $ar«aff.     eo 


288  Sarbner 

Sorbner^  Slatbaniel,  gcft.  1768.  —  The  works  of  N.  L.  with  a  life  by  Dr.  Eöppb 
10  Vol.  1838;  A.  Gordon  in  Dict.  of  nat.  Biogr.  XXXII  S.  147. 

92atl^cmiel  Sarbner,  ein  geleierter  S)tf[entertieeoto0e,  tDurbe  am  6.  Sunt  1684  )u 
^atpll^urft  in  fient  geboren.    Seine  äSorbtlbung  erl^ieb  er  unter  Dr.  Olbftelb  in  Sonbon 

6  unb  befud^te  hierauf  bic  Unit)erfitäten  Utre^^t  unbSel^ben  1699—1703.  ©t)äterl713— J721 
toax  erSriiieper  bedSol^ned  ber  fiab^  Xreb^,  mit  bem  er  f^onfreid^,  Selgien  unb^oPanb 
bereifte.  Ülad)  Snglanb  jurücfgelel^rt  tooQte  er  fic^  bem  ^rebigerberufe  toibmen,  fanb 
aber  tpenig  Seifall,  ba  fein  äSortrag  ju  nü^^tem  unb  (eblotS  tamr.  ®r  toartete  ^aiftt  bmg 
bergeblic^  auf  einen  iRuf  bon   einer  S)if(entergemeinbe  unb  tourbe  erft  1729   aU  fiilfd* 

10  prebiger  an  einer  Jta))eQe  in  Sonbon  angefteDt,  nac^bem  er  fic^  fd^on  burd^  feine  imffem 
fd^aftli^^en  Seiftungen  einen  92amen  gema^^t  l^atte.  @r  blieb  in  jener  untergeorbneten 
©teQung  bid  1751,  too  il^n  böOige  ^ub^eit  jum  Slüdtritt  nötigte,  fortan  lebte  er  in 
ftiQer  SurüdEgejogenl^eit  gang  feinen  n>iffenfc^aftlic^en  Slrbeiten.  92ur  mit  ®ele^rten  bed 
^n-  unb  äludlanbe^  blieb  er  in  lebhaftem  brieflichen  SSerle^r,  allgemein  geachtet  um  fetner 

16  ©ele^amteit  n>ie  um  feiner  93ieberleit  unb  9lnf))rud^0lofig!eit  tDiSen.  @r  ftorb  in  feinem 
85.  Sebendja^e  ben  8.  3uli  1768. 

Sarbner  ^el  in  bie  ^t\t  ber  S3lüte  bed  S)eidmud  unb  toax  einer  ber  tüc^tigften  Sop 
Iämt)fer  für  bte  äBaJ^rl^eit  ber  geoffenbarten  Sieligion.  Seine  tl^eologifc^e  Slic^tung  tonn 
toie  bie  feinet  ß^^^^ff^'^  Samuel  Slarte  atö  rationaliftifd^er  Su^onoturolidmitd  be> 

ao  geid^net  toerben.  @r  erlennt  beibe^  an,  bie  äSered^tigung  ber  SSemunft,  toie  bie  iRottoenbie* 
teit  ber  Offenbarung.  Jtlar^eit  tmb  (Sinfa^^^eit  fmb  bie  ®rforbemif|e  einer  ^öc^en  unb 
allgemeinen,  bie  Jtenmeic^en  ber  geo^enbarten  unb  toal^en  Sieligion.  2)te  etKutgdtft^ 
Se^re  n>ar  anfänglich  Ilar,  ift  aber  burc^  nu^ofe  S))e{ulationen  t>erbuntelt  toorben,  wA 
mu^  bedl^alb  auf  bie  urf^rüngli^^en  einfa^en  unb  getoiffen  Sßa^l^eiten  gurüdtgefü^  toecben. 

26  ^iefe  finbet  Sarbner  in  ber  neuteftamentlic^en  Sittenlehre  unb  ben  SSerl^eiJ^imgen  bed 
Sol^ned  für  bie  Xugenb.  Sej^ren,  bie  nid^t  tlar  betoiefen  n>erben  lönnen,  toUl  er  offen 
laf[en.  Sarbner  fielet  fomit  im  toefentli^^en  auf  bemfelben  Stanbpunit  toie  Slarle,  toäSf 
renb  aber  biefer  ben  ^ni)oit  ber  Offenbarung  al^  Demunftmä^ig  ju  bemonftrieren  fiu^, 
tooQte  Sarbner  auf  ^iftorifd^^Iritifd^em  SBege  bie  SBa^rl^eit  bed  6|nftentumd  bart^un.  ZM 

80  ift  ber  ©runbgebante  feinet  $aii))tn)erfed  „The  Credibilit^  of  the  Gk)8pel  History^ 
in  17  93änben  1727—1757,  toogu  er  bic  Umriffe  fc^on  in  einer  SBorlefung  über  bie 
®laubn>ürbig!eit  ber  ebangelifd^en  ©efc^i^^te,  bie  er  1723  in  Sonbon  ^ielt,  entn)orfen  fyit 
S)ied  äßerl  fanb  großen  93eifatl  unb  tourbe  ind  ^oQänbif^e,  Sateinifc^  unb  2)eutf(^ 
(t)on  93ra^n   mit  ^orrebe  Don   S.  ®.  Saumgarten)  überfe^t.    @^  ift  ein  bebeuteiü)er 

86  SSerfu^!  einer  l^^iftorif^^^IritifC^en  Einleitung  in  bad  31%,  eine  Slrbeit,  bie  mit  ebenfotnd 
^lei^  unb  ©rünbli^Ieit  al^  Unbefangcnl^eit  unb  Sd^arfftnn  burc^gefü^  ift.  3)ad  SBeti 
gerfmlt  in  jtoei  Seile,  tooju  ein  Su))t)lcment  aU  britter  lommt.  ^n  bem  erften  Xeil 
toerben  bie  im  31%  gelegentlich  em)ä^nten  Xl^atfad^en,  n>eld^e  burc^  Selege  aud  gleich 
^eitigen  Sd^riftfteQem  beftätigt  toerben,  aufge^äl^^lt,   um  )u  jeigen,  ba^  fic^  im  91X  nid^td 

40  finbe,  toad  mit  ber  t)orau^efe^en  3eit  unb  9lbfaf(ung  burcp  bie  ^l.  Sc^riftfte&er  nic^t 
überetnftimmte,  unb  ba^  ba^  ungefuc^te  ^ufammentreffen  unabhängiger  Duellen  für  bte 
(Sc^tl^eit  jener  Schriften  jeuge.  ^n  bem  j^toetten  bei  n>eitem  grölen  SCetl  toerben  bie^eug« 
niffe  ber  Jlir^^enbäter  ber  erften  t)ier  ^al^r^unberte  aufgeführt  unb  forgfoltig  ertoogen, 
babci  bie  Schriften  ber  9!}äter  felbft  einer  genauen  ^ritil  unterworfen,  il^re  Sc^t^  unte^ 

46  fu^^t  unb  bie  3eit  i^rer  älbfaffung  feftgefteUt.  So  merben  ).  93.  bte  a^ofiolif<^en  iton^ 
tutionen  an  bad  @nbe  bed  4.  ^i^^^i^^unbert^  Dertoiefen,  ber  türgeren  Slebottion  ber  igna* 
tianifc^en  93riefe  ber  SSor^ug  gegeben,  für  ben  $ebräerbrief  bie  fonft  überfel^enen  3^^^fi^ 
be^  S^eognoft  unb  SJlet^obiui;^  angefül^rt.  hierauf  folgt  eine  lurje  Überfielt  Der  3W 
niffe  bid  ind  12.  ^a^rl^^unbert.   S)ad  ^rgebnid  biefed  Seilet  ift,  ba^  bad  übereinfttmmenbe 

60  3eugnid  aller  ^i^^^^unberte  unb  Sänber,  ber  frü^e  ©ebrau^!  unb  bie  ^ol^e  ©eltuitg  ber 
neuteftamentli^^en  Sd^riften  für  beren  @c^t^eit  {))rec^e.  äluc^  bie  a)>oIr9i)l^tfc^en  Sc^viften 
f^red^en  bafür,  ba  fte  bie  ^o^e  SBürbe  ber  ^erfon  ßl^rifti  unb  bad  älnfe^  ber  fipe^ 
beren  Flamen  fte  annel^men,  Dorau^fe^cn.  ^er  britte  Seil  ^anbelt  Dom  Staxwn  bei 
3iZ^.    S)iefer  ift  nac^  Sarbner  ntc^t   oft  burc^  bie  S^nobe  Don  Saobicea  abaefc^lo^ 

66tDorben,  fonbem  ftanb  guDor  fc^on  burdf;  ba^  aOgemeine  Urteil  ber  Sofien  feß.  2>ie 
@Dangelien  famt  ber  91®  muffen  Dor  70  p.  C.  abgefaßt  fein,  ba  fid^  in  ü^nen  nic^t  bie 
leifefte  9lnf))ielung  auf  bie  3^^^^^d  ^entfalemd  finbet  3)a  femer  in  ben  (^tfkbt 
leine  audbrücflic^e  Sejiel^^ung  anf  btefeloen  Dorlommt,  fo  müf[en  fte  Der^ältittdmö|ig 
ft>ät  gefc^rieben  toorben   fein,    nac^bem  bad  @Dangelium  fc^on  toeit^in  g^^igt  loar 

60  unb   ein  Sebürfnid    ber  äluf jeic^nung  für  bie  }al^lreic^en  S^riften  ftc^  jeigte.    S)afftr 


Sarbner  £ad  Safad  289 

Itnrui^t  mi^  bet  $roIog  bed  Sufad,  toonai)  ed  bis  bal^in  fein  e^^ted  Slxingelium  gab.  ^te 
SMnÄeltftm  fd^rieben  unobl^ängtg  boneinanber,  unb  ol^ne  anbete  Duellen  ju  ^oben,  ald 
load  ^e  felbft  gefe^  ober  bon  Slugenjeugen  (^el^ört.  3)ad  ^^^^^^^^^^'^0^'^^^^  if^  i^^^ 
cmc  ubetf e|ung  be^  griec^ifd^en  SRattbäud.  —  Sarbnerd  SSorftdIung  über  bte  (Sntftel^ung 
bcr  (Sloangelten  aud  ber  münbli^en  Mitteilung  erinnert  am  meiften  an  ©iefeler^  ^^o-  6 
t^,  obtDoljl  er  ben  ®ebanten  nic^t  toeiter  au^fü^rt.  @r  nimmt  ali  ^üt  ber  Slbfaffung 
f&r  bte  {Vni>)>ttf(^en  @t>angelien  unb  Slpoftelgefd^ic^te  bed  ga^re^  64,  für  ba$  jo^anneifc^e 
bad  3a^r  68  an.  2)ie  f^tefte  Schrift  ift  ti^m  bie  9l)}otal^)}fe,  bie  er  in  ba^  ^a^r  96 
\d(L  Son  ben  3$erfaf[em  ber  neuteftamentüd^enSd^rift  giebt  Sarbner  einen  lur^  Seben^ 
mn^,  imb  ed  mag  l^ier  bemerft  tperben,  ba^  er  Don  ber  in  @ngtanb  beliebten  Slnna^me  lo 
bcr  Steife  bed  9l))oftel^  ^u(u$  nad^  @ngtanb  nid^td  toiffen  miU.  9(n  bad  obige  SBerl 
f(|iie^  ft(^  bie  Streitfcbrift  an  ,,A  Vindication  of  three  of  our  blessed  Salviours 
Mirades  in  answer  to  the  Objections  of  Mr.  Woolstons  üfth  discourse  etc.", 
bie  bfße  unter  ben  jai^trei^^en  ©egenfc^riften.  @ine  anbere  S^^rift  The  Circumstances 
of  the  Jewish  people,  an  argument  for  the  truth  of  the  Christian  religion  16 
1743,  tDorin  bad  ^riftentum  nur  afö  beffere  unb  reinere  ^orm  ber  ätcltgion  bargefteOt 
toiib,  namentlich  aber  bie  9(b^anb(ung  „A  Letter  on  the  Logos",  gefc^rieben  1780, 
ober  eijl  1760  publiziert,  l^at  Sarbner  ben  93orn>urf  be^  Soctniani^mud  jugegogen.  @r 
tritt  mit  biefer  Schrift  gegen  äßl^ifton  auf,  ber  bie  £c^re,  ba^  ber  fiogod  bei  e^riftud  an 
bicSteSe  ber  menfd^Iid^en  @eele  getreten  fei,  toieber  aufgemärmt  f^atte.  @eine  $au))tgrünbe  20 
belegen  ftnb,  boj^  ein  fo  DoQtommener  ©eift  tote  ber  Sogo^  unmögli^!  [x^  fo  erniebrigen 
Smie,  bo^  er  ftc^  felbft  Dergeffe,  feine  SSoQtommenl^eit  abfc^tpäqe.  (Sin  folc^er  ®eift 
tofixbe  bielme^  aOed  SRenf^^Iic^e  Derjel^ren,  tonne  atö  tör})erlic^en  Sc^tvac^l^eiten  untere 
toorfcn  gar  ntc^t  gebac^t  toerben,  S^riftu^  ift  magrer  SRenfc^  unb  nur  Don  ®ott  nacb 
febiem  unerforfd^Iic^en  Siatfd^lu^  jum  SRefftaiS  getoä^lt  unb  mit  befonberen  ®aben  au^  26 
gcrfipet  3lvx  tpenn  er  toal^^rer  uRenfc^  mar,  tann  er  SSorbilb  für  un^  fein,  nur  fo  fann 
feine  Suf ertoeihmg  und  bie  Hoffnung  geben,  ju  gleicher  ^enlic^teit  ut  gelangen.  @inen 
anberen  Segriff  t)on  bem  ÜKeffuid  l^atten  auq^  bie  ^uben  nicbt.  ^ie  SSorfteUung  bon 
einer  untergeorbneten  ®ottl^eit  unb  einem  präe^iftierenben  fiogod  tam  erft  burc^  bie  Reiben« 
d^V^  ^^ilofopl^te  herein.  @d  berftel^t  [\d)  nacb  bem  @efagten  faft  t>on  felbft,  ba^  ber  so 
^  Sktft  nur  bie,  öftere  )}erfonifi}ierte  ^IRad^t,  ®abe  ober  ®nabe  ®otted  be^eic^nct.  —  @o 
reii^te  £arbner  auf  bem  bogmatifd^en  ©ebiete  feinen  ©egnern  faft  bie  $anb,  toäl^renb  er 
fto  feine  £ebendaufgabe  anfol^f,  alle  9(ngriffe  gegen  bie  geoffenbarte  Sleltgion  auf  bem  ^ifto- 
rih^  %dU  )urttd^uf(^tagen.  d.  ec^att  f. 

Sa  9l9d^Ht,  8efenntnt0  tion  f.  9b  VI  @.  230  ff.  35 

£«fnlle^  3.  C.  be  f.  ggnorantind  93b  IX  @.  58  ff. 

iM§  a^ü»,  %xa\)  Sartotomö,  ber  „9[j)ofW  (2Beft>9inbien«",  geft.  1566.  — 
So#  dafa«  fKit,  nad)bem  fein  fieben  fd)on  metjrfad)  bearbeitet  luorben  luar  (italienijd)  oon 
Hidielc  ^io,  Bologna  1618;  franj^öfi^  uon  filorente  ald  (Sinleitunii  gu  ben  Oeuvres  de 
B.  de  las  Cmm,  $arid  1822 ;  ogi.  oud) :  Voyage  k  la  TriDidad  et  au  Veuezuela,  ^arid  40 
1812),  in  ber  neueren  3eit  nod)maid  tDicbert)olt  üöiograpben  gefunben.  1867  Deröffentlid)te 
IC.  ^ip^,  f4on  befannt  burd)  „The  Spanish  conqucst  in  Ameriea'S  eine  ^iograp^ie  unter 
bem  Sitel:  ,,The  life  of  Las  Casas  the  Apoetle  of  the  Indies'*  ('2.  ^ufl.  1868);  1878  ^ab 
Sbon  ^oilod  üutierreA  ^eroud:  „Fray  B.  de  las  Casas,  sus  tiempos  y  su  apostolado'^  *,  enb« 
HA  folgte  1879:  „Vida  del  P.  Fray  B.  de  las  Casas",  uon  ?lntonio  ^Rario  ^abi^,  roelcöe  46 
in  9b  liXX  f.  ber  Coleccion  de  DocumeDtos  iDeditos  mit  einem  9(n^ang  uon  meift  ungebrucften 
ettriftftaden  t^erSffentüciit  roorben  ift  (1879—  1880).  IBgL  IBaumftarf,  ^.  be  lad  (Safad, 
dreibnrg  1879. 

(Bebocen  ab  @ol^n  eine^  ^^anci^co  be  lad  Safa^  (Safau^),  toelc^er  toal^rfc^einlic^  bem 
Sbd  tMm  6ck>iSa  ongel^drte  unb  nicbt  mit  bem  glei^namigen  93egleiter  be^  Sorten  }u  5o 
MUm^febi  i^,  fUibierte  Sartolom^  $umaniora  unb  gura  auf  ben  Unit)erfitäten  @et?tUa 
unb  6alamanca  unb  begleitete  im^^bruar  1502  ben  Somenbabor  §ra^  9itcoIä^  beOt^anbo 
naäf  ^j;iü>vm,  ald  biefer  abgefc^icft  toar,  um  bie  Übergriffe  93obabtUa^  gegen  Golon  ^u 
nntcr^u^  Xcfit  2l<^re  blieb  er  bort,  ba^  repartimiento  bertoaltenb,  Ivelc^e^  feinem 
Softer  ouf  SftKtnoIa  gugefaBen  toar,  bi«  er  1510  in  ben  ^rieftcrftanb  eintrat  ~  er  toar  ss 
ber  crilc,  tDelcper  in  ber  neuen  fficlt  bie  ^riefterhjei^e  erhielt  —  unb  an  bem  2:agc,  wo 
bte  erften  Sominilaner  anlangten,  in  Soncepcion  be  la  Sega  feine  erfte  ^{effe  la^.  Sie 
mcr^drtc  ^dxU  ber  oonquistadores  gegenüber  ben  Eingeborenen  lernte  er  nod^  nol^fer 

nMU9m!$n9pikU  f§K  X^IogU  mb  IHr^e.  8.  V.  xi.  ^9 


290  2a»  Safad 

lennen,  aU  er  1512  einer  @tnlabung  bed  3)te90  SSela^quej  nac^  6uBa  folgte  unb  baim 
9{art>ae)  auf  einer  @£pebition  nad^  Samague^  begleitete  —  fc^on  bier  feigen  mir  t^  eifrig 
bad  älmt  eined  93ef4!ü|et^  ber  ^nbianer  führen.  Um  biefe  9!Birin<^I^'  ^^  f^  QcawA 
2tbtn  auffüllen  foQte,  in  größerem  3Ra^e  üben  ju  tonnen,  befd^lo^  er  in  @banten  fu^ 
5  äSoQmac^ten  )u  erbitten  unb  lel^re  (Snbe  1515  bortl^in  jurüct.  3la(if  bieten  SJlü^en  gelang 
ed  i^m,  eine  im  Flamen  ber  ^errfc^er  erlaffene  ^nftruftion  ju  befommen,  toeU^  i^  be^ 
auftragte,  in  SSerbinbung  mit  ben  ^teron^miten  über  aDem  }u  tpad^en,  „1a>cS  bte  gfreU 
^eit;  bie  gute  Se^anblung,  fotoie  bad  leiblid^e  ober  Seelenheil  ber  ^nbianer  ange^ 
(17.  @e)}tember  1516;    äBortlout  bei  ^abi^,  Vida  etc.   p.  58  sq.)  unb  au^erbem  ben 

10  Xitel  eined  ^^protector  universal  de  todos  los  Indios"  mit  einem  Sal^re^e^alt  bon 
100  ©olb^efod.  älber  Sad  (Sxi\a»  fanb  auf  allen  Seiten  SBiberftanb:  bei  ben  ^ieronl^ 
miten,  bie  fein  Slmt  ate  Eingriff  in  i^re  Sefugniffe  betrad^teten  —  bei  ben  fjHimfii^ 
^erren,  bie  er  bor  ©ertc^t  )u  jiel^en  fu^^te  —  fogar  am  $ofe,  too  einflutetet  9R&mer 
bie  SReinung  bertraten,  bie  ^nbianer  bürfe  man  toie  Xiere  bel^anbeln,  ba  fie  hodf  „beS 

16  ©laubend  nic^t  fällig  feien''.  S)iefer  bielfac^e  SBiberftonb  nötigte  i^n  ^u  me^ad^en  Sldfen 
nac^  @t)anien :  fo  fc^on  im  f olgenben  ga^re,  al^  eben  ber  iunge  Jtönig  Karl  in  SSiSabidofa 
gelanbet  toar.  ®eftü|t  auf  ein  ®uta$ten  ber  Uniberfttät  Salamonca,  tpelc^ed  bieienigen 
für  tobe^toürbige  Jte^er  erllärte,  ioel^^e  ben  ^[nbianern  bie  ^l^igleit  abf^nrec^en  tofirben, 
fic^  )u  belehren,  erlangte  £a^  Safad  93eftätigung  feiner  SSoQmac^ten  unb  lehrte  nac^  Slmerita 

20  ^urüa.  Unermüblic^  ti^ötig  auf  SRifftonen  in  Sumona,  @.  Domingo  —  too  er  1523 
in  ben  Drben  ber  S)ominitaner  eintrat  — ,  in  92icaragua,  in  (Guatemala  unb  an  anberen 
Drten  getoann  er  bad  SSertrauen  ber  ^nbianer  in  fo  l^ol^em  ®rabe,  bag  fie  nid^t  fetten 
freimiQig  auf  fein  SBort  l^tn  [xd)  ju  bem  berftanben,  toai  ©etoalt  feiten^  ber  fiKmtfd^ 
Ferren  bon  ü^ntn  ni^^t  }u  erlangen  bermoc^te.   Ign  ö^nlid^em  ©eifte  unb  mit  @rfolg 

26  toirfoe  er  feit  ben  brei^iger  ^Qi}xtn  in  äRe^ilo.  3)a^  reiche  93i^tum  Sujco  in  $eru,  toelc^ 
Jtarl  V.  i|^m  anbot,  f d^lug  er  aud,  bad  ärmfte,  S^ia))a,  nal^m  er  an,  otö  er  bad  70.  Scben^ 
jal^r  errei^^t  l^atte.  ^ei  feiner  fünften  Steife  nac^  @i)anien  l^atte  er  eine  SuOe  ^(ktub  IIL, 
ioel^^e  bie  ^nbianer  für  Slnnaj^me  bed  @laubend  föl^fig  erHärte  unb  im  ^inblict  borauf 
berbot,  fte  ju  Sllaben  ju  mad^en  ober  ^u  berauben,   überfe^t  unb  bra^^te  fte  mit   Xuf 

80  biefe  ^uQe  berief  er  ftc^  nun  aU  @rgän)ung  ber  belannten  Sülle  äde^anberd  VI.  über 
bie  Verteilung  ber  neuen  SBelt.  3)a  aber  feine  3Ra^nal[fmen,  bie  er,  tpenn  erforberlu^, 
burc^  bie  ftrengften  Krc^lid^en  Senfuren,  burd^  Sntjiel^ung  bon  Saframent  unb  9(bfolution, 
ftü^te,  gar  ju  tief  in  bie  SSerl^öltniffe,  n>ie  bie  conquistadores  fie  gebilbet  Ratten,  eim 
fc^nitten,  fo  n>udbd  ber  SBiberftanb  gegen  i^n  nur  immer  mel^r.    Obtool^I  am  ftHmtfi!^ 

86^ofe,  auc^  bomjtaifer  fclbft,  l^oc^  gefc^ö^t,  jtoang  i^n  boc^  bie  SSerleumbung  feiner  ^nbe, 
fein  93i^tum  aufzugeben  unb  1507  jum  fiebentenmal  na4|  @uro^  }u  reifen  unb,  vm  fUb 
gegen  bie  fc^ioerften  SSerbäc^tigungen,  auc^  feiner  So^alitöt,  m  berteibigen.  3)ted  gef(^ 
öffentlich  in  SSallabolib,  bomel;mlic^  gegen  ben  g^lel^en  ^iftoriograp^  @e)mlbd)a,  mit 
folc^em  ßrfolgc,  bafe  burc^  ben  lönigli^en  9lat  unb  ben  bon  3**^^  ^^  3)ru(f  bon  ©e* 

40  j)ulbebad  abfq^eulid^er  @d^rift  De  iustis  belli  causis  in  Spanien  berboten  tourbe.  Sie 
erfd^ien  jebo^  in  9lom.  @egen  fte  ri^^tete  £ad  6afa$  bie  .,Breyisiina  Relaoion  de 
la  Destrucion  de  las  Indias"  1552,  50  91.  in  4^,  toeld^e  mel^rfad^  ^ou^egeben, 
auc^  in  ba«  2ateinif4>e,  granjöfifc^c  unb  Deutfc^e  (bon  änbreäl790)  überfe^t  toorben  i^ 
9leuerbing«   tft  fte   in    ber  Coleceion   de  Doeumentos    ineditos   para    la   Histo- 

45  ria  de  Espana,  t.  LXXI  abgcbrudt  toorben.  ^ort  finben  ftd^  auc^  anbere  belangrcti^ 
auf  ben  Streit  mit  Sepulbeba  bejüglic^e  @4^riftftü(fe,  fotoie  einige  bi^l^er  nic^t  gebrudtte 
S)o!umente  unb  ©utad^ten  bon  £a«  6afa«.  Sein  i^^^^^^/  ^  ft)äterer  Seben^jctt  ge^ 
fd^rieben,  tft  bie  Historia  de  las  Indias,  toelc^e  bon  Venera  unb  anberen  bemi^  wib 
ie^t  enbltc^  in  93b  LXII  bi«  LXVI  ber  obigen  Colleccion  gebrudCt  toorben  tft    9)t<^ 

50  bebeutfamc  SBerf  ift  nic^t,  tote  Quintana  unb  2^ichtor  tootten,  fc^on  1527,  fonbem  «P 
1552  begonnen  unb  1561  boQenbet  toorben.  @«  umfaßt  in  brei  ^doben  tutb  eben  fo 
bielenSänben  bie  ©efc^^id^te  bi«  1520.  ä^anl^^ang  finben  ftc^  (SSbLXVI  S.  237—655) 
Algunos  Capitulos  de  la  Apologetica  Historia  bcdfelben  Slutord  abgebrudtt 

93i«  an  fein  @nbe,  n>eld^e«  1566  erfolgte,  lanntt  er  nur  bad  eine  3^el :  )u  ®impen 

55  ber  mi^^anbelten  unb  berfolgten  ^nbianer  einzutreten.  Seine  9emü$ungen,  btefeÖoi 
gegen  bie  Sfloberei  }u  f^^ü^en,  ftnb  jum  Xeil  erfolgreid^  getoefen ;  ba^  er  felbfl  bannif 
pingetoiefen  l^abe,  man  möge  ftatt  ber  fc^toöd^Iic^en  ^nbianer  lieber  bie  ftorl  gd)atttcn  ofrifo« 
nifd^en  9leger  l^erbeil^olen,  unb  ba^  i^m  fomit  bie  SSeranth^ortli^^Ieit  für  bte  GinfO^vung 
be«  9ieger^anbel«  jufalle,  ift  nic^t  erioei^bar;   t^atfäc^Ii^!   ift  längft  bor  feiner  ^tü  bte 

en  „f(^ta)ar}e  SBare''  aud  Slfrita  berl^anbelt  toorben.  äSgl.  Apologie  de  B.  de  las  Gasts 


Sa9  eafad  £aficiitd  291 

in :  M^moires  de  la  classe  des  sciences  morales  et  politiques  de  Tlnstitut,  t.  IV. 
@€m  U^  SBoTt  an  bie  ^eunbe  im  5!lofter  ju  Sltoc^a,  too  er  ftorb,  ging  ba^in,  ba^ 
fte  bod  3Bed  fortfei^en  follten,  n>e(c^ed  fein  fieben  erfüDt  ^atte.  Btntatf^. 

2a^in§,  ^o^anne^  (^an  Saftdi),  ))o(mfc^er  @belmcmn  unb  Sd^riftftetler,  geft. 
nadf  1599.  —  ^lotijen  über  {ein  fieben  ftnben  ficg  bei  Begenvolscius  (Wengierski),  Hist.  6 
eocL  SUyod«  (1652)  452;  ®erbed,  Scrin.  antiq.  VI,  649 f.;  Genebrard.  ChroDolog.  IV. 
a.a.1582.  786;  @im(er,  Bibliotheca389;  Söc^er,  ©ele^rtenle^ifon  II,  2283;  ©alig,  ^tftorie 
b.  augdb.  Sonf.  n,  715ff.;  3.  ^ula^i^etoici,  ®ef4.  b.  reform.  $irAe  in  Sitauen  II,  182 ff.; 
Hxb^tt,  Oef4.  b.  alten  SrüberHrc^e  II,  100  ff.;  ®oII,  OueOen  unb  Unter {ud)ungen  )ur  (g)ef4. 
b.  bö^m.  Araber  I,  74  ff.  —  ©eine  ©erfe:  1.  De  origine  et  institutis  Fratrum  Christia-  lo 
Donim,  qui  snnt  in  Prassia,  Polonia,  Boemia  et  Moravia,  Johannis  Lasicii  Poloni  Oom- 
mentarinB  1568.  —  2.  Johannis  Lasicii  Poloni  De  origine  et  rebus  gestis  Fratrum  Bohe- 
morom,  quos  ignaii  remm  Waldenses,  mali  autem  Picardos  vocant,  ubri  octo  multa  veri- 
taXe  referd  (oerf.  ca.  1575—1599).  —  ®eibe  SSerfe  ftnb  nur  ^anbfcfiriftli^  unb  unDoOftänbig 
ooT^anben.  ^n  ^errn^ut  beftnben  fi4  2  ^anbfc^riften  (A  unb  B),  beren  jebe  üon  iRr.  1  is 
§  1—33  unb  t)on  9ir.  2  lib.  I-V  (tjalb,  bl«  1549  reidjcnb)  enthält.  A  ift  1741  bort^in 
gelangt  aud  betn  9{a4(ag  Don  3.  be  ^eaufobre,  ber  bie  ^anbfc^rift  uon  S).  <^.  SablondfQ 
erhalten  (atte.  B  ftamnit  gleic^faUd  qu9  Soblondf^d  Seft^,  nad)  beffen  Sobe  (1741)  fie  ®. 
3.  Sauntgarten  ertoarb,  ber  fie  in  feinen  ^^adiridjten  Don  merfioürbigen  99nd)ern  VI,  139 
bii^  148  bef(4rei5t.    1812  tourbe   pe  Don  ^errn^ut  angefauft.    A  ift  eine  im  17.  Sa^r^.  an«  20 

rertigte  inforrehe  Vbfc^rift  eined  toa^rfc^einlic^  aud  bed  2.  3cit  ftammenben  ^{emplard. 
urfprüngU4  mit  A  gleic^Iautenb  ift  Don  S^^^^ndf^  nac^  ber  feitbem  üerloren  gegangenen 
alten  Vorlage  forrigiert  toorben.  (Sine  Don  3-  2.  ^o^^eim  1734  beforgte  ^bfc^rift  Don  B 
bcfitot  bie  iidttinger  eibliot^ef,  eine  1812  gefertigte  Don  A  bie  Sibliotbef  bed  bö^m.  ^ufeumg 
in  $Tag.  —  IBon  9{r.  2  gab  3.  %.  (Someniud  1649  bad  VIII.  Sud)  mit  furj^en  3nbalt3'  26 
angaben  ber  übrigen  Sü4er  ^eraud  (2.  ^udg.  1660).  —  3.  De  Bussorum,  Moscovitarum 
et  Tartarorom  reUgione,  sacrificiis,  nuptianim  et  funerum  ritu  e  diversis  scriptoribus, 
Sptitx  1582,  4.  ^en  $au))tteil  bed  Sucbed  (p.  1—169)  bilbet  eine  Sefprec^ung  bed  3ar 
30^.  SaftUud  mit  bem  Srübergeifttic^en  3o^.  ^Jtof^ta,  ber  eine  1570  üon  @igidmunb  9luguft 
an  btn  3<^r  gefd^idte  ®efanbtfd)af t  begleitete.  —  4.  Briefe  bed  fi.  bei  (S^erbed  a.  a.  O. ;  9ceue  ao 
9fitTffge  t)on  alten  unb  neuen  tbeoL  @a(^en  1759,  158;  @)inbel^,  Oueflen  ^ur  ®ef4i4te  ber 
hbim.  Bruber  in  Fontes  rer.  Austr.  2  %bt.  XIX,  325  ff.  379  ff.  ^ie  Sitel  uon  nod)  5  flei^ 
neren  Schriften  bed  S.  teild  gef4id)tlid)en,  teild  polemifcben  Sn^altd  nennt  SSagenmann  in 
bem  betr.  «rt.  ber  1.  «ufl.  bicfer  SRealenc^flopäbie  XIX,  770-777. 

Son  bem  Seben  bed  S.  ift  tpenig  betannt.    @r  ift  geboren  1534  in  ©ro^olen  ober  36 
in  Sitauen.    @etne  S^genb  föllt  in  bie  3^tt  ber  älu^brettung  bed  reformierten  Selennt^ 
mffcd  unb  ber  Xnftebluna   ber  bdl^m.  93rüber  (1548)   in  $olen.    Um  bad  3a^r  1557 
tKffcn  totr  i^n  in  ber  @<9h)ei)  (93afel^  9em,  3ün(i^)/  ^0  er  aud  ber  römifc^en  ^ird^e  in 
bie  tffonmerte  übertrat    Um  jene  ^txi  geno^  er  too^l  au^  ben  Unterricht  ^ol).  @turmd 
in  @tsa|bitts,  ben  er  feinen  $rä3e))tor  nennt.    3)ann  toar  er  Seigrer  im  $aufe  bed  SBoi-  40 
toobcn  motokndfi  unb   begleitete  beffen  @obn  in^  äludlanb  (1558  ff.),  toie  er  benn  über- 
ffoaipt  einen  groften  %6l  feinet  2Atn^  auf  Steifen  ^ubrac^te,  tetl^  )u  feiner  eigenen  älud- 
bttbimg,  tettt  a&  Segleiter  junger  t)oInif4!er  üRagnatenfö^ne,  teild  in  t)oIitif4!en  SRifftonen. 
60  toax  et  toteberi^ort  in  f^anfretc^,  3^^ten,  2)eutf4lanb,  ber  ©c^toci}  u.  f.  to.  ^önig 
@tt^pfyai  Sot^orl^  (1575—86)  ernannte   il^n  gum   tönigltc^en  @nbo^  unb   brauchte  i^n  46 
1^  )>oItti{cffen  unb  firc^Iid^en  ©efc^äften.    @t)äter  fc^eint   er  fu^   in  feine  ^eimat  jurüd- 
oqogen  ai  ^en,  too  er  teil^  mit  Srtctiung  bon  Unterricht  (im  ^au\^  bed  SQoitooben 
SttüicMu  )u  Sorcin,  ft)äter  gu  äBtlna,  ^ule^t  ^u  ^aüan  in  Sitauen),  teild  mit  littera^ 
n{(^  Xibeiten  fic^  befd^äftigte.    Salb  nac^  1599  muf;  er  geftorben  fein.  —  3^iid^no{f^ 
fd^ibem   ibn  ab  vir  plus  et  eruditus,   qui  multa   audivit,  legit,    expertus   est.  to 
(b  naijm  leb^ften  Xnteil  an  ben  religiöfen  )Beh)egungen  feiner  3^tt  unb  fetned  )}olnifc^en 
Soterbmbe^,  an  ber  Sludbreitung   ber  ebangelifc^en  Üt^x^,  an  ber  Union  ^totfc^en  l'ut^e- 
tönern,  ätefotmietten  unb  Stübem,  an  ber  Seläm))fung  be^  in  $olen  ftc^   einniftenben 
3efitttidmud  unb  Unitatidmu^.    Obtno^I  SJtttglieb  ber  reformierten  jlirc^e  unb  mit  Sabin, 
foWL,  SuOtnget  u.  a.  befreunbet,  f)}rici^t  er  bod^  aud^  bon  ^utl^er  mit  gröfiter  ^oc^ac^tung,  66 
^ocnäftt  mit  ben  $^ili))))iften  Samerariud,  9lübinger  u.  a.,  ift  bagegen  bem  ©neuolut^ertum 
abgeneigt  unb  tnilnfc^t  ni^td  fe^nlid^er  atö   eine  (Sinf^eit  be^   ebangelifc^en  Selenntniffe^. 
Sefonbmd  3>^eteffe  btacpte  er  ben  böl^mifc^en  Srübem  entgegen,   beren  äe^ren,  (Sinric^- 
lititgen  unb  ®efc^td^te  et  teitö  in  ©ro^olen,  teiU  in  Si)l^men   unb  ^ö^ren,   n>o  er  (feit 
1567)  dftetiS  i^re  ^auptbettreter  unb  i^au))tgemetnben  befuc^te,  nö^er  tennen  lernte,    älu^  eo 
eigenem  Sbitrieb  entfd^(o^  er  ftc^,  eine  turje  ©ef^^i^^te  ber  bö^m.  Srüber  m  fd^reiben 
(Commeiitarias  1568),   bie   er  bann  )u   einem  gröfieren  SBerfe  (f.  oben  vlx,  2)  um- 

19* 


2»2  Sa{iriitd  Sa«« 

arbeitete.  9U^  DueDe  biente  il^m  au^er  bet  Historica  narratio  bed  ^oad^.  Sametariiid 
(1573  l^eraugg.  1605)  aBer^cmb  Don  ben  Stüberfemoren  il^m  jur  aSerfügung  gcftetttc« 
SWaterioI  (j.  feinen  Srieftoe^fel  mit  benfelben  bei  ©inbel^,  Fontes).  S)e«^b  goß,  fo 
lange  bie  böbmifc^en  OriginalqueQen  unbelannt  ober  un}ugäng(i(^  tooren,  fein  fH&cd  aü 

6  $aiH)tqueae  für  bie  ©efcbic^te  ber  böl^m.  «ruber  (fo  beurteUt  e«  noc^  t>.  3«jf*toi^»  3>ie 
Äate^i^men  ber  SOBolbenfer  unb  bö^m.  SSrüber  136).  Slud^  l^eute  no^  ift  cd  nid^t  o^ 
aüm  aSert;  fofem  manc^ed  t>on  bem  il^m  }u  ®ebote  fte^enben  3Rateria(  t>er[oren  gegangen 
ift.  3)er  SBert  be«  SBerle«  toirb  aber  ftar!  beeinträd^tigt  burt^  bie  panegi^rifc^  gorm  ba 
5Darfteflung,  bie  aSorliebe  für  tounberbare  Segenben,  bie  JlritiBoftgleit  unb  ben  SDlongel  an 

10  gefd^ic^tli^^em  ©inn.  S)ie  Srüber  l^aben  feine  toieber^olten  Sitten,  ha»  SBerl  bruden  ju 
laffen,  ftet«  abgelehnt  (f.  ©inbel^,  ©^nobalbefc^Iüffe  ber  Srüberunitot  [bö^mitt]  256). 

(aSBagettinann  f)  S^im  WMtx. 

üa^U,  3 Ölkanne«  (fo  ber  Familienname.  3)ie  ©d^btoeife  £a«co  ift  nur  unter 
Seifügung  bon  a  gulöffig.    SadK  felbft  unterjeid^net  ftd^  in  feinen  lateinifc^  gefd^nebencn 

16  äBerten  unb  Briefen  meift  Joannes  a  Lasco,  ab  unb  )u  auc^  in  le^teren  de  Lasco), 
geft.  1560,  md)  ben  ©^nobalt)rotoIotten  im  61.  S^j^re.  —  Sitteratur  (oon  öfteren  bei 
S)aIton  angegebenen  @cf)riften  abgefe^en):  ^oebel,  ®ef(6.  bed  4rtftl.  geben«  in  ber  xtf^n.'- 
meftfäl.  Äircfte,  ©obl.  1862,  I»,  324-58;  «artclS,  3of).  a  S.,  giberf.  1860,  72  ©.:  jhi^per, 
Jo.  a  Lasco  opera  tarn  edita  quam  inedita,  Amstelodami  1866,  2  Sbe:  ^alton,  ^o^.  a  f^, 

20®otba  1881,  578  ©.;  S)alton,  3o^.  o.  S.  tn  ber  Sf^cucn  e^rlftotcrpe  1891,  44  ©.;  ^afcal 
Jean  de  Lasco,  $arid  1894.  304  @.;  Ballon,  Lasoiana  nebft  ben  filteften  ©^nobolprotofoden 
$olend  1551—61,  Serltn  1898,  576®.;  ^u^per,  Disquisitio  historico-theol.  exliibens  Qdviiii 
et  a  Lasco  de  ecclesia  sententianim  inter  se  oompositionem,  Hagae  1862;  ftawerau*  9btx 
mclnigung^cib  beS  Solj.  fiadfi    (^t3  X,  43U— 41);    Stxum,  3o^.  a  ßa«co  unb  ber  6acra.- 

26  mentdftreit.  fietpjig  1901,  216  8.  @tne  Beurteilung  ber  beiben  legten  @4riften,  bie  mir 
erft  nac^  f^eritgfteUung  biefed  ^rtiYeld  ju  Q)eftd)t  gelommen,  begatte  t4  mir  für  ben4.t3an^ 
meiner  ,,Beiträge  )ur  ®ef(^-  ber  eoang.  ^rcbe  in  ^uglanb''  oor. 

^o^anned  SadK  tourbe  1499  toal^frfc^einlic^  in  bem  ber  ^milie  gel^örigen,  Don  tl^ 
ben  9camen  tragenben  ©töbtc^en  2a^t  (®oub.  ^etrilau)  ui^  bafelbft  in  ber  ^eu^utoge 

80  bi^  auf  einen  lümmerlic^en  ^auerreft  jerftörten  ©tammburg  geboren,  ^er  Urf^ntng  ber 
in  5ßolen  einft  ^od^angef eigenen  gamilie  mit  bem  3!ia!ppm  Äorab— toeifet,  toie  2adfi  1648 
bem  Könige  ©igi^munb  9(uguft  fc^reibt  (Lasciana  @.  296),  auf  (Snglanb  ^tn.  3Rit  SBit 
l^elm  bem  (Sroberer  foD  ein  ^nbilbert  fiadli  in$  fianb  gelommen  fein  unb  fu^  in  ba 
©c^lacbt  t)on  ^aftingd  (1066)  au^ejeic^net  l^aben.    ©c^on  imSlnfang  bed  }n)5(ften3a^ 

S6|^unbertd  ftebelte  bie  ^milie  nac^  $oten  über,  ^n  ber  itralauer  93if(^of^et^e  fte^tll43 
ein  Stöbert  mit  bem  Seinamen  ber  ^orabite  berjeic^net,  beffen  SSater  bereite  atö  Jlafidlan 
t)on  ©ierab)  genannt  toirb.  ^m  älnfang  bed  15.  2la^rl^unbertd  h>ar  ein  ^ol^ann  £adt 
in  ber  ^ol^en  ©tellung  bed  93annertrögerd  \)on  ©ierabg.  93on  feinen  ©dienen  erlangte  ber 
eine,  ^J^b^nned,  bie  l^öc^fte  geiftlic^e  &ürbe  in  $olen;   er  tourbe  Srjbifc^of  bon  (Snefen. 

40  ©ein  trüber  3^^i>^^^  ^c^^  @rb^en  auf  SadI,  an^äa^lüf  ^XxVbiin,  gule^  $alatin  bon 
©ierabj.  älud  feiner  @b^  mit  ©ufanna  t)on  SSalotoa^Sora  entf))rangen  neben  t>ier  Zd(^ 
tem  brei  ©ö^ne;  ber  mittlere  unter  i^nen  unfer  ^o^^nne^.  ^ie  ^ai)vt  feiner  Jtinb^ 
Derbrad^te  ber  Jtnabe  in  ber  elterlid^en  ©tammburg;  toaij^rfc^einlic^  t>on  1510  an  no^  ber 
Dl^eim  feine  Steffen  ju  fic^^  in  bie  erjbijt^öflid^e  SHefibcnj  in  Äralau,  n>o  er  ben  gut  tm* 

46  anlagten  ©ö^nen  feinet  Stuberd  eine  üor^üglic^e  ©^ulung  in  ben  in  ^ralau  bu^^nben 
^umaniftif^en  ©tubien  bieten  tonnte.  911^  ber  D^eim  1513  gu  mel^rid^rigem  Xufenl^ 
nad^  9lom  }um  j^on^il  aufbrach,  na^m  er  bie  beiben  ölteften  Steffen,  ^ieron^mud  unb 
^[oi^anne^,  ncbft  einem  Srgie^er  mit;  ber  jüngere,  ©tanidlaud  nebft  ein  \>(ulx  tDcitetcn 
©tubiengenoffen  aud  befreunbeten  Familien,   unter  i^nen  ein  ätabjimil,  trafen  f))äter  ein. 

60  ©c^on  na6)  ^a^re^frift  ftebelte  bie  fleine  ©tubentenjd^ar  au^  $oIen  nad^  Sologna  über, 
toäl^renb  ber  (Sr^bifc^of  in  9lom  gurücfblieb.  3)rei  ^a^re  toöl^rte  ber  älufenti^  an  ber 
berühmten  ^o^fc^ule;  ^ieron^mud  bereitete  ftc^  für  bie  Saufbal^n  eined  ©taattoanne^ 
bor,  3<>^anned  toar  t)on  früher  ^^genb  an  für  ben  geiftli^^en  ©tanb  beftimmt.  3)er  toarm 
an  feiner  ^amilie   l^öngenbe  O^eim   mochte  IdoI^I  in   biefem    feinem  Siebling   ben  9tac^ 

66  lommen  einft  auf  bem  er^bifd^öfltc^en  ©tu^le  im  ©eifte  feigen  unb  auc^  erfe^nen.  Xä 
S3ologna  t)erlautet  bad  öltefte  ^^^B^i^  ^^  ^^^^^^i^^  ^^^  ^^^  SRunbe  feinet  (Sqtc^ 
^ranijtt:  er  fei  il^m  ber  Itebfte;  nie  nod^  ^abe  er  einen  folc^en  Jüngling  t)on  fMfta 
Xugenb^aftigfeit  gefe^en.  ältö  ber  junge  ©tubent  1518  l^eimle^rte,  mar  er  berettd  rdc^l«^ 
mit  ^frünben  au^cftattet ;  in  bem  bamaligcn  5ßalatinat  be^  3Jater«,  in  2ec§^c,  ferner  in 

61)  jtralau  unb  Pojf  ^atte  man  i^m  bie  einträgliche  SCBürbe  eined  ^oml^erm  bedi^^  1521 


SadK  293 

et^ieb  btr  Dtelfa^^e  Somj^en  bie  $rieftertt)eil^  unb  tpurbe  ^efan  an  ber  ^Rtttopoliian? 
tti«^  in  ©nffen,  gletc^ieittg  oud^  f^^on  unter  bie  Sefretöre  bed  fö^nigd  aufgenommen. 
901'  biefe  SBürben-  unb  Stdlenl^äufung  fonnte  ben  jungen  3Rann  nid^t  feffeln;  fie  toaren 
t^  neben  fo  tndtm  anbeten  ein  fd^menlic^ed  3^4^  ^^  ©ebred^en,  an  benen  bie  Rixd^i 
ikk,  au(^  t^  @orgIo{tgteit,  tpäl^renb  oereitö  brüben  im  äBefien  bie  3^^^^  ^^  i^^  ^ 
^cxauftmnmenben  Za^td  fic^  me^en.  @r  fel^e  fic^  toeg  aud  $olen,  nac^  ber  @title  in 
^unumtflifc^en  @tubien.  @o  folgte  er  gern  ber  9(ufforberung  bed  S3ruberd,  il^  auf  einer 
bit>Iimiattf(^  Senbung  ju  begleiten  (1523).  2)er  9Beg  füi^rte  junäc^ft  für  fürjere  ^eit 
noi^  Safel,  bann  ffir  ein  paax  3Ronate  nad^  $ari^;  @nbe  1524  te^e  go^anned  aUein 
SU  längerem  älufent^alt  nad^  Safel  jurücf,  in  jenen  %aqm  eine  audertodl^flte  ^eimftätte  lo 
oed  ^umaniSmud,  }umal  feitbem  Sra^mud  bal^in  übergeftebelt  n>ar,  auf  bem  (Sebiete  bed 
SBiffend  unb  ber  $umanität^ftubien  allüberall  bamald  ak  ^nig  gefeiert,  ^er  bome^me 
$ole  trat  Je^t  au^  ald  Ttfc^  unb  ^au^enoffe  @ra$mud  befonberd  nal^e.  ^er  SReifter 
iß  feined  Sobed  t)oll.  ®r  rüj^met  ibn  ald  einen  Jüngling  Don  altrömifc^er  Unbefd^olten^eit 
bcd  S^orotterd ;  er,  ber  ©reid,  ^e  \>on  ü^m  gelemet,  toa^  f onft  n>o^l  bie  gugenb  Dom  i5 
SUtcr  pi  en4)fangen  bobe,  bie  ÜRüc^teml^eit,  3Rä^igIeit,  Sl^rfur^^t,  SJlä^igun^  ber  ß^nge, 
Sefc^e&en^eit,  fieufc^peit,  Sauterleit  bed  S^atterd.    9lid^t  auf  Sradmud  aQem  befc^ränlte 

S)  ber  3$erlel^.  Saä(i  trat  auc^  l^ier  toie  bereite  früher  unb  auc^  in  $arid  mit  ben 
ännem  in  }>erfönli(^e  Serüj^rung,  bie  Don  ber  neuen  ©eifte^ftrömung  ergriffen,  frül^er 
ober  \pätn  ^  ber  Sieformation  anfd^loffen,  in  i^r  )um  Xeil  eine  füi^renbe  Stellung  er?  20 
^tdtcn.  Setne  äbtfic^ten  bedten  fxi^  bamal^  unb  für  eine  Steil^e  Don  ^afycm  nod^  mit 
bcncn  bed  Srodmud  imb  einer  nun  bod^  nic^t  geringen  Qcä^l  ^erDorragenber  unb  aud^ 
tieffrommer  Jtfanl^männer.  @r  toar  ein  begeifterter  ^umanift.  älU  folc^er  auc^  l^at  er 
ein  f^Ktvfed  Suge  für  bie  tiefen  Schoben  ber  ^ird^e  unb  ba^  fie  einer  burc^eifenben 
{^eilung  an  fywSpt  unb  ©liebem  bebürfe ;  aber  mie  Sra^mud  l^offte  er,  ba^  bie  Teilung  26 
niMl^  Don  ber  Jtin^  felbft  ^efd^e^en  tdnne,  ed  leiner  So^rei^ung  Don  i^r  bebürfe.  (Sra^mu^ 
^ictt  an  btefer  ^offnung  bt^  jule^t  feft,  felber  freilid^  ju  l^oltlod  unb  aud^  f^e,  eine 
fromme,  t^Kitlrä^ge  $anb  an  bie  .^eilung  )u  legen,  entjtoeit  mit  bem  beutf4[en  9tef orma^ 
tot  unb  ben  Seften  bed  SSolIed  in  feinem  ©efolge,  Derbroffen  über  ben  @ieged}ug  ber 
ätefotmation.  Sodti  mag  eine  Sßeile  nod^  in  bem  falfd^en  Urteil  übet  bie  Sieformation  ao 
unb  t^^ten  $aut)tttöget  in  ^eutfc^lanb  befangen  geblieben,  Diellei^^t  lebendlang  biefe  etften 
getrübten  unb  ungmcfften  SinbrüdEe  überSutl^er,  mit  bem  er  nie  in  D^önlicpe  93erü^rung 
gdommen,  mifi  DdOig  loiSgetoorben  fein.  SebenfaQd  ^ielt  er  in  treuer  Siebe  ju  feiner 
mdft  nod^  ja^long  an  ber  Übeneugung  feft,  ba^  eine  Teilung  ber  immer  bebrol^lic^er 
(yeowtttctenben  Seiten  Don  ber  nircpe  aud  gefd^e|en  lönne.  86 

grübet  ob  Sadli  gen)ünfd^t,  riefen  i^n  brängenbe  Sriefe  Don  bal^eim  nac^  $olen 
anfid.  5ben  bortigen  Jtirc^m&nnem  toar  bange  geioorben  Dor  ber  toeit  im  Sanbe  um 
1^  gtetfenben  „$eft''  ber  mobemen  Steformation^ebanlen.  Slafc^  l^intereinanber  maren 
1526  Knigltc^fe  Sefe^le  ergangen,  in  firatau  $audfu(^ungen  nad^  Sut^erd  Schriften  an^u? 
{kOen  unb  fie  tDegjune^en ;  gleicbieitig  n>eitere,  in  ©ro^olen  olle  bie  )u  ergreifen,  toelc^e  tm  40 
Secboc^  fUSnben,  lutl(^erifd^ed  ©ift  eimufüi^ren  unb  felbft  bereite  baDon  angeftetft  nu  fein. 
Der  in  Safel  ioeilenbe  2cäR  toar  in  foldben  SSerbac^t  geraten,  ber  Ol^eim  für  bieAufunft 
bc#  92effen  beforgt  2)a)u  lam  eine  mädptige  feinbfelige  Partei  toiber  ben  Srjbif^of,  an 
'ifjfm  @|)i^  ber  einflu^^e  Sifd^of  Don  jlratau.  2)edl^alb  beftanb  ber  O^dm  nid^t  nur 
Alf  befc^lcuntgter  ^eimte^,  fonbem  brang  barauf,  ba^  fein  Derbäd^tigter  Sleffe  Dor  il^m  46 
nrib  bem  Arantuer  Sifc^of  füb  Don  bem  au^ef))rengten  SSerbad^t  burd^  einen  @ib  reinige. 
((M  bleibe  einer  onberen  @teue  Dorbel^alten,  bie  Don  ^rof.  Itatoerau  Dorgebrac^ten,  fc^mer? 
toicBenben  ©rünbe,  ben  im  SBortlaut,  aber  ol^ne  ^Ätan^abi  Dorliegenben  Steinigungdeib 
in  ba^  ^afyc  1542  ju  Derlegen,  ald  bennoc^  nt^^t  überjeugenb  na^^jutoeifen.)  3)ad  @im 
leben  in  bie  ^etmifd^en  Krt^lic^en  SSer^ältntffe  fiel  bem  emftgeftnnten,  ftttenftrengen  jungen  go 
SoSfi  ^ei^id^  fd^toer;  ein  toeitered  äluffteigen  auf  ber  Stufenleiter  tird^lid^er  SBürben 
bnnte  femer  9iatur  leine  @rleic^terung  bieten,  ^a^u  !amen  bie  gen)altig  aufregenben 
3ciletci0mf(e,  in  beren  Strubel  unfer  Sadti  für  ein  D^ar  Igal^re  toibertoilltg  l^ineinge^ogen 
tombc  ^  Lasdana  teilen  ben  reichen  ^unb  an  Briefen  mit,  bie  geigen,  in  tote  ^ol^em 
Sfobe  £aMi  au&  Siebe  j|u  feinem  93ruber  ^teron^mud,  in  jenen  ^agen  einer  ber  l^erDor»  66 
toaenbßen  Staatdmonnet,  in  bie  )}olittf(^en  SQSinen  jumal  am  ^ofe  3a)}ol^ad  einzugreifen 
jiqf  gcnotut  fo^.  ®ad  toar  für  bie  l^ö^ere  r5mifd^e  ©eiftltd^teit  tein  ungetool^nted,  mit 
t^  fitc^lu^  Stellung  ald  unDereinbar  ge^altened  X^un.  ^a}u  lam  in  ber  l^adtifc^en 
%miUie  toie  ein  (Srbgut  eine  ^olitifd^e  älber,  bie  ju  Derfd^iebenen '])lalen  auc^  bei  unferem 
Sotfi  fü^  geltenb  mochte.    S)a^  er  toegen  feinet  eifrigen  Eintretend  für  bie  angetafteten  eo 


294  SadK 

Siedete  feinet  Sruberd  \>on  ^(ü)olba  bte  „Btaai^\an^"  emed  Sifd^ofed  Don  93ed))rfan  m 
Ungarn  erl^telt,  l^ot  toeber  Itrd^Itd^  nod)  )3olittf(l^  trgenb  toelc^e  S^eutung.  2)ec  $at)fl  am 
erlannte  bie  t)on  ^^^^^^  ernannten  93tf^&fe  nic^t;  nid^t  einmal  bie  @mtünfte  bÄ  9td< 
tumd  lamen  Sa^K  ju  gute.    Sie  foQten  geh)if[erma^en  eine  ßntfd^bigung  für  bie  l^ol^ 

5  Summen  fein,  toeldpe  3^oI^  bem  fo  fd^nöbe  )oon  il^m  bel^anbe(ten  trüber  SaSR»  \6JuU 
bete,  ^on  biefen  (Sinrünften  fal^  feiner  ber  beiben  93rüber  ettoad.  @o  berging  ein  3«^ 
}el^nt  unb  me^r  in  aufreibenber  3^^^ung,  in  erfolglofen  Semül^ungen  auf  tixdjlxifm 
©ebtete.  9(uc^  ber  reid^e  ^nb  bon  Saditbriefen  av^  biefer  ^üt  lä^t  und  im  @tid^, 
Schritt  für  @4^ritt  bie  innere  @ntn>i(lelung  }u  berfolgen,   bid  ed  enblid^  ju  einem  ents 

10  fc^iebenen  9ru4  mit  ber  römifd^en  jlird^e,  jur  Stieberlegung  ber  lirc^Kc^en  ^mter  unb 
toeiter  jum  SSerlaffen  bed  SSaterlanbed  lam. 

^er  um  feinet  et)angelifc^en  ©laubend  toiUen  eine  glämenbe  SebendfteQtmg  unb  auidf 
fein  3$aterlanb  brangegeben,  tritt  junäd^ft  in  unferen  ©eftd^tdfreid  in  Sötpen,  too  er  in 
ben  abfeitd  gelegenen,  ftiUen  Greifen  lebte,  aud  ioel^^en  bie  erften  S3lut}eugen  ber  dränge» 

16  lifd^en  Sirene  in  ben  Stieberlanben  l^ert)orgingen.  93on  ba  ftebelte  S.  naq  @mben  über, 
too  i^n  bie  Stegentin  bed  £anbed,  ©räfin  ^nna,  bat,  bieSeitung  oder  Jtirc^en  bedSonbed 
ju  übemel^men.  ^em  britten  brängenben  Stuf  glaubte  er  leinen  SBiberftonb  me^  ent» 
gegenfe^en  ju  bürfen  (1542).  3)ie  paar  Igal^^re  ber  g^nlftung  in  tiefer  3urüdFge)ogen^ 
Ratten  S.  in  feiner  ebangelifd^en  Überzeugung  }um  SRanne  au^ereift;  bon  i^  bcfmt,  in 

20  t^rem  ^ienfte  l^at  er  feine  l^o^e  @abe  bed  nird^enregimentd  mit  ber  itraft  eined  Stefor« 
matord  aldbalb  in  ber  feiner  £eitung  ant)ertrauten  iRirc^e  na^!  j/mA  Seiten  l^in  behmbet: 
in  ber  einen  $anb  bad  @c^h)ert,  entfd^ieben  unb  feft  bad  nod^  Dor^nbene  römifc^  Um 
tiefen  }u  entfernen  unb  ben  fic^  l^eranbrängenben  feltiererifd^en  Umtrieben  }u  begegnen; 
in  ber  anberen  ^aii^  bie  fieDe,  bie  feiner  Seitung  anbertraute,  einer  feften  Drbmmg  nix^ 

25  entbel^renbe  Jtirc^e  rein  unb  lauter  auf  bem  ®runbe  bed  (Sbangeliumd  oufjuerbouen.  2. 
I^at  ber  oftfrieftfd^en  Jtirc^e  unb  il^en  ©emeinben  ein  auc^  in  ber  ftirc^ennud^t  fo  fe^ 
gefügte^,  bamold  im  ebangelifc^en  3!)eutfc^lanb  fo  eigengearteted  ®e))röge  aufgebrüdrt,  ba| 
lange  ^t\t  l^inburc^  ^edlanb  aU  norbifd^ed  ®enf  ge))riefen  tourbe,  baft  fdbfi  btd  auf  ben 
l^eutigen  Sag  bie  legten  Spuren  biefed  ebangelifd^en  ©epräged  bortguumbe  nid^t  DcrtDifc^ 

80  ftnb.  ^n  ber  Xl^at  eine  ref ormatorifd^e  Seiftung,  unberlennbar  aud  ber  9tad|ffo(ge  6at 
bind  unb  bennod^  mit  felbftftänbigen,  Dorjügli^!  ben  befonberen  Sanbedberl^ltniffen  ange> 
paßten  3^9^^  ^^^^  ^^t  gerabe  in  unferen  3^agen  aufmerifam  geprüft  unb  atui^  berütf* 
fic^tigt  ju  ioerben.  äluc^  auf  einzelne  9lac^bargebiete  ging  bon  bem,  toadSadli  in@mbcn 
gefc^affen,  fegendreid^e  SQSirlung  aud,  nad^  SBefel  l^in  unb  bon  ba  bem  9l^ein  entlang 

86  |o(^  l^tnauf  bid  nac^  $eibelberg  l^in.  S)er  Jtenner  toirb  mand^e  l^eutige  £ebendäu|erung 
in  ber  ebangeltf^^en  Jtird^e  ber  St^einlanbe  auf  Slnregungen  unb  Sinflüj^e  ber  bamoligen 
jlir^^e  ^edlanbd  jurü^i^ren.  Seicht  tourbe  fi.  bie  SSrbeit  nid^t  gemad^t,  toeber  bon  ben 
„SBeltlinbem'',  bie  fic^  in  il^rem  Sebendgenug  aufgeftört  fallen,  nod^  aud^  bon  einer  fU^ 
immer  l^cftiger  unb  tro^iger  geltenb  mad^enben  lut^erifd^en  ®egenftr5mung.    S.  fomite 

40  um  bed  ©etoiffend  toiQen  toeber  bon  ben  einen  nod(^  ben  anberen  fu^  tttixA  bon  bem 
abbingen  laffen,  toai  er  atö  bie  3Bal^rl^eit  bed  Sbangeliumd  erlannt  unb  in  bem  ®Iaubcn 
„an  bie  ©emeinbe  ber  ^Älx^m"  treu  m  koal^ren  ftd^  berpflid^itet  füllte.  @^er  fein  Wxd 
nicberlegen,  ald  ben  fjorberungen  -bed  Slmted,  für  i^n  gorberungen  feined  ^erm 
etn>ad  aud  nachgiebiger  3Renfc^enfurc^t  )u  bergeben.    @r  ^t  in  ber  %fyii  einmal  für 

46  3eit  (1546)  ben  ßirtenftab  eined  ©uperintenbenten  ber  friefifc^en  Äird^e  ni^ergele^ 
i^n  erft  toieber  aufgenommen,  ald  il^m  btc  Slegierung  jufic^erte,  ber  bon  i^m  aufgehellten 
Jtirc^enorbnung  fid^  ju  fügen.  (Sin  paar  ^al^re  fpöter  (1548)  l^at  bem  glaubenifiU^en, 
unbeugfamen  ^ann  bad  berl^ängnidbolle  ,;^nterim''  ftatt  bed  $irtenftabed  ben  SBonb^iittb 
in  bie  $anb  gebrüdEt.    S.  toar  ber  latferli^en  SSergetoaltigung  bed  ^erimd   gegenüber 

60  bon  ber  gleichen  ©efinnung  befeelt,  koie  3Jlartgraf  2lo^ann  bon  Sranbenburg,  ber  feine 
Unterfc^rift  mit  ben  glaubendftarfen  SUorten  berioeigertc:  „lieber  Seil  ci^  %^,  lieber 
Slut  als  3^inte."  gür  2.  toar  in  ben  un^olben  2:agen  bed  Snterimd  lein  SIetben  me^ 
in  ^edlanb.  3lad^  einem  mel^rmonatigen  Urlaub  ^unöc^ft  (1548—49)  ftebelte  er  noc^ 
Snglanb  über,  tool^l  in  ber  Hoffnung,  ba^  bie  jlraft  bed  !^nterimd  über  lur)  ober  long 

66  gebrochen  fein  toerbe;  benn  toeber  l^at  i^n  bie  ©räfin  bed  3)ienfted  entlaffen,  nc^  <mcf 
|at  er  fclbft  förmlid^  fein  ämt  in  ber  Äirc^e  ^edlanbd  niebergelegt. 

92ic^t  ald  ein  ^embling  ben  lird^lic^en  Jtreifen  unb  nid^t  jum  erftenmal  traf  S.  im 
3Hai  1550  in  ©nglanb  ein.  3lad)  bem  SEobe  §einri(^  VIII.  (1547),  toäl^b  ber  ^eit 
ber  Unmünbigteit  bed  Xl^ronerben  (Sbuarb  VI.,   lag  bie  ^auptgetoalt  in  ber  ^anb  M 

60  3um  Sorb^^roteltor  bed  Steid^  ertocil^flten  Ol^eimd  bed  5tdntgd,  bed  ^erjogd  bon  Somesfet, 


SodK  296 

unb  in  ber  bed  $rimad  ber  fitrd^e  Don  @nglanb,  be$  (Srjbifd^ofd  Sranmet;  ber  bie  SRid^te 
Oftonbnö  gel^atet  Seibe  3Ränner  ftcmben  entfc^ieben  auf  fetten  ber  Slefonnation  unb 
mm  mu^  entfd^ieben,  ü^  offnen,  freien  ßudong  imSonbe  unb  in  berJtirc^e  ju  t)erf4!affen. 
(Sranmer  erbot  ftd^  ffir  feine  9teform))Iäne  ben  93eitat  l^ert)0Tra9enber  Jtirc^enmänner  in 
2)eutf(^lanb ;  )u  bm  gdobenen  (Säften  gehörte  in  erfter  £inte  £.,  ber  bolb  im  en«  6 
bifc^oflic^  Sombet^sSc^lo^;  mit  Sranmer  auf  bem  t^ertrauteften  unb  liebet)oQften  ^fe 
ßanb.  @(^on  nac^  lurjer  RÄt  mad^te  fid^  ber  bebeutfame  (Sinflu^  be^  {raftt)oIIen  S.  auf 
(Sromner  unb  bobtm^  mittobar  auf  bie  et)angelif(^e  9(u^eftaltunQ  ber  Jtird^e  t)on  @ngs 
lonb  geltenb.  Salb  nac^  feiner  9(breife  fagte  ber  berül^mte  ^5^99  fiatimer  in  einer  bor 
bem  jungen  frommen  Jtönig  gel^altenen  ^räigt:  ,,^6)  toünfd^te,  ba^  3Ränner  toie  Sa^Kio 
in  unferem  fionbe  toören;  bad  Sanb  toürbe  gebei^en,  toemt  ed  fie  fef[elte.  ^er  Jtönig 
foDte  feine  @^e  barein  fe^en,  fol^^e  SRänner  aufgunei^en  unb  toarm  in  l^alten/'  S)em 
SBunfcpe  feinet  $rebigerd  toiSfuI^  ber  Jtöntg  unb  toanbte  fic^  n>egen  ttberlaf[ung  an  ben 
Jtenig  Don  $oIen.  9QiS  erbetene^  älrbeit^felb  n>urben  £.  fämtUd^e  ^roteftanten  frember 
3unge,  bie  ba  unb  bort  bal^eim  um  il^ed  (Slaubend  toiUen  t)erfoIgt  in  Sonbon  eine  ge«  i5 
ra^e  Verberge  gefunben,  jugetoiefen,  um  ald  i^r  Superintenbent  fle  ju  einem  feften 
Kn^Iic^  Serbanbe  jufammenjufügen.  ^ie  9(ufgabe  ftanb  an  Umfang  ber  in  ^^e^lanb 
gefönten  noc^,  aber  ni6t  an  @4!toierigIeit  ber  Söfung.  @d^on  utoei  3Ronate  nad^  2ä 
Sbibmft  tmtrben  burd^  königlichen  Srlog  bie  ^eutfd^en  unb  anbere  ^emblinge  ald  eine 
felb^anbMe,  t)on  bem  9legimente  ber  Atrd^e  t)on  (Snglanb  unabhängige  (Semeinbe  anerlannt;  ao 
an  i^  @1pi^e  S.  ald  @u))erintet^ent;  i^m  jur  Seite  bier  ©eiftlic^e  nac^  ben  Derfc^iebe^ 
nen  ^mu^Iic^en  3^^g^  ^^  ©emeinbe.  9(uc^  eine  Sirene  tourbe  bem  @u))erintenbenten  für 
fein  ija  orbnenbed  ©emeintoefen  atö  (Sigentum  jugeioiefen.  3Rit  betounberndtoertem,  nun 
001^^  bereite  o^robtem  ®efd^i^  legte  £.  $anb  an  ba^  äBerl.  Seine  f^embling^emeinbe  l^atte 
fid^  afö  eine  93elenntni^emeinbe  anjufel^en.  S.  fteUte  ein  Setenntnid  (Confessio  Lon-  26 
dinensis)  auf,  in  toel^er  ed  galt  einen  ftarten  Samm  toiber  [id)  ge(tenb  mad^enbe 
fdtttercnfi^  Strömungen  unter  ben  %remblingen  aufzurichten,  unb  ba$  jeber  bei  feiner 
Shifno^e  )u  unterjeid^nen  l^atte.  £ie  belannte  fiel^e  foDte  Dertieft  toerben,  einmal  burd^ 
ftü^jeitige  unb  jal^relange  llntertoeifung  ber  gugenb  in  bem  in  @mben  bereite  auf« 
aefUDtcn  Jtoted^tdmu^,  ber  auf  ben  ^eibelberger  Jtatec^idmud  nic^t  o^ne  Sintoirlung  so 
Uteb,  unb  bann  burc^  bie  umfangreic^fte,  ^öc^ft  bebeutfame  Schrift  über  bie  Salramente 
(brevis  et  dilucida  de  sacramentis  ecclesiae  Christi  tractatio),  bie  aud  ber  ,;$ro« 
jpfftöt"  ^ext>orgegangen,  biefer  Dortrefflid^en  Sinric^tung  \>on  regelmäßigen  93ibelbef^rec^ungen, 
in  iodc^en  iebed  ®emeinbeglieb  3^^M  ober  Sebenlen  in  ber  Sc^riftau^legung  vorbringen 
tonnte  unb  t>on  ben  ©eifUic^^en  unb  aud^  ben  jlirc^enälteften  belehrt  unb  beri^^tigt  tourDe.  86 
SBte  Sobrni  feine  Institutio  bem  jlönig  t)on  ^anlrei^!  getoibmet,  fo  2.  biefe  feine  Safra« 
mcnidU^,  bie  entfc^eibung^oDen  Einfluß  auf  bie  englifc^e  Jlird^e  ausübte,  bem  jlönige 
inm  Sn0lanb.  9(uf  folc^er  Unterlage  baute  nun  £.  feine  ©emeinbe  auf;  ein  muftergU> 
ti^er  93mi,  ben  bie  und  nod^  erl^altene,  mitten  unter  ben  älnfed^tungen  unb  SSerfolgungen 
femer  auA  Snglonb  Vertriebenen  ©emeinbe  niebergefd^riebene  Forma  ac  ratio  eingel^enb  lo 
barpcOt,  tDO^I  eine  ber  bebeutfamften  9leformationd{d^riften,  bie  gerabe  in  unferen  ^gen 
neu  ediKU^ten  ©emeinbelebeniS  ganj  befonbere  93ead^tung  berbient.  S)ie  größere  Seben^ 
(cfc^retbung  1^  bad  loflbare  Suc^  einge^enb  berüdfftc^ttgt  (S.  376—410).  So  müf[en 
tmr  eboifote  in  biefem  htrjen  Slbriß  —  leiber  —  unter  $inn>eid  auf  bad  93uc^  an  ber 
nof^^oltigen  Sintoirnmg  £.d  auf  bie  ©eftaltung  ber  ftird^e  von  (Snglanb,  auf  bie  t)olitif4!^  «6 
Xfiöti^eit,  bie  er  im  3>^teref[e  ber  evangelifd^en  fiird^e  in  S)eutf4!lanb  am  englif^^en  ^of 
pi  treiben  veranlag  n>urbe,  Vorübergel^en,  um  nur  noc^  ju  ertoä^nen,  baß  mit  bem  frül^« 
K^igen  2^be  @buarbd  VI.  (1553)  bad  ganje  gefegnete  SBert  jufammenbrac^.  S)ie  /^blutige 
sRona'^  (öjle  bie  J^rembling^emeinbe  auf;  i^re  Slieber  mußten  beim  anl^ebenben  SBinter 
hm  untmrtlij^  geworbenen  Soben  verlaffen.  @ine  edd^üttembe  grrfa^rt  bricht  bamtt  für  60 
bie  armen  ^uUptlinge  an;  il^r  Seric^t  ift  eind  ber  fcpmer^lic^ften 93lätter  bed  fic^  erl^eben« 
ben  ^oberaeifted  unter  ben  Söl^nen  ber  Sieformation,  )}einlid(^er  noc^  }u  lefen,  aU  toa^ 
bod  rdmif($e  Stegiment  ber  blutigen  Wloxxa  ben  SSerbannten  anget^an,  verl^ängnidVoQer 
nodf  für  ben  ^or^ang  ber  Sieformation,  n>eil  biefer  Itampf  ber  einen  toiber  bie  anberen 
unter  ben  etKin^elipen  Steligion^ertoanbten  ber  ftc^  aDüberaQ  regenben  ©egenreformation  66 
t^ortrefflid^  in  bte  ^anb  arbeitete.  Selbft  in  @mben  fanb  £.  leine  ^eimijc^e  Stätte  ber 
9BtrIfamIeit  mel^.  @r  ^og  nad^  ^antfurt  am  3Jlain,  n>o  ein  %nl  ber  ^lüdptling^emeinbe 
Sufnol^e  gefunben,  aldbalb  auc^  ba  in  l^ervorragenber  äBeife  bemüht,  bad  traurige  2o^ 
ba  ^c^tlmge  bid  nad^  Safel  ^in  ju  linbem,  bad  Selenntnid  feiner  ©lauben^enoffen 
toie  t^ren  Sted^tdbeftanb  innerl^^olb  ber  9{ef ormationdÜrd^e  )u  toa^ren  unb  atö  $ro^](^et  unb  eo 


296  Sadft 

$erolb  einer  flöteten  befferen  3^  Jut  Stntrac^t  ber  Srüber  oud  bem  gleid^en  ^oufe  gegem 

über  bem  gemeinfamen  ©egner,  ber  römifd^en  jttrd^e,  )u  mahnen,  ^etlt^l  bomald  tKtQAl\d) ! 

3la(if  ^al^re^frift  feit  fetner  älnlunft  in  ^anlfurt  tarnen  bie  ebenfo  lange  ertporteten 

n>ie  erfel^nten  Sriefe  axi^  $olen;  bie  il^n  bringenb  gurüdriefen  unb  gugleic^  melbeten,  bog 

5  ber  i^m  n>ol^Igeneigte  jlöntg  feine  SRücRel^  nid^t  berl^inbem  n>erbe.  @nbe  ^ejembei 
1556  traf  £.  in  ber  alten  ^^mat  tpieber  ein,  bereit,  feine  (e^te,  fd^ier  aufgebrauchte 
Seben^fraft  in  ben  3)ienft  ber  ebangetifc^  Jlird^e  feinet  SSaterlanbed  ju  fteQen.  ^e  Sie» 
formation  f)(üti  in  ben  18  ^al^en  feiner  Slbtpefen^eit  ftarie  ^ortfd^ritte  unter  bem  Sbd 
holend  gemacht;  bie SJlei^rjal^l  ber Sleic^at^mitglieber  unb  bon  i^nenbie  l^ert)orragenbfien 

lotparen  i^  offen  beigetreten.  3Rtfyc  \ük  einmal  fc^ien  ed,  old  ob  ber  Jlönig  felbfi 
ben  legten  entfc^eibenben  Schritt  mm  9lnfd^(u^  an  bie  etHingelifc^e  ffird^  t|^un  tooDe. 
SSerl^ängnidDoD  für  ben  ^^ortgang  ber  Steformation  toar  ba$  ^len  eined  (röft^en,  felb^ 
ftönbigen  Sürger^  unb  aud^  ^auemftanbe^  in  $olen ;  bie  n>iUenIofen  porigen  tooren  t)önig 
in  ber  §anb  i^irer  §erm,  fc^lofjen  ftd^  ungefragt  i^nen  an,  ate  biefe  ber  Scef ormation  bei« 

15  traten,  folgten  il^nen  bann  n>ieber  ebenfo  ungefragt  unb  unfelbftftönbig,  ald  biefelbcn  ber 
SSergetoaltigung  ber  ©egenreformation  erlagen.  9[ud  me^  toie  einem  ©runbe  l^e  ber 
bon  @enf  au^el(^enbe  (Sinflu^  befonberd  in  Jtlein)}olen,  bem  ^er)))tmlt  bed  Sonbed,  unb 
in  Sitauen  ben  t>on  SBtttenberg  überholt;  gumal  in  gemeinbebilbenber,  fir(^enregimentlid[fei 
Sejie^ung  tam  er  ^en   eigengearteten  SSer^oltniffen   in  $olen   beffer  entgegen.    (Sabine 

ao  ©laubendlebre  tourbe  t)on  ben  abltgen  ^milien  bed  Sanbed,  ben  3Rännem  fotoo^l  toie 
^auen,  eifrig  gelefen,  totOig  angenommen,  älber  e^  gebrad^  biefen  Stnmgelif^len  an 
einem  ^ert)orragenben  Il^eologen  unb  geiftli^en  Serater,  ber  felber  ein  2anbe«!tnb  unb 
ben  einzelnen  abiigen  ^^rem  ebenbürtig  bie  noc^  ungeorbneten,  auf  lein  reformatorifc^ 
Sefenntni^  fid^  grünbenben  ©emeintoefen  mit  ftarter,   jielbetou^ter  ^onb  )u   leiten  im 

26  ftanbe  getoefen  toäre.  S)ie  toie  bon  ®ott  gegebene,  berufenfte  ^erfönli^Ieit,  unfer  2.,  toor 
nod^  in  bie  ^embe  gebannt.  3)te  im  Sanbe  toeitberbreiteten  bö^mifc^en  Srüber  boten 
@rfa$:  fie  l^atten  ein  Sefenntnid,  feftgefügte  ©emeinbeorbnung,  eine  emft  gel^bl^te 
jlird^enju^^t.  93ei  ber  immer  fül^Ibarer  fu^  geltenb  mac^enben  9lotlage  lam  auf  einer  ae> 
meinfam  befd^idten  S^nobe  gu  Jto}minet  1555   eine  SSereinigung  }u  ftanbe,   in  tDelc^er 

80  bie  @))angelifc^en  Jtlein))olend  ba$  Setenntni^,  bie  ^ir^enorbnung,  h<a  ganje  itin^ 
toefen  ber  bdj^mifc^en  93rüber  annal^men,  mit  il^nen  fup  t)ereinigten.  ^od  ^afyc  hm 
auf  traf  £.  in  $olen  ein.  @r  ertannte  aldbalb,  ba^  bie  SSereinigtmg  übereilt  gefc^ei^ 
unb  ba«  93anb  gelocfert  toerben  muffe.  3)a«  Selenntni«  enthielt  in  feiner  teiltoeife  un« 
beftimmten  ^ffung  gar  manchen  fragtoürbigen  $untt :  in  berDrbnung  bed  ©emeintoefend 

86  toaren  römif^^e  Überrefte,  bie  für  eine  rein  ebangelifd^e  ©emeinbe  tmpaltbar ;  aU  bdktiU 
lic^fter  $unft  mu^te  bem  er))robten  fftrc^enmann  unb  $olen  erfc^einen,  ba^  bie  obcc^ 
Seitung  ber  et)angelifc^en  j^ird^e  Jllein^olen^  fortan  au^er  fianbed  liegen  toürbe.  äßod  2. 
t)orfanb,  toar  teine  Union,  t)telme^r  ein  t)erfu4!ted  älufgel^en  ber  ebangelifc^en  Jtirdj^  $olen8 
in  bie  benn  boc^  fremblänbifc^e  SBrüberunitöt.    Dem  beugte  2.  mit  feper  ßonb  t)or  unb 

40  machte  ftc^  mit  bem  Slufgebot  feiner  lej^ten,  fc^toinbenben  jlraft,  bie  ftd^  in  %nedlanb  unb 
2onbon  fo  glän^enb  betoäl^rt,  baran,  bie  et?angelif4>e  Äirc^e  feine«  engeren  SBaterlonbed  in 
fefter,  f^nobalcr  Orbnung  felbftftänbig  au^jugcftalten  unb  ate  eine  Äir^^e  ber  Steformotion 
mac^tt)oD  ber  römifd^en  Jttrd^e  im  2anbe  gegenüber  ju  fteQen.  2.  tann  nid^t  (d&  9tefor» 
mator  ^olend  bejetc^net  toerben,  bafür  ift  er  auc^  }u  \pät  in  bie  et)angelifd^e  Strömung  bed 

45  2anbe«  eingetreten :  aber  er  l^at  mit  reformatorif^em  ©efc^icf  bie  noc^  ungeorbneten,  teit 
toeife  verfahrenen  Itr^^ltd^en  Ser^öltniffe  in  fefte,  e^t  et)angeltfd^e  Salinen  geleitet  2)eft  finb 
bie  nun  in  ben  Lasciana  mitgeteilten  S^nobal-^rotoIoDe  überjeugenber  Seleg.  3W^ 
aber  aud^  ber  unüberftetgltc^en  @(^toterigfeiten,  mit  benen  er  bi«  jule^t  nad^  jtoei  Seilen 
l^in  ^u  föm)}fen  i)atU,  einmal  ben  i^n  bt«  in  bie  Slrbeit  feiner  $eimat{ird^e  Derfolgenben 

60  Eingriffen  ber  i^m  feinbfeltg  gefmnten  Partei  innerl^alb  ber  9lef ormationdtirc^e  gu  begegnen, 
bie  nid^t  mübe  tourbe,  alle  feine  aufreibenben  93erfuc^e  ju  burc^treujen,  um  bie  @t>ang^ 
lifc^cn  ©robotend  unb  ^reu^en«  )u  einträchtigem  Sorgel^en  toiber  ben  fid^  eben  oufra^oi* 
ben  gemeinfamen  römifd^en  ©cgner  im  Sanbe  ^u  t)eranlaffen.  3)ann  aber  mit  aller  6nt» 
fdl^iebenl^eit  miber  bie  ftd^  im  2anbe  t)erbreitcnben  Unitarier  anjuge^en  unb  ü^nen   bo« 

66  beanft)ruc^te  unb  auc^  angemaßte  ^eimatrec^t  in  ber  et>angelifd^en  Jtird^e  ftreitig  )u  mac^ 
@o  lange  er  noc^  lebte,  ^at  er  mtt  ftarter,  unerbittlicher  ^^ft  biefe  Seite  in  inetn))o(en 
nieberge|alten.  @d  toar  ein  fc^toerer,  für  $olen  unerfe^lic^er  SSerluft,  ald  mitten  in  fob^ 
arbeit  2.  in  5pincjoto  am  8.  S^nuar  1560  mit  ben  ©orten  „9Jlein  ßen  unb  mein 
©Ott"  „aud  biefem  forgenfc^toeren  Seben  in  bie  l^immlifd^e  §eimat  überftebelte",  toie  fein 

60  ^eunb  S^lt)iu«  in  ber  2eid^enrcbe  fein  Sterben  umfc^reibt.  D.  ^alt^n. 


Sotean  Sattmcr  297 

Saiiün,  Sntfe  f.  b.  äl.  Stigmatifation. 

£atrintf4e  8ttelftberff^nngen  f.  93b  III  @.  24—58. 

SatcnrnfUttobeit :  1.  t)on  1123  f.  b.  3(.  (Solist  II.  S3b  III  @.  642,  soff.  3)ie  9e^ 
fc^Iüffe  MG  CI  I  e.  574  5Rr.  401.  —  2.  bon  1139  f.  b.  a.  ^nnoccnj  II.  8b  IX 
S.  111, 16  ff.  3)ic  »cfc^Iüffe  Mansi  XXI  ©.  525 f.  —  3.  bon  1179  f.  b.  Sl.  aiejam  6 
bcr  III.  »b  I  e.  343,6off.  ^ie  »cfc^Iüjfe  Mansi  XXII  ©.  210ff.  —  4.  t>on  1215 
f.  b.  a.  gnnocenj  IIL  »b  IX  ©.  120, 52 ff.  3)ic  »efc^Iüffc  Mansi  XXII  ©.  953 ff.— 
5.  bon  1512—1517  f.  bie  ärt.  Suliu«  II.  93b  IX  ©.  624,i8ff.  unb  2co  X.  alten 
Hardouin  Conc.  Coli.  95b  IX  ©.1570  ff.  Labbei  etCossart.  coli,  concil.  93b  XIV. 

Satintr,  $ugl^,  gefL  1555.  —  iGotimerd   ^erfe,    herausgegeben   x>on    &.  (S.  (Sorrie.  10 
28be,  (Sambribge  1844 f.;  $rebi(tten  mit  fieben^brig  ed.  9)ernf)er  1570  unb  ^othnd  1824. 
Parker   Society   1844.     (£ine  ^udmol)!   l^erauSgeg.    üon  ber   Eel.   Tract   See.  16gl.  gfojer 
3lartyrologiiim ;  Stt^pe,  Memorialfl  III. ;  3)cmQu8,  Life  of  H.Latimer,  1869,  2.  31ufl.  1881 ; 
Dictionaiy  of  National  Biographie  IBb  32  ^rt.  D.  3.  (S^airbner. 

$ug^  Sottmer,  geboten  um^  ^al^r  1480  }u  Xl^urcafton  in  Seicefterfl^ire,  unb  in  bem  15 
Christ's  College  in  Sambribge  gebilbet,  trat  guerft  al^  ](^eftiaer  ©egnet  ber  Steformotion 
auf.    2)te  „neue  £e^'',  bie  ©taforb  bortrug,  empörte  i^n  fo,  ba|  er  Demfelben  nid^t 
nur  m&  ®efu^t  toVb^pxaä^,  fonbem  aud^  feine  ©c^üIer  mit  SBort  unb  ©etoolt  )u  ent« 
)ie^  Juckte.    @r  gelvann  bo^  93accalaureat  ber  Xl^eologie  burc^  eine  fcborfe  3)id)>utation 
gegen  Stelonc^t^ond  Sd^re.  2^.  93i(nel;,  ber  uigegen  toar,  fal^  tool^I,  bo^  Satimer  ed  el^rlid^  20 
meinte,  fuc^  ü^n  auf  unb  bat  i^n,  feine  Seichte  angulören.     S)iefe  mad^te  einen  folc^en 
(Einbnidt  auf  Sotimer,  ba^  er  ftd^  bem  @t>angelium  gutoanbte,  t>\d  mit  93i(ne^  auf  bem 
Jidfc^ü^A"  jufammenlam  unb  mit  il^m  Aran!e  unb  ©efangene  befuc^te.    3Rit  gleichem 
(Sifct  nne  früher  flir  ho&  ^a))fttum  trat   er  jej^t  gegen  ba^felbe  auf.    ®ro^ed  auffeilen 
emgten  feine  „ilarten))rebigten'',  bie  er  an  Sßei^naq^ten  1529  l(^ielt.    93on  ber  böfen  ®e-  26 
too^n^,  bie  ^^^  mit  Jtartenf)}ielen  )u  Derbringen,  na^  er  na^  bem  ©efc^macfe  ber 
S/dt  anbt^,  (fynfdxd^  Jtarten  audjugeben,   loobei  $er)  Xrum))f  fein  foQte.     ©c^on  in 
btefen  $rAigten  [teilte  er  bie  Se^re  t)on  ber  gän}(ic^en  Serborben^eit  bed  SRenfc^en  unb 
ber  Sridfung  burc^  ben  2;ob  S^rifti  auf,  beläm)>fte   bie   ®ott(ofig!eit   ber  ^[nbulgenjen 
unb   bie  Unfic^l^  ber  3^rabition  unb  geigte  bie  9{ottoenbig!eit  ber  93ibelüberfe$ung.  ao 
Dr.  Suden^amd  „Sl^rifltagdtoürfel''  toar   eine  fc^^lvad^e  Sntgegnung.     fiatimer  brachte 
t^  burc^  ferne  toit^ige  tmb  berbe  @rtüiberung  auf  immer  }um  ©c^toeigen.   ©eine  ®eaner 
bKmbten  fic^  nun  an  ben  93ifcbof  t)on  db),  Dr.  SBeft,  ber  i^m  bad  ^rebigen  in  ber^tö« 
ceje  iKibot    SUIein  ber  auguftiner  $rior  93ame3,  beffen  Älofter  ejemj)t  toar,  öffnete  il^m 
ferne  Kxift.    Sine  gro^e  SJcenge  lam  nun  bortl^in,  um  il^n  }u  ^ören,  barunter  auc^  ber  86 
Sifcbof  t>im  @Ü).    5Die  $a))iften  af)peaierten  an  SBoIfeV,  ber  bedl^alb  einen  ®eri(^td^of  in 
^m  ^ielt,  ober  mit  Satimer,  toeld^er  nid^t  blo^  ftc^  felbft  n>o^l  t)erteibigte,  fonbem  auc^ 
feinen  Stiftern  il^re  ®eta>ä]^mdnner  citieren  l)all   fo  gufrieben  loar,  ba^  er  il^m  bie  (Sr^ 
laubntd  gab,  überaO  in  Sngtanb  gu  ))rebigen.   ^m  ^a!f)xt  1580  bi^t  er  Dor  bem  Jlönige 
bie  ^ofmitnrebigten,  Ivoburc^  er  yvS)  beffen  gro|e  ®unft  txtoaxh ;    balb  barauf  belam  er  40 
bie  $fairet  SBeWington  in  Sßiltf^ire.    ©eine  rcformatorif^^en  ^rebigten  riefen  in   feiner 
Pfarrei  p)^  Xufregung   ^ert)or.     @r  tourbe   nac^  Bonbon   citiert,  mit  93ann    bebro^t 
imb  entona  ba  ©träfe  nur  auf  ®runb  ni^^t  gang  Karer  Srllärungen  bur^  be^  Aönia^ 
3)a)tmfMibmft,  ber  an  bem  unerfd^rodenen  mann  unb  begabten  Siebner  feine  ^l^euoe 
^atte.    Sbif  SiDonmerd  @m))fe^Iung  tourbe  er  Raiplan  ber  ^nna  93oIen  unb  1535  Sifd^of  45 
twn  Sßorccfler,  too  er  bie  ©ad^e  ber  Sieformation  eifrig  förberte.    3lber  nac^  t)ier  ^af)xtn 
legte  er  fein  imt  nieber,  toei(  er  bie  fec^  „93IutartiteI''  ni^^t  unterzeichnen  tooQte.    @r 
lebte  nun  in  fKQer  3u^d^e)O0en^eit,   bid  ein  UnfaD  il^n   nötigte,  ^xl^^  bei  einem  2on= 
boner  Xrjt  )u  fu(^    ®arbmerd  ©pione  fanben  il^n  auf.     @r  tourbe  n>egen  äStber» 
ftonbed  gegen  bie  fed^  Srtilel  in  ben  Xotoer  gefül^^rt,  too   er  bid  gu  @bn)arbd  'Xl)xon^  60 
bepetgung  bReb. 

SMe  (Stnlabung,  in  fein  93idtum  gurüdfgule^ren,  lel^nte  er  ab   unb  fdblug  feinen 
ffio^ftf)  in  bem  ergbif^^öflic^en  $alafte  auf.    $ier  eröffnete  ftc^  i^m  ein  grofie^^lb  ber 
Z^fitijäeii    Sr  toar  Sranmerd  93erater  unb   l^alf  ibm  bei  älbfaffung  bed  ^omilienbud^^. 
SDcn  Xrmen   toor  er  ein  SSater,  ben  93ebrängten  ein  93efc^ü6er  unb  für  aOe  ungered^t  55 
(Berichtete  ein  toormer  $ürf)}red^.    ^n  einer  ^^it,  too  bod  9led^t  auf  bad  äSiOtürlic^fte 


298  Satimer  Sotititktttarier 

ge^nb^abt  tpurbe,  lann  ed  nic^t  l^ixl^  genug  angefc^Iagen  n>erben,  bog  ed  toemgftend 
einen  Ott  gab,  tpo  bie  Jtlagen  gel^ört  tperben  mu^en,  unb  einen  3Rann,  ber  ed  tDOote, 
ol^ne  älnfel^en  ber  ^erfon  ©etDaltt^ätigleit  unb  Habgier  ju  jüd^tigen  unb  bie  @ac^  oet 
Unterbrücften  }u  filieren.    Satimer^  ^anjel  toax  ber  l^o^e  Slic^tftu^l,  bor  ben  bie  dttä^üs 

5  Verlegungen  unb  gel^eimen  93ebrüc!ungen  gejogen  tDurben  fo  gut  tpie  bie  @ünben  unb 
Unfttten  ber  Reit.  3Rit  ber  ®eige(  be^  @^otted  unb  bem  ©d^tpert  bed  ©eifted  )ü(^ttgte 
er  bie  ungere^ten  Slic^ter  unb  bie  ,;t)rebigfaulen^'  Prälaten,  ^^rannei  unb  Stufru^  bep 
bammte  er  gleichermaßen.  3Jl\i  übenaf^^enber  @etpanbt^ett  ttmßte  er  ben  etHingeßfc^ 
^e£t  auf  bie  öffentlichen  ßuftänbe  tDie  auf  bad  ^ribatleNh  anjuivenben.    ^ie  Serle^ 

10  l^eit  bed  $a)}fttumd  tonnte  niemonb  fo  an  ben  oranger  fteOen,  toie  er.  2)ie  et>angdif(^ 
SBal^r^eit  toußte  er  and)  bem  Ungebilbetften  na^e  }u  bringen.  Seine  $rebigten  unter» 
l^ielten,  inbem  fte  belel^^rten.  @r  fonnte  2—3  @tunben  fortfsrebigen,  o^e  bie  $öter  ju 
ermüben.  3)er  ^nj^alt  feiner  ^rebigten  tpar  burd^aud  ebangelifc^.  @r  fd^öpfte  unmittelbar 
aud  ber  1^1.  ©c^rift  unb  banb   fic^  an  lein  Softem.     $ie  ebongeltfd^en  ®ntnble^ 

16  ftanben  t^m  fd^on  frül^e  feft.  9iur  in  ber  älbenbma^ldle^re  tpurbe  er  erft  f))äter  (1548) 
burd^  Sranmer  auf  ben  calbiniftifd^en  @tanbt)unlt  gefü^;  bagegen  berhoorf  er  bie  ^rö« 
beftinationdlel^re  unb  bd^axüpuU  bie  Sltlgemeinl^eit  ber  @rl5fung.  ®r  ))rebigte  fe^  bid  in 
SbtDarbd  ^^\t,  gen>öl^nlic^  jeben  @onntag  jitueimal,  teil^  bor  bem  Jtönige,  teiliS  an  anbeten 
Orten.    Unb  gen>iß  ^at  Seiner  ber  Sieformation  fo  ben  Eingang   in  bie  $er}en  b<r> 

ao  fd^afft,  aU  ber  bolföbeliebte  Satimer.  9htr  ju  frü^  tpurbe  feiner  fegendreic^en  X^otigteit 
burd^  SRariad  Xl^ronbefteigung  ein  3^^  defekt.  @r  n>ar  eben  auf  einer  ^rebtgttetfe  bei 
SobenttV,  o,U  et  bot  ben  ©ebeimtat  gelaben  tputbe.  ®t  tonnte  fliegen,  obet  et  tooOte 
nid^t  911$  et  auf  feinet  9tüdEteife  übet  @mit^fielb  lam,  fagte  et:  „Diefer  $la|  ^ 
lange  na^  mit  gefeufj^.''    9lm  13.  @e))tembet  1553  n>utbe  et  in  ben  %otott  abgeffi^, 

25  n>o  et  mit  Stanmet,  Stible^  unb  Stabfotb  in  ein  Ri^"^^  I^^-  .3"!  3Jlät)  1554  tmnbe 
et  mit  ben  beiben  etften  na^!  Oifotb  gebtad^t.  iJ^ad^bem  fte  bie  Untetfo^tift  bon  btd 
ftteng  tatl^olifd^en  9(ttiteln  übet  bad  älbenbma^l  bettoeigett,  toutben  fte  einzeln  bet^dtt, 
Satimet  am  18.  Slptil.  3)et  n>ütbige  ®teid  etfd^ien  im  ©efangenende^  mit  einet  tx>et|en 
untet  bem  Kinn  gebunbenen  SRü^e,  bad  neue  Xeftament  untet  bem  Xtme,  auf  feinen 

80  @tab  gelel^nt.  Qux  Setteibigung  aufgef otbett,  fagte  et :  „^i^  tarnt  nid^t  bi^utieten.  34 
toiQ  meinen  ©tauben  betennen  unb  bann  mögt  i^t  tl^un  ganj  toie  ibt  tooQt''  @t  )og  ein 
S3latt  i^etau^,  bad  man  i^n  abet  nic^t  lefen  lie|.  9Qd  bet  ^tolotutot  mit  ^ogen  auf 
i^n  einftütmte,  ettlärte  er,  baß  er  nur  au^  ber  1^1.  Schrift  anth)orten  tooDe.  3lad^  fafi 
anbertj^albjäl^^riger  toeiterer  ^a\i  tourben  Satimer  unb  Stible^  am  1.  Oltober  1555  toi^ 

86  t)orgelaben  unb  jum  Xobe  Verurteilt,  ^er  16.  Ottober  toar  ber  Xag  ber  Einrichtung. 
93eibe  toutben  mit  betreiben  Jlette  an  ben  Sd^eitetl^aufen  gebunben.  9Qd  ein  angejftnbeter 
SReiftgbünbet  an  SRiblei«  S?üße  gelegt  toutbe,  ttöftete  i^n  Satimet  mit  ben  Sotten:  ,,Seib 
guted  3flutö,  ^Reiftet  9{ible^,  unb  jeigt  @uc^  aU  3Ram\  3ä\x  tooOen  l^eute  mit  ©otte« 
§ilfe  in  ©nglanb  ein  Sic^t  anjünben,  bag  nimmetmel^  betlöfd^en  toitb."    Sotimet  gab 

40  in  toenig  9(ugenblicten  ben  ©eift  auf,  ipöl^tenb  Slibl^  unfäglid^e  3Jlattetn  ju  (eiben  l^äit, 
„^\t  flammen,  bie  fte  umj^üHten,  toaten  ü^  S^tenrleib,  unb  bet  ^oljftoß  bet  Sitiuin^^ 
Jvagen,  auf  bem  fie  ien  ^immel,  füllten." 

SQSa^i^eitdftnn,  9te^tltc^tett,  Übetjeugung^tteue  unb  Unetfd^octenl^t  ftnb  bie  ^eibot* 
ftec^enben  3üge  in  Satimetd  ei^atattet.     SRenfd^enfutd^t   tannU  et  nid^t.     S^etj  unb 

46  @igenfu4!t  n>aten  il^m  böDtg  ftemb.  93ei  bet  entfd^iebenften  Sln^önglid^teit  cat  bie  etxm^ 
gelifc^en  ©tunblel^ten  gab  er,  h)ie  Sranmer,  in  nic^ttoefentli^^en  S)ingen  nad^,  nm  m^ 
bie  Bad)^  ber  Sieformatton  felbft  auf^  @))iel  ju  fej^en.  @r  toar  nic^t  gäel^,  nic^t  einmal 
©riec^if^!  berftanb  er.  3lber  feine  93ibel  l^atte  er  im  jlo^f  unb  ^erjen.  Unter  ben  t>oIb« 
tümltdben  ^tebigetn  in  (Snglanb  nimmt  et  eine  bet  etften  Stellen  ein.     3lm   botf  man 

50  feine  ^etbl^eiten  unb  2Bt|e,  ba$  oft  ©efuc^te  unb  ©ejtoungene  in  feinet  $r^igtioetfe 
nic^t  nac^  bem  3Jlaßftab  bet  @egenn>att  beurteilen.  d.  ®i|0cS  f* 

Satttnbinarier.  —  SB.  3.  (5oni)beQre,  Church  parties,  beutf*  in  Oclaet»  ^rot.  3Ron.- 

®(.,  %pril  1854.  ttgl.  auc^  @cf)aff.  3uft.  unb  $artl)eien  ber  engl.  8tQat^SHrd)e  in  ber  S)f4. 

SeitWr    1856,    9?r.  17 ff.;    (Jf)urtün    Latitudinarians   from   1671   to  1787,    fionbon  1861; 

g5  3-  ivLÜodi,    Rational  theology  and   Christian  philosophy  in  England  in   the  Beyenteenth 

Century,  2  »be,  2.  5lufl.,  (Sbinburg  1873. 

Satitubinarier  ^ie|en  bie  3)2önner  ber  toiffenfc^aftlic^sfreiftnnigen  unb  titt^fic^abulb* 
famen  9li4>tung,  bie  in  bet  5Kitte  be«  17.  gal^ti^unbert«  in  Snglanb  ouflatn.  3;l^ 
^ntfte^ung  l^ängt  mit  ben  tird^lic^en  ©ärungen  bed  tarolinifc^en  3^i^^^  unb  mit  bem 


Satttttbtnarter  299 

tlntfd^tamng  ber  ^^ofopl^ie  gufammen.  Sd^on  bie  bottrineDen  Puritaner  nal^men  eme 
t>enntttelnbe  Stellung  jtptfc^en  ben  jivei  (Sternen  ber  Saubifc^en  @c^ule  unb  ber  fana» 
ttfc^  Puritaner  ein.  W)bot,  Sarlton,  ^aü  u.  a.  tuaren  bie  $au))tt)ertreter  biefer  Slid^« 
tung.  ^ad  ^^erlid^e  toat  il^en  gleid^gtlttg,  ^ömmigleit  ftanb  t^nen  ^öi^er  afö  formen« 
toefnt.  Sei  aDer  Slrü^änglid^Ieit  an  bie  @^ifto))aI{irc^e  (te^en  fte  9(nberdben!enbe  getpöl^ren.  6 
3n  ber  Sel^  gelten  fte  an  bem  milberen  Sabinidmu^  ber  39  ä(rtilel  feft.  älber  ald  bie 
®ein&^tat  gingen  fie  in  bem  ^arteifturm  unter,  ©teic^  bulbfam,  aber  in  ber  Seigre 
abta>eif^mb  tooren  3Jlönner,  bie  ft>ie  $ated,  otoo^l  ©egner  bed  Saubifc^en  ^oc^tird^en^ 
tum&,  m  ber  Seigre  arminianifd^  tparen,  tpte  bie  Saubianer,  ober,  tote  (S^iQinglDortl^,  ba$ 
S^riflentum  auf  toenige  tiefen  tlid^e  unb  l^au))tföd^ltc^  praltifd^e  (Srunblel^ren  jurücffül^en  lo 
tDoDten.  2)te  ftttlid^e  9(uffaf[ung  be$  Sl^riftentumd  mad^te  fxd)  übttf)avcpi  in  bem  ^ampf 
unb  rofd^  SBed^fel  ber  religiöfen  Änfld^ten  unb  ©^fteme  immer  mel^r  geltenb.  9lnberer= 
feitd  tonnte  ftd^  bie  Geologie  gegen  ben  (Sinflug  ber  $l^iIo{o^^ie  nidg^t  abfd^tie^en.  Die 
9teugeftaltung  ber  lederen  burd^  Saco  unb  Sarteftud  nötigte  aud^  bie  Geologie,  ü^ 
®nntblage  aufd  neue  gu  t>rüfen  unb  ftdb  mit  ber  Seiftet  unb  9{atur))^iIofoi)^ie  n>ie  mit  is 
ber  ®ef(9ic^te  au^einanberjufe^en.  @o  lam  in  Sambribge  bie  ))latonifierenbe  ^l^ilofo^l^ie 
unb  I^Iogie  auf,  beren  ©rünber  6ubh)ortl^  (f.  b.  ä.  93b  IV  ©.  346)  unb  SWore  tooren. 
äRomter  biefer  Slid^tung  unb  bie  (Semö^igten  über^au))t  tpurben  bon  ben  ufurt)ierenben 
®etoatten  ber  Sleil^e  nac^  old  ®efmnung«lofe  berbäc^tigt,  unb  toeil  fte  fid^  in  ben  eng* 
l^igen  ©eifk  ber  3rit  nid^t  finben  fonnten,  „Latitude-men"  genannt.  3^^  3^  ^^  ^ 
ifltpilbliS  toorf  man  i^nen  9(rminianidmu$  unb  ^rölati^mud  bor.  SUd  ober  mit  ber 
StefHauration  \xa  ^od^ftrc^entum  toieber  jur  $errf^aft  lam  unb  eine  3Raf[e  ©eftnnung^- 
lofer  in  bie  Jtirc^e  ^ineinftrdmte,  bie  burc^  übergroßen  @ifer  ^ut  }u  mad^en  fuc^ten,  toad 
fte  an  ber  6}>ifIo|oaHtr4e  juöor  gefünbigt,  tourben  bie  ®emäßigten  aU  ^Ilo^ale  unb  Um 
fin^Kd^  t>ecbäd^tigt  S3er  ftd^  bem  ^oc^Ürd^entum  nic^t  beugte  nod^  aud^  mit  ben,  balb  26 
(1662)  au^geftofeenen,  ftrengen  ?ßuritanem  gegen  bagfelbe  fön^fte,  tourbe  al«  Satitu* 
binarier  gAranbmarlt.  „S)iefer  9lame,"  fagt  ein  Seitgenoffe,  „ift  ber  Strohmann,  ben 
man,  um  ettoad  )u  be!ätn))fen  )u  j^aben,  in  Srmangetung  eine^  toirflic^en  ^inbed  auf- 
hellt •—  ein  bequemer  SRame,  um  jeben,  bem  man  übel  toill,  ja  öerunglimljfen."  Unb 
ba  man  biefen  9lamen  auf  Diele  übertrug,  bie  in  gar  leiner  Sejiel^ung  gu  jener  toiffen*  so 
fc^oftlic^freien  unb  bulbfamen  Sichtung  ftanben  ober  in  religiöfer  i^infic^t  inbifferent 
tDoren,  fo  gaß  Satitubinarier  balb  für  gleic^bebeutenb  mit  ©ociniancr,  3)eift  unb  Ät^^eift. 
SBoÄ  nun  bte  eigentlid^en  Satitubinarier  betrifft,  fo  l^ielten  fte  an  ber  fiiturgie,  bem 
SKtu^  tmb  ber  aSwfaffung  ber  engli|c^en  ®j)iffo})alfirc^e  feft.  Sine  allgemeine  Siturgie  ift 
noc^  t^  Snftdbt  nottoenbig  gegenüber  ben  ju  fubjeltiben,  oft  fanatifd^en  ®ebeten  ber  sb 
Puritaner,  bie  bepe  Siturgie  aber  ift  bie  englifd^e,  bie  fic^  burd^  feierlichen  ®mft  unb 
tnnmttt)>e  ginfalt  auöjei^^net.  ®ie  ©otte^bienftorbnun^  l^ält  bie  redj>te  3Witte  jtoifc^en  9lom 
unb  ben  Ä0itt>entiIeIn.  3)ie  ßeremonien  ftnb  für  bie  ©rbauung  förberlic^.  S)ie  bifd^öf^ 
Vtdft  Serfaffung  ift  bie  befte  unb  ed^t  o^joftolifd^e,  gleidb  Jveit  entfernt  bon  ber  3^'*^0' 
benMoft  be«  fc^ottifc^en  ?ßre«b^teriani«mug  unb  ber  2lnard^ie  be«  ^nbejjenbenti^mu«.  io 
9itt9  tn  ber  Sd^e  tootten  pe  an  ben  Sclenntni^fc^riften  ber  englifd^en  Äir^e  feft^alten, 
ba  Wefe  mit  ber  ^I.  ©(^rift  im  SinHong  ftel^en.  4)ie  ©c^riftauglegung  ber  älteften  Äird^e, 
Wefe«  „golbenen  Zeitalter«",  ift  ber  Äoml)a|,  nad^  bem  ftc^  bie  Semunft  richtet.  ®enn 
lef^ere  tp  bie  ®rfenntni«quette  für  bie  geoffenbarte  unb  natürlid^e  SReligion,  bie  beibe  in 
fc^iynfier  Harmonie  finb.  ®ie  ©runble^ren  ber  toa^ren  Sleligion  ftnb :  2Bitten«fretl(^cit,  46 
aDgemetn^  ber  Srlöfung  bur^  ben  ^ob  ei^rifti,  SSoOgenüge  ber  göttlid^ien  ®nabe.  Unb 
bteft  finben  Singang  in  ba«  ßcrj  ber  9Kenjd^en,  bei  ben  einen  burc^  ben  ©c^riftbetoet«, 
bei  oitberen  btm^  ba«  übereinftimmenbe  3^9"^^  ^^  t)rimitiben  Äirc^e,  bei  anberen  burd^ 
t^nfe  Semfinftigleii  Überall  in  ber  Xl^eologic  jeigt  e«  ftc^,  bafe  ba«  ältefte  ba«  SSer« 
nfinftigjle  ifL  92id^t«  ip  toa^r  in  ber  Xl^eologie,  ba«  falfd^  ip  in  ber  $^iIofo))l^te,  unb  go 
umgeleprt.  SBa«  aber  ®ott  jufammengefügt,  fott  ber  5Dlenfc^  ni^^t  fd^eiben.  2)ie  5Ratur- 
ttnnenfdH^en  ^en  einen  ungel^euren  §ort|d^ritt  gemacht  unb  bie  5p](^tIofo})^ie  unb  Il^eo- 
logte  Knnen  nid^t  jurüdEbleiben.  3Bal^re  3Btffenfc^aft  läßt  pc^  ni^t  bämmen,  fo  toenig 
oI«  ba«  ©mtnenn^^t  unb  bie  3Jleere«n>ogen.  ©ie  ip  ba«  befte  !Dtittel  gegen  9lt^ei«mu« 
unb  Slbaglauben.  Ignbem  nun  bie  Satitubinarier  auf  ber  ^ö^e  ber  3S}iffenfd^aft  unb  ^u-  56 
gleich  otif  bem  breiten  Soben  ber  Dulbung  Pelzen,  pnb  pe  m  ber  ^at  „SBagen  3«^^^!« 
tmb  feine  Sletter".  S)urc^  il^r  untabelige«  Seben  leieren  pe  bie  Äird^e  achten,  burd^  i^re 
Sele^rfornleit  tmb  ^ätig!eit  t)erteibigen  pe  biejelbe,  burc^  tl^re  Mäßigung  lönnen  pe  bie 
Stff enter  geftmmen,  burc^äccomobation  ba«  größtenteil«  })rc«b^terianifc^  gcfinnte  aSolI  in 
bie  ittxi^  gttrficfbringen,  bie  fonp  eine  ®efeD{c^aft  t)on  ^irten  ol^e  ^erbe  werben  n>ürbe.  oo 


300  Sotititbinarttr  Satornn«,  9artl^o(omaud 

3&oUk  man  bie  Satihtbinarier  oudfto^en,  fo  tpürbe  nur  ein  ßöufletn  bleiben,  bad  ben 
5ßa))iften  ober  5ßre^b^terianem  jum  SRaube  toerben  mü^te.  —  @o  fc^ilbert  ein  S^i^^noffe 
ben  S^ratter  unb  bie  Stellung  ber  Satitubinarier  in  ber@<l^rift:  „A  brief  account  of 
the  New  Sect  of  Latitudinarians  1662.    @d  ift  merltoürbig,  tpie  biefe  @(^ule  au|er 

6  ben  ^^ilofo^l^if^^en  Slnfd^auungen  ber  ^Ät  nod^  biele  Saubifc^e  ^been  in  ftcy  aufgenommen 
l^at.  3luf  einer  fo  breiten  ©runblage  toar  9laum  für  bie  Derfd^iebenften  Snfic^ten. 
3Bä]^enb  bei  Subtoortl^,  SBI^ic^cot;  äßort^ington  unb  SBiltind  bie  )>l^ilofo))l^tf(l^e  Stuffoffung 
borl^errfc^te,  f^^loffen  fi^  93umet,  XiQotfoh,  SB^ifton  unb  @)>encer  mel^  an  bie  jtird^ 
leiere  an.     Sur^  (the  naket  Gospel   1690)  ertlärte  alle  c^ftlid^en  Se^en  au^er  ben 

10  gkoei  t)on  ber  9u^e  unb  bem  ©lauben  für  unlDefentlid^,  unb  bedl^b  Don  gurien  (la 
Religion  du  Latitudinaire)  angegriffen,  berfud^te  er  t^ergeblic^  in  feinem  Latitudi- 
narius  orthodoxus  1697  feine  ^ec^tgläubigteit  f^u,  beiveifen.  ^ie  Serfuc^e  ber  iBatitu* 
binarier  (1689—1699),  bie  ?ßre^b^terianer  unb  @})ifIot)alen  ^u  bereinigen,  f erlügen  fe^L 
^er  Satitubinoridmu^  n>urbe   ft)äter  immer  mel^r  gum  gnbtfferentidmud,  unb  trat  nur 

16  t)erein)elt  in  tl^eologifc^en  3Berten  l^erbor.  (Srft  in  ber  3Ritte  bed  neunjel^nten  ^dfu 
l^unbertd  ift  l^au^tfäd^lid(|  burd^  ben  @influ^  ber  beutfc^en  Geologie  eine  ö^ic^e  freiere 
Sichtung  toieber  aufgelommen  —  bie  Broad  Church  Party  —  old  beren  Se^rfinber, 
unb  Sßertreter  @.  Solertbge  unb  Xl^omad  Slmolb,  ^are,  ^Batl^lel^,  3Raurice,  ftmgdlel;, 
Stanley,  Son^beare  unb  ßolenfo  )u  nennen  ftnb.  H,  &di9ttL  f« 

20  Sotomnd^  Sartl^olomäu^,  tatl^olifd^er  i^umanift,  aefi  1570. —  fi.  9loerf4 
Barth.  L ,  le  premier  professeur  d'<^loquence  latine  au  coll^  royal  de  France,  in  Bulletin 
de  TAcadtoie  royale  de  Belgique,  3.  s^rie.  Tom.  XIV  1887,  p.  132—176;  bcrf.  in  Bio- 
graphie nationale  de  Belgique,  Tom.  XI,  Brux.  1890/91,  @p.  424— 434;  %.  3.  oon  berVa, 
Biographisch  Woordenboek  der  Nederlanden  XI  fHaarlem  1865),  191  ff.  (3n  blefen  ^Irbctten 

25  ftnbet  man  aud)  bie  öltere  fiitteratur  uerj^etdjnet.)  ^er  9lrti(el  üon  gf.  3E.  ftraud  in  9b9 
XVIII,  14  giebr  nur  mieber,  tuaS  bei  ben  Q^efc^ic^tfc^reibern  beS  (Sr^ftiftd  $rier  93rou)er,  ^ont* 
^eimimb  a.WarjJRicfttigcg  unb  Salf^c«  über  fi.  berietet  ift.  .&.  Sdjrciber,  ®ef(6.  b.  «Ibert» 
fiubmigS'Uniuerfität  ju  grciburfl  II  (1859),  @.  194  ff.  ©ein  ©rief  an  aRelandjt^on  Mm 
24.  3uni  1533   ift   oon  ®.  Äaipcrau  in  @tS?  1902,   140  ff.  Dcröffcntlicftt.     «Rotigen  au»  ben 

80  gfreiburger  UniuerfttätSs^lften,  und  mitgeteilt  burd)  $rof.  Dr.  ^.  SRa^er  bafelbfi. 

Sartl^olomöud  S^inrici,  etned  @teinme^en  @ol^n,  bal^er  im  ^^reiburger  $romotion^ 
buc^  ber  Slrtiftenfalultät  1516  aU  Henrici  Lapicide,  1517  aber  Sart^.  Satomud  ge» 
nannt,  tourbe  c.  1485  in  älrlon  im  Su^emburgifd^en  geboren  (ba^er  oft  Arlunensis  ge» 
nannt).    @r  n>ar  ein  Sanb^mann  unb  S^genbfreunb  bed  f))äteren  laiferlicben  3$i}elan)letd 

86  ^att^iad  $elb.  9Bo  er  nac^  bem  9efu^  ber  Schule  ber  Sßoterftabt  feine  Stubien  begann, 
ift  unbelannt  (in  Iricr?);  na(^bem  er  am  10.  3Kärj  1516  (nid^t  fc^on  1514  ober  15, 
toie  SRoerfc^  annimmt)  in  greiburg  immatrifuliert  morben  mar,  tourbe  er  bereit«  in  an- 
garia  Crucis  [28.  @e))tember]  b.  %  Baccalaureus,  unb  in  vigilia  Omnium  SS. 
1517  Magister.    3lm  13.  S^^nuar  1518  tourbe  er  Mag.  legens,  betrieb  aber  auc^  bo^ 

40  neben  9le(5t«ftubien  unter  Ulric^  3^Pwö-  1^20  mürbe  er  conventor  einer  greiburger 
Surfe,  1521  begleitete  er  @radmu«  auf  einer  Steife  in«  ßlfaft.  gm  ©e^jtember  1522  ift 
er  in  Xrier  unb  l^ilft  bie  @tabt  gegen  Sidingen  berteibigen.  @c^on  l^atte  er  [t^  äü 
$oet  betannt  gemad^t:  ijunä^ft  burd^i  eine  (Slegie  auf  Itaifer  3Ra£imilian«  %oh 
bürg  1519;  neugebrudft  in  ®im.  Sc^arbiu«,  Oratt.  funebres,  Friincof.  1567  I,  59ff.), 

45  bann  burc^  feine  Epistola  Austriae  ad  Carolum  Imperatorem  (bom  1.  ganuor 
1520,  gebru(ft  Strasburg  1521),  mit  ber  Sitte  an  ben  Äaifer,  fc^leunigft  in«  Sonb  feiner 
Säter  5u  fommen,  unb  lebl^aften  SlnRagen  gegen  ben  £u£u«  unb  bie  ©elbgier  9u>m«. 
92un  befc^rieb  er  auc^  ben  5trteg«5ug  unb  ba«  @nbe  Sidingen«  (Mn  1528,  au(^  bei 
©d^arbiu«,  Scriptores  rerum  Germ.  1574  II,  1019—1030).     ®in  Srief  an  feinen 

60  Seigrer  3^r^"^  (^^^  SRi^Öfl^/  Epistolae  Zasii  p.  509  ff.)  —  h)ol^l  t?om  28.  Dejember 
1525,  nic^t  1530,  h)ie  Woerfd^  annimmt,  ba  bie  ©d^rift  be«  S^fm^,  beren  (Srfc^einen  2. 
ertoartet,  bie  erfte  (nic^t  bie  jtoeite)  9(u«gabe  ber  Intelleetus  singulares  (1526)  getuefen 
fein  h)irb  —  geigt  un«,  toie  il^n  ber  Sciebergang  ber  Uniüerfttöten  toölf^renb  ber  erfien 
3a^re  ber  religiöfen  (Srregung  in  35eutfcblanb  beunruhigte.   3^^^^  ertoarb  ftd^  ba«  3Ser» 

66  bienft  um  S.,  i^n  bem  gelehrten  Serufe  mieber  ju  gehjinnen,  bem  er  fc^on  ben  9tüdEen 
Ul)xm  toollte.  Semunbemb  l;atte  £.  feit  1521  Don  fem  ^er  auf  ^elanc^t^on  geblUIt, 
junäc^^ft  ol^ne  ben  3Jlut  p  brieflicher  3lnnä](^erung  ju  finben;  bann  fyittc  er  1527  ge« 
fdbtieben,  aber  leine  9lntn)ort  erhalten,  DteOeic^t  l^atte  ber  Srief  jenen  gar  nic^t  erreUj^ 
(©tÄ  1902,  142).    3instoif(^en   toar  er  bon  Irier  nac^  Äöln  al«  Selber  ber  ©iolettf 


Satomnd,  Sart^otomäud  301 

unb  Sfl^etml  gqogen;  er  gaB  l^iet  bad  2d)xh\xd)  Summa  totius  rationis  disserendi, 
Goloniae  1527  u.  b.,  I^aud,  begann  and)  mit  ber  (Sbitton  lommentiertet  älui^aben 
dcetomonifd^er  @<^ften  (pro  Milone,  Colon.  1528).  9(m  Sl.l^uK  1530  n>urbe  er  in 
SötDcn  tnfb^iert  ofö  Se^rer  am  CoUegium  trium  linguarum ;  balb  aber  folgte  er  einem 
9hif  an  bte  Trierer  ^oc^fc^ule,  n>o  er  bie  Krönung  ^binanbd  jum  römifd^icn  Jtönig  be=  5 
fang  unb  auf  ben  %c>t)  bed  (Srjbifc^of^  Slic^rb  t?on  ©reifentlau  bie  ©ebäd^tnidrebe  l^ielt, 
bie  auc^  ben  ^L  Stml  }u  Xrier  l^od^  )}reifi  (1531,  bei  ©ci^arbiud,  Oratt.  funebr.  XU, 
117  bff.)-  3lw  28.  3uni  1531  h)ar  er  auf  ber  Steife  nad^  granlreidSi  —  feine  Trierer 
X^ättglett  toar  alfo  nur  Don  lurjer  S)auer  getoefen.  2Bir  finben  ji^n  nun  in  $ari^  am 
CoUegium  S.  Barbarae,  beffenfieiter  bamald  9[nbread  ®ot)eanud  n>ar,  bem  er  17.  @eps  10 
tentber  1533  eine  neue  älu^abe  ber  3)ialefoil  bed  Siubolf  9(gricola  toibmete.  Sin 
€c|fretben,  ba^  er  l^ier  am  24.  ^ni  1533  an  SRelanc^t^on  nd^tete,  mit  toarmem  ^unb« 
fd^afttengebot  unb  ^{acl^ricl^ten  über  momentane  @rfo(ge  (Serarbd  9louf[eld,  bed  Seid^t^ 
kMterd  ber  itönigin  3Rargarete  D.  Stabarra,  jeigt,  toie  lebl^aft  er  ftcb  ]e^  für  bie  ebange« 
lifc^  @a(^e  intereffterte.  Seabftd^tigte  boc^  bie  Sfönigin  felbft,  i^n  fomie  ^o^<um  Sturm  15 
an  bie  bon  il^  gei)Iante  ^öl^^ere  <^ule  in  ^^m  ju  berufen  (bgl.  fRiaUQnCt)tV  IX,  304). 
3tt  Beginn  bed  ^afyc^  1534  erhielt  er  ben  £e^rftul(^I  ber  (Sloquenj  an  bem  bon  ^an^  I. 
gegtünbeten  CoU^ge  royal.  ^e^t  erfd^^ien  feine  Oratio  de  studiis  humanitatis,  $arid 
1534,  unb  feine  Oratio  de  laudibus  Eloquentiae,  $arid  1535 ;  in  rafc^er  §oIge  gab 
er  )a^Irei<^e  @<^ften  Sicerod  mit  feinen  älnnotationen  l^eraud  (fi)äter  bereinigt  in  ber  ao 
(StcerO'Xuägabe  bed  Igol^.  O))orinud,  Basileae  1553  unb  i^on  1574.  (Sebic^te  anf^anjl. 
(mit  bem  äBunfd^,  ba^  er  f\d)  mit  bem  ^ifcr  audfdl^ne,  unb  bann  betbe  bereint  ben 
Surfen  bertreiben  mik^ten)  unb  an  Jtarbinal  bu  93etla^  gehören  gleic^fafö  biefer  ^At  an. 
9ui^  mit  ^off.  Sleiban  fc^Io^  er  in  ^rid  l)ttiVLd)t  ^reunbfc^ft.  1539  nal^m  er  Urlaub 
ju  einer  Steife  nac^  Italien,  boQ  Verlangend,  9lom  rennen  ju  lernen ;  über  SSenebig  jog  25 
er  nac^  Sologna,  too  er  tba^rfc^einlic^  Dr.  jur.  tourbe.  SSon  |ier  fcbrieb  er  am  2.  ^ruar 
1540  an  3o|.  @turm  in  Stra^urg,  ber  einft  in  fiötven  fein  Sdpüler  gen>efen  unb  in 
$and  \fyan  fceunbf^^aftlid^  naift  geftanben  l^atte,  de  dissidio  periculoque  (^ermaniae: 
Setlegung  ber  lir^flid^en  @trettig!eiten  ift  nötig,  um  einträd^^tig  ber  Xürfengefal^  begegnen 
}u  I&nnen.  @turm  antn>ortete  unb  beröffentlic^te  ben  93riefn)e^fel  in  ben  Epistolae  duae  ao 
duorum  amicorum,  B.  L.  et  Jo.  Sturmii,  Strasburg  1540  (unb  mieber  1567). 
Sim  9o(ogna  reifte  er  im  ^l^ial^r  n>eiter  nad^i  9tom.  ^ie  ^c^t  feinet  römifc^en 
Sufent^teS  fa^e  er  l^emad^  in  $arid  in  bad  bürftige  ©laubendbetenntnid  jufammen: 
humana  omnia  mortalia  atque  caduca  esse,  sola  recte  facta  mauere  nosque 
immortales  effioere  (f.  feinen  Steifeberid^t  in  %,  @d^ott,  Itinerarii  Italiae  Germa-  35 
niaeque  libri  IV,  Coloniae  1620  im  2.  S3ud^,  bef.  @.  148).  ^ad  ertlärt  auc^, 
taNmtm  er  tro^  borübergel^enben  gntereffeS  für  bie  St^ormation  il^r  fid)  nic^t  angefd^^loffen  ^t. 
9uf  ber  Slüdreife  bertoeilte  £.  etlid^e  ^ge  in  Strasburg  in  freunbfc^ftlic^em  SSerlel^  mit 
9u^  unb  bef[en  %tunben,  toar  aud^  mit  i^nen  in  i^^S^^^^u  ^^^^  äteligion^efbröc^ 
oidDefenb,  bgL  S.  $afU>r,  9leuniondbeftrebungen,  ^eiburg  1879,  6.  238.  1542  rief  il^n  40 
fein  alier  ®önner,  2ubn>ig  bon  $agen,  je^t  Sr^btfc^of  bon  Xrier,  ju  ftc^  unb  machte  ü^n 
|inn  furffirftfic^  9lat  mit  bem  Sol^nft^  in  Noblen}.  $ier  bermö^lte  er  fic^  mit  3lnna 
l^ugltnd.  Der  Jtölner  Steformationdberfud^i  beranla|te  i^n  }ur  Stontroberfe  mit  93u^er. 
tiefer  ^e  fic^  15.  ^uni  1543  brieflich  an. i^n  gemenbet,  um  fein  Urteil  über  3Jleland^s 
i(|ond  Schrift  gegen  ben  Kölner  Jllerud  ju  )}rob03ieren.  £.  anth)ortete  12.  ^uli  1543 :  er  45 
fei  nidft  X^ologe,  aber  gu  ben  feit  ^a^ren  3)eutfd^lanb  erregenben  Streitfragen  bürfe  er 
tooljl  ouc^  feine  S^einung  öu^ern.  3)^tt  Unred^t  n>erfe  93u|er  i^m  bor,  atö  toenn  er  ie^t 
feine  Sleinun^  geönbert  ^abe:  er  ^abe  niemals  lut^erifc^  gelehrt.  Übrigend  möge  Su^er 
biK^  lieber  mit  2;i^eologen  ftreiten,  nid^^t  totber  einen  in  alio  campo  versautem,  darauf 
ertoiberte  biefer  erft  für»  (11.  Sluguft  1543),  bann  in  auöfü^rlic^er  ©treitf^^rift  (aJlärj  50 
1544).  Sgl.  Respousio  B.  L.  ad  epistolam  quaudam  M.  Buceri,  Colouiae  1544, 
unb  9u(erd  Scripta  duo  adversaria,  Argeut.  1544.  9lun  relativierte  2.  in  audfül^r« 
Dc^  ®egenrebe:  B.  L.  adversus  M.  Bucerum  de  coutroversiis  quibusdam  . . . 
altera  plenaque  defeusio,  Colon.  1545.  ^n  ben  Streit  über  Slbenbma^l,  ^eiligen» 
oimifiing  unb  (Sölibat  ift  nun  aud^i  bie  ^nbamentalfrage  de  autoritate  ecclesiae  \)\n>  66 
toigejogen.  3iad)htm  er  fd^on  1544  unb  45  feinen  Jturfürften  auf  bie  9teic^^tage  nac^ 
Eier  unb  ffiormd  begleitet  ^atte,  tourbe  er  ald  tat^olifc^er  ® ele^rter  au^!  jum  äteligion^^ 
in  Slegen^burg  berufen.  2Ba](^rfc^einlid^  mar  er  ber  SBerfaffer  ber  anonymen 
Actorum  coUoquii  Ratisboueusis  uarratio,  ^ngolftabt  1546,  bie  Soc^löud 
bann  tnd  3>eutf^  überfe^te  (bgl.  %  $aulu^,  30^.  ^offmeifter,  Jreiburg  1891,  @.  211f.;  eo 


302  2atomM,  Sartl^olontäuS  Satomtti»,  Sacobud 

3W.  Bpaf)n,  3.  Sod^läu«,  Serlin  1898,  ©.  313).  1548  fott  i^n  Äaifer  ftorl  jum  Slot  m 
ffammergerid^t  in  @}}eier  gemad^t  ^aben.  1557  finben  h)ir  il^n  tDteber  auf  bem  Sldigtond» 
gef}}räcl^  in  98orm^.  3Man(fytf)on  nennt  i^n  je^  ben  Ao^^oda^doiloc  sui  agminis, 
quem  existimo  in  prooemiis  magis  disertum  fuissei  quam  erit  in  dogmatibus 

6  (CR  IX,  374).  3)cn  SSottoürfen  öon  reformierter  Seite,  bafe  bie  Äat^olifen  ba«  ®e= 
fpräd^  d^f^^d^  Ratten,  anttoortete  er  mit  einem  Dialog  ,;@}}altun0  ber  älug^burgifc^ 
jtonfeffton  burd^  bie  neuen  unb  ftrettigen  X^eologen'^  S)er  $aftor  ber  fkmanbtf^en 
©emeinbe  gu  granffurt  a.  3Sl,,  ^etru«  3)at^enu^  (bgC.  Sb  IV  495),  griff  il^n  barauf  an. 
@r   antwortete  in   feiner  Responsio    ad  impudentissima  convitia   et   calumnias 

10  P.  Datheni,  1558,  unb  abermals  Ad  furiosas  P.  Datheni  criminationes  et  absurdas 
eiusdem  de  Verbo  De!  et  Scriptura  . . .  sententias,  1560.  2in)^if4^  ^i'^  <^ 
aud^  ber  Sutl^eraner  ^atob  9(nbreae,  bamol^  @tabt}}farrer  in  &'6ppmQm,  ber  in  äBorm^ 
ben  ©öangelifd^en  al«  ©d^riftfü^rer  gebient  l^atte  (CR  IX,  394),  mit  il^m  in  Äonflilt 
gefommen.    @r  batte  ein  3Qort  bed  £.  aud  ber  Responsio    gegen  9u|er   aufgegriffen 

15  unb  gebranbmartt,  in  bem  jener  fagt :  bie  öltefte  Stird^e,  cum  adhuc  rudis  esset,  ^|abe 
ängftlid^  an  beiberlei  @eftalt  feftgel^alten,  bid  fie,  docta  a  Patribus,  erlannt  l^abe,  bo^ 
für  bie  Saien  auc^  eine  ©eftalt  genüge,  darauf  fd^rieb  £.  gu  feiner  Slec^tfertigung  De 
docta  simplicitate  primae  Ecclesiae,  Colon.  1559,  unb  fud^te  nun  bad  „cum  adhuc 
rudis  esset"  abfd^tDöc^enb  gu  erläutern:   ed  fei  ja  boc^  bie  ftinbl^ett^geit  ber  ftird^e,  bie 

20  3^t  ber  incunabula  unb  rudimenta,  getoefen.  —  Jlurfürft  ^atob  t)on  ®1$  machte  ben 
^od^betagten  nod^  1569  gum  erften  Seifiger  feinet  ©eric^t^^ofed,  aber  am  3.  gan.  1570 
ftarb  er  gu  Jtoblenj.  —  SSon  nid^tt^eologifc^en  $ubliIationen  aud  ber  ^zxt  feiner  ÜberfiebeUmg 
nac^  ^eutfc^lanb  j^nb  feine  älu^gabe  ber  ^ialelttl  be^  Georgius  Trapesuntius  (Colon. 
1544  u.  ö.)  unb  bie  Notae  in  Comoedias  Terentii  ($arid  1552)   ju   nennen,   beibe 

25  entftammen  toobl  aber  aud  ber  3^^^  f^^er  £e^rt^ätigleit  in  $arid.  @in  ftoSea^eft  fetner 
$arifer  ^oraj^^orlefungen  t)on  1534  betoa^rt  bie  Seibener  Uniberfitöt^Sibliot^. 

9.  ftawttmu 

2atomu»,  gflcobu«,  fat^olifc^er  Ideologe,  geft.  1544.  —  Opera,  Lovanii  1550  fol; 

F^Iix  N^ve    in  Biographie   nationale  de   Belgique,    Tom.  XI  434^.  (Bruxelles   ISQOjQl); 
sofiut^erg   $B^,   $Beimarer  ^udgabe  VIII,  36 ff.;    an  beiben  Orten  ift  bie  filtere  fiitteratur 
Derjeic^net. 

^alob  3Raffon,  gräciftert  Satomu^,  c.  1475  in  Sambron  im  ^ennegau  geboren, 
ftubierte  in  $arid,  too  er  Mag.  artium  tourbe;  barauf  nac^  Sötoen  berufen,  knurbe  er 
1505  Seiter  be^  t)on  äSan  StanbondC  gearünbeten  $aufe^  für  arme  @tubenten  (Domus 

85  Standonica).  ^n  bie  bortige  Slrtiftenfatubät  tDurbe  er  1510  xt^ipitü,  am  19.  äCugu^ 
1519  tourbe  er  Dr.  ber  X^eologie.  6ine  ber  orbentUc^en  $rofeffuren  ber  X^Iogie 
tDurbe  t^m  jebod^  erft  1535  übertragen,  mit  i^r  jugkid^  erhielt  er  ein  ftanonilat  cax  ber 
$eterdlird^e  bafelbft.  1537  beteibete  er  bad  Steltorat;  am  29.  3Rai  1544  ftorb  er  unb 
fanb  feine  9lu^eftätte  hinter  bem  ^oc^altar  ber  genannten  Stift^Ürc^e.  Selonnt  getoorben 

40  ift  er  t)or  aQem  burd^  feine  Stampfe  mit  Sra^mu^  unb  Sut^er.  1519  ^e  er  t)on  ber 
&d[»rift  bed  £ei))^iger  ^umaniften  $etru^  9)iofeIIanu^  I>e  variarum  linguarum  oog- 
nitione  paranda  (1518)  9ln(a^  genommen,  formeQ  gegen  biefen,  fad^Iid^  gegen  Srodmud 
unb  ba^  unter  beffen  tJürforge  in  Sötoen  errid^tete  Collegium  trilingue  einen  SEBomruf 
ergeben   ^u   (äffen:   De  trium  linguarum  et    studii    theologici   ratione  dialogus 

45  (9lntmer))en  1519,  in  ben  Opp.  Sl.  157^  ff.).  (Sra^mu^  ^atte  umge^enb  geanttnortet  in 
feiner  Apologia  refellens  suspiciones  quorundam  dictitantium  dialogum  D.  J. 
Lat.  .  .  conscriptum  fuisse  adversus  ipsum  (Opp.  Erasmi,  ed.  Lugd.  Bai 
IX,  79  ff.),  ©ein  9lame  toar  bamit  für  ben  großen  Ärei^  ber  SSerel^rer  be«  ©radnuiä 
ald  ber  eined  ^inbe^  ber  neu  aufblü^enben  ^iffenfd^aften  gebranbmorlt,  toenngleic^  biefa 

60  bid  ba^in  über  bei^  neuen  ©egnerd  ©aben  nid^t  ungünftig  geurteiU  ^atte.  ^je^t  f(^üttete 
ber  junge  2Bi(^e(m  ?2efen  in  feiner  Epistola  de  magistris  nostris  Lovaniensibus 
(in  Opp.  Zwinglii  ed.  ©d^uler  unb  Sc^ult^  VII,  36  ff.)  ein  reid^lid^e«  9Rafe  fj)dttif4fer 
9Serac|^tung  über  i^n  au^ ;  Dgl.  auc^  ^^elanc^t^ond  Bpoti  über  2.  Corp.  Ref.  I,  316f. 
^ngtoifd^en  l^atten  bie  Sömener  X^eo(ogen  ftc^   )um  Jtam))f  gegen  Sut^er  gerüftet  uiü>  im 

55  ^unbe  mit  ben  Jlö(nem  i^re  Condemnatio  doctrinalis,  qua  condemnatur  doctrina 
M.  Lutheri  im  gebruar  1520  erfc^einen  lajfen  (SutM  20338  ffl»  VI,  176  ff.)  ©ibe 
SKärj  beöfelben  ^a^re^  l}attc  Sut^er  f(^^lagfertig  barauf  geantwortet  (ebenb.  VI,  181  ff.). 
£atomud  befc^lo^,  ie6t  in  t)oIIer  tl^eo(ogifd^er  Lüftung  bie  @^re  ber  Sötoener  X^logen 
)u  tpai^ren;   am   8.  mai  1521  erf^ien  in  3lntto?er)>en  feine  ©egenfc^rift :   Artioulonun 


Satomttd,  Socobud  Sattt^fittttiftß  303 

doctrinae  fratris  M.  Lutheri  per  theologos  Lovanienses  damnatorum  Ratio  ex 
sacris  liteiis  et  veteribus  tractatoribus  (in  feinen  Opp.  S3I.  1  ff.)-  Sut^er  ^otte 
bcreitd  bor  fetner  älbreife  nad^  38ormd  t)on  bem  fßoxf)abm  bed  £.  ftunbe  erl^olten;  fd^on 
am  26.  3Rax  fyüit  er  ein  ®}ctmplax  ber  fertigen  Sd^rift  in  ^änben  unb  befc^(o^,  ol^bolb 
px  onltDorten.  Xuf  ber  SEBartburg  fehlte  i^m  größerer  litterarifd^er  9l))))arat;  um  fo  ener-  6 
gifc^  bertiefte  er  fic^  in  bte  Sibelle^re  t)on  Sünbe  unb  ©nabe  unb  t)oQenbete  bereite 
im  ^S^nx  bte  für  feine  Sted^tfertigungdlel^re  bebeutfame  Entgegnung,  bie  jeboc^  erft  im 
September  fertig  gebrudCt  toar:  Rationis  Latomianae  pro  incendiariis  Lovaniensis 
Scholae  Sophistis  redditae  Lutheriana  Confutatio  (989(VIII,  43  ff.) —  ,,m^^^' 
diarii'^  nannte  er  bie  Sötoener  mit  9lnf))ielung  auf  bie  bort  gefc^e^ene  ö^entli^e  SSer»  lo 
bremiung  feiner  Schriften.  Sotomud  fc^tDieg  junäd^ft.  @rft  im  Snörj  1525  t)oIIenbete  er 
eine  6<9nft  De  primatu  pontificis  adv.  Lutherum  (Opp.  S3l.  56ff.).  ^m  3Rai  be^ 
felben  Igal^red  ging  feine  @treitfc^rift  gegen  Oetolam))ab  unb  Seotud  SR^enanud  De  con- 
ifessione  secreta  (Opp.  9(.  98^  ff.)  au^.  (Srfterer  antwortete  in  feinem  Elleboron 
pro  Jacobo  Latomo,  Safel,  Sluguft  1525,  unb  erinnerte  ii^n  ^ier  an  bie  Slbfertigung,  i6 
bie  er  bon  Sra^mud  unb  t)on  Sut^er  erhalten  b<t^^*  3)<^  trieb  i^n  bann  no^l  gu  einer 
Jm^paUtm  Responsio  ad  Lutherum  (Opp.  S3l.  54  ff.),  bon  ber  felbft  92^t)e  urteilt, 
ba|  fie  bebeutungdlod  fei,  unb  )u  ber  nic^t  minber  t)erfpäteten  Apologia  pro  dialogo 
de  tribus  Unguis  (Opp.  S3l.  169  ff.).  Sutl^er  l\^  jene  Responsio  ebenfo  toie  ft)(itere 
Angriffe  unbeonttportet.  UnboQenbet  blieb  eine  @treitfc^rift  gegen  bed  @radmu^  De  sar-  20 
denda  Ecdesiae  concordia.  @d  folgte  nod^  eine  Streitfd^rift  gegen  ben  englifc^en 
9tbelüberfe$er  unb  Steformator  9B.  ^^nbol,  fotoie  älb^anblungen  über  einzelne  Aontro« 
bcrde^ren  (®(auben  unb  98erte,  ^dn^^gelübbe,  ^^ürbitte  für  SSerftorbene,  ^eiltgenanrufung, 
äteliquten,  Silber  u.  cl).  ^m  ^cd^^  feinet  Xobed  beröffentli^te  er  noc^  Duae  epistolae, 
una  in  libellum  de  ecclesia,  Philippo  Melanchthoni  adscripta ;  altera  contra  26 
orationem  factiosorum  in  comitiis  Ratisbonensibus  habitam  (ä(nth)er)>en  1544). 
Sine  ©(^rift,  bie  Ttüand^ti^on  1523  gegen  i^n  plante,  ift  nid^t  erf^ienen  (t)gl.  Epp. 
Schwebelii  p.  43).  Sut^er  gebadete  feiner  noc^  einmal  in  ber  unt)oQenbet  gebliebenen 
Streilfc^ift  gegen  bie  Sdtoener ;  er  nennt  i^n  in  älnfpielung  cca  ein  befannted  äBort  bed 
$ora)  ben  magnus  maximo  promissor  hiatu  (f.  ®.  Suc^tDolb,  Sut^erd  le^te  Streit«  so 
fc^rift,  Setpjig  1893,  6.  9).  3)ie  Sluffc^rift  auf  feinem  ®rabe  rü^mt  i^n  ald  emen  pro- 
fessor  clarissimus,  qui  haereses  contra  catholicam  fidem  suo  tempore  grassantes 
doctrina  et  libris  editis  profligavit:  vir  sane  multae  eruditionis,  pietatis  ac 
modeetiae.  dagegen  loar  er  ben  ebangelifc^  ©efmnten  ber  %\fpu^  ber  „älserblenbung, 
Unvernunft  unb  ©ottloftgleit'^  ^atte  i^n  bo^  ber  gel^a^te  laiferltd^e  Jle^erric^ter  in  ben  86 
9tteberlanben,  ^an)  bon  ber  $ul^,  1522  aldbolb  ald  t^eologif d^en  Berater  an  feine  &äit 
berufen  (ber  ^oo))^d^effer,  @efc^.  ber  Steformation  in  ben  92i^erlanben.  3)eutfd^e  älui^abe, 
£ci)>}i0  1886,  6.  136  f.)  unb  bi$  an  fein  @nbe  toirhe  er  bei  S^e^erprojeffen  mit,  t)gl.  bie 
abf(^ige  Sborolteriftit,  bie  ^and^o  be  @n^inad  in  feinen  ^enttoürbigleiten  (beutfd^ 
t>€n  ^ebtarig  Sd^mer  1893,  @.  18  ff.)  in  biefer  Sejie^ung  t)on  i^m  entworfen  f^al  ^n  40 
elKtngelif^  Jlreifen  tooSte  man  auc^  bon  ben  ®en)iffeniSqualen  unb  ber  ^er^toeiflung 
loiffen,  bie  ilj^n  angeftd^td  bed  Xobed  befallen  i)ättm  (ebenb.  @.  19,  unbSlaubiud  @enar« 
dcaa,  Hist.  de  morte  J.  Diazü  1546,  p.  12  ff.).  &.  ftameratt. 

SmbUttenfeft.  —    8ur  ßittcratur  »gl.  «b  VII  @.  19,  4—15 ;  ^oju  g.  ©.  a)a(^«, 
Talmndifl  rabylonid  codex  Succa  1726;  iiunbiud,  ^ie  alten  jübifc^en  Heiligtümer,  5.Su(^,  45 
Stop.  24. 

9><a  goubl^tenfeft  l^eifet  im  ai  s^^2?n  ^ri  2t  23,  34;  3)t  16,  13.  16;  31,  10; 
ead^  14,  16.  18;  ©«r  3,  4;  2  6^  8,  13;  femer  q"?«v  ^H.  6x23,  16;  34,  22  ober 
{nfiginant  :»nn  bo«  geft  1  Äg  8,  2;  (gg  45,  23;  2  (S^r  7,  8  ob.  riin^  5n  £e  23,  39 ; 
3bc  21,  19.  S)en  erften  5lamen  geben  bie  LXX  burd^  ^  iogirj  (xcov)  oxtjvcov  ober  so 
Tfjg  axfivoTtriytag,  ben  gtoeiten  burc^  ^  eoQzrj  ovvreXeiag  ober  awaycoyfjg.  5Die  Säe« 
nennung  ij  tcüv  axnvojv  Ioqtt^  finbet  ftd^  auc^  2  ÜJII  10,  6,  toä^renb  ^ofejj^u«  (2lrd^. 
4,  209,  ijgL  3,  247)  unb  bae  31%  (^o^  7,  2)  bie  gorm  oxrjvonrjyia  benu^en.  SU« 
ij  axnyij  toitb  bod  geft  bon  ^lutarc^  (Symp.  4,  6,  2  erh>ä^nt). 

5btc  gefc^ic^tlid^e  (SnttoidCelung  ber  altteftamentlic^en  $efte  über^au))t  ift  in  bem  9(rtilel  66 
„SotteAiCTifMi^fe  3eiten  im  äl"  (33b  VII  ©.  19  ff.)   beft)roc^en  toorben.    ffia«   ba« 
Sotbl^fittenfeft  im  befonberen    betrifft,    fo  toeift  bie  me^rmald   t)ortommenbe  furge  33e« 
nenmtng  „bad  gefk"  barauf  ^in,  bafe  biefe  geier  einft  ein  befonberen  $auj)tfeft  ber^ifrae* 
fiten  g^bcfen  fein  mu^    gn  ben  @efe$en  ift  ed  freiließ  ben  beiben  anberen  ^auptfeften 


301  Sattt^üttettftß 

loorbiniert  unb  \)ß^kU  auf  bie  Obftlefe  im  ^erbfte  belogen  tDorben.  SSettn  ed  aber  (Sc 
23,  16  l^eifet,  bafe  bie«  geft  gefeiert  toerben  fott,  toenn  bie  erjeugntffe  „be8  gfclbe«"  ein? 
gel^eimft  n)orben  finb,  unb  toenn  3)t  16,  13  bie  3^itbeftimmung  lautet:  tDenn  bu  ben 
@rtrag  t)on  beiner  Xenne  unb  beiner  ftelter  fammelft,  fo  fc^intntert  no(^  burc^,  ba^  badSoub« 

6  büttenfeft  einft  al«  3)an{feft  für  ben  ganjen  Sobenertrag  bed  Derfloffenen  ^^^  gegolten 
^at.  ^em  entf}}ric^t  e«  au^,  ba^  ed  nac^  1  @a  1,  3  ff.  (bgl.  befonber«  $.  20)  in  oben 
3eiten  an  einem  ^au))t^ettigtume  gefeiert  tourbe,  toä^renb  man  ftd^  tDo^l  fonft  mit  ben 
Heineren  Solal^eißgtümem  begnügte. 

SSon  bem  möglichen  lanaanäifc^en  SSorbilbe  biefe«  %^t^  (^bc  9,  27)  toor  fc^on  in 

lobem  ertoäl^nten  älrtilel  bie  Siebe.  9(tö  i^raelitifc^e«  ^eft  treffen  toir  e«  )uerft!3bc21, 19ff.; 
e«  tDirb  l^ier  al«  ein  iö^rlid^ed  ^jal^redfeft  in  @(^t(o  ertoä^nt,  bei  toelcpem  bie  jungen 
ÜRöbd^en  in  ben  benachbarten  98einbergen  Sleigentönje  aufführten.  38ie  e«  in  alter  3^ 
gefeiert  tourbe,  n)irb  femer  in  ber  fc^on  ermähnten  Srjäl^Iung  1  @a  1,  3  ff.  bef daneben, 
^n  ber  älteren  ftönig^jeit  {(^eint  man   ed   im  8.  3Ronat  (f))öterer  Sled^nung)  gefeiert  gu 

16  l^aben.  SHIerbing«  l^eifet  e«  1  Äg  8,  2,  bafe  ba«  $üttenfeft,  mit  bem  ©alomo  bie  %atipdß 
toeil^e  t)erbanb,  im  7.  3Ronat  ftattfanb.  ^a  aber  ber  ZmpAbau  naäf  1  Jtg  6,  38  im 
8.  SRonat  fertig  toar  unb  e«  toenig  toal^rf^einlic^  ift,  ba^  @aIomo  11  SRonote  mit  ber 
Sintoeil^ung  bed  fertigen  ©eboube«  foQte  gekartet  ^aben,  fo  l^at  bie  Don  Stabe  unb  am 
beren  au^eft)roc^ene  SSermutung   eine  grofte  98al^rfc^einlid^leit,   toonad^   jjene  QüUm^abt 

20  1  ^g  8,  2  erft  nad^tröglic^  mit  9lü(ff4t  auf  bie  in  ber  ft^oteren  JtdnigiSjeit  üblich  g^ 
toorbene  @itte,  ba«  %t\t  im  7.  3Dtonat  gu  feiern,  eingefügt  ft)orben  ift,  ta>äi(^enb  ber  3^ 
urft)rünglicl^  ben  8.  SDtonat  meinte.  Sine  Seftötigung  finbet  biefe  9(nnaJ^me  1  Jlg  12,  32, 
benn  bie  SBäorte:  S^oboam  feierte  ein  geft  im  8.  SBonat,  ba«  bem  in  guba  gefeierten 
^te  mi^pxad),  bebeuten  ungtoeifel^ft,  ba^  er  fic^  bei  ber  Sinorbnung  be«  %i^^  nac^  bem 

25  jübäifd^en  9Sorbi(be  richtete,  unb  nic^t,  ba^  er  e«  auf  eine  anbere  3^  Dertegte.  Die 
älteften  @efe$e  geben  gar  teine  beftimmte  S)atierung  für  bie  ?^eier,  fonbem  e«  ^ei^  ®s 
23,  16  (bgl.34,  22)  gang  aQgemein,  ba^  ba«  Asiph.(£efeOeMt  amätu^ange  be^go^ 
(b.  f).  im  §erbfte)  beim  ©infammein  ber JJrüc^te  ftattfinben  foute.  6«  gebort  ^ier  )u  ben 
brei  großen  3a|re«feften,  an  benen  atte  3J(änner  t)or  3<^^be  erfd^einen  {outen. 

^  ^m  3)euteronomium  fel^(t  ebenfaQ«  eine  genaue  3)atierung.  Da«  %^  f^a^  ffxtx 
ba«  Sukkot-(^ütten')^ft,  unb  e«  toerben  bie  neuen  Seftimmungen  angeorbnet,  ba^  ed 
nur  an  bem  einzig  legitimen  ^ciligtume  gefeiert  toerben  bürfte,  unb  ba^  bie  ^er  7  SCoge 
bauem  foHte  (t)gl.  1  Äg  8,  66,  h)o  biefe  ©itte  t)orau«gefe§t  toirb).  @ine  toeitere  9e^ 
ftimmung  fügt  3)t  31,  9  ff.  ^inju,  toonad^  äße  7  3^^^^^/   ^^  Srlafeial^re,  ba«  ®efe|  an 

85  biefem  gefte  t)orgelefen  toerben  follte.  Slu^erbem  l^at  Sertl^olet  bie  toa^rfc^einlid^e  3Se^ 
mutung  au^ef))roci^en,  ba^  bie  Slblieferung  be«  beuteronomifc^en  3^^^^^^  V^  3^  ^^^ 
geier  ftattfanb. 

2)ie  beuteronomifc^en  Seftimmungen  toerben  ergänzt  burc^  ba«  ältere  ®efe^,  boS  in 
ba«  23.  Jla^itel  bed  £et)iticud  aufgenommen  unb  bearbeitet  toorben  ift.  I^n  biefem  älteren 

40  ®efc(e,  ba«  9S.  39  (mit  älu^na^me  be«  älnfange«  unb  be«  ©c^luffed  be«  93erfed)  unb 
SB.  40.  42  f.  vorliegt,  ift  ba^  geft  ebenfalls  nod^  nic^t  beftimmt  batiert  („toenn  i^  ben 
(Srtrag  beö  Sanbe«  einl^cimfet").  @^  bauert  tote  im  3)euteronomium  7  Sage  unb  ^  toie 
bort  ben  au^efproc^enen  ß^araftcr  eined  ^reubenfefted.  3^9^^'^  ^^^  ^^1^  ^f  ^i  ^^'^ 
fid^  am  erften  iage  bc«  gefte^  prächtige  Saumfrüd^tc,  ^^5almcntocbel  unb  3^^i0^  ^^^  "^^^ 

46  belaubten  )8öumen  unb  ''Arab-'Sdumen  (populus  Euphratica)  nehmen  foQte,  unb 
femer,  ba^  man  alle  7  3iage  in  fiaubl^üttm  (Sukkot)  too^nen  follte,  unb  jloar  jum  Am 
bmfm  an  bie  3^»^  ber  SBüftentoanberung,  in  toclc^er  bie  S^raelitm  in  §üttcn  unb  md/t 
in  Käufern  n^ol^nten.  Sa^  bie  3^^^0^  gefammelt  toerben  foQtm,  um  baraud  bie  ^ütten  )u 
bauen,  toirb   nid^t  au^brüctlid^   g^fagt,  menn  ed   aud^  eine  fel^r  nal^eliegenbe  Sermutuna 

50  ift.  5Rac^  bem  oorlicgenben  iejte  burften  nur  bie  ec^tm  S^^fl^Ii^«^  on  biefem  gefte  tetC 
nel^mm  unb  in  ben  §ütten  too^nen,  aber  Sertl^olet  (®ie  Stellung  ber  S^^ö^liten  u.  b. 
Suben  gu  bm^embenl71f.)  I^at  mit  bcad^ten^toerten  ©rünbm  bie  Urft)rünglic^feit  biefe« 
2^ejte«  be^toeifelt  unb  ben  äu^fall  ber® orte:  unb  bie  Gerim  t)ermutet  Durc^  biefe  9e« 
ftimmungen  toirb  nur  ber  fc^on   im  2)euteronomium  öorfommenbe  5lame  „Sukkot-gefl" 

55  erltärt.  2lber  toenn  auc^  bie  ©itte  bc^  §üttmbauen«  o^ne  3*^^^f^  ^^^  ^P»  f^  *P  ^ 
bie  gegebme  Srflämng  biefer  @itte  aller  ^a^d^einlic^feit  nac^  eine  f))ätere  SBertiefunj^ 
Sd^on  ber  Umftanb,  ba^  im  @efe$e  t)on  ))räc^tigen  Saumfrüc^ten  bie  Siebe  ift,  beioerft 
beutlic^,  ba^  biefe  eigentümlid^e  ^orm  ber  ^eftfeier  mit  bem  Sufent^alt  in  ber  SBSüfle 
nic^t^  gu  t^un  f)cd,  fonbem  mit  ber  Obftlefe  ^ufammm^ängt.    ^a«  SBo^nen   in  ben 

Go  ^ütten  erflört  [xd)  bann  einfach  baburd^,  ba^  bad  ^eft  anfänglich  in  ben  SSieinbergen  imb 


Sattt^ftttenfeft  305 

Obflgoxten  gefeiert  tDurbe,  h>o  man  toö^renb  ber  ^ter  in  Saubl^ütten  übemad^tete  (t)g(. 
bte  angeführte  Stelle  l^bc  21,  20  ff.),  ^iefelbe  Sitte  finbet  auc^  ^eutguta^e  in  $aläftina 
ftott,  too  n)a^enb  ber  SBeinIcfe  ber  grö^e  3^eil  ber  Seböllerung  in  bie  SBetnberge  l^inau^ 
)te^  „Sßer  leinen  eigenen  SBieinberg  befi|t,  ))a(^tet  ftd^  ein  Stüdd^en,  unb  ber  t)omebnte 
Stobter  {c^d|t  ftc^  glüdlid^,  toenn  er  mit  Sßetb  unb  Jlinb  unter  einem  ^dt  ober  in  einer  6 
2aub^e  einige  SS3o<i^  in  einem  äSeinberge  tam))ieren  fann''  (ZDPV  4,  80,  bgl.  9lo« 
btnfon,  ^aUfüna  2,  717). 

Stac^bem  bad  2)euteronomium  bad  ^üttenfeft  in  ein  oQgemeined  Xem))elfeft  bertoan« 
belt  ^otte,    ergab  fi^  t)on  felbft  bie  ^iottoenbigleit  einer  beftimmten  Datierung  ber  ^ier. 
(Sine  folc^  treffen  toir  nun  )um  erftenma(  in  bem  ftultu^enttourf  bed  $ro))^eten  Sgcd^iel  lo 
(45,  25).   2)er  Anfang  be^  ^erbftfefted,  bod  l^ier  toie  im  3)euteronomium  unb  ^etligfett^ 
gef^   eine   ftebentägige  ^auer   l^at,   toirb   auf  ben  15.    bed   7.  3Ronatd  filtert.    3)er 
iRonat  ift  alfo  ein  anberer,   aU  in  ber  älteren  Jtdnig^^eit,  aber  ber  $ro))l^et  l^at  getoi^ 
nic^t  btefe  iReuerung  eingefü^,  fonbem  er  folgt,  toie  eben  aud  ber  oben  erh>äl^nten  ^nter^ 
))okitimt  1  fig  8,  2  ]^ert)orge^t,  ber  in  ber  f}}äteren  ^^xt  in  ^^nifalem  übliche  geworbenen  i5 
Sitte.    Xu^erbem  giebt  &e(^iel  genaue  Seftimmungen  in  betreff  ber  an  biefem  ^efte 
barnubringenben  Opfer.    Seforbert  toerben  tägKd^  7  ^rren  unb    7  3Qibber,    ein  Epha 
SDt^I  för  i^en  ^anen  unb  ieben  SBibber  unb  ein  Hin  £)(  für  jjebed  Epha ;   au^erbem 
ab  Sfinbi^fer  em  %conm  am  erften  unb  ein  ßx^mboi  an  jebem  ber  folgenben  ^ge. 
2)oc^  beruht,   toie  j&ö^fc^mar  bermutet,   bie  %kftimmung  über  bie  @ünbo})fer   bieüeid^t  20 
auf  eine  fehmbäre  Kombination  berfc^iebener  ^estformen. 

SHe  le^  Stufe  bejeic^net  bie  £e  c.  23  borliegenbe  Bearbeitung  bed  oben  befproc^enen 
^eiligleitdgqe^.  3)ie  ^eftimmung  ift  biefelbe  toie  bei  Sgec^iel :  ber  15.  be^  7.  3RonaM, 
ober  )u  ben  7  f^efittagen  toirb  nocp  ein  8.  I^injugefügt,  ber  ben  9iamen  Asereth  (n^:i:r 
feierlid^  äkrfommlung)  trägt.  3UIe  8  ^ge  toerben  burc^  Dp\ct  au^egeid^net,  ber  1.  unb  25 
8.  au|acbem  burc^  ^tberfammlung  pnp  N'np»)  unb  Stulpe  öon  ber  arbeit.  3)ie  näheren 
9eßimmunaen  über  bie  an  biefen  ^gen  baraubringenben  Dp\tt  treffen  toir  9lu  29, 12  ff. 
9n  ben  odßen  7  Xagen  finb  täglid^  gu  ot)fem:  aU  Sünbo))fer  1  ßi^genbodC  unb  atö 
9ranbo))fer  2  SSibber  unb  14  einjährige  Sämmer,  au^erbem  bon  jungen  Stieren  am 
1.  Xoge  13  unb  bann  tägßd^  einer  n)eniaer.  dagegen  am  8.  ^ge:  1  Stier,  1  SBibber  so 
unb  7  Sommer  afö  9ranbo}}fer  unb  1  ^odC  ald  Sünbo))fer.  ^n  aQen  S3ranbot)fem  finb 
bie  boiu  ge^örenben  S})eifeo))fer  ^injujufügen. 

Sßie  bod  ^üttenfeft  i\xm  erftenmol  nac^  bem  neuen  ©efe^e  gefeiert  tourbe,  befd^reibt 
bann  92e^  8,  14  ff.  3Ran  fanb  im  ®efe|e  gefd^rieben,  ba^  bie  ^^raeliten  toä^renb  bed 
^ed  im  7.  üRonate  in  Saub^ütten  too^nen  foQten,  unb  begab  ftd^  bed^alb  l^inau^  auf  86 
me  Setge,  um  QtoAQt  bom  toilben  unb  ebeln  Clbaum,  3R^rt^en,  Dolmen  unb  bic^t^ 
belaubten  Säumen  )u  fammeln  unb  baraud  ^üttm  ju  bauen,  ^ie  ^ütten  mürben  auf 
ben  2)ä(^em  unb  in  ben  ^öfen  ^^^f^I^n^^^  in  ben  2em))el^ofen  unb  auf  ben  freien 
$[a|en  bor  bem  '  SEBaffertpore  unb  bem  @))^raimtl^ore  aufgeführt.  3Ran  beging  bod 
^  7  S^oge  lang  unb  am  8.  Xage  fanb  nac^  ber  S3e|limmung  bed  ©efe^ed  bie  40 
Asereth  ftck 

Son  bem  {)>äteren  ©efe^e  ift  natürlid^  auc^  bie  S^onil  abl^ängig,  unb  fo  (ä^t  ber 
G^nifl  Salomo  nac^  ben  7  ^ttagen  nod^  bie  Asereth  feiern  unb  erft  am  23.  bte 
^[draelitcn  entlaffen  (2  6^r  7,  8  f.),  mä^renb  nad^  ber  3)arfteaung  bed  König^buc^ed  bie 
S^oditcn  {{^on  am  2age  nac^  bem  7.  ijfefttage  ^jerufalem  berlie^en  (1  Jlg  8,  66)  —  46 
eine  \At  le^eic^e  älbtoeic^ung,  bie  ftd^  ntdj^t  burd[^  bie  ätnnal^me  Jteild,  ber  9[{erfaffer 
bcd  Kdntgdbu^ied  ^e  fic^  einer  ungenauen  Stebetoeife  bei  einer  betannten  Sac^e  bebient, 
erlebtgen  lä^ 

SBeb^e  S^eutung  man  in  nac^e^tlifd^er  3^^^  bem  ^üttenfefte  beilegte,  ge^t  aud 
Sod^  14,  16  ff.  ^ert)or.    3)er  9Serfa{fer  lä|t  nämlid^  bei  feiner  93efd^reibung   ber   meffta»  60 
nH<9€n  ßtit  bie  übrig  gebliebenen  SSölfer  jä^rUd^  nac^  ^erufalem  jte^en,  um  ba^  füttern 
fcß  2U  feieni;   koer  bied  unterlägt,  begebt  eine  fc^toere  Sünbe,  bie  mit  91egenmange(  (in 
ber  noc^  ber  3^  biefed  ^ted  beginnenben  Slegenperiobe)  bebrol^t  toirb. 

^b(a  3ntcref[e  für  bad  $üttenfeft,  beffen  Stiftung  bad  ^ud^  ber  Jubiläen  16,  20  f. 
\paitt  Sbro^om  üifc^reibt,  jeigte  fic^  aud^  barin,  bag  man  bie  Seremonten  btefer  ^eter  55 
auf  tHS^djiAmt  SBeife  erweiterte.  So  ft)urbe  e^  Sitte,  an  biefem  ^efte  3^^i0^  bon  £aub« 
unb  ObttUtumen  in  ben  Rauben  ju  tragen,  alfo  infolge  einer  anberen  9luffaf{ung  ber 
SBorte  2t  2S,  40  al$  bie  oben  ermahnte,  faß«  nic^t  bie  ganje  Geremonie  einfach  auf  ber 
Siebcroufno^e  einer  uralten  Sitte  beruht,  ^ie  jum  2^ragen  bermenbeten  3^^i9^  tverben 
berfcfft^en  angegeben.    2  3)21  10,  7  f))ri(^t  bon  mit  :^aub  umtounbenen  Stäben,  ^alm«  <^ 

tMU«BC%flaHMc  fir  tHolo«lc  anb  iHrAc  8.  «.  xi.  20 


306  Saitt^fitteitfff)  Sank 

tocbcin  unb  anbcren  fc^öncn  S^^^^f  ^o\tpf)\xi  einmal  (ärd^  3,  245)  t>on  SJh^rt^en«, 
aBeiben=,  ^Palmen^  unb  ^fitfi^gtoet^en,  ein  anbere«  3Kal  (ätd^  13,  372)  t)on  ^men* 
unb  gittonenjtoei^en.  ©^jäter  entfd^ieb  man  [xäf,  tote  ber  3Kifc^natraItat  Sukka  jetgt, 
für  eine  älu^Iegung,  toonac^  man  in  ber  rechten  $anb  einen  t)on  SBeiben«  unb  9R)^rt^ 

6  jtoeigen  umgebenen  ^almgioeig  (Lulab),  in  ber  rechten  einen  ^arabie^fel  )u  tragen 
|atte.  9luf  biefe  Sßeifc  umjog  man  toä^renb  ber  ^eftfeier  unter  $ofiannarufen  ben 
93ranbo))fera(tar  täglid^  einmal  unb  am  7.  ^age  ftebenmal.  ^n  biefer  ©eftalt  tDurbc  bad 
§üttenfeft  aSorbilb  fotoo^l  be«  lemt^eltoei^fefte«  (2  W  10, 6  f.,  t>gl.  5ßf  118,  25)  afe  aw^ 
be^  @mpfanged  (S^rifti  bei  feinem  Sinnige  in  ^erufalem.    ferner  fül^rte  man  bie  Sitte 

10  ein,  toö^renb  ber  7  gefttage  eine  2ßafferft)enbe  ju  bringen.  (Sin  5ßricfter  ^olte  aug  ber 
DueQe  @iIoal^  3  Sog  98affer,  ba^  ein  anberer  $riefter  in  @m))fang  na^m,  too^n^enb 
5ßriefter  unb  Saien  bie  Sßorte  3^12,  3  recitierten;  e«  tourbe  bann  mit  bem  iranfot)fer» 
tocine  gemifc^t  unb  unter  $falmengefang  ber  fiebiten  unb  Iroml^eten  ber  5Priejler  an 
ber  Sübtoeftecfe  bed  äUtar^  au^egoffen   (b.  Sukka  IV,  9.  10).    9e!anntli(^   fyd  man 

16  biefe  ©itte  ate  SSeranlaffung  ber  öon  G^riftu^  gebraud^ten  SBenbung  3*>^-  7,  37  f.  be» 
trachtet.  Ob  fie  auf  uraltem  ^erlommen  berul^t  ober  eine  Steuerung  ift,  lä^t  fic^  nic^ 
ftc^er  enlfd^eiben.  dagegen  erinnert  bie  gefteigerte  ^ftfreube,  bie  am  Soub^üttenfefte 
^errfc^te,  unjtoeifel^aft  an  bie  9lrt  unb  SBeife,  toie  man  in  alten  geiten  bie«  %^  ber 
^efte  begangen   l^atte.    @ie  eneic^te  il^ren  $d^e))unft  in  ber  3laä)t  ^toifcl^en  bem  erjien 

20  unb  gleiten  ^fttage.  S3eim  älnbruc^  be«  älbenb^  errichteten  bie  ^riefter  unb  Seknten  im 
3Beibert)or^ofe  eine  bot)t)ette  ©aßerie  für  bie  ^u^d^autt,  Ign  bie  3Kitte  be«-  äJor^ofe« 
fteQte  man  gro^e  Jtanbelaber,  ft)ot)on  jeber  t)ier  golbene  ©egalen  trug,  bie  ald  OeUamtJen 
bienten.  9iacl^bem  fie  angejünbet  toaren,  na^m  ber  t)on  ben  t)ome^mften  Setoo^nem  ^e^ 
rufalem«  au^efü^rte  ^cteltang  feinen  älnfang.    3)ie  ^deln   tDurben  bon  ben  Zängeni 

26  in  bie  ^ö^e  getoorfen  unb  toieber  ergriffen.  Sluf  ben  ©tufen  jum  inneren  Sor^ofe  ftonben 
bie  geölten  mit  il^ren  g^f*^'"^«*^  w"b  fangen  5ßfatmen.  ^er  jjubelnbe  2arm  flieg  fort* 
toä^renb,  bxi  beim  erften  ^a^nengefc^rei  ein  breifac^ed  Xrom))etenfignal  bon  )ta>et  am 
9{ifanortl^ore  ftel^enben  $rieftem  ba«  näc^tlid^e  ^eft  unterbrad^.  3)ie  $falmen,  bie  too^renb 
be«  §üttenfefte«  gefungen  tourben,  h)aren5ßf29;  50, 16ff;94,16ff.;  94,  8 ff.;  81,  7 ff.; 

30  82,  5  ff.  unb  $f  05.  113—118,  ba«  fog.  ^attel,  (b.  Sukka  53»  bgl.  LXX  ju  ?Jf  29). 

Xro^  be«  ftrengen  firc^lid^en  S^aratterd,   ben  bie  f))äteren  ®ef^e  ben  ^en  auf« 

ge}}rägt  Ratten,   tourbe  ba«  Saub^üttenfeft  noc^   in  ben  \päittm  galten  auf  eine  fob^ 

Siäeife  gefeiert,   bafe  man  e«  öerftel^t,    toenn  ber  geftjubel  unb  bie  SE^V^ueftäbe  bei  ober* 

fläd^lic^er  Setrad^tung  ^lutard^  auf  ben  ©ebanlen  bringen  tonnten,   ed  toerbe  bem  ^Dio* 

86  n^fo«  gu  @^ren  gefeiert.  8fr.  IB«^!. 

fiaub,  Srgbifc^of  öonganterbur^,  geft.  1645.  —  S)lc  erftc  ©iograp^le  fdjrleb 
ber  Kaplan  bedfelben  ^-^eter  ^ei^li^n  unter  bem  kitel  Cyprianus  Anglicus  1668.  S)aneben  ift  bie 
lüicötigfte  Cluellc  The  Works  of  the  most  reverend  father  in  God  William  Laud,  Oirforb 
1847 — 60   (ein  Jeil   ber   Library  of  Anglo-Catholic  Theology).    ©iograpftien   au«  neuerer 

40  Seit  ^.  ^.  ^utlon,  StQiam  fiaub,  2.  cd.  fionbon  1896;  91.  6:.  iBenfon,  William  Land,  aome 
time  Archbishop  of  Canterbury,  fionbon  1897.  Sonft  ju  Deraletd^en  Stanfe,  (fngl.  (Skfct. 
II.  ©b;  3R.  ©roW,  ©efd).  oon  ©nglanb,  83b  7;  «.  @tcm,  ®ef(^.  ber  SJeooIution  In  dng* 
lanb,  Berlin  1891;  3  5ll?öftlin,  ^ie  fc^ottif^e  ßirc^e,  Hamburg  unb  (ä^ot^a  1852;  ^.  fSein- 
garten,  ^ie  9{cuolutiond!ird)en  ^ngtanbS,  ^eip^ig  1868;    @.  9{.  (S^orbiner,  History  of  Eng- 

46  land  from  the  accession  of  James  I  to  the  outbreak  of  the  Civil  War  1613 — 1642,  10  vob. 
New  edition  1894;  berf.,  A  History  of  the  Great  War.  4  vols.,  SonDon  1897 f.;  birf..  Art 
ßoub  in  ber  Dictionary  of  National  Biography  vol.  XXXII. 

äBiQiam  Saub  tourbe  geboren  ju  Sieobing  am  7.  Oft.  1573  ald  @ol^  etne^  tDO^l« 
l^abenben  ^ud^mac^erd.   ^JRit  1 6  ^a^ren  tam  er  in  bad  SoQege  t)on  @t  ^ofjn  in  Osfoib 

60  unb  tourbc  mit  20  Sauren  geDoh).  5lacl^bem  er  ftd^  im  ^af)xt  1598  bie  3Bürbe  eine« 
M.  A.  ertoorben,  tourbe  er  1600  jum  $riefter  getoei^t,  unb  ^atte,  too^renb  er  bo<^  im 
Uniöerfttät^berbanb  blieb  unb  1608  Dr.  theol.  tourbe,  in  biefen  3ja^ren  mel^rere  fiic^Ii«^ 
©teilen  inne,  bie  er  mmeift  feinem  ®önner,  Dr.  5leile,  bem  bamaligen  S3ij(^of  Don  9lo* 
c^efter  öerbanfte.    Obtool^l  er  im  ^al)x^  1610,  um   feine  $farrftelle  in  Suc^fione  (Äent) 

66  ju  t)erh>alten,  bie  er  nod^  in  bemfelben  ^ai)u  mit  ber  in  5lorton  öertaufd^te,  ferne  ©tet 
lung  al^^elloto  aufgegeben  l^atte,  ft)urbe  er  1611  )um  $räfibenten  feinet  frühen  SoKcge 

fietoöl^lt,  aQerbing^  unter  gro|em,  jum  Xeil  ftürmifd^en  2Biberf}}rud^  einer  ^rtet,  bie,  ott 
ie  bie  9Ba^l  felbft  nic^t  t)erl;inbem  tonnte,  beim  Könige,  toenn  auc^  Vergebend,  bie  8u^ 
l^ebung  ber  Sßa^l  toegen  t)orgefommener  Unregelmä^igleiten  t)erlangte.  S)ie  tool^ren  (Stfinbc 


eaub  307 

taKoren  anbete.  Ign  Ojfotb  l^ertfc^te  unter  ^Jül^run^  öon  W)hot,  bcm  f^jäteren  ©rjbifc^of 
bon  SonterbuiV,  ein  ou^efproc^ener  Salbini^u^,  ber  lebigKc^  btblifd^  gerid^tel  fein  tDoQte, 
ober  ouc^  manchen  rationaltfüfc^en  Suffaffungen  9{aum  lie^  unb  feine  ^orteltl^eit  \)ox  ödem 
bim^  feinen  Sbfd^eu  aegen  oQe^  6eremonienn)efen  im  Jtultud  botumentierte.  Unter  Sin- 
fUtffen,  bie  fic^  nici^t  nor  nad^toeifen  laffen,  tDal^rfd^einlic^  aber  auf  feinen  Xutor  SudCerä)9e,  6 
ber  f))äter  <d9  9tf<^of  bon  SRix^efter,  bann  bon  @I^  gleiche  ^klt  ft)ie  £aub  t)erfol0te,  ju» 
rfiii^fü^ren  fein  tDerben,  jeigte  ftc^  bei  Saub  fd^on  frü^  eine  entfc^iebene  ^(bneigung  gegen 
bcn  Sabnnitoud  unb  ft)ejieQ  gegen  feine  liturgtfd^en  3(nfc^auungen  unb  bamit  gegen  ben 
immer  me^  um  ftc^  greifenben  $uritanidmu$.  )8ei  bem  (enteren  mu^te  e^  natürli^  9(n« 
f^i  erregen,  ol^  er  fd^on  bei  ber  Setoerbung  um  bie  98ürbe  eine^  SBaccalaureu^  ber  X^eologie  lo 
bie  iRottDenbtgteit  ber  ^ufe,  burd^  toelc^e  bie  @nabe  ber  3Biebergeburt  t)erlie^en  merbe, 
be^mi))tete,  unb  )ugleic^  ben  @a(  auffteOte,  ba^  ed  oi^ne  Sifd^öfe  teine  ma^re  ftircbe  geben 
Kmite.  SEBie  bie  eckten  anglifaner  bon  l^eute,  —  nur  ein  SSierlcIja^rtaufenb  )u  frü^  — 
fo^  er,  Üon  bamald  ber^ältni^mö^ig  gleid^iltig  gegenüber  ber  Se^re,  ben  Seftanb  ber 
tDO^ren  Ktrc^  oEein  gefu^ert  burd^  ba$  göttliche  Stecht  be$  @^tfIot)at^  unb  feiner  \)ttmxU  i6 
tdft  ber  a))ofU)lifc^en  Succeffion  gen^ä^rleifteten  9Serbinbung  mit  berUrlir^e.  @^on  1606 
botte  man  il^m  borgetoorfen,  ))a^iftifd^e  SReinungen  in  ber  $rebigt  borgetragen  )u  ^aben. 
9Ran  P^jgf'^  fogor  g^en  ti^n.  @r  fc^toieg  baju.  3)a  ift  tein  3^<^f^^/  ^<^ft  ^  f^^  \^^^ 
frft^  mit  9uformgebanten  trug,  aber  ein  SRann  bon  Iül^(er  Serec^nung  unb  3Jteifter  in 
ber  SdbfAe^Kcrfd^ung,  tpartete  er,  bid  feine  Qtit  lam.  20 

Xaam  fyfttz  er  aÜ  ^räftbent  feinet  Sottege  bie  3Rac^t  baju,  al^  er  baran  ging,  ftd^ 
mit  Stuten  fetner  ©eftnnung  ju  umgeben.  @o  touc^d  feine  ^rtei  an  ber  Uniberfitat  unb 
balb  borüber  l^inaud,  ober  and)  feine  ©egnerfc^aft.  2!n^^^>^  ^^  ^  f^on  1611,  burc^ 
9tetle  em)>fo^Ien,  )um  fto^an  bed  Jtönig^  ernannt  n)orben.  ^atob  I.  ^atte  für  feine  $erfon 
lemalei  Steigung.  5Da^  er  atö  jjunger  $riefter,  toa^  er  fbäter  bitter  bereute,  im  ^ntereffe,  36 
einen  etnfht|rei($en  ®önner  gu  getoinnen,  ben  Sari  bon  ^et^onf^ire  mit  einer  gef^tebenen 
grau,  feiner  SRaitreffe,  gegen  bie  Jlir(^engefe|[e  getraut  l^atte,  fonnte  er  i^m  nid^t  t)er)ei^en. 
Siuc^  fe^  ed  ni6t  cot  äutgeic^en,  bag  er  bt^eilen  ein  bunKe^  @efü^l  babon  ^atte,  ber 
gebKmbte  SRonn  fönnte  i^n  m  Krc^Iic^en  Wa^na^men  berleiten,  bie  ber^ängntdt)oQ  Serben 
mM^jOL  Xber  er  erlannte  feine  S3raud^barteit  unb  fanb  in  il^m  einen  ^ann,  ber  nic^t  ^ 
nur  auf  feine  t^Iogifc^en  Sieb^abereien  einging,  fonbem  für  biefelben  ttr(^ent)oltttfd^en 
3iele  ev^ü^te,  unb  ber  ben  3Rut  l^atte,  bon  ber  lönigKc^en  ®en)alt  gefd^ü^t,  feine  unb 
bed  StSnvgß  äteformg^nten  aud^  burc^mfül^ren. 

Sd  b^orf  nic^t  geringer  @infd^änfung,  toenn  Slanle  meint,  „t)or  aQem  bod^  al^  eine 
Sttdbreitung  ber  in  Sc^ottlanb  entfbrungenen  tird^ßc^en  formen  unb  ^h^m  l^at  man  ben  35 
engltfc^  $üritani$mud  anmfe^en''  (@ngl.  @efd^.  II,  @.  34),  aber  ba^  ift  feine  ^rage,  ba^ 
bwcc^  bie  Serbinbung  bon  @nglanb  unb  @d^ott(anb,  burd^  bad  @inftrömen  catointftifc^er 
0d>anten  in  bod  Sleic^  ber  @lifabet^  ber  $uritani$mu^  in  feiner  ))re^b^terianifd^en  ^orm 
befiärlt  toexben  mu|te  unb  ba^  bie  englifc^en  Puritaner  fi^  ben  größten  Hoffnungen  ^in« 
gaben.  SBod  man  ertoartete,  geigt  „bie  taufenbftimmige  S3ittf(^rift''  (Millenary  petition,  40 
f.  b.  9L  Puritaner),  in  ber  bie  Puritaner  um  Erleichterung  in  ber  tirc^üc^en  ^uri^biltion, 
unb  um  Me  Serec^ti^ung,  gen^iffe  anftö^ige  Zeremonien  abguf^affen,  anbered  nac^  bem 
9Borte  0otted  ein)un4ften,  baten  unb  toünfc^ten,  ba^  bie  englifc^en  Sifc^öfe  teine  anbere 
Stellung  ^en  foQten  ate  bie  fd^ottifd^en.  2Bie  n>enig  tannte  man  bo^l  biefen  König,  ber 
tndme^  borouf  audgina,  bie  fd^ottifd^e  Jtird^e  nac^  englifc^em  üJlufter  gu  reformieren,  ber  46 
gang  \m  ®egenf(^  gu  frül^eren  älud(af(ungen,  je^t  feinen  $el^{  baraud  machte,  ba^  für 
t^  bie  englifc^  ifird^))erfaffung  unb  i^re  tultifc^en  formen  ba^  ^aOabium  be^  ^eid^^ 
feien,  unb  bä  in  ber  @rinnerung  baran,  ba^  in  @(^ott(anb  mit  ber  Sufl^ebung  ber  Si^^ 
tfimer  om^  bie  6c^mälerung  ber  3Dtad^t  ber  5trone  eingetreten  fei,  in  ber  ^erbinbung  einer 
Warfen  ilöiugdnuu^t  unb  eined  ber  ^one  ergebenen  ftarfen  Spiftobat^,  —  no  bishop  50 
no  king  — ,  bod  $eil  fa^.  @eine  erften  lirc^lic^en  ÜRa^nal^men,  bie  ^orberung  bed  @ibe^ 
auf  bcn  Gi^nremat  bed  itönig^,  unb  bie  aOen  ®eift(id^en  aufd  fd^ärffte  auferlegte  93er« 
bod  Sommonbra^erbuc^  gu  beobad^ten,  liefen  barüber  feinen  3^^^f^^-  ^'^ 
fbnnen  jAoc^  ^ier  nid^t  berfolgt  merben.  @d  ift  belannt,  toie  ed  „bem  Sinne 
bei  SÜmgß  fo  rec^t  eiäf^nrac^,  $roteftant  gu  fein,  toa^  für  feine  9(utorität  in  ßnglanb  unb  66 
SAottiaiib  unbebmgt  nottoenbig  toar,  unb  boc^  aud^  bie  Jtat^oliten  nid^t  miber  ftd^  gu 
ifdm,  bcn  römif(^  ^(^^  gu  feinen  ^eunben  geübten  gu  tonnen''  (dianU  II,  46).  Sa^ 
mu^  )U  einer  BdfouldpoMt  führen,  bie  je  nac|  ben  Umftänben  ober  auö)  ben  ben 
iföntg  gerabe  bel^errfd^ben  ))erfön(i(^en  ßinflüfien  balb  bad  eine  ba(b  ba^  anbere  Moment 
^cowrireten  lte|.    9lur  in  bem  Streben,  bie  alten  tirc^üc^en  @inri(^tungen  feftgu^alten  00 

20* 


308  Saub 

be}h).  fte  lieber  etn^ufüj^ren,  lö^  ftc^  eine  getDiffe  ^eftigleit  ertennen,  unb  einer  berSRonner, 
bef[en  Xl^athraft  ber  ^önig  ba)u  befonberd  benu^te,  toax  £aub. 

^m  ^al^re  1616  ^um  3)elan  \)on  ©loucefter  erl^oben,  erl^ielt  er  ben  beftimmten  9u^ 
trag,  bie  fc^lec^t  gehaltene  borttge  ftat](;ebrale  toieber  in  Orbnung  ju  bringen.    Unb  a 

5  begann  atebolb  mit  Steformen,  bie  gmar  rein  äu^erlic^e  ^inge  betrafen,  ober  bei  bem 
Sßerte,  ben  beibe  ^arteten  i^nen  beilegten,  ba(b  t)on  großer  ^ebeutung  toerben  foDten. 
^it  bem  äluffommen  bed  $uritanidmud  l^atte  in  ben  meiften  Aird^en  ber  äUtor  aufge^, 
älltar  gu  fein.  3Ran  brad^te  ben  „X\\d)*'  haffxn,  h)0  e^,  um  bie  9Dbenbma^l^&{ite  bobor 
^u  t)er{ammeln,  am  bequemften  fc^ien,  gemdl^nlicl^  in  bie  ^itte  ber  ftirc^e.  @o  toor  ed  otu^ 

10  m  ©(oucefter  unb  barin  \al}  Saub  ein  ®reuel.  ^a^  biefe  Stellung  b«^  äUtard  bie  Riv^^ 
befud^er  baut  k)erfü^rte,  $üte  unb  StödEe  barauf  )u  legen  unb  il^n  fonfi  )u  oUerlet  un« 
tDürbtgen  fingen  gu  benu^en,  Vorüber  bie  ftrengen  Kirc^enmänner  {tagten,  mag  ric^ 
fein.  tJür  Saub  toar  aber,  toie  er  \pätn  in  feinem  ^rogefe  gur  S3egrünbung  feine«  Sot* 
geltend  in  biefem  ^untte  angiebt:  the  altar  the  greatest  place  of  God's  residence 

löupon  earthy  greater  than  the  pulpit,  for  these  'tisHoc  est  Corpus  meum, 
this  is  My  Body;  but  in  the  other  it  is  atmost  but  Hoc  est  Verbum 
Meum,  this  is  My  Word;  and  a  greater  reverence  is  due  to  the  Body,  than 
the  Word,  of  the  Lord  (Works  IV, ,  284).  3lte  3)elan,  bem  nac^  englifdj^en  Ritd^ 
red^t  überi^aupt   bie  9(ufftd^t  über  ba«  ätu^ere  ber  3)u)cefan{ird^e  unb  namentlich  ber  Ra^ 

ao  tl^ebrale  unb  ben  ganzen  Jtultud  jufommt,  lie^  er  fofort  ben  SUtar  am  Oftenb  bed  S^ord 
auffteQen  unb  t^erorbnete,  ba^  aue  fiirc^enbiener  beim  @intritt  in  bie  Jlirc^e  unb  beim 
SSerlaffen  berfelben  ftd^  gegen  ben  äUtar  ^in  t^erbeugen  foQten,  toorin  5t(eru«  unb  Soll 
nur  $a))i^mud  fa^en,  unb  toa^  jur  ^olge  j^atte,  ba^  ber  ä3ifd^of  feine  ftat^ebrole  ^afyct 
lang  ni^t  betrat.   SSergeben«  beriefen  fid^  bie  ®egner  auf  bie  t^eil^eit,  bie  baiS  Common 

26  prayer  book  in  biefem  $unlt  gemalerte ;  ber  Jiönig  entfd^ieb,  ba^  bad  Siecht,  babon  ®tf 
bland)  )u  mad^en,  nur  bem  Orbinariat  mlöme,  biefe«  ju  befttmmen  ^obe.  S3ie  fe^  ber 
S^önig  in  i^m  feinen  3Rann  gefunben  )u  ^aben  glaubte,  jeigt,  ba^  Saub  il^  im  ^afjitt  1616 
auf  ber  Steife  nac^  &4»ottlanb  )u  begleiten  l^atte,  bie  ni(|t  am  toenigften  bie  Snba^mmg 
t)oQtommener  Konformität  mit  ber  anglitanifd^en  Jtird^e  begtoecfte  unb  auf  ta>el(^er  ^(ooh  I. 

soburc^  feine  fc^arfe  Betonung  ber  fdniglic^en  ^rärogatit)e  unb  feine  SRa^nol^men  bie  Schotten 
fo  tief  unb  nac^l^altig  t^erl^te.  @^  mag  fein,  ba^  Saub,  toie  '\d^  angenommen  toirb, 
nic^t  unmittelbar  bei  bem  @rla^  ber  ätrtilel  k)on  $ert^  beteiligt  toar  (p^l  über  fte  Neal, 
History  of  Puritans  I,  469),  ebenfotoenig  toie  bei  bem  in  bemfelben  ga^r  1618  au#» 
gegebenen  fogenannten  Book  of  Sports    (A  declaration   to  encourage  recreations 

86  and  Sports  on  the  Lords  day),  bad  im  ®egenfa(  }u  ber  t)on  ben  $uritanem  onge* 
ftrcbten  ftrengen  ©abbat^^feier,  getoiffe  5}ergnügungen  pir  biejenigen,  toelc^e  bem  ganzen 
©otteigbienft  in  ber  ^farrlird^e  bcigctoo^nt  l^ätten  (ebenba  ©.  472  f.),  geftattet ;  glei^too^l 
toai  man  überzeugt,  ba^  gerabe  er  feine  $anb  babei  im  @))iele  ^e.  ^m  3a|re  1621 
n)urbe  er  Sifd^of  Don  @t.  ^ak)ibd  unb  gdb  t)on  neuem  baburc^  älnftoft,  ba|  er  fu^  in 

40  feinem  $alaft  ju  9lbergmill^  eine  eigene  Jta))e(le  baute,  ©eine  ürc^ltc^e  ©teQung,  na< 
mentlic^  gegenüber  ben  Slömem,  auc^  tl^eoretif(t>  im  3wfammenl^ang  florgulegen,  gab  i^m 
ber  Jtönig  ©elegenl^eit,  al^  er  il^n  1622  k)or  ber  ^um  Kat^olici^mud  neigenben  ®räftn 
öon  Sudting^am  ju  einer  2)iö))utation  mit  bem  ^efuitcn  go^n  ^if^er  öeranla^e,  über 
bie   er   \päUx  in   feiner  „Relation  of  the  Conference"  (Works  II.  S3b)  berichtet  1^ 

46  ^a  ift  er  junäc^ft  tocit  entfernt  baDon,  bie  römifd^e  ftird^e  fc^lec^tl^in  ju  t>em)erfen.  @r 
erlennt  fte  al^  eine  treue  5lirc^e  an,  meil  fte  bie  ©d^rift,  toenn  auc^  nid^t  ald  oEeinige 
unb  t)oUfommene  ©lauben^regcl  unb  bie  beiben  ©aframente  ald  9Sermittler  unb  Siegel 
ber  ©nabe  fcftl^ielte.  2lber  bie  fat^olifc^e  Äirc^e  ßl^rifti  ift  fte  nid^t,  ba^  ift  bie  „jmmitiDe" 
Äirc^e  ber  erften  t)ier  3^'[?'^^?"nbertc,  ber  bie  engltfd^e  am  näd^ften  fte^t,  nä^er  ald  bie  ber 

60  gleichen  SBurjel  cntftammenbe  römifc^e,  mit  ber  fic  ber  ©ubftanj  nad^  biefelbe  ift,  bie  aber 
ein  Derberbter  ^^«g  f^i.  2)iefe^  ^i5erberben  fa^  er  einmal  in  bem  gu  toeit  getriebenen  6er«» 
monientoefen,  jum  anberen,  unb  baö  c^aralteriftcrt  feine  ©tellung  aud^  für  bie  f^ätere  3«^/ 
in  i^rem  SogmatiiSmu^.  2Ba^  er  anftrebt,  ift  möglic^fte  2Beit^er^ig!eit  in  bogmotifc^ 
^agen.  „The  church  does  not  require  assent  unto  particulars."  3)ie  99^^au))tuiig, 

66  alle  Don  ber  5lirc^e  befinterten  $unlte  finb  gleich  funbamental,  betäm))ft  er.  ^nbamental 
ift  nur,  tüai  gur©elig!eit  nottoenbtg  ift  (the  soul  saving  faith).  ^ie  ©runblagen  beJ 
©lauben^  ftnb  bie  ^eilige  ©c^rift  unb  bie  ©^mbole.  SBenn  ftd^  3^^'^  ^^  ^  SrtiW 
ergeben,  bann  ift  ba^  auf  ®runb  ber  ©d^rift  entfd^eibenbe  Äonjtl  ber  befte  Slic^ter  (Works 
II,  428). 

GQ        ^ei  ber  Slnfc^auung,  ba|  in  ber  iRirc^e  ber  erften  ^^a^ri^unberte,  ber  ))nmitit)en,  ber 


Saitb  309 

Vta^UA  für  bie  h>al^e  fttrdje  fet,  begreift  e«  ft(^,  bafe  er  über  bie  Raffung  ber  Slrttfel 
unter  @Ufabet^,  bie  i^m  )u  catoiniftifd^  ft)aren,  auf  ben  @bn)arbfd^en  @ntn)urf  jurüdgel^en 
tDoOte,  ber  ber  Se^re  ber  alten  ftirc^e  biel  naiver  ftanb.  9(n  bie  Stelle  be^  Decretum 
absolutum  fe|te  er  bie  Sel^  bon  ber  allgemeinen  ®nabe  unb  erllärte  bie  guten  3BerIe 
fifar  ein  toefeimtc^  9Roment  in  ber  Siec^tfertigung.  3)ie  ^ufe  teilt  bie  ^iebergeburt  6 
mit,  bie  ober  t)er[oren  ge^en  lann.  3)ie  Xrandfubftantiation  im  ftreng  fd^oloftifd^en  ©inne 
leugnet  er  unb  tooüU  bieOeic^t  nur  bie  9leal))räfen)  belennen  (II,  364  f.),  aber  feine  SCu^^ 
laffungen  ftnb  unflor,  ebenjo  feine  bem  Common  prayer  book  entf))red^enben  3)ars 
legungen  über  bod  älbenbma^l  aU  Dp^n,  in  benen  er  bad  sacriücium  propitiatorium 
abtoeift,  ober  boc^  ein  sacrifice  commemorative  and  gratulatory  made  by  the  lo 
priests  and  people  annimmt  (II,  340  f.).  9(uc^  barin  tommt  fc^on  fein  t)on  il^m  f))äter 
befonberd  betonter  @tanb}}un{t  ju  3^ge,  ba^  er  ben  ®runb  für  bie  S3em)irrung  in  ber 
anglt!ant{<^en  ftird^  tDefenttic^  m  bem  ÜRan^el  an  Uniformitöt  fielet,  ^ie  innere  ®otted« 
bere^rung  fei  freiließ  bie  $aut)tfac^e,  aber  bte  äußere  (Sinl^eit  fei  ein  getoic^tiged  3^0^^^ 
ber  ffielt  gegenüber,  unb  bie  Zeremonien  l^ben  @influ^  auf  ba^  innere.  %xx  müf[e  i6 
babet  bie  rechte  9Ritte  eingehalten  toerben,  Stom  unb  bie  @eltierer  ge|en  )u  toeit. 

@ettbem  tourben  feine  Sejie^ungen  jum  $ofe  immer  enger,  benn  er  ^atte  bie  ^eunb^ 
f(^  be§  mächtigen  ©ünftlingd  Sutfingpam,  ber  i^n  ju  feinem  Seid^tbater  machte  unb 
ftd^  bun^  i^n  in  religiöfen  unb  tirc^Iic^en  ^agen  beraten  lie^.  @ein  @influ^  auf  bte 
itinl^en)>olttÜ  tamr  aber  bislang  nod^  ein  inbirelter.  @eine  erfte  @taat^ftellung  erhielt  er,  ao 
QU  er  1622  in  bie  commission  of  grievances  berufen  tourbe.  3)a^  tourbe  aOeiS  ans 
bei«  mit  bem  Stegierung^antritt  Sl^arled  I.  (27.  ÜRörj  1625).  @e^r  balb  tonnte  man 
bemerbn,  tote  i^  ber  Jtönia  beborjugte.  @r  l^atte  anftatt  bed  toegen  feinet  $uritanidmud 
in  üngnabe  gefallenen  Sifipof^  38iDiamd  oon  Sincoln  bei  ber  Jtrönung  al^  ^ilan  oon 
SSeffamnfter  )u  fungieren.  Sßenige  ^ge  nad^  bem  9legierung$antritt  erbat  ftc^  ber  Jtönig  26 
bon  i^  eine  Sifte  ber  )u  Seförberung  geeigneten  ©eiftlid^en,  toobei  er  fte  atö  OrtJ^obo^e 
btfio,  Puritaner  morlierte.  S3alb  barauf  tourbe  er  jum  Sifc^of  oon  Satl^  unb  äSelld, 
^doai  ber  $ofgeiftti(^teit  unb  ^Dtitglieb  beiS  ael^eimen  ^at^  ernannt.  3)ie  oon  i^m  bei 
Eröffnung  bed  erften  ^arlamentd  gehaltene  offigieDe  $rebigt,  in  ber  er  bie  oon  ©ott  ge^ 
fd^eidte  (Setoalt  beiS  R&nvgi  in  (Staat  unb  ^ird^e  betonte  unb  ben  ftönig  al^  @tellt)ers  ao 
treter  (Sottet  bqeic^nete,  lie^  bie  Puritaner  ertennen,  toad  t)on  bem@influ^  biefed  ^anned, 
ber  tl^nen  (fingft  ol^  ^ß^^'ift  berbäd^tig  toar,  )u  ertoarten  toar,  unb  anbere^,  toa^  folgte, 
berf(^ärfte  ben  ®egenfa^  ber  {ird^Iid^en  Parteien.  9iod^  toar  bie  @ad^e  nic^t  fo  ft)eit  ge^ 
bie^,  bag  man  bon  fetten  ber  Puritaner  ba$  tird^lid^^e  ©runbgefe^,  bad  Common  prayer 
bo^  im  gonjen  bertoorfen  l^ätte  unb  eine  burc^bringenbe  9leform  ber  lirc^lic^en  Sinric^^  ss 
tmigen  onßrebte,  —  in  biefem  @inne  toar  ber  $uritani^mu^  bamatö  nur  bie  @ac^e  einer 
iMr^ältmdm&^ig  Keinen  3Rinorität,  aber  bei  f^r  t)ielen  in  ben  ^itte(Haf[en  toar  bie  ^rä- 
beftinotton  im  Sinne  Satoin^  jum  toid^tigften  ®lauben^rtilel  getoorben.  ^ebe  älbtoeic^ung 
b^Hm  galt  al^  eine  Hinneigung  jum  $aj)i^mu^.  3Jlan  fönnte  ben  lird^Uc^en  ®egenfa^, 
tone  er  am  Xnfong  ber  Slegierung  RaxÜ  I.  ^erbortrat,  faft  auf  bie  ^ormel  bringen,  bort  lo 
nmformität  im  ftultud,  ^ier  bei'  ben  Puritanern  im  3)ogma,  nur  ba|  ^ier  fe^r  balb  au^ 
bem  S)ogma  ouA  bie  Jtonfequenjen  l^tnjid^tüd^  be^  Sittu^  g^ogen  tourben,  je  me^  bie 
anbere  ^[Sortei  ft(9  barauf  fteifte.  ftirc^hc^e  Uniformität  galt  jebenfaQd  bei  beiben  Parteien 
aü  ber  Sdftein  bed  9teic^e^,  toorau^  fid^  bie  gleiche  ^ntoleranj  auf  beiben  Seiten  ergab. 
'ibdf  fyüit  bie  ätegierung  birelt  nic^t  oie(  get^an,  toad  ben  SSortourf  ber  romanifterenben  46 
Zei^enien  fc^led^tl^in  rechtfertigte,  fyati^  boc|  ber  ^önig  fogar,  um  ben  latl^oltfc^en  Sinflu^ 
p  bteoen,  gegen  bie  &ftpmm  ben  fran^bftfdb'tatl^olifd^en  household  ber  fiöniain  Oer=: 
jagt  Sber  fc^on  bad  ^afein  ber  lat^olifc^en  Königin,  bann  bte  ft)anifd^en  unb  fran^öfi- 
\iftn  Sqiel^ungen  ersten  bie  toac^fenbe  ^urd^t  oor  ben  t)a))ifttf4en  Xenben^en.  ^a^n 
tarn,  bop  ber  König  Scanner  toie  S^id^arb  SRontague,  ber  gegen  ben  Safotnt^mu^  auf^  50 
getreten  toar,  unb  gegen  ben  bad  Parlament  Jtlage  führte,  unter  bem  @inf(ug  einer  ^om^ 
mtffton,  beren  Seele  Saub  toar,  offen  begünftigte,  ja  fo  rec^t  im  ©egenfaj  jum  9Solfö- 
toiDen  ju  ^0^  tin^Ii^fen  Stellen  beförberte  (^ubbon  S.  29  f.),  Seute  ber  entgegengefe^ten 
ätii^ng  bei|ette  fc^ob  ober  auc^  unterbrüdte.  @benfo  toar  nic^t  ^u  Oerlennen,  ba6  bte^ 
feCben  ift&mer,  ouf  bie  ber  Äönia  ftd^  bei  feiner  Oerfafjungötotbrigen  inneren  $oIttiI  55 
ftÜlfU,  jugleic^  bie  Rubrer  ber  l^od^tirqHc^en  Sltd^tung  toaren,  bie  bad  t)on  ben  Puritanern 
be^errfcpte  f^mtd  ber  Gemeinen  fd^on  mit  bem  ^a^t^mud  ibenttfijierte.  So  beftörlte  ba^ 
üme  bod  Sbibere.  3)ie  O))t)ofition  gegen  bte  9legterung§t)oIttiI  bei  ben  einen,  ber  i^amp^ 
ffo  bie  9lec^  bed  Jtönigd  bei  ben  anbeten,  OerqutdEte  ftd^  mit  rcKgtöfen  Xenben^en,  bad 
^ob  ilj^m  bie  ©c^e,  ba^  toar  e«,  toa«  il^n  für  beibe  Sßarteien  jur  ©etoifjcn^jjfltcpt,  einen  go 


310  Sank 

älu^gkid^  unmöglich  machte.  Unb  Saub  toar  ed,  ber  immer  me^r  @mf[u^  auf  ben  Jtdntg 
geft)ann,  bad  SetDu^tfein  t)on  feinem  gdttßc^en  Siechte  fteigerte,  aud^  bie  J^eraudforbemben 
Sieben  be^  Jlönigd  t)or  bem  Parlamente  t)on  1626  auffegte  (Works  IV,  354).  Shtnme^ 
(2!uli  1628)  )um  Stfd^of  t)on  Sonbon  beförbert,  begann  er  feine  Steformt^otigtett.    Sein 

5  Sßerl  tft  bie  noc^  l^eute  ju  Siedet  befte^enbe  unb  im  Common  prayer  book  ftc^  ftnbenbe 
3)etIaration  t)om  3lo\).  1628,  toeU^e  bie  t)oQe  toirKtc^e  Snna^me  ber  9(rtilel  ,,m  the 
literal  and  grammatical  sense''  t)orf(l^reibt  unb  jebe  eigene  3Reinung  über  i^ren  Sinn 
)u  äußern  Verbietet.  @$  ift  richtig,  ba^  ^rin,  h)ie  man,  um  Saubd  fatl^oKfterenben  Stonb« 
t)unlt  ju  leugnen,  betont  ^at,  ftc^  aud^  eine  getpiffe  9Bett^er)igf eit  gegen  anbere  3Retmtngen 

10  jeigt,  mie  benn  in  ber  Xl^at  £aub  {eben,  ber  gegen  bie  ätrtilel  ni^t  ))oIemifterte,  acctp^ 
tierte,  aud^  toenn  er  i^nen  bie  (ibera(fte  9(uäegung  gab.  älber  bad  betoeift  nur  bon 
neuem,  tok  toenig  ^E^tereffe  er  an  ber  Seigre  ^atte.  %xdf  fein  @ifer  gegen  ben  Satointd^ 
mud  berul^t  nur  barauf,  ba^  er  in  i^m  eine  Untergrabung  bed  Jtultud  fab.  Unb  bie  in 
ber  Uniformität  be^  ftultud  )ur  Srfd^einung  tretenbe  @in^it  ber  ftird^e  fiel  il^m  mit  bem 

16  2Bef en  ber  Sirene  jufammen,  I  laboured,  fagte  er  f))äter  ;iu  feiner  SSerteibigung,  nothing 
more,  than  that  the  exterual  public  worship  of  God  —  too  much  slighted  in  most 
parties  of  this  kingdom  —  might  be  preserved,  and  that  with  as  much  de- 
cency  and  uniformity  as  might  be;  being  still  of  opinion  that  unity  cannot 
long  continue  in  the  Church,    when  uniformity  is   shut  out  at  Church  door. 

ao  Unb  nur  eine  fol^e  uniforme  ^ird^e  ft)ar  nad^  il^m  im  ftanbe,  bie  toal^,  gottgewollte 
@tü$e  bed  Staat^toefen^  ju  fein:  He  who  ever  he  be,  that  will  not  conununicate 
in  public  prayers  with  a  national  Church,  which  serves  Gk>d  as  she  ouriit, 
is  a  Separatist  ($ubbon  @.  63).  Solche  Su^erungen  geben  ben  Sc^Iüffel  )um  Ber« 
ftänbni^  feiner  ganjen  Haltung. 

25  911^  bad  $ar(ament  bon  1629  jufammentrat,  geigte  ftc^  ber  {ird^Iid^e  ®egenf^  fd^on 
in  feiner  gangen  &d[»ärfe.  ÜRel^rere  ^ü^rer  ber  l^od^^tirc^li^en  gartet,  &tbt^ort>e,  SKantoa« 
ring  (t)gl.  Stanle  II,  196),  Ratten  bie  Puritaner  burc^  i^re  abfolutifüfc^en  Xudlaffungen, 
tDonac^  für  aQe  Sefe^Ie  be^  Jtönig^,  toenn  fte  ni^t  mit  bem  göttlich  ®efe^  in  SEBiber« 
ft)ru4  ftünben,  aud^  toenn  e^  ft^  um  Sntric^tun^  unbetoiQigter  @teuem  banbäte  u.  f.  to., 

80  unbebingter  ©el^orfam  t)erlangt  tourbe,  fd^toer  gereigt.  3)ie  9(uä)rüdCe  „$riefter^'  unb  „9dto" 
erfc^ienen  il^nen  bereite  unerträglid^  unb  lieferten  ben  SetoeiiS,  ba^  bie  Seute,  bie  fte  ge« 
braucht,  fic^  auf  tat^olifc^er  Sinie  betoegten.  ^Rcm,  forberte  il^re  Seftrafung,  ober  bod^^ar» 
lament  tourbe  aufgelöft,  ed  begann  bie  ))arlamentlofe,  abfolutiftifc^e  Slegierung.  Unb  Soub, 
ber  aUerbingd  jene  3Ränntt  fcpä^te,   unb  bon  bem  man  fagte:  Like  a  busie  and  an 

86  angry  waspe,  his  sting  is  in  the  tail  of  every  thing  (Senfon  @.  69),  tourbe 
immer  mebr  auf  bie  ©egenfeite  gebrängt,  je  mei^r  ftd^  ber  $a|  ber  ^uritamf(^  Dppo^ 
tion  auf  i^n  rid^tete.  Unb  in  firc^lid^er  93e)iel^ung  glaubte  er  bei  femer  9d^m)>fung  bied 
$uritani^mu^  lebtglic^  bad  nac^  feiner  3Jteinung  ftr^lic^  ni  Siecht  Seftel^be  ju  tx>ai^, 
felbft  (einerlei  Steuerung  eimufül^ren.    Obtoobl  in  feiner  ^eife  ein  frommer  SRonn,  fein 

40  3:agebuc^  lä^t  fein  ©ebet^leben  erlennen,  —  freilid^  beilegte  ed  fic^  burc^ud  in  tin^rupen 
^formen  unb  gormein  — ,  aud^  auf  SBürbe  unb  $|JrunI  legte  er  feinen  fflert,  in  biefer  Se» 
jie^ung  tonnten  bie@egner  nic^td  an  il^m  audfe^en,  au^er  ettoa  eine  getoiffe  ^otmlofigkit 
tm  äSerfe^r,  aber  gang  ber  3Rann  be^  ^i^telleftd  unb  bed  $rin)it)d,  fehlte  '^  ieglic^ 
^l^erftänbni^  für  jebe  ou^erl^lb  be^  l^ergebrac^ten  ®eleifei^  ftd^  betoegenbe  gfcömmigiett  (Sr 

46  bermoc^te  aud^  leinen  Unterf c^ieb  in  ber  Beurteilung  ber  tjerfd^iebenen  Parteien  )u  mac^,  — 
e^  mar  aQed  ^uflel^nung  gegen  bie  befte^enbe  Drbnung  unb  gegen  ba^  gotigekooDte  Sle^ 
giment,  ®runb  genug,  um  jebe  ba^ingei^enbe  Siegung,  ft)o  fte  immer  in  bie  Srfc^etmutg 
trat,  mit  ber  i^m  eigenen  @(^ärfe  entgegengutreten. 

^n  ben  nöd^ften  ^al^xtn  toax  er  e^,  ber  neben  bem  unbebeutenben,  ttntl^ttgen  Sorb« 

60  fd^a^meifter  SBefton,  in  enger  SJerbinbung  mit  SBenttoort^,  bem  f^Kiteren  ©orl  of  Straf« 
forb  im  ^tarnen  Jtarl^  @nglanb  regierte.  Sd^^on  im  3)e)ember  1629  ging  man  )u  einem 
fc^n)eren  Slngriff  gegen  bad  immer  beutlid^er  m  S^age  tretenbe  Überwuchern  oer  neuen 
religiöfen  Strömung  über,  inbem  man  bie  Il^ätigfeit  ber  fog.  „lecturers"  einft^onlte.  S)aÄ 
ft)aren  Seute,  bie  entmeber  bon   einer  Kongregation,  ober  aud^  einem  etnjelnen  3RttgIt^ 

66  lebiglic^  a(d  ^rebiger  aufgefteKt  tourben,  unb  i^re  Übung  toar  nic^t  feiten  bie,  bag  fte 
nac^  @c^lu^  bed  offi^ieUen  @ottedbienfted,  an  bem  fte  felbft  nid^t  tetlnal^men,  bie  itonjel 
beftiegen.  Unb  man  (onnte  fd^on  beobad^tcn,  tok  fte  in  ben  Slugen  ber  3Jlenge  bei  toei^ 
tem  ^öber  ftanben,  al^  bie  ©eiftlid^en,  bie  t>orl^er  i^re  gebrudCten  ®tb^t  obgelefen  ^K^tten 
(©arbiner,  hist.  of  England  VII,  131  f.)    Offenbar   bebeutete  il^  anpettung  bu«^ 

60  bie  ©cmcinbe  eine  bdllige  ^urc^brcc^ung  bce  l^terarc^tfd^en  ^rinji))^.    ^arum   galten  fte 


Saub  311 

für  2atib  mit  Sle^t  atö  bie  $au))ttTäger  bed  ^uritanidmud.  9iun  ft)urbe  burc^  eine  t)on 
bcm  fidniae  an  bie  Sifc^dfe  erlaffene  ^nftru!tton  beftimmt,  ba^  tote  in  Sudlern  fo  aud^ 
auf  ben  mnjeln  iebe  ^olemil  t)erboten  fein  foKte.  ^ie  l^ergebrac^ten  ^iad^mittag^rebigten 
tDUtben  in  Jtated^len  für  bie  ^ugenb  umgetoanbclt,  bie  ^tebigt  im  ^Rorgengottedbienft 
burfte  )toar  befleißen  bleiben,  ober  niemanb  bütfe  bie  Mangel  befteigen,  ber  nic^t  t)or^er  6 
im  S^ortod  (in  his  surplice)  bie  t)orgefc^riebenen  ©ebete  gelefen  ^ätte.  Hein  lecturer 
foDte  in  einer  Stabt  angefteQt  toerben,  tomn  er  ni^t  gugleidb  bie  Seelforge  übemel^me, 
imb  bie  Sifc^dfe  ^tten  barauf  ju  ad^ten,  ba^  nur  bie  gefe^Iic^  berechtigten  @beUeute  fid^ 
Xaplcati  l^ielten,  unb  bann  {o(d[!e,  bie  qualifiziert  a({o  t)on  ber  ürc^Kd^en  SBel^örbe  aner« 
laimt  tDorben  {eien.  @d  begreift  fic^,  toelc^en  ^a^  Saub  burd^  fo(c^e  3Jta^rege(n  auf  ftd^  lo 
herauf  befc^toören  mu|^te,  unb  man  ^atte  nid^t  fo  unred^t,  toenn  man  in  i^m  ft^ejieQ  bad 
bcclöii)ect  fab,  toa^  bie  O))))ofition  in  @taat  unb  förc^e  befäm))fte.  3Rtt  großer  9(ufs 
mcrifamlett  beobad^tete  man  iebe  feiner  ^anblungen.  Unb  bei  feinem  großen  @influ^, — 
fnt  12.  abril  1630  toar  er  aud^  Aanjier  ber  Unit)erfttät  O^forb,  unb  atö  3RitgIteb  bed 

g'^itnen  vtcdi,  ber  @temlammer  unb  ber  l^ol^en  Jlommiffton,  toelc^e  bie  eine  al^  toeltlic^e  i6 
mmiffton,  bie  anbere  al^  geiftlic^e,  über  bie  3)urd^fü^rung  ber  je^t  o^ne  $ar(ament 
[^igliC9  Dom  gel^men  9late  aui^e^enben  ©efe^e  übertoad^en  foQten  unb  unter  3^^^ng 
ber  Sonbe^efe^e  unb  Sanbei^etooi^nl^eiten  eine  graufame  SBiQlürl^errfc^aft  ausübten,  gab 
er  äinla^  genug  baju,  fic^  immer  größere  ^einbfd^aft  jujujiel^en.    ^n  ber  Xl^at  toar  ed 
lein  SBunber,  ba^  man  e^  nic^t  t)er^anb,  ba^  er  jtoar  unter  SSertoeid  auf  bad  SSerbot,  20 
ftontroDerfen  )u  be^bebt,  jebe  ftontrot)erfe  über  Sel^rfragen  mit  fc^en  ©trafen  a^nbete, 
bogegen  bie9dämt)fung  t)on  Slngriff en  gegen  ben  @))tpo))aIidmud  unb  [ein  Seremonientoefen 
torotegierte,  toüi  ed  fi^  babei  um  bie  Slufrec^terl^altung  gefe^Ud^  )u  Siecht  beftel^enber  3u« 
ßanbe  ^onble.    9lber  furc^tlod,   obtoo^l  im  ä3en)u^t[ein,  überaQ  \)on  f^inben  umringt  ju 
fein,   unb  of^nt  t)oSe  Hoffnung,  bie  t)on  i|^m  fo  fe^nlic^  erftrebte  Untformitöt  unb  bamit  26 
bie9ht^  tDiroic^  errei^en  )u  tonnen,  aber  in  ber  Ueberjeugung,  bamit  bie  @ac^e  @otted  ju 
füllten,  ging  er  feinen  2Beg  (Si  his  artibus  peream,  factus  inter  litigantes  victori, 
ut  Bolet,   praeda,  merces   mea  mecum,   nee  extra  me,    nisi  in  Deo,   solatium 
quaeram.    Interim,  quae  spero  pauciora  sunt,  quae  timeo  multa,   t)g[.  ben  für 
^e  »mten  fe^r  inftruftiöen  ©rief  an  aSolfm«  (Works  VI,  265  f.).    ÜRit  biefem  9e«  so 
tant|tfein  tourbe  er  immer  fanatifc^er,  jjeber  Angriff  auf  fein  @^ftem  toar  ein  9(ngriff  auf 
(Botted  Oi^nung,  feine  f^einbe,  bie  ^einbe  @otted,  bie  er  mit  furchtbarer  ©raufamleit,  toie 
im  %äOt  90.  Se^^tond  (b^I.  barüber  ©arbiner,  VII,  143  ff.),  )u  t)emic^ten   für  feine 
$ffi$t  ^ielt    ©ein  bif^dfltd^ed  9(uftreten  n)urbe  immer  römifc^er,  man  bemerfte,  ba^  er 
^  nidft  nur  beim  betreten  ber  ^irc^e  nac^  Dften  l^in  t)erbeugte,  fonbem  ebenfo  bei  9len«  85 
mmg  bed  Stamen^  ^iefu.    9(tö  einen  toeiteren  ^ortfd^ritt  auf  ber  tat^olifc^en  Sinie  mn^tt 
man  bod  ftd^ic^  r>on  i^m  inf}}irierte  ^^aftengebot  k)om  12.  3lot>.  1630  auffaffen,  toeldpe^ 
ben  €knu^  bon  ^leifc^  am  t^eitag  t^erbot,  obtool^l  bie  9legierung  ed  mit  ber  öf onomifc^en 
Sage  begiAnbete  unb  auf  ä^nlic^e  @bilte  aud  ben  ^Äim  Sbtoarbd  VI.  unb  ber  @Ufabet^ 
^  berief  (^ubbon  @.  67).    ^m  ^al^re  1633  begleitete  Saub  ben  jfönig  auf  feiner  Steife  40 
jiir  ilnhnmg  nac^  ©c^ottlanb,  too  ber  frül^ere  t)on  ^atob  unternommene  SSerfud^  ber  SSer:: 
cinigung  bo:  fc^ottifc^en  unb  englifd^en  Jtirc^e  toieber  aufgenommen  tourbe.    Jlonnte  auc^ 

icin  $(an,  etnfa^ber  fc^ottifc^en  Hirc^e  bte  englifc^eSiturgie  au  octro^iren,  nic^t  burc^bringen, 
0  tamrbe  bo<^,  bie  böfe  Baat  f))äteren  ^rrfal^,  bie  ä(bfaffung  einer  neuen,  ftd^  möglid^ft 
an  bie  englifc^e  anlel(^nenbe  ^ird^enorbnung  in  älngriff  genommen  (t)gl.  Jlöftlin  ©.150  ff.).  45 
Unmittelbar  nac^  feiner  StüdKe^r  aud  ©c^ottlanb  tourbe  er  am  6.  Sluguft  1633  t)omJlönig, 
bem  er  immer  unentbe^rKAer  getoorben,  unb  für  ben  er  bie  todrmfte  3ui^^i0ung  ^atte, 
jttm  Sribifc^of  bon  Santerburl^  ernannt.  3^^  ^9^  t^or^er  ^atte  man  i^m  römifc^erfeitd 
ben  Jtomnoldl^ut  angetragen,  ^n  feinem  ^gebud^  bemerlt  er  einige  ^^t  ft)äter,  am 
17.  Xuguft,  ok  boS  9(nerbieten  erneuert  toorben  toar:  But  my  answer  again  was  60 
that  Bomewhat  dwelt  within  me,  which  would  not  suffer  that,  tili  Rome  were 
other  than  it  is.  ©0  gab  ed  aOerbingd  noc^  eine  ©d^anle,  bie  i^n  t)on  ber  römifc^en 
ilird^  trennte,  ta>o^(  bad  $a))fttum  felb^.  Sa^  er  ben  ®ebanlen  einer  Stont^erfton  mit 
ftttlii^  (Sntrüffaing  ^urüdCgetoiefen  ^ätte,  l^ören  toir  nid^t.  3Jlan  fte^t,  tote  er  burc^  ben 
SUcaXp^  mit  bem  ^untani^mu^  ftc^  immer  toeiter  auf  bie  römifd^e  ©eite  l^atte  bröngen  55 
(offen.  2)ie  ßoffnung,  i^n  toirRic^  )u  gewinnen  ober  toenigftend  burd^  feinen  (Sinflu^  für 
bie  römtfcl^  ^ro^Htganba  größere  ^eil^eiten  )u  erhalten,  gab  man  bort  noc^  nic^t  auf.  @ie 
tamxbe  gen&^  buri^  bad  im  ^a^re  1634  )u  beobad^tenbe  t)ertrautere  SSer^dltnid  jur  fa^ 
t^tf<^  Jldnigin  unb  feinen  ^erlel^r  mit  bem  ))ö))ftlic^en  @miffär  ^on^ani,  ber  freilid^ 
nur  ben  @rfoIg  ^atte,  Saub  noc^  mel^r  in  ben  äugen  bed  ))uritanifc^  gefmnten  SSoIIed  co 


312  Saub 

ju  btefrebitieren  (Senfon  S.  73  f.).  SJK  Stjbifd^of  bon  EonterbutV/  Äönjler  bon  Ojfwb 
unb  3)ublin  unb  int  Seft^e  feiner  anbeten  Erntet  übte  er  je^t  einen  foft  unbefd^räntten 
(Sinfluft  in  @taat  unb  jtirc^e,  ben  er  ol^balb  baju  benu^te,  nunme^  im  gongen  Saxibt 
feine  firc^lic^en  Sieformotion^  ober  SRe^rtftinotion^ebanfen  burd^gufü^ren.    Zimmer  me^r 

6  befeftigte  ftc^  in  ii^m  ba$  S3eft)u^tfein,  ba^  auf  bie  ^(ufrec^terl^alUtng  beffen,  ta>ad  er  ok 
iwcd)  bie  lirc^lic^en  ^anoned  0efe|licl^  feftgefteSt  anfal^,  bad  ^eil  nid^t  nur  ber  Ricift, 
fonbem  bed  Staate^  berul^e,  jebe  Slbtoeid^ung  burc^  ^(bfc^reclung^mittel  ber^inbert  toerben 
ntü^te.  3)al^er  feine,  bie  aOer  anberen  SRid^ter  übertreffenbe  Strenge  in  aQen  Suritanere 
))ro)effen  gegen  ^r^nn,  ber  in  feinem  ^iftriomaftis  ba$  ^ierard^ifc^e  @bftem  be^  Snbifd^ofd 

10  gegeißelt  $atte,  gegen  Safttoid,  Surton  u.  f.  h).  (bgl.  Srofc^  @.  152  ff.).  3)ie  erfien  bon 
i^m  atö  Srjbif^of  bei  bem  ^öniae  beranla^ten  Slnorbnungen  belegten  fid^f  auf  ber  fc^on 
frül^er  eingefc^Iagenen  9lic^tung:  leine  Orbination  o^ne  totrtlic^ed  9(mt  (title),  tDa^  einen 
neuen  9(ngriff  auf  bie  lecturers  bebeutete,  unb  bie  erneute  offuieüe  ^ubltlotiim  bed 
books  of  Sports,   toomit  fic^  ber  5{am))f  gegen  ben  }}uritanif^en  @abbat^  berbonb. 

16  @d^on  tiefer  griffen  anbere  ben  Jlultud  unif ormierenbe  ÜRa^regeln  ein.  SUIent^Iben  tourbe 
j|e|t  bie  9(uffteIIung  eined  9(Itard  im  Oftc^or  unb  bie  @rric^tung  einer  @c^rante  bor  bem* 
felben  geforbert.  9$ifttationen,  bie  1634  begannen  unb  mehrere  ^al^re  toi^er^olt  tourben, 
forgten  für  bie  Sludfü^rung  unb  bie  aenaue  (Sinl^altung  beffen,  toad  bad  Common 
prayer  book  nad^  feiner  3Keinung  borfc^rieb,  aud^   für  bie  äSie^ereinfül^ng   ber  alt« 

ao  ürc^lic^en  geiftlid^en  ©etoänber,  bergen,  gemalter  Jlir^enfenfter  unb  bed  gon^  tin^Kc^ 
$om))eiS,  ber  unter  bem  (Sinflu^  calbiniftifc^er  S^enbengen  too^renb  ber  l^ten  ®eneration 
in  älbgang  gefommen  toar.  3)ane6en  barf  nic^t  t)ergeffen  toerben,  ba^  er  nic^t  tDeniged 
t^at  für  bie  ^ebunq  ber  materieOen  SSerl^&ltniffe  bed  Jtlerud,  Osforb  mit  reichen  S^enben 
bebad^te  unb  ben  ®influ^  ber  ftird^e,  t)or  adem  ber  Sifc^öfe  auf  iebe  äSeife  }u  förbem 

35  fud^te.  ^^m  toar  ed  p  banlen,  ba^  1636  l^u^on,  ber  Sifc^of  bon  Sonbon,  ber  erfte 
®eiftlid^e  feit  ben  3^^^  ^einric^  VII.,  Sorbf^a^meifter  tourbe.  ^a^n  bemerlt  er  in 
feinem  ^gebuc^e :  „unb  nun,  toenn  bie  Jiirc^e  ftc^  je^t  nic^t  mit  ®otted  $Ufe  oben  ^ält, 
ic^  fann  niAt  me^r  tl^un"  (Works  IV,  226). 

9iur  fd^einbar  ift  ^  ein  98iberf))ru^  )u  feiner  fonftigen  Haltung,   toenn  toir  ^ören 

90  ba|  er  im  ^af)xz  1637,  ali  mel^rere  Jlonberfbnen  im  9[be(  borgdommen  iooren,  bie 
gleiche  Strenge  toie  ge^en  bie  Puritaner  auc^  gegen  bie  ^atl^olifen  angetoenbet  toiffen 
tooQte  unb  bie  @d^ulbtgen  bor  bie  l^o^e  ^ommifjton  forberte.  @d  toor  einerfeitd  ba 
ftärfer  toerbenbe  @inf[u^  ber  Jtönigin,  ben  er  fürd^tete,  anbererfeitd  bad  il^n  bei  aüm  feinen 
Sna^nal^men  befeelenbe  ä3eftreben,  um  jeben  $retd  bie  Sinigfeit  ber  Jlirc^e  bon  @ng(anb 

86  gu  erl^alten.  „I  am  between  two  great  factions,  very  like  com  between  two 
mill-stones",  fc^rieb  er  bamal^  an  äßenttoort^  (ebb.  VII,  378),  unb  bei  feiner  SBoc^ 
famteit,  toobon  feine  aQiöl^rlic^  bem  ftönige  überfanbten  ^ifttation^berid^te  Jtunbe  geben 
(ebb.  VI,  317  ff.),  fc^ien  e«  il^m  gu  gelingen,  ftein  5ßarlament  nal^m  ftd^  me^  ber  9lon» 
lonformiften  an,  bie  eine  3^^^  ^^i  f^^^  unbequeme  0})})ofition  burc^  bie  treffe  tourbe 

40  burd^  ein  fc^arfe^  6enfurgefe|  bon  1637  faft  gam  unterbrüdEt.  3lux  2taU  feiner  iRic^tung 
tourben  angefteiOit  unb  tonnten  ftc^  im  ürc^üc^en  ^ienfte  galten.  @o  gelang  ed  aEerbingd, 
toö^renb  im  ©el^eimen  ber  ^uritani^mud  immer  mel^r  antou^^  unb  feftere  ^rmen  at» 
toann,  im  eigentlichen  @nglanb  eine  toeitge^enbe  äußere  Konformität  burc^jufe^en.  um 
fo  geringer  toaren  bie@rfolge  bei  ber  beabftd^tigten  9(nglilanifterung  ber  fd^ottifd^en  Jtin^. 

46  ^m  3Ra\  1635  tourbe  ba^  bon  fd^ottifc^en  $rölaten  au^earbeitete  unb  bon  Saub  rebi« 
bierte  book  of  canons  angegeben,  bad  nid^t  nur  eine  t^öQige  Unterbrüd(ung  ber  pxtd» 
b^terianifd^en  Jlird^e  Sc^ottlanb^  unb  il^ire  @rfe6ung  burd^  ben  englifd^en  @))iflo})alidmud 
bebeutete,  fonbem,  unb  ba^  toar  ed,  toa^  ba^  S3u^  auc^  für  bie  englifd^e  i^ird^e  bebeutung^oQ 
toerben  Ke^,  bad  in  Snglanb  längft  befolgte  Softem  bed  @taat$fird^entumd  unb  be^  fentg« 

60  lid^en  älbfoluti^mu^  mit  einer  bi^^er  nie  bagetoefenen  (Schärfe  unb  Offenheit  )um  Sud* 
brudE  brad^^te,  e^tommuni^terte  boc^  fog(eic^  ber  erfte  ftanon  jeben,  ber  leugne,  ba|  bem 
itönige  biefelbe  unumfd^ränfte  3Jtac^t  gutomme,  toie  ben  5!dnigen  ^uba^  (bgL  HdfUm 
©.  152  ff.).  üJlu^te  fc^on  bie^  ben  Untoillen  ber  ©d^otten  ^erborrufen,  fo  no^l  mebr  bie 
toieberum  bon  Saub  reDibierte  unb  möglic^ft  ben  römifc^cn  JiultuiSformen  fxd^  onnäpembe 

66  Stturgie,  mit  ber  am  23.  ^uli  1637  begonnen  toerben  foOte.  @$  fam  jum  Xumult  in 
ber  St.  Giles  church  in  @binburg,  bann  )um  fc^ottifd^cn  Sobenant  2Bie  toeit  ber  @r}< 
bifc^of  für  bie  barauffolgenben  ))olitifd^en  iD{a|regeln  im  einzelnen  beranttoortlid^  )u  mod^ 
ift,  ift  nic^t  fidler,  tool^l  aber,  ba^  er  ben  ^önig  brängte,  in  ber  fird^lid^en  ^oge  nic^ 
;iurüdE)utoeid^en,  unb  ba^  man  i^m   an  ben  fd^ottifd^en  SBirren  unb  allem,  tood  borouf 

60  folgte,  im  9[$ol{c  bie  $au)^tjd^ulb  beimaß.    9luc^  ift  nid^t  gu  leugnen,   ba^  er  nac^  Shif* 


Saub  313 

Idfung  bcd  btrjm  $at(amentö  im  ^ntereffc  be$  t)on  i^m  für  nottDenbig  gel^altenen  Jtriegcd 
au(^  )u  inlonftituttoneSen  3Ra^nal^men  riet.  Unb  ft)a^  man  i^m  f^öter  nic^t  am  tDentg^en 
bortoorf,  tDar,  ba^  er  entgegen  ber  btdl^erigen  fiBung,  unb  tro^bem,  ba^  er  felbft  93ebenfen 
bogegen  l^otte  (®arbiner  IX,  142),  auc^  nad^  bem  9(u$etnanberge^en  bed  ^arlamentd 
luu^  bem  SBtHen  be^  ftönigd  bie  Hont)ofatton  breiter  tagen  unb  ju  fünften  be^  JtriegeiS  6 
bte  Sefteuerung  bed  Jl(eru$  um  je  20000  $funb  t)otteren  Ite^  unb  enblic^  bie  Slnno^me 
iHm  17  neuen  Jtanoned  t)eranla|te.  3)iefe  umfangreid^en  ^anoned  t)om  29.  3Ra\  1640 
(Works  Y,  613  ff.),  ein  Seitenftüd  )u  bem  fd^ottifc^en  book  of  canons,  ))rotIamierten  bie 
unbefc^rönlte  3Rad^t  ber  Jtrone  über  (Staat  unb  Stirere  aU  m  @otte$  ®ebot  unb  burd^ 
)M  92aftune(^t  begrünbet,  bejeid^nete  jebe  Slnna^me  einer  independent  coactive  power,  lo 
dther,  papal  or  populär,  al$  einen  Ham^f  gegen  ®ott  unb  bie  t)on  il^m  eingef^ten 
(BetDotten  unb  befc^loffen  fdJKxrfe  Strafbeftimmungen  gegen  aQe  lird^Iid^en  unb  reliaiöfen 
Xtoetc^ungen.  3)a^u  lom,  bag  j[ebermann  t)er))flic^tet  mürbe,  gu  befcf^toören,  ba^  Seigre, 
2)td}t))Iin  unb  Stegierung,  ft)ie  ^e  in  ber  Jlirc^e  t)on  @nglanb  befiele,  )ur  @e(igleit  not« 
b>€nibg  fei,  unb  niemals  einjutoUIigen  in  ben  SSerfuc^,  to  alter  the  government  of  15 
this  äurch  by  archbishops  deans  and  archdeacons  etc.  —  bal^er  ber  Stcätera^ 
e&  genannt.  S)er  @r(a^  biefer  JlanoneiS  —  ed  gefc^a^  gum  erftenmal  feit  1604,  ba^ 
bte  Stontoolatton  t)on  i^rem  Siedete,  folc^e  ^nonei^  au^e^en  )u  laffen,  ®ebrauc^  mad^te  — 
foOte  oDed,  tDa&  in  ben  legten  ^o^rae^nten  in  tird^ß^er  SBegiel^ung  gefd^e^en,  legalifteren, 
bcn  @(^ht^ftetn  )u  bem  gangen  lirc^li^en  ®eböube  abgeben.  @^  geigt,  toie  toenig  ))oIis  20 
ü^  f^tgleiten  Saub  b^a^,  h)ie  toenig  er  bie  gange  Sage  überfd^aute,  ba^  er  in  biefem 
SRimiente,  too  bie  9(meid^en  ber  allgemeinen  ©ärung  immer  beutKc^er  ft)urben,  einen 
\eUi)m  Schritt  tDagen  fonnte.  ®r  beftegelte  feinen  @turg.  3)er  lang  gel^egte  $a^  gegen 
t^  loberte  in  ^eUen  »flammen  auf,  unb  toenn  bie  Bd^otim  bei  ii^rer  Ueberf^reitung  ber 
englifc^  ®renge  in  i^rem  ^Jlanifeft  aU  eine  il^rer  Slufgaben  neben  ber  Seftrafung  @tra^orbd  26 
bie  Smibd  unb  feiner  „^a^iftifd^en''  3(n^änger  begeid^neten,  fo  ftanben  bie  meiften  im  eng^ 
Gfc^  Soße  auf  i^er  @eite.  ®ine  %l\jd  k)on  $amt)^(eten,  ^lalaten,  @))ottt)erfen,  bie 
fti^  felbfit  in  feinem  @d^(afgema4  fanben,  ergo^  ftd^  über  Saub.  (Sd  tarn  fd^on  t)or,  ba| 
tM  SoK  fu^  bro^enb  bor  feinem  ^alaft  gufammenrottete.  @in  $aufe  t)on  2000  brang 
in  bte  ^[ktulkird^,  ta>o  bie  ^0^  ftommiffwn  tagte,  unb  gertrümmerte  bie  S3änte  mit  bem  Stufe :  so 
5»id>er  mit  ben  »ifc^öfen,  nieber  mit  ber  ^ol^en  Äommiffwn  (Works  III,  237).  ©ie 
9ttfrcgun0  tamc^  berartig,  bo^  ber  Jtdnig  ben  @tcäteraeib  bid  fax  nöd^ften  ftont)oIation 
fuf^yeiwierte,  —  ed  ioor  bod  erfte^Jlal,  baf  ber  ®rgbifd^of  mit  emer  feiner  9(norbnungen 
nti^  burc^brang.  9(m  3.  9lot>ember  1640  begann  ba^  lange  Parlament.  9(m  11.  tourbe 
Strafforb  in  Smtlageguftanb  t)erfe^t.  9lm  18.  ^egember  traf  Saub  ba^felbe  Sc^idfal,  nad^-  86 
bem  bereite  am  16.  9lo))ember  bie  neuen  ftanone^  t)on  bem  Parlament  t)erbammt  unb 
i^  Ur^^eber  mit  bem  9Iamen  eined  „3Rorbbrennerd''  gebranbmartt  toorben  toar.  @r 
tmirbe  t)er^et.  9(uf  ©runb  t)on  24  fünften,  bie  fein  gangeiS  iBerl^alten  in  ©taatd« 
unb  ftirc^angelegen^eiten  einer  k)on  $a^  erfüQtcn  Jlritit  unterzogen,  tourbe  er  am 
26.  gebruar  1641  bed  ^od^t^errat^  begi(|tigt  unb  am  1.  ^ärg  na^  bem  Xotoer  gebracht.  40 
&i^  am  11.  9Rai  tourbe  @trafforb  gerichtet,  bem  er  auf  feinem  legten  @ange  auf 
feine  Sitte  t)om  ^fter  aui  ben  @egen  erteilte.  Stber  ba  bad  Parlament  mit  anberen 
2)tngen  boDauf  befd^äftigt  toar,  bauerte  ed  brei  ^al^re,  bi^  fein  $roge^  toirllid^  begann. 
^nglDifd^  f(^eb  er  an  feiner  History  of  the  troubles,  in  ber  er  auf  ®runb  beffen, 
tocA  er  tmi  ben  Vorgängen  im  Parlament  erful^r,  eine  3(rt  SSerteibigung  beffen,  toad  er  45 
aet^,  unb  an  bef|en  3^^^n0  ^<^^  Parlament  unter  forttoö^enben  9(nflagen  gegen 
feine  $erfon  arbeitete,  niederlegte  unb  f))äter  Xag  für  ^g  Slnllage  unb  SSer^dr  toie 
feine  Serteibigungdreben  nac^  bem  ©ebäd^tni^  bid  gum  ^ge  t)or  feinem  ^obe  notierte. 
09  \oax  eine  bonge  3^^/  ^^4  ^^  *fortn)äl^renben  Demütigungen  unb  ©raufamleiten,  bte 
'Ali  ober  nid/t  boigten.  Xn  ben  $falmen  ftc^  erbaucnb  litt  er  im  9en)u^etn,  bie  Bad^^  60 
Wut»  |u  vertreten.  9(m  12.  SJtörg^  1644  beoann  ba^  'Serl^ör  t)or  ben  Sorb^,  im  92o« 
Mnber  nn  £aufe  ber  ®emeinen.  3DRit  großer  Stulpe,  unterftüj^t  burd^  fein  trefflichem  ©c^ 
bfii^tntd,  ffi^  er  ^g  für  Sag  feine  SSerteibigung,  ol^ne  irgenD  toelc^en  (Sinbruct  auf 
feine  9nH&ger  unb  Slicpter  gu  ma^en,  bie  laum  bie  ^orm  einem  orbentlic^en  ©erid^tm- 
beifo^rend  innehielten.  @m  toar  bie  9^ad^e  bem  in  feinen  Siechten  gefräniten  SSoltem,  bie  66 
fibet  ibm  gu  ®erid^t  fa^.  3)ie  Wenigen  Sorbm,  bie  noc^  tagten,  trugen  gmar  Sebenfen,  ob 
fciB  Serbrec^,  ber  SSerfuc^,  bie  bcftel^cnbe  Sleligion  gu  änbem  unb  bie  Siechte  bem  ^ar- 
lomentj  ga  untergraben,  bam  fie  alm  erft)iefen  anertannten,  unter  ben  burd^  ein  Statut 
8b»cnM  ni.  fef^efd^en  ^Begriff  bem  ^oc^t^erratm  falle,  aoben  aber  unter  bem  Druct  bem 
\dfcn  fifinnif4f  bte  Verurteilung  bem  t)erl^a^ten  3Rannem  forbemben  $öbelm  nac^,  alm  bie  eo 


314  2anh  Sanater 

©emeinen  erllärten,  ba^  bad  ^rlament  bad  Siedet  ^obe,  jebed  SSeribrec^en  ate  ^od^toenot 
ju  ftem))e(n.  @o  erfolgte  eben  tvegen  biefed  SSerbred^en^  am  4.  3<^nuar  1645  feine  Set» 
urtetlung.  9(uf  feine  Sitte  tourbe  bte  ente^renbe  Strafe  bed  $o(^t)erräteTd  (Xob  burc^  ben 
Strang,  Sd^Ieifung  unb  Sierteilung   bed  Seic^nam^)  auf  @nt^ut)tung   ermäßigt,    ©ott^ 

5  ergeben  fal^  er  bem  "Xobe  entgegen,  älngeftcl^td  be^felben,  t)or  bem  Sd^ffot,  erHärte  a 
noc^  einmal,  h)ie  oft  bei  feiner  SSerteibigung,  ftc^  nic^t  betonet  )u  fein,  gegen  trgenb 
toelc^ed  belannte  ®ef e$  be^  Jtönigtum^  ge^anbelt  m  l^aben,  unb  proteftierte  energif (^  gegen 
ben  SortDurf,  ba^  er  bie  Jlirc^e  jum  $a^i^mud  $abe  führen  tDoDen.  äSonac^  er  gefirebt 
l^abe,   fei  to  keep  an  uniformity  in  the  external  Services  of*  God  acoording  to 

10  the  doctrine  and  discipllne  of  the  church.  9(m  10.  Januar  1645  tDurbe  bod 
Urteil  auf  To^er  Hill  t)oII|^en.  Seine  Seid^e,  bie  man  anfangt  in  ber  na!^ 
gelegenen  9Hler^eiligentirc^e  in  93arting,  beren  Sieltor  ein  9leffe  2auhk  tocac,  beife^ 
tourbe  1668  nod^  ber  Jiird^e  bed  St.  Johns  College  inO^orb,  bad  i^m  fo))iel  ))erban{te, 
berbrac^t 

16  Selten  l^at  ein  üJlann  mit  geringerem  äSeitblid,  ber  boc^  in  alle  tragen  bed  dffent» 
li^en  Sebend  miteingreifen  )u  foQen  glaubte,  cot  einem  fo  berantti)ortungdt)onem  $la^ 
geftanben,  aü  Saub.  3Jtan  mu^  in  feinem  Siagebud^  lefen,  toa^  i^m  toic^tig  erfc^ten 
unb  toorauf  er  äßert  legte,  um  )u  eriennen,  toie  eng  fein^orijont  toox.  @r  kDoQte  ffir 
bie  Jiirc^e  S^rifti  täm))fen,  ober  nur  feiten  fpürt  man  bei  i^m  einen  ^am^  dpAfÜx^ 

20  SBörme,  unb  old  Geologe  jeigt  er  eine  Unllarl^eit,  bie  eriennen  lägt,  bag  er  bod  nul^t 
98enige,  tt)a$  er  namentli^  t)on  ben  alten  Sätem  unb  ber  Jtontroberdlitterotur  fetner  3^ 
gelefen  ^at  unb  toa^  er  auc^  in  feinen  $rebtgten  borjubringen  liebte,  nur  unter  bem  &t» 
ftc^t^untte  aufgenommen  ^at,  toie  ft)eit  ei^  feine  X^eorie,  beren  Umfe^ung  in  bte^rosid 
er  mit  ber  rüdE^c^tdlofen  @nergie  bed  f^nati^mu^  aiUteebte,  ju  ftü^en  bermoc^te.    @r  tyd 

26  immer  ben  einen  al^  Verräter,  ben  anberen  al$  uRört^rer  gegolten.  ®r  toor  leinet 
bon  beiben.  3Ran  barf  il^m  glauben,  bag  er  bie  S^^cW^^S  ^^  engltfc^  Jlin^ 
)um  dlomanidmud  nid^t  getooUt  l^at,  aber  fidler  ift,  bag  er  burc^  feine  Betonung  beJ 
ius  divinum  ber  Sifd^öfe  (Works  IV,  309  ff.),  burd^  bie  ße^e  bon  ber  jur  Soipleit 
nottoenbtgen  Unterorbnung  unter  ben  @))iffo))at,   burc^  feine  Sahamentdle^re  tmb  fernen 

80  Stituali^mu^  ac.  [\d)  auf  einer  Sinie  betoegte,  bie  le^tlic^  gum  Slomonidmud  führen  nut^e 
unb  in  neue  ober  bod^  t)on  ber  anglilanifc^en  jftrc^e  feit  ber  Steformotion  bedoffene 
Sahnen  jurüdElenIte.  Unb  eben  bied  lögt  ed  begreifen,  bag  er  ^eute,  koo  bie  fü^renbe 
Partei  ber  englifd^en  Staat^tirc^e  biefelben  ^kk  anftrebt,  i^  $ero^  gen^orben  iß. 

XfitoUx  mibe. 

Satnrentittd  b.  $•  f.  S  i  s  t  u  ^  I.,  $a))fi 
85        Sottrentind,  ®egen^a^ft  f.  S^mmac^ud,  $a^fi 

Saurentittd  SaOa  f.  SS  all  a. 

Sanfanne,  ^einrif^  bon  f.  9b  YII  S.  606. 

Sanater,  3-  @v  d^t.  1801.  —  Sitteratur:  £at)aterd  fieben  »urbe  bolb  noife  feinem 
^obe  üon  feinem  8(^roie()erfol)n,  bem  nachmaligen  9(ntifte8  @^e6ner  in  3  S9Snben  befc^rieben, 

40  1802—3;  bad  ^erf  entt)ält  Diel  Cur aenmaterial,  aber  feine  ^rttit.  ^erbft,  SaDoter  na4 
feinem  fieben,  fiepten  unb  ^irfen,  Sln^bac^  1832  unb  grr.  ^il^.  Sobemann,  Saoater  k.^ 
1856  unb  77  ftnb  ju  audfc^Heglicft  Don  (Gegner  abhängig.  3.  (S.  ^öntofer  bat  in  feiner 
fc^mei^ertfc^en  fiitteratur  beS  ac^t^e^nten  ga^r^unbertd  1861  6.  332—406  bie  erfte  mobemra 
9lnforbcrungen    einigermaßen  entfprecbenbe  ^arfteüung  üon  fiaDater    a(8  Scbriftfteller    mib 

46  ^en{(6  gegeben,  ^ie  befte  bid  je^t  über  fi.  erf^ienene  ©c^rift  bat  Srranj  ü^uncfer  ^um  fStx» 
faffer:  3-  (5.  fiaüatcr,  eine  ©fijje  feine»  fiebenö  unb  ?Birfcn«,  Stuttgart  1883.  3n  «orbc* 
reitung  ift  augenbticfHc^  eine  Senffc^rift  jur  ^unbertften  Sieberte^r  feined  Sobedtageft,  in 
loelcber  bie  Derfcbiebenen  Seiten  ber  Sirffamteit  unb  ^erfönlic^feit  £.9  Don  gfacbgelebrtcit 
bearbeitet  roeiben  foQen,   fie  wirb  1902    in  Sürid)  erfc^cinen.    S3on  SeÜgenojfen   b<^ben  ju« 

60  fammen^fingenb  über  fi.  gefc^rieben :  ^eifter  unb  ^eaner  (Beiträge  jur  nfiberen  StenntniS 
unb  magren  ^arfteQung  Sauaterd).  ^er  befannte  ^^ilologe  3-  ^-  Oretti  gab  eine  tlud' 
roa^l  feiner  Schriften  in  8  ^änbc^en  ^eraud.  @al.  ^ir^el  ebierte  Q^oet^ed  ^Briefe  an  £.; 
5)ünicr  fi.8  53riefn)e(6fel  mit  ©erber  (im  2.  ©anb  üon  ©crber»  nacbgclaffencn  Sßerfen);  §|* 
mann  feinen  ©riefmec^fel  mit  ©afencamp.  ^er  überaus  umfangreicbe  banbfcbriftlictie  ^adilai 

66  £.9  finbet  ftcb  auf  ber  jürc^erifd^en  ©tabtbibliot^e!.  Vereinzelte  ^(bbanbtungen  über  fi.  tmb 
t)erf(biebene  Seiten  feiner  fBirtfamfeit,  toelc^e  in  geitfc^riften  ^erftreut  erfc^ienen  ftnb,  t5nnen 


Sanatet  315 

(ier  felb{h)erft8nbli4  ntc^t  aufgeführt  toerben,  ebenfoiventg  bie  i^n  betreffenben  Tlbfc^nitte  in 

ilTO^ren  ^iftorifd^en  Werfen  ober  in  ben  Biographien  (^oett)ed,  ^erberS  2C.  unb  in  ^eitgenöf' 
tfc^en  9{eifebef4Tei6ungen. 

Sotooter,  Sodann  6af})ar  ft)urbe  am  15.  3lo\)mhtt  1741  ald  ba$  jtDöIfte  Jtinb  bed 
Sbjted  ^einrid^  2.  unb  ber  ^legula  @fc^er  in  S^xii)  geboren.    Seibe  @(tem  entftammten  6 
ongcfel^en  altjürd^etifd^m  ©efd^Iec^tem.    Xüd^ttged,  t^ötiged  Sßefen,   ©emeinfinn  unb 
pm»x\d^  Sldigiöfität  bei  fd^lic^ter  iebod^  uneingef^ränfter  Seben^toetfe  bilbeten  bie  9(tmo< 
f)>^äre,  in  toelc^er  bet  begabte  Jtnabe  auftoud^.    SSermöae  eined  feltfam  gufammengefe^ten 
fRaiuxdU,  toclc^ed  @d^ü(^tem^eit  unb  SE^attraft,  Sanftmut  unb  ^eftigleit,  ^lüd^tigteit 
unb  Srnft  in  ftc^  ))ereinigte,  fotoie  einer  augergetDöl^Uc^en  Smpfinbfamleit  unb  ®emüt^«  lo 
tiefe,  tDelc^  bie  Unbefangenl^eit  in  ber  ^Rttteilung  l^inberten,  toar  er   ein   unberftanbene^ 
ficnb.    Selbft  feine  ÜRutter,  mit  tpelc^er  er  regei^  $^antafte(eben  unb  einen  ftarfen  3)rang 
2ur  äRUbtl^gteit  gemein  ^atte,  bermod^te  nid^t,  fein  boOed  SSertrauen  ju  gewinnen.    3)a 
tDonbte  fu^  ber  innerlid^  @infame  an  ®ott  unb  geno^   in  einem  naiben,  bon  tinbifc^er 
Selbflfud^t  ntc^t  freien  ©ebet^berle^r  ein  gel^eimed  @lüä,    @inem  augenblidlic^en  ^mpufö  i6 
folgenb  l^e  ^  ber  ^e^njä^rige  für  ben  geiftlic^en  S3eruf  erHärt,  n)a§  mit  ben  3(bftd^ten 
ber  (SItent  nic^t  überem  lam,  aber  boc^   nic^t  auf  il^ren  SBiberftanb  ftie^.    ^er  toenig 
fc^ulgered^te  ®eift  bed  Jlnaben  getoann  erft  auf  ben  l^o^eren  Unterrid^t^ftufen,  tooSobmer 
unb  Stetttnaer,   bie  belannten  SSorlämpfcr  einer  frei  ani  @m}}finbung  unb  $^antafie 
queOenben  ^4^n0  unb  9Sermitt(er  au^Iönbifc^er  Sitteroturfd^ö^e  an  bie  beutfd^e  S3i(bung  20 
fenie  Se^er  unb  böterlic^en  ^eunbe  tourben,  £uft  an  geiftiger  Slrbeit.    SSon  feinen  t^eo« 
logtfd^  Sehern  toirb  am  meiften  @teinbrüc^el,  ein  @d^üler  SQoIff^  unb  Saumgorten^ 
genannt,  toelc^er  ffKiter  in  fc^roffen  ®eaenfa(  ju  £.  geriet;    auc^  l^at  ^,  %  ^mmztmann, 
ber  1756  geftorbene,  freigefmnte  älntDoIt  ber  ^ereinfaAung  be^  t^eologifd^en  @Vftem$,  auf 
0ntnb  ber  pt(d6]äftn  9(b)tDedhtng  ber  gi^ttlid^en  Offenbarung,  ol^ne  ^toÄ^d  ^ia^toirlungen  25 
auf  t^  ou^eübt 

2)ie  Sriefe  axA  S.^  @tubentenja^ren  berfe^en  und  in  einen  gärtlic^  berbunbenen  bom 
Streben  nac^  ^genb  unb  ©lüdfeligleit  getragenen  f^eunbedhreid,  in  toeld^em  bie  Iittera< 
lifAen  Anregungen  unb  frei^eitlid^en  })olitifc^en  ^b^aU  Sobmer«,  indbefonbere  bie  S3e= 
geifterung  für  Juo))|[odC  unb  bie  ^eroen  bed  tlaffifd^en  äUtertumd  ben  ©runbton  bilben,  so 
boneben  über  Seibni^  unb  äSoIff  bid})utiert  toirb  unb  bie  tl^eologifc^en  g^iter^eugniffe,  be« 
fonberS  bie  Seiften  englifd^er  ©egner  bed  ^eidmud  toie  ^Butler,  Slarl  unb  i^rer  beutfd^en 
9ttAta  tme  @|)a(bing  gelefen  unb  erörtert  toerben.  ©leic^jeitig  öffnen  fte  und  ben  9lid( 
in  fcptoere  religiöfe  unb  ftttlid^e  Rämp^t,  toeld^e  £.d  tiefemfted  unb  energifd^ed  ®emüt,  bem 
ein  blog  inteUeftuelled  unb  äft^etifc^ee  äSerl^ältnid  jum  göttlid^en  nic^t  genügen  tonnte,  in  86 
ber  Verborgenheit  befielt.  @r  befc^toört  feine  äSertrauten,  für  il^n  m  beten,  ba^  bie  ®nabe 
®otted,  bie  er  burd^  Selbftfuc^t,  ^efttgfeit,  @innUd|^Ieit  unb  befonberd  burd^  ^i^^^ 
loUe  feCbft  in  ben  ^eiligften  SRomenten  bon  ftd^  gefto|en  ^e,  bo(^  nod^  ben  Sjeg  gu 
feiner  gottberlaffenen  Seele  finben  möge.  @r  lieft  fi(|  bad  ©erid^t  aud  ber  Sibel,  aud 
Oflertoalbd  jlatec^idmud,  aud  ^oungd  92ac^tgebanten,  an^  ftlopftodCd  3Refftad,  au^  ©eHertd  40 
Sii^em,  aud  ber  „3lac^folge  6^ti",  a\i^  jeber  emften  ©d^rift  unb  an^  jebem  lleinen 
dreignid  feiner  befc^benen  Sßelt.  3^  3^^  ^^^^  ^^^  f^n  S^nerfted  betoegt,  )um 
Btaunm  oer  Xnberen  ^or,  toie  g.®.  in  einigen  ftubentifc^en  Uebungdt)rebigten,  toeld^e 
bttK^  t^ren  ergreif enben  @mft  ben  3u^örem  unbcrgepd^  blieben,  ^m  ^|ling  1762 
^aiU  2.  feine  Stubien  beenbigt  unb  tourbe  ind  3üt^erifd^e  ÜRinifterium  aufgenommen.     45 

2)emfelben  !^a^  gel^örte  eine  Se^eben^eit  an,  toeldj^e  ben  Flamen  bed  21j|äl^rigen 
SfinglingS  mit  einem  @d^(age  in  toette  Jtreife  trug.  Sin  gürc^erifd^er  Sanbbogt,  ^elic 
QMbd,  fyitit  jid^  geaen  feine  Untergebenen  arge  SBebrücfungen  ju  Sc^ulbcn  lommen  (äffen, 
tfyM  pja  9le(9enf(^  gejogen  m  toerbcn.  ^a  fc^rieb  i^m  S.  im  Sinberftänbnid  mit 
cinieen  gh^eunben  einen  bom  tiefjten  ftttUd^en  6mft  burd^brungenen  S3ricf  mit  ber  9luf=  w 
forbentng,  feine  ®etoa(ttl^en  burd^  SBiebererftattung  gut  nu  mad^en  unb  reid^te,  atö  nid^td 
cxfolgte,  bei  ben  einjelnen  SRitgliebem  bed  9tated  eine  ^(agefc^rift  gegen  ben  Sanbbogt 
ein.  2>er  (Erfolg  ioor  ein  boQftänbiger,  ©rebel  flo^,  bie  ©efc^äbiaten  erhielten  Vergütungen, 
freiließ  belamen  auc^  bie  iugenbßc^en  @iferer  toegen  bed  „iUegalen  SBcgcd'^  einen  Vertoeid. 
{Da  gro^  ftttti^K  @tnfi,  bad  ^Ritgefü^l  mit  ben  unfc^ulbig  Seibenben,  bie  eble  Unab«  56 
Ungigfät  bon  ber  öffentlid^en  ^Jleinung  toie  bon  ben  eigenen  ^ntereffen,  enbltc^  bad 
Sotemten  x^m  )>erfön(id^  SBirfen,  —  bad  aUed  ift  d^arafteriftifc^  für  £. 

Um  na<^  Statte^  unb  Sitte  feine  Vilbung  im  9(ud(anb  ju  bereid^em,  ^ugleic^  aber 
um  fid^  für  einige  3^^  b^ni  Bö^axtpla^  bed  aufregenben  Sreigniffed  ^u  entgiel^en,  berlie^ 
8.  mit  j»»ei  greunben  im  aWörj  be«  f olgenben  ^a^re«  3ürid^.  3^r  3iel  toar  ba«  Stäbtd^en  gq 


316  Sonater 

Sortis  in  Sd^tDebifd^^^ornntem,  tDO  ber  $rät)o{ttu^  ®}}albm0,  nad^mal^  Jtonftflorialrat  unb 
$to))fi  in  ä3erKn  tohttt,  ft)e((^en  bie  jjungen  gürd^er  aud  feinen  Bd)n^m  bereite  ol^  ,,etnen 
ber  aufgetlärteften  unb  fc^önften  ©elfter  unb  jugleid^  atö  einen  ber  tDürbigften  Wiener 
6l^fti''  lannten  unb  t)erel^rten.    Untermeg^  lernten  fie  unter  Suljerd  ^ül^rung  eineSlet^ 

6  ber  angefel^enften  Sd^^riftfteQer  unb  ®elei^rten  3)eutf(^(anbiS  fennen.  ^.  tyttbxai^U  neun 
überaus  ^(üdHic^e  SKonate  in  SBartl^.  @inma[  tpor  ed  bie  $erfönli(^leit  be^  fiteren, 
feinen,  lieben^tDürbigen  unb  frommen  äBeifen,  toeld^e  i^n  amog,  bann  aber  toar  ber  Xm 
l^änger  unb  Überfe^er  ber  ©efü^I^t^ifer  Sl^aftedbun^  unb  Butler  ganj  ber  3Rann,  in  S. 
bie  natürliche  Slbnetgung  gegen  alle  ,,@{^o(afticität''  bei  SBoIffianem  unb  Drt^obocen  ju 

10  ft)eden  unb  m  beftärlen.  SKn  ber  l^t.  @d^rift  atö  religiöfer  Autorität  ^ielt  2.  bagegen 
unbebingt  fejt,  )n)mn  er  fie  aud^  bamald  fo  toenig  toie  f)>äter  mit  ben  3(ugen  bed  noc^ 
Sel^rfol^ungen  fud^enben  ^ogmatiler^,  f onbem  mit  ber  Intuition  bed  nacp  ben  liefen 
®otted  unb  ber  SRenfd^^eit  trac^tenben  ©emüte^  (ad.  @r  na^m  ba^er  an  @t)a&iitg9 
//fd^riftgemäfeer  Äeterobojie"  leinen  9lnftofe ;  ja  er  toibmete  einem  nix^  um  jiemlid^eg  l^ete» 

16  robo^reren  @d^riftfteQer  eine  nic^t  geringere  SSerebrung,  nämlid^  Srügot,  bem  93erf(^a 
eined  9(nba^tdbu(^ed  ,,^er  S^rift  in  ber  Sinfamfeit"  unb  $erau^eber  einer  ^rebtgt« 
fammlung.  3)ie  eble  @pxad)t,  bie  (ic^tboQe  ®ebanfen))rägung  unb  bie  rei(^  unb  tiefe 
moralifd^e  Intuition  biefed  g^ürftU^^garoIat^fd^en  ^ofprebigerd  bilbeten  nod^  \p6t  ben 
©egenftanb  bon  £.d  Setounberung  unb  t)eran[a^ten  tl^n  bamald,  bur^  eine  in  ben  Sin» 

20  bauer  9lad^d^ten  berdffentlid^te  ^fefprec^ung  feiner  $rebigten  gegenüber  ben  93erle^erungen 
jürc^erifc^er  X^eologen  für  il^n  einzutreten.  3)en9(nfto^  bilbete  feine  ,,ungefä^  ariamfc^ 
S^riftologie''  unb  feine  ,Jo)inianifc^e''  SDble^nung  ber  Se^re  t)om  @ü^ntobe  6^f& 
Srügot  toar  aber  einem  nod^  jubringlid^eren  Jtrititer  in  bie  $änbe  gefallen,  bem  bomaU 
ort^obo^ren,   \pcdtt   extrem   rationaliftifd^en  93a^rbt,    toeld^er  bie   Unberfd^mt^eit   ^otte, 

25  fein  älnbad^tdbuc^  mit  fritifd^en,  ja  berbäd^tigenben  unb  t)erbre^enben  3^ff^^  bon  fid^ 
aud  neu  l^eraudju^eben.  ^a  fd^neb  il^m  S.  einen  emft  )urec^ttt)eifenben^rief  unb  ^ema^f, 
ald  Sa^rbt  ftc^  ntc^t  beirren  lie^,  einen  jtDeiten,  in  toelc^  er  bed  ®egnerd  Singriffe  auf 
feine  $erfon  burjc^  3)ar(egung  feinet  ©laubend  abtoe^rte;  enblic^  beförberte  er  oDed  }uin 
3)rudC.    3Jlan  toirb  an  fein  U$orgel(^en  gegen  ©rebel  erinnert. 

80  ®egen  @nbe  ^Härj  1764  trafen  bie  jungen  3^^4^  lieber  in  i^er  IBaterftobt  ein, 
nac^bem  fie  auc^  auf  bem  $eimn)ege  jaj^Ireid^e  tt)ertt)oQe  Selanntfd^aften  gemacht  Rotten. 
£.  ^atte  in  Sartl^  bie  Stulpe  ber  Seele  nid^t  gefunben,  feine  inneren  itäm))fe  bauerten  fort, 
ja  fte  l^aben  il^n  in  getoifter  SBeife  fein  ganjed  Seben  l^inburc^  begleitet,  tnbem  ^  neben  ber 
f^dc^ften  6^riftud2ut)erft(^t  bad  @efül^I  ber  inneren  9(rmut  unb  ©ottedleere  immer  tpieber 

85  bei  il^m  einfteQt.  (Sbenfotoenig  t)ermo(^te  i^m  @))albing  bie  religiöfen  unb  tl^^eologifc^ 
^ofttionen  ju  k)ermitte(n,  in  benen  er  fid^  bauemb  genügen  tonnte,  bielmel^r  ^t  er  fi(^ 
im  SSerlauf,  je  fröfttger  feine  ^tgentümlic^feit  l^erbortrat,  t)on  bem  t)äterlid^  pieunbe 
entfernt,  an  todd^tn  iipn  nac^mold  nur  banibare  (Erinnerungen  feffelten.  SSieOei^t  tocx 
bod^  bie  ener^ifd^e  9{i(|tung  auf  }}raltifd^e  S3etl^ättgung,  toelc^e  an  bem  jungen  Jlanbibaten 

40  g(eid^  nac^  femer  SiüdEIe^r  in  bie  ^eimat  auffällt,  eine  ^ruc^t  bed  t)ommerfc^en  ^farr^fed. 
3unäc^ft  fanb  ftd^  freiließ  für  2.  fein  amt.  @x  befcbritt  bal^er  ben  litterartfd^en  SBReg, 
um  auf  bie  @emeinbe  ju  toirfen  unb  gab,  anfänglid^  faft  ol^ne  ^Mitarbeiter,  fpened  fta 
feine  Saterftabt  eine  moralifd^e  SBoc^enfc^rift,  ben  „ßrinnerer"  l^eraud.  Seine  Seitr^ 
befte^en  tei(d  in  ^raftifd^-moraüfd^en  älb^anblungen,  ^agebudbaudjügen,  Sl^^oridmen,  teitt 

45  in  reUgiöfen  @ebid^ten,  meift  jtird^enliebem.  $ie  ^rofaftüdfe  frap|t}ieren  bun^  ^^1^ 
feelifd^er  S9eobad^tung  unb  Sftetc^tum  ftttltc^er  änfAauung.  @d  fäQt  biefem  3Rotaliften 
nid^^t  fd^mer,  bie  älQgemeinbeiten  ju  bermeiben,  ft)eld^e  bie  größte  @efa^r  bed  morolifd^ 
Unterrid^td  fmb;  jene  felbe  intuitive  Äraft,  jener  SRealidmu«,  bie  frü^  feine  ©dbjfc 
))rüfung  leiteten,  befähigten  ii^n  aud^,  9(nbere  gu  toirffamer  Selbftertenntnid  m  führen.  2)ie 

60  ©^id^te  ftnb  nur  t)ereimelte  groben  einer  au^ebe^nten  ))oetifd^en  ^robujfttbität,  todi^ 
bor^ercfd^enb  geiftlid^er  vtaiux  mar.  1768  famen  „auderlefene  ^falmen  3)abibd  )um  oO^ 
gemeinen  ©ebraud^  in  SRetme  gebracht"  l^erau«  unb  feit  1771  erfc^ienen  mehrere  @amm« 
lungen  geiftUc^er  Steber.  £.  befa^  unftretttg  geft)iffe  Siequifite  bed  Sid^terd,  reid^e  $^am 
tafte,  geft)anbte  unb  beft)eglic^e  äu0bru(tdft)etfe,  ungetoö^nlic^e  ^ertigleit  in  ber  ^anb^obung 

65  be«  Sleimcd  unb  ber  ©tro^jl^e,  aber  e«  f el^lt  i^m  bie  ^^laftifd^e  Äraft ;  ber  leidste  glufe  ber  SBorte 
ift  oft  genug  mäd^tiger  aU  ber  gcftaltenbe  ©ebante.  @r  badete  gro^  t)on  ber  Slufgobe 
bcd  religiöfen  2)ic^ter«  unb  ^iclt  f^ie^ictt  bad  Äirc^cnlieb  für  eine«  ber  ebelflen  „333etle* 
bed  3)lenfd^en.  ^abei  bominierte  ber  ))aftoralc  ©efic^td}}unft,  hai  Sieb  ift  old  3RitteI  ber 
6eelen))flege  gebac^t;  ift  boc^  S.  überhaupt  fein  Seben  lang   in  ber  aufQarerifcben  Sot^ 

60  fteQung  befangen  geblieben,   ba^  bie  moralifd^e  äSirhtng  ben  9Q3ert  ber  $oefte  DefUmme. 


2iü>aitt  317 

^emgemäfii  forbert  er  bon  bem  d^riftltd^en  Steberbtd^ter  in  erfter  Stnie  ,;®emetnnü$tgIeU'' 
unb  )u  biefem  93e^ufe  3)eutltc^Iett  unb  Sinfolt,  ferner  Sm^ftnbung  unb  93tbellenntntd. 
6r  ))laniert  eine  Sieberfamm(ung,  in  tpeld^er  aQe  möglichen  ©ituationen  unb  @ttmmungen 
bed  3Renf(^en  ))oeti{(^  beleuchtet  unb  beurteilt  tperben  foQen,  eine  älrt  d^riftlid^ed  Vade- 
mecum  in  Siebem,  unb  erlöst  in  ber  (Smpfinbung,  ba^  biefe  Slufgabe  feine  ftraft  über«  6 
Peige,  an  alle  emften  3)icl^ter  beutfc^er  3'-*"0^  ^^^^  ^ilufforberung  pr  SKitarbeit.  ©iegöi^I 
fetner  geiftli(^en  Sieber  beläuft  ftd^  auf  ettpa  700 ;  il^re  äSorjüge  fmb  bie  Xugenben  t^red 
Ur^eberiS,  inbioibuede  SDTenfc^licl^Ieit,  j^erjgetDinnenbe  3)tilbe  unb  ^eunblid^feit  unb  innige 

Sinaobe  an  S^riffaid  unb  ben  l^immlifc^en  äSater.  Sinige  l^aben  fic^  bid  l^eute  in  ben 
ircpengefongbüd^  er^H^en.  ^n  teiltpeifer  äSerbinbung  mit  feiner  geiftlid^en  S)i(l^tung  lo 
^üftn  bie  borfc^iebenen  ^^d^ftlicpen  ^anbbüc^Iein'',  an^  S3ibelf))rüc^en,  Sieberberfen,  auc^ 
tDO^I  titrjen  Erläuterungen  unb  ®ebeten  jufammengeftellt  für  SrtDoc^fene  unb  für  ^inber. 
Sin  Sefd^lu^  ber  ^.i^elbetifcben  ®efe(lfc(^aft",  ein  ))atriotif(l^ed  äüolfölieberbuc^  J^erfteQen 
}u  loffen,  in  tt>el^em  burc^  3)ariteD[ung  ber  beften  Saaten  ber  SSäter  unb  burc^  moralifc^e 
€<^ilbenmg  bed  (Kitriotifc^en  Sqtpeijerd  in  aden  möglichen  Seben^fteQungen  bie  ^ugenb  i6 
ut  gro^ütiger  unb  tugenb^fter  ©eftnnung  ern^ecft  tt>erben  foQte,  tpar  gu  fel^r  im  @inne 
2ä,  aU  bo^  er  bem  äBettbemerb  l^ätte  fem  bleiben  lönnen;  fo  entftanben  1767  feine 
,,&^ti>et}erUeber'^  bie  i^em  3^^  <^uf^  ^^f^^  entf})racl^en  unb  bie  über  bie  9lebo(ution 
^tnaud  m  aUer  SRunbe  haaren. 

am  7.  Sl))ri(  1769  öffnete  ftd^  für  S.  enblic^   bie  Saufba^n  be$  })ra!tifcl^en  ®eift«  ao 
üifyn,  tnbem  er  gum  Sialon  am  9Q3aifenl^aufe  berufen  tpurbe.    28ar  fein  28irtungd{reiiS 
^er  ein  befc^onber,  {o  trat  er  1778  burc^  feine  3&af)l  gum  S)iafon  an  ber  @t.  $eterds 
hxdft  m   ben  Sienft  einer  großen  ©emeinbe  unb  erhielt   ein   geräumige^  ®ottedbienft« 
gebäube,   in  toddftm   fic^  nun  3^rici^  @intt)o^ner  allfonntäglic^  unter   ber  Mangel  beiS 
beräumten  Slanned  unb   ertDedlid^en  ^rebiger^  brängten.    äBieberl^olte  Berufungen  nac^  26 
Scutfc^Ionb,  unter  benen  biejenige  an  bie  @t.  äln^argemeinbe  in  S3remen  bie  bemer« 
tendtoertefte  toar,  fc^lug  er  aud,  um  feiner  ijS^n  über  aUed  liebenben  unb   oerel^renben  ®^ 
meinbe  treu  )u  bleiben.    Sluc^  bon  ber  ^rebigt  forbert  S.  in  erfter  Sinie,  ba|  fie  ^^gemein* 
nü^'',  tmr  toürben  fagen:  mobem  ober  artueiOl  fei.    älQe  blo|  formell^aften  äludbrücfe 
unb  SBSenbungen,  tt>ären  fie  aud^  burc^  Siturgie  unb  ©efangbud^  fantttoniert,  finb   mao 
mciben,  unb  tmter  ben  biblifc^en  Xermini  biejenigen  in  ben  äSorbergrunb  )u  fteUen,  meldte 
ben  3Renf4ien  ber  ®egentt)art  am  fa^ic^ften  fmb.    2)er  $rebiger  foU  femer  an  bie  ^m 
taeffen  fdner  3^1^^^  anlnüpfen,  med^alb  £.  nic^t  )?erfäumte  erfd^üttembe  3eitereigntf[e 
ober  brcmtenbe  t^agm  beiS  öffentlid^en  Sebmd  auf  ber  Jtanjel  gu  beleud^ten.  Hüa^  iebod(^ 
bli^  ben  ®eifUi^n  interefftert,  tpie  bogmatifc^e  @treitfragm  u.  bgl.  gel^ört  nid^t  in  bm  86 
dffentlii^  ®ott^ienft    S)ie  i^eil^frage  foQ   bm  3Rittel^unIt   ber  93erfünbigung  bilbm. 
2)er  SnfaO  ift  lein  aRa^ab  für  bm  Srfolg  ber  ^rebigt.    £.d  93ortrag  tt)ar  natürlic^, 
,,eiiifm  belebten   utib  oertraulid^m  @ef))räc^e  gleid^''.    @eine  Jtraft   lag  in   ber  Sinl^eit 
fdncd  SBScfend  mit  feinem   ©egmftanbe,   unb  bie  9legfamfeit  unb  ber  9leid^tum  feinet 
tnncrm  Sebend  bilbetm  bie  unberfteglic^e  DueQe  ftetd  ftc^  gleid^  bleibenber  t^fc^e  unb  lo 
Xn)tc^ungdtraft    2)a  mieberl^olt  ^rebigtm  Don   i^m   ol)nt  fein  9Bif[en  unb  Podien  ab- 

SbnidEt  tamrben,  mtf(^lo^  er  fic^,  felbft  Sammlungm  l^eraudjugebm ;  biejenigm  über  bad 
ucb  3onad  (1773),  toeld^e  burc^  i^re  äBa^r^eit  unb  9{atürlic^feit  @oetl^e^  ^SeifaQ  er« 
liKirDm  unb  bieimigen  über  bm  93rief  be^  $aulud  an  $^ilemon  (1785  86)  finb  bie  be« 
lonnteflcn.  46 

3n  feltmer  äBeife  tt>ar  S.  burd^  ®aben  ber  92atur  unb  ^ugenben  bed  ^erjmd  gum 
Sedforger  au^erüftet  Sin  ungetpö^inli^^ed,  \>on  feiner  )}l;^ftognomtfd^m  @abe  unterftüi^teS 
3^eitt,  bie  9tmf(^  )u  burd^fc^uen,  eine  inbit^ibueQe  ikuffa^ung,  tpeld^e  jebm  in  feiner 
bcfonbam  ou^erm  unb  innerm  Situation  gu  )?erfte^m  tpufi^te,  eine  intime  5lmntni^  bed 
menfc(^(t4Kn  $er)md,  burc^  ftete  Selbfterf orfc^ung  gebilbet,  ein  unerbittlid^er  2Bal;rl^eitdftnn  6o 
unb  ^0^  Srnft  fanbm  ftd^  ^ier  Derfd^moljen  mit  bem  3)rang  eined  ma^rl^aft  gutm 
Stenfc^  too^lgut^un  unb  einer  Siebe,  meiere  um  bed  @eelmfriebm^  unb  @[üded  anberer 
tDiDen  lein  0))fer  fc^mte.  ^a^u  tarn  feine  ^erel^mng  für  bie  3)lenfc^mnatur,  bie  in 
iebcm  bod  (Sbenbilb  ®otted  anerfannte.  äUae  2i$unber,  ba^  @inl;eimifd^e  unb  ^embe, 
todäft  dam  bertrautm  Berater,  einen  ebeln  mitteilfamm  @eelmfreunb  beburftm,  fid^  an  66 
i^  taHmbten,  mit  Briefm  unb  Befud^m  bei  il^m  einfel^rtm,  bid  fein  2A^n  \>oü  Unruhe 
toutbc  unb  eine  unge^re  Slrbeit^Iaft  auf  feinen  @d^ultern  lag.  Unb  boc^  toat  gerabe 
Mefe  pts^indidfiU  Z^tigleit  il^m  bie  Itebfte;  felbft  franf  (ie^  er  ftd^  etma  gu  folc^en  in 
ber  Stifte  trogm,  tuelc^e  feinet  3uft'^^ed  ^^  bringmbften  beburftm  ober  er  erfreute  fte 
bon  feinem  9ette  aud  mit  Briefm  ober  3)mff))rüc^m.    Slber  auc^  für  äußere  3lot  ^atte  eo 


318  Sfttmter 

er  ein  $er},  unb  an  xi)n,  ber  tt)te  tDentge  ^erjien  unb  ^önbe  fürd  SBol^It^n  )u  gettrinnen 
tpu^te,  übngend  auc^  felbft  oft  über  feine  SKittel  ju  geben  ))flegte,  toanbten  fi^l  @tn« 
l^eimifc^e  unb  ^embe  mit  SSorHebe  bei  öffentlichem  Unglücf  unb  ))rit>atem  ®Ienb. 

SaDater^  ener^ifd^e  ^ingabe  an  eine   ^o))uIöre  geiftlid^e  ^ätigieit  l^inberte  leinet 

5tt)egd  feine  gleid^jettige  $erfentung  in  groge  Probleme  unb  ftiQe  ©c^uungen.  Sbie 
3)ame  l^atte  ü^n  um  ein  ®ebi^t  über  bie  @eligfett  ber  Sertlärten  gebeten.  2)cr 
®egenftanb  tpud^  il^m  ind  gro^e,  eine  üJIenge  bon  ^agen  bejüglic^  bed  2!<^^alted  unb 
ber  angemeffenften  $orm  beiS  @ebtc^teS  tPoQten  jubor  bereinigt  fein,  ^a  beriet  fü^  2. 
nad^  feiner  ®en)ol^nl^eit  mit  %:eunben,  am  audfü^rlic^ften  mit  ^.  ®.  3i>nmermann  cM 

10  93rugg,  gro|brittannif(^em  Seibarjt  in  ^annoDer,  unb  gab,  um  ben  RtÄ9  fetner  Stot» 
geber  möglic^ft  au^jube^nen  unb  überzeugt,  ba^  toai  i^n  eben  befc^äftigte,  bie  Sn* 
gelegen^eit  aQer  emften  ®eifter  fei,  feine  IsBriefe  an  jenen  im  ^rucf  ^eraud.  2)ad  fnd) 
bie  ,,3ludft(^ten  in  bie  Stpigteit'',  burd^  meldte  2.  bie  Stufmerffamleit  ber  (itteronfc^ 
tpie  ber  religiös  geftimmten  Jtreife  auf  fic^  jog  unb  [xd^  feinen  $(a$  in  ber  jettgenöfftf^en 

16  Sitteratur  ^^erte.  3)ad  (Sebid^t  ift  nie  jiu  ftanbe  gelommen,  bagegen  erfc^ienen  t)on  ben 
©riefen  mit  ben  ^aJ^xtti  3  ©anbeten  (1769—73).  ©ie  enthalten  nic^t  Offenbarungen 
eineiS  @eifterfel^er^  in  ber  28eife  @n)ebenborgd,  aber  aud^  nic^t  blo^  Setoeife  für  bie  Un^ 
fterblid^teit  ber  6eele  nad^  ber  9(rt  f)oungd  unb  SRenbelfol^nd,  fonbem  Stu^Ktfe  in  bie 
3uftönbe  unb  5lröfte  bed  3Renfd^en  nad)  bem  Xobe,  in  ber  älbfid^t  ftc^  barin  bie  übe^ 

20  irbifc^e  ^ol^eit  unb  28ürbe  ber  menfc^lic^en  9latur,  bie  ©ottebenbilblic^teit  bed  menf(^K(^ 
äBefend  ju  bergegentpärtigen,  bie  ^uftibee  auf  bie  menfd^lic^e  Ütatur  angeta>enbet  i^ 
Dielmel^r  bie  ^bee  bed  aud  ber  9{iebrigleit  )ur  ©öttlic^Ieit  erhobenen  S^ffaid  auf  feine 
S9rüber  übertragen.  Unb  tpad  ba^  menfd^Iid^e  SBefen  tperben  fann,  bad  mup  ed  ie^t  \dfon 
fein,  bie  menfd^lic^e  Statur  beft^t  eine  unenblid^  Xiefe  unb  einen  unerme^tc^en  Steic^tum, 

35  tDelc^e  in  ben  Steigerungen  unb  Sr^öl^ungen,  bie  ü^r  gugebac^t  finb,  )ur  Snf(^mumg 
lommen.  ^ad  \üax  ret^t  nac^  bem  ^erjen  ber  jungen  ®enied,  ber  „Stürmer  unb  2)tfinper^, 
tDelc^e  eine  überqueQenbe  ^nnerlid^ieit  bed  ®efü^(^  unb  ber  ^l^antafte  einer  reflecum^ 
mäßigen  Segrengung  unb  9legulierung  beS  menfc^lic^en  28efend  unb  ^afeind  entgegen* 
festen.    Sei  S.  fte^t  ber  religiö^et^ifd^e  @eftd^te))unft  obenan  unb  feine  lebenbige,  rtu^ 

80  unb  aro|e  Intuition,  fein  „®efü^l  be^  ®eifted  unb  ber  Jtraft^'  tt)ie  iperber  e$  in  fmibi^er 
Slnerlennung  nennt,  erzeugt  l^ier  möd^tige  SBirtungen.  ß^arafteriftifd^  für  feine  t>oftoe 
Sebendauffajfung  unb  fem  in  ber  t^ötigen  Siebe  bad  &IM  fuc^enbeiS  $erg  ift  bie  Sefüim 
mung  h^  Segriff^  ber  ®lüd(feligleit.  Unfere  DoQIommene  ®lüdfeligleit  foO  barin  befiel, 
ba^  aUe  äußeren  unb  inneren  ^inbemiffe  bed  ®utedtl^und  aufgehoben  fein  toerben;  einen 

86  größeren  Sd^merj  lann  eS  nic^t  geben  old  bie  brüdfenbe  @m))ftnbung,  ba^  ber  gute  SEBiOe 
unt)erm5genb  ift,  bie  Statur  feinen  ^to^tti  DöQig  ju  untertDerfen.  @d  fei  g(dd^  ertpo^,  ba( 
S.  bie  älnbal^nung  jened  2lbeal}uftanbed,  too  bem  (Serec^ten  „olle  Singe  m5gli(^''  frin  tperben, 
in  ben  \>on  6E;riftu^  bem  ®lauben  unb  bem  gläubigen  ®ebete  gefc^enhen  SBerl^i^gen  fie^; 
bied  ift  ber  etl^ifd^e  OueS^unft  feinet  )?ielberufenen  „S3unberglaubend'^  9lun  ^  aber  2.  feine 

40  „älu^fic^ten''  nid^t  blo^  ald  religiöfe  SSiftonen,  fonbem  atö  tt>iffenf(^ft(id^e  Stefultate  m\* 
gefaxt  toiffen  tooQen  unb  l^at  bemgemä^  bie  ))^t;ftologifc^en  unb  meta))l^^ftf(^  Sfutoritfitcn 
feiner  ^cxt  toie  bie  ant(^roj)ologifd^en  unb  e^atologifc^en  Segriffe  bcd  neuen  ZeffatmenteS 
m  ^tVLQtn  für  feine  tran^cenbenten  ftonftruttionen  angerufen.  9Benn  hierbei  bie  Unbe« 
fangenl^eit  in  ber  S^egefe  be^  9iX^  anerfannt   ju  tperben  Derbient,  inbem  nämlic^  ber 

46  9{ea(t^mud  ber  biblifc^en  S^orfteQung^melt  £.d  ^cnlmeife  meit  Dermanbter  tpor  aß  ben 
älbftraltionen  ber  tonangebenben  inteQettualiftifd^en  Slufflörung,  fo  tt>irb  bo<^  bie  tmffen* 
fdl^aftlic^e  Segrünbung  ber  „äludftc^ten''  t^re  f^tpad^e  @eite  bleiben.  Jlrittt,  totffenfc^aft» 
lid^e  3RetE;obe  überhaupt  lag  nic^t  in  £.d  äirt,  Intuition,  nämlid^  eine  rxad^  hm  l^ödMcn 
^raftifc^en  ^ntereffen  geregelte  Intuition  toar  i^m  aQed  unb  bie  Slnalogie  toor  badJDtittd 

60  über  aOe  Klüfte  Srüden  ju  fc^lagen. 

@in  anbered  3)enfmal  ber  „9)tenfd^l^eit'',  tpelc^ed  bie  Überlieferung  noc^  unlödbotcr  mit 
bem  9Jamen  23  toerfnüjjft  l)ai,  fmb  bie  „p^^fiognomifd^en  g'^agmente",  in  ben  go^ 
1775—1778  in  4  Duartbänben  mnäc^ft  beutfd(^,  \pcdtt  in  neuer  Bearbeitung  fron)!!^ 
unb  englifc^  erfd^ienen.    älud^  biefed  SOSerf  ift  au^  ber  gel^obenen  genialif^ien  Stimmiing 

66  unb  9(nfc^auung  ber  ®enieftrömung  ^erau^eboren,  n)elc^e  Sapater  mit  ^ber,  ®o«U^, 
Senji  u.  a.  l;erbei}ufül^ren  berufen  mar.  @^  ift  biedmal  bie  Stannigfaltiglett  unb  inbim' 
bueue  Sefonber^eit  bc^  menfd^lid^en  SBefend,  in  bie  ber  Sefer  angeführt  toirb,  iiAem 
er  bur^  28ort  unb  93ilb  Einleitung  empfängt,  in  ber  leibltd^en  Srfc^ung  bie  Sigen« 
fc^aften  ber  @eele  ^u  lefen.    3)ie  te^nifd^en  @runbfä$e,  meldten  2.  folgte,  unb  bie  9UUU 

eo  täte,  tpelc^e  er  feftfteUte,   toieberum   me^  Intuition  atö  äBiffenfc^aft,   bürfen  un^  ^ier 


Satiater  319 

fliegt  befdfKiftiden ;  bagegen  fein  t)etfönlt(l^ed  SSerl^öltnte  ju  feinem  ©egenftanbe.  @eI6ft$ 
fionbiger  ald  fonft  tritt  ^ier  bod  öftl^etij^^e  ^ntereffe  E;ert)or,  bad  äft^etifd^e  in  jenem  l^ö^eren 
@tnn,  toddfn  bie  ^orm  ald  Symbol  eined  inneren  ©e^alted  beutet.  2)amit  )?erbinbet  ftc^ 
bie  Ttligiöfe  Snertennung  bet  3Beiel^eit  be^  @(l^5))fetd  unb  bie  äl^nung  feinet  befonberen 
SStrtend  in  jenen  l^dl^eren  genialen  3)tenf eben,  tpeld^e  bie  audern^ö^Iten  3^ugen  feiner  ®rö|e  6 
ftnb;  biefe  oilben  bot  er^enften  ©egenftanb  ))^Vf^ognomifcl^er  SBctrad^tung.  S)ad  unber« 
f/Lndfix^  2lbealbilb  müf^e  ba^jenige  Sl^rifti  fein,  unb  S.  tt)irb  nic^t  mübe,  jeine  funfi^ 
geübten  ^reunbe  aufzumuntern,  i^r  SRenfd^l^eitgibeal  in  einem  S^riftudbilbe  bar^ufteQen. 
9m  oudbtfldlic^ften  tovch  iebod^^  ber  fittlic^e  3Bert  ber  ^l^ognomil  betont,  trägt  bod^  ber 
Htd  bed  ffieidbd  ben  S^fol '  „ivix  Seförberung  ber  SKenfcl^enlenntnid  unb  ÜRenfd^en?  lo 
liebe.''  S.  toax  t>on  ber  ^nftcpt  burd^brungen,  ba^  ber  Sinjelne  nur  burd^  Sßec^fetoerlel^ 
mit  anberen  pxx  fittlid^en  9Ieife  unb  äSoQenbung  gelangen  tonne,  toobei  bie  Seiblic^Ieit 
tiic^t  fUrenbe  Sc^anle,  fonbem  (ebenbiged  Sanb  fein  foQte.  3BeIc^en  ©etoinn  mu^te  ed 
ba  brinaen,  loenn  man  avid  bem  erften  93Ii(t  auf  bie  öu^ere  @rf c^einung  bie  9(ntnü)}fungds 
tmntte  für  ben  feelifc^en  SSerlel^,  bie  3)tapöbe  für  ba^  ber  ^nbiDibualität  angemeffene  i6 
Scr^atten  erraten  tonnte!  S)a|  bie  $^^fiognomit  bem  f))(ttterricl^terifcl^en  @inn  bienen 
tdmite,  fürd^tete  S.  nic^t,  meint  er  boc^,  bon  bem  eigenen  ßebeioollen  ^erjen  bele^,  ba| 
bod  SBo^tooden  eine  notft)enbige  Sebingung  be^  ^l^^fiognomifc^en  @inned  fei. 

lieber  bem  Seftreben  Snbere  ju  ertennen,  berf öumte  S.  bie  ^flic^t  ber  @eU>fterf orfc^ung 
nid^    &^cn  ber  „(Srinnerer''  l^atte  älu^jüge  an^  einem  moralifc^en  ^gebud^f  gebracht ;  ao 
im  ^jafyc  1771  erfdj^ien  in  Sei)nig  anonym  ein  „©el^eimed  S^agebucp  )?on  einem  äSeobac^ter 
feiner  fdbft''.    @d  timren  S.d  liuheid^nungen,  meldte  er  einem  vertrauten  ^eunbe  mit« 
aeteilt  ^otte,  ber  fte  o^e  fein  SBiffen  burc^  3^IIi'<'f^  ^^  S^^ig  ^^^  ^nid(  übergab. 
wx  Scrfaffer  f(^ilbert  einen  emften  SRenfc^en,  toeld^er  ftd^  eine  ben  religiöfen  unb  mora« 
lifü^  Sbiforbenmgen  entf^nrec^enbe  £ebengn)eife  Vorgenommen  l^at  unb  nun  fein  tägKd^eiS  ss 
mi^crcS  unb  innere^  Serbalten,  bid  in  bie  feinften  Stegungen  bed  @efü^ldlebend  pinein, 
unter  ben  berfc^iebenen  SSerl^öltniffen  unb  3ufällen  bed  Sebend  cined  ^ribatmanned,  im 
jenem  9Ra|fiabe  mi|t.    93ei  £.d  ®mft  mugte  folc^e  Selbftfd^au  jur  6elbftt)erurteUung 
toetben.  2)ie  3Renf^^eit  erfd^eint  bier  in  i^rer  93lö|[e,  ba$  homo  sum  ift  jum  Jtlagelieb 
über  bie  Sd^tiKid^l^eit  ber  menfd^licpen  92atur,  über  bie  Unfä^igteit  auf  ber  ^'6bt  ber  reinen  ao 
{tttli<^  Jforberung  )u  bleiben,  getoorben.    S)ie  Schrift  enegte  nic^t  geringered  äluffel^en 
ob  bte  ^^Sfudfid^ten''  unb  bie  „^agmente'' ;  f^e  ift  bie  erfte  bebeutenbe  unter  jenen  em))finb< 
famen  Seichten,  toelc^  Don  @nglanb  au^e^enb  in  S)eutfc^lanb  burd^  ©oet^ed  28ert^er 
(1774),   in  gh^anlreic^  burd^  9iouffeaud   Confessions   (1781)  jur  l^5d(fften  litterarifc^en 
SoOenbung  gelangten.    2Bir  tt)iffen  au^  ben  ^^ugenbbrief en  unb  ben  9luff ä^en  bed  Srin»  86 
nercrt,  tme  unerbtttliA  S.  bie  l^5d(fften  ftttlic^en  ^Ibeale  gegen  ftd^  felbft  ju  ^nb^aben  t)flegte, 
aitt^  bad  Zogebuc^  ift  ein  3)entmal  biefer  ©efmnung ;  aber  gerabe  biefen  l^öd^ften  älccenten 
gegenüber  ertoed(en  bie  einläßlichen  unb  breiten  S3eurteilungen  jebed  Keinen  SSerföumniffed, 
i^  leifeftcn  fe^lerl^ften  Stegung  nid^t  feiten  ben  @inbrud(  bed  ^leinlid^en  unb  ©emad^ten. 
Sad  Zägebuc^  erlebte  xa\^  mehrere  äluflagen  unb  tDurbe  in  anbere  @^rac^en  überfe^t.  40 
(Sine  3^  1^0  tmtrbe  ed  3Robe,  moralifd^e  3:agebüc^er  ju  fül^ren,  mie  eS  infolge  ber  p^^« 
fiognontifc^  Fragmente  9Robe  nnir,  Silhouetten  ju  jeic^nen.  ^m  ^a^r  1773  ließ  S.  einen 
jtDettcn  %fXL  ofc^en  unb  betannte  ftc^  in  ber  :tBorrebe  ali  ^^etfaffer  bed  erften. 

Sfo^Am  1782  unb  85  beröffentlic^te  er  bie  Sd^rift:  „^ontiud  $tlatud  ober  bie 
9ibel  im  xlrinen  unb  ber  SRenfd^  im  ®roßen'',  mieberum  eine  ^arfteUung  ber  ^Dtenfd^l^eit  45 
unb  fixa  toxt  fte  fu^  in  ber  Setben^efd^ic^te  S^rifti,  bem  einjigartigen  unit)erfalen  3)rama 
m  otten  i^ren  ®efitalten,  in  i^rer  $ö^e  unb  Xiefe,  i^rer  (S^re  unb  @c^nbe  mx  @c^au 
fttUt,  ein  ,,llni))erfal«Ecce  homo''.  S.  ^at  biefe^  äBert  bei  )?erfd^iebenen  @elegenl;eiten 
für  fein  eigentümlic^fted,  für  ben  f^rec^enbften  Sludbrudf  feinet  eigenen  9Bef end  ertlärt.  @r  tann 
babet  ntcbt  bie  ®runbgebanten  im  Sinne  l^aben,  toeld^e  und  avai^  fonft  au^  feinen  @d^riften  m 
bdaimt  raib,  e^  ben  ®efamt}>lan,  meld^er  toal^r  unb  großartig  genug  ift,  ober  bie  ^orm, 
iDcfa^  auabmgd  fo  fubjettit)  ald  möglich  ift.  älud^  @oet^e  ^at  ed  nic^t  vermocht,  bad  3Renfc^« 
^eitttiama  in  eine  gefd(^loffene  ^orm  ju  gießen,  aber  bei  S.d  „$ontiud  >ßilatiud''  fej^lt  fogar 
j^  Seifiu^  baju  unb  ed  legt  ftc^  förmlich  ber  @inbrud(  na^e,  ber  SSerfaffer  ^be  frine  inbi^ 
tribncOe  Unob^ängigteit  ber  i^  aÖejeit  auffä^igen  Kritit  gegenüber  burc^  bie  äußerften  55 
SScOeitfitcn  in  ber  DarfteEung  botumentieren  tooQen.  älucp  feinen  SSere^rem  muß  ed 
\d/loa  gefallen  fein,  fic^  in  ben  3)tangel  jeber  @inl^eit  unb  bad  toeitaudfd^ftoeifenbe  tDieber- 
^oüe  Slbge^  bom  ®egenflanbe  ju  finben.  Xro^bem  meinte  £.,  baß  bad  Urteil  über 
bieftt  9m^  in  ber  ^ot^tfac^e  bad  Urtril  über  Sl^riftud  fei.  @d  fel;lt  bem  9Berte  freiließ 
01^  m^  an  großot  @d^önl^eiten  unb  äBa^r^eiten,  bie   et^ifd^e  Intuition  bed  Seelen-  eo 


320  Satiater 

lennetd  förbett  feine  äSeobac^tungen  unb  Sid^tbli^e  in  großer  üJIenge  ju  %a^t  unb  bad 
3)ramati{(^e  ber  SSorgönge  tt)irb  mit  fef(e(nber  älnfc^aulid^teit  Dergegentoärtigt. 

3)0^  9Ri|lingen  bed  ^.^ontiud  ^ißilatud''  ald  ©anjem  l^ing  jum  Xeil  auc^  bomit  ju« 
fammen,  ba^  £.  mit  ber  ©c^ilberung  ber  im  Spiegel  ber  Seiben^efd^ic^te  fic^  bor^en^ 

6  ben  3)tenfc^|eit  eine  9t))olDgie  ber  93ibel  DerbanD.  Salb  nad^  bem  ätbfc^luft  biefer 
©d^rift  gab  er  (1786)  eine  anbere  ^erauö,  toeld^e  ben  legieren  3^edf  für  ba^  91^  bireft 
in^  Sluge  fa|t  unb  in  ber  älnlage  Diel  glüdHid^er  ift.  ^er  Xitel  bringt  9lb{t(^t  unb 
(Srunbgebanlen  beftend  ^nm  9(udbrudE:  ,,9tatlSKtnael  ober  bie  ebenfo  geb)if{e  old  unertoeid« 
lid^e  ®5ttli(^Ieit  bed  S^nftentumd  für  9tatl^anaele  b.  i.  für  SRenfc^en  mit  gerabem  ru^gem 

10  äQa^r^eit^r^nn/'  S)ie  äSal^rl^eit  bed  S^riftentumd  lä^  [xi^  nid^t  bemonftrieren,  fie  la|t 
fid^  toie  ba$  f^tlic^e  unb  bad  fc^öne  nur  empfinben;  folc^e  ®m))finbung  ift  iebo<^  an 
bie  SSoraudfe^ung  gelnüpft,  ba^  ber  angeborene  SBa^r^eitdfmn,  bie  natürliche  Stnfolt 
bed  ^er}end  nid^t  gefliffentlic^  unterbrüdEt  merbe.  3)ie  tDenigften  äSerteibigungen  bed 
Sl^riftentumd  toenben   ftc^  an  biefed  Organ,   bad  boc^   allein   eine  lebenbige  unb  fro^ 

16  mad^enbe  ®etoi|^eit  )u  Vermitteln  vermag.  £.  tl^ut  ed  unb  fioca  in  ber  äÖeife,  hak  er 
eine  Sflei^e  bon  ß^arafterf li^^en  neuteftamentlid^er  SJlänner  Vorfii^  unb  ietoeilen  ben  Sefer 
mit  toenigen  SQäorten  auf  bte  reine,  eble,  gehobene  ÜRenjc^lic^Ieit  biefer  ®eftalten,  in  beren 
2Befen  f4  bie  @öttlid^Ieit  S^rifti  f})iegelt,  l^inmeift.  @r  t^ut  eS  fc^lic^t  unb  fc^n,  mir 
ba^  er  burd^gängig  ben  @inbrud(  religiöser  unb   ftttlidber  28alj^l^eit,  tt>el(^en   biefe  Silber 

ao  ertoedEen,  aud^  für  bie  Xl^atfäc^lid^Ieit  ber  gefc^id^tlid^en  Xestet^ö^lung  mit  ollen  i^ 
@in}ell^eiten  in  Slnfpruc^  nimmt;  fo  toürbe  umgefel^rt  l^iftorifd^e  itritit  mit  bem  Stongel 
an  religiö^-'ftttlic^er  @rgriffen^eit  jufammenfallen.    $ier  haltet  ein  SRi^VerftanbniiS. 

3)ie  genannten  fünf  Schriften  bürfen  al^  S.d  ^au^ttoerle  be)eid(^et  toerben;    n  ffot 
aber   noc^  eine  gro^e  ^af)l  anberer  herausgegeben,  teils  in  $rofa  teils  in  $oefte,  Von 

26  meldten  emige  ertoö^nt  tperben  muffen,  ^em  p^ilofop^ifd^en  ®ebiete  gehört  bie  ttberf^ung 
Von  SonnetS  „^alingenefte  ober  ®ebanten  über  ben  vergangenen  unb  lünftigen  3u|Minb 
lebenber  ffiefen"  (1769  unb  70)  an,  beren  erfter  leil  ß.  für  bie  ^^SluSf^ten"  toefciUKc^ 
3)ienfte  leiftete.  3)er  jtveite,  Unterfuc^ungen  über  baS  6l;riftentum  ent^tenb,  tvurbe  Von 
£.  an  3RofeS  ÜRenbelfol^n  gefanbt,  mit  ber  älufforberung,  bie  barin  enthaltenen  Setvetfe 

80  }u  toiberlegen  ober  }um  S^riftentum  überzutreten.  S)iefer  Schritt  S.S,  feinem  liebevollen 
$enen  aber  auc^  jenem  im))ulftven  unbebad^tfamen  @ifer  entfpringenb,  ber  t^n  ben  9bi» 
griffen  ÜbeltooQenber  fo  leidet  unb  oft  preisgab,  jog  i^m  ben  Serba^^t  ber  ^[ntoleram  yd, 
toelc^er  boc^  niemals  toeniger  gered^tfertigt  mar,  als  biefem  ^Inbivibualiften  an9  vlßiux 
unb  ^^ilofopl^ie  gegenüber.    S.  jal^  ben  Wi^griff  alSbalb  ein  unb  bie  beiben  ebeln  SRrnmer 

86  gelangten  ju  perfönlic^er  Serftänbigung,  toä^renb  britte  eS  fid^  nid^t  nehmen  liefen,  tvetter 
Siortoürfe  unb  Spottreben  auf  £.  ju  Raufen  u.  a.  Sid^tenberg  in  ©öttingen.  ©benfoOS 
aus  bem  granjöpfd^en  überfe^t  fmb  bie  fünf  (Sefpräc^e  beS  „Slinben  Vom  Serge",  toelc^ 
£.  brei  eigene  (Scfpräc^e  über  „3Bal^r^eit  unb^^Hrtum,  ©ein  unb  Schein"  beifügte  (1791), 
in  benen  er  eine  inbivibualiftifc^«{ritifc^e  (SrlenntniSt^eorie  auffteQte. 

40  SSon  tl^eologifc^en  ©d^riften  f^b  bebeutfam  feine  brei  ^agen  über  bie  „itraft 
beS  Glaubens,  bcS  ®ebeteS  unb  ber  ®aben  beS  ^eiliaen  ®etfteS''  Von  1769,  bie  er 
an  il^m  perfönlic^  ober  litterarifc^  betannte  X^eologen  richtete,  um  il^re  9lnfi((t  über  einen 
il^m  überaus  toid^tigen,  ber  religiöfen  2)enln)eife  feiner  ^dt  }utt)iberlaufenben  esegettfc^ 
Sefunb  ju  erbitten.    @r  n)ar  nömlic^  ^u  ber  (Sinftc^t  gelangt,  bag  baS  neue  Zeftamcnt 

46  burc^göngig  einen  in  birelten  äBirfungen,  ßraftmitteilungen,  Offenbarungen  Verlaufenben 
SJerfebr  ©otteS  ober  E^rifti  mit  ben  SKenfc^en  unb  ben  Seft$  übematürlic^^er  Stnfic^ten 
unb  Jcröfte  feitenS  ber  S^riften  vermöge  @ebetcS  unb  ®laubenS  VorauSfe^e,  fokvie  hak  in 
jenen  ©d^^riften  nichts  auf  eine  örtlid^e  ober  zeitliche  Segrenjung  folc^er  göttlich  SuS^ 
ftattung  ber  E^riftengemeinbe  l^inbeute.    ^te  einlaufenben  älntn)orten  midien   )umei|i  ber 

60^age  auS  unb  entl^ielten  ©pott  ober  fromme  ©eufjer  über  feine  ©dj^toärmeret;  fte  mußten 
ba^er  S.  in  ber  Slid^tigfeit  feiner  Stnfc^auung  beftärfen,  n)elc^e  bei  feiner  SorauSfejpmg 
unbebingter  Serbinblic^Ieit  ber  ^1.  @^rift  in  allen  religiöfen  3)ingen  für  feine  pecfönltc^ 
©enlmeife  ma^gebenb  werben  mufete.  —  ®in  Seitrag  für  bie  „allgemeine  tbeo(o^if(^ 
Sibliotl^ef'',  Worin   er  über  einige  ^üxd)tx  ©elel^rte  in  anertennenber  2Beife  Stttteilur^ 

66  mad^te,  gab  bem  ^l^ilologen  ^.  3.  ^ottinger  älnlag  ju  einem  anonymen  „@enbf(^retbcn'', 
toorin  er  S.  unter  Sertoertung  untoal^rer  unb  ^albma^rer  ®erüd^te  ^eftig  angriff.  £.  ^ 
eS  unter  feiner  SBürbe  ju  antworten  unb  bat  and)  feine  ^eunbe,  bie,  tetltveife  unge* 
fc^idCt,  für  il;n  eintraten,  von  allen  ©c^ritten  ju  feinen  (fünften  abgufe^en,  i^  mit  über* 
triebenen  £obeSerl^ebungen  ju  verfc^onen  unb   [xd)   ber  unautorifterten  2)rudlegun0  Von 

eo^rebigten,  äluffö^en  unb  Sriefen  auS  feiner  ^ber  ju  entl^olten.  Sin  toltlofen  unb  fd^iofo» 


Sotiatcr  321 

menfc^en  ^unben  l^e  S.  fein  Seben  lang  fd^tperer  ju  tragen  aU  an  ben  erbtttertften 
gchtben.  $ottm0er  ift  fjjäter  obermate  gegen  2.  unb  feine  ^eunbe  —  auc^  gegen  ®oetl^e  — 
aufgetreten.  S.  noj^m  bergleid^en  ru^ig,  er  })flegte  ju  fagen :  „xd)  mag  tDopl  harten''  unb 
toar  bemüht,  ben  i^n  SSerfennenben  fein  perfönlid^ee  SBo^tooQen  ju  erhalten,  ^olemifc^en 
ei^olter  trug  feine  Siecenfion  Don  @teinbartd  ^^S^ftem  ber  reinen  $l^iIofD))E;ie  unb  ©lüd^  6 
feligleitdle^e  bed  ß^ftentumd'^  eined  aud^  in  ^üüif  ju  älnfel^cn  gelangten  (Srjeugniffed 
ber  inttOrftiialiftif(^  unb  moraliftifd^en  älufHörung,  gegen  todd)^  jid^  ^.  anö^  münblic^ 
in  ber  ©etfUic^feitdf^nobe  t>on  1779  audf))rad^.  @r  fü^rt  ben®ebanfen  an^,  badej^riften- 
tum  fei  unter  ben  Sleligionen  ein  ^nbiDibuum  tote  bad  @c^tt)ei}ert)oII  unter  ben  Stationen 
unb  e^  fei  ba^  unftattl^aft,  jetoeilen  bad  bem  @efc^madE  eined  g^^^''^^^  angemeffene  für  lo 
G^rifkentum  )u  erllören;  bad  toid^tigfte  fei,  ba^  bie  c^riftlid^e  28ürbtaung  ber  ^erfon 
^efu  bei  Steinbort  fel^^Ie,  benn  S^riftud  fei  Objeft  ber  ©lüdfeligteit  für  ben  S^riften 
tDie  bad  ®e(b  für  ben  @ei}igen,  h)ä^renb  @teinbart  S^ftud  blo^  ald  SBegtueifer  jur 
®tü(ffeCigIeit  onertenne;  fein  @tanb^unft  fei  ber  eined  ^.feinen  ^ei^mud''. 

2.,  toelc^er  in  leinet  ber  feinen  geitgenoffen  geläufigen  ^arteiföd^er  ^a^te,  tourbe  in  15 
ganj  bit>ergenten  Stiftungen  Derbäd^tigt.    9lld  er   1772   mit  ^eunben    ein  Stealrcgifter 
ber  u>i(^tigßen  biblifd^en  8egri^e  )ur  neu  burc^efe^enen  jürd^erifc^en  Sibelüberfefeung  \>tt' 
fa^e,  toorf  man  il^m  aufllärerifc^e  ^been  k)or.    Bpättt  lam  er  in  ben  SRuf,  ba|   er  ftc^ 
)um  Jtat^oGcidmud  l^inneige  unb  9ltfoIai,  93iefter  u.  a.  Gitterten  Sejie^ungen  jum  ^t^ 
futtenorben.    Sein  S^ntereffe  für  Somnambulismus  unb  ö^nlid^c  @rfd^einungen  jog   i^m  ao 
ben  Sottourf  ber  Sbf onberlid^Ieit  unb  Seic^tglöubigteit  gu.  (ix  ertlärte  ftc^  feinen  ^eunben 
gegenüber  1786  in  )toei  ^^Slättem'',  bon  benen  baS  erfte  feine  SteOung  jum  neu  ent^ 
beoten  animalif(^en  SRagnetidmuS  !DleSmerS,   ju  Saglioftro  unb   geheimen  ©efeUfd^aften, 
bad  }tDeite  fein  Set^tniS  )um  Jtatl^oHciSmuS  barlegte,    ^er  ®runbgebanle  ift,  ba^  aQe 
Se^ren,  Xnfc^ungen   unb   JtuItuSbröud^e  SRebia  für  ben  ®enu^  beS  lebenbigen  tDirt-  25 
famen  ®otted  feien;    i^ren  äBert  für  biefen  ^to^d  fönne  nur  bie  Srfa^rung  beftimmen, 
toddft  )ebo<j(f  nottoenbig  inbiDtbueQ  berfd^ieben  fei.    ^ierard^ie  unb  S)ogma,  baS  f))ejififd^e 
bed  Sta^oliddmuS,  fei  feiner  9[nbit>ibualttät  burcf)auS  unangemeffen,  toelc^e  ^reil^ett  beS 
Senlend  unb  ®ett)iffend  ebenfo  nottoenbig  forbem  muffe   b)ie   ein  unmittelbares  ©otteS- 
tKT^Kiltnid.   2ln  biefem  Sinn  fonnte  S.  ju  frommen  5latE;oliten  tote  Sailer  in  freunDf^aft^  ao 
lic^  Seiie^gen  fteben  unb  nod^  auf  bem  Sterbebette  feinem  jum  JtatE^oItciSmuS  über« 
tretenben^eunbe  Stolberg  )urufen:  ,,9ßerbe  bte  @^re  ber  lat^oltjd^en  Stxxö^t/' 

9bi|er  einem  rl^etorifd^en  SebenSbilbe  beS  älntifteS  93reitinger  ^at  2.  tetne  E^iftorifd^en 
Sbbeiten  Derfa^;  gefd^ic^tlid^e  Betrachtung  entf))ra(^  feinem  ®eifte,  toelc^er  aUeS  auf  baS 
Seburfntd  beS  Idbeii^igen  SubjefteS  bejte^en  mu^te,  ntd^t ;  E;ier  liegt  feine  größte  Sier-  86 
{(^tcben^  bon  $erbn.  3)o(^  fe|te  er  bem  frü^)?erftorbenen  2lugenbfreunbe  ^lt£  $e^ 
unb  ebenfo  feinem  intimften  Seelenöertoanbten  ber  f})äteren  gal^re  3-  6-  ?$fenninger  je 
ein  )>ietatboueS  3)enlmal. 

Xm  ja^lreic^ßen  finb  feine  religiös  unb  ftttlid^  erbaulichen  Schriften.  @S  feien  nur 
einige  Xttd  erto&i^t:  ^fcbenbüd^lein  für  S)ienftboten ;  Senbfd^reiben  an  Derfd^iebene  40 
Jünglinge;  un^^ftognomifcpe  Siegeln  jur  Selbft-  unb  ^enfd^enf enntniS ;  Salomo  ober 
&^ren  ber  SEBeiS^,  eine  ßitatenfammlung ;  eigene  ^eiSl^eitSregeln,  State,  t)ermtfcf)te 
®cbanlen  entl^  u.a.  bie  Sdbrtftälnad^arftS;  femer:  93etrac^tungen  über  toid^ttge Stellen 
ber  (Sbange&en;  ^onbbibel  für  Setbenbe  u.  f.  to.  SSerfd^iebene  ^eriobtfc^e  ^ublifationen, 
unter  toMfm  bie  „^anbbibliot^ef  für  ^reunbe^'  am  längften  erfc^ten  (4  ^a^rgänge  in  je  45 
6  Sonbc^),  entft^ongen  bem  SebürfntS,  bie  tnS  Unerme^lid^e  angetoac^fene  ^rit^atforre- 
f|M)nben)  2.S  )u  entlaften. 

Son  fetner  Jtirt^liebbic^tung  toar  bereits  bte  Stebe ;  er  ^at  aber  auc^  fonft  unb  in 
ber  numntgfac^fiten  Seife  feine  ^oetifc^e  @abe  bertoenbet.  ^nSbefonbere  nal^men  berein^ 
)eUe  ®^anbn  ober  Sinnfiprüdi^e,  an  benen  ber  SebenSfunbige  unb  3Renfc^enfenner  fo  retd^  50 
toar,  für  t^  untDiUtürlic^  r^i^t^mtfd^e  $orm  an.  3)ie  ^ixxö^tt  Stabtbtbliotl^ef  betoal^rt 
feine  „®Aati{enbib(iotl^eI'' in  brei  SSuSgaben,  beftel^enb  auS  über  100000  nad^  Sc^lagtoorten 
ailfffcAtü^  ßeorbneten  3ettelc^en  mit  ^e^ametrtfd^^  )?erfagten  Sentenzen,  tote  fte  ftd^  ber  un« 
abläf(ig  i^^e,  toann  unb  too  immer  ein  n)ertt>olIer  ®ebante  i^m  einfiel,  ju  notieren 
tofimte.  @eme  teilte  er  auc^,  ftetS  auf  )}erf5nltd^e  3tnfnü))fung  unb  3tnregung  bebac^t,  55 
fobpe  QttM  ob  Xnbenlen  auS.  äSerf^iebene  Sammlungen  )?on  @ebtc^ten,  in  benen  er 
mm  Zeil  JtIo|>ftodS  Oben  nad^al^mt,  fogar  ein  )}oettfd^eS  SlUod^enblatt,  traten  im  Sauf  ber 
^oäftt  an  bie  Seite  berÄircf^enlieberfammlungen.  3lod)  l^öl^ercn  ßielen  ftrebte  £.  311,  inbcm 
er  ein  Hbßfc^  2)rama  „Xbra^m  unb  ^faaf ''  t^erfa^te,  toeld^em  @oetl;e  feinen  Setfall  unb 
fdne  Stitorbeit  He^,  unb  einige  biblifc^e  üpm:  über  bie  Offenbarung  ^o^anniS,  über^ojep^co 

IttiUtaOgoXMt  fir  Xlcolofic  mb  »ixdtt.   8.  «.  zi.  21 


322  £atiater 

Don  ätrimatl^äa  unb  bad  Setben  Sl^fti  unb,  bo^  drohte,  Don  bem  2)t(^ter  am  j^dc^ften 
geftettte,  eine  SKefjtabe:  ,,!3efu«  ber  SReffwö  ober  bic  ©jangelien  unb  bte  Slj)oftcIflef4^te 
in  ©efängen"  4  Sänbe  1783—86.  Sei  flrö|ter  S3eh)unberunfl  für  JHo^todte  ®enie  fyd 
Sabater  an  beffen  Wefftabe  SludfteQungen  ju  mad^en,  benen  er  hcS  mtd^t  entnimmt, 
6  fein  jugeftanbenerma^en  fc^toäc^ered  ^robult  bem  Jtbpftodfdben  9Q3er{  an  bie  Seite  |u 
fteOen.  3)iefer  E;atte  nämtic^  ben  biblifc^en  %^  blo|  atö  $oIie  be^bdlt,  um  m 
eigener  Jtom^eten)  erl^abene  ^toifc^en  @rbe  unb  Fimmel  fc^toebenbe  Silber  )u  entroOen; 
S.  erfc^eint  ed  old  eine  ebenfo  gro^e  älufgobe,  ben  neuteftamentlic^en  Xe^t  möglidbfl  un« 
Dertürjt  in  rtotl^mifc^  gel^obener  @|)racl^e  toiebergugeben.    ^n  SBo^rl^eit  lonn  feine  ^eiffamg 

10  toeber  ^oetifc^  noc^  religiös  befriebtgen.  freier  tonnte  ft$  S.d  ^l^antafte  in  ben  6  ®t> 
fangen  über  ,,bad  menf^Iic^e  ^erj"  ergel^en,  bef(en  @rö|e,  Srbobenl^eit  unb  9iei(^tum  mit 
ber  unferem  ^id^ter  eigentümlichen  ^Intenfttöt  unb  @|tenfität  gefc^ilbert  toirb.  ®lüdli(^  $ 
er  in  einigen  5Profabi^tungen,  unter  benen  bie  „SBorte  gefu"  (1792),  ©J)rü<^e  im  ®eip 
unb  XonfaQ  ber  9(u^f))rü(9e  bed  $erm,  tpal^re  perlen  entl^alten.   Sied  nur  ein  8tu(^ted 

16  bon  S.d  litterorifd^er  ^robuttion. 

@oetl^e  äußert  einmal.  ba|  er  leinen  fo  ununterbrod^en  tl^ötigen  9Renfd^en  gelannt 
l^abe  b)ie  Sabater;  angefic^td  feiner  umfaffenben  Sc^riftfteQerei,  feiner  oud^  für  jjened 
fd^reibielige  g^^^"^^  erftounlic^  au^ebel^nten  ftorref))onben)  unb  ber  treuen  Seforguna 
einer  großen  )}aftoralen  Slufgabe  toürbe  i^enttann  auiif  o^ne  bed  ^eunbed  Sudf^tuqf  mif 

ao  ö^nßd^e  ®cbanfen  tommen.  Sad  (ag  in  feinem  angeborenen  Xemt)eramente,  ed  toor 
aber  auc^  bie  ^olge  einer  überfc^öumenben  Sebenbigfeit,  einer  gärenben  unb  fbitenben 
^Qe  unb  Rxa^t  ber  Seele,  toie  fie  einjelnen  SRönnem  ber  @entee|)0(^e  gulom.  S.  toax 
xl)x  etl^ifc^er  unb  religidfer  —  ü^r  ^riftli^er  (Senium.  SBad  i^n  erfüllte,  (ö^t  fi^l  in  einer 
eng  gefc^loffenen  ®ru))|pe  bon  Igbeen  audbrüdCen,  bie  er  gpte  fein  Softem  nannte.    9>fx 

35  grunblegenbe  @ebanle  ift  bie  menfc^lic^e  9iatur  ober  bie  äflenfc^l^eit,  jebo(^  nic^t  im  Sinn 
eined  abftralten  @attungdbegriffed,  fonbem  atö  ^beal,  ald  bie  in  fittlic^er  @mt)finbun9 
unb  religidfer  3u^nft^nung  jebem  innetDol^nenbe  3Bürbe  unb  i^ol^eit  Sie  9Renf(^^ 
lebt,  bad  ift  ber  leitenbe  etl^ifc^e  ©eftc^t^unlt,  in  lauter  ^nbibibualitöten,  beren  befcmbeie 
Sludftattung  gottgewollt  ift  unb  toeld^e  ftd^  gegenfeitig  }u  förbem  l^aben.  @d  i}i  nic^t  mi^ 

80  jufagen,  toad  ein  ÜJtenfd^  bem  anberen  fein  lann,  ed  giebt  leine  f^eube  tote  ÜRenfc^ 
freube  unb  nic^tiS  grö^ered  aU  ÜJtenfd^en,  bie  einanber  „genie^ar''  unb  ,/genu|fä^ig''  )ur 
Seite  gelten.  Siefe  gro^e  älnft^t,  toeld^e  ben  SSertel^r  ber  jungen  ©eifter  in  £.d  Xogen 
bel^errf^t,  erfc^eint  bei  ifmaQejeit  in  etl^ifd^e  unb  religtöfe Smbnnbung  getaucht;  er  befaft 
feine  ^reunbe  aU  @benbilber  ®otted,   ald  Srüber  ^efu  S^nfti,   oliS  Srben  bed  etmgcn 

86  Sebend.  Unb  wenn  einzelne  bon  biefen  fold^ed  ntd^t  berftanben,  über  „Seiel^rung^ 
eifer''  Ragten  unb  [xi^  bon  i^m  jurüd^gen,  fo  trifft  il^n  bedl^alb  lein  SSortottrf,  beim  bim 
großen  Stil  in  ber  ^eunbfd^aft,  bie  ^a^rl^ett  unb  bie  9Q3eit^er}igIeit  1^  i^m  leiner  ob» 
f)}red^en  lönnen,  im  übrigen  aber  burfte  er  für  feine  9lrt  badfelbe  Stecht  beanf))ruil^  tme 
bte  anberen  für  bie  irrige.  @in  tiefer  älbfd^eu  gegen  alle  Jte^erric^terei  log  aOqeit  in  feiner 

40  Seele  unb  energifc^e  ^rotefte  gegen  ^ietiftifc^e  @ngl^iglett,  toelc^e  ieben,  ber  ni^t  in 
trabitioneüen  Formeln  fbrid^t,  mitleibig  befeufjt,  h)ie  gegen  bie  intolerante,  immecbor 
Xoleran)  l^eud^elnbe  älufflörung  begleiten  ben  bon  jener  SSerlannten  bon  biefer  SSerfobten 
burc^d  ganje  Seben.  2.  ^at  feinem  ^nbibibualtdmud  aud^  einen  erfenntnidtl^eoreti^en  m^ 
brud(  gegeben.  Stlled  Srfennen  ift  relattb  jum  ÜRenfc^en  unb  inbibibueQ  bariabel.  „Slbfobite 

46  äSal^r^eit  ift  ein  2Biberf})rud^.''  Unb  bad  bebeutet  nic^t  ^ttoa  einen  Serlufi  für  ben 
^enfc^en,  benn  bad,  worauf  ed  in  ber  SBelt  allein  antommt,  ift  bie  inbibibueQe  Sede,  i^ 
@rl;ebung  unb  SoUenbung ;  „toa^  l^ötte  tc^mtt  einer  abfolutenäSa^rl^  )u  fdfKiffen,  bie  bo(^ 
eben  nic^t  für  mid^  toäre?"  @r  fd^ridtt  nid^t  bor  bem  @ebanten  )urüd(,  bog  jeber  feinen 
®ott  unb  feinen  S^riftud  l;abe,  unb  ba^  man  genau  genommen  nic^t  fogen  fönne,  tiHi^ 

50  ©Ott  abgefe^en  bon  ben  Variationen  feinet  Silben  in  ^^^i^i^^^  M  \  ^^^r  ttB&rt  2. 
Weiter,  bte  Objelte  finb  nur  Wad  unb  Wie  fie  auf  Subjefte  Wirlen.  ®ott  ifl  Sater  fOr 
ben,  ber  i^m  fein  Seelenorgan  öffnet,  ber  glaubt;  toa^  ®ott,  Wad  (^ffatd,  Wod  ber 
^l.  ®eift  fei  abgefel^en  bom  Serl^öltntd  ju  benen,  weld^e  bie  entft)re(^enben  @rfa^rmigen 
mad^en,  ben  Sl^riften,  „bad  gel^t  und  niq^td  an,   babon  fagt  aud^  oie  S(^rift  lein  SEBovt^. 

65  Sd  ift  wal(irfd^einli4  ba^  %.  $.  ^afobi  an  btefen  ^been  S.d  Xeil  ^;  in  jebem  ^ 
War  ed  S.  wie  biefem  unmögltd^,  fold^en  fubjettiben  ^bealidmud  an  ben  f^inojtfttfd^ltb« 
folutidmud  ju  bertaufd^en  Wie  ^erber  unb  ®oetl^e  traten.  Unb  toc^  ift  ed  benn  enbGi^r 
toai  ein  ^nbibibuum  bem  anberen  im  2Be(^felbertel;r  ber  Siebe  )u  bieten  bermog?    & 

ioQ  „bie  fd^lummemben  ober  löfftgen  Gräfte  ber  ÜRenfc^^eit  in  il^m  anregen  unb  ent« 
lammen'',  ed  foQ  il^m  l^elfen  „lebenbiger,  freier,  e^iftenter,  genießbarer  unb  gemi|fä^tger^ 


Satiater  323 

)u  toccben.    (S^  fyaihdk  ft^  um  eine  er^ebenbe  Seetnflufjung  in  ber  @efü^töf^^öre,  in 

emem  t>on  2.  t>orau^efe^  lebenbigen  QueII))unft  ber  inbibibueUen  Sleolität,  in  einem 

toirtfamen  met(d9^{if<$en  Zentrum  bed  ÜRenfc^en. 

SMefer  ®ejt(^tö|ninlt  iß  im  oDgemeinen  ouc^  ma^gebenb  für  ba^  Sierl^ältni^  @otted 

jum  Slenfd^.  3Sie  ber  SRenfc^  feiner  SRitmenfd^en  bebarf,  um  ju  Serben  tpa^  er  toerben  5 

laim  unb  foD,  fo  bebarf  er  in  unenblid^  ^ö^erem  @inne  ©otted.  „^a^  ift  mein  @oit,  ber 

oKen  meinen  Sebürfniffen  obl^ilft/'     tflan  erinnere  fid^    an   S.d  @eelenlöm))fe,  an  ben 

tiagtfc^  993tberf^ruc^  )tt>if(^en  bem  ^beol  unb  ber  eigenen  28irflic^feit,  toeld^er  auf  feiner 

6ode  laflet,  an  bie  @e^nfuc^t  nad^  Befreiung,  Jtraft,  @ieg  in  feinem  ßerjen;    ba^  f^nb 

bte  grofien  tiefen  Sebllrffniffe,  \üA6fz  @ott  ftiQt.     60  ift  für  S.  bie  Religion  Srlöfung,  10 

toä^reno  fte  für  bie  9htff(örung  SBettanfc^auung  ift;   fie  ift  ein  tiefet  93egeE;ren  unb 

ghratgen  beS  inneren  9Renf(^  nad^  ^ilfe,  bie  )6erl^ei|ung  unb  (Srfa^rung  folc^er  $ilfe 

unb  bte  „gemole'^  rea(iftt{d[fe  Sergegentoärtigung  ber  geiftigen  3Rac^te,  )?on  toeld^en  bie 

$tlfe  bmmt,   buxc^  todä^  fte  ftd^er  gefteQt  ift    Unb  too  ift  biefe  $ilfe  ju  finben?  b)ie 

mai^  fic^  und  ®ott  genießbar?     @d  lönn  nur  burc^  ^enfc^en  gcfc^el^en,  nur  ÜRenfd^en  15 

Kimm  bie  3Renf(^j^t  erl^ö^.    2)a  lommt  nun  bie  d^riftlic^e  Offenbarung  bem  S3ebürf^ 

nid  ciüg^en  mit  i^  Serfünbigung  bon  ß^iftud  old  bem  Ur^Sbenbilbe  @otted,  toeld^ed 

auf  ber  6fala  ber  SQSefen  ®ott  am  näc^ften  fte^t,    inbem  er  bie  äSobrl^eit,  ba^  Seben, 

ber  it5nig  bed  ©ottedreu^ed  unb  )uglei(^  ci^  ^^menfc^lic^er  ®ott''  aQen  ^Renfc^en  genießbar 

iß,  aß  ^^gdttltc^er  9Renf(^''  aOe  geniest,  aber  aud^  ,,berül^rt''  unb  ,,be[ebt''.    ^e  @onne  20 

tß  für  und  nur  im  @tral^(  genie^ar,  bad  unenblic^e  nur  im  enblid^en,  in  2|efud  ,,^umanifiert 

f«^  ®ott".  (Sr  iß  ®ott  für  und,  obne  'ü^n  giebt  ed  leinen  glaubbaren,  genießbaren  @ott, 

„toerai  e^rifhid  nic^t  to)&re,  n>äre  ic^  Sltl^eift''.     @r  ift  bad  „Slut  unb  Seben  ber  9Be(t'', 

bie  DtteDe  bed  Sebendgeifted,  burc^  \üdd)cn  oOein  bie  Steinigung,  Serl^enlid^ung,  93ergottung 

unfeccr  Statur  )u  ßanbc  lommt.  SRenfc^en  tperben  burd^  ^Dtenfc^en,  S^riften  b.  i.  erl^öl^te,  25 

erneute  9tenf(^en  burd^  Sl^riftud,  er  ift  unmittelbar  burc^  ®ott.    3)ad  SBilb,  toelc^cd  ber 

SirtuiiQdloeife  (S^rtßi  entf^ric^t,  iß  bad  bom  Slrjt  unb  ber  ^eilun^ ;   ed  l^at  an  Stelle 

bed  pmbißben   bom  9li(^ter  unb   bon  ber  @ü^ne  }u   treten;    bte    @ünbent)crgebung 

bedeutet  Stcßituienmg  berlorener  Jlraft   Slber  fold^  3Sndtungen  boQjie^en  ßc^  nic^t  außer 

bem  SRenj^m  unb  ol^ne  il^n;   £.   ßeQt  ßd^  bie  fubjeltit^e  3tntnü)}ßtng   ber  Sinßüffeao 

®ottcd    hixiif  S^rißud  nad^  9Irt  ber  ^rD))l^etifc^en  @inf))rac^e  unb  ber  ®eißedh)irlungen 

im  9{X  bor.    XOer  ®Iaube  im  UrArißentum   entf))rang  „ßnnlid^en  @rfa^ngen'';   unb 

iticmanb  giebt  und  bad  Stecht  au  be9au)}ten,  baß  S^riftud  nid^t  l^eute  unb  aQejeit  in  biefer 

9rt   in   feiner  ®emeinbe  toirten  tonne  unb   tPoQe.     ^eilic^    h)eiß    bad    gegenn)drtige 

(Bcfc^lec^  bobon  nic^,  S.  nimmt  gerne  an,  ed  merbe  junäc^ß  ein  einzelner  fold^e  (Sr^  86 

fa^rungcn  mod^  müßen,  bamit  barauf^in  auc^  bie  anberen  ße  mad^en  fönnen,  toenn 

fic  nur  tooOen.     Sin  foUer  Seborjugter  mürbe  aber  feinen  übernatürlichen  S3eß$  auf 

fiberjeugenbe  Sßeife  ben  anoem  tunbgeben  müßen;   bad  innere  SBunber,  an  tDelc^em  i^m 

iNn:  aOem  gelegen  iß,  toirb  infofem  auc^  }um  äußeren  SQSunber  führen;  baju  fommt  bad 

bcrcüd  crto&^nte,  boft  unferer  @r^ö^ung  auc^  eine  Befreiung  Don  ben  natürlid^en  ^em^  40 

mungen  bed  ®utedt9und  entf^rec^en  muß.    £.  l)ai  ba^er  fel^nfüc^ttg  nac^  Biegungen  über^ 

BOtfixIic^  Itififte  audgefd^aut;   für  beren  ®rfd^einung  er  ßc^  t)erfd^iebene  ^öglic^Ieiten 

bod^  2)er  neuenfteäte  uRagnetidmud  SRedmerd,  ber  @omnambulidmud,  bie  @£orctdmen  bed 

fot^.  $farverd  ®aßner  unb  ci|nlic^e  Srfd^inungen  fal^  er  barauf  an,  ob  ße  nic^t  erße  älnlün^ 

bigimgcn  grofter  SRanifeßationen  bed  „fd^toeigenben  ®Dtted"  feien ;  auc^  bie  älnfd^auung,  baß  45 

bcrCtNOigelffllSo^anned  no<^  aufSrben  toeile  unb  bie  @m>artung,  baß  er  ju  iJ^m  tommen 

unb  i^  htidf  ^^onbaußeguna  mit  33olltraß  an^  ber  $ö^e  erfüllen  merbe,  gehört  ^ierl^er. 

Kur  lofe  ^fingen  ed^Kttologifc^e  Srtoartungen  bamit  }ufammen:    S)ie  Se^re  Dom  SJtiQen' 

Blum,   toclc^  2.  in  ber  Sibel  begrünbet   fanb   unb  bie  @m)artung  bed  balbigen  SBelt- 

cnbcd,  tod/bt  hmd)  bie  ))olitifc^en  Sreigniße    feiner  legten  ^a^re  begünftigt  mürbe,    äluf  60 

a)H)la&}|rttf(9e  @))etuIationen  ober  gar  Berechnungen  l^at  er  fic^  jeboc^  nie  eingelaßen.   @r 

toor  fUf  ber  0efa^  feiner  ent^ußaftifc^en  Steigungen  mo^l  beh)ußt  unb   ^at  ßc^   eine 

focgf&Iiige  fjrfifimg  aän  imStamen  ^ö^erer  3Räc^te  auftretenber  @rfc^einungen  jur  ^j^ßid^t 

aaiiaf^;    mic^   f)ai   n  ßetdfort   eine  fd^ltc^te  ^ömmigfeit  bed  ®ottt)ertrauend  unb  ber 

iRcnfcpciiItebe  bet^ätigt,  toelc^  ßc^  in  fc^toeren  ätnfec^tungen  unb  großen  Seiben  ^errltd^  55 

UioäSfttt,    2H(  fufmmoturale  Stimmung,  au^  toeld^er  er  lein^e^l  mad^te,  h)enn  er  auc^ 

feiner  Qkmeinbe  gegenüber  bamit  borßc^tig  mar  unb  feinen  3Renfc^en  je  jur  Sc^märmerei 

bcrfft^  ^  —   genügte,  baß  i^n  bie  ätufflärer  in  S^xxd)  unb  audmörtd  }um  bor^üg« 

fii^  Segenjlanb  il^  @))otted  machten.    @r  an  feinem  Orte  toarf  ber  jtirc^e  feiner  3^it 

Srangd  an  mncrem  Seben  unb  Sebürfnid  bor,  bie  Sleligion  iß  „feelenlofed  ©efd^mö^'',  eo 

91  * 


324  Sonatcr 

bie  3:i^eolo0tc  „äufeerc  ^Partetung",  nid^tö  ,,t>on  innen  ^erau«",  atte«  „negotto" ;  unb  au<^ 
für  bie  Smennung  bcr  Sibclh)al;rl;cit  fuc^t  er  ben  (Srunb  in  bem  mangelnben  ©eelen« 
bebürfni«  ber  gorjc^er.  3)arin  tou^U  er  pc^  im  aügemeinen  ein«  mit  ^erber,  ®oet^e,  goloK 
unb  aü  ben  genialen  ©egnem  ber  inteÖe&ualiftifc^en  unb  formoliftifc^  HuffUbiutg,  bie 
6  {ömtlic^  ben  oben  Bpott  ber  ®egner  }u  tragen  Ratten,  fßtm  l^ier  oud  fällt  oud^  £t^ 
auf  ben  @inn,  tpeld^en  feine  Seprgebanlen  beanjbruc^en.  ®r  meint,  bie  t^eologtfc^ 
Segriffe  Ratten  nid^t  ben  SQäert  toiffenfcl^aftlic^er  S3efunbe,  fonbem  benjenigen  t>on  ©l^* 
bolen  für  bie  @rfal^rungen  bed  $er}end,  er  \ü\ü  bie  ,,£e^e''  bo^in  gefteQt  fein  laffen,  ba 
ade«  am  ,,®lauben''  liege,    ^ad  ^inbert  il^n  freiließ  niqt,  bie  trabitioneKe  Sel^  ba  )u 

10  hitifteren,  b)o  fte  bie  SdDürfniff e  bed  ^erjend  gu  burc^htujen  fd^etnt ;  bobei  mu^  er  fu^ 
ieboc^  auf  bie  93ibel  berufen  tonnen.  @o  ift  ber  at^anaftfd^e  Sl^riftud  nic^t  bibltf(^  unb 
nid^t  religio«  toa^r,  benn  er  ift  ebenfotoenig  unmittelbar  genie^arb)ie  ®ott;  glei(^ertt>eife 
unb  au«  benfelben  ®rünben  ift  bie  älnfefmfc^e  @ati«famon«le^re  objule^nen.  S.  tooOte 
©d^riftt^eologe  im  ftrengften  Sinne  fein,  er  h^agt  leine  tl^eologifc^e  9ei^au))tung  o^e  f^m 

15  länQlic^e  Segrünbung  in  ber  ©c^rift ;  e«  ift  ober  boc^  nic^t  eine  emt)trifc^e  ^nab^fe  ber 
bibltfc^en  @ebanfen,  tpa«  il^n  )u  feinen  eigenartigen  Ueberjeugungen  fü^,  fonbem 
bie  genialijd^sent^uftaftifc^en  Sebürfniffe  feine«  ^ergen«  ertennen  fic^  toieber  unb  finben 
il^re  göttliche  93eftätigung  in  ber  entl^ufiaftifc^en  ©eite  ber  neuteftamentlic^en  Serfitnbigung. 
S.  ift  ber  c^riftlic^e  unter  ben  !IJtenfc^l^eit«entl^ufiaften  ber  ®enieei)o<^e,  ba«  ijft  bie  J^iftorifcpe 

ao  $orme},  nad^  h)eld^er  fein  äSefen  gebeutet  tpercen  mu|;  bom  ^ieti«mu«  ift  er  in  leincr 
^eife  abl^ängig,  feine  Rumäne  9Beitl^er]\igIeit,  feine  älbneigung  gegen  olle  SRonier,  feine 
SSblel^nung  aller  9[«Iefe  bringen  il^n  bon  aSem  Slnfang  an  in  et^ifc^  ®egenfa|  ju  bot 
)}ietiftifc^en  Jtreifen  unb  in  religidfer  äSejie^ung  tabett   er  an  il^nen  ben   Sitoigel  an 

Siro^en  unb  Itaren  ®ertc^t«)}untten.    Ueber^aut)t  lonnte  S.  toa^l^eit«gem&|  fagen,  ba^  er 
eine«  ^enfc^en  ©c^üler  fei,  er  l^at  ftc^  ebenfo  bagegen  berft>a^rt,  irgenb  jemonbe«  üä/m 
ju  fein. 

©ein  äußerer  £eben«gang  bietet  bi«  in  feine  legten  Seben«ia^re  toenig  Semerlen«« 
tperte«.  ©eine  ®emeinbe,  feine  ©c^riftfteQerei,  feine  gal^lreid^en  ^eunbe  unb  jo^Uofen 
Sefud^er,  feine  ^nbe  unb  bor  allem  feine  ^^milie,  ba«  toax  feine  3Belt  unb  fein  ©c^ 

80  fal.  92ur  einige  9ieifen  teil«  um  ber  ®efunb^eit  toiKen,  teil«  auf  Sinlobung  bon  greunben 
unternommen,  unterbrachen  bie  ®leic^mä^igteit  be«  Ä^rd^^  Seben«.  ^m  ©ommer  1774 
fuc^te  er  ^eilung  bon  einem  d^ronifc^en  Ruften  in  @m«,  too  er  ®oet9e«,  Safeboto«  unb 
2|ung  ©tiuing«  ^erfönlic^e  Selanntfc^aft  mad^te,  1786  begleitete  er  feinen  ©ol^n  noc^ 
Sremen,    1793  reifte  er   auf  ßinlabung   be«  ®rafen  93em«borf  naA  Äojjen^gen.    3n 

35  feinen  f^öteren  2lal;ren  litt  er  l^äufig  an  ©c^toinbel,  fo  ba|  er  ftc^  oft  taum  aufredet  polten 
tonnte,  ©ein  Familienleben  toar  überau«  glüdHic^.  ©c^on  1766,  brei  ^afyct  bor  feiner 
erften  9lmt«ftellung,  l^atte  er  ftd^  mit  9lnna©c^in},  ber  burc^  Serftänbigleit,  $er)en«mibe 
unb  fd^licf)te  ^ömmigteit  au«ge2eid^neten  3!od^ter  eme«  jürd^erifd^en  Jtaufmann«  berl^atä; 
fie  bereitete  bem  SWaftlofen  unb  biel  Umgetriebenen  einen  ^äu«lid^en  ^eben,  beffen  fonften 

40  Sauber  aud^  bie  ^eunbe  ju  fcf)ä$en  tou^ten.  SSon  ac^t  Jlinbern,  toelc^e  fie  ü^m  fd^entte, 
überlebten  il;n  nur  brei,  ein  ©ol;n,  melc^er  älrjt  tourbe  unb  gtoei  34^d^ter. 

S.«  Seben«enbe  ift  in  bie  großen  @reignif[e  berfloc^ten,  toelc^e  ben  Untergang  be« 
alten  @uro)}a  unb  ber  alten  @ibgenoffenfd^aft  herbeiführten.  @r  begrüßte  erft  ben  9lu«e 
brud^   ber  franjöfifc^en  Slebolution   al«  ba«  Morgenrot   einer  neuen  33öllerfrei^eit    3*" 

45  eigenen  Sanbc  toar  er,  bon  aller  ^arteilcibenfd^aft  frei,  mit  6rfolg  bemüht,  eine  friebli(^ 
£öfung  innerer  ^onflitte  ^erbeijufüi^ren.  311«  aber  bie  fran^öftfc^en  t^i^eit«manner  felbfi 
S)ef))oten  tourben,  il;ren  fföntg  l^inrid^teten,  bie  9iac^barlänber  mit  Jtrieg  übmogen,  um 
unter  ber  3Ra«le  ber  Solt«beglüdEung  ®etoalttl^aten  au«2uüben  unb  bie  ^igften  Siedete 
mit  §ü6en   ju  treten,  ba  erl;ob   er    auf   ber  ßanjel  aber  auc^  ben  ®eh>aIt^K(bem  in'« 

60  älngefid^t  feine  ©timme  für  bie  Unterbrüdften  unb  fein  mi^^nbelte«  Saterlanb.  ©ne 
^at  t)on  ungel;eurer  ftül^nl^eit  toar  in«befonbere  fein  „28ort  eine«  freien  6d^ta)ei)et«  an 
bie  grofee  Station",  tDorin  er  bie  Slnllagen  aufammenfa^tc,  bie  er  al«  ^Sotriot  imb  ol« 
Wiener  ber  3Bal^rl;eit  gegen  bie  franjöfifc^e  Sftegierung  erbeben  mufete,  um  fie  am  10.9Rai 
1798  an  ben  ^irettor  iHeübeQ  ^u  fenben.    @r  toar  fic^  ber   großen  ®efal^,  toe^er  er 

söfid^  bamit  au«fe$te,  boUtommen  betonet.  @«  gefc^al;  jeboc^  einfttoeilen  nid^t«  gegen 
i^n.  311«  er  jeboc^  im  folgenben  ^a1)x  gegen  bie  toiberret^tlic^e  3)e)}ortaüon  k>on  Wm 
gliebcm  be«  jürc^erifd^en  SWate«  j)roteftierte,  tourbe  er  in  33aben,  tt)o  er  fi<^  eben  ju« 
iRurgebraud^  aufl^ielt,  gefangen  genommen  unb  nac^  Safel  gebracht  3lad^  einigen  9Bod^ 
frei  gelaffen,   erreid^te  er  ^imd)  toegen  be«  ba«  £anb   burc^tobenben  Jtriege«  erft  noi^ 

eo  langen  Äreuj»  unb  Querfugen.    3lm  26.  ©e})tember  1799  fanb  bie  )ta>eUe  ©c^Iod^t  bei 


£atiatcr  Sajaritdritter  325 

3uri(^  Patt,  in  toeU^er  bie  granjofen  pegten;  franjöpfc^c  Ärteger  lamen  in  bie  ©tabt, 
einer  begebe  Dot  S^  9Imtdh)D^nung  9Bein,  ben  biefer  iE;m  fpenbete;  balb  aber 
brong  fener,  Don  f^I^^lidber  3But  erfaßt;  auf  i^n  ein  unb  fc^o^  i^m  eine  Jtugel  burc^ 
bie  SrufL  !Run  begann  für  £.  eine  R^t  ber  fc^tperften,  j^eroifd^  ertragenen  Seiben^  toeld^e 
bid  }u  feinem  Xobe  bauerte.  @o  balb  e^  feine  Jträfte  erlaubten,  na^m  er  lieber  aUerlei  6 
arbeiten  t>or,  befuc^te  feine  Manien,  beftieg  auc^  einigemal  bie  ^anjel,  unb  Derfa^te 
t)erf(^iebene  ©c^riften,  befonberd  bie  „freimütigen  ©riefe  über  ba«  3)eiportation3toefen." 
9lit  feiner  ®emeinbe  blieb  er  burc^  Slnf^rac^en,  toeld^e  feine  Slmt^brüber  jetpeilen  auf 
ber  Jlanjel  borlafen,  in  geiftiger  SSerbinbung.  3lo6)  begrüßte  er  bad  neue  ^al^rl^unbert 
mit  einigen  äSerfen,  bann  ftarb  er  am  2.  g^^war  1801  in  ben  armen  ber  ©einen,  ©ein  lo 
Xüb  erregte  toeit  über  bie  ®ren^n  feinet  SSaterlanbed  l^inaud  fc^merjlic^e  Xeilnal^me. 
©eine  ^fretmbe  erl^elten  nac^  toentgen  Sagen  jeber  einen  ©ebenfoerd,  ben  er  aU  legten 
®ru^  i|nen  juaebod^t  ^tte. 

2.^  6^(mad&ilb  ip  fd^tDer  )u  jeic^nen.    ©d^on  ju  feinen  Sebgeiten  nmrbe  er  mag« 
[od  bereif  unb  jugleic^  ma|lod  Derf^ottet  unb  l^erabgefe^t,  unb  auc^  biejenigen,  toelc^e  is 
empiid^  toiUend  toaren,  i^m  jQ^cd^t  ju  toerben,   brad^ten  ed  laum  ju  einem  einbeutigen 
unb  lonfionten  Urteil.    @in  uRiniatur))orträt  feinper   Slrt  l^at  ®oetl^e  in  ;,3Bal^rl^eit  unb 
^ic^tung''  III,  14    gejeid^et.    ^ie  meipen   Sitterar^iporiler  giel^en   ed  aber  Dor,  pd^ 
an  einige  feiner  Dereinjelt  l^ingetoorfenen  berberen  ^infelftric^e  ju  l^ten,  um  bann  regeU 
moftig  ein  unrid^tigeS  Silb  )u  getoinnen,  gegen  bad  man  nun  fc^toer  ankommt.     Unb  ao 
bocp  rft^t  fu^  bie  neuefte  ©egentoart  ni^t  mit  Unrecht,  ba^  pe  ber  ®eniee))oc^e  ge^ 
u^izt  ut   toerben  vermöge  ald   bie  l^inter  und   liegenbe   Generation.     Wöge  fol6ed 
oudb  balb  S.  )u  gute  fommen.    S.  ip  pc^  felbp  ald  eine  ©umme  Don  ^iberf^rüc^en 
erfd^ienen.     @r  ^  pc^  gelegentlich  eine  toeiblic^e  9latur  genannt;   er  mag  an  bie  ^e^ 
tot^xdflat   unb   ben    ©efül^Uent^upadmud    ober  an  bad  Witteilungdbebürfnid   ($erber26 
nennt  i^  einen  „lieben  ©ottedfc^toä^er'O  gebadet  l^aben,   and)  ber  iperoidmud  im  Seiben 
ip  ber  %tau  eigen.    2)0(^,  toer  toirb  beftreiten,   ba^  fein  9Rut,  fein  ^atriotidmud,  fein 
$fli<^tbetmt^ein,  bie  pete  ©leid^l^eit  unb  unenttoegte  ^reue  auc^  gegen  folc^e,  bie  il^m 
gegenüber  onbere  tourben,  männlid^e  (Sigenfd^aften   pnb.    @nbli(^  toürbe  man  unfd^toer 
oiid^  bod  Ainb  in  i^  toieberpnben,  in  bem  naiDen  SSertrauen  ^u  ben  Wenfd^en,  in  ber  so 
3uDerpc^,  burc^  f^erfönlic^ed  Eintreten    aQed  audrid^ten  }u  tdnnen,   in   ber  S3erfennung 
ber  obiettben  £>rbnungen  unb  ÜJtöd^te,  mit  benen  man  red^nen  mu^,  um  in  ber  engeren 
unb  toetteren  SBelt  ettoad  bleibenbed  audjurid^ten.     @r  l^at  gelegentlid)  geöuftert,  £iebe 
üben  unb  ®ott  fiu^en   fei  ü^m  Ütaturbebürfnid  unb  ba^er  Don  feiner  ©eite   eben   tein 
Seibtenp,   er  fyix   aber   ben  Sgoidmud  unb  bie  Wad^t  bed  SSieltlidben  and)  getannt;  35 
loib  toenn  nun  bod^  fein  Seben  Don  einer  großen,  reinen,  unermüblidpcn  Siebe  unb  Don 
einem  peg^en  ^immlifd^en  ©inne  jeugt  toie   weniger  ^enfcf)en  Seben,  fo  toerben  toir 

rbie  banlbore  Snerlenntmg  nid^t  Derfagen,  bag  er  ein  tüai)xtt  jünger  ^efu  getoefen 
—  unb  eben  bad  )u  fein  toar  fein  l^öc^per,  im  @runbe  fein  einziger  28unfc^. 

&,  D«  ®c^u(t^e§>9{ec^bevg.     40 

£«}tr  HOK  ^or^i  f.  9b  11  ©.  71, 51p. 

£a}inriptit  (armenifc^e),  f.  Wec^itl^ar. 

£«iaripe«  ($rieper  ber  ÜRiffion)  f.  SSincentiud  be  $aulo. 

£«iini8ritter.  —  SWalmbourg,  Histoire  desCroisades  (Par.  1682),  III,  254;  .£)ch)üt, 
Hist  de«  Ordies  mon.  etc.  I,  32  u.  54;  ©iucci,  Iconografia  storica  degli  Ordini  etc.,  I,  45 
10—16;  SRoroui,  Dizionario  etc.  t.  37,  p.  2508q.;  U^l^orn,  2)ic  c^rlftl.  iJicbeSttjätigfeit  im 
«tttelalter  (Stuttgart  1884),  @.  272— 274  unb  493 f.;  ©röffcl,  ^rt.  ^^SojaruSorbcn"  in 
(Irf*  unb  ©ruber,  (gnc,  IL  6e!t.,  93b  42,  6.  317 f.;  ^eimbucfier,  Orben  unb  ^onarea. 
I.  227.  502;  U,  32. 

Ate  eine  ©enoffenfdjfap  gur  ^Pege  Don  Uranien,  inöbcfonbere  Don  Äu^fä^igen,  fc^eint  50 
ber  9litterorben  Dom  1^1.  Sajaru«  (fo  benannt  nad^  Sc  16,  20  unb  jugleid^  nad^  Jio  11, 1  p.) 
gegen  bie  3Ritte  be«  12.  gal^l^unbert«  in  S^tufalem  enftanben  gu  fein.  3)ie  ©agen, 
toeh^  t^n  enttpeber  fc^on  im  ^al^re  72  (jum  ©d^u^e  berßl^ripcn  ^aläftina^  gegen  ©ab= 
bit)to  unb  $^riföer!),  ober  300  ^a^rc  fpäter  burc^  Sifcbof  Sapliu«  b.  ©r.  Don 
Qäforea  in  Pc^^Hibojien  ^eftipet  toerben  laffen,  pnb  ju  beurteilen  toie  bie  farnielitifd^cn  65 
Oibendlegenben  Don  ä^lu^er  Xenbenj.    älud^  baft  fd^on  ©ruber  ©erl^arb,  ber  ©tiper  be« 


326  £ajmmi»nttcr  £eabe 

2iol^anmterorben^  ({.  b.  9(.  9b  IX,  331, 28  ff.),  burdb  9(6tretuna  emed  audfc^isenf^ttoß 
feiner  ©enoffenfd^aft  an  einen  ÜReifler  93ot^ant  Stöbert  ben  ©runb  )ur  feDbflßanbtgen 
@^ftenj  bed  OrbeniS  ber  Sajaru^ritter  gelegt  ^be,  ift  ungefc^ic^tlu^  Sage.  Sagegen 
fc^eint  bie  auf  ben  am  Sludfa^  erhanften  5t5mg  Salbuin  IV.  (1174)  aü  ©rttnber  M 

6  Drbend  lautenbe  ^iad^ric^t  einen  toa^ren  Rem  in  ftc^  }u  fd^Iie^en,  befte^enb  ettoa  bann, 
ba^  biefer  ^rft  bad  fc^on  feit  einiger  3^^  (bielleic^t  feit  1150)  in  2[^<^^i><  befle^enbe 
S^rofenl^aud  befonberd  förberte  unb  ju  biefem  3^^  ^^^  ^  bebienenben  Srüber  )u 
Slittem  ernannte  (f.  Ul^I^om,  ©.  272).  —  ©eit  bem  13.  3«^^«^^  breitete  fU^  ber 
Drben,  an  beffen  @^i$e  anfangt  ftetd  ein  audfö^iger  bejtt).  audfä^ig  aetpefener  Magister 

10  generalis  ftanb,  aud^^  in  melieren  Sönbem  @uro))ad  aud ;  f o  unter  ^ifer  ^Ari^  II. 
befonberem  ©d^u^e  in  ©ijilien,  Unteritalien  unb  S)eutf(l^lanb  (namentlich  in  Xl^ihnngen). 
9Rittel))unIt  feiner  euro^äifc^en  Xl^ätigleit  tourbe  jeboc^  ^anlreic^;  unb  fioat  ffitt  ha& 
älu^fö^igenbaud  )u  Soigni,  tpo,  auc^  nad^  9(ufl^ebung  jener  bie  Drbenäeitung  auf  auSfäl[ige 
^erfonen   befc^räntenben  93eftimmung  (feit  1253),   ber  @i^  bed  ©ro^meifter^   k>erblt^. 

16  ^er  gegen  ®nbe  bed  3Jl9l.d  infolge  Slufgebend  feiner  Jtrament>flegert^&tigleit  melj^  unb 
mel^r  Dertoeltlid^te  Drben  tDurbe  für  Italien  burd;  ^nnocen)  VIII.  (ca.  1490)  aufgehoben, 
aber  fd^on  bon  Seo  X.  tt)ieber  l^ergeßeQt.  Surc^  bte  bon  iperjog  Smanuel  $^tIioert  bon 
©a)}OVen  1572  Vorgenommene  9$erfd^mel}ung  ber  italienifc^en  Sajarudrttter  mit  ber  feit 
1434  in  feinem  Sauberen  beftejg^enben  (nac^  Senebiltinerregel  lebenben)  ®enoffenf(^  beö 

ao  1^1. 3Rauritiud  )u  einem  lombinierten  „^auritiu^  unb  Sajarudorben''  (befÜitigt  butd^  $a))ft 
®regor  XIII.  im  genannten  ga^e)  erful^r  ber  italifc^e  3^eig  eine  gonjlic^e  Umbilbung. 
@tatt  bed  einftigen  ßranlen))flegerberufd  tourbe  nun  „SSerteibigung  bed  Iat^oltf(^ 
(glaubend'',  in^befonbere  ^egen  ben  (genfer  ^roteftanti^mud,  $aut)taufgabe  biefeiS  Orbend^ 
jtoeigd,  ber  —  burd^  Jtöntg  SSittor  (Smanuel  I.   1816  unter  jenem  9(amen  neu  beftötigt 

25  —  ^c^  bid  in  bie  jroeite  i^älfte  bed  19.  ^^^tl^unbertd  er^en  ffat  Sbibere  S^jidfale 
erlebte  ber  frangöfifc^e  S^^^fl-  5Kit  il^m  bereinigte  5lönig  $enri  IV.  1607  einen  bor^jer 
burd^  il;n  geftifteten  9litterorben  „U.  S.  %t.  bom  Serge  Jtarmel''.  Sleic^  ®unftbeta>eife 
erful^r  er  bann  unter  Souid  XIV.,  toeldj^er  1672  bie  ®äter  fämtlid^  dü  oudgeftorben 
ober  aufgel^oben  geltenben  franjöftfc^en  Slitterorben  ibm  übertoieiS  unb   bamit  bie  ettam 

sojtoei  Slo^rjel^nte  tDö^enbe  ®})odjfe  feinet  l^5d(ffteti  ©lanjed  unb  Snfel^en^  unter  bem 
©eneralbilariat  be«  5roarqui«  be  Souboi«  (1673—1691)  einleitete.  a)er  Drben  johlte 
bamal^  in  feinen  fünf  ^rioraten  (9iormanbie,  93retagne,  Surgunb,  gflanbem,  San^eboc) 
145  ßommenben.  3lad^  Souboid'  Xobe  betoirtten  bie  Jtlagen  ber  burdH^^  tlmondalt 
)?on  1672  gefd^äbigten  3)litglieber  unb  (Srben  ber  älteren  Orben  bie  Sieber^erau^abe 

86  ber  il^nen  entzogenen  @üter.  93on  nun  an  gin^  e^  mit  bem  ®ebei^  beiS  Orbend 
langfam  abh)ärtd.  3)en  fd^on  burd^  bie  9iebolutton  bon  1789  fo  gut  toie  bemic^teten 
^ob  ein  ©taatdbehet  im  ^aÜ^xt  1830  förmlid^  auf.  —  äte  bem  italif<^en  toie  bem  fran« 
^öftfc^en  Orben  gemeinfamed  Snftgne  trugen  bie  Sajarudritter  ein  a<^tf))i^iged  grüned 
^rcuj.    3^^  befonberen  Bä^mud  bedfelben  bei  ben  franjöftfd^en  Stittem  gel^örten  in  bie 

40  SBinifel  jtoifc^en  ben  Jtreuje^armen  etngejeid^nete  Silien,  fotoie  SRiniaturbilber  ber  ^l.  SRaria 
öon  Äarmcl  unb  be«  au«  bem  ®rabe  crtoedften  Sajaru«,  beren  erftere«  auf  ber  Soi^er« 
feite,  ba«  anbere  auf  ber  Slüdtfeite  be«  Drben«}eic^en«  getragen  tourbe.  S^ditt. 

£eo  f.  Salob  55b  VIII  ©.  544,  i7ff. 

geabe  ober  Seob,  3« ^^  ^^ 0^*- 1704.  —  filtteratur :  «utobiogra^^te  ber  3.  S.  In  »©ecb«  019= 
46  ftif*e  Xractötlein",  «mfterbam  1696,  @.  413-423;  Walton,  Materials  for  Biogr.  of  Law, 
printed  privately,  1854;  Jaeger,  Hist.  eccles.  II,  pars  II  90 — 117,  Hamb.  1717;  Gichtd,  Theo- 
Sophia  practica  4.  ser.  VI.  529,  Leyden  1722;  «rnolb.  Äirtftenaefcb.  n,  Sud)  XVII,  vo 
bie  in  ^eutfcblanb  befonnten  Schriften  mit  beutf^en  Titeln  aufgeführt  ftnb;  SMtifdbe  OefA. 
be«  (S^iHaSmu«  SBblll  8.  403—421  (Don  (Sorrobi);  93iograp^ie  ber  3.  S.  im  6.  ^ft:  ^& 
60  wirb  QÜe«  neu  toerben",  ©trafeburg  1807;  gcit^rift  f.  ^iftor.  J^eologie  1865,  ©.171—290. 
%rt.  D.  ^oc^^ut^.  ®efc^.  u.  Sntroicflung  ber  pt)i(abelpö.  ©emeinben,  I.  3ane  fieobe;  Brit 
Quart.  Review,  July  1873,  p.  181—187  (5(rt.  ö.  Senün«) ;  National  Biograohy  ©b  XXXII 
V.  n.,  iDo  Quc^  tjanbfc^rifti.  fiitteratur  angegeben  ift;  ^aborn,  (S^efcb.  bed  ^i^tidmuS  in  ber 
edjtoeia.  1901,  @.  138f.  u.  me^rfo*. 
66  3anc  £eabe  tourbe  1623  in  ber  ©raffd^aft  5RorfolI  geboren.  SKit  il^rem  aRäbc^ 
namen  l^ie^  fte  SQ3arb  unb  gel^örte  einer  namhaften  ^amilie  ber  ®egenb  an.  ^ijftt  (Srjie^ung 
toar  biejentge  il^rer  R^xi  unb  iE;re^  Staubet,  ^n  i|rem  16.  gal^re  bemal^  fte  mitten  in 
ben  fröl^Iicben  ^tli^teiten,  toomit  3Beil^nacf)ten  in  il^red  SSater^  $aufe  gefeiert  tmirbe,  eine 
tounberbare  Stimme,  bie  auf  fte  einen  fold^en  (Sinbrucf  machte,  ba^  fte  Don  ba  aa  aOen 


£eabf  327 

Scrgidiguneen  entfogte,  ein  emfteiS  gurüdgqoßened  Seben  filierte  unb  [xi^  ber  Setrad^tung 
t^red  inneren  3uft<tnbeiS  bribmete.  $te  äSemül^ungen  ü^rer  ^miltenangel^örigen,  fte  tDteber 
mtf  anbete  ®«banfen  au  bringen  unb  für  bte  28eltfreuben  jurüdfjugetotnnen,  fc^lugen  fel^I. 
Sefimberd  ]d^tott  beloftete  i^®eb)tffen  bte  Unh)al^rl^ett,  beten  fte  ftc^  einft  beim  Snd^Ien 
fc^ulbig  oemoc^t,  unb  fte  l^tte  borum  einen  bteijä^tigen  futd^tbaten  Su^Iam^f  au  befte^en,  6 
biiS  t^  ä5etgebung  )U  teil  b)utbe,  bie  fte  iogat  in  ftnncnföltiget  ^orm,  nämlidp  in  ®eftalt 
eined  mit  Siegel  Detf ebenen  ®nabenbtiefed  etlangt  ^oben  foll.  3)ltt  2l3a|^ten  t)etl^eitatete 
fic  ftc^  mit  einem  SSettDonbten :  äBiQiam  Seob.  liefet  ftatb  1670  mit  $intet(affung 
jioeter  ettoad^enet  S^ki^tet.  3tad^  feinem  Xobe  enfc^Io^  [xd^  ^,  2,  in  Sonbon  in  bet 
0tö|tat  .^oücfgejogen^eit  )u  leben  unb  „ha^  Seil  bet  ^anno^  ju  ettDö^len'^  inbem  fie  lo 
aud  b«r  ^t  eine  Xugenb  mad^te ;  benn  butd^  bie  Untteue  eine^  übetf eeifc^en  SSetn^altetd 
tannbe  t^  mä^td  bon  bem  9Setm5gen  il^ted  ®atten  jutüdfgegeben.  @ie  toax  abet  auf  biefeiS 
SRi^efil^id  J^on  butc^  eine  Sifton  bom  go^te  1668  Dotbeteitet,  bie  füt  il^t  HlnftigeiS 
2eben  unb  Sßitlen  entfc^enb  tDutbe. 

31^  angebotene  Steigung  )um  SR^ftici^mud  etl^ielt  9{a^tung  butd^  bad  @tubium  Don  16 
Solob  Sdi^ed  Sd^ften,  bie  Don  1645 — 61  in  einet  englifd^en  Übetfe^ung  etfd^tenen.  SHd  fte 
um  1652  bteSelonntfd^ft  beiS  Dr.l^ol^n  ^otbage,  eined  nt^ftifd^  angelegten  anglilanifc^en  ®eift« 
Iic(icn,bed%reunbeiS  k)onXI^.93tomIe9,mad^te,fanb  fte  in  il^  einen  )toat  fd^toetHc^  juDetldfftgen, 
aber  jAeitfalfö  begeifietten  3ntet))teten  be^  beutfd^en  ii)co\opf)m.    ^em  ))tanifc^en  Seben 
faß  t>öQig  abgetoanbt  unb  mit  einet  lebl^aften  ^^ntafte  begabt,  lonnte  fte  ftc^  nic^t  bamit  ao 
Uaxäqm,  an  ben  Siftonen  anbetet  @efallen  ju  ^nben,  ü^t  teget  @eift  toat  balb  im  ftanbe, 
feiier  \oUift  )u  ))robu)ieren.    Sieft  man  i^te  SRtttetlungen  übet  bie  etften  bet  il^t  gemot« 
benen  Srfd^ungen,  fo  lamt  man  nic^t  um^tn,  an  bie  äSiftonen  im  oltc^riftlic^en  Ritten 
bed  ßermed  erinnert  )u  toetben.   Sie  äBei^^eit  etfc^eint  il^t  in  ^erfon  al^  eine  t>on  @oü 
unb  ^tc^t  umfloffene  ^ettlic^e  ^iungftau  unb  fte  gelobt  il^t  ®el^otfam.    äSon  ba  an  ^atte  26 
fte  faß  cSlnodfÜxd)  SBiftonen,  bie  fte  feit  91t)ttl  1670  in  t^tem  getftltc^en  Xagebuc^e,  be« 
titelt:  A  Fonntain  of  Oardens  niebetfc^tieb.    1681  unb  1683  lam  fie  baju,  jtoei  Schriften 
)u  t)eröffentlii^ :  „Die  l^mmlifc^e  3Bolte'',  Don  Dielen  füt  ü^t  befted  SQ3etf  gel^alten,  too« 
rin  ifyct  ©ebonlen  über  %cb  unb  Sluferftel^ung  }um  älu^brudC  lommen,  unb  ,,bie  Dffem 
banmg  ber  Offenbarungen'',  toorin  Don  il^ren  SSifionen  93eric^t  erftattet  toitb.  Jteined  bet  so 
beiben  9üc^  machte  bei  feinem  Stfd^einen  gto|ed  äluffe^en.   älbet  ald  um  1693  ^ifd^et 
Don  äftotterbam  mit  einem  berfelben  belannt  tourbe  unb  er  ed  tn^  ^oUänbifc^e  üb^ej^te, 
ba  änberte  ftd^  bie  Sachlage:  mit  einem  Schlage  tourbe  bie  äonbonet  Sel^etin  }u  einet 
aefäerten  .$erfönli<^Ieit.    ?^fd^et  ttat  mit  i^t  in  Jlottef)}onben2.    Unb  atö  bet  junge  Oc« 
forber  ®ele^e  fjranci«  See  (1661—1719),   ein  SKebiginer  unb  Drientalift,  um   feiner  86 
^orfc^gen  toiUen  htrjtoeg  9iabbi  See  genannt,  auf  oer  9tüdtreife  butd^  ^oQanb  lam, 
tinn^  er  Der(mla|t,  ^.  2.  in  Sonbon  aufjufuc^en  unb  fte  ju  toetteren  ^ublifationen  ju 
ocwCgtn. 

See  lonnte  ftd^  bei  näherer  93elanntfd^aft  bem  ®influ^  il^rer  ^etfönlic^Ieit  unb  il;tet 
mmi^eit  nic^t  en^ie^en  unb  genog  balb  ben  äSotjug,  Don  i^r  ald  Slbo^tiDfol^n  unb  10 
amtenfid  angenommen  }u  toetben;  \a  ald  ein  Diftonätet  93efel^l  bet  3.  S  ed  i$m  gebot, 
gdgerte  er  ntc^t,  ber  Dertotttoeten  Xod^ter  ber  ^ro^^ettn,  einer  3Rtd.  fßalton,  bte  $anb 

ri  e^ic^  Sunbe  )u  tei(^en.  9llle  ^ottef^onbenj  unb  olle  littetatifd^e  Xl^ätigleit  Don 
S.  ging  nun  butd^  SeeiS  ßänbe,  inbem  et  nieberfcptteb,  toad  fte  il^m  biftiette,  baju  bad 
tMtffenbe  SBortoort  Derfa|te,  ISerfe  einftteute,  toie  bet  gemeinfame  ^eunb  9ltd^atb  Sloac^  46 
(1662—1730)  fie  gebicptet,  tutj  ba«  @anit  in  bte  i^m  geeignet  fd^einenbe  gotm  go^. 
Sin  att^efener  Jtreid  tl^eofo^j^ifd^^m^ftifd^et  ©etftct  fammelte  fid^  oalb  nm  bie  @el;etin 
unb  i^ren  gelten  f$teunb,  beffen  ^n^änget  ftd^  bie  ^l^ilabel^l^tet  nannten  unb  and)  mit 
^oOanb  tmb  3)etitfd^lanb  intime  SSejiel^ungen  untetl^ielten.  1696  gab  ^.  S.  eine  befon« 
bete  9otf(^  an  bie  ))l^ilabel))l^ifc^e  @ocietät  l^etau«,  bie  ftc^  übet  bte  ganje  28elt  }et=  so 
ffapcut  finbe.  Denfelben  3^^^  ^i^  ^^eunbe  ju  fammeln,  Detfolgte  bte  im  folgenben  3<^te 
etfc^enene  „Honfiitution''.  93alb  genügte  ba«  bi^l^etige  93erfammlung«IoIal  ntd^t  me^t, 
€0  muHtt  mä)  äßeftmotelonb  $oufe  Detlegt  toetben.  S3on  ben  1697  ^d^ienenen  „Xtan«« 
aftionen''  ber  (BefeQfc^  lam  freiltd^  nur  ein  einjtget  Sanb  jut  9lu«gabe. 

3n  i^ten  lej^ten  Seben^jal^ten  l^atte  ^.  S.  mand^etlei  Un^emac^  au^juftel^en,  inbem  66 
fie  tetfe  in  Xtmut  ein  lümmetlt^e«  Seben  fül^tte,  teil«  butd^  bte  Stferfüd^teleien  il;te«  äln« 
fym^  unb  namentlich  bie  9lnma|lid^fett  @ic^tel«  |^u  leiben  ^atte.  @ogat  ba«  ^tmen^au« 
ber  Sabt^  9Rico  mu|te  fte  auffud^^en,  toäl^tenb  fte  ^intoieberum  in  Deutfd^lanb  fo  Diel  9ln« 
crfeimuna  fanb,  ba^  Saton  i^n^aufen  tl^t  ein  ^a^rgej^alt  Don  400  fl.  au«fe^te.  1702 
Deroffentlu^te  \\t  etn  3^ni^   'd)x^  eigenen  Seic^enbegängntffe«.    3lad)  Oftetn  1704  et-  eo 


328  £eabf  Scanker 

langte  ftc  nur  feiten  noi)  bod  t)oIIe  93en)u|tfetn  tDteber  unb  flotb  am  19.  9lugufl  1704 
in  il^rem  81.  Seben^jal^Te,  bem  65.  ü^er  inneren  Berufung.  See  blieb  i^  treu  ergeben 
bid  jule^t  unb  fanbte  nac^  il^rem  Xobe  eine  gan}e  Slngal^l  t>on  Sriefen  an  i^re  gfreunbe 
in  Seutfd^lanb  unb  ^anlreid^,  u.  a.  auc^  an  bie  Saronin  Jtni))l^aufen,  bie  ol^balb  ^ou^ 

6  gegeben  unb  ind  ^eutfd^e  überfe^  h)urben,  tt)ä^renb  bad  englifc^e  Original  ft^  Der« 
loren  l^at. 

Son  ber  Slealitöt  ber  i^r  geworbenen  Offenbarungen  ift  3.  S.  fo  über^gt,  ba^  fie 
jid^  aU  blo^ed  28erl}eug  betrachtete.  @ie  begeic^net  al^  il^re  ,,gen)öl^nlic^e  $ofltur  bod 
tntoenbige  ftUIe  ©^^toeigen".    3)ie  1^1.  ©c^rift  ift  für  fie  ma^ebenb,  toad  fie  aber  nid^t 

10  l^inbert,  in  il^en  d^iliaftif c^en  93ifu)nen  juberftc^tlid^  Die  SBieberbringung  aller  Singe  )u  leieren. 

@o  gering  auc^  bie  Originalität  ber  ®ebanlen  ber  3.  S.  tpar,  unb  fo  unboOtommen 

ber  älu^brucf  berfelben  in  (Srammatil  unb  6til,   fo   ift  boc^   ber  Sinflu^  ber  enalif^fen 

©el^erin  ein  toeitreid^enber  getoefen,  toenn  er  fi^  freiließ  nur  auf  Heinere  Äreife  erjtredte; 

and)  in  ber  ©Atoeig  fanb  g.  2.  unter  ben  ®m>edften  eifrige  Sefer.   3)ie  fjrommen  ^en 

16  genug  bed  tl^eologif^en  ©ejänfö  unb  fel^nten  ftd^  nad^  einer  @emeinfd[faft,  bie  ni^t  bur^f 
bie  engen  ®remen  ber  lonfeffioneQen  Sonbedtirc^en  eingefd^räntt  toar.  SDad  ©omenlom, 
bad  burc^  ^alob  Söl^me  au^eftreut  toar,  bermod^te  feine  fiebendiraft  auc^  in  ber  m)^ 
ftifd^^bertporrenen  Einengung  burd^  3*  £•  i^  bel^au^ten  unb  in  ben  ©))enerf(^en  unb  3^)^- 
borffc^en  ©emeinfdj^aft^freifen  auf^  neue  SBurjel  ju  faffen  unb  %md^t  )u  bringen. 

ao  ^ie  9lrt  ber  ^ant  Seabfc^en  ^nf^i^^^^n^  ift  jum  Xeil  fd^on  c^oralterifiert  bun^ 
bie  genaue  angäbe  ber  litel  i^rer  SBerle:  1.  The  Heavenly  Cloud  now  brea- 
king.  The  Lord  Christ's  Ascension -Ladder  sent  down,  Sonbon  1681.  2.  The 
Revdation  of  Revelations  etc.,  £onbon  1683*  3.  The  Enochian  Walks  with 
God,  found  out  by  a  Spiritual  Traveller,  whose  Face  towards  Mount  Sion  above 

26  was  set.  With  an  Experimental  Account  of  what  was  known,  seen,  and  met 
withal  there,  Sonbon  1694.  4.  The  Laws  of  Paradise,  given  forth  byWisdom 
to  a  Translated  Spirit  1695.  5.  The  Wonders  of  Ood's  Creation  manifested  in 
the  variety  of  Eight  Worlds  as  they  were  made  known  experimentally  unto  the 
Author,   iSonbon  1695.     6.  A  Message  to  the  Philadelphian    Society,   whither- 

80  soever  dispersed  over  the  whole  Earth,  Sonbon  1696.  7.  The  Tree  of  Faith  er 
the  Tree  of  Life  springing  up  in  the  Paradise  of  God,  from  which  all  the 
Wonders  of  the  New  Creation  must  proceed,  1696.  8.  The  Ark  of  Faith,  a 
Supplement  to  the  Tree  of  Faith,  1696.  9.  A  Fountain  of  Gardens  watered 
by  the  Rivers  of  Divine  Pleasure  &  springing  up   in  all  the  variety  of  Spi- 

86  ritual  Plauts,  blown  up  by  the  Pure  Breath  into  a  Paradise,  sending  forth 
their  Sweet  Savours  &  Strong  Odours  for  Soul  Refreshing,  4  vols.,  Sonbon 
1696 — 1701  (viermal  neu  aufgelegt).  10.  A  Revelation  of  the  Everlasting  Gospel 
Message,  1697.  11.  The  Ascent  to  the  Mount  of  Vision  (1698?).  12.  The  Signs 
of  the  Times :  forerunning  the  Kingdom  of  Christ  and  evidencing,  when  it  is 

40  to  come,  1699.  13.  The  Wars  of  David  and  the  Peaceable  Reign  of  Solo- 
mon  .  .  .  containing:  1.  An  Alarm  to  the  Holy  Warriors  to  Fight  the  Battle 
of  the  Lamb.  2.  The  Glory  of  Sharon  in  the  Renovation  of  Nature,  intro- 
ducing  the  Kingdom  of  Christ  (mit  einem  35ortr)ort,  bag  autobiogra))l^ifcl^  ÜfJotigen 
entl^ält),    1700.     14.  A  Second  and  a  Third  Message  to  the  Philadelphian  So- 

46  ciety.  15.  A  Living  Funeral  Testimony,  or  Death  overcome  and  drowned  in 
the  Life  of  Christ.,  1702.  16.  The  first  Resurrection  in  Christ,  biftiert  hirj  bor 
3.  S.d  %oU  unb  faft  unmittelbar  nac^l^er  in  ^mfterbam  l^erau^egeben. 

«ymU  Megg. 

Seattber,  ber  §  eilige,  3Ketroj}olit  bon  ©etoiDa  (geft.  um  600).  —  So^.  D.SBidaro, 

60  Chron.  ad  an.  585  ff.  (MG  t.  XI,  p.  217  sq.);  3ftbor  ö.  (SeüiHo,  De  viria  illustribtiB,  c  41; 
3f.  5(reüaIo,  Isidoriana,  in  (Opp.  Isid.  Hisp.,  SRom  1797,  II,  123  sq.);  ^.  ©.  ®om«,  O.S.B., 
Ä.®efd).  ü.  Spanien  II.  2,  6.  37  ff.  66  ff.;  granj  ®örre«,  fieoDiflUbS  ?lnfönge  jc  (in  b.  gor- 
f (jungen  j.  beutf*.  ®efd).  1872  u.  73);  beöfeiben  „^ermenegilb"  unb  »^fieoütgllb»"  StcUung 
j.  ÄattjoIiciömuS  (3t)3:e)  1873,  I  u.  IV);  beSf.  ^Beiträge  jur  fpan.  Äirt^engcfctj.  bcÄ  6.  3a*r= 

ööi^unbcrtö  iSroZl)  1885.  III);  begf.  fieonber,  ©ifc^of  ü.  ©eüifla  u.  SKetropolit  ber  IKrdjen» 
proöinj  ^dtica  (ebb.  1886,  I,  36—50);  ©uftoö  0.  S)aiaIott)§fi,  Sfibor  u.  gibefon«  ol«  Sitte- 
raturbiftorifer  (in  Änöpfler  je.  JHrdjenbift.  @tubien  IV,  2,  3Künfter  1898),  @.  72-76.  - 
«gl.  b.  «.  „Sfibor  u.  ©evifla''  in  93b  IX,  @.  447  ff. 

9[^on  2,^  6d)riften  ftnb  erbalten:  1.  Regula  Bancttmonialium  s.  Libellus  de  institatioDe 
60  virgiDum   et   contemptu  muDdi   ad  Florentinam  sororem;    2.  Homilia  de  triumpho  eocle 


Seanber  329 

siae  ob  ooDverBioDem  Qotliorum   (habita  in  concil.  Tolct.  III,  589),   f<e!bc  bei  MSL  t.  72, 
p.  873-898;  b.  crfterc  aud)  bei  fioIf!en-53rocfic,  Cod.  Regularum  III,  p.  405—418. 

Seanber,  ber  ältere  93ruber  unb  äSorgönger  ^ftbor^,  tDurbe  gegen  bie  !Dtitte  bed 
6.  l^o^nc^nbertö  )U  Sartagena  geboren.  3)a^  fein  ^ater  @eberianu^  bort  taiferl.  $räfett 
ober  S)iij  geloefen  fei,  totrb  erft  burc^  fpäterc  unb  toenig  glaubtoürbige  3cu0^  überliefert  6 
(f.  ®örre«,  ^to^  1886,  87  f.).  äufeer  xf)m  felbft  Serben  no<^  brei  feiner  ©efd^toifter  olö 
^eilige  ber  ^nifc^  Jtird^e  berel^rt:  feine  Srüber  ^f^borud  ^i^^alenftd  unb  ^ulgentiu^, 
Sifc^of  txm  6dia  (Slftigig),  f otoic  feine  ©d^toefter  glorentina,  Sie  Sorftel^erin  eine«  S^ng» 
frauenIonl)entd,  ber  er  bie  oben  genannte  Drben^regel  toibmete.  $or  ä3efteigung  bed  ^u 
jc^ofdffai^Id  k>on  SebiUa  toar  er  längere  ^di  ÜJtönc^,  ungetoi^  too  unb  toie  (ange.  i^öc^ft  lo 
toal^d^lid^  übte  er  fd^on  in  biefer  Seben^fteOung  jenen  bebeutenben  @influ|  auf  ben 
toejigot^d^en  $rin)en  i^ermenegilb,  Seobigilb^  @ol^n,  aud,  tooburd^  biefer  bem  älrianidmud 
atooibtg  gemacht  unb  ^um  fatl^olifd^en  93elenntniffe  belehrt  tourbe.  SeoDigilb  beftrafte 
SeonberS  SRittotrtung  )u  btefem  ©laubendtoe^fel  bed  balb  barauf  in  offene  9iebeIIion  gegen 
i^  etntretenben  ^rinjen  mit  feiner  (S^ilierung  an^  @))anien.  3)er  3(u^etoiefene  begab  15 
fu^  —  unb  jtoor  nadp  ber  übern^iegenb  toal^rf^einlic^en  SarfteQung  t)on  ©örred  noc^  ald 
einfach  SRi^nc^,  gtoif^en  ben  ^lal^ren  579  unb  582  —  nac^  SSVianj,  um  toomöglic^  bon 
ftatfer  Xiberiud  II.  bie  Slbfenbung  Don  ^ilfdtn4)))en  jur  Unterftü^ung  ber  bon  ^ermene« 
gilb  gefallen  latl^oüfd^en  Partei  m  ertoirten.  9(uf  biefen  b^^antinifd^en  Stufen^alt  Se« 
onberd  '^IS!^  f^  ®regord  b.  @x.  SBorte  im  33ortt)ort  ju  feinem  bem  f))äteren  ^id^a^  20 
(enfifd^  SDtetro))oliten  gett)ibmeten  ^iob^ftommentar,  h)0  er  baran  erinnert,  ba|  er  in 
ftonflanttno))el  feine  Selanntfc^aft  gemad^t  l^abe,  bamal^  ,,cum  me  illic  sedis  aposto- 
licae  responsa  constringerent,  et  te  illuc  iniuncta  pro  causis  fidel  Wisigotho- 
mm  legatio  perduxisBet".  Xro^  ber  ^^rf^rac^e  eineS  fo  einflußreichen  ^eunbed  tt)ie 
Sregor  f<^eint  2eanberd  SRiffton  am  b^jantinifd^en  $ofe  erfolglos  geblieben  ju  fein,  ^er  25 
Aoifer  loar  tool^l  bon  longobarbifd^en  unb  ^erftfc^en  älngelegen^eiten  ^u  fe^r  in  Slnfpruc^ 
genommen,  old  baß  er  ju  einer  Xru))t>enfenbung  nad^  Spanien  ju  betpegen  getoefen  toöre.— 
6tmge  R^  na(^  feiner  9tüdHel^  bon  Jtonftantino})el,  tttoa  bamald,  atö  i^^^^^^B^^  bon 
feinem  SSotcr  beftegt  unb  nad^  93alencia  Derbannt  h)orben  \t>ax  (584),  tourbe  Seanber  jum 
Stfc^of  ober  9Retro))oliten  bon  @ebilla  erl^oben.  ^m  folgenben  ^al^re  fiel  bad  ^avOßt  bed  30 
ungUunic^en  ^ermenegilb  m  ^rragona  unter  bem  Seile  bed  i^enlerd.  Saß  ber  fanatifc^ 
oriamfc^  gefilmte  Seobigilo  biefe  Slutt^at  an  feinem  @ol;ne  fd^ließlid^  noc^  bereut  unb, 
toenige  Zage  bor  feinem  Xobe,  ftd^  bem  tat^olifd^en  @lauben  jugetpenbet,  auc^  feinem 
X^nmfolger  Stelareb  ben  Seanber  atö  Se^rmeifter  in  biefem  ©lauben  unb  fird^lic|ien  3iaU 
geber  fleroenb  em^fo^len  ^abe,  ift  eine  römifd(ie  Xenbenjfabel,  ausgiebig  toiberlegt  fc^on  86 
bim^  ^ItOUffxt,  am  grünblic^ften  neuerbingd  burd^  ^anj  ©örred  (f.  u.).  9te!arebd  lieber- 
tritt  )um  jtot^olicidmud  erfolgte  o^ne  eine  fold^e  )?äterlid^e  28eifung,  auf  ®runb  felbftftän« 
bigen  (Entfc^htjed,  unb  itoca  erft  ^ttoa  9 — 10  Monate  nad^  feinem  Slegierungdantritte,  im 
^bruor  ober  Slär)  587.  Saß  feine  i^altung  anfänglid^  eine  leinedtoegd  gam  juDerläffige 
^"^^t  0^^  beutli(^  aud  einem  @d^reiben  @regord  b.  ®r.,  bamald  römifc^en  Sibted,  an  fei^  40 
nen  ^romb  Seanber  ^or  (Ep.  I,  43),  tDorin  biefer  le^tere  ermahnt  tt)irb,  barüber  ju 
tooc^,  baß  ber  burc^  ®otted  @nabe  auf  ben  redeten  2Beg  gebrad^te  Aönig  nic^t  burc^ 
€<^et4Kl€ien  toieber  )um  Söfen  gelentt  toerbe.  9ln  tluger  unb  geh)iffenl^a^er  Befolgung 
biefed  9latd  fc^nt  Seanber  ed  nid^t  l^aben  -fehlen  ju  laffen ;  jebenfalld  l^at  er  um  bie  aܫ 
md^lic^  Übertoinbung  bed  SBiberftanbed  ber  arianifd^en  Sifdpi^fe  unb  um  bie  Herbeiführung  is 
bed  enblic^  ®efamtübertrittd  ber  toeftgotif d^en  9{ation  imb  ®eiftlid^feit  }um  Jtatl^olicidmud, 
toeb^  fü^  auf  bem  britten  9IationalIon}il  }u  Xolebo  im  ÜJtai  589  boU^og,  toefentltd^e 
Serbieime  ertoorben.  ®r  führte  ben  SBorft^  auf  biefer  berühmten  ©^nobe;  unter  feiner 
Sttttmxnmg  bomel^mlic^  toxxi  iened  ^od^toid^tige,  im  älrtilel  t)om  ^eil.  ®eift  burd^  @in- 
ffigung  eined  filioque  bad  Jtonftantino))olitanum  ergän^enbe  unb  bamit  bie  Sc^rformel  einer  so 
^täfitm  toletonifc^  ©^obe  (Don  447)  emeuembc  ©^mbol  formuliert  toorben  fein,  loelcf^ed 
bamold  )um  ®runbbelenntnid  ber  toeftgotifd^^fatl^olifd^en  ^ir^e  erhoben  tourbe.  —  Saß 
er  aud^  b>etter^in  für  engen  9(nfd^luß  biefer  ßird^e  in  9{om  eifrig  tl^ätig  blieb,  crl^eUt  aud 
feiner  Jlorref))onben)  mit  ®regor  b.  @r.,  j.  9.  feinem  ®ratulationdfc^reiben  an  biefen 
fki)^  axA  bem  l^a^re  590,  toorin  er  bemfelben  jugleid^  mehrere  ürd^lid^e  ^agen  jur  56 
6ntf(^etbung  borlegt.  ®regor  ertoibert  biefe  ©d^reiben  bed  f)}anifcf)en  ^^rimaten  mit  ent^ 
f^nre^enber  äufmerffomleit  unb  ^erjlic^feit,  fenbet  i^m  fpäter  (im  '^al}x^  590),  um  feine 
Serbinbung  mit  bem  a))oftolifd^en  ©tul^l  ^u  Derfmnbilblid(^en  unb  ju  ftärfen,  bad  er^bifc^of^ 
lic^  ^SoOium,  toibmet  i^m  bie  fd^on  ermäl^nten  Moralia  in  Jobum,  fd^idt  i^m  burd^ 
einen  ^riefter  $robinud  ben  Liber  regulae  pastoralis  u.  f.  f.  (Dgl.  Gregorii  £p.  V,  oo 


330  Seaitber  &titn,  etoigei» 

49;  IX,  121  etc.).  3)er  3cttt)unlt  feine«  lobe«  etmartflclt  pc^erer  SejHmmung.  gepfd^ 
für  ben  %a^  be«felbcn  ein  13.  5IKärg  ju  fielen  —  ob  ber  be«  gal^e«  600,  ober  erfl  ber 
bc«  folgenben  ^af)x^,  fo  bafe  Seanber  toenige  SKonote  bor  bem  am  31. 3Rax  601  erfolgten 
«bieben  be«  Äönig«  SRelareb  geftorben  toäre,  ift  gtoeifel^ft  (f.  ®örre«,  31033^  1886, 

6  6.  46  f.). 

®er  auf  un«  gelommcne  litterarifd^e  9la(^Ia|  Seanber«  befd^ränft  ftd^  auf  bie  betben 
oben  genannten  Keinen  Schriften.  SBerloren  finb  jtoei  toiber  ben  ariani«mu«  gerid^tete 
SBerfe,  beren  fein  ©ruber  3f*or  in  c.  41  feine«  ©c^riftftetterlatalog«  gebenft  unb  tDOk>on 
ba«  eine  im  Xone  fc^orfer  $olemit  gel^alten  toar,  koäbrenb  ba«  anbere  einen  in  ^ag< 

10  unb  «nttoortform  gelleibeten  Jtated^i«mu«  latl^olifd^er  Sied^tgläubigteit  aebilbet  )u  j^oben 
fc^eint  (®gialoto«!i  a.  a.  D.,  ©.  75).  —  3n  ber  ft)anif(^en  firc^li^en  Äunft  erfc^ieint  8e« 
anber  ftet«  jufammen  mit  feinem  93ruber  ^ftbor  abgebilbet;  fo  auf  einem  ®emäQ>e  k>on 
fjranj  ßerreöa  (f  1656),  too  bie  beiben  al«  öor  bem  ?Jrinjen  $ermenegilb  {nr^tgenb 
bargefteut  ftnb;  aud^  auf  bem  @tabttt)a^))en  bon  ©ebiUa,  ba«  bie  beiben  al«  am  'Sfytvm 

16  be«  1^1.  gerbinanb  ftel^enb  jeigt.  Sltfler. 

ßebeii,  etoiige«.  —  ßtttcratur  f.  b.  «rt.  (£«4atoIogic  ©b  V  S.  490;  ^.  ©rcmcr,  ölbL 
t^eol.  fiej  8.  V.  ZwjJ. 

^ie  beiben  lirc^lic^  fan{tionierten  formen  be«  uralten  S^ufbelenntniffe«,  bo«  9b>o^ 
licum  unb  ba«  N.  C,   fügen  an  ba«  Id^te  ®lieb  „9luferfte^ung  be«  gfleifd^e«''  noq  ba« 

20  erlöutembe  „unb  ein  etoige«  Seben''.  ©etoi^  toax  in  biefem  gufammen^nge  )unäc^{i 
iene«  ba«  inl^altreid^ere,  benn  e«  \>tt\pxad)  bie  28ieberl^erftellung  ber  Seiber  im  ®egenf(4^ 
)u  ben  Srtoartungen,  ia%  allein  bie  Seele  ein  ©c^attenbafein  fül^ren  ober  ber  vovg  {na^ 
Ttx6g  nai)  älriftotele«)  [xd)  in  feiner  überftnnlic^en  S^ötigleit  ungerftörbar  ertoeifen  tomt, 
S)od^  lonnte  bie  nactte  ^^ormel  S^^f^I  ^^^^  I^ff^r  o^  bi^^  @meuerung  ber  irbifd^ 

26  Seiblid^teit  ba«  toirllic^  enbgiltige  3^^  füt  bie  9Renfd(^en  bringe;  unb  eben  bie  Sergetanffe« 
rung  hierüber  entl^ölt  ber  Sufa$  (Jlattenbuf^,  3).  aj).  6^mb.  2  ©.  950  f.).  ©o  ifk  e« 
benn  —  unb  ^toar  nic^t  bloff  au«  bem  $la|e  in  bem  9luf bau  ber  ©l^mbola  —  Oor,  ba| 
ber  älu«brudE  m  feiner  toeiteften  lird^lic^en  Verbreitung  e«d^atologifd^e  Sebeutung  fyA,  tme 
ba«  bte  f^nont^e  t^affung  Ccorj  rov  /jlüIovzoq  al&vog  (N.  C.  $al^n,  9ibL  3.  äbtfl. 

80  @.  165)  jum  Überfluffe  belegt,  ©c^on  frü^  erfc^eint  vita  beata  ol«  SBed^felbegrtff  )u 
vita  aeterna  (5laitenb.  1  ©.  109).  2)arau«  entft)idEelt  ftc^  bie  Serbinbung  „Seben  unb 
©eligleit",  h)ie  in  Suti^er«  Äate(^i«mu«ft)rud^.  S)ie  gormel  „feiige«  geben"  legt  ben  SM^ 
brudC  auf  bie  Sefc^ffenl^eit  biefe«  3)afein«  nad^  einer  anberen  ©eite  al«  ber  feiner  3)auer; 
e«  beutet  auf  feinen  ?;nl^alt  unb  bie  in  il^m  bargebotene  93efriebigung.    S^folge  biefer 

86  93erfc^toifterung  ber  SBegriffe  im  lird^ltc^en  ©^rad^gebrauc^e  lann  ber  Geologe  bei  jjebem 
biefer  9lu«brüdEe  aOe  ^^^agen  be^anbeln,  toelc^e  ben  enbgiltigen  ©tanb  ber  @rlöften  be« 
treffen.  äBenn  aber  jh^ei  gefonberte  älbl^anblungen  Dorgefel^en  fmb,  fo  bürfte  e«  ri(^ 
fein,  bie  inl^altlid^e  ©d^ilberung  be«  3iollenbung«ftanbe«  bem  Slrtifel  „©eligleit''  t>or)ube* 
balten.     ^ann  erübrigen  für  biefe  Erörterung  toefentlid^  jtDei  tragen.    3^^  '^  f^u- 

40  ftellen,  toarum  ba«  ^öd^fte  $offnung«gut  bie  l^errfc^enbe  SSegeic^nung  Seben  erlangt  pot, 
unb  h)a«  un«  eben  bamit  gefagt  fei?  ©obann  erl^ebt  ftc^  bie  toeitere  f^age,  ob  biefe« 
etoige  Seben  lebiglic^  ein  tünftige«  fei  ober,  anber«  getoenbet,  in  h)eld^  b>ef entließen  Ser* 
l^ältniffe  jum  mtlic^en  Seben  e«  ftel^e? 

S)ie  SeKtd^nung  be«  $eil«gute«  al«  Seben  l^at  bie  Jtirc^e  VLöxVxif  oxi^  ber  ^igen 

46  ©c^rift ;  bie  Sudler  be«  9IX«  bringen  ba«  ©tic^toort  faft  au«na^m«lo«  entgegen,  nament« 
lic^  aber  bie  jol^anneifc^en  ©d^riften.  SQSenn  ber  ©d^riftaele^rte  3efu  mit  ber  ^ge  ent* 
gegentritt  xl  nonfjoag  t<oi]v  alcoviov  xkrjQovojurjo(o;  ißc  10,  25,  fo  erinnert  bo«  boron, 
bafe  ba«  913:  ^ier  an  ba«  213:  anlnüj)ft.  2)arum  ift  e«  toic^tig,  bie  gnttoidEeluna  ber 
änfd^auung  bort  ju  bead^tcn.    ©ie  tourjelt  nic^t  in  bem  ©innen  über  bie  3^^^  *>^ 

60  9Benfd^en  mö)  feinem  lobe.  SBie  bie  mciften  enttoidtelteren  aSölIer  beulen  bie  3^^^^ 
burc^f^nittlic^  nid^t  an  eine  SSemid^tung  ber  ©eele,  fonbem  an  ein  leiblofe«  S>afein  nai^ 
bem  SCobe,  ba«  fi«  \^^^^  (f-  ^-  31.  $abe«  S3b  VII  ©.  295).  eben  be«l^alb  ifk  il^en 
ba«  leiblic^'irbifc^e  Seben,  feine  Setoa^rung  unb  möglic^fte  Befreiung  t)on  Übeln  ber  ®egem 
ftanb  il^rer  Sitt^  unb  ©anlgebete,  Dealer,  3:^.  b.  «3  §  89.  243;  ß.  ©d^ulft,  «tL  3:^. 

66  R,  24,  1.  3)abei  toiffen  fte  t)on  einer  Sntbinbung  )?om  3obe«gef(^i(ie  über^ai4)t  nur  in 
bereinjelten  «u«na^mefällen,  Senoc^,  @lia«.  Slud^  al«  fbäter  bie  33oa«^offmmg  biefen 
Sann  brad^  unb  mit  ber  @rfüllung  ber  93erbei^ung  bie  älufem)edHing  ber  ^Jrommen  pa 
3eilna^me  an  ber  ^errlic^en  @meuerung  ber  3^eoIratie  erwartete,  fteute  fte  bie  C<^  ^ov 


Seten,  mi^t»  331 

fiiUarTog  aldfvog  atö  ein  geftetgerted  leiMtc^-ttbifd^eS  Z)afetn  bor,  %,  33eber,  SDltfl^n.  3^1. 
6.  351.  383  f.  9(n  biefe  anfc^ungcn  Inü)>ft  ftd^  bie  {))Ottenbe  @f€t)ftd  bei  J^eOenifte* 
renbeti  eobbucäer  3Rt  22,  23  f.  S)ad  ober  ift  freUtc^  für  bie  3eU  ©M^  feftjufieaen, 
bog  bad  Seben  ci»  erl^offted  ®ut  erft  ienfeit  bed  24)beS  ertoortet  tt)trb.  Xro^em  ift  nic^t 
bie  SbifdfK^uimg^  ber  tlnfterblic^Ieit  ber  @edie  für  bie  betS  DoQen  3Renfcl^enIebend  eingetoufcbt,  6 
beim  biefed  mnftige  Seben  ift  burc^  bie  älufertoedhing  bebingt,  \otld)t  ftc^  immer  junäc^ft 
auf  ben  2eib  bejidg^t,  3Rt  27,  51.  52.  22,  28;  3o  11,  24;  1  Äo  15,  35.  Unb  biefer 
3u0  bleibt  ta)ie  tm  31X  fo  in  bem  urd^ftlic^en  Belenntniffe  betDo^rt ;  bafür  bürgt  eben 
ber  9nf(^Iu|  biefed  SrtUeliS  an  oagxdg  ävdataaig. 

äUd  ®nmbanf(^auung  t>om  (ett)igen)  Seben  ergibt  ftd^ :  SSoQbefi^  unb  «genu|  bed  lo 
2)afetnd,  iu  bem  ber  SRenfc^  erfc^affen  ift,  tDöl^renb  tm  ®egen{a$e  baju  ber  Xob  il^n  ber 
toefentlid^en  Sebingungen  bafür  beraubt,  ol^ne  il^n  ju  t>emid^ten.  3)er  btbUfd^en  @runb« 
anfc^auung  in  dien  i^ren  äBonblungen  ift  olo^miftifd^er  3)ualidmud  unb  inbiDibualiftifd^er 
Sptrituali^mud  burc^auiS  fremb.  %xif  bie  nähere  Seftimmung  „etpig''  entftammt  auf 
biefem  Soben  ni(^t  ber  bioleltifc^en  SSemeinung  ber  Snblic^Ieit,  toie  benn  bad  9(bftraltum  i6 
aetemitas  ^nif<^en  Urft^runged  ift.  äSielmel^r  brücfen  bie  biblif(^  SBorte  für  ®tt)ig« 
teit  eigentlich  nur  ben  beiS  Xobed  f^ottenben  fortlaufenben  93eftanb  an^. 

$ie  3uberft(^t  l^ierju  ertoöc^ft  inbetS  nic^t  aud  ber  Selbft^  unb  äBeltbetrad^tung,  tpie 
ettoa  bei  bem  ))Iatonij(^  Solrated.  Ser  gube  erwartet  bie  9en>al^ng  ober  (Smeuerung 
bed  £ebeniS  in  ieber  borgefteQten  ®efta(t  t)on  einetfi  Eingreifen  ®otte§,  unb  au|erl^alb  bed  ao 
t^Irotif^ien  Sejirled  tot^  er  nic^tiS  Don  bergleic^en.  ^emgem&^  gel^ört  ba$  @ein  „l^or 
i&üt!U&  äuigefui^t'' )um  SBoUbegriffe  beiS  Sebend,  unb  ed  fteQt  ftc^  aud^  bie  3ut>erft(l^t  ein, 
ba|  ed  nac^  bem  Eintritt  in  bod  Xotenreid^  ein  3)afein  im  $arabi^e  b.  f.  Dor  ®otted 
Xngeftt^  gtebt,  todi^  tomn  auc^  noc^  nid^t  boQed  Seben,  fo  boc^  aud^  nic^t  lebiglid^ 
Snäe^  ber  £ebenä»ebingungen  ift,  ^.  @d^ul^  St,  24,  1.  36,  4;  33eber  @.  330  f.;  26 
2c  23,  43  t)gL  16,  22  f.  ^ier  liegen  bie  9(nlnüt)füngen  bafür,  toie  gefud  bie  Hoffnung 
auf  bod  etoige  Seben  ben  ©obbucaem  gegenüber  begrünbet,  inbem  er  fte  eben  baburd^  )u« 
gkic^  kKm  k>erbunlelnben  SBorfteQungen  lo^ldft.  2)te  ©emeinfc^aft  mit  ®ott  ift  nic^t  nur 
eine  ber  S^ingungen  für  ein  boQed  3Renfc^enleben  neben  ben  anbem,  fonbem  fte  ift  fo 
bun^oud  feine  ®runbbebingung,  ba^  i^  SSorl^anbenfein  bad  feiner  übrigen  Sebingtmgen  ao 
mit  fic^  l^nn^,  fold^  3^^  ^^f  ^^^  ^^f^^  ^^^^  unentbel^rlidp  fti^,  in  ber  93oQenbung 
au«f<9lie^,  m  22,  29—32.  ^n  bem  t)ierten  (gtoangelium  betoal^e  Sieben  3efu  fül^ren 
biefe  Sbifi^auung  auf  iJ^  tiefften  SQSurjeln  )urüd(  unb  beuten  an,  tDeld^e  Sebeutung  feiner 
eigenen  $erfon  unb  feinem  Erleben  bafür  julomme;  f.  unten. 

^  k>oDen  JUörung  bringt  bad  bann  bad  Ofterereignid,  unb  in  feinem  Sic^t  entfaltet  36 
fU^  bte  twm  ^araOeten  beftimmte  a))oftolifc^e  $rebigt,  bemgemä^  ba^  bie  9}erlünbigung 
ber  Suferfle^g  (S^fti  i^  ®runbt^ema  ift  9®  2, 24  f.  3,15.  4, 10  f.  5,  29  f.  10, 40  f. 
13,  32f.  17,  31;    1  Äo  15,  3.  4;   m  1,  1—4.  10,  9f.;  2  %\  2,  8;  1  3o  1,  1—3. 
^banadf  entfc^eibet  ftc^  auc^  bie  gtpeite  f^age  nac^  bem  SSerl^ältniffe  bed  lünfttgen  Sebend 
mm  h^ifc^.    Die  Sl^notti^mil  gtoifd^en   C(ofj,   ßaodeia   unb   xltjgovofjUa  unter  bem  40 
9cil9ort  ak&rtog  unb  bie  Sednl^fung   aQer  mit  ocoxrjgla  toeift  l^ter  bem  SSerftänbniffe 
ben  aaaeg,  t)gL  2  $t  1,  11;  $br  9,  15.  5,  9;  3Rt  19,  29.  25,  34;  lÄo  6,  9.  15,50; 
1  $t  1,  3—9.    3n  ber  3Uiferh>edung  bed  ®efreu}igten  ift  bie  aRoc^t  bed  Xobed  mn&if^ 
für  i^  aebrod^,  bamit  aber  beffen  Sefeitigung  überl^au^t  nur  eine  ^age  ber  ^txi  für 
aOe,  tpei^e  in  t)oQe  ®emeinfd^aft  mit  bem  lebenbigen  ®elreu2igten  treten,  1  Jto  15,  23.  45 
Dem  $aulud  tritt  bie  ganje  ®efc^ic^te  unter  bie  jtoei  gegenfö^id^en  ÜJtöc^te:  @ünbe  unb 
Zob  twn  9bam  l^er,  ®ered9tigleit  (fomit  ^ebe  mit  ®ott  unb  %:eube  im  l^ieiligen  ®eifte) 
unb  2e6en  »on  3efu  (^frifto  |er,  SRö  5,  12  f. ;  1  Äo  15.    SBö^renb   nun  aber  im  »lidE 
auf  bie  aOed  S^ifcpe  burc^bringenbe  (p&ogd  ed  nur  l^eigen  f ann :  iXnidi  iody&rj/jiev,   9ld 
8,  24,   tiHUibett  fu^  bad  boc^  nid^t  eth)a  unter  ber  i^anb  in  ein  aco^odjLLe^a,   fonbem  60 
cd  bUbt  bei  aeocDo/xiroi  lati,  Sfl^  2,  5.  7.     Die  äSerbtnbung  liegt  m  S^rifto,  toeld^er 
ber  (E^riften  Seben  tft,  toie  in  i^er  eigenen  @c^ä^ng,  $^i  1, 21,  fo  auc^  ber  Qad^t  nad^, 
flol  3,  4  bgl.  (Sp^  2,  5  f.  t)g(.  ®al  2,  20.    @eme  (Sintool^nung  burd^   ben   ^eil.   ®eift 
bringt  unjerm  ®eifte  ein  Seben,  toeld^ed  ber  totbringenben  @ünbenlne(^tfc^aft  tro^t,  aber 
aui^  bie  Sürgfc^ft  für  bie  (Erneuerung   bed  SeibeS  in  ftc^  birgt,  9iö  8,  10.  11.    Der  65 
®(aubenbe  trögt  mit^n  ein  tobedfreied  Seben  in  fu^;   h)enn  bad  mit  S^rifti  ^arufie  in 
bie  (Erf(^nung  treten  toirb,  bann  toirb  ftd^  J^eigen,  toie   ed  ein  mit  Sl^rifto  in  ®ott  t^er» 
boraened  toar,  alfo  feinen  eigentlichen  ^eftanb  in  bem  ^[neinanberfein  mit  @ott  burc^ 
(S^nfbim  ^e,  M  3,  2—4. 

S3enn  mm  $auIuiS  tro$  biefer  3ufctmmenfc^au  bed  irbifd^en  Seben^S  ber  S^rifto  3»^  ^ 


332  Seien,  emiged 

geJ^örenben  mit  il^rem  Klnfttgen  boDenbeten  SeBen  ben  ge))rägten  SbiiSbrud  Ccotj  alwvioq 
nur  t)on  bem  erl^offten  ^eil^ute  broud^t,  fo  tfi  bei  ^[ol^anned  ber  Su^brud  l^iori  unb  bie 
ftd^  baron  tnü))fenbe  3(nfd^auung  unter  bem  ®inbrude  ber  Dftert^atfad^  ju  boufler  ou^ 
begrifflid^er  älbrunbung  gebiel^en.    3)em  SSater  unb  bem  @ol^ne  burd^  ben  SSoter  tfi  ed 

5  eigen,  Seben  gu  l^aben  in  i^nen  felber,  5,  26  t)g[.  6,  57.  3)iefed  etoige  Seben  ©otted  iß 
^leifd^  geh)orben,  in  bie  finftere  28elt  eingetreten  unb  ju  i^rem  Sid^te  unb  i^endbrote 
burd^  feine  Eingabe  bi^  in  ben  fül^nenben  Seben^u^ang  in  ^ob  unb  Shtferfb^ung  ge« 
toorben  1,4—18  (1,1,  1—3)  6,33—35.  47—63.  3, 14  f.  11,25.  14,6.  1,5,20;  toer 
biefe^  Srot  im  ©tauben  i^t,  bem  eignet  bad  bed  Xobed  f))ottenbe  eh)tge  Seben  unb  nur 

10  bie  @rfc^einung  unb  boQe  @ntfaltung  biefe^  Sebend  l^at  noc^  eine  SBanblung  im  ^i^am^ 
menl^ange  mit  einer  gefteigerten  3(rt  ber®emeinfc^aft  mit  bem@ol^ne  ju  erfa^en,  3,16.36. 
4,  14.  5,  24.  10,  28.  17,  2.  3.  20,  31.  I,  5, 11.  13.  3,  14.  15.  ®aran,  bofe  e«  erfl 
in  ber  nod^  audfte^enben  9lufem)ed(ung  ber  Seiber  jur  l)oDen  Su^eftottung  lomme,  ifi 
ouc^  bei  3ol^anne«  fein  gtoeifel,  6,  39.  40.  54.  4,  14.  12,  25.  I,  2,  25.  3,  2.  3.    3n 

16  biefem  e^otologifd^en  3^0^  ^'^^  ^  jutage,  ba^  ftd^  l^ier  nid^t  ein  t)on  bem  92&^boben 
ber  gefc^id^tlid^en  Offenbarung  gelöfter  3){^ftictdmud  in  ber  älrt  bed  9leu))latonidmud  ^ 
l)orbrängt. 

2)iefe  lum  @{i)je  mu^  genügen,  um  bie  Sebeutung  ber  Xl^atfad^e  HarjufteOen,  ba| 
bie  Sibel  bie  ^ejeid^nung  für  bod  jenfeitige  ^eil^ut  \>tm  bem  gegenhmrtigen  2)afein  in 

20  feinem  ©egenfo^e  )u  bem  oQen  beDorftel^enben  Xobe  entlel^nt,  k)gl.  1  %x  4,  8.  Shtrc^  bie 
®inl^eitlid^leit  ber  Sejetd^nung  h)irb  bem  9ludb(id(  in  bie  S^ntnft  bie  @{^enl^aftigleit 
eine^  ber  älnfd^aulic^leit  entbel^enben  Säegriffe^  genommen,  unb  jugleid^  einer  buolifttfc^ 
®nth)ertung  bed  ^S^^^f^^"  geh)el^rt.  ^ft  aud^  erft  bad  enbgiltig  bem  brol^ben  3^be  ent^ 
nommene  2)afein  ff  övzcog  C(o^  Ui6,  19,  fo  ift  bod^  ba«  je^ige  fd^on,  unb  icS  lünftige 

26  eben  nod^  „Seben".  S^arin  ift  bie  @inbeit  }h)ifd^en  ber  fd^öpferifcpen  Snlage  unb  i^ 
l)ölligen  ©ntfoltung  innerl^olb  i^red  J^oQbeftanbed  (ouc^  letbl^aftiger)  ^erfdnlic^Iett  ge« 
h)al^rt. 

3)amit  ift  mel^r  au^efagt  ald  bie  blo^e  @inerlei^eit  be$  ^d^  in  übrigen^  burAaud 
berfd^iebener  Sage  unb  Seftimmt^eit.    Kann  bo^  fc^on  bod  bienieben  erlangbare  ßeitögut 

80  gerabeju  eh)iged  Seben  l^ei^en  unb  ber  Übergang  l)on  bem  SSetfaOenfein  an  ben  %cb  )u 
i^m  fo  Dortoeggenommen  erfd^einen,  ba^  ba^  älbfd^eiben  ju  einem  in  getoiffem  @tnne 
gleid^giltigen  Vorgänge  loirb,  So  5,24.  11,  26  I,  3, 14.  ®iefe  (ginfu^t  fUefet  nic^t  oud 
f))iritualiftifc^  einfeitiger  @c^ä$ung  ber  ^nnerlid^Ieit.  ^ene  ©etoi^^t  ift  n&mlic^  nu^t  in 
ber  fad^Iid^en  Seftänbigteit  menf^lid^en  äBefend  begrünbet,  fonbem  fKe^t  nur  ou^  bem 

86  ©tauben  an  Sl^riftum  unb  ftü|t  ftd^  mitl^in  auf  ein  gefd^i^tlid^  begrünbeted  SSer^oltni^ 
jebed  einzelnen.  @^ifto  aber  lommt  biefe  Jtraft,  Seben  mitzuteilen  nrlb  gu  betool^,  nur 
au,  toeil  bie  ©emeinfd^aft  mit  i^m  bie  ©emeinfd^aft  mit  bem  lebenbiaen  ®ott  in  ftc^ 
fc^lie^t;  biefe  aber  toieber  trägt  bie  @h)igleit  in  fid^.  Unfer  3)afein  ift  in  bem  3Ra^e 
Seben  atö  e^  biefer  ©emeinfd^aft  geniest.    Sedl^alb  ift  fc^on  bad  3)afetn  in  biefer  ®otte^ 

40  toelt  Seben ;  bedl^alb  fd^lie^t  bie  @d^eibung  l)on  ®ott  burd^  bie  @ünbe  ben  %oh  in  feinen 
Derfd^iebenen  $l^afen  ein,  ^ofmann,  Sd^riftbeh).  2.  SlufL  @.  487  f. ;  be^l^b  bringt  bie 
neue  unl)erlierbare  ©emeinf^aft  mit  @ott  auc^  ätp^agoia  2  %x  1,  10,  bem  Xobe  ent^ 
nommene^  etoiged  Seben  mit  fid^.  ^nbed  biefe  @elbftmittei(ung  ©otted  burd^  S^riffatm  in 
feinem  ©eifte  leiftet  bem  ed^ten  3Jlenfc^enleben  nid^t  nur  ©etoäl^r  für  feinen  etoigen  Se^ 

46  ftanb,  fonbem  ba^  gefd^iel^t  nur,  inbem  fte  jugleid^  mel^r  ^etoöl^rt.  @ben  burd^  fte  {tnb 
biefem  Seben  auc^  fein  ^xüiciX  unb  feine  Sefd^ffen^eit  beftimmt,  loie  fie  im  ©louben  an 
ben  auferftonbenen  S^riftud  aud^  lunb  tourben.    @benfo   toie  Sl^riftud  fic^  ald  Seben  be* 

ieic^net,  toeil  er  und  bed  Sebend  ©runb  toirb,  ebenfo  gilt  bad  l)on  ber  burc^  il^  borge* 
»otenen  ßrlenntni«  be«  allein  toa^ren  ©otte«,  go  17,  1.  2.  ®a^  ift  fo,  toeil  bei  ber 
60  ä3egrünbung  bed  toefen^aften  Sebend  nid^t  allein  unb  juerft  an  eine  fc^affenbe  ^anblung 
ber  2Ulmad?t  g^bac^t  ift,  öiclme^r  an  ben  Seben^el^ait  für  bie  Sebendform  ber  $erföm 
lid^Ieit;  unb  biefer  ©el^alt  lann  nur  in  ber  l)ertrauenben  Eingabe  be^  ©laubend  an  bad 
gefd^ic^tlid^  bargebotene  SBort  ©otte«  aufgenommen  toerben.  —  SJenuufolge  finben  oDe 
toeiteren  Öeftimmungen  über  ben  Segriff  be«  etoigen  Seben^,  foloie  alle  ä$eranfd^ulic^unaen 
65  feiner  l)onenbenben  3(u^eftaltung  Slu^ang  unb  üJlaPab  an  ber  (Srienntnid  bed  aufor^ 
ttanbenen  ©efreu^igten.  93gl.  S.  V  S.  492,  h^  f.  495, 3  f. 

äJorne^mlid^  too^I  burd^  bie  SSerfünbigung  ber  ihüg  l^wfjg  aloDvlov  %\i  1,  2.  3,  7 

lourbe  bie  alte  SBelt  bem  dgxrjydg  rfjg  Co)fjg  31©  3,  15  gu  güfeen  gelegt.    ®a«  Seib 

um  bie  Sergänglic^Iett  ertvad^t  unb  toäc^ft  überall  mit  ber  fteigenben  (Entfaltung  bed  pts^ 

60  fönlid(fen  Sebend,   toä^renb   ^  einer  eingreifenben  Sr^iel^ung  bebarf,  um  ©efd^Iec^ter  unb 


Seien,  emiged  333 

einzelne  )u  ber  Sinftd^t  )u  füllten,  bie  tieffte  Sd^äbigung  bed  Sebend  liege  m  ber  @ünbe 
unb  i^rer  @d^b.  3)et  anbete  9lbam  l^t  mit  feiner  @ottl^eit  ber  Statur  feinet  ©efd^led^ted 
UntDonbelbarleit  unb  Unbertoe^lic^Ieit  einget)f[angt ;  biefe  @eh)i|l^eit  trögt  ben  tobe^ 
mutiaen  Xro|  d^riftlic^er  Hoffnung  auc^  in  ben  3Jlärtbrem.  äluf  bie  audfül^renbe  3^f[ui^0 
bed  xünftigen  etoigen  Sebend  l^at  bann  in  ber  Xl^eologie  ber  ^nteQeftuali^mud  ber  l^eib^^  6 
ntf^en  $9t(ofo))^e  einen  bebentlid^en  @influ^  gcl^abt,  h)äl^renb  bie  93ibel  unb  bie  $rebigt 
bie  an(4^i(^en  Silber  h)eiter  gab,  an  h)e(c^e  fu^  bie  Sorgen  unb  träume  be^  irbifd^ 
gcrid^teten  ©nrneg  anfci^Iie|en  lonnten.  ®er  alo^mtftifc^e  SK^ftici^mud  mit  feiner  ©ering« 
f(^ä|img  ber  inbit)ibuellen  ^erfönlic^Ieit  bot  nur  eine  t)ertt)irrenbe  iDtal^nung  an  bie  ©egen« 
toort  bed  etoigen  Sebend  in  jol^neifd^em  @inne.  ^r  bie  boQe  3lu^fd^ö))fung  biefed  unb  lo 
bed  )>auUmf4fen  S^B^^fl^  ^^^  ^^^^  Sutl^erd  6l^ri[tocentri^mud  aOe  SSorau^fe^ungen  bar. 
SHe  freubige  ®eta)i^t:  ,,3Bo  SSergebung  ber  @ünben  i[t,  ba  ift  aud^  Seben  unb  ©eltg« 
leit''  ^elt  inbed  )imädb|t  ni^t  ol^ne  Sinfeitigleit  bei  ber  ^eil^etpi^l^eit  in  ber  ©egentoart 
fefi,  unb  biefer  ©ubjeRiöi^mug  be^  ©etoiffen^ebend  öerfiel  bei  ben  6j)igonen  Don  neuem 
einem  2|ntelleltualidmud  ber  aud^  bie  @^toIogie  t)er{ümmem  lie^.  3)iefem  ®ange  ber  i6 
£e^rfttffung  entflammt  bad  !Dli^l)erftänbnid,  in  bem  man  ftc^  getoöl^nt  l^at,  bad  ^eben, 
nomlic^  bie  ftttltc^  Set^ätigung,  Dem  ©lauben  aU  einem  bloßen  @ebanlenbinge  an  bie 
@ette  unb  gegenüber  m  fteQen.  3)ie  einfeitige  Sefd^röntung  ber  Segnabigung  auf  eine 
^^omenologie  ber  ©etoiffen^orgänge,  ju  toeld^er  ber  ^roteftantiiSmud  neigt,  t^ut  jebod^ 
bem  biblif^fen  3^0>^iff^  "^d^^  genug,  ^emgemög  erl^ob  £)tingerd  ^l^eofo))l^ie  in  feiner  ao 
philosophia  sacra  ex  idea  vitae  deducta  (9luberlen  1847),  gum  Xeil  auf  Sengetö 
Siblicidmud  geftü^t,  gegen  folc^e  @infeitigleit  SSertoa^rung.  ^unöqfft  umfonft;  benn  ber 
Stotionolidmud  jog  borerfit  bie  abftralten  Folgerungen  bed  @ttbieltil)idmud,  inbem  er  bie 
SleligtofUät  an  bie  @teDe  be$  gefd^ic^tlic^  b^ogenen  ^eildgloubend  fe^te  unb  folgerecht  bie 
Suferfte^gd^offnung  um  bie  ^latonifc^e  ^emei^fül^rung  für  bie  Unbergänglt^leit  bed  25 
®eißed  pm^ab.  @ein  fetc^ter  Ot^timi^mud  ertoartete  Don  bem  ÜtaturDorgange  ber  @nts 
Ieibli(^g  bie  ))erf5nlid^e  SSoQenbung  tmb  Seglücfung.  @o  toar  ed  ein  tief  berechtigter 
(Stn^lpmä^  m  gunfien  bed  ))erf5nlid^en  Sebend  unb  feinet  @igentoerted,  toenn  ber  ))ant|eis 
^erenbe  ÜR^j^cidmu^  in  ^d^te  (Sntoeifung  j.  fei.  Seben  1806)  unb  @d^Ieiermad^er  bie 
mbiDtbueOe  3ulunft  binter  bem  fd^on  gegentoärtigen  etoigen  Seben  jurüdfteQte.  Sobalb  ao 
bomt  Sd^Ieiermad^etd  Sl^rifiocentridmuiS  bei  feinen  9Iad^f olgem  Don  ber  ))anti^eiftifc^en  ^effe» 
lung  befreit  toar,  eröffnete  ftc^  bad  SSerftönbnid  für  bie  Oftertl^atfac^e  unb  Don  btefem 
3RitteIf)untte  oud  erfd^Io^  ftd^  ber  Xl^eologie  bie  d^riftlid^e  SSerbürgung  ber  inbiDibueQen 
SoQ)>eTf5nIic^Ieit  im  gufammenl^ange  mit  il^rer  burc^  bie  ^eildoffenbarung  gefc^id^tlid^  be- 
bingien  religid^fittlid^en  @nth)i(f elung  unb  @elbftbilbung.  t)er  SubjeltiDi^mud,  meld^er  nur  86 
^nltionen  bed  }>erf5nlic^en  Sebend  lennt,  Dertaufc^t  gern  ben  Säegriff  be^  Sebend  mit  bem 
ber  Setoegung  unb  ben  Segriff  ber  @h)igleit  mit  bem  ber  bloßen  Überfmnlid^Ieit ;  auf  fte 
feien  bie  Xnfd^uungen  bed  @innenbeh)ugtfein^  Don  3eit  (unb  SRaum)  nid^t  antoenbbor, 
unb  bed^b  bte  Vorgänge  unb  Slbfd^nitte  irbifd^er  SBäl^rung  für  ein  etoige^  Seben  oj^ne 
Scbeutung.  3)iefem  ^erf(ie|en  be^  Scgriffed  Dom  ewigen  Seben  in  ben  ber  ^bealitöt  40 
todftt  bie^orberung  emed  abfd^lie^enben  ^xtl^  ber  ))erfönlid^en  @nth)idelung  ber  einzelnen 
unb  ber  Sefamt^  in  ü^er  toed^felfeitigen  Säebingt^eit  unb  bie  ^erbürgung  i^rer  (Sr» 
füOung  in  bem  auferftanbenen  ^eilanbe. 

6<^on  bem  91X  mac^t  bie  Sebenbigleit  einen  (ärunbjug  an  ber  il^m  eigentümlid^en 
Srienntnid  ®otted  im  ©egenfa^e  gu  ben  toten  @ö$en  aud.  ^m  31%  toirb  e^  offenbar,  45 
bag  tooijitfyiftt^  Seben  ber  SRenfd^en  nur  aud  ©otte^  eigenem  Seben  ftammen  unb  Don 
jbnen  nur  burd^  G^rifti  $erfon  unb  äBerl  erlangt  toerben  !ann.  2Benn  ftc^  bie  d^riftlid^e 
Serlünbigung  im  SSnfc^Iuffe  an  biefe  ^nfc^auung  in  ber  Sejeic^nung  bed  Sl^riftenftanbed 
nt<^  mit  ben  abfkrotten  Seftimmungen  „©otte^emeinfc^aft"  ober  gar  „religiöfe  Seftimmt^ 
ffoi"  begnügt,  fo  ^t  bad  feine  tiefe  Sebeutung.  S)ad  ^oUbetou^tfein  bed  in  ftd^  ^ufam-  go 
mengefoBten  @eIbftbefUxnbed  l^t  feinen  9{aturlaut  in  ber  @c^ä|ung  bed  Sebend  gefunben. 
Seine  Semid^tung  tmberf))rid^t  bem  allgemeinen  menfc^lic^en  @mt)finben;  aber  noc^  pm» 
lidtct  toirb  bie  SSorfteOung  eined  bem  Seben  entgegengefe^ten  ^ortbeftanbed,  be^  S^obe^^ 
jufianbed,  emt)funben,  loeil  in  i^m  bie  SDSefen^ftörung  bauemb  erfc^eint.  35e«^alb  gilt  ber 
lob  neben  unb  mit  bem  83öfen  ate  ba«  SBibematürlid^e.  Sin  biefen  loeit^in  ^errfc^enben  55 
(Sinbnuf  Mkf ft  bie  biblifd^^c^ftlid^e  SRebe  an  unb  fteUt  ba«  menfc^lid^  äBibemotürlic^e 
audf  aü  tmbergöttlid^  bar  unb  Der  @otte«gabe  Don  @ered^tig!eit  unb  Seben  gegenüber. 
3n  ®ott  unb  feinem  mdpanifc^en  Seben^fürften  bürfen  toir  ba«  DoUfommene  Seben  in 
feinet  tobübertoinbenben  SKad^t  anfd[»auen,  unb  gugleid^  toirb  un«  bie  befriebigenbe  ©r^ 
l^ung   unfetd  erften  unb  legten  älnliegen«,  ber  @r^altung  ober  äBiebergetoinnung  be«  go 


334  Seien,  emiged  Setoiit 

gebend  (SRi  16,  25  f.  $ataD.)  burd^  ben  @Iauben  unb  bie  i^mgabe  an  ben  eingeborenen 
@ol^n  Derbürgt.  3)araud  folgt  freiließ,  ba^  niemanb  beretnft  emiged  Seben  int  @c^en 
Sl^rtftt  m  ertoarten  l^ot,  ber  ed  nic^t  Jd^on  jut)or  burc^  ben  ®lauben  an  i^  in  ber  ®oJbt 
ber  SReqtfertigung  unb  ®ottedIinbfd^aft  getoann.  Vt.  M|Ier. 

6  Sebrtia,  Slntonio,  {))anifd^er  ^umonifi,  gefl  1522.  —  2 itteratur:  Nicolai 
Antonii  Bibliotheca  Hispana,  >Kom  1672,  p.  104,  A  bid  109B;  ®utl.  (iat}t,  Scriptor.  eod. 
hist.  litteraria,  Geneva,  el 694  appendix  p.  116  B  bid  118A;  ^u  $tn,  Nouvelle  biblioth. 
des  auteuis  eccL  14,  120^123;  Elogio  de  Antonio  de  Lebrija  por  D.  Juan  BautiBta 
Mu&oz,  inMemorias  de  la  real  academia  de  la  historia  3,1—30;  ^efele,  Slarbinal  XimeneS, 

10  Tübingen  1844,  8.  116  f.,  124.  379.  458. 

äleliud  Sntoniud,  vulgo  9lebrif[enftd,  b.  |^.  aud  Sebrija,  bem  alten  9lebrif[a  am  ®ua« 
balquit)tr  untoeit  Sevilla,  geboren  toal^rfc^einlid^er  1442  ald  1444,  toirb  bonSRuiio^  ab 
^umanift  erften  Slonged  bejeic^net.  @r  toor  einer  ber  erften  Bpanxtt,  bie  bad  SBieber« 
aufblühen  ber  Ilafftfd^en  @tubten,  toie  ed  bamold  aud  ^Udxtn  l^erüberbrang,  bmü|ten 

16  unb  ftd^  )u  eigen  mad^ten.  3lai^  einem  lOiöl^rigen  9(ufentl^alte  bafelbft  jurüdgefe^  in 
fein  äSaterUmb,  l^atte  er  ben  $lan,  l^ier  auf  ber  neuen  ©runbloge  bie  @tubien  gu  r^or« 
mieren.  älld  Se^rer  in  @alamanca  fel[;lte  il^m  auc^  ein  merhoürbig  rafc^  ®rfolg  nic^ 
Sbenfo  auf  bem  fc^riftftellerifc^en  @ebiete:  gleich  feine  erfte  @<^rift  Introductiones  in 
latinam  grammaticam  1481  ging  rei^enb  ab   tro(  bem   ^ol^  greife ;  fte  i{l  nac^^ 

20  )u  öfterenmalen  aufgelegt  toorben.  Sefonberd  befd^ftigte  er  fic^  mit  Jtritit  unb  ^nUs* 
ptttaüon  ber  JKafftler,  auc^  lateinif c^er  c^riftl.  S)i(^ter,  auf  bem  Sel^rftul^l  unb  bun^  littera« 
rif Ae  SStrIfamleit.  Ueber  ganj  @))anien  toaren  feine  @<^üler  unb  feine  Sletl^obe  t>erbreitet :  er 
l^ielt  (ein  SBirffamleit  an  ber  Unitoerfttöt  niqt  me^  für  nottoenbig,  bie  ÜRunificen)  b<d 
nachmaligen  Jlarbinald  S^^^^^  f^^^  ^^^  ^^^^  ^^^  getoöl^rte  Slu^e  in  @tanb,  im  Saufe 

26  Don  8—10  Sa^en  fein  latetnif^e«  ficjüon  ju  tooUenben,  ju  einer  geit,  too  biefe  SBiffen« 
fc^aft  faft  fo  gut  tote  unangebaut  toar:  bie  ganje  gelehrte  SBelt  na^m  ed  mit  SäfoD 
auf,  ed  tourbe  in  ben  Schulen  eingefül^rt.  Sluc^  arc^öologifc^e  Strbeiten,  eine  ©rammotü 
ber  gried^ifd^en  unb  eine  ber  laftiltfc^en  @)pxai)t  gingen  aud  feinen  ^änben  l^or,  unb 
berfcpiebene  im  ®ottedbienft  bertoenbete  Sucher  berlie^en  fein  @tubieraimmer  in  t>erbefferter 

80  ©eftalt.  ä(u(^  in  bie  t^ologifd^e  SBiffenfd^aft  l^t  er  bom  ))l^ilofo))^if(^en  @tanb))untt 
aud  in  bebeutenber  SBeife  eingegriffen,  ^u  befferer  ^erfteHung  bed  ^Eected  ber  SSuIgata 
berglic^  er  bie  alten  Xegte,  bie  l^ebräifc^en  unb  grie(^ifd^en  Originale,  unb  toarb  einer  ber 
$au))tarbeiter  an  ber  ^ol^Iotte  bon  äUcalä,   toelc^e  ^rbinal  Ximened  t)eranftaltete.  Se< 

greiflid^,  ba^  er  ben  $a^  ber  alten  fc^olaftifd^en  Seigrer  auf  fic^  lub,  beren  Stet^obe 
__  idl^er  unbeftritten  gel^mf^t  ^atte,  unb  itarbtnal  Ximened  mu^te  i^n  bor  ber  ^^nquifUion 
in  @d^u$  nel^men.  ^n  feiner  legten  ^cxt  leierte  unfer  ^umanift  an  ber  9(t(&emie  bon 
äUcalä  (Complutum),  in  inniger  ^eunbfc^aft  mit  Ximene^,  feinem  ®dnner  unb  bem 
aSater  biefer  ^nftatt,  unb  ftarb  ^ier  im  ^ol^en  »Iter  2.  Suli  1522.  S)ie  meiften  fein« 
SBerle  ftnb  und  erl^alten,  barunter  aud^  bad  ©efc^ic^tdtoer!  über  bie  Slegierung  f^erbinanbd 
40  bed  itat^olifd^en,  ber  i^m  felbft  ben  3(uftrag  bagu  erteilte  (Decades  duae  etc.,  opus 
poßthum.  etc.  1545).  3.  »eisf&ifer  f  (»emwtW. 

Sebnin  (aglf.  Siaftoin;  lat.  Lebuinus  ober  Libuinus)  8.  ^aM.—  Veltefte  unb 
einzig  ec^te  OueOe  für  fein  fieben  unb  ^irfen  ift  91Itfribi$  (i^ifc^of«  oon  fünfter,  aeft.  849) 
Vita  S.  Liudgeri  in  MG  8cr.  II,  405  sq.   O^nc  öiftonWen  SBert  ift  bie  imgcfö^  ein  3aftr* 

46  tunbert  jüngere  Vita  Lebuini  oon  ^ucbalb  bon  ®t.  ^manb  (ooOftönbig  bei  8uriud,  Vitae 
SS  VI,  227  sq.  unb  im  MSL  t  132,  p.  875—894;  auS^ugÄtoeife  mitgeteilt  in  MG  1.  c. 
360—364,  unb  bana4  beutfd)  bei  ^.  ^rnbt,  9).  ®ef4i4tdid)rciber  ber  beutf^en  Sor^eit, 
8.  Sa^rftunbert,  SBb  2.  @.  101—111  [©crlin  18631).  iRcuere  SJarfteOungen:  TOobiOon,  Acta 
SS  O.S.B.  V,   p.  21,  36;   Hist.  litt^raire  de  la  France  VI  (1742  p.  210—221;  «ettberg, 

60  IHr^engef^i^te ^eutfc^lanbd,  II,  405.  536 f.;  ^oU,  ^ie  oorrefor.ß®  ber9{ieberlanbe  (beutfd) 
burdj  3uppfe,  fieipjig  1895),  6.  178—182;  3.  %  oan  fioren,  Lebuinus  en  zijne  stichtuig 
te  Deventer  gedurende  den  eerste  tijd  van  haar  bestaan,  Zwolle  1885 ;  %.  ^ucf  in  f.  M 
9)eutf4Ianbd,  2.  9(uf(.,  II,  348  f.  (^ier  bie  fritif4  präjifefte  ^arfteOung).  3ur  CueUenfritit 
ogl.  au4  SSattenbac^,  ^eutf^Ianbd  (S^efc^ic^tgqueUen  im  ^^",  1/234.  246.  408. 

66  S)er  to%enb  ber  erften  Stegierungü^jal^re  Jlarld  bed  (9ro^en  atö  SDtifftondgelt^ilfe  bed 
®regor  bon  Utred^t  (f.  b.  a.  83b  VII  ©.  155)  t^ätige  angelföc^fifd^e  $riefter  giaftoin 
b.  1^.  Siebfreunb)  ober  Sebuin,  Jlird^engrünber  t)on  ^ebenter  unb  „3l))ofiel  bon  Ober* 
^el''  (Apostolus  Transisalanus),  l)erlie^  auf  @runb  toieberl^olter  göttlich  ähtffor» 
berung  (angeblich  burd^  brei  äSifionen)   feine  englifd^e  Heimat  um  bad  ga^  B70,  um 


Seittht  Se  Sötte  S^otled  335 

bent  Sbte  unb  ^rießer  ©regor  ju  Utrecht,  bem  einfügen  @efä^rten  beS  Säonifottu^,  feine 
3)ten{te  onjubieten.  3)iefec  fanbte  il^n  gufammen  mit  einem  anberen  ^(ngelfac^fen,  bem 
mx^  unter  äBiÜebrorb  gebilbeten  3Rax6^dm  ober  3JiarceQin,  atö  ^rebiger  bed  ®t)angeliumd 
)u  ben  SetDol^nem  ber  regio  Transisalana,  be^  je^igen  Ober^^ffel.  Jturj  \>ox  Su^ 
bmdf   ber  Sac^fenhiege  Aortö  begann  er  l^ier,  t)on  einer  frommen  SJlatrone  älberl^ilba  6 

iiofUu^  aufgenommen,  fein  SBirlen  unter  einer,  toie  e$  fc^eint  großenteils  fd^on  dbrift^ 
tc^  Sebdltenmg.  3)ie  (Srbauung  jtoeier  fiird^en :  einer  ju  2Bul))en  (i&uUt)a)  am  SBeft^ 
ufer  tmb  einer  gu  3)et>enter  (3)at)entria)  am  Dftufer  ber  ^ffel,  bezeugte  ben  anfänglichen 
guten  (Srfolg  feiner  $rebigt.  9lQein  ein  Einfall  räuberif^er  Soc^fen,  toeld^e  bie  Jlirc^e 
ya  2>etoenter  berbronnten,  nötigte  il^n  gum  Slufgeben  biefer  Wiffton.  3ta(S^  ber  älteren,  lo 
too^I  oHetn  out^tifc^en  Stngabe  in  ber  Vita  Liudgeri  leierte  Siaftoin  gunäd^ft  m  @regor 
nai^  Utrecht  juriUt,  um  erft  ft)äter,  nac^  erfolgtem  Slbgug  ber  @ad^fen,  feine  X^ätigifeit 
an  ber  J)ffel  toieber  aufzunehmen,  älnberd  jener  jüngere  äSiogra))]^  i^ucbalb.  3lai^  i^m 
begiebt  ber  burdj^  jenen  ÜberfaO  aud  3)et)enter  Vertriebene  ftd^  (ül^n  in  baS  igierj  bed 
fmb(t(^  ©oc^fenlanbed,  nad^  äJlarflo  an  ber  unteren  SBefer,  too  bamald  aOjäl^lid^  eine  is 
gn>^  Serfammhmg  ber  fäd^fifc^en  @au-3)et>utierten  (12  aud  jebem  ©au  unb  au^  jebem 
ber  biet  @tänbe  ber  @belinge,  ^inge  unb  Safft)  unter  i^ren  @augrafen  gur  Beratung 
über  Jtrieg  unb  ^eben  unb  gum  3)arbringen  t)on  0))fem  ftattjufinben  ))flegte.  ^ro|  ber 
SBocmtna  feinet  ©aftfreunbeS  ^olbert,  toeld^er  il^m  bis  nac^  Seenbigung  biefer  9SoII^ 
tjofontmuing  berborgen  ju  bleiben  rät,  erfd^eint  Sebuin  in  berfelben,  ein  Jlreuj  in  ber  20 
einen  unb  ein  Stxmgelienbuc^  in  ber  anberen  $anb  l^altenb,  um  3^0*^^  bom  aQein 
tDO^cen  ®otte  abjulegen  unb  bie  Reiben  gum  äluf geben  i^red  @ö(enbienfted  gu  malten. 
„ffieiui  ü^^^  fo  foS  er  nac^  i^ucbalbS  Serid^t  bro^enb  feine  ^rebigt  befd^Ioffen  l^aben, 
„^artnädtg  in  eurem  ^Irrtume  be^arrt,  fo  toerbet  i^r  eS  bolb  fd^toer  ju  büßen  l^aben; 
bom  in  hirgem  toirb  ein  ta))ferer,  toeifer  unb  ftrenger  Jtönig  aud  ber  9läl^e  gleid^  einem  26 
reilenben  Strome  über  eud^  l^ereinftürgen,  aOeS  mit  ^er  unb  @dbtoert  t)ertoüften,  ,3lot 
unb  Sertoirrung  über  eud^  bringen,  euere  SSeiber  unb  Jlinber  mx  ^ned^tfd^aft  verurteilen, 
unb  Itxid  bon  eud^  übrig  bleibt,  feiner  i^errfc^aft  untertoerfen!''  Qqon  fluiden  bie 
entrftpeten  ©oc^fen  fu^  an,  ben  „berräterif^en  ^inb  i^rer  Sieligion  unb  i^ed  Sanbed'' 
mit  fl»i|en  $fä^len  gu  burd^bol^ren,  als  ein  getoiffer  Säuto  mit  getoinnenber  Siebe  für  i^  so 
eintritt:  fc^on  manchen  ®efanbten  ber  Slormannen,  ^^^iefen,  @lal)en  l^abe  man  frieblic^ 
aufaeiwmmen  itnb  e^renboQ  entlaffen,  biefen  Slbgefanbten  beS  l^ik^ften  @otteS  ober  be« 
bro^e  man  mit  bem  Xobe;  an  ber  SRac^t  feines  ©otteS,  baS  t)on  i^m  ©etoeisfagte  toal^rs 
mmai^,  fei  fc^toerlic^  gu  gtoeifeln,  benn  erft  jüngft  l^abe  berfelbe  i^n  au^  brol^enber 
Xobedgefal^  tounberbar  gerettet !  ^iefe  S^orfteQungen  t^un  bem  SBüten  ber  33erfammelten  ss 
Sin^KiU.  3Ran  geftattet  Sebuin  ungefä^bete  dtüdt^x  inS  93iStum  Utrecht,  too  er  bie 
gerßörte  ftird^fe  gu  2)ebenter  toieber  aufbaut,  u.  f.  h).  —  S^iefer  gange  SSorgang  fc^eint 
einem  teiltoe^  äJ^nli^fen  @rlebniffe  SSiOebabS  unter  ben  l^eibnifc^en  f^efen  (Vita  WiUeh. 
e.  3,  bgL  ßmtd  a.  a.  D.  &.  349).  lünftlic^  nad^ebilbet  gu  fein,  ^iftorifc^  too^toerbürgt 
iß  nur  SiaftDinS  Slüdlel^r  nad^  bem  Don  ben  räuberifd^en  @ac^fen  toieber  t)erlaffenen  ^e^  40 
Denter,  Ido  er  bie  bon  jenen  erbaute  jtird^e  neu  aufbaute  unb  noc^  einige  ^dt  ungeftört 
als  ^riefler  tanrhe.  @ein  XobeSjal^r  ift  unbelannt;  boc^  ift  baSfelbe  mol^l  \)ox  jenen 
gtoeiten  t)ertt>üflenben  (SinfaO  ber  @ac^fen  in  3)et)enter  (um  777)  gu  fe^en,  tooburc^  bie 
bortige  Sfixdft  abermals  in  flammen  aufging.  „S^ie  3^[^^>^0  ^^  bieSmal  eine  fo 
tH)nftänbige,  baß  man  (nad^  Vit.  Liudg.  14)  bie  ©ruft,  in  toeld^er  S.  begraben  toar,  45 
nic^t  me^  gu  entbeden  t)ermod^te''  ($aud  @.  348). 

Sebuin,  olS  beffen  ©ebenftag  ber  12.  92ot)ember  ober  aud^  ber  25.  ^iuli  betrachtet 
tt^iib,  gilt  nodf  je^t  als  Sc^u^atron  \)ox\  3)et)enter.  @r  erfc^eint  auf  ^JJtüngen  biefer 
@tabt  aü  $riefter  obgebilbet,  anget^an  mit  ber  Safula  unb  mit  einer  JlreugeSfal^ne  in 
ber  ;^anb. —  Stit  einem  flanbrifc^en  Sl))oftel  £it)inuS,  bem  @<^u|)>atron  l)on  ©ent  (am  so 
geUi^  britifd^er  Sbtunft  unb  burd^  @t.  Sluguftin  t)on  Santerbur^  gum  3Jliffionar  gebilbet), 
ber  fclK^n  ca.  660  geftorben  fein  foQ,  unb  gtoar  gleid^foUS  am  12.  9lot)ember,  ift  Sebuin 
taKi^rf(^inli(^  ibentifc^,  ober  bielmel^r  er  ift  boS  eSd^te  gefd^iAtlic^e  Urbilb,  bem  biefe  mt^« 
M^tjjtf^K  ^figur  burd^  einen  ^IfariuS  beS  ll.^abr^unbertS  (93erf affer  einer  bem  ^l.  ä3onu: 
fotiud  betgdegten  Vita  Livini,  ca.  1050)  nac^gebilbet  toorben.  3^gl.  i^olber^Sgger  in  55 
ben  SBat|*ahtffä^(1886),  @.  623— 665  unb  im9lSl  93b  XVI  6.  623  ff.,  fotoie  9Uatten:> 
b«^  a.  0.  0.  (6.  aup.),  I,  132.  386;  II,  493;  auc^  bie  bei  5Pottlgfaft*  II,  1423  ber» 
gei^nete  £ttrinuS«Sitteratur.  äiifler. 

Se  SdM  (S^aried  f.  Sibelüberfe^ungen  93b III  S.  137,  15—32. 


336  Scf^Ier 

Scfi^Ier^  Dr.  theol.  unb  phil.  ©ottl^arb  SSictor,  entflammte  einer  alten  ((^toa^ 
bifd^en  ^amilte,  bte  il^em  ^eimatlonbe  unb  tDeileren  Greifen  l)iele  tüchtige  jtröfte  auf  bot 
berjc^iebenften  Ocbieten  augefüi^rt  l^ot.  6r  tourbe  am  18.  ^xxl  1811  gu  Älofter  SteU^en* 
bad^  bei  ^eubenftabt  im  @d^h)ar2tt)a(bfreife    geboren    old  ber  ältefte  @o^   bed  bortigen 

5  ^farrer^  SJictor  ^einrid^  £.  3!)ur^  biefen  tourbe  er  für  ba«  fogenannte  ntebere  ©eminar, 
ein  für  lünftige  X^eologen  beftimmted  ®^mnafium,  in  Slaubeuren  borbereitet,  tDO  er 
1825—1829  bertoeilte.  ©c^on  ^ier  jeid^nete  er  fic^  burd^  feinen  Semeifer  fo  au^,  bo| 
er  ben  erften  ^la$  in  ber  Steige  ber  Slbgel^enben  erl^ielt.  9Ud  ©tubent  bqog  er 
nun  bad  t^eologifd^e  ©tift  gu  Tübingen,  bem  er  bid  1834  angel^örte.  Unter  ben  bortigen 

10  Sfrofefforen  tooren  e«  befonber«  ©teubel  unb  ©c^mib,  benen  er  tiefere  (Sinbrüde  Derbanne, 
daneben  l^örte  er  mit  großem  3«*^^^  I>r.  ßl^riftian  Säur,  beflen  Iritifc^er  ©tanb^junlt 
il^m  freiltd^  je  länger  befto  toeniger  genügte,  ^on  älteren  Kommilitonen  gog  il^n  am 
meiften  ber  nachmalige  berliner  $rofc|for  3)omer  an,  mit  bem  er  lebendlang  freunb* 
fd^ftlic^  berbunben  blieb.  Öftere  l^oft)itierte  er  aud^  bei  bem  Jlat^olilen  3R5^ler,  beffen  an« 

15  jd^aultc^e  SSortragdtoeife  er  gu  rül^men  fanb.  3la6^  rübmlid^ft  beftanbener  Jlanbibaten))rttfung 
trat  er  im  i^erbft  1834  bad  il^m  übertragene  SSitariat  in  3)ettingen  an,  tourbe  ober 
bereite  nac^  einem  falben  ^ci^t  Don  ba  toieber  abberufen,  um  bie  ^nhionen  eined  Sie» 
petmUn  an  ber  ©tätte  feiner  frül^eren  ätudbilbung  am  ©eminar  ju  Slaubeuren  )u  über« 
nehmen,    ^n  gleid^er  ®igen{d^aft  toarb  er  nad^  3  ^al^ren  an  bad  3;übinger  ©tift  berfef^ 

20  älud^  l^ier  toar  feine  $ati))taufgabe  bie  Untertoeifung  ber  ©tubierenben.  S>aneben  be* 
fd^ä^igte  il^n  borjugdtoeife  bie  t^eologifc^e  Sitteratur  @nglanbd  avS  ber  geit  bed  f ogenannten 
3)eidmud,  toobei  er  bie  bereite  auf  bem  ©eminar  ertoorbcne  Kenntnis  ber  englif  ($en  Bpxodf^ 
trefflic^  bertoerten  lonnte.  3^  toeiteren  ©tubien  in  biefer  Slic^tung  gab  i^m  eineSnfang 
1840  unternommene  Steife,  bie  i^n  junäc^ft  nac^  @nglanb  führte,  ertoünfc^te  ©elegen^ 

25  äluc^  nac^  anberen  ©eiten  l^in  ift  ber  bortige  älufent^alt  Don  nic^t  geringer  S^beutung 
für  feine  innere  @nth)id(elung  getoorben.  ^ad  rege  c^riftlic^e  Seben,  bad  i^m  entgegentrat, 
btente,  toie  er  felbft  oft  mit  hänfen  6e!annt  |^at,  gur  SSertiefung  feiner  eigenen  d^rtftltc^ 
Srfenntni«  unb  ßrfal^mng.  —  Über  ^anfreid^  in  bie  i&eimat  jurüdfgele^rt,  DoDenbete  er 
fein  ßrftlingdtoerl,   „®ie  ©efd^id^te  bc«   englifc^en  ®ei«mu«"  (©tuttgart  unb  SÄbingen, 

80  Sottafc^er  Verlag  1841),  ba^  nod^  immer  gu  ben  toid^tigften  beutfd^en  Duellen  für  boS 
SSerftänbni^  jener  $eriobe  gel^ört.  $atte  ber  nun  ^rei^igjäl^rige  al^  näc^fted  3^^  ^^^ 
Srlangung  eined  Sel^ramte^  ind  Sluge  gefaxt,  fo  foQte  i^m  nac^  bem  State  eined  ^öl^eren 
bie  erreid^ung  biefe^  3^^^^  für  fj)äter  Vorbehalten  bleiben.  3)ie  folgenben  ^afyct  fanben 
i^n  in  )3farramtlic^er  Xl^ätig!eit :  }uerft  al^  Reifer  (^ialonu^)  in  3Baiblingen,  tDO  er  fti^ 

35  mit  aibel^eib  geb.  §uber,  Derl^eiratete,  —  bann  Don  1853—1858  afö  SDelan  in  5lmtts 
lingen.  $ier  erl^ielt  er  ben  SRuf  nad^  fiet)))ig,  bad  30  ^afyct  l^inburc^  ber  Bd^aapUäi 
feine«  Seben«  unb  SBirfen«  loerben  foUte.  mit  bem  Slmte  eine«  ©u))erintenbenten  unb 
HJaftor«  ju  ©t.  3^l^omä  toar  nac^  altem  §erfommen  eine  orbentlic^e  ^Profeffur  an  ber 
UniDerfttät  Derbunben.    äBaren  feine  ebenfo  toarmen  toie  fd^lic^ten  unb  Ilaren  ^rebigten 

40  too^l  geeignet,  ber  ©emeinbe  jur  @rbauung  gu  bienen,  fo  trug  bie  freunblic^e  unb  ju« 
gleich  entfd^iebene  2lrt,  in  ber  er  ate  (Sj)l^oru«  toaltete,  nid^t  menig  gur  ^rberung  be« 
lirc^lid^en  SBcfen«  in  ber  immer  mcl^r  ftd^  auebe^nenben  ©ro^ftabt  bei.  6benfo  eifrig  unb 
erf))rie^lid^  toar  feine  SRtttoirlung  bei  ben  SSerl^anblungen  ber  £anbe«f^nobe  unb  be«  Sanb- 
tag«.  Sil«  SKitglieb  ber  erfteren  gumal  l^at  er  burd^  bie  l^armonifd^e  Sereinigung  Don  un- 

45  erfd^ütterltc^er  ß^arafterfeftigfeit  unb  mafeDoUer  Sefonnen^eit  bie  lirc^lid^en  gntereffen 
auf«  bcftc  Dertreten.  3"  f^ner  t^eologifd^en  unb  firc^lic^en  ©tellung  Derbanb  fic^  mit 
bem  treuen  ^eftl^alten  an  ber  geoffenbarten  ©c^rifttoal^rl^eit  unb  bem  barauf  gegrünbeten 
lutl^^erifc^en  Sefenntni«  eine  getoiffe  SKilbe  unb  SBeit^ergigfeit,  loie  fte  i^m  Don  feiner 
SBürttemberger  §eimat  l^er  eigen  blieb.    35aju  tam   eine  toa^rl^aft  rübrenbe  Sefc^^ben« 

60  l^eit  tmb  eine  Dorurteit«freie  ObjeltiDität  be«  Urteil«  über  toiffenfc^aftlicpe  unb  ))ratttf(^ 
gragen. 

SlH  ba«  ßrtoä^nte  mad^te  M  nun  auc^  in  £.«  afabemifd^er  unb  fd^riftfiellerifc^ 
3^l^ätigfeit  geltenb.  ^n  feinen  SSorlefungen  bel^anbelte  er  aufeer  ber  Äird^engefd^i^fte,  bie 
fein  eigentliche«  §au})tfad^  toar,  ©^mbolif,  Äirc^enrec^t  unb  Äird^enDerfaffung.    ^)aneben 

56  crflärte  er  einzelne  Öüd^er  be«  Si.I«,  bcfonber«  bie  Sllpoftclgefd^id[)te  unb  ben  ^aIobu«brief. 
3n  betreff  ber  erftgenannten  toar  i^m  ber  5lac^toci«  ber  ©laubtoürbigteit  eine  tDtrllictfe 
$erjen«fad^e.  3"^  ßl^arafterifierung  feine«  ftrd^engefd^id^tlid^en  ÄoDeg«  fei  l^ier  onoefü^, 
toa«  einer  feiner  3w^örer  in  ber  einem  £ci})jiger  5tird^cnblatte  mitgeteilten  turjen  iceben«* 
f^M^  fcejeugt  l^at.    „2)er  3^*"^^^^   bcfonbercr  ^Bercbfamfcit  toar  il^m  Derfagt;  )ögemb  unb 

60  abtoägenb  geftaltete  er  feine  fd^lic^tcn©ä$e ;  toem  e«  aber  barum  )u  t^un  toar,  ein  re(^te« 


Sed^Ier  Sector  337 

®<f(^t(i^töbUb  )u  getDtnncn,  ber  erlannte,  ba^  biefe  fd^mudlofe  ^arfteQung  ben  ©egenftanb 
crf<^ö})^nb  befc^rieb."  S*"*"^  behielt  ber  ^ßrofcffor  ate  ein  toefentlic^e«  ©tüd  feiner  ätuf« 
gäbe  bie  ^eranbUbung  lünttiger  Wiener  ber  fiird^e  im  äluge.  äiielen  Stubenten  erlDie^  er 
fvif  überbied  ald  ein  böterlid^er  ^eunb  unb  ä3erater,  olfo  ba^  fte  noc^  al^  reife  3Ränner 
babon  unb  t>on  ber  in  feinem  $aufe  gefunbenen  liebeboQen  9lufna][^me  gu  rühmen  miffen.  2Bar  5 
bo<^  and)  biefed  $aud  bon  d^riftlid^em  ©eifte  bur(i^n)e^t  unb  eine  Stätte  reichen  @(ücted. 
greUü^- erlitt  badfelbe  bereite  im  2[al[^rel873  burc^  ben  Heimgang  ber  treuen  @attin  unb 
Stuttcr  einen  tieff(l^mer)Ii(^en  äietluft.  SSon  ben  fteben  S^öc^tent;  bie  \\c  bem  bereinfamten 
SBUtoer  ^terlie^,  ^aben  fic^  im  Saufe  ber  S^xt  bier  an  fäc^ftfc^e  @eiftlic^e  berl[^eiratet. 
2)cr  93ater  felbft  blieb  ben  Seinigen  jur  ^eube  unb  )um  @egen  noc^  (önger  erhalten.  10 
3m  ^afyct  1883  burfte  biefer,  bem  fc^on  borl^er  bie  äiSürbe  eined  ®el^.  5lird^enrated  ber« 
liel^  tDorben  toax,  unter  jol^Ireic^en  SSetpeifen  ber  Siebe  unb  ^ere^rung  fein  25iäl^riged 
Snü^iubilaum  feiern,  ^m  ^erbfte  be^felben  ^affxe^  legte  er  bad  ®pJ^oxal^  unb  Pfarramt 
ni^er,  um  bie  no6  übrige  ^^t  unb  Jlraft  fortan  nur  noc^  feinem  atabemifd^en  Serufe 
unb  litterorifc^en  Slrbeiten  )u  toibmen.  3R\t  einer  ^rifc^e  unb  Slüftigteit  feltener  älrt  16 
burfte  er  barin  fortfal^,  bi^  er  nac^  {urger  jtranll^eit  am  26.  3)e2ember  1888  fanft 
entfi^ttef. 

Suger  ber  früher  ertoöl^nten  ,,®e|c^ic^te  bed  englifd^en  ^Aimui"  ftnb  folgenbe  größere 
SBerte  bed  ^eimgegonaenen  gu  berjeid^nen.  1.  ©efc^ic^te  ber  ^re^b^terial»  unb  S^nobal^ 
bofoffung  feit  ber  Sieformation  (erfd^ienen  1854).  2.  ^o^^nne^  bon  SBicIif  unb  bie  äSor^  20 
gefj^te  ber  Steformation  in  2  ä3änben  bei  ^r.^Ieifc^er  in  £ei)>2ig  erfd^ienen  (1873),  — 
eine  ooif  langjährigen  unb  grünblic^en  ^orfd^ungen  berul^enbe  Wonogra))l^ie,  bie  allgemeine 
Sbierlennung  gefunben  unb  bie  älnregung  gu  toeiteren  ^Arbeiten  gegeben  l^at.  3)ie  barin 
niebergdegte  Derbienftli^K  Stiftung  eined  l^erborragenben  $iftori!erd  beranla^te  aud^  bie 
im  ^aifct  1887  erfolgte  Ernennung  )um  SRitgliebe  ber  3Rünc^ener  äUabemie  ber  äBiffen»  26 
fc^ften.  —    Überfe|ungen   in^  ®ngltjc^e  lieferten  Sorimer  1878  unb  Dr.  ©reen  1884. 

3.  2)0«  o^ofitolifc^e  unb  nad^a))oftolif(^e  Zeitalter  (3.^J(ufl.  im  33erlag  bon  Sleutl^er  1885). 

4.  Set  9li>ofteI  ©efd^ic^ten,  im  SSereine  mit  ®ero!  e^egetifd^,  bogmattfc^  unb  ^omiletifd^ 
bearbeitet  (4.  XufL  9$erl.  bon  äSel^agen  imbJllafing  1881),  auc^  in  einer  englif d^en  unb 
omerilttnifc^  Slu^abe.  so 

kleinere  toertboQe  ^ublitationen  fmbj|.9.  in  ben  erften  äluf lagen  biefer  SRealenc^flo- 
pobie,  in  ben  Seiträgen  ber  Säc^f^fcben  Jtird^engefd^ic^te  unb  in  ■  mel^reren  Uniberfttät^- 
Programmen  entölten,  ^n  ber  le^teren  fmb  be^anbelt:  Xl^oma^  bon  S3rabtoarbina 
(1862),  —  ber  Jtirc^enftaat  unb  bie  O))t)ofttion  gegen  ben  ))äi)ftlic^en  älbfolutii^mu^  im 
«nfang  b<«  14.  Sa^r^unbert«  (1870),  Sflat)erci  unb  Gl^riftentum,  in  2  Seilen  (1877  86 
unb  1878),  —  Urhinbenfunbe  bed  c^riftlic^^en  ältertum«,  cbenfaU«  in  2  Seilen  (1885, 
1886).  eifi  nad^  bem  Sobe  bed  SSerfafferö  erfc^icn  ate  9lr.  28  ber  Schriften  bc^  herein« 
für  9teformation^ef((^id^te  ein  Sebenebilb  bon  Siol^Anned  $ud,  beffen  ^JJlanuffript  ber  un^ 
ennübli(^  ®reid  unmittelbar  bor  feiner  legten  jtranf^eit  fertig  gefteQt  l^atte.  (Sine  bö^^ 
mtf(^  Überfe^ung  ift  im  ^ial^re  1891  nachgefolgt.  ^f^.  %idtx.     40 

8e  ©m  f.  Clericu«  «b  IV  ©.179. 
Sectiomrinm,  Sectiotteti  f.  $eriIot>en. 

£cct0r«  —    Ä.  ^rnacf,  Ucbcr  ben  Uifprung  beS  Seftorat«  unb  ber  anbeten  niebercn 
Qet^n  =  XU  II  5  8.  57  ff.    3)ic  ältere  Sitteratur  ift  bort  onflCflcbcn.  —  gr-SBicIonb,  ^ic 
(lenetifdK  dntnidiung  ber  fog.  ordinee  minores  in  ben  brei  erften  Sa^r^unberten.  9^om  1892  46 
(=  9iOS  @ttpplement^eft  7)  ift  im  einzelnen  gefd)icft,  in  ber  ^auptfa^e  oerfct^U. 

3n  bot  <^fUi(^en  ©ottedbienften  na^m  bie  äSerlefung  ber  ^eiligen  @d^rtften  bon 
Xnfong  an  einen  breiten  Slaum  ein;'fie  toar  lange  3eit  bad  einzige,  ober  boc^  ba^  f}aupU 
fäc^Iic^  äRittcI,  ber  ®emeinbe  Sibeltenntnid  ju  bermitteln.  ^ie  Slu^toa^l  eine^  SL^orlefer^ 
iDor  haifa  eined  ber  bringenbften  (Srforbemiffe  bei  ber  @rünbung  einer  ©emeinbe.  ^a  60 
fu^  UA  S^ftcntum  in  ben  beiben  erften  ^a^r^unberten  befonber^  unter  ben  ärmeren 
iOoffcn  ausbreitete,  unb  bie  ©emeinben  ^äufig  fe^r  Hein  toaren,  toirb  e^  nic^t  immer 
leicht  getoefen  fein,  jemanben  gu  finben,  ber  bie,  ol^ne  äBortabteilung  gef4)riebenen,  (^eiligen 
9u4^  flüffig  )u  lefen  unb  gut  bor^utracjcn  berftanb;  unb  e^  ift  ^u  oermuten,  bag,  toer 
bad  einmal  übernommen  b<^tte,  bie  ^^ätigteit  regelmäßig  aueübte,  bi^  er  ci);üa  burc^  einen  65 
gareren  erfe|t  iDurbe.  3Jlan  nannte  i^n  in  ber  älteften  ^<\t  dvayivojoxwv  (*iD2t24, 15 
unb  ^Jor.;  apf  1,  3;  II  Clem.  19,  l;  Justin.  Apol.  I,  67),   fpäter  dvayvioartjg,   in 


338  Srctor 

ber  Äirc^c  latetnifd^cr  ©})rac^c  lector.  ©eine  Unentbel^rlic^feit  unb  ba«  fletotffe  HRaJ 
Ktterarifci^er  93tlbung  fieberte  tl^m  eine  angefel^ene  Stellung  in  bec  @emetnbe,  unb  ed  ergab 
ftc^  Don  felbft,  ba^  er  öfter  auc^  gut  äludlegung  ber  berlefenen  ©d^riftabf^nitte  bod  SBort 
ergriff,  jumal  bie  ^rebigt  in  ber  ölteften  ^Ät  no(^  nid^t  an  ein  3[mt  gebunben  toar.  @o 

6  ift  ber  fogenannte  jtDeite  Slemen^bricf  eine  bon  einem  Sector  berfagte  unb  im  ©otte^enfl 
t)erlefene  ^rebigt  (bgl.  19,  1).  3)ur(i^  feine  SBirtfam{eit  im  ©otte^ienft  !am  ber  Sector 
nid^t  unter  bie  geh)äl^Iten  Beamten  ber  ®emeinbe,  bie  Sif^öfe  (^re^b^ter)  unb  ^iotonen 
)u  ftel^en,  Dielmel^r  unter  bie  geifte^begabten  $du))ter  ber  Jtin^e,  bie  $ro))l^eten  unb  @ban« 
geliften,  toelc^e  bie  Seitung  ber  ©otte^bienfte,  too  möglid^,   in  ber  $anb   ^K^tten.    ©ein 

10  Seruf  galt  toeniger  aU  älmt,  tvk  atö  Sl^aridma.  ^n  einigen  fe^  c^alteriftifc^en  %x^ 
rungen  ber  RDD,  toenn  auc^  ft)äterer  ^üt,  tritt  bie  l^o^e  iiBörbe  bed  Sector^  nodj^  ^erbor. 
3n  ber  9l})oftolifd^en  AD  c»  19  loirb  gefagt,  Sxi  evayyeXiaxov  tötiov  IgyäCezai;  bog 
ffiei^egebet  ber  2l})oftoItfc^en  Äonftitutionen  VIII  22  bittet  ®ott:  dög  airtp  TtvevfM 
äyiov,  TiQoqrrjTixöv ;  bie  Statuta  ecdesiae  antiqua  c.  8  bemerlen  bon  bem  fünftigen 

16  Sector :  habiturus  paiiiem  cum  eis  qui  verbum  Dei  ministraverint ;  unb  (Spipfytf 
niud  tritt  biefer  äuffaffung  entgegen  mit  ben  SQSorten:  xal  yäg  ovx  firnv  leQevg  6 
ävayivcooxwv,  äkX^  (bg  yQafXfjLoxevg  xov  X6yov  (De  fide  21,  MSG  42,  824).  — 
92a4  bem  @rlöfc^en  bed  @eifted  unb  ber  (Sntftel^ung  be^  monard^ifd^en  @))tfIo)>atd  tourbe 
ber  Sectorat  ein  ©emeinbeamt,  gunäd^ft  ein  angefe^ened,  ba   ed  aOein  ndben   benen  bfd 

»Sifc^of«,  ber  $re«b^ter,  3)iofonen  unb  Söittoen  beftonb  (3H)oft.ÄO;  ©^rifc^^c  ©iba^dio; 
S^ertuDian,  De  praescr.  haer.  41).  ®ie  3"f^^f*  ^^  Favor  lector  in  ber  Äotalombe 
©.  älgnefe  bei  ^om,  bie  nod^  bem  }h)eiten  S^'^^'^-  angel^ören  h)irb  (be  Slofft,  Bullettino 
di  archeol.  crist.  1871,  32  f.)  ift  auffaDenb  o})uIent  —  3)ie  toeitere  Snttoidtelung  ber 
SSerfaffung  in  ber  Iatl[^olifd^en  Jtirc^e  n>ar  bemXnfel^en  be^  Sectoratd  ungünftig.  ©d^on  bei 

26  ber  ©c^eibung  }h)ifd^en  5{Ierud  unb  Saien  tourbe  ber  Sector  junäc^ft  )u  lederen  gerettet, 
feit  bem  britten  ^iöi^^^unbert  ju  ben  erft  bamate  gefd^affenen  Clerici  minores.  SBie  fe^ 
er  bamit  l^erabgefe^t  tourbe,  fielet  man,  toenn  man  ertoägt,  bag  er  ben  Wienern  unb  S^^ör» 
lautem,  fotoie  ben  berufsmäßigen  ^ämonenbefd^toörem  gleic^efteSt  tourbe,  unb  unter  i^en 
gar  ben  jtoeitlelten  $Ia^  befam.    ^ie  ©emeinben  toaren  größter  getoorben  unb  ^en 

30  ftd^  gerabe  unter  ben  ©eoilbeten  ausgebreitet,  fo  baß  bie  ^ertigleit  im  SSorlefen  vxi^i  me^ 
als  ettoaS  93efonbereS  angefe^en  tourbe  (nad^  ber  SSöIIertoanberung  tourben  bie  elementaren 
Äenntniffe  loicber  feiten  unb  infolgebeffen  l^ö^er  tariert;  bgl.  Isidor.  Hisp.  De  div.off. 

II  8).  3!)ie  Seitung  ber  ©otteSbienfte,  unb  fj)ejieK  bie  $rebigt,  gel^örte  gu  ben  Steckten 
beS  SBifc^ofS  unb  ber  ^reSb^ter.    3)a  red^nete  man  bie  SSerlefung  ber  1^1.  ©elften  )u 

86  ben  mcd^anifc^en  3)ienftcn,  bie  t)on  ben  nieberen  Äirc^enbienem  boUjogen  hmrbeit  3« 
Girta  gab  cS  im  3a^re  303  neben  4  ^ßreSb^tern,  3  SJiafonen  unb  4  ©ubbialonen :  7  See« 
toren(Gesta  apud  Zenophilum  bei  Optatus  CSEL  26,  187  ff.).  SBenn  fu^  ebenbort 
bie  1^1.  ©c^riften  in  ben  ^rit)atn)o^nungen  ber  Sectoren  berteilt  finben,  fo  1^  man  mit 
Unrecht  barauS  gefc^lof[en,  baß  auc^  fonft  unb  allgemein  bie  Sufbetoal^ng  ber  SobiceS 

40  jum  ^mte  ber  Sectoren  gehört  l^ätte.  üRan  ^atte  fie  il^nen  nur  jur  ©ic^erl^eit  toa^renb 
ber  S[$erfolgung  übergeben.  2)er  getoöl^nlid^e  Slufbetoal^rungSort  toar  bie  bibliotheca  ber 
Sirene;  bort  fud^t  bie  Sc^örbe  juerft,  finbet  aber  beren  armaria  leer  (a.  a.  D.  187, 15). 
SBie  bie  anbcrcn  ordines  minores,  tourbe  ber  Sector  nic^t  feierlid^  orbiniert,  fonbem  ein« 
gefegt;   ben  SRituS  geben  bie  Canones  Hippolyti  VII  §  48,   bie  ägVt>tifc^  ÄO  c.  35 

45  (betbc  XU  VI,  4  ©.  70),  bie  Statuta  ecclesiae  antiqua  c.  8  an :  ed  mürbe  i^^m  ber 
^obej  übcncic^t;  für  bie  Äirc^en  be^  Oriente  tgl.  ©enjinger,  Ritus  Orientalium  II 
2 ff.  06 f.  78 f.  Hoff.  227.  262.  279;  toenn  f})äter  bem  Sector  bie  ^anbouflegung  }U 
teil  tourbe  (bgl.  aui^  2H)oft.  Äonft.  VIII,  22,  1),  fo  bebeutete  ba«  leine  Stongei^unfl. 
S)ic  §eirat  toar  i^m  erlaubt  (Can.  apost.  26;    3tj)oft.  Äonft.  VI,  17,  2).    ©eine  litur» 

60  gifc^en  Sefugniffe  tourben  immer  me^r  eingefc^ränft  unb  berloren  an  Sebeutimg  (Hippo 
a.  393  c.  1;  Carthago  III  a.  397  c.  4);  fclbft  ba«  JRec^t  borjulefen  tourbt  i^m  be» 
fc^nitten:  feit  bem  4.  ^al^r^unbert  ift  bie  Sefung  be«  (Stoangelium«  bem  Diatonen  begto. 
5Pre«bVter  refett^iert  (ügl.  apoft.  Äonft.  II,  57,  5  unb  bie  Siturgien,  a.  8.  bd  JJoniel 
Codex  liturgicus  Sb  IV;  ©ogomenu«  h.  e.  VII,  19,  6  i&uffel^).    aJcan  ließ  bo^  in 

65  loeiten  «reifen  ber  Äirc^e  Sinber  (bgl.  Siricius  a.  385  MSL  56,  560 :  Victor  Vitensis 

III  34  ^etfc^entg;  anbere  )Set{))tcle  bei  Säingl^am  Origines  II,  84  f.),  in  äOesonbricn 
fclbft  Äatcc^umenen  jum  Sectorat  ju  (©ofrate«  h.  e.  V  22,  49  ßuffei?);  ^^uflinian,  No- 
vella  123, 13  fuc^te  bicfem  SRt^anb  gu  fteuem,  inbem  er  ba«  acptge^e  ^oi^  ob  untecße 
3llter«gren)e  feftfe^te.    2)amal«  toar  bie  Slnjal^l  ber  Sectoren  bei  ben  großen  Jlirc^  fei^ 

Go  angeioad^fen.    Nov.  3  toiQ  nic^t  me^r  al«  110  bei  ber  „großen  ftirdjie"  in  Aonfiaiitino|)el 


Sector  £eettl|of  339 

aepel^en,  eine  Sa%  bie  aber  6alb  barauf  auf  160  antouc^«  (MSG  104,  556).  3n 
uiAemä  toaren  gur  felben  3«it  20.  3Ran  erftel^t  barau«  femer,  bafe  in  f))äterer  Rrit 
e  iBectoren,  toie  auc^  fonft  bie  Äleriler  in  ben  größeren  ©täbten,  ben  einzelnen  Äir^en 
geteilt 'tooren.  Slömifc^e  3njd5^riften  nennen  einen  Sector  t)om  SScIabrum  (Marangoni, 
5ta  Victorini  p.  130)  unb  einen  anberen  a.  384  bon  ^ßubeniiana  (be  SRolp,  Inscr.  I  5 

847).  —  933ie  ober  leine  fönttoicfelungöftufc  öorübenuge^en  tjflegt,  ol^ne  SRubimente  ju 
«kriaffen,  fo  ift  bem  Sectorat  in  f))äterer  3«it  nod^  ^ie  unb  ba  anjufeben,  ba^  e«  einft 
009  anbere^  in  ber  Äirc^e  bebeutete  ate  bie  borleftte  ©))roffe  auf  ber  tlerifolen  Stufen» 
Icr.  3"  bw  äjjoftoüfc^en  ÄD  c.  19  fielet  ber  Sector  t)or  bem3)iafon,  in  benCanones 
Ippolyti,  ber  SgV))tifc^en  ÄO  (bcibe  %\1  VI  4  ©.  70)  unb  bem  Testamentum  Jesu  lo 
tirißti  I  23    (Rahmani  ©.  37.  47)  t)or  bem  ©ubbiafon.    ®ie  Canones  Hippolyti 

o.  D.  verlangen  bon  bem  Sector  biefelbe  Dualifitation  h)ie  t)on  bem  3)iaIon ;  ein  SRufuö 
t  bodttfc^en  X^eben  ift  jugletc^  älnagnoft  unb  3)iafon  (Inscr.  Graeciae  septentr.  I 
;92),  ebenfo  rtetteic^t  ber  SKärt^rer  ^vüpM  in  Gatana  a.  304  (Sluinart '  437  ff.).  Q\)pxx<m 
tteniit  einige  Jtonfefforen,  bie  er  befonber^  au^geic^nen  tvxü,  ju  Sectoren  unD  befigniert  i6 
:  ^leicJ^  ju  ^redb^tem  (ep.  39,  5;  bgl.  Vaison  II.  a.  539  c.  1).  3Rit  ber  ßeit  ber^ 
itoinbet  biefe  Erinnerung,  unb  ber  Sectorat  h)irb  immer  md)x  aU  bie  gtoeitle^te  be^h). 
n  JDrient)  Ie§te  ©tufe  be^  ftleru«  angefel^en.  ^n  ber  Iatl(^oHjd^en  itird^e  ejiftiert  ber 
-do  nur  no<i^  ol^  ^orm ;  ben  Stitud  |.  im  Pontificale  Romanum.  3)ad  Tridentinum 

23  de  reform.  c.  17  toottte  'xl)n  toieber^erfteüen.  —  Stielet  immer  ftnb  unter  Sectorenao 
e  derici  minores  ju  berfte^en.  3^  ß^riand  geit  ftanben  in  ßartl^ago  lectores  doc- 
»mm  andientinm  ben  presbyteri  doctores  jur  ©eite  beim  Jtate^umenenuntcrrid^t 
p.  29).  „3m  SKittelolter  l^tefeen  lectores  aud^  bie  fie^rer  an  Drben^fc^ulen,  lectores 
ignitarii  Seamte  an  ^ati^ebrallirc^en,  (Deiche  bie  fämttic^en  Jllofterleftionen  ju  regeln 
ittcn,  unb  lectores  mensae  bie  bei  2:ifd^  in  Itlöftem  unb  geiftlic^en  ©enoffenfci^aften  36 
Mflierenben  Sorlefer"  {%.  9?i|fc^  in  ber  2.  »ufl.  biefer  9lg.);  über  eine  ö^nlid^e  ein= 
:^hmg  im  ^roteftantidmud  bgl.  @.  9.  (Stfenfd^mib,  ©efc^.  ber  ^ird^enbiener  I.  @rfurt 
m.  ©.  86.  «.  «djell«. 

2ee^  «•  f.  ©I^aler«. 

2tc,  JJcffe  f.  aRetl^obi^mu«  in  ämerila.  bo 

£ctll4of,  greberil  Dan,  geft.  1712.  —  ®.  g.  Scnidien.  Historia  Spinozismi  Leen- 
ifiani,  Läpe.  1707;  Ypey  en  Dermout,  Geschicdenis  der  Ned.  Ilerv.  Kerk  III,  240  enz 
cfonberd  bie  j^aoteekeningen") ;  6.  3- ^ieft  fiorflion,  De  Nederl.  Herv.  Kerk  in  Friesland 
dert  hare  vestiging  tot  het  jaar  1795,  Gron.  1848,  blz.  210—223-,  fi.  %.  x>an  fiangcraab, 
e  Ned.Ambas8ade-Kapel  teParijs,  2dln.  's  Grav.  1893.  94,  I,  238—245  (wo  aud^  roeilcrc  86 
itferafur  unb  CueÜen  ^n  finben  ftnb). 

gt&erit  ban  Seenl^of  tourbe  im  Sluguft  1647  in  ÜRibbelburg  geboren,  ©c^on  im 
anuar  1668  tourbe  er  jiräparatoir  examiniert,  unb  im  3"^  1670  erl^ielt  er  eine  $farrs 
Ae  an  ber  flamifc^^en  ©emeinbe  in  SlbbeöiUe  in  ber  $icarbic.  35er  traurige  3wftönb 
X  ©emetnbe,  burc^  ben  il^  völliger  Untergang  einzutreten  brol^te,  t)erurfad(;te,  ba^  er  40 
)m  im  folgenben  ^a\)x  um  feine  ßntlaffung  bat.  ^m  iJcjembcr  1672  tourbe  er  nad^ 
fcitlDt>Uet  berufen.  $ier  lourben  fd^on  bann  unb  loann  Sebcnfen  gegen  feine  Seigre  laut, 
m  benen  er  \x6)  h)o|l  gu  reinigen  toufete,  loa«  aber  boc^  gur  §oIge  ^atte,  bafe  bie 
laBsis  toon  SBald^eren  t^n  t)or  Steuerungen  toamte.  ^n  ben  ^al^ren  1678  unb  1679 
CK  er  ^Prebiger  bei  ber  aufeerorbentlic^en  ©cfanbtfc^aft  ber  ©eneralftaaten  am  §ofe  £ub-  45 
ig^  XIV.,  unb  nac^bem  er  im  le^tgenanntcn  ^al)xt  ^um  §of))rebiger  ber  SUbertina  Signet 
noimt  toorben  toor,  ber  JBittoe  beö  frierifc^en  Statthalter«,  bie  fid^  mit  i^rem  öofftaat 
i  J><utfc(^Ianb  befanb,  lehrte  er  in  fein  SSaterlanb  jurücf  unb  tourbe  1680  ^rebiger  in 
«ben  unb  1681  in  ßtooDe.  $ter  traf  il^n  ba«  3Mi|gef(^icf,  ba«  feinen  9lamen  in  ber 
leß^te   ber  nieberlänbifd^en  reformierten  ^xxd^c  be!annt  gemacht  ^at.  so 

San  Seen^of  toar  ein  cartefianifc^er  Gocccjaner.  33et)or  ber  ©türm  ber  Verfolgung 
sgpi  i^  fu^  er^^ob,  l^atte  er  fc^on  in  t)erfci^iebenen  ©c^riftcn  ben  93ett)ei«  feiner  cocce= 
nifi^  ©efmnung  geliefert.  Sefannt  ftnb  t)or  allem  fein  „Kort  onderwijs  in  de 
ir.  religie  volgens  d'ordre  van  de  H.  Schrift"  (4'^*^  druk,  Middelburg  1680), 
De  keten  der  bijbelsehe  godgeleerdheid"  (2  dln.,  Middelburg  1678)  unb  „De  66 
Best  en  conscientie  des  menschen  in  haar  eygen  wezen  en  werkingen  een- 
mdigüjk  verklaart"  (3^"  druk,  Amst.  1683)  unb  anbcre. 

22* 


340  Seeit^of  Segaten  ttttb  Shtntieti 

Qm  3a^rc  1703  gab  er  in  3h)oDc  eine  ©c^rift  l^erau«  mit  bem  litel  „Den  Hemel  op 
aarden;  of  een  körte  en  klaare  beschrijving  van  de  waare  en  stantvastige 
blydschap".  SDer  ^to^  biefer  ©c^rift  tüor  bie  S3eläm))fun0  berjcnigen,  bie  in  einem 
franll^aften  SCrübfmn  ba«  Äcnngeic^en  be«  ßl^riftentum«  fuc^ten.    dagegen  toerfid^erte  ban 

öSeenl^of:  „De  wäre  godsdienst  moet  den  mensch  opleiden  tot  een  rein  genot 
van  waar  geluk  en  in  het  uitzieht  op  zulk  een  genot  tot  wäre  en  zuivere 
blydschap/'  Dbfc^on  biefed  SBerl  fitd^lid^  a))^robiert  h)orben  tpar,  fanb  e$  bod^  bei  Dielen, 
fotDo^I  bei  nic^t  carteftanifc^en  Soccejanem  al^  aa6^  bei  33oettanem,  l^eftigen  SBiberf^c^. 
3)ie  SKeinung,  ein  SKenfc^  fönne  immer  fröJ^Ud^  unb  l^eiter  fein,  jelbft  beim  grölen  3Ri|* 

10  gefc^id,  unb  aI[o  ben  ^immel  auf  @rben  genießen,  erregte  älnfto^.  3Rm  befc^ulbigte 
ban  Seen^of  be«  ©t)inogi«mug  unb  i&attemi«mu^  (f.  b.  ä.  §attem  33b  VII  ©.  475).  9Rit 
mei^r  ober  Weniger  §eftigfeit  tourbe  er  befämjjft  t)on  ben  ^ßrebigem  glor.  S3omblc  (ämfia^ 
bam),  ^0^,  Gre^g^ton  (Jyraneler),  ^o\).  b'Dutrein  (3)orbreci^t),  ^cltic.  S3urman  (6nf^uigen) 
unb   ben  5ßrofefforen  %.  §.  Dan  ben  §onert  (Seiben)  unb  SKelc^ior  Sei^beller  (Utrecht). 

16  SSan  Seen^of  toax  ftd^  betDu^t,  {eine  ite^ei  berlünbigt  gu  l^oben  unb  tötest  mit  9tec^t  jebe 
93efd^ulbigung  t)on  ©l^inoji^mu«  jurüdf.  aJlel^rmafe  bezeugte  er  feine  botte  Übereinftinunung 
mit  ber  !ßel(^re  ber  Äird^e.  ®er  äBibcrftanb,  ben  fein  SOäerf  gefunben  l^atte,  »craniale  i^^, 
im  ^af}x^  1704  eine  naivere  Srtlärung  gu  beröffentlic^en  in  bemäBerfe  „Den  hemel  op 
aarden,  opgehelderd  van    de    nevelen    van    misverstand    en    vooroordeelen'' 

20(3h)olIe  1704).  9[ud^  bicfe  ©c^rift  erfd^ien  mit  firc^lic^er  9l))))robation  unb  tuar  h>ürbig  unb 
ni^ig  gefd^rieben.  @^  ift  unmöglid^,  f)m  ade  ©d|^riften  ju  nennen,  bie  mit  Se^ug  l^ierauf 
berö^entlid^t  tDurben.  SDie  gan^e  Jtird^e  f^ien  in  SSertoirrung  ^u  geraten,  ©eine  getnbe 
fc^alten  i^n,  unb  feine  ^eunbe  fc^abeten  il^m  burd^  il^re  ungefd|^idte  SSerteibigung  me^, 
ate  ba^  fte  i^m  nü^ten.    33alb  jeboc^  mürbe  au^  bem  tl^eologifc^en  ^i0))ut  ein  tir(^Ii(^ 

26  ^roje^berfal^ren  gemad^t.  S^ie  ©^noben  bon  Ütorbl^ollanb,  ©üb^oUanb  unb  ^edlanb 
traten  aüti,  tpad  [ie  tonnten,  um  ban  Seenl^of  gu  berte^ern  unb  aud  ber  itird^e  au^u« 
fd^lie^en.  3)ie  ©taaten  bon  ^oQanb  unb  SÖSeftfriedlanb  berboten  ben  äSerlmtf  feiner 
©c^^riften.  6nblid^  fe^tc  il^n  bie  ©^nobc  bon  Dber^ffel,  unter  beren  Sleffort  er  gehörte, 
im  2lal^re  1708  ab.    ^ber  je^t  fanb  ber  unred|^tmä^ig  t)erurteilie  3Jiann  Unterftü^ung. 

80  2)a«  Äonfiftorium  unb  ber  ^agiftrat  bon  3*^*^^^  j*^^'^  ^i^  ©taaten  toon  Dber^ffä  er« 

griffen  Partei  für  i^n.    ©ie  erlannten  bie  ©efefcmäfeigleit   feiner  älbfe^ung  nid^t  an  unb 

betrachteten  i^n  aud?  ioeiter  ate  ^rebiger.    6nblid^   legte   \>an  Seenl^of,  um  ben  grieben 

gu  erhalten,  freiwillig  fein  Slmt  nieber  (1.  ^^n.  1711)  unb  im  folgenben  3^^^  f^'^^  ^• 

Sänge  3^i^  f^i^r  man  nod|^  auf  ben   nieberlänbifc^en  ©^noben  fort,  bor  bem  Seen^ 

86  l^obiani^mu^  ju  toamcn,  obfc^on  ei8  cigcntlid^  feine  Seenl^oöianer  gab,  ba  e^  nie  in  ber 
Slbfic^t  bon  t)an  Seenl^of  gelegen  ^atte,  eine  bcfonbere  ?ßartei  ju  grünben.  3)oc^  l^atte  er, 
t)or  allem  unter  ben  Slngefel^eneren  unb  ©ebilbeteren  biele,  bie  i^n  l^oc^ad^teten.  3Bel4^  grims 
migen  §a^  man  gegen  i^n  ^egte,  ge^t  auö  ber  H^atfad|^e  l^erbor,  ba^  %.  ©joerb^  (Ge- 
schiedenissen der  Kerk  des  N.  T.  Leeuw.  1759,  2^®druk  1771  blz.  657,    659) 

40  i^n  ein  „ondier",  ein  „heilloos  Atheistisch  wanschepsel"  nennt.  3)a^  ©ebeimnid 
ber  SJerfolgung  ban  £ecnl(^ofö  lag  barin,  bafe  er  (Sarteftaner  toar  unb  bon  ber  Sieligion 
eine  toeitere,  milbere  unb  l[^eiterere  äluffaffung  l^atte,  al^  man  ed  in  feinen  ^gen  ertragen 
fonnte.  ®*  t>*  tiam  See«. 

2e  ^ht>xt  f.  gaber  ©ta))ulenfi^  Sb  V  ©.  714. 

46  lliegoten  unb  Slunticu  ber  römifd^en  Äird^e.  —  Sittcratur:  Petr.  de  Marca 
de  concord.  sacerdotii  et  imperii  IIb.  5,  c.  19 sqq.;  X^omafftn,  Vetus  ac  nova  discipL  eccL 
P.  1,  lib.  2,  c.  107  sq.,  117sq.;  $)iftor.  canon.  ^tbl)anbl.  Don  b.  ficgatcn  unb  9?untien  1786; 
äJtnterim,  SDenftuürbigteiten,  %L 'd,  @.  162 fg.;  ^J^iUipö,  Äir^enrcdjt,  6,  684f.;  ^inf^iu», 
^Qttiol.  Äircl)enrecf)t,  1,  498 f.;   ».  Scöulte,  5)ie  etenung  ber  Äonjilicn.  ^äpfte  unb  «ifdjöfe, 

60  $rgg  1871,  6.  64 ff.;  Tractatus  de  officio  atque  auctoritate  legati  de  latere  per  Petr.  Andr. 
Gambarum  iu  X.  libros  digestus,  denuo  ab  Augustino  Ferentillo  recognitus.  Venetiis 
1571,  fol.;  S.  F.  de  Ja  Torre,  De  auctoritate,  gradu  et  terminis  legati  a  latere,  Eom. 
1656,  4«;  ÖJQbr.  ^äagcnfeil,  Diss.  de  legato  a  latere,  ?Utborf  1696,  4^. 

Slbgefaubte  be^  römifc^en  Sifc^ofö  finben  ftc^  ate  beffen  Vertreter  auf  ben  öbimern« 

66  fdl^en  ©l;nobcn  bc^  Dricnt^^  mit  3luöfc^(u$  ber  5.  (553  ju  Äonftantino))el)r  i^abcn  aber  to^cr 

ben  eigentlichen  9?orfi^  auf  benfclbcn  gehabt,  noc^  eine  toirflid^  ma^gebenbe  ©tdlung  ein» 

genommen.   3)ie®rö6e  t^re^  (Sinfluffeö  fte^t  im  engften  3ufammcn^ange  mit  ber©teBung, 

h)clc^e  ber  römtfc^e  33ifc^of  überl^aupt  jur  3cit,   inebcfonbere  gegenüber  bem  5laifer  ein» 


Segatett  ttttb  9Itttttteti  341 

no^.  ^tefe  9lB()efanbten  ftnb  aber  l)telfad^  jugletd^  feiere  ber  römifd^en  @^noben,  l)et> 
treten  bol^  bic  römtfd^c  Ätrc^e.  3lzbm  bicfen  Scgaten  für  einen  bcfttmmten  3*^^*  l^atten 
We  ^üäjjfte  feit  Seo  I.  (440—461)  iebenfatt«  bi«  an«  ©nbe  be«  7.  ^a^r^unbert«  ßerabefo 
tone  bie  übrigen  ^atriard^en  ftänbige  SSertreter  beim  $ofe,  tDeld^e  apocrisiaril,  an6^ 
responsales  l^ie^en  (Nov.  Just.  6,  c.  2).  SJiefe  Vertraten  ba«  S'^^^^^  t>^  $äj)fte  6 
beim  Jtaifer,  )>ermtttelten,  beaufftd^tigten,  l^atten  aber  {einerlei  Slegierung^red^te  im  f))äteren 
Siime.  5)ie  Äonone«  Don  ©arbila  (343)  f)atittt  bem  ^Q!p\k  eine  l^öl^ere  Suri^biftion 
juge^iK^en,  n>elc^e  in  ber  Jlonftitution  S^alentiniand  III.  \)on  445  ftaatlic^erfeitd  boD 
anertannt  tourbe  bid  jur  tird^lic^en  Dber^o^eit.  ^arin  kg  ber  @runb,  ba^  bie  $ät)fte 
t>cm  @n^e  bed  4.  ^apr^nbert^  an  einzelnen  Sifd^öfen  ().  S.  bem  bon  ^l^effalonic^  unb  lo 
Sricd)  bie  ^onb^abung  biefer  ^uri^btftton  ftönbig  übertruaen,  fte  mürben  bejeid^net  aU 
vicarii  apostolici.  Sieben  il^nen  erfc^etnen  and^  in  ben  folgenben  ^al^rl^unberten  t^öt^ft^: 
Iti^  äCbgefanbte  ju  einzelnen  ©efd^äften  (@ntfd^eibungen  u.  bgl.),  nid^t  minber  aud^  folc^e 
ftt  SSomoJ^e  ))oHtifd^er  9lngelegenl(^eiten  (fte^e  Liber  pontific.  vita  Zachariae  [ed. 
Fabrot  2,  75],  vita  St^phani  III,  p.  81,  Steph.  IV,  p.  99  u.  a.).  ©ie  toerben  i6 
balb  fd^Iec^ttoeg  old  missi,  missi  apostolicae  sedis,  legati  bejetcbnet,  auc^  legati 
aedis  apostolicae  unb  ganj  t)erein}elt  e  latere.  33on  felb^  ergab  fxq,  bag  bie  pä!p\U 
üifm  Segoten  eine  h)efentlic^  bebeutenbere  Stellung  erl^alten  mußten,  feit  ©regord  VII. 
X^rie  \)(m  ber  Stellung  bed  $a))fttumd  felber  )ur  ©eltung  !am,  unb  jene  Segaten  SSer- 
tretet  ber  nunmel^r  bemfelben  l)inbi}ierten  üKa^tbefugnifle  tourben:  \oa^  $a))ft  ®regor2o 
ben  Sifc^dfen  gegenüber  baburc^  ju  formeller  3(ner{ennung  brachte,  ba^  er  fte  in  il^rem 
Sc^en^ibe  aulbrüdlic^  t)erf))red^en  lie^:  Legatum  Romanum  eundo  et  redeundo 
honorifice  tractabo  et  in  neccessitatibus  adjuvabo  (Saff6,  Monumenta  Gregor. 
p.  355,  Ep.  rv,  17).  ®iefe^  2Jerf})redS>en  ift  im  Sifd^ofdeibe  bi«  l^eute  entl^alten  ge= 
Hieben,  dni^pttä^mh  biefem  Umfc^tounge  finben  ftd^  l)on  $a))ft  @regor  an  bie  Segaten  26 
häufiger,  toerben  je^t  gelegentlid^  auc^  für  gan^e  Sänber  bet)olImä(^tigt,  erl^alten  burd^ 
ihre  SoOmo^^ten  nid^t  blo|  überl^au))t  größere  ©etpalt,  fonbem  aud^  bie,  9{amend  becl 
^o^^fted  mit  ben  Sifc^öfen  ald  Orbinarien  m  lonhirrieren;  enblid^  beginnt  @regor  VII. 
juerfl  einen  Unterfd^ieb  pi  mad^en  )h)ifd|^en  Segaten,  benen  er  einzelne  beftimmte  (aliquam 
k^tionem)  unb  fold^en,  benen  er  umfaffenbe  Slufträge  giebt  (vicem  suam  indiüget).  so 

(gine  feflere  ©eflalt  unb  ©^ftematif  gewinnen  biefe  Ser^öltntffe,  h)ie  bie  burd^ 
®tegor  VII.  angeregte  Sntlpitfelung  über^au))t,  erft  im  ^etretalenrec^te.  @d^on  bie 
Compilatio  I  tyit  einen  eigenen  SCitel  de  officio  et  potestate  iudicis  delegati  (1,21) 
m^  einen  de  officio  legati  (I,  22)  h)orauf  ber  de  off.  et  pot.  praelati  et  iudicis 
ordinarii  (I,  23)  folgt.  (Sbenfo  in  ber  Comp.  II  (Xitel  I,  12,  13,  14).  9lur  lautet  S6 
bo  lefttere  fd^Ied^tlpeg  de  officio  iudicis  ordinarii,  genau  n)ie  in  ber  Comp.  II  fmb 
bie  Irtel  in  ber  Comp.  III  (I,  18,  19,  20),  bie  IV.  unb  V.  ^aben  ben  SCitel  de  officio 
legati  ni(^t,  toeil  lein  neuer  Stoff  für  il^n  borlag.  ^ie  3)efretaten  ©regord  IX.  I^aben 
bie  brei  2:itel  gerabefo  toie  bie  II.  unb  III.  in  I,  29,  30  de  off.  legati,  31.  @rft  burc^ 
S)dretalen  (Sregord  IX.  (c.  8.  X.  de  off.  leg.  unb  c.  20  X.  de  sent.  excom.  V,  39)  40 
tmixbe  fd[^  ber  Unterfc^t^  ber  legati  e  latere  l)on  anberen  beftimmt,  feit  biefer  3^t 
bmn  man  olfo  fheng  brei  Jtlaffen  unterfd^eiben.  ^abei  ift  überflüfftg,  auf  bie  für  eine 
einzelne  Sac^e  abgeorbneten,  bie  delegati,  judices  delegati,  nä^er  ein^uge^en,  bie 
in  ber  ®eric^t«barfeit  (f.  Äirc^lic^e  ®erid^t«bar!ett  83b  VI  ©.  585)  il^re  ©tette  finben.  2)ie 
brei  JOaffen  ber  Segaten  ftnb  bie  folgenben.  45 

1.  Natus  l^ei^  ber  Segat,  fobalb  bie  Stellung  für  immer  an  einen  beftimmten  ßrj« 
Bifc^Dfdfi^  getnü)>ft  ifi  ©eine  SRed^te  toaren  anfangt  im  ganjen  btefelben,  meiere  pöHß^U 
lid^  Segaten  überl^au))t  befi^en.  ^aju  gehörte  l)or5ügli(^  tonhtrrierenbe  ©eric^t^barfeit 
mit  oflen  Stfc^öfen  innerl^lb  ber  Airc^enf^robing :  benn  bie  ^luridbtltion  ber  geborenen 
Segaten  ^  ben  Spalter  ber  jurisdictio  ordinaria  (f.  b.  ^.  itirc^Kd^e  ©ertd^t^barleit  50 
StoV®.  591,60),  fie  erfc^einen  ate  ordinarii  ordinariorum  unb  fönnen  fd^on  in  erfter 
Snfitan)  eine  ©ntfd^eibung  treffen,  fobalb  fic^  bic  Parteien  mit  Sefd^toerben  an  fie  toenben 
(f.  c.  1.  X.  h.  t.  Derb.  c.  2  eod.  in  VI),  ©ctt  bem  16.  JjßiS^r^wnbert  erfolgten  tnbcffen 
9ef(^an{ungen,  unb  ba  überbie^  ber  legatus  natus,  ebenfo  mie  ieber  anbere  älbgeorbnete 
befonbere  ^^äultäten  bebarf,  auc^  bei  ber  3(nn)efenl)eit  eine^  legatus  a  latere  eine  ©u^s  5.5 
penftim  bcrfelben  eintritt  (c.  8.  X.  h.  t.  Gregor.  IX.),  fo  baf  ber  3)lctro})olit  [xd)  ntc^t 
einmal  bad  Areu}  bortragen  laffen  barf  (c.  28.  X.  de  privilegiis  V.  33.  Innocent.  III. 
in  c.  5.  Conc.  Lateran,  a.  1215),  fo  fc^toanb  bie  3Rad&t  be^  legatus  natus  faft 
^finjjRd^  unb  ed  blieb  eigentltd^  nur  ber  @l^rentitel  (m.  f.  ©d;ott.  De  legatis  natis, 
»amberg  1788,  4^  t).  ©artori,  ©eiftKd^e«  unb  loeltlic^e^  latl^olifc^c^  ©taat^recbt,  33b  I,6i 


342  £egateit  mh  9Ittittien 

11.  I,  aiümberfl  1788,  ©.  266  f.).  ai«  legatus  natus  bcjctc^nct  fid^  anäf  ber  Äönig 
l)on  Ungarn.  @.  barüber  bie  Sitteratur  bei  ^infd^iud  a.  a.  0.  @.  518,  t)or  aOem  ober 
noi^m  ber  5t5nig  l)on  SigiUen  ba^  SRed^t  ctneS  Segoten  in  3(nf))ru(l^,  bal^er  bie  fog.  Mo- 
narchia  Sicula.    3)arüber  abf(^lte|enb  ^.@enti^,  3)ie  Monarchia  Sicula,  ^eib.  1869. 

6  2.  Legati  missi  nad^   bem  @))ra^9ebrau(i^e  beS  3)efretalenred^ted,    bidU>eiIen  bo 

Sd^riftfteQern  be^  13.  ^i^^^unbertd,  bann  im  14.  oft  in  ben  ))ä))fttic(^en  Briefen,  \paifx 
regelmäßig  bejeid^net  ol^  nuncii  apostolici,  SSoQjie^er  ber  i)äi)ftlid^en  auftrage  na(^ 
bem  il^nen  gegebenen  SRanbate.  ^m  allgemeinen  befi^en  fte  für  ben  ^nen  jugeu>iefenen 
@))renget  eine  orbentlid^e  ©erid^töbarleit  mit  bem  Siedete  ber  Delegation,  bi^  jum  16.  ^c^ 

10  l^unbert  aud^  Äonlurreng  neben  ben  Drbinarien.  Um  über  getDijfe  Sieferbatfcme  entfc^eiben 
m  bürfen,  ift  für  fte  ein  mandatum  speciale  erforberli(|,  toä^renb  bie  getDd^nlic^ 
Sleferöationen  i^nen  generaliter  juftel(^en  (f.  bie  ßitate  sub  3).  ©ie  bürfen  ^nbulgen^en 
öon  mel^r  ald  l^unbert  3^agen,  aber  nid^t  über  ein  ganje^  ^oi}x,  erteilen  (Ferraris,  Biblio- 
theca  canonica  s.  v.  legatus  nro.  46).  @te  ^aben  9rnft)rud^  auf  ^rohtrationen,  t)on 

löberen  @ntrid^tung  nur  biejenigen  Drbinarien  frei  ftnb,  toeld^en  barüber  ein  befonbertd 
))ä))ftlic^e^  $rit)ilegium  erteilt  ift,  toäl^renb  fonft  burc^  {eine  SSeriöl^ng  eine  folc^  Se^ 
freiung  erlangt  toerben  lann  (c.  11.  X.  de  praeseriptionibus  [11.26.]  Innocent.  III. 
a.  1199).  3"  t^^  3i"P9wi^  ber  3luntien  gel^ören  rote  Äleibung,  ein  toeiße^  Stoß,  txr* 
gotbete  S))oren  (Oonjalej  3^elleg  jum  c.  1.  X.  h.  t.  nro.  6). 

20  3.  Legati  a  latere,  l)on  ber  Seite  bed  ^at>fted  abgefenbete  Segaten,  collaterales,  late- 
rales, b.  1^.  itarbinäle.  Diefe  erfd^einen  ald  toirflid^eSle^räfentanten  bed  $a))fted  unb  auf  fte  be> 
}iel^en  ftd^  bie  mannigfad^en  l^5c|ften  $rärogatil)e,  beren  bie  3)efretalen  gebenlen.  gl^re  aO< 
gemeine  SSoQmad^t :  Nostra  vice,  quae  corrigenda  sunt  corrlgat,  quae  statuenda  oon- 
stituat«  (Gregor.  VII.  Epist.  lib.  IV.  ep.  26).   „Cui  nos  vices  nostras  commisimus, 

25  ut  juxta  verbum  propheticum  evellat  et  destruat,  aedilicet  et  plantet,  quae  se- 
cundum  Deum  evellenda  et  destruenda  necnon  aedifieanda  cognoverit  et  plan- 
tanda.  (Innoc.  III.  Epist.  lib.  XVI.  ep.  104).  Dad  äSorbilb  t)on  Senatoren,  n>el4e  bie 
jtatfer  ald  Segaten  abfenbeten  (f.  c.  8.  G.  ad  L.  Julian,  majestatis  [IX.  5]  Arcad. 
et  Honor.  a.  397,   in  c.  22.  G.  VI.  qu.  I.)   fd^toebte  babei   ben  ^&p\im  t)Ot,   unb 

80  in  biefem  @inne  erilärte  (Element  IV. :  „Legatos,  quibus  in  certis  provinciis  com- 
mittitur  legationis  officium,  ut  ibidem  evellant  et  dissipent,  aedificent  atque 
plantent,  provinciarum  sibi  commissarum  ad  instar  proconsulum  ceteroromque 
praesidum,  quibus  certae  sunt  decretae  provinciae  moderandae,  ordlnarios 
reputantes,    praesenti    declaramus    edicto,    commissum   tibi  a   praedecessore 

36  nostro  legationis  officium  nequaquam  per  ipsius  obitum  expirasse''  (c.  2.  h.  t 
in  VI.).  3tad)  bem  9ied^t  ber  3)e{retalen  gebül^rt  il^nen  in  ber  ^robinj  eine  jurisdictio 
ordinaria,  fraft  beren  fte  alle  Stutorität  ber  Sijd^öfe  fugjjenbieren  lonnten.  ®iefc  Siirig* 
bittion  umfaßt  aud^  bie  ^öc^ften  §Re{ert)attonen,  fo  ba^  bie  Segaten  unter  (utberen  baiS 
älbfolution^rec^t  ber  toegen  Rötung   eine^  5tleriferd  @£lommuni}ierten  beft|en  tmb   gtoor 

4ofelbft  aufeer^alb  il^rer  ^ßrobinj  für  jeben,  ber  fid^  an  fie  toenbet  (c.  4.  9.  X.  h.t.,  e.20. 
X.  de  sententia  excommunicat.  V.  39).  ^en  ßarbina^Segaten  ift  geftattet,  Sene» 
fixten  ür^lic^en  $atronatd  )u  l)ergeben  unb  ftd^  biefelben  fdbon  t)or  eingetretener  äSalon) 
gu  referbieren  (c.  6.  X.  h.  t.  c.  28.  X.  de  jure  patronatus  III,  38,  t)gl.  c.  1.  h.  t. 
in  VI^    93cifj)iele  unb  barüber  entftanbene  ©treitigleiten  loeift  I^omafftn  P.  II.  lib.  I. 

46  cap.  LH.  nac^).  ©^  ftel^t  il^nen  auc^  ju,  bie  SBai^len  ber  (Srjbifd^öfe,  Sifd^öfe  unb  ber 
6jem})ten  ju  beftätigen  (c.  36.  §  1  de  electione  in  VI°  [I,  6.]),  überlSKni))t  auc^  über 
©Eemjjte  ju  erfennen  (c.  1.  de  V.  S.  in  VI^  [V,  12J  Innocent.  IV.)  unb  }u  genel^ 
migen,  bag  ein  ecem^ter  9lbt  ^um  Sifc^of  getoöl^lt  merbe  unb  fid^  jju  fetner  Sttr^e  begebe 
(c.  36.  pr.  de  electione  in  VF),    ätö  Vertreter  be«  5Pa})fted  inter})retieren  fte   au(( 

60  bie  SKanbate  be^fclben  (m.  f.  c.  1.  X.  de  postulatione  praelatorum  I.  5.  „et  Car- 
dinalis nostrum  mandatum  interpretatus")*  S^r  9tnf))rud^  auf  ^rolurottonen  ge^ 
aud^  über  i^re  $rot)tn5  ^tnau^  (c.  17.  23.  X.  de  censibus.  III.  39).  ©ie  l^aben  bot 
3Sorrang  bor  allen  Sijc^öfen.  ©c^on  in  ben  befannten  dictatus  Gregoril  VII.  ^eijt 
e^  be^^alb  nro.  4:    Quod  legatus    (Romani  Pontificis)  omnibus  episcopis  prae- 

66  Sit  in  concilio,  etiam  inferioris  gradus,  et  adversus  eos  sententiam  deposi- 
tionis  possit  dare;  ba^er  l^at  auö^  bie  t)om  $a))fte  ober  einem  Segaten  au^^otbe 
ÄoDation  eine^  Senefiuum^  „propter  conferentis  ampliorem  praerogativam"  ben 
SSorjug  öor  ber  bijc^öfUc^en  (j.  c.  31  de  praebendis  in  VI".  III.  4).  ©ie  fmb  beredjf» 
tigt,  ftd^  in  ber  $rot)tn|^   ein  ^reu^   t)ortragen  pi   laffen,   unb   toenn  fte  in   eine  ©tobt 

60  fommen,  unter  einem  X^ron^tmmel  gu  fi|en ;    über^au))t   btlbete  ftc^   mit  ber  3^^  ^ 


Segaien  mh  9IttnHeit  343 

|)>e)tdled  unb  folenned  ScremonieD  m  bem  SSerl^ältntffe  ber  Segaten  ju  bem  gefamten 
S&ctu^.  Sine  Sefd^vdnhtng  für  bie  legati  a  latere  beftanb  nad^  au^brücStc^en  %t\U 
jetungen  hmn,  ba|  il^nen  o^ne  f))e^iellc^  3Jlanbat  bie  SSerfe^una  t)on  )Sifd^öfen,  btc  Union 
uüSb  3:eilun9  ber  Slidtümer,  bie  äSerfügung  über  bie  burc^  SBal^f  gu  befei^enben  3)ignitäten 
in  ben  Sti^efirc^  unb  einiget  anbere,  f.  ^infd^iu^  o.  a.  0.  @.  514  nid^t  ^ufte^en  {oQte  6 
(c.  3.  4.  X.  h.  t.  c.  4.  eod.  in  W), 

Son  ben  mit  ber  gangen  ^üDe  bon  Slutoritöt  abgefenbeten  legati  a  latere  ordinarii 
imterfc^eibet  man  bie  extraordinarii,  toelc^e  a\i^  3(nla^  befonberer  fd^tDieriger  %ätlt  ab^ 
georbnet  toerben,  h)ie  gur  Berufung  eined  ^ongitö,  ©efanbtfc^aft  an  einen  5t5nig  u.  f.  h). 
(Ferraris,  Biblioth.  cit.  nro.  6).  3(u(^  9luntien  h)erben  mitunter  cum  potestate  legati  lo 
a  latere  gefenbet. 

9)ie  t)ielen  burd^  Segaten  beranla^ten  Alagen  nötigten  ben  römifd^en  @tul^I,  ba^  bi^- 
j^crige  @vf^em  in  einzelnen  fünften  ju  önbem.  92ac^bem  feiten^  t)erfd^iebener  Staate 
gctpolten  Xb^^fe  bereite  berlangt  unb  mittelft  Singelfongefftonen  an  biefelben  teiltpeife 
aiK^  getDä^  toorben  tvar  (^infd^iu^  6.  523),  lie^  £eo  X.  auf  bem  Saterantonjil  1515  is 
boi  SBef4fIu^  faffen,  ed  foQten  bie  5tarbinatSegaten  Sleftbeng  polten  ,,ut  opportuna  le- 
gatorum  praesentia  populis  esset  salutaris,  non  ut  ipsi  laborum  et  curarum 
penituB  expertes,  lucro  tantum  suaeque  legationis  titulo  inhiarenf'  (f.  Tit.  de 
officio  l^ti  in  VII.  I,  8).  S)a^  tribentinifc^e  Jlon}t(  befreite  a\xd^  bie  bifd|^5flid&e  ®e^ 
ric^tdbarteit  bon  ber  l^ergebrac^ten^eeintröd^tigung:  ,,Legati  quoque,  etiam  de  latere,  20 
nnnciiy  gubematores  ecclesiastici  aut  alii,  quarumcumque  facnltatum  vigore 
non  solnm  episcopos  in  praedictis  causis  impedire,  aut  aliquo  modo  eorum 
imisdlciionem  iis  praecipere  aut  turbare  non  praesumant,  sed  nee  etiam 
eontra  dericos  aliasve  personas  ecclesiasticas,  nisi  episcopo  prius  requisito 
eoque  negligente,  procedant''  (sess.  XXIV.  cap.  20  de  reform.).  3)arauf  grüns25 
UU  bie  Gongregatio  Card.  Conc.  Trid.  Interpr.  Derfc^iebene  Sntfd^eibungen  m 
Simßen  ber  SifdjK^fe  gegen  bie  £egaten  (f.  %mattö  a.  a.  0.,  3lx.  35.  36 ;  Slic^ter  u.  @d^ulte 
Concii.  Trident  a.  a.  D.  9lr.  4,  ©.  390).  S)a«  SCribentinum  überträgt  übrigen«  ben 
Scgoten  unb  92untien  neben  ben  Orbtnarien  bie  Sefugnid  gur  Prüfung  ber  tanonifd^en 
(foforbemiffe  berjenigen,  h)el(^e  )u  Jlat^ebralfirc^en  beförbert  tperben  foUen  (sess.  XXII.  30 
cap.  2.  de  reform.),  foh)ie  unter  @meuerung  bed  c.  3  de  appellat.  in  VI.  (2,  45), 
hcA  Stecht  bie  3l))t)eaation«inftan)  ju  bilben  (Trid.  cit.  cap.  7). 

5E)ie  Soge,  toelc^  burc^  bie  beiitfd^e  Sieformation  l^ert)orgerufen  toarb,  fül[^rte  jur  Sin» 
ric^tung  ft&nbiger  92tmtiaturen.    ^toax  am  faifertid^en  $ofe  ju  2Bien  l^atte  e«   fd^on  feit 
Xnfong  bed  16.  ^o^r^nbertd  eine  gegeben,  unb  ebenfo  ift  bte  am  i^ofe  gu  äBarfd^au  alt,  86 
tiba  ffängt  in  i^rem  Urfk)runge  boc^  gleid^foU«  nid^t  mit  ber  Sieformation  jufammen,  \)kU 
mc^  tiHiren  beibe  an  erfter  @teQe  ))o[itifd^e,  h>ie  e«  bergleic^en  auc^  an  anberen  totl^O' 
tifcpm  $öfen  gab.    alte  aber  bann  ba«  beiitfc^e  Steid|^  im  Slug^burger  Sleligion^frieben 
tMm  1555  ben  3)ienft  bed  toeltlid^en  Slrme«  jur  Unterbrüdhtng  be«  ^roteftantidmud  auf- 
geiünbigt  ^otte  unb  bemgemä^  bamit  gered^net  toerben  mu^te,  ba^  in  Slorb^  unb  in  SBeft^  40 
boitfdblmtb  etHmgelif^fe  ^Eerritorien  e^iftierten,  in  benen  ber  ^ortbeftanb  fati^olifd^er  Sifi^of^^ 
unb  Srjbifc^ofdfti^e,  ober  aucb  ba«  ftrc^Iic^e  ^ineinregieren  ber  benad^barten  Sifd^öfe  in 
bod  £anb  regierungdfeitig  nicpt  gebulbet  tourbe,  unb  ol«  {))öter  ftd(^  nid^t  l)erfennen   lie^, 
ba|  in  ben  n^bliipen  Seilen  be«  burgunbifd|^en  Sleic^^heife«,  b.  i.  ber  f))anifd^en  Slieber^ 
bo^,  bie  etHmgelijd^e  Sel^e  gleidbfall«  nid^t  )u  unterbrütfen  fei,  ba  begrünbete  man  für  45 
Mcfe  ®ebiete  ftänbtge  ))ät)ftlid^e  Scuntiaturen :  für  ben  tractus  Rheni  in  Slorbbeutfc^lanb 
fä  Jtobi  1582,  für  bie  ))roteftantifd^e  Sc^toeij  unb  ben  beutfd^en  @übh)eften  ju  Supern 
1686,   für  bie  SRieberlanbe  )u  Srüfjel  um  1600.    ®a  in  jenen  })roteftantifd|?en  ©ebietcn 
Me  Stootd^ilfe  gegen  ben  $roteftanti«mu«  entbehrt  toerben  mu^te,  fo  toar  man  bort  auf 
SRtffum  bef(^r&n!t:  bie  bifd^öflic^e  Seitung  biefer  SRiffton  an  Stelle  bc^  ^at)fte^  toar  bie  go 
^au))taufgabe  ber  brei  SRuntien,  toelc^e   bai^er  auq  mit  SRiffiondfalultöten   audgeftattet 
Imtiben;   ta>enngletd^  bied  9lmt  nic^t   tl^re  einzige  älufgabe  toar,  t)ielme^r  bie  @orge  für 
ttitnlic^  Durc^^rung   ber  tribenttnifc^en  @d^lüffe   unb   über^au))t  bie  S^ertretung    ber 
9lec^  unb  gi^^^^  ^^  ))ät)ftlid^en  Stul^le^  tl^nen  gleicl^faQd  aufgetragen  tourbe.    93gl. 
SDteier,  SHe  $ro})aganba,  1,  180.  323;  2, 184  fg.,  unb  bie  bafelbft  gegebenen  titterarifd^en  66 
tmb  anberen  Slac^toeifungen.    %ixx  S3öl^men  unb  bie  £auft|   erl^ielt  ber  äBiener  92unttu^, 
ffir  $o{en  unb  DfU  unb  28eft))reugen  ber  äBarfd^auer  ä^nlic^e  3Rif fton^ufträge ;    fte  biU 
beten  ober  nic^t  bie  $au))taufgabe,  fonbem  nur  einen  92eben))un!t  i^rer  6tcQung.  @ämtlt( 
Rotten  biefe  Sluntien  facultates  ordinariae   unb   barunter  bie  ^oQmac^t,  bte   fte  au( 
gelegentlich  ausübten,  mit  ben  Sanbeebifd^öf en  ber  latl^olifd^  gebliebenen  Xeilc  il^red  Q>pxcn^  eo 


344  Scgate«  ttttb  Shtntie« 

gel^  in  ber  SiöcefanbertDaltung  ju  lonlurtteren ;  ebenfo  mad^ten  fte  \)xn  unb  toteber  ben 
h)eltlid^en  ®€h)a(ten  gegenüber  bte  rihntfd^en  9lnf))rüd^e  geltenb.  9lud  einem  tote  au&  bem 
anbeten  ®runbe  gingen  ballet  Streitigletten  unb  93e{d^h)erben  l^erDor,  bie  SBa^IIo^ttuIatiim 
9lrt.  14  k)erfuci^te,  ben  5laifer  jur  3(bl^ilfe  ju  t)ert)f[ic^ten  (f.  $äberlin,  ^rogntat.  ®ef4. 

ober  neueften  laiferl.  aQ3al^lfcH)itulation  [1792],  ©.  198 f.,  namentlich  gu  §  3),  bie  Äur» 
fürften  grabaminierten  in  einem  5toUegiaIfd^retben  an  il^n  t)on  1764  über  Eingriffe  römi« 
fc^er  93e|^örben,  bie  bret  geiftlid^en  Kurfür[ten  befc^Ioffen  1769  formulierte  ^orbentngen  in 
biefer  9iic^tung  (Jlobtenger  Slrtilel)  mit  ^tlfe  be^  jlaiferd  burd^Aufe^en,  unb  obtDol^l  bied 
gule^t  faOen  gelaffen  tourbe,  fo  toaren  bod^   indbefonbere  gtoifc^en  bem  Jlölner  9htnttud 

10  unb  ben  rl^eintfc^en  @r;ibifc^5fen  eine  Sleil^e  einfc^Iagenber  Differenzen  im  ®ange,  atö  gegen 
6nbe  vorigen  gö^^^u^bert^  bei  ©elegenl^eit  ber  Stiftung  ber  ÜRünc^ner  SRtmtiatur  (1785) 
ber  ©treit  l^od^  aufloberte.  ©.  borüber  SKejer,  3"^  ©efd^id^te  ber  römifc^^beutfc^en  groge, 
It.  1  (1871),  ©.  83  f.,  89  f.  Äur))fal5'-g3aiem,  feit  1777,  h)o  bie  baierifc^e  Stnie  auä« 
ftarb,  ein  ni(^t  unbebeutenbed  Sleid^glanb,  toelc^ed  bamald  auc^  bie  nieberrl^eintfc^  ^' 

16  gogtümer  Igülid^  unb  Serg  noc^  einbegriff  unb  bejfen  berfd^iebene  Xeile  bon  nod^  t>ei|^ie> 
beneren  35iöcefen  berül^rt  tourben,  benn  Sanbe^bifd^öfe  befa^  eg  leine,  fonbem  tourbe  fin^ 
lic^  burc^au^  Oon  au^tn  l^er  regiert,  l^atte  feit  lange  ben  territorialiftifcp  motivierten  äfiunfc^ 
gel^abt,  \iaii  biefer  Slegierung  t)on  audtoört^,  Sanbeebifd^öfe,  bie  ed  bielmel^  fetnerfeitS 
leiten  tonne,  gu  befi^en.    S^iefen  SBunfd^  bei  ber  Aurie  burd^gufe^en,  toor  ed  inbed  mM 

20  mächtig  genug.  älQem  man  lomtte  ftd^  entgegenlommen ;  benn  toenigften^  ber  tJ^otföd^licpe 
3lu^fc^lu|  ber  bi^l^erigen  Sifd^öfe  lie^  ftd^  erreid^en,  toenn  einem  für  ben  Umfang  beS 
)3fahbaterif(^en  @ebiete^  beftellten  9luntiu^  t)ö))ftlici^erfeitd  bie  mit  ben  Sifc^öfen,  bqb). 
@r^bifd^öfen  lonhtrrierenbe  orbentlid^e  Aird^enregierung  übertragen  unb  bann  regiertmg^ 
feittg  ben  Untertl^anen  geboten  tourbe,  ftc^  il^rerfeitd  nid^t  an  bie  Sifcböfe,  fonbem  an  ben 

25  92untiu^  gu  toenben.  @ine  fold^e  @inrid^tung  l^atte  in  jenem  älugenblide  Sebeutung  ffii 
bie  Äurie.  ®enn  feit  bem  (grfd(;einen  bon  ^ont^eim«  (f.  b.  %  8b  VIII  ©.  340)  pebroniu«, 
1763,  in  toeld^em  bie  Säefugnid  bed  $a))fted,  jene^  mit  ben  Sik^öfen  lonmrrierenbc 
5{irc^enregiment  gu  üben,  mit  galli!ani|d^en  @rünben  in  9lbrebe  gefteut  toorben  toar,  ^otte 
biefer  nunmel^r  fog.  ^ebroniani^mu^  bte  größte  Verbreitung  unb  Slnerfennung,  bon  fetten 

80  ber  ^Regierungen  aber  faft  allgemeine  görberung  erfal^ren,  unb  bie  römifd^e  Äurie  toar 
überl^au))t  an  Oielen  fünften  jurüdgebrängt.  @d  toar  i^  alfo  t)on  größer  Sßic^ttglett, 
in  93atem  eine  ^Regierung  gu  finben,  toel^e  bie  htrialen  älnfprüd^e  Otelmel^r  m  unter« 
ftü^en  bereit  toar  unb  mit  beren  §ilfe  fie  fo  mächtigen  febronianifc^en  SQäiberfac^em,  toie 
bie  beutfc^en  Srjbifc^öfe,  mit  einem  em)3finbli(^en  ©dEilage  begegnen   lonnte.    Stid   biefen 

85  @eftc^t^un!ten  ging  gtoifc^en  Slurpfalg-Saiem  unb  9lom  ein  gur  ®rünbung  ber  ÜRünc^er 
mit  ben  obenertoö^nten  S^oQmac^ten  audgerüfteten  9luntiatur  unb  gu  ben  entf^rec^eitben 
3Jlagreaeln  ber  baierifc^en  9ftegierung  fül^renbe^  Sünbnid  l^ert)or,  toäl[^renb  bagegen  bie 
©rjbifcpöfe  ftd^  über  ba«  batoiber  SSorjunel^menbe  burc^  SetJoUmäc^tigte  in  @m«  oeretnigten 
unb   ftc^   um  Unterftü|ung  an  ben  Kaifer  toanbten.    Die  auf  folc^e  9lrt   entftonbenen 

40  ©trcitigfeiten  ftnb  c«,  Sie  man  fJ)ejieD  unter  ben  „9luntiaturftrettigleiten"  beS  od^tjel^nten 
^a^r^.^  ju  Ocrfte^en  J)flegt.  Über  il^re  toeitere  ©nttoidfelung  ift  ber  Slrt.  @mfer  icongrej 
^b  V  ©.  342  ju  Oergleidl^en.  Sitteratur  bei  SDRejcr  a.  a.  D.  unb  bei  Älüber,  gortfe^ung  ber 
Sitteratur  bc«  beutfc^en  ©taat^red^te«  t)on  $ütter  (1791),  ©.  556  f.  ©ie  pnb  in  i|rem 
Serlaufe  gefreujt  toorben  burd^  ben  bie  beiberfeitigen  5löm})fer  t)ertoel^enben  ©türm  ber  fran« 

46  göftfc^en  Devolution,  toelc^er  ber  Sldlner  9{untiatur  überl^aiq)t  ein  @nbe  gemacht  ^t,  obtoo^l 

römifd^erfeit^  ber  ©tanb))unlt  feftge^alten  toirb,  fie  fei  nur  ,,nod^  nid^t"  toieber  aufgerichtet 

Ueber^au))t  betrachtet  bte  römi{d|^e  5turte  unb  bie  auf  i^re  ®eftd^tdt)un{te   eingel^be 

firc^lic^e  ©enoffenfc^aft  ba^  ältere  Siedet   in   betreff  ber  l3ät)ftlid^en  Segaten  unb  Stuntien, 

tote   e^  oben  aud  ben  Defretalen  bargefteQt  toorben  ift,   noc^  aU  giltig.    @d   ift   blo^ 

60  ©itte,  bafe  ber  ^ajjft  l^cutjutage  nid^t  fotoo^l  mel^r  Legaten  a  latere  (ober  de  latere, 
toa^  ebenba^felbc  bebeutet),  atö  tjielme^r  9luntien  m  fenben  i)flegt.  9Joc^  giebt  ed  eine 
nic^t  geringe  Sln^al^l  ftänbtger  ^Nuntiaturen;  bie  SKüncpner  ift  aud^  noc^  Slifftondobrigtett 
unb  gtoar  für  Sln^alt  (^Rejer,  $ro})aganba,  2,  506  f.).  —  Söirb  nir  SSertoaltung  einer 
jolc^cn  ^Nuntiatur  jcittocilig  ein  Rarbinal  tjertoenbet,  fo   I^eifet   er  ^rontmtiu^.    Ate  an 

66  Sang  ©ertngcre  aber  toerben  in  neuerer  3^'^  ^^^  ^^  ^Runtien  nod^  bie  Internuntien 
unterfd&tcbcn,  bcnn  bie  Segaten  unb  9?untien  ^oben  nac^  bem  auf  bem  äBiener  Jtongreffe 
befc^loffenen  ^Reglement  über  ben  2)i})lomatenrang  ben  Jlang  ber  erften  ÄIaf[e  (ambassa- 
deurs) ;  ob  bie  Internuntien  ben  ber  j^toetten  ober  ber  britten  ^aben,  toirb  geftntten  (ogL 
filüber,  ä^ölferrccbt,  §  180 f.;  $effter,  l^ölfcrrec^t  ©.  357;  9)lirufe,  guro^KÜfc^e«  ®efanbt* 

60  fc^aftercd^t,  2,  35  f.,  auc^i  1,  101.  112.  115;  2,  281). 


Legaten  nnb  9Iunticn 


£eQfRbc 


345 


^ai  bic  ©laat^egicnmgcn   fccm   ^afi\lt   (clc^crgeflall   boS  ®E(anbtJi5aftörc(^t    «ti: 
läuinen,  borin  liegt,  otlcot)!   [k   ii}n  babci  iinjlDcifcl^aft   nit^t   blog   ali  ÖbcT^aut)t  beä 
flird^cnPaatci,   (clangc   er  baö  lunr,  im  Muge  Ratten,  [cnbent  cbenjoloD^I  iinb  met»t  ats 
CbcrfcauiJt  bet  tatboli(cb'tit(^liiicn  ©enoffenfcliaft,  boc^  teine  Slncrfennuiig  ber  bon  i^m  in 
It^ter  eigcn|ttiaft  ntjobcnoi  ©ouBctänität^anilJtüiie,  (onbcm  bieg  eine  ainertennung  feinet  b 
t^fäc^Iicpen  [ojialen  5!Ja(^t.    6S  finb  i?tet   biejelben  ®eft(ljtö)3unltc,  Isic   beim  Stbl^HuRe 
Bon  Jtonlotbolen  enHdieibenb,    2Benn   aber   bet  Slaal   ben  (jöpftli^en  ScöoHmattitialcn 
bcmgemäg  als  SMijlomaien  gelten  läfet,  )o  be&anbelt  et  i^n  aU  foltfien  aut^  in  betreff 
(ein«  SulüRwö   c^«^  Sficbtjulafjung,   lÄfet    a\\o   benjeiiiflen  nit^it  ju,   bet  tjctfönlit^  nidjt 
accebtabtl  ift,  bcilangt  Segitimation  butd)  ©otlage  bet  a^oHmac^t,  fotbett,  bafe  bet  58etiolI>  in 
mäqtigte  [id}  in  ^inge,  bie  übet  feinen  3Iufttag   ^inau^e^en,   nic^t   mifctie,   fc^iift   i^m, 
toie  n«t)  bie  belgifcben  aSotgiingc  «Ö  bet^Ötigt  Ijaben,   ebentueÜ   (eine  ^äf|e.    i;ic|c  ©ou= 
WrönitötfibefugniS  be^  ©tnateS   etfeiint   üUcibingS  bie  tömiftfie  Äurie,    ba   fie  brt  fiivcbe 
gegenfibet  bie  6taatäfDuberänitnt  [eugnet,  im  @tunbe  libertiai^t  nit^t,  jebenfadä  ober  nur 
[Dtveit  an,  atö  b«  9iuntiuö  bei  ber  ©taatötegicvung  acctebitictt   ift,   nic^t  bingegen,  in(o=  15 
fem  er  in  tnntrtiti^Iit^en  fingen  Si'Kmat^ten  bcfift;    benn   in  ber  Diatut  bet  fitdjlicben 
^ieran^te  Hege  ci,  ba|  bet  'Ißapft  mit   ben  Scfalbectcaltctn   bed   tatt^olifi^en  ^itcfienregis 
ments  (Otbinotien)  auch  but($  bctgleit^en  SieOoClmättjtigtc  müfie  beliebten  liSnnen.  §ierbon 
ift  fo  Biel  tidtlig,  bafi  et  mit  i^jnen  fo  gut  buvdj  Soten,  wie  butd)  ©riefe  »ertebwn,  aud) 
i^i  iSinjetgefcbdfte  Äonimifforien   benufttagen   lann:   bie  ©taatätegiening  ^t   gegenüber  :>ii 
feilten  geniitingen,  wenn  nidjt  baä  t)pfitiBe  Sanbefirei^l  ij^t  giijfiere  Sefugniffe  beilegt,  bloft, 
foUa  fie  auSlänber  ftnb,  ba^  auättieifungatecbt.    9Sibet  bie  Strit^tiing  einet  jWnbigen 
Shintiatur  o^ne  biplpmatifc^cn  Slufttag,  Bon  ber  bisweilen  bie  3iebe  geWefen  ift  unb  beten 
Sbee  leitfet  iBicbet  auftaut^en  fönnte.  Würbe  fie  aber  anA  nct^  anbete  Sedjte  ^oben:  nic^t 
nur  reo  bie  Snnbe^gefepe  fie  i^  geben  (|.  bariibet  ^inftpiuS  a.  a.  D.  S.  535  f.),  (onbetn  26 
in  33eutftblanb  nQjjemein.    2}cnn  bnä  beutf(^e  latbolifdfe  Äitc^entetijt  lennl  nut  bie  Si= 
fi^ofe  als  Otbinatien,  unb  giebt,  unb  jlBat  untet  Suft^nmifl   beä   vömif^en  ^ofeS,   bei 
beten  Slnfledung  oUent&alben  ben  ©taatSKgietungen  ein  äRillDitlungätc^t,  mag  baäfelbe 
in  einem  3!otfcbIagätet^te,  mag  eS  in  bem  Steckte  bet  Mble^nung  Don  personae  minus 
gratae  btftefjen.    Crbinaticn,  ju  benen  jie  nicfit  eingewilligt  ^at,  btaut^t  baljet  feine  Iflc;  30 
giening  im  Sanbe  ju  bulben,    3tun  bat  leine  ben  Slnfpiiic^  beä^obfteö  auf  fonfurtieten' 
Be*  flitt^enregiment  neben  ben  Sifcböfen  unb  (Sigbilrfiöfen,  mit  anbeten  ©otten  ben  Stn« 
ftmi^,  feinerfeilS  aHenlbalben  DtbinatiuS  ju  fein,  nnettannt,  Bielme^t  finb  bie  SHuffaffungen, 
aud   benen    folcbe  Stnf^tücbe   folgen,   in  Stnla^   beS  ^(atifanumS,   bon  allen   in  33ctta(^t 
tommenben  beulft^cn  Staalötegitrungen  me^t  obtt  tocniger  auöbtücflii^  abgelehnt  wotben.  35 
€ie  btaudirn  fii^  alfo  aud?  ^erttclet  biefeä  )!ä))ftli(^en  OtbinatiatS  nii^t  gefallen  ju  (äffen, 
unb  ba  nadi  bein  bon  bet  fit^lii^en  @enDffen|(baft  in  bicfet  ^infit^t   no($  als  gillig  bt' 
^anbellen  tancnififien  iRei^te  flänbige  Nuntien  regelmäßig  ^ollmaditen  befi^en,  benen  ju> 
folge  fie  betgleit^en  OtbinatialSBctlietet  fmb,   [o  ift  fcbe  beutft^e  Snnbeätegietung   befugt, 
fte  nitbl  ;u  bulben,   folangt   fie  i^t  nidjt  (Satautie  geben,  bafe  i^e  2>pllmai^ten  leine  bie  m 
Dtbentiictie  regietungSfeilig  anerfannle,  fiti^Iicbe  .^ietatt^ie  beS  Sanbeö  nlterietenbc  feien. 
($■  S-  3acob(Dn  t)  ».  Si^ttlte. 


Legen  ila  i 


i  f.  Sb  VIII  S,  561,  6ff. 


fifflenbe.  —  aitieraiur:  gerbet,  lieber  bie  Segenbe,  SSS  fitg.  nun  ®iip6an,  XVI, 
387— 390.  u. ilegenbeii,  XXVni,  167—346,  beibeS  tn  Oe'il>cl8öibllDl6eI  "274;  fi.ffl.  Bügel,  I6 
Werfutii  einer  ©efdiiditc  unb  5Bürbigung  bet  Ccgenbe,  in  Qllflenä  $lft.=lfiepl.  fflbtifli'b langen, 
Ijr,  1824,  141—179;  B.  ^Kauri),  Eludes  aur  ies  Icgendeg  pieusea  du  nioyeu-Age  ia4:j, 
»Oroyanccfl  et  legendes  du  m.-d.  1896;  «.  ScftulBe  in  (Srfcb  u.  ©ruberä  SSSS  n  Ser.  42, 
366f.i  5t.  »iitres.  ®ie  m-  Äritil  unb  bie  Stgcnbc  $»3  ü7.  1887,  212-221;  3.  ^bttinger, 
Bfab.  SüTttflge,  l\  180  ff. ;  $.  u,  Sitten,  ®efcb.  u.  Softem  b.  mittelalterl.  ^eltanft^auiing,  1887.  60 
656ff.  6S0|f.317ff.389ff.  440  ff.  62&1.;  Ä.  ^ornad,  Cegenben  M  ©efdiitötSqueBen,  ¥3  65, 
1890,249—265;  e.»tm£icim.  Seftrb.  b.  öift.  ^el^Dbe,  '1894,  266,  276,  383;  S.  a.  iöernuuQi, 
S)l(  ^eiligen  ber  ^eroninger,  1900,  bef.  149ff-;  Wigne  (^Ilouliel),  Dictionnaire  des  liegendes 
18ÖÜ  unb  D.  des  apocryphea  1856.  —  Sgl  bie  A.  Acta  martyrum  I,  146,  .^eilige  VII, 
554,  ».  ßSuibuniä  VII,  230,  SalübuS  non  aüroggio  VIII,  561.  baju  IX.  811,  MenaeeD  ts 
(MeuologieQ),  $erilo;ien,  @Qiiieon  9Jtfla))t)TnfteS,  Sunbet;  ouc^  ben  Sl.üegenbe  Don  g-Slielifi 
in  ber  »oriaen  Auflage  m  VIII.  527.  -  Sammlungen:  $.  ?ii|)er,  Sie  geiftl.  3)id|. 
tung  beS  3KfI.  (n  Snrfdmere  beutfdier  ^aL-i^ilt.  3;  j^otftmann,  «Iteugiifdie  Segciiben,  1875, 
SBfltbüUtÄ  ilegcnbenfornmliing.  1881;  Early  englJBli  texta  Society  1887  u.  o.  SBitbe  ;  Nova 


Ä 


346  Segenbe 

legenda  Angllae,  as  collected  by  John  of  Tynemouth,  John  Capgrave  and  othere  1901; 
(S.  (&,  be  $ooQd,  Middelnederlandsche  Legenden  en  Exempelen,  1900  *,  E  forn-svenskt  Legen- 
darium  ed.  ®.  ©tep^enS,  ©lorf^olm  1847/58/74;  3anibrini,  Collezione  di  Leggende 
inedite  scritte  ncl  buon  seculo  della   lingua  toscana,    Bologna  1855;    Sceltä   di    coriositä 

6  letteraria  XXXI,  LH,  LIII,  LVII ;  Material  finbct  p*  acrftreiit  u.  a.  in  «Wonn^arbt«  Stfdjr. 
f.  b.  "^D^^titologie  unb@ittenrunbe;  S^itfc^r.  f.  beutfc^e  $6itologie,  3^%  Germania;  Bomania, 
Bulletin  de  la  soci^t^  des  anciens  textes  fran9ai8;  ®.  ^ariS,  La  po^ie  du  moyen-ftge, 
M895 ;  ®.  3Ke^cr,  Notices  et  extraits  34  I,  35  II,  36  I ;  Hist.  litt  de  la  France  XXXII, 
1898.  78—108;    Gaidoz'  Melusine  (Scilfdjrift  1877 ff.):    ^Borb,  Catalogue   of  Romances  in 

10  the  British  Museum,  II,  1393;  @.  ß.  JHodj^oIj,  ©anbcrlegenben  au«  ber  obcrbeutf(ftcn 
«eftjeit  üon  1348—1350,  ?lrgouia  XVII,  1886.—  gür  bic  Äunftqeft^idjtc  f.  3Rr«.  3ame(on, 
Sacred  and  legendary  art,  Sonbon  1848 ;  Legends  the  of  monastic  ordere  1850,  L.  of  the 
Madonna  1852,  *1857;  S.X.^erou«,  OJefdöi^tc  ber  (ftrlftl.  Äunft,II,  1898, 424 ff.;  fim.  Male, 
L'art  religieux  du  XIII«  sifecle  en  France,  ^ari«  1898,  265  ff. 

16  Legendarius  vocatur  liber  iUe,  ubi  agitur  de  vita  et  obitu  confessorum, 
qiii  legitur  in  eorum  festis,  martyrum  autem  in  passionariis,  befmiert  um 
1180  go^.ScIct^,  de  div.  off.  60,  MSL  202,  66,  banad^  aOStU^dm  3)uranbu^,  ration. 
VI,  1,  29  (bgl.  ^u  Sänge,  ®Ioffarium  s.  v.).  ^a«  fe^t  ben  Terminus  legenda 
boraud,   ber  fonft  für  btefe  RÄt  laum  nad^)uh)eifen  tft;    erfl  im  13.  ^o^l^unbert  trifft 

ao  man  i^n  öftere,  im  15.  I^äu^.  3)te  je^t  üblid^e  oQgemetne  93erh)enbung  ift  erft  mobern, 
ebenfo  ber  ©ebraud^  in  S^umi^matil,  ^erolbil,  ^artograt)^ie  unb  SIonogr(tt)^ie,  too  man 
unter  S.  aOe  Um«,  ä3ei^  unb  Sluffc^riften  berftel^t.  3u0kic(  erweitert  ftcp  ber  Seoriff: 
urf))rünglic^  befd^ränlt  auf  eine  bon  ben  passiones  oer  äJlärtbrer  unterfd^iebene  Klaffe 
bon  ^eUigenleben  in  ber   }ur  Eird^Uc^en  SSorlefung  bei  ber  ^apre^feier  bed  betreffenben 

26  geeigneten  ^orm  (f.  AASS  Apr.  I,  34  b),  bel^nt  er  ftc^  au^  auf  aQe  ^eiligen«  unb 
äBunbergefc^id^ten  unb  erfd^eint  in  Legenda  aurea  aU  %xtd  ber  gonjen  ©ammluim, 
bie  man  frül^er  vitae  et  passiones  sanctorum  genannt  ^aben  toürbe.  3)ie  Slüdtfupt 
auf  ben  lultifd^en  ©ebrau^,  anfangt  fo  borl^errfc^enb,  ba^  legenda  gelegentlich  bon  ber 
©efamt^eit  ber  jur  gotte^bienftltd^en  SSorlefung  ober  Slbfmgung  beftimmten  Xeste  gebrauch 

80  toirb  (MSL  72, 207  u.  ö. ;  auc^  bad  Xeftament  9lubo^nd  a.  1363  bei  ®u  Sänge),  tritt  jurücf ; 
$rit)aterbauung  tritt  ald  3*^^  l^erbor.  ^n  neuerer  RÄt  ift  bie  Segriffdertoeiterung  fietig 
fortgefc^ritten.  3Ran  berftel^t  unter  Segenbe  bielfac^  fd^led^t^in  ettoa^  untoo^red,  iebe  er» 
bic^tete  @r}ä]^Iung  au^  alter  unb  neuer  3^it.  ^ür  bie  Ilaffifd^e  ^l^ilologie  ^ot  äBelder, 
®r.  @(^tterlel^re  I,  95  ff.,  £egenbe  al^  Sejeid^nung  ber  33oIföfagen  lo!aler  3(rt  im  Unter« 

36  fd^icb  bon  bem  SK^t^uö  eingeführt  (bgl.  6.  SRol^be,  ©r.  SRoman  24  ff.).  ÜKan  rebet  toon 
9{a))oleondlegenbe,  ^arteilegenben  u.  ä.,  unb  benit  babei  an  „SSerllärung  gefc^ic^tlic^ 
X^atfad^en  burd^  bie  ^^antafte''  (^etnrici,  (SncVtlo)).  238  f.).  ^amatf  toiO  unter  Segenbe 
iebe  jubieltib  gefärbte,  d^arafterifterte  ©efd^id^t^barfteQung  berfiel^en:  „Sie  Segenbe  iji 
Beurteilung  ber  ®efc^id|^te  in  gorm   ber  ©efd^ic^t^erjöl^tung",   eine  gtoeite  ©efc^ic^te,  bie 

40  neben  ber  ©efd^ic^te  ber  Xl^atfac^en  ^ergel^t,  eine  ©efd^ic^te  ber  ©ebanlen  über  bie  UfaU 
fad^en.  @^  bürfte  fid^  aber  em))fe^len,  ben  begriff  auf  bad  religii^fe  ©ebiet  gu  befc^otäen 
(SSeml^eim),  tote  e^  aud|^  in  ben  neueren  Sitteraturgefd^id^ten  üblic^  ift.  3)ie  Segenbe  ^e» 
|ört  gu  ben  ^eiligen,  toie  ein  ^eiliger  nid^t  fein  lann  o^ne  Segenbe.  SRur  fofem  ontife 
tote  mobeme  ^eroen  unter  ben  ©efic^it^punh  eined  ^eiltgenlulte^  gerüdEt  toerben,   tarnt 

46  man  aud^  bei  i^nen  bon  Segenbe  f))re(^en ;  unb  nur  toeil  ^eiligenbere^rung  nic^td  fi>^)ifif<^ 
c^riftüd^-mtttelatterlid^e«  ift,  red^tfcrtigt  fid^  bie  Übertragung  be«  Segriffd  auf  onbere  Ste* 
ligion^ebicte  Cil.  SBcber,  Segenbenbuc^  ber  S^inöfelte,  3lbl^anbl.  f.  Äunbe  be«  SDlorgens 
lanbe«  I,  4,  1854 ;  SSinfon,  Legendes  bouddhistes  1900 ;  Segenbe  =  Haggada, 
Äau^fd^). 

50  Sie  d^riftlic^e  Segenbe  ift  fo  alt  tote  ba«  Si^riftentum  felbft.  911«  toilbe  9tanle  um« 
fd^lingt  fte  al«balb  ba«  Sbangelium  oon  S^riftu«;  fie  fd^afft,  an  ben  antilen  älriferoman 
an!nüi)fenb,  feinen  9lj)ofteln  eine  aj)ofrVpl(^e  ®efd^td9te.  3l«Ietenibeal  unb  geugentob,  ^ier 
mfammengefd^aut,  fäQt  j^äter  au«etnanber:  neben  ben  acta,  passiones  martyrum 
fte^en  bie  vitae  patrum ;  bie  5Wart^rien  ber  erften  3  ga^r^unberte,  bie  9Jlön(^beDictriPiI 

66  be«  4.  unb  5.  gal^r^unbert«  fmb  bie  bciben  DueDen  aller  §agiogra})^ie ;  fte  bilben  ben 
©emeinbepfe  ber  griec^tfc^en  unb  ber  ocdbentalen  Gl^riftenl^eit.  äfber  too  immer  ft>ata 
^erborragcnoe  9l«Ietengcftalten  ftc^  jetgen,  too  ftd^  ©elegen^eit  finbet  jur  ©rtoeifun^  be« 
Sefennertum«,  ba  fe^t  fofort  auc^  bie  Segenbe  ein.  ^z\)n  neu  in  ben  G^or  ber  ^eiligen 
eintretenbe   bebeutet   einen  3^^^^^  ^^  Segenbe;    jeber  Jtalenbereintrag  beranloft  aud^ 

60  neue  fd^riftfteHerifdf^e  Segenbenfijierung.  daneben  finb  e«  bie  Sletiquien  ber  ^eiligen, 
^eld^e  burd^  i^r  Sluftauc^en,   i^re  Überführungen,   il^re  äßunber  bie  Segenbe    forttoä^ 


Segenbe  347 

tenb  befc^^ftigcn.    So  lommt  ftet«  iDteber  eine  gehjtffe  Sofalfatbe  in  ben  2egenbenfc^a§ 
^incin. 

Sitterorifc^  ber  Slobette  bettüanbt,  toiH  bie  Segenbe  untetl^alten,  boc^  juglcic^  erbauen. 
©ie  tjfrfolgt  ftetö  beftimmte  reltoiöfe  unb  moralifc^e  lenbenjen.  ©^  gilt  nic^t  nur  ben 
amt2en  ©inbrud  einer  ^erjönlid^feit  in  einem  SBort,  in  einer  I^at  jufammenfafjenb  ju  6 
filteren,  tood  nic^t  ol^ne  übertreibenbe  SSerftärfung  bed  (Sigenartigen  fein  tann :  ba^  Seben 
bc«  ^eiligen  foH  borbilblid)  toirlen,  ein  ÜRufter  ber  Sl^fefe,  ber  SRilbtl^ätigfeit,  ber  ©tanb- 
^oftiglett  im  SWartl^rium,  ber  fteg^aften  äbhjel^r  be«  S^eufefö.  3)a«  geftaltlofe  mö^te  fie 
in  fdftc  gormcn  fafjen:  bafe  ®ott  fid^  feiner  ^^Kß^  annimmt,  ba|  er  aud^  i^re  iHirbitte 
erhört,  ba^  er  in  bergeltenber  ®erec^tig!eit  bem  grommen  mit  j^immlifd^er  ^errlic^teit,  ju«  lo 
tDdlen  oud^  fc^on  mit  irbifd^em  ©lüde  lo^nt,  ben  ©ottlofen  aber  ^eitlic^  unb  en^ig  [traft, 
mu%  überall  ind  ^eQfte  Sid^t  treten.  ®otted  @ingreifen  h?irb  ftc^tbar  im  SSunber:  liber 
miraculorum  finb  biele  fiegenbenfammlungen  betitelt  (f.  b.  91.  Säfariud  bon  $eifterba(^, 
Sblll,  628);  bie  Vergeltung  offenbart  ftd^  im  ^^f^t«'  visiones  nac^  ärt  ber  ^etru«* 
aH)of oI^t)f e  ($auli,  SWariä,  Srenban«,  ^atril«,  Sunbate  u.  a.)  bilben  einen  nid^t  unbetröd^t^  i6 
I^en  %td.  Oft  f)(d  bie  Segenbe  mehrere,  meift  jloei  ©]pi^en.  3)abei  befinbet  fte  jtc^, 
Qlet(^t)td[  ob  münblic^  ober  fc^riftlic^  überliefert,  in  ftetiger  Umbilbung:  fte  ^rä}ifiert  i^re 
ibigoben,  fü^  neue  9?amen  ein  (nur  berfürjenbe  ©ammler  toie  ^obu^  bon  3Sarajje 
0cben  umgrfe^rt,  in  rid^tigem  äft^etijc^en  %att,  einige  nebenfäc^Iic^e  %amen  t)rei^).  @^  tft 
ein  forttoälSnfenber  $roje^  ber  ©elbftoerteibigung,  in  bem  bie  Segenbe  begriffen  ift.  ®er  20 
J&erud  erfd(^int  gern  aU  fle))tifd^,  toa^  bie  ©laubtoürbigteit  er^öl^t  SBirHic^e  9[nfä(e  mx 
itritit  ^b  feiten.  Öfter  aber  begegnet  eine  rationalifierenbe  Xenbenj,  bie  bad  SBunoer 
bmreiflic^er  machen  möchte,  ol^ne  ed  boc^  aufjul^eben,  ober  eine  f))iritualifierenbe,  bie  bad 
oliju  9(nft5^ige  burc^  SlDegorie  )u  berflüc^tigen  fuc^t.  ^ier  f^ielt  ber  S^aralter  ber  ^^ 
unb  bfd  ©c^rtftfteQerd  hinein.  35 

Site  Swenbe  entnimmt  il^re  ©toffe  junäc^ft  ber  gefd^idbtlic^en  ©rinnerung.  Slber  fte 
fc^müdtt  nic^ft  nur  biefe  ani:  i^r  tool^nt  bie  fc^ö^ferifd^e  Jlraft  ber  SSolföbid^tung  inne. 
,;8e8enben  fmb  haS  uferlo«  Putenbe  2Bei«tum  ber  SSoIföfeele"  (Semouüi).  3)ie  ^^antafte, 
m  bat  alteren  Segenben  unb  anberen  ©agenftoffen  genäl^rt,  fc^afft  immer  neue  ©ebilbe, 
inbem  fte  bie  einzelnen  3ü9^  bon  Ort  ju  Ort,  t)on  ^erfon  auf  ^ecfon  überträgt.  „Segenben  90 
flottem''  (^amad),  fte  gehören  ju  ben  SBanberfagen  (Seml^eim),  bie  mit  beränberter  ©jenerie, 
mit  neuen  Flamen  taufenbfac^  er^ä^lte^  immer  al^  neu  barbieten,  ^er  Srforfc^ung  biefer 
Seite  iDibmet  man  neuerbingd  befonberen  f^tei^;  ed  ^at  ftc^  gezeigt,  ba§  t)iel  intemotio« 
noled  in  ben  Segenben  ftedtt.  3)ie  ÜRtotl^enforfc^ung  ber  ®rimmfc^en  ©c^ule  fanb  l^ier 
ttrinbogermanifc^ed  ®ut  Senfeto  (^antfcpatantra  1859),  Siebred^t  (®ert>aftud  bon  Silbur^sa 
1856)  u.  a.  jeigten,  ba^  bielmel^r  litterarifd^e  SBanberungen  nac^toei^bar  feien.  93on 
^nbien  1^  ))erbreitet  ftc^  j.  S.  eine  93ubbbalegenbe  in  bem  neuerbing^  burc^  bie  Striftibed- 
atoologie  toi(^tig  getoorbenen  Sloman  93arlaam  unb  ^oafa^^  (f.  b.  %  II,  405)  über  alle 
atteroturen  be«  Dften«  unb  SBeften^  (Ru^n  in  3t9R2l  p^xl  61.  XX,  1893, 1  —88,  Ärumbad^er, 
8i^  S® ',  886).  3)em  S^förnmen^ang  mit  ÜR^tl^ologie  unb  ®ötterhiltu«  ber  au^gel^enben  40 
Sbttife  ift  befonber«  Ufener  nad^gegangen  (f.  S3b  VII,  554  f.).  Unter  ben  ®ermaniften 
twrfolgen  u.  a.  ©d^önbac^  (©tubien  j.  ©rjäl^lung^litteratur  be«  2R31  unb  ÜRitteiluitgen 
ma  oübeutfc^  §anbfc^riften  ©31303  139-143)  unb  903.  SRe^er  au«  ©peier  3150121 
Jpiß.  61.  VI,  1882,  101—166),  unter  ben  SRomaniften  üKuffafia  (©30331  J)^il.«^ift.  61. 
113,  26;  115,  1;  119,  9;  124,  8;  129,  9,  139,  8),  ®.  «jjarid,  5p.  ÜRe^er,  bie  46 
tmmberbore  Verbreitung  unb  33erjtoeigung  biefer  ©toffe  in  ben  Sttteraturen  be«  äbenb= 
lonbed. 

©d^on  frül^  erlangt  bie  Segenbe  (unter  Berufung  auf  9lo  12,  13  S3l  juvslaig  tcov 
AyUov)  Sürgerreci^t  im  Jtultu«.  3)ie  SKart^rien,  bon  Slnfang  an  in  ber  eigenen  ®emeinbe 
an  bem  betieffenben  ^^^^tage  beriefen  (bgl.  Sinleitung  unb  ©c^lu|  ber  passio  Per-  so 
petiiae  et  Felicitatis,  be«  martyrium  Pionii  u.  a.,  toerben  auc^  anberen  ©emeinben 
mitgeteilt  (j.  9.  bad  beö  ^Polt^farj)  unb  ba«  ber  ß^riften  bon  St^on  unb  Sienne).  Som 
4.  3öW"w*>^  ö"  if*  ^>^«  3Sorlefung  allgemein  Verbreitet  (f.  3.  95.  für  3lfrifa  ©^n.  üon 
ßiW)0  393  c.  36  =  6art^.  III,  47,  ^Kanft  III,  891);  MSL  38,  1249,  1426;  für 
Oottien  CSEL  39,  70,  8;  MSL  39,  2319;  72,  132.  208;  MG  SS  rer.  merov.  1,55 
646,  36;  620,2;  626,17;  für  ©panien  MSL  80,  701b).  9lur  bie  römifc^e  Äirc^e  be« 
4./6.  Sol^^unbertd  bertoal^rt  fi(^  gegen  ben  ®ebrauc^  anonymer,  in  i^rem  Urfprung  un= 
fidler  aRärtJ^reraften  (decr.  Gelas.,  f.  Sb  I,  145,  51).  3)er  liturgifc^en  SJerlefung, 
bei  ber  SBJefie  folgt  bie  UJertoenbung  aU  ^rebigttqt  (f.  5.  S.  Slüitu«  MG  Aa  VI, 
2,  145):   sermones  de  sanctis.  gq 


348  Sfgenbe 

Stu«  bcn  älteren  ©ammlungen  be«  ßufebiu«  für  bte  SRort^rien,  beö^ttabtu«,  13^ 
boret,  SRufin,  ßafftan  u.  a.  für  bie  SRönd^^legenben  hjerben  bann  größere  ©ammeltoetle 
Iom)}tItert ;  ed  genügt  auf  ^eobor  Don  @tubion,  S^meon  ^eta))|rafted,  ©regor  t)on 
lour^,  bie  ja^Iretc^en  lolalen  SKtrafelfammlungen  u.  ä.  ^ingutoeifen.    3)te  51RartVroIogien, 

6  immer  me^r  bie  Äalenbernotigen  ju  lesbaren  Seiten  au^toeitenb  (Seba,  an6^  noc^  SEBoIf» 
gang  üon  Verrieben)  tourben  im  12.  3«^^^wnbcrt  gu  Segenborien  (f.  Anal.  Boll.  XVII, 
24—122).  ®ie  ^eiligen  toerben  immer  gal^lreid^er ;  bod^  ^at  eö  bi«  in^  14.  ^al^rl^unbert 
gebauert,  bi«  jeber  lag  feinen  ^eiligen  unb  feine  Segenbe  ^atte  OPetru«  a  9latalibug). 
9)ad  $au))ttDerI  bleibt  bie  je^t  meift  unterfc^äJ^te  Legenda  aurea  bed  l^acobud  be  9Saragtne 

10  (geft.  1298),  tDeld^e  bie  neuerbingd  aU  Intimer  Vorgezogenen  Sammlungen  eined  ®ui$ 
boni^,  ^ombritiu^  u.a.  an@influ^  U^eit  übertrifft ;  fie  bat,  in  aUe  @^rac^en  überfe^,  im 
14.  unb  15.  ^al^rl^unbert  fotoo^l  bie  $rebigt,  für  toeid^e  eigene  exempla  boraud  gu» 
fammengefteDt  tourben,  atö  aud^  bie  9tationalIitieraturen  bel^errfc^t ;  fie  ^at  gegenüber  ben 
au^einanberftrebenben  Sofaltrabitionen  bie  Sinl^eitlic^Ieit  bed  Segenbenfd^led  für  bie  obenb« 

15  lönbifc^e  S^riften^eit  gefiebert. 

3)er  ©ic^tung  innerlich  bertoanbt,  l^at  bie  Segenbe  ju  ber  i^r  für  bie  lulttfc^e  Ser^ 
toenbung  gulommenben  ^orm  ergö^Ienber  $rofa  balb  aud^  ))oetifd^ed  ©etoanb  angenommen, 
gunöc^ft  lateinifd^:  um  400  ^rubentiud  (Peristephanon),  ^aulin  Don  9Iola  (carmina 
natalicia  auf  ben  ^I.  gelij) ;  bgl.  toeiter  ©röber,  ®runbr.  b.rom.  ^I^il.  II 1, 173. 392  ff. ;  gbcrt 

20  I*  301  ff.,  449,  571  ff.;  II, 99  ff.,  102 f.,  330 ff.;  III,  184  ff.,  287, 446 ff.  Sj>äter  trägt 
man  Dielerortö  bie  Segenben  bem  9SoH  in  feiner  Bpxai^z  öerfifigiert  üor  (toeniger  in  b« 
51Reffe  ate  bei  ber  33eft}er) :  loir  l^aben  SRefte  eine^  beutfd^en  Segenbar«  auS  bem  12.  ^äfyc^ 
^unbert  (Sufd^  g.  f.  b.  $^.  X.  XI),  engltfd^e  unb  frangöfifc^e  (f.  bie  beutfd^e  S®  Don  Äette 
II,  196 ff.;  ^auU  ®runbr.  II,  1,  251.  273.  421;  engl.    ebb.  618.  624;   tcn  »rinfc 

26Sranbl  I»,  307—319;  frang. ©uc^ier^^irfc^felb  157,  166,  207 f.;  ®röber«  ®runbr.II,l, 
443,  478  ff. ;  640  ff. ;  II,  2, 39  ff.,  ital.  ebb.  II,  3,  84  ä.  5.  JRur  feiten  lennen  toir  bei 
ben  älteren  toie  bem  ^l.  ®eorg  be«  9.,  Slegibiu«,  2tlejiu«,  SKargarete,  Seronica  be«  12. 3a^ 
l^unbert«  bie  3)ic^ter:  „pe  nennen  il^re  9Jamen  nid^t,  i^r  Sichten  ift  ^ingebenber  ®ottede 
bienft"  (©euerer).    3)en  geiftli(^;=mönc^ifc^en  3)ic^tem  (SBem^er,  SKorienläen;    Sof.  M 

80  älnnoliebe«)  fc^lie^en  ftc^  i^öfifc^e  Sänger  an,  fo  um  1200  ^artmann  bon  9(ue  (®regoriu« 
ouf  bem  Stein),  SRubolf  Don  @m«  (guter  ®erl^arb,  Sarlaam  unb  3offli>^ÄtX  9l«nbot 
Don  3)um  (1^1.  ®eorg),  Äonrab  Don  SBürgburg  (Sillejiu«,  St^lDefter).  ®rft  ber  alten  gelbem 
bic^tung  al«  geiftlid^e  @)}if  gegenübertretenb,  fteßt  jtd^  bie  Segenbe  ^ier  in  offenlunbigen 
®egenfa^  gur  l^öfifc^en  $oefie:    ftatt  ritterlid^er  älbenteuer  unb  ÜRinnegefang«  tmrb  bie 

86  feufc^e  ®otte«mutter  unb  ber  $eroi«mu«  ber  ©ntfagung  Der^errlid^t.  Sj}äter  ^at  man  bie 
gange  Legenda  aurea  in  beutfc^e  unb  englifc^e  S^erfe  gebrad^t 

3lu(^  auf  bie  Sül^ne  lommt  bie  Segenbe :  fd^on  um  970  bearbeitet  $rot«Dit^  Don 
®anber«l^eim  6  Segenben  bramatifc^  ate  ®egenftüdfe  gu  ben  Äomöbien  be«  Serenj.  3^ 
14./ 15.   ^a^rbunbert  geben  ÜRirafelfjjiele,  2t})oftelfj)iele  u.  f.  to.,    meift  in   ben  Sanbe«» 

40  f})rac^en,  Slnlafe  gu  immer  regerer  Beteiligung  breiter  Sßolföfc^ic^ten,  gu  immer  lonireterer 
®eftaltung  ber  Segenbe  fclbft.    3toä)  ^an^  Sa(^«  benu|t  fte  für  feine  Sc^toänfe. 

3)afe  auc^  bie  barftellenbe  Runft  be«ÜR3l  il^ren  Stoff  gum  größten  leil  ber  Segenbe 
Derbanft,  ift  bei  il^rem  firc^lic^en  G^arafter  felbftDerftänblid^ :  fte  toill  ja  gar  nic^t«  anbete« 
al«  ber  geiftlic^en  Erbauung  burc^  93eranfc^aulid^ung  ju  $tlfe  tommen :  fte  fte^t  i^re  toic^ 

46  tigfte  Slufgabe  in  ber  sM^^^^ion  ber  Segenbe. 

So  umfaßt  bie  Segenbe  ba«  gange  geiftige  Seben  be«  3R91«.  3"  älterer  3^*  w^ 
gelegentlich  Dom  Siblici«mu«  balanciert  {§arnadf,  lU  31%  IV,  3  b,  34),  getoinnt  jie  immer 
mel^r  ba«  Übergetoic^t,  fo  fe^r  aud^  ber  Äleru«,  bcfonber«  9lom«,  bem  gu  toel^^ren  fuc^t 
Si«  gum  12.  ^a^r^unbcrt  me^r  gebulbct  im  Sc^^atten  ber  Äirc^e,    toäc^ft  fte  Don  ba  ab 

60  über  biefe  |^inau«,  felbft  ba«  gDangelium  DöUig  überfc^attenb.  3)ie  biblifc^c  ©efc^ic^U, 
ber  erfte  leil  ber  bamaligen  SBcltgcfc^ic^te,  ift  nicf^t  minber  Don  ber  Segenbe  umranft  ttne 
ber  gtücite  Ml,  bie  Äirc^engefc^ic^te  (f.  g.  S3.  bie  historia  scolastica  be«  ^etru« 
ßomeftor  unb  ba«  speculum  historiale  be«  Sinceng  Don  SeauDai«).  So  totrb  e«  be* 
greif lid5),  toie  bei  ben  erften  Siegungen  ber  Äritif  im  15.  gal^rl^unbert  mit  ber  übertoucbem« 

66  ben  Segenbe  ba«  ©Dangclium  felbft  in  ^age  geftcUt  toerben  fonnte  (Dgl.  ba«  berüc^^tigte, 
toenn  erfunbene,  bod^  bcgeic^ncnbe  SQäort  Seo'«  X.  Don  bem  aJJärlein  Don  G^rifto). 

3m  mobemen  Äatbolici«mu«  \}at  bie  Segenbe,  toenn  aud^  cingcfd^ränlt,  i^re  ®eltung 
behalten.  6in  grofee«  3Rafe  geiftiger  Kraft  toirb  befonber«  Don  ben  SBoHanbiften  auf  i^ 
©tforfd^ung  Dcrtoanbt  Dom  Stanbpunite  ber  bie  3lu«n)üd^fe  Dertoerfenben,  bie  Sac^  aber 

Go  l^od^^altenbcn  frommen  2Ba^r^eit«liebc  (f.  auc^  ©rifar«  Siebe  auf  bem  lat^olifc^en  ®e* 


Sfgettbe  Sfger  34i) 

te^enlongreg  in  3Rünc^en  1900).  3Robcmi{tert  bient  bie  Segenbe  nod^  Dtelfac^  ber  @r« 
inmung.  &e^r  ))erbrettet  ift  9.  Stol^,  Segenbe  ober  ber  c^rtftltc^e  Sternhimmel  (^iburg, 
^o^er, '®  1894/95  4  S3be).  3loc^  ^eute  lann  man  ^Prebigten  ^ören,  bie  auf  eine  moralif^ 
))aräneüf(^e  SSertoenbung  ber  betreffenben  Segenbe  hinauslaufen. 

2)te  ^Reformation  nimmt  eine  ablel^nenbe  Haltung  ein.    Q'tüax  Sutl^er  ^t  in  feiner  6 
fonfen)ati))en  9lrt  ben  Segenben,  n^enn   er  fie  auc^  bidtDeilen  Sügenben  fd^ilt  (2B9Q3  @9( 
25,  202.  215  ff. ;   65,  198 ;   bgl.  62,  40,  Simulationen   ed.  Sreto«  82),   i^ren  SBäert 
beigelegt,   fonberlic^  ben  SRort^rergefc^ic^ten  (62,  36),  unb  burc^  aUegorifd^e  S)eutung  fte 
für  e))angeltf(^ed  33erftönbnid  nu^bar  ^u  machen  gefuc^t  (62,  38  f.)  @r  verlangt  nur,  bag 
fte  gereinigt  toürben   (28,  101  f.,  63,  329  f.),    unb  l^at  fo   @.  @^alatinS  consolatoria  lo 
exempla  unb  ®.  ^RajonS   Vitae  patrum   (beibe  iÜBittenberg  1544)  beranla^t  unb    be^ 
bortoortet  (opp.  lat.  VII,  565—572).    Sluc^   l^at   er  burc^    fein  Sieb   bon  ben   jtoeen 
SRorterem  ß^^fti  (56,  340)  unb   bie  §iftorie  bon  Sruber  §einri(^  (26,  313—337)  ben 
(Sxunb  ju  einer  ebangelifd^en  ÜRört^ergefd^ic^te  gelegt,  toie  fie  in  neuerer  3^  2.9-  ^Keb« 
nei^  9u(^  berSRärt^er  (^atferdtDert^  1859)  in  gufammenl^ang  mit  $ie^erS  99emü|^ungen  i5 
um  einen  eDangelifc^en  ftalenber  gegeben  ^at.    3^^"0li  ^^^  Sabin  ftanben   abu^eifenber. 
aber  aud^  in  lutl^erifc^en  Sanben  ging  ber  Sinn  für  btefe  9(rt  religiöfer  @rbauungäitteratur 
t>erli>ren.    3)ie  9lufllärung  bel^anbelte  fie  aU  „ungereimte  ^eln,  bie  nichts  als  9lber« 
olouben  entölten'',  bis  ^erber  baS  äftl^etifc^e  ©efüi^I  für  bte  Schönheiten  ber  barin  ent^ 
poUenen  93o(IS))oerte  neu  belebte  unb  bie  an^iel^enbften  berfelben  burd^  Umbic^tung  bem  30 
mobenten  9etou|tfein  nahebrachte.    S)ie   Slomantit  umarmte  bann  mit  ^[nbrunft   bieS 
SteblingSfinb  beS  Mittelalters.    9Q3ie  man  bie  93olfSfagen  fammelte,   fo  bieteten  91.  3B. 
Gijllt^d,  Äo|egarten,  fj)äter  SRüdtert,  ©c^toab,  Äemer,  ©imrodt  „Segenben".    3)ie  mobeme 
IMd^tung  fuc^t  mit  ber  naik)en  SBunbergläubigleit  ber  Segenbe  Sffette  ju   erzielen  (Slic^. 
SoB)   ober  fd^afft   „toeltlic^e  Segenben"  (@.  (Slaar  1899).  Sie  ©c^ö^e,   bie  romantifc^«  25 
o^betifc^  @ifer  gefammelt  ^atte,  mürben  bann  bon  ber  ^Jt^tl^enforfc^ung  tritifc^  geftc^tet ; 
nicpt  aOeS  ertmeS  ftc^  babei  als  ®olb,  tvenn  auc^  mobem  foltloriftifc^e  Stimmung  fin^t: 
&geiiben  ftnb  Sergtoerlen  gleid^,  Don  an^zn  fc^tvarj,  Don  innen  rei^.  Sie '^^ilologie  tft, 
\m  tmr  fa^en,   eifrig  an  ber  älrbeit,  biefe  SergU^erfe  im  l^ntereffe  ber  @))rad^tunbe,  ber 
Sitterotur^ifiorie,  Dor  allem  ber  ^Iturgefc^ic^te  aa^nbtuttn,  ju  fammeln  unb  ju  fiepten,  so 
äBac^fen  unb  äSanbem,  SSerfc^melgen  unb  Umbilben  ju  beoba^ten.    Sie  Jtirc^engefc^id^te, 
ba  t>omebmlid^  6.  ^afe  baS  äfti^etifc^e  93erftänbniS  ^erfür  eröffnet  ^at  ($ro))l^eten  unb 
^tge,  9898  5,  1892),   nimmt  in  ^eigenbem  ÜRa^e  barauf  9lüd(ftc^t  (befonberS  ^ani 
in  fetner  Jt®  Seutfc^lanbS).    Sie  älnft^t  ber  älufHärung,  als  j^anble  eS  fic^  bei  ben 
Segenben   um  $riefterbetrug   jur  Einbürgerung   neuer  Sogmen,  ift  übertounben.    Tlan  86 
fie^t  barin  mit  Stecht  ben  ^o^ulären  äluSbrud,  ben  bie  im  Sogma  t^eologifc^  fixierte  9ln» 
{^^^^^0  f^  0|^^ben  ^at:  toöl^renb  bie  (gelehrten  ficb  über  XranSfubftantiatio  unb  Aon- 
bmtiton)  bie  Kö})fe  jerbrad^en,  entl^üllte  ftd^  baS  ©e^eimniS  bem  gläubigen  33olf  in  an« 
fc^aulic^er  $orm  in  ben  Segenben  Don  bem  Ungläubigen,  bem  an  @teue  ber  $oftie  ein 
iRnb  erfd^ien ;  Don  ben  J&eujen  unb  SSeronifen,  bie  Derfc^ütteter  9lbenbma^lsn)ein  auf  ber  40 
Sboxbede  bilbete.    Sie  Segenbe  ift  neben  JtultuS  unb  @itte  eine  S3erlöri)erung  ber  ^0« 
t)u(art^eologie,  toelc^e  bie  offizielle  SnttDtcfelung  beS  SogmaS  als  Unterftrömung  begleitet 
unb  als  folc^e  getoürbigt   fein  n)Ul.    Sie  mobemfte  (Sinfettigfeit,    toelc^e   fic^  Dome^m^ 
lii^  fftr  boS  })ftK9o)Kit^if$e  an  ber  Sieligion  unb   in   ber  Segenbe  intereffiert,  barf  ntd^t 
abgalten,  bie  ^ai^  felbft  richtig  p  teerten.   9ItrgenbS  tann  man  fo  leidet  bie  toefentlid^e  46 
Cin^t  ber   religiöfen  ©efamtauffoffung  innerl^alb  Dieler  5;al^r^unberte,   ben  SBec^^fel  ber 
frmnmen  Stimmung  im  einzelnen  barlegen  als  an  ber  im  gangen  fic^  immer  gleichbleiben- 
ben,  im  einzelnen  ftetig  fid^  umbilbenben  Segenbe  (f.  Don  SobfdS^ü^,  (S^riftuSbilber  1899). 
Scr  (Semeinbeft^  ber  c^riftlic^en  Jlirc^en   an   biefer  SrbauungSlitteratur  ift  Di'eQeic^t  toirt- 
fnnet  getoefen  als  bie  Sc^ranlen,  tDelc^e  Sogmatif  unb  ^irc^en))olitif  aufgerichtet  l^aben.  60 
Cine  in  biefem  ®etft  gehaltene  ©efd^ic^te  ber  Segenbe  bleibt  noc^  ein  Seftberat.  Soc^  fragt 
eS  ftc^,  ob  bie  3^^^  ^f^t  fd^on  gelommen  ift.  tion  ^obfd^fl^;. 

ßcger,  go^ann,  geft.  nac^  1665.  —  fiittcratur:  3)ie  „OJefc^i^te"  tjon  fieger  ^at  in 
(higlanb  einen  treuen  Interpreten  in  ber  $er(on  üon  Sir  ^orlanb,  unb  in  ^eutjc^ianb  üon 
6.  9-  ©aumgorten  gehabt.  93gl.  einige  ©albenfer  ©cfc^idjtSfcftrcibcr,  wie  ^ufton  unb  3Ko=  55 
naftier  unb  bie  fritifdjen  ©erfc  über  ben  Urjprung  ber  ©albenfcr  üon  C>erjog,  9tcu6,  (Suni^  2c. 
i)fe  ©efttireibung  ber  ®reuelt^aten  beS  3Qf)reS  1655  ift  im  tat^olifcöen  Sinne  beftanbclt  uon 
Vltiia  (Origin,  persecutJons  and  doctrines  of  the  Waldenses,  London  1870),  unb  üon  Col- 
letta  (Storia  delRegno  e  dei  tempi  di  Carlo  Emanuclo  II.  duca  dl  Savoia,  Gcnova  1877). 
OL  Oombo,  Histoire  des  Vaudois,  nouvelle  ^ition  iilustr^,  2me  partic.  60 


350  Seger 

3>ol^ann  Scget,  ber  Ocfc^ic^tgfd&retber  unb  STOoberatcur  ber  SBalbenfer  Äirc^e  m  bew 
^^älcm  bed  $temont,  h)urbe  in  äSida  @ecca  in  bem  ^l^ole  @t.  SRartin  geboten  ben 
2.  ^bruar  1615;  feine  6Item  toaxtn  S^lob  Seger,  ein  angefe^ener  ÜRann  in  ben  ^Xifi^ 
lern,  unb  5{at^arina  Seger,  geb.  Sauren^.    3(1^  er  bad  14.  ^ai)x  erreicht  ^atte,   begab  er 

B  ftc^  nac^  ®enf,  um  bort  ^xx  ftubieren.  Ungefähr  im  9.  Iga^re  Jetne«  ätufent^olted  fol^  er 
eined  %aQ^,  {ufällig  am  9{anbe  bed  @eed  te^enb,  ba^  ein  ^ann  na^  am  Srtrinleit 
fei  —  er  l^atte  bie  ©enugt^uung,  i^n  mit  Oefa^r  feinet  eigenen  Seben«  ju  erretten.  & 
toax  ber  ^prinj  bon  3^^^^^*^"^  ^^  f})ätere  Äönig  bon  ©cptoeben. 

^ie  ^rotettion  bed  ^rinjen  ent}og  i^n  beinal^e  feinem  Seruf,  ba  iener  i^n  um  iä>en 

10  5ptei«  um  feine  ^erfon  l^aben  unb  an  feinen  3)ienft  fnüt)fen  tooBte.  3)o<^  biefe  ®efa^ 
tDurbe  glüctlid^  übern^unben,  unb  jtDar  burc^  feinen  Se^rer,  $rof.  @)Hin^eim,  fotDie  bun^ 
ba^  Singreifen  feinet  SSoterd  unb  Dnletö  älnton,  meldte  i^m  befohlen,  ®enf  nod^  bor 
®nbe  feiner  ©tubien  ju  berlaffen  im  3uli  1639.  Sei  feiner  ätnfunft  in  lurin  fonb  et 
bie  ganje  @tabt  in  ^öc^fter  Slufregung,  meil  ganj  ^iemont  Don  ^anpfen  unb  @)>anieni 

15  überfc^tDemmt  toar.  @r  fam  in  gro^e  @efa^r,  ba  er  ftc^  })Iö$lici^  jtoifc^en  beiben  9(rmeen 
befanb,  er  lourbe  fogar  ergriffen  unb  feftgenommen;  boc^  entlam  er  glüdlic^  bem  getoiffen 
2iobe  burc^  feine  Oeifte^egenloart  unb  feinen  großen  J)erfönlici^en  9Kut.  —  S)en  27. 6e|>s 
tember  biefed  ^a^re^  tDurbe  er  burc^  ein  9)elret  ber  @lgfnobe  bon  @.  ©ermano  jum  $afto 
ber  beiben  Jtir^en  $rali  unb  Sloboreto  ernannt.    @r   Derl^eiratete  fic^   balb  barouf  mit 

20  3)laria  $oQent,  2:o(^ter  eine^  $au))tmann$  ber  SJlilij.  @r  l^atte  in  feiner  @^e  ll^tnber; 
hoä)  ftarb  i^m  feine  treue  Seben^efäl;rtin  im  '^cä^t  1662,  ald  fie  fid^  gerabe  rüftetc, 
i^rem  SKanne  in  bie  SSerbannung  ju  folgen.  —  '^m  3>al^re  1643  folgte  Seger  feinem  Dnlel 
ainton  ate  ^Pfarrer  ju  ©t.  Oiobanni,  im  S^ale  Sufema.  —  ^ier  lam  er  mit  ben  Stönc^ 
in  manc^fac^e  ^olemifc^e  Berührungen.    <Sr  n^urbe  )}0^ulär,  aber  in  bemfelben  ®rabe  ge« 

26  fürd^tet,  unb  jn^ar  fo  fe^r,  ba^  feine  SQSiberfac^er  (mübe  ber  falfc^en  Argumente)  i^n  ju 
gen^innen  fud^ten  burc^  glänjenbe  Slnerbietungen.  @nblid^  nal^men  fie  i^re  3uflu(^t  )ur 
3>erf olgung :  mit  einem  Schlag  touc^d  eine  toilbe  i^orbe  fanatifc^er  @olbaten  toie  oud  bem 
SSoben,  gufammengetpürfelt  au^  allen  Stationen,  angefül^rt  bon  jenem  t>erfiben  ^Dtorquid 
k)on  ^iane^a.    @ie  toarfen  ftc^  in  ba^  2:i^al  t)on  Sufema,  t)erfolgten  bie  ^lie^enben  bt^ 

80  auf  bie  ^öl^en  bon  älngrogna,  unb  lieferten  i^re  armen  D))fer  ber  Sd^anbe,  Qualen  unb 
©d^merjen  aller  9lrt  aud.  9)iefe  Sage  fmb  mit  blutiger  Schrift  in  bie  Slnnalen  ber 
äBolbenfer  ©efd^ic^te  eingetragen  unb  erinnern  in  i^ren  Sraufamteiten  faft  an  eine  neue 
äartl^olomöudnac^t !  —  Seger  entlam  mit  ®otte«  $ilfe  audi;  bie^mal  unb  t>erfammelte, 
in  feiner  ©igenfc^aft  afö  3J?oberateur  ber  Äirc^e,  feine  üomel^mften  Olauben^enoffen  um 

85  fic^,  ermal^nt  fte,  ftanb^aft  unb  treu  i^rem  ©lauben  unb  ^aterlanb  }u  bleiben,  emt)fte^lt 

ie  ber  Dbl^ut  be«  toadteren  unb  unermüblic^en  ^o^ann  gjanabel,  unb  berlä^t  bann  ba« 

Sanb,  mit  bem  3luftrag,  bei  fremben  $öfen  ^ilfe  unb  Seiftanb  für  feine  verfolgten  SrOber 

)u  fuc^en.    @r  ^ielt  fi^  aber  nur  in  $arid  auf,   bon  too  aud  er  ein  an  alle  9Räd^te  ge^ 

ric^teted  ^JJianifeft  beröffentlic^te.    Wan  tann  leidet  erraten,   n^elc^en  @inbrud(  ed   mo^ 

40  mu^te,  toenn  e^  fogar  einen  Subn^ig  XIV.  nic^t  falt  lie^.  Seger  toünfc^te,  felbfi  na<^ 
@nglanb  ju  ge^en,  um  bort  bie  $ilfe  SromtDeQd  gu  erflehen;  bod^  mu^te  er  ftc^  bamit 
begnügen,  i^m  ju  fd^reiben.  9)er  ^roteftor  machte  il^m  juerft  ba^  Slnerbieten,  bie  SBat 
benfer  nac^  ^rlanb  lommen  gu  laffen  auf  bie  Seft^ungen  ber  vertriebenen  $a)>iften;  ober 
nac^bem  er  bie  (Sintoenbungen  Seger«  reiflid^  ertoogen,  gab  er  nac^  unb  änberte  feine  ^läne. 

46  6r  fanbte  Sir  ©amuel  3Worlanb  aU  Sebollmäc^ttgtcn  an  ben  $of  bon  S^urin,  beauftragt, 
bort  energifd^  ju  rcmonftrieren.  Um  biefelbe  3eit  feierte  auc^;  Seger  in  bie  SBalbenfer  I^oler 
jurüdt.  ©in  ^eben^bertrag  (bejeic^net  afe  Patentes  de  gräce)  tourbe  ju  ?Pinerolo  unter* 
geic^net  ben  18.  2luguft  1655.  6«  tourbe  barin  erflärt:  bie  äßalbenfer  feien  toieber  in 
alle  i^re  Siedete  cingefc^t,  bod^  mad^te  man  einige  j}erfil)e  aSorbe^lte,  toelc^e  ben  äJortoonb 

60  JU  neuen  Verfolgungen  boten.  Sefonber«  toar  e«  ein  $unft,  ber  ben  9leligiongunterri(^t 
m  ©t.  ©iobanni  unterfagte;  offenbar  ging  ba«  auf  Seger  felbft;  fein  ^arifer  SRonifeß 
batte  nämlid^;  ben^crjog  erzürnt  unb  ane3)littel  tourben  berfud^t,  fic^  feiner  ju  entlebtgen: 
ätufforberungen,  2)ro^ungen,  läd^erlic^e  unb  infame  ^Projeffe,  3}errätereien,  toürbig  einer 
Släuberbanbe.   (Snblid^  berurteilte  man  i^n  gum  lobe  ben  12.  3>^«wö^  1661.  9Bie  toenn 

65  ba«  nur  eine  geringe  ©ac^e  toäre,  tourbe  er  nac^  biefem  Urteil  nac^  2urin  citiert,  um 
fic^  JU  beranthjorten  toegen  feine«  Äriege«  gegen  ben  §erjog  unb  ber  be«^lb  mit  ben 
Potentaten  getoec^^felten  ©riefe  2c.;  e«  ^anbelte  ftc^  um  einen  förmlichen  $roje^  toegen 
3laieftät«berbrec^en.  2)arauf^in  tourbc  er  jum  jtocitenmal  jum  2:ob  berurteilt  ben  17.  ©^ 
tember  1661,  fein  §au«  foUte  jerftört,   feine  ®üter  eingebogen  toerben.    ®e^e|t   toie  ein 

60  (Sbeltoilb,  unb  ftet«  errettet  bur^  bie  treue  2)urc^^ilfe  feine«  ®otte«  unb  feiner  ©lauben^ 


Sfger  Se^ninf^e  äSetdfagnttg  351 

brüber,  mu^te  er  ftd^  entfc^Ite|en,  für  immer  fein  geliebte^  SSaterlanb  ju  Derlaffen.  @r 
mad^it  feinen  erften  ^te))un!t  in  ®enf  unb  entfcl^(o|  ftd^,  tro^  ber  Sintoenbungen  ber 
toHklbenftfc^en  Stireren,  ftc^  in  Serben  nieber)ulaf{en  old  ^farrer  ber  SaQoner  jtirdbe.  ^ort 
ME^atete  er  ftd^  toieber  ben  19.  Ohober  1665  mit  Hat^arina  be  ^aire,  toeld^e  \i)on 
langer  mit  i^m  Derlobt  toax  unb  totlifz  bem  vertriebenen  einfamen  SDtanne  unb  feiner  ^a-  5 
mute  eine  ©tü|e  unb  2iroft  tourbe.  —  Seger  l^örte  bi^  an  ba^  6nbe  feiner  löge  nie  ouf, 
Me  &ad^  feiner  jtirc^  )u  t)ertreten,  unb  p  biefem  ^foti  beröffentlic^te  er  gam  befonberd 
,,bte  ®efci^i(^te  ber  ebangelifd^en  5{irc^en  ^iemont^'^  U^elc^e  mit  einem  lurjen  ^bri^  feinet 
toDegten  S^end  {c^Iie^t.  @ie  erfc^ien  in  Serben  im  '^Q!i)xt  1669,  mit  einer  geograj)l^ifc^en 
Starte  ber  äSalbenfer  ^äler;  fte  jerföUt  in  jtDei  ^ixä)tt,  Don  benen  bad  erfte,  \ok  fcbon  lo 
ber  3:itel  angiebt,  jeigt,  toie  gu  aßen  3^tten  il^re  Seigre  unb  3)i^jit)lin  geiüefen  ift,  unb  hjie 
fte  fte  beflänbig  in  i^rer  Steinzeit  beipal^rt  Don  ba  an,  Wo  ®ott  fte  au^  ben  ^nftemiffen 
bcd  ^eibentumd  ri^,  ol^ne  Unterbrechung  unb  ol^ne  bie  9{otn)enbigteit  einer  Sieformation; 
boiS  gtDette  borgüglic^  bie  l^au))tfäcl^lic^ften  33erfoIgungen  bel^anbelt,  bie  fte  erlitten,  be» 
fonbocd  feit  Segtnn  ber  ^^nquifttion  unb  il^rer  ^errfc^aft  über  bie  Sl^riften  bi^  gum  15 
So^e  1664. 

^er  erfle  ^eil  enthält  gum  Xeil  bereite  Veröffentlichte  ^agmente,  älbl^anblungen  bon 
SBoIbenfem,  jerftreut  in  ben  Sibliotl^elen  von  ßambribge  (ioo  Sir  üRorlanb  fte  im  ^a^re 
1658  bet)onierte,  unb  U)o  man  fie  au^  ben  9(ugen  Verlor  bi^  auf  unfere  S^^^^^)t  bon 
Xiibltn  imb  von  ®enf ,  tt)o  fte  nod^  ^eute  ioenn  nic^t  einer  Slngeige  fo  boc^  einer  {ritifd^en  ao 
Sctöffentlic^ung  tvarten.    ©ereijt  burc^  bie  ^Verfolgungen,   Verkoöl^nt  burc^  bie  tvorme 
S^n^ot^e  unb  Setounberung  ber  ^roteftanten,  überlädt  fi^  ber  älutor  gu  fel(^r  bem  Sn- 
t^ftodmu^,  ber  il^n  befeelt,  unb  tl^ut  ed  barin  noc^  Herrin  unb  ®illed juVor.  Slufrid^tig, 
aber  o^e  tritifc^ed  Urteil,  ift  er  oft  gang  ungenau,   fo  bag  man  mit  Sttec^t  annimmt,  er 
^abe  ftt^  gu  fei[|r  nur  auf  fein  ©eböc^tnt^  verlaf{en,  befonberd  ioenn  er  bad  3^9"'^  '^'  ^^ 
t^ttfc^  Sd^riftfteller  anfüJ(^rt.   Suc^  Verbient  er  nid^t,  in  jeber  ^inftc^t  „bieUntoften  für 
bod  SStffen  feiner  92ac^folger  gu  becfen'^  tvie  bie  ironifc^e  9emer{ung  eined  firitiler^  lautet. 
96er  ed  ift  geredet,  unferen  ©lauben^enoffen  im  Slu^lanb  gu  fagen,  ba^  bie  l^eutigen  SÜBol- 
bcnfer  bem  (SiUed  me^r  Sebeutung  gufd^eiben  unb  ba^  bie  ^age  über  i^re  Sntftel^ung 
mi^t  nur  offen,  fonbem  an  ber  ^ge^orbnung  ift,  unb  ben  ©egenftanb  neuer  @tubien  so 
bilbet    9Bad  nun  haS  gtt)eite  9uc^  betrifft,  toenn  ed  bie  römifc^e  ^irc^e  unb  bie  Plegie- 
tiing  unb  bod  $au^  @aVo^en  in^  $erg  getroffen  l^at  burc^  bie  Sefd^reibung  ber  ©reuel- 
ÜfoUn  von  1655,  fo  ift  ed  unnü^,  barüber  m  flagen;   benn  ioenn  auc^  bie  dürften  unb 
^fi^rtr  bie  SSeranttuortung  abgelehnt  l^aben,  fo  finb  fie  boc^  nidj^t  gerechtfertigt,  eine  {olc^e 
^orbe  gegen  bie  SQolbenfer  gebungen  unb  gefc^idEt  m  l^aben.  Von  ber  man  überbied  nic^t  35 
lini^,  ob  fte  me^  Von  t^nen  ober  von  ben  dßöncpen  angeführt  n^urbe.    3Ran  ioirb  ftcb 

S\%  umfonft  bie  ^ü^e  geben,  un^  biefe  ®reuel  al^  unmöglich  VorgufteDen,  koenn  e^  boc^ 
flatiert  ift,  ba^  @cenen  biefer  9lrt  fic^  in  unferen  2:agen  ioieber^olt  l^aben  gu  gunften 
bc9  ^ßa)>jittumd,  tvo  ed  nic^t  galt,  Jtrieg  gu  fül^ren  gegen  bie^ärefte,  fonbern  bie  ))olitifd^e 
Xt^ronnet  eined  Sourbon  aufrecht  gu  l^alten.  3)a^  l^inbert  tind  aber  nic^t,  gugugeben,  40 
ba|  tro^  ber  ®laubn>ürbigleit  be^  Serfafferd,  bennod^  einige  Übertreibungen  vorfommen 
mdgen.  —  ^m  gangen  unb  großen  bleibt  aber  bied  3)ud^  toie  ba^  Seben  von  Seger  bad 
eine^  gelben  ber  j)iemonteftfc^;en  Sieformation:  feine  geber  toar  toie  ein  ©d^toert,  toelc^e« 
mc^  md  einen  @ieg  für  bie  ^eil^eit  unb  ben  ©lauben  baVongetragen  ^at.  @r  ^ötte  ed 
VtcOetc^t  beffer  geführt,  toenn  er  ^ötte  italienifc^  fc^reiben  bürfen,  tvelc^e^  feine  Siebling^-  45 
finKu^e  getvefen  gu  fein  fc^eint. 

UiÄer  ®efc^^tc^tf<^retber  Seger  l^atte  feine  unbelannte  SSertoanbtfd^aft.  ©ein  Dnfel, 
Sntim  Seger,  toar  ^farrer  in  Jtonftantino^el  unb  ftanb  bem  Patriarchen  S^riQ  Su- 
Idrid  nol^e;  fpäter  lelj^rte  er  atö  Pfarrer  in  bie  SBalbenfer  X^öler  gurüdt,  Von  too  au^ 
er  nof^  ®enf  Jio^,  too  er  frangöftfc^er  unb  italienifc^er  ^Prebiger  unb  ^JJrofeffor  ber  3^^eo=  w 
(ogie  tourbe.  6r  arbeitete  an  bebeutenben  ejegetifd^en  393erfen,  ba  er  mit  ben  orientalifd^en 
ej^oc^  vertraut  toar.  gemer  ertoä^nt  no^  ©aliffe  (Refuge  Italien,  ®cnf  1881,©.  120) 
itoeier  Settern,  ©ö^ne  Von  Slnton,  gleic^^fall^  ^rebiger,  unb  mel^rere  in  bem  Slegifter  ber 
(iknfer  Igmmatrifulierten,  bie  ben  9lamcn  Seger  führten.  Cf.  Ch.  Borgeaud,  Hist.  de 
rAcad^mie  de  Calvin,  Gen^ve  1900,  passim.  (fnttlto  domha.     {^ 

£c0tpen  nnb  2)elretiflett  f.  ®loffen  unb  ©loffatoren  Sb  VI  ©.  715. 

S^nhlfd^e  SBetdfagnng.  —  Vaticinium    B.  Fratris   Hermanni    Monachi  in  Lchnin 
(in  9.  %  edjulj  „ökle^rteö  ^^reiifien''  II,  1722  (cd.  princeps).     Seife  (^^Jaftor  gu  Se^jnin), 


352  St^mnfii^e  9Setdfagnng 

Vaticiniuin  metricum  D.  F.  HermaDni,  monachi  in  Lenyn,  ober  trüber  ^ermannS  2C  üor« 
gegebene  ^eiiSfagung,  burd)  unb  burc^  aud  ben  C^efdjtctjten  erläutert  unb  mit  nottoenbigen 
mnmerfungen,  woraus  offenbar  tuirb,  bai  eS  eine  53rut  neuer  3^iten  fei,  ©erlln  1746;  Sa= 
lent.  $.  @(t)mibt,  ^ie  ^eidfagung  beS  ^önc^S  $.  D.  fie^nin,  ISerlin  1820;  @tu^r  unbStl« 
Bfen«,  in  b.  %ngem.  gtfc^r.  f.  ©efcftitfite  1846,  ^.  lu.II;  "&,  ©iefebrecöt.  ebenb.  ^.  V ;  «arl 
fiubn).  Riefelet,  SDie  fie^ninf^e  Beidfagung  alS  ein  O^ebi^t  beS  S^ifoloud  o.  3i(en)i(  na^' 
gemiefen,  Erfurt  1849;  (S^u^rauer,  ^ie  ^eidfagung  u.  Sennin,  iBredlau  1850;  O.  SEBoIff,  $ie 
berühmte  Se^ninf^e  ^eidfagung,  ©rünberg  1850;  deffter,  S)ie  ^efc^ic^te  bed  ßlofterd  fie^nin, 
S3ranbenburg  1851;  berf.,  Ucber  bic  ^bff.  be8  Vatic.  Ldminense  (©eropeum  1853,  9ir.  13); 

10  ^b.  ^ilgenfelb,  ^ie  fie^ninifc^e  ^eidfagung  über  bie  SBtaxi  ^ranbenburg,  nebft  ber  S&ti^ 
fagung  oon  ©enebittbeuern  über  ©a^ern,  fieipjig  1875;  ©abell,  3)ie  Siteratur  ber  fog.  fiei» 
ninfcben  3Sei8fagung,  ©cilbronn  1879;  ®.  SeUo,  Sennin,  Beiträge  »ur  ©efd^icftte  üon  Älofler 
unb  ?lmt,  Jöerlin  1881;  3.  ©(^rammen.  S)e«  fei.  ©ruber  ^,  au8  &6nin  ^rop^ejeiung  über 
bie  64ic!fa(e  unb   bad  @nbe  ber  ^oben^oUern,  Itöln  1887;   ^ermenS,   iltofter   £e^nin    unb 

iB  feine  SBeiöfagung,  ©armen  1888;  %  ©^ruarj,  «rt.  „fie^nin  u.  fie^ninf^e  3B.*  in  C^rfdi  unb 
©ruber  ©nc,  IL  @ect.,  ©b  42,  @.  381—385. 

(3Begen  ber  für  bie  (Scftt^eit  beS  Vatic.  eintretenben  ultramontanen  unb  fonftigen  ©ro» 
fcftürenlitteratur  ber  Qa^re  1806—8  unb  1846—50  f.  unten  im  Xejte.) 

®ie  1180  unter  bem  ÜRorlgrafen  Dtto  I.  gegrünbete  ßtftercienferobtet  SeJ^nin  (Lenyn) 

20  im  ^etfe  Seljtg   (15  km  Jüböftl.  D.  Sranbenburg,   lunftgefd^id^tlic^  berül^mt  toegen  t^rer 

großen  roman.   Jtirc^e)    foU  im    13.   ober   14.   gja^rl^unbert   einen  grater  ^ermonnu« 

unter  il^ren  5IJlönd^en  gehabt  l^aben,  bem  ein  bie  ©^idfale  be«  branbenburgifc^en  $errfc^» 

baufed  bid  nac^  1700  Dorl^erfagenbed  ^e^ametrifc^e^  $oem  Don  100  SSerfen  beigelegt  totrb. 

93on  ben  toäl^renb  jener  beiben  3<*^^^w^berte  ba«  Älofter  regierenben  äbten  namens  $er* 

26  mann  Knuten  ^ermann  II.  (1257—1272)   ober  $.  III.  (1335—1342)  ate   eventuelle 

SBerfaffer  ber  ®i(^tung  in  Setrac^t  lommen,  tocnn  nic^^t  ba«  Satein  ber  35erfe  auf  na<^ 

mittelalterliche  ^^t  ^intoiefe  unb  obenbrein   i^r  ^nl^alt   ftd^  beutlic^  ald  vaticinium  ex 

eventu,    b^te^enb  in  einem  SRüdblid  auf  bie  Sleil^e  ber  J^o^emoHemfc^en  Se^errfc^er  bet 

51Rarf  SJranbenburg  bi«  gegen  b.  3-  1700,  ju  erlennen  gäbe,  ^ag  in  j)rofobifci^  fd^lec^iten 

so  ^^ametem,  fog.  versus  leonini,   abgefaßte  ®ebic^t,   ^anbfc^riftlic^   erl^en   in  SerFm, 

Sredlau,  ^re^en,  ©öttingen,   ©reif^toalb  unb  nod^  an  einigen  anberen  Orten  unb  }um 

erftenmal  gebrudt  1722  (f.  o.),  I^ebt  an  mit  einer  Älage  über  ba«  frü^e  Stu^fterben  be^ 

a^Ianifc^en  ^errfd^erl^auje«;  f.  bcf.  3S.  10  f. 

Et  nunc  absque  mora  propinquat  flebills  hora, 
35  Qua  stirps  Ottonis,  nostrae  decus  regionis, 

Magno  ruit  fato,  nullo  superstite  nato. 
e«  berührt  bann  flüchtig  bie  itoifc^^en  1320  unb  1415  bie  3»arl  bel^errfc^enben  SBit« 
tel^bad^er  unb  Sujemburger,  erjä^lt  ben  Übergang  be«  Sanbc^  an  bie  9tümberger  SSutg» 
grafen,   folgt  ber  Slei^e  ber  bier  erftcn  bicjer  J^o^enpIIcmfc^en  3Karfgrafen  mit  flüchtigen 
40  aber  l^inreid^enb  beftimmten  ©trieben,   unb  oertoeilt  beim  fünften  unb  fedj^ften   betfelbcn, 
b.  1^.  bei  Sofl^^"^  I-  wnb  II.,  mit  einer  ©c^ilberung  (35.  47  ff.),  bic  bem  gjngrimm  juap 
über  ba^  ©inbringen  be^  lutl^erifc^en  ®ift«  burc^;  be«  erftcren  Oema^lin  (Slifobetb  bon 
^änemarf,  bie  femina  serpentis  tabe  contacta  recentis),  bann  über  bie  ^tulatifas 
tion  Se^nin^  burc^  ben  le^teren  (1542)  beutltc^en  3lu^brucf  lei^t,  bef.  in  33.  50  f.: 
46  Et  nunc  is  prodit,  qui  te.  Lehnin,  nimis  odit, 

Dividit  ut  culter,  atheus,  scortator,  adulter, 
Ecclesiam  västat,  bona  religiosa  subhastat. 
3)ie  fünf  folgenben  Jturfürften  —  babei  3o^.  ©igidmunb,  bcffen  Übertritt  jum  Sle^ 
formiertentum  nic^t  ungerügt  bleibt  —  finb  in  ber  35.  53  ff.   fic^   aufd^lie^cnben  Schübe» 
50  rung  nod^   Har  ^u  erlennen.    2lber   beim  ©ol^n   unb  JJac^foIger  bed  Orofeen  JturfürfÜen 
^ört  bie  ^orträtä^nlic^Ieit  ber  ffijjierten  Figuren   mit   einem  3WaIe  auf.    3)er  ^{ator 
verliert  ben  fieberen  S3oben   unter  feinen  "^ü^tn.    @r   lä^t  griebrid^  I.  nic^t   ettoa   eine 
Äönig^frone  geioinnen,   fonbcrn   ein   tiefet  ©infen  feinet  Staate  erleben;   ben  ©olbaten« 
lönig  ^.  SBil^elm  I.  läfet  er  ebenbce^alb  ben  ©ntfc^lufe  Men,  in  ein  Älofter  )u  gelten; 
66  bon  gnebric^  ben  ©ro^en,   einem  ber  unglüdlic^ften  unb  ber  fc^lcc^teften  in  ber  SRei^^  (!) 
ioei^gt  er  (35.  88): 

Et  perlt  in  undis,  dum  miseet  summa  profundis! 

ÜRit  bem  jioeitnäd^ftcn  9Jac^folger  bicjeg  Ic^tgenannten,  alfo   mit  gr.  SBil^elm  III., 

erlifc^^t  ba^  ©cfc^lcd^t  ber  ^oJ^cn^oHern*   bic  bcutfc^c  Sleic^^cin^eit  toirb  toieber  ^ergefteUt, 

eo  aber  unter  einem  ba^  ^Regiment  be^  ^}a})ftc^  über  ©crmanien^  2?olf  emcuemben  lat^o« 

lifd^cn  Jpcrrfdf^cr  (35.95:  Et  pastor  gregera  recipit,  Germania  regem),  unter  toelc^em 


Se^mnf^e  äßetdfagnng  Setbttt^  353 

folDO^l  Se^ntnd  tote  Sl^ortnd  verfallene  3Ranztn  ju  neuer  ^rad^t  erfte^en  unb  ;,tetn  SBoIf 
^te  $erbe  mel^  feinblid^  umfcpleic^en  barf'^ 

Die  )>reu|enfetnblt(^e  unb  ultramontane  Xenbenj  ber  9)i(l^tung  ift  mit  ^änben  ju 

den.  3)o<^  ift  ed  bid  je^t  nid^t  geglücft,  unter  ben  ^erfönlid^teiten,  toeld^e  )ur3(it  bed 
gen  Jturfürften  bejtt).  feinet  Sol^ned  ol^  Vertreter  einer  feieren  Xenbem  belannt  ioaren,  5 
bteienige  mit  ©ic^erl^eit  m  ermitteln,  ber  ba«  ^alfiftlot  gur  Soft  fällt.  9cad^bem  ber  erfte 
(SiUlart>er  bed  Setrug^,  ^aftor  Stßet^  (1746;  {.  0.),  bei  ber  allgemeinen  Slnna^me  ftel^en 
gdßeben  tDor,  bag  irgenb  ein  ,,^at)tfti|c^  gefmnter  3!IV5nd)  ober  Seiftltd^er''  gtotfc^en  1688 
unb  1700  bteje  ,,8rut  neuer  Qtxtm''  bem  ad  hoc  erbic^teten  g^ater  $ermannu«  unter* 
gef(^o6en  ^obe,  ift  ber  Sleil^e  nad^  auf  ntc^t  Weniger  aU  fünf  ^erfonen  jener  @))od^e  atö  10 
ntunna^ic^e  SSerfaffer  geraten  toorben.    @o 

1.  auf  ben  el(^emaltgen  lutl^erifd^en  $ro})ft  Slnbrea«  ?5^omm  ju  Äöln  a.  b.  Bpxzt,  ber, 
nac^bem  er  unter  betn  ®r.  Äurfürften  1666  toegen  antireformicrter  Jtanjelt)olemif  feine« 
9bntti  entfe^  toorben,  1668  in  $rag  mm  Jtatl^oltci^mu«  übertrat  unb  1685  ftarb  (fo 
SaL  $.  @(^mibt  1820,  unb  noc^  ^ilgenfelb,  Schrammen,  ^ermen«  u.  a.).    ferner         is 

2.  auf  ben  Serliner  Äammergericptörat  unb  Äonftftorialaffeffor  griebrid^  ©eibel,  geft. 
1693  (fo  SBiBen«  in  ber  ©c^mibtfc^en  „SUlg.  3.  f.  ®efc^."  1846); 

3.  auf  ben  abenteuerlichen  $arabo£ogra)))^en  unb  tatl^olifierenben  $feubo))ro))l^eten 
De^cn,  gejt  1725  (fo  SD3.  Oiefebrec^t  a.  a.  D.,  1846); 

4.  auf  ben  Sefuiten^HXter  %t.  äBolf,  |eittoeiligen  ^a))lan  bei  ber  öfterreid^ifc^en  ©t-  20 
fanbtfc^ft  m  »erlin,  toärenb  ber  l^en  ^afyct  be«  ®r.  Äurfürften  (1685—86);  enblid^ 

5.  auf  ben  gum  ^ti^olicidmud  übergetretenen  ))ommerfc^en  älbeligen  ^Jtitolau«  b.  3i$^ 
to^,  abt  bon  ^u^dburg  bei  ßalberftabt  1692—1704  (fo  ©iefeler  in  f.  »rofdf^üre  t>,  1849; 
t^L  aR.  \>.  ©tojentin,  ©efd^idjte  be«  ©efd^lec^t«  3i$eh)i|,  Stettin  1900,  II,  ©.  173). 

Xkid  Sd^nftflüd  ift,  aud^  nac^bem  längft  fein  untergefc^obener  G^aratter  ertannt  toar,  as 
im  ^enfte  anti))reugifc^er  ^arteipolemif  ioieberl^olt  gu  benu^en  Derfuc^t  toorben.    @o  im 
legten  S^^unbert  gunöc^ft  toäl^renb   ber  fc^ioeren  Ärift«,  bie  ber  ))reu6ifc^e  Staat  nad^ 
b<m  92iebertagen  t)on  l^ena  unb  Sluerftäbt  gu  befte^en  j^atte.    Der  nape  Untergang  be« 
$o^)oOem$aufed  tourbe  ba  unter  ^tntoei«  auf  ba«  Se^ninfd^e  93aticinium  in  mel^reren 
omm^en  ^lugfd^riften  Derlünbigt,  j.  S.:  „^ermann  Don  Sennin,  ber  ^ro))l^et  be«  ^aufe^so 
Sronbenburg;  bearbeitet  bon  einem  ©cfd^id^tdfreunbe",  granifurt  unb  2ei))jig  1806—1808; 
„^$rater  §ermann  bon  ben  ©c^idtfalen  ber  SKarl  Sranbenburg" ;  Sei^jjig  1807  (bgl.  ^er« 
mend  a.  o.  O.,  @.  21).    Seim  ^erannal^en  ber  Slebolution  bed  ^a^re«  1848   fokoie  in 
ber  mufften  3^  ^^^  berfelben   tauchten  berfc^iebene  $am))l^lete  ä^nlid^en  ^nl^alt«  auf, 
namentlich  bie  bed  »elgierd  Soui«  be  Souberot :  Extrait  d'un  manuscrit  r^latif  ä  la  85 
proph^tie  du  fr^re  H.  de  Lehnin.  Avec  des  notes  explicatives,  Srüffel  1846  (bgl. 
6tii|r  in  Sc^ibtd  ^iftor.  3^^$5v  1-  ^-X  tooran  ftd^  meiere  beutfc^e  ^ublifationen  ä^n- 
lidfec  ^tenben)  anfd^loffen,  bef.  9B.  b.  @c^ü(,  S)ie  äBeiff.  be«  »ruber«  $.  k)on  Sennin  nac^ 
ber  belgifc^  SCnftc^t,  3Bür)burg  1847;  3.  91.  »ooft,  ^ie  ®efd^i(^te  unb  bie  ^ro))l^eten, 
oba  bie  tpa^en  S^lüj^el  ju  ben  $ro))^eten  ber  3u{unft,  3. 9lu^.,  älug«burg  1848,  foioie  40 
ein  r^einlonbif Aer  Snon^mu« :  „Boü  ®lixd  unb  9^ol^lftanb  in  9)eutfc^lanb  toieberl^ergeftellt 
toccben,  fo  muffen  bie  $roteftanten  }u  ber  lat^olifc^en  Äirc^e  jurüdlel^ren ;  au«  ben  ^ro^ 
^bejetungen  be«  Später  ^ermann   nac^geioiefen  bon  S.  be  »ouk>erot'',  ^üffelborf  1849. 
SUid^   ^  lut^-  I^loge  unb   9flobcaift  SBil^.  2Rein^olb  (Cerfaffer  ber  „Sernftein^e") 
beteiligte  fic^  an  ben  bamaligen  »erfuc^cn  ju  gunften  ber  angeblichen  ^ro^^etie,  in  feiner  46 
Schrift:  ^)a«  Vaticdnium  Lehninense  gegen  alle,  auc^  bie  neueften  Sintoürfe  gerettet, 
8^101849;  2.  aufl.  1853.    »gl.  noc^  bie  »rofc^üren  bon  ÄoUberg,  ©ie  aBci«fagungen 
ß.«  t>.  2e^in,  2.  äufL,  Stuttgart  1861   unb  bon  gimftein,  3)e«  ä.  b.  2.  aQ3ei«fagung, 
^egendburg,  fotoie  ben  (mit  einiger  3urüc!^altung  unb  befc^eibenen  Kritif  immer  noci^  für 
mtttelalterltc^  Urf)}rung  ber  $ro))^etie   eintretenben)  äluff.  ber  ^ift-^ol.  »lätter  1884,  50 
OBb 94, e.  457  ff.  555  ff.):  3)ie  SBei«fagung  be«  fei.  »ruber«  $.  b.  Sel^nin,  bon  3.  91.  ©. 
(€€)))>.).  S^ältx. 

itüM»  unb  £eben«fitrafen  bei  ben  Hebräern  f.  ©erid^t  unb  Siedet  bei  ben 
Hebräern  »b  VI  @.  579,3ff. 

£ctbni4,  ®ottfrieb   3Bill^elm,  —    9^o(6   immer  giebt   e«    feine  (S(efamtau«aa6c  66 
ber  letbni|^ifd)en  Schriften,    ^ie  p^ilofop^ifc^en  ^auptiDette  finb  am  letc^tcften  jugängli^  in 
ber  Vuftgabe  oon  3.  ^.  (Srbmann  (L.  opera  philosophica  1840);    bte  umfaffenbe   Samm« 
IteMsc^nolMiMc  fir  ZHotoaic  unb  SNr^c.    8.  0.  XI  23 


354  2ühn^^ 

lung  \)on  ©erwarbt,  7  »bc  1875-1890,  erfüllt  M  moiKficm  SScrbienft  nitftt  oHc  berechtigten 
SBünfd^e. 

£.i»  beutfc^e  Schriften  ^ot  @)u6rauer  ^ufammengefteOt  (2  Sbe  1838  unb  1840).  2)eT: 
felbe  f^rteb  eine  fc^d^bare  ^tograp^ie  fi.d  (2  9Snbe  1846).  $on  neueren  @(^riften  fei  neben 
5  bem  grogen  ^erfe  üon  ^uno  gfifdjer  genannt  (Sbni.  $fleiberer,  ®.  ^.  iSetbni)  ald  ^triot, 
6lQQtömann  unb  ©ilbiin(i«träger  1870;  aRcrj,  Seibnij,  au8  bem  ©nglif^en  1886,  eine  flor 
unb  fri(d)  gef^riebene  3)bnogrQp^te,  bie  au^  bad  9}aturn)tjfenf4QftIt4e  unb  9Rat§emattf4e 
üoll  5ur  Geltung  bringt.  (£ine  neue  ^uffoffung  ber  Sfd^en  ^onabenle^re  Derfuc^t  in  einem 
einbringenben  ^erte  @b.  ^iOinonn,  @ine  neue  S)arftenurg  ber  S.f4en  SJ^onabenle^re,  auf 
10  @)runb  ber  Cuellen  1891.  @ine  üorjüglic^e  Orientierung  über  fi.  bietet  (S.  S^^^^»  ®ef4ic6te 
ber  beutftben  ^^lofop^ie  feit  2. 

S9ib(iograp^if(^ed  jur  fieibni^litteratur  f.  Uebermeg-^inje,  ®runbri6  ber  (lkf(^i(4te  ber 
$^iIofop^ie  ber  ißeujeit  §  24.  Xro(  aller  auf  S.  üerroanbten  gelehrten  Arbeit  bleibt  bei 
i^m  no4  immer  Diel  ju  t^un  übrig. 

16  ®.  9B.  Seibni^  (ober  aud^  Setbnij),  h)ie  neuerbingd  im  ©egenfo^  ifxm  18.  go^ 
l^unbert  Dorgejogen  to'tth),  geboren  ju  Setjpjtg  1646,  geftorben  ju^annoDer  1716,  b^vcptd 
unter  ben  ^^tlofo^l^en  bur$  UniDerfoIität  unb  ©ebanlenfüQe,  ^etüeglid^feit  unb  Bd^-^ 
ftnn  einen  ^o^en  Slang  unb  ^at  h)te  auf  bie  meiften  SBtffenfc^aften  unb  Seben^ebtete,  fo 
aud^  auf  bie  X^eologte  unb  bie  Sleltgton  einen  großen  (Sinflu^  geübt.  SSiffendburftig  fx-- 

ao  0teift  er  oQed  irgenb  @rretcl^bare  unb  freut  ftc^  befonberd  bed  Jtleinen  unb  jtlemjien,  ober 
jugleic^  ift  er  bemül^t,  ba^  SDtanntgfac^e  in  f^ftemattfc^en  ^uf^mmen^ng  gu  bringen  unb 
ben  erften  93efunb  ber  S)inge  burd^  ©ebanlenarbeit  urnjutoanbeln.  älDed  3leu|ere  t>ertiHmbcIt 
ftc^  i^m  in  ein  l^nnered,  oUe  Stulpe  in  Sekoegung.  Srfimt  Don  bem  ©lauben  an  eine  Sldgegen: 
toart  ber  SSemunft,  Vermutet  er  einen  guten  Kern  in  oÜem  \ocS  ba  ift,  unb  möchte  er  }u  btefem 

26  ^cm  burc^  ade  SSerl^üIIung  ^inburc^bringen.  SUern  @ctremen  unb  parteimäßigen  oBgenogt, 
ftrebt  er  burc^göngig  nad^  93ermittlung  unb  SSerföl^nung.  @t  pflegt  feine  ®^anlen  inftu 
!nü)}fung  an  anbere  }u  enttDtdteln  unb  ift  baburc^  nid^t  jur  reinen  $erautobeitung  unb  beui^ 
(id^en  älbgrenjung  ber  eigenen  Seiftung  gelangt,  älber  er  ^ot  t^atfäc^lid^  oDed,  toad  er  ergriff, 
fortgebilbet  unb  umgen)anbe(t,  er  l^ot  bie  ganje  SQSeite  bed  ©ebantenreic^ed  burc^  neueXn^ 

80  regungen  belebt  unb  bie  einzelnen  ©ebiete  untereinanber  in  fruchtbare  SBed^feltmriung 
gefixt;  auc^  f^at  er  bad  Sßiffen,  bei  Doder  älufret^ter^altung  feinet  @elbfth>erted,  oufi 
engfte  mit  bem  Seben  Derbunben  unb  ein  raftlofed  äBtrten  jur  Sinfü^rung  bon  Semunft 
in  bie  menfc^^lic^en  Serl^öltniffe  aufgenommen. 

9)en9(u^angd))un{t  fetner  $l^iIofo^^ie  bilbet  bie  Überzeugung  bon  ber  Unjulänglic^Ieit 

85  be^  ^ed^ani^mud  für  bie  le^te  @rf(ärung  ber  9iatur.  S)ie  ^inge  lönnen  unmögUc^  tum 
außen  l^er  aufeinanber  tptrien,  noc^  U)eniger  lann  ein  ^ing  barin  fein  3Befen  ^aben,  noc^ 
außen  ju  geben  unb  ))on  braußen  m  em)}fangen.  Sin  erfter  Stelle  muß  aOed  bei  ftc^  felb^ 
fein  unb  für  ftd^  felbft  leben,  muffen  urf>)rüngli(^;e  Äräfte  bie  SDSirflid^Ieit  bilben.  »o« 
fü^rt  ju  ber  lÜnna^me  \)on  ,3onaben'',  b.  l),  unteilbaren  lebenbigen  (Sin^eiten,   bei  ftc^ 

io  felbft  beftnblic^en,  au^  ftc^  felbft  beioegten,  bie  Unenblic^Ieit  ber  3Belt  in  fic^  tragenben 
SQBefen.  3Rit  fold^en  lebenbigen  @in^eiten  getDtnnt  bad  ®ame  ber  3Sdt  Belebung  imb  3nnc^ 
lic^Icit. 

^e  ftärfer  aber  ba^  Seifid^felbftfein  ber  ^onaben  betont  toirb,  befto  unmöglich  tmxb 
eine  btre!te  äBec^felmirfung    jkotfc^en    i^nen.    2!)ie  SDtonaben  l^aben    feine  f^ftec,  bun^ 

45  bie  (Sinbrüdte  Don  braußen  ^er  ju  il^nen  gelangen  tonnten.  @o  toirb  eine  eingretfenbe 
Ummanblung  bed  gemö^nlid^en  SBeltbilbed  unabweisbar.  3)ie  ^onaben  bleiben  in  9Bah> 
^eit  immer  bei  ftc^  felbft,  aber  göttlid^e  SBeiS^eit  unb  SRa^t  l^ot  bie  3Belt  t>on  Dom^Noetn 
fo  etngerid^tet,  baß  baS  innere  ^orge^en  in  ben  einzelnen  ^onaben  genau  i^rer  Sage  im 
älU  entf^ric^t ;  tva^  Don  außen  ^er  burc^  3J2itteilung  ber  ^inge  an  fte  ju  gelangen  f^eint, 

60  baS  entmidelt  fic^  in  äBa^r^eit  auS  i^rem  eigenen  ©runbe  unb  ftimmt  babei  genau  {u 
bem,  maS  an^  bem  SQSeltmfammen^ange  für  biefed  Sinjetoefen  folgt,  ^ad  ^  bie  htf 
rühmte  Se^re  Don  ber  ^räftabitierten  Harmonie,  nac^  Seibni^enS  Meinung  bie  größattigße 
unb  koürbigfte  S^orfteDung  Dom  31(1  unb  Dom  äSirten  ©otteS.  S^Q^^^^  erfd^etnt  bad  ote  ein 
befonberS  jjoingenber  SetoeiS  für  baS  3)afein  ©otte«,  baß  o^ne  fein  SDäirlen  oller  3ufammen< 

66  i^cmg  ber  2)inge  aufgehoben  Würbe. 

^n  ber  näheren  ©eftaltung  bei^  SBeltbilbeS  begegnen  unb  berbinben  {U^  jtDei  SU<^ 
tungen.  @inmal  Dertritt  £.  bie  Wcfcntli^e  ©leic^l^eit  alteS  ©efc^el^enS  (c'est  tout  comme 
ici),  nur  auS  i^r  giebt  eS  uniDerfale  ©efe^e  unb  Weltumf^annenbe  Segriffe.  3^0^^ 
aber  ift  er  überzeugt  Don  ber  burd^gängigen  @igentümlid^feit  unb  33erUteben^eU  berSim 

Go  jelkoefen,  nirgenbS  gleid^en  fic^  ^Wei  ^nbiDibuen  DöQig,  alle  ^^nlic^Ieit  ifl  nur  ein  geringerer 
©rob   ber  Sierfc^ieben^ett.    @ine  Bereinigung  beiber  ©ebanlenrei^en   erfolgt  burt^  ben 


Sribtti^  355 

Segriff  bed  Duantitatit)en.  S)te  unenbltd^e  SteD^ett  ertDeift  fu^  aU  eine  Stufenfolge 
be^eUen  Setn^,  bie  t)arttlularen  @efe^e  ftnb  nur  SSariationen  emed  untberfalen.  S)te 
cncrgtfc^  ^uK^fO^ng  biefer  quantitattoen  SSetrac^tungdtDetfe  tji  für  £.  befonberd  ä^xaU 
tecißtfi^,  fte  ^,  tote  boiS  ®ame  feinet  Sffieltbilbed,  fo  namentltd^  feine  @t^tl  unb  feine 
®ef(^ubtd))^tIofo]^^ie  eigentümlich  geftaltet.  Unermüblid^  ift  er  in  bem  Streben,  fd^einbar  5 
f|)e}t^{(9e  Untö^c^ebe  in  grabuede  ju  Dertoanbeln,  au^  ber  9Q3c(tbetrac^tung  aDe  ©egen- 
fä(^,  oDe  @))rünge  unb  getodtfamen  UmtDöIjungen  ju  entfernen,  üUeraß  entbecft  fein 
änbrinaenber  Slia  eine  Kontinuität  ber  5*>tmen  unb  ber  Säetoegungen.  3)er  Segriff  ber 
(Enttoiaelung  erl^t  ^ier  ben  @inn  einer  ru^ig  unb  ftc^er  fortfd^reitenben  Steigerung 
etiied  fan  fieim  fd^on  Dor^anbenen  SQSefen^.  @o  giebt  ed  ^ier  lein  rabilaied  93öfed,  feine  10 
9lottDenbigtett  einer  t)dlligen  Umtoäljung,  bad  ftttlid^e  Seben  beftel^t  in  admö^Iic^er  Seffe^ 
tuno,  einem  (ongfamen  ftc^  SSerboUtommnen  (se  perfectionner).  äluc^  eine  eigentümliche 
$^fo))l^e  ber  Sefd^id^te  enttoidelt  fid^  aud  biefen  ©ebanlen,  bie  erfte  $l^ilofo))^ie  ber®e^ 
f((m^te,  bie  in  SBo^r^eit  biefen  92amen  berbient.  Qu  oQen  S^im  toaltet  biefelbe  SSer^ 
mmft,  aber  fte  ift  bon  innen  f)tt  burc^  ben  Xrieb  fortfc^reitenber  SUärung  in  unablöffiger  15 
6tetgentng  begriffen.  @o  baut  fu^  bngfam  Stein  für  Stein  ba^  SQSerf  ber  @ef($i($te 
auf,  aber  feine  Arbeit  in  i^  ift  berloren ;  bie  ©egentoart  ift  ,,belaben  mit  ber  äSergangen» 
Ifttt  ttnb  fc^toanger  mit  ber  3ufunft''. 

Über  bod  SSer^tnid  bon  Jtött)erli(^em  unb  ®eifttgem  toqr  für  S.  burc^  bie  HRonaben- 
Uftt  entfc^ieben,  in  feinem   le^en  ©runbe  mu^  i^m  alled  3Befen  geiftiger  9lrt  fein,  auc^  20 
Mc  f(etnflen  (Elemente  ftnb  lebenbme,  feelenartige  Jträf te.  Soweit  ba^  Seelenleben  au^be^nen 
Idimen  toir  nic^t,   o^ne  feinen  begriff  aud^  innerlic^  ju  erweitern.    S)a^  Seelenleben  ift 
mc^  befc^onft  auf  bad  Setougtfein,  fonbem  toie  bei  und  felbft  bie  betou^te  93orfteQung 
nur  ba  55^untt  eined  Weiteren  ind  Unterbewußte  unb  Unmettlic^e  ^inabretc^enben  SSor^ 
pdhitd  ift,  fo  ^inbert  nic^td,  ein  berartiged  Seelenleben  nieberer  unb  nieberfter  9(rt  bid  25 
in  bie  erften  Anfänge  jurüd^uberlegen.    ^ei  fonfequenter  Surd^fü^nmg  biefed  ©ebanten- 
oan^ed  ))ertaHinbeIt  jt^^  bie  ftnnlic^e  SBelt  in  eine  bloße  Srfc^einung,    freiließ   eine  tDol^l^ 
Mgrfinbete  (Srfc^einung  (phaenomenon  bene  fundatum)  bed  geiftigen  Sllld  für  enblid^e 
(Mfler.    Unfer  Kbtptt  ift  ein  Aggregat  bon  ^onaben,   bie  Seele  bie  bominierenbe  Sen- 
txalmonobe.    3^  ^^^  9%aum  fmb  ürbnungen  ber  Srfc^einungen.    Übrigen^  ^at  S.  nic^t  30 
fdten  bem  K&tptt,  namentlid^   bem  organifc^en,   in  aÖ3iberf))ru(^  mit  jener  SC^eorie  eine 
gcdßere  Steolität  juertannt. 

2)en  Snbolt  bed  ©eijiedlebend  faßt  S.  burd^aud  inteOeftualiftifd^.    9)ie  Seele  beftcl^t 
iAi^Ii^  oud  lliorfiellungen  unb  i^ren  3$er^ältnif{en.  Sm^ftnben  ift  t)ern)onened  Siorfteßen, 
Stieben  ber  $ang  einer  SSorfteUung  )u  einer  anberen.  ^ie  ÜJlonabcn  fmb  ba^er  t)orftellcnbe  86 
Acfifte,   fie  toerben  mit  einem  auf  bie  9{eu))latoniter  }urücfgel(^enben  9ludbrudE  gern  aU 
Stnegel  bed  äBettaDd  bejeic^net.    9iac^  bem  ®rabe  ber  Klarheit  unb  ^eutlic^feit  bed  93or« 
ßciknd  bemißt  ftc^  i^re  Stufenfolge,   DoDfommen    beutli^   ift  bad  SiorfteDen  allein   bei 
Sott    Den  SRenfc^en  ergebt  über  bie  nieberen  SBefen  bad  ^^ermögen,   nic^t  bloß  SSop 
gedungen  Cßercet)tionen),  fonbem  bekoußte  äSorfteHungen  (Jl))^erce))tionen)  ju  ^aben.  Darin  40 
üt^  eine  froftigere  Seaie^ung  ber  SSorfteDungen  auf  einen  be^etrfc^enben  ^JD}ittel})untt,  ju- 
gleich    ein   engerer  ^^W^t^fc^Iuß  bed  Sebend,    eine   SBenbung   )ur  ^erfönlidj^feit  unb 
)widnlt(^  Unfterblu^feit.    Denn  fo  gen^iß  aud  ber  Sinfac^^eit  ber  Subftanj  bie  Un=: 
{Cißdrbarleit  einer  jAen  SRonabe  folgt,  Unfterblic^feit  in  ftrengerem  Sinne  beginnt  erft  ba, 
IDO  ed  eine  moralifc^e  ^bentität  giebt,    bie  ioieberum  Don  bem  SSermögen  bemußten  ^^^or-  45 
fUSend  ab^ngt  So  jeigt  jene  9(bftufung  innerhalb  bed  93orftellend  einen  9Beg,  bem  ^JDflenjd^en 
cme  ou^egeic^nete  Stellung  gujuertennen,  o^ne  ben  9la^men  ber  SSeltbegriffe  ju  burc^brec^en. 

Shid  fol^  6(^ung  bed  Srfennend  ergeben  fid^  beutlic^e  ^lic^tlinien  für  unfer  ^an- 
bebt  ttnb  unfer  ®lüd(.  Die  Slufgabe  bed  Sebend  beftel^t  barin,  bie  in  ber  Seele  Don 
otid  bor^onbenen,  aber  in  einem  benoorrenen  3uf^<tnbe  befinblic^en  SSorfteDungen  so 
)u  enttoideln;  bie  Xugenb  ift  „eine  ^tigfeit,  mit  SSerftanb  ju  ^anbeln'',  ber 
j{am))f  ein  3ufammenftoß  ber  aud  DertDonenen  unb  ber  aud  beutlic^en  ^or- 
jen  entfprtngenben  Säeftrebungen.  äuc^  in  ben  allgemeinen  SJerl^ciltntf|cn  toirb  aUed 
fieil  bon  einem  energifd^en  Durc^benfen  unb  völligen  Durc^fic^tigmac^en  ertvartet ;  fo  entfaltet 
f«^  in  biefer  Slic^ttmg  eine  unermüblid^e  Slrbett,  eine  ftaunendtoerte  ©efc^öftigteit  unb  SSetrieb-  66 
tanleit  fbfä)  unfer  ®IM  ^önat  am  @rfennen,  ba  ed  in  ber  @m))finbung  unferer  X^ätig^ 
Irit  unb  t^  SBac^^md  beftel(^t,  alle  ec^te  Xl^ätigteit  aber  aud  bem  (Srfennen  ^er< 
bocgdbt. 

0et  foU^  Sertoanblung  bed  Seelenlebend  in   ein  ©etriebe  t)on  SSorfteQungen  unb 
Socftdlungdmaffen  finbet  fu^  augenid^einlic^  fein  ^la^  für  eine  äBiQendfreil^eit.  Die  ^ei^eit  eo 

23* 


356  Seibtit« 

befielet  für  S.  lebtglic^  in  bem  SSermögen,  o^ne  ^^anq  ))on  au|en  gemä^  bem  @efc|[ 
etned  eigenen  unb  eigentümlichen  SBefend  )u  l^nbeln.  3)ad  aber  l^ei^  bie  gröberen  formen 
bed  3)etemiinidmud  nur  bdänip^tn,  um  fte  burd^  eine  feinere  ju  erfc^en  (t^gl.  üSer  bod 
ganje  Problem   6la|:   bie   meta))l^^fifcl^en  SSorauiSfe^ungen   bed   Seibn.  ^eterminidmuS 

6  1874). 

3)iefer  ^nteüehuali^mud  be^errfd^t  auc^  S.d  religiöfe  Stnfc^uungen.  @r  ^  fü^ 
über  religiöfe  ^agen  fe^r  oft  geäußert,  hai  $au))tbo{ument  bilbet  bie  ^^obicee  (ber  Xtid^ 
brucf  ift  bon  £.  felbft  ge))rägt).  ^er  $lan  einer  folc^en  9(rbeit  befc^ftigte  i^n  fdj^on 
lange,  ben  älnfto^  jur  äludfü^rung  gab  ber  )>^iIofo)>^ifd^e  SSerlel^  mit  ber  ilönigin  @o))^e 

10  g^arlotte.  2)iefe  hochbegabte  ^au,  bie  nad^  i.i  9(u^rud  auf  bem  ,,9Barum  bed  SBorum" 
beftanb,  toar  lebhaft  ergriffen  bon  ber  9(ufreaung,  toeld^e  hai  berül^mte  S)ilttonnatre  Don 
93a^le  namentlid^  auf  ber  $öl^e  ber  ©efellfd^aft  ^ert)orgerufen  ^atte.  SSemunft  unb  ©loube 
tüaxm  ^ier  al^  unberfö[;nlic^e  ©egner  bargefteUt,  bor  aEem  toar  bie  Unerlldrbarleit  bc0 
93öfen  in  bie  greUfte  93eleud^tung  gerüdtt.    Über  jene  ^agen  ber^anbelten  @o})^ie  @^ 

15  lotte  unb  £.  juerft  münblid^,  aud  fd^riftlid^en  äluheid^nungen  entftanben  einzelne  Btädt 
bed  3BerIed,  bid  ed  erl^eblid^  \paitr:  (1710)  ald  ©anjed  unter  bem  Xitel:  Essais  de 
theodic^  sur  la  bont6  de  Dieu,  la  libert^  de  l'homme  et  l'origine  du  mal  erfc^en. 
2)er  orientierenben  SSorrebe  folgt  junäc^ft  ein  discours  de  la  conformit^  de  la  M 
avec  la  raison,    bann  be^anbeln  brei  $au||)tabfc^nitte  bie  angegebenen  Probleme.    Set 

ao  großer  ©ebanfenfüQe  erftrebt  bai^  2Ber{  jugleid^  eine  SBirlung  auf  toettere  Jlreife  unb  ^ 
fte  mit  ber  Jllar^eit  unb  ^^ifd^e  feiner  ^arftellung  in  ber  ^at  rafd^  gefunben.  Sud  i^ 
t)ome^mli(i^  f(^ö)>ft  bie  folgenbe  3)ar[egung  ber  religiöfen  Slnfc^uungen  S.d. 

äUd  Rttn  aÖer  Steligion  gilt  i^m  bie  Siebe  )u  @ott.  Sie  mu|  axS  bem  Srleratcn 
fliegen,  auf  eigene  Überzeugung  aegrünbet  fein,  toenn  fte  unfer  ganjed  innere  burc^bringm 

25  unb  ftc^  in  uneigennü^tgeiS  SBirfen  für  unfere  9lä(j^ften  umfe^en  foQ.  92ie  tonnen  Sm^ 
monien  ober  ©laubendformeln  bie  tl^ätig  lebenbige  ©eftnnung  erfe^en,  nie  tonn  ein 
ftürmifc^er  9luffc^h)ung  bed  ©efü^led  bo^  ganje  Seben  erleud^ten  unD  erttKirmen,  kuie  M 
bie  aufgeflärte  Siebe  (ramour  ^lair4)  t)ermag.  Sei  fold^em  Streben  fü^It  £.  ^ 
mit  bem  Sl^riftentum  in  boQem  @intlang.  3)enn  bad  Sl^jtentum  gilt  ibm  ald  bie  ,,teinPe 

80  unb  aufgenärtefte''  Steligion :  burd^  Sl^riftud  tourbe  bie  Sieligion  ber  9Beifen  bie  SteKgion 
ber  3Sölfer,  er  er^ob  bie  natürlid^e  9{eligion  jum  ®efe$e,  er  tooUte,  bc^  bie  ©otti^  nic^ 
nur  @egenftanb  unferer  ^rd^t  un^  SSerel^rung,  fonbem  aud^  unferer  Siebe  unb  ^erjlii^ 
Eingebung  fei. 

3)ie  Sd^toierigfeiten,  mit  fold^er  Überzeugung  eine  Offenbarungäel^  ju   bereinigen, 

85  l^at  S.  nic^t  berfannt,  aber  er  ^at  feinen  ganjen  Sd^arfftnn  ju  i^rer  übertoinbttng  ouf^ 
geboten,  ^^näc^ft  ruft  er  2)iftinftionen  )ur  ^ilfe.  93ei  ber  X^eologie  fei  unterfc^tebm 
jtoifc^en  einer  natürlichen  unb  einer  geoffenbarten,  bei  ben  SSemunfttoal^r^eiten  jtDifd^en  etoigen 
unb  i)ofitiben.  3l\m  ift  oft  ber  angeblickte  Streit  jtoifc^en  ber  SSemunft  unb  bem  ®Iauben  nur 
ein  Streit  jtoifc^en  ben    toa^ren  ©rünben  ber   natürlichen  X^eologie   unb  ben   folfc^ 

«0  Sc^eingrünben  ber  3)lenfc^en,  unb  ber  Xrium^l^  bed  ©laubend,  bon  bem  ^b<A)U  fo  biet 
^efend  machte,  bebeutet  nic^td  anbered  afö  ben  Xrium)>l^  ber  bemonftrotiben  Sermmft 
über  nur  fc^etnbare  unb  trügerifc^e  ©rünbe. 

So  berftanben,  l}ätu  ber  ©laube  ald  Xrabition  nur  bie  Slufgabe,  bie  nxd^t  i^en 
älugenblicf  unb  jebem  ^nbibibuum  etnleud^tenbe  SBemunfttoa^r^eit  im  gefd^id^tlic^  Seben 

45  ^u  bertreten,  bor  Sc^tüanfungen  gu  betüa^ren,  ben  SRenfd^en  px  il^r  }u  er}iel{^  3ebo<^ 
erfennt  S.  auc^  felbftftänbige  Offenbarungdtüa^rl^eiten  an,  aber  aud^  bei  i^nen  fuc^  er 
ber  33emunft  möglic^ft  biel  S^aum  gu  fc^affen  unb  ben  ^iftorifd^en  Sefunb  möglich 
ind  SRationale  gu  menben.  3u"^4f^  ^<^^  ^^^  SSemunft  bie  ^flid^t,  bie  Segitimation  ber 
Offenbarung  gu  ))rüfen,   bamtt  nic^t  etmad  falfc^eiS  für   göttlid^  angegeben  h>erbe.    Ser 

60  ^nbalt  ber  legitimierten  Offenbarung  h)ill  bann  freilid^  einfad^  angenommen  fein.  Snbd 
tonnen  biefe  Offenbarungdma^r^eiten  ben  etoigen  SBol^r^eiten  ber  äSemunft  nie  totba^ 
f))rec^en,  ba  aud^  bie  äSemunft  ani  @ott  ftammt  unb  unfere  äSemunft  nur  traft  bei  9e> 
grünbung  in  ber  abfoluten  ^JJemunft  3Ba^r^eit  erlennt.  ^ad  aber  ftnb  en)ige  SBol^t^ettoi, 
toelc^e  unfer  @rfennen  böQig  burc^fc^aut,  bei   benen  ed  bal^er  ber  übereinftimmung  mit 

65  bem  göttli^en  ©rtennen  getoife  fein  barf.   ©inen  3Biberf}>rud^  mit  ben  etoigen  SBo^r  * 
l^ulaflen,  ^ie^e  qljo  einen  ^onfUft  in  ®ott  felbft  fe^en.   9lber  mit  bem  SBibecbemänf 
fällt  nic^t  bad  Überbemünftige.    @d  fann  SBa^rl^eiten  geben,  toeld^e  ber  Semun^ 
bing«  ntc^t  h)iberf>>red^cn,  fic^  aber  ntc^t  aui  i^r  ableiten  lafjen,  SBlvHerien,    bie  Iwr 
a  priori,  fonbem  nur  a  posteriori  bart^un  tonnen,  bon  benen  tüir  nur  bie  TÜ^ai^adft  {t6 

60  5xi),  nic^t  bad  3Barum  (t6  dtöu)  eingufe^en  bermögen.   ^ür  biefed  ttberbemünftige  fann 


SetBtit«  357 

kne  ^orfc^ng  ntd^t  mel^  (etilen  old  bie  Sintpenbungen  a\x§  bem  SBege  räumen;  nur  bie 
SRöglid^tett  ber  ©laubendtoo^^etten  bermag  fte  borjut^un.  @emä^  folc^er  Überzeugung 
^  £.  fämtlic^e  ®(aubendfä|e  ber  ßirc^e  angenommen,  er  ^ot  fte  burc^  ben  SluftDetd 
i^rer  9R5gli(^Ieit  gegen  Sin^ffe  bertetbtgt,  ed  erfüllt  tl^n  mit  ftc^tU^er  ^eube,  fetd^te 
6iiiti>enbungen  au^ulöfen  unb  au6)  bem  fc^etnbar  9Btbert)emünfligen  einen  Sinn  ab^u^s  s 
gctamtnen.  Slber  er  ^ot  bei  fold^er  Se^anblung  burc^gängig  ben  ^n^olt  ber  Seigren,  toenn 
aud^  oft  letfe  unb  laam  mertli4,  ind  Stotionale  t)erf($oben  (über  bie  Geologie  S.d  f.  toei^ 
tefcd  bei  $i(^Ier :  bie  Geologie  beiS  S.  1869 ;  f.  and)  £ülmann,  3)a$  9Ub  beiS  e^riften» 
tmnd  bei  ben  großen  beutfd^en  gbealiften,  1901,  ©.  4—26). 

%&c  £.  ))erfönli(|^  bebeuten  toeit  me^r  old  aEe  )>ofitiben  ©lauben^fö^e  bie  SBal^r^eiten,  lo 
tDcU^  er  )ur  natürli^  Geologie  red^net.  SSor  oQem  bel^errfc^t  bie  ©otte^ibee  mit  über« 
toötttgenber  SRoc^t  fein  Genien  unb  @m)>finben.  9lur  mit  i^rer  $ilfe  gelangt  unfer 
Seilten  über  aUe  9{e(atit)itcit  unb  ^^^ic^^^^t  l^au^  m  abfoluten  unb  etoigen  SBal^r^eiten, 
nut  huxd)  ©Ott  getoinnt  bie  9Belt  einen  gufammenpang,  unb  Vermögen  toir  bie  Unenb« 
b^leit  ber2)inge  mitzuerleben.  Sted^t  berftonben  ift@ott  bem  3)2enfd^en  ganj  na^e;  ,,®otti6 
iß  bad  £ei(^teße  unb  Sd^toerfte,  fo  zu  erfennen;  bod  @rfte  unb  Seic^tefte  in  bem  Sic^t^ 
locg,  boiS  @d^ta>erfte  unb  Se^te  in  bem  9Beg  bed  @c^attend'^  ^ai  SJerlangen  einer  um 
mittelbaren  ©egentoort  ®otted  in  ber  Seele  bringt  ben  2)enfer  oft  ben  SDi^ftifem  nal^e, 
toie  hai  namentlich  bie  @d^rift  t)on  ber  toa^ren  theologia  mystica  jeigt.  Slber  bem 
S>ciiler  bed  tl^ätigen  Sebend  unb  ber  ^ibibualitöt  bebeutet  bie  Einigung  bed  SRenfd^en  20 
mit  @ott  tein  DöUiged  äiufge^en  unb  äSerfd^toinben  in  bie  Unenblic^fett.  S)er  SRenfd^  ift 
„iiii^  ein  Zeil,  fonbem  ein  @benbilb  ber  ©öttUc^teit,  eine  2)arftellung  bed  älQiS,  ein 
SibB^  ^  ®otte«ftaate«".  „3n  unferem  ©elbftoefen  ftecft  eine  Unenblic^Ieit,  ein  SwfePf*! . 
cm  Sbenbilb  ber  äUltoiffenl^eit  unb  älQmad^t  @otted.''  @o  foQ  ieber  Singeine  an  feiner 
@lcDe  mitarbeiten  )ur  SSoUfommeni^eit  bed  Unit)erfumd,  toie  Seine  @ötter  mögen  bie  25 
Vltx^dfm  in  i^rem  Jlreife  ben  großen  SBeltbaumeifter  nad^a^men.  @rfenntnid  unb  Siebe 
finb  nüft  leibenbe  ßuflänbe,  fonbem  ^ötigfeiten  beiS  ©eifteiS,  ^mmigleit  ift  nic^t  ftumme 
(Ssigebung  in  eine  übermäd^tige  ^lottoenbigteit,  fonbem  3)antbarleit  unb  3ufneben]^eit  aud 
CinfU^t  in  bie  SSemünftigfeit  be^Sangm.  3)amit  toirb  bie  Seigre  bon  ber  beften  SBelt  gu 
dacm  $aut>tfitüd(  ber  religidfen  ttbergeugung.  ao 

5Dad  Seftreben,  bie  t)or^anbene  9Belt  old  bie  befte  gu  ertoeifm,  herleitet  S.  nid^t 
iofa,  ha^  9öfe  gu  bloßem  @d^ein  ^erobgufe^m,  er  l^offt  ober  burd^  eine  energifd^  ein^ 
brmgenbe  unb  rulpig  abtoägmbe  Se^anblung  erhörten  gu  lönnm,  ba^  biefe  SBelt  mit  bem 
9dfcn  beffer  ift  atö  eineSBelt  o^ne  Söfed  fein  Mrbe.  3unöc^ft  finbet  er  bie@(^ilbemngm 
bc0  Sdfen  unb  bed  SlenbS  oft  ftarl  übertriebm.  S)en  ÜRmfclen  ftedCt  tief  im  $ergen  ein  35 
Uiiglaube  an  bad  ®ute  unb  eine  Steigung,  aud^  bm  ebelften  ^anblungm  gemeine  ÜJlotibe 
ws£am\iiiAm.  Sobann  ift  bad  und  beiannte  @tüd(  ber  SBelt  biel  gu  flein,  um  banac^ 
bm  SBert  bed  ®(mgen  m  beurteilen.  Sei  bem  ^roblem  ber  SSemünftigteit  ber  SBelt  ift 
iwr  ollem  bie  ^age  auf  boiS  ®^W  )u  rid^ten,  nid^t  barf  ber  unmittelbare  Sinbrucf  bed 
tia%m  3nbit)ibuumd  mtfd^eibm.  äJSie  ftc^  ber  älftronomie  unfer  @onnenf^ftem  oud  einem  40 
totsten  Xhtrd^einanber  in  fd^önfte  Orbnung  t)ern)anbelt  ^at,  feit  fie  burc^  Ao)>emifud 
Icntte,  ben  Stanbort  ber  Betrachtung  in  ber  Sonne  gu  nehmen,  fo  toirb  ftc^  h)o^l  auc^ 
hec  ^l}ifäo\opff\t  bad  SBeltaD  in  ein  9leid^  ber  Vernunft  bermanbeln,  toenn  fte  nur  lernt, 
JM  Xuge  in  bie  Sonne  gu  ftellm''. 

SHe  Srt  aber,  toie  S.  bie  SBelt  aU  ein  Softem  ber  SSemunft  bargutj^un  fud^t,  ber-  45 
Knbct  unb  t)erfc^ilgt  SllteiS  unb  9leueiS  unb  lö^t  ba^er  bai^  @igmtümlic^e  nid(jt  mit  t)oller 
iiload^  ^ert>ortreten.  ^^näc^ft  bimt  gur  Söfung  bed  ^roblemd  bie  gried^tfd^e  ^f|ung 
ber  SBelt  atö  eineiS  jtunfnoerled,  bad  niqft  ge^altt)oll  unb  tröftig  fein  fönnte,  o^ne  ®egcn' 
{fi|c  )u  tmifaffen  unb  ju  übertoinben;  bie  3)if|onangen,  toelc^e  ber  unmittelbare  9[nblicf 
MnKeten  mag,  t)erfd^totnbm  bei  ber  Betrachtung  bed  ®angen.  @ine  mobemere  $orm  er»  so 
hSfi  ber  ®ebmite  in  ber  SEBenbung,  ba|  ed  ftc$  in  ber  SBirQic^teit  t)erl^ltm  mag  toie 
in  ber  $erf))eltit>e,  too  ber  rid^tige  ®efamteinbmcf  nic^t  mögltd^  ift,  o^ne  ^e^ler  im  ein« 
jAicn.  ~  (E^alteriftifd^er  ift  eine  btonamifc^e  Söfung  bed  $roblemd  burc^  bie  ^bee  ber 
gidfltmdalic^  Jtraftentfaltung ;  ed  ift  ber  Begriff  beiS  Sebmd  unb  ber  ^ötigfeit,  ber 
oll  9Ra|fiab  aDer  Seiftungm  bient,  bem  aller  befonbere  ^n^alt,  felbft  ber  moralifc^e,  55 
wtageotbnet  toirb.  Bon  ^öc^fter  Bebeutung  ift  babei  ber  ®eftd^t^untt,  ba^  bie  mblic^en 
Scfcn  nic^t  kiereinjelt  unb  gerftreut,  fonbem  nur  miteinanber  ba  ftnb  unb  fo  betrachtet 
tocsbcn  muffen;  tote  bei  einem  Brettf))iel  ftc^  iebe  ^gur  nur  fo  toeit  enttotcfeln  fann,  ald 
ber  $(an  bed  ®angen  geftattet,  fo  mu|  ftc^  auc^  im  9111  bad  @tngelne  nac^  bem  ®angm 
Sßemt  bemnacp  bie  ^age  nid^t  f otoo^l  auf  bad  an  ber  eingelnen  Stelle  ^JOiög-  go 


358  Seibtit« 

Uc^e  Qe  possible),  fonbem  auf  \>a^  gufammen  3)2ögHd^e  (le  compossible)  Qtt^t,  fo  fann 
e^  fel^r  tpol^l  gefd^e^en,  ba^  ©eringered  mitetnanber  einen  größeren  Sffett  ^eTt)orbnngt  ab 
bie  SSerbtnbung  bon  ©röterem.  „(&\n  geringeiS  3)ing  ju  einem  geringen  gefe^et,  larai 
oft  ettDad  beffered  jutoeg  bringen  ald  bie  ^ufammenfe^ung  jijveier  anberer,  boen  jebeS 

b  an  ftd^  felbft  ebler  ali  jebed  bon  jenen,  hierin  fiedt  bad  ©el^eimnid  ber  ©nabentoa^ 
unb  9(uflöfung  be^  Anotend.  Duo  irregularia  possunt  aliquando  facere  aliquid  regu- 
läre/' älud^  badSöfe  toitb  inbiefe  Betrachtung  eingefc^loffen,  fofem  oud  i^m  ein  grö^ercd 
®ut,  fei  e^  für  ben  ^anbelnben  felbft,  fei  ed  für  anbere,  l^orgel^  lonn  unb  fo  bie 
Summe  bed  @uten  er|ö^t  toirb.    ^n  t)ermeiben  toor  bad  Söfe  nid^t,  ba  ein   enbRc^ 

10  unb  ba^er  unboQfommened  SBefen  ftd^  nid^t  )um  ®uten  ober  S95fen  entfd^eiben  lomi,  o^ 
bie  SJldglid^feit  einer  ^^^^^0  ^^^  93erirrung ;  bai^  93öfe  t)on  bom^erein  ou^jd^Ke^en,  bod 
bie^e  alfo  bie  ^ei^eit  läl^men  unb  bie  SelbfUl^ätigfeit  unterbrüden.  9(u(^  bte  Statur  tKt^ 
folgt  baiS  S^id  ber  ^öd^ften  Jlraftentfaltung,  inbem  ftd^  aQe  ®ef^e  i^red  ÜRed^nidmud 
auf  \>a&  ^ringif)  jurüdfü^en  laffen,  ben  größten  Sffett  mit  bem  ueinften  JlraftouftDanbe 

16  ^ert)onubringen,  in  aQem  3Bir!en  bie  leid^teften  ober  fürjeften  9Beae  einjufd^Iogen.  S>irfe 
Sinrid^tung  ift  teine^tDegd  felbftt)erftänbliq,  fie  ertüeift  bielmel^r  beutlid^  bod  überhgene 
SBalten  einer  göttlichen  Vernunft  (f.  barüber  namentlich  bie  tiefgrünbige  6d^ft  de  rerum 
originatione  radicali). 

3)a|  in  bem  aQen  me^r  3RögIid^feiten  entworfen  ate  äBirtlidbteiten  ertoiefen  ^, 

20  tann  2.  felbft  nid^t  entgelten,  aber  aud^  bie  3R5gli^teiten  gelten  i^m  old  ein  ®enmm, 
unb  toenn  tro^  aQer  @m>ögungen  uniS  3Jlenfd^en  t)ieled  bunlel  unb  un))erftänb(id^  bleib, 
fo  mögen  toir  auf  bad  SBeltau  antoenben,  \t>a&  Solrated  t)on  ben  Schriften  bed  ^era^ 
tlit  fagte:  „fläa^  ic^  berftel^e;  gefällt  mir;  id^  glaube,  ha&  übrige  tDürbe  mir  ni<^ 
minber  gefallen,  toenn  ic^  ed  berftünbe."  Soldpe  Uebergeu^ung  bon  ber  SSemünftigfett  bei 

25  3Beltalld  herleitet  S.  nic^t  m  träger  Stulpe,  fonbem  fte  tft  nur  ein  toeiterer  Xititeieb  ^ 
raftlofer  unb  frobt^ätiger  3Jtitarbett  am  großen  SBerle  ®otted. 

@d  entft)rac^  S.d  uniberfaler  unb  b^öl^lic^er  9lrt,  bad  Sl^ri^tum  über  bie  einjebien 
^iftorifd^en  $^fen  unb  über  bie  $arteiungen  l^inaud  ald  ein  (Sanje^  }u  b^gräfoi  unb 
ut  bere^ren.    ®r  fü^lt  ftd^  felber  aU  @lieb  ber  toal^rl^ft  lat^olifd^en  Jlird^e,  bie  bun^  bie 

ao  Siebe  ©otted  l^ergefteQt  toerbe,  er  toiberftrebt  allem  @eftentoefen  imb  t)erfu^t  mit  gro^ 
SBärme  Xoleranj  unb  gegenfeitige  Sichtung.  3)ad9Bort9luguftind  1^  feinen  DoDenSeifoQ: 
^  fei  beffer  über  Verborgene  3)tnge  ju  jtüeifeln,  atö  über  ungetoiffe  )u  jonten.  s!)em* 
nad^  finben  tüir  ü^n  eifrig  beftrebt,  ben  berfd^iä)enen  ®eftaltungen  ber  d^riftlid^en  Jlin^ 
in  Se^re  unb  Drganifation  gleichmäßig  gerecht  ju  tperben.  Unter  ben  Jlird^em>&tem  \6^ 

86  er  t)ome^mlid^  äluguftin  tro^  feinet  ungeftümd  unb  feiner  leibenfc^ftlid^en  Slu^bnufötoeife; 
bon  ben  Sd^olaftifem,  namentlid^  bem  ^^omad  t)on  Slquino,  bem  er  biel  Derbanit,  rdbd 
er  mit  ^od^ac^tung ;  toie  biel  \i)m  bie  SR^fti!  bebeutet,  bad  jeigen  namentlich  feine  beutfd^ 
et^ifc^^religiöfen  Sd^riften,  bie  man  nur  amufe^en  braucht,  um  bie  3)2einung,  ed  fei  2.  bie 
Serteibigung  ber  S^eligion  !eine  ^erjen^facpe  getoefen,  ald  falfd^  ju  erfennen.    9bui^  bie 

40  berfc^iebenen  SRic^tungen  feiner  ^eit,  bie  S^nfeniften,  ^Pietiften  u.  f.  to.,  fuc^t  er  um 
befangen  px  toürbigen,  auc^  bet  ben  @ocinianem  möchte  er  etUntd  bere^tigted  am 
erfennen,  obtoo^l  i^m  im  allgemeinen  ü^re  Segriffe  ^u  eng  fmb  unb  i^r  tritifd^ed  See» 
fal^ren  ^u  Saftig  bünh. 

Solche  Überzeugungen  ^ufammen   mit  ber  })erfönlic^en  Stellung  2.^  mußten   i^n  |tt 

46  Icbl^after  S3eteiligung  an  ben  bamaligen  Union^beftrebungen  ber  itonfefftonen  führen;  ja 
er  ift  bei  aller  perfönlic^en  3uriidC^altung  jtoei  ^a^rje^nte  ^inburd^  ber  9Rittel))un{t  biefer 
SSerfuc^e  getoefen.  3)ie  allgemeine  Stimmung  nac^  bem  breigigjä^rigen  Jtrie^e  ttHtr  fob^ 
S3eftrebungcn  günftig,  man^e  )>olitifc^e  ^ntereffen  ber^rften  lamen  ^in}u,  m  ^lu^  geriet 
bad  Problem  burc^  ^offuetd  ^uerft  1671    erfd(^ienene  exposition  de  la  foi  de  l'^lise 

60  catholique,  ti>elc|e  in  t)erfö^nlic^er  »^orm  eine  ^Rechtfertigung  ber  lat^olifc^  Sel^fre  mit 
befonberer  SRüdEfiAt  auf  bie  3)rau6cnfte^enben  untemol^m.  gn  Deutfd^lonb  toirfte  fftc 
ben  Union^ebanien  t)ome^mlic^  Stojad  bon  Spinola,  ein  f})anifd^er  f^angidfoner,  todc^ 
ald  93etc^t)>ater  am  faiferlid^en  ^ofe  bad  befonberc  SSertrauen  bed  Jlaiferd  Seo^olb  geno|, 
rin  ^ann  t)on  me^r  @tfer  afö  getftiger  S3egabung.    @r  toar  in  !aiferlid^  tCuftrage 

56  h)iebcr^oU  in  $annot)er,  am  h)tc^tigften  tvax  fein  Sluf enthalt  im  ^a^re  1683.  Sr  bracf^ 
bamald  f e^r  tveitge^enbe  älnerbietungen ;  am  auffaQenbften  tüar  ber  Sorfc^lag,  bad  tribou 
tinifc^e  ^on^il  bi^  auf  ein  fünftiged  allgemeine^  jlon^il  einfttveilen  au^u^en  unb  ber 
3)eurieilung  bed  le^tcren  ^u  untertverfen.  3)er  $enog  @mft  äluguft  ging  auf  bie  Unter» 
^anblung  ein  unb  ernannte  berfc^iebene  pxotc^i.  ^I^eologen  ju  i^rer  ^^ü^ng;    bie  Seele 

Go  ber  jtonferen)  toax  3Jtolanud,  aU  3lbt  ju  Soccum   ber  erfte  ©eiftli^^e  bed  Sonbed,  ein 


Seibtii«  359 

Schüler  b€d  (Salt|tuiS,  ein  milber  unb  tDeitbentenber  SRonn,  ii.  ncäft  befreunbet.  2)tefer  fel6ft 
Hieb  ))eifdnltc^  im  ßintergrunb,  ftonb  aber  tntt  feinen  Sttpögungen  unb  Siotfc^Iägen  gut 
Seite.  S)ie  t^otfäd^lic^e  Bereinigung  ber  Jltrd^en  toax  bad  näd^fte  ^iel,  J^infu^tUd^  ber 
Siäjftt  foIUe  ein  \pöin  abut^aIteiü>eiS  öhimenifd^e^  ^onjil  eine  SSexftänbigung  bringen.  3)te 
ibmferenjen  berßefen  günftig,  unb  ha  Spmola  mit  bem  (Srgebnid  nid^t  nur  beim  Jlaifer,  6 
fonbcm  (1684)  aaif  in  Sflom  gute  Stufnol^me  fanb,  fd^ien  ein  boQer  9lu^(eid^  auf  bem 
befien  Sßege.  Sber  nun  eben,  tpo  man  allgemein  auf  bie  @ad^e  aufmerffamer  tpurbe, 
ecpob  m  in  S)eutf(i^Ianb  Don  beiben  Seiten  mannigfad^er  Sßiberfpruc^,  unb  bie  älngelegen- 
Iftxk  mu^e  t)orerft  )urüd(geftellt  Serben. 

£.  aber  b^xdt  fie  forttpöl^renb  im  Sluge  unb  befd^äftigte  feine  ©ebanfen  (ebl^aft  lo 
botirit    Um   bie  3^^  1686—1690  fcbeint   er  jenen  merfhjürbigen  Snttourf  berfafet  gu 
^aben,   toelc^   unter  bem  (nid^t  t)on  &,  l^errül^renben)  Flamen  systema  theologicum 
bclaimt  ifL    Sodfelbe  ift  nid^td  anbered  afö  eine  )>^ilofo))^if(^e  33erteibigung  be^  itat^oli- 
dtenid,   ed  ijt  \>oü  bebeutenber  (Sebanten  unb  einfc^meid^elnb  gefd^eben.    Sei  ber  älb^ 
faftmg  \dftowU  ber  $Ian  bor,   ed  unter  SSerl^eimlic^ung  be^  älutord  unb  feiner  ^artei^  i6 
ßetumg  gelegen  unb  gemäßigten  Sifd^öfen  borgulegen  unb  biefelbe  )ur  ä())t)robation  )u 
beftimmen,   bamit  aber  ein  toic^tiged  3Jlittel  für  bie  9(udglei(^unter^nblungen  jm  ge^^ 
tmnnen.    2)ad  ^Ranuftript  tourbe  oft  1819  l^erau^egeben  unb  tonnte  ol^ne  eine  @rlöus 
tenmg  burd^  bie  93riefe  unb  Snttoürfe  S.8  feine  innere  g^neigung  uim  Jlat^olici^mu^  gu 
betoetfen  fd^nen.    ^n  ber  Xl^at  betoeift  ed  nid^t  mel^,  ald  ba|  ftd^  Seibni^  in  merl«  ao 
tofixbmer  Sßeife  auf  ben  Stanb)>un{t  ber  ®egner  )u  beriefen  bermod^te. 

xBad  i^  ^  ben  Sinigungdberfud^en  trieb,  toar  nid^t  ein  3)rang  feinet  bergend.  ^l)m 
fdbec  genügte  bie  geiftige  Aufammenae^örigteit  bed  @otteiSreid^ed,  ald  beffen  @Ueb  er  fu^ 
ffi^;  ein  leb^fted  l\xQ)lxqti  Sebürfnid  ^at  er  nie  bejeigt.    @ben  be^toegen  galt  i^m 
bod  Unterfd^enbe  nid^t  ate  toef entlid^  unb  enbgiltig  trennenb ;    ein  9lu^Iei$  bünhe  25 
mdgßc^,  toenn  man  bie  9)ifferen)en  nic^t  fo  fel^r  befeitigte  ald  bor  bem  Sinigenben  gurüd:: 
treten  He^  ^eber  begatte  bad  Seine,  in  bem  Sntfc^eibenben  aber  finbe  man  ftd^  lufammen. 
3>em  Aat^oItcidmuiS  im  befonberen  mußte  £.  toegen  ber  Kontinuität  ber  ©efdpicfite  unb 
bo  (ikdße  ber  Drganifation  l^o^  SU^tung  entgegenbringen.    So  ift   ein  toetted   t^eore« 
tifi^  Sntgegenlommen  leidet  gu  erflären.   älber  f obalb  bie  Sa^e  ind  $erf önlid^e  getoanbt  30 
unb  il^m  ber  übertritt  )ugemutet  tourbe,  |^at  er  feinen  )>roteftantif(^en  Stanb^juntt  mit 
Gat^eben^eit  unb  SBürbe  berteibigt  unb  in  feinen  äludfül^ngen  beutlic^  belunbet,  baß 
er  bie  ®üter  bed  ^roteftanti^mu^  fd^r  tool^I  !annte  unb  )u  fd^ä^en  toußte.  2)adfe(be  geigt 
fk^  bei  einer  tx>eiteren  $bafe  ber  SinigungiSberfud^e.   S)urd^  berfc^iebene  Sermtttelung  ent« 
toidette  fOf  übet  ieneiS  Problem  feit   1691   ein  Sriefn>ed^fel  gtoif d^en  Soffuet  einerfeitd,  86 
Stolamtd  unb  2eibni|  anbererfeitd.    S.  tritt  babei  me^r  unb  mel^r  bor  3Rolanu^  in  ben 
Smbergrunb.    3Ran  ftritt  namentlid^  über  bie  ))rin2i)>telle  9(nerfennung  ber  tribentintfd^en 
Sd^fcen,  bie  Soffuet,  unter  manchen  fonftigen  ^uo^f^^^^^iff^r  ebenfo  entfc^ieben  berlangte, 
toie  2eibni|  fte  betäm))fte.    3)ie  Sac^e  toar  bon  3lnfang  an  audftd^t^Iod,  bie  33er^nb= 
bnigen  entfrembeten  bie  beiben  3Ränner  me^r  unb   me^r,  befc^äftigten  fte  bei  längeren  40 
UnterbreAungen  aber  bid  1702. 

9Ui(9  Serfu^  )ur  @inigung  ber  beiben  )>roteftantifd^en  Kird^en  ftanb  Seibni^  nal^e. 
3)ie  Ser^anbltmgen  fanben  gtoifd^en  93erlin  unb  $annober  ftatt;  bort  regierte  ber  reform. 
gri^rii^  III.  dpäitt  atö  ilönig  ^ebrid^  I.),  @emal^l  ber  l^annob.  (übrigem^  reformiert 
onfinnierten)  $rin)ef{tn  Sof^bie  Sl^arlotte,  l^ier  ber  lut^.  @mft  äluguft  unb  fett  1698  45 
0eotg  Subtmg.  3)ie  Sad^e  fam  feit  1697  in  Setoegung.  Seibni^  toirhe  für  fte  burc^ 
JtmEiefponbengen  mit  einflußreichen  berliner  ^erfönltc^feiten,  \pQin  bome^mltd^  mit  bem 
bdamiten  ^of^nrebiger  ^ablondli,  fein  Streben  befc^ränhe  ftd^  }unäd^ft  auf  ben  @etotnn 
Milifyx  Xokran).  @ine  Jlird^e  {oQte  bie  berfd^iebenen  Setenntniffe  umfaffen.  Stö  aber 
gfibrtc^  III.  ftd^  bordber  l^inau^  für  eine  toinlic^e  @in^eit  ber  Sel(^e  unb  für  bie  äluf-  50 
l^ebung  ber  „t)arteiK(^"  5Ramen  „Sutl^erifc^"  unb  „3leformiert"  ju  gunften  be«  (Sefamt- 
namend  „ßbongelifd^"  ertoärmte,  toarb  biei^  ^id  toiDig  ergriffen,  gm  auftrage  be^  Äur« 
ffiiKen  berfoßte  gablon^ti  afö  @runblage  für  SSer^anblungen  bie  Sd^rift:  ,,Kurge  SSor- 
pdtung  ber  @inigleit  unb  bed  Unterfc^tebd  im  @lauben  bei  ben  ^roteftterenben,  nämlid^ 
ilbamäi\dfm  unb  Sieformierten.''  93on  ^annoberfc^er  Seite  tourben  2.  unb  SRolanu^  gu  55 
ben  Ser^miblungen  beauftragt,  fotoie  $e(mftebter  ^^eologen  gur  93eratung  l^erangegogen. 
1698  erfolgte  eine  ber  Sad^e  günftige  älnttoort.  darauf  tourbe  ^^lon^ti  gu  einer  per- 
{9n&<^  Jtonferen)  mit  3)2olanud  unb  2.  nad^  $annober  gefanbt.  Sic  Einigung  fam 
m  Umriß  glüdHicp  )u  ftanbe,  aud^  ber  3lamt  „Sbangelifc^''  toarb  aU  gemeinfamer  an^ 
genommen.   @ben  [dfi  aber  erfaltete  infolge  ))olitif(^er  Seränberungen  ber  6tf er  ber  Staate-  ^^ 


360  Sribtii^  Setktit 

mannet.  ®rft  1703  ftefd^  ein  toeiterer  ©d^rttt  öortoärtö,  mbem  ^ebrid^  in  Scdin 
ein  aud  lutl^erifd^en  unb  reformierten  ^eologen  (eftel^enbed  coUe^um  irenicum  ober 
charitativum  unter  bem  äJorft^  bed  bei  b(nr  Jlrönung  jum  reformierten  Sifc^of  ernannten 
Urfmug  bon  93är  einfefete.    Unter  ben  SWitgliebem  befanb  fid^  3<*^Iö"^S-  3la4  berfc^i^ 

6  nen  5ßl^afen,  in  bie  ou^  S.  mit  eingriff,  berlief  \>ai  (Sonje  im  ©anbe.  ©eit  1706  Jwr* 
loren  bie  Surften  bad  ^ntereffe  an  ber  ©ad^e,  unb  aud^  S.  jog  ftd^  nun  )urü(f,  getrüftet 
burc^  bie  Srtoögung  ipsa  se  res  aliquando  conficiet. 

S.d  SSer^alten  bei  biefen  @inigungdberfudben  jeigt  i^n  nid^t  im  ®ebiet  fetner  ©torle. 
©eine  ))^ilofo))l^ifd^e  Setrad^tung^meife  entft^rad^  babei  nid^t  bem,  toa&  baS  Seimt^ein  ber 

10  3JlitIebenben  unb  9läd^ftbeteiligten  erfüllte.  3)ad  Problem  erfd^ien  i^m  Diel  ju  fe^r  old  ein 
blog  inteQettuelle^  ba^  bie  einjelnen  greifbaren  3)ifferen}en  in  @inrid^tungen  unb  Sdbren, 
namentlid^  beim  SSer^öItnid  bed  Jtat^olici^mud  unb  ^roteftantidmud,  nur  einen  tieferen 
unb  unberföbnlid^en  @egenfa|  jur  @rfd^einung  bringen,  gelangt  nic^t  jur  9(nerlenmmg. 
Unb  ba  er,  bei  aQer  SSärme  für  bad  ©anje,  l^inftd^tltd^  ber  näheren  ©eftaltung  teine  fe^ 

16  Übeneugung  eimufe^en  l^atte,  fo  geriet  er  in  eine  Slbl^ängigfeit  bon  anberen  unb  berfid 
ber  Sef a^r,  bie  ©ad^e  nid^t  f otool^l  ald  eine  religiöfe,  fonbem  afö  eine  ))o(ittfd^  unb  btt)b> 
matifc^e  ju  bel^anbeln. 

£.8  ® efamtfteHung  jur  Sieligion  unb  jum  Sl^riftentum  ift  rid^tig  m  toürbigen  nur  bei  Ser^ 
gegentoärtigung  ber  bamaligen  ^üt  3lad^  älbf^lu|  be^  SOjäl^rigen  5trieged  ^errfc^te,  noment^ 

ao  lic^  in  3)eutfc^ranb,  eine  augemeine  @rmübung  an  religiöfen  ^agen  unb  ©treitfrogen,  me^ 
unb  me^r  erfüQten  bie  Probleme  ber  ))oIitif^en  ^ad^t  unb  ber  allgemeinen  Jtubur  Ue 
®emüter.  ^vktm  toar  feit  93eginn  beiS  ga^rl^unbert«  eine  neue  ©enftoeife  aufgeftiegen, 
toelc^e  avi&  bem  eignen  SSermögen  ber  menfd^lid^en  Semunft,  burc^  reine  Serftanbedorbeit 
aQe  SBirQid^feit  enttoideln  tooQte,  bamit  in  einen  fc^roffen  2Biberf))rud^  )ur  übertommenen 

26  gefc^i^tlic^en  Seben^fübrung  geriet  unb  baiS  Silb  ber  9BeIt  bielmel^r  t)on  ber  9tatur  ob 
bom  @eift  l^er  enttoarf.  ©c^toere  Jtäm^fe  unb  Srfd^ütterunght  toaren  ^ier  in  beutTu^ 
äSorbereitung  begriffen.  S.  ^at  bagegen  in  großem  ©inne  jur  SRilberung  unb  SSerfd^mmg 
gemirtt.  mit  boQer  Suft  unb  l^ik^fter  Begabung  an  ber  älrbeit  ber  neuen  ^orfc^ung  be< 
teiligt,  \a  ein  ^^er  ber  geiftigen  SSetoegung,  ^at  er  ungleich  mit  aufrid^tigfter  ©efbmuna 

80  bad  Sl^ftentum  feftgel^alten  unb  berteibigt.  ©ein  $au))tbeftreben  ging  bol^n,  bod  „9teic9 
ber  9latur"  ol^ne  ©törung  feiner  eigenen  Drbnung  bem  „Sleid^  ber®nabe"  unterguorbnen. 
©ac^lid^  ift  il^m  bad  infofem  nid^t  gelungen,  aü  bie  9latur,  toelc^e  bem  ®eifle  bienen 
foQ,  burc^  il^re  quantitativen  unb  mec^anifdben  Segriffe  in  fein  innere^  ®etoebe  einbringt 
unb  ^  gemö|  i^rer  9lrt  geftaltet;   bad  Silo  be^  ®etjtedlebend  felbft  l^at  ^ier  bon  innen 

86  l^er  eine  ftarfe  9laturalifterung  erf al^ren.  Sw^^^^J^i*^  Mi^l^  lc)ie  }>rinjil)ieiD[e  Stnerfennung  b« 
Ueberlegen^eit  ber  geiftigen  äBelt,  toie  auc^  toeit  über  bad  $roblematifd^e  ber  Segriffe 
^inaud  eine  reiche  ^örberung  bur^l  neue  Slnfd^auungen  unb  älnregun^en.  3Benn  femet 
bie  ®eftaltung  bed  ®eiftedlebend  burc^  ben  2intelle!tualidmud  2.€  in  etne  )u  enge  Sal^n 
geriet,  fo  fei  nic^t  berlannt,  ba^  er  in  bem  @rlennen  t)omel^mlid^  bad  SRittel  boKer  innerer 

40  Aneignung  fa^,  unb  ba^  er  bal^er  mit  ber  ^larl^eit  be^  3)en!eniS  eine  gro^e  äBärme  ur^ 
^nniglett  bed  ®efü^ld  t)erbinben  fonnte.  £.  erf^eint  in  bem  allen  ald  ber  $au))tt>ertreter 
be^  älteren  9{ationaIidmud,  ber  nic^t  fotoo^I  eine  ^ritil  am  überfommenen  Se^be  ber 
Steltgion  übte  ald  in  i^m  bie  rationalen  Elemente  ftärfer  l^erborgufebren  unb  träftiger 
gu  t)erh)erten  bemül^t  toar,  beffen  ©treben  nac^  9(ufllärung  ben  gangen  SJtenfc^en  umfaffen 

46  unb  förbem  moQte.  fi.  I^at  t)ome^mlid^  bagu  gemirft,  ba|  ber  3ufammenfU>g  ber  neuen 
3)en!art  mit  ber  überlommenen  ^Religion  bei  ben  Deutfd^en  nid^t  bie  ahite  gorm  onna^, 
toie  bei  anberen  Sölfem,  am  meiften  ben^angofen;  ba^^beal  einer  inneren  älu^lei^^ 
unb  geaenfeitigen  ^örberung  bon  9^eligion  unb  ^Itur,  bon  Sl^eologie  unb  $^iIofo)>^  ift 
namentlich  burd^  i^n  aufgeftellt  unb  burd^  feine  groge  Seiftung  toirffam  getDorben.     JM 

60  beutfd^e  5ß^iIofop^ie  aber  ^at  erft  in  ii^m  il^re  bolle  ©elbftftänbigleit  erlangt  unb  eine  SRac^ 
für  bad  gefamte  Kulturleben  getoonnen.  9inUlf  CNifcm. 

Seii^ettrebtn  f.  Äafualien  Sb  X  ©.  116,  iff. 

Seibtn  (ÜbeO-  6«  ift  eine  ber  grofeartigften  ^arabojien  be«  ß^riftentum«,  he^ 
md)  d^riftlid^er  £cben«betra(^tung  bie  Seiben  in  bie  ®üterle^e  gehören.  ^\i  na^  bun^ 
K  gängiger  älnfc^auung  ein  Übel  bad ,  \va^  ben  ©elbfterl^altungdtrieb  beeinträchtigt ,  ein 
®ut  bad,  h>ad  i^n  begünftigt,  unb  ift  nac^  ber  c^riftlic^en  älnf^auung  Dom  Sleid^  ®otte^ 
atö  bem  ^öc^ften  ®ut  ein  Uebel  im  c^riftlic^en  ©inne  bad,  toad  bie  ©elbfterl^altung  gum 
etoigen  Seben  fd^äbigt  (3Rc  8,  36),  ein  @ut  im  c^riftlid^en  ©inne  bad,  ftxa  ber  ©dbfb 


Setbtn  361 

eil(Kdtimg  jum  etoigen  Seben  btent  (Sc  10,  42),  fo  tft  bte  d^riftltd^e  Setrad^tung  gegen  bte 
notädic^e  m  mancper  ßinftd^t  gerab^u  umgefe^rt:  tpad  nad)  natürltd^er  Seben^nftc^t  ein 
®ui  ifl,  lann  für  bte  d^riftlic^e  aU  etn  Übel  erfd^etnen,  tpte  für  btele  ber  Stetd^tum  (3)lt 
19,  23 f.);  unb  hKtd  jener  ein  Übel  ift,  tann  biefer  ein  ®ut  toerben,  tvie  in  mand^en 
gaien  Slranl^t  (3o  9,  3).  3)tefer  Unterfd^teb  ift  bei  bem  Segriff  be«  Seiben«  })rinjij)iea,  6 
tnbem  bte  SBelt  bie  Setben  al«  Übel  em))ftnbet,  \>ai  S^riftentum  fte  bagegen  unter  bie  gott^ 
gefegten  unb  gottgehjottten  Sebingungen  ber  ©rreic^ung  beö  ßtoigf eitöjieU  einrechnet  (SRö  8, 1 7  f . ; 
2  Jio  4,  17).  3"*  neuteftamentlit^en  S^^^^lter  pxäQU  fid^  biefer  Oegenfa^  barin  ou«,  ba^ 
Me  iübtfd^e  ffieltonfc^uung  Seiben  für  ®otte«ftrafe  über  bie  ©ünbe  erflärte  (Sc  13,  1  ff. ; 
3o  9,  2;  ®a  3,  13;  2  Si  1,  8),  Sefu«  unb  bie  2l>)oftel  bagegen  im  Seiben  ben  gott=  lo 
gctoiefenen  SBeg  jur  $errlid^!eit  fallen  (Sc  24,  26;  3io  17,  Iff.;  2  Sti  1,  12). 

©eilen  ober  Seiben  ber  SBelt  al«  Übel,  fo  tann  bod^  auf  meltlid^em  93oben  bie  rüdE« 
fc^enbe  Setrad^tung  in  Seiben  bie  S3ilbunp  bon  Srfal^rung  unb  S^araher  tDertfc^ö^en. 
ttab  toieberum  Uebel  rufen  burt^au«  nid^t  tmmer  Seiben  (=  Seeinträt^tigungen  be^Sufts 
oefü^tö)  l^eit)ov,  toie  ).  93.  ber  Arieg,  an  ftc^  getoi^  ein  Übel,  mand^en  9(nla^  ju  erl^öl^ter  i6 
5Dafetn^freube  giebt;  unb  biele  üJlenfd^en  leiben  fc^mer  unter  9Serl^ältnif(en,  bie  an  ftd^ 
itii^t  Übel  ftnb,  ).  S3.  3^^^  ^^  S^g^b,  ^ömmigfeit  ber  Umgebung  u.  f.  h).  Se^tere« 
itfäüfxt  ft(^  mit  bem  Unterfc^ieb  bed  Objeftik^en  unb  Subjlettiben  im  93cgriff  beiS  Uebel«. 
Senn  ber  @elbfter^altung«trieb  fann  fel^r  3Serf(^iebene«  ergreifen  unb  bie  ©rcnjen  be« 
jur  Seiften}  für  nottpenbig  @rad^teten  fel^r  berfd^ieben  ftecfen.  ^inftc^tlic^  be«  Übel«  toaltet  20 
olfo  ber  Unterfd^iA  ob,  od  toirflid^e  Seben«l^emmungen  bie  Selbfter^altung  ftören,  ober  ob 
bie  tnbit>buelle  H^d^if^^  9^^^  ^^  ®elbfterl^altung«triebe«  bie  fubjeftibe  @m))finbung  ber 
£c6en«^mung  1^. 

3nbem  nun  ba«  Sl^riftentum  bem  @elbfterj^altung«triebe  bie  Slid^tung  auf  ben  Stoig^ 
lettdtDert  unb  ba«  Stoigteitgjtel  ber  ^erfönlid^feit  giebt  0Rt  6,  33),  getoinnt  e«  bermdge  25 
bed  ^{ien  ®ut«,  ba«  in  getoiffer  3Beife  aOe  @üter  unb  Übel  für  ben  (SJlöubigen  ent^ 
teertet  (3Kt  13,  44 ff.  19,  29),  eine  ftt^ere  äbgrenjung  bon  (Sütttn  unb  Übeln:  ein  ®ut 
iß,  tDO»  bie  (Sneid^ung  be«  ^öd^ften  ®nt^  begünfttgt,  ein  Übel,  loa«  i^r  entgegentoirft. 
Ha  übet  bie  Setben  burd^  Sntgie^ung  ber  ©egenftänbe  ober  9(nläf|e  be«  Suftgefü^l«  unb 
5Däin))fung  ober  älufl^ebung  be«  irbif Aen  SOBo^lbel^agen«  ben  S^riften  leieren  auf  irbifc^e«  ao 
Sbidt  }u  t^eraic^ten  unb  ftd^  ba«  9{ei(^  ®otte«  toirtlic^  ba«  ^öc^fte  (9ut  fein  ju  laffcn  (Sc 
14,  33),  fo  ftnb  fie  bie  einfd^neibenbften  83ilbung«mittel  religiöfer  (Sefinnung  unb  ftttlic^er 
6^ara{terbilbung  unb  barum  sub  specie  aeternitatis  ®üter.  Sollen  bie  ©laubigen  e« 
bmum  für  lauter  ^eube  ad^ten,  toenn  fte  in  mancherlei  älnfed^tungen  fallen  (^a  1,  2), 

!o  liegt  ber  (Sintoanb  nol^,  ba^  bie  Seiben  bann  für  bie  ©laubigen  aufl^ören,  Setben  gu  86 
ein.  Ilber  ber  ©intoanb  toäre  falfd^.    Denn  ben  2Bert,  ben  bie  Seiben  für  ben  ß^riften 
^oben,  ^en  fte  ja  eben  al«  Seeintröc^tigungen  irbifc^er  Seben«freube. 

(S«  toore  ungefunb  unb  ))^antaftifd^  leugnen  }u  sollen,  ba|  e«  für  benSl^riften  nod^ 
tmrKid^e  Übel  gi^t :  fo  lange  er  im  3ßeltlcben  fte^t,  funftioniert  auc^  in  i^m  ber  irbifc^e 
6dbfler]^altung«trieb,  ol^ne  ben  ba«  $erfonenleben  nid^t  gcbac^t  toerben  fann,  unb  fo  40 
Iaii0e  giebt  e«  auc^  für  il^n  mirtlic^e  Seben«^emmungen,  alfo  fotvo^l  natürltd^e  toie  fogiale 
ttM,  mögen  biefe  aud^  im  ed^ten  S^riftenftanbe  bom  ©lauben  gu  ^örberung«mitteln  um- 
gehaltet  toerben.  Unb  e«  ift  fc^toärmerifd^  unb  gotttoibrig,  in  toiufürlic^er  Selbftmarte^ 
niiia  unb  mdndbifd^er  9l«fefe  felbftertoä^lte  Seiben  ber  @elbft}U(^t  ftc^  auflaben  }u  n)ollen 
(im  2,  23) :  ®ott  fenbet  jebem  ba«  i^m  nötige  Wta^  ber  Seiben,  unb  fpejieQ  ben  au«  45 
ber  gembf(|aft  ber  SBelt  entfte^enben  (^o  15,  18  ff.)  lann  fein  toal^rl^aft  ©laubiger  ent= 
ge^  (9Rt  5,  10 ff.;  1  5ßt  3, 14.  4, 14);  e«  ift  alfo  nit^t  nötig,  fünftlic^  Seiben  ^eröor-- 
iimfen,  toobet  ))ra^lerifd^e  @elbftgeretd^tigfeit  gar  nic^t  t)ermteben  toerben  fann.  Sonbem 
oarin  befielet  bie  Aufgabe  be«  6l[>riften,  bie  toirflic^en  t)on  ©Ott  gefanbten  Seiben  in  i^rem 
Clm0tett«toert  )u  betftel^en  ($br  12,  11)  unb  fte  burc^  3)ienftbarmac^ung  für  bie  @h)igs  60 
leittotfgabe  nid^t  tro^  ber  ^Beeinträchtigung,  fonbem  gerabe  bermöge  ber  Seeintröc^tigung 
bc0  irbtfc^  SEBol^lergel^en«  ftd^  in  ber  (Srtötung  be«  äußeren  unb  Erneuerung  be«  inneren 
9lenf<^  (2  Äo  4,  16)  gu  ©ütem  toerben  ju  laffen.  ^m  toa^rl^aften  ß^riftenftanbe 
mftffen  alle  no<^  fo  fc^toeren  Srlebniffe  ber  (Sneid^ung  be«  |öd^ften  ©ut«  bienftbar  toerben, 
atfo  aum  ©uten  au«f(^lagen  (9tö  8,  26).  55 

mtürlid^  tonnen  Seiben  and^  ben  entgegengefe^ten  ßrfolg  l^aben.  SBenn  SBelt- 
mcnfc^  oft  unter  Seiben  bergagenb  unb  t)cr||toeifclnb  gufammenbred^en,  fo  fann  e«  bei 
l^friflen  gefc^ben,  ba|  fte  in  Setben  an  ©Ott  ine  tverben  ober  ftatt  bei  ©Ott  bei  fünbiger 
SettfiWfe  ^uflud^t  fud^en  unb  fo  am  ©lauben  ©d^iffbrut^  leiben  (3)it  13,  21).  ©elbft- 
berfUtnblii^  tft  ber  S^ft  nid^t  nur  ftttlic^  bered^tigt,  fonbem  burd^  feine  Stellung  in  ber  60 


362  Setbeti 

2BeIt  aenötigt,  ben  il^n  bebtängenben  Setben  burd^  Sinfctung  ber  ^at  entgegenjutoirfen. 
9)um)>te  Steftanotton  tft  fo  tpenig  c^riftltd^  tpte  müßiger  ^taßiSmud.  Slber  mit  ber  3^ 
traft  mu^  [xq  t)erbtnben  bie  Übung  ber  @ebulb,  bie  nt^t  blo^  bte  Ergebung  in  ®otted 
SOBiiDien,  fonbem  ani)  bte  Hoffnung  auf  ben  lebenbtgen  $erm  bed  äBeltlaufd  in  fic^  f(^lte^, 
6  unb  bad  @ebet,  bad  @otted  Sc^tdungen,  mag  er  bte  Xrübfal  tpenben  ober  in  no(^  tiefm 
Xrübfale  l^ineinfüi^ren,  für  bte  SSertiefung  be^  @laubendlebend  unb  ben  ^ortfdtKitt  ber 
Heiligung  fruchtbar  mad^t. 

3laS)  ber  ^erftörenben  tote  nad^  ber  erbauenben  Seite  ^in  tonnen  fotoo^I  bie  notfir« 
Itd^en  toie  bie  ft>e)ien  c^riftltc^en  Seiben  toirtfam  toerben.   Sei  ben  natürlichen  Seiben  ftnb 

10  )u  unterfc^eiben  tör^erlic^e  unb  feelifc^e.  (^d^  bemerte,  bag  bie  Einteilung  ^ier  eine  onbere 
fein  mu^  toie  bei  ben  Übeln,  ^m  ©egenfa^  ber  ®üter  unb  Übel  ^anbelt  ed  ft(^  um 
^örberung  unb  Hemmung  ber  Selbfter^oltung ;  bte  getoö^nlid^e  Unterfd^btmg  ^^t^^c^ 
unb  fojider  Übel  ift  alfo  fac^emö^.  älber  bei  bem  93egrtff  bed  Setbend  Rubelt  ed  ^ 
um  ben  ©egenfal^bon  Suft  unb  Unluft;  ^ter  entfc^eibet  olfo,  ob  Seeinträd^tigung  bed 

16  Suftgefübld  ober  SQSedhtng  be^  Unluftgefü^fö  aud  tör^erltc^en  3^1^^^  entf^ringt  ober 
in  feelifdpen  älffettionen  befte^t.)  Bpukü  d^riftlid^  ftnb  bte  Setben,  bie  ben  ^^0^  3^ 
toegen  feinet  Sl^riftenftanbe^  treffen.  Sermöge  bed  @egen{a|ed  bon  Sieid^  ®otted  uttb 
2Bät  treffen  biefe  ben  Sl^riften  fo  unbermeibli^,  mte  S^ftum  bad  Jlreuj  traf  {3Rt  10, 38. 
16,  24).    (S^rifti  Seruf bleiben  fe^en  ftd^  fort  in  bem  bom  ®laubendleben  unabtrennbaren 

ao  Seiben  (S^rifti.  3)ie  ©t^mad^  (S^rifti  (Ä®  5,  41;  $br  11,  26.  13,  13)  gehört  fo  fe^ 
)ur  ©ottedlinbfd^aft,  ba|  Jlrein  bad  Seichen  aOed  ed^ten  (S^riftentumd  ift  ($ebr  12,  2). 

3lad)  bem  gottgetooQten  @rfolg  ober  bem  bon  ®ott  beabftd(^tigten  Qtotd  ftnb  )u  unter« 
fd^eiben  @traf  leiben,  Srjie^ung^leiben  unb  Ser^enlic^ung^leiben.  1.  Straf  leiben  bejeic^nen 
bie  ®egentoirtung  ber  göttlt^en  $eiligteit  unb  ®ered^tigteit  gegen  bie  @ünbe  in  ^rm 

26  ber  Sier^öngung  bon  Übeln  Cßf  38,  5),  gel^ören  alfo  eigentlid^  bem  @ünbenftanbe  an 
(Jtlagel.  1,  14);  fte  tonnen  ober  aud^  im  ®nabenftanbe,  obgleich  bie  @(^ulb  bergeben  ift, 
noc^  Slaum  l^aben:  ber  S^rtft  tann  an  ®ebred^en,  in  benen  ®ott  bie  @(^ulb  ber  äSoter 
l^eimfud^t  (ßi  20, 5),  toetterjutragen  ^aben,  er  tann  an  Stad^toirlungen  früher  begangener 
©ünben  tränten  ($br  12,  5),  ober  e^  tonnen  auf  ü^m  Sl^nbungen  über  ©ünben  laften, 

80  bie  aud  ber  ^orttotrtung  bed  t^Ieifc^e^  bermöge  Untreue  ober  Sd^löfrigteit  no(^  ^cttyox* 
bre^en  (5Kt  23,  12;  1  Äo  11,  30;  1  $t  1,  5;  ^a  4,  6).  ©old^e  Seiben,  bie  ber 
®lcUibige  cii  ©trafen  feiner  ©ünbe  anfeilen  mufe,  fott  er  auf  ftd^  ne^^men  in  bemütwer 
Scugung  unter  ®otte«  $anb  (1  5pt  5,  10),  mit  ^ingebenber  SBerel^ng  ber  göttlicpim 
3Waieftät  (3a  4, 9.  10),  befonber«  mit  »e^erjigung  ber3Ka^nung  i\xx3iox[x6)t{(^p\b,llf{.). 

86  Vermöge  biefe«  in  ii^nen  liegenben  tl^atfäc^ltc^en  ßintoeife«  auf  erneuerte  S3u|e  nimmt  ber 
Sl^rift  bie  ©trafen  au«  ber  $anb  ber  Siebe  ®ottc«  (Dff.  3,  19).  ®ie  über  ein  «oll 
ober  Sanb,  eine  9leltgion«gemeinf(^aft  ober  ®emeinbe  ergel^enben  göttlid^en  ©trafen  nimmt 
ber  Singeine  al«  S^eilnel^mer  an  ber  ®cfamtf(^ulb  auf.  2.  ?$äbagogiper  ^rt  ($br  12, 
7—11)  ftnb   bie  8äuterung«leiben,  $rüfung«leiben  unb  Setoö^ng^letben.    a)  Sermöge 

40  be«  Unterfc^teb«  felbftberfc^ulbeter  unb  unberfc^ulbeter  Seiben  legt  alle«,  hKi«  ben  S^ftat 
betrifft,  bem  getoiflen^aften  (Smft  bie  g;rage  bor,  toie  toeit  e«  burd&  eigene  gel^ler  boWent 
fei.  ©0  biele  Sdben  nun  auc^  ben  ÜKenfc^en  nid^t  al«  ©trafen  treffen  mögen,  fo  toenige 
bürfte  e«  geben,  in  benen  ntc^t  toenigften«  ein  3Koment  ber  SSerfd&ulbung  läge,  bo«  )ur 
©elbftantlage  unb  barum  jur  ©elbftreintgung  (3ef  48,  10 ;  5Pf  66, 10)  «nlafe  böte,  ^n« 

46  fofem  alfo  bie  Seiben  in  bie  93eftnnung  führen,  tvk  toeit  ^e  in  eigener  SRangeO^oftigfeit 
begrünbct  ftnb,  betotrlen  fte  Säuterung  (§br  12,  5  ff.),  b)  Sft  ber  ®ebanle  ber  Prüfung 
burc^  ®ott  aud)  toefentltd^  altteftamentltd(^  (t>gl.  ^ud^  ^tob),  fo  ^at  bte  gbee  be«  $rüfimgd< 
leiben«  boc^  auc^  auf  ba«  d^riftltc^e  ®lauben«leben  älntoenbung,  infofem  jebe  neue  Seiben«< 
erfa^rung  ben  ®läubigen  t>ox  bte  ^age  ber  ^efttgleit  feine«  ®lauben«s  unb  Siebe«leben« 

50  ftellt.  ®en)ö^nlt(^  nämltc^  galten  pcb  bie  ß^rtften  für  gefeftigter,  al«  fte  fmb,  unb  muffen 
ftd^  bte  ©icgertraft,  bte  fte  fc^on  gctoonncn  ju  ^aben  glailbten,  in  jeber  neuen  Sebot«» 
erfal^ng  neu  eningen.  ©c^toere  Seiben  führen  ben  natürlichen  ÜÄenfc^  baju,  fic^  mit 
allen  3Jlitteln  ber  ©elbfterl^altung,  guten  ober  fc^lec^ten,  m  Reifen,  berleiten  cdfo  iüf\^ 
gu  ungerabcn  SBegen,  religio«  gu  ©ottloftgleit.    35en  ß^riften  ftellen   fd^loere  Seiben   auf 

65  bie  ^robe,  ob  er  im  ®ottt)ertrauen  genügenb  erftartt  unb  in  ber  ®ebunben^  an  feinen 
SBJiflen  feft  getoorben  ift  (2  Äo  13,  5).  gür  bie  jünger,  bie  ftc^  eine  ©tanb^aftigleit  be« 
®lauben«  zutrauten,  bie  fie  noc^  nic^t  befafeen  (?Wt  20,  22.  26,  33)  tourbe  3efu  Äreuj 
m  einem  $rüfung«leiben,  ba«  il^nen  bie  Ungulänglic^teit  ifycn  ®lauben«ftufe  jeigte.  $rüs 
]fung«letben,  in  benen  ftc^  ber  ®laube  ec^t  geigt,  führen  gu  einer  ^öl^eren  ©tufe  ber  jbaf< 

60  tigteit.    c)  2)a   ber   natürliche  3)tenfc^  getoo^nt  ift,   jeben  ©to^  mit  einem  ®egen^ 


Seibeti  Seifijigfr  ftoOoqtiiittii  363 

beanÜDortenb,  ben  fXbdn  mit  ben  Eingebungen  ber  ©elbftfud^t  entgegenjulDirlen,  im  d^rifU 
lic^  ®Iau6en  ober  ber  93er}icl^t  auf  biefe  SteSungnol^me  liegt,  bieten  Seiben  immer  neue 
Serfud^ungen  )ur  älbirrung  t)on  ber  Sal^n  ber  Siebe,  bamit  aber  aud^  bie  9lnläf(e  religidd« 
fittlic^  gortld^rittd.  Sie  SctiKü^runggleiben  (3a  1, 12)  [tnb  barum  bie  SWittel  (3lö8,17) 
ber  atuöreifung  jur  SSoDIommenl^eit  (1  ^t  1,  17),  pno  alfo  in  l^orragenber  SBeife  6 
Äußerungen  ber  göttK(^  Siebe  (lob  12,  13 ;  ®i  2,  5).  2Bie  9iefug  felbft  burd^  Seiben 
DoQenbet  tDcrben  mu^e,  um  am  Jlreuj  ben  @ieg  über  bie  @ünbe  )u  k)onenben,  fo  ift 
(mä^  ben  ©einen  bad  Xxa^tn  bed  Jlreujed  baiS  ÜKittel  ber  SSoQenbung  jur  Ä^nlid^feit  mit 
i^  3.  2)ad  Seiben  bed  Slinbgeborenen  ^o  9,  3  unb  bed  Sa^aru^  11,  4  unterftanb 
bem  3^^  ^  SSerJ^errlid^ung  ®otteB.  Gegenüber  ber  menfd^lid^en  Sinbilbung,  bie  toelt«  lo 
l\^  ^lid^teit  {d^ä|t  unb  erl^ebt,  ift  ed  göttlid^e  $arabo£ie  (Sc  16, 15),  ftd^  baburd^  )u 
ber^errlic^en,  ba|  er  aud  nid^t^  etnmd  mad^t  (1  Ao  1,  28),  olfo  bod  92id^tige  ber^enlid^t. 
etar!e,  Sleid^tum,  ^o^eit  unb  9Bei^^eit  bertoerfenb  (ger  9,  23  f.)  bilbet  ®ott  fi4  burd^ 
ec^tDod^e,  armut,  'Jliebrigleit,  Xl^or^eit  bie  ®etö|e  feiner  Jenlid^teit  (9Rt  11,  25;   ^o 

5,  44).    3efu8  1^  borum  bie  Armen,  ^ungemben  unb  SSeinenben  felig  geiriefen  (Sc  i5 

6,  21.  26).  5)ie  Irübfal  ber  Seiben  toirb  ber  9ßebrigleit  (3Jlt  5,  4)  jum  Seti^ätigung«* 
ütt  ber  SBer^enKd^g  ®otted.  ^n  menfd^lid^er  S^toad^l^eit  trium))l^iert  ®otted  Jlroft 
(2  5lo  12,  9.  4,  7). 

2)ie  Seiben  finb  fftr  ben  ®Iaubigen  bie  gottgeorbneten  SRittel,  il^m  SEBeltluft  unb 
@titnenfreube  )u  entwerten   unb  il^n  an  bad  9ieid^  ®otted  )u  binben.    3Beit  entfernt  bie  20 
®emetnf(^ft  mit  ®ott  )u  lodern,  muffen  93efd^toerben  uno  ^^rübfale  ba^u  bienen,   bie 
rdtgidfe  ®ebunben^eit  an  ®ott  fefter  m  {nü))fen,  old  an  ben,  bef|en  ®ememfd^aft  einzigen 
SBot  i^  unb  einen  abfoluten  ^erfönlic^teit^toert  fu^erfteUt,  aud^  toenn  aQed^tbifd^e  t>tt^ 
fagt  ober  enttoeid^t  (1  $t  1,  6^.;  9id  8,  6  ff.).    3n  ben  Seiben  fu(^t  bie  Siebe  ®otted 
feine  Stinber.    Serfelbe  ®ott,  ber  Seiben  fenbet,  giebt  bie  Jlraft,  in  älnle^nung  an  ihn  25 
unb@tärlung  burcp  ihn,  fie  nid^t  nur  m  ertragen,  fonbem  ftd^  über  fte  }u  erl^eben  (2Jto 
1,  3—8.  4,  8.  9).    ®em  (S^riften  bürfen  bie  Seiben,  in  benen   er  lernt,  auf  irbifd&e« 
SBol^Ifein  unb  SBol^Ierge^en  ju  berjid^ten  unb  ®ott  allein  feine  ^eube  fein  gu  (äffen, 
nic^  fehlen:  benn  mit  i$nen  fehlten  il^m  bie  einfd^neibenbften 93ilbungdmittel  für  bie  reli« 
gtiyfe  ®eftnnung  bed  {^immelreic^  (3a  1,  4)  unb  bamit  bie  toirlung^DoQften  Srjiel^ungds  bo 
mittel  für  bie  ftttlic^e  ®efmnung  ber  Siebe.  £•  Sewme. 

£ei|isiger  Sidfratattun  f.  Sutl^er. 

i^mtt  Sniaim  f.  Interim  Sb  IX  ©.  211,58ff. 

£e{)i)iger  ftoOoqnittnt  k)on  1631.  —  S)ad  ^rotofoD  bed  Seip^iger  ftoDoquiumd  ift 
me^rfoct  gebntdCt,  ).  )B.  bei  Augusti,  Corpus  libr.  symb.  Elbf.  1827,  p.  386  sqq.,  unb  bei  85 
Niemeyer,  Ck>llectio  coDf.  in  eecl.  reform,  publicat.,  Lipe.  1840,  p.  653 sqq.;  So$.  ©crgiu«, 
9{eIatton  ber  ^rioat-Sonferenj,  meiere  bei  roö^renbem  donoent  ber  $rotefttrenben  eoange« 
lifd^n  (£4ur«gfürften  unb  @tönbe  ju  Seip^tg  1631  gehalten  toorben,  nebenft  einer  Sorrebe, 
barin  auf  badjenige,  koad  ^err  ^att^iad  ^oe  oon  ^oenegg  in  feiner  9{ettung  fürgebra(!^t, 
Aebü^rlic^  geantroortet  toirb,  $erl.  1635;  @.  $3.  C>cring,  Q^efd^ic^te  ber  fird^I.  Untoni^oerfud^e,  40 
©b  1,  2t\pk.  1836,  6.  327 ff.;  «.  ©.  SRubcIbocft,  9?efoTmation,  Sutl^ertum  unb  Union,  Seipj. 
1839,  6.  407 ff.;  91.  ©(j^roeljer,  3)ie  proteftantifcften  (Jentralbogmen,  2.  pifle,  6.  525 ff.; 
Sgl.  bie  Sltt..Ängobcn  bei  bem  «.  ßöe  0.  ^öcncgg  SBb  VIII  6.  172. 

2)ad  Sei})»ger  JloQoquium,  ein  ^cligion^efpröc^  jtoifc^en  lut^erifd^en  unb  reformierten 
Z^logen,  fd^log  ftd^  an  eine  im  ^bruar  unb  SJtörj  1631  in  Seifjgig  ftattfinbenbe  ^u^  45 
fammentunft  ))rote{lantifd^er  @tänbe  an.  ^ie  le^tere  mar  veranlagt  burd^  bie9(bftd^t,  ctne 
Seretnigung  ber  $rote{ianten  be^  9{eid^ed  ^erbei^ufü^ren,  um  bie  Sudfül^rung  bed  9{eftitutton^ 
^tfted  )u  ^inbern,   ol^ne  bod^  genötigt  ju  fein,   fid^  mit  ®uftat)  Sbolf  gegen  ben  Äaifer 
pi  Mcbünben.  ©emgemäft  erneuerte  man  ben  ^roteft  gegen  ba«  Sbilt,  unb  beft^Iofe  \n  ruften, 
toie«  ieboc^  ba3  Stnfinnen  ®uftat)  abolf«,  mit  i^m  in  einen  Sunb  ju  treten,  gurüdE,  f.  SBinter,  w 
(Sefc^ic^  bed  breiligj.  Jtrieged  @.  363  f.    SDie  prften   tourben   nad^  Seif^jig   t>on  i^ren 
Zbeologcn  begleitet,    "^m  ®ef olge  be«  Äurfürften  ®eorg  SQSili^elm  bon  Sranbenburg  befanb 
fidp  fein  $oft>rebiger  3«>l^ann  Sergiu«,  mit   Dem  Sanbgrafen  SBill^elm  t)on  Reffen  toaren 
fem  $i>ft)rä)tger  33^}>l^ilu«  5Reubcrgcr  unb  ber  ^rofcffor  gol^ann  ßrociu«  gclommen.  9?on 
fetten  biefer  reformierten  S^eologen  gefd^a^  ber  erftc  ©(^ritt   ju   einer  SScrl^anblung  über  65 
bie  6trettinmfte  gtoifc^en  beiben  Sirenen.   I)abei  berlannten  fte  nic^t,  ba^  eine  Bereinigung 
iaum   mj^lic^   fein  toerbe,   aber   fte   l^offten  toenigftcn«  eine  3)?ilberung    unb  SKinberung 
ber  6trettt0teilen'  )u  erjielen.    ®er  einflu^reid^fte  i^cologe  in  Äurfat^fen  toar  ber  Ober« 


364  Seifijigfr  ftofloqnimn 

l^oft)rebt0cr  $öc  bon  ^öencgg,  bclaititt  aU  ber  J^efttgfte  ® egner  ber  9lcf ormterten ;  iodf  ber 
gtoang  ber  t)olitifc^cn  Scr^ältntfle,  tpeld^er  bte  gürften  jufammengefüis^  ^e,  behntöe, 
bag  bie  lutj^erifc^en  Xl^eologen  bad  älnfinnen  ber  9ief ormterten  nid^t  bon  ber  $anb  tDtefen. 
3lte  btefe  bei  ben  fieijjjtger  ^Profefloren  ^JJoI^farj)  Sc^fer  unb  ^einrtd^  ^öjjffner  anfragten, 

6  ob  fte  mit  bem  Dber^of^rcbiger  unb  ii^nen  gu  einem  3leli0ton^ef}>räci^  jufammentreten 
toürben,  toelc^eiS  iebo4  nur  ben  S^arafter  einer  $rit)atfonferen2  l^aben  foQe,  l^ntm  bie 
Sac^fen  bie  9(nfrage  nid^t  gerabegu  ob,  obh)o^(  fte  i^re  93ebenlen  gegen  bad  Unternehmen 
nic^t  berl^el^lten,  aud^  o^ne  bie  guf^inniung  i^red  Sanbe^l^erm  auf  ben  93orf(^(ag  nid^ 
cin^uge^en  toagten ;  auf  ben  SBunfc^,  bafe  $öe  fic^^  ber  ^eftigleit,  bie  er  in  feinen  ©c^riften 

10  geige;  in  ber  Untenebung  enthalten  möge,  t)erftd^erten  fte  feine  fonberbore  Humanität  in 
conversatione.  3)er  Äurf ürft  3<>^önn  ®eorg  erteilte  bie  ©ene^migung  ju  bem  ®^pxäif, 
nic^t  o^ne  aud^  feinerfeitd  aud2uf})rec^en,  ba^  ed  nur  bie  Sebeutung  einer  ^rttKttlonferen) 
^e;  gugleid^  beftimmte  er  ben  ©egenftanb  ber  SSer^anblung  bol^in,  „px  Demel^^men,  an- 
jit^ören  unb  gu  ertüägen,   ob   unb  miefeme  man  in  ber  Slug^burgfc^en  Jlonfeffton  einig 

16  fei,  ober  ob  unb  toie  man  auf  beiben  ©eiten  nä^er  jufammenrücfen  möchte". 

®ie  Untenebungen  begannen  am  3.  3Wärg  1631  in  bem  „fiofament"  ^öed.  5i)lan 
berftd^erte  ftd^  eine^  gemeinsamen  93obeng,  inbem  bie  reformierten  3^eoIogen  bte  SrHdnmg 
abgaben,  bag  ft^  ftc^  gu  ber  9(ugdburgfd^en  ^onfeffton  bon  1530  belönnten,  aud^  bereit 
feien,  fte  in  ber  JJorm,  toie  fie  ber  lurfäc^fifd^e  äugajjfel  (1628  auf  Sefe^I  be«  Jlirrfürfien 

ao  ^erau^egeben)  enthalte,  gu  unterfd^reiben ;  fte  erinnerten  an  bie  red^tlic^e  ©eltung  ber  Jtom 

effton  in  Sranbenburg  unb  Reffen;  tt>ai  bie  Sebeutung  ber  SSariata  anlange,  fo  begogen 

te  fic^  auf  bie  @rtlärung  ber  ©tänbe  auf  bem  92aumburger  ^onbent,  toogegen  bie  fä(^ 

tfd^en  X^eologen  ftd^  auf  bie  @rllärung  in  ber  SSorrebe  gum  Jbnlorbienbuc^  beriefen. 

darauf  na^m  man  bie  ^onf effion  in  ben  eingelnen  9(rtifeln  burd^;  man  fanb  fid^  einig  in 

26ben2lrt.l— 2;  5—9;  11—28.  SRe^r  ©d^toierigleiten  bereitete  ber  3.  artilel.  3h)ar  gu  bem 
SBortlaut  bed  9lrtifeld  befannte  man  ftd^  auf  beiben  Seiten,  aQein  man  Derbarg  ft$  nic^t, 
ba^  man  il^n  berfc^ieben  t)erfte^e;  bie  Suti^eraner  legten  in  il^n  bie  lutl^erifd^e  Raffung 
ber  communicatio  idiomatum,  h)ö^renb  bie  Steformierten  biefelbe  t)emeinten;  man  bt» 
gnügte  ftc^  alfo  in  gtoölf  fünften   gufammengufaffen,  Vorüber   man  in   ber  d^riftologie 

30  einig  toar,  unb  baneben  fefhufteHen,  toorüber  man  berfc^ieben  badete.  3^*"  ^-  Slrtttel 
gaben  bie  Sieformierten  bie  ©rflärung  ab,  bafe  fte  bie  SWgemein^eit  beS  göttlid&en  ©nobem 
toiDen«  leierten.  3lm  7.  SKarg  lam  man  gum  10.  Slrtilel  bom  Slbenbma^I.  $ier  trat 
Ipieber  bie  SSerfd&ieben^eit  ber  Se^re  tro^  beiS  Selenntnifle«  jur  gleid^en  gformel  an  ben 
Sag.    3Kan  t)erfu^r  h)ie  beim  3.  2lrtifel,  man  fteHte  feft,  tote  toeit  man  einig  hntr,  unb 

86  begeic^nete  flar  bie  3)iffereng})un{te,  bie  manducatio  oralis  unb  manducatio  indigao- 
rum.  2)ie  ©rinnerung  an  ben  2^g  gu  3Rarburg  lag  na^e;  bie  Sieformierten  hofften, 
man  merbe  je^t  Leiter  fommen  atö  bamald,  toenigftenS  bagu,  „ba^  man  für  einen  SRamt 
toiber  ba«  5ßa))fttum  ftel^en  lönntc",  aDetn  bie  Sut^eraner  trugen  Sebenlen,  irgenb  toelc^ 
gufagen  gu  madjfen.    Slac^bem  man   bie  Sluggburgfc^e  Äonfeffton  burd^efjjrod^en   IfOtU, 

40  erfannte  man  mit  Siedet,  ba^  nod^  nic^t  fömtlic^e  gh)ief})ältige  Seigren  berül^rt  feien ;  man 
l^anbelte  bedj^alb  nod^  eigene  t>on  ber  ^röbeftination^le^re.  Sud^  ^ier  lie^  man  ed  fu^ 
angelegen  fein,  bad  beiben  ^irc^en  ©emeinfame  möglicMt  J^erborutl^eben,  aQein  ed  blieb 
bo$  bie  SSerfc^ieben^eit,  ba|  bie  branbenburgifc^en  unb  ^efftfd^en  ^l^eologen  bie  SrtDO^Iung 
einer  beftimmten  ^Qi)l  gur  Seligleit  an  bie  Bpi^t  ftellten  unb  bie  götüid^e  5ßräfcteng  bon 

46  ber  @rh)ä^lung  audfd^lof|en,  bie  fäc^ftfc^en  X^eologen  bagegen  bie  Srtoä^lung  bringt  fein 
liefen  burc^  ben  gut)orgefe^enen  (glauben. 

3)er  ©d^lu|  ber  Äonferengen  erfolgte  am  23.  ÜKärg.  6«  toar  öerabrebet,  ben^n^ 
be^  @ef})rä(^d  nic^t  gur  Ungebül^r  gu  f})argieren ;  be^^alb  tourben  nur  bier  @semt)licre  bed 
$roto!oUd  abgefaßt,  für  bie  brei  ^rften  unb  bie  t^eologifc^e  t^btltöt  gu  £ei)))ig.    Salb 

60  aber  tvax  bad  ®ef))rä(^  feinem  ^n^alt  nacb  in  @nglanb,  ^anfretc^,  ber  ©(^toeig,  ^ollanb 
unb  ©(^h)eben  belannt,  ja  in  ben  beiben  gule^t  aenannten  Sänbem  tonnte  man  bie  9les 
lation  bon  bem  £ei))giger  Jlolloquium  gebntcft  befommen. 

ÜKan  lann  fagen,  bie  S8er(^anblungen  blieben  refultatlo«:  bie  alten  Se^rbifferengen 
traten  fofort  ^erbor,   unb  in  tetnem  fünfte  t)ereinigte  man  jtc^;    baö  ®ntßegenfommen 

66  beftanb,  abgefe^en  t>on  ber  frieblic^en,  ruhigen  äSSeife  bed  @ef))rä(^,  nur  barm,  ba|  man 
tc^  gerne  berfelben  3SoxU  bebiente.  äUlein  bad  lag  in  ber  92atur  ber  ©ac^e;  bmn  ed 
tanben  einanber  gh)et  t)5nig  burc^gebilbete  bogmatifc^e  älnfd^auungen  gegenüber:  fob^ 
afjen  ftc^^  nit^t  t)ereinigen;  unb  man  toax  betberfeit«  t)on  ber  Slic^^tigleit  bed  eigenen 
©tanb)}untte^  gu  fe^r  burd^brungcn,   atö  ba^  man  in   irgenb   ettoad  SSefentlicbem  ^otte 

Go  nad^geben  fönnen.    ^ie  Sebeutung  bed  £eif)giger  Kolloquiums  liegt  bemnad^  ntd^t  in  bem, 


SeMijtger  ftonoqitiitm  Se  Vlaittt  365 

\ocA  huxd)  ba^felbe  «reid^t  hjurbe,  fie  lieöt  barin,  bafe  eine  Jolc^e  Äonferenj  über^am)t 
moglu^  toax,  @d  bämmerte  bte  @rfenntntö,  ba^  man  bei  auer  ^teue  gegen  bte  eigene 
2e^re  bie  S^toeflerlircl^c  nic^t  nur  aug  bem  ®efid^t«punft  ber  ^Polemif  betrachten  bürfe. 

{Stl9\t  t)  $aiti(. 

fie  äRoitre^  ^tan  $enri,  geft.  1774.  —  Oucßen:  D.  ©ranbc«,  3.  ^.  fie  gWaiire,  5 
iDeilanb  fran^.  $aftor  ju  Satreut^,  93ücfeberg  unb  Erlangen  (in  Dr.  ^id^.  ^6ringnierd  3eit« 
Wdft  ^5)le  franj.  Äolonic'*,  So^irfl.  1895,  ^r.  10—12);  D.  SBranbcS,  S)ie  franj.  fiolonie  in 
9ucfeberg  (in  Dr.  XottinS  @)e{4td^tdblöttern  bed  beut{4en  ^ugenottenoeretnd,  III,  7  u.  8); 
SItenftüde  ber  3üri(6er  ©tabtbibliot^et,  3.  ^.  fie  ^.  betr.;  ^te  ^irc^enbü^er  ber  fran^. 
Kolonie  ju  IBücfeberg  unb  bad  %xd^xx>  bed  reform.  $Tedbt)teriumd  bafelbft.  10 

£e  SRattre,  ber  ben  grölen  %üi  feinet  Seben«  im  Dienfte  ber  §ugenottenIird^e 
2)eutfdblanbd  tytAxai^t  l^at,  toax  bon  $aud  aud  fein  Hugenotte.  @r  l^ieg  eigentlich  3Reifter, 
aud^  SRaifier  gefd^^eben,  unb  tpar  in  3^^^  B^S^^  ^^^  ®^^^  ^^  17.  ^al^r^unbertd  ge^ 
boren.  Seine  ©tubien  mac^^te  er  in  ber  SSatcrftabt  unb  berbanb  mit  ber  Ideologie  aud^ 
^oejte,  5P^ilofot)bie  unb  ©>>rad^enlunbe.  Sr  t)erle^rte  in  bem  Greife  ber  SJobmer  unb  u 
Sreitinger  unb  ftanb  ^ier  tpegen  feiner  93egabung  unb  feinet  ^lei^eiS  in  gutem  9lnfe^en. 
%üt  bte  @ac^e  ber-  Hugenotten  tourbe  er  burd^  einen  SSertoanbten  getoonnen,  X^eobalb, 
ber  bereite  im  Dienfte  ber  Slefuge  ftanb,  unb  lernte  in  fel^r  furger  3^it  —  e«  l^ei^t  innere 
^alb  breter  SRonate  —  ftd^  in  t|rer  @)>rad^e  lorreft  unb  flie^enb  au^brüden.  @o  trat  er 
junoc^  atö  ^rebiger  bei  ber  frang.  Jtolonie  in  bem  bamald  nod^  ^ol^engoQemfd^en  Sai-  ao 
teut^  ein,  bid  er  im  ^fa^re  1733  nac^  93üd(eberg  berufen  tourbe,  guerft  a(d  ©e^ilfe  be^ 
»of^rebiger^  unb  S)irettor^  ber  bortigen  Jblonie,  $ierre  ßr^ut,  an  ©teile  bed  3^^^^ 
[0^.  ®eorg  $irjel,  ber  loieber  in  feine  §eimat  jurüdEIe^rte.  *  Srögut  toar  früher  reformierter 
jaftor  m  SSnnona^  im  Sangueboc  getoefen  unb  gum  Xobe  oerurteilt  toorben,  toeil  er 
einige  „StüdCfoDige'',  b.  1^.  fold^e  Sieformierte,  bie  gemaltfamertoeife  gum  $a^idmu^  „be^  25 
tdjitt''  tootben  toaren,  gum  älbenbma^Ie  jugelaffen  ^atte.  9tur  mit  genauer  92ot,  unb  gtoar 
mit  ^ilfe  einer  J^od^efteQten  3)ame,  toar  er  noc^  in  le^ter  ©tunbe  bem  Jlerter  gu  ^ou- 
loufe  entronnen  unb  i^aüi  ftc^  mit  einer  Slnjal^I  t)on  Seiben^efö^rten  gunöc^ft  nac^  SRorgeiS 
am  ®enfer  ©ee,  bann  aber  nad^  bem  gaftliq^en  Srlangen  getoanbt,  t)on  too  er  famt  feinen 
®efä]^en  im  l^al^re  1692  burc^  ben  @rafen  ^^ebric^  S^riftian  gu  @c^aumburg'fiif)))e  so 
nac^  SüdEebm  berufen  tourbe,  um  l^ier  eine  bauembe  greiftabt  gu  finben.  6r^ut  ftanb, 
atö  er  noc^  Südteberg  !am,  fd^on  in  oorgerücttem  äUter,  unb  a(d  Se  Wattre  i|m  beige^ 
orbnet  tourbe,  ^tte  er  bereite  fein  87.  fieben^jal^r  eneic^t.  ©ein  lob  erfolgte  am  8.  ÜRai 
1738,  un^  jeftt  tourbe  ber  (Se^ilfe  fein  5Rac|folger  al^  frang.  §oft>rebiger  unb  Direltor 
ber  ilolonie,  nod^bem  il^m  bie  l^ier  gu  t^uenbe  Slrbeit  längft  gum  aüergrö^en  Xeile  ob^  35 
gelegen  ^e.  ®d  toaren  nid^t  geringe  ^^orberungen,  bie  on  t^n  gefteUt  tourben,  unb  gtoar 
nic^t  gum  Oeinften  Xeile  bon  ber  gräflichen  ^milie.  2)er  ©tammoater  be^  ^aufed,  (^raf 
©imon  VI.  gur  2ipp^,  toar  ein  ^od^bcgabter  $err,  man  barf  fagen,  ein  (Sele^rter,  ber 
auf  t)erf<^iebenen  ®ebieten  bed  bamaligen  2Bif[end  too^l  betoanbert  toar,  unb  biefer  ©inn 
fyütt  fiiif  nomentlid^  aud^  in  ber  jüngeren  Sinie  feiner  9{ac^tommenfd^aft,  bie  in  S3ücfeberg  40 
regierte,  t)ererbt  @d  ^ercfd^te  am  $ofe  gu  S3ücfeberg  ein  emft  toiffenfc^aftlic^e^  ©treben, 
unto  befonber«  ber  ©ruber  be^  bamol«  regierenben  ®rafen  atbrec^t  ÜBolfgang,  ®raf 
^riebrid^  Subtoig  ilarl  l^atte  ein  überaus  gro^e^  3"*^^fl^  fü'^  <^^^  ^tagen  ber  SBiffen« 
fc^ft,  befonber^  ber  ^^ilofop^ie,  toie  fte  bamald  im  ©c^toange  ging.  2)ie  beiben  SBrüber, 
©d^e  bed  ®rafen  ^^ebrid^  G^riftian,  toaren  in  ^annooer  t)on  bem  ^aftor  bei  ber  bor«  45 
tigen  beutfd^^reformierten  Äirc^e,  9Jolteniu«,  bem  ft)äteren  ^rofeffor  ber  X^eologie  gu  ^ant 
fürt  0.  D.  unb  Se^rer  griebric^  be«  ®r.,  unterrichtet  toorben  unb  t)erbanlten  gerabe  bie« 
fem  rtele  Anregungen.  ©0  mu|te  benn  nun  aber  2e3)iaitre  ^ier  mit  feinem  SBiffen  unb 
Rennen  bienftbor  fein  unb  bie  ®rafen  auf  bem  Saufenben  erhalten.  Sr  beforgte  i^nen 
bie  nötigen  ©dbriften,  bie  bamald  auf  bem  ®ebiete  ber  $^iIofop^ie  in  älnfe^en  ftanben,  so 
SRolebrancbe,  ^ierre  Sa^le,  6l&r.  SBolff,  ©jjinoga  u.  a.,  unb  ^atte  i^nen  Vorträge  über 
|ie  gur  Srtlärung  gu  ^ten.  Über  bie  $^iIofo})^ie  ©))inogad  liegt  noc^  ein  fe^r  audfü^r- 
linier  Stbri^  k)or,  ben  Se  3K.  für  ben  ®rafen  griebric^^  berfafet  ^at.  gbenfo  tourbe  ii^m 
bte  rdigidfe  unb  gcfamte  toiffenfc^aftUc^e  ©rgie^ung  ber  beiben  ©ö^ne  bei8  ®rafen  Sllbr. 
SBolfgong,  bed  fp^er  berühmt  genug  getoorbenen  @rafen  3Bill^eIm  unb  feinet  SSruberd  66 
(Ski>rg  anvertraut,  unb  toenn  ber  ®raf  äöil^elm  nic^t  btofe  auf  bem  ®ebietc  ber  Ärieg^ 
totffenfi^aften  ^erbonagenbe^  geleiftet  ^at,  fonbem  auc|>  für  bie  übrigen  3h>eige  beiS  95Jiffeng 
einen  ftetd  lebenbigen  Stnteil  an  ben  %a^  legte,  fo  toar  ed  Se  SIR.,  ber  gu  bem  allen  ben 
(Skunb  gelegt  ffcd.  3)er  t^eunb  eineiS  X^omad  älbbt  unb  eined  ^erber  toar  eben  ein  3ög^ 


366  Sc  Wlatitt  Settfcmt 

Ung  be^  ^ugenotten))aftord  au$  3^^^^  ^"^  ^'^  f^^^  ^^^  ^^"  ^^  Sd^üler  aud^  onerloimt 
tporben  ift,  ge^t  baraud  l^ert)or;  ba|  biefer  btö  an£e3R/d@nbe(1774)  in  ftetö  regem  äScr* 
te^r  mit  feinem  Sekret  geftanben  unb  beffen  9{at  aud^  ju  einer  ^txt  nod^  gefuc^t  ^t,  al^ 
£e  3R.  feine  Stellung  in  93ä(feberg  löngft  aufgegeben   ^atte  unb  in  feine  ^eimat  jurüdE^ 

6  gefe^rt  h)ar.  ^n  Sücfeberg  litt  ^  il^n  boc^  auf  bie  2)auer  nic^t,  unb  ed  tDar  h)o^l  nid^ 
b(o^  baiS  ,,$eimti>e^  bed  S^tDeij^er^'^  bad  i^n,  tpie  ja  auc^  9(I6redE^t  t).  {^aQer,  au0  2)eutf(^s 
lanb  for^og,  fonbem  allerlei  3Ki|l^dIigfeiten,  bie  \i)tn  in  nic^t  fd^öner  äBeife  Don  onberen 
Itreifen  in  93ü(Ieberg  bereitet  n^urben.  ®ie  kirc^enorbnung  ber  reformierten  Jtirc^  Stanl^ 
reic^,  bie  aud^  in  Sädteberg  für  bie  ^ugenottenfolonie  eingeführt  toar,  orbnet  betonndidji 

10  eine  emfle  Ainl^enmc^t  an,  unb  unter  bem  93orfi6e  be^  $aftor$  h)urbe  biefe  auc^  Don 
bem  Jtonfiftorium  ber  Jlolonie  getoiffen^aft  gel^anbpabt.  9l6er  ba  erfolgten  bann  Angriffe 
aü2  bem  ^interl^alte  gegen  ben  ^ofprebiger.  ^n  einer  3^d^nft,  bie  in  Südeberg  ^aui^ 
!am,  erfd^ienen  @t>ottgebi(^te,  beren  @})i(e  unDerfennbar  gegen  Se  3R.  gerichtet  toor,  unb 
anäf  fonft  fal^  fic^  biefer  ^erleumbungen  au^efe^t,  bie  aber  im  93erborgenen  f(^li(^en,  bid 

16  bann  ein  Siegierungdrat  Sd^n^ar)  auf  bem  Totenbette,  um  fein  ®en)iffen  )u  erleichtern, 
ftc^  ali  ben  Urheber  jener  Sd^möl^ungen  befannte  unb  anbeutete,  ba§  auc^  ber  Jtmijleis 
^räftbent  Sel^enner  feine  ^anb  babei  im  BpkU  gel^t  f}ab^.  3)a^  nun  ber  9ef(^m))fte 
nd^  bei  bem  ®rafen  über  Sel^enner  befd^h)erte,  toar  i^m  nic^t  )u  Derbenfen,  aber  nun  erJ^ob 
biefer  eine  SeleibigungiSHage  gegen  i^n,  bie  {tc^  lange  l^injog  unb  too  Se  3R.  benn  freiließ 

20  fein  anbereiS  93etoeidmtttel  ^atte,  ald  bad  3^ugniiS  eined  ^erftorbenen.  @d  tourbe  bem 
Serleumbeten  ber  Slufentl^alt  in  93üdeberg  je^  berart  Verleibet,  ba|  er  einem  SRufe  noi^ 
Erlangen  folgte  unb  bann  auc^  eine  9(nftellung  in  ber  ^eimat  jeber  anberen  k)or)og,  ob 
i^m  biefe  geboten  h^urbe.  S^t^t  toar  er  Pfarrer  in  ftüdnad^t  unb  ftarb  bort  gingen  Snbe 
be^  ^a^red  1774  ^od^betagt,  nur  bag  fein  S3er^ältnii$  ju  bem  balb  nac^  feinem  äBeggonge 

36  t)on  S3ü(feberg  ^ur  Slegierung  ge!ommenen  @rafen  SEBil^elm  (1747)  nad^  h)ie  k>or  ein  um 
getrübteiS  unb  überaus  ^erglid^e^  geblieben  ift:  ®raf  9Btl^elm  tou^te  }u  fd^ö^,  toai  er 
feinem  erften  Se^rer  ju  öerbanten  l^atte.  I>.  ©r««be*. 

Senfant^  S^caue«,  geft.  1728.  —  Sic^c:  Haag,  France  protestante,  ob  VI;  Bibl. 
germ.,  $b  XVI;    Cn.  Dardier,  Lenfant  (Jacques)   in  ber  Encyclop^die  des  sciences  reli- 
80  gieuses,  SBb  VIII. 

^acqued  Senfant,  einer  ber  bebeutenbften  Xl^eologen  ber  franj.^^ugenottifc^en  Jtolonie 
in  Berlin,  tourbe  geboren  )u  93a^o(^eiS  (in  ber  Seaucc)  ben  13.  ält>ril  1661.  @r  ftubierte 
31^eologic,  juerft  in  ©aumur,  bann  in  ®enf.  gn  le^terer  ©tabt  h)arb  er  beg  ©ocinios 
ni^mud  an^ellagt,  toe^toegen   i^m  bie  Orbinatton  t)erh)eigert  h)urbe;   er  erhielt  biefelbe 

86  ol^ne  ©c^toierigfeit  in  ^eibelberg  (1684),  toofelbft  er  t)ier  ^a^re  lang  ate?ßrebiger  an  ber 
franj.  ftirc^e  unb  Jla^lan  ber  oermitmeten  ^urfürftin  oerh)eilte.  2im  Iga^re  1688  )og  er 
nac^  SJerlin;  ber  Äurfürft  ^riebric^  bon  93ranbenburg  (ber  erftc  Äönig  t)on  ?ßreuften)  er« 
nannte  i^n  gum  Pfarrer  ber  f rang,  ^irc^e,  an  h)el(^er  er  nal^e  an  40  ^aÜ^xi  tmrite.  ©ein 
Seben  in  93erlin  berlief  in  9{u^e  unb  in  @^ren  unb  ift  h)ä^renb  btefed  langen  3^i^umd 

4onid^td  m  erh)äl^nen,  ald  einige  Steifen,  bie  er  unternahm:  1707  na6  ^ollanb  unb  @ng< 
lanb;  femer,  um  be^uf^  feiner  ©tubien  9)2anuf friste  unb  h)ertt)olle  Sucher  aufjugufuc^: 
1712  nad^  ^elmftebt,  1715  nac^  Sei})5ig,  1725  nac^  93re^lau.  @r  mar  ein  beli^ter 
^rebiger,  unb  ber  $rebtgtbanb,  ben  er  l^txan^ab  (Seize  sermons  sur  divers  textes), 
n)urbe  t)on  Stambac^  ind  2)eutfd^e  übertragen  C&aQe  1742).    äluc^  fehlte  ed  i^m  ntd^t  an 

ttäludgeic^nungen;  er  n^ar  ^itglieb  be^  Ober!onftftoriumd,  fotoie  auc^  bed  Slated,  ber  bie 
Angelegenheiten  ber  franj.  Stu^toanberung  m  t)ertoalten  ^atte;  1710  tourbe  er  tonefpom 
bierenbe^  3Ritglteb  ber  englifc^en  @efeQf($aft  gur  ^Verbreitung  i^  @laubend;  1724  9Rit< 
glieb  ber  Slfabemic  ber  aBifJenfc^aften  in  Serlin.  @r  ftarb  ben  7.  äuguft  1728  unb 
tourbe  in  ber  frang.  SBerberf^en  Äirt^e  am  %\xi  ber  Äanjel  beftattet. 

60  Senfant  f^ai  btcl  geschrieben,  ift  aber  ^au))tfä(^li(^  aliS  Jtirc^en^tfiorifer  rü^lid^  be^ 
lannt.  ^erborgu^eben  finb  folgenbe  SBerte:  Histoire  de  la  papesse  Jeanne  fid^e- 
ment  tir^  de  la  dissertation  latine  de  M.  Spanheim  (mehrere  3Dlale  ^erau^ege^ 
ben).  —  Histoire  du  Concile  de  Constance,  tir^e  principalement  d'auieurs  qui 
ont  assist^  au  Concile,  enrichie  de  portraits,   Amst.  1714,   bad  bebeutenb^  toad 

66  er  gef(^eben,  ^eute  noc^  bon  SBert ;  ein  ®egner  fällt  f olgenbeiS  Urteil  über  badfelbe :  „& 
giebt  toenig  ®efc^ic^t«toerle,  bie  mit  folc^er  ®enautgleit  unb  folc^er  SBeidl^eit  berfo^  finb"; 
Hist.  du  Concile  de  Pise  et  de  ce  qui  s'est  pass6  de  plus  m^morable  depois 
ce  Concile  jusqu'au  Concile  de  Constance,  enrichie  de  portraits,  Amst  1724.— 
Histoire  de  la  Querre  des  Hussites  et  du  Concile  de  Basle,   enrichie  de  por- 


Stnfant  Seo  I.  367 

traits,  1731.  —  Äud^  in  b«  ©jcgefe  unb  in  ber  Äontrobcrfe  l^t  er  nid^t  Unbebeutenbcg 
gelciftet  ®r  i)crfa^e  mit  Scaufobre  einen  Äommentar  be«  5R.  3;eftamente«,  ben  5ßrof.  9leufe 
ben  ,,befien  unb  berül^ntteften"  be«  18.  galj^l^unbert«  nennt:  Le  N.  Testament  de 
notre  Seigneur  J.  C.  traduit  en  fran^ois  sur  Toriginal  grec,  avec  des  notes 
lit^rales  pour  ^lairer  le  texte,  Amst.  1718.  SSon  i^m  ift  ber  erfte  93anb,  ber  bie  6 
rter  (Stoongdien  unb  eine  umfangreich  (Sinleitung  entl^ält.  —  9toc^   eine  ©treitft^rift  ift 

!,u  ertDö^en:  Pr^seryatif  eontre  la  r^union  avec  le  Si^ge  de  Rome,    ou  Apo- 
ogie  de  notre  Separation  d'avec  ce  Si^ge,  eontre  le  livre  de  M^^«  de  B.  (eau- 
mont)  dame  pros^yte  de   TEglise   rom.   et   eontre  les  autres  controversistes 
andens  et  modernes  1723^  4  ^be.    Senfant  ift  einer  ber  @rünber  ber  Bibl.  germ.,  lo 
)u  toddfct  er  bie  SSonebe  fd^eb.  C.  ^feiiber. 

£fttlitlitd  f.  e^rißudbilber  9b  IV  @.  65,32ff. 

Sc»  I.^  ber®ro|e,440 — 461.  —  ©eine  ©Triften  finb  öcrQuSgegcbcn  oon  Oue«neI, 
2  ©be,  ¥ari«  1675  unb  am  bcften  üon  %  unb  ^.  SBaUcrini,  3  99bc,  «cncbig  1753—1757, 
bereu  Hudaabe  aud)  ^igne  SL54— 56  abgebrucft  j^at;  ^ier  oucf)  54  ©.59—114  aud  (Schöne«  16 
mann,  Bibl.  bist  litt  patr.  lat.  II  bie  Ueberfi^t  über  bie  ^udgaben  unb  £>Qnbf(briften.  $on 
(Sriedbac^  (Oposcola  I,  ^alle  1768)  finb  Loci  communes  tbeologici  coilecti  e  Leone  M. 
ebiert  morben.  IBei  ^urter,  S.  patr.  opusc  sei.  ftnben  p4  14.  25.  26  audgetüä^lte  $rebigten 
unb  Briefe  Seod  aud  ber  lludgabe  ber  Saüerini  abgebrucft;  eine  beutfd)e  Ueberfe^ung  ader 
^rebigten  unb  ©riefe  oon  Silben  unb  von  ^enjlomdfQ  in  ber  ©ibi.  ber  ^irc^enuäter,  eine  ao 
englifd^e  üon  geltoe  in  ben  Nicene  and  Post-Nicene  Fatbers,  Ser.  II,  12,  yieto'^oxt  1896. 
Sbie  ©riefe  Don  unb  an  Seo  über  bie  Ofterbere^nung  ^at  ©r.  ^rufd),  Stubien  jur  d^riftlic^« 
mittelolterlicften  (S^ronologie,  Seipjig  1880,  247—278  uorjüglic^  ^erau^egeben.  ^toti  neue 
©riefe  an  Seo  oon  3flat)ian  unb  oon  @u{ebiud  oon  S)0T^15um  ebierte  ^.  9(.  9lmeUi,  S.  Leone 
M.  e  rOriente,  92om  1882,  Wontefaff.  1890;  biefelben  Zf).  SDlommfen,  m%  XI  (1886),  25 
361—368.  £eod  ©riefe  in  ber  Avellana Collectio  (Epist. imper.  etc.  CSEL  35)  ed.® untrer 
@.  117 — 124.  S)ie  Capitula  sive  auctoritates  sedis  apostolicae  etc.  finb  uned^t.  @benfo  ge« 
^ren  Seo  bie  Scbrift  De  vocatione  gentium  unb  bie  Epistola  ad  sacram  virginem  Deme- 
triadem  seu  de  bumilitate  tractatuB  nicf)t  an.  ^ad  Sacramentarium  Leonianum  (neuefte 
flu^abe  oon  S^Itoe,  (Sambribge  1897)  ober  ber  Liber  sacramentonim  Bomanae  ecclesiae,  ao 
bie  frü^fle  Sammlung  ber  oom  $riefter  adein  )u  fprec^enben  ^eggebete,  ift  oon  ben  ^aUe* 
Ttni  a(9  eine  ^rioatarbeit  römifc^en  Urfprungd  noc^  bem  5.  Sabr^unbert  jugeioiefen  roorben; 
caxd^  ^robft,  S)ie  filteften  römifd^en  Saframentarien  unb  Orbined  ertlärt,  fünfter  1892, 
6.  50  ff.,  üertetbigt  bied  unb,  bag  bie  (lebete  u.  ä.  auf  Seo  jurücfge^en ;  bagegen  ^at  2.  ^U' 
4e«ne.  OrigiDes  du  culte  cbr^tien,  $arid  1889,  @.  132  ff.  (2  ^.  1898)  bie  @ntftebung  bed  35 
6aframentard  erft  in  ber  SRitte  bed  6.  Sa^r^.  gezeigt,  ^ad  Breviarium  adv.  Arianos  ift 
iDoQI  aud  2toi  Umgebung  ^eroorgegangen.  lieber  bie  ©riefe  jum  eutQcf)ianif(6cn  ©treit  in 
Monac.  14540  berietet  Sf.  0.  9{oftij«9tienecf  in  ^3®  1897,  117  ff.;  berfelbe  oerteibigt  bie 
d^tfteit  ber  fog.  Ck>llectio  Thessalonicensis,  ber  ©riefe  über  ben  pfipftlic^en  ©ifariat  ju 
X^ffalonidj,  in  8ß:§  1897.  3)ie  ©riefe  fieod  aud)  bei  ^anfi  ©b  V.  VI.  ^ 

3)ie  tu>r^ugU(^ften  Ouellen  für  bie  ®ef(6id)tc  ßeoS  finb  feine  ©riefe  —  ibre  3)ru(forte 
au4  bei  3of^  I,  58—75  9lv.  398  ff.  —  unb  ^rebigteu.  ©on  ben  lefteren  in  ber  ^TuSgabe 
ber  ©aOerini  116,  barunter  20  uned)te  ober  unverbürgte.  Unecbt  finb  bie  oon  Saillau  ebierten 
(M8L  56,  1131  ff.)«  unb  ber  Sermo  de  ascensione  bei  fiioerani,  Spicil.  Liberianum,  glorenj 
1863,  121  ff.  ^ertooS  ßnb  auc^  bie  j^on^ildaften.  ^a^u  fommen  no4  einzelne  9{acbricf)ten  45 
in  Dcrfdiiebenen  ({broniten.  S)ie  ©ita  im  Liber  pontificalis  (ed.  ^JDlommfen  MG  Gesta  Pont. 
Bom.  I,  101  ff.)  ift  }iemli(6  inhaltlos. 

filtteratur:  ©gl.  bie  ?(u«gabcn;  ferner  Jiüemont,  Mömoires  etc.  ©b  15  8.414— 832, 
unb  bie  «erfe  im  1.  ©b  ©.  237,14  oon  ^alcft  «  @.  104  ff.;  ©oroer  II,  129  ff.;  (ÖregovooiuS 
I,  193  ff.;  «eumont  EL,  24  f.;  ßangen  II,  1  ff.;  ^efele  II*,  302—564,  befonber«  ©orocr,  ^e-  50 
feie  unb  Sangen;  nur  turj  $.  ®rifar,  (S^efd^.  IRomd  unb  ber  ^öpjte  im  "^1%  greiburg  1898, 
6.  70  ff.;  «.  «renbt,  ßeo  b.  ®r.  u.  f.  3eit,  SWainj  1825;  6.  ^crtbel,  ^apft  ßeo«  L  Seben 
tmb  fie^ren,  3ena  1843;  grr.  u.  $.  ©öbringer,  ^ie  ©öter  bed  $apfttumd:  Seo  I.  u.  Tregor  I. 
(S)te  ftircbe  ({^rifti  unb  ibre  3eugen,  ©b  12).  Stuttgart  1879;  $^.  llu^n.  ^ie  Sbriftologie 
Heo«  L  b.  «r.  in  f^ftematifcber  ^arfteQung,  ^ür^burg  1894;  (£.  (S^ore  in  Dcbr  B  UI,  652  ff.  55 
(fet^r  einge^nb);  ©arbenbemer,  $atrologie^  gfreiburg  1901,  @.  460  ff.  lieber  ben  $rimat 
oon  «ded  f.  h.  Ü.  ©b  II,  56. 

Seo  I.  ift  noc^  bem  $a})ftbud^  in  Xu^cien  geboren;  Quednete  SSermutung  auf  9tom 
(ta  feine  ^eimot  (megen  ep.  31,  4.  Prosp.,  Chron.  ad  a.  439)  ift   un^ureid^enb   be^ 
gcftnM;  gan)  unfu^er  ift  aud^  bie  älnna^me,  er  fei  ber  t)on  Sluguftin  ep.  104  im  S.  418  eo 
ectoä^nte  Leo  aoolutbus,  ben  ber  römif^e  $redbbter  @i^u$  nac^  Jtart^ago  fenbet.  9(ber 
f(^im  an  ben  Diaton  Seo  fyd  fu^  (um  43 1)  S^riU  bon  äde^anbrien  getpanbt,  bamit  diow 


368  Sfo  I. 

ben  9(n{)>rüd^en  ^ubenold  bon  ^erufalem  auf  ein  ^atnard^ot  über  ^oläftina  entaegentrete 
(Leon.  ep.  119,  4);  foQd  ntd^t  btefer  93rief  t)telme^r  $a^ft  Söleftin  gegolten  ^t  (übris 
gen^  toar  Seo  beiS  ©ried^tfc^en  untunbig,  ep.  130,  3.  113,  4).  @6en  bamold  ffcd  'üpn 
^o^anned  Safftanud  feine  butd^  ü^n  beranla^te  @d^rift  gegen  SZeftotiu^  getoibmet  (GSEL 

5  17,  235  f.).  3)cn  Semü^ungen  3^iand  bon  (SHanum  um  lirc^Iid^e  3lece|)tion  foB  et 
entgegengetüirtt  l^aben  (f.  93b  IX,  ©.  603,  57  f.).  giid^t«  aber  belunbct  beutlidj^er  bo«  9Ser* 
trauen,  bad  er  geno|,  ali  ba^  i^m  balb  barauf  ber  ^ifer  bie  3Rifjton  übertrug, j^toifc^ 
äletiud  unb  ällbinud,  ben  betben  ^öc^ften  93eamten  in  Pallien,  )u  t)ermttteln.  SBä^enb 
er  noc^  —  di  3)ia!on  —  in  (Sallien  toeilte,  ftarb  ©ijtu^  III.  am  ll.Sluguft  440,  unb 

10  Sei)  toarb  einmütig  bom  3Solf  getoöl^lt.  9lm  29.  @e))tember  empfing  er  mit  S)anl  gegen 
@ott  unb  feine  SBöl^Ier  bie  SBei^e.  äSon  i^m  ift  bie  Sentralifation  bed  itirc^enregimentd 
in  e))ocl^ema(^enber  SBeife  unternommen,  unb  i^re  ^^eorie  )um  erftenmal  Qar,  beßtmmt, 
beinahe  abfc^Iie^enb  aufgefteQt  toorben. 

9Jad^  allen  Seiten  entfaltet   er  binnen  lurgem   eine  eifrige  S^ätigleit.    ®er  ^ärefie 

16  begegnet  er  mit  rüdfic^t^lofer  Energie,  ^m  @r}btdtum  älquileja  haaren  ^elagtoner  tDtdft 
in  bie  Air^engemeinfc^aft  aufgenommen  h)orben,  ol^ne  ba^  eine  förmlich  äSerbammung 
i^red  bi^l^erigen  ^rrtumd  \)on  ü^nen  Verlangt  n^orben  toar.  £eo  fanb  barin  eine  fträflu^ 
9{acl^läfftg!eit,  fd^rieb  einen  bro(;enben  93rief  (ep.  1,  toal^rfd^einlid^  oud  bem  ^afytt  442) 


unb  berlangte  bie  nachträgliche  feierliche  Sei 


hing  biefed  Siberrufd  bor  einer  ©l^nobe.  — 


ao  9luf  ber  ^lud^t  bor  ben  SSanbalen  h)aren  439  auc^  ^anic^öer  nad^  9lom  gelommen  unb 
l^atten  l^ier  ^eimlic^  eine  (Semeinbe  begrünbet.  Seo  toarb  auf  fte  aufmerffam  unb  fc^ 
fofort  gegen  fie  ein  (um  443).  3Kit  Sifd^öfen,  ^ßre^b^tem  unb  Senatoren  beranjialtetc 
er  ein  SSer^ör  mit  ben  mantc^äifc^en  SluiSertoä^lten  beiberlei  (äefd^led^td  (bgl.  feine  Sd^ 
berung  in  serm.  16,  4  unb  ep.  15,  16),  bad  bie  fc^limmften  SRefultate  für  biefe  @me 

25  l^atte.  2)ie  ja^lreic^en  93üc^er  berfelben  h^urben  t)erbrannt.  3)ie  Studrottung  ber  @dte 
elbft,  too  fte  noc^  beftel^e,  tourbe  befc^loffen,  bie  römifd^e  ©emeinbe  mit  bem  28efen  ber» 
elben  be!annt  gemacht,  t)or  i^rem  fc^ein^eiligen  ^un  getoamt  unb  jur  9(uff)>ürung  ioei« 
;erer  aJlitglieber  aufgeforbert  (serm.  9,  4.  16,  4  f.  24,  4.  34,  4  f.  42,  4  f.  76,  6).  Si^^ 
lic^e  93ef e|le  ergingen  an  bie  Stfd^öfe  be«  übrigen  Stalien^  (ep.  7).   Slud^  SBalcntinian  III., 

80  burd^  Seo  ba}u  beftimmt,  erlieg  fein  @bitt  bom  19.  guni  445  (auc^  unter  Seod  Sriefen, 
ep.  8). 

^it  ben  3Jlanic^äem  fc^ienen  Seo  bie  ^ri^cillianiften  auf^  engfte  t)erhKinbt  }u  fein. 
93tfc^of  Xurrubiud  bon  älftorga  ^atte  bei  feiner  Slüdfe^r  bon  bem  93efud^  jal^lreid^er  rec^t« 
gläubiger  ^irc^en  mit  Staunen   bie  93lüte  be^  ^ri^ciQianiMud  in  @t>anien  bemerlt  unb 

86  feine  f)>anifc^en  SRitbifc^öfe  über  biefe  Seite  aufjuflären  gefuc^t  (l^inter  ep.  15  ber  Sriefe 
Seod)  unb  auc^  an  Seo  ein  Qi^mplax  gefanbt.  Seo  lieg  ftc^  bie  ©elegen^eit,  in  bie  \pa* 
nifc^e  Äirc^e  einjugreifen,  nic^t  entgegen.  3"  ^^"^"^  au^fül^rlid^en  Schreiben  (ep.  15,  bom 
21.  ^uli  447)  fc^ilbert  er  biefe  t)erberblic^e  Sehe,  gegen  bie  n)ie  bie  Später,  fo  auc^  fc^on 
h>eltlic^e  dürften  t)orgegangen.    2)enn  bie  ÜJlilbe  ber  ßirc^e  etsi  sacerdotali   contenta 

40  iudicio  cruentas  refugit  ultiones,  severis  tarnen  christianorum  principum  con- 
stitutionibus  adiuvatur,  dum  ad  spiritale  nonnumquam  recurrunt  remedium, 
qui  timent  corporale  supplicium.  2)ie  fetnblic^e  ^nDafton  l^abe  bie  ^onb^ung 
biefer  (Sefe^e  unb  bie  l^äufigeren  SSerfammlungen  ber  93ifc^^öfe  unmöglid^  gemocht  Da« 
burc^  ^abe  fic^^  jener  Verborgene  Unglaube  au^cbreitet  unb  felbft  Sifd^öfe  ergriffen.     Sn 

46  17  Äaj)itcln  ftellt  er  barauf  bie  Se^rc  ber  ^riöältianiften,  fte  toiberlegenb,  bar.  Sin  \pa' 
nifc^e^  (Seneralfonjil  foHc  auf  (Srunb  feinet  ©riefet  unterfuc^^en,  ob  bie  Seite  Än^oiwer 
im  @piftotoat  l^abe;  er  f^abi  bee^alb  fdpon  an  bie  f)>anijc^en  SRUbifc^öfe  gefd^rieben.  ixt 
))olitifc^e  iSage  St>anicnd  lieg  ^  nur  ju  jtoei  Xeilf^nobcn  tommen,  bie  eine  toal^c^etnli«^ 
m  Xolebo   447,  bie  anbere  eine  $rot)injialf^nobe  ber  ©alijier  in  muncipio  CelensL 

60  ^en  Xobe^ftog  f)ai  ber  ^ridciUiani^mud  baburc^  nic^t  erhalten. 

3Rit  älle^anbrien  ^atte  Seo  ^unöc^ft  eine  ^u^einanberfe^ung  toegen  ber  Serec^nung 
be«  Dfterfrfte«  (t)gl.  baju  Ärufd^  S.  98  ff.  129  ff.  245  ff.),  gür  ba«  Sal^ir  444  foBte 
Oftem  nacp  römif^erStec^nung  auf  ben  26. 3)2är^,  nac^  ale^anbrinifc^er  auf  ben  23.9()mt 
fallen;  babei  galt  in  9tom  ali  bon  ^etru^  überlommene  ^rabition,  bag  ber  OfietfonivU^ 

66  ben  21.  älpril  nic^t  überfc^reiten  bürfe.  Seo  manbte  ftc^  an  S^riU  bon  SUesonbrien.  2)tc 
älnttoort  Spring  ift  berloren ;  ber  93rief,  toelc^er  aU  feine  älnttoort  beurteilt  mirb  (fo  ouc^ 
Sangen  nac^  ben  ^SaQerini),  ift  uned^t,  h)ie  Jlrufc^  überjeugenb  beh>iefen  l^at  (S.  101  ff./ 
ber  Srief  ^at  u.  a.  (Sennabiug,  De  vir.  111.  c.  7  benu^t).  3*^^  m^  f^^,  bag  Spill 
nidj^t  geneigt  h^ar  nachzugeben,  fonbern  burc^aud  für  bie  ale^anbrinifd^e  93ereid^nung  eintEOt 

60  2Btr  n)iffen  bieiS  aud  einem  Srief  be^  93if^of^  ^a^cafmud  bon  Sil^böum  bom  ^oi/tt  443, 


Seo  I.  369 

an  bot  {t(^  Seo  nad^  bem  bon  ß^nll  erl^altenen  Sefd^etb  getoanbt  l^atte.  2)a  aud^  $ad= 
caftmid  luu^  forgfoltiger  Srtoögung  S^riQ  jufttmmte  unb  barauf  Bintoied,  ba^  iDentgftend 
bcr  S^orfreitag  bed  ^ol^ed  444  nod^  auf  ben  21.  ä())ril  faQe;  fügte  ftc^  Seo  ($roä^er, 
Chron.  a.  444)  angeftc^tö  ber  in  ber  Ofterfrage  bem  alesanbrinifd^en  Stfc^of  erteilten 
Beauftragung  unb  acce^tierte  biefe  93egrünbung  (ep.  121,  1  f.).  9lber  gegen  ben  9ifcl^of  6 
ZHodnir  ttnterlie^  er  ni^t,  bie  9lutorität  be^  römifc^en  Stupid  fofort  geltenb  gu  ma^en. 
3tn  einem  ,,t>oterK(^en  unb  brüberlid^en"  Srief  (ep.  9  b.  21.  Sjwni  445)  erflörte  er,  baft 
bte  hrc^lic^e  Orbnung  SUe^anbrieniS  fid^  nac^  ber  äfomd  px  richten  l)abt,  ba  bem  9l))oftel 
^ßetrud  ber  ^rinji^Ktt  unter  ben  9l))ofteln  übertragen  unb  ed  ung(aub(id^  fei,  ba|  beffen 
&dfiitt  SRortud,  ber  Stifter  jener  itird^e,  eine  anbere  ^rabition  aU  fein  SReifter  l^inter»  lo 
(offen  ^obe.  @r  erteilt  bo^er  Sorfc^riften  (volumus)  über  bie  ^^it  ber  Drbination  unb 
Q^  SBieber^oIung  bed  euc^iariftifd^en  Dp\^  bei  ju  fleiner  Airc^e.  3)er  Überbringer  be^ 
Sriefed  loerbe  über  bie  römifd^e  ^ra^id  unterrichten.  SBie  äUesanbrien  bie  3umutung  auf« 
Ro^,  ift  unbelonnt 

SebenfoD«  größeren  Srfolg  ^atte  Seo«  Eingreifen  in  3lfrila.    3la^  bem  SSanbalen^  i6 
emfoU  tDor  nur  nod^  Mauretania  Caesariensis  bem  Sleic^  unb  bamit  bem  nicänifc^en 
Scicnntnid  erl(^en  geblieben.   3)iefe  tiefte  be«  ortl^obo^en  ©laubend  toaren  in  il^  ^fo- 
(toung  auf  oudtoMige  @tü|en  ongetoief en,  ba^er  je^  9(udfi(^t,  mit  mej^r  @rf olg  aU  bi^b^ 
bie  römifd^e  @u))rematie  über  bie«  Airc^entoefen  au^ube^nen.    äluf  bie  ^unbe  t)on  fird^« 
lt<^  SRt^ftänben  ^atte  er  einen  ^reiSb^ter  bortl^in   ju  genauerer  9{ac^forf(^ung  gefanbt.  ao 
Siefer  bend^tete,  ba^  untoürbige,  unreife  ober  (öngft  abgefegte  ©eiftlic^e  felbft  jum  @pifIo)>at 
gelangt  feien,  ba§  man  bie  ürc^lic^en  SSorf c^riften  über  ben  ^milienftanb  ber  93ifd^dfe  um« 
gmtgen,  ober  erft  lür^Iid^  ®etaufte,  noc^  o^ne  bie  nieberen  Sßei^en,  getoö^It  ^abe.    SBeil 
mit  ber  Sorge  für  bte  ganje  Jtird^e  betraut,  ftel^t  Seo  ftd^  genötigt  mit  fd^arf er  Slüge  ein« 
mf(^reiten  (ep.  12,  t).  10.  äluguft,  445?).    ^ene  ^irc^e   unb  i^re  93ifc^öfe  berbienten  ein  35 
preitged  ®eru^t,  ober  er  toiO  noc^  3Rilbe  toalten  (äffen;  biejenigen  93ifc^öfe  jebod^  feien 
ab|ufe|en,  beren  äSer^eiratung  nicbt  ben  firc^lic^en  ^orberungen  entfbrä^en.    9(ud^  aQe 
toetteren  9(norbnungen  (Sangen  @.  17)  giebt  er  in  ber  §orm  beiS  Sefe^te.    SBaren  nod^ 
bor  toentgen  Igal^en  tmb  ^al^rjei^nten  in  älfrifa  bie  9l)))>eIIationen  nad^  9lom  ftrcng  ber« 
boten,  fo  erhielt  je^t  ber  9^)))eUant,  Su))ictnu«,  feine  Stelle  jurücf.    Sogar  bie  SSorlegung  30 
aller  ferneren  93efc^(üffe  ber  afrilanifc^en  Jtirc^e  jur  93eftätigung  in  Stom  tourbe  je^t  furj» 
kDcg  »erlangt  (über  bie  berfd^iebene  ©eftalt   biefe«  ©riefe«,  in   beffen   lür^erem  2:ejt  bie 
ajji^aation  fe^flt,  Dgl.  bie  »aDerini  I,  646  f.  MSL  54,  639  ff.).    SSon  einem  SBiberftanb 
ha  Sifrüaner  gegen  biefe  SSorfd^riften  ift  nic^t«  be!annt. 

3n  einem  Srief  (ep.  4,  t).  10.  Oft.  443)  an  bie  Sijc^öfe  6am})anien«,  ^ßicenum«,  35 
Xitdcien«  unb  „afler  ^roöingen"  forbert  er  unbebingte  Beobachtung  feiner  Sorfc^riften, 
toie  aller  berer,  bie  feine  SBorgänger  erfoffen.  Sd^arf  tabelt  er  (ep.  16,  ö.  21.  Oft.  447) 
bte  Sifc^fe  Si)ilien«  toegen  t^rer  älbtoeid^ung  t>on  ber  römifd^en  Sitte  im  ^ouftermin. 
2>itn^  @ntfet^ung  k)on  ^georbneten  ju  ber  römifc^en  S^nobe  foQen  fte  bie  römifd^e 
2)ä)i)>lin  fortan  forgföltiger  beobad^ten  lernen.  40 

3^  ^o^eitdre^te  über  ^Q^rien  gu  toal^ren,  toar  ein  befonbere«  älnliegen  ber  rö- 
mtfc^  Jlird^  Ignnocen)  I.  ^atte  bem  3)ietro)>oliten  t)on  ^^effalomc^  ben  ^ifariat  über 
biefe  $rot)in)  übertragen,  namentlich  um  boburc^  ber  ftet«  toac^fenben  älu«bel^nung  ber 
(Sdoalt  be«  ^triarc^en  bon  Jtonftantino^el  gu  begegnen.  @tn  3Biberf))ruc^  t)on  feiten  be« 
SRefaropoKten  toar  nid^t  erfolgt,  älber  balb  fuc^ten  bie  iübrifc^en  93tfc^öfe  einen  9tüct^alt  45 
toie  frü^  an  Slom,  fo  nun  an  ^onftantino^el,  unb  bie  H$ö)>fte  Ratten  ^ü^e,  jene  älrt 
bcr  Serbinbung  mit  ^Q^rien  burd^  2)ro^en  unb  Ermahnen  aufredet  gu  erhalten,  ©leic^- 
leiäg  mit  bem  Brief,  ber  bem  neuen  SJletro^oliten  bon  X^effatonic^,  Slnaftaftu«,  ben  t)on 
itat  erbetenen  SSiloriat  übertrug  unb  älnorbnungen  über  bie  Orbination  ber  Bijc^öfe  unb 
9letol|)oIiten  traf  (ep.  6,  b.  12.  I^an.  444),  enttotcfelt  Seo  in  einem  Schreiben  an  bie  50 
tlbpnfcpen  Sifd^öfe  feine  ©runbfö^e:  $etru«  ^abe  gur  Belol^nung  feine«  ©tauben«  ben 
^^nmat  überfommen,  bie  gange  Jlirc^e  fei  auf  i^n  gegrünbet  unb  iJ|;m  bamit  bie  Sorge 
fta  bie  gonge  ßirc^e  auferlegt,  ^n  toic^tigen  fallen  fei  ba^er  (ep.  5,  6.  6,  5)  nac^  9)om 
}u  berichten  unb  ber  bö^ftlic^e  @ntfc^eib  eingu^olen ;  ade  ^Ue  ber  älp})eJi(ation  bleiben 
bem  fiot>ft  refeit)iert.  Seo  griff  auc^  toeiter  in  bie  älngelegenl^eiten  ^Q^rien«  ein;  in  ep.  13  56 
(t>.  6.  3on.  446)  t)erbot  er  bem  SJletrotJoliten  u.  o.  o^ne  äBol^l  be«  ^leru«  unb  be«  '^olf« 
iemonb  )um  Bifc^of  gu  toei^en.  Sbenjo  j^atte  er  balb  älnlag  (ep.  14;  im  ^a^r  446  ?) 
bem  eigenmächtigen  ©erfahren  be«  älnaftafiu«  gegen  feine  Bifc^öfe  entgegengutreten.  ^cben- 
foU  ^e  er  gu  feinem  ^jiorge^en  erft  bie  römijc^e  (Sntfc^eibung  einholen  muffen,  benn  er 
fä  nur  in  partem  vocatus  sollicitudinis,  non  in  plenitudinem  potestatis  (I,  686  eo 
mti0%ma$tüpähk  fis  Z^logtc  mb  ttM^  8.  E.  XI.  24 


370  Stü  I. 

ed.  Beil.),  Beft^c  alfo  fein  felbftftänbigc«  Siedet.  3"0'^^  nimmt  l^ter  2eo  cbenfo  bte 
3Jletro))oltten  h)te  bie  93t{(^5fe  gegen  biefe  in  &S)n^;  bei  9{om  foU  bie  f<^Iie^i(^e  Snt^ 
fd^eibung  bleiben,  bie^  aU  bie  le|te  gufl^^tdf^^^  ^^^  f^^  borfteUen.  ^n  bem  römif(^ 
»tft^of,  bem  5Rac^fol0er  be«  3l})ofteIfürften,  flijjfelt  bie  ©tufenfolge  ber  Sifd^öfe,  aJletrot>o« 

6  fiten,  ^Primaten;  er  ifat  bie  Dbforge  für  bie  ganje  Äird^e  (ep.  14,  11).  —  SBie  füf  bie 
@ad^e  nt  Seod  3^  t^eiter  enttpidelt  l^ot,  ift  nid^t  befannt.  ^ebenfolld  gelang  ed  nic^ 
ba^  SSitariot^erpöItnid  )u  einem  bleibenben  m  mad^^.  Seit  ben  legten  ^o^rge^nten  beS 
5.  ^cüS^rl^unbertd  übertpiegt  tpieber  ber  @influ|  bon  ^onftantino)>eI. 

3l\d^t  obne  emftfid^en  SBiberftanb  gelang  e^,  bie  9(utorität  9iom$  über  bie  goOTtfc^ 

10  Jtirc^e  jur  Geltung  ^u  bringen.  3)er  93i{d^of  ^atrollud  bon  9(rled  (f  426)  ^e  bom 
römifc^en  93i{d^of  goftmud  bie  3ueriennung  eined  $rimatd  über  bie  gaUifd^e  Jtird^e  erlangt, 
freiUd^  in  gemiffer  älbl^ängigleit  t)on  9{om,  ba  Xro))l^imud  bon  9lom  cax^  bie  Jlin^e  gu 
ärle«  geftiftet  l^abe  (f.  Sb  II  ©.  57,  28  ff.).  SJorläufig  gefd^eitert,  toaren  bie  «Primotd: 
anfprüd^e  bon  feinem  Slat^folger,  ^ilariu«   (f.  b.  a.  55b  VIII  6.  57,  i9  ff.),   429—449, 

15  toi^er  aufgenommen  tporben,  unb  bie  Sage  ber  gaQifd^en  Jlird^e  toie  namentlid^  bie  $er: 
fönlic^teit  bed  ^ilariud  berf)>ra(^en  ie^t  @rfoIg.  9lber  eine  ä())))eIIation  bed  9Retrot>oItten 
Seliboniud  bon  Sefan^on  beranla^te  Seo  gegen  ^ilariud  aufzutreten.  Diefer  lom  felbfi 
nad^  9tom,  mad^te  aber  l^ier  fein  Siedet  geltenb,  o^ne  Seod  9tic^terfteIIung  anjuerlennen 
(HonoratuSy  Vita  Hilar.  16  se  ad  officia,  non  ad  causam  venissey  praestandi 

20  ordine  non  accusandi,  quae  sunt  acta  suggerere).  Seo  ttKtr  barüber  oufö  äu^erfle 
entrüftet;  ^ilariud  jei  fo  ftolj  aufgetreten  unb  ^(S)e  SBorte  audgefto|en,  bie  tein  Saie  in 
reben  unb  !ein  ^riefter  )u  ^ören  getüagt  (ep.  10,  3.  7).  9)en  SSSad^en  Seod,  bie  i^n 
umftettt  l^ielten  (Vita  Hü.  17),  enhog  ftc^  ^ilariu«  burc^  bie  glud^t  aber  2eo  repituterte 
burd^  eine  römifd^e  @^nobe  ben  SeliboniuS  unb  er^ob   eine  Stelle  t>on  93efd^ußngungen 

35  gegen  ^ilariud.  ^ie  ^au))tanHage  bilbete,  ba|  er  ftc^  jum  alleinigen  SRetro^oliten  über 
Pallien  l^abe  machen  tpoQen  unb  {tc^  ber  Untertverfung  unter  ben  apoftelfürften  endogen 
^abe  (ep.  10,  2).  3)ie  ©efc^ic^te  ber  gallifc^en  Jlirc^e  fei  S^^^t  ^1  ^ud^  ®allten  f^ 
unter  bem  Primat  Siomd  geftanben  ^abe.  ^ilariud  felbft  tourbe  auf  fein  Si^tum  btf 
fd^räntt;  au^  biefed  bUeb  i|m  nur  „aud  @naben''.    3)ie  Siechte  bed  9Retro^oliten  in  ber 

80  $rot)in2  SSienne  tpurben  i^m  aberlannt,  iebed  Streben  nad^  einem  $rimat  fireng  unter» 
fagt,  bie  93erufung  einer  gaQifd^en  S^nobe  bem  älteften  Sifd^of  jugef^rod^en. 

gn  bem  feine  ganje  Slegierung  bel^errfc^enben  @ebanfen  ber  römifd^en  Unit)erfat 
getpalt  fu^  bebrol^t  fü^lenb  unb  boc^  felbft  bie  @(^n)ierig!eit  em))finbenb,  feine  anf)>rü(^ 
burd^mfe^en,  h)anbte  ftc^  fieo  aber  auo)  an  bie  $ilfe  ber  Staat^etoalt.    ^n  ber  13}<d 

86  ertoirtte  er  Dom  Äaifer  3Salentinian  III.  burd^  bie  Sermittelung  beg  Sötiu«  bod  bcrü^^nü«, 
offenbar  t)on  i^m  felbft  inf}>irierte,  ®efe§  bom  6.  Suni  445  (Novell.  Valent.  III,  tit.  16, 
172.  SKirbt,  Duetten  j.  Oefc^.  b.  ^ajjftt.',  ©.  65  f.).  35er  Äatfer  erteilte  ^ier  nid^t  nur 
bem  Sefc^lufe  ber  römift^cn  S^nobe,  befjen  ©Utigleit  auc^  ol^nebieiS  f«ftftel(5C,  ben  Soll* 
jie^ung^befe^l,  fonbem  t)erfügte  auc^:  35a«  SSerbienft  be«  Slpoftete  ^ßetrud,  bie  SBürbe  ber 

40  ©tabt  S»om  unb  bie  93ef(^lüf[e  bon  9Kcäa  (bie  gefälft^te  gorm  be^Äanon«,  aRirbt©.43«.) 
geben  bem  römifc^en  Sifd^of  ben  Primat  über  bie  Äird^e:  tunc  enim  demum  ecclesla- 
rum  pax  ubique  servabitur,  si  rectorem  suum  agnoscat  universitas.  Sin 
Serfuc^,  bem  römifc^en  Sifc^of  ftc^  gu  toiberfe^en,  foQe  ba^er  lünftig  ci^  3!Ha\t^i6^ 
berbrec^en  angefe^en  tperben,  Serfügungen  be«  Zapfte«  aU  aQgemeineiS  Sefe^  gelten  (hoc 

45  .  .  pro  lege  sit,  quidquid  sanxit  vel  sanxerit  apostolicae  sedis  auctoritas),  bem 
9lic^terfc^einen  eine«  t)or  ba«  römifc^e  Sifc^of^eric^t  @elabenen  gtpang^ttmfe  9(udßeferuiig 
burd^  ben  $rot)ingialftatt^alter  folgen.  @in  ®efe|  bon  tpeittragenbfter  Sebeutung,  auf  boS 
fic^  jeboc^  bie  $ä^fte  nur  au«na^m«h)eife  berufen  ^aben.  ®ie  UntertDerfung  bed  ^ilonud 
giebt  fein  Siogra))^  beutlic^  gu  erlennen  (c.  17  in  civitatem  regressus  .  .  totum  se 

60  ad  placandum  tunc  animum  s.  Leonis  inclinata  humilitete  convertit).  9iom 
l^atte  geftegt.  Unter  Stabenniu«,  feit  449  bed  $ilariu«  9{ad^f olger,  berteilte  £eo  ta>enig{tei^  bie 
aJletrot)olitanred^te  gmifc^en  älrle«  unb  Sienne  (ep.  66,  b.  9.  3)2ai  450),  unb  bod  erflcre 
bel^ut)tete  auc^  femer  ben  Sorrang  (f.  o.  Sb  II  ©.  58).  ^n  bem  ©treit  2cod  mit  ber 
orientalifd^en  ^irc^e  [tanben  ©^nobcn  unter  Stabenniud  t^m  gur  ©eite. 

55  @ine  fe^r  günftige  Gelegenheit  )ur  @m>eiterung  ber  älutoritöt  Stomd  otic^  über  bie 
Jlird^e  be«  Orient«  fc^ien  ftd^  nämlic^  gu  bieten  burd^  bie  Erneuerung  ber  c^riftologifc^ 
©treitigleiten  in  ben  äu^einanberfejungen  über  bie  Se^re  be«  Sut^c^e«  (f.b.  a.9b  V  ©.  635  ff.). 
(Steid^  in  ben  erften  Slnfängen  bc«  ÄamjjfeiS  h)anbte  ftc^  btefer  an  Seo  (f.ebb.©.639,i4ff., 
unb  Seod  ep.  20,  b.  1.  ^uni),  gu  il^m  na^m   er  auc^  feine  B^f^^^^  "^  f^i^^  ^^^ 

60  teilung  bur^  ^labian  (unter  Seod  Sriefen  ep.  21)  unb  unterttnnrf  ftc^  Seod  @ntf(^eibung 


geo  I.  371 

(Seo  ep.  33, 2,  t).  13.  guni  449);  an  jene  Dertmed  i^n  aud^  bte  9{nth)ort  be^  $etru^  S^r^fo^ 
bgud  t)im  9iat)enna,  ep.  25  unter  £eod  Briefen).  9lber  au6)  %lat)ian  fc^rieb  an  £eo 
(ep.  22)  mit  ber  Sitte,  bie  älbfe^ung  bed  (Suti^cf^ed  anjuerlennen,  unb  überfanbte  bte  ällten 
ba  @^nobe  (ep.  26).  S)a]^er  trat  nun  £eo  auf  ^laDiand  @ette  (ep.  27,  b.  21.  3Rax 
449).  @(^on  ^tte  er  au^  bte  @inlabung  jur  ötumenifcfien  @^nobe  )u  @})l^efu^  erl^alten  6 
(ep.  31,  4)  unb  tDor  nun  burc^  jol^lretd^e  Srtefe  (ep.  28—38)  eifrig  borum  bemül^t,  bad 
geta>thif(^te  SRefuUat  )u  erreichen,  befonberd  inbem  er  aOed  für  burcfi  bie  (nac^  ep.  33,  1 
tnmt  Äaifer  erbetene:  hanc  reverentiam  divinis  detulit  institutis,  ut .  .  auctorita- 
tem  apostolicae  sedis  adhiberet,  tanquam  ab  ipso  Petro  cuperet  declarari, 
quid  in  eius  confessione  laudatiun  sit)  ben  @inn  bed  $etrudbelenntniffe^  beutenbe  lo 
feflorung  bed  römifcfien  Stu^Ied  bereite  entfcfiieben  (ep.  33),  ein  itonjU  ald  im  @runbe 
fiberflüfftg  (ep.  37)  l^infteUte.  Seinen  SSertretem  auf  biefer  @^nobe  ^ab  er  feinen  be^ 
Türmten,  noc^  ©emtobiud.  De  vir.  111.  c.  88  (epistolae  quoque  papae  Leonis  adv. 
Eutychen  de  vera  Christi  incarnatione . .  ab  ipso  dictatae  dicuntur)  bon  $ro^))er 
t)crfa^tat,  Se^brief  an  ^labian  (ep.  28,  \>.  13.  ^uni  449)  mit,  auf  ben  er  aud^  bie  S^^  is 
ndbt  bertvicd  (ep.  33,  2). 

2)iefer  Srief  tDieber^olt,  junöc^ft  im  9(nfci^lu^  an  älußuftin  bie  ^ormeln  ber  abenb^ 
Unbtf^en  S^ftologie  (f.  93b  IV  @.  40  ff.),  o^ne  in  bad  burc^  bie  cfiriftologifcfien  SJer« 
^onbbmgen  bed  Oriente  gegebene  Problem  tDirllic^  einzutreten  unD  ein  anfc^aulicfie^  unb 
cin^ettltd^  Silb  Don  Sl^rifti  $erfon  aud^  nur  emftlicfi  anjuftreben.  ^urd^  bad  Sauf-  20 
\lfitibol  mit  feinem  Selenntnid  )u  Sl^rifti  ©ottl^eit  unb  SJtenfcfipeit  fei  fd^on  aKed  Kargetegt, 
bciin  (c.  3)  salva  . . .  proprietate  utriusque  naturae  et  substantiae  et  in  unam 
ooSonie  personam  suscepta  est  a  maiestate  humilitas,  a  virtute  infirmitas,  ab 
aetemitate  mortalitas  et . . .  natura  inviolabilis  naturae  est  unita  passibili,  ut . . . 
unoB  atque  idem  mediator  Dei  et  hominum,  homo  lesus  Christus  et  mori  35 
poBset  ex  uno  et  mori  non  posset  ex  altero.  in  integra  ergo  veri  hominis 
perfectaque  natura  verus  natus  est  Dens,  totus  in  suis,  totus  in  nostris  .  .  . 
humana  augens,  divina  non  minuens.  ^al^er  (c.  4)  agit  utraque  forma  cum 
alterius  oommunione  quod  proprium  est,  verbo  scilicet  operante  quod  verbi 
est,  et  came  exequente  quod  carnis  est;  unum  horum  coruscat  miraculis,  30 
aliud  succumbit  iniuriis  .  . .  unus  enim  idemque  est .  . .  vere  Dei  filius  et  vere 
hominis  fOius.  —  £eo  fal^  in  biefen  äludfü^rungen  bad  rechte  93elenntni^  t)on  bem  ©e- 
ffmxnt^  ber  ÜRenfc^tDerbung  mit  boÜer  ^ar^eit  au!^ef))ro(^en  (ep.  93,  2). 

3ur  Sertefung  ift  Seod  Srief  auf  ber  @^nobe  ntcbt  gelangt  (ep.  44,  1),  aucfi  h)ar 
bort  txm  bem  Sorfi|  feiner  Segaten  leine  Siebe,  unb  i^re  $rotefte  blieben  unbeacfitet  (f.  35 
9b  V  @.  642, 52  ff.).  Som  ftonjil  abgefegt,  a))))ellierten  t^lat)ian  unb  @ufebiu^  fofort 
naä)  ffUm  (9Rommfen  5R31  XI,  2,  1886,  ©.  361  ff.).  Suc^  noi)  anbere  Hilferufe  (3. 8. 
Ml  5B^bwet  ep.  geo«  52  unb  MSG  83,  1311  ff.  1323  f.  1327,  boH  »etounberung 
für  ben  rdmifcfien  Stul^l  unb  Seo«  c^riftologifd^e  9ludeinanberfefeung)  ergingen  bortl^in,  \>on 
tDO  oOetn  rwA  toirtfame  Unterftü^ung  )u  erhoffen  toax.  @«  pötte  biefer  93itten  nic^t  be^  40 
bttcft  ^onbette  ed  fic^  bod^  um  See«  eigene  @a((ie  unb  9lutorität,  obtoo^l  erft  biel  f^äter 
2)todbir  ben  Sonn  über  il^n  berl^ängt  l^at  (f.  93b  V  @.  645, 26  ff.).  Seo  begehrte  bom 
flotfa  ein  allgemeine^  Jtonjil  in  ^talien  (ep.  43,  im  ^erbft  449).  3u>^Äd^f^  bertoarf  er 
auf  einer  t)orläufigen  @^nobe  ju  0iom  (Dttober  449)  alle  93efd^lüffe  bed  ,,latrocinium'' 
(fo  juerfi  2eo  ep.  95,  2,  b.  20.  3ult  451).  Überaü^in  fanbte  er  »riefe,  äud^  Salen^  46 
6mm  III.  t>eranla^e  er  an  S^eoboftu«  )u  fd^retben  (ep.  Leon.  55),  bamit  ein  Iton^il 
in  3to(i^  wttter  Seo,  bem  bie  Ugoavvtj  xam  ndvxwv  anvertraut  fei,  unb  an  ben  gla* 
tNon  mit  Stecht  o^i^elliert  ^e,  bie  ©acpe  nod^matö  bomel^me.  Ol^ne  f^c^  auf  eine  ^ritit 
ber  bogmotifc^  Sdd^lüjfe  bon  @))^efu«  einjulaffen,  forberte  Seo  bie  SSerurteilung  be« 
Cnt^^  cSA  eine«  ^anic^erd  un^  2)oteten.  2)ie  Slugufta  ^uld^eria  tou^te  er  ^u  ge«  60 
imncn  (ep.  60).  ®egen  ben  neuen  ^atriard^en  t)on  jtonftantino^el  Slnatoliu«,  bon  ber 
^^ortci  beS  3>iodtur,  beff en  Slnerlennung  ber  ^aifer  Verlangte,  berl^ielt  er  ftd^  jurütf^altenb ; 
bcrfcCbe  foSe  erß  ferne  Ortl^^obo^ie  bet^ätigen,  aucfi  Seo«  Se^rbrief  acce^tieren  (ep.  69,  b. 
16.  3uli  450. 

ate  mit  bem  24>be  i^bopu«'  II.  ft^f  ber  jjlö^li^fe  Söec^fel  boUjog  (f.  93b  V  ©.  644, 2:j  ff.),  55 
trat  bad  neue  Jtaifer))aar  mit  Seo  fofort  in  lebhafte  itorreft^onben).  9lnatoliu«  entf)}rac^ 
ben  )>ät)fSi(^  ^orberungen,  unb  Seo«  Se^rbrief  toarb  allertoärt«  anerlannt  unb  gerühmt. 
Sbcr  ]e|^  toönfd^te  Seo  lern  Jtonjil  me^r  (ep.  82  ff. ;  bgl.  u.  a.  ^amatf,  2)ogmengefcb.'  II, 
365).  |uma(  ba  e«  nic^t  in  Italien  gei^alten  toerben  foQte.  @«  tourbe  bennocfi  nad^  9licöa 
bcn^pm,  bann  nod^  S^cebon  Derlegt,  Seo  tonnte  nur  nacfi  ÜJlöglicf^Ieit  borforgen,  ba^  bie  eo 

24* 


372  ßco  I. 

aiutorität  bc«  römifd^en  ©tul^te,  ^unäd^ft  fein  £cl^rbricf,  ;\ur  ©eltung  lommc  (ep.  89  ff.). 
@d  h)arb  benn  auc^  auf  ber  ®^nobe  ju  Sl^akebon  (f.  SBb  V  @.  645  f.)  tDenigftend  ha& 
®^ren)}räfibtum  ben  rdmtfd^en  Segaten  )u  teil,  toöl^renb  freilid^  bie  t^atföd^Iic^e  Seitung 
burcfi  bie  faiferlic^en  Jbmmiffare  erfolgte.  3Jlit  ben  ^ommiffaren  jufammen  ^aben  bie  Se« 

5  gaten  bie  Slbfe^ung  ^io^hir^  burd^gef^t,  mit  ^ilfe  be^  energifd^en  @ingceifend  bed  5laiferd 
ed  and)  erreid^t,  ba^  bie  orientalifc^en  ^ifc^öfe  i^ren  SBiberf))rud^  gegen  ben  il^nen  tetltoetfe 
neftorianifc^  erfd^einenben  Se^rbrief  Seo^  aufgaben  unb  biefen  ald  bie  ®runb(age  ber 
©laubendbeftimmungen  acce))tierten  (iDlanfi  VII,  101  ff.),  ^tnt  Sifd^öfe  l^aben  barat  ouc^ 
Seo  ate  ben  2)o(metfd^er  ber  Stimme  $etri   (vocis  beati  Petri  omnibus  constitutus 

10  interpres)  unb  atö  bad  ^avOpt  il^rer  ^erfammlung  (sicut  membris  caput  praeeras) 
belannt  (ep.  98,  1)  unb  bie  Seftätigung  i^er  93ef((i(ü|fe  Don  il^m  erbeten  (ep.  98,  4> 
S)em  Setou^tfein  be«  Siegel  giebt  in^befonbere  ber  35nef  2eo«  an  2:^eoboret  (ep.  120) 
^ui^brucf. 

3lxd)t  umfonft  aber  l^atte  £eo  feinen  Segaten  fd^on  im  Doraud  eingefd^ärft,  fte  fodten 

16  feften  SBiberftanb  (eiften,  si  qui  forte  civitatum  suarum  splendore  confisi  aliquid 
sibi  tentaverint  usurpare  (ÜKanfi  VII,  443).  ©eine  35eforgnig  toor  nxd^t  o^nc  Onmb. 
2)er  9.  ßanon  geftottete  ^))))enationen  an  ben  Patriarchen  bon  ^onftantinopel.  ^m  17.  jtonon 
tourbe  beftimmt,  ba^  bie  ))o(itif(^e  Stellung  eine^  Orted  aucfi  für  f^ne  tircfilic^e  beftimmenb 
fein  fode,  toä^renb  ber  römifc^e  Stui^l  feine  älutoritöt  auf  bie  Stiftung  bed  9l))0^elfürflen 

20  5u  grünben  fud^te.  2)er  28.  fianon  aber  \pxad^  unter  93erufung  auf  ben  3.  Jtonon  \>cn 
381  bem  ^atriard^en  bon  5{onftantino))eI  gleiche  Steckte  (ja  laa  ngsaßeia)  mit  bem  bon 
älUrom  ju,  biefem  nur  ben  6^rem)0CTang  einröumenb,  unb  be^nte  ben  St^rengd  bcd 
erfteren  über  5ßontu«,  äften  unb  Il^racien  au«  (auc^  bei  SKirbt'  ©.  66  f.).  3)er  5ßrotefl  ber 
römifd^en  Segaten  toar  bergeblid^.    9lber  aucfi   bie  Semü^ungen  ber  Orientalen,   bie  ^ 

26  ftimmung  Seo«  ju  getoinnen,  blieben  erfolglos.  Umfonft  berfucfite  bie  St^nobe  (ep.  98, 4) 
i^m  bie  (SintoiUigung  abjufc^meic^eln,  inbem  fie  jugleic^  bad  Sebürfni«  ber  Jtirc^  unb 
alten  93raud^  geltenb  mad^te,  umfonft  legte  e«  il^m  9(natoliud  in  bringenber  SBttte  oxA 
^er^  (ep.  101,  4.  5;  ber  Stul^l  bon  5{onftantinoi)el  ^abe  ja  ben  a))oftolif((ien  t)on  9tmn 
Htm  ^ater)  unb  bemül^te  ftc^  ber  fiaifer  felbft  barum  (ep.  100).    Seo  be^^orrte  bei  feiner 

80  3lble^nung  (ep.  104—107),  unb  felbft  bie  Seftotigung  ber  bogmatifc(ien  Sefümmungen 
(ep.  114)  t)er25gerte  er  anfangt.  2le$t  erinnert  er  an  bie  fuf})e{te  Orbination  bed  9na* 
toliu«  (3.  93.  ep.  106.  111)  unb  tritt  }u  bem  antioc^enifc^en  Sifd^of  (ep.  119)  unb  )U 
^roteriu«  bon  älle^anbrien  (ep.  129)  in  Se^iel^ungen.  ^n  ber  3;l^at  erreichte  er  ed,  ba| 
ber  Kaifer  (L.  13,  C.  1,  2  De  sacros.  eccl.)  unb  Slnatoliud  (ep.  132)  nachgaben.  ®o(^ 

86  blieb  bem  ^atriard^en  faltifc^  ba«  il^m  ya  S^alcebon  übertoiefene  ^uridbittion^ebiet 

9(n  ber  2)urd^fü^rung  ber  bogmatifd^en  S3eftimmungen  biefe«  Konjil«  im  Orient  \fiX 
ftd^  Seo  aber  lebhaft  beteiligt.  @r  ^ielt  fortan  einen  ftönbigen  ^cuntiud  gegen  bie  ^äretiJEer 
in  jtonftantino^el.  ^ie  ftete,  biefem  ^öd^ft  läftige  (ep.  163),  Übertoad^ung  bed  Xnotoliud 
(ep.  135.  143.  151.  155.  157)  bürfte  freiließ  me^  burc^  ben  Äan.  28   l^eröorgerufen 

40  fein,  älber  auc^  fonft  lie^  e«  £eo  an  @ifer  }ur  älufrec^ter^oltung  bed  S^cebonenfe  nic^ 
fehlen.  Sein  93riefn>ec^fel  legt  babon  3^u0^i^  ^-  9Iamentlic^  al«  man  feit  Jtaifer  Seo  L 
457  einem  gemiffen  9lu«gleid^  mit  ben  (Sut^c^ianem  toieber  juneigte,  toirfte  Seo  bem  un« 
ermüblic^  entgegen,  unb  er  erreid^tet^atfäd^lic^,  ba^  nac^  ber  @rmorbung  bcd  ^roteriul 
nic^t  ber  ^JJJonop^^ftt  3;imot^eu«  3(luru«,   fonbcm   ein   ort^oboj^er  ^atriard^  in  äUesom 

46  brien  folgte. 

Wxi  $roteriu«  ^atte  Seo  toieber  eine  älu^einanberfe^ung  über  ben  Oftertermtn  wifcÜ 
(Ärufc^  S.  129  ff.).  3m  ^a^r  454  foCte  ba«  Dfterfeft  nad^  alejanbrinifd^er  »ere^mm« 
fogar  auf  ben  24.  3t))nl  fallen,  mö^renb  bie  römifc^e  Stec^nung  ed  auf  ben  17.  Slfml  am 
fe^te.    äBieber  aber  fprac^  fi(^  ber  bon  Seo   befragte  93ifc^of  ^iadcaftnud  für  äUesonbricn 

60  au«.  2)a  toanbte  fid^  Seo  bireft  an  ^roteriu«;  jugleid^  aber  fucfite  er  au(^  ben  Jtoifd 
burd^  einen  93nef  (ep.  121)  toie  mit  ^ilfe  feine«  92untiu«  Julian  (ep.  122)  bagu  )u  be^ 
ftimmen,  ba^  er  bem  SUe^anbriner  91ac^giebigleit  jur  ^flid^it  macfie.  $roteriud  t)afu^ 
jeboc^  mnöc^ft  bilatorifc^,  erflärte  bann  aber  bei  ber  ale^anbrinifcfien  Sered^nung  beharren 
in  muffen.    Seo  blieb  nic^t«  übrig  al«  nachzugeben  (ep.  137),  studio  unitatis  et  pacis 

66  (ep.  138),  freilid^  toibertoiQig  genug,  toie  bie  S^ronit  $ro«))er«  jeigt  (ad  a.  455,  bei 
Ärufc^  S.  137  f.). 

2)ie  3*^it  be«  ^ontifilat«  Seo«  toar  bie  be«  beginnenben  g^f^ntmenbruc^  be«  toeß* 
römifd^en  iKeic^«  auc^  in  Italien  felbft.  3)aburc^  aber  toarb  Seo  @elegenl^eit  oucfi  nai( 
biefer  Seite  ben  römifc^^en  Sifcf^of  al«  l)en  eigentlichen  3lej)räfentanten  ber  regierend  ®e» 

00  loalt  3U  ertoeifen.    So  gegenüber  älttila.    9U«  biefer  452  in  Italien  einbrong  \xvib  9m 


Seo  I.  373 

b^rol^te,  tourbc  £co  nebft  jtoet  l^ol^cn  ©taat^beamten  mit  ber  Ocfanbtfd^aft  an  i^n  be= 
ttaut.  Shtrdl^  bm  (Sinbrud  feiner  $erfon  unb  feiner  S3erebfamleit  fod  SlttUa  jum  älbuta 
bcfttmmt  tootben  fein.  So  erjä^It  ^ro^er  (ad  a.  452  ©.  482  ed.  SWommfen),  ber  \\c^ 
brnnold  in  ber  ))äi)ftli(^en  Jtanjiei  befunben  ju  ^aben  fd^eint,  unb  nad^  il^m  Saffiobor  (ad 
a.  452),  Siltor  t)on  Slunnuna  (ad  a.  449)  unb  2lorbanid  c.  42  @.  115  f.  9(ber  aud  6 
gwrbani^,  ber  ftd^  auf  £eo«  3^^*0^öffen  ^pri^fu«  beruft  (c.  42),  ge^t  ^ert)or,  bafe  auc^ 
anbcrc  ®rünbe  jum  «bjug  attila«  mittoirtten  (Sotoer  ©.  261  f.,  $ert^el  ©.  90  ff.),  fo 
ber  3"Pön^  ]Änt^  ^eereö,  brol^enbe  §ilfgtru})t)en  üJlarcian«,  bie  fjurd^t  ber  ^unnen  für 
Xtttia  t)or  Sllarid^«  (S<|ii(l^al  unb  bie  äu^ftd^t  auf  einen  3^ribut.  —  9Jid^tjiu  ber^inbem 
bcnniK^te  Seod  $ürf)>ra(fie  eine  bierje^ntägige  ^(ünberung  Siomd  burcfi  ben  Slianbalentönig  lo 
&ä\mA  455,  nur  bor  3Rorb  unb  S3ranb  foU  er  iRom  betoabrt  ^aben.  ®d  ift  tDa^r« 
fc^emlicp,  obfcfion  umfiritten,  ba^  ftd^  auf  S^om^  ©efd^icf  burcp  ©eifertcfi  bie  Sutorebigt 
Bcod  (sermo  84)  an  ber  Oltabe  bed  29.  ^uni  bejie^t.  ^e$t  tDol^I  ^at  Seo  bie  5tird^en 
an  ber  Via  Appia  unb  ber  Via  Latina  erbaut.  SBal^d^einlid^  am  10.  3lot),  461  (über 
anbete  angaben  bgl.  bie  SaQerini  II,  586)  ift  Seo  geftorben.  i6 

Seod  Sebeutung  beruht  barauf,  ba|  er  tl(^eoretifc^  unb  ^raltifd^  ben  ©tul^I  $etri  }um 
gfutibament  ber  Jtirc^e  )U  machen  beftrebt  getoefen  ift.  92id^t  nur  ben  Primat  be^  römi^ 
\d^  Sifd^ofd  l^at  er  toie  fcfion  anbere  bor  i^m,  nur  noc^  energifd^er  aU  fie,  Vertreten, 
fonbent  i^  ofö  ben  uniberfalen  Sifc^of  bebai4)tet;  er  lann  fomit  aU  ber  erfte  $a))ft  be^ 
leitet  toerben.  ^n  feinen  Briefen  unb  nocfi  mel^r  in  feinen  Sieben  ^t  Seo  feine  ^l^orie  20 
Dargelegt.  92ad^  berfelben  ift  bie  Rvcd^t  erbaut  auf  ^etrud,  ben  Sl^ftud  in  SBa^r^eit  )u 
etncm  greifen  gemad^t,  auf  bem  feine  iRirc^e  grünben  fod.  ^n  i^  gi))feb  berart  bad 
a)>offa>lif(^  ^mt,  er  ift  fo  in  bie  unteilbare  ®in](^eit  Sl^rifti  aufgenommen,  ba|  ftd^  bon 
i^  old  bem  QaMpt  aud  aDe  (Saben  in  ben  Seib  ergiej^en,  unb  ficfi  bon  S^rifti  ©emein^ 
\ä^  trennt,  toer  bon  ^ßetru«  (ep.  10,  1).  3)en  ©d^rifibetoei«  liefert  i^m  a)ltl6,16— 19  25 
(t^gL  befonberd  sermo  4).  ^ft  jtoor  S^riftuö  ber  Qi-  unb  ©runbftein,  fo  boc^  auc^ 
$«tru^  ber^d  beriRird^e,  benn  er  l^at  teil  an  aQem  toa^  S^rifti  ift  (tu  quoque  petra 
eSy  quia  mea  virtute  solidaris,  ut  quae  mihi  potestate  sunt  propria,  sint  tibi 
mecum  partieipatione  communia).  ^a^er  ift  ber  eine  $etru^  aQen  9())ofte(n  boran- 
gcßedt,  bamit  aucfi  er  beteiligt  fei  an  ber  Seitung  aller  !ßriefter  unb  Wirten  burc^  Sl^riftud  30 
(de  toto  mundo  unus  Petrus  eligitur,  qui .  .  omnibus  apostoÜs  . .  praeponatur, 
at  quamvis  . .  multi  sacerdotes  sint  multlque  pastores,  omnes  tamen  proprie 
regat  Petrus,  quos  principaliter  regit  et  Christus).  %xdf  toa^  bie  anberen  mit 
t^  gemeinfam  ^aben,  baben  fie  nur  burc^  jeine  93ermitt(ung  (4,  2).  ©el^ört  auc^  ben 
anbeten  Spofteln  unb  Seitem  ber  iRirc^e  bte  Sinbe-  unb  Söfegetoalt,  fo  toirb  fte  bod^  35 
9Rt  16,  19  bem  $etrud  allein  am)ertraut,  um  fein  iBonec^^t  bor  aQen  anberen  bor^uti^un 
(4,3).  (Sbenfo  betet  ber  ^err  aQein  für  ben  ©tauben  be^^etrud,  tro^  ber  aQen  9())ofteln 
fato^enben  ®(fal^,  toeil  feine  ^eftigleit  aud^  bie  anberen  ftd^ert  (ebb.).  @ein  borüberge^enber 
^bO  toorb  jugdaffen,  ut  in  ecclesiae  principe  remedium  poenitentiae  conderetur, 
vcab  um  jeben  bor  Sid^er^eit  }u  betoa^ren  (sermo  60, 4).  —  Sad  aber  bon  $etru^  gilt,  4o 
and^  bon  feinem  Sla^folger.  SBä^renb  jeber  anbere  93ifc(|of  mit  ber  ^ürforge  für  feine 
)telle  $etbe  betraut  ift,  fo  ber  römifd^e  mit  ber  für  bie  ganje  fiircfie,  bie  Arbeit  jebe^ 
'  >fd,  ift  ein  Zeil  feiner  (Seod)  Slrbeit  (quamvis  enim  singuli  quique  pastores 
speciali  sollicitudine  gregibus  suis  praesint,  . .  nobis  tamen  cum  omnibus  cura 
oommunlB  est,  neque  cuiusquam  administratio,  non  nostri  laboris  est  portio, . .  45 
ad  beati  apostoli  sedem  ex  toto  orbe  concurritur,  sermo  5,  2).  äln  bem  etoigen 
Sticftettum  unb  ber  ^Ifenart  Sl^rifti  nimmt  ^etrud  unb  burcfi  biefen  fein  92ad^folger  teil 
(floliditas  enim  lila  quam  de  petra  Christo  etiam  ipse  petra  factus  accepit,  in 
aaos  quoque  transf udit  haeredes ;  5,  4) ;  burd^  feine  ^rf orge  toirb  bie  gan^e  5^ird^e 
tigtctt  (ebb.).  3)ie  übrigen  Sifd^öfe  fmb  nur  feine  Oel^ilfen  (f.o.  ©.369,«^  im  ©(^reiben  anbo 
ben  3Jlettoj)oKten  bon  Il^effalonic^).  2)a«  ©bftem  bon  »ifcf^öfen,  üjletrojjoliten,  Patriarchen 
finbct  feinen  Slbfc^lu^  in  bem  Sifd^of  bon  rRorn  (ep.  14,  1.  11).  2)urc^  ben  ©tul^l  be^ 
ffL  $etrud  ift  bo^er  Slom  jum  ^avißt  be^  (Srbfreife«  getoorben  unb  ^errfdfjt  je^l  iociter 
bun^  ben  djiriftlic^en  ^eben  aH  burd^  bie  ^errfd^aft  bed  5triegd.  2)e^^alb  toarb  bei  ber 
Zeibing  ber  2BeIt  unter  bie  Slpoftel  bem  ^etru«  bie  ^aujjtftabt  ber  Söelt  beftimmt,  bamit  65 
l^et  im  Stittebunb  ber  entfd^eibenbe  ©ieg  über  bie  irbifc^e  SBei^^eit  ber  ^^ilofopbic  ioie 
fibet  ben  ^ienft  ber  Nomonen  errungen  toerbe,  unb  bamit  bon  bem  ^auüßt  an^  ba^  Sid^t 
bet  aSBo^^t  ftt^  burd^  ben  ganzen  Seib  ber  Söelt  berbreite  (ep.  82,  2.  3).  2)ie  öe^ 
WUffe  M  Jtonjild  bon  S^cebon  getoinnen  in  Seod  Slugen  erft  burcf^  bie  ))ä))ftltd^e  äSe« 
Pfiiigung  i^  tottOid^e  ®eltung.  eo 


374  Seo  I.  £eo  m. 

SBefentUcfi  old  Siegenten  jetgt  ftd^  Seo  auc^  in  feinem  S9rieftoe^fe(.  %afk  buxc^toea 
l^anbelt  ed  ftcfi  ndben  bem  Jtani))f  gegen  bie  $ärefte  nm  tragen  ber  ^idj|it)lin.  9tameittlu| 
bringt  Seo  auf  fhenge  älufrecf^terl^ltung  ber  t^orberungen  über  ben  Sdlibat  ref^.  bie  ®nU 
^altfamleit  ber  Sifcpöfe  unb  ber  Jtleriter  bid  jum  Subbiolon  l^erob.  ^r  bie  @üt^, 
6  burdSf  h)e((^e  bie  regenerationis  dona  berieft  finb,  l^ölt  er  eine  t)riefter(i((ie  ißermittlung  fär 
nottoenbig  (ep.  108,  2.  3).  @r  toill  aber  nidjit,  ba^  bei  freitDidig  belannten  @ünben  ein 
öffentUd^ed  Setenntnid  geforbert  toerbe;  ed  ift  eine  plenitudo  fidei  laudabilis,  tt)enn 
ein  folc^e^  auiS  freien  Stücfen  gefcfiie^t  (ep.  168). 

9Son  ben  Sieben  Seo^  finb  un^  96  erholten.  Slamentlid^  ben  3<^^i^  f^^  ®^ 
10  Hebung  auf  ben  @tu^I  $etri  liebt  er  mit  einer  ©eböc^tni^rebigt  }u  feiern.  „3f^  gro^ 
itlarl^eit,  in  jierlicfier  unb  ^o^ulärer  »^orm  benü^t  er  bie  ^ft^rebiaten  )ur  SeJ^t&buig 
ber  3^i^^on^i>berfen  (Sleftoriu^,  ®utV($e^,  SRanic^äer  u.  a.),  freiließ  oft  )u  fe^  auf  Sto^ 
ber  erbaulichen  S)ar(egung  bed  ^etl^inl^altd  ber  ^ftibee''  (Sl^riftlieb  in  ber  2.  Slufl.  ber 
$St@,  93b  18  @.  484).    ^^örmlicfie  ©c^rifterKörung  bietet  er  nic^t.         91.  »ottivetf^. 

15  geo  n.,    682—683.   —     OucHen  unb  fiitteratur:    3)lc   Urfunben  bei   3a|f« 

@.  240  9{r.  2116  ff.  ^qju  bie  l^onjilienfatnlungen  oon  ^anft  unb  ^arbouin.  Seine  Sita 
im  Liber  pontificaliB  I,  @.  200  ff.  ed.  ^ommfen.  gferner  bie  fiitteratur  bei  ^onoriu9  I, 
f.  »b  VIII,  313,  bef.  ©cfele,  Äonäilicngef*.  3*  @.  287  ff.;  SR.  öojmonn.  S)ie  ^olitif  ber 
$äpfte,  I,  185 ff j   3.  fianaen,  (^efd).  ber  röm.  ^ixdit,  U,  568 ff.;  O^rifar  im  fat^ol.  fitr^en* 

20  lejifon  ö  7b.    SSgL  ouc^  AS  jum  28.  3uni. 

ä(uf  ber  fecfiften  ötumenifc^en  @^nobe  l^atte  ^af)ft  Sgatl^o  burd^  bie  Serbommuira 
be^  SRonotl^eletidmud  (f.  b.  31.)  einen  glänjenben  2riumt)b  emmgen.  äOlerbingd  ^atte  fi«! 
bad  itonjil  ber  (Sntfd^etbung  älgatl^o^  unb  feiner  römifdpen  @^nobe  nicfit  einfach  untere 
toorfen,  fonbern  bad  römifd^e  Sd^reiben  junäd^ft  einer  Prüfung  unterzogen.    ^!Oj<ä^ä^V\A 

36  aber  n>ar  bann  bocfi  bie  römifc^e  ^ei^re  böQig  burd^ebrungen,  ber  toiberftrebenbe  ißatrunq 
t)on  itonftantino))eI  burc^  einen  anberen,  toiuföl^rigeren  erf^t  toorben.  SBol^l  um  fii^  eine 
getoiffe  ©enugtl^uung  für  biefe  9tieberlage  )u  berfd^affen,  l^en  bie  Orientalen,  toidleii^ 
auf  bie  Jtunbe  bon  Slgati^o^  2:ob  ^in  (Sangen  @.  573  f.),  ben  berurteilten  ^[a^rent  hk 
3Ronotl^eletidmud  auc^   ben  $at)ft  $onoriud   (f.  b.  31.  Sb  VIII   @.  313  ff.)   betgefügt, 

80  d>g  htelvoig  h  rovrotg  äxolov^aavza.  Über  bag  SSerl^alten  ber  p&p^xd^  Ägoten 
gegen  bied  SSorgel^en  ber  @^nobe  unb  über  ettoaige  SSer^blungen  barüber  toiffen  hrir 
ni^td  S3eftimmted;  ebenfo  nic^t,  toarum  ftc^  bie  SSei^e  Seod  fo  long  berjdgerte.  2lAeits 
falld  aber  l^at  Seo  bad  Jlonjil  anerlannt,  feine  @ntfd^eibungen  bestätigt  tmb  bie  9to» 
bammung  ber  ^verurteilten  ^äretiler  toieberl^olt.    3lu(^  ^onoriud  toar  barin  eingef^Ioffen 

86  atö  berjenige,  qui  hanc  apostolicam  sedem  non  apostolicae  traditionis  doctrina 
lustravit  sed  profana  proditione  immaculatam  fidem  subvertere  oonatus  est 
3)er  93rief  (3Jlanft  11,  725)  toar  lateinifcb  unb  griec^ifcfi  abgefaßt;  bie  loteinifc^e  ®ef)alt 
aber  natürlid^  ber  @nttourf  unb  nid^t  erft  Überfe^ung  au$  bem  ©riec^ifcfien  (fo  $efe(e 
III %  294  unb  ©rifar  I.e.).  3ln  ben  ^aifer  ging  berSrief  griec^ifc^,  unb  ^ier  fmbet  M 

40  ftatt  bed  subvertere  eonatus  est  nur  TzagevcAgriaev.  2)em  entf)mc^t  eS,  n>enn  Seo 
bei  Überfenbung  ber  Jtomil^Iten  an  bie  f^antfd^en  S9if((|5fe  (SRanfi  11,  1050)  ^onoriui 
ald  ben  bezeichnet,  qui  ilammam  haeretici  dogmatis  non,  ut  deouit  apostolicam 
autoritatem,  incipientem  exünxit,  sed  negligendo  confovit.  @bei^  ^^  e9 
in  einem  Srief  an  ben  SQeftgotenlönig  $enoig  (9Jtan^  11,  1055 ;  bon  einigen  Senebät  IL 

46  jugefc^eben)  maculari  consensit.  —  ^atariud  bon  3lntioc^ien  unb  feine  monot^e» 
tif^en  ^eunbe  toaren  nad^  Siom  gefanbt  Sorben  (3Jtanft  11,  711);  fte  tourben  nod^  bem 
5ßaj)ftbud^  au^er jloeien,  bie  fic^  befe^rten,  in  berfc^iebene  Älöfter.  eingef))errt 

3la6)  bem  ^ßofvftbudb  toar  Seo  f^rifthinbig,  berebt,  geübt  im  Jtirc^engefang,  cmd^  beS 
©rieAifcben  mäd^tig,  too^lt^ätig.  2)ie  ©elbftftänbigleit  bed  Srjbidtumd  Siabennad  (f.  b.  X« 

60  Slgatl^o  99b  I  @.  241)  tourbe  unter  i^m  nocfi  t)ollftänbiger  t)emic^tet  ^er  ©rjbifdH 
foute  fünftig  feine  SBeil^e  in  9lom  empfangen.  3luc^  ^at  Seo  ben  93er)id[^t  ®regov8  L 
auf  alle  ©ebü^ren  bei  SJerlei^img  bed  ^alliumd  toieber^olt  (ebenbaf.).  Rfon  tdmif(^ 
Äird^en  berbanlen  i^m  i^re  ©rbauung.  —    ©ein  SegräbniStag  ift  ber  3.  guli  683. 

66  8co  III.,  5Pa})ft,  795—816.  —  Soff^  I,  ©.  307ff.;    bie  ©riefe  an  ftorl   b.  «r  in 

ben  Monumenta  Carolina  bei  3off^»  ßibl.  rer.  GermaD.  IV,  6.  307  ff.  unb  MG  1^.  V, 
©.85  ff.  einjelneS  qu*  in  ber  ©rief fommlung  «Ifiiin«  bei  Saff^,  Bibl.  VI.  unb  MG  I^IV. 
©iograp^ie  im  Lib.  pontific.  ed.^uc^e^ne  II,  8.1  ff.  ^ie  frönf.  Slnnolen  in  ben  MG  SSI 


Seo  m.  375 

aefammelt.  —  ^arftellutigen  in  ben  SBerfen  über  bie  ^efAi^te  bed  ^apfituntS,  ber  @tQbt 
mom,  ber  pofitif^en  unb  Iird)Uc^en  Q)ef4i(6te  ^eutfcQIanbd,  bie  oor  bem  ^rtitel  ^abrian 
I.  ©b  Vn  @.  302  f,  üerjeicftnet  finb.  6citbem  ift  crfcfticnen  bie  2.  Stuff.  meine«  SScrfeS 
über  bie  St&  ^eutjc^Ianbd,  2.  Sanb  1900  unb  3.  ^.  fetterer,  ^arl  ber  ®roge  unb  bie 
Stixöic,  V^ün^ien  1898,  über  welche  ©c^rift  meine  S^ejenfton  in  ber  ^3  h^  Derglei^en  ift.  6 
«5  49  6.  78. 

Seo  III.,  ein  geborener  9i5mer,  tourbe  am  26.  ^ejember  795  getoöl^It  unb  am  ^ge 
bonac^  tonfelnert.    3lad)  bem  Sendet  bed  Lib.  pontif.   erfolgte  feine  SBal^l  einftimmig. 
3ebo<^  fianben  bem  neuen  $a))ft  bie  römifcfien  Obtimaten  bon  älnfang  an  feinbfelig  gegen« 
über.    Um  fo  me^r  Snlofi  ^e  er,  fufi  einen  9tücfl^alt  an  Siaxl  b.  ®r.  )u  ftc^em.    @r  lo 
machte  bemgemä^  unter  S^orlage  bed  SBal^lt)rotofon^  bem  ^nig  SRitteilung  bon  feiner  Sr« 
^ebimg,  berju^erte  feine  2^reue  unb  f orberte  ibn  auf,  burc^  einen  jtönig^boten  bem  römifcfien 
Soll  ben  Xreueib   abnehmen   m  laffen.    Jtar(^  älnttoort   mt^pxad^   ben  SBünfc^en  bed 
$a)){Ud,   ii^em  fte  bon  feiner  ^ereiüoiUi^Ieit  Jtunbe  gab,  ben  fränüfd^-bö^^ftlic^en  S3unb 
m  erneuern,  jugleic^  aber  lie^  fte  Seo  lernen  3^^^M  darüber,  toie  ^rl  bad  SBer^cÜtnid  i5 
ber  beiben  ©etoolten  )u  einanber  bad^ite:  Nostrum  est,  fc^rieb  er,  s.  undique  Christi 
ecclesiam  ab  incursu  paganorum   et   infidelium  devastatione  armis  defendere 
foris   et  intus  catholicae  fidei   agnitione   munire.     Vestrum  est,    elevatis   ad 
Deam . .  manibus  nostram  adiuvare  militiam,  quatenus  .  .  populus  christianus 
super  inimioos  sui  sancti  nominis  ubique  semper  habeat  victoriam,  Alo.  ep.  93  30 
©.  137  f. 

2)er  in  biefer  SBeife  beginnenbe  ^ontifilat  Seod  tooi^rte  länger  ald  jtoei  ^al^e^nte. 
@r  iß  nic^t  boburc^  bebeutenb  getoorben,  ba^  Seo  ftc^  ald  3Slann  bon  l^erbonagenber  Se» 
^ung  belool^e,  beffen  ^anbmngen  in  bie  Snttoidelung  ber  jtird^e  unb  ber  SBelt  tief 
eingegriffen  l^ätten.  3Dtan  l^ot  eine  einjelne  $anblung  )u  ertoäl^nen,  bie  toeltl^iftorifdbe  Se«  36 
beiUung  f^t,  bie  Jtrönung  RaxÜ  )um  Jtaifer.  Slber  ed  ift  einleu^tenb,  ba^  burcp  baiS, 
taKuS  Seo  bobei  ifyit,  ba$  llaifertum  nic^t  gefd^affen,  fonbem  ^öd^ftend  benannt  tourbe. 
aSote  ber  ÜRonn,  ber  an  SBeibnad^ten  800  bor  bem  $a))fte  ftanb,  nid^t  iRarl  b.  @r.  ge« 
tocfen,  fo  ^fitte  bie  p&p\&\d)t  Jtrönung  nimmermel^r  bie  ®^d)id^tt  eine^  neuen  !3mt)eriumd 
eingeleitet  Slbaefe^en  bon  biefer  einen  $anblung  Seod  liegt  bie  Sebeutung  feiner  9(mt^  90 
fül^ncimg  (^iglicp  barin,  ba^  fte  bad  SSerJ^öttnid,  in  bem  bad  ^a)}fttum  jum  fränüf d^en  Steic^e 
ßräib,  flot  erlennen  löfit. 

SBir  l^oben  ^ermtt  )u  beginnen.  3^^^!^  ^^  ^^^  ^^  fränlif4fe  @c^u^  )u  gute. 
(Er  ectDied  ftd^  bolb  genug  ai&  nottoenbig.  ^enn  nicfit  nur  tourbe  Italien  burd^  baiS  9(m 
bringen  ba  Sorajenen  bebrol^t,  eine  größere  ®efal^  lag  für  ben  ^a!p\i  in  ber  ^einbfdigs  86 
lett  feiner  römifc^  @egner.  @o  l^eftig  fte  toar,  fo  toar  fte  bocfi  toeber  in  ben  firc^lic^en 
lUK^  in  ben  ))olitif(^en  Überjeugungen  begrünbet,  fonbem  fte  toar  rein  ))erfönli(^ :  burcfi 
bie  SAebtmg  Seod  toaren  bie  3Känner,  bie  unter  ^abrian  an  ber  ®^t^e  geftanben  toaren, 
t^tcd  Stnflulfed  berattbt  toorben.  ^ad  ber^iel^en  ^e  bem  $a))fte  nidbt.  ^m  2S<^re  799 
tarn  ed  bei  ba  l^ömmlid^ien  $ro}effton  am  SRartudtage  ju  einer  Stebolte :  ber  ^ßa))ft  4o 
tDincbe  überfallen  unb  mi^l^belt ;  man  brad^te  t^n  nacfi  bem  naiven  Sradmudllofter.  ^ann 
fanb,  toie  ed  fd^eint,  eine  tumultuarifcfie  SSerl^anblung  ftatt,  in  ber  er  feiner  SSerbreAen 
falber  (Ale.  ep.  179  @.  297 :  Grimina  adulterii  vel  periurii)  abgefegt  tourbe.  äluein 
bie  SRi^becgnügten  überfc^ö^ten  i^re  ^Jtad^t ;  ber  älnl^ang  bed  ^(^fted  fammelte  ftcfi  f of ort 
unb  ed  getota  il^m  nod^  in  ber  3lad)t,   xf^n  )u  befreien.    @r  \U>lf  naq  2)eutf((ilanb.         46 

Sei  itorfo  Stellung  berftanb  ed  ftcfi  bon  felbft,  ba^  bad  römiUe  Slbfe^ung^urteil 
fär  i^  nid^t  bor^ben  toar.  @r  em))fing  ben  SSertriebenen  ald  $a))ft,  er  lieg  i^n  burd^ 
fränlifc^  ®ro^  nod^  9lom  jurütffüJ^ren,  9tobember  799.  älber  nun  ertoted  ftc^,  bag  bie 
OdfuHgp^t  naäf  StatU  3Reinung  ein  Sluffic^t^rec^t  in  fu^  fd^lo|.  2)enn  für  erlebigt  be^ 
trottete  er  mit  ber  Stücffü^n^  be^  $a))fted  bie  ©ad^e  nicfit.  ^ielmebr  erteilte  er  feinen  so 
9etH)Ilma(^ten  ben  Suftrag,  tn  9lom  eine  Unterfuc^ung  ju  beranftalten,  bie  ftd^  ebenfo 
auf  bie  (Smt>tomg,  toie  auf  bie  Seo  fc^ulbgegebenen  Serbrec^en  gu  erftreden  l^atte.  @te 
fanb  Sbifong  2)e2ember  799  ftatt,  unb  man  lann  taum  bqtoeifeln,  bag  fte  bie  @c^ulb 
Seod  er^  (bgL  b.  184.  Sf.  Sllhiind  @.  309). 

2)amit  ober  ftanb  man  bor  einer  fo  großen  @d^toierigteit,  bag  nur  Jtarl  felbft  fte  66 
lofen  )u  fönnen  fqien.  2)ie  ^age  toar:  Konnte  ber  fc^iilbige  $a)}ft  gertd^tet  toerben, 
tonnte  er  ungerichtet  im  Slmte  bleiben?  Sluf  ber  einen  Seite  ftanb  ber  @a(,  bag  ber 
römif Ae  Sifcfiof  bon  niemanb  gerid^tel  toerben  lönne,  für  toette  Greife  feft ;  in  ber  nä^ften 
Umgeottng  bed  Aönigd  bertrat  i^n  Slltuin.  ^uf  ber  anberen  Seite  toar  man  biedfeit^ 
ba  9Qt>en  nid^t  gleic^iltig  genug  gegen  Siecht  unb  Unredf^t,  bag  man  e^  für  juläfftg  ^ielt,  eo 


376  Seo  III. 

bo^  ein  mit  bem  fd^tDerften  SSerbacfit  belofteter  ÜJlann  bet  erfte  Sifd^of  ber  S^riftenl^ 
bleibe ;  ed  toucbe  ber  $orf d^Iag  getnad^t,  Seo  foSte  ^urüdFtreten  unb  ben  Steft  feined  SebenS 
in  irgenb  einem  Älofter  i^ubringen,  Ale.  ep.  179  ®.  297.  aber  lonnte  ein  SDlonn  toie 
er  bam  bermoc^t  h)erben?    jtarl  trat  im  ig^bft  800  ben  3^9  tiai)  Italien  an;   er  tDOC 

6  entfc^Ioffen,  bie  Slnllagen  gegen  Seo  }u  untetjud^en.  2)a^  gffd^^  aud^.  9(ber  bie  Unterfuc^ung 
enbete  toeber  mit  ber  ^reif^rec^ung  nod^  mit  ber  SSerurteilung  be^  $at){led,  fonbem  bamit, 
ba^  er  fic^  burc^  einen  bor  allem  Sßoll  in  ber  ^ßeterdftrc^e  geleisteten  ®ib  t)on  ben 
il^m  fd^ulbgegebenen  SSerbred^en  reinigte,  ^er  @ib  l^atte  folgenben  SQortlout:  Audi- 
tum   fratres  karissimi  et  divulgatum  est  per   multa   loca,    qualiter   homines 

10  mall  adversus  me  insurrexerunt  et  debilitare  voluerunt  et  miserunt  super 
me  gravia  crimina.  Propter  quam  causam  audiendam  .  .  rex  Carolus  una 
cum  sacerdotibus  et  optimatibus  suis  istam  pervenit  ad  urbem.  Quam  ob 
rem  ego  Leo  pontifex  sanctae  Rom.  ecclesiae,  a  nemine  iudicatus  neque 
coactus  sed    spontanea    mea   voluntate  purifico   et  purgo  me  in   conspectu 

15  vestro  coram  Deo  et  angelis  eius,  qui  conscientiam  meam  novit,  et  b.  Petro.. 
quia  istas  criminosas  et  sceleratas  res  quas  illi  mihi  obiciunt  nee  perpe- 
travi  nee  perpetrari  iussi.  Testis  mihi  est  Dens,  in  euius  iudicium  venturi 
sumus  et  in  euius  conspectu  eonsistimus.  Et  hoc  propter  suspitiones  tollen- 
das  mea  spontanea  voluntate  facio ;  non  quasi  in  eanonibus  in ventum  est  aut 

20  quasi  ego  haue  eonsuetudinem  aut  deeretum  in  s.  eeelesia  sueeessoribus  meis 
et  fratribus  et  coepiseopis  inponam»  MG  Ep.  V  @.  63  f.  92a((|bem  Seo  bun^ 
biefen  @ib  feine  Unfcfiulb  betoiefen  f)aü^,  tourben  feine  älnKöger  afö  Siebellen  )um  Xobe 
verurteilt.  SBad  aber  jtarl  bon  bem  ®ibe  bed$a)}fted  ^ielt,  bad  jeigte  er  babuni^,  ba^  er 
fte  jur  SSerbannung  begnabigte,   Ann.  reg.  Franc,  j.  801   @.  114.    @d  ift  Hör,   bog 

26  biefer  Sludgang  ein  J{om))romi^  toar  jtoifcf^en  ber  Überzeugung,  ba^  ber  $apft  bon  nie» 
manb  gerietet  toerben  bürfe,  unb  ber  anberen,  ba^  ein  SSerbred^er  nicfit  ^M>ft  fein  tömte. 
SSoSjogen  tourbe  bad  itom))romi^  auf  Soften  bon  Seod  ©etoiffen.  ^ad  0^(^  ant  23.  ^ 
jember  800. 

3toei  Sage  banad^  erfolgte  bie  Jtrönung  unb  Sludrufung  RaxU  )um  Jtaifer.    ^ie 

30  %:age  lann  unerörtert  bleiben,  ob  ber  $a)pft  unb  bie  Slömer  }U  bem,  toQ&  fte  traten, 
bered^tigt  toaren.  ^enn  ed  ift  ebenfo  getoi^,  ba^  fte  ein  formelle^  Siecht  ba)u  niSft 
befa^en,  loie  ba^  bie  SKöglic^leit  für  i^r  a:|un  burdfi  bie  SKac^tftellung,  bie  5larl  ein« 
nal^m,  gegeben  toar.  Slber  auc^  aboefei^en  babon  ge^en  bie  ÜReinun^en  über  bied 
(Sreignid  toeit  audeinanber:    2Bar  bie  5?r5nung   bon  ^arl  erftrebt  unb  mtt  bem  ^ßat^fie 

86  berabrebet  ober  ^anbelte  biefer  ol^ne  9Som)iffen  bed  fiönigd  ?  SBar  bie  Srlongung  ber 
fiaifertoürbe  bon  lange  ^er  ba^  le^te  Rxd  feiner  ^olitil  unb  lam  ed  burc^  ba§  jufo^enbe 
eingreifen  be«  ^a^jfte^  baju,  ba^  er  fein  ^M  nur  fydh  erreichte?  Söurbe  Äorl  überraf(^ 
ober  tou^te  nid^t  nur  er,  toai  gefc^e^en  toürbe,  fonbem  loaren  bie  fränlifd^en  ©rogen,  ja 
ba^  römifc^e  SSolI  „in  ba^  ©e^eimni^   eingetoeil^t"  ?    ®ie  Seanttoortung  biefer  grogen 

40  toirb  baburd^  erfc^toert,  ba^  bie  93eri((|te  ftcfi  begnügen,  lurj  unb  fc^lic^t  ia§  Sreignid  )u 
ertoä^nen,  o^ne  über  feine  SSeranlaffung  ober  feine  93ebeutung  ein  SQ3ort  )u  Jagen.  QinU 
fd^eibenb  ift  be^^alb,  toie  mic^  bünit,  bie  @rn)ägung,  ob  bad  Haifertum  tofacflidp  hcS  ffidfit 
j)olitifc^e  ^i^ci  loar,  bem  bie  beutfd^en  SJiad^ti^aber  feit  ga^rl^unberten  juftrebten  ®w» 
mulierung  bon  ©iefebred^t  Jtaif.®!,  123,  3.  9lufl.    Segrünbet  ift  bie  ä(nfc^auung  fyaajäßU 

46  fäc^lid^  burd^  2)öllinger).  ^enn  nur  toenn  bie^  ber  %aü  toax,  toenn  toenigftend  Aorl  im 
jtaifertum  längft  fein  ))olitifc^e^  ^beal  erfannte,  ift  bie  ätnnol^me  möglid^,  bag  er  bie 
Ärönung  in^cl^eim  borbereitete,  freilid^  bleibt  bann  „ba§  ©el^eimnid"  ebenfo  unerHörlii^, 
toie  bie  Sinftlbigleit  ber  Sieid^^nnalen.  3l\m  aber  lä^t  ftd^  pgen,  ba^  Jtarl  leinedtoec^ 
SSere^rung  gegen  bie  Äaiferibee  unb  ba^  Äaifertum  emjjfanb  (f.  bie  il®  3).«  II,    ©.  105 

60  ^nm.  1  {ufammengefteUten  S3elege  aud  ben  Libri  Carolini),  bann  aber  \ptxd^t  oQed  bafttr, 
ba^  bie  bon  (Sin^arb  bezeugte  äleu^erung  RaxU,  bie  t^eatralifd^e  Sjene  am  SSetlj^nac^td' 
feft  fei  ol^ne  fein  SBiffen  unb  gegen  feinen  SBiHen  beranftaltet  loorben,  vita  Kar.  28,  too^ 
unb  aufrid^tig  geloefen  ift.  Söäre  fte  e^  nid^t  geloefen,  toie  toürbe  e«  ftd^  erflören,  ba| 
Äarl  ben  Äaifertitel  nidfjt  fofort  annal^m?  ©r  nannte  fid^  nodfj  im  SJlär^  801  rexFran- 

66  corum  et  Romanorum  atque  Langobardorum  (95. 3JI.  363).  9Zic(|t  Äorl,  fonbem 
nur  Seo  fonnte  burc^  ben  SBorgang  in  ber  ?ßetergfirc^>e  einen  SSorteil  ju  erlangen  glauben. 
3)enn  toie  erl^ob  ftdj!  ber  SWann,  beffen  gan^c  ©jiftenj  jloci  2:age  borl^er  auf  ber 
©d^neibe  be^  3Keffcr«  ftanb,  au«  feinet  6miebrigimg,  tocnn  er  jefet  an  ber  ©pi^e  bei 
römifd^en  ^olfe«    einen   neuen   ^i^^t'^^^*'^'^  })ronamierte,    toie   einftmaö  bie  ftegrei(^ 

60  Segionen ! 


Seo  in.  Sco  IV.  377 

@r  tnod^te  auf  RatU  ^ant  red^nen.  Slber  er  fa^  T^c^  getäufc^t.  ^enn  Jtorl  jog 
oud  bem  neuen  Z\tü  tebtglu^  bte  Folgerung,  ba^  Siom  nunmel^r  gönjlid^  ol^  Seftanbtetf 
feinet  Stetc^  be^nbelt  toerben  lönne ;  ein  tDefentlid^er  Unterfd^ieb  jh^ifcf^en  bem  römifd^en 
St^of  unb  ben  übrigen  3Retro})oliten  bed  Sieid^^  tvax  laum  mel^  ju  bemerfen :  in  feinem 
2!efkmettte  jä^lte  5larl  9tom  einfach  }u  ben  3Jletrobo(itanfi|en  be^Sleid^,  Einh.V.Ear.  33,  6 
in  ber  Stetd^tetlung  \pxad)  er  an^,  ba^  ber  @c^u$,  ber  ber  römifc^en  itirc^e  gebührt, 
similiter  et  caeteris  ecclesiis  gebül^re,  92r.  15MSL97  ®.  301.  2)er  $a))ft  h)urbe  ein 
Untert^an  bc«  Äoiferd  (MG  Ep.  V  ©.  103  5Rr.  10;  Datierung  ber  ^)ä^)ftIi4en  »uHen: 
Imperante  domino  nostro  Carolo).  2Bad  noc^  £eod  Meinung  ein  Xitel  l^atte  fein 
foQen,  tourbe  burc^  Jtarl  )u  einer  X^atfac^e.  lo 

SBie  tDenig  Seo  bebeutete,  jeigt  fid^  am  fc^ärfften  in  ber  geringfügigen  SioEe,  bie  il^m 
in  ben  Kr^fUd^en  Streitigleiten  jugetDiefen  tourbe.  2)ie  Sriebigung  bed  abo^tionifc^^en 
Streitet  na^m  t)on  Slnfang  an  Staxl  in  bie  $anb ;  Seo  l^atte  (ebiglic^  nad^  feinem  SSefei^I 
auf  einer  römifdben  St^nobe  am  23.  Oltober  798  bad  noc^  einmal  ju  berbammen,  toa^ 
in  a)eutf(^Ianb  bereit«  berbammt  toar,  aRanfiXIII,  ©.  1031,  bgl.  Ale.  ep.  199  ®.  829.  i6 
^  ben  Ser^blungen  über  bie  älufna^me  bed  filioque  ind  Symbol,  toagte  er,  ftcfi  bon 
bem  Urteil  ber  fränfifc^en  Jtirc^e  )u  trennen :  tpieber  tourbe  eine  t^eatrolifc^e  Sjene  ber« 
anftattet,  er  lie^  ben  alten  %^  be«  @t^mboU  in  jtoei  gro^e  filbeme  ^feln  einoraben 
unb  biefe  in  ber  ^eter^Iirc^e  feierlich  auffteHen,  Vita  Leon.  84  @.  26.  9lber  aa]  Roxi 
unb  feine  Xl^eologen  mahlten  bie  ftlbemen  ^feln  nid^t  ben  minbeften  Sinbrucf :  baiS  30 
filioque  blieb  tn  ben  S^mbolformeln  ber  fränlif^en  Airdf^e  erhalten,  unb  tro^  ber  ftlbemen 
Xafebi  re2i))ierte  man  ed  in  ber  Stille  aucfi  in  iRom. 

@elb|l  in  feiner  Stellung  ju  ben  ©ried^en  tourbe  er  burc^  bie  9lü(fftd^t  auf  iRarl  ge« 
feffeli  Unter  Jtonftantin  VI.  unb  bann  toieber  unter  3lxttppotn9  fünften  etlid^e  griec^ifc^e 
9Rdnd^,  bie  bon  ben  Jtaifem  bebrängt  tourben,  an  il^rer  @t)i|e  X^eobor  Stubita  (f.  b.  91.),  25 
Seod  $ilfe.  @r  toar  fel^  bereit,  bie  gegen  bie  römifc^en  ^Jrimatialanf})rüd^e  gefügigen 
SrHorungen  Sl^eobor«  mit  ^^rofttoorten  }u  belohnen ;  aber  bie  lonjiliante  $oIitif ,  bie  itarl 
bem  ^i(^  9lei(^  gegenüber  befolgte,  l^mberte  i^n,  irgenb  ettoa«  für  il^n  m  ti)\xn. 

9m  28.  Sfanuar  814  ftarb  itarl  b.  (Sr.  Seo  unterließ  e«,  bie  römif^e  Seböllerung 
feinem  SRoc^lger  Subtoig  b.  %t,  l^ulbigen  ju  laffen.  @r  glaubte,  ba^  i^m  nun  bie  ^Jtög«  so 
licf^  gegeben  fei,  ftc^  an  feinen  alten  ^inben  ju  rä^en  ;  aU  Unruhen  au^brac^^en,  lie| 
er  eine  grd|ere  älnjo^l  bon  ibnen  berl^aften  unb  ^inric^ten.  2)a«  toar  ein  fo  offenbarer 
Singriff  in  bie  taiferlic^en  Sleqte,  ba^  felbft  Subtoi^  i^n  nicf^t  f cf^toeigenb  bulben  f onnte :  er 
fonbte  feinen  Steffen  Seml^arb  nac^  Stom,  um  bie  älngelegen^eit  )u  unterfud^en.  Neffen 
Seriell  toar  bem  |k4}fte  nic^t  günftig.  2)iefem  aber  gelang  e^  burd^  eine  ©efanbtfd^aft  86 
ben  ^fer  )u  bendj^igen.  @d  toar  ber  le^te,  ^mn  ni($t  ber  einzige  Srfolg  feinet  Sebend. 
Am  12.  3uni  816  ifk  er  geftorben. 

£eo  toar  ein  Heiner  3Kenf((i,  toal^rfd^einlic^  belaftet  mit  einem  3J2eineib  unb  and}  fonft 
befledt  bun^  fcfitoere  ißerbrec^en.  älber  feitbem  man  ficfi  getoöl^nt  l^atte,  in  bem  Sreignid 
am  SEBei^nod^feft  800  bie  burc^  ben  $a))ft  boQ^ogene  Uebertragung  bed  2l>^^u^^  ^ 
bom  9torgeiuanb  auf  bad  Slbenblanb  m  fe^en,  gehörte  er  ^u  ben  $ä^ften,  beren  $anb« 
Itmgen  bie  aanft  SRacfitfülle  bed  Sacerbotiumd  betoeifen.  Jtein  SQunber,  ba^  bie  römifcfie 
Jtir^  bie  ^one,  bie  m  erteilen  fte  ftc^  bered^ttgt  glaubt,  i^m  nid^t  berfagte :  bie  Con- 
gregatio  ritnum  befcplo^  im  ^al^re  1678,  bci^  fein  92ame  in  bad  Martyrologium  Ro- 
manum  aufgenommen  toerben  foQe;  feitbem  gel^ört  Seo  III.  )u  ben  ^eiligen.  Sieferent  46 
toar  ba  Jlarbinal  Sona,  AS  ^uni  II,  S.  572.  ^mä. 

8ep  IV.,  ?Paj)ft  847—855.  —    goff^  I,  @.  329.  MG  Ep.  V.  6.  585  ff.  «iDgrap^ie 
im  Lib.  pontif.  ed.  3)u4eÄiie  II,  e.  106  ff.    S)ie  frönfif^cn  «nnalen  MG  SS  I.    3)ie  3)ar. 
fteUungen  in  ben  Werfen  Ü6er  bie  @)e{(^id)te  bed  $apfttumi^,  ber  Stabt  9?om,    ber  firc^lic^en 
unb  politif^en  (Bef4i(6te  S)eutfc4Ianb§  finb  üor   b.  ^rt.  (Tregor  lY.  genannt,  ^lugerbem  ift  60 
oninfu^n  (Stoalb  9^9  V,  6.  375. 

®er  ^ontifilat  2toi  fällt  in  bie  geit,  in  toeld^er  bie  Unterorbnung  be«  ^aj)fttum^ 
unter  bod  Jlaifertum  ftc^  lodferte.  3)aburd^  ift  fein  G^arafter  beftimmt.  3)ic«  geigte  ftd^ 
f(^on  bei  ber  (Sr^bung  Seo§.  @r  tourbe  in  ben  legten  3^agen  be^  3^""^^  847  getoä^lt 
unb  am  10. 3lpril  b.  Iga^reg  fonfcfriert,  o^ne  bafe  t)ie  laiferlic^e  Seftätigung  ber  ffia^l » 
eingeholt  toorben  toöre.  3)ie  3?ömer  cntfc^ulbigten  i^r  3Serfa^ren  mit  ber  Sarazenen« 
aefoi^;  bie  lange  grift  jtoifd^en  SBa^l  unb  SBeil^e  tourbe  inbe^  bie  ßin^olung  ber  Se« 
{mtigung  möglich  gemalt  ^aben,  toenn  fte  fie  emftlic^^  getooQt  Ratten:  offenbar  fd^ufen 
fie  abfä^tii^  einen  $räceben)fan.    2)ie  äSer^anblungen  barüber  muffen  ftd^i  ^a^re  lang 


378  Seo  IV.  Seo  VH. 

I^tn9ef(i^le))))t  ^Ben ;  bad  )etat  ba9  ^agment  ^a^6  2652,  b<tö  nid^t  t)ar  850  ae[(^rieBen 
fein  lann.  ®d  beh)eift  jugleic^,  boi^  ed  ntc^t  ju  runber  9(nerlennun0  bed  foiferltc^ 
Siedete«  fam. 

ätucf^  bie  t)on  !i!eo  mit  großem  @ifer  betriebene  ^teubefeftigung  bon  9lom,  bie  bun^  bte 

6  Sebro^ung  ber  @tabt  burd^  bie  Sarazenen  nottvenbig  getoocben  tvax,  biente  jugleic^  bosu, 
bie  felbftftänbige  Wad^t  be^  $a))fted  )u  berftärlen.  SBie  ein  tveltlic^  ^err  umgab  er  ^ 
mit  einem  bewaffneten  ©efolge,  Leon.  ep.  23  ©.  599.  SBurbe  ber  ©orajenenfteg  im 
^a^e  849  ani)  nic^t  unter  feiner  Seitung  errungen,  fo  fiel  fein  ©lanj  bod^  auf  feine 
9t^ierung.    l^ebenfoild  füllte  er  ftc^  al§  $err  ber  römifc^  Streitmacht,  bgl.  ^aff^  2620. 

10  2Bie  Siom  fo  fud^te  er  aud^  $ortud,  $orta  unb  9(meria  burc^  92eubefcfHgung  unb  9}eus 
beftebelung  ju  berftärlen. 

^ur$  biefe  ^ortfc^ritte  ))ä))ft(id^er  @elbftftänbialeit  tourbe,  toie  taum  bemerlt  }u 
h)erben  brandet,  bad  9tec^t^er^öltm$,  bad  jtotfd^en  9tom  unb  bem  itaifertum  beflanb,  aa 
[xd)  md)i  geönbert.    ^er  Jlaifer  toar  Sanbe^l^err,  bad  laiferlic^e  (Sericfit  ba^  f^bd^ftt  ®e» 

16  rid^t  in  ber  @tabt.  Seo  ^at  bem  nic^t  h)iberf))rod^en :  er  erlannte  ebenfo  bie  Volitifc^, 
h)ie  bie  lirc^lic^en  9led[^te  ber  Jtarolinger  an,  t>a^  betoied  er  einerfeitd  bei  ber  Sefefügimg 
ber  Seoftabt  unb  ber  Stnftebelung  ber  jtorfen  in  $ortud,  vita  Leon.  69  unb  80, 
@.  123  unb  126,  anbererfeit^  bei  ber  römifc^en  @^nobe  t)om  ^ejember  853  bei  bot 
SRomreifen,  3aff^  2621  unb  befonber«  bei  ber  Äonfefcation    bon  8if(^öfen,  3aff6  2613 

20  unb  2615.  ä(ud^  unterließ  er  nic^t,  ben  Jtaifem  gegenüber  gelegentlid^  aui^\pttd^, 
ba^  er  jur  Seobadfjtung  i^rer  SSorf^riften  berbunben  fei,  3<^ff^  2643.  2646.  QDroj^bem 
(ä^  fxdf  nic^t  berlennen,  ba^  er  beftrebt  toax,  bie  Erinnerung  cot  biefe  Xb^ongt^lett 
»t  bertDtfc^.  ®r  fül^rte  unter  ber  $anb  bie  SSorfteQung  j}ä))ftli((ier,  bem  Jlaifer  erteilter 
93efel^Ie  ein,  inbem  er  bem  ^ifer  Sotl^ar  borl^ielt,  baft  bie  frül^eren  Jtaifer  bie  Sefe^, 

36  berbeffemb  fügt  er  l^inju,  bielmel^r  bie  Sitten  ber  $ä))fte  bemütm  erfüOten,  gaff^  2622. 
^attt  Seo  III.  ben  92amen  be^  itönigd  in  ben  älbreffen  feiner  Sriefe  bem  feinen  boram 
geftedt,  fo  gebrauchte  er,  h)ie  ed  fc^eint,  bie  umgelei^rte  Sieü^enfolge,  f.  2iaff^  2626. 

^n  rein  tird^Kc^en  t^^agen  ^anbelte  er  ald  ber  oberfte  Siegent  ber  Sl^ften^^  3)a( 
bie  römifcfie  Jlird^e   caput  principiumque  omnium,    ober  magisträ   et   caput  om- 

80  nium  ecclesiarum  ift  Qa^^  2625.  2647),  ftanb  il^m  jtoeifeQo^  fdt,  bemgemä|  cnu^ 
fein  Siecht  ali  oberfter  Siimter  in  bie  93erl^(tntf|e  ber  einzelnen  Sanbe^Iird^en  eingugreifen. 
er  machte  babon  ©ebraud^,  inbem  er  ben  Sefc^lüffen  oer  ©^ttobe  bon  Soiffond  853 
feine  Seftätigung  berfagte  unb  eine  neue  ©^nobalentMieibung  in  ©egenioart  eined  Segaten 
forberte,  3ajf6  2632,  jur  Bai)^  f.  b.  %  §infmar  Sb  VIII  ©.  87, 46  ff.,  unb  inbem  « 

85  bem  Patriarchen  ^gnatiu^  bon  5!onftantino})eI  einen  SSortourf  baraud  mad^te,  ba|  a 
ol^ne  3Sortotffen  ber  5ßcij)fte  eine  ©^nobe  gel^alten  unb  einige  ^Prälaten  abgefe^  l^e,  3affi§ 
2629,  »ericbt  über  bie  Bai)z  bon  i^m  forberte,  3aff§  2654,  fc^Iieftlic^  bie  beiben  ^ 
teien   nad^  Slom   borlub,  3aff6  2661,  jur  ©ad^e  bgl.  b.  %,  ?ß^otiu«. 

3n   aßen   biefen  Ser^ältniffen  beloie«  ftc(i  Seo  ate   ein   t^tlräftiger,   feiner  Übet» 

40  jeugungen  ftc^er  3Rann,  entfd^loffen,  nic^td  bon  feinen  Siechten  )u  o))fem,  ol^e  boc^ 
frembe  9lec(|te  birett  tu  trönlen.  @r  ftarb  am  17.  ^uli  855.  ^ie  rdmifc^  Stuart  tSSjÜ 
auä}  i^n  ju  ben  ^eiligen.  ^«Ut. 

Seo  V,  $a})ft,  903.  —   Soff^I,  6.444:  ©attedt^,  Pontif. Boman.  Vitae  I,  6.32; 
Liber  pontif.  II,  6.  234 ;  3)ümmler,  Slujiliu§  unb  »ul0ariu8.  Scipjig  1866. 
45         Seo  V.  tourbe  imätuguft  903  tonfelriert,  nad^  einer  Slmt^fül^rung  bon  nur30  3^en. 
toieber  geftürjt  unb  gefangen  gelegt.    @r  ift  ba(b  banad^  geftorben.  ^aait 

Seo  VI.,  ^ap\i,  928—929.  —  goffö  I,  6.  453;  SBottcricö  I,  6.  33;  Liber  pontil 
II,  6.  242. 

3ladf  bem  ©turje  ^ol^ann«  X.  im  3uni  928  tourbe  Seo  VI.  5ßat>P/  *>«  ©o^  W 
60  römifd^en  !ßrimiceriu^  6|riftop^oru^.  Sßeber  über  feine  ^erfon  no^  über  feine  Xnit^ 
fül^rung  ift  ettoa^  überliefert.  @r  ftarb  nad^  einem  ^ontifüat  bon  7^«  SRonoten,  olfo 
toal^rfci^einlid^  im  ^bruar  929.  ^aaiL 

Seo  VII.,  S^ap\i,  936—939.  —  3aff^I.  6. 455 f.;  mtteri«  I,  6. 33 ;  Liber  pontü 
II,  6.  244.  3)ic  ^arfteDunöcn  finb  üor  b.  «rt.  Sotjann  XI.  angeführt  53b  IX  6.262.  ^in* 
66aujufÜ9en  ift:  @arfur,  3)ic  ßluniaccnfer  I,  1892,  6.  99 ff. 

Seo  VII.  tourbe  $apft,  toäl^renb  ber  jüngere  9l(beric^  ald  ^ürfl  unb  ©enotor  oder 
zRömer  in  9tom  toattete.    Wlan  fann  taum  bejtDeifeln,  ba^  er  t^m  bie  ))ä^ftli(l^  SBitibc 


Seo  VII.  Seo  IX.  379 

txxbanite.  @r  tourbe  Anfang  ^Januar  936  lonfelriert.  ällbertd^  l^tte  leinen  untvürbtgen 
SRorni  getüäl^U.  £eo,  ein  geborener  Slömer,  toar  ein  frommer  ÜRönc^ ;  er  l^tte  Sejiel^ungen 
)u  ben  Eluniacenfem ;  baburd[f  toirb  er  ftc^  SUberic^  emj)f o^Ien  ^aben ;  benn  e^  ift  belannt, 
bflfe  ber  getooUt^ge  gürft  ber  Slömer  ein  ®önner  ber  framöftfc(ien  SReformmönc^e  ge« 
toefen  ifi.  Seo  fyd  il^n  benn  ani)  gerül^mt  a(d  {einen  geliebten  geiftlid^en  So^n,  ber  6 
bun^boqtt  t)on  göttlicher  Sieue  benen,  bie  ®ott  an  ^eiliger  Btattz  bienen,  felbft  biene, 
Utl  f.  SuKoco,  ©acfur  I,  ©.  100  9lnm.  3.  Seine  eigene  I^ötigfeit  befcf^ränfte  fic^  faft 
nur  auf  bie  ^rberung  ber  Jtlofterreform.  SSon  ben  18  Urfunben,  bie  bon  i^m  er^lten 
finb,  ftnb  11  fita:  Sluni  ober  onbere  mit  biefem  Jtlofter  berbunbene  ätbteien  au^efteQt. 
@i  pa^  bojiu,  bo^  er  in  ^eutfcfilanb  ^ebrid^  bon  SRain)  begünftigte;  er  ernannte  il^n  lo 
)u  feinem  Silar  mit  fe^r  audgebel^nten  Siedeten.    @r  ftarb  im  ^[uli  939.  ^auä. 

2tü  YTU.,  5ßabfi,  963—965.  —  3aff6  I,  6.  467 f.;  ©attcri*  I,  6.  42 f.;  Liber 
pontif.  II,  @.  250;  liudprand  Hist  Ottonis;  Contin.  Begionis;  t)gl.  bie  Sitteratur  bei 
^okann  XH.  »b  IX  6.  262, 46 ff.  «ufeerbcm  »crn^eim  in  ben  3fb®  XV,  @.  618 ff.;  ®c- 
ncün,  3)le  Cntfte^ung  ber  angebl.  $riüilefl.  ficoS  VIII.  für  Otto  L,  1879.  15 

ZH(  Srl^ebung  £eo^  )um  $a|p{it  am  4.  S^e^ember  963  imd^  Otto  I.  unb  feine  SSer« 
trdbung  au«  SRom  im  ^lebruar  964  fmb  im  3lrt.  Sodann  XII.  Sb  IX  ©.  263, 45  ff. 
crjo^lt  3Uid)  bem  Xobe  ^[ol^annd  führte  ber  Aaifer  Seo  toieber  nad^  9lom  jurücf,  too 
tn)ti>tf(^  93enebilt  V.  Don  ben  Siömem  ium  $at)fte  gehml^lt  toar.  ^uf  einer  in®egen« 
bMitt  Ottod  im  ^uni  964  ael^oltenen  @^nobe  tourbe  Senebüt  ab^efe^t  unb  au«  bem  30 
$ricßcrfUmbe  audgefbgen.  xm  l^atte  nun  leinen  Slibolen  mel^,  ferne  Sage  blieb  gleid^ 
iDO^  unfki^.    S)od^  ftarb  er,  el^e  ed  ju  neuen  Sertoicfelungen  fam,  im  ^rül^ja^r  965. 

Scod  92amen  tragen  brei  berül^te  ^fcfiungen:  bie  Sftücfgabe  ber  ^i))))intf(^en  unb 
lotolintfc^  @(^!ung  an  Otto  I.,  unb  ba«  bemfelben  unb  feinen  Stacfifolgem  getoo^rte 
$tttrilegium,  fu^  einen  Stac^folger  im  italienifd^en  Äönigreic^  }u  ertoäl^len,  bie  $ä))fte  )u  26 
bcfidlen,  ebenfo  bie  @r}bifc^öfe  unb  Sifc^öfe,  bie  bom  Köni^  )u  im)eftieren  unb  bon  bem 
iebcdmol  Serec^tigten  }u  lonfelrieren  feien.  3)ad  le^tere  ^nDilegium  ift  in  einer  längeren 
unb  Ifineren  ^ffung  borl^anben  (utle^  gebrudEt  in  ben  MG  Gl  I,  @.  663  ff.  3h.  448 
btd  450).  2)a^  bie  brei  Urtunben  ^ölfc^ungen  fmb,  toirb  gegentoärtig  too^I  bon  niemanb 
BcalDcifelt;  aaq  ift  man  einig  darüber,  ba^  fte  to>%enb  be«  2S>^beftiturftreitd  t)on  italie^ao 
iiij«^  äbii^gem  ^einric^d  IV.  I^ergeftellt  toorben  ftnb.  9(uf  ben  ®ang  ber  Qjittoxät» 
lung  getoonnen  fte  feinen  Sinflu^.  ^ouc!. 

gea  IX.,  $aj)ft  1048—1054.  —    ©Triften:    Diplomata,    epistolae,  decreta: 
M8L  143  6.  583-794- »crscidini«  ber  e^riftcn  bei  öruder,  fi'SlIfoce  u.  f.  w.  (ogl.  unten) 
t.  II    @.  432— 437;    n.   $otl^Qft,    Bibliotheca   historica   medii  aevi   2.  9[uf(age,   SBerlin  86 
1896,  1.  8b  6.  719;    $(.  3aff6,   Eegesta  pontif icum  Bomanorum  Ed.  II,   Lipeiae  1885, 
iom.  I  6.  529-549,    t.  11    @.  749;    Tabularium  Casinense  tom.  I,    Monte  Casino   1887, 
p.  378 ff.;    %  STe^r,  9^a4ri4ten  t)on   ber  ^öni^I.  @)efeafd)Qft   ber  Siffenfc^aften  gu  mu 
fingen,    WiL-^lfi   ftloffe,    1898   ^.  1    @.  311;   bcrfelbc,    cbenb.  1899   ^.  1   @.  216—218; 
berf.,  ebenb.  1900  ©.  2  S.  142-146;  $.  3  6.  309 f.;  bcrf.,  cbenb.  1901  «>.  1  @.  83f.    —  40 
Sitteratur:  LeoniB  IX.  vitae:  g.  ^. ^Qtterid),  PontificuiD  Bomanorum  yitae  tom.  I, 
lipdae  1862  S.  93— 177;  (S.  ^ill.  Acta  et  scripta  quae  de  controversiis  ecclesiae  Graecae 
et  Latiiuie  saec.  XL  compoeitae  extant,  Harburg  1861 ;    3-  ^at^»  3ur  l^ritif  mittelalter« 
lieber  (Befctic^t^queOen.    1.  Ueber  SBibertd  vita  Leonie  IX.,   $rogr.  Offenbura  1889;    $ott« 
baft  0.  a.  O.  2.  tBb  8.  1424;    grr.  Serroti,    Bibliografia  dl   Boma  medievale  e  modema,  45 
VoL  I,  Boma  1893  p.  353 ff;  Ul^ffe  (S^eOQlier,  B^pcrtoire  des  sources  historiques  du  moyen 
Age,  ^JoriÄ  1877  ff.  @.  1373;    bcrf.,    Supplement,    $ari§  1888,  @.  2708;    3B.  tBattcnbadj, 
Dcutf*Ianb8    (8kf*i(ftt8queUcn  im  TOttclaltcr   6.  9lufl.  2.  ©b,   »crlin  1894,  ©.  128.   216; 
«.  ^öffer,  3)ie  beutf^en  ^äpftc  2.?lbt.,  JRcgcnSbiirg  1839,  @.  If.;   gf.  X.  ^unflcr,  fico  ber 
»fUttte  unb  feine  Seit,  3Kainj  1851 ;  «.  gr.  ®frörer,  ^o^ft  ©rcgoriu«  VII.  7  ©bc,  ©cboff-  60 
^ttfen  1859f[.;    C.  ©ifl,  S)ie  2lnffinge  ber  SReftauration  ber  SHrc^e  im  11.  ga^rft.  1.  «bt., 
V^arburg  1859;    2.  Spa&i,  Saint  Leon  IX.,  Ic  pape  alsacien,   ©tragbg.  1864;    %.  ¥id)(er, 
Qk\^.  ber  fircftl.  Trennung  jioifcften  b.  Drient   u.  Cccibent,  1.93b.  ÜÄünc^en  1864,  @.  258  ff. 
tt.  a.;  «.  D.  aUeumont,  ®cf^.  ber  Stabt  Sflom  2.  ©b,  ©erlin  1867,  @.  345-350;  (3oi.  &.) 
Souter,  a)cr  Dpfcrtob  ber  700  Schwaben  für  bie  6ad)e  be«  ftl.  ©tu^Ie»  unter  Seo  IX.  bei  Siüi*  55 
tcflo,  6c6»ftbift6.0münb  1863;  S-^crgenrbtfier,  ^^otiuS,  ^atriar^  üon  ^onfiantitiopcl  3. 53b, 
ÄegeuÄburg  1869,  @.  735 ff.;    8R.  »ajmatin,  5)ic  ^olitif  ber  ?äpfie  üoti  Tregor  I.  biS  auf 
Qhregor  VÜ.  2  ZI,  (glberfclb  1869,  6.  213  ff.;    gifdjer.  Becherches  sur  le  lieu  de  la  nais- 
sanoe  du  pi^  eaint  L6on  IX.,  9?anc9  1873;    0.  SDelarc,  Un  pape  Alsacien,  ^ariö  1876; 
8.  •regorootuö,  ®ef4  b.  ©tobt  SRom  im  3KittcIaItcr  4.  93b  3.  «ufl.,  Stuttg.  1877,  ©.71ff.;60 
«. 3.  t». J&efele,  (lonc.*®ef(b  4.  93b  2.9(ufl..  grcib.  i.93.  1879,  @.  716ff.;  t.  SKüDcr,  fieo  IX.: 
9te  Vin.»b  2.«ufl.  1881  6.574 ff.;  berf.,  Äir(^|cngcf(^.  1.93b,  5rcib.iJ3r.  1892,  ©.403 ff.; 


380  Seo  IX. 

e.  etcinbDtff,  3Q^rbüc6er  be8  beutfcften  8Rci48  unter  ^cinri«  IIL  2.  ©b.  fiei^^lg  1881 
i=  3Q]^rbudjcr  bcr  bcutjdicn  ®cf(ftid)te) ;  ?(.  ©cftultc,  ^QpftficoIX.  unb  bic  eIfäffif*enÄir(6cn: 
©trolburger  @tubien.  3^^^*^^-  f-  ©efcfticftle,  ©pra^c  unb  Sittcrotur  bcS  ©rlaffe«  6^^.  t)on 
e.  "iWartin  unb  ©.  ©ieganb,  II   53b,  gtrafeburg  1883,  8.  78—91;  bcrf,  ©tubien  jur  öltc^ 

6  ftcn  unb  öltcrcn  ©cfcfticötc  ber  ^oböburgcr  unb  il)rcr  SBcR^ungen,  üor  ollem  Im  ^Ifafe:  3Rt 
b.  3nftitutg  für  öfterr.  ®ef4i*t8forf4ung  VII.  »b,  3nn8brucl  1886,  @.  3 f.;  $.  ^inf*iu«, 
^Q«  Äircftenred)!  ber  ^at^olifen  unb  <Protcftanten  3.  ©b,  ©erlin  1883,  @.  5 17 f.;  $.  3)ejen, 
Oü  est  n^  le  pape  s.  L^on  IX.?  ©trafeburg  1884;  ß.  ©intcrer,  Saint  L^n  IX,  le  pape 
Alsacien,  d^i^^eim  1886:    'B.  kartend,    ^ie  ©eje^ung   bed   pfipftlid)en  Stu^Ied  unter    ben 

lO^oifern  ^cinric^  IIL  unb  ^einricö  IV.,  greiburfl  i.  93.  1887,  6.25  ff.  (@.9I.  au«  8cM*tlft 
für  Äirc^enre(ftt  XX.  XXI.  XXII);  ?^ierre«^ouI©ru(fer  S.J.,  L'Alsace  et  F^glise  au  tempe 
du  pape  Saint  L^n  IX.  (Bruno  d'Egisheim)  1002—1054,  2  53be,  Strassbourg  et  Paris 
1889;  ^Innolen  beö  bcutfcften  SReic^S  Im  3citatter  bcrOttonen  u.  Salier  1.93b  üon  ®.  9li(f)teT 
unb  ^.  Äo^I  (=  ^Innalcn  ber  beutf^en  ©efcftic^te  im  ?DattcIaIter  Don  ®.  SRicöter  III.  «bt.) 

16  ^atte  a.  @.  1890  @.  385-405;  3.  grellen,  fieo  IX.:  Äirtfteniejtfon  üon  SEBe^er  unb  Seite 
7.  ©b  2.  «ufl.  1891  6.  1787-1795;  3B.  ©rbding,  3)ie  fran^ibfif^e  ^oUtif  $apft  Sco«  IX., 
©tuttgart  1891 ;  berf.,  3ur  franjöfifdjen  ^olitif  «ßapft  fieoS  IX  :  3)eutf*e  8citf*r.  für  Qk* 
f4ic6t«n)iffenf*aft  XI  1893,  93b  I  S.  290ff.;  berf.,  3)ie  franjörifcfie  ^olitit  «Papft  ßeoÄ  IX. 
®rgänj(ung«4eft.    Siedbaben  1899;    S.  ®.  ©(öcfler,  (Geburtsort  bed  (Slfäffer   $apfted  Santt 

20  Seo  IX.,  üormalS  93runü,  ®raf  oon  3)agSibura,  Strasburg  1892;  3-  Sangen,  ®ef(ii4te 
ber  römifdien  ^irdje  üon  S^^ifolau«  I.  biS  ©regor  XH.,  93onn  1892,  @.  445-485; 
S.  Socfur,  3)ie  ßluniacenfer  in  i^rer  fircbli^en  unb  aIIgemeingefd)i4tnc6en9EBirffamfelt  2.8b, 

SaUe  1894:  ©.«Wirbt,  5)ie tpublijiftif  im  3eita(ter  ®regor  XII.,  Seipjig  1894;  ©.««arten«, 
regor  VII.,  fein  fiebcn  unb  3Sirfen,  2  93be,  Seipjig  1894;  8.  o.  ©eiuemann,  ®efdjid)te  ber 

36  9?ormannen  in  Unteritalien  unb  ©icilien,  Seipjig  1894,  @.  121  ff.;  %.  ^aucf,  Öir^engef^itte 
^eutfc^IanbS  3.  %l,  Seip^ig  1896;  @.$.  ®raf  o.  ^acfe,  ^ie  ^aUiumoerlei^ungen  bU  1143, 
Harburg  1898,  ©.  22.  25.  48  f.  82;  ^.  ©erbe«,  ®efdj.  ber  ©allfdicn  Äalfer  unb  i^re  Stit 
(ÖJef*.  be«  beutfc^en  SBoIfe«  unb  feiner  Kultur  im  'äKittelalter  2.  ©b),  fieipiig  1898,  @.  100 
bi«  111;    93.  ®igal«!i,   93runo,   93if(i)of  üon  6egni,   «bt  üon  ÜÄonte  eafpno  (1049-1123). 

80  ©ein  fieben  unb  feine  ©(^riften,  fünfter  i.  9®.  1878;  ^.Äe^r,  3u  ^umbert  oon  6iba  (Xam 
biba:  9?a4ricbten  üon  ber  ^gt.  @)efeaf(baft  ber  ^QSifTenf haften  ^u  (S^öttingen,  pMI.-^ift.  5^(affe, 
1900  @.  103 ff.;  berf.,  3)a«  ^Srioileg  Seo«  IX.  für  Slbalbert  oon  93remen:  8rcftfc6rift  bem 
£)anftf^en  ©ef^i^tSoerein  u.  f.  m.  bargebrad)t  ^u  ilirer  3<^^i^^^i's^fo^in^ung  in  ®5ttingen 
^fingftcn  1900,  ©öttingen  1900   ©.  73ff.;    3-  o.  ^flugf.^arttung,  ^ie  93unen    ber  ^fipfte 

86bl§  jum  enbe  bc8  12.3a^r^unbert«,  ®otba  1901.  @.  160ff.;  ogl.  b.  «rt.  93erengar  oon 
2:our«  «b  II  ©.  607 ff.;  ßaerulartu«  93b  III  @.  620 ff. 

aifö  md)  bem  pIö^Kd^en  3:obe  3)amafu^'  II.  (bgl.  ben  a.  S5b  IV  ©.  431)  am 
9.  STuguft  1048  (Srjbifc^of  §alinarb  bon  S^on  (über  tl^n  bgl.  ©tcinborff  I  ©.  303f. 
II  ®.  53)  bie  Übemal^me  ber  ^jätjftltdf^en  SBürbe  abgelehnt  l^atte  (Chronicon  S.  Benign!, 

40  MG  SS  VII  ©.  237),  tüurbe  in  ben  erften  SJc^embertagen  be^felben  ^al^reö  auf  bem 
9letcl5>«tag  ju  SBorm«  burdf^  Sefel^I  §einrict>«  III.  unb  auf  Sitten  ber  römifc^en  ®e(anbten 
Stfd^of  Sruno  bon  3:ouI  ^um  Siadfjf olger  beftcDt  (SBibert,  vita  Leonis  IX.  lib.  II  cap.  2, 
SDBatterid^  I  ®.  149  f.).  Sßöl^renb  nac^  ^ermann  bon  SWeid^enau  (chron.  a.  1048  MG 
SS  V    @.  128f.)   unb  nad)  Sonijo  (über  ad  amicum,  libelli  de  lite  imperatorum 

46  ac  pontificum  I  @.  587, 21)  bie  9{eubefe$ung  burc^  latferKd^e  Ernennung  eif o(gte,  0^ 
ba^  ber  ©mannte  trgenb  tüeld^e  SSorbel^alte  mad^te,  erjöl^len  Söibert  (II  2  1.  c.  ©.  149) 
unb  Sruno  bon  ©egni  (SBatteric^  I  ©.  96),  ba^  er  bte  SBa^I  nur  unter  ber  Sebmgung 
annoi^m,  ba^  Äleru«  unb  SSoIf  bon  9lom  i^r  juftimmen  würben.  3ladf  Soni^o  ift  ber 
6ntfd(>Iu^  be«  ^a^jfte«,   einer  5Jac^h)al^l  in  SRom  ftd^  ju  unterstellen,  crp  burdj^  hai  ©in« 

CO  greifen  §ilbebranb«  l^erbeigefü^rt  hjorben  (I.e.  ©.587,  2  7  ff.;  bgl.  ©teinborff  II  ©.481). 
^Kngefid^t^  ber  gegen  bie  $)arftettung  jener  93iogra^)l^en  ^eltenb  gemad^tcn  93ebenlen  (3Rar« 
ten«,  Sefe^ung  ©.  16  ff.)  ift  bte  Ernennung  burdf^  $einric^  III.  anjunel^men,  ober  jic 
ipurbe  erft  perfeft  burc^  bie  nac^folgenbe  lanonifdf^e  3&ai}l  (ßaucf  ©.  595  Slmn.  5).  — 
Stfc^of  Sruno  hjar  für  ba^  i^m  übertragene  2tmt  in  l^ol^em  SJJafec  qualifiziert.  SltöSo^ 

66  beö  ®rafen  §ugo  bon  ßgi^^eim  im  ßlfa^,  cinc^  Setter^  Äonrab«  II.,  mit  ber  Iatferlt(^ 
gamtlie  berhjanbt  (SBibert  I  1  1.  c.  ©.  128),  begabt  unb   ftrebfam  (SBibert  1 13,  U 12 

I.  c.  ©.  144.  166);  ein  tl^atlräftiger,  burdfjgretfenber  9Kann  bon  felbftftänbtgem  Urteä 
OPetrug  2)amiant  epist.  I  4),  babei  um  feiner  Siebenöhjürbigfett  ipiHen  gefc^ä^t,  man 
nannte  i^n  am  §ofe  Äonrabö  „bonus  Bruno"   (ffiibert  I  6  1.  c.  ©.  133);  in  feinem 

60  auftreten  eine  ftattlidfje  ßrfc^etnung  (©teinborff  II  ©.  55),  in  langjäl^ifler  mufterl^fter 
3SerlpaItung  be«  Siötumö  louf  betDä^rt  (int^ronificrt  am  20.  SKai  1026,  böl.  2öibcrt  I 

II.  12  1.  c.  ©.  140  f.)  unb  ntd^t  o^ne  b«>Jitifc^e«  (Sefdf^icf,  ipie  bie  SSermittelung  jtoif(^ 
fionrab  II.  unb  Rönig  §einrid(^  bon  granlreid^  (©tcinborff  II  ©.  43.  45)  betoiefen  ^ottt, 
))erfönlici^  gan)  intaft  unb  in  enger  ^lung  mit  ber  auf  ^Deformation  be^  lirc^lic^  2e6cn^ 


Seo  JX.  381 

abitelmben  SRic^tung,  bie  in  6lun^  \fycm  mäd^tigften  @tü^^unlt  l^atte,  aud^  a(^  9lom:: 
t)ilger  bcr  Statte  feiner  juRlnftigen  ffitrffamicit  ntd^t  unbclannt  (ffiibctt  II 1  1.  c.  S.  147). 
@d  ^e  ftc^  in  ber  ^ot  nidbt  leicht  eine  ^erfönlic^Ieit  ftnben  (äffen,  bie  für  bie  fd^tpie« 
rigen  ähifgoben  bed  römifd^  ^ontifü(ate^  beffer  au^gcrüftet  getpefen  tpäre,  old  ber  bamold 
47iäi^rjae  8if(^of  bon  ^^oul.  —  9Jac^bem  er  noc^  in  2^ouI  ba^  SBei^nac^t^feft  gefeiert  6 
l^e  (aBibert  n  2  1.  c.  ©.  150),  trat  er,  begleitet  u.  a.  bon  feinem  bidl^erigen  3Retros 
poßten  Si^bifd^of  @berl^arb  bon  ^rier,  am  27.  2)e3ember  (Anselmi  Remensis  historia 
dedicationis  ecclesiae  s.  Remigii,  SBatterid^  I  @.  114)  bie  Steife  nad^  ^talien  an, 
^n  SefanQon  traf  er  ftc^  mit  ^ugo,  bem  bamoligen  $rior  t)on  6lun^,  ber  tuenige  äBod^en 
fpoter  boS  Xmt  bed  Sbted  ObUo  übernahm.  3ta6)  bem  SUpenüber^ang  am  großen  @t.  lo 
Som^i^  tDurbe  er  burcfi  eine  Überfdf^toemmung  in  ber  Sombarbet  aufgel^alten  (SBibert 
II  2);  erP  nac^  ettoa  6toö(^iger  SReife  erreid^te  er  fein  3^^'-  3"  ^^^  h^'^  Sruno,  ber 
ote  ^ilger  g^eip  toax  (SBibert  1.  c. ;  anber^  Sonijo  Dgl.  SJiarten^  I  ©.  44  f.),  einen  glön« 
genben  @mt>fang,  tDurbe  bon  ben  Stömern  einftimmig  getpäl^lt  unb  übemal^m,  am  12.  ^ 
bruor  1049  iiü^roniftert,  al^  Seo  IX.  bie  Siegierung  ber  fiirc^e  Qa^6,  Reg.  Pont.  i6 
©.  529.  530). 

3n  feiner  Segleitung  ioar  auc^  ^ilbebranb  nad^  9lom  jurütfgefe^rt,  ber  1046  @res 
gor  VI.  nac^  ©eutfc^lanb  l^atte  begleiten  muffen.  3^  h)i^^  ^  i"  '^^^  ^rei^  ber  Aar« 
binalHerBer  aufgenommen  (t)gl.  b.  ärt.  ®regor  VII.  93b  VII  S.  100, 23  ff.)  unb  fanb 
bomtt  bad  älrbeitdfelb,  bad  bie  t)oSe  (Entfaltung  feiner  großen  diente  ermöglid^te.  @ine  20 
fül^renbe  9lolIe  an  ber  iturie  }u  f))ielen,  toar  i^m  freiließ  in  ber  ^eit  Seod  IX.  noc^  nid^t 
bef[^iebat.  %üx  biefe  h)ar  t)on  ungleid^  größerer  33ebeutung  bte  ^eranjiei^ung  anberer 
ifcfäftc.  3)er  9leubeftätigung  be«  Äarbinate  So^anne«  al^  Sifc^of  t>on  ^ßorto  (22.  ä^jril 
1049,  3a^6  Reg.  Pont.  4163)  folgte  bie  @mennung  bed  Sljelinu^  auS  @om))i^e  ium 
»ifc^f  tum  ©utri  (SOSibert  II  4  1.  c.  ©.  154;  Soni^o  1.  c.  ©.  588,22).  Sorjug^^as 
tDeife  berü(fftd(ftigte  aber  Seo  IX.  SRönner,  bie  i^m  in  feinem  bi^^erigen  StBirlung^ 
treid  belannt  getoorben  toaren  (äSonijo  588, 1 8  ff.),  ^em  SRöncfi  ^umbert  aud  bem 
ÄloPer  SRo^en^Woutier  in  Sotl^ringen  (bgl.  ben  Slrt.  35b  VIII  ©.  445  ff.)  tourbe  ber 
Stf^ofd^I  t)on  ©itoa  (Sanbiba  übertragen;  $ugo  ber  Sßei^e  (t)g(.  b.  Slrt.  93b  VIII 
©.431  ff.)  ^otte  in  bem  jtlofter  9lemirement  in  ber  ^iöcefe  tloul  gelebt,  el^e  er  jum  so 
itaibtnal))rießer  an  ber  Stxxd^t  @t.  Siemens  in  Siom  beförbert  n)urbe;  ber  Sot^ringer 
Qttpfym  erhielt  bie@teOung  eine^  Slbted  inSlom;  enblid^  tourbe  ber  älrqibiaf on  ^riebric^, 
ber  Sruber  bed  $enogd  ©ottfrieb  bon  Sotl^ringen,  aud  Süttic^  berufen  (bgl.  ©teinborff  II 
©.  78;  fyaxi  607  ff.). 

9{ail^bem  bie  finan}ienen  ©c^h)ierigleiten,  bie  am  9lnfang  be^  ^ontifilatd  ftc^  in  86 
pmäid^  Sßeife  geltenb  mad^ten,  burc^  bad  (Singreifen  bed  93enebentanifd^en  9lbete  gehoben 
toorben  tontren,  bat  Seo  IX.  junöc^ft  bunb  eine  hirje  Sieife,  bie  i^n  unter  anberen  nad^ 
SRonte  (Saffino  führte,  eine  erfte  ))erfönlid^e  ^^lung  mit  Unteritalien  getoonnen.  SJom 
9.— 12.  S^ril  1049  ^elt  er  feine  erfte  römifc^e  ©^nobe  im  Sateran  ab  (ba«  ^rotofoH 
tfl  nic^t  er^Kdten;  DueQen:  $etrud  2)amiani,  über  gratissimus  c.  37,  MG  Ldbelli  de  lO 
lite  I  ©.  70,  t)fll.  iu  bief er  ©d^rift  b.  »rt.  93b  IV  S.  438, 4 ff.;  SBibert  II,  4  1.  c.  S.  154; 
vita  des  codex Vat.  I.e.  p.  103;  93oni50  I.e.  p.  588, uff.;  bie S^oniften ^ermann  t)on 
SWi^au  unb  93emolb  j.  3. 1049,  MG  SS  V  p.  128.426  ;  Chronicon  S.  Benigni  Divio- 
nensis  MG  SS  VII  237;  gaffe  Reg.  Nr.  4158.  4163;  $efele  IV  ©.  719 f.;  Sangen 
©.449 ff.;  $au(t599ff.),  bie  für  feine gefamte  Slmtdfü^rung  grunblegenb  unb  (^rogramma- 46 
tifc^  oetDefen  ift,  inbem  er  l^ier  ben  Äam})f  um  bie  Sleform  be^  fircblicf^en  Seben«  eröffnet 
fyit  3)et  erfte  93orftofe  galt  ber  9Semic^tung  ber  Simonie  (über  i^rcn  93egriff  unb  i^re  9Scr« 
bretatng  ögl.  SRirbt,  5ßubliaiftil  ©.  843—371).  a)er  »bfefeung  ftmoniftifcf^er  93if(^öfe 
fltmmte  bie  ©^nobe  bei  —  ber  93ifd^of  bon  ©utri,  im  93cgrin,  burd^  einen  SKeineib  fic^ 
)u  reinigen,  iDurbe  bom  ©c^lage  getroffen  (SBibert  1.  c.)  — ,  bagegen  lehnte  fte  bie  gor«  w 
benoig  bed  $a)}fted,  aDe  Orbinationen  bon  ©imoniften  )u  taffieren,  burc^  ^intoeid  auf 
bie  )mlttf(^e  Unburc^fül^rbarleit  in  tumultuarifd^em  $roteft  ab  ($.  2)am.  1.  c. ;  3Rtrbt, 
$ubL  ©.  433)  unb  ber  $at)ft  mu^te  ftd^  bamit  aufrieben  geben,  ba^  auf  ba^  2)e{ret  Slemend'  II. 
yirädgegrtffen  tourbe,  bemjufolge  ber  bon  einem  ©imoniften  orbinierte  ^riefter,  loenn  i^m 
)ur  3^  ^^  Orbination  bad  ftmoniftifc^e  SSerge^en  be^  Orbinatord  nic^t  befannt  h7ar,  66 
na^  einer  40tägigen  93u^e  bad  empfangene  ä(mt  ausüben  burfte.  ferner  tourbe  ein 
(Sefe^f  über  ben  t^riefterlicfien  3)t>ang^cöltbat  erlaffen,  ba^  jmar  materiell  nid^td  neued  ent« 
Welt,  obgefel^  bon  ber  ©trafanbrol^ung  gegen  bie  römifd^en  Äleriler,  beren  ^auen  bie 
grei^  Mrheren  foSten,  aber  baburc^  groge  93ebeutung  er(;ielt,  bag  ed  ben  l^amp^  bed 
reformierten  ^fttumd  gegen  bie  ^rieftere^e  eingeleitet  i)ai  OJJiirbt,  ^ubli^iftil  ©.  263).  eo 


382  Seo  IX. 

9(u^erbem  h)urbe  bte  93et))fltci^htn9  gut  3^^Iu^9  ^^  3^'^'^^^  in  (Erinnerung  gelkac^t,  bte 
venditio  altarium  b.  ^.  bte  Srl^ebung  bon  %aicm  bur^  ben  Sifc^of  bei  bev  Sn^cbung 
t)on  ^frünben  ($efele  @.  720  9(nm.  2)  unterfagt,  and)  bte  Sefthnmungen  bed  S^erec^tö 
über  ben  9(bf((|lu^  bon  @l^en  unter  SSertpanbten  h)urben   etngefcfiärft.    dnbKd^  imnrbe  bie 

6  @r^ebung  bed  Srgbtfc^of^  @berl^arb  bon  Xrier  gum  $rima$  bon  Oallia  Belgica   fettend 
ber  S^nobe  am  13.  ä^jril  feierlt#  bcftärtgt  (gaff^  4158;  togl.  ©tcinborff  II  6.81). 

Salb  barauf  trat  Seo  IX.  bte  Steife  na^  ^eutfcfilanb  an.  ^  ber  !ßfitigftn)0(^  (14.  btd 
20.  3){ai)  h)ar  er  in  $abta,  \^ai  ^ier  eine  S^nobe  abgel^alten  (i^^^^^^  bon  Stetc^enou 
j.  3S.  1049;   amulf,   gesta   archiepisc.  Mediol.  IIb.  III  4  c.  4,    SS  VIII   p.  18; 

10  Sanbolf,  historia  Mediolanensis  IIb.  III  c.  4,  SS  VIII  p.  75),  beren  »efd^Iöffe  iw^t 
erhalten  finb,  gog  über  ben  @t.  Sem^arb,  erreid^te  ben  iRaifer  in  Sac^fen  unb  begleitete 
i^n  über  jtöln  (29.  ^nm),  tt)o  er  bem  Srgbifd^of  ^ermann  bad  älmt  eined  JlanjlerS  ber 
römifc^en  Äirc^e  berlie^  (SBibert  II  c.  4  1.  c.  ©.  155;  bgl.  ©teinborff  II  ©.  140)  unb 
oudb  burcfi  anbere  Slu^gei^nungen  fein  SBo^ltDoQen  gegen  fföln  betunbete  (Sangen  @.  451) 

15  nacp  3la((^en,  too  fie  9lnfang  ^uli  eintrafen.  $ier  gelang  ed  bem  $a))fit,  ®ottfrieb  bon 
Sot^ringen,  ben  er  gugleid^  mit  33albuin  bon  f^lanbem  cu^  @mpörer  gegen  ^eiitric^  IIL 
tuxi  gubor  gebannt  l^atte,  mit  biefem  tpieber  au^fö^nen  (©teinborff  II  ©.  83  f.).  9m 
3.  ©e^tember  ift  ber  9lufent]^alt  bed  $a))fte^  in  UKaing  bezeugt,  am  14.  ©e|)tember  toor 
Seo  in  feiner  alten  Sifd^of^ftabt  3^oul,  am  19.  ©et)tember  erreid^te  er  Sl^eim«. 

20  ^ier  ^at  er  am  3.  bid  6.  Oltober  bie  gro^e  ©^nobe  abgei^alten  (Duelle:  Ansel- 
mus  Remensis,  SlBatteric^  I  p.  113 ff.,  MSL  142  ©.  1415 ff.,  aWanft  XIX  p. 727 ff.; 
t)gl.  »rödRng  ©.18 ff.;  $efele  ©.  722 ff.;  ©teinborff  II  ©.  88 ff.;  Sangen  ©.  452 ff.; 
3aff6  p.  532),  bie  burq  il^re  3Sorgefc(|ic(|tc  toie  burc(i  ibre  35efqilüffe  befonbered  3n« 
tereffe  erregt.    9lud  ^antreic^  toax   ber  Sefuc^  freilicfi  fe^r  gering,  ba  Jtönig  ^eimu^ 

26  bem  itonjil  ftarte^  9)li|trauen  entgegenbracfite  unb  ein  großer  Seil  ber  ^r&loten 
burc^  eine  bon  bem  Jlöntg  au^gefd^rtebene  ^eerfal^rt  fem  gei^aften  h)urbe.  SRit  SificE» 
fufit  auf  bie  fc^toierigen  SJer^ältniffe,  unter  benen  bie  @^nobe  tagte,  l^t  Seo  IX 
gro^e  3u^^<^^>^9  0^^^*  ^'^  Sölibatdfrage  ift  über^aui)t  nic^t  jur  äSer^anbbn^ 
gelangt  unb  über  biefed  altueUe  Xl^ema  ftnb  leinerlei  Sefd^lüffe  gefaxt  toorben.     JÄt 

80  ©imonie  nabm  allerbing^  in  ben  Srörterungen  bed  Jtonjild  etnen  breiten  Staum  ein,  aber 
bie  Unterfud^ung  ber  Derbäc^tigen  93ifc^öfe  h7urbe  lau  betrieben,  nur  rin  Sifd^of,  ^ubicud 
bon  9tante^,  tourbe  abgefegt  unb  Seo  unterließ  ed,  feinen  rigorofen  &tanb))un{t  in 
Sejug  auf  bie  fimoniftifd^en  Sßei^en  l^ert)onutebren.  Um  fo  energifcfier  berfolgte  er  ba- 
gegen  ba^  ^kl,  bie  SlutoritätdfteQung   be^  ißa))fttum^  }U   tlarem  Sludbrucf  }u   bringen. 

86  3)er  Srjbif^of  toon  ©t  ^aQO  in  ©attiden  im  SJorben  ©Jjanien«  ^otte  fic^  ben  5ßtel 
„Apostolicus"  beigelegt,  er  tourbe  be^^alb  in  ber  britten  ©i^ung  e^Iommiinidert,  noc^ 
bem  Seo  bereite  in  ber  erften,  h)o^l  um  biefe  ©entenj  borjttbereiten,  bie  @r!läruhg  obgcgeboi 
l^tte:  quod  solus  Romanae  sedis  pontifex  universalis  ecclesiae  primas  esset 
et  apostolicus  (3)tanfi  XIX  col.  738).    ^a^lreic^e  franjöftfd^e  Sifcfiöfe  unb  Gilbte,  bie  ber 

40  ©t^nobe  ferngeblieben  toaren,  tourben  ebenfaQd  mit  bem  SBanne  belegt,  anbere  tourben  auf 
bie  näc^fte  ^^jal^r^f^nobe  in  Siom  citiert.  9ln  ber  ©))i^e  ber  12  canones,  bie  am 
©cfllu^  ber  @^nobe  aufgefteQt  tourben  {Tlan[x  col.  741)  ftanb  bie  ^rberung:  ne  qiiis 
sine  electione  cleri  et  populi  ad  regimen  ecclesiasticum  proveheretur.  Siefer 
Sefdf^lu^  n>ar  t)on  h^eittragenber  93ebeutung,  benn   ed  toar  hai  ct\U  2[nbcftiturgefe|  M 

46  reformierten  ^a))fttumd  (Sröcting  ©.  81),  ber  älnfang  einer  umfangreicfien  ©efe^gebung 
(3Rirbt,  5ßubligiftil  ©.  575  ff.).  3)ie  übrigen  Äanone«  toanbten  ftd^  gegen  bie  Simonie, 
betrafen  ba«  Rrd^lic^^e  2lbgabenh)efcn,  ba«  (S^erec^t  u.  f.  h).  —  3)a«  ©egenftüd  ^u  biefa 
©^nobe  in  9ll^eimd  toar  auf  beutfc^em  S3oben  bie  jtoei  SBocfien  f))äter,  c.  19.  Ottober, 
bon  Seo  IX.   eröffnete,   im  S3eifein  5!aifer  ^einric^«  III.   abgehaltene   glänjenbe  ©^nobe 

60  Ml  ÜRain)  (SEBibert  II  c.  5  1.  o.  ©.  156;  ^ermann  bon  9lei((ienau  a.  1049,  äbam  bon 
SSremen,  gesta  IIb.  III  c.  29,  SS  VII  ©.346;  Sambert  bon  ^er^felb,  Annales  ).  3. 
1050;  Annal.  Altahenses  a.  1049;  $efele  S.  734 ff.;  ©teinborff  II  ©.94ff.;  Sangen 
@.  456;  ^a^6  4188).  2)er  Ramp\  gegen  bie  ©imonie  ftanb  auc^  l^ier  im  SSorbergrmib, 
au^erbem  tourbe  bie  ^rieftere^e  unterfagt.    2)er  93ifc^of  ©ibic^o  bon  ©peier  mu|te  fic^ 

66  bon  bem  SSerbadf^t  be«  @l^ebrud^  burd^  ba«  ®otte«geri(^t  ber  9lbenbmal^ld))robe  reinigen. 
Über  9leidf|enau,  2)onauh7örtl^  unb  Slugdburg  ift  ber  $ai)ft  nacfi  Italien  jttrfidtgde^;  jn 
38eil^na((|ten  toar  er  in  3}erona. 

2)ad  ^^ja^r  1050  fül^rt  Seo  junäd^ft  nad^  Unteritalien,   h)o   er  eine  ©^liobe  in 
©alemo  nad^  bem  93eri(f|t  bed  älmatud  bon  ^onte  (Saftno  (IIb.  III   c.  15,  bgL  ßefde 

«0  @.  740,  Sangen  ©.  466)  gegen  ©imonie,  unerlaubte  ®^en  unb  SReineib  Sefc^lüffe  foffcn 


Seo  IX.  383 

Ite^,  tmb  auf  bem  Jtomil  ju  @t))onto,  {übUd^  bom  3Ronte  (Sargano,  jtDei  Srjbtfd^öfe  toegen 
ftmom^ctKt  Secge^  t^  9(mted  entfette  (2Btbert  II  c.  7  ;  @teinborff  II  @.  129;  ^efele 
e.  740).  —  3)ie  brni  55  etjbifcdöfcn  unb  Sifc^öf m  bcfud^te  römtjc^c  SVno*>«  (§«tek  ©.  740  ff. ; 
©teinborff  II ©.  1 19 ff. ;  Saitflen ©. 457 ff. ;  3aff§, Reg. ©.  536 f.), bie  unter  fctnm 9Sorftfeam 
29.  3l))a  QttOQt  fyd,  fe^te  btefe  X^ätigfeit  fort.  2)er  Sann  traf  bie  Sifd^öfe  ber  äSre»  5 
iagnt  (Srödtng  @.  49)  unb  ben  @rafen  ©aufreb  t)on  9lnjou,  beffen  £anb  jugleic^  mit 
hm  gntetbilt  belegt  tourbe,  aucfi  Serengar  t)on  Xourd  h)urbe  esfommunijiert  (bgl.  ben 
91  93b  II  ©.  608,(0);  (Srjbifcf^of  äBibo  bon  SJlailanb  mu^te  ftc^^,  tDa^rfc^einlic^  tt>egen 
ba  XnOoße  ber  ©imonie,  DeranttDorten.  Slu^erbem  erful^r  bie  6o(i6atdgefe|gebung  eine 
toii^tige  ®rta>eiterung,  benn  nac^  Sonijo  (1.  c.  ©.  589)  tourbe  bef((|Iof|en :  tarn  clerici  lo 
quam  laid  abstinerunt  se  a  fornicatorum  sacerdotum  et  levitarum  communione 
(Wirbt,  ^ublijtfSI  ©.  263).  —  3)er  aiufentl^alt  Seo«  in  9lom  n>ar  aber  furj  bemeffen. 
^  ben  folgenben  2Bo(^en  toeilt  er  bereit«  toieber  in  Unteritalien,  Ido  ba«  SSorbringen  ber 
9tormamien  neue  ))o(itif((ie  Jtombinationen  borbereitete  ($ermann  bon  9lei(fienau,  Sl^ronil 
g.3- 1050;  ©teinborff  II  ©.  123—130).  3)ann  rief  i^nbie  auf  2lnfang©et)tember  einberufene  i6 
©Vnobc  )u  aSercelR  ($efele  ®.  749  ff ;  Sangen  ©.  460  ff. ;  3iaff6,  Reg.  ©.  538.)  toieber  nac^  bem 
Slorben.  ©ie  gehört  ju  ben  bogmengefc^id^tticfi  toid^tigften  SSerfammlungen  unf ere«  $c4)fte«. 
3)enn  l^er  ift  Serengar  t)on  Xour«  auf«  neue  Verurteilt  toorben  (t)gl.  b.  9(.  Sb  II  @.  609,  u  ff.) 
imb  ou^erbem  geUmgte  l^ier  jene  fdSftoierige  t^age  ^ur  Se^anblung,  toie  e«  mit  ben  bon 
©imimt^  ertetiten  Orbinationen  ju  galten  fei.  ^atte  Seo  für  ba«  Sorge^en  gegen  20 
Serengar  bie  ©^nobalen  ganj  auf  feiner  Seite,  fo  ftie^  er  ^ier  auf  eine  ftarte  Op))ofttion, 
imb  e«  gelang  ü^m  nic^t,  ben  \>on  i^m  eingenommenen  ©tanb))untt,  ba^  bie  Aonftatierung 
bc«  X^otbeflonbe«  einer  ftmoniftifd^en  Drbination  bie  äßieber^olung  biefe«  ©oiramente« 
erforbcre  (über  bie  Steorbinationen  Seo«  bg(.  ^irbt,  $ubli#it  @.  434),  jur  9lnerlennung 
)it  bringen,  hinter  biefen  großen  Problemen  traten  bie  ^i«2iplinarfaci^en  jurüd,  bo(^  tourbe  26 
ciii  ©treit  be«  $a))fte«  mit  @r}bif((|of  $unfrieb  bon  9lat)enna  über  Siermögen««  unb 
^o^^ettdrec^te  (©teinborff  II  @.  131)  burc^  @u«^enfton  (^ermann  Don  9leic^enau  D.  3. 
1050)  ober  (^lommunifation  (SBibert  II  c.  7)  btefe«  Äircbenfürften  Vorläufig  ertebigt.  — 
Secf olpte  Seo  befUmmte  Stbftcfiten  in  Sejug  auf  bie  franjöftfd^e  itin^e  (Sröd ing  @.  59  f.) 
o^cr  ncfen  il^n  bie  !ßfli((iten  feine«  Si«tum«  ober  fud^te  er  3lnfnü))fungen  jum  @(^u^e  so 
gegen  bte9lonnannen(Amatus  üb.  III  c.  23),  iebenfaU«  }og  er  tDieberum  über  bie  SUi)en. 
Som  20.  Dttober  ab  ift  fein  9(ufentl^(t  in  ^oul  bezeugt. 

älnfong  1051  erfc^ien  Seo  IX.  in  2)eutfc^(anb.  ©eine  ^ufammentünfte  mit  $einri((i  III. 
in  Jtdin,  in  Xrier  unb  bann  nocfi  einmal  an  ^ariä  Steinigung  (2.^bruar)  in  9lug«burg 
(3aff6  ©.540)—  f)xn  untertoarf  fic^  il^m  erjbifd^of  ^unfrieb  oonSRatoenna  (geft.  23.  ober  86 
24.  aiu^uft  be«felben  gal^e«,  bgl.  SBibert  II  c.  7 ;  ©teinborff  II  ©.  138)  —  toaren  po-- 
lid\d)  mdft  untoicfitig,  benn  er  ^  bann  in  ben  nä^ften  Monaten  im^ntereffe  be«Jtaifer« 
bun^  ®e{anbte  auf  eine  SBieber^erfteSung  be«  ^eben«  jtDifc^en  ^eutfcf^lanb  unb  Ungarn 
^jutmrlen  gefuc^t  (©teinborff  11,160). —  9ta^  Siom  jürücf gelehrt,  b<^t  Seo  enblicfi  ba« 
Si«tum  Zorn  au«  ber  $anb  gegeben  (25. 3Jtär),  ^l^ff^  4255) ;  er  mochte  ftc^  in  feinem  3lmt  40 
tdft  fo  gefeftigt  füllen,  ba^  ba«  Offenl^lten  einer  91ücf5ug«linie  nid^t  mel^r  nötig  fd^ien,  aucfi 
ba«  3ntereff(  be«  Si«tum«  felbft  mu^te  ben  Slbfc^lu^  be«  $robiforium«  emt)fel^len.  9tad^folger 
iDuzbe  fein  Aangler,  ber  ^rimiceriu«  Ubo  (SBibert  IIb.  II  c.  8);  Oesta  episcoporum 
TuUensium  c.41,  MG  SS  VIII  ©.645).  9tad^  Dftern,  im  älpril,  tagte  bie  britte  ber 
tMmSeo  berufenen  römifc^en  ©^noben  (^ermann  bon  9teic^enau,  S^ronil  g.  3-1051;  $efele46 
©.768 f.;  ©teinborff  II ©.  161  f.;  gaff^  ©.540);  Sifd^of  ©regor  bon  Siercefli  tourbc  l^ier 
uMid^  f&r  ^toere  Serge^en  e^tommuni^iert,  frciliqi  balb  barauf  nac^  Setoeifen  t)on  dteue 
toi^cr  in  fein  3lmt  einoefe^t  (^ermann  bon  Sleid^enau,  S^ronit  a.  1051).  2)ann  gelangte 
toi^cr  ba«  X^a  ber  Sem)altung  ber  ©aframente  burc^  ©imoniften  )ur  Ser^anblung, 
ober  oucb  ]ei|^  iourbe  leine  Serftönbigung  erjielt,  fo  ba^,  mie  ^etru«  2)amiani  in  feinem  60 
1052  oefc^ebenen  liber  gratissimus  (Dgl.  ben  S.  ^amiani  Sb  IV  ©.  438, 4  ff.)  er^ 
^SSjtt,  i^eo  fcfiliefilid^  fic^  bamit  begnügen  mu^te,  bie  ©^nobalen  ju  bitten,  ©Ott  um  @r» 
Utt^rtung  onjufie^en.  —    Sie  folgenben  SRonate  toar  bie  gante  itraft  be«  $a))fte«  burd^ 

et  ui^ieritalifdSfe  ^olitil  in  Slnfprud^  genommen.  %ixx  feine  älbftcbten  auf  Senet)ent  ge« 
teten  fic^  infolge  Vertreibung  be«  l^ürften  ^anbul))!^  bie  Ser^öltniff e  anf ang«  f 0  günftig,  66 
baft  er  burd^  t)orau«gefanbte  Segaten  ben  Senet)entanem  ben  Xreueib  abnehmen  laffen 
IcmU  (9l))ril),  fift  et  fvif  felbft  auf  ben  2Beg  machte  (Annales  Beneventani  a.  1051, 
MG  SS  m  p.  179 ;  ©teinborff  II  ©.  126  f.).  9lber  nun  galt  c«,  ben  ©efa^ren  ber 
nonnonnifd^  3*^r^n  }u  begegnen.  3^^^^  W  ^^0  t>erfud^t,  burc^  ätnfcfilu^  an  ben 
gfttrficn  äBeimor  bon  ©alemo  unb  ®raf  Srogo,  ba«  ^aupt  ber  a))ultfdf|en  9tormannen,  eo 


384  Seo  IX. 

bie  SrtDerbung  Senebentö  auf  ftieblic^em  SBege  [xif  )u  ftd^ern.  9l6et  biefer  33erfu<^ 
(fieiterte;  ^rogo  h)urbe  am  9.  Sluguft  ermocbet.  t^ortan  tpar  ed  üor,  ba^  bie  Sm 
prüd^e  auf  Senebent  nuc  auf  bem  äSege  ber  ©etualt  buc((i}ufe^en  toaten.  Selbft  nu^ 
gerüftet,   fudbte  er  ^ilfe  bei  ^nig  ^einrid^  I.   bon  %xanhtxd)  unb  Jlaifer  ^einru^  III. 

6  \>on  3)eutfc(|lanb  (3lmatu«  üb.  III  c.  23).  —  3m  ^^fommer  1052  f^at  freilicd  2eo  bann 
bod^  berfucfit,  felbft  ben  iRam^f  mit  ben  9{onnannen  aufjunel^men.  @x  erl^ielt  oucfi  bon 
berfc^iebenen  Seiten  Bl^jug  (älmotud  lib.  III  c.  24),  aber  bermoc^te  nid^t  fein  Qwc  yu^ 
fammenjul^alten  ald  Sieimar  t>on  @alemo  \>on  bem  Unternehmen  ftcfi  audfd^Io^  unb  bem 
Jtrieg  entgegentpirlte  (Stmatu^   lib.  c.  25).    ^iefe  9{ieberlage   tourbe  baburc^   no(^  em« 

10  ))finblidf|er,  ba^  bie  auf  bie  (Srmorbung  SOBeimard  (9lnfang  ^unx)  folgenben  Sertoidebmgen 
ber  ängriff«J)oKtiI  feiner  (Segner  ju  \iaütn  famen  (Steinborff  II  ©.  176  ff.).  SDli^te 
f(flon  biefe  Sachlage  i^m  eine  ))erfönlic^e  SSerftänbigung  mit  bem  beutfd^en  Itaifer  nai^ 
legen,  folam  nod^  ^inju,  ba^Stdnig  Slnbrea^  bon  Ungarn  tbn  eben  je^t  ate  Vermittler  in 
bem  ^rieg  mit  ^einric^  III.  anrief  (^ermann  bon  9leid^enau,  S^ronil  a.  1052).  Sofort  \f(d 

16  Seo  biefem  9luf  ^olge  geleiftet  unb  eilte  in  bad  laif erliefe  Sager  bon  ^re^urg  (3aff6  @.  543). 
6ein  @ingreifen  l^at  bem  beutfd^en  9leic^  leinen  Vorteil  gebracht,  ^enn  cid  ^etnric^  auf 
feinen  91at  bie  Belagerung  ißre^burgd  aufgel^oben  l^atte,  bracfi  ^nig  ätnbreod  Die  bon  i^  ge» 
(eifteten  Verf))red^ungen,  o^ne  ftd^  burd^  bie  9lnbro^ung  bed  Sanned  burc^  ben  $a)>ft  ein« 
fc^üd^tem  ju  lafjen  (©teinborff  II  S.  180  ff.).  —  3)a^  gute  (ginbemel^men  jtoifd^en  $ein* 

2ort((i  unb  Seo  tourbe  aber  burc^  biefen  ungünftigen  9(udgang  bed  ungorifcpen  Unteme^ 
meng  nicf^t  getrübt,  bielmei^r  lehrten  beibe  jufammen  nac^  ^eutfcfilanb  jurücf.  Xnfong 
Obober  mad^ten  fte  in  Siegendburg  ©tation,  too  ber  $a)}ft  bie  2^rand(ation  ber  Sie» 
liquien  bed  ^eiligen  SEBoIfgang  (geft.  995)  in  eine  neue  jtr^pta  boQjog  (DueDen  bei  ©tetm 
borff  II  ©.183  Slnm.  4)  unb  ben©treit  jtoifd^en  bem  bortigen  Älofter  mit  ©iSmmeron 

26  unb  bem  5!(ofter  ©t.  2)enid  in  f^antreid^  über  bie  (Sebeine  bed  ^l.  ^ion^ftud  Xreo^Kigittt 
auffaHenbertoeife  ju  ®unften  be«  erfteren  entfd^ieb  (©teinborff  II  ©.  184ff.;3aff6  4290). 
^er  älufentl^lt  in  Bamberg  am  18.  Ott.  gab  i^m  (Selegenl^eit,  in  bem  ^roge^  )ti^(^ 
^arttoig,  bem  Bifcfiof  biefer  ©tabt,  unb  Bifcfiof  3(balbert  txm  9Bür}burg  hai&  lUtetl  ju 
\pud)m;   Bamberg  blieb  ©ieger  unb  tourbe  au^erbem  burc^  gro^e  (Snabenertoeife  oud« 

80  gejeid^net  (3aff6  4283.  4287).  2)ie  9(nna^me,  ba^  Seo  noc^  am  @nbe  biefed  3Ronal< 
eine  gro^e  ©^nobe  in  SJlainj  abgehalten  l^at  (fo  ©teinborff  II  ©.  180),  ift  obgule^en, 
t)gl.  ^efele  ©.  762,  3!«ff^  p.  543.  —  Über  bie  (Smeuerung  ber  Segation  unb  bcö  aj)oflof 
(ifd^en  Bitariatd  für  (Srjbifd^of  älbalbert  bon  Bremen  unter  bem  6.  3<^u^^  ^^^  (3<^ 
4290),  bgl.  ben  a.  Slbalbert  Bb  I  ©.  149  ff.  unb  Äel^r,  3)a«  ^ribileg  Seo«  IX.  für 

86  Slbalbert  b.  Bremen  (f.  o.) . 

3l(d  ^a^ft  unb  5!aifer  in  SQormd  bad  SOBei^nac^tdfeft  jufammen  feierten,  fam  cd 
jtoifd^en  beiben  ju  ber  toic^tigen  ^bmad^ung,  ba^  ^etnridf^  an  ben  $a))ft  Benebent  unb 
anbered  Sleic^dgut  in  Unteritalien  abtrat,  toogegen  Seo  ben  Slecfiten  ber  römifd^en  ^xcäft 
auf  eine  Steige  bon  ©tiftem  unb  ^löftem  in  ^eutf(^lanb,  Bidtum  Bamberg,  Sbtei  ^ulba  u.  a., 

40  entfagte  (bie  Quellen  bei  ©teinborff  II  ©.  2 14  ff.).  3)er  fflert  biefe«  2:aufc^bertrage«  für 
Seo  ^ing  babon  ab,  ob  ber  beutfc^e  itaifer  i^m  jugleid^  bie  $ilfe  bed  Steige«  gehm^ 
toollte,  biefe  Territorien  gegenüber  ben  92ormannen  ju  be^au^ten.  Slnfänglic^  toor  $einri(^ 
baju  entfd^loflen  (^ermann  b.  Sleid^enau,  S^ronif  a.  1053;  Annales  Romani  MO  SSV 
p.  473).  älber  Bifd^of  ©eb^arb  bon  (Sic^ftäbt  erreid^te  ed,  fo  berichtet  Seo  bon  Wonte  Safmo 

46  (Hb.  II  c.  81,  SS  VIII  p.  184),  bafe  bad  bereit«  auf  bem  9Rarjc(i  nac^  Italien  befmb* 
lid^e  $eer  ^urütfberufen  tourbe.  2lmmer^in  befanb  fidE^  ja^lreid^e  beutfc^e  ÜKonnfd^aft,  hf 
fonber«  au^  ©(^toaben,  in  ber  Umgebung  be«  $a))fte«,  al«  biefer  im  ^ruar  1053  mif 
^ialxzn  jurüdRe^rte. 

3)ie  3^t  f^"w  (Srfolge  toar  borüber.  311«  er  in  3Jlantua  am  21.  gebruor  ben  lom* 

fiobarbif^en  (Spifto))at,  ber  feinen  9leformbeftrebungen  fid^  toenig  jugänglic^  ertoiefen  ^atlt, 
ju  einer  ©^nobe  bereiniate  (SBibert  lib.  2  c.  8 ;  §efele  ©.  768),  fam  e«  )u  tumultuari« 
fd(ien  ©cenen,  bie  jebe  Sler^anblung  unmöglid^  matten  unb  fogar  ba«  Seben  be«  $a))^ 
bebro^ten.  3lai)  ber  (bierten)  römtfc^cn  Dfterf^nobe  im  älpril  (3Ranft  XIX  p.  657; 
©teinborff  II  ©.  285  f. ;   ^efele  ©.  763),   bon  ber  nur  belannt  ift,   ba|   auf  i^  ber 

66  $atriar((i  2)ominicu«  bon  ©rabo  (^)leu'9lquileia)  mit  feinen  9lnf))rü((ien  auf  ^fttxm  unb 
Benetien  gegen  ben  9$atriarc^en  ©otebolb  bon  ^aul  (ällt^^älquileja)  burc^brong,  rü^ 
[xi)  Seo  ju  bem  entfcpeibenben  ©^lag  gegen  bie  Slormannen.  2Bo^l  fanben  in  ben  fofr 
genben  SBoc^en  noi)  Ber^anblungen  ftatt,  aber  fie  fd^eiterten.  ©4on  bie  Qdflaä^t  bei 
Sibitate  in  bem  normannifc^en  9li)ulien  (über  ben  Ort  ber  ©d^lad^t  ^einemann  a.  o.  0. 

60  ©.  140  f.  unb  9(nm.  21  ©.  366)  am  18.  ^uni  brachte  bie  @ntf($eibung,   ba«  p&f^ 


Seo  IX.  386 

lic^  ^cer  toutbe  no^u  aufgerieben,  £eo  IX.  felbft  fiel  in  bie  §änbe  ber  geinbe  (Steine 
borff  II  ©.  236  ff. ;  gangen  ©.  470  f.).  ?5aft  9  SKonate  ift  er  al«  il^r  Äriegggefangenet 
in  SBenebent  feftgel^ten  toorben,  aber  o^ne  33erfe^r«bef(i^rän!ungen  unterworfen  ju  fein. 
Ungebeugt  burc^  bad  „©otte^erid^f'  bon  Sibitate,  l^at  er  ftd^  h)eiter  bemüht,  ba^  griec^ifc^e 
Jtotferrei^  unb  2)eutf(f|lanb  ^u  einer  großen  9lftion  geaen  bie  9lormannen  aufzubieten  6 
(Steinborff  II  ©.  252  ff.),  fretlic(i  ol^ne  fein  ^xA  gu  erreichen.  —  2)ie  Sorgen  ber  großen 
^olttil  ^ben  t^  nid^t  obgel^alten,  t)on  93enet)ent  aui  am  17.  ^ejember  1053  in  bie 
inneren  Ängelegenl^eiten  ber  norbafrifanifc^en  Äird^e  einzugreifen.  ®r  t^at  e^  gum  ©c^u§ 
ber  9Retro))ole  Sart^go,  beren  Steckte  bon  bem  Sifd^of  bon  @ummita  toiberred^tlic^  be^ 
eintroc^tigt  tourben  unb  erreid^te,  ba^  in  feinem  9(uftrag  ein  ^robinjiadonjil  jufammentrat,  lo 
bog  ßart^go«  Siechte  anerlannte  (Söjf^  4304. 4305).  —  Über  ben  burcf^  ben  bulgarifcf^en  ©rj* 
btf(^of  Seo  bon  9tc(^riba  eröffneten  Ram!p\  jtoifd^en  ©riechen  unb  Dccientalen  unb  ben  baraud 
fid^  ergebenben  S3ru(^  jtoifd^en  Siom  unb  ^i)mii  bg(.  ben  9lrtifel  (Saerulariuig  93b  III 
©.  620.  —  ffiibert  toeife  (lib.  II  c.  12,  SBatterid^  ©.  166)  ju  berid^ten,  bafe  Seo 
toa^renb  feinet  benebentanifcfien  Slufent^alt^  emften  ©tubien  unb  intenfU)en  a^fe- 16 
tif(^  Übungen  [\i)  l^ingegeben  ^ai.  911^  er  gefä^rlic^  erfranite,  tourbe  feiner  ^ixiUf^x 
nadf  9lom  lein  ^inbemid  in  ben  2Beg  gelegt.  9lm  12.  ^ärj  berlie^  er  93enet)ent, 
am  19.  aipril  ift  er  in  SRom  berfcf^ieben  (©teinborff  II  ©.  267  änm.  5;  3aff6 
©.  548). 

fficr  ?ßontifiIat  Seo«  IX.  umfaßt  nur  toenige  ^af^x^,  Slbcr  inncrl^alb  biefer  furjen  20 
epaxvnt  3«t  ^Kit  er  e«  berftanben,  bem  römifd^en  Primat  in  ber  abenblänbifd^en  ßl^riftens 
^it  eine  Xcfitung  gebietenbe  ^ofition  )u  erobern,  ^at  il^m  neue  unb  uniberfole  aufgaben 
gqet^  unb  bur^  bie  (Sinfü^rung  bed  ^feubo-iftborifd^en  9lec^td  in  ba«  )}raltifd^e  Seben 
ber  Äirc^  bie  fjJätere  SDäeltmac^tfteHung  be«  $aj)fttumg  unter  ®regor  VII.  vorbereitet. 
©eine  oudgebe^en  Sleifen  toaren  ein  loo^Iertoogene«  SKittel,  mit  ben  toerfd^iebenen  2^eilen  25 
ber  Jltxc^e  in  )9erfönlt(^en  Jbntatt  ju  treten,  unb  bie  ^Ret^obe,  mit  feinen  ^efud^en  ßird^« 
toalfym  unb  a;ran«Iationen  ju  berbinben,  ^at  baburc^,  ba^  biefe  jWie  ber  großen  3Raffe 
(Selegen^it  boten,  bad  Qauüpt  ber  itircbe  }u  fe^en,  nid^t  nur  bie  Popularität  btefed  einen 
$<4>fted  geftetgert,  fonbem  jugleicfi  ba«  ^reftige  be«  $c4)fttum«  al«  ^nftitution.  SSon  nid^t 
geringerer  Sebeutung  toar  bie  Sleubelebung  unb  au«gefta(tung  be«  ©^nobaltoefenö.  3)enn  30 
unter  feiner  Seitung  fmb  bie  ©^noben  toieber  a:räger  unb  3Jlittel})unfte  be«  lird^lid^en 
Seben«  getoorben,  fie  ertoiefen  ftd^  jugleit^  ate  braud^bare«  SDlittel,  ben  gufammen^ang 
be«  (gl)tffo}>atd  mit  bem  ©tu^Ie  $etri  ju  feäftigen  bcgtt).  neu  ju  beleben ;  bor  allem  gilt 
bieg  t>on  ben  burd^  il^n  in«  Seben  gerufenen  Ofterf^noben  in  SWom.  3luc^  bie  mannig* 
fac^  9u«}et((inungen,  bie  Seo  bei  feinen  9{eifen  ju  getoö^ren  ))flegte,  übten  biefe  2Birlung  35 
ou«,  nii^  mtnber  bie  ©elool^n^eit,  \>on  ergebenen  ?ßrälaten,  toie  j.  8.  ßrjbifc^of  ^altnarb 
bon  S^on,  erjbifc(|of  $ugo  bon  Sefangon,  2lbt  §ugo  toon  ßlun^,  fid^  begleiten  ju  laffen. 
2)0^  totr  in  biefen  ÜRa^nal^men  ein  planmäßige«  SSorge^en  be«  ^apfte«  ju  erblitfen  ^aben, 
tonn  letnem  Rtoeifel  unterliegen.  Sluf  bie  geitaenoffen  ^at  biefe  2:enbem  jur  ßentrali* 
fotiim  ber  fird^lid^  SSertoaltung  jebod^  nic^t  aufregenb  gemirft.  ^enn  fte  kombinierte  fxi)  40 
mit  einem  energifc(ien  auftreten  gegen  ba«  Safter  ber©imonie  unb  bie  ©itte  ber  $riefter= 
d^,  in  benen  bie  Äreife  ber  lluniacenftfc^en  SRcformpartei  bie  größten  ©efa^ren  be«  firc^« 
fiAm  Seben«  erblidten.  Seo  roax  ber  3Sertrauen«mann  biefer  ©ruppe,  al«  er  ben  pap\U 
Kcptn  ©tu^I  befdeg,  unb  l^at  bie  auf  i^n  t)on  i^rerSeite  gefegten  Hoffnungen  in  t)ollem 
Umfang  erfüllt,  ^enn  in  il^m  ^aben  itluniacenfertum  unb  ^opfttum  ftd^  al«  auf  einanber  45 
ongenriefene  ©rößen  erfannt  unb  berbünbct.  —  SKuc^  lonnte  bon  einer  toirtlid^en  Se« 
broi^ung  ber  ©elbftftänbigleit  be«  Spiflopat«  unter  Seo  IX.  nod^  nid^t  bie  9{ebe  fein  — 
a(«  er  am  2. 3Beid(inad^t«tag  be«  l^a^re«  1052  in  3Raxm  einen  ^ialonen  abfegte,  meil  er 
xüift  in  römifc^  lonart  fang,  ^at  ber  bortige  6ribifd9of  biefen  eingriff  enctgifd^  unb 
mit  Srfolg  §urüd(geh)iefen  — ,  ebenfotoenig  bon  einer  aggreffioen  SRic^tung  gegen  ben  50 
toeUIic^  ©toot  ®«  laffen  ftd^  too^l  Slnfä^e  baju  fonftatieren  unb  bie  5letme  bon 
Sectmtfetungen,  aber  fie  tamen  nodfi  nic^t  }ur  Entfaltung  unb  ba«  9}er^ältni«  ^u 
$einn(^  III.  toar  nid^t  getrübt  burc(i  bie  (Srienntni«  eine«  grunbfä^lid^en  ©egenfa^e«.  — 
^reilid^  bnefponbiert  biefen  Seiftungen  eine  ju  ftarle  Eingabe  an  bie  italicnifd^e  2:erri* 
toriolpolitil  unb  bie  @inleitung  be«  großen  @c^i«ma«.  Slber  e«  barf  nid^t  über-  55 
fe^  loecben,  boft  ber  eintritt  biefer  Äataftrop^e  ba«  grgebni«  einer  3[fl^^^"nberte  um- 
faffenben  SnttDidelung  getoefen  ift  unb  fotveit  überhaupt  bie  bamal«  ^anbelnben  ^erjönltc^^ 
teiten  t>erantSi>ortli((i  gemacfit  toerben  tonnen,  ni^t  fo  fe^r  Seo  IX.  )ur  Saft  fällt,  al«  feinen 
Vertretern.  —  ©<^on  $ermann  bon  Seic^enau  (S^ronif  a.  1034)  tociß  bon  5öunbem,  bie 
an  feinem  (Srabe  gefc^en,  unb  2)eftberiu«  t)on  3RonU  Saftno  fd^reibt  (Dialogi  lib.  III,  go 

flMMactOoMMt  fir  Z^IoaU  imb  ttM^  8.  0.  II.  25 


386  Seo  IX.  Seo  X. 

SBatterid^  I  p.  95) :  A  quo  omnia  ecclesiastica  studia  renovata  et  restaurata  no- 
vaque  lux  mundo  visa  est  exoriri.  ttrnrl  VülthU 

Seo  X.,  $at)[t  Don  1513—1521.  —  ßittcratur:  «gl.  bic Angaben  ju  3uliu«  IL 
unb  ^abrian  VI.    ^ugcrbcm:  Leonis  X.  P.  M.  Regesta  ed.  ^crgcnröt^cr,  ghcbg.  1884—91 

6  (Fase.  1—8),  rcid&t  nur  big  16.  Oft.  1515,  tolrb  nicöt  fortgcfcft;  ®q^,  Documenti  riguar- 
danti  öiuliano  de  Medici  ed  ü  Papa  Leone  X.  1844;  3ot)iu8,  De  vita  Leonis  X.  1.  IV, 
1548  u.  ö.;  gabroniu«,  Vita  Leonis  X.  1797;  SRoScoe,  The  life  and  pontificate  of  Leo  X. 
2.  SluSg.  1806  u.  ö.  (beutf*  1818);  ?lubin,  Histde  I^onX,  1844  (bcutf*  1845);  S)aiiboIo, 
II  secolo  di  Leone  X.,  3  SBbc,  1861 ;  ^Immirato,  Ritratti  di  uomini  illustri  dl  casa  Medici, 

I0(0pu8c.  III,  [1642]);  g-abronl,  Leonis  X  Vita,  ^ifo  1797;  (©cmbo)  Epistolarum  Leo- 
nis X.  P.  M.  nomine  scriptarum  U.  XVI,  ©afcl  1539,  »cn.  1729. 

OioDanni  be'  5roebid,  jtoeiter  ©ol^n  bc«  Sorenjo  il  5roa0mfico,  tourbe  am  11.  ^e^ 
jembcr  1475  in  gloreng  geboren.  3n  frül^efter  S^ßcnb  bem  geiftlic^en  ©tonbe  befttmmt, 
erl^ielt  er  1482  bie  Sonfur,  1488  unb  1484  Don  Subtoig  XI.  bon  granlreid^  unb  ©tj« 

16  tug  IV.  bie  Slbteien  Fönte  dolce  unb  5ßafftgnano  unb  anbere  5ßfrünbcn,  todl^renb  ber 
$a))ft  bie  Ernennung  bed  8iä^ngen  Knaben  ^um  Sr^bifd^of  Don  9lts  ^u  DoD^te^en  bo(^ 
SBAenlen  trug,  dagegen  gelang  e«  bem  SJoter,  ju  eaeid^en,  boj  3"«^ceni  VIII.  unta 
bem  7.  ^}J{är^  1489  ben  im  14.  Seben^ia^re  ©tel^enben  in  petto  jum  5tarbinaIbiaIon 
ernannte,  mit  ber  Sefc^ränhmg,  ba^  il^m  bie  Slbjeic^en  feiner  SBürbe  anzulegen  erft  vKxSf 

ao  brei  ^Qi)xm  geftottet  fein  foHe.  gnjtoifd^en  tourbe  feine  ®rjtel^ung  DoDenbct  —  toie  ^otte 
fte  anberd  als  burd^au^  auf  l^umamftifc^er  ©runblage  gefü^  toerben  fönnen?  2)er 
g(än;enbfte  unter  ben  Kennern  ber  Kaffifd^en  Sitteratur,  9lngelo  ^oßjtano,  bad  ^^^  ^ 
))Iatontfd^en  ällabemte  3){arftIio  ^cino,  ber  p^Uof opl^tfc^  unb  tl^eo(ogtf^  gebtibete  H^tco  bcDa 
SRtranboIa  bejetd^nen  nebft  bem  fpöteren  Jlarbinal  ^emarbo  SoDtjjt,  genannt  Sibbieno, 

25  ben  Jlrei^,  in  toeld^em  ber  begabte  ©pro^  bed  mebtceifc^en  $aufed  feine  SUbung  eni)>fing. 
3n  ben  ^a\)xm  1489  big  1491  Re^  berSJater  il^n  bann  tn^ßtfa  bem©tubtum  bcrSi^ 
logie  unb  bed  lanonifc^en  Sled^ted  obliegen  unter  ^t^o  unb  Sartolomeo  ©ojjini  —  eine 
3ett,  auf  toeld^e  $ergenr5t^er  bad  £ob  begtel^t,  toelc^e^  ®regor  Sortefe  i^m  in  einem  an 
xi)n  felbft  gerid^teten  S3riefe  erteilt:  castissime  superata  adolescentia,  Juventus  acta 

80  gravissime  atque  sanctissime  (Epist.,  Venet.  1573,  p.  249). 

9}on  5pifa  jurürf,  trat  ©ioDanni  mit  bem  nun  in  giefole  im  SKorj  1492  erfolgten 
einlegen  ber  Jlarbinatötnftgnten  aud^  in  eine  öffentliche  ^^ötigleit  ein.  3u^^^f^  ^^  ^ 
nac^  Sflom;  feinen  333eg  über  ^ßaffignano,  ©tena,  9lcquaj)enbente,  SSiterbo  unb  Sracciono, 
übrigen«  bie  getoö^nlidbe  ©tra^e,  Verfolgen  toir  an  ber  $anb  ber  Slegeften  (f.  o.)  —  am 

85  22.  üRär^  traf  er  in  9^om  ein  unb  fd^on  unter  bem  25.  fc^reibt  er  an  ben  33ater  loon 
feiner  Slufnal^me  unb  erften  Slubienj  bei  gnnocenj  VIII.  ®ie  emfte  unb  bebeutfome 
Slnttoort,  lurj  bor  Sorenjo«  3^obe  öerfa^t,  giebt  Slo^coe,  Appendix  LXVI.  2)er  9^# 
übertoie«  t^m  ben  Xitel  t)on  S.  Maria  in  Domnica  unb  übertrug  i^m  noc^  im  ifyvi 
eine  Segation  im  Patrimonium,    ^n  ^miltenangelegenl^etten  nac^  ^loren^  gereift,  er^elt 

40  er  im  ^uli  bie  9lad^ric^t  k)om  Xobe  ^nnocen^'  VIII.,  lehrte  nac^  Stom  ^urüd  ux(b  no^m 
an  bem  5{onIlak)e  teil,  au«  toel^em  nad^  htr^er  3^^  —  freiließ  fel^r  gegen  ben  SBun((^ 
bc«  5!Kebici  —  älesanbcr  VI.  al«  ^ajjft  l^erborgmg.  SSom  äuguft  1492  bi«  jur  3Je^ 
treibung  ber  SJlebici  au«  ^lorenj  1494  befanb  er  fid^  in  ber  SSaterftabt  (Slmmiroto,  Ri- 
tratti p.  64)-  in  ben  näd^ften  gai^ren  toec^felt  fein  2luf enthalt:  überSSenebtg  reifte  ernoi^ 

46  2)eutj(^Ianb,  glanbem  unb  granfrcic^,  bi«  er  1500  nac^  Slom  gurürf^ulel^ren  für  geboten 
fanb.  gjlit  bem  ^Regierungsantritt  ^uliu«'  II.  (1503)  fteigt  be«  aRebici  ®Iüdt  unb  »m 
fe^en  bei  ber  jturie.  @«  traf  ftd^  dünftig  für  tl^n,  ba^  be«  $a))fte«  angelegentKc^^ 
©treben,  fein  eigene«  @efd^lec^t  )u  l(^eben  unb  ben  Jlird^enftaat  ju  t)ergrö^em,  ftc^  jugletd^ 
mit  ben  Sntereffen  ber3Rcbici  inglorenj  förbem  liej^;  fo  fteigen  biefe,  toä^renb  bie  übrigen 

50  mittelitalienifd^en  ©efd^lcd^ter,  Drfini,  ßolonna,  33itetti,  Saglioni,  SRalatefta  ftnfen,  JDoju 
fam,  ba^  im  fjeiligen  ÄoHegium  leiner  fa^,  ben  fc^on  9lame  unb  $erlunft  f o  fe^  )u  einem 
^Pfleger  unb  Sefc^ü^er  ber  Äunft  unb  Sitteratur  präbeftimert  \)atitn  toie  i^n,  fo  ba^  er 
fic^  aud^  barin  mit  bem  ianu«föpftgen  2luliu«  II.  begegnete.  Sßenn  aQerbing«  erft  ber  me^ 
btceifd^e  $a))ft  Seo  X.  bem  3^italter  ben  9^amen  gegeben  l^at,  fo  ftnb  bo^  oUe  mo^geben^ 

55  ben  Seben«öu^erungen  ber  l^umaniftifd^en  Stid^tung  bereit«  t)on  bem  mebicetfd^en  fiorbtnalc 
geförbert  unb  getoiRerma^en  berföri)ert  toorben.  3"  bemerfen«toertem  ^ertoortreten  ml} 
aufeen  l^in  fam  e«  in  ben  erften  ^a\)xm  bei  bem  jungen  Äarbinale  auA  unter  ^uliu«!!. 
nid^t.  @rft  mit  bem  3al;re  1509,  al«  ber  $at)ft  i^m  bie  Segation  in  9o(oana  übertntgi 
fd^ien  bie  @elegenl^eit  p   na^en,  bag  ber  ffarbinal,   an  bie  ©))i(e   ber  ©4lüffeIfoIbatm 

60  gefteQt,  mit  biefen  aud^  in  ber  ^eimat  ba«  mebiceifc^e  Stegiment  toieber  aufrichten  Kraie. 


Seo  X.  387 

96a  boiS  (Gegenteil  foKte  erfolgen:  bte  ®cl^(acl^t  Don  Siabenna,  am  11.  9())n(  1512, 
brod^te  ber  ))äipftltc^en  @treitmac^t  eine  )D'6UxQt  Stteberlage  —  ber  Aarbinol  ^Hebtet  felbft 
tourbe  gefangen  genommen  unb  nad^  ^Railanb  gebracht  $ier  tpar  il^m  t)on  neuem  ba$ 
®Iüdf  günftig:  ntc^t  aDetn  lonnte  er  feinem  pötjftlid^en  §erm,  gegenüber  ben  toentg  ga^t 
reichen  Xetlnd^mem  an  bem  nad^  SRailonb  übergeführten  einft  in  $ifa  eröffneten  ^eformlongil  5 
bte  &fnipaä^\m  ber  S3ebölterung  tpa^ren,  toö^renb  bad  ßongil  je^n  ^ge  nac^  ber  @d^laq^t 
bei  Slabenna  beffen  !Kbfet»ing  betretiert  l^atte,  fonbem  e^  ge(ang  i^m  aud^,  bei  bem  lieber« 
f(^teiten  bed  $0  untoeit  iBafftgnano  ben  ^angof en  ut  entnommen  unb  ^loreng  ju  erreid^en, 
too  eben  mit  $ilfe  be^  5Paj)fte«  bie  ^errfd^aft  ber  9Kebici  lieber  eiugerid^tet  Sorben  tvax, 
@d  kiKtr  bad  tur)  nac^  ber  ^zxt,  afö  ^u^iu^  Hv  um  einen  töblid^en  @c^Iag  gegen  bad  10 
t>erl^^e  Pfaner  5lonju  gu  führen,  feinerfeit«  imüRai  1512  ein  ,,9leformIonjiI"  im  fiateran 
eröffnet  ^e  (f.  b.ä.3uliugII.»bIX©.624,is).  3n  glorenj  trafen  ber  5ßa»)ft  unb  ber 
jtorbinal  im  @et>tember  1512  jufammen  —  ber  (entere  fte^t  nunmehr  auf  bem  ®i})fel 
bed  Srfolged  na^  ungeai^nter  SBenbung  feine«  Sc^iqal«  unb  be«®efc^ide«  feiner  «^mtlie. 

Unb  noc^  ^öl^er  foDte  eine  fd^on  nal^e  3"'"«!^  ^^  fteigen  fe^en.  am  21.  §ebruar  15 
1513  flarb  ^[utiu«  II.  9(u«  bem  fel^r  htnen,  nur  bom  4.  bi«  11.  ^drj  bauemben 
Jlonflabe  ging  ber  jtarbinal  ^Rebici,  bod^  nad^  l^artem  ^amp^e,  al«  ®eh}äi;lter  berbor:  er 
tmirbe  $a))|i  mit  38  3^^*  3^  ^^  ^gen,  aU  er  jum  J{ontIat)e  nac^  Stom  eilte, 
batte  man  in  ^ren)  ben  Seiter  einer  SSerfc^mörung  gegen  ba«  $au«  ^Rebici,  $ietro  $aoIo 
äodcoU,  Eingerüstet  —  fo  ftanb  bie  Steftauration  ber  ^milie  bop))e(t  gefeftigt  ba,  geftü^t  20 
ie^  auf  bie  SRac^t  unb  ba«  ftaatdmännifd^e  ®efd^id(  be«  erften  mebiceifd^en  $a))fte«.  ^n 
9lom  unb  too  immer  bie  ^arte  ^uft  feine«  93orgänger«  em)}funben  tporben  tpar,  na^m 
man  bte  äBa^I  mit  ^ubA  auf.  ^ejeid^nenb  ift,  ba^  bie  bon  i^m  befd^toorene  3Ba]^lfc4)i« 
tulatton  bie  äSerpflicStung  m  einer  Steform  ber  Jlurie  (nic^t:  ber  Jtirdj^e)  an  ^avüpt  unb 
©liAem  in  fic^  fc^lofe  (ögl.  fte  bei  $öfler,  3ur  Rritil  ic.  Äarfe  V.  in  ben  3)enlfc^r.  ber  35 
SBtener  Sttob.  $^U.  ^ifi  61.  XXVII,  215).  3)ocS  fanb  borläufig,  toa«  man  öon  bem 
neuen  $a)>fte  erjöi^lte,  bielfacS®lauben:  „Godiamoci  11  papato",  foKte  er  gefagt  ^aben, 
„pieh^  Dio  ce  l'ha  dato"  —  fo  berid^tet  ber  SSenetianer  5Dlarino  ®iorgio  in  feiner 
pyRelazione"  bei  SOberi,  Ser.  II,  vol.  III,  51 ;  $rato  in  ber  Storia  Milanese  p.  405 
giebt  bod  SBort  in  ber  t^fjung :  „Attendiamo  a  godere  e  facciamo  bene  alli  nostri."  ao 

SHe  Jtrbnung  fanb  mit  au^erorbentlic^em  $om))e  ftatt;  eine  genaue  S3efd^reibung, 
audf  bte  ,,motti"  auf  ben  Slriumpl^bogen  unb  fonfttpo  auf  ben  ©trafen  angebrad^t,  giebt 
ein  ®leid|^)eitiger  Cßenni,  Narrazione  delle  Pompe  etc.,  $tfa  1846;  bgl.  9^o«coe, 
Appendix  LXX).  Sofort  fal^  ber  neue  $a))ft  fic^  in  ba$  t^m  unliebfame  aber  unum^ 
gängTu^  (Srbteil  ))olitifd^er  SRad^inationen  berftridt.  9Qie  fe^r  aud^  bie  Webici  frül^er  85 
gcUgentüc^  ben  ^anjofen  ju  2)anf  k)er))flicStet  toaren,  fo  fd^lug  Seo  bod^  ein  iSünbnids 
anerbieten  Subtpigd  XI.,  beffen  @bi$^  fic^  S^9^  ^^^  $^og  SRafftmiliano  ©forja  in 
SRatlonb  richtete,  aud:  er  faJ^,  ba^  fof ortige  ^efe^ung  bon  $arma  unb^iacenja  bie^olge 
fein  tofirbe  unb  tooQte  biefe  @täbte  einer  })ä))ftlicl^en  Seft^nal^me  borbe^alten.  ^eboc^  lehnte 
€t  ed  au^f  ob,  in  bie  ,,l^eUige''  Sigue  einzutreten,  toeld^e  bamald  ^einric^  VIII.  t)on  Sng«  40 
bmb  mit  f^erbinanb  bem  JtatJ^oIifc^en  unb  SRafftmiliano  Sforza  abfd^lo^  (t)gl.  93retoer, 
Calendar  of  State  Papers  I,  3766;  3807;  3863;  3876)  unb  beren  erfter  ©rfolg  in 
ha  t>5Qigen  Slieberlage  berf^an^ofen  burc^  bie  Sc^toei^er  Xru))))en  bc^^erjog^  bet9lot)ara 
am  6.  3uni  1513  beftanb. 

3n)tpif(^  f^te  auc^  bie  burd^  Seod  93orgänger  ind  2BerI  gefcfete  groge  9{Ition  auf  45 
bem  ttn^Ititet  ®ebiete  —  bie  Jötberung  ber  „Sleform"  burd^  bag  Sateranfonjil  —  i^ren 
SB<B  \^  *w  26.  3l))ril  fanb  bie  fec^fte  ©i^ung  ftatt  —  frettid^  über  allgemeine  ?pi^raf en 
tNm  ber  Serberbt^eit  ber  3^ten  rc.  tarn  man  nid^t  ^inau^.  SUd  beantragt  tourbe,  bte 
„obtDefenbcn'',  b.  ^.  bie  franjöfifc^cn  (fd^i^matifd^en),  Äarbinäle  ju  citieren  unb  bei  3l\d)U 
esf^^inen  ftreng  gqjen  fte  borjugel^en,  gab  bie  Jlurie  barauf  feine  ä(nth)ort,  unb  al^  gar  so 
bc^  Setlangen  bmt  tpurbe,  ben  ^ranjofen  bie  $ragmatifd^e  Sanftion  ju  fünbigen,  toeigerte 
ha  $i4^  pc^  «ttfc^ieben :  er  looUe,  fo  fagte  er  feinem  (Sercmonienmeifter  $art«  be  ©rafft«, 
gegen  ^fnmlreid^  keinerlei  Schritte  tl[^un.  Übrigem^  maren  im  ®e^eimen  löngft  S^er^anb^ 
Ittttgcn  mit  ben  fc^idmatifd^en  Jtarbinölen  im  ®ange  —  al«  bie  7.  @i(ung  am  17.  ^uni 
mfosnmentrat,  tonnte  bie  Untertoerfung  eine«  6art)aial  unb  @anfek)erino  mitgeteilt  h)erben.  66 
2>tefe  bciben  ^ü^er  ber  Op})ofttion  mürben  nac^  befonberem  S3ugaft  h)ieber  unter  bie 
3a^(  ha  Jtarbinole  aufgenommen,  toie  fel^r  aud^  ber  fbanifd^e  unb  ber  beutfd^c  Orator 
beim  ^Mptc  bagegen  remonftrierten.  Sembo  jeigte  in  fc^tDülftigem  Satein  ber  3BcIt  an, 
ba|  hau  Sc^idma  fein  (Snbe  gefunben  l^abe  (Epist.  Leonis  X.,  III,  21  an  ^la^tmilian, 
27.  Siuxd).    S>ad  toar  unleugbar  ein  bebeutenber  @rfolg  be«  kon^il«,   jumal   auc^  Sub^^  er 

25* 


388  fieo  X. 

tptg  XI.  ftd^  k)Dn  bem  „Conciliabulum"  (o^fagte.  Über  einen  jtpeiten,  auf  gan^  onberem 
®ebiete  liegenben,  SSefc^lu^  l)at  gelegentlid^  £ut^er  ftc^  abtöutg  au^efproc^,  nämlu^ 
über  bie  ilonftitution  au«  bem  2)ejember  1513  gegen  bie  Seugnung  ber  Unfterblic^Ieit  ber 
©eele  („apostolici  Regiminis"  im  Bull.  Rom.  ed.  Taur.  V,  p.  601  f.).  9JatürKc^  fyd 
5  Sut^er  gegen  ben  ^nf)(dt  ni^tö  einptoenben,  aber  ^  erfd^eint  i^m  al«  bejetc^nenb,  bo^ 
man  auf  bem  Ronjil  bie  3^  't>am\i  berfc^toenbet  l(^abe,  folc^e  felbjtoerftönbli^e  SDefini» 
tionen  gu  geben,  h)o  boc^  jal^Uofe  ^i^änbe  in  ber  Jtirc^e  gebieterifc^  SKb^Ufe  forberten 
(gütiger  an  ben  d^riftl.  äbel,  ^erau«geg.  öon  Senratl^,  $atte  1883,  ©.  36,  baju  anm.  60). 
Unb  bod^  fnnnte  eine  berartige  2)e^nition  in  Slnbetrac^t  ber  Q^a^t  aU  toic^ttg  unb  noU 

lotoenbig  erfc^einen:  in  ber  3:l^at  \)at  biefelbe  ben  l^umaniftifc^en  5Paj)ft  entlaftet  bon  jebcr 
Seranttportung  für  antid^rifUid^e  @£trat)agamen  berer,  beren  SUbungdgrunb  unb  beren 
^ntereffen  er  fonft  teilte  unb  in  tpeitem  Umfang  förberte.  @o  ^at  e«  auc^  $tco  beOa 
^iranbola  t)erftanben  (t)gl.  beffen  Examen  vanitatis  doctr.  gentium  I,  p.  514). 
Übrigen«  ge^t  ba«  Konjil  tpeit  über  ben  93ereic^  jener  einen  ^age  l^inau«;   bert^  unb 

15  georbnet  toirb  nid^t  aOein  ber  fpejietle  Unterricht  in  ber  $f^c^ologie,  fonbem  e«  tptrb  u.  o. 
feftgefe^t,  bag  für  bie  Xl^eologie  ba«  gefamte  ))l^iIofop^ifc^e  unb  Utterarifc^e  ))ro)>äbeutif(^e 
@tubium  nid^t  (önger  al«  fünf  2la^re  bauem  unb  bann  ba«  t)on  2)ogmatif  unb  taxum^ 
fd^em  Siechte  folgen  foU  (bgl.  Sla^nalbu«  Annales  ad  a.  1513,  §§  72.  72;  §efele,  ßonc» 
®efd^.  VIII,  ©.  586  f.).    9lun  aber  bie  SReformfrage.    3n  ben  »efc^lüjfen  bed  Sateron* 

20  lonjil«  be)h).  ben  auf  fie  geftü^en  ober  bei  ®elegenl[^eit  be«  ^onjitö  ergangenen  SuQcn 
begegnet  bie  Sleform  ber  jturie  gtpeimal,  unb  gtpar  gur  ad^ten  unb  neunten  ©i^ung.  S)ie 
33efc|lüjfe  ber  erften  (ögl.  $efele,  a.  a.  D.  ©.  588  f.)  befd^ränlen  ftc^  auf  Slegeümg  ber 
Xa^en,  9(bfte(Iung  t)on  älmtdmigbrduc^en  unb  tpenben  ftd^  befonberd  gegen  Srpreffungen, 
tpie  bie  oberen  unb  unteren  Beamten  fte  ju  üben  pflegten,  ^ie  anberen  gej^en  t)ieltDetta: 

25  })kx  ^anbelt  e«  ftc^  um  bie  93ef^ung  ber  ^ö^eren  Jlird^enämter,  um  SRittel  unb  9Bege, 
bie  SUal[^len,  $oftulationen  unb  ^robifionen  bem  ^Ri^brauc^ .  unb  ©c^ad^er  ^u  enljie^, 
um  bie  Sntfe^ung  unb  Granulation  t)on  93ifd^öfen  unb  äbten,  um  ^efert>attonen  unb 
2)i«})enfationen ;  für  bie  Slmtdfü^rung  unb  ba«  Seben  unb  äluftreten  ber  Jtorbinäle  toeiten 
im  }h)eiten,  über  ba«  ber  ^erifer  unb  ©laubigen  in^emein  im  britten  2^e  ftrenge  Sor< 

30  fd^riften  gegeben.  9lud^  bei  ben  f olgenben  ©i^ungen  tamen  fo  jal^lreic^e  Stef ormDorWläge 
gur  Srlebigung  unb  teilh)eife  jur  befinitiben  ^eftfteUung  in  SuQenform,  ba^  man  £eo  X. 
ba«  B^^d^^i^  9^^^^  ^^if  f^^^^  SBal[^lfa))itulation  l^at  er  formell  geJ^alten.  Ilnberd  freiließ 
toürbe  bie  StnttDort  auf  bie  e^age  lauten,  intoietpeit  benn  nun  ba«  SSerlangen  ber  S^riftem 
^eit  nad^  grünblid^er  Sleform  ber  Äird^e  baburc^  befriebigt  toorben  fei,  toel^en  (Srfolg  biefe 

85  äemül^ungen  gelobt  f)ahtn.  ^öfler  meint,  menn  bie  9leformt)orfc^läge  imb  Snorbnungen 
be^  Sateranlonjik  nur  burd^g^l^rt  toorben  toären,  fo  ^ötte  e«  feiner  toeiteren  Steformo» 
tion  beburft  unb  Sutl^erd  äluftreten  tpäre  gegenftanb^lod  getporben.  äBenn  ed  fic^  bei 
biefem  lebiglid^  um  Slbftellung  getDiffer  3Ri^bräud^e  ael^anbelt  ^ätte,  fo  möchte  $öfler  ntc^t 
Unred^t  ^aben.    älber  t)on  bem,  h)ad  ben  Mittelpunkt  ber  Sieformation  Sut^erd  au^moc^t 

40  unb  toa^  i^r  i^re  93ered^tigung  unb  ^lottoenbigfeit  felbft  in  jenem  ^aQe  noc^  gegebot  ^oüe 
—  bon  tiefgreifenber  religiöfer  SrtoedEung,  bon  ^infü^rung  ber  ©eelen  ju  (Sott  —  tft  in 
all  ben  Vorlagen,  Ronfiitutionen  unb  SSullen  leine  Siebe;  nur  ^ier  unb  ba,  3.  9.  in  ber 
©d^lu^ft^ung  am  16.  Mör^  1517,  beutet  einmal  ein  Stebner  barauf  l^in,  too  aDein  bie 
ClueQe  aller  ^JBei^^eit  unb  Sefferung  }u  {ud^en  fei:   in  ber  Eingabe  an  bad  StHmgelium, 

45  toeil  au^  i^m  alle  ©rfenntniffe  unb  aUe  Xugcnbcn  crflie^en. 

ätld  £eo  X.  bad  ^on^il  feierlid^  befd^log,  mochte  e^  i^m  jelbft  ntc^t  verborgen  fein, 
h)ic  h?enig  all  bie  ©efc^e  bem  Seformbebürfnijfe  ber  G^riftenl^eit  genügen  tdnnten  unb 
genügen  n^ürben.  3luf  etn^  freilid^  fonnte  er  l^intpeifen:  ba^  ©c^idma  tDor  befinttik)  unb 
öffentlid^  befeitigt  —  aber  ba«  h?ar  fc^on  t)orl(^er  burd^   unl((eilbare  innere  5lranl^eit  bem 

öoXobe  gur  93eute  gefallen,  ^er  $apft  {c^log  ba^^on^il  in  einer  3^^^  politifc^er  Erregung: 
t^ance^co  Waria  bella  Stöbere  fammelte  bon  ^antua  au«  Gruppen,  um  bo«  ^etjogtum 
Urbino  h)ieber  ju  erobern,  unb  auc^  ber  $erjog  bon  genara  begünftigte  fein  Untemel^men. 
3lad)  langem  ^in-  unb  $er^ic^en  fanb  ber  ^^Japft  im  ©eptember  1517  einen  frtebfu^en 
9lu«gleic^  biefe«  läd^erlid^  geworbenen  Kriege«  um  Urbino,  jai^lte  ben  ©ölbnem  Slobmd 

56  ben  rücfftänbigen  2ol}n  unb  ftd^erte  bem  jungen  Sorenjo  be'  SKebici  bon  neuem  bie  ^etr« 
fd^aft.  Siobere  freilid^  glaubte  feinen  äln^öngem  im  ^erjogtum  bie  SSerfic^erung  geben  )tt 
fönnen,  bag  er  nac^  bemGobe  be«$apfte«  h)ieber  tommen  unb  bie  ^errfc^aft  übemdbmen 
Iberbe  —  ba^u  l^abe  Äönig  ^anj  I.  bon  ^anfreid^  ii^m  feine  $ilfe  gugefagt  (bgL  De  Sebo, 
Storia  di  Carlo  V.  ...  I,  253  nad^  ©anuto).    211«  biefer  untemei^mung«luftige  ^en> 

t»o  fetter  am  1.  Januar  1515  ben  X^ron  beftiegen  ^atte,  toar  i^m  bon  2eo  X.  einSöi&nid 


Seo  X.  389 

angeboten  tootben  imter  ber  Sebingung,  bafe  er  ctntoiHige,  9fJeaJ)eI  unter  ba§  §au§  ÜKebici 
}u  bringen,  ©eine  38eigerung  ^atte  ben  $a))ft  t)eran(a|t,  ber  antifranjöftjd^en  Stga  beis 
antreten.  2)er  ©ieg  be^  Äönig«  bei  SKorignano  im  ©ejjtember  b.  3-  brachte  jebo^  einen 
Ser^Ieic^  bei  ))erfönlicl^er  Sefpred^ung  ber  beiben  in  93ologna  )u  3Bege,  mit  bem  bem 
Stdntge  günftigen  Siefubate,  bag  bie  $auptfä|^e  ber  $ragmatifc^en  ©qnftion  (f.  b.)  au^  5 
gehoben,  bem  Jlönige  Die  Ernennung  aller  ^r^bifd^öfe,  93ifc^öfe  unb  äJibte  in  ^anfreid^ 
jugefianben,  bagegen  bie  9(nnaten  unb  öi^nlic^e  @efäÖe  ber  ^urie  überh)iefen  tourben.  @o 
toarb  bog  erfte  Itonlorbat  mit  einem  franjöfifc^en  ^errfd^er  abgefd^Ioffen  —  ein  Überein^ 
brnmen,  fo>el(^ed  ben  alten  ^eil^eiten  ber  bortigen  ßirc^e  ein  @nbe  machte  unb  ben  l^öd^ften 
UntoiQen  im  Sanbe  l^ert)orrief.  lo 

Sine  fernere,  für  ben  5ßaj)ft  aud^  })erfönfid^  gefäl^rlid^e  SScrtoidfelung  löfte  biefe  Slltion 
ob:  unter  feinem  ©d^u^e  l^atte  SRaffaele  ^ßetrucci  ben  Sorgl^efe  ^etrucci  au«  ©tena  ber* 
trieben  unb  ftc^  felbft  an  bie  ©pi^e  gebrad^t.  35er  Vertriebene  [tiftete  eine  SSerfd^toörung 
an j  fein  Sruber,  Jtorbinal  ädfonfo  $etrucä,  na^m  e«  auf  ftd^,  ben  $a))ft  ermorben  ju 
loffen  —  fo  fyiütn  2fö»nilieninterief[en  bie  ©tellung  biefe«  SKanne«,  ber  einft  befonber«  ib 
toarm  für  bie  38a^l  be«  SRebici  ^um  $a))fte  eingetreten  toar,  in  i^  (Gegenteil  t)erfe^rt. 
®er  3Rorbanfc^Iag  tourbe  berraten,  ^ßetrucd  l^ingerid^tet,  einige  anbere  Äarbinöle,  ©auR, 
©oberini,  9liario,  bie  mit  l^inein  Dertuidelt  baren,  lie^  ber  $a))ft  nad^  S^^^^d  ^^8^ 
teurer  ©elbfummen  —  Sliario  jal^lte  150000  3)ufaten  —  lieber  frei  (3JuR  1517).  .Um 
fidf  eine  ergebenere  ©d^r  im  ^eiligen  JtoKegium  }u  fd^affen,  ernannte  er  mit  einem  ©d^(age  ao 
31  5larbinäle  —  500000  3)ulaten  fotten  baburc^  ber  pöjjftlid^en  Äaffe  jugefloffen   fein. 

2eo  X.  füllte  fid^,  nacbbem  bie  beiben  bunfeln  333otfen  jerftreut  toaren,  auf  ber  §öl^e 
fetner  Stacht  9Q3te  fo  manche  feiner  SSorgänger  fa^te  er  je^t  aud^  Jtreu}}ug«))(äne,  freiließ 
in  bem  mobifijierten  Umfange,  toie  bie  gortfd^ritte  ber  Spürten  in  Suropa  fie  an  bie  ©anb 
gaben.  @in  augemeine«  Sünbni«  foDte  bem  ©ultan  ©elim  entgegengefteDt,  eine  9umee  26 
unter  bem  ilaifer  unb  bem  Jtönige  Don  ^anfreid^  gefammeh,  Snglanb,  ©))anien  unb 
Portugal  —  SSenebig  lie^  er  au«  bem  ©piele,  loeil  mit  JJranlrei^  )u  fe^r  Derfeinbet  — 
foDte  bie  )ur  Sroberung  Jtonftantino})e(«  nötige  ^(otte  fteuen.  ^an^  I.  jeigte  fic^  nidbt 
abgeneigt,  toünjc^te  ober  borl^er  ben  $apft  unb  fein  ipau«  bauemb  in  ba«  fran^öftfcpe 
SnUreffe  pi  «e^  burc^  eine  §eirat  Wifd^en  ÜKabeleine  be  la  a;our,  einer  5JJrinjeffm  ao 
föniglic^  ©dblüte«,  unb  bem  $er}og  menjo  Don  Urbino.  93on  ben  beiben  ^rojetten 
lom  h(k  eine,  ber  ftreugjug,  niq^t  ju  ftanbe;  ba«  anbere  tourbe  Dertoirllid^te,  aber  ber 
^eirot  folgte  fc^on  1519  ber  2ob  ber  beiben  Sl^egatten  —  bie  l^interlaffene  iod^ter  be« 
fo  balb  i)erflorbenen  5ßaare«  toar  Äatl^arina  be'  TOcbici,  Jlönigin  bon  granlreid^,  unl^eitooHen 
(9ebenten«.  85 

SEBoJS^renb  bie  Agitation  unb  bie  ©elbfammlungen  für  ben  3ug  gegen  bie  a;ürfen  (ob 
bad  $roieIt  emfUid^  gemeint  fei,  tourbe  ftart  bejmeifelt)  begonnen  Ratten,  trat  in^eutfd^- 
(onb  ein  Sreigni«  ein,  toe(d^e«,  ol^ne  ba^  Seo  X.  e«  al^nte,  bie  gefamte  ©teKung  be« 
$a)>fitum«  önbem  fottte  —  bie  bon  5roartln  Sutl^er  erhobene  D))})ofttion.  Siafe  Seo  X. 
tetn  Serfiänbni«  für  bie  Xragtoeite  berfelben  gel^abt,  totrb  ben  nid^t  tounbem,  toelc^er  4o 
beobo^ftet,  loie  fid^  alle  ^ereffen  be«  $a))fte«  unb  ber  ^urie  um  fragen  breiten,  bie  mit 
ber  bon  Sutl^  in  ben  SSorbergrunb  gefteHten  religiöfen  grage  nid^t«  gu  tl^un  l^aben. 
IfyüSädflidf  aber  begeic^net  be«  9teformator«  Sluftreten  in  feiner  Siüdtoirfung  auf  ba« 
$a)>fitum  ben  $unft,  too  auc^  beffen  ©d^toer))unft  ftc^  toieber  berlegt,  t)on  Sßinfetgügen 
unb  Kombinationen  im  Stallen  ber  italientfc^en  ober  aud^  ber  europäifd^en  $o(itiI  auf  46 
bo«  lin^lic^  ®ebiet  im  engeren  ©inne,  too  Sted^enfc^aft  geforbert  totrb  barüber,  tote  ba« 
ant>ertraute  religidfe  $funb  bom  $a))fttum  DertoaUet  toorben  fei. 

Über  ba«  antilutj^erifd^e  SJorge^cn  Seo«  X.  toirb  ber  2lrt.  Sut^er  2lu«Iunft  geben, 
toie  über  feine  SKtion  in  bem  ^eud^Knfd^en  $anbel  ber  9(rt.  9ieud^(in.  $ier  mag  noc^ 
btr)  ba«  SBeiterjc^reiten  be«  $a))fte«  auf  ber  93al^n  gejeid^net  toerben,  auf  toelc^er  toir  60 
t^  bi«^er  begleitet  l^en.  31m  12.  S^ttwör  1519  ftarb  Äaifer  5roajimilian,  ol^ne  bafe  e« 
lim  oebmgen  toar,  feinen  @nlel  Karl  bon  ©))anien  gum  beutfd^^en  5laifer  toä^Ien  gu  Iaf[en. 
3)ie  ^fürften  naiven  ju  i^er  Steigerung  ben  93ortoanb,  einem  nid^t  gehonten  {onbem 
nur  „ertoä^Iten  römifd^en  Äaifer"  —  ba«  toar  ber  Sitcl,  ben  5!KajimUtan  ftd^  beigelegt 
^tte  —  lönne  ju  Sebaeiten  ein  ?Rad^foIger  nid^t  beftimmt  toerben.  Unb  al«  nun  uKajis  66 
milton  bie  Jlrönung  nacptrögßd^  nad^fuc^te,  toetgerte  fid^  Seo,  fie  in  3)eutfd^(anb  pi  OoOgieben 
oba  einen  ÄriJnung«Iegaten  ju  fcnben,  toä^renb  ^ang  I.  ben  333eg  nad^  Italien  i)erlegte. 
©0  f^floanlte  nun  bie  SBaI;l  gtoifd^en  %tani  unb  Staxl  —  beibe  bem  $c^fte  nid^t  genehm, 
toeil  be^  fc^on  )u  mächtig.  2)a  er  aber  mannte,  ba^  bie  2Bal^l  5larl«  ftd^er  toax,  fd^Io^ 
er  fc^on  unter  bem  17.  Januar  eine  ge][^eime  Slbmad^ung  mit  il^m  gegen  ^anfreid^  —  oo 


390  £eo  X.  £eo  XU. 

eine  äJeretnBarung,  bie  il^n  jtDor  nid^t  l^inberte,  tpteber  bop))elted  ®))tel  3U  Derfud^,  bte 
aber  bod^  fd^Ite^Iid^  p  einem  umfajfenben  SBunbe^  unb  ^ilf^ectrage  füJ^e  (29.  3Rai 
1521,  olfo  tpäl^renb  ber  3Bonn{er  Steic^tag^Derl^anblungen).  3$erfc^Iagenl^eit  unb  hinter« 
Italien  gel^örte  eben  jum  bi))lomatifd^en  ^anbtpert;   nod^  lange  nac^  Seod  Xobe  berichtet 

6  ber  benetianifd^e  Drator  9(ntonto  Suriono  ein  baeid^nenbed  Ißort  über  i^ :  $a))ft  £eo 
))flegte  m  fagen,  toenn  man  mit  bem  @inen  ein  ^ünbnid  gefc^loffen  l^abe,  fo  brandet  man 
barum  boc^  ntc^t  baDon  ab)u(af[en,  mit  bemSlnbem  entgegengefe|te  g^tereffen  SSecfolgen^ 
ben  aud^  ju  ber^anbeln  (Sllberi,  Relazioni  ser.  II,  III,  p.  290).  ,,@ine  fo  gtpeijüngige 
?PoKtiI/'  fagt  Slanle  (5Pät)[te  I,  6.  äufl.  [1874]  ©.  56),  „entfrrana  i^m  au«  ber  ©teOung, 

10  in  ber  er  fid^  befanb.''  @r  tpar  nid^t  fo  unbebeutenb,  bei  bem  Aam))fe  ber  beiben  über^ 
(egenen  ©etoalten  neutral  bleiben  ju  bürfen;  er  toar  aud^  nic^t  mächtig  genug,  ein  ent^ 
fcfeibenbe«  ©etoic^t  in  bie  SBagfc^ole  ju  toerfen.  ©ein  Siebling^lan  blieb,  bem  Rvcdfm* 
ftaot  $arma  unb  ^tacenja,  toomöglid^  auc^  ^^ara  ^ingujufügen ;  bad  le^tere  3U  über» 
rumpeln  toöre  i^m  betna^Snbe  1519,  afö  $er)og  Sllfonfo  Iranf  lag,  gelungen,  ^njtoifc^ 

15  na^m  Seo  mit  Perugia  borlieb,  beffen  „X^rann''  ®ian))olo  S3aglioni  einem  geJ^mni^oDen 
^ro^effe  in  Äom  gum  Djjfer  pel  (®regorot)iud,  a.  a.  D.  VIII  [1872]  ©.  243  f.).  Senen 
Siebling$))lan  l^at  Seo  nid^t  au^gufübren  Dermoc^t.  D^nel^in  gab  bad  ^^ortfc^etten  ber 
reformatorifd^en  S3etoegung  in  2)eutfc9lanb  feinen  legten  ^Ra^a^men  eine  anbere  Stic^tung. 
3lad^  ben  betannten  erfolglos  gebliebenen  SSermittelung^berfuc^en  \pxa6^  er  am  15.  ^unt 

20  1520  ben  93ann  über  Sutl^er  au^  —  am  3.  Januar  1521  bot  er  i^n  in  ber  toenia  be» 
ad^teten  S3uÜe  Cum  sicut  erneuert,  ^ngtoifd^en  l^atten  bie  SSerl^ältniffe  ben  äBittenberger 
3R5nd^  unb  fein  3BerI  gu  einem  geh)id(^tigen  ^attor  in  ber  ^olitil  j^ifc^en  Äaifer  unb 
$a))ft  ^erantoac^fen  laffen :  bemd^nenb  ift,  ba|  unter  bem  nämlichen  &atum,  toelcped  bad 
SBormfer  @bi{t  trögt  (3.  3Rax  1521),  ber  neue  Sünbnidenttourf  jtoifc^en  Seo  unb  tUxd 

25  bel^ufi^  ber  £o^rei^ung  3Railanbd  unb  ®enua^  untergetc^net  tourbe  —  ba  fte^t  aud^  bie 
93eftimmung,  ba^  $arma  unb  ^iacenga  „ber  Jlirc^e''  jufaDen  unb  ber  Jtaifer  bem  ^Mie 
bei  ber  ©roberung  gerrara^  bel^ilflic^  fein  fott  (Oregoroöiu^,  a.  a.  O.  ©.  255  f.).  xAt 
älftion  begann  fdpon  im  ^uni;  Don  il^ren  langfam  reifenben  ^d^ten  —  ber  Srobenmg 
t)on  3Railanb,  bem  ^^e  ^iacenga^,  bann  $armad  —  l^at  Seo  noc^  iRac^ric^t  erl^en, 

80  aber  fein  @nbe  toar  nal^e:  am  1.  Segember  fd^on  ereilte  tl^n  ber  ^b.  3Ran  \pxadf  toie 
fo  oft  t)on  ®ift.  ©eine  ©laubiger  jammerten;  aber  feine  ^nbe  jubelten  unb  riefen  ü^m 
bad  Epigramm  nac^,  toelc^ed  einft  auf  Sonifatiu^  VIII.  geprägt  toorben  toor:  toie  ein 
%u(!^  bift  bu  l^ereingefd^lid^en,  toie  ein  Sötoe  l^aft  bu  regiert,  toie  ein  ^unb  ^aft  bu  ge^ 
enbet.    „92id^t  nur  aU  ber  glanjDoOfte,  aud^  old  ber  glüdflic^fte  ber  ^ßöpfte  ift  Seo  X.  ber 

85  ^ittoelt  toie  ^tad^toelt  erfd^ienen.  Unb  boc^  toagte  fd^on  ein  3^i^8^(^ff^  (SSalerianud,  De 
litteratorum  infellcitate  I,  13)  in  il^m  bad  Silb  eined  ©terblic^en  )u  fe^,  ber  in 
SQBal^rl^eit  tief  unglüdflic^  getoefen  fei.  (Sine  unj^eilbare  Äranl^eit,  6jil,  ®efangenf<^ 
^einbfd^aften,  SJerfd^toörung  öon  Äarbinälen,  Äriege,  enblic^  ber  SJerluft  foft  oller  feiner 
^äc^ften  unb  ^eunbe  k)erbun{elten  bie  genu^reid^en  ^ge  biefe^  ^apfte^  . . .    3)ie  P&tdft 

40  felbft  lie^  Seo  X.  am  2lbgrunb  be«  JJerberben^  ftel^en.  ©eine  d^riftlic^e  9lufgabe  begnff 
er  nid^t,  toeil  er  toie  aQe  Stenaiffancepöpfte  bie  @r5ge  be^  $abfttum$  mit  jener  ber  SMft 
felbft  k)ertoe(^felte,  unb  biefe  römifd^e  SSerfölfd^ung  bed  d^riftlidt^en  ^beal^,  ber  längfte  wib 
fc^rcdElic^fte  aDer  Sertürner  ber  ^äpfte,  erzeugte  bie  beutfd^e  Sieformation"  (Oregorortu«, 
a.  a.  D.  VIII,  XIV,  3).  »e«wrt|* 

46         fieo  XI.,  ^Papft,  gctoä^lt  1.  Spril,  geft.  27.  april  1605.  —  @.  af^anfc,  «apflea 

©.  210  (6.?lufl.  1874):  SBrofcft,  ®cf(^.  b.  J^irc^enftaateö;  ^etrucettl  beOa  ©attina,  Histdipl. 
des  Conclaves  IL  ©.  404  ff.  (1864). 

9lad^  bem  2;obe  Stemen«'  VIII.,  b.  5. 3Wärj  1605,  berbanb  ftc^  im  ÄonHabe  ber  Äorbinol 
ätbobranbini  ate  gül^rer  ber  Italiener  mit  ben  franjöfifd^en  Äarbinölen  unb  fe^e  fo  gegen 

50  ben  au^brüdElic^cn  3Bunfd^  bed  ^önigd  bon  ©k)anien  einen  SRebici,  Srjbifc^of  t)on  ^lorenL 
SSertoanbten  ber  Königin  bon  granfrcid^,  burcp,  toeld^er  im  ^inblirf  auf  ben  erfien^p 
ani  feinem  ©efd^led^te  ben  92amen  Seo  XI.  toäl^lte.  ^er  fo  balbige  3;ob  biefed  ^^i^ 
liefe  bod^  beffen  Söa^l,  für  bie  ©einrieb  IV.  300000  ^us  geobfert  baben  fott,  äU  r«^ 
teuer  ertauft  erfd^cinen.    „3Ran  be^aui)tet,"  fagt  SRanlc,  „ber  ©ebanfe  feiner  Sßürbe,  bä 

66  Oefü^l  ber  ©c^toierigfeit  feine«  2lmte«  l^abe  feine  alteröfd^toac^en  Seben^Iräfte  bottenb« 
erbrüd^t.''  »enrtt|. 

Seo  XII.,  5Pat)ft  bon  1823—1829.  —  Sittcratur:  «[rtaub  be  SWontor,  Hietoiie 
du  Pape  I^on  XII.,  2  93be,  ^ari«  1843  (^erf.  mx  @efret«r  ber  franjöf.  ©cfanbtf^aft  in 
Üipni);   ©euerer,  ^ißapft  £eu  XII.  1844  (bcutfdje  ^arbeitung  be«  oor.);   Äöberle,  Seo  XIL 


£eo  Xn.  391 

unb  b.  (S^ift  ber  röm.  ^ierarcgie,  1846  (1.  Sab  eined  bilettantifd^en  ,,9}om  unter  ben  legten 
3  ^fipften"  betitelten  SBerfed ;  enthält  u.  q.  eine  oud  nl^i^ä^itigen  iBericbten  jufammengefteate 
G^ronif  ber  einzelnen  diegierungSja^re  uon  bent  bur4  ben  ^itel  bejet^neten  ©efttbtdioinfel 
aud);  Gipoletta,  Memorie  polit.  sui  CoDclavi  .  .  .  Milano  1663;  SBunfen,  ^enffc^rift  üom 
13.  3)ea.  1823  über  bie  Solgen  bcS  St^ronme^JclS  in:  ^\ppo%  ©unfenl,  @.  507— 523  (ügl.  6 
baju  9JlppoIb,  9leuefte  Ä.®ef*i(6te  II,  @.  768  ff.),  meldje«  3BerI  überhaupt  ju  ücrgleidjen  ift ; 
(Sbateaubrianb,  Mdmoires  d^outre-tombe,  1850,  VIII;  ^iobari,  Vitae  Pontiff.  Rom.  PüVI., 
Pii  Vn.,  Leonis  XII.  etc.,  1840;  SBifeman  (^arb.),  (Erinnerungen  an  bie  4  legten  ^äpfte 
(beutf(ft  tjon  9ieuf(ft)  3.  «ufloge  1864;  S^ielfen,  S)ie  römif(^e  5fir(^e  im  19.  Saör^unbert 
(bcutj*  t)on  Wltftelfen)  1878  (i);  '?fl\p\>oib,  ^anbbudj  ber  i^eueften  Ä.®ef(6i4te  93b  II  (1883)  lo 
©•  70—79;  fftanh,  4&ift.  biogr.  ©tubien  (öef.  5B.  XL)  1877,  @.  143-157;  t).  9leumont, 
(»ef*.  b.  6tabt  «om  III,  2  (1870)  @.  679  ff.;  ©rof«,  ®efc^.  bc8  Äirc^enftaateg,  II  (1881) 
S.  308  ff. 

2eo  XII.  —  fein  SRame  toor  ännibole  bella  ©enga  —  Ipurbe  am  28.  ©ct)tember 
1823,  nad^bem  bad  ftonüabe  fünf  38oc^en  gebauert  l^atte,  getpäl^b.  Sofort  nad)  ber  15 
2^nbefteigung  übertrug  er  bad  Staat^fetretariot,  \Ddd)^  btd  ba^tn  ber  il^m  perfönlic^ 
fetnblidjie  ßonfoltn  (f.  ben  ärt.  S3b  IV  ©.  269  ff.)  inne  gehabt,  an  ben  ac^tjtgiöi^rigen 
Äotbinol  bcttaSomaglia  —  bie  „3^^^"**"  triumj)l^ierten,  fie  l^atten  fid^  in  bem  burc^ 
fte  in  ber  SBo^I  Siegreichen  ntd(^t  getäufd^t.  ^n  ber  %\)at,  nod)  \)attt  Sonfolbi  bie  9lugen 
ntc^t  gefd^IoÄen,  ol^  tief  eingreifenbe  ^nberungen  in  ber  SSertoaltung  be^  ^irc^enftaated  20 
eingefü^  tottrben.  Seine  ^a^geln  tragen  aUe  ben  Sl^aralter,  ben  ber  „^tUmü^mn^" 
übtä^ccipt  trug:  Jttrd^Iid^ed  unb  SBeltltc^ed  im  Seben  ber  Bürger,  in  ber  ^urtöbiltton 
unb  wo  immer  in  ber  9lrt  gu  berbinben  begtt?.  inetnanber  ju  tpirren,  ba|  ftrc^lid^e 
®runbfd^e  ouc^  im  anberen  ®ebiet  ftetd  )ur  @eltung  lommen.  ^^Unglüdlid^enueife/' 
fogt  9Tof(^  0.  a.  D.  S.  808  ,,trug  er  tirc^Iic^e  ^ntereffen  überaD  l^inein,  aud^  ^0  fte  25 
ni^t  ^ingebi^rten.  ^I^m  tpar  ber  Staat  nur  bie  ^orm,  in  bie  geiftüc^en  @el^a(t  ya 
bringen  aufgäbe  ber  Slegierung  fei."  So  erweiterte  £eo  bie  bifti^öflicpe  Suridbiltion  in 
Sit^iljac^,  erfe^te  bie  JtoDegialtribunale  burc^  SingeMc^ter,  befd^rönhe  bie  $rok)in2a(räte, 
^ob  fte  bann  auf,  befd^ränhe  bad  Srbrec^t  ber  ^auen,  machte  einen  äSerfud^  gur  SBieberJ^er- 
ßeOung  bed  Se^ndtoefend  unb  ber  Saronialgeric^tdbarteit,  l^ob  bie  obUgatorifd^e  Sc^u^^  so 
6(attemimt)fung  toieber  auf  unb  fe^e  bel^ufd  Sittenreform  eine  befonbere  Jtommiffton  gur 
Seaufftc^tigung  ein.  Sold^e  3)la^nal^men,  an  ftc^  fd^on  in  Weiten  Greifen  3Biberf^ruc^ 
^auiforbemb,  litten,  ba  Seo  nid^t  aKed  überf e^en  unb  f ontroKieren  fonnte,  nod^  bie  üble 
^Ige,  ba|  jk^  eine  förmlit^e  9tebenregierung  bilbete,  bie  i^n  bon  ftd^  abl^öngig  mad^te 
unb  bie  toopl  tou^te,  ba^  bad  ftd^erfte  SRittel  eine  Sad^e  burd^gufe^en,  barin  beftanb,  fte  35 
in  ber  ,,ge^örigen  geiftlitpen  ^üDe"  borjubringen.  Slnbererfeitd  l^at  biefer  5Pa))ft  in  feiner 
mit  fünfi&l^gen  Slegierung  boc^  eine  älnga^l  tpol^ltl^ätig  Wirtenber  3RagregeIn  getroffen. 
2)en  überjo^lreic^en  Seamtenftanb  im  ßirc^enftaat  berminberte  er,  lontroQierte  i^n  auc^ 
fAoifa  bun^  eine  fog.  93igiIangsJtommiffu>n  (^Rottiproprio  bom  27.  ^bruar  1826),  ber 
oOe  Seomten  bid  gum  Segaten  l^inauf  Sled^enfd^aft  fc^ulbig  Waren  —  Woburd^  freilid^  in  40 
beten  9lei^  Ungufrieben^eit  erregt  tpurbe.  ^ie  bon  feinem  SSorgdnger  begonnene  Ste« 
oiqganifatiim  bed  Stubientoefend  ber  93eamten  führte  er  weiter;  bie  römifc^en  äBoJ^It^ötig- 
teittoiftalten  fuc^te  er  neu  gu  orbnen.  ^er  ^nangtage  bedStaated  Wibmete  er  perfönlid^ 
Sorgfalt  —  aber  boc^  War  nur  bie«  ber  ©rfolg,  ba^  er  ba«  einft  burd^  ßonfalbi  georb- 
nete  Jinongtoejen  in  Wieber  f el^r  berWirrtem  3u[tanbe  l^interlaffen  l^at.  3)elrete  ju  Ounftcn  45 
ba  ^oQen*,  äeinen^  unb  Seibeninbuftrie  t)on  })ä))ftlic^er  Seite  geigen  gute  9(bftd^ten, 
imiten  ober  gong  fonberbar  an,  Weil  fonft  nid^t«  Q^^clI),  um  bem  großen  ©eWerbebetrieb 
ober  bem  ^onbel  bie  S3a^n  gu  eröffnen,  gm  ©egenteil,  2eo«  3Wa^regeIn  gegen  bie  guben 
tantiten  ^ier  fe^  ftörenb.  ®ie  Slbfperrung  betfelben  in  befonbere  Quartiere  (©^etti)  fe^te 
et  tmebet  in  j&aft,  nad^bem  fte  unter  ber  frangöftfd^en  $errfd^aft  befeitigt  Worben  War.  so 
J>ai  füt  ben  Umfang  be«  Äird^enftaatc«  mit  ©iltigleit  bom  20.  5Robember  1826  ab  er= 
laffene  2)elret  Wie«  bie  Quben  an,  bon  Sonnenuntergang  big  «Slufgang  fid^  in  il^rem 
CUiottiete  gu  ^ten;  ba«  SRed^t,  Eigentum  gu  erwerben,  Würbe  i^nen  abgef})roc^en;  Se^ 
(e^tun8«))r&igten  beiguWol^nen,  wie  fte  inStom  in  einer  bem  füblid^en  Eingang  be«(l)^etto 
gegenübet  liegenben  Deinen  ßird^e  gel^alten  Würben,  gWang  er  fte;  aQe  gal^re  mußten  fte  66 
am  etfiten  Jtcmtebafötage  bot  bem  Senator  bonStom  erfd^emen  unb  für  ein  Weitere«  gal^r 
2)tt{bung  etfle^.  2)ie  Steteren  unter  ben  ^uben  wanberten  barauf^in  au«,  gogen  nac^ 
TMtana,  ber  Somborbei,  JJenebig  ober  S^rieft  —  bie  Slrmen  mad^ten  bie  SBer^äUniffe  im 
ititc^fiaat  nodf  btüdenber. 

@tne  befotü)ere  Sßtion  fe^te  ber  $apft  in  ber  Slomagna  in  Scene,   um  bort   bie  eo 
GdUn,  b.  ff.  bie  rabtialen  ))otitif d^en  Parteien,  gu  bemid^ten.    @r  fanbte  (bgl.  93rofc^, 


392  £eo  XU. 

a.  a.  D.  ®.  309  f.)  1825  ben  Jtarbmal  9itt>oroIa  old  Segaten  a  latere  nad^  9labenna 
unb  rüftete  ü^n  mit  foiU)eräner  ^a^tt)oIIIommenl^ett  aud:  ol^ne  aerid^tltd^e  SSeri^anblung 
nad^  @utbünlm  unb  gel^eimer  Unterfud^ung  foK  er  [trafen.  3la£  breimonatlul^em  9lut< 
enthalt  l^at  er  608  5ßerfonen  berurteÜt,  7  jur  3:obegftrafe,  13  ju  lebenglonglic^  S^ong^ 

5  arbeit,  41  ju  [old^er  in  S)auer  Don  3—20  ^c^xm  u.  f.  to.  229  tourben  jtoar  enttaffen, 
aber  unter  bie  ftrengfte  älufftd^t  geftedt:  fte  burften  ftd^  nid^t  Don  bem  angeh)iefenen  äLuf« 
ent^olt^orte  (domicilio  coatto)  entfernen;  aOe  14  Xage  mußten  fte  ftd^  Dor  bem^olijei^ 
inf))e!tor  fteKen,  aUe  3)2onate  beid^ten  u.  bgl.  2)er  Segat  lie^  baneben  auc^  auf  öffent^: 
liefen  $(ä|en  ^u^rebtgten  l^alten,  ftiftete  heiraten  jtoifc^en  ben  9lnge^örigen  bo:  ftc^  be» 

10  fel^benben  ©eften,  befonberg  ben  ©onfebiften  unb  ben  ßarbonori  in  ^föenjo.  35ag  ^f  oDeS 
nid^t  —  ein  SKorbDerfud^  auf  Slibarola  beranlafete  biefen  felber  jur  ^ni^t  ©a  fc^idtte 
2eo  XII.  eine  aufecrorbentlid^e  Äommiffion  unter  3Konfignor  Sttbemijji  in  bie  SRomagna.  3)cr 
Jud^te  burd^  ein  loeitberjloeigte«  2)enunjiationgfbftem  bem  Übel  beuulommen  —  bolb  über? 
füllten  ftdb  bie  Äerler,  fo  bafe  in  Älöftem  unb  5ßaläften  eine  Unteminft  für  bie  SJcrbäc^fs 

15  tigen  gefcpaffen  toerben  mu^te :  fieben  tourben  in  9lat)enna  gel^öngt ;  bie  Seichen  Iie|  man 
afö  abtc^redfenbe«  Seifpiel  ^toölf  ©tunben  am  Oalgen.  S)ann  änberte  3nt)emiai  fein 
©Vftem:  er  \>^pxai)  äSerjeilung  ben  9leuigen,  toenn  fie  nur  freitpiQig  befennen  tooDten. 
3:aufenbe  Don  Garbonari  mad^ten  babon  ©ebraud^  —  um  fo  unberföl^nlid^er  foDte  bie 
Äad^e  ber  ©anfebiften  fie  fpöter  Verfolgen. 

20  Sin  abfonberlid^er  aber  bejeid^nenber  SKifegriff  J)affierte  bem  ?Pat)fte  mit  einem  3ÖÖ' 
Knge  ber  ^ßropaganba,  bem  aug  Sägfcjjten  ftammenben  ßaf^iur.  2)erfdbe  tou^e  ©louben 
baran  ju  ertoedfen,  ba^  SKel^met  Slli  il^n  afö  Sijd^of  eineg  neuen  ©i§e«  im  Sereic^  be« 
alten  ^em))l^id  l^aben  tooKe  unb  ba^  eine  toettreid^enbe  Unterwerfung  unter  9{om  bie 
golge  babon  fein  loerbe.  Seo  toeil^te  ben  Setrüger  jum  SSifd^of .  Auf  ber  SReiJe  jeboc^  tourbe 

25  ber  SSetrug  bem  mitgegebenen  ©elretär  ber  ?Propaganba  et)ibent  —  ßafl^iur  toorb  jurüct 
gefü^,  begrabiert,  m  leben^Iänglid^er  §aft  im  Äerfer  be«  ©ant'  Uffi^io  Verurteilt  unb 
erft  1849  gelegentlich  ber  geloaltfamen  SRäumung  biefe«  Äerferö  in  grei^eit  gefefet. 

Seo^  ^erl^aßen  ^u  bem  toa^  nid^t  ben  Jtird^enftaat  ober  bie  lat^olifd^eftird^  angebt, 
läfet  fid^  au«  ber  erften  ©nc^Htla,  toeld^e  am  3.5Kai  1824,  getoifjermaften  al«  Programm 

80  erlafjen  tourbe,  erlennen.  SJerbammt  iüirb  ba  junöd^ft  bie  ftd^  bie  „})I^UofoJ)]^ifc^"  nem 
nenbe  ©elte,  b.  1^.  toer  ^nbifferem  in  lird^Iid^en  fingen  Verlangt  ober  joleranj;  ber« 
bammt  bie  SSibelgefeßfc^aften,  toeld^e  ftd^  fred^  über  bie  ganje  ®rbe  verbreiten  unb  bie  1)1 
©c^rift  fo  entfteUen,  ba^  in  il^ren  Slu^gaben  nid^t  ßl^rifti,  fonbem  ber  SKenfc^en,  [a  be« 
3:eufete  Sbangelium  gu  finben  fet.    Salb   nac^  Sriafe  biefe«  Shmbfd^reiben«  erging  eine 

35  SSuIIe,  toelc^e  gu  bem  mit  bem  24.  Siegember  1824  beginnenben  gübeliai^  einüib.  3luf 
btefe«  erfte  ^wbelja^r  nac^  ber  SReftauration  fongentrierte  ftd^  2eo«  ganje«  3"^^^^-  ^^ 
befonberen  6inlabungen  mx  leilnal^me  ergingen  an  bie  latlj^olifc^en  Slegierungen  äuffop 
berungen,  ba«  Kommen  ber  ^Pilger  m  begünftigen  —  bie  ganje  latl^olifq^e  SBelt  foDte  in 
Slom  ftd^  einfinben.    Slber  ber  (Irfolg   entfpradp  bem  ntd^t,  obtoo]^!  man   fic^   bemü^, 

40  toenigften«  ba«  S3anbitentum  im  Äir<|enftaat  ju  unterbrürfen,  bamit  nic^t  bie  Unfic^er^ 
ber  ffiege  bie  $ilger  abl^alte.  San  großen  fird^Iid^en  ^tm,  an  ben  üblichen  ©elig* 
j)red^ungen  (u.  a.  be«  fpanifd^en  ^angigfaner«  3;uIiano,  ber  l^albgebratene  am  &pv^ 
terfenbe  aSögel  toieber  lebenbig  mad^te)  fehlte  e«  nid^t. 

33tel  tüic^tiger,  obgleid^  nic^t  fo  geräufd^DoII,  toar  ba«,  toa«  Seo«  5ßontifiIat  anberen 

45  aiegierungen  gegenüber  eaeid^te.  35a«  Äonforbat  mit  Hannover  lam  enblid^  jum  Slbfc^Iu^ 
bie  oben|einifc^e  Äird^enj)rot)in5  tpurbe  neu  georbnet,  babei  ba«  S3i«tum  Äonftanj  unb  b« 
läftige  Söeffenberg  (f.  b.  ärt.)  befeitigt.  %\xx  S3afel  tpurbe  ein  neue«  95i«tum  gegrünbeL 
gn  ben  ?RieberIanben  legte  ein  Äonforbat  ben  legten  SReft  ber  9legierung«^o^it  in  ben 
fird^lid^en  Angelegenheiten  ber  ©übjjrobinjen  niebcr.    ©nblid^  tpurbe  in  ben  fübomerüa^ 

60  nifc^en  SlejjubKfen  burd^  befonbere  Äonlorbate  alle  lir^Iid^e  ©elbftftänbigleit  unterbunben 
—  gerabe  bort,  h?o  in  pofitifd^en  Sinken  ein  ungezügelter  greil^eit«brang  oft  toec^ifelnbe 
©ebilbe  fd^uf,  tvurbe  ba«  ^opal^ringt))  unbebingt  $en  in  aOen  lirc^lic^en  Sngelegem 
l^eiten. 

Sefonbere  Sead^tung  t)crbienen  bie  95ejiel^ungen  jtoifd^en  bem  ?ßaj)fte  unb  ^onkeic^, 

56  tpeil  ^ier  ^been  in  ber  enttvidfelung  toaren,  bie  auf  3!fli^^S^^'^t«  l^au«  im  Äirc^entoefen 
eine  unJ^eilboHe  333irlfamfeit  entfalten  foHten.  3lod)  bor  bem  Sw^elja^r  lam  SrnneraioÖ 
(f.  ob.  ©.  232,  8)  nad^  3flom.  ©ein  eintreten  für  bie  abfolute  ©etvalt  be«  5ßaj)fttum«  berfc^fte 
il^m  gtänjenbc  3(ufna]^mc.  3)er  $a))ft  lie^  i^n  im  Collegio  Romano  unterbringen  unb 
hielt  t)ertraute  Sefpred^ungen  mit  ij;m,  ber,  tvie  SIBifeman  fagt,  „für  einen  ber  geniolflen 

60  Vertreter  be«  Olauben«  galt".    aWit  ber  franjöfifd^en  SRegierung  freiließ  fonb  Seo  XÜ, 


£co  XU.  Seott  393 

ftd&  toon  Dom^erein  in  3)iffen«.  2)a§  Jtonforbat  Don  1817  fd^ien  il^m  nicfet  rici^ttg  au«* 
gcfü^  }u  tocrbcn,  Wc  bon  bem  3Rint[ter  be«  g^^^^f"  ^w^^  Slunbjc^reibcn  an  bie  Sifd^öfc 
emj)fo^Ime  S^P^nmung  ju  ben  4  ärtileln  bc«  ©aHilantömu«,  tote  fie  1682  fcrmuKcrt 
toorben  tooren  (ügl.  bcn  mt,  ©attilaniemu«  S5b  VI  ©.  355),  lonnte  er  nur  perl^orre^jieren. 
SDte  nun  gor  hn  Diario  Romano  ein  bie  gwi^w^^ng  be«  5Kini[terd  abtoeifenber  S3rief  s 
bed  (gr^c^of^  bon  2:ouIoufe  erfd^ien,  unb  ber  franjöfifd^c  ©efc^äftöträger  (bcr  afö  9}er= 
faffer  emer  S3io0rat)^ie  2eo«  oben  genannte  be  5Kontor)  eine  au^toeid^enbe  Slnttoort  auf 
feine  begfaartge  *3nter})eaation  be«  ©taat«fefretär«  erl^ielt,  toic«  ber  Äönig  Subtoig  XVIII. 
in  einem  loom  5Kinifterium  rebigterten  Schreiben  bom  20.  ^ulx  1 524  ade  33ortoürf e  jurücf , 
(dÄ  auf  ungenauen  imb  bon  unt)erftänbigem  @ifer  geleiteten  SSerid^ten  berul^enb.  3ion  ha  lo 
ab  geftolteten  ftd^  bie  Sejiel^ungen  freunbfd^aftlid^er.  Unter  Äarl  X.  erllärte  fogar  ber 
©taatöfefretär  SSemetti:  man  bermöge  bie  bom  ßpiffobat  ^anlreid^«  beanftanbeten  Dx- 
bonnonjen  nic^^t  ju  billigen,  bod^  foHe  ber  @j)iffoj)at  auf  bie  ®efü^Ie  unb  bie  ^ömmigfeit 
be«  fidnig«  bertrauen  unb  mit  bem  Xl^one  ge^en. 

33«w^tung  berbient  aud^  2eo«  SSerl^alten  )u  ben  SRieberlanben,  bie  bamafö  ber  %xm^  is 
mmg  ber  tat^olifc^  Süb^robingen  entgegen  gingen.    ®egen  bie  bon  Jlönig  2Bi(^eIm  I. 
berfügte  ©(^lie^ung  ber  flerilatagitatorif^en  ©eminarien  unb  bie  Sröffnung  eine«  Colle- 
giam  philosophicum  in  Sötoen  erl^ob  Seo  ^roteft  unb  toie«  bie  93ifd^öfe  ju  })afftbem 
SBiberftonbe  an.    3)ie  traftlofe  9flegierung  gab   nad^  unb   eröffnete  fogar  SSerl^anblungen 
toegen  eine«  llonlorbate«;  toeldj^e«  bie  ^age  ber  95ifd^of«emennungen  unb  bie  ber  ©emi«  20 
nare  t)erquid(te.    @«  lol^nt  nic^t,  auf  bie  9^erl;anb(ungen,  bie  3lbmad^ungen,  toelc^e  nid^t 
gegolten  tourben,  bie  jtlagen  ber  l^oOanbifd^en  Stegierung  u.  f.  to.  ein)ugel[^en  (bie  ja  freiließ 
tm^er  ®oetl^  SBort  ittuftrieren,  ba^  im  SSatifan  jeber  3)ii)Iomat  feinen  SKeifter  finbet), 
toeil   fc^Ge^tc^  bie  9lebo(ution  in  S3elgien   unb  bie  Söfung  bon  ben  nörbUc^en  Stieber- 
lonben  olle  bief e  93erl^anblungen  für  bie  nieberlänbifc^e  Stegierung  jieKo«  gemad^t  l^at ;  toa«  25 
bie  Rurie  bobei  babontrug,  jeigt  SWejcr,  3)ie  5ßropaganba  II  ©.98 ff.;  bgl.  Slippolb,  3)ie 
röm.*Iatl^.  Äirt^e  im  Ädnigr.  b.  5RieberIanbe,  1877,  ©.  149—151. 

Segfiglid^  be«  SSerl^alten«  ber  iturie  unter  Seo  XII.  m  2)eutf(^(anb  ift  ber  9lrt.  Ron^ 
lorbote  unb  6irIumfIrit)tion«buaen  ju  bergleid^en  93b  X  @.  722,  so.  laenrat^. 

Seo  ti.  a^riba  f.  Särulariu«  ä3b  III  ©.  620.  so 

geo«,  gra^  £ui«  be,  fj)anifc^er  S)id^ter  unb  3:i^eoIog,  geft.  1591.  —  ^aupt* 
quellen  für  fein  ficbcn  unb  2eJ)rcn  finb  bie  1847  ju  3Kabrib  öcrbffentlidjlen  ^rojefeaften 
Prooeso  oridnal  que  la  Inquisicion  .  .  .  hizo  al  Maestro  Fr.  Luis  de  Leon  (Coleccion  de 
Doc  ined.  X  unb  XI,  1 — 358),  fomlc  bie  in  Vida  de  Fray  Luis  de  Leon  por  D.  Jos^ 
Gonzales  de  Tejada  (^obrib  1863)  ob(tebru(ften  ^ftenftücfe.  3u  ber  burc6  hörnte  ber  ^ar'  86 
fteüung  au^grgei^neten,  aber  in  i^ren  ^(uffteflungen  unb  @d)ilberungen  nic^t  immer  juoer» 
l&fftaen  ^Ronograp^ie  t)on  Dr.  ^.  ^.  ^Silfen«:  f^ra^  fiui«  be  Seon;  eine  iBiograpl)te  auS  ber 
Oef($i(6te  ber  fpan.  Snquif.  unb  Äirdic  im  16.  Saftrö.  (^aOc  1866)  ügl.  im  2:^233,  ©onn 
1867,  6p.  478  ff.,  bie  «naeige  oon  ^.  SReuf^,  melier  (93onn  1873)  felbft  eine  hirjc  »io* 
grop^ie  nebft  umfaffenben  Iitter.«^iftor.  ^Jodjmeifen  unb  Unterfucbungen  über  2.  unb  feine  40 
3cit  t)eröffenlli(ftt  ^at.  Ueber  ß.  al«  S)i(6tcr  Oßl.  Xidnor,  History  of  Spanieh  Literature 
(2  ed  »ofton  1864,  II,  p.  75-87).  ©eine  fpanifcften  ©djriften  finb  in  6  ©önbcn  (bie 
poet{f(^n  Im  6.J  unter  bem  ^itcl:  Obras  del  M.  Fr.  Luis  de  Leon  .  .  .  reconocidas  y  co- 
tejadaa  con  vanoe  manuscritos  burd^  bcn  ?luguftincr  §lnt.  3Rcrino  l)erQU«gegebcn  ttjorben, 
Wabrib  1804—1816.  ©ine  beutfdje  Ueberfc^ung  feiner  ^Originalgebid&te"  geben  ©cftlüter  45 
unb  6torc!,  9Rünfter  1853.  Sgl.  Xicfnor,  Hist.  of  Spanish  Literature,  I.  g3b;  3».  ®u- 
tierre).  Fr.  L.  de  Leon  y  la  filosofia  espanola  del  siglo  XVI  (1885);  berf.,  El  raisti- 
ctsmo  ortodoxo  en  sus  relaciones  con  la  filosofia  (1886);  SSÜfen^,  (^efc^.  b.  {pan.  ^roteft., 
«üter«lo4 1888,  Kap.  3. 

8oui«  be  Seon,  1527  }u  Selmonte  geboren,  trat  mit  16  ^al^ren  in  ben  älugufttner«  50 
otben  ein,  nac^bem  er  berett«  1541  ba«  ©tubium  ber  2^eo(ogie  in  ©alamanca  unter 
Vlddfxcx  Sono  begonnen  l^atte.  9ln  ber  nämlichen  Uniberfttät  erhielt  er  1561  eine  $ro^ 
fefjitr  ber  fi^fiemattfc^en  3:l^eoIogie,  unb  gu  bem  l^ol^en  ©lange  ber  „Sendete  ©panien« 
III*  ber  (S(^njlen]^eit"  (Doc.  ined.  X,  259)  ^at  er  felbft  nid^t  loenig  beigetragen,  ©eine 
äRet^obe,  pet«  auf  bie  Duetten,  nämlid^  bie  ^I.  ©dbrift  unb  bie  aSöter,  gurüdfguge^en,  bot  6b 
feinen  (Segnem,  barunter  gtoei  Äottegen,  bie  mit  SJeib  ii.«  ßinflufe  auf  bie  ©tubterenbcn 
anfo^,  ertoünfc^te  SSeranlaffung,  i^n  fälfd^Iid^  ber  Hinneigung  ju  ben  reformatortfd>en 
Xoibengen  )u  befc^ulbigen,  beren  SSorl^anbenfein  ftd^  in  ©panien  befonber«  mö^renb  ber 
ffinfjiger  ^oi/tt  be«  16.  !^a^l^unbert«  bemerfbar  gemacht  l^atte.    @o  fam  e«,  ba^  S. 


394  Seon  ZtoniiM  Hon  S^jatij 

1572  bcrl^aftet  unb  in  ba§  OefängnU  bcr  ^nquifttton  ju  38aHaboKb  abgeführt  tourbe. 
^ie  älnflage  ging  bal^tn:  er  l^obe  Diele  le^erifc^e«  anftögige  unb  übelRingenbe  @ä^e  \)ox* 
getragen,  unb  jtoar  nid^t  nur  in  feiner  alabemifd^en  il[^ätigfeit,  fonbem  auc^  bei  bcr  ibm 
aufgetragenen   3Ritarbeit  an    ber  3Serbefferung  ber  Satablu^fd^en  Slu^abe  ber  Sulgcia, 

6  foh)ie  in  feinem  Äommentar  gum  Äol^en  Siebe,  ^ft  fünf  ^ai}xt  jog  man  ben  ^rojej 
^in  —  am  15.  2)ejember  1576  enbigte  er,  ba  S.  ftd^  allen  Slnllagen  gegenüber  erfolg^ 
reid^  berteibigt  l^atte,  mit  ^reifjjred^ung,  freiließ  leiner  unbebingten.  ^tto^  ^at  2.  feine 
Selj^rtl^ätigfeit  toieber  aufnehmen  unb  bi«  ju  feinem  3:obe,  23.  2lugu[t  1591,  toeitcrfü^ren 
bürfen;  über  bie  gange  3jit  feiner  ©efangenfd^aft  ging  er  bei  ber  crften  SJorlefung  na<^ 

10  jener  ßbifobe  mit  ber  aSenbung :  „Heri  dicebamus  . . ."  I^intoeg.  ©eine  Ueberfe^ung 
beg  ^o^en  Siebe«  fam  auf  ben  Siff aboner  gnbej  bon  1624.  »eiirnt^. 

ficotltitt«  tiott  JBtijotlj,  geft.  um  543.  —  ©aS  bic  ältere  pQtriftifdjc  3rorf<ftuna  über 
Seontiud  mugte,  ift  am  bcften  aud  [^eglerd  iDstitutiones  Patrologiae  11,  1851,  @.  934f.  (ab» 
gebrudt  MSG  86,  1  col.  1187  ff.)  ju  erleben.  —  g.  fioof«,  Scontiug  oo«  ©^aanj  unb  ble  aleicj- 

15  namiaen  Sc^rtftfteQer  bcr  griec^ifti^en  i^irc^e  I:  ^ad  Seben  unb  bie  polemtfc^en  SBerte  M 
Seontui«  öon  SJ^janj,  Seipjig  1887  (5:11  III,  1  u.  2;  im  folflenben  Slrtifel:  „ßeont.";  üoL 
bic  lücrtüoücn  ÖefprcAungcn  üon  %f).  Qa^n  X6S53  1887,  @p.  89—92,  ©.  ^Köttcr  Xf^^S 
1887,  ©.  336—39  unb  ?t.  d^r^arb,  ßitterarifcfter  ^anbrocifcr  XXVII,  «fünfter  1888, 
©.  505—08);    5-  Soofg,  Stubicn  über    bie  bem   Softanncö   oon  S)omQSfuÄ  gugeft^riebcnen 

20  ¥aroIIeIen,  ^alle  1892  (be^anbelt  einen  2:eil  bcS  6toffc8,  bcr  für  ben  —  jeft  aufgegebenen 
—  jmeitcn  5Janb  be«  SeontiuS  oorbcftaltcn  mar);  $ö.  Sfiügomer,  SeontiuÄ  \)on  ©^janj,  ein 
«Polcmifcr  au«  bcr  8eit  SuftinianS,  ^Bürjburg  1894  (ügl.  g.  fioof«,  ötjjant.  3eitf4.  V„ 
185 — 191);  Ermoni,  De  Leontio  Byzantino  et  de  ejus  doctriua  christolodca,  $arid  1895 
(ugl.   5.  Soof«.    339a-  S^f*-  VI'  417—419);    Ä.  ^oU,  3)ie  Sacra  Parallela  be«   So^annc« 

26  2)amaöcenu8,  Scipjiö  1896  (XU  XVI,  1  =  i«g  1. 1 ;  ogl.  %  fficnblanb  £^33  1897,  6p.  9-14; 
g.  fiüüfS,  %fiBt^  1898,  @.  366—372;  gegen  beibe  B.  ^oH.  2U  XX,  2  =  SR2f  V,  2 
p.  Xlisqq.;  ügl.  aud)  ?l.  (£§r^arb,  ©^j.  Seitfrf).  X,  394—415);  3-  Segler,  Institutiones 
Patrologiae,  recens.  SB.  Sungmann  EI,  2,  gnnSbrucf  1896;  Ä.  i^rumbad^er  (für  ben  betr. 
9lbWnitt :    91.  ß^r^arb),   ©cfdiic^te    bcr  btjjontinifcftcn  Sittcrotur,  2.  ?lufl.  unter  Witmirfung 

30t)on  Ä.  S^r^arb  unb  ^.  ©eljcr,  g^üncftcn  1897;  fj.  S)iefamp,  3)ie  origenlftif(ften  Streitig» 
feiten  im  6.  Sa^r^unbcrt  unb  baS  fünfte  allgemeine  ©ondl,  3Künftcr  i.  ©.  1899 ;  O.  IBarben* 
t)eiocr,  «Patrologie,  greiburg  i.  53.  (l.aufl.  1894),  2.  ?lufl.  1901. 

1.  „Seontiug  bon  S^jang"  ift  jtoar  gegentoärtig  aU  einer  ber  beDeutenbften  3^eoIogen 
ber  erften  §älfte  be«  6.  S^^^^wnbertg  allgemein  anerlannt;   bod^   bleiben   in  Sejug  auf 

85  fein  Seben  unb  feine  SQSerle  nod)  fo  biele  ^^^9^*^  *>ff^'  '^^i  ^  f^^  em})fiel^It,  an  ©teBe 
einer  biograt)^ifc^en  ©ligje,  bie  ©ic^ere«  mit  §^t)ot^etifcl^em  mifc^en  mü^te,  eine  Überftc^ 
unfere^  SBiffen^  ui  geben,  bie  beibe^  fd^arf  au^einanberl^ält. 

Unter  ben  9Berten,  Ipelc^e  MSG  86  fl  u.  2]  col.  1185—2100  unter  bem  SRamen 
be^  Leontius  Byzantinus  seu  Hierosolymitanus  nad)  älteren  (gumeift  nur  lateinifc^) 

40  unb  neueren  2)ru(fen  —  31.  3Kai  erft  l^at  bei  ben  meiften  gried^ifd^en  3:ejten  bie  eiditio 
princeps  geliefert  —  jufammengefteHt  finb,  fmb  bier  lateinifd^  längft  belannte,  ret^t  um 
gleid^  lange  ©d^riften,  bie  l^anbfc^riftlid^  (Vatic.  2195,  Laudian.  92  B  unb  ein  n«^ 
nid^t  ibentifijierter  cod.  Turriani)  fd^on  bor  bem  ^af)xt  1000  in  einer  ©ommlung  tnm 
Söerlen  hti  Aeovtiog  juovaxdg  ober  iQtj/LLhm  bereinigt  toaren:  1.  bie  breiteilige  ©c^rift 

46  adv.  Nestorianos  et  Eutychianos  (a.  a.  D.  1268—1396:  inS3ejug  auf  ii^  royoeig, 
bie  3Sätercitate,  im  2)rucf  unb  aud^  in  ben  il^m  ju  Orunbe  liegenben  §ff.  unbou^tcmbig; 
eine  §f.  mit  ©cbolien  jh)ifc^en  ben  xQ^^^^'^  ^^^  $itra,  Analecta  sacra  et  class.  V 
1888  ©.  46  in  ®enua  nad^geh?iefen :  Januensis  27  saec.  XI),  2.  bie  *E7tü.vmg  xm 
vnb  ZevriQov  nQoßeßXruxevcDv  ovkkoytojLLCüv  (1916 — 1946),   3.  bie  XQidxovxa  xetpä" 

wkaia  xara  Zevr]Qov  (1901—1946),  4.  bie  ©c^rift  adv.  fraudes  Apollinaristamm 
(1947—1076).  ^son  biefen  ©cbriften  gefrören  ?Rr.  1  unb  2  fic^er  einem  SJerfaffer  an, 
unb  jh)ar  bie  Epilysis  (bgl.  1916  0  unb  1936  C)  afö  ba«  fpätere,  an  ba«  öltete 
anfnüj)fenbe  SBerf.  2)er  93erfaffer  bon  ?Rr.  1  fc^reibt  in  ber  3eit  jtpifc^  529 
unb   544;    er   ift  felbft   in    feiner  3>W9J"^   ^"P  „92eftorianer"  getoefen  (1357  C)r  «^ 

u  in  einem  Äreife  bon  x^xa  boc^berel^rter  Männer,  in  ben  ®otte«  ®nabe  i^n  geführt  ^, 
JU  befferer  ©infic^t  gefommen:  al«  eifriger  ®egner  folbol^I  ber  SKonoJjl^^fUcn  tote  aller 
„l^eimüd^en  9Jeftorianer",  b.  ^.  ber  3Seref)rer  3)^eobor«  bon  5IJlopfuefte  (bgl.  b.  31.)  unb 
2)iobor«  bon  SCarfu«  (bgl.  »b  IV,  672—75),  ift  er  in  einer  geit,  bie  fd^on  jiemTtt^  tpeit 
prüdElag,  al«  er  bie  @^rift  adv.  Nest,  et  Eut.  publizierte,   in  häufigen  2)td))utattonen 

60  ifür  ba«  6l[^aIcebonenfc  eingetreten  (1268  B)  unb  greift  gur  fc^riftlic^en  Sijierung  feiner 
®ebanlen   nur,   toeil  ®önner  unb  ^eunbe   il^n   baju   aufgeforbert   ^en.     3)te  „tri- 


SroittittiS  Hon  Slfjaiij  395 

^nta  capita"  rühren  offenbar  Don  bem  gletd^cn  SSerfafJer  l^er,  feigen  aber  ntd^t  auö  toie 
ein  fax  ftd^  )ntbli)terted  98ert.  Sei  ber  @cl^rift  adv.  fräudes  Apollinaristarum,  bie  ein 
9ReijierftücI  alter  jHxtrijttf^er  ©elei^rfamleit  ift  (bgl.  S5b  I,  673,  4off.),  I^abe  id)  (Seontiu« 
©.  90  ff.)r  obtool^I  gar  manche«  für  $erfunft  bon  bem  gleid^en  SJerfajfer  \)ßxxi)t,  95ebenfen 
gegen  biefe  SSnnal^e  nic^t  unterbrücfen  lönnen,  bie  9lügamer  (@.  15  f.)  m.  @.  nid^t  ge«  6 
Ijiohm,  fonfi  m.  SQ3.  nientanb  ald  belanglos  begeid^net  f)at;  bod^  l^aUe  id^  ^eute  toie  früher 
bie  9ii(^tiglett  ber  ^nbfc^ftlid^en  Überlieferung  bennoc^  für  mögßc^. 

Sei   jtoeien  biefer  ©d^riften,  ber   Epilysis   unb  ben  triginta  capita,   lann   bie 
Überlieferung,  ba|  fie  bon  einem  5!Jlönd^  Seontiuö  l^errül^ren,  toeit  über  bie  grit  ber  ölteften 
Codices  ^urüdberfolgt  toerben.     SBir  beft^en  nämlid^   in   minbefteng  brei  $ff.  (Seont.  lo 
©.  94 — 105)  eine  lateinifc^  au3  ben  ÄoHeltoneen  be^  3^witen  Surrianu«  unb   grie^ifc^ 
bun^  3Rai  teilb^eife  befannte  ©ammlung  ))atriftifd^er  @|€er))te,  toeld^e  in  ber  ©eftolt  be^  Don 
9Rai  Doripiegenb  benu^en  cod.  Vatic.  Golumn.   in  ber  3^  jtoifd^en  662  unb  679 
jufommengejteDt  fein  mu|.     Siefe  ,,Doctrina  antiquorum  patrum  de  verbi  incar- 
natione"  (ÜRai,  Script,  vet.  nova  coli.  VII  1833  ©.  1—73)  ätiert  ©.  40—45  bie  is 
xgtdxovra  xeffiXaia  lov  jLuzxaglov  Aeovtlov    mit   einer  Surfe  (©.  41  3lnm.)   DoH« 
ftönbig  unb  ©.  57   oui^   ber  Epüysis  ba«  MSG  86,  2013  A,  1  —  B,  2  afö  5Rr.  III 
unter  ben  Fragmenta  Leontii  g^rurfte  ©türf  mit  bem  Semma :  ix  rojv  Aeovriov  uo- 
vaxov  xov  Bv^avriov.     Slu^er  biefen  beiben  ßitaten  bietet  bie  Doctrina   nodj^   fünf 
anbere  ix  tc5v  aroikov  Aeovxiov:   1.  ©.  53  f.  =  MSG  86,  2009  D,  4  —  2012  C,  9  ao 
(Fragm.  II ;  —  2012  C,  10  —  D,  13  ift  =  B,  1  —  C,  4) ,  2.  ©.  62  f.  =  MSG,  Fragm. 
IV  (2013  B,  7  —  2016  B,  5),  3.  ©.  64  f.  =  MSG,  Fragm.  V  (2016  B,  8—  D,  2), 
4.  ©.  48  (t)gL  »nm.  1)  —  49  b  unb  (bgl.  Seont.  ©.  121  u.  153—161)©.  38  b— 39  a 
ein  Sruc^d  einer  3(t)oIogie  bed  Sl^alcebonenfe,  5.  ein  old  Doctrina-Sitat  noc^  ungebrurfted, 
aber  oud  2|o^anned  bon  ^amadnid  unb  @ut^^miud  K\V^^^ti}x^  befannte^  ©türf  über  25 
gußamftoi  unb  ©ajaniten  (bgl.  Seont.  ©.  124  u.  150  f.).  —  3)iefe  fünf  Sitote  l^aben 
engfie  SBe^te^ng  )u  Slbfc^nitten  bed  ölteftbelannten  unter  ben  MSG  86  gebrurften  3B3B 
bed  Stontntd,  ber  ©c^rift  de  sectis  ober,  toie  ber  gricd^ifd^e  S^itel  lautet,  ber  Aeovxiov 
axoiaaxocov   BvCavxtov   oydXia  dno  q)(ovfjg  Oeodcogov   xov  '^eoq^iXeaxdxov  äßßä 
xxL  (1193—1268).     3)iefe  ©c^rift  de  sectis  l^ielt  man  früber  für   ein  bon  Seonttu«  ao 
nof^  SbtdfOl^gen  bed  Slbted  ^eobor  lonji^nerted  SBert  (bgl.  ).  93.  ^(er  MSG  86, 
1190  I);  fie  toar  ber  ®runb  bafür,  bafe  man  Seontiuö  mel^rfacp  auf   ca.  600  batierte. 
SRetn  !R(4toei«  (©.  140—144),  bafe  biefe  «uffaffung  ber  ©^rift  de  sectis    fotool^I 
bun^  bad  dnd  qxav^g  Seodcbgov,   toie  burd^   bie  Sntftel^ungdjeit  ber  ©d^irift  (^toifd^en 
579  u.  607)  aulgefc^loffen  ift,  ba^  t)ielmel^r  in  de  sectis  unjtoeifell^afted  Seontianifc^e^  85 
Slaterial  in  Jt)ätCTer  Bearbeitung  borliegt,   ift  allgemein  angenommen  toorben.     ^Reine 
Vetteren  Shidfü^rungen  in  S3e)ug  auf  bie  üy^Xia  Aeovxiov  ftnb  jtoar  bon  ^ungmann 
accc)»tiert  unb  bon  Sarbenl^etoer  unb  Jtrumbad^ers@^rl^arb   ol^ne  birelte  ä^ertoerfung  re» 
gifbriert  toorben,  l^en   aber  bei  3|^l^n,  SRöQer  unb  9lügamer  mel^r  ober  minber  toeit« 
gretfenben  9EBiberfi)ruc^  erfa^en.    ^eine  S3etoeidfül^rung  ift  an  biefem  SBiberf}}rud^  nid^t  40 
unfc^ulbig :    toie  mein  9u(^  mel^rfac^  unnötige  ^nber-^eube  }etgt  (3.  S.  ©.  4  9{nm.  u. 
©.  94f.),  fo  leiben  auc^  bie  Sluöfü^rungen  über  bie  Zx6ha  barunter,  bafe  fie  mit  fiege^ 
getmf|er  Umfiänblic^Ieit  mel^r   betoeifen   tooQen,   aU  bor   einbringenben   ^anbfc^riftli^en 
©tubten  betoiefen  toerben  lann.    2)od^  l^alte  i^  bie  $aut)trefultate  meiner  2)arlegungen 
no6  ^te  teiß  für  fieser,  teifö  für  mel^r  ober  toeniger  toa^rfd^einlid^.  ^ür  ftd^er  fe^e  id^  ^u-  46 
noc^flbadan,  bofe  ben  ^;u<5^a  Jlcovr/ov  ä7id(p(ovrjg  Oeodcogov  ein  2öerf  bc!^  Seontiu^ 

e®nmbe  liegt,  ni^t  ettoa  nur  ein  5lurfud  bon  Sel^rborträgen  be^  Seontiud,  bie  ^eoboru^ 
tcrorifc^  aufarbeitete  (fo  ^öQer)  ober  bie  nad^  ber  SSiebergabe  be^  Seontiu^d^üler^ 
X^obor  ein  {Dritter  lomijjierte  (fo  Qa!l)n ;  noc^  ®efd^.  be«  neuteft.  Äanon  II,  293  9lnm.). 
SDitt  bem  dnd  q>Q)rqg  fimn  l^ier  m.  ®.  gar  nid^t  argumentiert  toerben  (gegen  S^\}n).  w 
SldDerd  unb  3^^  ©rllörungen  biefe«  Segriff«  fmb  möglid^;  aber  ba«  öjiö  (pwvrjg 
finbet  fic^  aud^  bei  toörtlic^en,  mit  Sleferaten  burd^fe^ten  6jcerj)ten  (bgl.  inixo/ur]  ix  xojv 
ixxL  Unowov  ^doaxom^lov  änb  q)(ovrjg  ^onlov  MSG  65,  459  unb  anbere  S3ctfj)icle 
im  Seimt  S.  141),  unb  pnb  bie  Sjtreme  möglid^,  fo  aud^  alle«,  too«  jtoifd^en  il^ncn 
It^.  (Sntfc^eibenb  ig  m.  @.  folgenbe«.  1.  ^te  prä^ife  unb  gerabe  in  biefer  il;rer  ^ra-  55 
jifwn  m  ben  SJerfaffer  ber  ©c^rift  adv.  Nest,  et  Eut.  erinnembc  2)iItton  ber  au^ 
bun^  bie  Doctrina  geberften  <S>i^m,  bon  de  sectis  erfd^eint  nur  bann  ertlärlid^,  toenn 
bcin9Q»teX^borfd^riftIid^e3lu«fül^rungenbe«fieonttu«  borlagen.  2.  ^erSconttu«  ber 
Epilysis  beruft  fic^^  1936  C  auf  2lu«fü]^rungen  über  G^rifti  ovolai  unb  vjiooxaoig  fo« 
toie  über  bad  nic^t  äwnöaxaxov  elvai  ber  erfteren  in  adv.  Nest,  et  Eut.  (1276Cff.)6Q 


396  Senittmd  Hott  Susans 

unb  h  TCO  TigcüTcp  xecpaXaUo  tcwv  ägrlcog  fjjioQrj/LLivcov ;  Slu^fü^ttgen  betört  abec 
tnbcn  [xq  in  de  sectis  (1240  Äff.,  ^.  %.  =  Fragm.  II).  3.  ©crmonug  t)on  Jlom 
'tantmoi)el  ^püd)t  um  730  t)on  einem  93uc^e  bed  Seontiu^  ju  gunften  bed  S^olcebonenfe, 
hai  biete  SJätercitate  entl^alte  unb  rd  Aeövria  genannt  toerbe.    3)iefe^  S5ud^  in  bcr  ©Arift 

6  adv.  Nest,  et  Eut.  h)ieber  ju  pnben  (fo  TlHÜitt),  ift  getoi^  an  fid^  möglic^.  ©oc^  wnn 
eine,  toenn  aud^  breiteilige,  ©d^rift  „rd  ^eorrta"  l^eifeen?  Siegt,  ba  in  de  sectis  ein 
aud^  burc^  bie  Doctrina  gebedfter  Slbfc^nitt  Dortommt,  ber  gerabeju  eine  9(t)ologie  bed 
SMcebonenfe  bietet  (col.  1233  ff.,  Seont.  ©.  153  ff.),  nic^t  bie  Annahme  n^er,  ba|  ju 
ben  opera  Leontii  (rd  Aeövxia)  and)  eine  ©c^rift  gehört  ^ot,  tpeld^e  in  de  sectis  Der« 

10  arbeitet  ift?  4.  „gfragment"  I  in  MSG  86,  2003  C  —  2009  D  bietet  unter  bem  litel 
ix  rwv  Ä£ovTla)v(2tont,  ©.  119)  neben  unboftänbig  gufammengeleimten  Sitaten  aud  adv. 
Nest,  et  Eut.  (Seont.  ©.110  ff.)  einen  Slbfd^nitt  über  bie  Segriffe  v^vo?,  eUog  unb  diatpcoa 
(2009  C,  5  —  D,  1),  ber  m.  SOS.  in  adv.  Nest,  et  Eut.,  ja  über^aujjt  in  ben  gebrudtei 
SBerten  bed  Seontiud  jtd^  nid^t  finbet,  aber  burd^au^  feine  9lrt  jeigt,  fpejieD  an  bie  ter» 

15  minologifd^en  9(udfül^rungen  in  de  sectis  (1240  ff.)  erinnert,  ^olgt  boraud  nic^t,  ba^  bie 
AeövTia  au^er  adv.  Nest,  et  Eut.  ein  3BerI  entl^ielten,  in  bem  Seontiu^  u.  a.  ouc^  loon 
feinen  terminologifd^en  SSoraudfe^ungen  ge^anbelt  l^at?  9(udfül^rungen  berart  fe^  aba 
de  sectis  k)oraud.  5.  ^er  cod.  Laudian.,  ber  bie  Aeovna  nur  t>erftümmelt  ttnb  gegen 
ben  ©d^Iufe  l^in  in  offenbarfter  38erh)itrung  bietet  —  an  adv.  fraudes  erinnert  mir  bec 

30  uned^te  gwKu^f^nef  — ,  entl^ält  ein  nod^  ungebrudfted,  nur  brei  S3Iätter  umfaffenbeg  ©tüi 
rov  avxov  [Aeovtiov]  xecpdkata  xaxä  dia(p6Q(ov  algenxaw,  had  mit  einem  QaUjt  über 
9(riud  beginnt,  beffen  ^ormuHerung  auf  ben  ©abeQiani^mu^  old  bie  Iorref))onbterenbe 
Äärefie  l^intoeift.  äugfül^rungen  berart  fe^t  de  sectis  borau^  (1197  D).  6.  Sin  Stt^od« 
fobej,  auf  ben  Slügamer  (©.  4)   nad^   bem  1888   erfd^ienenen  Äatalog  l^ingetoiefen  fyd, 

25  bietet  anfd^einenb  badfelbe  ©tüd(  h)ie  ber  Laudianus  o^ne  Slutomamen  unter  ber  Über» 
fd^rift  Keqxikaia  dexa  tisqI  rcbv  ovo  wvoeoDv  rov  xvgiov  fj/ubv  'Irjaov  Xpmov^ 
barauf  xov  avxov  x€q)dlaia  dexa  negl  ovoiag  xal  (pvoemg^  vnoaidoeoyg  ok  xal 
7iQoo(bnov.  3(ud^  Sludfü^rungen  berart  fe^t  de  sectis  borau^.  —  Sntfc^eibenb  für  bie 
Weiteren  ^Vermutungen  über  ben  ^n^alt  ber  bon  de  sectis  t)orau^efe|ten  ©c^rrift  ifl  bie 

80  Jtritil  ber  t)on  3)lai  au$  bem  cod.  Pal.  342  (Seont.  ©.  164)  ^ubltjierten  ©^^riften  eine^ 
Leontius  Hierosolymitanus  contra  Nestorianos  (MSG  86,  1396—1768)  «nb  contra 
Monophysitas  (^Anoglai  Jigog  xovg  /Liiav  qwoiv  Xeyovrag  xxX,  1769 — 1901).  5)ö| 
biefe  beiben  ©duften  Bearbeitungen  unjtoeifell^aft  Seontianifdj^en  SKoteriafö  ftnb,  glaube 
id^  ertoiefen  ^u  l^aben.     3(ud^  ben  3lad))mz%  ba^  in  contra  Monophys.   berfelbe  ©toff 

85  bearbeitet  ift,  ber  de  sectis  actio  VI — IX  gu  ®runbe  liegt,  ^alte  i^  tro|  feiner  Um« 
ftänblic^feit  nod^  ^eute  für  jtoingenb.  3ft  bie«  rid^tig,  fo  gilt  ba^felbe  für  contra 
Nestorianos.  Contra  Nest,  ift  nur  unöoHftänbig  erhalten  (Seont.  ©.  165)  unb  contra 
Monophys.  bietet  fo  biele  XQ^^^^^i  ^^fe  ^^^  ^^  ^^^pü^^t,  e^  liege  in  contra 
Nest,  unb  contra  Monophys.   eine  Bearbeitung   bon  Steilen  ber  (Srunbfc^rift  t)wi  de 

40  sectis  t)or,  ber  (Sermanu^fteKe  burd^aud  il^r  9le$t  mirb.  BieQeid^t  ift  bod  eine  Seftd^ 
tigung  biefer  ^^pot^efe,  ba^  unter  ben  3:rümmem  bed  ©d^Iu^abfc^nittd  bed  cod.  Lau- 
dianus bie  Briefe  Gt^riH«  an  ben  ©uccenfu«  fid^  finben  (bgl.  Seont  ©.14  unb  contra 
Mon.  1876  B).  —  Xa^  bie  Doctrina  nid^t  ani  de  sectis,  fonbem  aui  ber  ®runbs 
fd^rift  citicrt,  fd^eint  mir  allein  burc^  ba^  oben  ©.  395,23  unter  9lr.  4  genannte  Fragment 

45  (Seont.  ©.  153—161)  beloiefen  ju  loerben :  l^ier  fel^lt  in  ber  Doctrina  atted,  toai  in 
de  sectis  über  bie  3^^^  ^^  Seontiu«  ^inaugtoeift.  3^  ^'"  überzeugt,  bafe  in  ber 
Doctrina  k)tel  mel^r  ©toff  aud  ber  (Sninbfd^rift  t>on  de  sectis  ftedEt,  atö  bie  erhaltenen 
Gitate  angeben,  detailliertere  Slu^fü^rungen  über  bie  ©runbfd^rift  bon  de  sectis  fwb 
t)or  toeiteren  b^^nbfc^rtftKd^en  ©tubien  (}u  benen  id^  bei  längerem  Seben  no(^  einma{  3^ 

60  gu  finben  l^offe)  unt^unlid^ ;  bie  $^))ot]^e{e,  bag  aud^  bie  Epilysis  unb  bie  triginta 
capita  in  jener  ®runbfc^rift  i^re  urfj)rünglid^e  ©teile  ^aben,  erfd^eint  mir  noc^  feilte 
too^rfd^einlid^,  bod^  toürbe  id^  fte  öor  Weiteren  ^anbfc^riftlic^en  ©tubien  nic^t  me^r  \>n* 
fed^ten.  ^c^  Denfe  mir  bie  (Srunbfd^rift  t)on  de  sectis  atö  eine  bogmatif(^)>oIemif(^ 
©^rift  bomel^mlid^  gegen  2lrianer  unb  ©abettianer,  9leftorianer  unb  ÜRonot)toftten.    Di 

56  fie  einen  ®efamttitel  gehabt  ^at,  ba«  ift  —  in  Bejug  auf  biefe  S'^age  benle  ic^  jc^^ 
anber«  aU  bor  15  3^^^^^*^  —  "i^*  au^jumad^en.  Bielleic^t  beftanb  fte  ou«  einjefaten 
xexpdXaia  xaxä  dia(p6gcnv  algerixcbv  (cod.  Land.,  bgl.  cod.  Athous),  benen  SSdtercitate 
mit  erläutemben  bogmatif^en,  j)oIemifc^cn  unb  l^iftorifc^en  „©d^olien"  eingefügt  tooren  (t)fljL 
oben  ©.  394,47  bie  Slotij  über  ben  cod.  Januensis).  3lu«  biefen  „©d^olien"  h>erben  we 

eo  Gitate  ix  xöjv  axoUiov  Aeovxlov  ftammen;  i^r  3Rateria(  toerben  bie  2';|rdJUa  ^aorrfotf 


Sentttittd  tiott  9mani  397 

äjio  qxüvfjg  Seodd>^ov  bearbeiten.  3)te  m.  ®.  jtoeifeUofe  Unabl^än0tgIeit  ber  Doctrina 
bon  de  sectis  unb  bie  ^ixk  be«  Sbeoboni«  ©tubita:  xatä  Aeövriov,  ov  rd  ax6lta 
vTKQxcLXkfj  (ficont.  ©.  128  f.);  öeftatten  m.  6.  feine  anbere  2lnnal^me. 

2.  ®er  ©d^ftfteHer  Seontiu«  —  6  BvCävriog  nennt  xf)n  fc^on  bie  Doctrina  — 
iji  nid^  nur,  toie  feine  SBerfe  betoeifen,  ein  bcbeutenbcrS^^eoIoge  gehjefen;  —er  mu^  6 
auäf  ein  in  feiner  3«t  einflu^reid^er  SWann  getoefen  fein.  S)ie  $roj)ofition  „eva 
Ttjg  äyiag  xQiddog  jiejtov&evai  oaQxi",  bie  guftinian  oI«  ort^oboj  burc^fe^te,  l^at  offen* 
bar  an  i^^m  einen  SSerteibiger  gelabt  (Seont.  ©.  228  f.) ;  3:i^eobor  bon  9Ko})f uefte  [unb 
3)iob0r  loon  3^udJ,  gegen  bie  er  eiferte,  l^ot  bog  3)rei^apitet6bilt  Verurteilt ;  guftinian« 
ftir(^ent>orttiI  ^ot  fic^  in  ben  Sahnen  ber  c^riUifc^-d^alcebonenftfc^en  Ort^obo^te  gel^alten,  lo 
bie  ouc^  fieontiu«  bertrat  (Seont.  ©.  303  ff.) ;  bie  fpötcre  Drtl(^obojie  ift  in  bielem  Seon* 
tianifc^  ©ebanlen  gefolgt;  ber  Slriftotelidmud  bed  Seontiud  inauguriert  bie  ©d^olaftil. 
Um  fo  auffälliger  ift,  ba^  biefer  SWann  faft  trabition^Io^  ift.  3)ie  Doctrina-Gitate 
^obcn  tuK^  bei  Sut^^miud  ^x^ah^M^  fein  ©ebäd^tnid  betoa^rt ;  ^ol^anned  SDama^enu^ 
Irnnt  bie  Epilysis,  adv.  Nest,  et  Eut.,  bie  triginta  capita  unb  bie  Sitate  ber  Doc- 16 
trina,  nennt  aber  ben  Seontiu^  laum  je  (bad  „nie"  Seont.  ©.  296  ift  irrig;  bgl.  de 
fide  orth.  3,  11  ed.  Lequien  I,  221  B);  @ermanud  unb  X^eoborud  ©tubita  ertoöl^nen 
in  fc^on  berufen  ©orten  furj  unb  rül^menb  ben  ©d^riftft eller  Scontiuig;  —  bon 
feinem  Seben  berichtet  bie  Überlieferung  fc^led^terbing^  nic^tg.  ^c^  l^abe  nun  ben  SSe* 
toctd  bafür  «ju  führen  gefuc^t,  ba^  ber  ©(^riftfteder  Seontiud  ibentifc^  ift  mit  bter  in  20 
^uftiniond  3^^  bebeutfam  ^erbortretenben  Prägern  bicjeö  Siamen^.  9iämlicl^  erften^ 
mit  bem  bem  einflu^rei^en  comes  SSitaltan  bertoanbten  Seontiu^,  ber  519  in  jtonftan» 
Aao'pü  im  Äreife  ber  bon  gol^anne«  3Kajentiu«  geführten  „ff^t^ifd^en  SDlönd^c"  auftritt, 
mit  i^nen  Den  „neftorianifierenben"  Senbenjen  ber  römifc^en  Segaten  fic^  loiberfe^t,  bie 
bamold  bei^ufd  Sefeitigung  be^  ©c^i^mad  in  5lonftantino))el  toeilten,  enblic^  mit  einigen  25 
anberen  au^  bem  Äreife  naä^  SRom  reifte,  um  bom  ^JJabfte  bie  Slnerfennung  ber  ^ßro« 
))ofttion  „ft'a  xflg  äyiag  rgiddog  nenov&evai  oaQxi"  unb  eine  2)c^abouierung  be« 
%aaiftud  bon  9leji  )u  erlangen,  ^m  Sluguft  520,  ald  bie  ©efanbtfc^aft  ber  ft^t^ifd^en 
^fÜndf^  9lom  berlä^,  berliert  fid^  beffen  ©J)ur.  3*^^^^^*^^  ^^^  ^^"^  „Leontius,  vir 
venerabilis,  monachus  et  apocrisiarius  patrum  in  sancta  civitate  constitutorum''  30 
(Mansi  VIII,  818),  ber  531  (ober  533)  neben  §^patiu«  bon  ßp^w^  ""b  einem  vir 
venerabilis  Eusebius,  presbyter  et  cimeliarcha  majoris  eeclesiae  (Mansi  VIII, 
817  bßL  Seont  ©.  281  Slnm.  2),  aU  ort^obojer  ÄoBofutor  an  bem  bon  ^iuftinian  ber« 
onftobeten  Steligion^efpröc^  mit  ben  ©eberianem  teilnal^m.  S ritten d  mit  bem  Aeov- 
Tiog  fjiovaxbg  xal  ^yov/xevog  xal  roJioTrjgrjrrjg  Jidorjg  rrjg  igrjiLiov  (Mansi  VIII,  85 
911),  ber  536  neben  S)omitian,  bem  fpöteren  Sifd^of  bon3(nc^ra,  unb  Xl^eoborud  Sl^fibad 
in  ber  Steige  ber  ierufalemifc^en  3Rönc^e  bor  bem  Äon^il  bed  ^tennad  in  Jtonftantino^el 
auftrat,  um  eine  Verurteilung  bed  monopl^^fitifd^  gefmnten  ätnt^imud  unb  einiger  @e« 
ftnnung^enoffen  bon  i^m  ^u  ertoirten  (Seont.  ©.269 ff.).  SSierten^  enblid^  mit  bem 
,^£>rigen$en"  Seontiud,  BvCdvriog  xcß  yevei,  bon  bem  ß^ritlu«  ©f^tl^o})olitanu«  in  feiner  40 
Tita  Sabae  eraö^It,  ba^  er  jtoif d^en  @nbe  519  unb  9(nfang521  in  bie  via  kavga  aa\: 
genommen  toaro,  531  mit  ©oba^  nad)  jtonftantinopel  reifte  (mo  ©abad  bon  ^i^^atiud 
bon  <£))^efu!S  unb  bem  „ndnag^*  @ufebiu^  eingeholt  tourbe),  in  itonftantinopel  atö  ürigenift 
enKorbt  toarb,  bort  blieb  unb  „fid^  ben  älnfc^etn  einei^  eifrigen  äierfec^terd  be^  S^alce^ 
bonenfe  gab"  (Seont.  ©.  284),  fj)äter  in  bie  ©icbelcien  be«  ©aba^  jurüdflel^rte,  einer  ber  45 
gfi^er  ber  „Origeniften"  unb  ein  §auptgegner  i^rer  ®egenj)artei,  ber  SJerel^rer  be« 
Zj^bor  bon  SKopfuefte,  tourbe,  enblic^  542  im  gnt^cffc  feiner  3'^^^  nad^  Äonftantinoj)el 
retfle  unb  bort  offenbar  bolb  nad^l^er  ftarb.  Von  biefen  @leic^fe^ungen  ift  nur  bie  bierte 
em^ften  Sebenfen,  \a,  bei  Slügamer  (ber  auc^  bie  erfte  bel^utfam  an^toeifelt)  ent« 
fAidnenfter  Sertoerfung  begegnet,  äldein  bie  ^toeite,  britte  unb  bierte  laffen  ftc^  m.  @.  so 
abfohlt  nii^  trennen,  unb  bie  jtoeite  ^ängt  mieberum  mit  ber,  toie  xi^  glaube,  rec^t 
ffa^mn  erfien  eng  jufammen.  3)ie  brei  erften  ))affen  jur  t^eologifd^en  Stellung  bed 
©d^ftfteQerd  Seontiu^  borjüglid^ ;  aud^  bie  bierte  negatib ,  b.  ^.  fofern  ber  „Drigenift" 
ein  ®cgner  ber  „^eimlic^en  9teftorianer''  toar.  ^ag  pofUib  bie  bierte  ©leic^fe^ung  ©d^toierig^ 
leiten  ^,  ift  freUic^  unleugbar ;  bod^,  ba^  ber  ©c^rif tfteHer  Seontiui^  tein  „Drigeniff'  65 
bernrt  tt>ar,  toie  bie  vita  Sabae  bie  Drigeniften  fc^ilbert,  ift  m.  6.  —  unb  bem  l^aben 
bide  jugeftimmt.  —  fein  untoiberleglid^cr  ©egcngrunb  (bgl.  Seont.  ©.  289ff.;  S^j. 
3tfc^.  V,  190  f.),  unb  bie  3:rabition^lortgfeit  be«  Seontiu^  erHärt  ftd^  am  beften,  toenn 
Sa)ntiud  irgenbtoie  fid^  fom))romittiert  b^tte.  $ält  man  an  biefen  bier  @leid^fe^ungen 
feft,  fo   VCäbi  im  Seben  bed  Seontiud  nur  bie  3^^^   Vi^  ^^^  buntel;  bad  fxovaxog  eo 


398  Scottttttd  tiott  S^jattj  Ztüntin»  Hon  9lttCpoU9 

BvCdvTiog  ber  Doctrina   erhält   an  bcm  BvCdvtiog  reo  ySvei  bcr  vita  Sabae  feine 
Scftötigung. 

3.  ^n  meinen  ,,@tubien  über  bie  . . .  parallelen''  l^obe  ic^  in  3(ntnu))fung  an  bod 
MSG  86,  2017—2100  nad^  aWai  aU  Appendix  gu  ben  SBerlen  be«  Seontiu«  gebruAe 

6  AeovTiov  TiQBoßvxiQov  xal  Ucodwov  Töjv  leg&y  ßißXlov  devregoVf  in  bem  id^  eine 
Sle^enfton  ber  urfprünglici^en  brei  Xeile  ber  fog.  Sacra  Parailela  nad^tDied,  aadf  bie 
^araÜelen-Sitteratur  auf  Seontiu^  k)on  S^^anj  utrüdsufü^ren  (jefud^t  $oD  fyd  im  ^« 
fammenl^ang  mit  feinen  t)iel  einbringenberen  $aralmen::@tubien  bem  toiberfbrod^en,  bie 
Sacra  Parailela   für  ^o^anned  2)ama^cenu^  retlamiert  (t)gl.   93b  IX,  294  ff-)-    SKefer 

10  2Biberf))rud^  &oÜ^  gegen  meine  $^))ot^efe  l^at,  fobiel  ic^  fel^e,  aUgemetnen  SeifaU  ge< 
funben;  ba^  33erfel^lte  mand^er  meiner  ätrgumente  l^abe  id^  felbft  lugegeben,  SBenn  t^ 
tro^bem  auc^  je|t  nod^  nad^  ^oQd  9{ep(i!  (%Vi  XX,  2)  ben  ©ebanten,  ba^  Seontiud  bon 
äS^^ang  für  Die  Anfänge  ber  ^araKelen^Sitterotur  eine  StoQe  f^iele,  nic^t  aufgeben  lonn, 
fo  lommt  hai  nic^t  ha\)ct,  ba^  id^  ,,noc^  ^u  fel^r  unter  bem  S^^^'^^ii^  meinet  fieontitid 

15  ftel^e"  (ßl^r^b,  »Vi-  3tfd^-  X,  398),  erflärt  fic^  Dielme^r  barauö,  bafe  i(^  öor  befferer 
$ubIifation  ber  Aeovtia  mit  \\)xtn  bielen  SSätercitaten  unb  ©d^olien  bie  3^it  nrx^  ni^ 
für  gelommen  erad^te,  bie  ®rünbe,  toelc^e  für  meine  $^))ot]^efe  fprec^en,  gänglid^  beifett? 
jufc^ieben.  —  3)ie  beiben  MSG  86,  1976—2004  unter  ben  SBerlen  be«  Seontiuö  ge* 
brudtten  ©ermone  rül^rcn  m.  ®.  bon  einem  anberen  fieontiu^  l^er,  „l^arren  ober  noc^  einet 

20  erften  Unterfuc^ung''  (ßrumbad^er-Sl^rl^arb  @.  55).  Bttf». 

£eontittd  ti.  3ltitpül\»,  geft.  nac^  642.  —  ^udgaben'.LeontiusNeapolitanusepisco- 
pusMSG.  93,1559— 1748;  ifeonliod*  üon  iReapoIig  ßebcn  beS  ftl.SobanneS  be«  ©ann^eraigen, 
(Srjbifc^ofg  üon  ?llcjanbnciu  ^erauSg.  u.  ^.  ®elgcr,  grciburg  l.  SB.  1893  (5.  ^cft  ber  Samra^ 
lung  QuSgem.  lirc^en*  unb  bogmengefc^.  OueQenfc^riften  üon  Q).  ^üger).  fittteratur :  ^.  ®tl^x, 
26@in  griecftifcöer  «oIfdf*riftfteIIcr  bcd  7.  SaWunbertS,  ^3  9J.  g.  XXV,  1  ff.;  «.  (Sftr§arb  bei 
Ä.  ^umba(^er,  ®ef^.  b.  b^j.  fiitteratur  6.  190-191. 

3Bir  n)iffen  Don  Seontiud  Don  92ea))oKd  nur,  ba^  er  geborener  Syrier  taKtr  unb 
bon  feinem  2anb«mann,  bem  ßrjbifc^of  gol^nne«  bon  SUejanbrien  (611—619),  na<^ 
Sllejanbrien  in  ben  bortigen  Äirc^enbicnft  gejogen  tourbe.     ®r  fagt  felbft,  bafe  er  Slugem 

80  }euge  ber  ©ro^tl^aten   be^  ^eiligen  geh)ef en  fei ;   aud^    mit  ben  beiben  Seratem  unb 

greunbcn  be«  ©rjbifd^ofg,  S«^'^^'^"^  ÜKofc^u^  unb  ©o})^roniu«,  bem  f))äteten  ^Mrion^ 

bon  3>^öl^^/   fc^cint   er  in   naivem  SBerl^ältnig   geftanben  ju  l^ben.     @j)dter  tDorb  er 

SSifd^of  bon  5Reapolig  auf  Supern  unb  lebte  nod^  unter  Äaifer  Äonftan«  (642—668). 

SSon  feinem  greunbe  unb  5!Kcifter,  bem  ®rgbifd^of  S^lj^nne^,   tourbe   er   jur  fc^rift« 

85  ftetlerifd^en  X^ötigfeit  ermuntert,  unb  biefelbe  ift  au^  re^t  umfangreich  audgefmlen.  9uf 
bem  VII.  Äonjil  (787)  rü^mt  il^n  fein  fianb^mann  SSifd^of  Äonftantinu«  bon  Äonftontia 
al«  33erfaffer  bielcr  gciftlid^er  Sobrcben,  er  ertbäl^nt  eine  auf  ß^rifti  SSerlläntng.  SSer» 
öffentlid^t  fmb  jtoei  folc^er  §omiIien:  1.  auf  ß^rifti  3)arbringung  im  3;emtoel,  2.  auf  bad 
gfeft  ber  5IJlefoj)enteIofte.  §ier  foh)ol^I,  toie  bei  ben  jal^Ireid^en  nur  l^anbf(^rittlid&  erhobenen 

40  geiftlid^en  Sieben  ftel^t  Scontiu^'  2lutorfd^aft  Ieine«h)cg«  feft,  ba  bie  ©d^reiber  i^n  oft  mit 
^omon^mcn  geiftlid^cn  ©d^riftfteHcm  (Seontiu«  ^ßre^b^tcr,  bonS3^janj,  bon  gerufolem)  bec« 
h)C(^fcIn.  Die  gebrudEtcn  Sieben  ftnb  nid^t  fcl;r  erfreuliche  5ßroben  fc^ablonen^ec  ge^ 
lieber  2)urd^fd^nitt^berebfamleit. 

Sntereffanter  ift  fein  2Berf  gegen  bie  guben  in  fünf  Suchern.   3^^'  Sruc^ftücfe  fmb 

46gebrudft,  p>^\  Weitere  ^anbfc^riftltc^  erl^alten.  614  tbar  ^erufalem  burd^  Serrat  ber^^uben« 
gemeinbe  in  perfifc^e  ^änbe  gefallen  unb  bad  ffreu^e^^ol^  tbeggefc^l^))t  toorben.  92i(^ 
nur  im  römif^en  Sfeicp,  fonbem  in  ber  gefamten  d^riftenl^eit  entftanb  eine  ungeheure 
langanbauembe  ätufregung,  bie  ftc^  aud^  in  ^ubenberfolgungen  £uft  machte.  Sud  bie^ 
©timmung  erilört  ft^  bie  @ntftel^ung  ber  bamaligen  j[ubenfeinblid(^en  Sitteratur.    Xu^  in 

60  2llejanbrien  ^atte  ein  geleierter  3»^clufu^  Ro^maiS  gegen  bie  gwben  gefc^rieben  imb  ^o» 
Joanne«  üJlofd^u^  gegen  fie  bi^putieri  äluf  bie  Anregung  biefer  Greife  ifi  too^I  fieontiud' 
aBerljurüdEjufül^ren. 

SBeitau^  ber  bebeutenbfte  3:eil  feiner  titterariteen  3;^ätigleit  ift  bagegen  feine  bolfr 
tümlic^e  ©d^riftftellerei ;   eine  9leil[^e    erbaulid^er  SBiograjj^ien,  Ibeld^e  il^   einen  gro|en 

66Sefertreid  ern^orben  l^aben.    @r  l^at  eneic^t,  toa^  W)m  borfc^toebte:  „in  fc^udSofem  unb 
einfad^em  ©tile  ^u  berichten,  bamit  aud^  ber  Ungebilbete  unb  Ungele^e  fid^  an  ben  @p 
jö^lungen  erbauen  lann.'' 
6r  berfafetc: 
1.  2)ag  2Atn  be^  1^1.  ©(j^nbon  bon  Srimitl^ud.  2)iefe  auf  9lnregung  bed  @r)bif(^of< 


SeotttittiS  tion  3ltapülx»  Se  Ouiett  399 

^o^omted  loon  Stiejanbrim  bcrfofete  ©d^rift  ift  Verloren  gegangen.  2ötr  beft^en  nur  bte 
beitDöflembe  Seorbettung  bed  3)leta^^rafted.  2)anac^  fear  ed  eine  Sammtung  Don  (el^ 
nabm  unb  braftifc^en  SlSunberlegenben. 

2.  3)a8  Sebcn  beö  ßrgbifd^of^  gol^anned  be«  5IJlitIeibigen  t)on  2Uejanbrien.  $ier 
toirb  toon  einem  ^eitgenoffen  ein  fd^öner  3:^j)u«  altd^rtfllid^er,  oDerbing«  fel^r  überfd^tüängs  5 
Fu^er  SRilbtl^ätigfeit  gefc^ilbert.  S3ereitö  3ol(^anne^  SRofd^u^  unb  Sopl^roniu^  l^atten  bem 
&^bif(^of  ein  ©enftnol  gefegt,  oHetn  Dabei  mcl^r  ben  Äirc^enfürften  unb  SSorfämpfer  ber 
Dtt^obope  in^  Sluge  gefaxt.  Seontiu^,  ber  fein  SBerf  befd^eibenertpeife  nur  ate  einen 
92acl^trag  begeic^net,  {ud^te  Dor  adem  erbaulid^  ^u  toirten.  ^mmerl^in  giebt  ed  und  ein 
toertDoOed  jtulturbilb  bed  gried^ifd^en  SHe^anbria  unmittelbar  Dor  ber  arabifd^en  Eroberung.  10 
Sod  Süc^Iein  erfreute  ftd^  balb  au|erorbentIid^er  Popularität  unb  toarb  auf  SSeranlaffung 
$a)>ft  Slilolaud  I.  Don  Snaftaftud  ind  Sateinifd^e  überfe^t. 

3.  2)ad  Seben  ©^meond  Don  ©mefa,  be«  Starren  um  G^rifti  toiHen,  ^iftorifd^  Don 
mir  bebtngtem,  aber  htlturgefd^id^tlid^  Don  um  fo  ^öl^erem  äBerte.  2)ie  orientalifc^e  SSor« 
fleQung,  oa|  ber  SBal^nftnnige  ein  gottbegnabeted  SBefen  fei,  galt  aud^  im  d^riftlic^en  15 
@^en  unb  fanb  mit  burc^  bicfc  Dielgelefene  ©c^rift  toeite  SJerbreitung  bei  Oried^en  unb 
SRuffen,  beren  Rtoftergemeinfd^aften  in  ben  folgenben  So^^^wnberten  jal^treid^e  Seifpiele 
ä^nli<^  l^eißger  Slarren  bieten.  3)ie  Dielen  Dolföttimlid^en  ©d^h)änfe  l^aben,  obh?o^l  ber 
Serfaffer  fu^  gegen  jebe  friDole  Sludbeutung  feinet  äSerid^ted  toel^rt,  jur  ^oDularitöt  ber 
Srjä^umg  mächtig  beigetragen.  $•  Weiser,     ao 

2tpmn9  f.  9teftoriantdmud. 

£e  CUtteit,  aWid^ael,  O.  Pr.  —  au^tif  u.  d^avb.  Scriptore8Ord.Praed.II,808  8q.; 
Jonrn.  des  Sav.  Nr.  101;  3ö(6er,  ©cle^rtenlcjif.,  33b  VI  ber  gurtf.,  @.  1140  f.;  EJ^irfiaub, 
Biographie  univ.,  XXIV,  p.  241  f.;  ^ocfcr,  Nouv.  biogr.  g^n^rale,  t.  30,  p.  860;  ^urtcr, 
Nomenclat  litt  II,  1064—1066;  Streber  Im  Ä^ä.^  VII,  @p.  1827.  26 

^efer  ^Üftoloat,  Don  ben  bominifanifd^en  Oelel^rtcn  ber  nad^reformatorifc^en  3^'^ 
ein«  ber  bebeutenbften,  lourbe  juSSoulogne  s,  m.  geboren  am  8.00.1661,  trat  20iä|rig 
in  ben  $rebigerorben  unb  nü^te  al^  junget  ^itglieb  bedfelben  feine  ©tubienjeit  ju  grünb- 
liil^  @rlemung  nic^t  nur  be^  flafftfc^en  unb  fird^lid^en  @ried^ifd^,  fonbem  aud^  be^  ätra» 
lA^dfm  unb  ^ebräifc^en,  in  loeld^er  lefetcren  Sj)rad^e  ber  geleierte  $ater  3Warfollier  fein  so 
2e^  tourbe.  SBö^enb  ber  längften  3^  1^"^  geleierten  gorfd^en«  unb  ©c^^affen«  h?ar 
er  S3ibIiotteIar  be«  ?Parifer  3)ominiIanerIonDent«  in  ber  SRue  ©t.  $onor6.  $ier  ftarb  er 
am  12.  3Kärj  1733.  —  ©eine  SBerf e  ))olemifc^en  3;«^fllt^  ftnb  Don  geringerem  S3elang 
unb  jje^  grdfltenteU^  Dergeffen.  @d  gehörten  ba^u  befonberd:  eine  Defense  du  texte 
H^breu  et  de  la  version  vxilgate{$arigl690),  famt  einigen  anbercn  gegen  benGifter^ss 
denfer  ^ejron  (f  1706)  gerid^teten  ©treitfd^riften  betreff enb  ba«  JJer^ältni^  ber  ©ejjtua* 
gmtasS^nmoIogie  ju  ber  bed  maforettfc^en  5Cejteö  (Dgl.  $urter,  I.e.,  p. 771);  femer  eine 
äkrtetbtaung  ber  @ut)remat^nfprü(^e  be^$a^fttumS  gegen  bieSlngriffe  bed  jerufalemifc^en 
^otrionpen  Slectariud,  ))feubonVm  erfd^ienen  ^ari^  1718  unter  bem  Xitel:  Stephani  de 
Altimara  Ponticensis  panoplia  contra  schisma  Graecum,  aber  Don  toenig  Iritifc^er  40 
^ötomfl  (^L  ^ic^Ier,  ®ef^.  ber  fird^l.  Trennung  jloifc^en  Orient  unb  Occibent,  1, 1864, 
©.  474),  fobann  jtoei  gegen  be^  änglifaner«  2e  Soura^er  ^taibo^er  für  bie  ©iltigleit 
ber  geifttic^en  SBei^en  ber  englifd^en  Äird^e  j)olemificrenbe  3)raftate :  La  Nullit^  des  Or- 
dinations  Anglicanes  (1725,  2  vols)  unb  La  Nullit^  des  Ord.  Anglicc.  d^mon- 
tr^  de  nouveau  etc.  (1730,  2  t.  in  12°).  33on  erl[^eblic^erem  2Bert  ift  feine  gtoei«  45 
bänbige  gr&colatine  Slu^abe  ber  9Berfe  bcd  3o^anned^amafcenud(^aridl712,  2 1.  fol.; 
obgebrudS,  mit  Seifügung  einiger  in  il^r  fel^lenben  teild  eckten,  teil^  unechten  ©d^riften  be^ 
2)amafcenerd,  in  MSG  t.  94—96),  bie  fotoo^l  für  bie  a^ejtbearbeitung  biefeö  fiird^en« 
twterd  toie  für  bie  ©inleitung  in  feine  einzelnen  ©d^riftcn  ßrfjeblid^e^  leiftete  (f.  Sangen, 
3o^>.  D.  S)am.,  ®ot^al879,  ©.29—33,  unb  Rattenbufd^  im  betr.a.,S5blX©.286,r,off.),  so 
fotme  Dor  oQem  fein  Oriens  christianus,  ein  auf  orünblid^em  DueUenftubium  fu^enbed, 
ber  Gallia  christiana  ©te.  5KartlS^e^  nad^gebilbete«  Sliefentoerf,  mit  beffen  2lu^rbettung 
für  ben  2)nidt  er  1722  begann  (f.  feinen  barauf  begügli(I;en  SJertrag  mit  bem  ^ßarifer 
9uc^^bler  9Kcot.  ©imart,  Dom  27.  gebr.  jene^  ^al)xt^,  Deröff entließt  burc^  $.  Dmont 
tn  ber  Revue  de  TOrient  latin  1894,  p.  190  sq.),  ba«  aber  erft  fiebcn  ^al^re  nad^  66 
feinem  Xobe  DoDftänbig  erfc^ien  (Oriens  christianus  in  quatuor  patriarchatus  dl- 
gestus,  in  quo  exhibentur  Ecdesiae  patriarchae  ceterique  praesules  Orientis, 
3 1.  fol.).    3^  ^^^  ^w  k^^i  ftarlen  Sänbe  finb  bie  3)iöcef en  ^onto^,  Slfta  unb  3)l(^racia 


400  £e  Cuttett  Scriititiit 

be^  ^nftanttno})(er  ^atriard^otd  bel^anbelt,  in  Sb  II  hai  ^Qbrtcum  ol^  bierte  htt  Sbw^ 
ftanttnopler  ^iöcefen,  fotoie  btc  Patriarchate  SHesanbria  unb  Slntiod^ia;  in  9b  III  bie 
^iöcefcn  ber  d^albäifd^en  unb  ber  ialobitifd^en  ^tr^e  (mit  9luf}ä^Iung  ouc^  ber  3RcO(>fytiaxit 
ber  lei^teren).    Einige  k)on  Se  jQuien  unüoKenbet  l^inter(af[ene  Staqträge,    betreffenb   bie 

5  Alrica  christiana,  bie  Notitiae  episcopatuum  Orientis  (graec.  et  lat.)  unb  bie 
Monasteria  Orientis,  blieben  bon  biefer  $ubUtation  t)on  1740  au^efc^lojfen.  Sejüglü^ 
biefer  bon  il^m  ju  bearbeiten  bzQonntntn,  aber  unboHftänbiö  gelöften  Probleme  jtiÄ  ftmter 
teite  ^Rorcetti  (in  f.  Africa  christiana,  3  voll.,  Brixiae  1816—1818 ;  logl.  ben  Sfa. 
;,9Jorbafrifanifc^e  Äirc^e"),  teilö  einige  Steuere  (bef.  §.  ©eljer  in  f.  bie  morgenlonbifc^ 

10  Notitiae  episcopatuum  betreffenben  @tubien  feit  1886)  feine  Sftoc^eiferer  getoorben. 

fierittttm»  —  OueQen  imb  fittteratur:  Hilarii  Arelatensis  sermo  de  vita  S.  Honorati, 
MSL.  ^b.  50,  1249 sq.;  Baymond-Feraud,  La  vida  de  sant  HoDorat,  lägende  en  ven 
proveD9aux,   publice  pour  la  premi^re  fois  cd  son  entier  par  les  eoins  et  aux   frais  de  la 

15  soci^tä  des  lettre«,  sciences  et  arts  des  Alpes-Maritimes  avec  des  nombreases  notes  expli- 
catives  par  M.  A.  L.  Sardou,  Nizza  1875,  baju  @.  ^of4,  Unterfuc^ung  über  bie  Ouellen 
unb  baS  ^er^öltntd  ber  prooenjal.  unb  lateinifc^en  Sebendbefc^reibung  beS  ^eil.  ^onoratu^r 
berliner  S)oftorbiffcrtQtion  1877;  grfl.  ^Irnolö,  döfariu«  üon  «relate  unb  bie  gcD.  Äircfte 
feiner  Seit,  ficipa- 1894,  6.  94  ff.  unb  «nljang  IV  bie  ficrinenfcr  SRcflel  8.  509—523;  A.  Mai- 

20  Dory,  8t.  C^saire,  $arid  1894  <B.  5  ff. ;  Vinc.  Barralis  Salemus,  Chronologia  Sanctomm  et 
aliorum  .  .  sacrae  insulae  Lerinensis,  Lyon  1613;  AUiez,  Histoire  du  monast^re  de  Lärius, 
$arid  1662,  2$be;  @tlferdberg,  Historia  monasterii  Lerinensis  usque  ad  annum  731  enar- 
rata,  Kopen^a()en  1834;  Bärengier,  Les  lies  de  Lärins,  Bev.  de  l'art  chrätien  1870, 
6.  176  ff.;  3Köacr  $1.  öerlnum  SH®*;    uon  größeren  Werfen  \nx  ^ef^i^te  be«  ^Kön^tum» 

25  MabilloD,  Annales  unb  Acta  O.  S.  B.  passim;  Tiliemont,  Mämoires  Tom.  XII;  Hdyol, 
Hist.  des  ordres  eccl.  V,  116  ff. 

3ln  ber  ^üfte  bed  narbonnenftfc^en  (Sadieng,  bem  l^eutigen  Sännet  gegenüber,  liegt  bie 
®nH)pe  ber  Serinifd^en  ^"f^f'^/  '^^^  größte  bie  ^n]d  Sero  (l^eute  ©t.  SKorguerite)  unb 
beren  berü^mtefte  bie  3  Kilometer  im  Umfang  meffenbe  ^n\d  Serinum  (au<^  £erina,  2is 

80  rinud,  l^eute  @t.  ^onorat)  ift.  9(U  in  ben  ftebjtger  ^a^ren  bed  4.  ^aj^rl^unbertd  bo^ 
orientalifc^e  ^önc^^Ieben  fid^  aud^  im  Occibent  verbreitete,  mürben  bie  einfamen  ^n]dn 
SübgaUiend  ebenfo  tote  bie  ^nfetn  an  ber  Küfte  Italiens  unb  ^olmatiend  befonberd  be» 
liebte  Statten  bed  adtetifd^en  Sebend,  bie  ben  abenblänbifc^en  93ü^em  bie  SBüfte  erfj^cn 
foOten.   3(ud^  Serinum  tüax,  bet)or  ftd^  ^onoratu^  bort  nieberlie^,  unbetpo^nt,   mit  SBoIb 

86  bebest  unb  toegen  ber  ungefunben  2)ünfte  unb  giftigen  ©erlangen  gemieben.  ^onorotud 
toar  romifc^sgatlifc^er  älbftammung,  k)ielleid^t  aud  bem  ni^rblid^en  ®aQien  ober  Selgien. 
©einen  (Seburt^ort  berfc^toeigt  und  fein  Sanbdmann  $ilariud;  ber  SSerfaffer  ber  pcotKO^ 
gaüfd^en  SSita  l^at  i^n  aud  burd^fid^tigem  @runbe  )u  einem  Ungarn  gemad^t,  tpeU  er  feine 
jßüa  einer  ungarifc^en  Jiönigin  toibmete.    ^onoratud  fc^eint  einer  t)omel^men  ^milie  am 

40  gel^ört  }u  ^aben,  ba  er  Sonfulare  ^u  feinen  33orfa^ren  jä^lte.  ^n  früher  3^0^  bon 
bem  2:neb  jum  adfetifd^en  Seben  ergriffen,  begann  er  mit  feinem  älteren  ©ruber  Senom 
tm^,  ben  er  bafür  gewonnen  l^atte,  unter  ber  Seitung  eined  ©reifet  Sa))raftud  auf  einer 
Snfel  in  ber  9ici]^e  aJlarfeitted  ein  mönc^ifd^e«  geben.  ©j)äter  brad^  er  in  bie  ^eme  auf 
unb  reifte  nac^  Dften,  h?al[^rfd^einUd^  um   rxad)  bem  Orient  gu  pilgern  unb  bort  bie  ber» 

46  texten  3)lönd^dbäter  lennen  ju  lernen.  3n  5IJlet^one  in  5roeffenien  ftarb  SSenantiud,  unb 
baburd^  tpurbe  h?o^(  ^onoratud  ^ur  ^Mtd)x  in  ben  Occibent  belogen.  ä(uf  ber  ^eim^ 
reife  befud^te  er  S^ölien  unb  fd^Iofe  mit  ^aulin  bon  9loIa  greunbfc^aft.  3n  ©übgoDien 
l^ielt  er  ftd^  barauf  längere  3^i^  b^  ^^nt  i^m  befreunbeten  )9ifc^of  Seontiud  bon  gorum 
Sulii  (^eute  5^6jud)  auf  unb  lie^  ftd^  bann  auf  ber  ^n\d  Serinum  nieber,  um  ein  cätt» 

60  tifd^ed  Seben  nad)  bem  SJlufter  ber  äg^ptifc^en  3)lön(^dk)äter  ju  führen.  3)ad  ^o^  fetner 
Slnfiebelung  läfet  \id)  ni^t  me^r  fcftftellen,  toir  h?erben  ben  3^^^"*"  bon  400  b\i  410 
bafür  offen  laffen  muffen  (f.  auc^  Sarben^etoer,  31.  $onoratud  ÄS*).  S3alb  me^  ftdj 
bie  ^ai)l  feiner  ©enoffen,  bod^  beftanb  anfangt  eine  grofee  ^ei^eit  unb  3Rannigfalttgfcit 
in  ben  Seben«geh)o^n(^eiten  ber  W6nd)c,    ©ie  tool(^nten  unb  fc^Iiefen  in  getrennten  3^1^ 

56  unb  berfammelten  ftd^  nur  }u  ben  @ottedbienften,  ob  aud^  ju  ben  SRol^ljeiten  bleibt  um 
gemi^  (SnabUIon,  Annal.  I,  13).  2Bal^r|d^einIid^  l^olte  ftd^  jeber  ©peife  unb  XranI  cad 
bem  Älofter  unb  ber  SeUerariud  teilte  bie  Stationen  aud.  äluger  Den  eigentlichen  SRi^nc^ 
bie  auf  ber  9Jorbfeite  ber  S^fcl  jufammentoobnten,  gab  e«  auf  Serinum  toie  bem  benoc^ 
barten  Sero  Sinftebler,  bie  fid^  ftrenger  lafteiten  unb  im  Ij^ijc^ften  Slnfei^en  ftanben  (Sbnoft 

60©.  521).   ^onoratud  blieb  aber  für  aQe  bad  ^aupt.     ^ol^anned  Saffumud,  ber  gefeierte 


Sertmtm  401 

Stifter  hzt  n>ent0  lungeren  SRönd^emeinfc^aft  in  ÜRarfeiQe  toibmet  i^m  einen  Xeit  feiner 
Ck>llationes  patrum  (f.  äl.  III,  747)  unb  nennt  il^n  in  biefer  @d^tift  ingenti  fatrum 
ooenobio  praesidens  (Coli.  patr.  XI  praefat.)»  unb  Suc^eriud  Don  S^on  bejeid^net 
il^fn  (üi  Se^rer  ber  l^nfeln  (epistola  seu  libellus  de  laude  eremi  §  42,  Bibl.  Patr. 
Max.  IV,  862  ff.),    ^onorotud  übte  aU  ^re^b^ter  aud^  bie  geiftlic^en  ^^unftionen.  6 

Strittig  ift,  iDelcpe  JUofterregel  in  Serinum  bid  jur  Sinfül^^rung  ber  Senebiftinerreget 
um  661  ©eltung  ^e.  SUferdoerg  badete  an  bie  Don  Sflufin  frei  überf^te  Siegel  beiS 
SRoconud  Xleranbrinui^,  bie  9lbt  ^ol^^onned,  ein  frül[^erer  ÜRönd^  Serinumd,  in  bad  Alofter 
SRoutier«  =  ©t  3ean  um  620  einführte  (Vita  S.  Johannis,  A.  SS.  O.  B.  I,  614). 
2i(lemont  bel^au))tete,  ba^  ^onoratuiS  felbft  eine  fdbriftlic^e  Siegel  gegeben  l^abe.  9(molb  f}at  lo 
übmeugenb  no^getoiefen,  ba^  ber  Stifter  teine  9tegel  Derfa^e,  fonbem  ba^  bie  Don  t^m 
in  9[nl^nung  an  äg^))tif(^e  SSorbilber  l^ergefteQte  Seben^orbnung  burc^  tebenbige  Xrabition 
weitergegeben  tourbe.  äBä^enb  ber  erflen  ^Ät  beiS  l[^errfd^enben  adletifd^en  Sntl^uftadmud 
mod^  fui^  ouc^  boS  ^len  Don  fd^riftlid^  aufgejeid^neten  Seben^eiool^n^eiten  nid^t  fühlbar, 
man  t>ertraute  ber  SRadpt  bed  äBorteiS  unb  bem  Sinflu^  ber  ^erfönlic^feit,  erft  \pcdet  er«  is 
ftarrte  bie  adletifd^e  Segeifterung  ju  Sa^ungen.  ^ereitd  Säfariu^  Don  älrleiS  (f  543) 
beruft  fiäf  in  feiner  9lonnenregel  (A.  SS.  Jan.  I,  735)  auf  bie  Siegel  bed  Jllofterd  Seri« 
num,  ber  er  feine  Orbnung  bed  ^falmengefanged  entlehnt  l^at.  2Bir  h}erben  annel^men 
b&rfen,  birf;  bomate  bereite  fd^riftlid^e  9luf)eid^nungen  Dorlagen. 

^e  3Stönd^t  trieben  neben  ben  geiftlid^en  Ülbungen,  ^ften,  ^^mnvttß^axiQ,  ®ebet  gu  20 
be^mten  ®ebetdftunben,  auc^  Sobentultur.  Sie  legten  äBeinberge,  ^er,  SBiefen  an 
mtb  t)ertoanbe(ten  fo  bie  ©eftalt  ber  unh}irtli(^en  ^nfel.  9(ud^  mit  ber  Anfertigung  Don 
Sieben  unb  mit  ^fc^fang  bef d^Kiftigte  man  [vi),  daneben  t)f[egte  man  bie^ugenberjiel^^ung. 
SHe  beiben  Sö^ne  bed  Sifd^ofd  @ud^eriud  Don  S^on,  Saloniud  unb  SSeraniud  h}urben  in 
Serinum  er)ogen.  9Bie  ber  Unterrid^t  im  ftlofter  geregelt  toax,  ob  eine  ftufenmö^ige  ^^ort«  25 
bilbung  flatt^otte,  ift  gonj  ungetoi^.  äBa^rfd^einlid^  beftanben  bie  studia  monachialia 
tDefentlic^  in  ber  @infül^ng  in  bie  Hilfsmittel  gum  33erftänbniiS  ber  Sibel.  Über  baS 
£efim  ber  9ibel  tmb  adletifd^  @rbauungd(itteratur,  9ludh}enbiglemen  Don  $falmen  unb 
^l^mnen  gin^  ed  fc^toerlic^  ^inoud  (Kaufmann,  StJ^^etoren«  unb  ^(ofterfd^ulen  S.  72  ff.). 

^e  Stiftung  beS  ^onorotud  erlangte  fd^neQ  großen  Stuf,   fte  h}urbe  ber  ^erb  für  90 
bie  Scqüngung  ber  Dertoeltlic^ten  gallif^en  jtird^e  unb   erfüQte  bie  Sifd^öfe  mit   einem 
ernfkren  aäetifd^  ®rift.  %iJx  bie  Geologie  bed  fogenamtten  Semif^elagianidmud  h}urbe 
bie  Snfel  Serinum  bie  eigentliche  »ßflangfd^ule.    Sud^eriu«  Don  S^on  (f.  b.  91.  »b. V  S.  572  ff.), 
Stncentiud  (f.  b.  91)  unb  SalDianuS  (f.  b.  91.)  toaren  geittoeilig  ÜRönd^e  in  Serinum,  aud^ 
ber  talentvolle  unb  häftige  ^iloriuS,  ber  93iogra))^  unb  92ad^foIger  bed  ^onoratuS  im  S5 
Stdtum  SMeS,  ber  im  Rcmtp^  mit  bem  römifd^en  Sifd^of  Seo  bem  ©ro^en  bei  bem  'l^erfud^ 
ber  (Srric^tung  eines  gaSifd^en  Primats  unterlag.    Sluc^  ber  l^eilige  Su))uS  auS  Xoul, 
ber  mit  ber  Sd^floefter  beS  ^ilariuS  $imeniola  Derl^eiratet  toar,  gog  ftd^   um   426  nad^ 
Serinum  pxxM,  um  Don  ^ier  427   mm  Sifc^of  Don  Xro^eS  erl[^oben  ut  toerben.    .^ono« 
rotuS  felbft  tDurbe  426  Sifd^of  Don  SlrieS,  fitarb  aber  fd^on  429.    ^n  SRa^muS,  Slbt  beS  40 
Älofter«  Serinum  Don  426—433,  ]pättt  »if^of  Don  Sfleji  (l^eute  SRiej  in  ber  DbetjjroDence), 
unbgou|iw«r  Sttt  Don  433— 460,  bann  ebenfalls  »ifd^of  Don  JRcji  (f  c.  495,  f.g5bV,782), 
einem  ber  ffesDorragenbften  SSertreter  beS  Semi))eIagianiSmuS,  fanb  ^onoratuS  tüchtige 

9lac^  bem  24)be  beS  Sifd^ofS  SeontiuS  Don  gorum  guKi  i»"  S^lj^te  432,  ju  beffen  46 
StNPengel  &rinum  gehörte,  foUte  9lbt  3Ra|imuS  fein  ^{a^folger  h}erben,   eS  h}urbe   aber 
^  femer  Z^bor  biS^  9(bt  ber  3Rönd^e  auf  ben  ftöd^abifd^en  ^nfeln  gum  ä3if(^of 
ei^ben.    9ltt  biefem  geriet  t^auftuS  als  3lbt  Don  Serinum   in  l^^eftige  3^iftig{riten,   bie 
i^  fogor  jeittoeilig  nötigten  fein  Softer  gu  Dertaffen.    9luf  bem  britten  Aongtl  gu  9lrleS 
455  (ober  458)  unter  SlaDenniuS  h}urbe  ber  Streit  beigelegt,    ^em  9(bt  tourbe  bie  äSer^  60 
tDoltung  beS  iltofterDermögenS  gugeft)rod^en,   er  \)ai  über  bie  laica  multitudo  b.  ^.  über 
oDe  Swnc^,  bie  nichts  anbereS  ftnb,    gu  gebieten.    3)ie  3J2önc^t)fli(^ten  gelten  nodi  als 
rdigtdfe  ni^ft  lirc^lic^e  äSerbinblic^feiten.    9tur  auf  SSiunfd^  beS  9(bteS  barf  ber  Sifcbof 
3Röiid^  )u  ftlerilem  mad^.    ^ie  bifd^öflid^en  Siechte  ber  Orbination  ber  Jlleriter,  ber 
Sei^  beS  G^moS,  ber  ^rmung  ber  92eopl^^ten  ftel^en  bem  Sifd^of  Don  ^orum  ^ulti  55 
jtt.    9bir  in  biefen  t^en  fd^eint  biefer  baS  Siecht  gel^abt  gu  ^aben,  baS  Jtlofter  gu  be» 
treten,    »e  StttShHX^l  blribt  ber  SWöndS^enoffenfc^aft  (Mansi  VII,  907;  §efele  II,  583 ; 
Sdmno,  ®ef(^te  beS  beutfc^en  Jtird^enre^tS  II,  382). 

gntDietoeit  Serinum  burd^  bie  SSölferbetoegungen  unb  Äämjjfe  beS  5.  S^^^^wJ^^^^f 
inSbefonbere  bun^  boS  Einbringen  ber  äBeftgoten  unter  @urid^  in  bie  $roDence  in  3R\U  et 

ntäi^itntntlopähU  tat  Zt^oloqlt  unb  flirdbe.  3.  ».  XI.  26 


402  Serittttm 

teibenfc^aft  ae^ogen  h^urbe,  barüber  fel^Ien  beftimmte  9lad^(^ten.  @^  blieb  ein  gefeierter 
©i$  bcr  aiwcfe.  ßäforiu«  ber  fjjätcrc  95if(^of  bon  SlrleiS  brad^te  unter  3lbt  ^orceriud  — 
feine  ß^ronologie  fte^t  nic^t  feft  —  längere  3^^  tn  Serinum  erft  ald  ©j)eifemeifter,  bann 
aU  älnac^oret  gu.    !D2tt  großer  $ietöt  ^ing  er  an  ben  @eh}ol^n]9eiten  Serinum^  tmb  griff 

6  auc^  auf  biefe  bei  ber  Slbfaffung  feiner  9lonnenregel  }uräd.  3^^  f^^"  3^^^  Verlebte  Sbito^ 
niud  Don  ^annonien,  ein@c^üler  be^  ^eiligen  Seherin,  bie  legten  2h}ei2|a^re  feinet  Sebend 
im  Älofter  Serinum  (Ennodius  de  vita  beati  Antonii  c.  40,  ed.  Sogel  ©.  190).  Unter 
ben  ©türmen  beiS  6.  3<^^^wnt>^^  —  537  fam  bie  5ßrobence  in  bie  ^änbe  ber  ^^anlen  — 
fan!  bie3uc^t  im  jtlofter.    9lbt  ÜRarinud  \ooüU  bie  milbere  9lgaunenftf(^e  9legel  einführen, 

10  bie  geringere  änforberungen  an  bie  ©elbftöerleugnung  ftellte.  3loi)  ft)äter  unter  Sbt 
©tep^anud,  ber  ben  $rot)ft  äluguftin  auf  feinem  2Bege  ju  ben  9lngel{a(^fen  beherbergte, 
trat  ein  gänglic^er  SSerfaQ  ber  ^idgi^Iin  ein.  ©regor  ber  ®ro^e  ermahnte  ben  Sloc^folger 
Bttp\)an^,  ßonon  (Sonon),  ju  energifd^en  Sieformen  (Gregor  Mag.  ep.  V,  56  u.  IX,  8), 
boc^  h}aren  feine  ä3emül^ungen  ol^ne  Srfolg.   3)er  Suraunber  9(ttala  Derlie^  Serinum,  toKiI 

15  er  fid^  über  ben  gud^tlofen  Seift  ber  3Rond^e  ärgerte,  fcplo^  ftd^  in  Su|ot>ium  (Su^eutO  bem 
^ren  Solumban  an  unb  tourbe  fein  92a(|folger  im  Hlofter  Sobbio  (Jonas  Bobb.  vita 
Attalae,  Mabillon  A.  SS.  O.  B.  II,  123).  Um  661  reformierte  ber  SRönc^  Sigulf 
au^  bem  Alofter  ^leur^  (St.  Benoit  sur  Loire),  ber  ani  bem  burd^  bie  Songobo^ 
bertoüfteten  3l2onte  Saffino  bie  ©ebeine  be^  ^^^k^"  Senebitt  üon  92urfia  entführt  ^tte, 

20  nad^  ber  Siegel  ä3enebift^  Serinum,  in  bem  bie  SRönc^e  gum  Seil  regellos  um^erfhetften. 
3)er  eifrige  ^enebihiner  erlag  aber  einer  ®egen))artei,  toeld^e  U^n  mit  30  Sln^ängem  naSf 
ber  ^nfel  älmatuna  3h}ifd^en  Jlorft!a  unb  ©arbinien  f ortfc^affen  unb  nac^l^  bort  umbringen 
(ie^  (Aldecraldi  vita  Aigulfi,  MabUlon  A.  SS.  O.  B.  II,  629).  3ur  3eit  aU  SC^ 
bad  ^lofter  regierte,  bertoeilte  bort  ber  9(ngelfad^fe  Senebitt  ^J3i^o)),  ber  noc^^er  ofö  Xbt 

26  gu  SQiremouti^  ein  tl^ätiger  ä3eförberer  ber  93enebiltinerregel  in  Sngtanb  tourbe.  Um  690 
^tte  aber  Serinum  h}ieber  eine  folc^e  93Iüte  erreid^t,  ba^  ber  ^^ige  Slmanbud  ofö  9bt 
3700  SKönc^e  unter  [xi)  gel^^abt  ^aben  fott. 

Um  730  (nad^  MabiUon,  Annal.  O.  S.B.  II,  82  im  ^al^e  732)  tDurbe  bo«  reii|ie 
Jllofter  t)on  ben  ©arajenen  ge^Iünbert,  h}obei  9lbt  $ord^riud  mit  50  SRönd^  ben  %f^ 

80  gefunben  l^aben  foQ.  ^ie  ^erfteQung  be^  ßlofterd  toirb  einem  9lbt  @leut^eriu^  jugefc^eben, 
aOerbingd  im  3uf<^n^ntenl^ang  mit  einer  fobell^^aften  ©d^enlung  $i))))ind,  bte  biefer  )u 
Cuierc^  754  angefertigt  ^aben  foH  (alliier  I,  415).  (Sin  ©rief  SlIcuinS  geigt,  bö^  bie 
!Dlönd^e  an  ben  lird^lic^en  ^agen  ber  3^t  Slnteil  nal^^men  (Monum.  Alcuin.  ep.  93, 
©.  392).    3la(fy  Äartö  be«  Orofeen  Sobe  lebte  ber  SKönd^  95emariu«,  Der  Sruber  Äbat 

86  l^arb^  unb  93ala^,  eine  3^'^  '^"9  ^^^  ßjilierter  in  Serinum.  Stuf  einen  gefuntenen  ^ 
ftanb  h}eift  e^  ^in,  toenn  964  ber  neuburgunbifc^e  Slönig  jtonrab  gttr  ^erfleuung  ber  DA* 
nung  in  Serinum  toie  in  bem  bon  biefem  abhängigen,  661  gegrünbeten  ^RrnmenSoßei 
2lrluc  bcibc  Älöfter  an  ben  abt  bon  aJJont^aJJajeur  bergabte  (Gall.  Christ.  III,  1210). 
Salb  barauf  berlie^   aber  $a))ft  Senebtft  VII.  Serinum   mit  jener  Xoc^terfUftuna  bem 

10  Slbte  ÜRa^olud  bon  eiunt  (Jaffa '  3796),  unb  au^  Obilo  bon  (Sluni  erfc^eint  )ug(eu^  att 
2tbt  bon  Serinum,  bag  er  1022  befud^te.  Dann  folgen  loieber  eigene  äbte,  aber  feit  jener 
33erbinbung  mit  ber  an  ber  ©t)i$e  ber  tirc^Uc^en  ä3eh}egung  fte^enben  Jtongregatum  be^ 
ainnt  aud^  für  Serinum  eine  neue  ^eriobe  be^  3luffd^h}ung$  unb  (Slanjed.  Unter  ben  &ten 
Slmalric^,  Slbalbert  I.  unb  2tbalbert  II.  (f  1101)  mehren   fid^  bie  ©c^enlungen.    9M 

45  einer  neuen  95erh)üftung  burd^  bie  ©ara jenen  1107  baut  ba«  reiche  Älofter  gegen  bte6ce> 
räuber  einen  fcften  lurm.  Unter  3lbaibert  II.  loirb  auc^  toieber  bie  SBiffenfc^  in  it* 
rinum  gepflegt,  in  feine  3^^^  f^^  ^^^  bon  bem  3)tönd^  3)aniet  berfa^e  ^folmenlommentar 
in  lateinifd^cn  SScrfen,  ber  Don  tüd^tiger  Silbung  jeugt.  ^n  biefer  3rit  erhalt  Serinum 
aud^  >)äj)ftlid^e  Segünftigungen,  ^ribilcgien  unb  SJlbläffe.    3)ie  §onoriu^  II.  1124—1130 

60  jugefc^riebene  SuQe  Caritas  gemini,  toorin  aQe  ©laubigen  utr  UnterfbU^ung  M  iSoperS 
aufgeforbert  toerben,  ift  aber  eine  gälfc^ung  (Jaffö  *  7352).  Dabei  gerät  aber  bod  Xtoflcr 
aud^  n)egen  feiner  äSeft^rec^te  auf  Jtircben  in  fortgelegte  ^änbel  mit  ben  benaf^bodten 
^ifd^öfen  unb  ^rälaten.  @^  gehört  je^t  unb  i^oax  n)a^rfd^einlid^  fc^on  feit  bem  6.^0^ 
^unbert  jum  Si^tum  3lntij)oli«  (äntibe^),  ba  hai  95i«tum  ^Jorum  ^ulii  auf  ?[al^unberte 

55  jur  Sebeutungdloftgteit  l^erabfan!.  3(Id  le^tered  im  burgunbifd^en  Sleid^  fi$  Ivt^er  ge» 
Iräftigt  l^atte,  bemühte  ed  ftd^  um  'IBiebergetoinnung  bed  jttofterd,  aber  bergeblic^.  M 
Jllofter  blieb  unter  9lntibe^,  toeld^e^  Si^tum  aber  1244  nad^  ©raffe  berlegt  tDurbe.  ^m 
jtoifc^en  toar  bie  SScrlücltlic^ung  bc^  Älofterg  fotoeit  fortgefd^ritten,  ba^  ^nnocen)  III. 
(Potthast  281)  ben  Sifd^of  bon  Slrled  mit  ^erfteOung  ber  böOia  in  SerfaD  geratenen 

00  ^egel,  toenn  erforberlid^  burd^  ^erbeijiel^ung  ber  Siftercienfer  beauftragte.     9Rtt  t/HU/m 


Strittttm  403 

Srfolgc,  ftel^t  boJ^in.  ^ebenfaQd  toud^d  Sletc^tum  unb  Sinflu^  t)on  Serinum  nod^  im 
13.  3<>^unbert.  1255  tarn  ed  burc^  %avi\i}  in  ben  9eft$  ber  Itirc^e  unb  be^  ^off^itatö 
b^  ^toen  Xntomud  bei  @enua,  bei  toeld^em  ftd^  nun  ano)  ein  ßlofter  be^  ^.  Sintoniu^ 
ed^ob.  ^  14.  ^al^^r^unbert  tDoQten  bie  ^Jlönd^e  nid^t  mef^r  fratres,  fonbern  domini 
fem  unb  befc^loffen  1319  auf  einem  @eneralla))itel,  bag  ed  jebem  ^nd^e,  $rior  unb  6 
itom>entualen  fceiftel^en  foQe,  mit  legitim  erlangtem  ©elbe  Sefi^ungen  p  erh}erben  unb 
borüber  }u  beifügen.  Urban  IV.  unb  bie  at)ignonenftfd^en  $ä})fte  ^o^ann  XXII.  unb 
6(emend  VI.  betgaben  bie  reid^e  $frünbe  in  commendam,  h)ogegen  einige  Steformt^erfud^e 
im  3ufammenl^ang  mit  SenebiltiS  XII.  Semü^ungen  bem  eigentlichen  ^lofterleben  n)enig 
ouf^fen  lonnten.  @in  9flefonnta))itel  bon  1353  {eigt  bie  beträd^tlid^e  3^1(^1  ber  t?on  Se-  lo 
rimtm  ab^gigen  ^rioreien,  jtird^en  unb  anbeten  ^e))enben2en  in  t)ielen  Bistümern  (SlUie^ 
II,  216  ff.).  1358  treten  aucb  bie  Don  bem  Senefd^al  ber  $rot)ence  ©antelmi  ^u  Xar^ 
ttt^on  gefKfteten  ftlöfter,  bad  ^onnenflofter  @t.  ^onorat  unb  ba^  SRönd^^ftoftcr  ®t.  3tu 
lolaud  unter  bie  Seitung  ber  2erinen|er  SKön^e  (Gall.  Christ.  I,  890  ff.).  1366—1368 
lam  Serinum  an  (St.  ^ictot  )u  9)larfeille.  ^ie  angeblichen  9leliquten  bed  l[^eiltgen  $o- 15 
nototud  tDutben  1391  auf  Umh}egen  bon  Sltled  nac^  Serinum  gebrad^t  (Hist.  translat. 
bei  Barral.  I,  79  ff.)  unb  erl(^öl(^ten  nid^t  toenig  ba«  2lnfel(^en  be«  Älofter«,  beffen  Äoft^ 
barlettm  um  1400  genueftfd^e  Seeräuber  )u  einem  Überfall  reiften. 

3m  großen  ©c^i^ma  ftanb  ba^  ftlofter  auf  Seite  ber  römifd^en  Dböbienj,  erft  unter 
bem  twm  aRocrtin  V.  ernannten  unb  tro^  SBiberftreben  ber  ÜRönc^e  eingefeftten  3lbt  ©au^  20 
ft^ud  be  SRonte  @Iecto  (3Jlont  &\)ox[x)  nal)m  ed  h}ieber  einen  getoiffen  älu|fd^n)ung.  2Bir 
fiiiben  ®auftebud  im  9(ufttage  f^ned  Sanbe^^erm  Subtoig  III.  bon  Sizilien  auf  bem 
fiongil  \>on  Sofel  unb  bann  atö  SJlitglieb  ber  ©efanbtfd^aft  biefed  Jtonjttö  an  @ugeniud  IV. 
fRai^Um  in  bet  {toeiten  ^älfte  bed  15.  S^^vl^unbett^  bie  Slbtei  toieber  al^  reiche  $frünbe 
an  ftommenbotar&bte  bergeben  toorben  toax,  trat  mit  1515  eine  neue,  bie  le^te  $eriobe  25 
fär  fie  ein.  2)et  bcnnalige  ^ni^bet  Sluguftud  Don  @timalbi,  Slbminiftrator,  f))äter  93tfd^of 
bon  ®raffe,  rief  be^uf«  Sfleform  be<^  Älofter«  juerft  3)tönd^e  Don  ßluni  ^erbei,  Derftanb 
fii^  aber  barni  baju  auf  feine  Slbtdtoürbe,  freiließ  unter  S^orbc^alt  aSer  @tnlünfte  unb 
^tdftt  betfelben  auf  Sebendgeit  )u  Dergid^ten  unb  ben  Slnfd^lu^  Serinum^  an  bie  italie- 
iiifc^  Senebittinetlongtegation  Don  @t.  ^uftina  Don  $abua  (fpäter  Jlongregation  Don  90 
SRontc  Gofftno  genannt)  berbeigufü^ren,  toeld^e  Seo  X.  beftätigte.  Um  [\ä)  für  bie  ^^olgegeit 
ber  Aommenbotar&bte  gu  ertoel[^ren,  tourbe  bie  SSerfaffung  entgegen  ber  Siegel  35enebittfS 
gednbert  unb  ftott  ber  lebendlönglid^en  9(bte  alle  3  ^al^^re  gu  toäl[^lenbe  Slegularäbte  ein^ 
gcfc^  Salb  barauf  erfolgte  ber  SSlbfd^lu^  bed  ^ontorbat^  gtoifd^en  Seo  unb  ^rang  I., 
iDc^ed  bie  SBo^l  gu  ben  Krcblid^en  ^frünben  h}efentlid^  in  bie  $anb  be^  Königes  legte.  35 
Sbid  biefen  bdben  @reignif[en  ergab  ftc^  ein  gtoei  ^ai^ri^unberte  lang  bei  ieber  Gelegenheit 
ftt^  emeuetnbet  älntagoni^mud.  3u>^^^f^  ^^^  fteilid^  bie  t)erfönli^e  Stellung  ätuguftind 
tum  ©rimolbi  in  Setrac^t,  ber  gugleid^  $en  Don  !D2onaco  im  Jtamt)fe  gtoifd^en  ^rang  I. 
unb  Jtarl  V.  ed  mit  teuerem  l[^ie(t  unb  bed^alb  aller  feiner  äBürben  in  ^antreic^  Derluftig 
erfl&rt  tmttbe.  Die  Anbetung  bed  ^lofterd  i'erinum  burc^  bie  ft^anifd^  flotte  bei  ber  40 
^mxifion  beS  Sonnetoble  Don  iBourbon  1524  l^tng  bamit  gufammen.  dlad)  bem  ^rieben 
tum  SRobrib  tmttbe  äluguftin  gh}at  tel[^abilitiert,  nad^  feinem  2obe  aber  Derlie^  ^ranj  I. 
bie  Xbtet  tariebet  oU  ftommenbe,  unb  alle  auf  jene  Serbinbung  mit  ber  iialienifd^cn  äon^ 
gtcgation  fic^  flü^enbe  $roteftattonen  l^alfen  ni^t^.  Du  SeUa^  erl[^ielt  fte  guerft,  im  fol- 
gpben  galM^nbert  ^ben  fie  bie  Jtarbinöle  SaDalette  unb  3)lagarin  befefjen.  Sedieret  45 
Ite^  fie  1^  Dom  itonDent  gegen  eine  2lal^re^rente  Don  9000  SiDre^  ablaufen.  SBieberi^olt 
moi^tcn  ftan&dftfc^  iKhiige  älnftalt,  jene  UnterfteUung  untet  bie  ttaltenifd^e  5tongrcgation, 
toddft  ber  pnmgbfifc^en  9(udbeutung  ^inoerlid^  toar,  rüdtgöngig  gu  machen,  ^nbeffen 
f^ciimc^  rv.,  tDelc^  bie  $frünbe  nad^  feinem  @rmef|en  Deraab  unb  biefem  ftlofter  \o  gut 
tmc  onberen  bie  @mdl^ng  einer  Slnga^l  Don  ^nDaliben  atö  l^ienmönd^e  auferlegte,  be^  50 
ftätigte  bo(^  naiäf  feiner  JbnDerfton  bie  Union  mit  jener  Kongregation  unter  ber  übrigen^ 
ni(^t  dngftltc^  feftgel^ltenen  Sebingung,  ba^  bie  Seitung  ber  ^önd^e  immer  in  frangöftfcben 
^dnben  fein  follte.  @in  SSerfud^  ber  Sodtrennung  unter  Subtoig  XIII.  tourbe  balb  toieber 
«ifgcgcben  unb  felbft  gur  R^t  ber  gaUitanifd^en  Spannung,  too  Subtotg  XIV.  fid^  Don 
einfr  $artei  ber  SRöncpe  fdbft  um  Befreiung  Don  ben  Italienern  bitten  lie^,  tnu^te  man  bb 
Me  @aä^  tmebet  faSen  Iaf|en.  31U  aber  bie  ^])lönd^e  nac^  bem  Xobe  ^i^ilipt)^  Don  äicn^ 
bomc  1727  ben  »ifc^^of  Don  Orafje  in  i^r  3"teref|e  gogen  unb  il^m  eine  ^enfion  Don 
4000  SiDted  Detft)tac^en,  toenn  er  beim  Äarbinal  Don  gleur^  bie  ^erftcUung  freier  äbt^ 
toa^  bctoitle,  Aojg  biefer  ed  Dor,  bie  älbtei  lieber  gang  gu  Derfd^lucfen,  inbem  er  [xd)  einen 
(itan0(tc|fcnSnet(1732)  gu  Derfc^affen  h}u^te,  toonad|^  unter  ber  )9ebingung,  ba^  ber  )äijcbof  go 

26* 


404  Setittttm  Seg 

bte  Seftötigung  Dom  $a))fte  ertDtrIe,  bie  9lbtet  tl^m  unb  feinen  ^no^folgem  beftonbig  jp 
geh}iefen  h}erben  foOte.  Obh}ol^l  jene  ))ä))ftli(^e  Seftötigung  nie  beigebracht  tDurbe,  bficb 
e^  bod^  babei,  ja  ber  ftonig  lieg  ^d^  oQe  bie  SSereinigung  mit  ben  Stontecofftnem  betreff 
fenben  3)otumente  ausliefern  unb  laffterte  biefelben.    t^freUid^  tourbe  1752  üon  bem  jtönig 

6  bie  $frünbe  h}ieber  einem  93ifd^of  Don  Signe  Derliel^^en.  1788  Verfiel  fte  ber  @älu(ari< 
fation,  1791  tourbe  bie  ^nfel  be«  ^eiligen  §onoratu«  für  37000  2x\yM  berftcigert,  btente 
jeittoeilig  einer  alten  @(^auft)ielerin  Don  ber  com^e  fran^aise  )um  ähtfentl^  mA 
ging  burd^  Derfd^iebene  ^änbe.  1853  taufte  ber  Sifc^of  Don  ^^uiS  bie  ^nfel  )urüdl,  unb 
1859  tourbe  bie  Jtird^e  bem  @otteiSbienft  toiebergegeben  unb  3)cdn(^e  oud  ®t  $«ter  in 

10  9)larfeille  bort  angefiebelt.  2le|t  ift  bie  ^nfel  h}ieber  mit  ©emüfegdrten  unb  (Setreibefelbeni 
bebecft,  bie  Don  ben  ÜRönd^en  beiS  ^anjidlanerorbenS  befteQt  toerben. 

^m  ÜRittelalter  unb  in  ber  neueren  3^  W  Serinum  tt)iffenf(i^|aftli(^  nu^t  Diel  ^ 
Dorragenbe  $erf önlid^Ieiten  auf 2uh}eif en.  3)er  bebeutenbfte  ift  nod^  S)ionVfiuS  ,S^^  ^^ 
älrleS  am  Stnfang  beS  16.  ^o^rl^^unbertS,  ber  gebilbet  in  einem  Jtlofter  bei  lllantua  mü» 

16  @d^üler  beS  ©regoriuS  Sortl^eftud  ald  ÜRönd^,  bann  ald  5tlofter})rior  in  Serimim  fftr  ben 
Setrieb  biblifd^er  unb  l^umaniftifd^er  (Stubien,  foh}ie  für  ^erfteQung  ber  Jttofter}U(^  em^ 
tl^^ätig  h)ar  (f.  feine  erbaulichen  ©d^riften,  95riefe  unb  (Sebic^te  bei  Barral.  11,222—4660. 

fiefcr  f.  ©äuge,  8b  VII  @.  478 ff. 

20  Seft,  (Sottfrieb,  geft.  1797.  —  ©eine  ©cbriftcn  f.  unten.  Ueber  fein  Seben  f.  We 
SKonograp^ic  (oon  ^olf^cr):  ®.  Scg,  @in  biogr.  gragmcnt,  ^annoöer  1797,  8':  ferner 
©c^er,  «(ttg.  aRagajin  f.  «Preblgcr,  I,  112;  Üi^cue«  gel.  Europa,  ©b  20;  @*lid»tegroa,  ^tefrolog 
für  1797.  II,  219  ff. ;  pttcr-Salfelb,  ®ött.  ®cl.  ©ef«.  I,  187;  H,  115;  ni,  60;  mxina. 
^anaelrebner,  @.  204  ff.    Ueber  feine  ©d^rtften   unb   t^eologif^e  IBebeutung  ogl.  <iki|,  (0ef4|. 

25  ber  3)oömatif  IV,  170 f.;  ®.  granf,  ®c|4i4tc  ber  proteft.  X^cologie  HI,  100 ff.;  «anbertr, 
^.  3)®.,  S.  100. 

®ottfrieb  £eg,  luti^erifd^er  X^eolog  bed  18.  2|al^^unbertd,  nimmt  ote  ernfkr  unb 
toal^^r^aft  frommer,  babei  ober  milber  unb  fd^üd^temer,  )u  aSerlei  ftonjefftonen  gmeigter 
SSertreter  einer  immer  mebr  ermattenben  Sled^tglöubigleit  in  ber  $eriobe  ber  Sb^Iäntng 

80  eine  el^renh}erte  unb  jugleid^  für  bie  t^eologifd^e  Snttoidelung  jener  ^At  fe^  d^caatktf 
riftifd^e  Stellung  ein.  —  ©eboren  ben  31.  ^amax  1736  gu  Äoni|  in  3Befitrreu|en, 
So^n  eined  )9ürgermeifterd,  genog  er  ald  fd^h}ö^lid^ed  ftinb  eine  forgfame  eltedid^e  $fkge 
unb  Srgie^ung,  befud^te  1750^-  bad  CoUegium  Friedericianum  gu  jldnigdberg,  ffaibierte 
1752  ff.  5u  Sena,  befonber«  bei  SBald^,  bann  gu  ©alle  al«  ©.  3.  Saumgarten«  treuer 

86  ©c^üler,  ©au^s  unb  iifd^genoffe,  Ideologie,  unb  e«  ift  unDerlennbar,  toie  er  einerfeitt 
Don  be^  Solfianerd  Saumgarten  ^larl[^eit  unb  foliber  ©elel^amleit,  anbererfeitd  Don  ber 
))raftifd^en  ^ömmigleit  be^  ^allifd^en  $ietidmuiS  beeinflußt  h}irb.  Mitarbeiten  an  ^Raxaan^ 
garten^  „92ad^rid^ten  Don  merfh)ürbigen  Sudlern''  unb  an  jfrafftd  t^eologifc^  Sibüot^ 
tparen  feine  erften  litterarifc^en  Slrbeiten.    ^a  er  in  ©aOe  leine  bauernbe  Stellung  fanb, 

40  ging  er  1757  nad^  Gängig,  \oo  er  1761  aU  prof.  theol.  extraord.  am  atobemifc^ 
©^mnaftum  angefteQt  tourbe.  (Sine  toiffenfd^aftlic^e  Sleije  nac^  ^ollanb  unb  Snglonb, 
bie  er  1762  unternahm,  fül^rte  it^n  nad^  ^annoDer.  $ier  h}urbe  er  mit  bem  Aammer* 
t)räfibcnten  ®.  21.  Don  aJlünd^^aufen  befannt,  ber  i^n  fofort  für  feine  junge  Stebltng^ 
fd^öjjfuna,  bie  UniDerfität  ©öttingen,  gu  gewinnen  toufete.    9lad^  Sottenbung  feiner  eng« 

46  lifd^en  Steife  trat  er  gu9)lid^aeli  1763  feinSlmt  in@5ttingen  an,  gunöc^ft  ofö  UniDerfität^ 
Drebiger  unb  prof.  theol.  extraord. ;  1765  tourbe  er  orb.  ^rofeffor  unb  Z)ireItor  be^ 
^rebiger!oacgium^,  1766  Dr.  theol.,  1770  3Kitglieb  ber  f^toebifd^en  OefeDfdboft  pro 
fide  et  christianismo,  1784  Jtonftftorialrat.  Seine  ^rebigten,  bie  „ben  ®«|l  be^ 
eckten  Sl^riftentumd  atmeten  unb  babei  ein  ©epröge  Don  Originalität  trugen'',  toie  feine 

60  Sorlefungen  (über  2)ogmatif,  ^olemif,  aJloral,  Slntibeiftil,  ^omiletü  2c)  unb  )mi!ttf(^ 
Übungen  toaren  gefc^ä^t  unb  Dielbefud^t,  obtoobl  fein  Sortrag  auf  Jtangcl  unb  itatl^eber 
tro^  feiner  feuerigen  Seb^aftigteit  gar  feine  äußere  9lnnel[^ntlid[^teit  I^Kitte,  Dielme^r  butc^ 
einen  ,,tlagenben  Kammerton''  unb  eine  auffadenbe  ®eberbenft)rac(^e  abftie^  (fö  ^otte 
ba^  feinen  @runb  ^um  Xeil  in  tör))erltd^en  Reiben,  bie  i^n  oft  in  feinen  älrbeiten  unter» 

66brad^en,  ^i^poc^onbnfc^e  Stimmungen  bei  il^m  Deranla^ten  unb  il^nl774gu  einer  langem 
Urlaubsreife  nad^  ber  Sc^lDeig  unb  bem  füblic^en  ^anlreid|^  nötigten,  um  fo  me^  toor 
e«  i(^m  SebürfniS,  mit  feinen  gelehrten  Stubien  regelmäßige  SWorgenanbaiten  cani  bem 
3IX  gu  Derbinben,  auS  benen  er  „in  feinen  feligften  Stunben  unb  unter  fd^toeren  2eibcn 
baS  Sefte  fc^öpfte,  toaS  er  befaß'',    ^ene  äietfe  braute  ü^m  nic^t  blo6  mfnVtäfi  Acäf» 


Seg  405 

%m0,  fonbem  ouc^  reichen  geifügen  (Seh^imt  burd^  @rh)eiterung  feiner  3ätlU  unb 
JKenfc^Ienntnid,  folgte  burc^  h}iffenf(^ftli(^e  @tubien  über  ben  frangöftfd^en  ^roteftan« 
tidmud  (in  fBMdfi  31  Sleligion^efc^.,  %l  5  u.  6)  unb  über  $arifer  Sibell^anbfc^ften 
(f.  3Ri(^elid,  OrientoL  9ib(.,  21. 9).  S^od^  toieberl^olte  ftd^  \p&t^  fein  Seiben  unb  nötigte 
i^  guerfi  fein  Xmt  al$  Uniberfitöt^ebiger  abzugeben,  gul^t  aber,  ald  er  bie  fc^mer}-  6 
lic^  (Srfa^ntng  mod^  mu^e,  fein  afabemifd^ed  9(nfel^en  fmlen,  fein  früher  fo  DoQed 
Sbibitonum  leer  ^u  fd^en,  1791  einem  Stuf  nad^  ^onnoDer  gu  folgen,  h}0  er  aU  erfter 

tofs  unb  @(^Io|))r^ieer,  Jtonftftoria(rat  unb  ®eneralfu))erintenbent,  aud^  Streftor  ber 
ofs  unb  Zik^terfcM^f  unter  Dielen  Seiben  unb  ^rübfalen,  mit  unermüblid^em  @ifer  unb 
unb  gef^etem  @rfolg  b\&  gu  feinem  ben  28.  Sluguft  1797  erfolgten  2obe  h}irUe.  lo 

Seine  go^lrei^en  Schriften  (74  größere  unb  Ileinere  gä^lt  fein  Siogro^j^^,  82  bie 
Sdttinger  ®el.s®ef^id^te)  gehören  meift  bem  (Sebiete  ber  9l))ologeti{,  Dogmatil!,  3Jloral 
unb  tnroltifc^  Xl^eologie  an.  —  1.  ©ein  a))ologetifd^e$  ^ou^ttoerf,  baiS  il^n  faft  fein 
gonjÄ  Seben  ^iti^irrc^  befc^ftigte,  ifi  fein  93eh}eid  ber  äBal^r^eit  ber  c^riftlid^en  Sieligion 
(Cremen  1768;  5.  »ufL  1786).  ©ie  6.  Auflage,  1786  erfd^ienen,  fottte  gugleid^  ben  i6 
iloeiten  Zeil  eined  ^ö^eren,  unboQenbet  gebliebenen  äBerfe^,  eined  9fle|)ertoriumd  ber  ge^ 
fimten  9l))oIoget3  btlben  u.  b.  X.:  Über  bie  Sieligion,  i(^re  ©efd^ic^te,  SBa^l  unb  Seflö« 
tigung,  tDObon  jtDei  Sänbe  in  gtoei  Auflagen  ^d^ienen  finb  (1783  unb  1786).  ^ie 
Si^oloaetit  teilt  er  in  gtoei  Zeile,  einen  biblifd^nfagogifc^en  unb  einen  boltrinalen:  bie 
Soweit  ber  d^tlic^  Sfteligion  folgt  baraud,  ba^  fie  ©otted  h}ürbig,  ber  menfdblic^en  20 
Senntnft  unerreid^bor  ift;  b(ä  äl  unb  92Z  ertoeift  fi^<tld  toai^x^,  unmittelbare,  ftufen- 
toeife  fortfd^reitenbe  Offenbarung  ©otted.  Sefonberer  SQSert  h}irb  auf  äBunber  unb  SSeid» 
faguimen  gelegt,  bie  äSol^^it  ber  9(uferftel^ung^efd^td^te  nac^  ben  Dier  @t)angelien  gegen 
ben  SSolfmbütteler  ^agmentiften  in  einer  befonberen  (Sd^rift  berteibigt  1779;  anbere 
a)H>logetifd^  ^agen  fixib  bef))rod^  in  ben  Opuscula  theol.  178Q,  unb  in  ben  äSer^  35 
mtfd^ten  @(^nften  1782.  —  2.  ^ad  gloeite  ^au^tgebiet  ber  litterarif^en  h}ie  afabemifd^en 
Z^tigbit  bon  Se|  unb  baä|jenige,  auf  bem  er  tool^l  am  meiften  bie  Slnerfennung  feiner 
3^eiu>ffen  gefunben  1^,  ift  bad  ber  ÜRoral.  Sinen  Slbri^  ber  ti^eologifd^en  3Jloral  gab 
er  }uerfi  1767,  bann  in  neuen,  Dermel^en  unb  umgearbeiteten  Auflagen  1781  unb  1787 
^crmtd;  ein  oudfü^lid^  ^anbbud^  ber  d^ftlic^en  3Roral  unb  aOgemeinen  Seben^t^eologie  so 
1777,  in  4.  Auflage  1787.  @r  liebte  biefe  @tubien  Dor2ugh}eife  unb  trug  bie  c^riftli^e 
Stttcnlc^  mit  folq^r  Seioegung  bed  ^ergend  bor,  ba|  er  oftmals  Z^^ränen  babei  Der^ 
oa^  go^onn  bon  äRüller  nennt  il^n  emen  unbergleic^lid^en  ÜRoraliften,  bei  bem  man  bie 
Swrol  nt^t  blo|  ^u  ^ören,  fonbem  auc^  gu  feigen  belam.  33iele  eingelne  etl[^ifd^e  ^agen 
bc^Kinbdt  er  teild  m  befonberen  S^b^anblungen  (g.  93.  bie  Sel^e  Dom  ©ebet  unb  ber  ^e»  86 
Ic^ntno,  JHnn  ©elbfimorb  1777;  2.  Suff.  1778;  3.  »ufl.  1786;  bie  ^age  „über  bie 
Stttltc^ett  ber  l^^eutigen  @d^aubül^ne''  in  einem  Don  bem  Hamburger  $au))t))aftor 
9t(Boqe  erbetenen,  bon  Se^  Derfa^ten,  gu  Hamburg  1769  gebruoten  ©öttinger  ^ahtltöt^ 
fliitffl^tcn  bgl  91®.  VI,  @.  759, 21),  teik  aber  bef onberd  in  gal[^lreid^en  ^rebigten  unb  ben 
boju  ge^Mgen  Xn^öngen  (g.  9.  Sd^re  bon  ber  9Jlö^ig!eit  unb  jteufd^l[^eit  in  12  ^rebigten  40 
1772,  2.  S(ufL  1780;  Seigre  Dom  inneren  ©otte^bienft  in  10  $rebigten  nebft  Slnbang, 
1781.  1786;  Don  ber  «rbeitfamleit  unb  ©ebulb  1773.  1782;  Don  ben  gefeCfd^afttic^^en 
^bigenben  1785;  über  bie  @buren  ber  göttlid^en  ©üte  in  ben  gal^llofen  ©efal^ren  unferer 
SEngenb  1784  u.  f.  to.).  —  Saran  fd^lie^en  fid^  ald  h}eitere  Slrbeiten  gur  b^alttfc^en 
Z^Iogic  unb  Im^lid^en  $ra|id :  eine  Setrad^tung  über  neuere  ^^ler  im  ^rebigen,  45 
todd^  bod  Stü^renbe  b«S  5langelDortrageg  Der^inbem  1765.  1767;  Srllärung  ber  Sonn- 
tagMHmgeRen,  S.Sufl.  1781;  $affion«brebigten  mit  änl^^ängen  1776—1780;  Sflcfor= 
mationd^bigten,  Derfd^ebene  ©elegenl^eit^rebigten,  ÜRitarbeit  an  einem  neuen  ©efang» 
bui^  fOx  bie  ©öttinger  Uniberfttöt^emeinbe,  toofür  Se^  bie  moralifd^en,  fein  AoQcge 
$.  SRiDer  bie  bogmotifd^en  Sieber  bearbeitete  1779,  eine  Slb^anblung  über  Slbfd^affung  50 
ber  Zobedprafe  ffinr  Jtinbdmorb  1785;  über  c^riftlid^e^  Se^ramt,  beffen  toürbige  pl^rung 
ttnb  Sorberettung  1790  ic.  —  4.  aber  aud^  feine  bogmatif(^en  arbeiten  tragen,  gang 
cntftnKc^enb  ber  Stic^tung  bed  ÜRanned  unb  feiner  gangen  3eit;  ^nen  übcrh}tegenb  ))ralttfd^s 
a)>oIogetif(^  (Spötter:  fo  feine  1779  erfc^ienene  Sl^ftlicbe  Sleligiondt^eorte  für^  gc^ 
mciiic  Sdben  ober  Serfuc^  einer  b^^^^fc^^  3)ogmatif  (britte,  umgearbeitete  9luf(.  1789  55 
u.  b.  Z.:  {^anbbud^  ber  d|^riftlid^en  9leligion^t^eorie  für  Slufgeflärtere)  unb  fein  Snttourf 
etned  p^il0fo))^ifd^  fturfud  ber  c^riftlid^en  Sleligion,  l^au^tfäcplic^  für  ^tc^tt^^eologcn  unter 
ben  Stubierenben  1790.  6«  foH  bie  Dogmatil  ben  Sebürfniffen  ber  ^At  ange^a^t,  eine 
gemeinfo^u^e  unb  nü^lic^e  9luc(legung  ber  ä3ibel  aegeben,  bad  S^riftentum  ald  bie  mit  ber 
reinen  morolifc^  9{atuneligion  ibentifd^e,  h}a^rl^ft  b^ilof o))^ifd^e  Sieligton  ertoiefen  toerben,  eo 


406  Seg  Sefftng 

n^elc^e  aüm  ^orberungen  ber  t^emünftig  freien  ntenfc^ßc^en  3latax  ein  ®enüge  t^ut  unb  bie 
ebelfte  £e6en^n)ei^(^eit  allgemein  fa^lic^  unb  oQgemein  tpirifam  naä)  unb  na^  über  ben  Srb^ 
fret^  t)erbreitet.  ^ad  Sl^nftentunt,  ald  Sfleßgion  ber  Siebe  unb  ber  ^eube,  le^  bie  Jbmß 
ftetö  frol^  }u  fein:   benn  ed  mti^ölt  bie  SSerftc^erung  @ott^   bon   ber  Segnc^igung  beS 

5  ftd^  beflemben  Sünbcrd  unb  bon  ber  SSaterliebe  @otted  gu  ben  ©ebefferten.  S^jfanS, 
beffen  entgüdenbe  Xugenb  nie  ftörler  glängt  ald  in  feinem  Seiben,  imrb  für  feine  menfc^ 
freunblid^e  älrbeit  unb  Seiben  Don  @ott  gum  ^nig  ber  2BeIt  befteDt.  SDie  etmge  S3irt 
famleit  feinet  SSerbienfted,  ba$  er  fu^  um  bie  gange  !Dlenfcl^l[^eit,  ja  um  ben  gangen 
@eifte^ftaat  @otted  ertparb,  fotoie  feine  götUic^e  3latax  fteQt  bad  912;  und  bar,  fo  h>eit 

10  it)ir  e^  l^ienieben  m  faffen  bermögen.  Unb  nid^t  bie  Sl^riften  aSein,  fonbem  mul^  ^vibm, 
9Rul^amebaner  uno  Reiben  l^at  gefud  erlöft,  aud^  biefe  toerben  toir  beretnft  im  i&tmmel 
finben,  h^enn  anberd  biefe  S^td^td^riften  bod  il^nen  gegebene  9Ra|  bon  Jtenntniffen  treu 
gebraud^cn.  2Bir  bürfen  und  ba^er  ber  entgüdenben  ^offnung  überlaffen,  ba|  bie  3^ 
ber  Seligen  fe^r  biet  größer  fein  h)erbe,  aU  man  ed  ftc(^  \Dof)l  nad^  engl^ergigen  @^ftemen 

16  )u  mutmaßen  getraut  ^at. 

@o  ift  fein  @tanb))untt  ber  einer  h}eit]^ergigen,  aber  auc^  toantenben,  bem  3^^9 
immer  me^r  foncebierenben,  auf  ber  fd^iefen  Sbene,  bie  bon  ber  Ort^obo^ie  burc^  $iettds 
mud  unb  SBoIfianidmud  ](|inburd^  gum  9tationaIidmud  fül^rt,  immer  toeiter  fortrüdEenben 
aufgeflärten  unb  fentimentalen  @Iöubig!eit,  bie   ein  @tüd  bed  t)ofitiDen  Jtird^engloubend 

20  um  bad  anbere  ))reidgiebt,  immer  in  bem  guten  (glauben,  burd^  äi[ufgebung  ber  3hx^* 
n)erle  bie  ^au^jtfad^e  gu  retten  —  „bad  ß^riftentum  ate  bie  moralifc^e  SRaturrefioion". 
^n  ber  9)lttte  ftel^enb  gh}ifd^en  WX-  unb  9(eugläubigen  ^at  er  borum  ouc^  bie  Suifec^ 
tungen  beiber  erfal^ren:  Dr.  Senner  in  ®ie|en  fd^rieb  bier  eigene  3U)^nbIungen  „über 
bad  ©onberbare  in  ben  Sefeifc^en  ©d^riften",  1779-1782;   ÜR.  ©oeje  UHwf  i^  SBiber» 

25  \pxü6)t  gegen  bie  f^mbolifd^en  Sucher  unb  aUgu  gro^e  Xoterang  gegen  Softer  bor ;  Oetinger 
meint,  er  fel^e  aud  2lngft  üor  ben  Soumaliften  gu  biet  auf  bie  r^it)ierte  Serliner  SWe^ 
t^obe,  t)on  2lefu  gu  fc^reiben;  bie  Sluftlörer  bermif|en  an  i^m  ))^Uo))l^f(^en  ®eift  unb 
^ret^^eit  Don  bogmatifd^en  SSorurteilen.  $atte  er  frül[^er  ben  Slec^tgldubigen  ald  ^teroboi 
gegolten,  fo  fa^  bie  jüngere  ©eneration,   befonberd   feit   bem  äluffommen  ber  Itttifc^ 

30  $9iIofo))l^ie,  in  i^m  nid^td  atd  ben  SSertreter  einer  beratteten  Sfled^tglaubigleit  @€tt  bie 
tantif^e  SSemunftfritif  auf  bie  tl^eologifd^en  äBiffenfd^aften  unb  befonberd  beren  ptci^ 
tifd^en  Xeil  ßinflu^  getoann,  erfc^ien  ein  l^^albortl^obo^er,  j^albrationaliftift^er  Stonb^nmlt 
toic  ber  feinige  ald  unhaltbar:  jüngere  Sogmatiter,  3RoraIiften,  S^egeten  unb  5tanid< 
rebner  t)erbun!elten  ben  9lu](|m,   ben  er  bidl^er  hd^aiüpttt:    aber  aud^  folc^e,    benen  fein 

36  toiffcnfd^aftltd^er  ®tanbt)unft  ald  ein  übertounbener  erfd^ien,  lonnten  boc^  bem  aufrichtigen 
Streben,  bem  mUben  unb  bemütigen  Si^arafter  bed  ÜRanned  il^re  Sichtung  nic^t  berfagen 
unb  anerfannten,  ba^  ed  i^m  um  9Ba^rl[^eit  unb  nid^td  ald  bie  äBoi^^rl^eit  gu  tl^  fei 
Sin  8e^  unb  feinem  ÄoHegen  ßl^r.  2Ö.  J^ang  SBiJald^  fann  man  ben  Starter  ber  bo^ 
maligen   tl^eologifc^en  gafultät   ber   Uniüerfttät   (Söttingen    ertennen;   nac^   bem  lobe 

40  3Salä)i  unb  bem  SSeggange  bon  Se^  lenfte  fte  unter  ^afob  $land(  entfc^iebener  in 
rationaliftifd^e  9al[^nen  ein,  an^  benen  fie  erft  burd^  Sude  toieber  auf  ))ofttibe  SBege  ge^ 
leitet  tourbe.  (IGBagettmatttt  t)  V*  ^\^^ättt. 

Seffing,   ©ott^olb  Qpf)xaim,  geft.  1781.  —  STu«  ber  fiitteratur  über  Sefpng 

fann  ^ier   nur   meniged    genannt    n^erben ;    ügl.  Q^oebefe,  ©runbrig,  2. 9[ufl.,    4.  SBb  (1891). 

46  @.  129—154,  unb  für^leltcrcö  and)  Sorben«,  Scjtfon,  3.  93b,  ©.234jf.,  6.  ©b,  6.  487 ff.  — 

S.i8  tljeoIoQifc^c  unb  p^ilofopfjif^c  @d)riflcn    liegen   am   bequcmften    im  14. — 18.  ^nbe  ber 

tempelfi^en  ^uSgabc  feiner  ^erte  oor,  bie  aud)  eingeln  abgegeben  werben  (ogl.  X^SB  ^878, 
p.  540f.)  S.S  ©riefe  unb  bie  an  {ungerichteten  ftnb  oortreffli(^  in  benbeiben  iSbteilungeii 
be§  20.  $3anbc<^  ber  genannten  ^u^gabe  uon  dar!  (l\)r.  97ebli(^  oeröffentli^t ;   ^^ac^trfige  unb 

60  ©eridjtigungcn  ^iergu  1886.  Unter  ben  Sebenöbefc^retbungen  ß.S  ift  gu  nennen:  Xft.  S. 
2)angcl,  ©ott^olb  (Spftraim  ficffing,  1.  93b,  fieipgig  1850;  2.  53b  oon  (S.  6.  ©u^rauer  in 
gwci  C>^^ften,  ebenba  1853  u.  1854;  jmcite  ?luflage  oon  ©.  o.  SRalfa^n  unb  8J.  feojbcrget 
tjcrauögcgebcn,  SBerlin  1880f.,  in  2  ©ftnbcn;  ©ri*  ©*mibt,  fiefftng,  ®ef*l4te  feine«  Seben« 
unb  feiner  @*riften,  2  ©önbe,  ©crlin  1884 ff.;    2.  Slufl.,  1899;   ©arl  (J(|r.  «ebli*  in  «b», 

65  19.  93b.  ©.  756—802.  Ucber  S.§  ©ebeutung  für  bie  bcutf^c  fiitteratur  ogl.  aufeer  ben  be^ 
fannten  5öerfcn  üon  SBilmar,  ®elger,  ^obcrftein  unb  Äoenig  befonber«  3o^.  ®ilb.  fioebctt. 
&.  @.  fiefftng;  au«  ©onner  ©orlefungen  ^eraudg.  oon  ^oberftein,  ©raunf^wetg  1865  (3.  ©b 
ber  (Sntwicfehing  ber  beutfcftcn  ^oepe  uon  Älopftocf  biS  ®oet^)e).  Serner  finb  beroorju^eben: 
e.  gebier,  fiefftngftubien,  Sern  1H62;  ©einrieb  SHitter,  lieber  fi.8  p^iIofop^if(ftc  unb  religiSf« 

i]i)  (»runbfäöe,  in  ben  ®öttinger  Stubien  1847,  2.  9lbt.,  @.  151—221,  unb  in  einem  Sepanih 
abbrurf,  ©öttingen  1847 ;    g.  91.  3)omer,   ©ef^ic^te  ber  proteftanttfd^en  3:^oIogte,  «uni^en 


Sefftttg  407 

1867,  6.  721  ff.;  ^. g. SKüIIer,  ®ott^oIb  ©p^raim  Scffing  unb  feine  ©teffung  jum  e^riften^ 
tum.  in  ben  Beitfragen  beS  Ariftlic^en  ^olldlebend,  36.  ^eft,  ^etlbronn  1881.  —  Ueber  ben 
Sflatian  ogl.  SBiOibalb  S3eQf4(ag,  fiefftngd  92Qt^an  ber  SBetfe  unb  bad  ))ofttbe  a^riftent^um, 
»etlin  (1863),  unb  ©ö^nc  im  »eroei«  beS  OJIanbcn«,  16.  ®b,  1880,  @.64ff. 

©ott^Ib  @t)^ratm  Sefftng  h}urbe  gu  tarnen)  in  ber  Dberlauft^  am  22.  Januar  1729  6 
geboren  unb  ftorb,  52  Sa^re  alt,  am  15.  ^bruar  1781  gu  Sraunjd^tpetg.  Sein  SSater, 
2|o^n  ©ottfrieb  S.,  toctx  ein  geachteter  unb  geleierter  lutJ^erifd^er  ©eiftlid^er,  ber  ftd^  burd^ 
meiere  ^iftorifd^  unb  ti^eologifc^e  3Ber{e  be!annt  gemacht  l^at  (t)gl.  SJleufel,  Sqrifon,  9b  8, 
6.  198;  3lotermunb  jum  göd^er,  95b  3,  ep.  1687;  2lb95  18,  ©.  448  f.).  SBegen  eine« 
k>on  il^m  fftr  Jlamen}  ^erau^egebenen  ©efangbuc^e«  (jtamenj  1729;  2.  Slufl.  1732;  ber  lo 
Scrleger  toor  fein  95ruber,  ber  Sud^binber  gnebrid^  ©ottlieb  Seffing)  tourbe  ^of).  Oottfr. 
E  l9on  ben  SEBittenberger  X^eologen  angegriffen;  er  l[^atte  nämlic^  t)ietiftifdee  Sieber  unb 
fogor  fold^,  in  benen  9)alt^len  toaren,  in  bad  ©efangbud^  aufgenommen  (t)gl.  ^bUmt, 
S)ad  beutfd^e  Jtirc^enliä)  in  ber  Dberlauft^,  3)redben  1871,  @.  71);  unter  ben  bier  (in 
ber  )ta)etten  ähtflage  fünf)  eignen  Siebem  be«  ^erau^eberd  in  biefem  (Sefangbud^e  ift  15 
m6^  bod  im  ^cify:t  1719  )ur  ^Ät  einer  Steuerung  auf  ba«  Speifung^tounber  gebtc^tete 
8iA:  „SKein  Reber  (Sott  foH  toalten"  mit  bem  befannten  6.  9Serfe:  „Slnbrea«  \)at  ge= 
fehlet,  $^tti))))ud  falfd^  gegantet,  toir  [alias:  fte]  red^nen  al«  ein  ftinb;  mein  ^efud  fann 
obbiercn  unb  lann  mtiltit)li)ieren,  aud^  ba,  too  lauter  92ullen  ftnb."  3)ie  SSorfal^ren 
tmnen  in  gerc^er  Sinie  bv^  in  bie  Sleformation^eit  gurüd  immer  ®elel[^rte  getoefen ;  auf  20 
jtoei  ®etf|itii^,  bon  toeld^en  ber  ältere,  Slemend  Sefftgt,  ald^ftor  in  ber  @u))erintenbentur 
6^emnt^  im  ^cifyct  1580  ba«  Jbnlorbienbud^  unterf^rieb  (ogl.  Soncorbia,  3)re«ben  1580, 
%pL,  ffmUn  bei  ben  Unterfc^^riften,  7.  ©eite,  te^te  ©))alte,  7.  3eile),  folgten  brei  fünften; 
ber  Ie|te  biefer,  ^eo))l[^ilu«  £.,  unfere«  £.  (Sro^t)ater,  toar  im  ^al^re  1728  al«  SSürger^ 
meißer  in  Kamen)  gefbrben ;  er  foQ  im  ^al^re  1670  mit  einer  3)iffertation  „t)on  ber  25 
Zoleran)  bo:  Sieligionen''  ^romobiert  ^aben.  ^ie  33erl[^ältniffe  in  £.«  @lteml[^aufe  h}aren, 
fo  lange  er  im  ^aufe  toar,  bei  aller  Sinfac^l^eit  glüdtlid^;  bie  h}adefenbe  ^a\)l  ber  5tinber 
aber,  bie  il^rer  jtoölf  tourben,  jel^n  ©öl^ne  unb  )h}ei  S^dd^ter,  unter  h}eldeen  unfer  S.  ba« 
)|i>ette  unb  ber  öltefteSol^n  toar,  unb  bie  böfen  ^rieg«)eiten  nötigten  nic^t  nur  ju  immer 
größerer  Sinfc^änlung,  )umal  al«  f))äter  immer  md)x  ©öl^ne  auf  ©deuten  unb  Unioer«  so 
fitjtoi  erl^en  toerben  foQten,  fonbem  brachten  oud^  ©orgen,  ÜRangel  unb  ©c^ulben. 
SDer  aSoter,  feit  bem  gai^re  1718  in  feiner  SSalerftabt  im  ^mte,  feit  1733  al«  $aftor 
Primarius  9{ad^folger  feine«  ©d^toiegert>ater«  geller,  leitete  unfere«  2.«  (Srjtel^ung  in 
gUubtgem  @inne;  au^er  biefem  noU^m  S.  eine  entfd^iä)ene  92eigung  jur  Sefd^äftigung  mit 
^üi^em  unb  jur  ©elel^rfamleit  Dom  SSqter  mit.  ©ein  älbgang  oon  ber  ^amenjer  35 
6tabtf(^ule  toarb  befd^leuni^t  infolge  be«  Strgemtffe«,  bo«  ber  9Sater  an  bem  Programm 
be«  9lettor  $emi|,  „ba^  bte  ©d^aubü^ne  eine  ©d^ule  ber  93erebfam!ett  fei'',  genommen 
l^otte.  3tad^  einer  bierteliöl^rtgen  toeiteren  ^Vorbereitung  baju  im  ^aufe  be«  $aftor  Sinbner 
in  ^uOm  trat  S.  am  21.  ^uni  1741  in  bie  prftenfd^ule  ©t.  ^fra  ju  ^Reigen  ein; 
fjkt  bqc^ftigte  er  fid^  namentlid^  mit  ben  alten  ©t^rad^en  unb  la«  für  ftd^  ben  ^eo^  40 
|»^ftu«,  Poutu«  unb  ^£erentiu«;  burd^  ben  Seigrer  ^ol^^ann  Stlbert  ^imm  getoann  er 
bann  ein  leb^fte«  Si^tereffe  an  mati^ematifd^en  ©tubien;  folgenreid^er  toar  aber,  ba^ 
biefer  ^ribatim  jur  %fef(^äfttgung  mit  beutfc^er  Sitteratur  älnleitung  gab:  @leim,  ^age^ 
born  tmb  Malier  tourben  gelefen,  unb  £.  oerfuc^te  ftd^  felbft  in  92ad^a](|mungen  be«  llna« 
beon  unb  anberen  ®ebi(|ten  unb  begann  fogar  ba«  £uftft)iel  „^er  junge  (Selel^rte".  45 
SSSeil  er  fu^  burd^  ^^leig  unb  geiftige  iRegfamleit  ^ert)ort]^at  unb  bie  Jlrteg«)eiten  ben  Slufent^alt 
erfc^lDerten,  tourbe  er  fd^on  nad^  fünf,  ftatt  nad^  ben  übltd^en  fec^  ^aü^xm  entlaffen  unb 
Stielt  am  30.  I^uni  1746  feine  3lbfd^ieb«rebe:  de  mathematica  barbarorum,  älm 
20.  @et)tember  1746  toarb  er  }u  Set)))ig  inftribiert,  um  nad)  bem  SBunfd^e  feiner  ßltem 
2^loaie  pi  jiubieren.  X)od^  Oermod^ten  bie  bamaligen  trodhten  ti^eologifd^en  SSorlefungen  60 
feisien  oer  £itteratur  unb  bem  Seben  ^ugetoanbten  ©inn  nid^t  }u  feffeln;  nur  ba«  pf)'xlo' 
fo|>l^t{<^  2)«^utatorium  be«  $rof.  3lbral[^am  @otti)A\  5töftner  befud^te  er  fleißig;  auger- 
bcin  getoannen  unter  ben  ^rofefforen  bie  ^bilologen  Smefti  unb  Sl^rift,  le^terer  burd^ 
feine  ^[orf^ungen  in  ber  Slrd^äologie  ber  ^unft,  auf  i^n  @influ^.  Sefonber«  aber  toarb 
ber  Umgang  mit  bem  fteben  3a|re  älteren,  toegen  feiner  £eben«toeife  oerrufenen,  aber  55 
getftbonen  S^ftlob  ÜR^liu«  unb  bie  genaue  ä3efanntfd^aft  mit  bem  X^eater,  ba«  fic^ 
oamold  unter  ber  5Reuber  einer  lurjenStüte  erfreute,  für  il^n  entfc^eibenb.  SBo^l  ftubierte 
er  füte  ftd^  Peinig  SBolfffd^e  ^l[^tlofot)l^ie,  92aturtoiffenfc^aften,  ^E^tlologie  unb  namentlid^ 
aui^  oOed,  tiHtö  ft^  auf  ba«  2l[^eater  begog,  aber  er  lernte  and)  tanjen,  t)oltigieren  unb 
fcd^,  um  im  Umgang  mit  ber  feinen  3Belt  ni(^t  anjufto^en,  unb  im  $er!e^r  mit  ©d^au-  eo 


408  Seffttts 

foielem  unb  f^eigeiftem  tote  Tbßv^  toanbte  {tc^  fein  Sinn  immer  entfc^iebener  t>on  bem 
@eban!en,  Xl^eologie  }u  ftubieren,  ab;  et  toirb  t)ielme^  fd^on  je^t,  toad  er  imma 
Dor^üglic^  geblieben  ift,  @(|rtftfteller,  unb  gtoar  junäc^ft  auf  bem  öft^etifc^en  ©dbiete  mtb 
aU  bramatifc^er  3)td^ter.    9lld  feine  @ltem,  benen  über  fein  treiben  unb  feinen  Umgang 

6  beunru^igenbe  Ütad^rid^ten  zugegangen  tooren,  il^n  nad^  ^aufe  gerufen  l^otten,  too  er  bcom 
k>om  Januar  bi^  Oftem  1748  blieb,  ging  er  nad^  einer  Sludfö^nung  mit  benfelben  unb 
mit  beren  Sinftimmung  ^toar  aU  @tubent  ber  ÜRebijin  unb  ^^^Uologie  toieber  mu^ 
^^W^f  befd^&fttgte  ftd^  aber  aud^  l^ier  toieber  bortpiegenb  mit  bem  X^eoter  unb  ber 
Sitteratur.    Slacpbem  bie  9leuber,  bie  fd^on  im  gönuar  1748  feinen  „jungen  ® eieren'' 

10  f)aüt  auffüllen  laffen,  \ücS  il^m  ben  Stuf  eined  tl^^eatrolifd^en  @enied  eintrug,  Sei^jig  ^afite 
berlaffen  muffen  unb  aud^  ÜR^liud  nad^  Berlin  gegangen  toar,  fa^te  8.,  ben  Sürgf^o^ 
bie  er  für  @c|auft)ieler  übernommen  batte,  in  ©elbnöte  brad^ten,  aud^  ben  ®ntfd^lu|i,  naii 
93erltn  ju  gelten;  untertoegd  aber  errranfte  er  in  Wittenberg  unb  lie^  ftc^  batm  ^er  am 
13.  äluguft  mit  SintpiKigung  feinet  SSaterd  inftribieren.     ^0(^  ftnben  tt)ir  i^  am  Snbe 

15  be^  ^al^red  1748  fd^on  in  93erlin,  too  er  bid  @nbe  1751  blieb.  Seiner  äußeren  Stellung 
nad^  noc^  immer  studiosus  medicinae,  toax  er,  ba  er  fein  Sti))enbium  feinen  ©laubigem 
überlaffen  mu^te,  um  leben  ju  lömten,  faft  allein  aufd  Sd^reiben  angetotefen,  totfd 
^liud,  ber  einjige,  ber  ftd^  feiner  gunäc^ft  annai^m,  bie®elegenl^  fc^^^fft^;  ert>erferti^ 
Überfe^ungen  unb   begann   feine  Ititifd^en  unb  geleierten  arbeiten,  bie  ebenfofe^  mif 

20  tüd^tigen  Stubien  berul^ten,  al^  fie  bon  feiner  eigenen  geiftigen  Sebeutung  jeuoten,  unb 
namentlid^,  feitbem  er  im  ^bruar  1751  bie  Sflebaftion  bed  geleiten  %M^  ber  SSofftfc^ 
Reitung  (unb  balb  barauf  bie  eine^  monatlichen  SeiblatteiS  berfelben)  übernommen  ^olte, 
^uffel^en  mad^ten.  ^em  äBunfc^e  feinet  SSaterd  folgenb  unb  um  nod^  3^  V^  grüitb« 
lid^eren  Stubien  ju  gewinnen,  begab  er  jtc^  gegen  bod  @nbe  bed  ^afjvt^  1751  toi^ott 

26  nad^  SBittenberg,  too  fein  93ruber  Xieeo))^tlud  bamald  ftubierte.  ^n  Berlin  tDor  S.  oui^ 
mit  33oltatre  in  SSerbinbung  getreten;  er  j^atte  bie  äSerteibigung^fc^ften  bedfelben  in  bem 
be!annten  ^rojeffe  mit  älbra^am  ^irfd^  ind  S^eutfd^e  }u  überfe|en  gel^t  fBkoc  fd^on 
burd^  bie  Sinftd^t,  bie  er  babei  in  bad  treiben  33oltaired  belam,  feine  Sb^tung  t>or  h\6m 
gefeierten  SJlanne  fel^r  gering  geworben,  fo  fc^toanb  fte  boQenbd,  ald  er  nad^  feiner  9b* 

80  reife  Don  Berlin,  toenn  auc^  infolge  eigener  Unborftc^tigfeit  in  einen  unongene^en  9rief< 
toed^fel  mit  SSoltaire  geriet,  in  toelc^em  er  biefen  bon  feiner  toa^ren  Seite  lennen  lernte, 
^n  äBtttenberg  befd^öftigte  ftd^  £.  gunäd^ft  l[^au))tfädeii(^  mit  ber  ©eleJ^rten^  unb  ba: 
SReformationJgefd^id^tej  au^erbem  ftubierte  er  Sa^led  @nc^Ilo))äbie  unb  ^emad^  befonbetS 
^orag  unb  ^Kartial;  tmälnfd^lu^  an  biefe  Stubien  entftanben  einerfeitd  feine  „SRettungen^, 

36  anbererfeit^  feine  Äritif  ber  jur  Dftermeffe  1752  erfc^ienenen  Slu^obe  ber  Ob«i  unb  ber 
ars  poetica  be^  ^^^^i  bon  Samuel  (Sott^olb  Sänge,  älrbeiten,  bte  £.  erft  in  ben  betben 
folgenben  ^o^ren  beröffentlid^te.  ^n  Wittenberg  toarb  aud^  am  29.  ij^ril  1752  cad 
bem  bi^^^erigen  studiosus  medicinae  ein  SKagifter.  ^m  Dftober  1752  fd^e  er  Iviätr 
nad^  Berlin  gurüdt,  too  er  nun  brei  ^al^^re  blieb.    @d  folgen  je^t  tool^l  bie  glücflt^ffkn 

40  ^a^re  feinet  Sebend.  @r  arbeitete  nun  toieber  an  ber  Ssofftfd^en  3^^9  ^^  9lnenfent 
unb  gab  Don  1753—1755  feine  Sd^riften  in  fed^g  Sänben  unb  au^erbem  bie  t^eotro» 
lifc^c  33ibliot](|cf  j^erau«;  im  go^re  1754  erfd^ienen  ba^  Vademecum  für  $erm  Som. 
®ott^.  Sänge  unb  im  3.  leil  feiner  Schriften  bie  Slettungen ;  im  6.  3)eil  ber  Schriften 
erfd^ien  1755  bie  ÜRife  Sara  Sam>)fon,  gu  beren  äu^rbeitung  2.   ft^  in  ben   erjptai 

46  ^Jtonaten  be^  ^a^re^  1755  auf  fteben  Wochen  nad^  $otdbam  gurüdFgegogen  l^atte  unb  in 
ber  er,  26  ^a^re  alt,  ettoad  ^ang  neue^,  bie  erfte  bürgerlid^e  Xragöbie  in  2)eutf(^lanb, 
lieferte,  ^ie  Slnerfennung,  bte  er  fanb,  unb  ber  @mft  feiner  älrbeiten,  namentlid^  ber 
fritifd^en,  föi^nten  um  biefe  3^^  ^ud^  feinen  SSater  mit  i^m  an^,  gumal  biefer  felbfl  für 
gelehrte  JJorfd^ungen  9?erftänbni«  unb  5Reigung  bötte;   2.«  Sd^rififteitterei  berfefete  i^  bo» 

60  bei  nun  aud^  in  bie  2age,  bie  jüngeren  @efdeh}ifter  unterftü^en  gu  tonnen ;  in  ber  ^reunb« 
fd^aft  mit  92icolat  unb  SRenbeldfo^n,  bie  burd^  bie  Don  il^m  geh}onnene  SSlnregung  Deram 
la^t,  ftc^  nun  auc^  balb  auf  bem  (Gebiete  ber  2itteratur  l^erDort^aten,  unb  im  äSerfe^ 
mit  anberen  fanb  er  felbft  toieberum  reiche  Slnregung ;  berül^mte  ©ele^rte  tourben  auf  i^ 
aufmerifam;  ein  ^o^ann  3)abib  ^Kid^aelie,   ber  einige  feiner  Sd^riften  in  ben  ©öttiimer 

55  geleierten  Singeigen  befprod^en  I^Atte,  erfunbigte  ftc^  nad^  feinen  i)erfönli(^en  SSerie^lItninen 
(Dftober  1754);  fo  lam  i^m  ba«  (Sefü^l,  bafe  bod^  h)obl  ettoa«  au^  ü^m  getoorbai  fei  — 
^m  Dftober  1755  ftebelte  2.  barauf  tpieber  nad^  2ei))gig  über;  tDal^^deeinlic^  tovitt  er 
bagu  mit  baburd^  Deranla^t,  ba^  bte  ftod^fd^e  Sd^auft^ielergefeUfd^aft,  Don  ber  er  fi<4 
^rberung  in  feinen  arbeiten  für  ba^  ^l^^^ter  Derfi^red^en  fonnte,  bamate  bort  f^ielte;  er 

60  befd^äftigte  [\6)  bort  gunäd^ft  faft  au^fc^lie^lide  mit  bem  Stubium  bramatifc^  ^ic^tungen. 


Sefthtfl  409 

Q^en  am  8.  3)qtmbti;  fd^ef)  n  jebo^  an  3Renbe[efo()n,  bag  er  bemnä^ft  mit  ttncm 
gcfrilbctm  jungen  äRanne  namenä  Smfler  auf  btei  ^aiftt  eine  gri^ece  91eife  infi 
iutflanb  antreten  tcerbe.  SDie  näc^ften  äJionate  galten  ber  ^oibeieitung  auf  biefe  Steife. 
^  Sicäben,  baä  ei  ber  ®aClerie  Megen  befuc^te,  lam  er  mit  feinen  (SItem  jujammen, 
bte  a  auf  IuTge3eit  na^  Aameng  begleitete.  3Im  lO.^Jtai  1756  tial  er  fobonn  bte  Steife  6 
mit  SKidlei  an;  ilbei  Hamburg  unb  (Smben  gingen  fie  nai^  ^oQanb;  gerabe  ali  fie 
Ü  na^  @n(|Ianb  einf<^iffen  tcoQten,  erhielten  fie  bie  Stac^ri^t  Dom  beginne  be$  7  jä^^en 
Rncgcd;  focgen  ber  Sefegung  :^et)]jigä  butt^  bie  SJreugen  ging  SSinllet  junäc^ft  fi^leuntgft 
tuH^  Sctfijtg  guTütl,  IDD  fte  fc^on  boi  bem  1.  Oitober  toieber  eintrafen.  Süie  Steife  io^ 
binm  im  ^tü^iafrr  1757  befmiti»  aufgegeben;  ScffingS  ißarteino^e  fttr  ben  pttaii\ä)m  lo 
jtönjs  trennte  i^  DoQenb^  bon  ^;iBintler,  fo  baft  biefei  erft  bui^  einen  [angtvierigen  ^^voje^ 
(Afeiten  Seffinfl«  Benno^t  Würbe,  fdnen  a?crpfli(ttungen  gegen  i^n  noi^julommen.  S.  War 
mm  toid«  gonj  ouf  ben  grWcrb  bur^  SdtrtftflcQerct  geWtefen;  er  feWe  babei  feine 
etubien  über  bot  ^E^tr  unb  bte  btamalifcfje  lioefic  fort  unb  erfreute  fit^  eine«  leb' 
^fttn  unb  freunbft^ftlic^en  Umgangs  mit  bem  '^lifUx  Swolb  g^riftian  bon  Aletft,  ber  u 
oll  ptmf^^  WaJOT  in  Seipjiß  ftonb.  SJorn  3lai  1758  biä  (gnbe  1760  lebte  er  bann 
inäfa  in  Säerlin^  in  biefer  3"t  tarn  er  in  nähere  Serü^ng  mit  Siamler,  mit  welt^em 
$Une  )u  [ttteronfc^  Unteme^ungcn  gemotzt  tuurben;  bor  oDem  ober  toor  £.  feit 
^jonuat  1759  für  bie  ,,9riefe,  bie  neuefte  Sitteratur  betreffeub",  t_^ätig,  ju  beroißerau«» 
gabt  ei  fti^  mit  Stieolai  unb  Snenbel^fo^n  berbunben  ^atte  unb  in  benen  er  anfängli^  ao 
atmci^  fclbfi  bie  jlingften  litteronfc^en  Srft^etnungen  einer  fc^arfen  unb  oft  tiemic^tenben 
wittl  unttrjog.  San  Urteil  über  Sramer  unb  SafebuW,  bau  und  ^ier  befonber^  inteieffiert, 
yatft,  ÜM  unhaltbar  unb  unWo^  ber  Stanbpuidt  biefer  aufgeHörten  Ideologen  fei ;  bgl, 
wmmtlii^.  Wie  f^  £.  über  bie  tDIet^cbe,  einem  Äinbe  juerft  nur  bie  ffiJo^&eiten  ber 
wttfirlic^  Religion  unb  erft  \phitx  bie  ©e^eimniffe  beö  (^lUidien  @[aubenä  6ei|ubringen, » 
im  48.  u.  110.  »ri^  äufiert,  in  ber  $embeEf(tten2lue^abe  feiner  SBJerle  8b  9,  ©.180u.321, 
ODtcft  Su^ibc  totrb  im  folgenben  immer  nur  mit  $.  dtiert.)  3)eiglei4ien  älufterungcn 
Ndgoi  fc^pn  bamaU  einem  Slicolat,  ber  fi^  immer  me^i  folder  feierten  äluftlärung  fdbß 
vmäfftt,  unb  onberen  ni^t  aefaSen  ^aben ;  tS  ift  ntc^t  unWaprfi^einlic^,  ba|  2.  aai  biefem 
Wtunb«  fi(^  ollmä^Iic^  bon  ber  3Ritarbett  an  ben  Sitteraturbriefen  juiüdjog;  onbereS  lam  so 
^inyi,  il^  ben  älufentboU  in  Serltn  ju  berleiben ;  er  feinte  fii^  aui^  na^  einer  du^erlii^ 
fsiBcnfrctercn  Stellung,  unb  fo  folgte  er  im  Slobember  1760  einem  SRufe,  bei  unter 
dtaßigcn  Vcbmgunaen  an  i^  erging,  ald  @rfretär  in  bie  S)tenfte  be«  @eneral  bon 
itaim^m  'm  SBitdlou  gu  treten.  Saß)  na<^  feiner  ätbreife  bon  Seilin  ernannte  i^n  bie 
boctige  SBobemte  ber  äßtffenfc^en  ju  i^em  SAitgliebe.  @ein  3lmt,  baä  i^n  in  i^m  b5 
MHGg  neue  Sei^iUtniffe  fteUte,  in  bie  er  fi^  leicht  unb  gern  fanb,  jumal  eä  i^m  in  ben 
milltänfi^  itmfen  mä)  mani^erlei  auf^ehembe  ^n^reuung  bot,  lie|  i^m  bo^  gu  emfttn 
Stnbitn  Qät;  befonberd  beft^&ftiaten  i^  S^iinoja  unb  bie  fiir^enbäler,  aber  <mi)  ber 
Sodbxm  unb  bie  3Rinna  bon  ^am^elm  würben  begonnen.  9Iac^  bem  $ubcrtu^urger 
biäwn,  ben  er  in  !Bre«Iau  üffentltc|  ju  bertünbigen  ^otte,  belam  er  noq  me^r  3^>*> 
mft^e  Bon  überanprengimg  Warb  er  im  Sommer  1764  gefä^rlii^  trani  an  emem 
^i^en  $td»r,  bod  i^m  eine  leitete  nerböfe  Sieigbarfeit  ^interltep.  (Sinen  Stuf  ali  ^rofeffor 
bei  Sloquenj  niu^  Jtünigdberg  lehnte  er  ab;  aber  im  anfange  beä  ^afycti  1765  legte  er 
feine  €mlung  in  Srcdlau  bi»^  niebei,  ol^e  eine  fixere  SluSfu^t  für  bie  3"Iu"ft  gu  ^aben. 
Semen  $Ian,  noc^  Italien  unb  @rie^enlanb  gu  ^efien,  gab  er  Wieber  auf  unb  über  4g 
Aoneni  unb  Süfm  lam  er  im  Sitai  1765  gum  bierlenmol  nac^  Berlin.  $ier  Vsax  ber 
BiUiotpdar  (unb  vorder  beä  Sflüngfabinetg  unb  ber  !änti!enfammlung)  ©aultier  be 
la  ßiDge  flcftoi&cn,  unb  £.a  ^^eunbe  ^offten,  ba^  ber  Jtünig  in  biefe  für  itm  fo  fiaffenbe 
^dlung  S.  berufen  teerb*.  £.  f{^rieb  ^ier  junai^fl  ben  Si^tufi  ber  Sitteraturbriefe  unb 
twOtnbcte  ben  erpen  Teil  feine«  fiaoloon,  ben  er  um  Dftem  1766,  Wo^I  in  ber  Mbrit^t,  so 
fii^  für  bie  genannte,  noc^  nii^t  befe^te  ©teile  gu  embfe^len,  Verausgab  (bgl.  (riergu 
ee^ftw«  ajoifidlung  biefer  Angelegenheit  §.  13,  2.  2Ibt.,  ©.XII  ff.).  3m  ©ommer 
17G6  teifle  8.  nac^  IjJvrmont;  bie  mcheife  machte  er  über  Hattingen,  Wo  ec  ^o^.  S)ab. 
Wi^aeli^  bie  Anregung  gu  feiner  Überfefiung  be«  9lTä  mit  üünm^ngen  gegeben  iiioben 
foO,  unb  $a(becßabt,  wo  er  @letm  befu(|te.  n&  f^  f>ai''>  "<^  i«ner  Stütfte^i  bie  ^off=  u 
rang,  bte  Stdie  bce  Sibliotbetarä  gu  erholten,  bbllig  gerfi^Ittg  (ber  Jtöntg  wählte  einen 
gnnuDfcn  Semetlf,  ber  fit^  balb  ali  gang  unbrau<^bar  ertcieö),  War  2.  ber  fernere  ätufs 
cnl^  in  veriin  berleibet,  unb  fo  tarn  i^m  im  ^iobember  1766  ber  älntrog  ^o^n 
gritbric^  Sotb>t8,  atö  ^Dramaturg  an  ba«  ^eater,  hai  er  in  Hamburg  giünben  wollle, 
jn  trttat,  [^  eiWünft^L    ^Jtai^bem  £.  ft^  ><i  Hamburg  bie  3)inge  felbft  angefe^  (S^eg.  co 


410  Seffing 

1766  unb  ^an.  1767)  unb  ftc^  über  bie  bon  il^m  cingune^menbe  ©tenung  mit  goetw 
omntgt  \)atU,  jog  er  im  9l))ril  1767  nad^  ^amburg.  Um  biefe  R^t  boDenbete  er  bie 
ÜJlinna  bon  93am^elm,  bie  gang  turj  nad^  feiner  Überftebelung  erf$ten.  3todf  im  Sl[))ril 
fünbigte  er  feine  „Dramaturgie"  an,  bie  bann  aud^  balb  in  einzelnen  Stummem  )u  et* 

6  fd^einen  begann.  3)er  $Ian  SoeiDed,  ein  beutfd^ed  92attonaltl[^eater  ju  errid^ten,  fc^eiterte 
aber  balb,  unb  bamit  h)arb  aud^  £.d  Stellung  unftd^er;  bie^erou^abe  ber  Dramaturgie 
mu^te  mel[^rfad^  unterbrod^en  h^erben,  unb  ebenfo  migglücfte  eine  laufmonntfc^  93erbiti^ 
bung,  in  toelc^^e  £.  mit  ^ol^ann  6l^rifto))l[^  93obe  gur  @rric^tung  einer  Druderei  unb  Suc^ 
l^anblung  getreten  h}ar.    Diefe  3Ri|erfolge  trübten  i^m  ben  Slufent^t  in  Hamburg,  bec 

10  i^m  fonft  h}egen  bed  angenehmen  gefeQigen  SSerfel^rd  in  befreunbeten  f^iiien  unb  hd 
gufammenleben^  mit  Jtlot^ftod,  ^agebom,  Slaubiud  unb  bieten  anberen  b^eutenben 
aJlännem  fe^r  uifagte.  9lad^bem  £.  im  ©ommer  1768  in  ben  ontiquarif«^  Sriefen 
gegen  ben  ißrofeffor  Sl^riftian  Slbol^^  ftlo^  in  ^aUe,  bon  bem  er  auf  eine  unberfc^dmte 
SBeife  öffentlid^  angegriffen  toar,   eine  l^efttge  $olemiI  eröffnet  ^atte  (ber  erfte  XetI  ber 

16  93riefe  erfd^ien  9Jii^aeIi«  1768),  fa^te  er  im  ©ejjtember  1768,  fobiel  toir  fe^,  gon) 
t)löpd^,  ben  @ntfc^lu|,  bauemb  nad^  ^Italien  gu  gelten  (bgl.  ©d^öne  a.  a  O.  tmb  $.  20, 1, 
©.  285).  Dbh}ol[^l  £.  lange  an  biefem  $lane  feft^^ielt,  fam  eiS  bamald  nic^t  jur  Sud* 
fü^rung  be^felben;  £.  blieb  bielmel^r  no(|  bad  ^aH)x  1769  in  $ambtu^  unb  gab  ben 
gleiten  Xeil  ber  antiquarifd^en  Sriefe  unb  bie  9lbl[^anblung:  „SQSie  bie  9uten  benXob  ge^ 

20  bilbet'^  ^eraud ;  beibe  fmb  aud^  gegen  kloi^  gerid^tet  unb  erfc^ienen  SRid^i^  1769.  Sme 
älu^fid^t,  nad^  Sßien  gu  lommen,  ^atte  fid^  tngh}ifd^en  aud^  old  betrügerifc^  ertDtefen.  Sba 
fragte  im  Dftober  1769  ober  bieDeid^t  fc^on  ettoa^  frül^er  (©d^öne  a.  a.  D.  ©.  XLIX) 
Sbert,  ber  ben  @rb))ringen  bon  93raunfd^h}eig  für  £.  gu  intereffteren  getou^  ^otte  unb  £i 
Sabftd^t,   fic^   nad^   Italien   gu   begeben,   rannte,   bei  W^m  an,  ob   er  bie  ©tdle  cined 

36  93ibliot^etard  in  äßolfenbüttel,  bie  in  biefem  ^Ue  für  i^n  frei  gemacht  tDerben  foSte 
($.  20, 1,  ©.  362),  gu  übernehmen  bereit  fei  £.  reifte  im  9{obember  nad^  Sraunfc^Äoeig 
unb  ^atte,  oli  er  im  Degember  nad^  i5amburg  gurüdSe^rte,  ftd^  gur  älmto^me  entfd^den. 
Da^  [i^  feine  Überfteblung  nad^  SBolfenbüttel  h}egen  feiner  ))e{uniären  Sebrängniffe  M 
in  ben  9lt>ril  1770  bergog  ($.  20, 1,  ©.  579),   trug  il^m  noc^  bie  Sefanttitfc^t  ^ei^ 

80  ein.  £.  na^m  bon  Hamburg  nad^  äBolfenbüttel  bor  allem  jtoeierlet  mit :  in  feinem 
^ergen  bie  Steigung  gu  feiner  ft)öteren  ^an  unb  unter  feinen  $a))teren  bie  ^emac^  bon 
i|m  teilmeife  unter  bem  92amen  „^agmente  eined  Ungenannten''  veröffentlichten  Stb^onb« 
lungen.  ^n  bem  $aufe  bed  Jiaufmanne^  unb  ©eibenfabrilanten  Engelbert  5t5nig  ^atte 
£.  in  Hamburg  biel  unb  gern  berle^rt;  ate  biefer  ©nbe  Degember  1769  auf  einer  ®ef(^fttaife 

86Ut%enebig  t)U>^lic^  geftorben  toar,  nal^m  fid^  £.  ber  .^Hinterbliebenen  treulic^  an;  noc^  feiner 
älbreife  bon  Hamburg  blieb  er  in  beftönbigem  Srieftoed^fel  mit  ber  9Bitft>e  fidni^^,  @ba 
jlatl^arina,  geb.  f^a^n,  aud  ^eibelberg,  unb  berlobte  ftd^  bann  mit  i^r  im  Sluguft  1771  bei 
einem  Sefuc^e  in  Hamburg ;  bie  Briefe  beiber  bor  unb  nad^  ber  33erlobung  btd  gur  3)raitung, 
bie  erft  am  8.  Dftober  1776  erfolgte,  unterfd^eiben  fic^  burc(^  il^re  einfädle  SBo^r^eit  borteil^ 

40  bon  anberen  ö^nlid^er  3lrt  in  jener  ^eit ;  fie  geigen  und,  toie  innig  unb  uneigemtü^ig  beibe  etm 
anber  guget^an  toaren,  unb  h}ie  ©letd^l^eit  ber  ©efmnung  unb  SSerftänbnid  für  eincmber  fte  be» 
fäl[^igte,  einanber  glüdtlid^  gu  mad^en ;  ed  gehörte  jja  £.d  traurigften  Srlebniffen,  ba^  biefe  6^ 
fc^on  nad^  ber  turgen  Dauer  bon  nur  fünf ge^n  3){onaten  am  10.  Januar  1778  buni^  (SM 
2ob  h)ieber  gelöft  tourbe.    Den  ^rofeffor  §ermann  ©amuel  Sleimarud,  ben  äSerfaffer  ber 

46  fogen.  ^agmente,  ^atte  £.  nid^t  ))erfönlid^  fennen  gelernt,  obfdbon  er  foft  ein  ^afyc  nodf 
mit  'il)m  in  Hamburg  gufammen  lebte;  nad^ SReimaru«  am  l.SKärg  1768  erfolgtem  2obe 
ift  £.  mit  ben  Äinbern  bedfelben,  bem  Dr.  ^o\),  Sllb.  .^einrid^  SReimorud  unb  beffen 
©d^toefter  Glife,  ))erfönlid^  befannt  getoorben  (t)gl.  ^iergu  unb  über^au))t  gu  bem  mm  f(vi^ 
genbcnbie  ä.  „^agmente,  toolfenbüttelfc^e",  unb  „®oege,  3o(^.  SRelc^ior",  »bVI  ©.  136  jf. 

60  unb  ©.  757  ff.,  beren  ^nl^ait  l?ier  nic^t  toieber^olt  toirb) ;  bon  bem  jüngeren  äteimontd 
ober  mit  beffen  guftimmung  bon  Slifc  SReimaru«  ^at  £.  nod^  in  i&amburg  bie  rrSw0* 
mente"  erhalten  (bgl.  Sb  VI  ©.  140, 65  ff.).  3n  SßJotfenbüttel  \)at  fl.  fid^  ntc^t  Umge 
too^l  gef ül^lt ;  nur  au«  ber  crften  3^^*  "^^^^  Ixe^m  3lu^erungen  ber  3^^^>i^  bot  (m 
©riefen  an  ßbert   unb  an  feinen  i^ater,    §.  20,  1,   ©.  354  unb  368),  bie   fAr  bolb 

66  gegenteiligen  toeid^en.  ^n  ben  erften  ^gen  fanb  er  unter  ben  3Ranuftri))ten  ber  Dortigen 
Sibliot^ef  eine  ©d^rift  bed  ©erengariud  Xuronenftd,  bie  für  bie  9(benbma^ld{ireitigfeiteii 
be«  11.  3^^^^""^^^^  w"^  fii^  93erengard  eigene  £el(^re  bom  äbenbmabl  uon  gro|o  8e» 
beutung  toax\  eine  Slntünbigung  berfelben,  in  toeld^er  er  audfü^rlid^  fiep  auf  bie®efd^i«^ 
biefer  ©treitigleiten  einliefe  unb  Serengard  £el^re  barlegte,  gab  er  noi^  im  ^cäftt  1770 

60  l^eraud   (9raunfd^h}eig,  4**).    Da  nac^  £.'d  äluffaffung,  bie  too^I  nic^t  rid^ttg   i^  (bgl 


fieffhij  411 

t.  14,  ©.91),  Serettflar  in  ber  Se^re  Dom  Slbcnbma^I  mit  Sut^cr  tibereinfttmmte,  tourbe 
ta>egen  biefa  ^l^ft   toon  ben  2lnl(^ängem  ber   lutl^erifd^cn   Seigre  ebcnfofe^r  0e|)ricfcn, 
ald  Don  feinen  freijinnißen  fjreunben  getabelt ;  tl^m  [elbft  Wax  bie  Sefd^äftigung  mit  biefer 
Xtbett  Won  toäi^enb  berfelben  toertcibet,  unb  er  gefte^t  offen,  ba^  er  fie  nur,  toeil  er  in 
Slot  ttxtt,  Vorgenommen  (§.  20,  1,  @.  381  ff.).    Unter  biefem  2)rudte  brad^te  er  aud^  bie  5 
f olgenben  ^afyc^  gu ;    feine  Sage  t^erfd^limmerte  fic^  nod^,  aU  er  nad)  bem  Sobe  feine« 
Sater«  (am  22.  »uguft  1770)  bie  ©d^ulben  berfelben  übemalj^m ;   babei   fülj^lte   er  fid^ 
t)eretnfamt,  unb  fo  toarb  er  mißmutig  unb  t)erftimmt.    911«  er  Don  einer  Ileinen  Steife  im 
fyA^  1771  nad^  Hamburg,  h)o  er  fid^  Verlobte  unb  in  bie  Soge  trat,  unb  nac^  Serlin, 
too  er  fc^on  bie  gfragmente  herausgeben  tooBte,  gurüdtfel^rte,  füllte  er  fid^  freier  unb  nalj^m  lo 
bie  „6mUte  ®aIotti",  bie  'il^n  fdjion  Diele  3al^re  befc^äftigt  l^atte,  loieber  Dor,  unb  beenbete 
fie  bte  jum  gebruar  1772;  fte  ift  unter  feinen  3!ragöbien  bie  DoHenbetfte,  eine  5ßrobc  auf 
Me  Don  i^  in  ber  l^amburgifc^en  Dramaturgie  enttoidelten  ®eban!en  über  bie  an  eine 
folc^  2)i(i|ftung   ju  fteHenben  ^^orberungen.    ^%enb  feiner  Arbeit  an  il^r  ftarb  ftlo^ 
(6i^e  1771),  toa«  einen  tiefen  ©inbrurf  auf  i^n  mad^te.    ^m  übrigen  fe](|lte   e«  il^m  i6 
m  größeren,  felbftjlänbigen  arbeiten  in  biefer  3«t,  bie  bie  traurigfte  feine«  Seben«  ift,  an 
3Stut  unb  5traft ;  feine  Sefc^äftigungen  auf  ber  ^ibliot^ef  Deranta|ten  if^n  ^u  Derfd^iebenen 
©tubten,  bie  feit  bem  3al(^re  1773  teiltoeife  in  ben  Seiträgen  „gur  (Sefd^ic^te  unb  2itte= 
tatur"  orfc^enen;  in  biefen  gab  er  auc^  im  Sa^re  1774  juerft  ein  ©ttidf  an^  ben„^ag* 
menten'^  l^ou«;    er  f elbft   fagt  Don  biefer  ganzen  X|>ättgleit,   ba^  er  im    eigentlichen  20 
€hme  um  Orot  fc^reibe  (Dgl.   feine  ^u^erungen   in  feinen  Briefen  an^  biefer  3^  wnb 
Die  Sufammenftettung  berfelben  bei  ©ta^r,  2e|fmg«  geben,  8.  aiufl.,  Serlin  1877,  95b  2, 
©.63  ff.,  befonber«  ©.67,  unb  bei  mpt,  3o^an  SWeld^ior  (Soeje,  ©.153  ff.).    5Rad5>bem 
er  ^^on  am  30. 8lt)ril  1774  (©.  20,  1,  ©.  579)  feinem  Sruber  gef (^rieben,  ba|  er  lein 
\cdpc  meSft  in  SBolfenbüttel  au«l^alten  tooDe,    reifte  er  im  ^ebruar  1775  plbi^lii)  über  25 
n^)tg  tmb  Serlin  nad^  3)re«ben  unb  SSien ;   in  Sßien  h}eilte  bamal«  feine  Sraut ;  ^ier 
er  au(^  ben  ^rinjen  Seot)olb  Don  Sraunfd^h}eig,   ber  ij^n  aufforberte,  i^n  auf  einer 
Steife  burc^  ^Italien  m  begleiten.  Sluc^  Don  biefer  Steif c,  bie  il^m  unter  anberen  Umftönben 
Die  (StfüOung  eine«  lange  gehegten  SQSunfd^e«  gebrad^t  ^ätte,  l^atte  S.  nid^t  ben  gel^offten 
@ftimm;    im  gebruar  1776  lam  er  unbefriebigt  toieber  jurüdf.    5lad^   feiner  §o^jeit  im  90 
Cttober  1776  machte  er  fid^   an  bie  §erau«gabe  ber  fünf  Weiteren  ^agmente,  bie  im 
^amiat  1777    im   Dierten  Seitrag    jur  ©efd^id^te   unb  Sitteratur    erfd^iencn  (§.  20, 1, 
6. 692),  unb  nun  begannen  für  i^n  bie  belannten  t^eologifc^en  ©treitigteiten  (Dgl.  Sb  VI 
©.  759, 6s  ff.),  bie  xf^n  fortan  bi«  jum  Snbe  feine«  Seben«  fo  in  Slnfjjrud^  nal^men,  ba^ 
mit  geringen  9lu«na^en  aud^  feine  ganje   fd^riftfteQerifc^e  ^l^ätigteit  burd^   fte  beftimmt  86 
tDirb.    3*^^^  ^  3^^  1777  Derlief  nod^  grö^tenteil«  xn^iQ:    e«  toar  ba«  '^al)x  feine« 
tur)en  ff&aSHi^tti  ©lüde«;  bie  älu«ftd^t  auf  eine  SlnfteUung  in  ^ann^eim,  bie  ftd^  bann 
aber  |erf<^g,  i^attt  i^n  im  ^^jal^re  ju  einer  Steife  bort^in  Dermod^t.    Ütur  bie  beiben 
CTJien  feiner  ti^ologifd^en  ©treitfdS^riften,  m  toeld^cn  S.  auf  bie  Singriffe,  h)eld^e  ber  3)ireItor 
go^n  S)amcl  ©^umann   in  ^annoDer  (Dgl.  über  il^n  ^.  20,  2,   ©.  909)  gegen  ba«  40 
Dritte  Fragment  gerid^tet  l^atte,  anttoortet,  „Ueber  ben  Setoei«  be«  ©eifte«  unb  ber  Jtraft'^ 
unb  ,,©0«  a:efiament  gol^anni«"  (§.  16,  ©.  9  ff.   unb  ©.  15ff.)  fmb   nod^   au«  bem 
^iafyct  1777;   fte  geid^nen  ftc^  Derl^ältni«mä^ig,   abgefeben  Don  bem  ©d^lu^  ber  jtoeiten, 
nod^  burc^  ^ilbe  an^.    9tad^  bem  lobe  feiner  ^au  (Januar  1778),  ber  i^n  tn  jeber 
^infic^t  fo  fc^toer  al«  bentbar  traf  unb  fc^on  an  [x^  auf  feine  Stimmung  einen  bleiben^  45 
ben  @inf{u^  ^tte,  toarb  feine  ^Polemif  Diel  rüdtfic^^t«lofer.  2)ie  ^Qi)l  feiner  ®egner  toud^«, 
Dmc  aDem,  feigem  er  imSt^jril  1778  ba«^agment  „33om  3toedfe  3«fu  unb  feiner  jünger" 
^erau«gegeben   batte ;    fein  Sruber  gäl^lt  in    ber  9lu«gabe  feine«  tbeologifc^en  9{ad^laffe« 
CBerlin  1784,  ©.9—17)  mel^r  al«  30©d^riftcn  auf,  bie  in  ben  3ja(^rcn  1778  unb  1779 
gegen  S.  unb  ben  Ungenannten  erfd^ienen,  unb  ba«  ^[^er^eic^ni«  ift  nod^  ni^t  DoQftönbig ;  60 
ba}u  lom,  ba|  feine  Stellung  jur  braunfd^toeigifc^en  Stcgierung  burd^  bie  $erau«gabe  ber 
progmente  fd^toierig  getoorben,   ba^  feine  ®efunbl>eit  crfc^üttert  toar,   ba|   auc^^  feine  pt^ 
ntniären  Ser^tniffe  toieber  fe^r  brüdfenb  tourben;  ba«  aUc«  Derftimmte  il^n  immer  mclj^r 
unb  brachte  i^n  bapin,  baft  er  nur  in  ber  ^^polcmif  noc^  feine  geiftigc  Äraft  unb  ©df^lag* 
fertigleit  entfalten  lonnte,    erflärt  aber  auc^  bie  §eftigleit  unb  Sitterleit  berfelben.   5Rac9=  66 
bem  er  im  Sflljnfe  1778  fic^  in  ber  „2)uplif"  junäc^ft  gegen  ben  Sujjerintcnbcnten  3^= 
^orni  ßeinri^  3te^  in  SBolfenbüttel,  feinen  „9iac^^bar",  getoanbt  hatu,  ber  anonDm  bie 
Xngriffe  be«  Ungenannten  gegen  bie  31uferfte^ung«gefd^id^tc  im  fcc^ften  ^agment  beläm>)ft 
l/Mt,  folgten  bie  ja^lreic^en  ©c^riften  gegen 3io(^an 9)iel(^ior  ®oeje  (Dgl.  Sb  VI  ©.  760, off.) 
tmb  oud^   nod^  im  ^a^re  1778    bie  Slnlünbigung   be«  „SRat^an"  ($.  11,  2,  ©.  782) ;(» 


412  Seffbig 

bicfcr,  „bet  ©o^n  fetne^^  emtretcnben  3Ktet«,  ben  bie  5PoIemiI  entbinbcn  Reifen",  tote  er 
x^n  fclbft  nennt  (§.  20,  1,  ©.  793),  toarb  im  Sl>)ril  1779  beenbet;  ßleid^ieittg  befd^f« 
tiaten  S.  bie  oUerbing^  me^r  friebUc^en,  ober  bod^  aud^  au^  biefen  t^eologifcpen  ©treitig« 
leiten  entftanbenen  ©d^riften  ,,(gmft  unb  gall",  erfte  ^älfte  1778,  gortfeftunfl  1780,  unb 

6  bie  „Srjiel^ung  be«  SKenfd^engefd^Iec^te«",  j^erau^gegeben  1780.  S)afe  biefe«  Ie|tere  SBert, 
beffen  erfte  ^älfte  fd^on  im  gal^re  1777  bei  2.«  Semerfungen  gum  fünften  gfrogment 
erfc^ienen  War,  nid^t  feinen  $aut)tgebanten  nad^  Don  SUbrec^t  ^aer  ^errüi^rt,  tote  9Btt< 
\)dm  Äörte  im  fieben  %l)a^  (2eit)jig  1839,  ©.  25  ff.)  toa^rfd^einlid^  ju  mad^  fuc^te, 
barf  l^eute  troft  be«  Seifott«,   ben  biefe  ^nfid^t  bei  ^üam  (äeitfd^rift  fOr  bie  W'totif^c 

10  3:^eoIogie  1839,  @.  99  ff.)  unb,  toie  ed  fd^eint,  oud^  bei  S)at)ib  f^riebrid^  ©trau|  (SHc 
d^riftlid^e  @(aubendte^re,  ^b  1,  ©.260)  fanb,  ak  allgemein  gugegeben  ongefe^en  toerben; 
bgl.  ®.  @.  ©ul^rauer,  £.d  Srgie^ung  bcd  3Renfd^engef$tec^teiS,  93erlin  1841,  unb  (^rif&m 
©rofe  in  §.  18,  ©.  188  ff.  äu|er  ben  genannten  ©d^riften  8.^  fatten  in  biefe  3o^^ 
nod^  )al[^Ireid^e  @nth}ürfe  unb  3(nfänge  anberer,  gumeift  au(^  ^otemifc^ev  arbeiten,  bie  fein 

löSruber  aud  feinem  3lai}la^  im  ^a^re  1784  belannt  gemocht  f^at  (bgL  oben  €.411,48). 
§ier  ift  al«  erfte«  ©türf  (©.  45—72;  §.  17,  ©.  112—134)  eine  Slrbeit  ou«  bemSo^ 
1778  beröff entlid^t :  „92eue  &\}poti)^t  über  bie  SDangeliften  al«  b(o|  menf(^(id^e  ®efc^i(^ 
fd^reiber  betrac^tet'^  in  toel^er  £.  fid^  ba«  33erl[^&Itni«  ber  ©Vno))tt{er  gu  einanber  bun^ 
bie  9lnnal[^me  eine«  aramöifc^en  Urmattl[^äu«,   ber  oud^  @t)angelium  ber  92a)arener  unb 

ao  @DangeIium  ber  Hebräer  genannt  fei,  ertlört.  Siefe«  Urebongeiium  l^e  bann  ÜRottl^fiu« 
juerft  gu  feinem  griec^ifc^en  @t)angelium  überarbeitet  (Derlürgt),  unb  ^emod^  fei  cd  auc^ 
bon  3)carcu«  unb  Suta«  gugleid^  mit  anberen  fd^riftlic^en  9(u^eid^nungen  benuj^  Ivorbcn. 
S^eobor  S<^^^  (ßinleitung  in  ba«  SKE,  93b  2,  1899,  ©.  184 f.  unb  ©.  195  f.)  fyiX  neuer« 
bing«  au«brüdlid^  baran  erinnert,  ba^  biefer  Sefftngfd^e  ©ebanfe  ber  betcmnten  &dfy€itn^ 

26  fc^en  $^t)ot^efe  über  ben  Urf))rung  ber  @t)angelien  gu  ®runbe  liege  unb  ba«  etnji4c  in 
il^r  fei,  toa«  fortgelebt  ^abe  (bgl.  ®rid^  ©c^^mibt  a.  a.  D.  II  *,  ©.  320 ;  ßol^momt, 
bu(^  ber  ©nl.  in«  SKE,  2.  äufl.,  1886,  ©.  352).  —  Unter  biefen  arbeiten  Mten  2.« 
Seiben  immer  gugenommen;  feine  I5rt)erli(^e  ©^h}ä(^e  geigte  fi^  namentlid^  in  großer 
©(^laffud^t.    3)ur^  Keine  9lu«f[üge,   bie  il[^n   im  $erbft  1778  unb   1780  no^  gtoeimal 

80  nai)  Hamburg  brachten,  fud^te  er  fic^  gu  erfrifd^en,  unb  namentlich  im  9leimant«f(^ 
jtreife  in  Hamburg  fü^^Ite  er  ftd^  geittoeilig  h}ol[^ler;  aber  bauembe  ©tärtung  brad^ten  fte 
nid^t.  ^n  ben  legten  SBod^en  na^m  au^  bie  Jtraft  feiner  Slugen  bebeutenb  ab.  Sei 
einem  Sfufenti^alte  in  SSraunfd^toeig,  h}ol[^in  er  ftd^  in  ben  legten  Sagen  be«  ^lonuar 
1781  begeben  ^atte,   ftarb  er  gang  unern)artet  ))tö^id^  am  ^onner«tage,   ben  15.  %t^ 

35bruar  1781. 

£.«  99ebeutung  für  bie  beutfd^e  Sitteratur  unb  fein  Sinflu^  auf  bie  Snttoiddung  ber* 
felben  tonnen  l^ier  nur  angebeutet  h}erben ;  h}ä^renb  Jt(ot)ftoct,  äBielanb  unb  ^erber  bon 
ben  (Sebilbeten  taum  me^r  gelefen  unb  immer  me^r  nur  t)on  ben  Sitteratur^ftonton 
ftubiert  h}erben,  bleibt  £.  neben  ©d^iHer  unb  @oet^e  au«  ber  ^a^  ber  gro^  beuifc^ 

40  jtlaffifer  in  ungefd^toäc^tem  Slnfel^en.  @r  banft  ba«  o(^ne  ^<^Q^  ber  äBo^^Ktftiglett  unb 
ÜRannl^aftigteit  feine«  äBefen«  ebenfofe^r,  h}ie  ber  relativen  %folIenbung  feiner  ^ai^tioerk, 
namentlich  feiner  Dramen,    ©eine  größte  ©tärfe  liegt   auf  bem  ©ebiete  ber  ilrUil  unb 

!toar  nid^t  nur  ber  urteilenben,  fonbem  ber  t)orh)ärt«  fülj^renben,  ber  j)robuftit>en,  toie  man 
ie  genannt  l^at.    Sin  ftet«  reger  §orfc^ung«trieb  unb   eine  ungeh}öl[^nlic^e   geiftige  Itraft, 

45  bie  xfyii  fc^on  frü^e  haH^xn  brad^ten,  über  aQe«  felbftftänbi^  beuten  gu  tooQen,  berbunben 
mit  einer  ftaunen«h)erten  S3elefen(^eit  unb  Oele^rfamteit,  liefen  il^n  bie  berfd^iebenen  ®t» 
biete  ber  ^unft  unb  Sitteratur,  namentUd^  ber  t)oettfd^en,  betreten  unb  auf  aDen  ba«  Ser* 
tel[^rte  in  ben  (^errfd^enben  Slic^tungen  ertennen  unb  neue  2Bege  h}eifen  ober  auc^  felb^ 
einfd^lagen.    §ier  ift  fein  größte«  Serbienft  bie  Befreiung  ber  beutfd^en  3)ic^tung  bon  b« 

60  älbl^ngigteit  Don  ben  ^angofen.  ©eine  ^ritit  ift  babei  nid^t  nur  fd^arf,  fonbem  tofa^  in 
ber  $i|e  be«  ©treite«  aud^  mitunter  ungered^t ;  ba«  gilt  nid^t  nur  Don  feinen  ©c^riftcn 
gegen  Sänge  unb  Jtto^,  fonbem  auc^  Don  benen  gegen  (Soege  (ügl.  §.  13,  2,  ©.  LV); 
aber  feine  !D2eiftertoerte  biefer  Wct  feffeln  burd^  i^re  fd^öne  Bpxaift,  i^re  JQor^  unb 
^fd^e  unb  i^re  feine  bialettifc^e  ÜRet^obe  aud^  l^eute  nod^  bann,   tpenn  ber  ®^enfianb 

56  berfelben  felbft  aud^  bebeutung«lo«  geworben. 

^r  bie  älrt,  \ük  er  arbeitete,  ftnb  feine  bramatifd^en  $au))th)erte  ein  merltoütbigel 
93eif))iel;  bie  brei  bebeutenbften,  bie  ÜRig,  bie  3Rinna  unb  bie  Smilie  (benn  ber  9lat$an 
lommt  al«  ^rama  toeniger  in  Setrad^t,  toie  S.  il^n  \a  auä)  nur  ein  bramattfc^  ®e» 
bid^t  nannte),  bebeuten  älbfd^nitte  in  feiner  tritifd^en  @rf orfd^ung  be«  äBefen«  be«  3>rama« 

60  unb  fmb  93eif))iele  gu  ben  k>on  i^m  oor^er  aufgefteUten  Siegeln ;  bon  biefer  ©ette  ftnb  fte 


Sefftng  413 

tDenigßend  ebenfo  bebeutenb,  aü  Don  ber  Seite  i^rer  bid^terifd^en  Jton2et)tton.  SBad  S.$ 
&ptoAt  anlangt,  um  berenttotHen  auc^  feine  ))ro{aif(i^en  Schriften  il^m  ben  Slang  eined 
ftlaffw»^  ftd^em,  fo  1^  man  h>o^(  bed@uten  ju  Diel  get^an,  toenn  man  feinen  @influ^ 
auf  bte  beutfd^e  @<^riftf))rad^e  bem  Sutl^eriS  gleiq^fteHte ;  aber  bebeutenb  unb  bemerlen^ 
tont  bleibt  er  jebenfaQd;  l^at  S.  bod^  aud^  nad^  feinem  eigenen  3^ugnid  auf  feine  @t)rad^  6 
gro|en  ^ei^  ßetDanbt,  toie  er  benn  auc^  bie  (Sefd^id^te  ber  beutfd^en  @t)rad^e  ftubiert  unb 
auf  fie  bejüglul^e  arbeiten  begonnen  l^at.  Unter  ben  ©eftd^t^unlt  Iritifd^er  ^orfd^ungen 
fallen  nun  atu^  feine  tl^otogifc^en  arbeiten.  Über  £.$  (Stellung  jum  Sl^riftentum  unb 
fax  Z^logie  ifl  fe^r  Derfc^ieben  geurteilt  h}orben ;  teiliS  ber  eigene  @tanbt)unlt  beffen, 
ber  urteilt,  teild  ober  aud^  ber  Umftanb,  ba^  £.  felbft  ftd^  Derf^ieben  geäußert  l^at  unb  lo 
mand^  nur  yvjuyaanxökt  nic^t  doy/iarixcog  (bgl.  $.  20,  1,  ®.  736)  fagte  unb  nad^ 
feiner  tritifd^  Sßeife  oft  nur  negative  Urteile  au^ft^rid^t,  toeti  er  feine  $ofition  enttoeber 
nt^t  oudf^N^en  ober  aud^  leine  Sntfc^eibung  treffen  tvoDlte,  l^aben  33ertoirrung  in  biefe 
Srdrterung  gebrod^t.  9lamentlid^  bad  erftere.  diejenigen,  bie  nod^  f)mU  bie  Sieligion 
Q^rifti  ber  c^fUic^en  SReligion  gegenüberfteQen,  eine  Unterfd^eibung,  bie  k.  ($.  17,  @.  248)  15 
bon  9letmanid  annahm,  unb  bie  erftere  feftl[^alten,  bie  le^tere  Dertoerfen  h}oIlen,  ^aben 
o^e  ^roge  ein  Stecht,  fu^  auf  S.  }u  beru  en  unb  i(^n,  namentlich  aud^  bem  Rationalis- 
mus vulgaris  gegenüber,  ald  ben  Vorläufer,  h}enn  nic^t  Segrünber  einer  neuen  Q^t  für 
btc  Z^logie  ju  feiern ;  if|  biefe  fogenannte  Sieligion  S^rifti  bad  h}a^re  S^riftentum,  bann 
ift  S.  getoig  ein  elfter  S^rift  unb  ein  voller  $roteftant  getoefen  unb  f^ai  Sut^erd  2BerI  20 
toeitergefü^  aU  „ber  einjige,  ber  [im  ^a^l^^unbert  ber  älufflörung]  bie  äSemunft  h}irtlid^ 
}u  &ftm  gebracht,  bad  leud^tenbe  SSorbilb  bed  [eckten]  Slationali^mud  für  alle  ^^m'* 
(6<^lu|n)orte  ber  Schrift  bon  jtarl  @d^toara,  £.  atö  ^^eologe,  ^aUe  1854).  {»alten  toir 
aber  an  ber  feit  @d^leiermac^  ber  ebangelifc^en  Atrd^e  tt)iebergeh}onnenen  @rtenntnid  feft, 
ba|  bod  äßefentlid^  im  (S^ftentum  bie  SteQung  }ur  $erfon  bed  ^eilanbed  ift,  fo  ba^  35 
biefer  bo^  Obielt  ber  (^fäid^en  Sleligion  h}irb  unb  nid^t  nur  x^x  Se^rer,  fo  fann  2.^ 
rdtgidfe  fiberjeugung,  tro^  aSer  feiner  Sl^rfurd^t  gegen  bie  $erfon  2|efu,  bie  fein  Däter« 
Jidflk  (Stbtetl  toor  unb  bie  er  unfered  äBiffen^  nie  verleugnet  l^at,  nic^t  gut  eine  c^rifUic^e 
toerben,  mag  man  il^  auc^  gern  mit  gebier  (a.  a.  0.  @.  103)  einen  „d^ftlid^en 
/riflen''  nennen.  S)enn  baft  feine  etbifd^en  Sinfc^ungen,  fein  reger  ^orfd^ungdtrieb  ao 
SBo^^eit,  \a  felbft  feine  religidfen  Überzeugungen  boc^  bem  d^riftlid^en  ^oben  ent- 
nommen, foD  bamit  nic^t  geleugnet  h}erben;  ift  bod^  felbft  ber  „Slati^an''  tro^  ber  be» 
tmtgten  gutüdfteKung  bed  S^riftentumd  gegen  bad  ^ubentum  unb  ben  ^dlam  nur  al^ 
$robutt  einer  urf^niglic^  bom  6l[»riftentum  au^el^enben  ii^ebendauffoffung  benibar,  eine 
Xnerlennung,  bie  freiließ  feinem  ))oetifd^en  2Bert  nid^t  Dorteill^ft  ift.  uRan  h}irb  in  Sejug  86 
auf  bie  $au))tfad^  auc^  nid^t  Don  einer  Derfd^iebenen  Stellung  fi.^  gum  Sbrtftentum  in 
ben  berfd^iebenen  Reiten  feinet  Sebend  reben  lönnen;  toirtlid^e  iE3iberft)rü(9e  in  feinen 
Alterungen,  bie  ft$  aSerbing^  ftnben,  ](|aben  enttoeber  il^ren  ®runb  in  feiner  ))olemifd^en 
Sterbe,  bon  ber  fdfon  bie  Siebe  toar,  ober  in  bem  Unfertigen  feiner  Stellung,  bad  i^m 
ja  anbtrerfeitd  )um  Slul^e  gereid^t;  feitbem  er  angefangen,  ftd^  über  d^riftlid^e  unb  t^eo«  40 
bgtfc^  fragen  )u  äußern,  finb  getoiffe  (Srunbgüge  feiner  Überzeugung  Dor^anben  unb  bie 
Snttmddfung  berfelben  ift  eine  ftetigc,  h}enn  ed  aud^  gu  bebauem  bleibt,  ba^  fie  in  ben 
Icf^en  S^^ren  feinet  Sebend  in  ber  ^i^e  be$  5tam))fe^,  in  ben  i^n  bie  ^erau^abe  ber 
gnigmente  brad^te,  eine  immer  einfeitigere  h}arb.  Slur  bad  h}irb  ntgugeben  fein,  ba^  S. 
in  ber  Srt,  toie  er  feine  3lnftc(^ten  äußert,  nad)  bem  2:obe  feinet  SJaterd  h}eniger  gurüct^  45 
l^enb  erfc^eint,  aü  ju  beffen  Sebgeiten,  toa^  burd(i  feine  ^tetät  gegen  benfelben  DöQig 
erKMii^  totrb.  93on  jtoei  entgegengef^ten  Seiten  l^at  man  geglaubt,  eine  böQige  Um« 
toonblitng  ber  Überzeugungen  Sef^gd  in  feiner  legten  Seben^jeit  annel^men  ju  muffen; 
SnAricb  ^tvmdf  ^acobi  Deröffentlid^te  ein  @eft)räd^,  bad  er  am  6.  unb  7.  ^uli  1780  ju 
aBolfenbüttel  mit  S.  I^te,  um  na^jutoeifen,  bag  S.  fd^Ue^lid^  beim  entfd^iebenen  Spino-  60 
}itouiS  ongeZommen  fei;  anbere,  toie  S3. 3Badtemagel  unb  @tirm(Dgl.i@ebIera.  a.  0.  ®.  1) 
toorcn  ber  Slnfu^t,  ba^  S.  in  ber  ©rgie^ung  bed  Wenfd^engefd^Iec^ted  einen  bebeutenben 
Schritt  Dom  3laÜ^n  aud  bortoörtd  )u  einer  bem  Sl^riftentum  freunblid^eren  älnfd^auung 
gct^  ^abe.  Sd^on  ba^  biefe  beiben  Slnjid^ten  einanber  Döllig  toibed^red^cn,  h}irb  gegen 
pe  mt|trauif(^  mad^.  fi.  f^ai  toeber  in  ber  X^eologie  noc^  in  ber  ißl^^ilofo^l^ie  ein  an^^  66 
gebtibcted  Softem  gehabt;   nod^  toeniger  aber  ^at  er  bad  Softem   eined  anberen  ftd^  an- 

iieetgnet;  einerfeitd  f diente  er  ftd^  ju  fe^r,  mit  feinen  ^orfd^ungen  abgufd^Iie^en,  anberer« 
eitt  tiKir  er  )u  felbftftänbig  unb  fritifc^.  ^acobi^  93eric^t  mag  innerhalb  ber  Don  i^m 
felbß  angegebenen  ©rengen  rid^tig  fein,  unb  bod^  toar  £.  !ein  @))ino2ift;  £.  ^at  einen 
fibertDcItltc^en  (Bott,   bem  er  S9etou|tfein  beilegt  unb   ber  mit  ä3etougtfein  l^anbelt  (über  eo 


414  Sefftng  Sefftttd 

^acobtö  Urteil  Dg(.  9lttter  a.  a.  D.),  unb  leugnet  bie  3$orfel^ung  (Sotted  nt(^t.  (Sin 
^iberf))rucl^  gtoifd^en  92atl[^an  unb  ber  @rjiel[^ung  be^  ^enfd^engefd^Iec^td  tft  aber  {c^on 
bedl^aU)  nid^t  amunel^men,  h}eil  ber  92at^an  }eitUd^  gh}tfd^en  bie  beiben  ^eile  ber  Srjte^^ 
bed  ^Dtenfci^engefcpled^ted  fäQt ;  bag  im  9{at^an  bem  6l;riftentum  nid^t  feine  SteDuna  über 

6  bem  ^ubentum  unb  ^dlam  gegeben  h}irb,  ^at  in  ber  ^enbenj  bed  (Sebid^ted  feinen  Srunb, 
bad  eben  ben  6l[^riften  eine  fie  befd^ämenbe  Se^re  geben  foQte;  bag£.tro^bem  bemS^riften» 
tum  unter  ben  geoffenbarten  Sieligionen  bie  erftc  ©teile  gutoie«,  betoeifen,  faßd  bad  übei* 
l^upt  nod^  erft  gu  betoeifen  toäre,  gal^Ireid^e  ätu^erungen.  Slber  in  ben  geoffenbarten 
Sieligionen  ftel[^t  er  nur  Srjiel^ungdftufen,  auf  benen  h}ir  gur  redeten  @rforfd^ung  ber  ä3er< 

10  nunfttoa^rl^etten,  ber  28al[^rl^eiten  ber  natürlichen  Sleligion,  angeleitet  toerben  foUten.  2)ie 
Offenbarung  giebt  bem  SRenfc^en  nid^td,  toorauf  bie  menfc(^lic^e  9}emunft  nic^t  ouc^  tommen 
toürbe,  aber  fte  giebt  e^  i^m  frülf^er.  Stuf  bad  ^ubentum  unb  ba«  ß^ftentum  (ber  ^jjiüam 
tritt  in  ber  @rgie^ung  be^  Sflenfc^engefd^Iec^t^  gang  gurüdt),  ertoartet  S.  nod^  eine  britte 
Dffenbarungdftufe;   bie  ^^t  eine^  neuen  etoigen  @bangcliumi^,  bie  ^Ät  ber  SoDenbung, 

16  ba  ber  SWenfd^  baö  Oute  t^un  toirb,  toeil  e«  bad®ute  ift (ßrgie^ung  §  3 f.  85 f.;  $.  18, 
@.  199  unb  216);  unb  er  h}agt  bie  ^^))ot^efe,  ba^  ieber  an  biefer  SSoUenbung  tDO^ 
auf  bem  SBege  einer  ©eelentoanberung  älnteil  nel^^men  tonnte  (ebenba  §  94  ff. ;  ©.  218). 
^ad  finb  bie  ©ebanfen,  in  benen  er  fein  (Slaubendbefenntnid  gule|t  auefpric^t;  eine  ^tn^ 
lel^r  ober  dlüdki^x  gum  c^riftlid^en  ©lauben  h}erben  h}ir  in  il^nm  nic^t  fmben ;  aber  oui^ 

20  nid^t  bie  Se^re  bed  ©t^inoga.  ©oll  ber  $l^i(ofot)l[^  genannt  toerben,  ber  auf  i^n  ben  grö^ 
Sinflu^  gehabt  l^at,  fo  ift  Seibnt^  gu  nennen.  3^  ^^  tl[^eologifd^en  Slid^tungen  fetner 
3eit  berl[^ielt  er  ftd^  burd^aud  abtoe^^renb ;  über  bie  ^lac^^eit  unb  gtbolität  ber  auf« 
geflärten  unb  l^albaufgeflärten  Xf^tolo^m,  bie  ftd^  mit  einer  lieblid^en  Duinteffeng  aud  bem 
@(^riftentume  begnügen  (^.  9,  ©.  182),  \)at  er  mel^rfac^  ftd^  ungh}eibeutig  au^ef))ro(^; 

26  aber  aud^  bie  ortl^^obo^en  X^eologen  h}aren  nac^  feiner  3Reinung  nic^t  bie  ä^ertreter  bed 
toal^ren  S^riftentumd.  Sßenn  £.  auc^  bie  Jtonfequeng  bed  ürc^lid^en  Se^rgebmibed  am 
erfannte  unb  ein  getoiffed  Siedet,  an  il^m  feftgul[^alten,  bi^  beffered  gefunben  fpi,  gugab,  fo 
fül[^lte  er  fic^  bod^  bon  toefentlid^ien  Selben  bedfelben  abgefto^en.  ©ein  Stampf  gegen 
®oege  führte  i^n  bann  bagu,   ben  äJertretem  ber  tird^lid^en  Se^e  faft  aSc  futlicbe  m> 

80  rec^ttgung  abguft)red^en,  \oa^  feiner  untoürbig  unb  f))egiell  ©oege  gegenüber  ungerecht  \xm 
(pal  8b  VI  ©.  760, 64  ff.).  2) er  ©treit  f elbft  lonnte  jeboc^,  auc^^  toenn  er  anber«  ge» 
fü^rt  toäre,  gu  {einem  befriebigenben  @nbe  fül[^ren,  h}eil  einerfeitd  ®oege  barin  toie  2.  ein 
Äinb  feiner  3^^  toar,  ba^  er  bie  9öal;rl;eit,  bie  er  berteibigte,  rein  erlenntniÄmäfeig  bor* 
fteQen  tooUte,   toai  nun  einmal  bei  ber  c^riftlid^en  ääal^rl^eit  nid^t  möglich  ift,  unb   an* 

36  bererfeit^  £.  auf  feinem  ©tanb>)unfte  für  bie  ijjegififd^  c^ftlid^en  SBaJ^r^eiten  lein  SJer= 
ftänbni^  ^atte;  bie  ^griffe  ©ünbe  unb  @rlofung  finb  für  fein  Genien  atö  i^n  ))erf5nlif( 
angel^enbe  nic^t  t)orl[^anben,  unb  barum  ift  auc^  für  i^n  eine  übernatürliche  Offenbarung 
toertlod.  3)a^  aber  2.  burc^  feinen  ©treit  mit  ®oege,  unb  gh}ar  md)x  burc^  bie  Srt, 
toie  er  i^n  fül^rtc,  aU  burd^  bie  bon  i^m  berteibigten  ©ö^e,  ber  3Dlenge  ber  bem  Sanftem 

40  tum  falt  ober  feinblid^  gegenüberftel^enben  bie  3)leinung  beibrad^te,  für  jeben  ©ebilbeten 
fei  ed  fortan  au^emad^t,  ba^  bie  ©ad^e  bed  d^riftlid^en  (Staubend  unhaltbar  fei,  ift  eine 
golge  bedfelben,  bie  leiber  nod^  immer  nac^toirft.  C«rt  fbtttfit§M, 

fieffittö,  Seon^^arb,  geft.  1623,  berühmter  icfuitifd^er  Ideologe.  —  Ucber  iönftc^e 
^urtcr,  Nomenciator  I,  245 ff. ;  JJelbmann  im  kid  VII,  lö44ff.;  8(t)neemann,  Sntftc^ung  u. 
45  ^ntroicfclung  ber  tt)omiftl((ö=nioIiniftiic6en  Äontroücrfe,  greiburg  t.  33.  187H/80;  ©(^neemami, 
Controversiarum  de  divina  gratia  liberique  arbitrii  concordia,  Friburg.  Brisg.  1881 ;  SinfeU' 
mann,  3}2id)acl  ©Qju§.  Üübingen  1867,  8.  69 ff.;  i^altenborn,  S)ic  Vorläufer  be«  ^ugo 
(S)rottud  auf  bem  (ä)ebiet  be§  ius  naturae  et  gentium,  Ü^eipgig  1848,  @.  142  ff. 

1.  fieon^arb  Seffiu«  (Se^d)  tourbe  am  1.  Dftober  1554  gu  ©rechten  bei  9ntb>er))en 
60  geboren.  @r  ftubterte  in  Sömen  unb  tourbe  l^ier,  faum  17  ^al^^r  alt,  S)oftor  ber  $^ilo* 
fopl^^ie.  ^m  ^a\)xt  1572  trat  er  in  ben  S^fuitenorben  ein  unb  tourbe  bom  Orben  aU 
iProfeffor  ber  ^^J^ilofojjl^ie  nad^  2)ouaV  gefanbt.  $ier  bogierte  er  7  ^af^xt,  1574—1581. 
^ann  toibmete  er  ftc^  4  ^a^re  in  9lom  unter  ^rang  ©uareg  Seitung  bem  t^logt^^ 
©tubium  (1581—1585).  ^m  ^a^re  1585  übernahm  er  eine  t^eologifc(^e  ^rofeffur  am 
66  SefuitenfoUegium  gu  Sötoen.  3)ie^  amt  beflcibetc  er  bi^  gu  feinem  lobe.,  ^m  ^oift 
1587  griff  bie  t^cologifc^e  ^^fultöt  gu  Sötoen  fotool^l  Seffiu^  ate  feinen  ©enoffen  ^nnel 
an,  inbem  fie  34  au^  ben  Sorlefungen  beiber  SKänner  gegogene  ©öfte  cenfurierte.  ®abei 
l^anbelte  ^  ftd^  auger  um  bie  Snf))irationglel^re  t?or  aQem  um  bie  Seigren  bon  ber®nabe 


Sefftttd  415 

unb  g^rei^eU.  Sefftud  Derteibigte  ftd^  in  ben  Sex  antitheses  {otoie  in  ber  Responsio 
ad  Antapologiam  (abgcbrurft  bei  ©d^neentann,  Controversiarum  etc.  p.  371  ff.).  ®er 
p6!pfü\d^  ÜbuUiud  t)erfu(^te  in  Söh}en  f^eben  ^u  ftiften  unb  fanbte  ben  Sd^riftentoec^fel 
}li)tf(^  ber  f$(duUöt  unb  ben  beiben  ^efuiten  nadf  9{om.  Sefftud  ftarb  am  15.  Januar 
1623  )u  £dh>en.  6 

2.  2eHuiÄ  toor  ein  getoanbter  unb  frud^tbarer  t^eologifd^er  ©c^riftfteller,  ber  pc^  be« 
fonber^  auf  ben  ©ebieten  ber  3)oamattI;  ber  @tl^il  unb  ber  $oIemtI  betoegte.  Obgleid^ 
1567  76  auguftinifd^e  ©ä|e  bc«  Sötoener  ^Profejfor«  Tl.  Saju^  üerbammt  toorben  toaren 
Q.  ben  a.  »aju«  95b  II,  364.  367),  öertrat  bie  %aMtäi  ju  Sötoen  aud^  nod^  ft)äter  bie 
ougufltntfd^  Onabenle^.  Segen  biefe  Seigre  toanbte  fic^  ber  3«fuitenorben  (9KoKna  f.  lo 
bm  9L),  in  Sötoen  bie  beiben  ^rofefforen  ^amel  unb  £effiu^.  Sie  äUIetntpirtfamteit  ber 
@nab€  toirb  in  9[brebe  gefteOt.  2Benn  bie  ^enfd^en  getl^an  ^aben  quod  in  ipsis  est, 
fo  Ivtrb  (Sott  fte  erleuchten  unb  belel^ren.  @d  ift  eine  insania  haereticorum  ju  be^aut)ten : 
per  peccatum  amissum  liberum  arbitrium  (@afe  22  ber  Don  ber  ^alultät  cenfurierten 
23Sfefen).  S)ie  ®nabe  befäl^^igt  gloar  bie  ©eele  )um  Übematürtid^en,  aber  nid^t  fte  h}irtt  bie  i6 
Sntfc^ung,  fonbem  ber  9QiIle  DoQae^t  fte.  3)ie  ©nabe  unb  ber  SQiiQe  \oxmn  alfo  ju- 
fammen  pan  ®uten.  @d  Rubelt  ftdgi  Dor  aSem  um  ^tl^altung  ber  menfd^Iic^en  ^eil^eit. 
Sententia  quae  didt  eos  qui  salvantur  non  efficaciter  electos  ad  gloriam  ante 
praevisionem  bonorum  operum  vel  applicationis  meriti  contra  peccatum  videtur 
maxime  probabilis  (@a$  23).  Seffiud  formuliert  ben  ©egenfa^  fotgenberma^en:  Itaque  20 
principalis  controversia  est  constituta  in  hac  antithesi:  illi  affirmant  ad  con- 
Tersionem  peccatoris,  ad  omne  opus  bonum,  imo  ad  omnem  actionem  voluntatis 
requiri  motionem  dei  praeviam  qua  liberum  arbitrium  praedeterminatur  ad  con- 
sensum ;  qua  motiohe  posita  non  potest  dissentire.  Nos  dicimus,  talem  motionem 
nee  ad  conversionem  nee  ad  opus  bonum  et  multo  minus  opus  non  bonum  re-  25 
quirl;  nee  facile  posse  intelligi,  qua  ratione  non  evertat  libertatem  (degratia 
efficaci  c  2,  12,  in  ben  Opuscula  p.  273).  Ser  ^efuiti^mud  Dertrat  anä)  \)m,  h}ie 
fo  oft,  \xi&  „Vernünftige"  gegenüber  ber  älteren  religiöfen  Irabition ;  bie  Äunft  beftanb 
nur  bortn,  bie  Irabition  nad^  ber  eigenen  Stuffaffung  gu  beuten.  —  9Jod^  ein  Weiterer 
®egenfa^  ift  bon  grö|tem  ^ntereffe.  @d  ^anbelte  ftd^  um  bie  ^agen  nad^  jtanonicitöt  ao 
unb  3'*R)iration  ber  ^ibel.  35rei  ©ä|e  Don  Seffui^  —  bie  gafultät  üerloarf  fte  —  jeigen 
feinen  @tanb))unlt:  1.  Ut  aliquid  sit  scriptura  sacra,  non  est  necessarium,  sin- 
gula  eius  verba  inspirata  esse  a  spiritu  sancto.  2.  Non  est  necessarium,  ut 
singolae  veritates  et  sententiae  sint  immediate  a  spiritu  sancto  ipsi  scriptori 
inspiratae.  3.  über  aliquis  (qualis  forte  est  secundus  Machabaeorum)  humana  86 
industria  sine  assistentia  Spiritus  sancti  scriptus,  si  spiritu  sancto  postea 
testetur  ibi  nihil  esse  falsum,  efücitur  scriptura  sacra.  Semnad^  f}at  Sefftud 
nid^  nur  bie  93erbalinft)iration  fonbem  bie  Snf))riration  überl[^au))t  aufgegeben,  bie  ^ano^ 
nicitot  ber  Sucher  aber  ftatt  auf  fte,  auf  bad  nad^folgenbe  3^9"^^  ^^  (Seiftet  begrünbet. 
Sr  ^t  biefe  ©äJ^e  felbft  freilid^  ft)äter  ein^ufc^ränten  unb  umjubeuten  Derfuc^t,  aber  bie  40 
lot^lifd^  ©d^ftfteKer  geben  fte,  t)om  ©tanb))untt  i^rer  ^trd^enle^re  aud  mit  Siedet,  pxÄ^ 
(togl.  5tteutgen  in  Schneemann,  Controversiarum  etc.,  p.  465 ff.;  ®aufd^,  SJieSd^rift^ 
>iration,  ©.  146  ff.).  —  ©0  frei  fieffiu«  in  ber  3"fi>iwtiongfraae  ftanb,  fo  fd^roff  ab* 
lenb  t>er^ielt  er  ftc^  ju  cum  au^er!atl^olifd^en  9iid^tungen  unb  Atrien.  3)ad  ^eigt  in^« 
bcfimbere  bie  intereffante  ©c^rift:  quae  fides  et  religio  sit  capessenda  consultatio  46 
(m  ben  Opuscula).  $ier  toirb  bie  tati^olifc^e  ^irc^e  aUjeitig  atö  bie  toa^re  erh}tefen  unb 
ed  toerben  bie  übrigen  Äonfefjtoncn  eingc^enb  toiberlegt.  Stupendum  esse  errorem 
quomndam  plebeiorum  existimantium  satis  esse  ad  salutem,  si  credas  in 
Christum  et  ipsum  mortuum  esse  pro  peccatis  nostris,  quamvis  multa  alia 
▼.  g.  quae  ad  sacramenta,  ad  sacrificium  ecclesiae  et  similia  fidei  capita  per-  oo 
tinent  non  credas.  Sic  enim  omnes  paene  sectae  hereticorum  salvarentur,  omnes 
enim  retinent  Christum,  beif))teldtoetfe  toerben  bann  genannt :  üßontaniften,  92ot)attaner, 
S>imatiftai,  äbioner,  @ut^(^taner,  3)tonotl^eIeten  et  similes  ecclesiae  pestes  (Opuscula 
p.  709).  ^ätte  Sutl^er  mit  ber  «eugnung  aDe«  SSerbienfte«  SRed^t,  fo  bättc  S^riftu«, 
tto^  oO  femer  älnftrengungen,  nur  eine  „fterile  Sleligion''  }u  ftanbe  gebrad^t.  Sluc^  fel^It  66 
C0  htm  ^rotefkmtidmud  an  einer  fidleren  regula  fidei. 

Semen  ^au))tru^m  erloarb  fid^  Sefftud  aber  burd^  fein  gro^e^  etl^ifc^e^  SBerl  de  iure 
et  iustitla  etc.  ^n  bem  ©d^ema  ber  Dier  Jtarbinaltugenben  tommen  in  biefem  2äert 
(dk  gfcogen  ber  @t|il,  ber  SSoIfötoirtfd^aft,  bed  3latnxx^t^  2c.  jur  ^arfteQung.  SDtefe  ^ält 
ft(^  in  ben  belannten  ©eleifen  ber  icfuitif(^en  ÜJloral.    3R\t  ))fvd^oIogifd^em  :nafftnement  er 


416  Stfffat»  Seitdbeit 

tDtrb  burc^  Jlafutfttl  unb  iRatunecl^t  bte  SRoroI  für  bte  9Selttmba:  ^ötKiriert.   S>ad  3iatm 
rec^t  ^at  oe^errfd^enbe  Sebeutung  für  btefe  @t^tl. 

3.  3um  ©ö^lni  ein  äSerjeic^ntö  ber  Schriften  bed  Sefftud  (©enouered  bei  gurtet  unb 
^elbmaitn):  De  iure  et  iustitia  ceterisque  virtutibus   cardinalibus  U.  4,    Lovan. 

5  1605.  —  Defensio  potestatis  summi  pontiücis,  Gaesaraug.  1611.  —  Discussio 
decreti  magni  consilii  Lateranensis  et  (fuarundam  rationum  annexamm  de 
potestate  ecclesiae  in  temporalibus,  Albini  1613.  —  Hygiasticon  sen  de  vera 
ratione  valetudinis  bonae  et  vitae  una  cum  sensuum  iudicii  et  memoriae  in- 
tegritate  ad  extremam  senectutem  conservandae,  Antverp.  1613. ©efammett 

10  in  ben  Opuscuia  quibus  pleraque  sacrae  theoiogiae  mysteria  ezplicantur  et 
vitae  recte  iustituendae  praecepta  traduntur  (Antverp.  1623fol.)  ftnb  folgenbc 
).  %.  }iemli(^  umfängliche  Slrbeiten:  De  perfectionibus  moribusque  divinis.  —  De 
gratia  efücaci,  decretis  divinis,  libero  arbitrio  et  praescientia  divina  oondido- 
nata  (neue  äluigoben  ^eiburg  i.  93.  1861,  $arid  1881).  — -  De  praedestinatione  et 

15  reprobatione  angelorum  et  hominum  (neu  ebiett  ^rid  1878).  —  De  praedesti- 
natione Christi.  —  De  summo  bono  et  aetema  beatitudine  hominis  U.  4  (neue 
älu^obe  ^eiburg  i.  93.  1869).  —  De  Providentia  numinis  et  animi  immortalitate 
(neue  9lu^.  $arid  1880).  —  Quae  fides  et  religio  sit  capessenda  consultatio.  —  De 
Antichristo  et  eins  praecursoribus.    —    I^  vitae  statu  diligendo  et  religioniB 

ao  ingressu.  —  De  bono  statu  eorum  qui  vovent  et  colunt  castitatem  in  secolo. 

3la6)  feinem  3;obe  erfd^ienen  noc^:  De  quinquaginta  nominibus  dei,  Bruzell. 

1640  (au(^  ^reiburg  i.  93.  1862).    — -    Praelectipnes   de  beatitudine,    de  actibus 
humanis,  de  incamatione,  de  sacramentis,  de  censuris,  Lovan.  1645. 

93on  ben  äBerfen  bed  Seffut^  urteilte  ^uftud  Si))futd  in  einem  feinem  ©ebäc^tnid  ge^ 

25  toibmeten  ©ebic^t : 

Philosophus  esse  qui  voles,  lege  hos  libros, 
Theologus  esse  qui  voles,  lege  hos  libros. 

tt.  @celer|. 

SefKned^  S^nobe  n.  f.  Liftinae. 

80         Sctttttr  f.  Äirc^enbau  S3b  X  ©.  788,4iff. 

Se^te  2)tttge  f.  (Sdc^atologie  9b  V  @.  490 ff. 

fiepte  DInttg  f.  £)lung. 

fiend^ter,  ber  fiebenarmtge  f.  Xem^elgeräte. 

fiend^ter,  fttni^engerSte  f.  Siebter  im  ©ottedbienft. 

85         genciit»  f.  S3b  I  ©.  664, 24  ff. 

Sendben,  ^ol^anneg,  geb.  1624;  gefi  1699.  --  C.  Burmannus,  Trajectum  eni- 
ditum  virorum  doctrina  iDluetrium.  Traj.  ad  Rh.  1738  p.  185 sq.;  Jod.  Heringa  EELy 
Oratio  de  auditorio  Academiae  Rheno-Trajectioae  etc.  Traj.  ad'Bh  1826  p.  1378q.; 
B.  Glaaius,  Godgeleerd  Nederland,  3  dln.  s'  Hertogenboech  1851—56,  II,  365—367; 
40  Chr.  Sepp,  Het  Godgeleerd  ODderwijs  in  Nederland  gäurende  de  16«  an  17«  eenw.  2  dln. 
Leiden  1873,  74,  II,  172—174. 

^ol^anned  Seu^ben  tnurbe  am  26.  9l))ril  1624  ju  Utrecht  geboren.   ä(n  ber  bortigen 

Unit)erfität  ftubierte  er  $^iIofo})^ie  unb  2;^eoIogie.    %or  aQem  )og  i^  bod  Stubium  ber 

orientalifc^en  Bpxai^tn  an.    Stac^bem  er  im  ^al^re  1647  Magister  artium   unb   1649 

45  Proponent  getoorben  toar,  ging  er  nac^  Stmfterbam,  um  bort  burc^  ben  äkrle^  mit  ben 

^uben  noc^  mel^  mit  i^rer  @|)rac^e  unb  i^ren  ©ebräuc^en  betonnt  m  toerben,  toä^renb 

er  )ugleid^  ©elegen^eit  ^otte,  fic^  mit  bem  Xa(mub  unb  ber  robbinifc^  Sitterotur  M> 

trauter  )u  machen,    ^m  ^oi^re  1650  tourbe  i^m  bie  au^erorbentlic^e  ^rofeffur  in  ben 

.  orientalifc^en  Qpxa6)m  }u  Utrecht  übertragen,  unb  1653  tourbe  er,   ald  i^m  eine  $fanp> 

60  fteKe  in  @Iui^  angeboten  tourbe,   jum  Orbinariu^  beförbert.    Sid  ju  feinem  XoH  a» 

30.  @e))tember  1699,  toirtte  er  aU  $rofef(or  linguae  sanctae.  9lud  feiner  df^  mit  6& 

fabet^  ban  ber  9^t>oort  gingen  t)iele  ^inber   ^ert)or,  t)on  benen  9lubol))^ud  \p&tfx  ^M* 

feffor  ber  SJtebijin  in  Utre^t  unb  SSiili^elmud  Sürgermeifter  bafelbft  tourben,  lo&^cenb 

^acobud  in  frühem  Stlter  atö  $faner  in  be  ^Jteem  ftarb. 


SettiSbeit  Sctfi,  2t»iitu,  Soittettftäbte  417 

SeuÄcn  gel^örte  in  feiner  Qtxt  ju  ben  bebeutenbjlen  5Wännem  auf  feinem  ®e6iet 
Bor  aOem  old  alobemifc^er  Seigrer  tourbe  er  ^od^f  geachtet,  befonberd  aud^  bon  ben  aud- 
finbiff^  @tubenten,  bie  nac^  Utred^t  lamen,  um  i^n  ju  l^ören.  @e]^  ge))riefen  tDurbe 
eine  „singularis  in  istis  philoio^ae  sacraeprincipiis  docendadexteritas''  (Vriemoet^ 
ith.  Fris.  p.  526).  @eine  „Körte  Hebreusche  en  Ghaideusche  taalkonsf'  (Utr.  1686)  6 
wirbe  ind  engßfcle,  gfranjöfifc^e  imb  3!)eutfd(fe  überfe^t.  ©eine  „Clavis  Hebraica  V.  T." 
[Lngd.  Bat.  1673)  toar  ebenfo  toie  feine  „Clavis  Graeca  N.  T."  (Lugd.  B.  1672) 
mt  taxiere  pons  asinorum.  9luf  bem  ®ebiet  ber  (Einleitung  liegt  fein  „Philologus 
Elebraeus"  (Traj.  1652  ed.  5.  1696)  unb  fein  „Philolog^s  Hebraeo-mixtus  (Traj. 
1663  ed.  4  Safel  1739).  ^ni  (Sebiet  ber  (Sjegefe  gehören  fein  „Jonas  illustratus  etc."  lo 
Traj.  1656  et  1692),  fein  „Joel  explicatus . . .  Adjunctus  Obadja  illustratus"  (Traj. 
1657),  fein  „Psalterium  Hebraeum"  (Amst.  1666)  unb  anbere  Schriften.  Senden 
)at  fe^r  t)ie(  gefd^eben  (f.  ®lafiu^  a.  a.  O.),  ober  bei  meitem  bod  meifte,  n)enn  nic^t 
dled  fyd  bur^  ben  ^ortfc^ritt  ber  Sßiffenfc^aft  feinen  3Bert  t)er(oren.  ^eboc^  ^at  er  fid(f 
^  Derbient  gemacht  burc^  feine  ätu^abe  bed  31%  bie  er  jufammen  mit  bem  Slmfter^  ifi 
xmtt  Sflobbiner  unb  SSuc^bruder  ^ofe))!^  ält^iad  beforgte.  ©omo^I  bie  erfte  (älmjt.  1660) 
me  bte  jtoeite  9lu£|gabe  (9[mft.  1667)  tourben  „fe^r  gefd(fä^t  megen  ibrer  üonelt^eit  unb 
Hx  @^dn^eit  bed  2)ru(ted''.  ^fyc  Seit  liegt  ben  meiften  fpäteren  9(u^aben  (Slobiu^, 
^tondli,  t>.  b.  ^oog^t,  DpHi,  3!H\d^^ltö,  Simonis,  $a^n  u.  a.)  birett  ober  inbirelt  )u 
Sntnbe.  —  Seine  älu^abe  bed  Novum  Testamentum  Graecum  (Traj.  1675,  unb  20 
pöiBfx  t)erfd(fiebene  3RaIe  neu  gebrud^)  nxxr  menig  me^r  ol^  ba$  3Rit^elfen  an  einer  Suc^^ 
j|dnblerf)»mtIation  unb  l^otte  nic^t  ben  geringften  miffenfc^aftßd^en  2Bert. 

®.  ^.  oait  Seen. 

£OieOerd*  —  »gl.  «Bcingorten,  a)ie  3flcüolutlon8lircl)en  (Snölanb«,  1868. 

5)ie  Sebeller«,  b.  i.  Slabifale,  toaren  eine  fanatifdbe  })olitif(^^eligiöfe  Slic^tung,  bie  26 
jU^  in  6romn)elId  ätrmee  jur  3^i^  ^^  3^i^fM^  )n)ifc9en  ben  3nbe))enbenten  unb  bem 
langen  Parlament  (1647)  bilbete  unb  t)olltommenfte  büraertid^e  unb  religiöf e  fjfrei^eit  Der^ 
ionate.  Sie  tourben  nic^t  blo^  t)on  bem  Jlönig  at^  ipoc^Derräter  bejeic^net,  fonbem  bolb 
nup  toon  SromtoeQ  al$  ©taat^efö^rlic^e  verfolgt.  @iner  ber  irrigen  fd(filbert  in  bem 
S(^ft(^en :  „The  Leveller  or  the  Principles  and  Maximes  concerning  Gouvern-  w 
ment  and  Religion  of  those  commonly  called  Levellers,  Lond.  1658,  i^reSrunb- 
[ä(e  f olgenberm^en :  ^m  5ßolitif(^en  tooUen  jte  1.  bie  unjjarteiifd^e  fouüeräne  ß^c^öft 
bed  (Sefe^ed,  2.  bie  gefe^ebenbe  ®en)alt  bed  ^arlamentd,  3.  bie  t>oll!ommene  Sleid^^eit 
aDer  toor  bem  ®efe^e  unb  4.  bie  SSolt^bemaffnung,  bamit  bad  äSolt  bie  älc^tung  t)or  bem 
9cfe|e  eritDingen  unb  feine  t^ei^eiten  t)erteibigen  tonne,  ^m  Sleligiöfen  verlangen  fie86 
1.  tootte  ®eh)iffendfrei^eit,  ba  bie  toa^re  ^Religion  auf  innerer  3wftinimung  ju  ber  ge* 
offenbarten  Sieligion  beruhe,  2.  bafe  jeber  na^  feiner  beften  ®rfenntni^  —  felbft  toenn 
btife  t)crle^  fei,  Rubeln  folle.  9luf  bie  (Srfenntni^  unb  ba^  ©etoiffen  f)aht  bie  Slegie« 
nmg  burc^  angefteDte  ^rebiger  einjumirfen.  3.  2)ie  Steligion  ^abe  jmei  Seiten,  bie  eine 
[et  bod  rechte  ^Berftänbnig  ber  Offenbarung  unb  bie«  fei  gang  ^riöotfac^e,  benn  jjeber  ftei^e  40 
mb  faOe  feinem  $erm;  bie  anbere  begieße  ftd^  auf  bie  3Ber!e  ber  ©erec^tigleit  unb 
Itarmbergigleit,  unb  biefe  Seite  falle  ber  ^Beurteilung  ber  ^enfcben  unb  befonber«  ber 
OMgleit  anlernt ;  4.  n)irb  aller  Streit  über  ©lauben  unb  Rultu^form  Derbammt,  ba  nac^ 
ben  t>erfc^iebenen  (graben  ber  Erleuchtung  burc^  ben  ®eift  ®otte«  aud^  ba«  ^ugere  Der« 
\diiAm  fein  möffe.  45 

2>ie  Sette  t^erfc^ioinbet  mit  t)ielen  anberen  gur  3^^  t>^  Sieftauration. 

2t»Xf  itbxtin,  SeHitetijläbte.  —  3S.9Satfe,  3)ic  3fleUgion  be«  eilten  2:cft.a,  33erlinl835, 
[,  6.343ff.;  »a^r,  @^mboUl  bed  mofalfd)cn Äuitu«  U,  1839,  @.3ff.;  e.Slic^m,  3)le  ®cfcj. 

ßing  ^0)1«  im  fianbe  ^oab  1854,  @.  31  ff.;  3.  3.  Stä^elin,  ^erfu^  einer  (^e{d)id)te  ber  60 
Wltniffe  be»  Stamme»  ficüi  3bm®  IX,  1855.  @.  708  ff.;  $).  (gioalb,  Altertümer  beä 
Bolfe«  3«rael,  3.  «.  1866,  @.  345  ff. ;  J.  Orth,  La  tribu  de  L^vi  in  Nouvelle  Revue  de 
Ehffologie  m,  1859,  S.  384 ff.;  ®raf  in  ^JWerj  ^^(rdiio  I,  68  ff.;  208  ff.  unb  in  ©cfienfcU 
Bibellqr.  «.  ßeoi;  Äucncn.  Godsdienst  van  Israel,  1869.  70.  II,  104  ff.;  %.  Äöt)Ier.  ficftvb. 
^  bibl.  ®ef(b.  bc«  a.  %.  1875—93;  S.  J.  Curtiss,  The  levitical  priests,  1877;  bcrfelbc,  66 
De  AATODitici  sacerdotii  atque  thorae  cloh.  origine  1878;  3-  ^eUt)aufen,  äef4id)te  ^^i^acU, 
i,  1878,  Ol«  ^rolcgomcna  jur  ÖJefcf).  3«r.  me^rfac^  neu  ^craudgegeben ;  3).  ©offmann  im 
Olagoain  ffir  iSiffenf^aft  bed  SubentumS  1879,  8.  209  ff.;  gfrana  ^e(i^fd),  $entateucl)fritif4e 
Studien  in  gnSS  1880;  8.  ^a^baum,  ^ic  Q^nimicfelung  bed  a(iidraeUtif(^en  $rieftertumd, 
«Hl  •■ctpCotWc  fir  Z^tofllc  imb  ftictbe.    8.  S.  XI.  27 


418  Sent,  Senttett,  Senitettfiabte 

1880;  ©rebcnfam^),  Ocfc^  unb  ^ropftctcn,  (Srlangcn  1881;  mittel,  ^\t  ncucftc  ^nbiing  her 
pcntQtcuc^.  grage  in  J^col.  @tubicn  au«  Württemberg  11  u.  III,  1881.  82 ;  91-  ©menb,  3)ic 
fiiftcn  bcr  ©üc^er  ©Sra  unb  Sfltf^tmia,  Unlü.=«ßroar.  SBa|eI  1881 ;  @.  Äönig,  Offenbarung^* 
begriff  II,  1882,  @.  321  ff.;  33.  ©tabe,  ©efcft.  beS  S.  gSrael,  bcf.  I  (1887)  @.  152  ff.;  468«.; 

5  Mittel,  ®efc^.  ber  Hebräer,  bef.  I  (1888)  @.  106  ff. ;  2B.  SB.  ©oubifftn,  a)le  ®cf(^l(6le  be* 
altteftamentU^en  ^rieftcrtumS,  fieipjig  1889;  (£.  Äaubfc^  in  XftStft  1890,  @.  767  ff.  unb 
in  erfdj  unb  ©ruber,  9tUg.  enctjll.  ©cct.  n,  43  unter  fieui,  fieuitcn  (1889)  unb  unter  ÄoraJ 
(@ect.  II,  39);  A.  vao  Hoonacker,  Le  Sacerdoce  L^vitique  dans  la  loi  et  dans  lliistoiie 
des  H^breux,  Londres  et  Louvain  1899;    3-  Äöbcrle,  3)ie  3:empelffinger  im  21%,  d^longen 

10  1899 ;  mib.  Woütr,  ^iftorifc^^fritif^e  IBebenfen  gegen  bie  ©raf'SBeQ^aufenfc^e  ^^pot^e, 
O^üterdlo^  1899.  ^gl.  bie  betr.  ^bfdinitte  in  ben  ^anbbb.  ber  ^ebr.  «r^SoIogie  von  i)e  Skttc, 
Saalfc^ü^.  ^eil,  ^omacf,  ^enjinger  u.  q.  unb  bie  ^rt.  fie&i.  fie))iten,  iBeoitenftäbte  in  ben 
SRealroörterbücftern;  v  33.  üon  öaubiffin  in  Hastings,  Dictionary  of  the  Bible  IV,  67  jf. 
(1901):  Priests  and  Levites. 

16  £et)i  crfc^eint  in  allen  Duellen  al«  einer  ber  ©ö^ne  3afolH8.  SRadjf  ®en29,34;35,23 
toar  er  ber  britte  ©ol^n  ber  Sea.  3lu(^®en49  ift  bteSteü^enfolge:  Stoiben,  ©hneon,  Äön, 
^uba.  ^erfönlic^e^  tDtrb  bon  Sebi  laum  ettoad  erjö^lt,  al^  bag  er  mit  ©imeon  bie  (SriU 
tfycuxiQ  feiner  @4^h)efter  S)ina  orgtiftig  unb  graufam  an  ben  ©ic^emiten  rächte  unb  jur 
©träfe  bafür  feine  SRac^Iommen  bon  ^alob  in  feinem  teftamentarifd^en  ©egen  gur  3«* 

20  ftreuung  im  Sanbe  berurteilt  tDurben,  @en  34,  25  ff. ;  49,  5  ff.  äSirtlic^  l^at  ber  ©tomm 
Sebi  nie  ein  Srblanb  befeffen.  ^od)  ^ing  bied  mit  feinem  })riefterli(^en  Beruf  jufammen, 
ben  er  ati^  l^o^e  älu^jeic^nung  unter  ältofe  erlangte.  (Sd  fragt  fic^,  ob  Sebi  überhaupt 
urfprünglic^  inbibibueuer  $erf onenname  tpar  (bgl.  bie  Deutung  ®m  29, 34).  9{euere  ^cn 
i^n  jtDar  nic^t  ioie  bie  ber  übrigen  ^afob^fö^ne  für  einen  ©tamm^  ober  Sanbc^amen, 

26  aber  für  einen  Seruf^namen,  toel^er  ben  ^ßriefter  begeid^net  f)ättt  (bgl.  ®j  4,  14:  bein 
Sruber  Slaron,  „ber  Sebit'O.  SlHein  burd^fid^tig  ift  eine  folc^e  Sebeutung  jebenfoQ^  ni(^ 
^an  ertlärt  ettt)a:  ber  einem  Heiligtum  ober  einem  ®ott  Slngefc^lojfene,  S^ge^drige. 
$ommel  (3luff%  unb  »b^anblungen  1892  ©.30 f.;  atti^r.  Überl.  1897  ©.278)  erinnert 
an  bie  minäifd^en  ^nfc^riften  bon  ei-Oela,  tDO  iawi'u,  fem.  lawi'at  mit  bem  Stamen  bcd 

80  @otted  3Babb  in  ber  93ebeutung  $riefter,  ^riefterin  bortomme.  9(Qein  biefe  f^oc^ic^ 
Serbinbung  (Sebit  ^af}t>tiß)  ift  bem  ^ebräifc^en  ©ebrauc^  gang  fremb.  Xuc^  ts\d;imm 
bie  Sebiten  ber  ölteften  ^txt  nid^t  immer  in  äSerbinbung  mit  einem  Slltar  ober  ^eÜtgtm 
©ie  ftnb  auc^  o^ne  ba^  bon  (Geburt  fc^on  Sebiten.  äSgt.  ban^oonacfer  ©.311  ff.  Übobte^ 
tDürbe  burc^   eine  folc^e  Slbteitung  bed  Dtamen^  bon  einer  arabifc^en  ^riefterbenemuiiM 

86  berfelbe  bei  bem  red^t  })rofanen  ©tamm  ®en  34  unb  49  um  fo  rätfel^^er.  ©e^  meit 
toürbig  ift,  ba^  ber  })ro})l(;etifc^e  ©c^idtfaldf^ruc^  ®en  49,  5  ff.  nur  Unfegen  audffmd^t  unb 
nic^t  einmal  eine  9tnf))ielung  auf  ben  fjpäteren  e^renboQen  Beruf  bed  ©tammed  ent^ 
S)ie  ätu^funft,  ba^  e^  fic^  ^ter  um  einen  toirflic^en  ©tamm  Raubte,  ber  aber  frül^e  untere 
gegangen  fei,  tDö^renb  S)t  33, 8  ff.  ber  ^riefterftanb  gefegnet  toerbe  (äBeQ^oufen),  tonn  (oxSf 

40  abgefe^en  bon  ber  unerflärten  Benennung  jenei^  })rofanen  ©tammed  nid^t  befriebi^en,  ba 
ber  3aIobi^s  unb  ber  SRofefegen  ju  na^e  miteinanber  bertoanbt  fmb,  afö  bafe  pe  unter 
bemfelben  3lamtn  bon  ganj  berfc^iebenen  @rdgen  ^anbetn  fönnten.  S)a^  9iätfel  tütsb  noc^ 
toefentlic^  erfc^toert  burd^  bie  Stnna^me,  @en  34  unb  49  bejiel^en  [xd)  auf  Begeben^eitoi 
ber  nad^mofaifc^en  ^^xt,  n)0  bie  ©tamme  ©imeon  unb  Sebi  bor  ben  anbeten  ©t&mmen 

46  in  Jlanaan  eingebrungen  toären  unb  einen  erfolglofen  Überfall  auf  bie  ©ic^emiten  genuK^ 
bätten,  ol(;ne  bag  bie  anberen  i^nen  }u  iptlfe  tommen  tDollten  (©tabe,  ®ut^  u.  o.).  Sann 
begriffe  man  boUenb^  nic^t,  toie  ber  berrufene  ©tamm  Sebi  Jjlö^id^  )u  feinet  befonbetcn 
^eiligleit  gefommen  fein  follte  0R\  17,  7  ff.).  Bielme^r  l^belt  e«  fi^l  in  bet  ®enefä 
um  bormo^aifd^e  Borfommniffc,  toelc^e  einen  tiefen  ©d^atten  auf  ben  ©tamm  toetfen  unb 

60  feine  Slui^bilbung  ju  einem  felbftftänbigen  ®an2en  ge^inbert  ^aben  mi^en,  fo  ba^  feine 
älnge^örigen  unter  bie  übrigen  ©tämme  jerftreut  leben  mod^ten.  9lu(^  mit  ben  ä^^lltem 
motten  ffe  infolgebeffen  in  bcfonberd  nal^e  Bejiei^ungen  getreten  fein  unb  ft(^  bo^  biin( 
l^5l(;ere  Bilbung  au^jeic^nen,  ol(;ne  bag  natürli^  ber  92ame  Sebi,  n)ie  Sagarb«  (OttcntoGa 
^eft  II,  1880,  ©.  20)  einmal  bermutung^toeife  au^\pxad),  ben  äg^ptifd^en  ^n^ang  bAcuten 

66fönnte,  ber  ftc^  beim  Studjug  unter  ^ofe  an  ^drael  anfc^log.  S^gl.  ban^oonadetS.SCHlf. 

3n  ber  mojaifc^en  3«t  trat  ber  ©tamm  Sebi  jebenfall«  fc^on  baburd^  in  ein  ffdln^ 

Sic^t,  bag  3)iofe  (f.  b.  31.)  \l)m  angehörte,  unb  noc^  mel^r  baburd^,  ba^  et  ta)&^tenb  btf 

äBüftenjuged  ber  })riefterli^e  ©tamm  getoorben  ift.   (Sd  fü^rt  jtc^  bied  auf  jtDei  Um^finbe 

gurüdt,  erften^  barauf,  bafe  aJlofe  feinen  Bruber  äaron  (f.  b.  Sl.  Bb  I  ©.  13)  gum  ^^wpct 

CO  am  Bunbe^^eiligtum  ernannte;  jtoeiten^  barauf,  bag  er  bem  gangen  ©tamm  Sebi  bei 
einem  9lnla|,  too  biefer  fic^  bur^  feine  Bunbedtreue  befonberd  anzeichnete,  eine  pti^tcc» 


Belli,  Selittett,  Senitenftabte  419 

Kc^  aSei^e  Derael^,  @i  32, 29.  S)a6  bad  ^rieftertum  9(aron^  a(d  ein  erBUd^e^  in  au^ftd^t 
genommen  toax,  gel^t  nic^t  nur  baraud  ^ert)or,  ba|  feine  ®ö^ne  nac^  ben  ^riefterge{e|en 
feine  jletigen  ©el^Ufen  toaren  unb  ]ptixdi  bem  (SIeafar  jum  So^n  für  eine  äl(;nltc^e  %\}at 
ioie  bie,  ivelc^e  ber  Stamm  (@c  82)  t)erri(^tete,  bod  etoige  ^rieftertum  jugefagt  tourbe 
0td  25,  llJf.X  fonbem  ed  fielet  auc^  mit  ber  fonft  ju  beobac^tenben  femitif^en  ©etpol^ns  6 
^  im  Sinliang,  tDonad^  bei  ben  einzelnen  Heiligtümern  getpiffe  ^amilien  ba^  ^rieftertum 
ablxd^  inne^tten.  3)a6et  ift  ftet^  ba$  ^axopt  ber  ^milie  ber  Obetpriefter.  äSon  einer 
Sleif^berec^tigung  ber  ©lieber  eined  ganzen  Stammet  tonnte  DoQenb^  nie  bie  SRebe  fein. 
P  befc^reibt  benn  auc^  ben  ^ienft  ber  Semiten  tDöi^renb  bed  SBüftenjuge^  ol^  einen  unter- 
geiyrbneten:  Ser  Stamm  bilbet  bie  $ut  bed  ipeiligtumd,  um  badfelbe  gelagert,  unb  tran^  lo 
{wrtiert  bod  ^eilige  3e(t,  toobei  bie  l^eiligften  Seräte  t)on  ber  ^riefterlic^en  ^amilie  getragen 
ta>erben.  J^r  biefe  le^tere  bleibt  ber  eigentliche  älltarbienft  refert)iert  unb  ^rad^,  be^ 
Sel>iten,  Stäuc^eropfer  toirb  aU  fa!rilege  Slufle^nung  geftraft  9tu  16. 

3l\6)i  )u  bergeffen  ift,  ba|  bem  ganzen  äSolte  ^al^De^^  @£  19, 6  ein  })riefterlid^er  6^0^ 
ralter  jugefc^eben  ift,  hmd  natürlich  eme  älbftufung  ber  ;^eiligleit  innerl^alb  be^felben  i5 
m^t  au^lie^,  fonbern  gerabeju  forbert.  @o  ftnb  auc^  bie  SeDiten  im  SSer^öltni^  )um 
fibngen  SSoKe  bem  ^a^bel^  geheiligt,  aber  biefe  let)itifd^e  ^eiligleit  ift  nur  eine  relatit)e. 
^Da^  eigentlich  bod  ganje  äSolf  3a^t>el^  gej^öre,  \ptad)  ftc^  barin  aud,  ba^  t)on  9(nfang  an 
bie  äSorftellung  ^fc^te,  ^ol^be^  ^be  ein  befonbered  Siedet  auf  bie  Srftgeborenen  (bgl. 
SSb  V  ©.  749  f.).  ©0  ^ei|t  ed  im  Sunbe^buc^^  (Sj  22,  28 :  „3)en  Srftgeborenen  beiner  20 
€d^ne  foKft  bu  mir  geben,  bgl.  @s  13,  2  (P).  2)a  t)on  l!inbero)3fer  nic^t  bie  Siebe  fein 
lamt,  ift  bobei  borau^efe^,  ba^  toenn  nid^t  fonfttoie  eine  SBei^e  bed  @rftgeborenen  ftatt- 
finben  lönne,  berfelbe  bur^  ein  O^fer  ober  eine  ®abe  au^julöf en  fei,  bgl.  @£  34,  19  f. ; 
(^  13,  13 ;  9lu  18,  15.  Übrigen«  ift  fttittig,  toeld^e  ©rftgeborenen  au^julöfen  toaren. 
SXe  9tabbinen  (SRif^a  Sec^orot^  c.  8  unb  3Waimon.  5.  b.  ©t.,  bgl.  ©elben.  De  suc-  25 
eessu  in  bona  def.  p.27;  ©aalfc^ü^,  SRof.  fRtd)t  ©.  349.  815)  unterfc^ieben  }h)eierlei 
Acßgdborene :  3?«  familienrw^tlic^^en  ©mn  gilt  ate  Srftgeborener  (?^^^:b  'nn^n)^  Don  bem 
5Dt21,17  bie  ^d>e,  ber  öltefte  ©o^n  be«  Sater«;  bagegen  im  fultifd^en  (ate  insb  -nDn) 
ber  itnabe,  ber  „juerft  bie  3Rutter  brid^t'',  alfo  jebe«  erfte  männliche  Jlinb  einer  ^au,  im 
äbifd^bt^  an  %x  3,  12  f.;  18,  15.  dagegen  fprec^en  ßj  22,  28 ;  5Ru  8, 17  me^r  bafür,  30 
ba^  bie  Srfigeborenen  im  erfteren  ©inn  au^julöfen  toaren.  3^0^^^^  ^^^  ^^^  ^^  ^^' 
fcliauung,  bo^  eine  Söfung  ber  @rftgeborenen  erforberltc^  fei,  mar  bie  '^^orfteQung  geltenb, 
ba^  biefe  buxi^  bie  2ebiten  bertreten  toürben,  n)eld^e  ben  2)ienft  am  Heiligtum  beforgten 
(Ku  3,  12.  41)  unb  bom  äJolfe  al«  ein  D))fer  ^a^öe^  bargeboten  hmrben  3?u  8,  10  ff. 

90«  bo«  ^ienftalter  ber  Sebiten,  n)äl^renb  beffen  fie  am  Heiligtum  ^anbreic^ung  ju  35 

Ü/un  ^oben,  toirb  3l\x  4,  23.  30  bie  ^Ät  t>om  30.  bi«  50.  £eben«ja|r  angegeben,  bagegen 

8,  24  ff.  bie  Dom  25.  bi«  50.,  mit  toeld^em  toenigften«  bie  ftrengere  arbeit  aufhören  foH. 

9ta(b  ber  Clberlieferung  (Sl^olin  f.  25  a)  foQ  ftd^  biefe  Stlterdgrenje  nur  auf  bie  ^zxt  be« 

SHiüftemuge«  begieß,  toö^renb  fd^on  in  ©ilo  ba«  l(;ö^ere  Sllter  nid^t  bom  3)ienfte  au«^ 

g^fc^ffen  ^be,  ou^er  toegen  ußangel«  an  ©timme.     3)ie  au«fü^rlic^en  Sefttmmungen  40 

bcS  P  über  bie  SHenftleiffcungen  ber  Sebiten  l^anbeln  über^au))t  nur  t)on  jener  äBanberjeit. 

(KnUftlii^  toirb  bagegen  bort  ba«  SeremonieQ  ber  Sebitenmei^e  3lu  8,  5—22  angegeben, 

toddft  ber  $rieftertoet](^  analog  ift,  aber  einen  geringeren  ®rab  bon  ^eiligleit  t)erleil(;t. 

S)er  alt  bQloeat  i^e  Steinigung  unb  SBei^e  an  ^af)\)el)  unb  beftel^t  in  erfterer  ^inftd^t 

in  9ef|)rengttna  mit  @ntfünbigung«n)affer,  älbfc^erung  aQer  $aare  be«  Jlör))er«,  äBafc^ung  45 

ber  fileiber.    2)en  jtoeiten  $unlt  Derfte^t  93%  mit  älu«fc^lu^  be«  $au))tl(;aare«,  ba  eine 

SlolM  foloie  @ntf ermmg  be«  93arte«  nad^  Se  2 1 , 5  e^er  entmei^enb  gen)ef en  toöre ;  allein  bie 

Snologie  ber  Steinigung  be«  9lu«f öligen  £e  14,  8  f^ric^t  für  t>5llige  Stbfc^erung,  bie  na^ 

tfidi^i  eine  einmalige  toar,  ioöi^renb  ber  ög^^tif^e  ^riefter,  an  toelc^en  ber  93rau(|  erinnert, 

WM^  ^erob.  2,  37  fi(^  aQe  brei  'üEage  f^eren  mu^te.    ^urc^  biefe  brei  älfte  gereinigt,  50 

toiixben  bann  bie  Sebiten  ^al^De^  übergeben  burc^  ^anbauflegung  ber  ätlteften  be«  äSolf« 

(SS.  8)  unb  SoQiiej^ung  be«  2Bebeo})fer«  (thenOpha)  burd^  ben  ^ol(;enpriefter  Cl^.  11.21), 

hai  tooffi  burc^  $in«  unb  $erfül^ren  ber  ©etoeil^ten  bargeftedt  tourbe.    3lai)  SSed^aufen 

tobe  ed  bie  ^onbbetoegung  be«  in«  ^euer  SSerfen«.    !i$or^er  i^atten  fte  ein  ©ünb^  unb 

m  9mnbot)fer  )u  ilf^er  ©ü^nung  barjubringen  08,  12).    ©d^lie^lic^^  tourben  fte  ben  55 

$rie{tom  ütogeben  unb  burften  barauf  ben  Dienft  bei  ber  §ütte  antreten.     Sei  bem 

aOem  tritt  majit  bie  Steinigung  ^ert)or  al«  bie  ^eiligung.    @ine  @in!leibung  ber  Seüiten, 

toic  fie  bei  ben  ^rieftem  ftattfanb,   ift  nid^t  ertoä^nt,  ba  bie  Sebiten  für  getoö(;nIic^  feine 

fNefonbere  Xrac^t  boben.    93gl.  ieboc^  1  e^r  15,  27;  2  S^r  5,  12   unb  Dan  .^^oonader 

6.  86.  91.    Sbenfo  fehlen  näi^ttt  ^jjorfd^riften  über  i^re  )3erfönlid^e  93efc^affenl^eit  unb  go 

07* 


420  Seilt,  Soitttn,  Sentteiifilbte 

Seben^orbnung  (f.  bagegen  betr.  bte  ^rieftet  £e  21).  9htr  {tnb  fie  ber  getoo^nten  SeBen^ 
arBeit  boburc^  enhogen,  bag  fte  leinen  Sanbbeft|  erJ^oUen.  2)affir  ift  il^nen  9lu  18, 24  jf. 
ber  3^^^^  ^^  @rtraged  ber  ^Iber  bed  33oIIed  aU  @mIommen  jugetoiefen,  to)ot>on  ju 
tDteberum  ben  ^^ntm  an  bte  ?ßriefter  abgeben  foQen.    @te  bürfen  biefed  @tnIommen  an 

5  jebem  Orte  genießen.  2)arüber  unb  über  bte  abtoeid^enben  Sefttmmungen  beiS  D  {ie^ 
b.  91.  3^nten.  9(u(i^  t)on  ber  ^eg^beute  erhielten  bie  Sd)tten  gett>t|ie  ^rojente  n»^ 
SRu  31,  30. 

äUd  äBo^nft^e  für  bte  Set)tten  ftnb  3ln  35,  1  ff.  (P)  48  @täbte  in  9(udfu^t  genoim 
men,  unb  beren  äUmenben  (2000  @Uen  Sänge  nac^  jeber  ^immeldgegenb  unb  1000  (SDen 

10  Sreite,  t)on  ber  Stabtmauer  an  gemeffen)  JoQten  ilf^em  Siie^  jum  Unter^tte  bienen.  ®ii 
äßtberf^rud^  mit  bem  ®eban!en,  ba^  SeDi  lein  @rbtei(  l^en  foQ,  (ag  barin  nic^t,  ba  bkfe 
Stäbte  boc^  i^^^  @tämmen  t)erbneben  unb  bie  SReinung  nic^t  hmr,  ba^  audf(^Ke^id^ 
Set)iten  barin  tpol^nen  foQten.  2)ad  ©egenteil  f^t  Se  25,  32  f.  (®efe^  über  Sertmtf  bon 
Sd)itenl^äufem)  t)oraud.   ^ie  ätudfü^rung  biefer  SSerorbnung  erjä^It  ^of  21  (P),  tDO  bte 

16  @töbte  mit  9tamen  genannt  finb  unb  jugleic^  13  berfelben  für  bie  $riefter  oiägefonbctt 
toerben ;  baDon  f ollen  f ed^iS  jugleic^  bie  für  ben  Sotfc^läger,  ber  unDorf ä|Itc^  jenutnb  er« 
{d^(agen,  geöffiteten  3uf[uc^tdorte  fein,  t>gl.  VI,  581,  2  ff.  S)ad  1  S^r  6,  46  ff.  gegebene 
äSergeid^nid  ioeid^t  t)ielf ac^  bat)on  ab.  @in  über  aQe  Stämme  f^ftematifc^  jerflreutet  Stamm 
Set)i  mu^e  ein  fc^ä^bare^  93anb  bilben,  todd)^  bie  ^eolratie  jufammen^ielt  unb  U|t 

20  fi^l  ald  ibealer  ®ä)anle  (eic^ter  benn  aU  lontreter  3:]^atbeftanb  beuten.  SKe  Sbidfu^rung 
fc^eint  benn  auc^  ftetd  eine  ^öc^ft  unDoUCommene  getoefen  )u  jein.  S)iefe  Stöbte  fiiib  jmn 
3;eil  (ange  nid^t  t)on  ben  ^draeliten  erobert  toorben.    ^a^er  mochte  ed  lommen,  ba^  jpx 

teit  ber  Siid^ter  bie  SeDiten  an  mand^en  Orten  als  ^^remblinge  unb  (Säfte  lebten  oba  tm 
inb  umbei^gen.  92ad^  bem  ®cU  aber,  too^in  neuere  Jlrititer  bie  @ntftel^un^  ber  gonjen 

26  S^ee,  naq  SBeK^aufen  einer  müßigen  ^iltion,  verlegen,  toaren  bie  Ser^ältntffe  noq  totf 
niger  baju  anget^an  al$  t)or  bem  @£il  unb  ift  au^  bie  Studfüi^rung  itic^t  tuu^toeUbat 
^aaegen,  ba|  biefe  jerftreuten  @täbte  eine  ^ortbilbung  bed  ejec^ielfc^  ®efeM  über 
äBet^e  eined  Stücted  Sanb  um  bad  Heiligtum  an  ^aJ^Del^  bqto).  SeDi  fei  (®raf,  SMb 
fyin\m),  ftel^e  Saubifftn,  ®e{d^.  be^  altteftam.  ^rieftertumd  @.  122  f. ;  txm  ^omiäa 

80  ®.  423  ff. 

2Bad  ben  SSeftanb  bed  Stammet  Set)i  betrifft,  fo  jerfäüt  er  rtaä^  ®en  46,  11; 
ei  6,  16  ff.  (ögl.  SRu  3,  17  ff.)  in  brei  ^autotgefc^Ie^ter:  bie  S'ne  ®erfon,  ».  Jte^, 
93.  3Rerari,  bie  auf  bret  @ö^ne  Set)t$  biefed  vlamtn^  jurücfgefü^rt  ftnb.  Xud  btefen  br« 
®ef(^Ie(^tem  toerben  ac^t  ^to^xQt  abgeleitet:  3^^  ^^^  ®erfon:   1.  Sibni,  ftatt  beffcn 

86  16^r  23,  7  Sa^'ban  erfc^eint;  2.  @imet.  33ier  Donüe^atl^;:  1.  älmram,  )u  Xodd^em  Stonm 
unb  aWofe  gehörten;  2.  ^iii)ax]  3.  Hebron:  4.  Uffiel.  3h)ei  Don  3Dlerari:  1.  9Rac^; 
2.  9Ku{c^i.  3n  5Ru  26,  58  ift  bie  llufaä^lung  unDoOftänbig.  S)ort  fel^Ien  ©imei  unb 
Ufftel ;  für  ^ij^ar  fte^t  bie  ^amilte  Jlorad^,  ber  nac^  @£  6,  21  ^ijjM  (Srftgeborencr 
toar.    2)te  ®efamt2al^(  ber  männlichen  SeDiten  toar  }u  3Rof ed  3eit  na$  vln  3, 39 :  22,000; 

40  nac^  SRu  26,  62  :  23,000. 

(Sine  neue  Organifation  ber  SeDiten  fül^rt  ber  @^onift  auf  Jtöntg  ^oknb  ^oöd 
92ad^bem  er  fd^on  1  (S^r  13,  2  unb  Rccp,  15.  16  bei  ber  Überfiebelung  ber  Sabe  mSi 
^erufalem  t)on  einzelnen  Sebitengefd^lec^tem  Q^pxo6)tn,  bie  babei  beteiligt  getoefen  feten, 
toobei  jum  erftenmal  aud^  Don  ber  SSermenbung  ber  SeDiten  für  bie  1^1.  SRufit  bie  9töe 

46  ift,  erjä^It  er  1  6^r  23—27  auöfü^rlid^  bie  neue  ®Iieberung  unb  SSertoenbiing  ber  8*ne  Sc» 
ol^  eine  (Einrichtung,  bte  ^aDib  im  S3ltcf  auf  ben  !ünfttgen  Xem))el  l^in  getroffen  ^obc; 
unb  jtoar,  toie  ftc^  benfen  lägt,  nic^t  o^ne  ®ut^ei|ung  ber  ^xopf}ttm,  toad  2  6^29,25 
in  äSejug  auf  einen  ^untt  (bie  neue  SSefteQung  ber  3;emf)e(mu^  audbrüdlic^  bemcdt 
toirb.  3^^^  i)abzn  feit  be  SBette  manche  ^rititer  biefen  Slngaben  aHm  3Bert  abgef)nnx|en; 

fioffiea^aufen  nennt  (?ßroIeg.*  ©.  179)  ben  äbfd^nitt  1  (S^r  22—29  ein  obfc^redfaibe«  8* 
\pid  ber  ftatiftifd^en  $^antafte  ber  ^uben;  aQein  ed  ift  nic^t  abjufel^en,  toarum  ber(S^ 
nift  biefe  9leugeftaltung  be^  @tamme^  !^eDi  gerabe  auf  Jlönig  3)aDib,  n\(S)i  auf  9Ri>fe  ober 
Salomo  ^urüdfü^rte,  toenn  er  nic^t  in  feinen  Quellen  3^u0^^ff^  f^^^^  iDeld^  feinet  S)a(« 
ftettung  al^  an^alt^unlte  bienten,  Dgl.  Stoalb,  ®efc^.III,  181. 337  f.;  Äo^^Ier,  (Sefdft.II, 

66  331  ff.;  Öttli  ^.  b.  ©t.;  Äloftermann,  ®cfc^.  ©.  161  f.  3)afe  SiaDib  unb  ©otano,  bei 
@rbauer  bed  %tm!pzU,  toclc^e  ^uerft  eine  9teidft^orbnung  in  ^drael  burd^fü^^rten,  boR 
Stamm  SeDi  befonbere  ä(ufmer{famfeit  fc^enfen  mußten,  liegt  auf  ber  $anb.  ^ter  erfä^ 
man  auc^  jum  erftenmale  9läl(;ered  über  bie  äSertoenbung  bed  leDitifc^en  $erfonaI^  lod^ 
renb  bie  Don  SRofe  abgeleiteten  ^ilnorbnungcn  fic^  faft  nur  auf  ben  iran8))ort  be« 

60  tumd  be)ie]^en.    ©eiftr  too^l  möglich  ift,  ba^  bei  biefer  neuen  Orgonifatton  ber  ScDitai 


Seiri,  Soittett,  Soiiieitftlbte  421 

nif^  Blog  bte  SEBflommung  ma^ebenb  ft>ar,  fonbem  bag  geeignete  unb  h)tUige  Seute  aud^ 
aus  anbeten  @t&nnnen  ftd^  in  ben  lebitifd^en  3unftt)erbanb  eingliebem  liefen.  Slber  bie 
(Sabred  lieferte  boc^  ber  leloitifc^e  Stamm  unb  ber  3unftt)er6anb  tourbe  immer  toieber  ©e^ 
^lec^t^Derbanb,  inbem  bie  @rb(i4lteit  bed  SSerufed  am  Heiligtum  bie  Sflegel  toar.  3ta6) 
1  6^  23,  3  toar  bie  gal^I  ber  bienftfä^igen  (b.  f).  über  30  Saläre  alten)  fiebiten  unter  5 
S)atnb  38000  SRann;  bo<l^  n)urbe  ie^t  ber  Anfang  bed  3)ienftalterd  auf  20  ^a^re  feft^ 
gefe^,  to>ie  er  feitbem  geblieben  ifi  93on  jenen  38000  beftimmte  3)at)ib  24000  3Rann 
)um  ^enft  am  ^eilightm,  6000  )u  Bd^otmm  unb  Stid^tem,  4000  m  3Bäc^tem  bed 
^igtumd,  4000  )u  SRuftlem  beim  ©ottedbienfte.  3)ie  erfte  ülaffe  t^at  ben  $rieftem 
^onbreic^una  bei  ben  23,  28  f.  unb  31  f.  (t)g(.  9,  29  ff.)  aufgejöi^lten  Verrichtungen;  fte  10 
ffoUm  bie  Steinigung  bed  %tn(pd^  )u  beforgen,  ebenfo  bie  Ö^fert)onäte  ^erbeijufd^affen 
unb  bod  Sadhoerl,  befonberd  bie  Sd^^aubrote  )u  bereiten.  2)a^  biefe  24000  ©el^ilfen  toeiter 
in  24  ftloffen  eingeteilt  toaren,  entf^ed^enb  ben  24  ^riefterHaf^en  (24,  1—19),  toxt  ^o- 
^epffvi^,  Ant.  7,  14,  7  angiebt,  unb  ftd^  ebenfo  ablöften  tote  biefe,  ift  i^ik^Jt  hm^c^Iid^f, 
toerai  aud^  bad  SSerjdd^fnid  biefer  24  Orbnungen  toeber  in  23, 6—23,  nocp  in  24,20—31 15 
iwllfßnbig  unb  beutlid^f  t)orIiegt.  3^  ^^^^  ^^  ^^^  fc^einen ,  auc^  bie  26,  20—28 
oufgcgä^tot  Sertoalter  ber  @d[^c^e  bed  @ottt2fym^tS  tu  ^ei^ören.  Über  bie  jtoeite  Jllaffe, 
bte  ber  @(^oterim  unb  9lid^ter,  i^  1  S^r  26, 29  ff.  nid^t  t)tel  gefagt  Sie  toaren  caxS  bem 
Oef4^Ic(^e  Jte^at^,  cca^  ben  Sinien  ^xi^ca  unb  $ebron  genommen  unb  tourben  tote  93d 
30.  32  fu^  oudbradCen,  fotool^I  für  älngelegen^eiten  ^a^oe^  ald  für  fold^e  beiS  JtönigiS  Der«  20 
toenbet  Sie  l^en  i^  ^ienfttl^ätigleit  au^erl^alb  beiS  Heiligtums  unb  too^l  grösstenteils 
oit^esi^  ^erufalemS  }u  Derri(^ten(26,29).  3)ie  britte0af[e,  bie  ber  Sanger  unb3RuftIer, 
tDor  nad^  25,  9  ff.,  toie  Don  ber  erften  anjune^men,  in  24  S^öre  geteilt,  beren  jeber  einen 
Sorfle^  mit  11  SReifiem  auS  ber  deinen  ^^ilie  an  ber  S^i^e  ^atte.  Sie  tourben 
too^l  ebenfalls  glei(^ä|ig  abgelöfi  93on  ben  ©^orfül^rem  toaren  t)ier  Sö^ne  9lfa))^  35 
aus  bem  ®efc^(ed^te  (SerfonS  (bg(.  6,  24—28),  f^  Sö^ne  ^ebut^unS  (ioo^I  ibentifc^ 
mit  (Säm),  <dfo  aus  3Rerari(6,29),  14  Sö^ne  ^emanS,  beS  Rorad^iten,  alfo  auSüel^at^ 
(6, 18  ff.).  S)ie  tnerte  Älaffe,  bie  ber  Zi^oxf^üXti,  umfaßte  brei  ^milien,  eine  forad^itifd^e 
(olfo  aus  St^fyxäf),  bie  an  ber  9lorbs  unb  Oftfeite  beS  Xem))els  äBad^e  l^alten  foDte  unb 
{tDci  aus  SRerari  für  bie  Süb«  unb  Sßef^eite.  2)enn  baS  Sefte^en  beS  Sem))eIS  toirb  ao 
1  6^  26,  12  ff.  DorauSgefe^t  unb  bie  einjelnen  Solalitdten  nac^  ben  Benennungen  beS 
stoeäen  Xen^S  beftimmt  9(ber  1  Qfyc  9,  19  giebt  an,  ba^  bie  ^amilie  Jtorad^  fogar 
}ä^m  )ur  ^6t  SRofeS  unb  ^ofuaS  mit  ber  äBacpe  am  Eingang  ber  StiftSI(;ütte  betraut 
odoefen  fei.  S)iefe  brei  ^milien  Ratten  ringS  um  baS  Heiligtum  24  Soften  at  befe^en. 
Sie  30^1  ber  ^miIienl^Ktu)9ter,  bie  fid^  ^ier  abjulöfen  Ratten,  betrug  93  nad^  16^r26,8ff.  ss 
(gfir  bie  3eit  furj  üor  bem  Ss«  nennt  1  (Sf)x  9,  22:  212-  Dgl.  Öttli  j.  b.St.;  für  bie 
Äit  ^Aif  mif  bem  (gjil  @Sr  2,  42:  139;  für  bie  3eU  3le^emiaS  3lä)  11,  19:  172), 
Sot  %üijmn  taKtren  natürlich  an  jjebem  Soften  3Rannfd^aften  betgegeben  auS  ben  4000 
bofür  bejHmmten  Sebiten.  SBenn  in  fj)äterer  3eit  2  Äg  25,  18;  3|er  52,  24  brei  $üter 
ber  Sd^toeKe  als  l^od^efteüte  Beamte  ertoä^nt  finb,  fo  toerben  bamit  bie  ^&u!ptn  jener  40 
bcei  SBoc^terfaminen  gemeint  fein,  t)g(.  aud^  ^er  35,  4. 

Sie  92  et  1^  in  im  enbKd^  finb  t)on  ben  SeDiten  ju  unterfd^etbenbe  Siener  am  ^eilig« 
tum,  todäft  biefem,  bejto.  ben  $rieftem  unb  £et)tten  für  bie  gertngften  Sienfte  übergeben 
toaren,  tot  ben  ^tarnen,  ber  eigentlid^  traditi  bebeutet,  unb  @Sr  8, 20,  foioie  31x1  8,  19, 
too  bte  £ek)iten  felber  „fibergebene''  ^ei^en.  9let^inim  ift  in  nad^e^ilifc^en  S^^riften  ber  45 
9tame  ber  Xen^^ieOnec^te  {kQodovXoi,  ^ofe))l(;uS,  Ant.  11,  5,  1;  3  @Sr  1,  3),  ioe((^e 
fd^  in  Doresilifc^er  3^t  ben  Sebtten  bte  befc^toerltc^ften  Sienftleiftungen  abaenommen 
Ratten,  ^fft  ttrf))rung  fc^eint  fel^  alt.  Sd^on  ^u  ^ofuaS  3^^  erhielten  bie  Stbeoniten 
eine  &^i(^  Stellung  als  ^oü^uer  unb  SBafferfd^o^fer  für  bie  @emeinbe  ^0]  9,  21  ff. ; 
boS  ^et^  tool(^l  nac^  SB.  27 :  Sie  J^atten,  toenn  bie  BoltSgemetnbe  auf  ber  na^en  großen  60 
9ania  jufammenlam,  ben  Sdtar  mit  bem  nötigen  ipoh  unb  bie  ©emetnbe  mit  3äa\\n  ju 
iMcfe^,  toeld^  fie  mübfam  l^inauffd^afften  (9lb.  Sd^Iatter,  3ur  Xo))ogr.  u.  ®efc^.  $a» 
UfHiioS,1893,S.64f.).  Siefe  ©ibeoniten  bütften  ben  Orunbftode  ju  biefer  Älaffe  gebilbet 
ffttbtn  (Dgl  3bn  SSra  ju  @Sr  2,  43).  S})äter  tourben  fold^e  porige  m  Stenftletftungen 
am  2an))el  in  ^erufalem  angehalten.  Slber  auc^  Kriegsgefangene  u.  bgl.  tourben  t>on  ben  55 
JBnigen  feit  Satnb  öfter  bem  Heiligtum  als  2:em^clf!lat)en  getoei^t ;  f.  @Sr  8, 20.  Salomo 
fc^etnt  beren  am  neuerbauten  Tempel  befonberS  Diele  eingeftellt  ju  f)Qbm,  too^l  auS  jenen 
bmaonitifd^  SanbeSbetool^nem,  bte  er  jur  Setbetgenfd^aft  t>erurtetlte,  1  Äg  9,  21;  ba^er 
bte  „Sö^e  ber  Äned^te  SalomoS"  esr2,  58;  9ie^  7,  60;  11,3.  ^mmcr  mel^r  tourben 
in  ber  tootesiüfc^  3^  ix^m  Steuern,  bte  großenteils  nid^t  einmal  befc^nttten  toaren,  eo 


422  Selii,  2t»iUn,  SoiUeitftabte 

aQe  mü^fameren  ^anbretc^ungen  ü6er(af[en,  \üüdft  ^ractö  ®)  44,  7  f.  ald  fd^ndben  Simbeds 
brud^  Deturtetlt. 

Sei  ber  Sletd^f^xiltung  ^ot  nad^  2  S^t  11, 13 ff.;  bgl.  13,  9  eine  äludtDonberung 
mand^er  Sebtten  nad^  ^erufalem  =  ^uba  ftottgeftmben.   3)er  Sl^onift  ertDä^nt  bie  Sebiten 

6  toetter^in  befonbet«  unter  3ofa})^at  bei  einem  fiegreid^  Ö^etjug  2  6l^r  20, 19  ff.  unb  bei 
beffen  (Sinrid^tungen  für  ®erid^töft>e{en  (2  6^r  19,  8)  unb  Untertoeifung  \>t^  SoUd  im 
®efe$  (2  S^r  17,  8  f.).  ©ie^e  bortiber  Sb  IX  ©.  353  f.  (gr  läfet  bie  2et>iten  befonbeö 
beteiftgt  fein  beim  ©turje  mffal\a^  (2  6^r  23, 1—11),  tx)%enb  im  Jlönig^buc^  bie  9btd> 
fü^rung  bed  9(nfd^Iagg  ^ojaba^  ber  IgL  Seibn)ad^e  jugef (^rieben  ift,  2  flg  11,4—12.  @id||e 

10  über  biefen  9Siberf})rud^,  ber  im  toefentlic^en  burd^  bie  älnnal^me,  ba|  bie  QueKen  fu^ 
ergänjen,  ftd^  ^eben  läfet, SBem^iaufen,  ^Prolegomena*©.  195 ff.;  ©tabe,3atgB  1885, ©.279 ff., 
unb  befonberd  Jlloftermann  m  2Jlg  11,  4;  itö^Ier,  ®efd^.  III,  211  ff.  9ludfu^i<^ 
ent^äU  biefelbe  DueQe  über  oie  £et)iten  jur  Q^t  ^idfiod  bei  9(nla6  ber  t>on  biefem  S&m%t 
unternommenen  Sieformation  beg  Äultu«  2  61^  29,  3  ff.,  too  SB.  12  ff.  SSertreter  ber  2i 

16  t)itengef(^Ie^ter  in  eigenartiger  ®ru))})ierung  erfd^einen.  Sei  ber  Otoferfeier  im  neu^eioet^ 
Xtmüßd  ioirb  93.  34  notiert,  bag  bie  Se))iten  ben  ^rieftem,  bie  nic^t  go^Iretd^  gemig 
n)aren,  beim  älbjiel^en  ber  ^aut  ber  0))fertiere  feien  bd^ilflic^  getoefen.  Sbenfo  tonb  beim 
^te  ber  ungefäuerten  93rote  l^ert)orge^oben  (30, 16  f.),  ba|  bie  Sd)iten  bad  ©c^lad^ten  ber 
$afja^Iämmer  für  fold^e  3^rae(iten  beforgten,  bie  nid^t  rein  tooren;  bagegen  beim  $affa^ 

ao  unter  ^ofta  ift  ed  2  6^r  35,  1 1  fd^on  als  allgemein  giltiger  S3rau(^  genannt,  bo^  bie 
SeDtten  bie  Sämmer  fd^Iac^teten  unb  bie  $aut  abjogen,  toäl^enb  bie  SDorbnngunp  bc^ 
Sluted  ftetd  ben  $rieftem  t)orbe^alten  blieb,  ^infid^tßc^  ber  (Sintünfte  ber  Setnten  tfl  ju 
bead^ten,  ba|  Jtönig  ^xitia  bie  @inlieferung  bed  S^nten,  bie  feit  (angem  unterblieben 
toar,  n)ieber  anbefohlen  unb  georbnet  ^abe  31,  4  ff.     Unter  ^idlia  toirb  übrigen^  ben 

26  !^et>iten  2  6^r  29,  34  ein  beffered  Reu^nid  gegeben  ald  ben  ^rieftem  in  S^ug  auf  ben 
eifer,  fid^  für  ben  ©ienft  goi^öel^^  ^eiligen  )u  laffen.  ©})äter  erfd^einen  fxe  in  toeniger 
günftigem  £id^te.  @)  44,  9  ff.  fd^lie^t  fte  t)om  eigentlich  ^riefterlic^  SMenft  in  c&a 
^orm  aud  unb  motibiert  bieiS  bamit,  ba|  fte  ^9tatl  jum  @ö^enbienfte  gel^ülfen  unb  bod 
^ol!  barin  beftärft  Ratten,    ©ie  foDen  bo^er  im  Zm!pd  ber  3^^^^?^  '^^  ^^^  niebrigcn 

80  ^ienfte  t)errid^ten,  toöi^renb  ber  l^ö^ere  ädtarbienft  ben  ©öl^nen  ^aboU  audfc^liep«^  tm^ 
behalten  bleibe.  3)iefer  ^bel  bejog  ftc^  offenbar  barauf,  ba^  biele  Seloiten  an  foU^ 
j!ultudftätten,  bie  Sjed^iel  nid^t  für  legitim  anfa^,  unb  too  auc^  biel  ^eibnifc^  Untoefen 
mitunterlief,  fid^  jur  Slu^übung  bed  $riefterbienfte$  l^ergegeben  unb  fo  biefe  unreinen  Jtulte 
unterftü^t  Ratten.     3l\d)t  berücfftc^tigt  n)irb  bei  bem  ©trafurteil,  ba^  i^  Unterorbnung 

86  unter  bte  ^riefter  fd^on  altmofaifc^  toar.  Sjec^iel  orbnet  \a  über^u))t  bie  Ser^oßniffe 
neu,  al^  l^ötte  er  tabula  rasa  t)or  ftc^. 

Sag  bie  Set)iten  ftarl  an  ben  ^dl(;enbienften  ^ubad  unb  ^^raeld  interefftert  geioefen 
toaren,  bürfte  aud^  barauf  l^ert)orge|en,  ba|  fie  bei  ber  Stüdßei^r  ber  Verbannten  jum 
SQSieberaufbau  be«  3:emt)efe  —  benn  bie«  h)ar  ja  bie  Slbpd^t  be«  J!önia«  5lorefd&  ®«r  1, 1  ff.  — 

40  fid^  nur  fel^r  toenig  jal^lreid^  etnfanben  (S^r  2,  40.  Sieben  4289  ^rieftem,  bie  mit  ©e» 
rubbabel  l(;eim!e^rten,  fmb  bie  74  £et)iten  eine  Derfc^minbenbe  ^ai)l  SUlerbingd  erf^feinen 
aufeerbem  128  ©änger  unb  139  I^ortoäd^ter,  ober  nad^  Sle^  7,  44 f.:  148  ©onger  unb 
138  %f)Oxto&d)tn.  Unb  aui^  biefer  Slrt  ber  Sluf^^äl^^lung  ift  nic^t  mit  mand^en  steueren  au 
fc^lie^en,  baf;  bie  beiben  legten  klaffen  nid^t  let)itif(^en  ©tammed  getoefen  feien.  SBielmd^ 

46  tft  l^ier  „£et)it''  im  engeren  ©inne  gebrandet  t)on  ben  %m:pd>  unb  SUtarbienem,  ba  bitf 
ba«  ältefte  unb  n)ic^ttgfte  9lmt  ber  £et?iten  toar.  Sie  ©änger  unb  ^or^üter  Rotten  \ifm 
t)or  ber  3^i>ning  ^erufolemi^  }um  eigentlid^en  $erfonal  beiS  %mißd^  qdfM  unb  cm> 
})fanben  oa^cr  auc^  ein  naivere«  3"tercffe,  ba^in  jurüdt jufe^ren,  ate  fol(^  Set>iten,  tM 
too^l  mit  anderen  Heiligtümern  in  Sejie^ung  geftanben  l^atten.     Sie  ni^rigeren  91tat» 

60  unb  3;em})elbtenfte  toaren  ja  o^nel^in  Don  ben  Slet^inim  t>erri(^tet  toorben.  93et  &tai 
^eimlc^r  erneuerte  ftc^  biefelbe  ®rfd^einung  6«r  7,  7 ;  8,  15  ff.  äu(^  biedmol  toaren  bie 
:^et)iten  am  toenigften  jur  ^eimte^r  bereittoiUig  unb  liefen  ftd^  erft  ivttm.  3lad^  einer 
jübifc^en  2rabition  l)ättt  Q^xa  bie  ©aumfeligfeit  ber  Set)iten  bamit  beftroft,  bag  er  t^en 
ben  ^e^nten  entzog  unb  ü^n  ben  ^rieftem  übertoie«  (^ebamotl^  86  b),  toelc^e  in  fpsixm 

55  ^Äi  m  ber  ^^at  allein  ben  @enug  be^felben  Ratten,  tote  au2  2[ofe))$ud  l^orge|rt,  fie^ 
aber  Slel^  10,  38;  13,  10.  Übrigem^  mehrten  fic^  bod^  in  SRe|emia«  3eit  bie  aetjitm 
aQmäl^Iid^.  ©o  fmb  i^rer  Sle^  11,  15  ff.  aU  in  ^erufalem  tool^nenb  284  gejol^lt,  bo^ 
Xl^orl^üter  172.  Sie  anberen  toaren  in  Sanbftäbten  angeftebelt,  befonberd  im  beniamini' 
ttfc^en  ©ebiet,   tjgl.  aud^  SJe^  12,  27—29.    Sie   alten  Sebitenftäbte  toerben  nic^t  me^ 

60  em^ä^nt.  —  Sludp  bie  Sleti^inim  fmb,  al«  beftimmt  Don  ben  £et)iten  unterfd^ieBene  5lape, 


Seni,  Soitteti,  Soiitettfiabte  423 

oud  htm  @ctl  gurüdaelel^.  ^^re  3<^l^(  Betrug  nad)  ber  erften  ipeimlel^r,  bie  Söl^ne  ber 
ftnec^te  ©olomo«  mbegriffen,  392  (@gr  2,  58 ;  31^  7,  60).  aWit  (g^ra  famen  il^er  220 
(e«r  7,  7 ;  8,  20).  Sic  tool^nten  fortan  metft  in  Serufalem  (nad^  e«r  2,  70 ;  \>qI  5Re^ 
3, 26.  31  ou^  in  anberen  Stäbten  mit  ben  SeDiten)  unb  jtoar  auf  bem  Dpi)d,  bem  füb- 
5^i(^  äludlöufer  bed  Xemf)e(berged.  @ie  ftanben  unter  j^toei  aud  ü^rer  ^itte  genom-  6 
menen  Sorfie^em  (bgl.  9le|^ll,21  mit  g^r2,43;  5Re^7,  46).  3n  bem  föniglid^en  ßbift 
6dr  7,  24  toirb  i^nen  toie  bem  übrigen  j{ultud})erfonaI  ätbgabenfreii^eit  jugeftd^ert.  06 
gegcnfeitige  Verheiratungen  jtDifd^en  Israeliten  unb  92et|^inim  geftattet  toaren,  ift  aud  bem 
$i%  ntc^t  )u  erfel^en.  Ur{})rünglid^  bürften  bie  Stetl^inim  unter  baS  SSerbot  3)t  7,  3  ge« 
faOen  fein,  gn  ber  SRifcpna  (3ebamot^2,  4;  Jlibbufc^im  4,  1)  toirb  baS  Konnubium  mit  lo 
t^en  tKttodftt,  iBg(.  aud^  Sert^olet,  Stellung  ber  S^^^^K^^  unb  ^uben  ju  ben  ^emben 
1896,  6.  342. 

3n  betreff  ber  (d)itifd^en  Orbnimgen  jur  R6t  beS  jtoeiten  Xembeld  fhiben  fic^  jer« 
jireute  9{oti)en  in  ber  SRifd^na,  bie  aber  toenig  iKudbeute  getoö^ren.  SSgl.  bie  15  itmlpd» 
mnter  Sk^eraßm  5,  1,  tx)0  übrigen^  leine  Unterfd^eibung  jmifc^en  briefterlic^en  unb  toi«  i5 
tifc^  getroffen  iji    äSon  ber  ^emtoeltoad^e  l^anbelt  3Rtbbot^  1,  1  ff.    3lad)  biefer  SteDe 
tmabt  tm  )to>etten  Xem^el  an  24  Orten  3Bad^e  gehalten  (Dgl.  ^amib  1,  1),  t)on  benen 
21  Don  SeDiten,  3  bon  ^rieflem  befe^t  toaren.   3)ie  3Bad^t})often  ftanben  unter  bem^rö^ 
fcftcn  beg  a^enn>el6ergei8  (rr^an  nr:  td-^»)^  ber  nad^t«  bei  benjelben  bie  9lunbe  mad^te,  jcben 
SBoAter,  ber  fi^Iofeitb  getroffen  tourbe,  fd^Iug,  ja  i^m  bie  Leiber  anjünben  burfte.    lieber  go 
bie  let)Uifc^e  a:eml)elmuril  ögl.  ©rad^in  2,  3—6;  X^amib  7,  3.  4;  ©utta  5,  4;   SiHurin 
3, 4  u.  f.  to.  f.  b.  ä.  aRufil  b.  ben  $ebr.  —  5Wad^  ^of.  Ant.  20,  9,  6  ertoirften  bie  toi^ 
ttfc^  9RuftIer  unter  Ifönig  9lgrit)})a  II.  einen  S^nebrialbefc^Iug,  burc^  ben  i^nen  baS  Siecht 
(meßerltc^  JQeibung  ju  tragen  )ugef))rod^en  tourbe.  —  3Rit  ber  3^^ntng  beS  XtvxptU 
\Kdox  ba^  Selritentiim  toie  bad  ^rieftertum  feine  Sebeutung;  bie  Synagoge  bebcurf  beS'26 
Mben  ntd^    Dod^  finben  fic^  unter  oen  ^uben  bis  auf  ben  l^eutigen  ^:ag  fold^e,  bie  a(S 
9lb(dmmltnge  SeloiS  betrachtet  ioerben  unb  beSl^alb  im  ®Vnagogenru(tuS  geioiffe  Sionec^te 
genieß    2)er  3lamz  „2^x''  felbft  freilid^  ift  fein  SeioeiS  für  (eloitifd^e  Slbftammung; 
toax  er  bod^  äü  ^erfonenname  auc^  bei  Slnge^örigen  anberer  Stämme  nic^t  feiten,  bg(. 
).  9.  im  9IX  Sc  3,  24.  29.    Sid^erer  foQ  für  biefe  Slbftammung  ber  3lamz  $atoi  ein  ao 
^näfm  fein. 

SHe  flrittl  f^at  in  neuerer  ^üi  tief  greif  enbe  ^agen  in  Sejug  auf  bie  @nttoide(ung 
bcd  Stammet  Sebi  aufgetoorfen  unb  bie  trabitioneden  älnfc^auungen  t)on  ®runb  auS 
umjugeftolten  gefuc^t.  $)a^  im  S)euteronomium  ber  im  ))riefterli^en  @efe$  (P)  fo  fc^arf 
ooogene  Unterfcpieb  gtoifc^en  ^rieftem  unb  SeDiten  taum  ^ert)ortritt,  ^at  fc^on  frül^er  ss 
mdtt^  gegeben,  baS  D  in  eine  bebeutenb  fvötere  ^At,  als  bie  übrigen  Duellen  beS  $enta« 
tcuc^  ^inab)ufd^ieben,  ba  jener  Unterfd^ieb  fic^  unterbef[en  t)erioi{(^t  ^abe  (Sliel^m).  Um^: 
gdeirrt  l^oben  bte  an  fRmi  ftd^  anfc^lie^enben  5lriti!er,  unter  benen  befonberS  SQSeK^aufenS 
pla^d^  DorfieSung  burdffd^flagenb  toirlte,  Dome^mlic^  t)on  ben  gefe^lic^en  SSeftimmungen 
über  bod  ^rieftert^erfonal  unb  beren  äSerl^ältniS  jur  @d[c^id^te  auSge^enb  3lnla|  genommen,  40 
bm  P  bem  D  nac^guorbnen:  ber  ganje  Unterfd^ieb  eines  aaronibifc^en  ^rie^ertumS  unb 
eined  liturgtfc^en  £d)itentumS  gehöre  erft  ber  nad^))ro})^etifc^en  3eit  an.  ^n  ber  ^eit  ber 
$ro)>l^eten  fei  )toifd^  ^rieftem  unb  Set)iten  lein  Unterfcpieb,  fo  aud^  no^  nid^t  in  bem 
unter  3ofia  eirtftmibenen  D.  3!)ie  „Seöiten",  Don  toeld(>en  biefeS  rebe,  feien  bie  5ßriefter 
ber  bid  in  bie  beuteronomifd^e  ßeit  nic^t  angefod^tenen  länblic^en  ^ö^enlulte  getoefen.  ^er  46 
neue  ®efe^eber  (D),  toeldber  biefe  aufl^eben  tooUe,  um  nur  noc^  ben  ^Xemt)el  in  ^erufalem 
fottbeftepen  ju  laffen,  treffe  in  toeifer  ^ilbe  bie  äluSlunft,  ba|  er  jene  beim  (Singe^en 
tl^  Ot^erftotten  brotlos  geworbenen  £ek)iten  ber  ^ilbt^ätiglcit  em))fel^le  unb  i^nen  au^er« 
bem  t>olIberec^tigte  älufnapme  in  bie  jerufalemifc^e  ^riefterfc^aft  ertoirten  iooQe  burc^  bie 
SefKmmung  S)t  18,  6  ff.    2)iefe  Vergünftigung  fei  aber  an  bem  SBiberftanb  ber  le^teren  60 

g '«^eitert,  tme  ouS  2  Ag  23, 8  f.  erneue,  tiefer  X^atfac^e,  ba^  bie  i5ö^ent)riefter  auf  f olc^e 
eife  i^reS  Stec^teS  berluftig  gingen,  „^änge  bann  Sjec^iel  ein  moralifc^eS  SRöntelc^en 
um*'  (äBeÜ^fen),  inbem  er  fie  ju  bienenbcn  £et)iten  begrabiere,  ioeil  fte  baS  SSoIt  mx 
abgdtterei  öerfüi^  Ratten  (Sj  44, 10  ff.).  So  fei  Sgec^iel  (573  ö.  (S^r.)  ber  erfte,  ber 
innerhalb  beS  $riefierftammeS  einen  dlec^tSunterfd^ieb  einführe :  Sie  Söl^ne  3^^^^^^.  ^-  j^*  ^ 
bte  letufolemifc^  ^riefter  ^aben  allein  beS  älltarS  )u  toarten,  bie  übrigen  Semiten  in 
btenenber  Stdlun^  bie  bisherigen  9{et^inim  ui  erfe^en.  Sänge  nac^  Sjec^ielS  3^ora  erft 
fd  P  in  99ab)^Iomen  entftanben,  unb  Don  ©Sra  nad^  ^erufalem  gebracht  (444  ö.  6^r.) 
unb  bort  ^omulgiert  toorben.  $ier  erfc^eine  nun  jener  Unterfd^ieb  ^toifd^cn  ^rieftcm  unb 
toiten  bis  in  bie  mofaifc^e  ^At  jurüdbatiert,  inbem  9laron  mit  feinen  Söhnen  allein  beS  oo 


424  Soii,  Sdritett,  Soittettfiabte 

^rieftertum^  toaltt  unb  bie  9lnf))rüd^e  ber  totttfd^en  9iotte  üotad^  aurüclgetmefen  tDctbnt 
^e^t  erft,  tDO  ber  ^en  ber  lebenbigen  Srinnerung  ganj  abgebro^en  toat,  loimte  man 
e^  aud^  tpa^en,  jenen  3<iboI,  ber  gor  nlc^t  aud  ))riefterKd^er  ^mUte  ft>ar,  oud  bem  Stamm 
£et)t  db^uletten  unb  jum  !Rad^Iommen  Sharons  ju  flemf)eln.    @nb(t(^  ^obe  ber  S^nm$ 

6  nod^  tpettere  ^l^antaften  in  Betreff  ber  ©lieberung  bed  @tannned  2et)i  unb  feiner  Sebeu? 
tung  in  ber  ©efd^id^te  enttpidCelt,  inbem  er  ftc^  bobei  an  bad  @(i^ema  bed  P  ^dt 

^ie  meiften  neueren  Jlritiler  feigen  biefen  Hergang  ffir  fo  einleud^tenb  an,  ba^  fie 
bartn  ben  f^Iagenbften  SSetoeid  für  bie  litterarifc^e  9ieti^enfoIge  D,  €).,  P,  ^fycim  finben. 
@o  SBelll^aufen,  Jluenen,  itau^fc^  unb  Diele  neuere.     Slnbere  bagegen  je^en  biefe  Seipei^ 

10  fül^rung  ft>eber  e^egetifd^  nod^  )3ragmatif(l^  für  überjeugenb  an.  @o  ^iUmonn,  2)eli|f(^, 
Ritttl,  \>an  ^oonaoer,  jum  3:eil  aud^  93aubifftn  u.  m.  a.  SRel^r,  d^  gelDö^nlic^  0^c^^ 
foQte  bon  Beiben  Seiten  jugeftanben  toerben,  ba^  t)ieled  in  ber  ©efcpid^te  bed  Stammet 
unb  ber  @nttt)i(fe(un^  feiner  @inricl^tungen  buntel  B(eiBt.  ^nmal  für  bie  ältere  3^  &^ 
bied.    SBenn  man  bte  ))riefter(i(^en  Sa^ungen  ber  mittleren  Sudler  bed  $entateud^  (?) 

16  in  nad^e^ilifc^e  3^  ^inabrücft,  bem  @^oni{ten  aQe  gefd^id^tlid^e  @lauBtt)ürbigIeit  äb^paä^t 
audf  inSejug  auf  fold^e  Mitteilungen  tt)ie  2  61^r  17,  8  ((et)itif(|ed  Sel^rtoDegium  bedftönigS 
^ofa))l^at),  19,  8  (ric^terlid^ed  Jlouegium  bedfelben  Jtönig^),  20,  19  ff.  (lebitifd^e  Söngo» 
d^öre  beiSfelBen),  23, 1  ff.  (3Rith)irIung  ber  Set)iten  bei  ber  @d(fiIberl^eBung  gegen  Wfyd\a) 
unb  bie  audfü^rlid^en  Sr^l^lungen  über  bie  £et)iten  jur  3^  ^at)ibd  unb  ^i^nad  —  tperai 

20  man  enblic^  in  ben  ©efc^tc^t^Büc^em  fold^e  SteQen,  n)ie  1  @a  6, 15;  2  @a  15,  24  fcitifc^ 
befeitigt  ober  toie  1  Äg  8,  4  (t)gl.  LXX)  emenbiert  (f.  bagqjen  \>(m  ^oonader  ©.  79  ff. 
unb  147  ff.),  fo  lä^t  fic^  über  bie  £e))iten  in  Dorqnlifc^er  3^  über^au))t  nid^t  biel  fogen. 
Unb  bod^  Bleiben  auc^  bann  nod^  3^0^iff^  ^^0'  toelc^e  gegen  bie  ^eute  Beliebte  Sar« 
[teDung  ber  (Snttoicfelung  bed  Stammet  ind  ©etoic^t  fallen.     3laä)  SQSelD^fen  l^ätte  cd 

26  m  ber  älteren  3^t  einen  f^riefterlid^en  Stamm  £et)i  überl^au))t  nid^ft  gegeben,  ^n  ba 
Siic^ters  unb  älteren  jfönig^jeit  mac^e  ftd^  üBer^au))t  eine  Sd^eibung  jioifc^en  ^eilig  imb 
profan  in  $inful^t  auf  bad  itultud))erfonal  nic^t  bemerllid^:  ©ibeon  unb  SRonoal^  o|)feni 
f eiber,  ebenfo  Saul;  Sat^ib  unb  Salomo  Dolljiel^en  f^riefterlic^e  ^anblungen.  S)er  (S))^it)ai? 
mite  Samuel  toirb   )um  ^riefteramt  getoeil^t.    2)abibd  Sö^ne  hKtren  noc^  2  Sa  8,  18 

ao  ^riefter  u.  f.  ft>.  Sin  gal^lreid^ed  liturgifc^ed  $erfonal,  toie  ed  nad^  P  ber  Stamm  Setn 
^ätte  ftellen  muffen,  ift  in  ber  älteren  3^t  überoH  nid^t  Dorl^anben.  „Setoiten"  l^efe  man 
Dielme^r  bie  einzelnen  3nbit)ibuen,  bie  ftd^  t)on  SSerufötoegen  bem  ©otte^bienfte  tuibmeten. 
Seit  ober  im  Saufe  ber  üönig^jeit  bad  f^riefterlic^e  ^erfonal  jai^lreic^er  tourbe,  Bilbete  fi^ 
badfelbe  ju  einem  angefel(;enen  Stanb  l^^eraud,  ber  aU  folc^er  S)t  33  jogar  neben  bie 

86  Stämme  ^grael^  geftellt  ioerben  tonnte.  Unb  au^  biefem  ^riefterftanbe  tft  erft  f^Kiter^ 
ba  bie  Smter  mit  ber  3^^^  erblich  tourben,  ein  ©efd^led^tgjujammenl^ang  ertoacpfen.  — 
9lllein  gerabe  2)t  33  ergebt  gegen  biefe  SluffteDungen  Sinf^radpe  toie  fc^on  ®en  49  (bgL 
oben  S.  418, 33  ff.). 

©er  aSertrauen«mann  ^a^bel^,  öon  bem  If^ier  (3)t  33,  8)  bie  Siebe,  ifl  ntc^t  HRoff, 

40  ber  nie  bie  Urim  unb  ^ummim  geführt  l^at,  fonbem  ber  einl^eitlid^  ^ufammengefi^ite 
Stamm  £et)i,  auf  beffen  @efamt^eit  alfo  in  mofaifd^er  3^  ^ttoad  Don  f^nefierlic^  SSeti^ 
übergegangen  ift;  unb  bie  SSejiel^ungen  auf  ben  SBüftenjug  äSd.  8 f.  I^aben  nur  einen 
Sinn,  toenn  ber  f})ätere  Jjriefterli^e  Stamm  mit  feinen  SSertretem  in  ber  mofaifd^  3* 
fid^  in  einem  (Srbjufammen^ang  tougte.  3BeIl^aufen  felbft  f})rid^t  S.  142  bie  33ermutung  aud, 

46  ^ofe  möchte  au^  jenem  alten  (na^  i^m  untergegangenen)  Stamm  £et)i  (®en  49)  ^ 
vorgegangen  fein  (toobei  übrigem^  nad^mofaifd^er  Urf})rung  Don  @en  49,  5  ff.  unerflorii^ 
toürbe) ;  ber  äuöbrudf  SeDiten  fei  too^I  guerft  auf  bie  Sertoanbten  2Rofe«  angetoonbt  tDorben. 
^amit  giebt  er  aber  bereite  }u,  bag  fd^on  in  ber  älteften  3^  ^^  ^^^^  ))riefterlid^ 
5tor))oration  auf  ^amilienjufammen^ang  ©etoic^t  gelegt  tourbe.    Um  fo  toemger  ift  feine 

60  (grflärung  Don  2)t  33,  9  ftattl^aft  S.  132  f. :  2)en  ^priefter  mac^e  nid^t  ber  3ufammem 
^ng  be^Sluted,  fonbem  bie  SSerleugnung  bedfelben.  @r  muffe  äl^nlid^  toie  bielßro^l^etcm 
föl^ne,  SRed^abitcn  (?)  unb  Slafiräer  pd^  Don  ben  SSanben  ber  ^milie  lodreiften,  @ltcni, 
Srüber  2Beib  unb  Äinber  (!)  bai^intcnlaffen,  um  in  bie  $riefterfd^aft  einjutreten.  3**^ 
auf  ßölibat  ber  ^riefter  bürfe   man  barau^  nid^t  fc^lie^en,    fonbem  bie  SBorte  beuteten 

66  nur  an,  ba^  bad  ^rieftertum  ^äufig  faum  ben  Ttann,  gefd^toeige  benn  eine  ^omilie  a> 
näi^rte.—  ®aDon  ift  boc^  ber  Don  feiner  ^milie  bem  Heiligtum  getoeü^te  Samuel  nod^ 
lange  fein  93ctoeid;  feinen  5tinbem  tourbe  er  burc^  fein  9lmt  nic^t  entjogm.  Sielme^ 
foQte  er  an  6lig  Sd^idFfal  ein  toamenbe^  S3eif))iel  nehmen,  ba|  er  ful^  ate  ^riefter  ber 
SSeranttoortlic^feit  für  fie  nic^t  mtfc^lagm  bürfe.    Sluc^  laffm  jme  @r}ä^lungen  eidtennen, 

60  ba|  im  ©egenteil  bai^  ^rieftertum,  toelc^e^  freiließ  mit  bem  bloßen  £eDitentum  nic^  Der^ 


2ta»if  Selitttn,  Soiitenftabte  425 

\D^üt  toerbcn  borf,  fogor  rcd^t  einträflltc^  toar.  Senc  Stelle  be«  3Kofefe0eng  über  Seöi 
ge|^  alfo  nid^t  mif  öu^erfid^e  äudfc^eibung  aud  ber  ^amilie,  fonbem  fteJDlt  old  ^beol  jene 
innere  UnoblfKinöiöfeit  bon  ben  SKldtfic^ten  bcr  Sertoanbtf^oft  l^in,  toeld^e  ber  Wiener 
(S^etU^  unb  Bpxta^tt  bed  göttUd^en  Sled^ted  ftd^  betpol^en  mu|,  unb  ber  @tamm  Set)t 
bei  einem  beruhten  SorfoB,  auf  ben  öielleic^t  angefjjtelt  toirb,  6j  32,  26—29,  betoiefen  6 
^  S8aL  oudj  ©ellin,  Seitroae  jur  i^raelü.  unb  jüb.  SReligtonggefd^itd^te  II  (1896), 
©.110  ff.  SebenfoH«  ift  olfo  in  oiefem  ©egengfjjrud^  etn©tantm  borau^gefe^,  auf  toeld^en 
bie  ))riejierlid^e  äSürbe  in  mofaifd^er  ^Ät  übertragen  n)urbe,  unb  bon  toAd)tm  bie  f^ötere 
$ci^erfd^aft  fiti)  l^eitete.  ©elbjtberftänbßd^  l^at  aber  nid^t  ber  ganje  ©tamm  ba$  ^riefter- 
tum  ausüben  fönnen,  toenn  oudp  eine  getoiffe  SBei^e  auf  aQe  feine  ©lieber  übergegangen  lo 
iJL  SBic^^tig  iflinbiefer^inftc^tiener  einjeIne(Iritij(^nic^tangefo^tene)2ebit9lil7.  3)erfelbe 
ijl  fd^on  bon  &m9  aud  SeDit,  o^ne  $riefter  )u  fein,  toa^  er  erft  burc^  jene  9(nftellung 
im  ^aufe  bedlRic^  toirb.  SSeibed  ift  olfo  )tt)eter(ei.  @r  lann  nur  nad^  feiner  älbftammnng 
Sdnt  fein,  toie  ou^  18,  30  beftätigt,  too  er  t)on  ÜJtofe  abgeleitet  ft>irb ;  ober  nic^t  bon 
Ul^xtm  Umftanb  rül^  feine  Dualififation  jum  ^riefter  ^er,  fonft  l^iepe  er  bem  ent«  is 
^»cd^enb  ©0^  ober  ÜRad^Iomme  SRofed,  fonbem  bon  feiner  Bugel^öriglett  jum  t^riefter« 
Gd^  ©tttmm  Setri. 

3)a^  ed  bamold  nur  fel^r  toenige  Set)iten  gegeben  ^obe,  fd^Iie^t  man  freilid^  an^  ber 
%cube,  bieSRid^  barüber  em))finbet,  einen  fold^en  für  fein  ^eiligtum  gewonnen  nu  l^aben 
^17,  13).  3R(m  lann  aber  auc^  ben  @d^(u^  boraud  }te^en,  ba|  bie  Sebiten  jioar  20 
bicnfUi^e  SBe)ie^ungen  jum  nationalen  ^aud  ^al^bel^  Ratten,  ober  fid^  nid^t  jur  Sebienung 
t)oa  jmJKüen  ©onbertulten  l^ergeben  fottten  (bgl.  18,3).  ©0  üan  ^oonadter  ©.  230  f.,  ber 
für  bie  ottere  3^  ^4  S^ijc^en  erlaubtem  Sotallult  ber  ^milien  unb  ©efd^led^ter  unb 
bcm  3)ienfle  bed  Sunbk^eiligtumd  in  bem  ©inne  unterfd^eibet,  ba^  für  ben  erfteren,  für 
tod^  bie  SSorfc^riften  @c  20,  24  ff.  galten,  ))riefterltd^e  SSermittelung  nic^t  geboten  ge^  26 
iDcfen  fei,  toäl^renb  ber  9lltarbienft  am  Sunbe^^eiligtum  ben  lebitifqen  ^rieftem  t)or« 
bellten  toor.  Sa  lie^e  fid^  leidet  beulen,  ba|  bie  £et)iten  in  33erfud^ung  lommen  tonnten, 
Ott  ienen  onberen  Drten  ein  förmlid^ed  ^rieftertum  eingurid^ten.  9ltö  Slrgument,  toelc^eö 
fen  bad  SSorJ^onbenfein  einer  gai^lreid^en,  bon  SRofe  aum  ^ienft  am  centralen  ^eiligtum 
Plenen,  ©tommed  Sebi  ]px^t,  ioeift  man  barauf  l^tn,  ba|  @li  auf  bie  93coienung  ao 
ben  einzigen  ©omuel  ongeioiefen  fei  1  ©a  3,  1  unb  au^  feine  ©ö^ne  nur  über 
einen  Jtnec^t  verfügten  (1  ©a  2, 13).  älUein  toenn  ©amuel  ber  bertraute  ^amulu^  @li$ 
toor,  fo  ift  bamit  nic^t  gefagt,  ba|  ed  an  bem  t)ielbe{ud^ten  Heiligtum ,  gu  ©ilo  tein 
gao%ttti  2)ienfl))erfonal  gegeben  l^abe,  toad  auc^  aud  2,  13  nid^t  folgt.  Übrigen^  toirb 
ia  auc^  bom  S^oniften  erft  bem  S)at)ib  bad  ^erangie^en  einer  größeren  SRenge  t)on  Se^  35 
t>iten  pxm  Zem^elbienft  jugefd^rieben.  @$  berträgt  fic^  alfo  mit  ber  biblifd^en  ^arftellung 
taM>^I,  bo^  bie  mofaif^  ^bee  erft  bamolg  bollere  SSertoiriElid[^ung  fanb.  Seid^t  möglid^  ift, 
ba^  bamald  ).  9.  für  bie  2^em))elmufi!  geeignete  £eute  in  bie  SeDitenjunft  eingefteÖt 
tmnbcn  (J&oftermonn  glaubt,  bag  bie  9tabit)erbinbungen  bem  ©tamm  eingegliebert  toorben 
feien),  beren  Sobred  ober  burd^  bie  älbftammung  t)on  Sebi  gegeben  toaren.  SRerhoürbig  40 
bleibt,  bog  P  t>on  ber  gottedbienftlid^en  üRuftt  ber  Sebiten  gang  fd^toeigt,  ioad  bei  junger, 
htjfn.  nac^esilifc^  @ntftel^ung  laum  benibar  toäre,  ba  fd^on  bor  bem@^  bieSDtuftI  einen 
imi^tiaen  Xeil  bed  itultu^  bilbete.  Sa^  biefelbe  toenigften^  bie  Set)iten  nid^td  anging, 
U^  ftt^  oud^  nic^t  oud  bem  Umftanb  folgern,  ba|  in  @^ra  unb  9{el^emia  bie  ^^^orpüter 
lod^Sönger  getoö^nlic^  Don  ben  „Sebiten''  unterfd^ieben  ioerben.  Sie^  berul^t  nid^t  barauf,  45 
baft  fte  nod^  nac^  biefen  Quellen  (im  Unterfd^ieb  bon  ber  6l(^roniI  unb  ben  c^roniftifc^en 
3ufä(en  in  (S9t  unb  9te^)  nid^t  }um  ©tammc  Sebi  gerechnet  toürben,  fonbem  barauf, 
ho%  Sort  ber  äbt^mdC  „Sebif'  in  mgerem  ©inne  bon  bm  beim  eigmtlic^en  %tn\!pd'  unb 
XbaiMenft  3ubimenbm  gebrandet  toirb.  Safür,  ba^  ber  S^ronift  nid^t  einfad^  bie  SSer^öltniffe 
feiner  3^  <utf  bie  S3ergangenl(^eit  jurücftrage,  mac^t  t)an  ^oonacfcr  ©.  26  ff.  aud^  bie  ei^en-  so 
tfimlid^  @rfd^ung  geltenb,  ba|  berfelbe  gerabe  in  fetnm  Srjöi^lungm  über  Dore^iltfc^e 
^eit  bie  Sebiten  eine  Derl^öltnidmä^ig  l^o^e,  berjenigen  ber  ^riefter  angenäherte  ©teQung 
cmnc^en  loffe,  toö^rmb  fte  na^l  bem  @£tl  hinter  biefm  ftarf  jurüdftreten.  Um  fo  e^er 
lonnte  fid^  für  ben  fonft  bie  Ungleichheiten  au^leic^mbm  (Sged^iel  fragen,  ob  bie©d^rante 
jloifd^  i^en  unb  bm  ^rieftem  ni^t  aufge^obm  toerbm  foQte.  @r  Demeint  ed  unter  65 
{nnft>eid  auf  i^re  SSerfd^ulbungen  an  bm  gö^enbimerifd^m  93amot^.  älllerbing^  fagt  er 
m^ft  au8brüdDi(b,  ba^  i|ire  Unterorbnung  fc^on  altmofaifc^  fei  (ögl.  obm  ©.422, 31  ff.),  aber 
cbenfotomig  entueibet  er  ,fie  förmlid^  einer  SBürbc,  bie  fte  biö^er  gehabt  Ratten,  in  toeld^em 
%(dl  SS«.  13  ein  Tü^  fi<'-  ju  ertoarten  toäre.  Unb  tomn  er  44,  7  e«  gerabegu  ate  einen 
„9unb«Sbntd^''  bejeid^net,    ba|  bie  ^draelitm  bid^er  burd^  ^emblinge  bie  niebrigerm  eo 


426  £dii,  Soittett,  SoiUetiftSbfe 

3;cttH)elbienfte  Derric^ten  liefen,  fo  jejt  et  bamtt  eine  Sunbe^tl^ora  borau«,  MUfyt  Wefe 
SKenfte  anbeten  }ugetotefen  l^abe.  ^tefe  anbeten  lönnen  boc^  \Dof)l  nut  bie  Seilten  ge» 
toefen  fein. 

©0  fommen  toit  füt«  Stfte  m  bem  ©d^Iu^,  bem  ft(^  eine  befonnene  Äritil,  toie  toir 

6  glauben,  nic^t  enijiel^en  !ann,  ba|  bet  Stamm  Set)i  Don  ben  Anfängen  bed  idtaelitif(^ 
3ioIfötum^,  b.  ^.  t>on  bet  mofaifd^en  ^etiobe  an  (Dgl.  aud^  9ii  18)  atö  bet  )um  ®otted> 
bienft  befonbetd  getoeil^te  gegolten  ^abe.  3^^^^^*^^  ^^  if^  unbenfbat,  ba^  betfelbe  jemofö 
ol^ne  Untetfc^ieb  bem  ^tieftettum  follte  obgelegen  l^aben.  Sei  bet  Sinl^eit  bed  33olIe§ 
unb  feinet  ®otteg,  toeld^^e  und  in  unantaftbaten  2)otumenten  bet  ftü^eften  3^  entgegen« 

10  ttitt  (t)gl.  ).  S3.  @£  15 ;  9li  5),  ift  bie  t)on  bet  gefc^ic^tlid^en  Übetliefetung  etn^tp  be^ 
jeugte  einl^eitlid^e  3ufammenf affung  bed  Jlu(tud  an  @inem  Heiligtum  unb  in  @inet  ^efto^ 
familie  in  bet  älteften  3^it  dnli^  bad  einzig  92atütli(i^e.  3Rxi  bem  ^entateuc^  ift  ongune^en, 
ba^  biefed  ^tieftettum  utf!|)tüng(tc^  bon  bet  familie,  nid^t  bom  gangen  Stamm  ausging, 
ba^  abet  bon  jenet  auf  biefen,   bet  fid^  fd^on  in  bet  3^^   ^^  äBanbetung   butd^  feine 

16  SSunbedtteue  audgeid^nete,  ettoad  t)on  })tieftetlid^et  3Bet^e  übetging  unb  er  bem  ^eUigtum 
ben  näc^ften  @d^u$  unb  3)ienft  bot.  S)ad  fc^lie^  nid^t  av^,  bo^  bie  bon  SRofe  enttoor^ 
fene  ©tunbotbnimg,  ioel^e  bei  P  gu  @tunbe  Kegt,  im  Saufe  bet  ga^tl^unbette  bei  fo 
toec^felboQen  äSet^ältniffen  mand^^e  @tötungen  etlitt.  @d  ^ötte  tounbetbar  guge^en  muffen, 
toenn  bad  genealogifd^e  Siecht  ft^  immet  mit  bem  Sebütfnid   bet  ^ta^id  gebecft  ^ötte. 

20  2Bie  übetaQ  toitb  bei  gu  ftotlet  ^a!^l  bet  Setec^tigten  ein  Seil  betreiben  gutüdg^tongt 
tootben  fein  unb  ^intoiebet  toetben  bie  minbet  Setec^tigten  ftc^  befttebt  J^oben,  in  bot 
Jlteid  bet  Set)ottec^teten  eimubtingen.  (Sinen  Slnlauf  leitetet  9(tt  etgä|^U  bie  Übetliefetung 
fc^on  aud  bet  3^^^  ^Rofed  (9tu  16).  @in  äSottücfen  bet  Sebiten  in  f^tieftetlic^e  ^unftionen 
begegnete  und  oben  meptfad^,  bad  (Sinbtingen  bet  Xemtodbienet  ^eibnifc^en  Urff)rungd  in 

25  bie  lebitifd^en  Oblieaenl^eiten  begeugt  @gec^iä.  9luf  fold^e  SSetoegungen  folgten  ober  caxSi 
je  unb  je  toiebet  tefotmatotifd^e  9Ra|tegeln  im  entgegengefe^en  ©imt. 

@(|manlenb  toat  in  bet  ölteten  3^t  fd^on  bet  Untetfc^ieb  gioifc^  ^igem  unb  pt^- 

fanem  ^etfonal,  n)eil  bie  ^Ibee  bed  augemeinen  ^tieftettumd  nad^to>itlte ;  bamtt  iß  j^o4f 

.  nid^t  gefagt,  ba|  jenet  Untetfd^ieb  gat  nic^t  gemacht  ioutbe.  3)ad  ©egenteil  betamft  ^on 

80  9ii  17,  too  ein  beftimmted  «^milienglieb  im  Untetfd^ieb  bon  ben  anbeten  gum  ^xvijta 
getoei^t  toitb,  bet  ^atton  biefed  itultud  abet  folang  lein  guted  ©etoiffen  l^at,  bid  ed  ij^ 
gelingt,  einen  gebotenen  Sebiten  an  beffen  SteÖe  tteten  m  (äffen.  ^amaU  mi^en  man<^ 
^ulte  mit  obet  o^ne  Sebiten  entftanben  fein.  ÜJtit  bet  f^ftematifc^eten  Drbmmg  be^ 
©ottedbienfted  im  töniglid^en  ^etufalem  toutbe  ienetUntetfc^ieb  gtoifc^en  l^eilig  unb  ))tofan 

86  fttenget  butd^gefü^tt.  S)ic  „lebitifd^en  ^ßtieftet"  galten  ate  bie  Don  2Rofe  1^  mit  bem 
eigentlichen  SKltatbienfte  bettauten,  unb  aud^  bie  niebtigeten  Dtgane  bed  Jtultud  toutbat 
bem  Stamme  Sebi  eingegliebett,  toad  in  bet  älteten  ^eit  noc^  leiertet  na(S)  8d>ärfnid  gf 
fc^el^en  mod^te  aU  \päiti,  too  bieStbfotge  allein  entf^ieb.  (Sbenfo  fdjitoanften  bie®ten)m 
bet  Sefugniffe  innetl^alb  bed  Stamme«  2ebi.    3"  ^^  SBolIdanfd^auung  lüftete  [Am 

40  Sebiten  eine  Slntoattfd^aft  auf  bad  ^tieftettum  an  unb  aud^  im  Jtöntgteic^  guba  gelcnigtai 
mand^e  Sebiten  gu  ))tieftetlid^en  Smtctn  an  9tebenlulten.  9lud^  am  6enttal|eiligtiun 
toaten  bie  Sebiten  um  fo  angefel^enet,  ba  bie  gemeineten  ^antietungen  nic^tidtaelitifc^ 
9{etl^inim  übetbunben  toaten.  ^m  ©egenfafe  gu  biefen  ioie  gum  getoöpnlid^^en  SSolte  gaten 
bie  Sebiten  atö  SStübet  bet  ^tieftet,  ängc|ötige  bed  ^ßtieftetftammed.    So  l^t  oud^  boÄ 

46  füt  bad  Solt  gefd^tiebene  D  bie  näbeten  9ianguntetf(^iebe,  bie  natütlid(f  ftetd  innet^ 
biefed  Stamme«  beftanben  If^aben,  nid^t  ^etbot.,  SSöllig  unftatti^aft  ift  aber,  in  S)t  18,  6f. 
eine  SKafetegel  finbcn  gu  toollen,  tocld^e  bie  Übetftebelung  bet  §ö^enj)tiefter  nac^  Igeni« 
falem  einleiten  foHte.  SKit  jenem  Set)iten,  bet,  toie  e«  befc^eiben  l^ei^,  itgenbtoo  in  ben 
3^^oten  3^^oel«  gu  ®af*e  too^nt,  fann  unmöglid^   ein  fold^  gemeint  fein,   bet  bott  dn 

60  ^prieftettum  befleibet.  Sie  abfielt  bicfeö  ®efe^e«  ge^t  nut  boi^in,  ba|  bet  2tt>\t  buwj 
feinen  audtoättigen  3Bo^nott  ntd^t  bed  Sienftted^te«  am  Senttal^eiligtum  mit  entf))tec^ 
bem  ®enu|  bet  ©nlünfte  bedfclbcn  betluftig  ge^en  foll.  3!)a|;  et  bott  nid(ft  jebe  beliebige 
1^1.  §anblung  öotgunel^men  betec^tigt  fein,  fonbctn  bet  botttgen  Dtbnung  ftd(f  einfügen 
foll,  t)etflcl^t  fid^  babci  bon  felbft.    2Benn  nun  Äönig  ^o[xa  bei  feinet  Sfleformotion  olle 

66  ^tieftet  bet  jubäifc^en  Samotl^  nad^  3l^^f«I^"^  einbta^te,  fo  etflätt  ftd^  ba«  leicht  botoitf, 
bafe  fie  let)itifc^et  äbftammung,  alfo  bem  %m:pd  gu  Dienft  t)et))fli(^tet  tooren  unb  boÄ 
ätufböten  be«  Samot^Iultu«  butc^  i^te  33cttoflangung  am  fic^etflen  getoöl^rleifict  f<^en. 
S)afe  babei  bet  SBottlaut  bon  5Dt  18,6  f.  nid^t  eingel^alten  tootben  fei  (Rittcl,  ®ef<^i(^ 
II,  324),  ift  fd^on  bedl^alb  ungutteffenb,  toeil  bief et  2ßottlaut,  too  e«  fi^l  um  ni^t«  toeniger 

60  al«  fteitoiHige  (Singiei^ung  öon  „^JJtieftetn"  ^anbelte,  gat  nid^t  pa^tt.   Äittel  meint  femer, 


ScbE,  Setiittti,  SctPilcnfiaMe 


Sr^fft 


427 


Qojia  \}abt  jene  §öt)eni)ticfter  ju  üoHberec^tiflteii  llrieftetn  in  ^cn'folon  machen  iBollen, 
bte  borliac  5l!iieftev|d)afl  ^abc  bieS  jrto«^  ni^it  jugcgcben.  Jlon  einem  foli^en  @egenfa^ 
toeife  ber  lejt  nidSiie.  @ö  fjeiftt  2  Kg  23,  9  cinfadi:  „bo(^  butften  bic  ^rieftcr  ber 
fibben  nit^t  fieranftcigen  jum  SHtar  Qabbef^  in  3«ufalcm,  jonbetn  nitt  ungeläuertc  Ru$en 
enen  inmitten  ibret  Sriiber".  2).  ff.  man  bat  fic  nad;  iljrcr  SäbEunft  nlä  Seoiten  aner;  6 
lannt,  aÜ  '^^nefter  aai  guten  ©ntnben  nii^t.  @an)  ent|))rec(icnb  entfc^etbet  über  fte  f))ätei 
Sgti^iel,  bet  eben  bie|en  dte^löunleridfieb  ni^t  neu  ge|[^affen,  tonbrni  i^n  fdion  vor: 
gcfunben  b°t-  6'"*  reinliiibe  ©(Reibung  gtoilcben  ^rieflcm  unb  Scuiten  gegen  bie  Seit 
be«  Siite  wirb  aud)  burc^  baö  beftotigt,  nai  Don  ber  9Iüc(Iebr  beiber  AEa^en  gemelbet 
ift.  iBgl.  granj  Ilelifjrf),  3KffiS  1880,  ©.  286  f.  ^er  gefe;|Iii^e  Seift  beö  ^ubentumS  lo 
in  ber  nQ^ejiliitfccn  3eit  bratf)te  eä  mit  fiel),  bafi  bie  Orunbiinien  biefeö  JRetlitöunlerff^iebeä 
nit^t  mcfir  Oenri((^t,  (unbcm  im  ©cgenteil  Betjqärft  löutben,  ».  DrtBi. 

i'rniotliim  f.  Sb  V  ©.  8,  33—10,2. 

£cBirnt8ef)t  t-  Sb  V  S.  745, »]  ff. 

£etiiticii€  j.  ^entalcud).  is 

Se^berffT,  aJieI(()ii)t,  gcft.  1721.—  Sodgcjeßte  ©ntiimluna  von  Hltcn  iinb  9!cuen 
Z^eobglfc^en  eadjeii,  SefPilg,  Satirgang  1721,  ®.  10l2fF.:  Unpart^e^ifdjc  ßird)eii>^iftDrie, 
3enü  1735.  fflb  II,  S.  625;  «.  3.  pon  ber  «o,  Biogr.  Woordenboek,  ob  XI,  S.  387ff.; 
Sog,  &i\ib.  ber  piot.  Dogmatil,  Sblll,  €.290. 

3R.  Se^beier,  1642  ju  SJtibbetburg  geboren,  Würbe  no^»  fünfje^nj^igEn  $farr=  20 
bienflen  in  [eelänbif^en  DrEfctiaften  ^rofeffor  ber  3:{)eD!Dgie  in  Utrecht  1679  unb  tuirlte 
bort  biö  ju  feinem  iobe,  1721.  (£r  toax  ein  nai^geborener  SÖoetioner,  Wob'  ber  le^tc 
SBettreter  einer  gänjlij^  nnerhieii^ten  reformierten  DrtboboEie.  93on  biefem  Stanbpunttc 
aui  polemifierte  er  nii^it  nur  lüiber  bie  9(euerungen  beö  XeufelSleugnetÖ  Salt^afar  Seder, 
befien  bejauberte3öe(t  1G90  erf(^ienen  mar,  (onbem  mii^  loiber  bie  cartefianift^c  ^S^itofopbie  as 
unb  felbft  toiber  ^ermann  Sffiitfiuö,  ber  bie  rcformicrle  ße^re  Bon  ber  ^^aufc  ber  lutbe. 
rif<^en  anjunäbem  fd^iien.  Die  meinen  feiner  jaljl'^ei'^e"  poEemiff^en  ©t^riften  fmb  nbet 
toiber  bie  göberaltbeoEogic  ber  Gocceianer  gerii^tel,  unb  führen  bie  ftreitigeu  jungen  mit 
otßger  fliarbeil  Bor.  Übrigen«  (jal  gerobe  ^\tx  aud}  bicler  ^olemifcr  bem  me^r  auf  bie 
biflotift^c  Gnlwidelung  gcridjletcn  3citgeifte  einen  tieinen  Xribut  joÜen  muffen.  Se^beder  so 
tonnte  bie  (SnttDideEung  ber  ^eiligefi^ii^te  nat^  bem  ^b*'"«'!^!'«'"  nid()l  Biättig  beifeite 
ft^ieben :  fo  überbot  er  fie  buro)  emen  „öIonDmift^en"  SnttBurf,  Welcher  bie  ®e[amttbätigi 
feit  ®oHeö  auf  bie  SieEt  nadj  bem  ltinitarif(^en  Si^ema  orbnetc  (De  oeconomia  trium 
personarum  in  negotio  salutis  humanae,  Traj.  1682).  Unter  ben  fonftigen  onti; 
coeeejanift^en  ©{giften  ift  bie  toiditigfte :  Synopsis  controversiarum  de  foedere  et  36 
testamento  Dei,  Traj.  1690.  ©ein  f^ftematifdjeä  gaubttDerl  ift:  Comment.  in  Cateeh. 
Heidelberg,  sive  de  veritate  et  sanctitate  (idei  Reformatae,  Traj.  1694.  ®anj 
frei  Bon  ))oEemifctiem  S^nralter  ift  nur  bie  groge  ®ef(^id)te  unb  äErdiaoEogie  beä  %1ä : 
De  republica  Hebraeorum,  Slrnft.  1794;  ein  jtoeiter  Sanb,  mit  lueEc^em  baä  SBerf 
ober  not^  immer  unBoEEenbet  bleibt,  erfi^ien  1710.  to 

91.  Si^weljer  +  (<S:  g.  Surl  aRüner). 

gelben,  ^otjann  Bon  f.  aRünfter,  ffiäiebertäufer. 

Seqfer  (£ci|er,  iJijfer),  lutberifdic3:beoEogen=  unb  ©elebrtenfamilie,  ouä ©db'"'«^'" 
flammcnb,  im  16.  ^a^r^unbert  nää)  ^iotbbeuif^Eanb  übetgefiebeEt  unb  bort  in  einer 
dbeligen  unb  bürgerlichen  Einie  nodj  je^t  an  Berfdiiebenen  Orten  bEübenb.  4s 

1.  3)er  ältefte  auä  ber  aSiirttembergift^en  fiiw^engefi^it^te  bctannte  ©tammuater  ift 
Äafjjar  Se^fer,  gcft.  1554  ober  55. 

aitlerotuf.    Ebr.  gr.  ©oltler,  Bcldjlrtite  bcä    ^eTjogtum   ^ürllembcrgfl    IV,    S,  74 
unb   öeta.  n.  29  u,  30;   iinTtitiann  unb  3fiqev,    »renä    II,  ©.285 ff.;    6b.  Sr.  ©ctiuitrrer, 
(ErHuterungtn  JC,  S.  234 ff.;    ?!refiel.  Anecdota  Brentiann  ©.  385  ff. ;    ßbt.  3ir.  0.  ®l<ilin,  50 
fflüritembergljtbc  ©efildUe  IV,  e.  738  f. 

Gfeboren  ca.  1527  ),u  Söinnenben  im  gerjogtum  aBürttemberg,  lö41  in  Tübingen 
immatrihiEiert,  ^i^eunb  unO  ©^teager  Don  ^atob  SEnbreti,  ca.  1550  ^faner  in  (einer 
5Kalerft«bt,  bann  ©tabltjfnner  in  3!üttingen,  befannt  burd)  feinen  ben  6.  ©eptemba  1564 


428  Üt^a 

in  ©emetnfd^aft  mit  3.  älnbrea,  bamatö  @u))erintenbenten  in  ®'6ppmam,  an  ^erjog 
e^to))^  t)on  äBürttemberg  gefteQten  Eintrag  auf  @infü^ng  einer  befferen  Aird^jud^t 
md)  colbinifc^em  SSorbilb  unb  auf  Sinfe^ung  bon  ^redb^terien,  b.  f),  eined  oud  6  btd 
8  SRännem,  ^rebigem  unb  Säten,  befle^enben  ®emeinbeIoIIegiumi8,  bai8  toik^entlic^  ju« 

5  fammenlommen,  bie  rollen  ©ünber  öorforbem,  jur  Sefferung  enna^nen,  ebent  bie  1^ 
näcügen  t)om  9lbenbma^(  au^fd^Iiegen  foDte.  2)er  ^ergog  nal^m  ben  SSorfd^Iag  ta>ol^Ita>oQenb 
auf,  Srenjober  unb  bie  toeltlid^en  Släte  toaren  fel^  entfd^ieben  bagegen.  S)te  bot» 
ne^mften  Geologen  bed  Sanbed,  worunter  befonberd  Slnbreö,  tourben  auf  ben  24.  9los 
bember  nac^  ©tuUgart  berufen  unb  i^ntn  in  ©egentoart  be$  ^erjogiS  unb  fämtlic^ 

10  Oberräte  ber  ^erjogUd^e  SSefc^eib  })ub(ijiert :  „ed  gebühre  Sofern  nidpt,  ein  eigene^  Jbm 
ftftorium  in  feiner  ©emeinbe  aufjurid^ten,  auc^  fei  eiS  bebentlic^  jä)em  ©eifflid^  eine 
fol^e  ©etoalt  einzuräumen;  nur  bie  Slbma^nung  bom  @alrament  ftel^  bt^em  ju, 
toeitere  SKaferegeln  ber  ^u(i)t  feien  teite  bem  l^erjoglid^en  Äonfiftorium,  teite  ber  todt^ 
liefen  Obrigleit  )u  überlaffen.''    Se^fer  ftarb   bolb  barauf;   9(nbreä   frnib   ein  anbered 

16  ^Ib  für  feinen  ref ormatorifc^en  6if er ;  bennod^  batte  ber  Se^f erfdbe  äntrag  feine  3***nft 
unb  tourbe  im  17.  ^ai^rl^unbert  in  beränberter  ©eftalt  bon  ^o^.  93al.  ätnbreä  tbi^er  auf< 
genommen. 

2.   ©ein  einziger  ©ol^n  toar  ^ol^farj)  Se^fer  (ber  ^ere),  gefl.  1610.  — 
fittteratur:  lüeic^enreben  uon  Seont).  |)UtteT,  $3ittenberg  1610  (benu^t  oon  iR.  ftbam, 

20  vitae  theologor.  ed.  3,  1706,  @.  379—381),  ^.  ^ö^jfner,  Scipsig  1610  unb  %  Senlf*. 
fieipjig  1610.  Zf).  (Bpi^l,  Templum  honoris  reseratum  1673,  @.  9—16;  ©.  ®.  Xen|cl,  ein 
Urenfef  Se))ferd,  gab  ^ur  Verteidigung  fie^ferd  gegen  bie  Eingriffe  &ott\xith  ftmolbd  einen 
Sraltat  fie^ferg  r>on  1605,  ber  für  fein  fieben  {e^r  roertDoQ  tft,  mit  einigen  einleitenben 
S3einerlunaen  neu  ^erauS :  IRettung  ber  (S^ren  unb  Unf  Aulb  D.  P.  L.  in  Curieuse  bibliot^ 

26  1705  II,  675—735.  Um  p*  gegen  bie  grcunbe  be8  9iicl.  Ärell  jju  ücrteibigen,  aiebt  S.  ^ier 
eine  Autobiographie  oon  1585  an;  befonberd  6e^anbelt  er  feine  loejie^ungen  ^u  @ad^fen  unb 
©raunmoeig.  —  @ln  onberer  Urcntcl,  %  fie^fcr  HI,  oertcibigte  i^n  ebenfoll«  gegen  Slmolb 
in  einer  @4rift  u.  b.  %,  Officium  pietatis  etc.,  fieipjig  1706  (®Iei4,  6.  582ff.).  t>ajfli 
ogl.  bie  Sorrebe  bed  oon  bem{.  ^erauSgeg.  i^ommentarS  in  prophetas  minores;  ^.  ^fifeliii, 

80  Memor.  Theol.  Wirtemberg.  1710,  pars  I,  281  ff. ;  $ö.  3.  *Jte^tmet)er,  ©rounfc^w.  ftir^en« 
^iftorie  1715  IV,  23  ff.  55—149  auf  ®runb  urhinblicber  Cuellen  mit  mertooOen  Beilagen  in 
^eil  V.  Unter  ©enu^ung  aQer  früheren  OueQen  lieferte  3o^*  Anbr.  (&ltiib  in  ben  annales 
ecclesiastici  I,  439—609  eine  forgffiltige  fiebenöbefc^rcibung  (mit  Silb);  eine  lurme  d.  g. 
@.  ©ierfing   in    feiner   92euaudgabe   oon   fie))fer3    (Sotec^idmudprebigten  1752.     ^a^u  og(. 

85  gö^ersaflotermunb,  ®eIc^rtcnIcjifon  II,  2630;  IV,  271 ;  «.  t^olud,  'J)er  ®ctft  ber  lutj. 
J^cologen  ©ittenbcrg«,  1852,  6.  4—14  unb  passim  (unter  ©cnu^ung  oon  SSWefen); 
(5J.  grranf,  ®cf4i(btc  ber  protcftontifdicn  2§eoIogie,  I,  1862,  6.243  ff.  »ielc  ©riefe  oon  i^ 
befol  fein  Urenfel  %  fic^fcr  III  in  (Scfle  (f.  u.)  unb  gab  eine  Äuöma^I  berfelben  beraud 
u.  b.  i,  Sylloge  epistolarum   Leyseri  1706;   anbete    finb   gebrucft   bei    die^tme^er,   QIIei4f 

40  f^cbt,  supplem.  histor.  ecclesiast.  unb  in  ben  Unfd^ulb.  92ad)r.  1708  ff.  (ogl.  bie  9^a(bn>eife 
bei  ®Iei(b/  @.  609);  onbere  ungcbrurft  auf  ber  Hamburger  S3ibIiot^cf. 

@r  iburbe  geboren  ben  18.  3!flQX%lbb2  )u  äBinnenben.  3la6)  feined  SSoterd  frül^ 
2^obe  berl^^eiratete  ftd^  feine  3Rutter  (ÜRargarete,  geb.  Sntringer  aa^  ^lübingen,  @d[^ti>eficr 
ber  JVrau  3-  Stnbreä«)  in  jtoeiter  6^e  mit  bem  2;^eologen  &\xla^  Dfionber  (einem  ©o^^ 

46  bed  nönigdberger  älnbrea^  O.,  geb.  1584  in  9{ümberg,  bamafö  ^iolonu^  in  ®ö)))Nngen, 
f))äter  ^of))rebiger  unb  itonftftorialrat  in  ©tuttgart,  geft.  1604).  .Rein  3Bunber,  ba|  ccaii 
iBeijfer  bie  geiftlid^e  Saufba^n  unb  bie  ftreng  lut^erifc^e  Slid^tung  feine«  ©tiefbotcr«  D. 
toie  feine«  O^eim«  Slnbreä  einfd^Iug.  ^n  ber  JUofterfc^ule  ju  93laubeuren  unb  auf  bem 
©tuttgarter  ^äbagogium  borgebilbet,  tourbe  er  1566  ©tubent  unb  l^erjoglic^  ©ti)>enbiat, 

60  1570,  faum  18  ^af)xt  alt,  5Wagifter  unb  9lej)etent  in  S^übingen.  $eerbranb  uiü>  SCnbreä, 
ber  jüngere  ©c^ne)[>f  unb  SSrenj  toaren  feine  Se^rer;  eine  innige,  mel^r  al«  btübfrlif^ 
^eunbfc^aft  berbanb  i^n  toä^reno  feiner  ©tubienjeit  mit  feinem  um  }n)ei3<^te  ölteren  Sonb«« 
mann  Slegibiu«  $unn  (geb.  1550  in  SSiinnenben).  £.  felbft  bergleid^t  i^  SSerl^Kiltnid  mit 
bem  fjfreunbfd^aft^bunb  jtoifc^en  Saftliu«  unb  @regor  bon  ^{auan).    ©c^on   1573   tofa^ 

66  2.  ^ßrebiger  ju  ©efleröborf  in  9Jieberöfteneid^  bei  bem  (Srbtruo^fe^  9R.  S.  bon  Suc^^cim. 
9$on  bort  au«  ^atte  er  al«  beliebter  itan^elrebner  öfter«  auc^  in  3Bien  )u  ^rebigen  unb 
tourbe  bem  Äaifcr  5WajimiIian  II.  belannt.  3»"  2:obe«ial^r  be«  lefeteren  (1576)  ertoorb  er 
in  3^übingen  jugleid^  mit  :Jigib.  §unn  bieSBürbe  eine«  Dr.  Theol.  Sinen  Sluf  jum^rebigt» 
amt  in  ®rä^  Uf)nU  er  ab,  folgte  aber  1577  nad^  längerem  SSebenlen  auf  Sefe^l  feine« 

60  ßerjoa«,  ber  i^n  al«  fürftlid^en  @ti))enbiaten  mnäc^ft  auf  p)tx  ^af}u  bem  5lurf&iicn 
^uguft  liel^,  einem  Stufe  nad^  äBittenberg  al«  Pfarrer,  ©u^erintenbent  unb  t^eologifi^ 
^rofeffor.    Sion  feinem  O^eim  3-  Stnbreä  introbujiert  unb  al«  3Rann  bon  fc^nftmä|iger 


reiner  Sclfre,  ehrbarem  Syanbel,  ftiHem  unb  friebliebenbem  Gb^raflct  aufS  tuärrnfte  em= 
tfo^Un,  Itnl  er  im  j^btuat  1577  (ein  ^fortamt,  etloaS  (pätet  fein  alabcmtftteö  Sie^ramt 
an.  Uma  (einen  etftcn  äu^öt«^  HJ*"^  3"^-  ämbl.  S"  Süitlenberg  ^atte  £.  bie  nit^t 
eben  banlbore  Sliifgabc,  bie  (eit  bem  Stuii  ber  fitvVf>^a'''i"'ftf"  1^74  bcn^c^nbc  3luf= 
tcgung  )u  befdjiuit^iigcn  iinb  bei  ber  Sinfübrung  ber  fionfoibienfortnet  Wie  bei  ber  SRe=  & 
organijaticn  ber  Uiiiöerfitiil  mitju^Ifen.  Daft  ti  bierbei  nidjt  ebne  Äonflill  unb  aöibcr= 
hMitigieiten  abging,  läjit  [\ä)  leii^t  bmfen.  Seine  Sni5rm^Io(i0(cit  aber,  (eine  natttr= 
l\d)t  £iebenätiiiirbigtcit  unb  rebneviff^e  Begabung  (er  nar  au)  ber  Aanjel  „nie  ein  ßngel 
onjujeben"  —  „ein  jloeiter  Dr.  angelicua"  SHe^tme^er  l.  a.  S.  14-i)  erluarben  iljin 
bolb  bie  ätcblung  unb  Siebe  (einet  @emeinbe,  ber  Unit]er(ität  unb  beö  Rurfürften.  Seim  lo 
^f(^(u6  beö  flonlorbientoerlS  1577 — 8Ü  würbe  er  ju  Betriebenen  Beratungen  unb  ®e: 
ft^äften  jugejugen,  ei  toor  neben  älnbreä  unb  Selnettei  ^Ritglieb  ber  ßDmini(fion,  toeli^e 
bie  Unter(i4nft  ber  flonforbia  in  Jiur(acbfen  ju  betreiben  botte,   no^m   leiE  an  JtonDenten 

Si  iH.'ittenberg,  Sit^tenburg,  JDieifeen,  ^erjberg,  lorgou  ic,  batte  mtl  SInbreä  eine  neue 
niDerfilälöotbnung  ju  baatcn,  Kurbe  mit  einer  XcjtreBiftDn  ber  Iutberi({^en  SÜibeliiber;  is 
(e^ung  beauftragt,  roobn'e  1582  bem  ÄoÜDiinium  ju  Oueblinburg,  1583  einer  ©»nobc  ju 
SDresiben,  1684  unb  1585  fionbenten  ju  iRagbcburg,  üeipjig,  §erjberg  bei.  flurj  bor 
Slnbreäö  SHbff^ieb  a»S  Äur(acb(en  batte  ii.  (ic^  nocb  feffer  an  bie  neue  J^eimat  gebunben 
bun^  (eine  a!erbetratung  mit  (Slifabetl?  firanncb,  ber  3;ocbter  beä  ^Jlalerö  unb  Sürget= 
meifterä  oon  Siittenberg,  üucaö  Ä.  beä  jüngeren  (^Karj  1580);  bie  Sb«  War  gtüdlidb  20 
unb  mit  13  Äinbem  ge(egnet,  olfo  „ba|  er  aucb  in  (einem  ©beftanb  ein  recbter  ^ßolpfarpuä 
oeniejen".  2H#  aber  natb  Surfürfl  Mugiiftä  iob  1.586  ber  ^Cbilipptömu«  fein  ^aiept  m 
Rur(acbfen  aufä  neue  ert^ob  unb  gleitbjeitig  ein  ^uf  auä  33Taun(d)lDeig  an  ibn  gelangte 
}u  ber  Stelle  eineä  AoabiutorS  ober  ^ije(upeiintenbenten,  }o  glaubte  er  bie  lSnt({bcibung 
feinem  Sanbe^b^^^r  bem  Jturfürflen  Sbriftion,  itberlaffen  |;u  foUen.  ^ei  ealbtnifterenbe  2g 
^of  erteilte  ibnt  bereitluiUig  bie  Sntlaffung  (äluguft  1587),  unb  (0  jog  er  Don  bannen 
gum  6(bmerj  feiner  grcunbe  unb  Sln^änger  bei  Uniuerfität  unb  föemeinbe,  bon  feinen 
©egnem  mit  gob'^i^en  Satiren  unb  ^ISaÄ^uillen  »erfolgt.  Siuc^  in  SBraun((^toeig 
toortelen  feiner  neue  Sämpfc:  ber  bortige  ©uverinlenbent  §eibenrei(^  beftritt  bie  Ubi= 
quitätäle^e  ber  Sonlorbienformel,  bie  er  nur  bebingungßtoeifc  unter(i^rieben ;  fieijfer  Der=  so 
teibigte  beibeä  —  bie  fie^re  unb  bie  Stei^tägiltigieit  ber  F.  C,  unb  batte  bamit  bie  Mti/x-. 
beil  ber  '£raunf(^n)eiger  Qlemeinbe  unb  ^rebigcr  auf  (einer  Seite,  ^eibenreti^,  obf^^'^ 
unbeliebt,  Würbe  feines  2Jmted  entlaffen  unb  Sc^fer  Superintenbent  1589  (f.  SHeblmeier 
©.  55  ff.).  3Iun  aber  luarf  fu^  ber  ftreitjütttige  §elmftäbtet  ^rofeffor  33.  ^offmonn  ju 
^eibenretc^  'Betteibiger  auf :  eä  (am  ju  beftigen  ßrörterungen,  .^erjog  .^einrii^  3iiIiuS  » 
tDOÜte  ben  Streit  burtlj  ein  ÄoBoqutum  ju  SßJolfenbüttel  (^ilic^ten  (6.  aJIai  1591).  ©er 
9iaun[(^n)eiger  9iat  ober  BcrWarf  biefe  tent(d)eibung  alö  einen  (Eingriff  in  feine  fin^üt^e 
^uriSbiftion.  9Iucb  im  St^ofe  ber  Siirgerfi^aft  [am  cS  gu  beftigen  .^foiftigtei'en,  benn  im 
State  faften  moni^te  ©egner  be«  ent(riebenen  Vertreters  ber  fiontorbienformel.  33a  lourbe 
Sevfer  nacb  bem  l;obe  beö  Äurfürften  Gbnf'ian  I.  (geft.  25.  September  1591)  unb  bem  10 
roft^en  Stwrj  beö  (ur(äcbri(*en  finjptocalbiniSmuS  naä}  üöittenberg  juriictberufeTi.  ®rft 
nacb  langen  sßerbanblungen  erljielt  er  ferne  Sntlaffung  unb  jtcar  juerft  nur  auf  ibei 
3abre,  unter  ber  Sebingung  batbiger  ^tüdtebr  (26.  Sljjril  1593).  Saum  in  SSJittenberg 
angctommen,  Würbe  er  in  ben  ^uberftben  Streit  Berwiiielt  (f.  Sb  VIII,  409  ff.),  folgte  aber 
ff^on  1594  einem  9tufe  naib  3>reSben  als  0ofbrebiger  unb  ßonftftoriatrat  an  bie  Stelle  t& 
beä  1693  Berftorbenen  ÜDI.  ffltirua.  3(un  erft  (2.  ^uni  1594)  gab  er,  taum  erft  »on  einer 
gefäbrlii^en  ßrantbeit  genefcn,  (eine  S3rQun((^Weiger  Superinlenbentur  bcftnittD  auf,  unb 
trat  fein  neueö  mü^e:  unb  bomenBoHeS  3lmt  in  iDreSben  an.  HJfit  Wel(^  geWiffenbaftem 
Emft  er  (eine  Stellung  oni  §ofe  auffaßte,  geigen  insbefonbete  (eine  Bier  2anbtagä= 
prebigten,  gebalten  ju  2:orgau  über  $(  101,  üun  i^m  (elbft  ^ccaniQtztbm  unter  bem  so 
^itel:  Segentenfpiegel,  fieipjig  1605,  6.  8  (neue  SluSgabc  Bon  5.  grieberi^  §aQe  1859). 
^ier  t«it  er  in  ber  Sorrebe  „ficlf  felbft  einen  ^cfprcbigerfpiegcl  Borgebalten,  Wonat^  er  in 
feinem  befcbweilicben  unb  forglicben  3Imt  fid)  balten  will:  @otteS  SBort  unBerfälj^t  nac^ 
ätnleitung  ber  Aug.  Invariata  unb  Form.  Conc.  ju  lebren,  (ein  Setjramt  mit  i^rift 
liebem  iBanbel  ju  jieren,  aber  aUeä  ungebofmeiftert  ju  loffen,  WaS  nic^t  @DtteS  äicrt  w 
ftraft"  (f.  ©leicb  ©.  534^44).  Unter  Bieten  (Sefcbäften,  jeitraubcnben  Steifen,  auclf 
fi^Weien  Mrant^eilen,  unter  Bielerlei  ilämpfen  unb  ^iberwärtigfeiten,  bie  il)m  Bon  ben 
geinben  ber  göttlicben  SÜabrbeil  ober  Bon  falfdjen  Srilbem  bereitet  Würben,  —  unter 
böfen  unb  guten  ©eriitfelen,  bon  ben  einen  ber  §errfdf(udft,  con  ben  anberen  beS  ©eijeS 
unb  anbcrer  %ti)la  be(^ulbigt,  aber  m  (anftmütiger  ®cbulb  unb  bemütigem  ©ottuertrauen  üo 


430  Sdifer 

aDed  @d^tt)ere  tragenb  unb  übertotnbenb,  geehrt  burd^  bod  3^^^^^  f^^^^  t^tften  tüie 
burc^  bte  ®unft  bc^  Äaijerg  Slubolfll.  (bet  t^n  1607  in  $raa  Jjrcbigm  üc^  unb  ein 
alte«  3lbetebi|)lom  feiner  gamilie  erneuerte),  üerbrad^te  er  ben  furjen  Steft  fjine«  Seben«. 
@r  ftarb,  nad^  längeren  Setben,  58  ^a^re  alt,  ben  22.  ^ebruar  1610  )u  S)re^en,  t>im 

6  bier  Uniberfttdten  betrauert  atö  Phosphorus  theologorum  nostri  secuH  omnium, 
al«  theologus  sincerus,  orthodoxus,  animi  candore,  morum  suavitate,  do- 
quentia  rara  insignis.  SSon  bem  bamal«  gleid^lieitig  in  iturfac^fen  to>irfenben  fd^tDO^ 
bifc^en  ^eologenlleeblatt  l^ie^  ^\mn  ber  ©elel^rte,  ^^liu«  ber93erebte,  Sei^fer  ber  Schöne 
—  Hunnius  doctissimus,  Mylius  eloquentissimus,  Leyserus  formosissimus.  — 

10  SBon  5p.  fie^ferg  gal^Ireid^en  ©d^riften  (f.  baö  SSerjeid^ni«  bei  ^ifc^Kn,  Si^^'S'^*^""«** 
@U\äf)  ftnb  bie  beiben  mid^tigften,  bie  fein  älnbenlen  am  meiften  erl^alten  ^oben,  feine 
älu^abe  ber  loci  theologici  t)on  ÜRartin  Sl^emni^,  ^anffurt  1592,  unb  feine  %üttr 
fe^ung  ber  6^emni|if(^en  @t)angelien^armonie  (Harmonia  ev.  a  Ghemnitio  inchoata, 
granffurt  1593,  fj)äter  mit  ber  gortje^ung  3.  ©erwarb«  1652.  73.  1703);   femer  Äom^ 

ifi  mentare  jur  ©enefid,  Daniel,  ben  Ileinen  $ro))^eten  k.  ;  bie  berüd^tigfte  aber  ( —  ou« 
ber  bamaligen  Situation,  bem  Jtam})fe  beiS  Sut^ertumd  mit  bem  fog.  JtrV))to€aItnntdmud, 
)u  erflären,  aber  nic^t  }u  entfd^ulbigen  — )  ift  bie  Slb^anblung  u.  b.  %, :  Ob,  tüte  unb 
toarum  man  lieber  mit  ben  $a))iften  (NB.  angenommen  bie  ^efuiten!)  ®emetnf^ 
^aben,  unb  g(eid^fam  mel^r  SSertrauen  ju  il^nen  tragen  foQ,  benn  mit  unb  )u  ben  6al< 

20biniften;  urf})runglid^  aU  Siorrebe  ju  bem  3BerIe:  Ghristianismus,  Papismus  et  Gal- 
vinismus,  ba«  iftbret;  unterfc^ieblid^e  Sluölegungen  be«  Sated^idmi  Sut^eri  k.  1595,1602. 
an  S^riftian  II.  gerid^tet,  \pättt  t)on  feinem  ^ac^folger,  bem  $oft)rebiger  $oe  toon  ^oenegg 
1620  neu  ^eraulgegeben  (über  biefe  @d^rift  Dgl.  X^olucf  1.  c,  @.  115f[.).  9lld  ©egenftüd 
mu^  man  baneben  galten  fein  relatit)  ma^boDe«  SSer^alten  gegen  feinen  iurtftif(^en  AoDegen 

25  38efenbedf,  einen  Satoiniften,  ber  auf  bem  Sterbebette  bon  S.  ba«  älbenbmcü^l  bege^ 
äUder,  aufgeforbert,  fic^jur  lutl^erifd^en  älbenbma^Mel^e  ju  betennen,  nur  ertoiberte,  „bog 
er  nod^  fc^toac^  fei,  ber  ^err  toerbe  aber  ben  glimmenben  ^od^t  nid^t  au«Idf(^  ^cn'', 
reichte  t2  il(^m  £.  in  bem  93enmgtfein,  ba|  manche  [\df  bamit  nic^t  tDürben  jufrteben  ge» 
geben  l^aben  (t)g(.  ^oludt  @.  124  ff.)-    9(ugerbem  ^interlie^  er   gal^lreic^e  $rebigten,  be^ 

80  fonberg  Seid^en«  unb  anbere  Äafuallprebigten,  Sieben,  3)i«J)utationen,  ©treitfc^riften  gegen 

Hatl^olifen,  toie  (Sretfer,  Äle^I  2c.,  gegen  Ealbiniften  (j.  8.  de  exorcismo  1691),  gegen 

©am.  ^uber  (1594.  98. 1604),  methodus  concionandi  1595,  passio  Ghrisü  1597  u.a. 

3.  aSon  feinen  ©öl^nen  toar  ber  ältere,  ^ol^farj)  Se^fer  II  (geb.  20. 5Rot)emb<r 

1586   JU  Wittenberg),  «JJrofeffor   unb   Dr.  th.  ju  SBittenberg  1610,  ft)äter  ^rofeffor  in 

86£eit)jig  1613,  Äanonifu^  öon  3ri3#  3)om^err  l>on  ?Keifeen,  ^ro})ft  inSBurjen,  Ronfiftoriafc 
rat  tn  SKerfeburg,  ©u})erintenbent  in  Seij)jig,  geft.  15.  ^^nuar  1633.  @r  beteiligte  ^ 
an  terfd^iebenen  t^eologifd^en  Sierl^anblungen  unb  ©treitigleiten  (3.  S3.  an  ben  93er^aiib< 
lungen  mit  ^alob  95öl(|me  juS)re«ben  1624,  f.  SlS.Sblll,  ©.274,1»  an  ben  Ideologen-- 
tontenten   ju  ^ma,  2tipm  1621.   24.   28.   30,  an  bem  Seit))iger   UnionäbDoquium 

40  1631  K.),  fc^rieb  eine  @rflärung  bed  @alaterbriefed,  üommentar  jur  Gonf.  Aug.  unb 
F.  G.,  ©treitfc^riften,  ^rebigten  unb  3)i^utationen,  ftanb  aber  an  toiffenfc^aftlic^  SJe« 
beutung  unb  geiftiger  ^eil^eit  l(;inter  feinem  Spater  jurüct,  f.  Seid^enrebe  bon  &,  S^bp^tt, 
£ei))jig  1833  bei  SBitten,  Mem.  theol.  Decas  III,  369—91;  3iki^er*9lotetmunb, 
£^olu(t  a.  a.  O. 

46  4.  ©ein  jüngerer  ©ruber  toar  SBilbelm  Se^fer,  geb.  1592  in  ©reiben,  Qxtpa* 
intenbent  in  iorgau,  Dr.  th.  unb  ^rofeffor  in  Wittenberg,  geft.  8.  gfebruar  1649,  S8er* 
faffer  eined  Summarium  locorum  theol.,  eine^  Systema  thetico-exegeticum,  etncJ 
trifolium  verae  religionis  vet.  lest.  (f.  ^öc^er  1.  c.)  Adamiticae,  Abrahamiticae, 
Israeliticae  unb  anberer  ©d^riften. 

60  5.  @in©o^n  t)on  ^ol^faü)  Se^ferll  toar  ^ol^annedSe^fer,  geb.  30. @et>temb(r 
1631  in  Sei^jjig,  eine  ^txt  lang  $aftor  unb  3inf})eftor  in  ©d^ull^forta,  ein  gelehrter 
©onberling,  ber  bie  5Warotte  ^atte,  in  mehreren  anonymen  ober  j)feubon^men  Schriften 
(u.  b.  Flamen  2;^eo})^ilu«  2llet^iu^  ober  ©inceruö  SEBa^renberg  1671  ff.)  oö  Serteibigcr 
ber  ^ol^gamie  aufzutreten.    Ste  ©ac^e  mad^te  groged  äluffel^en ;  jai^lreid^e  Wiberlegung^ 

66  fd^riften  erfc^ienen  öon  ben  2^l(ieologen  GJefeniu^,  5Wufäu^,  Diecmann  u.  a. ;  bie  ©dpriften 
tourben  Dom  genfer  üerbrannt;  ber  SJerf affer  üerlor  feine  ©teile,  tourbe  bänifc^  g^ 
))rebiger,  irrte  in  l^alb  @uro})a  ^erum  unb  tourbe  jule^t  jtoifd^en  $ariiS  unb  SerfoiSc^ 
auf  ber  ©tra^e  tot  gefunben.  9}gl.  $.  ©a^le,  Nouvelles  de  la  republique  des  lettres 
1685;  (Si)x.  ®.  Slugiud,  Diatribe  de  J.  Lyseriad  suadendam  polygamiam  editis, 

60  SJBittenberg  1748;  Nouv.  Biogr.  g^nörale,  8b  31,  ©.59. 


Senfer 


S'^pf^ital 


C.  Sin   altem   Sinber   Bon   itjm   War   ^x'itixii}  ^il^clm  Se^fer,   geb.   in 
Stqijid  1622,  gefl.  ali  Somtirrtiaei  ju  ÜJtagbebutg  1691;  bcfi«i  ©o^"  enbli(^  luar 

7.  ^pljlaTV  Seijict  III,  ^eb.  1.  3uU  1656  ju|)alle,  Sinefior  b«  pljllo(o;jM*fn 
goiultät  in  Snjjjig,  fjjätcr  "(iaftDr  m  3)iagbeburg,  Superinttiibcnt  in  3öunftorf,  jule^t  feil 
1708  ®en«a^©mierintfnbent  in  Gelle,  geft.  11.  Ottober  1725.  6r  mai^te  [\A)  be[onberf  & 
um  baä  2tnben!en  (eineö  Urgrofeüaterö  oetbient  ((.  b.  Sitteratut  6ei  2).  Si^iifttn  üon  ibm 
(.  bei  3b^et'9totcnnunb.  ßbenba  finb  auct)  tioc^  anbae  (äcle&ite,  3uriftcn,  2;i)«clpgcn, 
^tiiloCogcn  beä|etbcn  ^larnenS  Deigeid^nct.  (JffiaBtntnann  f)  Qto^BncB  Snnit. 

ß'^of^iUol  (SBic^el  be)  geb.  um  1505;  wi^.  1573.—  Eiileiatur:  Petri  Bunelli 
familiäres  cpietolite,  Luteüae,  1551;  B&ze  (Theodore  de)  Les  vrais  pourtraita  des  hommes  n> 
illuetres,  Gen^ve  lü81 ;  Fasquier  (Estioime),  Lettree.  ^riS  161U ;  J.  A.  De  Thou  Uieto- 
riorum  libri  CXX.  SoriS  l&lOi  Boissard,  Thesaurus  virtuti»,  Francofordi  1628;  BranWme, 
Vies  des  capitaincs  illustres  [Vie  du  Conn^table  do  Montmorency],  ^axii  1666;  Bayle, 
DictioDDaire  hielorique  et  critique,  art.  Hospital  (Michel  de  L')  1695/1667;  Coudoreet, 
Gnibert,  Elogea  de  M.  do  L'Hoapilal,  ^orifl  1777/1778;  Duprö-Laaalie,  Etudea  aur  M.  " 
de  L'H.  in  tev  ^titunfl  ,J*  Droit",  Mara  et  Juin  1858;  A.  H.  Taillandier,  Nouvellea 
recherches  hiHtoriques  aur  la  vie  de  M.  de  L'H.,  ^ariB  1861;  Villemain,  Etüde« 
d'hjstoire  moderne.  Vie  de  L'H.  1862;  P.  D,  L.,  EclaJrciaaement  hiatorique  et  g^nfalogique 
Bur  L'H.  et  aa  famille.  Clenuont-Ferrand  IWZ;  ©euer,  Sie  gtrd|oH)oliIif  S'^olpitalä, 
fieipjig  1877;  J.  Delaborde:  art.  L'Huapital  |M.  de)  in  6er  EncyclopÄiie  des  Sc.  relig.  öon  » 
lichtenberger,  Adrien  Seilte,  Un  apötre  de  la  lolfrance,  gjlonioubon  1891;  Aniphous,  M. 
de  L'H.  et  la  Ubert^  de  conacieuce  au  XVIe  aifede,  Soriö  ISKX);  Bulletin  d'Hiatoiro  du 
Prolcutaiilisme  francaia.  III,  3G3.  XVI,  114,  234.  XXII,  243.  XXIV,  109.  XXXI,  50. 
XXXVIIl,  9. 

,,S'$ofpitQl  mar  ber  größte,  gelel&itefte,  loiiibigfte,  bielfcitiflfte  ÄanjEer,  toelt^  55«»"^  *» 
Tet<^  je  gehabt  ^at.    (£r  inor  ein  jtoeiter  dato,  ä^iiltd)  bem  rbmifc^en  Senfoi,  unb  Wuitt 
ie<^t  Iro^l  bic  Oerborbene  SÜelt  ju  rügen.  Ör  gli(^  ilim  auc^  äufeeriic^,  mit  feinem  langen, 
hieiBen  ©arte,  feinem  blaffen  (Sefidjle,  lein«  emft^aften  Haltung;    er  War  baiä  (Sbenbilb 
aud)  beö  ift  ^icronvniuß.    2115  er  ftarb,  lonnten  i^m  fclbfl  feine  geinbe  ben  Stu^m  nic^t 
tauben,  bafi  er  bcr  bcbeulenbfte  SRann  ber  SJlagiftratur  gcftcfen  fei,  luelc^et  je  gelebt  ^at,  so 
nod)  leben  mirb.    3!iennocf)   Betleumbeten   [ie   ibn   ftetö,   inbem    fie   i^n    einen  ^ugenott 
fi^alten."  —  SJiefeä,   über   ibn   »ort  Srantöme,   Bor   btei  5!i^''f'i"i^^fn   gefällte  Urteil, 
iDurbe  burd;  beinahe  alle  Sd^riftfteller   bcftötigt.    Cbfd)on    ber   Bäterlii^en  ;Tleligion   tieu, 
tootlte  et  bic  tattjcliftte  fiirdjc  bcn  allen  yJiifebrnui^en   reinigen;   gleic^ieilig   toar   «   ein 
©et(^ü|cr  ber  SHeformierten  unb  blieb  fletö  gereift  unb  bulbfam,  mitten  unter  einer  ©i^Kit  es 
Von  ^natilcm ;   turj,  er   loar  ein  cbler  Sierfec^ter  bet  Serei^ligfeil   unb  ber  ©eiDi^enä' 
ftei()etl.    äuä  einer  abeligen  Samilie  ber  Stubergne  ernfprcRen,   lourbe  3Kii$eI  um   1505, 
im  6(^[ofje  £a  Jftoi^e,  nalje  Sigueperfe  geboten.     Sein  Siater  ^obann  ftanb  aW  Slrjt  im 
SJienfle  be«  ßonnetabelS  Äarl  Bon  Sotitbon.    3llö  biefet  feinen  Äönig   »ettiet   unb   auS 
gtontteit^  fliegen  muftte,   hjar  HJtii^el  ein  acdtje^njä^rig«  Studiosus  juris  in  louloufe  *o 
unb  hmrbe  juerft  inS  ©efangniS  geWotfen.    ©o  lernte  bet  fünftige  Kanilei  Don  ^ufl"''' 
auf  bie  Unftäligteit  fceö  irbif^en  ®lücfö   fennen.    9Ia^  jWei  3o^rcn  entlaffen,   folgte   et 
feinem  2!atet  nai}  ^tal\m  unb  ftubierte  fet^  3«^«  t"'«  Stetste  auf  bet  berühmten  Uni' 
Betfität  $abua.  ^m  legten  ^atjte  (1531)  bocierte  er  (elbft  im  ^iöilrcdjte  als  Profesaor 
extraordinarius.     'Jifltbtem  er  nott»  ein  ^a^r  in  SHom,  in  SBerbinbung   mit   bem   foge=  ts 
nannten  ©erirfile  Della  Rota  »erbracht  balte,  fanb  er  im  fiatbinal  Bon  Orammont  einen 
(Sonnet,   loetcbet  i^n  na^  ^'^anftcid?  jurüttfübrte.    ®r  fam  nat$  ^ariS,  mo  er  brei  '^aifit 
hn  älbbofatenftanbc  tüchtig  arbeitete,  fid?  babei  jebDi^  immer  nad)  bem  Stii^tetamte  feEmte. 
3)0  aber   bie  älmtet  tauflit^  Waten,   unb  er,    infolge  be§  geljleril  fetneö  SJaterö  arm  gc: 
toorben  toar,  (jntte  er  faum  bie  geringftc  ^offnung  barauf;  olä  feine  Sliertobung  mitSWario» 
SOiorin,  ber  ^oc^tei  öc#  ^oliiet=!DirettotS,  i^m  eine  gute  iäebenSgefä^rtin  itnb  jugleii^  einen 
eig  im  Parlamente  Bcrf^affte  (1537),  loar  er  32  ga^re  qÜ. 

aSon  nun  an  tourbe  feine  Saufba^n  immer  glängenbet:  3m  ^ai}xt  1547  toutbe 
er  alö  Slbgcotbneter  jur  3;ribentiniic(ien  ©^nobe  gefanbt,  hjeU^e  bamals  nac^  SBd= 
iogna  oertegt  TOorben  loat,  ÜÖälitcnb  eineä  IGmonatUt^en  aiufent^altä  bott,  toat  et  ent^  a 
ruftet  über  bic  Siüenlofigteit  unb  bie  Kabalen  ber  ©eiftüi^en  unb  fanb  bie  römift^e  Surie 
Boller  Softer.  1553  lourbe  er  Bon  ÜJtargareta,  ber  lünftigen  ^erjogin  bon  ©aBo^jen, 
|um  ftanjiet  ernannt,  bann  jum  ^tnfibenlen  ber  jlfinanj'ßamera  unb  ©eljeimrat  „(15.^4 
bis  1559);  cnblii^  jum  5lijnigli^en  Jfanjlet  unb  ©iegelbetoalirer.  3"  ^^  erften  ämtem 
^atte  et  f\i}  aU  geteilter  unb  unbefte^lit^er  9iii$ter  bewahrt;    alä  iianjler   ober  (1560  go 


432  .     S'$of)iUaI 

Bid  1568);  mitten  in  ber  t)ei1t)oirenften  (Spo6)t  t)on  ^antxÄiß  ©efd^id^te,  entfaltete  er  bie 
Einlagen  eined  Staatsmannes.  @r  tt>urbe  baS  ^vO^t  ber  3RttteI)>artei,  bie  bomolS  fe^ 
Hein  tt>ar,  unb  ging  feinen  geraben  töniglid^en  Sieg,  ol^ne  ftd^  um  ben  3>ant  unb  Unbont 
ju  fümmem,  ober  nad^  rechts  ober  (infS  }u  toenben.  ^n  biefem  Sinne  fe^te  er  bie  Berufung 

6  ber  3loiabdn  nad^  f^ontainebleau  burd^  (21.— 26.  äuguft  1560),  leitete  bie  Stänbeber- 
fammlung  in  Drl^nS  (^enember  1560)  unb  t)eranftaltete  baS  SleligionSgefbröc^  tn$oiff9 
(äuguft  1561),  beffen  gortfe^ung  bie  ©t.  ®ermain-Äonferenj  bilbete  (28.  Sönuor  1562). 
@r  t)erfa^e  baS  ^anuar-Sbitt  (17.  Januar  1562),  tveld^ed  jtvar  ben  $roteftanten  bie 
Erlaubnis  t)erfagte,  ^ird^en  ju  Bauen,  aber  tl^re  gottedbienfuid^en  äSerfammlungen  auf 

10  freiem  §elbe  unter  ben  @d^u$  beS  ®efe^ed  fteQte  unb  fo  bie  ©runblage  aQer  Roteren, 
bie  rec^Uid^e  @teQung  ber  ^roteftanten  tval^renben  Sbifte  tourbe. 

^en  9(uSbrud^  beS  SürgerfoiegeS  (burd^  baS  Slutbab  in  3}af[9,  1562)  tonnte  er  nid^ 
t)erl^inbem,  aber  in  ben  toieberl^olten  ^ermitteIungSt)erfud^en,  ).  S3.  im  ^eben  bon  älmboife 
(19.  aJlärj  1563),  erlennen  toir  feinen  ginflufe.   2)erfelbe  blieb  mäd^äg.  Bis  bie  »ef(^Iüife 

15  beS  XribentinumS  ben  3^i^f^I^  ^^  ^onfeffionen  }u  einem  Bleibenben  mochten.  3^^'^^ 
tourben  biefelBen  auf  feinen  mat  in  ^ranlretd^  nidj^t  angenommen  (^^ebruar  1564),  unb 
£'$.  geriet  beStoegen  in  emfte  3^i^ürfniffe  mit  bem  Karbinal  t)on  Sot^ringen,  feinem 
el^emaligen  ®5nner,  ber  ganj  auf  bie  Seite  ber  Jturie  übergetreten  toar,  aber  bod^  Ut^ 
fid^,  {eit  @nbe  1564,  eine  älbnai^me  feines  @infIujfeS  nid^t  t)er!ennen.  3^^  ^ofyct  t>tnifK 

20  tvar  er  fd^on  in  Ungnabe  gefallen,  bod^  l^atte  il^n  Jtat^arina  t)on  SRebici  Balb  }urüdgenifen. 
älber  nad^  ber  3ufammen{unft  berfelben  mit  ^ergog  t)on  ällba  in  Sabonne,  too  man  btf 
fd^lo^,  ben  ^roteftantiSmuS,  burc^  9{örgeleien  unb  enblid^  burd^  baS  Stieberme^eln  fetner 
^äu))ter  auszurotten,  entfrembete  er  fid^  gan}  ber  inneren  $oliti!.  3lo6)  einmal  jetgte  ^ 
bie  3Rad^t  fetneS  t)erföl^nlid^en  ®eifteS  in  bem  ^eben  }u  Songjumeau  (23.  SRärg  1568). 

26  ^anad^  aber  tvurbe  S'^.S  @tur^  berbeigefül^rt  burd^  bie  offene  äSertoa^ng,  todd^  a 
gegen  bie  ))ä))ft(td^e  SuUe  bom  1.  9tuau^  1568  einlegte.  3taäf  berfelben  tooOte  ncUnTu^ 
ber  ^apft  eine  äSetöu^erung  ber  Jtir($engüter  burd^  ben  jfönig  nur  unter  ber  Sebingung 
ber  SniuSrottung  ber  $roteftanten,  geftatten. 

äSon  nun  an  jog  er  fidj^  t)on  feiner  Stellung  als  @el^eimer  9iat  juriUl  unb  bertoufd^ 

80  ben  $of  (ß^t  1568)  mit  feinem  Sanbl^auS  in  93igna^  bei  @tam))eS.  3)ort,  im  Sd^oge  fetner 
^muie,  tDeld^e  ))roteftantifdj^  getDorben  toar,  mit  feinen  SieblingSftubien:  griei^ifc^  ^j^ 
fo))l^ie  unb  lateinifd^er  ^oefte  befd^äftigt,  brad^te  er  feine  le^en  SebenSja^re  }u.  3ln  bem 
^uftanbelommen  beS  f^ebenS  t)on  St.  ©ermain  (8.  Sluguft  1570)  l^at  er  nid^t  mitgetoirtt 
$ie  Sd^reden  ber  Sartl^olomäuSnadj^t  ftreiften  il^n  nur;  fein  Seben  banfte  er  ber  %tai 

86  f^rad^e  feiner  frül^eren  $errin,  3){argareta  t)on  Sai^o^en.  ^ie  ^niginsjRutter  fcrntte 
eine  Sd^u^tvad^e  für  il^n,  bie  ü^m  äSergei^ung  anfünbigte.  ^er  alte  Aanjler,  mit  tulfigem 
®ett)i{fen,  anttoortete  ftol;i:  „@r  tviffe  nidj^t,  ba^  er  ben  Xob  ober  bie  äSerjei^ung  ber» 
bient  l^abe.''  ^er  ^er^oom-SSittoe  bon  ®uife  banfte  er  in  gerührten  3Borten,  boj^  pe 
feiner  einzigen  Xodj^ter,  ^arie  $üraut  t)on  SeDeSbat,   tvö^renb  beS  SlutBabeS  in  $an9 

40  rettenbe  S^f^^dj^t  getDäl^rt  ^atte.  ^m  ^a^re  1573  (6.  f^ebruar)  tourbe  er  fdrmli^  feinet 
Kanzleramtes  entfe^t,  bodj^  lieg  man  il^m  alle  feine  iitel  mit  bem  ®el^alt;  benn  er  taxn 
arm  geblieben.  3)aS  fdj^dnfte  RmQn\^  feines  eblen  S^arafterS  unb  feiner  Sieberfeit  tfl  fein 
93rief  an  Jlönig  Jtarl  IX.,  beffen  ätul^m  unb  (Sl^re  er  ftetS  im  ^erjen  trug  (12.  ^wma 
1573).    3)en  13.  3Räxi  ftarb  er,  o^ne  fein  33aterlanb  nod^  im  ^rieben  gefe^en  ju  ^oben, 

46  aber  mit  bem  Setougtfein,  bie  ©runbfö^e  ber  ©eredj^tigteit  unb  religidfen  ^rei^eit  noi) 
feinen  Itröften  gel^anbl^abt  m  l^aben. 

S'^.S  SSäerle  laffen  ftd^  in  brei  Älaffen  einteilen:  1.  »)olitifd^e,  2.  jurijüjd^e,  3.  fitte» 
rarifd^e.  1.  ^ie  erfte  befte^t  auS  ben  ^bitten  beaüglid^  ber  SleligionSftreittgreiten,  todi/t 
er  meiftenteilS  t)erfagt  l^at,  auS  Stuffä^en,  in  tvelcpen  er  bem  5tdnige  feine  9Retnung  eingä 

60  unb  aus  feierlid^en  älnreben,  bie  er  t)or  bem  Parlamente  ober  ben  ®eneralftaaten  ^elt, 
um  biefe  (Sbifte  gu  red^tfertigen  unb  ju  em))fe^len.  3)ie  le^teren  ^bet  man  in  ben 
Sämtlid^en  äBerfen.  2.  Sein  großes  juriftifd^eS  ^erbienft  ftnb  bie  Drbonnangen  bon  ^ufinl 
(^br.  1566),  bie,  bis  gur  9let)olution  bon  1789,  bie®runblage  ber  franjöftfd^en  ®eri(^ 
t)erfc^ung  geblieben,  ^n  ben  Sämtl.  SSerlen  giebt  eS  audj^  ein  auSfü^li^eS  Xraltat  über 

66  bie  dteformation  beS  @erid^tSmefenS.  3.  3)ie  ütterarifc^en  SBerfe  befte^  auS  feinem 
Testamentum,  tvelc^eS  olS  3lutobiogra))^ie  unentbel^rlic^  ift  unb  auS  lateinifd^  ®e> 
bidj^ten,  meiftenteilS  Sriefen  an  ^eunbe  gerid^tet,  tveldj^e  feine  religiöfen  ®efü^le  unb  feine 
eble  ®eftnnung  offenbaren.  93emer{enStpert  ftnb  De  sana  Francisci  II.  regis  ini- 
tiatione,  regnique  ipsius  administratione  Providentia  unb  Ad  Glaudium  Espen- 

Gocium  (über  ben  toa^ren  ®otteSbienft).  —  SSon  feinen  Epistolae  giebt  eS  gkoetShiSgoben: 


S'^ofvilal 


CtbanDR 


9JnriS  1585,  in  i",  unb  aiin[tcrbain  1732;  ftc  tuurben  mä  ^anjü|i[c[)e  übetfc^t  unb  Bct= 
öffentlK^l  tion  2)e  3iaI6<t)e  {^riö  1857).  6äinüiit»e  iÜJette  mürben  pon  3)ufe^  (de  l'Yonne) 
^tauSgegtben,  unter  bem  3:itel:  Oeuvres  de  Michel  de  L'Höpital,  *pniiS  1834  brö 
1825,  5  Sbe  in  8".  ®.  »oHet=aK(mrs. 

Stafniiit  f.  Scbuin  oben  €.  334.  g 

ßibanon.  —  Sitleralur;  SHflter,  Erblunbe  XVII,  1  unb  2  (1854f.);  Z:  i>iaaä, 
iTti  monoK  am  Sibanon  {18761;  bcrfetbe,  «iiä  bcm  Ciicnl  II  (1878);  (Ü.  töbcrS  unb 
^.  eul^c,  $aIS{tiiia  in  Stilb  nnb  Boil  11  (1884),  Iff.;  S.  Xiitner,  iiibanon  (SSien  lä8i:); 
9t.  SBIancfenborn,  iSnliDirfelung  be«  Srcibcfqttemä  in  Wittt(<  unb  9?avb{qTien  1890;  bcrfetbr, 
Hie  errultutlinien  ©^rienfl  unb  b(9  Muten  ■ffieeie«  (1893,  a«(H(&ri[t  |üt  ^rnfeffor  0.  £Hi{^t=  lO 
Iioftn):  £eo  anberUnO,  ^ie  gebetn  auf  bem  Sibanon  in  3b$Sj  X.  1887.  S9ff.;  fi.  Vpn 
t^ritlQ,  Pu^i^ff^"^  ^i)l)lcnfu;it)e  im  Sibanoii  {^aUe  1893,  aud  Ubbanblungtn  ber  3Iaiuf 
for(4enben  ©eienffflajl  ju  ^aüt  S9b  XIX);  ffloebcfcr,    ^Jalfiftina    unb  Sqrien'  (1900). 

%a  £ibanon  tft  bei  ffieftlic^e  ^eil  \>tS  (Sebiigditiftentä  uon  ^Itittell^en,  baS  fic^  bon 
©.  üuä  (Saliläa,  ^oibanqueHen)  fa^etartig  in  nÖibUtfiet  Stit^tung  ausbreitet,  'jlai^  0.  i6 
^n  ^e^t  bem  S.  gegenübei;  ber  äintilibanuä,  beffen  Ic^te  3(uä(äufer  noiboftiuärtä  Uba 
^olm^ta  |)inauS  borbringen.  3'ö'ft^'"  briben  ift  eine  breite  ©c()DlIe  in  bie  Xiefe  ge= 
funten;  fie  bilbet  nun  ben  gleii^fijrmigen  ^obcn  bct  Bikä',  be^  alten  SDelef^ticml  im 
eigentlit^en  ©inne. 

33er  dgentümlii^e  (S^arafter  bcä  Sibonon  —  ein  mächtig«  CSebirgölonCI  jhjiidien  bcr  zo 
flüfte  unb  bem  ^interlanbe,  ein  tanggettreiftcr,  borf)  emtionageitber  flamm  jreiit^en  tiefen 
EenlungSgebieten  —  beginnt  nörblif^  bon  bem  jiurt^brurft^ibal  beS  Nähr  el-Li  Sni  mit 
bem  fteilen  Oipjel,  bet  baö  alte  fireujjo^rerfc^lof;  Setfort  trägt,  ^eute  Kal'at  esch-Scha- 
kil  genannt  (715  m).    6eine  fübli(^e  §ä[fte  erfttetft  [\ä)  b\i  ju  bem^affe,  Ben  |cit  1862 
bie  l^o^trafie  unb   (eit  1895   aui^   bie  llifenbabn   bon  93eirut   naii}  liamaituä   benu^tzE 
(1487  m);   bcr  ^aupttamm   fteKt  einen   fafl   ungeglieberten  toaüartigen  Süden   bar,   bet 
feine   giüllc  Grt^ung   in   bem  Dsehebel  el-Barük   (2222  m)   erreicht.    SJie   nörblidjc 
^älfle  beä  Stücfenö  be^nt  ^\ä)  biö  ju  bem  tiefen  Kraben  be*  Nähr  el-Kebir  nuä,  bet  in 
bem  Senlungäfelbe  bon  Höms  (eine  Urftiriinge   Ijat   unb   jtoift^en  Sibanon  im  S.  unb 
bem  ^Jlufairiergebitge  (Dsehebel   el-Anpänje)   im  91.  auf  bie  flad&e  Sai  Oon  Dschün  ao 
'AkkSr   juläuft.    5Die   gefamte  Sänge   beö   Bon  S©3ß.  nat^  3taiü.  ftreidjenben  ^lorfte« 
bctiögt  ungefdIjT  170  km. 

aiie  növblie^e  §älft«  beä  ©ebirgeä  jeigt  eine  gtöfecrc  ©ntloictetung  unb  9)iQnnig= 
falttgfeil.  ^n  bie  SteQe  bet  gerablinigen  Jtdmme  treten  ju  wieber^Dlten  3)talcn  au^e^ 
be^nte  ^lateauftöde,  beten  Oipfdflät^e  Wo^l  einen  Staum  bon  metjreren  DuabratfilDmetcrn  m 
einnimmt,  unb- beten  @efta(t  an  bie  großen  ^plateaumaffen  ber  nörblic^en  ÄaltallJen  crin» 
nett,  obgieii^  bie  JJormen  bet  tibanongipfct  tocitauä  Janfter  ftnb.  iDiefe 'plateauftöie  ftnb 
bet  Dsehebel  Sannin  (2608  m),  bet  Dsehebel  el-Muneitira  (2807  m),  bet  Dsehebel 
el-HaswEini  (2911  m)  unb  ber  Arz  Libnan,  b.  Ij,  baS  6«berngebiet  be«  Sibamm  (f.  unten) 
®te  le^te  ©tufe  tti  Libanon  gegen  %  liegt  ctloa  800  m  tiefet;  eä  ift  bet  Dsehebel  « 
'Akkar  (2139  m),  ber  [\d)  no^  40  Kilometer  loeit  fDtlfe|t  unb  ju  ber  510  m  ^ofjen,  wenig 
^erDottretenben  ^aderfdteibe  jroiji^en  bemNabr  el-Keblr  unb  bemiDronteö  ^inabfinlt. 

2)er  Arz  Libnan  ift  eine  ^ot^fldc^e  bon  100  Duabrattilometer.  Jjljre  .^au^tgipfel, 
bie  freiließ  riidjt  biet  übet  bie  Duri^fc^nittsticljc  beä  ^laleauä  ^inauäragen,  fmb  tn  jlbci 
jwrailel  ftreit^enbe  flamme  gcorbnet.  3"  t"«"^  bftlit^en  SReibe  gehören,  Bon  ©.  na^  9i.  is 
gejö^It;  Ras  Dahr  el-Kadib,  Dsehebel  Neb'a  esch- Schemall,  Dseh.  Makmal, 
Dsch.  'UJün  Arghiiacb  unb  Dach.  Kerüsjfi.  3"  ^"  Weftlitticn  Sflei&e  gefjöten,  Bon 
91.nac^©.  gcjä^tt:  Dseh.  Musklje,  Dahr  ed-Dabäb,  Tumel-Kille,  Tum  el-Mizrab 
unb  Tum  el-Kandil  oberhalb  beö  iotfeß  SJft^ette.  2)er  auf  Harten  unb  in  Suchern 
oft  genannte  Dsch.  'rismärün  (autf)  'I'imarüm)  ift  nicfjtg  anbeteö  alä  bie  bon  einem  '•Slai'  so 
limen  |um  §o^n  auf  bie  5Dtatonilen  erfunbenc  Sejeii^nung  beö  Dahr  ed-Dubab  (Wiener, 
Stbonon  153f.).  SJiefe  ©ipfel  beä  Arz  Libnan  tjaben  eine  bur(tifttnittli(^e  §b|je  Don 
3000  m,  für  ben  Dahr  ed-Dubab,  bcn  l^o^ftcn  @i)]fel,  ift  bie  tba^rfc^cinii^fte  ^leffung 
3066  m ;  fidjete  9Jtef(ungen  liegen  fiit  bie  (Sipfet  beä  Sibanon  überljaujit  nit^it  Bot.  9tn(| 
3)ien(tä  Beobachtungen  reiben  biefe  ^bbcn  an  bie  2i^nt  beä  etvigen  ©c^neeä  nit^t  ^ttan ;  u 
er  Bcrlegt  biefe  nai*  ben  bottigen  Himalijdien  SBetljältniffen  in  bie  Sage  3100— 3200  m. 
i^atfadje  ift  eö,  bafe  eigentlictje  ©letfctjctbilbungen  in  SHittetf^rien  überhaupt  fehlen.  gteili((( 
giebt  eä  IBO^t  am  Dach.  Sannin  {2G0«  m)  unb  am  Dsch.  el-Muneitira  (280,  m)  in  jebem 
n  Xtuloiii  wü  Rtntc    S.  >.  XI.  2g 


434  £t(attiitt 

^ai)x  einzelne  Sd)nzzfl^dm,  bte  ftd^  nur  in  t)erfte(tten  3RuIben  unb  Sd^Iud^tm  erleben  itnb 
jtDtfd^en  ben  ^ö^en  bed  Arz  Libnän,  befonbenS  an  ben  t^Ianfen  bed  Dahr  ed-Dub&b 
unb  be^  Dsch.  Makmal,  finben  fu^  ntd^t  oQem  audgebel^nte  Streifen  etoigen  @<l^need  (ger 
18,  14),  fonbem  and)  ed^te  ^imfelber,  benen  bie  Wf^a^t  ju  fleinen,  jebod^   beutltc^  aui' 

6  0e))rägten  Stimmoränen  nic^t  fel^len.  %üx  bie  Si^jeit  fe|t  audj^  ^ener  größere  ®Ietf(^ 
bilbungen  in  @^rien  t)orau^.  ^oc^  t)erl^ält  er  ftc^  gegen  bie  in  neuerer  3^^  ^KtufHl 
namentlich  t)on  ^aai^  aud0ef))ro(i^ene  9(nnal^me;  ba^  ber  bo^ü^mte  Sebeml^in  bei  Sfdpie 
auf  SRoränen  fte|e,  fel^r  t)orfidj^tig  unb  betont,  ba^  bie  einjia  überjeuaenben  Seta>etdmtttd, 
nämli^  gefri^te  unb  gefd^rammte  ©ejc^iebe,  fo  gut  tvie  t)Ou{tänbig  fehlen  (a.  a.  0. 198). 

10  3)agegen  giebt  er  ju,  bag  ber  l^albfreidförmige  Sirhid  bed  DueDgebietd  bed  Nähr  Ka- 
discha,  ben  bie  fallen  ^änge  be^  Tum  el-Kandil,  Tum  el-Mizrftb,  Ras  Dahr  d- 
Kadib  unb  Dsch.  el-Ha^wAni  umral^men,  bie  auf  biefe  SBeife  l^ufeifenfdrmig  ben  bunlet 
grünen  $ain  ber  Gebern  einfc^lie^en,  burd^au^  bem  d^aralteriftifc^en  ^S!i/pu&  etnjebicr 
3:^äler  ber9n))en  unb^^renäen  entf))rid^t,  bie  old  bie  ertoeiterten  SBurjelpunJEte  d^emoligcc 

15  Sidftrome  begeid^net  Serben. 

3>er  Sebem^ain  bei  Sfdj^erre  beftodt  einen  Xeil  eined  l^eligen,  nur  nad^  SB.  in  ber 
Slic^tung  auf  Sfd^erre  offenen  ©ebirg^teffetö  (f.  oben),  beffen  Soben  ettoHi  2000  m  über 
bem  3Reere  liegt.  @r  ift  balb  nad^  bem  legten  Sefuc^e  bon  %tao&  1875  im  Sbiftrogc 
be^  Sibanongout)emeur$  Sluftem  $afd^a  mit  einer  l^ol^en  3Rauer   umgeben  tootben,  Mc 

20  jtoei  X^ore  |at.  (&^  foDlte  babur^  ber  junge  SRac^toud^  bor  bem  äBeibetne^,  iebo<^  mif 
t)or  ben  Sauem  ber  Umgegenb  gefd^ü^t  toerben,  bie  l^ier  aUjäl^rlid^  im  älugufi  ein  gro^ 
%^i  feiern.  3)a  jeboc^  bie  Sl^ore  ftet^  offen  [teilen,  fo  toirb  ber  3^^  ^^  SRo^egd 
nic^t  erreid^t.  £eo  9(nberlinb  ^Ite  am  23.  Dftober  1884  397  @tamme,  ad^t  babon 
[teilen  ou^erl^alb  ber  3Rauer.    ^ie  Stämme  fmb  nid^t  fel^r  fd^Ianl,  toetl  ^e  f^  ftad, 

26  nic^t  aber  fel^r  l^od^  toerben.  3)ie  meiften  erreid^^en  eine  ^öl^e  bon  14 — 22  m ;  über  25  m 
bürfte  feiner  l^od^  fein,  ^ie  ftäriften  Sebem  finben  fid^  m  ber  Ütä^e  ber  Keinen  manmi« 
tifdj^en  Jla)}eQe,  barunter  eine,  bie  in  Sruft^ö^e  einen  Umfang  t)on  14,56  m  bot  (t^ 
$f  80,  11;  104,  16).  Solche  alte,  befonberiB  ftarle  Säume  giebt  ed  fieben.  i>tc  (Sa^ 
brudE  auf  ben  Sefd^auer  toirb  baburd^  beeinträd^tigt,  ba^  ftd^  bie  &i&mm^  fd^on  4--5  m 

80  über  bemSoben  t)eräfteln.  ^er9(r)t  unbSotaniferSlautoolf  jäl^lte  1573  nur  24  Stämme, 
ber  9leifenbe  SurdE^arbt  1810  im  gamen  375;  biefed  Sebemtoälbc^  fyd  ftc^  bo^  in 
ben  legten  300  9;a^en  burd^  yiad^tonq^  nid^t  untoefentlid^  toermel^rt  äluger  an  biefer 
Stätte  giebt  ed  no^^  Gebern  ettoa  30  Jtilometer  ndrblid^  t)on  Sfdj^erre  unb  bei  Barak, 
etloa  30  Jtilometer  füböftlic^  t)on  Beirut,   ^ai  ^ol)  ber  Sebem  ift  nad^  neueren  Unte^ 

86fu(^ungen  toeber  befonbcr^  bauer^aft  noc^  befonberd  too^lriec^enb;  t&  galt  ]ebo<^  o^ 
3h)eifel  im  aitertum  ate  befonber«  gut  unb  loftbar  (bgl.  3ef  44, 14 ;  @j  27, 24).  miß 
nur  Solomo  lie^  ftd^  SebemJ^oI^  t)om  Sibanon  für  feine  Sauten  tommen  1  5tg  5,  20  ff. 
(bgl.  @^r  3,  7),  fonbern  aud^  bte  ^errfdj^er  t)on  9{init>e  unb  Säbel  liefen  für  ftc^  Sebcm 
bort  fätten  Sef  14,8;  37,  24  (t>gl.  bie  9?ad^rid^ten  ber  Äeilinfd^riften).    greifid^  borfmoii 

40  nic^t  überfeinen,  bag  unter  bem  alten  äBort  für  Seber  too^l  nic^t  nur  bie  Cedrus  Libani 

un{erer  Sotaniler,  fonbem  aud^  t)erft)anbte  Slrten  t)on  Slaben^öhem  toerftanben  toorben  ftnb. 

Über  ben  älufbau  unb  bie  geologifd^en  Seri^ältniffe  bed  Si,  eigene  )u  reben,  geffatttct 

ber  bier  jur  Serfügung  fte^enbe  Sflaum  nic^t.    ^an  t)gl.  barüber  bie  an  ber@t)t^  biefd 

älrtiletö  genannten  Schriften  t)on  Wiener  unb  Slanf  en^om.    Über  bie  Slbl^nge  be^  £. 

46  mu^  ieboc^  noc^  in  möglidj^fter  Jtüne  gel^anbelt  toerben.  3>er  oben  befd^riebene  Staxm 
\>tü  ©ebirge«  ift  gugleic^  bie  SBafferfc^eibe  nac^  SS3.  unb  D.,  abgefe^  r>on  bem  Nähr 
el-LitanI,  ber  füblid^  bon  Karatesch-Schakif  bie  ^ammric^tung  in  einem  engen  Shm^ 
brudj^^t^ale  {reu^t  unb  toeftlic^  unter  bem  9{amen  Nähr  el-Kasimije  bem  3Rttte(niccie 
jufliegt  (ber  i^äufig  gebrauchte  9{ame  £eonted  ift  ganj  unbeglaubigt;    f.  S&tpttt,  Se|«btt4 

60  ber  ällten  ®eogra))^te  §  144).  Dbgleic^  bie  geologifd^en  Serl^ältniffe  an  fetner  9lorb* 
unb  @übf eite  bie  gleidj^en  ftnb,  fo  ))pgt  er  boc^  in  Stücfftd^t  auf  bie  ©eftaltung  bcd  Sog* 
lanbed  (f.  oben),  fotoie  für  bie  (äetoäffer  ald  bie  Sübgrenje  be^  £.«®ebiraed  ongefe^  )> 
toerben.  ^ie  Sreite  be^  toeftlic^en  ©e^änged  nimmt  t)on  Süben  nad^  ftorben  gu.  ^ 
ber  Sreite  t)on  Saidä  (Sibon)  beträgt  bie  Suftlinie  t)on  ber  Jtüfte  bid  an   ben  JDffaon^ 

66  bed  ^ammed  29  km,  in  ber  Sreite  t)on  Seirut  31  km,  in  ber  Sreite  l)on  Tarabnlof 
(Xri))olid)  45  km.  3)ie^  ^ängt  bamit  jufammen,  bag  tttoa  bem  Sorgebirge  Ras  eadi* 
Schakka  gegenüber  (Oeov  ngöacoTiov  ber  ällten,  ettoa  30  km  füblid^  t>on  l'arabuhis) 
bie  Srudj^linien  bed  ^orfte^  nad^  O.  abfc^toenlen.  ^ie  ^a^lreid^en  ^u^t^er,  bie  M 
bem  ilamme  ber  ^üfte  }ueilen,  geigen  im  @.  unb  %  eine  berfdj^iebene  Silbung.  %i  Üb 

60  füblic^en  Seil  bed  ®ebirge^  ift  ber  Unterlauf  meiftend  ein  quer  auf  bod  Streiken  b« 


S(()i(^ten  gericEftetcr  eiofiDnäfanal,  bcr  Oberlauf  bagcgcn  eine  SiingSrinne,  bie  bet  Sn»^; 
linie  eina  ©tiiffelfenlung  Pon  9(.  naH)  ©.  folgt.  So  ifl  ti  bei  bcni  Nähr  ez-Zahe- 
ranl,  bem  Nähr  el-'Awali  unb  bem  Nähr  Dämür.  ^m  nörbltiltcn  Teil  [Dininm 
Sängörinncn  »on  gd^^eter  tintbidelung  nic^t  bot.  Ter  Nähr  Beirut,  Nähr  el-Kelb, 
Nähr  Ibrahim  unb  Nähr  ed-Dschöze  laufen  im  aßgtmeineu  ^uet  im  Siettiälmis  jum  5 
©trcif^m  beö  flamme*.  Iiagegcn  jeigen  bie  glüffe  niJibU^  Dom  Ras  esoh-Schakka, 
bft  Nähr  Kadischa  unb  Nähr  el  BSrid,  einen  gröfecten  Üße^fcl  in  ber  SRic^tung  iljrc« 
£flut§,  ba  im  allgemeinen  ton  SD.  nat^  9MB.  jie^t.  Gnge  Ec&lurfjten,  in  bcncn  baö 
^aifei  jtcifc^cn  fcntret^t  aufiagcnben,  glatten  flaltmaumi  abtoäitä  biauft,  finb  ni(^t  [elien. 
häufig  treten  bie  Stränge  nat?  oben  auöeinanbcT  unb  geben  einer  mannigfaltigen  %tx-- 10 
rafficrung  ;Kaum,  bie  burd?  bcn  reiben  ffiei^fel  oon  tit&nen  öanbfteinbilbungcn,  buri^  bie 
Äarbenptac^l  be*  ©cfteiuä  (»om  ^ot^tol  hii  jum  ft^loarjblau)  unb  butc()  baö  eingeftreute 
©rün  ber  ^flanjen  (3ef  33,  9;  %il,4)  einen  iibetauö  pratfitigcn  SlnHirf  getoä^ren.  ffie; 
fonberen  Slu^m  genieß  in  biefer  ^linfidjl  bor  obere  leil  tti  KadiBcha=^b't'^-  Singeln« 
Äüftenflüfle  b^ben  auf  lurje  Siteilen  einen  unterirbi((^en  Sauf,  gn  beit  ©rotten  beä  15 
Nähr  el-Eelb  ^ot  man  ben  untcriibifc^en  i^luglauf  auf  eine  Strcde  Von  120(i  m 
berfolgl. 

Xie  Senlun^  beö  ©ebirgeä  bom  Snmm  jut  flüfte  boüjiebi  ftt^  in  großen,  biäroeileu 
feb^  Ifo^en  Terrarien  ober  Stufen.  3Jer  Slnblirf  beä  Ü.  Bom  3)ieere  aus  ^at  batjer  etlonö 
IDiaieftätifcbed  an  fii^,  toäbrcnb  in  ber  9tät)e  bie  ftelS  loieberfel^renbeti  gleichen  {formen  bon  20 
StTitoniglett  nic^t  frei  finb.  9iai^  ben  Tcnafjen  b"'  '«"'^  ber  SSoltömunb  ben  roeffc 
lidien  abrang  beö  OebirgeS  eingeteilt.  S^ie  unter^e  Stufe  ift  es-Sahil,  bie  Sbene,  ber 
f^male  M'üftenfaum.  Slie  jloeite  Stufe  Wirb  genannt  el-Wast,  bie  5Rilte;  fic  umfafet 
bie  mittleren  lenaffcn,  bie  namentlich  ba,  ico  it)re  Dbcrflät^e  nittt  meljr  au»  ber  unteren 
Äieibe  (Arflja=flallftein),  fonbem  auS  bem  cenomanen  Irigonienfanbftein  beftebt,  Heifeig  is 
unb  [orgföltig  angebaut  fmb.  Tie  oberfte  Stufe  Reifet  ed-Dschurd,  bie  ta^le  §oi^fläc(ie, 
too  fi6}  ber  iibanonlaltftcin  (SRubiftentalte)  üba  ber  Sanbftcin^one  ergebt  unb  jum  Ramm 
ke*  ®ebirge3  cmpotfleigL  Tiefe  gtofeen  Jlaltfleinma)fcn  finb  bie  eigentlii^en  Sammler 
folDD^l  iti  JHegenloaflerö  aii  auc^  ber  Sdjneetoäffcr,  in.  bie  wä^renb  ber  Karmen  iMionatc 
ber  iSK^iiee  aufgelöfl  loirb.  2Bo  ber  unburc^Iäffige  Sanbftein  lagert,  treten  biefe  fflaffer:  30 
maffen  in  jabUojcn  OueUen  ju  Tage,  (Sä  giebt  batuntei  folije,  bie  nodj  ben  SSeoba(^> 
tunken  Bon  graaö  eine  3Baffermenge  »on  40  Äubilfufe  in  ber  Setunbe  ju  liefern  wt= 
mögen.  Iiiefer  Sleiditum  an  aSaffer,  baö  burdj  eine  grofee  anjatil  Don  iBät^en  unb 
glüffen  (§2  4,  ih)  über  bie  meftli(^en  Slbbänge  beä  S.  Berteilt  wirb,  mat^t  bercnSSoben 
mt^tbor  unb  jur  Biel^etüEimtcn  ^eimat  einet  jaljlreid)en,  fleißigen  Scbölterung.  Taä  % 
ajiittel  be«  jäljrlif^en  Stiebctfi^tageö  ift  ^d6},  bie  öeTOiJltung  ber  ©itjfel  Biet  beträt^tlictier 
Ol«  in  bem  Serglanbe  _?JaläftinaS,  bie  regenbfe  gett  fiirjcr  afö  bort,  ©(^nee  fällt  in 
grölen  3Kengen  auf  bie  §i)^en  beS  ©ebirgeä.  ajie  ^^ften  ©ipfel  beö  Arz  Libnan 
mieten  felbft  3uni  u"^  September  no(^  julnetlen  im  ftift^en  ©lanjc  beö  9ieuf(^neeS.  Die 
untere  (Srenje  be«  ©t^neefaae«  liegt  jtoifi^en  500— 600  m.  « 

©ei  ben  günfligcn  Sebingungen,  bie  Soben  unb  Älima  fleQen,  ifl  ber  ^flanjcnnjudjä 
ein  aufeerorbcntlicf)  reidjer  (^ef  36,  *2;  60,  13).  S,  fie^n  ift  baber  geneigt,  ben  i;.  alä 
bie  öeimot  ber  meiflen  unferer  flulturgetoät^fe  unb  mehrerer  ^auöliere  anäufeben.  3'"  "1= 
gemeinen  berrfc^t  auf  bem  Uöeflabljang  bes  2.  unter  bem  ®infl«fe  beö  Scetlimaä  bie  Jlotö 
ber  HRittelmeerlänber,  mä^renb  in  ben  ©egenbcn,  bie  butc^  ben  b"^*^"  ©ebirgSttiaD  gegen  is 
bie  rcgenbringenben  üöinbe  abge[4>Iofien  finb,  befonberä  in  bem  nörblit^cn  Teile  bet  Bikft' 
(f.  unten)  unb  im  änttlibanuS,  bereits  bie  gtora  beä  StepüengebieteÄ  auftritt.  9SaS  ben 
(<^malen  Rüftenfaum  betrifft,  ogl.  ben  Irtifel  ^^bnijien.  ^n  ber  mittleren  Mcgion  fte^en 
olS  flultutgelüäc^fe  SDlautbeetbaum  (Stiller,  ßrbtunbe  XVII,  481  ff,),  Dlibe  unb  geigeni 
Büum  Boran ;  naä}  i&nen  fuib  9iu|6äume,  Stprifofen,  ^firficdc,  tÜlanbelbäume,  iBim=  unb  bo 
3ll)fe[bäume,  ©ranoten,  Duttten  unb  ^iflajien  ju  nennen.  Tie  Umgebungen  uon  Ha^rün 
(1493  m),  S8f*erte  (1520  m)  unb  IS^ben  (1527  m)  fuib  burc^  ben  ^leife  i^jrer  Scmo^ner 
m  üvi>ige  ©artenlanbfc^aften  Bermanbelt.  Ter  SSeinbau  Wirb  namentlit^  in  ber  §ö^cii= 
läge  Bon  1000— 1500  m  betrieben,  mehrere  Sejirfe  fmb  but^l  il?ten  Botjfiglit^en  %abat 
berulimt.  Ter  ©etreibebnu  tritt  binter  ber  Seibengui^t  unb  ber  OÜBenemte  an  Sebeutung  6G 
guriid.  To(^  liegt  feine  obere  ©renje  in  gef(^ü^teten  ^tiälern  erft  bei  1900  m,  b.  Ij,  fo 
^t»^,  ba^  bort  9]ljaulbeers  unb  Ülbäume  nit^t  me^r  gebogen  Werben  (iinnen.  Turi$  ben 
Slnbou  biefer  flulturpflanjen  ift  bie  uripriinglic^c  ^lora  felir  jurütfgebrängt  Worten,  befon» 
berö  finb  bie  früt»et  großen  SßSälber  an  Linien  (Pihub  pinea,  Pinaa  halepensia, 
Pinus  brutia)  unb  6i;preffen  (Cypressus  horizontalis,  C.  sempervirens)  feljr  ftatf  60 


J 


436  Sibanott 

aefc^tDunben.  9(n  Soubbäumen  toad^fen  btö  juv  ^öl^e  t)on  1500  m  $latanen,  9[l^orn, 
Stnben;  Arbutus  unb  gtoei  Stc^enarten,  Quercus  Aegilops  unb  Quercus  Libanl 
3n  ben  oberen  ©egenben,  bem  3)jci^urb,  tritt  an  bie  ©tette  be«  Saume«,  obgcfe^  tnm 
ben  Sebem,  Sufd^tverf  bon  Sid^en,  ^erebintl^en,  ^agebom,  tmlben  Sint'  tmb  SRonbet 

5  bäumen,  ^öl^er  noc^  ald  bie  Sebem  fteigen  Juniperus  excelsa,  Tragacanthus-Strouc^ 
unb  bie  niebrige  Äitjc^e.  ^n  einer  §öl^e  bon  2400  m  beginnt  bie  ec^^te  SUpmflora,  bie 
im  ©ommer  jo^Ireicpen  ©$afen  unb  S^^Qm  ffieibe  giebt.  3"  ber  Äone  ber  3)caulbeers, 
Öt  unb  geigenbäume  ift  ber  93oben  mit  aJl^rtl^e,  a^^mian,  ßabenSel,  ©olbet,  ßiftroje 
unb  ©t^ras  bebe<it,  buftigen  ©träud^em  unb  Jträutem,  bie  bie  Suft  mit  3Bo^(ger^en 

10  erfüllen,  befonber«  toenn  ber  gu^  be«  ffianberer«  fte  ftreift  5Kan  beult  bobet  untollt 
fürlic^  an  bie  ©teOen  be«  äS,  bie  bon  bem  ,,2)uft  be«  2."  reben  (§o  14,  7 ;  §24,  lU 
S)odj^  ^aben  unter  ben  Srjeugniffen  be«  2.  fo  biete  bie  fdj^öne  Sigenfd^ft  be«  SBo^l^ 
geruc^d  an  ftd^,  bag  ftd^  ber  äluebrudE  aud^  auf  anbere  ^inge  be^ie^en  (ä^  3)a:  Solt 
ftänbigleit  tt>egen  foQ  jebod^  nid^t  berfd^tt>iegen  Serben,  ba^  audj^  ©teintoüften  im  S.  bor« 

16  tommen. 

3)a«  äSorbringen  ber  Jtultur,  noc^  me^r  aber  bie  unbemünftige  SSertDüffamg  ber  äBoIb^ 
beftänbe,  bie  je^t  fd^on  ^al^rtaufenbe  bauert,  l^at  ben  ^ohreidj^tum  bed  S.  fe^  gef(^älett 
2)ag  ai  rebet  ^äufig  bon  ben  mächtigen  SBälbem  bed  £.  (3ej  40,  6;  (gj  31,  15;  ?f 
72,  16  2c.),  bon  feinen  gewaltigen  Säumen,   bie  gern  als  Silb  menfd^Iiqer  (9röge  unb 

3o3Kad^t  gebraucht  toerben  föef  2,  13;  10,  34;  ©^  17,  3;  31,  16).  »ber  gegentoortig 
giebt  e«  nur  Wenig  SBälber  im  eigentlichen  ©inne  bed  28ort«,  am  e^eften  no(^  in  ben 
nörblidj^ften  Seilen  be«  ® ebirged.  infolge  babon  ift  au^  ba«  SBUb  be«  £.  (2  %  14, 9) 
je|^r  gurüf gegangen,  biele  SKrten  gan^  audgeftorben.  ©egentoärtig  jinben  fid^  noc^  $ant^, 
Sären,  ©(|dale  unb  $^änen,  S^ilbfc^toeine  unb  ©ajeuen.     S)ie  ^öl^Ienfunbe  ber  neueren 

26  S^t  liefern  und  j|ebod^  einen  böQig  anberen  Seftanb  an  SSSilb.  ^ort  l^en  fUb,  ber» 
mifd^t  mit  Sranbio^le  unb  älfd^e,  berfd^iebene  Jtnod^enrefte  t)om  @bel^irfd^,  3>am^(9,  Ste^, 
SSSifent,  3laS^om,  ©teinbod,  ^on  ^ilb»egen  unb  ^öJ^IenlöWen  gefunben,  alfo  )um  %ü 
bon  Vieren,  bie  SSSalbbeWol^ner  ftnb.  >Die  unterfudj^ten  $ö^Ien  liegen  nid^t  ta>ett  ))on  ber 
Äüfte ;  ba^er  mu^  fic^  jur  Q^xi  ber  3Kenf(^en,  bie  bief e  liere  gejagt  unb  in  ben  $öHm 

80  berje^rt  l)cbm,  ber  biq^te  äBalb  bid  in  bie  3täl)t  ber  Itüfte  l^erab  erftredt  ^oben.  xein 
3Bunber,  ba^  in  ben  ^zxttn  ber  aff^rifd^en  unb  bab^lonifdj^en  Jfönige  ber  S.  ein  biet 
begel^rte«  ^^Ö^Ö^^i«^  bjar,  toie  §ab  2,  17  berrät  unb  bie  Äeilinfdj^riften  ou^brücfiru^  fc 
jeugen.  SBeiläufig  fei  ertoäl^nt,  ba^  bie  unterfud^ten  ^öl^len  auc^  t^erfteinf))litter,  $feit 
]pii^m  unb  ^Keffer,  foWie  gef))altene  SRenfd^entnod^en   unb   eine  bearbeitete  Jtnf>d^ent)latte 

86  geliefert  l^aben.    ß^moffen  unb  bon  ^^tfc^  l^aben  barau^  ben  ©c^lu^  g^ogen,  ba|  bie 

Urmenfd^en,  bie  einft  biefe  ^öl^len  betool^nten,  audj^  gelegentlid^  gefangene  ober  erfc^lagene 

geinbe  berge^rt  l^aben  —  eine  merltoürbige  Jlunbe  über  bie  älteften  93etoo^ner  bed  Sibonmi 

©alomo  foQ  nic^t  nur  ja^lreid^e  älrbeiter  toegen  feinet  Sebarfd  an  $ol)   nac^  bem 

2.  gefdj^idt  (1  Äg  5,  27  f.),   fonbem   aud^  93auten  bort  au«gefü^rt  l^en    1  Äg  9,  19. 

4o2eiber  toifjen  toir  nic^t^  9Jä^ere^  barüber;  boc^  mag  eine  in  LXX  3  Äg2,28  (gagorbe) 
=  46^  (©toete)  erhaltene  SRac^ridj^t  baneben  geftellt  toerben,  nadji  ber  ©olomo  ^^foro 
ävolyeiv  dvvaoxevjuara  {dvvamevovia)  tov  Aißdvov.  §.  SEBindHer  (SQtteftl.  Untcrf» 
175)  öermutet,  ba^  bamit  ber  Setrieb  öon  93ergh)erfen  gemeint  fei.  SBirflid^  finben  fi4 
alte  ©ifengruben  an  einigen  ©teDen  be«  ©ebirgc^  (Slitter,  erbfunbe  XVII,  682).    8Ber 

46  im  gangen  liefert  ber  ©oben  beg  2.  feine  ©c^ä^e.  2)ie  33raunIo^le  enthält  einen  Porfen 
Seifa^  bon  ©c^tvefelfie^  unb  ift  ba^er  unbrauchbar,  ber  ä3emftetn  fd^eint  fic^  nic^t  gut 
t)erarbetten  gu  laffen,  bteHeid^t  lol^nt  ftc^  ber  älbbau  ber  Situmenlager. 

2)er  l^ol^e  unb  fteile  Slufbau  ber  ©ebirgi^majfen,  fotoie  bie  gro^e  RaJfi  ber  tief« 
^alf^lud^ten  machen  ben  2.  fd^toer  jugänglid^,   fie  berlei^en  il^m  bte  ^beutung  eintf 

60  ^uflud^ti^orte^,  einer  fd^toer  gu  belagemben,  taum  einne^mboren  ^ftung.     ^amtt   ifi  bie 

Stolle,  bte  ber  2.  in  ber  @efd^id^te  be^  2anbe^  gef))ielt  ^at,  gegeben.    ®inerfeitd  flüd^cn 

td^  auf  feine  §öl^en  unb  in  feine  natürlid^en  93urgen  alle,   bie  einem  gröberer  ober  88cr» 

olger  au^toidj^en;  fie  fanben  bort  ©i^erl^eit  unb  g'^ei^eit.    Slnbererfeit«  gogen  bte  Irieg^ 

uftigen  Seiüol^ner,  toenn  bie  tieferen  leile  be^  2anbc^  ben  ©dj^u^  eine«  b&ftigen  i^ 

66  fdjier«  entbel^rten,  gern  (namentlich  fübtoärtS)  auS  ben  2^oren  Ü^rer  gefkung  ^inoud,  um 
brausen  Eroberungen  gu  mad^en  unb  felbftftänbige  neue  äteid^e  gu  grünben.  SEBir  tmfiai 
über  bie  S3eh)o^ner  be«  2.  ju  h)enig,  aU  bag  mir  bie  äSorgänge  biefer  Xrt  boOfUtiÄig 
überblidEen  fonnten.  3)a«  erjte  Sergbolf,  bon  bem  iüir  in  ber  ©efd^ic^^te  ^ören,  ftnb  too^ 
fd^einli^  bie  älmoriter.    92ac^  ben  äg^^tif^en  3)en{mälem   umfaßt  bod  2anb  Xmor  bk 

eo  beiben  Ufer  be«  oberen  Oronte«  einfc^lie^lic^  be«  ©ebirged,  unb  auf  ben  'Amdma-Sofcb 


Cibflnan 


437 


'  ^  ämuri  (91nium)  baS  §mtot!nnb  »du  ©ij'''''^  *(■  ©(f"tO,  bct  ,tiaupttei(  beä  Stbonon' 
«btctö.  3)cr  3"f<"'"""if"in9  "'''  bcn  aimotitcm  beä  91X  läfet  fict  hum  berfoinen. 
Jeiete  tampftcn  f^on  im  14.  QatirE).  ficflcn  bie  2tgvfln  unb  btangen  im  13.  ^a&r^.  fieg^ 
leid)  gegen  ©üben  Bor.  9tlö  ^öracl  Stanaon  fiff^cn  luolltc,  ^tt«n  fic  fi^  ju  ^erren  bcÄ 
Berglanbeö  gmiat^t  unb  im  Dftiorbaiilanbe  gtüd  9f«^e  gcgrünbet  (|.  MmDriterSbl©,  459)  i 

'  (Btgen  ben  Anfang  un|nei  3nt>:c<^ung  fo^^n  «im  Libanon  bie  Situräer  (f.  9b  IX  ©.  5 13), 
mi4  fie  brangen  eine  3^'  '""9  fi«gr«t^  g^gen  ©aliläa  Bor.  S)aö  Sfifpifl  beä  ^ru(en= 
^ten  Fachr  ed-Din,  ber  1595—1634  über  ein  Bon  ben  Surfen  unabhängige«  9lei(^ 
in  Slorbpaläftina  £)err(4te,  ift  ber  iüngfte  Beleg  für  bie  erlBÖlmte  (Srji^einung.  Da6  iBe= 
brängte  unb  Verfolgte  auf  ben  2.  fit^  juriitfjogen,  fe^en  h)ir  an  ben  3JtarDniten  (f.  biefen  ii 
Ätt.)  fohjie  an  ber  fc^i'itifcben  ©ettc  bet  Metäwile  am  Snbe  Beö  18.  ^atlt^unbcrlä.  Unb 
üiie  fetter  eä  ben  iürfcn  Würbe,  fu^  ju  §enen  beS  S.  ju  machen,  ge^t  barauS  ^ctBor, 
bafi  fic  bie  Slrufen  (f.  Sb  V  ©.  38)  erft  gegen  ßnbe  beö  16.  3af>r^.  untenoarfen  unb 
mt^  fBätei  iBiebcr^oIt  ibren  2)rang  nat^  ^ei^eit  bejabtien  mußten.  —  25ie  gegemoortigen 
Ser&äitniffe  beS  2.  finb  buri^  baä  (Sinf^ieiten  ber  Wcftlit^cn  Oioßmät^te,  inäbefonberc  if 
jteonfrei^rö,  baä  1860  buri^  bie  ^iiebmnegclung  einer  gioßcn  Stma^l  Ben  Gfjriften  in 
vamaAtüi  unb  im  @eE)irge  Beranlafit  tturbe,  unb  bui$  ben  baburq  herbeigeführten  Sßa: 
tag  Bom  "^a^K  1862  geregelt  borben.  Haä  ©ebirg^ebiet  ftc^t  unter  einem  c^riftli^en 
CyouBemeur,  ber  unmittelbar  mit  ber  Spforte  in  Sonftantinotiel   Beife^  unb  an  fic  einen 

,  iA^riidien  Xribut  entiif^tet,    ^er  ©i^  feiner  Regierung  ift  in  Ba'abde  füblit^  Bon  Scirut,  at 
feine  ©ommerrefibenj  ift  ber  ^alaft  in  Beteddln  (gefürjt  Bleddfn).     Unter  biefer  35er= 
fcxiltung  ^at  bie  diriftlit^e  SöeBölterung  baS  Übergeioit^t  erhalten  gegenüber  ben  3>tufen 
unb  ben  Met&wile. 

aSerfen  loir  nun  no(^  einen  lurjen  SUiI  auf  bie  hinter,  b.  i.  ijftlii$  uon  bem  ®e» 
bttgälcaK  gelegenen  ®egenben,  bie,  rate  fc^on  ju  Slnfang  beä  StrtifelS  gefagt  Mürbe,  21 
mit  bem  Sibanon  ju  bcni  ®cbirg§fl)ft«m  Bon  HJIittelf^rien  getjören.  ^er  Ramm  bed  2. 
fetit^t  faft  in  ber  ganjen  Sänge  feiner  Dflgtenje  ;u  einem  Xiefianbe  ab,  bai  fid).  Hon  bem 
^6  in  ber  Sialie  bed  ßebem^ainö  gefe^en,  in  einer  liefe  Bon  1500—2000  m  ju  ben 
gü^en  be^  Sefc^auerg  auäbe^nt.  Qi  beginnt  im  %  bei  bem  ©ee  Bon  Höin{i  (500  m) 
itnb  bel)nt  fid)  fubtoärtä  biä  Dschubb  Dschenin  (1160  m)  aul;  feine  Sänge  betrügt  ac 
cttoa  120  km.  9Bie  eä  im  33.  Bon  bem  Ramme  beö  £.  begrenjt  ift,  fo  im  D.  Bon  ben 
fielen  beä  9tnti[ibanuä.  ^em  Arz  LJbnan  fte^t  ber  nijrbiic^e  (£c())fei[er  beö  SlntilibanuS 
ßn  D.  gegenüber,  ein  ©ipfel  Bon  giccfennttiger  §orm,  ber  ficf)  an  ^iSfie  fieilit^  nic^t  mit 
btm  Ramme  beä  2.  meffen  fann,  S'O'fi^«"  ^''^l*"  t'^ibcn  getoattigen  dämmen  im  2B. 
Vnb  0.  be^nt  [\ä)  baö  iieflanb,  gegenraärtig  el-Bika'  genannt,  Inie  ein  ©raben  Bon  k 
tset^ftlnber  SBrcitc  (8—14  km)  auä,  o^ne  Bon  einer  ßügettette  ober  einer  auffaDenben 
Änft^meaung  beS  ©oben«  unterbrochen  ju  fein.  3m  tz  Ifcigt  fte  |i:3\n  p^tR  ^of  11, 
17;  12,  7,  bei  ben  ©riedien  ij  KoiXtj  ^voia  lötu>q  XEyoftevri  ober  bie  Ebene  be3 
aBafftiaä  (TOarf^oä)  ©trabo  XVI,  2,  10.  18.  21.  ^an  ^at  auc^  (i«  nrpa  9tm  1,  5 
auf  tiefe  Oegcrtb  bejietjen  tooQen  unb  2lBen(='ßv  LXX)  Bon  bem  fbrif^en  öeliopoliä, « 
bem  heutigen  ©a^afbef,  Berftanben.  Sübpftlir^  unb  füblic^  Born  Arz  Libnan  ce^int  fit^ 
aetBöibeartig  eine  breite  Sorftufe,  ber  Dahr  el-Chera'ib,  jmifdfen  bem  2.=Ramm  unb  Der 
fecne  ouä,  bie  burc^  baö  2äng^tba[  Bon  Jammüne  Bon  bem  ®ii)fetriiden  beä  2.  ge= 
jt^eben  ift.  9Beitet  füblit^  tritt  bie  Gbene  unmittelbar  an  ben  (^^  beä  2.  ^eran.  33er 
wlii^e  unb  mittlere  ^eil  bet  Gbene  ^ot  fd^ioeren  Soben  Bon  rotbrauner  %axhi,  er  ift « 
M^er  ein  fe^t  fnu^tbareä  Rulturlonb,  toenn  auc^  baä  Rlima  unglei<^  rauftet  ift  alä  auf 
bem  Sßjeftflbijang  beä  2.  3"  '''"'  nÖibUc^en  Seil  ber  Gbene  treten  bie  narften  RongIo= 
meratbänte  ju  läge  unb  engen  boä  anbaufähige  ®ebiet  auf  einen  f[^maten  Streifen  am 
Oionteä  ein.  ^ic  gbene  wirb  noi^  *Ji.  une  nac^  ©.  ^in  enttuäffert,  bie  ffiafferfc^eibe 
Begt  untoeit  Ba'albek  (clba  1170  m).  ^ai)  91.  ^iu  fammetn  fii^  bie  ffiSaffer  in  bem  5t 
»«t  beä  Drontcö  ober  Nähr  el-'A^il,  ber  fübtoärtä  eilenbe  %hx%  ift  bet  Nähr  el-Iitani, 
bet  fit^  fein  9eti  burt^  bie  abbänge  beä  £.  gebahnt  ^at  unb  baä  Setgtanb  bei  KaFat 
«Bch-Schakif  in  icefttit^er  Sticptung  buri^brii^t.  Übet  ben  JRtitfen  iWifi^en  bem  Nähr 
d-Litani  unb  §ennon  f.  ^Paläftina. 

33et  (Sebiigäftüd  beä  Sntilibanuä  fjnl  feine  SJurjcIn    in  bem   gewaltigen  $etmon  b( 
fl.  »b  VII  ©.  768).  35a  ti>o  beffen  nbtbli($e  ütb^änge  Bon  ber  5poftftta6c  9eirut=3)am(iäfuä 

<  orfteujt  Wetbtn,  teilt  fit^  baä  Gebirge  fäi^etfürmig  in  mehrere  Retten,  ©ie  Werben  Bon  ben 
Xnwo^nem  nac^  lißtx  2age  benannt,  nämtid)  Dschebel  el-Gharbf,  Dsch.  el-Waatanl 

'  unb  Dach.  esch-Scherkl,  baä  WeftUdie,  baä  mittlere  unb  baä  öfllic^e  @ebirge.  "^it  mitt: 
lew  $ü^e  Wirb  auf  1790  m,  1200  ra   unb  1850  m   gcff^öft.    JJer   mittlere  ®ebitgäjug  a 


438  £t(attott  Liber  dinmus  Romanomm  pontificiim 

berül^rt  mit  feinen  SSorl^ö^en  bie  ®egenb  öon  3)amaSlu«;  er  ijl  e«  bol^cr  too^I,  b« 
älmana  l^ie^  unb  bem  ^luffe  bon  ^ama^Iu^  2  Rq  b,  12,  bem  j^jeutigen  Barada,  bcn 
3lamm  gegeben  l^otte.  S)ocl^  fd^eint  ber  3lamt  aud^  für  ben  SlnttlibanuiS  Übztfyxvipt  ge« 
braucht  h)orben  ju  fein,  toie  aui  ben  Jleilinfd^riften  ju  fd^lie^en  ifi  Xud^  ber  9lame 
6  @entr  @}  27,5,  tvietDoi^l  ^t  3,  9  bem  $ermon  gegeben,  toirb  in  ben  Jtetltnfd^ften  unb 
bei  ben  Arabern  für  nörblidS^ere  leile  be«  änttlibanu«  gebrandet  (f.  93b  VII  ©.  758,  si). 

«at^c. 
Libelli  pacis,  libeUatici  f.  Lapsi  oben  @.  283 ff. 

Liber  censmn  Cencii  camerarii  f.  ^onortud  III.  93b  VIII  @.  319,  47 ff. 

10  Liber  dinrnus  Romanomm  pontificiim  ift  eine  Sammlung  bon  ^Jformulaccn 
für  bie  bei  ber  römifd^en  Jtird^e  bortommenben  toic^tigen  Sllte,  toie  j.93.  bie  SefleKung 
bed  ^opfted,  bie  Drbination  ber  fuburbicarifd^en  93if(^öfe,  bie  Srteilung  bed  ^Mlntmd,  btc 
©etoäl^rung  bon  $rit)ilegien  u.  f.  to.,  toelc^e  }um  ©ebraud^e  ber  päap^Üi^m  Jtan)Iei  be^ 
ftimmt  toar.    @ntftanben  ift  bad  93ud^,  beffen  ^^ormulorien  namentlidb  93riefe  bom  $a)>fic 

16  ®elaftu^  I.  unb  ®regor  I.  ju  ®runbe  liegen,  in  bem  3^^^>n  utoifd^en  ben  ^ol^ren  685 
unb  751.  @^  f)at  fic^  bi^  in  ba^  11.  ^ai^rl^unbert  l^tnein  in  ©ebroud^  ersten,  ja  cd 
finben  ftc^  fogar  nod^  einzelne  Formulare  an^  bemfelben  in  ben  Jlanonenfammbmgen 
be$  12.  ^o^rl^unbert^,  ).  93.  bet  ©ratian  c.  8  Dist.  XVI  toieber.  @eitbem  geriet  bie 
Sammlung,   toeld^e   bei   ber   beränberten  SteQung  bed  römifd^en  Stu^led  ntd^t   me^ 

2o^raItifd^  ju  brauchen  toar,  in  äSergeffenl^eit.  @rfi  Sucad  ^olfteniud  entbedte  fte  in 
einem  3Ranuf{ri))t  ber  93ibliotl^ef  ber  Siftercienfer  bon  S.  Croce  in  Gerusaleme  }u 
9%om  toieber  unb  bereitete  unter  93enu$ung  einer  anberen,  i^m  bon  Sirmonb  fiberfonbten 
$anbfdj^rift  be^  ^oQegd  bon  Slermont  eine  älu^abe  bor.  älU  er  biefelbe  im  ^o^  1650 
^d^einen  laffen  tooDte,  tourbe  i^m  inbeffen  bie  @rlaubni$  baju  bon  ber  römifc^en  3^1^ 

26  t)ertoeigert  unb  er  ftarb  i.^.  1661,  ol^ne  ba^  er  bie  ®enel^migung  jur  ^eroudgabe  erpoUen 
lonnte,  toä^renb  bie  fc^on  gebrud^en  @£em))lare  j^urüdgel^alten  tourben.  Ser  ®runb  bicjed 
l^arten  9}erfal^rend  feiten^  ber  ^urie  lag  in  bem  in  bem  liber  diurnus  enthaltenen  ^ 
mulare  ber  bon  jebem  ^opfte  abjulegenben  professio  fidei  (nr.  84).  !Rad^  bemfdicn 
erflärt  biefer  u.  a.  auc^  bie  @d^lüffe  be^  6.  allgemeinen  ^njUid  anjund^men   unb  bie 

90  Seigren  ber  ^on  biefem  t)erurteilten  Jte^er  ju  bertoerfen.  Unter  ben  le^teren  tüirb  au4l  bet 
^ap\i  ^onoriu^  I.  („auctores  vere  novi  haeretici  dogmatis  —  bed  SRonot^iiSmud, 
—  Sergium  . . .  una  cum  Honorio ,  qui  pravis  eorum  assertionibus  fomentom 
impendit  . . .  nexu  perpetui  anathematis  devinxerunt")  ertoä^  unb  biefed  S^^'S^ 
be$  alten  ^angleibud^e^  für  bie  ^l^lbarteit  be$  ^apfted  unb  bie  @u))rematte  bed  aOgt' 

86  meinen  jlonjttö  toar  ben  ^urialiften  f o  unbequem,  ba^  man  bie  Sammlung  nic^t  in  bie 
ßffentlic^feit  gelangen  laffen  tooDte. 

^n  ^anfreic^,  too  man  burd^  ben  SSerfud^  ig^^Iff^^  toieber  auf  ben  liber  diurnus  ' 
aufmerffam  gemad^t  toar,   gab  il^n  inbeffen  ber  3^"'^  ®amier  (f.  93b  VI,  ©.  368)  f^im 
im  ^a^re  1680  gu  $arid  l^eraud  unb  SRabiQon,  toeld^er  iniRom  bie  toieber  oufgefunbem 

40  ^anbfd^rift  ^olftend  benu^en  lonnte,  teilte  bann  aud  berfelben  in  feinem  Museum 
Italicum  t.  II,  p.  2,  p.  32  sqq.  9{adj^träge  mit.  93on  ber  ®amierfd^en  9ludgabe  lie^ 
im  öorigen  ^l^^^^^wnbert  ®.  §offmann  in  feiner  nova  coUectio  scriptorum  et  monu- 
mentor.,  Lipsiae  1733,  Tom.  II,  unb  9tieager,  2Bien  1762,  neue  9(bbrüdEe  erfd^eincn. 
@ine  ben  älnforberungen  ber  l^eutigen  äBiffenfd^aft  entf^rec^enbe  neue  Sudgabe  ^t  txäXdi 

46  @ug^ue  be  9{o}i^re  unter  bem  Xitel :  „liber  diurnus  ou  recueil  des  formules  usitta 
par  la  chancellerie  pontificale  du  V.  au  XI  si^de,  ^rid  1869"  (suppldment 
bam  $arid  1869)  beranftaltet.  ^n  ber  Einleitung  ftnb  aDe  einfd^lägigen  Iritifc^  %tagfn 
be^anbelt,  unb  ber  9lu^abe  au|er  bem  erforberlid^en  l^^anbfdj^riftlic^  9()))}arat  aud^  bie 
auf  ben  liber  diurnus   bejüglic^en  @d^riften  unb  3toUn  ®amierd,  93ahi)ed  unb  3^ 

60  cariad  beigegeben.  Dad  einzige  noc^  erhaltene  3)tanuftri))t  ift  bad  bon  ^olften  benüftc; 
toeldj^ed  ft$  iefet  in  ber  batifanifd^en  93ibliotl^et  (Hbbbb  97  ex  Capsula  X)  befinbd 
3)iefe«  ift  nao)  einer  5loHation  bon  2)aremberg  unb  Sl^nan  —  Slojiöre  felbfi  1^  WP 
geblidj^  bie  ©infic^t  ber  ^anbfd^rift  nad^gefud^t  —  ber  Slu^abe  gu  ®runbe  ^degt  3)<* 
felbe  gel^ört  nad^  ^abiQon  in  bie  jtoeite  $älfte  bed  9.  2|a^r^unbertd,  unb  bte  Sc^riftjöge 

K  bed  ^Iftmiled,  toeldj^ed  bie  genannten  frangöftfd^en  ®elel(^rten  in  ben  Archivee  des 
missions  scientifiques,  $artd  1850,  1,  245,  mitgeteilt  l^ben,  laffen  biefe  Xltci^ 
beftimmung  afö  }utreffenb  erfc^einen,  toenngleid^  i^ie  le^teren  felbft  bie  ^nbf(^^  bon 
@nbe  bed  7.  ober  älnfang  bed  8.  ^a^rl^unbertd  gutoeifen. 


Liber  diarnas  Rfliimnomiu  pontificam 


Ober  pontificaliä      439 


3;icfe  naij  SHoji&rt  bcn  .öinjt^iuö  geiimt^tt  ^arfteHunß  ift  nii^t  mtfjr  (janj  jutwffenb. 
%p.  \}.  'aidtl  iat  in  fca  Sfu^abe  Liber  diurnus  Romanorum  Pontificum  ex  untco 
codice  Vaticaoo.  Vindobonae  1889,  eann  in  ben  Prolegomena  jum  Liber  diurnus 
I  u.  II  S®at  p^il,  |iift.  fllafie  33t  117  9tt.  VII  unb  XIII  uielfa(^  neue  3)c|u[tQte  ju 
2afle  geförbcrt,  bie  (Sin^eitlit^Ieit  beö  SBudjrö  entträftct  unb  auä)  beiiiglitii  ber^etl  ctlüoö  e 
abmeittvenbe  Ülnfic^tcn  aufgeft'Ql'  Tiatauf  nä^et  einjugt^en  tcürbe  einen  Stoum  foibem, 
bei  nic^t  ju  beanf)<nic^en  ij't;  eä  mu{i  alfo  biefe  9iotij  genügen.  £eiber  abet  ift  ®i(fel, 
toic  a  fpätnr  felbft  bcCannl  gemacht  ^at,  entgangen,  ba^  bie  3Imbiofianif(^e  ^ibliotM 
ju  3)taiianb  noä)  einen  Jtobeg  beä  Liber  diurnus  enthält,  ben  id^  felbft  lenne,  \o  bag 
olfo  @i(fel4  ÜSert  feine  abj^liefienbe  Unterfui^ung  bietet.  id 

3n  Hjätcrer  3^t  ^o'  '"'>''  jui"  Öi^i?  teä  nit^t  me^  brnudi&aten  liber  diurnus 
(benfoQä  ä[)nli(^e  (^omtelbü^er  abgelöst,  bon  benen  noc^  mandje,  \d  literae  quae  in 
curia  domini  papae  dari  consueverunt,  formulsrium  et  etylus  scriptorum 
curiae  Romanae  (Bon  ^c^onn  XXIL  an  bis  auf  ©tegot  XII.  unb  ^io^ann  XXIII.) 
im  3JJanu(lript  t)ot^anben  finb  (DgL  3(o(finget,  ttber  3ormeIbü($ct  com  13.— IG.  3a[)v=  ij 
^unbert,  3Iiünd)en  1865,  ©,  64.  126.  173.  183). 

3(u(f)  jinb  naä)  bcm  ißtufter  be«  pöjjjtlif^en  liber  diurnus  bcrgleic^en  ©ümni= 
lungen  jiit  Sij^iJf«,  äbte  u.  f.  io.  angelegt  luptben  (ogt.  floctinget  a.  a.  0.  S.  47. 
168).  {¥.  ©infi^lne  f)  "■  ®i^»IIe. 

Liber  pontificalis.  —  Uebeifdiriflen:  3n  ben  älleflen  iinb  bejlcn  ©anb^riflen  30 
o6ne  lleberfd)tift  obei  a(S :  Epiwnpale  trfp.  Liber  epist'opaliB,  in  quo  cootiiicntur  acta 
bcatonim  pontificum  urbis  Bomae,  In  einigen  jüngeren  ^anbfdii'ifien  nlä:  ileeta  pontificum  ober 
Chronica  pontificum;  Bun  Scba,  g!i(Dlau8  L,  ^incmar  Don  fflbctmä  u.  0.  diicttolS:  Geata 
poDtificali&j  in  alten  33ibliatt)etifalalDgen  aI3:  Gesta  pontificum  Romanorum;  i>om 
13.  ^cbttlunbeTt  an  (feil  ITtaitinuä  ^ulonuS)  auif)  aii:  Damoaus  de  geatia  pontificum  ober  iij 
CÜronica  Dnman  de  geatiH  Rümanorum  pontificum;  unicr  bem  Qlufiug  bed  Onnfrlo 
(aniiinlo  (Commentorii  ad  faMorum  libroe  V,  Venetiis  15D8  u.  a.)  in  ben  erflen  Etüden 
als :  AuMtaeius  bibliotbccarius  de  vjtis  Roraanonini  poutificum ;  feit  ber  SluSgobe  bc3  So^anneS 
Visnolt  (1724 ff.)  a!9:  Liber  ponCificalia. 

^anbf  AtifKn:  üufjä^iung  unb  au#füt)tliil)e  Sefpiecbunä  bei:   2)u((cene:    Le  Libor  so 
pontificaU»,  I  pag.  CLXIV— CCVI;  II  pag.  I-II;   pag.  IX-XX;  pag.  XXIV— XXX; 

n'.XXXVn— XXXIX;  pag.  SLV— XLVII.    ©ommjcn  in  ben  Monumonla  Gcrraaniae 
torica,   Gestoruni    Pontificum  Romanorum    Vol.  I    pag.  LXXIV — CV.    Bafelbfl   üud) 

I      Hngabe  bei'  fciigeren  Ctttecatut  über  bie  {lanbfc^rifien.    Hußerbeni    finb  biet   jii   uergleidien 
bie  Stcifebeildite,  bie  in  beni  ,9Ir(^l»  ber  OtefcQfc^aft  für  ältere  beutfc^e  älcFt^idil^tunbe-'  Mr-  8G 
Bffenlli^t  finb  unb  f'A  fpej^eQ  mit  ben  $anb|d|ri)ten  beS  LilwT  pontificalis  unb  feinet  gott' 

I      (epungenbefoffcn:  1.  3)er  SBeijeberit^I  Don  Sl.  .&.  ^erp  im  Slten  SrAiu.  ©bV.  6.68—86.  97, 
2.  aier  pnn  ^.  '!ßat\t   im   Weuen  ?(t<^lo,    Sb  II    (1877),    S.  29—46.     3,  Don    Sl.    aBüif 

I  a.  a.  O.  Sb  X  (1885),  S.  453—465.  4.  Don  H.  »radniann  a.  0.  O.  Sb  XXVI  (1901), 
S.  308—322.  Uebet  bie  ^lanblt^rifren  beö  fugen.  Catalogus  Felicianus:  Sutfieäne,  Le  Liber  u 
pootificaliB,  I,  pag.  XLIXff. ;  SRumnifen,  GcRtonim  Pontificum  Bomaoorum  VoL  I, 
pag,  LXXf-  Ueber  bie  .£ionbf(ötiflen  be8  fogen.  Catalcgns  CouonianuB:  SludieSne,  Le  Liber 
pontificalis,  I,  pag.  LIVff.;  SRommfcn,  Qestorum  Poutificum  Romanorum  Vul.i,  pag.  LXXIff, 
«uöflobeu:  2.  Imcfieänf,  Lc  Liber  Pontificalis.  Paris,  Thorin,  Tom.  I,  1886;  Tom. 
II,  1892  in  bet  Biblloth^qae  des  äcoles  frangatsea  d'Alhbnes  et  de  Rome,  2>6ärie;45 
Z^.  äRommfen  In  ben  Mouumcnta  Oermaniae  hietorica,  Gestonun  Pontificum  Bomauorum 
Vol.  I.  IJbri  PoDtificaüa  Pars  prior  (—715)  Berolini,  SBeibmann.  1898.  Sgl.  ju  biefec 
Kudgabc  bie  flrilil  3?uii)eSneö  „La  nouveüe  ^ition  du  Liber  pontifiräliB"  in  ben  Monges 
d'arch^logie  et  d'hiütoire  18.  ann^  (1898),  pag.  381 — 417.  Uebet  bie  filieren  HuBgabcn 
»gl.  »utfieane  o.  q.  O.  I,  pag.  LV— LXIV;  SHommfen  fl.  a.  D.  pag.  CVU— CX.  ffluS-  60 
gaben  bei  fogen.  Cotalogua  Fclicianns:  Sut^eBnc  a.  a.  0.  I,  pag.  46^108;  Wommfen  a.  a.  C 
pag.  239—263  (SKommfen  bat  augerbem  bie  Se^lfornt  biefeä  Catalogus  im  ttp  beS  Liber 
pontificalis  burd)  befonbete  3ei[4en  anflcbeulet).  üuSgaben  beB  fogen.  Catalogus  Cononianua 
Don:  3)u(iit§ne  a.  ü.  O.  I,  pag.  48—113;  ^oinmfcn  a.  o,  O.  pag.  23!)— 263  (mit  bem 
Catalogus  Felicisnus  jufanimen  unb  babec  nut  biä  Sel'f  TV.  abgcbtudt ;  au&erbent  tft  aber  51 

feine  Se^ftttm,  mle  beim  Catalogus  Fclicianns,    im  3^e{le   bcB  'Liber  pontificalia    burd)  be* 
onbetc  geilen  angebeulei). 

Ijilleratur:  Stn  Xeil  ift  gufammengefteQl  bei  Sug.  i^oll^aft,  Bibliotheca  Hietorica 
I  Medii  Aevi,  a.DTuH,  Serlin  1896,  ©b  I.  ®.738i.  lue  elnjelnen  ^luffäpe  übet  bie  gtage 
nadi  Ber  ßniftcfiunfl  beS  Hlteflen  Liber  pontificalia  finb  jufamniengeftelll  bei:  SJutfeeänc  ü.  a.D.  e 
I,  Pr^faire.  3)ie  Eitleralur  über  bie  fugen.  „Wömifdie  Jtage",  bie  mit  bet  ßtilil  über  bie 
Biten  bei  ?äpfte  Slepbonäll.  unb  $iabtianäl.  im  Liber  pontificalis  im  engfien  3ufammen' 
^ong  ftetit,  ift  jufonimenge|teQI  in  bicS«  ent^doplibie,  «riiftl  „^abrian  I."  (SJb  VII  ©.  30af.). 


440  Über  pontificalis 

iRad^s^trogen  bleiben  bann  no(!6  folgenbe  ©Triften :  $.  Sfabre,  Les  vies  des  papes  dans  les 
manuscrits  du  Liber  censuum  in  ben  M^anges  d'arch^ologie  et  dliistoire  pabL  par 
r£cole  fraD9.  de  Borne  Tom.  VI  (1886) ;  $.  ^ahxt,  !&tude  sur  le  über  censaum  de  TJ^^ue 
Eomaine,  ^ariS  1892  (=  Biblioth^ue  des  l^les  fran;.  d' Äthanes  et  de  Borne  Fase  62) ; 

6  3.  (S^iorgi,  Appunti  intorno  ad  alcuni  manoscritti  del  über  pontificalis,  im  Archivio  deÜa 
societä  Bomana  di  storia  patria  vol.  XX  (1897),  pag.  247^.;  gfr.  ^.  ®(agf(6röber,  %ti 
SucQd  ^olfteniuS  Sammlung  t7on  $apft(eben,  in  ber  9iO@  für  ^[Itertumdhtnbe  lY,  8. 125 ff.; 
berf.,  Vitae  aliquot  pontificum  saeculi  XV,  cbcnbort  93bV,  8.  178 ff.;  berf.,  ßur  Ouelleii' 
funbe  ber  $Qpftgefd)ic6te  bei»  14.  ga^r^unbertS,  ^3®  XI  (1890)  @.  240—266;  «b.  {>ama(f, 

10  Uebcr  bic  „ordmationes"  im  ^apftbud).  in  bcn  @©«  1897,  @.  761— 778;  St.  junger,  3ur 
®efc^i*te  beS  «apfteS  3o^ann8  XXIII.,  S)iffert.  Jöonn  1876,  ©.  19 ff.;  3.  ©.  ßig^tfoot, 
The  apostolic  fathers.  Part  I.  S.  Clement  of  Borne.  Vol.  I  (Sonbon  1890),  @.  201—345; 
£^.  Sinbner,  Ueber  einige  Duellen  mix  $Qpftgefd)i4te  im  14.  3a^^6unbert,  in:  ^<B  XII 
(1872),  ©.  285-250.  656  ff.;   2^.  afeommfen,   2)ie  Historia  Brittommi   unb  ftönig  fiudu« 

16  t)on  Britannien,  im  92?l  XIX  (1894),  ©.285—293:  berf.,  Ordo  et  spatia  episcoporum 
Bomanorum  in  libro  pontificali,  ebenbort  XXI  (1896),  @.  333  —  357.  brrf.,  S)a« 
9ionncnaItcr,  ebenbort  XXtl  (1897),  @.  545--547;  berf.,  8ur  3BeIt(^ronif  t)om  So^re  741, 
ebenbort  XXII  (1897),  ©.548—553;  (S.  x>,  Ottent^al,  3)ie  Duellen  jur  erften  Äomfaftrt 
Ottog  I.,  in    ben  ^itteil.  bed  3nftitutd  f.  Oefterrei«.   (^efc^i^tdforfd).  (SrgSnAungdbonb  IV 

20(1893),  ©.  32 ff.;  g.  @).  dtofenfelb,  Ueber  bie  itomporttion  bed  über  pontificalia  bid  gu 
itonftantin,  Harburg,  ^iffert.  1896;  ©ägmüUer,  ^ietric^  Don  9{iem  unb  ber  über  pontifi- 
calis, 4)3®  XV  (1894),  ©.  802—810. 

^er  über  pontificalis  entl^ölt  bte  ©efd^td^te  ber  $ä))fte  t>tm  ^etrud   an  in  ^orm 
bon  9togra)}l^ien.    3)er  öltefte  unb  etgentltdbe  über  pontificalis  reul^t  btd  @tct>^  V. 

26  (885—891),  ioi)  f eitlen  bte  Siten  ber  brei  Sorgänger  btefe«  ^opfte«,  bie  Sol^n«  vni., 
3Jtarinu^'  II.,  ^abriand  III.,  unb  femer  fd^Iie^t  ber  Xe^t  ber  und  erhaltenen  fyaib^ 
fd^rtften  mitten  in  ber  äSita  Bitpf)and  V.,  fo  ba^  tt>ir  bad  @nbe  biefed  alten  über  pon- 
tificalis nid^t  fennen. 

3Rit  ber  ^age  nad^  ber  @ntftel^ung  biefed  SBerleiS  l^ot  ftd^  bie  gelehrte  Sßelt  aKer 

80  ^Ätm  befd^äftigt.  @eit  bem  13.  3<i^^u>^^^  ^^x^  ^^^  ^^  älnfui^t,  ba^  ber  ältefte  Xcil 
bom  $a)}fte  ^amafud  auf  Sitten  be$  ^ieron^mud  ^efd^rieben  unb  bann  auf  Sefe^l  M 
jebedmaligen  $a))fted  bbn  äSita  p  äSita  fortgefe^t  fei.  Siefeälnfu^t  ftü^e  [vi^  bor  aDem 
auf  bie  in  ben  meiften  ^anbfdj^nften  mit  bem  Liber  pontificalis  berbunbenen  Sriefe  M 
3)amafud  unb  $ieron^mu^,  beren  Unec^tl^eit  man  nidbt  }u  erlennen  bermix^te,  tourbe  ober 

86  fd^on  im  15.  ^a\)x^,  in  3^^f^  0^3ogen.  Dnofrio  ^anbinio  brad^te  bann  im  16.  ^cift^ 
^nbert  bie  ^nfd^auung  auf,  bag  älnaftaftud,  ber  einfhi^reid^e  unb  geld^frte  SRini^ 
9ii{oIaud  I.,  ber  ^erfaffer  getvefen  fei.  3^^^  fd^loffen  fup  bie  erften  Herausgeber  an,  \M 
gegen  @nbe  beS  17.  S^^^^^unbertd  ber  geleierte  Sibliotl^elar  ber  Bibliotheca  Vaticana 
Smanuel   @d^elftrate    („Dissertatio   de  antiquis    Romanorum    Pontificum    cata- 

40  logis  etc.''y  Romae  1692)  unb  ^oanned  6iam))im  (,,Examen  libri  pontificalis  etc.'', 
Romae  1688)  fotoie  %x,  ^iand^im  in  feiner  älu^abe  bed  Liber  pontificalis  (Romae 
17 18  ff.)  mit  fc^lagenben  ®rünben  bie  Unl^altbartett  biefer  Slnftd^t  beriefen,  ^eutnito^c 
|itt>eifelt  nad^  ben  glänjenben  Unterfud^ungen  S)ud^e$neS  niemanb  mel^  baran,  ba|  bic 
SSiten  aQmöi^Iic^  entftanben  fmb.    ^er  Strei^unft  ift  ie^  ld>iglid^  noc^  ber,  in   tDebfK 

45  R^xt  bic  erfte  Slebaftton  biefe^  Sud^e«  jju  fe^en  ift.  Über  biefe^age  tourbe  ctnp  eine 
lange  Jtontroberfe  gtoifd^en  28ai|  unb  ^udpeSne  au^efod^ten.  Sceuerbingd  ifl  fte  bun^ 
bie  bon  langer  $anb  l^er  borbereitete  ^ublilation  bei^  erften  S^eiled  bed  Liber  pontifi- 
calis burc^  3Rommfen  für  bie  MG  toieber  aufgelebt;  il^re  Sntfc^eibung  l^gt  bon  bet 
^age  nac^  ben  JQueÜen  bed  äBerfed  ab. 

60  ^er  Liber  pontificalis  ift  fic^erlic^  nid^t  bie  ältefte  Slufjetd^nung  über  bie  Sl^nmo< 
logie  unb  ©efc^ic^te  ber  $ä))fte.  Slömifd^e  Sifc^of^Iiften  mit  ifirc^engefd^id^tlid^  9b>ti)(n 
fyii  e^  toal^rfd^cinlic^  feit  bem  änfang  be«  2.  3ö^4unbertg  gegeben.  [SJflL  fiigbtfoot,  The 
apostolic  fathers,  Clement  vol.  I  p.  201  f.;  Slb.^amad,  ^ie  älteften  c^ftlic^  S)a> 
tierungen  unb  bie  Slnfänge  einer  blfc^öflid^en  @|ronogra)}l^te  in  Stom,  in  ben  WB91  1892, 

65  @.  617—658;  auc^  ^arbinal  ^anc.  Segna,  De  succesione  Romanorum  pontificum, 
SRom  1897.]  ßufebiuö,  §ieron^muS  u.  a.  I^aben  in  il^re  6l^oni!en  Jold^e  2i|ien  auf* 
genommen,  ^udj^  ftnbet  ftc^  eine  Sammlung  bon  $c^ftbiten  öl^nlicp  ber  beS  Libär 
pontificalis  aud  alter  ^tit,  bie  leiber  nur  fragmentarif^  überliefert  i%  au^er  einem  Steße 
einer  Vita  Anastasii  III.   eine  au^fül^rlid^e  äSita  bed   S^mmad^uS   enthält  tmb,  tme 

60  3)ud^e«ne  erlannt  ^at,  »ur  S^xt  be^  §ormigba«  (geft.  523)  gefd^rieben  toorben  ifl  [3n  einer 
^anbfd^rift  be«  6.  3;a^r^unbert^  in  ber  Äo^itelbibliot^ef  gu  SBerona  SRr.  XXII  (20).  - 
@ebru(ft  bon  $ian($int  in  {einer  älu^abe  bed  Liber  pontificalis  Tom.  III,  p.  209; 


über  pontificalis  441 

IV,  p.  LXIX.  3Ü&  ,,Fragmentum  Laurentianum"  bon  3)u(i^e$ne,  Le  Liber 
pontificalis,  I,  p.  4:3—46.  SJgl-  P-  XXX.  Sltö  „Corpus  vitarum  Symma- 
chianum"  bon  9Rommjen  in  feiner  Slui^abe  bed  Liber  pontific,  p.  IX — XI. J 
SQe  iene  Xu^eid^mmgen  ftnb  burc^awS  unabhängig  bom  Liber  pontificalis;  biefer 
gicbt^  bie  älnf angdgefd^id^te  ber^öpfte  feine  befonberen  9{ad^rid^ten.  SBol^erftammen  fie?  6 

gür  bte  3lamm  unb  ^aten  ftnb  ebibent  jtvei  DueDen  nac^getbiefen.  3)ie  eine  ift 
bet  Catalogus  Liberianus,  fogenannt,  tveil  biefe  $a))ftlifte  mit  bem  $a))[te  SiberiuiS 
mbet  (352—366).  @ie  ift  ein  Xeil  bed  Ghronographus  anni  354,  eine^  römifd^en 
©toatäolenbard  [l^au^egeben  bon  ^.  SDtommfen  ;,Über  ben  Sl^ronograpi^en  bom  ^a^re 
354''  in  ben  Xb^anblunaen  ber  ^l^ilolog.sl^iftotifd^en  Jtlaffe  ber  jtgl.  fädj^ftfc^en  ©efeUfd^aft  lo 
ber  SBiff cnf d^aften  Sb  I,  £ei))gig  1850,  ©.  547—668;  unb  abermal«  bon  3Kommfen  in  ben 
MG  Auct.  antiquiss.  IX  (1892),  p.  37—77;  bie  $a»3ftlifte  attein  bon  a)ud^e«ne,  Le 
Liber  pontificalis,  I,  p.  2—8  unb  bon  X  S.  Sigl^tfoot,  The  apostolic  faüiers.  Part. 
I.  S.  Clement  of  Rome  vol  I  (1890),  ©.  253—258],  ber  in  jenem  Sa^re  in  Stern 
ougenfc^inltc^  für  einen  d^riftlid^en  Seniler  jufammengefteQt  ift,  bieQeid^t  bon  bem  RcHu  vs 
m0pf^  bed  ^fted  3>amafud,  ^uriud  3)ionbfut«  ^localu«,  ber  ben  Menber  mit 
^Ott^ationen  fd^müdEte.  3)iefe  Sifte  berul^t  nad^  ben  Unterfud^ngen  3)ud^edned  bi«  jum 
^jaS^  235  ($<^t  ^ontionu«)  auf  ben  Slu^d^nungen  bed  $^))ol9tu«  in  feinem  Liber 
cenerationis  (92amen,  9$ontiftfatdbauer,  5taifers  unb  Jtonfulat^f^nd^ronidmu«),  für  bie 
plaenben  brei  $ä))fte  toaprfd^einlid^  auf  ^^ortfe^ungen  be«  ^i))))ol^tu«,  toirb  bann  fel^Ier»  20 
^  für  Suctud,  Btepi^axua,  @ic^  II.  unb  fügt  im  I^en  Seile  augenfd^einlid^  auf 
®nmb  tird^Hd^er  Jtolenber  [93eif))iel  eine«  foldj^en:  ^e  ^offt,  Roma  sotteranea  I, 
p.  113]  )u  ben  bid  bol^  gegebenen  3)aten  bie  Slngabe  ber  Xage  ber  ordinatio  unb 
depcfiitio  ber$ät)fie  ^in}u.  SeiSiberiu«  ftnbet  fuj^  nur  berXag  ber  ordinatio;  augem 
\dfmix^  lebte  ber  ^^ft  nod^  jur  3^t  ber  Slebaltion  ber  Sifte.  —  3)ie  ^toeite  Sifte,  bie  as 
ffia  in  9etra(^t  lommt,  ift  und  jtoar  in  berfd^iebenen  formen  bon  berfd^iebener  Sänge 
übcdtcfert  [SRommfen  in  feiner  Slu^abe  bed  Liber  pontificalis  p.  XXX  ff.  }ä^(t  gtoölf 
foUa  Stfien  oud  bem  6.-9. 9|al(^l^unbert],  jebod^  betoeift  bie  Übereinftimmung  ber  Ütamen, 
ßo^bn  unb  getmffer  Sefonber^eiten,  aud^  bie  ftetd  ftdj^  finbenbe  äSerbinbung  mit  ^onjUien« 
ober  })fi))Pi($en  3)elretalfammlungen  für  eine  gemeinfame  @runblage  (=  SJlommfendao 
^^libq^O-  3^  ^^  X^^  ftimmt  bie  Sifte,  fobalb  man  getoiffe  pe|ler  bed  Siberianud 
brrigiert,  mit  biefem  in  \ifttn  ^aifltn  unb  fonftigen  eingaben  burc^aud  überein,  fo  ba^ 
eine  9ein^(ung  ber  einen  burd^  bie  anbere  ftattgefunben  l^aben  mu|.  Sigl^tfoot  meint 
ba^  [The  apostolic  fathers,  Clement  vol.  I,  p.  267],  ba^  ber  ^erfaffer  bed  ^jnbes 
hm  Catalogus  Liberianus  au^d^rieben  l^abe,  unb  bringt  bie  Sntftel^ung  in  Bufammen^  86 
^g  mit  ben  fogenannten  3<^^  jüftertafeln,  beren  9(nfertigung  ind  ^afyc  447  fällt,  [äluc^ 
Shidpedne,  Le  Liber  pontificalis,  I,  p.  XXI  f^rid^t  fid^  bafür  aud,  bal  ber  ^nbec  unb 
bie  S^iMx  Oficrtaf  ein  benf  elben  93erf  äff  er  l^aben,  bieQeidj^t  ben  S^roniften  $rod))er.  —  ^gl. 
Utommfen,  SHe  3ei|er  Dpertafel  bom  3a^re  447,  in  SlSa  1862  @.  537  sq.  unb  3.  8. 
Sig^oot,  The  apostolic  Fathers,  Clement  vol.  I,  p.  311  sqq.]  SDtommfen  l^oÜ  im  40 
(Bcgenteil  ein  ffiiftxt&  äUter  bed  ^nhtjc  für  nid^t  au^gef d^loff en,  toeU  ber  ^e^t  bed  ^f^bec  bon 
ben  gfe^lem  bed  Siberianud  frei  ift.  ^r  bie  DueQenfrage  bed  Liber  pontificalis  ift  bie 
Sntfc^etbung  o^e  9elang.  9lld  ber  älutor  bei^  Liber  pontificalis  fein  SBert  tom« 
^Hmierte,  tiHiren  bie  beiben  Siften  bereite  fo  berfdj^ieben,  ba^  er  fte  aU  jtoei  berfd^iebene 
bcmif^  3^  toefentlid^en  fc^lo^  er  fid^  babei  bem  Catalogus  Liberianus  an,  ber  il^m  45 
ffir  bte  filtqle  3^  ^i^  au^fü^lic^eren  3la6)xx^Un  bot.  älber  im  SSerlaufe  feiner  älrbeit 
brrigierte  er  bte  eingaben  be^  Siberianud  nad^  benen  be$  ^vb^,  bieQeidj^t  toeil  biefer  burd^ 
feine  SSerbtnbttna  mit  Jtonjiliens  unb  $a))ftbe{retalfammlungen  grö^ered  äSertrauen  gu  ber- 
bienen  fc^ien.  Son  Siberiud  an  ift  ber^nbq:  bann  bie  alleinige  Duelle  für  bie  S^l)lm  bed 
Über  pontificalis  getoorben,  i\^  @i^d  III.  (geft.  440)  lontroüierbar  an  ber  Si^ronit  50 
bcd  fSro^HT,  mit  ber  er  burd^aui^  übereinftimmt.  ^ür  bie  Sl^ronologie  ber  älteften  ^ä))fte 
barf  fomit  ber  Liber  pontificalis  nur  ba  benu|t  toerben,  too  er  Süden  bed  Sibcrianud 
audffiOt;  im  übrigen  i^  er  in  biefer  ^infic^t  nur  abgeleitete  DueQe. 

(Segenüber  btefen  beiben  Siften  |at  nun  aber  ber  Liber  pontificalis  nod^  ein  be« 
bctttciAed  3RtSjft.  i)ied  3Rel^r  l^at  ber  älutor  aud  allen  möglichen  JQueDen  genommen,  55 
bcmt  ffi^it^iftt  äBert  pm  Seil  äugerft  gering  ift  (^ieron^mu^,  De  viris  illustribus ; 
älufind  ^eiibo«Jtlementtnifd^en  Slefognitionen ;  ^ärt^rertegenben  ).  9.  Passio  s.  Cae- 
eiliaey  s.  Comelii  papae,  Sixti  II  papae,  Silvestri  papae,  Felicis  II  papae  u.  a. ; 
bte  jo^Ireif^  f^fUic^en  ^elrete  größtenteils  an^  ben  fogenannten  falfd^en  S^mmadj^ianen 
[bgL  Coustant  Epist.  pontif .  I,  p.  LXXXIVJ,  einer  Sammlung  bon  @rjä^lungen  unb  eo 


442  Ltber  pontificaUs 

©^nobalberid^ten,  bie  unter  ber  Slegierung  be$  $a))fted  ©^mmad^u^  jufommengeiidlt 
Sorben  ift).  Mtorifd^  \Dtti^>oü  ftnb  feine  3la6)ni)tm  nur  ^inftd^tlic^  ber  aufjo^lung 
ber  ^ci)}ftli(|en  ISouten  unb  ber  ©efd^enHiften,  bie  tool^l  auf  Ürlunben  bed  p&p^iäfm 
Wcd)i\>i  berul^en.   ferner  in  ben  äStten  bon  9(naftafiu^  II.  (496—498)  an  ouc^  ^infu^tlic^ 

6  ber  Sendete  über  bie  ))olitif(l^e  ©efd^id^te  ber  ^cüp^it,  bie  bid  bo^in  ebenfalls  t)on  ber 
fd^toerften  l^iftorifd^en  3^^^»"^  ftedfen. 

S)iefe  (entere  Seobad^tung  giebt  gugleid^  ben  Snl^t^unlt  für  bie  (Sntf d^eibmm  ber 
^age  nad^  oem  ällter  ber  erften  Slebaftion  bed  Liber  pontificalis.  @tnb  bie  vtaiSf* 
rid^ten  ber  äSiten  t)on  älnaftaftud  II.  an  gut,  bie  ber  früheren  fd^Iec^t,  fo  liegt  ed  no^, 

10  in  bie  3^  ^^  anfongenben  6.  ^o^rl^unbertd  oud^  bie  erfte  Xu^obe  bed  Über  pon- 
tificalis gu  bcriegen.  ©o  urteilen,  toie  früher  ©d^elftrate,  Jo  neuerbing«  be  Steffi  unb 
befonberd  S)ud^e^ne  unb  ftütot  ü^re  9(nftd^t  mit  gewichtigen  ^rünben,  le^terer  namentlich 
burd^  i^^i^^^i^  Auf  einen  ^u^ug  be$  alten  Liber  pontificalis,  ber  mit  ^i;  IV. 
(526—530)  enbigt  [ben  fogen.  Gatalogus  Felicianus,    in   ben  xmS  erzenen   ^anb< 

15  fc^riften  mit  einer  in  ©aJDtien  umd  ^afyc  549  jufammengefteHten  Sammlung  t)on  flmumed 
(Sylloge  Sanctimauriana)  berbunben.  2\p[xu^  („6|ronologie  ber  römifc^  9tf(^fe 
bi«  5ur  SDlitte  be«  4.  Sa^rl^nbert«",  Äiel  1869,  6.  269  ff.)  betrad^tete  biefen  Catalogus 
einft  al^  bie  $au))tquelle  bed  Liber  pontificalis,  bi^  3)ud^edne  in  feiner  „£tude  bot  le 
Liber  pontificalis"  ($arid  1877)  unb  nad^  il^m  28ai|  il^n   et)ibent  otö  einen  tbiSm 

20  ertoiefen].  2Benn  SBafa^  unb  nad^  il^m  SJlommfen  fu|  fel^  energifd^  gegen  biefe  Sm 
nal^me  erHären  unb  bie  erfte  3teba{tion  auf  ben  Slnfang  bed  7.  ^al^rl^unbertd  feiife|ai 
tDoIlen,  fo  ftnb  il^re  @rünbe  jtvar  in  mand^er  Segiel^ung  beac^ten^toert  unb  iOuftriercn  bie 
©d^iüierigfeit  einer  öötligen  Söfung  biefer  g^age,  ergeben  aber  bie  immerhin  bcbenflic^ 
SRottoenbigleit,  bie  trefflid^en  5Ra(^rid^ten  ber  SBiten  bon  Slnaftafui«  II.  an    auf  We  8e» 

26  nu^ung  einer  fc^riftlid^en,  un^  unbelannten  QueQe  jurüd(fü^ren  gu  muffen  unb  bie  Z^ 
fadpe  eines  9lu^}uge$  aud  bem  Liber  pontificalis,  ber  mit  %dxi  IV.  enbigt,  bunl^  bie 
älnnal^me  einer  Jtürjung  }u  erllären,  bie  burd^  bie  mit  i^m  Derbunbene3>elretalfaminlung 
beranlafet  fei;  babei  ift  aber,  toie  3)ud^eSne  in  feiner  Äritil  ber  Slu^abe  SWonwifen«  ffo» 
öorl^ebt,  nid^t  rec^t  eingufe^en,  toarum  bie  Äürjung  gerabe  bei  gelij  IV.   ftattgefunben 

80  l^aben  foHte,  tväl^renb  bie  genannte  ^dretalfammlung  3>etretale  bon  ©iridud  btd  2eo  L 
entl^ölt,  femer  ein  öereinjelte«  3)elretal  be«  Q\}mmad)Vi9  (498—514)  unb  jum  ©c^loj 
eine«  bon  93onifatiu«  IL  (530—532).  3)ud^e«ne  bleibt  bal^er  aud^  nod^  ben  SUidfü^rungen 
SKommfen«  bei  feiner  alten  2lnnal^me,  bafe  bie  erfte  Slebaftion  beS  Liber  pontificalis 
nad^  bem  2^obe  gelij'  IV.  unter  Sonifatiu«  II.  ftattgefunben  l^abe. 

85  9flad^  biefer  erften  Slebaltion  ift  bann  ber  Liber  pontificalis  twm  t)erfd^iAenen  Jlutowi 
ju  öecfd^iebenen  3^^^  fortgefefet.  Db  bie  gtoeite  Slebaftion  erft  in  bie  3^  ^^  Äonon 
(geft.  687)  ju  fe^en  ift,  toie  TOommfen  toill,  ober  öorl^er  nod^  jtoei  onoere  an)jtne^mcn 
fmb,  toie  3)ud^e«ne  toill,  ift  im  ®runbe  gleid^iltig.  Slud^  SDlommfen  befireitet  nic^t,  ba| 
bie  SSiten  be«  7.  S^l^rlj^unbertg  nac^etnanber  bon  3««^0«noffen  öerfafet  feien.  Sfaif  jeben  %oH 

40  aber  l^at  eine  ^ortfe^ung  bed  Liber  pontificalis  mit  ^onon  georibet;  benn  tt>ir  bef^ 
einen  »ugjug  be«  Liber  pontificalis,  ber  mit  ber  Sita  biefe«  ^fte«  obfc^Iiefet  [=  bet 
fogen.  Catalogus  Cononianus].  ferner  l^at  bie  einft  bon  $er$  in  3l^d  oufgetunbaic 
ganbfd^rift  be«  Liber  pontificalis  au«  bem  @nbe  be«  7.  SlA^I^unbert«  )u  Anfang  ein 
$at)ftber^eid^ni«,  ba«  ntd^t  über  ^onon   binau«gel^t,   unb    bie  äSorlage  ber  jtDettältelicii 

45  ^anbfd^rift  au«  bem  ®nbe  be«  8.  gal^rl^unbert«  in  ber  3)ombibliot^ef  )u  2ucca,  bie  bon 
wfter  §anb  bi«  Äonftantinu«  (geft.  715)  gef daneben  ift,  fd^eint  nad^  einer  Sanbnotij  eben* 
faJDt«  nur  bi«  ftonon  ftc^  erftredt  ju  ^aben. 

SBeitere  gortfe^ungen  laffen  ftd^  l^anbfc^riftlid^  abgrertjen:  bei  Äonflantimt«  (gejl 
715);  fotoeit  reicht  ber  erfte  SEeil  ber  §anbfd^rift  ^u  Succa;   bei  ®tet)l^n  IL  (gcji  757); 

60  bei  ©tep^an  III.  (geft.  772);  bei  §abrian  I.  (geft.  795),  mit  beffen  Sita  ber  jjtoette  %ä 
ber  §anbf(^rift  JU  Succa  abbricht  unb  nad^  i$r  biele  anbere  ^nbfd^riften.  33on  ba  an 
laffen  fid^  bie  Siebaltionen  nic^t  mel^r  lontroQieren. 

ß^aralteriftifc^  für  bie  2lrt  ber  ßntftel^ung  be«  Liber  pontificalis  ftnb  folgenbe 
Seobac^tungcn :  311«  einft  93eba  ^oc^   im  9?orben  bon  ©nglanb  feine  S^onit  im  3a^ 

66  726  abfc^lo^,  gefc^al^  bie«  nocb  unter  ber  SRegierung  be«  $a^3fte«  ®regor«  IL  (715  W 
731);  tro^bem  benu^t  er  al«  Duette  bereit«  bie  SSita  be«  ®regor  avi^  bem  liber  pon- 
tificalis unb  erjä^lt  ganje  Partien  mit  ben  SBorten  ber  Sita,  g.  33.  bie  liberüberf^^toem« 
muna  be«  ^af}x^  717  u.  a.  6tne  ^ilgerfd^or  l^atte  il^m  ben  Liber  pontificalis  oB 
Oef^en!  ©t.  ^eter«  mitgebrad^t,  in  il^m  bie  unöottenbete  Sita  be«  regierenben  Satyfie«.  — 

60  ^nlxif  ift  e«  mit  ber  Sita  be«  ^apfte«  Salentinu«  (827) ;   fxt  }eigt  audffi^riic^  91«^ 


über  pontüicalis  443 

ruften  über  ®e6urt,  Srgtel^ng,  äßal^l  unb  Xugenben  bed  $a)}fte^;  fte  Itefl  ftd^  tote  bte 
(Sinlettuna  m  einer  langen  unb  glän^enben  ©ef^td^te.  9lBer  ber  $a))ft  ftarb  fcpon  toeniae 
%CLQt  nad9  oer  äBol^I;  bte  3i\ta  fonnte  ntd^t  Leiter  gefül^rt  tt>erben.  —  ^eutlid^  fte^t 
man  in  betben  ^öQen  bte  Srt  ber  Sntftei^ung  ber  SStten.  Selbe  ftnb  fofort  nad^  ber 
SBo^I  begonnen,  bte  be^  ®regor  tft  ju  Sebjetten  bed  $a)}fte$  fortgefül^rt;  bte  äSerfaffer  6 
Iden  am  t>a)){Utc^  $ofe,  fd^reiben  im  offtjieDen  $offttle.  Sei  einer  ^affenben  belegen- 
ff6t  tmrb  bte  SStta  jufammen  mit  ben  bi^er  borl^anbenen  in  ein  corpus  vitarum 
utfornmengefagt  unb  m  bie  28elt  gefanbt,  bamit  bie  Srjä^lung  bon  ben  ^ugenben  unb 
Xpoten  ber  $ät)fte  ober  t)on  ben  Sebrängniffen  ber  Jtird^e  @.  $etri  bie  ^erjen  ber 
®Uiubtgen  entflamme  unb  neue  ^erjen  getoinne.  —  ^tid^t  immer  ^a^te  ju  biefem  R\D^i^  lo 
ber  päp^Üiä^  ^opi.  (Sin  Stferer  toar  e^,  ber  bie  Sita  bed  $at)fted  @te)}^and  II.  f$rieb ; 
We  gembe  3lom«  unb  ©t.  ^ßeterg  belegt  er  mit  ben  gröbften  ®(i^imt)fh)orten,  er  nennt  bie 
Songobarben  unb  il^  ftönig  Sliftulf  Söfetotd^ter,  ®ottloje,  ©ottedläfterer,  ^ippin  ben 
oOcsi^jUic^ften,  aOergütigften,  bortrefflid^ften  Jlönig.  Stotürlid^  lomtte  man  bie  Settüre  biefer 
Sita  feinem  Songobarben  mmuten ;  fte  l^ätte  ben  3^^  ^^  $ro))aganba  grünblid^  ber«  is 
fc^Ü  993ie  l^f  ntan  ftd^?  @tn  gefd^ifter  Stebaltor  nai^m  ftd^  ü^rer  an,  ftrid^  bie  ber^ 
Ictotben  äludbrüde  unb  isolierte  folange,  btd  fte  für  ben  longobarbifdj^en  ®e(d^madE  jured^t 
oeßu^  toar.  Sine  Steige  bon  ^anbfc^ften  bed  über  pontüicalis  }eigt  bal^er  biefe 
Stttt  m  ber  longobarbtifd^en  SRecenfbn  [bgl.  3)u(^e«ne  a.  a.  D.  I,  p.  CCXXV  f.].  — 
S>er  umgdCe^e  gfoll  geigt  ftd^  bei  ber  Sita  be$  ^at)fled  @ergiud  II.  (844—847).  S)ie  20 
Ste^rio^I  ber  i^anbfd^ften  giebt  eine  ^orm  ber  Sita,  bte  im  offigieUften  $offtU  gel^alten 
iß.  mr  eine  einzige,  leiber  le^t  t)erIorene  i^onbfc^rift  [ein  Codex  Farnesianus  be$ 
9.  Sa^^berid,  betannt  l^u))tfa^li(^  burd^  bte  9(uMge  bed  £.  $oIfte  im  Ck)dex  Bibl. 
Yaticaii.  Reginae  2081]  jetgt  und  eine  anbere  ®e)talt,  inbem  mitten  in  ber  Sita  ein 
aam  onberer  %m  angefdj^Iagen  totrb.  ^er  foeben  no(b  burd^  glöngenbe  Sigenfd^ften  35 
Seibed  unb  ber  6eele  auiSgegeid^nete  Dberl^irt  toirb  ))l5|Iid^  )u  einem  burc^  äCudf^toei- 
fangen  unb  Safter  aller  äirt  torrum))ierten,  an  $obagra  letbenben,  iä|^)omigen  ®reife, 
unter  bem  3ltpoi\Smuü  unb  Simonie  im  ©d^toange  gelten,  älugenfc^einlic^  l^aben  toir 
biefe  @rgüffe  bem  S^obe  bed  $at)fted  )u  berbanfen,  ber  ed  bem  Serfaffer  ber  Sita  ge^ 
Rottete,  feinem  i^ergen  Suft  gu  mad^en.  so 

Siber  bted  tfl  bie  etngige  äludna^me  bon  ber  fonftigen  ®etool^nl^ett.  9QIe  anberen 
Siten  ftnb  bon  Seamten  bed  ))ci))ft(id^en  ^offtaatd  im  offigieEen  etile  berfa|^.  @d  ift 
beiffrieldtoetfe  fel^  tool^rfd^einlic^;  ba^  bie  Sita  bed  9{itoIaud  I.  bon  feinem  geringeren  ald 
bem  oOmäd^tigen  äRintfter  biefed  $at)fted,  bem  Sibliot^efar  Slnaftaftud,  rebigtert  toorben 
i|L  3>^foIge  btefer  ftänbigen  ^öftf^en  Slebaltion  l^at  ftd^  namentlid^  für  bie  f^&teren  Siten  85 
em  getofffet  Sc^atidmud  l^auigebilbet,  ber  ftdj^  bor  allem  in  ben  @inleitung^  unb 
€(^bi|fonneIn  fotote  in  ftereot^pen  $^afen  für  bie  @d^ilberung  ber  $erf5nlid^teit  bed 
$a)>fm  geltenb  moc^t.  Tlan  totrb  bai^er  ben  über  pontificalis  atö  l^iftorifd^e  Duelle 
päd  mit  einer  geloiffen  Sorpd^t  benujen  muffen;  feinem  Urf))rung  nad^  l^et  ilj^m  eine 
getDiffe  (Sinfeitigteit  an  *  aber  gerabe  in  biefer  @infeitigleit  beruht  aud^  toieber  fein  äBert ;  40 
Min  teine  otibere  DueUe  ber  3eit  fül^rt  fo  unmittelbar  in  bie  Sorjlellungdtoelt  ber 
Sturie  ein,  toie.  biefed  ad  maiorem  papae  gloriam  gefd^^riebene  3BerI.  (Sd  ift  barum 
oudf^  nic^t  genug  gu  bebauem,  ba^  biefe  toid^tige  DueQe  mit  bem  @nbe  bed  9.  ^a^r« 
^miEberid  für  lange  ßeit  aufhört. 

3m  lO.unbll.^oi^^l^.fd^toeigt  bie  ))ö))ftli(^e  $iftoriogra))^ie.  3lux  $at)fttataloge  mit  46 
me^  ober  minber  bürftigen  9?otigen  fmb  au«  biefer  Seit  erhalten  [bgl.  2)uc^cgne,  Le  über 
pontif.,  II,  p.  IX— XX;  5Rä  XXVI,  1901,  ©.  320—322].  ßrft  bie  gregorianifd^e  3ett  brad^te 
eine  (grneuerung  alter  2:rabitionen :  @«  entftel^en  bie  großen  Siten  £eo«  IX.  unb  ®regor«  VII. 
9>ie  gro^  Jtanontften  ^eu^bebit  unb  Slnfelm  bon  fiucca  toenben  bie  Slide  gurüdf  auf 
ben  alten  über  pontificalis.  Sontgo  bon  @utri  fd^reibt  feinen  „über  ad  amicum''  so 
mit  langen  Snai^lungen  über  bie  ©efd^ic^te  ber  ^cop\U  oon  £eo  IX.  bi«  ®regor  VII. 
im  ©tile  bcJ  alten  über  pontificalis,  refumtert  im  4.  Sudj^c  fetner  3)elretalen  bie  ^m)fts 
af^m^t  hü  ©te))l^n  V.  unb  giebt  eine  ©ligge  big  Urban  II.  Son  entgegengefe^tem 
mferlu^  @tanb))untte  au«  fc^reiben  Jlarbinal  Seno  bte  ®efc^id^te  ®regorg  VII.,  ge^ 
m&^er  ber  ober  bie  Serfaffer  ber  fegen.  Annales  Romani  bte  ©efc^ic^te  ber  ^al^re  1044  66 
M  1073,  1111,  1116—1121  [Ex  Codice  Vaticano  1984  herausgegeben  bon  $erft  in 
ben  MQ  Scriptores  V  p.  468—480 ;  SDuc^eene,  Le  über  pontificalis,  II,  p.  329—350, 
bgL  p.  XXIIJ.  aber  atte  biefe  ©c^ri^en  ftnb  nur  ®elegenl^eitgf(^riften,  t)erbanfen  il^r  6nts 
tf^en  bem  Xngriff  ober  ber  Sertetbigung  unb  ftel^en  gum  alten  über  pontificalis  in 
" '      ober  nur  fe^  oberfläd^lid^er  Segie^ung.  eq 


444  Über  pontütcalis 

(Srft  nad^  1133  erftanb  an  ber  ^ät>ftli(i^en  iturie  ein  Tlaxm,  ber  auf  ben  alten  Liber 
pontificalis  jurüdgriff  unb  i^n  mit  einer  ^^ortfe^ung  bid  auf  feine  3^  berfal^.  2)iefe 
gortfe^ung  l^at  2)uc^e«ne  [Le  Liber  pontificaHs  II,  p.  XXIV— XXXVII :  gAnuft 
ebenba  p.  199—328]   afö  ben   Liber  pontificalis  be^  Ißeter  SBU^elm   be^eicpnet  noc^ 

6  einer  9toti)  in  ber  $au))tl^anbf(l^rift  [Codex  Vaticanus  3762],  aud  ber  ^en)orgd^t,  ba^ 
ein  Sibliot^etar  $etru^  ©uiUermud  biefe  ^anbfd^rift  im  ^al^e  1142  ju  Saint^StOed  (in 
ber  ^iöcefe  9tl^eim^)  gefd^^eben  l^at.  älu^erbem  fyit  biefer  ^eter  äßil^elm  in  einet  9lei^ 
bon  äSiten  Ru{ä|e  gemalt,  auf  bad  ftlofter  @t.  ®iQe^  bejüglid^,  femer,  ta>ie  3)u(l^e 
tt)al^r{(l^einli$  mad^t,  bie  äSita  Honorii  II.  bebeutenb  gdCürjt,  fo  ba^  biefer  neue  Liber 

10  pontificalis  oQerbingd  in  gen^ifjer  Sejiel^ung  ben  Atomen  jjene^  Tamofen  t)erbtent.  SDber 
ber  eigentlid^e  älutor  tvar  er  xAqt  tiefer  nennt  fic^  mit  boQem  9camen  in  ber  Sita 
Oelasü  II.  unb  in  ber  93Ua  CaHxti  II. :  $anbulfud.  ^nbulf  ift  rihnifd^er  JUeriter, 
9{effe  be^  ^arbinald  $ugo  bon  ällatri,  tvirb  unter  Slnaclet  II.  ilarbinalbialon  unb  iß  ein 
enragierter  Parteigänger  biefer  ®egen))a))fted  unb  ber  römifd^en  9(beld)}artei  ber  ^tedeom. 

16  3lx6)t  mit  Unrecht  bermutet  2)ud^e$ne,  ba^  ba^  2BerI  be$  $anbulf  einft  nix^  toeiter  reic^ 
ci^  bi^  )ur  äSita  Honorii  II.,  mit  ber  ed  in  ber  nn^  belannten  ?^orm  fd^Iie|t,  bo^  $eter 
äßill^elm  aber  ben  Sleft  ftrid^,  tbeil  bie  @(^ilberung  ber  Sreigniffe  aud  bem  @nbe  ber 
)tt>an)iger  unb  9(nfang  ber  brei^iger  3<^re  einem  flnl^änger  ^innocen}'  II.  nid^t  besagen 
mo(bte.  -—  $anbutf  bat  nad^  augemein  mittelalterlichem  Srauc^  nid^t  bad  gonje  9Bed 

20  felbft  berfa^t.  äSon  $etru^  bid  ^abrian  II.  tbieberl^olt  er  mit  ftarlen  ilürjunaen  ber 
SSiten  bed  8.  9;a^rl^unbert^  ben  alten  Liber  pontificalis ;  bon  9;ol^anned  VIII.  Btd  mm 
(Snbe  bed  11.  ^[a^rl^unbertd  einen  aUmä^lid^  entftanbenen,  meift  fel^  funen  Jtatolog,  ber 
aud^  au^erl^alb  biefed  äßeried  in  bieten  @£emf)laren  erl^alten  ift  [bgl.  S^uqedne,  Le  liber 
pontif.,  II,  p.  XVII].    @d^on  bei  £eo  IX.,  toeiterl^in  aud^  bei  »enebift  X.  unb  aOe* 

26  sanber  II.  finben  toir  bann  aber  B^fö^e,  bie  in  ben  fonftigen  @£emt)laren  bed  llatalogd 
nid^t  borl^anben  finb  unb  auf  Sled^nung  bed  $anbulf  gefegt  toerben  muffen.  93on  ®regor  VII. 
an  ertbeitem  fic^  biefe  Rn^äi^t  )u  atüSfü^rliäen  SSiten.  S)ie  äSita  Gregorii  VII.  ifi  fa^ 
SSSort  für  SBort  ax^  Slu^jügen  aud  bem  belannten  Sle^iftrum  biefed  $a))fied  gufammem 
gefegt,  ba^  biefer  im  ^afyct  1081  anfertigen  lie^;  nur  etnige^  SBeniae  ftommt  \>on  $an* 

80  bulf.  @enau  fo  jptel^t  e$  mit  ber  93ita  Urbani  II.  @rft  bon  $af($aKd  II.  m  beginnt 
bie  lebenbige  (Srjä^lung  eined  3^i^d^^ff^  ^"^  ^  ^^  ^^  i^^  ^lu^  Suc^edne  i^ 
ber  älnfid^t,  ba^  biefe  Sitten  famtlic^  bon  $anbulf  berfa^  feien ;  allein  mit  Bü^cä^  ^ 
er  ben  Setoeid  nur  für  bie  brei  le|ten  äSiten  be^  ©elafiud  IL,  Salict  IL,  ^onoriud  II. 
erbrad^t.    S)er  @til  ber  äSita  bed  $afd^ali^  II.  ift  ein  fo  abtveu^enber,  au^^d^et  naa> 

86  mentlic^  burd^  ben  eigentümlid^en  ^onfaQ  ber  ))ä))ftlid^en  Nullen,  ben  fogen.  Cursus  leo- 
ninus,  ben  bie  anberen  äSiten  ni^t  geigen,  ba^  mit  ber  SRöglidj^teit  eined  onberen  3kf 
fafferd  gered^net  tberben  muft.  [@iefebre^t  in  ber  allgemeinen  3Ronat^fd^rift,  ^oQe  1852, 
@.  264  unb  nad^  i^m  ^atteri^,  Romanorum  pontificum  vitae,  I  prolegom. 
p.  XLVII— LXXI  galten  ben  Äarbinol  ^Petruö  bon  $ifa  für  ben  »erfaffer;   le|tem 

40  tveift  il^m  audj^  bie  3ufä|e  m  ben  SSiten  £eo^  IX.,  Senebittd  X.  unb  SUesonberd  IL  }u.] 

Rubem  ftammt  bie  %tta  ni^t  aud  berfelben  ^zit  tvie  bie  brei  anberen  *   fte  ifi  no<^  ju 

Sebgeiten  $afd^atö  IL  berf a|t  unb  geigt  leine  &pwc  bon  bem  erregten  Xone  iener  Stten. 

@in  eigentümlid^e^  @(^id(fal  l^at  über  biefer  ^ortfe^ung  bed  alten  Liber  pontificalis 

getoaltet.     ©ie  toar  eine  offenbare  ^arteifc^rift  für  Slnaclet  IL,  berfa^  etloa  hn  Sähe 

46  1137,  fie  enthielt  ©efc^id^t^fölfc^ungen  im  ?[ntere{fe  biefer  ®eger4>a))fted,  tpo^d^einli^  ijai 
fie  beffen  äSita  umfaßt.  @ein  %oi  befiegelte  Darum  aud^  il^r  @(^i(tjal.  3bxc  in  ber  tet» 
lürgten  unb  gereinigten  ^orm,  bie  ber  Sibliotl^efar  bon  @t.  ®illed  '^^QOb,  iß  fte  im9 
erhalten,  unb  aud^  bon  biefer  ^orm  l^aben  mir  nur  bad  bon  $eter  SBiO^m  fdbß  ge> 
fc^riebene  @£em))lar.    @rft  eine  f))atere  ^^i  entriß  ba^  2BerI  ber  äSergeffen^;   gracn 

60  @nbe  be^  14.  ^al^rl^unbertd  gloffterte  e^  am  $ofe  }u  älbignon  ber  ^angofe  $etet  So^ifr 
unb  überreidj^te  bad  ®ange  mit  einer  SSSibmung  bem  Jlönig  ^arl  V.  bon  f^anlret<^,  um 
i^n  an  feine  ^flic^ten  gegen  ba^  9lbignone{tjd^e  $a)}fttum  }u  erinnern.  —  Jtut}  ttaif  ibm 
trug  eine  anbere  i^^anh  in  bie  alte  $anbfd(^rift  be^  $eter  äBil^elm  eine  ^ortfe^ung  w 
3KartinIV.  (1130—1281)  ein  [gebrudft  SDudj^e^ne,  Le  Liber  pontificalis,  II,  p.  449— 462], 

65  tbörtlic^  au^  ber  Sl^ronil  be^  ^artinu^  $olonud  unb  einer  feiner  ^ortfe^ungen  übenunm 
men  unb  bal^er  ol^ne  2Bert. 

Sin  äl^nlid^ed  Sd^idEfol  tvurbe  einer  anberen  ^ortfe^ung  bed  alten  Liber  pontificalis 
)u  teil.  3)rei^ig  ^a^re  nac^  ^anbulf  fc^rieb  am  ))ä))ftftc^en  ^ofe  ber  Jtarbinal  Sofo  eimn 
neuen  Liber  pontificalis  bid  ^um  2!<^re  1178,  obne  bad  &er{  bed  ^onbulf  )u  tenneR. 

60  ^er  äSerfaffer  mar  eine  ber  bebeutenbften  ^erfönlid^Ieiten  fetner  3^  *  ber  Serteauendmom 


Liber  pontificalis  445 

bcd  ^ßa)){^ed  ^obrion^  IV.,  fein  camerarius  unb  Scgat  in  Snglanb,  bieHetd^t  ein  @ngs 
lonber  tote  biefet;  ber  ^^borit  ädeionbepS  III.,  mit  biefem  im  (S^  m  ^onlreid^  \ixü> 
ft)ater  an  ben  anbeten  ^leftbenjen  biefed  $a)}ft«^,  Xeilnel^mer  an  ben  ^eben^erl^anb« 
lungert  )i>on  SJenebig,  ^ox^t  feiner  SiüdEte^r  nac^  9lom.  @ein  28ert  ift,  tt)ie  e^  fc^eint, 
erffanoltg  abgefd^Ioffen  tm  ^ci^xt  1165  nad^  ber  WiHt^x  aa^  ^anlreid^,  ber  Sleft  ju  6 
tpieber^olten  BRoIen  nad^gejrügt.  3^^^  Slbfc^lu^  ift  e$  nid^t  gelangt;  bie  aanje  §orm  ber 
Sita  SDecanberS  III.  trägt  einen  ^rot)iforif4en  S^aralter,  ba^  le^te  erjö^lte  @reignid  ift 
bie  9lü(Be^  bed  $a))fte^  nac^  9lom  unb  bie  ^eier  bed  Dfterfefte^  im  ^al^re  1178.  äSer^ 
mutlic^  ffot  ber  Xob  ben  Jlarbinal  am  9(6f(I^Iu^  ge^inbert;  benn  mit  bem  10.  ^uU  1178 
berfd^ftütnbet  er  ald  3^^  ^^  ^^  SuQen  älle^anber^  III.,  Wenige  SRonate  nac^  ben  legten  lo 
)i>tm  üfm  er^lten  @reigniffen.  3)ad  SBerl  beginnt  ba,  h)0  ber  alte  Liber  pontificalis 
auf^e,  mtt  @te|)^nV.  unb  giebt  fu^  babur^  al^  birette  f^ortfe^ung  gu  ertennen.  911^ 
Stnleitung  Dertoenbet  93ofo  bie  !urge  Stiege  ber  $a))ftgefdj^i(i^te,  bie  Sonigo  t)on  @utri  mit 
bem  4.  93u(^  feiner  S)dEretalen  berbunben  l^at.  S)en  etften  Xeil  t)on  ^iol^anned  XII.  bid 
©regor  VII.  1^  er  toörtlid^  aud  bem  Liber  ad  amicum  bedjelben  Sutord  genommen.  15 
Urbon  II.  unb  Sictor  III.  läfet  er  fort.  %üx  ^afc^li«  IL  fc^ö^ft  er  au3  aitenfiüdEcn 
bed  9b(^,  meift  ax^  bem  Siegiftrum,  ol^ne  jebe  d^ronologifc^e  Drbnung.  93on  ®e« 
lafhiS  U.  an  erjäl^lt  er  felbft  unter  Senu^ung  jallreid^er  Urtunben,  bie  ü^  atö  6^ef  ber 
at>offa>U|(i^en  Aammert>ertoaltung  leidet  gugönglicp  tvaren. 

2)te  SSerbmbung  biefer  ^ortfe^ung  mit  bem  alten  Liber  pontificalis   ift  nid^t  gu  90 
^onbe  grfommen,  tveil  93ofo  feine  3lu«$gabe  nic^t  m  @nbe  führen  lonnte.    äluc^  fie  rul^te 
nad)  bem  Xobe  bed  äluton^  unbelannt  in  ben  9lr(ptt)en  bed  Sateran,  tvie  ber  Liber  pon- 
tificalis bed  $eter  SBil^elm  in  ber  mofterbibliot^et  t)on  @t.  ©iUed.   @rft  80  ^afyct  noc^ 
bem  Xobe  bed  ilarbtnatö  tvurbe  fie  ber  äiergeffenl^eit  entriffen,  inbem  fie  mit  bem  Liber 
censaum  ber  römifd^en  Jtirdj^e,  ben  Senciud  ber  camerarius  bed  $c4)fted  Söleftind  III.  35 
im  ^aüjitt  1193  gufammengefteQt  l^e,  gu  einem  ©angen  t)ereinigt  tvurbe.    S)iefe  SSer« 
btnbung  toor  eine  anbere,  ald  bie,  tveld^e  Sofo  einft  ge)>lant  l^atte.   Sßenn  e^  tooi^r  ift, 
tDa&  neuerbingiS  mit  guten  ®rünben  bel^au))tet  tvurbe,  ba^  Sofo  aud^  einen  Liber  cen- 
suoin  um^oDenbet  ^erlaffen  l^e,  ben  Senciud  bann  jur  ®runblage  bed  feinigen  machte, 
fo  peOt  iene  Sereinigung  ber  Siten  mit  bem  Über  Censuum  eine  9trt  ©efamtau^abe  so 
ber  9Ber!e  bed  Sofo  bar.    3)er  ^an  einer  9teuaudgabe  unb  ^^ortfe^ung  bed  alten  Liber 
pontificalis  toot  auf  biefe  SBeife  abermals  gefd^eitert.  —  ^mmer^in  toar  bie  Verbreitung 
biefet  Sammlung  eine  fe^r  gro^e;   nod^  um  bie  3Ritte  be^  14.  ^al^rl^unbertd  lie^  ber 
Jtotbinal  9li€olauS  Slofelli,  ber  fogenannte  Jlarbinal  t)on  älragon,  fie  abermals  avS  bem 
bomote  im  Slr^  ber  a))oftolifd^en  Jtammer  befinblidj^en  Codex  Riccardianus  228,  ber  86 
älteflen  ßonbfd^ft  biefer  Sammlung,  abfd^reiben  unb  ret)ibieren,  unb  in  biefen  beiben 
Sotmen  finb  bie  Siten  bed  Sofo  ber  3la6)\Dtlt  überliefert. 

SBiebet  ttitt  mit  bem  ^obe  be^  Sofo  eine  lange  $aufe  für  bie  ))ö))ftlid^e  ^iftorio» 
gta^^e  ein.  itataloge  treten  im  13.  ^al^rl^unbert  an  i^re  Stelle  toie  im  10.  unb  11., 
unb  bie  G^nSen  bed  3Jtartinud  $olonu^  mit  i^rem  bürftigen  ^nfydt  tvaren  ebenfalls  40 
tein  äipiitolentet  ®tfa|.  SCrefflid^e  92ad^rid^ten  bieten  aQerbingd  bie  Singelbiograpl^ien  einer 
9let^  )»mi  ^[ki))ften,  bie  eined  2l>^<><^^3'  m»  @regord  IX.,  ^nnocenj'  IV.,  ®regor$  X., 
Sdleffctnd  V,  ober  niemanb  l^at  baran  gebadet,  fte  gu  einer  neuen  ^^ortfe^ung  bed  Liber 
pontificalis  )u  bereinigen.  —  ^m  14.  ^a^rl^unbert  toerben  go^lreic^e  $a)}ftd^roniIen  ge* 
\dfnAm  [Sematbud  ©uibonid,  $tolemäud  bon  Succa,  älmalricud  älugeriud  be  Siterrid,  45 
fSettud  be^etental^  u.a.].  älber  erft  bad  15. ^a^rl^unbert  brad^te  enblid^  eine  t^ortfe^ung 
bed  alten  Liber  pontificalis.  3)ie  Safid  biefer  t^ortfe^ung  h)urbe  bie  alte  ^anbfdj^ri^ 
bcd  $dct  SEBil^elm  mit  ben  in  fie  eingetragenen  Seiten  bid  3Rartin  IV.  (1281).  3)a  bie 
Sita  biefed  (e^  $at>fted  unboQftänbig  toar,  fo  begann  ber  Slnon^mu^,  ber  bie  neue 
^ottfdumg  f(9neb,  no(^ald  mit  einer  anbeten  3$ita  ÜRartind  IV.,  fo  ba^  biefe  ^ortfe^ung  oo 

£1  SBiten  biefe«  ?lkH)fte«  entl^ölt,  unb  fe^te  bann  feinSBerl  fort  bi«  Sodann  XIL  (1328). 
T  biete  aonje  ^ottfe^jung  [§auj)tl?anbfc^tift:  Rom  Bibl.  Vallicelliana  C.  79.  ©e» 
brudt:  S)ud9edne,  Le  Liber  pontificalis,  II,  p.  462—485]  ift  unfelbftftänbig ;  fte  ift 
ffiott  ffit  Sott  QxS  Setnarbud  ©uiboni^  übernommen. 

@tfl  um  bie  3Ritte  be^  15.  ^a^rl^unbertd  fanb  ftd^  ein  felbftftänbiger  ^ortfe^er.  56 
IDui^edne  Btteic^net  biefe  ^ortfe^ung  aU  bie  9tecenfton  au«  ber  3^^  @ugen«  IV.].  @r 
fc^ticb  junäcml  bie  foeben  genannte  ^ortfe^ung  bi«  gum  ^ai^re  1328  ab,  gab  bann  ba« 
(gnbe  ber  »tto  ^ol^ann«  XXII.  unb  bie  ber  brei  folgenben  $äj)fte  (»enebift  XII.,  6le* 
men«  VI.,  ^^mocen)  VI.)  au«  einer  ^ortfe^ung  be«  Semarbu«  ©uiboni«  unb  fdj^rieb  eine 
felbftßänbtge  gottf^ng  t>on  Utban  V.  bi«  SRattin  V.  (1362—1431).  ^m  ®tunbe  ^en  üo 


446  Über  pontificalis  Liber  yitae 

tDtv  l^ter  ntd^tö  anbereS  ali  eine  au^fübvltd^e  ©efd^td^te  be^  grogen  ©d^idmad  bor  ttnd, 
unb  e^  bebarf  nod^  ber  Unterfud^ung,  ob  nic^t  ber  SSerfaffer  junöc^ft  eine  ®efd^tc^te  btefed 
@(^i^ma^  gefc^rieben  fyd,  bie  bann  enttoeber  bon  t^m  ober  bon  einem  onberen  in  einer 
^ortfe^ung  be^B  Liber  pontificalis  jurec^tgeftu^t  ifi    ^^ebenfoH^  e^ftieren  ^onbfc^nftcn, 

5  bie  bire!t  mit  ber  ©d^ilberung  bcd  @(^idma^  beginnen,  b.  1^.  mit  bem  bon  ^uc^e^e,  Le 
Liber  pontificalis,  II,  p.  496  ff.  gebrucften  Stüd  „Defuncto  igitur  Gregorio  unde- 
cimo  .  ♦  .". 

93on  biefer  3[u^abe  tourbe  bann  balb  barauf  eine  !Reuau^abe  beranftoltet,  in  ber 
bie  SSiten  bon  ^innocenj  II.  bid  ^^^^"^  XXII.  burd^^  toeitere  Su^jüge  au^  Slarttmid 

10  $oIonu^  unb  Semarbud  @uiboni^  bergr5|ert  tourben  [bgl.  bie  bon  2)ud^edne  a.  a.  0., 
II,  p.  449—485  al^  ,.Compl6ments"  gebrühten  älbfc^nitte],  eine  Su^abe,  bie  tote  bie 
urf))rünglid^e  in  einer  Steü^e  bon  ^anbfd^riften  überliefert  ift  [bgl.  2)ud^edne  a.  a.  O.  II, 
p.  XLVIf.].- 

9(nl^angdtoeife  fmb  nod^  jtoei  äBerle  ju  ertoäl^nen,  bie  ebenfaQ^  aU  ^ttfe|ungen  beS 

16  Liber  pontificalis  ge))lant  toaren,  ebenfalls  nod^  im  15.  ^a^rl^unbert  gef(^rieben  tmixben, 
aber  nid^t  mit  bem  alten  Liber  pontificalis  bereinigt  finb. 

3)ie  erfte  ift  bon  3)u(^e^ne  a.  a.  D.  II,  p.  527—545  au^  bem  Codex  Vaticanas 
5623  abaebrudtt,  reicht  bon  Senebift  XII.  bid  3Rartin  V.  (1334—1431)  unb  ent^ 
namentlid^  für  bie  ©efd^id^te  SSonifag'  IX.,  ^nnocenj'  VI.  unb  ©regor^  XII.  oudffi^« 

ao  liefere  3lad)ud^tm  ali  bie  bor^in  genannte  Stecenfton  aud  ber  ^^t  (Sugend  IV.,  fotoie 
freimütigere  Urteile  über  bie  $erf önlid^Ieiten  unb  ^anblungen  ber  gef(^ilberten  ^[}ä))^e.  ^ 
Codex  Vaticanus  3758  [bgl.  5Rä  XXVI  (1901)  p.  320  «nm.  8],  ben  SJuc^e  lÄer 
nid^t  gelannt  l^at,  finbet  fid^  ba^felbe  2BerI,  um  bie  S^ita  (Sugend  IV.  berme^ri 

$a^  anbere  ^ier  in  93etrad^t  fommenbe  2Bert  beginnt  mit  Urban  VI.  unb  TetAt  iü 

aö^Piu«  II.  (1378—1464).  [SebrudEt:  S)uc^e«ne  a.  a.  0.  II,  p.  546—560.]  ©Ä  tp  toie 
ba^  borige  bon  einem  ^eitgenöfftfc^en  Jturialiften,  mac^t  jebod^  einen  unfertigen  StiUnnid; 
ber  älutor  l^at  toeber  bte  Unebenheiten  torrigieren  nod^  bie  obfd^lie^enbe  Sextinbung  mit 
ben  bid^gen  ^ortfe^ungen  bed  Liber  pontificalis  ^erfteUen  tonnen. 

Seibe  (Sortierungen  ^aben  leine  ^Verbreitung  gefunben.   93on  litterorifc^  Sebeutmig 

80  toaren  gegen  @nbe  be^  üJtittelalterd  nur  bie  Slecen^on  aud  ber  ^tit  @ugen^  IV.,  bie  ben 
alten  Liber  pontificalis,  bie  t$ort{e|ung  be^  $eter  9Bil^elm  unb  bad  Sßerl  bed  Sbu)« 
n^mud  au^  ber  3^^  @ugend  IV.  umfaßte  unb  mit  3Rartin  V.  fc^lo^,  unb  b<mAen  no(( 
ba^  ^agment  be^  Liber  pontificalis  in  ben  Slu^aben  bed  Liber  censuum  t)on  ber 
3eit  ©tej)^an«  V.  bi«  älejanbcr«  III. 

85  älber  auc^  fte  tourben  am  @nbe  bed  15.  ^a^l^unbertd  erfe|t  burc^  ha&  SBerl  be^ 
$lattna,  be^B  93ibliotl^etard  @i£tu^  IV.,  ber  ben  alten  Liber  pontificalis  unb  feine  ^titU 
fe^ungen  m  einem  aud^  für  ^umaniften  ledbaren  Suc^e  umformte  unb  bid  ißoul  IL 
(t  1471)  fortfe^te.  [,,Liber  de  vita  Christi  ac  de  vitis  summorum  pontificum 
Romanorum.''   @ebrudEt  Venetiis,  Joh.  de  Colonia,  1479   unb   bann  unenblt<^  oft 

40  neu  aufgelegt.]  Siefed  93u(^  ^at  ben  alten  Liber  pontificalis  für  lange  ^eit  t)om  litte« 
rarifc^en  SRartte  berbrängt.  ©ele^rte  toie  Onofrio  ^ßanbinio,  Sarlo  @igonu),  Sofio,  8a> 
roniud  l^aben  aQerbingd  ftetd  auf  ben  alten  Liber  pontificalis  unb  feine  ^ortfe^ungcn 
jurüdfgegriffen,  größere  Partien  aud  il^m  gebrud(t  unb  i^n  litterarifd^  bertoertet  9ber  eifi 
am  ämfang  bed  17.  ^i^^^^unbertd  tourbe  er  ald  @amed  jum  erftenmal  bur(^  ben  2)nttt 

45  toeiteren  Jtreifen  jugänglidb  gemad^t,  unb  bon  ba  an  begann  nacp  200|&l^ger  ^ufe  eine 
$eriobe  erneuter  litterarifcper  93ebeutung,  bie  nod^  l^eute  ni^ft  abgefd^loffen  ifi 

über  sextas  f.  Jtanonen^  unb  Selretalenfammlungen  93b  X  @.  15,3. 

über  vitae  (St^lt^cl^en).  —  @)ort,  Thesaurus  diptychorum  veterom,  3  9finbe, 
60  i^Iorenj  1759;  (i^arrucci,  Storia  della  arte  eristiana  VI;  ^and  (S^raeoen,  ^rü^c^tiftl.  uid 
ntittelolterli^e  (Slfenbeinmerfc  in  p^otogrop^ifdjev  Ü^ocöbilbunj,  SRom  1898  ff. ;  3.  O.  fM» 
toooh,  A  description  of  the  ivorics  ancient  and  mediaeval  m  the  South  Eensington  Mor 
seum  with  an  account  of  the  Continental  collections,  Bonbon  1876;  @atig.  De  diptjdus 
veterum  tarn  profanis  quam  sacris  1731  ;  Smitb  u.  &t|cet^am,  Dict.  of  Christ,  antiquities  I, 
65  560 ff.  (bcfonberS  für  bie  liturgifcfte  «Seite);  fj.  X.  ^ouS,  Steolenc^fl.  b.  c^riftl.  «llertfimer 
1,364 ff.;  SRo^QuIt  bc  grleur^,  La  messe  VI,  115  ff.;  ®.  ©tu^Ifout^,  S)te  altc^dftl.  dlfettWii* 
plaftil,  grciburg,  ficipsig  1896. 

3Rit  ber  Sntftel^ung  lirc^lid^er  Organifation  toar  bie  ^erfteSung  etned  amtlich  Sct^ 
jeid^niffed  ber.  ®emeinbeglieber  {dbnvxoVf  diXroi,  xavcov,   xcndXoyog,  album,  matri- 


über  yitae  447 

cula)  afö  felbfü)erflänblid^  aegeben.  Sie  ^aufe,  tDcId^e  ben  (Eintritt  in  bie  ©emeinbe 
t)oQenbä,  begtünbete  jugleid^  bad  Sted^t  unb  bie  SbttDenbigtett  ber  @intragung  in  biefe 
Slegifler,  toclc^e  einen  leil  be^g  Äirt^enorc^ib«  bilbcten  (ß^rill  toon  S^^fv  Procatech. 
1.4.13;  Catech.  3,  2;  ©tegor  toon  5R^Ra,  De  baptMSa  46  p.417;  Concil.  Arel.  I 
c.  13 ;  Ambros.  in  Luc.  IV,  76  MSL  15  p.  1634).  lob,  freitoifliger  aSergid^t  auf  6 
bie  ®emetnbeiugd^5rigleit  unb  Stu^fto^ng  auf  bi^ji^Iinarem  SBege  fül^rten  bie  3[u^ 
lof^ung  beö  3lomend  herbei  (S3eif})iele  Singl^am,  Origines  VII  p.  170  ff.),  daneben 
b^a^  man  befonbece  SSergeid^niffe  beS  JQenid  {äyiog  xavcov,  xatöloyog  legarixög,  ta- 
bula, togL  Conc.  Nie.  c.  16.  17.19;  Cono.  Agath.  c.  2;  äluguftin  Sermo  356  MSL 
39  p.  1580:  delebo  eum  de  tabula  clericorum)  unb  fonft  im  Sienfte  unb  in  ber  lo 
Pflege  bec  Jtirc^  ftel^enber  ^etfonen  (togl.  U^I^otn,  2)ie  d^riftl.  Siebe^tl^ätigleit  in  ber 
aben  Jltxdl^e,  Stuttgart  1882,  ®.  158.  175.  241  f.).  ^e  umfaffenber  im  SJerlaufe  ber 
S/at  ber  pp^ai  ber  lirc^Iic^en  Slegierung  unb  SSertoaltung  tDurbe,  befto  mel^r  tDud^fen 
btcfe  Stegifter  an  Rai^l  unb  Umfang. 

@tne  eigene  ®ru))t)e  bilbeten  bie  Siften,   toeld^e  h)ä^renb  beS  ©otte^bienfteS  in  ber  i6 
%irbttte  gur  SSerlefung  lamen,   mit  ben  9tamen  ber  betreffenben  geiftlid^en  unb  t^eltlid^ 
ubrigfdten,   femer  ber  an  ben   euc^riftifc^en  Siebei^oben  beteiligten  ober  aud  fonftigen 
@rüii^  auf^fü^;renben  ^erfonen  {%.  @.  93rigl^tman,  Liturgies  Eastern  and  Western, 
Oiforb  1896,  Glossary  s.  v.  diptychs ;  $rob[t,  Sie  Siturgie  be^  4.  ^al^rl^nbert^  unb 
beren  »efarm,  SRünfier  1893,  ©.50.  97.  111.  249.  290  unb  fonft;  5ßrobft,  S)ie  obenb*» 
lonbif^e  SReffe  toom  5.  bi«  gum  8.  Sol^rl^unbert,  SKünfter  1896,  ©.  184  ff. ;  244  ff. ;  305  u.  f. ; 
bam  SRietfc^,  Se^uc^  ber£iturgit,  93erlin  1900,  @.  231  ff.).  Siefe  einzelnen  ©attungen 
faffen  ftc^  unter  ber®efamtbe}eid^nung  liber  vitae,  liber  vivorum  (viventium),   dlji' 
Tvxor  ^(bvtcov  )ufammen,  in  toelc^er  älntnü)}fungen  an  bie  biblifc^e  religiöfe  93ilber{))rad^e 
(togl.  3bfl  3,  5 :   ov  fii]  iialelwo)  xö  Svojbia  avrov  ix  ttjg  ßißXov  rtjg  Coitjg,  ebenfo  26 
13,  8  unb  fonft:   $^tl  4,  3 ;   $f  69,  29)  toorliegen,    ol^ne  bag  jebod^   ber  ^n^alt  aui^ 
f^lie|Ii(^  boburcp  beftimmt  h)ürbe.    @ine  rein   öugerlic^e  93etrad^tung  ^at  unter  Stbfe^en 
toon  jener  S^eutung  bie  gegenfö^id^e  Sejeic^ng  liber  mortuorum,  dbttvxov  vsxqcov, 
dtn.  xwv  h  XQtat(p  xexoifnf}fxivo>v  ^ertoorgerufen,   bie  urf))rüngli(^  fu^  nur  auf  bie? 
jjenigen  Serftorbenen  oejie^t,   beren  in  ber  eud^ariftifd^en  $ürbitte  gebadet  tourbe  (f.  bie  so 
oben  angefüi^  Sitteratur)  unb  erft  f))äter  aud^  für  bie  eigentlid^en  @terberegiftcr  in  ©e« 
brauch  tarn.    3)te  SBanbelungen  be^  Hultu^  im  SSerlaufe  ber  3^^  fotDol^I  in  ber  öftlid^en 
tme  m  ber  toeiUid^en  jtirc^e  filierten  im  ^ufammen^nge  mit  bem  9lnh)ad^fen  ber  Siften 
2U  einer  Xudfc^ung  ober  ftorten  ätebuttion  be^  älteren  93rauc^  unb  fc^ufen  aud^  für 
ben  au^erlultif(^  liber  vitae  neue,  burc^  bie  allgemeine  ürc^Itc^e  @nttDid(eIung  gefor*  86 
berte  Sonnen  (togl.  »interim,  S)enItoürbigfeiten  ber  d^rift-^Iat^.  Äird^e  IV,  2  ansang  @.  60  ff.). 

tBod  bie  Öef(^ffen^  ber  SRegifter  anbetrifft,  fo  toeift  ber  9lame  öbixvxov  auf  bie 
fan  ai«ttlett  Sd^retbtDefen  für  Slec^nungen,  SSerträge,  iRotijen,  @nttt)ürfe,  Siften   u.  f.  to. 
gebrauchten  SEBod^tafeln  (cerae,  tabulae)  l^in,  toeld^e,  ju  jtoei  (dljrtvxa,  duplices)  ober 
in  me^oc^  go^I  (xglmvxa,   jioJLvTrtvya,   multiplices)  toerbunben,   bie  ^orm   eine^  lo 
99u(^  getto&l^en,  für  toel^le^  bie  aud  f eftem  3RateriaI  ^ergefteSte  9lu|enlage  ben  3)edfel 
btibete   (Saumeifier,    2)enlmäler    be^   tlafftfc^en   äUtertum^,  III,   @.  1583 ff.;  Dtoer« 
htd,   fmf^x,  4.  «up.,  SejH)aig  1884,  6.  489 ff.;   CLL.  p.  921  ff.).    S)a  jeboc^  ha» 
iApmfon  ttoo^I  für  ben  lultifcpen  ®ebraud^,  in  ber  Siegel  aber  nid^t  für  bie  Slegiftrierung 
ber  dkmeinbe  oudreic^te,  jo  h)irb  baneben  toon  ber  ^aptorudroQe  ober  bem  ^(kp^ru^tobe^,  46 
bie  OAu^  für  bie  ^.  Soften  bienten  (äSictor  Sc^ul^e,  Slolle  unb  Jtobe;  in  ®reif^h>alber 
6tubien,  ^ermann  Sremer  bargebrac^t,  ©üter^lol^  1895,   ®.  149  ff.),  @ebraud^  gemad^t 
fein,  toeretn^elt  ouc^  tool^l  toon  bem  Pergament,  unb  bie  ^e^eic^nungen  rd  legd  dlmvxa, 
cd  legal  diXxoi  ttourben  barauf  übertragen.    @^  ift  aud^  etne  Kombination  ber  älrt  toer« 
fui^,  baft  ^ßctlpiifüxi*  ober  ^ergamentblätter  in  ^if)t^enform  gefc^nitten  unb  jtoifd^en  ^b^  60 
t^i^aibtad  gelegt  tourben. 

SMefe  2)edel  toerben  in  ben  meiften  $äQen  toon  $oh  getoefen  fein.  Sod^  mad^te  ftd^ 
iebenfolld  bereite  im  4.  ^alj^rl^unbert,  tt)a^rf(^etnlid^  jeboc^  fc^on  frül^er  bie  anttfe  Sitte 
gcüenb,  bofür  @lfenbein  }u  toä^len  unb  biefed,  gleid^faQ^  nac^  antifem  SSorbilbe,  mit 
9le(teff(^mua  aud)uftatten.  3)ie  älntnüpfung  ift  eine  bot)))elte,  nämlid^  an  bie  ))ntoaten  66 
unb  an  bie  Aonfularbi))t^eit ;  le^terc  ))flegten  gelegentlid^  be^  Slntrittd  bed  Jtonfulatd  an 
%rettnbe,  Odtonnte  unb  an  bad  93ol!  toerteilt  ju  t^erben,  eine  Sitte,  bie  fu^  bid  tief  in  bie 
qi^väf€  3eit  hinein  ersten  l^at. 

aSicOeu^t  bod  ältefte  (4.-5.  ^a^r^unbert?)  un«  er^tene  unb  ate  fold^e«  feftjuftettenbe 
^\aidft  @|^lar  ift  bad  Sananbfc^e  ^i))t^on  (ie^t  in  ^loxmi,   &axx.  451,  3)  mit  eo 


im  D[ten 


448  liber  yitae 

bem  9(Ite  ber  93enennung  ber  ^iece  burd^  Sbarn.  ^n  DoDer  ^{adtl^ett  rul^t  ber  ^err  bcr 
@(^öt)fung  bt  nod^Iäfftger  Haltung  unter  ben  Säumen  J^tngeftredFt,  h)ö^renb  ringsum ja^ 
unb  tDtlbe  ^iere  in  too^I  obgetDogener  9(norbnung  unb  in  einer  auf  bortreffltc^  vtcAux-' 
Beobachtung  ru^enben  ätuffaffung  ftc^  berteilen,   ^od^  toalten  neuteftamentlid^e  Stoffe  bor. 

6  (Sin  ®i))t^(l^on  beiB  SomeiB  ju  iDlaiUmb  (®arr.  450)  aud  ettoad  f)>äterer  3^  (num  ^ 
eS  neuerbingd  fogar  al^  lorolingifd^  bejeic^nen  tooQen)  entfaltete  eine  Stetige  Don  6cenen 
oud  bem  neuen  ^eftamente  bon  ber  t^u|tt)af(^ung  bid  )ur  ®xoi>^toa^t  (1.  Xafd)  unb 
bon  ber  äluferftel^^ung  6i^  }ur  (Srfd^einung  bor  Sl^oma^  (2.  XafeO.  ®in  t>oppfiüd  Sanb 
ftilifterter  93l&tter  umjiel^^t  bie  SorfteUung.   Mit  ber  Sarranbfc^en  Xafel  ift  Derbunben, 

10  obtool^l  über  bie  jeitlid^e  unb  lünftlerif d^e  gufammengel^öriafeit  Sebenten  borliegen  (@tu^b 
faut^  @.  37)  eine  2::afel  mit  @cenen  oud  bem£eben  bed  9l})ofteld  ^ßoulud  (®air.  452, 3). 
@^  lommt  auc^  bor,  ba|  ein  einziger  SSorgang  ober  eine  einzige  ^gur  in  gro|er  ix^ 
fül^rung  bie  ganje  ^^löd^e  einnehmen.  $ier  mögen  bie  antilen  SSorbilber  btrelt  emgeimA 
l^aben.    ®o  geigen  ^toei  Xafeln  bed  93erliner  SKufeum^  aud  bem  6.  S^^unbett  (@arr. 

15  451,  1,  2)  in  giemltc^  rol^er  Sludfül^ng  ben  tj^ronenben  Sl^riftuiS  unb  Staria  mit  bem 
S^ftu^Iinbe ;  bort  fte^en  ^aulud  unb  $etrud,  ^ier  jtoei  @ngel  im  ^intergrunbe,  toä^ro^ 
oben  in  äBieberl^olung  bie  ^erfonifitationen  bon  @onne  unb  3Ronh  angebracht  fmb. 
@in  fd^öneS  (Srjeugnid  b^gantinifcyer  (Slfenbeinfd^ni^erei  auiS  ber  3^  ^u^ianiS  be{t|t  bol 
britifd^e  SRufeum  (®an.  457,  1):    in  einer  3lx\i)t  fteBt  bie  tönigli^  ©eflalt  bed  (b^ 

ao  engeld  3Rid^ael  mit  @ce))ter  unb  äBeltlugel,  borgefteUt  afö  ^^ü^  }um  fßorabtcfe. 
Senn  ein  ^feld^en  in  ber  ^'6f)t  trögt  bie  ^nfd^rift:  dixov  nagörta  xal  fia&tbv  r^ 
ahiav  (ahla  =  äjuagud).  äBenig  jünger  ift  ein  b^}antinifd^e^  Xdfelc^en  mit  ber  So^ 
lünbigung  (@arr.  453,  1) :  SRaria  toirb  beim  @))innen  bom  ®ruge  bed  @ngeld  ®abnel 
überraf d^t ;  ben  ^intergrunb  bilbet  eine  reiche  ^em))elfront  ®in  britted  @£em))lar  (®raeben 

26  II,  71),  toal^rfd^einlic^  au^  bem  10.  ^a^r^unbert,  füJ^rt  in  c^aratterißifc^er  älud)npagung 
bie  majeftötifc^e  ®eftalt  be^B  ^eilanbed  bor,  ber  bie  Siechte  rebenb  ergebt,  too^renb  bie 
Sinle  ein  loftbared  93ud^  trägt. 

2Bir  fe](^en  ^ierau^,  toie  tief  in  ba^  SRittelalter  l^inein  ber  ®ebrauc^  bed  S^it^tl^ond 
ftc^  fortgefe^  ^at    ^m  Slbenblanbe  beobad^ten  toir  ba^felbe,   )una(^fl  in  ber 

80  larolingifd^en  Äunft,  bie  fid^  barin  gern  an  altd^riftlid^e  SSorlagen  anlehnte,  ja  fte  etnfat^ 
tot)ierte.  Sa^  il^r  bad  oft  nur  un^efc^idEt  gelang  unb  bag  ÜRi^berftänbniffe  mit  unter* 
liefen,  bezeugt  u.  a.  eine  langobarbtfc^e  ^fel  be^B  8.  ^al^r^unbertd  in  Bologna  (®raeben 
II,  6).  @ine  Xafel  bed  7.  ^al^r^unbertd  in  Xongem  ift  baburd[^  bemerteni^toert,  bo^  auf 
ber  leeren  ^^läd^e  im    10.  ^al^^^unbert  93ifc^ofdnamen  gefd^rieben  toorben   ftnb  (S^nn^, 

86  La  Messe  VI  ^fel  437  unb  @.  102 ;  baju  ©tul^lfaut^  @.  120,  tDofelbft  toeitere 
£itteratur). 

@in  Xeil  ber  3)i))t^c^entafeln  ift  und  baburd^  erl^alten,  ba^  fte  in  bie  Suc^bedel  aß 
ein  @tüä  bed  3'^^^^  aufgenommen  tourben,  ja  man  barf  fagen,  ba^  ber  tfinfUerifi^ 
Sud^einbanb  ber  alten  unb  ber  mittelalterlid^en  ^irc^e  bon  ben  ^ipiifd^m  ^er  axiQcttg^  unb 

40  im  einzelnen  beeinflußt  ift.    (Sin  SSergleic^  läßt  barüber  leinen  3^^if^ 

äSon  biefen  too^l  meiftend  in  tirc^lic^em  S3rauc^  befinblic^  ^iptgi^  mit  religidfcn 
3)arftellungen  finb  bieienigen  ju  unterfd^^eiben,  toelc^e  bem  toeltlid^en  ®ebiete  onge^tin, 
bie  Seamten-  unb  ^tferbi))t^c^en  fotoie  bie  $ribatbif)t^c^en  (bgl.  3Bil^.  SOtel^er,  3^ 
antite  (Slfenbeintafeln  ber  @taatdbibliot^et  in  SRünc^en  mim  t>^iloL  W>t  1879,  XY,  1). 

46  @ie  bürfen  j|eboc^  nic^t  unertoäl^nt  bleiben,  toeil  einige  berfelben  c^riftlid^e  SRerhnale  tr<men, 
anbere  in  tird^lid^en  ®ebraud^  genommen  unb  ju  biefem  3^^^  torrigiert  toorben  fmb. 
3)en  erften  $la^  nimmt  in  biefer  ®ru))pe  ein  bad  3)i))t^d^on  bed  Jlonfuld  älntdud  $robitf 
aud  bem  ^a^re  406  im  SSeft^e  ber  Hat^ebrale  gu  Slofta,  ein  ®efd^enl  bedfelben  an  ben 
Staifer  ^onoriud  (®arr.  449,  3).    Sie   eine  ^fel  jeiat  ben  Jtaifer  ganj   in  ber  SBeifc 

60  römifd^er  jtaiferftatuen,  in  ber  £inlen  ben  3izx6^\d  mit  einer  fc^toebenben  fRXU  ^ 
tenb,    in   ber  5Hec^;ten  bod    Sabarum,   beffen  %ud)   bie  SBorte  trägt   IN    NOMINE 

XPI-VINCAS-SEMPER.  TOd^t  feftjuftetten  ift  bagegen  bie  «JJerfönlu^Ieit  eine«,  toie 
bie  Xrac^t  au^eift,  bome^men  Beamten  auf  einem  3)ipt^c^on  in  93ologna  ((9arr.  448,9)^ 
bejfen  ^igur  ft^  auf  einem  (E^riftudmonogramm  bon  auffälliger  ®röße  abbebt.  9uf  bem 
6B  ®ij)t^(bon  bed  Jtonfuld  §lat?iud  ^^aurud  Slementinud  bom  ^al^e  513  fc^toebt  jtDtfc^  ben 
SKebaiUon«  be«  Äaifer«  unb  ber  Äaijerin  ein  Äreuj  (®ori  I,  260,  bgl.  ©.  228 ;  H,  185, 
266).    3lod^  mel^r  ift  biefed  baburc^  merftoürbig,  ba|  ed  im  ^nnem  eine  Sufmuntmnq 

ium   ®ebet    unb  @ebete    für  bcrfc^iebene  ^erfonen    entl^ält,   tooburc^    ber  nachträglich 
irc^lic^e   ®ebraud^  feftgefteUt  ift.     (Sin   ^erborragenbed  @£em^ar  ift   femer  bcA  Jiif 
60  tid^on  Sarberini  im  fioubre  mit  ber  Sleiterfigur  S^ftiniand  (^ie^l,  Justtnien,   $asrf 


Liber  yitae  2xbttatu»  449 

1901,  ZUelbilb),  eigenartig  bo^  beS  Jtonfuld  9[reo6tnbud  bom  ^ol^ve  506  (ebenbafelBfl 
©.  556). 

Unter  ben  lorrigierten  @|em))laren  (bgl.  barüber  ©raeben,  SntfteUte  5tonfularbi))t^ci^en 
in  9»iti  b.  Äoif.  betUjc^.  orc^öol.  Snft.  in  SRom  1892,  ©.204  ff.)  bcanft>ruc^t  ein  befon* 
bered  ^ntereffe  ein  3)i))tV(^(m  in  ^^onjo.  9(uf  ber  einen  ^fel  ift  bie  @ett)anbung  bed  6 
jlonfuld  jiu  i)riefier(i4fer  ^roc^t  unb  ber  5to))f  ju  einem  tonfurierten  ^avCpU  umgeftoltet 
tmb  bie  2)o})))eIinf(^rift  l^injugefügt :  Sanctus  Gregoriua  • —  Gregorius  praesul  me- 
litis  et  nomine  ^gnus,  unde  genus  ducit,  summum  conscendit  honorem,  äluf 
ber  onberen  Xafel  bagegen  ift  bie  urf})rüng(ic^e  ^gur  unangetaftet  geblieben  unb  i^  nur 
biirc^  bie  Snfc^rift  David  rex  eine  anbere  ^ebeutung  gegeben  (®ori  II,  204  tf.;  Xafelio 

S6.  218:  %.  I.  Ärau«,  SRealenc^H.  b.  c^riftl.  SOtertümer  I,  371).  ©in  S)i»)t^ci^on  in  . 
ologna  (®xatöm  II,  1)  bietet  ben  %aSl,  ba|  ein  $n))atbi))^(^on  d^riftionifiert  tDurbe, 
tnbem  bie  ^au))tfigur  old  $etru^  unb  ein  barüber  befinbli^fed  SSruftbilb  ald  SRorcud  in« 
\djßA\üxd^  fmgefe^  tourben.  ^n  ^o^ent  ®rabe  lel^neid^  ift  ouc^  bad  SI3oet^iu^®it)t)^on  in 
Sreicia  (^leur^  3;afel  486),  beffen  ^nnenfeiten  im  8.  S^^^^^^unbert  mit  einer  ^orfteQung  i6 
ber  SlufertDedung  bed  Sajorud  unb  ber  Hird^enböter  ^ieron^mu^,  Stuguftin  tmb  ®regor 
farbia  oudgefc^müdt  unb  mit  einer,  Quos  deo  of ferimus  on^ebenben  liturgifd^en  ^bitte 
t)erfe9en  fmb. 

3)ie  2)atierung  ber  3)i))t)^en   unterliegt  manchen  ©d^tDierigteiten,  noc^  me^  bie 
iQantfi)ierung  berfdben  toie  ber  frü^c^riftlid^en  @If enbeinfd^ni^ereien  überbauet  nad^  be«  20 
Pimmten  ©cpulen  (bie  bon  ©tul^Ifaut^  in  biefer  Stid^tung  unternommenen  Sierfud^e  ftnb 
mir  teiltoeife  geglüdt). 

3loä)  fei  bemerft,   ba^  ber   ord^öologifc^e  ©(»rad^ebrauc^  mit  ®if)t^en,  ^ri)>t^(^en 
u.  f.  n>.  aaäf  bie  berf(^iebenen  f^ormen  ber  ^lügeloltöre  unt^d^eibet    Victor  ^ifful^e. 

26 

fiibcnrtiiÄ.  S)iaIon  in  Äartl^ago,  um  560.  —  3)q8  Breviarium  ^erauSgcg.  uon 
3.  (^rneriud,  ^ortd  1675,  »ieberabgebrucft  bei  Q^aOanbi,  Bibliotheca  12, 119-188  unb  un« 
genau  bei  Manri,  Coli.  Oonc.  9,  659—700;  M8L  68,  963-1052.  ©in  »crjeidjniS  ber  üon 
£.  genannten  Sc^riftfleller  bei  3.  %.  gabriciad,  Bibl.  Graeca  ed.  ^arled  12,  Hamburg  1809, 
685—92.  «gl.  ©.Äriigcr.  «Ronop^^fitifcfte  6treitißfcitcn  im  Sufammenljangc  mit  ber  aicicft»*  30 
politif,  Seno  1884,  32  ff.;  ©.  ^olc  in  DchrB  3,  716 f. ;  Änöpficr  in  ÄS  7,  1944;  ^iitt-^ 
Sungmann,  Izifititotiones  Patrologiae  II,  2,  Oenip.  1896,  542  u. 

3u  ben  toid^tigen  DueKen  für  bie  ©efd^id^te  ber  fird^lid^en  ©treitigleiten  im  5.  unb 
6.  2i<^^^<>^^^  ge^5rt  ba^  Breviarium  Gausae  Nestorianorum  et  Eulychianorum 
bed  tdr^oginien^fc^en  2)iaIonen  Siberotud.  3)er  SSerfaffer,  ber  un^  bereite  535  aU  WlxU  35 
glteb  einer  bmt  afmonifc^en  Sifd^i^fen  nad^  ^om  gefd^ioten  ©efanbtfc^aft  begegnet,  ntoxt^ 
f^  \p6Ux  ofö  einer  ber  eifrigften  SSerteibiger  ber  fog.  3)rei  Stalpxtd  (f.  b.  ^.  3)reila))itel:: 
ftetit  9b  V  6.  21)  unb  tourbe  in  biefer  9(ngelegenl^eit  bielfad^  bi^Iomatifd^  bertDenbet. 
©eine  3Ru|qeit  (t)gl.  Breviar.  prooem. :  peregrinationis  necessitatibus  def atigatus  et 
aliqnatenus  feriatus  animo  a  curis  temporaübus)  benu^te  er  jur  SSerorbettung  be^40 
iwn  i^  jelbfl  gefammelten  3RateriaIe^,  bod  er  unter  93enu|ung  guter  DueQen  fiir  bie 
ältere  3^  V^  ^^^  Süc^lein  au^eftaltete  mit  bem  au^ef))rod^enen  3^ede,  burc^  bie 
Oefc^^e  bed  bergongenen  ^al^rl^unbert^  ju  ertDetfen,  ba|  ^^f^^^^i^"^  ^erbammung  ber 
5Drei  RetpxiA  eine  folfd^e  unb  bertperflid^e  3Jlagregel  geh)efen  fei.  ^ie  ©d^rift,  bie  mit 
bem  Serit^  über  bie  Orbinotion  bed  9{eftoriud  in  Jtonftantinot)eI  (428)  einfe^t,  ift  nad^  45 
in  i^  felbft  ent^tenen  Angaben  nad^  ber  5.  ötumenifd^en  ©ij^nobe  bon  553  unb  nad^ 
bem  Xobe  bed  ^^t^  Sigiliud  (f  ^iuni  555),  jtoifc^en  560  unb  566,  iebenfaOd  bor  bem 
Zobe  bed  X^eobofutd  bon  äUe^anbrten,  beffen  am  ©d^Iuffe  bon  Jtop.  20  ol^  lebenb  ge« 
bittet  tmrb  (t  22.  ^uni  567  ober  566),  berfagt.  9(tö  DueKen  ertoä^nt  £.  im  Eingang 
bie  eodesiastica  historia  nuper  de  graeco  in  latinum  translata,  b.  i.  bie  historia  go 
tripartita  (f.  b.  9.  Safjtoboriu^  93b  III,  ©.  750, 4"^);  gesta  synodalia,  bon  beren  ge« 
trnnen^ofter  Senu^ung  ).  9.  ber  Kare  Seric^t  über  S^allebon  3^0^^^  ablegt;  epistolae 
sanctorom  patrom,  )u  benen  man  aud^  bie  bon  2.  nic^t  genannten,  aber  jtoeifello^ 
bott^ten  gesta  de  nomine  Acacii  vel  breviculus  historiae  Eutychianistarum  bed 
${^|M  (Seloftud  I  (f.  b.  9.  9b  6,  ©.  475,  b2)  }u  rechnen  l^at ;  enblt^  ein  nic^t  nä^er  66 
bqeii^eted  ffiraecum  Alexandriae  scriptum,  m  toeld^em  bie  fog.  5ttrd^engefd^id^te  be^ 
3ac^cariad  Stbetor  (f.  b.  9.)  erlennen  }u  tooQen  (fo  ©arneriu^;  f.  auc^  Jtrüger  a.  a.  O.) 
auf  ®runb  bed  ]e|t  belannten  Xq^e^  bebenüid^  ift.  3)a^  9üd^lein  ift  nic^t  fd^lec^t  ge» 
{daneben,  fdbr  txuöfip  im  9[u^brud(,  ber  nid^t  immer  beutltd^  bleibt,  unb  ma^boQ  im  'lone. 

^Din^leuung  ift,  obtoo^l  bie  ^arteinal^me  beiB  9erfafferd  gegen  bie  3Jlono))^^r^en  beut^  60 

muMkMfiUlßKbU  ftr  Ztcologtc  mb  fftMtt.  8.  K.  ZI.  29 


450  2\bttatu» 

Itd^  genug  l^erbortritt,  im  großen  unb  ganzen  juDerläfftg.  Ser  le^te  ^etl  bed  IS.Sttipitäi 
(MSL  1012  D  —  1014  B)  ift  toon  unbefannter  $anb  in  bic  jtoeitc  Slttenfion  bet  Ex- 
cerptiones  de  gestis  Ghalcedonensis  concilii  be^  SSifd^ofd  SSeretunoud  t>on  ^unlo, 
bie  Pitra  (SpicU.  Solesm.  4,  $ar.  1858,  186.  191)  beröffentlic^t  ffoi,  emgeffi^  toor» 
6  bcn  (188  f.).  •♦  Ärlger» 

Sibttia.  —  Slttcratur:  ©ieücrS^^a^n,  «frifalGOl;  (Brunbcmann,  Äldne  ^Riffion«. 
geograp^ie,  1901;  berf.,  ^ifftondatlaS  1896;  @tobeI,  ^Tlftuterungen  ^u  ^nbreed  ^nbatlo« 
1899;  ^ouuermann,  Histoire  de  la  fondation  d'un  Etat  libre  1885. 

Siberia,  gteiftaat  an  ber  „^JJfefferlüfte",  b.  i.  am  Übergang  bon  Oberguinea  not^ 

10  ©enegambien,  umfaßt  85300qkm,  tDeld^e  bon  ettoa  1  3JliSion  ©eelen  betDO^nt  fmb. 
Sie  SeböUerung  befielet  faft  bottftönbig  au^  älngel^örigen  ber  !Regenaffe  (Subonnegcr),  bon 
toeld^er  l^auptfä^Iic^  biet  Stämme  l^erborge^oben  h)erben.  Ru  t^en  gehören  im  9loib« 
toeften  bie  93e^,  unter  t^eld^en  ber  3^lam  in  ben  legten  ^al^rjel^nten  bemerlbare  9hid* 
breitung  fanb,  toäl^renb  bie  übrigen  im  gamen  bem  ^eibentum  an^öngig  blieben.    Sie 

15  t)oIitif(^e  Sel^errfd^ung  bor  aQem  be^  JtüftengebieteiB  liegt  in  ben  ^önben  ber  fogenannten 
Americo-Liberians.  @d  lam  n&mlid^  jur  ©rünbung.  beS  @taated  burd^  bie  Snfi^lung 
bormaliger  9{egerfllaben,  toelc^e  im  ®ebiet  ber  norbamerilanifd^en  Union  bon  einer  (^ori^ 
tatiben  ©efeUf^aft  lo^etauft  unb  nac^  älfrita  berbrad^t  tourben.  ^m  ^afyct  1821  richtete 
man  eine  9lrt  Jtolonie  ein,  toeld^e  unter  bem  Sd^u^e  ber  norbamerilaniUen  Union  ftAm 

»foQte.  Sa  le^tered  nic^t  burd^efü^rt  tourbe,  orftanD  1847  bie  unabhängige  SieptwBS 
Siberia,  geleitet  bon  einem  ^räfibenten  unb  einer  ^olldbertretung,  biefe  aud  jtoei  Jtonmem 
beftel^enb.  Sie  9lad^fommen  ber  amerifanifd^en  9leger  jtnb  ettoa  20000  Rbp^,  toelc^ 
jebod^  einen  erjiel^enben  @tnflu|  auf  bie  (Eingeborenen  audguüben  nid^t  für  i^re  Slufgabe 
l^alten,  obtool^I  Re  fid^  old  S^riften  bejeic^nen,  bon  toel^en  freilid^  biele  [xdf  ganj  ii^iffe« 

26  rent  berl^alten.  @d  h)ären  jebod^  tird^lid^e  ©emeinfd^aften  in  au^retd^enber  ^a^l  bori^onben, 
um  ben  berfd^iebenften  SRic^tungen  älnfd^lu|  )u  getoäl(^ren.  9{aturgemä^  flammen  {ie  f&mt« 
lid^  au^  ber  ^eimat  ber  Americo-Liberians,  aud^  bie  tatl^olifd^e  SRifjion,  toel^e  tn  brd 
Stationen  tl^ötig  ift.  2Bir  finben  abgefeilten  bon  berfelben  bor:  1.  Sie  Methodist-Epi- 
scopal-Church,  toeld^e  41  Stationen  unter^It,  faft  lebiglid^  in  Aüftenorten,  too  fte  )u^ 

80  meift  liberianijd^en  ©emeinben  bienen,  to)äl(^renb  fie  nur  brei  SRiffwndftatimten  becfe^ ; 
fte  Jaulen  toabrfd^einlic^  über  5000  »nae^örige  (toeil  2670  „botte  aRitglid>er").  2.  Sic 
Protestant-Episcopal-Church  (Slnglitaner)  arbeitet  in  27  Stationen,  in  tpeU^en  iAo<^ 
bie  (Eingeborenen  bie  SJlel^rja^I  bilben,  tDobei  nur  t^^rbige  ald  (Seiftlic^e  t^ätig  jtnb,  au4f 
in  ber  Stürbe  be^B  Sifc^of^.  —  S.Sie  $re&b^terianer  ^aben  jtoei  Stationen,  kDoj^l  nur 

86  für  Siberianer  (ettoa 800  Seelen).  Unter  biefen  ^aben  aud^  4. bie  „Süblid^en93a})tißen'' 
Stationen,  jeboc^  ebenfo  al^  Baptist-Foreign-Mission-Gonvention  of  Un.  Stat  unta 
ben  Reiben.  5.  Sieüjut^eraner 'J2orbameritad  f taufen  unter  ben  SSe^  im  Sinnenlonb  eine 
©emeinbe,  t^eld^e  eth)a  400  Seelen  umfaßt  —  ^m  ganzen  toirb  man  gegen  10000(S^rt{icn 
unter  ben  9{egerftämmen  borfinben,   toel^e  ftd^  bon  btefen  ^iffion^efedfc^ften  bete^ 

40  liefen.  —  %üx  ben  (Elementarunterricht  befte^t  in  jeber  größeren  Ortf(^ft  an  ber  Säljtt 
eine  gemeinblic^e  Schule;  bie  $au))tftabt  3Ronrobia  (4000  @.)  beft^  al^  ^ö^ere Se^ronffailt 
ba^  Liberia  College,  natürli(|  auc^  nur  mit  farbigen  ald  ftanbigen  Se^rem,  jumal  (ein 
9Bei|er  im  £anbe  bad  93ürgerred^t  erlangen  lann.  XB.  0M. 

fiiberittd,  5ßat)ft  352—366.  —  9luS  ber  älteren  filtteratur  ift  berDorju^eben: 
46  3ac.  Q^ot^of rebus,  Dissertationes  in  Philostorgium  im  ^n^ang  ju  feiner  Üudgabe  beft  9^., 
0.  D.,  1642,  200-206  (ju  Philost  4, 3);  ^attt  fiarroquanu«,  Dissertatio  (IL)  de  liberio, 
Pontifice  Bomano,  Genev.  1670,  117—252;  3oa.  fiaplacctc,  Observationes  Hiatorioo-Ecd»- 
siasticae,  Amstelod.  1695,  137—150  (Obs.  IV);  @.  2c  Sßain  bc  2:iacmont,  M^m.  pour  flcr- 
vir  ä  rhist.  eccl^.  etc.  Tom.  6,  Venise  1732,  380  ff.  414  ff.  (baju  bie  ißoten  53—55.  56. 
GO  60.  82.  83),  Tom.  8,  138  ff.  (^f^ote  68)  240  (9iotc  100);  3-  @tilting  in  AS  23/IX  Seot  6, 
Antv.  1757,  572-632,  bef.  598-615.  9ieuere  fiitteratur:  3.  3.  ü.  S)öainger.  5)ie  ^^ 
fabeln  bf«  3JiittcIaIter8,  anüntften  1863,  106—123  (neue  ^lufl.  oon  3.  aricbri*,  ebb.  1890, 
126-145);  a.  3-  0.  ^efele,  eoncilicnacfcfti^tc  l^  greib.  1873,  647 ff.  681  ff.;  ».  ©Jffer, 
«rt.  fiiberiuS  in  ber  2.  ?lufl.  unfercr  (Snci)!Iopäbie  8,  fieipaig  1881,  647—651  (ber  »ortloit 
66  biefeS  ^rt.  ift  im  foloenben,  »0  id)  bamit  einuerftanben  toar,  benu^t);  Q.  3unginann,  JDlflBe^ 
tationes  selectae  in  Historiam  Ecclesiasticam  2,  Eatisb.  1881,  31—83;  3-  «anoen,  OefA* 
ber  röm.  Äircfte  biö  aum  ^ontififate  fieoS  L,  93onnl881,  460-494;  3.  ©ormbl),  Wrt.  £.  i« 
DchrB  3,  ßonbon  1882,  717-724;  ^.  'm.  ©»atün,  Studies  of  Arianism,  (Jambr.  1882, 
188  ff.  (2.«uf(.  1900,  192  ff.);  <P§.  3aff^,  Regesta  Pontif.  Eomanor.  1«,  lipa.  1885,32-35; 


BiBeriitd  461 

«.  Shuger,  Sudfer  \>on  (Sülortd,  Seip^ig  1886,  12 ff.;  ^.  Ufener,  9?eItgiondgefc6.  Unterff.  1, 
©Win  1889,  266—293;  ^.  ©rifar,  «rt.  8.  im  Ä8.  7.  gfrclb.  1891,  1945—59  (f.  au4  be«f. 
Okfdi.  8lom«  it  b.  ^(ip\tt  im  W^.  1,  greib.  1901,  255 f.);  @.  be  gfeid,  Storia  di  liberio 
Papa  e  dello  sdsma  dei  Semiariani,  diom  1894;  iti,  ^ommfen,  i)ie  röm.  ^ift^öfe  S.  unb 
geltf  n.,  in  i)eutf(^  Seitfc^r.  f.  dkf«.  ®iff.  1.  1897,  167—179  Ueber  baS  unten  @.  13,  6 
29  ff.  enofi^nte  dloaium  ogl.  ®.  S3.  be  SRofft,  Elogio  anonimo  d'un  papa  etc.  im  Bulletino 
di  Archeol.  Crist  4.@er.  2,  9?om  1883,  5—59  unD  fj.  3B.  gunf,  Äirdjengcf*.  «Ib^onblungen 
unb  Unterf Übungen  1,  ^aberb.  1897,  391—420  (gufammenfaffung  mehrerer  früherer  Unter« 
Innungen;  bad  S^bi^t  ge^t  auf  $apft  Martin  L,  »enn  nid^t  auf  biefen,  überhaupt  nic^t  auf 
einen  rbmif^en  9if4of).  lO 

Ouellen:  2)ie  ©riefe  bed  Siberiud  bei  $.  (Souftant,  Epp.  Born.  Pontif.,  $arid  1721, 
421—464,  App.  87—99  (bie  Gesta  Liberii  89-93);  MSL  8,  1349-1410;  beutfrf)  in  ber 
©iW.  b.  Ä«ü.,  S)ie  ©riefe  ber  ppfte  überf.  x>,  @.  3»enalow8f^  2,  Äemptenl876,  197—253. 
i)te  SHnffen^i^orifer  unb  C^^roniften  @o(rateS,  ©ojomenuS,  S^eoboret,  $^iIoftorgiud,  Sluftn, 
6ulpidud  6et>erud.  S^oti^en  bei  ^(t^anafiud,  ^iiariud,  ^ieron^mud.  ^ie  Praefatio  j^um  i6 
üb.  Precom  bed  gfauftinud  (f.  b.  9(.  ©b  V,  781)  unb  Siarceflinud  (MSL  13,  81  f.).  über 
Pontificalia  ed.  ß.  S)u(^e«ne  1,  Par.  1886,  CXX-CXXVn.  CCL.  207-210;  ed.  2§. 
^ommfen  Gesta  Pontif.  Boman.  Vol.  1  (MG),  Berol.  1898,  77—79. 

Sim  ber  fßüt^^dfxä^U  bed  ^\M  Siberiud  tft  ntd^t^  Betannt ;   nur  hai  ^Q!p\tbndf 
mdttt,  hai  er  9ldmer  getoefen  unb  fein  93ater  Sluguftu^  gel^eiften  ^abe.    Stud^  ber  %aQ,  an  ao 
bem  er  im  l^o^  352  fem  ^ontifitat  angetreten  ^at,  tft  nidpt  mit  @tc^erl^ett  feftjufteSen. 
3>ad  hn  Gatalo^s  Liberianas  (ed.  SRommfen  in  Ghron.  Min.  1,  Berol.  1892,  76) 
fiberlieferte  2)atum  XI  Kai.  Jun,  b.  l  ber  22.  3Rax,  unterliegt  Sebenten,  ba  biefer  Xag 
auf  einen  SBo^fentag  fiel,  toä^renb  bie  Drbinatton  beS  $a))fte^  f^on  bamold  rege(mä|tg 
an  einem  Sonntag  biyrgenommen  imtrbe.   2)ad  je|t  gelDöl^nlic^  angenommene  2)atum,  ber  26 
17.  9Rai,  ifi  bocp  erft  burd^  Jtonjrftur  getoonnen,   fofem  ba^  Martyrologinm  Hiero- 
nymfanum  biefen  3;ag  —  jtoeifelloiS  unrichtig  —  al^  ben  Xag  ber  depositio  angtebt, 
iDoffir  ber  Orbinationdtag  ein^ufe^en  toäre  (bgl.  be  Slofft  57  31.  2 ;  3)u(^eSne,  Lib.  Pont. 
CCL).   auf  Siberiud,  bem  !Ra(^fo(ger  be^  treu  ju  St^narmd  ftel^enben  ^uliud  I.  (f.  b.  31. 
9b  IX  6. 619),  nnmbten  fidb  fofott  bie  SSIide  ber  im  arianifd^en  Streite  ringenben  ^ar»  ao 
teicn,  toie  caidf  bed  SMkt^  Konftantiud.    3iU  biefer  nad^  bem  Xobe  feinet  Sruber^  Aon- 
fian^  fi^  bie  ^errf(^  im  älbenblanbe  burd^  Ü6erh)tnbung  bed  3Ragnenttu^  erftritten 
Batte  (353),  fud^  er  ben  Hirc^frieben  burc^  allgemeine  So^fagung  bon  at^nafiud  unb 
SSefeit^ung  ber  ^^ormel  bon  9ttcäa  ju  erreid^en  (f.  I^ierju  unb  mm  folgenben  b.  91.  Stria« 
rndmuiS  9b  II  6. 29, 63  ff.).    Orientalifd^e  unb  ög^ptifcbe  Stfc^öf e  fud^ten  fof ort  ben  $a))ft  ss 
geßen  St^afiuiS  einzunehmen,  inbem  fie  i^m  bie  alten  Jtlagen  gegen  ben  äHqranbriner 
bnefli^  bortrugen ;  aber  aud^  80  Sifd^öfe  bon  ber  Partei  bed  St^anaftud  bertraten  bei  S. 
beffen  Goc^e.   8.  erjä^It  felbft  (Ep.  ad  Constantium  MSL  8, 1352),  bag  er  bie  Schreiben 
feiner  rdmtfc^  S^nobe  borgetragen  l^abe  (legisse  concilio)  unb  bag  bie  ÜRel^r^eit  ftd^ 
fOr  ben  SU^ofiud  erKört  ^e.    9alb  borauf,  ^erbft  353,  entfanbte  er  bie  Sifd^öfe  lo 
StncentiuS  bon  5tat)ua  unb  3RarceQud,  g(eid^fatld  einen  Jtam))aner,  an  bm  taiferüd^en 
^of  nac^  9LxU9,  um  5lonf)antiud  )ur  (Einberufung  eined  allgemeinen  Jtonjile^  nad^  aquileja 
ju  betoegen.    S)er  Jtaifer  jog  ti  bor,  in  9[r(«B  felbft  eine  SSerfammlung  ju  galten,  auf 
toelc^  bem  Serlangen  ber  ortl^obo^en  Partei,  junöc^ft  über  ben  toa^ren  ®lauben  )u  berl^an» 
bebt  unb  bann  erft  bie  9(nllagen  gegen  ^Itbanaftud  ju  unterfud^en,  au^etoid^en  unb  burd^  46 
bie  9(utorit&t  bed  Jtaiferd  ein  folc^er  S>rud(  au^eübt  tourbe,  ba^  aud^  bie  ©efanbten  be^ 
tdmifdben  9if(^ofd  nachgaben :  an^  Slüdftd^t  auf  ben  Jtird^nfrieben  berftanben  fte  ftc^  baju, 
bem  urteil  ber  Orientalen  gegen  ältl^anafiud  beizutreten,   oj^ne  ba^  fte  bie  bagegen  gefor« 
berte  auSbrfidlii^e  SSertoerfung  be^B  älriud  erlangten.    Siberiud,  unjufrieben  mit  bem  ^jjer« 
^en  feiner  Vertreter  (Ep.  ad  Osium  MSL  8, 1349 ;  ^affä  9tr.  209),  toanbte  ftd^  mit  so 
brinoenben.  briefli(^  SBorfteDungen  (Ep.  ad  Constantium  1351—54;  3jaff6  212),  bie 
ber  »tfd^f  gucifer  bon  Salari^  (f.  b.  a.),  ber  5ßre«b^ter  5ßanfcatiu«  unb  ber  Dtalon  Qu 
Uama  (f.  »b.  VIII  6. 67, 26)  Überbrad^ten,  an  ben  in  3Kailanb  toeilenben  Äaifer  (fflinter 
354),  inbem  er  gleic^jeitig  ben  Sifd^of  ©ufebiu^  bon  Sercettä  (f.  b.  ä.  9b  V  ©.  622) 
mit  (Erfolg  aufforberte,  ibn  bei  feinen  9emül^ungen  )u  unterftü^en  (Epp.  ad  Eusebium  66 
1849 f.  1866 f.;  Soff^  5*«.  211.  213.  215).   «ber  bie  SKailänber  ©^nobe  (^ü^jal^r  355; 
f.  9b  II,  ©.  30,60)  boDenbete  nur  ben  ©ieg  über  8tl^anaftu«;  bie  ftanbl^aft  gebliebenen 
9tf(^fe  nnnben  eciliert.    Siberiud  tougte  fte  brteflid^  ju  tröften,   inbem   er  für  ftc^  bad 
M^  ©{^ol  ertoortete  (Ep.  ad  Eus.  Dionys.,  Lucif.  1356  ff.;  3aff6  216).    3n  ber 
X^  iDUfi^  man  am  $ofe  rec^t  gut,  toeld^e  9ebeutung  ber  Haltung  be^  römifc^en  9tfd^ofd  eo 
bct)ulegen  fei,  unb  fe|te  aDed  boran,  il^n  umjuftimmen.   ^un^^f^  berfuc^te  i^n  ber  latfer» 

29* 


452  Süerittd 

lid^e  @unuci^  (Sufebiu^  )ut  Unterfd^rift  gegen  ält^onaftud  unb  }ur  jtird^engemetnfc^ft  mit 
bereit  @egnem  gütlich  )u  betoegen.  £.  toiberfiel^t  (bgl.  feine  Unterrebung  bei  9(t^n.  Hist 
Ar.  36  MSa25,733  ff.,  auc^  MSL 1357—60)  unb  h)irb,  toeil  man  bie  grofee  Aufregung  b« 
@tabt  fürchtet  (älmmionud  SJtarceQinud  15,  7,  10  bezeugt  audbtücflic^,  ba^  bie  öffentTu^ 

6  3Jleinung  ben  taiferlid^en  93eftrebungen  entgegen  toax  unb  ba^  bie  römif^  9ek>5lleiung 
eius  [seil.  Liberii]  amore  flagrabat),  ^eimlid^  bei  näd^tlic^  9Beile  burt^  ben  Prae- 
fectus  urbis  Seontiu^  (f.  91mm.  Tlaxc.  15,  7,  6)  aufgel^oben  unb  an  ben  ^of  gebrockt 
3[uci^  ^ter  aber  bleibt  er  in  einem  SSerl^ör  bor  Honftantiud  feft.  Xl^eoboret  (2,  13  [16] ; 
aud^  MSL  1359— 1366)  ^at,  angeblich  nac^  bamal^  gemachten  Stuf^d^nungen  (2, 12  [15]), 

loben  Dialog  jtDifdben  jtatfer  unb  Sifd^of  in  lebenbigen  SQorten  aa\bttoQfyct:  Siberiud  t>ec* 
langt  allgemeine  Slnnal^me  bed  nicänifc^en  @Iauben^,  g^^^^^^fung  ber  SSerbannten  ui^ 
eine  gro^e  SSerfammlung  in  Sllesanbrien,  bie  an  Ort  unb  ©teile  bie  Auflagen  gegen  3U^ 
naftu^  f)rüfen  foSe.  9(1^  i^m  Vorgehalten  h)irb,  ba|  baburc^  ba^  @taatdfu^rb>efen  über« 
laftet  h)erbe,  erilärt  er,  biejtird^en  bermi^d^ten  fe^  tool^l  aud  eigenen  ^Kitteln  il^e  9tf(^fe 

16  toenig[ten^  b\&  jum  30teere  ju  fc^ffen.  ^ä^lxd)^  93efc^ulbigungen  blieben  ni(^t  oud.  &o 
toarf  tl^m  einer  ber  ^öfifd^en  93ifd^öfe,  @))ittet  bon  SentumceQä,  bor,  ed  fei  il^^m  bei  feinem 
SBiberftanb  nid^t  um  ben  ®Iauben  ober  bie  Unab^angigteit  tirdffK^er  @ntfd^ung  }u 
t^un,  fonbem  barum,  bei  ben  römifc^en  Senatoren  ft$  rül^men  )u  lönnen,  ba|  er  im 
^i^))ut  mit  bem  Haifer  feinen  Wlann  geftanben  ^abe.    3)ad  ®nbe  toor  feine  äSerbonromg 

30  nac^  Seröa  in  2)l^acien.  Sad  il^m  bon  (Sufebiu^  im  9tamen  bed  Jtaifecd  gemachte  Xn* 
gebot  ber  Seftreitung  feinet  Sebendunter^ted  tox^  er  ftol)  iuxüi;  man  mdge  ed  für 
@))iltet  unb  ©enoffen  bem)enben.  (^eob.  1.  c.) 

9(n  feiner  ©teile  lieg  Jlonftantiud  nod^  bor  Slblauf  bed  ^al^ed  355  ben  tomifcben 
9(rd^ibiaIon  ^^lis  in  (Segentbart  ber  laiferlid^en  @unud^en  jum  römifc^en  9if<^of  toei^en 

36  (bal.  I^ier}u  unb  )um  f olgenben  ben  älrt.  ^i^  II.  93b  VI  @.  24  f.,  unb  ben  oben  am 
geführten  ätuffa^  bon  30tommfen).  ^^eli^  galt  ben  Ortl^obo^en  für  jperfönlic^  rechtgläubig 
(fo  nad^  I^eob.  2, 14  [17]  unb  ©ojom.  4,  11;  aber  SRufin  1,  22  unb  ©olr.  2,  37  b.  f. 
mad^en  i^n  }um  „9lrianer'',  unb  «B  ift  in  ber  X^at  auffaUenb,  bag  jlonfiantiud  einen 
DrtJ^obosen  burc^  einen  anberen  erfe|t  unb  äl!aäud  bon  Säfarea  imb  @})i!tet  bon  Senium« 

80  ceQä  einen  fold^en  getoei^t  ^aben  fouen),  aber  ald  burc^  biefe  Orbination  unb  bie  Stinfiens 
gemeinfd^aft  mit  ber  ©egen^rtei  befled^  (aud^  Slufin  unb  ©otrdted  tragen  biefer  9(nfi4ft 
burc^  einen  3^!^  Slec^nung),  fo  bag  er  in  9iom  bcm  größten  SBiberfianb  begegnde.  Xb 
Äonftantiuö  im  aJlai  357  (bgl.  «mm.  3Rarc.  16,  10,  20)  in  9lom  toeilte,  baten  il[w  bie 
römifd^en  Samen  inftänbig  um  bie  9lüdEberufuna  be^B  £iberiud  (^eob.  2, 14  [17]).    3)er 

86  Jtaifer  fd^lug  bie  Sitte  nicpt  ab,  inbem  er  barauf  j^inbeutete,  bag  bie  mit  bem  Verbannten 
geführten  Ser^anblungen  ju  ertoünfc^tem  (Srgebnid  gelommen  feien  (Praef.  üb.  Prec 
MSL  13,  81:  habe(bi)tis  Liberium,  qui  qualis  a  vobis  profectus  est  melior 
revertetur;  bgl.  ©ojom.  4, 1 1).  ^^eilid^  berging  nod^  über  ein  ^aÜ^x,  bid  (@ommer358) 
SiberiwS  bie  (Srlaubnid  jur  3iMk^x  erl^ielt  mit  ber  3)laggabe,  ba^  er  unb  ^i^  gemeinfom 

40  ber  Äird^e  borfte^en  foUten  (2^eob.  1.  c;  ©ojom.  4,  15;  bei  Sulp,  Sev.  Chron.  2,39 
lieft  man  nur  bie9totij:  sed  L.  paulo  post  urbi  redditus  ob  seditiones  Romanas; 
ä^nlid^  ©otr.  2,  37).  Slld  bad  betreffenbe  !aiferlic^e  ©c^reiben  ben  9{5mem  im  ^v^ 
beriefen  tburbe,  f))otteten  fte:  bad  ))affe  [a  trcfflic^,  im  ^xxhx^  gebe  e^  ja  ou^  jtoei  ^ar^ 
teien,  ba  fönne  Öiberiu^  SSifc^of  ber  einen,  gelij  ber  anberen  fein.  3n  ber  2^t  iam  ber 

46  Sefe^l  nic^t  jur  Sludfü^rung.  5Der  }urüdEte^renbe  2.  iDurbe  bon  ben  9lömem  feierlich  ein* 
geholt,  %i{xi  toax  genötigt,  i^m  ju  toetc^en  (f.  ba^  92ä^ere  im  Slrt.  t^eli^). 

2Ba^  toar  gefc^e^en?  SBoburd^  tbar  ber5^ifer  umgeftimmt  toorben?  Um  biefe  ^ogen 
beanttborten  }u  rönnen,  gilt  ed  eine  genaue  Unterfud^ung  anjufteQen,  bie  freiließ  bpx  ma 
in  befd^eibenen  ©renken  bargelegt  tberben  !ann.    vlad^  ©ojomenu^  (4,  15)  lieft  Konfians 

50  tiud  ben  Stberiud,  tbo^l  im  ^^tü^fommer  358,  bon  S3eröa  nac^  ©irmium  berufen.  2)oTt 
gab  S.  feine  guftimmung  ^u  ber  bon  S3aftliud  bon  Slnc^ra  unb  anberen  ^omduftonem 
mit  ber  Bpü^z  gegen  bie  Slnomöer  ^ufammengefteQten  fogen.  britten  firmtf^Kn  ^rmd, 
b.  1^.  (bgl.  Sb  II  ©.  34, 37  ff.)  er  lie|  ba^  öfioovoiog  fallen,  nac^bem  man  ü^n  —  mir 
fo  rann  bie  betreffenbe  9lotij  be^  ©oj.  im  ^wf^mtnen^ange  berftanben  tberben  —  bon  ber 

66  3)tiftberftänblic^leit  ber  ^ormel  unb  ibrem  3)itftbraud^  burc^  ^äretiler  ($aul  bon  ©omofoto, 
$^otin  bon  ©irmium,  bieSeid^t  aud^  3JlarceU  bon  Slnc^ra)  überjeugt  ^tte.  ^  einem 
befonberen  3)oIumente  erllärte  er  aber,  baft  er  biejenigen,  bie  nid^t  lehrten,  boft  bet  6o^ 
bem  äJater  xax'  ovolav  xal  xard  jidvra  Sfioiog  fei,  bertoerfe.  ©ojomenud  fügt  fftn^ 
er  ^abe  ba^  getrau,  toeil  @ubo£iu^  bon  @ermaniäa  (f.  b.  91.  93b  V  ©.577  ff.)  unb  feaie 

60  ^eunbe  unter  ^intoeii^  auf  „ben  SSrief'  be^  ^ofiud,  b.  1^.  feine  3uftimmung  )ur  jtoeitcn 


Bittriitd  453 

ftnrnfd^  ^nnel  (f.  b.  a.  igoftu^Sb  Vin  ©.  380,  2  7  ff.),  bog  ®crüd^t  au^cfprengt  f^attm, 
(mäf  Siberiud  ^obe  ben  Stu^brud  öfioavoiog  bertDorfen  {dneioxlfiaoe)  unb  e^  gebilligt, 
bog  man  ben  @ol^  beut  Spater  unä^nli^f  {ävdfioiog)  nenne.  9{aci^  biefen  SSovgängen  fei 
bie  StefHtution  bed  S.  btm^  ben  ftaifer  erfolgt  liefen  SSerid^t  ju  lontroDieren  ftnb  toir 
mangels  anbetet  DiteUen  leibet  nid^t  in  bet  Sage.  @^  ift  obet  tetn  ®tunb  botl^anben,  an  s 
feinet  Sltd^ttglett  in  allem  9Befentltd^en  }u  jtoeifeln,  unb  {elbft  bie  9l))ologeten  bed  ^ai)fieS 
^oben  ba)u  eigentlid^  leine  Utfad^e.  2Bte  bie  ^inge  bamold  lagen,  brandete  lein  einiget« 
ma^en  toeitbliaenbet  ÜRann  an  bem  S^fammengel^en  mit  ben  ^omöuftanetn  9lnfto|  }u 
nc^en.  @tn  Slid  in  bed  Sltl^anaftud  unbMatiu^  ^v^m  de  synodis  jeigt  ed.  %tÄ^ 
Xvif  toitb  ed  nut  ein  9Iüd(fd^lu|  aud  bed  lltl^anaftud  balb  öffentlich  begeugtet  (f.  Sb  II 10 
@.  39,25)  Stimmung  fein,  toenn  @o)omenud  aud^  ben  3ltl^anafiud,  Xoxt  ben  Sibetiud,  m 
bem  5ton^omt§botfd9lag  feine  ßuftimmung  geben  läfiit.  Slbet  S.  befinbet  ftd^  iebenfaud 
in  gutet  ®efellf(^ft  Stbägt  man  boDenbd,  ba^  Sibetiud  ald  3lbenblönbet  bem  öfioovouog 
ftü$ft  getm^  nut  „naib''  gegenübet  geftanben  l^tte,  inbem  et  ed  einfach  a\%  bad  ©Aibbolet 
betOt^obo^e  bettad^tete,  o|ne  ftd^  butd^  feine  ben  Orientalen  beutlid^e  t^eologifd^e@d$tt)ietigs  is 
lett  bebtüdFt  )u  fül^len,  fo  l^at  man  fid^et  leine  Setanlaffung,  an  feinet  £)ttl(;obo£ie  )u 
üoeifeln  obct  bon  einem  t^fall  bed  Siberiud  )u  teben,  tDeil  et  jeittoeilig  unb  um  ©tö^eted 
outdJQufej^  bad  öfwovmog  fallen  Iie|. 

69  ftagt  fic^  nut,  ob  man  ftd^  angefic^td  bed  fonft  93erid^teten  bei  biefem  @d^luffe 
bmt^igen  batf .  2lfi  nämlic^  toeitet  nid^td  gefd^e^en,  fo  toitb  bie  fd^otfe  @))tad^e,  bie  WÜ^  20 
nafiiä  unb  ^teton^mud  übet  S.  gefül^  l^aben,  um)etftänbli(^.    2ln  bet  Historia  Aria- 
norum  cp.  41  MSG  25,  741  ($etbfi  358;  f.  batübet  8b  II,©.  199, 53  ff.  58  ff.)  fd^teibt 
jenet:  „Sibettud  toutbe  betbannt;  ft)ötet,  nad^  gtoei^o^en,  toutbe  et  matt  (&xXaoe)  imb 
untetf^eb  oud  %vcci)i  bot  bem  '^m  angebtol^ten  Xobe"  (Dgl.  aud^  Apol.  ctr.  Arianos 
CD.  89  MSG  409  [ettoa  pleid^aeitig,  f.  baju  8b  II,  @.  199, 41]:  S.  fei,  toenn  et  aud^  bie  26 
SRü^e  bed  ®g[i  nic^t  bid  }um  @nbe  etttug,  gtoei  ^al^e  in  bet  SSetbannung  geblid^en). 
^teton^mud  betteltet  in  feinem  um  380  abgefaßten  Sl^tonilon  (MSL27, 685):  Liberius 
teedio  yictus  exilii  in  haereticam  pravitatem  subscribens  Romam  quasi  victor 
intravit.    3n  feinen  392  gefd^ebenen  viri  illustres  cp.  97  (MSL  23,  697)  toettät  et 
no(^  n&^  Jlenntnid,  toemt  et  fd^eibt:  bet  8if(^of  ^ottunatian  bon  Stquileja  toetbe  fütso 
detestabilis  gead^tet,  toeil  et  ben  Siberiu^,  ald  et  füt  ben  ®\a\xhtn  in  bie  SSetbannung 
tDonbette  ^ro  fide  in  enlium  pergentem),  ald  bet  etfle  beotbeitet,  gebtod^en  unb  )um 
Untetfd^teiben  bet  ^ätefte  gejtoungen  ^be  (soUicitavit  et  f regit  et  ad  subscriptionem 
haereseos  comptdit).    3^  biefen  geioid^tigen  ^ugetungen  gefeQen  jtd^  ald  8ela{fatng^ 
jcugmffe  einige  in  ben  fogen.  fragmenta  ex  opere  historico  be^  ^ilatiud  Don  ^oitietd  86 
(9te.4  unb  6  MSL  10, 678—81. 686—91;  t)gl.  ben  Sltt.  $ilariu^  8b  VIII  ©.  65, 63  ff.,  too  aud^ 
unfete  ^toge  ^eßteift  toitb)  etl^altene  8riefe  beiB  $a))fted,  bie,  toenn  fte  ed^t  finb,  \>a% 
(Siaebmd  m  fernen  Ungun^en  betfd^ieben  toütben.    ^anad^  ftimmte  S.,  butdb  bie  orienta« 
Itfc^en  8if(^5fe  beleih,  il^  8etutteilung  be^  Stl^anaftud  )u,  fanbte  butc^  8if(^of  ^ottu« 
notion  bon  SquUeia  eine  Srilötung  batübet  an  Jtonflantiud,  lie^  ftd^  bon  8ifc^of  %t^  «o 
xatfififSxM  bon  8et6a  übet  ben  ©tauben  bet  Orientalen,  bet  )u  ©itmium  bon  ben 
obenbl&nbifc^  9if(^öfen  angenommen  tootben  ( . .  Demophilus  qui  dignatus  est  pro 
8ua  benevolentia  fidem  nostram  [ndmlid^  bet  Orientalen]  et  catliolicam  exponere, 
quae  Sirmio  a  pluribus  fratribus  et  coepiscopis  nostris   [b.  i.  bet  Occibentalen] 
tractata,  exposita  et  suscepta  est;   ^iet  lann  nut  bie  jtoeite  fttmifd^e  ^otmel  bom  45 
©ommet  357  gemeint  fein),  aufflöten,  nal^m  il^n  an  unb  bat  bie  orientalifd^en  8ifd^öfe 
um  i^  Settoenbung  beim  Äaifet  (Ep.  ad  Orientales  MSL  8, 1365  ff.;  3aff6 9lt.  217). 
^  gleiAem  Sinne  fufjblijiette  et  bei  ben  ^oftl^eologen  Utfaciu^,  8alen^  unb  ©etminiud, 
gab  auc9  i^nen  g^enübet  ben  Sltl^naftu^  })teid,  be^au))tete  fogat,  betfelbe  fei,  tote  bad 
lömtfc^  Stedb^tetium  bezeugen  lönne,  löngft  aud  bet  ©emeinfc^aft  bet  tömifd^en  Jtitd^e  so 
au80cf(^lof[en  (l^ietübet  f.  toeitet  unten)  unb  ettlätte,  aud^  mit  Susentiud  (f.  übet  i^n 
Äthan.  Hist  Arian.  cp.  75.  MSG  25,  784)   unb  @))tltet  (bon  eitcumceKä  f.  0.)  in 
5Rn^engemetnf(^ft  jp  fiei^en  (Ep.  adUrsacium  etc.  p.  1368—71;  3iaff6218).    enblid^ 
tMb  et  oud^  ben  8incentiu$  bon  Jtapua,  übet  beffen  9{ad^gtebigteit  gegen  bie  ^oftl^eologie 
et  fifil^  jeKfi  JQage  gefül^tt  l^atte(f.o.©.451,49),  baju  an,  mit  ben  !amt)antfd^en  8ifd^öf en  56 
fttt  feine  9Wdftetunmg  ju  bitten  (Ep.  ad  Vinc.  p.  1371  f.;  Saffö  219). 

©tnb  biefe  8riefe  unecht?  %\t  tatl^oltfd^en  $otfd^et  bejal^en  bie^age  einmütig,  unb 
c9  ifl  iebenfolld  nic^t  angängig,  gegenübet  einet  fo  tul^igen  unb  fotgfältig  abtoägenben 
UntetfudMß  tote  bet  igefele«  (a.  a.  0. 686  ff.),  mit  3Röaet  (a.  a.  0.  650  5Wote)  bon  leidet« 
fettiget  Xcnbenjititü  )u  teben.    3^^  @ntfd^eibung  ift  noc^  ein  biettet  (obet  etftet)  glei^^  eo 


454  Süerto» 

foSd  bei  ^ilariud  überlieferter,  Don  Siberiud  angeblich  fc^on  in  ber  erflen  3^  feincd  $imti* 
fitoteS  gefc^riebener  93rief  l^eronmie^en  (Ep.  qua  Athanasius  etc.  [Slnfang^orte  Stu- 
dens  paci]MSL8,1395;  ^affä  207).  ^amS^  f)ääm  bie  orientalifdben  Sifäöfe  noc^  bei 
Sebjeiten  bed  $at)fted  ^uliud  neue  JQoaen  gegen  ^tl^anaftu^  borgebrocpt,  toed^olb  £.  gleich 

6  nadp  feinem  Stmtöontritt  ©efanbte  nacj  SUeianbrien  gefd^i^  ^obe,  um  ben  9t.  )ur  93a> 
onttDortung  nad^  9lom  gu  forbem,  unter  Snbro^ung  beS  9(udfd^btf[ed  aud  ber  rdmifc^ 
Aird^engemeinfc^aft  im  ^oUe  ber  Steigerung;  ba  Stt^anafiud  nid^t  gelommen,  {o  erfl&tc 
£.  ben  Orientalen,  ba|  er  lünftig  nicpt  me^r  mit  Sltl^anajtud,  tool^l  aber  mit  t^en  (Se> 
meinfd^oft  l^alten  h)erbe.    SiefeS  Sd^reiben  tt)iberf))ri(^t  ber  beglaubigten  (Scfd^te  (f.  o. 

xo  6.451,38)  fo  fe^,  ba^  an  feiner  Uned^t^eit  füglic^  nid^t  gejtDeifelt  toerben  icam  (f.  f^im 
®ti(ting;  Souftant  bertDeift  ed,  nid^t  aber  bie  anberen  brei,  in  bie  9l[)))>enbic).  SHe  9e> 
merlung  aRöQerd.  ber,  h)ie  ^iUemont  (8,  695  f.)  an  ber  Sc^t^eit  fefil^öa,  ber  Srief  be> 
jieid[|ne  in  ber  Xl^at  eine  fingierte  Situation,  aber  eine  bon  £.  felb^  fmgierte,  ifi  gnmblod. 
%m  fielet  bie@ad^e  freilid^  nid^t  fo,  bag,  toeil  bieferSrief  uned^t  ih,  ed  aud^  bie  onboen 

15  fein  müjfen;  ©toatlin  (@.  193)  ffot  nid[|t  Übel  ^ejeigt,  ba|  man  iebem  einjelnen  Selpeid* 
grunb^eled  einen  anberen  entgegenfe^en  ober  t^  toenigftend  enthaften  Icum.  Unb  bo(( 
fc^eint  mi  unb  ^n^alt  ber  Sriefe,  in^befonbere  bie  mit  fold^em  iRiu^bnuI  betonte  Sei» 
toerfung  ber  ©emeinfd^aft  mit  Sltl^anafiud,  um  bie  ed  fu^  bamald  gar  nid^t  mel^  bonbelte 
(f.  aud^  £oof^  9(rt.  ^ofpS  9b  VIII  @.  380, 47)  unb  beren  Srtoäl^ung  beriemaen  im 

20  S3rief e  Studens  paci  berbäd^tig  öl^nlic^  ift,  mit  bem,  tocS  toir  f on{l  erfolgen  ober  fc^Gcboi 
bürf en,  nid^t  in  SinOang  }u  ftel^en.  93or  aSem  bleibt  ber  oft  gel^örte  Sintoonb  getDtd^tig : 
toenn  S.  fd^on  im  ©ommer  357  fic^  in  aSer  t^orm  unb  unter  boDftönbiger  Sedeuanung 
aQer  bi^l^er  bon  il^m  befolgten  ®runbfä^e  untertoorfen  ^atte,  toarum  berging  noq  ein 
)>oQe!B  ^al^r,  el^e  berHaifer,  il^n,  toie  er  boc^  berft)ro4en  l^atte,  benStdmem  toi^er  {iirödEi 

26  gab?  Erinnert  man  fiep  nunmel^r  ber  Semerlung  bed  SojomemuS  (f.  0. 6. 452, 58),  in 
beffen  eintoanb^freien  Serid^t  ber  ^nl^lt  ber  Briefe  jlc^  foum  einreil^  la^,  ha%  Ue 
@egner  bi^toillige  ®erüd^te  über  S.  au^e^eut  Rotten,  fo  fyd  man  auc^  eine  audreU^enbe 
Segrünbung  ettvaiger  f$&(fd[|ung,  bie  bann  nod^  im  %lui  ber  @reignif[e  ^vorgenommen 
toorben  h)äre  (anbenS  $efele  691,  ber  toegen  ber  Srtoäfnung  ^ortunotiond  [f.  bcoüba 

80  unten®. 454,60]  ol^neSlot  annimmt,  bie  ^^älfc^img  l^abe  ben  Seric^t  bed  ^terom|mud  )ur 
Sorau^fe|ung ;  toer  foDte  nac^  392  fie  unternommen  l^aben?).  äBirb  bem  bie  Sentfung 
auf  bie  Überlieferung  ber  Sriefe  bei  ^ilariud  entgegengel^alten,  fo  ift  )u  fagen,  ba|  bie 
f^age,  ob  ^agment  4  unb  6  ^t  finb,  bon  ber  nad^  ber  @(^t^eit  ber  Sriefe  )u  fcfleiben 
tft;  ,,felbft  bad  toäre  benibar,  ba|  ||ilariu^  ^agment  4  (Studens  paci)  otö  ^fd^g 

86  jur  SIolfteDung  ber  »(cilfd^er  mitgeteilt  l^ötte"  (fo  nad^  (Souftant  rid^tig  Soofd  ^rt  ^ila< 
riud  93b  V  ®.  66, 24  f.).  Stber  bie  9lrt,  toie  in  ben  Stanbbemerlungen  b^  ^aamenttPoi 
S.  gefd^ma^t  unb  berftud^t  h)irb,  erfd^eint  im  Stammen  be^  ©anjien  ^ödbfi  berbad^tig.  S>ie 
einzige  gtoeifeHod  ec^te  ^u^erung  beS  ^ilariud  jur  @ad^e,  feine  äSemermng  über  Konfiaii' 
tiu^  au$  bem  ^al^re  360    (ad  Constantium  cp.  11  MSL  10,  589):  nescio,  utnun 

40  majore  impietieite  relegaveris  (seil.  Liberium)  quam  remiseris,  entl^  jtDor  einen 
jd[|arfen  Xabel  bed  laiferlid^en  S^erfal^ren^,  nid^t  aber  be^B  S.,  ber  bamald  oljfne^in  ab  boiB 
anerlannte  ^avcpt  ber  Drti^obosen  ju  9iom  fa^.  Sad  äßerl,  au^  bem  bie  gr^ogmente 
{lammen,  ift  aber  no6^  f))äter  gefd[|rieben,  enbgiUig  rebigiert  fogar  erfl  nad^  bem  XobebeS 
Siberiu^  (f.  93b  VIII  @.  65, 58),  ald  i^n  )u  berung(im))fen  jumal  für  ^ilariud  gar  leine 

45  äSeranlajfung  mel^r  borlag. 

^etlid^  reid^en  alle  biefe  (Erörterungen  nid^t  ju,  bie  Sriefe  aud  ber  äBelt  pi  fdbaffen. 
älber  aud^  toenn  fie  unecht  fmb,  toad  aU^  in  aSem  genommen  bad  Sßa^c^nliclr^  ip, 
muffen  fte  be^B^alb  o^ne  jebe  ©runblage  fein?  @inb  fie  nid^t  bieKeid^t  nur  ber  ge^ffige, 
berfölfc^te  älu^brud  bon  X^fad^en?    3)a^  Siberiu^  in  ber  SSerbannung  fortgef^  hm» 

60  beitet  toorben  ift,  ba^  ^ortunotian,  beffen  (Srtoöl^nung  bei  ;gieronbmud  bocp  fd^iDedi^ 
blo^  auf  bie  93riefe  gurüdjufü^ren  ift  unb  Semo^j^ilud  babei  i^re  Stolle  gef})ieU  ^abel^ 
bad  toirb  alles  richtig  fein.  SSlu^erbem  beft^en  toir  ba^  beftimmte  3^0^^^  ^  $^ 
ftorgiu«  (H.  E.  4,  3  MSG  65,  517),  bafe  Sib.  jur^  felben  geit  toie  ^ofiu«  xord  tov 
öfxoovalov  xai  uhv  xai  xaxd  ye  xov  ^A&avaoiov  vnoyQdyjai  (ber  ben  Xtl^.  betreffenbe 

66  3ufa^  giebt  freilid^  ju  93eben!en  älnlag  [f.  0.  @.  454,  is]).  @nbli(^  finbet  jene  SemoAine 
be^  Satl^anartu^,  toie  bereite  bemerlt  tourbe(f.o.®.453,2i)  in  ber  Situation  bon  358  fcine 
genügenbe  (Srilärung.  stimmt  man  feine  „jtoei  ^a^re^'  aenau,  fo  toirb  man  o^e^ 
toeiter  jurüdaefü^rt  unb  mu^  bo^  ,;3Jlatttoerben''  beS  2.  fcpon  auf  frühere  Sorgfinge  be» 
jie^en.    äluc^  toürbe  ein  ruhiger  S3etrad^ter  £.  fo  toenig  toie  ^oflud  einen  SSortoiuf  iaxtad 

60  mad^en  bürfen,  toenn  er  mürbe  getoorben  toäre,  fo  lange  bamit  nxifi  bie  oben  gefaim 


Stitriitd  455 

gnd^ete  Verleugnung  feiner  (töl^ertgen  i5<^tung  loerbunben  toax,  toad  tDtebemm  nuv  auf 
®tunb  fragtpfirbiger  S)ohtmente  U^\j!ptti  tDerben  fonn.  ®o  [teilen  h)iv  auf  loöSig  un^^ 
fu^erem  Soben,  unb  eine  beftimmte  @ntfd^eibung  berbietet  fid^  Don  felbft. 

Sn  ber  @Vnobe  )U  Criminum  im  ^aifxt  359  (f.  93b  II  @.  35,  es  ff.)  1^  Siberiud 
ni^t  teilgenommen;  na^  3)amafud  (f.  fein  S^nobolfd^eiben  Bei  S^l^eobov.  2,  17  [22])  6 
toax  er  gor  ntc^t  baju  oufgeforbert  toorben.  Ü6erl^uf)t  tritt  er  mehrere  ^al^re  l^inburd^ 
in  ber  £)]|entli(^Ieit  nic^t  ^erbor.  363  erlief  er  ein  ©d^eiben  (Ep.  ad  catholicos  epi- 
soopoB  Italiae  MSL  8, 1372  f. ;  ^affä  223),  in  todc^em  nac^  bem  Seif))iel  ber  aleionbri» 
nifcpen  @Vnobe  Don  362  jene  ©runbfä^e  ber  SSerfö^nung  geltenb  gemad^t  tourben,  nac^ 
benen  alle,  toelc^e  i^r  SSer^olten  )u  Striminum  bereuten  unb  fid^  Don  orianifc^er  Seigre  lo^  lo 
fagten,  Serjei^g  erl^ielten  unb  nur  bie  eigentlid^en  Parteiführer  aud  ber  Itird^engemeim 
f(^  oudgefc^loffen  n>erben  foSten.  hiermit  toar  aud^  in  9lom  eine  fd^roffere  Stid^tung 
nic^  etnDorftanben  (auc^  im  ^inbliä  auf  beS  Siberiud'  eigenes  SSer^ten ;  bgl.  biePraef. 
lib.  Prec.),  unb  ber  ^  auf  biefe  SBeife  anbalSi>nenbe  ®egenf(^  f%te  ut  @nt)toeiungen, 
benen  ^er  nic^t  nad^)uge^en  ift  (bgl.  bie  9(.  ^ilariud,  röm.  ^ialon,  93b  VIII  @.  67,  i6 
unb  Sucifer  Don  Salarid).  3üi  fobann  bie  toeitere  @ntn)id(elung,  indbefonbere  bie  Don 
Aaifer  JSoknd  audge^enbe  Verfolgung  aller  !Rid^tarianer,  bie  Stnnäi^erung  ber  ^omoiuftaner 
an  bie  nicfinif<^e  $artei  Derftörne  unb  erftere  an  ben  Slbenblönbem  unter  SSalentinian 
ßalt  fuc^ten,  fe^^en  toir  ben  Siberiu^  366  ali  Vertreter  ber  Drtl^obo|ie  bie  ©efanbten  ber 
Deinaftatif^en  SDlac^onianer  (f.  b.  9[rt)  auf  ®runb  eined  VelenntniffeS  jur  nicönifc^en  3o 
gformel  aU  bem  redeten  VoOtoerl  gegen  aQe  9(ngriffe  aU  93rüber  aufnel^men  unb  i^nen 
auf  biefer  ®runblage  ^eben^erOörungen  an  ibre  9tuftraggeber  mitgeben  (f.  bie  Ep.  ad 
uniTersos  orientis  orthodoxos  episcopos  bei@o!r.4, 12;  MSL  8, 1381—86;  ^aff^ 
228),  ein  ®Iieb  in  ber  llette  Don  Ver^anblungen,  bie  nod^  lange  )toifd[|en  SRorgen«  unb 
Xboiblonb  gefül^  tourben.  26 

9lac^  bem  34)be  bed  gelis  (22.  SRoDember  365)  l^e  £.  bie  JQeriler  Don  beffen 
$artei  )u  i^ren  (graben  toiAtt  gugelaffen.  3)enno(^  gab  fein  ^ob  (24.  ©e^t  366;  fo 
noc^  üb.  Free.  Praef.  2  [VIII.  Kai.  Okt.],  to%enb  Martyrol.  Hieronym.  IX 
KaL  Okt.  fyd)  bad  3^^^  V^  toilben  $arteiläm))fen  mit  furchtbarem  93lutDergie|en, 
iDorüber  bod  9läl^ere  im  Slrtilel  Urftnud,  ®^en))a))ft  (nämlid^  beS  3)amafud),  namvi^  so 
lefcn  ifL  92ad^  bem  $at)ftbud^  tourbe  S.  im  Koimeterium  ber^ridcilla  an  ber  falarifd^en 
Strafe  beigef^t.  2)e  Sloffi  l^cd  in  bem  gelben  eines  Don  i^m  aufgefunbenen,  }u  einer 
®n44)e  Don  Slogien  unb  @))ita))l^ien,  bie  ftc^  auf  bie  Jtoimeterien  ber  beiben  falarifd^en 
Strafen  bniel^en,  gehörigen  Sobg^id^teS  auf  einen  ungenannten  Vifd^of  ben  £iberiud  er» 
lernten  toouen.  2)ad  ®eft)i(^t  feiner  ml^lreid^en  ®rünbe  toirb  aber  baburd^  aufgel^^oben,  86 
bo^  ber  im  ®ebi((t  ®efeierte  in  ber  Verbannung  geftorben  ifl  (insuper  exilio  decedis 
martyr  ad  astra),  toeld^e  Stngabe  91.  nur  burc^  getoaltfame  unb  unbegrünbete  ^nbenmg 
bed  Zested  2U  entträften  Dermag.  ^n  9lom  l^at  &.  fid^  ein  guted  unb  bauembeS  Sin« 
benlen  burdgi  bie  ®rünbung  ber  Basilica  Liberiana  (®.  30taria  30taggiore)  geftiftet,  bie 
,,in  bem  ®otte%ienfl  ber  ®eburt  Sl^rifti  unb  ber  SlbDentSgeit  bie  fii^renbe  iRoSe  l^tte  «o 
unb  btd  auf  ben  l^eutigen  Xag  f^at"  (Üfener  292).  ^m  ^äfyct  354  tourbe  l^ier  unfereiS 
SBiffend  yaxn  erflenmal  bie  ®eburt  Sl^rifti  am  25.  S)e)ember  gefeiert,  nad^bem  nod^  im 
Voqa^  Siberiud  bie  ©djftoefter  beS  SHmbrofiu^,  3)tarcellina,  am  6.  ^ianuar  ald  am  ®e< 
bux^tag  (Sbrifli  jur  !Ronne  getoeil^t  l^atte.  Sie  Don  il^m  bei  biefer  ^eü^e  gel^altene  9{ebe 
^  Snwrofiud  (de  virg.  3,  1  ff.)  in  freier  äBiebergabe  aufbetoa^rt  (abgebrudft  MSL  8, 45 
1346—60). 

iSB&btenb  bad  Martyrologium  Hieronymianum  ben  2.  )um  23.  ®e))tember  unter 
eine  ^eiitgen  aufgenommen  ^at  unb  in  ben  orientalifc^en  SRenolojgien  ber  Velenner  ge^ 
eiert  tmrb  (f.  be  Sloffi  57),  finb  bie  mittelalterlid^en  30tart^rologien  fd^led^t  auf  il^n  )u 
ftnm^,  unb  bod  gegentoortige  Martyrologium  Romanum  entl^dlt  feinen  3tamm  nicpt  5o 
S>ai8  b&ngt  nid^t  Jotoo^l  mit  ber  gefcpidjitlic^en  @rinnerung  an  feinen  „%(i!Si"  ald  mit  ber 
Serfälf(^img  buro  ccpotti^pfft  Überlieferung  utfammen,  unter  ber  bad  älnbenlen  bed  $a))fteS 
feit  bem  6.  ^a^^unbert  )u  leiben  l^atte.  ^ie  im  ®efolge  ber  Jtäm))fe  nac^  feinem  ^obe 
(f.  0.  466, 27  ff.)  )u  feinen  Ungunften  unb  ju  ®unften  ber  Stuffaffung  Don  ^eli^  old  bem 
rec^&|iaen  Vifc^of  entftanbene  Überlieferung  tft  feit  bem  Anfang  bed  6.  ^al^rl^unbertd  55 
Don  ber  6age  fo  au^ebilbet  toorben,  ba^  £.  im  Verein  mit  jtonftantiud  ald  blutiger 
Verfolger  bed  too^ren  ®lauben^,  gelt^  aber  ald  l^eiliger  SRärt^rer  erfd^eint  (f.  b.  9{ä^ere 
im  «rt  gelij  »b  VI  6.  25, 20  ff.).  Vomel^mlic^  burc^>  ben  Liber  Pontificalis  ift  biefe 
£egenbe  Derbreitet  toorben  (f.  bagu  unb  über  bie  litterarifd[|e  Vorgefd[|i(^te  Sud^eSne  in  ber 
(Einleitung ;  ber  Verfuc^  3Rommfend,  bie  ®laubtoürbtgIeit  ber  SRärtt^reraften  bed  angeblid[|  eo 


466  Siberiitd  Süertiiier 

bon  S.  burd^  i&ungev  getöteten  $ve^6^terd  Sufebtud  [Gtesta  Eusebii  Presbyter!  bei 
Soluje,  Miscell.  2,  1679, 141  f.]  aufrecht  )u  erholten,  ift  nic^t  überjeugenb).  3^  ^^  ^ 
genborifd^en  (Srjeugniffen  gel^öten  aud^  bie  Gesta  liberii  (MSL  8,  1388 — 93),  „ot 
renthousiasme  pour  la  memoire  de  Lib^re  est  concili^  tant  bien  que  mal  avee 

6  un  certain  sentiment  de  sa  f aiblesse  momentan^"  (2)u(^edne  p.  GXXII).  2)ie  (SnU 
ft^ung  biefer  ©c^rift  fte^t  in  SSerbtnbung  mit  ben  Jtöm))fen  jtotfc^  Sourenttud  unb 
@^mma(^u^  (501).  ^elis  tt)ivb  barin  nid^t  ertpöl^nt.  @ine  o|fenfi(^t(t^e  ^fd^ttng  ifl 
enblid^  ber  Srieftoec^fel  jtoifd^en  Siberiud  unb  ättl^anafut^  (MSL  1395  ff.  gaff^  229; 
1406  ff.   ^affä  222)  unb   bie  Epistula   ad   omnes   generaliter    episoopos  (MSL 

10  1399—1403;  3aff6  224).  ».  ftriger* 

Sibertiner  I.  —  ^gt.  SBtnerS  9lealn).;  ^auSratl^  in  @(^nteld  IBibel^S.;  e^Srer 
in  dtie^md  ^anbloöTterbu^. 

Sibertiner  {AißxQxTvoi)  toerben  81®  6,  9  bie  SRitgfieber  einer  jübifc^en  Synagogen« 
gemeinfd^aft  in  ^erufolem  genannt,  va  tt)e(^en  ein  ^eil  bec  ®egner  beS  Colonen  Ste^ 

16  tol^anu^  gel^örte.  Streitig  ift,  ob  biefelben  mit  ben  bort  neben  t^nen  genannten  J&^renäem, 
älleiranbrinem,  Siliciem  unb  Slfiaten  (Salbin  u.  a.),  ober  nur  mit  ben  Jtl^aem  mb 
SUe^anbrinem  gemeinfam  (äBiner,  äBenbt  in  SRe^erd  Jtommentar,  j&ol^mann  L  ^onbbuc^ 
bed  ^5Ül),  ober  ebenfo  toie  jebe  ber  anberen  iUaffen  für  ftd^  auein  (Steiger,  ^oudrot^, 
@d^ürer)  eine  ©^nagoge  in  ^erujalem  befa^en.    2)ie  le^te  Slnna^me  iüürbe  am  meificn 

20  baju  ftimmen,  ba|  e^  in  S^<^l^nt,  toenn  aud^  nid^t  gerabe  480  6l;nagogen,  ta)ie  ber 
a:almub  in  f^mbolifd^er  3^1  (4  x  12  x  10)  angiebt  (MegiU.  73, 4 ;  Ketuvoth  105, 1), 
fo  bod^  ftd^er  eine  gro|e  SKenge  berfelben  un^  barunter  na^  bem  ^Calmub  (Megill.  73, 4) 
eine  Synagoge  ber  Slleianbriner  gab.  ^ie  mittlere  Snnal^me  entft)rid^t  ober  mebr  bem 
%^t,  nämlid^   bem  Umftanbe,  ba^  bor  KvQi]va((ov  unb  'AXe^avdoiü}v  lein  Xrtäd, 

25  bagegen  reov  bor  äjid  Kdix.  fte^t.  Sie  Sebeutung  bed  92amen^  Sibertiner  ifl  nic^ 
ganj  jtDeifello^  ju  ertoeifen.  93on  bome^erein  abgutoeifen  finb  bie  toilRürltd^  Jton« 
jefturen,  nad^  benen  Aißvatlvojv  in  ber  93ebeutung  Sibl^er  (Slrmenif^e  Überfe^ung 
Oecumen.,  Glericus,  valckenaer)  ober  Aißvvcov  rcov  xaxd  Kvq,  (@<^ult6e^  De 
Charism.  Spir.  S.  1, 162  sqq.)  gelefen  toerben  foQte,  ebenfo  toie  bie  SPbleitung  bed  vlmM 

90  CLUi  bem  ^ebräifd^en  ($arbuin,  f.  bagegen  Se^ling,  Observ.  11,  437  sqq.)  unb  anbete 
aud  ber  Suft  gegnffene  SSermutungen  (K.  3)öring,  Ep.  qua  synagogam  Liberünomm 
scholam  latinam  fuisse  coniicit.  1755).  —  Sie  3ufammenftmung  ber  Sibertiner  mit 
Jt^renäem  unb  älle^anbrinem  toürbe  junäc^ft  barauf  ^^ren,  aud^  in  bem  erften  9Iamen 
bie  äSejeid^nung  bon  SetooJ^nem  einer  Stobt  ober  Sanbfc^aft,  unb  }toar  befonberd  einer 

86  gleid^fall^  afrilanifd^en,  mit  bem  3lamtn  Libertum  )u  feigen  (®erbed.  De  sjoasoga 
Libert.,  Gron.  1736;  3.  Ä.  ©euerer,  Diss.  de  synag.  Liberi.,  Arg.  1754).  Su« 
bon  einer  fold^en  finben  ftd^  feine  ftd^eren  gefd^id^tlid^en  @^uren.  9uf  bie  unft^ere  (Sv 
toä^nung  eines  an  ber  @^nobe  bon  Hartl^ago  bom  ^a^re  411  teilnel^menben  episoopus 
Libertinensis  barf  man  fid^  um  fo  toeniger  berufen,  ba  fid^  Libertinus   unb  Liber- 

40  tinensis  nid^t  gut  bon  bemfelben  Ortsnamen  (Gleiten  laffen.  Unb  bie  laijfU  9ngabe  M 
©uiba«  „Aißemivoi'  ^&vog"  erfdbeint  ate  blofee  au^  8®  6,  9  gefc^Ioffene  SSermutung. 
—  3Kan  toirb  bal^er  unter  ben  Sibertinem,  ber  SSebeutung  be«  lateinifc^en  SBorted  ent» 
f})re(^enb,  greigelaffene  berftel^en  muffen,  unb  ba^  ä®  6, 19  ju  AißeQtivoyv  l^injuaefügte 
Xeyo/nh^cov  fc^eint  la  auc^  anjubeuten,  ba|  biefed  SBort  nic^t,  tote  bie  übriaen  Flamen, 

46  eine  einfache  Ortdbejeic^nung  entl^ält.  ^ebenfaH^  barf  man  ober  toeber  an  freigelaffene, 
)um  ^ubentum  übergetretene  9{ömer  (®rotiud,  SSitringa),  nod^  an  freigelaffene  Sflobcn 
})aläfttnifc^cr  Ferren  (Sigl^tfoot)  benfen,  fonbem  nur  an  9?ad^Iommen  ber  ^uben,  bie 
befonberd  bon  $om))eiud  nad^  dlom  al^  Arieg^efangene  gebrad^t  toorben  toaren  unb  boit 
f})äter,  ba  man  fte  toegen  il^re^  jö^en  ^efti^alten^  an  ü^ren  nationalen  Sitten  ate  Sflaben 

6onid(jt  braud^en  lonnte,  toieber  frei  ge(affen  toorben  toaren  ($^ilo.  Leg.  adCaj.,  p.  1014C). 
9Bäl(^renb  nun  bie  SJie^rja^l  berfeOben  in  9{om  blieb  unb  in  ber  regio  Transtiberina 
ftd^  anfiebelte  (Sueton.  Tiber.  36;  Tacit.  Ann.  2,  85;  Phüo.  L  c),  f^einen  anbeie 
nad^  i^em  SSaterlanbe  jurüdCgelel^rt  ju  fein  unb  Jt(^  in  ^erufalem  }u  einer  @l^nagogem 
gemeinbe  bereinigt  }u  l^aben,   in  toelcper  fid^  ber  9came  Sibertiner,  römifc^e  gftetgelaf^e, 

66  aud^  auf  ff)ätere  ®enerationen  forterbte.  9*  Gteffcrt 

Sibertiner  II.,  ^olitifd^e  Partei  in  ®enf.  —  fRoget,  Hist. du  peuple  deGe- 
nfeve,  tll— IV;  (Jorneliu«,  ^iftorif die  arbeiten ;  ©tä^eltn,  S-lJaloin,  1,5,  382  f.;  Eocyckf. 
des  scieDces  religieuses,  t.  VIII,  244 — 269. 


Sibertnter  457 

gab  pr  3^  SolDutS  in  ®enf  eine  t)o(itifci^e  gartet,  tDeU^er  man  f))äter  ben 
Atomen  Sibertmer  (ober  ,yPerrinistes'Ö  beilegte.  @ie  bilbete  ftd^  aud  einem  großen  ^£eile 
ber  alten  einl^mifc^en  Sürgetfci^ft,  beren  93öter  unb  ©lieber  fd^on  feit  länger  für  bie 
Sefrciung  ber  Stobt  )>on  ber  ^errfd^aft  beS  Sifd^ofd  unb  beS  ^erjog^  bon  SaDo^en  ge« 
ISmt^,  oiefelbe  mit  £))>fem  errungen  unb  gleic^fam  ol^  Sd^Iufftem  bed  äBerld  bie  ^e<  6 
formotion  burd^efe^t  j^^^en.  SRonc^e  bon  i^nen  toaren  anfangt  toarme  ^eunbe  unb 
9ef<^ü^  ber  ^rebtger,  indbefonbere  Satoin^,  beffen  Slüdberufung  \>nxdf  il^re  Semül^ungen 
erfobte.  9Ud  aber  bie  Dom  SSolIe  angenommenen  Ordonnances  ecd^siastiques  in 
Sßixffomleit  traten  unb  aud^  mit  ber  ©ittenreform  @mft  gemacht  tourbe,  ba  füllten  ftd^ 
tndt  in  i^en  (Setool^n^eiten,  in  il^rem  ungebunbenen,  aud  ber  tatl^olifd^en  ^Äi  berrül^ren«  lo 
ben  Seben  beengt,  toie  i^en  fd^on  9onit>arb  borl^ergefagt  ^atte,  unb  ^  trat  aSmäl^lid^ 
eine  immer  f^ere  D))))ofttion  l^erbor,  bie  ftc^  in  @d^mäl^ungen  unb  ^einbfeligleiten  gegen 
bie  $rebiger,  in  Jtlagen  über  bie  fogenannte  neue  bifd^öflic^e  ^^rannei,  in  Übertretung 
ber  fbengen  Sitten»  unb  Sup^efe^e,  in  ^ro^  gegen  bie  3^fu^^n  ^"^  @l^ommunis 
totionen  bed  5lonftfioriumd,  in  ärgerlid^en  Sluftritten  unb  bemonftratiüen  Sudfc^toeifungen,  is 
tme  fte  in  getanffen  Greifen  unb  gamilien  bodtamen,  Suft  mad^te.  ^u  ben  fojialen  unb 
antil^erard^if^  SRotiben  gefeilten  fic^  aber  aud^  ^»olitifd^e:  bie  3Jlt|ftimmung  über  bie 
go^lreid^en  Xufnd^en  frangöfifc^ert^lüd^tlinge  ind  Bürgerrecht,  bie^rd^t  bor  bem  baraud 
erfolgei^en  Uebergetoid^t  berfelben  über  bie  alten  ®enfer  „Patrioten''  unb  bem  baburd^ 
berfUfartten  Sinfluffe  ber  ^r^iger;  ber  abftd^tlicb  genährte  Sierbad^t  berräterifd^er  SSerbin-  ao 
bumen  ber  neuen  Sürger  mit  ^antreid^.  @ine  3^^^  ^^^Q  erhielt  biefe  D^))ofttion 
toirfitc^  in  ben  Släten  bie  Ober^nb  unb  berfuc^te,  ba^  Siedet  ber  (S^ommunilation  bem 
ftonftftotium  au^  ber  $anb  )u  toinben,  bi^  enblid^,  ba  il^r  bied  burcb  Salbind  ^tigleit 
mt^uma  unb  bad  Statt  ftd^  neuerbing^  umtoanbte,  im  9Rai  1555  infolge  eines  gefd^ei« 
tertcn  tSufflanbc«,  ber  borjüglid^  ben  ,,^an3ofen''  galt,  bie  $öu))tcr  teild  flüd^tig,  teild  25 
btngcnd^tet  tDurben  unb  bie  Partei  ganjIiA  jerfiel.  9tad^  trabitioneQer  9luffaf|ung  l^ötten 
bei  bcmSQIem  aud)  bie  Selben  ber  eigentlichen  Sibertiner  mitgetoirlt;  allein  bied  iftneulid^, 
unb  im  allgemeinen  tool^l  nid^t  mit  Unredjit,  ftari  bestritten  toorben ;  bie  empörenben  Söfte< 
runßen  eined  Staoul  9)?onnet  unb  ^aque^  ©ruet  l^aben  mit  ber  9lrt  unb  9Beife  eineS 
Dutntin  unb  $ocquet  nic^tiS  gemein,  unb  ed  finben  fid^  barin  fo  toenig  9lntlänge  an  bie  so 
f))qtfifi^  Sel^  berfelben,  toie  in  ben  leichtfertigen  Bpott-  unb  Xro^reben  unb  äu|es 
rungen  bed  Unglauben^,  toelc^e  bor  bem  Jtonftftorium  unb  f onft  bon  ^anc^en  laut  tourben. 
Stnjjg  bie  frechen  9el^au))tungen,  mit  benen  bie  f^au  bed  Slat^l^erm  älmeau^  il^re  Sitten» 
toft^pkit  tnrin)i))iell  )u  begrünben  fud^te  („que  la  communion  des  saints  signilie  la 
commnnaufe  des  personnes  et  qu'apr^s  avoir  donn^  son  coeur  ä  Dieu,  toutes  86 
les  aetioDS  sont  permises  et  legitimes'')  legen  ben  ©ebanlen  nal^e,  e^  fei  l^ier  toirllid^ 
ein  Samentorn  ber  bon  ^ocquet  au^eftreuten  @aat  aufgegangen,  ol^e  ba|  man  jeboc^ 
bon  einer  $a^on  auf  bie  gange  Partei  )u  fc^lie^en  berechtigt  toäre  (Sloget,  II,  p.  207  sq.) 
(S.  übrigen«  l^erju  ben  91.  Salbin  Sb  III  @.  669,i6ff.).  (^reifffel  f)  ^¥^^^ 

£ttcrttncf  m.,  $antl^eiftifd^»antinomtftifd^e  Partei.  —  üuellen  für  Meto 
Oef4i(4te  unb  Sebre  ber  @elte:  Ck)Dtrc  la  Secte  phantastiaue  et  furieuse  des  Libertins  aui 
se  nommeDt  Spirituelz  par  J.  Calvin,  1545,  unb  beffen:  Epistre  contre  un  certain  corde- 
lier  snppoat  de  la  secte  des  Libertins  lequcl  est  prisonnier  ä  Roan.  1547  (Calv.  Opp.  [CR] 
Vol.  VII,  p.  145  sq.  341  sq.  unb  Proleg.).  Äufecrbcm  Institutio  rel.  christ.  III,  3.  14; 
Äennj,  £fben  (Jalüin«,  n,  @.  402f.;  Jrecftfel:  «[ntitrin.,I,  @.177f.;  ®iefcler,  m.  b.  Ä.-®.,  46 
Ut  i,  6.  385f.;  ^unbe«(agen  in  ben  S^(Et5l  1845,  8.  866ff.;  SSiret,  De  auctoritate  .  .  . 
mmisterii  Verb!  I)eL1554;  91.  Sunbt,  Hist.  du  panth^isme  populaire  au  moyen  &ge  et  au 
16*  aikrle,  1875;  (l(.  Saujarb,  Essai  sur  les  Libertins,  spirituels  de  Gen^ve  (?),  $artd  1890. 

Stbcrttner  (6})iritualen)  ^ie^  eine  pantl^eiftifcb-antinomiftifc^e  Partei  ber  9lef ormation^ 
icit,  toeU^  juerft  in  ben  92ieberlanben  auftrat,  ftc^  bon  bort  über  %:an{reic^  berbreitete.  50 
lieber  ibren  eigentlichen  llrf))rung  \^cA  man  leine  beftimmten  9tacbric$ten.  Stuf  ber  einen 
Seite  ip  e9  lemei^eg^  unmdglidp,  bag  ein  getotffer  ^ufammenl^ang  jtoifd^en  i^r  unb  ber 
mittdalterlidben  @d(te  bed  freien  ©etfte^  ftattfanb,  toeld^e  jtoar  ^art  berfolgt,  ober  nie 
berttigt,  nixp  am  Snbe  be^  15.  ^al^rl^unbert^  am  9{ieberrl^ein  unb  in  ben  9{ieberlanben 
berborgen  fortlebte  unb  bom  ^^ling^toel^en  ber  neuen  M>i,  bon  ben  großen,  aber  mi^  66 
berftonbenen  l^en  bon  d^riftlic^er  ^rei^eit,  ©efe^  unb  @bangelium,  9tec^tfertigung  aud 
bem  ©louben  u.  j.  to.  erioedEt,  gleic^fam  neue  5teime  unb  @d^o{fe  ju  treiben  anfing.  Jtaum 
td^  finb  biejentgen  balj^in  )u  red^nen,  bor  toeld^en  Sutl^er  fd^on  1525  bie  (S^riften  ^u 
Sbitt9crt)en  toamen  )u  muffen  glaubte,  beren  Seigre  aber  mel^r  bulgär-rationaliftifd^  cild 


468  Sttertfaier 

bant^eifHfc^  getoefen  )u  fein  fd^eint  (Sutl^erd  Briefe  Don  be  9Bette  III,  6.  60  ff. ;  Sitt^ 
ms,  m  LIII,  e.  341  f.,  ^l  ©tefder,  Se^rb.  ber  Ä.^.,  III,  1  ©.  567).  —  anb«a> 
feitö  möchte  tool^l  au6^  an  eine  SSerioanbtfd^aft  ber  Sibertiner  mit  bem  9bui6a)>ttdimid 
)u  benlen  fein,  tDeld^er  belanntlic^  in  benfelben  ©egenben  fo  vcppx^  unb  t>ie^ejiabig  fyx» 

6  bortrat.  9(ud^  bie  ©efd^ic^te  ber  Partei  in  il^rer  inneren  Snttoidelung  ifl  un^  nid^t  flar; 
aüt^,  toa^  man  babon  toei^,  befd^ränh  ftd^  ^au))tfäd^li(^  auf  bie  fragmentarif«^  Angaben, 
h)eU^e  und  SalDin  in  feinen  @treitfci^riften  gegen  biefelbe  gelegentlich  mitteilt.  2)miuKt 
toaren  bie  ^robinjen  $ollanb,  Srabant,  ^lanbem  unb  ^ennegau  bie  ^aut)tft4e,  bon  bencn 
bie  libertinifd^e  Se^re  anfing,  unb  ein  geh)iffer  Sot)t)in  ber  erfte,  ber  fte  f(^on  um  1629 

10  in  feiner  9[{aterftabt  Sille  bertünbigte.  Salb  aber  tourbe  er  burc^  einen  anberen,  Slomeni 
Quintin  aud  ^ennegau,  berbuntelt,  ber  mit  feinen  93egleitem  Sertram  bes(  SRoultniS  uid) 
Staube  ^erfebal  benfelben  ^ibeen  aud^  in  »Vrantreid^  Eingang  }u  berfc^ffen  tmt|te.  ^ 
il^m  gefeilte  ftd^  fein  £anbdmann  Sntoine  $ocquet  ober  $ocqueiS,  ol^ne  ba|  biefcr  USffoIb 
feinen  jpriefterlid^en  @tanb  aufzugeben  für  nötig  ^ielt. 

16  3ta6^  Sudfage  ßalbind  tourbe  Duintin  1546  in  ^ourno^  toegen  Unjtttlu^Iett  unb 
^nle^re  jum  Xob  berurteilt  unb  l^ingerid^tet.  ^ocquet  ftammte  au&  @na^ien  in  Sdgicn. 
@r  toar  bon  1540—1549  Sllmofenier  ber  jtönigin  bon  9{abana,  er^eu  feitbem  eineii 
9lu|^ege^alt  unb  ftarb  )u  ^an  nac^  1560.  ^ft  jtoei  ^o^re  lang,  1548—1544,  tociUe 
er  im  ^aufe  Sucerd  gu  Strasburg.    3Rit  $ierre  SruH^  unterhielt  er  Sejie^gen,  iodd^ 

2ono(^  nid^t  böttig  aufgeUärt  ftnb  (ftel^e  ^aillarb,  Procäs  de  Pierre  BruUy;  SR.  9leii|, 
Pierre  Brully  @.  52  unb  sq.).  2Bie  ed  fd^eint,  toar  $ocquet  toeit  toenkcr  entfc^Acn 
in  feinem  Sibertinidmud  aU  Duintin.  @r  berfa^te  im  ^^re  1548  eine  Sntgegmtng  an 
Salbin,  bie  noc^  nid^t  gebrudt  ju  fein  f^eint.  Seibe  toerben  und  old  ungebilbete,  tocntg* 
ftend  ungelebrte,  aber  fd[|laue  äJlänner  bon  fe^  jtoeibeutiger  Sittlic^Ieit  gef^Ubeit,  bic, 

26  um  ftd^  älnl^ng  unb  ein  bequemet  Seben  ut  berfc^affen,  burc^  bunlle  unb  ^oc^fTttaenbe 
9ieben,  in  toeld^en  ber  „®eift''  eine  gro^e  moQe  \p\dtt,  bieSeute  an  fu^  lodten,  tDfi|reiib 
fie  il^ren  toa^en  @inn  nur  ben  bereite  bon  i^nen  ©etoonnenen  htnb  tl^ten.  3^  bem 
@nbe,  h)irb  berftd^ert,  l^ötten  fte  mit  Berufung  auf  Sl^riftum  unb  bie  9l)>oftel  bad^[ini«b 
ber  äccomobation,  ber  pia  fraus,   ber  „fittlid^en  Sift  unb  Süge''   gerobqu   fi^flemaiqfv 

80  audgebilbet  unb  ald  ebangelifc^e  JUugl^eit  unb  Xugenb  em))fol^len,  tote  fie  benn  auiä^  wn 
Sebenten  trugen,  ftd^  unter  Jtat^oliten  lat^olifd^,  unter  (Sbangelifd^en  ebangelif(^  )u  ^dlcn. 
9luf  biefe  äßeife  foUen  fte  in  ^antreid^  allein  bei  4000  $^onen  an  fidg»  gejoaen  ^aben. 
älber  nx6^t  nur  unter  ben  geringeren  Stäuben,  auc^  bei  ^od^ebilbeten  unb  iBom^mten, 
felbft  an  ^rften^öfen  gelang  ed  il^nen,  fu^  @e|^ör  unb  ®unft  ju  ertoerben.   @o  lte|  fid^ 

86  bie  @d^tt)efter  ^ang  I.,  3Jlarguerite  bon  SSaloid,  5lönigin  bon  !Rabarra,  bergefidit  bon 
il^nen  einnehmen,  ba^  fte  il^nen  nic^t  nur  an  if)xtm  .^ofe  ju  3l6tac  S^^^^^  gekoä^ 
fonbern  aud^  an  il^rem  Umgange,  toie  an  bem  eined  Sef^bre  b'@tat)IeiS  unb  (Sei^.  Slmtffd, 
©efallen  fanb,  tDa^  um  fo  begreifli^er  ift,  ba  bie  geiftreic^e  äßeltbame  jtDar  in  numd^ 
fax  ebangelifc^en  Seigre  hinneigte,  aber  boc^  nur  bei  einem  bergeiftigten  Jtall^olicidmuS  uid> 

40  tn  ben  äußeren  formen  ber  alten  jttrdf^e  fte^en  blieb  (@4fmtbt,  Roussel,  p.  123 sq.; 
Sefranc,  Id^s  religieuses  de  Marguerite  de  Navarre,  p.  24,  112  sq.,  ISOsq.; 
3)oumergue,  Salbin  I,  p.  404  sq.).  ^nber^  Salbin,  al^  er  1534  in  !ßand  mit  Duintin 
gufammentraf  unb  il^n  bor  einer  großen  SSerfammlung  )u  toiberlegen  fud^te:  auf  bie  8i» 
toenbung  bed  le^teren,  Salbin  f)abz  '^n  nur  nic^t  red^t  berftanben,  gab  biefer  uirSnttooct: 

46  bielme^r  ein  tvenig  beff er  atö  er,  ber  ftc^  felbft  nid[|t  berfte^e ;  fo  biel  toenigßend  fei  i^ 
tiar  getborben,  ba|  D.  bie  Seute  mit  gefährlichem  Unftnn  betJ^ören  tooDe.  JDie  2ei^  bei 
Sibertiner  lennen  toir  gleid^faQd  nur  au^  ben  eingaben  unb  einigen  Slu^ügen  bei  (Scdbin, 
unb  man  möchte  beuten;  er  ^abe  mand^e^  beutlid^er  unb  tonfequenter  au^ef^nrod^,  ott 
ed  bon  il^nen  felbft  in  ber  Siegel  gefc^el^en  fei;  inbeffen  toerben  bod^  bielfac^  ü^  eigenen 

60  98orte  unb  9lu^brüd(e  angeführt,  au^  benen  ftc^  il^re  3Jleinung  unb  S^enben}  nur  genug 
ergiebt.  ^^re  Sprad^e  lautet  gloar  fel^  biblif c^  unb  ift  l^äufig  au&  biblif(^en  9id^eiidartai 
jufammengefe^t ;  aber  bon  echter  S^egefe  unb  93egrünbung  aud  ber  Schrift  ift  leine  3^; 
bie  einzelnen  Bptäd)^  toerben  enttoeber  gebre^t  ober  „geiftlic^''  unb  ganj  tmber  ben  At^ 
fammenl^ang  gebeutet,  fogar  abftc^tlic^  berfälfc^t  unb  erbic^tet;  toie  toenig  man  fU^  tanm^ 

65  an  ben  „S3uc^ftaben''  unb  über^au))t  an  bie  ©runblage  bed  biblifc^en  S^riflmtuntf  gei 
bunben  glaubte,  ge^t  auc^  barau^  ^erbor,  ba|  Duintin  bor  SSertrauteren  ]d)m  9^o^  nit 
einem  befonberen  @t)i(namen  be^eic^net  ^aben  foQ.  2Bir  l^ben  hai  ®;f\Um  fsixtüi  ein 
(»anti^eiftifd^ed  genannt,  unb  jtbar  ift  ed  ber  entfc^iebenfte,  t^eoretifd^  toie  )n:atti^  bun^ 
geführte  ^ant^ei^mu^  (Slto^mi^mud),  ben  man  nad^  ^^orm   unb  Stnlage  f^ixituoIiPt 

60  nennen  möchte,  tbenn  er  nid^t  jule^t  auf  ettbad  ganj  anbere^B  l^inaudliefe.  S)er  %mlMx» 


I 


Süertitter  459 

tttlfo^,  Don  bem  allcd  ou^el^,  ift  nämlid^  bec:  @d  gtebt  überall  nur  einen  ®eift,  ber  in 
cOm  ftreotuten  Übt  unb  ift  —  ber  etoige  ®eift  ®otted.  3)tefer  eine  ®etft  unb  ®ott 
imterf^feibet  fU^  freilid^  bon  ftc^  felbft,  fofem  er  ein  anberer  ift  in  ber  9Be(t  <di  im 
Qimmd  ( —  que  Dieu  est  divers  ä  soy,  entant  qu'il  est  tout  autre  en  ce  monde 
qu'au  deL  (Sabin:  Contre  les  Libertins,  G.  11).  Mt  ®efci^ö))fe,  @nge(  u.  f.to.  ftnb  5 
an  unb  für  fi(^  nid^td,  ^en  leine  reale  Stiften}  au^er  ®ott;  ber  ÜRenfc^  namentlid^ 
toirb  bur^  ben  ®eift  ®otteiS,  ber  in  il^m  ift,  erl^ten,  b\&  biefer  j^  toieber  Don  il^m 
ludU^td^t:  er  trägt  unb  belebt  unfere  Seiber;  aber  aud^  aUe  X^ätigteiten  unb  ^anb- 
hingen,  über^au))t  mied,  toad  irgenb  in  ber  äBeit  gefd^ie^t,  ge^t  birelt  Don  il^m  axi^,  ift 
unmittelbar  ®otted  SBerl  ( —  mais  que  tout  ce  qui  se  faiet  au  monde,  doit  Stre  r^-  10 
Dilta  directement  son  oeuvre.  —  C.  13:  ®o  ^abe  ftd^  u.  a.  Duintin  bei  gegebenem 
Ibdoffe  in  feinem  ^ßatoid  geäußert:  Ouy,  chet  [c'est]  ty,  chet  my,  chet  Dieu.  Car 
che  que  ty  ou  my  foisons,  chet  Dieu  qui  le  foit;  et  che  que  Dieu  foit,  nous 
le  foisons,  pourche  qu'il  est  en  nous.  91.  a.  O.  Raup.  13).  älu^erbem  aber  fäSt 
olled  anbere,  Sßelt,  Xeufel,  ^lA\df,  Seele  u.  f.  to.  in  bie  jlategorie  ber  SSorfteUung  ober  15 
SinbUbuna  (le  cuider,  opinatio),  ift  9Bal^n  unb  9{i(^td.  älud^  bie  @ünbe  beftd^t  nic^t 
ettixt  im  äRangel  beS  ®uten,  fonbem  fte  ift,  ba  ®ott  jelbft  aQed  in  allen  toirft,  ein 
leerer  Skäpn,  itt  bergest,  fobalb  er  ald  folcper  ertannt  ton:b  unb  man  nid^t  mel^r  barauf 
od^tct  CTouchant  du  p^h^,  ils  ne  disent  pas  seulement  que  ce  soit  une  pri- 
▼ation  du  bien,  mais  ce  leur  est  un  cuider  qui  s'esvanouist  et  est  aboly,  go 
quand  on  n'en  faict  plus  de  cas.  G.  12).  @d  giebt  ba^er  nur  ein  toirllic^  935feiS, 
n&nlid^  bad  SStöl^en  felbft,  bie  3){einung  unb  Unterfd^eibung  bed  Söfen  Dom  ®uten,  aÜ 
ob  ber  beilige  ®ott,  ber  aQed  tl^ut,  ettoad  93ö(ed  t^un  lönnte;  ber  SünbenfaS  unb  bie 
6änbe  fdDbß  ift  in  ber  Xl^  nid^td  anbered,  ald  bie  Sd^eibung  unb  ber  älbfaO  bed  3Ren« 
f^en  Don  ®ott  m  ber  ÜReinung,  ettoaiS  für  fu^  }u  fein  ober  fein  }u  tooDen,  unb  folange  25 
er  in  bichr  SorfteKung,  biefem  ®egenfa|e  befangen  bleibt,  ift  er  felbft  nur  3Ba^n  unb 
ein  9lauc9,  bor  Dorüberfä^  ($ocquet:  £t  pour  ce  est  il  ^rit:  Celuy  qui  voit 
p^h^  ß],  pMi6  luy  demeure  [Jehan.  9.  41]  et  värit^  n'est  point  en  luy  — 
Unb  fe^  un)tDeibeutig:  Mais  quand  vous  regarderez  en  Dieu,  vous  ne  voyez 
point  toutes  ces  ohoses.  Car  en  Dieu  n'habite  point  de  p^h6 :  et  toutesfois  ao 
il  tsh  toutes  ohoses,  et  ce  qu'il  faict,  tout  est  bon,  et  la  science  de  Thomme 
est  follie  devant  Dieu.  C.  23).  3)ie  @rldfung  tatm  bemnad^  auc^  nur  in  ber  93efreiung 
Don  biefem  9Bal^  ber  @ünbe,  in  ber  @rtenntnid,  ba|  fte  md^i^  ift,  in  ber  ®r]^ebung  aud 
ber  SorflcOung  jum  Segriffe,  jum  abf oluten  äBiffen  Don  ®ott  beftd^en,  unb  biefem  SBiffen, 
bod  fii^  eben  nur  bei  ben  ®})iritualen  ^nbet,  tourbe  unb  toirb  nid^t  fotool^l  burc^  bie  86 
2cbie,  ab  Dielmel^  buxd^  ben  Xob  Sl^fti  Dermittelt.  SHQem  nac^  toar  il^nen  S^riftud 
ni<9t  lDefentIi((  Don  und  Derfd^i^en;  er  beftanb,  toie  toir,  au^  bem  göttlichen  ®eifte,  ber 
in  oOen  ifi,  tmb  bem,  toad  |te  9Ba$n  ober  äßelt  l^ie^en,  unb  nur  ber  le^tere  ftorb  am 
Jlreiae.  6ei  bied  nun  botetifc^  ober  toie  immer  ju  Derftel^en,  fo  Diel  ift  getoi|,  ba^  bie 
(Sefdj^te  unb  jumal  bie  Jlreujigung,  ber  Xob  unb  bie  Sluferftel^ung  S^fti  für  biefe  «o 
Rostet  funfii^  nur  eine  fVmbolif(^stV})ifd[|e  Sebeutung  l^atte ;  fein  Seiben  u.  f.  to.  toar 
ittM^  Smin^  oOerbingd  ftaidtem  äludf))ru(^e  nur  „une  farce  ou  moralit^  jou^  sur 
an  eBchafäut  pour  nous  fi^rer  le  mystdre  de  notre  salut'',  nur  ein  %\fipu&  ber 
3bee,  ba^  bie  6ünbe  getilgt  unb  aufgel^oben,  in  SBa^rl^eit  unb  Dor  ®ott  nid^tS  fei;  an 
i|m  tmb  bun(  i^  lommt  ed  und  jum  93etou^tfein,  ba^  bie  @ünbe  für  und  tot  ift  unb  45 
fein  foO  mib  toir  für  fte  (lt.  17).  gi^bem  nunS^riftud  bie  ganje  SRenfc^l^eit  angenommen 
unb  toir  buR^  ben  ®eifl  mit  il^m  eind  ftnb,  fo  ift  auc^  für  und  in  i^m  aUed  „DoQbrac^t'' 
unb  teine  SBieber^ohing  me^  Donnöten ;  bie  @ünbe  ^at  für  und  ^ebeutung  Derloren ; 
Aam))f  toiber  biefdbe,  Su^e,  Stbtötung  bed  ?^leif(^ed,  Übemal^me  bed  Jtreujed  um  feinet« 
IniDcn  finbet  nicfit  mel^  fUitt ;  aud^  leiben  lann  unb  foQ  ber  „®eiftlid^e"  nxi^i  me^r,  ba  so 
6^ri^  oDed  gelitten  urib  jur  @eligteit  eingegangen,  —  toobei  benn  fretlid^  gar  oft  bie 
3bee  mit  ber  9BirIli(^Ieit  in  l^erben  äBiberftreit  geriet  (Car  il  est  ^rit  [?]:  J'ai  est^ 
faiet  tout  homme.  Puis  qu'il  a  est^  faict  tout  homme  —  man  bemerte  ben 
2)oHl^ftnn:  totos  ober  omnis  —  prendant  nature  humaine,  et  qu'il  est  mort, 
peut-il  encor  mourir  cy  bas  ?  Ce  seroit  grand  erreur  d'ainsi  le  croire  etc.  66 
Itocquet  Jt.  28).  Sßol^l  mu|  ber  97}enfd^  toiebergeboren  toerben  unb  er  totrb  ed,  inbem 
er  fax  Unfc^ulb  SD^amd,  )ur  linblid^en  (Einfalt  unb  (Sinl^eit  mit  ®ott  jurüdEle^rt,  bie 
Gfinbe  niipt  mifyc  fie^t  noc^  tennt,  nic^t  mel^rtoä^nt  unb  unterfd^eibet,  ban  ®ctfte  ®otted 
in  ben  natürlich  trieben  folgt,  o^ne  ftd[|  barüber  ein  ®etoiffen  gu  machen  unb  in  ber 
%w!fyüt  bed  ®et|}ed  bem  ®efe|e  abftirbt  (Mslis  si  nous  commettons  cncores  Toffense  eq 


460  Sttertiiier 

et  entrons  au  jardin  de  volupt^,  lequel  nous  est  encore  d^fendu,  de  vouloir 
rien  faire  [ne  quid  velimus  facere],  mais  nous  laisser  mener  selon  le  vouldr 
de  Dieu ;  autrement  nous  ne  seriesmes  point  desv^tus  du  viel  serpent,  leqnel 
est  nostre  premier  p^re  Adam,  et  verriesmes  pech^  comme  luy  et  sa  femme  eCe. 

6  $oquet  a.  a.  D.  t)gl.  5t.  18).  (Sin  fo  2Bieberge6omer  ift  ©^ftud,  ift  (Sott  ]db%  )u 
tDeld^em  er  aud^  im  ^obe  jurüdEe^rt,  um  in  i^m  aufzugellen  (ff.  3  unb  22).  Z)ie  ptäU 
tifc^en  Jtonfequengen  biefer  Se^re  ftnb  tei(d  fd^on  angebeutet,  teite  leidet  )u  erraten,  ^ocquct 
gel^t  itoax  fei^r  fonft  unb  borftc^tig  bon  bem  (Srunbfa^e  aud,  ba^  toir  einonber  ni^ 
tabeln,  rid^ten  unb  berbammen  fouen,  aber  um  i^n  fobann  babin  au^ube^en,  boft  man 

10  überl^au))t  nic^t^  tabeln^tDert  unb  berbammlid^  ftnben  bürf e ;  ift  bod^  ber  9laturtricb  bon 
boml^erein  ®otte^  2:rte6  unb  beiB  ©eifted  Stimme  (Jt.  20)  unb  fyd  hodf  (Sott  oOed  bec» 

geben  unb  bie@ünbe  abgetl^on.    ^^er  folgt  nad^  ü^nen  aud  ber  (Semeinfc^oft  ber®(äii< 
igen,  ba^  feiner  ettDad  für  ftd^  ^abe  unb  ba^  Eigentum  gemein  fein  foQe ;  freilu^,  tote  (ScJsam 
fte  Befd^ulbigt,  borjug^toeife  mit  9(nh)enbung  jum   eigenen  9{u^en,  toeiSl^   er  fie  hMa 

16  docteurs  de  la  Charit^  passive  nennt  (H.  21).  $ie  gefe^tc^e  (Sl^e  gilt  für  fletft^ttf 
unb  unberbinblid^;  bie  toa^re  c^nftlid^e  @l^e  ift  bie,  in  ber  bie®ei{ler  überetnfttmmen  unb 
e^  beiben  jufammen  too^I  ift  (Jt.  20).  ä(ud^  auf  bie  Seiber  erftrecft  fic^  bie  ®emeinf(^ 
ber  ^eiligen,  unb  t^  ift  Unrecht,  ^  ftreitet  toiber  ®ott  unb  bie  Siebe,  iemanben  tigoib 
ein  Sege|ren  ju  bertDeigem  (Jt.  13  unb  15).  —  Jturj,  ber  anfc^einenbe  @))iritualitattf 

30  toirb  ^um  offenbaren  ©enfuoli^mu^  unb  ^aterialidmui^,  unb  bie  Sel^  aeßaltct  fi4 
fd^lte^hc^,  naif  einer  treffenben  Sejeid^nung,  }u  einem  ,r@^ftctn  genialer  Seoendtoeid^, 
toie  e^  ftd^  bie  au^fd[|toeifenbfte  @innlt^teit  )u  i^rer  Stec^tfertigung  taum  beffer  )u  toftnf^ 
bermag". 

I^eilic^  lauteten  bie  $äu))ter  ber  Partei,  tote  gefagt,  fid^  fel^  tool^I,  ben  Stern  t^ 

36  ätnftd^ten  bor  Ungetoet^ten  )u  berraten.  ^n  Strasburg  gelang  «B  $ocquet,  bem  ebrüd^ 
Su^er  fogar  ein  fd^riftUc^e^  B^^d^i^  ^^  ^(aubenägemeinfd^aft  )u  entloden.  %xq  mi 
ber  (entere  über  ben  toa^ren  @tanb  ber  2)inge  am  jgofe  }u  9t^ac  getäuf(^t  toorbm  fein, 
ba  er  1538  in  einem  Sriefe  an  bie  Jlönigin  il^ren  @ifer  um  bie  Serl^tnberung  einer  fo 
berberbKc^en  3)oftrin  bantbar  belobte  unb   fie  bartn  mit  aSen  straften  fortjufo^  tf 

80  mahnte  (Calvini,  Op.  [CR]  VII,  Proleg.  p.  XXI.  s.).  3n  ®enf  bagegen  touAc 
^ocquet  bon  bem  fd^örfer  bliaenben  Salbin  in  ^urjem  burd^fc^aut,  ber  i^m  audf  bie  ge* 
nngfte  ^cxh  bertoeigerte  unb  il^n  mel^rmal^  in  ben  äBod^en-ftongregationen  )ure(^(& 
^aburd(^  aufmerifam  gemacht,  baju  noc^  bon  mancher  Seite,  felbft  burc^  Seute  audXrtoit 
unb  ^ennegau  perfönlid^  aufgeforbert  (^erminjarb,  IX  247,  329,  341),   t)erfa6te  SoWn 

86  feine  ©treitfc^rift  toiber  bie  ©efte  ber  Sibertiner,  bie  1545  erfc^ien  unb  toorin  er  bal 
game  Softem  unb  ben  Sl^arafter  feiner  Urheber  fc^onung^lo^  aufbecfte  unb  totberlegtt 
S)iefe  ©d^rift  tourbe  jebod^  bon  ber  Königin  bon  Stebara  fe^  übel  aufgenommen;  |tc 
lie^  il^m  il^r  SOtigfaSen  unb  i^re  @ntrüftung  barüber  au^brüden,  ba^  er  t^  Werter, 
Cuintin  unb  ^ocquet  namentlich,  unb  bamit  auc^  fte  felbft  in  il^rer  @^  angegriffen  tmb 

40  öffentlich  blofiaefteut;  toogegen  Salbin  in  einer  eben  fo  ehrerbietigen  ol^  toürbigen  tmb 
emften  3ufc^#  2^^^  bebauerte,  toenn  er  toiber  9Billen  unb  Sbftd^t  fie  geIrMtt,  ober  ot«^ 
au^fü^te,  toarum  er  angeftd^t^  bed  jc^on  angerichteten  unb  noid^  )u  beforgenben  gro^ 
Übel^  nad^  ^flid^t  unb  ®etoi{fen  nid^t  anberd  getonnt  l^abe  ($enrV,  Seben  6abmtd,  11, 
Seil.  14,  ©.  112 f.;    Sonnet,   Lettres   de  Calvin,   I,   111  sq.;    Calvini  Opp.  Xu, 

46  64  sq. ;  öcrminiarb,  t.  V,  38  sq.).  gtoei  ^a^re  fj)äter  fanb  er  fvSf  beronlafet,  bte  ®I&i» 
bigen  ju  ^louen  brieflid^  bor  einem  ungenannten  ^anji^taner  ju  toamen,  ber  bad  2)ogina 
bon  ber  ^röbeftination  in  libertinifc^em  ©inne  benu^te,  groge  ®unft  befonberd  unter  ben 
j^auen  genog,  einen  feiner  Se^re  entfprec^enben  Seben^toanbel  fül^rte  uitb  bomoU,  angck* 
Itd^  um  bed  @bangelium^  toiOen,  gefangen  \a% 

60  ^er  ^anjidtaner  ertoiberte  auf  (Salbind  Srief  mit  feinem  Boudier  de  d^fenea 
©eine  Slnttoort  fanb  eine  Entgegnung  burc^  ^areld  ©d^rift :  Glaive  de  la  parole  veri- 
table,  tir^  c^ntre  le  Boudier  de  defense,  duquel  un  (K)rdelier  libertin  s'est 
voulu  servir  pour  approuver  de  fausses  et  damnables  opinions,  ®enf  1550.  %CBal 
toirft  in  biefer  umfänglichen  ©c^rift  (488  ©.)  bem  ^ami^taner  bor,  ba^  er  ben  wnU» 

66  f^ieb  bon  (gut  unb  ©c^lec^t  ^erftöre,  inbem  er  leiere,  ba|  bie  ®rtoä^Uen  ntc^  t|«en  oll 
@niid,  toa^  \x^  auc^  t^un,  ba  fte  felbft  nid^t^  tl^un,  fonbem  ®ott  olled  in  il^ncn  toid 
(©.  4.  5),  unb  ba|  ®ott  aüein  aOe«  t^ut  unb  alled  ift  (©.  17).  Xuc^  bertrot  %cßsi 
bad  Stecht  be^Xabäd  unb  ber  ©träfe  ber  ©ünben  unb  bie  9{ottoenbigteit  fc«r  {toei  Santax 
bed  älmted  be^  2Borte^  unb  bed  3lmted  bed  ©c^toerte^  (@.  21).    (Sr  ftä^te  ftd^  bobet  osf 

60  bie  9[utorität  ber  l^eiligen  ©c^rift,  unb  fteQte  ben  SSerbre^ungen  bed  9Rdnd^  gegenöhr 


Siaertittcr  Sii^teitbetget  461 

bm  tDo^ren  Sinn  ber  biblifd^  6teQen  unb  S3eif})iele  feft,  bie  jener  aUegi)rifcl[|  unb  ft?UIs 
füiCi^  gebeutet  l^tte.  @r  ft?ibetlegt  bie  bon  i^m  aud  bet$räbeftinationdIel(^e  gewgenen 
ontinomiftifc^en  Folgerungen  (6. 187),  belennt  in  ben  beftimmteften  äßorten  feinen  Glauben 
an  Sefud  G^ftud,  ben  einzigen  ^eilanb,  unb  befielet  auf  ber  ^Sfyil^ad^z,  ba^  ®ott  nic^t 
ber  Urheber  t)on  @ünbe  unb  Ungered^tigteit  ifi  ^tad^bem  er  fobann  audfü^Iicl[l  auf  bte  5 
2dfn  Don  bem  erflen  unb  bem  gtoeitcn  3(bam  eingegangen  ift,  fd^Iie^t  er,  inbem  er  bem 
^rangidtoner  Dor^,  er  mod^e  ftd^  ein  biabolifd[ied  ©ö^enbilb,  inbem  er  über  ®ott  ur« 
teile  cfynt  gefud  unb  ha&,  toa^  er  geboten  f)at  (@.  465),  unb  inbem  er  t)erfu^ert,  bo^ 
bieientgen  oOetn  bad,  tood  }um  ^eile  notn>mbig  ift,  Idpctn,  toeld^e  reben  nad^  benSRegeln 
bed  Stoangdiumd  unb  auf  ©runb  ber  in  ber  1^1.  @d^rift  enthaltenen  @rfenntni^  (@.  486).  lo 

Sor  feiner  balb  barauf  erfolgten  ^inrid^tung  foQ  ber  ^an^idlaner  nic^t  f otooj^I  feinen 
Sntum,  atö  bad  ek)ange{ifd[|e  S3etenntnid  t)erleugnet  ^ben.  33on  ba  an  berfd^toinbet  bie 
6dte  gong  aui  ber  ©efc^i^^te,  h)0)u  getoi^  nid[|t  am  toenigften  bad  träftige  Sluftreten 
Sabmid  tmber  biefelbe  beigetragen  ffcd, 

SEBte  fc^on  bemerft,  bilben  bie  Duintiniften  nur  eine  t)erein)e(te  @rfd[|einung  ber  großen  i6 
UbextimfHfdJfen  Seioegung.  Ig^re  äSergtoeigungen  in  ^oQanb,  Trabant  unb  ben  übrigen  nieber^ 
bcutfc^  l^ibfd^ften  ftnb  noc^  niqft  DoUftönbig  belannt.  )SieIIeid^t  fül^ren  bon  i^r  93er« 
btnbungdßnien  gu  ben  93eftrebungen  bed  ^einri^  92iclaed  unb  ber  ^miliften  (f.  93b  V 
6.  751  unb  bgL  3lifpott>  in  b.  31^2:^  1862  unb  3)ta|  Stoofed,  ChriBtophe  Plantin) 
unb  }u  benen  ber  2>at)ib  ^oxä^,  f.  9b  IX  @.  349.  ^ebenfoll^  ift  )u  em>äl^nen,  ba^  20 
3-  gh^^cric^  einen  ^oQönbifc^en  3^^  ^^  Stbertiner  nad^getoiefen  l^at  (De  Secte  der 
Lotsten  och  Antwerpische  Libertinen  1525—1545,  @ent  1891,  unb  Bullet,  du 
prot  franc  t  41,  1892  @.  250f.). 

Sabin  ertoäl^nt  gtoei  anonyme  frangöfifc^e  @d^riften,  toelc^e  er  toeber  Duintin  noc^ 
$ocquet  ^f(^eibt,  unb  toelc^e  in  birmer  SSegie^ung  gu  ben  m^ftifc^en  Sibertinem  }u  25 
fie^  f(|feuien.  6.  Les  Libeiüns  spirituds.  (8)  Traitäs  mystiques  ^rits  dans 
les  ann^es  1547  ä  1549;  publi^s  d'apr6s  le  manuscrit  original  par  Charles 
Schmidt,  ®enf  1876;  Th^tre  mystique  de  Pierre  Du  Val  et  des  Libertins 
spirituels  de  Rouen  au  16^  si^e,  publik  avec  une  introd.  par  Emile  Picot, 
$aiid  1882.  ao 

2)te  oben  6.  457, 48  ertoäl^nte  Slb^nblung  bon  ®.  ^^^jarb,  Essai  sur  les 
Libertins  spirituels  de  Gten^ye(?),  ^axi&  1890,  mad^t  3)titteUungen  über  t)ier  bid^er 
unbdannte  m^ftifc^  Xraltate.  (itrei^fel  t)  C^4oif9. 

Libri  Carolini  f.  jlarolinifc^e  »üc^er  »b  X  6.  88. 

2Ulif  hm.  Segriff  f.  »b  V  @.  457,18—458, 10.  86 

£iif|t  mib  Medjft  f.  Urim  unb  Xummim. 

£ii|tc«icrger,  gfriebrid^Sluguft,  franjöftfc^er  ^roteftantifd^er  X^eologe,  geft.  1899.  — 

tL  Sabatier,  Paroles  proDonc^es  aux  obs^ques  de  F.  Lichtenberger,  Revue  Chri^tienDe  1899, 
ly  122^127;  9la(t)rufe  im  Temp  t)om  9.  3<^nuar  1899,  im  Journal  d'Alsace  uom  10.  unb 
12.  Sanuar  1899,  im  CSiristianisme  an  XIX.  ßi^clc  uom  13.  Januar  1899;   £ncyclop<Sdio  40 
des  adenoes  religienses  XIII,  120. 

gnebric^  Xuguft  Sid^tenberger  ift  aü  Bpxoi  einer  altelfäffifd^en  ^milie  am  21.  SRärj 
1832  in  Strasburg  geboren.    @r  befühlte  bad  bortige  ))roteftantif(^e  ©^mnaftum  unb 
ßubtctte  in  Strasburg  unb  auf  t)erf(^iebenen  beutfc^en  Unit)erfitäten  3;^eologie.    !Rad^ 
einem  (fingeren  Sbtfent^  in  $ari^  ertoarb  er  fu^  1854  in  feiner  S^oterftabt  bad  t^eo»  45 
bgtf4f€  Soccaloureat  burc^  eine  ^iffertation  über  La  th^logie  de  Lessing  unb  1857 
bie  Siccn)  bun^  gtoei  SIrbeiten  über  ,,Le  principe  du  protestantisme  d'aprds  la  th^- 
logie  aUemande  contemporaine"  unb  „De  apostolorum  praeceptis  redemptoriam 
C&iflti  mortem  spectantibus".    ^m  ^ai)X  1860   trug  i^m  eine  @d^rift  über   ,,Les 
^iäments  oonstitutüs  de  la  seience  dogmatique"   bie  an  ben  framöftfc^en  tl^eolo^i-  so 
\d)m  golult&ten  auf  ©runb  einer  ^iffertation  erreid[|bare  t^eologifd^e  2)oltortoürbe   etn. 
Seit  1858  ^atte  er  ci^  ^Ufd^rebiger  an  ber  bleuen  Rxxd^z  unb  Steligion^Iel^rer  am  ^ro- 
tc^ontih^  (Svmnafium  ^ftelDiung  gefunben.    1864  erfolgte  feine  Smennung  ^um  $ro« 
feffor  fftr  f9{tematif(^e  unb  ^raltifd^e  X^eologie  am  })roteftantifd[|en  Seminar  unb  an  ber 
t^coIogtf^Kn  ^oliibät  @tra^urgd,  too   er  neben  Steug,  93rud[|,  @d^mibt,  äSaum,  (Solani  55 
tmb  Sabotier  eine  beglüdenbe  äBir!fam{eit  fanb. 


462  Sti^tenbcrger 

• 

^tüxdf  toat  fte  nid^t  bon  langer  ^auer.  ^te  Sretgntffe  bed  ^afyct»  1870  berettden 
i^  ein  jä^ed  @nbe.  Sic^tenberger,  beffen  6^m))at^ien  mit  oUer  @ntf(9teben^  auf  \6kn 
^tarütüdfi  toQxm,  machte  atö  5hanlen))fle9er  oie  Sc^reden  ber  Sekigerung  fetner  Satct* 
\icä)t  burd^.  9(uf  bad  ^ac^  feinet  $aufed  am  2)^omad^la$  fielen  bie  beutfd^en  ©ronoten. 
6  ^ad)  bem  ilrieg  unb  ber  Slnnesion  bed  @Ifaf[ed  trat  an  il^n  bie  ^o^e  ^on:  ge^ 
ober  bleiben?  ^ie  @ntfcl[|eibung  ift  il^m  \d)\o^  gefallen.  ,,®el^en?  bad  ^^  bie  Setban* 
nung  ft?&]^(en  mit  aU  i^rem  Sntbe^ren  unb  Sn^agen  unb  bred^en  mit  aOen  Sanben,  Sc 
too^n^eiten  unb  @rinnerungen  ber  SSergangenl^eit;  bad  l^ei^t  feine  Saufbo^n  brongeben 
unb  bad  Seben  ft?ieber  bon  bome  anfangen  muffen,  bon  ben  6tötten  \6fvbm,  n>o  un^ 

10  SBiege  geftanben  unb  unfere  Sieben  im  ©rabe  j^(ummem,  ta)o  toit  i\&  ^eute  ^Aadft,  ge* 
liebt,  gel^anbelt  l^aben,  ta)o  bie  6tätten,  beren  93i[b,  mit  unferem  Seben  unjertromltd^  ber^ 
bunben,  auf  bem  tiefften  ©runb  unferer  6eele  eingegraben  ift.  9(eiben?  5Dad  ^et^  p 
el^  muffen,  ft?ie  ed  jeben  Xag  (eerer  um  und  ft?irb  unb  auf  \t>M^  äSeife  bte  Södoi 
t^  füllen,  ft?ie  aQed  um  und  l^er  ein  anbered  ©eftc^t  befommt;  bad  ^t  ftc^  ^ehnotlol 

16  fül^Ien  in  ber  ^eimat  unb  unter  einem  trudle  (eben,  ben  jeber  Schritt,  ben  txnr  i^m, 
iebed  ®efid[|t,  bem  ft?ir  begegnen,  bon  neuem  bitter  mac^t.  ^ad  ift  bie  SEBa^I,  t>üt  Hr 
ft?ir  gefteut  fmb''  (rAlsace  en  deuil,  p.  6).  ^ie  beutf^e  ^eriooltung  fud^te  i^m  bie 
@ntf$eibung  }u  er(eid^tem,  inbem  fte  i^m,  ta)ie  ben  übrigen  Regenten  ber  t^eologtMen 
^^ahiltät  unter  el^renboQen  Sebingungen  bie  3BieberanfteQung  an  ber  neuorgont^ertcn  ujtt« 

ao  berfttät  6tra^urg  antrug.  9lber  ft?ä^renb  bie  übrigen  bem  @lfa^  entftammten  $rofefforen 
il^  Sebrtl^g!eit  unter  ben  beränberten  SSer^ältniffen  ft?ieber  aufnahmen,  tipüttit  Stiftern 
berger  für  ^ontt^d),  trat  mit  ben  beiben  ^angofen  Solani  unb  Sabotier  aud  ber  9c^ 
lultät  an^  unb  ging  nad^  $arid.  3^^^^  beftieg  er  noc^  einmal  bie  Jtamel  ber  96!Uui^ 
lirc^e  unb  ^ielt  im  9(nf(^(u^  an  $fa(m  137, 1—6  („an  ben  3Baffem  m  9abel  fa|en  toit 

26  unb  toeineten''  u.  f.  ft?.)  feine  berübmt  geworbene  unb  rafc^  in  }el^n  Auflagen  btcdfettd  uA 
ienfeitd  ber  SSogefen  berbreitete  9lbf(^iebdt)rebigt  „rAlsace  en  deuil"  (10.  SCufL,  $ariS, 
^fd^bac^er  1873),  in  ber  bie  @))annung  gtoifd^en  ber  leibenfc^aftlic^en  Srregtl^  beS  ftan* 
}öftfd[|en  Patrioten  unb  ber  SSet^flic^tung  bed  d^riftlic^en  ^rebiaerd  }u  mofboDer  3^1^ 
i^oltung  gu  ergreifenbem  Sludbrudt  lommt,  bod^  fo,  ba|  bie  d^rißlid^e  Stimmung  ben  Sita 

80  bel^ält.  „^ad  ®efe^,  ft?elc^ed  und  ei^riften  regiert,  ift  [im  ©egenfo^  }u  ben  am  Bdm 
bed  137.  $falmd  audgef))rod^enen  ©ebonlenj  bad  @efe^  ber  Siebe,  nid^t  bod  iübtfd(^  ®ef(( 
ber  9Bieberberge(tung.  ^^e  fei  bon  und  jeber  ©ebante  an  Stadj^e!  2)ie  beutf(^  WAa 
l^aben  bad  gleiche  Stecht  auf  Erbarmen  toie  bie  fran^öftfd[|en  ÜRütter.  Ser  Sbrifl,  ber  bie 
@rbe  nod)  feud[|t  fielet  bon  fo  bie(em  bergoffenem  93lut,  feuf)t  bei  bem  ®ebaitten  an  eine 

86  ä^ergeltung  (revanche),  felbft  ft?enn  biefe  feine  })atriotifc^  SBünfd^e  erfüDen  tüürbe.  (b 
ft?ürbe  glauben,  feine  ^Befreiung  )u  teuer  gu  begasten,  ft?enn  er  fie  um  ben  $reid  ncua 
0))fer  erlaufen  mü^te.  @r  ruft  n\d)t  nai)  ber@eft?alt,  um  fein3lec^  iDieber  aufjuric^ . . 
@o  fage  ic^  aa^  boQfter  Übergeugung :  ft?enn  ed  lein  anbered  3Jtitte(  giebt  ald  ben  Atica 
um  und  unfer  Stecht  )u  berfc^affen,  bann  ft?erben  n>ir  e(fafftf(^e  S^riften   ed  ntc^t  iurö£ 

10  f orbern :  lieber  @{laben  bleiben  ald  @uro))a  gu  neuem  Slutbergie^en  aufjintijen''.  (L'Al- 
sace  en  deuil  p.  9.) 

2in  $arid  ft?urbe  Sic^tenberger  anfangd  bom  lutl^erifd[ien  5lonftftorium  old  $tlfd|ncAiecc 
an  ber  9{ebem))tiondItrd^e  bertpenbet,  bann  arbeitete  er  fed^  ^afyct  lang  mit  großer  ^ 
gäbe  im  ^ienft  ber  Eglise  libre  an  ber  Chapelle  Taitbout.    2!"^  Stillen  aber  n%t( 

46  er  bie  Hoffnung,  bie  Stegterung  ber  9tepublit  toerbe  enblid||  mit  i^rem  Sertored^  dmp 
mad^m  unb  bie  Stra^urger  tl^eologifc^e  ^fultät  in  $arid  neu  erfte^  Utffen.  Sk^tcii> 
bergerd  unb  9luguft  Sabatterd  unabläfftgen  93emübungen  ift  ed  bome|m(id^  {ujufc^reibcR, 
tüenn  ©ambetta  im  ^a^re  1877  jened  3^erf))r(xi^en  einlofte.  Slud  ben  ^ottben  fetned  greunM 
SBabbington,  bed  bamaligen  Unterrid[|tdminifterd  em))fing  Sid[|tenberger  bad  3>ebet  bon 

60  27.  3Jtar)  1877,  bad  bie  elfäfftfc^e  ^ultät  nac^  $arid  berlegte  unb  Stc^enberger  mit 
ber  Sleorganifation  berfelben  betraute. 

2En  ber  SSSartemt  gtoifc^en  1871  unb  1877   fanb  Sid^tenberger  retd^Itc^e  9ht|e  ji 
litterarifc^er  unb  ft?iffenfd^aftli^er  9ltbett.  3Bar  er  bor  bem  5lrieg  au|er  mit  feinen 
tationdfc^riften  unbjo^lretdjien  in  3^^^riften  jerftreuten  äuffä^en  nur  mit  ben  f^    , 

66  feiner  ^raltifi^en  ^ötiglett  ald  $rebiger  unb  ^omiletiter  an  bie  Öffentlt(^!ett  gcMcn 
(Sermons,  ^arid  unb  Stra^urg  1867),  fo  fafte  er  nun  ben  @rtrag  feiner  t^logifii^i 
Stubien  gufammen  in  ber  breibönbigen  ,,Histoire  des  sciences  rdigieuses  en  AOe- 
magne  depuis  le  milieu  du  18.  si^le". 

^iefed  aSerl  füllte  eine  toitflidSie  Südfe  in  ber  tl^eologifd^en  Sitteratur  bed  fron)djtf(^ 

eo  ^roteftantidmud  aud.    3lxd)t  ald  ob  ed  Sid[|tenberger  }um  erfienmol  unternommen  1^ 


St^tettBcrgcr  463 

bte  SReti^oben  unb  bie  Srgebntffe  bet  beutfcl[|en  tl^eologifc^en  ärbett  ber  frangdftfd^  Sie« 
fomiattondlinl^  ^u  vermitteln,  ^te  Stra^burger  Uniberfttät  l^atte  auf  tl^eologifd^em  ®e« 
biet  t>im  ie^  otö  Sinbeglieb  }ta)tf(^en  ^eutfcl[|lanb  unb  ^anfreid^  gebient ;  auetn  bie  9e« 
mü^ungen  ber  elföfftfd^en  Xl^eologen,  i^e  frangöftfdSien  Sanbdleute  mit  ber  ^enforbeit  bed 
beutfd^  ^roteflantidmud  bdannt  )u  machen,  toaren  tvenig  t)on  @rfolg  begleitet  ^ie  5 
Z^Iome  ber  reformierten  ^atultöt  in  3Jtontauban  orientiert  ftc^  bid  gum  l^eutigen  ^g, 
fotoeit  ]^e  nid^t  am  ortl^otocen  SoltnniiSmud  f^ft^ölt,  \>oxiügfxi)  an  bem  aud  ber  frangd« 
fifc^  Sc^toet),  Snglonb  unb  Sd^ottlanb  ftammenben  Se^rt^^u^  bed  R^veiL 

SSenn  nun  Sid^tenberger  baron  ging,  für  einen  frangöftfdSien  Seferlrei^  bie  ©efd^id^te 
ber  neueren  beutfd^  X^eologie  gu  fc^reiben,  fo  boten  bei  il^m  Slbftammung  unb  Silbung^  10 
gong  bie  für  bod  (gelingen  bd$  3Berted  nötigen  SSorau^f^ungen:  eine  grünblid^e  äSer- 
tnn^^  mit  bem  6toff,  eine  gro^e  ®eft?anbt^eit,  frembe  Sebanfen  fu^  }u  afftmilieren, 
eine  DdDige  ftenntnid  beiber  Qpxad^m,  bur(i^ficl[|tige  Jtlar^eit  unb  Seic^tigteit  beS  fd^riftlidjien 
XudbnuK. 

XDe  biefe  Sigenfd^aften  lamen  il^m  in  noc^  j^öl^erem  3Ra^e  gu  flatten,  ald  2id)tms  15 
boger  ben  (Sntf4flu|  fa^te,  in  ^erbinbung  mit  einer  9teil^e  franjöfifdiier  X^eologen  aller 
9tid^tungen  unter  bem  ^itel  ,,Eiicyclop6die  des  sciences  religieuses"  ein  ®egenftü(t 
)u  unferer  ,,9lealend;(lo}>äbie  für  2i|eologie  unb  Jtirc^e''  in^  Seben  )u  rufen.    2!^  ^afyc 
1877  erfc^ien  ber  eme  Sanb,  ber  breigel^nte  unb  le^e  berlie^  1882  bie  treffe  (^ax\&, 
^tfc^bac^).    S)ad  9BerI  fanb  in  ^antreid^i  banfbare  älufno^me,  ft?enn  auc^  nid^t  unge«  ao 
teiucn  Seifall.    2En  {ir(^lid^sfonfert)atit)en  Jtreifen  erregten  befonber^  bie  liberalen  STm 
Mammgen  Slnfto^,  bie  Sluguft  @abatier  in  bem  ätrtitel  ,,J6su8-Christ"  nieberlegte(1880): 
fk  begeii^eten  ben  t)ölligen  Umfd^tpung  im  3)enlen  biefed  Geologen,  ber  1868  aü  Rm^ 
bibat  ber  Ort^bocen  ben  Sel^rftul^l  in  Strasburg  erl^alten  f)attt  unb  nun  bie  ^ofttionen 
ber  mobemen  hittfc^  Schule  in  ber  Ztbm^^^n^^taQt  unb  in  ber  Duellenforfci^ung  }u  35 
ben  feintgen  mocffte. 

SSte  in  feinen  @<l^riften,  fo  lag  aud^  in  feiner  Sel^rtl^ätigleit  an  ber  $arifer  ^^ultöt 
Sif^tcnBerBerd  Storle  in  feinem  ^ert)orragenben  ^£alent  gum  biiSfurftt)en  Genien,  }um  9le« 
pfobuxiam  frember  ©ebontenrei^ ;  jum  intuitiven,  fcl[|ö))ferif(^en  Renten  toax  er  tveniger 
tWEttntoftt.  80 

She  gt^en  Serbienfte  ^at  er  [\df  ertoorben  ald  Organifator  unb  9lbminiftrator  ber 
$arifcr  ^tultdt,  bie  er  mitgegrünbet  unb  al^  il^  erfter  3)elan  17  ^al^re  lang  geleitet 
^  ?ht  biefer  iDic^tigen  unb  ^eillen  @teQung  ift  e^  i^m  nic^t  nur  gelungen,  bad  33anb 
bet  ^[anittfit  mit  bem  ®atnm  ber  Univerfttöt  feft  gu  mü})fen,  ft?obei  i^m  feine  ^erfönlid^e 
Gtcuung  im  „Gonscil  g^n^ral  des  Facultas"  unb  feine  langjäl^rige  3Ritgliebfcl[iaft  bed  86 
(fConsäl  supi^rieur  de  Tinstruction  publique"  fe^r  m  ftatten  {amen,  fonbem  aud^ 
banl  fetner  bi)>lomatif(^en  Begabung  mit  bem  frangöftfqen  Unterricl[|tdminifterium  folc^e 
9^td^imgen  m  unterhalten,  ba^  bie  in  ber  5lammer  ober  in  ber  Subgetlommiffton  immer 
bri^er  gemachten  SSerfud^e,  bie  (»roteftantifc^en  tl^eologifc^en  ^atultäten  aud  bem  ßufammen« 
bong  mit  ber  Uniberfität  audgufd^eiben  ober  ganj  gu  unterDrüden,  erfolglos  blieben.  3)ie  40 
^orifer^alultät,  bie  burcb  l^ervorragenbe  Seigrer,  toie  f  äluguft  @abatier,  f  Samuel  Serger, 
Sugen  St^n^o),  @bmuiw  ®ta))fer  eine  ^eimftätte  tüd^tiger  toiffenfc^aftlid^er  9lrbeit  ge» 
iDOibcn  i|l,  gilt  mit  Stecht  ate  ber  @tol)  ber  frangöftfd^en  ^roteftanten  calbinifd^ien  unb 
Int^c^  Sidenntniffed. 

Sic^bergerd  ^öfönlic^e  t^eologifc^e  unb  firc^lic^e  Slic^tung  ftanb  unter  bem  ®influ^  45 
Uesonber  Sinetd.  6r  bulbigte  freilirc^lic^en  Steigungen,  „^nbivibualift  burd^  unb  burdd, 
auf  bem  (Bebiet  bed  5lultu^  unb  ber  jtird^e  fo  gut  toie  auf  bem  ber  X^eoloaie,  ft?ar  er 
fflx  bie  Urt|)rfingli(^feit  aegen  bie  ©etoo^n^eit,  für  bie  ^rei^eit  gegen  bie  Überlieferung, 
für  toi  allgemeine  ^riejtertum  ber  Sbrtften  gegen  ba^  SRonof^ol  eined  Jtlerud.  @r  prebigte 
unb  Derfo^  mit  ^euben  bad  9lmt  be^  ^farrerd,  aber  er  \\xdfU  alle  tonventioneUen  co 

ten  im  Serle^r  mit  ben  ^nf^bxtm  gu  unterbrüdfen,  um  von  $er)  gu  $er)  reben  }u 
leiL  Sein  SEBort  Hang  me^r  toie  ba«  eine«  Saien."  60  fc^ilbert  i^n  ©abatier,  fem 
9taäfiülitt  im  9)efanat  ber  ^tultöt  (a.  a.  0.  125).  3Rit  biefer  allem  firc^lic^en  3toang 
ttnb  gfmneboefen  ab^olben  Stimmung  ^tng  feine  gro^e  SSorliebe  für  bie  Jtinbcrfonntag^ 
fluide  (ufammen.  @r  l^atte  einft  in  Strasburg  mit  Sabatier  eine  gegrünbet.  ^er  freie,  55 
ffafii^  Serle^  mit  ben  5lleinen  erfc^ien  i^m  al^  @r^olung  von  ber  SBoc^enarbeit.  92oc^ 
oli  3)etan  ber  ^abiltät  Vereinigte  er  Sonntag  um  Sonntag  auf  bem  Soulevarb  Slrago 
bie  iSnbet  bed  Ssierteld  um  fic^.  tiefer  ^ienft  toar  ber  le|te,  auf  ben  er  ver)id[|ten  mugte. 
Jbtn  Scr}ic^t  ift  i^m  fd^tverer  gefallen  al^  biefer.  ^m  ^afyc  1895  tourbe  er  burd^  an» 
bancmbe  Arännid^Ieit  gejtvungen,  feine  ^mter  niebergulegen.    ^ie  ^^alultöt,  ber  er  fo  go 


464  Siifitnittitt  Siil^ter  mtb  Senilster 

laxiQt  unb  erff^rie^ic^  gebient  ^atte,  ernannte  il^n  jum  ,,Doyen  honoraire".  @r  goa  ^ 
nac^  33er{aiIIe^  gurüct  mit  ber  ^offnung,  im  Sflul^eftanb  nodji  allerlei  (itterortfd^  $Iäne 
t)erh)irflicl(ien  gu  lönnen.  ®ine  fortfcl[|reitenbe  Söl^mung  l^inberte  i^n  baran.  QqUiäft  unb 
gottergeben  trug  er  fein  Seiben,  k>on  bem  er  am  7.  ^^nuar  1899  imdf  ben  Xob  tdS^ 
5  ft?urbe.  (Ittgcit  Sai^nmtmuu 

Stfi^ter  nnb  Sturster.  —  ^u^Ibauer,  ©efc^ic^te  unb  Sebeutung  ber  ^acbdüAter  bei 
ben  tirc^Iic^en  t^unftionen,  ^ugdburg  1874;  X^al^ofer,  ^anbbuc^  ber  !at^oüf(6en  Stturgif, 
gfrciburg  1887,1,  ©.666 ff.;  ©mit^  unb  e&cctiam,  Diction.  of  Christian  antiqu.  I,  6.  939 ff.; 
Äat^oIif4e8  Äircftenlefifon »  VII,  @.  395  ff.  (Äetje) ;  @.  1964  ff.  (ßijftter).  —    «.  «arrucci, 

lOStoria  della  arte  crist.  VI,  Xaf.  468 ff.;  a^o^ault  bc  gfleur^.  La  Messe  VI,  8.  1—58, 
2:afel  436 — 460  (blc  bcftc  iHatcrialicnfammlung  für  bic  öltcre  3ci0;  ©abier,  Nouveaux 
m^langes  d'arch^logie.  D^coration  d'^glises,  ^^SariS  1875,  @.  188 — 228  (bcf.  rontanififee 
$eriobe);  JDtte,  J!tr41i4c  ^unftarc^fiologie,  5.  %.  1,  ®.  156 ff.  (genaue  Ortdnac^roeife).  S)a)tt 
bie  prot)tn5ialen  ^ublifationen   ber  iBaU'  unb  ^nftbenfmäler,    bie  reid^lic^ed  unb  mannlg: 

16  faltige^  Material  bieten. 

3m  4.  ^i^^^^unbert  erfc^eint  bie  @itte,  bem  5lultud,  fei  ed  bei  feierlichen  Sbiloffen, 
fei  ed  im  SSerlauf e  einzelner  SUte  be^felben  burd^i  Sid^terglang  eine  befonbere  Slu^eiciNnmg 
iu  berlei^en,  toeit  Verbreitet.  3)ie  33erlefung  beö  ßbangelium«  ($ieron.,  Adv.  Vigil.  7), 
bie  S^ufe   (ambrof.,  De  lapsu  virginis  V,  19 ;  Qtno  t)on  Serona,  Tract.  XIV,  4; 

ao  ©regor  t).  9ta).,  In  sanct.  Pasch,  c.  2  MSG  36  p.  624),  bie  älbenbmai^Ufeter  ($aulin. 
b.  Ütola,  Poem.  XIV,  99 :  (dara  coronantur  densis  altaria  lyehnis  MSL  61  p.  467), 
^fttage,  n>ie  Oftem  unb  $fingften,  5lircl[|tt)eil^e,  2!nt^ronifation  bed  Sifd^ofd  u.  f.  to).  gcdKOi 
regelmäßig  ober  au^ergen^ö^nlicb  9lnla^  bam.  93efonberd  bie  äSigilien  boten  tDiSIommene  ®es 
(egen^eit  (@ufeb.,  Vita  Const.  IV,  22).  ^a  fc^on  frül^  lommt  auc^  bie  Sinrid^tung  ber  „etmgen" 

26  Sam^e''  auf  ($aulin.  bon  ^ola,  Poem.  XIX,  467 :  continuum  scyphus  est  argen- 
teus  aptus  ad  usum  MSL  61  p.  539;  ®regor  b.  ®r.,  Dial.  III,  29).  ^iefeSD^t» 
\adf^  gtpingt  bagu,  bie  Slnfänge  ft?eiter  2urüdE3ut)erIegen.  ^ie  ))raltif(6en  Seb&rfntffe  bed 
^rü^gotte^bienfted  (^liniu^-Srief:  ante  lucem  convenire;  XertuU.,  De  oorona  3: 
antelucanis  coetibus),    bie  anfönglid^e  @itte  ber  abenblic^en  @ud^nftiefeier,  bie  So^ 

80  ft?enbung  ber  Samf^en  bei  ben  fe))ullralen  ^eierlic^teiten  in  ben  Jtatatomben  (Sict  Sc^ul^ 
3)ie  Äatalomben,  2eij)3ig  1882,  ©.  48 ff.;  bgl.  6^n.  \>.  gfeira  can.  34)  mögen  in  8er* 
binbung  mit  ber  alt^  unb  neuteftamentlid^en  religiöfen  @^mbo(iI  bed  Sic^ted  unb  unter 
SBiriung  bed  SSorganged  bed  ftebenarmigen  2md)tcc^  n^o^l  fc^on  im  3.  5];al^rbuiü)at  bad 
Sic^t  )u  einem  f^mboUfcl[|en  93eftanbteil  bed  Jlultud  Qtmaa^t  ^aben.  ^n  erfter  Sinie  tmnbe 

86  ber  äUtar  bamit  bebad^t  unb  jn^ar  in  ber  3Beife,  ba^  @tanb(eu(^ter  unb  ^ongebmqKn 
il^n  umgaben  (bie  2lbb.  bei  pleur^  2:afcl  454;  I  2:afel  19.  20.  22);  erft  im  12.  3a^ 
^unbert  fanben  bie  Sicl[|ter  STufftellung  auf  bem  äUtare  fetbft.  ^ad  2!nk)entar  ber  Jtir^  )u 
Sirta  bom  ^a\)xt  303  (SRorceQi,  Africa  Christ.  II  p.  183)  gö^lt  bereite  27  l^ttro^cr 
auf;   übenafc^enb  retc^  ift  aud)  ber  93eft^  an  Sam))en  einer  Sanbgemeinbe  bei  Xit^oK  nn 

40  ^ai)xt  471  (nac^  ber  fog.  Charta  Cornutiana,  t)g(.  SSictor  @d^ul|e,  9lr((fäologie  ber 
alt^rtftl.  Jlunft  @.  133  f.),  unb  im  2int)entar  ber  römifd^^en  5tircben  b^anben  ftd^  Seuii^ta 
mannigfacher  ^orm  unb  ^o^en  materieQen  unb  Iünftlerifd[|en  Sffierted  in  großer  Xnyi^ 
(Liber  pontificalis  mit  ben  Erläuterungen  be^  ^eraudgeberd  ^uc^edne;  baju  ^too^ 
@.  5ff.,  tt)0  ba^  Material  jufammengeorbnet  ift;  @t.ä3eiffel,  Silber  aud  ber  alt^riftTu^ 

46Äunft  unD  ßiturgie  in  Italien,  greiburg  1899,  ©.  247  ff.).  SWit  begeifterten  Sieben 
fd^ilbert  bie  n^unberbare  äUirlung  be^  Sid^terglanje^  ber  $agia  Bopf)xa  )ur  3^  Suftimani 
$aulu^  @ilenttariu^  (ed.  93eder,  93onn  1837).  3iud)  bei  ber  Xotenbeftattung  bfiim^te 
ftd^  fd^on  frül^  in  biefer  ober  jener  ^orm  ber  @ebrau(^  ber  Sid^ter  ein  (Sufeb.,  Vita 
Const.  IV,  66;  Cypriani  Acta  procons.  5). 

60  ^ie  mittelalterlid^e  Jtirc^e  l)at  einmal  ben  ftrei^  bebeutenb  ertoeitert,  bann  bie^rostf 
beftimmter  normiert  (t>gl.  barüber  ^^al^ofer  a.  a.  O. ;  @mit^  unb  Sbeet^^om  a.  a.  0.). 
Sabin  gel^ören  bie  £id[|ter  bor  äSilbem  unb  Sleliquien,  eine  ®e))fIogen9eit,  bie  fd^on  im 
c^riftlid^en  SUtertum  anhebt,  bie  Ofterlerje,  bie  fogenannten  ^eberli^iter  in  ber  6^ 
toodjie,  bie  SCotenleuc^te  (f.  b.  21.  Äirc^i^of  8b  X  ©.495,i9).  3n  3Kariä  Sic^tmeft  (festum 

66  candelarum)   am  2.  ^ebruar  n^urbe  ein  eigene^  ^ft  ber  JtergentDei^e  gefc^ffen. 

Sie  in  ben  ^atafomben  ga^lreic^  gefunbenen  £am))en  entftammen  bem  $ri))atgebrou(^; 
fte  ftnb  faft  audnabm^lo^  aai  %l)on  ^ergefteUt  unb  l^aben  feit  bem  4.  gol^^unbert  eine 
lönglid^ie  @eftalt.  Ser  Sidtud  trögt  ^lelieffd^^mudf  ft?eltli(^en  unb  religiöfen  ^n^ottcd 
(SBict  @d^ul$e,   älrd^^äologie  ber  altc^riftlic^en  ^unft,  @.  292  ff.).    Sie  aud  bem  dM^ 


Sinter  ttttb  fieit^ter  fiii^tfreitiibe  465 

Gd^  SQtertum  erhaltenen  93ron}eIam))en  bagegen,  bte  fxd)  hnxd)  gefäQtgere  formen 
m^  {ünfOerifd^  Sluffaffung  audjetd^nen,  bütften  )um  Xeil  {ird^ßc^en  3||^e(ten  gebient 
fyAtn  (Sdbb.  ©arrucci  o.  a.  0.).  @ine  böQige,  burc^  ben  ©ebraud^  ber  Kerge  beftimmte 
UmiiKinblung  tritt  mit  bem  3R%  ein.  3)ie  £am)>e  ft?irb  }tt>ar  nic^t  gang  aufgegeben 
^leitr)^,  3^fel  440 — 447),  ober  in  ben  SSorbergrunb  treten  bie  lergentragenben  6tanbs,  6 
Smibs  unb  $angeleud[|ter,  an  beren  9(udbUbung  ber  romanifc^e  unb  ber  gotifc^e  @tU 
gleic^ertoeife  beteiligt  ftnb.  Sefonberd  ift  ed  bem  erfteren  gelungen,  feine  Eigenart  au^^ 
)ut>rägen.  Sen  %üi  beiS  @tanb(eu(l^ter^  bilben  SJlotibe  a\i&  ber  ))^anta[tifd[|en  Xiertpelt 
unb  ftUifterte  ißf[mt)en,  nid)t  feiten  in  ft?unberli(^er  3}erfd[|lingung.  darüber  fteigt  ber  oma^ 
mcntierte  Sid^tträaer  auf,  aud  bem  [xd)  ber  Rdd)  entft?idelt,  in  beffen  Stad^el  bie  Jterge  lo 
xu^t  (gleurv,  3:afel  448.  452.  454—457 ;  befonber«  Sanier  a.  a.  D.).  ßinfadf^er,  aber 
bun^  ben  ©efamteinbrud  ft?ir!ungdt)olIer  fmb  bie  @tanb(eu(^ter  mit  mel^reren  b\i  gu  fteben 
Xxmen  @leurv  @.  56.  58 ;  Otte  @.  165).  ^wc  ßrgeugung  gro|er  Sic(^tn)ir{ung  im  2!nnem 
bed  ftinlj^enraumeiS  k>ertt>enbete  man  fc^on  frül^  (Liber  pontificalis)  Stableu^ter  (phari, 
ooFonae),  in  beren  SUidfü^rung  man  ftd^  ft?ol^(  an  bie  Sd^ilberung  bed  l^immlifc^en  ^eru^  i6 
folemd  3fyt  21,  10  ff.  anlehnte.  $ert)orragenbe  Qitmplau  biefer  l(rt  finben  fuJ^  u.  a.  in 
J5ilbedl^m,  Somburg  unb  Stachen  (t^an)  93od(,  ^er  JtronIeud[|ter  bed  ftatferd  ^riebric^ 
Sarboroffa  im  3Rünfter  gu  Stauen  unb  bie  formbertDanbten  Sic^ttronen  gu  ^ilbe^^eim 
unb  Simiburg,  1864).  ^n  ber  ©otit  ft?erben  bie@tanb::  unb  bie  SRableud^ter  gierlic^er  unb 
gelangen  me^r  unter  ben  @inf[u|  ber  ard^iteltonifd^en  ^ormenff^rad^e.  ^ie  Stenaiffance  \>^  ao 
toddtdfU  mit  größerem  ober  geringerem  Erfolge  bie  übertommenen  j^ormen.  ®egenft?ärtig 
iß  man  in  guf^ntmen^g  mit  ber  dtüiUfyc  )u  ben  mittelolterli^en  Sauftilen  gu  ben 
äUerm  äSorlagen  gurüdtgele^ 

Z)ie  reformierte  Jttrd^e  bertoarf  k>on  SInfang  an  ben  ©ebrauc^  ber  9lUarIeud[|ter  ald 

t)a)>ifKf(^,  to&^renb  bie  lutl^erifd^e  Aird^^e  bie  Dorgefunbene  @itte  fortfül^rte.  26 

Victor  Bd^nliit. 

£tf|tfrettiibe,  $roteftantifd[ie  t^reunbe  unb  freireligiöfe  ©emeinben. — 
ßauptmerl:  gerb.  Stampt,  Ql^e|4i4te  bei*  religiöfen  IBemegung  ber  neueren  3ci^  ^  ^be, 
&i|>iial852 — 1860.  3ufanimen^fingenbe  fritifdie  9leferate  über  bie  für  ober  gegen  bie  lic^t« 
freunbitc^e  IBetoegung  publizierten  Schriften  in :  iReueS  SRepertorium  für  bie  tl^eologifc^e  ao 
feitteratur  unb  firdjlicftc  Statlft«,  ^erauSg.  üon  ^.3:ö.©vun8  4.  ob,  SBcrlin  1845  @.26— 68, 
bie  protcft.  greunbe,  31  e*nftcn  au«  be«  Sauren  1844—1845;  6.  ©b,  1846,  @.  152-164,  3eit- 
prebiflten ;  8. »b,  »erlln  1846,  @.  127—156,  „Ob  ®eift?  ob  Stftrif t"  ® idiicenu«,  1 9  @d)riftcn  auS 
ben  3a^ren  1845  u- 1846;  ebenb.  9.©b,  1847,©.  54—96:  bie  proteftant.  greunbe  in  Äönigdbcrg ; 
Dr.  9{upp  unb  bie  freie  eoangelifd)e  ®emeinbe,  15@4riften;  ebenb.  12.  ©b,  1847,  €.34—100:86 
i)er  Pfarrer  U^H4  unb  feine  Sac^e,  32  Schriften.  ^Ugetneined  d^epertortum  für  bie  t^eologifc^e 
gltteratur  SUfJ  ^crauSg.  oon  ^.  Steutcr  9.  ©b,  SBerlin  1847,  S.  79—93,  (Irbfam,  a)ic  pro« 
teftanttf^en  ^reunbe,  5  ©Triften;  ^eppe,  ^ie  gutüdioeifung  bed  Dr.  gulius^  SRupp  oon  ber 
5.  ^auptoerfammlung  bed  föuftao  ^boIp^>S3ereind :  ebenb.  $b  10,  1847,  @.  155  —  165, 
6  6(tnften;  5Bb  11,  @.  37—50,  12 ©Triften;  9lmcinann,  ^(ngelegcntieiten  ber proteftantijcben  40 
greunbe,  ebenb.  ob  14,  1848,  @.  72—76,  4  Schriften;  berf.,  S)ie  U^ütftfdjen  ^Änbel  be^ 
trcffenbe  @(ftriften,  ebenb.  15. 93b,  1848,  @.  170— 179,  10  Schriften;  ©(fttoarjtopf,  fiidjtfreunb- 
t^um  unb  3)eutf<(fat^olicidmud  in  ben  legten  3ügen,  ebenb.  21. '^b,  1850,  8.250—258; 
^ortf.  25.  9b,  1851,  9  ©Triften,  ungemeine  iiird)enjettung  ^eraudg.  oon  ®.  iBvetfd)neiber 
unb  0.  Si^^c^^^^i^n»  ^armftabt  1840  ff.  (^oangelifc^e  S^ird)cn^eitung,  herausgegeben  oon  46 
d.  fB.  ^ngftenberg,  IBerlin  1840  ff.  (^^unbed^agen) ,  ^er  beutfd)e  $roteftanttdmud ,  feine 
Sergangenbeit  unb  feine  heutigen  Lebensfragen,  2.  ^bbrucf,  grantfurt  a.  ^.  1847,  ©.341  bis 
378;  3ob.  <Sarl  £ubn).  ©tcfeler,  fie^rbud)  ber  ^tr4enQef4tct)te,  5.  S3b,  ^erauSg.  oon  (S.  'Ji, 
flftfbepenning,  JBonn  1855,  ©.  250  ff.;  (£.  Sc^warj,  ^^r  ®efd)i(bte  ber  neueften  X^eologie, 
4.  Vufl.,  fietp^ig  1869,  ©.214 ff.;  ^.  $rö^le,  gelbgarben.  IBeitrftge  ^ur  ^ir^engefd) ,  i^itte^  60 
TOturgef(öi(^te  unb  Äulturgeftfticftte,  ficlpjig  1859,  ©.  3—230;  Srcireligiöfer  itolenber,  ^er* 
angegeben  oon  «.  ©pc^t,  ®otfta  1872—1886;  fi.  ?Bltte,  3)a«  fiebcn  D.  Sricbrtdj  9luguft 
•otttreu  Zboludd,  2.93b,  ^ielefelb  unb  Leipzig  1886,  ©.412 ff.:  $)unb^aufen,  ^reie  &t- 
useinben:  iHr(^nle|ifon  oon^e^er  unbSBelte,  4.  »b,  2.9(uf{.,  f^reib.  i.  SBr.  1886,  ©.1959  bis 
1966;  X^.  ©(tmalenba4,  (S.  93.  ^engftenberg.  ©ein  £eben  unb  Wirten.  3.9b  (1.  u.  2.9b  55 
u>n 3.  Sa^mann),  (iuterS(oH3d2,  ©.127  ff.;  S^arl  oon  ^afe,  ^ircbengefc^icbte  auf  ber  @)runb= 
läge  atabemif4er  »orlefungen,  3.  XI,  2.  ?(6t.,  1.  ^ftlfte,  fieip^.  1892,  ©.  565^.;  ^.  0. 2:rettf 4fe, 
&utfc^  (Skfd)i4te  im  neunzehnten  3a4rt)unbert  5.^1.,  fieip,^ig  1894.  ©.  350  ff.;  9i.  diodjoU, 
QkWmt  ber  eoang.  leirc^e  in  2)eutf(^Ianb.  fieipaig  1897  ©.  447 ;  C[^r.  ^i{4t)aufer.  Q)ejd)icf)te 
ber  eoangelif(ten  fttrd)e  ^eutfd)(anbS  in  ber  erftcn  ^&\\U  bcS  19.  Sa^r^unbertS.  9afel  1900,  üo 
8. 632ff.  8für  bie  neuefte  ä^it  njertoott:  3)reioS,  3)ie  freien  rcliaiöfcn  ®emcinben  ber 
•egenwart  in  8^^Ä,  11.  3aJ)rg.,  6.C)eft,  3:üblngen  u.fieipaig  1901,  ©.  484-527,  ogl.  b.«. 
S)eatf(4fat^oIicidmttS  9b  IV  ©.  538 ff.;  ^räfefe  9b  V  ©.  18 ff. 

KaMactiaoHMc  fir  Z^Kogic  mb  Mt^  8.  K.  XI.  3O 


466  Stc^tfrennbe 

1.  ffintftel^ung  ber  „t)roteftantifcl^en  greunbe".  3)er  ^Paftor  9B.  g. 
Sintentö  ju  SJtagbeburg  l^atte  am  7.  ^^bruar  1840  in  ber  SJtagbeburger  3^^^^ 
in  ber  Jtntil  eined  h)enige  XaQt  )ubor  bort  obgebrudften  ©ebic^ted  bad  ®mt  ju 
S^riftud  aU  9(berg(aube  begeid^net.    2)ad  aud  biefem  3bila^  gegen  il^n   eröffnete  3)& 

5  gi^^linarberfa^ren  trug  il^m  felbft  fioax  nur  einen  SSertoeid  ein,  aber  enegte  ein 
au^erorbentlidSied  9(uffel^en  unb  toirfte  auf  toette  Jtreife  gerabeju  alormterenb  (ogL 
Utiunben  über  ba^  S^erfa^ren  bed  Jlönigl.  Sonftftorii  ju  3Jtagbeburg  g^en  ben  ^ßoftoi 
@intentd  u.  f.  \o,,  Seit>2ig  1840;  ber  Sifc^of  3)räfele  unb  fein  *  ac^tjo^riged  SBirlen  im 
))reu^if(^en  Staate  t)on  ®.  Don  6.  [^rebiger  ^önig  inälnberbed  im^alberftäbttfc^en]  1840. 

10  einteni«  ftarb  in  5Wagbeburg  23.  Januar  1859 ;  über  il^n  >?.  Xfd^cfert,  3lbS  34.  »b,  1892, 
©.  406—408).  —  Sin  anbcrer  $aftor  ber  ^^Srobing  ©a^fen,  ber  2anb})rebiger  Seberec^ 
Ul^Iic^  in  ^ömmelte  bei  ©d^önebec!  (geb.  27.  ^ebruar  1799),  einer  ber  b^eutenbftoi 
Siebner  unb  ^^ül^rer  ber  ganjen  tid^tfreunblid^en  93eft?egung,  (üb  „gleic^Iautenbe  unb  gleid^ 
ftrebenbe  @eift(tc(^e''  {Ramptll,®.  166  ff.)  nai^  ber  ^erm^uterlolonie  ©nabou  )um  ^OKi 

15  ber  ©rünbung  eined  SSereind  mit  \äf)xlxd)  abml^altenben  SSerfammlungen  auf  ben  29.^J|um 
1841.  @d  erfc^ienen  16  2:^eologen,  bie  ftcp  in  ber  9(nertennung  oe^  ©runbfoted,  ba| 
jebem  ba^  Siedet  freier  ^orfc^ung  unb  @ntn)idfelung  gugeftanben  ft?erben  muffe,  jufammen* 
fc^loffen.  ^ie  gtpeite  ftonferen),  bie  am  20.  @eptember  in  ^alle  tagte,  ^tte  bereite 
56  ^eilne^mer,  barunter  mel^rere  ^tic^ttl^eologen   unb   na^m  netm  })rin2^ieQe  @a^  an 

ao  (9.  ^ir  freuen  und  in  bem  9ett)u^tfein,  ba^  h)ir  mit  unferem  ®lauben  tmb  Streben 
ftel^en  auf  ter  ©runblage  ber  })roteftantif(^en  Itird^e,  h)e((^er  ®runb  iß  nac^  innen 
S^riftud,  1  Ro  3,11,  nac^  au^en  SSertoai^rung  gegen  jebe  geiftige  Sebormunbung, 
®a  5,  1.  aSJir  nennen  und  barum  „jjroteftantifd^e  gveunbe".  Sgl.  Rarmpt  ©.  168.  — 
3)ie  S3ejei(^nung  „Sic^tfreunbe"  fc^uf  bad  Soll).     Slafc^  erful^r  nun  bie  Setüegung  eine 

36  er^eblic^e  ä(udbel^nung.  9teben  ben  aQgemeinen  3}erfammlungen  toerben  Jtretit>erfannm 
lungen  ind  Seben  gerufen;  bie  erfte  fanb  in  3Jlagbeburg  fd[|on  am  24.  iRoMnber 
1841  ftatt  (Jtam))e  @.  168).  ^^gleic^  ft?äd^ft  ber  ^efuc^  ber  allgemeinen  SSerfamm* 
lungen  (bie  britte  in  Sei))2ig  $fingften  1842;  bie  vierte  bid  neunte  in  Rbti^  cm 
27.  6e»)tember  1842,  $fingften  unb  26.  ©ejjtember  1843,  29.  ÜRai  unb  24.  ©^tember 

90  1844,  15.  3JJai  1845)  unb  fie  beränbem  babei  i^ren  ßl^arafter.  ©c^on  in  ber  inerten 
äSerfammlung  l^atten  ftc^  3}oudfd[|une|^rer  eingefunben,  balb  erfc(^ienen  aucb  anbere  Soien 
unb  jttKxr  in  folc^er  3Jlenge,  ba^  bie  ß^f^nt^^t^^nf^^^  ^^  ^rebigerlonferengen  Solb« 
berfammlungen  ft?urben.  ^anb  in  $anb  bamit  ging  eine  au^ebe^nte  litterarifc^  ^ro« 
^aganba ;  bereite  auf  ber  britten  SSerfammlung  tourben  bie  erften  92ummem  ber  t)on  bem 

85  älrd^ibiatonud  t^fd^er  in  Sei^^^ig  l^erau^egebenen  „äSlätter  für  c^rift(id^e  (Srbauung''  tNn> 
gelegt,  beren  Seiblatt  bie  „SWitteilungen  für  ))roteftantif(^e  ^eunbe"  tooren  (Äarnj» 
©.168.  170). 

3)ie  innere  unb  äußere  ©efc^ic^te  bed  Sic^tfreunbtumd  trat  in  ein  neued  ©tabtum 
burdfi  ben  Vortrag  be«  ?Paftor«  ®.  a.  S33i«licenu«  (geb.    20.  SRoöember  1803)  öon  ber 

40  92eumarltdlir(^e  in  $alle  a.  @.  auf  ber  ^öt^ener  Tagung  am  29.  üRai  1844  über  bie 
grage,  ob  bie  ^l  ©(|rift  ober  ber  und  felbft  intoo^nenbe  lebenbige  ®eifl  aÖ  9lonn  beJ 
))roteftantifd^  religiöfcn  Sctoufetfeind  anjufel^en  fei  (Stampf  ©.  173).  gür  ben  fftdmtt 
^atte  bie  ^n\pxad)^  gro|e  JJolgen,  aber  auc^  für  bie  „))roteftantif(^en  greunbe".  6rft  ein 
3ja^r  barauf,  am  15.  uRai  1845,  „bem  glorreichen  ^ö^e^junlt  biefer  ^jroteftontifc^  9^ 

46  tocgung",  tote  Stampf  (©.  175)  fc^reibt,  erfolgte  bie  (Inlfc^eibung  über  bie  ©teDungna^ 
m  ber  SBidliccnudfc^en  J^efe.  S)ie  gro^c,  bon  2000—3000  ^erfonen  befuc^te,  Serfamm« 
lung  ertonnte  Sßidlicenud  ald  ben  irrigen  an  unb  an  50  ®eiftli(^e  unb  jal^lreic^  Sotcn 
berfid^erten  burd^  Unterjeid^nung  einer  (Srflärung,  „im  ^rinjip"  mit  i^m  übereinjufHmmen. 
9Jad{|bem  noc^  „ben  freien  Iatl^oli|d^en  ©emeinbcn"  (a^eutfc^tat^olicidmud)  bie  ©t^mpot^ 

60  ber  Serfammlung  audgefproc^en  toorben,  „befc^log  ein  ^ftma^l  mit  l^eiterem  ®efdng  bie 
erl^ebenben  ©tunben"  (©.  176). 

3n  ben  SKitteliJunlt  bcd  lagedintereffcd  rücfte  bad  Sic^tfreunbtum  ein  SlrtiW,  b« 
ber  ^aQefd^e  ^rofeffor  ber  Jiirc^engefd[|i(^te  ^.  @.  %,  ®ueride  in  9tr.  46  ber  Süongdifc^ 
Äir(^en=3citung   über  jene  Äöt^ener  ^Ppngfttoerfammlung  (29.  9Kai  1844)   auf  Sninb 

65  eigener  ^eobad^tungen  veröffentlichte.  S)iefer  Seric^t  madfite  bie  Krc^lic^Kn  5treife  moW, 
bon  beibcn  ©eiten  erfolgen  Icibenfdfiaftlic^e  ©rflärungen  unb  ^rotefte,  bie  „SBorte  btf 
griebend"  bon  21.  Sleanbcr  »erhallen. 

2.  Äonflilte  mit  lirc^lic^en  Se^örben.  S^^^  tourbe  gegen  ben  X^eoloflic» 
Jjrofeffor  S)at)ib  ©c^ulj  (gcft.  17.  ^bruar  1854;  ögl.  b.  21.)  in  Sredlau  eingeWritten, 

60  toeil  er  fxd^   an  bem  aud  biefer  ©tabt  hervorgegangenen  $rotept  beteiligt  ^tte.    Sunt 


Sifi)lfreiiiibe 


467 


fla&inctWorbte  Dorn  26.  ©e))tcmbct  184ö  ging  er  [einer  Stelle  als  ffonliftorialrai 
Dnluftig  (Jtampe  II,  ©.  191),  —  UBeit  grölereä  2lufiel)en  enegte  baS  3.1orgel)en  gegen 
aötölicenu«   (bie  Slmtientleeung   bcä  *ßfoircte   ö.  Ä.  aöiäHcenuö,    oflenmäfeig   tax^ 

äeftetll,   Seivjig  1846).     SeteiW   am    18.  I^uü   18-14  Würbe   er  Bor  betn  aJiagbeburger 
ionfiflotium    jur    93eric^terftiittung    über    [eine   in    Stützen    aui^gefproi^enen    @runbfa^e  6 
unb   jut  @inrei(^ung    [einer  ^Ißrebigten  am  (Sbarfreitag,    am  1.  Oftertag,   am  1.  i^fingft^ 
tag    aufgefoTbert   unb,   nadtbein  am    3.  unb  4.  ^tpUmba   aui   ber  ^Stitte   [einer   &t^ 
meinbt  iBeftbreerbcn   eingelaufen    toaren    unb   er  feine   äbbanblung:    „06  ©c^riff?   Ob 
®et[lt"  berBffentlictit  Iiatte,  auf  ein  9ie[lril)t  be«  fiuItueminifteiS  ^in  am  27.  aipril  1845 
gu    einem  Sottiiquium   nac^  Söittenberg   auf   ben  5.  HJai  citiert.     3)a«   ©rgebniS   bie[er  lo 
etflen,  buri^  eine  Sinrebe  üon  ÜJJiälicenuö  öerjögerttn,  SSer^nbtung  am  8,  a)tai  tpor  bie 
©Heilung  eineö  Urlaubs.  3"  """  jttieiten  Siei^ianblung  Dor  einet  „Mö(loquial=flommif[ion" 
on  bem[elben  Ctt  Würbe  tfim   am  14.  3Kai  na^e  gelegt,  fteilBiÖig  [einem  91mt  ju  ent= 
(agen,  aber  o^ne  ßrfolg,  ta  et  bielmeljr  »erlangte,   ba|   baö  Sirt^enregiment   bie  Unb«- 
etnbarfeit  feineö  Stanbtjunlteö  mit  ber  Rir^e  auöfprec^e.   ^immetit  hjurbe  gegen  iljn  baä  ib 
„5Ji^ä'l'''""n""*rf"*^>'"9ö''"f''^r*""   eröffnet,   am   26.  ^nü  Derfügte  bie  ÜRcrfeburger  9le= 
gicning  auf  Antrag  beä  itonfifloriumä  feine  tSuepenfmn,   unb  am  33.  3It)riI  1846  Würbe 
CT  turd?  baä  flonfiftorium  „Wegen  grober  Iterierung  ber  fiir  bie  fiiturgie  unb  i'e[)re  in  ber 
cbangelifc^en  £anbcefirc^e  befte^enben  Crbnungen"  [cineä  31mted  entfegt.    ^ie  Von  feinem 
Xettetbiger  an  boä  gei[tli[^c  Winifterium  eingereii^te  SitibcUatiDn    Würbe  Hon  ^i^üeenu^  m 
om  19.  6etJtcm6er  1846  gurüdge^jjgen.    ®ie  3?etöffentlt^ung  beä  Su(^eä  „bie  ißibel  im 
Sichle  ber  Sitbung  unferer  ^ät,  iÖiagbefautg  1Ö53   trug  i^m  Don   feiten   be«  ®erid)tä  in 
^taDe  eine  jWetjä^rige  ©efängniäftrafe   ein,   ber  er  fittt    aber  burc^  tlftui^t   natft  ISmerila 
«tljog.     18.i6  fe^rte  er  nad)  Suro))a  jurüct,   um  in  ■jluntem  bei  .Sürid)  [einen  üBD^nfiS 
JU  nefjmeii.  IiaSffierl:  „DieSibel,  für  benfenbe Sefet  betra^itet",  üleijJäig  1863,  2.21u«g.  ib 
1866,  unb  „(Sniwebet  —  ober.    QHoube   ober   3öif[en[(^oft.    gtirift  ober  ©eift",    1868 
btweifen,  bafa  er  an   feinen  früheren    rabilalen  überjeugungcn   fcftge^alten.     SQi^Iicenuä 
fiarb  14.  Ottober  1875. 

St^on  beuor  SÜiälicenuö  bie  Sanbeötirdie  Dcrtn[!i;n  mufttc,  (jatte  bereits  in  Sönigsberg 
btn   iiiöifutnäpfarrer  Julius  Jtupi!   (geb.   13.  2lu0u[l  1809)  baS[e[be   ©t^idfat   errcie^t.ao 
81«  SKilglicb  ber  ®e[eüf(^aft  ber  ))rote[lanti[(^en  ^eunbe  üerbäc^lig,    ^aiit   er  burc^   eine 
gegen  ben  Slnfang    beS    ältlianarianumä   gerichtete    unD    na^^er   berüffentlidite   'Prebigt 
fi<$  in  eine   Untnfuc^ung   betWittelt,  bie  am    17.  Septcmbn  1846   ju  feinet  Äbfeßung 
führte    „wegen   Wiebct^olter   SScrle^ung    [einet  SlmtSpflii^ten   auS   grober   |^^rlä[^gteit" 
(bad  ^erfa^tcn  beä  Jtänigeberget  AonftfloriumS  gegen  ben  ^iuiftonSbrebiger  Dr.  ^  3bi!pp.  ab 
9Kit  erläulembcn  Slnmertungen  unb  ä^eilagen  von  3-3'ui'P-  Siotfenbüttel  1846;  [Ultidi], 
®oS  33erfaf)rcn  gegen  . .  .  Stupp  in  ber  SHeturSinftanj).  —  langer  ijal  fu^  U^lid)  inner' 
fyiib  ber  pteufeifdjen  SanbeSIit^e   betjauptet,    %li   er   am  14.  ^uni  1845   al«   ^jjrebiger 
on  bie  ©I.  flat^rinenüri^e  na4}  2)iagbebutg  berufen  Würbe,   tjatte  fii^  baS  Sonfifiorium 
mit  einer  Verwarnung  begnügt.  Slber  feine  Sibelftunben,  [eine  21titarbeit  an  ben  „Slältem  ^^ 
für  (^ftli(^e  ßrbauung",  feine  Stellung  jur  ^auffotmel,   jur  Äonfirmntion   unb  Wgcnbe 
tBie  feine  '^Irebigtcn  erjeugten   in  wat^ifenbem  Umfang   flonfliltc   mit  ber   tir(^li($en  Sc 
^b«.     ^iat^bcm    [ein   3!ct[ui$,   burt^   einen   bireften    Slppett    an   ben  flönig   griebric^ 
^il^elm  IV,  als  summus  episcopus  biefc  ©rfiwicrigteiien   ju   Ijeben,   mißlungen  War 
(boS   ©[^reiben   Wm    16.  31pril   1847   wie   ber   able^nenbe   Sefc^eib   BeS  «i>mgS   Bom  u 
30.  april  1847  abgebturft:  flampe  II,  ©.213  ff.),  Würbe   im  September  gegen   i&n  bie 
Su^enfiBn  verfängt  Wegen  „grober  3JerIe^ungen  gegen  bie  J^irc^enorbnung".  ^uf  ®ntnb 
ber  Sinfit^t  in  bie  ^rfolglofigteit  aller  Weiteren  'iterfui^e,  bie  ^i^jip linierung  abjuwenbcn, 

eer  eS  nun  Bor,  freiwillig  aui  bem  3!)ien[t  ba  iüanbeSIir(^e  auSjufc^eiben.  2)aS  ftonfiftorium, 
but(^  biefen  Schritt  bie  3Ibfe|ungS[entenj  er[part  Würbe,  ettlärte  borauf  [ein  Pfarramt  für  aa 
nrlebigt  unb  [dilug  bie  Untcr[uc^nng  nieber  {ÜCmtlittie  Sfer^anblungen  betreffenb  ben  ^rebiger 
U^Iic^  JU  'Dfagbebutg.  Mmllii^a  Äbbrurf,  ^JJtagbeburg  1847;  aöeitere  aRilteitungen  in 
€a<^en  bcS  5JrcbigerS  Ublid)  in  SJtagbeburg,  Ijnauägegebcn  oon  i&m  [elbft,  jur  5Bert 
Bodftdnbigung  ber  uom  Äonfiftorium  fjcrauSgegcbenen  amtlichen  ißetttanblungen,  3\jDlfen= 
büttel  1847).  U^itt)  ftarb  23.  SRärj  1872  Bgl.  i.'ebcret^t  Utjti^  in  SUagbeburg.  ©eins» 
£eben  »on  iljm  feI6[t  bef^irieben,  ©ero  1872.  —  3n  jWei  anberen  Bitten  lam  baS 
boS  ^Dtagbeburger  Jtonfiftorium  nod;  fi^neUer  jum  ^tel.  ^er  XiafonuS  äSil^elm  Qbuarb 
»al|er  (geb.  24.  Cftober  1814)  in  leli^ftti  War  am  15.  auguft  1845  an  bie  ÜKoril" 
Rrdf«  nad;  ^allc  berufen  aber  nicf)t  beftätigt  Wotbcn.  ^tS  er  Anfang  Ottober  beS^ 
leiben  Sa&teS    in  Storbbaufen    gewählt    würbe,   wieberbplte   bie    tiicblic^e  Sfle^brbe    ibte  so 

30* 


468  Sii^tfratttbe 

älble^nung.  ^a  oQe  93emül^unpen  ber  Ütorbl^öufer  ®emetnbe,  biefe  tüdgängig  gu  mac^, 
fd^eiterten,  unb  bte  93el^ötbe  tn  Sejug  auf  bie  ^(ntpenbung  bed  ApostoHcum  be^ 
ftimmte  ^orberungen  fteUte,  Derjic^tete  er  am  11.  Januar  1847  auf  fein  firc^ltc^  Smt 
(Sateer,  3)eU^fcl[|s$aQe'92orbl^aufen  ober  mein  9Beg  an^  ber  Sanbe^ürc^  in  bie  freie 

5  i)rote{tantif(^e  ©emeinbe,  oltenmä^ig  bargefteQt,  fieip^ig  1847).  —  9(^nli(^  erging  ed  bem 
Pfarrer  9(bolf  Ximotl^eu^äßi^licenu^,  bem  ^^leibltc^en  unb  geiftigen  Sruber"  bedDben^ 
genannten,  ^u  93ebra  bei  SJterfeburg.  @eine  3Ba^l  nac^  ^alberftabt  im  6ommer  1846 
tDurbe  bon  bem  Jtonftftorium  beanftanbet,  ba  er  ftc^  aU  einen  fo(cl[|en  ertoiefen  l^abe,  bem 
e^  )ur  ®eft?ol^nl^eit  getoorben,  bie  ^auptbeftanbtetle  bed  (^riftlid[|en  Selenntniffed  nic^t  )u 

10  berüdftd^tigen  (Jtam))e  II,  @.  210  f.).  ^ni)  er  jog  bie  Jlonfquengen,  nunme^  aui  ha 
Sanbe^Iircpe  au^jufd^eiben. 

3.  ^ieäSegrünbung  frei})roteftantif (^er@emeinben.  Sief e 3ufammenfid^ 
mit  tird^Iid^en  Sel^örben  l^aben  baburc^  eine  größere  {ird^engefc^i^^tiic^e  iBebeutung  ei^ 
langt,  ba^  fte  ben  erften  Slnfto^  gaben  unb  ba^  Mittel  tourben,   au^er^alb  ber  Scffibe^ 

16  lircpen  ©emeinben  )u  begrünben.  ^n  ^önig^berg  i.  $r.  toar  \d)on  am  16.  2)e)emba 
1845  eine  foldj^e  in^  Seben  getreten  unb  patte  ftc^  am  19.  Januar  1846  ote  „fnie 
ebangelifc^e''  ©emeinbe  fonftituiert.  Oftem  1847  iäi)Ut  fte  546  @eelen  (®ef^id^  ber 
6tiftung  unb  Snttoidelung  ber  freien  (SDangeßfd^en  ©emeinbe  gu  Jtönig^erg  i  ^ 
in  altenmägiger  ^arfteQung,   ^erau^.  Dom  äSorftanbe,  5tönigberg  1848;   Stampt  n, 

ao  @.  221  ff.).  Site  eine  ^ilialgemeinbe  ber  5lönigdberger  betrachtete  fu^  bie  ©emeinbe 
in  9teumarlt  in  6cl[|Ieften,  bie,  am  24.  ^i^nuar  1847  geftij^et,  einen  Seftanb  Mi 
„ettoa  100  ©eelen"  errei^te  {üamp^  II,  6.  230).  —  ©ie  Mn^ger  be«  ffliäicerai« 
in  ^aUe  fd^^ritten  nad^  bef|en  StmtiSentfe^ung  am  26.  ®e))tember  1846  jur  Silbung  einer 
©emeinbe.    Sie  erllörte  5ffentlid[|  u.  a.:    „3Bir  t)ermdgen  toeber  in  ^euc^elet   noc^  in 

26  ©leic^gilti^Ieit  ber  bloßen  §orm  nad^,  toie  Xaufenbe ,  einer  Sxtd^t  femer  onae^dren, 
ber  toir  mnerlic^  entfrembet  finb.  . .  .  3Bir  toouen  teine  abgefd[|lo{fene  Krc^rupe  Ston^ 
feffion,  fonbem  eine  freie  menfd^lid[|e  ©efeUfc^aft.''  Sie  Q\)mpa^\m  bie  fte  fonb,  tooren 
aber  offenbar  fel^r  gering,  benn  big  ^um  SJtärg  ftieg  bie  ^ai)l  i^er  3Ritgßd>et  nid^ 
über   100,   barunter   fogar    nod)    einige  Slu^n^ärtige  unb   einige    2!uben  (Jtanq)e  II>. 

80  6.  228  f.).  -—  Sie  ©emeinbe  )u  Ütorb^aufen  tourbe  am  5.  3^^)^^  1B47  gefiiftct  inA 
ftieg  unter  ©allerg  Seitung  in  Wenigen  SBod^en  auf  500  ^«rfonen.  —  Sie  „trete  elMm 
ge(ifd[ie  ©emeinbe''  in  ^alberftabt  jöl^lte  bei  i^rer  Jlonftituierung  am  9.  gunt  1847 
nur  16  SRitglieber,  aber  erfuhr  bann  ebenfalls  in  ben  näc(^ften  SJlonaten  einen  raf(^ 
äluffd^ltoung,  fo  ba^  bei  beginn  be^  ^a^red  1848  91.  St.  Sßi^Iicenud  300  ^erfonen  um 

86  ftd^  gefd^art  ^atte  (Jtam^e  II,  231).  —  ^agbeburg  ^atte  freiließ  tuKJ^  gom  onbere 
3a^(en  aufjutoeifen,  atö  ^ier  am  29.  ÜtoDember  1847  „eine  neue  dj^fttic^e  9teltgioiid» 
aemeinfd^aft  unter  bem  9tamen  d^riftlic^e  ©emeinbe''  fid^  fonftituiert  tmb  U^lidjf  gum 
^ßrebtger  getoöl^lt  l^atte.  3lai)  toenigen  SBod^en  gehörten  }u  i^r  ca.  7000  SRi^idwf 
(Äam))e  II,  ©.  236  ff.).  —  Sie  Hamburger  ©emeinbe,  gegrünbet  am  28. 3uK  1847  unb 

10  toefentlid^i  ein  Sßert  bed  $rebigerg  Jtarl  ^einf^aul  (geb.  5.  äluguft  1820)  unb  bed  j[übif(^ 
Jtaufmannd  %i\6)ü,  ift  in  ben  erften  älnfängen  fteden  geblieben.  „Sie  fogen.  ©oneinbc 
beftanb  nur  au^  erflärtcn  ©otte^leugnem",  urteilte  ein  ^reölauer  Sic^tfreunb.  6te  fteDtt 
ftc^  nac^  i^rem  Programm  bie  Slufgabe:  „Sad  rein  ^enf(^Iid[|e  unb  9tatürli(^  imSi^em 
fa^e  gegen  bad  S^riftentum  unb  gegen  bie  ^rätenftonen  bed  cf^riftlic^en  Staate^  in  M 

46  S3olldben)ugtfein  einzuführen  unb  äu^erlic^  in  ber  ©efeQfc^aft  gur  ©eltung  ju  bringen" 
(Äamjje  II,  ©:  231  ff.).  —  3ur  Sertoottftänbigung  beö  Silbe«  ^en  toir  noc^  1^ 
mfügen,  ba^  aud^  bie  Sid^tfreunbe  in  3)tarburg  in  jturl^effen  am  7.  t^ebruar  1847  jur 
Silbung  einer  ©emeinbe  f ortf d^ritten ;  i^r  3KitteIi)unlt  toar  5Profef[or  Sa^r^offer. 

So«  äSer^alten  ber  berfc^iebenen  Slegierungen  Seutfd^Ianbi^  gegenüber  ber  beutf<^ 

60  tatl^oUfd^en  toie  ber  freiproteftantifc^en  93en)egung  bi«  gum  ^al^n  1848  toax  jüoax  tr» 
gan)  einheitliche«,  ober  trägt  boc^  benfelben  ©efamtd^arafter.  Sa  fte  ald  eine  gxuc^  bcj 
revolutionären  ©eifte«  betrachtet  tourbe,  begegneten  fte  i^r  mit  großem  3Ri^auen  imb 
fuc^ten  burc^  bie  älnn^enbung  ftaatltc^er  ^ad^tmittel  i^rem  toeiteren  Umfulj^retfen  uoi]» 
beugen.    93on  einer  SarfteQung  ber  befte^enDen  9led^t«lage   in  ben  Derfd^iebenen  Butten 

66  unb  ber  auf  ©runb  beren  getroffenen  SKa^nal^men  (ÄanH)e  III,  S.  252—387)  ^abcn 
toir  l^ier  abjufe^en.  älber  e«  barf  boc^  ntc^t  übergangen  toerben,  ba|  $rot|e«, 
b.  1^.  ba«  für  ba«  Std>tfreunbtum  n^ic^tigfte  @taat«n>efen,  nidbt  unterlaffm  fyd,  ben 
3{erfud[|  ju  machen,  auf  bem  SSoben  be«  älQgemeinen  Sanbrecpt«  einen  Stitteboe^  )» 
finben,  ber  fotoo^I  ben  ^ntereffen  ber  Sanbe«tird^e  al«  bem  ^ringip   ber  äteTtgtcni* 

eofrei^eit  entf))rac^. 


Si^tfrennbe  469 

3)a«  „ÄgI.  ^tent,  bie  Silbung  neuer  SRefigion^efcHfd^aften  Betreffenb"  Dom  30. 3Wcirj 
1847  erÜärte  emerfettö,  ba^  bie  beborre^teten  Jttrd^en,  bie  ebangeltfc^e  unb  bie  römifcl[|s 
lot^olifc^e,  nad^  tme  bor  in  bem  ®enu^  iJ^rer  befonberen  ©ered^tfame  verbleiben  foQten, 
oitbererfeitd  aber  foKte  ben  Untertl^anen  bie  ®(auben^  unb  ®eh)iffen^frei|^eit  unbertümmert 
aufrecht  erl^alten  werben,  il^nen  ouc^  bie  f^eil^eit  ber  SSereinigung  ju  einem  gemeinfomen  5 
Sefenntntffe  unb  ©otte^bienfte  gemattet  fein,  ©iejenigen,  toeldf^e  in  il^rem  (Setoiffen  mit 
bem  ®laiäen  unb  Selenntnid  i^er  Jtird^e  nid^t  in  Üoereinftimmung  ju  bleiben  bermögen 
unb  ^  bem}ufolge  )u  einer  befonberenSleligiondgefellfd^aft  Dereinigen  ober  einer  fold^enftd^ 
onfc^Iie^en,  foQten  böiger  nid^t  nur  t)olle  ^eü^eit  bed  Su^trittö  erholten,  fonbem  anä)  m- 
fotveit  i^  SSereinigung  bom  Staate  genehmigt  ift,  im  @enu^  il^rer  bürgerlid^en  Siedete  10 
unb  @^ren  t)erbleiben.  Unter  bem  gleiten  ^atum  erging  eine  %l.  SSerorbnimg  ^^betreffenb 
bie  ©eburten,  heiraten  unb  @terbefälle'^  beren  bürgerliche  Beglaubigung  burd^  bie  Ört^ 

Sid^te  erfolgen  mu^;  fotoie  ein  Sefel^l  an  bad  @taatdminifterium,  ba^  ben  angefü^en 
orten  bed  latentes  nid^t  bie  Stu^legung  gegeben  ft?erben  bürfe,  aü  ob  ber  Seitritt  )u 
einer  Dom  Staate  noc^  nid^t  genel^migten  SReligion^efeUfd^aft  o^ne  ft?eitered  ben  SSerluft  15 
jener  Siebte  unb  (Sfycttt  gur  ^olge  l^aoe.  Sefonberd  tourbe  noc^  barauf  aufmerifam  ge^ 
mad^,  ba^  lein  ÜRilitär«  unb  Sibilbeamter  blo^  bed^alb,  toeil  er  ftc^  bon  feiner  Jtirc^e 
getrennt  unb  einer  bid^er  nod)  nid^t  genel^migten  Sleligion^efellfc^aft  angefd^loffen  l^at,  in 
ben  mit  feinem  9lmt  berbunbenen  Siedeten  eine  @d^mälerung  erleiben  bürfe  (ftami^e  III 
©.  281—288;  ebenb.  @.  297—302  über  bie  ©dfitoierigfeiten,  bie  ftdfi  ou«  ber  »ean*20 
ßonbung  ber  Don  ^rebigem  ber  ^ifftbentengemeinben  boQgogenen  ^ufen  unb  Trauungen 
ergaben). 

2)er  Sludbrud^  ber  Slebolution  im  SRcir}  1848  geft?ä^rte  nun  enblic^  bie  erf e^nte 
brfle  ^rei^eit  (ÄanH>e  IV,  ©.  177—205)  unb  brachte  ber  freireligiöfen  Setoegung  eine 
3ett  großen  äußeren  SBad^tumd.  6d  entfteben  neue  ©emeinben :  in  ber  ^robinj  ©ad^f en  25 
CXfc^emeben,  Dueblinburg,  Slaumburg,  ©u^l,  baut  eine  @erie  bon  ©emeinben,  bie  fxd^ 
ob  ^talen  cax  ÜRagbeburg  anfii^loffen),  in  ber  ^robinj  93ranbenburg  (@onnenburg),  in 
Sraunfd^tDetg,  in  ben  anl^tifc^en  $erjogtümem  (Semburg,  5lötl^en,  3)ef[au,  3^W  ^^ 
@(|ftaKn:)burg*9lubol{tabt,  in  ©otj^a,  in  älltenburg,  im  Jlönigreic^  ©ac^fen  (^ceipjig,  ^e^en, 
^freiburg  u.  a.),  in  Sd^leften  (^irfd^berg,  Siegni|),  Oft-  unb  3Beftt)reu^en  {Xtlftt,  ßlbing),  so 
m  £übed,l  in  ^olßein,  in  Bremen,  in  äßeftfolen,  in  92affau,  in  ^effen-^annftabt,  aük 
in  ollem  tooren  e«  me^  ate  70  neue  ©rünbungen  (bgl.  Ranip^  TV,  ©.  7—21).  Seiber 
iß  ed  nid^t  mögßd^,  über  bie  ©efamtm^l  ber  3Jlitglieber  freit)roteftantif(^er  ©emeinben  in 
gom  Detttfc^lanb  eine  ftd^ere  ©tatiftiif  aufjufteQen,  ba  bie  eini^elnen  ©emeinben  gang  ge« 
tDOtttge  6(^toan!ungen  il^red  ÜRitglieberbqtanbed  auftoeifen:  Jlönigdberg  gö^lte  3)e|ember86 
1849  3074  ©eelen,  Dfiem  1857  116  felbftftänbige  gjJitglieber ;  3Kagbeburg  gäl^lte  «nfang 
1862  an  4000  felbftftänbige  3Kitglieber,  bie  gieulonftituierung  1858  erfolgte  mU  ca.  200. 
%€tntt  ifi  ber  3^Iungdmobud  fein  einl^eitlic^er,  inbem  balb  bie  ©eelengal^l  angegeben 
tmb,  bolb  bie  3^1  ^^  felbftftänbigen  SRitglieber.  Bor  allem  ertoeift  [xd^  eine  f^arfe 
SDgrenjung  ber  freit)roteftantif(^en  ©emeinben  gegenüber  ben  beutfd^Iat^olifd[|en  ©emeinben  40 
Ott  unDolhie^bar.  @d  mu^  bal^er  bie  fummarifc^e  Slngabe  genügen,  ba^  bie  ©efamt« 
yaifl  ber  2)eutfd^Iat^oliIen  unb  ber  freien  ^roteftanten  in  ^eutfc^lanb  auf  ber  $ö^e 
1^  öeftanbe«  tttoa  150000  betragen  M  (Stampf  IV,  ©.  36). 

4.  2)ie  beutf4ien©taat^regierungen  unb  bie  freireligiöfeS3eft?egung 
1850—1858.  am23.3Wail850  traten  ba«  britte  beutfc^Iatl^olifc^e Äomil  unb  bie  britte45 
frti)9tote|lantifd^  ^gfo^ung  gu  berfelben  Qüt  unb  in  bemfelben  $aufe  in  Seit>^ig  )u 
Serl^blunaen  jjufammen.  ^iefe  l^atten  aber  laum  begonnen,  al«  bie  ^olijei  eingriff  unb 
tt^ßc^,  ®.  %  SBiiSlicenud,  Salier  2c.  be«  Sanbe«  Dertoiefen  ft?urben.  92un  tourben  am 
24.  3Rax  bie  Sef^nred^ungen  naq  Jtöt^en  Derlegt.  9lu(^  ^ier  aber  gelangten  jte  nic^t  gum 
3t<I.  3)enn  bie  Beratungen  tourben  burc^  ba«  @rfd^einen  eine«  ©elretär«  be«  SRinifterium«  co 
imtcrbnx^,  ba«  auf  ©runb  bon  ^e^efc^en  ber  f^reu^ifd^en  unb  ber  fäc^ftfc^en  9te« 
gicrung  bie  Sb^altung  ber  Berfammlung  unterfagte.  $ie  „Slealtion''  l^atte  begonnen 
(ÄttmDe  IV,  ©.  37  ff.). 

3)en  SWa^a^men  ber  SRegierungen  in  ben  öerfc^iebenen  Sänbem  bürfen  toir  l^ier  im 
eingctnen  nic^t  nad^e^en.  Über  Öfterreidb  ögl.  ÄamjjcIV,  ©.212 ff.;  über  Baiem  ebenb.  66 
6.  223  ff.  Sn  Jlur^effen  forgte  §affenj)flug  bafür,  bafe  ben  freien  ©emeinben  fogar  bie 
firc^lic^  2et<^enbeftattung  unta:fagt  toutbe,  ebenb.  @.  242.  Über  3Bürttemberg  Dgl.  ebenb. 
6.243;  über  Baben  ebenb.  ©.  243 f.;  über  ba« ©ro^l^er;|ogtum  §effen  ebenb.  ©.244 ff.; 
über  3franlfurt  a.  5K.  ebenb.  248  f. ;  über  5Waffau  ebenb.  ©.  249  f. ;  über  ^annoöer  ebenb. 
6.  250 ;  ftber  Bremen  ebenb.  ©.  250 ;  über  Hamburg  ebenb.  ©.  250  ff. ;  über  ^olftein  60 


470  SU^tfratnbe 

ebenb.  ©.254;  übcrän^olt  cbenb.  6.254;  über 3)cffau cBenb.  ©.254 ff.;  ttberSd^tootj^ 
burgsSlubolftabt  ebenb.  @.  258.  —  Sm  Äönigretd^  ©adfifen  ftellte  fw^  bie  Slegierung  auf 
ben  ©tonb^unlt,  ba^  bie  freien  ®emeinben  gar  nid^t  old  religidfe  SSereine  angufel^en  feien, 
benn  ;;0^ne  allen  ®(auben,  o^ne  nur  eine  beftimmte  SSorfteQung  bon  ®ott  giebt  ed  feine 

b  Steligion,  leinen  religiöfen  Itultu^ ,  feine  reKgiöfe  ©emeinfd^ft''  (@rla^  bed  jtultud: 
minifter«  bom  7.  gebruar  1851,  ebenb.  ©.  260).  Sielmebr  toürben,  toie  e«  in  bet 
Sirfularberorbnung  bom  5.  ^bruar  1850  ^ei^t,  ,,bie  fird^Kcpen  unb  religiöfen  ^tocd^  nur 
al^  9Sorft?anb  benüftt,  bie  ^aupttenbeng  ber  Seiter  fei  barouf  gerichtet,  i^  befbut 
tiben  bolitifc^en  93eftrebunaen  unter   fold^ier   SRa^fe  )u  t)erbreiten  unb  bad   SoS  ba< 

10  burd^i  für  bie  gefö^rHc^en  Seigren  ber  fo)iaßftifcl[|en  unb  tommuniftifd^  $ro))aganba  m^ 
^fänglicl[l  gu  mad^en''  (ebenb.  ©.  259).     älud^  bie  Slegierungen  anberer  QtaaUn  urteilten 

t)k  größten  Jtlagen  f^nb  t>on  feiten  ber  freien  ®emeinben  aber  gegen  bie  Stegterung 
in  ^reu^en  (Stampf  IV,  ©.  269—369)  erhoben  toorben,  obtool^l  Ij^ier  burd^  Slrttld  12  ber 

15  S3erfaf(ung  bom  31.  ^i^nuar  1850  „bie  ^eil^eit  ber  93ereinigung  }u  Steligtondgefelt 
fd^aften''  garantiert  toar.  ^i^^i^^^^  ^^  3BortIaut  biefer  ret)ibierten  äSerfaffung  unb  bann 
bie  „äSerorbnung  über  bie  ^erl^ütung  eined  bie  gefe^ßdjie  ^eil^eit  unb  Orbnung  gefö^rben? 
ben  3)tiprau(^  bed  SSerfammlung^s  unb  SSereinigungdrec^ted  bom  11.  3Rär)  1850"  für 
bie  freien  ©emeinben  ungünftige  ^eftimmungen  entl^ielt,  fann  ^ier  nic^t  oudeinanbergefe^ 

ao  toerben  (bgl.  Ranipt  IV,  @.  272  ff.).  @ie  fanben  iebenfaUd  eine  biefen  nachteilige  äludl^ung 
unb  boten  bie  gef e^Iid^en  3ln^a(tdi)unfte  für  ein  SSorge^en  ber  ©taatdgettHilt,  bad  nic^^t  aii^erd 
beurteilt  toerben  fann  al^  ber  Serfud^,  ben  freien  ©emeinben  bie  Si^ftengbebingunaen 
5u  entjiel^en.  ^ied  ift  auc^  bon  feiten  ber  Slegierung  beutlic^  gefogt  toorben.  &n 
Sirfular  bed  SRinifterd  bed  ^nnem  Dom  29.  ©e})tember  1851    \pxa6)    ed  oud,  bo^  bie 

25  S^ifftbentengemeinfd^aften  nxd)t  fotool^(  SReligion^efeQfd^ften  ald  k)ie(me^  ^oli^d^,  ben 
Umftur}  ber  bürgerlid[|en  unb  fojiolen  Orbnung  förbembe  SSereine  feien.  Unb  mit  ber 
@infi(l^t  in  bad  eigentlid^e  SBefen  biefer  ©efeUfc^aften  fei  für  bie  ©taat^Sregierung  bie  um 
abtoei^bare  ^flic^t  ertoad^fen,  benfelben  mit  aQen  gefe^idj^en  SRitteln  entgegenyttretcn 
(ebenb.  ©.  288).     ©onntäglic^e  ®ottedbienfte  unb  beratenbe    ®emetnbet>erfammlungen 

80  ft?erben  burc^  Militär  aufgelöft  (5.  93.  in  ^irfc^berg  unb  Siegni^  am  14.  9I))rU  uib 
5.  3Kai  1850,  Stampa  IV,  ©.  277—286),  ebenfo  bie  Bereinigung  bon  üRitaliebem  frei» 
religiöfer  (Semeinben  ju  gefeUigen  3^?^^^  h  33.  in  93re«lau,  ebenb.  ©.  286  t.),  in  jo^ 
reichen  ^äQen  ft?erben  ©emeinben  })oIi)eilid^  gefd^(offen  ().  93.  in  ^Ufit  am  17.  @e)>tembe( 
1851,  in  DuebUnburg  am  3.  S^nuar,  ebenb.  ©.  298  f.,  in  SKagbeburg  am  18. 3)igembet 

85  1B54,  ebenb.  @.  303).  Sen  ^erfuc^en  )ur  93egrünbung  neuer  ©emeinben  b>erben  faß 
unüberfteiglid^e  ^inbemiffe  in  ben  Sfeeg  gelegt  (ebenb.  ©.  309  ff.).  Die  für  bod  bürger» 
Itd^e  £eben  toic^tigen  9(mtgl^anblungen  fretreßgiöfer  $rebiger  ft?erben  bon  SSertoaltungdbel^ö^ 
tote  t)on  feiten  ber  ©eric^te  nid^t  anerfamtt  unb  ba^er  bie  burd^  Xrouungen  \cUifn 
$rebtger  gefc^Ioffenen  @^en  aU  Jlonfubinate  unb  bie  barau^  ^ert)orgegangenen  JUnber  ob 

40  augereJ^elt^e  bel^anbelt  (bie  Don  Stampz  ©.311  angeführten  ^^e  be}iel^en  fxdf  oOerbinoS 
nur  auf  beutfc^fatl^olifd^e  ^rebiger,  ober  ed  ift  nicpt  enennbar,  ba^  auf  biefon  $unBc 
regierung^feittg  eine  Unterfc^eibung  ^toifd^en  ben  Deutfd^fat^olifen  unb  ben  ^^teirdigidfcn 
gemacht  tDorben  ifi).  Slber  auc^  fird^Uc^e  9lmtdl^nb(ungen,  benen  feine  Sebeutung  für 
ba^  bürgerliche  Seben  anl^aftet,  toerben  unterfagt  unb   ed  fonnte  borfommen,  bo^  in  ber 

46  frei'et)angelif4en  ©emeinbe  )u  @^lau  am  18.  ^ai  1851  eine  9{benbmal^ldfeier  bun^  bod 
Stngretfen  eine^  ©en^barmen  unterbrod^en  tourbe  (ebenb.  ©.  313).  Su(&  bie  @rta(ung 
t)on  ^onfirmanbenunterrid^t  tourbe  unterfagt  (ebenb.  ©.  32  7  ff.).  Sin  @ria^  bed  ekKmge> 
Uferen  Oberfirc^enrat^  in  ä3erUn  t)om  10.  ^uxa  1851  ff^rac^  ftc^  über  bod  gegen  bie 
©lieber  ber  fogenannten  freien  ©emeinben  Don   feiten  ber  Diener  ber  Sanbednrd^  )» 

60  beobac^tenbe  SerJ^alten  aud  unb  Verfügte  ben  9lu^f(^lu|  ber  ©lieber  ber  freien  ®es 
meinben  Dom  Slbenbma^l,  t)on  ber  ^atenfc^aft,  bie  SSertoeigerung  ber  fird^lid^en  ^^rouung, 
bed  firc^Uc^en  93egröbntffe^,  fird^lid^er  ©ebäube,  auc^  foQte  ben  Dienern  ber  freien  ®p 
meinben  feinerlei  amtliche  ^l^ätigfeit  auf  ben  ©otte^ädfem  ber  ebangelifd^en  ©emänben 
geftattet  fein,  ftirc^enämter  burften  i^ren  93efennem  nid^t  übertragen,  i^re  Zoufen  burftcn 

66  nic^t  für  gütige  unb  toirffame  S^aufen  erad^tet,  i^rer  Konfirmation  burfte  eine  S^eutung 
nid^t  beigelegt  tDerben  unb  bie  ßl^en,  bie  biefe  Diener  eingefegnet  l^aben,  feien  feine  8^ 
im  ©inne  ber  Äirc^e  (ebenb.  ©.  316  f.). 

Die  freireligiöfen  ©emeinben  l^aben  bafür  geforgt,  ba^  feit  bem  ^ciSftt  1861  in  atten 
©i^ung^^erioben    ber   Jtammem   über    i^re  93efd^h)erben   t)er^anbelt   ft?orben   ift  (ebenb. 

60  ©.  315  ff.).    3lber  erft  bie  Übemal^me  ber  9legentfd[iaft  burd^  ben  ^rinjen  äSSUI^^  tm 


Si^tfrettttbe  471 

$veu^en  im  Ottober  1858  hxaiftt  i^nen  bie  gefotberte  f^eil^eit  ber  Setl^ätigung  t^rer 
®nmbfä^. 

pdfon  bie  SSerl^anblungen  im  Slbgeorbnetenl^au^  am  28.  ^brucrr  1859  Ueferten  ben 
9en>eid,  ba^  bie  neue  9legierung  naq  anbeten  ©runbfö^en  gu  l^anbeln  entfc^Ioffen  toax. 
Der  SRinifter  t>.  SetJ^mann^oStoeg  ertlärte  unter  anberem  (@tenogra))l^if(^e  Sendete  über  bie  6 
Ser^bhmgen  bed  9(bgeorbneten^au{ed  1. 9b,  9er(in  1859,  @.  274):  „^i^  tarn  ben  3Begfaa 
aller  ferneren  einfc^önfenben,  ^olijeilic^en  3Jta^regeln  gegen  ^armlofe  religiöfe  SSerfamm^ 
hingen,  toek^er  retigiöfen  Slid^tung  fte  aud^  angel^ören  mögen,  nur  ^erglic^  ft?iQf ommen  l^ei^en. 
2)enn  folc^  SRagregeln  tragen  mel^r  ober  toeniger  ben  S^aratter  rdigiöfer  äSerfolgung  an 
fi<^  unb  ftnb  toeber  ber  3Bürbe  bed  @taai^,  noc^  ben  (»reu^ifd^en  Xrabitionen,  noc^  unferer  lo 
Serfaffung  gemo^,  \a  fte  ftnb,  ft?enn  ic^  mic^  fo  au^brüden  barf,  nod)  t)iel  toeniger  im 
Sntereffe  ber  beiben  großen,  religiöfen  ©efeQfc^aften,  in  toelc^e  ftd^  unfer  äSolt  teilt.  @^ 
toaxt  ein  Srmutd)eugnid,  bad  biefe  großen  lird^lic^en  ®emein{d[|aften  ft^  felbft  audfteDten, 
toenn  f^e  burc^  f olc^e  3Ritte(  ftc^  erl^alten  ju  fönnen  glaubten . . .  98enn  auf  biefe  SBeif e 
ben  bifftbentifc^en  ©emeinben  bie  freiefte  Snttoidelung  getoäl^rt  ift,  fo  toirb  ed  an  i^nen  i6 
fein,  ben  Setoeii^  bed  ®eifted  unb  ber  Jtraft  gu  führen,  ben  bie  ^nbamentaltoal^r^eiten 
bed  Sl^rißentumd  im  }tt>eiten  Si^i^^ufenb  il^e^  S3eftel^en^  tä^lidf  fül^ren,  [xdf  }u  tonfoli» 
bicren,  namentlich  ftc^  mebr  )u  beftimmen  u.  f.  toJ'  Dad  biefer  äluffaffung  entf^red^enbe 
Schreiben  bed  Jtultudminifteriumd  an  ben Obertird[|enrat  Dom  19.9l))nll859  ift  oibgebrudt 
bei  ^rö^le  @.  221ff.  20 

5.  2)ie  freireligiöfen  ©emeinben  k>on  1858  bid  )ur  ©egen^ 
toart.  9(m  16.  unb  17.^uni  1859  l)ai  ein  großer  Seil  ber  beutfc^fat^olifc^en  unb  frei« 
)>roteftantif(^en  ©emeinben  [xd^  gu  bem  „Sunb  freireligiöfer  ©emeinben''  ^ufammengefdjiloffen 
(Ser^blungen  bei  Sd^lie^ung  bed  93unbed  ^eireltgiöfer  ©emeinben.  ^m  Sluftrag  ber 
Serfammbmg  ^erau^egeben  bon  S.  U^lic^,  ^agbeburg  1859),  feit  1862  nennt  er  fu^  25 
,^unD  freip  religiöfer  ©emeinben"  (9unbe«blätter  §.  1,  8).  SJie  au«  11  ärtileln  be* 
pe^enbe  93unbedk)erfaffung  bejeid^nete  al«  ©runbfa^  bed  Sunbe«:  „freie  6elbftbeftimmung 
m  aOen  religiöfen  Stngelegen^eiten",  unb  ctl^^toid:  „^örberung  unfered  religiöfen  Seben«". 
1899  ergeben  biefe  beiben  älrtitel  bie  neue^ffung:  ©runbfa^  ift  „^eie@elbftbeftimmung 
in  ollen  religiöfen  Xngelegenl^eiten  gemä^  ber  eigenen  fortfc^eitenben  @rlenntni«";  3^^^ 
ip:  ,,gdtberung  be«  bogmenfreien  religiöfen  Seben«".  Seit  1877  finbet  äße  jioei  S^^re 
eine  Sunbedl^rfammlung  ftatt,  ju  ber  jjebe  ©emeinbe  einen  Slbgeorbneten  entfenbet,  il^re 
Sefcblüffe  finb,  fotoeit  fie  nid^t  bie  SSerfaffung  betreffen,  für  bie  Sunbe^emeinben  nur 
Stotfc^löge.  R^ifd^en  ben  einzelnen  @^noben  fü|rt  bie  ©efd^äfte  ein  a\n^  fünf  3J2itgliebem 
beft^enber  Sunbedborftanb  (S>xtm  a.  a.  O.  @.  485  f.).  86 

enbe  1858  ejiftierten  nac^  Stampt  IV  @.  370  f.  in  3)eutfd^lanb  100  lonftituierte 
©emeinben,  barunter  10  fret})roteftantifcbe,  jufammen  mit  c.  30  ^rebigem,  unb  brei 
6i^n0baU)erbänbe,  ber  fc^lefifc^e,  bie  föd^ftfc^e  Sanbe^emeinfd^aft  unb  bie  füb«  unb  toeft« 
bcutfc^  ittrcM>rok>in).  ^m  ^a^re  1859  fc^loffen  \vd}  53  ©emeinben  an,  1862  lö^lte 
ber  »unb  110,  1874  gel^örten  i^m  155  an,  1899  nur  nod^  50.  Den  ©runbftodt  bilben  40 
bie  alten  ©emeinben  in  Königsberg,  Xilftt,  Dangig,  Stettin,  »erlin,  »redlau,  Stegni^ 
©drli^,  3Ragbeburg,  ^alberfUibt,  ält)olba,  ^türnberg,  ^anffurt  a.  3R.,  Offenbar^,  3)tanm 
^etm,  Siedboben,  9Rain)  (Dretod  @.  486  f.).  —  Unabl^ängtg  Don  ber  »unbedberfaffung 
beße^  )ur3^it  nod^  folgenbe  größere  Xerritoriatoerbönbe:  ber  „»erbanb  ber  beutfd^Iatl^ol. 
unb  freireligtöfen  ©emeinben  @übbeutf erlaub«"  (20  ©emeinben  mit  8200  3Jtitglieber);  45 
ber  „Oflbeutfc^e  »erbanb  freier  religiöfer  ©emeinben"  (3  ©emeinben) ;  ber  „5Probingiait 
berbonb  freiridigiöfer  ©emeinben  ©c^lefien«"  (8  ©emeinben). 

Die  beutfd^Iotl^olifd^en  ©emeinben  bed  Jlöniaretd^  @ad^fen  (©emeinben  in  Seipjig, 
Dredben  mit  3ittau,  6^emni$  unb  ©elenau)  erhielten  bie  ftaatlic^e  Slnerlennung  fcpon 
im  3a^  1848,  l^en  aber  bann  1859  fid^  nid^t  an  ben  „»unb"  anfd^liegen  bürfen  60 
unb  ou^f  1868  bon  feiten  ber  Stegierung  bie@rlaubnid  ntc^t  erhalten.  @ie  bilben  ba^er 
no^  ^eute  eine  befonbere  Organifatton  neben  bem  »unb.  Sin  ber  @^i^e  ftel^t  ber  au« 
tncr  otbentlid^n  unb  fünf  au^erorbentlic^en  3Jlitgliebem  beftel^enbe£anbe«Iird^enk)orftanb  in 
Drcdben,  ber  alle  brei  ^al^e  eine  @^nobe  beruft,  »on  feiten  ber  Sanbedftrc^e  berben 
biefe  beutf(^Iat^olif(^  ©emeinben  nic^t  aU  c^riftlic^e  aner!annt,  bal^er  toerben  Übertretenbe  66 
^tauft  unb  SRitglieber  biefer  ©emeinben  ntc^t  atö  $aten  gugelaffen.  Q.  ©.  ^inbel,  Der 
Deutf4f{at^olicidmud  in  6ad^fen,  £et))5ig  1895 ;  DretoS  @.  487  f.) 

Ueber  bie  QäSjll  ber  SRitglieber  ber  bem  »unb  angefc^loffenen  ©emeinben  ^at  gule^t 
auf  ber  18.  »unbeÄ)erfammlung  gu  Stettin  1899  ber  »orfi^enbe  bc«  »unbeStoorftanbeS 
fii^  ba^in  geäußert,  ba|  24  ©emeinben,  beren  »er^öltniffe  belannt  feien,  runb  17000@eelen6o 


472  Sidiitfreitiibe 

}dl^Ien,  toeitete  24  ©emetnben  fc^ölungdtoeife  auf  ettoa  5000  Seelen  Deronfc^Iogt  toeiben 
bürfcn,  ber  gange  Sunb  mithin  ettoa  22000  Seelen  umfaffen  tohfb.  3m  ^äyct  1865 
6ei  ber  legten  allgemeinen  3^^^^0  h?aren  ed  118  ®emetnben  mit  20  000  Seelen.  3)te 
größten  ®emeinben  fmb  gegentoärtig :   93erlin  mit  1 1 000  Seelen,  9Rannl(ieim  mit  1396, 

öDffenbad^  mit  1386,  3Wagbeburg  mit  1256  (S3unbe«blätter$.  104,  is;  ©reto«  S.488.).- 
S)eutf(I^Iat^olilen  im  ^önigrei^  Sac^fen  gab  ed  im  ^a^re  1895  1428,  injtoifd^  foD  bie 
3al^l  auf  ca.  2200  geftiegen  fein.  —  ^a^  numerif^ie  SBad^tum  ber  Setuegung  ifl  olfo 
feit  1865  fel^r  gering.  3m  Slicf  auf  bie  3«"^^*"^  b«  SeööHerung  feit  biefem  3#< 
unb  in  3lü(fr4t  barouf,  ba^  in  ber  3a^l  bon  22000  Seelen  im  3al^  1889  bie  „gw 

10  broteftanten  Slj^einl^effend''  mitgered^net  ftnb,  bie  toegen  Sinfül^rung  ber  SonbeäRn^enfleua 
ftd^  fet)arierten  —  e«  toaren  1876  4800,  1900  3600  —  toirb  man  fogor  e^  geneigt 
fein,  bon  einem  StiQftanb  )u  reben  (t)gl.  ^reh)^  S.  489).  3tod^  h>eniger  lann  gefogt 
ft?erben,  ba^  ed  ber  freireligiöfen  Setoegung  gelungen  h)&re,  aQe  93eb5llerungdf(^t(^en  in 
i^re  Äreife  l^inein^iu^iel^en.    Rantpt  tonnte  fc^on  im  3^1^^  1850  (S5b  IV  S.  371)   ber 

15  SBSal^mel^mung  fxif  nid^t  berfd^^lie^en,  bo^  bie  Seamtentoelt  unb  „bie  ^ö^ere  Sürgerflaffe^ 
ftd^  jurüd^og,  er  f))ri(^t  gerabegu  bon  „3$erarmung  an  gebilbeten  Elementen''.  Zriiefe 
@ntn)idelung  l^at  ful^,  ft?ie  ed  fc^eint,  in  ben  legten  ^a^rgel^ten  noc^  fortgefe^  unb  je^t 
bilben,  toenigftend  in  Sac^fen  unb  92orbbeutfd^lanb,  bte  Strbettertreife  icS  $au))tf ontingent 
ber  ®emeinben  (3)reh)«  S.  489  f.). 

ao  Über  bie  litterarifc^e  3$ertretung  ber  freireligiöfen  S3eft?egung  bid  )um  ^afyct  1860 
orientiert  Rantpt,  ^l)xt  ;periobifd[|e  treffe  in  ber  SegentDort  umfaßt  folgenbe  Organe :  bie 
Sunbe^blätter  (feit  1862)  in  gtomwlofen  $eften;  „®«  toerbe  Sid^t"  (feit  1870)  Mfl- 
Don  E.  Sd^oB  in  9lümberg ;  „bie  5B(orgenröte  ber  Sieformation  be«  20.  3<^K]^i^|unbertd'' 
(Jeit  1878 ;   früber  unter  bem  litel  „S)ie  ÜRorgenröte")  ^r«g.  bon  Jl  Soigt   m  Offen» 

25  bac^  a.  an. ;  „Sleligiöfe  Sieform"  (feit  1887)  ^r^.  öon  ^errenbörfer  in  XUftt;  „Dfr 
beutfc^e  Sleform"  (feit  1892)  ^r^.  bon  Sd^ul^fi^^Jlönigdberg;  „Sonntagdblott  ffir 
freie  ©emeinben  unb  beren  f^eunbe"  (feit  1896)  1^.  bon  ®.  ^fd^tm  in  SrtAm; 
„3)a«  freie  SBort"  (feit  1901),  ^albmonafc^fd^rift  begrünbet  öon  ß.  S&nger  (gcjl  18. 9lo». 
1901)  in  fjranffurt  a.  3K. 

90  ^er  Snfd^auungdtreid  ber  heutigen  freireligiöfen  ®emeinben  ifl  auf  ®ntnb  btefer 
Sitteratur  k>on  *S>xtM  a.  a.  0.  unterfuc^t  toorben.  Sinig  ftnb  fte  in  ber  Slblel^mmg  aOa 
Don  ben  d^riftlid^en  5lird^en  get)flegten  Steligion  ald  eined  erftarrten  ^ogmengloubend  unb 
al^  eined  „$robuIte$  tird^lic^en  RtDarxQtd",  einig  alfo  in  ber  92egatton,  ober  nur  in  ber 
9tegation.  $enn  eine  R^fammenfaflung  beffen,  ft?ad  nun  po^tüo  bie  jtreireligidfen  unter 

85  dleltgion  Derftel^en,  giebt  e$  nic^t,  tann  aud^  laum  jemals  in  offt}ieuer  ^rm  t>erfm^t 
ft?erben,  toeil  baburd(^  bie^eil^eit  ber  Selbftbeftimmung  beeinträd^tigt  tütirbe  unb  ein  Stwf* 
faQ  in  ben  „5lonfefftonali^mud"  einträte.  Unter  biefen  Umft&nben  ift  bie  Unbeflimml^ 
unb  Unllarl^eit  leine  gufällige  Srfd^einung  bei  ben  freireligiöfen  ®emeinben,  fonbem  um 
t>ermeiblid^  unb  bie  toefentiic^e  Sebinpung  i^rer  @r^altung.    tiefer  X^otbeftonb  totib 

40  bon  i^nen  auc^  flar  erlannt  unb,  toentgften^  in  einzelnen  {{reifen,  old  Sc^tDäd^e  em))fnm 
ben.  Sie  fmb  auf  ber  einen  Seite  geatoungen,  allen  feften  Seftimmungen  au^utoeti^ 
unb  ftnb  boburd^  baju  gelangt,  ba^  „  aued  in  ein  S^aod  fubjeltiber  Sinjelmtfc^auungen,  bie 
einanber  toiberftjretlen  unb  ftc^  gegenfeitig  aufl^eben,  aufgelöft  ifl"  (3fnAeI,  5baitf(^ 
Iatl^olici«mu«  S.  23,  3)reh)«  S.  494),  auf  ber  anberen  Seite  brängen  bie  ptali^dfm  &tf» 

45  gaben  bed  Sleligion^unterrid^t^,  ber  $rebigt,  ber  $ro})aganba  auf  fefte  gformulterungen  fjim. 
Gegenüber  btefer  S(^tt)ierigleit  toirb  eine  berfd^iebene  Stellung  eingenommen,  ^e  Of))yr€u|en, 
bie  „Äöniggbergcr"  rcjjräf cutteren  ben  redeten  ^lügel  innerhalb  ber  freireligiöfen  imb  ^en  luxj 
Slefte  c^ri^lic^er  ®ebanlen  unb  ber  9teligion^unterrid[|t  toivb  noc^  im  Xnfd^lug  an  bie  Sibd 
erteilt.  3)ie  ,;5nümbcrger  Slid^tung"  (9?ümberg,  »erlin,  Stettin,  £eib«g,  (S^emni|)  bertritt  bo« 

60  entgegengefei^te  üpctm  unb  ftel^t  Dollftönbig  auf  bem  »oben  bed  92aturalidmud  tmb  Xt^ 
mud.  3n  berSJlitte  fte^t  bte  „fttbbeutfc^e"  ®rut)))e,  bie  an  berd^riftlid^en^Dtoralnoc^fefipt 
unb  in  3^fu^  no(^  ^n  ftttlid[;ed  »orbilb  erblidft.  ^uM  f^at  Se^mmungen  iäm  b(rt 
3Befen  ber  Steligion  unb  91u$fagen  über  ®ott  au^  ben  5heifen  ber  freireligiöfen  gefdmmett 
(S.  499—504),   bie  ben  »etoei«  liefern,   bafe  Ij^ier  bie  reine  SDäillnir  ^ertfd^t  unb  grunb* 

55  fd^lic^e  »erfc^iebenl^eiten  nebeneinanber  befte^en.  3^  ^^"^  SSergid^t  auf  ben  ®lauben  on 
berfönltd^e  Unfterbltc^Ieit  fd^etnen  freiließ  toieber  alle  ®ru))))en  übereinguflimmen.  ttber  bot 
^er^ältni^  gum  Sl^riftentum,  gu  3^ud/  gur  5lird^e  tann  man  ftarl  t)on  einanber  abtoetd^enbe 
Stimmen  bemel^men,  folc^e  in  benen  noc^  alte  ^rabttionen  nac^totrlen  oud  ber  ©rftnbung^ 
jeit  ber  93en)egung,  in  ber  man  ben  »oben  bed  ©^riftentum^  ntc^t  t)erlaffen  tooHtt,  fonbon 

60  auf  biefem  »oben  für  eine  freie  Xuffaffung  ber  d^^riftlic^en  3leligion  flritt,  ober  auc^  onbeit, 


Stc^tfrettiibe  473 

benen  jebc^  c^jUid^e  ,,^teti{ltU''  ift.  S)iefer  ®egenfa|  fe^t  ftd^  'aber  nic^t  fort  in  ber 
Seiirteilung  ber  d^rifUtd^  fftrd^en.  ^emt  in  ber  Slbie^nung  biefer  ftird^en,  unb 
jtoor  ber  elxmgelifd^en  toie  ber  römifcl[|::Iat^oIi{(^en,  l^errfd^t  t)5Si0e  Sinigteit.  @ie 
(inb  bte  Statten  ber  ®eifled!ne(l^tung,  ber  ^umml^eit  unb  ber  ^euc^elei,  unb  ein 
getnb  ber  SEBa^^eü  —  Sei  biefer  ©ad^Iage  lann  ber  Äuitu«,  b.  |.  bie  gemeinfame  5 
^ottedberel^rung,  nur  eine  fel^  untergeorbnete  unb  zufällige  @teQung  einnel^men.  ^te 
ollgemetn  giltige  itultu^orbnungen  giebt  ed  über^au))t  nid^t;  bie  eingelnen  ©emeinben 
l^aben  ^er  freie  $anb.  Sud  ben  50er  unb  30er  ^Q!^xm  ift  bie  SSeobac^tung  ber  {ird^- 
Kdjfen  gfejie  too^I  noc^  in  ben  nieiftcn®cmeinben  —  aber  nic^t  in  allen;  Äönig^berg  unb 
XUfit  ).  93.  feiern  Üteuja^r,  ^immelfal^rt  unb  93u^tag  nic^t  —  in  Übung  geblieben ;  aber  10 
in  einer  txm  bem  Sinn  biefer  ^fte  toeit  abliegenben  Sebeutung.  ©0  tourbe  in  SKagbe« 
bürg  1862  äBeibnac^ten  gefeiert  al$  @rinnerung^feft  an  bie  großen  SReifter  ber  ÜJlenfd^^eit 
unb  jugleic^  cid  %^t  ber  ^eube,  bie  au^  ber  Siebe  entff^ringt,  Oftem  aU  ba^  Siege^feft 
ber  SEBoi^l^eit,  ^ftngften  dd  ba^  ^ft,  ba^  an  bie  äBic^tigleit  ber  ®emeinfd^aft  erinnert, 
S^orfreitag  aü  ber  @rinnerung^tag  an  ben  großen  SJteifter  ^efud,  ^immelfal^rt  aU  ^1^«  15 
Iing«feier  (»unbe^blätter  II,  1  bei  3)reh)«  ©.  518).  —  3)ag  Slbenbmal^I  toirb  no^  an 
mond^  Orten  gefeiert;  ^  beftel^t  in  ter  ^arrei^ung  \>on  93rot  unb  3Bein  unter  S^er« 
lefung  t)on  ©ebU^ten,  „bie  ftc^  bomel^mlic^  an  ia&  @emüt  unb  ben  SßiQen  ud^ttn",  ^n 
einer  Slbenbnta^törebe  9BeIIerd  ft?irb  bie  ^ebeutung  ber  ^anblung  atö  ,,@rinnerung  an 
jenen  t^dc^ßd^  ober  erbic^teten  älbfc^ieb  ^efu  Don  feinen  Jüngern''  beftimmt ;  für  bie  20 
ilonftnnietten  bebeutet  fte  au^erbem  „eine  3Jta^nung,  felbftftönbig  toeiter  m  beulen,  \ocS 
fte  bid  je^  unter  beiSSel^rerd  Seitung  gebac^t'',  für  bie  @rtt)ad^fenen  ,;eine  ÜJla^nung,  il^rer 
Slugenbibeale  m  }u  erinnern  u.  f.  \o."  (I)reh)«  ©.  520).  —  3)ie  2^aufe  toar  fd^on  in 
bm  60er  ^ol^ren  burdd  bie  fogenannte  „Jtinbedtoei^e''  erfe^t  ft?orben,  b.  1^.  „eine  ^ar» 
bringung  ber  JUeinen  inmitten  t)on  ^reunben  ber  @ltem,  }u  benen  über  bie  ^o^e  Se»  25 
beu^g  ber  Itleinen  gef))ro(^en  h)irb'^  Slber  biefe  „93egrü^ung  ber  9{eugeborenen''  iß 
fettbem,  toie  ed  fd^t,  me^r  unb  mel^r  au^er  Übung  gefommen.  SBaffer  h>irb  babei  nir« 
genbd  k)ertoanbt(^etod  @.  519.  521).—  Sluc^  Trauungen  finben  ftatt,  aber  o^ne  be« 
l^mmted  (Selübbe.  —  $o^uIör  ift  bie  in  aQen  ©emeinben  abgehaltene  5lonfirmation,  b.  1^. 
bie  SugenbtDeU^,  bie  ben  meift  im  9.  Seben^ja^r  beginnenbenSlxeligionSunterrid^t  abfc^lie^t,  ao 
unb  ]u  Oftem  gefeiert  ft?irb  (in  ^anjig  )u  Himmelfahrt),  ^er  äußere  Hergang  toar  in 
aStedboben  )u  Oftem  1900:  1.  93orf})ieI.  2.  93egrü^ung  burd^  SSerlefung  eined  lurjm 
(Bebt(^.  3.  ®emeinbegefang.  4.  9(nf))ra(^e  bed  $rebigerd.  5.  ©emeinbegefang.  6.  Prüfung 
ber  Jbnfinnanben.  7.  ©emeinbegefang.  8.  9(nf))ra(^e  bed  ^rebiger^  an  bie  Jtonfirmanbm 
unb  (Selübbe  berfelbm.  9.  Slufna^me  ber  5lonfirmanben  burc^  ben  93orfi|enben  unb  bm  86 
^^rdriger.  2)abet  überreid^ung  be^  Sud^ed:  „^ie  Steligion  ber  @rlenntni^''  Don  ^ieronV«" 
mid.  Sanad^  SDlegung  folgmbm  ©elübbe^  an  ben  SSorft^enben  burc^  jeben  ftonftr:: 
monben:  „ZHe  SBal^l^eit  ft?i(I  ic^  \nd)m,  ba^  ®ute  toiQ  i4  tl^un,  unb  ic^  ft?in  ftrebm 
nac^  SoOIommenl^eit''.  ^er^rebiger  giebt  i^n  bann  noc^  ein  3J2a^nh)ort,  }.93.  eine©tro))l^e 
bim  Sobenflebt  ober  Sic^tenberg.  3)arauf  ©cblu^tDort  bed  ^rebiger^.  10.  ©emeinbegefang.  40 
11.  abenbma^I.  12.  ©emeinbegefang.  13.  ©d^lutoort  (3)rch)«  ©.522).—  3)a«©efang* 
bud^  „©efdnge  für  freie  religiöfe  ©emeinben,  l^erau^gegeben  Don  bm  ©emeinbm  }u 
^Tonlfurt  0.  an.,  Offmbac^  unb  3Biedbabm''  (1868,  ju(e|t  1894),  mtl^ölt  noc^  Diele 
pmlid^  Jlird^ieber,  j.  93.  „O  ^avüpt  Doli  93Iut  unb  Sßunoen'',  freilid[|  beftel^t  gegm 
bicfed  ©efongbud^  eine  0))})ofttion.  45 

Die  fic^tfreunblic^e  Setoegung  rubte  toefentlic^  auf  bem  SKittelftanb,  ber  feine  religiöfe 
Silbung  in  ber  Slütejeit  bed  9iationaIidmu^  em))fangen  l^atte.  @ie  toax  im  9(ufftetgm,  fo« 
lange  bemgh^cttdftrebm  eine  ©e(egen^ett  jur  93et^ötigung  im  ))olitif(^m  Sebm  Derfagtttnxr. 
Xtd  bod  3Wf  1848  bm  SBeg  baju  eröffnete,  ift  ba«  ^ntereffe  Leiter  Greife  für  bie  \pt^ 
{ififd^  tdigidfe  §rei^tdbeft?egung  rafc^  erlofd^m.  ^a^  e^  bm  lic^tfrmnblic^m  ftreifm  im  co 
oBaemeinm  an  93elennermut  aefel^lt  f^at,  ift  eine  Don  ^am^e  II  ©.  178  f.  ^erDorge^obme 
SrfdE^ttmtng,  bie  im  93Iid(  auf  bm  Mangel  an  einem  beftimmten  äSeImntnid  nid^t  unDer« 
flonblic^  iß  unb  gugleid^  bie  ^^atfad^e  erflärt,  ba^  auc^  bie  3^^  ^^^  ^Verfolgungen  nic^t 
im  ftmibe  getoefm  ifi,  ber  S3etoegung  m  neuem  Sebm  )u  Dcrl^elfm.  9lur  lurje  Rüt 
toat  bie  Setoegung  eine  ^otenj  im  Krc^lic^en  Sebm  3)mtfd^lanb^,  aber  fte  l^at  biefe  ^e^  66 
bctttung  niemals  grö^erm  Seiftungm  Dcrbanft,  fonbem  toefmtlic^  bemUmftanb,  ba^  man 
i^  fol^  gutraute  unb  Don  i^r  l^offte  ober  befürchtete,  ^ie  ©efc^ic^te  ber  freim  ©emeinben 
fett  1859  unb  i^  l^mtigeSefd^affenl^eit  lägt  mit  jiemlic^erSic^er^eit  il;re  toeitereSnttDidfelung 
Doraudfel^  „Sie  Sleße  Don  religiöfem  Seft$,  bm  bie  freireligiöfm  ©emeinbm  Don  bm 
Sotem  eredt,  y^m  ^6)  langfam  ober  rid[|tiger,  mit  giemli^ier  ©qneQigleit  auf.  Sie  jtrift^,  in  go 


474  fitil^tfretmke  Sibbott 

ber  ftd^  augenblicllicl[l  biefe  ©emeinben  befinben,  ft?itb  t)oraudft(l^t(t(l^  mit  bem  t>bfrx^m9bf 
fb^en  alle«  bcffen,  4oa«  an  SlcUgion  erinnert,  enben.  3)ie  2inle  tohrb  ben  ©ieg  b<ttHm 
tragen.  @ie  ft?irb  ed  enblic^  boc^  noc^  burc^fe^en,  ba^  ber  S3unb  ein  „Setenntntd''  auf« 
fteQt,  b.  ^.  bag  er  bie  völlige  92egatii)n,  ben  reinen  naturtt)if(enf(^aftli(^en  SRonidmud  unb 
b  9[tl^ei^mud  auf  feine  ^ne  fd^^reibt.  ^ad  ft?irb  jur  älbf))rengun9  ber  (Elemente  fü^, 
bie  noc^  anbere  ßi^^^  verfolgen.  3)ie  freireligiöfen  ©emeinben,  t)ielfad^  ie|t  fc^on  @es 
meinben  o^ne  unb  ft?iber  S^eligion,  ft?erben  ^u  freibenlerifd^^en  Vereinen  fiep  toetter  ent^ 
toiieln"  (2)reto^  ©.  526).  C«tl  «irlt. 

Sti^tnteffe  f.  SRaria. 

10         girittiiid,  Äöifer  f.  8b.  IV  ©.  682,36. 

Stbbon,  $enrö  5ßarrV,    englifd^er  Äangelrebner,   gefL  1890.    —   Tim«, 

10.  @ept.  1890;  Guardian,  @ept.  1890;  Dict.  of  Nat.  Biogr.  ed.  Sidney  Lee,  voL  XXXIII, 
©ü.  ürdji.  «Iniclger,  1890,  9h:.  40. 

am  20.  äluguft  1829  al^  ältefter  6o^n  bed  $au))tmannd  3R.  Sibbon  in  6tone^ 

16  geboren,  befucl[|te  S.  eine  @lementarf(l^u(e  in  6o(^ton,  ^ebonfl^ire;  in  einen  Sogen  ba 
^ime^  geJ^üQt  unb  t)on  ber  ©d^ulbanl  aud  feinen  SRitfc^üIem  „^rebigten''  ^abmb,  tm* 
riet  ber  5lnabe  im  @^ie(  feine  f^ätere  Seftimmung  unb  machte  bod  @))ric^toovt,  bc^  ber 
^unge  ber  33ater  bed  3Jlanned  fei,  früi^  ft?a^r.  ^n  ber  Sateinfc^ule  t)Dn  ä^ie  Stegi« 
befc(^äftigte  er  ftd^  mit  bramatifd^^en  SSerfuc^en,  jugleid^i  93erfaf|er  unb  Spieler  feiner  „'J^ 

aogöbien''.  @eit  1841  ftubierte  er  im  King's  College,  Sonbon;  l^ier  ft?urbe^eb.  ßacrifon 
auf  ben  little  priest,  ben  feine  @tubiengenof{en  fd^on  bamold  in  Siebe  unb  S^rfinc^ 
al^  geift(i(^en  ^ü^rer  betrad^teten,  aufmerrfam.  9Ud  17  i&l^riger  ^Jüngling  fe|te  er  in 
S^rift  g^urd^,  D^orb  feine  @tubien  fort,  ertparb  bort  bie  ^erlömmlid^en  ®robe  unb  tourbe 
1852  t)on  Sifc^of  @am.  SBilberforce  orbiniert.    Sin  ber  Unit>erfität  fonb  er  in  ben  tiai^ 

36  mald  ju  l^ol^en  Ämtern  gelangten  Sorb  Seaud^am^,  Sorb  Samart)on,  Sorb  @alteburv, 
St.  3n.  Senfon  (Sotvle^)  ^reunbe,  mit  benen  er  bid  on^  SebeniSenbe  berbunben  bfieb; 
nic^t  minber  eng  ft?urbe  feine  ^erbinbung  mit  ben  ^l^rem  ber  Oiforber  9eit>cgung, 
äJlarriot,  3Jl.  ^.  ^o^nfon,  fteble  unb  $ufe^,  bem  er  eng  vertraut  toor.  2)ad  ^J[bea(  eined 
})riefterli(^en,  bem^ienfte  (Sottet  unb  ber  Slrmen  getDei^ten  Sebend  na^m  in  ber  Osforber 

80  Suft  t)on  feiner  6eele  93eft^,  unb  unter  ber  ftttlic^en  925tigung  feinet  Orbination^eUlbbed 
tvurbe  er  im  Sief))un!t  feinet  Innenlebens  t)on  einem  glül^enben  @ifer,  fu^  gegen  hau 
überlieferte  ^ormentum  ber  firc^lic^en  Drbnungen  burd^jufe^en,  ergriffen.  ^.  91.  9Ra&s 
noc^ie,  ber  infolge  feinet  unbeugfamen  äßiberftanbed  gegen  Sie  tird^lic^en  Obern  \p&ta  M 
betDunberte  unb  gefc^mä^te  9litualift  t)on   @t.  SUban  S  in  Sonbon,  fc^ürte  btefen  Sifer. 

86  93eibe  tvaren  bamalS  ^ilfi^^rebiger  in  SBantage ;  ^ier  fd^on  regte  ber  oratorif(^e@eniud  in  2. 
feine  @(^tt)ingen.  ^er  junge  ^ann,  fagte  bamali^  jemanb  bon  i^m,  ^rebigt  beffer  att 
äJlanning.  92iemald,  tDeber  auf  ber  Jlanjel  noc^  im  ®ef))rä(^e,  l^ielt  er  mit  feinen  9(m 
ftd^ien  l^inter  bem  Serge  unb  bertrat  fie  mit  jener  @ntfc^ieben^eit,  bie  bem  9Ranne  @im 
flufe  über  bie  ©cmüter  fiebert.    S)iefer  junge  ^Priefter,  fagte  Sifct^of  SBilberfotce,  ber  üfii 

40  1854  als  3}ice  ^rincit^al  an  fein  tl^eologifc^eS  SubbeSbon  College  berief,  befU^  eine 
9BillenSftär{e,  einen  Feuereifer,  eine  ^tu^eloftgteit  unb  eine  ^^antafie,  bie  i^  faß  loibci 
SBillcn  jtDingen,  in  bie  §erjen  feiner  §örer  ben  enH)finbungSton  ju  legen,  ber  fein 
eigener  toar.    3luS  ben   balb   erfolgcnbcn  Übertritten  ber  Stubenten   nac^  3lom  -—  bie 

fallen  fc^toanfen  (cttDa  8)  —  ergab  fid^,  auf  tDeldf^e  9lote  biefer  S^on  geftimmt  toör. 
.,  bejf en  gefc^lof{ene  ^erfönlid^feit  bie  jungen  Seute  in  il^ren  Sann  )tt>ang,  geriet  infolge» 
beS  mit  feinem  i^m  fonft  tbo^lgeftnnten  Sifd^of  in  grunbfä^lic^e  Aonflüte;  otö  ®oliptd9 
unb  bie  Duarterl^  StebieU)  (1858)  ben  jungen  ^oc^Iirc^enmann  auf«  ^eftigfkc  angriffen, 
bermoc^te  933ilberforce  auS  btefem  @runbe  ä.  nxd)t  grünblic^  }u  fc^ü^en,  unb  biefer  gab 
1859  ßubbeSnon  auf. 

60  3lai)  Osforb  ^urüdfgele^rt,  trat  er  in  enge  S<^iel^ung  }u  3B.  St.  ^amtlton,  bem 
Sifc^of  bon  ©alisburv,  bem  er  neben  Äeble  unb  ^ufe^  ben  tiefften  @mflu|  auf  bie 
^ormung  feiner  t^eologifc^en  unb  ftrc^lic^en  3lnf(^auungen  ^ufc^reibt;  bei  bem  Hirtenbriefe, 
in  bem  Hamilton  [xd)  offen  ^u  ber  umstrittenen  Se^re  t)on  ber  Real  Presence  Script 
im  äbenbma^l  belanntc,   ^atte  ä.  feine  ^anb  mit  im  6))iel. 

66  3Jtit  feiner  Ernennung  ^um  UniDerfitätS^rebiger  (feit  1863 ;  bann  öfters  bis  1890),  auf 
ber  berühmten  ^ngel  bon  @t.  3)2ar^'S,  auf  ber  er  bie  eigentümlichen  @aben  fetner  ota^ 
torifd[ien  ftraft  )u  entfalten  begann,  gelangte  er  raf(^  }u  öffentlichem  älnf^en.    9bu^  ^ 


Stbbon  475 

bte  Dtganifation  unb  bte  5lir(l^en))o(ttiI  bet  9(Iabemte  griff  er,  an  $ufe^  Seite,  Iräftig, 
ober  mc^t  immer  erfolgreich  ein.  ^er  Übergang  Oirforb^  in  neue  formen  ber  SiertDolt 
tung,  bie  t)on  ber  Uniberfitied  Sommifton  Don  1882  feftgefteüt  tourben,  erfc^ien  il^m 
old  grunbfä|Iicl[|e  Sntttrd^lid^ung  ber  Unit)erfttöt ;  ebenfo  erfolglos  blieb  fein  fiam^f  gegen 
bie  ßulaffung  k>on  flauen  jum  otabemifc^en  @tubium.  b 

3n  6t.  SRar^'d  ^ielt  er  (bon  1866  an)  jene  berühmte  Steige  Don  ^JJrebigten,  bie  er 
bann  oI«  9anH)ton  Secture«  u.  b.  %,:  „3)ie  ©ott^eit  unfereö  §erm  unb  §eilanbeg 
3efu  E^rifK"  Veröffentlichte  (juerji  1866,  feitbem  in  15  Sluflagen  erfc^ienen,  auc^  in« 
^eutfc^e  überfe^t);  an  f^elulotiber  Sd^ärfe  tommen  fte  ben  ct^nlic^en  älrbeiten  ^anfetö 
unb  3Ro3(e)^  md^t  gleich,  aber  bie  lird^Iid^e  £el^re  ift  feiten  mit  gleid^er  Jtraft  unb  SSärme  lo 
borgefteOt  toorben;  nac^  ber  Sl^urd^.  Xime«  finb  fte  ba«  le^te  3Bort  über  biefen  ar- 
ticulus  stantis  et  cadentis  ecciesiae,  ba«  auf  ort^obo^  @eite  geff^rod^en  ifi  unb 
niemals  Veralten  toirb. 

Settbem  galt  er  al«  einer  ber   einflu^reid^ften  f^l^rer  bed  ^od[|tird^entumd.    ^m 
^(äpct  1870  ^ielt  er  in  ber  Domel^men  @t.  ^amed'  Jtird^e  (^iccabtU^)   eine  neue  Steige  i6 
$rebißten  (f^dter  u.  b.  %.  Some  Elements  of  Religion  gebrudt,   7.  SIufL  1891),  bie 
tro(  t^er  anfjmu^oQen  Sänge  ein  ungel^eured  äluffe|en   enegten  unb  bad  gange  bor« 
ne^e  unb  gebilbete  3Beftenb  unter  feine  kanitl  gogen.  ^n  ber  ^olge  bot  il^m  ©labftone 
ein  Slanonitat  an  ber  ^auldtird^e  (Sonbon)  an,  bad  er  annahm.    3)a«  toar  bie  Stelle, 
bie  tme  leine  onbere  ber  glücflid^en  9(udtt>ir!ung  ber  ®aben  feine«  ®eifte«,  vor  allem  feiner  20 
glonjenben  Serebfamleit  förberlid^  tourbe.  3)urd^  feine  machtvollen,  formVoQenbeten  Sieben 
^tDonn  er  bie  toeiteften  Rreife  a\a  Äirc^e  unb  —  3)iffent ;  bie  Slebenfangel   feiner  erften 
$rAt0ten  mu^e  er  mit  ber  Jtangel  unter  ber  Ruüppd,  von  ber  an^  er  ben  ^axcptttü  ber 
großen  JKrc^e  bel^rrfd^te,  Vertoufc^en,  unb  ^ier  laufd^ten  3J2änner  unb  ^auen  dier  6tänbe, 
Stationen  unb  ®lauben«belenntniffe  feiner  f^adfenben  Stebe.    @r  l^atte  ftd^  an  ben  großen  26 
fran)5ftf(^en  jtangebebnem,  befonber«  93offuet,  93ourbaIoue  unb  Sacorbaire  gebilbet.  Seine 
^rebigt  fleDt  fc^arf  umriffen   einen  ganj  einfad^en  ®Iauben«faj^  ^in  unb  erörtert  i^n, 
eben  fo  fem  Von  fi)i$ftnbiger  Xiftelei  toie  Von  l^o^lem  $at^o«,  in  burd^ftd^tiger  jtlari^eii 
Son  ben  verfd^iebenften  Seiten  fallen  bie  Sid^ter  einer   tiefen  3Jtebitation  unb  gereifter 
Stfo^rung  auf  ben2)e£t,  Sintoänbe,  toirttid^e  ober  fd^einbare,  werben  er(;oben  unb  au«  beraa 
ßin^  einer  c^afterVoQen  3BeItanf^auung  f^nau^  gelöft,  vie  freiließ  nur  in  ber  SSer« 
gangen^eit  tourjelte  unb  bem  Sid^te  neuer  @rlenntnifje   unb  @ntbedhtngen  fu^  verfagte: 
me^  iUar^  unb  Jlraft  be«  Setoeife«  al«  3S$ärme  unb  ^nnigteit,  ba«  @ange  aber  über« 
goffen  von  bem  Steige  oratorifc^er  Sd^önl^eit  unb  ^rac^t,   bie  an  SSoffuet   je   unb  bann 
erinnert.    @r  toill  niemal«  blenben,  immer  betoeifen  unb  übeneben;  nic^t  burc^  geiftreic^86 
(Stnf&Qe  unb  origineQe  ^r)im,   ntd^t  butc^  ba«  Sc^Iagn^ort  ber  2:age«))l^ilofo))^ie,  aucß 
nid^t  huxdf  bie  Steuer  ber  ©ottinnigleit  —  Von  bem  nebell^aften  Seutoni«mu«  ßatl^le« 
tooHU   er  nid^t«  toiflen  — ,   aber  bie  3Mittel  einer  fcinfmnigen  ©cbanlenfül^rung,    eine« 
fd^en  Sarla«mu«  unb  fatten  ^umor«,  Verbunben  mit  grünblic^er  ^enntni«  be«  menfc^ 
l\d^  $er)en«,   lie^  er  toirfen,   toobei  ber   3lbe(    feine«   au«brud«VoD[en  ©eftd^t«,  feine  40 
^0^  ®efiUitt  unb   bie  JtlangfüQe  feine«  Organ«  ben  ©tnbrud  auf  ben  $örer  toefentlicß 
unterfiü^^. 

9hu^  auf  bte  ^olitifc^en  SSorgänge  be«  Xage«  na^m  er  in  ben  ^rebigten  93e^ug. 
90«  iunger  9Rann  b^tte  er  in  tieffter  Sntrüftung  bte  englifd^e  $oltttf  im  Jtrimfnege 
Verbmnmt;  1876  forberte  er  ben  türlifc^en  ©rcucin  in  Bulgarien  gegenüber  im  33erein46 
mit  aWc.  ©oB  ba«  ©infc^reiten  ©nglanb«  au«  rittlicb'-religiöfen  ©rünben,  unb  1881  ver» 
urteilte  er  in  Vier  $rebigten,  bie  er  nod^  in  bemfelben  ^ci^x^  u.  b.  I.  Thoughts  on 
Present  Troubles  brutfen  Ke^,  bie  unfircbUcbe  Haltung  be«  3l))J)enbofe«  gegen  bie  2lu«« 
fC^reitungen  ber  Stitualiften  ^ale  unb  @nragbt;  enbltc^  er^ob  er  al«  SRitglieb  ber  ro« 
monifierenben  Gljjurd^  Union  (feit  1867)  al«  einer  ber  elften  bie  ^ne  be«  Slufru^r«  60 
gegen  bie  Entfärbungen  be«  ©el^eimen  9tat«  im  ^ade  ^urc^a«. 

8i«  an  fein  @nbe  blieb  er  ber  Sorläm^fer  für  ba«  J^oc^firc^lid^e  @lauben«=  unb 
2eben«ibea(  unb  fe^te,  toöJ^renb  er  fxd)  felbft  von  bem  t^5rid[|ten  3J2ummenfc^ang  ber 
rüualt{üf(^  (Stferer  fem  l^ielt,  gegen  jcbe  fic^  bcrt)otbrängenbe  „))roteftantifd^e"  Siegung 
femm  (^^u^  ein.  I^n  Jtonfequem  biefcr  Überzeugungen  batte  er  fc^on  1871  bte  Sin- 55 
griffe  ber  liberalifterenbm  ßvangelifcben  auf  ben  tociteren  lird^Iicbcn  (Scbraucb  bc«  SltJ^ana« 
nomtm«  gurüdgetviefm  unb  ftd^  im  ^I^etlauf  be«  Streit«  bem  ^rima«  gegenüber  bi«  ^ur 
S)ro^g  l^nrei^m  laffen,  er  toetbc  feine  fämtlicben  Äitc^enämter  nieberlegen,  tocnn  bem 
Crebo  feine  SteÖe  im  5ßra^erbooI  genommen  loerbe;  nur  auf  bie  Serbammung«naufcln 
fei  er  ^  Verjic^tm  bereit  Salb  barauf  trat  er  in  ber  Xime«  für  bie  me^r  al«  ^albrömifd^m  er 


476  Sibboit  Sitte 

Anglican  Books  of  Devotion  ein  (1874/75)  unb  Verlangte  ecfolgretd^  1888  Kt 
SQiiäer^erfteQung  bed  ongltlanifd^en  Sidtum^  ^erufalem  unter  9(blel^ung  ber  pttü^\i^ 
lutl^erifd^en  ÜRittüirlung.  2)en  orientalifd^en  Jtird^en  tarn  er  auf  ber  Smie  biefer  am 
fc^uungen  immer  nö^er ;  Don  il^nen  tüie  Don  bem  3(ltIatl^oIici$mud,  beffen  ^ü^rer  (ßta\äi, 

6  SöDinger,  So^fon)  il^m  na^  befreunbet  toaren,  erhoffte  er  bie  Snglid^ening  an  bie  ent? 
})roteftantijterte  „fat^olifc^e"  ©taat^fir^e. 

©eit  1871  ^ttc  er  in  Djforb  eine  ?Profefjur  ber  ®jegefe  übernommen ;  bort  machte 
er  burc^  feine  SSorträge  in  Godege  unb  Jtirc^e  in  todten  tirc^lid^en  jtreifen  $ro)Kmaii^ 
für  bie  ritualiftifc^e  ©ad^e.    9(Id  einer  ber  erften  rief  er  gur  ©rünbung  erjl  bed  Kdble>, 

10  bann  be^  $ufe^  $ou{e,  in  benen  ber  burc^  i^re  !Ramen  bezeichnete  |^0(i(;lirc^lid^e  ®eifi 
feine  n)if[enf(i^aft(ic^e  ^eimftötte  fanb,  auf.  9(6er  fein  )ßerl^altnid  )u  ben  fül^renben  Wtanntxn 
ber  UniDerfität,  gule^t  aud^  gtt  ben  SSorfiönben  ber  eben  genannten  ©tubienl^fer  geftoltete 
ftd^  Don  ^al^x  gu  ^a^x  fd^toiertger.  @d  toar  i^m  bef^^ieben,  bie  öffentlid^e  9(rbeit  feinet  Sebend 
mit  einem  bonnemben  angriff  auf  —  feine  eigene  Partei  gu  befc^Refeen.    ®ie  faji  un« 

15  eingefd^rönlte  9(nertennung,  bie  61^.  ®ore,  ber  SSorftanb  bed  $ufe^  ^oufe  unb  ^reunb 
2,^,  ben  (Srgebniffen  ber  alttcfi  Ariti!  Don  Steu^-SQieQl^aufen  in  bem  1890  erfc^ienenen 
SBud^e  Lux  Mundi  au^\pxai^,  bejeid^nete  er  dffentlid^  al^  eine  SSerirrung  fetner  ^ßcortd 
^on  einer  toiffenfc^aftlid^en  ^ortfd^ritt^artei  bed  9(ngIoIat]^oIici^mu^,  bie  oDerbtngd  im 
^arteiral^men  aU  eine  9(fterbilbung  erfd^eint,  l^ieltS.,  ber  SSertreter  eined  ma^Doflen  $od^ 

20  firc^entumg,  ebenfon^enig  toie  Don  ben  ritualcn  Siferem,  beren  ©efic^tdlreid  über  Stouc^fol 
unb  ^rogeffton^Ireug  nid^t  ^inau^ing.  ®$  ift  ein  ^rtum,  il^n,  toie  ed  gefc^el^,  oSS  ben 
X^))u$  eined  freiftnnigen  ^oc^tirc^enmann^  gu  begei^nen:  in  feiner  le^en  $rä>igt  nodf 
(am  ^fingftfonntag  1890)  beläm))fte  er  mit  flammenber  @ntrü{htng  biefc  totffenfc^a^ 
lid^  Xenbengen  ber  l^od^lirc^Iic^en  jungen  unb  lel^nte  fc^roff  bie  2[nf))irationdIe^,  toie 

26  fte  ber  in  ber  Jtirc^e  mit  ann^efenbe  @ore  in  jenem  33ud^e  (8.  9uffa$ :  The  Holy  Spirit 
and  Inspiration)  Dertreten  Tratte,  ab. 

$oIitifd^  liberal  unb  mit  @Iabftone  ))erf5nlic^  befreunbet,  toar  S.  lird^ltd^  ein  er« 
leud^teter  ^onferDatiDer  ber  alten  ©d^ule  mit  ftarfer  ritualifHfc^er  Setmifd^ung.  Wt 
feinem  ^ugenbfreunbe,  bem  Warquid  of  ©alidbur^,  blieb  er  bid  gum  Xobe  no^  Der» 

80  bunben ;  in  ber  SBa^I  Krc^Iid^er  SQiürbenträger  foD  fein  9lat  im  ÜRinifterium  oft  ent< 
fc^eibenb  gen^efen  fein.  @r  felbft,  ber  Don  frü^  an  toie  gum  Sifd^of  DorauSbeftimmt  fc^en, 
^at  tro^  ber  il^m  Don  ©labftone  unb  ©alt^bur^  gemachten  Angebote  ein  Si^tum  niemals 
angenommen.  SSielleid^t  toar  ber  @runb  für  bie  9(b(d^nung  ba^  SSerlangen  nad^  9Ru^, 
bie  er  in  ben  legten  Seben^ja^ren  für  bie   il^m  an^  ^erg  getoad^fene  93iogra))^ie  feinet 

85§reunbed  $ufe^  fud^te;  för^^erlic^e  Seiben  Derl^inbertcn  ben  ^bfc^lujs  biefer  Arbeit,  bie  er 
ald  bie  Hauptaufgabe  feinet  Seben^  gu  begeid^nen  gen^o^nt  toar.  @in  Slufent^  an  ber 
©ee  blieb  toirhmg^lo^;  am  9.  ©ej)tember  1890  ging  er  b^m. 

SSon  S.d  ©Triften  (ol^ne  bie  obengenannten)  nenne  id^  bie  toic^tigeren :  Sermons 
of  God   (aud^  u.  b.  2;.    Serm.    preached  before  the  Univers,  of  Oxf.),    8.  SbifL 

40  1884 ;  gufammen  mit  einer  2.  ©ene,  Sonbon  1891 ;  Evening  Gommunions  oontrary 
to  the  Teaching  and  Practice  of  the  Church  in  all  Ages,  Sonbon  1876;  Easter 
in  St.Paul's,  2  voll.,  Sonbon  1885;  Advent  in  St.  Paulis,  2  voll.,  Sonbon  1888; 
Christmas  Tide  in  St.  Paul's,  Sonbon  1889;  Passion  Tide  Sermons,  Sonbon 
1891;    Sermons   on   Old  Test.  Subjects,  Sonbon  1891;  Serm.  on  some  Words 

46  of  Christ,  Sonbon  1892 ;  Essays  and  Addresses,  Sonbon  1892 ;  Life  of  Dr.  l^sey, 
Don  S.  im  ^a^re  1883  begonnen,  aber  bei  feinem  S£obe  nidbt  gum  9(bfc^(u^  gebrac^,  i^ 
ingloifc^en  erfc^ienen,  Don  3-  D.  go^nftone  unb  3t.  3-  SSSUfö"  beforgt,  vol.  I  unb  11, 
Sonbon  1893;  vol.  III,  1894.  tRnboIf  »«bbeiifiei. 

fiibtoitio  f.  Sb  III  ©.  509,  i3— 510,  i7. 

60  Siebe,  einer  ber  toid^tigflen  unb  umfafjenbjtcn  biblifc^-c^rifttic^en  SSegriffe,  ber  fo« 
too^I  für  bie  2)ogmatt!  atö  für  bie  (St^i!  grunbtegenbe  Sebeutung  ^ot,  aber  aud^  bor  unb 
au^er  bem  Sl^riftenhtm  in  ^^iIofo))bie  unb  Sitterahtr  aller  SSöIter  unb  3^^^  ^^^  ^ 
Donagenbe  ©teile  einnimmt.  SSerfud^en  toir  ben  überreichen  ©toff  in  tl^mlid^fhr  itürgc 
gufammengufaffen. 

66  Siebe  ift  ba^jenige  SSei^i^ältni^  gtoifd^en  $erfon  tmb  $erfon,  in  toeld^em  ein  3^  i^ 
an  ba^  anbere  bingiebt,  fo  ba^  eine^  im  anberen  ftc^  finbet,  eined  ba^  aiü)ae  f^ffic  oc^td 
benn  fu^  fe(bft  ($l^i(  2, 3).  ^n  ber  DoDIommenen  Siebe  erfd^eint  bod  ©innen  unb 
Srac^ten  ber  @e(bftfucl^t  Don  bem  eigenen  ^ä)  abgelöft   unb  auf  bad  3<^  bed  ©eTtebten 


Siebe  477 

9eta>enbet  (ib.  v.  4).  Siebe  ifi  al\o  \>id  me^  aU  92etgung,  tft  aber  gar  nid^t  nottüenbig 
Uebemnftimmung  in  3Reinungen  ober  9(n{tc^ten,  fonbem  ein  ))erfönltc^ed  @indfein^  toie  ed 
unter  SRenfd^en  teild  in  ber  ^reunbfc^aft,  teild  in  ber  @l^e,  jeboc^  nur  in  feltenen  ^^en 
gong  ft(^  toertoirnid^t  ftnbet. 

1.  5Die  Siebe  ate  SBefen  ®otteg.  1  3o  4, 16  l^eifet  e3  gerabegu:  „(Sott  ift  Siebe",  s 
Sine  meta))l^)^{tjc^e  Seftimmung  beiS  göttUd^en  3Befen$  n)iQ  bamtt  nic^t  gegeben  fein, 
{on^em  bod  SBerl^olten  ©otted  gegen  un^  toirb  aü  Siebe  befc^rieben.  ®(eic^h)o^(  ift  aud 
btefer  SteQe  ein  Stüdfc^Iu^  auf  bad  3Befen  @otted  gegogen  unb  bie  Siebe  gum  Slu^ 
gang^unlt  für  93erfud^e,  bad  ©e^eimnid  ber  @ott^eit,  nä^er  ber  immanenten  3:rinität 
m  a:f(^Iie|en,  gemad^t  toorben.  Sa$  tl^at  fc^on  9(uguftin.  @))äter  Derlie^  befonber^  lo 
Slic^b  toon  @.  SSittor  bie  Jtonftruftion  ber  3:rinität  au$  bem  göttlichen  @elbfts 
betou^tfein  unb  leitete  bad  äSerl^ältnid  ber  brei  göttlichen  $^))oftafen  aud  bem  ^ringi)) 
ber  Siebe  ab  (de  Trin.  III,  11).  2)er  SSater  liebt  ben  ©o|n,  ber  ©o^n  redamando 
ben  Soter,  beiber  Siebe  Dereinigt  fid^  in  ber  condilectio  bed  i^nen  gemeinfamen  Objett^ 
ber  Siebe,  toeU^  ber  j^I.  ©eift  ift.  ^n  neuerer  3<^it  f)(ä)cti  Siebner  (S^riftl.  Dogmatil  15 
aud  bem  d^ftolog.  $rimip  1849)  unb  Sartoriud  (3)ie  ^t.  Siebe  I,  1851)  biefe  auf  ben 
erfien  9Iid  {Ic^  fe||r  em))fe^Ienbe  Slbleitung  toieber  aufgenommen  unb  tueiter  au^ebilbet, 
oDerbing^  o^ne  bie  il^r  an^aftenbe  Ungulänglic^teit  überh)inben  gu  fönnen,  tuetc^e  barin 
liegt,  bog  bie  ^^))oftafen  bed  SSaterd  unb  bed  ©o^ned  nic^t  genug  au^nanbertreten  unb 
bie  bed  ^I.  ©eifted  me^r  aU  ^robutt  benn  cdi  %ditox  bed  göttlid^en  Siebe^rogef[ed  er«  20 
{(^eini  ^mmerl^in  ^ebt  biefe  @d^h)ierigleit,  mit  toelc^er  h>ir  und  ^ier  nic^t  einge^enber 
)u  befaffen  ^aben,  ben  ©en^inn  nid^t  auf,  ber  ani  ber  S3etrac^tung  bed  göttlid^en  äBefend 
unter  bem  ©efu^t^untt  ber  Siebe  für  bie  religiöfe  @rtenntnid  ein  für  ademal  ftc^  er« 
geben  fyd,  tuie  benn  aud^  bie  neueften  Erörterungen  bed  trinitarifc^en  ^roblemd  bon 
JDomer  (©Vfiew  *>«  d^ftlidben  ©laubenäe^re  I,  ©.  395  ff.,  427,  437)  unb  öon  grani  25 
(©Vf^^nt  ber  d^riftlid^en  äBa^r^eit  I)  in  il^ren  Jtonftruhionen  bem  ^ringi))  ber  Siebe 
einen  tuefentlic^en  ^Ia$  einräumen.  3Ran  mag  ben  innergöttlid^en  Sebendireiäauf  fo 
ober  fo  toorfteDen,  immer  bleibt  bie  Siebe  im  l^ö^ften  ©inne  ber  ovvdeauog  i^g  teXeiö- 
xrixog  (Äol  3, 14)  für  bie  brei  ^crfonen  ber  3)reieiniglcit  toie  für  bie  )BieI^eit  ber  gött« 
liefen  Sigenfc^en.  ao 

2.  9Die  Siebe  ci&  ©d^ö))fung^rin)i^.  Entgegen  aller  fodmogonifd^en  ^eorie,  toeld^e 
bie  Sntfte^ung  ber  äBelt,  fei  ed  avA  einem  SJiangel,  fei  ed  aud  einer  Überfülle  bed  gött« 
lic^  ©eind  erflären  toill,  auc^  entgegen  aQer  c^riftlic^en  2)oftrin,  toeld^e  ben  abfoluten 
SBiDen  ©otte«  für  ben  ©runb  unb  bie  ©r^ö^ung  feiner  (g^re  für  ben  Stoed  ber  SBelt« 
fc^fung  erad(|tet,  machen  toir  ald  $ringip  ber  ©c^ö))fung  bie  Siebe  geltenb  unbss 
fogen:  ©ott  ^  bie  SBelt  gefc^affen,  um  au^er  ftc^,  aber  für  ftd^  ein  9teic^  ber  Siebe  )u 
l^en,  bod  feine  Siebe  bur^toaben  unb  in  tin  Ireatürlic^ed  9lbbUb  feinet  etoigen  Siebet« 
lebend  berltören  foQ.  @r  ^at  fo  getl^an,  nid^^t  toeil  er  o|ne  fotc^e  SÖSett  nic^t  fein,  ober 
ni^t  feiig  fein,  ober  nic^t  fic^  felbft  genügen  tonnte,  fonbem  ba  feiner  äBeid^eit  bie 
9Röglic^Ieit  eined  ©eind  au^er  il^m  betonet  ift  unb  a\xi  biefer  ÜRöglici^feit  bie  ^bee  einer  40 
SBeU  i^m  etoig  gegentoärtig  ift  i^x  8,  22—30),  fo  \^ai  feine  Siebe,  bie  Suft  jum  Seben 
I^it  (ib.  V.  31 ;  3)t  33,  3),  bie  Sbee  öertoirflic^t  ju  feinem  SBoblgcfatten  (©en  1, 31). 
©eine  Siebe  teilt  fic^  biefer  SBelt  mit  bid  ya  bem  ^o  3, 16  angegebenen  3Ra^e;  aber  gu» 
gleich  tool^  in  ©otted  Siebe  eine  Kraft  ber  ^I.  ©elbftbe^aut)tung,  bie  e«  ju  einer  SSer* 
toifc^ung  bed  Unterfc^ieDd,  gu  einem  ^netnanberfliej^en  ©otteS  unb  ber  äBelt  nic^t45 
lommen  lägt,  ©ein  abfoluted  ©ein  teilt  er  nici^t  mit.  9luc^  bie  Ireatürlic^e  ^ei^eit,  bie 
ber  gefc^ffenen  äöelt  burd^  ©otteö  Siebe  gegeben  ift,  begrünbet  feine  abfolute,  fonbem 
nur  eine  bebingte  ©elbftmäc^tigleit,  toirb  aber  in  biefcn  i^ren  ©darauf m  bon  ber 
Siebe  ©otted  geachtet  3)enn  um  9lbbitb  bed  göttlichen  )u  fein,  mu^  bad  Seben  ber 
fflelt  ein  fittlid{>  bcftimmted,  b.  i.  freie«  Seben  fein,  nid^t  blo^  SRatur  toie  auf  ben  unterften  so 
lodmifc^  ©tufen,  fonbem  in  i^rm  ^ö^eren  unb  l;öc^ftm  93lütm,  in  Engeln  unb 
9Renf(^,  ©eifL 

3.  ^ie  Siebe  ciA  ErlöfungS^ringi)).  SBir  laffm  bie  alte  t$tage:  ob,  si  Adam  non 
peccasset,  6  köyog  non  incarnandus  fuisset  ?  ^ier  beifeite,  ^omer  t^ertrat  jule^t  mit 
anertennendtoertem  ©d^rfftnn  bie  9lnftc^t,  ba^  bie  DoQIommene  Offenbamng  ber  gött«  66 
Itc^  Siebe  and^  im  ^aUe  einer  ungeftörten  normalm  Enttoidelung  ber  3Belt  ju  einer 
SRenfc^tDerbung  ©otte«  be«  ©o^ne«  geführt  ^aben  toürbe  (E^riftl.  ©lauben^le^re  I, 
6.642  ff.),  allein  er  fc^eint  ju  Diel  ^u  betoeifen,  tomn  er  bem®ebanfm  ber  33oBenbung 
ber  3Dtenfd(|l^eit  t)or  bem  ber  Erlöfung  eine  fei  ^  audji  nur  logifc^e  Priorität  in  ©Ott  gu» 
fimd^,  unb  an  einem  faltbaren  ©^riftgrunb  mangelt  ^  feinm  ^ebuttionen  gännlic^.  eo 


478  Siebe 

ÜJltt  ber  3)löglt(i^!eit  etned  anbeten  au^er  @ott  unb  mit  ber  Se^ung  biefed  anbeten,  bo 
3ädt,  in  bet  bot^in  befc^tiebenen  SBeife,  aU  eines  fittlid^  befÜmmten,  xdaüö  fteien  Sdbend, 
ift  ja  aud^  bie  ÜRöglic^Ieit  einet  toibetgöttlic^en  @elbftbeftimmung  bet  Jtteotut  gegeben, 
unb  biefet  leiteten  3R5gIid^feit  ftel^t  bet  SiebeStatfc^Iu^  bet  @tldfung,  nac^  bem  auöbtüd* 

6  Itc^ften  3^g^i^  bet  Sc^tift,  t)on  @toig!ett  gegenübet,  fo  ba^  jene  t>etmeinte  logifc^ 
^tiotitöt  eines  äSoQenbungStoillenS  auSgefc^Ioffen  fc^eint  (t)g(.  t^^ant,  @)^ftem  bet  c^ttfU. 
SBJol^t^eit  II,  ©.  79  ff.).  SBit  bleiben  ba^et  bei  bet  fc^tiftgemä^en  äluisfage,  ba^  bie 
Siebe  ©otteS  unfetem  gefaDehen  @ef(^Iec^te,  um  il^tcn  etoigen  Sßillen  an  tJ^m  gum  ^xdt 
l^inauSjufü^en,  ben  etngebotnen  @o^n  gum  @t(öfet  betotbnet  (^o  3, 16),  ba^  bet  6obn 

10  aus  fteiet  göttlic^et  Siebe  (3Rt  20, 28)  [xd^  füt  unS  gegeben ,  ba^  ©Ott  in  (Sfy^ 
toat,  bie  SBelt  öeijö^nenb  mtt  i^m  felbft  (2  Äo  6, 19),  unb  bafe  biefe  Siebe  ©otte«  in 
S^tifto  bet  etngige  unb  auSfd^tie^lid^e  ©tunb  unfeteS  ^eileS  unb  unfetet  @eligleit  ifi 
(a®  4,  12). 

4.  2)ie  Siebe  als  3:ugenb))tin^i)).    @S  foD  )h)at,  nad^  bet  3Jleinung  neuetet  Steiler, 
16  leine  d^tiftlic^e  ungeübteste,    otfo  auc^  fein  3:ugenbf}tin)i^   aufgefteQt   toetben,   um   ben 

Untetf^ieb  c^tiftlid^et  \)on  antilet  SittUc^feit  beutlic^et  auS)u]^tägen  unb  bimi^jufü^ 
(ögl.  Seftmann,  2)ie  ftttl.  ©tabien,  ©.  435  ff.).  Sbet  fo  getoi|  bet  ©loube  eS  ift,  ber 
ben  neuen  ÜRenfc^en  mac^t,  fo  geh^i^  bleibt  bie  Siebe  bet  ein^eittid^e  DueQ  unb  gufammem 
faffenbe  9)littel))unft  bet  Entfaltung  beS  neuen  gottgen^itlten  SebenS.    SQteS  unb  9(eued 

20  ^eftament,  ^aiUuS,  $ettuS,  ^o^anneS  unb  ^af obuS  befinben  ftc^  l^ietübet  im  auSgeftJtoc^encn 
@inflang  mit  bem,  n^oS  ^uS  felbft  gelel^tt  unb  bet  SRenÜ^ett  t^otgelebt  l^at.  äluS  3)t 
6,  6  unb  Se  19, 18  (cf.  m  6,  8)  entnimmt  bet  $ett  aJlt  22,  37  ff.  bie  anttoott  auf 
bie  t$^age,  n^elc^eS  ©ebot  im  ©efe^  gto^  t)ot  anbetn  fei;  unb  feinen  Jüngern  giebt  et 
)ut  Slid^tfc^nut  i^teS   gefamten  äSet^altenS   in   feinet  ©emeinfc^aft  unb   92ac^fo^e   bie 

»xaivh  ivToXij  ^o  13,34  cf.  15,  9  f.,  fic^  unteteinanbet  gu  lieben  in  ©emo^eit  vatSb 
auf  ©tunb  beffen  (xa^cog),  iai  et  [xt  geliebet  ^oi  ©o  nennt  benn  $auIuS  bie  Siebe 
Stö  13, 10  7iXriQ(Dfm  vofwv,  bie  ^^c  beS  ©efe^eS,  bie  ©umme  bet  gdttlid^en  ^otbe« 
tung  an  ben  Sänften;  IXx  1,  5  rüog  t^c  naQayyeXlag^  baS  ^xzl  uiü>  ben  Snbgtoed 
beS  ©el^ei^eS,  baS  an  unS  etge^t.     ©o   (ä^t  $ettuS  in   feinem  etften  (1,  22)   unb  in 

80  feinem  gtoeiten  Stief  (1,  8)  bie  Stma^nung  )u  toütbigem  äBonbel  in  bem  ©ebot  bet 
Siebe  git)feln;  Sol^anneS  (1  3o  2,  5;  4,  7.  8)  feftt  bie  Setoa^tung  beS  SBotteS  3efu(^ftif« 
gleich  mit  bet  äJoUtommen^eit  bet  Siebe  ©otteS  in  unS;  ^atobuS  (2,  5.  8)  tiüip^  bie 
ä^et^ei^ung  beS  Steic^eS  an  bie  Siebe  gu  ©Ott,  unb  bie  t)om  ^ettn  fd(|on  betonte  ©teile 
beS  SeDtticuS  ift  i^m  bet  vofiog  ßaaiXixög. 

85  2luf  biefen  ©c^tiftauSfagen  tu^en  bann  bie  ©ä^e  bon  Äatle^  (St^il  §  19):  „bet 
toaste  ©laube  ift  in  fic^  felbft  Siebe;  bie  toaste  Siebe  in  fup  felbft  ©taube"  . . .  „bet 
©taube  ift  bet  itbifc^e  unb  boc^  gottgetoitite  Seib  bet  Siebe ;  bie  Siebe  ift  bie  ©eele  biefeS 
SeibeS"  (i^  niang  dl  äyduirig  hegyovfievrj,  ©a  5,  6) ;  bon  SButtfe  (^anbbuc^  bet  c^tiftt. 
©ittenle^te  I,  436):   „eS  ift  fein   fittlic^eS  Xffun  itgenb   einet  ätt  benttot,  toaS  nii^t 

40  SluSbtudt  bet  Siebe  toäte"  (jidvia  vjülwv  h  dydjifj  yivea^co  1  So  16, 14);  toon  3lot^ 
(%\)wl  et^il,  2.  aiufl.,  §  156):  „j[cbe  motatifqe  gunftion  beS  menfc^Iid^en  ©imeltoefenS 
ift  eine  notmalc  nut  fofetn  fie,  toaS  fte  auc^  aufeetbem  fein  miJge,  ein  äft  bet  Siebe,  ein 
Sieben  ift",  obct  (§  617) :  „nic^t  ct\Da  ift  bie  Siebe  eine  einjelne  befonbete  Jugenb, 
fonbctn  fie  ift  bie  lugenb  felbft.    gn  allen  befonbetcn  Slugenben  ift  bie  Siebe,   unb  fie 

46  alle  ftnb  Xugenben  toefentlic^  mit  babutc^,  ba^  bie  Siebe  in  i^nen  ift.  Sie  üoQenbete 
Siebe  ift  bie  DoHenbete  lugenb  felbft  unb  umgefe^tt";  öon  2Rattenfen  (ß^fkl.  6t^ 
fj)ej.  leil,  I,  ©.  188):  ,,untet  ben  d^tifttic^en  Siugenben  nennen  tott  bie  Siebe  als  bie 
c^tiftlid^e  §auj)ttugcnb" ;  unb  toenn  bet  testete  bet  Siebe  bie  Jtei^eit  an  bie  Seite  peDt, 
fo  bleibt  i|m   bo^   „bie  Siebe,   bie   in  bem  ©tauben  an  bie  ©nabe  toutgelnbe,   bie  )u 

60  ©tunbe  liegenbc  iugenb". 

@S  toitb  biefet  9lufftellung  bet  Siebe  otS  d^tiftlid^en  2:;ugenb))tin)i))eS  bei)u))fru^ 
fein,  ©oü  bie  (St^il  baS  auS  bet  SBiebetgebutt  fic^  enttoicfetnbe  neue  Seben,  boS  ein  öon 
©Ott  gej)flanjtes,  göttliches  Seben  in  bet  ©d^tift  ^ei^t  (2  fio  3,  18 ;  @p  4, 13 ;  2  ^t  1,4), 
befc^teiben,  fo  mufe  fte  öon  bem  ^unft  auSgej^en,  too  bie  SBiebetbetftellung  beS  glöttlic^ 

56  ebenbilbeS  in  bem  ÜKenfc^en  (Qp\)  4,  24)  beginnt  unb  biefet  5ßunlt  ift  bie  6ingie|ung  bet 
göttlichen  Siebe  in  baS  §etj  butc^  ben  l;t.  ©eift,  3lö5,5. 

5.  ©tfd^einungSfotmen  bet  Siebe,  ©c^on  bie  S^'^^'^^^^Ö  ^^  ©efe^eSfotbenm^ 
in  Siebe  gu  ©ott  unb  ju  bem  SRäc^ften,  ebenfo  baS  SBotbilb  3cfu  ©^tifti  fü^tt  auf  jtDO 
$au))tfotmen  obet  SRic^tungen,  in  benen  bie  Siebe  M  bet^ötigt.    ©ie  ift,  mit  Stottoifen 

60  }u  teben,  teils  aneignenbe,  teils  ^taltifc^e  Siebe,     ^ene   toitb  tt^^ifd^  tet)täfentiett  hm) 


SteBe  Stebtter  479 

SRoria,  biefe  bun^  üRortl^  Don  Set^anien  (Sc  10,  38—42),  h>omtt  )uglei(i(i  ber  SSorrong 
fma  t>or  biefer  oüä^^od^m  ift. 

Sie  oneignenbe  Siebe  l^at  il^re  9(u^erung  in  ber  Betrachtung  unb  Slnbetung  @otted, 
in  ber  SefdJKiftigung  mit  feinem  9Borte,  in  ber  ^eilno^me  am  ®otteä)ienft  ber  @e« 
mctnbe,  unb  il^  ^öl^et)unft  im  @n^fang  Ded  1^1.  9l6enbmal^Id.  Ser  ))rahifd^en  Siebe  5 
eidffnet  flc^  ein  tuette^  ^Ib  ber  X^ätigfeit  in  ben  mannigfaltigen  Seben^emeinfc^aften, 
in  tDelc^e  ber  S^rift  jtc^  aufgenommen  ^nbet:  @^e  unb  ^amilie,  ^irc^e  unb  SSatertanb, 
SEBdt  unb  SRenfc^bett.  Sei  ber  Übung  unb  @rtoeifung  ber  Siebe  ^at  ber  S^rift  bie 
Slei^enfolge  biefer  Greife  einerfeitd  gu  beobachten,  inbem  ed  nic^t  ftatt^aft  ift,  bem  ferner« 
Gegenben  )u  bienen  mit  93erab{öumung  bed  näc^ftgelegenen,  anberetfeitd  fte  unbebentlic^  ju  10 
fibeif^nnngen,  toenn  ber  %aB,  eintritt,  ben  bad  ©leic^ntö  t)om  barml^er^igen  Samariter  (Sc 
10,  soff.)  bejeid^net  unb  Dad  SSerfa^ren  ^efu  mit  bem  lananäifc^en  uBeibe  (üRt  15,21) 
bcranfcboulic^t. 

3)ie  fc^toierigfke  Slufgabe,  toeld^e  ber  $err  feinen  Sängern  ftellt,  ift  bie  gcinbe^Uebe 
&Ht  5,  44).  3)en  oberften  Slang  nimmt,  auc^  nac^  ber  @^rift,  unter  ben  Don  ber  Siebe  16 
befUnratten  menfc^lic^en  93er|^ältnif(en  bie  @^e  ein  (@))^  5,  21  ff.).  @^  ift  bemerten^n^ert, 
tme  berfelbe  91))ofteI,  ber  bie  e^elic^e  Siebe  mit  bem  /hvgti^qiov  juiya  ber  Siebe  6l^fti 
unb  ber  ®emeinbe  in  bie  engfte  parallele  fe^t,  1  fto  7  Dom  e^elid^en  Seben  fo  fe^ 
nfic^tem  unb  reolijUfc^  Rubelt.  3Jian  n)irb  untoiQfiurlic^  baran  gemannt,  ba^  ^aulud 
felbfl  nic^t  verheiratet  tuar.  20 

6.  Aborten  ber  Siebe.  3Ba^re  Siebe  tann  nur  jtoifc^en  ^erfonen  Don  ^c^  gu  ^d^ 
^ottfinben.  9UIe  unb  jebe  unDerfönlic^e,  auf  eine  @aci^e,  auc^  bie  auf  ^iere  ge^enbe  Siebe 
i^  ba^  falfd^  unb  Dertoerflicp.  —  @elbftliebe  ift  ein  mi^Derftänblid^er,  aber  in  ber  ^at 
unentbe^Ii4H»r  Su^rud.  Sie  ift  Derte^rt,  toenn  fte  bie  @eftalt  ber  Eigenliebe  annimmt 
(9tö  15, 1—3),  fonft  iebo<^  Don  Selbftfuc^t  n)o^I  gu  unterfc^eiben  unb,  genau  betrad^tet,  25 
eine  nottpenbige  93orau$fe^ung  ber  Eingabe  an  ben  anberen,  bem  id^  mic^  nic^t  ald  tttoa^ 
Sertlofed  fc^en  toiE. 

9Ba«  unter  bem  ÜRamen  ber  Siebe  in  ber  Sitteratur,  in  Sloman,  Drama,  Si^ril,  ge* 
feiert  unb  in  enblofen  SSoriationen  gefc^ilbert  toirb,  ift  meift  bie  finnlid^e  92eigung  ber  ©e- 

Siecher,  bie  unreine  Seibenfc^aft,  beren  äSege^en  fu^  nid^t  auf  bie  ^erfon,  fonbem  auf  ao 
n  ®enu|  bed  ©efd^Iec^te^  richtet,  alfo  falfc^e  @ac^(iebe.  92a^e  baran  ftreift  eine  getoiffe 
mit  Sßorten  unb  Silbern  tänbeinbe  ^efudliebe.  3lxä)tö  anbered  aU  eine  9lrt  ber  Qtlh\u 
fiK^  ift  bie  fc^Ioffe  unb  n^ei^Iid^e  Siebe,  h)e(d^e  @Item  gegen  i^re  Jtinber,  @efc^n)ifter,  93er« 
iDotibte,  f^reunbe  untereinonber  ^egen,  ba  man  fid^  Dorgebtic^  fc^eut,  bem  ®e(iebten  toe^e 
)u  t^n,  in  SBol^r^eit  aber  ben  &^merg  fürd^tet,  ben  man  burd^  toa^rl^aftiged  Urteil  unb  35 
aufrichtige^  Strafen  ftc^  felbft  gufügen  toürbe.  ©elbUebe  cpdaQyvgia  1  %x  6, 10  cf.  3, 3 
iwddgyvQog)  unb  äBeltliebe  (1  ^0  2, 15)  finb  fittlic^e  SSennungen,  in  beren  Benennung 
fcpon  ein  uneigentlid^er  ober  SJliprauc^  bed  äBorted  „Siebe"  liegt.  ftarlOnrger. 

StcMmi^Ie  f.  9lga))en  Bb  I  @.  234ff. 

Siebner^  Äarl  Il^eobor  albert,  geft.  1871.  —   e.  6*tüarj,  3ur  ®ef4l4tc  ber40 
neueften  X^eologie,  1864  @.  371  ff.;  \M.^i)iücfc,  S)ie  3)ogmati!  bcS  19.  Saftr^.,  1867  6.  280  ff.; 
VI.  V.  Sanberer,  9{euefte  S)ogmengef4id)te  1881  6.  356. 

5t  ^.  91.  Siebner  tourbe  am  3.  Tläx^  1806  gu  @c^lölen  bei  Üftaumburg  geboren. 
Son  bem  gelehrten  unb  ftrengen  SSater  tool^lDorbereitet,  fam  ber  ISja^rige  Jtnabe  auf  bie 
2d))gi0er  Z^omana,  bie  er  unter  @taUbaum^  Settung  in  rafc^em  Saufe  burci^fd^ritt,  fo  ba^  45 
er  bereite  im  17.  ^^^^  bie  UniDerfität  Sei))gig  begiel^en  lonnte.  $ier  n^ibmete  er  fic^  ein 
3a(rr  long  auöfd^lie^lic^  ben  ))^ilologifc^en  (Stubien  unter  @ottfrieb  ^ermann.  Dad  folgenbe 
bsttia^e  Stubium  ber  Geologie  brachte  i^n  mit  Steile,  t^^i^fc^e,  9{iebner  unb  Xgfc^imer, 
Ifüiäfk  atu^  mit  ^a^n  in  nähere  SSerbinbung,  toö^renb  er  fici^  für  bie  ))raftifc^e  @eite  Dor^^ 
nd^ic^  an  9Bolf  anfc^log.  Daneben  gingen  umfaffenbe  unb  grünblic^e  ))^ilofo))^if4^e  so 
Gtobien  ^er,  namentlid^  einge^enbe  S3ef4^äftigung  mit  Rani.  3lad)  „gang  Dorgüglic^''  be« 
Ebenem  @samen  (bem  bie>^tlofo})^ifc^e  Promotion  Dorau^ing)  toanhu  er  ftci^  nac^ 
Scritn,  too  er  Sc^leiermad^er,  ^egel,  S^eanber,  3)lar^einete  l^örte  unb  mit  bem  bort  ge^ 
botcnen  gn^t  bie  in  Seipgig  em))fangene,  Dorgug^toeife  ))^ilol.s|^iftor.stnt.  S3ilbung  ergängte. 
Cr  ^  oft  betannt,  ba^  t^m  gerabe  biefe  SSerbinbung  ber  Sinbrüde  Don  beiben  fo  Der^  55 
fi^id)enen  @<^ulen  unenblic^  beDeutenb  unb  für  feinen  f))äteren  @ang  entfci^eibenb  geh)efen 
fet  hierauf  in  bad  3Bittenberger  ^rebigerfeminar  aufgenommen,  tourbe  er  burc^  ^eubner 
itnb  Slic^b  9tot^e  in  bad  Seben  ber  itirc^e  eingeführt,    ^eubner  übU  burc^  feine  geift^ 


480  SteBiter 

lic^e  ^erfönlic^Ieit  einen  mächtigen  @influ^  auf  il^n;  unb  SteBner  1^  i^n  oft  feinen 
tua^ren  geiftltd^en  SSater  genannt.  $iet  fd^rieb  er  fein  erfied  9uc^ :  ^ugo  toon  @t  Wltot 
unb  bie  t^eolo^ifc^en  Slicptungen  feiner  3^^,  1831.  ®r  fü^e  l^ier,  mit  afö  einer  bc( 
erften,  in  bie  ttefere  Srtenntnid  ber  mittelalterlid^en  ©d^olaftit  unb  3R)pftiI  unb  beren  Ses^ 

6  einigung  bei  ben  SSiltorinem  unb  beren  Sta^^folgem  ein.  ^i^fo^d^  ^M^  @<^rtft  tam^ 
er  fel^  ba(b  in$  geiftlic^e  9(mt  berufen,  nad^  ^eidfelb  bei  Sidleben,  1832.  3)te  (t^ 
fa^rungen  tiefet  ä(mte^  gehörten  ju  ben  lieblic^ften  Erinnerungen  feinet  Sebend.  ^icr 
fd^rieb  er  u.  a.  bie  älb^anblung  in  ben  XI^@tJl:  Über  ©erfond  m^ftifd^e  X^eologie.  ^ 
2[a^re  1835  tüurbe  er  aU  $rofef[or  ber  X^eologie  unb  Unit)erfität^rebiger  nac^  (Sötttngen 

10  berufen.  SUd  UniDerfitötdle^rer  getoann  er  einen  umfaf[enben  unb  tiefgreifenben  (Sinp^ 
auf  bie  ftubierenbe  ^[ugenb,  bie  i^m  mit  ungeteilter,  oft  faft  f(^n)ärmerifc^er  Siebe  on^tng. 
@r  begann  mit  SSorlefungen  über  bie  gefamte  ))rattif(^e  ^li^eologie  unb  ber  Seitung  bä 
^omiletifc^en  Seminar«;  \pättx  lamen  bap  auc^  bogmatifc^c  SSorlefungen.  gn  Wefe  3* 
faOen  feine  älbl^anblungen  über  bie  })raftif(^e  2:l;eologie,  1843  unb  1844,  feine  in  2.  SlufL 

16  erfc^ienenen  ^rebigten  1841,  1855,  unb  bie  atabemifd^^e  Schrift:  Richard!  a  St  Tic- 
tore  de  contemplatione  doctrina  (I,  II),  eine  ^ortfe^ung  ber  mit  bem  „^ugo"  be* 
gonnenen  t^orfc^ungen.  1844  tüurbe  er  an  bie  @teQe  3)omerd  ald  ^rofeffor  ber  {^ 
matifc^en  Geologie  nad^  ^iel  berufen.  $ier  trat  er  in  naiven  93erte^  mit  bem  „3kiUx 
$armd'^  ber  il^m  „h)ie   einer  ber  großen  äSifdj^öfe  t>er  alten  Jtird^e''  erfd(|ten;    tDO^renb 

20  tuieberum  $arm«  Siebner  befonber«  toegen  bef[en  ^rebigten  „ben  SdEenner''  )u  nennen 
))f[egte.  1849  erfd^ien  Siebnerd  bogmatifd^e«  ^au))th>erl:  3)ie  d^riftlid^e  ^Dogmatil  ouS 
bem  d^riftoIogifd(ien  $rimi))  bargefteSt,  I.  93ebeutenbe  Vertreter  ber  neueren  tifwloa^äfm 
^enlorbeit  ffobm  an  biefer  2)ogmatit  bie  gro^e  Jton)e))tion,  ben  Steic^tum  an  treffoiben 
Urteilen  unb  @ebanten,  feine  Jtritit  unb  ftrenge  h}if(enfc^aftli(^e  9(rt  betounbert 

36  Berufungen  nad^  ÜRarburg,  $eibe(berg  u.  f.  to.  tonnte  Siebner,  gebunben  bun^  bie 
ertoünfc^ten  Jtieler  SSer^öItnijf e,  ftd^  nic^t  entfc^Iie^en  anjune^men,  bi«  ein  9luf  nad^  S«)>yg 
ü^n  gewann,  1851.  @r  toirlte  ol«  $rofef(or  ber  Dogmatil,  Stl^il  unb  ber  (nnilUfc^ 
Geologie,  balb  auc^  aU  erfter  UniDerfitöt^^rebiger  unb  3)ireItor  bed  ^omiletifd^  6emi< 
nard.    3)er  S^ubtt,  ben  S.«  ä3or(efungen  übten,  lag  nic^t  allein  in  ber  h>ei^oDen,  gei^ 

80  aefalbten  ^erfönlic^feit  be«  Se^rer«,  in  bem  ftc^  ^atl^o«  unb  Stl^od,  ©eift  unb  ©crnüt  in 
{ebener  Harmonie  Dereinigten,  auc^  nid^t  allein  in  ber  Energie,  mit  toelc^  ber  SReificr 
feine  Schüler  in  bie  tieffte  unb  innerfte  tl[;eoIogifd^e  ^entarbeit  ber  ganjen  3^  ^eingu« 
gießen  fuc^te,  fonDem  Dor  aQem  in  ber  et^ifd^en  3Jla(^t,  bie  überall  old  bie  innerfte  @me 
biefer  3:i^eoIogie  ^erDortrat.    ^ft  boc^  bie{e  gange  X^eotogie  erfüQt  unb  getragen  toon  bem 

35  93eh)u|tfein,  ba^  bad  Et^ifc^e  mit  ben  ^been  ber  toa^r^aft  et^ifc^en  $erfonli(^Ieit,  ber 
^ei^eit  unb  ber  Siebe  ba«  eigentliche,  innerfte  unb  tieffte  äBefen  bed  S^riftentumd  iß,  ber 
abfolut  tieffte  unb  reic^fte  ^n^alt  be^jelben,  ja  ber  Rzm  aller  göttlichen  unb  menfc^Kc^ 
^inge,  unb  ba^  e«  barum  in  unferer  3^  ^^^  ^^^  B^be,  ba^in  gu  arbeiten,  bo^  biefa 
gro^e  unb  gu  innerft  entfc^eibenbe   ett^ifc^e  ^aftor  be«  S^riftentumd  fic^   \>oU   oudtmrlen 

40  tonne  unb  nac^  {einer  gangen  SBürbe  unb  ^ac^t  an  bie  Stelle  im  gegentoortigen  Kn^ 
liefen  unb  toiffenfc^aftlic^en  S3ett)u^tfetn  trete,  bie  er  im  S^riftentum  an  fxdf  einne^t 
9Ba^  aber  biefer  et^ifc^e  ^attor  ift  unb  toa^  er  bebeutet,  bürfte  am  beutlic^ften  gu  et« 
lennen  fein  aa^  Siebnerd  afabemifc^er  @d^rift:  Indroductio  in  dogmaticam  christia- 
näm  I  unb  II.    ^n  biefer  @d[^rift  ge^t  er  Dor  aQem  barauf  au^,  ben   organifc^  3^ 

46  fammen^ang  ber  93egriffe  bargutegen,  in  n^eld^^em  baiS  ett^ifc^e  3Befen  ber  Sieligion  csfi 
Ilar  erfennbar  totrb,  in  einer  ^beenrei^e,  bie  eth)a  in  folgenbem  ftc^  gufammenf äffen  la|t: 
©Ott,  bie  abfotute  etl^ifdf^e  ^erfönlid^feit  (Siebe),  fd^afft  bie  üRenfd^^eit,  bafe  er  ftd^  i^  aÖ 
feiner  Jjerfönlic^en  Kreatur  (ßbenbitb)  felbft  mitteile,  ober  real  offenbare  (Offenbarung  = 
toefentlic^  göttliche  Sebendmitteilung)  unb  i^r  f omit  bie  t^oQtommene  ©emeinfc^ft  mit  M, 

60  b.  ^.  bie  obfolute  9{eligton  Vermittle.  Siefe  reale  @elbftmitteilung  ©otted  an  bie  SRenfc^ 
^eit  t)oQenbet  ftc^  nur  unb  genügt  fic^  DoQtommen  nur  in  ber  centralen  unb  untMfahn 
^erfon  bed  ©ottmenfc^en,  toelci^er  fomit  auc^  Einfang,  3)litte  unb  @nbe  ber  SRenf^d^  ip. 
dr  ift  ebenfo  bie  Offenbarung  fc^lec^t^in,  aU  er  bie  ))erfonlic^^abfolute  Sieligton  ifl,  unb 
bie  SRenfd^^eit  Der^dlt  fic^  barum  gu   il^m  toie  ba^  Softem  gu  feinem  $ringtb,  unb  jcbct 

66  @ingelne  lann  nur  burc^  $artigi))ation  an  S^rifto  bie  äBa^r^eit  unb  bad  Seben  ^abcn, 
toie  alle  SDlomente  be^  S^ftem^  nur  Dom  $ringi))  aud  unb  burd(f  badfelbe  too^r  toeiben. 
tiefer  ©ottmenfci^  ift  aU  ba^  $rtngi))  in  bie  ^iftorifc^e  3Jlenf(^^eit  ^iftorifc^  etntretenb, 
toeil  il^n  bie  ÜRcnfci^^eit  nic^t  ani  fic^  felbft  })robugieren  lann,  ein  Sleued,  neue  @(&S|)fun0, 
SEBunber.  älber  bod^  ebenfofel^r  Don  ber  9Renf(^^eit,  bie  nottoenbig  i^r  ^ringip  fuc^t,  oba 

60  bie  abfolute  SSertoirllic^ung  i^rer  ^bee,  bie  Erfüllung  bed  ©efe^eS,  ift  er  ernKOtct  (olttcß. 


üiAntt  •  481 

SBctdfdgung)  atö  nad^bem  er  eingetreten,  ben  aanjen  l^iftorif c^en  ^roje^  ber  Stenfc^l^ett  bid 
axa  &ibt  ber  Xage  beftimmenb  unb  burc^  ftc^  mit  bem  toal^en  ^[nbalt  erfüUenb  (neuteft. 
ffietdfa^ng).  tiefer  (Sottmenfc^,  nad^bem  er  erfc^ienen,  mu^  ftc^  l^iftorifc^  unb  burc^ 
menfd^Itc^  3Dtttte(  an  bte  !Dlenf(i(|6eit  bringen.  @o  nimmt  er  ba$  menf^Uc^e  SBort  an  oli 
boÄ  ®efä|,  in  h>el<i{>em  er  ftd^  ofe  bie  SBa^rl^eit  an  bic  9Jlenfc^^eit  bringt.  —  ^nitm  fo  5 
na4netDiefen  h>irb,  h>ie  ber  SReligiondbegriff  mit  bem  @ottedbegriff  (unb  gugleic^  bem  ber 
Offenbarung,  2Bei«fagung,  SBunber,  ^I.  ©<^rift,  Statur  jc.)  Ioneft)onbiert,  toirb  auf  ber 
einen  Seite  gejeiat,  h)ie  ber  Steligiondbegriff  im  ^ufammenl^nge  mit  bem  t>oQen  et^ifd^en 
Sottcdbegriffe  gefaxt  iDerben  muffe,  h>enn  bie  Sleligion  in  i^er  ganjen  et^ifd^en  SEBefen» 
ff6t  unb  güOe  (bed  Seben^  in  unb  mit  @ott  bur^  S^riftum,  bi$  gur  unio  mystica)  10 
begriffen  tocrben  foBe,  auf  ber  anbem  aufgeberft,  toie  ba,  h>o  man  ben  9leIigion*egriff 
tMmi  et^d^en  ©ottedbegriffe  lo^ret^e,  auc^  ber  Sleligiondbegriff  toefentlid^  atteriert  tuerbe. 
ffia^|renb  aud  biefem  ^ufammeni^ange  nac^etüiefen  tuirb,  h>ie  jene  untergeorbneten  unb 
einfettigen  ®ottedbegriffe  au(^  nur  untergeorbnete  unb  einfeitige  Sleligiondbegriffe  erzeugen 
ßnnen,  ber  ^^Vf^c^^  ®otte«begriff  (®ott  =  ©ein,  fiaufaßtat)  auc^  nur  einen  tJ^^fifqen  15 
»eligionöbegriff  (=  ®efü^l  ber  äb|cingig!eit,  be«  Unenblij^^en  im  enblic^en  2c.),  ber 
logtfc^  ®otte«begriff  (=  ®eifi)  aud^  nur  einen  logifc^en  9leIigion«begriff  (=  @r!enntni«, 
»iflen  be«  ®öttli(^en  ic),  ber  einfeitig  etbifc^e  ®otte«begriff  (=  äBille)  aud^  nur  einen 
einfetttg  et^ifc^  9{eligion$begriff  (äußerer  $ofttit)igmu^  unb  3Rora(idmud,  Ortl^oboin^mu^ 
unb  Stottonolidmu^):  toirb  gugleic^  tlargefteOit,  tote  9leligion  unb  3Befen  be^  e^riftentumd  20 
nif^t  blo|  burc^  fold^e  einfeitige  unb  untergeorbnete  Seftimmunaen  oerbünnt  unb  entleert 
tofsben,  fonbem  aud^,  toie  biefelben  gerabeju  ba  jerfe^t  unb  aufgelöft  toerben  muffen,  too 
man  —  meifi  unter  bem  ©d^eine  ber  38orau3fe§ungwofigfeit  —  anbertoeitig  gebilbete  SSe« 
griffe  an  bad  S^flentum  l^eranbringt,  um  e^  mit  btefen  frembartigen  Segriff^^ebeln  in 
bad  tonffenf^Kxftli^e  93eh>u|tfein  gu  ^eben.  2)a^er  lomme  ed,  ba^  man  Oon  fo  bieten  bad  2Bort  35 
^dre :  meine  SSemunft  ndtigt  mic^,  biefe^  unb  ba^  Dom  Sbriftentume  gu  t^ertoerf en  —  unb 
ed  iß  hodf  niäft  il^e,  ald  göttlid^er  @benbi(ber,  SSemunft,  fonbem  nur  eine  ben  au^en 
t^en  eingetnr&gte  am  unb  eingefe^te,  ein  @tüdt  ober  fe(bft  oft  nur  eine  fe^r  getrübte  Zxa^ 
bition  unb  entfernte  9(bf(^ttung  Sßolfifc^er,  Jtantifd^er,  Segelfc^er,  ©pinogifc^erSSemunft,  bem 
natürlich  SRenfc^  möglid^ft  gerecht  unb  bequem  gemacht.  Salier  fei  ed  getommen,  ba|  „bie  80 
mobeme  ffliffenf^aft"  eine  S^t  lang  gefc^ienen  i^obt,  ba«  flpegififd^  c^riftli(^fe  SBiffen  aufs 
Idfen  unb  gteid^fam  Don  bem  geiftigen  !8oben  ber  ®egentoart  oertitgen  gu  Idnnen  —  mit 
ber  )ule^  offen  au^ef))ro<^enen  Xenbeng,  auc^  bie  f))egififd^  d^ftlic^e  itirc^e  ani  bem 
^ergen  ber  mobemen  9Jlenf(^ISieit  ^erauSgureifeen,  unb  biefe«  nur  ^e  gefc^e^ien  lönnen 
))eimd0e  etned  folfd^en,  falben,  unfertigen,  mit  einem  SQiort  unet^ifd^en  SBiffen«  bom  ss 
ffUj/fUn  SBiffen. 

3Kefem  ®otte«be^ff  unb  feinen  Jtonfequengen  gegenüber  fielet  nun  Siebner  a(«  bie 
Sitfgobe  ber  Z^logte  an,  ben  bem  S^riftentum  felbft  immanenten  @otte«begriff  bon 
neuem  im  d^tlid(ien  2)enlen  angubauen.  ^n  bemSSortrag  auf  ber  beutf(^en  eDangelifc^en 
ittn^Knlonfereng  im  ga^re  1859,  „"Der  ©tanb  ber  c^riftltc^en  (Srfenntni«  in  ber  beutfc^en  40 
ctKDig.  Stiid^",  fyxt  er  eine  S^aratterifierung  ber  X^eotogie  gegeben,  toie  er  fte  trieb.  9(u« 
i^  fei  in  türgeftem  ein  3[u«gug  gegeben:  Diefe  Ideologie  l^at  in  i^rem  tiefften  unb 
eigenften  Seben,  ba,  too  ü^e  ^eiligften  3"*wlf^/  i^^^  entfc^eibenften  unb  folgcreic^ften  Äon« 
gc)^tionen  liegen,  jene  f))egififd^e  ®ang^eit  unb  (Sin^eit  be«  SBorte«  ®otte«,  ol«  be«  größten 
geiftiaen  unb  allein  toa^l^aft  uniDerfoI  toelterleuc^tenben  unb  rettenben  ®angen,  ba«  aUein  45 
bte  Kin^  ®otted  unb  e^rifti  grünben,  erneuern  unb  erl^atten  lann,  mit  ber  lebenbigen 
unb  betennenben  Äirdjfe  aller  Reiten  erfannt,  burc^  ba«  3^0"'^  ^^  ^'-  ®rifte«  !ongi<)iert ; 
fie  lebt  unb  toebt  in  biefem  @rtennen  unb  ^etougtfein  unb  in  bem  äSetou^tfein  ber  9lufs 
gäbe,  jenen  unenblic^  gn^att  immer  ooOer,  aüfeitiger,  reicher,  Karer  unb  einheitlicher 
benknb  —  erlennenb  für  ba«  äSebürfni«  be«  gegentoärtigen  ©tabium«  ber  Jtirc^e  im  gangen  so 
ber  fin^Iic^  (Snttoidelung  —  ^erau«mfe^en.  ^^r  le^ter  unb  l^öc^fter  ®egenftanb  unb 
lugletc^  ®runb  unb  immertoä^renber  ^m))ul«  gu  i^  felbft  gerabe  öl«  9S$iffenfc^aft  fmb 
bte  ®AanIen  ®otte«,  bie  $eil«gebanten.  Der  Slatfc^lu^  ®otte«  gur  @rlöfung  ber  2Belt  in 
S^rifto,  etang  im  göttlichen  ®eifte  ur^  unb  guoorgeba^t  unb  in  ber  §üQe  ber  ^Ät  Ü^aU 
^Siijlv^  aottmenfc^lid^  k)ertt)irllid[^t,  niebergelegt  unb  au«gef))rod(ien  in  ber  neuen  ©c^ö})fung  66 
m  e^rifto  unb  in  ber  1^1.  ©c^rift,  unb  bie  X^eologie  toiU  eben  nur  btefen  ^n^alt  im 
Slauben  nad(|benten,  o^e  einen  Xitel  baoon  gu  verlieren  unb  ba^tnten  m  laffen,  unb 
oj^e  aud^  bon  innerften  SBefen  nac^  grembe«  l^incingutragen.  Die  ©ebanten,  mit  bcnen 
bte  Z^Iogie  gu  tl^un  l^at,  ftnb  bte  bem  Seben  ber  neuen  ©c^ö})fung  felbft  immanenten, 
ed  ftnb  bte  geistigen  9taturgefe(e  beefelben  unb  urfprünglic^  göttlich  fd^ö})ferifc^e  ®ebanten,  eo 

fHtiU9M9ÜopäbU  fOr  X^eotoflie  unb  Air^e.  3.  «.  XI.  31 


482 


Sicbnrr 


aMliii}<t  9lat[ct)[ug,  güttlid^e  SSeiS^eit,  anabe  loic  bic  @e[c^e  bn  äugertn  ^IoIut,  lixtc^ 
leitete  ebenfo  buic^auä  ein  gbttlic^  f[^ö))fcrif4  bun^bai^te^  (Sonjfd  tft  ^ie  ^tn^til  boBm 
—  baft  mit  fo  fjaf"-  'l'etnunft  —  ru^t  ur[priingli<^  im  (Seifte  Oolteä.  Unb  unfoc,  bit 
tnenfi^Iif^e,  |u&je!ttSe  Vernunft  ifl  nit^lä  anbetet,  ali  bic  geiftige,  uifvriinglid)  (ttoi  bn 
G  i5ünbe)  bte{ein  ^n^alte  jitgeorbnelc  3)iüolii$tei(,  nac^  ber  ®(^rtft  iai  geiftige  @efä{t  bt§ 
Gmufflngcns  be^Jclben,  loeldje  50iijfllii^(cit,  Wenn  fw  toitttit^  toiib,  toiTCtidrcä  Snitjfangen 
burii^  bie  Onabe  ®oüeß,  naä^  ber  ©djrift  ®laube  fjeifet.  ^n»  ©lauten  —  Welc^i«  in  bet 
tnnetftcn  3Jiitte  imb  Xiefc  unjerer  gamcn  perlen  (Sott  in  Öf^rifto  butc^  ben  ^t.  ©eift 
flnpfänflt  flia  2e&cn  in  Üöat»rf)«t  —  ge^t  nun  beibrf  in  unä  über  unb  ift  in  unö  bat 

10  Un(erige.  ^ie  (Srlüiungd',  bie  Sfäli--  unb  Offenbarungätl7atfac()en  meiben  unftre  eigene 
fiebenäfubpanj,  unb  bie  i^nen  immanenten  unb  gugleidj  im  Offenbaiung^oite  ou^ 
gef))riK|enen  au^elegten  igeil^wabifieiten  werben  unjere  3)en!fubftanj.  SSii  ^ben  ütn^ 
^au))t  in  äßa^i^eit  ni^tS  gu  benten  unb  gu  ertcnnen,  feine  SBa^tbeit,  alä  n>aä  Oon  @otl 
üt'    unb  jubort^ebadit   ift  („i<^  njerbe   erfenncn,    wie  tä)  erfannt  bin")  —  tvie   idii  aii4 

u  fein  ©uteä  (unfere  Äirc^e  fogt  ^ier :  fein  ^^erbienft  Don  unö  felber)  ^ben,  al«  tttoä  ut 
|)}iünglid^  @otteä  unb  un^  götlü^i  mitgeteilt,  gegeben  unb  bainit  aufgegeben  ifl  (onli; 
t)elagianifi$  unb  antiiationali^ifcb ;  capacitas  paesiva  £ut^erä).  3Iber  jebe  gi>tt[i(f»e  @ah 
unb  @nabe  an  baä  v^fi^^lH^  @ef<^ö|)f  ift  eben  bamit  jugleid)  Stufgabc  an  unforc  eigene 
I^tigteit   ju   eigena  StuStoirtung,  Stoüäie^ung.    ISJir  tonnen  alfo  nii^t  nur,    nnr  foütn 

ao  ou^i  jenen  ©ebanteninliait  unter  fteler  normatiuer  Stitung  beß  5üorl«i  ©otted  unb  bunt 
benfelben  jueignenbcn  ©rift,  ber  in  alle  Saljr^eit  leitet,  ali  unjcren  eigenen  nadjbmlnt, 
außloirfen  unb  nuöfijrett'en;  unb  taä  ift  ber  ttjCDretifi^e  ^projefe,  ben  bie  ibeolcgie  }u  OoH^ 
tiefen  ^ot.  Sßftrtigtpieren  toir  burt^  ben  ©tauben  im  Ijl.  ©eifte  an  bem  göttlit^  oericitt 
i.id)ten  $eiBIeben,   }o  t)artiji()ieren  Irir  eben  bamit  au^i  an  bem  ti  bur^bringenben  gÖU- 

3s  litten  ^eiläbenCen.  2)ei  lebenbtge  ®laube  ift  niemals  gebanfenloä,  fo  Wenig  R>ie  @ctt 
gebantenloä  ift,  fonft  wäre  er  geiftloi^,  t^eoretift^  tot  unb  ftum)}f,  Icie  er  o^nc  bo^  Stbif^t, 
bie  guten  SSerfe,  (tralttfc^  tot  ift.  ^rber  lebenbig  ©laubige  DDlljicljt  baä  in  irgenb  rtncm 
3)Eo^e.  t&i  ift  bie«  ba«  l^eorelifd^e  'Bert  beä  ©taubenl,  baä  er  \o  gut  foiberl,  tote  bie 
})rattif(^  opera  bona  im  engeren  Sinne.  ~  ^-Uon  ^iei  auä  Wirb  hai  33er^ä[tniä  birfcr 

BD  lljeologie  jum  Sefenntniä  ber  Äiri^e,  ju  ben  ©nben,  Slufgaben  unb  ©egenfä|cn  bei 
©egenWart  bcjeii^nel  unb  bann  ftc  felbft  ^bi^ft  bea(^tenäwerl  gefennjeii^inet  olö  juglei^ 
reot  unb  ibeal,  t)ofitib  unb  fpetulatiu,  objeftit}  unb  fubjeCtit)  eDDlutionär  (gegenitbcr  bn 
Stagnation  unb  Sleuolution,  gegenüber  bem  rejiriftinierenben  On^obo^i^mud  unb  rotio^ 
nali^erenben  Siberaltämu«)  unb  htlifdi,  ei^t  latEioIifi^  unb  )jrciteftantit(^:lut^en|d).  —  '^m 

86  Pflege  unb  t^ürberung  einer  foldjen  X^cotogie  unlema^m  ^iebner  bie  ©rünbung  bn 
Jlaljrbüdier  für  beutfife  Üfieologie  in  (S)emein|i*aft  mit  ^ipmer,  iS^renfeu^ter,  2Üange^ 
mann,  fianbeter,  ^almer  unb  32eijfäder,  brten  im  I.  Sanb  cntljaltenbeö  ^ro^ramra  bie 
im  Siorflelienben   gejeii^nele  'Aufgabe   unb  airt   ber    3;()eobgie    auf*   einge^enbfte    lenn^ 

40  Sllitten  unter  *]ilänen  jur  äluöfii^rung  ber  im  I.  %e\i  ber  33ogmati(  niebcrgelegloi 
Fermenta  cognitionie  erging  an  i^n  im  $erbft  1855  bie  SSerufung  in  bie  ©leflung 
ali  über^ofvrebiger  unb  Sijetiräfibent  im  Obcrlonüftorium  nat^  23reöben,  2ßar  tiefe  Sp 
rufung  augenfc^einlii^  geleitet  oon  ber  Intention,  bei  ben  lirt^lidicn  äfer^ältniffen,  wie  fie 
fic^  in  üac^fen  geftaltct  Ratten  unb  wie  fie  in  einem  Haren  äuffa^e  ber  (äelgerfclfen  piS' 

46  teftanttfcfjen  ^Jtonatäblötter  (SeiJtember  1855)  „Über  bie  Siic^itungen  in  ber  fäctifijrben  eo.^ 
lut^.  SanbeSfirt^e"  bon  bem  an  ber  S))i$e  beä  K([({)enteginicnle)  fte^enben  Slaatäbcamtcn 
getennjetttnet  Werben  fmb,  ben  Segen  unb  ben  ISrfoIg,  ben  bie  Bon  Siebner  »erttelene 
liieolrgie  an  bet  UniDetftlal  gewonnen  ^aitc,  für  bie  ganje  Sanbeätitt^e  ju  ernmlcm, 
fo  War  cö  audf  allein  bicfer  ifijunff^,  ber  fiiebner  bcflimmen  tonnte,  bieftm  SHufe  ju  folgen. 

60  33ie  inneren  Vorgänge  babei  unb  bie  3luffaffung  ber  grofien  Stufgabe  btä  jä^lifebot 
Cber^ofprebigeramte«  leif^en  bie  9lbi(^iebev"^i9t  '"  Setejig  unb  bie  31nlTittäl)rebigt  in 
SJre^ben  1855  in  [e^r  bebeutfamer  9Seife.  ^r  2.3  firdjenregimenllictic  ffleftrebungtn 
legen  3'^"8"'ä  ob  junäc^ft  brei  ©i^riften :  1.  BaS  Kefen  ber  flirt^enbifttation.  SJcnlft^nfl 
an  bie  3itritatDren  ic.    2.  Sler  ©tanb  ber  ^riftüi^en  ßrlenntniö  u,  f.  w,  f.  oben.   3.  ^ 

u  ^at^fen  ber  Hir^ie  ju  i^et  Selbftbejferung.  Sleformationet^rebigt  1861,  fobonn  ober  aaä; 
ein  2.  ©b  ^rebigten:  „Seürägc  jur  giJrberung  ber  GrtenntniS  ß^rifti  in  ber  ©emeinbe", 
bie  in  i^rem  bebeutenben,  in  bie  ^liefen  be^  (Suangeliumä  einfi^ienbcn  Se^rgei^alte  «fl 
bei  SerüctfidiHgung  jener  Slufgabe,  bie  ^^een  ber  oben  be[<^riebenen  Z^eologie  in  bie  oO' 
gemeinen  ^nlereffen  ber  ftirc^e  ein=  unb  ^initberäufiiljren,  bie  rectite  SGJürbigung  i^ta  Sf 

f  mtung  erlangen.  50!it  fo  Dielen  Sd^Wierigleiten  aui^  feine  SBirlfamteit  in  biefer  Stellung 


Siefinct  48S 

jMtbunben  Wat,  fo  iefjt  bütfte  für  bie  X«uc,  mit  ber  er  (icfe  bct  Erfüllung  feiner  aiuf« 
flabe  Eingab,  Bretten,  ba|i  ei  1861  eint  Bon  bem  3)e(an  bei;  Strliner  t^eologifc^en  gaMiät 
an  i^  gefteHte  anfrage,  ob  er  einen  3tuf  in  beten  ÜDIitte  annehmen  icetbe,  Bemcincnb  bc' 
«ntwottete,  unb  balb  barauf  1862  einen  in  jeber  Sejie^ung  glänäcnben  Suf  nat^  ©ötlingcn 
au6|4[ug.  SÜon  feiten  bev  Sanbedsetftlidifeit  tcurbe  ilim  bufür  in  ber  niannigfat^ften  i 
Sieife  oufrii^tigei  ^ant  bqetgt.  3Jon  feinem  ft^mierigen,  ober  bon  nat^^altigem  «Segen 
S^önten  ^irfen  tonnte  i^n  nur  ein  ^äl^erer  9{uf  trennen,  ber  itjn  bei  einem  Slufenl^alte 
MIT  SrltDlung  in  bct  St^ireiä  am  24.  3uni  1871  traf,  Ko  er  an  einem  Silage  ftatb, 
«i  boS  §et3  plö^Iit^  traf,  baS  fo  ^eife  für  (einen  §erm  unb  beffen  flirc^e  gcfc^Ingen 
^atte.  IC 

„35ieffr  jünger  ftirbt  nit^t!"  fo  burbe  i^m  bei  feinem  SöegräbniS  im  Stamcn  feiner 
Girier  nactigcrufen.  ^ai  foUtc  ni*t  b[o6  ben  nnoergefeüc^en  unb  «nauölöf(tilic^en  (Sin' 
bind  bejeictinen,  ben  fiebnerä  ^BetfUnlicttcit  auf  feine  ©^üler  madjte,  fonbern  foüte 
flui^  auöfpret^en,  ba^  feine  Itieologifc^e  Henfarbeit  üon  unBetgänglidjem  'Bert  unb  2)fluer 
}a.  3n  ber  l^at  nimmt  fte  ni<^l  btofe  eine  SteKe  in  bet  ©cfdfit^te  ber  Theologie  ein  u 
«nb  bcjei^net  barin  einen  ^löbepunh  {f.  o.),  fonbern  bebeutet  einen  3öenbepunft  für  alle 
tontere  t^eologifdie  Dentarbeit.  9Im  aUerirenigften  barf  man,  oljne  itir  Unre(^t  ;u  l^un, 
mit  iE)t  fertig  ju  toerben  hiä^nen,  toenn  man  fie  ber  üt^ftit  unb  S^ermittelungöllieologie 
guneifen  unb  in  beren  ätnnaten  tegifttieien  rein. 

3)enn  fo  Wenig  einerfeitö  bet  3"f'"H'n«"t'«no  b«  Siebnerfi^en  I&eologie  mil  ber  SJet;  a 
mtttelungöt^eologie  geleugnet  tcetben  fann,  beren  Intention  unb  ^rinjipien,  luSgangö^  unb 
Ateitjunn  fie  teilt,  fo  menig  barf  anbererfeitä  »ettannl  tvetben,  ba^  fte  biefelben  Don 
(o  mant^en  Sinfeitigfeitcn  unb  Unfertigleiten  befreit  unb  toefentli«^  Bertieft,  bamit  aber 
au(^  über  bie  Sfermittelunaät^eolDgie  Weiler  fjinauägefü^rt  t»at,  S)ie  ißermittclung^t^coi 
loflic  ift  baöon  ausgegangen,  bie  {lulberifcfje)  SJiljftif  jur  ©eltung  ju  bringen  unb  bamit  ai 
btn  ber  ^nnerlidjleit  jugetuanblen  JRicptungen  unb  Sebitifniffen  ju  i^tem  ^ed^t  unb  ®tU 
bmg  ju  Ber  Reifen. 

Snbem  nun  bie  S.fc^e  I^ieotogie  biefe  centrale  Stellung  teilt,  mad^t  fic  in  ber  3)urc^: 
M^ng  bamit  Bollen  (Srnfl  unb  ge&t  in  bie  liefe,  inbem  fie,  ber  bie  Irinttäl  ber  Hopf, 
bie  d^riftologie  baä  ^erj  i^rcr  fontemplatiben  unb  f^etulatiDen  ^entarbeit  ift,  oufweift,  m 
tpie  bie  gonje  SBa^jrljeil  unb  güDe  ber  Steligion  nur  ba  fei,  too  bie  ganje  giillc  beö 
©öttlic^en  im  21tenfi$li(^en  na^  bet  Sdjrift  leibhaftig  too^ne,  b.  b-  Wo  bie  Religion  natt» 
gorm  unb  ^n\}alt  (terfönln^  in  (Siner  ipetfon  erfc^eint,  alfo  nac^i  (briftlit^em  ®laubcn  in 
S^fto  bem  @ottmenfcben  ober  ber  Offenboiung  fdjletttbin,  fo  bafe  man  fagen  lönne: 
^©^ri^i«,  (Sbtiftuä  ifl  bie  ganw,  Bolle  religiöfe  Vernunft  unb  ^^«'(fci'-"  « 

aSenn  bie  Sermittelungölb^BlBßie  barauf  auegegangen  ift,  (Staube  unb  aßiffenfi^aft, 
C^ftentum  unb  mobente  '^eltanfd)auung,  @t;riflentum  unb  ^ilbung,  nni^bem  ^e  in 
gfgenfeitige  &)Kinnung,  S^ifferenj  unb  @egenfa^  geraten,  ju  Verfö^nen  unb  jloifi^en  t^en 
ft  vermitteln,  fo  teilt  bie  S..\ii)t  %i)i:Dloffii  bur^auä  biete  Xenbent. 

älber  nKnn  bie  ^IjermittelungSt^eologte  nt<$t  immer  ber  (äefa^r  entgangen  tft,  bie  « 
Snf^bnung  auf  Soften  beä  ungefc^mälerten  unb  unBerhlmmerten  cbnftlic^en  ^n^altö  ber^ 
fceigufü^en,  fo  ift  bie  2.f(^e  a;beologie  Bon  ber  Überzeugung  ausgegangen,  ba|  bie  lieo-- 
bgie  al«  bau  reiffenfc^aftli^e  Selbftberou&tfein  bc^  CEjriftentumö  auäf  bie  loiffenfittoftlit^en 
^njipien  in  feinem  felbfteigenen  ^ntwlte,  bem  ISBangcIium,  ^nben  muffe,  unb  T«  ift  buit^^ 
gängig  getragen  Don  ber  (Selpifiljeit,  bafe  baö  4irifllid;e  SJiffen  tein  anbertceiteö  Söiffen  ii 
otö  ein  foltfied  anerlennen  [bnne,  iai  an  fcientififc^er  ^ignitai  über  ibm  ftünbe  unb  bon 
Wdc^em  ti  erft  betija(itl)eitei  tcerbcn  miifete;  fic  traut  bem  tebenbigen  diriftlittten  ®laubenS= 
m^oEle  unbebingt  ju,  bag  n  fic^  ru(^  luiffenft^aftlidr  entfalten  laffe,  ja  in  feiner  nHit;v' 
baft  abäquaten  Entfaltung  buic^  (^rtftlii^eä  Renten  bie  t;b(i;fte  SUa^r^eit  unb  Vernunft 
boifleae. 

Warn  bie  S^ermittelungSt^eDlogie  bielfad^  bo^  nii^t  über  ein  blo^  fubjeftibeä  SQjiffen 
jUnaufigelDmmen  (c^riftL  SelbftbeWugifein)  unb,  inbem  fte  fid)  Biel  unb  reic^licb  mit  ber 
fitage  über  "tiaS  ^er^altniä  jmifihen  @lauben  unb  Riffen  betDegt  i)at,  \>od)  einem  objeftiBen 
(metop^^ftfi^en)  3Biffen  gegenüber  fleplifc^  unb  fritifc^  flehen  geblieben  ift,  ^at  bie  ^.fc^e 
Ü^eoiogie  baS  3ier^ältniä  Bon  (glauben  unb  SUiffen  in  einer  ^eife  bargelegt,  ba^  tai  gi 
ftwjififtpe  2Se[en  fotoobl  beö  ©laubenö  Wie  beS  ÜÖiffeni  iinalterieit  bleibt  unb  jugleidj 
wuijgeniefen  wirb,  wie  eins  baS  anbere  fc$e  unb  üorauSfe^e,  inbem  fie  jeigt,  wie  im 
01auben,  biefet  ticfflen,  centralen,  nerfönlicben  3Öenbung  ober  UtWenbung  bes  9Jienfc()en 
|U  @ott  biefer  {®ott)  ben  SOienfi^en  jum  löliituiffen  feineä  Sii^iciffen«  ober  feiner  3b« 
iwn  fii^  ergebt,  fii^  glei(^fam  inä  ^nwxe  beö  ÜJtenft^cn  ^incinWiffe  loie  in  bem  3Komente  s 

31* 


484  fitebtter  liftiiiae,    S^itobe 

ber  göttlichen  Setbfhnitteilung,  mit  tüelc^em  ber@Iau6e  old  menfd^Itd^ed  ®m))fan9en  (analog 
bem  leiblichen  @m))fan0e  ber  Speife,  bed  Sid^t^  k.)  ^ufammen  ift,  unb  foddft  ma  fü 
ben  @Iauben  ift,  ber  @(au6e  felbft  fc^on  forth)ä^renb  einen  lebenbigen,  in^otooD  {prägnanten 
Jteim  o6ie!til)en  SBiffend  bon  @ott^  ein  t^eoret.  punctum  saliens,  entl^ölt,  toddft»  Am 

öburc^  bie  9lrbeit  bed  SBiffend  nur  immer  me^r  au^n^ac^fen  foQ. 

äBä^renb  e^  ber  Sßermittelunadtl^eologie  nid^t  immer  gelungen  ift,  hcS  Ser^äUnid  bc^ 
^beolen  unb  9lea(en,  bed  Centralen  unb  ^erip^erifc^en  fonett  gu  tuol^ren,  um  ber  2ds 
tung  ber  centri))etalen,  ber  Überh)inbung  ber  centrifugolen  Setoegung  ber  R6t  rec^t  ^ 
bienen,   6e^au))tet  bie  2,\i^t  ^^eologie,  bag  bad  c^riftfic^e  3Bif(en,  in  fid^  felbft  ru^, 

10  ftd^  gutrauen  muffe,  Vermöge  feines  eingeborenen  ÜRajeftätSrec^tS  oOeS  anbete  äBiffen  M 
auf  ben  @runb  burc^fc^auen  unb  aQem  anberen  SQiffen  feinen  Ort  unb  äBo^r^dtoot 
ankeifen  ju  tonnen,  ^n  biefem  9en)u^tfein  l^at  fie  bie  SSorurteUe  gegen  ben  ®(auB(n 
einerfeitS,  gegen  boS  SQiffen  onbererfeitS  jurücfgen^iefen,  nid^t  b(o^  einleitungdtDeife  im  alt 
gemeinen  unb  })ringi))iea,   fonbern  burc^gängig  in  ber  Surd(ifül^rung,  inbem   fie  bei  bem 

16  ^erl^ältnid  pifc^en  @ott  unb  3Belt,  {totfc^en  @d^ö))fer  unb  Qi^d^öpl  ©Ott  unb  aRen{4, 
(Seift  unb  SJotur,  greibeit  unb  SRottoenbigfeit  u.  f.  to.  geigte,  toie  ber  otomifiifc^  So* 
ftanb  über  bem  Unterfcpiebe  nic^t  bie  @in^eit  gu  erfennen  unb  gu  erfaffen  t>ennag,  fonbctn 
fte  gertrennt  unb  gerftüdelt  (unb  gul^t  ein  SSerftanb  bed3:obed  unb  ber  SSerioefung  tmA), 
ber  moniftifci^e  SSerftanb  bagegen  über  ber  @in^eit  bie   Unterfc^iebe  toerliert  unb  tm 

30  funbiert,  toäl^renb  ber  ©laube  in  feiner  lebenbigen  äBa^r^eit  unb  2:iefe  erfaßt,  ftd^i  ob  ba 
tieffte  (Srunb  unb  Iricb  für  ein  toa^rl^aft  organifc^eS  35enfen  ertoeift,  bei  bem  fotöo^ 
bie  Unterfci^iebe  als  auc^  bie  (Sin^eit  gu  i^rem^ec^te  fommen.  SBie  fic^  ober  babei  bi(fc 
Sentarbeit  fortge^enb  atö  eine  9leinigung^rbeit  unb  )ug(eic^  ald  eine  Jtritit  ber  Unfertig« 
leiten  unb  ^olbfertigteiten  ern^eift,   lönnte,   fon^eit   eS  nic^t  aai  ben   gen.  Unik)erjttat^ 

25^ogrammen  erfel^en  n)irb,  nur  aud  ber  Dollen  äluSfül^rung  erlannt  toerben,  tote  fie  in  ben 
^orlefungen  gegeben  n^orben  ift.  Ob  biefelben  noc^  gur  Veröffentlichung  bun!^  ben  ^Dnrf 
gelangen  n^erben,  toirb  bat^on  abhängen,  ob  man  erwarten  barf,  ba|  ber@trom  berjmit 
tifc^en  ä3en)egung  toieber  äSoben  n)irb  gewinnen  (äffen  für  Pflege  f^ftematifc^  t^ologtfi^ 
3)entarbeit,  unb  ber  Untergeid^nete  gum  Slu^eftanb  gelangt,  nad(i  ben  äbt^rengtmgen  eim^ 

80  an  Arbeit  überreid^en  SlmteS  noc^  5{raft  unb  SRut  finben  toirb. 

®e^.  Hir^enrat  $rof.  iRii|ie(. 

Liltinae,  ©V^^be,  743.  —  S)ie  ©efcftlüffc  MG  Cap.reg.  Franc.  I  6.  26  «r.  11.- 
Siettberg,  ^irctiengefc^.  2)eutf(4I.  I  8.306;  ^ai^,  S)eutf(t)e  ^erfaflungi»gef((i(4te  UI«  S.  3öff.; 
^ai^,  Ueber  ben  Urfpruug  ber  ^affalität,  "äO^^  VU,1856;  ^ai^,  $ie  «(nffinge  bedfie^nl* 

85  loefend,  in  e^beU  $3  1865,  XIII,  90;  $aut  dtot^,  ©efct).  bed  ^enefigialmefeni»  oon  bei 
älteften  gelten  bid  inS  geinte  3at)r^unbert,  Erlangen  1850 ;  $.  9lot^,  geubalitöt  unb  Unter« 
tl)anenoerbanb,  1863;  $.9^oti  S)ie  Söfutarifation  beS  ßirc^engutiS  unter  ben  fiarolingem,  im 
SKüncftncr  ^ift.  3a^rbu(tj  1865,  I,  275;  ^efcle,  Äongiaengefd).  III,  2.«ufl.,  6.525;  ^etnrl* 
^afin,  3oÖrbüci)er   be«  grönfifdicn  mim,   741—752,  »erlin  1863,    mit    bem  (gyfur«  XIV. 

40  über  bad  Äongil  oon  Scftine«,  bog  er  in«  3a^r  745  fcfcn  toitt;  bcrf.,  gb®  XV  S.  59fi.; 
Kaufmann  in  ^ilbcbranb«  3©  XXII  S.  73  ff.;  SRibbecf,  S)ic  fog.  Divisio  be«  frfinl.  IHrtdcn» 
gut«  1883;  fiocnlmi,  ©efctjicftte  be«  bcutfcften  mrcftcnrccftt«,  II,  705  ff.,  1878.;  Soof#,  3« 
(S^ronologie  ber  auf  bie  fränt.  S^noben  be«  6-  »onif.  beg.  »riefe,  fieipgig  1881 ;  aRüi)lba4ier, 
2)ie  ^{egeften  be«  j^aiferreic^«  unter  b.  ^arol.  I,  @.  20  3lx.  45;  3)ümmler  gu  Bonif.  ep.  56 

46  6.  312;  ^Qud,  Ä(4)  2)cuti(ftlanbg  I,  2.  ^ufl.,  6.  514. 

Liftinae  toax  eine  !önigltc^e  äStUa  ber  alten  ^Ät,  unn^eit  9ind(ie  unb  bed  Jtb^ 
Sobbe«  im  §ennegau,  im  16.  3ö^^^""bert  erfc^eint  ber  Ort  unter  bem  Slamen  Lestines, 
gegenwärtig  ift  ber  92ame  in  Estinnes  umgeftaltet,  f.  3)ümmler  a.a.O.  6.  312  Slntn.!. 
t)ie  bafelbft  gehaltene  S^nobe  ift  bie  gleite  auftrafifc^e  unter  ^arlmann;   fie  foQt  toci/^ 

60  f^einlid^  in  ba«  3^^  743.  3)en  2lften  berfelbcn  finb  Oerfc^iebene  ®inge  beigemij<H  ^ 
eiaentliclf  nxd^i  gu  benfelben  ge^i^ren.  9(nbere«  l^at  toenigften«  leine  felbftftänbige  Sdleutimg, 
fofem  barin  bie  ^ftfe^ungcn  ber  erften  auftrafifc^en  ©^nobe  i>om  3^^^^  742  einfo«^  ü" 
ftötigt  h^erben:  bie  9lege(  be«  \)l,  ^enebift  ift  abermal«  eingefd^örft,  unb  bie  ©trafen  füt 
@£geffe  be«  Jtleru«  ftnb  erneuert.    9lber  e«  ift  743  boc^,   gegenüber  toon  742,   ein  nk^ 

66  unh)id^tiger  e^ortfc^ritt  baburd^  gefc^e^en,  ba^  bie  bort  begonnene  ^erung  ber  ©runbffl^ 
lirc^UcJ^er  Orbnung  im  auftrafifd^en  Sleic^e  nä^er  beftimmt  n)irb  ol«  9n{nü))fen  an  bte 
alttirc^lic^en3uftänbe:  bcnn  e«  ift  au«brüdHtc^  bie  ^er))flic^tung  auf  bieJlanoned  beraltoi 
Siöter,  b.  1^.  ber  öfumenifc^en  Synoben  au«gefproc^en,  unb  bie  93e^nb[ung  ungüc^tigcr 
unb  inceftuofer  @^en  in  einem  Sinne  gefaxt,  ba^  baburc^  ben  römifdben  @^egefe|^,  bi( 

60  gerabe  jei^t  bebeutenb  Derfc^ärft  tourben,  ber  @ingang   in«  fränftfd(ie  vltv^  eröffnet  Hhb. 


Liftinap.  Sqniibc 


485 


iCoc^  ift  bo«  nit^l  ba*  S9ebeutuiifl§coIIflc  on  bicjer  Sijnobe.  T>ie|c^  (iegt  bielmefjr  in  i^m 
tedjtflgefAittitlidjcn  Seite,  gletcti  loiditig  für  ben  Qtaat  \v\t  für  bte  Sirttte.  ®ö  ^anbelt 
(m^  babei  um  bie  ftrittige  ^rtige  bet  gto&cn  eäfulaiiiation  beä  8.  ^a^^unbertä.  3)te 
ältere  Slnfidjl  1%  b<i€  flintengut  [ei  ^QUlJtjäiijUi^  unlcr  fiati  5!Karle[[  ongegtiffen  TOorben, 
^PiVljin  unb  flarlinann  Mtlen  bngegen  ba€  Sßorge^en  be*  itatcrö  bitrcl)  möglic^fte  Sfieflitu;  i. 
tion  triebet  gut  jit  mai^en  gefucf)!,  abei  baä  ''Serfa^ien  JTatlä  ^be  boc^  auf  einem  aQi 
gemeinen  @iunb|at$  derart,  Dermdge  beffen  ber  5tÜnig  über  flirt^engut  Dnfitgen  tonnte 
tienn&ge  be«  Sc^mfuct^tS,  unb  ei  fei  btefer  ©runbiafi  bamatS  nur  in  ouffoHenber  aSeifc 
lur  MuSübuiig  gcbrarfit  Wotben.  ©d  gidjbom,  «ptiinHJ«,  ffiai^,  Irland,  Settbcrg,  ^per^, 
»irnbaum,  Dioubei,  ^JorbifluS,  ^auriel,  9)tlle.  Sejorbiete.  Slnbete  fucfeten  ben  SHetlet  beö  lo 
Sbenblanbeä  unb  ber  abenblänbifctjm  flinke,  ben  ©ieger  Bon  5ioiiiere  unb  ffle(c()ü?er  bt« 
Sonifattuj,  üon  biefer  ©cbulb  ;u  cntlaften:  er  fei  butd^  bie  9tot  baju  gebrängt  tDwben, 
obei  au^  gerabeju,  er  l?abe  leine  (ole^e  Sinjie^wng  Bon  Rin^engut  üorgenommen.  Olfnt 
(olt^  aj)ologetif(^e  ^mtit  bat  foDonn  *(Jaul  SHotb  ben  (Scbnnlen  entlciäelt,  ba^  bie  ©ä= 
hilarifation  tbatfaclilicf)  eift  unter  fiarl  'SiarteUd  ©Btjnen,  natnentlii^  ^tp^in,  erfolgt  ift,  is 
unb  bafe  r«  c^ne  SUciijtSbcbcn  tnar,  ein  neuer  Sit  ber  SQiifltür,  bcm  fid;  bie  flirt^e  fügte, 
tDtil  fie  mußte.  5ßJurbe  Don  ben  5Kerobingem  bie  flirc^e  im  gonjen  rürffii^täbott,  teil' 
toeife  [oflor  freigebig  befjnnbelt,  Waren  beren  Singriffe  in  baä  Äirdjcngut  nur  tjnrticil  unb 
ni<^t  tjon  Sebeulung,  nirgcnbö  Bon  einem  allgemeinen  ©efe^gebungSoft  begleitet,  fo  befinte 
fict  bagegen  bie  (arolingiic^e  eätularijotion  bc^  8.  ^a^ir^unbertö  gld(tmä|ig  auf  alle » 
flinken  bcÄ  SHei((i«  quo,  fie  traf  ben  gtöfettn  ^Tetl  ilirer  Sefi^ungen,  fie  hjar  eine  förmliche 
Irilung  jloildien  fiirdfe  unb  Staat,  bal^er  ber  gegebene  ^ame  35iBifto,  unb  ber  Staat 
tDöt  c*,  bot  cnt((^icb,  luaS  ber  Äitfde  noi^  bleiben  foflle:  bai  ganje  toar  eine  fle(ehgebe: 
rift^e  9Jta6regel.  iWotti  gegenüber,  ber  bei  3-  9Beij(äc(et  in  bet  2.  Slufl.  biefc€  ®er(eä 
uneingeftbrönfle  ^uftiiTwuna  li"b,  i}at  enbli^  SHibbed  burget^an,  ba^  bie  ^auptmaife  bcä  ^^ 
flitt^engutä  nitfjt  erft  butt^  flarlmann  unb  $iti|)in  in  Söien^Önbe  lam,  unb  bafe  jwijtiien 
ben  3Jergnbungen  fiarl  fflarteQ^  unb  feiner  ©b^me  (ein  Unterfdjieb  ju  matten  ift:  f^cu 
bot  bet  Sönobe  Bon  Sflinne^  Würbe  flirt^engiit  ali  Senefijtum  »etteill.  ÜberbieS  verlief 
Aar[  Si^tümer  an  ^aien  unb  betcirtte  boburd),  bafi  ber  $cft|^  ber  3)iälümet  geitlDeije  in 
fiaienbänbe  (am.  2)ie  9teftitution  begann  naii  feinem  Tobe  jurrft  in  9tufter,  tnbcm  bie  so 
neu  ernannten  Bifiiöfe  in  hai  2,'ermDgen  ber  Sirenen  tcieba  eingelegt  trurben,  Wobei  freis 
li(^  ber  gröfete  Teil  in  ber  ^orm  bet  precariae  verbo  regis  im  SJefifc  Bon  £aien 
blieb.  3n  *Reuftet  luutbcn  Botctft  bie  ^n^bet  be^S  ititc^engutS  in  i^tem  unreti&tmä|igcn 
Seftf  belaffen;  ctft  [eit  feiner  Erhebung  jum  König  mai^te  'JJiplJin  na^  unb  nad)  bie|em 
Suftanb  ein  dnbe,  teiW  burdf  t^tfäi^Itt^e  SHcflitution,  teilö  burt^  <Ctelartenf($reibung.  aa 
atibbetl  lenlte  bemna^  im  iBcfentlic^en  ju  bet  ölteten  SJnji^auung  jutficE,  Wonac^  bie  ©D: 
neben  Bon  742  unb  743  ^Hafetegeln  jut  Steftitution  beä  flirdjengutä  brachten.  ©eineStnü^t 
untfcf^ieb  [\ä}  aber  Bon  i&t,  inbem  er  befttitt,  bafe  bie  Ginjie^ungen  mit  bem  ZoU  Hatl 
3)tintcuä  ein  ISnbe  erreichten  unb  inbem  er  betonte,  bag  Jlarlmann  unb  ^i)}t>in  nii^t  gicid)' 
mä^ig  Rubelten,  ^n  beibem  ift  et  ber  alleren  3Infd)auung  gegenüber  im  ^iltecbt,  wie  ^ot^  lo 
gegenübet  in  bet  äluSlegung  ber  fla)}itularien  unb  in  ber  älble^nung  bet  ©ätulatifation 
butt^  bie  ©b^ne  Äatl  ^Dlattetlä,  9tut  barin  Bermo^  ii^  iljm  nii^t  jujuftimmcn,  bafe  bie 
Stimmungen  Bon  742  unb  743  im  Weientlicben  ibentif^  leien.  53er  aBortlaul  nötigt, 
wie  m\d}  bünit,  ju  bet  Mnna^me,  baß  bie  Stepitution  im  ^ai)Xi  742  umfaffenber  gebadjl 
loor  als  im  Sa^iie  743.  ^ntx^t  ^ieß  ti:  Fraudatas  pecunias  eccleaiarum  ecclesiia  *ö 
restituimuB  et  reddidimus  (Cap.  v.  742,  1  ©.  25);  batauS  Wirb  im  ^a}}xt  bamai}: 
Statuimus  cum  consilio  servonim  Dei  et  populi  chrietiant  propter  inmineDtia 
bella  et  persecutiones  ceterarum  gentium  quae  in  circuitu  nostro  sunt,  at 
Bub  precario  et  ceneu  aliquam  partem  ecclesialis  pecuniae  in  adiutorium  exer- 
citus  nostri  aliquanto  tempore  retineamus  ea  conditione,  ut  annis  singulia  de  m 
unaquaque  casata  solidus  i.  e.  duodeoim  denarii  ad  ecclesiam  vel  ad  mona- 
sterium  reddatur;  eo  modo,  ut  ei  moriatur  ille  cui  pecunia  commodata  fuit, 
ecciesia  cum  propria  pecunia  reveatita  ait  (Cap.  v.  743,  2  ©.  28).  33ie  gtofee 
:Sebeutung,  bie  jNot^  ben  Seftimmungen  Bon  742  unb  743  jufi^rieb,  tann  man  i^nen 
bcmnat^  nii$t  beilegen.  3'""'"'?'"  bleiben  fie  Widitig,  1.  Weil  mit  il)nen  eine  wenn  auä}  ari 
befilftänfte  Steftitution  einfette,  unb  2,  Weil  butt^  [xt  ein  geotbneteä  Setfabien  garantiert 
toat.  fiatlmann  Bcrftfinbigtc  \id)  auf  ber  ©ynobe  mit  bem  SpijIiJljat;  et  ^onbelte  mit 
(einer  Selcinigung,  unb  bie  ^Jtaferegcl  foDtc  feine  bleiSenbe  |ein.  SJiejenigen  nämlic^,  Welt^e 
mit  tin^Iii^em  Oute  burcfe  ben  flönig  beliehen  Waten,  bebalten  baäfelbc  nur  auf  Sebenä; 
jeit,  na(i}  i^rem  lobe  fäHt  eö  ber  Äiri^e  Wiebet  (jeim,  fie  jaijlen  Genfuö  unb  ^aben  fiit » 


486  Liftinae,  S^itobe  Sig^tfool,  3o^n 

Srl^Itung  ber  lirc^Iic^en  Saulic^Ieiten  ju  forgen ;  bet  Qiai  fc^etnt  fogor  gtemlic^  ^ixl^  )U 
fein.  älnbererfeU^  fretlid^  foQte  ber  ^nig  bte  Sefugntö  l^ben,  bod  btml  ben  Zob  Mt 
Selie^enen  erlebtgte  J{ir(^engut  im  ^De  ber  3lot  toieber  au  t)ergeben,  auf  bem  SBe^e  bct 
$relane  tüie  hcS  erfte  3Rcd,  fo  ba|  bte  ntnöd^ft  Dorfic^tig  M  bIo|  t)orüberge^enb  bejeu^ 

6  SRa^regel  boc^  einen  bleibenben  S^araner  annehmen  tonnte,  ja  mugte.  9btd^  toor  bie 
3uftimmun^  ber  ©eiftUc^Ieit  fe^r  toeitfc^id^tig  gehalten,  bem  5tlerud  blieb  bie  ®ene|(^migung 
nic^t  für  bte  einjelnen  ^e  vorbehalten,  ber  jfönig  loar  in  ber  älu^ebnung  ber  Ser» 
leil^ung  nid^t  befqirSnIt,  nur  foDte  er  barin  nic^t  fo  toeit  ge^en,  ba^  bod  rird^Iic^  !^ftt^ 
SRan^el  litte,  ba^  im  ein^ielnen  baDon  betroffen  tottrbe.  Soc^  fyxt  bte  @)^nobe  bon  Sfttnitd 

10  für  bte  beutf(i(ie  Jttrd^e  beffere  Sebingungen  erlangt,  ald  fte  in  SReufier  t>on  ber  toddviim 
ÜRac^t  gugeftanben  tourben.    2)er  @t)ifto))at  toel^rte  fid^  gegen  bie  tl^m  ongefonnenen  ^ 

Sieftänbniffe  nic^t,  er  befc^toerte  ftc^  nid^t  einmal,  felbft  Don  bem  mutigen  Sonifottud  ftsM 
id^  leine  @))ur  eined  ^rotefte^,  unb  $a))ft  ^aa^maii  ertlörte  bie  SetxnQigung  bon  9k 
gaben  an^  ben  Dergabten  @ütem  für  genügenb,  er  ^offte,  bag  fu^  bei  ni^geren  3^ 

16  mel^r  toerbe  erreid^en  laffen:  für  ben  SiugenblidE  fa^  tool^l  jebermann  bie  ^oltäf^  Unbo* 
meiblid^feit  bed  SSerfa^ren^  ein.  ^m  legten  ^(ä)xz  feinet  Sebend  gab  ^'tppm  bie  3^f^ 
rung,  baft  in  3ulunft  bie  3Belt«  unb  bie  nloftergeiftlic^en,  toeld(ie  beU)e  gleid^mä^ia  beMfm 
toaren,  i^re  ©üter  in  SRu^e  beft^en  foQten,  natürlid^,  fotoeit  fte  überl[Kiu)>t  no<^  f ou^  fj^siÄm. 
2)oc^  tourben  aud^  baburc^  bie  äSer^ältniffe  nic^t  toefentlic^  ge&nbert :  bod  bereite  So» 

30  Helene  blieb  hergeben*  bie  JUaufel  über  ben  ^eimfaQ  tourbe  nid^t  beobachtet,  mx^  in 
ber  SRitte  unb  )u  Snoe  bed  9.  2la^^unbert$  befanb  ftc^  ein  großer  Zeil  b«S  51««^' 
gutiS  in  ben  ^önben  bed  jfönig^,  unb  feit  Anfang  biefed  ^al^l^unbertd  tourbe  ed  im 
toefentlic^en  al$  fein  Eigentum  betracfitet.  Slud^  toar  f))äter  ber  )u  Sftinned  aufgeßeDte 
l^ol^e  3^^^  ni^^  ine^r  getoö^nlic^,  uttb  felbft  über  bie  @d^toierigIeit  ber  Sr^ung  bei 

26  3lonm  unb  3)ecimen,  toelc^e  in  ber  §olge  größtenteils  an  bie  Stelle  bed  ScnfuS  getretm 
}u  fein  fd^einen,  unb  über  förmliche  S^^lungiSbertoeiaerung  ber  93eneft}iare  l^en  bie®etß* 
lid^en  öftere  ju  Hagen.  Sticht  toentg  l^at  bie  gu  @ftinned  feftgefe^te  9lrt  ber  Sertoenbung 
bed  eingejogenen  Jtirc^engutS  gur  äluSbreitung  ber  93eneft)ienberlei]^ung  übed^aupt  bdat> 
tragen.   2!>^M^^  ^^^  ^i^f^  ©V^obe  Don  ben  gröftten  t^olgen  für  bie  Serfaffungdcnttmoe* 

80  lung  bed  mittelalterlichen  Sel^nSftaatiS,  toaS  toir  fier  nur  gu  ertoäl^nen,  nic^^t  gu  erdrtem 
fyä>tn.  (9*  »eisffttfevt)  ^«itf. 

Si(|W00t,3ol^n,geft.l675.  —  duellen:  Vita  amÄnfange  tJonSo^.  filgbtfoot« Open 

Omnia,  ed.g.  ßeugbcn  (1699);  »iograp^le  in  fiigbtfootd  Work8,ed.3.  $R.  ^itman,  I  (1822)  (ni* 

aei.];  2).  3R.  SScIton,  3oftn  ßig^tfoot,  The  EngUsh  Hebraist  (S)iff.),  ficipgig  1878;    6.  2tt, 

86  Dicüonary  of  National  Biography  XXVIII  (1893)  229  ff.;    ^rcffcl,  «rtlfcl  fiigfttfoot,  > 

^anned,  in  $(uf{.  2  biefer  di.^. 

©efamtaudgaben  ber  $Betfe:  A.  ßateinifc^  (mit  Ueberfe^ung  ber  engl.  Originale  in  bol 
fiat.)  1.  ed.3o^.XejeIiu8  1686;  2.  ed.  3o^.  fieuSben,  5rane(!erl699;  B.  «ngltfj^  (mit  UeBer* 
fe^ung  ber  Tat.  Originale  in  ha^  @ngl.)  1.  ed.  ®.  IBrig^t,  ßonbon  1684;  2.  ed.  3.  ft.  fit' 
40  man,  ßonbon  1822/23.  3n  ^eutf(!^Ianb  tourbe  t)on  3*  ^-  Sarpgoo  gefonbert  gebrucft:  Hone 
Hebraicae  et  Talmudicae  in  IV  Evangelistas,  1.  ^.,  ßei^jig  1675,  2.  9[.  1684,  unb  Bor. 
Hebr.  et  Talm.  in  Acta  Apost.,  partem  aliquem  £p.  ad  Rom.  et  I.  ad  Cor.,  fieip^ig  1679. 
Sin  Porträt  fi.'S  befinbet  ftci)  an  ber  ©pi^e  oon  fieudbend  ®efanitau8gabe  feiner  Öcrfe, 
ein  Originalqemälbe  in  ber  ^alle  oon  ^t  Sat^erine'd  College  in  Sambribge. 

46  911^  @o^n  be^  ^farrerd  %\)oma^  Sigl^tfoot  unb  beffen  ^au  @lifabetl{^  Sagnall  toiiib< 
3o^n  Sig^tfoot  am  29.  üRärj  1602  in  ©tote  upon  Srent,  ©tafforbfljfire,  geboren,  ft 
befuc^te  bte  ©c^ule  be^  Se^rerd  SBI^tte^eab  in  Horton  ®reen,  Songleton,  S^ef^ire  unb  M 
1617  ab  S^rift'd  (SoOege  in  Sambribge,  unterftü|te  bann  gmei  ^af^xt  feinen  frül^eren  Se^ 
SB^ite^eab,  ber  je^t   eine  ©c^ule  in  Slepton,  ^erb^fl^ire  leitete,   trat  in  ben  geifffi^o 

60  ©tanb  ein,  unb  h^urbe  Surat  Don  92orton4n^aled,  ©^ropf^ire.  ^n  biefer  Stellung  lenite 
il^n  @ir  ^otolanb  Sotton,  ein  für  ^ebräifc^e  ©tubien  begeifterter  ^ritKttmann,  lernten  unb 
mad^te  i^n  ju  feinem  ^au^Iaplan  in  SSeuoport.  @rft  in  biefer  ©teQung  mad^te  a,  bunt 
bad  S3eifpiel  feinet  @önnerd  angeregt,  emftlic^en  9(nfang  mit  ^ebrätfc^  unb  rabbinifc^ 
©tubien.  9lld  ©ir  91.  Sotton  nac^  Sonbon  jog,  folgte  er  i^m  erft,  tourbe  aber  bann  $farm 

66  in  ©tone,  ©tafforbfl^ire,  unb  betratete  ^ter  1628  bie  äBittoe  ^o\fct  Soptooob,  %A.  (SjotH^ 
ton.  1630  erhielt  er  bie  5ßfarre  2lf^le^,  ©tafforbf^tre,  Don  ber  er  1642  nad^  2onbon 
überftebelte,  too  er  1648  bte  ^fane  Oon  ©t.  93artl^olemeto  übernahm.  äUd  WitglU 
ber  SBJeftminfterf^nobe  griff  er  in  bie  fragen  nac^  ben  S3efugniffen  ber  Soienfltd^ 
ber  SBo^l  ber  @eiftlt(^en  burd^  bie  @emetnbe,  ber  itinbertaufe,  ber  Seffnrengung  bei  bff 

60  ^ufe,  ber  3ufanimenfe^ung  ber  ©^nobe,  mit  ben  3Ritteln  fetner  t^eologifd^  tmb  robbi* 


Stg^ol,  ^olfti  Stg^tfool,  3ofe))l^  Sotbet  487 

täfä^  ®e(e^amIeU  ein,  ftet^  )u  ©unflen  bed  in  ber  englifd^en  Jtirc^e  ^tdömmlid^tn 
«gen  bte  bon  ben  l^be^enbenten  getuünfc^ten  Steuerungen.  9ln  ber  @eite  ber  fogen. 
Cm^ianer  Utmt>fte  er  für  bie  @ut)rematie  be^  Staate^  über  bie  Riti^,  1644  erl^ielt  er 
Me  Pforte  t>on  @reat  SRunben;  ^erfortf^ire,  bie  er  bid  an  fein  Sebendenbe  bel^ielt.  fßon 
^cr  aud  beforgte  er  bad  i^m  1650  übertragene  Slmt  eined  „3Jlafter"  bon  @t.  Satl^rine'^  6 
^oD  in  (Sambribge  unb  tuurbe  1654  äSijerangler  ber  Unit)erfttät  Sambribge,  todi^t  ibn 
1652  ium  2)o€tor  ber  Geologie  gemad^t  l^atte.  2)urc^  Snnal^me  ber  Uniformität^rte 
twn  1662  unterwarf  er  {td^  ben  ^rberungen  bed  toieberbergeftedten  jfönigtum^.  1667 
cs^tdt  er  eine  ^räbenbe  ju  (S%  auf  ber  er  am  5.  3)e}ember  1675  ftarb.  @ein  ®rab 
erhielt  er  }u  ®reat  3Runben.  —  S.  toax  nie  alabemifc^er  Se^rer  unb  barum  nic^t  in  ber  lo 
Soge,  im  eigentli^en  Sinne  bed  SQiorted  Sd^ule  gu  mad^en.  ©etoiffen^afte  93efi>rgung  fetned 
$fanamtd  tuirb  i|m  nac^erüi^mt.  Seine  ^ötigfeit  auf  ber  SBefhninfterf^nobe^eigt  ü^n 
dü  einen  fe^  belefenen,  ober  nid^t  eben  aU  genialen  toeitblidtenben,  über  bie  maä^t  ber 
Xcobttion  eri^enen  3Rann.  Sebeutenb  tuar  er  nur  ald  emftg  orbeitenber  @ele|^rter.  Se^ 
fimberS  in  brei  9lid(|tungen  ift  er  felbflftönbig  tl^ätig  getuefen.  (Srftlic^  f^at  er  bie  biblifd^e  i6 
(Befc^ic^te  auf  ®runb  ber  eigenen  SKngaben  bed  älben  unb  92euen  ^tamentö  d^ronologifd^ 
}u  orbnen  Derfud^t.  tiefem  3^^^  ixmtt  feine  Harmonia,  Chronica  et  Ordo  Veteris 
Test.,  guerft  1647,  unb  Harmonia  etc.  Novi  Test.,  juerft  1655.  3^^^^  M  ^ 
eine  ,,^armonie''  ber  Seric^te  ber  @bangelien  ^ergefteOt  in  Harmonia  Qaataor  Evan- 
gdistarum,  )uerft  1644.  47.  50.  SSä^renb  feine  biblifd^e  S^ronologie  unb  bie  ^armo«  ao 
mfterung  ber  Sixingeliften  nur  für  jene  3^^  bebeutfam  fein  tonnten,  barf  bie  mit  ber 
Ic^en  äCrbeit  l^erbunbene  @rläuterung  ber  Sbangelien  bef onber^  be^^alb  al$  nod^  immer 
iiqintitib  gelten,  tueil  ber  SSerf.  bon  feinem  rabbinifc^en  SQiiffen  babei  häufigen  ®Axcaxi^ 
mac^  9luf  biefem  ®ebiete  lag  bie  eigentliche  Stärfe  £ig^tfootd,  bie  um  fo  rüi^men^erter 
ip,  aü  )u  |einer  3^t  au|er  Su^torfd  3Börterbud^  yoentg  brauchbare  ^ttfdmittel  für  rabbi»  26 
nifc^  @tubten  t)or(Kmben  toaren,  unb  er  leine  (Gelegenheit  fydU,  bei  ^uben  Unterrid(|t  gu 
nd^en  (f.  bafür  SBelton  a.  a.  O.  @.  15  ff.).  %ik  biefe  britte  Slid^tung  feiner  Arbeit 
iß  befonberd  gu  nennen:  Descriptio  Templi  Hierosolymitani  (guerft  1650),  Ministe- 
rium TempÜ  quäle  erat  tempore  nostri  Salvatoris  (guerß  1649),  unb  befonber^ 
Wne  Horae  Hebraicae  et  Talmudicae  gu  ben  bier  @bangelten,  ber  3fyo\idQt\ä)xi^it,  ao 
ocm  Stdmerbrief  unb  erften  Äorintl^erbrief  (guerft  1658—78).  9Jlit  ben  Horae  gu  ben 
biet  StKtngeliften  tooren  berlnü))ft  S^turfe  gur  t>aläftinifd^en  ©eogra^^ie.  92te  boroer  h>ar 
ber  Sfkd^  oud  ber  jübifd^en  Sitteratur  ein  fo  reid^l^altiged  ÜRatertal  für  t>a&  SSerftänbnid 
btf  Steuen  Zeftamentd  bargeboten  toorben.  @d  fel^lt  nic^t  an  ^Irrtümern  im  eingelnen, 
aw^  go^Ireic^e  Srgdngungen  bleiben  m5glic^ ;  aber  £.  überragt  aud^  feine  92ac^folger  auf  86 
bcm  gleich  ®ebiet,  ^dttgen,  3Reufc^en,  äBünfd^e,  in  rationeller  äSerarbeitung  be^  Stoffel, 
ber  nid^t  nur  in  2)arbietung  fogenannter  „^araSelen'^  befte^t.  Seine  ^efd^eibung  bed 
(^^  Xembete  unb  feinet  ^ienfteS  nac^  jjübifc^en  BueSen  ift  noc^  immer,  fofem  e^  ftd^ 
um  2)arfieuung  ber  jübi|c^en  ^rabition  l^anbelt,  burc^  nid^tiS  Seffered  erfe^t  toorben.  %üx 
2.  tiHir  bad  ^ebrdUc^e  bte  Urf))rac^e  ber  9S$elt  unb  bie  SSoIale  galten  ibm  al^  ber  Aom  40 
fonmttenfd^ft  gleic^ixltrig  (Erubim  Cap.  XXIX,  XXXI).  @d  ^e  ipm  na^e  gelegen, 
tMitigftend  für  b^  ÜRatt^^ebangelium  eine  ^ebräifc^e  Urfc^rift  angunebmen.  9ber  er 
mftäft  geltenb,  ba|  ha&  $ebräifd(ie  gu  jener  3^it  bei  ben  ^uben  gu  toenig  mannt  getoefen 
fei,  bie  fVrifc^  3Rutterf))rac^e  ber  bamaligen  ^uben  aber  toegen  ber  il^nen  beborfte^enben 
dingen  Sertoerfimg  nicpt  bertoenbbar.  Sa^  @k)angelium  l^abe  griec^ifc^  fein  muffen  toegen  46 
feiner  Seftinratung  für  bie  äSerufung  aÖer  Söller  mm  ^eil  (f.  Horae  Hebr.  et  Talm. 
tt  SRatt^  1,  23).  Semitifd^e^  SBiflen  bet^öttgte  £.  bei  ber  9let)tfu)n  bed  famaritanifdben 
Sentateuc^tested  in  äBaltond  $ol^gIottenbibe(,  gu  ber  er  eine  ©eograb^ie  $aläftinad  bei« 
^erte,  imb  burd^  Seratung  @bmunb  SafteQd  bei  feinem  Lexicon  Heptaglotton. 

®nftaf  ^altttan.     50 

ÄiflWwt,  Sofe})]^  Sarber,  geb.  13.  3lJ)ril  1828,  gefi  21.  3)e|ember  1889.  — 
Sal.  9*  3-  ^'  ^oxi,  Dictionary  of  national  biography,  $b  33.  fionbon  1893,  @.  232b  bis 
2m)  a,  unb  ^.  ^.  fBatfin«,  Bishop  Lightfoot  (au«  ber  Quarterly  Beview,  Sonbon  1893, 
6.  73— lOft),  ßonbon  1894. 

Sig^tfoot,  nur  10  ^age  älter  atö  $ort,   ftarb  ald  erfter  bed  3)reiblatted  3Beftcott<  66 
Sg^oot^^ort  (f.  oben  S3b  VIII  ©.  368, 23—31),  l^atte  aber  früher  al«  bie  beiben  anbcren 
bie  ^^eren  SBürben  in  ber  Untt^erfitöt  unb  in  ber  Jtirc^e  erreid^t.    ^n  ber  ^anbel^ftabt 
fSbctpool  aId@o^  eined  Suc^^alterd  geboren,  tourbe  boS  Iränllid^e  Jlinb  btd  gum  13.  ^a^e 
|tt  ^oufe   unterrid^tet,   bann  ein  ^a^  in   ber  Stber^ooler  ,,Royal-Institution",   unb 


488  Sigl^tfool,  3ofe))l^  Sorbet 

fc^Kefeltc^  1844—1847  in  „King  Edward's  School"  m  Strmmfll^m.  gm  ©erBjie  1847 
tüurbe  er  ^ensioner''  im  Xrinit^  SoOege^  Sambribge,  unb  am  ®nbe  bed  erften  2la^ 
bort  )um  ^rit^atfd^üler  bed  brei  So^re  älteren  äBeftcptt^.  ®$  tuirb  ft(^  em))fd^[en,  feine 
oft  fd^toer  ^u  überfe^enben  Steuungen,    @rabe,  ^mter  tmb  äBfirben  )uerfl  b»)  auf« 

6  jugäl^len. 

3m  3al^re  1849  „scholar"  be«  Sirinitb  GoIIege ;  —  1851  baccalaureos  artiiun, 
„wrangler",  „senior  classic",  unb  erfter  „chancellor's  medallisf' ;  —  1852 
„fellow''  bed  ^rinit^  SoQege;  —  1854  magister  artium,  auc^  ol^  3>iaIonu$  or* 
biniert;  —    1854  ÜRitgrünber  bed  Sambribger   „Journal   of   classical  and   sacred 

lophilology"  (erfc^ien  1854—1859);  —  1857  „tutor"  im  IrinitJ;  Sottege;  1858  ob 
$riefter  orbiniert,  ebenfalls  1858  ,,select  preacher"  in  ßambribge;  1861  „Hulsean'' 
$rofef[or  ber  Geologie  in  Sambribge,  ^enfoDd  1861  RapUm  bed  ^rinjgemo^ä;  — 
1862  esaminierenber  ita^Ian  bed  Sifd^ofd  t)on  £onbon  (Xait),  oud^  1862  ^onoradaf>latt 
„in  ordinary"  ber  Äönigin;   —  1864  doctor  divinitatis  ßambribge;    —  1866  imb 

16  1867  „Whitehall".$rebiger ;  1867  bertoeigerte  ©mcnnung  gum  »ifd^of  bonSic^fidb,- 
1869—1879  ejaminierenber  äcöplan  be«  Srjbifc^ofd  bon  ßonterburl^  (latt  jum  ©rjbifc^of 
beförbert);  —  1870  3uU  bi«  1880  SRoöember  einer  ber  Kebiforen  be«  englifc^  9fU 
(man  arbeitete  gufammen  biergig  Sage  im  3^1^^)  \  —  1871—1879  refibierenber  %tm 
berr  ber ^aufölotl^ebrale  inSonoon;  1874  unb  1875  „select  preacher"  in  Dsforb;  — 

ao  1875  gab  „Hulsean''  ^rofeffur  auf  unb  tourbe  „Lady  Margaret  professor  of  di- 
vinity"  in  Sambribge,  unb  afö  folc^er  audd  Sieftor  ber  ^irc^e  t)on  Xerrington  @i  Sb» 
xMx^i^  inSJorfoII;—  1875  „deputy  derk  of  the  doset"  gur  Königin; —  1877  bu»^ 
ben  Oiforber  unb  Sambribger  3[ntrag  Cßarlamentdantrag)  gu  einem  ber  ftdben  Sebolt 
mäc^tigten  für  ßambribge  nominiert;—  1879  am  15.  SRärg  gum  Sifd^of  bon  ®ur^ 

26  (ba^er  feine  Unterfc^rift  fortan  J^of^^  Sarber  Dunelm[ensisj)  ertaKi^lt,  am  10.  S^ 
beft&tigt,  am  25.  9[))nl  in  ber  SSeftminfterabtei  burc^  ben  Srgbifd^of  bon  f)orI  unb  ftdKn 
anbere  Sifc^öfe  fonfelriert,  toobei  fein  ^eunb  Doml^err  5ßrofef|or  SBefteott  bie  ^rdiigt 
l^ielt.   ®r  heiratete  nic^i 

^iefe  Ina))))e  Slufgö^Iung  la^  fd^on  ben  reid^en  ^nl^alt  bed  Sebend  Sig^tfootd  al^nen. 

80  J{e^ren  toir  gum  9(nfang  feiner  ^ätigleit  gurüdt.  9D[d  ange^enber  Sogent,  etta>a  einem 
9lcj)etenten  ober  ^ribatbogenten  entf))re$enb,  geigte  er  fc^on  bad  grö^e  ^nlereffe  f&r  feim 
Schüler,  toenn  er  auc^,  unb  gtoar  big  ut  feinem  Seben^enbe,  gurüdCpaltenb  unb  fc^üc^tem 
blieb,  big  man  ü^n  anging.  9lld  ^rofeffor  gog  er  bie  @tubenten  in  @(^en  gu  ^  unb 
feuerte  fie  an,  fotool^I  burc^  bad  \oqA  er  bot,  burc^  bie  a^e  feiner  Aenntniffe,  bwnd^  ben 

86  9{ei(^tum  feiner  @ebanlen,  ald  auc^  burc^  bie  SQetfe,  auf  toeld^e  er  ed  bot,  burc^  bie  teil" 
na^mboQe,  günbenbe  3lrt  feinet  Ilaren  SSortraged.  Sie  @igenfc^aften,  bie  i^n  ald  ob« 
bemifc^er  Se^rer  au^geid^neten,  liefen  il^n  um  fo  me^r  al^  ^rebiger,  unb  gtDor  an  ba 
großen  ^autelird^e,  glängen,  unb  feine  öier  Sönbc  5ßrebigten  finb  ebenfogut  gu  lefen,  tote 
gu  boren,    ©eine  SSoriiebe  für  Äird^engefd^ic^te  beti^ötigte  fid^  im  ^al^c  1870  bun^  b« 

40  Stiftung  breier  @ti))enbia  (scholarships)  ^ufammen  4500  £  ober  90  000  M  für  itirc^ 
gefd^ic^te  „an  fid^"  unb  „in  Scrbinbung  mtt  allgemeiner  (Sefd^id^te".  6«  hnir  eine  fc^e 
2öerbinbung  feiner  Siebe  für  bie  SBiffcnfd^aft  toie  für  bie  5ßrajig,  unb  feiner  tJreigebig« 
feit,  ald  er  in  feinem  Sifd^of^palaft  in  Stfl^o))  Sluddanb  (bieQeicbt  15  Kilometer  bim 
Surgam)  ftanbibaten  um  ftc^,  um   feinen  ^ifd^,   fammelte*   fec^d  bid  ad^t  auf  einmal 

46  n)ol^nten  frei  bei  i^m  unb  tourben  burd^  feine  (Srgbelane  unb  Jta^Iöne  unterliefen ;  mat 
ad^tgig  ^aben  biefe  SBo^Iti^at  genoffen.  911^  Sifc^of  ging  er  barauf  oyx^,  in  feber  Jcitt^ 
in  {einem  @))renge(  gu  ))rebtgen.  SBenn  ic^  nic^t  ine,  trat  er  in  £iber})0ol  im  Igo^ 
1879  in  öffentti^er  Siebe  für  ba«  „University  College"  unb  für  bie  Xcilnal^me  b« 
^auen  baran  ein. 

60  ©eine  I^ätialeit  at«  „refibierenber  3)oml^err"  gu  St.  ?PauI  unb  feine  SBerbinbung  mit 
3:ait,  bem  Sifc^of  unb  (Srgbijd^of,  Ratten  i^n  auf  bie  SBertoaltung  einer  3)iöcefe  bor» 
bereitet,  ^abei  ift  aber  gu  bemerfen,  ba^  2)ur^am  eine  befonberd  toic^tige  2)idcefe  ijl 
Sigl^tfoot  toar  ber  erfte  9tfd[^of  feit  Sofm  im  ^[a^re  1660,  ber  auf  biefen  ^ol^  @^ 
gelangte,   ol^ne  frül^er  anber^too  Sijd^of  getoefen  gu  fein.  21K  SSifc^of  betriÄ  er  eifrig  bie 

66  fe^r  nottoenbige,  feit  mehreren  gal^ren  borbereitete  i^eilung  be«  ©t)rengefö.  S)ai8  lÄtige 
Selb  für  bie  neue  ^iöcefe  ^tetocaftte  )t)urbe  fd[^lie^(ic^  gufammengebra(^t,  toobei  bemerlto 
ift,  bafe  ein  Quäfer,  %  SB.  ^eaje,  ba«  grofee  Oefd^enf  be«  ©(^lojfe«  SentoeB  2oW 
ate  SBo^nung  für  ben  gu  emennenben  Sijd^of  Don  9Jetocaftle  ma^te;  ber  neue  9if<W 
tourbe  1882  fonfefriert.    Diefe  Teilung  fertig,  legte  er  ftd^  barauf,  bie  fel^Ieiü>en  Äin^en 

60  in  feinem  ©^rengel  gu  befd^affen.    6r  berief  eine  Serfammlung  in  2)ur^m,  geigte,  b4 


fiigf|ffDDf,  ^D\tpi  Satbct  Sigiton  nnb  ker  StgaoriatterarticR       489 

fünfunbitranjig  {{irc^eti  unb  5IIi|rion^räuinE  nötig  lüäwn,  itnb  ytiflcte  (jlbft  eine  aroftc 
eumme ;  gegen  30  000  £  ober  600  000  M  hjutben  in  ber  Sjerfanimlung  ju(Qinmfn= 
flebtactit.  Üla^  |ünf  ^ai^xm  hmren  (c&pn  fünfunbuierjig  Äirc^en  ober  tOtiiriPn^tapetlcn 
fettig  ober  no^icju  ferlig.  3i""  ^«"'e  für  boö  je^nte  ^a^r  (eiiieö  31inteÖ  ftiftete  ei  felbft 
(ine  flirt^c  in  ber  Stabt  ©unbetlanb.  Ör  intcrcjfiette  fid)  [e^t  für  eine  ^ibcefunftiftuiia,  6 
bie  ade  bie  Stiftungen  für  (irt^Ut^e  S*""^*  '"  t«  Diöcefe  üereinigen  (oUte,  für  Äin^en, 
Eckten,  35erli((ierun9,  ^enjionögetber  für  ©eiftlit^e  unb  ä^nlii^eS;  [ein  eigener  Seitrag 
bfl^u  tcor  50Of  ober  lOOOO  M  jä^rlii^;  biefcr  Stiftung  tjinterliefe  er  au^t  ben  größten 
3:eil  feineö  Seftgc«.  @S  gefiörtc  mit  ber  ^ertnefjrung  ber  Äir^en  julammen,  bafe  er  für 
bie  5ßenne[)Tung  ber  fianbbetane  (orgte,  unb  bafe  im  3Ra\  1882  ein  jtueiter  @rjbe[an  an=  lo 
(jeftellt  ttiurbe.  aßie  er  als  3ieItor  öon  lerrington,  ©t.  Glemenlö,  in  ben  ga^ren  1878 
unb  1879  jener  Äiw^e  2140  S  ober  42800  M  gejpenbet  Ijatte,  um  ba«  S^or  (chan- 
oel)  jii  erneuern,  ga6  er  ali  Sift^of  biel  l)ecmi,  um  ben  [)if{^()fli<$en  ^alaft  ju  ber^ 
fi^önem.  Unter  ben  oielen  3Jingen,  bie  er  mit  35ßrliebe  f&tbertc,  Waren  bie  Setuegung  ju 
@unften  ber  S^emjjeren;  unb  baä  ^i\%e  ßreuj.  is 

2öenn  toir  unö  ju  feiner  (djiiftfleHerilrfjen  ^Ijattgleit  toenben,  finben  mir  im  erften 
Slugenblid  ein  ^nd^m  feiner  ©etoinentiaftigfeit  ^m  ^a^re  1853  Würbe  itjm  ein  $reia 
für  eine  Slibeit,  ^aui)t(ddjUi$  über  $^iIo,  juerlonnt.  SJotö  toar  bie  SluS^änbigung  beä 
^teifeö  bon  ber  Seröffenllit^ung  ba  2lrbeit  ab^ngig,  unb  er  beroffentli^te  fie  nicbt,  tneil 
er  mit  ibr  nii^t  jufrieben  War ;  §ort  meinte,  er  ^abe  boä  3Jtanu[tript  Ocmii^tel.  @r  20 
fc^rieb  manche  ^b^anbtung  [otoo^l  über  flaffile^e  tvie  ouc^  über  t^eologifd^e  @egenftanbe  für 
bog  obenerwähnte  „Journal"  (f.  ©.  488, »).  —  Xai  ^a^r  1865  eröffnete  bie  SRei^c  feiner 
Jjrät^tigen,  »on  ber  gonjen  Ifjeologifdjen  aiett  gejdjäfiten  Kommentare,  mit  ber  8cl)anb(ung 
beö  ©flloterbriefeö  (^ieubt.  b.  10.  SJuäg.  1892) ;  ber  ^[(UiiJijeTbrief  erf(^ien  1868  (8.  9Uieg. 
J  885) ;  Äoloffer  unb  'ptiilemon  1 875  u.  f.  w.  3EeubT.  1892).  2)iefe  Kommentare  boten  ben  grie=  2B 
d^ft^  2)ejt,  einen  aufierorbentlidj  reidjen  flommentar,  unb  großartige  aSiälurfe.  —  iDie  fo= 
genannten  „apüftoüfc^en  95ater"—  Wann  loirb  man  mit  bief er Sejeic^inung  aufräumen?  — 
bilbeten  einen  ^auptgcgenftanb  feiner  gorft^ungen.  Sein  SIemenä  Bon  3tom  erfi^ien  im 
Satire  1869,  ber  ^ppenbif  baju  mit  bcm  Srtjennioömaterial  1877  (toieber  1890  in 
gtoei  Sänben).  Iroe  ber  3Küt)en  beS  SifdiofSamteS  (e^te  er  biefe  Strbeiten  fort,  unb  ber  so 
jweite  leil  ber  „apoftDlifc^en  3iläter",  nämlit^  ^gnatiuS  unb  iCoI^carp,  erft^ien  1885  in 
jWei  Sänben,  bot^  ber  jWette  leil  Wieber  in  ä^ei  leile  gcfc^ieben  (2.  Stuög.  1889  in 
brti  Sönben).  Si^t"^}*^"**  '""9  toerben  bie  gorfi^er  not^  »u  biefen  monumentalen  3tuS= 
gaben  greifen.  3-  ^-  Öarmer  beforgle  eine  ^anbauSgabe  biefer  Sig^tfootft^en  „apoftolif(^en 
äiäter"  1893.—  a(I«3iebi|or  fi^rieb  er  1871:  „On  a  fresh  revision  of  the  EnglishsB 
NT"  (2.  Äuäg.  1872,  3icn)=f)ort  1873;  mit  einem  toeiteren  In^ang,  fionbon  1891). 
6r  woÖte  (eine  ^otbe  Steöifionäarbeit,  unb  er  trat  mit  aßet  Äraft  gegen  bie  SJertoenbung 
be«  jüngeren  griec^ift^en  %eff,ti  ein.—  6in  namenlofer  iierfaffer  (ßafleT«?)  Berijffentli(^te 
1874  ein  Sud):  „Supematural  Religion",  Jagen  Wir  Xiibinget Si^ule,  ober  mobemi= 
fiert  Sig^tfoot  befprai^  unb  Wiberlegtc  manche  ber  Bebauftungen  biefeS  Serfaffträ  in  w 
ber  „ßonlemporarp  SHeBieW"  jWift^en  5>ejember  1874  unb  ÜRai  1877,  unb  bie  wertooHen 
Sb^anblungen  erfdiieneii  in  Sut^form  1889  turj  bor  feinem  2:Dbe.  9ia(^  feinem  2;obc 
brachte  hai  ^{ti)x  1B90  baS  S9u(^  „Leadere  in  the  northern  cburch",  unb  ben  Sanb 
Don  „Ordination  addreases  and  couiisels  to  theclergy"; —  ba5  3lat)r  1893„BiblicaI 
Essays"  ethw  ein  Sirittel  aui  ^ät\ii}ü^Un,  bae  übrige  auö  ^oUegienl^eften ;  —  baö  ^alir  « 
1895  „Historlcal  Essays"  unb  „Notes  on  epistles  of  St.  Paul  from  unpubtished 
commentaries".  —  Unter  ben  bieten  SIrbeiten,  bie  er  auf  fii$  na^m,  barf  feine  @t: 
lemung  ber  foptifc^en  ©prai^e  nii^t  unetloältnt  bleiben,  dr  trieb  toptijd)  tjauplfäci&lict  im 
^ntereffe  ber  neuteftamentlidien  2:ertfritit  unb  befpra$  bie  loptifc^en  Überjei^ungen  in  bem 
großen  teft[ritif[|en  SBerl  »on  ©critiener.  —  Sr  War  ein  gtofeer  'Jü^rer  in  2:i)Co[o8ie,  00 
®cfi$ii$te  unb  prattift^em  Gliriftentum.  fiofliat  ffleni-  ©reßorij. 


Stgnori,  gefl.  1787,  nnb  ber  Signoriatitrorben.  I.  Seben  u.S4riftenb.  Stift  er  ä. 
1.  »iograp^itn.  a)  uon  talholildicu  ajfvfofjtrn  tgrolenieill  iHebtmptoriflen):  ?Inlonio 
aKaria  SannPia  (unmittdb.  Scbüler  £8);  Ddla  vil*  ed  insötuto  di  S.  Alf.  Maria  de  Li- 
guori  .  .  ,  L.  quattro,  Napoli  1798 — 1802  {3  voll.;  aud]  franjB[. :  M^moires  sur  la  vio  et 
hl  congrSg.  de  3.  Alf.  etc.,  Par.  1842;  t!al.  in  neuer  ?lu«g.:  edizione  riveduta  e  corretta 
dal  P.  Äflt.  M.  Chiletti,  Torino  1857);  $.  Sine.  SInl.  ültatttni,  Vita  del  b.  A.M.deLig., 
«om  1815  u.  B.,  j.  S.  glorenj  1818.  aRonja  1819;  aut^  beull*,  9Bltn  183&  (lürjtr  gtfafil 
aU  b.  uor.  93(rt.  aber  Wlc^lfg  gtlourben  für   bie  18:i9  erfolgte  ^eillgfpret^ung  S.i  [etiattini 


J 


490  Sigttoti  »Hb  bcr  Signortaitcrorbeit 

betrieb  ben  fianonifationdprojeg  als  „Postulatore  della  causa'']).  9(nbfre  fat(.  Vitae  in 
tne^T  ober  weniger  fur^er  gfaffung  lieferten:  Seancarb  (fionoatn  1829;  au4  beutfcb  burtt 
^orinoer,  SRegenSburg  184U):  m^poli  (Napoli  1834),  Älot^  (Äatfien  1853),  ^ugue»,  C.aß.R 
(3Hünftcr  1879),  ©aintrain,  C.  ss.  R  (Xourno^  1879;  au*  beutfcb  b.  ©cfteperS,  aiegenÄburg 

6  1883);  0.  ©iSIer  rSinftebcIn  1887);  @4eper«,  «.  3^.  ü.  Sig.  in  f.  Wlffion  a\9  ^eiliger, 
Orbendftifter  itnb  ^ir^enle^rer  (SJ^ain^  1887).  S)urc6  queQenmägiae  ^rünbli^feit  sumeift 
QUdgejeic^net,  Don  ben  ga^IreicJ^en  @öfu(arf(!^nften  aud  b.  g.  1887  fiber^au^t  bie  befte:  Start 
^ilgdtron,  C.  ss.  R,  fieben  beS  t).  ^ifd)ofd  unb  ^ird)en(e^rer«  9(.  Vt.  be  Sig.,  2  9be,  9{egeiid- 
bürg  1887.    ^ie  neueften  umffinglit^n  9(rbeiten  Don  l^arbinal  (S^i^ecelatro  (Vita  diS.  A.M. 

10  d.  Ug.,  3  voll.,  Borna  1893;  franjöfifcft  burcft  fie  3Ronnier  2  vols.,  fiille  1895  f.)  unb  öon 
SBert^e,  C.  ss.  B.  (Saint  Alf.  de  Lig.,  2  vols.,  $arid  1900)  fönnen  gegenüber  biefem  ^avü^U 
werfe  faum  felbftftänbigen  Sert  beanfpriicben.  SBgl.  noc^  ald  Heinere  l&ebenSbilber  unb  (^^ 
rafterifHfen  au«  ncueftcr  Seit:  ^eflba*,  C.  ss.  R.,  «rt.  „Siguori"  k.  im  Äftß«  VII,  2023 
bl«  2052;   Xer  ^oar,  3).  b.  51.  ü.  fiig.  unb  feine  3Jiiffion   in  ber  Äirtfte:  „ÄatboUI*  1896; 

16  3f.  SWeffert,  3).  b-  ^-  »•  ßi9-r  J^ird|cnlebrer  unb^lpologet  be8  18.3abrbunbcrtÄ,  ^ain^  1900 
(ein  nicbt  gerabe  fcbroff  ultramontaner  9}ettung«Derfu(b,  ben  ^l  ^Ifon«  ald  @4riftfteller  unb 
ald  tbeol.  @)elebrten  ber  ^itit  niebr  ober  weniger  preidgebenb,  aud)  ^uge^ebenb,  bog  im 
$unfte  ber  ^afuiftit  oon  ibm  al«  ^oraliften  „moncJ^mal  oiel  ju  oiel  gefd^b^n  fei",  übrigen^ 
eifrig  bemübt  um  ^erüorbebung  „feine«  tief  religiöfen  ®eifte«,   ber  größer  fei  ald  feine  9^ 

20  wei«fübrungen''  2C.  ^g(.  unten). 

b)  93on  attlatbol.  unb  eoang.  ißerfaffern:  3.  0.  3)öaingeT  unb  S-$.  S^eufdb.  <S^ 
fd|i(ftte  ber  gjioralftreitigfciten  in  ber  röm.«!atb.  Sfirdje,  i«örblingen  1889,  I,  356—476  (\>%l 
unten);  ffi.  &.  Sittlebale,  Art.  „ißiguori"  in  ber  Encyclop.  Britannica,  XIV,  634—639.  - 
5BaI.  b.  «uffaf  (oon  P.  Xrebc):  «.^.bi  ßiguori;  einSSlatt  au«  bem  relia.-fircftli^en  ßeben 

25  ©lib^gtalien«:  5l(lfiÄ3  1887,  ?«r.  42.  48;  ®raf  ^oen«broecb,  a.3Rar.  t>,  Siguorl :  *3  1901, 
6.  432 ff.;  be«felben  größere  @(brift:  3)a«  ^opfttum  in  f.  fojiaUfuIturetten  »Irffomfelt,  H 
fowie  bie  unten,  bei  Slefprecbung  ber  moraltbeologifc^en  Schriften  2.9,  angegebene  ftontrooeri* 
fiitteratur. 

2.  Schriften  unb  Briefe  Siguori«.    a)  ®efamtau«gaben ber ^er(e  (o^ne  b.Sdefe). 

sogtalieniftbc:  3Jlonaa  1819  ff.  (1828  ff.),  SScnebig  1830,  9?eapel  1840ff.,  2urln  1824,  fowle  in 
neuer  oerb.  ?lu«g,  (tbh.  1887 ff.),  granjöfifcbc :  Oeuvres  complötes  du  S.  Alph.  M.  de  lig., 
traduites  par  les  PP.  Dujardin  et  Jacques,  Toumai  1855 ff.;  (nouv.  6ddt  1895 ff.),  fo»ie 
bie  unuonftänbig  gebliebene  $arif er  ^u«g.  oon  $.$IabQ«  (1880  ff.).  S)eutf((e  9(u«gabe:  ^ie 
9Ber!e  be«  b*  ^-  ^-  ^'  Si9-  ^c..  au«  b.  Sfran^.  burcb  P.  ^ugue«  u.  P.  ^aringer,  42  9be,  8*, 

86  SRcgen«burg  1842—1847.  —  (®egen  ber  ^auptwerfe  im  einzelnen  f.  unten  im  2ejt). 

b)  SSriefe:  Baccolta  di  Lettere  .  .  .  del  b.  Alph.  M.  d.  Li^.  2  voll.,  Monza  1831. 
SSoÜftänbiger :  Lettere  di  S.  A.  M.  d.  Lag.  .  .  .  pubblicafe  nel  pnmo  centenario  della  soa 
beata  morte,  3  voll.,  Borna  1887 ff.;  au4  beutfcb:  ^Briefe  be«  f^l  5^ir(benlebrer«  «[.  VL  oon 
fiig.,  3  S3bc,  9ficgcn«burg  1893 f.  (ogl.  baju  mp^.  m.  0.  ßig.  na*  feinen  »riefen:   ^..?oL 

40  »l.  CXVI,  313ff.,  404ff.).  8ur  Beurteilung  fi.«  al«  (Scbriftfieüer  überhaupt  ügl.  3)öningef 
SRcuf*  1.  c,  @.  392  ff.  unb  ®r.  ^oen«broecb  in  ^3  a.  a.  D. 

9U))^on«  3Jlaria  be  Stguori;  ber  je^t  beliebtefte  unb  einfht^reu^fle  lot^olifc^  3fiütci^ 
tj^eologe  unb  @rbauung«fc^riftfteDer  be«  18.3<^t^unbert«,  tuurbe  oud  ottberü^tet  neat^o* 
litanif^er  $atri)terfamUte  geboren  am  27.  (September  1696  guSRononeDa,  emec  Sorfiobt 

46  92ea))el«  (bie  Slngabe,  ba^  er  )u  $agant  bei  92ocera,  tuo  er  jule^t  lebte  unb  fiodb,  oik^ 
geboren  fei  [fo  ber  t^n  betr.  auffa^  in  mSStR  1886,  ©.  188],  ifi  irrig),  ©ein  »otcr, 
@iufe))))e  ba  Siguori,  toar  ein  burc^  ^dmmigfett  au«geui(i^neter  Offijier.  2)ie  3katba, 
3(nna  Jtatl(farina  Sabalieri,  Xod^ter  be«  f})äter  )um  äSifc^of  bon  Ztoyi  oeförberten  unb  im 
9lufe  ber  ^eiligfeit  geftorbenen  @mil  3ct!ob  Sobalieri,  übertraf  i^en  ®ema^l  ttod^  in 

60  ^infic^t  auf  reugiöfen  ßifer.  3^^^^^"!  SrnPuffe  toar  bie  begcifterte  Eingabe  an  bie  ©«J« 
Der  {{ird^e,  toelci^^e  9[())^on«  3Jlaria,  ber  britte  i^rer  ©i^l^ne,  bon  früher  Sttgmb  an  bet^ 
tigte,  ^ai4)tfäc^(ici[^  ju  banfen.  Sr^ogen  bei  ben  Oratorianer))riefiem  be«  ^^ifip))  3m, 
b.  1^.  feit  feinem  jel^^nten  !^eben«ia^re  uKitglieb  einer  bon  benfelben  geleiteten  Kongregation 
junger  älbeliger,  toibmete  berfetbe  fu^  bem  ©tubium  ber  $l^ilofo))]^ie  unb  ätecbt^hnffof 

66  fd^aft  mit  foid^em  @rfo(ge,  ba^  er  fd^on  in  feinem  17.  ^al^re  bie  juriftifc^  So!tortoibb< 
erlangte  unb  bamit  in  ben  Slbbolatenftanb  eintrat.  (Stän^enbe  9u«ftd^ten  t^en  fu(  iN 
für  ben  %qü  toeitcrcr  Verfolgung  biefer  Saufbal^n  auf;  allein  ein  beim  ^piobieren  f 
einen  bome^men  Äfienten  bon  il^m  begangener  S^^Ier,  bcfte^enb  im  überfel^  ein«  SSff* 
neinung«t>artifel  in   einer  an^  ben  Slften  citierten  ©tcDe,  infolge  toobon  ber  betreffenb« 

60  ^ro^eg  berloren  ging,   erfüllte  t^n  mit  bem  unübertoinblic^ften  3BibertoiQen  gegen  bot 

!'urijtifd{>en  Seruf,  ben  er  bal^er  ungead{>tet  ber  eifrigen  älbma^nungen  frine«  Satei«  oB« 
)alb  quittierte  (1723),  um  fic^  bem  ?Priefterftanbe  ju  toibmen.  SRa^  dner  no<^  in  feine« 
@Item^uf e  angebrachten  Qüt  längerer  Surüdgejogen^eit  unb  Eingabe  an  geifUic^e  Sebcoi^ 
tungen  em))ftng  er  (1725)  bie  ©ubbiaIonat«toet^e  unb  trat  mr)  barauf  oUSlo^  in  tn^ 


St{«ori  ttitk  ber  Sisttoriotterorbeit  491 

itongtegotion  ber  $ro})aganba  ber  @rjbi5cefe  3l^Qpd,  um  aU  üniffbn^riefter  im  3)ten{le 
bed  $o))fhumd  )u  tDtrIen.  1726  erlangte  er  bie  3)taIonatdn)et]^e  (6.  9ltml),  foh>te  Snbe 
bedfelben  ^o^red  (21.  3)e)ember)  bie  ^rieftertDei^e.  Sinige  ^al^re  fpöter  löfte  er,  burd^ 
tkfeerftebelung  in  bad  f og.  d^ineftfc^e  ffoDegtum  ber  $ro))aQanba,  bie  SSerbinbung  mit  feinem 
Soter^fe  DdDig  (1729).  @ein  befonberd  ber  geiftlic^en  $f;ege  unb  Untertoeifung  ber  6 
armen  ftd^  toibmenbed  ÜBirlen,  mittelft  be^  fog.  Jta)>eaenunterri(^td,  beftel^enb  in  Silbung 
deiner  SBereine  ju  Snbac^ten  unter  Seitung  bon  burd^  i^n  Befteüten  Jlatecbeten,  führte  il^n 
balb  bon  3lta!pd  mdf  berf^iebenen  Orten  Unteritaliend.  ^u  t^oggia  in  älpulien  tDor  e$, 
too  i^,  tDol^frenb  feined  bortigen  93erh>eilend  aU  9uf|))rebiger  )u  9(nfang  bed  X  1731, 
bte  erfite  jener  Snijüdungen  )u  teil  Xoaxt,  beren  er  fpöter  h>ieber^oIte  erlebte.  $em  bor  lo 
einem  SRorienbübe  Jlnieenben  erfc^ien  bie  ^I.  Jungfrau  in  i^rer  gongen  @(^5ne;  ein  bon 
t^rem  ^caipU  ou^el^er  Sic^tftrol^I  lie^  fic^  berllärenb  auf  feine  ^time  nieber.  @ine 
gcfä^lä^e  Jtront^eit  nötigte  i^n  Balb  borouf  ^u  einem  Sufentlpalte  in  ^molfi,  um  &iQX* 
haiQ  gu  fu(^.  2B%enb  ber  toieber  ®enefene  )u  ©coIa  unh>eit  ^malfi  geiftlid^e  Übungen 
mit  ben  bortigen  Alofterfrauen  obl^ielt,  erHärte  il^m  eine  berfelben,  bie  @(i(>h>efter  SRoria  i6 
(Selefie  Sroftorofa,  im  Seic^tftu^Ie:  ber  ^eilanb  h>oDe  nic^t  feine  Studie!^  nad^  9{eat)el, 
fonbem  fein  Sertoeilen  an  Drt  unb  @teue,  be^ufd  ®rünbung  eine^  neuen  SSereind  bon 
SlKffton»})rieftem,  um  „ben  berlaf[enen  ©eelen  $ilfe  gu  bringen".   2)a  feine  geiftlic^en  95or« 

g'e|ten,  indbefonbere  Sifc^of  %f}omai  ^koja  bon  (Safteüamare,  bie  hierin  liegenbe  SRal^ung 
eine  göttlid^ertoeife  berurfac^te  erllörten,  toeld^er  ^olge  gegeben  toerben  muffe,   fc^ritt  ao 
2i0uori,  bamafö  36jöl^g,  am  9.  92obember  1732  jur  Sttftung  ber  betreff enben  neuen 
Aongregation,  genannt  „®enoffenf((faft  unfere^  aDerl^eiligften  @ri5ferd"  (Oongregatio  S. 
N.  Redemptoris)  unb  nad^  ä^nlic^en  ®runbfä|en  bo^a^t  h>ie  f.  3*  ^^^  Kongregation 
bo  3Rifftond)mefter  be$  SSinceng  bon  $aula  (bgl.  ben  f.  9(rtile0.    3)ie  ®rünbung  erfolgte 
utn&c^  im   Heinften  3Ra^ftabe,  unter  Beteiligung  einiger  toeniger  $riefter  unb  Saien,  26 
bcren  Serein  toäl^^renb  ber  )h>ei  näc^ften  ^al^re  auf  jene^  @täbt^en  @cala  befc^ränlt  blieb. 
Sd^toere  9(nfeinbungen  bon  berfc^iebener  @eite  ^er  brol^ten,   h>ie  geh>5|nli(^  beim 
Sntfie^en  neuer  Orben^genoffenfc^aften,  ben  SSerein  n>ä^renb  ber  erften  ^al^re  feiner  ®j:i« 
ftoi}  »t  unterbrüden.    t)ie  ^ropaganba  fc^Io^  Siguori  old  unrubigen  ^teuerer  bon  ftd^ 
ma,  Aorbinalenbifc^of  ^ianateQi  bon  ^l^cüptl  äußerte  ftd^  mi^Qigenb  über  fein  Unter«  ao 
nc^cn.    SHe  sRe^r^o^I  oer  bem  Drben  m  @ca(a  Seigetretenen  tourbe   infolge  biefer 
Sc^mtDirlungen  toieoer  untreu ;   bolb  fal^  ber  Stifter  ftdp  bon  aDen  ®ef öl^en  bid  auf 
^DCi,  Sefore  @))orteIIi  unb  ben  Saienbruber  SSitud  Surtiud  berlaffen.  SlOein  feine  Se^arr» 
ui^teit  löm^fte  ftc^  ftegreic^  burd^  aße  biefe  Anfechtungen  ^inburd^.    Salb  tonnte  er  ein 
paitüt^  fyiis  feinet  Orbend,  gu  SiDa  Sc^iabi  in  ber  3)iöcefe  Sajauo,  fotoie  1735   ein  86 
TOtted,ju  Ciorani  in  ber  3)iöcefe  ©alemo,  auftl^un.    6«  folgte  bie  leftere  2lu«geftaltung 

eer  9(egd,  fotoie  bie  erfte  ©eülbbeablegung  (21.  ^uK  1742),  toorauf  Siguori  burd^  ein* 
tmige  SSSo^l  ber  Kongregation  gu  beren  ®eneraIfu^erior  ober  Rector  maior  auf 
Sebend)eit  erl^oben  tourbe.  S3alb  barauf  erfolgte  aud^  bie  erfte  ))ät)ftli(^e  Seftätigung 
biird^  ein  Srebe  Senebilt^S  XIV.  bom  25.  ^bruar  1749,  betn  freilid^  bie  neat)oIitanif(^e  «o 
Slmierung  i^  Xnerlennung  berfagte.  —  ®ie  toeitere  Ausbreitung  ber  ©enoffenf^aft 
twfyn  nun  rafd^  ^ortgang,  gunä^ft  innerl^alb  bed  Sleid^  beiber  @i)ilien,  h>o  ber  Stifter 
tmouf^öriic^  mifftonterenb  unb  bifttierenb  bon  Drt  gu  Drt  um^eneifte,  in  elenbefter  Älei* 
bung,  unter  Xudttbung  ber  ftrengften  Aufteritöten  (Sd^Iafen  auf  hartem  @trobfadt,  ftetd 
tmr  fünf  @unben  long ;  fragen  bon  ©tac^elgürtel  unb  Su^emb ;  tägli^e  Selbftgei^e«  46 
btng  K»  auf«  Slut,  l^arte  ^aftenadlefe  k.  —  bgl.  ©öllinger^Sleufc^,  ©.  370  f.).  ®ie 
*«tfcl^ritte,  toeld^e  fein  rafUofer  gifer  feit  Anfang  ber  fünfziger  3a|re  nid^t  Mofe  im 
Qkünben  immer  neuer  Käufer  feine«  Drben«,  fonbern  auc^  mittelft  ^erangiei^ung  beStoelt* 
Qi^  unb  r^ulierten  Jlleru«,  femer  be«  Abel«,  be«  ^anbtoerferftanbe«,  ber  Armen  unb 
Mbft  ber  (befangenen  jur  S^eilna^me  an  feinen  geiftlicf en  Übungen  erjielte,  toaren  reiben«  6o 
ber  Art  unb  enegten  allgemeine«  ßrftaunen.  6in  Dfpjier  urteilte  barüber:  „®ie  anberen 
ailifftimen  ftrib  »elagerungen,  bie  be«  Alj)l^on«  aber  ©rftürmungen."  ^u  ben  9Kitteln, 
tmri^un^  er  biefe  (Srfolge  )u  erzielen  ton^U,  gehörte  bor  allem  eine  mögltd^ft  gelinbe  93e^ 
^onblung  feiner  Seic^ttinoer  im  Seid^tftul^l,  berbunben  mit  bringenber  Aufmunterung  ber« 
fdben  ut  ^äufi^em  Abenbma^l«genu^  (beibe«  im  ©egenfa^  jur  rigoroferen  $ra^«  be«  66 
jonfeniftif^f  gen^fteten  Seil«  ber  bamaligen  italienifc^en  Klenler) ;  be«gletd^en  eine  gefc^idfte 
Zaftit  in  ber  ©inrid^tung  ber  SKifftonen  unter  bem  Sanbboll  einerfeit«  unb  ber  ftäbtifd^en 
Sttffumen  anbererfeit«.  SQSäl^renb  er  jur  Abl^altung  ber  erfteren  metft  nur  3—4  feiner 
$rtefter  entfonbte,  umgab  er  ftc^  in  größeren  ©tobten  iebe«mal  mit  einem  @tab  bon  min« 
befleii«  10—15  ober  gar  20  tool^lgefdSfulten  priefterlidS^en  ©el^ilfen.    ©otoo^l  bie  lanb« 


492  Sigttori  nnb  ber  Sigtunriostambeit 

Itd^en  tote  bte  jläbttfd^en  SRifftonen  lie^  er  tegelmä^ig  ntinbeftend  10—12  %a^t  bmtem 
an  4—5  biefer  Jage  tourben  aud^  ©elfeftgei^elutigen  öon  ben  an  ben  SRifftoncn  teit 
ncl^menben  SKännem  (Slbenb^,  bei  au^elöfc^ten  Siebtem  in  ber  Äird^e)  öoraenommen,  — 
SSon  befonberer  99ebeutunQ  tourbe  bad  ^nftitut  ber  „9ienot)attünen'^  barin  befitel^enb,  ba| 

6  er  bie  3)lifftonare  etlid^e  Monate  nad^  abgel^altener  3Rif fion  ben  betreffenben  Ort  a6ermal§ 
befud^en  (ie^,  um  fo  „hai  getoirite  ®ute  ya  befeftigen  unb  bie,  toeld^e  bem  Stufe  bec 
®nabe  noc^  nid^t  gefolgt  toaren,  aud  i^rem  Sünbenfc^lafe  auf2urütteIn'^  —  ^r^eßer, 
tl^eologifd^e  Jlanbibaten  unb  @tubenten,  @beUeute  Jtlofterfrauen  2c  tourbe  obenbrein  bod 
Snittelber  geiftlic^en  Übungen  nac^  bem  Schema  So^ola^  fleißig  in  äbttoenbung  gebrac^ 

10  3;rofe  feine«  SBiberftreben«  er^ob  i^n  1762  ber  jelontifd^e  5ßaj)ft  (Element  xni.,  in 
richtiger  äBürbigung  feiner  ^ol^en  Sebeutung,  auf  ben  Sifd^of^ft^  t)on  @t.  Sgota  ber 
®oten  (de'  Goti)  }u  92ea^el.  @d  begann  bamit  bie  fc^on  an  feiner  SSiege  in  9e)ug  auf 
i^n  gefproc^ene  SSSetdfagun^  eine«  ^eunbe«  feiner  @[tem  ftc^  )u  erfüQen,  bie  il^m  etnec^ 
feit«  bad  Gelangen  jur  99tf(^ofdh>ürbe,  anbererfeitd  ein  lange«  Seben  t>on  über  90  2|a^ren 

16  t)er^ei^en  ^aben  foQ,  unb  in  ber  Xl^at  auc^  in  il^rem  jtoeiten  Zeile  ^ur  3ßa^^eit  tourbe, 
ba  Siguori  erft  am  1.  9(uguft  1787,  in  einem  Sßter  bon  90  ^afycta  10  ältmutten  unb 
5  ^gen  ju  Stocera  ftarb.  @eit  feiner  ®idbebung  jum  ®))i{!o))at  übertoie«  er  bieSertoaI< 
tung  feiner  Jtongregation  jum  Zeil  einem  ^enerabitar,  bem  $ater  9(nbrea  SiDom.  2)ie 
burd^  ben  nömlic^en  raftlojen  @ifer,  ber  fein  orben«grünbenbe«  SBirlen  (^orotterifiert,  aaS^ 

20  gezeichnete,  überaä  auf  Sleform  ber  {lerilalen  ^nftitute,  ^ebung  ber  Seelforge  unb  bed 
reli^iöfen  ^ugenbunterrid^td  unb  ^5rberung  be«  9(nbad^t«leben«,  indbefonbere  be«  marto« 
latnfd^en,  pinarbeitenbe  Sfü^rung  feine«  93ifd^of«amte«  (in  toeld^er  bejonber«  öftere,  cot  bor< 
^erige  SRifftonen  ftc^  anfc^He^enbe  ©emeinbe^äiifttationen  eine  toic^ttge  Stode  hielten)  fe^te 
er  nur  13  ^al^re  l^inburc^   fort.    21m   15.  3uli  1775  enthob   i|n  ^iu«  VI.  ber  »ürbe 

25  be«  ®})ifIo})at«,  um  beren  3[bna^me  er  toegen  an^altenber  jtrönHic^teit  fd^on  beffen  Sot^ 
gönger  Giemen«  XIV.,  toietoo^l  bergeblid(^,  gebeten  ^atte.  3)er  ^^i^^O^ner  (SlemenS 
h)u|te  nömlidb  bie  93eftrebungen  unb  Seiftungen  unfere«  ^eilioen  90^  gu  f(^ä^:  fx 
foD  gelegentlid^  einer  Sitte  bedfelben  um  9lmt«ent^ebung  toegen  Jtranl^eit  geäußert  ^en: 
„@«  genügt,  ba^  ^Ronftgnore  Siguori  bie  3)i5cefe  bon  feinem  Sette  cai^  regiert;  ein  ein» 

80  )ige«  ®ebet,  ba«  er  bon  bort  au«  ju  ®ott  em))orfenbet,  ift  mel^  toert  oI«  j^nbert  Sift> 
tationen  \"  —  92a(^bem  $iu«  VI.  fein  9(bfd^ieb«gefud^  genei^migt,  lebte  S.  in  a^U^djfx 
Surüdtgejogenl^eit  unb  ^rmut  —  eine  bifd^dflid^e  ^enfwn  ^atte  er  ftc^  nic^t  au«bd»ungett 
—  in  bem  $aufe  feine«  Drben«  San  Michele  dei  Pagani  bei  SRocera.  3"  ^«^  fonftigen 
93ef(^h>erben  feine«  ©reifenalter«,  beftel^enb  in  großer  jlör))erfd(^n)ä(^e  unb  ganglicper  So» 

86  Irümmung  be«  Siüdtgrat«,  traten  noc^  fd^toere  Jtümmemiffe  ^inju,  ioelc^e  i^m  eine  SfKiItung 
in  feinem  Drben,  au«gebrod^en  infolge  be«  3c^ürfniffe«  jtoifd^en  ber  liberalen  nea|)olitamfc^ 
Slegierung  unb  bem  $at)fte  $iu«  VI.,  bereiteten.  @r  erlebte  bie  SQieberberemigung  ba 
beiben  Parteien,  in  toelc^e  bie  9lebem))toriften'Jtongregation  bamal«  au«einanber  broqen,  eine 
römifd^spä))ftlic^e  unb  eine  löniglic^  nea^olitanifqe  (f.  unten  II),  nid^t  me^r,  foQ  aberfiet» 

40  benb  fte  beibe,  „bie  SSäter,  bie  im  Jtönigreic^  92ea^el  fmb,  unb  bie  im  jtirc^enftaate  lebem 
ben",  gefegnet  ^aben.  —  ©d^on  neim  3^^^^  ^^^  feinem  2obe,  am  4.  ÜRai  1796,  tmirkc 
Siguori  burd^  ?piu«  VI.  für  ei^rtoürbig  erllärt,  bann  am  15.  ©ej)tember  1816  bunj 
$iu«  VII.  feltg  gefprod^en,  enblid^  am  26.  3Rai  1839  burd^  bie  SSuEe  »Sanctitas  et 
doctrina"  ©regor«  XVI.  lanoniftert.    ^iu«  IX.  I^at  biefen  öon  feinen  SSorgängem  ge» 

46  fpenbeten  S3eiträgen  jur  gloria  posthuma  Siguori«  bie  l^öd^fte  benfbore  nu«)ei(^nung 

S zugefügt,  bur^  feine  3[ufnal^me  unter  bie  Doctores  ecclesiae,  im  älnfc^luffe  an  bie 
9er  nac^  unb  nad^  ju  biefem  l^öd^ften  Siange  erhobenen  ^l^eologen  be«  Krd^liqfen  SQtet^ 
tum«  unb  3){ittelalter«,  tote  Xl^oma«  Slquina«,  93onabentura,  99em^b  b.  (SlairtKms  unb 
jule^t  nod^  (1852)  ^ilariu«  bon  $oitier«.    „2Bir  tooQen  unb   befd(^lie^en'',  fo  fogt  bot 

60  betr.  $romotion«beIret  t^om  7.  ^uli  1871,  „ba^  bie  93üd^er,  Jlommentare,  äÖ^onblungoi 
(opuscula),  lurj  bie  SQerle  biefe«  ^oftor«  gleich  benen  ber  übrigen  3)oItoren  hct  ftin^ 
citiert,  angefül^rt  unb  erforberlic^en  ^^e«  benu^t  toerben,  unb  )h>ar  nid^t  blog  im  $ribat« 
gebraud^e,  fonbem  öffentlid^  in  aQen  @^mnafien,  Slfabemien,  ©c^ulen,  StoD^en,  2e^' 
borträgen,  Äontroberfen,  ©d^riftau«legungen,  ^rebigten.  Sieben  unb   allen   fönten 

66  lid^en  ©tubien  unb  c^riftlid^en  Übungen."  3)en  Srunb  für  biefe  au^erorbentlic^ 
äBertfct^ä^ung  ber  ©d^riften  Siguori«  giebt  ba«felbe  3)elret  au«brümi(^  unb  auf  unmi|' 
berftönblic^e  SBeife  an.  92ic^t  blo^  toeil  biefe  ©d^riften  im  allgemeinen  „boD  ©ete^rjam) 
feit  unb  grömmigleit"  fmb,  fonbem  fj)ejiell  be«^alb  fte^en  fte  f od^,  toeil  „bie  SBäa^r^eiten, 
betreffenb  bie  unbe^edte  @m))fängnt«  ber  ^1.  ®otte«mutter  unb  bie  Unfe^lborteit  be«  ex 

60  cathedra  le^renben  r5mifd(^en  $at)fte«,  biefe  bon  Un«  unter  bem  3^1^^)^  ^^  <^ 


i  unb  ber  fitguDttanerptben 

litten  'BoKS  unb  mit  ^ufiiimuig  ttr  'praloten  ber  latfioliff^eii  5ßell  in  grofeet  ^a^ 
^ttionierteit  SÜa^tbeitcn,  [\d)  batiti  aufö  trefflit^i'te  (avec  la  plus  grande  nettetg)  bat= 
aelegt  unb  burc^  bie  ttäftigflcn  ®tünbe  erlüicten  finbeii"  (»gl.  ben  franj.  lejt  beä  iCfc 
hm,  {Mäm^ißt\\t  mitgcleilt  bei  griebrii^,  @cf(^i*te  be«  3ialit.  Äcnjilö  I,  568).  ÜBeientlic^ 
btefElbai  Sotjüge  b«  x.^d)m  ©djriften  i}ai  2cd  XIII.  in  ctntm  ©riefe  Vom  28.  Stuguft  ( 
1879  rü^mcnb  fymoTai^obm,  nur  barin  »on  (einem  ^^otgänger  ublDEM^imb,  bafe  et  baö 
jeinet  Geologie  im  «Ögemeincn  gebü^renbe  2ob  ba^in  nä^n  beftimmt :  S.  jolge  bejonba« 
„bem  Sngel  bet  6t^ule",  b.  fj.  bem  ^I.  3^Dmaö  {(.  3;i)Kin9er=iHEuf(ti,  a.  a.  0„  S.  467). 
aifo  brcifrlei  ©igenft^aften  »erbontt  bie  Se^p  unb  ©c^riftflcHett^atigfett  il.3  i^re  un= 
gemein  fio^e  Sebeutung  für  bie  ©adje  beö  mnbemen  UUramontaniömu«:  l.  itn  aUge:  i< 
meinen  i^er  „®ele&ijamfeit  unb  ^ömmigleit"  —  toomit  obne  RWeifel  i^  bet  jefuitift^en 
Sbibac^läfitleratur  unb  )>robabilifti{[^en  Woral  benuanblcr  ß^aroftei  gemeint  ift;  2.  il^rcm 
Sintieten  |ür  bie  immaculata  conceptio  unb  S.  i^rem  1|.A[äbieren  für  bie  Unfe^Ibarteit 
b«^  i|iavfteä.  @ä  ift  ber  (Seiflceberloanbte  ^o^olad  übei^au)it  unb  eä  ift  nä^cr  bcc  ^mmo' 
lulift  unb  ber  ^nfaUibilift  Siguori,  bcn  man  jum  Doctor  ecclesiae  piomDbiert  f;at.  i( 
hieraus  ftiürbe  fn^  ali  naturgemäße  ßinleilung  feiner  SiJerle  bieSSilbung  breier  ©nippen: 
fläfetif(l)=niPralt^eotogifc^e,  maviologifti)«  unb  Innoniftiic^nnfaHibitiftifi^e  Ectjriften  ergeben. 
$)Ddf  burc^jbringen  bie  genannten  ©runbeigentiimücjjteiten  jiemlic^  gleictimäfeiß  feine  fämts 
litten  arbeiten ;  bieiclben  bilben  Bon  Anfang  biö  ju  (Snbe  „baö  fonberbarfte  Oemiji^  Bon 
WaiBctöt,  iieic^tgläubigfcit  unb  tuiflenfc^aftlii^er  ^gnoranj,  baö  ober  tro^bem  Bon  9iDm  a 
aaä  approbiert  unb  eifrigft  empfoblen  toitb"  (^cbric^  a.  a.  D.,  S.  ö39).  Sc^on  ber 
SRangei  einer  grünbüi^cn  t^cologif^triffenfc^a|tiic^en  äluäbilbung  (bie  er  ja,  ali  utfprün9= 
Hd)  nur  für  bcn  juriftift^n  Semf  Seflimmtcr  unb  <di  feit  dmpfang  ber  ^riefterTOeitje 
fofoit  aufä  (Stfrigfte  ber  praftifc^en  Seelforge  unb  Wiffionät^ätigteit  Obliegenber,  niemals 
erlangen  (onnle)  mad^t  fiii)  in  ben  meiften  Bon  i^nen  oufä  Stärtfte  bemcrfli^.  ^abei  2l 
leugen  fie  nai^  ^orm  niie  ^n^lt  Bon  ^üi^fl  flüt^tiger  3Ibfaffung.  <Sntftanben  innerhalb 
M#  tnoppen  3f'"iut"^  Mn  clloa  brei  ^aiitjetinten  (1745—77)  toimmeln  biefe  über  ade 
möglich  SHalerien  fit^  Unbreitenben  Slabotate,  ttjcli^e  in  ber  bculfi^en  ®efamtau«gabe 
42  9änbe  füllen,  Bon  Siat^itäffigfeiten  fcbtinimfter  SSrt.  9tamcntlit()  entijattcn  f«  eine 
SHenge  .falfdjer  6itate  auä  JiirdjenBätem,  $apftur(unben,  ©(^otaftitem  k.  23er  in  feiner»; 
S^fefe,  Seelforgert^ätigteit  unb  bif^Öflidien  älmtäfübrung  überma^ia  fErupulüfe  ^onn 
gemattet  fti^  als  Si^riftftellei  unglaublii^e  groben  Bon  ©elciffenlo^gteil.  3In  betonet 
pilft^bEö  iBerfaljren  ift  babei  Biefleii^t  hienigcr  ju  benfen  alö  an  Iceitgebenbe  £eicbtfettig= 
feit  im  ^innebTtiE"  trabitioneller  Irrtümer  unb  an  einen  gerabeju  blinben  Süberglau&en, 
befcnbera  im  ^unlt  ber  Hiarienbere^rung  (f.  unten,  bei  ben  SBJerten  aSIelif{^=mariologif(^en  be 
Sn^oItS).  ©^on  ^atucci  unb  anbete  ftrenglat^olifc^e  Ärititer  £.ä  im  18.  3Q&i^W'ib«t 
taKttfen  i^ni  biefe  Seif^tfertigleitcn  bor.  ©egenWortig  Isirb  bie  in  l}Di}tm  ®rabe  oitiöfc 
«efii&affen^eit  ber  IRebrja^l  feiner  Söerlc  fetbft  oon  ben  befonncneren  ©c^riftfteaem  feineö 
Dtbenä,  j.  S.  auc^  feinem  Siogiop^en  lilgefion,  jugeftanbcn.  l!a&  ein  füngfl  erft^ieneneä 
SebenSbilb  oeä  ^eiligen  über  biefe  partie  honteuse  feinet  äijirienä  mit  Stidfi^tDeigen  k 
^innegiuge^en  berfu^te,  erfuhr  fd^atfen  ^abel  auc^  in  ftrengfall^olifc^en  Organen  (ficb^ 
9t.  flotipö  KriliE  jener  jteeibänbigen  Vie  de  St.  Alphonse  bon  äJerlEie,  in  ber  £<t.  dlunbs 
fc^au  1901,  6.  44,  unb  Bgt.  über&nupl  !Iiömn3Ct=3leuf(^,  iöiotalftt.  I,  392—412).  Sür 
ben  Sinbrnd,  roeit^en  bet  Bon  $iuö  IX.  bolljogene  'lironiotionöatt  feinerjeit  auf  bie  l»ifien= 

Sc^afllic^  gebilbeten  Steife  beS  beutfdjen  Äattjoticiämu«  übte,  ift  bejei(^ncnb  ba«  öun  2)bl= « 
inget  bamaU  gefällte  Urteil:  biefe  ^ottorierung  i'.S  fei  „baö  iDtonfttiSfefte,  roaä  Je  auf 
bem  ©ebiete  bet  tbeologifi^en  fie^re  »otgelommcn !"  „*Dtir  ift  in  ber  ganjen  fiird)en' 
gefi^id^te  !ein  SBeifpiel  einer  fo  fur^tborcn,  (o  octbetblicten  ffierlüitiung  bctonnt",  toie  biefe 
^rollamaticn  Ü.i  jum  Doctor  eccl,  —  S.ä  „beä  SRanneg,  beffen  folft^ie  iDiotal,  Bet: 
Icj^et  Snorienhilt,  beffen  beftänbiger  @ebrau(^  ber  Fraffeften  gabeln  unb  ^lf{^ungen  ( 
föne  ©(^riften  ju  einem  ^Ragajin  Bon  Irrtümern  unb  Sügen  mat^t"  (f.  gtiebrict),  % 
H.  aJMinger  III,  587  f.). 

3Jcn  ben  einjelnen  Otuppen  Siguotifi^er  ©c^riften  geniefeen  ein   Botjugäloeife  ^oljeÄ 
Xnfe^en  unb  ^aben  ben  bcbeutenbften  ©influfe  erlangt: 

I.  35ie  moralt^eologifttien  ^iüerte.  3;aä  ^auptluert,  bie  fog.  gtofie  ^Kotot,  6 
trat  in  erfter  3tu%  anö  Üt^t  unter  bem  titel:  Medulla  Theologiae  moralis  R.  P. 
Hermaoni  Busenbaum  S.J,,  cum  adnotationibus  per  R.  P.  D.  Älph.  de  Ligorio 
adjunctis,  Napoli  1748,  Srft  bie  btttäi)Ü\d^  cttoeiterte  unb  umgearbeitete  2.  aiuflage 
neimt  äiguoii  aiä  eigentitdren  'iUerfaffa :  Theologia  moralis,  coacinoata  a  R.  P.  Alph. 
de  Ligorio  .  .  .  per  appendices  in  Medullam  R.  P.  H.  Busenbaum.  Ed,  altera,  o 


494  Si{«iiri  nitb  ber  Signoriatterorkni 

in  pluribus  melius  explicata,  uberius  locupletata,  2  voll.,  Nap.  1753 — 55)  gcs 
toibmet  bem  ?Paj)ft  Senebilt  XIV).  ©tcben  toeitere  äuflaflcn  —  bie  brittc,  toon  1757, 
berettö  3  9be  ^olto  ftatl  —  erfolgten  bid  ju  S.d  Xobe;  al^  Ort  be^  Srfc^etnend  trat 
mit  2lup.  6  (1767)  Slom  an  bie  ©tette  5Reaj)ete;  bon  äufl.  7  an  (1773)  no^m  er  feine 

6  h>efentlid^en  Umgeftaltungen  mit  bem  äBerte  mel^r  bor.  3)ie  nac^  feinim  Xobe  cm&  2i(^ 
getretenen  Slu^aben  (feit  ben  20er  3^^^  be«  19.  Sai^tl^unbertd  meift  in  8 — lOSänbcn 
Uttob)  auf)U)ä|(en  ift  überflüfftg.  @ie  liegen  bor  in  faft  allen  neueren  Jtutturfprac^; 
t^r  Se^ge^alt,  bielfad^  auc^  in  ®eftalt  gebrängterer  Sui^jüge  ober  freier  9Iac^a^mungcn 
bargeboten  unb  in  mand^en  biefer  abfürjenben  Bearbeitungen  mel^r  ober  minber  ibealiftert, 

10  b.  ^.  bom  f(l(^limmften  ©d^mu^  il^er  anftö^igen  Jlafuiftif  bei  99e^anblung  gefc^lec^lidiia 
3)inge  einigermaßen  gereinigt  (t)gl.  unten),  bilbet  bermalen  infolge  jened  ^»romotion^drdd 
$iug'  IX.  bie  ®runblage  be^  moralt^eologifc^en  Unterrichte  faft  fämttic^er  tat^oKfc^ 
SBilbungdanftalten.  —  SSerfc^iebene  Heinere  ^ublilattonen  moralt^eol.  ^[n^K^ltd  begleiteten 
ben  hwci)  brei  ^[a^rjel^nte  fic^  erftredenben  @ntn)ictelung^ang  bed  größeren  äBerled.    6o 

16  ber  für  ben  praltifd^en  @ebrauc^  t)on  93ei(i^tt>(itern  beftimmte  3ue}ug,  todd^  }uerfi  ttoL 
in  3  Sänben  (Istruzione  e  pratica  per  un  confessore,  Napoli  1757),  bcmn  (atein. 
unter  bem  berönberten  Xitel  „Homo  apostolicus,  instructus  ad  audiendas  oon- 
fessiones"  (Nap.  1759;  2.  öerb.  2lugg.  1763  u.  ö.)  erfdf^ien.  @o  femer  berfd^iebene 
polemif(i^'a))ologetif(^e  S^rattate  jur  SSerteibigung  feiner  mor.  Sel^rmetl^obe,  toelc^e  btö  jum 

20  ^ai^re  1762  bie  be^  einfad^en  ^robabili^mud  toar  (fo  in  ber  Diss.  soholastico-moralis 
pro  usu  moderato  probabilis  opinionis  in  concursu  probabilioris,  1749,  unb  in 
einer  ebenfo  betitelten  neuen  t)on  1755),  feit  jenem  ^a^re  ober  }um  fog.  9lequt))rDbabiG^ 
mud  fortgebilbet  erfc^eint  (fo  in  ber  Breve  dissertatione  dell'  uso  moderato  dell' 
opinione  probabUe,  1762;    in  ber  gegen  $atucci  gerichteten  Risposta  apologetiea 

26 1764;  in  einer  toiber  eben  biefen  ©egner  polemifterenben  Apologia  1765;  in  einer  Apo- 
logia  della  theologia  morale  tacciata  da  taluri  per  lassa  etc.  1769  u.  o.  m.). 
®enaueree  über  biefe  —  meift  atö  3[n^önge  in  bie  fpöteren  erweiterten  Slui^g.  h^  großen 
3)loralh>erId  aufgenommenen  —  Jtontrober^fc^riften,  fotoie  über  bie  gonje  ^er  in  9)ebe 
ftel^enbe  ©(^ftengru))))e  f.  bei  ^öHinger^Sleufc^,  I,  412—436.    SBegen  ber   bid  in  bte 

30  ®egenh>art  ftc^  fortfe^enben  @treittg!eiten  )h)if4en  ^robabiliften  (^efuiten)  unb  Xequi)nro> 
babiliften  (9ln^ängem  Siguortd)  f.  ben  3[rt.  „^robobili^mud''  unb  bie  bafelbft  Mrjenc^ete 
Sitteratur.  —  SSon  ben  freieren  92ac^bilbungen  bed  S.f(^en  3)loralf^ftemd  in  Stom^oibien« 
form  erlangten  befonberen  SRul^m  bie  be«  granjofen  3:i^oma«  ©ouffet  (f  1866  old  Jteb.« 
enbifd^of  b.  SReim«,  Serfaffer  einer  Tiiöologie  morale,    Par.  1844,   toeld^   bi«  1880 

86  nici^t  toeniger  old  17  älu^agen  erlebte)  unb  3.  $iene  @ur^  ($rof.  am  Gollegium  Ro- 
manum  in  9lom,  f  1866,  beffen  Compendium  tlieol.  moralis,  Lugdun.  et  Paris. 
1850,  berüchtigt  burd^  bie  @d^amloftg!eiten  feiner  Aafuifti!  in  Se^nblung  gefc^Iec^tli^er 
®inge,  eine  nod^  beträc^tlid^ere  SSerbrettung  gefunben  1^);  femer  feit  9Ritte  bed  legten 
^a^^unbert^  ©cabini   (Theol.  moralis   ad  mentem  S.  Alph.  M.  de  Lig.,   3  yoU., 

40  ed.  9,  Mediolani  1862);  Slemend  SRarc  (Institutiones  morales  Alphonsianae,  sea 
Doctoris  Eccl.  A.  M.  de  Ligorio  Doctrina  moralis  ad  usum  scholarum  acoo- 
modata,  2  voll,  Rom.  1880  u.  ö.);  ^of.  Slerta^^  (Theol.  moralis  iuxta  doctrinam 
S.  Alphonsi,  2  voll.,  ed.  alt.,  Paderb.  1890).  9lu(^  bte  gegentoärtig  in  ben  $neftep 
jeminarien  jumeift  berbreitete  Theologia  moralis  be«  3^?"^^^  Se^mhi^^l  (7.  ed.  1890) 

46  fu^t  toefentlic^  auf  äiguorifd^er  ©runblage.  93gl.  Slnt.  Rod),  3)ie  @nttoidtelung  bed  Storot 
f#em«  be«  ^l.  W^\).  3JJ.  be  £ig.  auf  ®runb  feiner  »riefe  bargeftettt,  in  313:^  1897,  L 
—  3ur  feit.  SBürbigung  be«  ©eifte«  ber  Siguorifd^en  3JJoral  f.  aufeer  2)öa.«3leuf<(f  (6cf. 
437—476)  nod^  6^r.  Q.  Sut^arbt,  3ur  &t\)xt,  2pi.  1888,  ©.  66—80,  unb  (BefcW*« 
ber  c^^riftl.  etl^il  II,  142—151;  »e^f^lag  in  ben  beutfc^^eD.  351. 1899,  ©.794;  ©.Äett» 

60  mann,  Stömifc^-fat^olifc^e  unb  ebangel.  ©ittlic^feit,  SRarburg  1899;  ^.  ©ragmonn,  w* 
)üge  au«  ber  bon  ben  ^öjpften  $iu«  IX.  unb  £eo  XIII.  ex  cathedra  atö  9torm  jß 
bie  röm.4atl^.  Jtirc^e  fanftionierten  ^oralt^eologie  be«  ^l.  Dr.  9U))^onfu«  ÜRoona  be  & 
guori,  ©tettin  1899  (binnen  ^a^re^frift  ca.  50mal  neu  aufgelegt,  !at^olif(^erfettd  inelfot^ 
ober  mit  Unrecht  al«  fälfc^enbe  2)arftellung   benunjiert,  bgl.  %,  ^ppoli,  „$rin)  Stos 

66  b.  ©ac^fen  unb  ^rölat  JleQer  in  2Bie«baben  al«  SSerteibiger  ber  £iauorif(^en  SRorol"  unb: 
„®cr  relig.  triebe  ber  ä^Iunft  Jc,  mit  einem  3ln^ang  über  bie  Sor«  unb  3laifipviit  ber 
Siguorifd^en  Äontroberfe",  2pi.  1901);  Ä.  SBeife,  33eid^tgebot  unb  »eit^tmorol  ber  röm.« 
fati^.  Jlird^e;  mit  9lu«)ügen  au«  ben  li^e^rbb.  ber  3Jloralt^eol.  bon  Siguori,  ®wtif,  2e^ 
lui^l  unb  äertnv«,  ©t.  ®aüm  1901;    0.  Rödler,   gur  Siguori^aRorol :    ei>ang.  StS^ 

eo  1901,  9te.  36. 


Sigitmrt  nitb  ber  Sigtumnerorbeit  495 

IL  $ajloralt^eo(oQif(l^e  unb  adtettfc^e  äBerle  (nad^  f^omt  unb  ^enbeng 
wtt  bcn  ©{i^riften  ber  borigen  ®nH)j)e  eng  öcrtoanbt).  äcltefte  ©c^rift  btefer  SRdl^e  tft  bie 
btrje  Slntodfung  für  99et(^Ü)äter:  Pratica  del  confessore  per  ben  esercitare  il  suo 
ministero,  Napoli  1748.  ^1^  folgten  tDeiterl^n  (au^er  j|enem  ,,Homo  apostolicus"  etc. 
f.  0.):  Instructio  ordinandorum  (1758);  Institutio  catechistica  (1768);  La  vera  6 
sposa  di  Qesü  Christo,  2  voll.,  Venez.  1781  u.  5.  (aud^  beutfc^:  ®te  tüo^e  S3raut 
3.  61^  ober  bie  ^l.  JUofterfrau,  äug*. -1808;  SBien  1830—  eine  fpejieB  für9tonnen 
gcfi^ebene  älntoeifung  )u  odletifc^er  Sebendfü^ng,  mit  öu^erft  rigoriftif(|en  S^orf^riften 
unb  Statfd^lögen  betreffenb  Geißelungen,  fragen  bon  Sußfemben  u.  bgl.  [^'6ü.'fnm\6), 
6.  372]).  ^ferner  t)erfd^iebene  Übung^büd^Iein  h)ie :  ,,9lnba(|tiSübun0en  )um  oller^eiligften  10 
fyxim  S^u  unb  Stariä  für  ben  töglid^en  ©ebrauc^'';  .^Sefuc^ungen  bed  allerl^.  ©atro^ 
menid  bä  äOtard  unb  ber  oüejeit  unbefle<ften  Jungfrau''  *  „Waiai^t  be^  1^1.  Jtreu}h)egd'' ; 
^Staintogifle  SlnbadSft  )u  ®l^ren  ber  1^1.  3;erefia";  „Siebe  ber  ©eelen,  b.  i.  geiftreic^e  ®es 
banlen  über  bod  Seiben  ©^rifti'' ;  ^.©rünblic^e  Untertoeifung  für  älDe,  bie  nad^  ber  d^riftl. 
SBotttommen^^eit  tradj^ten" ;  „S)a^  große  ©nabenmittel  be«  (3A^",  u.  f.  f.  —  S)iefe  oBe  15 
folDoU  im  ital.  Original  h)ie  in  berf^iebenen  Überfe^ungen  bid  in  bie  neuefte3^  hinein 
ctmdn  neu  aufgelegt  (fo  ba^  gule^t  erft)ä^nte  ©d^d^en  überd  ®ebet  erft  iüngft  toieber 
m  ofutfc^  Bearbeitung  burd^  3)1.  ^elbling,  @inftebeln  1901),  auc^  mel^ac^  in  ©amm« 
bmgen  ixreinigt,  toie:  Opuscula  spiritualia  D.  Alf .  M.  de  L.,  Yenetiae  1788  (2yo11.); 
Oeuvres  ascetiques  d'  A.  M.  d.  L.,  traduites  et  mises  en  ordre  par  L^p.  ao 
Dajardin,  9  voll.  12®,  Tournai  1856—64  (in  ber  ^uiarbin^Söcquarbfd^en  ®efamt« 
au^  i>on  1895  bie  erfte  Slbteilung  bilbenb,  t.  I— YL:  Partie  asc^tique);  ©c^ule  ber 
(^rifa.  SoOIommen^eit  für  3ädU  unb  Orbenäeute,  a\n»  ben  äBerlen  be^  1^1.  Wipf).  ju- 
fammengeßeDt  bon  ^ul  Seidt,  SRegendburg  1886,  u.  f.  f.  —  3)ad  ^au^ttoerl  biefer 
(8nip))e  —  ®egenftanb  ber  ^öd^ften  S3ett)unberung  für  bie  Slnl^ngerfd^aft  be$  ^eiligen,  26 
aber  ouc^  ber  fd^ärfjten  älngriffe  bon  fritifc^er  ©eite  —  ift  ber  $aneg^rilud  auf  bie  ^l. 
Jungfrau:  Le  glorie  di  Maria,  2  voll.,  Nap.  1750;  Yenez.  1784  u.ö.  (aud^  ftanjöf.: 
Lee  gloires  de  M.,  1884  u.  ö.-  beutfc^:  „®ie  ^enlic^Ieiten  ÜRariä",  g.  S.  augdburg 
1809;  (Sinfiebeln  1862  u.  ö.).  (tx  beatpedft  l^aup^äd^lic^  bie  93erbreitung  unb  93erteibi^ 
oung  bed  Se^a^ed,  ba^  alle  göttlichen  ®naben  nur  burc^  3Raxxa  au^eteilt  h)erben,  fo  bag  so 
Irin  9Renf(^  onberd  ald  burd^  i^re  SSermittelung  bie  ©elialeit  m  erlanaen  vermag  unb 
awb  hin  Rutritt  }ur  ®nabe  ©^ti  anberd  aU  burd^  i^re  ^Kittlerfd^aft  erreichbar  ift. 
Sti^t  S^rijtud,  fonbem  SRaria  t[t  bie  ^ür  jum  ^immelreid^;  auf  bie  Slnbac^t  )u  i^r 
bQtf^t  ^  toad  bie  göttliche  äBet^^eit  fagt  (Prov.  8,  34):  Beatus  homo,  qui  audit 
me  et  qui  vigilat  ad  fores  meas  quotidie  et  observat  ad  postes  ostii  mei !  86 
Sc^eifter  £.9  bei  äludbilbung  biefe^  3)ogma  bon  ber  abfoluten  Unentbel^rlic^Ieit  ber 
(Bnobenl^fe  ber  SRabonna,  ober  h)ad  ba^felbe  ift,  bon  bem  ©a^e  „®d  ift  fd(^h)er  burd^ 
fi^iiffaim,  aber  leidet  burd^  3Raria  feiig  )u  h)erben'',  h)ar  ^au^tfäd^lic^  ber  ^uit  $ef)e 
gcbefen.  9(uf  feine  älnr^ng  l^in  l^tte  S.  fd^on  feit  ettoa  1734  angeblid^e  2:9atfad^en« 
tBdege  in  gr5|ter  Qcäfl,  unb  t)ielfac^  bon  ber  abfurbeften  unb  fabell^afteften  9lrt,  für  40 
aRanad  aOein  rettenbe  Jtraft  ju  fammeln  begonnen  {^'6UM,,  ©.  392 ;  bgl.  ^afe,  $rot. 
$oIemit^  318).  3^  ben  fc^on  balb  nac^  bem  erften  Srfd^einen  be^äBerld  gegen  badfelbe 
aufgetretenen  Äritifem  gel^örte  be«  gelehrten  2lnton  3Jluratori  5Reffe  ®.  gr.  Soli,  Serfaffer 
bo  ^feubonl^men  ©treitfd^rift  „Lamindi  Pritanii  redivivi  epistola  paraenetica  ad  P. 
Beneidictum  Piazza"  (1 755),  gegen  tocld^e  S.  ftd^  in  einer  befonberen,  ben  fjKiteren  45 
Sitteg.  feiner  „Glorie  di  M."  afe  änl^ana  beigegebenen  „Risposta"  öerteibigen  mufete 
(S)mi.<91.,  41 7  f.).  Steuere  Seiträge  jur  Äritif  ber  Ueberfc^toenglidSf leiten  unb  albernen  Nabeln 
bc8  Sudled,  bem  bie  „3Rarianifterung''  bed  mobemen  röm.  9lnbad(^tdlebend  unb  Kultur 
toefend  9au))tfad^lid(^  }u  banlen  ift,  f.  bei  b.  $oendbroed^,  ®er  Ultramontanidmud  (93erlin 
1897),  ©.  142—145,  unb:  3)a«  ^jj^pfttum  k.  I  (1900),  ©.  219  ff.  —  ©elbft  3Keffert  50 
(f.  0.  bie  Sitt.,  I,  a)  rebet  bon  ber  ejtrcmen  SSBunberfuc^t  unb  Unfeitil  ber  adlettfc^^en  unb 
tw|)uIdrsat)ologetif^en  3Berte  S.d  nur  in  borft^tig  entfd^ulbigenbem  Xone:  „ällfond  ift 
WMDt  bad  (nrobultibe  ®enie,  bad  bie  äBiffenfc^aft  auf  eine  neue  $öl^e  ^ebt;  er  ift  ber 
SoiEbfc^ftfieDer,  ber  in  populären,  leid^tfapc^en  Slb^anblungen  bie  SBirfung  ber  gegne^ 
Ti|c^,  ungläubigen  Sitteratur  auf  bie  SRaffen  be^  SSolfö  pardbfteren  toiH.  SQenn  er  biefe  65 
ferne  SoRMc^ften  mit  äBunberberid^ten  au^eftattet  ^at,  fo  ftnb  biefe  ßrjä^lun^en  )u^ 
näi^  im  Sfobmen  bed  Silbungdftanbed  be^  18.  3^^4u>i^^^  in  Italien,  fpejieQ  tm  nta» 
pMtax^^  Sfleid^e,  ya  beurteilen.''  @d  erfd^eine  nun  einmal  .  .  .  „nic^t  gered^tfertigt, 
oOcf  tutb  jebed  }u  berteibigen,  n>ad  ber  1^1.  Sllfond  in  feine  ©d^riften  aufgenommen  l^at, 
oiM^  toam  ed  fd^lec^tl^  unhaltbar  getoorben'' ;    bielme^r  gelte  ed,  „bie  fd^timd^en  ^oft-  eo 


496  Sigitinrt  mtb  ber  Signtriattombeit 

tionen  im  3«tcreffe  bcr  totrifamen  Sertetbigung  bcö  SBcfentlid^cn  felbji   aufjugcBcn"  k. 
(a.  0.  D.,  ©.  269  f.). 

^I^re  Siet^^  eröffnet  bad  h)tber  bem  f))ino}tftif(l^en  ^ant^eidmuiS  unb  bte  ^Uofop^ien9a> 

6  feiend,  Seibnijd,  äBolfd  2C.  gerid^tete  @(l(^nft(i^en:  Breve  dissertazione  contro  ^li  er- 
ror! dei  moderni  increduli,  1756,  bem  im  näd^ften  ^affxt  eine  ettmid  oudfü^ic^ 
$olemiI  gegen  biefelben  ^^Ungläubigen''  folgte,  unter  bem  S^itel:  Evidenza  della  fede 
ossia  veritä  della  fede.  3^^"  Sa^re  fpöter  beröffentlid^te  er  feine  Veritä  della  fede 
in  3  S393.,  h)orin  au^er  bem  3Raterialidmud  unb   englifd^en  ^eidmud  au(^  bie  franjdf. 

10  $o})ulart)^ilofo})l^en  ^elbetiu^  unb  SSoltaire  6efäm)}ft  toerben  (feit  1772  ertoeitert  btm^ 
ein  bierted,  „6^^  bi^  @inh)enbungen  ber  3)eiften''  gerichtetem  Suc^,  h>orin  u.  a.  bie  fan) 
jubor  in  92ea))el  ftattgel^abte  tDunberbare  Sluffinbung  geraubter  ^oftien  old  träftiged  Sbgu^ 
ment  ind  ^Ib  gefül^rt  h>irb;  in  franjöf.  Überfe^ung  aufgenommen  in  9b  XII  baSRigne« 
fc^en  Dömonstrations  ^vang61iques,  ^ßarid  1848).  —  3«  rafdjfer  Jolß«  erfc^ienen  feit 

15  @nbe  ber  60er  ^a^re  be^  äBeiteren :  ^ie  pfeubon^me  lat.  (Schrift  gegen  91.  t>.  ^ont^ 
Yindiciae  pro  suprema  R.  Pontificis  potestate  contra  Justinum  Febronium. 
Opeüa  ab  Honorio  de  Honorio  elucubrata  (Neapoli  1768  —  mit  einer  SSexteün? 
gung  fotpo^l  bed^rimatd  lt>ie  ber  Unfel^Ibarleit  bed$a))fted);  Opera  dommatica  oontro 
gli   eretici  pretesi  reformatori   (1769  —  eine  ^ologie  ber  Sei^rbelrete  Don  Xrient, 

20  ergönjt  burc^  einen  gegen  93erti  gerid^teten  antijanfeniftifc^en  ^rahat);  Trionfo  della 
Ghiesay  ossia  istoria  delle  eresie  colle  loro  confutazioni  (1772  —  eine  breibonbtge 
©efc^id^te  unb  5tritil  ber  ^örefien,  merttoürbigertoeife  bem  liberalen  nea))olit.  SRiniPcr 
Xanucci  bebijiert  mittelft  einem  in  fd^meid^ell^^en  äBorten  abgefallen  Sortpottm,  todc^ 
reilic^  in  ben  neueren  beutfd^en  Sludgg.  bem  SBerfem  toeggelaffen  ift),  enblic^   oU  lekte 

25  feiner  Schriften  über^au))t  ein  1777  erf^ienener  Siegentenfpiegel  für  lotl^.  ^Srurften :  La  fe- 
deltä  de'  vassalli  verso  Dio  11  rende  fedeli  anche  al  loro  principe  (mit  toarma: 
®m))fel^lung  bem  ^bealm  böQiger  S3e(enntnimein^eit  lat^olifd^er  Sänber,  unter  ^impeim  ouf 
bam  gloneic^e  äSorbilb,  toeld^em  Souim  XIV.  in  biefer  ^inftd^t  1685  burc^  SUif^ebung  M 
ebiftm  t)on  Slantem  gegeben  l^abe).    Sgl.  S)öa.»9l.,  ©.  394—403;  oudSf  gurtet,  Nomen- 

80  clator  lit.  III,  469—470). 

IV.  $rebigth>erle  unb  geiftlid^e  S)i(i{ftungen.  Sine  gu  4  Sanben  ^etan« 
getoad^fene  ^oftiUe,  entl^altenb  ^rebigten  für  aQe  Sonntage  (2  Sbe)  unb  für  oOe  S^ßtoge 
bem  lat^ol.  Äird^cnja^rem  begann  2.  1769  ju  beröffentlidS^en  (©ött.--«.  397).  a)em  itolieni» 
fc^en  Original  folgten  auc^  ^ier  balb  Übertragungen  in  anbere  @prad^en,  fo   eine  2S% 

86  burger  beutfd^e  Slumgabe  Don  2B.  ^iQinger  in  4  93änben,  unter  bem  Zitel :  ,,Sobs  unb 
©ittenreben  bem  ^l.  ä.  SR.  t).  2.  für  alle  Sonntage  unb  gef^age"  (1776 f.).  3SgL  bie 
Heineren  ?prebigtfammlungen  toie:  „Sobrcben  auf  bie  SDlutter  3Jlaria"  (beutfc^  bun^  D6* 
laben,  2lugmb.  1772.  1779);  ,,5Prebigten  unb  ^nftrultionen"  (juerft  itol.,  »enebia  1772 
bim  1779  in2  8ben,  bann  auc^  beutfc^jc);  ,,Äurje  ®onntagm})rebigten"  nebft  einer  Seben«« 

4oaefc^id^te  £.m  bon  ®.  ^lot^,  älad^en  1835)  u.  {.f.  —  9lud^  alm  geiftl.  £ieberbic^ter  unb 
Kom)}onift  geno^  2.  93eifaQ  bei  feiner  lat^olifc^en  Umgebung;  bgl.  bam  ^nttt  einer 6ce(( 
mit  ßj^rifto,  todc^^em  P.  3«>f^^  $eibenretdS>  \>ox  lurjem  aum  einer  ^bf.  bem  Sri!  SDhif. 
beraumgab:  Recitatlvo  e  Duetto  tra  TAnima  e  (^esü-Cristo  (Stimmen  oum  9)tam< 
2aac^,  33b  49,  441  ff.),   fotoie  bam  jüngft  ital.  unb  franjöf.  in  ^arim  öeröffenilic^te  ?af» 

i5ftonmlieb:  Chant  de  passion.  Paroles  et  musique  de  St.  Alph.  de  lAg.  Texte 
orig.  ital.  et  texte  frangais,  Paris  1900,  fotoie  überhaupt  ^,  Sogaertm,  St.  Alph. 
de  L.  musicien,  et  la  Re forme  du  chant  sacr^  (ebb.  1900);  ouc^  bie  beuMc 
£ieberfammlung  bon  91.  $aff^,  SSoQftönbige  Sammlung  geiftlid^er  Sieber  bem  fd.  X.  aK- 
b.  2.,  a.  b.  Stal.  metrifc^  überfefet,  SBien  1827. 

50        Söegen  ber  »riefe  f.  o.  b.  2itt.,  5Rr.  2. 

II.  3)ie   2iguorianer  (Slebemjjtoriften),  inmbef.    feit  2iguorim  lob.   — 

9(uger  ben  unter  I  genannten  Sonographien  anfe^nlic^eren  Umfangm  (bcf.  2^annoia«<ni' 

letti   unb  ^ilgdfron)   t^gl.  a)  alm  rebemptoriftenfreunblidie  ^arftellungen:  bie  Sio* 

grapsten  (£1.  m.  ^opauerm  t)on  $.  $öml    (SRegendburg  1844);    @ebafHan  IBntnner  (Sks 

66  1858);  SJl.  ©aringer,  C.  Ss.  R.  (3öien  1858,  2.91.  1880);  ÖJ.  TOiüer  O&itn  1877); 
®.  ©cftepcrm  (8alaburg  1887);  »aucftingcr  (®ien  1889,  3.  2!uf[.  1894);  ®.  greunb  (»ien 
1890);  bcmglci^en  bie  ©Triften  über  3ofcp^  ^afferot  oon  p.  ©irouillc  (bcutfcft  bur*  »rtM, 
C.  Sa.  R.,  Dülmen  1894)  unb  anbere,  fotoie  bie  allgemeiner  gehaltenen  ^arfteOungen  0011 
^.  SRatte,  C.  Ss.  K.,  ^er  ^I.  ^Ip^onf um   unb  ber  9lebemptoriftenorben,    2u;emburg  1887; 

CO  Harl  Saber  C.  Ss.  K,  ^ie  ^Kongregation  bem  ^eiligften  ^rlöferm  in  Cefterreic^,  ein  d^rosi' 


Stgitiyri  rntb  feer  Sigttptiatterorbeit  497 

Ial6eTi(!6t  über  i^re  (Sinfü^rung,  Ausbreitung,  ^irtfamfeit  unb  i^re  Derftorbenen  ^itglieber, 
Sien  1887;  idxüd,  ®ef(^.  ber  fat^.  Stirdit  in  2)eutfcblanb  im  19.  ga^r^unbert  0lRain)1887) 
n,  S.  193 f.;  ^eimbucftcr,  Orben  u.  Äongreg.,  II  (1897),  @.  288—305. 

b)  ftritifc^e  2)arfte0ungen  (Don  proteftant.  ober  liberaI«fatf)oI.  (S^egnern  ber  ^ongre' 
gationen):  3.  9iorbmann,  ^ie  fiiguorianer!  ^f^xe  ^onftitution  unb  ^orrefponben^,  ^ien  5 
1849  (mit  Äbbrud  be«  @tQtut»  ber  mebemptoriften :  @.  67ff.  291ff.);  ?lnt.  SRuIanb,  3)er 
frftnlifd)«  ftlentd  unb  bie  fRebemptoriften;  ^enff^rift  2C.,  mit  gefd)i(i)tl.  Beilagen,  "^üri^burg 
1846:  (».  C^ader,  Ser  ha?  Ober  bie  SRifftonen  ber  mebemptoriften,  Erlangen  1852;  ^.  $. 
Mettf4.  9iebemptori{ten  unb  ^efuiten  ($reug.  3$SB.  1890,  fjebr.) ;  o.  6täbelen,  9iebempto« 
riften  unb  Sefuiten  {mS  I,  1890,  ©.138-156);  ^.  ÄrQuffoIb,  ßiguori  unb  bie  SRebcmpto-  lO 
rifien,  in  b.  C^riftl.  3Belt  1890,  @.  510 ff.  558 ff.;  fi.  St.  ®oc&,  SRebemptoriftcn  unb  ^rote* 
ftonten,  (biegen  1899.  —  $gl.  ben  (anonymen)  $(uffa^:  ^qS  c^riftl.  ^oOfornmen^eitdibeal 
naäi  htm  Seben  eined  9lebemptoriften^eiligen  (bed  fiaienbruberS  ®er^.  ^ajefla,  f  ^7^6,  feiig 
aefinrocften  1892)  gejeicönet:  «(£CÄ8  1895,  S?r.  17—20;  qu(ö  3.  &riebricö,  3gn;  t).3)öninger, 
Cb  II  unb  ni  (an  ben  unten  angef.  ©teflen),  ^ünd).  1899  f.  16 

lieber  ben  norbamert  fani  f4en  B^^c^S  ^^^  C.Ss.  B.,  bie  l^ongreg.  ber  $auliften: 
SSueft.  Annales  Congreg.  Ss.  E.  provindae  Americanae,  llchester,  1888;  %BaIter  @Oiott, 
llie  life  of  Father  Hecler,  4.  edit.  New  York  1898 ;  ®6.  SRaignen,  Le  p^re  Hecker  est- 
il  HD  saiDt?  iStudes  sur  rAm^ricanisme,  Borne  1898;  A.  3-  ^elattre,  B.J.,  Un  Catholi- 
(üme  Am^ricain,  Namur  1896 ;  giomingo,  ^ad  relig.  Ameritanertum  unb  ber  ^atifan  20 
(Vreug.  3^9.  1898,  <3ept6r.) ;  Regier,  2)er  SlmeriraniSmud  (S^riftl.  $3elt  1899.  @.  536  bid 
542).  «gl.  $.@4anj,  8um@tubium  ber  J^eologie  in«merifa:  5:t)a@  1899,  IV,  507—512; 
«.  ©.  ^Jenjmon  im  Ämer.  3ourn.  f.  $^eoI.,  (S^icago  1899,  IV,  81 6 ff.;  3of.  'iflüntx,  5)er 
«cform!at^oHci8mu8,  XI  II  (8üri(ö  1899),  @.  130—132. 

lieber  htn  meib liefen  S^^^d  ^^^  SRebemptoriften:  ^.  2)umortier,  Les  premi^res  25 
B^emptoristioes.  Avec  une  notice  sur  leur  Institut,  Sitte  1884;  SHojjaotra,  Vita  della 
Madre  Maria  Baffaella,  Ck)operatrice  con  8.  Alfonso  nella  fondazione  etc.,  Napoli  1884; 
Vie  de  la  M^  Marie-Alphonse  de  la  Volonte  de  Dieu  .  .  .  publice  par  des  K^empto- 
ristines.  Malines  (s.  a.) ;  ^ugued,  C.  Ss.  B.,  ^ie  ftlofterfrauen  ^aria  Victoria  unb  SXarianne, 
•rfifinnen  r)on  %BeIferbeimb,  nebft  Mitteilungen  über  @ntftef)ung,  Verbreitung  unb  (Sinri^«  80 
tung  beft  Orbend  ber  SRebemptoriften,  ^reiburg  1883.  Vgl.  (ä)uirouiae«ihebd  in  ber  oben  (a) 
genannten  flSiograp^ie  ^{feratd. 

3)ie  odletifd^en  SSorfc^riften  bed  bon  Stguori  urfprüngKd^  für  feine  jtongregatton  tnU 
toorfenen  Statute  fiditen  an  bie  @eIbftt)erleugnunQ  unb  ben  mortifitatorifd^en  Stfer  ber 
SRitglieber  ungemein  l^rte  ^orberungen :  S^lafen  auf  fd^led^ten  @tro^fö(ten,  fd^arf  ge^  as 
tDfir^  Bvüpipt  nebft  ^c^ten  unb  äu^erft  l^arted  S3rot  aU  täQlxdfi  Jtoft,  toeld^e  fniemb 
ctii0eiu>mmen  tDerben  mu|te;  breimal  tögltd^e^  ^orenlefen,  aQnöc^tltd^e  längere  Xnbad^t 
tHn  bem  @anlti{fimum,  breimalig  tDöc^entlid^e  (äei^elung,  prebtgenbe  unb  mtffionierenbe 
Z^otigteit  nur  unter  bem  ärmften  unb  geringften  äiolte.  93on  biefen  gärten  tDurbe  burc^ 
bie  bonSig.  f)>ater  (nad^  1742)  au^earbeiteten  Jlonftituttonen  mand^ed  gemilbert;  anbered40 
bUcb  &et6e^en.  9Rit  ber  (SefeQfc^ft  3^u,  aud  beren  (Einrichtungen  2.  überl^aupt  man- 
<^  entlel^nte,  teilt  feine  Jtongregatton  tn^befonbere  bie  ßinjufügung  eined  bierten  (Se- 
Ifibbed  )u  ben  brei  geh>5^nlid^en  Selübben  ber  3(rmut,  ber  HeufcJ^^eit  unb  be$  ©e^orfamd. 
3)tefcd  trierte  ®elübbe  bert)flt(^tet  ben  Siebemptoriften  baju:  leine  äBürbe  ober  $frünbe 
ait|er^alb  feiner  5tongregation,  aufgenommen  auf  audbrüdlid^en  99efel^l  be^  ^abfted  ober  46 
bcd  ®eneralfu))erionS,  anjuneij^men,  f otoie  femer :  bid  jum  Xobe  in  ber  @ef eDf^aft  m  ber« 
fairen,  ed  fei  benn,  ba^  ber  $apft  bon  beren  @a$ungen  bidpenftere  (f.  ^eimbud^er  II, 
303).  ^en  nömlid^en  unbebingten  ©e^orfam  gegen  ben  $apft,  toelc^er  ftd^  Ibterin  au^- 
bnuft  unb  ben  bie  infaQibtliftifc^e  3)oItrin  ber  moral-'t^eologifd^en  Schriften  £.^  prebigt, 
bd^otigte  ber  greife  Orbendftifter  toä^renb  jener  ber^ängnidboQen  @))altung  im  @d^o^e  go 
femer  ©enoffenfc^ft,  bie  ü^m  ben  äbcnb  feine«  Seben«  berbittertc  unb  bor  beren  aBieber^ 
betlegung  er  ftarb.  S)er  neobolitantfd^e  Xeil  bed  Orben«,  ju  tt^elc^em  £.  felbft,  al«  ju 
Kocera  too^enb,  gel^örte,  foute  auf  ben  SBunfd^  be«  $ofc«  bon  5Weaj)el  geioiffe  33eränbe= 
rangen  mit  ber  Sleael,  ttjie  fic  1742  formuliert  unb  1749  burd^  33enebilt  XIV.  beftättgt 
toorben  toox,  bome^men;  man  fe^te  biefer  ^orberung  leinen  unbebingten  äBiberfbruc^  ^t-  56 
jen,  fügte  M  ibr  bielme^r  —  einige  toenige  33äter  aufgenommen,  bie  il^r  Älofter  ju 
licetto  in  !Rea))el  berlie^en  unb  nac^  bem  Stirc^enftaate  au«h>anberten  —  in  )}a|ftbem 
le^orfam.  $o^ft  $iu«  VI.  bagegen  forberte  genaue«  99el^anen  bei  ben  Jtonftitutionen, 
tarie  iener  fein  38orgänger  fie  at)j)robiert  ^abe,  unb  ging  fo  toeit,  ju  erllären:  1.  bie  Sie- 
bemptoriftenl^fer  im  Jtönigreic^  92eapel  bilbeten  leinen  Seil  ber  Kongregation  me^r  unb  eo 
feien  i^^rer  5ßribU^ien  berluftig ;  2.  auc^>  Siguori  fei  bon  ber  Kongregation  au«gefd^loffen 
unb  hä  äBürbe  eine«  ©eneralfupcrior«  entl^oben;  ftatt  fetner  folle  ^{ieter  ^ranj  be  $aula 
bo«  oberfle  Steltorat  erhalten,    ^m  Kirc^enftaat  fotoie  auf  ber  ^nfel  Sizilien  fügte  man 

SMbfcdlOopAMt  fit  X^cologic  vah  fttr^e.    8.  K.  II.  32 


498  Sigttori  ttnb  ber  Stgtinriatterorbett 

ft(^  biefer  fd^toffen  ))ä^ftlt(i^en  @ntf(^eibung,  h>&l^enb  bte  neat)oIUant{(l^m  Sngd^oriaen 
ber  Jtongregation  gtö^^tenteild  ftc^  tDtberfe^ten.  Siguori  felbft  untecn>arf  fu^  bem  fBivm 
be«  Statthalter^  ßl^rtfti  mit  berfelben  ®emut ,  bte '  er  ftetg  nad}  biefer  ©eite  ^ 
betl^ötigt  kttte.  @o  oft  bie  aufd  äu|;erfte  t)erh)irrten  unb  bon  fd^tDerer  ®eloiffetidnot  be» 
6  brängten  SSäter  feiner  biöl^erigen  Dbebienj  il^n  um  9lat  fragten :  fie  erhielten  nur  bte  eine 
Slnttoort:  „©cJ^ord^et  bcm  $aj)fte!"  3)ie  ©t)altung  tourbe  erft  brei  gai^re  nadjf  2.ö34>b{; 
burc^  äludfö^nung  bed  $apfte^  unb  ber  nea))oIitamfd^en  Slegierung  toteber  ou^d^oben; 
bie  (entere  erlannte,  laut  ®bilt  t)om  29.  Dftober  1790,  bie  93eftätigungdbuUe  Seno 
bito  XIV.,  t)on  ber  fie  früher  nic^t«  ^atte  toiffen  tootten,  au^brürfU^  an,  toorauf  $iud  VI. 

10  1791  bie  Söieberbereinigung  ber  beiben  getrennt  getoefenen  ®enoffenfc(Kiften  genel^igtt 

@c^on  tpöl^renb  ber  legten  Seben^jabre  S.^  tpar  bem  bid^er  auf  SRttteU  unb  Un^ 

italien  befd^ränlt  gebliebenen  Drben  ber  2Beg  in  nörbßcbere  Sänber  gebahnt,  ja  ^te  S(r> 

[egung  bed  @d^h)er))unftc^  feiner  SQirffamfeit  bort^in  t)orbereitet  tDoroen.    3)ad  Sßetl^cug 

l^ierju  tDurbe  ein  OrbenSmitglieb  beutfc^^öfteneid^ifd^er  ä(btunft,  bad  mit  gutem  ®nmbe 

16  ald  ber  jtpeite  Stifter  ber  Jtongregation,  jebenfaOid  aU  beren  einflu^ei(^j3ter  ^örberer  imb 
^ortbilbner  feit  S.  betradbtet  toerben  barf.  ßlemenö  SKaria  ^offbauer,  ber  35aler  bd 
öfteneid^ifd^en  unb  beutfcpen  Siebemptoriftcnjtpeiged,  tourbe  geboren  ju  SCa^tot^  inSRä^ 
am  26.  ^ejember  1751,  begab  ftd^,  16iäl^rig,  atö  äBaife  )ur  @rlemung  bed  Söder^^ 
toerf^  nad^^  ^naxm,  h)urbe  juerft  93äd(erge^ilfe  in  ber  Södterei  bed  ^rämonftrotenferflo^ 

20  S3rudf,  bann  ^afelbeder  beim  $ro))ft  biefe^  Älofter^,  unb  erhielt  burd^  btefen  Prälaten  \k 
erfte  9(nregung  unb  (Gelegenheit  jum  @rlemen  ber  t^eologifc^en  9Biffenf(^aft.  3tadf  tm» 
jährigem  erfolgreid^em  93efuc^  ber  Jtlofterfc^ule  )u  99rudf  begab  ber  Don  glül^enbem  Sb 
bac^t^eifer  befeelte  Jüngling  1776  ftc^  )u  ben  frommen  @tnfteblem  bed  SBoQfa^rtdorte^ 
SRüi^lfrauen,  too  er  ^toei  ^a^re  jubrac^te,  bid  bief ed  Üöfterlid^e  ^^nftitut  aufgel^oben  tov^. 

25  Seite  toiebcr  ate  9äd(er  arbeitend,  teitö  ftubierenb,  lebte  er  bann  einige  R6t  in  SBien, 
fd^lo^  l^ter  mit  feinen  fpöteren  Crben^enoffen  unb  ©e^ilfen  $et.  @man.  .^m^mann  imb 
^ol).  S^^abb.  ^ibel  innige  ^eunbfd^aft  unb  unternahm  juerft  mit  jenem,  bann  mit  btefem 
Sieifen  nad^  Sfom,  h)ot)on  bie  jtoeite,  im  ^cä^x^  1782  aufgeführte,  i^n  famt  feinem  9t^ 
fäbrten  ber  9iebem))toriftenIongregation  jufü^rte.    (Sin  gdttli^erfeitiS  i^nen  getDo^rted  Omen 

80  f oQ  hierbei  toirffam  getoef en  fein :  fie  Ratten  t)erabrebet,  biejenige  Jlird^e  }uerfl  )u  befu(^, 
beren  (äeläute  fie  am  borgen  nac^  il^rer  Slntunft  }uerft  l^örten;  ed  toar  aber  bad(S«tte^ 
^au^  bed  ^lebemptoriftenflofter^,  burd^  beffen  @lode  bie  erfte  @in[abung  an  fte  erging  uA 
beffen  Slettor  bie  beiben  älnlömmlinge  au^  al^balb,  fogar  unaufgeforbert,  in  feine  Sm 
gregation  aufi^une^men  fic^  bereit  erflärte.  3)er  Sc^arfblid  biefe^  Sorgefe^ten  erlannte  fd|foii 

35  balb  in  ben  beiben  glaubcn^eifrigen  £)fterreid^em  bie  geeigneten  äBertjeuge  ^ur  9ln))flan)uiia 
feinet  Drben^inftitute^  auf  beutf^em  ä3oben  unb  gleid^^eitig  jur  ätudfüJUung  ber  bafelbfl  bimp 
bie  äluf^ebung  bed  ^efuitenorben^  entftanbenen  £ücte.  S)a^  er  fid^  in  ber  SrtDartung  ni^ 
täufc^te,  foQte  balb  offenbar  toerben.  3tad)  SioUenbung  xfycid  9iot7i)iated  unb  @m))fang  ba 
$rieftem)eil^e  1785  f ehrten  $offbauer  unb  $ibel,  ber  erftere  atö  ©uperior  ber  )u  gröJi^ 

40  ben  neuen  92ieberlaffung,  nac^  äBien  jurüdf,  ftebelten  aber  balb  t)on  ba,  bie  j|ofe))i^inif4fci 
Jtultur!am))f^5uftänbe  fd^euenb,  nad^  ä^arfc^au  über,  h)o  ber  a)}of{oIifd^e  Stuntiud  i^oi 
eine,  bem  ^I.  93enno  gemeinte  5tirc^e  nebft  baran  anfto^enbem  $aufe  old  &it[  onrnc^ 
(bal^er  Sennoniten).  ©ie  eröffneten  in  biefer  33ennoIir^e  ba^  ®c^ufj)iel  einer  b^ionbigai 
3){iifton:   aUfonntäglid)   H^urben   }tt)ei  ^rebigten  für  bie  ^olen,  jtoei  für  Die  ^tui^(^ 

46  f))ater  auc^  eine  franjöfifc^e  für  bie  in  äBarfc^au  toeilenben  ^anjofen  gegolten.  ^ 
Srfolge  in  feelforgerifc^er  ^infic^t  toaren,  ban!  ber  3Jlith)ir!ung  ber  bamold  über  M 
^IJolentJolf  crgei^enben  fc^toercn  §cimfuc^ungen,  beträc^tlid^er  ärt.  ^m  ^afytt  1796  foltai 
an  1900Ö  ^erfonen  in  il^rer  Äirc^^e  fommunijiert  ^aben.  ©ie  erhielten  um  Wefe  M 
eine  jtoeite  ^ird^e  in  äBarfc^au,  t?erme^rtcn  bie  ^titglieberja^l  i^rer  Kongregation  bofdbp 

60  bi^  }um  ©c^luffe  be^  ^a^r^unberld  auf  25  unb  entfanbten  auc^  nac^  audft)artd  etfo^ 
reiche  ^Uffionen,  n)o^u  ^offbauer  burc^  feine  fcbon  1792  erfolgte  Smennung  ^um  ®ai(ia^ 
öilar  ber  Kongregation  für  bie  Sänber  polnifd^er  unb  beulfd^er  S^nQt  outor^tot  toortc» 
toar.  ©c^^on  1894  tourbe  burd^  brei  nad^  -Ölitau  entfanbte  ?Priefter  eine  ^iffton  ffe 
«urianb  begrünbet;  1802  entftanb  ju^eftetten,  füW.  ©c^aff Raufen  bie  erfte  Slebemiltoripai» 

65  92ieber(affung  auf  beutfc^em  $3obcn  (unter  $ater  ^afferat  ate  93orfte^),  anbere  bemn&^P 
in  ben  ©üblantonen  ber  ©c^mei^  (SBaQid,  (äraubünbten).  2)od^  tooQten  ^er,  tme  on^ 
)u  Sr^berg  im  ©c^toar^malb  unb  ^u  $3aben^aufen  auf  gräfL  t^ggerfc^em  ®ebiete  is 
©c^toaBen,  bie  Sln^flan^ungen  ber  @enoffenfc^aft  nic^t  red^t  gebei^en.  Über^aut>t  ecginaa 
toäl^renb   ber  erften  ^a^re  unfere^  Sa(;rl^unbert^  fernere  ©d^idfaldfc^läge  übn  btefeut 

60  3)ie  Dtfu))ation  ^^ßolen^  burc^   !iRapoleon,   ben  ©ieger  über  ^reugen  unb  Stu^bmb,  i* 


Signori  unb  feer  Stgnomnerorbett  499 

3a^  1807  bctotrfte  bie  böKige  göi^örung  ber  SBorfc^auer  9lcbemj)toriftcns9lieberlaffun0. 
ik  mit  @ebHilt  bon  bort  toeggefü^rten  SSöter  tDurbm  einen  3)lonat  lang  in  ber  ^[tung 
itfißrin  gefangen  gehalten  unb  bon  ba  bann  je  jtoet  unb  ^h)ei  nac^  i^ren  ^eimat^orten  entlaffen. 
Xiu^  $off6auer  befanb  fic^  unter  ben  bamaligen  Jlonfefforen  bedOrbend  (t)gl.  bteSd^rift: 
J8^r&tgntf[e  bed  6(.  3)tar.  ^offbauer  tDäl^enb  ber  preu^.  Slegierung  in  iffiarfdt^au  2c.,  6 
Sien  1883).  Salb  nad^  feiner  Siüdtel^r  in  bie  öfteneic^tfd^e  ^etmat  begann  für  tl^n,  ber 
fi^  noc^  3Bien  begeben  J^atte,  bafelbft  eine  S^t  neuer  Unteme|mungen^  bie  feinem  Orben 
locnigftend  mittelbarertoeife  gu  gut  lamen.  (Sr  nal^m,  ba  bie  !aiferlt(^e  9legierung  bie 
(Smfft^rung  ber  Jlongreaation  ^unöd^ft  bertDeigerte,  bie  @teQe  eine^  Seid^tbaterd  unb 
flixfj^birrftord  bei  ben  urfulinerinnen  ju  2Bien  an  (1813)  unb  gelangte  ^ier,  atö  einer  lo 
ber  beliebteften  $rebiger  feiner  QÄi,  m  bebeutenbem  (Sinflug.  äBöi^renb  bed  äBiener 
itimgreffed  fommeUen  fu^  um  il^n  bie  93orIäm))fer  be^  tpieberertoac^enben  Jtatl^oKci^mu^. 
Stemme  Übertritte  bon  namhaften  SSertretem  ber  Sitteratur  jum  tat^olifc^en  Selenntnid 
erfolgten  unter  feiner  ®inh)iriEung ;  ^ebr.  b.  ©c^Iegel,  iJriebr.  ©c^Iof|er,  gr.  b.  Älinloto- 
^m,  bie  Srüber  $l^Ui))))  unb  ^^^^i^i^  3}eit  u.  a.  gehören  uim  Jlreid  ber  burc^  i^n  ge- 16 
tiHmnenen  5tonbertiten.  Sa^  boS  auf  ^erfteUung  einer  boniHom  unabl^öngigen  beutfd^en 
Stottimolfirc^e  gerid^tete  Streben  2Bef(enbergd  unb  feiner  ^^eunbe  bereitelt  h)urbe  (bg(. 
$81«%  XVI,  e.  817  f.),  fü^  ft^  jw»n  ^^¥  geringen  Seil  auf  bie  ©egentoirfungen 
j^offbauer^  otö  eined  $au))tmittel))unlted  ber  bamaligen  ultramontanen  Sleftaurationd« 
MÖegung  jurüd.  @r  fyxX  burd^  bied  aQed  toenigftend  inbirelt  unb  borbereitenber  äBeife  bad  20 
^0^  Snfelen  unb  bie  au^ebe^nte  ÜBirtfamfeit,  tooju  feine  Orbendbrüber  ba(b  gelangten, 
bcgrünbet. 

@€^on  einen  3Ronat  nac^  feinem  am  15.  SRärj  1820  erfolgten  Sobe  tourbe  bie  bon 
il^  tmeber^olt  beantragte  unb  betriebene  @rrid^tung  eine^  Siguorianer^oQegiumd  inSBien 
g^e^igt ;   am  Sd^Iuff e  bedf elben  ^ofyc^  erhielt  ber  Drben  auf  laiferlic^en  Sef e^l  bie  25 
SGn^   }u  Stariaftiegen  in  äBien.    ^nm  Seiter  bed  mit  berfelben   berbunbenen  ^ofter^S 
tow^  ^offbauerd  begabtefter  Schüler  befteQt:  ber  au&  ^oinbiQe  in  ^anlreic^  ftammenbe 
P-  3*>fet>^  Äonftantin  ^ßaff erat  (9RitgIieb  ber  9lebemj)tonftenIongregation  feit  1 796,  too  er 
fii^  in  aSorfc^u  berfelben  anfc^lo^,  nac^l^er  ald  $rior  berfelben  in  ^eftetten  unb   in 
Soben^fen  t^g  —  toegen  feinet  innigen  Slnbad^t^lebend  bon  feinen  Orben^enoffen  ao 
«Ö  ffber  grofee  Seter"  gerühmt).    Unter  feiner  Seitung  fanb   feit  SRitte  ber  20  er  Safere 
ein  ftetiged  SBad^tum  ber  Kongregation  im  £)fterreic^if(^en  ftatt,  junäd^ft  bi^  )um  Stebo- 
bitiimdjla^e  1848,  ba^  fte  inbe^en  nur  borübergel^enb  berbröngte.  3)e^  ^id^ter^S  ^ai^aüa^ 
Semer  Eintritt  in  ben  Orben,  einige  3rit  nac^  feiner  Jlonberfion,  biente  ^ur  $ebung  beiS 
Sbife^end  ber  ®enof[enfd^ft;  auc^  bermac^te  ber  f))öter  aud  berfelben  toieber  angetretene  35 
jk  ftcrbenb  (1823)  ben  größten  Seil  feine«  Vermögen«,     hieben  ja^lrcid^en  männlid(^en 
Jodftem  —  toie  au^er  jenem  ^auptl^aufe  SRaria  Stiegen  in  äBten  nod^  f^rol^nleiten  in 
Stctcrmorl  (gegr.  1826),  @ggenburg  unb  Jtirc^^eim  in   ber  3)i5cefe  @t.  gölten,  ^onau- 
bo0  in  ber  Stöcefe  Srijren,  ^nndbrud,  Seoben,  SRarburg  unb  äJtautem   in  ber  ^iöcefe 
6^au —  t^ten  [xdf  auc^   einige  ^öufer  für  9tebem))toriftinnen  auf.     tiefer 40 
toüblxd^  3l^rig  bed  Drben«  tonnte  feine  Stiften)   bi«  auf  bie  ßeit  be«  ^Siguori  felbft 
polfEfü^ren,  ba  bie   oben  ertoöl^nte  ©d^toefter  uftar.  Selefte  Sroftarofa  (f.  I,  ).  ätnfang) 
t^  Jttofterfrauens^nftitut  )u  @cala  bei  S^malfi  ber  beic^tböterlic^en  Leitung  be«  Siguori 
tmterftellt  unb,  bon  biefem  unterftü^t   unb   bei  SuffteQuna  il^rer  Siegel  beraten,    bereit« 
1750  eine  ))ä))ftli(^e  Seftätigung,  ^unöd^ft  für  ben  bortigen  ^^erein,  erlangt  l^atte.    Siguoii  45 
botte  1766  in  feiner  9ifc^of«ftabt  @.älgata  ein  ^toeite«  italifc^e«  Jllofter  für  folc^e  nac^ 
ferner  Siegel  lebenbe  9{onnen  angelegt.     Seit  ^afferat«  Eingreifen,  ba«  mit  @infü^rung 
ber  9lebem))toriftenregel  im   „$aufe  ber  3uPu<|t"    ju  SBien  1823   begann,  na^m   biefe 
Oeiwffenfc^ft  (beren  ^auptjtoed  laut  il^rer- Siegel  barin  befte^t   „in  allem   ben  göttlichen 
Sc^nneißer  fidb  ium  Sorbilb   ju   nehmen   unb   i^m  möglidjfft  öl^nlid^  }u  toerben")  einen  go 
fKti&Midfm  äuffc^toung.  älu|er  in  Öfterretd^,  h)o  in  äBien  (1831),  in  Stein  a.  b.  ®onau 
imb  SRieb  Slieberlaffungen   bon  i^nen  entftanben,  toirfte  ^afferat  für   il^re  älu«breitung 
befonber«  in  Selgien,  too  er  aud^  (1858  ju  Xoumai)  ftarb.   2:eil«  ^ier,  teil«  in  ^oQanb 
Bn^  ^coibwif  (j.  ®.  (ärenoble)  l^aben  biefe  Siguorianerinnen  —  mit  beren  überau«  ftrenger 
(x  SL  regelma|tge  (Geißelungen  bi«  auf«  SSIut,  bgl.  oben)  forbember  ^i«5i))lin  i^re  bunte  55 
Oibendtrac^t,  beftebenb  au«  rotem  Stleib  mit  blauem  @Ia^ulier  unb  bergolbetem  ^erj^^efu- 
ÖUb  auf  ber  Äruft,  feltfam  lontraftiert  —  neuerbing«  fid(^  au«gebreitet. 

3)er  männlidj^e  3tebemt)toriftenorben  faßte  gegen  üRitte  be«  19.  S^^^'^^wibert«  auc^  in 
Boi^eni  feften  guß.  @r  l^atte  l^ier  nic^t  bloß  türjere  3eit  (toie  in  Oefterreic^  bor  1836), 
fonbem  bi«  jum  ^<^re  1848  unb  barüber  ^inau«,  bie  ©teile  be«  nic^t  gebulbeten  ^e«  eo 

32* 


500  Sigtturi  nttb  ber  Sigtturiaiterorbeit 

fuitenorbend  ju  erfe^en.  ^ier  entftanb  1841  il^r  erfte^  ^aud  ju  äUtötting,  2)u>cefe  $af|au, 
bem  [xdf  nad)  unb  r\ai)  biet  anbere  Mufer  mit  männlichen  Pfaffen  unb  17  mit  toeü« 
liefen  J^injugcfcUten  {\)qI  gricbric^^«  ©öninger^Siogr.  II,  20.  254.  256  ff.  265  ff.  312. 
414  u.  ö.).  3"  ^IJrcu^en,  too  ber  Drbm  nid^t  bad  Alter  Ego  be«  3H"^*^<>'f^^  J« 
6  re))räfentierm  ^atte,  Blieb  er  junöc^ft  ber^öltni^mö^ig  fd^tvöd^er,  immerhin  brad^te  er  cd 
aui)  ^ier  bid  lurj  \>ox  bem  äludbrud^e  be^  Jtulturlam)}fed  auf  fünf  Käufer  (in  5t5ln,  Zricr, 
3Jlünfter,  ^aberbom,  Simburg)  mit  69  männitd&en  33eh)0^em.  2ludSf  Saben  bulbete  bie 
9lebem)}toriften  eine  ^txt  lang.  SSefonberiS  aber  getiHxnnen  biefelben,  abgefe^  tHnn 
itolienifc^en  3Jlutterlanbe,  feit  Slnfang   unfere^  ^a^rbunbertd  erij^eblid^  ^toad^  in  bcr 

10  ©d^toeij,  h)0  bie  aufgel^obene  Äart^aufe  ber  3:ra^^)iften  m  ©t.s3Sal  im  Kanton  ^^^eiburg 
1814  t^re  erfte  SWieberlaffung  tourbe.  gemer  in  ^oufanb  (SDSittem),  Selgien  (gütticj, 
©t.  Ironb,  Srügge,  SSrüflel,  Joma^  k.),  in  fjranfreici^  (SSifd^enberg,  3)iöcefe  ©tra^urg, 
itoax  aufgehoben  1820,  aber  balb  toieber  J^ergefteQt  unb  feitbem  ^um  3Ruttertloftec  f£ 
mehrere  anbere  franjöfifcbe  Käufer  getoorben),  in  @nglanb  (^Imout^  u.  m.  o.)  unb  gumol 

16  9JorbameriIa  (f.  u.). 

aOäegen  i^rer  bem  gefuiti^muö  bertoanbten  SSier^Oelübbe^^ßrajid,  fotoie  toegen  i^ 
Übereinftimmung  mit  mand^en  fonftigen  Einrichtungen  ber  ©efeQfc^aft  2iefu,  befonbei^ 
aud^  i^rer  ä^nlic^en  Orben^trac^t,  l^at  man  bie  Siguorianer  öftere  mit  ben  ^efuttoi 
gerabeju  ibentifijiert,  toelcf^e  äiertoec^lung  natürlich  auf  Uniritit  berul^t.  Sber  ba|  fie  eine 

20  ber  ©efellfc^aft  ^efu  ä^nlic^e  unb  geiftedt^ertoanbte  ©enoffenfc^aft  feien,  ertannte  bcr 
©d^arfblid  be^  SJlinifter^S  Xanucci  gan^  richtig  fc^on  balb  nad^  il^em  erften  $ert)ortreten. 
Unb  toä^renb  ber  ^^xttn  ber  ©ußjjenfton  be«  S^f^^^^*^^^^^  (1773—1814)  foh)icmeW«4 
nod^  barüber  l^inaud  l^aben  fie  tl^atföd^lic^  in  t^erfd^iebenen  Sönbem,  fo  {eitlpetlig  in  Zeilen 
3talieng,  in  Öfterreid^,  33a^em  2C.  bie  SloDe   eineö  ©ubftitutd  für   jenen  Drben  gef|>ielt 

2b  äluc^  gleicht  bie  9lrt  i^red  mifftonierenben  93orge^en^  im  ^ienfte  ber  ultramontanen  Se^ 
ftrebungen,  burc^  ^olldmifftonen,  S^erjitien,  93ef5rberung  be^  Immaculata-  unb  $er)s3# 
5tultu$i  ic,  im  aQgemetnen  fe^r  berjenigen  ber  ^efuiten.  älQerbingd  beftel^t  }ta>if(^en  i^ 
j^ongregation  unb  ber  ber  So^oliten  tein  öu^ere^  älbl^ängigleitdberl^ältnid ;  aud^  ift  bcr 
äSilbung^ang  i^rer  ^riefter  ein  toeniger  grünblic^er  ald  ber  ben  ^efuiten  Dorgefc^ebene; 

80  bad  3)urc^fc^nttt$ma^  t^rer  tJ^eologifc^-toiffenfc^aftlic^en  Seiftungen  fte^t  toeit  ^inter  bem  bicfer 
le^teren  ^urüct  (t^gl.  ba^  faft  nur  mittelmäßige  92amen  auf}ä^lenbe  SSerjeic^nid  r^einttfo> 
riftifd^er  ©ele^rten  bei  $eimbuc^er,  ©.  299—302).  2lber  toenn  auc^  fein  „Starben'' 
erften  Stange^  toie  berjenige  So^olad,  finb  fie  bod^  ein  ^Jttffton^orben,  ber  in  feinen  puS^ 
tifc^en  Qidzn  genau  bie  gleid^e  91ict^tung  toie  jener  einl^ält.     S)ie  ^lum))e  unb   bid  ;um 

86  Übermaß  braftifc^e  3iUt\)oU  il^re^  äSetriebe^  Der  9SolIdmifftonen  mag  jene  Sejeic^mmg  all 
,,6rftürmungen"  (f.  o.  I),  ober  ben  noc^  berberen  SJergleic^  mit  „Sto^Iuren"  jur  ©«tage 
red^tfertigen.  2^^atfäc^lic^  beforgen  fie  mit  bem  aQem  bie  ©efd^äfte  berfelben  fanotifc^ 
Äirc^en>)olitif,  in  beren  Sienft  aud^  bie  ^efuiten  arbeiten.  3)ie  2ludrottung  ber  protejto 
tifcben  Äe^erei   ift  bad  gemeinjame  ^kl,   toorauf   fte  beibe,   bie  S^wi^^  ^  öomel^mmt 

40  Haltung  unb  mit  gelehrteren  3)tttteln,  fie  felbft  äbnli^  toie  aud^  ber  Sagariftenorben  M 
^incenj  bon  $aul  (f.  b.)  me^r  auf  jjraftifc^sbolfelümlic^e  SBeife,  Einarbeiten. 

3)urcE  ben  Äulturlamj)f  erful^r  ba^  aiUrlen  ber  9lebemJ)toriften  auf  beutfc^m  8obe» 
eine  borüberge^enbe  Unterbrechung;  al^  ber  ©efeUjc^aft  gefu  affiliiert  tourbe  i^re  Äongie^ 
gation  burc^  33unbe^rat^befcElu^   oom  13.  3}la\  1873  (^ufammen  mit  ben  Sanften,  ben 

46  ^l>rieftern  oom  ^l  ©cift  unb  ber  ©ejeUfc^aft  oom  ^l.  ^erjen  3^fw)  ^^^  ©ebiete  bd 
beutfc^en  SHeic^ö  auögcfd^loffen.  2lber  fd^on  unterm  13.  3iuli  1894  erflärte  ein,  b««i 
einen  2tntrag  ber  ba^erifc^en  S^egierung  l^erbeigefül^rter  neuer  ßrlafe  berfelben  SJeWrte: 
„ba6  ba^  ©efc^  betr.  Den  Drben  ber  ©efeüfc^aft  ^z\\i  auf  bie  Kongregation  ber  3t^Ua^ 
toriften  unb  bie  ber  ^ricfter   Dom   ^l.  ©eifte   fortan    feine  äntoenbung  )u  finben  ffok"- 

60  Die  ©uö)}enfion  be^  bcutfc^en  3^^^0^  ^^^^^  ^'|o  "wr  21  S^l^re  getoä^rt,  bcr  fortg^ejftoi 
Ausbreitung  ber  ©enoffenfd^aft,  fotool^l  in  (Suro)}a  toie  in  ben  übrigen  Erbteilen  toor 
baraud  lein  loefentlic^ee  ^inbemiS  erloac^fen.  2)en  betr.  SunbeSratbefc^lufe  ^^atte  bie  fxüift 
^Regierung  auf  ©runb  eines  ©utac^tcnS  Don  DöIIinger  erioirft,  toorin  ber  Dom  SWinifte 
£u5  über  baS  SJertoanbtfc^aftSDerl^ältniS  ^itoifc^en  ^cfuiten  unb  Siguorianem  befragte  gieii« 

65  ©ele](|rte  (unterm  21.©eptember  1889)  crhärt  ^atte:  eS  befiele  fein  organifc^  S^f^""*"^ 
l^ang  jtoifcl^en  beibcn  Drben,  fonbem  ,,nur  eine  gen)iffe  Sl^nlic^^teit  uiä  ©eifte^Dertoonbt» 
fc^aft",  berubenb  auf  DJac^al^mung  beS  älteren  DrbenS  burc^>  ben  jüngeren  imb  auf  6nt' 
le^nung  mancher  Statuten  unb  ©nrid^tungen  Don  jenem ;  bemnad^  fei  „lein  ©runb  wt» 
banben,  ben  Siguorianerorben  überhaupt  ober   fpc^ieß   be^üglid^  Deutfc^lanbS,  für  flaotf« 

60  gefä^rlic^  ^u  erUären'' ;    bie  ben  ^efuitenocben  )u   einem   für  Deutfc^lanbd  ^eben  unb 


Signaii  utib  brr  SiguoHontrtfrbnt 


SimÜpri^ 


501 


©tbd^eit  gefflf)tli(^en  ^nftihit  morficnben  3"3*  (mätfitige  internationale  Drgani(ation  u.  [.  lu.) 
jeitn  „SJinge,  bie  (id)  bei  ben  iliguorianem  tcilä  gar  nid)t,  teil«  in  oicl  gerinaeKin  SRafee 
unb  in  ^ormloleter  ®efta[t  finben"  (bgl.  Jriebtic^  HI.,  S.  67Hf.,  Der  über  bie  auffattcnbe 
SRilbe  beä  llrteitä  ri*tig  bemerh :  „Qi  tadre  befjer  gelccten,  Icenn  ^öfltnger  ber  iftm  Bon 
^erm  Oon  Suf  bereiteten  5!erfu(^ung  auä  bem  ^ege  gegangen  rodre  unb  i^n  einfat^  auf  i 
mc  im  gifcffetnen  begriffenen  „^Koralftreitigteiten",  wo  auäfüiiTli^  über  31.  i'ifliiori  unb 
fön  äSer^öltniä  ju  ben  ^efuiten  ge^anbctt  Wirb,  Mrtaiefen  ifättt").  —  Die  C.  Sa.  R. 
^h  jc^t  gegen  150  5lti5fter,  Iretdje  über  12 'SroDinjen  »erteilt  finb,  nämlic^ :  3  italienifi^e 
(eine  rdmifc^e,  eine  nea))olit.  unb  eine  fijiltfi^e)  mit  jufammen  eltoa  SO  j?(i5iiem ;  2  beiitf4c 
'wne  obetbeutf(i^e  ober  baöerifcfje,  unb  eine  nieberbeutfr^e  ober  rbeinifi^tueftfälifi^e  —  ic 
kjftere  mit  ^tieberlaf^ungcn  auc^  in  äirgentinten,  Uruga^  unb  SJraftlien);  1  bflerreid^ifdie ; 
1  belgtfi^e  (mit  ^iebnlnffungcn  in  Sanaba  unb  auf  St.  ^boniaä  in  3Qeftinbien) ; 
1  IroUänbifc^e  (mit  'ffiebeii.  in  Surinam);  1  franjöfifie  (mit  Spanien  unb  ben  3Beft' 
nftubliten  aimerila«  ald  ^Jiebengcbieten),  1  engüfdic  (mit  ©t^ottlanb,  !JrIanb  unb  SIU' 
^iolien)  fotoie  enblic^  2  norbameritanifdie  (ogl.  $eimbu4>er  11,  297f.;  auc^  SH@fiR3  " 
1896,  ©.  904). 

53crnorbQmeri(amfc()e3toeig  ber  flongregation  —  in  feinen  älteren  fliöftcm  (3to(^efter, 
^ittäburg,  Sleinvorl)  bcgrünbet  roäljrenb  ber  ^abre  1 836— 42,  fpäter(1875)  infolge  feinet 
^nlen  3Ba(fcätumS  jerlegl  in  bie  beiben  ^iroüinjen  Sallimore  unb  6t.  Souiö  —  nimmt  feit 
(Enbe  bct  ober  31?«  unter  bem  Siamcn  ber  „*lJau[ifte«rSäter"  eine  i)äpftlii$  ge=a: 
nc^migte  @onberfteEung  im  Orben  Siguori«  ein.  '^fyc  ^cittreiliger  ^auytlü^rer  tpurbe 
gfaof  ^eder,  Bon  mct^obiftiftfjen  ©Item  geboren  1820,   m   feiner  3u0™l'   bem  Sädet' 

rerbe  oblicgenb  unb  eine  3^'^  lang  {ojialiftifdier  3Igitator,  fpäter  ßatbolif  getoorben  unb 
einem  belgitdien  SHebemüloriftenflcfter  mit  einiger  [freilii^  mangelhafter]  tljieologitc^cr 
Sudbilbung  Berfe^en,  (eit  1851  ^priefter  unb  eifriger  ßrtoeifung^TebigcT  auf  B eifttii ebenen  at 
Stationen  be«  nmerit.  Orbenäjmeigcä  unb  feit  1859  buT($  *Ciuä  IX.  jur  Silbung  eineä 
liffonberen  amerilanifi^en  S^^'S*^  ^"  C.  Ss.  R.  unter  jenem  3)nmen  autorifiert,  geftorben 
1888.  3)ie  Bon  biefem  reit^begabten,  aber  ettonS  CEcentrift^en  ^Wanne  Bertreten«  unb  in 
Iveitem  Umheis  üetbreitete  teligiöö^tbeologifc^e  Sonberri(^tung,  ber  fogen  3lmeritani€mu§, 
1^  lebhafte  öeWegungen  unb  ^iituffionen  foloo^il  jenfeitä  wie  bieöfeitö  beiS  DceanS  ^cr' « 
bDMenifen.  Reifer  brang,  im  ©egenfa^e  jur  mehr  liufecrlic^,  ben  ©ebraut^  ber  fntt)o= 
Iif(9=!ir(ili(()en  5Itittel  bauptföc^licf)  betonenben,  $rebigt=  unb  Selebnmgöprnjiä  ber  übrigen 
Drben,  unb  babei  aud)  ber  ^iebemptoriften  GutobaS),  auf  ein  innerli^eä  G^ftentum,  für 
loelc^e«  ber  im  §erjen  WoEmenbe  ^I.  Seift  bie  alleinige  Duelle  unb  9torm  iu  bilben  bobe. 
3Rittelft  einer  in  biefem  Sinne,  alfo  gemäfe  bem  ßljriftcntum  ipauli,  umgebilbeten  Wettjobe  s« 
bcB  Sniffumieren«  unb  mittelft  fonfliger  älnpaffung  ber  Selirtceife  unb  ^ro^ä  feiner 
.Dlbenäbrüber  an  bie  fpejififii  amerifanifdj;(tr^lid)en  Sebürfnif^e  ber  Cteujeit  (im  Segen« 
fa(e  |iim  älteren  römiftfien  jrabitionali^muöt  ma^te  er  [\d)  anljeifdjig  binnen  hirjem 
gonj  Siorbamerita  ju  retöt&olifieren.  3)ie  bemnac^  Bon  i^  angeftreble  ©Vitttjefe  eineä 
eifrigen  antieBangelifdicn  ^ropaganbiämuS  mit  nmerilaniff^'nationattir^tlii^em  Selbftftän^ « 
bigteiieftreben  gegenüber  ^om  fanb  —  jumal  ba  er  peifönlirf)  famt  mehreren  feiner  ain: 
(länger,  3.  S.  bem  ^iater  Älein,  bem  'ütltox  bet  SJaftjingtoner  Uniöeifität  D.  Keane,  m6) 
feinem  tpätereniBiograpV"2ynlter6lliott  (Bgl.  oben),  ni^t  uncrbeblit^e  praEtifc^e  ^Itiffion*' 
erfolge  aufjuWeifcn  batte  —  ben  Seifafl  einflufireic^er  iPerlreter  bcö  ameril.:tatl)plif(^en 
epiffopatä,  namentlid)  beS  ganj  auf  bie  Jp^i^^ft^en  gbecn  unb  Seflre^ungen  einge^enben  « 
ffirjbift^ofe  3^^'""''  ö""  ®1-  'C""'  in  9Kinnefola  (f.  befjen  empfe^lenbeS  SSorWort  ju  EUiottä 
Life  of  P.  Hecker).  Slber  ft^on  balb  nai^  bem  jEobe  §.ö  erging  a»i  SRom  eine  ben 
„ämeritaniömuä"  entft^ieben  unb  unbebingt  Berurteilenbe  ©enlenj  in  ©eftalt  eines  an 
ben  flarbinal  ©ibbonS  (Baltimore)  gerii^teten  ©((ireiben«  Seo«  XIII.,  bem  @rjb.  Swlanb 
Irie  bie  übrigen  Sefcbü^et  unb  Vertretet  ber  ^^auliften^Äongregation  (a«<^  beren  ©enernl:  k 
fuperior  P.  ©eorge  ^Jef^on)  fii$  riidbaltlc«,  unter  2)arbringimg  bcS  Opfer«  be«  Sntetlehö 
unterworfen  (laben.  3!gt.  atifeer  ben  oben  angef.  ©t^riften  notf)  &).  (Sgtemontä  Annße 
de  I'figlise  1898,  p.  100—108  unb  4(iOsq.  3äiller. 

gtltt  f.  gelbgeifter  Sb  VI  S.  5,  w. 

Simbort^,  *C^i(ifl>u6  Ben,  geft,  1712.  —  3.5lcrleu8,  Oratio  funebris  in  objtum  si 
viri  dar.  Ph,  a  Limborch,  Slrait.  17iJ;    Wbv.  bcö  SImorie  uan  ber  öucnen,   Diasertatio  do 
Phil,  a  Limborch  th.,  Mmft.  184.i;  9?iceton,  Mdmoires  pour  servir  ä  l'liistoite  des  hommea 
ill.  T.  XI,  ©.  39ff.;  Stflublin,  ®ef*i*le  ber  ttieol.  ©iffenfftnftcn    XL  l.  ©.297 ff.  II,87ff. 


502  iimhotii 

@{n  üonftanbiged  Serjetcl^nid  feiner  Scj^riften  bei  Stogge,  Sibliot^eet  ber  remonftr.  aef^riffrn, 
Slmft.  1863,  @.  52-56. 

SxxtAoxif,  @ol^n  bed  tüchtigen  Siec^tögelel^Tten  ^and  t)an  SimBorc^  unb  ber  ®ea< 
truiba  S3ifc^o)),  einer  3l\d)tz  bed  $rofeffor^  @tmon  Spifcopiud,  h>urbe  )u  Smftetbom  am 

6  IQ.^uni  1633  geboren.  @r  erl^ielt  ben  erften  Unterrid^t  in  Utred^t  unb  äetben  unb  foOte 
äled^t^elel^rter  h)erben,  entfd^lo^  ftc^  aber  im  9(Iter  bon  19  ^ol^en  für  ben  Seruf  eines 
remonftrantifd^en  ^rebigerd,  ^u  tDeld^er  ©emeinbe  feine  @(tem  gel^drten.  (Sx  ftubierte  am 
ältl^enäum  unb  am  remonftrantifc^en  Seminar  ju  ä(mfterbam  ^j^ilologie  unb  Geologie 
unter  SSoffuid,  Sarlöud  unb  SurceQäud,  bem  9{a(^f olger  bed  @)}ifcot)tud;  bonac^  begab 

10  er  ftd^  1652  nac^  Utrecht,  um  ben  berühmten  SSoetiud  )U  l^ören.  @d  jetgte  fU^  olfo  in 
feiner  ^ugenb,  ba^  man  in  i^m  einen  freien  X^eologen  ertoorten  burfte,  ber  bie  93al^r^ 
über  aUed  fteQte.  ®r  ober  ^ielt  fui^  1655  noc^  i^  jung,  um  einen  S^f  nac^  XOnnaar 
anjune^men;  erft  jtüei  ^a^e  f))äter  berbonb  er  ftd^  an  bie  ©emeinbe  px  ®ouba,  bon  tDo 
er  nac^  ^e^n  ^a^ren  noqf  älmfterbam  jog.    ®od^  blieb   er  nur  etliche  SRonote  ^cr  aU 

i6$rebiger  t^ötig*  auf  @mpfe^lung  t)on  ^faac  $ontanud,  ber  t)orübergel^b  nad^  bem  2ob 
be^  $rofeffor^  H$oeIenburg  bie  t^eologif^en  SSorlefungen  übernommen  i^otte,  tourbe  Stm« 
borc^  am  19.  9())rU  1668  bon  ber  remonftrantifd^en  Srüberfc^aft  )um  ^rofeffor  getoä^ 
45  ^ai^xt  lang  ftanb  er  an  ber  @pi|e  il^red  Seminar^  unb  entf)>ra(^  nad^  allen  @eäesi 
ben  großen  Srtoartungen,  bie  man  auf  il^n  gef e^  l^atte.  Unter  il^m  erreichte  bod  @eminar 

ao  feine  ^ö^fte  S3Iüte.  ®r  bel^errfcf^te  bad  ganjie  ©ebiet  ber  ^l^eologte,  er}og  eine  9tet^  tä<^ 
tiger  ^rebiger  unb  ftanb  mit  bieten  inlönbifc^en  unb  audldnbifd^en  ©elel^rten  in  9rkf< 
toed^fel.  ®r  blieb  unermüblid^  tl^ätig  bid  }um  3[Iter  bon  beinai^  79  ^cäpxa  unb  ifi  am 
30.  aipril  1712  geftorben. 

Unter  ben  remonftrantifd^en  Xl^eologen  bed  17.  ^al^l^unbertd  fielet  er  in  ber  erfien 

26  Sieil^e.  ^uger  ba^  er  ben  jtoeiten  2^eil  ber  tl^eologif^en  ©elften  feinet  Oi^^etnid  @)ytfcos 
pm^  unb  auc^  bie  Opera  theologica  feinet  Sel^rerd  SurceQöud  beforgte,  gab  er  fdifi 
eine  Theologia  christiana  ad  praxin  pietatis  ac  promotionem  pads  christianae 
unice  directa  ^eraud,  bie  @töublin  mit  ^ed^t  „\>a^  t)oDftänbigfte  unb  berü^mtefte  S^fiai 
ber  remonftrantifd^en  Sel^begriffe''  nannte.    @d(>on  ber  Xitel  beutet  an,  in  toebpem  ®eiß 

80  unb  @inn  bad  S3ud^  berfa^t  ift.  92id^t  auf  Jlenntnid  einer  ^eil^Ie^re,  fonbem  auf  boS 
S3efolgen  ber  SSorfd^riften  bed  S^riftentumd  h>irb  aller  Ütac^brudt  gelegt  X^e  @eligteit  iß 
jeboc^  nid^t  burc^  gute  äBerfe  ju  t)erbienen,  fonbem  burd^  ben  ©lauben,  b.  l  eine  t)dffige 
Eingabe  an  S^rtftud.  Fides  non  tantum  est  cognitio  et  acsensus,  quo  credimus 
Jesum  esse  Christum,   uDicumque   a  Deo   Salvatorem   constitutum   onminm, 

86  qui  ex  Evangelii  praescripto  vitam  instituunt;  sed  etiam  fiducia,  qua  in  ipsum 
ut  Prophetam,  Sacerdotem  et  Regem  nobis  a  Deo  datum  recumbimus,  plene 
persuasi  nos,  si  doctrinae  ejus  obtemperayerimus,  remissionem  peccatorum 
etiamque  vitam  aeternam  per  ipsum  esse  consecuturos ;  ex  se  produoens  se- 
rium  et  efficax  propositum,   obedientiam,    qualem  a  nobis  exegit,    ipsi  prae- 

40  standi.  3)ad  ganje  Sert  mit  trefflicher  JUar^eit  in  elegantem  Satein  gef^riebm,  iii  in 
7  93üd^er  geteilt :  de  sacra  scriptura,  Deo  et  operibus  divinis,  redemtione,  prae- 
destinatione  Dei,  praeceptis  n.  foederis,  promissis  et  minis  n.  foederis,  ecde- 
sia  J.  Christi.  Simbord^,  ber  beutlid(^  jeigt,  toorin  bie  Stemonftranten  unb  &t(bintfitcn 
unb  (Socinianer  t)on  etnanber  abtoeid^en,  totQ  einen  Unterfc^ieb   gemalt  tuiffen  gtoifd^ 

46  grunblegenben  unb  nidbt  grunblegenben  ®lauben^rttleln.  3^  ben  erfleren  gehören  bie, 
toelc^e  in  ber  i^(.  Sd^rift  old  nötig  }ur  @eliglett  bejeic^net  ftnb.  3)o(^  ftnb  folqer  Dogmen 
toenige.  Se^rfö^e,  bie  nic^t  beutlic^  in  ber  Schrift  [teilen,  bie  auf  meta^l^i^ftfd^en  6)xlu< 
lationen  berufen  ober  auf  Umtoegen,  burc^  f))t$ftnbige  Folgerungen  l^ergeleitet  toerben,  ftnb 
nic^t  aU  grunblegenbe  )u  befc^auen.    3)arum  toar  anc^  fein  @a(,  bem  er  in  ollen  feinen 

60®c^riften  toie  in  feiner  ^rebigt  treu  blieb:  in  tradendis  fidei  articulis  neoessario 
credendis  utendum  esse  verbis  ipsis  sacrae  Scripturae.  ^ie  Theologia  Chri- 
stiana erfc^ien  1686  unb  tourbe  banad^  nod^  fünfmal  aufgelegt  (Slmft.  1695,  1700, 
1715,  1730,  1735),  lool^I  ein  »etoei^,  tote  fel^r  bie«  SBerl  gefc^ö^t  tourbe  unb  3a^ 
lang  nac^  Simborc^«  lob  ben  Seilfaben  für  ben  tl^eologifd^^en  Scl^rgang  ber  Slemon^rmiten 

66  blieb.  9Iod^  bei  feinem  Seben  tourbe  ba«  gan^e  2BerI  burc^  ben  ^rebiger  ^andertd  in^ 
9JicberIänbifd^e  überfc^t,  toä^renb  ber  leil,  ber  bom  6tb  ^anbelte.  f})äter  befonber«  aitf« 
aegeben  tourbe.  9lud^  eine  englifd^e  Überfe^ung  erfd^ien.  SlQein  S^rifto))]^  ^ande  in  itiel 
^at  bie  Theologia  Christiana  angegriffen  in  feinen  Exercitationes  Anti-Limborchia- 
nae  (Col.  1694),   toäl^renb  Simborc^«  ^ac^folger   älbrianu«  bon  Sattenburgl^  1726  ein 

60  Spicilegium  theologiae  Christ.  Phil,  a  Limborch  l^erau^ab. 


Sbnbor^  Sinbfc^  503 

Sticht  aOein  afö  Sogmattler,  fonbetn  auc^  old  9l))o[oQet  fotoo^l  be^  (Sl^riftcntumd  h)te 
bcr  temonftronttfc^  Se^e  ^at  et  ftc^  mit  berfelben  ®cle^amlctt,  Slu^e  unb  3JlUbe  bc« 
jcugt  3Rit  ^^aci  DrobiO;  einem  f^anifc^en  3wben,  ber  olö  ^rofejfor  in  ©etoitta  \>ox  ber 
^quifition  ge^üc^tet  hxtr  unb  ftc^  in  9(mfterbam  ald  9(r)t  niebergelaffen  ^atte,  l^atte  er 
eine  merttoüringe  Untenebung  über  bie  d^riftlid^e  Offenbarung.  Drobio  (egte  i^m  aßerlei  6 
^ogen  über  ben  ©lauben  an  ben  SRefftad  bor,  auf  toeld^e  Simborc^  bie  Slnttport  nic^t 
f4^ilbt0  blieb.  O^ne  ftc^  auf  befonbere  Sel^treitigleiten  einmiaffen,  beh>ied  er,  ba^  bie» 
felben  ©rünbe,  bie  bie  ^uben  in  SRofe^  einen  göttlichen  @efe^geber  erlennen  liefen,  noä) 
tAd  me^  für  bie  göttli^e  @enbung  bon  ^efud  fprad^en.  ältö  er  bad  ®ef)>rä(^  beröffent^^ 
tiefte  (De  veritate  religionis  ohrist. ;  amica  coUatio  cum  erudito  Judaeo.  Gou-  lo 
dae  1687,  überf.  1723),  h)iberlegte  er  aud^  Uriel  älcofta^  Eingriffe  auf  bie  c^riftlic^e 
Offenbarung.  ®egen  bie  ffotl^olilen  berteibigte  er  bie  freie  ^orfc^ung  u.  a.  burc^  ben  ^rud 
bed  ®ef|)rä$«,  bad  @))ifcot)iud  einft  mit  einem  Sti^mifc^  über  bie  Unfe^IbarleU  gel^obt 
^fotte.  ®egen  ben  ^aneler  ^rofeffor  ban  ber  35ki^m  (Defensio  contra  Joannis 
▼.  d.  Waeyen  iniquam  criminationem,  ^mft.  1699),  ber  ibn  bed  Sociniani^mud  i6 
befc^ulbigte,  unb  gegen  bie  calbiniftif^en  ^rebiger  @€e)}erud  in  ©ouba  unb  ^^tier  in 
älotterbam  bel^auptete  er  tüürbig  feine  Überjeugung. 

Xß  @^et  ^  er  ftc^  h)enig  bet^ötigt;  erft  ein  ^a^r  bor  feinem  Xobe  gab  er  ben 
mei^  fad^lic^en  old  ))l^iIoIogifd^en  Commentarius  in  acta  apostolorum  et  in  epistolas 
ad  Romanos  et  Hebraeos  l^eraud,  h)el(^er  le^tere  auc^  in  nieberlänbifd^er  @))ra(^e  er^  ao 
fd^ien.  Seine  (Gebauten  über  ^ermeneutil  laffen  ftdb  in  ber  SSonebe  aud  ben  @ä$en  über 
bte  oO^orifc^e  Sd^fterllärung  ber  6occej[aner  eriennen.  Su^er  einer  Seic^enrebe  auf 
feinen  ®oubdd^en  AoQegen  Oun)end  befi^en  n>ir  bon  i^m  aud^  leine  ^rebigten,  obtpol^t 
er  felbfi  bie  ^rebigten  bed  @))ifco)}iud  ^erau^ab.  @r  bereitete  ftd^  forgfam  bor,  ))f[egte 
aber  toenig  ntebenufc^eiben.  ^ud  ben  äBinten,  bie  er  anberen  gab,  lönnen  h)ir  fd^^ße^en,  26 
ba^  er  auf  bibßfcpen  Spalter  unb  ^(arbeit  be^  @titö  ©etoic^t  legte.  Sine  3Ronogra))l^ie 
übtx  bie  ^^e,  toie  man  Jtranle  burc^  ^[nfnü^fung  an  il)x  frü^ered  Seben  auf  ben  iob 
boibereiten  foDe,  toobei  er  mgleicb  feinen  @lauben  an  bie  Unfterblic^Ieit  barlegt,  lä^t  und 
über  feinen  feelforgerlic^en  unterrid^t  urteilen. 

ätmborc^  1^  fid^  mit   ber  $^ilofopl^ie  feiner  3^  nur  h)enig  eingelaffen.    Sarteftud  so 
unb  Spinoja  mi^bte  er  fd^en,  bod^  ^ogen  fte  il^n  nid^t  an,  SDlel^r  feffelte  il^n  Sodte,  mit 
bem  er  toic^tigeSnefe  toet^felte (Works  of  John  Locke, Sonbon  172 7,Vol.  III  ©.593—668). 
Dagegen  ^  er  aÜ  ^iftoriler  gro^e  'Serbienfte.    B^näd^ft  bauten  toir  i^m  bie  älu^abe 
bcr  Praestantium  ac  eruditorum  virorum  epistolae  theol.  et  eccles.  (3lmft.  1660. 
Edit  2»  altera  parte  auctior  1684.  Edit.  3»  1704),   bie  für  bie  Äird^en=  unb  3)og*36 
mengef(^te  fo  toidj^tg  fmb.    Der  4.  äluflage  feiner  Theologia  Ghristiana  fügte  er  eine 
Relatio  historica  de  origine  et  progressu  controversiarum  in  foederato  Belgio 
de  praedesünatione  ju,  bie  aud^  in  nieberlänbifc^er  Sprache  erfd^ien.   SQßir  banlen  il^m 
eine  borgügli^fe  9iogra))l^ie  feinet  O^eimd,  bie  er  aud^  loteinifd^  brudfen  lie^.    ^n  nieber- 
lanbi{(^  @ptad^  f(^eb  er  bann  eine  turje  ©efc^id^te  ber  Dorbred^ter  S^nobe,  im  3[n«  ^ 
{(^Iu|  an  bie  Sriefe  ber  englifd^en  älbgeorbneten  ^aled  unb  ^alcanqual;  boraud  ging  bie 
Uebcrfel^ung   eined  Suc^ed  bed  $rofefford  Säur.  Sjomac^iud  in  Sambribge  über  benfelben 
(ikgenftonb.    Snblic^  beft^en  toir  bon  feiner  $anb  eine  Historia  inquisitionis  (älmft. 
1692),  bie  bon  ber  ^n^fuifuion  berurteilt  n)urbe.  $.  G.  9iogge. 

2imbn»  f.  Fegefeuer  93b  V  @.  791, lo.  46 

Umina  apostolomm  f.  Visitatio  limin.  apostol. 

Sisbfdl,  Ibeojj^ilu«,  geft.  1808.  —  Th.Bel8ham,  Memoirs  of  Th.  Lindsey  1812. 
A.  Nicholson  in  Dict.  of  oat.  Biogr.  S3b  33  @.  317. 

I^^fOu«  2inbfd^,  geb.  ben  20.  3uni  1723  in  üRibbleloic^,  ß^efl^ire,  unb  erlogen 
in  ber  gretfc^ule  gu  Seeb«,  trat  1741  in  ba«  ©t.  3io^n«  ßollege  in  ßambribge  ein.  ^ierso 
t^  er  T«^  burc^  feine  Hafftfc^^e  33ilbung  l^erbor,  toe^l^alb  i^n  Sifd^of  Sle^nolbg  jum  Qx-- 
gebet  feine«  ffinlelfo^ne«  tollte.  6r  j)romobierte  mit  äu^eid^nung  unb  tourbe  1747 
*^')to  in  feinem  GoUege,  nal^m  aber  lur^  nad^^er  eine  ^ßrebigerfteße  in  ©j)italfielb«, 
^,„Jon,  an,   überjeugt,   bafe  i^m  ba«  gciftlid^e  2lmt  am  meiften  ©elegenl^eit  gebe,  „(Sott 

gbienen  unb  ben  Wenfc^en  ;^u  nü^en".  3lxd)t  lange  barauf  machte  i^n  ber  §er^og  bon  65 
omerfet  pi  feinem  Roüplan  unb  ßrjicl^er  feinet  ßnleU,   be«  neunjäl^rtgcn  $erjog«  bon 
Jtort^Himberlanb,   mit  bem   er  1754—56   ben  Kontinent   bereifte.    9lac^   feiner  iRüdfle^r 
al^  er  bie  5ßfanei  Äirfb^^SBi^I,  ioo  er  mit  bem  tl^eologifd^  freibenlenben  ärdSfibialonu« 


504  Sittbfeli 

99IacfBume  Belonnt  toutbe,  beffen  Xod^ter  er  nadff^tt  heiratete.  Set  Umgang  mit  Slact- 
bume  fd^eint  auf  feine  tl^eologifc^e  9it(|tung  einen  bebeutenben  Sinfbtg  ge^t  )u  ^en. 
@r  begann  an  ber  lird^ltd^en  S^rinität^Ie^re  )u  )h)eifeln,  unb  ein  genauere^  Stubium  bec 
^ibel,  bad  er  auf  feiner  jtDeiten  $farrei  $ibbIetoh)n  trieb,  beftärtte  i^n  nur  in  ber  Über^ 

6  jeuoung,  ba^  bie  Iir(^li(|e  Seigre  ber  neuteftamentlic^en  gerabe}u  ta>iberf))re(i^.  @d  mag 
auffaüenb  erfc^einen,  ba^  er,  obtDol^l  im  3^^P<^  ntit  feiner  Strxdft,  eine  neue  Pfarrei, 
Satterid  inJ)orIfbire,  annai^m  (1763),  h>obei  er  bie  39  9(rtifel  )u  unterfd^reiben  ^atte. 
SQlein  ein  Stu^tt  aud  ber  Jtirc^e  h)egen  Sel^rbifferen^en  h)ar  feit  100  ^afycm  ettood  fofi 
Unerl^örte^.    ®r  fuc^te  feine  fobeQianifc^e  9(uffaffung  mit  ben  trinttartfcben  Formeln  bec 

10  Siturgie,  fo  gut  ed  ging,  in  Sinllang  in  bringen  unb  ^ob  in  feinen  ^r^igten  bortoiegaib 
bie  pratttf(l(^e  @eite  be$  S^riftentumd  pertor.  SUlein  eine  gefäl^rlic^e  Jtranl^eit  toedte  fein 
©etüiffen.  3)ie  Überjeugung^treue  unb  OpfertoiHigleit  ber  alten  9tonIonformtften  befc^omte 
feine  @opl^iftiI  unb  ^alb^eit  @r  füllte,  ba^  er  in  ber  Jlird^e  nic^t  mel^  oletbai  fönne. 
9(u(^  anberen  feiner  ©efmnung^enoffen  h>urbe  ed  ju  enge  in  ber  Jlirc^    Statt  aber 

15  an  ^u^tritt  )u  beulen,  t)erfu(^ten  fte,  mit  $ilf e  bed  $arlamentd,  bie  ©d^ranlen  ber  jtir^e 

iu  ertoeitem.  99Iacfbumed  „Confessionar'  gab  bad@ignal.  @ine  9(n)al(fl  ^h^eibenlenber, 
»arunter  Dr.  ^ebb,  2B^t)iQ,  Satt)  unb  Sinbfe)^,  berieten  mit  Sladbume  in  ber  „Three 
Feathers  Tavern",  1771,  eine  99ittf(i^rift  an  bad  Parlament,  bed  3^}^^/  ^  bie 
®eiftli(l^en,  ftatt  auf  bie  39  älrtilel  t)er})f[i(^tet  gu  n>erben,  nur  il^e  3^^^^  }u  ^ 

ao  I^L  @(l^rift  ertlären  f oQten.  Wt  250  Unterfc^riften  bebe<ft,  h)urbe  bie  Petition  am  6.  ^$ebruar 
1772  bem  Unterband  t)orgeIegt,  aber  nad^  längerer  93er ^b(ung  mit  217  Stimmen  gegen 
71  ab^etüiefen.  Sinbfe^  9(udtritt  aud  ber  Rwift  toar  bamit  entfc^ieben.  @etn  Sifd^f 
fuc^te  tl^n  5U  l^alten,  feine  ^eunbe  mi^biDigten  feinen  äludtritt.  SQIein  umfon^  ^m 
3)e)emberl773  Derabfd^iebete  er  fu^  t)on  feiner  überrafd^ten  unb  tiefbdCümmerten  ®emeti^, 

26  beren  ^d^tung  unb  Siebe  er  fic^  burc^  fein  untabeliged  Seben,  h)ie  burd^  feinen  unermübeten 
Sifer  für  t^  geiftlid^ed  unb  (eiblic^ed  äBo^l  in  böigem  ®rabe  ertoorben  ^e.  @r  rec^t« 
fertigte  feinen  ^u^tritt  in  einem  gebrudten  9lbfd$ieb^ort  an  bie  ®emeinbe  unb  in  fecna 
Sinologie  (1774),  bie  für  toeitere  Äreife  beftimmt  toar. 

StnbfeV^  $(an   n>ar,   aud  SRitgliebem  ber  Btaai^^Rxift  eine  ®emeinbe  unitoriff^ 

so  Sl^riften  gu  fammeln.  ®r  ging  be^l^alb  nad^  Sonbon,  n>o  $riefUe)^  unb  $rice  feine  Soc^ 
eifrig  förderten.  9(m  17.  3S:pm  1774t  n>urbe  ein  unitarifd^er  ®otte%ienft  inEssex  street, 
Strand,  eröffnet  unb  babei  bie  t)on  Sinbfe^  unb  feinen  ^eunben  nac^  &am,  (SiadH 
$Ian  in  unitarifc^em  Sinne  umgearbeitete  englifc^e  Siturgie  gebrandet,  ^n  feiner  Sbt^ 
tritt$))rebigt  über  ®))^  4,  3  erllärte  Sinbfe^,   ba^  @ott  unb  bad  ®en)if[en   bie  einj^igen 

86  3(utorttäten  in  ©lauben^fad^en  feien,  unb  t)erf)}rad^,  aße  ^olemif  ferne  ju  galten.  2)o(^ 
bad  tDar  unmöalic^.  ^af)lxtxd)z  (äegner  traten  gegen  i^n  auf  (9urg,  Stngl^,  9lans 
bol))]^  2c.),  unb  Sinbfe^  mu^te  ftc^  mit  SBort  unb  Sd^rift  berteibigen.  @r  f(^eb  gunadjfß 
al^  ^ortfe^ung  feiner  3ipoloQk  ein  Sequel,  1776,  eine  feiner  beften  @(^riften;  borai 
jtoei  ^iffertationen  über  ben  pl^anneifc^en  ^rolog-  unb  bad  S3eten  )u  ^efu,  1779;   eine 

40  gemetnfapc^e  Darlegung  ber  unitarifc^en  Seigre  „The  Gateohist",  1781;  eine  ®ef(^e 
berfelben  „An  Historical  view  of  the  State  of  the  Unitarian  doctrine  and  Wor- 
ship  from  the  Reformation  to  our  own  times",  1783,  toorin  er  SB^^it^cote,  Sumet, 
a:iIIotfon,  eml^n,  SBI^irton,  Dr.  ©.  ßlarfe,  Sifc^of  ^oable^  unb  Sir  g.  5Retoton  unter 
bie  Unitarier  rec^fnet.    ®ie  Singriffe  be^  Saj)tiften  Slobinfon  (a  Plea  for  the  divinity 

46  of  Christ,  1776)  fud^tc  er  in  bcrSd^rift  „An  examination  of  Mr.  Robinson 's  Plea", 
1785,  pi  toiberlegen.  ^rieftlet;  l^atte  ben  Unitarianigmug  in  Sriefen  an  bie  Unit>erfttäta! 
t)erteibigt  unb  ^eftige  angriffe  crfal^iren.  Sinbfe^  nal^m  ben  Stanip^  auf  imb  anttoortet« 
mit  jtoei  Schriften  :  „Vindiciae  Priestleianae",  1788,  unb  „A  Second  Adress  to 
the  Students",  1790,   tooran  eine  Sifte  falfc^^er  Se^arten   unb  Überfe^ngen  angelangt 

60  ift,  burc^  beren  Seric^tigung  bie  falfdj^e  Se^re  t)on  ber  (äott^eit  G^rifti  befeitigt  t»etben 
fott.  3^  bialogifc^er  gorm  toirb  in  ben  „Conversations  upon  Christian  Idolatry", 
1792,  ber  ©laube  an  bie  ©reieinigfeit  ate  (äöfeenbienft  bargeftettt.  SlUe  biefe  6(W^ 
breben  pc^  um  einen  $unlt,  „bie  toa^re  SKenf^beit  G^rifti".  3)ie  ©ott^eit  ßbtifii  toi* 
tößig  geleugnet,  bamit  auc^  bad  SSerföi^nungi^tper!  unb  bie  Sünbl^aftigleit  bed  SRenf«^; 

66  3leue  ift  t)önig  genug,  um  ©otteö  Onobe  toieber  ju  erlangen.  —  ^n  femer  legten  Sot 
„Conversations  on  the  Divino  Government",  1802,  giebt  Smbfd^  feine  Sbiftc^ 
über  bie  toid^tigften  religiöfcn  ^agen  in  gebrängtcr  Überfd^au. 

SinbfeV  blieb  ^rebiger  ber  ©emeinbe  in  (Sffejftreet  bid   in  fein  70.  SebenSja^  unb 
gog  ft(^  bann  jurücf.    S)odSf  ftanb  er  mit  bcrjelben  in  ftetem  SSerle^r  bi^  m  feinem  2obe 

60  am  3.  5Wot)ember  1808.  Ä.  ®i!>0e«  f. 


Singarb  Stttl  505 

Sutflötb,  3o^n,  flcft.  1861.  —  9?otijcn  über  fein  ficBcn:  The  Times  d.  25.  guU 
1851;  (S^entlemond  Magazine  t>.  @ept.  1851.  (^ine  ^togrop^ie  in  b.  6.  ^uf(.  feiner  History. 
Xhamd,  Manual  of  Historical  Idterature,  @.  440  f. ;  %f).  (Sooper,  Dict.  of  n.  Biogr.  IBb XXXIII, 
6.  320. 

^o^n  Stngorb,  emer  ber  bebeutenberen  englifc^cn  ©efd^ic^tfc^teiber  ber  neueren  ^txt,  6 
Imtrbe  am  5.  ^bruatl??!  in  SBtnc^efter  geboren  unb  in  bem  engUf(l()»en  SoQege  ju  3)ouai 
erlogen,  1782—93.   3Son  ba  bcfuc^te  er  5ßarid  jur  S^t  ber  SReboIution  unb  entging  mit 
biiXpptt  3lot  ber  ®efa^,  an  bie  Soteme  gel^ängt  ^u  toerben.    @r  befud^te  9tapoleon,  atö 
er  erfter  ftonfui  hKtr,  unb  erl^ielt  burc^  il^n  ^utritt  ju  ben  3(r(i^it)en.   ^n  bie  ^eimat  ju- 
rüifgele^,  tourbe  er  1795  gum  5ßriefter  orbiniert  unb  nad^^er  ?Profeflor  an  bem  ©t.ßiU^s  lo 
bertsßoBege  inUfl^to  bei  2)ur^am.    1817  befud^te  erSRom,  um  bie  batüanifd^e  Sibliot^ef 
ut  bnifi^en  unb  tDo^nte  in  bem  otalifc^en  JtoQegium  bafelbft.    Seo  XII.  tooQte  il^n  ^um 
ftarbtnoC  $roteItor  ber  englifd^en  ^iffion  mad^en.    Singarb  aber  fd^Iug  e^  aui,  teitö  tüeil 
er  ftd^  ntd^t  tüd^tig  fül^Ite  für  einen  folc^en  $often,  teil^  um  feine  gefc^ic^tlic^en  Stubien 
nic^t  unterbred^en  m  muffen.    3)em  anfprudE^lofen  SRanne  fagte  ein  Seben  in  ftiUer,  Qu^  is 
tüdgejogen^  in  itm  (leinen  ®orfe  $omb^  bei  Sancafter  beffer  gu,  ald  bie  l^o^en  ^mter 
feiner  Ritdft,    ^ier  berbrad^te  er  ald  !atl(;o(ifd^er  ^plan  bie  gtDeite  $älfte  feinet  Seben^ 
in   freunbfc^ftlid^em  SSerle^r  mit  ^roteftanten   h)ie  Jlat^olilen,  t^on   allen  toegen  feinet 
e^ren^ten  ©^raberd,  feinet  befc^eibenen  unb  jut)ortommenben  iffiefen^,  feiner  ©elel^am« 
teit  mib  Stä^igung  geartet  unb  geliebt.    @r  ftarb  in  feinem  82.  ^a!^xt,  ben  13.  ^uli  20 
1851,  unb  tmtrbe  in  bem  Sutl^bert^SoSege  begraben. 

Stngorbd  @<^ften  fmb  l^iftorifc^en,  polemifd^en  unb  praltifd^en  ^nl^altd.  @r  be» 
grünbete  feinen  9luf  old  ^iftorifer  burd^  feine  History  and  Antiquities  of  the  Anglo- 
saxon  Church  (1.  SufL  1806;  3.  Sht^.  bebeutenb  t)erme^rt  1845),  in  h>eld^er  er  bie 
%>rf(^ungen  feiner  SSorgönger  mit  Umftd^t  unb  Jtlar^eit  verarbeitet  unb  teiltoeife  berichtigt  25 
^  S)abet  ^  er  ouerbingd  einen  großen  2:eil  bed  reid^en  ^anbfd^riftlid^en  3){ateria[i^ 
auf  ber  Seite  liegen  (äffen.  95iefe  Slirc^engefd^ic^te  n>ar  Ver  SSorläufer  feinet  großen  SSerfed 
über  bie  englif(^  ®efc^i(^te:  History  of  England  from  the  first  Invasion  of  the 
Romans  to  the  year  1688,  1819—1825  (6.  2lufl.  1854).  3)iefe«  SBerl  geugt  t)on 
großer  ®ele^am(eit  unb  einer  befonberen  ®abe  gu  flarer,  bünbiger  unb  tDo^tgeorbneter  so 
S)arfldlung.  S)ie  &pxad^t  ift  fliegenb,  einfach  unb  Iräftig.  Singarb  fyit  manche  neue 
DueQen  geöf^et  unb  toic^tige  X^atfac^en  in  bad  redete  Sid^t  gefteut.  @$  berfte^t  ftd^  bon 
felbft,  ba|  fein  lati^olifc^er  @tanbpunlt  ftc^  nic^t  verleugnet  unb  befonberd  t)on  ber  9lefor« 
mation  an  entfd^i^ener  l^erbortritt.  ^obei  aber  ift  aiuuerlennen,  ba^  er  mit  h>eit  mei^r 
9ht^  unb  9Rägigung  berfäljrt,  aU  bie  meiften  feiner  ©lauben^genoffen.  86 

©eine  J)oIemifd(^  ©d^riften  fmb:  Catholic  Loyalty  vindicated.  1805;  Remarks 
on  a  Charge  ddivered  to  the  Clergy  of  the  Diocese  of  Durham  by  Bishop 
Shut,  1807,  unb  bie  SSerteibigung  biefer  ©c^rift:  A  general  vindication  etc.,  1808; 
Documentfl  to  ascertain  the  sentiments  of  British  Catholics  in  former  ages 
respecting  the  power  of  Popes,  1812;  A  review  of  certain  Anticatholic  Publi- 40 
eationSy  1813;  Strictures  on  Dr.  Marsh's  comparative  view  of  the  Ghurches 
of  En^nd  and  Rome,  1815;  Controversial  Tracts  etc.,  1813—25.  ®nblid^  fmb 
ya  nennen  bie  in  meieren  9(uflagen  erfd^ienenen  Catechetical  Instructions  on  the 
doctrines  and  worship  of  the  Catholic  Church  unb  bie  1836  o^ne  feinen  9tamen 
erfc^enene  Überfe^ung  be^  3ltvim  S^eftamente^,  bie  burd^  ©enauigleit  unb  @eh)anbtl^eit  45 
bed  3(udbrudEd  \>cx  ber  3)ouaibibeI  ftd^  au^^eid^net.  (S.  ^diotUf. 

iM  ober  Sindt,  SBenjeöIauÖ,  geft.  1547.  —  Verpoortennius,  Sacra  superioris 
acvi  analecta  etc.,  Coburgi  1708;  dofelman«,  ^SenjeSlauS  fiinf«  fiebcn  (teurer,  i]eben  ber 
«ItDfttcr  ber  lut^crifcben  ftircfte),   «eipatg    unb   ^reöben  1863;    Dr.  ?BiIt).  9fteinbeU,   3)oftor 
fknaeftfaud  Sind  t>on  (Solbi^  1483-1547,  I.  Steil.    iBiS  ^Htenbura-    ^it  !6ilbnid  unb  ^n*  60 
^ng,   ent^altenb    bie  zugehörigen  Documenta  Linckiana  1485—1522;   Harburg,  ^brbarbt 
1892  (»gl.  Äawerau  in  Zt^^S  1Ö93,  9ir.  7).    fiincfd  ^Benjel,  SBerfc.  gefamtnelt  uub  br^g. 
mit  (Einleitungen  unb  9(nmertungen  Don  Dr.  ^il^.  ^Ketnbell.   (^rfte^älfte:  (Eigene  @d)riften 
bi»  )urj»eitenSi2ümbcrgcr©irIfQm!eit.  üJJarburg.  (Sijrbarbt  1894  (ugl.  ®.  »offen  in  X^ßß 
1894,  9fr.  23;  baju  D.  Änoofe  in  %fiW  J895,  kr.  36).  —  Äolbe».  Xic  bculfdjc  «ußuftiner-  66 
Kongregation  unb  So^öun  uon  €tQUpit,  ®olt)Q  1879;    5RotI},   Ginfü^rung  ber  ^Reformation 
in  SSfümberg  1517— 1528,    ©ürjburg  1885;    JlnQQ!c=8obcn,    Srfjeurlä  53riefbud),  ^otöbam 
1867 ff.;    Äawerau,   99riefwed^fel   be«  3uftud  Qonaö,   .^aOe  1884;    ©enbitcn,    ^in  53üd)lcin 
©enceÄlau«  ßin!«   Don  SCrbcit    unb  S3ctlern,  3!Sfi  1885.   6.  584 ff.;    Äolbe^    Beiträge  j^ur 
9Refonnation*gef4i4te  (^irc^enviefc^tc^tlicbe  8tubien.    {)ermann  9)euter  ^um  70.  (Geburtstage  ^ 
genibmet,    6.  195—263),   ficipjig,    ^inrid)ä   1887;    Äaipcrau,  De  Digamia  Episcoporum. 


506  Sittl 

din  Beitrag  jur  ßut^erforftfiung,  Äicl  1889;  fRcpertorium  für  Äunftwiffcnfcftaft,  1897, 
@.  493 ff.  —  ©citräße  jur  batjerifcften  Äircftengefcfticfttc  IV  (1898),  (3.  186 ff.;  Suder, 
91.  3)ürer.  6.  143  ff.  («crein  für  SRcformatioiiöQefdjicfttc),  ^aüc  1900;  3.  unb  €.  fiöbe, 
®ef(6t(6te  ber  ^ircÄen  unb  @4u(en  bed  ^er^ogtumd  @a(6fen«VItcnburg.  ®rfter  Saiib 
6  ttitenburg  1886;  3*  Si>^e »  Mitteilungen  über  ben  Anfang  unb  (Fortgang  ber  ^t- 
formation  in  ^(tenburg  (Mitteilungen  ber  Q^ef^ic^tS'  unb  Hltertumdforf^enben  (8e* 
feflfcftaft  be8  Dfterlanbe«,  ^(Itenburg,  93b  VI);  SScftermctjer,  3)ie  branbcnburgif*«nürn* 
bergifcfte  JHrc6ent)lfitQtion  unb  Äird)enorbnung,  Erlangen,  gfr.  Sunge,  1894.  —  Sürttem» 
bergifdje  S^irdjcngefcftiAtc  (©tuttgort   unb  (Solro  1893),    (3.  360  ff.    unb  bie   ju  @.  360   an- 

10  gegebene  fiitteratur.  ^.  ^olftetn,  ^ie  9{efonn.  im  Spiegelbilbe  ber  bramatifc^en  £itteratur, 
^QÜc  1886,  6.  163.  3ur  fiin(f-53ibIiograp^ie  ügl.  ben  Änbang  ^nm  betreffenben  «rtifel  im 
Supplementbanb  ber  peiten  ^Tuflagc  biefer  SRealenc^üopäbie  (XVIII,  @.  174—75).  Sm 
^eidarc^iD  92ümberg  ift  belangreiche^  Material  über  bie  ißerfönlic^feit  unb  bie  reforntQtonf(tie 
!£bätig!eit   bed   ^enjedlauS  Sind  niöbrenb    feinet    ^weiten  ifJürnberger   ^ufenl^alted  oor* 

16  banben.  Spe^ialalten  über  Sincf  fanben  fic^  vorläufig  nicbt,  bagegen  roirb  er  in  ben  Elften 
über  bie  firc^lidje  Sieformation  in  92ürnberg  fe^r  ^fiufig  genannt;  in  ben  Sriefbüt^ern  unb 
SflatSoerläffen  ber  3eit  oon  1525—1547  gefcftie^t  feiner  üielfac^Srtoä^inung.  S)a8  ©taat^rdjtt) 
JJöntgSberg,  ^erjogl.  öriefard^iö  A.4(nt  36.  139  u.  143)  eiitbält  jmet  ©riefe  ©.  fiincf«  an 
©erjog  ^Ibrecftt  üon  Preußen  (15.  Äpril  1545  unb  6.  gebruar  1546)  nebft  ben  Vntmorten 

ao  beg  (enteren  (23.  Mai  1545  unb  19.  ^pri(  1546).  @d  ^anbelt  fi((  um  Sufenbung  unb 
Empfang  Don  fiindd  Annotationen  jum  %£. 

Sind  (h)te  er  fid^  fe(b[t  fd^rieb)  ober  Sinl  (tt)ie  er  onbertoeitig  metfiend  gefc^riebcn 
iDtrb),  mit  bem  SSomamen  SOSen^e^laud  (and)  SSenj^el  ober  SStnciloud)  l^eigt  bei  feinen 
^eitgenoffen  unb  nennt  fid^  fe(b[t  gern  Sind  t)on  6oIbi$,   nad^  ber  ÜJluIbenflabt,  too  er 

26  am  8.  Slanuar  1483  afö  @ol^n  eined  Slat^l^erm  geboren  tourbe,  toeldj^er  mit  bem  im 
ölteften  ©tabtbud^  1464  aU  S^an^  Sinfe  erh)äl^nten  Sürgermeifter  für  ibentifd^  gu  galten 
ift.—  6«  h)ar  am ®eorgientage,  23.  Slpril  1498,  al«  „Wentzeslaus Linck  de Colditz" 
t)on  bem  Slettor  ^lobolu^  @ngerer  t)on  Seuterdl^ufen  unter  bie  @tubierenben  ber  2dpmn 
Uniberfität  aufgenommen   tourbe.    9(tö  Sind  im  ^a^re  1503  )u  SQittenBerg   mfmmect 

80  tüurbe,  foax  er  bereit«  2luguftinerbruber  (Alb.  Viteb.  p.  10).  Seibe«  toor  för  fein 
fernere«  fflirlen  bebeutung^bott,  r\fi^  SBittenberg  ju  lommen  unb  aiuguftiner  gu  fein.  — 
SQal^c^einlid^  h)urbe  @tau)}i^  fc^on  bamal«  auf  tl^n  oufmerlfam,  l^örte  oud^  bermutiic^ 
burc^  3(m«borf  t)on  il^m.  Wxt  festerem  auf  obenteuerlid^er  ?^l^rt  in  Seben«gefa^,  \oat 
Sind  no(^  geneigt,  bie  Stettung  feinem  Sc^u^patron  9UtoIau«  ^oDentinu«,  einem  ^eiTtgen 

85  be«  äluguftinerorben«  jujufc^reiben,  h)oran  il^n  ber  92aumburger  93if(^of  in  alten  Zogen 
fc^erjenb  erinnert.  —  Sindt  tüirb  in  ben  SHBittenberger  Unit)erfität««Urlunben  (im  über 
Decanorum  facultatis  theologicae)  al«  Jtont)entua(e  t)on  SBalbl^eim  begeid^et  Ser< 
mutlid^  l^atte  er  in  SS^albi^eim  $rofe^  get^an.  9(ber  h)ie  lange  unb  gu  toüd^tai  ^^ 
punft  er  fic^  bort  aufgeholten,  |ot  ftc^  biöl^er  nic^t  feftftetten  loffen.  —  ©leid^geitig  mit 

40  Sut^er  (1508)  tüurbe  Sind  unter  bem  2)e!onot  bc«  2luguftiners®eneraltrilör«  ©tou|)i^  in 
bie  t^eologifc^e  Slrbeit  ber  §oc^fc^uIe  ju  äöittenberg  berufen,  junäc^ft  um  gu lernen;  1509 
biblifc^er  Soccoloureu«,  tüurbe  er  im  §erbfte  be«felben  ^o^e«  ©ententioriu«  mit  ber  9c* 
fugni«,  über  bie  ©entengen  be«  $etru«  Somborbu«  gu  lefen;  1511  Sicentiot  unb  mx^  im 
gleichen  ^q!^xz  S)oftor   ber  ^I.  ©dj^rift,   toor  er  bei   Sutl^er«  ^Promotion  (DItober  1512) 

46  bereit«  S)e!on  ber  gofultöt.  3n  ben  näc^ften  ^af^xzn  tyü  bo«  SBittenberger  Süiguftiner« 
Softer  geittoeilig  on  Sutl^er  feinen  ©ubprior,  on  Sind  feinen  ^rior.  Sind  Jjrebigte  bomott 
in  ber  olten,  üon  ^K^iEoniu«  fo  l^eil«gefc^ic^tli(^  gebeuteten  üopette.  6«  ift  belonnt,  ba| 
Sut^er  bie  $rebigth)etfe  feine«  ^eunbe«  um  il^rer  9}olf«tümßc^Ieit  unb  il^re«  ä9ilbetrei(^' 
tum«  tüißcn  in  ß^ren  ^ielt;   unb  ^om^  fd^ö^te  nodj^   im  ^^i^te  1539  bie  l^eÜKgen  unb 

60  eüongelifc^en  ^rebigten,  bie  er  üor  28  ^a^xm  bon  Sind  ol«  feinem  geifUicjw  So*cf 
nomentlic^  on  ^efttogen  gel^ört  l^otte. 

3Kit  bem  go^re  1516  ging  Sind«  SBittenberger  SBirIfomfeit  gu  @nbe;  im  fyd^ 
biefe«  3<»^re«  befonb  er  ftcf>  ouf  !ur^e  ^txt  oI«  Sluguftinerprebiger  in  SDtünc^  ©IciJ 
nod^  aBei(inoc^ten  nol^m   i^n   fein  ®önner  ©toupi^   auf  3Sifitation«reifen  mtt  fic^.    3« 

66  5^i<*^'^  1517  l^ertücilte  Sind  mnäc^ft  üorübergel^enb  in  SRümberg  unb  fol^  fid^  borai  im 
toeiteren  33er(auf  be«  ^oifx^  \ixx  längere  geit  in  biefen  i^erborrogenben  SBirfungÄwB 
berfe^t.  Sind  tom  ber  sodalitas  Staupitiana  in  gleichen  ätnfd^uungen  entg^en,  toie 
er  in  biefem  Rreife  fc^on  ol«  greunb  be«  berel^rten  ©enerolbifor«  SSnflang  fanb.  ©<J«bÖ 
83riefbu(^   bringt   bie  ©timmung  be«  löge«  treffenb  gum  3[u«brud.     3)er  9lümberga 

60  Gicero  freut  ftc^,  im  neuen  Sluguftinerprebiger  einen  3Konn  m  feigen,  ber  auf  ben  SB^ 
t)on  ©toupi^  einlSiergel^t.  3"  Sind«  ftönbigen  3"^örem  red^net  er  u.  o.  Sbner,  ^tm 
unb  ^olgfc^ul^er,  \pättt  and)  @)}engler  unb  £ürer.    @r  fd^eibt:  Sind  ift  ein  tH>igfi0rtt$c( 


8ml  507 

$r^iger.  Ober  er Derjtc^ert :  fflir  leben  ^ier  ru^ig  unb  l^aben  ^  gut;  benn  aud^ fflenjel 
jÄtbtQt  bem  Sott  )u  S)anl  (Slbbent  1518).  —  fflenjel  berleugnet  ben  Sutber  nid^t 
(Lutherum  non  mentiens.  —  ätuc^  fd^tlbert  @c^eurl  ben  Sertel^r  ber  ®blen  im 
äuöuftinertlofler,  biefjteube  ber  SRümberger  am  Umgang  mit  SindE;  h)ie  fie  ftd^  bei  i^ 

S;  @)>etfe  unb  2;ranf  berfammeln,  h)ie  über  lijc^e  faft  nur  nocf;  t>on  SRartin  allein  bie  6 
ebe  ifk  (a.  a.  D.  II,  36).     So   luurbe  jeftt  namentlich  burd^  SindE   „ba«  2lugu[tiner* 
fioftcr  in  9?toiberg   gu  einer  ber  frü^eften  ^flanjftatten  be^  Sut^ertumg".    —   %üx  bie 
Serbreitung  ber  3:Men  unb  Slefolutionen   fud^te  Sindt  nad^  Äräften   ju  tüirlen.    Slud^ 
überfonbte  er  im  3!fl&ti  1518  @d^  Übeltaten  an  Sutl^er.    tiefer  fd^tdEte  i^m  h)ol^(  um« 
ge^enb,  unb  el^e  er  an  @^It>iu^  @granud  (24.  ^Jtärj)  {c^rieb,  feine  Asteris^i  ober  @temc^en  lo 
(ögL  2ut^  SBerle,  feit.  ®efamtau«gabe  I,  279).     ^n  ber  Sufc^rift  (bgl.  gnber«  I, 
215  ff.)  überliefe  er  e«  feinem  ^eunbe,   ob  er  biefelben  an  Dr.  @df  fc^idfen  tooHte.    Sindf 
t^  ed,  unb  Sutl^er  fc^eint  ti  nic^t  anberg  ertoartet  ju  fyAtn,    ^m  ^nlx  1518  berid^tete 
£ut^  bem  ^eunbe  9leue«  über  ben  &m\i  ber  Sage,    ©r  fc^üttete  fein  ganje«  $erj  bor 
i^  axiS,  kDeil  er  fu^  ganj  Don  i^m  berftanben  toufete.    9l(^  er  bann  nad^  ätug^burg  ge- 16 
laben  tourbe,  tel^e  er  im  äuguftinerflofter  ju  SWümberg  ein.    SEBie  Sindf  il^m  treue«  ®e» 
lett,  ba)u  feine  9luguftinerla))))e  gegeben,  ba«  f}at  Sut^er  felbft  tur)  bor  feinem  Xobe  in 
einleben  erjo^It  {m  LXX,  361  ff.;  bgl.  Söfc^er,  »leform.  ä!t.II,  451).  — £tndt  toar  e«, 
ber  ben  Aorbind  fofort  bon  Sutl^erd  9(ntunft  in  itenntni«  fe|^te.    Bpcdtt  fanbte  i^ 
Sutl^er  )u  ilaietan  mit  ber  Sitte,   „bie  Sad^e  noc^mald  gnäbiglic^   unb  boterlid^   l[|in)u«  20 
legen."  —  S^jalatin  berid^tet,  ber  Äarbinal  fei   bei  biefer  ©elegen^eit  fe^  freunbK^  ge« 
toefen;  er  ^e  u.  a.  erOärt,  er  l^alte  Dr.  SJlartin  nid^t  mel^r  für  einen  Jte^er.   @r  tooQe 
iba  audf  bie^mal  nxd^t  bannen,  i^m  lomme  benn  toeiterer  Sefei^l  bon  9lom.    3Benn  Dr. 
SRorttn  aQein  ben  Slrtifel  bom  aOblafe  ioiberrufen  toode,  fo  fei  e«  genug  k.  —  @tau^i$ 
l^abe  nac^l^er  bebauert,  bafe  Dr.  fflengel  leinen  SWotar   bei  fic^   gel^abt  k,   —    3)enn  ed26 
toörbe  b«i  Stömem  merHid^en  9la^teil  bringen,   toenn  folc^  gümemen  toeiter  föme.  — 
3)afe  6taut)i|^unb  Sind  ben  ^anbel  gütlid^  beijulegen  fuc^ten,    bertd^tet  Sut^er  felbft  an 
Aaietan  (be  SBette  I,  161  ff.),    ©r  fc^rieb  biefen  bemütigen  Srief  auf  ben  Slat  ber  beiben 
gh^ömbe,  ber^rac^  )u  fd^ft)eigen,  ioenn  auc^  feine  ®egner  fci^toeigen  toürben,  blieb  jebod^ 
in  ber  &ad^  unbetoegt.    Übrigen«  tougten  @tau)}i^  unb  Sind,  toie  toenig  fie  in  Slug««  so 
bürg  t^re«  Seben«  ftc^er  toaren;  fte  lehrten  m  glctd[»er  ß^it,   „ein  jeber  auf  einer  fonber« 
lic^  Strafte",  nod^  5Rümberg  jurüdE.    Slodp  bor  il^rer^breife  befd^äftigten   fte  ftc^  mit 
bem  $lan,  für  Sut^  einen  ^u^toeg  nad)  ^anfeeic^  anjubal^en,  —   ein  ©ebanfe,  ber 
fu^  bamol«  aud  finanziellen  ©rünben  ;ierfd^lug,  ben  Sut^er  aber  ju  @nbe  be«  ^al^re« 
borüberge^enb  toieber  aufnahm  (bgl.  @c^eur«  Sriefbud^,  auc^  Jlöftlm,  SJlartin  Sutl^er  1, 35 
226ff.).  ~ 

»damit  ifk  bie  u.  a.  in  ßafelmann«  S)arfteaung  (9)leurer,  ältböter  III,  342  ff.)  ob* 
g^rudte  6Jel«|>rebigt  Sindte :  „SBie  ber  grobe  3Benfd[^  unfer«  $erm  ©fei  fein  foH,  il^n  tragen 
unb  mit  ipm  eingeen  gen  $ierufalem,  )u  befc^auen  fruc^tbarlic^  ba«  Seiben  S^rifti;  nad^ 
Serebe«  l^l.Sem^arbi  ge})rebiaet."  Sie  ift^Palmarum  1518  über  ba«  Sonntag«ebangelium  40 
gehalten.  Sie  bejiebt  \id^  auf  ben  alten  Srauc^,  nac^  toelc^em  bie  Safeamentaliften  ober 
Safeament«lnaben  (SKeftjungen)  an  ben  Äirc^en  ^u  St.  Sorenj  unb  St.  Sebalb  in  9lüms 
berg  am  $almjonntag  in  bie  Käufer  gingen  unb  „mit  bem  ®fel  fangen".  3"  ^i«f<^ 
$r^t  ift  nid^t  ol^ne  m^ftifd^e  Färbung  bie  bierte  SBeife  ber  Seligung  bei  bem  @fel 
imfer«  ^erm  figuriert,  toelc^er  anzeigt  bie  bußfertigen  SKenfc^en,  bie  ß^riftum  ^erfönlid^  45 
tragen ;  bie  9u|fertigen  ftnb  in  ber  ^aufjtfac^e  gefaßt  al«  bie  groben  Sünber,  bod^  l^eißt 
c«  )ul^:  SBirb  aud^  laum  ein  frommer  ÜRenfd^  erfunben,  ben  nid^t  S^riftu«  al«  feinen  @fel 
reite.  —  3«  bie  Slbbent«;ieit  be«felben  ^af}x^  fallen  bie  ^rebigten  über  bie  Selig^reifungen : 
„(Ein  l^fam  Sere,  toie  ba«  §erj  ober  ©etoiffen  burc^  bie  fieben  Seligfcit,  ol«  fteben 
Sculen  be«  geifUic^en  Saue«,  auf  ba«  2Bort  ©otte«  gebaut  ioirb,  toiber  bie  Btnüpd  unb  50 
Unru^,  Srgemu«  unb  Slnfec^tung,  J^leifc^ligfeit  unb  Segierbe  ber  ©etoiffen."  —  3)a« 
®etoiffen,  auf  ba«  bie  SReformation  ftd^  fteßt,  tritt  in  biefen  breißig  Sermonen,  bie  too^l 
grdfttenteil«  al«  S5Jod^en})rebigten  gcIS^alten  tourben,  erfreulich  in  ben  33orbergrunb.  ©benfo 
iwrb  ha»  fflort  ®otte«  betont.  ®«  ift  ba«  9Je$,  tooburt^  bie  Seelen  im  a)leere  biefer 
9kU  gefangen  loerben.  2)urc^  ©rünbung  auf  ®otte«  SBort  erhält  ba«  ©etoiffen  SWu^e.  55 
^nn  SBort  lommt  ber  ®laube  unb  richtet  ftd^  auf  G^ftu«.  Süer  fic^  auf  ßbriftum 
aäi^Ii4i  grünbet,*  be«felbigen  ©eloiffen  reißt  nid^t.  —  9Jod^  ift  bie  Sieben^a^l  ber  Sa^ 
mmente  feftje^jalten.  äfucf;  loirb  no(^  gefagt,  bie  9)iutter  ®otte«  haU  fein  anber  SSer« 
bicnfk  benn  bie  S)emut;  ober:  6«  ift  !ein  beffer  Serbienft  ber  ^1.  3Kenf(^en  ^u  ertoerben 
bie  ®nabe  ®otte«,  benn  ein  feufgenbe«  ©ebet   ober  fe^nlic^  trauern  be«  ©emüt«.    Un«  ( 


508  Stttl 

Vermittelt  tritt  im  24.  ©ermon  neben  ben  ®lauben  an  bie  fö^nenbc  ®nabe  hei  &xmat^ 
Kum^  bie  Überfc^ä|ung  eigener  Sarm^erjigfeit,  h)ie  and)  im  25.  ©ermon  gefogt  ift,  nij^td 
fei  bem  ^SKenfd^en  |eilfamer  jur  Steinigung  be«  ©etoiffen^,  oI«  bafe  er  Sorm^erjigfeit  übe. 
^ier  i[t  bie  ©intüirfung  ber  SDl^ftifer  unt)er!ennbar,  fofem   biefe   bem  SRenfd^en   nur  bie 

5  negatibe  Slufgabe  [teQen,  bad  jlreatürltd^e  abjutl^un.  ätnbererfettd  fogt  Sind :  bad  ®en)iff en 
i[t  glei(i;fam  ein  bünne^  $a))ier,  h)enn  bie  f(|tt)ar)e  Xinte  barin  ijt;  fo  man'd  toiQ  ab^ 
fc^aben,  gerfc^neibet  man  e^er  bad  $a))ier,  benn  man  bte  @c^rift  abtUget  ^orum  tilget  bie 
@ünben  ani  bem  ©ebäc^tni^  allein  ber  ®Iaube  be^  göttlid^en  SQorte^,  fo  er  \pxid9t:  2)ir 
toerben  S)eine  Sünben  berjie^en.   Unfer  eigen  33erbienft  ober  Vertrauen  auf  un«  felbfl  ift 

10  unbeftdnbig  al^  ber  ©d^nee.  9lQein  t)on  S^fto  unb  nid^t  bon  ben  ^eiligen  lommt  aUe 
@nabe.  SlOein  Sl^riftud  ift  für  ade  3}tenf(i;en  geftorben,  nid^t  $aulud,  nicf^t  $etrud,  nic^t 
äi^oQo.  SBirb  aud^  bie  ätnrufung  ber  ^eiligen  no(^  geftattet  unb  il^re  ^rbitte  Dorou^ 
gefegt,  fo  foD  man  bod^  allezeit  bon  S^rifto  SBal^rl^eit  unb  ®nabe  ertüarten,  emt)fangt 
bie  ®nabe  in  feinem  anberen  92amen  unter  bem  ^immel.  92od^  tourbe  ti  bem  XugufUner 

15  fc^toer,  überall  ba^  redete  3}ta^  unb  ba^  rechte  3Bort  )u  finben.  älber  toa^  er  gelegentlich 
au^fbric^t:  3&mn  eine  Slnfec^tung  rül^ret  an  ba^  linbe  fanftmütige  $er),  g^ibt'd  eine 
liebliche  Slefonanj:  ba^  gilt  auc^  üon  biefen  finnigen,  gebanfenbollen,  bilberreid^en  ^xf 
bigten  felbfi 

3m  ©ommer  1519  trafen  ©tau^)i^  unb  Sind   auf   einer  il^rer  SSifttationöreifen  in 

20  ®rimma  mit  Sut^er  jufammen.  @^  toar  ibm  bie  3^t  ber  Setfjjiger  ^i^utation  bor« 
über,  ^m  3uli  be«  näc^ften  ^afyc^  jeigte  Sutl^cr  feinem  fjreunbe  an,  boft  er  bie  ©<^ 
„an  ben  2lbel  beutfd^er  9lation"  au^e^en  laffe.  Sind  toar  bamit  nid^t  einberftanbcn, 
unb  toirb  il^m  SSortoürfe  gemad^t  l^aben,  auf  bie  fic^  Sut^er  in  einer  9[ntft)ort  Dom  älugufi 
(be  2Bette  I,  479)  bejie^t,  tüenn  er  berfid^ert,  baft  er  mit  feinen  ©elften  feinen  Stu^m  fud^; 

25  aud^  auf  ben  bon  i|^m  angefc^lagenen  Xon  fommt  er  ju  reben. 

Sereit«  toar  bie  Rtxt  gefommen,  too  Sind  in  ein  l^öl^ere«  Slmt  einrüden  foDte.  S^am 
berfu(i;te  ber  9lat  ju  mmberg  bie^  abjutoenben.  @r  richtete  unterm  23.  Slugufl  1520 
an  ©taut)i^  unb  an  ba^  RopM  )u  @i^leben  bie  Sitte,  ben  l^öc^ft  beliebten  unb  etnfbt^ 
reid^en  Sluguftinerprebiger  in  feinem  bidl^erigen  SBirfung^freife  )u   belaffen,  aber  auf  bem 

8oJ{at)itel  jiu  @i^leben  legte  ©taufji^  am  28.  Sluguft  1520  bad  ©eneralbifariat  nieber. 
fflol^l  auf  feinen  SBunfd^  gefc^a^  e«,  baft  Sind  bon  ben  Srübem  ber  beutfc^^en  «ugufHner« 
Kongregation  jum  ©eneralbifar  ertoäl^lt  tourbe.  2)en  §erbft  brad^te  Sind  auf  Sifttotion^ 
reifen  meiften«  in  2^üringen  unb  ©at^fen  ju.  3)en  SBinter  berlebte  Sind  in  Siümberg, 
Wo  man  Sut^er«  ©ac^e  mit   grofeer  ©^annung  berfolgte.    Die  Kongregation   pellte   fi^ 

36  fc^on  baburd^,  baft  fie  bon  ber  Sannbulle  feine  SRotij  nal^m,  auf  Sutl^erd  ©ette.  Sind 
blieb  auc^  ate  ©eneralbifor  bon  §er^en  SKartinianer,  fo  fc^toer  e«  natürlidj^  gerabe  auf 
feinem  ^ßoften  toar,  biefer  ^erjen^ftellung  unter  tüiberftrebenben  3Ser^ältniffen  unb  toiber* 
fjored^enben  ^flic^ten  immer  einen  unumtDunbenen  Slu^brud  ju  geben. 

©tau))i^   fam  um  Dftem  1521   jum  le^tenmal  mit  \l)m  in  ^Ründ^m  jufammen. 

40  ©tauj)i$  fd^üttete  and)  nad)  feinem  Drbengtoe(|f el  fein  $en  bor  Sind  au« ;  feine  noc^ 
gelaffene  ©(i;rift  „bon  bem  l^eiligen  redeten  d^riftlid^en  ®lauben''  fd^eint  Sind  ^erau^egeboi 
ju  ISiaben  (Äolbe^  a.  a.  D.). 

3n  Segleitung  bon  9Jifolau«  Segler,  ben  ©tauj)i$  il^m  bei  ber  legten  Segegnung 
emjjfol^len  l^atte,  trat  Sind  im  Sljjril  1521  bon  3Künd^en  au8  eine  größere  Sifitationdreife 

45  an  unb  fuc^^te  überall  für  ftrcnge  Drbnung  ^u  tbirfen.  ®r  jog  über  SKinbel^m  ui^ 
Ulm  naci;  (Solingen  unb  Sannftatt,  bon  ^ter  nad^  ©tra^burg,  ©d^lettftabt  unb  9la)>))olt^ 
toeiler;  bann  um  ^fingften  nad^  §eibelbcrg;  bon  Ij^ier  über  ^anffurt  r^einabtoort«  noc^ 
3Dlül^llj^eim  unb  Köln  unb  tociter  nac^  5I<*"*>^^  ""*>  §ollanb.  Sind  hmgte  e«  in  jener 
fritif(f;cn  ^eit,   bie  faiferlid^cn  (grblanbe  ^u  betreten,    ^n  ©ent  toar  längerer  Slufenäalt. 

60  3in  3tnth)crj)en  trafen,  loie  ÄaHoff  richtig  crfannt  l^at,  Sllbrec^t  3)ürer  unb  Säenjedlau«  Sind 
miteinanber  gufammen  (bgl.  Sänge  u.  5vul^fc,  SDürer«  fc^riftlic^er  5Rac^la|,  ^aUe  1893 ;  Äalbff, 
9let)ertorium  für  Äunftloiffenfc^aft  XX :  3ur  Seben^gefc^ic^te  S)ürerd).  3)er  bi«^er  namem 
lo^  gebliebene  „vicarius"  be^  nicberlänbifd^en  2^gebu^e^,  bem  Dürer  bor  feinem  SBeg» 
gange  bon  Slnttoeri^en  eine  ganje  -iReil^e  bon  ©egenftänben  übergiebt,  um  fie  nad^  9löm* 

56  berg  mitzunehmen,  fann  fein  geringerer  getoefen  fein,  al^  ber  ©eneralbifor  SBenieäoud 
Sind.  „Da«  (Srfuc^en  um  einen  folc^en  gi^cunbfc^aftgbienft  fefet  jebenfaH«  fel^  na|e  SJe* 
jiei^ungen  ^u  biefcm  Screl^rer  Sut^er«  borauö";  aud^  ber  Serfel^r  Dürer«  mit  bem  Snt* 
loerpener  Sluguftinerlloftcr  gctoinnt  eine  neue  Sebeutung.  —  Sind  toeilte  noc^  einige  3<^ 
in  ßng^ien.    Dann  ging  e«  über  Sötoen  unb  3^ongem   nac^  Äöln  jurüd.    gn  $>e|f<n 

60  tourbe  ba«  jllofter  @fc^toege  befud^t.     Die  tl^üringifc^en  unb   fäc^ftfcpen  Jllöfter  tovcäm 


Sittt  509 

auf  bem  StücftDege  ncu^  92ürnBerg,  too  Sind  am  15.  Sluguft  ehtttaf,  nur  nod^  tut;  berül^rt. 
^oc^  SBittenberg  fd^eint  il^n  biefe  Steife  nid^t  geführt  )u  l^aben ;  Don  ben  im  bortigen  ^loftet 
au^ebroc^enen  Unruhen,  i^orgenommenen  Slu^tritten  unb  beobftc^tigten  Steuerungen  h)irb 
er  toermutlic^  erft  im  Slümberger  Äonbent  in  Kenntnis  gefegt.  —  Bpät^im^  bamafö  toirb 
SRelonc^t^ond  freubig  erregte  uRitteilung  Don  Sut^erd  dtettung  in  Sincf^  ^önbe  gelangt  5 
fein.  SSieKeid^t  be!am  er  ba(b  nac^^er  Don  berfe(ben  Seite  noc^  me^r  )u  l^ören.  JlatDerau 
Ifot  gelegentlich  (1^23  1893,  9lr.  7)  ber  Vermutung  Slaum  gegeben,  ber  rid^tige  Srief 
Sugen^gend  ober  rid^tiger  3JleIand^t^on^  an  SindF,  ben  CR  I,  894  unbegreiflid^ertoeife 
in«  ^afyc  1527  gefegt  l^abe,  gel^öre  in^  ^a^x  1521,  in  ben  Beginn  ber  Sleformbetoe* 
gungen  unter  ben  äßittenberger  ^uguftinem,  unb  fei  für  bie  (Ermittelung  ber  inneren  10 
Stellung  Sind«  )u  ben  ^fage^fragen  Don  Sebeutung;  Dgl.  ben  ^uxu^  an  Sind:  aliquando 
assuesce,  Deum  plus  quam  homines  timere,    Dgl.  auc^  Dörfer:   sine  has   cogi- 

tationes  et  ad  te  redi. ©0  geneigt  Sind  einerfeit^  fein  muftte,  gegen  bie  unbot« 

madigen  92euerer  mit  aQer  Strenge  Dorjuge^en,  fo  ba(i;te  er  bod^  fd^on  )u  eDangelifc^  Da- 
für; au(^  toax  er  über  bie  93orgänge  nocb  nicbt  genau  genug  unterrid^tet.    @r  fc^rieb  ba«  15 
^  für  bie  äßeii^ac^tdjeit  ein  HaDitel   nac^  SBittenberg   au^,    ^njtoifc^en   iDoQte  er  bie 
gonje  Angelegenheit   in   ftd^  Derarbeiten.    ^n  toeiterer  jtlörung   toanbte  er  ftc^   in    ber 
erften#S)e2ember^älfte  brieflid^  an  Sut^er.  —   Sutl^er   anttDortete  fel^r   balb   fc^on   am 
20.  ©ejember  (be  SBette  III,  116).    ©r  toie«  i^n  auf  bie  SCragtoeite  biefe«  ©nDerftänb» 
niffe«  ^tn ;  bie  Alöfter  feien  fo  gut  tote  bie  @))eifeDerbote  gegen  ba«  @Dangelium.    9lud^  20 
tonne  Sind  niemanben   jum  ®el^orfam   {toingen,    feinen   ber  älu«getretenen  jurüdFrufen. 
SSenn  er  aber  bie«mal  milbe  Derfal^re,  bann  tonne  er  aUerbing«  aud^  in  2Bieberl^olung«fällen 
niemanben  al«  9(Doftaten   antlagen.    Übrigen«  tabelte  Sut^er  ba«   unrul^ige  unb  tumul« 
tuarifc^e  Serl^lten  ber  SRönc^e  burd^au«.  ^m  allgemeinen  ging  fein  Urteil  bal^in:  Petis 
forte  a  me  consilium ;   dico,   me  consule  non  eges.     Certus  enim  sum,  nil  te  26 
facturum   aut  passurum  adversus  evangelium,    etiamsi  omnia  coenobia  sunt 
perdenda. 

Um  @)>it)i^nia«,  Dor  bem   8.  Januar  1522   tarn   ba«   Stapitd   in  SQittenberg   ju^ 
fammen ;  e«  koar  nur  fc^toad^  befud^t.    Salier  tourben  nur  bie  toic^tigften  ^untte  erlebigt. 
Ueber  bie  beiben,  il^em  ^Inl^alt  naci;  nic^t  toefentlid^   Derfc^iebenen  iRecenfionen  ber  Be«  so 
fc^lüjfe  (bei  SKenden,  Scriptores  rer.  germ.  II,  610;   baju  CR  I,  456)  Dgl.  Äolbe*, 
0.  o.  £).,  auc^  äteinbeQ«  93iogra))l^ie  (documenta  Linckiana).    Sut^er«  Stanbjounlt  fam 
l^ier  DdUig  jur  ©eltung:  „äßeil  toir  ber  Schrift  folgen,  tDoQentoir  un«  nid^t  burd^irgenb^ 
eine  menfc^lic^e  Autorität  ober  menf(i;li(^e  Xrabition  brüden  laffen.''    ^ie  Sierfammlung 
ftedte  fe^f«  fünfte  auf,  toonac^  e«  jebem  geftattet  toar,  ba«  jUofter  }u  Derlaffen  ober  in  86 
bemfelben  )u  bleiben;  ein  ®elübbe  toiber  ba«  @Dangelium   fei   ein  unc^riftlic^  ^ing  (1). 
Sie  im  jltofler  bleiben,  mögen  ba«  ^5nc^«tleib  unb  bie  l^ergebrad(|ten  ©etoo^nl^eiten  bei= 
bebten  (2),  boc^  fo,  ba^  toeber   ber  ®laube   nod^  bie  Siebe  Derle^t  toerbe  (3).  '  3)er 
Settel  iDtrb  oI«  f((>rifttt)ibrig  (1  %f}  4, 11)  ganj  Derboten;  auc^  bie  3SotiDmeffen  (4).  3)ie 
l^ier^  ©eeigneten  foQen  ba«  äBort  ®otte«   lehren,  bie   anberen   burc^   ^anbarbeit   bie  40 
Srüber  ernähren  (5).  Sie  Srüber  foQm  nunmel^r  an^  freier  Siebe  ben  Oberen  ge^ord^en 
unb  o^ne  älrgemi«  toanbeln,  auf  ba^  ba«  ^l.  @Dangelium  nic^t  Derläftert  tverbe  (6). 

Sie  Unru^  nal^men  inbe«  in  3Bittenberg  noc^  teiltoeifen  Fortgang,  bi«  SutJ^er  bei 
feiner  Slüdfe^r  ben  ©c^toarmgeiftem   toe^rte.    3"ä*^*W^   Ö^^^^  ^  ^^  anberen  Älöftem. 
^erjog  ®eorg  na^m  älnfto|  an  ben  äBitlenberger  i6efc^lüffen,  unb  Derbot  ben  Stuguftinem  46 
ferne«  Sonbe«  ba«  auf  ^fingften  1522  nad^  ©rimma  au«gef(^riebene  Jla))itel  }u  befuc^en; 
ebenfo  Derfid^  ber  Äaifer  in  ben  9Jicberlanben  (be  SBette  II,  206). 

So«  ^rimmaer  StQ!pM  fuc^te  bie  SS^ittenberger  93efc^lüffe  toieber  einjufc^ränlen. 
9Ran  tooSte  ein  eDangelifc^e« Klofterleben  l^erftellen  unb  aufre(i;t  erhalten;  ba«  unbefonnene 
SCudtreten  jo  Dieler  Srüber  tourbe  in  fc^atfen  9lu«brüden  Derurteilt.    Sber  e«  toar  bereit«  60 

&\pät  &aait  JlonDente  toaren  in  ber  3luflöfung  begriffen.  Ser  Srang,  be«  Älofter« 
ig  )u  tperben,  lag  im  guge  ber  S^t.  Sind  Dermoc^te  ba«  nic^t  ju  ^inbem.  3^m 
gab  man  Sc^ulb,  bie  äßittenberger  ^efc^lüffe  Deranla^t  )u  ^aben.  ^j^^rn  legte  man  auc^ 
i^  Steigen  jur  Saft.  @o  tourbe  feine  Stellung  täglich  unl^altbarer.  Sut^er  riet  il^m  toteber« 
I^olt,  feinem  „ruhmreichen  SSitariat"  ein  6nbe  ju  machen.  51^urfürft  griebrid(|  bcftimmte  il^n  66 
cm  26.  9|uni  1522  Don  äBeimar  au«  ^um  eDangelifd^en  ^rebtger  in  älltenburg  (Dgl. 
Sobe  a.  a.  O.  S.  33).  9lad^  längerem  B^Ö^^^  entfd(|loft  er  ftd{),  fo  jjclnlic^  i^n  3*»ißi"9^ 
Xbfet^tng  beruhe,  bef[en  92ad^f olger  ju  toerben.  9lm  28.  Januar  1523  begann  er  al« 
eornigelifd^er  ^rebiger  m  älltenburg,  too  fic^  bie  Dorau«gelS^enbe  äBartejeit  für  i^n  abft)ann, 
troftig  unb  lebenbig  ju  toirfen.    älm  22.  Februar  fanbte  er  ba«  ®eneralDitariat«fiegel  an  60 


510  Stnl 

ba^  gefc^öftöfül^renbe  ^tffinitortum,  ha^  in  3}teIc^ior  ÜJl^rüfd^  feinen  ©enicr  l^te,  mM, 
legte  alfo  ba^  ©eneratoitariot  förmKd^  nieber,  it)ie  fein  9eg(eitfci^m6en  bied  noq  aui^ 
brüdlid^  befunbete. 

3lod^  })attc  bad  römtfd^e  iffiefen  in  Sldenburg  bie  Dberl^nb.    3)a^  Sergex&ofter  Be* 

5  fa^  ben  gangen  öftKd^en  ^eil  ber  @tabt.  2Befent(tc^  erl^öl^t  h)urbe  fein  @influg  buidSf  bcd 
Rccpxtd  am  @t.  ©eorg^ftift  auf  bem  Sd^lo^.  3Ba^  fic^  fonft  nod^  in  9[ltenburg,  in  feinem 
Jtlerud  unb  in  feinen  JUöftem  tpiber  bA^  (StHtngelium  fträubte,  ^atte  in  bem  Sec^onten 
®erl[iarb  unb  ©enoffen  feine  Bpii^t  unb  &d(|u|  unb  Xru^.  —  9Kd  Sind  1523  feine 
Sffiirlfam!eit  begann,  toax  äBinter^jeit;   atö  er  1525  Slbfd^ieb  nal^m,  toax  @ommer.    3)ie 

10  3^it/  bie  er  ^ier  berlebte,  toax  ein  geiftlic^er  ^l^ßng,  too  ba^  neue  Seben  bie  alte  gotm 
gerft)rengt,  unb  Sid^t  unb  äBärme  )u  neuer  ©eftaltung  treiben,  unb  bie  Hoffnung  beffecer 
3eiten  fici;  ^ufelS)»enb^  t)erh)irllic^t.  ^n  ber  SUtenburger  9{eformation$bett)egung  jener  go^ 
laffen  ftc^  etne  äußere  unb  eine  innere  Seite  unterfc^eiben.  Um  bie  ®otte^äufer  unb  bie 
^faneien  für  ben^ienft  am  @t>angelium  gu  getpinnen,  nal^m  ber@tabtrat  bem  rdmifc^ 

15  ^(erud  gegenüber  berfc^iebene  reformatorifcf^e  Sci^ritte  \>ox,  and}  bie  Sürgerfc^ft  rührte  fU^, 
teiltDeifegri^aud^ber^öbel  getoaltfam  ein.  ^er  JUerud  befc^toerte  fi^  bei  bem  fturffirften, 
ed  lam  gu  SSerl^anblungen,  and)  Sutl^er^  9{at  tpurbe  in  S3etra(i;t  gegogen,  fd^liegli^^  ent^ 
fd^ieb  ba^  h)eltlic^e  Slegiment  gu  ®unften  ber  @t)ange(ifc^ ;  Statuten  unb  ^ntAlegien 
tDurben  nid^t  tpieber  lonfirmiert,  Zeremonien  unb  3Reffen  im  öffentlichen  Jlultud  abgefleDt 

20  -—  Slnnerlid^  angefel^en  l^at  namentlich  Sind  bem  @t>angelium  in  äUtenburg  mm  Stege 
berl^olfen,  Wxz  Söbe  gufammenfaffenb  bemerlt:  ^urc^  ben  Stüd^alt  an  bem  Sonbed^erm 
unb  baburd^,  ba^  er  in  feinen  ^rebigten  nic^t  allein  gegen  bie  Tlxübx&nd^  ber  alten 
Jtird^e  ^olemifierte,  fonbem  aud^  in  bibltfc^er,  ))raftifc^er  unb  erbaulicher  98ei|e  bem  Solle 
„ben  geiftlic^en  Sierftanb   bed  @t)angeliumd  barfteQte",  getoann   er  bolb   Snfe^  unb 

25  toefentlic^en  @influ^  auf  bie  @infü^ng  ber  Sieformation. 

älld  er  am  28.  2lanuar  1523  ba^  geiftlic^e  älmt  an  ber  ©emeinbe  übernahm,  tDar 
er  nid^t  ald  $faner  bagu  berufen,  ba  bie  jofanamtlid^en  Sier^öltniffe  erft  Dom  tömifcl^ 
93oben  lo^elöft  toerben  mußten;  er  \vax  nid(|t  ^faner,  fonbem  ^rebiger.  X^atfä^ltc^ 
muffen  bie  ®t)angelifc^en  bereite  feit  Sindd  eintritt  ober  boc^  toenige  SBoc^en  f)>äter  mim 

80  beftend  teiltoeife  ein  ätnrec^t  auf  bie  Sart^olomäu^firc^e  ge|^abt  ober  ft^  bie  SRitbenu^ung 
au^etoirlt  l^aben.  ^n  ber  ^aftengeit  1523  mürbe  in  biefer  Jtird^e  gum  erftenmal  bie 
Kommunion  in  betberlei  ©eftalt  gehalten.  ®er  Dberftabtfd^reiber  Seon^b  $afe,  ein  um 
bie  ^örberung  ber  Steformation  t)erbtenter  SJtann,  l^atte  [xli)  mit  feinem  SBeibe  unb  einem 
anberen  Sürger  gu  jener  Kommunion  eingefunben.    ^m  folgenben  ^al^re   tonnte  in  ba- 

35  felben  äSartJ^^olomäu^tirc^e  bie  erfte  ^uf^anblung  in  beutfci;er  Sprache  unb  nad)  lut^ 
rifc^em  Slitud  an  Urfula  Sldmud  boQgogen  toerben.  93et  ber  Trauung,  bie  am  15.  1b(itd 
1523  in  biefer  Jiirc^e  [tattfanb,  \vax  £incf  felbft  am  aUemäc^ften  beteiligt.  @r  Dermä^lte 
fidS^  mit  ber  älteften  Xoc^ter  be^  Stec^t^gcle^rten  Suicer  aud  älltenburg.  £ut^  melbete 
fic^  auf  gefd(|e^ene  @tnlabung  l^in  bereite  unterm  8.  ^px'xl  mit  ben  toittenberger  ^eunben 

40  3}teland^t|on,  S3ugen^agen,  Schürf,  Sridger,  Jtranad^  u.  a.  gur  ^oc^geit  an.  SBtrflic^ 
!amen  bie  äBittenberger  am  13.  älj^ril.  Sutber  felbft  t)ollgog  bie  t^rauung  unb  )>rebigte 
ba^  „£ob"  ber  e^e.  Die  ß^or^erren  unb  mönd}z  toaren  aufeer  fi^  unb  trieben  e^  mit 
ibrem  Tumult  fo  arg,  ba^  bett)affnete  93ürger  einfd(|reiten  unb  bad  »iunge  $aar  in  bod 
$aud  bed  äSürgerd  äUolf  gurücfbegleiten  mußten. 

45  ^r  bie  ©eltenbmad^ung  ber  neuen  Seigre  fe^te  Sind  feine  gange  itraft  ein  (kygl.  u.  o. 
ben  1523  entftanbenen  Sermon  über  bad  äBort  @otted  ald  ben  allein  beftönbigen  geld 
bed  c^rtfllic^en  SSertrauend ;  ferner  bie  Überf e|ung  unb  äludlegung  ber  legten  brei  $falmen 
(1523);  auc^  bie  l?crfc^iebenen  Ij^omiletifc^en  Sctrac^tungen  üom  ^af)xz  1524  unb  ben 
gleic^geitig  ald  Dialog  erfc^ienenen  „ausgelaufenen  ^ön^'O-    ^<^I^  kDurbe  auc^  bie^ron- 

60  iidfaner!ird(|e  ben  £utberifd(|en  eingeräumt.  3tud(|  St.  92iIolaud  blieb  nic^t  me^  lange  in 
ben  $änben  ber  5Pä})ftlic^en.  9Jocf;  üor  feiner  Abberufung  im  ^aifxt  1525  tonnte  mit 
ber  S3ilbung  einer  loirflid^en  ^JJarod^ie  begonnen  tüerben.  2eb^afte  gürforge  totbmete  er 
bem  Sc^ultüefen.  ©benfo  nal^m  er  \xd}  ber  Slrmenl^flege  an  unb  toebrte  bemSetteltoefcn; 
in  biefer  älbftd^t  fd(|rieb  er  nodf  im  2|a^re  1523  bad  geiftboQe  unb  geitgemö^e  Sc^riftc^: 

55  „äSon  älrbeit  unb,  betteln,  tt)ie  man   foQe  ber  ^aul^eit  Dorfommen   unb   iebermonn  gur 

Slrbeit  gielj^en."    Übrigen^  loirb  bie  neue  Siümberger  älmofenorbnung  toon  1522  ni<^  nur 

für  fiindd  3Jla^regeln  mitbeftimmenb  getoefen  fein,  fonbem  auc^   in  i^er  Sntfte^ung  unb 

in  il^rer  aSJirfung  mit  feinm  ©cbanfenireifen  unb  SlnfdJ^auungen  in  3ufammen^ng  jte^ 

Die  ^rebigtm  StndS  foaxtn  gang  bagu  angei^an,  bad  ^olt  t)om  älberglouben  frei  }u 

60  machen  unb  für  baS  lautere  (St)angeltum  gu  gewinnen.  @elegentlic^  beleuchtete  er  bie  w 


Sin!  511 

• 

rufung  ber  ^eiligen,  um  bem  erbtd^teten  ®otte^bien[t  ber  Saud^J^etltgen  entgegenjutteteit 
unb  ben  Säfterm&ulem  ^u  begegnen.  33on  S3ürgermetfter  3}tül^lpforbt  baju  beronla^t, 
^ielt  Sind  oud^  in  3^<^u  ^olemtfd^e  ^rebigten,  namentlich  ,,t)on  bem  ^u^ang  ber 
«inber  ®otteg  oud  be«  «ntic^riftö  ©efängni«"  k.  —  ®er  ^ier  hjoltenbe  ©mft  tritt  im 
fairjen  @(^Iu^ort  Derftörb  ^ert)or.  —  9ltc^t  minber  Iraf tt)otI  i[t  bei  Sind  bo^  unmittelbar  6 
erbaulid^  glement  toertreten.  Soffert  ^at  9le(f;t,  hjenn  er  aufruft:  SBelc^  ein  älb* 
{ianb  )tanf(^en  ber  aUegorifc^en  @fetö))rebigt  t)on  1518  unb  ber  fc^lic^ten  9[ud(egung  bon 
3Rott^  18  im  ^af^t  1525!  —  Sioc^  im  Sa^re  1523  fafete  SinI  ben  Sn^olt  feiner 
bte^erigen  SSerfiinbigung  in  ben  „2lrttfeln  unb  ^ofitionen"  fummarifd^  jufammen.  — 
3todf  monc^ed  koeitere  9ü(^(ein  l^at  Sind  in  Slltenburg  au^e^en  laffen.  ©elegentlid^  lo 
furc^ete  er,  bed  ®uten  ju  Diel  ju  ti^un,  gab  auc^  äl^nlic^  it)ie  Sut^er  ber  93eforgnid  älu^- 
bntd,  ba|  bie  93erbie(fältigung  ber  Sucher  mel^r  Stadtteil  ol^  kommen  bei  ben  Seuten 
^ert)orbrtngen  unb  bie  ^erjen  Don  bem  (auteren  einfältigen  SBorte  ®otte^  abtoenben 
mdc^te.  ^od^,  meinte  er,,  feien  Die  ©d^riften,  bie  )ur  Slu^legung  ber  93ibel  bienten,  nic^t 
tu  l^erad^ten.  Sein  9ü(i;(ein  ,,t)om  äteiiÄe  @otted''  [teilte  er  aui  äßorten  unb  Se^ren  i6 
Sut^erd  unb  SRelanc^tbond  jufammen.  SBie  er  mit  großer  Setoeglid^feit  ben  mand^erlei 
3eitfragen  na^ing,  kDu^e  er  aud^  mit  ber  glüdltd^en  ®qbe  ^ranifd^er  @c^riftaudlegung 
in  ber  tnelfcitigften  SBeife  )u  toud^em.  —  3)ie  einheitliche  Überzeugung,  Don  ber  er  befeefi 
iß,  )tel^t  ftc^  burd^  bie  mancherlei  ®aben  h)ie  ein  golbener  ^en  ^inburc^.  @r  h)ill 
überall  bie  Sd^rift  gur  ®eltung  bringen,  aud  ber  3Ba^l^eit  ec^t  bibßfc^  )ur  ^eil^eit  filmen.  2o 
@oU^e  gtei^eit  Der^e^t  er  innerlid^.  ^oc^  ift  feine  entfc^iebene  Siebe  aud^  ^raftifd^  erfin« 
berifc^.  äluc^  Derbeutfc^te  er  Heinere  @d^riften  bon  $ud,  ben  93rief  Slabbi  Samueln  Don 
ber  Xnbmft  bed  9Reffiad,  bie  ®efc^ic^te  ^einrid^  Don  3^^^^  unb  einen  @enbbrief  biefed 
eDongelifc^^en  SRört^rerd.  —  ®en  Brief  be^  f^anifc^en  ^abbrneri^  Samuel  Derbeutfd^te  er, 
um  auf  bod  erfc^redlic^e  Seif))iel  ber  ^ergen^l^arten  ^uben  l^tnjutoeifen  unb  i^nen  felbft  25 
pim  ©e^orfom  bed  ®laubend  }u  l^elfen.  @d  lag  i^m  fem,  bie  Sd^rift  Samueln  gu  über^ 
fc^o^.  @r  Doftanb,  ®eifter  ju  unterfd^eiben.  3Ran  ^ielt  i^n  für  einen  guten  Kritifer, 
bne  man  jeittoeilig  über  bie  S^riften  ber  Sc^n^armgeifter,  nac^  einer  gelegentltd^en  ätu^e» 
ntng  bed  i^  befreunbeten  3^i^Auer  ^au^mann,  fein  Urteil  begehrt  px  fyxbm  fd^eint. 

Unterm  26.  ^bpiüL  1525  ft)urbe  Sind  burd^  ben  Stabtrat  )u  92ümberg  aufgeforbert,  ao 
ein  $rebigtamt  in  ber  il^m  fo  n^erten  9leid^[tabt  }u  übemebmen  unb  ftd^  in  jtoei  Monaten 
mit  feinem  Sntoefen  bortl^in  )u  begeben.  Sind  na^m  bie  93erufung  an,  tooQte  aber  Dor 
feinem  älbgana  bie  älltenburger  ^aroc^ialDer^ältniffe  orbnen.  ^urc^  ben  93auemaufftanb 
etittt  bie  Sudfül^ng  manche  Sergögerung.  9[u^  bem  bidl^erigen  Slmte  tourben  gtoei  geifU 
lic^  SteQen  gebilbet ;  in  bie  erfte  berf elben  rüdCte  S^alatin  ein,  für  bie  gtoeite  tourbe  86 
Sberl^  Sridger  gewonnen.  9lm  18.  9lugu[t  l^ielt  Sind  feine  9[bfc^ieb^t)rebigt,  an  bie 
fu^  Spolotind  Sntritt^^rebigt  foglei(^  anfc^Io^;  ber  Slat  gab  beiben  )u  @^ren  ein  %^ 
effen.  Aurfürft  ^o^n  Dere^rte  bem  fd^^eibenben  $rebiger  einen  loftbaren  93ed^er.  9{at 
unb  93üi^erf(^ft  gaben  il^m  ba^  ®eleite.  Sind^  9Iame  behielt  bei  ben  9Utenburgem  einen 
guten  ftumg.  40 

Sindte  gtoeite  9lürnberger  SBirIfamleit,  bie  längfte  fa[t  gtociunbjtoanjigjjäl^rige  ^eriobe 
femed  Sebend  ifl  noc^  nic^t  l^inreic^enb  an^  Sic^t  gebogen  unb  toartet  be^  queUenfunbigen 
SBiogro))^.  ®inen  toertDoQen  @imelbeitrag  bietet  Jtatoerau  in  feinem  lic^tDoQen  Sd^rtft- 
(^  de  digamia  Episcoporum  (Jtiel  1889).  ^m  ^xxl  1528  lie^  Sutl^er  in  äBttten« 
berg  eine  Steige  Don  139  X^efen  „de  digamia  Episcoporum"  erfc^einen.  9lm  12. 3Jlax  45 
bedfelben  ^o^re^  fc^rieb  er  an  Sind  nad^  ^J2ümberg:  „Antischwermerum  meum  (näml. 
bad  gro^e  9efenntnid  Dom  Slbenbma^l)  vidisse  te  puto  ac  themata  de  digamia  Epi- 
sooponim.'^  —  Am  10.  3Rära  1529  berichtete  Äod^läu«  au«  3)re«ben  an  ^^Jirfl^eimer: 
de  Bigamia  vidi  atroces  vestrorum  Apostatarum  propositiones.  —  ®emeint  ift 
bie  Sc^ft:  de  Ministrorum  Ecclesiasticorum  Digamia  etc.,  bie  offenbar  in  92üm:  50 
bog  entftonben  ift;  Dgl.  ^^efe  89  ber  erften  SReibe:  cum  Respublica  Norinber- 
gensis  magistratus  habeat  integres.  —  9tm  15.  3Rai  1529  fc^eibt  ^irf^eimer 
an  St><^latin:  9Ud  Dor  längerer  3^^^  allerlei  Xl^efen  über  bie  gnmte  (£^e  angegangen 
tDorcn,  —  —  liefen  SBengel  unb  Dftanber  anbere  Sl^^efen  au^e^en,  in  benen  —  — 
oQ  i^  bitteren  Sc^mö^reben  ftc^  gegen  mic^  richten  k.  —  ^£^öd^ltc^  ging  e«  fo  66 
}u:  $ro))ft  2)ominiIu«  Sc^leupner  an  St.  Sebalb  toar  )u  einer  jn^eiten  93ere^eltd^ung 
gefcfnntten.  Sein  SBorgel^en  i^attz  einige«  Sluffel^en  erregt,  ^n  9lümberg  taud^ten 
bie  28  onont^men  X^efen  auf.  ^ie  92ümberger  Xl^^eoloaen  fanbten  eine  älbfd^rift  an 
Sutter  unb  boten  i^n,  ben  Slngriff  be«  mutma^lid(|en  SSerfaffer«  jurüd^utoeifen,  h)a«  aud^ 
gefcpo^.    Seine  Sc^ft  unb  ein  9lac^brud  lamen  befonber«  in  9lümberg  }ur  ^J[$erbreitung  eo 


512  Sint 

nebft  einer  befonberen  ©egenfc^rift,  bte.  Don  Oftanbet  unb  Smd  Derfa^  fein  toirb,  obei 
etft  naö)  Sut^erd  SJorgong ;  benn  Sut^erd  ä(udfü^rungen  toetben  Don  ben  Stümbergem 
bielfac^  benu^t.  ^ie  jtpette  ber  angel^öngten  X||efenret]^en,  türjer  unb  mo^oOer  ali  bie 
erfte,  bütfte  toon  Sind  l?erfaftt  {ein.    ©eine  ätu^fü^ngen  finb  bun^u«  jutreffcnb   „mit 

6  ber  Haren  unb  fc^arfen  Betonung  bed  2Bejen$  bed  geiftlid^en  9(mted  nac^  ekHmgelifc^ 
äluffaffung:  ed  giebt  leine  ^aftorenfittlid^Ieit  unb  ^aftoren^eiligleit  im  Unterfc^iebe  t>on 
ber  ber  übrigen  ©lieber  ber  ci)ri[tli(i;en  ®emeinbe;  e^  giebt  tool^l  ein  9(mt  bed  gdttCid^ 
^orted,  aber  leinen  t)on  ben  Säten  unterfc^iebenen  Jtlerud.  ^n  ber  %f^  liegt  l^ier  bie 
ljrinji))ielle  SutfciJ^eibung  für  üorliegenbe  grage". 

10  ^m  Saläre  1524  ^atte  9Jümberg  bem  ^a))fte  ben  „Urlaub"  gegeben,  gm  3Rar} 
1525  folgte  bad  entfc^eibenbe  SRetigion^ebrä^  ber  e))angelij(^  ©efinnten.  ^aron  {(^b| 
ftc^  bie  äluflöfung  ber  Jtlöfter  an.  ®er  9tat  btl)idt  fu^  bie  Seitung  ber  neugeorbneten' 
93er^ältniff e  Dor,  aud^  bie  ^Berufung  ber  ^rebiger ;  man  backte  junäc^ft  an  Sind,  ber  feiner« 
^eit  gerabe  bie  tonangebenben  ^erfönltd^teiten  fo  möd^tig  angerpgt  ^atte.  —  Snfong^  txrs 

16  fal^  er  ba$  ']ßrebigtamt  am  Hatj^arinentlofter,  aber  bereite  ju  @nbe  bed  ga^te^  1525 
tourbe  i^m  bie  erfte  ^rebigerfteQe  an  ber  @))italtir(i;e  )um  l^eitigen  ®eift  mit  bem  bomoU 
felbft  nac^  9{ümberger  Segriffen  anfe^nK(i;en  gal^rgej^olt  l^on  ^tDei^unbert  ©ulben  über« 
tragen;  bie  beiben  äBod^enjorebiger  Ißolpxcd^t  unb  ^enatoriud  erl^ielten  nur  ^b  fo  \Ad. 
%ixx  ben  Aufbau  auf   e))angelif^em  ©runbe   entfaltete  Sind  eine  rege  X^gteit;    ouc^ 

ao  tourbe  feinen  fird^lic^en  9}erbe{ferungdt)orf(^lägen  alebalb  ^olge  gegeben.  @o  tourben  bie 
itinber))rebigten  in  ber  Bpxtalhxd^t  tt)iebereingefü^rt,  ber  9iac^mittag^otte%ienft  tom^ 
auf  bie  le^te  SSormittagdftunbe  t)erlegt.  S)ie  9täume  bed  SlugufttnerKofterd  tou^en 
in  eine  ^ö^ere  @c^ule  t)em)anbelt.  9ln  ben  @d(|riften  gegen  bie  äßiebertäufer  unb  gegen 
9Rodl^eim  beteiligte  ftd^  Sind;   bie  erftere  (©runbtlid^e  Unterrid^tung   eined  erbam  fim 

25  ber  etatt  9{ümberg ;  t)gl.  9{ot^  a.  a.  0.  @.  260  ff.)  fa^te  er  Dermutlid^^  ab.  Sbenfo 
erlief  er  (ogl.  ^au^borf,  Sebendbefc^reibung  Sa^aru^  Spengler^,  92ümberg  1741)  in 
ber  älbenbma^ld^age  gegen  ben  9Ii>rblinger  )8illilan  bad  ®uta(^ten:  2)a^  aber  in  ba 
einje^ung  be«  ©aftamentö  ßlS^riftug  gerebet  l^abe  toon  bem  Seibe  feiner  jonbem  ^ßerfon, 
ift  flar  au^  bem,   ba^   er  fprid(|t:   n)el(i;er  für  euc^   bargeben  koirt.    !Run   ifl  jja  ba 

80  SV^tptt  S^rifti  bie  ©emeine  (fo  man  mysticum  corpus  nennt,  tarnen  verum)  ntt  für 
und  bargeben,  toie  &t.  $aulud  anzeigt:  ift  benn  $aulud  für  euc^  freu^iget?  hierum 
gar  nic^t  l^erftanben  fönnen  toerben  bie  2Bort  bed  9lbenbma^ld  Sl^rifti  Don  bem  Seibe 
ßl^rifti,  toetc^er  bie  ©emeine  ift  Jc.  —  Sind  geriet  tüieberl^olt  in  §änbel  mit  bem  xtd^U 
l^aberijc^en  unb  ftreitjüc^tigen  Dfwnber,  fo  bei  ber  Prüfung  ber  SRümberger  Äin^enorbnung. 

85  ^artnädiger  toar  ber  ^meimalige  Streit  über  bie  t)on  Sind  aufgefteQte  oQgemetne  älbfo« 
lutiondformel,  ber  ftci;  Oftanber  tviberfc^te.  92euerbingd  ift  biefer  $untt  Don  (£.  (Sngel^orbt 
befj)ro(f;en  unb  Ilargelegt  (3t3BS  1880  unb  1881). 

©elanntlidf)  toaren  ed  bie  ^JJadfc^en  §änbel,  in  beren  SBerfolge  Sind  mit  einem  Sriefe 
Sutl^erd  ju  menig  oorfic^tig  umging  unb  bem  bamald  {c^on  bebenllic^  fte^enbenS.S^eud 

40  gegenüber  allju  forglod  mar.  $ie  <Sac^e  erljtelt  burc^  bad  3ier^alten  bed  ^erjogd  ®eoig 
ein  berbrie^liq^ed  92ac^f))iel.  Sindd  ^l^er^öltnid  )u  ben  alten  ^eunben  blieb  unt>eranbe(t 
3Kit  Sutlj^er  ftanb  er  namentlich  anfangt  in  regem  Srieftoed^jel,  ber  ol^ne  inneren  ®runb 
floäter  abnabm.  äln  Sutl;er  fanbte  Sind  ^rüc^te  unb  Sämereien  ober  Srgeugniffe  M 
geförberten  ÄunftlS^anbtoerfö ;  Sut^erd  „©enbbrief  l?om  2)olmetfd(|en"   lam  juerft  in  feine 

45  $änbe.  Sind  gab  i^n  mit  einem  SBortoort  ^craud  unter  äudbrud  be«  SBunfc^,  „ein 
jeber  Sicb^aber  ber  äöal^r^eit  loolle  i^m  folc^  2Berf  im  beften  lafeen  befol^len  fein"  x. 
SBie  jel^r  Sutl^er«  SRat  nadj^  ioie  üor  ma^gebenb  für  il^n  blieb,  jeigte  fic^  namentlich  1539 
bei  feiner  Berufung  nac^  Seijj^ig ;  ügl.  Sindd  Srief  an  Sutl^er  üom  ^o^annidtage  in: 
Hummel,  epistolarum  —  semicenturia,  Halae  1778,  p.  31  sq. ;  ba^u  Sindd  StnttDOit  an 

60  SRelancbt^on  Dom  gleichen  ^age  (CR  ed.  Bretschn.  III,  718  sq.) :  Ego  hactenus  in  bis  et 
similibus  negotiis  arduis  D.  Martini,  quem  ut  praesentem  patrem  et  praeoep- 
torem  semper  eolui,  sum  amplexus  consilia.  Sind  blieb  in  9iümberg,  ongefe^ 
unb  mit  Ofianber  im  ^rieben.  —  Sind  unb  Dfianber,  ©c^leupner,  SJenatoriu«  uidi  Seit 
3)ietrici5[  ftel(>en  in  fragen  ber  fird;ltci(|cn  Crbnung  jujammen,  unb  toiffen   ftd[f   l^ierin  mit 

65  ben  SBittenbergem  ein^.  S)ie  beiben  (Srftgenannten  beteiligen  fic^  1540  unb  im  folgenbcn 
Saläre  an  ben  SReligion^efpräc^cn  ju  §agenau  unb  äüorm«.  Sind  fc^reibt  toon  SBonn^ 
au^  \d)x  mifetoergnügt  an  3«^naiJ:  ,,2Öit  ft^en  ^ier  mitten  unter  ©totpionm  unb  lernen 
braftifc^  ben  ©inn  i?ieler  Sc^riftftcllen,  aU:  SJlit  i^ren  3""0^  ^anbeln  fie  trüglic^;  ollf 
aJlenfc^en  fmb  Sügner.    Man  toenbete  gegen  un^  nur  Äünfte,  3län!e  unb  3Ädcn  an,  unb 

60  toiQ  aQe^  anbere  lieber,   aliS   ba^  ein  toal^r^aft  c^riftlic^ed  ©efpröc^   geilten   totrb."  — 


Siitt  Smjer  gfrtcbc  513 

3)a^  Dfionber  unb  Sind  unter  folc^en  Umftönben  ftreng  an  bem  fürSBormd  aufgefteSten 
Programm  fefl^ietten,  hxxr  gekDt^  in  ber  Orbnung ;  nur  ba^  Oftanber  in  feiner  ^eftialeit 
unb  @<^arfe  toieber  j|u  toeit  ging.  S3eibe  ^rebiger  tourben  t)on  bem  Mmbcrger  fnat^ 
bertreter  @bner  jur  ilKä^igung  ermal^nt  unb  tDoUten  ftd^  Don  il^m  nid^t  bebeuten  laffen, 
iDed^alb  fie  ber  Slot  über  i^re  ,,groben  unfc^icIKd^en  ^anblungen"  jurec^tfe^e,  Oftanber  6 
fogleic^  abrief,  aber  an  Sind  ba^  Slnjtnnen  [teOte,  ftdb  nad^  Sbncr  )u  richten;  aud^  er- 
Jfieücn  beibe  bei  ij^er  Slüdlel^  nadj^  5Wümberg  einen  Serhjei«,  unb  tüurben  angel(^alten,  in 
i^^ren  ^rebigten  niemanben  ju  fd^möi^en  ober  )u  läftem''.  Sind  erhielt  Sefe^l,  mit  bem 
^rud  feiner  9ludlegung  lum  9(Iten  2^tamente  ju  n^arten,  bid  ba^  SBerl  bie  3^fur  ber 
SBiUenberger  unb  9{ümberger  Geologen  beftanben  l^abe.  9(ud^  in  feiner  ^milie  erful^r  lo 
Sind  in  ben  n&dj^ften  ^lal^ren  Sd^imerjlid^ed.  @ein  @o^n  @aIomo  toor  aU  ©c^iUer  über 
feine  ^jafyct  fjmax^  btobenl^ft  unb  unfertig;  aU  äßittenberger  @tubent  toar  er  auf  9(b- 
toege  geraten,  Don  benen  er  fid^  f))äter  jurec^tgefunben  l^aben  foQ. 

€o  fel^  Sind  fid^  in  9lürnber^  nad)  tl^eologifci^er  älnregung  fel^nte  unb  ftc^  in  toiffen« 
fi^oftlic^er  $infi(^t  (t>gl.  $untt  4  tm  obenertoä|nten  Briefe  an  Sut^er)  mit  einer  Dom  15 
%tütt  entfernten  Jtoble  bergKd^,  fo  beioie^  er  bod^  burcb  feine  fortgef^te  @c^riftfteQerei, 
boft  er  no(^  ein  redpter  S^eologe  n^ar  (Dgt.  u.  a.  bad  älDe  ÜJtaria,  toie  man$  d^riftlic^ 
gebrauchen  unb  bieJtinber  (e^ren  foQ,  1581.  —  93a))ft^e))reng;  au^  bem  Seremonien-Sud^, 
Strasburg  1539).  —  ^od  92ümberger  $aut)th)ert  ift  bie  breiteißge  ä(udlegung  bed  äUten 
Xeflomentd,  1543—45  erfc^ienen.    Sem  erften  Xeil  berfelben  l^at  Sutl^er  ein  fd^öned  Sob  20 
DorongeflelU.    Sind  felbfl  bemertt  ol^nlic^  toie  ^u   ben  fd^on  1527  erf^ienenen  ^falmen- 
Summarien,  ba^  er  feine  9(rbeit  ou^  ))rattifc^en  ©rünben  vorgenommen  l^abe;    er  ^abe 
biefe  feine  Annotation  in  ben  lieben  3Jlofen  Dor  etlichen  ^afyctn  jufammengetragen  unb 
ben  ^rieflem  ber  Äirc^en  jum  l^eiligen  ®eift  bei  bem  neuen  ©jjital  öorgefc^eben  jc.  — 
Xu^bem  lommt  namentlid^  in  93etrad^t  bie  ,,Unterrid^tung  ber  Kinber,  fo  ju  @otted  25 
artf<|ie  tooOen  gel^'',  1528. 

üur)  bor  Sutl^  geboren,  ftarb  Sind  aud^  ba(b  nad^  il^m,  am  12.  War)  1547.  Sein 
(Brabmal  auf  bem  9iümberger  ^o^anni^tirc^l^of  ift  mit  ber  ^nfc^rift  Derfel^en:  Autorem 
▼itae,  dum  viveret,  atque  salutis  asseruit,  docuit,  gloriticavit,  habet. 

Unter  bem  ®inbrud  be^  legten  Sutl^eriubiläum^  ift  ifm   in  ber  @gibien(irc^e  feiner  90 
Skiterftabt  eine  ©ebenttafel  errichtet.  tR.  »enbisen. 

iixM^    Si|)ftud,  9)ie  ^apftoer^eic^nifie  bed  (Sufebiud  unb  ber  t^on  i^m  ab^ngigen  6:^ro' 
ntften,  1868;  berf.,  C^^ronologie  ber  römifc^en  »ifc^öfe,  1869,   befonberd  8.  146;    Sigt)tfoot, 
S.  Clement  of  Borne,  I,  1890,  @.  201  ff.:  Early  BomaD  Succeesion;    ^arnacf,  ^ie  älteften 
Datierungen    unb  bie  ?(nf.   einer  bifc^.  (S^ronologie  in  Stotn,  8^%  1892;   berf.,  (S^efc^.  ber  35 
altcftr.  ßitterotur  ü,  1,  1897,  8. 70  ff. 

S)ie  SSerjet^niffe  ber  römifdj^en  Sifd^öfe  fteßen  fämtKd^  ben  5Ramen  Sinu«  an  bie 
@|)t|e.  Iren.  adv.  omn.  haer.  3,3,3;  Catal.  Lib.  bei  3JJommfen,  Über  ben  ß^rono^ 
graj)b<n  Don  354  (»©O,  l.Sanb,  1850,  ©.634);  Euseb.  h.e.  3,  2  unb  13;  Chron. 
ed.  Bdfim,  p.  156;  August,  ep.  53;  Optat.  de  schism.  Donat.  2,  3.  ^ie  9lmt^40 
bouer  toirb  Derf (Rieben  angegeben;  @ufebiud  jä^lt  in  ber  itird^engefd^id^te  12  2lal^re,  in 
ber  S^onil  14,  ber  Üb.  Jtatalog  12  2la^re  4  Monate  12  ^age,  ^ieron^mud  in  feiner 
SSearbeitung  ber  eufeb.  ßl^ronif  (1.  c.  ©.  157)  11  ^al)xz,  Slu^  ber  Beginn  be«  ^onti« 
ftlotd  bed  Sinud  toirb  Derfc^ieben  beftimmt,  je  nad)  ber  Derfd^tebenen  93ere(i;nung  bed  ^obe^ 
bed  ^Mnid.  46 

2)a  bie  rdmifd^e  ©emeinbe  noc^  im  9(nfange  bed  2.  2lal^rl^unbert$  bie  bifd(|5f(tc^e 
Setfaffung  n\dtt  lannte,  fo  l^at  man  in  Sinu^,  Dorau^efe^t,  ba^  in  ber  Stamen^angabe 
fiber^ut)t  ein  l^iftorifd^er  Jtem  ftedt,  einen  $redb^ter  an^  ben  Slnfangd^eiten  ber  rdmifc^en 
Sixcbe  au  fe^  ®r  toarb  jum  S3ifc^of  im  f))äteren  ©inne,  aU  man  begann,  im  anti« 
^äxtö^Cftn  2|ntereffe  [xi)  auf  bie  ununterbrochene  ©ucceffton  ber  römifc^en  Sifcböfe  gu  be^  &o 
rufen,  unb  t>tS>fyib  Sifd^ofäiften  jufammenfteQte,  bie  bid  auf  bie  3^^^^^  ^^  ^poftel  gu- 
tüdceic^ten.  SBenn  babei  Sinu^  ald  ber  unmittelbare  3^ad^folger  bed  ^etrue  be^eid^net 
tamrbe,  fo  lag  ber  @runb  barin,  ba^  man  i^n  mit  bem  2  Xi  4,  21  genannten  Sinu^ 
ibcnti^ierte.    S)a^  tlj^at  fc^on  ^renäud,  ob  mit  Stecht,  Dermögen  toir  nic^t  ^u  fe^en. 

2)ad  angebli^e  @t)itai)l^  bed  Sinu^  ift  je^t  beinal[^e  allgemein  in  feiner  SBertloftgleit  65 
onerlonni  (Sgl.  ftrau^,  Roma  sotteranea,  2.  9lufl.,  ©.  69  unb  532).  ^aud. 

£t^cr  triebe  Don  1645.  —  8tep^.  ilatona,    Historia  critica  rcgum  HuDgariconim, 
T.  XXII,  p.  232 sqq.;    3)umont,  Corps  universel  diplomatique  du  droit  des  geus.,  T.  VI^ 


514  Shticr  Sfriebe 

p.  I,  lüo  @.  3B1  bie  fönlglii^e  Urfunbc  über  bie  unflarifcftc  Äir^cnfrciöcit  obgebrudt  ifl; 
fiünig,  S)eutfd)e8  KcicftöQrdjio  Part.  spec.  cont.  I,  ^ht.  1,  @.  492;  3.  a.  ^^Itr,  3)ie  Qk-^ 
fdjicöte  bcr  Ungarn,  Sfl.  ^,  üon  (£.  filein,  ©b  IV,  6,  249;  ®raf  So^onn  3RaiIatö,  3)ie  »e» 
Hgion^wirrcn  in  Ungarn.  SRcgcnSb.  1845,  %l  I,  @.  30ff.;  (»cfdjidjtc  bcr  eoangcl.  Äircfte  t» 
6  Ungarn,  ^Berlin  1854,  6.  199  ff.;  8jtlag)9t,  Actes  et  documents  pour  servir  ä  lliistoire  de 
l'aliiance  de  G.  Kacoczi  avec  les  Fran^ais  et  les  Su^ois,  $eft  1874;  fiinberger,  (^{4).  M 
©üang.  in  Ungarn,  ^eft  1880,  S.  57  ff. 

2)er  Sinjcr  ^tcbe  tüurbe  am  16.  3)cjember  1645  ju  Sinj  in  Dberöftetrcu^  )tt>if(^en 
bcm  ^rftcn  bon  Siebenbürgen,  Oeorg  Slalocj^,  einerfeit«  unb  bem  Jtaifer  f^binanb  IIL, 

10  aU  Römq  bon  Ungarn,  onbererfeit«  obgefd^Ioffen,  unb  bilbet  eine  ber  ©nmblogen  bcd 
red^tKc^en  S3eftel^en«  für  bie  ebangeKfc^e  ^irc^e  in  Ungarn.  Slalocg^,  Yoddytt  noiif  bcm 
XlS^rone  be«  fiönigreid^  Ungarn  tra(i;tcte  unb  ftd^  babei  ^au^tfäd^lid^  auf  bie  ^ilfe  feiner 
))roteftantif(i^en  ®lauben^enoffen  ftü^te,  fc^Io^  im  'Stpx'd  1643  mit  @<i^ft)eben  unb  f^anf^ 
reid^,  bie  i^m  Hoffnung  gur  ungarif(i;en  Arone  gemacht  l^atten,  ein  @<^u|:  unb  SBoffen^ 

löbünbni«  gegen  Äönig  ^erbinanb  unb  ertoirlte  ftc^.aud^  bon  ber  Pforte,  unter  beren  Dba» 
^o^eit  er  ftanb,  @inh)iQigung  }um  ^rieg  gegen  Öfterreic^.  ^n  einem  3Rantfeft  an  bie 
Ungarn,  h)orin  er  i^re  93ef4;tt)erben  ^ufammenfa^te,  |[|ob  er  befonbev«  bie  Sebrüdhmgen 
ber  (Sbangelifc^en  l^erbor.  @«  gelang  t^m,  ein  anfel^nlid^ed  ^eer  jufammenjubrtngen,  mSf 
getuann  er  an  ^lol^anne«  Jtemen^i  einen  friegderfal^renen  9^U)l^erm,  ©d^tueben  ]i^xiit  i^m 

20  ^ilf«tru^t)en  unter  ^l^iung  be«  tafjferen  3)uglo^,  ^anlreid^  geto&^e  nam^fte  ®elbs 
unterftü|ungen.  Slatoc^V  ^treic^te  befonber«  burc^  Aemen^i  nid^t  unbebeutenbe  Sorteile 
über  bie  taiferlid^en  Xru))))en,  bie  aud^  bon  ben  ©d^toeben  au«  mel^reren  Stäbten  Ungomd 
bertrieben  tvurben.  Socb  blieb  am  @nbe  Slafoq^  @rfoIg  unter  feiner  Srtoartung;  er 
fanb   e«  ratfam,  im  Oftober  1644  Unterl^anblungen  mit  Jtönig  ^binonb  an}utnfit)fen, 

25  unb  al«  e«  im  SBinter  btefem  gelang,  auci;  bie  „Pforte  auf  feine  @eite  ju  )ie^,  unb 
biefe  3lafoq^  gerabeju  befahl,  bom  Kriege  gegen  öfterreic^  abjufte^en  unb  bie  gfinbfeßg« 
feiten  ein^ufteHen,  tourben  bie  ^eben«berl^anblungen  mit  aOem  @mfte  aufgenommen  unb 
bie  93ebingungen  Stafoq^,  bie  ^au))tföc^lid^  auf  unbefc^ränfte  Jtirc^enfrei^t  Ungantf 
gingen,   tourben  fd^on  am  8.  Sluguft  1645  ju  SBien  bon  Jfönig  ^binanb  angenommen, 

80  unb  am  16.  ^ejember  1645  iourbe  bon  ben  Unter^önblem  beiber  3Räd)tt  ber  gfnebend« 
bertrag  )u  Sinj  unter^eid^net,  aber  erft  am  20.  Oftober  be«  folgenben  ^lo^ed  1646  )u 
SBeiffenburg  bon  SRafoq^  beftätigt.  Äraft  biefe«  SBertrag«  mad9te  er  ftc^  berbinbUd^,  bem 
franjöftfd^sf^toebifc^en  Sünbni«  }u  entfagen,  feine  '£ru))^en  an^  bem  töniglic^  ®ebiet( 
toegjufül^ren   unb   bie   eroberten  Sänbereien  unb  @täbte  jurüdjugeben.    ^Dagegen  hmrben 

86  i^m  unb  feinen  ©öi^nen  jtüei  ©efi^anfd^aften  erblid^  unb  fünf  anbere  auf  fieben^jeit  bet» 
Uelzen,  ^ie  $aut)tfac^e  aber  Wax  bie  ben  Sbangelifc^en  in  Ungarn  getoö^rte  SticdfOi^ 
frei^eit,  über  mld)t  Äonig  gerbinanb  eine  befonbere  Urfunbe  a(«  ^eil  be«  griebendtrafc 
täte«  auefteHen  lieft,  beren  loefentKdf^er  ^nffalt  folgenber  ift:  3)er  erfte  ärtilel  be«  Ätö» 
nung«bertrage«  bom  2la^re  1608  unb  bie  fec^fte  S9ebingung  be«  föniglid^en  SBa^lbertroged 

40  foQen  tro^  berfd^iebener,  biel^er  beanftanbeter  ^inbemiffe  unb  au«h)ei(^enber  Deutungen 
in  boßer  Äraft  bleiben  unb  alle  ©tänbe  be«  SReic^e«,  auc^  bie  greiftäbte  unb  bie  Jjribi« 
legierten  SJlarftflerfen,  fotoie  bie  ungarifc^en  ©olbaten  an  ber  ©renje  be«  9iei(^  eine 
freie  äu«übung  i^rer  SHeligion  unb  freien  ©ebraucf;  i^rer  Äirc^en,  ilj^rer  Oloden  unb  i^ 
Segräbniffe«  Ij^aben.    ßbenfo  loie  bie  9leic^^«ftänbe  folle  auc^  ba«Sanbbolf  auf  ben®ren)> 

46  l^lä^en  in  TOarftflecfen  unb  Dörfern  unb  auf  ben  ®ütem  ber  ©runbl^erren  unb  be«  gi«lu^ 
bcr  Äirc^cnfreil^eit  teilhaftig  fein  unb  im  ©cnuffe  berfclben  toeber  bon  bem  ffdnige,  nocj 
beffen  ©taatebienem,  noc^  bon  ben  ©runbl^enen  geftört  ober  gel^inbert  toerben.  )bm  K«» 
^er  ©eftörten  ober  jur  ännalj^me  einer  anberen  Äonfeffton  ©cjtoungenen  foB  e«  freifk^, 
§ur  äu«übung  i^rer  frül^eren  Äonfeffion  tüieber  jurücf jufel^ren.   Sliemanb  jott  geftottel  fein, 

60  in  ben  ertüä^nten  SDlarftflecfen  ober  2)i)rfem  bie  $aftoren  unb  ^rebiger  bon  i^^  $faneicn 
ju  bertreiben ;  ba  tüo  e«  gefc^el^en  ift,  foB  ber  ©emeinbe  freifte^en,  bie  93ertrie6enen  toiAet 
jurüdtjurufen  ober  an  il^re  ©teile  anbere  einjufe^en.  2)ie  Sefc^toerben  ber  SWic^ot^oRI« 
foQen  auf  bem  näd^ften  Sanbtage  erlebigt  n^erben,  namentlid^  foQen  i^nen  bie  ®otte^^&ifer 
unb  bie  einfünfte  ber  ^Pfarreien,  tüelc^e  früher  in  i^rem  Sefti^  getoefen  toaren,  jugetoiefcn 

65  toerben,  auc^^  bürfe  in  S^^f^^f*  ^^'"^  getoaltfame  SJcft^na^me  ber  ilir^^cn  me^r  pattjinben, 
unb  biejenigen  Äird^en,  toelc^e  ben  früheren  Sefi^em  getüaltfam  entriflen  toorben  feien, 
muffen  foglcic^  nac^^  3lu«tüe(^«lung  ber  Urfunben  benfelben  jurüdEgefteHt  toerben.  ©egen 
bie  Übertreter  ber  ©tatutcn  ber  9lcligion«frei^eit  foH  ber  8.  ärtifel  be«  6.  S^dtet«  bei 
Äönig«  2Blabi«lau«  VI.  tüieber  in  Äraft  treten   ober  jonft  eine  ongem^ene  ©träfe  auf 

eo  bem  nä^ften  Sanbtage  befd(|loffen  tverben.    @nblid(|  ift  biefe«  föniglid^e  Diplom  über  bie 


Sittjer  gfriebe  £t)Mic-SettttoIb  515 

Steltgiondfrei^t  auf  bem  näd^ften  Sleid^^tage  ju  beftättgcn  unb  in  bte  9letci^[tatuten  ein« 
uifdjialten.  S)iefe  Seftöttgung  bcr  Dom  ^atfer  ben  ^roteftanten  jugeftonbenen  SRec^te  unb 
^M^en  jKefe  übrigen«  infolge  ber  D^})ofttion  ber  ^^witen  bei  bem  SReid^tag  in  ^refe« 
bürg  t)cmt  ^ol^re  1647  auf  bebeutenbe  ^inbemiffe,  namentlich  iDoQten  bte  ^at^olifen  bie 
ben  ^rotefUmten  2ugef))ro(i^enen  itird^en  nid^t  jurüdgeben;  man  unterl^anbelte  lange,  bid  5 
enblic^  bte  StHingdifd^en,  bed  Streitet  unb  Sranged  mübe,  ftc^  ftatt  ber  400  entriffenen 
Hingen  mit  90  begnügten,  bie  il^nen  burc^  einen  töniglic^en  ©riafe  l?om  10.  gcbruar  1647 
jugetoiefen  tmtrben.  2)te  übrigen  S3eftimmungen  be^  Sinjer  ^eben^  mürben  angenommen 
unb  be^igt  unb  burd^  eine  Steige  Don  ßufa^rtiteln  ergänzt,  toelc^e  bie  90  Aird^en  na^: 
mentlic^  aufführten,  über  einzelne  befonbere  Seftimmungen  trafen  unb  gegen  bie,  hjelc^e  10 
[vif  unterfle^en  toürben,  itirqen  ober  anbere  ©ebäube  toegjunel^men  unb  $roteftanten  in 
Xudübung  \fyc^  ©ottedbienfted  )u  l^inbem,  unb  bann,  bom  S3i5egef))an  gur  Drbnung  ber^ 
mo^nt,  fi(^  ungel^orfam  geigen  toürben,  dne  Strafe  bon  600  p.  feftfe^ten.  ®er  für  bie 
^rotefianten  Ungarn«  fo  toic^tige  Sanbtag  enbete  am  17.  Suli  1647.  müp^tl  f- 

2ippt.  1.  2i})})es3)etmoIb.  —  £).$reu6unb?r.gfal!mnnn,fiippif(6e9fle9eften,5»bc;  I6 
t.  ^Ihnann,  ^Beiträ^c  gut  (S^efc^ic^te  bed  gürftentumd  2.;  ^.^reoed,  ®ef4.  ber  ^irdien  k. 
M  lipptfc^n  fianbed;  berf.,  ^ie  dieformation  in  fi.  bid  gum  Interim ;  berf.,  (ä^raf  8imonVI., 
ttrfifin  ((a^mire,  f^rftin  $auline  (in  Ihino'd  (S^ebödätntdbuc^e  ber  ref.  dürften  k.);  ^- (Giemen, 
(IHnf Urning  ber  ^Reformation  in  fiemgo;  berf.,  Seitröc^e  gar  ^ircf)enfle{(^.  in  £.;  ^.  r>,  @öOn, 
dkn-'^up.,  Urfunbl.  Säeitr.  gur  (^efc^.  ber  2ipp.  ilO.'  oon  1684;  iib.  Z^topoih,  2)ie  [Reform  20 
mation  in  £.;  D.  fjr.  IBranbed,  ^ie  ^ugenotten«^olonie  im  gürftentum  Sippe. 

3)te  (S^ftianifterung  be«  f^rftentum«  gel^t  bid  auf  bie  3^  ^^^^  b*  ®^*  gurütf, 
unb  ba  tooren  e«  bemt  bad  S3idtum  ^aberbom  unb  bie  SKbtei  gur  Sorbe^  a.  b.  SB.,  bon 
too  bie  ©rünbungen  aui^ingen.  ^iei^  befunben  fc^on  bie  Stamen  ber  ^eiligen,  toeld^en 
bie  olteften  fliic^en  bed  Sanbe«  getoei^t  toorben  fmb,  be«  itilian  unb  be«  SSitu«,  unb  ba^  25 
bie  itirdi^,  tDelc^e  ben  92amen  be«  erftgenannten  tragen,  toie  bie  gu  @(^ötmar,  fd^on  bor 
bem  3a^  836  erbaut  toorben  feien,  barf  tool^l  au^  bem  Umftanbe  gefcbloffen  loerben, 
bag  in  btefem  ^lal^e  ^aberbom  felbft  einen  anberen  @d(|u$patron  betam,  ben  Siboriu«, 
ber  au«  2e  SRond  berübergebrai^t  tourbe.  Sa«  (ippifc^e  £anb  bietet  aber  in  lirc^Iic^er 
^infic^t  bo«  gange  Mittelalter  ^inburc^  teinen  anberen  Slnblid  bar,  al«  ben  ber  bom  ^ßapft^  ao 
tum  be^errfc^ten  fiänber  Seutfc^lanb«  überl^u^t,  gule^t  immer  me^r  gunel[|menbe  SSeräu^er^ 
Gf^ung,  unb  befonberer  Srtpäl^nung  berbient  too^l  nur  jener  ®raf  Seml^arb  %ur  2tppt, 
bcr  noc^  allerlei  triegerifc^en  ®ro|t^aten  geiftlic^  unb  ein  eifrig  toirfenber  Sifcpof  tourbe 
unb  toel4fem  ein  @oefter  Siebter  in  frinem  Sippiflorium  ein  poetifc^e«  Sentmal  geje^t  ^at. 

3>ie  Steformation  fanb  in  einigen  @täbten  be«  Sanbe«  frü^geitig  großen  älnllang,  S5 
bor  oQen  in  Semgo,  einem  Witgliebe  be«  ^anfabunbe«,  fotoie  aucp  in  Sippftabt,  93(om<: 
bog  unb  Salgußen.  3tammHxd)  in  ber  ei^tgenannten  @tabt  entftanb  fd^on  im  Slnfange 
ber  itDongiger  9|al^re  be«  16.  ^^l^^'S^unbert«  eine  Setoegung,  bie  mä(i;tig  auf  ba«  Slbt^un 
pat>tftif(^  3Ri^dud^  l^inaudging,  unb  ba  toar  e«  ber  9teformator  bon^erforb,  Dr.^ol^. 
S)mer,  ber,  ein  fiemgoer  Jtinb, '  auc^  auf  feine  Saterftabt  einen  großen  (Sinflu^  ausübte.  40 
Stur  9lat  unb  Sürgermeifter  tooQten  bon  ben  „Steuerungen''  nic^td  miffen,  unb  toer  na^ 
mcntlt4i  ouc^  ber  9leformation  entgegen  mar,  freilici;  me^r  au^  politifc^en,  al^  religiöfen 
9d>enlen,  bo«  Hhw  ber  Sanbe^^err,  ®raf  Simon  V.  ©r  erliefe  ba^er  bro^enbe  3Kanbate 
gegen  bie  Stabt,  boc^  ol^ne  bamit  bie  93ürgerf(i;aft  eingufc^üc^tem,  unb  nad(|bem  bie  beiben 
regiertnben  Süi^ermrifter,  toeil  boc^  „aQed  berloren  fei'',  i^r  älmt  niebergelegt  i^aittn,  ge^  45 
toannen  bie  (Sbangelifc^en,  unter  ^ü^rung  bed  el^^emald  etfrigften  ^apiften,  be^  $aftord 
SRori^  $iberit,  unb  be^  au^  Soeft  berufenen  ^iag.  ®er^.  Oemeten,  befonberd  auc^  nac^« 
bem  itoet  gleic^efinnte  SDlänner,  Subolf  SReier  unb  @mft  b.  b.  9Bi))per  gu  93ürgermetftem 
getDoplt  kborben  toaren,  über  ade  Stnftrengungen  ber  @egner  ben  Sieg.  Sluci;  Sanbgraf 
$^t)^  bon  Reffen  nol^m  [xd}  feiner  @tauben^enof|en  in  ber  Stabt  an  unb  brachte  ed  so 
bei  bem  ®rafen  Simon  bal^in,  bafe  biefer  bon  ®etoaltmaferegeln  Slbftanb  nal^m.  3Ragtftrat 
unb  9ürgerf(^ft  nahmen  im  ^a^re  1533  bie  braunfc^toeigifc^e  Jtird(|enorbnung  an,  unb 
bon  ba  an  bürfte  Semgo  ald  eine  ebangelifd^e  Stabt  begei(i;net  Serben.  92ur  in  ben  Sanb« 
gemetnben  tourben  aQe  ebangelifd^en  Stegungen,  too  fte  fic|  ja  geigen  mod^Un,  im  Jleime 
ecfUdt,  bid  bann  auc^  l^ier  naö)  Simons  V.  Xobe  (1536)  eine  äBenbung  eintrat.  55 

Simond  Sobn,  SemlS^arb  VIII.,  toar  noc^^  fel^r  jung,  unb  bie  SJormünber  Sanbgraf 
$^li)>p  unb  ®raf  ^obft  bon  §o^a,  auc^  Ic^tercr  ber  Sieformation  gugct^an,  liefen  il^ren 
Stfinbel  ni(^t  blofe  ebangelifc^  ergießen,  fonbem  beriefen  auc^  gtoet  entf(i;ieben  ber  Slefor^ 
motton  jugd^ane  ©riftlicpe  nac^  Sippe,  um  l^^ier  il^r  äBert  gu  t^un,  ^o^ann  Ximann  bon 


516  St)Mie-2)etmolb 

Sternen  unD  SRog.  ätbrian  93ucfc^oten  an^  ^ot^a.  Sie  Ke|en  Don  bi^fen  eine  Sxcd^- 
orbnung  aufarbeiten,  bie,  bon  äßittenberg  gebilligt,  auf  einem  Sage  nt  S9rale  im  ^oifa 
1588  Don  SRittetfc^aft  unb  ©tobten  angenommen  toutbe.  Überall,  too  fie  irgenb  p  ^aben 
toaren,  tourben  je^t  im  Sanbe  eDangelifc^e  ^rebiger  an^efiteQt,  unb  bie  Stefocmotton  f^ 

5  je^t  ald  burd^efü^t  angefel^en  ft)erben  fönnen,  toenn  nic^t  xiad^  bem  unglüdKic^  fc^ot 
talbifc^en  jtriege,  ju  toeU^em  aud^  ®raf  93eml^arb  auf  Sonbgraf  $l^ili^t>d  Seronlaffund 
Gleiter  gefanbt  ^atte,  bad  laiferlid^e  Interim  mit  großer  @etoalt  aud^^  in  ber  ®raff(^ 
2\ppt  toäre  eingeführt  toorben.  ^aburd^  entftanb  benn  freiließ  ein  groger  Slüdfc^lag,  fo 
ba|,  toie  u.  a.  in  ber  @tabt  Salzuflen,  too  man  l^ngfi  aud^  eDangelifc^e  Sel^  unb  ekxim 

10  gelifc^en  93rauc^  eingefü^  l^atte,  naJ^em  ber  ganje  ^i}a)>idmud  toieber  J^ergefteOt  tmnbe, 
unb  bag  auc^  feObft  bie  @tabt  Semgo  3Rttl^e  l^atte,  fi^;  bei^  ^nterim^  }u  ertoe^ren.  @ift 
nac^bem  3}tori|  Don  @ad^fen  fid^  toieber  auf  bie  @eite  be$  Sbangelnimd  gejteHt  ^otte 
unb  burc^  ben  9tümbetger  Sleligion^frieben  ben  t)roteftierenben  Stäuben  freie  Steligion^ 
Übung  gugeftc^ert  toorben  ioar,  tonnten  bie  @oangeIif(^en  ouc^  in  2xppt  fid)  toieber  rühren. 

16  ®raf  Sem^arb  toar  fc^on  1553  geftorben,  unb  für  feinen  unmünbigen  @ol^n  Simon  VI. 
führte  beffen  Ol^^eim,  ©raf  ^ermann  Simon  Don  S^iegelberg  unb  $^rmont,  bie  Dormunb^ 
fd^aftKd^e  ^Regierung,  ein  ebangelifc^  gefinnter  $err,  ber  bann  oud^  burc^  ben  ®enerat 
jt^^erintenbenten  3Icag.  ^ol^.  b.  ^er  unb  ben  93ater  ber  itonlorbienformel,  äbibteä,  eine 
neue  Jtirc^enorbnung  aufarbeiten  lieg,  bie  fogen.  Si))t)es@)>iegelbergif(^e,  bie,  im  ^o^  1571 

20  t>eröffentli(^t,  benn  aQerbmgd  ba^  Sut^ertum  in  ber  Si))^i{(^en  Hin^e  einffli^.  3)ie 
9(uguftana  bon  1530,  beren  Sinologie,  bie  @(^mallalbifd[^en  Slrtifel  unb  £ut^erd  Jtotec^ 
men  iourben  l^ier  ald  binbenbe  S3e(enntnidfc^riften  aufgefteUt,  nur  nic^t  bie  Aontotbcen^ 
formel,  bie  ti  \a  hamaU  noc^  nid^t  gab,  unb  nur  bag  mit  mand^  Sigentftmlid^Ieitoi 
bed  fl^egififc^en  Sutl^ertumd  3Rag.  b.  @^er  bod^  leme^toeg^  einberftanben  toar,  tote  u.  a. 

25  mit  ber  Ubiquität,  gegen  toelc^e  er  fic^  entfd^ieben  au^efprod^  1^.  9(u(^  t>ün  ber  Stobt 
Semgo  barf  gefagt  toerben,  bag  fte  bid  bo^in  boc^  feine^toeg^  eine  SCn^ongetin  bed 
ftr engen  Suti^ertumd  toar,  toenn  auc^  ber  in  i^r  angenommene  %tjfpu&  atö  ber  SBittcn« 
bergifc|le  begeid^net  ft)erben  mu6.  @inen  $rebiger,  ber  bie  Seigre  bon  ber  SQIgegoitoait 
bed  Seibed  ei^rifti  bertünoigt,  ^e  man  be^l^b  in  Semgo  fdned  Sienfted  entloffen. 

80  älber  je^t  foQte  gerabe  um  ha^  Sutl^ertum  in  Si))))e  ein  Streit  entbrennen,  ber  — 
bie  Stabt  Semgo  abgerechnet  —  bem  anberen  %\^pvii,  ben  man  ie|t  ben  reformiecten 
nannte,  im  Sanbe  ;um  Siege  berl^alf.  @d  toar  bie  Qtit,  too  burd^  bie  9htffteOung  b(( 
jtonforbienforme(  eine  S(^eibung,  toeil  @ntfc^eibung  in  bie  ebangelifc^e  Rvtd^  ^beutfc^IaiM 
lam.   ^atte  man  bid  ba^tn  ben  93rud^  }totfd^en  ben  beiben  Siic^tungen  inner^b  ber  Ste« 

85  formation^tird^e  fo  lange  unb  fo  gut,  toie  möglid^,  l^intangu^lten  gejuckt,  fo  trat  ben 
maggebenben  3Bäd^ten  jeftt  ba^  (Suttoeber-Dber  entg^en,  unb  oa  entfc^ieb  fu^  Simon  VI., 
tote  eine  gange  Slnjal^l  feiner  Stanbe^genoffen  namentlid^  im  toeftli^^en  ^eutf^lanb,  ffit 
bie  reformierte  Stic^tung  ober,  tote  man  bieUeic^t  fagen  barf,  bafür,  ftc^  unb  ber  SSxift 
feinet  Sanbed  eine  un^artetifc^e  Stellung  gu  geben.    3)ie  noc^   aud  bem  ^ßa)){}tum  noc^ 

40  gebliebenen  ^tgbräuc^e  foQten  in  feinen  ^irc^en  boQenbd  abg^an  toerben,  benn  ba  fodte 
ntc^td  gelten,  ate  bad  Urfbrünglic^e,  nämltc^  bad  SBort  ®otted  in  ber  1^  S(^ft  unb 
bie  brei  alten  fird^lic^en  ®lauben^be(enntniffe.  @d  mug  audbrü(Ili(^  betont  toerben,  ba| 
er  teind  bon  ben  je^t  aU  „reformiert''  bezeichneten  ©laubendbefenntniffen  atö  binbenb 
aufftellte,  nur  bag   er  in  bem  Sutl^ertum  noci;  manc^ed  aU  alten  ))a^ifti{d^  Sauerteig 

45  begeid^nete,  ber  in  ben  Aird^en  abgetl[|an  toerben  muffe,  mie  ben  ®£orcidmud  bei  ber  Zaufc, 
bie  Siebter  beim  älbenbma^l,  bie  ^oftien,  bie  er  mit  bem  )u  bred^enben  Srote  bertoufc^ 
lieg,  Silber,  Arugifi^e  u.  bgl.  m.  @d  feilte  eben  eine  Steinigung  bon  ben  nodb  bor^onbencn 
?(eften  bed  ^{$at)fttum$  fein,  toad  er  boma^m,  toe^^alb  er  benn  auc^  bie  Jlird^enoi^ming 
bon  1571  befte^en  lieg  unb  aud^  feinedtoeg^  barauf  ^inau^ing,  ben  lut^erifc^  Jtdtec^ 

60  mud  au^  bem  ^ugenbunterrid^te  ju  befeitigen,  unb  bag  aDed  nac^  ber  Sc^ft  auigelf^ 
merben  foQte.  $ag  er  freiließ  bamit  nun  nic^t  überall  im  Sanbe  Slntlang  unb  Serftftnbntf 
fanb,  ift  nxd^t  ju  bertounbem,  befonber«  al^  nun  auc^  unter  ben  (Seiftlic^,  bie  er  mit 
ber  Studfüi^rung  feiner  ^läne  beauftragte,  fic^  einige  Äeigfjjome  befanben,  bie  mit  \ifa^ 
ätücfftc^t^loftgteit  gegen   ba^  bid^er  noc^  93efte|^engebliebene  borginaen.    ^n  S)etmo&,  in 

55  $om,  in  Slomberg,  in  Salzuflen  tam  ed  gu  2Biberft)rud^  unb  SBibetftanb,  ber  bann  fccib^ 
nid^t  immer  mit  fanften  3Ritteln  befeitigt  tourbe  nac^  bem  ©runbfo^e  ber  ^6t,  bog  bem 
Sanbe^^erm  bie  oberfte  @ntfd^eibung  and}  in  SReligiondfa^en  gubmme,  bod  jus  re- 
formandi. 

93efonberd  toar  e^  l^ier  bie  Stabt  Semgo,  bie  je^t  mel^  unb  mel^  ft^  jum  jtacngCR 

bo  unb  audfc^liegenben  Sut^ertum  toanbte  unb  bte^  mit  allen  9Ritteln  bed  Sßiberftanbed  }b 


Sitit^e-Setmolb  517 

Derteibigen  fuc^te.  Sin  $e^ereten  fel^Ite  e^  natürlich  au(^  ntd^t,  tote  bie^  bei  fold^en  ®e« 
legen^etten  ja  mm  einmal  ber  %aü  ift,  unb  toa^  toof^l  aU  bad  eigentlich  ;u  ®runbe 
liegenbe  3Rotib  bei  ben  äSertretem  ber  @tabt  bejeic^net  toerben  barf,  toat  me^r  t)oIitifc^er, 
aU  rdigtöfer  äirt  2)ie  @tabt  fül^Ite  ftd^  old  unabJ^ängige  ^leid^tabt  unb  machte  aud^ 
auf  hxößdftm  ®ebiete  Slnf^rucb  barauf,  ba^  i^r  biet  ba$  SSeftimmung^ec^t  julomme  unb  5 
nid^t  bem  Sanbed^erm.  @ie  l^atte  ein  eigene^  5tonftftorium  errichtet,  ba$  bie  jura  circa 
Sacra  in  i^m  3lamta  foQte  )u  bertoolten  ^oben,  h)ie  fie  benn  ja  aad)  eine  eigene  ®e« 
ric^tdbarleit  befo^,  unb  ba  ergaben  ftcb  bie  ®egenfä$e  bon  felbft.  9Ba$  ber  ®raf  bon  il^ 
t><dangtf,  erfc^ien  i^  ald  ein  @inbru(b  in  i^re  ftöbtifd(^en  ®ered(^tfame,  unb  fo  erl^ob  fte 
{t(^  )um  äßiberflanbe,  ber  bann  freiließ  auc^  ben  @rfoIg  l^atte,  ba^  ber  ®raf  fte  fc^Iie^lid^  lo 
bei  ^em  Sut^ertum  ungeftört  belaffen  mu^te,  aber  auc^,  ba^  fte  nun  aud^  leinen  refor^ 
miert  ®eftnnten  in  il^en  !IJtauem  bulben  tooÜU,  ba^  jjeber  Sujiel^enbe  fic^  ber))f{icl^ten 
mu|te,  ftc^  )um  (utl^erifc^en  SSelemttniffe  ju  l^alten,  toenn  er  übttfyixipt  aufgenommen 
toeiben  tpoOte.  2)ie  ilird(»e  )u  @t.  ^fol^ann  bor  Semgo  l^atte  ftc^  auf  bie  Seite  bed  ®rafen 
gefieQt  unb  bid  bo^in  an6^  ^Ißarod^ialrec^te  in  ber  @tabt  gehabt,  ja  toar  eigentlich  bie  15 
fyaipthxd^  bort  getoefen,  bon  je^t  an  —  tourbe  fie  auf  il^e  £anbgemeinbe  befd^ränlt  unb 
wre  Steckte  in  ber  @tabt  ü^r  mit  großem  @ifer  beftritten.  ^n  ben  übrigen  @täbten  unb 
Ottf^Ktften  bed  Sanbed  fe|te  ftc^  bagegen  bie  ,,9leformation''  bed  ®rafen  burc^,  auc^  lam 
ber  (ut^fc^  Jtatec^idmud  bolb  in  Slbgang,  unb  an  feiner  ©teile  fü^en  bie  ^aftoren 
einer  nod^  bem  anberen  ben  ^eibelberger  ein,  bid  bann  im  ^fai^re  1684  ®raf  Simon  ao 
^einric^  eine  neue  Jlirc^enorbnung  anarbeiten  lie^  unb  einfllbrte,  bie  ganj  ben  Sbaralter 
biet  reformierten  jtird^e  trägt  unb  bad  Setenntnid  ber  beutfc^en  reformierten  Jtircpe,  ben 
ßeibelberger  5tate(^idmu$,  old  bie  binbenbe  Se^morm  auffteUte,  ;u  toelc^er  ftc^  jeber  anju« 
^enbe  (ikifUid^e  ber))flic^ten  mu^te. 

gm  le^tberfloffenen  ^a^l^unbert  l^aben  fic^  bie  lonfefftoneSen  Sierl^ältniffe  im  großen  25 
unb  ganjen  ottc^  in  Si^^e  nid^t  geönbert.  ^n  ber  3^  bed  Slationali^mud  tourbe  in  ben 
reformierten  jtird^  bed  Sanbe^  an  Stelle  be^  ^eibelberger  JtoteAi^mu^  ein  anbered  9le« 
ligiondbuc^  eingeführt,  ber  fogen.  SBeertl^f^e  Seitfaoen,  ber  ober  mepr  einen  milben  @u^ra:: 
naturalidmud  b(n:ftellte,  je^t  iebod^  nac^  längerem  5tamt)fe  bem  ^eibelberger  toieber  l^at 
toeif^  muffen,  unb  auc^  bad  in  ben  Sxtd)m  gebrauchte  ®efangbudj^  ift  berfd^iebentlic^  so 
geönbert  toorben,  je  nad)  ber  toed^felnben  Slid^tung  ma^gebenber  Parteien,  ^u  ben  beiben 
Iitf^f^fen  Xxt^  in  Semgo  lam  fc^on  im  18.  ^[al^rl^unbert  auc^  eine  folc^e  in  3)etmoIb 
mit  boden  ^3<^oc^alred^ten  unb  in  ber  2.  ^älfte  bed  19.  noc^  atoei  anbere  in  S3ei^(trd^en 
unb  )u  Solguflen,  toäl^enb  eine  britte  in  Semgo,  bie  bort  burc^  einen  ^aftor  @teffan  aU 
freie  (ut^fc^e  ®emeinbe  eingefül^rt  tourbe,  ft^  toieber  aufgeUft  l^ot,  il^r  Hird^engebäube  35 
ben  Steformierten  überlaffenb,  bie  fic^  in  ber  @tabt  Semgo  fo  au^ebreitet  l^aben,  ba^  fte 
ie|t  minbeflend  bie  ßälfte  ber  @intool^ner  bort  bilben.  $ie  lutl^erifc^en  Hirc^en  finb  auc^ 
unter  bod  knbed^lic^e  jtonfiftorium  m  3)etmo(b  gefteUt  toorben,  in  toeld^em  fte  einen 
eigenen  itonftflorialrat  atö  SSertreter  ^aben,  unb  bilben  aud^  einen  eigenen  @^nobalbe)irI 
im  Sanbe.  ^en  Steformierten  ift  aud^  eine  @^nobalberfaffung  nac^  mobemem  !IJtufter  ge»  40 
geben  tDorben,  unb  ben  römifc^en  Jtatl^olifen,  bie  frül^er  nur  jtoei  Jtird^en  im  Sanbe  be» 
fa^,  fyA  man  berflottet,  noc^  an  ac^t  anberen  Orten  ©emeinben  }u  grünben,  bie  unter  bem 
S^c^ofe  bon  $aberbom  fte^en.  ^m  Sanbe  l^errfd(^t  biel  lird^^licper  @inn  unb  namentlid^ 
aad^  bod  gntereffe  für  innere  unb  au^toärtige  ußiffion  ift  bort  ein  überaus  lebl^afte^. 
SSo^It^ättge  6tifhmgen  giebt  e^  au$  alter  unb  neuer  ^Ät  eine  ganje  Slnja^l  im  Sanbe.  45 
%t  nennen  ift  ba  befonberd  bie  5tinberl^eilanftalt  unb  bie  Slnftalt  für  Teilung  bereite  fon^ 
fffmterter  9RäbAen,  bad  fogen.  @ot)^ien^u^  ju  @ahuflen,  fotoie  bad  9lettungdl^aud  )u 
9rfinau  bei  Gd^ötmar,  unb  bie  bor  turjem  ;iu  ^etmoib  gegrünbete  Sanbe^ialoniffenanftalt, 
bie,  entftnrec^enb  ben  tonfeffioneUen  äSer^ältniffen  im  Sanbe,  ^au))tfäc^licb  für  ben  ^ienft 
an  ber  reformierten  5tird^e  beftimmt  ift,  ober  aud^  frembe  !IJtäbd^en  lur  Slu^bilbung  für  so 
ben  Stalbniffenbienft  aufnimmt,  ^m  ganzen  befte^en  47  gcmeinnü^ige  9lnftalten  im  Sanbe, 
folüie  auc^  HRiffton^ereine  unb  ein  3*^«0ö^^itt  i"^  ®uftab-3lbolfs©tiftung.  S)ie  rcfor« 
mterte  Jtirc^  )ä^lt  41  ®emeinben  mit  46  ^aftoren  unb  8  ^ilf^^rebigem,  bie  lut^erifd^e 
5  ®emeinben  mit  1  ^liole  unb  5  @eiftlid(^en,  bie  römifd^e  10  ®emeinben  mit  10  ®eifts 
lic^  3)te  ^ugenottenlolonien,  bie  in  ^etmolb  unb  Semgo  beftanben,  finb  nad^  nid^^t  55 
fe^  langer  2)auer  toieber  eingegangen,  ibre  "iUlitglicber  jum  3^eil  an  bie  reformierten  Äirc^en 
bed  SonbeiS  abgebenb.  2)ad  @d(^uUoefen  im  Sanbe  barf  aU  blül^enb  bejeicbnct  toerben. 
8«  befte^  jtoei  ®VmnaRen  inS)ctmolb  unb  Semgo,  eine  SRealfd^ule  ^u  Salzuflen  unb  ein 
S^rerfeminor  in  ®etmoIb,  fotoic  in  mehreren  ©täbten  l^ö^ere  Stöcbterfc^ulen.  Sin  eüan^ 
gettfd^  SJoUdfc^en  giebt  ed  123  im  Sanbe  mit  230  Se^rem,  baju  1 1  röm.^fat^.  unb  eo 


518  Stti^e-Setmolb  £itl)»^6l^otttltBlurg 

eine  @tmu(tanfd^ule.  2Bad  bte  ®el^a(töberl^ältntffe  betrifft,  fo  ift  für  bte  ©etfUic^en,  tote 
auc^  für  bte  Se^rer  eine  auffteigenbe  ©lala  ie  nad^  bem  ^ienftolter  eingeführt,  beren  @a|e 
je^t  ben  in  anberen  beutfc^en  Staaten,  namentlid^  ouc^  in  $reu^en  feftgefe^en,  no^u 
gleic^fommen.  D.  »wmbe». 

6  ütppt,  2.  @(i^aumbur0s£ij)j)e.  —  (5.  «T.  S)oac,  ®ef4.  ber  Oraff^aft  eaaum- 
bürg;  ber  f.,  Bibliotheca  Historica  Schavenburgensis;  ^ouber,  Primi  tiae  SchJaTenbnrgenfles; 
(S^v.  2)QffeI,  ^abeQartfc^e  Überfid)t  ber  iRegenten  DonSc^aumburg;  ^eibffiniper,  f)ie  fdyaumb.* 
lipp.  Stix&ie;  %[.  2)reDed,  (^rof  Wl^PP  (in  (Sunod  O^ebä^tnigbuc^  ber  ref.  Surften  tc); 
S3ranbed,  Xie  ref.  ^irc^e   in  ©tabt^agen;  berf.,   ^ie  |>ugenotten!oIonie   in  IBüdeberg  (in 

10  Fölling  ®eMi(6tdbI(.  bed  beutfc^en  ^ugenottent)ereinS ;  berf.,  dwü  fürftl.  ®Iaubendbetennt: 
nifje;  ^ammann,  G^cfc^ic^te  ber  9iefonnation  in  Sc^aumburg «Sippe. 

S)a^  ^rftentum  ©c^aumburg^Sippe  befte^t,  feinem  ie|igen  Umfange  nac^,  erß  feit 
bem  ^afyct  1640,  too  mit  DttoV.  ber  SRannedftamm  ber  ©d^aumburger  erlofc(^  unb  bad 
jüngere  ^aud  Sippe  aU  ©c^umburg  toeiblic^e  Sinie  in  ber  $älfte  ber  alten  ®raff(^ 

15  mx  Slegierung  tarn,  ^n  biefer  ftammten  bte  erften  d^riftlic^en  ©iebelungen,  tDte  über» 
paupt  in  biefen  ©egenben ,  fd^on  aud  ber  3rit  RaxU  b.  ®r.  unb  gingen  bon  bem  fc^ 
bamatö  gegrünbeten  Si^tume  SRinben  au$.  ©o  bie  ^fter  ni  Dberltr6m,  )u  %i^bti, 
)u  SRöQenbetf,  unb  bon  ^ier  au$  h)urbe  bann  bad  Sanb  aumöl^Iic^  (priftianiftert,  unb 
jtoar  in  ber  Slb^ängigleit  bon  9lom  unb  bedl^  aud^  allen  ben  äRiibilbungen  unte^ 

20  toorfen,  bie  bon  ba  anfingen.  S>ie  Sieformation  aber  fanb  berl^&ltnidmä|ig  fpat  in  bec 
©raffc^aft  Eingang,  erft  in  ben  fed^jiger  ^ai^ren  be^  16.  ^a^l^unbertd,  unb  bod  1^ 
bamit  jufammen,  ba^  bie  ®rafen  aud  bem  $aufe  ©c^umburg  faft  fämtlic^  ^o^  geifi< 
lid^e  ©teilen  innehatten.  Ser  eine,  Stbolpl^  XI.,  toar  2)om^en  unb  bann  Srjbtfc^of  Don 
5t5ln  al^  9{ac^fo[ger  ^ermann^  t>on  SBieb  unb  l^tte  l^ier  tool^I  ben  grö|ten  Snteil  an 

26  ber  Unterbrücfung  ber  9leformationdp(äne,  toeld^fe  fein33orgänger  l^eate,  unb  auf  i^n  folgte 
fein  S3ruber  älnton  auf  bem  er;bifd{f5ftic^en  ©tu^Ie.  3>a  toar  ed  oenn  nid^t  onbetd,  oU 
ba^  reformatorifc^e  Setoegungen,  bie  auc^  in  ber  ®raffc^aft  berbortraten,  tote  gu  Sinb^ 
l^orft  unb  DbemKrd^en  burd^  bie  $Iebanen  Sl^fobe  unb  SBefcp,  fd^on  im  Jtetme  er^ 
tourben.    ®rft  nac^bem  Srjbifc^of  älnton  (1558)   geftorben  toar  unb  Otto  IV.   bobun^ 

80  freie  ^anb  belam,  getoann  and)  bie  Sieformation  im  fianbe  Siaum. 

(§raf  Otto  toar  anfänglid(^  aud^  für  ben  geiftlic^en  ©tanb  erjogen  unb  bereite  mm 
S3ifc^ofe  bon  $i(be^^eim  beftgniert  toorben,  aber  um  ba^  $aud  nic^t  anwerben  ya  la\\m, 
befd(^[offen  bie  93rüber,  ba|  er  auf  ^ilbed^eim  berjic^ten  unb  bie  Slegierung  ber  ®ca^ 
fc^aft  antreten  foQe.  ^r  bie  Sieformation  tourbe  er  jeboc^  erft  fpöter  ^etoonnen,  noc^bem 

86  er  mit  einer  S^od^ter  bed  $erjogd  @mft,  bed  SSefennerd,  bon  Sraunfc^toetg^Sünebiug,  (Sfifa^ 
btü)  Urfula,  ber^eiratet  toorben  toar,  unb  auc^  je^t  nod^  ging  ed  im  Steformieren  nur 
langfam  bortoörtd,  mel^r  gefc^oben,  al$  au^  freiem  llntriebe.  2)en  äBeltgetftiic^  $oppel^ 
bäum  ju  Olbenburg,  ber  für  ba^  Slbtl^un  ber  papifäfc^en  3Ri^bräu(^e  eintrat,  na^  er 
in  feinen  @d{fu(,  unb  berief  bann  ben  S^l^eologen  ^ammann,  anfänglich  nur  jum  $of» 

40  prebiger  für  feine  ^rau,  nad^  ©tabtl^agen,  ber  bamaßgen  Slefiben),  gab  il^m  bann  aber 
bad  $Ber{  ber  itiri$enreinigung  in  bie  ^änbe,  toad  biefer  benn  au^  mit  allem  (Stfer  be« 
betrieb.  (Segen  bie  3Ritte  ber  fecbjiger  2i<^te  fonnte  bie  (äraffdbaft  atö  ein  ebongelifc^ 
Sanb  bejeic^net  toerben,  unb  aU  Hird^enorbnung  tourbe  bie  ^ecflenburgifc^  bon  1952 
angenommen. 

45  (Sroge  93erbienfte  um  bie  nac^  bem  äBittenberger  X^pud  eingerichtete  jtitc^  bed 
Sanbed  em)arb  ftd^  ber  ^rft  (Smft,  ber  aud^  für  bad  ©d^ultoefen  eine  treue  Sorgfalt  an 
ben  Sag  legte  unb  aud^,  jur  ©tü^e  ber  Sieformation,  bie  fpöter  nac^  Slinte(n  berlegte 
Uniberfttät  )u  ©tabtl^agen  grünbete,  ber  (Semeinbe  ju  SSücfeberg  aber  bie  gro^e  imb 
fd^öne  Äird^e  baute,  ber  fte  ftd^  noc^  je^t  erfreut,  nebft  einer  noc^  j^t  befie^enben  ^id^iercn 

60  ©d^ule.  9(uc^  fteQte  er  (1614)  eine  neue  5tird^enorbnung  auf,  bie  ftc^  aü  milb  Iut^erif(^ 
ertpeift.  2)ie  itonforbienformel  toirb  in  il^r  nic^t  atö  S3e!enntnid  aufgefü^  unb  ou^  bie 
9(uguftana  nic^t  mit  audbrüdHid^er  äSe^eid^^nung  atö  ber  „ungeänberten''.  ^ürfl  Smfl,  ber 
mit  einer  ©d^toefter  beg  Sanbgrafen  SKori^  bon  §eff en  berl^eiratet  toar  unb  beffen  ©c^toe^er 
Slifabet^  (9raf  ©imon  VI.  jur  Stppe  geel^elic^t  l^atte,  ^ing  fc^toerßc^  bem  esQufiben  2ut^ 

55  tume  an,  toie  ba$  aud^  feine  jRird^enorbnung  jeigt. 

Siad^  il^m,  ber  im  '^aifxt  1622  tinberlo«  ftarb,  folgte  bann  freUid^  ein  ri)mif(^ 
Stat^olil,  ^ob\i  ^ermann,  in  ber  Slegierung,  ber  aber  auc^  ol^ne  Jtinber  toar,  unb  ba 
je^t  bad  ^avL^  ©c^aumburg  nur  nod^  auf  jtoei  9lugen  ftanb,  auf  benen  bed  im  3a^ 
1612  geborenen  (trafen  Otto  V.,  fo  tourben  3(nftrengungen  gemad^t,  biefen  im  ^op^tum 


Si^^f^i^ottmbitrg  519 

ofid^m  ju  Men.  Slbcr  ba  flüchtete  t^n  feine  reformiert  gejtnnte  ?Kutter  —  ber  SSater 
toor  bereite  geftorben  —  eineloc^ter  be«®rafen  ©imonVI.  jur  Sij)))e,  ju  i^rem  SSruber, 
bem  ®rafen  Simon  VII.,  nad^  S)etmoIb,  too  er  im  reformierten  SSefenntnid  erjogen  tourbe, 
toad  bann  Mir  ^olge  l^e,  ba^  er,  al^  er  nac^  ^obft  ^ermannd  Xobe  im  ^af^xt  1636 
in  ber  ©roffcM^  m  Stegierung  tarn,  in  feiner  @c^Io^i&^eI[e  ju  Südeberg  reformierten  6 
®otte^tenft  einrichtete  unb  ben  anl^a[tinifd(^en  Xl^eologen  2i0^ann  9())t)eliu^  ju  feinem  ^of« 
(fftbiger  berief,  greilic^  ftarb  nun  Otto  fd^on  im  ^^^^^^  1^40,  ober  nun  trat  ba^  refor^ 
miertc  §au^  8i})))e  in  ber  ?ßerfon  be«  ©rafen  $l^ilii>t)  in  bem  Seile  ber  ©raffd^aft  bie 
ätegierung  an,  ber  übrig  blieb,  nac^bem  ber  anbere  aU  l^ejfifc^e^  Se^en  bon  bem  ßaffeler 
Sonbgrafen  eingebogen  Sorben  toar,  unb  bon  ber  3^^  ^^  ^ft  ba^  ju  9üd(eberg  regierenbe  lo 
fiaud  bem  reformierten  SSefenntniffe  ^ugetl^an  unb  beftel^t  eine  reformierte  ©emeinbe  )u 
dücf eberg,  }u  ber  im  ^a^re  1 733  etne jtoeite  )u  ©tabtl^agen  ^in;ulam,  bie  ®raf  ällbredpt 
SBoIfgang  flu:  feine  bort  reftbierenbe  SJcutter  einrid(^tete,  toA^renb  ba^  Sanb  bei  feinem 
lut^fc^  Selenntniffe  ungeftört  belaffen  tourbe.  @d  mu^  anerlannt  toerben,  ba^  bad 
^oud  2i^)>e  bon  3lnfang  an  bie  auc^  burc^  bie  Umftönbe  gebotene  Rarität  beiber  Stonfefftonen  i5 
in  bem  t>on  il^m  regierten  Sanbe  el^rlic^  aufrecht  erhalten  unb  für  beibe  Jtirc^en  mit  gleid^er 
3äctat  geforgt,  aucp  berftanben  l^at,  ben  ^eben  ;toifd^en  beiben  Jtirc^en,  too  er  bebrol^t 
toax,  ftetd  tpieber  ^erutftellen. 

3)ad  tpar  benn  freilid^  toieber^olentlid^  nödg,  benn  an  ärgerlid^em  Streite  fehlte  ed 
aad^  ffitt  in  ben  ^gen  tonfeffioneUer  @t)annung  nid^t.  9(u(9  fd^on  unter  bem  erften  20 
Stb^fc^en  ®rafen,  $l^ilü)^,  regte  fic^  ba$  0euer  unter  ber  9lfd(^e,  tourbe  aber  bon  biefem 
nq^  gebam))ft.  Sld  aber  bann  ®raf  priebrid^  S^riftian  bie  Hugenotten  in  fein  Sanb 
berief  unb  auc^  il^en  t)oI[e  Steligion^freipeit  einräumte,  tourbe  lut^erifd^erfeitd  geltenb  ge« 
mad^t,  ba^  bie  lutl^erifd^e  Hird^e  bie  l^errfc^enbe  im  Sanbe  fei  unb  be^l^alb  au$  auf  (§e^ 
bü^en  bon  feiten  ber  9leformierten  Slnf^ruc^  l^abe.  ®raf  ^ebric^  Sl^riftian  lie^  jjeboc^  25 
btefen  Snf^ruc^  nid^t  gelten,  unb  ebenfo  auc^  ®raf  9llbrec^t  äBoIfgang  nid^t,  aU  er  im 
Xnfange  ber  bierjiger  ^aS^xz  bed  18.  ^^^^^^^^^^^  ^^^  neuem  erhoben  tourbe.  ^n  einer 
Scmbnung  aud  bem  ^al^xt  1746,  in  toelc^er  er  ben  Streit  um  bie  ©ebül^ren  aU  „un- 
ottfianbig''  bejeid^net,  fteQte  er  bie  beiberfeitigen  Siedete  auf  ber  ©runblage  böQiger  Rarität 
fcfl,  unb  fo  gefc^  ed  auc^,  aU  noc^  einmal  im  S3eginne  ber  neunjiger  ^aS^xt  bedfelben  so 
^Jio^unbertd  biefer  Streit,  unb  jtoar  in  überaus  l^eftiger  äBeife,  entbrannte.  ®d  toar 
^f^len  bem  lutl^erifd^en  Honfiftorium  unb  bem  reformierten  ^redb^terium  m  Südteberg 
auf  Setreiben  bed  ©rafen  ^^ili))^  @mft  ein  Slbtommen  bal^in  getroffen,  ba|  beibe  ^le 
\fyct  Zotm  auf  bemfelben  Hird^^ofe  beerbtgen  foQten,  unb  bamit  bie  Steformierten  bied 
Xed^  getDännen,  l^atte  ber  ©raf  p  bem  betr.  Jtirc^^ofe  nod^f  ein  Stücf  Sanb  l^injugeti^an.  85 
Vba  ba  folgte  ber  milb  gefinnte  ifutl^erifd^e  Su^erintenbent  ©ru))en  einem  Stufe  nac^92ien= 
\m^  feinem  ©eburt^orte,  unb  e$  fam  an  feine  Stelle  ein  ehemaliger  Srfurter  ^rofeffor, 
^nmet),  ber  [Ufy  atö  einen  toenig  t)erträglid^en  Tlann  fc^on  in  Srfurt  gezeigt  l^atte,  unb 
Uefcr  beanf)>rud^te  nun,  aU  bie  erfte  reformierte  Seiche  auf  bem  [M  gemeinsamen  ^Xoten- 
bofie  beerbigt  toerben  foQte,  ©ebü^ren  für  biefe,  trieb  bann  aber,  aü  er  bamit  nid^t  burc^^  10 
fam,  ben  Streit  fo  toeit,  ba^  er  auf  offener  Jtanjel  bie  gröbften  Sefc^ulbigungen  gegen 
bk  reformierte  Sonbedl^errfd^ft  berübte,  al&  ob  biefe  barauf  ^inau^e^e,  ben  Sut^eranem 
1^  Selenntnid  getoaltfam  m  nehmen,  unb  ba^  er  bie  lutl^erifd^en  Äonfiftorialräte,  toeld^e 
lenen  SSertrag  mit  ben  Sieformierten  eingegangen,  gerabeju  ak  SSerröter  am  lutl^erifd^en 
©louben  berf(^e.  Sefd^ftoic^tigungdberfudpe,  bie  aufzuregen  ber  f^tin  Juliane,  berSior-is 
BtfinberinsSlegentin  für  i^ren  Keinen  Sol^n  ©eorg  äBil^elm,  angefteQt  tourben,  blieben  o^ne 
Itgjüi^m  @rfolg,  ^orie))  unb  fein  92ebenpaftor  Slaufcpenbufd^  festen  ii^re  Hexereien  fort, 
inb  t&  blieb  ni(btd  anbere^  übria,  afö  bie  Sac^e  bor  ©eric^t  fu  bringen,  toorauf  bann 
He  beiben  bod^  leine^toeg«  im  SKufe  einer  $arteilid^feit  für  bte  Sieformierten  ftel^enben 
^otuU&ten  )u  Sei}))ig  unb  Sloftod  ba^in  entfd^ieben,  ba^  bie  beiben  lutl^erifc^en  ^rebiger,  50 
locil  fte  Shtfrul^r  gegen  bie  Sanbedl^errfc^aft  ge^rebigt  Rotten,  abgefegt  unb  be^  Sanbe^ 
bcctmefen  toerben  mü^en,  toa^  benn  auc^,  ba  eine  Slt^feHation  an  oad  Sleid^erid^t  p 
Bef^Iar  bergeblic^  toar,  in  äludfül^rung  gebrad^t  tourbe.  Seit  ber  3^  ~  ^"^  ^  if^  ^^^ 
\mIM  ^(ifycfjunh^  barüber  berfloffen  —  leben  beibe  Äonfefponen  in  brüberlic^em  grieben 
nibeneinanber,  unb  ed  ift  bon  $er^en  p  toünfc^en,  ba^  e^  fo  bleiben  möge.  55 

2)ie  Sutj^eraner  ^en  18  ©emetnben,  toelc^e  unter  einem  Sanbedfu))erintenbenten 
unb  jtoei  9e)Mdfu))erintenbenten  fte^en,  unb  in  ben  legten  3^^^^^  if^  ^^^^  Jtonftftorial« 
iMrfaifung  auc^  baburc^  ergänjt  toorben,  ba^  man  i^nen  na($^mobemem3nufter  itird^en» 
tNNEfiänbe  unb  eine  St^nobalorbnung  gegeben  l^at.  ®ie  reformierte  5tirc^e  bed  Sanbe^  ba* 
gegen  ift  ber  ))redbvtenanifd[^  berfa^ten  äonföberation  reformierter  Kirchen  in  ^{ieberfad^fen  00 


520  2ipptc&iimtxAux%  Sififlttd 

fd^on  feit  200  ^a^ren  angefd^loffen,  unb  auc^  bie  römtfdben  5tatl^oItIen  fyä>tn  je^t  jtixi 
®emetnben  im  Sanbe  mit  boQen  $aroc^ia(rec^ten.  Semerlt  fei  noc^,  bag  ebenfotool^l  bie 
Sut^eraner,  toie  bie  Sieformierten  gut  berfe^ene  SBaifenteffen  beft^en,  bie  burd^  bie  SonbeÄs 
l^errfd^aft  für  fte  geftiftet  toorben  finb,  bie  für  bie  Sieformierten  burc^  ben  ®rafen  ^^s 
5  Ixppf  ben  ©tammbater  beä  jeftigen  gürftenl^aufe^,  bie  für  bie  Sutl^eroner  burc^  bie  SDluttcr 
bed  @rafen  Sllbred^t  äBolfgang,  eine  geborene  ®räfin  bon  $ol^enlol^es®let(^en. 

D.  Brttttked. 

Si^iflitd,  Slid^arb  9(belbert,  geft.  1892.  —  91.  «T.  fi.  3toet  «ebfic^tnidreben; 
I.  ®.  92i4tet,  fi.d  fiebendbilb,    IL  gr.  92ippoIb,    fi.d   §iftor.  ^J^etbobe,  geno,  93    (6.^9.  aud 

10  8.  f.  IbÜT.  ®ef(6.  IL  SlltcrtumSfunbe,  93b  XVII);  «.  iWcumann,  (Brunblogen  unb  ®runb« 
5Üge  ber  ^eltonfc^auung  t).  SU.  ^.  S..  SBraunfc^meig  96;  (S.  ^fennig^borf,  SSergleid)  ber 
bogmat.  ©Qfteme  \).  SR.Sl.  ß.  u.  51.  9litf(ftl,  ®ott)a  96;  U.  Slclfcft,  S)ic  crfenntniÄtljeoret.  uni 
metopl^^f.  @)runblagen  b.  bogm.  (5t}fteme  t)on  9(.  (I.  SBiebermann  unb  91.  9(.  £.,  93erUn  01; 
^.  fiübenionn,  SR.  «.  ß.,   ©ctlogc  jut  SKünt^.  «rngem.  8tg.  92,  9?.  200;    berf.,  (grfcnntnt^ 

löt^eorie  u.  2:^coIog{c  IX,  X,  $rot.  3Ronot8öcftc  98,  ©.  17—29,  51-65;  ddc.  91.  «.  &, 
ÄtrcftUcftc  9Konat«fcftrift  94,  @.  798—817;  Ä.  o.  ^ofc,  Ä.-®c(*.  ouf  ber  ®runbl.  afab.  «oi- 
lefungen,  fieipjig  93,  III,  2,  2,  @.  551-52;  gr.  92ippoIb,  |>anbb.  ber  neueften  St.*(Bt\^ 
*III  1,  SBcrIin  90,  S.  465-80;  S.  ©.  91.  ö.  gronf,  ®c((6.  unb  ftrltif  ber  neucjten  Jbeo- 
logic»,  erlangen  98.  6.  192—96;   Ö.  ?Jünjer,  ®cfdi.  ber  cftriftl.  9lcHglon«p]6iI.  feit  ber  9lef., 

20  SBraunfdjrocig  83,  II,  @.  329—39;  O.  ißfleibcrcr,  ®cf*.  b.  9lcIigionÄp]6iI..  »erlin  93,  6.493 
bis  497;  91.  ©e^bcl,  9leliflion8pöiI.  im  Umrife,  eJretb.  93,  ©.73—110;  «T.  S)rctD«,  3)ie  beutfdje 
Spcfulation  feit  Äont,  II,  ©crlin  1893,  @.  118—143.  dln  üoDftänbtgcÄ  djronolog.  «er- 
^eic^nid  t)on  £.d  litterar.  Veröffentlichungen  ^ot  O.  SBoumgarten  ber  3.  9(uf[.  feiner  ^ogmatit 
beigegeben. 

25  Slic^arb  Slbelbert  Si^md  entftammt  einer  fäd^f.  ^^eologenfamilie.  Sd^on  ber  Up 
gro^bater,  ber  M.  S^r.  Gottlob  S.,  toor  Pfarrer  )u  ®ie^mann^orf  in  ber  9lteberlauftt, 
ber  ©ro^bater  M.  9(boIf  ©ottfr.  98i(^.  S.  unb  beffen  älterer  @obn  M.  ©ufüob  ^cm, 
Sul.  S.  bertvalteten  nadS^einanber  ba$  9lmt  eine^  Ober))farrerd  )u  SSemftabt  fat  beruber« 
lauft^  (bgl.  über  bie  beiben  jule^t  genannten :  Steuer  Slelrolog,  S^i^rg.  XIX,  S.  509—12 

80  unb  @.  1160—62).  äuc^  ber  jüngere  ©o^n  bon  äbolf  8.,  Äorl  ^einr.  8D>eIbcrt  pu* 
bierte  X^eologie  unb  $l^iIoIogie  unb  l^abilitierte  ftc^  1827  in  Seibiig  für  bibl.  Scegefe. 
^eilic^  jtoang  il^n  balb  feine  SRittelloftgleit  bie  JtonreltorfteQe  am  SRut^eneum  )u  ®era  )u 
übernehmen.  §ier  toar  e«,  too  i^m  feine  ©ottin  Juliane  STOoD^,  eine  lod^ter  ®l^renfrid 
Sloft«,  be«  Sleftor«  ber  £ei))jiger  il^omaSfd^uIe,  am  14.  ^bruar  1830  einen  ©o^  f(^enfte 

36  —  unfern  2.  3*^^  ^a\}xc  \pättt  bon  feinem  ©d^toiegerDater  M  Se^er  ber  Fleligioitf» 
toiffenfd^aften  an  bie  5C^omana  berufen,  l^at  er  biefer  Smftalt  bi«  ju  feinem  frO^  lobe, 
jule^t  als  i^r  Sleftor,  angehört,  feinen  ©dj^ülem  unb©ö^nen  ein  äSorbilb  in  treuer  $ffi(^' 
erfüuung  felbft  unter  ben  fd^toerften  Seiben.  2)er  öltefte  ©ol^n  l^t  il^m  ein  Uöned3)eitt 
mal  in  ber  Seben^befd^reibung  gefegt,   bie  er  ber  bon  il^m   beranftalteten  3(u^abe  ber 

40  „©d^ulreben"  feine«  Sater«  boranfteßte  (Setejig,  ^irjel  1862). 

S)ie  Äinber  be«  £et})jiger  ©^mnaftalle^er«  —  neben  9li(^b  Slbelbert  tu>df  jtod 
©ö^ne  unb  eine  S^od^ter  —  toud^fen  l^eran  bei  l^armlofen  ©^iel  unb  früJ^jeitiger  enifte 
älrbeit.  ^m  §aufe  l^errfd^te  biefelbe  fd^Iid^te  grömmigfeit,  bie  fd^on  in  ber  JBemfiabter 
Pfarre  ju  finben  toar  unb  ^ter  einen  befonber«  toarmen  ^on  burc^  ben  Sinfd^Iag  {!errem 

46  ^utifd^en  @eifte«  erl^alten  l^atte,  ben  bie  in  ber  93rübergemeinbe  cnogene  bod^  oiDIer  Bci^ 
bung  unb  ©entimentalitöt  abgeneigte  $farrfrau  ^in;ubra^te.  Ser  @influ^  ber  retc^b^abten 
©ro^mutter,  einer  ©d^toefter  be«  geifüid^en  S)id^ter«  Äarl  SSeml^rb  ®arbe,  ift  am  6nfe( 
beutlid^  ^u  berfpüren ;  bod^  toarb  nic^t  minber  bie  berftänbig  t)rüfenbe  9(rt  bed  ©ro^bderj, 
bie  biefen  fd^on  ju  einer  freieren  ©teHung  gegenüber  ber   fird^lidj^en  Überlieferung  fü^, 

60  ein  @rbteil  be«  fjjäteren  ©ogmatifer«. 

2)en  gro^fmn  bon  Slbelbert«  erfter  gugenbjeit  trübten  balb  fd^merjlid^e  Sinbrüde:  b« 
%o\>  be«  O^etmd  ©uftab  unb  bor  adem  ba«  fc^neDe  2)a^inftec^en  ber  SRutter  übten  auf  M 
toeid^e  ©emüt  bed  bamaliS  12iäl^rigen  Knaben  eine  tiefgel^enbe  SSirlung,  bie  ftd^  in  ben 
bon  il^m  geführten  2^agebüd^em  beutlid^  n)iberft)iegelt  unb  too^t  ju  feinem  Sntf^Iuffe,  ^ 

66  ebenfaHiS.ber  Ideologie  ju  toibmen,  beigetragen  ^at.  2)a«  3"tereffe  für  bie  tl^eoLSSifrn» 
fd^aft  bei  i^m  gemedCt  m  ^aben,  ift  inbeffen  Serbienft  be«  bäter(id(^en  Unterrid^td.  Xber 
aud^  au  ber  getoiffenl^aften  ©orgfalt  be«  arbeiten«,  in^befonbere  ju  ber  J)I^UoIogtf<^  ®e» 
nauigteit,  bie  ben  f))äteren  @e(e|rten  au^cid^nct,  ^aben  @rjie^ung  unb  Seifpiel  b«S  $ateif 
ben  ©runb  gelegt,  unb  enblid^  ift  bie  logifd^e  ^(ar^eit  feine«  Renten«  bor  oOem  in  beffen 

60  ©tunben  geübt  Sorben.  Xeil«  burc^  ben  ©ro^bater  in  93emftabt,  teil«  in  Sei)>)ig  auf 
einer  ^ribatfc^ule  borgebilbet,  l^at  unfer  S.  bie  X^oma«fd[^ule  bon  Ouarta   an  befuc^ 


SiffiuS 


521 


^tft  Würbe  CT  in  bei  „©ibclfuntic",  bic  fein  ^Sata  erteilte,  nid)t  nur  mit  bcm  ^nlStoltc 
b««  UtX  Bertraut  gctita^t,  foubem  aud)  jt^on  iw  bie  fragen  nai^  Dit,  ^t'ii  utib  ^Kid 
ber  jlbfaffimg  famtlic^ec  (jaulin.  :ötiefc  eingeführt.  SJon  tirrfjcngctc^if^tlicticn  ^ricntftubien, 
>u  bcnen  il>n  b«  Untetticf)t  ontcgle,  lejit  ein  Vortrag  3*"9"'*  "^'  ^^"^  "  "^'^  lö^ofiren 
in  einem  Sc^ületbetein  über  bie  {r^)jlDca[t)iniftifct)cn  StrettigEeiten  ^ielt.  äSeitere  j^örbeiung  e 
im  aierftönbni^  bn  dirtftlidjen  Urtunben  brauten  i^m  bann  bie  „ejegeiifi^en  iöorträge" 
in  ^xxrna  unbSefunba,  auf  bie  berSSater,  ^ier  \^on  me^t  biegorm  be«  «oKegö  lüät)Ienb, 
befonbere  Siebe  öetwanbte, 

aöarb  in  it»nen  boS  Srbaulit^e  binler  bem  roiffenffijaftUc^cn  ^iviif  iiuriidgefteUt,  fo 
lam  bie  ©ilbung  bon  .^erj  unb  ©ebijfeii  im  gaitjen   bc«  lUcligionäunlerriditeö  gleii^luo^I  lo 

fu  i^em  üDÜen  Stetste,  unb  namentlich  bie  Vorbereitung  auf  bie  Ronfirmolion,  bie  eben= 
aS.i  ber  aSater  leitete,  fcfeenfte  bcm  So^ne  „Stunben  tjeiliger  SSei^e". 

Sc  für  feinen  33cruf  irefflidj  »orbereitct,  bejog  Sit^iarb  9tbelbert  im  ©turmia^t  48 
bie  Unieerftlöt  feiner  Saterftabt ;  ein  begeiftetter  Öutfi^enft^aftet  unb  grofebeutfc^er  ^Patriot 
na^m  er  lebl^aftcn  inneren  ülnteit  nn  ben  geitereigniffen.  ©einer  bamaligen  Stimmung  15 
^1  er  in  meieren  ©ebic^ten  (j.  3^.  abgebr.  bei  SHii^ter  a.  a.  0.)  flammcnben  SluSbiud 
Verlieljen.  liai  ®tubium  fam  iod)  barüber  nit^t  ju  furj.  Wit  9tuö;ei(^nung  beftanb  er 
18Ö1  bie  tlieol.  ©taatötrüfung  unb  ctbarb  jtDet  ^oljre  fpäter  ben  p^ilofop^.  g>oItMtitc[. 
Über  ferne  tljeolDgifc^  (gntroirfelung  Ejat  er  felbfl  in  ben  „9ü{^er(itinDbcn  eöangelift^er 
^ßftolo^m"  (Soibo  1888)  folgcnbeö  beri^ilet:  Sluf  ben  ^üngting  gewann  g^t^teö  filt;  30 
tii^er  gbealiämuä,  toie  er  i^in  in  Sürfertä  „G^irtfllii^er  Sp^ibfDvSie"  entgegentrat,  ent» 
(i^enbcn  Ginflufe,  iJann  jog  i&n  Segel  in  feine  Hteife  (»ome^mlii^  burc^)  bie  ;Heli= 
giondv^ilofof^ie),  auc^  in  i[;m  iaä  ftofje  99elvugtfein  bed  obgefc^loffenen  ^at)T!)eitäbefi^eä 
erjeugenb.  9!ßä^renb  aber  bie  Sctjriften  ^egelö  unb  ber  ftiefuiatiBen  S^ule  nur  feinen 
äierftanb  beft^ftigten,  nit^t  fein  @emüt  befriebigten,  eröffnete  ibm  Sc^Ieiermot^erä  ©lauben8=  35 
le^  baä  3)erftnnbnie  für  Mi  eigentümlich  dleligiüfe  im  Unterfc^icb  bon  aller  ']3^i[ofop^ie. 
9Iur  atot^eö  Qti}\t  unb  GEjr.  ©.  ÜBeifeeö  pEjilof.  3)i)gmatil  blieben  ii)m  bauemb  toertDoD, 
nic^t  jule^t  ali  S^u^tDel^r  gegen  bie  ^erlotfungen  bed  1|}anlE)eiäinuä.  'SöClig  Don  ben 
teeluIotiBen  ^l^'f'""'^  befreite  itjn  Jlant ;  jugleic^  führte  ifm  ber  emftc  et^ifi^e  ^ug  feiner 
SeligiofitoJ  ju  einer  aiuffaffung  bes  Gfjtiftentum«  jurlid,  luic  er  fte  äiiniiiij  fdjon  in  feiner  so 
Sugenb  befeffen.  iäluc^  yiüdert  wirtte,  bie^mal  mit  fetner  „^^eologie",  erneut  auf  i^jn  ein. 
Sc^Ieiermadier,  SRot^e  unb  Bor  aütm  bie  „Sofungen"  ber  Srübergemeinbe  tjoben  iljn  aber 
^etö  üox  einfeiligem  WoraliömuS  bemabrt  unb  ibn  gcmafint,  „ber  religiöfen  5K^ftit  einen 
$la5  im  Heiligtum  beä  ^erjenä  ju  erhalten". 

©eine  perfönlic^en  üebrer   in  JiieilJäig  Waren  älnger,   9iiebner,   3;beile,   ^^ui^,   SBiner  bb 
unb  fiiebner.    25er  te^tgcnannte,  beffcn  ^tjanlafien  über  ba«  innertrinitatifttje  Beben  ber 
@Dttbeit  i^  eine  i^txt  lang  anzogen,  fc^rieb  i^>m  audj  ein  3!orWoTt  ju  feiner  bem  Sätet 
geWibmeten  erftlingäftftrift :  „2)ie  ijaulin.  Sett)tfatigung«[cbTe"(l853).   Sie  BerrÖt  beutlit^ 
bie  bamaligc  bogmatifc^e  Stellung  i^reä  3!erfaflerS:  @inleitung#wcife  Werben  bic  S^eanber, 
IWeften,  Bti^fd)  u.  f.  w.  ali  ^ycrtreter  einer  neuen  julunftrcic^cn  itjcologic  gepriefcn,  bic  a 
baÄ  Born  Siationoliömu^  ^'^'f' '^'^^  '"  ^^'  reformatorift^em  (Seifte  Wiebcr  aufbaue,  tüä^renb 
ber  $au)>tinl)alt  be^  Suc^eä  ben  SeWeiä  abringen  foH,   bag   bie  fnnalotoi:;   im  ®)}raclis 
gebrauche  be^^aulu^  nic^t  blof;  einen  actus  declaratorius,  fonbern  jugleid)  einen  actus 
effici«ns  bebcute.    Ibm  ©tanb)jun!t  ber  ÜfermittelungötljcDlDgic  Ijat  2.  balb  na(^  Slbfc^lufi 
feiner  ©tubienjeit  mit  bem  ber  biforift^^triltfc^en  9ti($tung  oertaufi^t,    35er  freie  gotf^et=  ii 
finn  be«  SJaterö  unb  namentlii^   bie  'Beff^nftigung  mit  ben  St^riften  Saurä  übten  iljten 
unWiberfle^lid)en  ßinfluft,    3}abei  ift  «  freilid?  ben  S.fcben  SRefuItaten,  Wie  baS  bie  ju= 
nä^ft  folgenben  ouSna^mäloä  ber  @ef(^idite  be^  Urc^tiftentumd  unb  feiner  Sitteratur  ges 
wibmeten  Slrbeiten  beö  fpätcren  ^ogmatitet«  jeigen,  im  einjelnen  Bicifacl)  entgegengetreten. 

1855  ^bilitierte  fid)  &.  an  ber  Seitsjiger  .^odjfctiulc  mit  einer  lat.  SIbtianblung  über  k 
ben  (fog.  I.)  SIemenäbrief.  3)on  ben  ber  jDiffertation  angetjängten  liefen  bebauptet  bie 
let^e  ff^on  bie  Urfprünglic^teit  beä  f^riftiien  ^e^e#  ber  ignalianifi^en  Briefe.  6in  3Iuffa| 
in  91iebnerÄ  3^^Ö  bom  ^aljre  1856  unb  eine  umfaffenb  angelegte  Unterfut^ung  in  ben 
ab&anbl.  ber  33.  morgenlänb.  ©efeUfctißft  (I.  »b  1859,  ^Jit.  5)  fut^en  bann  im  3lnf*lu6 
on  bie  g:orftJfungen  duretonö,  Sunfenä  unb  Stitfc^Iö,  aber  im  SBiberfpruc^  mit  fflaur,  bie  w 
ainficfet,  bafi  Wir  in  ber  fürjcren,  nur  *CoI?farl)=,  ßp^ffcr^  unb  Stömerbricf  umfaffenben, 
f^rifcben  Xejtgeftalt  ben  eisten  ©runbftod  ber  ^gn^'ianfn  ju  fc^en  ^oben,  notier  ju  be> 
nünben.  ^ic  ^eliauptung  ber  ISc^tbeit  ^at  i.  fpäter  jurüdgejogcn,  bagegen  bie  fl^r. 
Stecenfion  baitemb  ber  gricc^.  BorongcfteUt  (»gl.  „Über  ben  Urfp.  unb  ben  ältcft.  @cbrau(^ 
bcS  ß^riftennamenö",  3«na  73,  S.  7  %nm.). 


522  Si^ftitd 

3)ic  1860  in  ©rfd^  unb  ©ruber«  enc^Ilo})äbte  (I.  Sect.  71.S5b)  beröffentlid^teUnto 
fud^ung  über  SBefen,  Urfprung  unb  SnttDtdEelung^ang  be«  @noftict«mu«  f e^t  ftd^  ebenfoU«  in 
teiltpeifen  2Biberf))ruc^  f^n  93aur.  äBä^renb  nämlic^  ber  gro^e  Xübinger  bod  f^'f^^ 
SRertmal  be«  ©noftici^mu«  aQgemein  in  feinem  2)uali«mu«  jtptfc^en  ®eifl  unb  SKoterie 
6  fanb,  eine  Umgremung,  bie  fc^on  §ilgenfelb  Verengerte,  toenn  er  lebigRc^  bie  Unterfc^ 
bung  be«  J^öd^ften  Sottet  bom  2BeI^c^ö))fer  jum  itriterium  er^ob,  ge^t  £.  in  ber  @rtenntnid, 
ba^  bamit  nic^t«  bon  ber  @noft«  au^efagt  fei,  too«  ftd(^  nid^t  ani)  im  fpöteren  ^vä>m 
tum  fänbe,  unb  in  SBeiterfül^rung  SRiebnerfc^er  ©ebanfen  bon  bem  ®egenfa^e  ber  yvcooti; 
unb  TiloTig  felbft  au«,  ber  in  feiner  ftarfen  Überf))annung  ben  l^äretifd^en  S^aratter  ber 

10  @rftgenannten  bebinge  unb  ben  meta))^^f.  2)uali«mu«  tpie  bie  f^ntretiftifc^en  @rf(!(feinungen 
erft  im  ©efolge  ^abe.  S^qUO)  bietet  il^m  bie  allmähliche  äSerfc^chrfung  unb  Sßieber^ 
abfd^mäc^ung  be«  ©egenfa^e«  ben  Sinteilung^grunb  für  bie  berfc^iebenen  @tabien  be«  ®nos 
ftici«mu«. 

Sereit«  bor  bem  ©rfd^einen  biefer  größeren  SSrbeiten,  benen  bie  SSbf affung  einer  SRei^ 

16  Heinerer  Slrtifel  für  @.  unb  ®.  unb  )a|lreic^er  Slecenftonen  für  ba«  Sitt  Sentrolbl.  jui 
©eite  ging,  l^atte  bie  ^tnatt  gafultät  jur  300iä^rigen  Jubelfeier  ber  ^oc^fc^ule  ben 
28iä]^rigen  ^ribatbojenten  mit  bem  t^eologifd^en  3)oftorl^ute  gefc^müdtt,  für  tpeb^e  Sprung 
er  nai)maU  mit  feiner  queQenlritifc^en  Unterfud^ung  be«  @t)i))l^aniu«  banite.  ^m  J^ 
1859  tpar  bem  bie  Ernennung  jum  S^traorbinariu«  gefolgt    ^oi)  mugte  ftd^  ber  oho 

ao  au^gejeid^nete  ©elel^e  nebenher  immer  nod[^  burc^  Unterrid^ten  eine  Sinna^mequcOc 
fc^affen. 

S)a«  Jo^r  1861  brachte  il^m  einen  Stuf  nad^  äBien  unb  raubte  il^m  ben  SSoter,  an 
beffen  @arge  er  ba«  ®elöbni«  ablegte,  bem  milben  meland[^t]^onifd[^en  ®eifte  be«  SSeretoigten 
treu  m  bleiben,    ^m  ^erbfte  trat  er  fein  neue«  9(mt  al«   orbentl.  ^rofeffor  ber  ft^ftemot 

25  S^l^eologie  mit  einer  Steoe  über  ba«  $rinji))  be«  $roteftanti«mu«  an.  9teben  jo^Irei«^ 
S^orlefungen,  bie  i^m  ben  9{uf  eine«  ^eigeifte«  berfc^fften,  unb  mel^rmoligen  $rebigH 
bie  \i)n  umgelel^rt  al«  Sn^ftiler  erfd^einen  liefen,  beteiligte  er  ftd^  in  l^erbotragen^  Sßeife 
an  ber  Söfung  ^raltifd^er  9(ufgaben.  @eit  1863  toar  er  SRitglieb  be«  dfterr.  Unterrk^td* 
rate« ;  1864  bon  ber  ^lultöt  in  bie  erfte  ®eneralf^nobe  abgeorbnet,  toirtte  er  mit  an  bem 

30  älufbau  einer  liberalen  5tird(^enberfaffung,  toäl^enb  bie  ^atultät  felbft  unter  fetner  Sei^ilfe 

na4  beutfd^em  SSorbilb  umgeftaltet  unb  bon  bem  tl^öri^ten  ©tubienjtiHmg  befreit  Imtrbe. 

SSon  litterarifd^en  9lrbeiten  fällt  in  bie  äBtener  ^tit  bor  allem   ba«  ertüäl^te  9uil 

über  @))i))l^aniu«  (Sei^ug,  S3artl^  1865),  ba«  für  bie  brei  ^ärefiologen  ^feubotertuDion, 

$^ilaftrtu«   unb  Sl^ip^antu«  in   bem   l^äreftolog.  ©V^tagma  $i^t)olt^t«   bie    gemeinfain< 

86  DueQenfd^rift  nad^h^etft.  $i^))olt;t  feinerfeit«  foU  bann,  ebenfo  toie  ^^^näu«  in  bem  SO' 
fd^nitt  adv.  haer.  I,  22—27,  ba«  Äe^erberjeid^ni«  be«  üJlärtorer«  Juftin  benu^t  l^aben. 
S)er  teiltoeife  SBiberfjjruc^,  ben  biefe  3lu«fül^rungen  bon^amadc  erfuhren,  ^t  2. 10  3«^ 
f))äter  in  Jena  ju  einer  nod^maligen  äSel^anblung  berfelben  Probleme  beranla^,  bie  gegem 
über  bem  erften  fü^nen  äBurfe  jtoar  mand^e  9lbfc^toäc^ungen   jeigt,   aber  im  allgemeinst 

40  bie  bargelegten  queQenfritifd^en  ^^^otl^efen  be«  SSerfaffer«  beftättgt  (S)ie  Duellen  b.  ältefien 
Äe^ergefd^.,  £ei})jig  1875). 

®er  9BirIung«frei«,  in  ben  er  mit  ben  fc^önften  Hoffnungen  für  bie  ^^^^^f^  ^ 
ebangel.4^eologifd^en  ©tubium«  in  Öfterreic^  l^atte  eintreten  fönnen,  umfd^lo^  bo(^  Quij 
man^^e«  3Bibertbärtige.    93or  aDem  n^ar  e«  ber  ^artnädCige  äBiberftonb,  ben  bie  gerechten 

46  äBünfc^e  ber  bon  ber  Uniberfttät  au«gefd^loffenen  ^fultät  bei  ber  Slegierung  fonben,  ba 
i^n  fd^lie^lid(^  au«  Öfterreid^  bertrieb,  ^a«  ©d^eiben  tourbe  i^m  bennod^  nic^t  lei(^t,  ol^ 
er  im  $erbfte  1865  einer  Berufung  nad^  Äiel  folgte.  3)ort  anfang«  ber  Sad^if  be«  fyt- 
jog«  ^riebrid^  ^uget^an  unb  bem  ^reu^ifd(^en  SBefen  abgeneigt,  l^at  er  ber  äInnc(ion  ^d^ 
ftein«  fd^toeren  ^erjen«   entgegengefe^en,   bann   aber  berföl^nenb   ju  toirten   gefuc^t  unb 

60  in  Berlin  al«  ^ül^rer  ber  Uniberfität«b^utation  in  biefem  ©inne  bie  älnfbroäe  an  bot 
jtonig  gel^alten.  äluf  bem  Jlieler  ^irc^entag  bon  1867  jeigte  ftd^  £.  al«  9iorIäm))fer  ba 
^reu^if(|en  Union,  fretlid^  aud^  al«  entfd^iebener  SSertreter  ber  fird^lic^en  Sinten,  bem  gegen« 
über  ^ro))ft  93er«mann  unb  ^au))tt)aftor  ^i^f^  bie  äSermittelung  übemai^men.  Xr^jM 
erregte  fein  35erl^alten  in  SSerlin  nod^  feinen  Slnftofe.  gm  ©egenteil,  bem  guSlot^SM* 

66  folger  9lu«erfe^enen  gab  ber  3)ltnifter  bon  3)lül^ler  ju  er!ennen,  ba^  er  auf  fein  Sleiben 
®etoic^t  lege.  @r  fd^lug  ba«  berlotfenbe  9(nerbieten  au«,  belol^nt  bon  einem  gldnjenben 
^dEeljug  ber  ©tubentenfd^aft.  911«  er  ftcb  aber  1868  am  S3remer  ^roteftantentage  be^ 
teiligt  l^atte,  tourbe  er  au«  ber  h^iffenfd^aftlid^en  $rüfung«fommiffion  au«gefc^loffen,  unb 
in  ^aftorenfreifen  bemül^te  man  ftc^,  oHerbing«  bergdblic^,  einen  ftubentifc^en  SBo^Iott  gegen 

60  i^n  in«  £eben  }u  rufen.    3lodf  mißliebiger  machte  i^n  feine  litterarifd^e  ^^be  mit  bem 


Si^d  523 

Btfc^of  Äoot)n!ann,  betn  ^avCpit  ber  l^olftein.  Sutl^eraner.  Dbtool^I  £.  ben  Streit  nid^t 
aÄffhct,  unb  folonge  bt«  e«  i^m  bc«  Stfc^of«  änflagen  auf  „^fd^münjerei"  unb  ^^ti^eo« 
i^gtf^J^  auf9e))u$ten  ^Dtaterialtömud''  unmögltd^  mad^ten,  eine  äSerftönbigung  gefud^t  l^atte 
pgjL  ®laube  unb  Se^re,  t^eol.  ©treitfd^ri^en  bon  SR.  ».  S.  Äiel,  ©c^toer«  71),  bebad^te 
ffn  ber  üRiniftev  toegen  ungel^öriger  ^^ägitation"  gegen  bie  fonfeffioneße  ^Partei  mit  einer  6 
nfinblid^en  SorJ^oItung.  Jtetn  äSunber,  ba^  er  nai)  9iüd(ertd  2:obe  nun  bod^  ftc^  entfc^Ioft 
)€n  J)Ptc^tmäftig  folange  toie  möglich  berteibigten  „SBad^tjjoften"  —  cid  fold^en  d^orat 
lerifterte  ^afe  feine  Äieler  Stellung  —  aufjugeben  unb  im  §erbft  1871  nad^  ^tna,  ber 
,alten  laiferlid^  Sleic^uniberfttät  bed  ^roteftanti^mu^''  überjufiebeln. 

2)te  Kieler  ftam))fedieit  toar  aleic^tpol^l  nic^t  o^ne  ft)if|enfd[^aftlid^e  ^rüd^te  geblieben,  lo 
Die  >,6^onologie  ber  röm.  Sifc^bfe"  (1869)  jie^t  aud  einer  genauen  änol^fe  unb  Äritif 
)er  grio:^.  unb  latein.  $a))ftIataIoge,  bon  benen  bie  £ifte  ber  eufebiamfc^en  ilirc^em 
^cfd^tc^te  ben  relatib  urf))rünglic^ften  Ze^t  biete,  bie  gefc^id[^tU(^en  Folgerungen:  ^iemad^ 
»eft^  toir  erft  ettoa  t>on  ^.  Xt^ftud  an  toirflic^  braud^fbare  Säten;  bie  bi^  auf  bie 
H))o{iel^eit  l^inouffül^enben  Jtata(ogteiIe  finb  im   latJ^olifc^-fird^Iid^en  ^^tereffe  fonftruiert.  is 

@me  onbere  mit  ber  borgenannten  fid^  nal^e  berüi^renbe  älrbeit  über  bie  Duellen  ber 
c0m.  $etrudfage  (abgefd[^Ioffen  Ott.  71)  ertoeift  beren  Urf^rung  and  ber  Srjöl^Iung  bom 
Dtttgter  Simon,  bem  jubend^nnfU.  3^^^^^  ^^  $aulu$.  ^^m  mu^  $etrud  ind  ^eiben^ 
[onb  nod^jie^en,  um  ben  falfd^en  9())ofteI  in  ber  SBelt^u^tftabt  enbgiltig  ;u  überminben. 
Erß  bie  toerbenbe  lotl^ol.  ilird^e  tilgte  bie  Segie^ung  bed  3^^^^^  ^^f  ^^  $eibena)}ofteI  ao 
itnb  {leOte  beibe  ^äu))ter  ber  (Sl^ften^eit  in  Seben  unb  Sterben  brüberlic^  nebeneinanber 
[teL  auc^»  „?5etrud  nic^t  in  Slom";  ^yfSf)  II,  S.  561—646).  enblid(^  fättt  noc^  in  bie 
Riaec  3^  ^^  Unterfud^ung  ber  „^ilatu^ften",  bie  ald  ©efd^id^t^ueUe  tpertlod,  i^rem 
Ibme  nac^  erft  aud  ber  JRitte  bed  4.  ^a^r^.  ftammen.  Sod^  entl^ält  ber  2.  Xeil  einen 
iteen  onofi  SeridEft  Ober  bie  ^öQenfa^rt  (S^rifti.  25 

9btf  bem  nämlichen  ®ebiete  ber  toeitfc^ic^tigen  urd[^riftl.  „Acta^-Sitteratur  betoegt  fic^ 
tiM^  bo«  1883—90  erfd^ienene,  brei  Sänbe  umfaffenbe  SBerl:  „3)ie  a!poh\)pl)m  a^oftel« 
tMii^ten  unb  9())ofteQegenben'',  bod  be^l^alb  glei^  ^ier  eine  SteQe  finben  mag.  Sie  bort 
Nfanbeben  burd^oud  fagen^aften  unb  an  SBunbergefd^ic^ten  überreichen  Srjö^lungen  bon 
^m  Sd^idfolen  unb  iü^atm  ber  9[t)oftel  berbanten  il^ren  Urft)rung  jumeift  gnoftifd^fen  ao 
Rcdfen.  SDa  jebod^  il^ir  ^nl^alt  tief  in  had  äSoII  einbrong,  tourben  jte  bon  !at^oIif(^er 
Seite  einer  remigenben  Überarbeitung  unterzogen.  Sie  bon  £.  gelöfte  Sliefenaufgabe  toar 
nun,  einmal  bie  tanonortigen  Sammlungen  jener  Srjeugniffe  a))o(rvi)l^ifd^er  Sd(^riftfteQerei 
ffieuctud  S^orinud,  älbbiad  k.)  im  ganzen,  fobann  bie  ädten  jjebe^  einzelnen  9())ofteId 
mifd^  )u  erörtern,  bie  ®runbfd^rift  m5gltd(^ft  perau^jufc^cUen  unb  bie  betretfenbe  Sage  in  85 
idk  t^e  Serjtoeigungen  ju  berfolaen.  Obioo^l  [Ufy  \>ad  9Bert  nur  aU„3i^\xi)  einer  gu» 
fontmenfaffenben  Sarftellung"  einführt,  f^t  ber  SSerfaffer  einen  großen  S^eil  be^  l^anb« 
Ic^riftUd^  SRaterial^  felbft  erft  l^erbeigefd^afft  unb  ))l^iIo[og.  bearbeitet,  fo  bag  man  biel« 
Bi^  einer  in  tbeitem  Umfange  ba^nbrec^enben  gorfd^ung  gegenüberfte^t.  (Sin  Urtoalb 
ift  nac^  Sübemannd  Urteil  burd^  fie  gelid[^tet.  40 

3m  Xnfd^^Iug  baran  untemaJ^m  £.  gemeinfam  mit  3R,  S3onnet  bie  ^erau^abe  ber 
jR«^.  unb  lat.  legte.  Ser  I.  2:eil  (£ei))jig,  ?IRenbetefol^n  91)  ift  bon  £.  allein  beforgt 
unb  entl^  umfaffenbe  tegtgefc^id^tlic^e  Unterfud^ungen  in  ben  $rolegomenen,  fotoie  einen 
Ibigfältigen  trit  Wppaxat  äSon  Heineren  Stubien  auf  bem  ©ebiete  ber  älteren  Stird^en^ 
getrabte  fei  nur  ertoä^nt  „bie  ebenen,  älbgarfage''  (1880).  46 

Senn  nid^t  <dd  $iftorifer  fonbem  afö  S^ftematifer  ift  £.  ber  anerlannte  ^^rer  ber 

Stf^ien  ^eologie  getoorben.  Obtoo^l  er  fc^on  in  3Bien  Sogmatil  lehrte  unb  feinen 
er  Streitfcbriften  ein  in  fidS>  gefc^loffeneä  t^eol.  Sbftem  gu  ®runbe  liegt,  l^at  er  bod^ 
oft  in  ^tna  flc^  entfc^lof|en,  bie  tnapp  formulierten  ^aragra))^en,  bie  er  feinen  ^örem  )u 
Mttieren  pflegte,  mit  ben  längeren  @rtlärungen,  bie  er  baran  fnü))fte,  in  ^orm  etned  fiei^r^  so 
bm^  ju  beröffentlic^en  (Sraunfc^toetg,  S^toetfd^fe ;  1.  »ufl.  1876,  2.  toentg  beränbert 
1879,  8.  nac^  be«  SSerfaffer«  Sobe  ^erau^eg.  b.  SSaumgarten  93).  £.  ge^t  barin  au« 
twm  Stanb})unlt  ber  tritifd^en  (bod^  nid^t  oi^ne  h)eitere«  lantifd^en)  @rtenntni«lel^re.  Qd 
toisb  gugeftanben,  ba^  unfer  98a^mel^mung«ftoff  buxi)  unb  burd^  fubjettib  bebtngt  fei, 
ober  oer  lisntifc^e  Sualidmu«  bon  @rfd^etnung  unb  Sing  an  ftd^  totrb  abgelel^nt.  Ol^ne  ba^  u 
toiv  natürlich  im  ftanbe  toären,  bie  Singe  anber«  borjuftellen,  ate  totr  eben  ju  biefer 
SoifieDung  organifiert  finb,  erfaffen  toir  mit  unferm  Scnfen  eine  objeftibe  ©cfe^mäfeigfeit. 
Betreten  ta>ir  ober  \>a9  ®ebiet  ber  9leliaion0))^ilo{o))^te,  fo  finbet  nai)  £.  bie  borl^in  ber^ 
liwrfene  Unterfd[^eibung  il^re  bered^ttgte  ^ntoenbung  auf  ben  ®egenfa^  bon  enblicbem  unb 
obfolutem  Sein.    Siefed  le^tere,  für  unfere  93erftanbeiSer!enntnid  ein  bloger  Srenjbegriff,  go 


524  Si)i{md  Sitmiei 

getomnt  lebiglid^  burd^  bad  religiöfe  (Stieben  einen  ^oftttben  ^ni^It  (t>gl.  ouc^  $]^i(of0|>^ 
unb  Sleligton,  neue  Setträge  mx  totffenfc^oftl.  ©runblegun^  ber  Dogmatil,  &^m,  9ait^ 
1885).  Sterin  tourjelt  bte  SDtffereng  ^mifd^en  S.  unb  Stebermonn.  Sie  9Ba|i^ett  ber 
religiöfen  SSorfteQung  ift  t)^ilofot)l^i{(i^  ntd^t  bemonftrierbor,  ober  bie  @tn^t  ht&  nienf(^ 

5  lid^en  (Seifte«  forbert  —  unb  bamit  fc^eibet  fid^  2.  bon  Slitfc^I  —  bie  3ufammenarbeitung 
ber  tDiflenfd^afÜicI^^en  unb  ber  religiöfen  (Srfenntniffe  ^n  einem  toiberf^rud^äofen  ©efamt-- 
bilbe.  2)te  !IJteta|)^^fif  aU  ^.äBeltonfc^auung''  ertoeift  an  biefem  fünfte  ü^  Unen^te^ 
lid^Ieit.  2)er  Slu^leic^  beiber  Steil^en  bon  ^u^fagen  lann  \d>od^  nur  onnäl^enmgdtoetfe 
gelingen,  tpa«  bcfonber«  an  ber  (Sottedibee  ju  %aM  tritt:   bie  ft)iffenf(l^ftli($en  SefUim 

10  mungen  bleiben  ^ier  immer  negatib,  bie  religiöfen  \ittö  bilblic^.  Seutliil^  offenbart  fid^  in 
biefen  ©ebanlen  bie  Schule  ©d^Ieiermad^er«.  Slber  bie  Sinfeitigleit  feined  ,,f(l^(ed^tbtnigen 
äbl^ängigfeit«gefü^le«"  toirb  forrigiert  bur*  ben  Segriff  ber  g^eij^eit  toon  ber  SEBeu,  unb 
beibe«  fafet  ft^  jufammen  in  ben  ^^Jjraftifcpen  9?ötigungen",  ber  tiefften  äBurjel  ber  Slelis 
gion.    Jtein  übernatürlicher  (Singriff  burc^bric^t  ben  gefcl[^(of[enen  3ufammen^ng  ber2Belt> 

15  enttoicfdung,  unb  toa«  auf  (Srunb  jene«  inneren  3^^0^  ^^^  rdigidfen  9Renfc^  gut 
göttlid^fen  Offenbarung  tpirb,  toorin  er  unmittelbar  ba«  Sieben  ber  ®ott^  t>ermmntt, 
fteUt  für  bie  3Bi{fenfc^aft  nic^t«  bar  al«  ein  ^ft^c^ifc^e«  ^l^änomen.  3)ie  SegieJ^ung  )tmf(^ 
®ott  unb  SRenfd^  bleibt  ein  ^eilige«  ,,3J{Vfterium''.  ^ierau«  erl^eUt,  ba^  bie  SDogmotü 
teine  borau^fe^ungdlofe  äBiffenfd^aft  fein,  fonbem  nur  ben  ®lauben  bom  @tanb}mntt  beS 

ao  ®lauben«  au«,  toennglei^  in  geläuterter  ^orm,  barfteUen  tantu  hinter  biefem  c^tTu^ 
^ofitiben  Sl^arafter  ift  bie  aSgemein-b^tlofo^l^ifcle  @eite  ber  S.f(i^en  ®lauben«(el^  in  bct 
3.  9(uflage  ftarl  jurüdgetreten.  älu^er  in  biefem  ^au))ttx)erle  unb  ben  ertiKil^ten  „Sei» 
trägen''  ^t  £.  feine  Slnfc^auungen  in  einer  Steige  bon  Vorträgen  unb  äluffö|en  (unter 
bem  litel  „®lauben  unb  SBiffen"  ^erau«geg.  bon  g.  91. 2it)fm«,  »erlin,  ©<^to«tfc^fc  97), 

36  fotoie  in  ben  „$au^t))unlten  ber  d^riftl.  ®lai&en«lel^re''  (ebenbaf.  2.  SufL  91)  mebergelegi 
SBäl^renb  bie  tl^eologifd^e  SSnnä^erung  an  dl\i^i)l  eine  fteigenbe  ^erfdnlic^e  ®ntfrembung 
gtoifd^en  ben  feit  S.«  £ei));iger  3^it  befreunbeten  unb  in  toiffenfc^oftlictfen  93erle^  fie^ 
ben  ®ele^rten  nid^t  au«fc^lo^,  tft  bie  fonferbatit)ere  Haltung  feine«  f))äteren  bognurtifc^ 
2)enfen«  gerabe   burc^  bie  S3erü]^rung  mit  33ertretem  ber  lird^il.  Siechten   l(|ert>orgen(fen 

80  toorben,  toie  fie  bie  ^eilnal^me  am  @bang.  ^unbe,  )u  beffen  ®rünbem  S.  gel^5rt,  mit 
[xi)  brachte.  2)ie  ^Dtitarbeit  an  biefem  SBerfe  toie  am  SUlgem.  eb.s^rot.  ÜRtfftondbereiii 
—  beiben  jeid(^nete  er  in  Vorträgen  ein  Hafftfd^e«  ^Programm  —  unb  nidjit  ||ule^  feine 
Xl^ätigleit  m  ber  toeimarifd^en  £anbe«tird^e,  in  @^nobe  unb  5tird^enrat,  betoeijt,  ba|  fein 
^ntereffe  an  ben  ^raftifd^en  ^agen  auc^  in  ^ma  nic^t   erlahmte.    Sod^  ^oben  bie  mit 

35  aQebem  berbunbenen  Slnftrengungen  feine  Jträfte  frül^jeitig  aufgegel^  Sie  j5erau«gabe 
be«  „X^eol.  ^Gi^t^bmd)t^''  unb  bie  ;ule|t  ganj  in  feinen  ipänben  liegenbe  iSeitung  ber 
„^a^rb.  f.  ))rot.  Xf^toV  brad^ten  ebenfau«  eine  ^^e  bon  Arbeit.  ®Iei(^tooj^I  ftnb  aui 
feinen  beiben  legten  £eben«j|a^ren  nod^  gtoei  größere  äSeröffentlic^ungen  )u  berjeic^nen :  3>ie 
Bearbeitung  be«  ®alaters,  Slömer«  unb  $^ilit)))erbriefe«  für  ben  „^anbfommentar",  unb 

40  „£ut^er«  £e^re  bon  ber  Sufee"  (BM.  au«  ben  „^ai^rbüc^em'O/  toorin  er  bte  Slitf# 
$errmannfd^e  2!l^efe,  bafe  fid^  in  £utl^er«  Urteil  über  ben  SBert  ber  ®efe^e«t)rebigt  eine 
28anblung  bollgogen  ^abe,  an  ber  $anb  ber  Duellen  jurüdCtoeift.  9(m  19.  Sluguft  1892 
ift  £.  an  ben  folgen  einer  D))eration  au«  feinem  arbeit«reid{fen  £eben  gefc^ieben,  no^f  auf 
bem  Jtranlenbette  mit  ber  britten  äluflage  feiner  Dogmatil  befd^äftigt. 

45  Lic.  %.  W.  £iti|btl. 

Sitanei.  —  ßitterotur:  ^rt.  fiitonei  d.  Scjfd^wiö  in  ber  2.  «up.  ber ««  ©b 8, 
694-700;  @uiccr,  Thesaurus,  ed.  2  (1728)  II,  1630;  ®Dor,  Euchologion.  ^ari«  1647, 
p.  770;  @bm.  3Jiartene,  De  antiquis  ecclesiae  ritibus  libri  tres.  Editio  novissima,  Äntwerp. 
1763;  ^IRort.  ®crbcrtu«,  Vetus  liturgia  Alemannica,  Pars  II  et  III,  San-Blas.  1776;  berf., 

60  MoDumenta  vet.  liturgiae  Alem.  Pars  II,  San-Blas.  1779;  9ing4am«(ä)rifd)0üiu«.  Oiiginei 
sive  antiquit.  eccl.  vol.  V,  p.  21  ff. ;  ©Interim,  3)ie  \)orjüflIic6ftcn  ^enftoürbißfetlen  ber  dp?» 
fatö.  mrdjc,  ©b  IV,  Xeil  I  (^JKainj  1827),  @.  555 ff.;  dtix.  3BtIl|. «ugufti,  3)entwürblfildte« 
au«  ber  cftriftl.  «rcDäüIogic  83b  10  (üeip^ig  1829),  bcf.  @.26ff.;  Ällefott),  3ur  (»efdyiibte  bet 
Sitonei  in:  S^eue«  ^ecflcnburgifcbe«  ^tr^enblatt  (6erau«g.  ü.  ^olftorff  u.  ftarften),  2. 3o^^ 

66®üftrom  1861,  9ir.  11-16;  bevf..  Siturgifc^e  «b^anblungen*  SBb  5  [2],  @.  301  ff.,  373B.. 
398ff.;  SBb  6  [3],  6.  152ff.,  155ff.,  225ff.,  298ff.;  »b  8  [5],  @.  66ff.,  243,  369;  Xiol- 
liofcr,  ©onbbud)  ber  fotf).  fliturgif,  II  (greiburg  i.  ©r.  1890)  6.  498 ff.;  3(öBberleitt,  6<ftat 
be«  Itturg.  e^or=  unb  ®cmeinbcgc(ang«  I  (©öttingcn  1865),  6.  521  u.  725 ff.;  SKimmerle, 
^nc^flop.  ber  cöongl.  ^rcbenmufif,  li  (®üter«lof)  1890),  6.  64 f.;    «Icftcli«,  fie^rb.  b.ptalt 

60  X^eol.«  I,  296  ff.,  387  f.;    «ietfc^cl,  fie^rbuc^  b.  fiiturgif  I,  200 f.,  294,  358,  360f.,  431,  444, 


fiitautl 


825 


5Uä,  bU.  &36.  538f.;  Siniond.  Sic  ilHanü  <n:  Vlonatldir.  t  KutlcSbieiift  unb  ItTd|lid)e 
Jhinit  5  (1900),  e.  321ff.;  &pi\\a.  Sie  fiird|eiilitatiei  bcT  SrübeiQemeinbc,  cbcnba  6  (1901), 
S.  375ff.  —  lUitr  bit  Sau  ittonifdie  Sllanei  ugl.:  gourtn,  Sie  lour.  £it.  na«  tlt- 
tprung,  ffleti,  u.  3til)0ll,  ftetnplen  1895;  Wiiflelo  beSanii.  Le  Litanie  Lanretane,  iHonil897, 
bditt«  D.  3.  M&rpel.  ^abcrbcrn  lÜflO;  3-  Sraun,  Ur(prnng  ber  fiaur.  Sil.  in:  Stimmen  i 
am  aSoria  Eaa*  58.  »b.  1900.  S.  4lß— ^37,  —  lieber  bie  ffleldjlifaic  bei  SiTdjtnllmnti  In 
ber  »rnberfltmeinbt  ift  ein  Hrtitel  doti  %Zii.  WiiQer  in  ber  OTonotf^T.  f.  ©DKcSbienft  unb 
firftl.  fiunft  tut  1902  in  «iiäfitf»!  ijeftfQt. 

1.  ©le  Sttanei  in  ber  moigentänbili^en  Hirc^e.  —   33ei  ben  ©neiijcn  6e= 
beutelt  Anore/a  im    tutttfc^en  Sprac^gebraui^  (im  Sinne   Don   dnbrtnglic^em  @ebete  u 
i^   eä,   analog   brm   antuen  Sptai}Qibraud},  verlnenbet   j^.  9.  bei   ^lernend  ^tc^.,    qule 
dives  salv.   MSG  9,  648;    (Suieb,  vita  Const.  IV,  41    MSG  20,    I2I2)   fntWebet 
Yiai  feierliche  ^rojeffion^ebet,   bejW,  einen   mit  einer  'ijJro^iion   bcrbnnbencn  Otbctöolt, 
ober  bie  ^rogeifion  felbfl.    3"  nftwem  ©tnnc  ift   ti   gebtouti)!   i.  ©.  bei  IS^tVJDftomuä, 
hom.    contra   ludos  etc.  MSG  56,  265 ;    bei  euftratiuä  (6.  gatir^.),  vita  Eutychii  u 
c.  10,  96   MSG  86,  11,  2381;    bei  Slmeon   Don   Itjtfialonx^  (f  1429),   de   sacra 
precatione  c.  339,  352  unb  353,   MSG  155,   G13,    653  unb  656;  unb  bei  Soblnu«, 
de   ottic.    eccl.    c.  15    MSG    157,    96.     5)lc  qjroie|(ion    ielbft    bebeulct    eS    j.    S. 
im   Chronicon    Paschale    MSG  92,  812;    bei  3)fa[alaä,   Chronographia  I.  XVIII 
MSG  97,  712;    ©eorgioö  flrebenrf,    Synopsis   bei   3)obfd)üg,   e&tiftuöbttber  222*g;a( 
3!H\ä).  ®b)tai,  Annalen,  ebenba  226' d;  Simeon  b.  ^deffoEoni^,  de  sacra  prec.  353 
MSG  156,  656.    3[n  ni^t    toenigen   Stellen   tann  man   aud)    fc^luanfen,   in  Inelc^em 
ehme  hai  ^ort  ju  neEimen  ift,  |o  j.  S.  bei  Saftliu^  ep.  63  ad  Neocaes.  MSG  32, 
764   (bßl.  a.  Sittgänge  Sb  III  ©.  248,'jiff.),   ber  ötteflen  biö&cr  betannten  eteDe,  bie 
un«   Don   ben  IJjrojeifionen   Im  Often   3<^3"i^   0>^i!''    3>"^  3^^'   ^^  S^r^foftomuä  toar  3i 
biefe  Sitte  Donfornmen  eingebürgert,  tute  folgenbe  Stehen  betoeifen:   sermo    antequam 
iret  in  exillum  MSG  62,  430;  hom.  de  Lazaro  VI,  1  MSG  48,  1027;  bgl.  aud) 
hom.  in  ep.  ad  Coloss.  3  MSG  62,  322,  unb  oben  3, 15,  MSG  56,  265.  —  aioa= 
tommen  parallel  ge^t  nebentjer  ber  (Sebraui^  beä  9Borteö  Xin'/,  ber  mit  iiitavela  abloei^: 
(elt.    9lamentli($  ift   mit    inij    bie   ^rojejfion    bejeltfinet   irorten ;    fo    bei  Eufttatiuö,  k 
vita  Eutychii  9,  84  MSG  86,  II,  2369;     im  Chronicon   Pasch.  MSG  92,   812; 
984;  Justiniani  Novellae,  ed.  Zachariae  a  Lingenthal  II  const.  CLV  31  u.  32 
(p.  317f.);   aRoft^uä,  prat.  spir.  c.  210  MSG  87,  3,  3101;    3;^eD))l?ane«,  chonogr. 
A.M.  6949;   5999;  6030;  6055.     MSG  108,  280;  353;  480;  517;  520;  ßobinuÄ, 
de  oHic  eccl,  1  unb  11  MSG  157,  28  unb  85;     ©eovgioä  fitebenoä,    Synopsis    bei  bj 
33obfc^ü(,  e^riftuäbilbet  222*  g.    3)agegen  bejeic^net  ti  ben  @cbetäaft  bei  ber  ^tojcfrion 
in   ber   aot.  5    beä  Konjilä  uon  J^onftantinopel   (sub   Mena   a.  536,    ^orbuin,  acta 
concetc.  II,  ^atiä  1714,  p.  1361);  Dgl.  aut^  ^^Ibltieud,  ordo  sacri  minist.  MSG. 
154,  753;  757;  ©tmeon  toon  3f?effal.,  de  sacra  prec.  e.  339  MSG  155,  613A;  t)on 
einer  foli^en  Ln'j  auf  bem  xdnitoi  bei  Konflantino))el  berichtet  u.  a.  aaä)  "t^eobor  ficttot,  te. 
bist.  eccl.  I,  6  unb  7  MSG  86,  I,  169  (»gl.  ©u  dang«,  Constantinopolis  Christ., 
^fltl«  1680,  II,  p.  141).    ®«  aCuöbtucf  ^roj^lfiDn  ift  fwilii^  hierbei  in  mciterem  Sinne 
|u  nehmen :   nit^t   nur   ift    barunter  ber  Siltgang  aufeev&alb  ber  flirc^e   ober  bcö  Orteö 
«1  berfte^en,  (onbem  aucd  jener  2lu6jug  in  bie  Sicr^totle  (Narthex)  beä  3:empelä,  an  bem 
fid)  Sii^tträger,  *Jiiieftcr,  5)iolDit  unb  Sänger  beieiligen,   v.m  bort   bie  Sllanei   ju   beten, « 
3!ie|er  Sraui$  ift  \i)an  bezeugt  burt^  bie  MEten  bcä  flonjilS  Don  Ronftantinotiel  0,  3a()te 
536  (Bgl.  oben  3.  37)  unb  butt^  (Sufhatluä  (Bgt.  oben  3.  30).     gr   befielt  ^euU  mij, 
unb  jWar  Wirb  bei  biefer  Keinen  ^rogeifion   bie  Sitanei   am  Sdjlu^   ber   großen  Sßeöper 
\>ox  ben  [)o^en  tieften  gehalten,  ebenfo  bei  ben  ^ro;ieffionen,  ju  benen  aut^  baä  Segrobniä 
ge^ijrt.    SDiefe  Litanei  ober  Sitie  ift  im  toefentlit^en  nit^lö  anbereä   oM  \>ai  Rirdiengcbet,  s 
baä  in  ben  alten  orientalifi^en  Siturgien   (apoftoi.  fionftit.  VIII,  ^iar!uä=  unb  äatobuä= 
lit.)  in  ))roe()t)onetif(^er  %tixm,  unb  jtnar  Vom  ^laEon  borgeffTodien,  auftritt,  unb  bad  burt^ 
ben  ©ebetöruf  ber  ®emeinbe:  xvqu  iXenoov  unterbrodjen  Wirb.  Illan  nennt  bieä  Oebet 
out^  bie  ßttenie.   ^ebenfallö  ift  auä^  blejeä  in  ber  9)iefie  gebrauchte  ®ebet  mit  Inaveia 
bejeii^net  werben  (ogl.ben  Spradjgebtauct)  im  SBeften  unb  j.  93.  bei  2liartene  p.  B5a),  abcisi 
ber  3lamc  s;itanei,  bejW.  Sitie  fjaftet  an  ber   bei  ^ßrojcffionen   gebraudjten  Stlenle.    SJon 
ber  gewöhnlichen  5Üie6=Ö£tenle  untetfcijeibEt  fiel!  biefe  Sitanei  burc()  bie  Siniufung  ber  3J!arla, 
beö  lauferä,  ber  Slpoflel,  ber  grofeen  ^oftEnjiricfter  unb  aller  ßeiligcn  unb  burc^  befonber* 
häufige  9Bi«berIfolung  beS  SHufeä:    „.§etr,  erbarme  bii$".    S^d  bie  grWcilcrung  burc^  bie 
äinrufung  ber  ^eiligen  auf  (linwlrtung  be^  älbenbinnbeä  juriidge^tV    W\x  will  baä  nii^t » 
unwa&rf^emü^  erj^einen.    SJie  Wtanei  f priest  ber  Siiafon,  baS  Siefponfum  fingt  bei; 


526  Sitmiei 

6^or  (ßaitMh),  eud^alogion  ber  ort^.^Iat^.  ftirdS^c  I,  ffiten  1861,  ©.  LXV  unb  21  ff.; 

@oIolotp,   ^atfteOung   be^  @otte^tenfted  ber  ovÜ).4aH),  5ttvc^e,  beutfd^  bon  äRorofoto, 

»erlm  1893,  ©.  44 f.  unb  168 ff.;    SDlaltjeto,  3)ic  5«ac^ttoadS>c,  »erltn  1892,  ©.  86 ff.). 

2.  3)ie  Sitanei  in  ber  röm.^Iat^.  Hirc^e.    —  2Ba^  bebeutete  hn  Stbenblanb 

sbad  2Bort  litania  (letanla,  laetania)?  $ier  lommt  e^  in  folgenben  Sebeutungen  t)or: 
1.  Litania  toirb  ber  S3ittruf:  Kyrie  eleison,  Christe  eleison  genannt:  can.  9,  12,  13 
unb  17  ber  Siegel  be^  ^I.  93enebt!t;  ordo  Romanus  I,  9  bei  !IJtabiOon,  Museum 
ital.  II  (1689),  p.  9;  ffialaf.  ©trabo,  de  exordiis  c.  23  (ed.  Änö»)fler  1899,  p.  56); 
3J?artene  I,  66b :  „letania  oantantes,  hoc  est  Kyrie  eleison" ;  (Serbert,  Monum.  lit 

10  Alem.  II,  291 :  „Post  introitum  praecedunt  laetaniae",  328 ;  bon  biefer  ^unbertmol 
bei  einer  ^rojeffton  gefungenen  formet  n)irb  litania  aud^  in  einem  (Sobqr  bon  ^onte  Sofino 
gebraucht  (bie  ©teOe  bei  3KabtUon  a.  a.  D.  p.  XXXIV).  —  2.  Litania  bebeutet  M 
im  ©ottedbtenft  gebetete  t)ro§))l^onettf(i^e  5ttrc^engebet,  bie  griec^ifd^e  Sftenie,  bie  litania 
diaconalis:    Cod.   ber  Ambrosiana   nad^  @bner,   Missale  Romanum   @.  74   (biefe 

löSitanei  abgebrüht  bei  Sud(^e^ne,  origines  du  culte  chr6tien*  @.  189  unb  bei  Säumer, 
®efd^.  be^  SSrebierd  ©.  611)  unb  bad  @ebet,  bad  Bona,  rer.  Ut.  II,  4  §  3  u.  3>anid, 
Cod.  Liturg.  I,  118  nad^  einem  gulbaer  Codex  mitteilen,  an  biefe«  ®e6ft  benft 
tbol^I  auc^  älmolortu«  bon  3)le^  (f  c.  850),  toenn  er  in  feiner  ©c^rift  de  eccl.  offidis 
(MSL  105,  985  ff.)  bon  ber  litania  ft)ric^t  unb  erüärt:    litaniae  graece,    laüne  de- 

20  precationes  (I,  28  unb  37).  Deprecatio  toax  nämlic^  ouc^  ber  terminus  teoh- 
nicus  für  bad  ber  @{tente  entf^red^enbe  5tird^engebet  (bgl.  g.  SB.  im  Stowe-Missale  b<i 
iSBorren,  Liturgy  and  Ritual  of  the  Celtic  Church  p.  229,  unb  bei  6art^, 
The  Stowe  Missal  p.  199  unb  bei  ^xop%  äbenbl.  SWeffen,  ©.  47).  —  3.  »erfke^  man 
unter  litania  bie  $ro)effion;  fo  befonberd  in  ben  termini  technici  litania  maior  (bie 

26  ^rojeffion  am  SRarfu^tag,  b.  25.  ^fyxd)  unb  litaniae  minores  (bie  ^rojeffioncn,  9b 
gationen,  an  ben  brei  ber  §immelfal^rt  borau^el^enben  lagen) ;  fo  im  Cod.  Theodo- 
sianus,  XVI,  Y,  30 ;  fo  in  bielen  SSefc^lüffen  abenblönbifdE^er  ©^oben  bed  6.  u.  7.  ^(äff 
^unbert«  (S5run«  II,  165;  18 f.;  42;  I,  246  unb  249;  251),  fo  an  bielen  ©teOen  hti 
liber  pontificalis  (ed.  S)ud(^e«ne  I,  303  II;  323  IV;   347  V;   376  XIV;   399  VI; 

30  406  XX;  429,  XI;  443,  XI;  II,  8  XXV;  12  XLIII;  110  XVII;  4  XI);  fo 
bei  ®regor  b.  ®r.  (Registr.  ep.  lib.  V,  ep.  11;  lib.  VI,  ep.  34  unb  61;  sermo 
de  mortal.,  unb  bei  ©regor  bon  %oux^  (bist.  Franc.  X,  1  MG  Scr,  rer.  Merov.  I, 
1  p.  408);  fo  im  liber  diurnus  (ed.  @id(el  p.  78);  fo  bei  ^ip)ßxn  (ep.  ad  LuUam 
MG  epist.  III,  Merov.  et  Karol.  aevi  I  p.  408);  fo  in  einer  um  800  gefc^ebenen 

86  Snailönber  ^anbfc^rift  (@bner,  a.  a.  0.  76)  unb  an  vielen  anberen  ©teilen.  3)abei  tmib 
litania  aui)  für  bie  S^anfprojeffton  gebrandet.  —  @nb(id^  4.  hxani)t  man  litania  uir 
ä3ejeid(^nung  be^  mit  Kyrie  eleison  beginnenben  äBed^felgebete^,  bad  toir  l^eute  mit  £ü 
tanei  ju  be^eid^nen  pflegen;  biefer  ©ebraud^  ift  fel^r  l^öufig,  bgl.  ).  )8.  bie  bon  S)u(^<, 
origines  du  culte  chr^tien,    2.  3lufl.  (1898),   mitgeteilten  ordines   (p.  452  •    453; 

10  457;  458;  461;  462;  463;  466;  467;  469;  470)  ober  bie  lejte  bei  SRarten« 
a.  a.  O.  passim,  ober  bei  (Serbert  a.  a.  D.  passim.  tiefer  le^tere  ©prac^ebrou^ 
trug  ben  ©ieg  babon.  ©eit  ungeföl^r  bem  12.  ^al^r^unbert  ^ot  bad  SBort  processio 
ben  9lu^brud(  litania  für  Sittgang  faft  gän^lid^  berbröngt  @o  braucht  ^  i).  Shifxtt 
bon  SDcu^i  (t  1135)  in  feiner  ©c^rift  de   divinis  ofliciis  (MSL   170,  12  ff.)  litanii 

46  nie  mel^r  in  biefem  ©inne,  fonbem  immer  nur,  um  ba^  ®^btt  ju  bejeic^nen  (III,  5 ;  VII, 
10 ;  VIII,  2  unb  3).  92ur  in  ben  S3ejeid^nungen  litania  maior  imb  litaniae  minores 
lebt  ber  alte  ©jjrac^gebraud^  toeiter.  —  3)afe  bei  biefer  ganjen  SJertoenbung  be«  SBottei 
litania  ber  grt^tf(^e  ©))rad^gebrauc^  etngetoirft  f^at,  liegt  auf  ber  $anb.  vlvx  bo^  caxli 
bad  Kyrie  mit  biefem  SBort  bejeid^net  totrb,  l^at  im  Dften  m.  SB.  leine  ^Parallele. 

Go  Über  bie  litaniae  aU  ^rojefftonen  f.  ben  %  »ittgänge  Sb  III,  248.  J)o<^  f« 
l^ier  hinzugefügt,  ba^  nid^t  erft  ©regor  b.  ®r.  bie  litania  maior  (25.  9lt)nl)  eingerüstet 
bot,  fonbem  ba^  fte  d^  @rfa(  ber  ^eibnifd^en  robigalia  biel  früher,  tDa^rfc^nlu^  bon 
HJat)ft  Siberiu«  (352—366),  beranftaltet  toorben  ift  (bgl.  Ufener,  ba«  SBei^o^tÄfcfl 
1889,  293  ff.) ;  iebenfadd  fmb  aud^  bie  ^Rogationen  um  Himmelfahrt  nic^td  ald  ber  boc> 

66  d^riftlid^e  ^urgang,  bie  altl^etbnif^en  ambarvalia.  3Jlamertu^  l^t  nur  bod  äSetbicnfIr 
bie  faft  eingefd^lafene  ©itte  c.  470  neubelebt  m  ^aben  (Sidonius  Apoll,  ep.  V,  14 
unb  VII,  1  ed.  aJlo^r,  p.  118  unb  139),  unb  Seo  III.  (795—816),  ber  biefc  aoffif*« 
rogationes  in  9lom  eingefül^rt  l^oben  foQ,  l^at  jebenfall^  bie  löngft  in  9iom  bq^e^enbcR 
^bja^rSbittgänge  nad^  gaUifd^em  Sraud^  georbnet   unb  fie  für  bie  gefamte   römif«^ 

60  HixQft  eingefüJ^rt.    Ser  9lame  litania  maior  für  bie  eintägige  unb   litania  minor  für 


Sttoitei  527 

bic  brettägtge  ^rojef^on^feter  erllärt  ftc^  ba^er,  ba^  bte  erftere  bte  ältere,  bie   le^te  bte 
\p&Utz  ifi 

Ungelöft  ift  nod^  bie^a^e,  tote  bad  ol^Sitanei  aud^  nod^  bon  un^  begetd^nete  ®ebet 
(SDer^eUigensSU.)  entflanben  tft  ^ft  e^  eine  toeitere  Slu^bilbung  unb  Umgeftaltung  ber 
atten  &tmxt,  toie  man  getDdl^nltc^  annimmt?  ober  l^at  ed  feinen  Urf^^rung  in  einer  alt^  6 
^etbnifd^en  ®ebet«formel?  35ie«  meint  Ufener  (a.  a.  D.  ©.296);  er  jagt:  ,,bte Sitaneien 
mit  innren  langen  Siften  ber  ^eiligen  unb  bem  ftel^enben  Stefrain  ora  ober  intercede 
pro  nobis  finb  nad^  i^rer  ganjen  Einlage  eine  ^{ad^bilbung  be$  ^ormular^,  bad  ber  ^on« 
tif^  nac^  feinen  indigitamenta  borbetete  (praeibat);  il^re  ^orm  lann  nidjft  ft)citer  aU 
im  4.  gol^unbert  auggebilbet  fein."  3l^m  ftimmt  äc^eli«  (a.  a.  D.  I,  297)  «j.  ©o  lo 
foa^cl[^einli4  bie  @rtlärung  Ufener^  ift,  fo  l^t  er  hoi)  einen  93etoeid  für  feine  S3e^au))' 
titng  nic^t  beigegeben.  Sin  entft)reci^enbe$  ^ormular  aud  ben  indigitamenta  lägt  [\d) 
aa^  nic^t  beibringen  (über  Ind.  bgl.  Stofc^er,  3R\)tf^ol  Se^ifon  II,  129  ff.,  b.  äBiffotoa, 
Stdigion  unb  jtultu«  ber  Slömer  1902,  ©.  333  unb  441  [$anbb.  ber  flaff.  älltertum^ 
tmffenfd^.,  I^erau^.  bon  S^an  STOüDer  V,  4]).  Entgegen  ber  l^errfd^ben  5Reinung  bin  ib 
11^  ber  Ueberjeugung,  ba|  bad  abenblänbifd^e  ^rogeffton^ebet  (im  tlnterfd(^ieb  bom  mor« 
goilonbifc^en)  nic^t  aud  bem  aU  litania  bem^neten  5tirc^engebet  entftanben  ift,  fonbem 
{im&d^  eine  felbftftänbige  @ntftel^ung  l^at,  oie  toaj^rfd^einlic^  auf  alt^eibnifd^e  33orbiIber 
iitiüdge^t.  3Ran  bergleid^e  nur  einmal  bie  litania  im  Stowe  Missal  mit  ber  unmittelbar 
fo^enben  deprecatio,  ber  litania  diaconalis,  um  ju  feigen,  bag  beibe  ®ebete  nic^td  ao 
mtleinanber  gemein  l^ben,  fie  finb  aud^  feine^toegd  atö  Soubletten  emf)funben  toorben. 
Crfl  ^ter  l^at  bie  ^rojeffioni^litanei  ß^f^^  ^^^  ^^^^  ^^-  diaconalis  erhalten  unb  l^at 
fi<^  bon  ber  $ro}effton  lo^eldft,  obtoo^l  h)ir  (f.  unten)  nod^  beutlid[^  fe^en  lönnen,  bag 
bt^e  Sitanei  ba  am  jäi^eften  l^aftet,  too  urft)rünglid^  toirtlid^  eine  ^rojeffton  ftattfanb. 
SMefed  Sitoneigebet  begann  in  ber  Siegel  mit  bem  Stufe:  Kyrie  eleison,  Christe  elei-  36 
son  ober  Christe  audi  nos;  barauf  folgten  bie  älnrufunaen  ber  ^eiligen,  toobei 
noi^  iebem  Flamen  bad  äSolI  ora  (orate)  pro  nobis  fang;  barauf  tourben  einzelne  ©efa^ren 
unb  Sidten  genannt,  ).  93.  ira  perpetua,  pestis,  cladis  etc.,  um  beren  älbtoenbung  bad 
SBoD  mit  libera  nos  Domine  flehte ;  barauf  folgte  eine  ®ru^^e,  in  ber  um  t)ofttit)e  ®üter 
gebeten  tourbe,  mit  bem 9left)onfum  te  rogamus,  audi  nos;  enblid^  tourbe  bad  Agnus  Dei  so 
unb  nodf  einmal  bad  Kyrie  jum  ©d^lug  gefungen.  Siefe^  ©c^ema  tourbe  in  ber  mannig- 
folügfien  9Beife  au^eftoltet.  9{amentlid(f  toec^felten  bie  92amen  ber  angerufenen  ^eiligen 
ie  nod^  Ort  unb  ©elegen^eit  (bgl.  j.  85.  5Wartene  II,  255;  308;  379;  in  ber  Sitanei 
an  legerer  ©teile  finben  faft  300  älnrufungen  ber  ^eiligen  mit  bem  Sief^onfum  ora 
pro  nobis  ftott).  ^fe  nac^bem  man  bic  einzelnen  Stufe  brei^,  fünf-  ober  ftebenmal  toie-  85 
bcs^olte,  l^ie^  bie  Sitanei  litania  terna,  quina  ober  septena.  dagegen  trägt  bie  litania 
sqytiformis  bei  ®regor  b.  ®r.  i^ren  Stamen  bal^er,  ba^  biefe  ^rojeffion  (litania  J^eifl 
^  $ro}ejfton)  bon  fteben  berfd^iebenen  fünften  aui^ing.  ^ad  Sitaneigebet  trug  bon  Qan^ 
axA  Su|(9aratter,  unb  ed  l^at  i^n  auc^  nie  gan)  berloren,  bal^er  erf(|eint  e^  oft  mit  ben 
7  9u|))falmen  berbunben.    Sie  Sitanei  erfreute  ftd^   offenbar  au^erorbentlic^er  ®unfl.  40 


Sei  ben  berfc^iebenften  ®elegenl^eiten  tourbe 


te  gebrandet :  nic^t  allein  bei  ä3ittt)ro)efftonen. 


fonbem  bor  aOem  au(^  bei  ben  9llten,  mit  benen  bon  $au$  au^  ein  $ro)effton^ang  ber« 
oimben  toar,  fo  bei  ber  3kxufn)affertoei^e  am  ^arfamiStag,  ober  bei  einer  ilird^toeii^e,  ober 
bd  ber  Orbinotion  (3ug  ber  ^leriter  in  bie  Stirere),  ober  bei  ber  itönig^trönung,  ober  bei 
bct  Xrandlotion  bon  Sleliquien ;  aber  auc^  fonft  toirb  fte  bertoenbet,  fo  bei  ber  3kxufe,  45 
bei  ber  Seid^te,  bei  ber  Sletonciliation  ber  äSü^er  (bgl.  ©d^mi$,  Sie  93u^büd^er  u.  f.  to., 
iRain)  1883, 1, 78),  beim  5&anlenbefuc^  unb  bei  ber  legten  Delung,  bei  ber  @infegnung  bon 
Gicrbenben  unb  Xoten,  beim  ®otte^erid^t.  Siefed  ®ebet  eröffnete  aber  bor  aQem  ur^ 
fifitSmqfxäf  ouc^  bie  SReffe.  „Maiorem  missam  in  privatis  diebus  solet  iterum 
letania  praevenire"  fc^reiben  bie  Sluniacenfer  Honftitutionen  (Ubalricud,  Antiqu.  Con-  so 
tuet  Clun,  I,  6);  unb  nad^  bem  Stowe  Missal  (ßartl^V  P-  192,  bgl.  $robft,  Slbenbl. 
Weffe  6. 20,  43  unb  103)  jog  ber  Sifd^of  mit  bem  Äleru«  unter  Sitaneigefang  jur  Äird^e ; 
hoB  ®lei(^e  berichtet  für  3Railanb,  unb  gtoar  für  ben  erften  Xag  ber  Duabrageftma,  9e< 
rolbu«  (nac^  ^robft  a,a.!D.  ©.  20);  aJlatt^.  glaciu«  gab  femer  1567  eine  SDleffe  ^erau«, 
hl  ber  ed  gbic^  im  älnfang  ^ei|t :  „Mox  antequam  sacerdotalibus  induatur  65 
▼estibnSy  si  locus  acciderit,  vel  tempus  permiserit,  flexis  genibus  coram  al- 
tare  eantet  VII.  psalmos  poenitentiales  cum  litania,  qua  finita  dicat  Pater 
lUMter''  (bei  aWartene  I,  176b);  toenn  fobann  ®regor  b.  ®r.  fagt  (ep.  IX,  12  [26]): 
,^  quotidianis  missis  aliqua  quae  dici  solent  tacemus,  tantummodo  Kyrie 
ddson  et  Christe  eleison  dicimus,  ut  in  bis  deprecationis  vocibus  paulo  diu-  go 


528  Sitaitd 

tius  occupemur",  fo  toor  offenbar  (bgl.  ffiuc^e^ne,  a.  a.  O.  p.  156)  mit  bem  Kyrie 
eine  me^r  ober  tpeniger  lange  Sitanet  berbunben.  3)lan  bergleid^e  enblid^  bie  bei  $robfi 
a.  a.  0.  @.  103  mitgeteilte  Stelle  au^  bem  Codex  Mutinensis.  ^xibtm  tmirbe  h(k 
folgenbe  Kyrie  \pätzt  u.  U,  au^elaf|en,  toenn  bie  Sitanei  borl^ergegongen  tuar.   Slud  aE 

5  biefen  S^d^iff^  ^^^  ^^^  ^o^^l  b^n  fidlem  @c^lu^  toagen,  ba^  boe  Kyrie  ber  SReff^ 
bad  l^eute  auf  ben  Introitus  folgt,  ber  Steft  einer  Sitanei  ift,  unb  )tDar  ber  ^ro^effUmd« 
litanei,  trögt  ed  boc^  eine  QÄt  lang  f ogar  biefen  92amen  (f.  oben).  —  2)er  retc^  (Sebrou^ 
brad^te  e^  mit  Jtc^,  ba^  immer  neue  Sitaneien,  fogar  in  metrifd^itr  $orm,  entßanben,  bie 
3.  X,  bon  ber  nrd[^lic^en  äSbrlage  unb  bem  firc^lid^en  ©eifte  fid^  bebenilicb   entfernten. 

10  ^[nfolgebeffen  tourbe  ber  öffentlid^e  ©ebrauc^  neuer  Sitaneien  an  bie  fircplic^  ^bpapfco^ 
bation  gebunben  (bgl.  SReufd^,  ber  3"^^  H,  1,  ©.  75  ff.).  §eute  finb  in  ber  to^o« 
lifd^fen  Hird^e  nur  folgenbe  bier  Sitaneien  aüppxobxztt:  1.  bie  SUler^eiligen^Sitonei  {oSffptA. 
1601);  2.  bie  Sauretanifd^e  Sitanei  {c(ppxob,  1587);  3.  bie  Sitanei  bom  oQerl^igfiai 
5Ramen  3efu  {cippxob.  1862)  unb  4.  bie  ^erj^Sefu^Sitanei  (a})j)rob.  2,  8lj)ril  1899).  SÄ 

16  älllerl^eiligensSitanei,  tbie  fie  je^t  im  ©ebraucp  ift,  ift  bie  eigentlich  liturgifd^  Sitanei  imb 
toirb  ).  S3.  bei  ber  @rteilung  ber  l^öl^eren  9Bei^en,  bei  ber  S^auftbaffermei^  am  Jlarfamdlag 
unb  am  ^fingftfam^tag  unb  an  ben  Sitaneitagen  (25.  ^xxl  unb  Jtreujtbod^e)  gebroudf^t,  unb 
)tbar  tbirb  bie  1596  ^erte,  f^Hiter  (1683  unb  1847)  um  toeniae  d^föt^e  ertbeiterte  g[onn 
gebrandet;    fte   enthält  allein   63  Slnrufungen   an  ^eilige,  auf  bie  bcä  9lef))on^  on 

20  (orate)  pro  nobis  folgt.  ®ie  Sauretanifc^e  Sitanei  gilt  ber  93erel^ng  ber  ^ungf^Qi 
3Raria ;  fie  tbirb  feit  J^a^rl^unberten  in  ber  Ralpdlt  )u  Soreto  an  ben  Samstagen  gefungen 
unb  l^at  bal^er  il^ren  mmen.  @ie  ift  jebenfaQd  erft  im  SSudgang  bed  16.  ^o^r^ninbeitS 
entftanben ;  ber  ältefte  bid  je^t  nad^getbiefene  2)rud(  gel^ört  ind  ^afyc  1576.  ^fjxt  tm 
mutige  Slbbetung  bringt  jebedmal  einen  Slbla^  bon  300  Xagen,  bagegen  boIKmnmena 

25  älbla^  an  fünf  beftimmten  SRarienfeften.  Sie  Sitanei  bom  aOerl^eiligften  ^erjen  Sefu,  bie 
nac^  tatl^olifc^er  älnfc^auung  im  15.  ^al^rl^unbert  entftanben  fein  foO,  ift  ebenfolU  mit 
einem  Slbla^  bon  300  Xagen  au^eftattet.  Sie  brei  oben  )ule^  genannten  Sitaneien 
toerben  auc^  bei  liturgifd^en  ®ottedbienften  unb  bei  $ro^ftonen,  aber  nur  loteintfd^,  ge» 
braud(^t.    daneben  giebt  ed  eine  iRei^e  bon  Sitaneien,  bte  nur  bijc^dflic^  at))>robiert  ftrb, 

80 ).  S.  93ruberfc^aft^sSitaneien,  eine  Sitanei  jum  aQer^eiligften  Slltarfarrament,  für  bie  ffii^ 
bereini^ung  Seutfd(^lanbd  im  toa^ren  ©lauben  u.  f.  to.,  bie  auc^  bei  öffentlid^  Slnbod^, 
aber  ntd[^t  bei  eigentlich  liturgifc^en  ^em,  unb  jtbar  in  beutfd^er  &pxadft,  gebraud^t  toaten 
bürfen. 

3.  35ie  Sitanei  in  ben  Steformation^Iird^en.    —    3^  ber  erflen  3^  ^ 

86  SBittenberger  Sieformation  blieben  ^ro^efftonen  unb  Sitaneien  im  ©ebrauc^.  %Qx  ffiittem 
berg  bgl.  Sutl^er«  ©ermon  bon  bem  ®ebet  unb  $rojeffion  in  ber  Äreujtood^  1519,  & 
16%  67ff.  =  3Ba  II,  172  ff.  =  631  opp.  lat.  v.  a.  III,  442  ff.  3Jlit  ben  Äulö* 
reformen  in  SBittenberg  1521  ff.  lamen  fte  too^l  au^er  ©ebrauc^.  äBenigftend  tboren  {ie 
1525  abgefc^afft  (bgl.  631  12%  155).    3^re  3lbfd^affung  in  SRümberg  ift  au^brüdKc^  be» 

40  aeugt  (©menb,  Seutfd^e  SKeffen  ©.  173).  Safe  bie  ©t)ott*Sitanei  bon  1521,  bie  ftäf  oucj 
m  Sut^er«  SBerfe  (SBaldSf  XV,  2174)  berirrt  f^ai,  toeber  bon  Suti^er  ftammt,  noc^i  ubei« 
fyiviUßt  in  lird^lic^em  ©ebraud^  toar  (Stccpp,  92ad^lefe  II,  500 ;  ©trobel,  opusc.  satyr. 
1784;  S3ö(fing,  opp.  Hutteni  II,  52),  brandet  laum  gefagt  ju  toerben.  @rf)  w 
fang  1529   tbirb   ein  Sitaneigebet   in  äBittenberg   toieber  in  ben   ebangelifd^en   ©otte^ 

46  bienft  eingeführt,  unb  jtoar  bon  Sut^er  fclbft,  natürlich  in  neuer  gorm.  ©ir  finb  borüBer 
junöd^ft  burd^  Sut^erd  S3rief  an  ^au^mann  bom  13.  ^ebruar  1529  unterrichtet,  too  d 
Reifet:  „Litanias  nos  in  iemplo  canimus  Latine  et  vemacule;  forte  utriusque 
nota  seu  tenor  edetur"  (be  SBette  3,  423  =  gnber«  7,  53).  ffia«  Sut^  )U  bicfer 
tultifd^en  ^euorbnung  beranlafet   l^at,  erbeut  aud  feiner  ©c^rift  „93om  Jtri^  tbtber  bie 

60  Xürlen'',  bie  fd^on  im  ©ommer  1528  fertig  borlag,  beren  Srucf  aber  bid  ind  0rü^i# 
1529  ber^ögert  tourbe  (Äöftlin,  Sutl^er«  Seben  *  II,  ©.  122).  3n  biefer  ©d^ft  füW 
Sut^er  gelegentlid^  au$,  bafe  ^ro^effionen  gegen  bie  bro^enbe  Xürfengefa^  tbirbuigw 
bleiben  tbürben.  „Sa«  mod^t  aber  ettoa«  t^un",  fä^rt  er  bann  fort,  „fo  man,  e^  too« 
unter  ber  SWeffe,  Se«})er,  ober  nad^  ber  ^rcbigt,  in  ber  Äird^en  bie  Sitanei,  fonberlic^  ^(rf 

66iunge  aSolI,  fmaen  ober  lefen  liefee''  (@3l  31,  45).  2Ba«  Sut^er  ^ier  bot^c^läot,  ^  er 
tl^atföc^lic^  burc^gefü^rt,  unb  offenbar  ^atte  er  bie  ^bftd^t,  bie  Sitanei  über  aBit^mbcq 
I[|inau3  gu  berbreiten.  Sie  oben  angeführte  S3rief ftclle  unb  eine  anbere  bom  13. 3Raxi  1529 
(fte^e  unten)  f^rec^en  au^brüdltd^  bon  beabftd^tigter  unb  j.  %.  bereit«  erfolgter  Seäffent; 
lid^ung   ber   beutfc^en   unb    ber  lateinifd^en   Sitanei  mit  92oten.    9tun   ^ot  Sut^  bici 

ao  SBege  gur  93eröffentlid^ung  unb  'Verbreitung  befd[^ritten.    @r   l^at   1.,  tbenigften«  bon  ber 


fiitoiKf  n29 

fceutft^n  Sitanei,  einen  Sonberbtuii  etfdjeinen  laflm,  ben  er  am  13.  TOärj  1529  |einem 
greunbe  ^ouämann  (be  ffietle  3,  340  =  Snbo:«  7,  70),  unb  ben  SiJter  am  16.  3Rcni 
1529  leinem  gteunbe  9iot&  {Sudjbalb,  Sntfte&ung  bet  Äotec^iämen  Sul^erö  S.  Xllb, 
Mnm.  i)  3u((i)iAe;  et  loftete  7  $fge.  Iiarauf  beäietjcn  fit^  bie  fclgcnben  SBoitc  bei 
Bflienbag=®ötttnget  ,fiO  1542:  „ßö  foQ  aba  bie  Letania  .  .  auf  SBeije  unb  Tta^t,  b 
Wie  fte  üu  SJittemberg  gebnidt  unb  nuögangen  ift,  gctwlten  Werben"  (Sictiter  I,  36Ö''). 
Db  wir  folc^  einen  Sonbabruct  nod^  befi^en,  ja  ob  wir  aud;  nur  ben  ^ilel  be^felbcn 
lennen,  termag  \ä}  n\d)t  w.  fngen.  ©oWo^l  in  bet  ßrlnnger  ^u^abe  bet  äSctte  ßut^etfi 
(56,  369),  Q(ä  aut^  bei  Sfcademagel  (ftirtlfecnUrt  1,391)  fmb  2,  bejlD.  ift  1  Sonbabtu* 
dnet  beutf^en  Sitanei  bem  %Hä  naä}  angegeben.  Sut^crd  Ütamc  hiirb  in  (einem  genannt,  lo 
3Kii  \d}tint  auä)  leinet  biejer  Iiructe  ein  Sut6etifcl>er  Ütbtud  gu  fein,  öietme^r  ^aben  Kit 
ce  TOo^t  mit  9tac^btu(Ien  ju  t^un ;  unb  jmat  ift  bet  eine  ton  i^nen  bei  S^bf  ©uttnei^t 
in  31ütnbcrg  et(c()ienen.  SDte  bie|em  Drude  beigegebene  Sietfitel  unb  flofleftc  ftimmen  nii^t 
mit  benen,  bie  iUit^et  auf  (eine  beutfcfie  Sitanei  fo[gen  Infjt.  Ob  Sut^et  bie  latcinifilje 
Eitanei  ubettjauiJt  im  Sonberbtucf  öeröffentlic^t  ^at.  Wie  er  beabfitbtigte,  löfet  fid?  "i^'  '^ 
(agen.  —  3;cr  2.  ÜBeg,  bm  üulljer  jur  Süetbreitung  feiner  beutfdjen  Sitanei  einf(^lug, 
War  bet,  bafe  et  fte  bet  btitlen  Sluägabe  feine«  (leinen  flatei^iSmuS  1529  onbing  (Sä 
21,  3;  cgi.  auc^.  Wie  Sutljet  bei  Qnberä  7,  255  bei  ber  ^ufja^Iung  ber  .(Catc<)?i#muä; 
ftüde  bie  „üitaneien"  ctwä^nl;  Xf).  §atna((,  Der  (leine  fiated)iämuä  Sut^erö,  1856, 
@.  XLVIII).  6t  i?at  [w  fpäter  Wieb«  fortgetajfcn.  3)ann  unc  Wann  ift  aber  bot^  » 
no^  bie  Sitanei  mit  bem  Ratc<^iämuö  uetbunben  werben;  fo  in  bet  grie^ifc^en  Über= 
fe^ung  Don  3o^.  ÜJhjIiu«  ^afel  1568  unb  1564  Bgl.  ^ebr.  griife,  SutEjerö  (leinet  Äate» 
i^iämud  in  feiner  ISinwirfung  u.  f.  w.  @.  Iti)  unb  in  bet  älteflen  belannten  ^DlEänbif<^en 
[1531?]  (ebenba  ©.  21).  —  aßutbe  bie  Sitanei  aud)  nii^l  ju  einem  feften  Scftanbteil  bcö 
Jtatei^t^ud,  fo  bürgerte  fie  fic^  bod)  in  bcn(^eiangbü(^ern  ein,  unb  eä  ifl  fit^cr,  ba|  2b 
f(^on  Sut^er  felbft  fit  auä)  auf  biefe  5Iöeife  ju  Betbteiten  Betfut^jte.  3)oä  fogen.  Ätugfclte 
©efangbui^  Bon  1529,  baä  un«  »etloien  ift,  ^at  —  baä  (ann  man  faft  mit  abfolulct 
©ii^b'*'  be^upten  ~  beteitä  bie  lateiniff^e  Sitanei  enttfalten.  Denn  bie  ^ommetfi^e 
ÄD  ton  1635  beftimmt:  „Salbe  Bp  be  lectioneö  fc^ölen  bree  ebber  oeetc  jungen,  wo  be 
©(^olmeiftev«  iciH,  be  Satinife^e  Sctonv«  lefen  Bt^  bem  Sandbötelen  Doctori^  5)iartini  so 
fiutiwr,  SÖnbc  bat  E^or  f^al  ftebeö  entwetben.  Wo  ^m  fandbötclen  Botuatct  \}i"  (ifttt^tcr, 
ADD  I,  258a},  Stanb  abet  in  biefcm  (Sefangbutft  bie  lateiniji^c  Sitanei,  fo  ift  alö  gewifi 
angunet)men,  bafi  aud)  bie  beutfdje  nidjt  gefc^ilt  bat,  eine  a?ctmutimg,  bie  fc^on  ^i).  illiaders 
nagel  (SiHiegt.  jur  ®efi^.  be«  beuift^en  Äirdjentitbeä  im  16.  ^a^rb.  1855  109  unta9)  ge= 
äulcitljat.  Snttjaltcn  boc^  bie  fpäteren  filugfd^en  äluigaben  Bon  1535  u.  1543  (äL'ademagel,  ij5 
Sibliogr.  %.  328,  %.  462  u.  463)  beibe  Sitaneien.  gemet  ^atte  aud)  ein  9Iiimberget 
j)iu*  (®ulbenmunbt)  oon  1539  (ebenba  9ir.  1085  S.  472),  fotoie  baä  iBabftfdje  ®e= 
fongbuii,  Seipjig  1545,  1547,  1548  (ebenba  ^t.  479,  523  u.  569),  enblii^  aud?  bad 
Slumf^e,  Seipjig  1546  (ebenba  9it.  497)  beibe  Sitaneien.  5ISJie  tafc^  unb  wie  weit  fii^ 
aber  in  ^Jltttel-  unb  ^otbbeutfc^Ianb  bie  beutfd)e  butc^  bie  @efangbüi^et  Berbreitete,  4o 
mögen  folgenbe  eingaben  beWeifen.  (Sie  fte[)t  unter  ben  Siebetn  bet  äJigaift^en  „Dtb= 
nung  beö  Sitt^cnbienftö"  (®ademagel,  ßiti^enlieb  I,  5Rr.  35),  in  bem  ©cfangbu^  Bon 
Meufc^er,  dtfutt  1531  (ebenba  I,  %.  39);  Bon  Die(j,  gioftod,  niebetbeulft^,  1531  (ba« 
„Slütetfc^e  Oefangbuc^"  ebenba  Sit.  50);  in  bem  Bon  aSattber,  5Kagbcbutg,  nicbctbeutfi^, 
1534,  1538,  1540,  1541,  1543  (aSod.,  fflibl.  3h.  325,  370,  410,  fiircbenl.  I,  'Jit.  68,46 
»ibi.  9it.  454  unb  %.  1088,  ©.475);  Bon  ©dfubmann,  Seipjig,  1539  {'Bai..  SibL 
9(r.  1084);  Bon  Sottber,  ^Jiagbeburg,  1540  (aöarf.,  S9ibl.  3(t.  408);  oon  iBiJbingei,  1II[agbe> 
6urg[1542]{9öad.,  Kit^ent.  I,  i)ir.  70);  BonSaÜiDm,  üübed,  nieberbeutfd),  1545 (ffiad., 
Sibl.  ^Kr.  475);  Bon  SRic^olff,  Sübed,  niebctbeutfc^  für  bie  ®emeinbe  ju  Ütiga,  1549 
(ißjarf.,  »ibl.  Dir.  1094);  Bon  Sat^ffen,  (Stfutt,  1550  (ißjad.,  Sibl.  9ir.  585).  ©anj  w 
bereingelt  etfc^eint  bie  Sitanei  in  ben  fübs  unb  fübWeflbeutfc^en  (Sefangbü^iern.  ©o  Biet 
H^  fe^,  (inbet  fie  ftc^  &iet  juetft,  aufe«  ben  oben  erwälfnten  'JJütnberger  Sonbcrbrud  Bon 
1529,  in  einem  Wiebettäufetif(tien  ®efangbu(^  Bon  1538,  Dai  nat^  iBJarfemagel  Wa^x-- 
I(^nU(^  in  Mugöbutg  gebtudt  ift  (öibl.  9ir.  366).  Stft  ©ttafeburg  i)at  bie  Sitanei  im 
©üben  t)eimif<^  gema{^t,  bcnn  feit  1545  fte^t  [w  m  oHen  üni  belanntcn  Strafibutger  65 
©efangbüitiEm  ($ubet,  Die  Strafeb.  liturg.  Drbnungcn  1900,  S.  XXXIff.).  Daä  erfte 
Slümberger  ©efangbucEi,  baS  fi«  enthält,  ift  bo«  Bon  9ieuber  1549  (StÖad.,  fiirc&enl.  I, 
3U.  93).  Sei  biefer  weiten  Setbreitung,  auf  bie  man  auö  biefer,  geWift  nod)  nit^t  boB= 
ftonbi^en  übetfic^lt  fc^liegen  (ann,  Witt  ti  nid)t  ^unber  nehmen,  wenn  Wir  bie  Sitanei 
ouc^  in  Aiti^enotbnungen  abgebtudt  finben.  ^iet  f(^eint  ber  ©üben  unb  ©übWeften  es 
Kcai'ifiKqnoiiabit  fiii  tt)u\Bef'  unb  niiAc.  :i.  «I.  xr.  34 


I 


530  Sttanri 

t)or  aQem  vorgegangen  ju  fein,  ^enn  gerabe  l^ier  fanb  bte  Sitanei  toarme  ^eunbe.  So  ^ 
fie  S3renj  in  $rebigt  unb  ©d^rifterflärung  em^fo^len  (opp.  I,  1,  614 ;  VI,  656).  9i4 
93u$er  mu|  il^r  freunblid^  gefinnt  getoefen  fein.  Sßirb  fte  aud^  in  ^Ivfyn  JtOO,  tüie  in 
ber  Hanauer  unb  ber  iBinbauer  1573,  gar  nid^t  ertpäl^nt,  fo  l^ot  fte  iod^  m  ollen  be> 

5  beutenberen  fttb^  unb  fübtoeftbeutfd^en  ^0  älufnal^me  gefunben.  @o  in  ber  itO  bon 
5PfaIj*9leuburg  1543  (JRic^ter,  ADD  II,  29);  in  ber  Äölnifc^  Sleformotion  1543 
(^id^ter  II,  51b);  in  ben  9(u^a6en  Don  93eit  3)ietrid^  9(genb6üd^Iein  feit  1545;  in  ber 
©dSnoöbifd^-'^aHer  1543  (Oe^er,  ®ie  5Rörblinger  ebang.  RDD,  ©.  34);  in  ber  aSürttan« 
berger  ÄD  1553  (Slid^ter  II,  139) ;   in  ber  ÄD  Dtt^einrid^g  Don  ber  ^ßfalj  1556  (9L 

10  SR  II);  in  ber  ÄD  ber  SKorlgraffd^aft  »aben  1556  (»l.  SR  3  b);  in  ber  Don  ^fdj^ 
(toeibrüdten  1557  (3lid&terII,197);  l)on  Strasburg  1598  (SJrudt  Don  1670,  ©.118).- 
lenn  aber  Äliefot^  (3RedEl.  Äird^enbl.  ©.  104)  fagt:  ,,SIKan  lann  breift  Ufycaspttn,  boS 
oQe  9(genben  bed  16.  ^^i^^^unbert^  ba$  Singen  ber  Sitanei  anorbnen'',  fo  ift  bad  f«^ 
eine  Übertreibung,  benn  fd^on  bie  t?or  bem  ^al^re  1529    liegenben  ^D  lennen  bie 

16  Sitanei  nid^t  älber  aud^  nad^  1529  bürgert  fte  ft(^  erft  aUmä^lid^  ein.  @o  ftnbe  ic^  fie 
j.  9.  nid^t  ertoä^nt  in  ber  Sranbenburg^SRümberger  RD  l)on  1533  (SRid^ter  1, 176  ff.),  ob« 
ut  ber  \>on  Sremen  1534  (^erau^.  t>on  Men  im  SSremifd^en  3a^bud^  1891)  ober  in  ber 
Si})i)efd^en  1538,  um  Don  ben  fübtoeftbeutf^en  ju  fd^toeigen.  ®ie  erfte  ÄD,  bie  fie  bietet,  ijlbie 
SBittenberger  Don  1533  unb  gleid^jeitig  ertoäl^nen  fte  bie  @äd^f.  33ifttation^3(rtiIeL    g|ör 

20  bie  toeite  Verbreitung  unb  für  bie  Solfötümlid^teit  ber  Sitanei  f))nd^t  e^  au(^,  ba|  fie 
atebolb  (erfter  ^rud(  1545),  unb  jtoar  imSRorben,  in  Siebform  gebrad^t  tourbe;  ob  bie  eine 
biefer  formen  Don  ^o^.geber  ftammt,  ift  nid^t  ftd^er  )u  ertoeifen  (DgLSBatfemageI,Sltn^. 
III,  %:.  230—232 ;  gifd^er,  Äird^enL^Sejilon,  ©.  237). 

3)od^  e^  toirb  Qüt,  ba^  toir  enblid^  auf  bie  @eftalt  ber  Sitaneten,  toie  fte  oxä 

26  Stttl^erd  f^ber  ^erDorgegangen  finb,  einen  93lid(  toerfen.  @ie  finben  flc^  obgebniA  in 
ber  genaer  ausgäbe  ber  SBerle  Sut^er«  VIII,  368  a  unb  in  ber  SBSoU^fd^  ^bii^ii^ 
X,  1758;  bana^  m  56,  360  unb  bei  Äliefotl^  a.  a.  D.  99.  Die  Sitanei,  unb  jtoot 
trögt  bie  lateinifd^e  bie  Überfd^rift  ,,Latina  Litania  correcta",  ift  in  ^rm  ttnb  Stua^e 
ber  latl^olifd^en  älQer^eiligenlitanei   fel^r  äl^nlid^;  nur  aQe  Stnrufungen  ber  ^eiligen,  bte 

90  jjürbitten  für  ben  5Pa))ft  unb  für  bie  3Serftorbenen  ftnb  geftrid^en.  Dafür  aber  ftnb  bie 
Dinge,  um  toeld^e  @ott  angefleht  toirb.  Diel  genauer  ft)egialiftert;  aUef  ift  lonheter  gc» 
ftaltet.  ©0  toirb  gebetet  um  gute  ^Pforr^erm,  gegen  alle  SRotten  unb  Srgemiffe,  für  m 
3rrigen  unb  SSerfül^rte,  gegen  ben  ©atan,  um  treue  Arbeiter  in  ®otte^  @mte,  für  aBe 
aSetrübten  unb  »loben,  für  aQe  Könige  unb  ^rften,  für   ben  Äaifer  unb  Sanbe«^«ni, 

85  für  SRat  unb  ©emeinbe,  für  alle  ©efä^rbeten,  für  ©c^toangere  unb  ©äugenbe,  für  Äinber 
unb  Äranfe,  für  ©efangene,  für  aSittoen  unb  SBaifen,  für  geinbe  unb  Säfterer :  caiiif  bie 
gelbfrüd^te  ftnb  m6)t  Dergeffen.  Die  lat.  Sitanei  ift  reid[>er  (bie  il^r  eigentümlichen  6tu& 
ftnb :  Per  sanctam  nativitatem  tuam ;  per  baptismum,  ieiunium  et  tentationes 
tuas  . . .  per  crucem  et  passionem  tuam ;  per  mortem  et  septilturam  tuam . . . 

40  per  adventum  Spiritus  sancti  paracleti ;  in  omni  tempore  tribulationis  nostrae; 
in  omni  tempore  felicitatis  nostrae  . .  .  Ut  lapsos  erigere  et  stantes  confortare 
digneris).  9(n  bie  Sitanei  fd()lo^  \x6)  faft  regelmäßig  ^i^tonation  mit  Slef^onfortum  unb 
RoUcftc  an.  ©c^on  bie  lat^.  ©itte  fügte  ber  Sitanei  bcftimmte  ®ebete  an.  SuH^  gab 
ber  beutfd^^en  5  Intonationen   unb   3  ftoHelten   jur  Sludtoa^l  mit  auf   ben  SEßeg;  tnefe 

46  ©tüdfe  finben  ftd^  aber  nid^t,  toic  Sejft^toi^  (im  ».  Sitanei  ber  2.  äup.  ©.  699)  angiebt, 
in  ®3l  56, 362,  fonbem  Dielme^r  in  ber  3.  ausgäbe  be«  Keinen  Äatec^i^mu«  (bei  ^onuuf, 
Der  fl.  RaUö).  Sutl^er«,  ©.  XLIX  3lnm.).  ©te  lehren  aud^  toieber  j.  33.  bei  Sofftitf, 
Psalmodia,  2.  äufl.  1561  nad^  ber  Sitanei  81.  285  a;  fte  fte^en  auc^  in  bem  ©lötet» 
fc^n  ©efangbud^  Don  1531,  331.  C,  Da  u.  b  (^eraugg.  D.  SSied^mann^iloboto,  ©4ftoeti« 

60  1858).  3Rit  ben  631  56,  362  mitgeteilten  3u|ä^en  aber  ^at  e«  feine  eigene  93etoanbtiii«: 
1.  ift  offenbar  ein  ®ebet  (ba^  jtoeite)  angefallen;  2.  finben  ftd^  ^'^  j^  ^  ©tüdteDonbe« 
Don  Sut^er  in  feinem  Äated^i^mu^  beigegebenen  toieber,  allein  bie  3.  gntonation  unb  M 
3.  ®ebet  ftnb  offenbar  anberen  Urfi^rung^.  3<^  möö)U  barauf  l^intoeifen,  bofe  ft^f  W« 
ältefte  mir  befannte  gorm  ber  631  in  bem  93abftfd^en  ©efangbud^  Don  1545  finbet  ®< 

65  ge^t  fd[>toerlidS>  auf  Sutl^er  jurüdE.  Da^  bagegen  bie  ber  lat.  Sitanei  beige^ebenen  3«^* 
nationen  unb  ©ebete,  toie  fte  63156, 365  f.  fte^en,  aufSut^er  jurütfge^en,  rft  h>aW4Ki"* 
lid^,  aber  nid^t  ftc^er;  fie  finben  ftd^  übrigen«,  um  2  Intonationen  unb  ®ebete  Derme^r 
auc^  bei  So|ftu«  a.  a.  D.  931.  283  f.  unb  im  Sabftfd^en  ©efangbud^  toieber.  Da«  olle«  f 
toifjen  ift  be«^alb  r\\6)t  toertlo«,  toeil,  toie  aud)  3^jfd[>toi$  get^an  l^t,  au«  btefcn  3»!^ 

Go  auf  33ebeutung  unb  ©inn  jurüd^ufc^lie^en  ift,  bte  in  Sut^er«  äluge  bie  Sitanei  ^otte. 


Sitottei  531 

äBonn  tourbe  bie  Sttanei  gebraud^t?  3^^^^^^  ^'^  pnäd^ft  nur  bie  lutJ^ertfd^^en  ®c* 
ikU  \>cn  Tl'xttzU  unb  Storbbeutfd^Ianb  in  Setrad^t,  fo  finbet  ftd^  ^ter  eine  gro|e 
äRatmigfoItigleit  bed  ©ebraud^d.  3)a  lommen  junöd^ft  bie  alten  ^afttoge,  ünitttpod^  unb 
gfccttog,  in  ^eirad^t.  Sutl^er  l^atte  bie  ÜRette  an  ber  3Jlitth>od^,  bie  95e^^er  am  Sonn^ 
obenb  (be  5Wette  3,  340  =  ©nber«  7,  70)  bafür  beftintml ;  aber  l)iel  3?a^a^mun0  f}at  ba«  6 
mäjit  gefunben.  dagegen  l^en  mand^^e  JtOO  bie  2Ba^l  ^U^ifd^^en  3Jlitttood[!  unb  ^eitag 
Bcfaffen  (namentlid^  in  ben  ©tobten),  fo  ©ad^fen  1539  (SRid^ter  I,  313  b);  Sranbenburg 
1640  (SRic^ter  I,  328a);  «Pommern  1563  (auf  ben  Dörfern;  SRit^ter  II,  235a).  »n 
beiben  Xogen  foQ  {te  gehalten  toerben  nad^  ber  RD  bon  Jtalenberg-^öttingen  1542 
(SKc^ter  I,  364  a  u.  366  b),  l)on  3oad[>im«tl^I  1561  (Soefd^e,  5D?at]^eftu«,  I,  280  f.),  bon  lo 
SRcdHenburg  1552  (3li*ter  II,  123  b);  nac^  ©d^öberlein  a.  a.  D.  I,  726  befümmen  bai3« 
[dbe  au(^  bie  Jtölnfd^e  Steformation  1543  unb  bie  RDD  bon  Süneburg  1564,  Don  Siegni^ 
1694  unb  bie  be«  Äurfürften  gol^ann  Äafimir  l)on  ©ad^fen  1626.  3?ur  ben  greitag 
bc^mt  bie  Jtirc^en«  unb  ©d^ulorbnung  t?on  92aumburg  1538  [1537]:  „Me  ^eitag 
nachmittag  um  jtDöIf  hora  fmget  man  ba«  Tenebrae  unb  ^ält  bie  Sitanei  barauf ''  (92eue  15 
SRitteiL  au3  b.  ®ebiete  ^iftor-^antiquar.  goyft^u^Ö««  XIX,  529);  aud^  ift  ^ier  geftattet 
ton  greitag  frü^,  „fo  man  nid^t  j)rebigt",  bie  Sitanei  „bi^toeilen",  „toenn  man  toiö"  ju 
galten;  fogor  „am  3)ien«tag  mag  man  nad^  ber  $rebigt,  fo  ni(^t  ^od^jeiten  t?or^anben 
fem,  au4  bie  Sitanei  l^ten'';  ben  ^eitag  „ober  toie  e«  jebe«  Ort«  @e(egenl^eit  (eiben 
mag''  bejHmmt  bie  ©äd^fifd[>e  «D  bon  1580  (5Rid[>ter  II,  442  b);  nad^  Angabe  bonao 
löiefot^  (3Redtt.  Äirc^bl.  a.  a.  D.  121)  unb  ©d^öberlein  (a.  a.  D.  I,  726)  orbnen  ben 
Äwitag  an  bieÄOO  DonÄurlanb  1570,  ber  ®raffd[>aft  ^o^a  1581,  bon  Sauenburg  1585; 
»icfot^  nennt  au(^  noc^  bie  bon  fabeln  1544,  ©c^bberlein  bie  5Pommerfd[>e  1535  (?), 
bte  Olbenburger  1573.  ®ar  leinen  feften  %aQ  beftimmt  Seit  3)ietrid^  3(genbbüd^lein 
(3>ni(I  bon  1548  931.  1^  2a).  älu^erbem  tourben  aber  aud^  anbere  Xage  no(|  beftimmt:  35 
60  tDin  fte  (lateinifd^)  bie  ffiittenberger  ÄD  1533  (SRic^ter  I,  223  a)  unb  bie  ^ßommerfd^e 
ftO  1535  (9li(^fter  I,  258  a)  in  ber  ©onnabenb«s85e«j)er  ftngen  laffen  (in  ber  "Sit&ptx 
km  einem  ^^fefttag  fällt  fte  au«),  ebenfo  bie  ©äd^f.  93ifitation«arttfel  1533,  bie  fte  au|er« 
bem  für  bie  @onntag«s^e«^er  „unb  bie  Sßod^^e  ein  Xag,  toenn  ba«  ißoH  am  meiften  ba^ 
bei  fein  lann"  (Slid^ter  I,  229  b)  ijerorbnet;  naö)  ©d^öberlein  (a.  a.  D.  I,  726)  beftimmt » 
aiu^  bie  StD  bon  Srauufd^^toeig-SBoIfenbüttel  1543  für  bie  Sitanei  bie  ©onnobenb«  unb 
&mntag«s3Se«t)er.  Die  rebibierte  ^ßreufe.  RD  1558  giebt  an,  ba^  in  Äönig«berg  am 
SRttttoo^  in  ber  SBe«t)er  nad^  ber  Seftion  bie  Sitanei  gefungen  toirb.  —  3luf  ben  Dörfern 
bKir  ber  Sitaneitag  t^ortoiegenb  ber  ©onntag  ober  au^  ber  t^fttag  (meift  ^ur  93e«))er): 
[0  berorbnet  e«  bie  ©äd[>ftf(^e  ÄD  1539  (9lid[>ter  I,  313  b),  ber  aReiM«^S>«  3Sirita=85 
tion^fc^ieb  1540  (SRid^ter  I,  321b),  bie  8ranbenburger  RD  1540  (3li(|ter  I,  328  a) 
unb  (na^  «liefotJ^  unb  ©Aöberlein)  bie  Äurlönbifd^e  SD  1570;  an^  ber  ^reu^.  RD  er* 
fahren  toir,  ba|  in  Jtönig^berg  bie  Sitanei  am  ©onntag  nad^  ber  ^rebigt  gefungen  tourbe 
9&^er  II,  67  a);  bgl.  aud^  bie  ©äd[>f.  3Sirttation«artiIeI  1533  (Slic^^ter  I,  229  b).  3u 
bicfcr  Sitte  bergleic^  man  ba«  oben  angeführte  Sitat  a\i^  Sut^er.  9Sielfad[!  \o\xr>  bie  Sitanei  40 
bann  borgef(^eben,  toenft  [xd^  leine  Jtommunifanten  eingefunben  ^aben.  Die«  gefd^iel^t  in 
folgcnben  RDD:  Hamburg  1539  (9lid[>terl,319a);  95ranbenburg  1540  (5Rid^terI,327b): 
Bitoiet  ober  SJoterunfer  (gefungen)  ober :  SWitten  toir  im  Seben  ftnb,  ober :  6«  tootte  ® Ott 
vM  gnäbig  fein;  $ommem  1542  unb  1563  (Stid^ter  II,  4a  unb  235a),  ^edtlenburg 
1662  (Slic^ter  II,  123  b);  nad^  Rliefotl^  unb  ©d^öber(ein  ebenfo  in  ber  Jturlänbifd^en  45 
RO  1570;  in  ber  Saumburger  1585;  in  ber  Süneburger  1598;  nad^  ©c^^öberlein  enb^ 
ü^  auc^  in  ber  Siegni^er  1534  unb  in  ber  Olbenburger  1573.  3(uffa(Ienb  ift  e«,  bag 
^ffiu«  (Psalmodia  9(u«g.  1561  931.  284  b)  ben  ®efang  ber  Sitanei  an  ©teüe  be«  aQ^ 
gemeinen  Jtirc^engebet«  anorbnet,  a(fo  a(«  Übergang  jur  Kommunion ;  ba«  finbet  fid^  m.  2B. 
nur  noA  in  ber  JtO  bon  ^antfurt  a.  3R.  1644.  (Sin  Unicum  ift  e«  aud^,  ft)enn  bie  60 
DtoHenburger  RD  1552  fagt:  „9Iud^  tann  bi«toei[en  bie  Litania  bor  ober  unter  ber 
Itimmmnion  gefungen  Serben.''  häufiger  erfd^^eint  ber  93raud[!,  ber  ftc^  fogar  bi«  )u  ©eb. 
Badfi  ^6tm  erhalten  ^at,  bag  man  bie  Sitanei  na(^  ber  @^iftelt)orlejung  im  ^au^t- 
iotlefttenft  fang;  fo  toill  e«  ba«  9Igenbbüd[!(ein  93eit  Dietrich  für  bie  „tleinen  ^^leden'', 
p  bie  fturl&nbif^  RD  1570,  bie  ber  ©raffd^^aft  ^o^a  1581  unb  bie  Süneburger  RD  66 
1698  u.  1643.  —  9lu|erbem  giebt  e«  bie  mannigfaltigften,  auf  örtlichen  93raud^  ru^enben 
Serorbnungen.  ©0  berorbnete  bie  RD  bon  9ii^ebüttel  1544,  ba^  bie  Sitanei  ge jungen 
koerbe:  Reminiscere,  12.  ©onntag  nac^  Irinitati«  unb  bei  ijorfte^enber  5Rot  unb  gä^r« 
Bcbfoit  an  anberen  ©onntagen  (SRid^ter  II,  79  a),  bie  ©äc^^fifd^e  RD  1539  orbnet  an, 
ba|  fte  —  neben  bem  geh)ö|nlid^en  ®ebraud^  ~  auc^  an  ben  4  Quatembem  eine  äBod^e  eo 

34* 


532  Sitaitet 

lanfl  gej^olten  toerbe  (Sltd^ter  I,  313  a);  nad^  bcr  SRorbl^eimer  ÄO  1539  (fol.  E  4b)  foE 
jte  nur  in  3^^^  öffentlicher  %>t  ^itüDod^  unb  %mtaQ^  gefungen  toerben ;  bie  SranboM 
burger  PID  1540  t?erorbnet  fte  für  einen  gelegenen  Xag  in  ber  JtreujtDOC^  (Stierer  I, 
333  b);  ben  ®ebrau(^  in  ber  JtreujU^od^e  beftimmen  aud^  bie  Jtalenberg^Söttinger  1542 

6  (SRid^ter  I,  366b),  bie  ^ßornmerfd^e  1535  unb  bie  Äalenberger  S(D  1569  (nac^f  Schöbet» 
lein  a.  a.  0.  II,  1,  ©.  953).  ®ie  Sauenburgifd^e  ÄD  1585  orbnet  p«  fi«  fe«  6%^ 
feier  (ebenba).  2)ie  ^oad^im^ti^^cüler  RD  1551  lä|t  bie  Sitonei  ni(!^t  nur  regelmö^ 
üröitttpod^  unb  ?^eitag^  fmgen,  fonbem  „n^enn  fonberlid^e  3lot  t?orl^anDen''  foQ  fte  mu$ 
am  Sonntag  gefungen  n^erben  (Soefc^e,  SRotl^eftu^  I,  281).    @e^  unbeftimmt  UsM 

10  bie  Eingabe  ber  ^oUifd^en  JID  1541 :  an  irgenb  einem  ^ge  in  ber  SBoc^e  )ur  93ed))a 
ober  SRittag^,  h)0  über  ben  ^ated^i^mu^  ge^rebigt  toirb  (Stifter  I,  340  a),  unb  bie  bo 
^ommerfd^en  j^  1542,  bie  für  bie  äBod^en^rebi^tgottei^ienfte  in  ber  @tabt  „imter  Reiten" 
andf  bie  Sitanei  t?or  ober  nod^  bem  @ermon  befttmmt,  unb  für  bo^  £anb  borf(!^reibt,  ba| 
fte  toenigften^  einmal  in  ber  äBod^e  gehalten  toerbe  (9li(^ter  II,  4  a  u.  b),  unb  o^nlu^ 

16  toieberl^olt  in  ber  JID  1563  (Slid^ter  II,  234  b);  aud^  ©d^leStoig^olftein.  RD  1542,  bie 
Wobeier  JtO  1544  unb  bie  Sd^toeinfurter  JID  1543  fagen  im  augemeinen,  ba^  bieSitono 
toenigften^  einmal  in  DerSBod^e  gefungen  werben  foQ  (Stic^ter  I,  355  b;  II,  73  a;  23  a); 
tDenigftend  oEe  14  ^ge  einmal  in  ber  SBoc^e  unb  jutoeilen  Sonntag^  bormittog,  fo 
beftimmt  bie  93raunfd^tt)eig»®ruben^agenfd[!e  RD  1581  (Slid^ter  II,  453  a).    beigefügt  ^ 

ao  aud^,  ba^  3l\t  Selnecfer,  latl^olifd^^em  93rauc^e  folgenb,  bie  JUagelieber  ^eremia  litingif(^ 
bearbeitet  l^at,  unb  ^ier  finbet  aud^  bie  Sitanei  Sertoenbung:  fte  foQ  mit  bem  2.  unb 
8.  Jtat>itel  fo  Derbunben  toerben,  ba^  je  nad^  einem  ober  mehreren  Sierfen  ein  Sbfo^  ber 
Sitanei  ber  Steige  nac^  gefungen  toirb.  93eftimmt  toar  biefe  Bearbeitung  für  bm 
10.  Sonntag  nad^  Srinitati«  (@<^öberlein  a.  a.  D.  II,  1,  ©.  444).     Ob  fte  toirflic^  in 

26  (Sebraud^  tam,  tt)ei|  id^  nid^^t.  3Ran  f)cd  enblid^  bie  Sitanei,  toenn  au(^  nid^t  ^fig,  bei 
ber  Orbination  gebraucht.  @o  fd^reiben  ed  bie  Sratmfc^toeiger  StD  1543  tmb  i^  folgenb 
bie  ßilbeg^eimer  1544  unb  bie  ÜJledElenburger  1552  \>ox  (SRic^terll,  60b;  80b;  119b). 
93ei  £offtu^  (Psalmodia,  9lu^g.  1561,  91.  282)  finbet  ftd^  ebenfaEd  ein  ^intoeid  auf 
biefen  @ebraud^.    @^   toar  ni^td  anbered  atö  bie  ^^ortfef^ng  t(itl^olif(^en  ^ertornmen^ 

80  Siefe  Überfielt  jeigt  und,  toie  augerorbentltc^  mannigfaläg  in  ben  lut^f^en  ®ebieten 
9Iorb<  unb  3Jtittelbeutf^lanbd  ber  ®ebraud^  ber  Sitanei  toar.  (Sin  etttnid  anbered  Silb 
jeigt  ber@üben  unb  @übtoeften.  Sotoeit  t?ortoiegenb  lut^erifd^e @inflüffe  fu!^  geltenb 
machten,  treffen  toir  au^  l^ier  bie  lutl^.  Slnorbnungen  toieber.  ©onft  aber  jeigt  ^  ber 
@üben  felbftftänbig.    ©an^   befonberd  audfü^rlid[!  ftnb  bie  Slnorbnungen  ber  Qd)la)ab\^ 

86  ^aEer  5^  1543.  3!)ana(^  foQ  bie  Sitanei  gegolten  toerben  in  ber  @tabt  am  Sonntoa  no^ 
ber  95e^erj)rebigt  „jur  3^it  einer  gemeinen  gegentoärtigen  9lot";  femer  foD  am  flarfteüag 
eine  ^rebigt  „t?om  gemeinen  ®ebet  getl^n  unb  bie  Sitanei  für  aQed  Slnliegen  ber  (^ 
lid^en  Ätrc^e  gel^alten  toerben";  femer  an  jebem  ®onnerdtag  im  ffiod^engotteÄimfi;  auf 
bemSJorfe  aber,  „fo  eine  gemeine  9?ot  tjorl^anben",  jurSSe^er  an  Sonn=  unb  geiertagen, 

40  ober  bei  bem  „Gatec^idmo"  ober  „^um  SKorgmamt,  tjorab,  fo  jur  felbm  Qoi  nW 
^mmunilantm  tjor^anom" ;  er^eift^t  ed  eine  „gegentoärtige  9lot",  fo  foD  auc^  in  ber 
Äirc^e  bie  Sitanei  ge^altm  toerbm  (SRid[>ter  II,  20  a  u.  b).  ßbmfo  giebt  bie  ftreng 
lutlS^erifd^e  ^falg-SJeuburger  RD  1543  fei^r  gmaue  8eftimmungen ;  au^  fie  fte^t  bie 
Sitanei  für  bm  %aü  t)or,   bafe  leine  Jlommunilantm  tjor^anbm  finb,  aufeerbem  aber  foB 

46  fte  gel^alten  toerben  bei  bm  ©ottedbienften  „an  ©t.  aJlarjrtag  [25.  Slpril],  unb  bie  brci 
Xag  \>ox  bem  2luffal^rttag,  in  ber  Rx^fioo^m,  ha  man  gutjor  mit  ben  Äreujen,  öon  einer 
Rir^m  in  bie  anbem,  über  gelb  gangm  ift",  alfo  an  bm  altm  ^ßrojefftondtogm;  bann 
l^ei^t  ed  toeiter :  „Unb  toann  fid^  fo  gefährliche  QÄt  .  . .  jutragm  toürbm,  bafe  bie  Sitanei 
and)  ju  anbem  ^^xUn  . . .  gehalten  toerbm  folt  . .  .,  fo   U^irb  man  iebed  3SUd  jeitlic^ 

6o8efe^iE  unb  gmugfamm  Unterrid^t  empfal^m"  (SRit^tcr  II,  29  b).  3)ie  Äolnifd^e  Äefor» 
mation  1543  t)erorbnet  für  bie  Stäbte  unb  grö^erm  ©emetnbm  bie  Sitanei  „aJDle  SEBod^ 
auf  einen  gelegenen  lag"  (SRic^^ter  II,  51b).  35ad  9lgenbbüd[>lein  ber  Stobt  SBwtn* 
1560  Derorbnet  fte  für  einen  beftimmtm  2;ag  in  ber  SSod[>e  nac^i  ber  5ßrebigt  (83L  scöb); 
bie  JID  t)on  ^o^enlo^e  1577  für  bengreitag.  5Die  9lörblingerfiD  1579  la^  fte  im  ß«*^ 

66  gottedbienft  Dor  ber  Jtommunion  unb  am  greitag  t)ormittag  fingen  (®e)^er  o.  o.  t).  76 
unb  83).  Sor  allem  aber  toirb  fte  an  ben  monatlidben  S3et«  unb  Su^gm  gebraud^ 
Diefe  orbnet  fc^on  bie  Köln.  Sieformation  1543  an,  aJlitttood^g  ober  greitag^,  |d>engt<i* 
tag  imSRmmonb  beftimmt  bie  SBalbedtfc^ie  RD  1556  (SRic^^ter  II,  173  a);  bie$effif(^ÄD 
1566  unb  bie  3lgenbe  1574  (9lid^ter  II,   294  b;   t)gl.  3)te^l,   gur   ®ef4   beö  Sott««» 

eo  bimfte«  u.  f.  to.  1899,  ©.  197  ff.).    a)ie  SQSürttemb.  JID  1553   öerorbnet,  ba|  „in  ber 


Siianet  633 

So^en,  fo  bte  Jtml^  auf  einen  fonberltd^en  (eftimniten  Sag  bei  emonber  berfammeß  x^", 
mt  Sugjfnrebigt  unb  borauf  bte  SUanei  gegolten  toerben  foQ  (2)ru(!bon  1574  p.  172  ff.). 
SBMltd^  toieber^oU  totrb  biefe  Sefümmung  in  ber  ^fäljifci^en  unb  in  ber  SBobenfd^en 
SSD  t)on  1556  (bgl.  Sajfermonn,  ©efd^.  ber  et).  ®ottedbienftorbnuug  in  Sabifd^en  Sanben 
[1891],  ©.  45 ff.);  ebenfo  in  ber  ^ßfäljifd^en ÄD  bon  1570.  »efonber«  j^äuftg  aber  toirb  in  6 
ber  Stra^urger  jtO  bon  1598  ber  Sitanei  gebadet,  ßu'^^^^f^  orbnet  fte  todd^entlid^e  Set« 
ioi^  am  3)iendtaQ  ;,in  ber  äld^ter))rebi0t''  im  SRttnfter  unb  monatlid^^e  ,;gro|e''  Settoge 
an  unb  für  beibe  bie  Sitanei;  augerbem  finbet  jte  iBertpenbung  j^en  @onntag  uii^ 
Siendtag  ober  SRitttood^  im  f^rül^gebet  unb  jtoar  nad^  ber  ^rebigt,  nac^  ber  93eid^te  unb 
»foluttmi  (S.  110;  114-  214).  ®ie  rebibierte  ÄD  bon  5Raifau  bon  1576  fte^t  für  lo 
jd^  3Ronat  SRitttood^  ooer  ^eita^d  eine  ,,@rinnerung  unb  93erme^rung  jur  d^rijuid^^en 
9uge  unb  Sete^rung  nu  ®ott''  t?or;  naö)  Seichte  unb  9(bfolution  folgten  enttpeber  ®t^ 
bete  ober  bie  SUanei  (»I.  3  IVa;  \>%l  3Rllb  u.  aKllla);  bieJlD  bon  1618  toieber» 
^olt  biefe  »eftimmungen  im  toefentli(|en  (gerudft  gbftein  1752,  ©.  19;  22  ff.). 

3)iefe  Üoerfid^t  ^eigt  un^,  ba|  ed  rid^tig  ift,  n^enn  man  gefagt  l^at,  ba^  im  ©üben  16 
unb  ©übtoeften  bie  Sitanei  Dortoiegenb  al$  9u|ge6et  t?erh)enbet  toorben  fei.  tiefer  6^a« 
ralter  fe^It  aber  ber  Sitanei  bon  &au^  aud  burdpau^  nid^t.  ^m  ©egenteti,  inbem  Sutl^er 
fte  )ur  SDbtoenbtmg  ber  Xürleng^a^r  emfjfiel^It  (t?g[.  oben),  leitet  er  bie  ganje  Setrai:^« 
tuna  mit  bem  ©a^  ein:  „$)ie  ^ßfarrl^en  unb  ^Prebiger  foHen,  ein  jeglid^er  fein 
Sou,  aufd  allerflei|tgfte  bermal^en  )ur  9u|e  unb  ®ebet'^  unb  nac^bem  er  über  biefe  20 
9tt^ermal^nung  au^fül^Kc^er  gef))rö(^en  l^at,  föl^rt  er  fort:  ,,^amad^,  toenn  fte  alfo  ge» 
k^  unb  bermal^net  ftnb,  i^e  ©ünbe  ju  belennen  unb  fid^  )u  bejfem,  foE  man  fte  ald> 
bann  auc^  mit  l^ol^em  gld|  jum  ®ebet  bermal^nen"  u.  f.  to.  ((SSI  31,  43  f.).  3)ie«  ®ebet 
iß  i^  bie  Sitanei.  3)araud  toirb  o^e  R'^A^^l  Hat,  ba^  fte  für  Sutl^er  ein  93u|gebet 
toor,  b.  1^.  ein  ®ebet,  bad  er  an  bie  93u]3))rebigt  unb  icS  Seic^tbelenntnid  ongefc^Iojfen  26 
Mm  tDoDte.  ®anj  baju  ftimmen  nun  aao)  bie  3^f^^'  ^'^  Sutl^er  ber  beutfc^en  unb 
lateinifd^en  Sitanei  mit  auf  bem  2Beg  gegeben  l^at  unb  t?on  benen  oben  fd^on  bie 
fHAt  toar.  ©omit  ift  erliefen,  ba|  ben  eigentlichen  Slbftd^ten  unb®ebanlen  Sutl^erd  nx^t 
bie  StDD  bed  mittleren  unb  ndrblid^eren  ^eutfd^^Ianbd  geredet  tourben,  bie  bie  Sitanei  in 
ber  anert)erf(^ebenften  äBeife  brandeten  unb  auffaßten  (Sofftud  ).  9.  fte^t  in  i^r  einen  so 
Sifo^  für  bad  93aterunfer,  Psalmodia  93(.  281),  fonbem  t^ielmel^r  bie  fübbeutfd^en,  h)enn 
fte  bte  Sitanei  bor  aQem  für  bie  S3u^bettage  beftimmten.  S)a$  ift  um  fo  fd^örfer  )u  be« 
tonen,  cd^  burc!^  Jtliefotl^  bie  3Reinung  (verbreitet  Uvorben  ift,  atö  Ratten  in  un(ut^fd^er 
SBeife  bie  ©übbeutfc^en  ber  Sitanei  „einfeitig^^  einen  93u|d^aralter  aufgebrüdft.  @^  x% 
tta  f^m  iene  28orte  Sut^erd  unmittelbar  tvorgel^en,  toenn  ed  in  ber  Sßürttemberger  JtO  86 
1563  (9li(!^ter  II,  138  a)  l^ei^:  „'Darum  foKen  bte  Hirc^enbiener  bad  gemeine  ®ebet  (al^  beren 
{toette  ätrt  bie  Sitanei  galt)  alfo  üben  unb  treiben,  ba|  fie  barbei  bad  SioH  jurSu^e  er« 
ma^en  unb  i^nen  tool^I  etnbilben,  ba|  leiner  fönnte  ein  red^ter  93eter  fein,  er  fei  benn 
juDor  ein  (^fUid^er  Sü|er''  (ebenfo  in  ber  $fäl;ifd^en  JtO  1556,  in  ber  93abenfd^en  1556 
isnb  in  ber  ©tra^urger  1598).  @d  toar  ganj  im  ©inne  Suti^^erd,  toenn  man  nac^  ber  «o 
Gtra^urger  JtO  bie  Sitanei  auf  bie  öffentlid^e  93eid^te  unb  Slbfolution  folgen  lieg,  unb 
iDcnn  bie  ©d^h)äbif(^«$aQefd^e  jtO  1543  fagt,  bag  bie  ®emeinbe  „burdb  bie  öffentliche 
Sitanei  erinnert  toerbe,  ft)a$  man  in  gegentoärtiger  9!ot  o^n  Unterlag  bitten  foQ,  aud^ 
tone  not  eS  fei,  red^tfd^affene  c^riftlid^e  Suge  ju  t^un"  (Mtdbter  II,  16  b).  SQBenn  ober  in 
Gübbeutfd^lanb  bie  Sitanei  niemals  am  ©onntag  bei  Slu^fau  ber  Jtommunilanten  gefungen  «6 
tmnbe,  fo  erllort  ftd^  bad  bal^er,  bag  man  ^ter  überl^au|)t  nid^t  barauf  red^nete,  bag  jeben 
€kmntag  fic^  Jtommunilanten  einftnben  toürben.  ©d^lteglid^  ift  aud;  ber  ®ebraud^  ber 
Sitanei  in  culen  lutl^erifci^en  9lgenben  auf  bie  Sag-  unb  Settage  befd^ränlt  toorben.  93elege 
brför  au«  bem  17.  ober  18.  ^al^^.  anjufül^ren  ip  überfKtfftg.  —  3m  Saufe  ber3«t  ^«ben 
fkp  rebaltionelleätnberungen  etngefteUt,  Don  benen  Diele  bebeutungtio«  fmb.  äBid^tigfio 
bo^cs^  fwik  folgenbe:  SBä^renb  Sut^er  gebetet  l^atte:  „Unferem  Äaifer  fteten  ©ieg  totber 
feine  gfeiiibe  jönnen",  änberte  man  f^äter  aix^  begreiflichen  ®rünben  ba«:  „feine  geinbe" 
in  „3)eine  (®otte«)  ^inbe"  (ilOD  bon  SBürttembcrg  1553,  Dttl^einrid^«,  Don  »aben, 
SReiflenburg,  Äurfad^fen)  •  anbere  Slgenbcn  laffen  eine  befonbere  Sitte  für  ben  5laifer  ganj 
iDcg  unb  fci^ieben  ben  Jtaijer  in  bie  allgemeine  Sitte  für  aQe  5t5nige  unb  dürften  ein  » 
(Adtc^ent^alfci^e«  ®efangbuc9;  ®otl^atfd[!e  SSgenbe  1682)  unb  anbere  formulieren  noc^  anber«. 
Oefter  erfc^nt  eine  befonbere  gürbitte  für  ben  Sanbe^^erm  eingefügt,  fo  in  ber  5!D  bon 
SBürttemberg  1553,  DonSaben,  3Kedlenburg,  5PfaU;  au4©tra|burg  lägt  für  aHeprften 
«nb  für  SRat  unb  ®emeinbe  beten.  ®ie  Don  Sut^er  gebraud^te  gorm:  „3Sor  Ärieg  unb 
Sbtt  be^üt  und'',  ^en  balb  mehrere  JtOO  in :    „Sor  5lrieg  unb  SlutDergiegen''  geän«  eo 


534  Sitimet 

bert,  eine  Slnberung,  bte  enbltd^  gan)  allgemein  getoorben  ifl.  @benfo  tDurbe  allgemein  bie 
%itte:  „3iox  ^euer^-  unb  SBaffer^not  Beirut  un^''  eingefügt  u.  a.  m.  ^ertoot^e^oben  mul 
bie  (Sinfd^^iebung  ber  Sitte  U^iber  ben  $^ft  unb  bie  ^rlen  tperben.  @ie  ge^t  auf 
93ugenl^agen^  Snorbnung,  junäd^^ft  für  Kurfad^fen,  jurüdt  (t?gl.  bef[en  @d^rift:    ,,93on  ber 

B  Ärieggrüftung",  Wittenberg  1546)  unb  lautete  für  bie  beutfd^e  Sitanei:  //2)<A^  bu  un^ 
t>ox  beiner  t^^inbe,  bed  dürfen  unb  $a))fte^  ®otte^Iäfterung  unb  graufamen  ^orb  unb 
Unjud^t  gnöbigßci^  behüten  tooKeft/'  @ie  fanb  aQgemeine  Verbreitung,  oüerbingd  ba  unb 
bort  (i.  S.  in  ber  ^Pommerfd^en  ägenbe)  in  anberer  gorm. 

@^e  h)ir  ba^  n^eitere  @c^id(fal  ber  Sitanei  t?erfoIgen,  toenben  tuir  und  ber  ^oge  ut, 

10  in  n^elc^er  äBeife  fte  gebetet  n^urbe.  3Qie  bied  juerft  in  SBittenber^  g^f^^AJ^/  (^  «ut^er 
fte  eben  eingeführt  ^atte,  barüber  giebt  und  Sutl^er  felbft  93erid^t  in  etnem  Srief  an  $au^ 
mann  Dom  13.  3Jlär^  1529.  S)a  ^eigt  ed:  ,,Litania  vernacula  venlt  ad  vos,  quae 
nobis  videtur  valde  utilis  et  salutaris.  Denique  melodia  praecinentibus  pueris 
in  medio  templi  post  sermonem  feria  4.  nobiscum   cantari   solita  mire  afficit 

15  plebem.  Nam  latinam  in  choro  canimus  sabbatho  post  sermonem  alia  me- 
lodia, quae  nondum  est  excusa"  (be  SBBette  3,  340  =  Snber«  7,  70).  SJanojJ 
tourbe  bie  beutfd^e  Sitanei  a(d  äBec^felgefang  gtoifd^^en  ben  Sl^orlnaben,  bie  ftd^  mitten  in 
ber  Jtird^e  befanben,  unb  ber  @emeinbe  gefungen,  unb  jtoar  fo,  ba|  bie  ^intonotionen  bem 
^abend^or   (ober   einem  XeU  bedfelben),  bie  9lef))onfen  ber  (Semeinbe  (unb  eben!  bem 

^  anberen  ^EeU  bed  Jlnabend^ord)  )ufte(en.  ©anj  entf^red^enb  ^ei|t  ed  in  ber  SBittenbeigcr 
JID  1533,  ald  fte  Dom  ÜJlitttood^dgottedbienft  rebet :  „'üXsmaq  (naif  ber  $rebigt)  )um 
®ebet  Dermal^nen  u.  f.  to.  2)ama4  ^ngen  bie  @d^üler  mitten  in  ber  Kirchen  mit  ber  Se» 
mein  bie  beutfd^en  ,,Setanien''  (dixd^izt  1,  221  a).  2)ie  lateinifd^e  Sitanei  aber  tourbe  nur 
bon  ben  ©c^ülem  im  6^or  b.  1^.   im  aBed[>feIgefang  fo  gefungen,  ba|  ein  ieil  bie  3»-' 

26  tonationen,  ber  anbere  bie  Stef^onfen  fang.  ®enau  fo  Derorbnet  ed  auA  bie  3Bittenbetger 
ÄD  (SRid^ter  I,  223  a).  gn  biefen  »räumen  fe|te  Sut^er  mobifijiert  tot^olifc^en  Srout^ 
fort.  2)ie  lateinifc^e  Sitanei  lie^  [xö)  natürlidp  nur  ba  fmgen,  tDO  ftd^  ein  fang^  unb 
f^rad^funbiger  Jtnobenc^or  befanb,  i^r  ®ebrau(^  toar  alfo  Don  Doml^erein  fel^  eingefd^ränb, 
unb  ba  bie  lateinifd^^e  ^^orm  Dor  aQem  für  bie  Siedpem  beftimmt  toar,    fo  Derlor  fte  ^ 

so  mit  biefen.  ^m  17.  ^ai^rl^unbert  fommt  bie  lateinifc^e  Sitanei  ganj  auger  ®ebrau(^. 
2)ie  beutfd^e  bagegen  ^ielt  ftd^  unb  tourbe  meift  nac^  ber  ^[ntoeifung  Sttt^erd  gefimgen.  2)o 
aber  ein  geübter  @d^ü(erd^or  fe^(te,  alfo  Dor  aQem  auf  ben  Dörfern,  intonierte  ber  ^ßc^, 
am  älltar  fte^enb  ober  Inieenb  unb  gegen  benfelben  getoenbet,  bie  Sitten,  toorauf  bie 
©cmeinbe,  Dom  6^or  geführt,  refponbierte  (nac^  ©c^öberlein  a.  a.  D.,  I  728 :   ÄD  m 

35  Äurlanb  1570,  Seit  5Dietrid£^«  ägenbbüd[>Iein,  RD  Don  SBa&ed  1550,  Süneburg  1564, 
5Pfaljneuburg  1543,  »raunfd^^toeig^SBoIfenbüttel  1543,  DIbenburg  1573,  DgL  für  Reifen 
auc^  5Diel^l,  3ur  ©efd^ic^^te  be«  ©otte^bienfte«  u.  f.  to.  ©.  198).  SBar  ba«  Singen  b«r 
Sitanei  a\i^  irgenb  toeld^^en  @rünben  unbur^fül^rbar  ober  nid^^t  genehm,  fo  tourbe  bie 
Sitanei  auc^  gefJ)rod^en,  bcjto.  gelefen.   B6)on  Sut^er  l^atte  biefe  SWöglidjiIeit  in«  attge  ^ 

40  fa^t  (Dgl.  oben),  ©o  crlaiibt  bie  ^effifc^e  ÄD  Don  1566  ®efang  unb  SSerlefung,  foäftaii 
bie  Slgenbe  Don  1574  nur  Dom  ©efang  rebet  (3)ie^l  a.  a.  D.,  ©.  203  ff. ;  ebenba 
genaue  angaben  über  bie  ^raji«).  3)ie  ^ommerfc|e  IKD  1535  benft  ftc!^  bte  latetnif(^ 
Sitanei  Don  brei  ober  Dier  jungen  gelefen,  bie  9lefj)onfa  Dom  ßl^or  gefungen  (tJgL 
oben;   SRit^ter  I,  258a);  bie  ^Pommofd^e  ^  1548   Derorbnet  ba«  Sefen   ber  Sitanei 

45  an  lommunifantenlof cn  ©onn-  unb  ^ttagen  (SRic^ter  II,  4  a).  ®ie  SOBürttembetger 
KD  1553  fagt :  „too  nidE^t  ©d^üler  finb,  fo  lefe  fte  ber  Äird[>enbiener",  eine  fjormel,  bie 
in  bie  ^Pfäljifi^e  unb  in  bie  93abenfd[>e  ÄD  1556  übergegangen  ift;  al«  Siegel  gilt  ober 
anö)  ^ier,  ba^  bie  Sitanei  gefungen  toirb.  35ie  ©tra^burger  51D  1598  ift  bte  erfle,  bie 
Dom  ©ingen  gän^lid[>  abfielt.   5IKit  ben  Sffiorten :   „©riebet  eure  $erjen,  unb  \pvtitd  mit 

60  mir  alfo"  toirb  bie  2?erlefung,  bie  burc^i  fein  5lefj)onfum  unterbrochen  toirb,  eingeleitet 
3m  17.  S^^^^unbert  toirb  ba«  Sefen  immer  me^r  ©itte,  j.  35.  geftattet  bie  3Ragbäutger 
unb  ^alberftäbtcr  ÄD  ®uftaD  2lbolf«  Don  1632  (ÜJlonat«f(^r.  f.  ®otte«bienfi  unb  m- 
Äunft  IV,  348)  ba«  ©ingen  unb  Sefen;  nac^  ber  ägenbe  Don  granifurt  a.  SR.  1644 
(©.  29)  toirb  bie  Sitanei  enttoeber  Don  ber  Äanjel  Derief en,   ober  Don  ber  ©emeinbe  ge» 

ööfungen;  bie  5Raffauer  ÄD  1617  (5DrudE  1752,  ©.  23),  ebenfo  bie  SQBeimarifc^  »aenbe 
1664  unb  bte  S^an^iger  1708  (nad)  ©d[>öberlein  a.  a.  D.  I,  727)  fennt  nur  bo«  &fen, 
ebenfo  bie  griebbergerÄD  1704  („Setet  bemnad[>  mit  anbäc^tigcn,  gläubigen  $erjen  alle  alfo 
mit  mir").  3^  ^^^^  ^^  Äird^^engefang  Derfiel,  befto  me^r  lam  ba«  ©Jjrec^en  auf  ob«  ber 
®ebraud[>  ber  Sitanei  lam  gan^  ab.  ßinen  ©rfafe  bafür  fanb  man  in  Äird^engebeten,  bie  ^ 

Go  ber  Sitanei  mögUd[>ft  annöi^^erten  (Dgl.  §öfling,  Siturg.  Urfunbenbuc^  ©,  233  ff.).  Ober  «wn 


manu  535 

«mg  Sitanetiteber  (t)ßl.  oben),  tote  m  $ef[en  ba^  Don  Sttlolou^  $ül^,  bad  S)iel^I 
[0.  0.  O.  @.  201)  mitteilt.  SOiad  bod  17.  ^ol^r^unbert  t?on  ber  Sitanei  noc^  übrig  ge^ 
kiffen  Mt^/  bad  entfernte  bod  ^al^r^unbert  ber  ^ufflärung  t^oQenb^,  fei  ed  ou^brüdlic^, 
|d  eg  ftiHf^toeigenb.  —  3)ie  SKelobie,  nad^  ber  nac^  Sut^er  bie  Sitanei  gefungen  tourbe, 
iKtr  eine  anbere  für  bie  beutfd^e,  eine  anoere  für  bie  lateinijd^e  (bgl.  oben).  ®ie  ,,ges  6 
Tfi^renbe  SBeife"  ber  beutfdben  Sitanei  ift  abgebrudt  bei  ©d^öberlein  a.  a,  0. 1,  731  ff. 

^ie  reformierte  ftird^e  l^at  t?on  ^au^  aud  ber  Sitanei  feinen  ©efd^madt  obge^« 
srninen  fönnen  unb  U^r  ben  älbfd^ieb  gegeben.  911^  Slu^nai^me  mu|  man  bie  „SitUm^^^ 
iHtolam^b^  t?on  1520  bejeid^nen,  bie  ber  @eeIforge  an  5tranlen  ur^  @terbenben  biente 
;©menb,  Deutfd^e  SKeffen  ©.  50,  60).  Da«  ®lei^e  gilt  üon  ber  „Setanei?",  bie  ftc^  in  lo 
)en  Safeler  ©otte^ienftorbnun^en  t)on  1525  unb  1526  finbet;  l^ier  fte^t  fte  unter  ber 
Cbberfc^rift:  „Sraud^  in  ber  ^etmfud^ung  ber  Jlranlen'^  f)>^ieu  in  ber  Drbnung  für  bie 
Itrantei^mmunion  (ebenba  @.  61  unb  226).  Sine  ^raDele  ju  biefer  SSerioenbung  ber 
Ktonei  bietet  ba«  @(!^rift(^en  t?on  Ra\pax  Jlan^:  „2Bie  man  ben  honlen  unb  fterbenben 
9lenf(!^en  ermal^en,  tröften  unb  ®ott  befehlen  foQ'^  u.  f.  to.  (Dgl.  93e(f,  @rbauung«litterat.  i6 
5.  170;  ®ever  in  Seitr.  f.  ba^r.  RSefd^i.  V,  1899,  ©.  108  ff.  unb  »rt.  Ranii  53b  X 
S.  24, 4  ff.).  $ier  finben  ftc^  jtoei  t>on  iJ^m  felbft  Derfa^te  Sitaneien,  bie  ftc^  leidet  al« 
Eiberarbeitungen  latl^olifd^er  SSorlagen  ertennen  laffen.  tiefer  ®ebrau(!^  ber  Sitanei  beim 
Rtanlenbefud^!  ift  nur  eine  t^ortfe^ung  be«  latJ^olifd^en  ä3rau(^.  3)ie  Sitanei  in  ber  &- 
^ouungdlitteratur  )u  t^ertoenben,  toar  fd^on  bur^au«  t?or  ber  Sieformation  üblic^  (t)gl.  ätie^  20 
)ccer,  3lai^x\d)im  II,  421).  ällfo  bie  reformierte  Jtird^^e  ^at  au^nal^m^lo«  bie  Sitanei  für 
^cn  gottedbienfUid^en  ©ebraud^  abgelehnt.  Sabin  orbnet  auc^  einen  Sufatag  an  (Forme 
les  priores  et  chants  eccl^siastiques  G.  R.  34,  180  ff.),  aber  bie  Sitanei  ertoö^nt 
7  nid^t  2Bo  ber  6alt)ini«mud  ba«  Suti^^ertum  t?erbrängte,  f^affte  er  jugleid^  bie  Sitanei 
ib;  fo  ift  e«  j.  8.  in  Reffen  gefd^e^en  {\>qI  ®ie^l.  a.a.D.  ©.198  ff.  205),  fo  in  95abena6 
JBafjermann,  a.  a.  0.  ©.  83).  —  ®ie  anglilanifd^e  Äird^e  l^at  bie  Sitanei  beibe= 
^en.  9lad^  bem  Common  Prayer  Book  fd^liefet  bie  Sitanei  ben  $IRorgengotte*ienft 
ib  (Daniel,  Cod.ütt.  III,  364 ff.).  —  3lud^  l^at  bie  95rübergemeinbe  ©ebraud^  Don 
)er  Sitoneiform  gemad^t.  @ie  l^at  ^toei  Sitaneien  im  gottedbienftlid^en  ©ebrau(!^:  Die 
^irdJKnlitanei"  unb  bie  „Sitanei  \>om  Scben,  Seiben  unb  ©terben  3^f«  ß^fti".  Die  ao 
öftere  toirb  in  bo))belter  §orm  gebrandet;  aud  ber  urf^rünglid^en  umfangreichen,  ber 
ygrolen",  ift  nämlic^  1873  eine  „Heine"  Äird^enliianei  au^e^ogen  toorben.  Die  jtoeite 
.^  aud  ber  fogen.  „SBunbenlitanei",  bie  3i"J^*>otf  1744  öerfa^t  ^at  (Granj,  Sllte  unb 
icue  Srüber^iftorie,  1771,  ©.  405),  entftanben.  SSgl.  Siturgienbud^  ber  eDangel.  Srüber- 
(cmeinbe,  ©nabau  1873,  ®.  3ff.  S6 

4.  Die  Sitanei  in  ben  neuenägenDen.  —  3n  faft  alle  neueren ägenben  lut^e* 
^äftt  Jtonfeffton  f)at  bie  Sitanei  älufno^me  gefunben,  nur  bie  3lgenben  t?on  Steu^^rei), 
9oa  ^annot>er  (U^l^om  1889),  t?on  Sii)))e«Detmolb  unb  ber  baierifd^e  älgenben!em  t?on 
1856  ^oben  fte  nic^t  Überall  liegt  ber  lutl^erifc^e  beutfc^e  Xe^  )u  ©runbe,  \>od)  ift  er 
nttitnter  fe^r  t)eränbert,  toie  ).  S3.  in  ber  93abenfd^en  Slgenbe  Don  1836  unb  bem  ^raEel«  40 
[ormular  t>on  1877,  bem  äBürttemberger  jtird^^enbud^  t)on  1842.  Da^  ÜKedlenburger  (^an^ 
lumale  f)at  eine  au^fü^ltc^e  unb  eine  für  ©onn«  unb  ^efttage  aU  gebräud^lid^ed  Jtir^en- 
jebet  beftimmte  gelürjte  ^orm.  Die  älbtoeid^ungen  t)om  Sut^erte^  fmb  fel^r  mannigfaltig 
imb  ).  ^.  aud  ber  lanbeitirc^Ud^en  ©itte  ertlörli^.  äSergegentoörtigen  totr  und  bie  ^axtpU 
j&^tqfften.  SBie  fd^on  im  16.  ^al^rl^unbert  }eigt  aud[!  I^eute  bie  ^rbitte  für  „aQe  ^u  45 
gdfe"  u.  f.  tD.  mand^e  Umgeftaltung :  Saffel  (lut^.,  ref.  unb  uniert)  bittet  um:  „toa^re 
Bifd&öfe";  Saben  unb  SSeimar  ^aben:  „äße  Diener  ber  Rird^e";  Sraunfci^toeia:  „SlHe 
i^  Diener,  ffiöc^ter  unb  §irten" ;  Sägern  unb  ©d^toarjburg^SRubolftabt :  „alle  ^pforr^erm 
inib  Diener  ber  [beiner]  Rird^e" ;  ©ac^fen  unb  SBürttemberg :  „Sitte  ^irten  unb  Diener  beiner 
ttwöfc'^ ;  bie  liU^erifd^e  $orm  l^aben  nur  ^reu^en  unb  SJtedtlenburg  beibehalten.  —  Die  so 
Msbitte  für  ben  ftaifer  |at  and)  ^eute  noc^  il^re  ©efcbid^te.  ©an)  toeggefaQen  ift  fte  in 
&l^tDar}burg'9lubolftabt  unb  in  9)tecflenburg.  Dafür  fdpiebt  aber  3Jled(lenburg  t)or  ber  %ixx^ 
MtU:  „SlHen Äönigen  unb  gw^^^  S^^b  unb  ©intrad^t  geben"  nod^  ein:  „3Ule  gürften  er= 
[em^ten  tmb  i^nen  fteten©ieg  toiber  bie  ^etnbe  S^rifti  gönnen."  ©obann  folgt  noc^  f^äter: 
^Unfern  gnäbigften  (!)  Sanbed^erm  mit  aQen  feinen  l^o^en  Slnge^örigen,  ©etoaltigen  unb  66 
ÖAienten  leiten  unb  fc^ü^en".  —  3Kan  fottte  glauben,  ba^  bie  fpäter  eingefügte 
,,3)ürfenbitte"  attertoärt«  toieber  geftrid^en  fei;  bem  ift  aber  nic^t  fo;  3RedElenburg  betet 
lUK^:  „bem  graufamen  gf^inb  ber  ß^riftcn^eit,  bem  2^ürfen,  unb  atten  Ibrannen  fteuem 
unb  hjt^en".  —  ©tatt  „atte  ©efangcne"  UUn  atte  Slgenben  (au|er  Saoen,  bad  biefc 
g^ürbitte  gon)  toeglä^t) :  „atte  unfc^ulbig  ©efangene".  —  Der  ^ürbitte  für  „atte  äBittoen  go 


536  Sitaitet  literae  formatae 

unb  SQäaifm"  fügt  aBürttemberg  fel^r  ^ut  btc  für  „dSlt  Armen  unb  SSerloffencn"  bei.  - 
3)er  9{eifenben  gebenlen  mond^e  äCgenben,  fo  $reu|en,  äBetmor  unb  SBüxttemberg;  9le(t 
lenburg  bittet:  „®en  feefoi^renben  unb  reifenben  aWonn  bor  oKem  Unglüd  betoaJjwfen''. 
SSerrdt  ftd^  fd^on  in  biefer  Sitte  bie  93efd^äftigung  ber  Sonbedbetoo^ner,  fo  erfl  red^t  in  ben 

6  toeiteren :  ,,@in  frud^tbared,  gefunbed  ©etoitter  unb  einen  gnäbigen  Siegen  (6onnenf(^) 
und  gönnen  unb  geben,  ^ie  ^d^te  unb  93ie^  auf  bem  Sanbe  unb  ^f^e  im  2Baf|a 
Jegnen  unb  betoal^ren".  —  ©tatt  be«  Kyrie  eleison  ftel^ft  beutfc!^:  „§err,  erbarme  hid}'^  in 
SSaben,  ßaffel  (ref .  unb  uniert),  Sad^fen  0,$err,  $err'0  unb  SBürttember^.  gafultatitj  tp 
ed  in  @d^tt)ar)burg'9luboIftabt.    ^eift  ift  toed^felfeitiged  @)n:ed^en  ober  @mgen  tnncgefe^ 

10  3)od^  lann  in  ^reu^en  unb  in  Saben  bie  Sitanei  aud^  Dom  ©eiftlid^en  gelefen  tperben. 
9Rur  gelefen  toirb  fte  in  SBürttemberg  unb  ßaffel  (ref.  unb  uniert). 

^ie  Siebe  ber  ©emeinben  l^at  fi$  bie  Sitanei  mit  i^rem  monotonen  ®efang  nirgend 
erobert.  ®a|  fid^  biefe  @ebetdform  aber,  U^enn  i^r  bie  rid^tige  ®e{laltung  gegeben  timb, 
fe^r  too^I  bie  $er)en  ber  ©emeinbe  getoinnen  lann,   betoeift  ^eirnl^ut.    @o  ^  oud^  in 

16  neuefter  Q^At  ©imon«  (a.  a.  D.)  für  bie  SSerbefferung  ber  Sitanei  feine  Stimme  erhoben, 
unb  t>on  i^m  angeregt,  ^at  @^itta  (a.  a.  D.),  mit  bem  93Iid  auf  bie  ^erm^er  Sttanei, 
noc^  toeiterge^enbe  SSorfc^läge  gemalt.  SSieQeic^t  getoinnt  bie  Sitanei,  entf))red^enb  ge&m 
bert,  toieber  einen  größeren  9laum  in  unferem  gottedbienjUid^en  Seben.  ^reM. 

Litterae  dimissoriales  f.  93b  IV  @.  669, 1 7. 

20  Literae  formatae  (,yformatae",  ^^literae  canonicae")*  ^uger  S)u  grredne  unb 
Suicer  f.  noc^  ®.«rnolb,  ©al^rc  «bbllbung  ber  crften  ©Triften,  6.493—506;  F.RFernmi, 
De  antiquo  epp.  eccles.  genere,  Mediol.  1613  unb  edid.  (&.  %^.  ^eier,  Helmstadt  1678; 
Phil.  Priorii,  De  lit.  canonicis  diss.  cum  appendice  de  tractoriis  et  synodicis,  $and  1675; 
3*  9t.  ftiedling,  De  stabUi  primitivae  ecclesiae  ope  literanim  commonicat  connubio,  lip- 

25  siae  1745;  ©on^ale^  Xellej  imüommentar  5.  Decretall.  1. 11,  t.  22,  c.  3  St^einmalb,  ftirct« 
Ii(^e  Archäologie,  Berlin  1830,  §  40. 

^ur  @rllärung  il^rer  (Sntfte^ung  unb  93ebeutung  ift  auf  bie  ältefte  3^  )uxüdhuge^ 
3)er  Srau^  \>on  @mf)fe^lung^f(^eiben  für  reifenbe  d^rijUic^e  Srüber  unb  Sc^tüettem  ifi 
uralt  (f.  9lö  16,  If.;  a®  18,  27;  2  «0  3,  1:    avorartxal  buaxoXal,   aud(|  ?ßoB^te|) 

90  an  bie  $^i  14)  unb  ergab  fid^  natürlich  avA  bem  regen  3ierte|c  ber  ®emeinben  mit« 
einanber  unb  ber  reid^^en  Übung  ber  ®aftfreunbfd^aft  (f.  ^oiin,  SBetoerlel^  unb  Jtin^ 
1877,  S.  22  f.).  aber  fd[>on  ber  33erf.  oe«  2.  9jol^nne«briefe«  C^.  10)  gebietet,  man 
foQe  niemanben  aufnehmen,  ber  nid^^t  bie  rechte  Se^e  ^e.  ^er  Sleifenbe  foDte  ftc^  alfo 
über  biefe  au^toeifen  fönnen  (cf.  Didache  12,  1).    ®ie^  9^^'^  i"  ^^  ^^t\  bur^  ein 

86  Smpfe^lung^fd^reiben  bed  ©emeinbeborftanbed,  toeldbed  bie  6^rift(id£fleit  bed  reifenben  9ru' 
ber^  bezeugte;  benn  nur  auf  @runb  be^felben  ®lauben^  foQte  bie  c^rifUic^e  ®aftfreunb> 
(c^aft  geübt  toerben  (Symbolum  =  (Srfennung^jeid^en ;  f.  aud^  XertuQ.  de  praescripi 
20  unb  36:  „contesseratio  bospitalitatis"  —  ir^l^^  ecclesia  Romana  cum  Afri- 
canis  quoque  ecclesiis  contesserarit")*  ®o  erjä^U  und  @))i))^aniud  (h.  42,  2),  too^ 

40  fc^ein(id[!  nac^  $ip))oI^t,  bag  bie  römifd^en  ^redb^ter  ft(!^  Weigerten,  ben  ÜRorcion  auf< 
^une^mcn,  ba  er  fein  ©d[>reiben  Ci\x%  feiner  ©emeinbe  mitbrad^te.  ®iefe  Sriefe  Reiften 
literae  communicatoriae.  Sleifenben  ©Triften  foHen  nur  fold^e  au^efteDt  toerben.  ^ 
jlonjil  Don  @toira  a.  306,  c.  25  (verbietet  ed,  ba^  temanb  in  bem  i^  mitgegebenen 
offtgteQen  ©^reiben  a(d  Confessor  bejeid^net  toirb.   ^on  biefen  @m^fe^(ungdbriefen  finb 

46  bie  offiziellen  @d^reiben  }u  unterfc^eiben,  in  toeld^en  bie  ®emeinben  miteinanber  berte^rten; 
eine  gan^e  9teil(;e  folc^er  fmb  und  aud  bem  t?orirenäifd^en  ^AiciX^  aufbel^oUen  ober  bem 
^itel  nad^  betannt.  @tne  brittc  Jtlafje,  bie  toir  bid  ind  3.  ^al^rpunbert  hinauf  t>erfo(gcn 
lönnen,  bilben  bie  literae  pacis  (eiQtjvixal  biiorokaC)]  ed  finb  Slbfoluttondfd^reiben, 
toelc^e  bie  SQieberaufnal^me  audgef(^(offener  ©emeinbeglteber  audf))red^en  (f.  bafür  bie  epp. 

60  Cypriani  u.  a.).  3Son  biefen  fmb  bie  fpäteren  literae  pacis  (buGxoXal  elgnvixal  bauj/j- 
oiaoTixai)  ju  unterfc^eiben,  U^eld^e  fird^lid^^e  SSorgefe^te  benen  audfteUten,  todd^e  gum  Jtoifer 
ober  )u  anberen  ^o^en  Jtleritem  fid^  begaben;  fte  bienen  )um  Setoeife,  ba^  mit  ®en(^ 
migung  bed  ©d^reiberd  ber  6mj)fänger  bie  5leife  unternommen  fyd  (Conc.  Gbalc.  a.  451 
c.  1 1 ;  ©uicer,  Thesaur.  sub.  vv.  elQtjvixdg,   f.  aaö)  äjiolvrixal   huatokaC).    I)ic|< 

66  Sriefe  unterfd^eiben  fw^  feit  bem  4.  ^a^rl^unbcrt  t)on  ben  avorarixal,  bie  nur  angefe^ot 
$erfonen  audgeftcHt  toerben  foüten;  f.  ©regor  t)on9la5.,  Orat.  III;  ©ojom.h.e.  VI,16; 
Julian,  ep.  ad.  Arsac. :  avv&ij/buxm  rcbv  ygajtiudTcov,  ®ie  SSifd^öfe  jeigten  jic^  too^ 
jci^on  fett  bem  @nbe  bed  2.  ober  Slnfang  bed  3.  3<^^^'^unbertd  tl^re  fS&aJfl  gegenfettig  an 


IJterae  formatae  537 

(y^dfiuara  h^goviortxd  unb  toci^Ielten  literae  communicatoriae  (f.  bic  beiben  Sri; 
pete  bei  Sufeb.,  h.  e.  VII,  30).  Die  Slnjeige  üb«  Segcljung  eineö  ^trö,  nanienltic& 
beS  Dftafefteö  (üon  aiejanbrien  auä)  erfolgte  butc^  ygä/ifiaia  ioQzaozaed,  Troo^o^a 
(epp.  festales,  paschales),  [.  u.  a.  Concil.  Arelat.  I,  a.  314  c.  1 ;  Mtttanai.,  epp. 
featales;  Carthag.  VI,  a.  401,  c.  8;  Bracar,  II,  a.  572,  c.  9 ;  bei  ©ratian.  De  b 
consecr.  dist.  III,  c.  24—26.  Stuftcrbem  gab  t§  ©i^eiben,  oQgemeine  a^erorbnungen 
ent^oltenb  =  epp.  tractoriae,  circulares,  iyxiJicitoi.  ©(jejteüe  3{erorbnungen  in 
Sejug  auf  bie  tommunttatorifc^en  unb  f^ftatifi^en  Sdjieiben,  ic|t).  über  bie  jui  ätuäftcllung 
Seiei^tiglen,  übet  bie  @in)>fängeT,  über  bic  ^orm,  über  9tetjenbe  ofynt  formata,  über  bic 
communio  peregrina  ii.  f.  hj.  finbeit  fic^:  Conc.  Elvir.  a,  306,  c.  25,  58.  Arelat,  n 
a.  314,  c.  9.  Antioch.  a.  341,  c.  7  (f.  baju  Can.  apoat.  34.  13.  Const.  App.  II,  58) 
unb  c.  8  (^ict  juerft  xavovtxai  Imarokal  etWaljnt  =  literae  pacis)  Conc.  Laodic. 
c.  41  ((.  Conc.  Clialced.  a.  45J,  c,  13).  Conc.  Nematia.  a,  394,  c.l  ((»iet  juerft 
apostolia  erhJÄbnt  =  epistolia  =  lit.  pacis)  unb   c.  6.  Conc.  Carthag.  XI.  a.407, 

e.  12.  („Säet  nn  baö  taiferlitfje  ^oflager  reifen  Will,   ra-a.%  gucift   literae  formatae  an  is 
ben  Sift^of  Don  Stom  unb  bon  btefem  eben[ßl<^e  formatae  an  baä  ^ofloger  ertialten . . . 
2:ie  formatae  tnüKen  aber   ben  ®ninb   bcr  Seife  unb    iai  2>atum   beS  Ofterfefteö  ent^ 
galten").     Ep.  aynod.  ep.  Afric.  ad  Bonifac.  a.  419  (epietolia).  S)aö  ßmpfe^lung*' 
fc^teiben  bcö  ©alBian  (ep.  1  ed.  91iltetiI)ufmS   p.  311  sq.).     Conc.  Chalced.  a.  451, 

c.  11    unb    c.  13.  23.    Concil.  Araus.  a.  533,  c.  13    (apostolia).     Conc.   Turon.  ao 
a.  461,  c.  12.    Conc.  Venet.    a.  465,  c.  7  unb   e.  8.  Conc.  Agath.  a.  506,  c.  38. 
Cone.  Turon.  a.  567,  c.  6  (f.  ju  oQen  biefen  St,  §efete,  6onciIienge|c&i^te).    Sc^liefii 
lief)    |ei   ouf   bie  Stelle   bei    Dptatuö,    De  schism.  II,  3   ^ingelniefen :    Totua   orbia 
commercio  formatarum  in  una  communionis  societate  concordat". 

Über  bie  iöerfälfctiung  feiner  eigenen  SBitefe  ^ot  fi^on  53ion^fiuä  üon  fiorint^  (j.  3.  35 
UHoic  Surel«)  ju  flagen  (IV,  23  bei  (Sufeb.  h.  e.).  eeljr  intereffant  ift,   tuie  ^lä)  ß^prian 
über  einen  i^m  feiner  (Sc^l^cit  na^   Cerbdc^tigen  Stief   auä  91t>m   auSJtirii^t  (ep.  9   ed. 
gartet:  „legi  etlam  literaa,  in  quibus  nee  qui  scripserint  nee  adquos  scriptum 
ait  significanter  expressum   est.    et  quoniam  me  in   isdem  literis  et  scriptura 
et  sensuB  et  chartae  Ipsae  quoque  raoverunt,  ne  quid  ex  vero  vel  subtractum  bü 
Sit  vel  immutatum,    eandem  ad  vos  epistolam   authenticam  remisi,    ut  recog- 
noscatis  an  ipsa  eit  quam  Crementio  hypodiacono   perferendam  dediatiB.  per- 
quam  etenim  grave  est,  ai  epistulae  clericae  veritas  mendacio  aliquo  et  fraude 
corrupta  eat.    lioc  igitur  ut  scire  possimus,    et  scripturam    et  aubscriptionem 
an  vestra  sit,  recognoseite").    SHfo  ft^on  bamotS   tonnte   fit^  in  SBcjug  auf  cffijietle  86 
Schreiben  bet  Iterbac^t  ergeben,  bafe  f"  flcfälft^l  feien ;  oixi  bev  '^i\X  ber  großen  fionjilien 
(4.  bis  7.  ga^r^unbert)  laffen  fic^  eine  ganje  iHeiEje  Bon  gälfijungen  na^meifen.  Um  bem 
ttOTjubcugen,   feilten  bie  Briefe  eine  fefle,   »orgcfi^ricbene  Äorm   ^aben  —  fc^on  ß^prion 
ma^t  auf  5  fünfte  aufmertfam,   bie   i^m   in  bem  Derbä($tigen  Briefe  ni^t  in  Orbnung 
ju   fein   f^iencn   — ,    um   biefer  JJorm   btllen   ^eifeen   bie  ©(tjreiben    „formatae"    ober  40 
„literae  canonicae".    Unfidicr  ift,  ob  bie  Sejeic^nung  „formata"  toegen  beä  babei  an' 
gewenbeten  3Kufterö  öffentlii^er  3nftrumente  unb  (lbi(te  üblidj  geTOotben  fei  (f.  ben  %vA-- 
brud  „formalis"    Sueton.,    Domit.  13),    ober   ob  boS  2Sort   bon  forma  =^  limog, 
©icgel  (formata  =  tsiimo>nEvrj  =  sigillata)  Ejcrjuleiten,   ober  ob  bic  gebrausten  fo= 
lenncn  SluSbiürfe   unb    genau  beftimmten  Jlennjeiiien  3ln(a§  jum  Diomen  gegeben  fjabcn  v, 
(f.  2)u  gteäne,  Glossar,  lat.  s.  v.  formata).    aöa^rf(^eiiüit^  ift  eä  bie  buri^  Äanoncä 
beftimmte  goim,  um  beren  toiUcn  man  biefelben  juerft  xavavixai,  fpöter  (4.  ^a^r^unbert) 
„formatae"  genannt  ^t. 

9Ia[^   einem    bem  ^ifi^of  äCiticuS   Don  ^onftanliiiopel   (auf   bem  Soniil   ju  (F^alce- 
bon  451)  beigelegten  Scrid)t  foU   boä  jtonjil  bon  ^iicäa  eine  tJeftfe^ung  über  formatae  5q 
erlaffen  ^aben,    bie  oftmals  Utiebei^olt  toorben   ift,    f.  ©rolion,  Decret.   dist.  73.    3)er 
99cn(^l   ift   nif^tS  weniger   a[ä   unberbäc^tig   (©arbl^aufen,  Vönti/.   ^aläogr.,  ©.  240  f., 

f.  392.  424,  fi^enft  bemfelbcn  ©lauben ;  biellcirfit  ift  et  niii&t  toiet  älter  a\i  (ßfeuboiftbor ; 
f.  ftnufl.  De  fönt,  et  cona.  Pseudo-Isidorianae,  coli.  1832,  p.  3).  Qx  loutet:  „Qua- 
liter  debeat  epistola  formata  fieri  exemplar.  Graeca  eleraenta  literarum  nu-  as 
meros  etiam  exprimere,  nullus  qui  vel  tenuiter  graeci  sermonis  notitiam 
habet  ignorat.  Ne  igitur  in  faciendis  epistolis  canonicis,  quos  mos  latinus 
tormatas  vocat,  atiqua  fraus  falsitatts  temere  agi  praesumeretur,  hoc  a  patri- 
bus  318  Nicaeae  constitutis  saluterrime  inventum  est  et  constitutum,  ut  for- 
matae epistolae  hanc  caiculationis  aeu  suppulationis  habeant  rationem  ;  id  est, 


Ä 


538  litterae  formatae  Sitmrgie 

ut  assumantur  in  supputationem  prima  graeca  elementa  patris  et  filii  ^ 
Spiritus  sancti,  hoc  est  /7.  Y,  A,y  quae  elementa  80.  400.  1  significant  nn- 
meros.  Petri  quoque  apostoli  prima  litera  id  est  77»  quae  numerus  80  signi- 
fieat  (eg  ijerftel^t  ftd^   l)on  felbft,  bafe  btc^  77  ntc^t  =  tlkgog,  {onbcm  =  UvevfM 

6  ift),  ejus  qui  scribit  epistolam  prima  litera,  ejus  cui  scribitur  secunda,  acd- 
pientis  tertia  litera,  civitatis  quoque,  de  qua  scribitur  quarta,  et  indictionis, 
quaecumque  est  id  temporis,  id  est  si  decem  10,  si  undecima  11,  si  duode- 
cima  12  qui  fuerit  numerus  assumatur.  Atque  ita  bis  omnibus  literis  graecis, 
quae  ut  diximus   numeros  exprimunt,    in   unum  ductis,    unam  quaecumque 

10  coUecta  fuerit  summam  epistola  teneat.  Hanc  qui  suscipit  omni  cum  cautela 
requirat  expressam.  Addat  praeterea  separatim  in  epistola  etiam  99  numeros, 
qui  secundum  graeca  elementa  significant  Amen,  ^tefe  frü^  mittelalterlich  Sm 
toetfung  tft  au^  ben  älteren  JtoKeltionen  in  fpötere  übergegangen,  namentlid^  in  bie  ger^ 
manifd^en  gormelbüd^er  (m.  f.  j.  33.  Formulae  Lindenbergii  184,   Baluzii  29—43, 

16  üb.  diurnus  tit.  10,  u.  a.  in  ©alter,  Corp.  jur.  germ.  III,  p.  456,  481  sq.,  f .  ö. 
SQ3V|/  ätaemann.  gormein  unb  ©riefe  au«  bem  9.  ga^r^unbert  1850,  9te.  7,  ©.  30  f.; 
^loainger,  Über  gormelbüd^er,  1855 ;  2)ümmler,  gormelbud^  bed  SSifd^^of^  @alomo  UL 
bon  Jtonftan),  92r.24;  Rozidre,  E.  de  Recueil  gän^ral  des  formules  usit^es  dans 
l'empire  des  Francs  du  V.  au  X.  siöcle.  II.  Part.   p.  909,  nr.  643). 

20  Vbolf  ^tmatf. 

fiititrgie*  —  3m  Unterfc^ieb  Don  ber  übenoiegenb  pefAic^tli^en  ®e^anblung  bitfrtf 
®egenftanbed  bun^  ben  Deretotgten  \>.  ^e^fc^toi^  in  ber  2.  ihufl.  toirb  ber  folgenbe  9rti(el 
na4  bem  ^unf 4e  be$  ^errn  ^eraudgeberd  i\6)  auf  bie  prinzipiellen  (defi^tdpuntte  bef c^rfinfdi. 
^ie  gefc^icbtlic^e  ©ntioidfelung   in  ber  fot^olifc^en  ^ird^e   luirb   bem  einen  ber  beiben  9rtifel 

26  über  bie  Weffe  jufallen  unb  tft  für  bie  et)angeltf(^e  Üirc^e  in  ben  ^rtt.  ^r^enagenbe  SBb  X 
®.  344  ff.  unb  Slbenbrna^Idfeier  in  ben  ^irc^en  ber  Sieformation  ^b  I  ®.  68  ff.  gegeben.  6o 
liegt  Quc6  fein  (SJrunb  t)or,  bie  fe^r  umfongrei(6e  fiittcrotur,  webcr  bie  großen,  3)cnfmÄler  kt 
Iiturgi{4en  (Snttoicfelung  Dorfü^renben  ©ammelmerfe,  noc^  bie  biftorifc^«  unb  lomparatiD' 
fritifc^en  ^orfteQungen  ^ter  aufzuführen ;  unb  für  bie  prinzipiellen  Erörterungen  fann  ed  ge» 

80  nügen,  auf  bie  fie^rbüc^er  ber  praftifcben  X^eologie  in  bem  betr.  2(bf(bnitt  über  fiiturgif,  m 
auf  bie  ße^rbücfter  ber  fiiturgif  zu  ueriueifen. 

^ie  ^ier  in  ^elracbt  fommenben  t^ragen  toerben  au4  in  ber  ®treitf(j^riftenlitteratur,  bie 
burc^  liturgifcbe  9?eDifionS«  unb  Stefovmaroeiten  beutfcber  iilanbeSf treten  hervorgerufen  toorben 
ift,  immer  aufd  neue  bidfutiert.    (SS  fei  an  bie  zoblrei^en  tnlereffanten,    z^^  "^^il  f^^^  ^^' 

86  giebigen  fiibefle  erinnert,  ujelcbe  bie  neue  preugifcbc  ?lgenbe  feit  1816  angefodbtcn  ober  per» 
teibigt  l^aben;  femer  an  ben  litterarifc^en  WeinungSfampf  unb  =oudtaufÄ  im  babif^en 
9(gcnbenftreit ;  cnblitb  and)  an  bie  3)i8fu(fton  über  ben  ©ntiourf  „ber  Ägcnbc  für  bie  dwn» 
gelifcbe  fianbeSürcbe  in  Preußen"  (SBerlin  1894)  unb  über  bicfe  ?lgenbc  fclbft  (1895).  «u« 
ber  ®efcbi(btc  liturgifc^cr  ^Reformen  in  ber  ©cbrociz  ift  beS  9ieferat8  oon  Ä.  8(bnjcizer:  Sie- 

40  fern  bie  liturgifcben  ®ef)ttc  binbenb  fein  f ollen  (Süric^  1836),  au^z^icbnenb  zu  gebenfen.  ^tx-- 
felbe  @^ele^rte  ^at  in  ber  Einleitung  z^  fetner  ^omiletif  bie  $rinzipienfragen  etnge^enb  unb 
f(ftarffinnig  im  freien  Slnf4I«6  on  ©^leiermacbcr  bebanbelt. 

ißeuere  (Sinzelftubien  fiitben  M  im  S^l^eol.  9lnzeiger  aufgeführt  ncbft  funer  ©efpretjung. 
tiüx  bie  {prac^gefcbi^tlicbe  @eite  fommen  znnö(^ft    bie  grogen  ^örterbüciqer,    Stephanoe 

46  thesaurus,  du  CaDge,  Forcellini  auf,  nur  laffen  fie  bie  3)arftcflung  be«  gortfd^rittc«  unb  ber 
^Ibtoaitbelungen  bc8  3öortgebrau(b«  oermiffen;  unb  ^ier  ift  faft  alle«  etft  zu  Iciften.  —  gür 
bie  3öiebergabc  be«  öebräifd)en  'aboda  burc^  kaioela  ^thtn  bie  lejifograpbifcften  ^oupttDcrfe, 
tJ.  fiancfifcb'«  Concordantiae  etc.;  3.  g.  8d)Icu§ner.  Novus  thesaurus,  Lps.  1820/21;  Wr. 
^br.  3Ba^l,  Clavis  libr.  V.  T.  philologica,  Lps.  1853  bc§  ®enoueren  «uSfunft.    Ueber  ben 

60  neuteftamentlicben  ®ebraud^  ber  Sortgruppc  bietet  ^.  dremer  im  „bibl.  tbeol.  ©örtcrbtt(4' 
eine  Ueberftc^t. 

3)a^  ber  ©emeinbe  Sl^rtfti  ba^  Sbangelium  geprebigt,  bie  $rebtgt  burc^  Semfung 
unb  9(uftrag,  foh)ett  ed  mögltd^  tft,  ft^er  gefteUt,  bie  @a{ramente  ftiftung^mä^tg  t)estDaItet 
n^erben,  ba|  ber  hieran  genöl^rte  @(aube  feinen  ^n^alt  burd^  Selenntnid  unb  ®ebet  b^ 

66  lunbe,  in  ^d^t  be«  ©etfte«  betoä^re,  gehört  zum  Söefen  unb  Seftonb  ber  Xxd^  SM 
ber  ®otte«btenft  al«  einrtcl[>tung  (f.  b.  a.  95b  VII  S.  1  ff.),  in  bem  bie  ®Iaubei^emcin« 
f(^aft  ate  ©emetnfd^aft  bed  SBorte^  unb  @aframent^  \\i^  ebenfo  einen  feierlicben  Sbtdbnti 
fc^afft  tote  bo^  toacl[^tümUd^e  Seben  ber  ©emeinfdbaft  ju  i^rem  ^Xoti,  bod  Sietc^  ®ott(d 
tu  bertotrf Itd^en,  förbert,  befte^t  h^efentlid^  au^  SSerrünbigung  be^  @bangeltumd,  S)acreu^ 

60  oe«  ©aframente«,  Übung  be^  ©ebete«.  2öeil  biefe  ©tnric^tung  JM  mit  bem  ^nnerficlipoi» 
nämltd^  mit  ben  gottgegebenen  Mitteln  für  ba^  Jtommen  unb  SBirfen  bed  i^igen  ®eipei 
befaßt,  bebarf  fte,  um  t|^rer  Slufgobe,  ber  Erbauung  bed  Seibed  S^rifti,  ger^t  }u  tpeitov 


fiilutgii 


539 


fort  uiib  fort  fbeit  bicieä  ®eiftee,  feintr  6c(cc[enbcn  unt  ^crbDiörinambeii  ISluäft  für  bie 
Senoallcr  brö  Slmtcö,  bie  Wiener  am  Söort,  ebcnfo  Icie  für  baä  ®anje  bet  »crjammeltEn 
©«neinbe  unb  oHe  if»re  einjetnen  Ölicbfr.  Unb  bie*  Stni;,  bafi  üotn  Seifte  agriffene  unb 
((cifte«mQd)ti(ie  *]JetfiJnlii^Ieiten  ba  feien,  fte^l  für  ba«  ^erbotbtingen  be*  ^n^altS  bcä  ®olteö= 
bicnftcä  roic  für  beffen  innerlii^e  aiufnaliine  aXä  grfte«  Boran.  2)ie  Srt  unb  SBcife  ater,  g 
toie  bie  SBtfenäelemente,  bie  ^auittftüife  beä  ©ottcäbicnfte«,  unteteinanber  Berbunben  finb, 
ibre  Mufeinanberfolge,  ber  Slnftttufi  ber  einen  gotteäbienfllit^en  Slfte  an  bie  anbeien,  i^r 
äufbau  ju  einem  gottcöbienftlit^cn  ®anjcn,  i^ve  35etteilung  jiDifc^en  Mmt  unb  (Scmembe, 
bie  formen  unb  3)iittet  beä  teligiijfen  3tu#bruc[^,  biei  alle«  ift  nidjl  unmittetbat  mit  jenen 
!Be|enöftücfen  gegeben,  ift  aud}  felbft  nicbt  fonftituierenb  für  ben  Seftanb  bre  Siri^e,  fons  m 
bem  gebt  aU  ^Wntei,  ©etunbäreä  aiiä  jenem  (Srften  unb  Sunbamentalen  ^cmor.  9tn 
bet  ^erBoibringung  ift  aufeet  ber  Überlegung  [irt^liifiei  SBeiö^eit,  bie  inncrlii^  3"f«i''"*"= 
geb>^<^i8^  }ufammcnod)n{t  unb  ^fUgl,  unb  auger  bem  9Sa()rb^l^finn  be«  ©(aubenä,  ber 
nur  baö  bem  ®lauben^inljalt  (Snlfprccljenbe  unb  ber  tjrbauung  j^rberlitbe  aufnimmt,  ein 
©inn  für  ben  5ESert  bcbarrenber  tonftantet  Xti^^cn  unb  bittet  beä  ©laubenöjeugniffeä  ib 
tnirtfam,  beffen  Siei^t  einerfeitö  auf  bem  SebürfntS  eina  jeben  ©emeinfc^aft  nai^  fefter 
änurbnunfl  gemeinfamer  ein  ©anjeS  bilbenbcr  91(te,  nnbcretfeitä  auf  einer  auc^  o^ne  Mm 
orbnung  ftiß  unb  energift^  in  allein  ©emeinfctiaftölcben  tnirtfamen  Wlad^t  gefi^ic^tlii^er 
Irabition  aU  feinen  beiben  §au;)tpfcilem  rubt.  So  entfielt  bie  ©otlesbienflorbnung  (iri^= 
littet  ®«meinf(bQften,  ftir  bie  ber  9iame  „Situtgie"  ali  äejei(f)nung  ausgeprägt  unb  in  30 
filteren  berfd^'«^^^  SelenntniffeS  rejiziert  ift.  3Jian  tann  i^n  auä)  in  engerem  ©inne 
berftebcn,  fo  bafe  er  jur  Unterft^eibung  »cn  ber  frei  petfiJnlii^en  Xlfat  ber  ^ßrebigt  ben 
ftomtjle^  ber  religii^fen  €tü(fe  bejeic^net,  bie  Bon  ber  .^trc^  für  ben  gotte^ienfllitben  @e= 
brau(^  ou^clcfcn  unb  fixiert,  in  eine  beftimmte  3lbfo(gc  nad)  ben  ©runbfä|en  leligic^fer 
Sogif  gcorbnet,  in  einem  amtlichen  Jtiri^enbudj,  ber  9Igcnbe,  für  ben  fird^Iii^en  @ebraud^  25 
Beröffcntltf^t  unb  ben  2)icnem  am  Söort  befoblen  finb.  ^n  biefcm  ©inne  Bertritt  bie 
Liturgie  ein  ftabileä  (Siement  neben  bem  betoegiic^en  ber  ^rebigt,  bie  fefte  Oibnung  neben 
ber  freien  Setljätigung,  ein  gegebenes  DbieltiBeä  neben  bem  ^lerfijntii^en  unb  inbiBibuettcn 
3nigniö,  hJö^renb  fie  mit  ber  ^Ötebigl  \)mä}  bie  (Sinbeit  beö  5S"Ö<i''^  ""^  ^**  betennenbcn 
©laubenS,  wie  buref;  bie  glei(^e  Slbfid)'/  bie  ©enieinbe  ju  erbauen,  uerbunben  bleibt.  (Sine  bo 
toeitere  j^ffung  beö  Segriffö  ber  Silurgie  liegt  ba  Bor,  Idd  bo*  ©anje  ber  ©olteäbienft: 
orbnung  mit  (linft^tufe  ber  ^iwbigt  jo  bejeidinet  Wirb.  Der  Unterfi^ieb  biefeä  ©inneä  Om 
jenem  crften  engeren  ift  nii^t  grofe ;  benn  er  nimmt  für  bie  Siturgie  nii^t  ben  3n^a[t  bn 
!lJrebigt,  ja  nidji  einmal  bie  ©eite  an  iiir,  Wcittie  burf^  liri^lic^e  Sitte  beftimmt  ift,  in 
änfprucb,  fonbem  nur  i^ire  ©teßung  im  ©anjen  be*  ®DtteSbienfteä,  tuäbtenb  i^r  3n^att,  as 
bie  Srage,  WaS  unb  Wie  getJiebigt  »erben  fode,  ficb  ber  gip^ung  notwenbig  entjie^t. 
Siner  äi?nli4)en  91bgrenjung  bebarf  eS  aui^  für  bie  jjeier  ber  3luäf)>enbung  bed  b^i^'Q^ 
SDta^le*.  tia%  eä  gefeiert,  bol  bie  jjciet  in  Wefentli^en  Dingen  fic^i  Bon  berabfii^t  unb 
bem  fflort  ber  Einfeßung  burcf)  ben  ^icrm  niAt  entferne,  bafe  ber  lob  beS  §errn  Ber' 
Kinbigt,  beffen  ^rucbt  in  ber  ilergcbungägnabe  bargeboten  Werbe,  bafe  eine  Sicrfammhing  10 
fitt»  in  ßinbeit  beS  (ircbli^en  Orleö  unb  ber  fircblii^en  ^t\t  j|u  i^m  finbe,  ift  eine  Über 
bem  Siturgift^en  fteboibcr,  e«  normierenber  fönmbfa^;  aber  fdion  bie  ^i^age,  ob  bie  Ein= 
fe(jungetrorle  feierlitb  rejiticrt,  eine  ©penbef ormel  gcftirot^en,  ob  3lltor  ober  %i\ä}  gebraucht, 
bie  eiemente  Bom  ajettoalter  beS  ©atramentö  gegeben  ober  Born  GnU^fänger  mit  feiner 
eigenen  ^anb  genommen  Werben,  ift  eine  litucgift^e,  fiiturgiftb  aui^  ^orm  unb  2lnorb=  u 
nung  ber  Oebete,  ber  feierticben  SnnabnungölDorte  unb  Segenäfprüi^e,  bie  auf  bie  ^^eier 
^infiib'^*^!  fie  bie  ^täfotion,  in  i^irem  Stamm  einö  ber  älteften  ©tiitte  beö  t^riftlit^en 
fiultu^,  unb  baä  ffiaterunfer.  Selbft  bie  Honfefration  ift  integrierenber  Seflanbtcit  erft 
bun^i  (iturgtff^e  ^eftfefung  geworben,  unb  wie  Berfdjieben  bie  SiorfteHungen  über  i^re  Scs 
beutung  unb  32irtung  geti^efen  |inb  unb  noä)  fmb,  jeigt  bie  @efcf)ic^te  ber  3Ibenbmab[ä=  u 
feiet.  Wie  eine  Sergleicbung  beö  Srauc^ö  unb  Sebrbegriffö  ber  Rirf^engemeinfiaften  unb 
Denominationen  bet  ©egenWart.  Siiie  Biel  (JUcfenbeö  aber  auc^  ^xtx  anjuertennen  fei, 
fo  b^'  ^^  gerabe  baä  b'ilige  ^abl  foWoEjC  burtb  bie  feften,  mit  feiner  Stiftung  gege: 
benen  SIemente,  wie  butd)  feine  befonbere  Dignität  für  bie  Sntftefmng  eine«  Äemä  unb 
Äriftanifationöpunfteä  gotteöbienftlicfeer,  liturgift^et  Orbnung  bie  gröfete  93ebeutung  für  bie  66 
(Snlfle^ung  einer  Siturgie  gebabt.  Wie  beren  @ej4>i4>te  jeigt.  ^arin  ift  e«  autt)  begrünbet, 
ba|  in  ber  jjolge  baß  iffioTt  „ilitutgie"  Bom  firc^lic^en  Sptat^gebrautb  Bor  ottem  auf  ben 
Äomplej  ber  gotteSbienftlif^en  formen  ber  %ätx  beä  SahamentS  SIntoenbung  gefunben 
bot  Sä  ift  nicbt  Wie  im  gegenwärtigen  proteftantifcben  Spracbgebrnu^  baä  gotteäbicnfllif^ 
@eorbnete  an  fii^,  obneM^fii^t  auf  baä  ^eilige  tJla^I,  waä  ben  ^Jlamen  „Liturgie"  Ber^  aj 


640  £ihtrgte 

anlaßt  l^at,  fonbem  ber  J^eUtge  3)icnft,  befonber«  ba«  SlIIerl^ciKgjie  bcS  Krd^Itd^en  S)ien|te, 
fretlid^  mit  Slüdftci^t  auf  bae  fefte  ®efüge  fetner  Seftanbtetle  unb  ber  ))rtefierlt(^  9k(s 
rtd^tungen. 

9lt(^t  unmittelbar  in  ber  Offenbarung,  nid^t  ))rä3e}}tit)  burd^  ein  Offenbontngtooit, 

6  am  aUertpenigften  auf  gefe^Kd^em  SBege,  ift  ed  ju  einer  Siturgie  gelommen.  SHe  rdmif(^ 
Siturgiler  ^o£en  [xö)  t)ergeblid^  bemül^t,  toenigftend  ben  Jtem  i^red  3Re|Idnon  auf  bte 
äluftorität  bed  ^errn  unb  feiner  9l))oftel  ^urüdt^ufü^ren.  3)ie  ®otte^ienftübung  ber  Ib 
gemeinbe,  toie  fte  fid^,  obgleid^  unt^oQftönbig,  namentlid^  auf  ©runb  ber  a))oftoIif(|^  ISi» 
ma^nung  1  Rot  14  un^  entwirft,  jeigt  nod^  aQed  flie^enb.    @ine  reid^e  SRannigfaltigfoit 

10  ber  S^ari^men  mu^  gegen  bie  Ü6erfq>ä|ung  ber  ^ert>orragenben  unb  auffaQenben  l>ertoai^ 
ber  @nb)tDed  ber  Erbauung  ber  ©emeinbe,  in  bem  aUt  ®aben  jufammentreffen,  fhnt 
l^erau^el^oben,  93orbring(id^!eit  unb  Unorbnung  abgetoel^rt  toerben.  @o  tpar  bad  Sd^luft» 
toort  Tzdvra  de  evo%rm6v(x}(;  xal  xaxä  td^iv  yivea&co  nur  eim  etl^ifd^er  SBinI,  fem 
für  gotte^bienftlid^ed  Silben  fd^^on  tpirifamed  ^nn^.    2i^^^  äBinle  folgenb   ^e  an 

16  ftc^  bad  gottedbienft(id[!e  Seben  ftd^  in  bem  freien  äBalten  ber  SRannigfoItigteit  tpetter  be> 
tpegen  fönnen.  3)a^  formfc^affenbe  $rin;i))  lag  aber  in  ber  unau^eid^lid^en  3Rad^t  bed 
gef^id^tlic^en  93e^arren^  für  @emeinf(^ft  toie  ®efellf(i^aft  3)a|  biefe  SRac^t  oud^  in  ber 
a))ofti)lifd^en  3rit,  ber  ^Ät  ber  Urf prünge,  nid^t  ganj  tjerfagte,  betoeift  ali  eine  jtoor  Deine, 
aber  fel^  fenntlid^e  Bpnx  jjened  S^men,  mit  bem   nad^  ber  @rn>artimg  be^  9i))o{leId  auf 

90  S)anfgebete  geanttoortet  tourbe.  ®eb)i^  ein  f^nagogaler  93rau(^,  ber  felbft  in  ^etbenc^p^ 
lid^e  @emeinben  fo  frü^  @ingang  gefunben  l^at.  ^an  fte^t  baraud,  tote  ftati  bod  Se« 
bürfnid  gotte^bienftlid^er  Sitte  ftc^  fc^on  in  ber  älnfang^jeit  regte.  ÜRon  fc^log  fic^  an 
93räud^e  eined  Jtultu^  an,  mit  bem  man  ba^  altteftamentli($e  SBort  gemeinfam  fyxX(t, 
mod^te  man  fonft  burd^  ben  ^nl^alt  ber  neuteftamentlid^^en  Offenbarung  noc^  fo  tief  )m 

26  U^m  gefc^ieben  fein. 

3)ad  Sebürfni^,  ein  93e^arrenbed  für  bad  gotte^bienftlid^e  Seben  ju  fd^Kiffen,  in  ban 
röumlid^  getrennte  (linjelgemeinben  ben  älu^brudf  il^rer  Sini^eit  befi^en,  ein  Se^onenbe^, 
bad  ald  ein  l^eiliged  @rbe  Don  einem  ©efc^led^t  ürd^lid^er  ©emeinfc^ft  auf  bod  onbere 
übergebe  unb  fpöte  Reiten  mit  früheren  S^^tl^unberten  unter  §injutritt  ber  ^ßietot  W 

80  binbe,  ift  tief  im  Sßefen  gefd^ic^tlid^er  @emeinfd^aft  unb  gemeinfc^aftlic^  (Sefc^ic^te  le^ 
grünbet  @o  fenft  fid^  in  ba^  ^Balten  bed  ))neumatif(^en  Sebend  eine  ou^  ber  Bpffbt 
be^  9latürlid^5©ittlid[>en  ^erftammenbe  JJunItion  geftaltenb  unb  orbnenb  ein,  nur  baj^  bie* 
Orbnen,  obfc^on  ed  bie  @in}e(inbit?tbualttät  nötigt,  ftd^  um  bed  ©anjen  toiQen  gu  fugen, 
bod^  nie  ben  G^aralter  eined  ©efe^ed  erhält.    9lud^  ift  ba^  @inri(^tung^mä|ige,  bod  bon 

86  einem  gefd^id^^tlid^en  @an)en  berfommenb  in  feinem  @o^ein  auf  eine  beftimmte,  gefi^i^fts 
lid^  geworbene,  organifierte  Hirc^e  mit  feinem  SBerte  befd^ränft  ift,  nid^t  toie  ettoa  ein 
©tatut  fo  un^erfönlid[>,  ba^  e«  nic^t  in  ben  ©ebeten,  bie  jur  ©ubftanj  ber  Siturgie  gc« 
^ören,  perfönlid^  entftanbene  Seftanbteile  fic^  affimilierte.  ?freili(^  toerben  biefe  meifl  in 
ber  äbftd^t,  bem  ©emeinbegottedbienft  bamit  )u  bienen,   entftanben   fein.    @in  ö^fu^ 

40  ^ro^efe,  toie  bei  ber  ©ntfte^un^  be«  Iird^lid[>en  ©efangbud^e«,  nur  bafj  l^ier  ba«  %tdt  fo« 
too^l  in  ber  3lrt  ber  $ert)orbnngung  atö  auc^  ber  au^toö^lenben  fird^lid^en  93enu|tmg 
fid&  ftärfer  be^aujjtct,  afe  in  ber  Siturgie,  unb  bafe  bie  d^arafteriftifd^en  bie^fterifd^  3"* 
bioibualitäten  unOer^üHt  ^erOortreten,  toä^renb  bie  ©c^öpfer  einzelner  liturgtfd^er  ®ebube 
jurüdftreten  unb  jurüdftreten  foüen. 

46  SSerlöfd^en  bemnad^  bie  ^üqz  bed  inbit?ibuell'))erfönlid^en  hervorbringend  ober  bep 
toifc^en  fie  fid^  toenigften«:  bennod^  entfte^t  in  unb  mit  ber  Siturgie  felbft  ein  tnbirtbueD 
unb  d^arafteriftifd^  bargeftellteö  S5ilb  ber  beftimmten  Äirc^e,  ber  fte  angel^ört,  itad^  ber  Seite 
i^red  gotte^bienftltd^en  Seben^,  nur  ba^,  um  einen  trollen  unb  richtigen  ©efamteinbnut 
biefed  Seben^  ju  getoinnen,  aud^  auf  bie  ^rebigt  nad^  il^rem   eOangelifd^en  ®el^  unb 

60  il^rer  geiftigcn  Äraft  toie  i^rer  formalen  ©eftalt  SlüdtfidE^t  genommen  toerben  mufe.  SM 
^at  auf  bie  Uturgifd^en  Sinien  jene«  Silbe«  bie  fird^lid^e  SSerfünbigung  infofem  eingelwxft, 
ate  bei  ber  jä^rtid^en  geicr  ber  ^eilbegrünbenben  Offenbarunggt^aten  nicpt  Mo|  bcö  Se» 
bürfni«  beteiligt  ift,  in  ber  ©emeinbe  @ott  ju  pxÄ\m,  il^n  ju  bitten,  i^m  ju  banlen,  fon* 
bem  aud^   in   beftimmten  3lbfd^nitten   au^  ber  ©d^rift  unb  einer  l^ierau«  §u  fd^öjjfatben 

66  $rcbigt  jene  Ti)aUn  Dor  bo«  Siluge  ber  ©emeinbe  ju  ftellen  unb  fte  lu  erbauen.  Sott« 
barbietung  alfo  ift  mit  ein  galtor  für  ba«  liturgifd^e  (äeftalten.  Ste  oaö  Stin^enjo^  ben 
einjelnen  ©onntagen  gctoiffe  liturgifc^e  SSorte  unb  ®ebete  guerteilte,  toie  in  ben  ^ntroiten 
unb  ÄoDelten  ber  römifc^en  Äird^e  gefd^c^en  ift,  ftimmte  fie  biefe  auf  ben  2^on  ber  ©c^ 
lefung  ein.  ©o  l^at  bie  Darbietung  be«  SBortc«  befonber«  jur  Silbung  tnirtabler  gönnen 

60  ber  Siturgie  mitgetoirlt. 


Sttmrgie  541 

3n  bod  Don  ber  @ttte  gefc^affene  ^tgetoanb  gotte^btenfUic^  Übung  l^at  bann  ber 
tief  hn  SEiefen  bed  menfd^I^en  ©eifte^  begrünbete  R\xq,  ÜberftnnKd^^ed  butd^  @innlid^ed 
ongubeuten  in  natürlid^er  Sefreunbung  mit  bent  bur$d  äleligiöfe  erzeugten  ober  bod^  an- 
geregten KtnjUenfd^en  triebe  mand^e  ^ben  l^tneingetooben.  S^mbolit  unb  f^mboHjterenbe 
ober  audfii^ntüdenbe  Jtunft  lonn  nic^t  unter  ^tntoetd  auf  bie  fd^^Uc^te  unb  funft(ofe  @in«  6 
fad^l^  ber  ©otte^bienfte  ber  a))ofto(tf(^en  3^  ^^  unebangelifc^  ober  toeltltc^  t)erbannt 
iDe^en,  fotoenig  tote  bod  oltteftamentlic^e  93Ubert)erbot  einer  leufd^en  barfteQenben  ihinft 
ben  Soböi  )u  en^iel^  Dermog.  SSielmel^r  ragt  mä)  ^ier  im  fünft(erifd^en  ^anbeln  nid^^t 
mtiiber  atö  im  orbnenben  ein  ber  @d^ö})fungdorbnung  ©otted  entftammenber  Seben^n^ert 
in  bie  $fteae  ber  Offenbarung^üter  unb  «toerte  hinein,  nic^t  grunblegenb  jtoar,  l^Üxö)  lo 
fogor  eiübeorlid^,  ober  burc^  ben  ge^eimnidt^oQen  ßufammen^ong  bed  geijligen  Sebend  mit 
bem  ftnnlid^  ben  3ßten  ber  (Sr^ebung  bed  ©emüted  ju  ®ott  förberltc^  unb  bienenb. 
9uf  biefe  SEBeife  ift  innerl^b  ber  toeiteren  Bpf)äxt  ber  tirc^Iic^en  Jtunft  ein  eigentümlid^ 
Etingifc^  lünfuerifc^ed  ®e^en  entftanben,  ^at  äOtar,  Jtonjel  unb  gotte^ienftlid^e  ©eräte 
eformt  unb  gefc^müdt,  ftd^  aud^  beftimmter  ^rben  für  bie  @^mboliI  bebient,  um  bie  i6 
~  lenort  ber  ^eftjeiten  bem  ©inn  einbrüd({i(!^  )u  machen.  %xo^  ber  älnalogie  altteftament« 

toie  ^nifd^^tultifd^er  S^mbolil  unb  Aunft  ifl  bieg  toeber  ald  )übifd[!  noc^  d^  ^eib« 
nifd^  anjufel^,  fonbem  nur  aud  gleichen  38ur)eln,  ati^  Sebürfniffen  bed  geiftigen  Sebend 
ent^nnmgen,  bte  bad  S^ftentum  nid^t  ya  Verleugnen  brandet.  @rft  toenn  bie  Überfülle 
biefer  bienenben  ÜRittel  unter  SSerföumung  bed  für  ben  Jtultud  äBefentlic^en,  bed  äBorted,  20 
M  borbröngt,  toenn  bie  £iturgte,  h)ie  ed  in  ber  orientalifd^en  jtirc^e  gefd^ie^t,  ju  einem 
jl^mbolifd^en  ^roma  mit  ftnnlidpen  @ffetten  toirb,  ober  toenn,  toie  in  ber  römifd^en  SReffe, 
bod  St^mbolifd^e  ju  einem  SeremonieU  oertrodEnet,  bad  fic^  mit  m^ftagogifd^en  unb  tl^eur« 
gi|(^  ^rötenfbnen  Oerbinbet,  toerben  jene  fünfUerifd^en  unb  ft^mbolifterenben  3ut^^^ 
eine  ®^afyc  unb  @(^igung.  Unb  in  reid^Iid^er  Srfo^rung  einer  @ntgeiftigung  unb  @nt«  26 
koung,  bie  mit  biefen  Überlabungen  Oerbunben  toar,  ^at  bie  Sieformation  aud^  ^ier  )ur 
Cinfai$^eit  gurüdgelenit,  bie  fd^toeijerifc^e  f))röber  unb  abtoeifenber  ald  bie  beutfd^e;  benn 
bicr  t)ertoe^eSut^erd  unbefangene  unb  gemütliche  @(!^ä^ung  bed  Silblid^en  unb  fein  Sinn 
i&t  Sitte  ben  @l;mboIen  unb  ber  ^nft  nid^t  i^r  befc^eibened  bienenbed  Sßalten.  SBrfent* 
iü^  ^  er  i^en  nie  jugeftanben.  Unterfd^iebe  jtoifd^en  ben  beiben  et^angelifc^en  Kon«  ao 
feffionen  auf  btefem  ©ebiet  bürfen  barum  oon  einer  f^öteren  Betrachtung  in  U^rer  2Bic^« 
tigleit  nic^t  überfd^ä|t  toerben.  Sie  bleiben  l^öd^ftend  d^aralteriftijc^e  93egleit^c^einungen 
tieferer  Unterfc^iebe  unb  l^aben  ald  f olc^e  für  bie  Seftimmung  lonf effwneuer  @igenart  auer- 
biiigd  noc^  einige  Sebeutung. 

SEitd^tiger  aber  tmb  für  bie  @nttoidelung  ber  Siturgie  beftimmenber  ift  traft  be^  3^^  ^ 
fommenl^ngd,  ber  )toifd^en  bent  Selenntnid  ber  Aird^e  unb  i^rem  innerften  Seben  befte^t, 
bie  SBec^felbegiel^ng  jtoifd^en  ber  £iturgie  unb  ber  Ür^Uc^en  Se^re.  2Bie  ftetig  liturgifcj^e 
ftonnen,  Srouc^,  St^mbole  fid^  b^av^im,  fo  emofönglic^  bleiben  fie  ho6)  für  Umbiegungen, 
guttaten,  Sudlaffungen,  bie  il^ren  ©runb  in  ^eränberungen  bed  ürd^^ßc^en  Se^rbegriffd, 
in  f^rtfc^tten  ober  SUidtgängen  religiöfer  SSorftellungen  unb  SlnfcJ^auungen  l^aben.    So  40 
bnnte,  oU  bie  ^eildbebeutung  bed  Xobed  bed  (Sriöferd  in  i^rer  bibl^d^en  ^iefe  nic^t  mel^r 
erfa^  tourbe,  ber  ^x(S)oit  ber  eud^ariftifc^en  ©ebete  ^vi^  t)erallgemeinem  unb  t?erflad^en, 
\ok  ed  fd^on  in  ber  3)ibad[!e  ber  ^aQ  ift.    So  gefc^a^  ed,  ba^  bie  alte  SorfteQung  t)on 
dner  SBet^ung  ber  (Elemente  Ibuxö)  ben  ©eift,  bie  nod[!  ältere  ^e^Iiturgien  ber  frönttfd^en 
Stinte  beeinfluß,  in  ber  römifc^en  3Jlefie  }u  einem  rubimentären  Sleft  ol^ne  erl^eblid^e  ^e«  45 
beuütng  ^erabgefe^t  tourbe  (Rubr.  XIII :  Veni  sanctificator  Spiritus  etc.).    So  ent« 
*>en  §u  ©unfien  be^  Di)fergebanlen^  in  ber  römifd^en  aJlefJe  jene  ^Partien,  burd^  bie 

ber  römifc^fe  5lanon  fotoo^l  t>on  ben  altürd^lid^en  ©ebeten,  toie  oon  benen  be^  frühen 
telolterd  ak  Derbilbete  SBeiterfü^runa  unterfd^^eibet.  ^  ftörtften  3Sla^t  mu^te  bal^er 
ber  gro^e  reltgidfe  Umjc^toung  in  ber  Steformation,  ber  ^üdgang  auf  bie  S3ibel  unb  bie  60 
SUft^t  beS  ®rlöferd  bei  ber  Stiftung  bed  9(benbma^(^  ctuf  bie  92eugeftaltung  et)angelifc^er 
Ootte^enftorbnungen  einen  @influ^  ausüben;  unb  o^ne  in  eine  gefd^^id^tlic^e  2)arfteuung 
eiiqugel(fen,  barf  ald  t)rin)i))iell  toic^tig  l^ier  ertoä^nt  toerben,  ba^  bie  Steformation  in  i^rem 
Stmip^  g^en  bie  3Reffe  junäd^^ft  t?on  ben  religiöfen  ©eftd^^t^^unften  angegangen  ift. 
a^oL  XXII.  66 

Snberccfeitg  bat  ber  im  Siturgifd^en  feftgclegte  unb  eben  baburd^  ben  ©emütem  im 
«»tteiSbienftlid^en  ©ebraud^  tief  eingefprägte  religiöfe  ©e^alt  gotte^bienftlid^er  Sitte  für  bie 
Ihiffoffung  unb  Sc^ung  ber  @igenart  einer  tird^lid^^en  ©emeinfd^^aft  eine  ben  f^mbolifc^ 
ouiSgetrrägten  £ej^rb^nff  ergön^enbe  S3ebeutung.  Selbft  ba,  n^o  bie  3uf))i^ungen  be^  le^» 
teren  ba  Siturgie  i^e  c^ara!teriftifc^en  3^0^  geben,  n^ie  ed  bie  Seigre  t)on  ber  unblutigen  eo 


542  Sümrgie 

SBieber^oIung  bed  0))ferd  Sl^rifti  unb  bie  Seigre  t>on  ber  Xran^fubftantiotton  hn  tdmtfc^ 
3Re^fanon  get^an  \)ai,  toirb  ber  ^urc^fd^^nitt  ber  titd^^ltc^en  ^mmtateit,  befonberd  bte 
93u(0ärfr5mmt0leit,  t?on  ben  ®inbrüd(en  ber  iultifd^en,  ntd^t  ber  biboftifc^en  älu^ögung 
ber  Seigre  beftimmt    3Ba^  toöre  eine  Xran^fubftanttotion^Iel^re  o^ne  bte  9te|t>raj^id?  So 

6  gel^ören  benn  (iturgtfd^^e  formen  fraft  biefer  i^rer  äSebeutung  )u  ben  S^otter^ügen  bd 
^ilbed  einer  ^irc^e,  unb  ed  n^irb  ein  ^ortfd^ritt  ber  t^eolo^ifd^en  ^idjit^Hn  ber  @t^mboIit 
barin  ju  begrüben  fein,  ba|  fte  nid^^t  blo^  auf  bie  93elenntntf{e,  f onbem  unter  Sefc^ronlun^ 
freiließ  auf  SBefentlid^ed  unb  6^ara!teriftif(^e^  aud^  auf  iene  formen  bed  gottedbienfUic^ 
Sebend  Stüdfid^t  nimmt,   ^iefe  Sebeutung  liturgifdi^er  @tüd(e  für  bie  ®rlenntmd  bed  Sigeits 

10  tümlid^^en  einer  lird^^Ud^^en  ©emeinfd^aft  n^irb  fic^  freiließ  in  bem  !Dla|e  ^obminbem,  in 
toelc^em;  U^ie  bei  tmd  @t?angelif(^en,  ber  ®runbfa^  Don  ber  aQein  normierenben  Sebeutung 
ber  @<^rift  in  einem  tiefen  imb  reichen  ©laubendleben  ber  ©emeinben  totrltic^  lebenbig 
ift.  SBol^l  toerben  aud^  bie  Jtonfeffion^unterfd^iebe  @t)angelifd^er,  befonberd  in  ber  9m 
fd^auung  Don  ber  S3ebeutung  bed  ^benbma^ld,  in  ben  liturgifd^en  ^rmen  ber  ^er  irgaib 

16  berbortreten,  toie  ed  bie  äSergleid^^ung  ber  lutl(ferifd^en  3lbenbma^töliturgie  mit  benen  ber 
Steformierten  jeigt.  3)er  Streit  um  bie  ^reuftifd^^e  9(genbe  in  ben  oflen  ^ol^rje^nta 
bed  19.  ^al^^unbertiS  ^ot  fattfam  gezeigt,  toie  jtart,  toenn  SRi^auen  aufgeregt  ifl,  unb 
3:enben2en  getoittert  toerben  ober  t?or|anben  fmb,  geringe  Slbtoeidbungen  tyom  ^Ca/pu^  ber 
jtonfeffion,  toie  Heine  äCbfc^liffe,  toie  toirflid^e  ober  Dermeintlid^e  Stnnä^erungen  an  Istu> 

ao  gifd^e  93räuc^e  ber  anberen  ftonfeffion  fogar  ^^^ent  einer  Separation  tt>erben  tonnten; 
ober  bieg  aUed  toar  bod^  im  Äreife  toirQic^  bibelgläubiger  lutl^erifd^er  S^rifiten  nur  um 
be^toiÜen  möglid^,  toeil  fte  bie  liturgifd^^en  Säuberungen  old  @^mf)tome  einer  il^nen  toibrigen 
tird^lid^en  ä3e{trebung  auffa^en.  £a^  @nbe  bed  2i<^rl^unbert^,  in  beffen  Snfang  jeno 
fd^merjlid^e  Streit  fiel,  l^t  burd^  bie  Arbeit  ber  ä(genbenret)iftonen  ein  pietätDoQed  %f^ 

26  galten  an  gefc^ic^tlic^  ererbten  gottedbienftlid^en  formen  gezeigt,  bem  eine  Überfc^ä^Amg 
ber  93ebeutung  unb  bed  äBerted  berfe(ben  formen,  ald  toären  fte  toefentlid^e  Stüde  bo 
fird[!lid[!en  ®emeinfd[!aft,  fernblieb.  SQSie  l^od^  man  in  eDangelifc^en  Jtirci^engemeinfc^en 
bie  93ebeutung  bed  @inbrud^  tirc^lic^er  Sin^eit,  ber  bei  ®Iei(^l^eit  gef(!^td^tltc^  betoo^ 
Liturgie  entftel^t  unb  bie  @rbauung  förbert,  au^  fc^ä|e,  toir  toerben  barüber  ntdjft  über» 

80  fe^en,  ba^  bie  eüangelifd^e  SBaj^r^eit  ba^  Übergeorbnete  ift,  unb  ba|  fie  le$t(t(!^  jened 
Unterftü^enben  nic^t  bebarf.  Sie  allein  ift  im  tiefften  Z)tenen  bie  fout>eräne  @rö^e  ^ 
gotte^bienftlici^en  2eben^. 

älud^  ber  2Beg  ber  ©efd^ic^te  felbft,  ber  jur  SSerfd^ieben^eit  ber  etnmgelifc^  Se^ 
lenntniffe  unb  Jtird^engemeinfd^aften  geführt  ^at,   ift  in   feinem  toeiteren  äSerlauf  ber  9n$ 

86  ertennung,  jum  3:eil  ber  Slneignung  ber  ®aben  ber  anberen  Jtonfeffton  günftig  getoefen. 
?{eformierte  ©ottedbienfte  ^aben  ben  3(ltar  unb  ba^  3Jlittoirten  ber  bilbenben  5tunft  ^ 
gelaffen;  lut^erifc^e  ben  SSorjug  ber  liturgifd^en  älnn^enbung  bed  ^uff^mbol^  im  @otte^ienfie 
t?or  bem  92icänofonftantinopolitanum  anerfannt.  Unb  e^  toar  bod^  S^'^fi^^  ^  V^^ 
bem  in  ber  aJlefje  üblid[>en  „Nicenum"  fubftituierte.   3lu(^  Die  gruc^t  reformierter  Äiutt* 

40  reform,  ba^  bie  Siturgie  be^  ©emeinbegotteebienfted  o^ne  bie  Slbenbma^l^eier  fd^on  felb^ 
ftänbig  unb  DoQftänbig  fei,  toirb,  toie  fte  benn  ber  reichten  S4lä|ung  be^  3Borted  ®ott(J 
unb  fomit  gemeineDangelifd^^en  ®runbfä|en  gemä^  ift,  Don  entfd^ieben  hiti^erifd^en  Sitm» 
gifem  gebilligt. 

®ie  grage,  toeld[>e  StüdEe  eine  eDangelifc^e  Siturgie  be^  ©emeinbegotte^bienfteö  loefent« 

46  lid^  lonftituieren,  ift  au$  bloßen  ^rin^ipien  o^ne  jebed  ^inüberfe^en  auf  bie  ®^dfvifit 
nid^t  )u  beanttoorten.  äll^  toefentlic^  toerben  @ebet  unb  Sd^riftlefung  in  9lnf))ruc^  ge« 
nommen  toerben  fönnen,  bod^  nid^^t  o^ne  ba$  3^9^^^"^^'^/  ^^i  f^f^  ^^  äBegfaQ  einer 
liturgifc^en  S(^ftlefung  nocb  nicbt  ba^  @nbe  oQer  Siturgie  bebeute.  3Ran  Knnte  ja, 
toenn  man  Dom  SIBege  gefc^ic^tlic^er  Sitte  abträte  unb  fid^  in^  ganj  freie  unb  neue  9i&<n 

60  l^ineinbegäbe,  aud)  mit  ber  Serlefung  be^  biblifc^en  Slbfd^^nittd,  toeld^er  ber  $rebigt  oU 
%c]^  m  @runbe  liegt,  au^lommen;  man  tonnte  ba  bie  3JlannigfaltigIeit  ber  ©ebete  ein« 
fd^ränten  ober  aud^  fteigem,  Sünbenbetenntnid  imb  ^ürbitte,  ^rbitte  unb  Santfagnng 
Doneinanber  fonbem  ober  miteinanber  gu  einheitlichen  ®ebeten  Derbinben;  man  mdc^ 
DoQenb^  in  anberer  liturgifc^er  Sogtt  bie  ein^lnen   ^eile  abtoeic^enb  Don   ber  Sitte  {u 

66  orbnen  im  ftanbe  fein,  bem  93aterunfer  g.  ^.,  ba$  je|t  atö  consummatio  am  &^ 
aller  ©ebete  ftel^t,  bie  93ebeutung  beimeffen,  ba^  ed  ah  gemeinc^riftlid^er  Sudbrud  ber 
toeiteften  unb  tiefften  @inl^eit  unb  ®ebet^))ra|i$  gu  Stnfang  gef))ro(^en  toerbe.  9Kt  oib 
bem  bleibt  man  fotoo^l  im  Slal^men  bed  liturgifd^en  Orbnend  toie  bed  eDangdifc^  3^' 
niffed.  3lber  aud^  fo  entftanbene  neue  @ebilbe  bürften  bann  bod^  bie  Xenben)  baben,  ni^^ 

60  aEjä^lid^  toieber  anberen  ©ebilben  unb  jtonftruttionen  gu  toeic^n,  fonbem  fup  u^otbtrie 


Sttitrgte  543 

ol^  fidnbiß  )u  h^vtpttn.  3)enn  ber  ©efd^td^te  tft  ntd^t  )u  entßie^en;  unb  Stturgten  be« 
{onbnd  fmb,  um  einen  Sludbrud  ®au^))^  ju  braud^en,  tetne  @ommerbIumen.  @teQt  bem« 
nac^  bog  ©tänbige,  bad  ©efd^tc^tlid^^e,  auq  ba  h)0  e^  einmal  t?erleugnet  toirb,  ftd^  bon 
Mbß  tariebet  ein,  fo  bütfte  ber  @d^lu|  \xd^  red^tfertigen,  ba|  bie  ^age  nac^  bem  äBefent^: 
itc^  einer  et^ongelifd^en  Siturgie  über^auj^t  nid^t  abftralt,  fonbem  au^  ber  ))ietätboQen  6 
Sh^tung  bor  ben  gefd^id^tlid^  geworbenen  unb  bi^^er  für  Srbauung  betoäl^rten  formen, 
bal^er  mierbingd  aud^  nur  mit  relati))er  93e[timmtl(^eit  au  beanttoorten  ift.  S)enn  aud[!  p\^ 
t&töoU  Setaml^ed  lann  eben  burd^  ben  gef(^i(^tli(|en  ^rojeft,  ber  ed  fd^uf,  trug,  fronte, 
fic^  einmal  aufleben,  an  SBert  t?erlieren  unb  @rfa^  burc^  !Reued  l^eifc^en. 

Z)er  gegentoärtige  Seftanb  ebangelifc^er  @ottedbienftorbnungen,  namentßd^  bon  lutbe^  lo 
riMem  X^ud,  giebt  ju  biefen  ®runbfä|en  fonferbatit)er  9teform,  beren  SSorgänger  Sut^er 
fcibft  toar,  bie  beftötigenbe  (Erläuterung.   3Mum  Xeil  j^at  bie  @nttt)id(elung  über  Sut^etd 
iDciterge^enbe  Sänbenmgen  in  ber  beutfc^en'Sneffe  jur  älteren  §orm  toieber  jurüdgelentt. 
6te  ^  bem  ?|ntroitud  nid^t  immer  ein  beutfd^ed  Sieb  fubftituiert,  fonbem  einen  S^ed^fel« 
^ang  aud  S$rifttoorten  unter  befonberer  Senu^ung  bed  9(Xd  aU  feierlid^en  liturgifc^  i6 
^tfierten  $ortmt^  Dor  ben  Sau  ber  Siturgie  gelegt,  um  in   (Srunblauten  bie  ©igen» 
tfimßc^Ieit  bed  ^^efted  ober  ber  fejUid^en  3^  ausbeuten  unb  gleid^  ju  älnfang  ba$  Sie- 
ment  ber  Snbetung  mit  Sorten  biblifc^en  ß^dntffe^  )u  t?ertreten.    Z)ad  Sonfiteor  ift  aai 
einem  {»neuerlichen  äSorbereitung^It  )um  Sünbenbefenntni^  ber  ®emeinbe  getoorben  unb 
^  ätrnim  für  ®ebete  gelaffen,  in  benen  [\6)  ebangelifd^^er  S3u^  unb  ©lauben^finn  tiefer  20 
rnib  f(!^5ner  au%ri(^t,  aU  im  alten  römifd^en  Formular;   ebenfalls  eine  StüdEbilbung 
über  Sut^er  l^inau^.    ^ad  ^rie,  ben  alten  ä3ittruf  ex  miseria  hujus  vitae,  mit  (Stn^ 
f(^Iu^  ber  @ünbe,  hod^  nic^t  mit  Sefd^ränlung  auf  fie,  ^at  bie  lutl^erifc^e  Liturgie  nebft 
bon  ©loria  übernommen,  teitö  in  bem  fd^^einbar  l^arten  Aontraft,  ber  ft)ie  in  ber  3Jleffe, 
bad  Slenb  bed  ^eitlid^en  2Am^  im  93ittruf  unb  bie  nal^  angrenjenbe  ^enlid^Ieit  be^  35 
etotgen  Sebend  im  £ob))rcid  ber  @ngel  (Sc  2, 14)  )um  9(u^brud(  bringt,    äfud^  bie  sälu- 
tatio:  Dominus  vobiscum,  mit  Der  Slnttoort  ber  @emeine:  Et  cum  spiritu  tuo,  ein 
&iM,  ha^  Sutber  geftrid^en  batte  unb  ba^  in  ber  Xl)at  fid^  !aum  red^tfertiat,  mag  man 
tu  mit  älteren  &:Ilärem  ber  3Ref[e  al^  @rma^nung  jur  9lnbad[!t  toegen  bed  folgenben  ®t^ 
hM  unb  bie  bann  ftattfinbenbe  Sefung  ber  1^1.  Schrift  motit)ieren,  ift  fd^on  bon  ber  93ran«  ao 
bcnb.s9tümberger  Rv  b.  1533  toi^er  aufgenommen  Sorben  unb  ^at  fid^  in  ebangelifd^en 
Liturgien,  ).  9.  in  ber  neueften  ))reu^ifd^en  Slgenbe,  an  biefer  Stelle  be^au})tet.   ^urjel- 
^öfteren  etHingelif(!^en  Sebürfniffen  bient  bann  bie  Sdbriftlefung,  toenn  fte  auc^  nic^t  me^r 
m  ber   Slbftc^t  gefd^iebt,  Sl^riften,  toelc^e  bie  beutfd^e  93ibel  aud  Suti^^erd  ^änben  em= 
(^fangen  l^ben,  in  bie  @<^rift  einzuführen,  fonbem  bie   ®efamt^eit  ber  ©emeinbe  feiemb  35 
bicfed  Sc^K^ed  in  })ietätt>oll  betoa^rter,  übrigen^  Srgänjung  julaffenber  älu^lefe  ju  er« 
uuicrn. 

9bt(!^  bie  9tecitation  bed  @^mbol^,  bed  nid^^t  nur  um  feinet  ällterd,  fonbem  feinet 
^[n^abd  unb  feiner  mächtigen  ^orm  toillen  el^ürbigftm,  be^  fogenamtten  äl^oftolintm^, 
ttwb  nac^  ber  ©d^riftlefung  ü^  Sledfat  be^altm.  3)er  vox  scripturae  folgt  bie  vox  ec-  40 
desiae,  toie  ]d}on  Xl^omad  ba^  äSer^ältni^  fa|t.  3)abei  barf  bie  ebangelifd^e  ^eil^eit 
nk^t  verleugnet  toerbm,  bie  Sutl^er  mit  feinem:  „2Bir  glauben  Slll  an  einm  @ott''  fic^ 
genommen  fyd.  Siefe  Umbid^tung  bed  92icänO'5bnftantino^olitanum  ift  aUerbing^  feinem 
btc^tenf(^n  38erte  nad}  gleid^en  Sebenlen  au^efe^t,  tote  ba^  Sieb  „^ejoia  bem  $ro^ 
p^ten  bog  gefd^ad^''/  toenn  man  ed  mit  bem  althrd^^lid^m  Original,  ber  ^ßräfation,  t^er^  45 
gleidit  Sefreite  man  aber  ho6)  ba$  burc^  3^i^d'^^  Vorgang  bem  et)angdif(^en  ®otte^ 
btenft  jurüdgegebme  „9l))oftolifum''  t?on  bem  9lnftö|igm  in  ber  "Se^eugung  ber  älufer« 
jÄ^offnung,  inbem  man   „Sluferfte^una  ber  Sotm"  nod^  lieber  ol^  „beg  Seibe«,, 

!    ©bangelifd^e  Jfrei^eit  trägt  burt^u^  foloeit.     3Kan  bebenfe  bie  freien  mittelalter- 
^en  ^ormm,  bie  3Dtüllenl^off  unb  @c|erer  in  ben  3)enfmälem  altbeutfc^er  $oefte  unb  60 
^wfo  (9h:.  XCVI)  mitgeteilt  ^abm! 

SHe  ^er  bed  ^eiligen  Slbmbmai^tö  trägt  ebenfalls  reid^^lid^e  @))uren  bed  altfird^lic^ 
Ctagifd^en  @rbguted.  Sffiie  tief  ba^  fritifd^e  ^JJkffer  bed  9leformator^  in  aEe  bie  uneban^ 
aciif(^  SefUmbteile  bed  rdmifc^en  Aanon  l^ineingefa^ren  ift,  ^at  er  boc^  mit  glüdHic^em 
%m  bie  oltlird^lic^e  $räfation  gefc^ont,  ebenfo  bad  l^errlic^e  agnus  de!  aufgenommen.  66 
Sbcr  ouc^  l(^er  fa^  f))äter  ein  (verfeinerter  liturgifc^er  @inn  [x6)  jur  SRetafritif  gebrängt, 
iDcnn  bie  ^aaz  mr  @ntfd^eibung  ftanb,  ob  man  bie  ^omiletifc^^iturgifcbm  @tüde,  bie 
2uÜfa^  beut|($e  uRefje  barbot,  nid^t  gegen  eingelebte  an^  altfird^^lic^er  Öbfertvanj  in  bie 
tfonfc^  Steffe  übergegangme  gurüdftauf^m  folle.  ^er  biblifd^e  3Uortlaut  be^  Saterunfer 
toat  bod^  leinetoegd  burcp  jene  „$ara))l^raftö  unb  Sermal^nung''  ber  beutfc^en  3Reffe,  bie  eo 


544  Sititrsie 

Sutl^er  nod^  ba}u  conceptis  seu  praescriptis  verbis  gefteQt  tüiffen  tooütt,  )u  ecfeben. 
3Bo^I  blieb  bte  Sitte  ber  älbenbma^l^erma^nungen,  obfd^^on  monntafac^  ai&eren  ^ 
f)aü^ ;  aber  bo^  Saterunf er  f elbft  trat  hod^  toteber  in  fein  Stecht.  @r{tend  burd^  ben  um 
erfe^ltc^en  ®ebraud^  feinet  äBortlaut^ ;  bann  aud^  burcp  Slücfaen^innung  feinet  alten  Sttt 

6  lung.  3)enn,  toie  fd^on  Söl^e  unter  ^Berufung  auf  Slubelbac^  ^ert)orgel^Dben  fyd  (Slgenbc 
f.  c^rifü.  (Sem.  lut^.  95el.,  2.  äufl.,  1853,  ©.  47  anm.),  ift  „bie  ontile"  ©teOung  be« 
äSaterunfer  bte  t?or  ber  Pax  unb  ber  Distribution.  2)ie  alt{ir(!^It(!^en  Siturgien,  bie  bod 
Saterunfer  überl^aujjt  l^aben,  —  eg  fe^lt  befanntlid^  in  ben  aj)oft.  Äonftitutionen  lib.  VIII  — 
taffen  eS  \>ox  bem  ®m))fan9e  beten;  unb  bei  9(u0ufün  jeigt  befonberd  bie  5.  Sitte,  bie 

10  il^m  äluSbrud  ber  täglid^^en  Sl^riftenbu^e  toar,  als  eine  geift(i(^e  SBafc^ung  no^  bie  be» 
fonbere  äSebeutung  beS  ^aterunfer  als  ber  ^Vorbereitung  auf  ben  @mf)fang  ber  Sud^aripie: 
ut  bis  verbis  Iota  facie  ad  altare  accedamus,  et  bis  verbis  Iota  facie  corpore 
Christi  et  sanguine  communicemus.  Serm.  17,  V.  90,  9.  Über  ben  SBert  ber 
$ara))^rafe,  ja,  ber  „beutfc^en  3Jlef{e''  Sut^erS  l^at  ftd^  fd^on  Sö^e  mit  3urüdE^a(tung 

16  jtoeifelnb  geäußert.  3lgenbe  @.  335  änm. 

SSor  aQem  toirb  man   eS  billigen,  bag  bie  ber  beutfd^en  3Ref{e  eigentümlid^,  \päkt 
befonberS  ä3ugen^agenS  älbenbmal^lSorbnungen  beeinfluffenbe  äB^Iaffung  einer  @t)enbe« 

•  formel  fic^  nidpt  burc^gefe^t,  ba^  bie  alttird^Iid^e,  im  römifc^en  ÜKe^onon  nid^t  treu  itt 
toabrte  @itte  ftc^   in  ber  et)angelifd^en  älbenbmal^lsfeier  toieber  ^auSrec^t  tttooAm  IfoL 

20  Sofern   freilid^  i^re  Formulierung   gegenüber  ben  9leformierten  burd^   eine  auS{d^Iie|enb( 

^onfeffbnalität  i^r  (Gepräge  erl^alten  l^at,  toirb  ein  ©laubenSftnn,  ber  a\xd)  o^ne  Uniond« 

tenbem  aufS  @emeinet)ange[if(^e  Sßert  legt,  barin  nid^t  bie  gef^id^tlic^e  ^rm  fdj^,  bie 

ber  älbfid^t  beS  $erm  ein  3Rci)l  für  bie  ^üngergemeinfd^aft  ju  fUftm,  obäouat  fei. 

@o  jeigt  in  aQen  toid^tigeren  Seilen  ebangelifc^^liturgif^en  SilbenS  ftd^  bie  9Xa(^ 

25  eines  pietätvollen  Setoa^renS  gefd^id^^tlid^er  ßufammen^önge  bei  t)roteftantifd^er  S&dfyifü 
unb  ^ei^eit  S)ieS  ein  Sb^ieren  ber  römifd^en  ^ef{e  nennen  l^ei|t  Dertennen,  ba^  tcA 
Sigentümßc^e  biefeS  ^od^ft  entarteten  @otteSbienfteS  in  unfere  Siturgien  eben  nvift  auf« 
genommen  tft. 

3)er  d^riftlid^e  @))rad^gebraud^  ^at  baS  2Bort  „Siturgie'^   in  feiner  SntDenbung  auf 

80  bie  gotteSbienft(i(^e  Bpb&xt  nid^t  bireft  auS  bem  ontilen  @^rad^f(^a^  entlehnt,  too  cd 
einen  bem  @taat  unb  SSolfe  öffentlid^^,  meift  freitoiUig  geleifteten  Dienft  be^eic^etc.  Sr 
le^nt  fic^  vielmehr  an  bie  Se^tuaginta  an,  bie  baS  ^ebröifc^e  'aboda,  toenn  eS  tm 
Sem^elbienft  gebraud^^t  toirb,  mit  leiTovgyla  überfe^t.  Diefe  SSertoenbung  für  boS  9l(& 
giöfe  bleibt  bem  äBorte  fortan  auSfd[!lie|lt(^  eigen,    ^od)  tritt  im  9{euen  Zefiament  bie 

36  ^e^iel^ung  auf  htltifd^eS  ^anbeln  nur  in  fold^en  Stellen  auf,  bie  t?on  altteftamentlt(^ 
D})erbienft  ^anbeln  (Sc  1,23;  §br9,21),  to^^renb  XeirovQyeTv,  JLeirovgyög,  Xetxovgyui 
fonft  t?erinnerli(^enb  unb  Dergeiftigenb  bie  ^erjenS^  unb  £ebenSbe}ie^ung  auf  einen  im 
Glauben  unb  im  @el^orfam  gegen  ®ott  geübten  3)ienft  auSbrüdten.  ®o  toirb  eS  ai4 
auf  G^riftuS  angetoenbet,  ber   als   l^immlifd^er  §o^erj)riefter  x&v  äyicov  l€ixovQy6g  ben 

40  anti^j)uS  beS  altteftamentlid^en  $o^en^3ricftertumS  barftetit  (§br  8,  2.  6),  fo  baft  ^ier  W 
gefliffentlid^^er  9(nle^nung  an  baS  9(lte  Xeftament  mit  um  fo  ftörlerer  9(bft(!^tli(^teit  bie 
^immeltoeite  @r^abenl^eit  unb  grunbfä|li^e  ä^erfd^iebenl^eit  beS  bur^l  Sl^riftuS  geleijieteit 
l^o^epriefterlid^en  ^ienfteS  gegen  ben  alttcftamentlic^en  ftd^  abliebt,  ^iefelbe  SSergeiftigung 
unb  ©nt^ebung  beS  8egriftS   aus  ber  ©p^äre  beS  altteftamentlic^^  Äultifd^en  in  baS  neu* 

46  teftamentlic^  religiöfe  ä^er^ältniS  finbet  in  ber  älntoenbung  ber  9Sortgru))))e  auf  a))oftolif(^ 
3)ienftftellung  unb  Übung  ftott:  ^^^i  2,  17  in  ber  tiefen  unb  feinen  3ufammenfie(lung 
ber  &uola  unb  leitovgyla  auS  Dora^nenber  @m)ägung  beS  ^ört^rertobeS ;  femer  SU 
15,  16,  too  fid^  ber  Slpoftd  toegeu  feiner  ©enbung  an  bie  §ett)cn,  toegen  beS  3biftrci0i 
miffioniercnber  ^rcbigt  XeirovQyög  Xqioxov  'Irjoov  nennt;  enblic^  aud^  in  ber  9Qei<^ 

ßonung  brüberlidE^cr  5Dienftleiftung  unb  Unterftü^ung,  toie  SRö  15,  27;  ^^i  2,  25.  30;  be« 
JonberS  2  Ro  9,  12  f.  t)  diaxovia  rrjg  XeiTovgyiag  ravrrjg  t)on  ber  StoQette  oIS  eine« 
gotteSbienftlid^en  9lh.  3lud^  too  bie  obrigleitlic^en  ^erjonen  JLeiTovgyol  tov  ^eov  je* 
nannt  toerben  (5Rö  13,  6),  geigt  ber  ©cnetit),  ba^  bie  antile  SSorftellung  burc^  bie  eiw* 
gotteSbienftUd^en  ^anbelnS  abgelöft  ift,  unb  man  ^at  nic^t  nötig,  l^ier  mit  älc^iS  bie  up 

66  f^rünglic^e  93ebeutung  beS  öffentlid^en  ftaatlic^en  2)ienfteS  unter  bem  bem  SUten  Zefiamenie 
entlehnten  t^eohotifc^en  ®eftd^tS^un!te  als  burc^fd^etnenb  angune^men.  Xue^  toare  mit 
biefer  9(nna^me  e^er  eine  älb^toöd^ung  beS  bem  9[))oftel  am  ^ergen  liegenben  ®eban!end 
t)erbunben,  ba|  bie  Dbrigfeit  in  ber  3(uSübung  il^rer  bon  ®ott  übertragenen  99efuamf{( 
einen  gottgetoeil^ten  3)ienft  auSrid^^tet.    9Im   nä^ften   fte^t  unter  ben  neuteftomentui^ 

60  Stellen  Act.  13,  2  ber  ^egiel^ung  auf  gotteSbienftlic^e  Übimgen  ber  c^riftlic^  Gemeine, 


Stturgic 


Stturgift^c  (jrDrinflii 


Mri 


btnn  man  bat  (lici  an  (Sebct  unb  gcgenfcitige  (Snna^nuiig,  ^roijfjctie  unb  £e^rc  lu  benleit, 
liiä^renb  jcbei  ©cbante  an  ein  »crorbnete«  unb  geovbneteS  iiturgif(^eä  .^anbtln  fernju: 
l^tnt  ift. 

^cr  livc^Iictje  Sl)racf)gstiaudj  boUjic^t  nun  nitfit   einen  Siiictgang   niif  ben  ncuteftO' 
ntentlic^en,   jonbem  auf  bcn  altteftamcntlit^en;    «ine  (Sr[(^emung,   Vit   im  3i'Ii^'''wfn^'"i9  6 
mit  b«n  Ginflufe  btgriffen  fein  ictQ,  beii  alltcftamentlii^e  ©inric^jtungen :  baS  ^ticflcrlum, 
in:   Cpfcrgebante,   bie   binglidjc  §eiUgfeit   ber   Stiltuöftätle,  =gci;ÄI([t)afttn,  '^tiUn  auf  bic 
IiTd)lict)'tu[tif(l)en   3"f'''u'i^"^    ausgeübt   ^aben.     So  begünftigtc   eine  bci^rifllii^te  @c- 
fe^iic^feit,   eine   mi  S^riftli^e  ubet|e(te  31iiftaCtIi4>teit  baä  iffiiebciaufnc^men   bei   in   ber 
gned^ifc^en  Sibel  für  IcVili|i^eä  unb  ^nefterlic^el  ^anbeln  ge&räui^Iicirni  äluäbiiicCe  für  bie  lo 
nTC^(i(^=gotleäbienft[i(^e  $ia^ä,  am  meiften  um  ben  (SenttolaCt,  ber  fidf  fleigenb  gegen  bte 
anbeten  burd?  feine  ^eiligteit  ^croor^ob  unb  al«  Dpferaft  oon  ben  ©t^uem  eine*  bcfon^ 
beten  OefüijB  ber  ©olteönä^c  umgeben  mar,   »jrägnflnt   ju   bejeii^nen.    ^ic  SDortgrupjje 
XeiTovoyia,    Xsnovgye'v  U-  \-  to.    hJirb    ba^er    Kiebcr    für  t|Jejifif((f  gotteätienfllif^e  SSor^ 
flänge  gebraucht,  [omot»!  in  meiterem  «sinne,  in  ben  and}  bie  tüglit^e  (itt^Iit^e  ©ebetäübnng  is 
mit  einbegriffen  milb:  t^c  ia7tf.ptyr]v  Isaovgyinv  avvi^&uj^  tntiEXiang.   Theod.  hist, 
eecl.  i  bei  Stephanos  thes,  V,  172;  aii  auäj  befonberä  Dom  auSgeftalteten  eu(^rifti= 
ft^en  Kultus,    'iim  ben  ©tiee^rn  cnttefmien  früb  bic  Slbenblänber  bal  SJott  für  bie  iBe-- 
)iei(^nun9  ber  aibenbmnblöfeiet ;   bod)    ift   ber   geft^itbtlitte  gortfttiri»  beS  ©ebtam^   beS 
XerminuS   liturgia    auä   bu  Gange   nirfjt  befciebigenb   ju  erfe^en.    f^ctcellini  (HI,  78i)  so 
toeifl  cö   ((^on   bei  ämbrofiuä  (ep.  33  ad  Maroell.)   unb   bei  aiuguftin  (serm.  251  de 
temp.)  nac^.    Sot^  jeigen   bie   älteren   unb  ituc^   noc^  bie  mittelaltertidien  lateinifc^cn 
jtultueuifunben  ben  ©ebraud)  anberer  Xermini :  missa,  ordo  de  officio  miBsae,  ordo 
sacramentonim  u.  f.  n>.    Xaiauä   erflärt   fic^,   bag  bic   et)angetif(^en  SSetenntniffe  mtl 
bem  3äott  nic^t  cigentlt^i  umgeEjen.    (Sie  geben  beni  StuSbruif  ceremoniae  ben  ^^^Drjug,  26 
bei  tbnen  bun^  bie  (Sigentümliditeiten  ber  rümifi^en  SlÜefiUturgie  unb  ber  rümijdien  jlultuäs 
^nbEungen  übeibnubt  na^e  lag;  unb  an  ber  'BltÜt,  tco  [k  bailSiott  lEiiofQyia  braucht 
(Act.  24.  B.  273),  beutet  bie  äpologie,    barin  bie  buminiftifc^e  BUbung  i^rc«  SBeifafferä 
befunbenb,  juerft  auf  ben  Sinn  beä  SJorleä  bei  ben  Ätaffifem  fjtn  unb  bejie^t  fii$  bann 
auf  bie  Jtiri^enttjradie  ber  ©riechen ;    ein  ^t\ä)m,   bafe  neben  „miasa"  unb  „SJtefje"  baö  m 
gräjifierenbe  ^ort  im  rbmifc^^fircblii^en  Spradigebraui^   ber  ^üt  nic^l   eben  tjcimifd)  ge; 
Wölben  tpnr.    ®ö  ift  iDufil  bem  (Sinftup  be^  §umaniömuS  jujuft^rciben,  ba|  Oomlfi.  ^a^r: 
(»unbert   an   ber  @cbrau(^   bei  31totlgru)>)>e  in   [atinifierler  0orm  bei  Jtat^olifen  fic^  ein? 
bürgert,  Wie   Öfler«  fi^on  bie  ^itel   ber  'Jöerfe  bejeugeu.    3-  *C'ii"*I'"^(  Liturgica  Lati- 
norum  (lö71);   '])turataii,  Liturgia  Romana    vetus;    ^StabiQon,  De  liturgia  galli- 35 
cana  etc.    ßbenfo  i^aim  bie  ^lirotcftanten  ba«  ÜSort  rejiziert;    unb   jlDar   [;at   fu^   bei 
i^nen  berÄrei«  ber 'älnluenbung  erweitert,  fo  baß  loit  im  geWöljnli^ien,  wie  im  l^eDlogifi^ 
h)iffenfd)aftli(tien  ©ijtac^gebra««^  ie?t  auä)  Don  Iauf=,  3;rau=,  Äonfitmationö=,  9Jegräbniä= 
(iturgie  ebenfo  unbefangen  fprct^en,  luic  bpu  ber  Siturgie  beS  §aW3tgi>tte«bienftea  unb  ijia 
wieber  baä  SBort  D^ne  Untcrft^ieb  mit  ©ejieljnng  auf  ben  ©otteäbienft  anWenben,  in  beni  *o 
bie  5|Jrebigt  bcn  ^Jiittelpuntl  bi[bel,   wie  auf  ben,   ber  Bon  ba  jur  geier  beä  SafranientS 
fortfi^reitet  unb  fic  mitumfafit.  D.  ^ermami  gering. 

Sitnrfli!  (.  ©otteäbienft,  Segtiff  ic.  Sb  VII  ©.  1  ff. 

fiiturgift^c  Formeln.  —  1.  amen,  üiltetaiur:  (Snloör,  Rituale  ecel.I{3eno  1705), 
477  ff.;  Iftalljuier,  öan&bmli  Ber  tail).  i-'ilurgil  I  (1883),  S.  &12ff.;  u.  b.  ©olp,  Saä  öcbet  ib 
in  ber  älieflen  (S^riflenöeil  (1901),  ä.  160. 

9Qenn  in  ber  ^ebräifc^en  93ibel  baß  "?»  abeerbiol  gebrau((»l  Wirb,  fo  ^at  ti  ben 
©inn  behäftigenber  3uftimmung(LXX:  yevono,  J.«.9iu5,22;  1)127,15;  ißf  40,14). 
Sfl  ift  alfo  bie  Antwort  auf  bie  Mebe  eine«  anbeten.  2lO(()  lonn  t§  aud)  am  2tnfang 
ber  eigenen  Stebe  als  Sehäftigungöformel  ftebcn;  fo  f>oufig  bei  ben  SBortcn  ^cfu.  3'"  w 
Situtgtf^en  finbet  fi{^  ba«  amen  nur  in  erfterem  Sinne,  unb  jtoor  bereits  in  ber  Üiturgie 
bec  3uben.  .^iet  ift  eS  bie  Slncignungöformel,  burdj  bie  fidj  bie  ©emeinbe  jum  Oebet 
belannle.  Sie  c^riftlii^e  @emeinbe  Iiat  biefen  @cbrauc{)  angenommen,  unb  jWat  ^at  fie 
iai  ^ebr.  SQott  felbfl  wie  über^upt,  fo  auc^  in  ber  Liturgie  unüberfe^t  beibehalten.  ^Dttt 
bem  griei^if^en  9il  biingt  baä  äÖott  in  bie  eerfc^iebenften  iSpradicn.  $Dei  Sinn  beä  66 
äSotted  ift  ben  ^^eologen  nie  berloren  gegangen.  Sluguflin  fagt:  „Amen  nostra 
Buscriptio  est,  coDseusio  est,  adstipulatio  est";  in  ber  pfeubo^ambrofianif^en 
©^rift  de  sacramentis  Wirb  baö  3lmcn  aXi  „verum"  gebeutet  (IV,  5  n,  25); 
llcai-ihugliov3*'>  itti  XtulDil'  »IIb  iMicbe.  a.  B.  ii  ^5 


646  Süitrgtfi^e  t^otmelit 

älmbroftud,  de  iis  qui  initiantur  mysteriis  I,  9  fagt:  Amen,  hoc  estverum  esse, 
quod  OS  loquitur,  mens  interna  fateatur;  \>qI  au^erbem  ^ierotti^mtid  ep.  137  ad 
Marc. ;  in  cap.  I  ep.  ad  Oalat. ;  DrigeneS  tract.  35  in  Matth.  unb  le^ted  Xcäpktd 
in  ep.  ad  Rom.;  ^fbor  Hisp.,  orig.  1.  VI,  19;  Seml^arb  txmSl.  serm.  7  tncoena 

6  Dom.  (quod  ro^s  Dominum,  hoc  optamus).  3lu(^  in  ben  Sbt^Iegungen  ber  Stcffe 
begegnet  man  @ruänmgen  beS  SSSorted  j.  93.  Amen  conürmatio  orationis  est  a  po- 
piijo  et  in  nostra  lingua  intelligi  potest,  quasi  omnes  dicant,  ut  ita  fiat,  sieat 
sacerdos  oravit  (@erbert,  Monum.  lit.  Alem.  II,  276^).  Ob  aber  bie  ®emeiiibc 
olljeit  ßetDu^  1^,  toa^  fte  mit  bem  SBörtc^en  9lmen  audf}>rid^t?   Sid^er  bann,  ta>enn  i^ 

10  felbft  eine  Überfe^ung  bor  ober  nac^  bem  Slmen  in  ben  ^nb  gelegt  toirb,  tote  in  lo^ 
tifd^en  Siturgien  (bgl.  j.  93.  3flenaubot,  liturg.  orient.  coUectio  I,  15  un^  30)  unb  im 
testamentum  Jesu  (ed.  Rahmani  p.  125).  @o  fe^  gel^ört  ber®emeinbe  am  Xnfoig 
ba^  Slmen,  baMidS^  f^^on  im  31%  beobachten  läftt,  ba^  nac^  einem  ®ebet,  bei  bem  Idnc 
gotte^bienftlic^e  Semeinbe  borau^efe^t  ift,  aud^  bad  9lmen  fe^lt.    3)agegen  fyd  luu^ 

16  1  Jlo  14,  16  bie  ©emeinbe  badSebet  jebed  3Ritgliebed  ftd^  burc^  biefe^ormel  angeeignä 
(toeitere  Selege  aud  altc^riftl.  3eit  bei  t),  b.  @ol$  o.  a.  0.  @.  160).  3)tefe  Sitte  blieb 
md),  old  bad  ®d)ü  Bad^t  ber  fileriler  tourbe.  S)ad  jeigen  faft  aQe  öfUic^en  Siturgicn, 
toenn  ed  aud^  l^ier  nid^t  an  ©ebeten  fel^lt,  bie  bom  Jtleriter  mitSmen  gefc^loffen  toexbcn. 
!Rur  bie  Siturgie  im  8.  93u(^  ber  a^oft.  fionftitutionen  mac^t  eine  Slu^no^me:  ^ier  lUbt 

ao  ber  ©emeinbe  ba^  Slmen  nur  in  brei  SteQen,  nömlic^  nac^  bem  3;rid^iim,  noc^  bem 
^nterceffion^ebet  unb  nac^  ber  @t>enbeformeI  (93rig^tman,  Liturgies  I,  19,  3;  23,  6; 
25,  9.  13;  bgl.  bagegen  folgenbe  Stellen,  too  bad  Slmen  bem  Jlleriler  »ifällt:  5,  27; 
6,  32;  7,  24;  9,  19;  13,  3;  24,  15;  26,  18;  27,  12).  Sluc^  in  aUen  ©etojnon«» 
gebeten  ift  bad  Slmen  offenbar  bem  fileriler  gugetoiefen  (%ü  3i%  II  $eft  3  ^).  Slu^er  no^ 

26  ben  ©ebeten  \pxa6f  ber  Saie  ein  Slmen  auc^  nad^  ber  @t>enbeformel  (bgl.  Slri  Sui^oti^ 
93b  V  @.  568, 5  ff.),  aud)  beftätigte  bie  @emeinbe  nac^  ben  Sinfe^ung^toorten  i^ren  ®(au6a 
baran  burd^  Slmen  (g.  8.  in  ber  aRarfudlit.  ©rig^tman  I,  132,  32  unb  133,  15),  mib 
bie  @))illefe  toirb  an  ber  entf(^eibenben@teQe:  xal  jioiyofj  xdv  fikv  äQjoy  o&fia  bim^ 
bad  Slmen  ber  ©emeinbe  unterbrod^en,  ein  Setoeid,  toie  oeutlic^  ber  ®emembe  bie  9e> 

80  beutung  beS  SBorted  gegentoörtig  toar  (k)gl.  ^o))t>e,  S)ie  @))il(e{td  @.  244  ff.),  ^eute  i|i 
in  ber  ^ried^ifc^en  Jltrd^e  ber  @emeinbe  bad  Sfmen  genommen  unb  bem  6^or,  fretlsc^  mir 
an  toenigen  ©teDen,  in  ben  SKunb  gelegt.  3"  ^^  "Sit^A  foric^t  e«  ber  5ßnefler  felbfl  — 
@igentümli(^  ift  ber  ©ebraud^  beS  Slmen  in  ber  Xaufe.  @d  fcbeint  m  einigen  itm^ 
t>robin}en  übltd^  getoefen  gu  fein,  ba^  auf  bie  jebe^molige  Xaufformel  (9|(^  taufe  bi^  i>R 

86  9tamen  bed  äSatenS  —  be^  @ol(;ne^  —  be^  l^eil.  ©eifteS)  bie  Slntoefenben  mit  Simen 
antworteten.  @o  ift  e^  noc^  bei  ben  iReftorianem  (bgl.  S)en)inger,  ritus  orient.  I,  374; 
k>gl.  2)aniel,  cod.  liturg.  IV,  505  Slnm.  1).  dagegen  ft>rul^t  in  ber  ortl^oboien  fiin^ 
biefed  Slmen  iebedmal  ber  ^riefter  felbft  (2)aniel  a.  a.  0.),  ein  S^^^^^  ^  ^  ^^^ 
\^m  reine  Sdplu^formel  ift. 

10  ^mSlbenblanb  baben  totr  bie  beutlid^fte  ^^ortfe^ung  ber  alten  @itte,  bo^  bie®e> 
meinbe  bad  Slmen  ft^rid^t,  in  ber  mojarobtfd^en  Siturgie  (MSL  85,  109  ff.).  ^\sm  ifi 
^ter  ein  ^eil  ber  ?lef))onfa  @a(^e  bed  S^or^,  aber  baneben  l^at  ccaii  bie  ©emeinbe  no(^ 
}u  antworten,  namentlid^  mit  unferer  ^ormel.  93iel  f))ärli(^er  toerben  bie  @}>uren  in  ber 
gallifanifdj^en  Siturgie.    §ier  finbe  idj^  fie  nodj^  in  ber  Benedictio  populi,  auf  beren  ein« 

46)elne  &ä$e  nur  bie  @emeinbe  bad  Slmen  ge{))rod^cn  l^aben  tann  (Missale  Oothicom 
MSL  72,  225 ff.;  berlümmert  audb  im  Missale  OaUicanum  vetus  ebenba,  @.  339 ff.)- 
2)iefe  (Segnung  beftanb  urf))rünglic9  m%  brei  ©liebem,  toie  man  aud  ber  ^oynabif(tim 
Siturgie  fe^en  lann  (bgl.  Daniel,  cod.  lit.  I,  99*>).  ^xa  ^eute  geltenben  römif^en 
?litud  ift  bo^  Slmen  enttoeber  an  ben  3Jliniftranten  ober  an  ben  6^or  ober  an  ben  $n(per 

60  übergegangen,  ^a^  Slmen  nac^  ber  Xaufformel  ift  au^brüdlic^  ald  ftnnlod  berboten.  Sei 
ber  @))enbeformel  f))nd^t  ber  S^enbenbe  felbft  bad  Slmen.  S)ad  Slmen  nac^  bem  Pater- 
noster in  ber  3Jleffe  ift  ebenfaQd  au^brüdltd^  bem  ^riefter  borbel^alten,  unb  jtiHit  Hegt 
nad^  bem  Gatech.  Romanus  (pars  IV,  cap.  XVII  quaest.  III)  barin  bie  Sbittooit 
©oUeg  an  bad  93olf,  ®ott  i^obe  bod  ®ebet  erhört.    S)iefe  Sebeutung  bed  Slmen  fei  ober 

66  allein  bem  ©ebet  bed  ^errn  eigen,  toöl^renb  e^  fonft  „nur  eine  3uftimmung  unb  ein  Sfl> 
langen'^  bebeute.  —  Sut^er  ^at  in  bad  Slmen  feinen  ©lauben^b^jriff  l^ineingelegt;  i^ 
ift  ed  am  @d^lu^  bed  SSaterunferd  „ein  SBort  be^  feften,  |^ergli(^en  Sloubend,  aU  ffyräiH' 
bu :  0  @ott  äSoter !  bief e  ^ing,  bie  ic^  gebeten  l(;ab,  gtoeifel  i(^  nit,  fte  feien  getoi^  \o<äft,  m 
unb  toerben  gefdS^ej^en"  (gSl  21,  226  =  SQ3SI II,  127  bgl.  au|erbem  bie  ertlärung  beÄSmen 

60  im  Deinen  Jlated^idmud ;  bor  biefem  bgl.  bie  Srtlärungen  bei  So^cd,  S).  ebangeL  Jtalc((i^ 


Sitorgifd^  Sformelit  547 

«uÄccfuAc  u.  f.  h).  I,  231=223;  U,  44.  224;  III,  28.  116).  Sie  Slef ormation  M 
oiui^  ber  ©emeinbe,  toeim  md^  nur  in  Befd^än{ter  SBeife,  bod  Slmen  jutüdg^eben,  nämlid^ 
nur  ob  9ie|bonfum  auf  bie  JtoQehen  unb  auf  ben  Segen,  bagegen  t)erBIeibt  bem  ©eift« 
Gd^  bad  Slmen  na^  bem  ^^engebet,  nad^  bem  äSaterunfer  (nur  in  ber  Slbenbrnol^I^ 
fcter  fingt  bie  ©emeinbe  mit  ber  S)o£ologie  auc^  bad  Smen),  nac^  ber  @))enbeformel,  6 
nac^  ber  Xestt>erlefung  unb  nad^  ber  $rebigt.  ^n  ben  beiben  legten  %öHm  l)ai  t>ai 
Smcn  in  ber  Tfyd  fel^r  oft  nur  bie  Sebeutung  einer  Schlußformel.  SSenn  ?liet{(^el, 
Sitiixgil  I,  529  forbert,  baß  nad^  ber  Xectk)erlefung  nur  bann  ba^  Slmen  gebraucht  toerben 
bftxfe,  „toenn  ed  tofadSi^  ald  3^9^^  )}erf5nlid^er  glöuBiger  Slnna^me  ober  glöubiger  93e« 
fbStigpta  bed  foeben  Serlefenen  gelten  lann'',  fo  ift  bad  {toar  berechtigt,  aber  ed  toirb  lo 
f<^ta)erlid^  allgemeinere  Seodi^tung  ßnben. 

2.  Nosologie.  —  a)  ^lllgemelne«:  ßitteratur:  ©.  ermellu»,  Diasertatio 
hift.  de  vet.  Christ  do^oXoyla  1684;  ü.  Stec^enbrrg,  Dissertatio  de  vet  Christ,  doxologia 
in:  Syntagma  Dissert.  1690:  3.  91.  ©c^mibt,  De  insignibus  vet.  Christ,  formulis  1696; 
«tt.  3)ojoloaic  In  ber  2.  «ufl.  ©b  III,  683—685;  (S^ofe,  The  Lord's  Prayer  in  the  early  i5 
dimch  in:  Texte  and  Studies  I,  Nr.  3  ((Sambribge  1891).  p.  168ff.;  o.  b  ®oI^,  S>aS®ebet 
in  ber  filteften  (J§riften^elt,  fieltoia  1901,  @.  157 ff.;  %^t\%  ße&rbucft  ber  pratt.  S^eologle,» 
I,  394. 

3n  Sfortfe^ung  fj^nogogalen  Srauc^ed  f(^lof[en  bie  alten  Sl^riften  iebed  gottedbienftlic^e  @e« 
bd  mit  einer  3)osologie  (Origened,  TieQl  BixfjQ  c.  33).  ^iefe  @itte  tourbe  auä^  auf  bie  $rebigt  20 
übertragen.  ®ie  einfa^pe gormel  lautete:  ool  (oovicß)  ioriv^  dö^a  dg  xovg  alcavag 
(bgL  (Sebet  aRanajfe«  in  Const.  Ap.  II,  22,  11;  Slö  11,36;  W  4,20;  Did.9,2.  3; 
10,  2.  4;  acta  Theclae  c.42;  ep.  adDiogn.  12).  Sie  tourbe  aber  mannigfach  bariiert, 
fo  bog  im  Saufe  ber  3eit  eine  ^e  bon  t^ormeln  entftanb  (über  bie  ältefte  c^riftlid^e  3^ 
k)0L  e^ofe  unb  t).  b.  ®ol$).  92id^t  allein,  bag  ba^  einfädle  döSa  burdji  anbere  begriffe  25 
<^^)t,  bqie^entlid^  erfe|t  tourbe,  auc^  bad  elg  lovg  alövag  genügte  ber  religiöfen  ^nnig- 
lett  nxSii ;  fo  tourbe  ed  burdji  ben  S^f^ft  ndvxag  ober  x(ov  alcovcov  ober  xal  vvv  ober 
vvr  xal  del  unb  bgl.  t>erftärlt.  ^d^  t)ermute,  ba^  eine  genauere  Unterfud^ung  biefer 
€(^bt^osologien  ergeben  tourbe,  ba^  bie  t)erf (^iebenen  Jlird^engebiete  immer  aud^  eine  eigene 
tOmlic^e  Nosologie  beborjugen.  So  ift  j.  8.  bie  gormel  do^a  xal  xgdrog  (1 5pt  4, 1 1 ;  so 
9pl  1,  6)  bortoiegenb  in  Siturgien  t)on  ägVJJtiJc^em  Xsfpix^  ju  finben  (t)gl.  ©tÄ  1901, 
158  unb  Srig^tman,  Journal  of  theol.  studies  1899,  108),  toö^renb  }.  93.  bie 
fl^(^  SoIobu^Siturgie  bie  gormel  liebt:  „ju^e^'  ov  [Irjaov  Xqujtov]  evXoyrjTÖg  el 
abv  T(p  Tiavayüp  xal  äya&<p  xal  Ccoonoup  oov  Jivevfian  vvv  xal  äel  xal  dg  rovg 
at&vag  xtbv  al(i)vwv*\  bie  ftdj^  au^  in  ber  G^r^foftomu^^Siturgie  toieberfinbet.  Sluc^  36 
bicfe  @(^lu^osologien  ^en  i^re  ®efdS^i(^te.  93or  aÜem  l^at  bad  trinitarifd^e  ^ogma  auf 
fie  eingetoirlt.  fflä^enb  t)om  2.  SaJ^rlj^unbert  bi«  gum  Slnfang  be«  4.  Sa^rlj^unbert«  — 
entf))r(^enb  bem  Softe  be«  Drigene^  a.  a.  D.:  „ijzlnäoiv  Trjv  eixv^,  .«ff.  io^okoylav 
peov  dtd  Xqujxov  h  äytq>  jtvev/üuzxi  xaxanavoiiov*^  —  ber  trinitarif(^e  @ebanfe 
in  ber  ^rmel  erfd^eint:  ,,d«*  ov  [Tiyaov  Xqioxov]  oov  fj  dö^a  h  äykp  Ttvevfian",  40 
tmirbe,  ba  ft(^  hinter  biefe  ^ormel  arianif^e  Jlefterei  t)erfteden  lonnte  (So)omenod, 
bist  eccL  III,  20  MSG  67,  1101),  bie  gormel  fo  umgej)rägt,  baft  93ater,  So^n  unb 
(Beiß  barin  gang  loorbiniert  fte^en:  dö^a  reo  nargl  xal  to5  vlcp  xal  reo  äyico  Ttvev- 
ßjum.  3)iefe  ^orm  mu^  fid^  fe^r  raf(^  eingebürgert  \)abm,  imn  ald  Saftliu^  einmal  im 
(Bottedbienft  bie  früheren  Formeln  (au^er  ber  oben  genannten  bie  ^^ormel :  xcp  &€cp  45 
Ttatgl  fittä  xov  vlov  ovv  xco  jtvev/uari  reo  äylcp)  aU  S(^lu^bojologien  braudj^te, 
emt^fonben  bad  etlid^e  ^5rer  aU  eine  Steuerung  (de  spiritu  s.  I,  3  MSG  32,  72). 
SXcfe  ^rmel  t)erbient  eine  befonbere  95el^anblung,  benn  fie  ift,  neben  anberen  Schluß- 
formeln, )u  einem  felbftftänbigen  liturgifd^en  Stüdt  getoorben  unb  l^ot  al^  folc^e^  eine 
nif^t  geringe  StoQe  gef))ielt.  so 

b)  Gloria  patri  (Doxologia  minor).  —  fiitteratur:  So.  $.  a  Seelen,  Comment. 
ad  doxologiae  soiemnis  gloria  patri  verba:  sicut  erat  in  principio,  in  Miscellanea,  1732; 
8ona,  rer.  liturg.  libri  duo,  (Coloniae  1674)  II,  c.  3  p.  471;  ^in()^am=(S)ri{4ot)iud,  ori- 
^ee  eccl.  VI,  29 ff.;  S^ol^ofcr,  ^anbbu*  ber  fot^.  ßiturgif  I,  490 ff.;  SRictfcbcI,  iJc^rbu* 
IcT  ßiturgif  I,  355  f.  66 

SHe  3)0£0logie:  dö^a  nargl  xal  vico  xal  äyico  nvevfxaxi  xai  vvv  xal  äd  xal 
dg  xovg  alwvag  xwv  alcovojv  djuijv  —  lateinifc^:  bloria  patri  et  filio  et  spiritui 
sancto,  sicut  erat  in  principio  et  nunc  et  semper  et  in  saecula  saeculorum, 
Amen  —  trägt  ben  Flamen  ber  fleinen  Nosologie  ober  bed  fleinen  ®loxxa  jum  Unter- 
leg Don  bem  Gloria   in  excelsis.    2Bie  biefe  trinitarifd^e  ^ormel   entftanben   ift,  ift  eo 

35* 


548  Siiitrgtfi^e  gfotmeln 

oben  bargelegt  toorben.  Sie  ffai  aber  ol^  felbftftänbtgeS  Stüd  löngft  ntd^t  in  ollen  i^ 
liefen  Siturgien  ätufnal^me  gefunben.  @o  fteBt  fte  j.  93.  nid^t  in  ber  Ilementimfc^  Sito 
gic  be^  VIII.  Sudj^e«  ber  Const.  Ap.,  nicpt  in  ber  3Äfobu«*£iturgie, Ja  Jelbjt  bie  G^ 
foftomu^  unb  SafUiu^Siturgie  be^  9.  ^ai^r^.  fennt  fte  noc^  nic^t.  Sleicpe  SerlDet^ung 
6  ^at  fte  in  ber  neftorianifd^en,  ber  armenifd^en  unb  in  ber  heutigen  S^fo{bmud*Situigie 
gefunben,  auc^  bie  t)erfd^iebenen  Siturgien  ber  2|a!obiten  mad^en  t)erein}elten  ®ebrau(^  \m 
'\i)x.  S)abei  ift  nic^t  feÜen  bie  jtDeite  ^ölfte  (xal  vvr  etc.)  anbenS  formuliert;  ccoA  tooben 
beibe  leile  burdj^  einen  S>^ift^^fö|  getrennt  (j.  8.  Srig^tnton  I,  354,  7  unb  ll ;  564, 
18  unb  20;  365,  29  unb  31  u.  ö.).    S)abei  erfc^eint  bie  formet   in   ben  loerfc^^enen 

10  Siturgien  an  gam  berfc^iebenen  ©teilen,  ^ie  ©d^Iu^formel :  me  ed  tDor  im9lnfaiigu.f.tD. 
finbet  ftd^  im  Often  nid^t  unb  ift  and;  fd^toerlid^  im  Often  entfUmben,  obtoo^t  fu^  eine 
ganj  ä^nlic^e  gormel  fc^on  in  ber  äqigpt  RD  (311  VI,  4, 56)  finbet ;  ^ik^ft  tmil^c^ri^ 
ift  bie^  einer  ber  ja^lreid^en  römifc^en  @inflüffe,  bie  gerabe  nad^  äi[g)^t>ten  ^in  ju  bcmeden 
finb.    2)ie  @ried^en  nahmen  Dielmel^r  an   biefer  3uf^fonnel   ber  Stbenblonber  Xnfb^ 

16  (SBalafr.  @trabo,  de  reb.  eccl.  c.  25).  2)aran  tonn  auc^  bie  ätngobe  im  5.  Jtaium 
ber  @^nobe  bon  äSaifon  i.  3.  529  (Srund  II,  184)  nic^td  änbem,  ba^  nämlid^  jener 
3ufa$  per  totum  orientem  gebraust  toerbe.  9tid^tig  toirb  ober  bie  älngobe  fein,  ba| 
fte  in  ^frifa  unb  in  Italien  augemein  Verbreitet  toar.  ^ener  ilanon  toiQ  fte  ottc^  in 
©allien  eingefül(;rt  feigen.    3(u(^  bie  mojarabifc^e  Siturgie  fennt  fie  nic^t  (l^ter  lautet  bie 

20  ^ormel :  Gloria  et  honor  patri  et  f iUo  et  spirittii  sancto  in  saecula  saeculomm 
MSL  85,  109;  119;  121  u.  ö.).  Me  5E3a^rfc^einIi(^!eit  f))ri(^t  bemnoc^  bafür,  ba| 
biefe  Schlußformel  in  ?lom,  unb  gttmr  im  4.  ^ai^f).,  get)rägt  toorben  ift  tmb  baß  fte  t^on 
bort  il(;ren  Sinjug  in  bie  abenblönbifc^en  Siturgien  ge|(;alten  fyti.  t>n  (Sebrouc^  bc^ 
Gloria  patri  ift,  im  Unterfc^ieb  t>om  Often,  in  ber  römifc^en  Siturgie  bun^^  fefigebgt 

25  Qi  erfc^eint  nämlic^  in  ber  Siegel  am  ©d^luß  ber  $falmen,  f obann  (l^ier  o^ne  bot  &ijbair 
)ufaj^)  in  ben  9tef))onforien  im  officium  nocturnum  unb  diurnum.  ^n  ber  ^tigen 
r5mi)(^en  3Reffe  erfd^etnt  eS  bal^er  im  93orbereitungda!te,  nad^  bem  ^ntroitu^  uti^  mi 
ben  $falmen  beim  ^änbetoafd^en.  S)iefer  Srau^  ald  S9bf(^lu|  ber  im  ©otteftienfi  Mr« 
toenbeten  $falmen  ober  $falmftüde  ift  juerft  burd^  ^oi).  Safran   bezeugt  (de  ooenob. 

BOinst.  II,  8  MSL  49,  94;  k)erfaßt  bor  426);  ber  nöc^fte  3euge  ift  ^ft  StgSiu^ 
(t  555)  in  ep.  I,  2  (MSL  69,  17).  5)ie  »ngabe  ber  mittelalterlich  Siturgifer,  baS 
$a))ft  ^amafud  biefen  Sraud^  eingeführt  l^abe,  ift  bieQeid^t  ni(^t  unrichtig.  —  Da  bo^ 
Gloria  patri  benS^arafter  ber^eube  trägt  (toirb  e^  bod^  ald  hymnus  glorificatioiiis 
bejeic^net),  fo  fällt  eS  an  allen  ^rauertagen  balb  ganj,  balb  toenigftend  teilnmfe  axiS.  ^ 

86  ber  öfterlid^en  ^ftenjeit  ift  fein  @ebraud^  befc^ränft ;  in  ben  brei  le^en  Zogen  ber  S^- 
tood^e  berftummt  eS  gänjlic^ ;  ebenfo  ift  bied  ber  %aS,  bei  ben  Xotenmeffen,  too^renb  (^ 
bie  ©ried^en  and;  bei  biefer  @elegen^eit  fingen. 

Db  Sut^er  ba^  Gloria  patri  nac^  bem  ^ntroitu^  —  benn  nur  ^ier  lonnte  e«  übet^ 

S}aupt  in  ber  ebangelifc^en  3Jleffe  nod^  borfommen  —  tooQte  gefungen  fe^  ober  ntc^ 
ägt  ftd^  mit  boller  Seftimmtl^eit  ntd^t  fagen.  Denn  er  ertoäl^nt  ed  toeber  in  ber  Formola 
missae,  nodj^  in  ber  „beutfc^en  3Reffe".  3"  ^^  Formula  m.  toill  er  ben  gntroitu^  bei» 
behalten  (Opp.  lat.  v.  a.  7,  5),  alfo  \)at  er  aud^  ^öc^ft  toal^rfc^einlic^  bod  @loria  nit^ 
geftric^cn.  ^n  ber  „bcutfc^en  3Weffe"  aber  erfe^t  er  ben  ^ntroitu«  burc^^  ein  „geiftßc^  SA 
ober  einen  beutfc^en  5Pfalm",  unb  barauf  foU  ba«  R\fm  folgen  (ßä  22,  237).  »fo  ifJ 
45  ^ier  J^öd^ft  toa^rfd^einlid^  bad  @loria  atö  getilgt  }u  betrad^ten.  DaiSfelbe  gilt  auc^  bon 
ben  JtDO:  etlidpe  laffen  ben  ^ntroitud  fte^en,  etlid^e  erfe^en  i^n  burc^  ein  Sieb  (t)gl 
SRietfdbel  1, 425).  SBeld^e  et)angelif4»cn  ©otte^bienftorbnungen  bor  Sutl^  „beutfc^HReffe* 
ba«  ©loria  beibehalten  ^aben,  ift  an^  ©menb,  (gbangel.  beutfc^en  9Reffen  ©.  256  ju  <t* 
feigen.    Die  neueren  lut^erifc^en  älgenben  l^aben  ba^  Gloria  patri  nad^  bem  Sntmtul 

50  c)  Gloria  in  excelsis  (Doxologia  maior;  Hymnus  angelicus).  —  Sitteratur: 
©ono,  rer.  liturg.  libri  duo,  (Coloniae  1674)  II,  c.  2.  p.  491  ff. ;  X^al^ofcr,  ^anbbud^  b<r 
fat^.  fiiturgit  II,  77ff.;  JRielfdjel,  Se^rbudi  ber  Siturgir  I,  361  ff.;  426;  520ff.;  ^vi^K 
origines  du  culte  chr^tien',  1898,  158;  äing^am*@(ri{(f)üt)iud,  origines  eod.  VI,  35,  v^l 
V,  324. 

65  Der  @ebraud^  bon  Sc  2,  14,  bem  Sobgefang  ber  @ngel,  ift  bei  ben  ®rie(^  oh 
bo))j)elter :  1 .  lommt  ber  Sobgefang  in  ber  5Keffe  toor,  aber  in  ben  berfc^i^enen  Sttutgi« 
an  ganj  berfc^iebenen  Stellen  unb  in  ganj  berfd^iebener  9Beife  (Srigl^tmon,  liturgiesl, 
24,  25;  45,  3^  64,  12;  227,  17;  248,  19;  252,  11;  361,  33);  eine  f efk  Übet» 
lieferung  beftel^t  alfo  hierin  bei  ben  ®rie(^en  nid^t.  2.  bilbet  biefer  Sobgefang  ben  Xnfong 

eo  eine«  9Korgengebeti^  (jiQooevxrj  kio&ivrj),  bad  fid^  in  ben  Const.  Ap.  VII,  47  (bgL  be« 


Siltitrgtfi^e  Sfonnelit  649 

Hst  Itm^nlteb  I  9b  X  @.  402, 49  ff.),  in  ber  }>feubo«at^an.  @<i^rift  de  virgmitate  unb 
im  Codex  Alezandrinus  ald  ölteften  DueQen  finbet  (bgl.  Sl^r^foftomttd,  hom.  69  in 
Matth.).  See  SSecfaffet  ifl  unBelonnt.  2)iefei;  ^l^mnud  tft  in  bte  römifc^e  ÜReffe  auf« 
gmomnten  toorben,  ho^  fyd  er  mit  ber  lateinifd^  ÜBerfe^ung  (t)on  ^ilariu^  b.^oitierd?) 
einige  Snberungen  erfa^en.  3lai^  bem  liber  pontificalis  (1, 129  unb  263)  f)aht  $a]pft  6 
Xdk^fynu&  (t  ca.  138)  ben  etnfad^en  Hymnus  angelicus  au^  Sc  2,  14  für  bie  (ä^\U 
Rod^ttoeffe,  $a^ft  @^mma(^ud  (f  514)  ben  ertpeiterten  $bmnud  für  aQe  @onntage  unb 
ric  l^al^edtage  ber  SRcirti^rer  t>erorbnet,  allein  nur  für^bie  Sifcpof^meffen ;  unb  jtDar  fielet  bied 
Bloria  nac^  ^ntrottuiS  unblt^rie.  Sie  $riefter  burften  ed  nur  ju  Dftem  unb  am  %aQt 
3ker  S^fMotton  fingen  (Sacr.  Oregorianum;  äßalafr.  ©trabo  c.  22  MSL  114,  945;  10 
Bcmo  r>.  Steic^enau  MSL  142,  1059;  ordo  bei  Suc^eSne  p.  460).  9lm  ®nbe  bed 
11.  Sa^^nbertö  tDor  t^  ben  $rieftem  gonj  freigegeben  (Micrologus  c.  2).  9(Id  l^öd^fter 
Jnbell^nud  tmrb  bad  gro|e  @Ioria  l^eute  in  ber  rdmifdben  ÜRetfe  an  aQen  %i\U  unb 
Iraibentagen,  tooju  aucp  bie  Marien-  unb  9())ofteltage  gehören,  gefungen,  fäQt  ober  an 
oDcn  Zogen  emften  Sl^afterd  au^,  alfo  in  ber  älbDentöjeit,  t>on  @et)tuagertma  h\&  Oftcm  16 
unb  am  Xage  ber  unfd^ulbigen  Jlinber  (28.  Sejember),  natürlich  aud^  bei  ben  Zoten« 
Dicffen. 

Siuüfct  fyd  in  ber  Formula  missae  bad  ®Ioria  fielen  gelaffen,  bod^  fügt  er  ^inju: 
Jn  arbitrio  stabit  episcopi,  quoties  iUum  omitti  voluerit"  (opp.  lat.  v.  a.  7,  6). 
3n  ber  „beutfd^  ÜReffe''  ertuöl^nt  er  eS  gar  nic^t.  Sod^  ift  bamit  nid^t  gefogt,  ba^  er  2) 
tf  befetttgt  toiffen  toodte,  benn  i^m  —  unb  nic^t  i^m  allein  —  galt  bad  Gloria  ald 
iitm  Dorou^e^enben  Jti^rie  gel^örig  (t)gl.  a.  a.  0.  u.  Slietfc^el  400,  9lnm.  3).  ^öc^ft  toa^r- 
|^i^einlt(^  ^aben  bte  3eitgenof[en  iShttl^er  fo  berftanben,  benn  faft  alle  lut^erifcben  JIDO  be« 
galten  bod  (Sloria  bei;  etlid^e  f^en  eS  in  einem  Siebe  („9111'  @^'  unb  $ret^  foO  ®otted 
öon  Sutl^er  ober  „allein  ®ott  in  ber  ßö^'  fei  g^r*"  bon  35eciu«)  fort.  (SMbere«  bei  25 

}d  l,  426  unb  bei  ©menb,  ©eutfc^e  ?WeJfen  9;  10;  101;  127;  164.)  md)  bie 
Rcfimnierten  belfiielten  bad  Oloria  in  exe.  bei.  S^i^G'^i  I^^  ^  beutfc^  t)om  Pfarrer 
im^tmmen  unb  tt)e(^feln)eife  t)on  ben  3Rännern  unb  SBeibem  f)}red^en  (9l!tion  ober  9rud^ 
M  9taüj^tmald  u.  f.  to.  bei  @menb  a.  a.  0.  @.  197).  ^n  ber  neueren  3^  if^  ^^ 
jn^  (Alma  nac^  bem  SSorgdng  ber  t>reugif(^en  Slgenbe  t>on  1821  in  biele  9lgenben  über«80 

Sangen,   balb  mit  bem  S^f^  ^^  ^/SBir  loben  bi(^  u.  f.  to/',  balb  o^ne   benfelben, 
b  mit  bem  folgenben  Si^ :  „SlOein  ®ott  in  ber  $ö^'  fei  @^r"'. 

3.  ^alleluia.  — Sitteratur:  S3ing(am:®nfc^ot)iud,  Orirines  sive  antiqu.  eccl.  VI, 
41  ff. ;   36ona,   De  divina  psalmodia   c.  XVI,  7  unb  rer.  liturg.  übri  duo,  1.  II,  p.  533  ff. ; 
Baroniud,  Annales  ad  ann.  384  9{r.  28  u.  29;  2:^aI^ofer»  ^anbbudb  ber  tat^ol.  Siturgif  I,  86 
M5ff.  n,  100 ff.;  «ietfctiel,  Scfirb.  ber  fiiturgit  I,  322.  366 f. 

3)ie  l^äifd^  gormel  t^'^^'Än  ^^obet  ga^be"  ift  unüberfeftt  in«  ®rie(^if(^e  (unb  in 
niberc  &pxad^m)  übergegangen,  unb  jtoar  in   ber  ^^orm:  ^AlütjJiovCa  (LXX).     ^m  jü» 
bitten  ®otte^ienfite  l^e  btefe^^ormel  mit  ben  $falmen  unb  o^ne  biefelben  einen  reichen 
Bmouc^  gefunben,  namentlid^  tourbe  fte  j^öufig  beim  $affal^  im  großen  ^allel  ($f  112  bi«  40 
117)  geftmgen.    @angen   nun   bie  S^riften   bon  9lnfang   an   in   i^ren  ©otteftienften 
^falmen  unb  ^\fnmm,  unb  jtoar  jübifc^e  unb  neugebic^tete,  fo  toerben  fte  bamit  }uglei(^ 
boS  ^oOeluia  in  i^ren  ©ottedbienft  aufgenommen   ^aben.     S)a«  erfte  3^0*^^^'  ^^^  '^^^ 
loir  auf  ben  ®ebrauc^  biefer  t^ormel  im  c^riftlid^en  Jlultu«  f^liegen  fönnen,  ift  ^I  19, 
1 — 8.   93on  ben  ba  gebotenen  Oben  fagt  b.  b.  @ol$  (ba«  ®ebet  in  ber  ölteften  Spriften^  46 
bcit  e.  238)  mit  Siecht,  ba^  fte  mie  „^anllobgefönge  nai^  bem  ©enug  ber  ^l.  ÜRa^ljeif' 
Dingen.    3)arin  lommt  biermal  bie  ^ormel  äXXrjkoma  bor,  unb  gtoar  fte^t  fte  je  einmal 
am  Slnfong  eine«  Keinen  Siebe«  (v.  1  u.  v.  6),  toä^renb  fte  einmal  (v.  3)  nur  al«  ®in^ 
Idtung  bed  @(^luffe«  unb  einmal  (in  ber  ^orm  äjLiijv  d.  v.  4)  al«  9lbf(^lug  be$  gamen 
Silbe«,  unb  {toar  al«  9left>onfum  erfd(^eint.     3Jlan  fte^t  alfo,  ba^  bie  ^ormel  in  oer  60 
monnrnfoc^ften  SBeife  bertoenbet  tourbe,  ein  Setoei«,  toie  eingebürgt  fte  getoefen  fein  mu|. 

Sleiben  toir  bei  ben  öftlid^en  Jlird^en  ftel^en,  fo  l^aben  toir  oüerbing«  für  bie 
nSc^en  l^a^unberte  lein  unmittelbare«  Sfugnt«  für  ben  @ebraud^  be«  ^aOeluia  im 
00tte«bienfL  SUletn  man  barf  too^l  mit  iRe(^t  aui  ber  9lngabe  be«  ipieron^mu«,  bag 
ber  Sonbmonn  auf  ben  ^^luren  Set^le^em«  hinter  bem  Pfluge  l^er  ba«  ^alleluia  ftnge  66 
(qp.  ad  MaroeU.  43,12  MSL  22,491),  ben  @c^lug  auf  gotte«bienftltAen  ©ebraud^ 
bcfßoQ.  jte^en.  SBie  ber  ^falmcngefang,  fo  ^at  audf^  ba«  ^ou.  bon  alter«l^er  bor  allem 
im  ®otte«bienfit  an  jtoei  SteÖen  ^ertoenbung  gefunben :  beim  ^ommunion«af t  unb  nac^  ber 
S|KfteIberlefung.    Seim  Jtommunion«a!t  finbet  e«  ftc^  in  ber  b^jantinifc^en  Sit.  be«  7.  u. 


550  Sitmrgifi^e  Sformdit 

9.  ^ol^rl^unbertd  (Srigj^tman  537,  6  unb  342,  9);  in  ber  Sl^i^foftomu^Stt.  (9r.  393,20); 
in  ber  SU.  ber  5Reftorianer  (Sr.  299,  4ff.);  in  ber  ber  «rmenier  (»r.  449  u.  450),  in 
ber  ber  Io))tif(^en  unb  fv^f^^  S^'^'^ii^  (^^*  13^1  102 ff.;  Stenaubot,  Liturg.  Orient 
collectio  II,  40  u.  41).    ^f^  ed  {ufällig,   ba|  bie  äa\fpti{d)m  Situraien  (bte  lo|)tif(^ 

6  3<t{i>Biten  finb  iebenfaQd  bon  ben  f);[rif(^en  Beeinfluß)  fehlen?  —  3la^  berSerlefiutg  beS 
„9l)}oftolod''  ober  bor  bem  @bangelium  (über  ben  ^falmengefang  an  biefer  Stdle  bgl. 
9[.  ©robuole  Sb  VII,  57)  h)trb  bad  $aQ.  jtoei  ober  mebrere  Scale  gefungen  in  aDcn 
Siturgten,  nur  nic^t  in  ber  abeffinifc^en.  S)ie  ©ried^en  Behalten  bad  J^aÖ.  fotoo^l  in  ber 
9u^)eit  (böiger  aud^  in  ber  missa  praesanctificatorum),  ald  auc^  in  ber  Xotenfitutgie 

10  bei  (®oar,  Euchologion,  1647,  p.l87  u.  205).  —  ^m  äßeften  ift  ber  erfte  3eugc 
für  bad  ^oQ.  XertuÜian.  De  orat.  c.  27  (ed.  Dealer  I,  582)  fagt  er,  ba|  bte  eifngeroi 
S^riften  t^en  (t>ribaten)  ®ebeten  Oßfalmen)  bad  ^aO.  an^ubängen  ))Regten,  unb  gtoar  imst, 
ba^  bie  ätntoefenben  bamit  reft>onbierten  (^amad,  Ser  d^^rtftt.  ®emeinbegotte0btenfl  &.359f.), 
offenbar  ein  aud  bem  ©otte^ienft  ftommenber  ä3rau(9.    Sei  ber  biel  parieren  Setoromg 

16  bed  ftird^enial^,  bie  totr  im  äßeften  finben,  !ann  cd  nic^t  auffallen,  ba^  man  \ifon 
früj^  angefangen  ^at,  bad  ^aQ.  ate  mit  bem  ®mft  ber  ^ftenieit  unberträgKc^  in  bie^ 
3eit  berftummen  )u  laf[en.  9lud  Suguftin  n)if[en  toir,  ba^  in  oer  afrilanifd^  Jtirc^  in 
ber  Duabragefima  fein^aO.  gefungen  tourbe  (enarr.  in  ps.  110  u.  148).  Siner  anbeten 
®teQe  bei  SSuguftin  (ep.  ad  Jan.  55)  tonnen  h)ir  entnel^men,  ba^  au  feiner  3^  überoD 

20  jtoifc^en  Oftem  unb  ^fmgften  bad  Qaü,  gefungen  tourbe,  ba  unb  bort  fogar  twdf  m 
anberen  SCagen.  ^r  bie  afritanifc^e  ftirc^e  Beengt  femer  ^^üt  ^\\p.  (de  off.  1, 13), 
ba^  bad  ^ou.  nur  in  jener  R6t  unb  an  ben  Sonntagen  ,,pro  significatione  futurae 
resurrectionis  et  laetitiae'^  in  Übung  toax.  9)er  SBeften  toar  alfo  o^ne  3^^  S"^ 
^altenber  im  (Sebrauc^  bed  $aQ.,  ald  ber  Often.     über  Stom   liegt   ein  Rmgmi  bc§ 

26  @0)omenod  (bist.  eccl.  VII,  19  MSO  67,  1476)  t>or,  ba^  bort  t6  'AiXrjlovtä  nur 
einmal  im  ^^l^r,  nämlic^  am  erften  Oftertag  gefungen  toerbe.  Saffbbor  (um  570)  ^ 
in  ber  bist,  tripart.  (IX,  39  MSL  69,  1156)  biefer  Stoti)  aufnähme  gegönnt,  unb 
ebenfo  l^at  SSigiumtiud  (um  400)  bief e  Sitte  nicbt  nur  gelaunt,  f onbem  fte  ouc^  im  Dflen 
einjufül^ren  berfuc^t  (bgl.  ^ieron^mud,  contra  Vigil.  c.  1).     3^f^  ^  ^^^  Xngoie 

80  finb  alfo  laum  bered^tigt.  SQIerbingd  fte^en  bamit  anbere  S^fl^iff^  ^  SBiberffmu^. 
3lai^  SSoJ^amted  ^ialonud  toar  bad  ^aO.  ju  feiner  ^At  (5.  ?|a|ir^bert)  in  9iom  in  ba 
$ente!ofte  (alfo  jtoifc^en  Oftem  unb  ^fingften)  im  ©ebraudg»,  unb  jtuar  nur  in  biefer 
3eit  (MSL  59,  406).  9Joc^  bertoonmer  toirb  ba«  Silb  burd^  eine  SrieffWIe  Oregor«  I. 
9luf  bm  SSortourf,  er  l^obe  bad  ^aQ.  nac^  bem  äSorgang  Jlonflantino))eId  in  ber  Sleffe 

86  auc^  au^er  ber  ^enteloftaljeit  ftngm  (affm,  antwortet  er:  „Nam  ut  AUeluja  hie 
[non?]  diceretur,  de  Jerosolymarum  ecclesia  ex  beati  Hieronymi  traditione 
tempore  beatae  memoriae  Damasi  papae  traditur  tractum,  et  ideo  magis  in 
liac  re  illam  consuetudinem  amputavi,  quae  bie  a  Graecis  fuerat  tradita''  (MSL 
77,  956).    ^iefe  ©teOe  giebt  nur  einen  ©inn,  tomn  man  mit  etlid^m  ^anbfc^riften  bo^ 

40  non  tilgt.  2)mn  bon  bm  (Sriedbm,  bie  bad  ^aQ.  hcS  gonge  ^ol^  pinburd^  fangen, 
lonnte  eine (Stnfd^ränfung unmöglich  fommm.  @re^or  fagt:  sBon^emfalem  f^,  unb  pcx 
burc^  ^ieron^mu^,  foll  m  bed  ^amafu^  3^^^  ^^^  ®i^^  ^^^  ^^^  gelommm  fein,  M 
^aü.  Inxö)  ba^  ganje  ^alfx  l^in  gu  ftngm.  ©regor  leugnet  ntAt,  ba^  er  bod  ^oll.  au(^ 
augerl^alb  ber  öfterltc^m  3^^^  fingm   laffe  (k)gl.  bie  bor^erge^bm  SBorte:   „Gui  ego 

46  respondi,  quia  in  nullo  eorum  [ber  bon  ®regor  getro|fmm  @inri(^tungm]  aliam 
ecelesiam  secuti  sumus''),  aber  er  bel^au))tet,  ba|  bied  im  SSergleid^  mit  bem  bon  ben 
©riec^m  etngefü^rtm  Sraud^  nur  eine  Sinfc^rötuung  B^mte.  Sied  fle^t  alfo  fefi: 
@regor  lie^  )u  feiner  ^At  bad  Qaü.  auc^  nod^  ni  anberm  3^^^  ^Id  bon  JDfiem  K^ 
^fingften  fmam,  aber  nic^t  bad  game  ^al^r  j^tnourdji.    Sa^  er  biefm   le^term  Sra«^ 

60  k)orgefunben  pabe,  fte^t  nid^t  ba.  dx  fteUt  leinen  äSergleic^  an  mit  bem,  tiKid  er  wt^ 
gefunbm,  unb  bem,  toa^  er  eingefül^rt,  fonbem  er  fteUt  bie  angeblid^  unter  2)amafud  vb^ 
lic^e,  auf  bie  @riec^m  gurüdgel^enbe  ©itte  (illam  consuetudinem,  quae  bio  a  Oraeeis 
fuerat  tradita)  feiner  92euorbnung  gegmüber,  um  ftc^  gegm  bm  äSortourf,  bm  ®rie«^ 
nachgegeben  m  ^abm,   gu  k)ertetbtgm.    3BeI(^e  ©itte  gtoifc^m  S)amafud  unb  feiner  3^ 

66  beftanben  ^aoe,  giebt  er  nic^t  an.  3"  biefem  3^0«»"  —  n^ön  bebenle,  bo^  ed  f«^  um 
über  jtoei  ga^r^unberte  l^anbelt  —  fann  aber  fel^r  too^I  in  SRom  ber  Srouc^  bejtanben 
l^abm,  ben  ^oi^anne^  Siafonu^  im  5.  ^a^ri^unbert  begmgt,  ba^  nämlid^  bod  ^oSL  nur  i> 
berOflerjeit  gefungen  tourbc.  5la(^  ber  angäbe  Oregord  ^ättm  toir  in  9lom  äfo  folgenbe 
enttoicfelung :  3ur  ^eit  bcd  35amafu«  (366—884)   bringt  bon  Semfolem   1^  in  ben 

60  romtfc^m  @otte^bim|t  bie  öftlic^e  ©itte  ein,  ba^  ^aS.  bad  gange  ^fft  ^inburd^  unb  cati) 


Sitorgif^e  gfontidit  651 

M  SegräBmffen  (^tertmi^mud  ep.  30 1  k>gl.  ep.  7  u.  27)  )u  fingen ;  barouf  Beginnt  man 
im  5.  ^a^^unbert  bad  ^oQ.  auf  bte  öfterltc^e  3^^  ju  befd^r^en  (k>gl  bte  Ütotij  Bei 
ingufttn  ep.  ad  Jan.  55,  bte  bon  folc^en  Übergängen  ^onbelt),  Bid  enblid^  ®regor 
koidber  einen  reicheren  ©ebtauc^  julä^  SBie  ift  ober  bantit  jene  !Roti)  beS  ©ojomenud 
imb  feinet  Stad^folgerd,  ba^  nur  ju  Dftem  rä  ^AXXrjlovia  gefungen  tDorben  fei,  in  Sim  6 
Hang  lu  bringen?  gebe  @(^n)ierig!eit  fäQt,  toenn  man  ftd^  gegentDörtig  f^äü,  ba^  rd 
'.^iJUi/Xavia  für  bie  ^ried^en  ein  ganj  Beftimmted  Sieb  Bebeutet,  unb  nic^t  ettoa  ben 
mqdnen  ^olleluiaruf.  9Ran  k>gl.  bei  Sogomenod  o.  a.  0.  bie  Segeic^nung:  romov  rdv 
Ef/<yav  ober  Bei  @imeon  t)on  ^effal.  (gefi  1429)  de  sacro  templo  c.  III  (x6  *A,, 
S  jtQotpriTixov  laziv  foua,  t>gl.  de  sacram.  c.  63;  expos.  de  div  templo  MSG  lo 
155,  316.  225.  724).  SQfo  Sojomenod  toill  gor  nid^t  barüBer  Berichten,  }u  toeU^ 
bAnd^  3^  ^^  ^oQeluiaruf  im  römifc^en  ®otteftienft  erfc^oO  unb  ju  toeU^er  nic^t, 
nr  bcrid^  nur,  bag  ber  bem  (Sried^en  al^  rd  'AXXrjXovta  Belamtte  $)^mnud  in  9tom 
mr  einmal  im  3a|r,  ndmlid^  )u  Oftem  gefungen  tDorben  fei;  haS  fd^lie^  leinedtoegd 
ni8,  ba^  )u  anberen  3^^  ^er  ^aOeluiaruf  gefungen  tourbe.  —  $eute  toirb  bad  $aQ.  15 
in  ber  römifd^en  ÜReffe  nac^  ber  @))iftel,  mit  Slu^nal^e  ber  9lbt)ent!^  unb  ^tenjeit, 
Ringer  anberer  ben  S^a!ter  bed  (Smfted  tragenben  ^gen  unb  ber  ^otenmeffe,  burc^ 
gan}e2|a^  ^in  gefungen,  unb  jtoar  breimal;  jtDifc^en  bem  jtoeiten  unb  britten^oS.  h)irb 
ein  Serd  eingefügt  3n  ^er  dfterlic^en  3^  ^^^^  ^^  größerer  ^aQeluial^gefang  am 
gcf&nmt  —  t)idlei(^t  eine  SBeiterBUbung  bed  griec^ifc^en  ^aQeluiatomnud,  t)on  bem  ao 
ekn  bie  Siebe  toar.  Süperbem  erfd^eint  ba^  ^aO.  in  ber  r5mifc^en  ^effe  im  Offertorium, 
enblid^  nix^  einmal  am  Sc^lu^,  nad^  bem  ite,  missa  est,  jebo^  nur  in  ber  Ofterjeit.  — 
IHe  mo)araBif(^e  3Reffe  i}at  bad  ^aQ.  merttoürbigertpeife  nac^  bem  (Sbangelium  (MSL 
B5,  112;  4.  @bnobe  t)on  Xolebo  633  c.  12  bei  Srund  I,  227).  Stugerbem  erllingt  ed 
okr  noc^  mel^ad^  in  ber  ÜReffe  (MSL  85,  113  A.  u.  B;  119  B  u.  D;  120  A  u.  G).  25 
Xuf^  tourbe  ed  burd^  ganje  ^afyc  gefungen  (c.  1 1  ber  obengenannten  S^^^obe  bei  SBrund 
I,  2f26),  bie  ^ftenjeit  aufgenommen. 

Sutl^  fjai  hcS  ^aO.  in  ber  Formula  missae  mit  bem  @rabuale  BeiBel^en  (opp. 
lat.  y.  a.  7,  6),  in  Ser  „beutfc^en  ÜReffe''  bogegen  l^at  er  ed  nic^t  mel^r  ertoäl^nt,  bafür 
über  ein  beutfd^ed  Sieb  eingefe^t.  Sie  lut^erifdpen  JIDD  bed  16.  9|oü^l^unbertd  l^abenso 
Ubigfl  nic^t  aiOle  hcS  ^aH.;  toenn  fie  eS  ^aben,  fo  t)erbinben  fte  e^  mit  einem  beutfc^en 
BefÄng  ($reu^en  1525,  1558;  Sraunfc^toetg  1528;  Sraunf(^n)eig^9Bo[fenbüttel  1543). 
^  bm  neueren  lutl^.  Sigenben  ift  bod  ^oS.  faft  überoQ  nad^  ber  @t>iftel  angeorbnet. 
Sboc^  f(^toeigt  ed  in  ber  $affton^eit,  oBtool^l  Sut^er  (opp.  lat.  v.  a.  7,  7)  ts^  auc^  in 
riefet  3^  tooOte  gefungen  toiffen.  86 

4.  $ofanna.   —    ßitteratur:   S^al^er,  ^anbbuc^  ber   fat§.  filturgll  II,  185; 
RictfctKlf  Se^rbu4  ber  Siturgit  I,  @.  380. 

^cS  ^ofanna  lommt  in  ben  Siturgien  nur  in  bem  S3enebiltu^  genannten  Sobgefang 
m  21,  9  (J>gl.^fll8,26f.  unba»cll,9f.)  öor.  ättein  biefer  finb.et  [x^  löngft  nic^t  in 
oDcn  Siturgien.  ©0  fe^It  er  junäd^ft  in  aJSen  Siturgien,  bie  }um  äg^j^tifd^en  SC^fud  g^  ^ 
^dfcn,  unb  )toar  fd^on  t)on  ben  @era^ioni^®ebeten  unb  ber  ägqpt  JtO  an.  @benfo  fennen 
1^  triele  fVrifc^  Siturgien  nid^t;  ).  93.  fte^t  er  in  feiner  ber  ja^Ireic^en  Siturgien,  bie 
p^  bei  Slenaubot,  lit.  Orient  coUectio  II  finben;  er  toax  unbelannt  in  älntiod^ien  jur 
got  bed  S^foftomud,  in  3^<xl^nt  jur  3^  ^^  &\fv!H,  in  ber  bi^jantinifc^en  Siturgie 
M  5.-8.  Solj^l^nbertd,  tote  fte  S3rig^tman  (Liturgies  I,  481)  relonftruiert  l^at.     Sa«  45 

gen  fte^t  ba^  Senä^ittu^  in  ber  ^ibac^e  10,  6  unb  banac^  Const.  Ap.  VII,  26,  1; 
ler  Ck>nst.  Ap.  VIII,  13,  3;  in  ber  b^^antinifd^en  Saftliu^::  unb  S^r^foftomu^Situr« 
gie;  in  ber  ^alobu^Siturgie:  in  ber  9lrmenifc^en  Siturgie;  in  ber  Siturgie  ber  9{eftorianer 
[pctftfc^  "Xifpu»;  k>gl.  Srig^tman  284);  in  ber  b^jantinifd^en  Siturgie  bed  9.  ^a^l^un» 
ytM  flSrig^tman  324).  ^n  biefen  Siturgien  fte^t  bad  Senebiltud  überall  mit  einer  so 
Kttdna^me  an  ber  gleid^en  SteQe.  Selben  toir  t)on  ber  ^ibad^e  unb  i^er  ^aUele  in 
Ml  Const.  Ap.  ab,  fo  finbet  ed  ftd^  nämlid^  immer  nac^  bem  Xri^i^agion  (Ogl.  ben9(rt 
iw^ariftie  93b  y,  @.  565,29),  in  ba^  bad  ^räfation^ebet  audtlingt,  nur  Const.  Ap.  VIII, 
LS,  3  ße^t  ed  oor  bem  @))cnbea!t  unb  tmmtttelbar  nac^  ber  ^ormel:  rä  äyta  xdig 
fyÜHg,  fe^It  aber  natürlid^  nad^  bem  ^rid^agton.  ^ier  antwortet  ba^  äSoIf  auf  jenen  56 
^nnif  f olgenberma^en :  Elg  äyiog,  elg  xvgiog  Irjaovg  XQiaxdg,  elg  d6^av  &eov  na- 
igdc,  evloyrp[6g  elg  rovg  alwvag.  ä/nnv,  d6^a  h  vwlmoig  ^eco  xal  bil  yrjg  el- 
pirrj,  iv  Av&Qilmoig  evdoxia,  cooawa  T<p  vlco  Aaßid,  evXoyrjf-ievog  6  ig^o^evog 
h  ir6/jum  xvgiöv,  &€dg  xvQiog  xal  biitpavev  fifuv^  (baawd  h  xdlg  {nplatoig,  alff 


552  Sititrgtfi^e  t^onttelit 

eine  Jlombmation  ou^  3Jlt  21,9  unb  $f  118,  26  nad^  LXX.  Ston  toitb  nic^t  leugnen 
fönnen,  ba^  fi(^  ^ter  biefer  8ob{))rucl^  bortreffltd^  an{c^Ite§t  an  bod  elc  äyiog  unb  ba|  a 
aud^  unmittelbar  bor  ber  3(udf)}enbun0  fe^r  Qui  t>a^.  SRöglid^ertueife  betoa^  j^et  bie 
tlementinifd^e  Siturgie  einen   älteren   Itturgifc^en  93rq^(^.    l^ebenfaQ^   i|i   ed   mir  au^cr 

6  S^^^^^f  '^^i  ^^  Senebittud  nur  giemlid^  ]p€d  feinen  $Ia|  nad^  bem  Xn^^ion  erholten 
^aben  !ann.  ^enn  bad  ^räfation^ebet  bor  h)ie  nac^  bem  Xri^^gion  tornbet  fic^  aOein 
an  ©Ott  ben  SSater,  bagegen  tann  ftc^  bad  ^/gelobt  fei,  ber  ba  tommt  im  Atomen  hti 
^^xm"  nur  auf  @l(;riftu^  bejie^en.  3Ujo  pa^t  biefed  @tüd  gar  nid^t  in  ben  ^ufornmen« 
l^ang.    f^er  tnijip\t  bie  barauf  folgenbe  ^ortfe^ung  beS  @e6eted  in  allen  Siturgien  an 

10  bad  äyiog  an,  niemals  aber  an  ba^  evkoyrifievog.  2)al^er  J^alte  i(^  ba$  Senebinu^  an 
biefer  Stelle  für  einen  \pdiza  (Sinbringling.  !Ro(^  erübrigt  ein  SBort  über  3)iba4^e  10, 6. 
9{ad^  b.  b.  ®tA%,  $Da^  @ebet  in  ber  ölteften  Si^rifteni^eit  @.  212  f.,  218  unb  222  finb 
bie  an  ber  genannten  Stelle  ftc^  finbenben  iurjen  @ä$e  nic^t  ju  bem  bor^gen  ®e6et 
gehörig,  über^u))t  nid^t  untereinanber  im  Suf^^^^^^^B  ftel(;enb,  fonbem  teild  Sbtfonge 

16  bon  ^l^mnen,  fo  ber  erfte  ©a^ :  iX&h(o  fj  x^Q^  ^«^  Tmgel&hw  6  x6o/wg  ovxog 
unb  gleichfalls  ber  gtoeite,  eben  baS  cboawd  rcp  ^ecß  Aaßld,  teils  hirge  3lufe, 
bie  uns  aber  l^ier  nid^t  naiver  befc^öftigen.  S)iefe  9luffaffung  l^at  fe^  biel  für  ftc^.  Sir 
fönnen  alfo  ber  ^ibad^e  entnehmen,  ba^  bei  ber  @u(^ariftiefeier  u.  o.  ouc^  ber  Sobgefong 
$f  118,  25  ff.  gefungen  toorben  ift.    ^ie  ^age  ift  nur,   ob  man  anne^en  foQ,  ba(  er 

20  unmittelbar  bor  ber  ^uSf))enbung  gefungen  tourbe,  ober  na(^  ber  ganjen  ^er.  3la6f  ba 
äluffaffung,  bie  t).  b.  ®ol|  Übctf^anpt  t>on  ben  jtoei  le^en  Slbenbmol^lSgebeten  ber  3)i< 
bac^e  ^at,  ba^  fte  nämlic^  ^ie  eigentlid^e  „$röfation''  feten,  fd^lie|t  ftd^  an  ben  ©efong 
ber  genannten  i^^mnen  bie  9{ie|ung  an.  Urf))rünglid^  ^abe  freili^  10,  6  gor  nic^t  im 
%z}ct  geftanben,  fonbem  erft  eine  \pätm  $anb  ^abe,  als  man  bereits  ben  ®enu^  ber  ge* 

26  fegneten  Elemente  k)on  ber  bor^erge^enben  ^Jtol^lgeit  gefonbert  l^abe,  biefe  htnen  @^ 
hinzugefügt.  S)agegen  f))rid(^t  aber  auf  baS  Seftimmtefte  ber  eSc^atologifd^e  SJ^ratter  biefer 
@ä(e.  Serabe  barin  berrät  ftc^  il^r  ^ol^eS  3(lter.  9Iun  imtrbe  aber  bei  ben^uben  naii 
bem  $affal[^ma^l  $f  118,  25  ff.  gefungen.  Siegt  eS  nid^t  nal^e,  anjune^men,  bo^  aoäi 
etlid^e  S^ftengemeinben  biefen  93rau(^  auf  baS  älbenbmal^l  übertrugen,  inbem   fie  bie 

80  ^falmfteQe  auf  bie  nal^e  SBieberfunft  beS  ^erm  beuteten?  SSieQeic^t  )eigen  einige  Situr« 
gien  @))uren  biefeS  alten  ®ebrau(^.  ^n  ber  armenifd^en  Siturgie  (Srig^tmon  458) 
fmgen  nömlid^  bie  ^riefter  nac^  ber  9luSf))enbung:  „Unfer  @ott  unb  unfer  ^err  ifi  und 
erf^ienen.  ®elobt  fei,  ber  ba  fommt  im  92amen  beS  i^erm'';  bie  !o)}tif(^en  ^alobiten 
laffen  ben  2)iaIon  nac^   Der  Jlommunion  beräßeiber  fagen:   „®elobt  fei,  ber  ba  fommt 

86  im  5lamen  beS  §erm"  (Srig^tman  186),  unb  enblic^  fei  ertoäl^nt,  bafe  nac^  ber  6^0= 
ftomuSsfiiturgie  ber  6^or  unmittelbar  bor  ober  ioä^renb  ber  Austeilung:  cvXoytjfimK 
6  igxi/uevog  h  övöuari  xvgiov,  '&edg  xvgiog  xal  hiE(pavev  fnuv  (^f  118,  26  f. 
nadj^  LXX)  ftngt,  toäprenb  bei  ben  5Reftorianem  noc^  nad^  berfelben  ber  117.  $falm, 
alfo  ein  @tüd  beS  jübifc^en  ^allelS,  gefungen  toirb  (Srig^tman  303). 

40  SBenben  toir  unS  nun  bem  SBeften  in !  $ier  treffen  toir  ben  Sobgefang  in  oQm 
3eugniffen  ber  berfd^iebenen  liturgifd^en  X^))en  h)ieber,  unb  p>ax  auSnal^mloS  in  Serbin« 
bung  mit  bem  ^riS^agion.  ^ür  bie  mojarobifd^e  Siturgie  bergleid^e  man  MSL  85,  116; 
für  bie  teltifd^e  baS  Stowe-Missale  (bei  äBarren,  The  Liturgy  and  Ritual  of  the 
Celtic   Church   p.  234  •    für   bie  mailänbifc^e  TOeffe  ßeriani,    Notitia   lit.  Ambros. 

46  (1895)  p.  6.  ^n  ber  gauifanifc^en  Siturgie  finbet  ft(^  bie  abtoeid^enbe  Srfc^einung,  bo^ 
ber  Sobgefang  nidj^t  bom  ßl^or  gefungen  toirb,  loie  baS  2:riS^agion,  fonbem  öfter  b« 
älnfang  einer  collectio  post  Sanctus  bilbet,  fo  im  Missale  Qothicum  MSL  72, 
233.  253.  259.  304.  317;  Missale  Oallicanum  vetus  ebenba,  342;  ober  t)iellct(^t 
h)irb  au(^  nur  ber  Sobgefang  k)om  $riefter  toieberl(;olt,  um  baran  baS  folgenbe  ®ebet  am 

60  }ufd^lie|en.  ^ebenfalls  nimmt  bie  collectio  post  Sanctus  aud^  fonft  beutltd^en  Sejug 
auf  ben  Sobgefang  (bgl.  a.  a.  D.  311.  315).  @o  verraten  aud^  jtoei  ber  in  ben  9lime> 
fd^en  9Beffen  bepnblid^en  Äolleften  burd^  i^re  Slnfänge,  ba|  baS  ßofanna  in  ber  $ö^e  u.  f.  tt. 
bor^er  gefungen  ioorben  ift  (bgl.  3Wone,  Satein.  unb  griet^.  SJleffen  ©.18  unb  29).  SKc 
ftel^t  eS  in  ber  römifc^en  3Jteffe?    ^aS  Sacramentarium  Leonianum    bleibt  unS  jebc 

65  9luSfunft  fd^ulbig.    dagegen  l^at  baS  Oelasianum  in  feinem  canon  actionis  bot  Sob* 

gefang  (bgl.  SBilfon,  The  Oelasian  Sacramentary  p.  234) ;  ebenfo  feiert  er  im  Gre- 

gorianum   unb  im   ordo  Romanus  II    bon  9)iabiUon  (Museum  ital.  II,  47  f.  tjRl. 

ordo  I  p.  12)  toieber.  ©o  fte^t  bis  ^eute  baS  SenebittuS  hinter  bem  IriS^gion  in  ber  SKefte. 

Sut^er  ^at  in  ber  Formula  missae  (Opp.  lat.  v.  a.  7,  9)  beS  SanlhiS  unb  ^^ 

60  fanna  beibehalten^    aber   er   ^at  biefe  @tüde  nac^  ben  Sinfe^ungStoorten  unb  bor  ba 


Siturgif^c  t^ornttln 


553 


Jlommunion  Vom  ß^cr  finden  lafleit.  Qn  bei  „beut|i^en  ÜOiefie"  gcknft  Sut^cr  beöSBent- 
i  Mlhiö  überhaupt  nit^t.  ^e^  folgen  \d)on  einige  bn;  ältefien  fiCO  fOiiimbctg  1524, 
$r(ugen  1535,  gtiga  1530)  bem  Sotbilb  ber  Formula  misHae.  $eule  hjirb  meift  ganfs 
,  tiid,  .fio(anna  unb  SenebitluS  an  ba«  ^räfotionlflebet  angefctjlcfjeii.  5Kan  ^at  bagcgen 
Siebenten  erljoben  (SliuetbeL,  SHictjctjel),  ob  biefc  ©teDung  üPt  ber  Äonjeltalion  bie  re^te  s 
fei,  lueil  baniit  bem  ßSebanren  bet  SÜanblung  burd)  bie  flonjefration  i8Dr((^ub  geleiftet  Werbe, 
unb  91ieli$el  (djEägt  iciifaib  »or,  baö  ©anftuö  jtoat  an  btc  ^ßräfation  onäuit^iUelen, 
taS  ^Djanna  unb  Senebiftiiä  aber  vox  bie  StustcUung  ju  ftcUen,  Iüo  eä  in  bet  Formula 
missae  fte^L 

5.  KvpiE  iXinoov.  —  aillerolur.  Slrt.  Kyrie  eleison  in  bet  2.  «uf!  berffle.  to 
»b  VIII,  333  f.;  «ono.  Her.  liture.  libri  duo  (Coloniae  1674),  II,  c.  4,  p.  482  ff.;  IbaU 
Jofer,  ©anbbuc^  ber  Mb.  Siturgit  I,  49.'i— EiOO:  Tl.  7bf.;  Wfetldiel,  £e6tbudi  ber  Sitiirgil  I, 
358ff.;  425;  ^iclov  giöulpe,  in  ffllunoiftbrifl  für  Botleeb.  unb  lirdil.  ftunfl  H'  65-;  g,  gtfT. 
adielie.  ebenba  fV,  lötR.  unb  211ff.;  ludieSne.  Origiiies  du  culte  chr^tiea,  1898, 
p.  l&6f.  16 

Sm  ä  unb  5R3;  begegnet  une  (»äufig  ber  9tuf:  xt'ßie  ^d^cHt)-  /le  ober  j)/*«?- 
^öt^fl  Wa&rfi^einlidi  ift  bie  grie^ifdic  Formel  (»gl.  LXX  j.  S.  $1  6,  3 ;  9,  14 ;  122, 3 ; 
3ef  33,  2  u.  f.  ro.)  bereits  im  jübift^en  Kultuö  gebräudjli^  gctoejen.  3)af!er  lann  eä  unS 
nii^t  Wunber  nehmen,  bafj  er  auc^i  in  bie  i^riftlictje  Siturgic  einbrang,  ift  er  bo(^  bet  unmittel' 
boiiie  äluebrucf  beS  @(fü[;Iä  bei  ^iEflofigleit  unb  ber  Untcürbigfcit  vor  @ott.  28ann  biefeao 
^ormel  in  abgetüteter  (^eftalt  al€  xvgie  iXitjoov  in  ben  <^ifttic^en  ^otteöbienft  auf: 
genommen  teorben  ift,  ift  ni(^t  ju  fagen.  3)ie  ^^ibat^e,  ^uftin  (ober  foKte  fit^  Dial.  c. 
Tryph.  96  ein  3(nil(ing  an  bie  (jormel  finben?),  bie  ©era)3ionS=®ebrte,  bie  cänoneB 
Hippolyti  unb  bie  2ig^t.  ÄO,  ettoä^nen  fte  ni(6t.  SDamit  ift  nii^t  gefagt,  bo^  fic  ni(^t 
lu  ibrtrReit  bo(^  fttjon  gcbtäut^üi  tcar,  SBenn  2^.  ga^in  (SJerStoiler  gpiltet  unb  fein  25 
aäctböüni«  jum  Gtjriftenlum'-  [1895],  ©.  20)  meint,  bofe  bereit«  ßpiftet  bai  K.  L 
ctaä  (^tifllii^em  SJtunbc  (enne,  je  ift  baä  ein  ^rrtum.  Die  erfte  Sßejeugung  für  Serien 
unb  3eiu|alem,  unb  %\oox  für  bie  2.  .^älfte  bcä  4.  ^afji^^unbertä,  bur(^  bie  conat.  Ap. 
(VIII,  6, 1.2;  8,3),  burc^  bie  Sd;rif ten  beö  (SfjtljiDftomuö  unb  burt^  bie  SReifebefc^teibung 
bet  ©ilbia  jeigt  unä  biefen  ©ebetäruf  fci^on  fefl  im  ©otte^bienft  eingebürgert  unb  im  bo 
rcic^flen  ©ebraucti-  Söenn  bie  ©ilDin  erjötjtt :  „uqus  es  diaconibus  fapit  comme- 
morationem  singulorum,  sicut  solet  esse  consuetudo.  Et  diacono  dicente 
eingulorum  oomina,  semper  pisinni  [parvuli  =  nmöia]  plurimi  staut, 
respondentes  semper:  Kyrie  eleyson,  quod  dicimus  nos:  Miserere  domine, 
quorum  vocea  iofinitae  sunt"  (peregr.  Silviae  ed.  Gamurrini  p.  78)  —  fo  36 
pimmt  bamit  BDÜftänbig  bie  Seftimmung  in  bcn  const.  Äp.  VIII,  6, 1  uberein :  ,jidnEi; 
ol  Tziarol  xara  dtävoiav  vnkq  afirätv  [rrijv  xaT7i)rovfiivoiv]  TiQoaEvj^ea&to- 
aav    MyovTEi;     'xvqie     iXetjaov'"     unb    6,    2:      ,^Etp       exäinci)     rovitov,      i'iv    6 

SSoIt  reii)onbiett  alfo  mit  jenem  Sitttuf  auf  jeben  futjen  ©ebetafa|,  ben  ber  SJialDU  « 
SDrfprif^t.  ©0  entfielen  litaneiattige  ®cbcle,  bie  meift  nur  bet  SJiaton,  bejlo.  ber  9ttc^i= 
biaion  (in  bet  alejanbrin.  ®regotiuö=Slituigie  ber  ffgeiV,  SHenaubot,  Liturg.  orient.  coli. 
I,  99.  102)  bortpridit.  3)uri$  baö  SHciponfum  eignet  fidj  bte  ©emeinbe  bie  betreffenbe 
cmjelne  Sitte  an.  ©oEdie  litanciartige  ©ebete  finb  bor  allem  bie  gürbittgebete  für  bie 
Kolet^umenen,  für  bie  Sefeffenen  unb  für  bie  SBüfeer  unb  baS  grofee  Stirt^engebet,  bocfe  ift  45 
bamit  bie  ©ruppe  ber  Sitaneigebete  butdiauä  nid)t  etft^üpft.  %ai  gilt  fcfion  bon  ben 
conat.  Ap.  £enn  nif^t  allein  Inirb  ^ier  t^atfäc^Iid)  ba«  x.  l.  ani)  für  bie  Sugei  gebetet 
(VIII,  8, 3),  fonbem  ^ödjftma^rft^einlict  ^at  jene  oben  mitgeteilte  Seftimmung  ani  c.  8,2 
ou^  auf  bie  ©ebetc  9,  2  ff.  unb  23  (Srigbtman  9  ff,,  23  f.)  antoenbung,  toorauf  ft^ion 
bet  Umftanb  ^intoei^,  bafi  bie  @emeinbe  bei  biefen  @ebeten  baS  Jlnie  beugt  (bgl.  ^U'  i 
ertöne  p.  68),  @ine  (Snthiictelung  beö  ©ebroudiS  biefer  gormel  Wirb  ft<^  fe^t  ft^Wet  Der> 
folgen  loffen.  9Iur  bog  [ägt  fittl  WoEiI  jagen,  ba^  im  Dften  bo«  x.  L  äunücfift  nur  3Wif(^en= 
ruf  loar,  unb  erft  fvätet  erft^ieint  eä  olö  felbflftanbigeß  (Sebet.  @o  Wirb  j.  S.  baä  x,  i. 
in  bet  3aIobu«'üit.  {Srig^tman  62)  äWölfmal,  in  ber  3)iarfiiä=  unb  in  ber  atejanbrinijcben 
SaftliuSigit.  (Srig^tman  138, 8  unb  iKenaubot  I,  79)  bteimal  bot  bem  fiommunionäatt  ge=  w 
tufen ;  auc&  im  Vorbereitung«:  unb  im  Gntlaffung^tt  fomml  c«  Bot.  SiamentUtti  fmb 
ti  bie  fbtift^en  unb  bnianliniftfien  Siilurgien,  in  benen  baö  Kyrie  fefit  ^äufig  BerWcnbet 
toirb.  au^  Würbe  eä  bei  ^rojeffionen  auSgiebig  gebraui^t.  ^ie  jjormel  finbet  fii^ 
ßbrigenä  griec^ift^  in  ben  toptifdien,  abefiljni((^en  unb  ftjrifiiten  ülurgien.  —    ^aS  alte[t! 


664  Sttttrgif^e  Sformebi 

Reugntö  für  bad  St.  im  SSeften  tjl  bte  oben  mitgeteilte  ©teOe  avS  bem  9eru|ite  ber 
äiquitamerin  ©ttoia.  ^oraud  gel^t  ^ert)or,  bog  man  in  i^  ^eimot  (SoHien  ta>o^ 
ben  Stuf  miserere  domine  tennt,  aber  nid^t  ben  griec^ifci^en  9luf :  x.  i.;  fetna 
ba^  man  bort  jenen  Stuf  nid^t  ald  ^to\\i^mtn^,  am  toenigften  im  ÜRunbe  ber  Jtinber  mi^ 

6  in  biefer  Häufung  (voces  infinitae)  lennt.  S)amit  {Ummt  bad  nöc^ftältefie,  etotfolb 
®allien  angel^drenbe  3^9^^^  üBerein.  Jtanon  3  ber  jtoeiten  @^nobe  t)on  Saifon  529 
(Srund,  Gan.  ap.  et  conc.  II,  184)  Beftimmt  naä^  bem  SSorBilb  bed  Orienld,  Storni 
unb  Sitaliend  üBerl^au))t,  ba^  aud^  in  ©ollien  bed  x.  l  „frequentius"  Bei  bem  gfrfl^ 
gotte^ienft,   bei  ben  9Ref[en  unb  Bei  ber  äSed}>er  gebraucht  toerbe.    ^n   ben  itUjhxn 

to@aIIien$  toor  ober  ba^  x,  i,  belannt,  toie  bie  regula  ad  monachos  bed  9if(^^ 
älurelian  t).  atrleS  (gefi  550)  betoeift;  l^ier  toirb  ed  für  ben  ®otteä)ienfl  ad  tertiam 
am  Ofterfonntag  t)orgef(^rieben  (MSL  68,  393) ;  aber  ed  erfc^eint  bürdend  felbfifiänbig, 
nxäfi  ate  ^fDx\^mm\  bei  einem  @d>it,  fonbem  in  parallele  ju  $falmen  unb  9lntt))Jbonen ; 
ed  h)irb  breimal  nac^einanber  gefungen.    ^enfelben  felbftftänbigen  (Sebrauc^  beS  H.  fte^ 

16  Senebitt  t).  9{urfta  in  feiner  regula  monachorum  t)or ;  l^ier  tDirb  ed  fogor  suppli- 
catio  letaniae  (t)gl.  92ad^n)eife  im  3lrt.  Sitanei)  genannt,  ed  toirb  olfo  bur^^ 
ate  ein  felbftftänbiged  ®ebet  emt)funben.  äßöl^renb  alfo  im  Dften  ia»  x,  l  erfl  f^ 
©elbftftänbigleit  gewinnt,  erfd^eint  ed  im  äßeften  juerfl  im  ®otteftien{l  aerobe  ob 
felbftftänbigeS  @ebet.    Unter  Umftänben  beruht  fogar  ber  ft>ätere  dfUic^e  ©ebroud^  mtf 

ao  n)efi(i(^em  ®in{lu^,  h)%enb  ber  toeftlid^e  ®ebrau(^  ein  !Rieberf(^lag  oud  bem  ^ro^ 
jeffiondgebet  ift  (t)gl.  Srt.  Sitanei).  2)enn  toarum  fmgt  man  gerabe  am  Ofterf imntag  unb  fmtß 
ni(^t  nac^  ber  Siegel  bed  älurelian  bad  Jt.?  ^d^  erinnere  baran,  ba^  ber  Ofterfomtabcnb 
burc^  eine  gro^e  ^rojeffton  au^ejeic^net  toax  (k)gl.  9[rt.  Sitanei).  &at  bad  ettoa  ®mflu| 
auf  bie  ®eftaltung  bed  Sottedbienfted  am  Ofterfonntag  gelobt?  —  äCuf  eine  t)on  ben  ®ri((^ 

36  unobl^öngige  @nttoid(eIung  in  ?lom  toeift  aucb  bie  oft  citierte  ©teile  au§  einem  Siicf 
®regor^  I.  an  ^oi^anned  t>on  ©i^rohid  (ep.  IX  12  MSL  77,  956)  ffin :  ,,Eyrie  eldsmi 
autem  nos  neque  diximus  neque  dicimus  sicut  a  Oraecis  didtur,  qaia  in 
Graecis  simul  omnes  dicunt,  apud  nos  autem  a  dericis  didtur  et  a  popolo 
respondetur,    et  totidem  vidbus   etiam  Christe   eleison    didtur,   quod    apud 

80  Graecos  niülo  modo  didtur.  In  quotidianis  missis  aliqua  quae  did  solent 
tacemus,  tantummodo  Kyrie  eleison  et  Christe  eldson  didmus,  ut  in  bis  de- 
precationis  vocibus  paulo  diutius  occupemur".  9lu^  biefer  ©teQe  ge^  gunoüi 
|ert)or,  ba^  bie  Sateiner,  im  Unterfd^ieb  \>on  ben  ©riechen,  mi^  ben  Stuf  Cbriste  eld- 
son ^aben;  2.  ift  beutlic^,  bag  ®regor  nid^t  an  bad  biafonifd^e  @ebet  benit,  toeil  er  bon 

85  einer  genau  bemeffenen  —  aber  nic^t  angegebenen  —  ^Qi)l  ber  Sittrufe  fjjric^t,  alfo  aud^  ffin 
erfc^etnt  bad  R,  old  felbftftänbiged  ®ebet;  3.  um  möglic^ft  lang  biefed  jbriegebet  ceai^ 
be^nen  ju  fönnen,  toerben  in  ber  täglid^en  3Reffe  lieber  fonft  üblic^  ©tüdre  toeggelofien, 
©tüde,  bie  mit  bem  lt.  organifc^  berbunben  toaren;  aber  ob  fie  fon^  in  9lom  ober  obfie 
k)on  ben  ©riechen  gebrandet  }u  toerben  t>flegten,  gel^t  aa^  ber  ©teJDle  ntc^t  l^erDor.    4.  Sie 

40  ober  ift  bo^  K.  gebetet  toorben?  ©oll  man  bem  @regor  nid^t  gutrauen,  ba^  er  ^ie  6ätc 
beSOftend  falfc^  toiebergegeben  ^e,  fo  lann  er  nur  ein  ref))onforif(^  ober  toed^feltoeiffS 
Seten  btfio.  ©mgen  meinen,  fo  ba^  alfo  ber  ^riefterd^or  ein  ober  mehrere  WUdt  M 
R,  fmgt,  toorauf  bie  ©emeinbe  einfe^t  (berfel^lt  ift  bie  @rtlärung  ber  ©teOe  bei  $ro6fi, 
älbenbl.  3Reffe,  @.  123  f.).    ^ebenfaCd  ^aben  toir  aucb  ^ier  bad  5t  ald  ein  feIB{tfl&ibi0(« 

45@ebet  Dor  un^.  Slud  bem  Ordo  Romanus  I  (ed.  SRabiQon,  museum  itied.  n,  p.9) 
erfahren  toir,  ba^  e^  t)on  ber  schola  folange  gefungen  tourbe,  bid  ber  Pontifex  ein  3<i4^ 
gab  mutare  numerum  letaniae.  SBod  bieg  bebeutet,  toirb  am  beften  oud  einem  tNm 
^uc^edne  (a.  a.  O.  ©.  442)  mitgeteilten  ordo  Ilar:  „Et  dum  compleverlt  soola 
antiphonam,    annuit   pontifex    ut  dicatur   Kyrie  eleison.     Et  didt  scola,  et 

60  repetunt  regionarii  qui  stant  subtus  ambone.  Dum  repetierunt  tertio,  iternm 
annuit  pontifex  ut  dicatur  Christae  eleison.  Et  dicto  tertio,  iterum  annuit 
ut  dicatur  Kyrie  eleison.  Et  dum  compleverint  novem  yidbus,  annuit  ut 
finiantur.''  %x^  biefer  ©teile  gebt  jualeic^  ^ert)or,  ba^  f(^on  im  9.  ^lo^^unbert  (beim 
au^  biefer  3^i^  ^^^  ftammt  bie  ipanbfc^rift)  bad  R.  fogar  neunmal,  unb  nid^t,  ime  man 

66  getoö^nlid^  annimmt,  nur  breimal  (Slmalariud,  de  div.  off.  III,  6)  gefungen  tmobc. 
3)er  öltefte  3^0^  neunmaligen  ©efanged  toar  bi^i^er  iponoriud  \>on  9htüm  (gefi  1120). 
9lod^  ^eute  befte^t  biefer  Sraudj^  in  ber  röm.  3Refjc.  ^m  Mittelalter  erfuhren  biefe  Oett* 
rufe  mannigfache  ©rtoeiterungen  (Sona  p.  486 f.).  äu^  biefem  „9hif"  ^oben  ftc^  « 
3)cutf(^lanb  fur^e  Siebftroj)^en,  religiöfe  Solfölieber,  Seifen  genannt,  gebilbet,  bie  in  unb 

60  au^er  ber  jlirc^e  iDom  $olIe  gefungen  tourben.  —  ^n  ben  fonfUgen  toefSic^  Sitmgicn 


Sttnrgifi^e  gfonneln  555 

crfd^eint  bad  St.  bqto.  bod  miserere  domine  in  ber  matlönbtfc^en  £Uurgte  naä^  bem 
Oloria  in  exoelsis,  nac^  bem  @t)angelium  unb  am  ©c^Iu^,  unb  jtDor  grtec^ifc^,  je  btet^ 
mol  (6ertani,  Notitia  lit.  Ambr.  [1895],  p.  3;  4;  13  unb  43).  S)te  mogarabtfd^ 
Stturgie  fennt  ben  3luf  nid^t ;  nur  in  einer  SKeffe  (MSL  85,  1014)  tommt  Kyrieleison, 
Ghristeleisony  Kyrieleison  \>ox  —  offenbar  römifc^er  @tnflu^  93on  ®allien  l^aBen  6 
toir  gehört;  in  ber  expositio  bed  @ermanu^  bon  $arid  (aefL  576)  ifl  bte  gried^^fd^e 
gfmrmel  bed  Jt.  beldnnt  (MSL  72, 90),  unb  jtoar  tDa^rfd^einli^  al^  felbftftänbigeS  ®ebet ; 
ettooiS  näheres  erfal^ren  h)ir  nid^t,  au6  nid^t  au^  ben  gaQitanifc^en  @aframentarien.  ^m 
Missale  bon  Stotoe  treffen  toir  bod  St.  atö  felbftftänbigen  ®ebetdruf  nur  am  9(nfang  ber 
(Stngangdlitanei  (cyrie  elezion,  t)gl.  SBarren,  The  Liturgy  and  Ritual  of  the  Celtic  lo 
ehuroh  p.  226).  ^efe  geringe  3(udbeute  ift  aUerbing^  no(^  lein  abf(^lie|enber  93eh)eid 
baffir,  ba|  icS  Jt  nic^t  boc^  nod^  l^aufiger  gebraucht  tDorben  ift.  9(ber  ben  @(^Iu^  borf 
man  too^I  luagen,  ba^  9lom  ed  getoefen  ift,  tDO  ber  ^öufiae  (Sebraud^  bed  St.  entftanben 
ifl  unb  fic^  eingÄür^ert  fytt.  —  2U«  S^^^f^^^^f  ^^  biatonifc^en  ®ebet  finben  toir  ba^ 
miserere  domine  m  ber  afrÜanifc^en  Siturgie  (iRac^tDeife  bei  Slietfc^el,  @.  300),  im  u> 
Stowe-Missale  (in  ber  ^rm :  domine,  exaudi  et  miserere,  domine,  miserere,  bei 
SBarren  a.  a.  O.  229),  m  einem  in  ben  ^ften  in  ÜJlailanb  gebröuc^lid^en  Sitaneigebet 
(SBarren  a.  a.  0.  252  ff.,  h)o  nod^  etßd^e  btefer  @ebete  angefilbrt  finb). 

SBBä^renb  bie  Sieformierten  bad  K.  e.  gang  bertoerf en,  l^at  eS  Sutl^er  nad^  bem  Introitus 
beibe^ten,  unb  )toar  in  ber  Formula  missae  (1523,  Opp.  lat.  v.  a.  7,  6)  neunmal,  in  ber  30 
„beutfc^  5[Reffe"  (1526, 6ä  22,  237)  nur  breimal.  ©o  finben  toir  e«  anäf  in  ben  meifien 
httl^.  JtbO  bed  16.3al^r^unbertd  toieber,  in  etlichen  beutfd^,  in  etlichen  gried^ifc^,  lateinifc^  unb 
beutfc^  (92ä^ere9  bei  Stietfd^el,  @.  425),  unb  anäf  l^eute  ^aben  eiS  faft  olle  Slaenben  bon 
httl^.  Z)^.  9)od^  ift  mit  Siecht  t)on  t)erfd^iebenen  SiturgUem  (aule^t  \>on  Slietfd^el  @.  51 7  f.) 
betont  toorben,  ba^  im  beutfd^en  (Sotte^bienft  bie  griec^ifc^e  ^ormel  lein  9i^t  ^at,  unb  25 
bag  femer  ber  93u^f,  h)ie  er  ie^t  auf  ben  Introitus  folgt,  jjeber  SSermittelung  entbehrt, 
ba|er  muffe  il^  ein  Gonüteor  borau^el^en,  ba^  ftc^  bie  @emeinbe  in  bem  beutf^en 
Su^ruf:  „$err  erbarme  bic^''  aneignet  S)iefen  9iuf,  toeil  für  bie  gläubige  @emetnbe 
üibafyaapi  un^Kiffenb,  gan)  )u  bertoerfen,  toie  9l(^elid  t^ut,  fc^etnt  mir  lein  @runb  bor^ 
juliegen.  ao 

6.  2)te®aIutation:Pax  vobis[vobiscum]  —  Dominus vobiscunL 
Sitteratur:  $etru9  ^amiani,  Liber  qui  appellatur  Dominus  vobiscum  c.  Ill  MSL 
145,  233 f.:  «lnrtam.(»rif(t)oi)iu«,  Origines  eccl.  V,  273;  VI,  76 ff.;  154 ff.;  294 ff.  (Pax); 
((aloör,  Bitaale  eocL  I,  468 ff.  (Dominus);  S^al^ofer,  ^anbbu(6  ber  fat^.  Siturgie  I,  503 ff.; 
n,  82.  85.  422;  «^eli«,  ße^rbu*  ber  praft.  X^col.*  I,  396 f.;  587 f.;  SRictfc^el,  fie^rbu«  ber  86 
«iturail  I,  321;  362 f.;  426;  523;  Älicfot^,  «iturgifc^e  «b^anblungen  V[IP],   @.  297; 

yipai«],  @.  304. 

3)er  jübifAe  ®ru^:  fjriebe  mit  bir  (mit  eud^)  V-  ^*^  ober  ö?>  0*®,  beffen  f«^ 
auc^  ber  Auftrug  bebtent  Qo  20, 19.  21.  26;  bgl.  Sc  24,  36),  ift  in  ben  gotte«^ 
bicitftttc^  ®maudf  übergegangen  ci^  Segrügung^formel  bed  ^ifd^of^  an  bie  @emeinbe  10 
beim  SjMtnn  bed  ©ottefttenfted  (bgl.  (SI(;rVfoftomug  bei  93rig^tman,  Liturgies  I,  470,22). 
S>tefer  Srouc^  ift  i^enfaQd  fe^r  alt.  ^te  formet  toanbelte  ftd^  aber  in  elQrjvi]  näaiv, 
unb  in  btefer  (Seftalt  ift  fie  in  ade  Siturgien  eingebrungen.  Sl^ttofoftomud  fennt  beibe 
^rormeln  ober  ric^ftiger  gefagt,  er  tennt  auc^  noc^  bie  urf))rünglid^e.  vtax  ^öc^ft  feiten  fel^It 
borouf  bod  Setoonhim  oer  ©emeinbe,  bejjo.  bc^  ßlj^ore« :  xal  reo  jivevjuan  oov  [et  cum  45 
spiritu  tuo].  ä)ie  Stc/pim  gebrauchen  bie  l^ormel  in  grie(^.  Raffung,  ^iefe  ®ru^f ormel  toirb 
3U  Xnfong  eined  ieben  neuen  (Sebeted  bejto.  9l!te^  im  ©otteftienft  gebrandet;  fo  fte^t  fie 

t  9.  in  ber  ÜRanudliturgie  je^nmal.  äluc^  Dor  ber^rebigt  toar  fte  üblic^  (6l(;rVfoftomud, 
om.  III  in  ep.  ad  Coloss.  n.  4).  ^a^  ftc^  ba^  9tef))onfum  m^  2  ^i  4,  22  gebilbet 
l^abe  (9lietf(^el,  Siturgil  I,  363),  lann  man  nic^t  bel^aupten,  benn  bie  ^ormel  ßiezä  60 
zov  Ttpevfjuxtog  ijucbv  fte^t  au4  ®a  6,  18;  5P^i  4,23;  ^ßlS^il  25  (fämtlidje  ))aulinifd^e 
Scgendformeln  {ufammengeftedt  bei  b.  b.  @o%  bad  @ebet  in  ber  älteften  Si^riftcni^^eit 
©.  115).  SÄenfatt«  ift  biefe  gormcl  aber  gar  nic^t  allein  auf  eine  ntl.  ©teile  ober 
auf  $aulud  )urüd()ufü^en,  fonbem  fte  ift  toa^rfd^einlid^  auc^  fonft  gang  unb  gäbe  getoefen. 
3m  SBefien  ^fielt  man  junäd^ft  toeitl^tn  nodS^  an  ber  urf^jrüngli^en  gormel  feft:  Pax  66 
Yobis.  3^^  öw^  bw  Seftimmung  ber  ©^nobe  ju  §ij)j)0  393,  can.  1,  „ut  leetores 
populum  non  salutent"  (33run«,  Canones  I,  136),  erfahren  toir  ntc^t,  toie  bie  ©rufe« 
formel  gelautet  ^t,  toobi  aber  totffen  toir  an^  3luguftin  (de  civit.  Dei  22,  c.  3  n.  23) 
unb  caa  Dpiam  b.  ^Jltlebe  (de  schism.  Donat.  III,  10),  bafe  ^u  i^  ßeit  bie 
Qhulfonnd  pax  vobiscum  gelautet  ^at.    2)ad  pax  vobis  bejeugt  auc^  ^mbro)tud  (de 


556  SUitrgif^e  Bfmitdit 

dignit.  sacerd.  §  2).  9(u(i^  ba^  ft>öter  toenigfienS  ber  Sifc^of  noc^  am  Sinaong  b<tf 
pax  vobis  f))red^en  barf  (f.  unten),  tft  ein  SetDeid,  ba^  urfptüngltc^  ouc^  in  9tom  biefe 
%oxmd  in  ®ebrau(^  mar.  3lun  tft  i^r  aber,  l^öc^ft  maj^rfd^einlic^  im  SBeften,  eine  Jlmu 
mrrentin  entftanben  in  berigormel:  6  xvgiog  fuxä  ndvtwv  vfubv  (2  ^  3, 16),  toorauf 

6  na(^  tDie  ))or  mit  xai  jueiä  rov  nvev^atog  oov  geantwortet  tDurbe.  S)iefe^ormd  enterte 
ftd^  gunäd^ft  bie  ©teile  am  Eingang  ber  ^räfotion  t)or  bem  sursum  corda.  06  man  biefe 
^ormel  für  ))af[enber  unb  für  bem  t^olgenben  entft>re(^enber  l^ielt  old  bie  frühere?  ©leid^knd, 
oxK  biefer  ©teile  ftel^t  fte  fdbon  in  ben  canones  Hippolyti  (lU  VI,  4  ©.  48  u.  Sietel, 
ftirc^enrec^t^ueHen  ©.  202),  unb  )h)ar  griec^ifd^,   im   Sacr.  Oelasianum  (ed.  Wi\tm, 

10  p.  71 :  Dominus  vobiscum)  unb  ebenfo  im  Gregorianum  unb  im  ordo  Rom.  I 
(3Jlabiaon,  Mus.  ital.  II,  25).  ^ie  ältefte  mailänbifc^e  Siturgie  ^  biefe  ^ormel  ebenfalb 
fd^on  unb  }toar  nur  biefe  (Seriani,  Notitia  lit.  Ambrosianae,  p.  6  n.  22).  SBod  ober 
bad  3Rerth)ürbigfte  ift,  biefe  ^ormel  finbet  fid^  ou^nai^m^Iod  aerobe  an  biefer  ©tdle  toiebcr 
in  ben  ög^t>tif(9en  unb  ben  ätl^iot>ifc^en  Formularen;  t)gl.ä3rig|tman,  Liturgies  I,  125,7: 

16  164, 15;  228,  4;  463, 19;  aeg^t)t.ÄD  311  VI,  4,  @.  48;  testam.  Jesu  ed.  SM^mam 
p.  39  u.  183  (bgl.  ©tÄr  1901,  149);  3lenaubot,  Lit.  Orient,  coli.  I,  13;  39;  131. 
@^  lann  nid^t  jtoeifel^aft  fein,  bag  bieg  fein  nufäQiged  3^1^*^^^^^^  ^t  fot^em  ba|$ 
bieg  auf  Seeinfluf[ung  beruht,  benn  bie  ^rifd^en  unb  b^jantinifc^en  Formulare  jetgcn  tnm 
biefer  ©alutation  jfeine  ©t>ur.    Ob  ber  äBeften  bobei  gebenb  ober  umgelel^rt  em)>fanaenb 

ao  tDar,  mag  l^ier  uner5rtert  Bleiben.  2)a^  aber  gerabe  im  SBeften  biefe  gf^rmd  ben  tiqrfien 
unb  breiteften  S3oben  gefunben  l^at,  ba^  betoeift  bie  mojarabifc^e  Siturgte,  in  ber  |k( 
burd^toeg  bie  ^ormel:  Dominus  sit  semper  vobiscum  finbet,  bie  übngend  an  ber 
einjigen  ©teOe,  too  ®ermanud  t)on  $arig  überl^au))t  t)on  ber  ©alutation  ftmc^t,  oud^  bei 
il^m  toieberfe^rt  (MSL  77, 89  B).  S)a^  bie  formet  in  biefer  ertoeiterten  ©eflolt  aber  auf 

26  ber  einfad^en:  Dominus  vobiscum  beruht,  ergiebt  ein  Jtanon  ber  ©i^nobe  Don  Sroga 
563,  auf  ben  Xoxx  fofort  ju  f))re(^en  fommen  müf[en.  ®r  lautet:  „De  salutatione: 
Dominus  vobiscum.  Item  placuit,  ut  non  aliter  episcopi  et  aliter  presbyteri 
populum,  sed  uno  modo  salutent  dicentes  :  Dominus  sit  vobiscum,  siout  in  übro 
legitur  Ruth,  ut  respondeatur  a  populo :  Et  cum  spiritu  tuo,  sicut  et  ipsis  apostolis 

80  traditum  omnis  retinet  Oriens  et  non  sicut  Priscilliana  pravitas  permutavit" 
(93run^  a.  a.  0.  II,  34).  tiefer  5lanon  giebt  und  alfo  toeiter  bat>on  Jlunbe,  ba|  offenbar  bie 
alte  formet :  pax  vobis  toiebcr  aufleben  tooQte,  nac^  bem  äSorgang  ber  ^ri^iQianiflen,  unb 
jtoar  in  ber  SJeije,  ba^  bie  eine  gormel  ben  Sijc^öfen,  bie  anbere  ben  $redb^tem  ju* 
getoiefen  tourbe.    ^abei  ift  l^öd^ft  toal^rfc^einlid^,   mit  Berufung  auf  ben  ö^id^en  Srow^, 

86  bad  9llter  unb  bamit  bie  2Bürbe  ber  ^ormel:  pax  vobis  in  gel^örigeiS  Sic^t  gerüdCt  h>orben, 
um  fte  ben  Sifd^öfen  gujufc^reiben.  %\z  ©^nobe  bleibt  bem  gegenüber  bei  ber  l(feimif(^ 
^ormel  unb  i^rem  @ebrauc^  unb  fü^rt  bafür  i^re  (Segeninftanjen  an.  Über  ben  9rau4 
in  9{om  )ur  bamaligen  ^Äi  lä^t  ftd^  aud  biefem  Jlonon  nid^td  entfc^eiben.  ®id^  '^ 
\>a%  9{om  ben  ®ruj^  pax  vobiscum  nid^t  ganj  ))rei^egeben  l^at,   toäl^enb   er    in  bet 

40  mailänbifc^en  unb  in  ber  mojarabifc^en  Siturgie  gänjli^  k)erf(^tounben  ifL  2)al^  loim 
man  taum  annehmen,  ba^  bie  neue  ^ormel  dominus  vobiscum  t)on  9lom  oudge^angen 
ift.  ^ier  Ifdi  nämlid^  ber  93raud^  ©efe^edfraft  erlangt,  ba^  nur  ber  Sifc^of  am  @mgang 
ber  3Kef(e,  unb  jtoar  nur  ax{  ben  Sagen,  an  benen  bad  Gloria  in  ezcelsis  gefungen 
toirb,  ald  (Singang^nig  pax  vobiscum  gebraud^en  barf,  toäl^renb  er  an  anberen  Xogo 

46  unb  ftetd  auc^  an  allen  anberen  ©teilen  ber  37{ef[e,  too  eine  ©ru^formel  ftel^t,  mit  domioos 
vobiscum  }u  grüben  l(;at.  ^er  äiriefter  barf  fu^  überbau))t  nur  biefer  (enteren  gönnet 
bebienen.  2Bann  biefer  Srauc^  aufgefommen  ift,  ift  nid^t  feft)u[teQen.  (Sin  ordo,  ben 
2)u(^e«ne  (orig.  du  culte  chr^t.',  p.  439  ff.)  mitteilt,  l^t  berettd  biefe  Drbnung  (»gl. 
©.  442).    Slber  toie  alt  mag  biefer  ordo  fein?     3)uc^e«ne  fdj^toanlt  jjtoifc^  ber  3* 

60  um  800  unb  f))äter ;  bie  §anb|c^f t  ftammt  au^  bem  9.  göl^'^^unbert.  (gin  SJtief 
Seo«  VII.  Don  936  (bei  §lartönc.  De  ant.  eccl.  ritibus  II,  4.  art.  3)  bQeugt 
un^,  einmal,  ba^  um  biefe  ^z\i  in  9lom  ber  beft>roc^ene  93raud^  otö  fejl  eingelour)dt 
galt  —  bag  alfo  $etru^  ^amiani  a.  a.  O.  eine  salutatio  episcopalis  unb  eine  sial. 
sacerdotis  unterfc^eibet,   fann  un^  nic^t  tounbem,   ba^  @Ieid^e  finbet  ft(^  miif  bei  AI- 

66  cuin,  de  div.  offic.  c.  XL  (opp.  Alcuini  ed.  Proben  tom.  II,  p.  498b)  — 
fobann,  ba^  in  @allien  unb  ^eutf(|lanb  um  biefe  3^  bie  römifc^e  ©itte  no(^  nic^ 
burd^gebrungen  toar.  dagegen  finbet  ftd^  in  einer  expositio  missae  ox&  einer  $anb< 
fc^rift  be«  Klofter^  ginfiebel  a\x^  bem  10.(?)  ^a^r^unbert  folgenbe  intereffonte  Stelle: 
„Post  introitum  praecedunt  laetaniae    salutationem  presbyteri    ad    populum; 

60  cui  et  populus  pacis  respondet  verbum''  (©erbert,  Monum.  lit.  Alem.  II,  291  b). 


Stttttgif^e  gfonneltt  Sinbgentd  557 

SSä^renb  fonfi  in  bem  Bett.  aiBjd^nitte  nur  bom  sacerdos  bie  Siebe  tft,  erfd^eint  ^ier 
bfc  terminus  technicus :  salutatio  presbyteri  b.  f).  eS  ift  beutlid^  bamtt  bie  ^ormel 
dominus  vobiscum  Beneid^net;  bag  btefe  ^ormel  aber  nod^  ol^  ungemö^nlic^  gilt,  ge^t 
aitd  bem  ^olgenben  l^or:  bad  äSoIt  foU  barauf  mit  bem  verbum  pacis  antworten, 
b.  ^.  mit  berfelben  f^rmel,  toie  auf  bem  betannten  ®ru^:  pax  vobiscum,  nämlid^:  6 
et  cum  spiritu  tuo.  S)en  S^f^^i^^  ^^  Übergang^,  in  toeld^ent  bie  %xa^t,  ob  pax 
Yobiscum  ober  dominus  vobiscum  t)om  $rte[ter  gebraucht  toerben  bürf  e ,  jetgen  beutlid^ 
bie  SudfO^ngen  bed  Smalariu^  bon  SRe^  (geft.  c.  850),  de  offic.  eccl.  III,  9  (MSL 
105,  1115 f.).—  3)ie  SReformation  ^at  bie  übliche  ©alutotion:  „5)er  §err  fei  mit  euc^" 
iidbfl  9lef})onfum  beibehalten.  2aÜ)tt\)at  fie  freiließ  in  ber  Formuiamissae(1523)(Opp.  lo 
lat.  V.  a.  7,  8)  nur  bor  ber  $räfation,  nid^t  na(^  bem  Oloria  ertoäl^nt,  in  ber  „beutf^en 
SReffe"  (1526)  bot  er  fie  gang  übergangen.  3^i"dl^  bagegen  l^at  in  feiner  „9lhion  ober 
Srottd^  bed  3iaa^ttn(äfl9"  (1525)  ben  @ruft  am  Eingang  nac^  bem  Gloria,  nic^t  aber 
Dor  bem  SDbenbmal^l  beibehalten.  2)iefer  le|tere  S3rau(^  finbet  fid^  auc^  in  ben  meiften 
lutl^enfc^  AOO  bed  16.  ^al^rl^unbertd.  SDie  ^ilbe^^eimer  HD  bon  1544  erKärt  bie  u> 
Solutotion  an  biefer  ©teue  für  unnötig.  9U^  ^uriofum  fei  ertoöl^nt,  ba^  in  einer 
Sui^obe  ber  ©tro^burger  RD  bon  1526  ber  ^riefter  oQein  fmgt:  „^er  ^err  fei  mit 
euc^  unb  mit  feinem  ®eifte".  9Iad^  ber  9tigaer  9^  bon  1537  ref))onbiert  bie  (Semeinbe: 
„Und  gefd^e  nac^  beinem  SBort''.  äßenn  bie  neueren  lutl^.  Sgenben  bie  ©alutation  nac^ 
bem  Oloria  unb  bor  ber  itoUelte  beibel^alten  ^aben,  alfo  mitten  im  @ottedbienft,  fo  ift  ao 
bad  nic^t  )u  red^tfertigen,  aud^  bamit  nid^t,  ba^  baburd^  ber  @emeinbe  gum  Setou^tfein 
gebrockt  toerbe,  ba^  nun  ein  neuer  ^eil  bed  ©ottedbienfteiS,  nämlic^  ber  ^rebigtteil  be* 
ginne.  Ser  ®ru^  leiftet  eben  bad  nid^t.  äSiele  neuere  Siturgüer  (älc^elid,  Saf[ermann, 
httj^laQ,  ©menb,  @p\iia)  finb  ber  SReinung,  ba^  er  gu  befeitigen  fei.  darüber  mag 
man  flretten,  bagegen  foUte  barüber  unter  ben  Siturgüem  fein  ©treit  me^r  fein,  ba^  ber  26 
Sru^  nur  berßonblic^  ift  am  Anfang  bed  ©ottedbienfted.  ^retoi». 

Sfaibgentd,  ber  ^eilige,  geft  809.  —  ßitteratur:  Dr.  ®il^.  a)iefamp,  S)ie  Vitae 
&  liudgeri  in  ben  (^fd)ic4t9qiieaen  beS  Sidt.  fünfter.  IV.  »b.  fünfter  1882;  ^üftng, 
5Der  ^I.  fiiubger,  fünfter  1878;  SingSmann,  2)er  ^I.  Siubgeru«,  ^(poftel  ber  ^riefen  unb 
6ac6fen,  gfreiburg  i.  ®r.  1879 1  @mtl  ßnobt ,  ßtr4engefct)i(f)tt.  Stiggen.  Sturm,  ^n^gar,  so 
£iubger,  mttx^lol  1900;  9iettberg,  ^irc^engef^.  ^eutfdilanbd,  II,  421;  ^aud.  ^irc^enflefc^. 
3)eutf(^lanb*,  11,  317 ff.  369 ff.;  SRlcftt^ofen,  Unlertudiungcn  über  griefifdje  SRccftldgcf*.,  11,1, 
Serlin  1882,  @.  376  ff.  398  ff.  ^ie  GueSen  für  bie  SebenSge{(f)ict)te  j^^iubgerd  fjat  neuerbingS 
Dr.  fBil^elm  ^ietatni)  ooüftänbig  unb  mit  groger  ©orgfalt  herausgegeben,  ^auptqueüe  ift 
bie  l3iograp(ie,  meiere  ein  9{effe  Stubgeri»,  ^Itfrieb,  ber  britte  $i{(6of  Don  fünfter  (889  bid  86 
849),  auf  ärunb  oon  d^a^ric^ten.  bie  er  bei  Slugenj^eugen,  namentltd)  in  bem  ^ertoQnbten« 
fretfe  £iubgerd,  eini^og,  f^rieb  (abgebrucft  AA.  SS.  Boll.  Mart.  III.  642 ;  fieibni^,  Scriptores 
1,85;  $er(,  MG.  Sa  II,  405,  am  beften  bei  2)iefQmp  a.  a.  O.  p.  Iff.).  9(u6erbem  befi^en 
wir  noib  eine  II.  unb  HI.  Vita,  bie  belbe  ©eorbeitungen  jener  älteren  finb.  JJür  bie 
Vita  II  finb,  nacbbem  2)tetamp  nac^getoiefen,  bag  ba^  biöl^er  )U  i^r  gered^nete  II.  ^u^  oieU  lo 
ne^r  }ur  Vita  III  gehört  unb  bamit  ber  @)runb  toegföat,  fie,  nie  bis  je^t  angenommen, 
nac^  bem  Sa^r  864  ju  legen,  mo^I  bie  erften  Sa^re  nac^  850  als  (Sntfte^ungS^eit  an^une^men. 
6te  ift  DoQftfinbiger,  bietet  bereits  mancfteS  Sagenhafte  unb  Srrige,  aber  au4  ^ie  unb  ba 
nod)  ein  bea^tenSroerteS  2)atum.  ^ie  Vita  III  ift  uon  ben  ^öndjen  beS  S^lofterS  $Berben, 
einer  Stiftung  StubgerS,  )ur  $ert)errlic^ung  i^reS  Stifters  na(6  864  Derfagt  unb  bereits  ein  45 
gut  %til  fagen^ofter,  Don  einer  r^^t^mifdien  Bearbeitung  Ratten  bie  SoQanbiften  (a.  a.  £). 
p.  660)  bereits  Qruc^ftücfe  mitgeteilt,  ^iefamp  giebt  fie  gan^.  Sie  ift  t)on  einem  ^önd)e 
in  fBerben  c  1141  oerfa|t  unb  ent^ölt  bie  in  Serben  fortgepflanzte  ^rabition  überfiiubger 
mit  bem  maS  ftci  fpfiter  ber  Sage,  namentlich  über  bie  Bedienungen  fiiubger«  ^um  Bistum 
^Iberftabt,  angelegt  §at,  unb  ^at  nur  ^ert,  fofem  eS  uon  ^ntereffe  ift,  biefen  SagenfreiS  so 
|it  überbliden.  Se^r  mertooU  ift  bagegen  baS  oor^anbene  Urfunbenmaterial,  namcntli(6  bie 
urfunben  beS  ftlofterS  Sterben  bei  iOacomblet,  Urfiinbenbuc^  für  bie  ®ef4id)te  beS  iRieber« 
r^tn«  (3)uffelborf  1840),  ogl.  auc^  (£rt)arbt,  Regesta  Westphaliae,  I.  ©b, 

Siubger,  über  beffen  ^amilienber^ältniffe  älltfrieb  auSfü^lid^e  3lai^ni)itn  giebt,  mar 
bon  Seburt  ein  ^efe.  ©ein  @rogt)ater,  SQurftng,  in  ber  @egenb  t)on  Utrecht  begütert,  66 
toor,  bun^  Aihiig  9tabbob  bertrieben,  inS  fräntif(|e  ?leid^  übergeftebelt  unb  bort  S^rift 
gekoorben.  Xud^  nac^  ^eSlanb  jurüdEgefe^rt,  blieb  bie  ^milie  bem  S^riftentume  treu, 
namentlid^  loaren  SiubgerS  @Item,  fein  SSater  X^iabgrim  unb  feine  3Jtutter  !^iafburg, 
eifrige  (^nrißen,  ben  griefen=SlpofteIn  SQäiHebrorb  unb  33onifatiuS  befreunbet.  2)aS  ©e« 
burt^ja^  Siubgerd  (a|t  ftd^  nur  annöl^emb  beftimmen,  er  felbft  erjö^It  in  ber  bon  i^m 
berfa|ten  Vita   feinet  Sel^rerS  @regor  (c.  14),  er  ^be   ben  SonifatiuS   „candidui 


558  Siitbgent» 

canitie  et  decrepitum  senectute"  nod^  gefe^en.  ^onad^  mu^  Stut^erd  ®eBttrt  ettoa 
in  bie  40  er  ^cä^xt  bed  8.  ^al^rl^unbert^  faQen.  ©eine  Silbung  erfielt  er  auf  ber 
(Schule  in  Utrecht,  tDO  bamold  nod^  ®regor  tDirfte.  9}on  bort  ging  er  Mm  767  (mu^ 
biefed  ^ol^r  ift  noc^  nic^t  ftd^er)  auf   ein  Sf^r  nod^  Dort,  geno^   bort  ben  Unterrk^ 

6  9Qcuind  unb  tourbe  jum  S)iaIon  getoeil^t  ^ad^bem  er  f})äter  no^  einmal  bort  bertoeilt 
l^tte,  tourbe  er  nad^  feiner  Slüdle^r  bon  bem  iRad^foIger  besi  ingtoifd^  k)er{ior6enen 
®regor,  äOberic^,  jum  aRiffu)n^bienfte  in  ^e^lanb  bertoenbet.  W&  9Ubertc^  777  in  itöln 
uun  Sifc^of  bon  Utrecht  gemeint  tourbe,  erl^ielt  Siubger  (too^rfc^einlic^  gleichzeitig)  bie 
äBeil^e  ald  ^reiSB^ter  unb  toirlte  nun  faft  7  3^re  ald  ^riefter  an  ber  Xobeiftotte  bcd 

10  Sonifatiu^  in  S)o(Ium,  jeboc^  jo,  ba^  er  in  jebem  ^a^e  bie  3  ^erbftmonate  in  Utrcc^ 
atö  Seigrer  an  ber  bortigen  ©c^ule  jubrac^te.  @in  SinfaQ  ber  ^c^en  unter  SBSibidinb 
gerftörte  (784,  nid^t  toie  9li(^tl^ofen  II,  1,  386  annimmt  782  t)gl.  ^oud  II,  318  anm.) 
biefen  SBirfung^freid,  Siubger  tourbe  t)ertrieben  unb  Begab  ftd^  xuia^  9iom  unb  SRonte^ 
caffino,  too  er  2Vi  ^ol^re,  ol^ne  felbft  9R5nd^  gu  toerben,  bad  Jttofterleben   lennen  lernte, 

16  too^l  fc^on  felbft  mit  bem  (Sebanlen  einer  Höfterlid^en  Stiftung  Befc^äftiat  ^uxüdQMftt, 
tourben  i^m  Don  Jlarl  b.  ®r.,  bem  er  burc^  Sllcuin  em)}fol^ren  toar,  oie  fünf  friefif«^ 
®avi^  $ugmer(^i,  $unu^a,  ^ibilga,  ®mi^a  unb  ^iritga  unb  bie  Qpäitt  untergegangene) 
l^nfel  Sant  aU  neuer  SBii^ungdfrei^  angetoiefen,  in  toeUbem  er,  ber  frieftfc^  S^rac^ 
möd^tig,  mit  Befonberem  @egen  arbeitete,  feine  äßirlfamxeit  aud^  nod;  barüber  ^inaud 

20  nad^  ^ofetedlanb  ($elgolanb)  au^el^nenb.  SBie  öbnlic^e  Einrichtungen  öfter  Dorlommen, 
l^tte  tl^m  Jlarl  aU  geftd^erten  ?lüdE^alt  für  feine  SKiffiondtl^Kitigfeit  bie  Slbtei  Sotufa  (u» 
toö^nlid^  berftel^t  man  barunter  Seuge  bei  Xoumav  im  ^ennegau,  bieZrabition  iniSoper 
SQSerben  nimmt  aber  3^^  Bei  Xermonbe  an,  unb  ba^  biqe^  ba^  rid^tige  ift,  borauf  fc^ont 
ber  Umftanb  ^ingubeuten,  ba^  äßerben  bort  im  10.  ^iai^r^unbert  no$  ®runbBe{t|(  ^olte) 

26  angetoiefen.  iRaäbem  bad  @a(^fenlanb  fotoeit  Beruhigt  toar,  ba^  an  bie  Srric^tim^  inm 
SiMmem  gebacpt  toerben  lonnte,  tourbe  Siubger  für  ba^  füblic^e  SEBeftfalen  beßnnmt, 
unb  i^m  ate  Bifd^öflid^er  @i$  ÜJlimigemaforb  (ober  üRimigarbeborb,  bie  crftere  gform  ip 
bie  ältefte)  angetoiefen,  ba^  nad^Berige  9Rünfter.  ^ie  jtoeite  Vita  erjö^lt  (I,  17),  bor^ 
fei  i^m  bad  93Utum  ^rier  angeboten,  er  ^abe  ed  aber  mit  Sefd^eiben^eit  abgelehnt,  eine 

80  iRoti},  bie  tool^l  richtig  fein  tann,  ba  in  biefe  3^  ^^^^  SSalang  t)on  Xrier  jtoifd^  SBio^ 
mab  791  unb  9lic^bob  794)  föQt.  2)em  ^avüpMU  ber  S)iöcefe  SRünfier  im  ffibG^ 
SBeftfalen  tourben,  obtool^l  örtlich  babon  getrennt  (ein  feltened  Seift>iel  örüic^  Xremntng 
einer  S)i(>cefe),  jene  fünf  friefifd^en  @ant,  in  benen  Siubger  früher  getoirh  ^otte,  beigelegt 
(t>gl.  S.  b.  Sebebur,  3)ie  fünf  münfterfd^en  ®aue,  Serlin  1836).    3)a«  3a^  ber  SKW^f* 

36  toei^e  SiubgenS  unb  bamit  bad  ber  eigentlichen  (Stiftung  t)on  SRünfter  la|t  fic^  nic^ 
genau  beftimmen.  ^m  Januar  802  (t)gl.  bie  Urhmbe  Bei  Sacomblet  I,  23)  ^^  er 
nad^  älbbo^,  in  einer  Ununbe  t)om  23.  9l))ril  805  (Sacomblet  I,  27),  jum  erfienmal 
episcopus.  93on  ber  bifc^öfltd^en  S^ätigteit  Siubger^  toif[en  toir  toenig.  Xn  feinem 
Stfc^of^ft^e  erbaute  er  ein  SRünfter  für  ftc^  unb  feine  JUerüer  („honestum  monasterium 

40  sub  regula  canonica  Domino  famulantium'',  fagt  SUtfriä),  toal^c^einKc^  auc^  Me 
9)?arientird^e  }u  Übertoaf[er  (trans  aquas).  @eine  $aut)tftiftung  ifi  ia9  Jttojter  SEBesben 
an  ber  9tul^r.  @d^on  balb  nad^  feiner  diüM^\)x  fammelte  er  bagu  ©c^et^ngen,  bie  er  auf 
t)on  9lom  mitgebrad^te  Sleltquien  au^fteQen  lieg,  bxi  er  bann  \>cS  itlofter  felbft  fiiftctt 
äBann  bied  gefd^ei^en,  ift  nid^t  mit  @ic^er^eit  ju  fagen.    @ine  UiriEunbe  t)om  1.  3Rai  801 

46(bgl.  Sacomblet  I,  19)  ift  batiert  in  2)ia)>anbeci  (ber  frül^ere  9lame  bedOrted,  ben  Siubger 
bann  SBereti^tnum  nannte)  in  ripa  Rurae  ad  reliquias  s.  Salvatoris  et  S.  Mariae. 
^amal^  fd^einen  bie  Sleltquien  alfo  bereite  eine  fefte  @tätte  gef unben  )u  ^en.  äßir  be« 
ft^en  oon  Siubger  nur  bie  fd^on  oben  ertoälj^nte  Vita  feine«  Se^rer«  ®regor  (AA.  SS.  BdL 
Aug.  V,  254).    9{ad^bem  er  nod^  an  bemjelben  3^ge  in  SiüerbedE  eine  3Reffe  getefen, 

60  ftarb  er  bort  am  26.  9Rär;^  809.  @eine  Seiche  tourbe  guerft  in  ber  äJlarienlm^  » 
Uebertoaf[er  in37lünfter  beigefe^t,  bann  nad^SBerben  gebrad^t,  too  fie  balb  badg^bieur 
^Pilger  tourbe. 

^ie  f))atere  ^At  \)ai  bad  Seben  Siubger«  mannigfad^  mit  @agen  umflochten.   Um 
i^n  für  ben  93enebifttnerorben  gu  getoinnen,  ift  er,  tro^  ber  beftimmten  Sngabe  SUtfricb^ 

66  er  f)aht  ba«  3Jlönd(^elübbe  nie  abgelegt,  jum  ^enebiltiner  gemacht  (AA.  SS.  o.  a.  £X 
@.  640).  @r  f od  äBibutinb  getauft  unb  biefer  bon  il^m  ben  vUmm  Siubger  angenonmiei 
l^aben.  @ine  Bpux  bobon  finbet  fic^  noc^  im  9Iibelungenltebe,  too  ber  Sac^en^ery^g  in 
ber  III.  aventiure  „LiudegSr"  l^eigt.  @nblid^  \)at  bie  @cige  Siubger  Didfac^  m  kie 
ältefte  @e{dbic^te  be«  Si«tum«  ^alberftabt  hineingezogen.  @ein  iBruber  ^ilb^gtim  foO  bei 

CO  erfte  Sifc^of  bon  ^alberftabt,  er  felbft  ber  ©rünbcr  be«  Siubgeriftift«  in  ^mßäbt  fe». 


S)aö  aüti  ift  Sage,  lui«  benn  auä}  aitfricb  nti^tö  baoon  tiicife.  ©egentuärtig  borf  olä 
au^emactit  gelten,  bag  Siubgei  mit  ^al&eiftnbt  in  gar  (einet  ^cjie^ung  ftcE)t.  @r  ift 
äii«  3Jiinbcn  unb  ben  ^eilflou  nit^t  (jinauggEfoinmen  unb  ^at  ebentoWenig  baS  £iubgen= 
IHft  in  ^elmftäbt  gegtünbet,  als  |ein  Sniber  ^itbegtim,  bcti  \m  nur  alä  ©ififtof  B"" 
G^bnä  unb  ali  Slettor  bon  !:!ltei;ben  lennen,  ^J3i{i$i>f  ucm  ^albeiftabt  geKeftn  ift  ^aö  e 
Siubgeriftift  mag  etloa  im  älnfange  beä  10.  l^i^t^unbeitä  entflanben  {ein,  bieUeic^t  aii 
Aotonie  von  Serben,  jebenfoUä  ^atte  ti  £iubgei  jum  Patron.  3Iuä  bem  ^atron  tonnte 
bann  tn  biejem  ^aüt  um  \o  leidster  bei  ©tiflec  merben,  aU  0iIbegiim,  ber  ^nibet 
SubgeiÄ,  in  btt  ^Iiobition  jum  erflen  Sift^of  Bon  ^olfeerftabt  getoorben  loar.  2lui^  3)ie= 
lam})  (Q,  a.  0.  p.  CXV)  Bertbirft  bie  Itabilion  otg  ungegiünbet.  ®.  U^l^gin  f.     lo 

ßiubV'onb,  gcft.  um  970.  —  Liudpraudi  opp.  ed.  ¥«»&  MG  BS  3.  264—363;  in 
asum  scholarum  1»39,  neue  HuSgabe  Don  :Cüinnilei:  1877,  8°.  lleberfeßt  (ble  f(nta))ubp|i3 
tn  SuSjug)  Dom  Sr^rn.  Karl  bon  bec  Cften^Saden.  mit  Sinleilung  uoii  Satienbac^,  in 
btn  (»ejc^iitlldireibeTn  bei  beuijdien  Sjorjtil  10.  3al|rl|unbtrt,  2.  Sb,  1853',  Stöplt,  De  vitiL 
et  scriptjs  Liudprandi,  1842;  ftöt)l«.  »dtrflac  jur  lejthitit  S.fl  im  3i«  VIII  ©.  49Ff-;i6 
a  D.  «flnre,  aöellflefdiicfttc,  VIII  ©.  634f(.  äBtilere  Uttleralur  |.  bei  9Balltnboil),  lleuii^e 
•(((^Ic^tlqueDen,  6.  Slufl.,  1,  423— «8,  »cilin  1893. 

Siubliranb,  be|{en  Streiften  ju  ben  etften  ®c!c^ic^t*iuenen  beä  10.  Safir^junbertS  gei 
^Tcn,  »or  ein  Italiener  auä  »ome^mein  langobarbij^ein  ®^ä}lid}t.  31m  §o|  lu  *ßabio 
aaä^ibiüitt,  ^og  er  bort  früt)  bie  2lufmerf|Qmfeit  beS  fiönigS  §ugo  auf  Tittl-  3ijir  finben  20 
i^n  bann  im  ^ienfte  beä  fionig*  SBerengar,  alä  beflen  Aan^Ier.  Sm  ^ai}K  949  ging  er 
im  äluftrag  beS  Jlbnigä  nad;  Jtonflantino))^:.  ©päter  tarn  tS  ju  iDii^^enigEeiten  jlcifc^cn 
i^m  unb  bem  Äünig;  er  ging  nun  nadf  ^Jeutf^tanb  an  ben  §01  Dltoa  I.,  ber  itjn  im 
So^re  962  jum  Sifc^bfe  bon  Grcmcna  erljob.  ^m  ©cmmer  968  unternahm  er  [eine  jlbeite 
®e|anbtfc^ftäreife  nac^  jfonftanlino))«!,  um  im  äluftrage  bti  Ra\\ni  für  Otto  II.  um  bie  as 
ßanb  einer  griet^iit^cn  ^Piinjeiiin  ju  toerben.  Seine  brei  übrigenä  unoollenbeten  SBerle 
JMib:  1.  Antapodosis,  eine  @ef^ii^läerjä^[ung  mit  bem  ^^be^,  bai  i^m  Ibiberfaijrene 
fflöfe  unb  ©Ute  ju  bcrgeltcn,  fpejiett  gegen  Serengar  untefflilla  geritzt«,  bon  887—949, 
2.  Liber  de  rebus  gestis  Ottoiiis  magni  imperatoris,  (Srjä^Iung  nur  aai  ben 
3a^en  %0— Ö64,  3.  Relatio  de  legatione  Constantinopolitana,  »0  ber  ißerfaffer  so 
Sioutteeiber  um  I^eop^ano  toar,  968—969.  Siubpianbö  St^riften  jie^en  burc^  baö 
ftaife  fubjehibe  dlemenl  an,  baä  i^nen  eignet;  aber  barin  liegt  auf^  bie  Sd^tanle  ifycti 
SEßerteä  ulö  gelc^ic^tlid)«;  Duellen.  Sc^on  ber  3:itel  beä  $aul>tffierfä  jeigt,  bag  er  ni6t 
bie  Slbfu^t  beglc,  einen  nur  buri^  bie  ^orbetung  bet  SKia^r^aftigteit  be^enic^ten  SBetic^f 
gu  geben.  Ueterbie*  erjÖ^Ue  er  V'Kl\aä)  nac^i  miinblitlfct  Runbc  unb  ^ielt  et  für  not=  b6 
toenbig  bie  ©efc^ii^te  nobelliftifd)  i|U)uftu|en.  3Ja«  atte«  beWirtie,  bafe  bieSt^tiften  biefefi 
«tteiläfo^igen  unb  in  Diele  Sier^öltnfle  eingcWei^iten  ^Eitgenoffen  für  bie  ©efc^ic^te  (einet 
3eit  nut  [ehinbären  Siiett  ^aben.  3.  ffitiftfarfcr  f  ($aud). 

£tOing^cinc,    Slabib,    gcft.    1873.    —    Eitleratur;    L.    Missionary  Travela  and 
BeBearchefl   in    SJouth  Afriea,    ijonbon  1857;    Espedition   to  the  Zaniliesi,   Sonbon  1865;  *0 
I^tat  Journala  in  Central  Airita,  Sonbou  18^0;  $.  SIR.  Stanlei),  How  I  fouad  L,    fionbon 
1672.     Son   ben    jab(rddien  Siograpliien  £.0    iei    nur    bie    bcbeiitcnbfle    genannt:    Slaitie, 
Pereonal  life  of  David  L.,  Sonbun  1880,  beutit^  oon  3)ent,  ©ülerälot)  1881. 

^abib  Sibingftone  mürbe  geboren  am  19.  War;  1813  ju  Slant^re,  nid)t  toeit  Bon 
©laSgoh).  ©ein  SJater,  3teil  S.,  ber  einen  tleinen  §anbel  betrieb,  loar  ein  emfter,  flrenger  u, 
äßann,  ber  ftc^  nict)l  fi^eute  alö  9JiäftigteitSbefötberer,  5DJifrion*f«unb,  Sonntagöji^ulte^ter 
unb  in  (Sebetäberfammlungcn  öffentlid?  ju  loitlen,  obgleit^  bergleidien  bamalä  au^  in 
©i^otttanb  noc^  Bietfad)  berfpDtlel  Würbe.  Seine  ®attin,  31gneö,  geb.  Runter,  Beieinigte 
mit  beiälii^ti  grommigteit  ein  (to^eü,  ^eitereö  aSejen,  SBei  ben  bef^eibenen  Jter^äHniljen, 
in  benen  bie  Sltem  lebten,  lonnlen  fie  nidttt  biel  jut  2tu*bilbung  ititet  Äinber  t^n,  unter  6» 
benen  5Daöib  bet  jtbeite  Änabe  toar.  SJon  einem  allen  obgebanlten  Solbaten  etletnte  et 
mit  anbeten  Hinbem   beö  3)oifeS   bie   nbtigften  Äcnntniffc   unb  ^ertigleiten.     lud)  au«= 

Sebe^nte  Stbfdfnitte   ber  Sibel   Jjtngte   er    mit  (Stfolg   [einem  ®«bäctitni6  ein.    ©0  j.  S. 
jnnte  et  [c^on  im  9.  Stbenöjatjte  ben  119.  ilifalm  au([agen. 

3e^n  3a^e  alt  fam  2.  in  eine  SaumtDoll[l)inneici  alä  ain[tüdler.  Einige  ^at 
yp&tn  jum  ©))innet  aufgetüdt,  fing  et  an  bon  feinem  regelmäßigen  ißioi^enlo^n  SSUcpo: 
ju  faufen  ~  eine  Iateini[d)c  ©raminatit,  fobann  nntuilBi[[enf4>aftIi{^e  ffierle.  äJlit 
gioftcm  ßifer  [tubierle  er  biö  tief  in  bie  ^(ad)t  jjinein,  jum  Äummet  ber  SWutter,  ber  boS 


560  StutttgfKone 

berfd^lDenbete  Oel  leib  t\)at    S)er  93ater  f)ciü^  i^n  lieber  bei  Srbauungdbüc^em  gefe^, 
bie  er  tl^m  fogar  einmal  mit  bem  @toct  auhubrängen  berfud^te. 

£.  ma4te  mit  feiner  autobibaftifd^fen  Spötigfeit  erftaunlidjfe  ^ortfd^ritte.  2)er  ^rit 
junge  h>urbe  m,  ))erf elter  Sateiner  unb  la^  mit  16  ^al^ren  feinen  SSirgil  unb  ^orag  o^e 

5  @c^tt)ierigfeit.  @r  geh>5l^nte  fid^f  felbft  bei  ber  9(rbeit  an^  bem  auf  bem  9la|^men  bet 
Wafc^ine  liegenben  ä3uc^e  )u  ftubieren,  iDöl^renb  feine  $änbe  med^nifc^  tbotig  toaten 
unb  bad  ®efc^h>in  bon  Xaufenb  @))inbeln  i^n  h>ie  baiS  Staufd^  eined  9Baf|crfaQd  um^ 
tofte.  92ur  an  iDiffenfc^aftlid^fen  Suchern  l^atte  er  ©efoOen;  9iomane  tooren  nie  nac^ 
feinem  ©efc^mad.    9(n  freien  Xagen  fuc^te   er  feine  Äenntniffe  aud  ber  Sotonit,  &^ 

10  togie  u.  f.  h>.  burc^  ))raitifc^ed  @tubium  ju  ergänjen ;  felbft  bem  @)}ort  bed  Xngebid 
h>ar  er  nic^t  obl^olb  —  toobei  bie  ®renjen  be«  gifc^ereigefc^e«  nidf^t  immer  beobachtet 
tourben. 

^m  9Binter  1880  bejog  £.  bie  Uniberfttöt  @(a^oh>,  um  3Rebi)in  )u  ffatbteren. 
^n  ben  (Sommermonaten  ertoarb   er  ftd^   bie  baju   ndtigen  3Rittel.    ®o   lonnte   er  in 

15  mel^reren  ^ofycm  ol^ne  frembe  Seibilfe  fein  ©tubium  abfotoieren.  3"  ^M^  3^*  ^'jM' 
er  eine  tiefe  Umloanblung.  ^ie  £e^re  bed  SJ^riftentum^S  toar  i^m  aud  bem  elterlich 
$aufe  geläufig;  aber  je^t  erft  fam  er  }ur  ))erfönlic^en  Slneignung  ber  c^riftlid^  SEBoJ^- 
^eit.  @r  fagt  barüber  (Miss.  Travels  p.  4)  ^^bie  SSeränberung  toar  etloa  berjenigen 
ä^nlic^,  bie  eintreten  loürbe,  loenn  ein  ^aU  bon  ^rbenblinb^eit  geseilt  toerben  fömtte''. 

20  ^nnige  Siebe  )u  bem  $eilanbe  ertoedte  in  il^m  ba^S  äSeftreben  feinem  Steid^e  ju  btencn. 
^unödjfft  tl^at  er  bie^  mit  anfel^nlic^en  S3eitrdgen  jur  ÜRiffton;  f))äter  burd^  einen  Xiifnif 
Sü^laffd  angeregt,  entfc^lo|  er  ftc^,  fdbft  3Riffionar  )u  loerben.  @r  looUte  auf  eigene 
$anb  unter  bie  Reiben  ge^en.  ^}2eben  ber  ^Kebijin  ftubierte  er  Geologie.  Slid^t  o^e 
Selbftübertoinbung  gab   er  fd^lie^lidjf  ben  3Ra^nungen  feiner  ^eunbe  nac^,   ftc^   eina 

26  organifterten  3Riffton  anjufc^lie^en,  unb  fteOte  ftc^  1838  ber  Sonboner  SRiffton^efeOfc^ 
jur  SSerfügung.  ^nx  loeiteren  SSorbereitung  unb  Prüfung  lourbe  er  einem  inbet^enben- 
tifc^en  ^rebiger  auf  3  üJlonate  jugetoiefen.  Sei  feiner  erften  ^tebigt  blieb  2.  ftecfen. 
(Sin  ^erbonagenber  Stebner  ift  er  nie  geloorben.  äitud^f  feine  freien  ®ebete  toaren  nic^ 
flie^enb  genug,  fo  ba|  il^m  faft  bie  älufna^me  berfagt  loorben  toore.    ^ennod^  tourbe  ^e 

80  i^m  fc^liepc^  ju  teil  unb  er  burfte  auf  Soften  ber  ©efeOfc^ft  fein  @tubium  in  Sonbtm 
fortfe^en. 

S^ina,  \)a^  er  bi^  bal^in  in^  äluge  gefaxt  ^atte,  toar  burc^  ben  Suebrud^f  bed  C^pvm* 
friege^  ganj  unzugänglich  geloorben.  3)ie  Selanntfd^aft  mit  bem  gerabe  in  ber  ^eimot 
loeilenbcn  SRifftonar  ^offat  brachte  i^n  jur  (Sutfc^feibung   für  @übafri!a.    2)a^in  tmixbe 

86  er  am  8.  3)ejember  1840  abgeorbnet. 

2)er  genannte  SKiffton^ionier  l^atte  bereite  20  Sjal^re  lang  tief  im  S'^"««  ^^ 
ben  S3etfc^uanen  gearbeitet.  ^o6^  toar  fein  @influ|  noc^  auf  ein  ber^ältni^mö^  deinem 
@ebiet  befc^ränft  geblieben.  SSuf  feiner  Station  5turuman  foDte  £.  junädj^ft  bie  Optoäit 
lernen,  fobann  aber  bie  9lrbeit  ^u   ben  ferneren  Stämmen  au^be^nen.    Süd  biefer  mii 

40  balbjäl^riger  befc^loerlic^er  SReife  feinen  Seftimmung^ort  eneid^te,  ftaunte  er  über  bie  fe 
folge  ber  SRiffton,  ^atte  aber  auc^  mand^e  Seranlaffung  feine  bii^l^erigen  SSorfleOungeB 
bon  berfelben  ju  torrigieren.  älud^  mit  ber  3Rifrton$))rasid  toar  er  in  mand^en  Stüden  mS^ 
einberftanben.  ©em  ^dtte  er  ein  Seminar  jur  9(udbilbung  eingebomer  ®el^ilfen  ge^ 
3)iefer  ffiunfdff  ift  i^m  loäl^renb  feiner  SKiffton^t^ätigfeit,  trofe  me^rfac^er  Anregung  bei  b« 

46  ©efellfc^aft,  nidf^t  erfüllt  loorben  —  erft  nac^  einigen  SöP^jebnten  tourbe  bo^  SRoffot« 
ßoDeg  in  Jluruman  gegrünbet.  SSon  boml^erein  aber  jeigte  fid^  S.d  c^alteriftifc^  Drang 
ju  entfernten  SSölferf^aften  borjubringen  unb  bei  il^nen  äSejie^ungen  an)ulnü))fen  unb 
ben  S3oben  für  toeitere  Slrbeiten  bon  ^{ationalge^ilfen  borjubereiten.  äBenige  3Ronate  mu^ 
feiner  Stnfunft  machte  er  eine  SHeife  bon  me^r  ah  1200  km.  3"  Äuruman,  too  ein  onberer 

60  ^Olifftonar  ben  noc^  abtoefcnben  üKoffat  bertrat,  getoann  er  burdff  feine  äntlic|>e  ^fxapi 
bei  Sl^riften  unb  Reiben  balb  boHe«  ßw^'^^^wen.  2)ie  Äunbe  bon  feinen  $euungen  bträg 
b\^  )u  fernen  Stämmen  bor  unb  bon  toeit^er  famen  $ilfefuc^enbe. 

aJloffat  lehrte  mit  einen  jungen  SKiffionar  ©loarb«  jurütf.  3)iefer  foHte  mit  £.  p 
fammen  eine  neue  Station  grünben.    2)er  Se^tere   l^atte  ben  Stamm   ber  SaC^otla,  b«: 

66biel  Sntgegenlommen  betoied,  aU  ^Ib  ber  ^ätigfeit  geloä^lt.  3tad)  Stabotfa,  be» 
$äut)tling«fifte,  fiebelten  bie  beiben  ©efäj^rten  1843  über,  begleitet  bon  einigen  3latioiiaI' 
ge^ilfen.  93ei  ben  äußeren  Slnfang^rbeiten  jeigte  S.  ein  gro|ed  ®efd[fict.  Skmen,  Xnloge 
bon  SSecfem  unb  ©arten,  S^^Qd\ixti6)m,  Sc^miebearbeit,  SeifeIod9en,  Sebergtrben  w^ 
S^u^madS^erarbeit  —   alle«   ging   il^m   glatt  bon   ber  $anb.    ®iefe  &u|ae  X^ätisW 

60  fc^ä^te  er  toegen  ber  borbereitenben  5(ultureinflüffe,  bie  ber  3Riffton  bie  ISege  bahnen. 


SUiingfiotte  561 

3ladf  einem  ^äfyc  toax  bie  Station  foh>eit  eingerid^ftet,  ba^  S.  iDagte  einen  ^ani^ 
ftonb  )u  grünben,  unb  3Roffatd  %od)tzt,  mit  ber  er  bereite  in  ^urumon  ftd^f  berlobt  l^atte, 
^mjufiHf^^-  ®i^  tDurbe  i^m  eine  treue  ©ebilfin  audf^  in  ber  üKiffton^arbeit.  3)er 
älufmt^alt  )u  SRobotfa  bauerte  nic^t  lange.  Seiber  h>ar  ba^  SSer^öltni^  @h>arb^  )u  S. 
nidl^t  toie  man  ed  jlDifc^en  SJlifftonaren  erh^arten  foDte.  ^ener  ik^  an  ben  SSorftanb  6 
ber  ^Dtiffton^efeEfc^ft  jc^mere  älnllagen  gegen  £.  gelangen.     9Bie  ed  fc^eint  h>aren 

Se  aud  getränlter  ditelleit  entf))rungen.  Um  nid^ft  einen  @!anbal  l^er))or2urufen;  ber  bie 
RifftondfadSfe  em))finbli(^  fd^fäbigen  mu|te,  ^ielt  2.,  tro^  feinet  reinen  @etoif|en^  in  biefer 
&ai^,  e^  für  bad  93efte,  feinen  äBanberftob  h>eiter  ju  fe^en,  unb  fein  mül^fam  erbautet 
fyixa  unb  bie  $flan)ungen  im  @ti(^  }u  (äffen.  lo 

@^on  früi^er  toax  er  mit  Setf^ele,  bem  $äu))tlinge  ber  Leiter  nörblid^f  h>o^nenben 
Saltpena,  befannt  gelDorben,  ber  bamald  in  Xf^onuane  feinen  @i^  l^atte.  ^af)m  ftebelte 
er  1846  mit  feiner  ^^au  über,  unb  fing  auf^  neue  an  m  bauen  unb  )u  ))flani|en.  älber 
bie  Sanbfc^ft  toor  olljubürr.  £.  k)eran(a^te  ben  ^äu^tling  feine  ^tefibenj  60  km  Leiter 
nörblid^  nadj^  ^olobeng  m  berlegen,  h>ad  biefer  gern  tf^at.  ^er  tt)ei|e  Se^rer  ^atte  fd^on  i6 
einen  tiefen  @inbrud  auf  ben  fcplDarjen  dürften  gemacht.  3la6)  breiiö^rigem  Untenic^te 
lonnte  berfelbe  getauft  h>erben,  ba  er  aui^  bad  fd^tverfte  $inbernid,  bad  t^ft  überaQ  bie 
ofrilanifd^en  ÜRac^tldaber  t)om  @DangeIio  fem  l^ält,  bie  $o(^gamie,  übertDunben  l^atte. 
^terburc^  luurbe  bem  9J2ifftonar  bie  mübfeUge  britte  @tation^grünbung  erleidjftert.  Seiber 
pigten  nur  toenige  Untertl^anen  bem  ^orbilbe  be^  ^äu^tlingd.  3^^^^  ^^^  Stegen«  20 
ma(^  hielten  bad  äSolI  im  Sann,  fo  ba^  bie  !(eine  c^riftlid^e  ©emeinbe  felbft  allerlei 
Sorfolgung  gu  erbulben  l^atte.  —  SBie  £.  I^ier  arbeitete,  barüber  erföl^rt  man  fe^r  toenig, 
iDeil  feine  2!agebüd[fer  (tt)ie  tpir  balb  ^ören  h>erben)  k)erloren  gegangen  ftnb.  @r  backte 
übrigen^  über  bie  äSelel^rung  ber  Salh>ena  nid[ft^  tveniger  ald  fanguinifdjf.  @eine  au^ 
gef))ro(^e  Sbftc^t  eine  (Semeinbe  k)on  nur  aufrichtig  ©laubigen  )u  fammeln  lie|  feine  25 
Xrbeit  teine  oudgebel^nten  Erfolge  finben.  @eine  birette  üRiffton^tldätigleit  l^ätte  il^n  nie 
)u  einem  berühmten  3Ranne  gemacht. 

Seine  großartig  angelegte  Statur  aber  trieb  i^n  immer  h>eiter  unb  Leiter  }u  neuen 
SSöQeifc^aften,  ebenfo  tt)ie  ber  älpoftel  ber  @übfee,  ^ol^n  äBiUiamd,  ftc^  nicl^t  auf  ein 
!gnfel^en  befd^ränten  fonnte,  fonbem  t)on  Slrc^i))el  ju  9lrc^i))el  jog,  um  bie  fro^e  :8otfd[faft  so 
}u  bringen.  @o  ^e  aud^  S.  in  Jlolobeng  !eine  Stu^e.  Zimmer  tvieber  ging  er  auf  bie 
befd^toerlid^e  Steife  um  neue  Wolter  be^  no^  unerforfd^ten  ^nnem  auf^ufuc^en.  3lud  bem 
SRifftonor  tourbe  ber  (Sntbeder  unb  Pionier  c^riftltc^er  itultur,  beffen  92ame  nun  auf  ber 
gangen  SBelt  bon  ben  (Sebilbeten  mit  Sichtung  genannt  h>irb,  unb  Don  ben  SSölfem  älfrifa^ 
noc^  nad^  3<*^^w*^^^^"  ge))riefen  toerben  h)irb.  3)ie  ©ntbedung  bc«  3Jgami-©ce^  (1849)35 
nad^fel^r  befc^tperlic^  2)urc^querung  beräBüfteJlala^ari  unb  eine  h>eitere  Steife  bi^  an  ben 
Sambeft  (1852)  tourben  in  biefer  ^inftc^t  entfc^eibenb,  gumal  feine  Station  Jlolobeng  in 
biefer  3^  ö<>w  ^^^  Iran^tjaalburen  gerftört  h>urbe.  2)ie^  traurige  (Sreigni«  ift  meiften« 
tetld  nur  in  einfeitiger  SJBeife  jur  ©arfteHung  gefommen.  2)ie  (Serec^tigfeit  erforbert  e«, 
baft  beibe  3Wle  gehört  toerben.  3)ie  Suren  toarcn  unter  fc^toeren  Di)fem  ber  cnglifdffen  40 
ßerrfc^  im  Jla))lanbe  getoic^en  unb  l^atten  ftd;  unter  ben  größten  3Jtü^falen  in  ben 
Süfleneien  bed  ^^nem  eine  neue  ^eimat  gefuc^t.  (^I^re  Stieberlajfung  im  Xran^Daallanbe 
tiKir  nt^t  blo^  ein  rec^tlofed  Sic^feftfe^en  in  frembem  @ebiete;  burd^  bie  Vertreibung  be^ 
Zk^annen  SRofUitotfe  l^atten  fte  ben  bort  anfäfftgen,  bid^er  unterbrüdten  Stämmen  einen 

S^^cn  3)ienft  geleiftet  unb  fic^  too^l  ein  Stecht  auf  (Srunb  unb  S3oben  erworben.)  Sie  45 
ten  in  beftanbigem  Jlam))|e  umd  ^afein  gegen  bie  tvilben  Xiere  unb  gegen  bie  noc^ 
tmlberen  (Singeborenen,  bie  il^nen  ^unbertfac^  an  3a^l  überlegen  tvaren.  Unter  biefen  Ver- 
^altniffen  lonn  man  td  il^nen  nid^t  Derbenfen,  tvenn  fic  mit  älrgtoo^n  toac^ten  über  jebe  ^linte 
unb  kM  $funb  $ult)er,  ba^  in  i^r  @ebtet  gebracht  tDurbe.  Sie  h)aren  erbitterte  @egner 
bed  greiJ^onbeld.  £it)ingftone  aber  toax  ein  ^rei^änbler  Dom  Rop^  bi^  ^ur  3^^^-  ^^^  ^ 
(SDongelium  toar  il^m  folibarifc^  mit  ben  ^4irin2i))ien  bei^  politifc^en  Siberali^mu^  Dcrbunben. 
®e(egent(i(b  l^t  er  ed  einmal  gerabe^u  au^ef^roc^en,  ba^  ber  Sc^u^^anbel  nur  ein 
Überbleibjel  be«  $eibentum«  fei  (Slaifie,  S)a«  ficben  2)aD.  2.  I,  271).  (Sr  fa^  e«  ate 
einen  Xeü  ftined  Serufe^  an,  ben  englifcl^en  ^änblem  be^Uflic^  )u  fein  unb  tDurbe  ba- 
bim^  ben  ^uren  ein  2)om  im  2luge.  §ier  ftanben  ^rinjipien  fc^roff  einanber  gegen-  00 
über,  auf  ber  einen  Seite  Dertreten  Don  fc^ottifc^er  3ä^i9l^it,  auf  ber  anberen  Don  ^ollän« 
btfc^  S3«^nlidS>!eit.  —  ®ie  Suren  Ratten  Setfcbele  mel^rfac^  o^ne  (Jrfolg  aufgeforbert, 
bin  $anbel  mit  $ulDer  unb  Slei  in  feinem  @ebiete  )u  unterbrücfen.  3luc^  foUen  Siäu- 
bereten  ber  S^tDarjen  begrünbete  Veranlaf|ung  gu  einem  Jlrieg^guge  gegeben  l^aben  (Christ. 
Express,   Lovedale  1885,   p.  119).    3)urd^   ein  betDaffneted  5tommanbo   iDurbe  ber  00 


562  SiHitigfKoite 

93aftt)ena'$äu})tnn9  gejüd^ttgt,  toobet  auc^  bie  leer  ftel^enbe  ÜRtffbni^fiation  jerfidrt  imirbe. 
S3et  btefer  ©elegenl^eit  gingen  2ä  ^gebüc^er  berieten. 

06  2.,  abgefel^en  bon  ber  ^nbfeligleit  ber  Suren,  nad^fbem  er  ben  !Rgami«@ee 
entbedt  l^att^,  femerJ^in  gur  üRiffton^arbeit  auf  einer  feften  Station  9lu^  gel^t  ^otte, 
efann  fraglid^f  erfc^einen.  (Sine  großartige  SKufgobe  l^otte  ftc^  i^m  eröffnet,  nämlic^  boS 
bisher  ber{c^Iof{ene  ^nncre  älfrilad  ber  d^ftlid^fen  ftultur  ju  erfc^lieien.  9Rtt  tmmber» 
barer  (Snergie  ^at  er  ber  £dfung  berfelben  fein  ganjed  Seben  jum  Opfer  gebradj^t  & 
begann  ein  neuer  9(bfd^nitt  feinet  i^eben^,  ber  i^n  jum  berül^mten  9Ranne  madj^te.  Sßäre 
er  nur  Setfc^uanen^SJiifftonar  geblieben,  fo  n)ürbe  fein  9Iame  f(i[fh>erli(i[f  nod^  jje^  \>xd  ge« 

10  nanni  toerben.  —  93on  feiner  ^eife,  auf  ber  i^n  ^^au  unb  Jtinber  begleitet  litten,  begadb 
er  ftd^  mit  benfelben  nad^f  ftapftabt  unb  \6^xdtz  fte  nac^  @nglanb  loetter.  @r  feOMI  ober 
brac^,  nac^  einer  überjknbenen  O))eration,  aufd  neue  nad^  bem  ^^nem  auf,  )unft(9ft  um 
bie  (Srünbung  einer  SKiffton  im  SReic^e  ber  3Jlafololo  borjubereiten. 

^iefed  ^e  ber  füi^ne  $äu))tling  Sebittoane,  mit  feinen  Setfd^uonenlriegent  bon 

16  @üben  tommenb,  im  mittleren  @ambefigebiete  burd^  Unterwerfung  bieler  iBöItn:fc^aften 
gebilbet,  bei  benen  bie  @^rac^e  ber  Eroberer  [\df  einbürgerte.  $amit  h>ar  ein  toilt 
lommened  üJlittel  für  bie  3Kiffion  borl^anben,  benn  burc^  uRoffat  n>ar  bereite  bie  gonje 
93tbel  in  @etfd[fuana  überfe^.  ©ebittoane,  mit  bem  S.  fd[fon  ^eunbf(^ft  gefc^loffen  ^otte, 
toar  balb  barauf  geftorben,  aber  fein  @ol^n  unb  !Rad^folger  @eleletu  na|m  ben  toetj^ 

20  S)oItor  mit  gleicher  $reunblid[fleit  auf,  al^  er  im  3Rai  1858  in  Sinbanti  am  ^dj^obefbiffe, 
ber  $au))tftabt  ber  ^alololo,  eintraf.  @r  bi^ann  @(^ule  unb  ©otte^ienft  ju  polten; 
balb  aber  tourbe  er  bom  ^ieber  niebergeh>orfen.  S)ie  ungünfKge  @umt)flanbf(^ft  ber^ 
anlaste  il^n,  fobalb  er  ft6  einigermaßen  erholt  ^tte,  nai^  einem  befferen  ^lo^  ju  fu(^. 
@ein  föniglic^er  ^eunb  begleitete  il^n   auf  ber  9ieife  mit  einer  großen  5trieg(Tfd^.  9tac^ 

25  einigen  ^gereifen  lam  S.  aU  ber  erfte  @uro})äer  an  ben  mächtigen  Samb^^Stroin. 
^ie  in  ü^))tger  ^c^tbarteit  })rangenbe  Sanbfc^aft  ftadj^  aufd  fc^örffte  ab  gegen  bie  bun^ 
querten  fübafrilanifc^en  SBüfteneien.  £.  em))fing  einen  tiefen  @inbruct  Don  bem  Sonbe, 
bad  SJliDionen  l^ötte  ernähren  lönnen.  %xn  aber  jeigte  ftc^  nur  l^ier  unb  ba  ein  ber> 
lommene«  ^örflein  ber  unterbrüdften  S3arotfe,  auf  benen  ber  Sann  be«  §eibentum«  in  feiner 

80  erfc^redenbften  ©eftalt  laftete.  $ier  eröffneten  ftd^  9lufgaben  loic^tigfter  SKrt  für  (^rtjUu^ 
itulturarbeiten. 

iBon  @üben  toar  ba^  @ebiet  ^umal  für  englifd^e  SRifftonare,  bie  nid^t  bloß  bim^ 
bie  9Büfte,  fonbem  auc^  burd^  bie  Suren  gel^inbert  tourben,  na^eju  un^ugönglid^.  2.  be^ 
fd^loß  ben  3"Ö^"fl  ^*>"  ^^^  SBeftfüftc  )u  erforfd^en.    ©efeletu,  ber  an  ber  ®ren)e  feinet 

85  Sleid^ed  umtel^rte,  gab  i(;m  eine  @d^ar  feiner  Seute  mit,  bie  burc^  bie  liebreidjfe  Se^nb< 
lung  i^re^  toeißen  $erm  feine  getreuen  Segleiter  tourben.  O^ne  fold^e  loürbe  bie  @nt> 
bedfung^reifc  jd^loerlic^  gelungen  fein. 

^m  iSRax  1854  traf  2.  böllig  erfc^ö))ft  in  ber  $au))tftabt  ber  })ortugieftfd^en  fiolome, 
@an  ^^aolo  be  Soanba  ein.    3QS%enb   er  fic^  bort  langfam  erl^olte,  )>erbreitete  fic^  bet 

40  9lu^m  be^  (Sntbeder^  burc^  gan^  @uro))a.  (Sine  unmittelbare  Stüdhreife  lel^nte  er  ab,  cad 
Slürffic^t  auf  feine  Segleiter,  bie  er  in  il^re^eimat  jurüdtfü^ren  mußte.  SDol^in  finben  toir 
i^n  nac^  6  2Jlonaten  auf  bem  SBege.  ^n  Sinbanti  enegte  bie  Slüdffel^r  be^  toeißcn 
^oltor^  große  ^reube,  um  fo  me^r,  ald  er  reic^li^fe  ©efc^cnfe  an  euro))äifd^en  äBaren  für 
ben  5tönig  unb  bie  $äu))tlinge   mitbrachte.    Seinem  (Sinfluf{e  folgenb,  befdj^loß  Seteleta 

45  jeinc  $auj)tftabt  an  ba^  3Jorbufer  be^  ©ambefi  ju  berlegen,  h)o  bie  Sage  jebenfalö 
günftiger  tt)ar,  aU  in  ber  fumpfigen  2fc^obeebene.  2)ie  Segrünbung  einer  SRiffton  in 
biejem  ©ebiete  ftanb  nodff  immer  unter  2.^  planen  in  ber  erften  3?ei^e.  9lad^  me^ 
monatlid^en  älufentl^alt  brac^  er  mit  feinen  ©etreuen  loieber  auf,  um  }u  berfitd^,  tb 
bon  Often  l^er  ber  fc^iffbare  ©trom   eine  bequemere  Serfel^r^ftraße  barbtete.    3[i^  bicfff 

60  SReife  entbetfte  er  bie  S^ittoriafötte,  bie  größten  aBafJcrfölle  ber  ©rbe.  OlücHid^  etreic^ 
er  2^ete,  bie  erfte,  freiließ  fe^r  ^cruntergefommene  j)ortugiefifdS>e  Äolonie  auf  ber  Dflfeilt 
S)ort  ließ  er  feine  Segleiter  gurüdf.  ©ie  looKten  loarten,  bi^  er  toi^erlomme  unb  fottte 
e^  auc^  über  ^a^r  unb  Xag  bauem.  @r  felbft  begab  ^c^  über  Stilimone  auf  bie  ^mß 
reife  unb  errei^te  Sonbon  im  2)ejember  1856. 

55  3Rit  Segeifterung  tourbe  ber  @ntbeder  in  ber  ^eimat  gefeiert.  S.  ließ  ftd^  bun^  bo 
geftreuten  äBei^rauc^  nic^t  t)iel  beeinfluffen.  (Sr  toollte  nac^  (urjer  (Srl^olung  old  fc^Gc^ 
^JRifftonar  auf  fein  Slrbctt^felb  ^urüdtel^ren.  ^o6^  bröngte  man  i^n  p  löngerem  Slufoit' 
^alt,  bamit  er  bie  @rgebniffe  feiner  ^orfc^ungen  beröffentlic^e.  9lld  bte  9tegierung  für  Mc 
in  icte  jurüdtgebliebenen  3Rafololo  gu  forgen  berfpra4>,  toiüigte  er  ein. 

60         SQiälrenb  er  fein  Suc^  Missionary  Travels   and  Researches  in  South  Afriea 


SieJngflDnf 


563 


;  J^cEi,  bilbeten  fic^  Bei  ifim  unter  anbcrjeitig«!  Ginflufyen  neue  iDCittragenbe  ^täne,  (Sine 
']  wiffion  im  großartigen  ©til  in  Jterbinbung  mit  Äolonifaticn  unb  ^anbeföunleme^mungen 
j  tDu^e  (ein  3"'-  Slamentlic^  Würbe  er  in  bie  9lpKe  eine«  (SiDtlifotor*  beö  Jdiloarjm  Grb= 
teilö  ^ineinge((^D&en.  Seine  SSer&inbung  mit  ber  Sonbonct  ■D[tf|ionögc[eU|ii)aft  löfte  et  in 
I  fteunbEic^eT  SBcite,  nactbem  bie  2)ivettion  bie  ©tünfcung  einet  SÖlatoIomilfton  jugefngt  i 
:  falte.  @t  felbfi  »erftitac^  (einer  ^äi  bort  mit  ben  au*ge(enbeten  5Riifionaten  ju(ammen= 
I  |utic((eiL  gu^^i^f'  "^'^  übemalfm  er  ali  briti(i^et  Äonjul  bie  fieitung  einet  ©ambc(i= 
;  cjpebition  jitt  (Stöffnung  oon  $anbrfäücr6inbungen.  5)abei  beteiligte  (td)  bie  3)ii((ion  bcr 
,  Htti(c^  Unioeifitäten  jur  QJiünbung  einer  loloni(ierenben  3Ki((!on  nadj  einem  Sieblingö: 
giianicn  2.i.  3^te  (loc^titc^lid^e  ^Hii^timg  bie|et  @e(eU((^aft  ftötte  i(m,  ben  St((cnter,  k 
rnäft  (Sr  ^atte  au(  tem  Wt((icnä(clbe  mam^e  ^otutteile  abgelegt  unb  (a^  aüt  frommen 
SRännei  aÜ  gute  $rUbcr  an.  ^m  W&xi  läöB  bra^  S.  mit  feinet  @aUin  unb  feinem 
ifing(ten  Solme  tciebcr  nad)  ^ftita  au|. 

3)ie  leiteten  in  Ma))ftabt  jurüctlallenb,  if^ab  er  [lä}  mit  bcr  iooi)l  au^erüfteten  S^^ 
btbition  na^  bem  Sambe(i,   Wo   er  balb   bie   gut   ju   bc(ftbrenbe  .^ongonemünbung  auf=  ii 
fanb,    bie   tion  ben  ^liorlugiefen  im  3ntete((c  beö  Sttaüenbanbefö    bi3  bn^in  Wetfjcimlit^t 
iBorben  mar.  5)ie(er,  bort  nodj  fd»tuungba(t  betrieben,  Berur[a(^le  ber  gjpebition  Oiel  §inbet= 
ni((e.     atbct    qu(^    an  3H''(t'flffil«'*  u"'"   ben  ^itgliebctn  fehlte    eö  nic^t    Sin  mit; 

Sbrot^tct  Reinerer  ^'ufebannjfet  crroieö  fit^  aU  ganj  unbtauqbat.  Übet  Icle  Ij'maüi 
rnte  man  tocgen  Sttomf^fnellen  nft  öotiubtingen  ^offen,  wenn  ein  anbetet  ©(^iff  quo  a 
ber  ^eimat  an!ommcn  mütbe.  33ie  jutiiagelaffenen  5)tatotolo  fanbcn  [id)  in  ttautig(tet 
Soge  Voi.  ^r(otge  (eitenä  ber  91egieiung  tvat  ibnen  nid)t  ju  teil  gelDOiben.  StÜ^tenb 
toctt  ibte  äln^ngCic^feit  an  £.,  bei  (c^merjüd)  bebmiette,  fie  aud)  je^t  noi^  nii^t  in  i^re 
^eimot  (übten  ju  fännen. 

33ie  2J!arlejeit  benujte  £.  jur  6r(otf{tmng  bcS  ©c^ire,  an  be((cn  Ufern  bie  tuitben  21 
^anganbf(^a  ib»  auf  bie  9jer(icbetung,  baß  et  fein  $Drtugte(e  fei,  (teunblid)  begtü(;len. 
€t  entbedle  ben  ©c^itWafee  unb  etieidile  bei  einem  roeiletcn  Siotftofe  ben  3iija^,  ber  !utj 
ju»or  on  feinet  Cfttiifte  Bon  bem  bcutft^cn  Jotfdiet  9to(cl)et,  bet  leibet  balb  batauf  er« 
morbet  toutte,  entbetfl  Worben  luat,  21n  ben  Ufern  beS  mädjtigen  aHafferbectenS 
leigten  (ic^  überall  bie  2?etti>ü{lungen  beä  ©Ilasen^anbelö.  ^'"'""^  beutlidjer  empfanb » 
y.  (einen  Seruf,  (eine  ganjc  firafl  jur  §eilung  biefcr  *lJe(tbeute  bcr  tDIenf<^^eit  mit  ein= 
guff^en. 

"Sia  fxif  bie  3InEunft  beä  erwarteten  neuen  Xamp(etg  berjügerte,  unternahm  S.  über 
Sanb  bie  Sö(e  ju  ben  ^Bialololo.  35ort  Waten  injtDifdjen  bie  Sonbonei  2)ii(fionate  unter 
ben  gtöftten 3lnfttengungen  Don  ©üben  ^cr  eingetroffen.  Setelelu,  ber  übrigens  tro?  feinet» 
3ier(pte[^end  noi^  immer  in  bem  unge(unben  Sinvanti  wohnte,  war  nif^t  freunbli^  gegen 
fie,  aber  (ie  butftcn  legten  unb  »rebigen.  Dloo)  fangen  bie  fe^Watjen  finaben  bie  bon 
i^en  gelernten  Siebet.  S.  febot^  fanb  nut  eine  ^iä^t  Bon  ÖJrabetn,  33aa  J^fiebet  f?alte 
bte  SOIifftonare  (aml  grauen  uib  Jtinbetn  babingernfft.  35eä  fiönigö  uneifattü^e  .§abgier 
^atte  if)ncn  biä  juieft  iai  fieben  (cbi"«  gemattit.  —  aia«  3Jolf  bct  ^faloloto  toutbe  balb  « 
barau(  in  einem  Slufftanbe  bct  untetbtüdtcn  Stamme  auägetottct.  ülQe  5))ännet  unb 
Anaben  Wutben  getötet.  Gä  cntftanb  baä  Sarolfe^aJtabunba^Sfei^,  in  weltbem  jegt  bie 
^Jcrifer  3Rif fton  eine  erfoEgrctibe  ätrbcil  treibt. 

ä.  tonnte  nicbt  lange  in  Sin^anti  bctWeilen.  ^ai^  einigen  fd)meri|Ii($en  ijQoc^eii,  in 
benen  et  ben  franien  ©eteivtu  bedte,  rief  ibn  bie  Sotfcbaft  Don  bet  ^nfunfl  beä  neuen  u 
©t^iffed  jurüd.  6S  batte  ben  ©i(ttof  ^latfenjie  nebft  *J)ii(fionarcn  unb  fioloniften  niit= 
getttaf^t  (ISßl).  Sie  SluSfif^ten  für  bie  {oloniftetenbe  ^tiffton  in  bem  ge(unben  0O(^s 
lonbe  bet  üJianganbfc^a  (c^ienen  febr  günftig.  Sber  auc^  b'^  flab  ti  (d)merj(i(^c  @nt: 
täu(<^ngen.  Su^f^i^tt  J^igle  fid),  ba|  bie  Stlaoentianbler  ben  Sputen  iJ-ö  in  bie(eä  ibnen 
fiü^  Berfdfloifenc  ©cbiet  gefolgt  waren.  84  »on  ben  feigen  arabifdien  §änblem  im  « 
Sti(^  gclaffene  Sflaben  fielen  bet  (SEpebition  in  bie  §änbe.  Sie  (odten  ber  ®runb(lod 
bti  gu  ÜJtagomero  ju  gtünbenben  aRiffujnölotonie  Werben.  2)et  S0if{^of  mit  feinen  ieuten 
madjie  fi^  (o(ort  an  bie  Srbcit.  2.  ging  Weiter,  um  bie  Stfotj^ung  beä  %)aia  fort» 
ju(e|en.  3tl8  er  im  5)län  18(i2  nac^  bem  ©ambefi  jiirüdtebrte,  um  3let(tättung  abju« 
bolen,  fanb  et  bie  junge  Kolonie  unter  ben  fliiegäjügen  bet  witben  91li((batra,  neb(t  glitte  6( 
unb  §ungerlnot  im  Äeime  ju  ©tunSe  gegangen.  2)etöi(cbof  War  geftorben;  bie  anberen 
Rotten  bie  Station  an  ben  Sd)ire  t>erlegt,  Wo  (ie  ebenfaQä  biä  auf  Wenige,  bie  fi^  no(^ 
retten  fonnten,  umtamen.  äud)  bieä  War  für  2.  ein  großer  Stblag.  3n  bicfet  ÄotDuie 
(oute  fein  Sieblingäplan  »etwitfüi^t  Werben.  St  mu^e  befürdjten,  baß  man  i^n  für  baä  ^Iltiß: 
linaen  »crantwortli^  machte.    Hlo^  fi^Werer  aber  Wutbe   et   ^eimgcfuc^t  bur^i   ben  lob  a 

36* 


564  SbittgfKotie 

feiner  ©attin.  2)tefe  l^otte  fid^  entfd^Iojfen,  fortan  mit  i^m  hai  Steifeleben  )u  teilen,  unb 
toax  mit  ber  erh>&^nten  Serftärlung  eingetroffen,  bie  übrigeniS  auc^  einen  auf  2.^  Jtofien 
(120000  3JII.  au^  bem  Honorar  für  fein  ä3u(^)  gebauten  jerlegbaren  2)ami)fer  bro^ 
@ie  loar  nur  loenige  9Bo^en  mit  bem  (Satten  t)eretnt  unb  erlag  balb  bem  f^eber  in  bcr 
6  92ä]^e  bon  @c^ui)anga.  Xief  gebeugt,  boc^  boQ  (i[friftli(i[fer  Ergebung,  machte  fic^  £.  auf! 
ntm  an  bie  älrbeit.  @$  galt,  einen  anberen  S^gang  jum  9t^a|a^@ee  unb  ind  ^j;mm 
ju  finben,  ba  e^  immer  flarer  tourbe,  tote  bie  })ortugieftf(9en  Sel^örben  bei  aQer  fdj^einbarcn 
^reunblid^fleit  ber  @£^ebition  möglic^ft  Diel  @(^toierigIeiten  in  ben  9Beg  legten.  Son  Ofiai 
^er  lourbe  t)ergeblic^  berfuc^t,   auf  bem  9liok)uma  borjubringen.    Üb^au))t    brachten  bie 

10  legten  ^toei  ^a^re  immer  loieber  (Snttaufci^ungen.  @^  h>ar  Ilar,  ba^  bie  ^iele  ber  (^ 
))ebition  noc^;  nid^t  ^u  eneic^en  feien.  3)iefelbe  h>urbe  1864  t)on  ber  Siegterung  jurfid* 
gerufen.  —  Sitoingftone  machte  bie  SRüdfreife  in  feinem  eigenen  Heinen  ®anH)fer  über  Smns 
ba^  —  ein  getoagte^  Unternehmen. 

3lux  ein  ^a^r  blieb  £.  in  ber  ^eimat.   92eben  järtlid^er  t^rforge  für  feine  fo  lange 

15  bon  i^m  getrennten  ßinber  beilegte  tl^n  nur  ber  eine  ©ebante :  „$ilfe  für  bie  fc^anbßd^ 
jertretenen  Söller  Slfrila^."  Sefonber«  fe^te  er  alle  ßebel  ju  ernftlidS^en  SKaferegeln  gegen 
ben  @Ilabenl^anbel  in  Seh>egung.  @))ätere  englifc^e  Serl^anblungen  mit  bem  Sultan  brni 
@anftbar  in  biefer  @ac^e  h>aren  eine  %x\xd^i  feiner  Semül^ungen.  äBomöglic^  no(^  me^ 
ald  bei  bem  borigen  älufentl^alt  in  (Snglanb  beloegte  er  ftd^f  in  ben  bome^mften  fireifen, 

30  in  benen  einflußreiche  ^crfonen  für  feine  Weiteren  $läne  intereffiert  toaren. 

3la6ft>^m  er  in  feinem  „©ambefi  unb  feine  Slebenflüffe"  bie  ©rgebniffe  feiner  legten 
t^orfd^ungen  niebergelegt  ^atte,  leierte  er  nad^f  Somba^  jurüi,  um  bort  eine  neue  Q^ 
))ebition  )u  organifieren.  ^ie^mal  toollte  er  ed  mit  @i]po^,  inbifd[fen  Solbaten  berfuc^ 
^aju  famen  junge,  in  einer  inbifc^en  SJiifftondfc^ule  erlogene  9lfritaner,  barunter  %\djmci 

25  unb  ©uft,  feine  treuen  2)iener,  beren  erfteren  er  am  ©i^irtoasSee  felbft  befreit  fyi:^  SK 
Präger  tourben  Eingeborene  ber  ^nfel  ^o^anna  angeloorben;  auc^  Jtamele,  Süffel,  3R(aiU 
tiere  unb  @fel  h>urben  mitgenommen.  Xro|  ber  t)erl^ältniiSmäßig  geringen  ^Dtittel,  toelc^ 
bie  9{egierung  unb  bie  geograpl^ifd^fe  @efellfc|aft  l^ergegeben,  toar  bie  @ct>^bition  gro|attig 
angelegt.    £.  fül^rte  fie  über  @anfibar  nac^  ber  9lobumamünbung.    Seine  älbfid^t  toor, 

80  mit  Umael^ung  ber  ))ortugieftf^en  Jlolonien  eine  Straße  für  ben  r^tli^en  ^anbeldberle^ 
unb  c^riftlid^e  6inflüffe  nac^  bem  Snnem  beg  Äontinent^  ^u  eröffnen.  3)oju  fam  ba^9e= 
ftreben  gcograpl^ifqer  T^orfc^ung,  t)omel^mli4;  follte  ba^  gegenfeitige  Ser^oltnid  ber  biei 
großen  Stromgebiete,  9lil,  Äongo  unb  Sambeft,  entl^üDt  toerben.  ^^  toar  für  2.  ate  ben 
einzigen  @uro))öer  leine  leichte  Slufgabe,  bie  (Sip^ition  )u  leiten.  Salb  traten  bie  fc^toerfien 

85  SBibertoärtigfeiten  ein. 

^ie  Si))o^d  ^^.^^  ^^^  biermonatlidjfer  $robe  oli  gan)  ungeeignet  gurüdgefc^ 
toerben,  ein  Stüct  Sie^  nac^  bem  anberen  ging  ju  @runbe,  bieDetd^ft  infolge  ber  ro^ 
Se^anblung  feiten«  ber  SBärter.  9Ran  erreichte  ben  Si^ößa^ee  —  ober  e«  fel^lten  8oot<, 
um  j^inüberju|d[fiffen.    äluf  loeitem  Umtoege  tourbe  ba«  jenfeit«  gelegene  Sanb  ber  toilbcn 

40  ^ajitu  erreid^t,  too  bie  feigen  ^loJ^anna^^önner  flogen,  um,  in  i^re  ^eimot  gurücfk^renb, 
baS  @erüc^t  au«2uf))rengen,  £.  fei  erfc^lagen.  2)ie  Xrauerfunbe  fliegt  balb  burd^  gmq 
@uro))a ;  er  felbft  aber  entaie^t  fic^  mit  ber  jufammengefc^mol^enen  Jtaraloane  in  @il; 
märfd^en  ben  öerfolgenben  SBilben.  3)a  lommt  neue  Slot,  Slod^mal«  befertieren  pd 
Irägcr  mit  ber  3KebijinIifte  unb  bem  SKe^^toorrat.    2)em  33oItor  ift  e«,  aö  fei  i^  ^ 

45  iobe^urteil  gcfj^rod^en.  Salb  ftellt  fid^  bei  il^m  gieber  unb  SR^eumatidmirö  ein.  3Kt 
eifemer  ©nergie  fud^t  er  bie  Jtranl^eit  nieberjuläm^jf en ;  aber  enblidf^  ift  er  fo  f(^lw4, 
baß  er  ftc^  in  einer  Hängematte  tragen  laffen  muß.  2)ennoc^  mai^t  er  geloiffen^  btc 
geogra^^ifd^en  Seoba(|tungen  unb  trägt  fie  forgfältig  in  fein  ^gebuc^  ein.  Unter  ben 
größten  SKü^falen  loirb  ber  langan^ifa^See  erreid^t.    3*^  ^^  gefunberen  2uft  erholt  W 

60  ber  firanfe  balb  —  aber  bie  bebrol^lic^e  Haltung  eine«  $äuj)tling«  treibt  ben  Äeifenben 
loeiter.  ^m  älnfc^luß  an  eine  arabifc^e  Jtaratoane  lommt  er  in  bo«  Sanb  bed  fl^ 
fürchteten  $errfc(;er«  Äafembe,  entbecft  barauf  ben  9Roero-See  unb  fiufilobasgfluß,  toßi 
abermal«,  böQig  erfc^öpft,  jum  Xangan^ila  ^urüd  unb  erreicht  Ubfdj^ibfdj^i  am  Ofiufa, 
tool^in    injtoifc^en   Sorräte    au«  6uro))a  birtgtert    fein   mußten.     Slber    ber    arabif(^ 

55  Sigent  ^at  biefelben  bereit«  für  einen  S))ott))rei«  t)erfc^leubert  unb  bo«  ©elb  imtec» 
fc^lagen. 

Xro^  olle«  Ungemad^«  erholt  ftd^  £.  in  ber  gefunben  Suft  am  See,  unb  obgleich  foP 
ganj  bon  3Jlitteln  entblößt,  ift  er  fc^on  nac^  einigen  3Jtonaten  (1869)  toieber  mit  feinen 
loenigen  (Setreuen    auf   ber   ^orfc^ung«reife   nac^   9Beften  ju.    S)ur^  bo«  ®ebiet  ber 

00  ^ani^uema,  h>ilber  SDtenfc^enfreffer,   gelangt  er  nad^  tR^angtoe,  bem  großen  ^onbdi^ 


Stutngftotte  565 

am  Suäloba.  @r  brennt  barauf,  bm  l^ier  fc^on  brci  Kilometer  breiten  Strom  ju  toer* 
folgen,  m  ber  Meinung,  ben  oberen  Sauf  be«  5Rife  entbecft  ju  f)Qbm  —  aber  tro§  alle« 
SBortend  gelingt  ed  il^m  nid^ft,  ein  ^^^rjeug  }u  erwerben.  @r  mu|  bort  immer  h>ieber 
bie  fd^änblic^en  ®reue(  bed  SHaben^anbel«  mit  anfe^en.  ßnblid^;  ba  feine  Hoffnung, 
nadj^  9{orben  t)onubringen,  übrig  bleibt,  fc^Iägt  er  ftc^  mit  feinen  brei  S3eg(eitem  h>ieber  6 
buni^  boS  gefä^li(^e  3Ran^uemagebiet  unb  erreicht  abermalig  Ubfd^ibfd^i,  {rani  unb  jum 
SIelett  abgemagert,  o^ne  aQe  ^if^Smittel. 

$ter  erfc^eint  il^m  ber  Kl^ne  9lmerifaner  Stanley  h>ie  ein  barmherziger  (Samariter. 
6r  1^  bie  befd^toerlidS^e  3?eife  unternommen,  um  £.«  ©c^^idffal  )u  erfunben.  ^n  feiner 
®emeinf(^ft  unb  unter  feiner  5ßflege  toirb  ber  matte  ©nftecfer  toieber  jung  unb  lebenbig  lo 
toie  eine  koelfe  ^flanje,  h>enn  fte  geträntt  h>irb.  @ine  gemeinfame  Unterfuc^ung^reife  nacp 
bem  9torbenbe  be«  @eed  lonftatiert,  bag  berfelbe  mit  bem  92ilf^ftem  nic^t  in  äierbinbung 
ftc^t  3m  Woi  1872  tritt  Stanley  feine  Slüdfreife  an,  ©r  bittet  £.  bringenb  mitju» 
fommen.  Sber  bie  geogra))^if(i[fe  älu^abe  ift  nod^  nid^ft  gelöft.  Xk  DueDen  be«  Suä- 
loba  muffen  noc^  erforfd(ft  h>erben.     S.  ^offt  bamit  ba«  9{ät{e(  ber  92ilquellen  für  immer  is 

aerlebi^en.  ©elbjl  bie  toe^mütige  Erinnerung  an  feine  Äinber  vermag  ben  altemben 
onn  nui^t  t)on  feinem  $Iane  abjubrin^en.  vtad^  bem  beilegten  9(bfci^iebe  bon  feinem 
neuen  gf^reunbe  in  Un^n^embe,  bi«  h>ol^m  er  i^n  begleitet  l^atte,  mu^  er  bort  auf  bie 
rädte^renben  Xröger  bi«  jum  äluguft  h>arten.  S)ann  bricht  er  nod^mal«  nai^  SBeften 
auf.  @r  fü^lt  e«,  ba|  er  feine  legte  Steife  antritt  unb  benft  emft  an  fein  @nbe.  3lodf  20 
einmal  ge^t  e«  in  bie  ®egenb  be«  ^oero^See« ;  £.  entbedt  ben  fübli^er  gelegenen  93angs 
toeoto.  S)ie  ganje  Steife  ift  toieber  eine  Stette  t)on  Ungemad^  unb  Seiben.  Dft  ftd|t  man 
auf  überfd^ftoemmte«  ©ebiet.  S)ie  getreuen  2)iener  ^fdjfuma  unb  @uft  tragen  il^ren  $erm 
Xag  für  Xag  burc^  gro|e  Streden  9Baffer«.  (Snblid^  loirb  im  Süben  be«  leftgenannten 
Gtä  ^lala,  ba«  S)orf  be«  2:fd^itambo  erreicht,  ba«  au«  ber  überfluteten  @bene  toie  auf  25 
einer  ^fel  fu^  ergebt.  SBeiter  gel^t  e«  nic^t.  3Kan  baut  bem  Äranlen  eine  $ütte.  2tuf 
bem  mit  rü^frenber  Sorgfalt  bon  Xfd^uma  bereiteten  Sager  bringt  er  nod^  ben  nöc^ften  ^g 
}um  Zeil  in  ^ieber))l^ntaften  m.  9lm  anberen  3Jtorgen  finbet  man  S.  al«  Seid^^e,  Inieenb, 
bo«  ^axtpt  auf  bie  gefalteten  ^önbe  geftü^t.  Setenb  l^atte  er  feine  Seele  au«gel^aud^t. 
e«  toor  am  1.  ober  4.  ÜRai  1873.  so 

3n  einem  3BarenbaDen  t)er))adt,  fül^rten  Zfd^uma  unb  Suft  ben  einbalfamierten 
Setc^nom  i^re«  ^erm  nac^  Sanftbar:  ein  tounberbarer  Seid^enjug,  ben  felbft  Sadjflunbige 
loum  für  mdgti^  l^ielten  —  ein  ^tag;nxi  bon  ber  Jtraft  banfbarer  Siebe  ber  9lfrilaner 

Si  bem  ^uten  ©oltor,  ber  für  fie  lebte  unb  für  fte  ftarb.  am  18.  Slt)ril  1874  tourben 
e  fterbltd^en  Stefte  be«  großen  Slieifenben  mit  l^ol^en  (S^ren  in  ber  9Beftminfterabtei  be«  86 
fiottet  3)ie  SnfdSfrift  feine«  ©rabftein«,  bie  i^n  al«  SRiffwnar,  Sleifenben  unb  $^ilan« 
Üfytüpm  bejeic^net,  c^arafteriftert  il^n  f olgenbermaften :  „3)reiftig  ^al}xz  feine«  Seben«  tourben 
bem  imermüblid^en  Streben  geh>ibmet,  bie  eingeborenen  SSölIer  ju  ebangelifteren,  bie  nn* 
cittbedEten  ®e^etmniffe  )u  erforfd^en  unb  ein  @nbe  ju  machen  bem  bertoüftenben  Sllaben» 
^onbel  ßentrolafrifa«,  too  er  mit  feinen  legten  SBorten  fd^rieb:  ällle«,  h>a«  id^  in  meiner  40 
Sinfomleit  fagen  lann,  ift  bie« :  SKöge  be«  §immel«  reidf^er  Segen  auf  jeben  —  Stmeri* 
laner,  Snglänber  ober  2^ürfen  —  berabfommen,  ber  biefe  offene  SBunbe  ber  SBelt 
^en  ^ilft." 

3)a«  ioar  ba«  QaiüptÜ^^ma   alle«  feine«  Renten«,   feitbem  er  ben  SHabenl^nbel, 
namentlich  auf  ber  ^mberte£))ebition,  fennen  gelernt  ^atte,  eigentliche  9lrbeit  an  ber  älb-  45 
fUDtmg  btefe«  gottlofen  ^anbel«  l^at  er  freilid^  bei   feinem  britten  Slufent^alt   in  älfrita 
nid^t  me^  leiften  lönnen.  SJieDeic^t  toöre  e«  in  ^ö^erem  ^üla^^  ntdglic^  getoefen,  l^ätte  er 
retd^lid^  jtr&fte  unb  ÜRittel  jur  äSerfügung  gel^abt. 

6«  kjfen  fic^  bie  brei  ^erioben  feiner  SBirIfamfeit  unterfd^eiben.  ^uerft  ift  S. 
Stifftonor,  bomt  5tuItur})ionier  unb  julefet  geogra])^ifd^er  @ntbeder.  @«  ift  ^ter  nic^t  ber  so 
Ort,  feine  Seiffamgen  m  le^terer  Sejiel^ung  au«fül^rlic^er  gu  toürbigen.  §ier  ift  nur  ju 
ertDo^nen^  toie  er  feine«  üKiffion«beruf«  nie  bcrgeffen  ^at.  Selbft  auf  ben  legten  SHeifen 
unter  ben  ungünfkigften  33er^ältniffen  i)ai  er  e«  nic^t  berfäumt,  ben  Eingeborenen  bon  ber 
Siebe  ®otte«  )u  erjä^len  unb  in  i^nen  namentlich  einen  tiefen  Slbfd^eu  gegen  ben  Stlaben« 
l^bel  3u  toeden.  3Rit  feinen  Seutcn  l^ielt  er  regelmäßige  älnbad^ten  unb  ©otte«bienfte,  66 
unb  toenn  bie  TOattigleit  i^m  toeitcr  ni^t«  geftattete,  jeigte  er  il^ncn  biblifc^e  Silber. 
Seine  lefcten  la^ebüc^er  (Last  Journals,  Sonbon  1874)  jeugen  bon  tiefer  berfönlid^er 
ffaömmigreit  Ste  toaren  nid^t  für  bie  9Jeröffentlid^ung  beftimmt;  S.  ^aftte  alle  religiöfe 
Oflentotion.  G^aralteriftifc^  ift  c«,  baß  er  in  ber  ffiartcjeit  ju  9lvangtoe  bie  S3ibel  bicr* 
mal  burd^la«.  eo 


566  Stotngflotte  Slorente 

2ä  älrbetten  fmb  nur  bte  SluiSfaat  gelDefen.  S)iefeI6e  ift  aelebnt  unb  tounberto 
getpac^fen.  S)er  Iül^ne@ntbecier@tanle^,  ber  fein$el^I  barauiS  ma^t,  ba|  er  bte  Anregung 
)u  feinem  SBerfe  i^m  oOetn  t)erbantt,  ^at  mit  ber  ©ntbedung  bed  itongo  bod  tmbelmmte 
S^nnere  bed  fc^h>ar)en  SrbteiliS  eröffnet.  9Bä^renb  bon  SBeften  ber  Strom  ber  euro)>atf(^ 

6  Jtultur  einbrang,  lourbe  bon  Often  bie  Xl^ür  h>eit  oufget^an  burd^  bie  (Srnc^tung  bed 
beutfd^en  Sc^u^gebieted,  neben  bem  f^c^  bolb  bie  englifd^e  Jtonturren)  einftedte.  3lo6f 
eifriger  arbeitet  eine  erl^i^te  englifc^e  fioloniolpolitil  bon  Silben  J^er  mit  ber  älbfü^t,  bie 
fämtUd^fen  innerafritanif^en  Sönber  bom  Jtc4>Ianbe  bid  nad)  äg^))ten  bem  9Rutterianbc 
bienftbar  )u  mad^en.  Rum  5£eil  betoegen  fid^f  biefe  Seftrebungen  gan)  in  S.d  Sollen  unb 

10  fein  fel^nltd[ffter  SQSunfq,  bie  böDige  ^bfteUung  bed  afrüonifd^en  Slloben^beld  ift  unter 
bem  Einbringen  ber  euro))äifc^en  i^ultur  no^eju  erfüllt. 

I^eiber  aber  finb  biefe  SBeftrebungen  nic^t,  ta)ie  er  toünfdjfte,  Trägerinnen  bcd  (Stxm^ 
gelium^,  aU  bed  rechten  9)iitteld  jur  Erneuerung  Der  ^eibenbdlter  Slfritod.  SSielfad^  ^^^^ 
fte  ben  Eingeborenen  fogar  red[ft  berberbli(^e  Einflüjfe.  9lu|er  ben  mand^lei  eurotKÜfipen 

15  £aftem,  bie  mit  einfd^leic^en,  koirft  bad  liberale  h>irtf(^ftli(||e  ^ringi})  unter  ben  3laiaa^ 
böllem,  bie  )U  einem  9Bettbeh>erb  mit  @uro))äem  nid[ft  beföl^igt  fmb,  unb  bie  i^nen  n«^ 
langer  be^otifc^er  Jlned^tung  unbermittelt  geloö^rte  ^^eil^eit  nid^t  gebrauchen  lörnien, 
leine^toegiS  fegen^reidjf.  Sejfered  loäre  bon  einem  })atriard[falifd[fen  Stegiment  gu  ertaHtrten. 
®«  h)irb  immer  mel^r  anerlannt,   toie  bie  Suren  in  ber  Se^anblung  ber  ©^tDorjen  — 

20  abgefe^en  bon  allerlei  älu^fd^reitungen  —  bad  9tid[ftige  getroffen  ^aben.  2)er  unfeTtge 
jlrieg,  beffen  Enbe  noc^  nii^t  abjufelen,  ift  nxi^tö  anbered,  ald  eine  toeitere  Snttmdebmg 
be^  einftigen  ÄonfliltiS  ber  Suren  mit  S.  3R5d^ten  aud  bemfelben  bie  3R&dfU,  todift 
afrilanifc^e  Söller  )u  leiten  l^aben,  äBamungen  unb  Seigren  für  bie  rechte  Se^onb« 
lung  ber  Eingeborenen  entnel^men  unb  in  biefem  Stüde  ^6^  nic^t  burd^  S.d  tK>litif(^ 

25  Stid^tung,  gefc^toeige  benn  burd^  bie  feiner  mobemen  d^aubiniftifc^en  iRa^ffolger  irreleiten 
laffen. 

3Bad  aber  S.  al^  bie  i^au))tfad^e  für  bie  berlommenen  Söller  Sfrilod  bon  Xnfong 
an  betonte,  ba^  Ebangelium  loirb  il^nen  in  immer  fteigenbem  9Ra|e  burd^  bie  Stifftonen 
ber  berfc^iebenen  Stationen  unb  ^Denominationen  gebradjft.  3Bo  er  einft  unter  fe^  geringen 

80  älnfängen  arbeitete,  fmb  unter  Setfc^uanen  unb  bertoanbten  SöUerfc^ften  ie|t  an  100000 
E^riften  gefammelt.  älm  ^a^a,  ju  bem  er  bie  ^üx  öffnete,  l^aben  feine  Sonbäeute  cas^ 
gebel^nte  c^rifjtlic^e  ©emeinben.  S)ie  bon  il^m  angeregte  Uniberfitätenmiffton  fyd  naii 
fc^toeren  Se^r]a^ren  ben  9Beg  erfolgreidj^er  9lrbeit  gefunben  unb  Srübergemetnbe  unb  9e^ 
liner  SKiffton   fte^en  in  ^offnung^botten  jüngeren  Untemel^mungen.    ^n  Uganba  ifi  eine 

85  toeitgreifenbe  Setoegung  jum  S^riftentum  borl^anben  unb  me^r  aK  28  000  Seelen  jtnb 
ber^irc^e  einberleibt.  ^m  Jtongoftaate  unb  ben  benachbarten  ©ebieten  ftnb  neun  SRiffüm^ 
gefeUfdjfaften  eifrig  an  ber  9lrbeit  mit  me^r  aU  170  SRifftonaren,  unb  fdj^on  )dgt  fi^ 
|ier  unb  ba  na^  fd[fh>erer  Saatzeit  bie  Ernte.  9llle  biefe  9lrbeiten  geben  unmittelbar 
ober  mittelbar  auf  S.  jurücf.    Überall  loirb   in  benfelben  bed  großen  ^ionierd  bonlbar 

«0  gebac^t,  unb  h>o  immer  Söllerfd^aften  ^nnerafrifad  bom  Sänne  \fyc^  ^eibentumd  befreit 
toerben,  toirb  unaudlöfc^lid^f  unter  il^nen  fortleben  bad  @ebäd[ftnid  bed  großen  So^nbret^ 
®abib  Sibingftone.  9i.  «f««be««w. 

Siblanb,  S^rifttaniftentng  f.  91 1  b  e  r  t  b.  9)  i  g  a  Sb  I  6.  295  ff. 

Slorente  (fj)r.  Sjorente),  ®on  3uan  Antonio,  geft.  1823.  —  fiitteratur:  ^ic 

46  Kenntnis  feiner  Sebendgefdjidjtc  beruht  auf  ben  3)ürftcnungen,  loeldje  er  felbft  (Notice  bio- 
graphique,  ^ariS  1818)  unb  fein  8freunb  ^Q^)ul  gegeben  ftnt  (Revue  Encyd.  1823,  tXVIlI, 
)i)o  au(b  fein  S3ilbnid  nebft  ^lutograp^).  Ein  ^erjeic^ni^  feiner  ^a^Irei^en  ©cbriften  {inbet 
fxd)  in  Revue  Encycl.  q.  q.  D.  6.  45  ff. ;  eS  fehlen  bie  Uebcrfdiriftcn  ber  in  ber  Revue  fflbft 
ueröffentlicfttcn  Sluffötje.    ^cfclc    (ogl.  ben    9lrt.  Äat^).  i^fi.  Vm,  56-59,  foroie  »3)er  ftor» 

5obinal  Ximcnej",  ^pft.  XVIII:  3)ie  fponiftfee  Sntluifition  unb  Slorente»  geringe  ©loub« 
mürbigfeit)  unb  nat^  i^m  ®amd  (ßur  ©efc^ic^te  ber  fpan.  ©taatdinquif.,  SRegendburg  1878; 
^irc^engefi.  üon  Spanien  III,  2  [1879])  u.  q.  beanftonben  S.8  SwöP^^ÄfPgWt  aucQ  beifiglid) 
ber  queüenmäSigen  eingaben;  ^offmonn  (®cf(^.  ber  3nquif.  1878)  unb  Orti  ^  Saro  (U 
Inquisicion,  1877)  treten  bafiir  ein.    S)er  ooüftänbige  ^itcl  be«  ^ouptmerteÄ  lautet :  Histoire 

55  critique  de  rinquisition  d'Espagne,  depuis  T^poque  de  son  Etablissement  par  Ferdinand  V 
jusqu'au  r^gnc  de  Ferdinand  VII,  tiröe  des  pi^s  originales  du  conseil  de  la  Supr^me  et 
de  Celles  des  tribunaux  subalternes  du  Saint  Office  (übcrfe^t  von  %.  tßeQter).  5S)adf .  fpanif^. 
^Qbrib  (¥ori«l  1822. 

Slorente   ift   loie  $efele  i^n  rid^tig  nennt  (Äatl^.  ÄS.  VIII,  56)   ber  „9le|)r&fentant 

60  ber  3lufllärung  unter  bem  f^janifc^cn  Äleru«"  gegen  (Jnbe  be«  18.  g^l^tl^unbertd.  ©cboren 


Sloretite  567 

am  30.  SWon  1756  px  SlinconsbetSoto  in  Aragon,  ftubierte  er  feit  1773  in  ©aragoffa 
(anoni{(^  Stecht,  toarb  Saccalaureu^  bedfelben  1776,  im  nöc^ften  ^abre  äSeneftjiot  ju 
Solo^orra,  1779  ^riefter,  nod^  el^e  er  bad  fanonifd^fe  SUter  ganj  erreicht  l^atte,  balb  borauf 
aiu^  3)oltor.  92eben  feinen  ^eruf^rbeiten  befd^fäftigte  fid^  2.,  ber  fd^on  mit  19  ^a^ren 
ein  Su{itf))iel  t)erfa|t  l^atte,  mit  bramatifc^en  $robuItionen,  unb  k)erbanlt  in^befonbere  „ber  5 
gali)if(^  993erber''  ber  QÄt,  in  tpelc^er  er  ®eneralt)ifar  bed  93ifd^ofg  t)on  Salo^ona  tiHtr 
(feit  1782),  feine  Sntfte^ung ;  nod)  nad^^af^x^  l^ot  er  ein  ^iftorifc^e«  ©(^auf})iel  („Suric^, 
ber  ©ot^enlönig'O  tJerfafet,  in  toeld^em  er  bie  SfBec^felfätte  unb  ^^triguen  ber  eigenen  3«t 
ftd^  abfj)iegeln  lie|.  gn  ba«  ^a^r  1784  l}at  er  felbft  ben  bebeutfamen  Umfd^h>ung  feiner 
Snfübten  berlegt,  ber  iJ^n  ya  emem  entfdjfiebenen  @egner  ber  ^olitif  ber  römifc^en  Äurte,  lo 
ja  ber  Ürd^flic^en  Sutoritöt  ald  fold^er  über^au))t  gemad^t  l^at.  „@^  giebf'  —  bat)on  l^atte 
il^n  bamate  „ein  tool^Iunterric^teter  unb  urteitefäl^iger  5Kann"  überjeugt  —  „leine  Sluto^ 
rität  au^erl^lb  unfer,  h>elc^e  bad  ditd)i  i}äü^,  bie  SSemunft  in  und  ^u  unterjod^en.'' 
Zro^bem  mad^te  man  iJ^n  1785  in  SogroiTo  }um  itommiffar,  1789  m  3Jlabrtb  jum 
©eneralfefcetär  ber  S^^wif^io*^-  2)»«  f^  gebotene  Oelegenl^eit,  ftdff  mit  bem  SBefen  unb  i6 
ben  9(r(^iben  biefer  iBe^örbe  betannt  gu  machen,  f)at  er  reic^Iid^  au^enü^t.  Seine  äSe« 
ntü^ungen,  bad  3*^flwifttionSh)efen  gu  beffem,  junäd^ft  ein  öffentlid^e«  Oeric^t^berfol^ren 
einmfü|ren,  fd^eiterten  infolge  bed  @turKd  feiner  beiben  gleic^gefmnten,  ebenfalls  um  eine 
))OUtif(^e  unb  {ird^Iidjfe  9leugefta(tung  Bpanxm^  bemül^ten  @önner,  bed  ®ro|inquifttord 
HJlanud  Slbab  V  la  ©ierra  unb  be«  TOinifter«  3*>^^n^"^-  2)^6  ^  ^cn  lefeteren,  ate  er  bereit«  20 
gefiör)t  toar,  auf  ber  ^urc^reife  in  Sola^orra  begrübe,  gab  feinen  Segnem  erh)ünfd^ten 
Snla|,  gegen  i^  felbft  k)or)ugel^en  unb  einen  $ro)e^  einzuleiten,  ber  mit  (Sntl^ebung  k)on 
feinem  $oßen  enbigte(1801),  aber  nid[ft  l^inberte,  ba§  man  i^m  1805  ein^anonilat  über- 
trug  unb  feine  ber  ßentralifationdibee  günftigen  „Noticias  historicas  sobre  las  tres  pro- 
yincias  bascongadas'' (ÜRabrib  1806  f.,  5  S3be)  burd[f  einträgliche  Stebenämter  belohnte.  26 
Sa  erfolgte  ber  @tur)  be«  fpanifdjfen  9{egimentd.  Slorente,  ber  ^c^  ben  ^ofeftno^S  offen  an^ 
fc^lo^,  ift  bedl^alb  k)on  $efele  al«  SSenöter  gebranbmarlt  toorben  (f.  ben  31.  im  lati^o» 
lifd^en  S&.).  Um  il^n  geredet  gu  beurteilen,  barf  man  jeboc^  nxi^t  au^er  9ld^t  laffen,  ba| 
er  nur  unter  ber  neuen  Stegierung  bie  3Jt5glic^!eit  ber  2)urc^fü^rung  berjenigen  Steformen 
ertoarten  lonnte,  bie  i^m  im  g^tereffe  ber  Sieligion  felbft  geboten  fdffienen.  ©eit  1808  w 
SRttglieb  be«  BtaatSxai^,  übernahm  er  im  folgenben  ^a^re  ben  äluftrag,  bie  älufl^ebung 
ber  JUdfter  gu  übem>ad[fen  unb  neben  einigen  Heineren  ätrbeiten  (Coleccion  diplomatica 
de  varios  papeles  u.  a.  f.  Revue  Eneyel.  1823,  t.  XVIII,  p.  46)  bie  @efc^ic^te 
ber  l^nquifition  in  Bpanxtn  ju  fc^reiben.  ^er  erfte  lurge  @nth>urf  biefed  umfangretd^en 
unb  tro(  mancher  Ungenauigteiten  l}'66^\i  toic^tigen  SBer!ed  erfc^ien  in  f))amfd^er  @))rad^e;35 
in  feiner  ie^igen  ®eftalt  ift  ed  guerft  frangöfifc^  erfd^ienen  unb  gh>ar  1817  f.  in  $arid, 
taH>9in  S.  fui^  nac^  ßönig  ^o\^^  SSertreibung  begeben  l^atte.  SBöl^renb  aber  biefe«  9BerI, 
olSbalb  in  bad  ^tiü\6^t  (®münb  1819  ff.),  @nglifc^e,  ^ollänbifc^e  unb  ^talienifc^e  über» 
fe^t,  in  gang  @uro))a  ba«  größte  Sluffel^en  erregte,  tou^te  bie  9{eaItion  i^n  ))erf5nlic^  gu 
treffen,  inbem  i^m  ha&  Seic^te^ören  fotoie  bad  3Reffelefen  in  ©t.  @uftact;e  k)erboten  unb  ^ 
barni  ouc^  nod^  burdff  ein  toon  ber  Unitoerfitöt  evlaffene«  SSerbot,  Unterrid^t  in  feiner 
9Rutterf))ra(^  an  einer  $rit)atle]^ranftalt  gu  erteilen,  fein  !örglict;ed  @intommen  genommen 
tourbe.  911«  nun  gar  bie  Portraits  politiques  des  Papes  (^arid  1822;  beutfc^  Sei))- 
}ig  1823;  ^oll.  ämft.  1828)  erfd^ienen,  befd^loj  man  noc^  fd^ärfer  gegen  i^n  toorguge^en: 
tra  Segember  1822  tourbe  il^m  t)lö^li(^  befohlen,  ^ari«  binnen  brei  Xagen  unb  bann  ba«  45 
frangöfifc^  ®ebiet  gu  berlaffen.  SDa  er  in  bie  1820  crlafjene  Slmneftie  eingefd^loffen  h>ar, 
fo  toonbte  er  fic^  nadff  ©j^anien ;  aber  laum  in  3)Jabrib  angelangt,  ftarb  er  —  5.  gebruar 
1823  —  an  ben  folgen  ber  ©tra})agen  ber  ergloungenen  9Binterreife,  toie  feine  greunbe 
be^au))teten. 

Seaüglic^  feiner  toiffenfc^aftlid^en  Sebeutung  ift  ^  leicht,  loie  bie«  §efelc  im  Äarb.  so 
Xtmeneg  unb  in  bem  Strt.  £.  im  Ä£.  tl^ut  (togl.  bagu  $oen«broed^,  2)a«  ^ai)fttum  [1900] 
S.  131  f.),  an  t)ielen  ©teilen  befonber«  feine«  legten  größeren  SBerfe«  ju  fonftatieren,  ba^ 
feine  Äenntni«  toenigften«  ber  älteren  unb  mittelalterlichen  Äirc^engefc^ic^tc  fcl^r  ungenau 
ifl  S)ie«  tljiut  jeboqf  ber  Sebeutung  feine«  §au^)tloerfe«  nur  in  bebingter  SSJeife  Slbbrud^, 
ba  er  bi^  meift  Duellenau«güge  bietet  au«  Ur!unben,  bie  nur  Don  il^m  benu^t  unb  bann  55 
Demid^tet  toorben  fmb.  ®egen  feine  J^erfönlic^c  S^renl^aftigfeit  ift  burc^  §einbe  fdt^on 
Dor  feiner  ^udf^t  au«  ©panien  ^Jlifetrauen  ertoecft  toorben;  allein  für  bie  Slnflage  auf 
Unter|d[flaaung  einer  bebeutenben  ©umme  gelegentlich  ber  ^lofterauf^ebung  i}ah^  fte  ben 
Setoet«  fcpulbig  bleiben  muffen. 

^enrat^.     go 


568  Sobtoaffer 

SoBtoaffet,  9(mbrofiud,  geft.  1585,  lommt  l^ier  nur  in  Settad^t  atö  ber  Ut^^eba 
bed  ^^SoStDanerfc^en  ^falter^'^  ti)e(d^er  )h>et  ^ol^r^unberte  J^inburdSf  im  ®emeinbef|efang 
ber  beutfc^en  reformierten  Äir^en  bie  ^errfc^aft  be^aiH)tet  unb  befien  eifemen  Scftonb 
gebilbet  l^at.  —  fittteratur:  3ö(6er  II,  @p.  2483;  SRolcrmunb  jum  3öd)er  III,  @p.1993; 

^  §.  (£.  %Be(eI,  Hymnopoeographia  II  (1721)  @.  79^.;  Melchioris  Adami  vitae  germani- 
corum  jureconsultorum  .  .  .  ©eibelberg  1620  6.  267  ff.  (morauS  Freheri  theatram  vironmi 
erud.  dar.  Norib.  1688  @.  896.  roo  Jt*  ni*tö  neue«,  aber  Üobiuaffer«  S3ilbni«  pnbft,  nad) 
bem  gebrucften  9^efroIog,  Königsberg  1585;  ^artfnod),  $reugtfd)e  ftir^en^iftoria  (1686) 
8.  498 ff.;    $^.  ^Qcfernagel,    ^Bibliographie  ^ur  (S^efd)i4te   bed  beulten  ßirc^enliebd  .  .  .  . 

10  gronffurt  unb  Erlangen  1855,  ©.  329  unb  380;  berf.,  3)q8  beutfdjc  ftircbenlieb  üon  ber 
älteften  3cit  .  .  .  ficipjig  1863-1876  I,  6.  509ff.  IV,  @.  844 ff.;  S)öring,  ©öotolfunbe, 
3)Qnjig  1865,  @.  52-  57  unb  8.  234;  d,  C>öpfncr,  SReformbeftrcbungen  auf  htm  Oebict  ber 
beutfc^en  ^ic^tung  beg  16.  unb  17.  Sa^r^.,  Programm  bed  5tönig  fBil^elmdg^^mnartumd, 
Berlin  1866;  ©.  Hodj,  ®efdjid)tc  be«  ÄirdjenliebeS  ...  93b  II,  Stuttgart  1867,  (S.  594  bid 

16  597;  e^r.  g.  IRißpenbod),  3)cr  Äirtfeenflefang  in  ©afcl,  ©ofel  1870;  fjelijöoüct,  Histoire  du 
PsautJer  des  ögjises  reform^es,  Neuchatei-Paris  1872;  O.  ^ouen,  Clement  Marot  et  le 
psautier  huguenot,  Paris  1872;  ^eber,  ®ef4id)te  beS  itirdiengefongd  in  ber  beutfc^-refor' 
mierten  6*njcia  feit  b.  ^Reformation,  8üric^  1876;  ?lb93  93b  XIX  8.56—58  (fieipjlg  1884}. 
($Iugerbem  ogl.  über  ben  ref.  ^falmengefang   in  ^erjogd  9{@  2.  9(.  93b  12    im  ^Irt.  J^\aU 

20  menmelobien  oon  9?iggenbad) )  $b.  ^olfrum,  ^ie  ^ntfte^ung  unb  erfte  (Sntwicfelung  bed 
beutfdjen  eoangelifdjen  KirtftenlicbeS  in  mufifalifc^cr  ©exie^img.  Seipjlg  1890,  @.  134ff.; 
8.ÄümmcrIe,  encijflopäbie  ber  etjang.  ^rdjenmufif,  93b  11,  ®üter8lo6  1890,  8.85;  3.  3o^n, 
^ie  Gelobten  ber  beutfc^en  eoangelifc^en  ^irc^enlieber,  aud  ben  Cuellen  geft^öpft  unb  mit« 
geteilt,  93b  VI,  ®üter8lo§  1893,  8.  56  ff. 

25  SBlmbrofm«  Sobh>affer  tourbe  ben  4.  Wpxxl  1515  ju  ©df^neeberg  im  fäc^ftfd^en  ©rj« 
gebirge  geboren,  h>o  fein  93ater  93ergh>erIdinfpeItor  h>ar,  befuqte  bom  12.  Sebendjal^re  an 
bie  ©c^ule  in  Seip^iig,  ftubierte  bafelbft  bie  ä^ec^t^toiffenfc^aft  (unter  Seitung  feinet  älteren 
Sruber«  ^aul,  ber  5profeffor  ber  ^uriöprubenj  toar),  unb  toirfte,  nad^bem  er  mit  20  ^äfym 
jum  TOagifter  t)romot)iert  tüorben,  ate  ©ojent  bxi  1550.    3n  biefem  3^^^   begleitete  er 

aojtoei  toome^me  junge  5Känner  cii  §ofmeijter  auf  einer  Sleife,  bie  i^  nai^Zbtom  (1550), 
nad^  5Pari«  (1551),  fpöter  gu  längerem  Slufentl^alt  nac^  Serr^  fäJ^rte.  1557  tDurbe  er 
fürftli^er  Slat  unb  ^anjler  in  3Kei|en.  1562  ertoorb  er  ftd^  inSoIogna  ben  juriflifc^ 
S)of torgrab.  1563—1580  toirfte  er,  t)on  ^er^og  Sllbrec^t  bon  ^ßreufeen  berufen,  aföi&ofs 
geric^t^Slffeffor  unb  ^ßrofeffor  ber  SRe^te  m  ilönig^berg,   trat  1580   in  ben  ShiW^tonb, 

85  unb  ftarb  ben  27.  9Rot)ember  1585  bafelbft.  Qx  galt  atö  tüd^tiger  ©ete^ter,  toax  toiel* 
fettig  gebilbet,  ^atte  me^reremal  baö  SReftorat  begleitet,  unb  blieb  unl>erl^eiratet.  Ueber 
feine  fonfeffionefle  Stellung  fagt  bie  Seic^enrebe  au^brüdlid^:  „er  f)ab^  allein  gel^alten  mit 
®otte^  SBort  unb  ber  Formula  Concordiae,  bie  er  nic^t  allein  mit  ber  $anb,  fonbem 
auc^  mit  bem  ßerjen  unterfd^rieben  unb  l^ergegen  allen  Äorruptelen  unb  ©c^toärmereien, 

40  loie  fie  mögen  ^amen  ^aben  unb  bie  mit  Sottet  SfBort  unb  unferer  Formula  Concor- 
diae nid^t  übereinftimmen,  toon  §erj\en  feinb  geloefen."  3)ie«  l^inberte  nidf^t,  ba|  ber93ei« 
fall,  ben  feine  SRac^bid^tung  beg  SKarot^Sejafc^en  ^Pfalter«  in  ben  reformierten  JSrd^ 
beutfc^er  R^^Ö^  f^"^/  ^'"^  Sle^tgläubigfeit  ben  ftrengen  Sutl^eranem  toerbäc^tig  mac^, 
bie  bor  aflem  barin  eine  ju  tücitgc^enbe  SRad^giebigfeit  gegen  bie  Sieformierten  fa^,  ba§ 

45  er  feiner  Überfe^ung  nid^t  ben  Urtcjt,  fonbem  bie  franjöftfc^en  Siebformen  beg  ^faltet« 
JU  ®runbe  gelegt  l^atte.  ©elbfttoerftänblid^  ^atte  S.  babei  fein  2lrg  gehabt.  Denn  i^ 
h>ar  e^  barum  ju  tl^un  geU^efen,  bie  3Kelobien  be«  franjöfifdS^en  ^falter«,  bon  beren  er« 
bauli(^er  SEBirfung  er  tüä^renb  feinet  Slufentl^alt«  in  Serr^  einen  tiefen  (Sinbrucf  empfangen 
l^atte,  feinen  beutfc^en  ®lauben«genoffen  jugänglid^  ju   mad^en.    SJed^alb   fc^lo^  er  fu^ 

60  unmittelbar  ben  lejtcn  an,  toel^e  bie  3;räger  biefer  5Kelobien  bilbeten.  @r  barfuß  um 
gefäl^r  fo,  h>ie  l^eutjutagc  ber  Überfe|er  eine«  Dp^viii  ober  Siebertejte«,  bem  e«  junät^ 
eben  barum  }u  tl^un  ift,  bie  Äompofttion  in  bem  betreffenben  SSolfe,  bem  bie  Überfe^ung 
bienen  foll,  emjubürgem.  6«  lam  bor  allem  barauf  an,  baft  ©ilbenjial^l  unb  3^oif(tlu| 
ftc^  genau  mit  bem  franjöfifc^en  SSorbilb,  bejh).  mit  ber  5Kelobie  bedrten.    Überhaupt  tiwr 

55  feine  2lrbeit,  loie  fte  ber  perfönlic^en  ^eube  an  ben  ^Pfalmmelobien  entftammte,  junoc^fl 
für  bie  ^ribaterbauuna  beftimmt.  ^n  ber  bom  15.  ^^bruar  1565  batierten  SBibmung 
an  ben  $erjog  Sllbrec^t  bon  ^Preu^en  erjä^lt  SobU^affer,  tote  er  ju  feiner  fturjtoeil  he- 
gönnen  l^aU,  ben  franjöftfd^en  ^falter  „mit  gleichen  SSerfen  in  ba«  ©eutfd^e  gu  gtoingcn''. 
5)a«  fei  tl^m  nac^  feinem  SBebünfen  nic^t  übel   geglüdt.    Die  gettumftänbe,   jumal  em< 

60  ^JJeftjeit,  baben  i^m  ba^u  ^JJufee  geloäl^rt,  ein  „ebler  granjofe",  S^*^'^  (Saurier,  ^wbe  i^ 
aufgemuntert,  unb  fo  fei  ber  injloifc^en  (1562)  bollftänbig  erfc^ienene  $f alter  aud^  boDflänbig 
in«  Deutfd^e  berarbeitet  Iborben.    Der  §crjog,  auf  beffen  Unterftü^ung  2,  tool^l  bei  ^ 


Sobtoaffer  569 

l^u^obe  gerechnet  ^atte,  ftatb  1568.  So  !am  c«  ju  btcfcr  crft  1573.  33er  Xitel  lautete: 
,,®er  $  faltet  bcd  Kniglic^cn  5Prc})^etcn  Xatoibö,  3»^  beutfd^e  re^me  berftenbiglid^  t>nb 
bnitltdj^  gebracht;  mit  botge^enbet  anjetgung  ber  reimen  h>eife,  au6)  eined  ieben  $fa[med 
ii^folt:  ®ur(^  ben  S^rbeften  ^oc^gclarten  ^erm  Ambrosium  Lobwasser,  ber  Stedf^ten 
3)octom  unb  gürftltd^er  SJurc^Iau^tigfett  in  ^Preufeen  'SRaÜ^t.  3Snb  l^ierüber  bei^  einem  5 
jeben  $falmen  feine  juge^önge  bier  ftimmen:  93nb  laut  ber  $falmen  anbec^tige  fd^föne 
®ebet.  2eit)jig  1573.  SKm  Sc^lufe:  ©etrudtt  ju  Sei))jig  bei  ^an^  ©teinmann.  Typis 
Voegelians  Anno  MDLXXIII." 

2)ie  jebem  5ßfalm  angejdSfloffenen  ©ebete  fmb  Überfe^ungen  ber  oraisons  t)on  äuguftin 
üRorlorat,  ^rebiger  ju  SRouen.  3)ie  Sinfaffung  in  bie  bcm  ^!>^alm  jebegmal  borau^e|;cnbe  lo 
@ummarie  unb  ba^S  i^m  angefd^loffene  ©ebet  c^arafteriftert  ba^  9BerI  al^  (Srbauung^merf, 
ote  eine  Art  bon  ,,2ieber=^S!lnba(|ten".  ^eunb  unb  %^nh  ftimmten  barin  ^ufammen,  ba^ 
eS  in  fpradSflit^er  unb  t)raftif(^er  §infi(^t  nur  eine  mittelmäßige  Seiftung  fei ;  unb  greunb 
unb  ffeinb  fo^en  fofort  ba^  SBudSf  auf  einem  ©iege^gang  burc^  bie  beutfd^-refors 
mterten  ©emeinben  begriffen,  ber  l^inter  bem  ßrfolg  be^  §ugenotten))falter^  felbft  nic^t  fo  i5 
ti>ett  jurücfftanb.  SBö^renb  man  bon  bem  le^teren  aDerbing^  gegen  1400  Sluflagen  jöi^lt, 
beft^t  bod^  aud^  bon  Sobtoaffer  eine  einzige  ä3ibliotl^e!  toie  bie  Stuttgarter  (öffentlid^e) 
oegen  60  SluPagen,  Worunter  bie  Ed.  princeps.  Seina^e  200  Sjai^re  lang  l^enfc^te 
SobtoKtffer  unumfd^önlt,  unb  bi^  auf  biefen  %%  ift  er  nod^  nic^t  gänjlidjf  beraltet. 

©einen  ®rfolg  berbanite  er  ber  f})rad^lid^  genauen  ain})ajfung   an  bie  franjöfift^en  20 
SRelobien,  benn  ,,ol^ne  baiS  toören  e^  gleid^  al^  tote  ©efäng,  bie  bad  ^erj  toenig   betoeg» 
ten".    3)iefe  bilbeten  bie  gemeinfame  %on]pxad)c  ber  SHeformierten  aller  Bingen,  bie  ben 
^folter,  i^r  ©emeingut,  erft  jum  loirtlid^en,  lultifc^en  ©emeinbeft^  mad^te. 

2)ie  5ßolemif  gegen  bie  Sobtoafferfc^en  ^Pfalmen  bon  feiten  einzelner  Sieformierten, 
toie  bed  poeta  laureatus  $aul  ©d^ebe,  genannt  ^JReliffu^,  noc^  mel^r  t)on  feiten  ber  SutJ^e»  25 
roner,  tonnte  ben  ©iege^lauf  berfelben  nid^t  aufbolten.  ©njelne  5Kelobien,  toie  bon 
^folm  134,  140,  42,  84,  106,  8,  felbft  manche«  ^falmlieb  (20,  42,  91),  \a  ber  ganje 
$falter  Sobtoafferö  brangen  in  bie  lutl^erifc^en  ©emeinben ,  j.  S3.  in  (Slbing  bt« 
1655,  ein. 

Sittereffont  ifi  e^,  Sobtoaffer  auf  feiner  S3a^n  auf  reformiertem  ©ebiete  ju  begleiten,  90 
toie  er  g.  8.  1603—1626  in  Sem,    1605—1636  in  güric^,    1606  in  »afel,    1617  in 
©c^ff^fen,  1618  in  Wppmidl,  1619—1627  in  ©t.  ©aHen,  noc^  bälber  in  ben  beut^ 
fc^  Sänbem  äufnal^me  gefunben  ^at.    ®er  §ö^et)unlt  feine«  Sinfluffe«  fteHt  fid^  ol^ne 
3h)cifel  in  ber  3^tfac^e  bar,  ba|  er  felbft  toieber  aU  Original  be^anbelt  tourbe. 

6r   erfährt  muftlalifc^e  Bearbeitung  burc^  Sanbgraf  SJlorift  t)on  Reffen  1607,   ber  36 
9Relobie  uvlb  ©a^  bem  beutfc^en  Se^te  im  ©inne  be«  bamatö  auftommenben  betlamato- 
rifdj^en  ©efangdftiU  amut)affen   fud^te;    burd^  ©amucl  'JRarfc^all  in  S3afel  1606,  Srüger 
in  Berlin  1656,  ©ul^oerger  in  Sem  1675  u.  a. ;  er  toirb  in  anbere  Bpxad^cn  übertragen, 
jo  in«  £ateinif4>e  burdff  ^nbrea«  ©t)etl^e  1596,  in«  3)änif(^e  1662,  in«  3talienifd(>e  burd^ 
Slanta  1740,  toie  fdf^on  1608  burc^  bie  ^^od^ter  be«  Sanbgraf m -iRorift  bon^effm,  burc^  40 
(Sofimir  1753,  Slicolai  1762  u.a.;  in  ©raubünbtm  fangm  fte  il^n  in  SBpxad^m,  r^äto^ 
nmtomfdjf,  itatienifc^  unb  beutfc^.    ^m  18.  3^^^^""^^^^  begannen  bie  SSerfuc^e,  bm  Sob« 
kDofferfd^m  ^Pfolter  ju  berbeffem  unb  ju   ergänzen,  bie  ollmä^lid^ju  feiner  3?erbrängung 
fü^en.    2Bir  fül^ren   nur   einzelne«  an.    ^n  ßüric^   trat  ba«  änbem  ein  burd^  §arbs 
mc^  1701,  ^olj^alb  1704,   ßicgler  1763  unb  2Bolf  1787;    in  Safel  bur^  ©J)rmg  45 
1741,  in  Siel  burd^  SBilbermett  1747,   in  SKeberfa^fm  burc^  aOBoUeb  17^1;    in  mi}m 
1764,  in  Sem  burd^  ©ta^jfer  1775,   in  3ülic^=6lebe=g3erg   burc^  Soriffen   1798,  beffen 
älrbeit,  tomn  au^  bebeutmb  geänbert,  nod^  im  ©ebrau^  ift.    Oft  toar  bie  SSerbeffemng«^ 
arbeit  nic^t  biel  glänjmber,  bielleid^t  nod^  fd^toäcl^er  al«  ber  originale  Sobloaff er;  bi^  unb 
ba   fangen  fie   audff   jtoei  ^Bearbeitungen   in  bemfelbm  ©otte«bienft   —    in  33afel  fang  w 
ba«  Soft  bm  Sobtoaffer,   bie  2lriftofratie  bm  ©preng  — ;    ba«  gemeinfame  Sanb   h>ar 
bann  bie  SRelobie.    ©nblic^  tourbe  ber  ^nbang  am  ^falter  Sobtoaffer«,  ber  urf})rünglidS> 
nur  ba«  Sieb  bon  bm  10  ©eboten  („(Srl^eb'  bein  $erj,  t^u'  auf  bein  Dl^rm")  unb  ba« 
6imeon«s2ieb  mtl^ltm,  unb  bm  man   mit  bmtfcbm,   toielfad^  lutberifcbm  Siebem  fcbon 
ntmlxdf  frül^e  em)eitert  l}aiU,   immer  groger  unb   fd^toerer,   bi«   jule^t  ber  älnl^ang   bm  ^ 
$falter  berfc^long  unb  ©efangbüd^er  auffamm,  in  loeld^m  nur  einzelne  $falmm  fid^  er^ 
^m  fyAtn, 

2)m  SKelobim  toar  mit  bem  c^arafterbollm  JWb^tl^mu«  ber  ^Hei;  i)erlorm  gegangm, 
ber  bie  Sobtoafferfc^m  ^ejte  tro^  i^rer  ungelmfm  unb  tomig  poetifc^m  ©jjrad^e  gcbaltm 
unb  mit  \fynm  bem  $falter  bie  Slllein^enfc^aft  im  reformierten  ©emeinbegefang  gefiebert  eo 


570  Sobtooffer  Loci  theologid 

l^atte.  92unme^r  btängte  ftd^f  neben  biefen  bad  beutfc^e  Sieb,  bad  fdjfon  im  16.  So^r^tim 
bert  fräftige  ä3lüten  getrieben  l^atte,  aber  bem  formalen  SiblijidmuiS  gemä^  unb  bonl 
bem  Sleije  ber  franjöftfdS^en  ^falmsSKelobien  biefen  getoidSfen  toar  (f.  b.  ä.  fifolmen^ 
3ReIobien). 
6  9(u^er  bem  $falter  fei  nod^  ertoö^nt  eine  Sammlung  bon  ^^mnen:  ,,Smbrofti  Sob« 
toaffer«  betoä^rte  Hymni  Patrum  unb  anberer  gottfeliger  SDlänner,  toeld^e  burd^  gonje 
^ofyc  in  ben  Hxxi^m  gefungen  derben,  au^  bem  Satein  m^  3)eutf(i[f  mit  gleict^en  9teimen 
gebraut.  £ei})jig  1578/79",  fofem  einzelne  ber  barin  entljialtenen  Überfe^ungen  in  ba 
lut^erifd^en  Jtir(|e  Eingang  gefunben  ^aben.        (92ifi^arb  fiaustittiin  f)  $•  9.  ftifHiu. 

10  Loci  theologici.  —  $.  ^^PP^,  ^ogmatif  bed  beutfd^en  $roteftanttdntud  im  16.3a§r« 

^unbert,  S3anb  i,  1857;  @.  ^Bd^tüaxx,  ^elanc^t^ond  ©nttourf  ju  ben  ^^pot^pofen,  Z^Stft 
1855,  S.  75  ff. ;  ^att-5lo(be,  a)ie  loci  communes  ^§.  3KeIan(ftt^on»  in  ißrcr  Uracftalt, 
2.  ?[ufl.  1890. 

Loci  theologici  ift  ber  burd^f  ÜRelanc^tl^on   eingeführte,   bon  bieten  bt^  in  bod 

16  17.  2E<^^^^unbert  beibel^altene  9{ame  für  bie  S3earbeitungen  ber  ebangeltfc^  3)ogmatiI. 
ÜRelanc^tl^on  l^at  ftd^  bamit,  tt^ie  er  felbft  fagt,  an  ben  @))ra(i[f gebraut  ber  antuen  9i^ 
toren  angef(i[f(of|en,  über  beren  Stunftlel^re  er  teifö  birett,  teifö  an^  Stub.  Slgricola  (de  for- 
mando  studio  epistola),  unb  @radmu^  (de  duplici  copia  verborum  ac  rerum 
commentarii  duo)  unterrid^tet  h>ar.    S)ie  xönot  ober  loci  erfd^nen  bort  bei  ber  £e^ 

20  bon  ber  Stofffinbung  unb  bejeic^nen  bie  $lä^e  ober  £)rter,  bon  benen  l^er  man  Setoeife 
entnehmen  lann.  Itaque  licet  definire  locum  esse  argumenti  sedem  (Cicero  to- 
pica  II,  8).  %üx  biefelben  tourben  nun  feit  älrtftoteled  in  mannigfaltiger  SBeife  met^o^ 
bifc^e  ätegifter  aufgefteÖt  (t)gl.  92ä^ere^  bei  9).  Sioltmann,  3)ie  Stl^oril  ber  ®ried^  unb 
SUmer,  2.  9(ufl.,  1885,  @.  199  ff.).    9(te  fold^e  loci  erfd^nen  bemgem&B  formale  itote^ 

36  gorien,  bloge  ^itel  (j.  9i.  persona,  natura,  fortuna  u.  a.,  totnn  ed  fid^  um  eine  $a:fon 
^anbelt).  9Iun  aber  galt  ed  atö  befonbere  Slufgabe  bed  Stebnerd,  ben  einjelnen  lonfceten 
^oQ  auf  einen  allgemeinen,  bie  befonbere  inMeoig  auf  eine  Movq  jurüd^ufül^en  unb 
baburd^  in  ein  l^eUereg  Sid^t  gu  rücfen.  hierfür  lommen  bie  loci  communes  inSe^ 
trac^t,  ba^  fmb  argumenta,   quae  transferri   in  multas  causas  possunt  (Cic.  de 

80  invent.  II,  15,  48.  orat.  cc.  14.  15.  36).  ®iJ  ift  aber  nidf^t  ganj  richtig  m  be* 
^au^ten,  ba^  biefe  „@emein))lä^e''  atö  ett^a^  an  ftd^  ^^eftfte^enbed,  als  abfolute  ©runb« 
toal^r^etten  angeje^en  toorben  feten.  3*^^^  mu|te  fie  ber  SRebner  gegebenenfalls  fo  toenben, 
aber  Sicero  bemerlt  au^brüdlic^,  ba^  man  l^ier  bielfad^  je  baS  ©egenteil  geltenb  moc^ 
lönne,  g.  S3.  ®erüd^ten  fei  ju  glauben  ober  nic^t  )u  glauben  (de  invent.  II,  16).    Sei 

86  ben  ^umaniftifc^en  St^etoren  tt)trb  aber  ber  äSegriff  loci  communes  bielfad^  nur  in  bem 
Sinne  bon  loci  fc^lec^t^in  b.  i.  toon  allgemeinen  (Srunbbcgriffen  unb  Orunbfd^aten  gc» 
braucht,  gnöbefonbere  berfte^t  i^n  fo  3Kelan(^t^on,  beffen  de  Rhetorica  libri  III,  Äöln 
1519,  l^ier  mafegebenb  fmb.  @r  fu^t  in  biefem  SBerle  bie  ©tubiofen  für  bie  3^^^  ^ 
S^iS^utationen  tüd^tig  gu  machen.    2)am  em})fiel^lt  er  i^nen  (nac^  SSorgang  ber  genannten 

40  (Setoä^rSmönner),  ft^  t)or  allem  Stegi^er  bon  allen  möglichen  loci  communes  angul^en 
unb  in  bie  betreffenben  9{ubrifen  (capita)  aQeS  ba^inSel^örige  auS  ber  £e{türe  (Seifpvde, 
Sergleid^e,  SluSfjirüc^e)  einzutragen,  um  fo  einerfcit^  Überfielt  über  ben  ©toff  gu  getoimten, 
anbercrfeitS  il^n  bei  ber  §anb  ju  l^aben  (bgl.  fc^on  epist.  nuncupat.).  3)ie«  ^erfa^ 
lotll  er  auf  alle  sSBiflenfc^aften  anget^enbet  totffen.  @o  bejeidjfnet  er  als  loci  communes 

46  für  bad  ius  civile :  aequitas,  summum  ius,  servitus,  poena,  maleficia  etc.  ^ 
bieXl^cologie  ertDöl^nt  er  als  fold^e  loci  communes  gelegentlich  unb  beif))ielSh)eife  fides, 
carnis  interitus,  bann  ecclesia,  verbum  dei,  patientia,  peccatum,  lex,  gratia, 
ein  anoermal  fides,  Caritas,  peccatum,  enblic^  an  ber  ©teile,  too  er  ouSbrüdSic^  de 
locis  communibus  l^anbelt  fides,    ceremonia,   peccatum;    naAl^er   quid  afiectus, 

60  quid  virtus,  quid  vitium  (sit)  (biefe  ©teile  abgebrucft  bei  $litt4lolbe,  ©.  84  SCrnn.  1)l 
an  einer  fpätaen  ©teile  bagegen  befiniert  er  toieber  loci  communes  ald  regulae 
quaedam  vivendi  generales,  natura  hominibus  persuasae,  quas  non  temere 
leges  naturae  vocaverim,  h>ic  5.  8.  ®utcg  mu|  man  mit  Outem  bergdten;  We 
eitern  mufe  man  e^rcn  2c.    ©inb  im  erfteren  gaUe   bie  loci  communes  blo^e  Segrifff 

65  unb  formen,  bie  für  ein  bcftimmte«  ßcbeng«  ober  ffiiffen^ebiet  in  Setrac^t  lommen  (the- 
mata  simplicia),  fo  im  anberen  galle  inl^altlic^  beftimmte,  innerhalb  getoiffer  ®ren|en  alt 
gemeingiltige  ©ä^e  (themata  complexa  bgl.  lib.  I  a.  @.  de  sacris  concionibus).  3" 
biefem  ©inne  ^ei|t  e«  in  ber  fj)äteren  aufläge  ber  SH^etoril,  bafe  faft  in  iebem  ©d^i* 
bie  maior  avi^  einem  ©emein})la^  entfte^e  (C.  R.  XIII,  452).    S)a|  aber  SWeton^^t^ 


Loci  theologici  571 

beibe  Sebeutungen  ntd^ft  mt^nanberl^lt,  diebt  bem  Segriffe  bei  i^m  ettDod  Sd^Ulenibed. 
^ted  geigt  fid^  aud^  bei  feinem  belannten  2Ber!e,  bad  i^m  au^  tritifc^en  Säemerhtngen  gu 
ben  @enten|en  bed  Sombarben  entftanb,  tvä^renb  er  gleichzeitig  ben  Stömerbrief  lommen« 
tiertc  (togl.  Äolbe,  1.  c,  ©.  32  f.).  3n  Sejug  auf  erftere  Arbeit  bcmerlt  9R.  1520  in 
einem  Sriefe,  ba|  fie  anh>ac^fe,  benn  er  befc^ranle  fid^  nic^t  blog  auf  9(nmerlungen,  sed  5 
locos  communes  scripturus  sum  de  legibus,  de  peccato,  de  gratia,  de  sacra- 
mentis  deque  aliis  mysteriis.  Secutus  sum  rhetorum  consilium,  qui  locis  com- 
munibus  comprehendere  artes  iubent  (Corp.  Ref.  I,  158  f.).  @d^on  ^ieraud  iDtrb 
erfid^tlic^,  toad  3R.  nac^^er  beutlidjf  au^f^rid^t,  ba|  bie  jtoeite  Slrbeit  auf  bie  erfte  @influ^ 
getDonn,  inbem  er  bei  ber  SluffteDung  unb  äludfüHung  ber  loci  ben  ätömerbrief  gu  S^ate  lo 
)og  old  bie  $au))tfd^rift  ber  divinae  litterae,  in  qua  (Paulus)  communissimos 
et  quos  maxiine  retiüit  christianae  philosophiae  locos  excussit  (C.  R.  I,  276, 
t>gl.  XXI,  49).  3)ie  unmittelbare  SJorarbeit  für  bie  loci,  bie  fogen.  lucubratiuncula 
(C.  R.  XXI,  11  ff.),  beginnt  fc^on  faft  ganj  fo,  toie  ba«  augfül^rlid^ere  SBerl,  ba«  ben 
^ut>ttitel  loci  communes  rerum  theologicarum  trug.  Loci  theologici  ftnb  aui)  is 
in  btefem  nic^t  )unöd[fft  @ä|e,  SBa^rl^eiten,  fonbem  leitenbe  ©runbbegriffe,  nömlic^  bie, 
toeldj^e  gerabe  in  ber  SBiffenfc^aft  ber  S^beologie  t)orfommen,  unb  auf  bie  aQed  in  i^r  be« 
}ogen  toerben  mu^  3)emgemö^  fteUt  3R.  an  ben  Slnfang  bie  k)on  i^m  beliebte  fiifte 
(nomenclatura)  ber  tl^eologifd^en  loci,  bie  mit  deus,  unus,  trinus,  creatio  beginnt 
unb  mit  comdemnatio  unb  beatitudo  fd^lie^t.  3^ie  i)ai  er  biefe  £ifte  gewonnen?  3l\6^t  ao 
ettpa  einfac^  oud  bem  Ütömerbriefe,  ft)ie  \i^on  bie  ^uSt^a^l  unb  älnorbnung  geigt.  Sbenfo» 
tpenig  enttpidelt  er  fte  in  metl^obifd[fer  9Beife  bon  irgenb  totli^m  $ringit)ien  an^,  fonbem 
er  fdj^Ke^  jtc^  bobei  au^ef^rodjfenermagen  an  bie  @d^olaftifer  unb  i^re  burd[f  ben  Som« 
barben  beftimmte  Sel^rtro^ition  an,  @agt  er  bied  an  ber  genannten  ©teile  fd^on  beutlic^ 
genug  (et  quanquam  nolim  immorari  studiosos  —  hoc  genus  summis,  tarnen  25 
prope  necessarium  duco,  indicare  saltim,  e  quibus  locis  rerum  summa  pen- 
deat),  fo  tritt  ed  ouc^  nod[f  ein  anbermal  ^ert)or.  9lm  @c^luffe  ber  (Erörterungen  über  bad 
Sefe^i  unmittelbar  k)or  bem  locus  de  signis,  bemerft  nämlidjf  3Relanc^tl^on :  solet  hie 
de  litera  et  spiritu  disputari.  3)ad  entf})rid^t  genau  bem  @d^luffe  bed  britten  93ud[fed 
ber  Sombarben:  quid  sit  litera  occidens  (MSL  192,  839  f.).  Sllfo  nic^t  erft  in  benao 
\paUtm,  fonbem  gleich  in  ber  erftm  älu^gabe  ber  loci  l^at  3Rtl  bm  Sombarbm  ju  ®runbe 
gelegt.  2)ie  @igenart  feinet  SBerle^  aber  befte^t  erften^  in  ber  t)ereinfad[ften,  überftd^tlic^en 
Snorbnung  ber  loci,  jkoeitend  barin,  bag  er  jene  Schemata  nic^t  nad^  älrt  be^  Sombarbm 
mit  ©entenjm  ber  Söter,  fonbem  mit  ©teilen  au«  ben  „fanonifd^en  ©c^riften"  au^fiiHen 
toill,  britteni^  barin,  ba|  er  unter  bem  (Sinfluffe  be«  ^aulu«,  fonberlic^  be«  Slömerbriefe«  35 
jjme  loci  communes  t)erfc^ieben  beh>ertet  unb  unter  i^nm  noc^  gelDiffe  loci  commu- 
nissimi  l^erauiJ^ebt,  an^  benen  ßl^riftu«  rcc^t  eigmtlic^  enannt  toerbe,  über  bie  ba^er  ein 
6^  toor  allem  unterrichtet  fein  muffe.  2lfö  fold^e  be^eic^net  er  bie  loci :  peccatum, 
lex,  gratia.  Slllerbing«  nimmt  aud^  er  bei  ber  Stu^fü^mng  bie  einfad^en  Hilfsmittel  ber 
35ialeftil  ju  $ilfe,  aber  er  l^at  nic^t  bie  Slbft^t,  mit  ben  fc^olaftifd^en  ffierfen  ju  fon«  40 
furrieren,  fonbem  toiB  fein  SBerl  nur  als  einen  SBegloeifer  für  bie  S^genb  angefel^en 
tmffm,  mittelft  beffm  fie  fic^  in  bie  ©c^rift  hinein«  unb  in  il^r  jure^tfinbm  foÖ  (t>gl. 
epist  dedicat.  unb  @(^lu|,  fotoie  de  lege  a.  31.,  de  peccato  mortali  a.  @.).  S)er  ®e< 
{u^tS)>unIt,  bon  bem  auS  er  bie  l^eilige  ©c^rift  an  ©tctte  ber  mmfc^lid^cn  Kommentare  ju 
befrogm  rät,  ift  lein  einbeitlic^er;  balb  beruft  er  fid^  auf  baS  (lat^olifd^e)  ^nfl^i^ö^ionSs  45 
bogma,  balb  (^umaniftifcp)  auf  i^ren  ß^arafter  als  Quelle  (de  lege  a.  St.).  'äRangel^aft 
toar  an  biefer  erften  jufammen^ängenben  SeJ^ranlüeijung  toor  allem  bieS,  baj  bie  Slufftel« 
lung  ber  loci-Slei^e  nic^t  metbobif^  begrünbet  tüirb.  3n  ben  fj)äteren  2luSgaben  bemerlt 
3ReL  oDerbingS,  ba|  feine  Steige  burc^  bie  ^eilige  ©cl^rift  felbft  emjjfo^len  U^erbe,  bie  i^rer* 
feitd  bie  2)ogmen  in  ^iftorifc^er  golge  barbiete  (togl.  C.  R.  XXI,  254),  bod^  genügt  baS  60 
\a  audf  nic^t  3)ie  golge  ift,  bafe  bie  lut^erifc^c  Dogmatil  bei  bem  großen  unb  lange 
bouembm  ®inPufe  jener  loci  erft  ]pät  innnere  ©efc^loffenl^eit  erlangte.  5Der  Segriff  ber 
loci  theoloffici  tourbe  in  ber  golge  me^r  auf  ben  ^n^alt  unb  bamit  auf  bie  §auj)tftellen 
ber  ^etl.  ©^ft  belogen,  bie  je  ben  bctreffenben  locus  auSfüDien,  togl.  bie  beutfc^e  Über^ 
je^fung  ber  loci  burc^  ®eorg  ©t)atatin  1521  unter  bem  2itel:  2)ie  b^ubtartidfel  unb  66 
fumemeftm  t)unct  ber  ganzen  b^^Iig^  fd^^ift  (C.  R.  XXII,  3.  4)  ober  „2lnh>ei[ung 
in  bie  toa^r^fftig  ^a^lig  gefd^rifft  ©otteS"  (1.  c.  ©.  7.  8).  ^n  bem  ©inne  einer  elemen* 
torm  biblifc^en  OlaubenSle^re  öerfte^t  auc^  Sutl^er  ben  litel,  U^enn  er  fagt:  „Daju  follt 
man  auA  bie  $)[ugenb  unterloeifen  unb  üben,  ba^  fie  ©prüc^e  auS  ber  ©d^rift  jufammen 
iünnten  faffen  bon  biefem  unb  anbern  Slrtifeln.   —   ©olc^e  locos  communes  ooer  ge^  6q 


Ö72  Loci  theologici  Sobenftriit 

meine  ^äu^tjUtd  be^  ®IauBen^  foSt  man  ben  Stinbem  furlegen  unb  tüo^I  dnBIäuen,  ha%, 
\ümn  ffe  e«  fo  gefoffet  l^ötten,  bomad^  bte  Schrift  felbft  lefen  fiinnten,  unb  jene  toeitcr 
fUirfen  unb  fjjtdfen"  (ilirdSfenj)üftiae  S.  a.  15^  254).  2)iefe  unmittelbare  »eaiel(^unö  bed 
Segriffe«  auf  bie   J^cUige  Schrift  tritt  ]pättt  jurüdf,   ate  2Ji.  [tarier  bie  firdbltc^e  2d^ 

6  enttDtdelung  l^eran^og.  S)a^er  tt)trb  auc^  nunme^  ber  Xitel  mit  ,,bie  fumemeften  9bti!e{ 
e^riftlid^er  lere"  überfe^t  (1-  c.  6.  13.  14).  3u0lei(i(>  fü^e  jje^t  SR.  au(^  biejenigcn 
loci  au^,  toon  benen  er  früher  nur  bie  litel  genannt  l^atte,  toeit  er  fie  nic^t  för  com- 
munissimi  l^telt.  ^amit  bürfte  ed  jufammenl^ängen,  ba^  ber  lateinifd^e  Xitel  feit  1542 
in  loci  praecipui  theologici  etc.  geönbert  h)irb  (C.  R.  XXI,  601.  602),  ja  monc^ 

10  älu^gaben  ^aben  baju  nod^  ben  einfa^en  Untertitel  loci  theologici  collecti  a  Ph.  M. 
(1.  c.  ®.  603  f.).  ©omit  h)ar  nun  ate  einfacher  ©inn  be^  SBegriffeS  ber  bon  „®UaAm^ 
artileln"  erreid^t,  für  tveld^e  bie  testimonia  au^  ber  ©d^ift  gebammelt  luerben  (k>gL  fc^on 
bie  lel^neid^e  brevis  discendae  theologiae  ratio  Wl.^  \>on  1530,  C.  R.  11,  457 
IDO  er  t)on  einem   anjulegenben  libellus  articulorum  fidei  fagt:  hie  libellus  paene 

15  similis  erit  locis  communibus). 

3Relanc^tl^on^  93ud^  erlangte  junäc^ft  für  bie  lutl^erifc^e  Xl^eolo^ie  bie  Sebeutung, 
tDelc^e  ber  Sombarbe  für  bie  f^olaftifd^e  gehabt  ^atte.  ^RcfXi  fommentterte  feine  loci  bid 
auf  Seon^arb  i^utter;  bod^  etfd^ienen  auc^  felbftftänbige  93earbeitungen.  3)er  dtamt  loci 
communes  h)trb  einfach  ate  Xitel  eined  9Beried  t)erftanben,    \od6^t^  bie   summa  doc- 

ao  trinae  christianae  umfaßt  (ßl^emni^,  loci  p.  11*).  SSber  man  fuc^t—  fo  9lic  ©dnerfer, 
9R.  6^emni§,  SKelanc^tbon«  bebeutenbfter  Kommentator,  unb  3Rattl^.  §afcnrcffer  (f.  bie 
betr.  Slrtilel)  —  bie  J^erlömmlidf^e  Drbnung  ber  loci  teite  meti^obifd^  ju  rechtfertigen,  teiö 
}u  k)erbef[em  unb  gu  ergönjen  (k)gl.  au^  ^^^^  SSortoort  ^u  feinem  Jtom^bium).  Sluf 
oiefe  SfBeife  entloidfelt  ft^  bie  j^nt^etifd^e  ?Wetl^obe,  toelc^e  in  ben  loci  S^b.  ®er^rb«  i^ 

26  Rafftfc^e^  3Jtufter  finbet.  Unter  ben  9{eformierten  l^aben  ben  3lamtn  loci  theologici 
2Bfg.  SRugculu«  (Safel  1560),  ?Jetr.  SRart^r  (Sonbon  1676),  3.  9»accot>  ®rander  1639) 
unb  3)an.  ß^amier  (®enf  1653)  übernommen.  Slud^  ^ier  finben  toir  ba«  Seftreben,  bie 
loci  metl^obifd^  ju  gru^j^ieren,  ögl.  $etr.  TOartl^r.  ©eitbem  nad^  ÜJlitte  be«  17.  S^r« 
l^unbertiS  bie  SSerfucpe   einer   me^r  f^ftematif^en  S3el^anblung  ber  S)ogmatiI  ouflonraien, 

80  berfc^tDinbet  ber  92ame  loci  theologici.  ^en  Übergang  bilbet  9lbr.  Qxdot>i  sjstema 
locorum  theologicorum  1655  ff.  ^p^omieÄ  Shmse. 

Socfe,  3.,  f.  2)ei«mu«  Sb  IV  ©.  538, 35—539, 61. 

Sobeuftetii,  ^obocu«  \>an,  geft.  am  6.2lug.  1677.  —  ¥•  San ^rooft,  3obocu8 twm 

fiobenftein.  ?(cab.  $roef|4rift,  Wmfterbam  1880;    ©cppe,  ®efd|idjte   be«  ?ictt8mu8   unb   bei 

86  3W^ftit    In    ber  reformierten  fircl)c,    namentli*    ber  9?icbcrlanbe,   Selben  1879,   6.  185  ff.: 

mt\di\,  (^efd)i4te  be§  $ietii»inu«.  S3onn  1880, 1,  @.  152  ff.;  ^a^&othtl,  ®ef4i(^te  bed  c^riiU 

fieben«  in  ber  r^einii^-roeftf.  eoang.  Äircöe.  (Joblenj  1852,  II,  @.  160—180. 

3obocu^  \)an  Sobenftein  tourbe  am  6.  fjebruar  1620  m  3)elft  geboren.  ®r  ent^ 
ftammte  einem  alten  unb  anfel^nlid^en  (Sefd^lec^t.  SJon  feinen  Sltcm  erl^ielt  er  eine  ftonbe^ 

40  gemäße,  t)or  allem  aber  aud^  eine  fromme  Srjiel^ung.  ^n  feinem  elterlid^en  ^aufe  kourbe 
fd^on  ber  ©runb  gelegt  für  feine  fjjqtere  fel^r  emfte  SebenSric^tung.  Dbtool^l  er  ebenfo 
h)ie  feine  Sertoanbten  anfe^nlic^e  ämtcr  l)Mt  befleiben  fönnen,  ftanb  fein  ©inn  txm 
gugenb  auf  bamad^,  ^rcbiger  jm  tüerben.  6r  ftubierte  in  Utred^t  unter  ®i«b.  SSoetiu^, 
3Kein.  ©c^otanu«  unb  6ar.  be  Wa^t^  unb  begab  ftd^  1642  nad^  ^aneler,  um  fi<^  unter 

46  Anleitung  t>on  ßocceju^  in^befonbere  auf  \>ai  ©tubium  ber  Drientalia  ju  toerfen.  3^^ 
Salute  lang  loar  er  §au^enoffe  beg  ßocceiu«.  Dbtoo^l  SSoetiu«  ben  größten  ©influft  auf 
il^n  au^eübt  l^atte,  fo  ba|  er  fj)äter  mit  ßntfd^iebenl^ett  Partei  für  i^n  ergriff  im  Streit 
gegen  ßocceju^,  fo  l^at  er  boc^  für  le^teren  immer  bie  größte  Siebe  unb  Sichtung  betoo^ 
aJlit  großem  ßifer   i)at  er  fic^  in  fetner  SSorbereitung^jeit  auf  alt«  unb  neuteptomenflic^ 

60  Sjegefe,  SDogmatif,  fotoic  auf  ba«  ©tubium  ber  Äird^ent)ater  unb  aud^  i^bnifc^  $j^ilo= 
foj)l^en  getoorfen.  Salb  ^at  er  [xi)  befonber«  au^e^eic^net  burc^  einen  ftrengen  jtttlic^ 
Seben^tüanbel,  toorauf  er  fjjäter  auc^  bei  anberen  befonberen  5Rac^bru4  legte,  ©einen  $lön, 
na^  feinem  jtoeiiä^rigen  Slufent^alt  in  ^anefer,  audSf  noc^  anbere  englifd^e  unb  fd^ottifAe 
Unitoerfttäten  ju  befugen,  mufete  er  aufgeben,   ba  er  1644   einen  9luf  afö  ^PrÄiger  in 

66  goetermeer  bei  2)elft  annahm,  gm  ^a^x^  1650  toerjog  er  nac^  ©Iuii8  in  glonbern  unb 
1653  (nic^t  1652)  nac^  Utrcd^t,  loo  er  mit  t)iel  ©egen,  aber  au(^  nic^t  ol^ne  toiel  Streit, 
bi^  JU  feinem  3;obe  loirfte,  ben  6.  2tuguft  1677.  Sr  l^at  ein  Seben  gefü^  t>on  auf« 
richtiger  ^ömmigteit,   unermüblic^er  Arbeit  unb  treuer  Pflichterfüllung.    Setbßc^  ff(A  tt 


Sobenfiritt  573 

\>xtl  gelitten,  ober  ftet^  geigte  er  gro^e  @ebulb  unb  feften  ®lauben.  @eme  Seben^h>eife 
toax  in  mand^ferlei  ^infic^t  ftreng  a^tetifc^.  @r  )t>ar  unt)CTl^etratet  unb  l^ielt  bte  @^elofiateit 
ffir  l^ö^er  ftel^enb,  befonberö  für  einen  $faner,  ben  nic^tg  in  feinem  3Serfel^r  mit  ®ott 
^inbem  bürfe.  ObtDO^l  er  k)ermö0enb  \üax,  lebte  er  mä^ig.  @r  na^m  faft  nie  %Ui]d)  unb 
Sein,  fonbem  meiften^  nur  ^flan^enloft.  SSiel  äSert  legte  er  auf^  ^^aften  unb  bie  Slb-  6 
fc^offung  ber  Älöfter  bebauerte  er.  6r  toax  bemütig,  fanftmülig,  freunblic^,  felbftöerleug- 
nenb,  immer  emft,  in  ber  (Sinfamfeit  meiften«  in  tiefet  Slac^benfen  t)erfunfen  über  ®otte^ 
SQlgenügfamleit  unb  bed  3Jten|c^en  Stic^tigleit.  3luc^  für  ^eunbfc^aft  toax  er  jugänglidjf. 
Sein  Utrec^ter  Kollege  S^f^  ^^^  ^^  ^ogaert  (f  1663)  toax  fein  Sufenfreunb,  fein 
,,3onatl^n".  9Kit  Ssoetiu«  toax  er  bi^  m  bef|en  iob  eng  toerbunben,  ebenfo  mit  beffen  lo 
Ämt^enoffen,  bem  Uniberfitöt^rofeffor  (Sjf eniu«.  3«  \^^n^  beften  unb  getreueften  greunben 
gehörte  ouc^  ber  belannte  ^^^o^ud  Jtoelman  (t)gi.  Dr.  91.  ^.  ^ruQ,  Jacobus  Koelman. 
Eene  kerkhistorische  Studie,  ©neel  1901).  dagegen  toax  bie  greunbfc^aft  mit  ber  be^ 
rühmten  Snna  SRoria  tntn  Sd^furman,  feitbem  biefe  ftcp  ganj  mit  ben  Sababiften  k)erbunben 
botte,  ftarf  abgefüllt.  SSBar  and)  fein  Sterben  für  toiele  ein  ®runb  tiefer  Trauer,  fo  ib 
freuten  [\6)  aud^  anbererfeitd  feine  @egner,  bie  fic^  burd^  feine  @traf))rebigten  unb  burc^  ben 
Smft  feinet  gonjen  ä(uftreten^  in  i^rem  @eh>iffen  getroffen  fül^Iten  (t)g(.  Proost,  t.  a.  p. 
blz.  76  vv.).    ^r  il^n  felbft  jebod^  toax  fein  Sterben  ®eh)inn. 

Sobenftein  toax  ber  Urheber  einer  9{eformation  bed  Sebend  unb  ber  Sitte  ober 
ber  (Smeuerer  bed  c^riftlic^en  Seben^  in  ber  nieberlänbifc^en  unb  beutfc^en  reformierten  ao 
IKn^e,  unb  ift  i^r  baburc^  ba^  geloorben,  toa^  bolb  naö)  ii}m  in  ber  beutfd^en  et)angelifc^« 
lut^erifdjfen  Jlirc^e  Steuer  getoorben  ift.  Unb  tote  k)on  S))ener  bie  ^ietiften,  fo  ftammen 
bon  Sobenftein  bie  fogenannten  „Sobenfteiner"  ober  „%txmn"  unb  „(Smftigen",  bie  fidf^ 
t)on  bem  äußeren  tvcißd^m  Seben  jurücf^ielten,  o^ne  fxi)  boc^  eigentlidjf  ^u  fe))arieren, 
too^renb  bie  au^  übertriebener  ^ömmigfeit  t)on  ber  großen  Kirche  ft($  gön^tic^  abfonbemben  26 
Seporotiften  ftd[f  an  feinen  QÄU  unb  @efmnung^enoffen  Sababie  angefd^lof|en  l^aben  (f.  b. 
ärt.  oben  S.  191). 

Ku  fetner  3«^  l^atten  bie  fieben  t)ereinigten  ^JJrotoinjen  ber  Slieberlanbe  (^oKanb)  in 
ieber  ^e^iel^ung  il^re  l^öd^fte  93lüte  enei(^t,  loaren  baburd^  aber  aud)  in  2Beltlid^{eit  unb 
Ue))ptgfeit  berfunlen  unb  ed  ^atte  bemnad^  aud)  bie  reformierte  SSoIföftrd^e  t)on  i^rem  alten  so 
^eiligen  @mft  unb  @ifer  im  Seben  unb  in  ber  3uc^t  bebeutenb  nac^gelaffen.  2)arum 
jeugte  Sobenftein,  in  ©emeinfd^aft  mit  feinem  ilollegen  t)an  ber  Sogaert  „^onner^finber" 
genannt,  mit  rüdfid^tdlofem  @mfte  gegen  ba^  ausgeartete  „loeltlid^  getoorbene,  k)erfallene 
ß^jientum",  unb  Verlangte,  bafe  „ba«  beformierte  ß^riftentum",  bon  toeldf^em  ber  ®eift 
gen^idj^en  unb  nur  bie  t^orm  geblieben  fei,  \>uxd)  eine  ^yo^f^ung  ber  Steformation  aufd  ss 
nm^  reformiert  toerbe.  Scfonber^  getoaltig  er^ob  er  feine  Stimme,  nac^bem  fein  Sater« 
lonb  burc^  ben  ßinfatt  Subtoig  XIV.  1672  an  ben  Slanb  be«  3Serberben«  geraten  toar, 
unb  biefe  ^eimfuc^ung  be«  $erm,  fotoie  beffen  lounberbare  (Snettung  ba^  §erj  be^  93olIe« 
ertoeic^t  unb  für  bie  $rebigt  ber  Su^e  unb  ber  93efe^rung  em))fänglic^  gemacht  ^atte. 
Setner  emftlid[fen  Su^rebigt  tnt^pxad)  burc^au^,  toie  gefagt,  fein  eigener  erbaulid^er  SBanbel  «o 
in  einem  entfagung^boDen  Seben,  toonac^  er  nid^t  nur  freubig  feine  ^ab^,  fonbem  auc^, 
al«  ®eifel  ber  Sfr^njofen  für  Seja^lung  ber  33ranbf(^a§ung,  in  IRee«  am  Sliebenl^ein  feine 
^ferfon  für  fein  Soll  unb  jeine  ©emeinbe  aufojjferte. 

938eil  er  mit  SRed^t  mel^r  ®eh)id^t  auf  ba«  reine  Seben,  ald  auf  bie  reine  Se^re  legte, 
fo  !onnte  i^m  aud^  nic^t  ba^  blog  äu^erlic^e  S3efenntni^  be^  rechten  @lauben$  bei  ben  46 
%au^i  unb  Sbenbma^l^enoffen  genügen,  beren  Seben  nur  3U  offenbar  i^rem  93elenntniffe 
ttnberfüradSf.  S)arum  fül^lte  er  fic^  in  feinem  ®eh>ifjen  gebrungen,  ba^  reformierte  2^ufs 
formulor:  „9e(ennet  ii^r,  ba^  biefe  5^inber  in  S^rifto  gel^eiligt  finb?  unb  „al^  ®otte^ 
ilutber  unb  ofö  ©lieber  feiner  Äird^e"  getauft  toerben,  bei  ben  Äinbcm  „ber  unl^eiligften 
Stenfc^en  ti.  f.  to.  in:  h) erben  abjuänbem,  unb  fic^  —  ba  er  nidf^t  toie  Sababie  eine  w 
im  ®runbe  nur  feige  unb  felbftfüd^tige  Se))aration  ber  toa^ren  S^riften  t)on  ben  bloßen 
Slomenc^ften  billigen  lonnte,  aber  and)  nic^t  bie  S^eranttoortung  be^  untoürbigen  ©enuffed 
be«  Seibe«  unb  Slute«  ß^rifti  bei  Unbef ehrten  übernehmen  tooflte  —  feit  1665  feinerfeit^ 
ber  Sludteilung  bed  ^eiligen  älbenbmal^l^  }u  enthalten  unb  bei  biefem  feierlichen  @elübbe 
unerfc^ütterlic^  ju  behauen,  obfc^on  er  baburc^  in  ©efa^r  geriet,  jein  älmt  )u  t)erlieren.  66 
Sflotürlic^^ertoeife  machte  biefer  Schritt  bad  größte  äluffe^en  unb  betoirfte  bie  @ntl^altung 
t)ieler  ber  emfteften  unb  getoiffenl^afteften  G^riften  („Sobenfteiner")  t)om  ^eiligen  2lbenbma^le, 
o^ne  ba|  fte  [xd)  barum,  toie  bie  Sababiften,  k)on  ber  firc^lid^en  ©emeinfc^aft  felbft  trennten. 
Sßo  bogegen  biefe  @ntl(|altung  Don  ber  älbenbma^l^u^teilung  nid^t  geftattet  tourbe  unb 
toerben  tonnte,  ba  gingen  biefe  $rebiger  natürlic^ertoeife  }u  ben  entfc^iebeneren  Sababiften  eo 


574  SobettfKeiit  2iht 

über.  Sobenftein  toirltc  auf  feine  in  ganj  SRieberlanb  unb  am  5Rieberr^eitt  l>cr6reitete  $artei 
nid^t  nur  burd^f  feine  getDaltigen  münbltct^en  ^rebigten,  fonbem  aud^  buni^  berm  2)tud(. 
2)ie  93ebeutung  Soben^ein^  atö  eined  ^rebiger^,  bon  bem  groge  ftraft  anfing,  tfl  erftc^t^ 
1x6)  ani  ben  bielen  ^rebigten,  bie  nai)  feinem  ^ob  in  berfc^iebenen  ©ammhmgen  aud^ 

6  gegeben  unb  öfter  toieber  aufgelegt  toorben  finb,   fo :  „Geestelyke  Opwekker 

X  Predicatien",  3lmfi  1701 ;  „VervaUe  Christendom",  Utr.  1711  („aSerfoDene«  6^flen^ 
tum"  bon  2^erfteegen«  gfreunb  unb  Seigrer  3-  $ofmann  ^erau^egeben) ;  ,,Heerli]kheid 
van  een  waar  Christelijk  leven",  Stmft.  1711 ;  Boet-predikatien  over  Jerem.  XLV, 
Utr.  1779;  u.  a.    SSon  feinen  toid^tigen  a^fetifc^en  SBerien,  bie  htö  auf  unfere  Q6t  mit 

10  (Sifer  gelefen  toerben,  muffen  bor  allem  genannt  toerben:  „Weegschale  der  onvol- 
maacktheden",  Utr.  1664;  unb  ,,Beschouwinge  vanZion:  Ofte  Aandagten  en  Op- 
merckingen  over  den  tegenwoordigen  toestand  van  't  Gereformeerde  Christen 
Volck",  Utr.  1674—76.  «eibe  SBerfe  fmb  toieber^olt  gebrudft.  »ud^  afö  ©id^ter  fya 
Sobenftein  fid^  berbienftlid^  gemacht  burc^  feine  ,,U3rt-spanningen  en  andere  Oedigten^, 

16  Utr.  1676  unb  feitbem  un^ä^lige  SJlale  erfc^ienen.  din  groger  ^ic^ter  toar  er  nid^t  @r 
fang  nur  jur  @r^olung  unb  feine  Sieber  u^aren  beftimntt,  um  im  Jtreid  bon  fjrrommen 
gelungen  gu  h>erben.  @r  fünbigte  öfter  gegen  ben  guten  @efd[fmad[,  aber  feine  ©e^ 
bidjfte  )eid[fnen  Jtc^  au^  burd^  innige  ^rommbeit,  burd^  feinen  ®eift  unb  bic^terifc^  ©e^ 
fü^L    ^n  berfd^iebenen  Iird[flid^en  ©efangbüd^em,  in  92ieberlanb  unb  in  ^eutfd^Ianb,  tom^ 

20  men  Sieber  bon  i^m  bor.  —  Seit  lange  unb  nod^  immer  fte^t  Sater  Sobenftein  in  ha 
nieberlänbifd^en  5(irc^e  in  gefegnetem  3inbenfen,  benn  ,,er  toar  ein  lebenbiged  Silb  einer 
ungefärbten  ©ottfeligfeit,  ein  gienat  ber  Äirc^e  ©otteö,  ein  ^Pflanjer  fo  bieler  guter 
Übungen,  ein  Jtäm))fer  im  ®ebet,  ein  Ibunberbar  begabter  '^rebiger,  ein  Kuger  unb  be^ 
ftänbiger  $elb  im  ©lauben  geto^en".  SR.  (»oebcl  t  (®.  2>. »««  »een), 

25  S8be,  auguft  ^uliu«,  geft.  1900.  —  ©ine  nuSfül^rll^e »iogra^j^ie  meine»  «atcr« 
gab  td)  im  Äirdjlic^cn  ga^rbud)  für  boä  ©ergogtum  @..?lltcnburg  1900,  2.  ^cft,  6. 18ff. 

3uliui8  Söbe  toar  einer  ber  gelehrten  8anbt)farrer  ber  Haffift^en  ^eriobe  be«  borigen 
^a^r^unbert^  nac^  Stie^IiS  ^beal,  beren  Qaf)l,  inen  loir  ni(^t,  im  jäl^en  9tiebergang  be< 
griffen  ift.    Seinal^e  brei  9)ienfc^enalter  b^t  er  fein  nennen  bürfen  unb,   bid  i^u   feinem 

80  lobe  bon  tounberbarer  S'^fc^e  be^  ®eifte«,  in  jebem  berfelben  einem  befonberen  (Sebiete 
ber  SOBiffenfc^aft  unb  be«  SBiffen«  mit  Srfolg  ft^  getoibmet. 

©eboren  ben  8.  Januar  1805  in  Slltenburg  (©ac^fen),  ber  6o^n  eine»  SJMitärorjtc«, 
auf  bem  ^ebric^^g^mnaftum  bafelbft  unter  ben  ®rammati{em  älug.  SRattJ^id  ut^  Subto. 
SHam^^orn  borgebilbet,  begog  er  1825  bie  Uniberfttät  ^tna,   h)0  neben  Saumgarten  be« 

85  fonberö  bie  ^^ilologen  Oöttling  unb  ©ic^ftäbt  auf  il^n  toirften,  tbanbte  fic^  1827  noc^ 
£«i<>giö/  ^in  ©c^tiler  be«  begeiftemben  ©ottfr.  ^ermann,  abfolbierte  1828  fein  tl^eologif<^ 
gjamen,  j^romobierte  1831  in  gena  auf  ®runb  ber  Slbbanblung  de  correptione 
diphthongorum  ante  cousonas  )um  Dr.  philos.  unb  errid^tete,  h>egen  einer  getfUi^Kn 
äinftellung  auf  längere«  SSBarten  bertoiefen,    in  feiner  SSaterftabt  eine  ^PribatsOl^mnafiat 

40  borfd^ule.  ^nxd)  hai  ©tubium  be«  ^elänbifd^en  jum  @otifd[fen  geführt  unb  beran(a|t 
burc^  bie,  toenn  auc^  geniale,  @infeitigteit  @rimm«,  ber  feine  gorfc^ungen  auf  ben  materiellen 
3:eil  ber  ©prac^c  bej^ränfte,  unb  unbefriebigt  bon  9Rafemann«  Se^anblung  ber  gotif^wi 
lejte,  berbanb  er  ftc^  mit  feinem  ^ugenbfreunb,  bem  grofeen  ®t)ra(bforf^er  §.  Gonon 
b.  b.  @abelen^  auf  $ofcbtot^  bei  ä(ltenburg,    ju  ber  erften  fritifd^en  ©efamtau^obe  ber 

46  Sibelüberfe^ung  be«  UlfUa«.  ^nx  $ergletc|ung  bed  berühmten  Codex  Argenteus  reifte 
Dr.  Söbe  1834  nac^  ber  alten  Sifd^of^ftabt  Upfala,  loo  er  bie  ©ntbedhing  moc^^te,  bofe 
bon  bem  Äobej,  ttjelc^er  bon  ben  urfjjrünglicb  320  Slättem  beren  nur  nod^  188  gä^te, 
feit  1822  je^n  Slätter  fehlten,  (©ie  tüurben  1857  bon  bem  S)iebe  auf  bem  ^^otenlogcr 
gurücfgegeben.)    S)a«  ^a^r  1835   führte   ibn   mit  b.  b.  ©abelenft  nac^  SBäolfenbüttel  jur 

60  @inftcbtnal[ime  be«  Codex  Carolinas  unb  in  einen  Srieftpet^fel  mit  ©rof  Softigfione 
unb  Äarbinal  9t.  üJlai,  ben  glücflid^en  ßntbecfem  ber  gotifc^en  ^alimjjfefte  ber  Ambro« 
fianifc^en  Sibliot^ef  ju  3)laitanb;  bereit«  ein  ^al)x  fpöter  begann  ber  2)rud(  be«  brei» 
teiligen,  Weitere  je^n  ^a^re  in  3tnf))ruc^  ne^menben  äBerte«,  h>eld^  unter  bon  ^ilel 
erfc^ien:  Ulfilas.  Veteris  et  Novi  Testamenti  versionis  Gothicae  f ragmenta  quae 

65supersunt,  ad  fidem  codd.  castigata,  latinitate  donata,  adnotatione  critiea 
instrueta,  cum  glossario  et  grammatica  linguae  Gothicae,  conjunctis  curis 
ediderunt  H.  C.  de  Gabelen tz  et  Jul.  Loebe.  Lips.  et  Altenb.  1836 — 46  (ab* 
gebruit  bei  MSL  18,  ^ari«  1848).  S)em  in  boller  ®eifte«gemeinf(^ft  gearbeiteten 
SBerf e,  h>eld^ed  ben  92amen  ber  beiben  SSerfaffer  einen  bauemben  $la$  in  ber  gemumifc^ 


SBie  575 

@t)tad^toiffenfc^ft  evtootben  l^at,  liefen  fte  1860  ol^  Entgegnung  auf  bie  mbolenten  Slu^« 
laffungen  bed  U))falaev  ^rofeffor  9(.  U))))fir5m  eine  „^adf\dfx'\\t  ju  bev  Slu^abe  bed 
UlfUo^"  folgen,  änjtoifd^en  öeröffentlid^te  Söbe  ,,8eiträge  jur  ic^beric^tigung  unb  Qx- 
Banmg  ber  SIeiretnd  1839  unb,  in  ben  Slöttem  für  litterarifd^e  Unterhaltung  1843 
eine  ^eute  nod^  h)ertt)oUe  9(b^anb(ung  über  bie  gotifc^e  Sttteratur,  befonberd  über  Ulfilad  6 
unb  ben  Ckxlex  Argenteus,  fotoie  gal^Ireic^e  jpra(^U)tffenjc^aft(ic^e  Stecenfionen  in  ber 
t>on  @i(^ftäbt  rebigierten  ^enatfc^en  Sitteratut^eitung,  auc^  femer](;in  teilne^menb  an  ben 
@tubien  jetned  fc^on  1874  ^eimgerufenen  großen  ©enoffen,  beffen  Bi^l)nm  9(l6ert  unb  @eorg 
(bem  1893  t)erp4)rbenen  ^ßrofeffor  ber  oftaftatifc^en  ©Jjrac^en  in  Serlin)  er  fein  Sateinijc^e^ 
Slementarbud^  1845  toibmete.  lo 

3ta(S)  lljä^iger  5tanbibaten)eit  im  $erbft  1839  mit  ber  S3erft)altung  bed  ^farramt^ 
9lafej>^ad  bei  ältenburg  betraut,  öertoenbete  Dr.  Söbe  bie  reiche  SKufee,  bie  i^m  fein 
ämt  lie^  neben  bem  Unterricht  feiner  jo^Ireic^en  Äinber,  öon  benen  er  fünf  Sö^ne  jur 
Unit)erfität  fc^idte,  toefentlid^  auf  bie  lUiitarbeit  am  ^iererfc^en  Unit>erfaü£e£iIon  bi^  )u 
ber  ^üt,  too  badfelbe  au«  bem  Seftb  ber  gamilie  jeineö  S3egrünber«  in  anbere  §änbe  15 
überging.  92eben  ber  ä(bfaffung  unjä|Hger  gefc^ic^tlic^er,  ]pxaö^liAn,  arc^öologifc^er,  geo^ 
grat)|if^er  ärtilel  in  biefemSBwIe  beforgte  er  faft  attein  bieSlebaftion  ber  4.  (1857— 64), 
ber  fafk  gänjlid^  umgearbeiteten  5.  Sluflage  nebft  ben  ©uJ)J)lementen  (1867 — 72),  fotoie  ber 
1865—73  mit  bem  Seirilon  ijereinigten  brei  S3änbe  ^a^rbüc^er  ber  SBiffenfc^ften,  Äünfte 
unb  Oetoerbe.  3n  biefe  3^*  f^ö^  ^"^  ^^^  i"  uajftjc^em  Satein  abgefaßten  brei  20 
2|ubtl^mdfd(friften  de  origine  vocabuli  Kirche;  memorabilia  quaedam  parochiae 
Menoviensis;  narratio  de  juris  spolii  in  terris  principum  Wettinensium  abo- 
litione,  fotoie  bie  Übernai^me  ber  öon  bem  Serliner  5Prit)atbocenten  Dr.  $reuß  geplanten 
neuen  Stu^obe  t>on  Jo.  Oerhardi  loci  theologici  IX  Tom  BeroL  et  Ldps.  1863—85, 
toel(^e,  obgleid^  bi«  jum  6.  S3anbe  mit  bem  Slamen  be«  anfänglichen  ^erau^eber«  t^er^  36 
fe^,  einf^Iie|lic^  ber  muffeligen  ^nbice«,  t](;atfäc^licl^  t?on  Dr.  fidbe  fo  gut  toie  ganj 
oKein  befolgt  toorben  ift. 

5Dad  britte  t>cn  i^m  gef)fleate  älrbeit^ebiet  toar  bie  älltenburger  SanbeS-  unb  Jlirc^en- 
gefc^idj^te.    9(ud^  auf  biefem  ©ebiete  fc^on   in  ben  3iwgenbia^ren  t^ätig  —  1841  erfd^ien 
feine  ©efd^id^tlid^e  SBefd^reibung  ber  9leftbenjftabt  Slltenburg  unb  i^rer  Umgebung,  3.  Slufl.  90 
1881  —  ift  ber  Unermüblid^e,  toäl^renb  einer  60iä]^rigen  5Pfarramt«fü^rung,  ate  gorfc^er 
bei  biefen  ^iftorifc^en  Stubien  bi«  jule^t  t?erblieben,   faft   ac^tjigiöl^rig,  ebenfalls  „con- 
junctis  curis'',  noc^  einmal  ben  $lan  faf[enb  ju  einem  größeren  äBerfe.     ^n  ©emein^: 
fc^H^ft  mit  feinem  ölteften  So^n,  ©uj)erint.  Äird^enrat  Smft  6onon  Söbe  in  Sloba,  arbeitete 
er  bie  1840  ff.  J)om  §ofj)rebiger  SaAfc  begrünbete,  untooDenbet   gebliebene  älltenburger  35 
ftirc^golerie  um  jur  ®efc^ic^te  ber  ^ird^en  unb  Schulen  bed  ^erjogtum^  S.'älltenburg 
mit  befonberer  Serücffid^tigung  ber  Drti^gcfc^icl^te,  3  95be  1886—91.   SDie  hierbei  benufeten 
neuen,  reid^en  CUteKen,  an  beren  @rfc^lie|ung  unb  teiltoeifen  SSeröffentlic^ung  in  ben  mxU 
teilungen  ber  k)aterlänbifc^en  ©efc^id^t^^  unb  Slltertum^ejellfc^aften  Dr.  Söbe  bereite  ben 
Sötoenanteil  ^tte,  fotoie  ber  ertoeiterte  $lan  ließen  bad  t)on  Jtunbigen  al^  muftergiltig  10 
onerlonnte  SBerf  ald  ein  gang  neued  erfte^en.     t)adjelbe  ift  ber  t^eologifc^en  ^fultät  in 
l^ena  jugeeignet  für  bie  am  8.  Januar  1881,  jetnem  76.  @eburtdtag,  gleichseitig  mit  ber 
Smeueruna  bed  i)^ilofo))l^ifc^en  $ottor^,  i^m  t)erlie^ene  äBürbe  eines  ^oltorS  ber  2^^eos 
logie,  toelc^er  Sudjeic^nung,  neben   ben   t)iel  früheren   feiten^  ^a^lreic^er  gelehrter  @e|ells 
fc^ften,  bereite  1879,  auS  älnla^  ber  40  jährigen  älmtst^ätigtett  bie  als  Jtird[;enrat  t^or-  45 
audg^angen  toor,  nacb  10  ^a^ren  bie  als  @e^eimer  S^irc^enrat  folgte. 

§[uS  ber  langen  Steige  jener  firc^engefc^ic^tlic^en  älb^anblungen  feien  ^ier  nur  genannt 
bie  über  bie  Slei|nijd[;en  9(rc^iDiatonen  unb  3)ec^anten,  über  baS  @t.  (Seorgenftift,  baS 
Scrger-  unb  9?onnenIloftcr,  bie  Soreng-  unb  ^^^^^'^i^^i'^^^  *"  Slltenburg,  über  Ätrc^en« 
DifUationen,  ben  Slnfang  unb  Fortgang  ber  -Heformation,  über  Sut^erbefuc^e  bafelbft,  50 
BpaUäm,  eber^b  SJrieSger,  über  bie  älbjc^affung  beS  ©jpolienrec^tS  in  ben  §erjoglic^ 
Söc^ftfc^  Sanben,  über  bie  un^uberläfftge  ^ai)UnanQahz  bei  ben  ®efc^ic^tSjc^reibern  ber 
alten  unb  mittleren  >^Ät  äluc^  auStoörtigen  SSereinen  biente  er  gern  mit  feiner 
fletligen  f^ber  unb  blieb  bem  @tubium  ber  alten  Jllaffiter  ergeben  bis  an  fein  (Snbe. 
als  ®efc$M^tSforfc^er  ein  fc^arfer  Äritilcr,  als  2:^eolog  t)on  au^crorbentlic^er  üKilbe,  ein  65 
feiner  Äofuolrebner,  toar  er  als  SKenjc^  üon  großer  Slnfpruc^lofigleit  unb  einer  toa^r^aft 
juaenblid^^  freubigen  3Ritteilfamfeit  gegen  ©tei^ftrebenbe.  9ion  unDergletc^lic^er  Stüftigfeit, 
rajUoS  t^otig  bis  jule^t  entfd[;lief  er,  einige  3äodftti  nad)  bem  Eintritt  in  baS  96.  SebenS- 
ioijx,  am  27.  ÜRarj  1900  an  ber  langjährigen  BtäiU  feines  äBirlenS. 

mnbolf  Sdbe.     60 


576  £Bi|e 

Sö^e,  aBil^clm,  geft.  1872.  —  3.  3)cinaer,  SB.  Söfteä  ficbcn  3  «be  (^^ürnberg) 
©ülctiJlo^  1873— 92  ff.,  3.  Slufl.  (SiüterSlo^  1901;  C)-  ©crf,  3)ic  innere  SWiffion  in  »o^rn 
r.  b.SR^).,  Hamburg  1880,  6.  18ff.  —  ©djriften:  1834  Sieben ^rebigten,  2.  «ufl.  1836;  1835 
^rcbigtcn  übet  ba^  ^U.,    5.  Slufl.  1890;    1836  (ginfältiaer  ©ei(fttunterricl)t,    3.  «ufl.  1881; 

5  1837  58eid)t*  unb  ^ommunionbücblein,  6.  Slufl.  1888.  SSon  bem  göttlichen  fBorlc  al«  bem 
Siebte  bog  jum  Sricben  fübrt,  8.  ?lufl.  1895.  1840  ©amcnrörner  be8  ®ebetÄ,  33.  «ufl.  1884. 
SRaudjopfeT.  .©Qnbbucb  an  Äranfen*  unb  ©lerbebctten,  4.  Äufl.  1881.  1843  3]iitnon  unter  ben 
Reiben.  1844  «genbe  für  cbriftl.  ®cm.  lutb.  ©ef.,  3.  «ufl.  1884.  1845  S)rei  ©ücfter  Don  b. 
Äircbe,  3.  S(ufl.  1883.     4)au«»,  6d)uU  unb  Äirdjenbud),   5.  «ufl.  1901.     1847  erinnerunoen 

10  Qud  ber  SReformationSgefd).  in  granfen.  1848  (^Dangelienpoftiae,  5.  Stuft.  1886.  1849  mt 
beider,  ©eneralfi^nobe  Don  1849  unb  bad  lutber.  ^efenntniS.  Sipboridmen  über  bie  9^X1 
^lemter.  1850  Unfere  lirdjUcbe  Sage.  1851  Äircfte  unb  «mt.  1852  3)er  eoang.  ®eiftli(be, 
4.  9(ufl.  1872.  1853  @tne  proteftantifd)e  ^iffionSprebigt  oon  ber  ^benbmabldiucibt.  1854 
17  fie!tionen   für   bie  «paffiongjcit,   2.  «lufl.  1877.     1858  Äurjcr  Unterricht   Don   ber  »ibeL 

16  SSom  ?tu«tt)enbiglernen.  ©piftelpoftine,  3.  Stuft.  1897.  1859  Äteine  ©aframentale.  ßeftio* 
narium  für  bod  j^ircbenja^r.  Sieben  Vortrage  über  bie  ^orte  3efu  Dom  Stxtui,  3.  fLufi 
1891.  1860  SBon  ber  SBarmberaigfeit,  2.  Stuft.  1877.  SRofenntonate  beiliger  grauen.  Xraftate 
für  bie  Seetforge.  1862  ^eine  SuSpenfion  im  ^af^xt  1860.  IRapbaet.  1863  Outacbten  in 
Sacben  ber  SlbenbrnabUgemeinfcbaft.    1868  ^ortprotogium.    ^on  illeinfinberfcbulen.     1870 

20  (Stwad  Qud  ber  ®efcbid^te  bed  ^ioloniffenbaufe^  3l'S>.,  2.  Stuft.  1901.  1895  ^aoib  unb 
Satomo,  betaudgegeben  Don  feiner  Xoc^ter.  1899  $rebigten  für  bie  feftl.  $ätfte  bei^  IHrc^en: 
jabred  bedgt. 

Sodann  Äonrab  SBUI^elm  Sö^c  gebort  unter  bcnen,  iDeU^e  in  biejem  3a]^rl^unbert 
auf  prahifc^em  ®ebiet  fd^öpfcrifc^  getDtrft  ^oben,  ju  ben    geiftig  bebeutenbften  unb  tnel- 

26  fettigften ;  fein  3larm  ift  in  bie  ©efc^ic^te  ber  (ut^erifc^en  ^irc^e  SSol^emd,  3)eutf(^Ianbd, 
^mertlad,  bie  @efc^tc^te  ber  inneren  ^if fton  unferer  ^ge,  bie  ©ef^ic^te  d^fUic^er  Sorm^ 
l^erjigleit  überhaupt  tief  berfloc^ten.  (Sr  ift  am  21.  gebruar  1808  in  ^rtJ^,  ber  9Jo<^ 
barftabt  5lümberg«,  geboren;  er  entflammte  einem  d^riftUc^  frommen  SBürger^oufe.  Se= 
beutfam  tDurbe  für  i^n  ber  ®^mnaftalunterric^t  in  92ürnberg  unter  bem  bamoligen  ätettor 

80  6.  2.  Slotl^.  ^\)m  trat  ßö^e  fcl^  na^e;  er  fei  tl^m,  fagte  er  felbft,  ©aitf  jc^fulbig 
bid  tnd  ett)ige  Seben.  ^m  ^abre  1826  be^og  er  gum  Stubtum  ber  X^eologie  bie 
Unibcrfität  ©rlangen.  §attc  ba^  is^riftentum  &^e  fc^on  immer  erfaßt,  fo  eifafete  er  cd 
je^t  in  unbebingter  perfönlic^fter  Eingebung.  @^  geifc^^l^  bied  borjugdtDcife  unter  bem 
ßinflufe  be«   reformierten    $farrerg  unb  5ßrofeffor^   Ärafft,  beffen   S3ilb    in   ber  Sede 

86  Si^^e^  nie  berblic^.  3Rit  ber  c^riftlic^en  @rtt)ecfung  berbanb  fid^  tt)ie  bon  felbft  ber 
®eU)inn  fidlerer  lut^erifc^er  Üeberjeugung.  '^m  3a^rc  1836  \ä)mb  Sö^^e  an  ^ufc^Ie: 
„DbtooJ^l  bei  (Sottet  SBort  aufgewogen,  bon  ®otte«  ®nabe  nie  berlaffen,  banfe  vd^  bo<t, 
menfd^lic^  ya  reben,  mein  gei[tlid[;e^  Scben  einem  reformierten  2ti)xn,  $erm  5ßrof.  ilrojft 
in  Erlangen.    @ben  berfelbe,  bem   id^  annoc^  in   J^^er^Iic^er  Siebe  anfange,  bot,  o^ne  cd 

40  }u  toiffen,  meine  Siebe  gur  lut^erifc^en  5lirc^e  gro^  gebogen,  ba  \d)  fte  bon  Rinbe^beinen 
an  in  mir  trug."  3)ie  ®runblage  feiner  luti^erifd^en  SRic^tung  ttmr  bie  Xrobititm  fetner 
fränlifd[;en  ^eimat,  bie  im  ®eifte  bed  elterlichen  ^aufed  fic^  fpiegelte.  ^tefe  tDarb  belebt 
burd^  baö  ertDectcnbe  SBort  eine^  reformierten  Se^rer^,  ber  eine  fe^r  irenifc^e  @teQung  jur 
lut^erifc^en  Äirc^e  einnahm,    ßierju  fam  aU  britte^  bie  Sefc^äftigung  mit  ber  Se^re  ber 

46  lut^erifc^en  ^irc^e.  Sö^e  erjölj^lt  nn^  in  ben  firc^lic^en  ä3rief en  (paftoralt^eologifc^  Slotter 
bon  aSilmar  1861,  IL  Sb,  ©.  109  f.),  er  fei  in  ber  bamaligen  6ntlt)icfelung6})eriobe  ^ocj 
erfreut  getDefen  über  ben  ^unb  ber  ^oUa^ifc^en  3)ogmatit;  bon  ba  fei  er  ^u  ben  @vnt' 
bolen  ber  lut^erif^en  5lirc^e  geführt  tDorben;  er  f;}(Ae  aber  bie  pofttibe  Se^re,  bie  t^  fo 
fel^r  befriebigte,  nic^t  felbft  au«  ber  ©c^rift  gefunben:  „3)ie  Srabition  loar  mir  e^  Dar 

60  olö  bie  Schrift,  ba«  Sic^t  ber  ftirc^e  leitete  mic^  jum  Srunnen  ber  SDäai^r^cit."  6ip 
fpäter  fanb  2ö^e  in  tieferem  ©tubium  ber  ^l.  ©d^rift,  ba^  „bie  f^mbolifc^en  Sntfc^' 
bungen  ber  lut^erifc^en  jtirc^e  biefer  entfprac|>en''.  @«  ift  jebenfall«  mertmürbtg,  ba|  bie 
näc^ften  ^mpulfe  für  Sö^e«  gefamte  c^riftlic^  firc^li^e  Seben^rid^tung  bie  lanbedftn^ic^ 
2^rabition  unb  ba«  2Bort  eine«  reformierten  Se^rer«  bilbeten.    3m  ©ommerfemefter  1828 

66  toeilte  er  inS3erlin;  bon  tieferem  t^eologtfc^en  @influ^  tDar  biefer  älufenti^t  nic^t,  koiebenn 
überl^aupt  bie  Sffiürbigung  ber  Xl^eologie  nac^  i^rer  fpe^ififc^en  Sebeutung  für  bie  letDeilige 
®egentt)art  ni^t  feine  ©ac^e  tDar.  dagegen  jogen  i^n  bie  bamaligen  bebeutenben 
5ßrebiger  Serlin«,  ©c^leiermac^er  nic^t  au«gefd[;loff en,  fel^r  an ;  bon  befonberem  SOäett  twr 
ibm  ba«  l^omiletifc^e  ©eminar  bon  ©trau^.    ^m  ^af)xt  1830  beftanb  er  bie  t^logif(^ 

60  Prüfung,  ^m  folgenben  ^af)xt  bxad}  für  i^n  al«  ^ribatbilar  in  Stird^enlami^  in  Ober^ 
franlen  bie  3^i^  ^i"^  reic^gefegneten  pafloralen  SBirffamleit  an.  ©ie  fiel  iii  bie  fc^c 
^eriobe  geiftlic^er  @rtDecfung,  tDelc^e  auc^  für  SBa^em  längft  angebrochen  toar.    Sine  ge> 


Sa^e  577 

tooUtge  Setoegung  ging  t)on  tl^m  aud;  t)on  h)ettl^er  [trömte  il^m  ba^  $olI  ju.  92eben 
unermübltc^er  antuiqer  2^l^öttglett  in  Ritdfc  unb  @c^ule  ging  bamatö  fc^on;  bie  nadbs 
^abigfte  Strbett  bev  ©ammlung  ber  ©laubigen  in  bev  ®emeinbe  nun  3)ienft  an  i^r 
räi^.  ^totx  ^olfytt  tonnte  er  im  boUen  ^eben  toirlen,  bid  ber  SBibertDiQe  nid^t  ber 
@emeinbe,  fonbem  bed  bortigen  Sonbrid^terd  gegen  i^n  lodbrad^.  Staatliche  unb.Iirci^lic^e  5 
Sureaulratie  h)ir!ten  jufammen,  um  i^n  bon  einer  Stätte;  too  er  nac^  eigener  ^u^erung 
bie  fc^önfte  QAt  feinet  Sebend  berbrac^t,  }u  entfernen. 

2ö^  tantrbe  nun  ^farrbertoefer  bet  @t.  ^ibien  in  Slümberg.  @ein  bortiger  Slut- 
adfydt  iß  o^e  S^tx^tl  bie  ^eriobe  feiner  glönjenbften  unb  mäc^tigften  SBirffamfeit  auf 
ber  Stamü;  feine  ^rebigtgabe  entfaltete  ftd^  in  il^rer  ganjen  %üüt  unb  tam  ben  l^d^eren  10 
unb  nid^eren  Stauben  in  gleicher  äBeife  ^u  gute.  3)ie  bebeutenbften  3Jtänner,  Sleftor 
9lo^,  SBürgermeifter  SRertel  unb  anbere  fd^loffen  ftd^  an  ben  jugenblic^en  SSilar  an  unb 
nahmen  ouc^  an  feinen  SBibelftunben  teil.  @inmal  befuc^ten  ®^mnaftaften  eine  ber 
$rebtgten  Sö^ed,  um  fte  i^er  Jlritil  ni  unterjie^en;  f^e  tourben  t)on  ilj^rer  3Radift 
tief  getroffen  unb  gingen  nac^  bem  (9ottedbien{i  lautlos  au^einanber.  SBie  ein  15 
^rojjpet  ftrafte  2ö^  bie  ©tinbe  ol^ne  3lnfe^en  ber  5ßerfon;  ber  ©tabtmagiftrat  trug 
bed^Kilb  auf  älbberufung  Sö^e^  an;  bad  ^nftftorium  Slndbac^  toie^  biefeS  Slnfinnen 
aber  ofö  böUig  Iom))eten)h)ibrig  mit  aller  Sntfd^iebenl^eit  jurüct;  aud^  ber  Slürnberger 
S)elan,  obioo^ler  ber  älteren  Sd^ule  angehörte,  na^m  ftc^  Sd^e^  mit  bäterlic^em  3&of)U 
tooOen  an.  ao 

äOd  £d^  3eit  in  92ümberg  ju  @nbe  ging,  am  80.  SRärj  1835;  fc^rieb  ber  ba* 
malige  $rofeffor  unb  @))^orud  Dr.  Höfling  an  ben  ^röftbenten  t)on  Stot^:  ;,93on  ganj 
befonberd  ioic^tigem  @influ^  auf  bie  Stubierenben  toürbe  ed  fein,  toenn  ed  möglich  toäre, 
an  bie  ^ieftge  StabtKrc^e  einen  luti^erifc^en  ^rebiger  toie  fiöl^e  gu  bringen.  3)at)on  ber^ 
\pt&d^  i(^  mir  für  bie  pxcd^dft  SBilbung  ber  jungen  Sl^eologen  me^r  ald  t?on  allem,  25 
tood  fonft  gefd^e^en  lann.  @r  fyd  geftem  l^ier  gef)rebigt  unb  icp  mu|  fagen,  ba^  ic^  noc^ 
{einen  fold^  $rebiger  gel^ört  ^abe.  3)a^  l^ieftge  Airc^entum  ift  fo  verfallen,  bad  ed  ge« 
tan^  nur  ein  fo  eminent  begabter  ^rebiger  h)id)er  ^eben  !ann.''  3)iefenSrief  fanbtejRot^ 
an  ben  Sorfianb  bed  Jbnfiftoriumd  in  Sln^bac^  mit  ber  Semerlung,  ba^  i^m  bie  ^u^e« 
rung  {)5flingd  über  ben  5tanbibaten  2bi)t  fe^r  beac^ten^toert  erfc^eine.  Xa^  5tonftftorium  30 
befttmmte  Sdl^e  jjum  SSilar  Straffte,  ber  bamald  leibenb  toar ;  bief er  ^atte  aber  bereite  eine 
anbere  älu^^ilfe  angenommen.  @^  fc^lug  i^n  bann  für  eine  9le)}etentenftelle  t)or,  toobei 
i^  eine  beftimmte  ^af^l  bon  ^rebigten  übertragen  toerben  foQte.  ^ie  @rlebigung  einer 
foh^  Stelle  berjögerte  fid^  aber.  So  mu^te  Söl^e  noc^  t)on  Ort  ^u  Ort  M  ^farr- 
bertuefer  toanbem,  bi^  er  burc^  eine  eigentümliche  SSerfettung  t)on  Umftänben  im  ^a^re  85 
1837  ofö  $farrer  in  Sleuenbettel^u  faft  toiber  feine  eigene  innerfte  3i«^^^io^  angeftettt 
tmtrbe.  @r  fanb  f]päter  ben  Ort,  ben  anbere  t)on  allen  Steigen  ber  Statur  berlaffen  fanben, 
f<^,  obtoo^l  er  einige  ber  ^enlic^ften  @egenben  ber  @rbe  gefe^en  i)aitt,  unb  tou^te  in 
bod  bortiae  Seben  einen  reichen  ^xan^  gef(i[;ic^tlic^er  @rinnerungen,  an  belegen  e^  ber 
gamen  @egenb  nid^t  fe^lt,  )u  t^ertoeben.  Sö^e  eignete  bie  @abe  lieben^toürbigfter,  man  40 
md4te  fagen,  ©oetj^efc^er  ^bealifterung.  Wlan  f^at  ed  bi^meilen  tragifc^  gefunben,  ba^ 
eine  fo  au|erorbentlic^e  5traft  in  folc^e  @infam!eit  berfc^Iagen  erfc^ien ;  2öi)z  ftrebte  längere 
3eit  felbft  noc^  größerer  3BirIfam!eit;  t?iermal  l^at  er  ft^  um  ftäbtifc^e  SteÖen  gemelbet; 
ed  tmtrbe  i^  ^^^^Jjf^  ^^-  @^ren  toir  aud^  ^terinnen  eine  ^ö^ere  ))rot)tbemielIe  ^ül^rung ! 
(Eine  in  fo  ^0^  3Ra^e  felbftftänbia  angelegte,  ^um  ^errfc^en  berufene  vlatux  toie  bie  45 
feine  ^te  fic^  !aum  ju  einer  SBirffamfeit  neben  anberen  geeignet.  ®erabe  an  biefem 
einfornen,  abgefd^iebenen  Orte  follte  er  feine  fc^öjjferifc^en  Kräfte  in  ftauncn^toerter  2ßeife 
ms  (Entfaltung  bringen.  3)ad  geringe  3)orf  ift  bur(^  H)n  eine  Serü^mt^eit  getoorben  im 
stetig  (Sotted;  in  eine  großartige  c^riftlic^c  Kolonie,  in  eine  Stabt  auf  bem  Serge  toarb 
ed  burcb  i^  umgeioanbelt,  bon  ber  bie  fegnenben  Bixai^lm  barmherziger  Siebe  auf  ^toei  so 
SBeltteile  au^egangen  ftnb. 

Sl^e  ed  aber  baju  lam,  toar  ein  fc^merer  äugerer  unb  innerer  Siamp\  i\i  !äm)9fen. 
80m  äo^e  1848—1852  betoegtc  Sö^e  ber  ©ebanfe  be«  Stu^tritt«  au«  ber  ba^erifd^en 
Sanbemn^e  mit  einer  Stärfe,  baß  bie  Sejjaration  me^r  benn  einmal  befc^loffene  Sad^c 
toar;  ber  Jlonflift  mit  bem  Kirc^enregimente  \)atu  ^ule^t  eine^ö^e  erreicht,  baß  an  n\6)t^  55 
(mbered  me^  ju  beulen  toar.  ^agen  h)ir,  h)ic  c«  ^icrgu  gcfommcn,  fo  ift  ^u  ertoibem, 
nif^t  burc^  bie  befonberen  ©ebrec^cn  ber  Sanbe^firc^e,  toenigften«  burc^  biefe  nic^t  allein 
Sie  litt  an  ben  Sdbäben  be«  Sanbe^Iirc^entum«  über^au))t,  manche«  in  ij^rer  9ierfaffung 
rnib  ber  fir^flid^en  ^ro^i«  toar  nac^  ber  !onfefftonelIen  Seite  fe^r  ref ormbebürftig ;  fte  ^atte 
fii^  aber  frülj^er  al«  bie  meiften  beutfd^en  Sanbe^fird^en  ber  ^errfc^aft  be«  Stationalidmu«  go 

Kcalfünc^riopabic  fttr  2:^coro0ic  unb  fiirc^c.  3.  ».  xi.  37 


578  £9i|e 

enttounben;    ba$  lutl^ertfd^e  Selenntntö,  toelc^ed  redS^tlid^  nie  abrogiert  tDi>rben  toax,  tax» 
me^r  unb  ntel^  ju  tl^atfäc^ltc^er  ©eltung  gelangt. 

3)et  ®runb  jum  Ramp\  gegen  bie  Sanbe^tirc^e  lag  tiefer;  er  lag  in  bem  ®egen{a|f 
gegen  ba^  Sanbe^Iitd^entum  überl^au))t  3Rxt  biefem  h)ar  £d^  jerfaQen;  ed  tDor  ber 
öiftonfitft  jtDtfd^en  ^bee  unb  28irfltc^Ieit;  ber  tl^m  oUentl^ben  in  ben  fohtfc^  3^ 
[tänben  entgegentrat,  unter  toeld^em  er  unfäglid^  (ttt.  S5$e  fyit  tiefer  ol^  onbm  in  ote 
Sd^äben  bed  SSoH^lebend  unb  ber  ^irc^e  geblidt;  er  ttmr  aber  auc^  me^r  old  onbere  bon 
ber  ^errlic^Ieit  ber  Stirere  erfüllt;  ed  loberte  in  i^m  eine  ^L  flamme  bed  Siferd  fOr  ben 
$erm  unb  fein  ^a\x^\  bie  Sel^nfuc^t  nac^  befferen  3uftänben   ioor  fein  innerfler  fyxy 

10  f(^lag.  31U  nun  bad  ^jal^r  1848  mit  feinen  Stürmen  hereinbrach,  für^ftete  er  nic^t  tme 
fo  biele  ben  gufammenbruc^  bed  alten  SJerl^ältniffe^  jtDifc^en  5tir(^e  unb  Qtaat,  fonbon 
hoffte  unb  tDünfd^te  i^n,  toetl  er  glaubte,  ba|  über  biefem  Sturze  iad  beffere  3ltnt  erbUt^ 
toerbe.  @r  toar  nic^t  blo^  gegen  bad  ))roteftantif(^e  Sanbe^tir^fentum,  fonbem  über^aiit»t 
gegen  aQed,  toa$  man  93olfös  unb  Staat^tirc^tum  nennt ;  er  ttKtr  geneigt,  in  ber  Sxdfniß 

16  gefc^ic^tlic^en  @nttoicfelung  feit  5tonftantin  unb  feit  ber  Sieformation  einen  gr^Igong  ber 
iRird^e  ju  erlennen.  @d  ^at  fi^  in  ben  bamaligen  itäm))fen  tDirUid^  um  einen  tiefen 
93rinii))tenftreit,  um  einen  berfc^iebenen  ^Begriff  ber  Jtirc^e  gejubelt.  S)arum  ^ben  btefe 
Jiäm^e  aud^  aQgemeinered  ^ntereffe.  Sö^e  fa^te  bad  28efen  ber  5tir4fe  ald  einer  ®emeim 
fd^aft  ber  ©laubigen  aUmfelJ^r  mit  i^rer  (Srfc^einung,  mit  beren  fu^tbarem  Organidmud  in 

20  eind  jufammen.  ,,28ir  {ebnen  und/'  fagt  er  in  feinem  SSorfd^lag  jur  Siereinigunp  bitb. 
S^riften  für  af)oftolifd[;ed  Seben  bom  ^al^^re  1848,  „nac^  einer  hxilr^aftigen  (9ememf(^ 
ber  ©laubigen,  bie  fiirc^e  foD,  fo  toünfc^en  toir,  nic^t  blo^  ein  ®laubendart3e(  fein, 
fonbem  ind  Seben  eintreten  unb  erfc^einen."  3n  ber  ©d^rift:  „Unfere  tird^Itd^e  Soge", 
äußert  er  ftdb:  „@toig  im  ganjen,  toec^felnb  in  betreff  ber  einlebten  9e{iUinbtrile,  gdciei^ 

36  bie  5tirc^e  fcptoerlid^  rec^t,  toenn  nid^t  bie  SRöglic^Ieit  freieften  älb«  unb  S^i^fl^'  t^  ^< 
9{oth)enbigIeit  biefer  ^ei^eit  erlannt  unb  jur  Snerlennung  gebracht  toirb";  im  ^joiftt 
1848  fc^reibt  er  an  6.  bon  Slaumer:  „SBenn  bie  5tird^e  in  unfererg^  if^^  Hkiö  fie  fein 
lann  unb  }um  $eile  ber  28elt  fein  foQ,  fo  ift  fie  eine  fel^  Heine  !9cinoritat.  Sie  tmtb 
leine  SRac^t,  toenn  fte  nic^t  dein  toirb.    SBad  nid^t  intenftb  ift,  ift  nic^t  ectenjib.''    3^ 

80  Jlorref))onben)blatt  ber  ©^eUfc^aft  für  innere  SRiffwn  nad^  bem  Sinne  ber  hit^erifc^ 
Jlirc^e,  1853,  @.  111  ff.  tvirb  be^au))tet,  ba|  S^ftud  bie  @id^tbarleit  ber  Jtird^,  tme  fte 
im  %%  beftanben,  nic^t  l^at  aufl^eben,  fonbem  über  aQe  SSölIer  ^at  erfireden,  ein  Sleu^ 
@otted  nic^t  blo^  im  ®eift,  fonbem  in  ber  SBa^rl^eit,  too  ^u^ered  bem  gimertn  ent> 
]pxäd)z,  U)o  burc^  ben  in  ben  ©liebem  toaltenben  @etft  biefelben   )u  einem  Seib  üu^ 

85  f ammengefügt  toürben,  ein  ftc^tbared  9leid^,  eine  ©emeinbe  ber  ^eiligen  fyd  ftiften  tooOen: 
„bie  ^irc^e  ift  eine  ftr^tbare,  eine  äußere  ©emeinfc^aft  ber  burt^  einen  ©lauben  unb  Se» 
lenntnid  berbunbenen  ^inber  ©otted''.  ^emer  lefen  toir  l^ier:  ,,@o  toie  bie  Jlirc^S^nPi 
nxä)t  ol^ne  9lmt  befte^t,  fo  auc^  nic^t  oi)m  Jlirc^enregiment,  h?eil  bied  ta>efentfi(^  in  bem 
bon  G^riftud  gefegten  ämte  begriffen  ifi  —  ®ie  ftirc^e  barf  atö  folc^  fein  Steghnent  ou^ 

40  bem  älmte  bulben.''  ^iefe  SBorte  ftammen  allerbingd  nid^t  t?on  Sofft  \db\t  f^;  fmb 
aber  feinen  ©ebanlen  unmittelbar  entnommen.  3Ran  toirb  nid^t  leugnen  tonnen;  ba|  in 
biefem  Jtirr^enbegriff  bonatifttfc^'inbibibualiftifd[;e  Slnfc^auungen  mit  einem  leife  romanifimm 
ben  3^9^  t^^  berül^rten.  fie^teren  ^aben  SRönner  h?ie  ^ofmann  unb  Höfling  in  2d^ 
älmtdbegriff,  tote  er  i^n  in  ben  Sd^riften  „9l))^oridmen  über  bie  neuteftomentlic^  Simtei 

46  unb  i^r  S^erl^öltnid  jur  ©emeinbe  (1849)''  unb  „Airc^e  unb  9lmt,  neue  Sl^^ori^mcn 
(1851)"  enttoidelt  ^at,  t)on  Slnfang  gcfunben. 

£5l^e  l^at  nun  in  erfter  Sinie  au6)  burc^aud  eine  tirc^lid^e  9leubilbung  im  ®egenfa( 
)ur  Sanbe^Krc^e  erftrebt  3)er  ))rin5t))ielle  ä3ruc^  mit  bem  fianbedtirc^entum  trat  oOent^ 
i^lben  ^ert)or,  fc^on  in  ber  erften,  übrigen^  t?iel  2^reffenbed  entl^altenben  @<^nft:  Soc» 

60  fr^lag  k.,  too  bie  B^axatxon  nur  aU  ^age  ber  3^t  unb  fc^on  ie|t  old  ba^  eigcntlii( 
Sered^tigte  unb  92ottoenbtge  angefe^en  toirb.  3lad}  ben  9l))l(^oridmen  ift  bie  be^be^enbe 
^irc^e  eigentlich  feine  ^irc^e  mel^r.  9(u(^  bie  an  bie  ©eneralf^nobe  t)om  ^cäftt  1849 
gerid^tete,  mit  330  Unterfc^riften  berfel^ene  Petition,  in  toelc^er  älbtbun  bed  @ummc^to)Mt^ 
boQftänbige  fonfefftoneUe  ^urififation,   ftrengfte  93er))flic^tung   auf  bad  Setenntntd  k.  gc> 

56  forbert  tourbe,  ging  bon  feiten  Sö^ed  im  ©mnbe  genommen  bon  berfelben  Sorau8fetmig 
aud.    @ie  toar  me^r  ein  Ultimatum  atö  ein  9leformgefuc^.    Sö^e  fc^rieb  bomote:    „94 

^offe  „bon  ber  ©encralf^nobe  toenig toer  bie  Petition  unterfc^^reibt,   mot^t  f«^  fl4 

bad  äu^erfte  gefaxt  unb  ift  bed  @inned,  im  SSemeinungdfaQ  ber  Sitten  bon  ber  Stai^ 
fird^e  abjutreten  —  ic^  meinerfeitd  finbe  bie  firc^lic^en  3uftänbe  aÖentl^KKlben  foul,  oBcnt' 

eo  l^albm  brid^ftd  —  ic^  meinedteili^  toiiOi,  tomn  bie  ©enerolf^nobe  fid^  tDiber  gerechte  gosbc 


£9i|e  579 

rungen  fträubt,  tbun,  tood,  tote  mir  bämmert,  fd^on  längft  bad  Steckte  getoefen  toöre/' 
DhtoofjH  nun  bte  ttn^Kd^  ®eftnnten  f onft  unb  aud^  bie  metften,  toelc^e  jene  Petition  unter« 
fd^eben  ^en,  Don  bem  Srgebntö  ber  @^nobe  nid^t  unbefriebigt  toaren,  SRänner  tote 
2^mnafiud,  {)öflina,  ber  äleferent  in  ber  3^4^^?^  .^^roteftanti^muiS  unb  ^irc^e''  über« 
oud  anerletmenb  über  fte  urteilten,  obtool^l  unmittelbar  nac^  ber  @Vn<>^^  ^i^  ftrengften  6 
%maÜK  £d^  unb  £d^  felbfi  auf  ben  Sludtritt  junäc^ft  berjic^teten,  fo  lie^  Sd^e 
gleic^tool^I,  <iü  bie  SSerl^blungen  ber  @^nobe  Deröffentlid^t  toorben  toaren,  bie  @d^rift: 
„2)te  bo^erifd^e  ©eneralf^nobe  bom  ^l^jal^  1849  unb  bad  (uti^erifc^e  S3elenntnii^'' 
oudge^.  6te  entbielt  bie  fd^ärffte,  t^ielfad^  unbiUige  Jlritil  einer  S^nobe,  toeld^e, 
um  mit  Höfling  auf  ber  £ei)))i9er  Jtonferenj  be^  ^al^red  1849  nt  reben,  einen  fe^r  lo 
bd)€utenböi  f^ortfd^ritt  gegen  früher  befunbete  unb  nac^  X^omaftud  eine  Sleü^e  bon 
Sefd^Iüffen  fa|te,  bie  bem  tirdtflid^en  Setouf^ein  einen  beftimmteren  unb  boDeren  Slu^ 
bnut  geben  folben;  biefe  @d^rift  lief  in  einen  förmlichen  älbfagebrief  an  bie  Sanbe^ 
Kn^  aud. 

(Ed  foOte  aber  nid^t  jur  @e|)aration  lommen.  Söl^e  tooDte  anbeten ,  aber  er  i6 
lomite  nicpt.  @ein  gefdbic^tlid^er  @inn,  ein  unaustilgbarer  3^0  bon  Siebe  unb  ^tetöt 
gegen  bad  übertommene  Jtirc^entum;  auS  bem  er  felbft  ^ert)orgegangen  toar,  unb  in  bem 
er  me^  tour}elte,  ald  er  fic^  felbft  oft  geftanb,  feine  9Iü(^tem^ett  unb  ©eifteSllar^eit;  bie 
i^n  felbft  toteber  mi^auifd^  machten  in  Se^ug  auf  bie  SluSfü^rbarleit  feiner  lirc^lid^en 
2|bcale,  befonbere  äußere  S^gungen  l^aben  ed  nic^t  ba^u  lommen  laffen,  obtool^l  ber  Sd^ritt  ao 
me^  benn  einmal  innerltd^  bereite  gefd^el^en  toar.  Seine  innerften  Slnfc^auungen  forberten 
bcn  Shidtritt,  ruhige  @rtoägung  für  ftd^  unb  mit  anberen  legte  immer  toieber  ben  SSerfuc^ 
ber  9teform  nol^.  9{ad^bem  bie  Seleud^tung  ber  Sefd^lüffe  ber  (Seneralf^nobe  crfc^ienen, 
tarn  ed  )unädbft  )u  einer  SSer^anblung  jtoifd^en  Sö^e  einer«,  $ofmann  unb  ^l^omaftud 
anbercrfeitd.  Sd^e  jeiate  ftc^  f ebr  nac^iebtg ;  bie  t^eologifd^e  ^ultöt  in  Erlangen  unter«  26 
breitete  bem  Oberlonfiftorium,  Sd^ed  ©ac^e  bis  ju  einem  gemiffen  @rab  nt  ber  i^ren 
mac^enb,  Sorfc^läge,  um  too  möglich  bem  brol^enben  9lt^  t?orjubeugen ;  ber  Siermittlung^ 
k>erfu(^  fü^e  ober  )u  feinem  Qxdt,  jonbern  enbete  mit  gegenseitiger  ^tfrembung.  SRan 
toanbte  fid^  nun  bireft  an  bad  Dberfonftftorium,  junäd^ft  in  @a(^en  beS  93etenntniffeS; 
man  äußerte  [läf  banibar  für  ben  erfolgten  93ef^eib.  @d  tourbe  aber  mit  biefer  ^anl«  ao 
fogung  ber  Xntrag  auf  DoDe  Trennung  ber  ^irt^en«  unb  Slbenbmai^l^emeinfc^ft  jtoifc^en 
ber  mlfm\d^  unb  reformierten  5tirc^e,  toelc^  Ic^tere  in  93a^em  nur  toenige  @emeinben 
umfa|t,  ^efbdlt.  Stuf  biefeit  $unlt  tonjentrierte  ftc^  je^t  bie  gan^e  93etoegung.  3Ran 
erlUrte  bte  fogenannte  gemifc^te  Slbenbmai^l^emeinjc^aft,  bie  ^ie  unb  ba,  namentlich  in 
2)taf))oragemetnben  t?orIam,  für  ben  fd^toörjeften  ^led(  ber  SanbeSlir^e  unb  unbebtngtas 
für  @ünbe.  3lad)  längerem  3^0^^  anttoortete  baS  Jtird^enregiment  in  einem  überaus 
ertoogenen  ®rta|  bom  19.  @ef>tember  1851,  ber  auc^  auf  Sö^e  feinet  @inbructd  nic^t 
bcrfc^Ite ;  in  i^m  tourbe  ber  lut^f c|^c  ß^aralter  ber  ba^erifc^en  Sanbedf irc^e  bieSf .  b.  fRlf,, 
iHm  ben  toenigen  reformierten  (Semeinben  abgefe^en,  bad  92ic^tbor^anbenfein  einer  rec^t« 
üdicn  ober  tpotfod^lid^  Union  mit  @ntfc^teben^eit  be^u))tet  unb  bie  bereinjelt  ftatt«  40 
ftnbenbeXbenbmojjfli^emeinfc^aft  jtotfc^ett  Sutl^eranem  unb  Steformierten  atö  ein  burc^  un« 
bcmetblid^  Serl^ältniffe  ^ert>orgerufener  92otftanb  be^eic^net.  SöDig  befriebigt  toar  man 
Uerburd^  aber  nic^t,  man  tooQte  rabilale  lonfefftoneKe  @c^eibung  nac^  allen  Seiten. 
SBo^renb  man  aber  feitl^er  ftetig  t)on  einer  Trennung  bon  ber  Sanbedtirc^e  geb)roc^en 
^otte,  na^m  Söl^e  gegen  bai^  Atrd^enregiment  f^einbar  ganj  unvermittelt,  in  !£i5a^r^cit  46 
ober  bon  bem  State  audtoärliger  ^eunbe  bcftimmt,  plöüxd)  infofem  eine  anbere  ©teiOlung 
ein,  aU  er  mit  feinen  ^cunben  innerhalb  ber  Jltrc^e  bleiben  ju  tooQen  ertlärte,  aber  mit 
eina  Xtt  ^oteft,  mit  bem  SSorbel^alt,  ba|  er  biejenigen  @etftlid^en  unb  ©emeinbeglieber 
ntc^t  für  lutl^erifc^  ^ten  lönne,  toelc^e  trgenbtote  in  gemifc^te  9lbenbmal(^l^emeinfc^aft 
betttricMt  feien.  3laäf  ber  3Reinung  bieler,  auc^  ber  in  ber  3^iff<^nft  $roteftantidmud  60 
unb  fitid^,  in  toelc^  bie  obfc^toebenben  fragen  fort  unb  fort  mit  großer  Sic^er^eit  unb 
Scl^ätfe  bor^belt  tourben,  bon  ^ofmann  vertretenen,  unb  namentlich  nad^  ber  Über« 
leugung  beS  ftirc^regimentd  toar  ^ierburd^  auS  ber  btojeftierten  Separation  üon  ber 
Sanbednrc^  eine  Srt  @£lommunifatton  aller  anberi^  3)enfenben  bon  feiten  eimelner  @eift« 
lid^  ber  £anbedtir(^  getoorben,  obtoo^l  Sö^e  bieS  von  Slnfang  afö  SRigberftänbniS  be«  66 
lochet  ^otte.  3)er  ®egenfa$  jtoifcben  Sdl^e  unb  bem  5tirc^enregiment  erlj^ielt  l^ierburc^ 
oie  ftu^erfle  Suffi^^nfi*  ^^^  Obertonftftorium  ertoiberte  bie  le^te  Jtunbgebung  mit  ber 
Xufforbenmg,  ba|  bie  Unteneic^ner  ber  SanbeStirc^e  ftc^  treu  unb  ge^orfam  anjc^lie|en 
ober  i^  9imt  nieberlegen  fouten.  Söl^e  unb  feine  ^eunbe  erilörten  aber,  le^tereS  nid^t 
Vi/m  ia  lönnen,  unb  hielten  babei  i^ren  früher  be^au))teten  @tanb))unlt  feft;  Sö^e  unb  gt 

37* 


580  SB^e 

einer  feinet  ^eunbe  traten  bied  mit  0ro|er  ÜRö^igung  unb  nid^t  o^ne  toefentßc^e  SRilbe« 
rung  ber  @ac^e.  3)ad  Jtirc^enregiment  [teQte  ober  einem  obftratten  $nn}tt)  bod  Steigt  ber 
Aird^e  ebenfo  obftratt  gegenüber,  unb  ging  auf  ber  einmal  betretenen  Soi^n  toeiter.  2)er 
3Rann,  ber  bie  gonje  älngelegen^eit  längere  ^<At  mit  t?iel  Xatt,  Umfu^t  unb  mögltc^fiem 

6  2Bol^lh)oUen  für  Sö^e  id)ax(t>dt  IJ^atte,  Dr.  Söd^,  trat  mel^r  unb  me^  gurüd,  caibm 
Elemente  machten  ftc^  geltenb.  @d  erfolgte  bie  @ud])enru)ndbebro^ung  gegen  übf^  unb 
ac^t  onbere  ©eiftlic^e,  unb  bann,  jebod^  nur  mit  einer  Stimme  ÜRaiorität,  ber  &v^ 
^enfu)n^ntrag. 

@o  ftanb  bie  Sanbedfirc^e  \>ox  einem  fc^toeren  9liffe.    3)ie  totrllic^  @ud|)enfimi 

10  ^ätte  bie  h)irfli(i^e  Separation  ol^ne  3^^f^  ^^^  f^^  gfjogen.  3)ie  Jtunbe  t)on  3Ro^ 
ndf)rMn  gegen  Sö^e  toirfte  ))einlid(^  auc^  auf  ©eiftliqfe,  bie  tJ^m  femer  ftonben;  in  @im 
gaben  an  bad  ^irc^enregiment  ]pxaä)  man  t?on  bem  unabfe^baren  Unglüd  einer  Otpa^ 
ration.  @d  foQte  aber  aud^  je$t  ntd[!t  }u  biefer  lommen.  3)er  d)le  Jtönig  SRa^II.  ^otte 
o^ne  3*^^^f^^  ^^^"  tieferen  ©inblicf  in  bie  Sage  ber  35inge ;  bem  $of  über^oujjt  toor  bie 

lelirc^lid^e  ^etoegung  nic^t  fremb  geblieben;  jldnig  Subh)tg  I.  foQ  bie  @(^ft  Sd^: 
,,Unfere  lird^lic^e  Sage'',  felbft  gelefen  l^aben.  ^er  regierenbe  Jtönig  toor  mit  fyoif^ 
bem  er  bereite  atö  Jlron))rin2  nä^er  getreten  toar,  auc^  nadj^  beffen  äBegjug  t>on  ^<üftm 
immer  in  SSerbinbung  geblieben  unb  ^atte  ba$  lebhafte  ^ntere^e,  bod  Unrecht,  bad  unter 
älbel  an  ij(^m  begangen  toorben  toar,  ju  fül^nen.     3Ran  tou^te,  bo^  ouc^  in  tamtecen 

ao  jtreifen  lein  fonberlic^ed  SSertrauen  ju  ber  bamaligen  Seitung  bed  Obertonftftortumd  bor» 
Rauben  fei.  @o  tourbe  am  29.  &e))tember  1852  $arle|  an  bie  @)>i|e  bed  leiteten  b^ 
rufen  unb  bie  Sö^c^e  t^age  erlebigte  ftc^  baburc^  t?on  felbft,  obtoo^l  erft  unter  bem 
7.  2!uli  1853  befc^ieben  tourbe,  ba^  ber  @u$^))enfu)n^ntrag  bii^  auf  toeitered  )u  berul^ 
l^abe.     3)urc^  ^arle^  tourbe  bor  allem    eine  reinliche  tmb    frieblic^e  @onberung  ber 

26  lut^erifc^en  unb  reformierten  Kirche  gu  ftanbe  gebracht ;  ein  felbftftänbiger  hsä^i^ 
5lirc^enf5r))er  tourbe  gefc^affen,  neben  toelc^em  auc^  bie  reformierte  fiirc^  erft  )U  i^ 
boQen  Selbftftänbigleit  gelangte.  Slnbere  ^eilfame  9leformen  tourben  fofort  in  Slngriff 
genommen  unb  aUmä^li^  burc^gefü^rt.  älQbied  unb  badunbebingte93ertrauen,bad$ar{e|' 
ißerfönlic^Ieit  genof^,  toirrten  pfammen,  ben  SölJ^efd^en  Itreid  ju  beruhigen.     @d  toor  ein 

80  gro^ed  ©lud  für  bie  Sanbe^ftrc^^e,  bag  i^r  ber  fd^mere  9lig  erf))art  unb  eine  Jtroft  toie 
bie  Söl^ed  erl^olten  blieb,  aber  auc^  ein  unbertennbarer  @eaen  für  Sö^e,  bo^  er  mäfi  in 
bie  @nge  ber  @e)}aration  gebrängt  h?urbe.  9Ule  äBünfc^e  Sö^e^  tourben  freiltd^^  ni<^  be« 
friebigt,  unb  lonnten  ed  nic^t  toerben ;  bied  toäre  bem  Slufgeben  ber  SanbedKrc^e  gleich 
gefommen.     äluc^   ber   ^unft,    um  beffen  3Billen  ber  Aonflift  feinen  ^d^unh  e^ 

£5  reid^t  l^atte,  lonnte  nic^t  im  Sinne  Sö^ed  bereinigt  toerben.  ^m  $rin)i))  blieb  Sö^ 
Stellung  jum  Sanbe^lirc^entum  biefelbe.  Site  $arle^  fd^on  eingetreten  toar,  unter  bem 
13.  3)ejembcr  1852,  fc^rieb  er  an  bie  Separierten  in  9?affau  imb  Saben:  „9Ba^  bie 
ai^en,  franfen,  fterbenben,  bon  ben  3Jtaffen  ber  äBelt  gelähmtem  unb  faft  getöteten  Sonbe^ 
fir(^en  l^eutjutage  n\d)i  mel^r  fönnen,   bad  gel^t  auf  euc^  unb  eure^  gleichen  über."    3)er 

40  9(u^tritt^ebanfe  tauchte  noc^  einigemal  auf,  aber  nie  mel^r  mit  ber  Storfe  tote 
früher.  Einige  ^ai^re  fpätcr  fc^rieb  einer  ber  näcbften  ?freunbe  Sö^e«:  „5)a6  2ö^ 
eine  ^eilirdbe  bilbe,  babor  barf  niemanb  eine  9tngft  i)Cibtn,  bad  gel^t  nid^^t  me^;  ti 
märe  fc^on  früher  fc^lec^t  genug  gegangen  unb  @ott  f)at  un^  bor  großem  :^<<nimer  unb 
Schaben  behütet." 

46  3)tan  barf  auc^  gerabeju  fagen,  bag  allein  bie  Sanbedfirc^e  Sö^e  9iaum  bot  m^ 
blo|  für  bie  boQc  Entfaltung  feiner  5lräfte,  fonbern  auc^  für  eine  eigentümliche  3Rannig> 
faltigteit  unb  einen  oft  auffaUenben  äBedl^fel  feiner  9(nfd^auungen.  Sö^  eignete  noxMi 
bei  oller  tiefen,  ß^rfurt^^t  gebietenben  Slu^e  feinet  SBefen«  inälmt  unb  SSerfel^  im  3imerflen 
eine  gro^e  ^etoeglic^teit,  ein  Xrieb,  immer  bon  anberen,  bon  befonberen  SOSa^e^munaen 

60  unb  Erfahrungen  ^u  lernen,  auc^  eine  getoiffe  Slb^ängigteit  bon  momentanen  (Sinbrüm. 
@r  blieb  lut^erifc^er  @runbanf(^auung  treu ;  im  einzelnen  ^at  er  aber  feine  Xnfif^  oft» 
bi^toeilen  in  baö  gerabc (Segenteil gcänbert.  unfeiner  ^enlic^en S(^ft  über  bie Äir^(^ 
ä3ü(^er  bon  ber  Jtir^e,  1845),  einem  toai)x^n  Soblieb  auf  fte  in  fc^öner,  erlj^^bener  2)arficOitii0 
—  fic  tourbc  auc^  xn^  englifc^c  überfe^t  —  bertrat  Sö^e  bie  ftrengfte  lutl^erifd^  Ort^obo^it 

66  3)ie  lutl^erifc^e  ^trc^e  ift  i^m  bie  ^trc^e  fc^lec^t^in,  in  einem  Sinne,  toie  ed  3^^ 
©erwarb  faum  gugeftanben  (>ätle:  „S)ie  Sleformation  ift  bottenbet  in  ber  Se^e,  bie  2c^ 
unb  ba^  Setenntni^  ift  fertig.''  ^n  ber  Stellung  jur  tati^olifc^en  itirc^  tritt  bun^ 
ber  altproteftantifc^e  @egenfa(  ^erbor.  ^n  ber  Sq^rift :  äSorf^lag  )ur  SSeretntgung  k. 
S.  10  h)irb  gcrabeju  behauptet,   ba^  falfc^e  Se^re   nic^t  geringer   an^uf erlagen  fei  cB 

60  futenlofer  äSianbel.    Sc^on  im  ^al^re  1850   fprac^  aber  Söl^e  bon  ber  Slottooibigldt  b(t 


mt  681 

^ortHßmng  tnand^ev  f^mbolifc^en  Seigren,  namentlich  ber  bom  Sntte,  nad^bem  feine  eigenen 
@(^er  tn  Slntenta  ^;tm  ^onoti^mud  fird^Iid^er  SReinungen  unb  beS  Unbanfed'',  toteSdl^e 
H^  fagt,  tDegen  feiner  ^nfd^ouung  bom  Ktc^Iid^en  älmt  ftc^  bon  il^m  lo^efagt  Ij^otten. 
@t)äter  gefd^  bied  aud^  ta>egen  bed  ßl^Uia^mud,  ben  Söl^e  früher  bertoorfen,  bann  aber 
im  ^äfyct  1857  in  einer  getooltigen  ^rebigt  über  $^i  3,  7— 11  öffentlich  berfünbigt  ^atte.  6 
®an)  fc^ön  jagt  Si^^e  in  ben  lirc^Iid^en  SBriefen,  tbie  er  bon  ben  Symbolen  jur  @i^rift 
gdommen  fei  unb  gefunben  l^abe,  ba|  bie  1^1.  Sd^rift  reicher,  tiefer,  tba^rer  fei  atö  bie 
Sl^mbole^  unb  ba^  bie  Jtirc^e  ba^er  nic^t  blo|  auf  ben  Sorberen  ber  SSäter  rul^en  bürfe, 
fimbent  immer  mel^  j|u  tbac^fen  tmb  böQig  )u  tberben,  aQe  älufforberung  unb  allen 
Xnlog  babe,  bie  6c^rift  fei  lid^ter  unb  Ilarer,  billiger  unb  gerechter  ald  bad  28ort  ber  SDlenfd^en ;  lo 
2ö^  bttlaai  ftd^,  ba|  mand^e  mit  ben  f^mboUfc^en  Suchern  Slbgötterei  trieben,  unb  unterfd^eibet 
au!8brüdSi($  Setenntnid  unb  Geologie.  9{oc^  toeiter  ift  l^ierinnen  bad  ^orref^^onbenjblatt 
(1859,  ©.  23  ff.,  29  ff.,  37  ffOifgangen.  §ier  toirb  „ba«  berj^öltni^mä^ig  reinfte  Selenntni« 
ber  göttlid^en,  feligmac^enben  äBaJ^^eif'  bad  Aleinob  ber  luti^.  Itirc^e  genannt  unb  bon 
einem  2ut^ertum  gef))roc^en,  bad  bie28al^rl^eit  überall  anerlennt,  ibo  e^  fte  finbet,  unb  ®e<  16 
re^tigteit  übt  unb  3Rilbe  im  Urteil  über  anbere  5tonfefftonen,  bad  fic^  neben  ben  Unter» 
fc^eben  oud^  ber  bor^anbenen  @inigfeit,  bie  über  ben  5tonfefftonen  fte^t,  betbu^  ift  unb 
berfelben  bon  i&erjen  freut.  3"  bedagen  toar  e^  aber,  ba^  biefe  freiere  unb  ioeitere 
Xnfc^auung  in  Beurteilung  ber  anberen  Jlonfeffionen  faft  nur  ber  latl^olifc^en  llird^ie  ju« 
gute  tam  unb  nac^  biefer  @eite  über  bad  richtige  3Ra|  ^inaudfül^rte.  ^ie  im  ^ai^x^  1860  20 
erfc^enenen  „älofenmonate  ^eiliger  ^auen''  erregten  iai  größte  Sluffe^en,  jum  2:eil  aud^ 
unter  ben  nöd^ften  ^eunben  Sd^ed,  unb  riefen  fc^örfften  28iberf))ruc^  jtoeter  bebeutenber 
btt^fc^  Geologen  Ij^erbor.  Sö^e  ^at  in  biefem  SBerl,  ba$  im  einj|e(nen  Xrefflid^ed 
enthält,  im  ganjen  eine  in  ber  Airc^e  frül^  aufgelommene  3Berf«  unb  (Sntfagung^le^re  ber« 
l^lic^t,  todd^e  mit  (jroteftantifc^er  ©runbanf^auung  fid^  ))rin2i))ieQ  unb  auf  bie  Stauer» 
nic^t  berträgt.  SRan  mu^  fagen,  ba^  Si^^e  eine  äBeile  aud^  nad^  anberen  @eiten,  j.  93. 
in  ber  grage  über  bad  ©elübbe  ber  @l^e(oftgleit,  auf  einer  bebenllic^en  @d^neibe  einiger» 
ging,  allein  Sö^e  iourjelte  bon  frü^  an  unb  ftetig  fo  tief  unb  unerfc^üttert  in  ber  Se^re 
bon  ber  älec^tferttgung,  ba^  bon  einer  betou^ten  Hinneigung  }ur  lat^olifc^en  Jtirc^e  leine 
Siebe  fein  tonnte ;  er  öu^erte  offen,  ba|  bie  5tat^o(iIen  feinen  Übertritt  ertoarteten,  ba|  ao 
er  foft  alle  Sage  bon  ba  ©riefe  in  biefem  Sinne  erl^olte,  aber  ebcnfo  entfd&ieben  fagt  er 
in  hm  KrAIicIfen  ^Briefen :  ,,^d)  ^abe  leinen  Umgang  mit  9lömifc^Iat^olifc^en,  ic^  habt 
nie  einer  i^rer  Selben  beigeftimmt,  ic^  bin  gar  lein  9(nl^änger  bed  $a))tdmu^,  ic^  ^abe 
teine  etngige  ri^mifd^Iat^olifc^e  ä3efonber^eit  ju  ber  meinen  gemacht,  i^  ^änge  tote  el^ebem 
an  ben  ft^mbolifd^en  ©ä^en  unb  Seigren  ber  lut^erifdjien  Äirc^e."  Sö^e  iooBte  aber  Un«  86 
beretnbored  miteinanber  bereinigen ;  er  berfud^te,  in  einer  9lrt  9leformati^mu$,  toie  il^n 
8.  @.  £öfc^  nac^f  anberer  Seite  l^in  an  ben  ^ietiften  tabelte,  bie  ref ormatorifc^en  ©runb« 
fof^,  benen  er  bürdend  treu  bleiben  tooDte,  ju  bereichern  mit  frül^  aufgefommenen  etl^ifd^en 
Sbifc^ungen,  bie  in  i^rer  toeiteren  Jlonfequen^  gerabe  bie  Sieformation  ^erau^eforbert 
^tten.  5Da^  „Stimmung  unb  gärbung  feine«  Urteil«"  ber  römifdjien  Äird^e  gegenüber  10 
onber«  getoorben,  giebt  S5^e  ju  (bgl.  aud^  bie  iBorrebe  mm  3Rart^roIogium  bom  ^a^xt 
1868),  bie«  telo^  aber  nid^t  au^,  bafe  er  auf  ba«  Sc^ärjffte  gegen  ba«  neue  Dogma  ftd^ 
coi^adf.  Icetber  fyd  nun  aber  So^e  in  feinem  ©utac^ten  in  Sachen  ber  älbenbmal^l«^ 
gemeinfc^(1863)  ber  reformierten  Ritä^i,  bie  ber  lut^erifc^en  bod^  unenblid^  nä^er  ftel^t 
tta  bie  römifd^e,  gleid^e  ^iQigf eit  nid^t  |\uf ommen  laff en ;  er  l^at  bie  f el^  ungerechten  46 
Urteile  £ut^er«  in  bem  (leinen  Selenntni«  bom  ^I.  älbenbmal^l  l^ier  ftc^  angeeignet  unb 
Itt  3,  10  ol^e  toeitere«  auf  Slcformicrte  unb  Unierte  angcmenbet.  ©leidjitool^I  l^at  er 
md^  in  biefer  Sd^rift  feiner  frül^eren  Slnftdjit  über  SS[benbmal^l«gemeinfd{iaft  im  ©runbe 
bie  S)>t^  abaebroc^en  unb  ift  im  einzelnen,  toie  tl^atfäd^lic^  borliegt,  nocp  |\u  toeiteren 
Jtongefftonen  fortgegangen.  Sr  l^at  in  ber  Sc^meij  mit  Sieformierten  brüberlid^  berlel^rt,  eo 
tme  folc^  oud^  öfter  längere  ^txt  in  9leuenbettel«au  fxd)  aufhielten  unb  nad^^er  offen 
crBort,  er  iDürbe  jebem  gläubigen  reformierten  ^Pfarrer  feine  Äanjcl  einräumen. 

3«  einer  ber  fc^önften  Stellen  in  bem  Su^e  bon  ber  Äirc^e  l^at  Söl^e  gefagt:  „®« 
iß  aOe«  )u  ^offen,  toenn  ba«  SBort  unb  bie  Seigre  malten.  Darum  bor  aOem  um«  2Bort 
la^  un«  beten.  SSerfaffung,  Drbnung,  Siturgie  unb  3"^*  fönnen  mangeln  unb  bennod^  66 
Zaufenbe  feßg  toerben,  toenn  nur  ba«  SBort  ba  ift.  SÄmSÖäorte  liegt«  gar.  SJBir  lönnen 
e«  triebt  enttel^en."  ©etüi^  ift  Söf^c  biefem  ©runbfa^  fjjäter  nic^t  me^r  ganj  treu  ge« 
Uteben.  iKrdj^lid^e  Drganifation  toar  feine  Stäric,  er  l^at  fie  aber  auc^  oft  in  einfeitiger 
SBeife  geltenb  gemad^t.  (Sr  l^at  auf  bie  Serfaffung  oft  mcl^r  in  reformierter  al«  lut|e* 
rifc^  SBeife  Sbid^bruct  gelegt,   fd^on  in  ber  Petition  an  bie  ©eneralf^nobe  bom  ^a^re  eo 


582  es^e 

1849  gefd^a^  le^tered.  Slud^  leugnen  lä^t  ftd^  nid^t;  ba^  Söl^  im  Setgletd^^  mit  bem 
©nabenmittel  bed  äBorted;  bo^  er  in  bem  bei  aQer  Sinfad^^eit  großartigen,  t>on  tief  g^ 
funben  feelforgerKc^en  SRa^imen  jeugenben  2;ra!tat :  „3ifm  bem  göttlichen  SBorte,  old  bem 
Sichte,   bad  jum  ^eben  füi^rt  (1837)'',  ber  aud^  in^  ^onjöftfcpe  überfe^  tourbe,  fo  um 

6  t?ergleid^lid^  h)ürbigte,  f))äter  bad  @aframent  faft  über  ©eoül^r  er^ob.  ^ad  @ahament 
be^  Sltard  festen  bi^toetlen  oQe^  gu  fein,  „^a^  Sotrament  bilbet,  bod  Sdroment  er^ 
bod  ©aframent  förbert  unb  t)oDenbet  bie  ©emeinbe,  toenn  ed  erfaßt,  borgetegt,  gereicht 
unb  gebrandet  h)irb,  tote  ed  fein  foQ/' 

@ine  ganj  fu^ete,  in  fid^  gefd^loffene,   ftetige  fird^Iid^s^eologif(^  ®runbanf(^aiiung 

10  l^atte  Sö^e  nic^i  @r  toax  nie  befriebigt,  er  h)oUte  immer  beffem,  önbem  unb  erg&njen. 
3)iefer  ©runbgug  l^te  ütDa^  @^rh)ürbiged  unb  ©roßartiged,  toar  aber  bix^  auc^  äSeMou 
laffung  )u  manchem  älbgleiten  t)om  richtigen  $fabe,  um  fo  mt\)x,  aldlBö^  geneigt  tDor,  bod 
momentan  für  toal^r  ©el^altene  aü  t)on  feinem  Sebendberuf  iljim  getoiefen  angufe^  unb 
jum  @d^iboIet^  aud^  für  onbere  )u  mad^en.    S3or  allem  möd^ten  ioir  aber  \tljX  in  biefer 

15  ßigentümlid^Ieit  bad  Streben  Söl^ed  erlennen,  ftd^  ftetd  aa^  jeber  Snge  }u  5ntmemfd^ 
äBette  gu  ergeben ;  barauf  jielt  boc^  aud^  fein  28ort :  „SBenn  fünf  3Rinuten  t>ox  metnein 
Xobe  ic^  ^öre,  baß  irgenbtoo  eine  beffere  Jtirc^e  entfteljit,  aU  bie  lut^erifd^e,  berfc^retbe  üi 
mic^  fterbenb  noc^  ber  neuen  jtird^e,  nod^  fünf  SRinuten  \>t>x  meinem  Xobe.'^  9ätr  eini 
müjlen  ioir  ebenfo  beftimmt  be^au))ten,  ein  3Rann  bon  biefer,  in  feiner  Originalität  tmirs 

20  geinben  ©eneigtl^eit,  aud^  ©egenfö^lid^ed  in  fvä^  gu  t?ereinigen  ober  )u  t>erfd^ieb€nen  Seiten 
)u  t)ertreten,  ein  3Rcmn  t?on  biefem  ibealen  ^^lug  ^ötte  in  einer  beutfd^en  ober  omerib« 
nifd^en  ^eifirdjfe  feine  Stätte  nxd)i  gefunben.  £5l^e  ^ätte  fet)ariert  nur  auf  fid^  Mbcr 
ftei^en  fönnen ;  bied  ^ätte  aber  für  il^n  unb  anbere  o^ne  3^fel  ouc^  feine  befonberen 
@efal^en  gel^abt.    Slud^  in  bem  fleinen  Sö^efc^en  Jtreife  \pxad^  man  g.  9.  jur  ^6t  ber 

26  ^ofenmonate  bon  einem  brol^enben  Stiffe.  Söl^e  ift  und  gerabe  in  ber  nic^t  immer  1^ 
monifc^  gearteten  SSielgeftaltigleit  feiner  9lic^tung  unb  Slnfd^auung,  feined  Strebend  unb 
28irlend,  fo  eigentümlich  ed  lauten  mag,  ein  großer  9())oIoget  bed  Sonbedfird^tumd,  beffen 
Sd^toäc^e,  beffen  Stärle  aber  aud^  eine  getoijfe  SBeite  ift. 

3)ie  Siebe  gur  fianbedtird^e  fd^Iug  bei  S5^e  aud^  immer  toieber  überrofc^enb  bun|. 

90  S)ad  SRerttoürbigfte  ift,  baß  Sdl^e  no^l  mitten  im  brennenbfien  Jtam))fe  fein  trefflichem 
auc^:  „5Der  etKingel.  ©eiftlid^e"  (I.  »b  1852,  II.  93b  1858),  fc^eb,  in  beffen  Sortoott 
er  fagt:  „3)er@tanb))unlt,  bon  toeld^em  aud  gefd^^rieben  tourbe,  ift  tynüpi^äi^lx^  ber  einem 
2anb))fanerd  in  ber  Sanbedfirc^e'' ;  Söl^e  ^at  ^ier  tl^atfäc^Iid^  g^eigt,  baß  eine  txdßii 
ibeale  9lic^tung  ftc^  gar  tool^l  mit  bem  Stellen  auf  bem  realen  Soben  bed  Sanbedlirc^ 

86  tumd  berträgt. 

Übrigens  toar  bad  SSerl^äUnid  Söl^ed  gur  SanbedMe  feit  ber  Jtriftö  im  ^afyct  1852 
im  gangen  ein  frieblic^ed.  Söl^e  l^at  gioar  bie  ^age  ber  Sbenbma^Idgemetnfc^  noc^ 
breimal  angereat,  im  ^al^e  1853,  1857  unb  1861.  ©ein  auftreten  im^ai^  1857  toä^ 
renb  ber  burc^  bie  Liturgie  unb  anbere  Slnorbnungen   beranlaßten  Stürme  toor  unl 

40  immer  am  toenigften  berftönblic^ ;  Söl^e  tooUte  bamald  unter  SodCerung  bed  ^3<<roc^ 
berbanbed  aQe  mit  ber  SBetoegung  unmfriebenen,  il^m  gleic^geftnnten  (Elemente  bttrc^  Xuf< 
na^me  in  bie  älbenbmajj^tegemeinfd^ajrt  tirc^lic^  organifteren ;  ed  toar  eine  Strt  lin^Gc^ 
@egenagitation  gur  Slbtoel^  bed  toiberürd^lic^en  Siturgiefturmed.  ^n  ber  bamoligen  &xu 
gäbe  an  bad  Dbertonftftorium  trat  Sdl^e  fc^roffer  unb  gebieterifd^er  auf  ald  je ;  er  gog  fte 

45  aber  felbft  toieber  gurüi ;  einer  feiner  el^rtoürbigen  ^eunbe  toar  infolge  iened  @(^ntt(m 
aud  ber  ®efeDfc^aft  für  innere  SRiffton  ausgetreten.  @inen  Weiteren  @rfoIg  Rotten  biefe 
neuen  SSerfuc^e  ntc^t.  3)er  einzige  Jtonflitt  bon  Sebeutung  in  jener  ^eriobe  toar  nicj^ 
tirc^lid^  geiftlid^er,  fonbem  lird^ltcb  ftaatdgefe^lic^er  9{atur.  Sö^e  ^tte  fic^  getoetgert,  ein 
@emeinbeglieb,  bad  toegcn  böslicher  SSerlaffung  ber  ^au  red^tdträftig  gefd^ieben  tonir  unb 

60  bie  Erlaubnis  ^ur  Sffiieberbere^eli^ung  erhalten  ^atte,  toogu  Sö^e  felbft  old  SBorflanb  ber 
älrmen))fle9e  mttgetoirtt,  gu  trauen,  auc^  bad  3)imifforiale,  bamit  ein  anberer  traue,  aud^ 
gufteUen.  @d  lam  auf  biefe  SBeife  gu  einer  borüberge^enben  6ud))enfu>n  bom  Xmtt 
^ie  altenmäßige  S)arftellung  biefed  Konfliltd  finbet  ftc^  in  ^roteftantidmud  unb  itin^ 
^a^rgang  1860,  II,  @.  263  f.    3Bir  urteilen   ^ier   nid^t  über  bie  materieOe  Seite  ber 

65§rage;  auc^  na^e  greunbe  Sö^ed,  toie  g.  S3.  Dr.  SBeber,  ^aben  ahtx  fein  Serfa^  fw* 
meQ  infonelt  gefunben,  meinten  auc^,  Söl^e  ^ätte  o^ne  ©etoiffendberletong  toenig^ 
bad  3)imifforiale  audfteQen  tonnen.  3)amak  toar  ed  bad  le^te  9Ral,  baß  Wfft  bie  Sul* 
trittdfrage  emftlid^  ertoog ;  fie  tourbe  auf  einer  engeren  ^nfereng  bef^rod^ ;  nur  eine 
Stimme   foQ  bafür  getoefen  fein;    eine  anbere  aud  ber  3ßitte  ber  Se^Hnration  mo^ 

60  btingenb  ab.    9Iac^  einiger  3^^^^8  übemal^m  Söl^e  mit  einer  Selbftberleugnung,  bie 


£94e  583 

t^n  e^rt,  ba^  Smt  totebev.  93on  geringerem  Gelang  \oax  bte  Jlcliffton  toegen  äSomal^me 
einer  firanlenölung ;  ol^  bte  Sac^e  mit  ber  für  bte  ig^nblung  berfa^ten  Stturgie  beröffent« 
Kc^t  tDorben  tixtr,  unterfagie  bod  Oberlonftftorium,  getotg  mit  Stecht,  bie  toeitere  Soma^me. 
pn  @a(^  ber  Jttnberbeic^te,  einer  befonberen  ftird^enjud^torbnuitg,  toeld^e  fiöl^e  gan)  felbft« 
pnbig  eingefül^rt  fyiiU,  unb  in  fo  manchem  anberen  ift  bad  jtirc^enregiment  Söl^e,  tro^  6 
oeou^er  Sebenlen,  möglic^ft  entg^engetommen.  2Benn  h)tr  bon  ben  SSorgongen  in 
Rm^enlamil  abfe|^en,  i{i  uni^  lein  5fonßitt  mit  ber  @emeinbe  belannt,  h)o  Sö^e  beim 
ftirc^regiment  nid^t  @<i^u|  gefunben  ^ötte.  ®r  felb[t  fc^reibt  1836  an  ^ufd^Ie:  „3Reine 
Oberen  ^aben  mid^  bid^er  gefc^ü^t/'  3)ie  brei  3)elane,  unter  benen  Söl^e  ftonb,  ©lieber 
bed  Oberlonjtftoriumd  unb  5tonfiftoriumd,  toaren  Söl^ed  ))erf5nli(^e  ^eunbe,  bie  immer,  lo 
too  ed  not  iifai,  toieber  SSerftänbigung  unb  Su^letc^  ^erbeijufül^ren  fud^ten.  2Benn 
£d^  einmal  fagt:  „@^  gehört  geh)i|  aud^  jur  äBei^l^eit  berjenigen,  toeld^e  im  Slegiment 
ber  Jlir^fe  ft|en,  ben  ®eift  ber  ^ettDiUigfett  ni^ft  in  ^eln  )u  bannen,  an  benen  er 
{terben  ma^,  fonbem  i^  bielme^r  ju  toeäen  unb  i^m  bte  jur  @nttoid(elung  feiner  Straft 
nottoenbige  SBeitfd^aft  )u  (äffen,  ju  getDäl^en  unb  m  fc^ü^en'^  fo  ^at  er  bied  felbft  reic^Iic^ft  is 
erfahren.  @in  emsiger  Sefuc^  in  Sceuenbettel^u  ifonnte  bied  leieren.  @d  bilbete  mit  feinen 
Xnfiolten  eine  ecdesiola  in  ecdesia  im  fd^önften  Sinne  bed  äBorteS.  @eine  ^ol^en 
®aben  unb  äeifhtngen  tourben  ftetd  auf  bad  SereittviUigfte  anerlannt. 

5Do(^  £ö^e  barf  nid^t  nac^  biefem  ober  jenem,  fonbem  mu|  nad^  feiner  ganjen  ^er» 
fdnlid^Ieit  beurteilt  toerben.  SS[te  fold^e  toar  er  eine  ®r5^e  in  ®otted  Stetd^.  3)erfelbe  ao 
SRaim,  ber  fo  getoaltig  unb  oft  auc^  einfeitig  für  ®laube  unb  Seigre  eiferte,  toar  pgleid^ 
bon  mäd^tig  f(^5))ferif(9er  Jtraft  auf  bem  ©ebiete  barm^erjiger  Siebe,  ^uf  bie  ^[apre  bed 
6tretteiS  folgte  unmittelbar,  toie  ein  berfö^nenber  Slbfd^lu^,  bie  ^eriobe  eined  grogartigen 
@<^ffend  auf  biefem  ©ebiete. 

Übrigen^  ioar  Sd^e  fc^on  bom  ^(ä)xt  1840  an  in  le^terer  Slic^tung  tl^ätig  getoefen  26 
unb  )toar  für  ^eranbilbung  bon  geiftltc^en  Slrbeitdlräften  unter  ben  in  ^orbamenfa  eim 
aetoonberten  S)eutfdSien.  @r  grünbete  burd^  ^Bereinigung  mit  ben  au^etoanberten  f äd^ftfd^en 
Sut^anem  bie  SRiffourif^nobe,  bie  fränlifc^en  Jtolonien  in  3Rid^igan  unb  ]päUx  bie  ^fotoa^ 
ft^be.  3^^  W^^^  3Rifftond^äufer  ftel^en  je^t  in  92euenbettel^au,  in  toeld^en  künftige 
2)iener  ber  lut^erifd^en  Stirere  unter  ben  3)eutf(^en  92orbameriIad  unb  Sluftraliend  ^eran-  3o 
gebilbet  n^erben.  ^m  ^al)xt  1849  rief  Söl^e  bie  ®efellfd^ft  für  innere  SRiffton  im  Sinne 
ber  lut^fd^en  Itir^fe  ind  Seben,  toelc^e  unter  i^ren  bier  älrbeitdlreifen  ganj  befonberd 
bem  angegebenen  ^toede  bienen  toiH.  ^m  ^a^re  1853,  turj  nac^bem  ^arleg  eingetreten, 
tourbe  nun  ober  ein  SBerein  für  toeiblidSie  3)iaIonie  gegrünbet,  toelc^er  übertäubt  „@rtoed(ung 
unb  Silbung  be$  Sinnet  für  ben  3)ienft  ber  leibenben  ^enfäl^eit  in  ber  lutl^erifc^en  86 
QeböKerung  Sabemd,  namentlid^  in  bem  toeiblic^en  ^^eile  berfelben'',  ftd^  jum  Rxd^  fe^te. 
2)tefer  Serein  ift  ber  Stutterboben,  aui  toelc^em  bie  ^iafoniffen^  unb  bie  atiberen  S9[n« 
ftotoi  ^erborgingen,  mit  toelc^en  92euenbettel^u  bebedft  ift.  9lm  15.  Oltober  1854 
iDuxbe  bad  S)iaIoniffenlj|aud  eingetoei^t;  nun  enttoicfelte  fu^  aQe^  mit  ftaunen^toerter 
Sc^eSigleii  „9(uf  no^eju  140  ^gtoerten  eigenen  Seft^ed  ftel^en  jur  3^it  (1880)  40 
ocme^n  ®eb&^e,  toelc^e  bon  ^a^r  )u  ^al^r  angetoad^fen  ftnb ;  über  breipunbert  ^erfonen 
umfaßt  bie  Xnftolt^emeinbe  unb  aud  berDueue  barmherzigen  ^ienfted,  toelc^e  26\)t  l^ier 
dffnete,  ftnb  bie  Säd^lein  in  alle  Sanbe  l^inaudgefIof|en,  bid  ferne  überd  SReer.  Um  bad 
SRutterl^ud  ^er,  burd^  lieblid^e  unb  nu^reid[;e  ®artenanlagen  berbunben,  ergeben  fic^  bie 
£>Icnomiegeb&ube,  bie  Slöbenl^äufer,  bie  ^frünbe,  ber  benlic^  au^efü^rte  Setfat,  bad  46 
Settungd^uiS,  bad  SRonner^  unb  ^auen^ofbital,  ba^  ^Kagbalenium,  bie  ^nbuftriefc^ule, 
bog  geierabenb^u«,  ba«  Sleltorat"  (Sei  ©.  27).  3m  ^a^re  1865  tourbe  in  ©c|ilog 
$olfmgen  bei  Oettingen  eine  ^^liale  ber  3)iaIonijfenanftalt  in  Sleuenbettel^u,  beftel^enb 
in  ber  männlichen  Slbteilung  ber  Slöbenanftalt,  in  einem  3)iftriItdl^ofbital,  in  einem 
9lettungd^aud  unb  einer  jtleinlinberbetoal^anftalt,  gegrünbet.  £ö^e  ^at  ftd^  über  feine  60 
Srfol^tigen  bei  ®rünbung  aü  biefer  älnftalten  fo  geäußert :  „^df  lann  mic^  nic^t  rül^men, 
ein  Slod^fober  91.  ^,  ^andEed  ober  eined  anberen  ettoa  nod^  größeren  ®elbfammlerd  für 
bod  9teic^  ®otted  ^u  fein,  ^d^  toerbe  tt>ol)l  au^fagen  bürfen  urU)  muffen,  bag  meine 
SBaffer  im  SSergleid^  mit  benen  anberer  ber  ftiden  uueUe  ©iloai^  gleichen,  ober  inSBaJ^r« 
^,  ed  ift  mir  iod^  fo  biel  burc^  ®ott  gelungen,  bag  id^  e^  nic^t  )ö|^len  noc^  toägen  lann,  66 
unb  xdf  bin  iod^  auc^  eined  bon  ben  bieten  Seifbielen,  an  benen  ®ott  betoiefen  l^at,  toad 
3efu  9tutter  fogte:  ^ie  hungrigen  füllt  er  mit  ®ütem  unb  läffet  bie  9lei(^en  leer.  2lc^ 
btn  ia  lein  ftröfud  unb  überl^aubt  fein  ®elbmenfc^,  aber  bie  Unterftü^ung  bed  großen 
®otted  l^be  ic^  bennod^  oft  genug  m  fc^auett  betommen.  ^c^  möchte  jebermann  auf  bem 
SBege  ber  9arm^er}igleit  bor  Seid^tftnn  unb  Übermut  toamen,  aber  au^  feinen  }üd^tigen,  ap 


584  üfft 

ber  m  feiner  Stebe^rbett  feine  Hoffnung  unb  fein  93ertrauen  auf  ben  reid^  (Sott  gu 
fe^en  toagt.  @^  lebt  nod^  immer  ber  alte  ®ott,  ber  bie  {^ungri^en  mit  feinen  ®ütem 
füllt  unb  bie  9lei(^en  leer  lä^t/'  Unter  ben  3)iaIoniffenanftalten,  bte  ^egentoartig  befte^, 
toar  bie  bon  Söl^e  gegrünbete  bie  18.,  auf  bie  ^(ä)l  berSd^toeftem  ^tn  angefe^en,  nimmt 

6  fte  bie  britte  ober  bierte  ©teOe  ein,  ögl.  »b  IV  6.  610  ff. 

Slbgefel^en  bon  bem  reid^en  ©egen,  ber  bon  biefen  @(i^ö))fungen  au^ittg  unb  nodf 
au^el^t,  toaren  fte  infofem  ^r  Söl^e  bon  ber  größten  Sebeutung,  old  burc(  biefelben  feine 
lird^lid^^en  ^[beale  eine  annö^embe  SSertoirflid^ung  fanben  unb  fein  fd^ffenber  ®etfi  in 
il^nen   über^au))t  jur  Slu^e  lam.    3)ie  ^üUe  feiner  ®aben  lie^  er  inmitten   biefer  flm 

10  ftalten  ungel^emmt  audftrömen ;  namentltd^  erblül^te  aud^  ein  gotte^bienftlic^ed  Seben  in 
einjigartiger  ©d^önl^eit  unb  fiieblic^Ieit. 

@))rec^en  toir  nod^  bon  ber  $erf5nlid^Ieit  Söl^e^  im  engeren  Sinne,  fo  toar  bod  Sigcm 
tümlid^e  an  il^m  ber  innige  Sunb  eined  fl^ejififc^  religiöfen  2tbm^ttfpuS  mit  einer  genialen 
9{aturanlage ;  bie  5tel^eite  babon,  ba|  Sd^e  ungead^tet  feiner  au^erorbentlic^en  S^abung 

u  toeniger  aU  anbere  burd^  bie  ©d^ule  ber  Sleflecion  unb  ber  t^eologifd^en  Sermtttehmg 
l^inburc^gegangen  toar,  gab  ftd^  in  ber  ungebrochenen  5traft,  ber  frifdpen  Urf})rüngltc^eit, 
ber  Xiefe  unb  %üüt  funb,  in  ber  bie  d^riftlid^e  SBal^r^eit  fd^on  in  bem  Süngltng  ftd^ 
f))iegelte  unb  aud  i^m  oft  übertoältigenb  entgegentrat ;  jene  Segabung  Derlie^  )ugTei(^  bem, 
toad  er  fagte,  ben@tem))el  bed  Originalen  unb  bed  in  ber  $orm  SSoOenbeten.  Söl^e  eignete 

30  eine  ungetoö^nlic^e  9Rac|t  ber  Bpxai^z ;  eine  eigentümliche  $ol^eit,  ein  ebled  $at^od,  ein 
))oetifc^er  $auc^  ioar  über  bad,  toad  er  fd^rieb,  au^egoffen.  SSilmar  fagte,  fett  ®oet^ 
labe  niemanb  mel^r  ein  fo  fc^öned  3)eutfc^  gefc^eben,  ioie  Sd^e.  3Bie  fd^iön,  tote  er^ebenb 
finb  bod^  bie  SBri^e,  bie  er  fd^on  ald  junger  SSilar  fd^rieb !  Unb  toelc^  eine  Stumem 
lefe  reicher  unb  reifer  c^riftlic^er  unb  {»aftoraler  @rfal^rung   bieten  fte  in  dfterd  gerabeju 

26  Hafftfc^er  ^^orm !  ®ünbe  unb  ®nabe,  S^ec^tfertigung  unb  Heiligung  in  ec^t  etKingelifc^em 
Sunbe  ftnb  bie  9lngel))unlte,  um  toeld^e  bon  Snfang  aQe^  bei  i^m  ftc^  beioegte;  ergreif 
fenb  ift  babei  ein  tief  eleaifd^er  3ug  fc^on  in  früi^er  Sugenb,  bie  ©e^nfttc^t  nad^  bem 
etoigen  Seben,  bie  lebenbigfte  SBejiel^ung  aadf  be^Sin^elnen  unb  itleinen  auf  ben  ^Mfiim 
Seben^jtoect,  bad  unbebingte  ©iqifteDen  in  bad  fiid^t  oer  ®h?igleit. 

80  ®ro|  ift  Sa^e  al^  ^rebiger,  erjäl^lt  ju  ben  größten  beS  Sol^^unbertd.  @d  tritt  ou« 
feinen  ^rebigten  ebenfo  bie  unmittelbar  queUenbe  Straft  einer  tief  in  ®otted  SBort  eim 
getauchten  originalen  ^erfönlic^Ieit,  atö  bialettif^e  Slbrunbtmg,  erlj^abener  ©d^toung  unb 
fiturgifc^e  ^ier  entgegen.  3Rit  Stecht  ^at  fta^ni^  in  i^m  im  ®egenfa|  gu  S.  pccmi, 
ber  t)ortoiegenb  äBiue  toar,   mel^r  burc^  bie  ®nabe  bertiarte  92atur  gefunben.    &  toax 

85  betounbem^toürbig  unb  ift  aud^  bon  Jlal^nid  anerlannt,  toie  aud  biefer  geiftlid^^en  9{atu^ 
fülle,  audji  too  bie  ^rcbigt  ©ac|e  be^  SDfloment«  toar,  ber  ©trom  ber  Siebe  fii^  oft  fcvflatt» 
^tü  im  ftdjierftcn  Sette  ergofe.  Ä.  oon  Slaumer  fanb  in  feinen  5Prebigten  um  bed  Haren 
bialeftifd^en  %ln^t^  loitten  eine  S^nlid(>Ieit  mit  ©d^leiermac^er«  Sßrebigttoeife.  Urtoüc^fige 
^raft,  blül^enbe  ^l^ntafte,  ))ro))l^etifc^en  Seben^emft  atmen  feine  erften  ^omiletifd^  @r}eug< 

4oniffe:  Sieben  «ßrebigten  (1836)  unb  «ßrebigten  über  ba^  Saterunfer  (1837).  3)0«  »ollem 
betfte  bietet  er  in  feiner  ebangelicn))oftille  (1848,  bereit«  in  bierter  aufli.  erfc^ienen): 
tiefe  SSerfenlung  in  ben  lejl,  albgellärte,  ebenmäßige  gorm,  jjlaftifd^e  ©c^önl^eit,  teiltoeife, 
namentli^  in  ben  ^ftt)rebigten  ein  liturgifc^'I^V^nifc^er  Xon  geid^^nen  fte  Ott«,  ^efge^enbc 
©d[;riftau«legung,  großen  Stcic^tum  ber  SKnloenbung  bietet  bie  (5j)iftelj)oftille  (1858).  SJor» 

46  trefflidj;  fmb  auc|  bie  „ficben  Vorträge  über  bie  SBorte  3efu  am  Äreuje"  (1859,  1868  in 
2.  aufläge). 

©roß  ift  Sö^e  femer  al«  Si^tg ;  wön  l^at  mit  Siecht  t)on  einer  liturgifd^en  Stajefi&t  ge* 
fjjroc^cn,  bie  i^m  eigne ;  er  toar  ein^Dtann  be«  ®ebet«  unb  Dj)fer«:  „er  toar  eine  tmefterlid^ 
Seele,   er  fonntc  auf  ber  Sanjel  unb  auf  bem  3lltar  nidjit  toalten,    ol^e  baß  fein  iJbem 

60  au«ftrömte  ioie  eine  flamme ;  ba«  toar  leine  SKanier,  leine  angenommene  Art  bei  i^, 
e«  toar  bie  glammc  ber  ©celc,  bie  ftd^  ®ott  ojjferte  im  älmte",  fagt  S^W^^  f^  ^ 
toal^r.  Söl^e  f)aiU  auf  liturgifd^em  @ebiete  aud^  bie  au«gebreitetfte  Selel^amleit;  feine 
ägenbc  für  c^riftlic^c  ©emeinben  (1848  in  1.  aufläge,  1853  unb  1859  in  gtoeiter  f<^ 
crtoeitcrter  Sluflage    erfc^ienen)   ru^t  too^l   auf  grünblid^eren  ©tubien,   al«    irgenb  ein« 

56  anbere  be«  ^al^^rl^unbert« ;  fte  tourbe  in  ba«  ^ottentotifd^e  für  ®emeinben  am  jta))  flbci^ 
fej^t.  SRiemanb  toar  für  bie  Stturgie  fo  begeiftert  al«  er:  „id^  toeiß  ntd^t«  ^d^ere^ 
nic^t«  ©c^önere«  ju  nennen,  al«  bie  ®otte«bienftc  meine«  ß^ftu«;  ba  toerben  aOe  Äta^e 
be«  ÜJlenfc^en  einig  jur  Slnbetung,  ba  t)erllärt  [xä)  i^r  Slngeftc^t,  ba  toirb  neu  i^re  ©cflolt 
unb  Stimme,    ba  geben  fte  ®ott  bie  ©jj^re bie  ^ilige  Siturgie  in  ber  Äta^ 

60  übertrifft  aße  ^oefte  ber  SBelt"  (ei)iftel>)oftiBe  I,  S.  134).   SiJ^e  ift  für  loeitc  Äreife  «in 


£9i|e  585 

SßedCer  unb  SBieberl^erfitellev  Itturgifd^en  Sinnet  unb  liturgifc^er  Drbnung  geh)orben.  3)en 
unmitteGboT  )n:altifd^en  SBert  ber  Siturgte  überfc^ä^te  er  übrigen^  nic^t  unb  einer  gef e^lid^en 
Sßetfe  il^  Smfüi^rung  unb  xfyctd  ©ebroud^d  h)ar  er  obl^olb. 

9m  grölen  ttmr  Sd^e  ol^e  3^^H  aI^  @ee(forger;  gerobe  nad^  biefer  @ette  mu^ 
man  tl^  eine  d^oridmotifd^e  SBegabung  nac^rül^men.    6r  l^e  t)onSaud  aud  eine  feltene  6 
9Rad^t  über  bie  ©emüter ;   noc^  in  jüngeren  ^al^ren  äußerte  er  h)o|l,  ba^  er  t?or  biefer 
Stockt  bidlueilen  Jelbft  ftdp  fürd^te.    3n  feelforgerlidjiem  Umgang  toor  biefe  (Setoalt  feiner 
$erf5nli4lleit  übrigen^  mit  väterlicher  3RiIbe,   mit  ber  ®abt,  auf  bie  5)[nbibibua(ität  unb 
bod  befon^erfte  SBebürfnid  einjugel^en,  gebart.    3Bie  t)iele  f^b  in  ber  langen  ^dt  feiner 
SBidfamleit  in   92euenbettel^au  mit  ben  t)erf(^tebenften  Slnliegen  bort   ein^  unb  a\x^  lo 
gegangen   unb   ^aben  Serul^igung  unb  ^iebe   ftc^   gel^olt!    ^it  einer  9lrt  fouberöner 
SRoi^tDoIIIommenl^eit  trat  Söl^e  bidh)eilen  fd^toerftem  ^jammer  ber  @rbe  unb  auc^  ben 
bunlelften  9lad^tfeiten  bed  menfd^lic^en  Sebend  entgegen,    ^n  ber  ^ribatbeic^te,  bie  er  mit 
großer  SBeid^eit  l^bl^abte,  ^  er  für  t)iele  eine  reiche  Quelle  feelforgerlic^er  Beratung 
unb  2)röf)ung  geöffnet.    Unermüblic^   toar  er  an  Jtranlen^  unb  Sterbebetten ;   er   f elbjt  us 
fogt,   bo^   er  pier  bie  feligften  @tunben  beriebt  l^abe.    ^ie  SRac^t  bed  ®ebet^  unb  ber 
§&:bttte  burften  er  unb  anbere  babei  reic^lic^ft  eifal^ren. 

Sö^e  toar  oud^  einer  ber  bebeutenbften  firc^lid^en  Sd^riftfteDer  be^  ^al^rl^unbertd.  ^d) 

Sie  bei  60  größere  unb  Heinere  Schriften  bci^felben.  Sie  finb  aud  ben  Erfahrungen 
geiftlic^  Samten  ^erborgeivad^fen,  bienen  ))raltifd^en  SBebürfniffen  unb  ftnb  babei  faft  ao 
immer  t>tm  einem  größeren  tird^lic^-ibealen  ^intergrunb  getragen.  Slu^er  ben  bereite  ge^ 
nannten  fü^en  toir  ba$  ^au^,  Sd^ul^  unb  Kirc^enbud^  für  ßl^riften  lut^erifd^en  Selennt« 
niffed  in  brei  2^eilen  an,  tn  toeld^ed  Sö^e  unter  anberem  feine  fel^r  gefunben  latec^etifc^en 
®ntnbf&|e  niebergelegt  ^at  unb  bon  bem  er  felbft  fagt:  „^a^  ^au^bud^  ift  bie  %xud)i 
meinet  )^ebend  unb  SJeben«  im  Slmtc;  ic^  ^e  nic^t«  beffere«  na^julaffen."  ^m  ^ai^xt25 
1847  erfd^ienen  feine  Erinnerungen  aud  ber  Sleformation^efd^ic^te  t)on  Raulen,  auf 
®nmb  beren  2.  bon  Slanle  fagte,  Sö^e  jeige  Seruf  uim  §iftortfcr.  3*^^  befonber« 
f^öne,  onregenbe  unb  finnige  ©Triften  finb  oie  bon  ber  ^arml^erjigleit  unb  bon  ber  h)eibs 
lid^en  Einfalt.  Slu^erbem  rüi^ren  bon  il^m  eine  5Kenge  Ileinerer  liturgifdjier  ©d^riften, 
®ebetbü(^er,  unter  biefen  bie  hjeit  berbreiteten  „©amenlömer",  unb  Iraltate  ^er.  S)er80 
erfle  tmter  biefen  toax:  3)ina  ober  toiber  bie  ^ugenbluft.  SRan  barf  nur  biefen  einen 
Xraltat  mit  feinem  erfd^üttemben  Ernft,  feinem  Eingreifen  in  bie  tl^atföc^lic^en  SSerl^ält« 
niffe  unb  feinem  gleid(ftool^l  bon  allem  Uneblen  fernen  2^on  lefen,  um  ftd^  babon  )u 
überjeugen,  ba^  Söl^e  auc^  auf  biefem  ®ebiete  Ungetoö^nlid^ed  leiftete. 

®ro^  toar  enblid^  £5^e^  fc^ö))ferifd^ed  unb  organifatorifc^e^  Xalent ;  biefe  ®aben  36 
liegen  ja  Rar  bor  aller  Sugen.  ®ro^e  unb  immer  neue  Aonj^^tionen  begegneten  fid^  in 
i^m  mit  einem  belounbem^toürbigen  ÜberblidE  über  ba^  ®an5e  unb  ber  ^ürforge  für  bad 
Einjelne  unb  aud^  jtleine.  Son  allen  Seiten  tou^te  er  ju  lernen  unb  aufjunel^men.  9lld 
er  im  ^otel  be  3)ieu  in  S^on  toeilte,  erl^ielt  er  EinbrüdEe,  bie  p  fr^önen  3laö)^ 
j(^5)>fungen  in  9leuenbetteteau  führten,  Sieligion  unb  5tunft  Ratten  in  tl^m  einen  feltenen  4o 
^rmonifd^en  9unb  gefc^loffen.  Sein  au^erorbentlic^er  Sc^önbeitdfmn  lie^  bem,  n^a^  er 
fd^f,  ftetd  bie  eble  t^orm,  meldte  auc^  femer  Stel^enbe  angog  unb  mit  Setounberung 
etfüOte. 

3Rit  boDem  ®runb  redf^net  Aal^ni^  Söl^e  ^n  ben  großen  3Rännem  im  9leic^e  ®otted 
(3)er  innere  ®ang  be«  beutfc^en  ^roteftanti^mu«,  II,  S.  231).  ßd^e  toar  eine  firdblic^e  46 
5Perfönli4fIeit  im  großen  Stil  •  ba«  mufe  man  anerfennen,  toenn  marf  in  bielcn  35ingen 
caxdf  feine  Snfd^ung  unb  ^id^tung  ntd(^t  teilt.  Ein  fledCen»  unb  irrtumlofer  ^eiliger 
toar  £5^e  nid^t  unb  toollte  er  felbft  nid^t  fein.  Stet«  toar  e«  un«  aber  merltoürbtg,  ba^ 
m  einer  QAt,  ba  Sd^e  in  ber  ^ßolemif  gegen  ba«  ©eftel^enbe  aHjufc^r  aufging,  ber  I^o* 
lu(ff(|^  Slnjeiger  über  il^n  ftc^  äu|;erte:  „Unter  bem  |^arten  ^anjer  lut^erif^er  Ort^obo^ie  60 
f<^l&gt  bem  3Ranne  ein  boQe«  d^riftltc^e«  unb  a))oftolifcbe«  $erj.''  2)ie  geiftige  Sebeutung 
£5l^e«  lünbete  fid^  aud^  in  feiner  äußeren  Erfr^einung  an.  S)ie  mächtige  Silbung  feine« 
&aupM,  bie  auf  feinen  Steifen  too^l  auc^  ^emben  auffaDen  lonnte,  bie  l^o^e  Stirn,  ber 
Slunb  mit  bem  9lu«bru(te  großer  93eftimmtl^ett,  bie  getoaltige  Stimme  in  ben  2^agen 
fetner  Straft  —  alle«  toar  ungetoö^nlic^.  Sein  grofee«  2lnge  toar  bon  lichter  Släue  unb  66 
lonnte  fel^  berf^fieben  bliien,  fej^r  milb,  aber  auc^  burd^bol^renb.  2luf  ben  cblen  Rüatti 
feine«  3lntli|e«  lag  ein  tiefer  triebe,  ber  oft  gum  §eimtoel^  nac^  einer  anberen  SBelt  fid^ 
berllärte.  3"  großer  Selbflberleugnung  unb  2lufot)ferung  bleute  Sö^e  bem  §erm  unb 
feiner  Jtir^fe.  Sein  Vermögen  f)at  er  im  3)ienft  be«  Sleic^e«  ®otte«  geopfert.  35ie 
Summen,  bie  er  mit  feinen  litterarifc^en  Slrbeiten  berbiente,  gingen  benfelben  äÜeg.    ^i 


586  £94e  £otit 

treue  ojjfertJoBe,  btö  in  ®tnjelnfte  fi(^  crftrcdtenbe  ^mflebung  an  bie  eigene  ®emeinbe 
ftanb  gerabe  im  umgelel^rten  SSerJ^ältniffe  ju  ber  Slbneigung  gegen  bie  Sanbeätrc^,  bie 
il^n  mand^mal  übermannen  h)oQte.  3)er  ^euben  ber  @rbe  b(ü|ten  i^m  toenige.  25^ 
toar  überauiS  olücflid^  t)erl^eiratet  mit  igelene  Slnbreä  $ebenftreit  oud  ^antfurt  a.  ^ 

6  ^iefe  geiftlic^  ttef  getoei^te  @^e  h)urbe  burd^  ben  frül^en  Xob  ber  (Sotlin  ge(dfL  £ö^ 
tDurbe  ^ierburc^  eine  unfäglic^  tiefe  SBunbe  gefd^logen;  er  l^at  feiner  @atttn  in  bem 
^^Seben^lauf  einer  l^eiligen  3Ragb  @otted  aud  bem  $farrftanbe''  ein  ^enlid^  2)enhna( 
gefegt.  3m  3a^re  1857  \d)mh  2ö^e :  ,,©eit  14  ^oi^ren  ift  mir  mein  jjerfdnlic^  ®ang 
ein  trüber,   mein  irbifc^ed  Seben  eine  abgebrochene  Säule;   aber  meine  ig&Ifte   ift  in  ber 

10  ^errlic^leit  be^  $erm  unb  mir  ift  auf  meinen  Jtummer  bie  Sonne  bed  Sebend  ^^  ge^ 
ftieaen  unb  fiic^t  unb  5t(arl^eit  ift  mir  in  mand^  ®ebiet  gefallen^  bad  mir  DormaU 
näcptlic^  toar/'  Seine  an  ftd^  ftarle  ©efunb^eit  tourbe  Derl^äUnidmd^ig  frü^  gebrod^; 
bei  bem  3Range(  aQer  @r^oIung,  an  ben  er  lange  3^  T^  getoö^nt  l^tte,  ben  tndm 
Slad^ttoad^en;  barf  bied  nic^t  tounbemel^men.   Sc^on  in  Jlin^enlami^  fc^rieb  er:  „^  bin 

u  bon  frül^  3Rorgen  bid  jtoölf  ober  ein  Ul^r  in  ber  9{ad^t  bef(i[;äftigt,  borum  Uam  ic^  ba< 
|itoif4en  auc^  ettoa^  ftubieren/'  St)äter  ftiegen  feine  9lmt£;Iaften  bei  ber  Bereinigung  btf 
!ßfarramtd  mit  bem  Sleltorat  über  fämtlic^e  SKnftoIten  bon  ^afyc  ju  ^aifx,  oft  ind  ^ntmenfe. 
Sd^on  feit  Seginn  ber  fec^giger  ^(^xt  überfielen  il^n  för))erli(|ie  S^tood^^eiten ;  kDetter^ 
tourbe  er  mei^ald  bon  Sc^laganfciUen  ^eimgefuc^t ;   bie  le^en  ^af^  toacm  fe^  f^^. 

20  9lm  2.  S^nuar  1872  entfc^lief  er  im  ^eben.  ä(m  5.  3<niuar  tourbe  er  unter  einem 
enblof en  3uge  jur  @rbe  beftottet ;  SRänner  ber  SBiff enfd^aft,  geiftlid^e  unb  hoeUKc^  SBKbpbeiu 
träger  erjeigten  il^m  bie  Ie|te  @^re.  3^^  f^^^  SBort  am  ®rabe  ^e  Söfft  fÜj^  ou^ 
brüdRüd^  berbeten.    ®d  fanb  nur  eine  liturgif^e  Segräbni^feier  ftott. 

Dr.  «bp(f  eift^aii  t  («M')« 

36  Soen,  geft.  1776.  —  3qc.  SSrudfer,  Pinacotheca  scriptorum  nostra  aetate  liteiis  Ola- 

strium,  Decas  VUI.,  Augustae  Vindelicorum  1750;  3of.  ^^r.  ©trobtmann,  ^«  neue  gc* 
lehrte  (guropa,  IL  XL,  Solfenbüttel  1753,  6.  520-570;  X.  21.  1756,  6.  428-439;  3.«. 
XrlniuS,  JJrcijbenfcr-ficjlfon,  Seipjia  unb  a3cm6ur9  1759,  @.  545—575;  (3.  fB.  ö.  r>.  fipm- 
men),  Se^tr&ge  )u  ber  junftifc^en  Sitterotur  in  ben  preugifc^en  Staaten,  fünfte  Sammlung, 

80  ©crlln  1780,  @.  257—286  (S.  270  ff.  ©riefe  Socn8  au«  SBefcI  unb  ßlngcn  in  ben  Saötc« 
1761—1764) ;  3.  ®.  SDfleufel,  ficjlfon  ber  Dom  3a^rc  1750—1800  ocrftorbenen  teutfc^cn 
@*riftftcacr,  Vm.  ©b,  fieipsig  1808,  6.  324-329;  3.  VI.  fiappcnbcrg.  »Reliquien  ber 
Sröu(ein  ©ufanna  l^at^arina  uon  ^lettenberg,  ^ambura  1849,  @.  190 f.;  ®.  Sranf,  9k' 
f4i((te  ber  proteftantifc^en  S^eologie,    II.  ZI,   Seip^ig  1865,  @.  337;   ^,  .^e^ben,  SoM« 

86  fl^ic^Qel  Don  fioen,  &otthtb  ©rogo^eim :  $[rd)it)  für  granffurtd  O^ef^i^te  unb  Shinft.  9^.  g. 
III.  ©b,  gfranffurt  a.  3Ä.  1865,  @.  534-562;  ©oct^e,  3)t4tung  unb  ©a^r^it,  I,  2.  »b, 
®.«  3Bcrfe,  ^erauög.  oon  ®.  oonfioepcr,  XX.  %l  @.  69 f.  285 ff.;  SB.  Stridfer,  3.aR.t).£.: 
«b«  19.  ©b,fieipaig  1884,  @.  86  f. 

3ol^ann  ÜJlic^ael  bon  Soen,  beutfc^er  @belmann,  Staatsmann  unb  Sd^riftfhller  be^ 

40  18.  3^J^^^unbertd,  t^eologifc^  intereffant  ald  l^erborragenber  Vertreter  ber  ^itm  ber  re& 
gidfen  ^ulbung  unb  Iird^en))olitifd^en  Union  im  ß^talter  ^ebri(^  bed  @ro^en,  ift  g^ 
boren  ben  21.^ejember  1694  ju  ^anlfurt  a.  3R.,  ftammt  aber  au«  einer  nieberlänbifc^ 
^milie  t)on  altem  9(bel;  feine  3Rutter  toar  eine  geborene  $affa)Kint.  Stuf  ben  S^iulen 
)u  ^anlfurt  unb  Sirftein   (im  3f^^wrgifd{ien)  trefflid{>  borgebilbet,   begann   er  1711 

46  )u  3D^arburg  bad  Stubium  ber  9led|;te,  ftebelte  aber  fc^on  1712  nac^  ^aUe  über,  too 
S^riftian  ^omafki^  unb  @unbling  feine  Seigrer  n^aren  unb  too  er  uigleid^  ®e[^en^ 
fanb,  in  ben  freien  9Bif|enfc^aften  unb  fünften  bielfeitig  ftd^  audjububen.  !Rad^  turjer 
Sefc^äftiaung  am  Steic^Iammergerid^t  inäBe^lar  1715/16  trat  er  längere  Steifen  an  bioc^ 
Süb»  uno  9{orbbeutfc^lanb,  bie  9{teber(anbe,  Sc^toei},  ^anlreid^,  Dberitalien  tc,  Iie|  ^, 

60  nac^  älble^nung  Derf(^iebener  3(nträge  )ur  9(nfteQung  im  ^reu^ifd(ien  ober  fä(^fifc^)>o(mfd^ 
Staat^bienft,  feit  1723  in  ^anffurt  niebcr  unb  trat  mit  einer  Sc^toägerin  b^  Sta^ 
fd^ult^eilen  Xejtor,  einer  ©ro^tante  ©oet^ed  (geb.  fimb^eimer  ou^  SQieflar),  in  bie  (^ 
3m  ^ef^  eine^  großen  Vermögend,  einer  reid^en  Sibliot^el  unb  Jtunftfammhtng,  äÜ  md« 
feitig  gebilbeter  SSelt«  unb  Staatsmann,   aU   fruchtbarer  unb  freimütiger  Sc^riftßeiler, 

55  S)ic^ter  unb  ®ffa^tft  in  beutf^er,  franjöftfd^er  unb  lateinifd^er  Sprache  mad^te  er  in  ba 
litterarif^en  SSelt  toie  in  ber  ^anlfurter  ©efeUfc^aft  jiemlid^ed  9(uffe^,  bilbete  ben 
^ittelpunft  eines  jal^lreic^en,  bielfeitig  angeregten  unb  anregenben  Streifes  unb  „erbngtt 
baburd^  einen  9{amen,  ba^  er  in  bie  t?erfd^iebenen  Biegungen  unb  Stid^tungen,  bie  vn&aai 
unb  Jlird^e  t?or!amen,  einzugreifen  ben  3Rut  l^atte  (®oeli^e)'^    RaJ^lxü^t  @d(^nften  i«^ 

60  Suffä^e  iurtftif(^en,  f)olitif(^en,  gefc^ic^tUc^en,   moralifc^en,  t^logifd^  Snl^tS,  bie  ^ 


Sotit  587 

teild  anonym  ober  ))feubon^m,  teitö  mit  feinem  9lamen  l^erau^ob  unb  in  benen  er  eine 
ou^ebreitete,  toenn  and)  bilettantifc^e  ©elel^amteit,  indbefonbeve  ober  eine  feltene  ^orm« 
getomibt^,  SBelts  unb  SDRenfc^enlenntnid  jeigt;  tourben  gut  aufgenommen,  brad^ten  i^m 
tnd  SeifaQ  unb  9(nfel^en,  unb  erregten  namentlich  audS;  bie  9(ufmerlfamleit  %nebri(i^  be^ 
®To^en  unb  feinet  ©ro^anjlerd  Socceji.  tiefer  fud^te  i^n  in  breu^ifc^e  ^ienfte  )u  )ie^en.  6 
SBteberl^oIte  Slnerbietungen,  in^befonbere  bad  i^m  1747  angebotene  $rafibtum  be^  Ser» 
Itner  Dberfonftftorium«,  lel^nte  er  ab.  ate  il^m  bann  aber  fein  im  3^^^^  1750  erfd^ie* 
nened  9ud^  „^k  einjige  toa^re  Sleltgion''  2c.  (f.  u.)  unb  bie  baburd^  (veranlagten  leiben« 
f^Kiftlid^en  Streitigleiten  ben  älufent^alt  in  ^antfurt  berleibeten,  entfc^Iog  er  ftc^  jule^t 
iodf  ntkfy  im  ^afycz  1753,  bie  il^m  t)on  ^ebric^  b.  ®r.  anaebotene  Stelle  eined  ptmix»  lo 
\dj/m  ®e^eimrated  unb  9l^ierung0]E)räfibenten  ber  ©raffc^aft  Singen  unb  XeQenburg  an« 
gune^en.  Obgleich  er  fi^  l^ier  nid^t  fe^r  be^aglid^  füllte  unb  h)%enb  bed  ftebenjä^gen 
Jtrteged  tnd  S^toere^  bur<|mmac^en  l^atte,  blieb  er  bod^  bafelbft  bid  ju  feinem  ben  26.  ^uli 
1776  na4^  längerer  firctnat^Ieit  unb  jul^t  fafi  tvöDiger  @rblinbung  im  83.  £ebend]al^ 
erfolgten  SEobe.  i6 

Son  feinen  joi^Ireidjien  (im  gamen  37)  ©d^riften  l^ifiorifdfien,  äftl^etifd^en;  litterar« 
aef(^i(^tli(|^,  ^olitif^fen,  moralifc^^reltgiöfen  ^nl^altd  (u.  a.  ©efammelte  Heine  Sd^riften, 
lecoudgegeben  Don  ^.  @.  Sc^neiber,  ^antfurt  unb  2ei)))ig  1749  ff.,  4  93be ;  f^eie  ®e« 
banlen  mx  Serbefferung  ber  menfd^li^en  ©efeUfd^aft,  4  ^eile,  gfrantfurt  1746.  1747; 
ber  biboltifd^e  9toman :  S)er  reblic^e  3Rann  am  ^of e,  Überf^ungen  bon  @d^f ten  %mt»  20 
lond;  Snttourf  einer  Staat^tunft  ebenb.  1747,  moralifd^e  ©ebid^te  tc.  SSerjeid^nid  ber 
Seiften  S.'«:  Strobtmann  ebenb.  ©.  538 ff.,  §Vwmen  @.  263 ff.;  SWeufel  @.  325 ff.) 
lomnten  ^ier  nur  biejenigen  inSBetra^t,  in  benen  feine  eigentümlid^en  reKgiöfen  Slnfic^ten 
(bon  einem  ,,t]^eologifd^en  B\)\i«m"  lann  laum  bie  Stebe  fein)  ftd^  aaSl\pxtdfm.  Sein 
€tanb)mtA  ift  im  toefentlic^en  berjenige  ber  (offenbar  aud  ber  Sd^ule  be^  ^omaftud  26 
pammenben)  Sufllorung  ober  auf^jetlärten  Xoleranj  be^  18.  ^al^rl^unbertd,  nur  ba|  bei 
2oen  mit  bem  lonfeffionenen  3iwbifferenti«mu«  ein  hjarme«  unb  aufrid^tige«  ftttlid^-reli« 
gntereffe  fid^  tverbinbet,  au^  bem  feine  jebenfaDd  hvol^lgemeinten,  ioenn  aud^  utü)ral« 
SSorfd^Iäge  m  einer  aQe  d^ftlic^en  Jtirc^en  unb  Selten  umfaffenben,  bun^  bie 
€taatdomnit>oten)  berbeijufül^enben  Union  unb  9leform  l^ert)orgegangen  finb.  ao 

?|n  feiner  jo^lreic^en  unb  ioertt)oDen  SBiblioti^el,  Don  ber  er  1733/34  einen  f^fte« 
motif^en  Jtatalog  ^erau^ugeben  begann  (Bibliotheca  Loeniana  selecta),  fud^te  er  be« 
fonber^  ouc^  biejenigen  93ü$er  )u  fammeln,  „bie  Don  ben  3^ten  ber  SSöter  bid  auf  bie 
fogenannte  Itin^enDerbefferung  ^erau^etommen  finb  unb  Don  bem  n^al^^ren  Sl^riftentum 
^beln,  o^e  fid^  mit  Streitfragen  unb  SRenfc^enfa^ungen  aufjul^alten'^  ®d  toar  feine  36 
SBftdbt,  bie  älid^tung  biefer  SRänner  fortjufe^en  unb  für  bie  Sad^e  ber  Jtird^enDereinigung 
unb  für  ein  hjettl^erjige«  ßl^riftentum  ju  toirfen.  SDie«  ift  fc^on  ber  3*Dedt  feiner  erften 
S<^nft,  bie  er  unter  bem  ^feubon^m  S^riftian  ©ottlob  Don  ^eben^eim  ^erau^ab: 
(gDongelifc^  ghneben^tem))el,  nad^  9lrt  ber  erften  5tir^e  enttvorfen,  ^antfurt  1724,  8^ 
Sine  %)rtfe^ng  baDon  ift  bie  eine  lirc^lic^e  Union  jUvifd^en  Sutl^eranem  unb  Sieformierten  40 
begtaKdtnbe  Sd^rift :  igbd^ft  beben! lid^e  Urfadfien,  toarum  Sutl^erifd^e  unb  ^Reformierte  in 
^eb  unb  Sinigleit  foDen  jufammen^alten  unb  mit  einanber  einerlei  ©ottedbienft 
))flegen,  1727  tc  3)enfe(ben  Union^ebanlen  Derfolaen  bann  toeiter  nod^  bie  Sd^ften : 
Sebenten  Don  Sej)aratiften  unb  ^Bereinigung  ber  Steligionen,  granifurt  1737,  8^  unb 
8on  Sereinigung  ber  ^Proteftanten,  1748.  Unterbeffen  \)<dt^  er  mit  ben  Sd^ften  ^elon«  46 
fu^  nöl^  befd^äftigt,  Don  beffen  geiftlic^en  Schriften  er  1737/43  eine  beutf($e  Über« 
feftung  l^ou^ob  mit  Sebilation  an  ben  Jlurfürften  Don  3Rain)  unb  mit  ber  guten  91b« 
fidjit,  aud^  auf  beütfd^e  Jtatl^oliten  ju  h)ir!en.  9(u(^  n^ar  er  feit  1737  mit  bem  ©rafen 
^injenborf  befonnt  getoorben,  ber  um  jene  3«t  in  granifurt  einen  ÄreiS  um  ftdji  fammclte. 
2oen  teilte  bem  ©rafen  feine  SBebenlen  gegen  feine  Se^ren  unb  Untemelj^mungen  juerft  60 
jnnDatim  fd^ftli^  mit  unb  tvublijterte  fte  fobann  in  einer  mit  Diel  Seifall  aufaenommenen, 
m  tarieber^olten  Auflagen  erfc^ienenen  Schrift  unter  bem  Xitel :  3)er  Demünftige  ©otte^ 
bienft  nac^  ber  leidsten  Sel^rart  be^  ^eilanbed  k.,  ^anlfurt  1738,  8^  @d  werben  ^ier 
fteböi  bem  ©rafen  Dorgelegte  ^agen  nebft  beffen  au^toeid^enben  Snttoorten  mitgeteilt  unb 
boran  ein  htrjed  Sebenlen  angetnü))ft  Don  ber  (Sinfalt  bed  ©laubend  in  einem  einzigen  66 
©laubenitortila :  „ed  mu|  eine  beutlic^e,  aQgemeine  unb  aSgemeinDerftänblic^e  religiöfe 
©runbtoa^^  geben,  unb  biefe  lann  leine  anbere  fein,  atö  ber  —  nic^t  b^ftorifc^e,  fon< 
bem  lebenbioe  —  ©laube,  ba|  ^^fu^  ber  ß^rift:  baran  ift  feftjuM^en  mit  äu^fd^lufe  oller 
menfc^lid^en  SReinungen,  fiel^rfä^e,  Sffiörtertriege,  f^mbolifc^en  Sudler,  gelehrten  itritil,  anti« 
quorifc^  9Biffenfd[faft  sc,  benn  aQe  biefe  3)inge  bienen  nic^t  }ur  Sefferung  k/'  ^iefelbe  eo 


688  Soett 

UmonStbw  njicberl^olt  bann  cm  Äuffa^  in  be«  33erfaffer«  freien  ®eban{en  lur  Seffening 
ber  tttenfc^Kc^en  ©efeUfc^aft,  SCeil  I,  granifurt  1746:  „®ie  bon  ftdji  fettft  ftc^  jetgenbe 
SSeveinigtmg  bec  d^^riftlic^en  Steligion'',  toä^renb  in  bem  ,,@nttDurf  einer  Staotölunft,  ein 
Sanb  mächtig,  reid^  unb  glüdlu^    ju  mad^en,  ^anlfurt  1747'',   neben  onberen  „^rei^ 

6  l^eiten''  audb  bie  ,,®ett)ifYen^fret^eit''  em))folj|len  h)irb  „\^oö)  folc^ergeftolt,  bog  ber  Staat 
boburd^  nic^t  in  ©^aben  unb  ©efa^r  gerate''.  @inige  toeitere  tl^ologifd^e  9ruffö|e  ^e^  in 
ben  ®efammdten  Meinen  ©d^riften,  ^anlfurt  1749/52,  ).  8.  bon  ber  S^Io^,  bon 
^ffton^oratorien,  t>t>m  Sl^arc^cr  eined  ßl^riften,  SSorfc^Iag  )ur  äu^erlid^en  Steligtondbers 
einigung  2c. 

10  3)ie  $au))t{d^rift  aber,  bie  Don  Soend  3lamtn  am  meiften  betannt  gemad^t,  i^  aber 
auc^  bie  jaj^Ireic^ften  imb  l^eftigfien  Singriffe  jugejogen  fyd,  ift  bad  1750  }u  gtanifurt 
in  jtoei  Xeilen  mit  einer  ^ebilation  an  ^ebrid^  b.  ®r.  unb  ben  Sanbgrafen  bon  ßeffen 
erfcpienene  SBert:  „3)te  einuge  toal^re  Sieligion,  allgemein  in  i|ren  ®ntnbfä^, 
bertoirret  burd^  bie  3änlereien  ber  Sd^ftgelel^rten,  {erteilet  in  aUer^anb  Qdtm,  l»eretntget 

u  in  S^riflo."  ®d  erlebte  in  lurjer  ^At  brei  Auflagen,  h)urbe  in^  gfranjdfifc^  überfe^t 
(^of  1750),  unb  rief  jal^lreid^e  Entgegnungen,  aber  aud^  einige  SSerteibigungen  unb  3u< 
fttmmungen  l^erbor  (äSerjeic^nid  bei  ^riniud  a.  a.  D.  6.  558  |f.)-  3Bir  geben  eine  hirje 
älnalvfe  bed  ^au))ttoerle^.  @d  jecfollt  in  )toei  Xeile :  ber  erfte  Rubelt  bon  ber  einjigen 
toal^en  Sieligton  überl^au))t  unb  bon   ber  Übereinftimmung  il^rer  ©runbtDol^r^en;  ber 

30  jtoeite  t?on  bem  öu^erlid^en  5tird^enh)efen  unb  ben  ÜRitteln,  badfelbe  nad^  bem  @inne  bed 
(Sbangelii  jumSBeften  ber  menfd^lic^en  ©efeQfd^aft  einjurid^ten.  3)ie  nnt^re  Sldigion  befielt 
allein  im  @lauben  an  ®ott  burd^  ß^riftum  unb  m  einem  biefem  ©louben  gemä|en 
frommen  unb  tugenb^aften  äBanbel  nad^  bem  etoigen  ®efe^  ber  Siebe.  2)tefe  ®runb« 
toal^^eiten  ftnb  aDe  3Jlenfc^en  fä^ig,  ju  D^tel^en ;  au^er  biefen  lommen  aUerbin^  in  ben 

26  bl.  @d^riften,  ben  einjig  toal^ren  uno  t^oQgiltigen  Urhtnben  ber  (^ftlic^  Sieligion,  Diele 
^inge  Dor,  bie  toeit  über  bie  Segriffe  unfere^  SSerftat^ed  gelten,  toeil  fie  bie  Xtefen  ber 
®ott^eit  unb  bie  verborgenen  SBege  ber  göttlid^en  ^au^^altung  betreffen.  3)iefe  aber 
tonnen  xA^t  )u  ben  ®runbh?al^r^eiten  gerechnet  toerben;  bielmel^  ift  nid^td  ber  Steligion 
fd^äblid[;er,   aU  bad  ärgerlid^e  ®ejönl  unferer  ®eiftlic^en  über  Singe,   bie  fie  bix^  nic^ 

80  Derftel^en.  Sllle  Se^büc^er,  ®laubendformeln,  @l|^mbole,  5tonfeffionen,  Jtonforbien  unb 
ti^eologifd^en  @^fteme  gelten  nic^t  toeiter,  al^  fte  mit  ben  SBorten  ber  i^l.  Schrift  reben 
unb  mit  bem  ©inne  be«  ©Dangelii  übcreinftimmen.  3!m  übrigen  gehören  fie  unter  bie 
SDflenfc^cnfa^ungcn,  bie  toeiter  feine  3Rad^t  l^abcn,  bie  ®eh)iffen  ber  2Renfd^en  )u  binben. 
Sloc^  Diel  tventger  ift  ed  erlaubt,   jemanb  barüber  )u  Derfe^em  unb  ju  Derbammen.    2)ie 

85  einfältigen  Scbren  be«  §eilanbe«  ftnb  pm  ®lauben  genug :  foBte  i^  in  Segriffen  unb 
©(^lüf^en  mid9  inen,  fo  lann  mic^  btefer  ^rrtum  be«  SSerftanbe«  nic^t  f^^eiben  Don  ber 
Siebe  ®otte« ;  benn  ®ott  ftelj^t  allein  auf  ba«  $erj,  nid&t  auf  3Dleinungen  unb  SBiffen* 
fdjiaften ;  er  ift  fein  fo  graufamer  I^rann,  ba|  er  feine  ®efd{iö>)fe  barüber  ftrafe  unb  Der» 
bamme,  toenn  fte  unrichtig  benfen  unb  falfd[;e  Sd^lüffe  mad^en.  —  ^tne  ®runbtx>a^rl^eitm 

40  ber  ^Religion  aber  ftnb  —  toie  bie  jtoeite  unb  britte  Setra^tung  be«  erften  2WI«  jeigt  — 
ju  aßen  ^^xttti  biefelbcn  getDefcn :  in  il^nen  ftimmen  geoffenbarte  unb  natürliche  SÜeligion 
jufammen.  G^riftu^  ftiftete  feinen  neuen  ®lauben,  fonbem  fteHte  nur  bie  einjtge,  too^ 
imb  unDeränberte  Sieligion  nac^  tl^ren  etoigen  ®runbfä(en  ioieber  ^er.  Surc^ig^^vn^  ^^ 
unnüftc  Sel^rftreitigfeiten,  überftrömenbe^  Gcremonientoefen,    blinben  Sleligion^eifer  ifl  aber 

45  ba«  ß^riftentum  frül^e  in  SJcrfatt  gefommen,  obgleich  e^  ju  allen  geiten  einzelne  todftt 
ainbeter  ®otte«  gegeben  l^at,  red^tfc^affcne  unb  gotte^fürc^tige  SRänner,  bie  ben  gri*en 
unb  bie  3&ai}xi)z\i  liebten,  äuc^  bie  Sleformatoren,  obtool^l  fte  auf  ba«  toafyct  SSefen  beÄ 
ß^riftentum^  brangcn,  l^aben  feine  Bereinigung  ju  ftanbe  gebradjit,  Dielme^r  ftnb  ber 
©eften  unb  Trennungen  nod^  immer  mel^r  geworben,   aber   tro^  ber  3^Ifud^^   ber  ©e« 

50  k\)xtm,  trofe  be«  unbarmherzigen  Seftengeifte«  befte^t  bod^  bie  Äird^e  g^rifti  überall  ba, 
too  toa^re  ©laubige  ftnb,  bei  benen  Steigung  jum  grieben,  ®ifer  ber  Siebe,  Sa  totr  be» 
merfen  in  unferen  ^txtm  feinen  geringen  SSorjug  gegen  frül^er:  bie  ftnnlofen  fte|erma(^ 
reien  ^aben  ein  6nbe,  ober  boc^  i^rc  gefährliche  5Ölac^t  Derloren,  man  ^ält  nid^t«  me^  auf 
^Prebiger,  bie  Don  nic^t«  al«  ÄontroDerfen  reben,   man  lieft  bergleidjien  Südj^  mit  6fd, 

65  man  fu^t  ben  Duellen  ber  SDäa^r^eit  fic^  toieber  ju  nähern.  3llle  6^en  fmb  alfo  im 
®runbe  i^reö  ®lauben^  miteinanber  einig,  ber  gtoief^jalt  haftet  nur  an  i^  Derfc^iebenoi 
Auflegungen  unb  Sel^rbegriffen.  Xa  aber  bicfe  Derfc^iebenen  Stuäegungen  ntc^t  )u  b<n 
®runbtoa|r^eiten  gehören,  ba  Übereinftimmung  in  ben  Segriffen  unmöglich,  ober  aadf  jur 
Sereinigung  nic^t  erforberlic^,  fo  ift  nic^t  ab^ufcl^en,   toe«l^lb  man  fidf  nid^t  im  ®laubcn 

60  unb  in  ber  Siebe  in  ber  äußerlichen  Äirc^e  Dereinigen  fottte.    Son  ben  ©etfUic^  allein 


Sotit  SSner  589 

iß  ftetlid^^  eine  fold^e  Äird^enJ^ereinigung  ntd&t  )u  l^offen,  biclmel^  tji  c8  ©ac^e  ber  Stegte» 
not^,  ber  nad)  göttlichen  unb  bürgerltd^en  ®e|e$en  befteDten  ^rften  unb  Dbrigleiten;  mit 
3u)te^ung  toeifer  unb  (^riftlid^ev  3iäU,  aud^  in  Steligionefac^en  bad  äBefentlic^e  unb  3loU 
ipenbtge  ein)ufe|en,   ben  öffentlid^en  ®ottedbienft  einjurid^ten,  ben  hieben  ut  ^anblj^aben 
unb  bte  ^änlcc^m  ju  t?erbieten,  —  ja  ol^ne  toeitere  Umftanbe,  aaq  oUenfaui^  ol^ne  Sint^  5 
tDiDigung  ber  t^eologifc^en  ^lultäten,  eine  allgemeine  gebend-  unb  SSereinigtmgdKrc^e 
in  i^en  Staaten  unb  Sänbem  einzuführen.    3)er  Unterfd^ieb  unter  ben  ^roteftanten  l^ei^t 
'\a  bereite  fobiel  ol^  3lxAt^ :  fte  berl^eiraten  fic^  untereinanber,    ge^en  in  eine  5tird^;  unb 
Mm  ber  einzige  Slrtilel  bom  Sbenbma^l  nic^t  tDäre,   toürbe  biefe  SSereinigung  ber  et)an« 
«Itfd^  Itir^fe  ftd^  t?on  felbft  machen.  ®r5^er  ift  freiließ  immer  noc^  bie  Sifferen^  jtoijd^en  10 
^toteflonten  unb  Itati^olilen ;   bennoc^  l^at  S^ftud  feinen  ©amen  aud^  in  biefer  Jtird^e, 
\a  ti  giebt  befonber«  in  ^talim  unb  granftreic^  vortreffliche  Seutc,   beren   tiefe  Sinfic^t 
unb  ©del^rfamleit  in  göttUdben  S)ingen  aud^  ^Protejtanten  behjunbem  muffen.  —    SBpn 
ber  Bereinigung  im  äu^erlid^en  5tird^entoefen  IJ^anbelt  ber  2h)eite  2;eiL    ^ier  h)irb  juerft 
geteigt,  ba^   ein   äußerlicher  ©otte^bienft   über^au))t  nötig,   unb   ba^   ein  folc^er  nid^t  16 
gan}    o^ne  Seremomen   fein  fann.    Sluc^  S^riftud   l^t  tmd   %tt>at  \>tm  aQem  3^ang 
beS   ceremonteKen   @ottedbienfted  befreit,    aber   Zeremonien   über^u))t   nid^t   t^erooten; 
ober  oQed  gel^t  bei  i^  auf  ben  lebenbigen  %tmpd  @otted,  ben  intoenbigen  üRenf^en. 
SiD    man   ba^er    äußere   Zeremonien,    fo    bürfen   fie   m   feinen    falf^en   Segriffen 
Xnla|  geben,   bürfen  ben  toai^xtn  innerlid^en  3)ienft  bed  ©eifted  niAt  DertDirren.    äsor  ao 
oQem  mü^e  ba^er  bie  ^eilige  ©d[;rift,    bie  Duelle  unb  Urhtnbe  ber  dpriftlid^en  9leligion, 
in  tl^rem  älnfd^en,    i^em  eäten  ^e^t  unb  richtigen  Sludlegung  J^ergefteQt,  bie  tated^etifc^e 
£e^rart  toie  in  ber  alten  Jtirc^e  toieber  mel^r  angeh)anbt,  bogmatifc^e  unb  Jlontrot?erd« 
)n:ebigten  befeitigt,  bie  je^n  ®ebote,  ba$  SSaterunfer,  bad  af)oftoIifd^e  @Iaubendbefenntnid 
bei  ber  Untertoeifung  ju  ®runbe  gelegt,  bai^  ^rebigttoefen  berbeffert  toerben ;  bie  ^rebiger  26 
foDen  in  geifUic^en  ©eminaren  borgebilbet,  bon  ben  ©emeinben  getoöi^lt,  bon  ben  ^Iteften 
ober  bem  Itirc^enrat  beftätigt  toerben  k.    3)ie  ©alramente  ftnb  Zeremonien  unb  nid^td 
toetter ;   bie  Jtmbertaufe   ift   \päi  entftanben  unb  l^at  ju  manc^n  3)ti|bräud^en  älnla^ 
gegeben,  foDe  aber  ald  Sintoei^ung  vam  Z^riftentum  beibehalten,   nur  t?on  un))affenben 
^^en  gereinigt  toerben.     i)a^  älbenbmal^l,   über  beffen  ®ebraud^   immer   noc^  fo  so 
tnel  3^ift   unb  Sani,  h)äre   am     beften   bid    auf  eine  naivere  Übereinlunft  aud  bem 
id^en  ®ottedbienfte  )u  entfernen   unb   ber   f^eil^eit  ber  Zinjelnen  ju   überlaffen. 
tfegnung  ber  Z^en  unb  ^riefter,  freiU)iIIige  ä3eic^te,  %t\U  unb  gfetertage,  ^^irmung  unb 
)Iung  fönnen  nad^  Umftönben  beibehalten  unb  naä)  bem  ^auf^t^toedEe  be$  ®laubend  unb 
ber  ®otdeligIeit  eingeri^tet  toerben.    ^n  Slnfel^ung  bed  Hird^enregimented  mögen   nid^tss 
blo^  Sifcpöfe,  Prälaten  unb  anbere  l^o^e  SSertreter  bed  geiftlid^en  ©tanbed,  fonbem  fogar  ber 
$a))ft,  1  ofem  fie  jur  Zrl^ung  ber  3uc^t  unb  Z^re  bed  geiftltc^en  ©tanbe^  bienen,  in  il^ren 
Sürben  belaffen  toerben,  nur  ol^ne  3^<ui0dmittel  unb  toeltlic^e  Sel^errfc^ung  ber  ®eifts 
Ii(^.    älud^  bie  Z^oftgleit  toenigftend  eined  ^eile^  ber  ®eiftli(^en,  unb  fold^e  Jtlöfter, 
bie  )um  Seften  ber  ilirc^e,  jur  Sugenbunterrid[;tung,  Slrmen»  unb  5tranlen))flege,  auc^  jur  10 
®elegen]^eit  eined  ftiQen,  befc^auli^^en  Sebend  bienen,  foQen  beibel^alten  unb  neuerric^tet 
tDcrben,  nur  o^ne  lebenslänglichem  ®elübbe  tc.    2$or  allem  aber  toäre  Rieben,  Zinigfeit 
unb  d^riftli^e  Xoleran)  forgfältig  ju  unterl^alten  unb  barauf  ju  fe^en,   baß  baS  toal^e 
Äeic^  Zi^ifti   fortgepflanzt,    erneuert  unb  feftgegrünbet  toerbc.  —    So  mifc^en  fic^  in 
btefem  merltoürbigen,  bamalS  t)ielbef))rod^enen,  nac^^er  faft  t)ergeffenen  Su^e  aufflärerifc^e  46 
®ebanlen  mit  latlj^olifc^sl^ierarc^tfc^cn,  rattonaliftifd[;e  mit  ))iettftifd^en  }u  bem  fc^önen  Xraum« 
bilbe  einer  einigen  unb  allgemeinen   c^riftlic^en  Airc^e,  eines  „^ebenStem))etö,   toorin  bie 
Giften  aller  ycationen  unb  Konfefftonen  i^re  Sobgefänge,  Si^er  unb  ®ebete  in  ^eiliger 
«nbad^t  unb  Siebe  bereinigen  follen".  S9Sageninann  t  (Zart  SRtrbt). 

sauer,  Äafl^ar,  gcft.  1546.  —  Zafp.  SönerS  S8ricf6u4,  mitgct.  0.  D.  Snb.  Znber«  w 
in  ©ctträgc  jur  ba^erifctjcn  Äirc^engefcijicijte,  ^etauSgcg.  0.  ilolbe,  ©b  I— III,  Zrlangcn  1895 
bi«  1897;  Philippi  Melanthonis  Epistolae  in  CR  ed.  «retfdjneibcr,  Vol.  V,  @.  162f.,  182f., 
231,  238,  281,  i534,  339,  347.  Vol  VI,  @.  24,  34 f.;  fiutfter«  ©tiefe  gef.  oon  3)c  ©ctte, 
4.  Seil,  6.  263  f.,  5.2.,  ©.203.206;  fiutt)er«  öriefioecftfel,  öerauögeg.  oon  ©urf^arbt, 
Sclpjig  1866,  ©.  330;  3oiua  fioner,  Methodicae  Dispositiones,  Zrfurt  1586,  ©orrebc;  ?Bib.  65 
mann,  Ordo  eorum  etc.  1592,  ^anuffr.  ber  Äirdjenblbl.  in  $of;  bcrjclbc,  Libellus  continens 
antiphoDa  u.  f.  to.,  ^of  1605;  berf.,  Z^ronif  ber  6tQbt  ©of,  l^erauSaeg.  o.  Z^r.  SKe^cr, 
^o^enjoflerifdic  gorWungcn,  II.  3at)rgang,  SDUindjen  1893,  ©.  125 ff.,  230,  237,  239,  242 ff.; 
Secfenborf,  Historia  Lutheranismi,  granff.  unb  Seipjig  1692,  I,  241,  III,  186,  219,  221; 
^olp,  (S^rünblic^er  ©eric^t  oon  bem  alten  ^uftanb  unb  erfolgter  8f{e|ormation  ber  i^trc^en  in  6Q 


590  satter 

be«  61.  iReic^S  @tQbt  9}örblingen,  i^örbünaen  1738.8.  74 ff.;  ®.  9R.  @(6ttiaer,  ^er  ftircten' 
Sibliot^el  iu  i^euftobt  o.  b.  ^tf4  sn'eite  ftnaeige  @.  3—14,  britte  ^(naeige  8.  3—23,  9{eu* 
ftabt  1783  unb  1784;  ®.  ®.  «.  gifcnfc^er,  öJclc^rtc«  fjürftcntum  »oireut,  V,  8.305—316. 
9{ürnbera  1808;    IRotermunb  (^belung).  gfortfe^uitg  ^u  Söc^erd  aQg.  ®eIe(rteii«Sc;ico  III, 

6  1038 f..  S>eIinen6orft  (©reinen)  1810;  Sacfcrnogel,  ^a8  beutfcfte  Äircftenlieb,  Qcipiiq  1864  ff., 
I,  386ff..  892,  408f..  421  f.  III,  618-643;  berf..  ©ibItograpDie  gur  ®ef(6.  bed  beutf^en 
ftirc^enliebd,  gfranff.  1855.  8.  96,  449,  452:  3Rat)er.  ^ie  8tabt  9^örblingen,  9}5rblingen 
1876.  8.  249f.;  ©ert^eau  in  «b©  ©b  19,  8.  152ff.,  Seip^ig  1884;  »ubbe.  $aul  8^ram8 
ofö  Sicberblditer  in  ßcltfc^r.  f.  proft.  X^cologie  XIV  (1892),  1-12;  9licft.  ©^mibt,  fiöner. 

10  Seben  unb  8(6ri jten,  ^onuffr.,  (Eigentum  bed  firc^en^ift.  8eminard  )U  Erlangen ;  ftatDerau, 
fiiturgif^e  8tubien  ju  fiut^erd  Xaufbüdilein  Don  1523  in  fiut^arbtd  S^r  Seip|i((  1889, 
8.  467  ff.,  519—525;  ©e^er,  ^ie  ^^örblinger  ev.  ßir^enorbnungen  bed  1 6.  ga^r^.,  Wunden 
1896,  8.  23—38,  45 ff.;  berf.,  ^ie  ^ofer  (Sefongbüc^er  bed  16.  unb  17.  ^a^r^.  in  IBeitTfige 
JUT  ba^cr.  Älrc^engefdii^tc,  ^«gb.  o.  Äolbe,  ©b  IV,  8.  63—94.  102—123,  ührlonpcn  1898; 

15  SiPöfter  unb  ^Ibrec^t.  ^te  iRaumburger  !^ird)en«  unb  84uIorbnung  t)on  ^.  9{ic.  SOfebler  au8 
bem  Sa^re  1537  in  9{eue  3RitteiIungen  bed  S6ÜTingifd)«8fic6f.  ©ereind,  ©b  XIX,  ^ft  4, 
$aae1898,  m^n  ^u  Dgl.  9(Ibred)t,  (Sin  btd^er  unbeac^teted  fiiebSut^erd,  2:68t5ri89d,  3.^t, 
unb  bie  ^rtifel  Don  ®et)er  unb  9(Ibre4t  in  8tona  1898,  ^eft  3  unb  4.  ^onatf^rift  für 
®otteSbienft  unb  fircftl.  ftunft  1898  8.  57 ff.  81  ff.,  139 ff. ^  220 ff.,  333 ff.;  «oftr«,  3>ic  eoan. 

20  geltfdjen  ^atec^idmudoerfuc^e  Dor  i^ut^erd  ^nd)iribion,  MoDum.  Germ.  Paedagog.  9b  XXII. 
8.  463-480,  ©erlin  1901;  ^offmann.  9{aumburg  o.  8.  im  geitalter  b.  Sl^efonnatioit,  2ei|)|. 
1901,  8.  134  unb  139;  ^e^er.  «ud  ber  Steformotiondgefc^i^te  9^örblinaend,  9{5rbUngeii 
1901,  8.  18-23. 

Jtafpar  Söner  ift  eine  originelle  unb  Iraftt)otIe  ^erfönltd^Iett  ber  Steformotumdgeit  unb 

26  ein  bebeutenber  Steberbi6ter.  Über  feine  Igugenb  bringt  Sd^mjer  (a.  o.  O.  II,  4  ff.) 
3lad^xxAttn,  für  bie  er  fiep  auf  Urtunben  ber  SReuftabter  Superintenbentur^Slegiflratur  be« 
ruft,  tamdf  ift  er  1493  in  maxti  (Srlbad^  (Sa^reut^er  Unterlanb)  ate  Sftrgerdfo^ 
geboren,  ^m  JUofter  ^eil^bronn  borgebilbet  befuc^te  er,  bom  älbt  D.  Sebdib  Sombecger 
mit  einem  Stipenbium  bebad^t,  bie  Uniberfitdt  @rfurt,  in  beren  SRotrilel  fxdf  fein  92mne 

ao  (Caspar  Lener  de  Margkerbach)  unter  ben  solventes  totum  bed  S.S.  1508 
(äBeipenbom,  ällten  ber  Erfurter  Uniberfttät  II,  1884,  6.  257).  2)ie  fernere  STjäblung 
Sd^nijer^,  ba^  £.  )ule^t  einlgal^r  in  Sittenberg  ftubiert,  unb  burd^  ben3:ob  feinet  ffio^t 
t^äterd  Samberaer  (9.  ^uli  1518)  genötigt,  in  bie^eimat  ^urüd^ide^ren,  ben  n<u^  Sbig^ 
bürg  reifenben  ^ut^er  über  (Sulmbad^  big  9tümberg  begleitet  ^obe,  la^t  fi((  ni^t  queOen^ 

86mäfig  belegen,  infonber^eit  \t^t  £.$  9tame  in  ber  Sittenberger  SRatriM  biefer  ^ÜL 
S(ug  Dem  Seinamen  „ber  ©d^üler'',  ber£.bamald  beigelegt  toar,  borf  man  laum  fc^Ii« 
bag  er  gerabe  Sut^erd  Sd^üler  mü^e  getoefen  fein  (Sc^nijer  II,  5).  2)agegen  befte^t 
lein  ®runb,  feine  nad^  Sd^nijer  1520  erfolgte  SlnfteQung  atö  $farrbilariud  unb  gtü^ 
meffer  in  9lef{elbad^,  alg  ber  er  ^ugleic^  bag  eifterjienferflofter  Sirtenfelb  bei  9leufiabtan 

40  ber  älifc^  ^u  jpaftorieren  ^otte,  )u  be^toeifeln.  9(u(9  ba^  er  ^ier  bereite  im  Sinne  ber 
äBittenberger  Steformation,  toenn  auc^  mit  Se^utfamfeit,  t^ätig  getoefen  fei,  inbem  er  Xaufe 
unb  älbenbma^l  beutfc^  ^idt  unb  beutfc^en  (Sefang  einführte,  ift  3um  minbeften  ^tnftc^tli^ 
beg  erften  $unlteg  tool^l  glaublich ;  benn  bie  beiben  Ionferbatit)en  9{a(^al^mungen  bed  Zauf' 
büdl^leing  Sut^erd  „Orbnung  ber  ^uff  nad^  toir^burgifd^er  Slubriden  bon  toort   ju  toort 

46  berteutfc^f'  unb  .„Orbnung  ber  ^uff  nad^  Sambergifc^er  Siubritfen  bon  ft)ort  )u  toort 
berteutfc^t''  (nid^t  bor  1523  berfagt)  toerben  mit  großer  äBa^rfd^einlid^teit  Soner  juge« 
fc^rieben ;  Sd^nher  bezeugt  au^brüdlic^,  bag  bad  i^^^  genannte  toa^rfc^lic^  aber  jüngere 
Formular  mit  Sonera  92amen  in  ber  9leuftabter  ^ird^enbibliot^el  aufbema^rt  ft)urbe  (II,  7 ; 
bgl.  namentlich  ßatoerau  a.  a.  0.  @.  467  ff.  9lbbrutf  bed  ^fbüd^leind,  bon   bem  ^ 

60  ein  @|em))lar,  aber  ol^^ne  Sönerd  9{ame,  auc^  in  ber  9teuftabter  Äird^enbibL  ftnbet,  o.  o.  0. 
S.  519—525).  3Rarfgraf  ^ebric^  bon  SSranbenburg,  ßaftmir«  unb  ®eorgd  jungem 
93ruber,  3)om^ro})ft  in  SBürjburg  unb  Bamberg,  toar  ber  ^ßfrünbein^aber  ber  ?Pfarrei  3lef[el» 
bad^.  3)iefer  berfcftte  1524  feinen  SBilariu«  na^  $of,  too  ber  $ro})ft  bie  Pfarre  St  SDKcJiad 
innehatte.    Sd^ni^er  berichtet  (II,  8),  bag  ben  älnla^  ^ierju  eine  SSifttotion   bed  JUofiad 

66  Sirlenfelb  burd^  ben  W>t  ^o^ann  Sauterbad^  in  Qbxad)  gegeben  ^abe,  ber  auf  (Entfernung 
bed  ebangelifd^  geftnnten  3)tanned  gebrungen  ^abe.  älQem  bei  ber  reformotiondfetnblu^ 
©efwnung  be«  3Rarfgrafen  griebrid^  (Äolbe,  änbrea«  ältlj^amer,  erlangen  1895,  S.  66  u,  71) 
ift  nid^t  an^une^men,  bag  biefer  einen  ^riefter,  ben  er  aU  3lnl(Kinger  Sut^er^  erlamü,  an 
einen  fo  totd^tigen  Soften  beförbert  ^ätte.  Salb  genug  aUerbingd  fo^  er,  ^u  toeb^  Rottet 

60  Si^ner  gehörte.  Unb  nun,  al^  beffen  reformatnrif^e  ©efmnung  aud  feinen  ^rebiaten  offen* 
{unbig  getoorben  toar,  beeilte  er  fic^,  ü^n  bon  ber  HRic^ael^Iird^e  in  $of  ^u  entfernen  (bie 
Xrabition  übertrug,  toad  ^ebric^  t^at,  auf  ben  Samberger  Sifd^of  (SBibmonnd  (SfymvXt, 


Sdner  591 

@.  280),  obtoo^I  er  ftd^  gerabe  bamald  in  bem  unrul^tgen  ^abre  1525  ol^  eine  @tü^e 
bet  Otbnung  in  ber  burc^  ben  Stoxiavitt  $ro))^eten  Stord^  aufgeregten  Sürgerfd^ft  bt^ 
toa^e.  @inige  3^  t)rebigte  £öner  noc^  in  ber  JKofterfird^e  ber  ^an^idtaner,  imter  benen 
t9,  ta)ie  faft  allerorten,  ^eunbe  ber  ebangelifd^en  Se^re  gab,  bann  aber  mu^te  er  „hnxd^ 
^£^nnet  gejtoungen  tpiber  2BiQen''  $of  berlaffen  (^rief  an  9lb.  SBeig  in  Srail^^eim  b.  6 
14.  gonuar  1527  au«  SWarlt  drlbac^.  I^eol.  ©tubien  au«  SSBürttemberg  1883,  ©.32). 
(Sr  tmmbte  ftd^  nad^  SBittenberg;  bie  SRatrtfel  t)om  ©.©.  1526  enthält  feinen  SRamen 
görftemonn,  Alb.  Acad.  Viteberg.  1841,  ®.  128).  ©ein  äufent^alt  in  ber  $eimat 
Starft^Srlbad^  Januar  1527  fd^eint  borüberge^enb  getpefen  ju  fein.  @r  fyittt  tpieber  ein 
ätmt  erholten  unb  )tt>ar  in  Oel«ni|.  2)a^  er  bort  nic^t  nur  einen  3ufIud^t«ort  gefunben  lo 
1^,  toie  bie  trabitioneOe  @r)ä^(ung  berichtet,  gelS^t  barau«  ^erbor,  ba^  i^n  bie  Oel«ni|er 
fi)ät«r^in  oI«  i^ren  „früheren  $rebiger"  toid)er  begel^en  (6nber«  a.  a.  D.  5Rr.  1).  3)od^ 
toax  biefe  Oel^ni^er  äBirIfamleit  bon  turjer  2)auer.  ^it  bem  2^obe  be«  SOtarügrafen 
Softmir  (21.  @e))t.  1527)  ^atte  ftd^  bie  lird^en^^olitifd^e  Sage  in  ben  Sranbenburgifd^en 
gürftentümem  burc^au«  geönbert.  HRarlgraf  ®eorg  ermögli^te  um  bie  9Benbe  ber  ^o^e  15 
1527  unb  1528  (©treitberger,  Oratio  inauguralis  1548  ©.  30:  toto  quadriennio 
hanc  ecclesiam  gubernavit)  auf  bie  Sitte  ber  $öfer  ©emeinbe  Sdnem  bie  SiücKe^ 
an  bie  3Rid^eI«{ir^e  in  $of.  $ier  en^altete  nun  Sner,  unterftü^t  bon  9tiIolau«  SRebler 
(f.  b.  St.),  eine  großartige  äBirIfamleit,  inbem  er  nic^t  nur  auf  aOgemeine  Krd^lic^e  3Ra|« 
regeln  @influ^  erhielt  (SorfteQung  toegen  ber  Sefam))fung  ber  äBiebertäufer,  bgl.  bon  ber  20 
2tt^,  griäuterung  ber  Stef.^^iftorie,  ©d^toabad^  1733,  ©.  231),  fonbem  bor  allem  in$of 
felbft  ben  ebangelifd^en  ®otte«bienft  einfül[frte  (5.  ©ept.  1529  erfte  beutfc^e  3)lef[e  bei 
@t.  3R\ä^d,  3Bibmann  a.  a.  O.  ®.  237)  unb  feiner  ©emeinbe  eine  ®otte«bienftorbnung, 
ein  ®efangbu^  imD  einen  Jtated^idmu«  gab.  2)ie  $ofer  ®otte«bienftorbnung  „Sanon  ober 
Slubrica  aUer  Jltrc^en^Orbnung  oQ^ie  utm  $of  )u  ©t.  HRid^ael,  angefangen  im  29  ^a^re  25 
ber  minberen  ^dfi,  burd^  3R.  Qo^pax  Sö^ner.  3)itfc))t.  in  4'',  bi«  in  bie  ^{eugeit  erhalten 
(^frec^t,  Uiber  bie  $öfer  ©c(^u(bibIiot^ef  1795  ff.,  ©.  47)  aber  ie^t  unaufftnbbar,  ift  in 
i^en  ®runb)ügen  unb  bieten  Singel^eiten  au«  2Bibmann«Ordo  1592  (eine  $robebaraud 
in  Siona  XXII,  $eft  12,  1897,  bgl.  aud^  ^ibmann«  Libellus  continens  antiph. 
u.  f.  to.  nebft  Ofücia  Missae,  $of  1605)  )u  erlennen  unb  offenbar  ba«  SSorbilb  bon  ao 
SRmer«  9laumburger  5lird^enorbnung  1537/38  getoefen.  Söner«  anbertoärt«  bejeugte 
gfteube  an  Seremonien  (CR  V,  347)  unb  SBorliebe  für  bie  Bpxad^m  (®e^er,  S)ie  5KörbI. 
et>.  Jttrd^enorbnungen  ©.  27),  be«gteid^en  ba«  Seftreben,  biete  ®otte«bienfte  eimurid^ten 
unb  jlofuol^blungen  in  bie  ®otte«bienfte  ein^ugliebem,  treten  ^ier  bereit«  beutliql  l)ttt>ox. 
dm  (S^oItenfHfum  ift  bie  ©teQung  be«  Confiteor  unb  ber  älbfolution  nad^  bem  ^jn«  86 
troitu«,  bieQeid^t  in  Slnlei^nung  an  3)öber«  HReffe  (©menb,  3)ie  eb.  beutfc^en  3)lef[en, 
©dttingen  1896,  ©.  163  f.).  ©0  felbftftänbig  toie  in  ber  ®eftaltung  ber  ®otte«bienft« 
orbmtng  ging  £.  bei  ber  älbfaffung  feine«  ®efangbud^e«  bor.  @r  lann  hierin  nur  mit 
Sut^er  Dergli^fen  toerben,  inbem  er  feiner  ®emeinbe  eine  aQe  Sebürfniffe  benkfftc^tigenbe 
Sammlung  bon  fremben  unb  eigenen  Siebem  barbot  (bgl.  namentlid^  Subbe  a.  a.  O.).  40 
@(^on  1527  tooren  o^ne  SIennung  be«  Sierfaffer«  26  Sönerfc^e  Sieber  im  3)ru(I  erfd^ienen 
unter  bem  Xitel  „®an|  netoe  ge^ftlic^e  teütfd^e  $^mnu«  bnb  gefang''  u.  f.  h).  Sm  Snbe : 
ffSobft  ®utbted^t",  bie  mit  einer  einzigen  Si[u«na(;me  al«balb  in  itönig«berg  nac^ebrudt 
tmtrben  (Selege  f.  bei  äBademagel  a.  a.  0.)  unb  bon  benen  toieber  11  in  bie  SRigaifd^e 
Xin^orbnung  1530  aufgenommen  tourben.  2)ag  nic^t  $aul  ©))eratu«,  fonbem  Söner46 
beren  Serfaffer  ift,  fte^t  feft  (bgl.  namentlid^  Subbe  a.  a.  0.).  ti^t  legte  Söner,  untere 
ftä^  bun^  9Rebler,  eine  offenbar  giemlic^j  umfangreid^e  Sieberfammlung  an,  au«  ber  no^ 
\päx  (1561  burd^  ©treitberger.  ®e^er,  2)ie  $ofer  ®efangbüc^er  a,a.D.  ©.70  ff.)  einzelne 
bt«ber  ungebrudte  Sdnerfd^e  Sieber  beröffentlid^t  toerben  tonnten,  fo  ba^  fu^  bie  3<^t  ber 
bid^er  mit  ©ic^^eit  i^m  3ugefc^riebenen  37  Sieber  um  einige  9{ummem  er^ö^t.  9(ud^  60 
ber  ilated^i«mu«,  ber  unter  bem  Xitel  „SSnterrid^t  be«  glauben«  ober  Sl^riftlid^er  Ünber^ 
uu^t  in.  LXXII.  %:agen  bnb  Slnttoortt  berfaft.  ®ebrucft  ^u  Slürmberg  burc^  ^beric^en 
$e)^)nä''  im  2)ru(!  erfc^ien  unb  3lt)ril/aJlai  1529  berfaft  toorben  toor  (So^  a.  a.  0. 
@.  463  ff.),  jeugt  tro|  ber  älnle^nung  an  Sllt^amer«  Äate(^i«mu«  unb  Sut^er«  frühere 
UdtdftA^d^  @d(;riften  bon  ^eube  an  felbftftänbiger  ®eftaltung.  2)a|  S.  Anteil  genommen  66 
^  an  ben  Ser^anblungen  über  bie  Sranbenburgifc^^^tümbergifd^e  Jtirc^enorbnung  erfahren 
tDtr  ou«  ber  @u))))liIatton  ber  obergebirgifc^en  Pfarrer  bom  4.tl^ruar  1531  ($eerft)agen, 
®ef(^.  ber  Sulmbac^.  ®eiftlic^Ieit,  ßulmba^  1773/77,  ©.  13;  ©einiger  III,  ©.  3f.)unb 
buri^  93ren),  beffen  ^eunbfc^aft  mit  S.  bon  bem  3ufammen{ein  in  9[n«ba(^  (8.  ^bruar 
1631)  batiert  (©nber«  a,  a.  D.  5Wr.  14;  CR  V,  368,  bgl.  SBeftermaver,  S)ie  SJranbenb.«  eo 


592  sauer 

9{ümb.^Jttr(l^em)irttatton  1894,   @.  82).    Sönet  1^  bomold  bte  eBen  on^efü^rte,  hxsdf 

Snf einbungen  ber  obetdebirgifd^en  et).  $rebtger  beronlo^te,  Sittfd^rift  um  @$u|  an  3RaA 

graf  ®eorg  übergeben.    äUIein  bie^etnbfeligtetten  em^^reid^er  3Räitner  bouerten  fort, 

namentlich  ^atte  £öner  unter  ben  SSebrüdungen  burd^  ben  $ofer  i^u))tmann  S^rtflo))^ 

6  b.  SeuItPt^  2U  leiben  (über  i^n  bgl.  Sang,  9{euere  ®efd^.  bed  ^rjlent  Saireutl^,  ®5ttbtgen 

1798  I,  80.  164.  175.    II,  2.  45.  62.  65.  75.  77.  109.  123).    dnbe  3Rai   loar  feine 

Sage  fd^on  unerträglich^  fSrief  be$  äBunrtebler  SObinud  bom  26.9Rat  bei@<^t)er  in,6U 

unb  ed   ifi  tpo^l  nur  Sut^erd  3uf))ru4   jujufc^reiben  (7.  Sunt,  2)e  äBette  IV,  263  f.), 

ba^  er  unD  HRebler  bem  ,,tt>ütenben  ©atan''  nic|t  freiwillig  toic^en.    Xm  13.  ^^  1531 

10  tpurben  fie,  tt>eil  fte  bad  $a))fttum  gar  3U  heftig  angegriffen  unb  boburc^  bm  Sonbe^ 

fürften  allerlei  Ungemac^  bereitet  Rotten,  au^  ber  @tabt  bertt)iefen  (SBibmomtd  S^^nmil 

6.  243).    3Ran  toirb  annehmen  müf[en,  ba^  Sönerd  energifc^ed  äluftreten  (über  feine 

$eftig!eit  bgl.  CR  V,  334,  339,  347  f.,   368  f.,  »ur!^bt  a.  a.  D.),  ba«  p^   in  ®e* 

n>iffendfad^en  burd^  teine  Stüctfid^ten   ^emmen  lie^,   gur  SSerfd^ärfung  bed  Stonflmd  beige^ 

16  tragen  ^at,  allein  berftänblic^  n>irb  ba^  SSorge^en  bed  3eultt>i|  nur,  n>enn  man  bed  9tot 

grofen  ^ebrid^  $anb  babei  im  @))iele  fte^t,  eine  SSermutung,  bie  burd^  bod  unmittdboc 

nad^^er  bon  ®eorg  biefem  gegenüber  an  ben  %aa  gelegte  ^Ki^trauen  in  Sleligtondfac^ 

(Snftrultion  bom  26.  äluguft  1531,  Sang  a.  a.  D.  II,  59)  geftü^t  tpirb.    Sdner  mu^ 

bie  SSertreibung  au^  $of  um  fo  fc^merjlid^er  em))finben,  al^  er  fi^  bort  mit  ber  XoAter 

20  be^  Sürgermeifterd  Jtonrab  geiltfc^er,  3Rargareta  (@nbecd  a.  a.  O.  9tr.  57),   einer  Sec^ 

toanbten  HReblerd,  ber  ein  gebomer  $ofer  toar,  bere^elid^t  ^atte  unb  er  ie|t  feine  %tou, 

bie  2B5c^nerin  n>ar,  berlaffen  mu^te  (äBibmann  a.  a.  O.  243).    äBä^renb  SRebler  not^ 

äBittenberg  ging,  toanbte  ftd^  Söner  nad^  Detöni^,  too  er  anfangt  mit  ^au  unb  Jlinbem 

in  %>t  toax  (^ef  an  ällt^amer  bom  10.  Sluguft,  ©c^nijer  III,  9  unb  ftolbe,  SQt^mer 

25  @.  121),  balb  aber  auf  bie  bon  HReland^t^on  befüm)orteten  Sitten  ber  ©emeinbe  bie 

^farrftelle  erhielt  (@nberd  a.  a.  D.  3lx.  1).    ^n  bie  Oel^ni^er  Reit  fällt  bie  2)rudHegun9 

be^  20  feiner  Sieber  (barunter  brei  neue)  entbaltenben  ®efangbu$d  „®eifUi^e  gefong,  aud 

l(^eiliger  ©d^fft  mit  bleid  ju  famen  gebrad^t,  ^nb  auffd  neto  ju  gerieft.  äBittemberg.  1538 

(SSatfemagel,  itirc^enlteb  I,  408  f.).    ältö  1539  bie  Sieformation  bed  ^erjogtumd  ©ac^en 

so  burc^gefü^rt  tourbe,  ))rebigte  Söner  gafttoeife   in  Sei^gig  (Srief  bed  ^onad  bom  7.  guni 

bei  ©eclenborff  a.  a.  O.  III,  @.  221),  feine  Berufung  bort^in  tourbe  aber  auf   eine  i^n 

tief  Eränienbe  äBeife  ruf  gängig  gemad^t  (@))alatin  an  Sut^er  unb  ^onad  bom  19.  €e))t 

1539;  Surl^arbt,  Srieftoec^fel  ©.  330).    2)ie  trabitionette  dr^ä^lung  bon  einer  Seit)aiflcr 

äBirffamleit  Sönerd  (noc^   bei  93ert^eau  a.  a.  0.  ©.  153)   ift  unhaltbar  (Sonera  60^ 

85  ^ofua  in  Method.  Dispos.  a.  a.  0. :    „Praefuit   autem    ecclesiis  Guriensi   Naris- 

corum  et  Oelsnicensi,  postea  Cathedrali  Numbergensi  ac  tandem  Nordlingensi 

in  Suevia."    25gl.  auc^^  CR  V,  162 ;  2)ol))  a.  a.  0.  «eilage  XL VIII  unb  nomenüic^ 

§offmann  a.  a.  D.  ©.  134  änm.  2).    3"^  Unmut  backte  er  baran,  fic^  bom  ^rAigt* 

amt  gänjlid^  jurütf^u^iel^en,  bie  Berufung   nad^  Ofd^a^  lehnte  er  ab  (2)e  3Bette  V,  203. 

40  206 ;  Surt^arbt  a.  a.  0.),  na^tn  aber  einige  ^abre  f))äter  bie  $rebtgerfteOe  am  3lawn^ 

burger  3)om   an,    too    er  feit  Oftem  1542   n>irfenb  (©(^reiben  SReblerd  an  Stm&orf  bom 

14.  3)iärj,  $offmann  a.  a.  D.  ©.  134,  21.  2)   bei  bem  nod^  anbauemben  ©tnflu^  ber 

Äanoniter  lein  allju  grofee«  SBirlung^felb  ^atte  (CR  V,  163  unb  164.    Über   eine  8f 

fc^toerbe  be«  2)omfat)itelg  über  angriffe  Sonera   auf  ber  Äanjel  f.  $offmann  a.  a.  D. 

45  ©.  139  31.  1).    $ier  toar   er  toieber  mit  feinem  ^eunbe  3Kebler  bcreint,   ber  an  ber 

Sffienjel^Iirc^e  in  ber  bom  ©ebiete  ber  3)omfreibeit  gefd^iebenen  ©tabt  9laumburg  toirbt 

3)ur^  bie  SSermittelung  bc^  SBittenberger  ^rofeffor^  genb,  eine^  geborenen  Jlörblingei«, 

unb  auf  bie  @m))fel^lung  Welanc^t^ond  erhielt  Söner,  ber  fc^on  länger  baran  backte,  bon 

SRaumburg    fortzugeben  (ßnberd  o.  a.  D.  9lr.  4),  bie  5ßfarr-  unb  ^rebigcrfteHe  an  ber 

60  ©t.  ©eorggfird^e  in  SRörblingen,  bie  big^er  Rarü^  (f.  b.  ä.  93b  X  ©.  22  ff.)  innegc^t 

^atte  (CR  a.  a.  0.;  2)olj)  a.  a.  D.).    2lm  14.  9lobember  1543  bom  9lat,  ber  ftc^^  iw* 

anbertoärtd  über  i^n  ertunbigt  {^ohp  ©.  74)  unb  i^n  burd^  ))erfönlic^e  SorfteDung  (CR 

V,  183)  lennen  gelernt  ^atte,  berufen,  trat  er  im  Januar  1544  (CR  V,  281)  fein  neuej 

2lmt  an.    3"  9Jörbltngen  entfaltete  er  nun  atö  erfter  ©u^jerintenbent  eine   cot  bie  J^ofer 

55  3eit  gema^nenbe  burc^greifcnbe  organifatorifc^e  I^ätigleit,  inbem  er  ben  offenen  unb  0^ 

Reimen  ffiiberftanb  feiner  ÄoUegen  unb  be«  SRat^  ((gnber«  a.  a.  D.  SRr.  25  u.  27;  ^d^ 

©.  75 ff.;  ©e^er,  3)ie  5Rörbl.  ÄD,  ©.  37)  manc^e«mal  aüffi  energifd^  (CR  V,  334,  339, 

347,  368  f.)  übertoinbenb  ba^  Äir^cntocfen  nac^   feinem  SEBiDen  orbnete  unb  feiner  Se^ 

meinbe  h^ieberum  Jtirc^enorbnung,  Jlated^i^mud   unb   ©efangbud^  gab.    2)ie  9ldrblinger 

60  Jtirc^enorbnung  ftimmt,  foh^eit  fxd)  bied  au^  ben  @ntn)ürfen  unb  avA  ben  im  ©efangfruc^ 


sauer  Saferer  593 

ott^enen  9lott)en  erfe^en  lä^t,  in  ben  tpefentlid^en  fünften  mit  ber  feinerjeit  für  $of 
aufgearbeiteten  überein  unb  lebte  nad^  ben  äBirren  bed  ^i^^^^^^  ^^  ^^  Stun^lerfd^en  Dti^ 
mtng  bon  1555  tpieber  auf.  2)er  Heine  Jtatet^i^mud  (befd^rieben  in  äBad^emagel^  Jtird^en« 
CA  I,  421),  offenbar  bor  bem  ®efanabü^(ein  bon  1545  (^intoeife  auf  ben  Jtated^i^mud 
bafelbp  ©.  46,  47,  49)  für  bie  5Rörbrinfler  ®emcinbe  gebruit,  ift  bei  atter  fad^Iiien  Sin«  6 
le^nung  an  Sut^erd  @nc^iribion  burd^  bie  Orbnung  be^  Stoffel  in  fed^^  ®ef))räc9en  mit 
128  ^aaen  unb  Slnttoorten,  bie  Seijie^ung  reid^Iid^en  9(nfd^auungdmateriatö  unb  burc^ 
bie  eingefügten  fieben  £5nerfd^en  ^atec^idmu^lieber  ein  fe^r  beac^tendtoerte^  Stütf  ber  lote- 
d^fcben  Sitteratur.  3)ad  ©efangbüd^Iein  ber  d^riftli(|en  Jlird^en  }u  92örblingen  (1545) 
enblicp  (befc^eben  in  2Bad(emageI,  Jtird^enlieb  I,  422)  ift  namentlich  Itturgifc^  t)on  ^nter^  lo 
effe,  ba  ed  f))e)ieQe  SSorfd^riften  für  bie  SSetteilung  ber  Sieber  auf  bie  einzelnen  ©otte^ 
btenfte  unb  bie  Seiten  bed  ßird^enja^rd  enti^ött. 

9lur  jtoei  go^re  bauerte  Söner«  SQSirRamleit  in  SRörblingen.  ©d^on  am  6.  ga« 
nuor  1546  ftarb  er  an  ber  Rolxl  (2)oI;p^  Angabe  @.  78  toirb  burc^  bie  Slcc^nungen 
ber  @tit)enbien))fleg  in  92örblingen  beftötigt).  ©eine  3Bittt>e  heiratete  ben  ©d^ulrettor  i5 
S.  ?Piftori«  (SedEer)  in  3laumburg  (dnber«  a.  a.  0.  3lr.  57),  eine  Soc^ter  (?)  SBlargarete 
tanrb  1550  aU  bie  Seiterin  ber  9)aumburger  SRäbc^enfc^uIe  ertoöi^nt  (©c^ö))^e,  ^ux  ®efd^. 
ber  Slef.  in  9laumbiufg.  9Ieue  HRitteilungen  be^  2;^ünngifc^^äc^rtfcben  äSereind  XX, 
ßeft  3/4  ©.  422).  SSon  feinen  übrigen  fiinbem  (Snber«  a.  a.  D.  9lr.  5.  6.  47)  ift 
§ofua  betannt  getoorben,  ber  1595  ald  @u))erintenbent  in  älltcnburg  geftorben  ift  (über  ao 
fein  toe^felreid^ed  Seben  giebt  ©c^ni^er  a.  a.  O.  III,  22  f.  Sluffc^Iüjfe;  bgt.  auc^  ^öd^er 
II,  2494  unb  SRotermunb  III,  2039).  äßelc^e  2Bertfc^ä$ung  Ra\pax  Söner  bei  feinen 
3eitgenof[en  gefunben  ^at,  fte^t  man  avi&  ben  Sobf))rüc^en,  bie  ilS^m  SRelanc^t^on  erteilte 
(CR  V,  182,  238,  281,  339);  nad^  feinem  Sobe  fc^rieb  er  an  3ona«  (CR  VI,  34 f.): 
„intra  duos  menses  amisimus  Lutherum,  Cordatum,  Loenerum''«  26 

Dr.  (S^r.  (S^e^er. 

S0f4er,  äJalentin  (Srnft,  le^ter  bebeutenber  SSertreter  ber  lutl^erifd^en  Ort^obo^ie 
unb  aSorläm^fer  gegen  ben  $ßieti«mud,  geft.  1749.  —  Ou  eilen:  %t).  (Srüger,  fieben 
Söj^erd,  ^re<(5en  1751 ;  ^m.  \>.  (Sngell)arbt,  $.  (£.  Softer  nacd  feinem  Seben  unb  Sirfen, 
5>orpat  1853,  2.  «bbriid  ©luttgart  1856;  ®.  Sect)Ier  in  ber  «lb93  19  (Seipjig  1884).  209  30 
bi«  213:  Teufel,  Äir(<|lidjc8  C)on^I«£i'on»  ®l>  4,  6.323—325;  ©cfjröbl,  in  «Befer  unb  SBelte, 
ft.'Se^ifön,  VIII*,  85;  Srortgefet^te  ©ommlung  uon  Alten  unb  ^eucn  ^^eoIogtfd)en  Socken. 
«uf  bad  3a^r  1749,  @.  987,  742—754;  V.  E.  Loescheri  coDatus  literarius  in  Feustelii 
Mifloellaoea  sacra  p.  678—685;  ®.  ^.  (^ötte,  'S>a^  je^t  lebenbe  gelehrte  (Suropa,  ^raun-- 
fdjroeig  1736.  11,  169-233;  3.  3.  3Rofer,  Beitrag  ju  einem  Sejico  lut^erlfcfter  unb  refor*  86 
mierter  S^eologen,  SüQi^au  1740,  @.  415—439;  (£.  g.  @4merfabl,  SuDevläffiae  ^Mri^ten 
oon  jiingftoerftorbenen  ©ele^rten,  3^0^  1750,  I,  579;  Uuparteiifc^e  Äirt^en-jpiftorie  eilten 
unb  »euen  XeftamentÄ,  3cna  1754,  III,  995  f.;  St,  g.  3Jlofer,  ^atriotifc^e«  «rcftiu  V  (1786), 
518  ff. ;  tl.  $.  i^re^gig,  ^Iburn  ber  eDangeUf(^«lut^ertfd)en  (S)ciftlid)en  im  Königreiche  Sadjfen. 
5)Te»ben  1883,  ®.  571,  102;  X^SR®  93b  VI,  S.  157,  39-42;  ob  X,  ©.  263;  g.  «lancf-  lo 
meifter,  91ud  bem  Seben  D.  $.  @.  Söfc^erd  in  ben  Beiträgen  jur  ffic^ftfc^en  Kirc^engefc^icbte, 
a  ^eff,  Seipiig  1893,  6.  330-344;  berf.,  @öd)fif*e  mrcticngeWic^te,  3)rc8ben  1899.  @.  193, 
195,  224—254,  281—285,  304-331;  @d|rabcr,  ®cf*i*te  ber  griebric6ö«Uniüerrität  au^aüe, 

1.  Xeil  (»erlin  1894),  6.  227,  «.  13,  203;  g.  3E.  uon  SBegele,  ®ef«i*te  ber  beutfctien 
^iftoriograp^ie  feit  bem  9[uftreten  bed  ^umanii^mud,  i^jünc^en  unb  ^eip^ig  1885,  @.  488;  46 
®.  Äramcr,  «uguft  ©ermann  grancfe,  2.2;eil,  itaUt  o.  8.  1882,  6.72—84,  272-319,  343; 
©.  @4m{b,  ^ie  Q)ef4i4te  bed  $ietidmud,  iRörblingen  1863;  9^itfd)l,  ®efd)ic6te  bed  $ietid« 
mu«,  3.  »b,  2.  «bt.  (»onn  1886),  6.  71,  204,  408;  g.  S.  ©art,  5)er  Seonflift  ber  furfa«- 
ftfdien  Slegierung  mit  ©errn^ut  unb  bem  ©rofen  üon  8i"i^"borf  1733—1738,  im  ^euen 
9(rd)io  für  bie  @ä(^fifd)e  ©efdjic^te  unb  ^ItertumSfunbe,  »b  3  (^redben  1882),  8.  9,  18,  60 
24  f.,  27,  33—40,  43;  3-  2:^.  Wüner,  ginjenborf  olS  Erneuerer  ber  alten  «rüberllrt^e, 
Seipalg  1900,  @.  56;  $aul  Sc^ulje,  8«^  9?eubegrünbung  ber  ®re«bener  «ollSfc^ule  im  ©e= 
ainn  bed  18.  3a^r^uubertd  in  „gran^  SBil^elm  Slodel,  91ud  bem  Seben  eined  ffic^ftfdjen 
fecftulmanne*",  3)re8ben  1900,  geftgabe,  8.  151—176;  Stftolucf,  5)er  ®eift  ber  lutfterif^en 
Zoologen  SSittenbergd  1852,  6.  297  ff.;  &,  granf,  ®efd)i(^te  ber  ^roteftantifc^en  :£6eologie,  66 

2.  Xeil  (Selpalg  1865),  ©.167-171,  308,  347;  ©.®a6,  (Öcjc^ic^te  ber  «ßroteftontifctien  ^og* 
matif  in  i^rem  Sufammen^onge  mit  ber  Xl)eologie  überhaupt,  93b  3  (Berlin  1862),  6.  12 
bift  69,  84,  161  f.;  3-  «[.  Corner,  ^efcftid^te  ber  $roteftantif*en  Xbeologic,  befonbcrS  in 
löfutf^Ionb,  2.  «bbrud,  3Jlün*en  1867,  8.  629-633;  S.  5)ieftel,  ®efd)iditc  beö  ^Utentefto- 
ment»  in  ber  (6riftli*en  j^ircftc,  Scna  1869,  @.  332,  334,  338,  341,  367,  454;  g.  ©lecf,  eo 
Einleitung  in  bod  tllte  ^eftament.  ©gg.  oon  3i>6onne0  8leef  unb  ^bolf  5^ampt)Qufen,  3. 91., 
beforgt  oon  «bolf  Äampftaufcn,  Serlin  1870,  6.  139,  736.  744;  d.  ©ciel,  Hymoopoio- 
grapfioa,  ^mpabt  1721,  ob  II;  6.©ejel,  Anal,  hymn.,  QJotfta  1756,  »b  2,  8.563—569; 

llMl«0HCtao^bic  fft«  Xl^Mloaic  ntb  fHr^c.    R.  V.  XI.  3g 


594  saferer 

^.  5.  3B.  gif*er,  Äirc^enlieber.ßeflfon,  1.  ©älfte,  ®ol^a  1878,  6.128,  142,  245;  2.^älftf, 
©ot^a  1879,  ®.  167,  53,  73,  77,  187,  207,  247>  252,  344,  410,  454;  @up^)Icinent,  Oot^a 
1886,  e.  33  f.  38,  64.  —  Solcher«  93ricftt)c*fel  befinbet  p*  öuf  bcr  Hamburger  ©tabtbibllo- 
tf^tt,  banbfdjriftlid^ed  Material  über  i^n  in  bem  ^redbner  ^auplftaat^rd^io,  9fatd«  unb  dpbo^ 
6  ralarc^lo,  auc^  im  $(rd^iD  ber  t^eologif^en  gfahtltät  ^u  ^alle  (ogL  Ihamer,  a.  a.  £).,  U, 
289,  «.  2). 

SSolentin  @mft  fiöfd^er  flammte  aud  einer  toeitberjtoeigten  ^farrfamilie,  oud  ber  eine 
Steige  angefe^ener  ©eiftttd^en,  unb  ^obolud  £.,  Sut^erd  Sd^Üler  unb  ^au^enoffe,  auc^ 
älbrol^am  £.  (9(bS  19,  208  f.),  ^erDorgingen.    @r  tourbe  am  29.3)eiember  1673  )u6on< 

10  ber^^aufen  geboren,  tt>o  fein  SSater,  Relpax  2,,  bad  9lmt  eined  @u))erintenbenten  Betleibete. 
HRit  biefem  ftebelte  er  1676  nad)  Srfurt,  1679  nad^  gtpitfau  über,  tt>o  er  ben  Unterricht 
bed  SRagtfterd  ^ftel  unb  be^  9leftor^  ^aum  geno^.  Slac^bem  fein  Soter  1687  oB 
®eneralfui)erintenbent  unb  $rofeffor  ber  Geologie  nad^  SBittenberg  berufen  iDorben  toor, 
b(^og  er  1690  bie  bortige  Uniberfität.    Um  biefe  ^üt  begannen  bie  ))ietifüf(^en  Streitig« 

16  leiten.  2)te  t^eologifd^e  ^lultöt  in  äBittenberg  nal^^m  bon  t>oml^etn  fei^r  entfc^iebot 
SteQung  gegen  ben  ^iett^mud.  Söfc^er  jetgte  nur  geringe^  ^nterefle  für  bie  faißi^ 
unb  tbeologifd^enj^agen.  @r  ftubierte  audfc^Ue^lic^  $^iIologie  unb  ^ef^ic^te  unb  träumte 
bon  rünftigem  ©ele^rtenru^m.  Unjoi^ßge  ^rojelte  ju  litterar^iftorifc^en  äirbeiten  unb 
tptffenfd^aftlid^en  Unternehmungen  aQer  Srt  heulten  ftd^  in  feinem  Jto1f>fe.    Seinem  93ater 

ao  ju  Siebe  be^anbelte  er  in  feiner  HRagifterbiffertatton  ein  t^eologifc^e^  X^ema  unb  eine 
gettfrage:  „2)ie  redj^te  Se^re  bon  ben  Sifionen  unb  Offenbarungen"  gegen  ben  ^ietiftoi 
$eterfen.  @in  längerer  älufent^alt  in  ^iena  unb  ber  SSerfebr  mit  Soier  unb  Sagtttoriu« 
toecften  bad  l^ntereffe  für  Jtirc^engefd^id^te.  i^iftorifd^ed  SSerftönbni^  ber  „natura(ifiif(^" 
unb  „fc^toärmerifc^en"  (b.  l),  extrem  ))tetifttjc^en)  ^enlart  erfc^ien  i^m  nunmehr  oU  bie 

36  erfte  ^ebingung  einer  erfolgreid^en  93etämt?fung  ber  antiltrd^lic^en  3^i^^^*]V^*     ^^^^ 

unternahm  er  bie  alabemifcpe  Steife,  ^n  Hamburg  berfe^rte  er  mit  bem  fanotifc^en  ®egner 

©j)ener«,  bem  ort^obojen  ^aftor  ^0^.  gtiebr.  SKa^er.    Ign  $oHanb  befud^te  er  bie  refor« 

mierten  $od^fd^u(en  unb  bie  arminianifd^en  X^eologen  Simbor^  unbSIericud.   ÜbttRdpcn^ 

'^agen  ging  er  nad^  Sloftod^  unb  befreunbete  ftd^  bort  mit  bem  ®eftnnungl|genof[en  Vtccqa^f 

80  bem  ^rof .  f^ed^t,  toeld^er  e^  nad^mal^  für  geboten  ^ielt,  &pmct  bie  Seligteit  a63uf)>re(|en. 
Sa  bie  t^eologifd^e  ^atultät  }u  SBittenberg  eben  bamafö  (1695)  i^re  „c^riftlut^erifc^ 
3Sorftettung"  gegen  ©})ener  beröffentlid^t  ^attt,  fo  bcrmieb  Söfd^er  e^  in  Serlin,  ©Jjenei 
aufpfud^cn.  1696  eröffnete  er  in  28tttenberg  feine  atabemif(^  SSorlefungen  über  bie 
älnfänge  be^2)ei^mu^  unb^ietiMu^.  @r  finbet  bie  erftenjteime  ))ietiftifd^  »nfdJKiuungen 

85  bei  ben  ))(atontfterenben  äUeianbrinem  unb  beim  3lreo))agiten. 

1698  tourbe  Söfd^er  5ßaftor  unb  ©uperintenbent  in  Jüterbog,  1701  ging  er  aö 
©u})erintenbent  nad^  2)eK|fd^;  bon  1707—9  loar  er  ^ßrofeffor  in  SEBittenberg.  1709 
tourbe  er  aU  Pfarrer  an  bie  Jlreu}!ird^e  nad^Sre^ben  berufen  unb  jum  @u))ertntenbenten 
ber  2)re^bener  3!nf})eftion,  toie  jum  äffeffor  im  Dberfonftftorium  ernannt.    3^  biefet  eim 

40  flu^reid^en  ©teDunp  berblieb  er  bi^  ju  feinem  S^obe  1749. 

2)er  @intritt  md  ))ra!tifd^e  ätmt  gab  feinem  ®etfte  eine  anbere  Slid^tung.  Sen  Se« 
bürfniffen  ber  Äircbe  toanbte  er  fortan  feine  3lufmerlfamleit  ju.  ©eine  umfoffenben  Äerait* 
niffe  unb  feine  toiffenfc^aftlid^en  gotfd^ungen  ftettte  er  bon  nun  an  in  i^ren  3)ienfL  Db* 
gleid^  bon  ^erjen  ber  ort^obo^en  Stid^tung  jugett^an,  toar  er  unbefangen  genug,  bie  bon 

46  allen  emften  S^riften  beflagten  unb  bon  ©))ener  gerügten  92otftänbe  in  ber  jurd^  an)»« 
erlennen  unb  bie  SStugerlid^fctt  be^  c^riftlic^en  Sebcn^  in  ben  ®cmeinben  auf  bie  Serf&um« 
niffe  ber  ort^obojen  ^ßaftorenjurüdfjufü^ren.  @r  nal^m  feinen  änftanb,  fi(^  ber  SKittd 
)u  bebienen,  bie  @))ener  ^ur  Belebung  bed  ©laubend  in  9[iorfc^Iag  gebrad^t  l^e.  VÜ 
©u))erintenbent  brang  er  auf  (Sinfül^rung  ber  ^atec^i^mu^e^amina  unb  em))fal^I  unter  ^ 

60  toiffen  Jtautelen  collegia  pietatis. 

^mmer  ober  blieb  fein  ^M  auf  bie  JÜrd^e  aU  ®an}c^  gerichtet,  ©d^on  in  S^eibog 
reifte  fein  5ßlan,  eine  beutfd^e  t^eologifd^e  Rjitfd^rift  ju  grünben.  SWit  bem  Seginne  bc^ 
^a^re^  1701  erfc^ienen  bie  ,,Unfc^uIbigen  iKad^ric^ten  bon  alten  unb  neuen  ^eologif«^ 
©ac^en",  im  erften  3iö^^9<*n0^  unter  bem  2iitel  „9Kte^  unb  5Reue§  au«  bem  ©d^e  t^ 

66  SCBiffenfc^aft",  bon  1721—31  unter  bem  2:itel  „^Jortgcfefete  ©ammlung  bon  alten  unb 
neuen  t^eologifd^en  ©ac^en"  unb  unter  ber  Slebaftion  oe«  SKag.  SlemlSfarb,  feit  1731 
toieber  unter  Söfc^erg  Seitung.  @«  ift  bie  erfte  tl^eologifAe  3«i^^nft  ©ie  eiferen  alt 
monatlid^,  bi^toeilen  auc^  aUtoöc^entlid^  unb  brachte  Siejenftonen  unb  9[rtiIeL  2)te9{eu^ 
be«  Unternehmen«,  bie  2^üd^tigteit  bc«  Herausgeber«,  ber  aDe  bebeutenberen  litterorif^en 

60  (Srfd^einungen  berücffic^tigte  unb  ben  Setoegungen  in  ber  lat^olifd^   unb  reformiotm 


saferer  «95 

fiin&e,  foiDte  ollen  SBetlen  in  fronjdftfc^cr,  englifd^er,  itolienifd^et  Bptadft  ferne  Slufmert 
fornreit  jutoonbie^  aud^  bte  im  ganjen  toürbige  Gattung  in  ber^olemil  goB  ber  ^eitfd^rift 
eine  gom  au^erorbentlid^e  Sebeutung.  @te  mu^te  naa^  einigen  Iga^en  in  jtpetter  Stuf« 
läge  erfd^einen.  Söfc^er  ^atte  f^d^  butci[^  fte  )um  ^ü^rer  ber  or^obo^en  Partei  in  ber 
lutJ^erifc^  Jtird^  unb  )um  SSertretet  ber  lut^erifd^en  tpiffenfc^ofUid^en  Geologie  auf^  6 
gefd^tDungen.  ^er  Jtamf)f,  ben  bie  3^^f<^^fi  führte,  galt  ben  ;,naturali{ttf(^en  unb  fano« 
tifi^en  3mel^". 

3n  bem  Seftreben,  bie  berechtigten  ^orberungen  bed  ^ieti^mud  jur  Stnertennung  )u 
bringen,  Deröffmtlid^te  er  in  Jüterbog  ferne  ,,®blen  Slnbac^t^früc^te''  jur  ®m))fe^tung  ber 
tbeologia  mystica  orthodoxa,  rügte  bie  ^^gro^e  SSerberbung''  aQer  brei  @tänbe  ber  lo 
itin^e  unb  forberte  ben  ..innerlichen  ®ottedbienft" :  ^eilige  Snbad^t,  SSerleugnung  bed 
ffiiHend,  Xdtung  bed  t^teifd^ed.  @r  tpiU  bie  .,$erjendt^(ogie''  (e^ren  unb  geigen,  ba^  ed 
au|er  ber  äBiffenfc^ft  unb  bem  Selenntnid  ber  ©toubendarttfel  unb  bem  &u{;erli(^en 
ZugenbbKmbel  nod^  et1t>ad  ^nnerlic^ed  giebt,  barin  man  tpac^fen  mug.  Slber  er  tt>iQ  oud^ 
(Srengen  gießen  )ta)if(^en  ber  in  ben  ©d^ranlen  ber  reinen  Se^re  bteibenben  ,,tt>al^ren  9(m  u 
ba^t"  unb  bem  gegen  bie  Jtird^  unb  i(;reSe^re  gleic^tltigen  ..fanatifd^en  Sutj^ufta^mud''. 
S>en  eingelnen  9tbf($nitten  biefed  äBerIed  fügte  er  einige  ))on  i^m  felbft  gebid^tete  geift« 
lic^  Si^et  bei,  ))on  benen  nic^t  li'enige  in  bie  tircplid^en  ©efangbüc^  übergegangen 
ftnb.  2)ad  Su^iA  „O  Jtönig,  beffen  SKajeftät''  brauet  ben  Sergleic^  mit  benen  feiner 
t^Iogif4^  ®egner  nid^t  )u  Weuen.  20 

ybiz  Überftebelung  nad^  ^eli^fd^  (1701)  getoö^e  i^m  bie  3Ru^e  ju  grünblid^em 
@tubtum  ber  ^räifc^  Qpxai^  unb  gu  e^egetifd^en  unb  biblifc^^tl^eologtfd^en  arbeiten, 
^n  bot  Unf(^ulbigen  SRad^ric^ten  veröffentlichte  er  „pia  desideria",  bie  barauf  au^el^, 
in  gleich  SBeife  ber  Yeritas  tüie  ber  Pietas  bie  $errfc^aft  ju  fu^em.  SSorjug^toeife  an 
feine  älmtdbrüber  manbte  er  fxä^,  tpamte  fte  bor  ber  „^(^toürbigen  ©elbgier''  unb  ber  26 
ma^fen  @^u(^t,  Xitelfud^t,  ^enfd^fud^t  unb  erinnerte  fie  boran,  ba|  i^nen  bie  ^ergen 
unb  nUft  bie  O^ren  anvertraut  feien.  2)ie  Stubierenben  ber  S^eologie  unb  bie  Ranhu 
betten  fa|te  er  ind  9(uge  unb  em))fa^l  SSeretne  ber  ©leic^gefmnten.  SSom  Jtirc^enregimente 
forberte  er  9Btebereinfü^rung  ber  ^ir^ent)ifttationen.  3)ie  ^emeinben  fud^te  er  bun^  @in« 
rk^tung  bon  Saienbialonaten  )u  beleben,  benen  bie  3(rmen)>flege  übertragen  toerben  foßte.  so 
Sefonbered  ©etoic^t  legte  er  auf  bie  ^eiligung  bed  <5onntagd. 

3n  bie  3ät  feinet  ^eli^fc^er  Sufent^lted  fiel  fein  Ravxp^  gegen  bie  Uniondtenbenjen 
bed  berliner  $ofe^  unb  ber  biefen  Seftrebun^en  entgegentommenben  ))ietiftifc^en  X^eo« 
logen.  5l5nig  ^ebrid^  I.  berief  1703  ein  Umon^fiollegium  unter  bem  ^räftbtum  bed 
j^ofprebigerd  Senjamin  Urfinud.  @))ener,  aufgeforbert  ^c^  an  bemfelben  ^u  beteiligen,  86 
le^te  ab,  loer^e^lte  auc^  nid^t  feine  93eben!en  gegen  bad  Unternehmen.  Ser  lut^ertfd^e 
^xtpft  3tiL  Sütten«  fd^ieb  balb  aud.  3)er  ))ietiftifc^e  ^aftor  2Btndfler  bagegen,  ebenfaQ^ 
StitgltA  bed  itoUegiumd,  Veröffentlichte  fein  „arc^anum  regium",  in  toel^em  er  bem 
itönige  atö  summus  episcopus  ba^  Stecht  ber  Union  iu\pxai^  unb  bie  Pflege  bed 
StetidmiiS  ob  bad  befte  SRittel  gur  ^örberung  ber  itir^eneinigung  emf)fa^L  2)iefen  m 
vlac^inationen  trat  Söfc^er  anonym  mit  feiner  ,.9Uleruntert^änigften  9(breffe  ....  bie 
Steligiondvereinigung  betreff enb"  entgegen  (1703).  @r  betonte  bte  burd[^ge^enben  S^^ 
untofc^i^e  ber  beiben  evangelifd^en  Kirchen,  unb  fanb  in  ber  Segünftigung  ber  Union 
kNm  fetten  ber  ^iettften  ben  fc^logenbften  Setoeid  für  i^ren  ^nbifferenti^mud  ber  Jlirc^ 
unb  ber  reinen  Se^  gegenüber.  @o  toeit  lomme  man,  meinte  er,  n)enn  bie  „allgemeine  i6 
2)et>enben)  bed  93erfitanbed  Von  bem  9BiQen  unb  ber  Ort^obojrie  von  bem  frommen  Seben 
ae^frt  toirb".  Snfolge  be«  burc^  bie  „Slbreffe"  erregten  ©treiteö  liefe  Söfc^r  feine  „Qu 
^otie  ber  erften  Steltgiond^motuum  jtoifc^en  benen  Svangelifd^-Sut^erifc^en  unb  9lefor« 
miecten''  erfc^einen  (1704)  unb  im  ^a^re  1707  unb  1708  bie  „äludfü^lic^  Historia 
motuum''  in  jtoei  Zeilen,  eine  h)ertvoQe  3ufctmmenftellung  ber  auf  ben  Streit  beiber  so 
ftir«^  be)üglid^  Zl^atfa^en.  2)en  britten  Zeil  ber  Historia  (»ubli^ierte  er  erft  1724 
mit  einem  Voränetifc^en  älnl^ange  „(Srmal^nuitg  an  bie  reformierten  ©emeinben  in  3)eutfd^« 
lonb'^  nof^bem  bie  Union^orfd^läge  ber  äBürttemberger  Z^eologen  Qift.  Jtlemm  unb 
SR.  $faff  bd  ben  evangelifc^en  @tänben  in  ätegendburg  3(ntlang  gefunben  Ratten. 

SBSdJ^renb  biefer  Streitigfeiten  erfd^ien  fein  3ud^  ,,de  c^ausis  linguae  Ebraeae''  66 
unb  feine  „historia  meretricii  imperii'',  femer  „gel^eime  ©erid^te  @otted  über  bad 
$a|)fittum''  unb  „Jon,  sive  origines  Graeciae  restauratae''  eine  Unterfud^ung  über 
bie  i^crtunft  ber  Ueinaftatifc^en  ©riechen,  ^wc  Belebung  bed  ©laubend  ober  „)u  iSx: 
toedung  H>a^^ietät"  gab  er  1704—10  feine  „ßv.  3^««ben  gottge^eiligter  ämt^f orgen" 
i/tfaM,  bie  aUgemetn  mit  93eifall  aufgenommen  h)urben.  eo 


596  Sdf4er 

3um  @tteit  mit  ben  ^ietifien  tarn  ed  erft,  <d^  S^ener  geftorben  unb  1706  ^oo«!^ 
Sänge  al$  Sorfömt)fer  ber  $allenfer  aufgetreten  mar;  unb  jnHir  burc^  93er5ffent(u^iing 
ber  ,,äufri(l^tigen  Slad^ric^ten  bon  ber  Unridf^tigfeit  ber  Unf^.  Slac^rid^ten".  3Rit  biefer 
©d^rift  ging  ber  ^ietidmu^  )ur  OffenftDe  über,    gn  berfelben  mirb  bie  9e^au))tung  auf- 

6  gefteQt,  bie  fog.  Ortl^obo^ie  fei  ^rrte^  unb  bie  Ort^obosen  feien  @pitwc&tt,  Stt^en  unb 
indbefonbere  $elagianer,  (e^tered  tpegen  i^rer  Se^re  bon  ber  theologia  irregenitorum 
ober  tpegen  bed  @a$e$,  ben  Sc^eltpig  berfod^ten  ^otte,  ein  gottlofer  Drtl^obocer  fei  lein 
natürlicher  SRenfd^  me^r,  fonbem  erleuchtet  unb  tihtne  ein  red^tfc^ffener  $räiger  fein. 
3.  Sänge  be^aui)tete,  bie  tpfadElid^e  Drt^obojrie  fönbe  fu^  nur  bei  ben  ^ietiften.    Samit 

10  toax  ber  bisherige  Streit  )u  einem  Se^rftreit  geftem))elt,  bie  ))ietiftifci^e  Se^etfe  ofö  bie 
allein  bered^tigte  ^ingefteQt  unb  ber  OrtJ^obo^e  bie  ^be  angdünbigt  Überall  unb  be» 
fonberd  in  ben  Se^ren  bon  ber  @rleud^tung,  \)on  ber  Seid^te  unb  Slbfolution  bon  ber  ^. 
@d^,  bom  ©lauben,  bon  ber  Siec^tfertiaung  unb  Heiligung,  ))on  ben  SRtttelbingen 
tPoQte  Sänge  ben  £)rt^obi>j:en  bie  bebenUid^ften  ^rrle^ren  nad^mdifen.    ^aya  ffÜftU  ^0. 

15  Sänge  ben  ©treit  in  ber  leibenfc^ftlid^ften  äßeife,  mit  einer  Sto^eit  unb  ©elbftuber^bung, 
bie  nur  in  ber  $olemiI  eined  SRe^er  imb  ©d^eltoig  i^r  äSorbilb  fyitU. 

Söfd^er  übernahm  bie  SSerteibigung  ber  Ort^obojrie  unb  bie  93eläm))fung  bed  fo  trD|ig 
auftretenben  ©egnerd.  ©eine  Berufung  atö  $rofeffor  nac^  SSSittenberg  an  Seutfc^mann^ 
©teUe  (1707)  lam  i^m  unter  fold^en  Umftänben  ermünfc^t.    @r  fonb  3eit,  ®ffc^td^te  unb 

20  2Befen  bed  ^ietidmu^  )u  ftubieren.  9(1^  erfte  ^c^t  biefer  Arbeit  erfc^tenen  feine  „P^^^^ 
notiones  et  notiones  theologicae'',  eine  Unterfuc^ung  ber  t^eologif^en  Srariffe,  beren 
äluffaftung  )tt>ifd^en  beiben  Parteien  ftreitig  tt>ar  (^id)ergeburt,  Heiligung,  Snteuenmg, 
®rleu^tung).  9lu(^  berteibigte  er  ^ier  ben  ©a^:  dootores  orthodoxos  impioB  esse 
illuminatos. 

35  9{ad^bem  er  1709  unter  großen  Sl^renbejeugungen  fein  3)re§bener  Slmt  angetreten 
^tte,  entfaltete  er  in  biefem  eine  bielfeitige,  überaus  fegendreic^e  Zl^gleit.  ^ebeneomt« 
tag  unb  2)onnerdtag  ^at  er  ge))rebigt,  924  ©eiftlid^e  in  ber  Jtreu)Itrd^e  orbtniert,  bteSoEok 
bifttationen  tüieber  eingeführt,  ©ec^^  3)redbener  ^ird^en,  barunter  bie  ^auen»  unb  2)rci^ 
fönig^Iirc^e  (in  ber  9teuftabt),  ^at  er  getpeij^t,  bie  Xetlung  ber  großen  ^ßonx^ien  inStngriff 

80  genommen,  bie  Segrünbung  bon  bier  geiftlid^en  ©teilen  bur^efe^t  2)ie  äiotberettung 
ber  Jlanbibaten  ber  XlS^eologie  na^m  er  träftig  unb  erfolgreich  in  bie  $anb.  ©eine  befom 
bere  e^rforge  galt  ber  SSolföfd^ule  unb  ber  Silbung  ber  Sej^rer.  fiur)  nac^  feinem  Xmtö« 
antritte,  am  1.3)ejember  1710,  trat  bie  erfte  Slrmenfc^ule  in«  Seben,  balb  folgten  ftcben 
anbere.    @r  forgte  nic^t  nur  für  bie  Unterhaltung,  fonbem  aud^  für  ben  ätudbau  M 

85  Unterricht«  unb  eine  ftraffere  ^anbl^abung  ber  ©c^uljud^t.  9lm  12.  ©e))tember  1713 
^ielt  er  bie  erfte  Äonferenj  ber  Se^rer  feine«  ©})rengel«  ab.  ^n  ben  j{ätn))fen  ber  3«^ 
geigte  er  ftc^  al«  furc^tlofen  S^araher,  ber  mit  feinem  äBorte  unb  feiner  ^erfönlic^Ieit  bie 
©emüter  beruhigte,  fo  bei  ber  (Srmorbung  be«  ^ßrebiger«  3W.  $al^n  1726,  bei  ber  Ser» 
legung  ber  §ofgotteebienfte  au«  ber  ©c^lofelajjelle  in  bie  ©o})^ienIird^  1737,  bei  bemSr- 

iü  fc^einen  be«  dürften  £eo))olb  bon  3)ef(au  bor  ben  2;^oren  bon  S)re«ben  nac^  ber  Bdflaift 
bon  Äcjfeteborf  1745.  ©eine  ^rebigt  am  10.  ©onntag  nad^  3:rinitati«  1748  über  bie 
ajliflftänbe  be«  »rül^lfc^cn  9legiment«  beranlafete  Ä.  %.  3Rofer  )u  ben  ©orten :  „3»an 
fagt,  unfere  3^*^  Ratten  feine  5ßrot)^eten  me^r,  ^ier  fte^t  einer!" 

^ro^  biefer  ungel^euren  9lrbeit«laft  unterhielt  er  einen  tt>eitau«gebe^nten  Srieftoec^fel 

46  im  Sintereff e  ber  Äirc^e  unb  jur  äufred^ter^altung  ber  reinen  Sd^re.  Unterftüftt  bur«^  feine 
ungetoö^nlic^  foftbare  unb  reid^e  93iblioll^et  fc^te  er  feine  ©tubien  fort,  angeregt  bun^  bie 
angriffe  ^0.  Sänge«,  ber  feine  idea  theologiae  pseudorthodoxae,  ben  Antibarbarus 
orthodoxiae  unb  bie  ,,aRittelftrafee"  \)atU  erfc^einen  laffen.  ©nblic^^  trat  Söf<^  mit 
einer  umfaffenben  Äritil  be«  5pieti«mu«  l^erbor.    ®«  gefc^o^  in  einer  ©erie  bon  äluffd^ 

60  in  ben  Unfc^ulbigen  SJac^ric^ten  unter  bem  S^itel  „Timotheus  Verinus".  ©iefer  Irtel 
fottte  anbeutcn,  bafe  Söfc^er  ol«  Timotheus  bie  ®otte«furd^t,  al«  Verinus  bie  SSBo^ü 
berteibigen  unb  fotooljjl  für  bie  ^ömmigfeit,  toie  für  bie  reine  Seigre  eintreten  tooBe.  & 
ftettt  ben  9lu«bruc^  eine«  bie  toic^tigften  Se^ren  be«  Gl^riftentum«  berü^enben  Streite« 
feft,  unterfuc^t  fobann  bie  ©runbanfc^auungen  be«  ©egner«,  namentlid^  feine  äbiffoffung 

66  bc«  SBer^ältniffe«  bon  ^ietät  unb  Sneligion,  unb  jeigt,  ba|  ber  ^ieti«mu«  ba«felbe  \0I 
beftimme,  unter  grömmigfcit  ettoa«  ganj  älbfonberlic^e«  berfte^e  unb  im  6ifer  für  bi< 
grömmigfeit  ba«  toal^re  (S^riftentum  unb  bie  Äird^e  gefö^rbe,  ja  foaar  mit  ber  Se^  bon 
ber  Sfled^tfertigung  burc^  ben  ©lauben  in  SBiberftreit  gerate.  ©erSTngriff  toar  fo  ge|<^A 
bafe  bie  ^aüenfer  fofort   ein  3)iitglicb  ber  ga!ultät  unb   leiber  abermol«  go.  Songe  mit 

60  einer  Srtoiberung  beauftragten.    2ln  feiner  „@eftalt  be«  ^reu)rei(^e«"  fu4»t  er  Sdfd^  oU 


saferer  597 

einen  SRenfc^en  Don  botfollic^er  So^l^eit  m  flem))eln,  ber  ol^ne  einen  f^nlen  foafynx 
©ottcdfurc^t  mit  fd^amlofer  Sügenftim  teuflifc^e  Säfterungen  gegen  ba^  Jtreuj^Sleid^  QfyA^ 
au^o^e;  ber  Xeufet  au^  ber  ^öQe  lönne  ed  nid^t  gröber  t^un.  fiöfd^er  anttt)ortete  ju» 
noc^ft  gar  nid^t,  fud^te  ))ielme^r  burc^  93ubbeu$  in  ^ma  ^ebendunter^onblungen  mit  ben 
^oOenfem  an)ulnü)>fen  unb  überfanbte  il^m  forgföltig  abgetpogene  Seitfä|e.  ^ubbeud  er«  6 
ndrte  fie  für  unannel(^mbar,  bie  93er^nblungen  gerfd^lugen  fid^,  unb  nun  Derüffentlid^te 
£df(^  j|ur  200jäl^gen  Jubelfeier  ber  Sieformation  feinen  ,,33oHjiänbigen  Timotheus  Ve- 
rinuB''  (erper  SeU,  SBittenb.  1718). 

2)ad  ift  Söfd^erd  $au))ttt)ert.    Jn  16  Jtat)iteln  l^anbelt  er  bon  ben  (9eneraI4tenn:> 
geilen  bed  Mali  pietistici,  bon  ben  Anfängen  bief er  Stid^tung  in  ben  3^^^  bor  @))ener,  lo 
bom  9(udbrud^  berfelben  burc^  &ptntt  unb  bon  bem  rei^enb  fd^neHen  $ot%mge  ber  Se* 
tpegung  in  ben  legten  Jol^je^nten  unb  enblid^  bon  ben  d^arolteriftifd^en  !Eterrma(en  be$ 
Sieti^ud.  9(fö  fold^e  göl^lt  er  auf  ben  frommfd^einenben  Ignbifferentidmud  gegen  bie  reine 
itfytt,  bie  ©eringfd^ä^ung  ber  ®nabenmittel,  namentlich  bed  äBorted  ®otted,  oie  @ntfräf« 
tung  bed  ministerii  unb  bie  93er{))ottung  ber  9(mt|gnabe,  bie  SSermengung  ber  ®lauben^  is 
gerec^tigleit  mit  ben  äßerlen,  bie  Hinneigung  jum  6|iliadmud,  ben  Xermini^ud  ober  bie 
Stnfd^rönhmg  ber  Su^geit^  ben  ^räjiftdmud  ober  bie  SSerbammung  aQer  natürlid^en  Suft 
unb  beg  ®ebraud^  ber  fog.  3RitteB)inge  (©))iel,  %ani,  Äomöbie),  ben  5IK^ftici«mu«  ober 
bie  SSermif^ung  bon  Statur  unb  ®nabe,  bad  Sieben  bon   ber  SSergottung  ber  kommen, 
fotane  bie  Ueber{(^a|ung  ber  ,,@m))finbung  geiftlid^er  2)inge''.    ferner  rügt  er  ,,bie  äSer»  20 
nic^tung  ber  subsidia  religionis'',  b.  ^.  ber  2)inge,  bie  mm  ^eftonbe  ber  toa^lren  3ldU 
gion  erforberlid^  fmb,  ald  namentlid^  ber  äußeren  unb  ftd^tbaren  Jtirc^e,  bed  Slen^ud  gegen 
bie  S^'^^i  ber  f^mbolifd^en  Sudler,  ber  t^eologifc^en  Se^art,  ber   rwelmäfeigen  S3er« 
fammtung   ber  ©emeinbe  in  ber  Jtird^e,  ber  Jtirc^fnorbnungen,  ber  Jtirc9enbid)i))Iin  unb 
ber  Ort^obo^ie.    @d  ift  bebeutfam,  bag  Söfd^er  bie  Ort^obojrie  ^ier  gu  ben  subsidiis  re-  35 
ligionis  redtet    2)enn  ba$  f^b  fold^e  2)inge,  ,,tt>eld^e  bie  SBürbe  ber  ©nabenmittel 
ni^t  ^oben",  fonbem   ,,i^r  9lbfe^en  auf  ber  Sl^ften  allgemeinen  3uf^<^  u*^^  ^f  ^'^ 
Sri^alümg  ber  tpa^en  S^eligion  ^aben''.    ^nm  SSortourf  mad^t  er  bem  ^ietidmud  femer 
,,bte  Regung  unb  @ntfd^ulbigung  ber  @c^tt>ärmer"  tt>ie  ber  9(nl^änger  @(^toentfelbd,  ber 
ißbffmt,  Coburg,  Sredling,  ja  felbft  ber  Quäter.    Sl^aralteriftifd^  für  ben  ^ieti^mud  ift  ao 
aadf  ber  $erferti$mud,  b.  ^.  eine  Überf))annung  ber  f^orberung,  boQIommen  ju  fein,  ober 
bie  SlufpeOung  eine«  falfc^en  3Rafeftabe«  für  ba«  fog.  „toa^re  ß^tentum".  3)aöl2.3RerI* 
mal   ift  ber  SReformatigmu«,  b.  1^.  bie  bonatiftifc^e  ärt  unb  bie  toiebertäuferifd^e  SBeife, 
auf  Steformation  ber  Jtird^e  bon  ®runb  aud  )u  bringen,  unb  bie  geringfd^ö|ige  Seur« 
teilung  ber  äleformation  £utl(^erd  im  SSergleic^  mit  ber  bon  Bpmzt  begonnenen  (Sxntat^  86 
rung  bed  (^ftlic^  Sebend.    3)ad  13.  ^Kerbnal  ift  bie  Steigung  )um  ©d^idma  ober  ber 
SetHtratidmuiS,  n)eld^er  auf  (Srric^tung   bon  ecclesiolae  in   ecclesia   au^e^t  unb  bie 
^mmen  in  ber  ©emeinbe  ju  einem  befonberen  §äuflein  berbinben  toiD. 

SDlag  man  biefe  9(u^ä|lung  ber  SOterlmate  bed  ^ieti^mu«  ))ebantifd^  nennen  unb 
Softer«  äludfteQungen  ^ier  unb  bort  beanftanben ;  im  großen  unb  ganjen  l^t  er  richtig  10 
beobachtet  unb  mit  Sorgfalt  unb  äSorftc^t  aQed  ^ufammengefteQt,  tt>ad  bei  ber  Beurteilung 
bed  petidmud  in  Betraft  tommt.  @r  ift  beftrebt,  bie  ))ietiftifd^e  Sieform  ^iftorifc^  ju  be« 
greifen,  unb  er  ^at  bie  reblic^e  Slbftc^t,  ba«  berechtigte  in  ber  ganzen  Setoegung  anuter» 
tennen.  „SBir  fmb  ja  einig,  fogt  er,  in  bem  3^^*^/  ^^  §^/  ^^  SQäanbel  ju  beffem 
unb  ba«  red^tfd^affene  SBefen  ju  förbem.  ®eF^t  e«  benn  nic^t  aud^  in  'ben  3RitteIn?"  45 
S)emioc^  bermtK^te  er  toeber  ba«  ftegreid^e  SSorbringen  ber  ))tetiftifd^en  ^enltoeife  ju  ^emmen, 
noc^  ouc^  )u  einer  bödig  gered^^ten  unb  fachgemäßen  Beurteilung  ber  e^od(^emad^enben  Be* 
ta>egung  burc^jubringen.  —  ^0,  Songe  antwortete  mit  feiner  „abgenötigten  bölligen  ab« 
fcrfigung  be«  fog.  bottftänb.  Tim.  Verini"  unb  beröffentlid^te  bie  ©c^rift  im  Flamen  feiner 
JloOegen  1719.  Söfc^er  bagegen  erbat  fic^  eincÄonferem  mit  feinen  ©egnem.  3""^  S^eilw 
burc^  3'wjenborf«  Sermittelung  !am  fte  ^u  ftanbe.  ätm  10.  3Rai  1719  traf  man  in 
SDlerfeburg  gufammen;  bon  ^alle  toaren  §ermfd^mibt  unb  31.  §.  gfrandfe  erfd^lenen.  SWon 
t>er^anbebe  im  ®runbe  nur  bie  SeF^rc  bon  ber  Srleuc^tung  ber  ®ottIofen  unb  bie  2cl^re 
Mm  ben  9RitteIbinaen.  Sine  35erftänbigung  tourbe  nic^t  erjielt.  31.  $.  granrfe  übergab 
rtcline^  jum  ©c^^fuß  feinem  ®egner  eine  berfiegelte  Schrift,  in  ber  jebe«  3wfl^f*^"^"^*^ » 
baß  bie  ^aQenfer  in  etnem  fünfte  geirrt  l^ättcn,  auf«  entfd^iebenfte  abgelehnt  unb  Söfd^er 
erma^  nmrbe,  in  S^Iunft  ba«  ®erebe  bom  3)afetn  eine«  malum  pietisticum  einju« 
^en  unb  fid^  )u  befel^ren.  ^amit  mar  jebe  Slucfftc^t  auf  einen  Slu^leic^  gefcbtounben. 
30.  2ange  gab  nod^  einmal  eine  ,,(£rläuterung  ber  neueften  §iftorie  bon  1689  bi«1719" 
$craud,  benun^ierte  auc^  feinen  ®egner  bei  ber  fäc^ftfd^en  Slegierung  unb   betoirhe  bo«  eo 


598  SSfi^cr 

S3erbot  bn  Unf ewigen  Slad^rid^ten.  Söfd^er  mdffentlic^te  1722  im  )tt>etteit  XeU  M 
Tim.  Verinus  einen  Slad^trog  ju  ben  j^ftorifd^en  unb  fad^li^en  Vorlegungen  feined 
$au))ttt>erled  unb  fd^toieg  feitbem.  Ver  ))ietiftif(|je  Streit  ^5rte  bomit  auf,  ber  ®egenfa( 
ober  jtoifd^en  orti^ob^jrer  unb  ))ietiftifd^er  Venttoeife  Dermifcpte  ftd^  je  länger  ie  me^,  old 

6  ber  Siationoli^mud  bie  ^errfd^aft  gelDonn  unb  eben  badjeni^e  in  %rage  {leUte,  tood  Ort^o» 
bo^en  unb  $ietiften  gleid^  teuer  tt>ar  unb  bon  beiben  2!etlen  m  iDefentli^t  ®ntnblage 
bed  S^iftentumd  ))erteibig^  iDurbe.  @rft  im  19.  ^a^r^unbert,  nad^  bem  SBieberertoac^ 
be$  ©lauben^  unb  bem  Sieberaufleben  ber  alten  ®egenf<^e,  namentlid^  [eifern  baS  lin^ 
lic^e  Setou^tjein  tpteber  erftorlte,  erinnerte  man  fid^  bed  frommen  unb  ^len  93ortamt)ferd 

10  ber  Ort^oboEte  unb  erlannte,  ba^  iebe  befonnene  Beurteilung  bed  ^ietidmud  an  feine 
Unterfud^ungen  unb  an  feine  Jtrittl  antnü))fen  muffe. 

9(ud^  AU  bem  ®raf en  ^injenborf  unb  p  ber  ^rübergemeinbe  ift  Söfc^er  in  S»iel^ung 
getreten,  ^njenborf  ^atte  einen  tiefen  fR^pth  ))or  ber  gh^ömmigteit  unb  ®ele^ 
famleit  bed  ^redbener  @u))erintenbenten.  @r  Vermittelte  )tt>ifd^en  i^m  unb  ben  ^oUenfem. 

15  @r  fragte  Söfd^er  um  9tat  tpegen  feinet  @intrittd  ind  geifüic^  9(mt.    Sie  Unfc^ulbigen 

92ad9ri$ten  tpteberum  befd^äftigten  fid^  vielfach  mit  berSrübergemeinbe  unb  1736  ge^e 

Softer  ju  ber  Unterfud^ung^Iommiffton,  bie  Se^e  unb  Seben  ber  ®emeinbe  in  ^errn^ 

:  )rüfen  f oQte.    £5f d^er  unterfd^rieb  ben  günftig  angefallenen  Jtommifjton^eric^t  Sie  £e^ 

(bien  i^m  torreb,  bie  Orbnungen  ber  ®emeinbe  foE  er  betounbert  paben.    9Rtt  ber  3^ 

20  fc^eint  ftd^  Söfd^erd  Stellung  geänbert  ju  ^aben,  bod^  ifl  ©enauered  barüber  nic^t  )u  tt* 
mittein  (bgL  g.  ©.  $arl,  a.  a.  D.,  ©.  9,  18,  39  f.). 

äln  ber  $olemiI  gegen  bie  römifd^^Iatl^olifd^e  Jtird^e,  bie  in  3)re0ben  immer  me^ 
S3oben  getpann,  beteiligte  fic^  Softer  in  emfter  unb  toürbiger  äBeife.  9lbgefe^  bon  ben 
fc^on  genannten  ^tftorifd^en  Unterfud^ungen  über  bie  ©efd^id^te  bed  ^m)fttumd  unb  einer 

26  9lb^anblung  ,,de  periodis  et  conversionlbus  hierarchiae  eocleeiasticae'^  lommt 
^ier  in  Setrad^t  fein  ,,9lbgeh)iefener  Demas"  (1713),  ein  S)ialog,  toelc^er  bor  ätbfoll  jur 
römifd^en  fiird^e  toamen  foO,  ,,3flömif(^*Iatl^olifd^e  S)idlurfe"  (1717)  unb  bie  „§iflorie  ber 
mittleren  ^titm  aU  ein  Sid^t  aud  ber  ^nftemi^  bargefteHt^'.  SbenfaSd  burdb  poUa^ift 
SÜitfftd^ten  Deranla^  ift  fein  gro^ed  unb  tpertt)oQed,  leiber  unt^oUenbeted  äßeri  „SoQfi&m 

ao  bige  9leformation«s9lfta  unb  Documenta"  (3  3:eile  au«  ben^a^  1720,  1723  u.  1729), 
ba«  bi«  gum  ^a^re  1519  bie  DueQen  gufammenfteOt. 

@e^r  bcmerlen^toert  tt>ar  enblic^  Söfc^erd  Sluftreten  gegen  bie  SBolfffc^e  $^iti>fo))^te. 
93on  ^ugenb  auf  batte  er  fid^  mit  ber  Siid^tung  befd^fti^,  tpeld^e  fafi  gletd^geitt^  mit 
bem  $ieti«mu«  Dom  ®tanb))unite  einer  rein  Vernünftigen  ajjeltbetrad^tung   au0  flrittl  )u 

85  üben  begann  an  ber  Ort^obo^e  unb  an  bem  ©tauben  ber  d^ftlic^en  Jtird^e  oDer  ^n< 
fejftonen.  ©eit  bem  ^a^v^  1722  toanbte  er  biejer  rationalifierenben  ©enitoeife  ob«  „ber 
freieren  3lrt  gu  benlen"  feine  ganje  Slufmerlfamleit  ju  •  benn  in  bem  „})^ilofo})^tfc|ien  3«* 
biff erenti^mu«",  toie  er  fic^  au^brüdtte,  erlannte  er  bte  3Wac^t,  toeld^e  bisher  unerhörte  Um« 
toäluungen  in  ber  S^riftenlS^eit  ^erbeifül^ren  tperbe.    2)ie  £eibni^9BoIfff(^e  $^ilofo))^ie  toor 

40  in  Söfc^er«  älugen,  tro|  i^rer  Ionfert)atiben  Haltung,  gan)  baju  anget^an,  bem  p^io^ 
fo))btfd^en  ^nbi^erentidmu«  bie  SB^e  gu  bahnen.  Seit  bem  ^al^re  1723  toatntt  er  in 
äluffö^en  unb  ^rebigten  bor  ben  ®efa^ren  ber  neuen  $^ilofo))l^ie.  1724  erf^ienen  fein 
Stromateus  unb  fein  Antilatitudinarius.  ^a«  le^tereäBerl  befc^äftigte  ftq  bor^äglit^ 
mit  ber   fratuöfifd^en  unb   englifd^en  freibenlerifc^en  Sitteratur.    Snblidp  (1735)  trat  er 

46  birelt  gegen  9BoIff  auf  mit  einer  Steige  bon  äb^anblun^en  unter  bem3;itel  „Quo  ruitis?* 
@r  toanbte  ftd^  an  bie  ftubierenbe  ^ugenb  unb  bedEte  m  Ilarer  unb  über^eu^enber  SSeife 
ben  2Biberf))rud^  auf,  ber  )toifd^en  ber  äBolfffd^en  $^ilofot)^ie  unb  bem  S^^nftentume  be> 
ftel^e.  @r  be!äm))fte  3.  9.  bie  Se^re  bom  gureid^enben  ©runbe.  Sie  ift  unbereinbor  mit 
bem  ©lauben  an  bie  Offenbarung  unb  ^ängt  ^ufammen  mit  bem  Sege^en  nac^  dner 

60  $^ilofoj)^ie  a  priori;  „toir  aber  muffen  jufrieben  fein  mit  bem  äBiffen  a  posteriori". 
@d(^arffinnig  fritifierte  er  bie  Se^ren  bon  ber  beften  2Belt,  bon  ber  @b)igteit  ber  9B(Ü, 
bom  ©etoiffen,  bom  ®ebet  unb  bon  ben  SBäunbem  u.  f.  Ib. 

©0  ftanb  Söfc^er  in  jeber  Sejie^ung  mitten  in  ben  Setoegungen  feiner  3«*-  *^ 
gejd^loffen  für  bie  äBa^rl^eit^momente  aOer  9lid^tungen  blieb  er  bodp  fefl  unb  unerfc^W 

66  bet  ber  lut^erifc^en  Airc^enle^re  unb  hzf)au}ßttt^  bad  gute  SRet^t  be«  ebangelifc^lut^en^ 
Sefenntniffe«  gegen  aDc  feine  ®egner. 

3m  ^afyct  1748  feierte  er  fein  SOjä^rige«  aimt^jubiläum  unter  großer  S3eteiligung 
jal^Ireic^er  SSere^rer.  Er  ftarb  am  12.  3)ejember  1749.  ©eine  bon  i|m  felbft  biftiette 
©robfc^rift  lautet:  „V. E.  Loescheri  inquieta  in  laboribus  peractavita,  perynlnera 

eo  Christi  lenita    tandem  in  quiete  mortis  finita."    (i'*  d^ngel^arbt  f)  Oeivg  Wiler. 


Sagod  599 

£ogO0.  —  3-  ^-  SotpjoD,  De  Xoyfp  PhiloDis  non  Johanneo  adv.  Thomam  Mangey 
1749;  C^.  (&.  $engel,  Observationum  de  io^«^  Joanneo  Part.  I.  Opusc.  academ.  ed.  Pressel 
1834;  8fr.  ßüdc,  eommcntar  über  b.  eüQnfl.  bc8  SobanncS  r,  249  ff.;  3-  ®^t.  Ä.  o.  ^of* 
mann,  Scbriftbewci«  P,  102  ff.  unb  33ibl.  2:beol.  b.  i«5:,  ^erouSgea.  ü.  SSoId  317  ff.;  (5:§r. 
S.  Sut^arbt,  3)Qd  jobann.  (Soang,  2.  9t.,  255 ff.;  g.  @(r.  ^aur,  ^orlefungen  über  neuteft.  6 
tbeol.,  6.  851  ff.;  93.  2Bei6,  53iM.  X^eol.  bc»  9'J3:.,  6.  31.,  §  145  unb  ©omm.  jum  gobann.* 
eoang.,  8.  ^,  @.  46  ff.;  ^.  Bremer,  ©örtcrb.  bcr  neulcft.  ®räcitöt,  6.  Ä.,  ©.  551  ff.;  ^. 
g.  ^olfmann,  i^eutcftam.  Xbcol.  II,  368  ff.  unb  ^onbcomm.  IV,  32  ff.;  O.  ^fleibercr,  3)q« 
Ur^riftcntum  1887;  Ä.  ©cijfäcfer,  9(|>oftoI.  3citaltcr,  2.«.,  530  ff.  unb  bic  jobQnn.  fiogo«» 
lebrc  äbXb  1862;  ^.  ®.  ^ölemQun,  De  evang.  Joannis  introitu  1855;  &rj.  ©cUtfd),  3o*  lo 
^anned  unb  $bi^o  81^^^  1863;  3.  9f^Di0e,  La  doctrine  du  Logos  dans  le  quatri^me 
evangile  et  dans  les  oeuvres  de  Philon  1881 ;  ^.  ^.  gfrante,  ^ad  9&  bei  3o§<inned  1885 ; 
%,  ^axmd,  S)09inengef4t4te  I',  @.  92  ff.  unb  lieber  bad  93er^.  bed  $roIogd  bed  4.  Q^oang. 
ium  ganzen  ^erl,  B^lbS^  1892;  3-  Loftan,  ^ad  93er^öltnt8  bed  eoangel.  glaubend  ^ur  iio* 
goÄlebte  S^^^  ^897;  2B.  ©albenfperger,  2)er  Prolog  bed  4.  ^oang.  1898;  Zf^,  3abn,  din-  « 
leitung  in  ba«  9^2:,  II,  535  ff.;  ©.  ß.  SBcnbt,  3)a8  3o^anne8eüangeIiuni,  1900;  91.  9?.  3an. 
narid,  8t  JoWs  gospel  and  tLe  Logos  3"^^  ^^^^ »  3*  ©riU,  Unterfuc^ungen  über  bie 
(Smfte^ung  bed  4.  (fuang.  I,  1902 ;  ®.  93äumlein,  Serfucb  bie  93ebeutung  bed  jo^.  fiogod 
aud  ben  S^eligiondf^ftemen  beS  Oriente  ju  enttoideln,  1828,  unb  Kommentar  )um  3o6ann.' 
(^üang.  1863.  ao 

3uT  fiogodle^re  $^iIod:  (S.  (S).  fi.  ^rogmann,  De  Logo  Philonis  1829;  ^.  ^ein^e,  S)ie 
fie^re  Dom  fiogoS  in  ber  gried).  $biIofop^ie,  1872;  ®b.  SeQer,  $^tIofopbie  ber  ®rie((en  III, 
2«  ©.  338  ff.;  St.  ©iegfrieb,  $biIo  uon  «llejanbrien  al8  9lu«Ieger  be8  91$,  1875;  3- ^t^üitte, 
Le  Logos  d'aprfes  Philon  1877;  3.  3)rummonb,  Philo  Judaeus  II,  1888;  91.  9laa,  Oefcft. 
b<T  fiogoÄibee  in  ber  griec^.  ¥§ilofop]§ie  unb  ber  c^riftl.  Sitteratur,  2  ©be,  1896—99.  ^ 

^er  @mflug,  tpeld^en  bie  Sogo^Iel^re  auf  bie  Snttpidelung  ber  S^riftologie  geübt  1^, 
tji  fd^on  in  bem  biefer  getoibmeten  Slrtilel  8b  IV,  ©.  16—57  bej^onbelt  toorben.  ®arum 
bleibt  cax  biefer  @teQe  nur^n^lt,  Urf))rung  unb  Sebeutung  be^Segriffed  in  ber  biblifd^en 
Sitterotur,  indbefonbere  in  ben  jo^anneifd^en  ©d^riften  )u  b^pxtd^m. 

1.  2)er  gn^alt  be^  Sogodbegriffd.   ^er  Prolog  be$  4.  @t?angetium^  fteOt  ^efu  äßefen  80 
unb  Sßirten  bon  boml^erein  unter  ben  ©eftc^t^unlt  ber  (Srfdpeinung  bed  Sogod.    3)ie 
Sleinung  bed  (StKmgeliften  ift  unt^erlennbar,  bag  bie  ®röge  unb  2:ragtpeite  ber  ®efd^i(^te 
^efu  nur  bann  rid^tig  berftanben  tüirb,  tpenn  man  in  i^m  ben  Sogod  erfennt.  3^  biefem 
^toetf  legt  er  bar   1.  ba^  äBefen  bei^  Sogod  in  feinem  SSer^öltnid  ju  ®ott,  ^elt  unb 
9lenf(^^eit.    3^m  eignet  uranfönglid^  @ein  bor  aQer  äßelt,  ein  9Beilen  bei  (Sott,  bad  86 
txrfönlic^  »erle^  einfc^liefet  (jigög  x6v  ^eöv;  man  bgl.  j.  8.  m  13,  56;  2Äo  5,  8) 
unb  gdtäic^e^  äBefen.  93. 1.  2.    9Qed  ®ef(^affene  ift  burd^  t^n  getporben:  o^ne  i^n  giebt 
t&  lein  £eben  unb  obne  biefed  lein  Sid^t  ber  @rtenntnid  unb  bed  $eiU,  95. 3. 4.    2.  @ein 
Ser^öltnid  }um  2^fer.    2)iefer  ift  im  Unterfc^ieb   bom  Sogod  in  ber  3^  oetDorben 
(iyiyeTo),  eme  menfc^lid^e  $ro)}^etengeftalt  mit  bem  Seruf  Dom  Sid^t  }u  geugen,  93. 6—8.  40 
Sr  felbjt,  ber  Sogod  bagegen  ift  tro|  aQer  93erfennung,  ber  er  begegnet,  ber  HRittler  eined 
tmtnberboren  neuen  Sebend  für  aUe,  bie  ibn  aufnehmen,  93.  10—13.    3.  Seine  ^bentität 
mit  3^ud  S^ftud.    Ser  Sogod  tparb  f^leifd^  unb  gab  eine  $errlid^teitju  flauen,  tpie 
fie  nur  ein  einiger  ©o^n  bom  93ater  emt)fängt,  befte^enb  in  ®nabe  unb  Sboi^rpeit,  93. 14. 

g^m  berbontt  ed  bie®emeinbe,  ba^  fte  nic^t  melS^r  am  mofaifd^en  ®efe(  ftd^  mu^  genügen  46 
ffen,  fonbem  bun^  3^um  S^riftum  in  bad  Clement  ber  ®nabe  unb  SBo^r^eit  erhoben 
tji,  93.  16.  17.    2)er  einige  ©o^n,  toie  ber  im  %lÄ\d)  erfd^ienene  Soao«  l^eiftt,  —  bie 
S^ort   uoyoyevfjg  ^eög  mug  tro|  il^rer  fe^r  ftarfen  93e^eugung  afd  bie  entfc^ieben 
untDO^rfc^einlu^e  gelten  —  bermag  allein  ©ejc^auted  bon  Sott  m  berlünbigen,  tpeil  er 
(ane}eit)  )um  ^ufen  bed  9Saterd  ^ingetoanbt  ift,  93.  18.    2)amit  ifel^rt  ber  $rolog  )u  fei«  60 
nem  Xnfang  )urütf,  inbem  er  ben  ))erfönlid^en  93erle^  mit  ®ott  bon  9lngeftd^t  )u  äln« 
geftc^  au  ben  unbergleid^lid^en  93or)ug  bed  Sogod  l^erbor^ebt,  einen  93or}ug,  ber  nunme^ 
auf  Sefum  S^riftum,  ben  einigen  ©ol^n  übertragen  ift.  3)er  an  bie  @))i|e  geftellte  Sogo^ 
begriff  fyit  in  biefer  älu^fül^ng  fortfd^reitenb  an  93eftimmt^eit  getponnen  unb  )toar  in 
boqpt)€lter  äBeife.    Sinerfeit^  ift  fein  ^n^olt  burc^  eigenfc^^aftlidbe  ^röbilate  berbeutlid^t  65 
toorben:  Stmateit,  93erle^r  mit  ®ott,  göttlic^e^  äBefen,  Seben,  Sid^t,  ®nabe  unb  äBa^r« 
1^.    S)iefe  $räbilate  tommen  il^m  in  fo  abfoluter  Sßeife  m,  ba^  fte,  tt>ie  bied  93.  9  mit 
t6  (ffbg  gef^ie^t,  ba^  ©ubjelt  felbft  bertreten  tonnen.     Sutbererfeitd  tpirb  ber  Sogod  auf 
bem  SBeg  ber  ))erfi5ntic^en  ®Iei(^ung  näl^^er  beftimmt.    @r  erfd^eint   in  ber  ^Äi  atö  ein 
einiger  ©o^n,  mit  bem  ber  93ater  aOe^  gemein  \iai,  er  ift  ber,  bon  toeld^em  ber  Käufer  60 
imgt  unb  bon  bem  bie  ®emetnbe  i^ren  ^eft^  an  ®nabe  unb  äUabr^eit  emt)fängt,  ^efu^ 
@^rt{faid,  „ber"  einige  ©o^n,  ber  }um  93ufen  be^  93aterd  j^ingetpanbt  ift,    Unb  nad^bem 


600  Sagoi» 

biefe  t)erfönli(l^c  ©leid^ung :  „ber  Sogo«  tp  ber  ©ol^,  3efu«  (S^riftu«"  boagogen  \%  totrb 
ou^  i^re  abfolute  ®eltung  boburd^  ffaü>titQtf)ohm,  ba^  nunme^  be(  @ol^  Subfät  tmcb 
unb  bie  ^nüion  bed  Sogo^,  bie  Jtunbma^ung  ®otted  t^m  old  $r&btlat  betgelegt  totrb: 
ixsTvog  i^rjyi^aaTO. 

5  3)arin  liegt  bereite,  tpod  ber  gange  übrige  @))ra%ebrau(^  ber  jol^netfc^  Schriften 
beftötigt,  ba^  rf  AcJyo^  ba«  ^^SBort",  nid^t  bie  ^^SBentunft"  bebeutet  (in  Itifimm  Sinn 
ftnbet  ftc^  bod  @ubft.  Xoyog  im  91X  über^u^t  nid^t,  too^I  ober  Aoyix(ic  9ld  12, 1 ; 
1  $t  2,  2).  9{ur  ^en  tt>ir  bobei  nic^t  an  bie  abftealte  %(mn  bed  äBorted  )u  beiden, 
tponac^  ed  bie  lautliche  S^orfteDung  eined  Segriffed  ift,  fonbem  an  bie  tontr^  Sebeu« 

10  tung,  bie  e$  für  ben  geiftigen  SSetxe^  l^ot,  inbem  ed  bie  ilunbmad^ung  etned  ®^anlens 
ober  aSiaen^in^oItö  bermittelt.  3)ad  9Bort,  bad  bei  ®ott  ift  unb  in  bie  SBelt  tommt, 
f)at  bie  ^nltion  feine  ©ebanlen  unb  (Sntfd^Iüffe  )u  o^enboren,  fie  in  bie  SSdt  ^tnou^ 
gutragen,  bamit  fte  bon  ben  ba)u  befähigten  9Befen  erlonnt  unb  angeeignet  toerben.  3R<m 
tpirb  aber  nid^t  mit  ^ofmann  Dabei  {teilen  bleiben  lömten,  SogoiS  fei  bod  9Bort,  toüd^ 

16  ber  3Be(t  geprebigt  tpirb  unb  bon  ü^  geglaubt  fein  tpill,  bie  at)oflo(ifd^e  Sertünbtguna, 
beren  Sn^alt  S^ftu«  ip  (©d^riftbeto.  2.  ».,  I,  109  f.,  »ibl.  Sl^eol.  b.  312,  321  ff.).  JHe 
in  ber  3&dt  erge^enbe  ^etl^erfünbigung  lömtte  bie  $räbilate  nid^t  empfangen,  todäft 
ber  $roIog  mit  bem  Sogo^  berbinbet.  3luf  jjene  pa^t  toeber  baiS  ^v  ngog  riv  ^tiv 
SS.  1,  nod^  ndvxa  dC  avxov  hivexo  38.  3.   Slamentud^  toürbe  35. 14  bei  biefer  5^""Ö 

20  gerabegu  tribial ;  er  befagte,  ba^  bie  a))oftoIifd^e  3SerIünbtgung  in  bie  ftd^tbore  Srfqeimmg 

i getreten  fei,  tpä^renb  bo$  ^ier  offenbar  eine  Srfd^einung  bejeugt  toirb,  toelc^e  bie  ebange« 
ifd^e  3Serfünbigung  erft  möglid^  mad^t.  $ofmann  felbft  lamt  feine  S)eutung  nur  fo  burd^ 
führen,  bag  er,  too  bied  nötig  erfc^eint,  bon  ber  a))oftolifd^en  3SerIünbigung  ut  i^rem  )^* 
fönlid^en  ®egenftanb  überf))ringt,  bamit  berlä^t  er  bann   aber  attd^   bie  Snologie   ber 

26  biblifd^en  ^Jormeln  X6yog  rov  ^eov,  Xöyog  rrjg  äXtj^etag  u.  f.  to.,  benn  biefe  bqeii^en 
bad  9Bort  bon  (S^riftud,  nic^t  (S^riftu«  felbft.  Suc^  ber  erweiterte  äSegriff  bed  fc^Ite^ic^ 
unb  barum  in  aller  Jtunbmad^ung  ®otted  bon  9lnfang  an  entlM^^^  Offenbonmg^ortd 
genügt  nic^t,  um  ben  Sinn  be$  Sogo^namend  audgubrüden  (Sut^bt,  ^od  jo^.  @bang., 
2. 31.,  S.  255  ff.).    2)em  33erfajfer  bon  33. 14  liegt  nid^t  fotoo^l  boran,  bie  Summe  ber 

80  göttlid^en  Offenbarungen,  in  ber  $erfon  Sl^rifti  toie  in  einem  33remtt)unlt  jufammem 
gufaf[cn  —  biefer  ®ebanle  iji  gtoar  in  35. 4  u.  9  mit  entl^alten,  bleibt  aber  unbetont  — ; 
er  toitt  bielme^r  kövog  unb  adg^,  alfo  Steiget  unb  ßri^Kt^^i  §immlifd^  unb  SjWf^ied 
gur  Sinl^eit  berlnü))ten.  3)arum  ift  i^m  ber  Sogod  nid^t  bie  bon  je^er  an  bie  SSelt  er^ 
gangcne  Offenbarung  fonbem  eine  tranSfcenbente,  ber  St)^äre  be«  göttlid^en  Sebend  an« 

86  gehörige  ©röfee.  ©enauer  ift  er  eine  $erfon,  bie  mit  ®ott  al^  i^m  toefendbertoanbt  ber» 
le^rt,  bann  in  ^leifd^e^eftalt  eingeigt  unb  ol^ne  33erluft  i^rer  übertoeltlic^en  äirt  unb  i^ 
unbergleic^Iic^en  ©otte^bertel^rd  ba^  beim  33ater  ©efd^aute  audfagt  tmb  feinen  9latf(^lu| 
boOgic^t.  Stic^tig  an  ber  $ofmannfd^en  9luffaf[ung  ift  aQerbtn^iS  bied,  ba^  ber  £ogo^ 
begriff  nic^t  ba^  bortoeltlic^e  3Befen  ©^rifti  im  ®egenfa|^  }u  femer  irbif^en  Srf^ietnung 

40  unb  ^nftion  begeic^nct,  bielmel^r  biefe  mit  umfaßt,  ja  in  t^nen  erji  feinen  Flamen  rec^t* 
fertigt.  2)enn  bag  SBort  ift  erft  bann  gong,  toa«  fein  Slame  fagt,  toenn  e8  au(^  für  ben 
$örer  ba  ift.  ^er  ))erfönlt(^e  Sl^aralter  bed  Sogod  toürbe  an  [xd^  attd  ber  ^bentiftlotion 
mit  bem  Sof^n,  ^efu^  Sl^riftu^  nod^  nid^t  folgen;  ed  lönnte  ja  bamit  and^  bie  ^edung 
einer  5ßcrfon  unb  einer  allgemeinen  j^nltion  aufgelegt  fein ;  too^l  aber  gei^t  er  ou«  S.  1 

46  unb  3  unb  ber  SSerloertung  biefeö  ©ebanleng  in  35.  18  ^erbor.  derjenige,  ber  fo  W 
®ott  toar,  bag  er  i^n  gefc^aut  ^at  unb  immerbar  fd^aut,  mug  in  aSen  Stabien  feinet 
2)afeing  atö  $erfon  gebac^t  fein.  3)ieg  beftätigt  fic^,  toenn  toir  bie  anberen  ©rtoö^mmgm 
be^  Sogo^  im  f)3ejifif^en  Sinn  in  ben  jol^anneifd^en  Schriften  in«  äuge  faffen  1  go  1, 1 
ift  ber  loyog  rfjg  ^corjg  toie  bie  Ccorj,  bie  i^m  nac^^er  fubftituiert  toirb,  gteid^fall«  Irin< 

60  blo^  fad^ltc^e  ®rö^e,  fonbem  ber  })crfönli(^e,  erft  übertoeltlic^e,  bann  innertoeltlic^e  Irfiga 
be«  Seben«,  beffen  5lame  Sogo«,  „Offmbarer"  l^eifet.  Unb  nod^  beutlid^er  toirb  a[j)fl9,13 
ber  SReiter  auf  toeifeem  5Pferb,  ber  ®otte«  ®erid^te  auf  ßrben  ftegreid^  boHftredt,  oB 
5Perfon  gebac^t;  6  koyog  rov  '&eov  ift  im  Sinne  be«  3?erfaf[er«  eine  ebenfo  )>erfönrtt^ 
Sejeic^nung  toie  bie  beiben  onberm  9iamen,  bie  er  trägt,  „Äönig  ber  Äönige"  unb  „§cn 

56  ber  §erren",  35.  17.  Sogo«  ift  bemnac^  in  ben  jöl^anneifd^m  Schriften  bie  al«  ^etfjm 
an^ejc^aute  Dffmbamng  ®otte«  in  §eil  unb  ®eric|)t,  ber  ein  bortoeltlic^eg  unb  nac^ 
irbifd^e«  Sein  beim  33ater  toie  eine  ©rfd^cinung  in  ber  3^*  unb  im  %\v\i^  juloinnrt. 
3toifc^en  bem  übertoeltlid^en  unb  bem  innertoeltlic^en  Sein  be«  £ogo«5  —  bofür  geugt  bie 
ganje  äbftc^t  be«  ^ßrolog«  —  beftel[|t  eine  3)iffermj  nic^t  bem  SBefen  fonbem  nur  ba 

60  @rf^einung  nac^. 


Sagai»  601 

2.  aSol^  l^t  ber  aSerfaffer  btcfen  ©egriff  gefd^öjjft?  a)  ®tefe  ^age  beantlDortct  fid^ 
bei  ber  ^ofmannfd^en  ^ffung  einfad^;  aud  bem  ©{»rad^ebroud^  ber  neuteßamenttid^en 
®mehtbe  (tJgL  aai)  50^.  3al^,  ßmleitunö  in  bog  913:.  II,  539).  5Dtefe  t)fleöte  mit 
6  iUS/og  Tot;  ^eov  ober  aud^  mit  d  Xöyog  aSein  bie  et^angelifd^e  ^eil^botfd^aft  ju  be» 
meinen,  bie  i^ren  ^eildftonb  begrünbete  unb  nöl^e.  ^axan  fc^Iie^t  ftc^  ber  SSerfaffer  6 
bed  4.  @t)angeliumd  an,  nur  fo,  ba^  il^m  bobei  ber  (»erfönlic^e  ^n^alt  biefer  Sotfc^aft 
t)0rf(^ft)ebt  äBedl^Ib  biefe  äluffaffung  nid^t  }ureid^t,  ift  oben  gezeigt  toorben.  9(1^  ein 
Slittelglieb  für  bie  Übertragung  bed  Sogo^begriff^  auf  bie  $erfon  ^efu  ift  bie  Don  ^of- 
mann  gebenb  gemad^te  9(n{nü))fung  bon  SBei}föd(er  (9()}.  Seitalt.,  2.  9(ufl.,  532  f.)  unb 
^ol^mann  (9{euteft.  ^eol.  II,  373)  anerlannt  toorben,  toö^renb  &axnai  (RX^R  II,  lo 
223,  Xnm.  2)  einen  genügenben  Setoei^  an^  ben  jo^anneifc^en  S^riften  fdbft  bafür 
k)enni^. 

b.  ätnbere  betrachten  ald  Duelle  bed  Sogo^begriffed  bie  altteflamentlid^en  9(udfagen 
t>tm  aSBorte  ®oüe«  (fo  namentlich  9.  SBeife,  Äomm.  ju  ^o^anne^,  S.S.,  ©.46 ff.; 
9{euteft.  33^eol.,  6.  9(.,  611).  3)afür  fann  geltenb  gemacht  toerben,  ba^  ber  iol^anneifd^e  i6 
$rolog  un))erlennbar  unb  toieber^ott  auf  ben  €d^ö))fungdberid^t  ber  ©eneftd  anf))ielt,  fo 
SB.  1.  3.  4.  10  unb  ba^  namentlid^  in  ben^falmen  unb  bei  ben  $ro))^eten  eine  ))oetifc^e 
Serfelbfiftänbigung  bed  SBorted  ga^bed  aU  ber  in  bie  äßelt  au^efanbten  fc^affenben 
unb  errettenben  a»ad^t  jtc^  finbet.  ?}f33,  6.  9;  107,20;  147,15;  3ef9,  7;  55,10f. 
SCDetn  bamit  toerben  toir  boc^  nid^t  über  bie  SSorftetlung  ^inau^efül^rt,  bag  ®otted  SBirt»  ao 
famteit  in  ber  SBelt  burc^  bad  unfinnlid^e  ^Otittel  feinet  SBorted  b.  ^.  feinet  befd^Io^enen 
unb  audgefproc^enen  SBiQen^  {tc^  boO}iel^e.  ®otted  ©eiftigleit  unb  SlÜmac^t  fmb  bie 
Elemente  biefed  ©ebanlend,  unb  feine  unbebingte  @in^eit  lägt  für  bie  SSorfteQung  eined 
))erf5nlic^en  ^rinji))^  neben  i^m,  bad  feine  aSelttoirlfamleit  Vermittelte,  leinen  9laum.  3lu^ 
ber  STnrr;  "^«bw,  auf  toelc^en  ^engftenberg  (S)a^  ©Dang,  be^  ^t.  ^ol^nne«  P,  7  ff.)  26 
rebtrriert,  ift  in  äßirtlid^Ieit  lein  folcfed,  fonbem  eine  @rfc^einungdform  bed  @inen  ®otted. 
^tm  Umftänbe  machen  e$  untoo^rfc^einlid^,  ba^  t?om  altteftamentlid^en  „9Bort  ®otted''  aud 
eme  btrette  Sinie  jum  jjo^anneifd^en  Sogod  Weitergeführt  ^ätte.  SBo  auf  rein  ^ebröifd^em 
93oben  in  ft>äterer  ^Äi  bie  2lbee  einer  fc^5))ferif(|en  ^Otittelurfad^e  erfc^eint,  ba  fnü))fen 
^  bie  entf))rec^enben  Slnfc^auungen  nid^t  an  ben  Segriff  bed  SQSortd,  fonbem  an  ben  ber  so 
SBei«^  ^r  8,  22—31 ;  ©i  24.  Unb  too  bafür  ober  baneben  ba«  „ffiort"  eintritt, 
toie  im  85ud^  ber  SQ3ei  9, 1;  16, 12;  18,  15  f.,  ba  fte^en  toir  nid^t  me^r  auf  rein 
idraelitif^em  ®runb,  fonbem  im  Sereic^  gried^ifd^er  Sinflüffe,  \pti\dl  ber  ftoifc^m  Sogo«- 
le^  ($einje  a.  a,D.  192  ff.),  ©obann  fe^lt  e«  gänglic^  an  einer  SSerbinbung  be«a55orte« 
[o^bed  mit  bem  meffianifc^m,  alfo  bem  dgmtlid^  ^eil^efd^id^tlid^ten  ©ebanlenheid.  86 
loOte  man  ftc^  tro^bem  borfteOm,  bag  ber  Serfaffer  bed  $rologd  felbftftönbig  auf  bie 
altteftomentlic^e  Se^e  Dom  ®otte^ort  jurütfgegangen  toöre  unb  biefed  auf  ®mnb  ber 
Sbentifilätion  mit  ber  5Perfon  gefu  jur  ^ßerfönlid^Ieit  erbobm  ^ätte,  fo  ^ätte  er  biefm 
Don  i^  fortgebilbeten  Sogo^begriff  lebmfaQ^  nic^t  al^  einen  feinen  Sefem  too^lbefanntm 
einfügen  tonnen,  toie  er  bod^  t^ut.  Semerlen^toert  unb  le^rreic^  ift  in  biefer  ig^infid^t  40 
ou^  bie  Art,  in  loelc^er  ber  $ebräerbrtef  ba«  toelter^altmbe  „SBort"  in  feiner  inftm« 
mentalen  93ebeutung  belägt  unb  ed  bem  „@o^n''  unterorbnet  (1,  3).  3)ie  jo^anneifd^e 
Sogodle^re  fonn  bamm  tool^l  bm  altteftamentlic^en  ®ebanten  Don  bem  in  ber  SBelt 
toinfamen  ®ottedtoort  in  ftd^  aufgenommen  ^aben,  aber  fte  ift  nid^t  au^  Diefem  allein 
^otgeoongen.  46 

c)  vtoq  tomiger  lägt  fic^   eine  Slnlel^nung  ber  jo^anneifc^m  Sogo^lel^re  an  ben 
®ebrauc^  ertoeifm,    toeld^m  bie  iübifc^'))aläftimfd^e  X^eologie  Don  bem  9Bort  ^la^Ded 

S^Tp-^,  ""n  «^a-n  gemad^t  bat.  ®er  ^^"^^  bimt  ol«  abftratter  Segriff  ber  3}er« 
ung  bed  ®ottednammd  unb  oer  SSergeiftigung  ber  ®otte^orftellung ;  er  toirb  bed^alb 
überall  ba  an  bie  ©teile  ®otted  felbft  gefe^ft,  too  beffm  ^anbeln  in  ber  ®efc^td^te  in  so 
Siebe  fke^t,  ober  too  ber  Xtj^t  in  fmnlic^m  unb  antl^ro))omor))^ifd^m  9(u^rüd(en  Don  ®ott 
Rmc^t,  alfo  ®otte«  9Jlunb,  Slngefid^t,  äuge,  $anb,  ^üge,  §erg,  ®eift,  ©eele  nmnt.  an 
eine  lonirete  Q^)ßo\ia\t  ber  ®ottl[>eit  ober  an  ein  5Kttteltoefm  gtoifd^m  il^m  unb  ber  SBelt 
ift  bobei  nic^t  gebadet  (Dgl.  §r.  SBeber,  ^aläft.  I^eol.  174 ff.;  ®.  5Dalman,  ffiorte  3efu, 
I,  187 ff.;  3R.  ®in«burger,  ®ic  änt^ro^omot))^i«mm  in  ben  2:^argumim.  1891).  5ür66 
ben  (ÜDon^eliftm  beftanb  lein  älnlag,  ftc^  biefer  rabbinifd^m  Siebeform  an^ufc^liegm  unb 
ebenfolDmtg  lagt  ft^  ein  inl^altlid^er  ßufammm^ang  ^totfd^en  il^r  unb  ber  jo^anneifcbm 
SogoiSle^re  angäm;  ja  ed  bleibt  fraglid^,  ob  jme  rabbinifc^e  ®etoo^n^eit  nid^t  felbft 
f<^ott  unter  bem  @influg  ber  gleich  )u  bef))rec^mben  ale^anbrinift^^iübifd^m  3)enItoeife 
entftanben  ift  (Dgl.  3.  ©c^ürer,  ®efd^.  b.  jüb.  Soltek,  III',  557 ;  ^einje  a.  a.  0.  296).  eo 


602  S«gH 

d)  Sie  ^oleitung  ba  ]c6anneif(^  2ogod(cbrc  auS  ber  olcranbnmf«^  Stcfigiimd: 
)>btIofo|>6tc,  fpqieQ  aud  ^btlo  ift  fc^on  im  18.  ^oM.  Don  eimdncn  ^ot^dfenx  Dcttretoi, 
im  19.  u.  0.  Don  2üdt  imb  bc  SSette  angenommen,  bann  ababefonber^  bun^  bie  S^ule 
$.  6br.  Sauz^  luu^brüifltc^  geltcnb  gemoi^  tootbtn.  Sie  Schiebungen  fbib  ^cc  aOcr- 
6  binge  fc  marniigfaltid  wib  toeitreicbenb,  bog  faum  bloB  an  felbfifianbtge  ^orallden  gebo^ 
treiben  lann,  bie  nur  einen  beiben  gemeinfamen  [ttbif«^  Soben  ^ur  Soroudfef  ung  p&tcn. 
^bUo  (ca.  20  b.  ßbr.  geboren  unb  nadf  bem  ^obr  40  ber  c^ri^  3^^^'^<4^'^itn9  gegolten), 
an  ber  religiöfen  Üeberlieferung  feine»  iBoUd  imb  an  ber  beibmfc^  Silbung  feina  3^ 
glei<^  febr  interefftert,  finbet  im  ic^o^  bos  Siiti^iA  gimfcben  ber  ^rondfcenbeni  beS 
10  ieraeliäfc^,  insbefonbere  bed  fpätjübifc^  Sottesbegnffd  unb  ber  ^mmonen^  b^  &btu 
lidftn  in  ber  33eü,  h)e((^  bie  ^eitgenof^c^  ^bilpf o|>bie  Dertxitt   Sr  tt)ei|  ftd^  aü  &buler 

Serofiitd  (Quis  rer.  div.  haer.  43),  ber  im  ioytK  einen  XuSbrud  f^  bie  Dcmunftige 
efe^mdgigfeit  M  33eb)nn>3efied  gef<^en  botte;   ^SIoM  S^eenle^  ift   i^m   Mrtraut; 
mx^  unmittelbarer  aber  bot  auf  ibn  bie  Sebre  ber  Stoa  bom  Sogod  old  bem  abteen, 

u  bernünftigen  teleologifc^  $nn|i)>  getoirtt,  toelc^  bie  leibenbe  SRaterie  gefioltet,  orbnet 
unb  bHebt  ^nbem  er  biefe  Don  ^aufe  aui^  txmtbeifitfcibc  äbtfc^auung  mit  bem  idrae& 
ü\dfm  @ottedbegriff  berbinbet,  getoinnt  ber  l'ogod  eine  StittelfteOung  )tinf(^  ®ott  mA 
ber  äSeb ;  er  ift  Augleic^  bie  bem  göttlicben  Soifen  immanente  ffieb  m&>  ber  in  ber  Sßdt 
iDirffame  @ott    Sie  S<beu  eine  unmittelbare  Serü^rung  ba  emfad^,  er^benen  unb 

30  unenbltc^  @ott^  mit  ber  enblic^  SBeb  ju  beulen,  fubit  i^  über  bie  SorfteDung 
eina  im  Sogod  au^ebrüdten  blo^  Nidation  beiber  binaiid  unb  lo^  aud  bon  Sogod 
eine  felbftftdnbige,  t?on  @ott  unterfcbiebene,  juloeilen  unDerfambor  ))erfönli<^  geboc^te  ®i^ 
toerben,  bie  aber  ibrer  33ermittIecroQe  entf)nre(^enb  balb  me^  }u  ®ott  geredet  tmxb  ab 
devreooQ  9e6g,  vlbg  ngayröyov(K,  eixcor  lov  deot\  balb  mdjx  jur  äBelt  old  xooßioi 

25  vonrog,  äo^^hvTiog  iöia  unb  Inbegriff  ber  in  ber  9Beb  toirtfam  ioyoi  unb  dvrdfjui^t 
bau)  enbli(^  m  bie  !D2itte  jjoifcben  beiben  gefteDt  toirb  ald  äyydüog  ngeaßurajog.  Seutlid^ 
ald  fein  metat)bt^ftfc^  gbarofter  ift  feine  mittlerifc^  ^unltion.  "  @r  ift  bad  ÖQyavw 
ber  göttlichen  SSeÜbtlbung,  ber  genfer  be^  äSeltlaufd  unb  %vifm  ba  grommen,  ba 
ioßAfjvevg  &eov  unb  7to(xprfxrig,  ber  @otted  SBiOen  Derfunbigt,  aber  aw^  ber  Aqx^Q^*^} 

80  ixirrii;  unb  ziaqdxkrjiogt  ber  bie  äKenf^  bei  @ott  Dertritt  mib  ibnen  ®nabe"audloir&, 
fur^  ber  luairrjg  in  jebem  benfbaren  Sinn:  lo^mologif^,  moralifd^  unb  religio^.  Sie 
3$erträgli(^teit  biefer  beQenifcben  9?orfteOung  mit  feiner  Doterlic^  Sleligion  ^e^t  $l^o 
bun^  ibre  Sertoanbtfc^aft  mit  bem  mofaifc^  S<^dpfertoort  uxib  mit  ber  f)>cü]übifd^ 
Gngellebre  t^erbürgt.    iDtoBgebenb  für  feinen  Sogo^kghff  finb  freiließ  biefe  jäbifc^en  Sie» 

36  mente  nicbt  getoefen.  Sie  @runblage  bilbet  ber  ftoif($e  @ebante  ber  ber  iEBeU  immanenten 
göttlich  SSemunfttoirtfamleit.  9(ber  in  ber  fc^iQemben  Unbeftimmtbeit  beö  Sogoä>egriffed 
bat  aud^  bad  göttliche  Sc^öt^fertoort  Slaum  unb  ber  jübif^e  Sinf^lag  bringt  ya  ben 
toemologifc^en  ^been  bie  religiöfen  ^nterefjen  bingu  (bgL  bie  SarfteDungen  bei  Sude, 
Setter,  |>einje). 

40  SoQ  bad  S^erböltnid  ber  job.  Sogoelebre  jur  t>biIonif(^  (bejlD.  ale^anb.  überj^KQifO 
beftimmt  b>erben,  fo  fmb  }h>ei  ^agen  auseinanber  m  bolten:  1.  93eftebt  gtoifc^  beiben  inbolt? 
lic^e  Übereinftimmungi*  unb  2.  ^oben  beibe  biefelben  begrifflii^  ScorfteDungdmittel  gemein? 
Sie  3$emeinung  ber  erften  ^yrage  fcblie^t  bieSejabung  ber  ^meiten  nic^t  aud  unb  bte@e< 
meinfamieit  ber  Segriffe  unb  Senfformen  ift  auc^  bei  loettgebenber  Sifferenj  ber  bann 

46  au^ebrüdten  9lnf(^uungen  für  ftd^  oQein  ein  @runb  jur  ^ftfteQimg  bed  gef(^ic^tfi(^ 
3ufammenbangd.  9tun  fonn  oUerbing^  Don  einer  einfachen  Uebema^me  ber  ))^iIonif4<n 
^ogoele^re  burc^  ben  4.  Guangeliften  nic^t  bie  Siebe  fein.  Safür  gelten  bie  religiöfen 
SRotibe  unb  Überzeugungen  auf  beiben  Seiten  Diel  ^u  n>eit  audeinai&er.  Sei  ^^Ißo  g^ 
^ört  ber  Sogoe  ebenfotoobl  auf  bie  Seite  ber  äBelt  tote  auf  bie  ber  ®ott^,  bei  go^araicd 

60  fle^t  er  über  ber  Kreatur.  Sei  ^^ßbilo  giebt  ed  neben  bem  n^ßviajog  idyog,  bem 
ein^eitlid^en  göttUdben  'IBeltgebanfen  unb  fc^öpferifcben  3BeIt))nn)it>  eine  Siel^  bon 
ioyoi  b.  ^.  Don  Demünftigen  teleologifcben  Gräften  in  ber  SBeb,  bei  ^obanncd  ift  ber 
ioyog  einjig  in  feiner  Slrt.  Sei  ^^bilo  burc^Iäuft  ber  Sogod  alle  Stufen  ^iDifc^en  bei 
SorfteOung  eined  ))erfönli(l^en  SSiefend  unb  ber  einer  bloßen  göttlich  Sigenfc^aft  ober 

66  itraft  (^ein)e  295),  bei  ^o^nned  ift  er  burcbgongig  ald  $erfon  gebac^t.  Sei  ^ß^  i9 
er  bad  aOgemeinfte  Sein,  tö  Yevtxanaror,  bei  ^obonned  fonfrete  ^ecfon.  ^ilo  ftebt  in 
Sinnlic^feit  unb  Seiblict^feit  etn  ber  @ott^eit  entgegengefe^ed  ^tvayUp  unb  eine  2a|i  für 
bie  Seele,  bie  auf  aSttA\dftm  3Beg  ^u  übertoinben  ift,  ^ol^nned  ^bet  feinen  Slnflo^  in  ber 
grlciff^koabung  bed  Sogod  unb  ift  frei  Don  jeber  befonberen  aefetifc^  Xenben).    ^^ 

eD  imn  nur  eine  SEBcItbilbung  burc^  @ott  gelten  laffen,  ^ol^Kmned  ta>ei|  Don  eina  e^em< 


Sogoi»  603 

Bd^  Qd^bp^riQ,  einer  xaraßoXhxdofiov  (17,  24).  Sei  5ßl^iIo  tp  aud^  eine  unmittet 
bore  »erü^nfl  Ooüeg  mit  ber  SBelt  au^efd^Ioffen,  bei  ^o^anne«  toirtt  ®ott  felbfk  auf 
pe  unb  in  ü^  aDejeit  (5, 17)  unb  ni^t  blofe  burc^  ben  So^n  (14, 10),  fonbem  fo,  bafe 
et  felbp  bie  TOenfc^en  jie^t  (6,  44),  betoo^rt  (10,29;  17,  11.  15)  unb  für  ben  ©o^n 
3eu0ni«  ablegt  (6,  32.  37).  Sei  W^o  ift  ber  ©eflenfaft  bon  ®ott  unb  ffielt  ein  meta:=  6 
p^^dfcc,  bei  ^o^anne«  ein  religiö^^et^ifd^er  (bgl.  ^ierju  Süie  a.  a.  D.  291  ff.  unb  be» 
fonber«  granle  a.  a.  D.  90—143,  too  bie  ®ifferenj  beiber  änfc^auungen  fd^arf  ober  nid^t 
ol^e  Übertreibung  gegeid&net  toirb).  3Rit  aD  bem  ift  inbeffen  nur  fonftatiert,  bafe  ber 
Sögo^bwriff  in  unferem  ßbangelium  eine  burc^au^  neue  SBenbung  emj)fängt,  inbem  ba« 
gefc^i^tU^e  §eiteh)irlen  Sefu  (S^rifti  ju  feinem  tDefentlid^en  Sn^alt  toirb.  35ancben  bleibt  lo 
aber  bie  anbere  3:^tfad^e  bott  befte^en,  bafe  ba«  S3egriff«material  be«  ^o^.'®bang.  ftd^ 
in  h)eitem  Umfang  mit  bem  t)l^iIonijd^en  berft  unb  in  biefer  aSoHfkänbialett  ftd^  eben  nur 
in  ber  alejanbrinifc^en  (Sebanlentoelt  toieberfinbet.  $ier  toie  bort  ift  ber  2ogo«  ber 
aRtttler  gtoifd^en  ®ott  unb  ber  SBelt  für  ba«  ®ebiet  be«  natürlichen  toie  be«  religio«« 
Rttlid^  fieben«.  ®aft  im  2ogo«  bie  dö^a  ®otte«  toiberftra^It  (De  monarch  I,  6),  i6 
iKi^  er  ben  TOenfd^enfeelcn  ba«  göttlid^e  fiid^t  bermittelt  (De  somn.  I,  40 f.),  ba« 
Kanna  fi>enbet  (Quis  rer.  div.  haer.  16.  29),  baft  er  in  feinem  ©d^affen  ba«  Seift)iel 
®otted  bor  Xugen  l^ot  (De  confus.  ling.  14),  ba^  er  in  ber  2Belt  bie  ®egenfä^e  ber- 
bomift  unb  binbet  (Quis  rer.  div.  haer.  26 ff.;  De  profug.  20),  ba|  er  unter  ben 
9lenf(^en  al«  naodxXmog  toirft  (de  vlta  Mos.  III,  14),  all  ba«  ^at  toenigflen«  ber  ao 
gform  nad^  feine  parallelen  bei  ^o^anne«  (bgl.  ©iegfrieb  a.  a.  D.  317—321).  5Rimmt 
man  ba)u  noc^  anbere  d^arafteriftifc^e  güge  bed  4.  Sbangeliumd :  ha&  ^ntüLittüm  bed 
$aruftegebanten«,  bie  Sntfinntid^ung  be«  ®otte$begriffed  (1, 18 ;  4, 24),  ha&  ©d^toeigen 
bon  ben  ®&monif(^en,  bie  ^erbor^ebung  be«  ^eil^erlangen«  bei  ben®rie(^en  (12,  20  ff.) 
ben  fraglos  f eftfte^enben  Untberfalidmu«,  bie  Beleuchtung  ber  ebangelifd^en  ^eil^botfd^ft  36 
burc^  aögemetne  SBegriffe  toie  (pcog,  iXri&eia,  l^corj,  bie  SBertung  be«  yiyvioaxuv,  fo 
toirb  man  ftc^  ber  Srlenntni«  nic^t  berfd^Iie^en  lönnen,  ba^  ber  SSerfatfer  mit  bem 
^eOenifUfc^  ^l^bentum,  fei  ed  in  ber  ^^ilonifc^en  ober  einer  anberen  ))0))ulären  ®eftalt 
iDO^I  bertraut  ift  unb  iebenfaQ«  „unter  bem  formalen  Sinflug  ^eQeniftifd^er  Senltoeife" 
fte^t  (^^ad,  33:]^Ä  II,  229).  ßben  bamit  em})fängt  aber  bie  Verleitung  be«  2ogo«*  so 
begriffe«  au«  biefer  DueHe  ein  ^o^e«  "^a^  bon  SBa^rfc^einlid^feit. 

@ine  Stötigung  aud^  ba«  S|riftu«bilb,  tote  e«  un«  in  ben  Sieben  ^efu  unb  ber  ebange« 
ßf^en  ®efc^id^t«er)ä^Iung  entgegentritt,  au«  ))l^iIofo))^ifd^er  ©))e{uIation  ^er^ulriten,  ergiebt 
^  borau«  !eine«toeg«.  ^^^^  einbringenbere  Sefd^ä^gung  mit  bem  @bangelium  fü^rt  auf 

Öltric^  3^0^^  ^i^  ^"^  9(bleitung  au«  ber  Sogo«ibee  toiberftreiten,  toeil  fte  bie  gefd^id^t«  86 
en  SSejie^ungen  ber  ^ßerfon  unb  SQSirffamleit  3«f«#  bie  et^ifc^e  Sebingt^it  fdne«  35er» 
bältniffe«  pxm  Sater,  bie  menfc^Iic^e  äBa^rl^eit  feine«  leiblichen  unb  feelifc^en  £eben« 
pari  unb  boc^  ganj  abfid^t«Io«  ^erbortreten  laffen.  ^urd^  aOe  ®otte«^errIidt[teit  be«  Sogo« 
fc^einen  immer  bie  ^üge  einer  menfd^Iic^sgefc^id^tlid&en  3!"bibibualität  l^inburd^.  9)(an 
tmib  barum  immer  bte  toirtlid^e  ®ef^id^te  al«  bie  eigentlid^e  DueQe  be«  jol^nneifd^en  ^ 
6bripu«bilbe«  )u  betrad^ten  ^aben.  ^arnad  glaubte  barau«  fd^Iie^en  gu  foQen,  ba^  ber 
(Emflu^  be«  Sogo«begriffe«  nid^t  über  ben  Prolog  ^inau«reic^e  unb  bag  biefem  nur  bie 
9U)De  einer  (Einleitung  in  bie  ebangelifd^e  ®efd^id^te  jufomme,  toelc^e  ^eDeniftifc^en  Sefem 
ba«  Serftänbni«  ber  ^terfon  ß^rifti  erfd^liefeen  unb  %\x^\Äii  falfc^e  d^riftologifd^e  Sor« 
fteOunßen  beric^tiaen  folle  (32:^^  II).  2)ie«  bürfte  fo  laum  aufredet  )u  erhalten  fein,  tf 
S>er  em^lic^,  funftbolle  $lan  be«  gan;(en  9BerIe«  toiberftrebt  einer  berartigen  ^folierung 
be«  Prolog«  (bgl.  »albenfj)erger  a.  a  D.  165;  §ot$mann,  Sleuteft.  3:^eol.  II,  372). 
Die  2ogo«Iej^  toirft  o^ne  gtoeifel  burc^  ba«  ganje  (Sbangelium  ^inburd^  nac^.  Slber 
fie  ift  oUerbing«  nic^t  bie  ftopd^e  DueQe,  au«  toel^er  ber  @t)angelift  fd^ö^ft.  @te  bient 
nur  bagu,  bie  au«  ber  ®efc^ici^te  ftammenbe  reltgiöfe  Jlonje^tion  be«  SSerfaffer«  gu  be«  60 
buchten.  Die  alqranbrinifc^e  £ogo«lel^re  ift  bielfeitig  unb  biegfam  genug,  um  bem  93ers 
faffer  bie  Snfc^auungen  bar^ubieten,  bie  feiner  ®lauben«auffaffung  gemö|  finb  unb  biefer 
{eOß  ifl  ein  ®rift  bon  fold^er  ©elbftftänbigfeit,  bon  folc^er  ©tärle  im  Slufne^men,  toie 
tm  Xbk^en  unb  ®eftalten,  baft  er  jener  nur  ba«  entnimmt,  toa«  feinem  ^\oti  bienen 
bmite,  nämlid^  bie  abfolute  unb  uniberfale  $eil«t^at  ®otte«  in  S^riftu«  }ur  älnfc^auung  66 
tmb  )um  Serftänbni«  ju  bringen.  Die  ^Beleuchtung  ber  et^angelifc^en  ®ef^ic^te  burd^  bie 
2oeo«le^  IfCiX  barum  nic^t  au«  bem  Weffta«  ^«rael«  ba«  Std^t  ber  SBelt  h)illfüriic^  ge» 
miSj/i,  ober  fte  \^i  ben  9lu«brud(  für  ba«  bargeboten,  toa«  er  toirtlic^  toar.  Da«  Sted^^t 
biefer  Aombtnation  bon  ^bee  unb  ®efc^ic^te  ertoeift  ftc^  barin,  baf;  ber  etoige,  unerfd^5))flid^e 
iMfciX  ber  @^ftu«^erfönlic^Ieit  eine  folc^e  ^eleud^tung  nid^t  nur  ertrögt  fonbem  forbert.  eo 


604  iwfß» 

ÜBer  bie  ^oge,  ob  Me  Snerlenrnrng  olq^aiibrmtfc^  (Sttif&tffe  nn  So^atmcMangditim 
bie  älnnol^e  femed  btreft^oftolifc^  Uiftmmgd  julcfffe,  tfi  in  älterer  tmb  neuerer  ^ed 
berf(^td>en  beurteilt  toorben.  SUäjm^  (Sut^.  2)ogm.  I*,  467  f.),  ^tant  ^bdUfiif  (3I^£Ut 
1863,  210  ff.),  $.  a[.  SB.  9le^  in  ben  frfii^eren  Auflagen  feinet  Jtommentard  boben 

6  betbe^  vereinbar  gefunben  tmb  mx^  neuerbingd  fyd  $.  $.  SSenbt  im  toefentS^en  ebenfo 
geurtetU.  Snber^  f))Te(^  ftc^  R.  aSeigfocfer  (ßfy.  3eitalt  S.  537)  unb  9L  $.  gfconle 
(a.  a.  0.  92)  oud.  2e|taer  notürlid^  nur  ^ot^etif^,  ba  er  felbft  ben  3^ammenl^ang 
bed  jo^onneifc^  mit  bem  ))^onifc^  Sogoö  befireitet  Sie  @ntf(^ung  liegt  bier  jebem 
foQd  nid^t  blo^  in  ber  Seurteilung  ber  Sogoiäe^.  9lur  tarnm  man  ed  für  oudgefc^loffm 

10  ^en  mü^e,  bo^  in  ber  jo^onnetfc^  (Sefc^t^erja^bmg  ein  Stugenjetige  fdbß  r^, 
bamt  tpürbe  mdf  bie  S^ertoenbung  bed  Sogo^begriffed  mit  )u  ben  Jterni^eicpen  |u  re^en 
fein,  bie  einen  blo^  inbireften  3ufammen^ang  be^  StHmgelmmd  mit  bem  9pt^,  beffen 
3lamtn  ed  trogt,  ftxi^c^einli^  madftn. 

e)  3)er  aSoOftonbigleit  t^en  fei  f^Ke^id^  mx^  ertool^,  boft   1828   S.  Saumlein 

15  berfud^t  fyd,  bie  Duelle  bed  jo^onneif^len  Sogo^egriffed  in  orientotifc^  ff^idl  inbifdSien 
unb  )>erftf(^  Steligton^f^flemen  )u  finben,  aber  1863  in  feinem  Jtommentar  über  \xii 
Sbangelium  bed  ^o^onne^  feine  frü^  Setoeidfü^ng  teilloeife  (freigegeben  unb  feine 
9[nfi(^t  bol^in  mobi^giert  fyd,  bie  jo^onneifc^  SogoiSle^  ^abe  i^  CueQe  lunöd^i 
in  ber  alq:anbnnif(^übifc^  unb  tueiter  )urüd(  in  ber  orientalifc^  (Snofi^  (@.  23.  27). 

20  Sine  genauere  3)arlegung  ber  entft)red^enben  gefc^ic^ttic^  Q\x]ammtn!^&niic  ^  er  mä^ 
gegeben. 

3.  Um  bie  Sebeutung  ba  jo^anneifc^  Sogo^Ie^  3u  befHmmen,  barf  man  i^ 
h>eber  bie  ^ereffen  ber  ))^iIonif(^  mx^  biejenigen  ber  f))ateren  Krt^Itc^  Sogoäe^ 
unterlegen;   bielme^  mu^  man  ftd^  fheng  cot  bie  (SrIUtrungen  bed  Sbangelt^  felbfi 

26  ^Iten.  3Bie  tmr  gefel^  ^aben,  bebarf  er  bed  Sogod  nic^t,  um  bie  tiefe  iOuft  jkoifc^ 
@ott  unb  ber  3Belt  ^u  Überbrüden  unb  ein  imtertoeltlid^  SBirten  ®otted  über^au))t  aß 
möglid^  erfc^nen  )u  laffen.  ^r  ii^n  liegt  bie  S^eiüung  bed  Sogod  gam  auf  bem 
religiöfen  ®ebiet,  fofem  er  bie  SlnttDort  auf  bie  ^age  ent^:  9Ba  i^  ®ott?  äSie 
lomme  ic^  ^u  i^m  unb  lum  Slnteil   an  feinem  Seben   unb  Sic^t?    @d  ift  borum  au<^ 

80  nic^t  rid^tig,  h>enn  man  fagt,  ber  Sogo^begriff  biene  i^m  baju  bie  $erf on  ^efu  S^rifK  )u 
einer  to^mifc^en  Sebeutung  ju  ergeben,  in  ibm  ben  Slittler  ber  3Beltfd^dt>fung  unb  SBeU« 
er^Itung  aufzuzeigen.  3)er  @a^  ber  SSermtttelung  ber  @<^ö))fung  bun^  ben  Sogod  ift 
für  i^n  nur  eine  Station  auf  feinem  2Bege.  @r  bient  baju,  ben  xoofxog  b.  ^.  bie  ge^ 
famte  ÜRenfc^entoelt  bem   @igentum^oII  ^^rael  gleic^nujteOen.    2)er  Sogod,  burc^  ben 

35  bie  äBelt  gefc^ffen  ift,  ift  auc^  für  bie  2BeIt  ind  t^^eif^  gelommen.  ^e  SRiffton  aber, 
bie  er  an  btefem  unit)erfalen  Jtrei^  au^juri^ten  ^,  ift  bie  foteriologifc^,  ®ott  yd,  offene 
baren  unb  bamit  @nabc  unb  SBa^^eit  ju  bringen.  2Bad  Dem  Sogod  an  todmologifd^ 
Sep^ungen  anl^aftet,  bad  totrb  ^toar  nt^t  ati^etilgt,  aber  ed  toirb  in  ben  ^enft  bed 
^etl^toerfe^  ßj^rifü  gefteQt.    9lu(^  ber  ©ebanle,  ba^  ber  Sogo^  bie  gefamte  Offenbarung 

40  ®otted,  bie  gefd^ic^tlic^  ergangen  ift,  in  fu^  ^ufammenfaffe,  bag  er  olfo  fc^on  bie  Offem 
barung  @otted  an  bad  altteftamentltc^e  ^unbe^oR  Vermittelt  ^obe,  ift  ni^^t  ber  ßielpunft 
bed  ^rolog^.  Sem  SSerfaffer  liegt  nic^t  fotool^I  baran,  bie  @in^eit  aSer  Off enbarung  na(^s 
mtoeifen,  fo  toenig  er  biefe  natürltd^  in  ^age  fteUt,  er  betont  bielme^  bie  Überlegen^ 
Der  im  fleifd^geloorbencn  Sogog  enti^altencn  Offenbarung  über  bie  mofaifd^  ©tufe  (1, 17). 

45  Ser  Sogod  garantiert  barum  ntd^t  fotool^I  ben  inneren  3ufammen^g  ber  (^fÜi^Htn  mit 
ber  i^raelitif^en  Offenbarung,  Dielme^r  ben  SSorrang  ber  erfteren.  SBeit  e^er  liegt  in  ben 
®ä|en  über  bie  aQgcmetnc  Vermittlung  be^  Seben^  unb  bed  Sid^td  burc^  ben  2ogod 
(1,4.9)  eine  (freiließ  nur  rcIatiDe)@leid^fteIIung  ber  Dorc^riftlic^en  religio^ftttli^en  Srtmnt^ 
ni^  in  "^^xatl  unb   in   ber  3Söl!ertoeIt  (Dgl.  18,  37).    SHBenn  bemnac^^  ber  SJerfaffer  M 

50  4.  (Sbangelium^  bie  ^crfon  ^efu  ß^rifti  mit  bem  2ogo^  ibentifigiert,  fo  toill  er  auf  eine 
allgemein,  auc^  außerhalb  ber  ©renken  be^  i^raelitifc^en  SSolfötumd  berftonbUd^  3Beife 
ba^  Urteil  au^fpred^en,  bafe  ^^\x^,  ber  2BcIt  übergeorbnet,  in  ©emeinf^Kift  mit  ®ott  ^e^le 
aU  uranfänglid^er  3KittIer  feinet  fc^öpferifd[»en  unb  crlöfenben  SBiDenö  unb  bafe  er  eben 
barum  in  fetner  gcfd^tc^llid^en  (Srfd^einung  bie  abfolute  unb   uniDerfale  @elbftoffenbarung 

56  ®otteö,  ber  au^fcbße^Iic^e  Präger  unb  i^ermittler  be«  $eitö  fei.  Stur  biefem  religiojcn 
Urteil  gehört  fein  ^"tcreffe;  alle  metat)l^^rif(^en  ^fragen,  bie  ftd^  baran  lnüt)fen  unb  btc 
feit  3uftin  bie  Sogoölc^re  ju  einer  Duelle  Don  Problemen  gemacht  ^en,  läfet  er  un* 
berührt  SQ3ir  erfa^en  toeber,  tote  er  bie  5PerfönlicbIeit  be«  Sogo«  mit  ber  ßinbeit  ®ott«« 
Vermittelt,  nod(^  toie  er  fte  ju  ber  farüfc^en  3Renfd^ennatur  ind  SSerl^öltnid  gefef^  ^ ;  unb 

eo  leine  nod^  fo  mihofb>))if(^  S^egefe  bermag  i^m  eine  3(nttt>ort  abjuni^tigen  auf  fragen, 


Sogod  So^tt  605 

bie  er  ftd^  nid^t  gcfteUt  ^ot.  ^iefe  fouk>etäne  9(tt  Probleme  aufjugeben,  ober  fte  nid^t 
fd^ulmä^ig  )u  löfen,  fonbem  bie  ©egenfö^e  intuitib  }ufammen)ufcl^auen,  d^arolteriftert  bad 
tditgiöfe  3^0nid  im  Unterfd^ieb  bon  ber  )>I^Uofo))^if(|en  @))enilation. 

Som  Urf)>rung  be^  £ogod  aui  ®ott  ift  niemals  bie  Siebe;  and}  ber  ))]^iIonifd^e  ®es 
bonle,  baft  ®ott  i^n  bur^  Sieben  ind  ^afein  ruft  (^einje  288),  tpirb   nirgenb^  ange«  b 
beutet    ^er  @o^nedname  tritt  im  Prolog  erft  im  @efoIge  ber  J[leifc^ti)erbung  auf  unb 
ßiovoyenjg  fyd  nad)  bem  ®)>rad^gebrauc^  lebiglic^  ben  @inn  ber  dtnjigleit  (bgl.  %f).  Qalfn 
<L  (L  D.  544).    SRur  bom   gejc^i^tlic^en  3«fw^  V^  ^i«  SBerben  (1, 14),  ber  £ogo«  ift 
uronfängKci^  ha  (1, 1).     SBo«  ba«  äJerptnig  be«  £ogo«  jur  aJlenfc^^eit  3efu  betrifft,  fo 
bot  man  ibaiS  jo^anneifc^e  S^riftudbilb  balb  entfd^ieben  boletifc^  gefunben  (fo  nic^t  nur  lu 
^aur,  aud^  neuerbingd  ^albenf))erger  171),  bolb  bon  jebem  boletifc^en  3ug  freigefi)rod^en 
(fo  }.  S.  Soof«  4, 29  ^.  37  f.),  beibe«  nid^t   o^ne  eine   getoiffe  ejegetifc^e  Berechtigung. 
aOetn  biefe^  )ti)ief))älttge  Urteil  betoeift  nur,  ba^  bie  Sereinigung  bed  {cbeinbar  Snt« 
gegengefc^en  für  ben  93a:fajfer  leine  @d^ti)ierigleit  in  ftd^  fc^He^  Si^riftud  ift  i^m  ebenfo 
ein  göttli(^e^  ©ubjelt  toie  eine  menfc^Iid^e  $erfon,  bie^u  ®ott  betet  unb  i^m  gel^or^^t  u 
3)ie  SSnnoi^me,  ba|  nur  ein  Xeil  bed  Sogod  in  ben  9)cenfc^en  ^efud  eingegangen  toöre 
ober  bo^  biefer  bei  ber  ^(eifd^toerbung   fein  SBefen  irgenb  ))eränbert  ^ötte,  toiberftreitet 
ber  Koren  Slbftc^t  be^  $roIogd.    9Ran  ge^t  ober  aud^  fc^on  über  bad  ^inau^,  toad  ber 
Sixmaelift  fagt,  toenn  man   ben  £ogo^  bem  3Renfc^en  ^^vii  eintoo^nen  ober  i^n  baiS 
§(eif(9   toie  ein  5t(eib  anjiel^en  lö|t.    3)ie^  n)ürbe  er  nid^t  burc^  6  Xdyog  oglq^  iyiveio  ao 
ou^ebrüdEt  l^en.    @eine  d^riftologifd^e  älnfd^uung  lautet  einfad^  ba^in,  ba^  ftd^  m  bem 
gef(^i(^tli^en  $erfonIeben  ^efu,  biefei^  in  feiner  2)otaIität  ))erftanben,  bad  etotge  über» 
toeltliAe  fieben  be^  Sogod,  biefe^  gleic^foQd  in  feiner  2)otalität  gefa^,  fortfe^t 

SSon  ber  Sogo^lel^re  ber  f)>äteren  Xl^eologie  ift  mit  9lec^t  gefagt  toorben,  fte 
orbne  eine  logifd^e  Sluffaffung  bed  ^eitö  ber  et^ifd^en  über  unb  fte  fül^re  enttoeber  ju  26 
betftifd^en  ober  )u  bant^eiftifc^en  Jtonfequenjen,  je  nad^bem  bie  Nennung  ober  bie  SSer« 
binbung  im  Segriff  be^  jLuoltrjg  jtoifc^en  &ott  unb  ber  SBelt  betont  toirb  Q.  Jtaftan, 
33^  VII,  8  f.  17).  3ion  ber  jo^anneijdjen  £ogo«Ie^re  gilt  hai  nidjt,  toeil  ^ier  ber 
£ogod  lein  logi{c^nneta))^tfc^ed  $rin)i)),  fonbem  eine  burc^aui^  religiöfe  ®rö^e  ift. 
S)ed^alb  ift  er  auc^  lein  ^itteltoefen,  toeber  @ott  nod^  ^enfd^,  fonbem  lann  ebmfo  mit  ao 
®ott  felbft  (14,  9)  toie  mit  ber  menfc^Kc^m  $erfon  ^^efu  )ufammmflie^m.  2)araud  folgt 
ober  freilid^  auc^,  ba^  und  ber  £ogodbegriff  leine  meto^^i^ftfc^e  @rtenntnid  bed  inner« 
göttlich  £ebend  getoä^rt.  @r  befagt  nur,  ba^  bie  SSurjeln  bed  gefc^id^tlic^  ^erfom 
lebend  ^efu  in  bad  etoige  £ebm  ®otted  jurüdheidben.  9lmnm  toir  bm  ^räe^iftentm  bad 
SEBort,  fo  ^abm  toir  baran  nur  ein  ä3ilb  für  ein  SSer^öItnid,  bad  und  erft  im  Sla^mm  ber  35 
gef(^i^tli(^  Offenbanmg  beutlic^  toirb.  ^er  £ogodbegriff  ift  bamm  too^I  geeignet,  jebe 
e^nftologie  abjutoe^ren,  bie  in  ^efu  nur  eine  ))ro))^etifc^sgeniaIe  ^erfönlic^Ieit  fd^en 
tooQte;  er  forbert  bie  älnerlennung  feined  SBefend}ufammm^angd  mit  @ott,  o^ne  ben  bie 
Xbfotut^eit  feiner  gefc^i^tlic^en  3Riffion  nic^t  gebac^t  toerben  fann;  aber  er  ber^tlft  und 
m  feinem  Sinblid  in  bie  @e^eimniffe  bed  innergöttlic^m  £ebmd.  2Bo  man  biefe  trand«  40 
kenbente  (Srtmntnid  aud  ber  £ogodle^re  meinte  fc^5)>fen  }u  lönnen,  ba  f^at  man  bilbKc^e 
SorfteQungen  für  meta))^yfifc^e  Segriffe  genommen.  @o  beleuchtet  ber  £ogodbegriff  too^I 
bie  ©efc^iäte  mit  bem  £ic^t  ber  @toigIeit,  aber  er  lann  und  auc^  bie  Stoigteit  nur  im 
£i(^t  ber  ©efc^ic^te,  nic^t  in  i^rem  eigenm  übertoeltlic^m  £ic^te  offenbarm.     O.  Stitn. 

Solfn.  —    ©.  S3ci6,  3)ic  fiepte  ß^rifti  uom  fio^n.  3).  3citfc6r.  für  (ftr.  ©iffcnfcft.  1853 ;  46 

Ji.  TOe^l^om,  3)er  fio^nbegriff  3efu,  SprX^  1876;  91.  S^eumclftcr,  ^ie  neutcft.  Sichre  Dom 
o^n,  1880;  ^^eoeling,  2)ie  neuteft.  £e^re  uom  £o^n.  X^eol.  ^rb.  aud  bem  r^ein.  roiff.  $reb. 
«crein  VII.  6.  57-90;  D.  Umfrlb,  a)ic  fieftre  3efu  oom  fio^n  nadj  ben  S^nopt.  X^eol. 
6tub.  aud  föürtt.  1886;  ^.  ®d)ulg,  ^ie  ^etoeggrünbe  )um  fittl.  ^anbeln  im  oorcbrtftlic^en 
3drocI,  %f)^tSt  1890  unb:  a)cr  filtlicöc  ©egriff  bed  «erbicnfted  ebbaf.  1894;  ST.  3uncfer,  3)ad  50 
3(6  unb  bie  ^otioütiun  bed  ^iOend  im  a^rtftentum.  1891;  ^.  gacobt^,  Ü^euteft.  @tl)it1899; 
«.  litiud,  3)ic  neuleft.  fie^rc  üon  ber  eeligtelt  I— IV,  1895-1900;  ^.  ^.fficnbt,  3)ie  fic^rc 
3efu,  2.  «ufl.  1901,  6.  166 ff.;  ©.  e^r^orbt,  2)cr  ©runbcftaraftcr  ber  (&m  3efu,  1895; 
ß.  (Eremer,  3)ic  poultnifdje  mc^tfertigungdle^re,  1899,  6.  359—368;  9litf*l,  Slc^tf.  unb 
»erf.  U\  6.  33 f.  UI»,  @.  241  f.;  5t.2^iemc,  3)ic  fittlidje  Xricbfroft  bed  ®Iaubcnd,  1895.66 

S)te  I^L  Schrift  bertombet  nid^t  feiten  bm  Segriff  bed  £ol^nd  um  bie  @etoi^^eit  au^ 
fvMUtm,  bafe  ®ott  felbft  bem,  ber  feiner  ftttlic^m  ^orberung  ge^ordje,  bm  ©nb^folg  bed 
SBol^(ergd«nd  unb  ber  perfonlic^m  Sefriebigung  t>erbürge.  Sludfagm  biejer  ^rt  rufm  bad 
\>cippdU  S Arnim  l^erbor:  1.  ob  bie  3t^<^udfic(^tftellung  eined  £o^nd  nicpt  bie  2:riebfä)er 


606  S^l^tt 

bed  fttdtc^en  ^onbeln^  berfdlfc^,  bte  in  ber  unbebtngten  SBertfc^ätemg  bed  ®itten  ob  fob^ 
o^e  ade  egoiftifc^  Ste&engebonfen  befte^  ntuffe,  itnb  2.  ob  ba  ®ninbfa(  bcr  So^n» 
erteUung  flä  bie  gtite  %fyA  nid^t  in  unauflösbarem  SBibciftmu^  ^c^  mit  bcr  nomoidtt^ 
Don  ^imilud  fo  noc^brädltc^  gelegen  Segrünbung  b«^  ^6U  auf  ®otM  ®nabc  Qm  ein 
6  fic^ereS  Urteil  über  biefe  ^agen  )u  geioinnen,  muffen  toir  mtf  bod  ®e6tct  ynfic^e^, 
bem  ber  So^egriff  urf))rüng(i(i^  angehört,  nämlid^  auf  boS  toirtf<^afÜi^  So^nlKr^äbntd. 
1.  ^m  $rtoatleben  ift  ber  So^n  bie  Sntfc^öbigung,  bie  bem  Xrbeto  ffir  feine  bem 
i^ntereffe  eines  onberen  getoibmete  Srbeitdtraft  )u  teil  toirb  (3.  Gonrob,  £eitf.  |um  6tub. 
ber  iRationaldtonomie  @.  73).    SS  befielt  ^ier  bie  SorauSfe^g,  ba|  iebermamt  nur  in 

10  feinem  eigenen  ^ntereffe  t^ätig  fein  totQ.  @oD  er  für  fronbe  toit^dja^idft  ^ntm^ 
gewonnen  toerben,  fo  mu^  biefer  9lrbeit  burc^  bie  getöol^rte  Sntft^igung  eine  inbiridte 
Sejie^ung  jum  eigenen  ^ntereffe  gegeben  n)erben.  ^n  ber  gorm  b^  So^nS  fe^  fo  bie 
%xud^t  ber  Slrbeit,  toüd^c  bireft  einem  anberen  bient,  inbireb  ju  i^rem  Urheber  jurücL  C6 
oer  £o^  in  einer  bem  Srbeitenben  toertboQen  ätealleiftung  befte^t   ober  in  ®db,  ift  \ux 

16  baS  SSer^tniS  a(S  foId^eS  gleic^gilttg ;  bo(^  erlaubt  bie  @(^ffung  eined  foU^  aDge^ 
meinen  ,,(SntgeItS''  einen  leu^teren  unb  auSgebe^eren  JbiSgleid^  ber  toirtfc^oftÜc^  ^ 
tereffen.  3Rit  ber  Snttoidelung  beS  Serte^  bilbet  fic^  aber  au(^  nottoenbig  eine  Siegel 
beSfelben,  eine  9lec^tSorbnung.  Unter  i^^rent  (Sinfhi^  ift  ber  2ofyx  nid^t  mel^  blo|  ein 
toiniürlic^  gel^anb^abteS  3Ritte(  jur  Srtangung  k>on  Slrbeitdfräften ;  ed  bilbet  fic^  ber  ®runb< 

30  fa|f  einer  gebü^enben  ä[quit)alen)  bon  Seiftung  unb  2o^  ^n  ber  rec^tlid^  georbneten 
©efeDfc^aft  ift  ber  Soj^n  in  ber  Siegel  }um  Voraus  k>ereinbart;  er  fann  ober  au(^  bem 
@nnef[en  beS  Sm))fängerS  ber  9lrbeitS(etftung  überlaffen  bleiben  unb  bann  nur  tnm  beffen 
SiHigteit  ertoartet  toerben.  Sßer  o^ne  ^fyn  für  anbere  arbeitet,  ber  tl^ut  bieS  ouS  Qk« 
fö&igleit    Vorauf  lann  ober  im  allgemeinen  nid^t  gerechnet  ta)erben,   ba  ein   foU^  um 

25  entgeltlicher  3)ienft  befonbere,  für  baS  älrbeitSDerl^tniS  felbft  )ufäQige  Se^iel^ungen  bcr 
betreffenben  ^erfonen  borouSfe^t. 

(Sine  ettoaS  anbere  SetoanbtniS  ^  eS  mit  ber  (Sntfc^igung  für  dffentliclK  S)i(nfi' 
leiftungen.  ^n  Jeber  organifterten  ©efeUfc^ft  giebt  eS  auc^  X^ottgleiten  für  bie  olU 
gemeinen  i^ntereffen,  toelc^e,  toeil  fte  einem  grö|eren  JtreiS  )u  gute  tommen,  in  getoiffen 

80  t)on  ber  Sillpemeinl^eit  getoä^rten  SSergünftigungen  materieller  ober  ibeeOer  Xrt  im  Snt» 
fd^äbigung  fmben.  ^a|in  gehören  bie  X^ätigleiten  beS  öffentlich  Seamten,  beS  ätic^trcS, 
beS  Se^rerS,  beS  ^riefterS  u.  f.  to.  ^er  Umftanb,  ba^  ein  ^Deil  biefer  ^nttionen  cii 
unbejal^lteS  (S^renamt  auftritt  ().  93.  im  alten  Slom),  toeift  barauf  ^in,  ba|  ^ier  ein  toirt 
fameS  inneres  ^otik>  borauSgefc^t  toirb,  auf  toelc^eS  ber  $ritHitbienft  nic^t  rechen  tann. 

8s  (SS  beftel^t  ntc^t  blo^  im  @^rtrieb,  fonbem  bor  aOem  im  @emeinfmn  unb  in  bem  Se« 
ftreben  beS  Talents  fid^  )ur  (Geltung  }u  bringen,  ^ier  ift  beS^b  auc^  ber  unentgeltlich 
^ienft  nic^t  eine  unberechenbare  ©efäUigleit,  fonbem  eine  gemeinnü^ige  Seiftung.  38emi 
bie  älllgemeinl^eit  ftc^  bennoc^  beranla^t  fte^t,  eine  Sntfd^öbigung  für  fold^e  $)ien^  ^ 
getoö^en,  fo  n)ill  fie  nic^t  baS  auSfc^lie^lic^e  3Rotik>  ju  ijiirer  $en)orrufung  fc^ffen,  fom 

40  bem  bem  für  i^re  Qto^it  brauchbaren  unb  }u  gemetnnü6iger  Sirbeit  toilligen  Xolent  bie 
3Röglic^Ieit  getoä^ren,  o^ne  bie  Sorge  um  bm  etgmen  unter^  in  ber  äirbeit  für  baS 
öffentliche  ^ntereffe  aufjuge^en  (ogl.  9t.  Q^ering,  berStoed  im  Siedet,  2.8L,  ©.93  ff.).  J)er 
fiol^nbegriff  begegnet  nni  l^ter  auf  einer  ^ö^eren  @tufe.  ^ier  ift  borat^efe^,  ba|  cS 
$erfonm  gebe,  bie  mit  i^rem  3:alent  unb  i^rer  Äraft  bem  ®anjm  bimen  toouen,  toofem 

45  il^nen  bieS  burc^  bie  älbna^me  ber  Sorge  um  bie  eigene  S^iften^  ermöglicht  koerbe.  2)ieS 
bem^t  i^ule^t  barauf,  ba^  bie  ©efamt^eit  an  ben  Sin^elnm  einen  älnf))mc^  ^at,  ber  bon 
einem  anberm  @in^elnen  nic^t  erhoben  toerben  lann.  flennen  toir  biefm  So^n  ^ö^erer 
Orbnung  93elo^nung  (ein  äBort,  baS  im  ©mnbe  blo^  baS  allgemeine  ^ringi))  ber  QnU 
jc^öbigung  überl^aupt  be^eic^net),  fo  ift  ju  fagm,  ba^  ber  So^n  baS  auSfc^lie|li(|^  Stotit) 

60  für  bie  Überlaffung  ber  eigenen  ^rbeitSfraft  an  ^rioate,  bie  93elo^nung  bagegen  bb^eS 
SRebenmotit)  für  bie  3:^äti0feit  im  öffentlicben  3"t^^fl^  ip-  ÜbrigmS  lönnen  aud^  im 
bribatm  £ol^nt)er^ältniS  ibeale  SJlotioe  ber  ^n^änglic^teit  unb  aufo))femben  SienfttoillM' 
leit  i^re  Stelle  finbcn,  namentlich  toenn  eS  ftc^  nic^t  blo^  um  einen  k>orüberge]^enben  Str- 
beitst)ertrag  jonbem  um  ein  bleibenbeS  2)ienftt)er^ältntS  ^anbelt,  boS  eine  bouembe  ^tt* 

56  effengemeinfc^aft  einfc^lie^t. 

2)ie  Übertragung  beS  So^nbegriffS  auf  baS  fittlic^e  @ebiet  f)cd  fxdf  fc^toerlid^  o^e 
bie  SRittelftufe  ber  93elo^nung  für  öffmtlic^e  ^ienfte  ooQ^ogen.  ^nbem  bte  jtttlic^e  Seiftung 
bon  bem  blo^  inbit)ibueJQ[m  ^intereffe  abfielt,  tann  fte  gleichfalls  als  ein  ber  ©efonttl^ 
ober  ber  fte  leitenben  göttlichen  3Rac^t  getoibmeter  ^ienft  betrachtet  toerbm.  @S  berbinbet  fid^ 

60  bamm  auc^  mit  ü^  bie  Srtoartung  einer  @ntfc(^äbigung  für  bie  Opfer,  bie   fte  auferlegt 


Sol^tt  607 

SRon  fe|t  \>^avS,  ba^  ia,  tvo  bie  audaleid^enbe  SRod^t  ber  menfd^Kd^en  ©efeDfdbaft  eine 
@ten)e  fmbet,  ®otted  ^Regiment  emgretfen  toetbe.  ^et  ©erec^te,  ber  für  bad  @ute  auf 
Srben  eintritt^  gilt  aU  ber  Präger  eined  göttßd^en  9luftragd  unb  ^  tt)irb  barauf  k>ertraut, 
boft  ©Ott  i^  f^oblo^  l^ä(t,  bei  jträniung  feiner  $^n  unb  feined  SRed^td  ftd^  gu  i^m 
befonnt  unb  i^  für  feine  Eingebung  belohnt,  man  mu^  ober  jugeben,  ba^  ftd^  in  5 
ber  btblifc^  SSertoertung  be^  So^nbegriffd  bie  SSorfteDungen  be^  $rit)at(ol^nd  unb  ber 
öffentlich  93e(o^nung  treujen.  9Birb  eine  ä^ui))alenj  ))on  Seiftung  unb  Sol^n  in  9[u^ 
Mt  genommen,  fo  entf)>ric^t  bied  ber  Siegel,  bie  in  ))rit>aten  So^nberJ^ältniffen  gilt.  fBirb 
Dagegen  Dorai^efe^t,  ba^  ber  So^n  nid^t  baö  eigentlid^  leitenbe  3Roti\>  ber  Seifhtng  fei, 
fo  eiUf}>ricl^t  bied  bem  ©runbfa^  ber  öffentlid^en  Selo^nung,  bei  toelAer  auf  eine  felbf)- 10 
ßonbige  innere  Xeilnal^me  für  bie  Slufgabe  gered^net  ift.  iteinenfaud  toirb  man  bem 
Zl^otbeftanb  geredet,  toenn  man  bie  9lnalogie  ber  bloßen  So^arbeit  in  jebem  3^0  M^ 
galten  toill. 

93el^ält  man  im  äluge,  ba^  ber  So^nbegriff  urf))rünglicl^  toeber  ein  red^tlid^er  nod^  ein 
jittlid^er,  f onbem  ein  ölonomifd^er  Segriff  ift,  fo  toirb  man  ftcb  aud^  ^üten,  i^n  burc^tix^  15 
un  fbrüten  @inn  ber  SSergeltung  )u  ))orftel^en  ober  i^n  mit  Segriffen  ftttlic^er  älrt,  toie 
^flid^t  ober  SSerbienft,  in  birefte  Korrelation  )u  fe|en.    ^er  So^nbegriff  befagt  gunäd^ft 
nur  bted,  ba^  eine  im  Sienft  eine^  anberen  unternommene  Seiftung  ))ermittelft  bei^  38illend 
biefed  anberen  auf  bad  eigene  ^ntereffe  bed  Seiftenben  jurüdtoirtt.    Sie  genaue  Sergeltung 
oilt  nur  für  bad  einfad^fte  @ebiet  bed  So^ntoefend,  bad  einer  ehalten  rec^tlid^  Sibmeffung  ao 
]äSf\Q  ifi    Sei  allen  lom))li2ierteren,  geiftigen  Seiftungen  fällt  mit  ber  3Rögli(^Ieit  einer 
genauen  SEBertta^ation  aud^  bie  öquit)alente  Sergeltung  toeg.    2)er  3loxm  ber  mat^emati^ 
Men  $ro}>ortionalit&t  treten  beä^alb  ^ier  @rtoägungen  anberer  älrt,  namentlid^  bie  billige 
äUldftc^tna^me  auf  bie  $erfon  unb  il^re  Sebürfniffe  ergänjenb  unb  mobifi)ierenb  jur  Seite. 
Sd^on  in  ber  Selo^nung  ibealiftert  unb  k>erflüc^tigt  ftd^  ber  Sol^nbegriff  unb  noc^  mel^r  25 
ifl  bied  auf  bem  eigentlid^  fittlid^en  (Sebiet  ber  ^au.    ^a^  ber  So^n  nur  ba  eintrete,  too 
bie  ^flid^t  überfc^tten  toirb  (S.  SBeife  a.  a.  D.  ©.  3 19  f.),   ift   nid&t  rid&tig.    35ie  Se* 
griffe  Bol^n  unb  ^flic^t  liegen  nid^t  auf  einer  @bene,  fte  grengen  barum  aud^  nid^t  an« 
einanber  unb  fc^lie^en  ful^  nid^t  aud.    2)iefelbe  Seiftung,  bie  unter  bem  fittlid^en  (SefuJ^td» 
purdt  $flid^t  ift,  lann  unter  bem  toirtfc^ftlid^en  ein  3)ienft  fein,  ber  bem  iRäd^ften  ober  so 
bem  ®an)en  getoibmet  toirb  unb   für  ben  barum  bie  Srtoartimg  einei^  So^rnd  ober  einer 
SeIo|mung  befte^t  (man  beule  j.  S.  an  ben  Seruf  be^  älrgted).    2)amit  ift  aud^  gefaxt, 
ba|  bem  So^  gar  nid^t  immer  ein  Serbienft  lonef^onbiert,  fofem  man  biefe^  SBort  tn 
bem  Sinne  einer  über  bie  ^flid^t  ^inau^e^enben  Seiftung  ))erftei^t   SinSo^n  toill  freiließ 
immer  „))erbient''  fein,  aber  eben  im  toirtfd^aftlid^en  Sinn  unb  biei^  gefd^iel^t  nid^t  baburdj^,  86 
bo^  man  bie  ^flid^t  überbietet,  fonbem  einfad^  baburd^,  ba|  man  jemanbem  bient. 

9lu(^  bie  in^tlid^e  Segiel^ung  ))on  Seiftuna  unb  So^n  dnbert  ftd^  auf  ben  ))a:fd^iebenen 
Stufen.  Sem  So^narbeiter  im  $rit)atbienft  tann  nid^t  jugemutet  toerben,  feinen  Sol^n 
in  ber  Xrbeit  felbft  ju  finben.  ^ier  fmb  k>ielme^r  Seiftung  unb  So^n  burd^aud  ))erfc^ieben. 
3m  dffentlicBen  Sienft  ift  ^  bagegen  gan}  in  ber  Orbnung,  ba|  ber  Präger  eined  Se«  40 
ruH  ben  beften  Xeil  feiner  Sefriebigung  in  bem  gemeinnü^igen  Srfolg  feiner  Slrbeit  ers^ 
Uufe.  Xuf  eine  angemeffene  SBa^rung  feiner  eigenen  totrtfc^aftlid^en  ^ntereffen  brandet 
er  barum  nid^t  )u  Dergid^ten.  Som  ftmid^en  ®ebiet  toirb  ein  9lel(^nlid^ed  gelten.  Sie  gute 
Z^  trägt  ii^en  So^n  in  ftd^  felbft;  aber  ber  (Slaube  toirb  an  fie  bie  Überjeugung 
(nü))fen,  hai  ber  SoQbringer  h^  göttlid^en  mtitti^  [tc^  aud^  ber  g^ürforge  ®otX^  für  45 
feine  too^ren  Sebürfniffe  getröften  barf  unb  ba^  er  feloft  bei  ber  Eingabe  feined  ftmtlidben 
Sebend  bad  toa^re  Seben  getoinnt.  ©ang  toirb  barum  ber  So^n  niemals  mit  ber  9lrbeit 
ttifammenfallen ;  aber  er  toirb  auc^  mit  in  ber  Slrbeit  unb  ber  Oon  i^r  unzertrennbaren 
Sefri^igung  beftel^  lönnen,  toofem  biefe  ber  ^örberung  eined  bleibenben  ®uted  getoibmet 
ifi  Siefe  Stufen  unb  3RobifiIationen  bed  So^egrip  mu^  man  im  Suge  behalten,  so 
toenn  man  bie  mannigfaltigen  Sejie^ungen  toürbigen  toiÖ,  in  benen  er  und  in  ber  biblifd^en 
Sttterotur  entgegentritt. 

2.  Son  ber  religiöfen  äBeltanfd^auun^  ift  ber  ©ebanle  unabtrennbar,  ba|  ®ott  nic^t 
nur  bod  ®efe^  giebt,  fonbem  aud^  über  femer  Erfüllung  toad^t,  inbem  er  ber  Übertretung 
bedfelben  ftrafenb  entgegentritt  unb  ben  ®elj|orfam  gegen  feinen  9Billen  mit  feinem  9Bo^u  66 
gefallen  unb  SEBoj^lt^un  ertoibert.  Siefe  Slnfc^auung  begegnet  und  benn  aud^  im  91SC, 
loenn  \dfm  fte  ^ier  nic^t  in  bem  3Ra^e  l^eroortritt,  bad  man  eigentlid^  ertoarten  mü^te, 
loenn  feine  Sittenlel^re  eine  blo^  gefe^lid^e  toäre.  3lai)  ben  $rop^eten  ift  ed  eine  unum> 
fUy^id^ Siegel,  ba|  Xreue  gegen  @ott  bad  Seben  bringt,  9lm  5,  14 f.;  ^ef  3,  10,  toä^^ 
lenb  Sbfall  Don  i^m  unb  Unx^dfi  Serberben  nad^  fu^  giel^en,  ^0  4,  1—3;   2|ef  3,  11,  eo 


608  So^tt 

ober  ti)ie  ber  93erf.  h^  Sud^ed  ^iob  ed  ou^brüdt,  ba^  ber  SRenfd^  erntet,  txxid  er  gefot 
^at,  4,  8.  ®te  @ntUetbung  {tptfd^en  ®efe|edtreue  unb  ©efe^edberod^tung  bebeutet  borum 
eine  SBo^I  jtoifd&en  Sebcn  ober  lob,  ©eßen  ober  glu4  Sit  28,  Iff.  15  ff.  30, 16—20; 
£e  26,  3  ff. ;  3of  23,  14—16.    6«  liegt  iebod^  in  ber  SRotur  ber  ©ad^,  bafe  grofee  Äa» 

6  taftro)>^en  bad  menfd^Ud^e  ®emüt  nad^^altiger  befd^fttgen  old  bie  ^ortbauer  günfüget 
SSer^ältniffe;  barum  toirb  bie  ^^^atfacpe  ber  göttlid^en  SSergeltung  DortDtegenb  an  bim 
@trafgeri(^ten  ber  iöraelitifc^en  (Sefd^iid^te  barget^an,  fo  gan^^befonberd  im93u(i^  ber9ttc^tet 
unb  ber  ßl^onif,  9li  2,  6—23;  2  ®^r  7,  17  ff.  2)ie  Vergeltung  ift  ober  nic^  aß 
med^anifd^e  SRed^t^norm  fonbem  ol^  erjiel^enbe  3Jla^regel  gebadet.    $ied  gel^t  boraud  f^ 

10  bor,  ba^  reuige  Umlel^r  bie  ©träfe  jum  ©tiUftanb  bringt,  ^o  14,  4  f.,  6,  1*  SlilO,  15f. 
unb  ba|  ber  £o^n  ber  2)reue  aU  ein  über  aü^  SSer^öltnid  reid^  gefd^ibert  toirb,  @s  34, 6  f. 
Ser  @ebanle  an  ben  £o^n  be^  @uten  foQ  nac^  ber  9lnfd^uung  ber  ))rot)^etif^en  SRonnet 
old  ftttlid^ed  Wloti\)  toirlen,  ober  er  ift  in  ber  Slütejeit  ber  idraelitifd^en  Steligion  leined^ 
koegd  bad  einzige  3Roi\\>  bed  guten  ^anbelnd.    ^rael  ^at  ®ott  burd^  fein  Ser^olten  )u 

ißbanlen  für  bie  ®nabe  feiner  ertoä^lung,  ^ef  1,  2 ff:   $o  11,  Iff.;   ©t  6,  12;  8,  11; 

11,  7 ff.;  (Sotted  Siebe  foD  in  i^m  (Segenliebe  erloecfen  a)t  6,  4 f,  10,  12;  11,  1;  bod 
ftttlid^e  ^anbeln  foQ  aud  einem  erneuerten  ^erjen  fommen,  bem  ®otted  ®efe^  gum  inneren 
Irieb  ^etoorben  ift  ®j  11,  19 f.;  3er  31,  31—34.  a)ie  SSeröufeerlic^ung  ber  ftjoteren 
3eit  tritt  barin  ^erbor,  ba^  nunmehr  ber  SSergeltuno^ebonle  ifoliert  ^erbortritt  unb  mm 

ao  ^au))tmotit)  toirb,  ba^  e^  barum  ald  ein  ®ebot  ber  Klugheit  erfd^eint,  mit  i^  gu  rechnen 
$r  3,  21—26 ;  4,  4,  unb  ba^  ber  Sol^n  ftd^  an  t^ereinjelte  (Sutt^en  Inü^ft,  nameiüli^ 
an  ätlmofen  ©ir  3,  33;  29,  12  ff.  ^ie  SSergeltung  ift  }unä#  ald  biedfeitige  gebad^ 
^f  34,  13—17.  2)ie  bei  2)aniel  )uerft  beftimmt  auftretenbe  9ludbel[^nung  berfelben  auf 
ein  jenfeitiged  Seben  (12,  2  f.)  fteUt  eine  9Benbung  bar,  an  toelc^  ftqf  eine  äSergetfUgung 

25  h^  So^nbegriffd  anlnü)}fen  tonnte. 

^efud  bejeid^net  in  ja^lreid^en  ©))rüd^en  unb  ©leid^niffen  bie  ®üter  ber  Stetd^olt 
enbung  ald  einen  ben  ^i^ngem  DerJ^ei^enen  So^n.  Unter  ben  ^ier^er  ^el^drigen  Xu^agen 
laffen  fu^  3  ®ru^)>en  unteirfcbeiben :  1.  SSer  um  ber  ©ered^tigleit  iDtQen  t>erfolgt  ober 
toegen  be^  Selenntniffe^  ^u  x^m  gefc^mö^t  unb  berleumbet  toirb  3Rt  5,  10 — 12;    £c  6, 

80  22f.,  toer  unter  2)rübfalen  aud^arrt  9Jlt  10,  22,  in  feiner  SBac^famleit  ni(^t  erlahmt  £c 

12,  35  ff.,  fic^  ftanb^aftju  3efu  belcnnt  3Wt  10,  32,  um  feine«  3lamen«  toiDen  $abe 
unb  Sertoanbte  üerläfet  m  19,  29  ober  gar  fein  Seben  op^nt  SWt  11,39,  ber  empfängt 
^[nertennung  unb  So^n  im  DoQenbetcn  ©ottedreid^.  2.  @benfo  aber  ift  ©otted  So^n  benen 
im  ^immel  bereit,  toelc^e  o^ne  Öffnung  auf  menfc^lic^e  Siergeltung  ober  menfd^lic^  2ob 

86  bem  armen  ju  $ilfe  fommen  m  6,  3  t.;  £c  6,  35;  12,  33:  16,  9;  3Wt  19,  21,  fu^ 
ber  SSemadJläffigten  annel^mcn  Sc  14,  12—14,  ben  geinben  ^uted  ertoeifen  9Rt  6,  46, 
ben  ©eringften  in  i^rcr  Sebrängni«  beiftel^en  3Kt  25,  40.  45,  ben  Änet^ten  ®otte«  ©r^ 
quirfung  unb  görberung  toerben  laffen  5Kt  10,  40  ff.  3.  ©obann  aber  toirb  ber  So^m 
begriff   auc^   au^gebe^nt  auf  ade  arbeit  im  S^ienfte  ©otted  Ttt  20,  Iff.,  bie  forgfome 

40  »eruf^erfüHung  m  24,  45fjf.;  Sc  12,  42  ff.,  bie  treue  SSertoaltung  anöertrouter  ®üter 
^t  25, 14  ff.  ®er  So^n,  an  ben  babei  gebac^t  toirb,  ift  regelmäßig  berälnteil  am  9iei(^ 
©otte«  m  19,  29 ;  25,  34  ober  t>aä  etoige  Seben  SWt  25,  46,  al«  bie  »oOenbete  8e* 
feligung  in  ber  ©emeinfc^aft  mit  ©Ott.  3)arum  lann  gefagt  toerben,  bag  ber  So^  im 
Fimmel  bereit  gefteUt  ift  5Wt  5,  12;  6,  20;  19,  21;  Sc  6,  23,  ober  ba|  er  in  berSluf* 

46  erftel^ung  empfangen  toirb  Sc  14,  14.  @ine  ben  @rben  bed  Sleic^d  aud^  im  bte^feitd  k)et» 
bürgte  göttlid^e  ^^ürforge  fteUt  ^t  6,  33  in  älu^ftd^t,  o^ne  fte  bod^  mit  bem  eigentlich 
Sol^n  ju  ibenttfi}icren.  Son  einer  bie^feitigen  Srftattung  ber  in  ^efu  9{ac^folge  üolomen 
©üter  ftorec^en  jtoar  5Kc  10,  28—30  unb  Sc  18,  28—30;  aber  biefe  fjormulierung  ifi 
neben   vJlt   19,  29   fc^toerlic^   aU  autl^entifc^e  äBiebergabe  bed  ©pruc^  )u   betrachten 

60  (S.  2Beife  a.  a.  0.  ©.  324).  ?lur  fofem  auc^  ba«  9leid&  ©otte«,  beffen  eigentlich  Ser- 
toirlli^ung  erft  bcöorftc^t,  boc^  fc^on  in  bie  ©cgentoart  ^ereinragt  (Sc  17,  21),  Um 
and)  l)om  So^n  gefagt  toerben,  baß  er  fc^on  gegentoärtig  ift.  2)arauf  beuten  ©prüc^  toie 
Sc  8,18:  äBcr  ba  ^at,  bem  hjirb  gegeben.  ®oc^  toirb  bie«  nur  anbeutungötocife  gefagt; 
benn  al«  ba«  Sleid^   t^odenbeter  Scfeligung,   ba«  aQen  2)rutf  in  ^eube  k)erkoanbdt,  ift 

65  ba«  SReic^  ©otte«  eben  in  ber  ©cgcntoart  nod^  nic^t  Dertoirllic^t. 

Jlann  bemnac^  nic^t  bejtoeifclt  toerben,  baß  ^efu«  ben  So^ngebanlen  auc^  ol«  SRotit; 
be«  9[u«^anen«  in  feiner  ycac^folge  unb  ber  Siebe«ertoeifung  an  ben  Srübem  geltenb 
gemad^t  f)at,  fo  toid  boc^  bead^tet  fein,  mit  toelc^em  ütac^brud  er  jeber  auf  KuoerSerec^ 
nung  beru^enben  Sol^nfud^t  entgegentritt.    2Ber  e«  auf  bie  Slnertennung   ober  %krgeltung 

60  burc^  5Kenfc^cn  anlegt,  ber  ^at  ben  ©otte«lo^n  tjerfd^erjt  3Kt  6,  1.  2.  6.  16.    9lur  loa 


So^tt  609 

beS  eigenen  9Berti^  unb  SSerbienfte^  unbetDu^t  tft,  tpte  ein  itinb,  lann  in  bad  ^immelreid^ 
etngd^en,  SRt  18,  Iff.  ®em  entf)>ricl^t  ed  oud^,  ba^  biejenigen,  bte  old  treue  2)ienet  Don 
t^ftem  i&erm  bebient  toerben,  £c  17, 7  ff.  unb  jene,  bie  imßnbgeridjt  benSo^n  be^etoigen 
Sebend  für  i^re  Siebe^t^aten  empfangen  3Rt  26, 37,  eine  folc^e  Ration  i^re^  SSer^ltend 
in  leiner  SBeife  in  ätu^d^t  genommen  ^oben,  bielmel^r  bie  @ntf (Reibung  bed  ^erm  mit  6 
@tttunen  Demel^en.  2)araud  ift  tlar,  bag  ^efuiS  ol^  bo^  (eitenbe  3Rotx\)  be^  religio^:: 
fittltd^en  SSerl^tend  feiner  jünger  bie  (SrtDartung  bed  Sol^ne^  nid^t  gebac^t  l^aben  lann. 
®erabe,  h>er  einfod^  unb  ol^ne  ^intergebanlen  feine  ^flid^t  t^ut  Sc  17,  10,  bem  93eif))iel 
bc8  ^immlifd^en  SSaterd  folgt  Wt  5,  45  f.,  bie  bon  ®ott  empfangene  ®abe  ^c^t  fd^affen 
U^  3Rt  25, 14  ff.,  ber  fte^t  ftc^  nad^^er  in  einer  böQig  unem)arteten  SBeife  belohnt.  ®ott  lo 
bdo^nt  alfo  gerobe  badjenige  @ute,  ba^  nid^t  in  @m>artung  einei^  Sobne^  get^n  n)orben 
iP  unb  barum  feinen  Snjed  in  [xd)  felbft  trägt  (bgl.  S.  Seife  a.  o.  D.  @.  322).  SBSo« 
bte  jünger  ^efu  eigentlid^  }um  @uten  ben)egt,  ift  bad  Streben  ®ott  ä^nlid^  ju  toerben 
SDlt  6,  9.  45;  Sc  6,  35,  bte  Eingabe  an  Sefum  aJlt  6,  11;  10,  39,  bie  banibare  SBert. 
fc^o^ng  bed  @t>angeliumd  ÜRc  8,35  unb  ber  in  i^m  bargebotenen  SSergebung  ^t  18, 32  f.  i5 
S)er  ®&anle  an  ben  Sol^n,  ber  nid^t  ausbleiben  toirb,  ift  barum  nur.$^f^^^^i^r  ^^^ 
man  [\d^  in  Slugenbliden  ber  SebrängniS  \>oxi)(dtm  mag  (k>gl.  bie  oben  unter  9tr.  1  am 
geffii^en  Stellen),  baS  aber  bad  $au))tmotit)  nid^t  erfe|en  lann  unb  nid^t  berbrängen  foK. 
neberbied  ift  ber  ®ebanle  an  ben  So^n  im  DoQenbeten  (SotteSreic^  {ein  ®egenftanb  ber- 
ftonibedmäfeiger  Sledj^nung,  fonbem  ein  (Slauben^ebonle  unb  barum  nur  bem  erreid^bar,  ao 
in  ta>el(^em  gleid^jeitig  fd^on  anbere  aui^  bem  ©tauben  entf))ringenbe  ftttlid^e  SRotibe  toitt» 
fcnn  finb. 

^agen  toxx  enblid^  nod^  bem  JSrin^i))  ber  göttlid^en  So^ngetDöi^rung,  fo  erfd^eint  ali 
fold^ed  nid^t  feiten  bie  öquibalente  Siergeltung.    Sol^n   unb  Seiftung   entfi)rec^en   einanber 
nod^  ber  etnt)irifd^en  Stege! :   ber  älrbeiter  ift  feinet  So^neS  tpert.  Sc  10,  7.    ^emgemäfe  as 
tmrb,  koer  ftreng  über  anbere  urteilt,  auc^  Don  ®ott  ftreng  beurteib  toerben  3Rt  7,  2, 
tDO^enb  anbererfeitd  bem  ©ebenben  gegeben  toirb  Sc  6, 38,  ber  SSarmJ^erjige  Sarm^erjig^ 
Wt  enH)fcingt  SWt  5,  7,   ber  35elenner  Don  3^w  anerlannt  3Kt  10,  32,   ber  fein  Seben 
0))fembe  mit  bem  Seben  befd^enlt  toirb  3Rt  10,  39.    aOein  baS  SSer^ättniS    ber  ^qui» 
Daten)  reid^t  nid^t  bin,  bie  ^eigebigleit  ber  göttlid^en  Siebe  aufjubrüden,   ^n  9Birflic^feit  so 
ift  ber  Sobn  grofe  3Rt  5,  46 ;  Sc  6,  23,  gehäuft  6,  38,  ba«  »ielfad^e  ber  Seiftung  aJlt 
19,  29;  25,  21—23;  Sc  12,  43,  unerfdböt)fKd&  Sc  12,  33,  ja  über^au^t  aufeer  5prot)or= 
tton   )ur  DoQbrac^ten  Srbeit,  ^t  20,  Iff.    @r   lann  barum   aud^  x^Q^t   f^^^  ^^^^ 
IMfecn/  Sc  6,  32,  in  beffen  guteilung  ®ott  DöUig  fouDerän  ift,  aRt20,14f.  3)ie©HaDen, 
bie  i^en  ^ienft  in  fotc^em  ^JJldfee  getoürbigt  feigen,   muffen  über   i^re  Seiftung   urteilen,  86 
bofe  fte  i^rem  $erm  (burd^  i^ren  Unterhalt,  ber  cii  iRaturallo^n   )u  beulen  ift)   mel^r 
9btjfh)anb  Derurfad^ten,  aU  il^re  Slrbeit  i^  einbringt  unb  ft^  barum  <d^  dovXoi  &xQ^'ioi, 
oldSOaDen,  Don  Denen  i^r  $err  ©c^aben  ^at,  beurteilen,  (^ie  richtige  Srllörung  ber  ©teile 
—  in  Anlehnung   an  3.  31.  Sengel  —  bei  Se^fc^lag,  9teuteft.  Ideologie  I,  96  änm.). 
S>emnac^  ift  bad  eigentliche  ^ringtp  ber  So^nerteilung  an  bie  ®ottedIinber  @otte^  freie,  40 
toeit  über  ben  3Bert  ber  menfc^lid|^en  Seiftung  ^inau^e^enbe  @üte.   Slber  fte  erfahrt  nur, 
toer   fie  ald  folc^e  aufnimmt  unb  anerfennt.    2Ber  mit  bem   ^immltfc^en  Slrbcitd^erm 
rechten  n)ill,  ber  toirb  auf  feine  ©ouDeränität  Dem)iefen  !D2t  20, 14  f.  unb  )uglei(b  barauf 
aufmertfam  gemacht,  bafe  er  felbft  ben  bebungenen  So^n  unDertürjt  em))fangen  ^at,  SS.  13. 
(Sottet  SSergeltung^orbnung  ent^ölt  barum  ein  bo))))elted  $rin}ip :  toer  ald  itinb  bejubelt  45 
fein  koin,  ber  erfährt  feine  fd^ranlenlofe  @üte,   toer  ald  ^nec^t  bejubelt  fein  toiK,  bem 
tmrb  fein  9lec^t. 

2)er  So^n  für  aDe  arbeiten  in  ®otte«  Dienft  ift  toefentlic^  ber  gleid&e,  aWt  20,  1  ff. 
3)ad  folgt  aud  feinem  ^nl^alt.  2)ie  ^ilnal^me  an  ®otted  ®emeinfc^aft  in  feinem  Sleid^ 
ift  bad  eine,  Dou  befeligenbe  gi^l  für  alle.  l)em  toiberfprid^t  auc^  nic^t  ^t  10,  41  f.,  too  60 
Dom  Sobn  bed  $roJ)^eten,  be«  ®ered^ten,  be«  jünger«  bie  Siebe  ift.  3)afe  bie«  eine  brei^ 
fac^e  älbftufung  innerhalb  ber  göttlid^en  93elo^nung  fein  foQ,  toirb  nid^t  gefagt;  bagegen 
totrb  beutli^  au^eflprod^en,  ba|  jeber  ber  einen  biefer  ®otte«boten  al«  folgen  förbert,  i^m 
im  So^n  gleic^efteUt  fein  n)erbe.  9JIit  bem  in  ber  ©eligleit  befte^enben  So^n  ^at  ed 
ober  gor  nic^td  ju  t^un,  toenn  Don  Derfd^iebenen  f^unttionen  im  jutünftigen  ®otte«reid^  65 
bie  Siebe  ift,  Don  ®rofecn  3Kt  18,  4  unb  Äleinen  11,  11,  Don  folc^en,  bie  al«  ^errfc^er 
richten  toerben  3Kt  19,  27  f.  unb  folc^en,  bie  je  nac^  bem  ®efd^irf,  ba«  fte  in  ber  SSer« 
toaltung  ber  ®üter  i^re«  $erm  betoicfen  ^aben,  über  Diel  ober  toenig  gefefet  toerben,  5Kt  25, 
14 ff.;  Sc  19,  11  ff.  a)ie  Dolle  unb  toefentlic^  gleiAe  ©efeligung  aCer  bebt  bie  burd^Sm 
btDibualität  unb  SCalent  bebingte  SSerfd^ieben^eit  nicyt  auf.  eo 

McoU^ttc^nopAbtc  fftr  X^eologlc  ttiib  INr4c.    B.  V.  ZI.  39 


610  S^^tt 

(Sd  tpäre  ein  3)lt^t)erfiänbntd  ber  Seigre  ^efu,  Ivenn  man  in  bem  t)on  i^m  ber^^en 
2of)n  b(o^  bie  äSoDenbung  bed  ftttltd^en  Strebend  felbft  etbliden  tooUte.  3)tefe(  befiei^t 
jtDeifeQod  in  bet  SSefeßgung,  bie  (Sott  bem  ÜRenfd^en,  ber  i^m  vertraut  unb  ge^orc^t,  y& 
teil  tperben  lä^t.    älber  er  ift  oQerbingd  nid^t  o^ne  ä9e)ie^ng  jum  fUtlic^  Seben.  2)aS 

6  ^immelreid^,  in  bem  man  .feiig  ift,  ift  badfelbe,  in  Iveld^em  ber  SSiQe  ®otted  Ifidenlo^ 
gefc^ie^t,  ÜRt  6,  10.  S)ie  @eligleit  im  ©ottedreid^  if)  bod  unabtrennbare,  ober  bo(^  nur 
bon  (Sott  getpd^rleiftete  Korrelat  ber  k>ollenbeten  @tttlic^Ieit.  Sie  ift  bie  in  ber®ere(^g< 
leit  ber  (SottedKnber  angelegte,  aber  in  ber  gegentpärtigen  Sßelt^eit  nod^  monnigfa^  ge^ 
trübte  @ubamonie.    ^e  [tarier  ber  9Biberf)>ruc^  jtpifci^en  innerem  S3eft^  unb  äußerem  idi 

10  em))funben  tpirb,  je  unberl^üllter  ber  gro^e  Stampf  ind  Sluge  gefaxt  totrb,  ben  bie  Ainber 
®otted  mit  ber  ®ott  toiberftrebenben  903elt  nod^  )u  befielen  ^oben,  befto  unabtoetdlic^ 
ergebt  [\^  ber  (Sebanle  eined  nod^  bek>orftel^enben  Stu^leid^.  ®r  finbet  im  £o^nbegriff 
feinen  Slui^brud.  tiefer  ©ebanle  ift  fotoenig  unet^ifd^,  ba|  er  k>ielme^  bie  einjige  %om 
barfteOt,  in  tpetc^er  ber  ^^eube  unb  bem  @lücf  eine  93^ie^ung  gum  ftttli(^en  Seben  gegeben 

16  tperben  lann.  M^  toa^re  @IM  ift  in  ber  @t^il  ^efu  bie  Don  (9ott  berlie^ene  Sefrie« 
bigung,  bie  ber  religiöfen  £auterteit  unb  ftttlid^en  mbeit  nachfolgt,  ^nbem  ber  3Rttf^ 
biefe  ^efriebigung  (Bott  an^eimfteUt,  k>ergi(i^tet  er  eben  barauf,  fte  auf  bem  SSeg  Buger 
Serec^nung  ftd^  felbft  gu  k>erfcl^affen.  2)ed^alb  ift  ^efu  £e^re  fotpeit  t)on  ber  t)ertt>erflt($cn 
So^nfud^t  entfernt,  ba^  fte  biefe  auf  bem  einzig  too^ren  unb  gureic^enben  SBeg  übertDtnbet 

ao  ^ai  bad  ftttlic^e  i^anbcln  felbft  fd^on  eine  Duelle  ber  Sefriebigung  ifi,  ^ot  3^ud  I^^ 
toegd  überfeinen;  beiSl^alb  gilt:  SBer  ba  l^at,  bem  tpirb  gegeben  Sc  8,  18.  Sber  er  ffcd 
barin  nic^t  ben  ganjen  ©rtrag  gefe^en,  ben  bad  ®ute  für  feinen  2^er  abtoirft,  [onbern 
nur  ein  Slngelb  auf  ben  t)ollen  2)rium))^  über  a&ed  ^emmenbe  unb  @miebrtgenoe  M 
irbifc^en  2)afeind. 

25  2)ie  äSertoenbung  bed  Sojiingebanlend  in  ben  anberen  neuteftamentlidben  @<^riften  auger 
^aulud  bietet  tpeber  ^inftc^tlid^  ber  ^ffung  bed  93egriffd  noc^  feiner  Sinorbnung  in  bie 
©efamtanfd^auung  ))om  S^riftentum  ettoad  93emertendti)erted.  ^  Sio^nnedekHmgefiutn 
1  ^t  unb  ^alobudbrief  fel^It  bad  3Bort  gang,  nic^t  aber  ber  (Seoanle  gnobenretc^  Ser» 
geltung  So  12,26;  I5pt5,4;  4,13;  3a  1, 12;  5,7—11.   a)aneben  ettoo^nt  ber  l^ere 

80  auc^  bie  @eligIeU,  bie  bad  c^rifUic^e  ^anbeln  felbft  begleitet  1,  25.  äadSRotit)  jum  tb^ 
^arren  toirb  ber  juia&og  2  3o  8  geltenb  gemadjt.  3)er  $ebräerbrief  t>erh>enoct  unbc» 
fangen  bie  So^ni^orfteKung,  um  ben  ©ebanlen  ber  gerichtlichen  2,  2  tpie  ber  gnobenDoden 
SSergeltung  10,  35  audgubrütfen.  2)er  ©taube  an  ®ott  aU  ben  fuo^ojiodorng,  ben 
$üter  ber  ftttlid^en  äBeltorbnung  erfd^eint  11,  6  ald  ein  ^nbamentalartilel  bed  S^ften^ 

86  tumd.  ^er  ^erfaffer  ^at  and)  lein  Sebenlen,  bem  ©taubend^elben  Wofed  ben  ä9lidt  auf 
(Sottet  lo^nenbe  SUergeltung  jujufd^reiben  11,  26.  3)ie  Sl^jofatopfe  t)erfnüj)ft  mit  bem 
großen  lag  ber  SSergeltung  bie  ßrteilung  bcd  So^neg  an  bie  Änec^te  ®otte«,  11,  18; 
22,  12.  @in  Jlonflitt  bed  SSergeltung^ebanlend  mit  bem  3^^^^^^^^  ^^  c^ftlic^en 
©cfmnung  ober  bem  äBalten  ber  göttlichen  ©nabe  toirb  nirgenbd  ind  9luge  gefa^. 

40  (S^er  fönnte  man  bied  bei  $aulud  ertoarten.  Seine  ^el^re  t)om  $eil,  bad  @otte^ 
©nabe  begrünbet  unb  t)erlei^t,  fd^eint  ben  ©ebanten  an  einen  So^n  menfc^lic^er  Seiftung 
gänglic^  audjufc^ltegen.  ^n  ber  Xl^at  fagt  $autud  auc^  mit  allem  ^ac^brucf,  bag  bad 
^eil  ©otted  ©naoengabc  ift,  9lö  6,  23,  unb  barum  nid^t  unter  ben  ®eftc^tÄt)unft  eine^ 
^ol)n^  geftcüt  hjerben  fann,   für  beffen  ßrteilung  eine  3}erbinblic^leit  (d<peüir]jLux)  befielt 

45  9lö  4,  4.  3"  i^^^  ^rei^abe  biefcr  ©runbtoal^r^eit  m  ©unften  einer  burc^^  ©efe^«^ 
beobac^lung  gu  erlangenben  ©cred^tigfcit  fic^t  er  eine  U5emic^tung  ber  ©nabe  unb  eine 
(£nth)ertung  bcd  lobed  (S^rifti,  ®a  2,  21.  (gbcnfo  beftimmt  fc^eint  au<^  bie  paulinifc^ 
@t^if  hai  So^nmotit)  au^ufc^ltegen.  2)ad  fittlic^c  ^anbeln  bed  Stiften  ffoX  feine  92onn 
unb  feinen  Sctoeggrunb  an  ©otted  Sarm^erjigfeit  SRö  12,  1,  an  ber  gläubigen  SSerfenhmg 

60  in  e^rifti  lob  1  Äo  7,  23 ;  9lö  6,  4,  in  ber  ban!baren  (Srlenntni«  feiner  Siebe  2  flo 
8,  9 f.;  M  3,  12 f.,  in  ber  gurd^t  ©otte«  SRö  11,20  unb  (S^rifti  2  5lo  5,  11,  am  (8e« 
^orfam  gegen  feinen  SBiHen  2  5to  10,  5  f.,  indbefonbere  aber  am  Seft^  bed  ®etfted  ®a 
5,  25,  ber  bie  ©ottedfinber  innerlid^  ?um  ©uten  treibt,  SRö  8,  13  f.  2)ie  mofegebenbe 
93ebeutung  bed  le^teren  ©ebanfend  in  ber  gangen  paulintfc^en  ätnlFd^auung  beta>eift  oOein 

56  fc^on,  bag  ber  93litf  auf  ben  £o^n  l^öd^ftend  eine  untergeorbnete  iRoUe  im  Xufbou  be^ 
ütlic^en  Sebend  fpielen  lann. 

Snbeffen  fte(;t  neben  ber  ©nabenle^rc  eine  Seigre  bon  ber  Sergeltung  in  fo  beftimmtcr 
älud^rägung,  ba^  fie  {einedfoUd  aU  ein  bloßer  Sleft  Jübifc^er  2)en{geh)0^n^  cöifgefo^ 
toerben  fann.    ©ott  tjcrgilt  jebem  nad^  feinen  SBerfen  Sftö  2,  6  ff.,  bor  ©j^rifti  SKd^terfhiM 

60  trägt  jeber  bat)on,   toa^  ber  Slid^tung   feiner  ^^aten  entffjrid^t  2  Jlo  5,  10,  ber  SKenf^ 


sofiv  m 

erntet  beSbatb,  ma^  er  ßciöt  ^ot,  &a  6,  7.  Tic  Sclifltcit  ift  «in  flaniyftjrciö,  ber  «= 
tungen  frin  toid  1  Ho  9,  24 f.;  *P^il  3,  13 f.;  unt«  Stmitbung  ^(lil  2,  12  unb  fieibm 
2  flo  1,  17  mufe  fic  «ftttbt  iwiben.    5)arum  giebt  eä  out?  tinm  i'oljn  ber  atvbcit  in 

■  ®otteö  Sienft  1  fto  3,  8.  14;  9,  18;  Äol  3,  24.  fir  tonn  oui^)  alä  ein  £c6  beseittinet 
tonbfn,   baä  ©ott  im  @eric^t  erteilt,  1  Sto  4,  5    ober  ali   ein  9tu^m   am  ^age  Qlinfti   h 

■  2  flo  1,  U  betfli.  mit  1  flo  9,  15  ff.  3)et  ®ebanfe  an  bie  tünftige  $enli(^feit  tritt 
bei^alb  im  oben  angeführten  fittlic^en  ÜRotiüen  unlerftu^enb  jur  Seite,  9ti»  2,  7 ;  S,  18 ; 
2  Ao  3,  12;  7,  1.  ^ie  ^aftoralbriefe  fiteren  über  bieje  ®ebanten  ber  äderen  Briefe  nur 
batin  ijinauä,  ba^  1  ^i  4,  S  auäj  Von  einem  fc^on  bieefeitigen  (Detninn  ber  ^rümmigtetl 
Üe  ^ebe  ift  unb  6,  19  bie  3Jebeutung  beä  ^Jllmofengebenä  für  ba€  Seil  ftatt  betont  mirb.  io 

@ine  auSbrücflit^e  ä<ermittelun^  beiber  @ebantenreiEien  giebt  $auluä  nii^L  @S  ift 
(4er  nit^t  glücifelbafi,  bafe  [ic  (ür  itin  in  ber  ganji  fetbftoerftänbli^en  Überäeugung  »on 
ber  fittlie^en  Srui^lbarfeit  be«  ©Inuben«  liegt.  IJiefer  ift  in  Siebe  ibatftaflig  ®a  5,  6, 
cc  feftigt  im  Äamj^f  Äo!  2,  7,  er  reinigt  burt^  bie  ©ortjattung  be«  cer^eifeenen  ^itU 
2  Ro  7, 1.  ©ofeni  eä  nun  eine  unb  biefelbe  innere  SBerfaffung  ift,  bie  religiös  im  (Stauben,  la 
j^ic^  im  cl)riftli(ben  3SanbeI  erfc^eint,  fann  bie  (Snabengabe  beä  Gebens  aud?  oli  gijttii^e 
Sergeliung  auf  boä  Jüertjalten  beä  Ghiiften  belogen  »erben.  liabei  bleibt  aber  ju  bc= 
a^tm  1.  bafe  bie  erfte  Setrat^itung  bie  iibergcorbnetc,  bie  ä^eite  bie  fetunbäre  ift,  2.  bafj 
t&  nii^t  bie  »ereinjetten  Teerte  fmb,  wcii^e  ®ott  ücrgilt,  fonbem  baö  einheitliche  Siebin«= 
hJttf  3tö  2,  7;  1  Äo  3,  13  f.  ton  i^m  beurtcitt  loirb,  in  bem  fit^  bie  Titlti^ie  ©efamt' ao 
tii^tung  aud))iägt,  3.  ba^  bie  Vergeltung  nicbt  nad)  ber  mec^anif^en  ^Jlorm  ber  (DIcic^< 
toertigteit  von  Seiftung  unb  @egenteiftung  gefctiie(;t,  fonbem  bei  ben  (Srben  bei  ^errlit^Ieit 
bie  erbulbete  ^rübfal  Weit  überlciegt,  2  S,o  4,  17,  mithin  eine  @nabenerh)eifung  in  fiä 
ft^Iiefit  unb  4.  baß  auc^  bie  men|c|)Ii(^e  Sciftung,  afö  eine  öon  ®ott  bur$  feinen  ®eift 
getDirfte,  in  le^ter  äif*'^"*  f^'''!'  ®nabengabe  ift,  ißbi  1,6;  2,  i;i.  Slimmt  man  ben  Se»  25 
griff  beö  So&neS  in  feiner  ganjen  Strenge,  fo  bleibt  eä  babei,  ba|  bei  ®ott  nietnanb  %r- 
f)nrui^  auf  Vergeltung  ijat,  3ti)  II,  35.  diejenige  3!erge[tung,  bie  er  an  ben  61»Tiftuö= 
gläubigen  übt,  fäQt  baium  ganj  in  ben  SRa^men  bei  @nabc. 

^at  aber  *pauluö  nic^t  boi^,  tDcnn  auc^  nur  in  einet  Reinen  ätnja^t  »on  ©teilen  fo 
gef)>rD(^en,  alö  träre  ber  lioEjn  notb  etma«  ©efonbete«  neben  bem  ^leil,  baö  bie  ©nabe  sn 
Oerlei^tV  1  flo  3,  12  ff.  fefit  er  ben  gall,  bafe  baä  iJebeneinert  eineS  glrtiften  am  ©&> 
rit^tätag  bie  ^robe  nidjt  bepe^it,  feine  ^erfon  aber  gerettet  tpitb,  21. 15  f.  .^ättc  aui^  fein 
SBerf  äeftanb  gcbabt,  bann  bätte  er  einen  Solm  empfangen  3i.  14,  ber  in  biefem  jjad 
offenbar  ein  ^Re^ir  über  ben  bloßen  .^eilöeinijfang  fjinauS  geWefen  toäre.  UnblÄcÜ,  16f. 
ecOärt  er  bie  Scrlünbigung  beß  ÖDangeÜumö  für  feine  ^ftic^l,  für  einen  gauölialtetbienfi,  bs 
ben  er  erfüllen  mufi,  aber  bie  über  bie  ^flictt  ^inauäge^enb«  foftenlofe  ^Darbietung  bcä= 
fdbcn  für  einen  (Segenflanb  beö  fRui}mi  H.  IG  unb  einen  ®tunb  bcä  Sotin«  S.  18.  älut^ 
^ei  fcbeint  ber  Sol^n  einen  S'A"^  ^i  ^'^  $'<'  bebcuten  ju  muffen,  "üai  an  bie  VorWurfä= 
freie  SerufäerfüUung  (1  ^o  1,  8)  gefnüpft  ift.  Sine  äluSgleic^ung  biefer  Sluäfagen  mit 
bei  (änabcnle^re  giebt  ber  Slpoftcl  nic^t.  31ba  man  barf  mit  ©runb  bejmcifeln,  ob  fte  tu 
lu  einer  le^lfof''^  'Pcrföenbung  geeignet  finb.  5"  ^^  erften  Stelle  ^at  ^Jiauluö  ben  be= 
fonberen  '^aS  eineä  i^iftlicbcn  Sebierfi  im  Stugc,  bem  er  »n>ar  baö  pcrfönlii^e  (Sbriftcntum 
unb  baS  peifünlidje  ^tü  nit^t  obfpritbt,  beffen  Sirbeitäettolg  er  ober  für  nii^tig  (»alten 
mu^.  Söenn  ber  ©ciic^tölag  biefc  3ti(btigteit  offenbart,  fo  oerliert  ber  baoon  Srtroffene 
oUerbingö  ettoaß,  maß  bem  aipoftel  fel^r  loertooll  ift  (ugl.  2  fio  1,  U).  eine  IJcbenäotbeit,  »ü 
auf  ber  fein  Slicf  mit  ^Jefriebigung  unb  baä  äuge  ©otteß  ntit  anettcnnung  rii&en  (ann. 
Kn  befonbere  Vergeltungen  in  bem  tünftigcn  Slon  braucht  man  um  fo  weniger  ju  benten, 
öl«  bei  ber  Surüct^oltung,  bie  [\^  ber  91poftel  in  beffen  ©djilberung  auferlegt,  gar  nit^t 
ot^ugeben  ift,  Worin  jene  befteben  foflten.  ^n  Sejug  auf  bie  jweite  ©teUe  ift  ju  beatftlen, 
bofe  jw  bem  äuffl'nn'fti^ang  cina  notgebrungenen  ©elbftüertcibigung  beß  Stpoflelß  ange;  ro 
^it  33ie  ©eper  benu^en  ben  ^icrjic^t  beß  älpoftelß  auf  ein  Entgelt  Bon  feiten  6er  ©et 
mcinben  alß  einen  VeWeiß,  bafi  biefem  3Bürbe  unb  dlc^rt  beä  %oflolatß  abgelten,  ^m 
QtegenfaS  baju  Derfic^ert  er,  bag  er  gecabe  barin  eine  freitoillige  Wetirleiftung  auf  \id} 
ne^me,  für  bie  i^im  ein  bcfcnbeter  ©otteßloljn  gebühre.  3)iefe  Formulierung  ift  toa^n 
fc^einlic^  nur  um  ber  fc^lagenben  Stntitbefc  willen  gewählt  unb  auf  ben  na<^  ^ei^t€'  u 
begriffen  urteilenben  SJJenfdienBerftanb  beret^net.  SBaß  9|JauIuß  feinen  ©egnem  alß  ein 
tKibienfllittieß  iDietir  öorreitinel,  baß  fann  er  fetbft  ©Ott  gegenüber  jugleic^  in  feine  inbi' 
tibueQe  ifjflic^t  eingeiedjnet  tjaben,  bem  ßoangelium  feineiiei  §inbemiß  ju  bereiten  1  Äo 
9,  11.  23.  aöir  baben  barum  an  beiben  Stellen  fein«  Setjre  ton  einer  befonberen  Söe- 
[o^nung  befonberer  berbienftlid^er  £eiftungen.    @ß  bleibt  tiielme^r  babci,  bog  alle  gi)ttli<^e  eo 

39  * 


612  So^tt 

SSergeltung  menfcl^Itcl^en  3BtrIend  nur  eine  (Srfd^einung  ber®nabe  ifi  unb  ba^bicfedffihlen 
felb^  nid^t  m  lo^ntpürbige  einjelne  Seiftungen  aufgelöft  toerben  barf,  fonbem  bte  etn^ 
tid^e  Srfd^einung  bed  ftd^  ftttli^  ou^tpittenben  ®(au6end  borfteOt 

3.  ^ec  biblifd^e  ®^anle  \>^  So^nd  ift  in  ber  ^olgejeit  toieberl^olt  jum  ®egenßanb 

5  bet  Srötterung  geworben.  3Ran  f^at  t^n  teifö  Derf(üd^tigt,  teifö  6eläm))ft,  teite  De^beit 
@rftetei^  gefd^ie^t  ))on  feiten  ber  SRl^ftil.  ^nbem  fte  bie  ^orberung  ber  Selbft^eugnung 
bid  jum  9(u[ge|en  ber  ^erfönlid^Ieit  in  @ott  fteigert,  tpirb  i^  ber  ®ebanle  einer  SBefne^ 
bigung  h^  ®\xb\dt^,  bie  aud  bem  goltgentö|en  Serbien  ^erborgel^en  \oü,  cta  ein  Step 
egoiftifd^r  ©efinnung  anftögig.    3^^  SSertuerfung  bed  Sol^nbegrip  toirb  nottoenbig  tebe 

10  ber  Steligion  entfrentbete  3Roxal  geführt,  ^f^  ^  ftttlid^e  ^anbeln  eine  bCo^e  Sngdegen^ 
^eit  bed  ÜRenfd^en,  ber  bon  ftc^  aui^  eine  ibeale  Sebendorbnung  aufrichtet  unb  burd^fü^, 
{o  lann  ber  So^ngebanle  nur  ald  ein  bie  ftttlid^e  ©efmnung  trübenber  i^intergebonle  bc^ 
Subjeftd  betrad^tet  toerben.  2)ie  Slnnal^me,  ba^  bie  t^oKIommene  fitt(i(^  ©eftnmmg  einen 
So^n  emt)fängt,  ben  fte  gar  nic^t  birelt  fuc^t,  ift  ^ier  unerreidbbar.    @tne  Sergröbenmg 

16  h^  So^nbegriffd  enbUd^  begleitet  bie  gefe^Iid^e  9(uffaf[ung  ber  Steßgion.  $at  bie  rdtgid^ 
ftttli^e  SSerpfKd^tung  i^ren  ®runb  blo^  in  einer  tpilltiirlic^en  @a(ung,  bann  tonn  auif 
ber  &d)ox\am  gegen  biefe  nic^t  burd^  ben  9Bert  bed  ®uten  innerlich  angeregt  fein,  fon- 
bem nur  burd^  bie  mit  bem  ®ebot  ))erhtü))tte  93elo^nung.  3)aiS  Streben  na4^  So^n,  bod 
in  ber  biblifd^en  ^nfd^auung  immer  nur  ^ilf^motit)  ift,  tpirb  l^ier  jum  ^auptmottb  unb 

20  berbrängt  bie  eigentlid^  ftttlid^e  (Sefmnung. 

2!)ie  ml^ftijd^e  ®^anlenftr5mung  bereitet  in^befonbere  9(uguftin  bor,  ber  gtoor  ben 
So^nbegriff  nic^t  bertoirft  (De  civ.  Dei  22, 30,  2 ;  8erm.  16,  5),  ober  bo(^  tuu^bnidtru^ 
betont:  praemium  Dei  ipse  Deus  est.  (Enarrat.  in  ps.  LXXn,  32;  Serm.  19,5; 
78,  5;  165,  4;  331,  4).    2)ed^alb  fällt  i^m  aud^  bie  Xugenb  unb  i^  So^n  in  eind  ^ 

26fammen;  adhaerere  Deo  ift  virtus  unb  praemium  virtutis  )uglei(^.  £p.  155,  12. 
2)arauf  baut  ftd^  in  ber  mittelalterlichen  SR^ftil  bie  ^orberung  ber  bad  eigene  3(^  ba> 
geffenben  ®ottedliebe,  toeld^er  Sem^arb  k>on  @Iairt)au£  il^ren  tlafftfd^  Slu^rud  gtebt  in 
feiner  Se^re  t)on  ben  oier  ©tufen  ber  Siebe  (f.  35b  II,  ©.  631,io— ae).  9e)ägß<^  bd 
So^nd  gilt:   non  sine  praemio  diligitur  Deus,  etsi  absque  praemii  intuita  dili- 

80  gendus  sit  (MSL  182,  984).  ®ie  „X^eologia  beutfd^''  toiU  nur  k>on  bem  So^  toiffm, 
ben  ©ered^tigleit  unb  Xugenb  in  ftd^  felbft  tragen  (ed.  Pfeiffer,  2  9(ufL,  164. 166).  %iäi 
Sutl^er  folgt  eine  Qixt  lang  biefer  ml^ftifd^en  S^rabition.  Slud^  icS  eigene  $eil  foQ  man 
nur  au  @otted  (S^re  erftreben  (93391  I,  431;  II,  94)  unb  nid^t  @oUt^  (Süter,  fonbem 
©Ott  felbft  fud^en  VII,  557  ff.    ätUein  feiner  tebenbigen  ^ömmigleit  genügt  bad  m#if<^ 

86  ©c^ema  nic^t  auf  bie  ^auer.  ®ott  ift  i^m  nic^t  blo^  ber  ©egenftanb  überfuinlic^  Slm 
Umplation ;  man  mug  mit  i^m  olle  @üter  feinet  ^errlic^en  Sleid^ed  jufammenbenlen  (6.  X. 
51,  187).  93on  ^ier  an^  toürbigt  er  oud^  bie  So^nber^ei^ungen  ber  ©c^rift,  freiließ  nic^t 
ald  3Rittel  }ur  Sneugung  be^  guten  äBiUend,  too^l  aber  aU  Xröftungen  in  3Rü^e,  Srbeit 
unb  3Biberftanb  (3Ba  V,  564 ;  m  43,  362  ff.).    3)od&  bleibt  er  bobei,  bafe,   toer  bei 

40  feinem  ©uteötl^un  nur  benSol^n  fud^t,  i^n  nimmermehr  erlangen  toirb  (6  8113%  305— 308, 
bgl.  aSä  VII,  559).  a)ie  SRögli^feit  be«  fittlic^en  $anbeln^  o^ne  bie  trübenbe  Sei* 
mifc^ung  ber  Sol^nfuc^t  fie^t  er  für  ben  S^riften  barin  begrünbet,  ba^  er  auf  bie  Offen« 
barung  einer  ©eligfeit  toartet,  bie  er  „im  ©lauben  Verborgen"  fd^on  ^t  (SÄ  7*  173  ff. 
292).  ^arum  lann  er  „allerlei  Sßerf  frei  t^un,  ol^ne  aQen  IneAtifc^en  9Rut,  ber  boburt^ 

46  fromm  fein  unb  t)erbienen  t)ermeinet"  (ib.  264).  SSergteic^e  hierüber  bie  einge^ben  9{ad(^ 
toetfe  bei  S^^ieme  a.  a.  0. 

©egen  bie  SSerbunlelung  ber  )>aulinifd^en  ©nabenle^re  burc^  ben  So^nbegriff  toenbet 
ftc^  3Rclanc^t^on  in  ber  äpologie.  6r  bietet  l^ier  —  genauer  jugefel^en  —  eine  hcdpip^ 
ßurec^tftedung  be^   biblifc^en  So^ngebantend.    1.  ®er  So^n   be^iei^t  ftd^   nic^t   auf  bie 

60  ©ünbent^ergebung,  bie  nur  im  ©lauben  angeeignet  toerben  lann,  fonbem  auf  monc^ei 
leibliche  unb  geiftlic^e  Segnungen,  mit  toeld^en  ©Ott  bie  ©efe^e^erfüllung  beffen  bogilt, 
ber  bie  äted^tfertigung  fc^on  empfangen  ^at.  2.  3)er  Sol^n  ^at  feinen  Snmb  in  einer 
@elbftt)er))flic^tung  ©otte^,  nic^t  in  unferen  Sierbienften  unb  beruht  bed^b  felbfi  auf 
©nabe.    Unter  biefem   }toeiten  ©eftc^t^unlt,   ber  offenbar  ber  eigentlich  prinjit^teOe  un^ 

66  burc^fc^lagenbe  ift,  lann  bann  auc^  gefagt  toerben,  —  toad  bie  ^l.  ©c^ft  in  ber  2^t 
fagt  —  bafe  ber  So^n  im  etoigen  Seben  felbft  befielet  (Apol.  R.  96  f.  136  f.).  3m  Solfr 
Unterricht  toiH  SJlelanc^t^on  ben  ^intoei^  auf  ©otted  belol^nenbe  9}ergeltitng  cta  6)>oni 
ju  c^riftlic^er  Siebe^ertoeifung  nid^t  miffen  (CR  26,  15).    S)er  So^ngebanle  fott  ol^ 

tilf^motit)  für  bie  ©c^toac^en   bienen.    äll^   bloged  92ebenmoti))  c^araneriftert  ouc^  M 
on}il  t)on  Orient  ben  931idt  auf  ben  etoigen  So^n  (Sess.  VI  cap.  11)  neben  bemfloupt* 


So^tt  613 

motib  ber  IBer^errlid^ung  ®ott^.  Wim  bte  ^nfd^ulnal^me  bed  So^nmottt)^  atö  einei^ 
fittftd^  tabellofen  (can.  31)  ertoedt  bod^  ben  @cl^em,  old  ob  ei^  auc^  für  ftd^  ^inretc^enb 
toore.  ^n  m^fttfd^  angeregten  itreifen  ber  lat^ottfc^en  ffird^e  l^t  man  bagegen  bad  ^beol 
bcr  untntereffterten  ®otted(iebe  tpieber  aufgenommen  unb  tpeiter  ge))flegt.  93gl.  ben  ätrt. 

gÄlClon  9b  VI  34,   87—46.  5 

Sie  mobeme  ))^Uofo))^ifcl^e  (Stl^il  fte^t  bem  So^ngebanlen  hitifd^  unb  Dtelfad^  ab(e^ 
nenb  gegenüber.  S^tnoga  übarfe|^t  bte  ©ebanlen  ber  reltgiöfen  SJl^ftit  tnd  ^nteDettualiftifd^e. 
2>ad  einzige  ))oQtommen  gute  ^otto  ift  bte  Siebe  m  (Sott,  bie  mit  ber  @rlenntnid  (Sottet 
ober,  txKi^  bodfelbe  tft,  bed  umfaffenben  9latunufammen^ang^  ibentifc^  ift.  2)er  9Betfe 
^onbelt  oud  feiner  abäquaten  @rtenntntd  ^eraud  fd^tec^tl^  gut,  o^ne  ba^  ^  für  i^n  eined  lo 
®efe|ed  ober  einer  mit  btefem  ))erbunbenen  93erf))rec^ung  ober  ^o^ung  bebürfte.  92ur 
für  bieienigen,  toeld^e  bie  ÜRottoenbigleit  bed  ®uten  nid^t  einjufe^en  vermögen,  ftnb  Se« 
lol^nungen  unb  Strafen  ba.  9lber  biefe  erzeugen  niemaß  ein  morolifd^  i^olibeln.  S^riftud 
fc^nteitet  barin  über  Wto]^  ^inaud,  baf;  er  nic^t  mel^  ftnnKd^e,  fonbem  geiftige  ®üter  ber« 
^ci^.  @d  bleibt  no^  ber  Id^te  ©d^ritt  gu  if)\m,  biefen  getftigen  Sol^n  in  icS  JtttKd^e  i6 
^onbeln  felbf)  ju  bertegen.  Sr  befte^t  in  ber  @e(igleit,  tbeld^e  bie  Xugenb  in  ftcp  felbft 
trägt  (Tractat  theol.  polit.  cap.  4.  5.  Eth.  V,  prop.  41  f.  Ep.  21  [olim  34],  Opera 
ed.  yan  Vloten  et  Land  II,  275  ff.).  Sefftng  fte^t  in  ber  9(ud{td^t  „auf  bie  glüdfeligen 
folgen  ber  Xugenb''  nur  ein  Srgie^ung^mittel  für  bie  Unreifen,  \>cS  ^toegfaUen  mu^, 
tbenn  man  fällig  getborben  ift,  „bie  Xugenb  um  i^  felbft  tbi&en  gu  lieben^'.  9Ber  auf  ao 
bcr  Stufe  ber  SoQenbung  angetommen  ift,  reflelttert  bann  nid^t  me^r  auf  „tbiUtürlic^ 
SkCo^ungen,  bie  auf  bad  ®ute  gefegt''  toären,  aber  er  ertemtt  „bie  befferen  Setobnungen'^ 
bte  im  ©Uten  felbft  liegen  (Srjiel^ung  b©^  3Renfd&engefd^l.  §79—85).  Äant  fc^Uefet  bon 
bcr  SDtotibierung  bed  fittlid^en  ^anbelnd  jjebed  eigennü^tge  9Rotib,  über^au^t  jj^en  „tmpu 
rtjd^en  Slnreig^'  aud;  aber  er  erlennt  an,  ba^  ber  rein  ))raltifd^en  Wloxal  eine  (Slüdfeligsae 
lettdlel^e  folgen  barj,  tbeld^e  bie  Steinzeit  ber  ftttlid^en  (Seftnnung  nic^t  trübt,  Ibofem  nur 
bte  93efo(^ung  bed  (Sefe^ed  auf  bie  SSorfteQung  ber  ^flid^t  allein  gegrünbet  tbirb.  ^n 
ber  (^ftltd^en  Wloxal  \P^^kV,  finbet  er  leine  ^eteronomie,  fonbem  älutonomie  ber  reinen 
(nmlttfc^en  SSemunft,  jofem  jene  „bie  Srienntnid  ®otted  unb  feinei^  äBiUend  ntc^t  jum 
Orunb  ber  fittlid^en  ^efe^e,  fonbem  nur  ber  ®elangung  gum  ^öd^ften  ®ute  unter  ber  ao 
SAingung  ber  Befolgung  berfelben  mad^t"  (Ar.  b.  pxalt  SSem.  ed.  Äirdj^mann  112.  155. 
182  f.).  gftd^te  bertoirft  biefe  Kombination  i^  ®uten  unb  ber  ®lüdfeliglett  unb  fte^t  in 
i^  bie  ®efa|rr  einei^  fd^limmen  @elbftbetrugd,  inbem  man  ftd^  einrebe,  bie  ®lüdfeligteit 
„mtr  nebetibei  ju  tbollen'^  toälS^renb  fte  bod^  ber  eigmtlid^e  Setoeggmnb  bed  9Billend  fei 
Cr  ge^t  barum  auf  bie  m^ftifc^e  ^orbemng  ber  uninterefftertm  ®otte^liebe  mrüd,  bie  85 
„lAe  perfönlic^e  Selbftliebe  austilge"  (3lnto.  gum  fei.  Sebm  ©.  243—250).  2).  %t.  ©traufe 
benü^  bie  ^olernil  gegen  bm  SSergeltung^lauben  jur  Sluflöfung  ber  c^riftli(|en  @fd^a« 
tologte.  @r  erllärt  bie  3)leinung,  ba^  e^  in  biefem  Sebm  bm  ®utm  oft  fd^lec^t,  bm 
©(^lec^tm  gut  ge^e,  für  bie  ^Eöufd^ung  eined  am  öu^erm  ©d^ein  l^ftenbm  3)mlmd  unb 
^t  im  ©trebm  nad^  ber  ©eligleit  einen  bem)erflid^m  Sgoi^mud  (®laubendl.  II,  713  f.  «o 
SOter  u.  nmer  ®laube,  l.äl.,  ©.  124).    ^ie  ^örteftm  aber  aud^  beiftänbnidlofeflm  SBorte 

@b.  b.  $artmann  gefunbm,  um  bie  c^nftlicbe  Wloxal  tbegm  iprer  Se^re  bon  einem 
mltfd^m  So^n  be^  niebrigftm  Sgoi^mud  gu  befc^ulbtgm(3)ad  ftttl.  Setou^ein,  2.  91., 
.  37—44).  gr  ift  barin  freiließ  bon  SRte|fd^e  (im  „«ntid^ft"  unb  fonft)  noc^  über* 
botm  h)orbm.  ^agegm  l^at  So^e  aud^  barin  fein  meitblidlmbed  SSerftänbnid  für  bie  46 
^bleme  beö  ftttlic^en  unb  religidfm  Seben«  betoiefm,  bafe  er  über  bm  Sol^nbegriff  fagt: 
„9Btr  ^tm  eine  3Beltanft€^t  für  unboQftänbtg,  bie  ein  unbergoltmei^  Sßerfc^toinbm  \>^ 
Outm  für  möglich  f)cit"  unb  bom  Sl^riftentum  urteilt :  „^aburd^^  ba^  ^  bm  fü^m  item 
ber  ©eligfett  old  hai  le|te  ®e^eimni$  offmbart,  um  be^iDm  ber  ganje  äluftoanb  einer 
6(^}>fung  unb  eine^  SBSettlaufd  gemad^t  ift,  ift  hcS  (Sbangelium  eine  fro^e  Sotfd^ft;  so 
eine  er^abme  Sotfd^aft,  eine  granbtofe  ^at  e^  nie  fein  tboQm  unb  ift  ed  bod^  getborbm, 
toeU  ed  jme  toor"  (röifrofo^m.  III»,  ©.  358.  360). 

Slui^  bm  @rörtemngm  über  bm  Sol^nbegriff  in  bm  ^arfteDungm  ber  d^riftlic^m 
etl^I  fetm  ^orgel^oben:   3Rartmfm,  ^x.  ßt^.  I,  412.  564 ff.;  SK.  5la^ler,  ffiiffmfc^. 
b.  c^.  Se^,  2.  aufl.,  468.  610 ff.;  3.  Äöftlin,  6^.  (St^.,  197  ff.;   Sut^arbt,  Vorträge  66 
über  bie  TOoral  be«  ©^riftmtum«,  5.-7.  äufl.,  63  ff.;  SR.  Äübel,  ^r.  (gtJ^.  II,  85—91. 

4.  Z>a^  Srgebnid  lä^t  ftd^  nunmehr  in  tbeni^e  ©ö^e  mfammmfaffm.  @d  befte^t 
lein  ®runb,  bm  Sol^ngebanfm  um  feinet  angebltc^  juribifc^en  S^aralterd  tbillm  bom 
®ebiet  bed  fUtlid^m  unb  religtöfen  ZAttii  au^mfc^lie^m.  @r  ift  au^er^alb  be^  9ledbtd« 
gebtetd  entftonben  unb  lä^t  au^er  bem  Wa^ftab  ber  ®ere(^tigleit  aud^  für  ben  ber  billig?  eo 


614  So^tt  S^tfim 

tett  unb  ber  ®üte  SRaum.  ^n  ber  reKotöfen  9Be(tanfcl^auung  bient  er  jum  Sbidbrud  bei 
®etDi^eit,  bag  bod  fittlid^e  $anbeln  {eine  b(o^e  Stitgelegenl^eit  bed  3Rtn\dfm  \^  fonbetn 
\>on  ©Ott  beamtet  unb  gelDürbigt  toirb,  tnbem  er  mit  ber  SSefotgung  feined  SBiOend  bie 
Xeilna^me  an  ben  ®ütem  feinet  Sleic^ed  jufammengeorbnet  fyd.    SSerftel^t  bod  31%  caiii 

6  unter  bem  So^n  ber  Xreue  nid^t  blog  bie  SSoUenbung  bed  ftttlic^en  Strebend  felbft,  fon- 
bem  bie  t^oUbefriebigenbe  ®efta(tung  bed  2Aztii  überpoul^t,  fo  fc^neibet  ed  bod^  befiimmt 
jebe  egoifttf(^e  So^nfud^t  ob.  ^enn  einmal  toirb  ber  göttlich  So^n  fd^on  baburi^  bei 
egoifiHMen  SBerec^nung  entrüdt,  ba^  er  in  eine  ienfeitige  Drbnung  ber  3)inge  t>erlegt  toitb. 
^ie  äSemad^läfftgung  bed  biedfeitigen  93ortei(d  um  bed  t^f^%^  ®eh)innd   tDtHat  toirb 

10  fo  ^u  einem  SBagnid  bed  ®(aubend,  bad  an  ftd^  fc^on  einen  ^o^en  ^bealidmud  in  fu^ 
fd^lte^t.  Ser  So^n  im  neuteftamentlid^en  ®inn  ift  ober  nic^t  blo|  jenfeitig,  er  ifl  aii4 
geiftig  unb  ftttlid^  geartet,  fofem  feine  SSertpirflic^ung  eine  Umgeftcutung  ber  S3elt  boraud^ 
fe^t,  ))on  bet  \d\x  nur  tpiffen,  ba^  fie  bie  trolle  3)ur$fü^ng  bed  l^igen  @6ö}>fertoinend 
®otted  bilbet  (3Rt  19,  28).    ,3)iefet  So^n   l^at  barum  gar  leine  Slnji^ungdhaft  für  bod 

ifi  fmn(id^«egoiftif(^e  Sege^ren.  überbied  tpirb  ))on  ^t]\x^  unb  ^uIuS  nad^brüdtlic^  betont, 
boft  ber  ®ebante  an  ben  So^n  nid^t  ber  eigentlid^  ))robu)ieret^  ®nmb  bed  d^ri^ic^fitt« 
lid^en  Sebend  ift,  fonbem  ba^  biefed  an^  ber  9lneignung  ber  befeligenben  göttlid^  ®nabc 
uti^  aud  ber  ))on  i^  getoejten  ®otteds  unb  Slöd^ftenliebe  entfi)ringt.  !Rur  ein  ^onbeln, 
icS  bem  ftttlid^en  ^n^alt  bed  ©ottedtoiHend  aU  fold^em  gilt,  toirb  barum  So^n  en^yfongen 

ao  unb  bloft  in  Siücffid^  auf  bie  (Sraie^ungdbebürftigleit  bed  S^riften  unb  bie  unaudbleiblii^en 
Sd^koanlungen  feinet  inneren  2mn^  koirb  ber  93Ii(t  auf  ben  So^n  otö  i^Ufdmottb  Det^ 
toertet.  ^em  entf))rid^t  ed  aud^,  ba^  ber  So^ngebanle  im  9IX  nid^t  fotoo^l  ate  SRotib 
ber  S3e!e^rung,  fonbem  ald  (Ermunterung  jur  9luiSbauer  in  bem  fc^on  geiDorbenen  c^fi^ 
(id^en  Sebendftanbe  gebrandet  toirb.    3)emnad^  erfüQt  bie  dEiriftüd^e  Se^re  k)om  2o|m  oOers 

26  bingd  bie  ^orberung  Ranf^,  bag  ber  93(i(t  auf  bie  ®Ul(Ife(tpIeit  bie  funbamentalen  fitt^ 
liefen  3)lottt)e  nid^t  erfe^en  ober  ))erbrängen  bürfe,  fonbem  fte  Dorau^iufe^m  ^obe.  ^it 
ber  eDangelifd^m  ®naben(el(^e  enblid^  ift  ber  biblifc^e  Segriff  bed  So^nd  k>eretnbar,  toetl 
er  nid^t  eine  juribifd^e  Sietgeltung  bebeutet,  ))ielme^r  in  ber  Sßürbtgung  ber  um>olltoms 
menm  mmfd^lic^en  Seiftung  bie  ®nabe  i^rm  @pxdxaum  fyit    3^^  St^ü,  bie  ben  ©e^ 

Bobanim  einer  belo^nmbm  göttlid^m  93erge(tung  aui^fd^flie^t,  ift  bamm  unboDfUinbig,  toeil 
fie  ed  t)erfäumt,  bie  Überzeugung  ))on  ber  be^errfd^mbm  Stellung  bed  ®uten  in  ber  9M 
in  i^re  trolle  Jlonfequmj  ju  mtfaltm.  C  IHr«. 

Soiftett,  ^ant^eiftifd^eSelte  bed  16. ^a^r^unbertd.  —  SoQftfinbige  8amm' 
(ung    ber   OueUenberi^te   unb   einge^enbe   ^orfteHung   ber   ©efc^i^te   ber    @e!te    bei  3ul. 

86  Steberid)8 ,  De  secte  der  Lofeteo  of  Aiitwerpsche  libertiJDen  (1525 — 1545).  £lidu8 
Pniystinck  (Loy  de  Schaliedecker)  en  zijne  aannan^ers  (=:  Werken  van  den  practisdieii 
leergang  van  vaderlandsche  geachiedenis  van  P.  Fredericq,  II),  Gent  u.  's  Gravenhaffe 
1891;  3»  Srcberld)?,  Un  luth^rien  franjais  dcvenu  libertin  spirituel:  Chiistophe  H^raut 
et  Jes  Loistes  d'Anvers,  1490 — 1544,  im:    Bulletin  historique  et  litt^raire  de    la  eoc.  de 

40  l'hist.  du  protestÄntisme  franyais,  T.  XLI  (4.  s^rie,  ann^e  I),  1892,  ©.  250 — 269;  berf. 
(nebft  Beiträgen  oon  ^.  ^olinier  unb  92.  Seig),  La  moralitig  des  libertins  spiritueU, 
ebenbo  S.  502 — 504 ;  Ä.  S^nbt,  Histoire  du  panth^isme  populaire  au  moyen  ^  et  au 
16.  sifecle,  $Qri«  1875,  6.  122  ff. 

3)ie  frü^efte  Äunbe  i^on  bem  3luftretm  biefer  Seltierer  giebt  un3  Suti^d  Srief  an 

46  @|)alatin  Dom  27.  Ttäxi  1525,  bem^ufolge  bama(d  „ntn^  ^xopl^m*^  an^  Xnttoexpen 
bei  il^m  in  SBSittenberg  crfc^icnen  toaren,  bie  ®eift  unb  Semunft  be^  SKenfd^  bem 
i)l,  ®eifte  gleid^fe^ten.  ^ie  2)i^t>utation,  bie  in  \mm  2^agm  3Re(and^tl^on  in  ®t%m 
toart  ifutl^erg  mit  bem  böd^ft  felbftbetoufet  auftretenben  SBortfübrer  jener  ^ontl^eiften,  bem 
ainttoerpener  ©d^ieferbcrfer  6ligiu^  C^iot))  ^ru^ftinrf,  führte,  Iie|  Sut^er  bie  ganje  ©t^ 

60  be^  ®egenfa^e^  ^toifd^en  jener  ?iic^tung  unb  feinm  eigenm  rdigiöfm  überjeugungen  er- 
lennen.  Rn  Slnfang  ät^ril  1525  richtete  er  be^l^alb  an  feine  ^n^önger  }u  9lnttoeit>cn 
ein  ©d^reibcn,  in  bem  er  fie  unter  ^Darlegung  iijon  iPm^ftinrf^  Se^ren  toor  bm  gefci^- 
liefen  „Rotier-  unb  SRumpclgeiftem"  einbringli^  toamte.  Äurj  barouf,  im  3«""«^  1^26, 
tourbe  ^Pru^ftinrf  hnxd}  bie  ^n^uifition  in  Slnttoetjjen  in  Unterfud^ung   gejogen ;   in  0^ 

66  meinfc^aft  mit  neun  SRitangeflagtcn  tjerftanb  er  ftd^  jum  SBibermf  ber  t)on  i^m  befomiten 
Äe^ereten  unb  lam  fo  mit  ber  S3erurteilung  jur  öffentlichen  Äirc^enbu^e  unb  jum  Irogcn 
be^  Suglreu^e^  bat)on.  ^a^  bie  l^on  ^ru^ftintf  au^egangme  äSetoegung  bamit  ni<^t  jum 
Stittftanb  gelommen  toar,  jeigcn  un^  Serielle  oom  ^af)xt  1534  unb  1544,  bie  über  bi( 
hjeite  Verbreitung  Älage  führen,  bie  bamafe  bie  })ant^eiftif(^4ibertiniftifc^  Se^ren  in  b<n 

60  Jiiebcrlanben  erlangt  i^attcn.    ^n  2lntn?crj)en   loaren  namentlid^  bie  loo^tl^abenben  Ärcif^ 


'  Satftnt  SoDaTtmt 

in  im  loiftifdjim  Jliiinüentilcln  ftart  uertteten.  ai&ft  aud}  au^n^alb  Ülnttüerticnä  entfolKte 
^Tu^ftind  eine  eifrige  ^Uroiiagnnia,  ba  bie  »on  einem  (einer  ^üitger  —  ■ptut^ftind  (elbft  mnt 
D^ne  alle  ©tfiutbilbung  ~  »erfaßten  unb  in  ÜJcuKt^Ianb  gebnitften  iVIug|(^riften  bientcn. 
So  platten  (eine  Vetren  auä}  im  Alpiner  ©ebiete,  in  Srabant  unb  glonbem  Slnfiang  ge= 
teonnen.  —  Oia^bem  i]JnHjftinrf  faft  jttiei  ^ife'^ä'^f"''«  lang  Bor  ben  i^erfolgungcn  bcr  6 
JJnqui|ition  ficfe  ü"  pt^em  gehju|l,  hiad^  im  Sommer  1544  infolge  beö  ©eftänbnifft* 
nncS  in  ^aft  genommenen  3öiebertäufetä  baS  Sicr^jängniS  üba  i^n  unb  [eine  Sln^nger 
l^etn.  ^ie  bei  |einem  crften  ^licoji:^  fuc^tc  auc^  je^t  Icieber  ^lut^ftind  burc^  iai  3In= 
gebol  ber  9lbl(^tDöTung  {einer  i'eliren  fi^  ju  reiten.  311^  rUttfäUiger  jtc^er  niurbe  er  je: 
iod)  gum  (Scheiter Eiaufen  ferurieilt,  ben  er  am  25.  Dttober  1544  beftieg.  ^afi  er  in  lo 
b^ter  Slunbe  Sßibemif  geleitet  unb  gebeid)tet,  ift  ni<^t  erlDiefen.  ^te  feine  ^In^änger 
btlaftenben  @eftänbntf|c  ^atte  er  [pdtcr  ali  bur^  bie  ^olter  erjbungen  jurücfgenommen. 
£e(^  anbere  Seiften,  unter  t^nen  ber  lö3i  alä  Sutlreraner  berfolgte  unb  nac^  Stntnjerpen 
geflüchtete  ^arifer  ^unietier  @^rifto)^l?  ^ärault,  tuurben  enttiaubtct,  ber  Xetfaffct  bet  loiftifc^en 
ed?riften,  3Jominif  ban  Cucle,  erhängte  fitfj  ""  (Sefängniö,  anberen  gelang  eS  inä  %ui=  i& 
lonb  ju  flüchten,  3Rit  bem  3lb[auf  be«  ^(Ojeffeä  öon  1544—45  füib  alle  ©(juten  ber 
(gpftenj  bei  ioiftenfefte  uctfdjlounben. 

über  bic  ©laubenSjäee  ber  Soiften  befi^en  Kir  aufeer  ben  ^irojefeaften  »on  1544/45 
btri  einge&enbe,  im  me^entUdjen  eng  übercinftimmenbe  Seriefete,  ben  Srief  Sutfierö  „an 
bie  S&riften  ju  2tntorf'  Dom  april  1525  (Sri.  53,  34!  9ir.  153;  länbere  V,  151),  ben  so 
9erid)t  bed  ^Riibael  Gamobianue  an  ^o^ann  ^efi  bon  1534  (naife  ßofaif,  ^auluä 
©peratu^,  Svaunjdjn,'.  1361,  ©.404  ff,  abgebrudt  bei  grebericfeä  ©.59  ff.)  unb  eine  auS 
^nquifitioncheifen  ftammenbe  Stufjeicfenung,  bie  jueift  bon  ^itUinger  befannt  gemai^t 
ttmtbe  (Seiträge  jur  Seftengeitfeitfcte  bca  WS..,  %.  II,  S.  664  |f.,  banai^  ^eberi«^  6.  1  ff._). 
3)er  leltgiöfe  ©tanb^unEt  ber  i'oiflen  ift  banai^  ali  ein  tonfequenl  buic^gefü^rter,  mit  2c> 
ntionaliflifi^en  3Iuffaffungen  ge))aartcr  ^ant^eiämuä  ju  bejeii^nen.  3Säbrenb  ber  ^enfi^ 
bcjügltcf)  fetner  Ebr^erlicfecn  3tatur  fu^  in  ^iic^tä  bom  Üter  unlerfi^eibet,  ift  fein  getftigeä 
3Sefen  naclf  bei  Se&re  ber  Soiften  göttlicher  ©ubftanj  ober,  mit  anbeten  JBorten  auä; 
gebtüdl,  jeber  bef^t  ben  ^l,  (Seift.  Da  bie  beiben  ©eiten  beS  menftfelidfeen  9ßefenö 
bun^au«  felbftftänbig  unb  obne  (Sinfluf)  aufcinanber  fmb,  fo  trifft  ben  ©eift  beä  2lienf(^en  bo 
leineilei  ^eiantlDortung  für  bie  ©cblDacbbeit  beä  ^teifi^e^.  Siefe  finbet  buri^  irbifi^e 
©trafen  unb  bur<^  bie  Vernichtung  beä  Jti^rpcrä  ibrc  ©übne;  ber  @eift  aU  foldiei  ifl 
fflnblod.  33ie  i'e^re  bom  gegfcuer,  bon  ber  aiufcrfte^ung  unb  bom  legten  ©ericfet  finbet 
in  biefem  ©i)ftcme  ebenfomentg  einen  i(5Ia^,  tuic  bie  Segriffe  ber  ©iinbe  unb  bei  Sufee. 
SBir  böten  biclme^r  bon  ben  Soiften,  bafe  fie  biejenigen  berfbolteten,  loelcfee  fid)  um  ©Ott  B6 
befummelten  unb  ©otte«  ffitllcn  ju  tljun  luünft^ten;  bei  3Jtenfcl)  toBe  ganj  frei  (ein, 
nidjtS  aus  fic^i  felbft  begcbien  unb  (o  feine  leeic  Seftimmung  eneidjen,  'Jii^tä  ju  fein, 
b.  ff.  in  bem  gbtlUcfeen  3Befen  aufüugctien.  iiafj  für  tiefen  DuietiämuS  bie  ©efa&t 
libertintftifc^et  unb  antinDmifti(c^et  iteriiningen  na^e  lag,  ift  augei  t^roge ;  boc^  liegen 
beftimmte  älnllagcn  gegen  bie  Soiften  njegen  unfittlii^ei  Sebenäfülrrung  nit^t  bot.  *o 
SlOe  äirgumente  für  i^te  Serien  entnabmen  bie  Soiften  ber  Sibel,  bie  fie  aüeibingä 
in  ^ü<^fl  gewalttiiätiger  SBeife  etflärien.  —  @tn  Hu|ammen^ang  bei  Soiften  mit  einem 
Vorrefoimatori(c^en  ©eItenEtei(e  fcfeeint  ni4)t  beftanben  gu  I^aben;  tmmcrfjtn  mag  ^rub' 
ftincf  bur^  bie  gerabe  in  ben  ^tiebcttanben  meit  berbreilete  ))ant^eiftif{^-(|uiettflif{^ 
Xrabition  beö  15.  ^a^t^unbeitä  beeinflufit  morben  fein.  3Iu^  bem  ^täufertum  fte^t  u 
bie  [pifttff^e  Seite  burtttauä  fetbftftänbig  gegenüber;  i^re  {;uietifti(tt)en  Äuffaffungen, 
bie  ibo^I  nur^  in  läufertreifcn  tjingang  gefunben  b^ben  nii)gen,  fmb  bon  bem  laufet' 
Raupte  Dabib  ^oriö  in  einer  eigenen  gegen  ^JJruljftind  geri(feteten  ©cferift  übet  bie  Ira^re 
geiftige  ätmut  betamvft  tüoibcn  (bgl.  9tippolb,  ^hZ^  Sb  38,  1868,  S.  501,  516ff. 
unb  3t)tX^  III,  1877,  ©.  286f.).  .^b^ft  bjabtftbeinlit^  ift  eö,  bap  bie  bon  ben  3ticbet=  so 
lanben  au&  natfe  ben  tomanifcben  l'Ünbetn  betbtriteten,  feit  1545  namentliift  bon  ßalbin 
Mampften  panttieiftifi^en  Set;ven  ber  „i;ibertiner"  (bgl.  3unbt  a.a.O.  ©.122 ff. ;  ßamp= 
faulte,  3.  Salbin,  II,  13  ff.)  i^ten  Sluegangäpunft  in  ber  gerate  bomaia  ierfptengicn 
toiftifcfeen  Seite  Ratten.  «traan^antit. 

fioDorben.  —   Bitterolur:    Wilkins,    Coac.  M.  Brit,  Lond.  1737;   Botuli  Parlia- B5 
menlomm;     Knighton,  De  Event.  Aagl.  in  TwyBden,   Hist.  AdkI-i  Lond.  I<i52;     Rymer, 
Foedera;  Walsinghara,  Hint.  Ansl.  hrevis  in  Ber.  ßrit.  med.  aevi  Script,  cd- KUef ,  2  voll., 
Lond.  1863  tRoUe  Serie«) ;  Th.  Wright.  Polit.  Poems  and  Song»,  2  voll.  Lond.  18Ö9  (R.8.): 
Faflciculi  Zizan.  J.  Wiclif   cum  tritico  ed.  Sliirley,   Lond.  It^  (B.S.J;    Uiat.  Henrici  V 


d 


616  Sonorben 

ed.  Redman  (R.S.);  Elmham,  Lib.  Metricus  (RS.);  Redman,  Vita  Henr.  V,  Lond.1727; 
B.  Pecock,  Ilie  Bepressor  of  over  much  Uaming  of  the  Clergy  ed.  GhurchiU  Babingttui, 
2  voll.  Lond.  1860  (R.Ö.);  Th.  Netter  de  Waiden,  Doctrinale  Fidei;  Ordinancee  of  thfi 
Privy  Council,  ed.  Nicolas;  A.  Wood,  Hist  et  Antiqu.  Univ.  Oxon.,  Oxf.  1674;    Daviee, 

6  Engl.  Chronicle  (1317—1461);  O.  Gratius,  Fascic.  Kenim  Expet  et  fug.  ed.  E.  Brown, 
2  voll.  Lond.  1690;  — J.  Foxe,  Acts  and  Monumente  ed.  G.  Townsend,  8  voll.  Lond.  1843; 
fie4ler,  3.  D.38iclif,  2  S3bc,  ßcipjj.  1873;  KPoole,  WycUffe  and  the  Movement  forBefonn, 
Lond.  1889;  Matthew,  Engl.  Works  of  WycL,  hitherto  unprinted,  Lond.  1880;  ^öflcT, 
Anna  ü.  Suj.,  1871;  —  A.  M.  Brown,  Leaders  of  the  LoU.,  1848;  Maurice,  Engl.  Pop.  Lea- 

10  dersLond.  1875;  Ph.  Gaspey,  Life  of  the  goodLord  Cobham,  2  volL  1843;  Gairdner  and 
Spedding.  Stud.  in  Engl.  Hist.,  Edinb.  1881;  Halliwell,  Char.  of  Falstaff ,  1841;  NewShak- 
spere  Soc.  Public.  1879,i  —  Stubbs,  Constit.  Hist  of  Engl.,  3d.  ed.  Lond.,  1869;  Füller, 
Church  Hist.  unb  Worthies  of  Engl.  1811;  Bamsay,  Lanc.  and  York,  1835;  Greig^ton, 
Hist.  of  Papacy,    Lond.  1882,   vol.  I  unb  II;    ^auli,    ©cfcft.  d.  enfll.,   ©b.  IV  unb  V; 

15  Sidney  Lee,  Dict.  of.  Nat.  Biogr.,  vol.  XLII  (Art.  Oldham),  London  1895. 

I.  ®^6f\6^Hxii  be^gt  treten  bie  SoDarben  juerft  )u  ätnfong  bed  14.  ^ofyc^ 
l^unbert«  auf,  in  einer  9lottj  b©^  Süttidjier  3)oml^erm  3.  $o^em  (Qesta  Pontif.  Leo- 
diensium,  Leodii  1612,  131):  eodem  anno  (1309)  quidam  ypocritae  gjrovagi, 
qui  Lollardi  sive  Deum  laudantes  vocabantur,  per  Hannoniam  et  Brabantiam 

20  quasdam  mulierum  .  .  deceperunt.  9(ud  ber  93emertung  ergiebt  ^d^  |uglei<^  bi( 
älbfunft  bed  3lammi:  Seute,  bie  (Sott  loben;  olfo  nid^t  bon  einem  fa^en^oftm  ßetefv 
ard^en  9B.  SoU^arb  (nad^  t^^Qer),  audti  nid^t  bon  lollium  Sold^  (©c^tombeltom,  äSinb» 
l^fer),  mit  bem  nad^^er  ber  (S^onift  Jlnig^ton  (ubique  praedicans  [Xfton,  SBtdifS 
^eunb]  lollium   cum  tritico  seminavit)  unb  aud^  S^aucer    (|)is  loUer   here  wol 

25  prechen  us  somwhat,  He  wolde  sowen  some  difficulte,  Or  sprenge  ookkle  in 
our  clene  corn  im  Shipman's  Prologue)  bie  S.  in  SSerbinbung  bnngen,  fonbem  tarie 
$ocfem  burc^blidten  (ägt,  bon  mnbib.  ..löHen'',  luQen,  einlullen,  bad  in  3>ltttelbeutf(^lanb 
nodj  ^eute  im  ©inne  bon  ,,in  ben  ©d^laf  fingen"  gdbräud^lid^  ifL 

@ie  erfd^einen  feit  Slui^brud^  einer  @eucl^e  in  |[nttoeiben  (1300)  old  eine  ben  Se^ 

80  garben  unb  Seginen  bermanbte  93ilbung,  bie  ftd^  ber  $^ege  ber  5lranten  tmb  ber  Se^ 
ftattung  ber  Xoten  tpibmeten,  nad^  i^rem  ©d^u^^eiligen  and}  äÖecianer  genannt  Son 
älnfang  i^rei^  äluftretend  ber  Rederei  berbäd^tig,  lebod^  feit  1347  bon  ®regor  XI.  bebingt 
gebulbet,  bleiben  bie  2ollbrüber  unter  bem  Äe^ereiberbadbte  ber  Äird^e  anrüchig.  —  S)ie{e 
^ärctifc^e  »bfd^ö^ung  bringt,   nad&bem  SBicKf  1380/1,  bie  »elänn^fung  ber  «.  Tl.  2e^ 

35  aufgenommen  l^atte,  ben  SBSiclifiten  ben  ©emeinnamen  S.,  ber  i^nen  fortan  berblieb.  1382 
nennen  i^re  ©egner,  ber  Sifterjienfer  @rom))e  unb  ^omad  SBalben  (Fase.  Ziz.  113, 
296:  alius  quoque  LoUardus  de  secta  Wycclyff)  SQBiclifö  greunbe  $ereforb  unb 
SReJjington  jjuerft  fo;  1387  treten  5  9leifej)rebiger  nomine  seu  ritu  Lollardorum  oon- 
foederati   in  einem    gjlanbat  be«  »ifc^of«  bon  SBorce[ter   (Wükins  III   202),   1389 

40  mehrere  Slngellagte  Lollardi  vulgariter  nuncupati  in  Sincolnfd^en  ^rogegalten  auf 
(Wilkins  III  208).  ©eitbem  ift  ber  SRame  in  (Snglanb  ©emeingut  (loUardia  = 
techings  that  men  clepid  LoUards  doctrin)  unb  erjd^eint  in  ben  Urhinben  in  fo  ge^ 
fd^loffener  Prägung,  bafe  bie  nieberbeutjc^e  ^erhinft  m  ben  nationalenglifc^en  Bpott^ 
namen  für  bie  änl^änger  SBiclifö  in  ^nglanb  im  14.— 16.  ^afycff,  pd^  berlor.  —  3n  biefem 

46  ©inne  ift  bon  il^nen  |icr  bie  Sebe. 

II.  Um  bie  ffienbe  be«  14.  ^ö^'^^Mnbert«  gel^t  eine  toeite  unb  tiefe  SSetoegung 
burc^  bad  englifd^e  SSolI.  ällte,  ftiHe  Sl^nungen  eined  lommenben  bleuen,  Uebertoinbung 
ber  ©egentoart^nöte  unb  Umgeftaltung  bed  religU^fen  unb  fojialen  Seben^nbed  uufen, 
jittemb  in  Sangen   unb  hoffen,  in  ben  §erjen  ber  SerüJS^en.    ®er   etnjdne  aRonn 

60  toirb  noc^  nic^t  aud  feinen  Saj^nen  gerüd(t,  aber  in  ber  Xiefe  ber  SSolfälJeele,  bie  nic^t 
bergi^t  unb  bergel^t,  ringen  bie  ©ebanlen  ber  SSergangen^eit,  bie  ^ßicltf  in  fein  Soll 
gefät,  nac^  Slu^eftaltung. 

3Rac^bem  biefer  feit  1378  [einen  SQSiberfjmjdJ  audj  gegen  bie  Seigre  Storni  erl^oben  unb 
bon  feiner  Uniberfität,  bem  ^ojt,  ätbel  unb  ber  Slitterf^aft  ftd^  unterflü^   fa^,  lam  ed 

66  für  bie  S)urc^fü^rung  feiner  in  Se^re,  SSerfaffung  unb  ffult  tief  einfd^neibenbcn  Sbeen 
barauf  an,  biefen  auf  breiterem  ©runbe  ©eltung  ju  berfc^affen.  SBo^l  naA  bem  SSorbilbe 
ber  Siettelmönc^e,  bie  ben  in  ber  ätbenbma^l^-Jle^erei  l^ingetoorfenen  ^anbfc^u^  aufnahmen, 
fanbte  er  juerft  i^m  na^efte^enbe  ?Känner  auö  —  afe  bie  erften  toerben  31  ^oeforb,  3.  äfHon, 
S.  Sebeman,  SKitglieber  ber  Dsforber  Uniberfität,  3.  ^urbe^,  fein  $fange^Ufe  in  äitter» 

60  toort^,  SB.  3:^or))e,  ^arfer,  ©toinberb^  (in  bem  ?Kanbate  b©^  Sifd^of«  $einric^  twn 
©orcefter   bom    10.  Sluguft    1387,  bgl.  Wilkins    III  202)   genannt,   —    begetjtarte, 


SoOarbeit  617 

fui^dixfe  unb  berebte  3Ränner  t)on  haftDoDem  3Birfltci^fett^mne  unb  ))otau$f(i^auenber 
itttattoe,  bie  an  bie  Ileinen  2tut^,  gelbatbeiter  unb  i^anbh)erlec,  alf o  an  bte  SSoIfömaf|e 
i<^  toanbten.  ^\xm  erpenmal  in  ber  englifc^cn  ©cjc^i^tc  fe^cn  toir  einen  SWann,  bet,  mit 
ben  ätegungen  ber  SSolI^feele  tief  t)ertraut,  bie  S^ege  ber  ^erförnmlic^en  äSerlünbigung  ))erlä^t 
8ln  ba«  $erg  bed  gemeinen  SJlanne«,  nid&t  an  ben  SSerftanb  ber  S^'^f^Ö^^'^^^"  0^*  ^-  ß 
3n  tocniger  aö  einem  Qa^e  toirb  eine  ^lugfd^riftenlitteratur  t)on  il^m  gefc^affen.  ®er 
inxfene  ©^Qogi^muiS  unb  bie  langatmige  ^iatettif  ber  ®d)\xk  ift  auf  ben  turgen  Slöttem 
ubertDunben.  2)ad  betpegte  ©emüt  bed  3Reifterd  lommt  nun  in  ber  raupen  unb  oft  um 
bc^^olfenen,  ober  immer  J)adenben  ©auemf))racl^e,  bie  mit  bem  %xo\i  unb  ber  3Ser^ei|ung 
ber  Sibel  burc^fe^t  ift  unb  burd^  anl^eimelnben  ^umor  bie  $er}en  im  @turme  gewinnt,  lo 
)U  feinem  Siechte,  ^er  ©d^ulgelel^rte  ift  2)age«fcl^riftftetter  getoorben.  äJon  ben  %^dn 
bed  Sogmad  befreit,  aber  gebunben  im  @l)angelium,  ))er!ünbet  er  Uner^örted:  bie  Sibel 
oDetn  ift  ®(aube,  SRid^tfc^nur  unb  Tla^  bed  Sebend. 

6in  neuer  3:on,  Der  bie  ©jjiegelfedjtereien  unb  $arlelinaben  ber   entarteten  Settet 
mmtc^rebigt  überl(ang.    ®enn  itüot  in  ben  ibealen  ^UUn  be^  f),  pranj  unb  2)ominicud  is 
ffottt  für  SBiclif  fein  ^otik>  gegen  beren  jünger  gelegen ;  fein  Xrattat  A  Short  Reule 
of  Life  jeigt,  tok  naü)  in  biefer  Se^iel^ung  feine  ^been  benen  bed  f).  %tani  (teilen.  Slber 
neBen  bem  9(.  3)l.ds®treit  tpar  ed  ber  nid^t  felbftlofe  @if er,  mit  bem  bie  Settelmönd^e  bie 
Sod^e  i^er^trone,  ber  beiben  Sc^i^ma^öpfte,  (feit  1378)  in  Die  begel^rlid^e  $anb  nal^men, 
unb  il^  ®egenfa^  jur  S3ibe(,  beren  (Sintpirtung  auf  ba^  SSolf  fte  }u  beargtpö^nen  unb  ao 
)U  fürchten  Urfacpe  Ratten,  bie  9BicIif  Don  i^nen  fd^ieben.    ^n  feiner  @c^ri^  Dom  ^fon» 
amU  (Matthew,  p.  408  ff.)  greift  er  felbft  fte  erbarmungslos  an,  unb  in  feinen  ^^ätrmen 
^rteftem'^  ben  erften  £ouarben,  fuc^t  er  i^nen  fein  @d^a^  )u  bieten.  Seren  3Riffion  toar 
ber  jtam))f  gegen  bie  Unterbrütfung  ber  freien  $rebigt  unb  ber  englifd^en  Sibd,  gegen 
fc^nJ^eiltge  SSerte^ng  ber  9(rmut  in  Ü))))tgleit  unb  ©innlic^feit,  ^obfuc^t  unb  IIeinli(|en  25 
S^gei),  unb  il(^en  ^anbel  mit  ©ebeten,  ^nbulgenjen  unb  Sruberfc^aftSbriefen.  @ie  foQten 
in  boS  geiftlic^e  älrbeitSfelb  ber  93ette(mönd^e  eintreten  unb  in  freieren  formen  eine  Söfung 
ber  Don  jenen  ^intangefe^ten  Slufgaben  fuc^en.    jtein  ©elübbe,  leine  förmlid^e  3Bei^e  banb 
fie;  arm,  o^ne  )u  betteln,  Don  einem  SBillen  gelenit,  in  enger  Serü^rung  mit  bem  SSoIIe, 
ouSgerüftet  mit  ®eift  unb  ®(auben,  toie  i^re  @rfo(ge  betoeifen,  toanberten  btefe  freimütig»  so 
füllen  S3o(föt)rebiger  beS  14.  ^ai^l^unbertd,  barfuß,  in  ber  $anb  einen  langen  @tab,  baS 
Aeic^Kn  il^eS  ^irtenberufS,  unb  in  einen  langen,  raupen,  braunroten  SRantel  geKeibet,  ber 
mmuX  unb  ^rte  Slrbeit  anbeutete,  Don  3)orf  ju  ^orf;  in  5tird^en  unb  Jta))ellen,  am 
S>orfanger  unb  Jtircb^of,  $5^len  unb  9Begrain  Dertünbigten  biefe  ,,precheres  of  Ooddis 
lawe''    bie  $errli(^teit   beS  Derborgenen  ©otteSn)orteS.    Sie  ^rölaten  unb  ^fon^erm,  86 
9ieItoren  unb  ätbte  Derlad^ten  unb  |a^ten,  baS  93olI  aber  liebte  fte  unb  fammelte  ft(^ 
van  fte. 

SaS  toor  ^er  9lnfang  ber  großen  Sollarbenben)egung,  bie  @nalanb  faft  IV«  ^ofyc^ 
l^unberte  in  feinen  liefen  ben)egte  unb  in  i^ren  SluSläufem  ber  nac^folgenben  Sleformotion 
im  toefentlic^en  bie  religiöfe  ©runblage  gab.  Senn  ber  (Srfolg  im  SSolfe  toar  ein  unge»  «0 
tatter.  Ser  engere  5treiS  ber  Simple  Priests,  benen  au^er  ben  genannten  2)^eologen 
SB,  ©mit^,  333.  Srute  unb  SR.  ©toinberl^  angehörten,  ertoeiterte  ftd?  bur^^  ben  3wtritt 
jo^lreid^er  Saien,  bie  in  Äonfequenj  SOBicliffc^er  gbeen  (Dgl.  u.  a.  De  Veritate  Script.  S. 
ood.Vindob.  Palat.  1294  col.68^:  predicado  verbi  dei  est  opus  dignissimum  om- 
nis  creature.  item  omnis  christianus  debet  pre  omnibus  operi  precipue  sibi  limi-  46 
täte  adeo  diligenter  intendere ;  unb  col.  66"^:  igitur  illa  lex  (scriptura  sacra)  est 

Srimo  ab  omnibus  et  maxime  a  sacerdotibus  addiscenda)  baS  SRec^t  ber  Sertünbigimg 
te  ft(^  in  9lnf))ruc^  nahmen  —  auS  ben  Urtunben  erfahren  toir  fc^on  aud  ben  erften  ^äfxm 
bie  SRamen  Don  SR.  Sejter,  31,  Zaxlox,  SR.  ©criDener,  3-  ^^^v,  333.  ?Par(^mener  unb 
31.  ©olbfmiti^,  fämtlid^  Sürger  Don  Seicefter  (Wilkins  III  208  ff.)  —  unb  gegen  bie  eo 
tmberftrebenbe  lirc^lid^e  ©etoalt  in  !ü^ner  Stütf ftcbt^loftgleit  Dorgingen.  i^^ren  t^eoretifc^en 
(Srunbfo^,  ba^  jeber  ^riefter  bie  gleiche  SJoQmac^t  ju  löfen  unb  )u  binben  ^abe  \dU 
^^H)ft  unbSifc^of,  festen  fte  in  bic^rajig  um,  tieften  Don  ben  Poor  Priests  an  anbere 
We  $rieftertoei^e  erteilen,  unb  fc^on  1387  untemal^m  ein  ju  ben  SoHarben  übergetretener 
9luguftiner'@remit  $.  ^te^^uQ  (Walsingham  II  157  ff.)  hxxx^  eine  heftige  $rebigt  in  65 
ber  Sonboner  6^rifto))l^fird^e  einen  öffentlid^en  SSorftoft  gegen  bie  Drben,  bie  ju  einem 
ftratoall  in  ben  Sonboner  ©trafen  füi^rte.  9luf  ©runb  ber  %eitgenöjftfc^en,  natürlich  geg^ 
nerifc^en  Seridjte  ift  feftjufteüen,  baft  eine  SReil^e  DomelSimer,  ftaat^männifc^  gebilbeter  unb 
einfluftreid^er  3Ränner,  bie  bie  ^iftgunft  bed  aUmöcbtiaen,  feit  1381  ber  333iclifie  t^ün- 
fKgen  ^er)ogd  Don  Sancafter  nic^t  fürd^teten,  ber  ®raf  Don  ©ali^burv,  ^ol^n  D.  3nom  oo 


618  SoOitrbeii 

tacute,  ©ir  $^.  Sotimer,  ©tr  3.  Trüffel,  ©tr  8.  ßlifforb,  SRittcr  be«  i^ofenbanbotben«, 
©ir  31.  ©tut^,  ©tr  SR.  ^ilton,  ©ir  3B.  SRcöil  unb  anbere  bur^^  ©tettung  unb  »€fi|  axi^ 
gejeid^nete  3Ränner,  bie  ©od^e  ber  S.  ju  ber  irrigen  mad^ten  (Enighton  col.  2661 :  isti  mi- 
lites,  dominus  Ph.  Latymer  et  R.  Stury  cum  ducibus  et  comitibus . . .  erant  praed- 

6  pue  eis  adhaerentes  et  in  omnibus  eis  faventes  promotores  strenuissimi  et  pro- 
pugnatores  fortissimi).  ®ad  93oIt  aber,  berid^tet  itntg^ton,  fiel  i^nen  in  ©tobt  unb 
Sonb  fo  fel^r  ju,  ba^  ,,unter  jtoei  Snglönbem,  bie  auf  ber  ©tra^e  fu^  trafen,  einer  ein 
£.  ttHir''  (Knighton  col.  2664:  mediam  partem  populi  aut  majorem  partem  seo- 
tae  suae  adquisiyerunt;    col.  2666:   secta  ...   in  tantum    multiplicata  fuit, 

10  quod  vix  duos  videres  in  via,  quin  alter  eorum  discipulus  Wyclyffe  fuerit). 
©0  mäd^tig  ergriff  bie  ^aft  ber  neuen  9Bal^rl^eit  bie  ®emüter,  ba^  unterfd(^iebdli>d  SRannet 
unb  grauen  fidp  felbft  für  bie  neuen  ^been  einfetten  unb  „erftaunlic^ertoeife"  felbft  9?eu? 
getponnene  bie  ein^eitKd^e  ^orm  ber  (oKarbifd^en  SSerfünbigung  in  ©)>rad^e  unb  ©ac^ 
annahmen:    et  licet  de  novo  conversi  .  .  .  unum   modum    statim  loquelae  k 

16  formam  concordem  suae  doctrinae  mirabiliter  habuerunt  et  doctores  evange- 
licae  doctrinae  tarn  viri  quam  mulieres  matemo  idiomate  .  .  .  effecti  sunt, 
fagt  Änig^ton  (V  2664)  t)on  i^nen.  35ie  S5ibel  in  ber  üJlutterf))ra(^e  toar  bie  SaSaffe, 
bie  bem  SSorftog  ber  S.  bie  ^^lunft  ftd^erte.  Um  bie  9Benbe  bed  14.  !^al^unbertö 
ftanben  fte  auf  ber  ^ö^e,  tpenn  nid^t  bem  (Sinflu^,  fo  bod^  ber  3^^^  >^<^$-    ^^^  ^^ 

ao  anberer  ©eite  ))ielfac9  au^ebeutete  S3el^au))tung,  bie  Setpegung  ^be  fu^  ,,auf  $of  unb 
älbel  befd^ränlt  unb  9Bic(ifd  Se^re  fei  mit  feinem  Xobe  ))erraufc^t'',  h)irb  fd^Iogenb  bun^ 
bie  gefc^ic^tlid^en  X^atfad^en  tpiberlegt. 

©d^on  ju  3BicKfd  Sebjeiten  erfolgte  ein  ©egenfto^   ^tn  3Rqx  1382  legte  Sourteno);, 
ber  (Srjbifd^of  Don  Santerbur^,  bem  Parlament  u^a^regeln  gegen  bie  9leife))rebiger  SBidifl, 

36  bie  bamald  ))on  Suttertoortl^  aud  mit  Sibelteilen  unb  iurgen  ©d^riften  SEß.d  unb  ^ereforbd 
(quosdam  libros,  libellos,  schedulas  et  quatemos  per  se  et  fautores  suos  fre- 
quentius  scribi,  comunicari  et  publicari  fecerunt,  Wilkins  III  204)  bie  3)id€efe 
Seicefter  beunrul^igten,  ))or,  inbem  er  fte  „htd  Unge^orfamd  gegen  bie  Jtird^enoberen,  ber 
SSerfeinbung  ber  ©tänbe  untereinanber  unb  ber  Jce|erei  (!)  berichtigte:    böfe  Seute  jie^en 

80  im  Sanoe  Don  ©raffc^aft  ju  @raffd^aft,  ^rebigen  unter  bem  ©dj^eine  großer  ßeiltgleit, 
bod^  ol^ne  btfd^öflic^e  Srlaubnid  an  aüm  öffentlic^eit  Orten,  too  Seute  jufammeiuommen ; 
fte  toiffen  bur^  feine,  ftnnreic^e  2ßorte  bad  äSolt  )u  i^ren  ^rebigten  )u  (ocfen,  f treuen  ft^ 
nic^t  publice  praedicare  et  secrete  in  aulis,  cameris,  hortis  et  gardinis  .  .  . 
fideles  utriusque  sexus  sua  perversa   doctrina   inficere  (Wilkins  III  202).  3*^ 

86  bie  le^erifd^e  SSerfünbigung  mifd^en  fte  SSerleumbung  n)iber  bie  Sleid^dftänbe  (bie  ^xa^ 
laten!),  unb  burc^  auftoieglerifc^e  93ranbreben  Derl^e^en  fie  bad  Soll,  aber  um  Slügen, 
Ermahnung  unb  Sorlabung  ber  8ifc^öfe  fümmern  fie  fic^  nic^t".  —  Slm  SBiberftanbe  be^ 
Äönigg  fd^eiterte  ber  ©c^Iag;  aber  SRid^arb  II.  übertoie«  auf  ©rangen  be«  ^rima«  bie 
©ad^e  (burc^  ein  3)efret  Dom  26.  guni)  ber  ^wri^biftion  ber  Drbinarien,  bie  burc^  eigene 

40  bifc^öflic^e  äSeamte  gegen  bie  Strmen  $riefter  Dorge^en  foQten.  ©ie  in  Jtraft  bed  lonigl 
$atentd  nunmehr  Don  Sourtena^  eingeleitete  Unterfud^ung  entzog  ben  no^  etnienlenben 
$ereforb,  9lej)ington  unb  ©ebemann  Dorüberge^enb  i^re  UniDerfitätgrec^te,  toöl^renb  Äfton, 
ber  mit  rütfftc^t^Iofer  ©^rad^e  ba^  Siedet  feiner  ©ac^e  Dertrat,  ali  5te^er  au^efto^en  tourbe 
(Fase.  Ziz.  290). 

46  2lm  31.  3)ejember  1384  ftarb  SBicIif,  ber  33ater  ber  neuen  (Sebonfen.  S)ie  Saift, 
bie  er  Dertreten,  ftarb  nid^t  mit  i^m ;  fte  lebte  unb  erftarfte  ou^  eigner  Äraft.  Äu^  ben 
ßj^roniften  toiffen  toir,  baj  um  ben  beginn  ber  90  er  ^af)x^  in  unb  um  Sonbon,  in  ben 
©Jjrengeln  Don  Sincoln  (mit  Djforb,  fieicefter  unb  ßuttertoortl^),  ©aliöbur^  unb  aSorcefte 
bie  £.  in  btd^ten  3)Jaffen   fajen;   au^  SBerfftatt  unb  S^enne   Pog   i^re  ^ßrebigt   auf  bie 

60  ©trafee,  unb  mit  brol^enbcr  ^raft  })od^te  fie,  nun  aud^  Dielfac^  über  bie  rdigtöfe  unb 
eDangelifc^e  gorberung  in  ba^  politifd^e  unb  toirtfd^aftlid^e  Seben  überfj)ringenb,  m  bie 
Pforten  ber  Äirc^en  unb  ^aläfte.  SBcnn  in  biefen  ^ai)x^  anä)  nur  m  35ritteil  ber  6ng« 
lönber  loHarbifc^  geftnnt  toar,  fo  toirb  begreiflich,  bag  bie  £.,  n)al^c^einlic^  ermutigt  bun^ 
bie  fd^roffe  Slblcbnung  einer  bie  33emic^tung  aller  toiclifitifc^en  Sibeltiberfeftungen  forbemben 

66  9in  ber  ^rälaten  feiten^  beö  Parlamenten,  eö  1395  unternahmen,  bemfelben  5lJartonent 
burd^  Satimer  unb  ©tur^  eine  SDenffd^rift  einzureichen  unb  bie  SWittondtung  bed  ^ßorlament^ 
gur  2)urc^fübrung  ber  lottarbif^cn  Sleform  )^u  forbem.  Slu^  ben  12  ©ä^en  (ber  fritift^- 
gefic^tete  2ßortlaut  bei  Shirley,  F.  Z.  360  ff.)  ergiebt  fic^,  bafe  bie  antragfteOer  jum  M 
über  i^ren  befonnencren  SReiftcr  l^inau^eben.   2)ie  SBanblung  jur  religiö^politifc^en,  Up. 

60  toirtfcboftlid^en  gartet  fe^t  ein.  @Iaube,  Siebe,  ipoffnung  ftnb  aud  ber  englifd^en  Xoc^terfin^ 


S^Oatbett  619 

gefd^tounben,  fettbem  fie  [x6f  burc^  i^e  33ctbinbunfl  mit  ber  gtofeen  römtfd^en  ©tiefmuttcr 
(novercam  suam  magnam)  in  tDcltlid^en  Seft|  ))er(oren  f^at  (I) ;  bad  tömifc^e  ^riefler- 
tum  tft  ntd^t  bad  (S^rifti  (II) ;  ba^  iteuf^^eit^elübbe  ber  Tlbndft  f^at  unnatürliche  Safter 
jur  golfle  (III) ;  bie  SBSanblung  im  ».  5m.  ift  ein  gefölfd^tc«  aJlirafel  unb  »erfü^  jum 
©ö^bienft  (IV);  ©ebete  über  »rot,  ©alj,  SBein,  fflaffer,  Öl,  SBac^  u.  bfll.  fwb  un=  6 
erUmbte  gauberlünfte  (V) ;  Äönig  unb  SiWof ,  ^rölat  unb  SRtd^ter  in  einer  $erfon  fmb 

Seßen  ß^fti  ©ort  (m  6,24)  (VI)-  ebenfo  bie  ®ebete  für  bie  loten  (VII);  bie 
Inbetung  öon  ©ilbem  unb  bie  aSoufa^rten  fmb  Sünbe  (VIII) ;  bie  O^renbeid^te  ift 
lur  @e(i0leit  nic^t  ))onnöten,  bie  äBurjel  bed  Kerilalen  i^od^mutd  unb  bie  Urfad^e  {ünbiger 
2up  (IX) ;  ber  Ärieg  toiberf})ric^t  bem  SR2.,  ift  9)lorb  unb  SRaub  an  ben  armen  (X) ;  lo 
9{0nnenge(übbe  fmb  ber  @runb  )u  ffinbermorb  unb  unnotürKd^er  Unguc^t  (XI)  unb  Jtunft^ 
getoerbe  (@o(b«  unb  äBaffenfc^miebetunft)  fmb  unnü^  unb  führen  }u  Su|ud  unb  »er« 
^toenbung  (XII).  ^ann  folgen  bie  @d^Iu^tt)orte:  haec  est  nostra  ambassiada 
(Sotfd^aft,  Antrag),  quam  Christus  praecepit  nobis  prosequi  . . .  rogamus  ergo 
deum  de  maxima  sua  bonitate,  quod  reformet  nostram  ecclesiam  ad  perfec- 16 
tionem  sui  primi  initii.  —  3Bir  fe^en,  i^xlU  unb  SSedfruf  }uglei(^ ;  baiS  SSerlangen 
md^  reiner  93ertt)irl(id^ung  ber  urf))rünglid^en  Sleid^^oite^ibee,  nac^  c^ftUd^er  Xugenb, 
{tttltc^en  £ebendformen  unb  einfad^er  Seben^fü^ng,  bad  unmi^k>erftönb(i(b^  in  bie  gorbe« 
nmg  einer  Sieformation  nacb  urd^riftlic^em  SliorbUb  au^Kingt  @^  ift  Sierlennung  ber 
2]^ac^en,  tDenn(ber  fat^oKfd^e)  Singarb  in  bem  ^uritanifd^en  Untertone  bed  legten  @a^ed,  go 
ber  lebiglic^  bie  Jtonfequen)  aud  ber  grunbfä^Iid^en  @teQung  )ur  Sieform  einerfeitd  unb 
)u  ben  Sebendmäc^ten  onbererfeitd  ift,  in  bem  Antrag  nid^td  tpeiter  ald  eine  „9)2ifd^ung 
»cn  ganattgmu«  unb  SC^orl^eit"  fie^t  (IV  319). 

aber  bie  £.  I^en  i^re  itraft  überfc^ö^t.  3)er  Antrag  toor  ein  @d^lag  in  bie  Suft. 
Der  jtönig,  ber  bid  bal^in  bem  Kerilalen  SSorge^en  gegen  jene  fic^  ))erfagt  ^atte,  brauchte  25 
fUndEe  SBorte  gegen  bie^etition  unb  il^re  SSertreter,  bebeutete,  burd^  einen  ^ifd^ofi^udfc^ug  aud 
^tlonb  {urüdgel^olt,  @ir  Sl.  @tur^  feiner  Ungnabe  unb  (ie^  feine  9(n^änger  mit  fc^arfen 
Strafen  bebro^.  ^erj^el^(fd^(ag  tDurbe  jum  Slüd^c^lag;  bie  SoQarbie  j^at  in  ber^olge^ 
)eit  niemafö  tpieber  bie  StoQe  im  öffentlid^en  Seben  Snglanbö  g<^)>ielt,  bie  in  bem  Sntrag 
tH)n  1395  }um  äludbrud  gefommen  toar.  @^  begann  ber  Slbfti^,  bie  $eriobe  einei^  faft  80 
jj^unbertjö^gen  3)2art^riumd. 

^m  ^a^re  1396   folgte  %f),  Slrunbel,  ein  3Rann  aud  einem  ber  erflen  ©efd^Iec^ter 
bcd  Sanbe^,   bem  @r)bifd^of  (Sourtena^   im  $rimat,  unb   1399  tpurbe  Slid^arb  II.,   ber 
Ic^  Pantagenet,  burcb  ^ierarc^ifc^^anftolratifc^e  SSerfd^tDörer  geftürjt.    ^einric^  IV.  (aud 
bem  $aufe  &mcafter)  aber  ^atte  mit  biefer  Jloalition,  ber  er  bie  itrone  beiS  Sleid^ed  banite,  35 
)u  red(^nen.    %xx  mit  $i(fe  ber  ^ierarc^ie  tonnte  er  ba$  ©etDonnene  l^alten.    ^atte  aber 
bie  Jtirc^e  i^m  bie  ^rone  in  bie  ^anb  gelegt,   fo  burfte  fte  loniglid^en  DanI  ertoarten: 
ben  arm  bed  Staate  toiber  bie  Äc^er.   —    Slrunbel  felbft,  ber  erbittertfte  ®egner  ber  2. 
(in  bem  SSer^ör  mit  3ä.  %f^otp^  f^at  er  erllärt,   ba^  er  bie  ätu^rottung  ber  £.  ald  eine 
9Rtffu>n  ®otte^  an  i^n  anfe^e :   God    has  called   me  againe  (aud  ber  SSerbannung)  40 
and  brought  me  into  this  land  for   to  destroye   the  false  secte  that  thou  art 
of ;  as  by  Gkxl,  I  shall  pursue  you  so  narrowly  that  I  shall  not  leave  a  slip 
of  you  in  this  land,    Examin.   of  Thorpe  bei   Foxe  III   281),  l^atte  bem   neuen 
J&crrn  gegen  bie  Ru\aQ^  energifc^en  Sorgebenö  gegen  bie  Slrmen  ^Jriefter  bie  SBJege  geebnet ; 
er  tDurbe,  jumal  $einrid^  h)eber  an  toiclifitifc^en  Steigungen  noc^  an  antillerilalen  @elbft«  45 
ßänbigleit^elüften  litt,  bed  Jlönigi^  böfer  ^ämon. 

Sluf  eine  SSorftellung  ber  ©ifc^öfe,  i^re  SJlac^tmittel  gegen  bie  £.  feien  nic^t  aud» 
rctc^b,  erfolgte  ^[anuar  1400  bie  berüchtigte  9l!te  De  Comburendo  Haeretico,  unb 
Won  im  fjebruar  (Wilkins  III  254;  24.  gebruar  1401  nac^  Sec^ler  II  62)  erhoben 
M^  bie  ))on  Jtirc^e  unb  Staat  gefc^ürten  ^^lammen  über  bem  unk>erbefferlic^en  Jte|er  60 
SB.  ©autreV  (6^artri«).  S)er  Bpx^n  De«  Unterl^aufe«  banite  im  Stamen  ber  ©emcinen 
bem  Äönige,  ba^  er  ba«  „für  bie  äu^rottung  ber  Äefeerei  geeignete  Heilmittel"  (Singarb 
III  233)  angctoanbt  ^abe.  3ebe«  ber  näd^ften  10  3a|re  ift  burdff  Dt)fer  ber  Snquifition 
bqeid^net.  3n  ben  ®raf fc^aften  ©üb-  unb  SJlittelenglanbg  lol^ten  bie  glammen  auf ;  toer 
t^en  nid^t  t)erfiel,  tourbe  burd^  bie  golter  jum  SBiberruf  gebracht  (fo  3-  ?$urt)e^)  ober  56 
enbete  im  @lenb  unb  ©rauen  be«  Jlerfer«. 

?[nbe«  toeit  entfernt,  fic^  einfd)üc^tem  ju  laffen,  fud^ten  bie  S.  für  i^ren  ÄanH)f  um 
bie  religiöfe  unb  toirtfc^aftlic^e  g^cil^eit  Stärfung  in  bem  ^afie,  ben  bie  gequälte  ©auem« 
f4K»ft  gegen  ben  im  Überfluß  Icbenben  Äleru«  im  ^er^en  trug,  ^ai  \Xplanh  (in  f.  Plough* 
man's  CompIaint[?J),  in  SUcrfolg  tjon  35}icliffc(^en  ©ebanlen,  bie  biefer  in  feiner  Ruleoo 


620  SoOnrkeit 

and  Testament  of  St.  Francis  (Matthew  39  ff.)  an^^pxoäfm,  jo^  Sßdt»  unb  ittoftes 
geiftlic^Ieit,  befonbei:^  bie  tfriard  J^ö^nifc^  auf,  ba^  fte  bie  ©runbföke  i^  ©rüitber  (ängp 
Derlaffen  unb  tl^re  eignen  Srüber,  bie  ®})iritua(en  (^otriceOen),  unb  bie  Segorben  unb  i. 
bet  9{ieberlanbe  bi$  aufd  ^lut  berfolgt  l^ötten,  toeil  biefe  bad  Xefiament  i^^  S&ter  ttcu 

6  gel^olten  (Matthew  LXXIVu.  Encycl.  Brit.  XIV  811);  in  ungelenfem,  aber  Itaftt>oIIem 
Snglifd^  ruft  er  i^nen  ju:  Freyer,  what  charitie  is  t>is  |  To  fain  ^st  whoso 
live))  aftir  your  order  |  Live))  most  perfectiie  |  And  next  followe))  the  State 
of  })e  Apostles  |  In  povertie  and  penance:  |  And  yet  {)e  wisest  and  greatest 
Clerks  of  you  |  Wend   or  send  or  procure  to  ^e    court  of  Rome  |  And  to  he 

10  absoiled  (entbunben)  of  be  vow  of  poverty!  —  gn  The  Creed  of  Piers  Plough- 
man  (juecft  gebructt  Sonbon  1553;  ^tifd^^  älu^gobe  Don  ^icfering,  Sonbon  1856)  iß 
ber  äSoriourf,  ba^  ein  Sßal^rl^eit  fuc^enber  SRann  nadf  ber  ed^ten  (^ftlic^en  Seigre  ou^e^t 
unb  fid^  ber  Steige  nai)  an  bie  Dier  93ettelorben  toenbet,  bamit  fte  i$n  ben  ®Iauben  (e|rrea 
9Bie  einer  ben  onberen  Derl^ö^nt  unb  bef(^imf)ft,  toirb  mit  grimmem  i^umor  in  fd^neibotber 

16  Siebe  gefc^ilbert ;  an  ^[efu  SBorte  benit  leiner  mel^r.  3)ie  loQarbifd^en  iBoIId)9rebiger  ober 
Idolen  fte  ^erDor  unb  meffen  an  i^nen  bie  Übeln  $raltilen  bedJUerud.  3n  Setcefler  ^dtten 
einmal,  berichtet  jtnig^ton  (col.  2662),  jtoei  SRönd^  fid^  nac^  $o^  umgrfe^en,  um 
bie  ÜJlal^l^eit  )u  fo6en.  „$ier/'  fagt  ber  eine,  „x\t  ein  9ilb  ber  1^1.  Jtatl^arina; 
gönnen  totr  i^r  nod^  einmal  ibr  iDlart^rium.''    @r  nimmt  ein  Seil:   „Sag  unS  bo(( 

ao  feigen,  ob  fte  bluten  n>irb;  tomn  nic^t,  fo  toirb  fte  und  n>enigftend,  unfern  ffol^I  loätm," 
—  3)ie  (Erbitterung  unb  ber  $a|,  ben  folc^e  3Rccnner  unb  foU^e  Sieben  in  ben  fuicl^ 
ben  ^erjen  n>edCten,  tourben  SBaffe  unb  Qd\^  ber  £.  in  bem  ftamf)fe,  ber  bomatt  ni<^ 
augfiq^tdloig  erfc^ten. — 

3)en  Qa\ip^iflaa  aber  fül^e  Slrunbel  ge^en  O^orb,  bamald  no^  eine  ßod^Burg  bei 

26  SBiclifte.  @r  gab  ber  Unit)^ttät  fc^ulb,  etn  3)otument,  bad  SBiclifd  älnbenldt  e^e 
(Wükins  III  302;  Hus.  et  Hieron.  Hist.  et  Mon.,  Slümberg  1558,  Ilfol.  366  b), 
Derfagt  ober  boc^  veranlagt  ju  ^aben  —  bie  englifc^en  äP^efanbten  behn  itoftni^  jtonjil 
^aben  ed  aU  ^Ifc^ung  bejeic^net  —  unb  erjmang  1408  Don  ber  JtonDofation  me 
Constitutiones  Th.  Arundel  (gebrudft  bei  Wilkins  III  314—319),  bie  bie  Äraft  ber 

ao  SoQarbie  bred^en  foQten.  Sie  verboten  u.  a.  bie  $rebigt  ol^ne  Srlaubmd  bed  SiMo^,  bot 
bon  Saien  bie  @ünben  bed  JUerud  geftraft  mürben,  unb  t>erlangten  bie  Scmic^tung 
ber  ©c^riften  SBiclif«  unb  ber  2.;  baju  orbnete  er  in  Djforb  J)eriobifd^  SBifttationen 
fämtlic^er  @tubien|^äufer  auf  loQarbifc^e  ®runbfä|e  an  unb  entfernte  rüd(|t(^täo$  alle 
SSerbäc^tigen.     3Jlit  burc^fc^lagenbem   Srfotge:    nac^  toenigen  2la^^ren  fc^on    ftanb  bie 

B6t)om  le^erifc^en  ®ift  befreite  Unit>erfttät  unter  ben  SSorläm^fem  ber  rdmifd^en  Stecht' 
gläubialeit.  — 

SJJun  fc^ritten  bie  Verfolger  auf  ber  ©iegedbal^n  Leiter.  3)ie  fletnen  Seute  in  Stobt 
unb  £anb  ftanben  im  93anne  bon  ®alaen,  Seil  unb  ^oljfc^eit;  ber  Uniberfitot,  bie  fic^ 
einft  furd^tloiS  unb  felbftbetou^t  jur  äSenünberin  ber  Sl^orm  gemad^t,  ta>ar  ber  3Runb  ge> 

«0  fto^ft ;  bie  großen  Ferren  aber  f)\n  unb  l^er  im  Sanbe  n>aren  ber  93eh>egung  treu  gebH^en. 

Unter  il^nen  galt  @ir  ^[o^n  Olbcaftle,  au$  bem  Siechte  feiner  britten  ®emablin  Soib 

Sobl^am,  ein  im  ^rieg^btenft  betuäl^rter  unb  am  $ofe  bed  jtönig^  angefel^er  9ntter,  oü 

gül^rer  ber  2.;   auf  feinen  großen  2tcgenfd5faften  in  Äent  ^e  er  ben  älrbettem  unb 

^anbtoertem  freie  $anb  gelafjen  unb  il^r  religiöfed  93ebltrfnid  burd^  9leife|)rebiger  be^ 

46  ^ebigt.  Mit  feinen  älnfc^auungen  ging  er  frei  l^eraud ;  bie  SSertrauen^fteiDlung,  bie  et 
ju  feinem  SBaffcnbruber^einrtd^  IV.  I^atte,  unb  bie  J)erfönlic^e  greunbfd^  mit  bem 
bamaligen  ^rinjen  t>on  2Baled  (nac^maU  ^einric^  V.)  fc^ü^ten  il^n  too^l  auf  bem  fd^imerigen 
93oben  toor  ben  3lngriffcn  3lrunbcte.  —  SBäann  er  mit  ben  SBicliffc^en  3jbeen  belannt  ge» 
toorben,  ift  ungetoife;   bie  angaben  93ale«  (Archaeologia  Cambr.  IV.  Ser.,  VIII 125) 

eofinb  tenbenjiöfe  @rfmbung.  @benfoh)enig  l^at  bie  älngabe,  ba^  er  mit  bem  lufUgen 
„^Prinjen  §al"  in  2onboner  Äneijjen  ein  toilbe^,  juc^tlofe«  2eben  gejfül^rt  fyä>t,  irgenb 
n>ä(^e  93eglaubigung  burc^  jettgenöfftfc^e  R^Q^iff^)  ^^M  einmal  eine  Slnbeutimg  ber 
@a(^e  fällt  bei  ben  i^m  tt>egen  feiner  2ouarbte  übelgefinnten  Sl^oniften  (^ßouli  V  21). 
3)ie  üble  ^lac^rebe,  bie  in  tl^m  ben  fe^erifd^en  Slitter  unb  ben  d^nifd^en  ©enoffen  ber  %t^ 

66  fc^toeifungen  bed  ^rinjen  t>on  2Baled  unb  feigen  3Raulaufrei^er  fiel^^t  (Füller:  a  boon 
companion,  a  jovial  royster  and  yet  a  coward  to  boot),  lommt  auf  bie  Slec^mmg 
ber  f})äteren  Sl^roniften.  ^ie  3)id^tung  l^at  boQenbd  nur  fein  3^^^il^-  9lud  bem  Ur> 
bilb,  bem  feften,  frommen  2ottarbcn,  bem  SKanne  toon  iüeitfic^tigem  Urteil  unb  tob«^ 
mutiger  Überzeugung,  ^at  bie  3Rufe  @^afef})ered,  ber  tute  ben  toeltflüc^tigen  Puritanern 

60  fo  auc^  ben  2.  abl^olb  toar,  in  ber  ^igur  ^alftaffd  ben  feigen,  fetten  @d^maro|^  unb 


Sonorkett  «21 

lüftemen  Sd^ütjenjäger  gemad^t,  aU  ber  er  im  3)rama  ^einric^  IV.  auf  ber  93ül^ne  ftel^^t. 
3lad^  ben  Unterfud^ungen  igodtmeOd  unb  ©atrbnerd  (@.  59)  ^at  lebigltc^  bte  ^atfadjfe, 
ba|  Salftaff  ald  3^i^^^{f^  ^einrid^  IV.  tro|  oder  ftttltc^m  ä3erlumf)t|eit  einen  religiöfen 
Aug  unb  SSertrout^eit  mit  ber  93ibel  t>errdt,  oei  ben  93efu(^em  bed  ®lobe  Xl^eoterd  bie 
Snna^me,  ba^  er  ein  SoQarbe  mar,  geh)eclt  *  unb  bie  Xrobition,  ba^  Dlbcaftle  ein  ,,fetter  6 
SRonn''  ti>ar,  berftärfte  ben  @inbrud(,  ba^  bie  auf  bem  bamaligen  Xl^eoter  lange  unb 
tooffl  betannte  f^ur  bed  bicfen  Sum)}en  Dlbcaftle  eben  auf  ben  SoQorben  jurüdgel^e.  ^m 
ümgen  ti>iberf))ri4ft  ber  gefc^ic^tlid^e  Dlbcaftle  in  alle  9Bege  feinem  bic^tenfd^en  Sitac^btlb, 
bem  @l^a!ef))ere  \päUx  in  Jtonnit>en^  gegen  bie  em))orIommenben  Puritaner  unter  Slifabetl^ 
einen  onberen  Flamen  gab,  @ir  ^o^n  t^ftaff  (nac^  einem  unter  ^einrid^  VI.  lebenben,  lo 
fibrigend  ebenfalls  e^enh)erten  @ir  ^.  e^ftolÖ,  unb  beffen  S^renrettung  er  felbft  im 
S|)ilog  jum  2.  Xeil  Don  ^einric^  IV.  im  ^inblidf  auf  bie  t$<^ftafffigur  audbrücflic^  unter« 
nimmt  bun^  bie  äBorte:  Oldcastle  died  a  martyr  and  this  (t^ftaff)  is  not  the 
man.  3^^^^  ^f^  i^^  Xeilna^me  Dlbcaftle^  an  ben  Sumf)ereien  bed^rinjen  bon  SBaled, 
gon)  obgefel^en  bon  ber  mangelnben  gefd^ic^tlic^en  93e)eugung,  fac^lid^  t>öllig  unhaltbar ;  15 
fie  tDäre  unerträglich  mit  feiner  l^^erDorragenben  @teOung  unter  ben  auf  emfte  Seben^ 
ffii^rung  bringenben  SoQarben.  @ogar  aud  bem  (S^aucerfc^en  jtreife,  in  bem  leinäSerftönb- 
nid  für  bie  ))ofitit)en  ^orberungen  ber  2,  toax,  ^aben  tovc  bun^  DccleDe,  S^aucerd  @(^üler, 
eine  SBürbigung  Dlbcaftle^,  ben  er  ,,einen  mann^ften  Stitter^'  nennt,  who  shoon  ful 
deer  in  famous  worthinesse  |  Standing  in  the  favoor  of  every  wight.  20 

@eine  SSerbinbung  mit  ben  S.  ift  aud  bem  ^ja^re  1410  gefd^i^tlic^  bezeugt;  bad 
tDoren  bie  Igal^re,  h)0  er  am  l^ik^ften  in  ber  ®unft  bed  $rinjen  ftanb  (Elmham,  Vita 
Henr.  V.,  p.  31)  *  er  f^at  bamatö  (nac^  ben  Qesta  Henr.  V,  ed.  Engl.  Hist.  Soc, 

S.  2)  mit  allen  Jträften  ftc^  bemüht,  $einric^  ju  feinen  Slnfd^auungen  berüberjiuiel^en. 
^otfaHd    trat  er  old  einfiu^reic^fter  unb   gefürc^teter  ^^ül^er  ber  fi.  für  bie  SKeform  25 
bed  Jllerud  ein  unb  betrieb  auf  äSeranlaffung  Don  $ud  bie  SSerbreitung  ber  SBicliffc^en 
Sd^riften  (Bale,  Breie  Chronicle  etc.,  3Jtarburg  1544,  p.  251 ;  Ooodwin,  Henr.  V, 
p.  167). 

2)en  Sifd^öfen  toegen  feiner  Ae^erei  —  er  erllärte  fu^  öffentlich  gegen  bie  SBanb« 
bmg  im  X.  3R.,  bie  D^enbeic^te,  bie  SilberDerel^rung  unb  bie  äBaufo^en  ■—   unb  so 

eed  9leic^tumd,  ben  er  auf  älu^rüftung  unb  äludfenbung  ber  9leifet>rebiger  bertoanbte, 
ift  ein  3)om  im  äluge,  blieb  er  unter  $einrid(^  IV.,  ber  imter  feinen  b^naftifc^en  9e< 
brängniffen  bie  $anb  an  ben  mächtigen  SSolföfü^rer,  „ben  guten  £orb  &6bl)am'\  nic^t  )u 
legen  tinigte,  unangefod^ten.  Sei  $einric^  V.  aber  fanben  bie  klagen  älrunbeld  unb  ber 
itmiDolotum  toiber  i^n  eine  beffere  @tatt.  9ltö  bed  Jtönig^  ))erfönltd^e  93emü^ngen,  i^  86 
umjuftimmen,  fruc^tlod  blieben,  erteilte  jener  i^m  nac^  einer  ftürmifc^en  Unterrebung  in 
SBmbfor  einen  fd^rfen  SSertoeid  toegen  feinet  @tarrftnn$,  unb  Dlbcaftle  k>erlie^  ol^^ne  Sr« 
loubnid  ben  Qo^,  um  ben  lommenben  @turm  in  feinem  feften  @c^lojfe  Sotole^  (Aent)  ab^ 
jutoorten  (Wilkins  III  351).  3)ie  äSorlabungen  älrunbeld  lie^  er  jerrei^en;  infolge» 
bed  timrbe  er  in  fiontuma)  unb  Sann  get^on  unb  (Fase.  Ziz.  436)  burc^  einen  tgl.  ^aft»  40 
befe^l  feßgenommen.  3)em  Sifc^of^udfcbu^  (Slrunbel  mit  äBinc^efter  unb  Sonbon)  über« 
gab  er  ein  Selenntnid  in  englifc^er  @))rac^e  über  Dier  ftrittige  $unlte,  91. 9R.,  Su^e,  Silber 
unb  SBaUfal^rten.  2l^  glaube,  ^et|t  ed  bort,  ba^  hau  oller^eiligfte  ©ahament  be^  Slltard  ift 
(SfyA\tx  £eib  in  ber  ^orm  bedSBroted  (Crystisbody  in  fourme  of  bred) ;  toadbie 
8u|^e  betrifft,  fo  glaube  ic^,  ba^  jeber,  ber  feltg  toerben  toiQ,  bie  Sünben  abt^un  unb  in  46 
aufrichtigem  Sefenntnid,  toa^rer  9teue  unb  l^eiligem  £eben  Su^e  t^un  mu^  fo,  ti>ie  (Sottet 
^  SBort  lel^,  fonft  toirb  er  nic^t  feiig  (it  is  nedful  to  every  man  to  forsake 
synne  and  to  do  dulie  penance  for  synne  before  don  . . .  and  ellis  may 
he  not  be  savyd);  Silber  fmb  nidjft  @ad^e  bed  ®lauben$;  fie  finb  3^^^/  ^^^ 
und  an  bie  $affion  bed  $erm  erinnern  unb  an  bad  fromme  Seben  ber  ^eiligen ;  aber  so 
hoso  doth  worschyp  them  or  putteth  fe3rth,  hope  or  trust  in  help  of  them, 
he  doth  in  that  the  grete  synne  of  mawmetrie  (®ö(enbienft);  jjeber,  ber  ®otted 
®ebote  nic^t  ferntt  unb  ^ölt,  mag  über  bie  gan^e  SBelt  toaUfal^en  unb  toirb  bod^  Der« 
bammt;  toer  aber  bie ®ebote ®otted  mei^  unb  tl^^ut,  mirb  feiig:  thoughhe  nevyr  inhys 
]jff  go  on  pilgremage  as  men  use  now  to  Canterbury  or  to  Rome  or  to  eny  66 
other  place,  schal  be  savyd  (Fase.  Ziz.  438/39).  3)iefe  —  audtoeic^enben  —  ©r« 
Oörungen  aenügten  Slrunbel  nic^t.  @d  fei,  fagte  er,  manc^ed  ®ute  unb  gut  Jtat^olifc^e  barin, 
aber  Dlbcaj^e  foQe  feine  runbe  91nttt>ort  auf  bie  ^age  geben,  ob  nac^  ber  rite  gefc^e^enen 
SBei^ung  im  9(.aR.  bad  materielle  Srot  )urüdtbleibe  ober  nic^t,  unb  ob  ed  jur  @eligteit 
ndttg  fei,  ba|  bie  @ünben  bem  t)on  ber  Jtirc^e  befteOten  $riefter  gebeichtet  toürben.  hierauf  go 


622  Sonarken 

t)em)etgerte  jener  bie  9(nt1t)ort,  erflärte  aber  auf  erneutet  drängen,  er  fei  bereit  gu  glauben 
unb  gu  galten,  toa^  bte  l^^eil.  Jttrc^e  beftimtnt  l^be,  aber  bem  S^%  Jtarbtnälen  unb  $rä$ 
laten  ff^rec^e  er  bad  9led^t^  btefe  3)tnge  gu  befttmmen,  ab  (ad  quae  dominus  Olde- 
castle  respondit,  quod  b^ne  voluit  credere  et  observare  quicquid  sancta  mater 

6  ecclesia  determinavit  .  .  .  sed  quod  papa,  cardinales  et  episcopi  habereut  po- 
testatem  talia  determinandi  noluit  aliqualiter  affirmare,  Fase.  Ziz.  441).  Darauf« 
^in  h)urbe  er  am  25.  @et>tember  bor  ein  neued  93if(^of£|9ericbt  gefteOt.  2)en  gefmrberkn 
9Btberruf  tuied  er  gurüd:  bie  9Banblung  im  3[.3R.  fei  to&er  oie  ^l.  Schrift  unb  vergifte 
bte  jtirc^e  (dixit  inter  alia,  quod  sicut  Christus  hie  in  terra  degens  habuit  in  se 

10  divinitatem  et  humanitatem,  divinitatem  autem  velatam  et  invisibilem  sub  huma- 
nitate,  sie  in  sacr.  alt.  est  verum  corpus  et  verus  panis,  videlicet  quem  vide- 
mus,  et  corpus  Chr.  sub  eodem  velatum,  quod  non  videmus  ....  deter- 
minatio  autem  ecdesiae  est  facta  contra  Scripturam  sacram  et  postquam 
ecclesia    fuit   dotata,    est  venenum   effusum  in   ecclesia  (Fase.  Ziz.  444).    3)te 

16  Ol^renbeic^te  fei  gum  i^eil  nic^t  nötig,  quia  sola  contritione  peccatum  deleri  posset 
et  ipse  peccator  purgari. —  3)urd(^  häufige  Berufung  auf  bie  93ibel  rei)te  er  bie  Stfc^fe; 
im  $tn  unb  $er  ber  9lebe  tt>urben  biefe  toarm^  unb  Olbcaftle  brac^  lod:  ^fkipfi  imb 
Prälaten  foQ  man  nur  fotoett  gebrauten,  cd^  fte  S^rifti  Stac^f olger  im  SBanbel  finb; 
papa  noster  autem  verus  Antichristus  est,    episcopi  necnon   alii  pradati  eins 

£0  membra  et  fratres  cauda  eiusdem.  3)ann  toanbte  er  ftd^  mit  toeit^tn  fc^enber 
Stimme  unb  erhobenen  ^änben  an  bte  Umftel^enben :  93ürger  unb  Sanbgenoffen,  ^ätd 
euc^  bor  biefen  93etrügem,  bie  euc^^  in  bie  §ötte  toerberben  (Bale  264—72;  Fase.  Ziz. 
444/451). —  hierauf  f anb  Slrunbel  ben  @))ruc^,  Olbcaftle  ald  Jte|er  bem  toeltltc^  9lrm  ju 
übergeben.  3)er  Sßunfd^  bed  Jtöntg^,  biefer  toerbe  bem  3)rucfe  toeic^en  unb  toibernifen,  f(^ 

26  terte  an  ber  aufrechten  ^artnacüglett  bed  in  ®l[^ren@rgrauten  (Walsingham  n  296);  o 
tourbe  n)0(^enlang  in^aft  geleiten.—  @ine  bebeutfame Stunbe  für  @nglanb,  ba  {toei  gro|( 
£eben^mäc{^te,  in  alten  ^titm  geeint  bie  SBelt  erobemb,  nun  aber  au^inonberflrebenb, 
@üangeltum  unb  Atrc^e,  um  bte  SSolföfeele  toarben.  ^ie  jtunbe  bon  feiner  9tot  flog 
burc^d  £anb;  unb  bie  ^enfc^en  ^oben  i^re@inne  unb  laufc^ten  bem  Staunen  fommenber 

80  ^inae :  toenn  be^  Jtönigd  eigener  ^eunb,  ein  £orb  au^  einem  ber  beften  Sonbe^efd^lec^ter, 
ein  fül^rcnber  (Seift,  ber  feinem  SSolIe  f)attz  ein  Seitftem  fein  tonnen,  um  feined  ©Uiuben^ 
toiOen  unter  ben  93ebro^ungen  be^  Xobe^  im  Kerfer  lag,  toad  l^^atte  ber  gemeine  3Rann 
ju  ermatten?  3)amate  »verbreitete  fic^  ba«  ®erü(i^t,  100000  2.  feien  bereit  jur  Sefreiung 
be«  guten  2orb  ßobl^am.    aber  eine  93eftätigung  finbet  fic^  in  feiner  (S^onif.    (Jbenfo* 

86  toenig  laffen  fic^  bie  im  SSolf e  toerbreiteten  SBiberrufe  be«  ©efangenen  al«  ^i  nac^toeifen ; 
e«  ftnb  Serleumbungen  unb  Slamen^fälfc^ungen,  in  benen  felbft  bie  ^Regierung  i^re  ^nb 
^atte  (Ramsay,  Lanc.  and  York  I  178  not.  5);  fc^on  bamate  tourbe  i^e  @d^t^ 
geleugnet  (Maurice  266;  Bale,  Life  of  O.  41—45). 

3;njh)ifc^en    ioar  Dlbc.  unter  mand^en  gä^rlic^feiten  au«   bem  lotoer   entfomnten 

40  (10.  Oft.).  @«  fc^toirrten  neue  3)ro^ungen  burd^«  Sanb  —  abermate  o^ne  SSgeugung 
bei  ben  S^roniften,  foioett  H^atfad^en  in  gtage  fommen,  —  bie  2.  feien  entfc^toffen,  ben 
itönig  unb  feine  S3rüber,  baju  „ben  ßr^biteof  unb  atte  Prälaten  unb  anbere  3lei(<^ 
magnaten"  ju  ermorben,  bie  Äat^ebralen,  Äirc^cn  unb  Älöfter  ju  jerftören  unb  Dlbca^« 
jum  SRegenten  ju  machen ;  ob  einige  ioilbe  2.  toirfltc^  ju  folc^en  au^fd^ftoeifenben  §o<^t)fp 

46  rätercien  entfd^loffen  loaren,  läfet  fic^  natürlid^  nic^t  nad^locifen.  2I^tfa(^e  ift,  ba^  ettoa 
^unbert  (SBeber,  ©efc^ic^te  ber  Äird^en=9leformation  in  ©rofebritannien  I  121)  gteunbe  Dlb* 
caftle«  unter  ^ü^rung  t)on  ©ir  SRoger  3lcton  in  ben  gelbem  Don  ©t.  ®ile«  fu^  anfammeltcn 
unb  bie  §crau^abe  i^re«  (bereite  entfommenen)  ^eunbe«  forberten.  ©ie  tourben  toon  ben 
2euten  be«  Äönig«  (11.  Januar)  bur^  eine  2ift  aufgelj^oben.    3*^ar  ol^ne  S5lutbergie|en ; 

60  einige  §au))tfc^reier  inbe^  tourben  Derl^aftet  unb  nac^^er  Eingerichtet  unb  jtoei  ßbifte  ep 
laffen,  üon  benen  ba«  eine  ba«  2efen  ber  ^t.  ©c^rift  bei  lobe^ftrafe  berbot,  bag  anbere  ade 
2.  JU  Äe^em  erflärte  (Bale  47).  gür  bie  SBiebereinbringung  Dlbcaftle«  aber  tourbe  ben 
Schergen  ©teuerfrei^eit  für  alle  Seiten  (Rymer,  Foed.  IX  89),  ben  3Serbred^em  grei^  aui 
bemÄerfer  toer^eifeen  (Redman,  Hist.  Henr.  p.  17) ;  aber  bielreue  feiner  ^eunbe  umgab 

66  Sob^am  mit  fd^ilfeenber  3Maucr.  ®rft  nacl^  Dier  Sal^^^/  toä^renb  beren  ber  l^in^  unb  ^ergejagte 
^lüc^tling  mit  allen  2tnfd^lägen  gegen  ba«  2eben  be«  Äönig«,  u.  a.  auc^  mit  einem  ^oc^benöteri* 
fc^en  Sünbni«  mit  ben  ©d^ottcn  in  SSerbinbung  gebracht  tourbe  —  this  however  must  be 
considered  doubtful  ift  bie  ftelienbe  SBenbung  in  ben  neueren  englifd^fen  ©arfiellungen 
biefer  Vorgänge  —  tourbe  er  in  ben  älarfc^en  üon  SDSale«  burc^  bie  2orb«  3euan  oi 

Go  ©ruff^bb  u.  ^ruffvbb  '^^c^an  of  ©art^  bingfeft  gemad^t,  mit  ^erbrochenem  ©c^entel  luu^ 


SoOnrkett  623 

2onbon  gcf(^Ie))^t  unb  in  ben  Xotoer  becbrac^t,  am  14.  ^ejember  1417  ald  ^.red^tlofec 
$iK^k>enäter  unb  überführtet  jte^er^'  jum  Xobe  verurteilt,  tt>obei  t^m  bie  äSerleumbung 
{einer  ^inbe  abermals  einen  nirgenbd  bezeugten  SBiberruf  jufc^reibt  (J.  Tait  im  Dict. 
of  Nat.  Biogr.  älrt.  Oldcastle)  unb  am  ®algen  in  @t.  ®tled^d  burc^  Strtd  unb  ^er  grau« 
|am  ^«ngericftet  (Rot.  Pari.  IV  108).    aber  er  ftarb  al«  ein  $elb,  ein  Rzuq^  für  bie  s 

S''^ttlid^e  Orbnung  bed  Sebend  auf  bem  gelfengrunb  ber  etuigen  ^a^^eit,  $fabfinber  unb 
ilbner  feinet  SSoIfö,  toeil  er  i^m  eine  gro|e  ^[bee  l^^interlaffen,  in  ka^  beren  ed  in 
150  2la^ren  )u  ^errlic^er  SBiebergeburt  unb  ®rd^e  aufftieg.  ®eti>i^,  feine  mächtigen 
g[etiibe  J^aben  il^m  in  ber  leibenfd^oftlic^en  @rregung  be$  Streite  bie  el^^rlic^e  SBürbigung 
feiner  Überzeugungen  berfagt,  unb  bie  Serleumbung  ber  3la6)toAi  fyit  feinen  92amen  ge^  lo 
f(^bet;  aber  im  3^9>^i^  ^^  ©efc^ic^te  fd^manft  fein  S^afterbitb  ni(bt  me^  jh)if(^ 
^eiligem  unb  Hochverräter ;  über  ben  SJtalel  ber  Ae^erei,  ber  an  il^m  ^aftet,  ^at  bie  ©e» 
fqic^te  nic^t  bad  le^te  Urteil. 

äBenn  ein  furqtbared  Sreigni^,  nic^t  ertt>artet,  unter  bie  ÜRenfc^en  tritt  unb  fie  ti>ie 
ein  ftnfterer  SRiefe  im  Eintreten  mit  bem  Slrmel  ftreift,  bann  juien  bie  bertounbeten  $erjen  i6 
in  €(^mer)en  auf;  bann  jeigt  fxd),  toad  im  3J!enfd^en  ift,  offener,  bie  @eele  laufest  unb 
bie  O^en  toerben  toac^,  bie  $änbe  aber  ber  einen  berinen  ftc^  in  jöl^e,  böfe  X^at,  ben 
anberen  ftocft  93(ut  unb  Jtraft,  unb  t^atlo^  fmten  fie  abtoärtd.  Olbcaftled  %oh  bejeid^net 
bie  SBenbung. 

Sid  ba|in  in  rafc^er  ^xmai^mz  unb  je  unb  bann  aud  ber  äSerteibigung  ^um  Eingriff  20 
borge^enb,  tourben,  nac^bem  ber  ®ro^e  gefäOt  toar,  bie  JUeinen  burc^  blutige  (Setoalt- 
maßregeln  in  bie  ^ürben  ber  Jtirc^e  jurüdgeforbert  ober  ben  blutigen  ^önben  bed  ^enferd 
flberlaflen.  9ln  bte  Pforten  ber  berfc^üc^terten  @emeinbe  poi^U  mit  fc^toerer  $anb  bie 
Sbtgft  unb  9{ot.  SBaren  jemaliS  ))olitif(^e  ober  fojiale  Unterftrömungen  bor^nben  ge» 
toefen,  mit  Q^bf^am^  @tur)  fc^toanben  fte  in  bem  3Jca^e,  ba^  nid^t  einmal  bie  gegnerifc^e  35 
Serleumbung  fte  im  @mft  ju  be^au})ten  Vermag.  9{ac^bem  bad  Jtonftanjer  Jton^il  bem 
$a))ftf(^idma  ein  @nbe  gemacht  unb  bie  (irc^lic^en  ©etoalten  aud  ber  toteberl^^ergeftellten 
(Sinl^eit  ber  6l[^riftenl[^eit  Straft  unb  ^offnung  auf  rafc^ed  ^{ieberbrecl^en  te^erifc^er  ®e« 
meinbebilbungen  gewannen,  Verlor  bie  SoQarbie  i^ren  öffentlichen  Rn^.  @ie  flo^  aud 
ben  Strafen  unb  ^Ibem  in  abgelegene  ^orfminlel,  in  ®(iben  unb  Scheune,  @anbgrubeao 
unb  ^Id^öl^le;  an  bie  @teOe  ber  @tragen^rebigt  traten  bie  ^au^tonVentilel,  too  bie 
Sibel  gelefen  tourbe  unb  bie  verfc^üc^terten  @eelen  erl^^ob.  2Bir  ^aben  bad  3^0*^^^  ^^ 
Sr^bifc^ofd  S^ic^ele  au^  bem  Igal^re  1428,  ba^  bie  in  bie  SSerborgenl^eit  gebrängte  SoQar» 
bie  jtoar  nid^t  mel^^r  juna^m,  aber  ftc^  in  ber  früheren  ßaj^l^ftätte  l^ielt  (the  L.  seemed 
as  numerous  as  ever)  unb  bie  gebeime  $ro))aganba  in  93ibelftunbe  unb  $rebigt  in  36 
ungeminberter  Äraft  betrieb.  ®ine  Slnjal^l  ?Pfarrgeiftlic^e  —  9t.  §oIe,  3^.  S)ra^ton, 
SB.  SEBj^ite  unb  9B.  I^amed  finb  aud  ben  ^fnqui^tion^Iten  betannt  getoorben  — ,  Aa))läne 
unb  ^il^eiftlic^e  fd^loffen  ftd^  ^ie  unb  ba  ber  93etoegung  an,  in  mand^en  Sanbfc^aften 
fo  )a^lreic$,  ba^  e^  in  ben  iRirc|f})ielen  ju  ^rojefftonen  unb  SEBaQfal^rten  nic^t  mel^^r  tam 
unb  bie  ^er  ber  igeiligentage  aümöl^lid^  verfc^toanb.  —  älber  feit  Sobl^md  Xobe  fel^lte  io 
ber  ®emeinf(^aft  bad  fül^renbe  unb  mä^igenbe  ^aupt  Unter  ber  älfc^e  ber  Verborgen« 
beit  glül^te  ba^  ^r^er  toeiter,  bad  je  tmb  bann  in  ben  flammen  toilber,  fanatifc^er  Stud« 
brücke  fic^  ben  Segnem  Verriet.  @in  S.,  %f)oma^  93agle^,  erfc^eint  in  ben  ^rotofoQen 
ber  Snquifition  unter  ber  Slnllage,  gefagt  ju  l^aben,  bafe,  toenn  ber  ^riefter  im  Qaha^ 
ment  bad  Srot  ju  ®ott  toanble,  er  einen  ®ott  mad^e,  ber  Von  blatten  unb  SJtäufen  ge^  45 
treffen  toerbe ;  ba^  bie  ^^arifäer  be^  a:age«,  SWönc^e,  9lonncn  unb  Settelbrüber  ©lieber 
bed  Qatani  unb  bie  O^renbeid^te  nid^t  aud  bem  9BiUen  ®otte^,  fonbem  bed  Xeufeld  fei ; 
anbere  be^u))teten,  ein  ^riefter,  ber  @elb  ne^me,  fei  qrlommunijiert,  anbere,  ba^Jtnaben 
nic^t  minber  toirifam  ald  ^riefter  ba^  93rot  fegnen  fönnten.  —  3Bir  felj^en,  bie  urfunblic^e 
Sejeugung  fc^lägt  ber  SSe^auptung  @airbnerd,  äBiclifd  (Sinflu^  ^e  i^  nic^t  lange  über«  so 
lebt,  bie  SoQarbie  l^abe  in  @nglanb  nic^t  tiefe  SSiur^el  gefc^lagen  unb  i^re  Bpuxm  feien 
längft  vor  ber  ^Reformation  Verfc^tounben  getoefen  (Studies  2;  52),  in«  ©efic^t.  S3i« 
fiber  bie  SJtitte  be«  15.  ^i^^^unbertd  ^inaud  treten  bie  @^m))tome  ber  befte^enben  ®es 
meinf(^ft  in  ben  Einrichtungen  blutig  )u  tage;  nac^  bem  an  Olbcaftle«  Xob  fui^  am 
MIie|enben  Slutbabe  (45  SKänner,  barunter  ^ad  <Sf}atp)  erlitten  3.  ßla^bon,  S-  iurm^n,  66 
ffi.  la^lor,  SR.  §unbon  bi«  1430,  SU.  28^*«  «"b  fein  Wiener  1440,  SB.  Saloto  1466 
(Stubbs  III  377)  ben  a:ob  Durd^  geuer  unb  ©c^toert,  „toirflid^e  Äc^er"  unb  nic^t  poli» 
tifc^  SSerbred^er,  loie  felbft  321. 3i»n»n«nnann  S.J.,  jugcben  mu^.  %t>it  nennt  einige  toei* 
tete  Flamen.  1476  l^atte  fogar  bie  gereinigte  UniVerRtät  Dsforb  gegen  eine  älnjal^l  i^rer 
9titg(ieber  noc^  einmal  bie  älnllage  auf  toiclifttifc^e  Hexerei  ju  ergeben,   1485  unb  1494  60 


624  SoOarkett 

^oBcn  93tf(^5fe  in  6ot>entt^  unb  Jl^Ie  gegen  ,,9ibeUeute''  t)or2uge]^en,  unb  fo  xüSftn  bie 
@turm)etd^en  t)erborgener  ©efö^rbung  bed  93efte^enben  btö  tnd  neue  (16.)  S^^'^^'i^^^^ 
^n  feinem  erften  ^foi^rjel^nt,  noc^  zf)t  bie  ©etanlen  Sut^et^  über  bod  3Reer  lonten, 
h)erben  in  tiHu^fenben  S^l^Un  3Ränner  h)egen  bed  93eft|ed  bibltfdS^er  unb  toiclifitifd^ec  Sänften 

6  in  englifc^er  @^rac^e,  toegen  93ibeUefen^,  ^ertperfung  ber  Se^re  bon  bet  3Banb(ung,  0^' 
beichte,  ipeiligent>erel^rung  unb  äSaQfa^rten,  immer  mieber  ber  gleich  ®a|e,  bie  im  Sm 
trage  bon  1395  bie  93ef(^h)erbe  bilben,  ber^ört  unb  k>erbrannt;  fo  1506  in  älmet^^, 
einem  $au))tft^e  ber  SoUarben,  30  !Dlänner;  im  ^.  1517  toerben  Seute,  bie  fic^  einmal 
„Srüber  in  S^rifto'^  bad  anbere  3Ral  ^^bie  @rtannten"  nennen,  Don  ben  ©erid^ten  in  älnffmu^ 

10  genommen,  unb  e^  lann  ber  urlunblic^e  9{acl^toeid  erbracht  toerben,  ba^  in  ben  gtDonjigei 
^al^^ren,  old  bie  neuen  @trebungen  bom  Kontinent  ^er  in  @nglanb  eine  ^eimot  gefunbcn, 
oltenglifc^e  93ibeIIenntnid  unb  toiclifitifc^e  (Sefmnung  ftc^  in  bie  neue  ©enerotton  fortgeerbt 
Ratten.  33on  ber  ^JDlitte  be^  14.  ^fo^r^unbertd  bid  an  bie  @d^toeOe  ber  Steformotion  ffd 
ba^  äSerlangen  nac^  einer  Seben^eftaltung  m\  biblifd^er  (Srunbloge  bte  Ziefen  bed  eng^ 

16  lifc^en  SSolIed  bem^t. 

3n  biefem  @inne  fmb  bie  S.  aliS  bie  äSorläufer  ber  englifd^en  Steformation  onaufe^; 
aber  ^e  lebten  ein  Verborgenem  Seben.  ®etoi^,  e^  fel^lte  ber  fü^renbe  ®eift,  in  oem  bie 
@e^nfuc^t  ber  ^ufenbe  ju  einem  gefc^Ioffenen  ^(umbrud  lam,  toie  in  bem  Sö^en  ^ud 
unb  bem  größeren  X^üringer,  ber  bie  @eele  be^  beutfd^en  äSolIed  in  feiner  ^anb  J^^tdt, 

20  unb  )u  ben  toilben  Sr^ebungen  ber  morbbremterifc^en  ^ufftten  ift  ed  in  @nglanb  nic^ 
gelommen.  3)ie  @tärfe  foU^er  SSetoegungen  ift  inbed  toeber  an  ^af^lm  )u  meffen  no<^  an 
ber  Energie  ber  religiös  geftimmten  ^olfömaffe.  3)enn  ed  ift  im  9(uge  m  beiden,  bo^ 
bie  englifc^e  Steformation  bid  ettoa  jur  SRitte  t>on  Slifabetl^  Stegierung  |u^  Diebne^  auf 
ben  Sinien  einer  ^olitifd^en  aU  religiöfen  Umtoanblung  bed  Sebend  bielt.    Sie  eine  9itf< 

26  gäbe  aber,  bie  ben  mittelalterlid^en  Srloedungen  burc^jufe^en  nic^t  gelungen  b>ar,  iß 
t)on  ben  S.  gelöft  toorben:  in  bem  ä3ol!e  Snglanbd  bad  äSertangen  naä^  bem  ®efe^®ott(d 
in  ber  !IJlutterf})ra(^e  ju  toecfen  unb  lebenbig  ju  erhalten.  2ln  ben  £.  iDetter  nid^td  oB 
„aller  Steligiofttöt  bare  ÜJlenfc^en  ober  fc^laue  ^euc^ler  )u  erbliden,  bie  feiten  bm  3M 
Ratten,  für  il^re  Überjeugungen  einzutreten'',  bad  bermog  nur  jene  fanatifc^e  Serblenbung, 

80  bie  ftc^  ber  9{dtigung  bed  gefc^ic^Öid^en  ß^ugniffed  mit  jefuitifc^er  ©^i^finbigfett  cntjie^ 
3)ie  toieber^olteit  SSerfuc^e,  eine  ledbare  englifc^e  93ibel  ju  erlangen,  bie  ^nbole,  Sot>e(' 
bale,  %a)oixntt,  ßranmer,  bie  ®cnfer  JIüc^^K^Ö^  ""*>  parier  unternommen  ^en,  ru^ 
mit  i^rcr  äBur^el  bei  ben  lollarbifd^en  93tbelleuten,  toie  $eco(f  fte  nennt,  unb  fmb  ber  Setoei^ 
für  bie  92ottoenbtgIeit  ber  Erneuerung  bed  religiöfen  Sebend  auf  biblifc^em  ©runbe.   SBer 

86  aber  tooOte  leugnen,  ba^  in  biefen  ^änben,  bie  fu^  nac^  ber  93ibel  oudftredten,  eine 
})ofttit)c  Vorbereitung  bon  nic^t  geloö^nlic^er  Äraft  befc^loffen  toar?  — - 

3Son  @nglanb  flogen  bie  ®ebanlen  ber  £.  I^inüber  nac^  ©c^ottlanb.  O^orb  ^ 
©t.  änbrelod  „angeftcdEt" ;  bie  Seigrer  ber  fc^ottifc^en  äfabemie  fmb  mel^r  ofe  einmal  loegcn 
i^rer  loUarbifc^en  Äe^ereien   in  änfpruc^   genommen  toorben  (Encycl.  Brit.  XIV  812) 

40  unb  bie  £.  t)on  ^"^le  (Slirf^ire)  ^at  Jtnos  audbrücflic^  ald  äSorlöufer  ber  9lefonnation  unb 
9iac^Iommen  ber  £.  bed  15.  ^al^r^unbertd  bejeic^net.  93on  @nglanb  unb  Sc^ottlonb 
^aben  bann  in  ben  folgenben  So^^^unbertcn  bie  biblifc^en  ©ebanlen  unb  Schriften  i^ 
SBeg  in  bie  noc^  unerreid^te  alte  unb  in  bie  neuen  äBelten  angetreten.  — 

III.    ^r  bie  3(nf4auungen  ber  2.  fommen,  au^er  ben  oben  ertoo^nten  ^xoi^ 

46  cdten,  ben  jeitgenöfftfd^en  93eric^ten  unb  ber  Petition  an  bad  Parlament  t)om  ^o^ 
1395,  in  Setra^t  Piers  Ploughman's  Creed  unb  Complaint,  The  Lanthome  of 
Light,  the  Ploughman's  Prayer  unb  ald  ein  SSerfuc^,  ben  Se^rbegriff  öon  grunbfa|p 
liefen  ©eftc^t^punften  aud  feftäuftellen,  ^ecocf«  Repressor,  fämtlic^  3^0^iR^  ^^^  0^^ 
rifd^er  ©eite,  bie  mit  SJorfid^t  ju  benu^en  finb.     3)ie   fpörlid^e  SoUarbensfiitteratur  fäbjl 

60  toeift  nirgenbiS  @^uren  eined  ©^ftemd  auf ;  unb  bie  gefc^loffenere  Snfc^uung  ffiiclif^ 
lann  nic^t  o^ne  toeitered  ^ier  herangezogen  toerben,  toeil  bie  S.  j.  %.  über  i^n  ^inoud« 
gegangen  fmb. 

Sei  bem  nac^folgenben  SSerfud^  einer  ^arfteOung  ber  Se^re  l^abe  id^  befonberd  fiecod 
benu^t.     2)a^  biefer  im  Repressor  bie  S.  toiberlegt,  fe^e  \d)  burc^  bie  neueren  Unter» 

66  fuc^ungen  (gegen  3-  2t.  gintmermann  S.  J.  im  Slrt.  2.,  2Be^er  u.  SB.,  Äirc^cj.  III 34) 
afö  ertoiefen  an  (bgl.  93abington  in  berSSorrebe  )u  feiner  ^ecodau^abe,  XXip.  $eco(f  Ifoi 
fein  93u(^  gefc^ricben  jur  Serteibigung  be^  (aBelt)Jlleru«  gegen  bie  „übertriebenen"  SS«» 
ilcinerungen  toon  feiten  ber  lay  partie  (Repressor  I  5:  J)e  errouris  whiche  manie 
of  J)e  lay  partie  holden);  biefe  Saienleutc  aber  fe$t  er  an  anberer  ©teile  (p.28  oben) 

60  mit  ben  UoQarben  in  eine  (^leic^ung,  bie  Qto^x^d  nxdfi  )ulä^t:   for   to   conuicte  and 


SoOnrbeit  625 

ouercome  t)o  erring  persoones  of  {)e  lay  P9ple  whiche  ben  depid  LoUardis 
and  forto  make  hem  leue  her  errouris  is  a  ful  notable  .  .  .  remedie;  aud^ 
bcn  SoDorbennamen  Bible  men  gebraucht  er.  3Rtt  ber  @elte  ber  äBicIifiten  (p.  501 : 
also  Jk)  sect  of  Wiclifistis  ...  holden  in  be  maners  rehercid  in  l)is  present 
boke)  unb  mit  äßtclif  felbft  fe^t  er  fu^  bielfa^  au^einanber  (ibid.:  as  it  is  open  in  5 
)>e  book  of  Wiclijf  and  of  ot)ere  being  of  his  sect.;  p.  63;  413:  ferl)ermore 
it  is  to  wite,  l)at  oon  derk,  but  verili  to  seie  oon  heretik  tempere^)  etc.);  ba^ 
$ccihI  unter  bem  clerk  äBictif  berfte^t,  ergtebt  ftd^  aud  ben  an  biefer  @teOe  bon  t^m 
bdäm))ften  @ö|en,  bie  ic^  aud  ed^ten  äEßtcIiffc^en  Stüden  nac^toeifen  lonn,  bgl.  ).  93.  Of 
Clerks  Possessioners  (bei  Matthew  Nr.  VI)  p.  132 :  in  many  casis  sugetis  may  10 
leffly  wij^holde  ti]}e8  etc.  unb  How  the  Office  of  Curates  is  ordained  by  God 
(ibid.  Nr.  VII)  p.  146:  and  t)anne  t)e  curatis  ben  more  cursed  of  God  for 
wi}>drawynge  of  techynge  in  word  etc.  @nbli(^  bebient  er  ftd^  faft  burc^tveg  bei 
btbUfd^en  Sitoten  ber  SBiclind^en  äSerfion. 

Slud  bem  oben  dargelegten  er^eOt,  ba|  bie  SBurjeln  ber  SoQarbenlel^e  in  SBiclif  15 
nt^.  Zentrum  ift  bad  biblifc^e  $rinji));  ^ter  laufen  ade  ^öben  ber  loQarbifc^en  Slrgu- 
mente  unb  ^orberungen  uifammen.  ^mmer  toieber,  fagt  Jtnig^ton,  ^etgt  ed  bei  biefen 
Saiten:  Goddis  lawe,  Goddis  lawe!  @ie  nannten  fic^  bie  Srfannten  (Known  Men, 
nad^  ber  mi^erftanbenen  (bejh).  bon  SBicIif  falfd^  überfe^ten]  @teOe  1  Jlo  14,  38:  et  di 
TIC  äyvoei,  äyvoeho):  soothly,  if  any  man  unknoweth,  he  shall  be  unknown  [of  20 
God];  ober  bie  richtige  £e^rt  ift  äyvoeixai,  SBicIif  alfo  im  Siedete)  unb  fragten,  tt>enn 
fit  mit  fremben  Srübem  jufammentamen:  Art  thou  a  known  man?  b.  ^.  einer,  ber 
btc  Schrift  tt>ei|;  unb  in  Der  Lanthern  of  Light,  einem  i^rer  Sieblingdbüc^er,  badburc^- 
tveg  auf  bie  Sibel  jurüdgel^t,  ^ei^t  ed:  3)u  legteft,  0  $err,  <d^  bu  ftarbft,  in  bein  2Bort 
ben  ®eift  bed  Sebend  unb  gabft  i|m  bie  ^JJlac^t  lebenbig  )u  machen,  ti>ie  bu  f elbft  fprid^ft :  25 
3>te  SBorte,  bie  ic^  rebe,  finb  Seben.  9[ud(^  ber  ^anjidlaner  2B.  3Boobforb  begeic^net  ben 
lejferifcben  &a^:  toal^r  ift  nur  ha^,  toa^  ^Sa))ft  unb  Jlarbinöle  aud  ber  @(^rift  flar  ab- 
leiten  fönnen,  falfd^  aQed,  h)ad  über  fte  ^inau^e^t,  bie  ^au))tftüj^e  ber  S.;  lönnte  man 
fie  t)on  biefer  ^irrle^re  l^^eilen,  fo  h)ären  [te  leidet  jur  römifc^en  Jtirc^e  jurüd^ubringen.  — 
Sem  entf)>ri(^t  ber  anbere  @a|,  ben  xdf  bem  Ploughman's  Prayer  entnehme:  brei  ao 
Dinge  mad^en  ben  redeten  @lauben  aud:  (Sott  über  alle  3)inge  lieben,  fürchten  unb  ber^ 
ttauen.  Men,  ^ei^  ed  bort  h)eiter,  make^)  now  grete  stonen  housis  ful  of  gla- 
sen Windows  and  depij)  t)ilke  ))ine  housis,  {)ei  knelen  privilich  (l^^eimlic^)  and 
apert  and  maken  t)eir  praiers  and  all  t)is  t)ey  seyen  is  t)y  worship,  but, 
Lordy  our  believe  is  pat  Jbine  house  is  man's  soul. —  SJac^  ""Jj^tcod  nun  fmb  brei  35 
@a(e  bie  ©runblogen  il^red  Slauben^:  1.  92ur  bad  ift  ald  @ebot  ®otte^  anjufel^en,  tuad 
^auf  bie  Sibel  grünbet;  i^re  t^age  fei  immer  biefelbe:  toorauf  grünbeft  bu  ba^  im 
Sli.  2.  Seber  ßl^rift,  3Jlann  ober  grau,  ber  bemütigen  unb  toitligen  Seifte«  ift,  bie  ©c^rift 
)u  berfte^en,  bermag  il^ren  toal^ren  ©inn  ju  erlennen.  3.  SBer  ben  ©inn  ber  ^l.  ©(^rift 
ecfonnt  l^ot,  mug  allen  entgegengefe^ten  ®rünben,  fte  mögen  bon  ber  ©c^rift  ober  ber  4o 
Semunft  fommen,  befonber«  ^m  SSemunftargumenten  bie  annähme  berfagen.  6r  fügt 
(toju, .  ba^  fte  Sibelleute  ^ei^en,  tt>eil  fte  bad  912  in  i^rer  ^{utterfprac^e  (ber  äBicli^ 
\d^  Überfe^ung)  audtt>enbig  lernen  unb  bad  )8ibellefen  fo  le^rreid^^  finben,  ba^  bie 
©elbftbelel^rung  aud  ber  ©^rift  il^nen  lieber  fei  ald  t)ie  Untertoeifung  burc^  ©eiftlic^e 
unb  oele^rte  Männer.  45 

Stuf  ®runb  biefer  jjofitiben  gorberungen  erl^eben  fie,  toie  toir  bei  $ecocf  feigen,  ©in« 
\ptudf  gegen  eine  9leü^e  Krdj^lic^er  ©ebote,  bie  in  ber  ©d^rift  nic^t  begrünbet  ftnb.  Obgleid^ 
jjoiugfbm  fei,  ba^  ÜJli^ftänbe  unter  bem  Jtleru«  bor^anben  feien,  fo  mad^e  er  ($ecod)  ^ 
(u  feiner  aufgäbe,  i^ren  in  11  Il^efen  bargeftellten  (Sinfpruc^  ate  unberechtigt  (au«  SSer^ 
minft  unb  ben  SSötem)  nac^^utpeifen :  y  shal  iustifie  XI  gouernancis  of  the  clergie  50 
whiche  summe  of  the  common  peple  vnwijsely  and  vntreuly  iugen  and  con- 
dempnen  to  be  yuele  [evil:  falfc^].  ©ie  bertoerfen  ben  ©ebrau^^  ber  Silber  in  ben 
Stinten,  bie  SBaOfo^rten  )u  ben  l^etligen  ©tötten  (pilgrimage  to  the  mynde  [remem- 
brance:  Srinnerung]  placis  of  Seyntis),  ba«  Stecht  be«  Aleru«  auf  Sanbbef^  (n)obei 
$.  bie  Argumente  ^icltf«  gegen  ba«  ^frünbenuntoefen  im  einzelnen  betäm))ft),  bie  Stang«  55 
^fen  ber  ^ierarc^ie,  bie  legi«latori{d^e  ©en)alt  be«  ^apfte«  unb  @pi{fo))at«  über  bie  93tbel 
^tnau«,  ba«  ^^nftitut  ber  geiftlid^en  Orben  unb  be«  priefterlid^en  3!tittleramte«,  bie  Sin» 
ntfung  ber  ^eiligen,  bie  Derfd^toenberifc^e  älu«fc^müd(ung  ber  Aird^en,  bie  ^teffe  unb  bie 
Sohamente,  bie  S3er))flic^tung  jum  @ib,  enblic^  bie  ä3ered^ttgung  be«  Jtrieg«  unb  ber 
Zobedftrafe.  —  9(lle«  älnfd^auungen,  beren  ©runbgebanlen  ftd^  mit  ben  Sef^toerben  ber  60 


626  SoOarbett  Sontan 

2.  t>om  2i.  1395  (tjgl.  oben  ©.  618, 57  fjL)  beim,  unb  bie  im  tocfentltc^en  auf  SEBtclif  gutüdge^, 
ber  ftc^  freiließ  bon  ben  bielberufenen  ^^Übertreibungen  ber  f))äteren  S.''  fretgej^oltm  fyit 

SBir  feigen,  biefe  Slnfc^auungen  ftnb  bid  in  il^^re  legten  Folgerungen  be^errfc^t  t)on 
ben  befannten  @ä|en  Sut^erd  unb  SBiclifd,  bie  93ibel  ift  bte  oQeinige  QueDe  ber  rdigiöfen 

6  äBo^r^eit.  Slber  Sa^  SBort  ®otte^  fe^en  fie  im  mefentlid^en  im  3{X,  l^inter  bem  boS 
ä[.  jurüdtritt ;  irrig  unb  t)erberbli(^  fmb  aQe  ®ä^e,  bie  über  ba$  31%  l^tnaudgel^en,  b.  1^. 
im  Sinne  ber  2.,  tt>a^  bort  nic^t  au^brüdlic^  gele^  ift,  toomit  fie  bie  fonfert)atst)e  M^ 
tung  SBicIifd  bem  9tX  gegenüber  unb  ben  93oben  ber  lutl^erifc^en  jtirc^e  jugleic^  t>er(aften. 
3)ie  oben  berid^teten  äSemeinungen  ftnb  bie  Jtonfequenj  biefed  ®runbfa|e9.    ^ie  Se^iren 

10  t)on  ®ott,  bem  3J!enfc^en,  ber  $erfon  unb  bem  äßerle  (S^rifH  treten  jurüd  l^inter  bem 
2Biberf))ruc^,  ben  fte  gegen  ben  falfc^en  römifc^en  Steoli^mu^  in  ben  Se^ren  bon  ben 
®nabenmitteln  unb  bem  Slmte  erl^oben,  toobei  {te  freilid^  bielfad^  in  einen  bem  objettit^ 
biblifd^en  $rin)i))  toiberftreitenben  @)}irituaIidmuiS  geraten,  ber  aQed  t)om  ®et{ie  ertüortet, 
aber  bie  Srücfen  einreifet,  auf  benen  ber  ®eift  ju  un«  lommt 

16  3)er  ÜJlangel  an  lel[;r^after  3)arlegung  unb  Vertiefung  be$  Geglaubten,  toie  er  und 
in  ber  f))ärlic^en  S.^Sitteratur  entgegentritt,  erfc^toert  hai  Urteil  toefentlic^,  ob  eine  ft^e^ 
matifc^e  93egrünbung  il^re^  9Biberf})ru(^^  überbau))t  borl^anben  getoefen;  Sd^lüffe  oud  eim 
jelnen  3^uBf"^^^f^0^^  ^"^  Sefenntniffen  herleiten  leicht  ju  fc^iefen  9luffaf(ungen.  Selbfi 
für  bie  %m.'2ii)xt,  bie  neben  bem  @(^ft))rin)i))  fd^arf  unb  ^laftifc^   in  tl^rrem  $rotefi 

20  l^erau^fommt,  ift  nirgenb^  bie  le^r^afte  93egrünbung  unternommen  toorben;  $eco<f  fommt 
mit  feinem  SBorte  auf  fie  jurüd.  SDagegen  tritt  fie  in  ben  ^ro^efeatten  ber  £.,  namentli(^ 
Dlbcaftle^,  l^äufig  auf.  3)er  @infprud^  trifft  inbe^  nur  bie  etne  @eite  ber  Se^,  boj 
SBicliffc^e  accidens  sine  subjecto,  ba^  93rot  unb  SBein  nac^  ber  ffonfefrotion  fub« 
ftantieÜ  bleiben,  al^  natürlid^e @inl[;eiten.   !Dlit93rot  unbäBein,  in  ber^orm  DonSrot 

26  unb  SB  ein,  toie  Olbcaftle  fagt,  ift  i^nen  nad^  ber  Segnung  (S^rifti  Selb  unb  Slut  im 
älbenbmal^^l  gegentoärtig  unb  toirifam,  nic^t  aber  o^ne  bie  @lemente ;  fte  vertreten  alfo  bie 
t>on  ben  Stnglilanem  neuerbing^  bielfac^  gelehrte  Real  Presence,  bie  fic^  bon  ber  Sol« 
toinfc^en  äuffaffung  ^er  ber  Sut^erfd^en  nähert.  -— 

2inbe^  in  }tt>ei  ober  brei  fünften  ift  ber  reformatorifc^e  ®ebanle  boc^  toeiter,  Üba 

80  SBiclif  ^inaud  geführt  toorben.  Unb  jtoar  t)on  bem  fonft  toenig  genannten  9Q3<dter  Srute 
(t)gl.  oben  @.  617,42),  ber  bie  ©egentoart  bed  SeibeiS  S^rifti  im  9lbenbmal[^I  fatramental, 
b.  f),  aU  f^^mbolifc^e  ©egentoart  faft  unb  ben  5IJle^o)3ferbegriff  ate  fc^rifttoibrig  jurüdtoeiii 
(I  do  not  find  in  the  Scripture  of  God,  that  the  body  of  Christ  ought  to  be 
made  a  sacrifice  for  sin;    the  Apostles   did  use  the   same  for  a  sacrament 

86  and  not  for  a  sacrifice,  Foxe,  Acts  III  fol.  178  ff.),  einen  ©ebanlen,  ben  ffiidif 
m.  3B.  nirgenbd  au^ric^t.  @nt)lid^,  toad  biefer  ^ie  unb  ba  gelegentlich  nur  unb  pc^g 
anbeutet  (t)gl.  De  Verit.  Script.  Sacr.,  Cod.  Pal.  Vindob.  col.  59®:  debet  plus 
cristianus  abscindere  ab  eo  omnem  elacionem  de  bonis  operibus,  si  que  ha- 
bet, considerans,   quod  tamquam  nudum  Organum  dei  de  mera  gracia  habet 

4oilla;  unb  col.  25<^:  probat  apostolus,  quod  fides  sit  fundamentum  iustificacio- 
nis  hominis  quoad  deum),  tritt  ber  @a$,  ba^  6l[;riftu$  fein  @efe^  in  bie  ^erjen  bec 
©laubigen  gefc^rieben  unb  burd^  @nabe  bad  erfüllte,  toa^  bad  ®efe|  burd^  ®ere<^tigtdt 
nic^t  t)ermo^te,  bafe  er  bie  ©laubigen  au^  ®nabe,  nic^t  au^  ben  SBerten  re^tfertigt 
(Foxe  fol.  150:  Christ  did  not,  by  the  works  of  the  law,  justify  the  believers 

46  in  him,  but  by  grace  justified  them  from  sin;  fol.  173:  by  the  faith  which 
we  have  in  Christ  believing  him  to  be  the  true  son  of  Qod  who  redeemed 
US   from  sin,   we   are  justified),    in  faft  Suti^erfd^er  ^laftil  ^erau^. 

9iKbo(f  »mbbevfteg. 

fiomon,  äbra^am  SDirf,  geft.  17.  äpril  1897.—  Jöeri*tc  überfein  ßcbcn  finben 

50  ficft:  üon  Dr.  ^.  U.  ^Die^boom,  De  Gids  1898  II,    blz.  80-117,  unb  „Levensberichten  der 

afgestorven  medeleden  van  de  Maatschappij  der  Nederl.  Letterkunde"  1898,   blz.  26—68 

(baran  anfcf)He6enb,  blz.  69— 72  eine  „Lijst  der  geschriften  van  A.D.  Loman") ;  Dr.  5). t 

3.  5BöItcr  in    bem  „Jaarboek  van  de  koninklijke    Akademie    van   Wetenechappen**  1899, 
blz.  3—36    (gifte   üon  ßomanS  Sd^riften  blz.  37-41);    M«".  3.  «.  Sittem  in  Der    „üjd- 

65  Schrift  der  Vereeniging  voor  Noord-Nederlands  Muziekgeschiedenis''  Deel  VI,  !•  stak 
unb  anbete. 

Unter  biejenigen   nieberlänbif d^en  Ideologen   be«  19.  3öbrl[;unbertg,   bercn  5Ramen 

and)    im    Slu^lanb   befannt   gen^orben   ift,    gel^ört   ber   Slmjterbamer    UntDerfttätd)m^ 

feffor  31.   3).  Soman,  ber   1897    ftarb.     ßr  üerbanft  bie«  oefonber«  feiner   ^trt)OtM< 

60  über  ben  Urfprung  be«  S^riftentum«,  bie  er  burd^  bie  f^mboltfc^e  äluffaffung  ber  eMui* 


Sontott  627 

geKf(^  ©efc^tc^te  t>ertetbtgte.  Seine  tiil^nen  SluffteOungen  über  bte  $erfon  ^efu,  über 
Sie  @ntftel[^ung  ber  ^oultntfc^en  Sttteratur  unb  über  bte  $erfon  bed  $aulu^  ^aben  ntc^t 
nur  in  unb  au^erl^alb  ber  9{ieber(anbe  bte  Jtrttt!  I^erau^geforbert,  fonbem  auc^  Slnfto^  gu 
neuen  Unterfuc^ungen  gegeben. 

Sbral^m  3)trf  2oman,  geboren  ju  g*®ratoeni^age  ben  16.  September  1823,  it>ar  ber  6 
Sofyii  bed  borttgen  lut^enf^en  $farrer^,  ber  il^n  and)  jum  Stubtunt  ber  Xl^eologte  be« 
fKmmte,  ungeachtet  feinet  SBunfc^ed  —  ber  burc^  befonbere  muftlalifd^e  älnlage  bei  tl^m 
cntfUmben  toar  —  jic^  ganj  ber  SKufil  toibmen  unb  Goncertfänger  toerben  au  bürfen.  Sr 
gierte   in  3tm^eim  unb  fpäter  in  älmfterbam   bei  ben  ^rofefforen  ber  Seminare  ber 
2ut^erif(^en  unb  ^ufgeftnnten.    Sein  eigentlicher  tl^eologifd^er  IBe^rer,  ber  großen  Sin-  lo 
|bt^  auf  il^n  ausübte,  toax  ber  ^ationalift  $lü{c^Ie,   bon  ®eburt  ein  ^eutfc^er.    3tad) 
SoQenbung  feiner  Stubien  mad^te  er  eine  Steife  burc^  ^eutfc^lanb  unb  bte  Sd^h)eij  unb 
lernte  babei  $au(ud  in  ^tibdb^Q,  3).  ^.  Strauß  in  ^etlbronn  unb  Säur  in  Tübingen 
tomen.   ^a^  Soman  gerabe  ju  btefen  3J!ännem  SSe^icI^ungen  fud^te,  fennjeic^net  i^n  fc^on 
einigermaßen.    93auriS  JtoQeg  machte   auf  il^n  fel^r  tiefen  @inbrudt.    ^n  ber  93aurf4en  i6 
€<^le,   toelc^e  ,,bie  Stuf  gäbe  ber  X^eologie  präjiftert  ^at  baburc^,   baß   fte  biefelbe  fäfu^ 
lorifierte'^  1^  Soman,  ber  in  getoiffem  Sinn  immer  i^r  Schüler  geblieben  ift,  nid^t  allein 
tbre  Jtritif  betounbem  lernen,   fonbem  jugleic^  ftc^  geübt  in  felbftiftänbiger  Slnpaffung  an 
i^re  $rin^t))ien. 

9lac^Dem  fioman  in  fein  SSaterlanb  jurücfgefe^rt  h>ar,   it>urbc  er  1846  §ilf«)3rebiger  ao 
bei  ber  lut^erifd^en  ©emeinbe  in  SKaaftric^t,   1848  $faner  bafelbft,    1849   lam  er  nac^ 
Sebenter.    Seine   Ittterarifc^e  älrbett  tt>äl^renb  feinet  borttgen  Slufent^alte^  berührte   faft 
ou^fc^lief^lic^  bad  ®ebiet  ber  lird^ltd^en  !DtuftI.    Stuf  tl^eologifc^em  ©ebiet  lieferte   er  nur 
einen  Seitrag,    ^odf  h)urbe  er  1856  jum  ^rofeffor  am  lut^erifc^en  Seminar  in  älmfter^ 
bam  an  SteQe  bon  ÜJlUlie^  ernannt,  ber  ald  Uniberfttät^rofeffor  nac^  Utrecht  tam.    @r  25 
begann  feine  Xl^tigleit  mit  einer  ,,Oratio  de  germani  theologi  humanitate"  (älmfter- 
bam 1856).    SBeinal^e  alle  t^eologtfc^en  gäc^er  f^at  er  im  Saufe  feiner  ^rofeffur  bociert: 
Slts  unb  neuteftamentlic^e  @segefe,  natürltd^e  unb  bibltfc^e  X^eologie,  @ncV{loi)äbie,  Jtanon« 
gefi^ic^te,  3)Dgmengefc^ic^te,  ©efd^td^te  bed  Sut^ertumd,  \a  fogar  praftifd^e  X^eologie.    So 
erfd^eint  ed  auc^  boQtommen  natürlich,  baß  Soman  in   ben   erften  ^ja^ren  feinet  Slmtedso 
nur  Heinere  Strttlel  unb  SRecenfionen  fc^rieb.     @r  mußte   ftcl^   eben   erft  jum  ©ele^rten 
ou^bilben.  9lufmerlfam!eit  berbient  e^  übrigen^,  baß  feine  bebeutenbften  Stubien  andSid^t 
lamen,  nac^bem  er  ba$  Sid^t  feiner  Slugen  berloren  ^atte.    1871  nal^m  eine  älugentrant^ 
Ijieit  bei  \f)m  i^ren  Slnfang,   bte  i^n  1874  boQftänbig  erblinben  ließ.    ÜJlit  n)unberbarer 
(Sebulb    unb  frol^en  üJluted  l^ot  er  bie^  Rreuj  getragen,  unb  e^  f})ric^t  tl^atfäd^lic^  bon  ss 
großer  äBtOenetraft  unb  einem  Staunen  ertoec!enben  ^orfteQung^bermögen,   baß  Soman 
ntf^t  nur  mit  Su[t  feine  getool^nte  älrbeit  auf  fid^  nal^m,  fonbem  fic^  auc^  nod^  mit  aQerlei 
manchmal  fe^r  etngel^enben  ^etailftubien  abgab. 

Ste  bod  älmfterbamfc^e  Slti^enäum  burc^  bad  neue  ®efc$  für  ba$  bollere  Unterrichte« 
toefen  jur  Uniberfitöt  er^obm  n)urbe,  tourbe  Soman  an  biefelbe  atö  ^rofeffor  bemfen,  40 
obtoolj^l  er  gleic^ijeitig  Semtnar})rofcffor  blieb.  Sie  jum  3^^^^  1893  fonnte  er  biefe 
£mter  berfe^m,  bann  nötigte  bad  ®efe$  il^n  toegm  feinet  älltere  bon  70  ^a^en,  ale 
Uniberfttäte))rofeffor  ab|)Utreten.  Siel  !onnte  er  \päUx  nic^t  mel^r  ju  SBege  bringen.  3la6) 
lurger  ÄranJEjS^eit  ftarb  er  am  17.  Slpril  1897.  S^^ax  ^abm  feine  greunbe  unb  ©eiftee« 
bertoanbtm  ii^m  jum  70.  ©eburtetag  bicle  Sctoeife  ber  Scrc^rung  unb  bee  ^n^ereffee  45 
gegebm,  aber  ber  Sludgabe  bon  „LomansNalatenschap",  herausgegeben  bon  Dr.  28. 6. 
bon  3Rcaim  unb  Dr.  ^.  U.  SJlc^boom,  ©roningen  1899,  ift  bie«  ni^t  ju  gute  gefommen. 
Jhir  ein  erfter  a:eil  („De  brief  aan  de  Galatiers")  ift  erfd^ienm.  @in  toeiterer  Xeil 
lonnte  auS  Stangel  an  9Iad^frage  nic^t  folgen. 

Soman  ioar  ein  ÜJlann  bon  bieten  dienten  unb  großer  9lrbeitetraft.  @igentlic^  toaren  50 
jtoei  SKmfd^fen  in  i^m,  beibe  ein  3)ienfc^enleben  über  t^ätig,  ber  SKuftfue  unb  ber 
x^olog.  Ueber  ben  erften  gehört  an  biefe  Stelle  nur  tbenig.  Sotoo^l  auf  tirc^lic^em 
ab  auf  ))rofanem  ©ebiet  ^at  er  gearbeitet.  @tne  Slnjal^l  ß^oräle  unb  6böre  bearbeitete 
er.  @ine  Stnja^I  bierftimmiger  S^öre  l^at  er  !om))oniert  unb  bei  bielm  auc^  ben  Xe^t  ge« 
liefert  1889  bic^tete  er  aue  bem  ^ol^enlieb  ein  Oratorium  in  bier  Sitten,  beffm  65 
mufiZalifc^e  Bearbeitung,  bie  er  in  Slueftc^t  gefteQt  l^atte,  aber  nid^t  3U  ftanbe  ge« 
bmmen  ift  3)ie  9{ieberlänber,  bie  i^re  reiche  Sergangm^eit  lieb  ^aben,  banfen  i^m  bae 
SSerbienft,  ba«  er  ftc^l871  burc^  bie  ausgäbe  bon  „Gedenckclanck"  bon  Slbr.  Saleriu« 
(1626)  unb  1872  burc^  „Twaalf  Geuzenliedjes"  ermarb.  9lfö  Jtenner  ber  3)tufttgefc^i(^te 
Ifcd  er,  aud^  außer^lb  ber  ©renjen  feinet  SaterlanbeS,  einen  tbol^lberbimten  Flamen.       eo 

40* 


628  fiontott 

$ter  gilt  unfere  Stufmerlfamleit  bem  Geologen  Somon.  SSon  Snfong  an  g^dcte 
^  }u  ben  Seförberem  bec  fogenannten  mobemen  Slic^tung.  9Ud  foU^ec  ^  et  auf 
bte  lut^erifd^e  Ittrc^e  in  92iä)erlanb  großen  @inf[u^  ausgeübt  3^"^!^  ^^^  f^< 
Schüler,  h)el(^e  bte  3^^I  ^^  mobemen  ^rebiger  fe^r  me^en.  @obann  bobtit^f,  ba^ 
6  er  nac^  unb  nac^  bie  @eele  ber  (utl^eTijd^en  @^nobe  tourbe,  beren  ^räobDtfierenbed  SRit? 
glieb  et  toat.  Seine  Dfter})tebigt  ,,Wat  zoekt  gij  den  levende  bij  de  dooden?'' 
(älmftetbam  1862)  Iie|  einen  @tutm  gegen  i^n  entfielen  unb  ben>09  ben  ott^obocen 
$tebiget  £en^  in  9(mftetbam  in  einem  ^.offenen  Stief'^  bie  SBitflic^Ieit  Dim  Sl^fti  Sbtf« 
^te^ung  ju  Detteibigen.  ^n  toeiten  jlveifen  i^aiU  fc^on  f ein  ä(ttilel :  ,,Een  nieuw  middd 

10  tot  verzoening  van  geloof  en  wetenschap"  (De  Gids,  1861)  bie  9[ufmet({amleit 
auf  J\i)  gebogen;  et  lam  in  il^m  )u  bem  SRefuItot,  ba^  bie  ä(tt  unb SBeife  bet  äluferfte^^mg^ 
berichte  in  ben  ®t>angelien  bielmel^t  auf  93ifionen  bet  ©laubigen  toeife,  ab  auf  Sc^Knüob 
bed  ©eheujigten.  ^m  ^a^te  1868  fd^tieb  et:  ,,93on  bet  ftanen  Ott^obosie  bleibt  im^ 
l^euhut(^e  toenig  mel^t  ju  lernen.    @te  bient  nut  afö  erneutet  Setoeid  für  bie  atte 

15  äBa^tl^eit,  ba^  bod,  toad  tot  ift,  begtaben  toetben  mu^.  %xi)  bie  f)>duIattDe  Z^^eologie 
l^cd,  obgleich  fte  an  fo  ebelen  ^eiftetn  toie  Slotl^e,  il^te  SSetttetet  finbet,  i^re  äRtfftim  er» 
füQt.  @ie  f}at  bet  Geologie  übet  bie  @in{eitigleit  ftü^et  3^^  ^tntuegge^olfim,  bie 
fid^  butd^  ben  @tteit  ^toifc^en  StationaliiSmud  unb  @u))tanatutalidmud  lennjetd^nei  Sa 
ed  aber  nunmel^^r  beutlid^  getoorben  ift,  ba^  auc^  fie  an  einem  großen  Segler  litt,  ben  tSi 

20  nic^t  beffer  benn  d^  t)oretlige  S^ntl^efe  anjugeben  toeift,  l^at  fie  ben  ^Rei)  verloren,  too^ 
burc^  fie  noc^  bor  turjer  Rtxt  bie  ^erbonagenbften  3)enler  ju  feffeln  tou^e.  9Ran  fhibiect 
in  unfern  ^gen  bie  f))elulatit)en  S^fteme  bon  SRännem,  tote  BdfiAztmaii^  unb  Stot^, 
aud  Sintereffe  an  ber  ©efc^id^te  ber  2:^eologie,  nic^t  ober  laum  noc^,  toeil  man  etioa  glaubt, 
ba^  auf  bem   burc^  fte  eingefd^lagenen  9Beg  bie  Sdfung  ber  großen  Probleme  auf  bem 

26  (Sebiet  bon  Sieligion  unb  äBiffenfc^aft  gefud^t  toerben  mu^/'  9Rit  ber  Zoologie  im 
alten  @inne  bed  äBorted  ^atte  er  alfo  gebrochen.  3)ie  Steligiondtoiffenfd^ft  l^e  i^ren  $[a|f 
eingenommen,  toed^alb  auc^  mit  ber  j^irc^e  gebrochen  toerben  mu^te.  SHe  Sldigion  toor 
bie  bereintgenbe,  aQed  be^errfc^enbe  Wllai)i,  „tmc  9lealitat,  bie  nod^  l^eutjutagc  fotooU 
bie  fd^lic^teften  Seelen  ald  auc^  er^abenften  ©eifter  feffelt  unb  nic^t  aufhört,  bod  Sto^" 

80  beulen  auf^uftac^eln  bei  allen,  bie  burc^bringen  tooUen  )u  bem  toefentlic^en  ®nmb  unfere^ 
nationalen  unb  internationalen  Sted^te^,  unferer  ÜJloralität^  unb  jtultttrbegriffe,  unfern 
})olitif(^;en  unb  foxialen  Il^eotien".  3lm  beften  jeigt  ftd^  feine  Sluffafjung  in  ben  SBortm, 
bie  er  1880  ate  SSorfi^enber  beg  ^roteftantenbunbe^  fprac^ :  „Ueber  unferm  Sunb  jh^ 
ber  ^roteftanti^mu^,  über  unferm  ^roteftantidmud  fte^e  bad  S^riftentum,  über   unfeiem 

85  ßl^rtftentum  fte^e  ber  ^umani^mu^/'  t^ür  i^n  toar  alfo  bad  f))e)ififd^  d^riftlid^e  ^m^ilf 
bie  Humanität. 

SBenngleic^  Soman  einige  ÜJlale  altteftamentlid^e  @tubien  t)eröffent(i(^te,  fo  toibmete 
er  bo(^  feine  boUe  ^raft  ber  93el^anblung  neuteftamentlic^er  tragen.  3)ad  einjige  bon  i^ 
felbft  angegebene  Suc^  toar  betitelt:    y^Bijdragen  ter  inleiding  op  de  Johanneische 

40  Schriften  des  Nieuwen  Testaments"  (älmfterbam  1865).  Slber  aud^  ^ierbon  erfc^icn 
nur  ein  erfte^  @iixi,  toorin  er  ^^Het  getuigenis  aangaande  Johannes  in  het  frag- 
ment  van  Muratori"  be^anbelte.  Ülu^erbem  befprac^  er  in  berfc^iebenen  3^^^^^ 
arttfeln  bad  bicrte  (Sbangeltum.  2S^m  toar  ti  ein  äl^tom,  ba^  ed  jüngeren  Urf})rungd  fein 
muffe.    Später  befc^äftigte   er  ft^    befonber«    mit  ben   ©i^noptilem.    3^    ber  „Theo- 

45  logisch  Tijdschrift",  bie  il^r  ®ntftel^en  befonber«  5Prof.  ©.  §oeIftra  unb  i^m  )u  öcr- 
banfen  ^at  (1867),  beröffentlid^te  er  in  ben  ^af)xm  1869,  70,  72,  73  unb  79  feine 
„Bijdragen  tot  de  critiek  der  synoptische  evangelien".  ^n  biefen  Unterfuc^ungen 
jeigt  fic^  fc^on  ber  Slnfang  feiner  Jpäteren  j^mbolifc^en  äuffaffung  ber  ©bangeliengefc^ic^te. 
vSlxt  äeftimmtl^ett  bertetbigte  er  bie  Priorität  bon  SRatt^äud  ber  neuen  SRatcu^^pot^eie 

60  gegenübet  (bgl.  fein :  Het  Evangelisch  epos  en  de  Markushypothese  van  Volk- 
mar".  Theol.  Tijdschr.  1870).  ^m  attgemeinen  jeigt  et  ftc^  l^iet  noc^^  ote  Tübinger 
©d^ület  unb  ©eiftbettoanbtet  bon  Saut  (bgl.  feinen  Slttifet  in  „De  Qids"  bon  1870 
„getbinanb  ß^tiftian  Saut",  tootin  er  biefem  feine  SSete^tuitg  jollt).  3"*  3<J^  1^(? 
fam  er  auf  biefem  ©ebiet  in  ©tteit  mit  Dr.  31.  ^ietfon.  3)iefet  ^e  nämlid^  eine  6<^ 

66  betöffentlic^t :  „De  bergrede  en  andere  synoptische  fragmenten"  (Smfterbam  1878). 
^artn  untettoatf  et  bie  mobetne  @bangelienttitt!  einet  fc^atfen  Beurteilung,  bertporf  i^ 
SWet^obe  unb  erflärte  il^te  älrbeit  füt  l^offnungdlo^.  ®ine  fefte  ^iftotife^e  Safte  füt  b<rf 
Seben  3i«fu  fei  nid^t  ju  finben.  3)ie  (Sbangelien  geben  batübet  nit^jt^,  toorouf  man  W 
berlaffen   !ann,  benn  fte   ftnb  Quellen  füt  bie  (Befc^ic^te  bet    teligiöfen   SorfleOungen 

60  in  ben  etften  jtoei  ^^^^i^^^unbetten  unfetet  S^ittec^nung.    Sie  SBet0))rebi0t  ifl  ein  ^vmi 


Soman  629 

b«  iltbifdifn  C^ohnnlilteratiir,  aber  nii^t  Bon  ^«(uä  gctjaticn,  ba  bie  üorfteöung,  3e|uä 
fei  ein  iic^Kr  gctoeitn,  im  ottgenKintii  Bon  betriit^Uicf)  fpälerem  Urfjjning  fei.  Slut^ 
^aulu«  lann  nii^l  aU  ^tu^t  gelten  für  ba«  Seben  3^"-  ''"i"  *>«'^  biftoriicbe  SBcrt 
feine«  3eu0niffEö  ^äiigt  ab  bon  ber  (Scfet^etl  beä  (^alaterbriefe^,  bie  für  ^licrion  butc^auö 
nittt  feftftanb,  b 

joman  trat  oI«  Seftteiler  Don  ißiftfDn  auf  in  jtoei  9!ummem  feinet  Bijdragen 
enz  {Theol.  Tijdschr.  1879).  Ht  Wirft  i^m  Bot,  et  fei  fubjeftiö  toiatürli^  in  feiner 
Selüeiöfiittrung.  Seine  Setta(^lung  übet  ben  Oalatetbtief  nennt  et  eine  florttfatur,  bie 
er  Btans  pede  in  uno  pi  ^ccf'w  gebtadtt,  aber  (eine  ^^t  etnfter  Stubien.  ^ietfon 
iDurbe  unb  blieb  oetle^t,  febD*  Wenige  '-^a^xt  ft)ätet  itiQte  e«  ji(^,  ba^  et  füt  Üoman  nicf)t  lo 
umfonft  gefi^tieben  ^tte. 

^m^eäembei  1881  ^ielt  Soman  in  ber  „Jteicn  Oemeinbe"  in  Stmftetbam  einen  ä'orttag 
über  „Het  oudsteChriatendom"  (abgebtudfltn  ben  „Stemmen  uit  de  Vrije  Gemeente" 
1882).  §ierin  cettünbigte  et  feine  neue  $Vf ft^efe  übet  E^rifti  ^crfon  unb  iai  Gnifte&en 
be«  ß^ftentumä.  ^ai  ß^tiftentum  ift  in  feinem  Urfpiung  ntc^tö  anbereö  als  eine  is 
meffianifttie  SSctoeguna  untet  ben  3uben.  3efuS  »on  9!ajaret^  ifl  feine  eigentli{^  (iifto= 
rift^e  ^etfon,  fonbetn  bie  ^ertotpctung  einet  SRcibe  Bon  3been,  bie  ©ijmbotifietuiig  iinb 
^Jetfonififation  Bon  Oebanlen  unb  ^ptinjipten,  bie  crft  tm  G^riftentum  bri  2.  ^«Ijt^unberlS 
jut  BoElen  önttoiifelung  gelangen.  @t  ift  bet  ibeale  ©o^n  bct  iübift^en  Diotion  fclbfl, 
mit  i^tei  auöbauetnben  ®cbitlb,  mit  ii;tem  itnbeugfamen  ©lauben,  mit  i^tet  2luäbauet  ao 
im  Ooltc^tauben,  mit  intern  pti?pt)eti|(^cn  Snt^iifiaömuS ;  bet  jübifi^en  Sfiation,  bie  i^ 
Hieui  gcttagen  fiat  unb  bann  buti^  bie  3BeIl  ift  niebetgetreten  TOorben,  nichts  anbete«  al§ 
bet  [eibenbe  IReffia«,  al«  ber  Änc(()t  Sotle«,  ber  aui^  auS  (einer  gmiebrigung  aufetftanben 
unb  getrijnt  ift  mit  ^enlit^feit,  aber  erft,  nac^bem  %tmptl  unb  Statt  butd)  bie  Slümer 
BetRitiftet  roaten,  nac^bem  ^Stael  xard  aÖQxa  untergegangen,  Bon  ben  Xoten  aufetftanben  2b 
unb  mit  einem  neuen  IRamen  6I)iiftentum  getauft  wat.  —  5Diete  ^^otEjefc  fang  fo 
tobilal  alä  m&glic^.  Sogat  Bieten  ^abitalen  teot  fie  ju  rabital.  33etnal)e  aügeniein  icar 
boä  Entfejen  unb  Bon  uetfcfeiebenen  ©eiten  tarn  Sßibeifpiut^.  Soman  mufete  \^ntü  feine 
3uS|l>ta(f)e  einigctmafeen  milbcm.  ^ct  9Iu«bturf  „nic^lö  anbete«",  bet  befonberS  Slnftoß 
erregt  iiatit,  foDte  nictjt  iBöttlidj  aufjufaffen  fein,  ^n  feinem  äirlüel  „Ter  verdediging  30 
en  verduidelijking"  (Theol.  Tijdsehr,  1682)  gab  et  ju,  „bafe  einige  fSigenfi^aflen 
unb  Sefonbnfjeiten,  Welt^e  Bon  ben  (SBangeliften  3cfu  Bon  Diojatrtl)  jugef^toi^en  würben, 
mi  Bereinigt  ^aben  auf  eine  banialä  in  ^aläflina  Icbcnbe  ^etfon",  abet  „Waö  bei  tiefer 
^erfon  mit  gutem  ®tunb  ^iftotiM  genannt  itietben  lann,  teic^t  nit^t  auä,  um  i^n  alö 
Stiftet  einer  neuen  retigiöfen  fficllanfc^auung  ju  betrachten"  (bgl.  „Symbool  en  werke- ss 
lijkheid  in  de  evangelische  geschiedenia"  in  „De  Gids"  1884,  Sonbetabbtutf 
Ämpetbom  1884).  -ttier  füllt  in  getöiffem  Sinn  ein  3M'^(He^ten  auf:  ^efu«  Bon  ^ai<i' 
ret^  i^  eine  ^iftorifi^e  ^etfou,  aber  et  ift  nii^t  bet  Stiftet  beä  G&riftentumö.  9Uier  e# 
foQte  nodf  anberä  lommen.  3"  »De  Öida"  »on  1888  fctrieb  et  einen  3lttile[  „De  oor- 
aprong  van  het  gelool  aan  Jezus  opstanding".  35on  feinet  Sifionötj^potfKfe  Bom  « 
3a^te  1861  ip  ^ier  (eine  SRebc  me^t.  St  ^Ölt  jWat  an  ber  fBmboEift^en  luffajfung 
fefi-  fcfnn  bie  2tufctftei)ung  3efu  ift  füt  i^n  utfptüngli(^  nit^tä  anbete«,  al«  ba«  Sßjiebcti 
anheben  be«  ß^riftentum«  fetbet,  b.  ^.  bie  äKetamoqjbofe  bet  jübifi^en  3)ieffiaägemeinbe 
gut  Io«moi)o[itif(i&en  ßt)tiflu«Krrfie.  „©ie  ift  bie  anft^nuiic^e  aSotftellung  bon  bet  ^etnnbej 
rung,  bie  im  ©tauben«;  unb  ©emül«leben  ber  Qtiriften  ^Jta^  gegriffen  Ijat,  nac()bem  i^jt  15 
gotteSbienftlic^e«  '^'otal  [idj  infolge  Don  3«taet«  @miebrigung  ju  ^ö^etem  glug  etboben 
unb  in  teinet  el[)if($er  Spljäte  niebergetaRen  i^atU."  Mber  über  3efu  ^ßetfon  fptic^t  er 
nun  ganj  anbet«.  Sie  unb  nu(^  ba«  Bon  i^t  in  ben  @Bangelien  gegebene  Silb  ift 
in  mani^et  Sejie^ung  biftDrift(j,  3e(uS  Bon  ^iajatet^  ift  nun  loo^t  ber  Stiftet  be« 
G^riftentumä.  S"""'"«"  «net  „religiöfen  Seinegung"  in  ©alilSa,  bie  „reformatotiftde  @tunb=  ko 
g^nlen"  ^tte.ftanb  ber  „Center  Bon  9iajatetl)",ber  ftc^  auöjeit^nete  burc^  „tjö^ete  potentie", 
„gtöfeete  Sntenfität"  unb  „me&t  Qtenialität"  at«3o^)anne«  bet  häufet  unb  ^icobu«  ber  (Se= 
tec^e,  al«  einet,  tpelt^er  „einen  Sebenäptan"  Eratle,  ber  untrennbar  mar  Bon  ben  ^bealen 
bet  jübift^en  tRalion  unb  bem  ein  „uniBetfaliftifi^e«  (oSniDpolittfi^e«  ^beat  ber  ^öminig: 
teit"  Bor  feinem  (Seifte  ftanb.  SRit  bicfet  flonjeffton  aber  ^at  iioman  feinet  §?potbefe  a 
lut  ßtftätung  be«  Urfprung«  be«  Gljtiftentum«  i^atfäi^licti  ba«  Äennjci(^en  bet  ^3ieu= 
^rit  genommen,  obrooljt  er.  Wie  Wir  gefe^en  Ijaben,  bie  fvmbolifdje  Muffaffung  ber  eBan« 
geltf{$en  ©efiic^te  mit  Sejiimmt^eit  aufredit  erhielt. 

Soman  füllte,  bafe  et  bei  feiner  f^mbolifi^en  aiuffaffung  ber  eöongetifc^eu  @e|i$ii$te 
nii^t  flehen  bleiben  fonnte   (Bgl.  auc^  Dr.  3.  (5tamet,    „De   jongste   hypothese  aan-  w 


630  Sontott  SomBorbitd 

gaande  den  oorsprong  der  Evang.  geschiedverhalen  nader  toegelioht".  Nieuwe 
Bijdragen  van  Gramer  en  Lamers.  IV  247—346).  %xn  trat  eine  neue  %taQt  auf: 
über  bte  $erfon  bed  $aulu^  unb  über  bie  Sntfte^ung  ber  ^aulinifc^  Sitteratur. 
SBenn  $auIuiS  in  ber  2^^at  3Serfaffer  ber  il^m  allgemein  jugefc^riebenen  Sriefe  taxtr  unb 

5  tütnn  biefe  93riefe  tDirflic^  im  a))oftolif(^en  ^^ialitt  gefc^rieben  flnb,  bann  tow^  bobim^ 
Somand  ^Betrachtung  ber  $erfon  ^efu  ganj  unb  gar  ^infoQig.  3)edl^alb  mu^e  Somon  ^u 
einer  93eftreitung  ber  Sc^tl^eit  ber  ^aulinijc^en  Sitteratur  tommen.  $ierfon,  bot  er  erji 
fo  be!äm)}ft  ^atte,  ba^  baburc^  ein  93ru4  in  ber  ^eunbfc^aft  beiber  !Dlänner  entftonb, 
l^^otte  boc^  feinen  @influg  auf  ü^n  geltenb  gemacht.  @r  toax  burd^  $ierfond  Sebenten  gegen 

10  bie  @(^t^eit  be^  ©alaterbriefe^  )u  3^^ifdn  gelommen,  unb  bad  @nbe  baDon  taxtr,  ba^ 
aud^  er  fc^lieglid^  bon  ber  Uneqtl^ett  überzeugt  tuurbe.  SBö^renb  ^ierfon  befonberd  auf 
ben  ©eifteiSinl^alt  bed  Sriefe^  ald  ^^\ö)m  ber  Uned^t^eit  l[^inh)ied,  no^m  Somon  tn  feinen 
,,Quaestiones  Paulinae"  (Theol.  Tijdschr.  1882,  83  unb  86)  bie  Sef^rei^ung  ber 
argumenta  externa  bor,  nad^bem  er  juerft  auf  bie  ,,noodzakelijkheid  eener  herziening 

16  van  de  grondslagen  onzer  kennis  van  het  oorspronkelijk  Paulinisme"  gekoiefen 
f)aü^.  @r  mad^te  einen  Unterfc^ieb  ^tt>if(^en  bem  Paulus  historicus  unb  Paulus  cano- 
nicus.  @rfterer  foQ  am  meiften  übereingeftimmt  ^aben  mit  bem  $aulud,  tote  tovc  \ipx 
im  fog.  ,,2Birsberi(^t^'  ber  Acta  ge^eic^net  finben.  @r  f)at  augerl^^olb  $<daftina  für  bie 
iübifcl^e  ÜÄeffiadibee  ^ropaganba  gemad^t,   ober   bon  feiner  (Sefd^id^te  totffen  h^tr  nic^ 

20  mel^r.  3)ie  antijübif^e  ®noft^  ber  nac^a))oftolif(^en  3^t,  befonberd  im  2.  ^o^t^unbett, 
toeld^er  toir  bie  paulinifc^en  Briefe  berbanlen,  bat  $aulud  Don  Xarfud  )um  $rebtger  bed 
unit)erfaliftif(^en  S^riftentumd  gemad^t.  @o  ift  ber  Paulus  canonicus  —  t^oc^lic^ 
eine  ®eftalt  ber  Segenbe  —  entftanben.  ^n  y^Lomans  Nalatenschap  I",  tDorut  o^e 
Umarbeitung   eine  @tubie  beröffentlic^t  ift,  jel^n  ^^^re  nac^  ber  Slbfoffung,  toerben  bie 

26  inneren  93eben!en  gegen  bie  Sc^tl^eit  bed  ©olaterbriefed  befprod^en. 

SSon  berfd^iebenen  Seiten  tt>urben  93ebenlen  gegen  Somatid  9(uffaffung  laut  Xm 
au^fü^rlic^ften  tourbe  er  bon  Dr.  2S-  ^-  @-  SSaljon,  in  beffen  ,,Exegetisch-kriti8ehe 
Verhandeling  over  den  brief  van  Paulus  aan  de  Galatiers"  (Setben  1889. 
blz.  294—408)  toiberlegt,  toorin  bie  ©c^t^eit  biefe«  ©riefe«  ftarl  betont  toirb.   S)er  Uni« 

so  t)erfttät«})rofeffor  ban  3Jtanen  in  Seiben,  ber  Soman  anfangt  entgegentrat,  ertlarte  \pcdxx 
(t)gl.  „Tijdspiegel"  1889,  blz.  322  v.v.  419  v.v.),  ba|  er  ni%t  länger  ©egner  ber 
8oman5§^>)ot^efe  fei,  er  fei  ju  il^rem  3}erteibiger  getoorben.  3*"  äu^Ianb  l^e  Soman 
tt>enig  @i^o(g.  ^ie  meiften  ber  tonangebenben  3)cänner  f^rad^en  fic^  gegen  bie  jüngfie 
„rabifale  ^ollänbifc^e  Sd^ule''  au«.    @inen  ©eiftbertoanbten  fanb  er  in  bem  uttgenonnten 

86  Serfaffer  t)on  „Antiqua  mater.  A  Study  of  Christian  Origins"  (1887),  ber  äße 
neuteftamentlicl^en  Sd^riften  bertvarf  unb  bel^au))tete,  ba^  ?[efu«,  $aulu«  unb  $etru^ 
niemal«  gelebt  Ratten;  ebenfo  in  91.  Stei  („Sier  (Solaterbrief  nac^  feiner  ®<t>t^eit  unter« 
fud^t",  Serlin  1888),  ber  bie  fog.  jjaulinifd^en  §au^)tbriefe,  barunter  audb  ben  ©alater* 
brief,  in«  2.  ^o^r^unbert  fe^te.   2lu(^  ^oel  („Slidfe  in  bie  3fleIigion«gefc^fi(^te",  2.  StbteiL 

10  1883,  ©.  81)  fc^lofe  fic^  ganj  ben  „Quaestiones  Paulinae"  an. 

Soman«  änfc^auung  über  bie  Aufgabe  ber  Sl^eologie  lernt  man  am  befien  lennen 
au«  feiner  „Oratio  pro  domo"  („De  Gids"  1893)  unb  feine  ganje  SEBeltanfc^ommg 
au«  brei  Slrtifeln  über  „Het  Onuitsprekelijke"  („De  Gids"  1876,  78,  79). 

Soman  toar  ein  3Jlann   bon  umfaffenben  Äenntniffen  unb  großem  ©d^orffinn,   ein 

46  fuc^enber  @etft,  bem  e«  emft  barum  ju  tl^un  Wax,  bie  SBa^rl^eit  au^ufpüren,  ber  aber  an 
©tette  ber  SBal^rl^eit  nur  §^t)ot^efen  fanb,  bei  benen  für  biele  jebe«  Äennjeic^^en  ber 
2Ba^rlj;eit  fehlte,  ©eine  greunbe,  bie  il^n  lannten,  priefen  i^n  al«  einen  befd^eibenen  9Rann, 
toott  froren  Ttut^,  botler  Sichtung  gegen  3lnber«benlcnbe,  beffen  ^erfönlid^Ieit  gelenmeid^net 
h)irb  burc^  „Humanität  unb  toarme  Steligiofttät".  ®.  ^.  •an  »eet. 

60  Sombarbu«,  $etru«,  Magister  sententiarum ,  berül^mter  Sc^olafüfer  bed 
12.  3al^rl^unbert«,  geft.  1160  ober  1164.  —  eine  ®cfamtau«gabc  ber  ©cfertften  be«  fiom» 
barbcn  MSL  191  unb  192.  3)ie  ©in^ielouSgabcn  finb  unten  bei  ben  bctrcffenben  6d)riften 
erwähnt.  Ueber  ba«  Seben  unb  bie  8(tjriften  \>q\.  3)eniflc.-65atclain,  Chartularium  univcr- 
sitatis  ParisicDBi's  I,  $Qit«  1889 ;  ^iiloeu«,  Historia  universitatis  Parisiensis,   $ari«  1665, 

65  II;  3)uboi«,  Historia  ecclesiae  Parisiensis,  «ßari«  1699,  II,  119 ff.  256.  Histoire  litt^raire 
de  la  France,  t.  XII  (1830),  585 — 609;  ^rotoi«,  Pierre  Lombard,  son  ^poque,  ea  vie,  8» 
ecrita,  son  influence,  ^q vi«  1881 ;  5)entf[e,  Uniücrfitätcn  bc«  aKittcIaltcr«  I,  1885,  657. 
079;  beif.,  mm  ©b  I,  610 ff.;  %.  ^Wignon  in  Revue  des  sciences  ecclös.  VII.  Serif 
5Bb  II,  (1800)   524 ff.;  0.  ^alfcr,  ^ic  ©enteitjcn  be«  ^etvu«  Sombarbu«,  i^re  OueHen  unb 


SomBarbitd  631 

i6re  bogmen()efd6i4tIi(^e  Sebeutung  (erf^eint  in  8tubien  jur  ©ef^ic^te  ber  ^^^eologte  unb 
Äircfec,  S8b  VIII,  1902).  —  Ucber  bie  $l)iIofopl)tc  unb  Ideologie  üßl.  SRittcr,  ®cfcf)i4tc  ber 
^Wlofop^ic,  99b  VII,  C>amBurg  1844,  474ff.;  @törfl,  ©cfcfiitfttc  ber  ^^ilofopöic  bc8  9ÄitteI= 
alter«  I,  ^ainj  1864,  393  ff. ;  Äöflel,  ^ctr.  fiomb.  in  feiner  Stellung  gur  ^^ilofop^ie  be« 
TOttcIolter«,  fieipgig  1897;  (gfpenbcrger,  SDie  ^tjilofop^ie  beö  $ctr.  fiomb.  unb  i^rc  Stellung  6 
im  12.  ga^rftunbert  (53eitrfige  jur  ®efd)i4tc  ber  ?biIofopl)ie  be«  «Mittelalter«  «b  III,  ^eft  5), 
fünfter  1901;  3.  ©q*.  S)ogmengef4i*tc  be«  3Ä«.  II,  Sien  1875,  194 ff.  727 ff.;  3)orner, 
Seftrc  Don  ber  «ßerfon (J^rtfti,  U\  374 ff.;  SRitfdjl,  [Red)tfertigung  unb  «erfö^nung,  P,  55 ff.; 
Jünger,  ^arfteQung  unb  ^ürbigung  ber  fie^re  be«  $etr.  fiomb.  oom  Serfe  S^rifti,  3"^^^ 
1902,  92 ff.;  $>QrnQcf,  SDogmengefcfti^tc  III,  passim.;  ©ceberg,  2)ogmcngef(fti(^lc  II  (1898),  lo 
46  ff.   49  f.  57  f.  61  f.  63  ff. 

1.  $etru«,  bec  ben  3unamen  Sombarbu«  t)on  feiner  ^erhinft  em))ftng,  tourbe  in  ber 
Stobt  9{ot)ara,  bie  im   12.  ^^r^unbert  )ur  Sombarbei  gel^örte  (h)ol^l  ju  Slnfong  be« 
12.  2ia^rl[^unbert«),  geboren.    9(nbere  berichten,   er  flamme  au«  einem  oppidum  quod 
Yulgo  lumen  omnium  dicitur  (f.  2Si>^iu«,  Historiarum  sui  temporis  1.  III,  p.  93  i6 
ber  SSo^ler  äuög.),  e«  toirb  bie  ©tabt  Sumdlo   gemeint  fein  (Hist.  litt,  de  la  France 
Xlly  585).    @r  flammte  a\x^  einer  armen  ^milie.    äSome^me  ®önner  mögen  ftc^  fein 
fcü^  angenommen  ^aben,  fo  ba^  er  fu^  bem  @lubium  jutoenben  lonnle.    ®r  lam  auf 
Me  @(^Ie  t>on  Bologna.   93on  bort  tourbe  er  jur  SSoQenbung  feiner  @lubien  nac^^anf« 
rei(6  gefanbt.    3)er  93ifd^of  bon  Succa  empfal^l  tl^n  bem  ^l.  93eml^arb.    @r  ftubierle  ju«  20 
näcpft  in  Sll^eimd,  too  93eml^arbd  Smpfel^Iung  il^m  ben  Unterhalt  berfc^affl  l^alte.    3)ann 
tDonble  er  [\i)  nac^  ^arid,  bem  bamaligen  i^aui)tft|  ber  SBiffenfd^aflen.  93em^arb  f^rieb 
in  feinem  ^fnlereffe  einen  un^  erballenen  93rtef  an  ^ilbuin,  ben  älbt  bed  bor  nic^t  langer 
3«t  begrünbeten  Äonbenl^  ber  regulierten  ß^or^erren  toon  ©1.  33illor  bei  ^arig.    $ier 
$et^    ed:    Dominus  Lucensis   episcopus  ...  commendavit  mihi    virum  vene-25 
rabilem  P.  Lombardum,  rogans,  ut  ei  parvo  tempore  quo  moraretur  in  Francia 
causa  studii  per  amicos   nostros   victui   necessaria  providerem;   quod   effeci 
quamdiu  Remis  moratus  est.    Nunc  commorantem  Parisiis  vestrae   dilectioni 
oommendOy  quia  de  vobis  amplius  praesumo,    rogans,   ut   placeat  vobis  pro- 
videre  ei  in  cibo  per  breve  tempus,  quod  facturus  est  hie  usque   ad  nativi-  so 
tatem  beätae  virginis  Mariae  (ep.  160,  MSL   182,  619).     3)emnadS^  foUle  $etrud, 
ber  bamafö  fc^on  vir  venerabilis  toar,  nur  turge  3^1  in  $arid  toeilen.    ®Ubuin  toar  9lbt 
twn  1114 — 1155.    3)er  3«i^unlt  feiner  änlunft  läfet  fic^  bemnac^  ni^t  me^r  genauer 
bepimmen.  Um  1118  fd^eint  Slbölarb  $ari«  berlaffen  ju  l^en  (f.  Sb  I  ©.17, 19).  aiber 
tn>^  ber  ftarlen  @inflüffe,  bie  $elru$  t)on  älbälarb  empfing,  braucht   er  nic^l  me^r  fein  85 
))erf5n(id^er  @(^üler  gett>efen  ju  fein.    3)ag  er  Slbölarbd  „Theologia"  frequenter  prae 
manibus  habebat,    bezeugt  ein  perfi^ntic^er  ©d^üler  bed  Sombarben   aud  feiner  le|len 
3ett  (^o^nned  bon  Somtoaa   MSL  199,  1052).    ÜJlü^le  man  ))erfönad^e  33e3iel^ungen 
)U  Slbölarb  annel^men,  fo  tt>äre  ber  Sombarbe  ca.  1115—17  nac^^arid  gelommen,  bann 
aber  laum  t)or  1090  geboren.     Slber  biefe  9(nnal^me  ifl  nic^l  ju  begrünben.     2ifl  bie  40 
SCngabe,  bag  feine  Butter  im  ^al^re  1159   ii^n   befuc^le  (f.  ju  @nbe  biefe^  älbfd^nitled), 
gefd^ic^tlic^,  fo  toirb  man  feine  ©eburt  laum  friilj^er  ate  1105—1110  anje^en  bürfen.   3)ann 
toäre  er  laum  öor  1130—1135  nac^  ^ari«  gefommen.    3^*^^f^^  *P  ^  ^^  ^an^  ge« 
blieben.     3)ie  Se)ie^uitaen  ju  ©1.  3SiItor   enlären   feine  toeitgel^enbe  9(b^ängigleil  bon 
ßugo  (f.  unten).    2!^  $arid  ifl  er  bann  Se^rer  ber  X^eologie   an  ber  3)omf(9ule  bon  45 
^tte^^ame  getoorben  unb  l^at  bied  9(mt  mit  älu^jeic^nung  beUeibet.    $ier  berfa^le  er 
oiu^  feine  ©c^riflen,   k>on  benen  unten  toeiter  ju  reben  ifl.    ^ie  berül^^mlefle  unter  i^nen 
ftnb  bie  Libri  quatuor  sententiarum.    3Bann  fte  berfa^t  tourben,   lä^l  jtc^   ungefö^ 
befttmmen.    1.  ^m  4.  S9uc^   ifl  @ratiand  5Detrel  au^iebig  benü^t.    3)ie  Slbfaffung  be^ 
fetten  toirb   in  bie  ^a^re  1139—1142  toerlegl  (f.  Sb  X,  ©.  11, 10),   2.  Sent.  I  dist.  50 
19,  13  bemerlt  ber  Sombarbe  anläglic^  ber  @m>äl^nung  be$  ^ol^anned  bon  3)amadlud: 
quem   et  papa  Eugenius  transferri    fecit.    @ugen  III.   regierte  t)om    17.  ^ruar 
1145—1153.  —  3)ie  genaue  3)atterung  (1152)  t>on  Suläu«  (hist.  universit.  Paris.  II,  256 
Dgl.  $rotoig  p.  39:    vers  I'annö  1152)   entbehrt  alfo  be«  Orunbeö.    3Kan  loirb  ettoa 
1147 — 1150  aU  älbfaffungd^eit  be^eic^nen  muffen.    Sluc^  bie  @rn>ägung   einer  ettoaigen  66 
Sttl^ongigfeil  t)on  ben  ©entenjen  bed  @anbul^l[;  fü^rt  ju  feinem  genaueren  Srgebnid,  ba 
tmr  Don  biefem  nur  toiffen,  bag  er  eltt)a^  f))äter  a(d  ÜJlagifter  Slolanb  (fpäter  ^cop\i 
Snesonber  III.)  in  Sologna  ll^ätig  toar,  biefer  t>oQenbete  l^^ier  ca.  1142  feine  ©enten^en 
(2>enif[e,  Wcd).  I,  604).     ©ic^er  ifl  aber  bad  eben  ermittelte  3)atum  nicpt,  man  fönnte 
mif^  tDeiter  bid  ca.  1155  ^inabgel^en.    92a(^  93uläud  (II,  251  f.)  mag  ber  Sombarbe  ineo 
einen  um  bod  ^^a^  1149  unter  ben  ©lubierenben  entftanbenen  Tumult  bertoidCelt  unb 


632  iomMM^ 

migellaßt  toorben  fem  ^  tmber  einen  anbeten  Se^  {»ergangen  m  fyAm,  ^KtSdjitt  beS 
l^omborben  ift  fc^on  gu  feinen  Sebjeiten  angefiH^en  toorben.  2)erfelbe  SRaucitiud  tnm 
BvHh),  ber  fein  SRad^folger  auf  bem  bifc^öfli^  @tul^I  bon  $arid  n>urbe:  de  homine 
assumpto  et  de  aliis  quibusdam  Magistri  Petri  Lombardi  doctrinam  falsitatis 

6  arguebat,  ne  dicam  erroris  {^off.  bon  SomtDoU  MSL  199,  1055).  9Biber  ben 
d^toIogif(^en  ^Irrtum  1^  ftd^  ber  SomBarbe,  lut)  bebor  er  Stfc^of  tmirbe,  in  einer  Sorlefiing 
\)tttDQfyct,  unb  itoax:  quod  haec  non  esset  assertio  sua,  sed  opinio  sola,  quam  a 
magistro  aeceperat.  Haec  enim  verba  subiedt  ,,nec  unquam  deo  nolente  erit 
assertio  mea  nisi  quae  faerit  fides  catholica''  (ib.  1053,  tDO  noc^  auf  bte  Semer» 

10  hing  bed  Sombarben  Sent.  III  dist.  7, 13  Se}ug  genommen  toirb).  —  3)ie  Sbigoben, 
ba^  er  ein  Jlanonilat  an  ber  ^tn^e  bon  S^on^tre^  er^en  ^e,  tmrb  auf  einer  äSer- 
toed^felung  berul^  (f.  bist.  litt,  de  la  France  XII,  586).  Unrichtig  tß  ccad^  bie 
Stnflc^t  Don  aliqui,  bie  i^n  Jlanonitud  bon  @t  93ittor  toerben  (offen  unb  )ta>ar 
unter  einer  ®nt^))e  bon  folgen,  bie  nac^  bem  Serg  ber  ©enobefa  überft^ten,  ba  fein 

i6  92ame  in  bem  bon  2)uboi$  mitgeteilten  Serjeid^id  ber  Setreffenben  fe^b  (Suläud 
II,  766;  ^uboi^,  Hist.  eccl.  Paris.  II,  122  f.  no<^  2)enifle,  ©efd^idbte  ber  Uni». 
1,657  f.  Änm.  16).  —  gm  übrigen  fte^t  nur  no(^  feft  axS  feinem  Seben,  bofe  er 
1159  93if(^of  t>on  $ari$  tourbe  unb  bied  Stmt  ganj  htrje  3^  i^ne  ^e.  Sejüglic^ 
bed  ga^red  fc^toanft  bie  GaUia  christiana  (I,  435)  {toif^en  1159  unb  1160,  I^tercd 

20  ftü|t  ftd^  auf  eine  Stngobe  bed  Chronicon  Belgicum  bed  9lub.  Stir&ud.  Sber  Duboi^ 
ertoeift  —  befonber«  au«  ber  3tngabe  be«  Stöbert  be  Slonte  —  boS  ^äfyc  1159  oü  bo« 
richtige  (Hist.  eccl.  Par.  II,  119  ff.).  SBoItl^er  bon  et.  Siltor  bebtet,  ba|  er  auf 
fimoniftifc^em  SBege  ba^  9(mt  erlangte  (episcopus  licet  simoniace  intrusus  in  ecdesia 
MSL  199,1140);  getoö^nlic^  toirb  berichtet,  ba^  $rin)  ^^ili)))),  Sn^ibialonud  ber  ffir^e 

25  bon  $an^  unb  bierter  Sruber  Jtönig  SubtoigiS  VII.  getoä^lt  toorben  fei,  ober  abgele^ 
unb  auf  ben  Sombarben,  feinen  Se^rer,  aufmerifam  gemacht  ^e  (^rotoid  p.  46).  93eibed 
lä^t  fic^  ^ut  miteinanber  bereinigen;  tro6  ber  ^^einbfeligfeit  SBalj^frd  gegen  ben  Sont- 
Barben  totrb  er  barin  Siedet  ^aben,  bag  bei  ber  SBa^l  Unregelmö^igleiten  borgelommen 
fmb.    %a^  3:obedia]^r  bed  Sombarben  ift  unft(^.    3)ie  einen  geben  bad  ^afyc  1164  an 

80  (fo  Suläu«),  anbere  nennen  1161  (fo  SRobertu«  be  ÜRonte  MG  scr.  VI,  511),  1162  ober 
1163  (j.  93.  älberid^,  Ghron.  trium  fontium  MG  scr.  XXIII,  843:  ber  Sombarbe 
fei  faft  3  ^al)xz  SSijd^of  getoefen,  ioobei  aber  ju  beachten  ift,  ba^  l^ier  jum  Igabr  1156 
fein  ®j)iffo>)at  mit  einem  circa  hoc  tempus  angegeben  toirb).  9lun  fte|t  aber  fefi,  baj 
bereit«  1160  gjJori^  bon  ©uC^  33if(^of  bon  ^ari«  ift  (f.  benaSetoei«  bei  35uboi«  I.e. II, 

85  122).  G«  mufe  l^ier  baran  erinnert  toerben,  bafe  biefer  SDlori^  ate  ^arifer  ^rofeffor  befonberd  bie 
Gl^rtftologie  be«  Sombarben  angegriffen  ^at  (f.  oben).  ®emä^  bem  angegebenen  f^oftum  notiert 
bie  ßl^ronif  be«  S^^'^^"^  bon  ipari«  ben  3^ob  be«  Sombarben  lum  ^afyc  1160.  3)a« 
fel^r  alte  @})tta})l^tum  in  ber  Jltrc^e  be«  1^1.  ÜJlarceQu«  bei  $ari«  lautet:  hie  iacet  Magister 
Petrus  Lombardus,  Parisiis  episcopus,   qui   composuit  libnim  Sententiarom, 

40  glossas  psalmorum  et  apostolorum,  cuius  obitus  dies  est  XIII  Kai.  Augusti 
(1164).  9Son  ber  eingeflammerten  2ial^re«)al^l  be^au))tet  aber  ^boi«  mit  ber  (^ülia 
christiana,  fte  fei  erft  in  neuerer  Rtxt  fdlfd^Iic^  i^injugefügt  toorben  (1.  c.  p.  122). 
9Kan  fann  nun  urteilen:  ba  ber  Sombarbe  1160  einen  9la^f olger  fyd,  fo  ift  e«  bo« 
©infad^fte  anjunel^men,  ba^  er  in  biefem  ^af)x  ftarb.    9Jlan  tann  aber  aud^   fagen:  ba 

46tro^  be«  erften  gaftum«  anbere  Iga^re  al«  1160  al«  a:obe«ial^re  angenommen  toerben,  fo 
mu^  an  btcfen  Stnna^men  ettoa«  fein,  ^ie«  berfud^t  man  bamit  ju  begrünben,  bo| 
3iol^ann  bon  ßomtoaH  feine  angriffe  gegen  ben  Sombarben  ju  Sebjeiten  be«  lederen  be^ 
gönnen  unb  bafe  biefer  eine  äjjologie  toiber  il^n  berfafet  l^abe  (^rotoi«  p.  53).  Sdanb 
(Commentarii  de   scriptoribus  britann.   I,    p.  227)  bel^ai4)tet  biefe  9l)>o(ogie  bei 

60  fu^  ui  l)abcn  (cuius  et  adhuc  exstat  penes  me  apologia)  unb  (^ratteriftert  birj 
i^re  2lrt.  (Sin  urfunblid^er  Setoei«  bafür  ift  m.  SB.  ni^t  ju  erbringen,  ba^  3o^n 
feine  Sefämpfung  be«  Sombarben  fpäteften«  1163  begonnen  l^abe  (^ßrotoi«  p.  53).  ^er 
ä3eginn  be«  AueignungSfd^reiben«  be«  @ulogtum«  lautet  freiließ  fo,  ba^  man  anne^en 
möchte,  ba«  «onjil  bon  2:our«  gel^öre   ber  jüngften  33ergangenl^eit   an.     Stter  bie  Sc 

65  merlung :  Guilelmus  tunc  Senonensis,  hodie  Remensis  archiepiscopus  (MSL 
199,  1043)  toeift  auf  ba«  ^al)x  1175  al«  terminus  a  quo.  3)ie  bem  Sulogium  nok 
bertoanbte  Apologia  de  verbo  incamato,  bie  unter  ben  @(^riften  ^ugo«  gel^t  (MSL 
177,  295  ff.),  aber  getoöl^nlic^  ^^^anne«  bon  Gomloatt  beigelegt  toirb,  mag  immerbin 
bor  bem  ®utogium  abgefaßt  fein,   bann  aber  ift  fte   iebenfall«  nic^t   burcp  fafi  jtöei 

60  Decennien  bon  il^m  getrennt.    ?Protoi«  (p.  151)  meint  nämlic^,  bie  Semerlung  im  6u« 


SomBotkitd  633 

logium:  bet  SBerfaffer  l^aBc  eine  frtil^ere  ©(^rift  ju  turj  unb  bürr  ^ergeftcttt  propter 
Romanam  quod  tunc  temporis  imminebat  concilium,  bejie^e  {t($  ,|6yi(leniment" 
auf  bad  Stongil  ju  %o\xx^  bon  1168.  ä(ber  ed  tft  natürltd^  ntc^t  ju  be}h)eifeln,  ba^  bad 
concilium  Romanum  bie  Sateranf^nobc  Don  1179  ift,  too,  tote  toir  toiffen,  bie  ^üQt 
toieber  DerJ^cmbelt  h)urbe.  ^emnac^  tft  bie  9())ologie  1178  ober  1179,  ba$  @uIogium  6 
1179—1181  (%o\>  älqranberd)  t>erfa^.  SWan  lann  ftc^  alfo  eigentnci^  nur  auf  bie  an- 
gäbe Selanbd  berufen.  ®ab  ed  eine  9l})olo0ie  be^  Sombarben  h)iber  S)[o^anne^  unb  ftarb 
ha  £ombarbe  f))äteftend  1164,  fo  mu^  ^ol^anned  f))äteftend  1163  gefc^rieben  baben.  3)a 
nun  aber  le^tered  ate  burd^au^  untoa^rf^einlid^  bejeic^net  tt>erben  mug,  fo  fc^etnt  mir  bie 
Xngabe  Selanbd  al^  irrig  betrad^tet  toerben  ju  muffen,  i^ierju  fommt,  ba^,  tt>enn  ber  lo 
Sombarbe  1163  noc^  lebte,  ed  fe^r  auffadenb  ift,  ba^  er  nid^t  )u  Sour^  antt>efenb  tt>ar. 
2)emna(^  tt>irb  ed  al$  ba$  SBal^rfc^einlic^ere  bejeic^net  toerben  muffen,  ba^  ber  Sombarbe 
1160  ftarb.  Slber  bie  5Blöglid^Ieit,  bafe  er  1160  nur  abbicierte  —  e«  fönnte  il^m  ©imonie, 
ober  au<^  $ärefie  öorgetoorfen  fein,  t)gL  bie  angaben  S.  632,  s.  23  —  unb  bann  nod^  ein 
paax  ^al^re  über  lebte,  ift  offenjul^olten.  15 

$er  J)erfönn<^e  Gl^aralter  be«  Sombarben  fd^eint  e^rtoürbig  getoefen  ju  fein.  Sluc^ 
ein  ©(^üler,  ber  i^n  fj)äter  belämpfte,  l^at  mit  Siebe  toon  il^m  gerebet  Qol^anne«  toon 
ßomhmH).  3)arf  man  t>om  ©d^riftftetter  auf  ben  HWenfd^en  fc^Iiefeen,  fo  toirb  man  gern 
glauben,  bafe  er  ein  emfter  unb  bemütiger  3Kann  toar.  ^r  le^tere«  toirb  al«  93eleg 
eine  ©efc^ic^te  er^lt.  911^  einige  @belleute  au^  92obara  ibn  anläpc^  feiner  @rl^ebung  ao 
}um  Sifc^of  befuc^ten,  nal^men  ^e  feine  alte  !Dtutter  mit,  fleibeten  fte  aber  in  bome^me 
®eta>dnber.  3)a  l^be  ber  @o^n  fic^  bon  i^r  abgeh)anbt  unb  erft,  ate  fte  i^r  eigene^  ein^ 
fac^e^  ©etoanb  toieber  angelegt  l^atte,  fte  ali  feine  Butter  ^ril^t  unb  geehrt.  SBie  ber 
Sombarbe  felbft,  fo  toerben  aud^  fein  äSater  unb  feine  Butter  atö  SBo^ltl^^äter  bon 
©t.  aSictor  genannt  (©enifle,  ®ef(^.  b.  Unit).  I,  657  f.  »nm.  16).  m 

2.  3)ie  gefdbic^tlic^e  ^ebeutung  bed  Sombarben  beruht  au^fc^Iie^It^  auf  feinen  ©en^ 
temen  unb  ber  aSertoenbung,  bie  biefelben  in  ber  3!^eoIogie  be«  3KitteIaIterÄ  gefunben 
^en  (f.  ben  ä.  Sd^olaftif).  3)ie  ältere  Dogmatil  be«  SKittelalter«  toerfud^te  bie  Se^e 
ber  Äird^e  na<^  Slugfjjrüd^en  ber  SSibel  unb  ©entenjen  ber  Rird^ent)äter  feftpftellen  (f.  bef. 
3ftbor  öon  ©eöitta,  ätlfuin,  ^Pafc^aftu^  SRabbertu«  2c.).  3)iefe  fammeinbe  i^ötigleit  mad^te  80 
fett  bem  11. 2|a^l^unbert$la^  ber  bialeftifc^en  unb  f})elulatii)en  äSerarbeitung  unb  3)ur(^' 
bringung  ber  überlommenen  Se^en  (bie  tl^eologifc^en  ©d^ulen  Don  Xourd  unb  93ec). 
Sbtfelm  bon  Santerbur^  untemal^m  e^  ben  gegebenen  ©lauben^inl^alt  f))e{ulatit>  ju  xipxo^ 
bu)ieren  unb  baburc^  aU  t>emünftig  ju  ertoeifen.  dagegen  f}at  Slbölarb  bie  ÜJleti^obe  ber 
bialeltifc^en  unb  hitifc^cn  Verarbeitung  ber  überlommenen  Se^ren  aufgebracht.  6r  führte  86 
feine  Stnfc^auungen  in  feinen  SSorlefungen  burcb,  inbem  er  bie  Xl^eologie  nac^  bem  ©{^ema: 
fides,  sacramentum,  Caritas  glieberte.  Siefe  Einteilung  toie  bie  9lnftd^ten  bed^eifterd 
fmb  in  einer  ätn^l^I  bon  teil«  gebrudften,  teite  noc^  ungebrudften  ©entenjenbüd^em  befolgt 
(f.  3)enifle,  Slrd^itj  I).  3!)em  gegenüber  l^t  $ugo  bon  ©t.  SSiftor  in  feinem  großen  SBerf 
De  sacramentis  unb  in  ber  Summa  sententiarum  bie  ganje  Dogmatil  auf  bie40 
Xutorität  ber  ^I.  ©c^rift,  unter  äbfe^ung  bon  ber  bialeftifd^en  Jtunft,  begrünben  tooQen. 
Xber  tro$  biefer  abfielt  ift  $ugo  feine^toegd  ein  unfreier  Xrabitionalift.  @«  fe^lt  i^m 
nic^t  an  eigenen  9(nftc^ten  unb  aud^  bon  ben  fj^etulatiben  unb  bialeftifc^en  Elementen 
^t  er  ftd^  toeniger  freihalten  fönnen,  al«  man  nad^  fetner  9(bftd^t  annel^men  möchte. 

3n  biefe  geiftige  Setocgung  ift  ber  Sombarbe  eingetreten.  2)ie  Älage  über  bie  ^Irroganj  45 
ber  ^rofefforen  unb  il^r  „ntüt^  ßbangelium"  toar  it>eit  Verbreitet,  ©pott  unb  §o^n  über  bie 
bioldtifd^en  Äünfte  liefen  ftc^  l^ören.  änbererfeit«  toar  ber  ßrfenntnidtrieb  lebenbig.  (Sin 
Se^rbud^  um  ba«  anbere  entftanb.  ©ie  gingen  jumetft  au«  ber  ©c^ule  Slbälarb«  l^ert)or, 
ober  verrieten  boc^  feine  Anregungen;  überall  aber  toar  ba«  Seftreben  borl^anben  biefe 
Anregungen  in  ba«  Ortl^oboje  px  übertragen,  toaren  bod^  bie  5Bleinungen  be«  SKeifter«  w 
cenfuriert.  Unter  biefen  SBäerfcn  l}at  ba«  bc«  $etru«  Somborbu«  bie  größte  93ebeutung 
erlangt.  6«  toar  in  ber  Il^at  für  feine  ^At  ein  Vorjüglid^e«  „Se^rbuq".  6«  l^anbclte 
fUb  bem  SBerfaffer  Vor  allem  barum  bie  Vorl^anbenen  SKcinungen  rul^ig  unb  forgföltig  bar« 
jufteDen.  Hoc  volumen  deo  praestante  compegimus  ...»  in  quo  maiorum 
exempla  doctrinamque  reperies  (f.  ben  Prolog).  3lber  ber  Serfaffcr  läfet  auc^  bie  66 
Reitgcnoffen  ju  SBorte  lommen,  obne  fte  fretlid^,  nac^  2lrt  ber  3«it,  ju  nennen.  2)ie 
iReinun^en  ber  „aliqui"  unb  „quidam"  iverbcn  einge^enb  referiert  unb  frittftert  ober 
ftittfc^toetgenb  acce^jtiert.  Son  ben  bogmatifc^en  ^Problemen  ber  3^^  9^*^  t>ö«  Sucl^  fo* 
mit  ein  Silb.  6«  ftnb  befonber«  brei  Tutoren,  bie  auf  ben  Sombarben  ftarf  eingeloirft 
^en :  fein  Seigrer  9(bälarb,  $ugo  unb  ba«  ^elret  (Sratian«.   @«  lä|t  ftc^  oft  nic^t  mel^r  er 


634  SotttBorbttd 

audmad^en,  ob  er  bic  altfird^Iid^en  Slutoren,  bte  et  ctttert,  felbft  eingefel^en  l^at.  (Sr  ifl,  tpte 
auc^  feine  übrigen  Schriften  jeigen,  jtc^er  ein  belefener  Wann  getoefen,  aber  ber  Se^^off  ba 
Itird^enbäter  tvax  trabitioneÜ  getporben,  lange  Sieiben  Don  @enten)en  tt>aren  gefornmett  unb 
toaren  aUgenteine^  93efi^tum.  dagegen  l^at  ber  Sombarbe  bie  Schriften  ber  ^citgenoffen  genau 

5  gefannt.  älbälarbd  @influg  tft  unberlennbor  im  ©anjen  tt>ie  in  un^d^Itgen  ®in^dff6Un. 
^ber  ber  Sombarbe  ber^ält  ftd^  ju  feinen  ))rononcierten  Slnfic^ten  metft  tntifc^.  Sagegen 
folgt  er  gern,  oft  ganj  genau  unb  tt>örtli4,  $ugo,  freiließ  auc^  i^kx  nid^t,  o^nt  ben  \p^ 
tulatiben  @lementen  au^  bem  SBege  ju  gelten.  Sratian  enblic^  tft  für  feine  ©afromentd^ 
leiere  burc^  bie  bon  i^m  gebrad^ten  Sitate  unb  bie  red^tlid^e  93^anblung  bebovhmg^oO 

10  geh)orben.  Dh  il^m  bie  ©entenjen  bed  Stöbert  $uQud  befannt  toaren,  tft,  fotoeit  ic^  fe^e, 
nic^t  ftc^er  au^^umac^en.  Sa^felbe  gilt  bon  ben  Sentenjen  bed  SRagifter  Stolonb  (ed. 
®ietl  1891),  bte  aber  nic^t  t>iel  älter  aU  fein  SBerf  fein  toerben.  3)ie  Don  Dr.  (Sd,  bem 
be!annten  ®egner  Sut^er^,  an^  l^ic^t  gezogene  Summa  theologica  Magistri  Bandini 
(ed.  S^eliboniud  1519),  bie  ftc^  t)ielfac9  auffoQenb   mit  ben  @enten)en  bed  Somborben 

16  berül^rt,  ift  ftd^er  bon  bem  Sombarben  abl^ängig, ;  e^  giebt  noc^  mel^r  folc^  Xu^jüge 
aud  bem  £omb.,  f.  bef.  Stettberg,  Comparatio  inter  magistri  Bandini  libellum  et 
Petri  Lombardi  libros  quatuor  (©öttinger  SBäei^nac^t^programm  1834)  DgL  ^rotoid 
p.  118 f.;  3)enifle,  9lrc^.  I,  438.  589.  Slnberd  ber^t  ed  ftc^  bieQeid^t  mit  ben  @en« 
teuren  bed  !Dtagifter  ©anbulp^,  bie  bidl^er  leiber  nic^t  gebrudft   mürben  (^anbfc^ften 

20  auf  ber  5Wationalbibl.  ju  Xurin,  f.  3)enifle,  2lrd^ib  I,  621  änm.  2).  DenifU  (Är^  I, 
623  9(nm.  4)  ^at  barauf  aufmerffam  gemacht,  ba^  jtt>ei  ©entenjenbüd^  aud  bem 
13.  ^al^r^unbert  auf  ®runb  einer  Sln^al^l  bon  ^araQelfteOen  be^au))ten,  bag  ber  £om> 
barbe  bad  9Bert  jene^  ä3olognefer  Sel^rerd  faft  mörtlic^  benu^t  ^obe.  Cod.  Trec.  1206 
bemerlt  bom  Slnfang  be^  4.  93udS^e$,  bag  berfelbe  est  Gandulphi  fere  verbo  ad  verbum 

26  usque  ad  illud  in  capite  tertio  „signorum  vero"  (b.  1^.  nad^  unferer  Stnteilung  IV 
dist.  1, 1  unb  ettoa  ber  6.  2;eil  toon  n.  2,  ca.  12—15  feilen).  Cod.  Amplon.  108  (4») 
)u  Erfurt  bertoeift  m  Dielen  ©teilen  be^  Sombarben  auf  oie  ^arallelfteOen  bei  ®<mbuJ[))^ 
unb  i^udi'-  ^'^f^  ^ertoeifungen  ftnb  in  ber  älu^abe  bed  Sentenjentoerle^  Sonat)enturad 
(I— IV,  Quaracchi  1882  ff.)  im  fritifc^en  ai))t)arat  angefül^rt  toorben  (eine  —   unboBt 

80  ftänbige  —  3w[ö'"»"wpdlwng  bei  Sfpenberger,  2)ie  ^^ilofop^ie  be«  ^ßetr.  Somb.,  ©.  7 
9lnm.  3).  SlDein  au^  biefen  ^{otijen  folgt  einfttoeilen  nur,  boi^  ®anbul))l[^  tinb  ber  2om 
barbe  in  einem  9lbl^ängig!eit^t)erl^ältnid  ju  einanber  fte^en,  unb  bag  im  13.  3<i^^^unbett 
ber  Sombarbe  al^  ber  Slb^öngige  betrad^tet  Sorben  ift,  boc^  nur  auf  ®runb  litterortfc^ 
93eobad^tung,  nic^t  felbftftänbiger  gefc^id^tlic^er  jtunbe.    SBeitere^   lägt  ft(^  bor  SSeröffent^ 

86  lic^ung  ber  ©anbubl^fd^en  Sentenjen  mit  @id^erl[;eit  nic^t  be^au)}ten.  @d  ift  ein  ^rrtum 
®fi)enberger«  (a.  a.  D.  ©.  7),  bag  ber  Slnfang  be^  4. 93ud^ed  ebenf o  gut  toie  au^  ©onbul^)^ 
au«  ben  bon  bem  Sombarben  fo  oft  benü|ten  Sentenzen  §ugo«  b.  ©t.  SSiltor  geftoffen 
fein  fönne,  too  er  ebenfo  laute  (IV,  1 ;  an  ber  ©d^tl^ett  ber  ^ugonifc^en  ©entenjen  ^olte 
ic^  feft,  bgl.  3öcfler  S3b  VIII,  ©.  439, 45),  benn  ber  äBortlaut  ^ier  unb  bort  toüd^i  in 

«0  SBirflid^feit  beutlic^  boneinanber  ab.  äSom  ©tanbort  ber  S^ronologie  au«  fyd  Sfpen^ 
berger  „bie  geringe  SBa^rfc^einlic^feit,  bag  ber  Sombarbe  ©anbul})^  benu^te"  btfyaipUi 
(©.  7).  3)od9  toeber  l^ierau«,  noc^  au«  ber  toeiteren  93emerfung,  bag  faft  fämtlic^  ©teilen, 
bie  au^  ®anbul))l^  ftammen  foQen,  bei  $ugo,  äluguftin  2c.  „älnaloga  ^aben''  lö|t  ftd^  ein 
pofttitjer  ©d^lufe  jiel^en.     3lud^  toenn  ber  Sombarbe  ©anbul})^   lannte,   toirb   bo«  Silb 

46  feiner  geiftigen  @tgenart  unb  Slbl^ängigfeit  nic^t  beränbert. 

gür  bie  3lrt  be«  Sombarben  ift  t)or  allem  d^aralteriftifd^  bie  Sorftc^t,  Befc^ben^ 
unb  3urüdf^altung,  bie  er  bei  ber  ©ntfc^eibung  über  bie  bogmatifc^en  Probleme  befolgt, 
).  93.  I  dist.  45, 1:  pro  sensus  nostri  imbecillitate ;  I  dist.  7,4:  non  est  nobis 
perspicuum  aperire,   quomodo  hoc  sit  verum;   I  dist.  19,  14:   maUem    silens 

60  alios  audire  quam  loquendo  malevolis  detrahendi  occasionem  praestare; 
I  dist.  5,  10:  mallem  ab  aliis  audire  quam  ipse  tradere;  II  dist.  27,  11  honim 
autem  iudicium  diligentis  lectoris  relinquo  examini  etc.  —  hiermit  ^gt  ein 
anberer  —  tüic^tigerer  —  ^unft  jufammen.  6«  ift  bie  tiefe  Slbneigung,  bie  ber  Sombarbe 
gegen  alle  ©jjcfulation  emjjfinbct.     @r  toitt   nur  bie  lird^lic^c  Se^re  barlegen.    6r  ber- 

66  loa^rt  fid^  gegen  bie  garruli  ratiocinatores  (I  dist.  4,  2 ;  2, 3 ;  42, 1)  mit  bem  no- 
vellum  sui  desiderii  dogma,  bie  SSäterle^re  allein  toiQ  er  borbringen:  sie  ubi  vero 
parum  vox  nostra  insonuit,  non  a  paternis  discessit  limitibus  (proIog.).  Son 
ben  ©ac^en  unb  ben  ^^\d)cn  fott  nad^  2luguftin  bie  3^eologie  ^anbeln:  cumque  his 
intenderit  theologorum  speculatio  studiosa  atque  modesta,  divinam  scripturam 

eo  formam  praescriptam   in  doctrina   teuere  advertet  (I  dist.  1,  1).    ^e  „mobefi^ 


Sombarbiti»  635 

6j>duIation"  Bebutfte  nun  ober  nicbt  einer  ©rtoägung  ber  ?Prinjii)ienfra0en,  bie  bie  ^dt 
bctoCQten.  Über  bie  ^xa^m  nad^  ©d^rift  unb  Semunft,  Slutoritöt  unb  5P^iIi)fot)^ie  giebt 
er  leine  9(it$Iunft.  @r  ift  Dielmel^r  öngfilid^  beftrebt  aQe  allgemeineren  t>^iIofo))l^ifci^en 
Urteile  feiner  SJarftettung  femnul^alten.  S3ei  Sef^jrcd^ung  ber  Irinitötslel^re  ettoa  toirb 
t)on  ber  auffteHung  ober  Slnerlennung  einer  ber  ©d^ullel^ren  über  bie  Unit)erfalien  ge^  s 
flinentUd^  abgeje^en.  ,,(5r  toinbet  fid^  öielme^r  mit  merltüürbigem  ®efd^itf  burd^  bie  meiften 
Parteien  ^inburd^,  jeber  gleid^  nal^e  unb  gleid^  ferne,  jeber  freunblic^  h)inlenb  unb  bod^ 
im  ®runbe  leiner  folgenb"  (Sfjjenberger  ©.  21).  Mein  fo  toenig  er  })l^iIofot)l^ifd^  beulen 
tooDte,  fo  toenig  fonnte  er  bie  })^iIofo})l^if^en  Segriffe  t)ermeiben.  3)ie  Autoritäten  alter 
unb  neuer  3^^,  benen  er  folgte,  arbeiteten  ja  bur^toeg  mit  fold^en  Segriffen.  3"^^*"  ^^  lo 
Sombarbe  auf  (irin^ipieQe  Jllärung  bief er  Segriffe  t)er}id^tet,  ^aben  feine  Srörterungen  l^äufig 
ben  S^ralter  bed  ß^f^^B^  u^^  6flettifc|en.  älber  gerabe  J^ierburd^,  ba^  ber  Sombarbe 
feiner  ber  bor^anbenen  Sd^ulen  bie  $alme  reid^t,  tourbe  fein  2BerI  für  alle  brauchbar. 
9lu(^  bem  Sinflu^  ber  3)iale{til  l^at  ftc^  ber  @entenjenmeifter  nid^t  en^iel^en  tonnen.  Xro| 
ber  SSertoerfung  ber  hochmütigen  ^ialettiter  unb  ber  ratio,  befolgt  er  bod^  felbft  oft  i^re  15 
SRetbobe.  3)ad  fü^rt  un^  auf  bie  3Retl^obe  be^  Sombarben.  @ein  Slbfel^en  ift  barauf 
oericptet  bie  veritas  catholica  barjulegen.  ^iefe  toirb  bargeboten  \)on  ben  fird^Iid^en 
SCutoritäten,  ber  1^1.  @d^rift,  ben  ^ir(|enk)ätern  unb  ben  gelegentlich  ertoä^nten  alten 
Symbolen  (I  dist.  4,1  9{icänum;  I  dist.  11,  5:  Athanasius  in  symbolo;  ib.  2: 
bie  concilia  principalia  mit  i^ren  Symbolen),  ^er  @ang  ber  Srörterung  ift  in  ber  20 
Siegel  folgenber.  2)a^  ^Problem  toirb  in  tl^etifd^er  ober  in  grageform  aufgeftellt.  35ie 
Probleme  erfd^einen  getoöl^nlid^  aU  gegebene  (quaeri  solet).  @$  toirb  eine  Söfung 
geboten  geh)5l(^nlid^  burc^  eine  ober  mehrere  patriftifd^e  ©teilen,  ^ann  tonnen  älutori» 
taten  angeführt  toerben,  bie  fd^einbar  gegen  jene  Söfung  ft)red^en.  tiefer  2Biberft)rud^ 
tDtrb  trgenbtoie  fortinter))rettert  gemä^  ber  Sorfd^rift  älbölarbd:  facilis  autem  plerumque  35 
controversiarum  solutio  reperietur,  si  eadem  verba  in  diversis  significationi- 
bus  a  diversis  auctoritatibus  posita  defendere  poterimus  (Sic  et  non,  prolog.). 
SBenn  bie«  5!Rittel  nid^t  öerfängt,  fo  toirb  —  abermals  Sbölarb  folgenb  —  bie  6nt* 
fc^eibung  nad^  bem  ©etoic^t  ber  älutoritöt  getroffen,  toobei  bie  SibelfteQen  unfehlbar  fmb, 
unter  ben  SSötem  aber  Sluguftin  ))rät)aliert.  Sei  3lblel^nungen  toaltet  ftetd  bie  größte  80 
Sd^onung  ob.  3)ad  jtoeite  SRittel  um  bie  3)idtuffton  in  ^lu|  ju  bringen  ift  bie  äBieber^ 
gäbe  ber  Slnfd^auungen  ber  ß^fß^^fl^n  (aliqui,  quidam),  bie  burc^  älutoritöten  geftü^t 
ober  betöm^ft  toerben  tonnen.  Siie  nun  aber  bie  älutoritöten  nicj^t  too^l  ol^ne  bialettifcpe 
jlunft  miteinanber  t)erföl^nt  toerben  tonnen,  fo  fd^iebt  ftd^  in  biefe  Slu^nanberfe^ungen 
mit  ben  3^i*0^offen  erft  red^t  bie  ratio  ein,  ber  Serfaffer  folge  nun  frember  Sogit  (in  35 
ber  Segel  ber  i&ugo^),  ober  er  bilbe  felbft  Argumente.  3m  einzelnen  ift  bie  Snorbnung 
unb  %)lge  ber  (SnttoidEelung  nod^  nid^t  fo  feftgefugt  loie  bei  ben  fpäteren  ©c^olaftilem. 
2)er  sBerfaffer  betoegt  ftc^  innerhalb  bed  getennjeid^neten  @d^ema^  nod^  xdaüü)  frei. 

@d  foQ  alfo  t)nn5i})iell  nur  bie  autoritatit^e  tird^lic^e  SBa^l^eit  au^efagt  toerben. 
^e  ratio  lommt  babei  nur  atö  Hilfsmittel  in  Setrad^t.  Son  einer  inl^altlid^en  Sin-  40 
toiriung  ber  ratio  auf  ben  @lauben  toiQ  ber  Sombarbe  nichts  toiffen:  illae  enim  et 
huiusmodi  argutiae  in  creaturis  locum  habent,  sed  fidei  sacramentum  a 
phüosophicis  argumentis  est  liberum.  Unde  Ambrosius:  aufer  argumenta, 
ubi  fides  quaeritur,  in  ipsis  gymnasiis  suis  iam  dialectica  taceat,  piscatoribus 
creditur,  non  dialecticis  (III  dist.  22,  1).  Slber  biefe  älbfic^t  toirb  in  anberem  45 
^ufammenl^ng  burc^  anbere  @rtoägungen  burc^treujt.  3^^  ^^^^^  ^^  Sombarbe,  ba^ 
bie  fides  quae  creditur  ein  ®laube  fei,  quia  idem  iubemur  credere  et  unum 
idemque  est  quod  creditur  a  cunctis  fidelibus  (III  dist.  23,  6).  SSber  bamit  ift 
teine^egS  bad  gefamte  @ebiet  beS  ©laubenS  auS  ber  Spl^äre  ber  SemunftertenntniS 
entrüdEt,  fonbem :  quaedam  fide  creduntur  quae  inteUiguntur  naturali  ratione,  60 
quaedam  vero  quae  non  inteUiguntur  (ib.  dist.  24, 3) ;  in  erfterem  ^Q  tritt  burd^ 
ben  ©lauben  eine  @rtoeiterung  ber  @rtenntntS  ein  (ipsa  per  fidem  amplius  intelligi). 
S)cr  natürlid^en  Semunft  ift  nid^t  nur  baS  ©afein  ©otteS,  fonbem  in  buntler  9Beife 
felbft  bie  Irinität  offenbar.  2lber  ^icr  mu^  Die  Offenbarung  ergänjenb  eintreten:  non 
enim  per  creaturarum  contemplationem  sufficiens  notitia  trinitatis  potest  55 
haberi  vel  potuit  sine  doctrinae  vel  interioris  inspirationis  revelatione;  unde 
Uli  antiqui  philosophi  quasi  per  umbram  et  de  longinquo  viderunt  veritatem, 
deficientes  in  contuitu  trinitatis  (I  dist.  3,  6).  Sluc^  bie  Sd^ö^jfung  ber  SBclt  burdjf 
®ott  ift,  toie  2U  1  5lo  9  gefagt  loirb,  secundum  philosophicas  rationes  ben  Reiben 
betannt  (MSL  191  col.  1613);  ebenfo  baS  9!aturgefc^,  qua  (ber  9)tenfc^)  inteUexU  etea 


636  SomiortaiS 

sibi  conscius  est,  quid  sit  bonum  quidve  malum  (in  Rom.  2,  Mi  191, 1345).  •— 
3Ran  lonn  Don  biefem  @tanbt)unlt  urteilen,  ba^  er  in  nait)er  SSeife  bie  f)Kttere  fc^olqtifc^ 
Sluffaffung  antici))iert.  3)ie  i^eologie  foE  bie  pofxüöt  Jlird^enle^  borfleOen,  ober  bi^e 
ftimmt  gerabe  in  il^en  ^^bamenten  mit  ben  notürlid^en  Semunftedenntniffen  üBerein. 

6  9(ber  ber  Sombarbe  ift  )u  ber  t)tin2i))iellen  5llar^eit  ber  ®päUxen  auf  biefem  (Se&tet  nid^t 
borgefd^tten. 

SSir  muffen  toeiter  Don  ber  Einteilung  ber  Sentenjen  l^bdn.  ^m  ^rolog  ^ei^ 
ed:  fidem  nostram  ad  versus  errores  carnalium  atque  animalium  hominum  ... 
munire  ac  . . .  theologicarum  inquisitionum  abdita  aperire,    necnon  et   sacra- 

10  mentorum  ecclesiasticorum  pro  modulo  intelligentiae  nostrae  notitiam  tradere 
studuimus.  SSon  ben  res  unb  ben  signa  ift  alfo  jut  reben  (I  dist.  1,  1.  2).  Sber 
eine  Semertung  )u  Seginn  beiS  3.  Sud^eS  (in  onberen  3(u^aben  am  @nbe  bed  2.  93u(^) 
giebt  eine  anbere  (Sinteuung  an  ober  fl^ejioliftert  jene  erfte :  9lac^bem  im  1.  93u(^  de  in- 
explicabili  mysterio  summae  trinitatis,  unb  im  2.  Suc^  conditionis  rerum   ordo 

16  hominisque  lapsus  bel^nbelt  ift,  foQ  toeiter  de  eius  reparatione  per  gratiam  me- 
diatoris  de!  et  hominis  praestita,  atque  humanae  redemptionis  sacramentis  qui- 
bus  contritiones  hominis  alligantur  ac  vulnera  peccatorum  curantor,  ger^ 
tDerben,  ut  Samaritanus  ad  vulneratum  medicus  ad  infirmum,  gratia  ad  miserum 
accedat.   hierauf  toirb  ju  beginn  bed  4.  Suc^ed  toieber  Sejug  genommen.  Dist.  43—50 

30  bed  4.  äSud^ed  gej^ft  bann  mit  einem  ,,postremo''  )u  ben  legten  S)ingen  über.  2)iefe 
Einteilung  ift  im  ganzen  toie  im  eimelnen  bdllig  berfd^ieben  bon  ber  bon  XugufHn  in 
bem  Enchiridion  befolgten  (©laube,  Hoffnung,  Siebe).  9n^er  fie  betft  fic^  aud^  nid^t  mit 
ber  in  3(bälarb$  @(^ule  übli^en  (@laube,  @atramente,  Siebe).  9lud^  $ugo  lann  nic^ 
bie  SSorlage  bed  Sombarben  geioefen  fein.     Sagegen  ift   ®anbul))^   Einteilung  mit 

26  ber  be«  Sombarben  ibentifc^  (f.  SJenifle,  »rc^ib  I,  622).  3ft  biefer  t>tm  'Opm  ah 
gängig,  fo  toürbe  bann  biefdbe  ^a^e  in  Se^ug  auf  ©anbul})^  erhoben  toerben  muffen. 
iRixn  ^at  aber  bem  Sombarben  eine  lateinifd^e  Überfdpng  bon  bed  l^o^onned  bon 
Samadht^  SSerl  de  orthodoxa  fide  borgelegen.  @te  lann  natürlid^  ebenfo  bem 
ettoa  gletd^}eittgen  ©anbul))]^  betannt  getoefen  fein,  ^umal  fte  in  $ifa  entfionb.    3^^ 

80  SSerftänbnid  mu^  man  junäd^ft  überlegen,  1.  bag  bte  ^eit  beS  Sombarben  eine  SJtenge 
fertiger  $roblemgru^^en  befag,  2.  ba^  ber  Einfluß  augufttnifd^er  Sentenzen  unb®d)anlen 
fel^r  ftarl  toar,  3.  ba^  bie  Saframent^lel^re  burc^  bie  bogmatifd^e  Arbeit  toie  bad  ftinben^ 
rec^t  ftd^  ^n  einem  }ufammenl^ängenben  ^om})le£  ^erau^ebilbet  batte.  ^rc^  btefe  3Ro* 
mente  mu|te  ber  ettoaige  Einjlug  bed  Samafcenerd  natürlid^  auf  bie  äußere  Stet^fol^e 

86  eingefd^räntt  toerben.  ^a^  aber  für  biefe  ein  fold^er  Einfluß  angenommen  toerben  mu^ 
lann  m.  E.  nid^t  geleugnet  toerben.  Einmal  toeil  ber  $araQelidmu$  im  ganjen  )u  auf^ 
fällig  ift  (\m  4.  S3ud^  trat  bie  ©alrament^le^re  cm  bie  ©teDe  ber  HR^fterien  ta(b  ber 
lodEeren  Sammlung  öon  ©nabcnmitteln  bei  bem  Samafcener),  bann  aber  toeil  ber  ®ang 
ber  Erörterung  im  2.  93ud^  and)  im  einzelnen  giemlid^  ^^^  übereinftimmt  (Sd^fung, 

40  bann  En^el  unb  Teufel,  bann  bie  9!aturh)elt,  bann  ber  ^enfd^,  toobei  ber  freie  SEBUIe  ben 
@d^lu^  btlbet,  freilid^  ift  aber  aud^  ^u  k)ergleid^en  $uao  Sent.  II  u.  III).  Ebenfo 
ift  bie  3ufa>nmenorbnung  bon  Sahamenten  unb  E^atologie  im  4.  Sud^,  bie  bem  Som^ 
barben  \)on  feinen  fonftigen  Slutoritäten  $ugo  ober  Slbölarb  nid^t  an  bie  ^onb  gegeben 
tourbe,  bei  bem  Samafcener  Dorgebilbet.     $ie  älbl^ängigleit   ift  aber,   toie   gefagt,   rein 

46  formal  (f.  ©eeberg,  35ogmengefd^id^te  IT,  47,  fotoie  ^arbenl^etoer,  ^trologie*  ©.  515). 
Siefe  Einteilung  bot  aber  im  ganzen  bie  üJlöglid^Ieit  ben  bogmatifd(|en  ©^onlenftoff  in 
fad^gemöftcr  ?lei^enfolge  bar}ulegen.  ^m  einzelnen  aQerbing^  ift  bie  ätnorbnung  oft  rec^t 
ungcfd^idft.  SSor  allem  fei  öertoiefen  auf  bie  ©teDung,  bie  ©laube,  Hoffnung,  Siebe,  bi« 
antiten  5tarbinaltugenben,  bie  fteben  ®aben  be^   1^1.  ©eifte^,  bie  ^age  noc^   bem  ^' 

60  fammenl^ang  ber  2:ugenbcn,  fotoie  eine  Erflärung  ber  jel^n  ©ebote  erl^ten  ^aben,  nämfuj 
afeabfc^lufe  ber E^riftologic  (III  dist. 23— 40),  in anfnüjjfung  an  biegrage,  ob  E^riflu« 
©laube,  Hoffnung  unb  Siebe  gel^abt  l^abe.  §ierburd^  tourbe  biefe  ©teile  ber  foleratc 
?Pla$  jur  S3e^anblung  ber  et^ifd^en  Probleme  bei  ben  ft)äteren  ©c^olaftilcm.  —  35ft 
Steigung  ^aarf^^altenben  unb  nid^tigen  ^agen  nad^jugel^en,  ^at  ber  Somborbe  im  ganzen 

66  toiberftanben.  35ie  ©d^ultrabition  nötigte  i^n  freilid^  berartige^  mitunter  auhune^^en, 
fo  j.  33.  in  ber  Engellel^re,  aber  im  ganjen  ift  er  ^ier  el^er  rebujierenb  ob  fortibäbenb 
vorgegangen. 

^ie  Einteilung  in  k)ier  93üd^er  rül^rt  bon  bem  Sombarben  felbft  1^.    ^inftd^tT^ 
ber  burd^  bie  ^anbfd^hften  unb  Stu^aben  bezeugten  Einteilung  ber  Süid^er  in  ^iftinbionen 

60  —  ©onabentura  j.  33.  fannte  unb  bejfolgte  fie  fd^on  — -  toirb  bie3  ju  bemeinen  fein.   3)ff 


SomBorbttd  637 

$rolo0  fd^lie^t  mit  ben  SBorten :  ut  autem  quod  quaeritur  f acUius  occurrat,  titulos 
quibuB  siiijgulorum  librörum  capitula  distinguuntur  praemisimus.  ^orau^  folgt 
1.  bafe  ber  Serfafler  fclbft  bie  SJiftinhioncneinteilung  nicbt  fonnte,  fonbem  nai)  Äat>itcln 
emteUte,  2.  ba^  biefe  (Sintetlung  bor  ben  einzelnen  Supern  ftanb,  ^ier  ^abm  fte  aud^ 
bie  ^anbjd&riften,  bgl.  bie  oben  S.  634, 2b,  angefülSirte  ©teile  be^  Cod.  Trec. ;  3.  ba^  6 
bie  fonftigen  Überfd^riften,  9lanbnoten  k.  in  ben  Slu^aben  ft)äteren  Urf^rungd  finb.  Sie 
neue  Intif(^  3(u^abe  ber  ^an^idlaner  in  ben  SSerlen  Sonabenturad  giebt  and)  hierin 
bo^  UrJ^jribtgKd^e  toieber  (bgl.  bie  33emerfungen  vol.  I,  p.  LXXXIII). 

Sie  Sentenzen  ftnb  unjö^ligemol  gebrudt  tDorben  unb   ftnb  in    fel^r  bielen  ^anb^ 
fd^ften  erhoben  (einiget  äBtc^tige  f.  in  ber  93onabenturaau^abe  I  p.  LXXXVIII,  baju  lo 
JI  p.  XII).  (Sine  fritifd^e  Slu^^abe  mit  t)ielfac^  berbeffertem  Xcjct,  mtifd^em  9l))parat  unb 
Xngobe  ber  benü^ten  SSäterfteQen  l^aben  bie  ^ron^i^Ianer  in  ber  3(u^abe  be^  ©entenjem 
toerfe^  Sonabenturad  geliefert  vol.  I— IV  Quaracchi  1882  ff. 

SBir  loffen  l^ierauf  eine  ^n^alt^ngabe  be^  SBerted  folgen,  toobei  auf  bie  bogmatifd^en 
^au))tanfd^auungen  ©etoid^t  gelegt  toerben  foQ.  —  2im  edten  Sud^e  berfä^rt  ber  £om«  i6 
borbe  bei  ben  SSetoeifen  fürd  Safein  ©otted  bortoiegenb  lo^mologifc^  (dist.  3).  —  %ik 
bieXrinitöt  beruft  er  fic^  (ebenba)  auf  bie  feit  äluguftin  ^ergebrad^ten  älnalogien,  leugnet 
i^odf,  ba^  au0  ben  le^teren  eine  eigentlid^e  Srlenntni^  ber  erfteren  getoonnen  toerben  lönne, 
o^e  bie  ))ofttibe  Offenbarung  unb  ben  ©lauben,  unb  ^ebt  ^erbor,  ba^  eigentlid^  aQe 
menf(^li(^  Bpxad)^  unb  Sen!formen  nid^t  baju  ankreideten  ben  breietnigen  ®ott  nac^  ao 
feinem  SBefen  ju  beftimmen  (toegen  ber  supereminentia  divinitatis,  bie  usitati  doquii 
jfacultatem  excedit,  dist.  23,  4  u.  7 ;  dist.  2,  1 ;  dist.  8,  7  u.  8).  ^eterobps  ift  feine 
eigentlicbe  Irinitätgle^e  in  feinem  5ßunlte.  S^^^iw^  *><>«  %^^^  (t  1202,  f.  Senile,  SlSil® 
I,  136  ffO  M  }^A^  i^  ^^^^  f^^^  Sd^riften  be^au))tet,  ber  Sombarbe  ^abe  bie  S^rinitöt 
in  eine  Duoternitöt  bertoanbelt,  unb  biefer  SSortuurf  tourbe  auf  bem  Sateranlonjil  bom  36 
Sa^e  1215  ge))rüft.  Serfelbe  bejog  ftd^  barauf,  ba^  Sentent.  I,  dist.  5  geleiert  toirb, 
^ater,  @o^n  unb  ©eift  feien  summa  quaedam  res,  unb  biefe  summa  res  fei  toeber 
jMeugenb,  nod^  g^i^gt,  noc^  procedens.  Ser  Sombarbe  unterfc^eibet  ndmlid^  bie  göttliche 
äBefen^eit  bon  ben  brei  $erfonen,  er!lärt  jebod^  ald  Sieolift  and)  bie  biefen  ^emeinfame 
SB^enl^eit  für  real,  für  eine  Subftanj.  Siefe  ^atte  nun  ^oad^int  )u  ben  bret  $erfonen  so 
obbtert.  2inbeffen  ^[nnocenj  III.  unb  \>a&  ilonjU  fanben  mit  Stec^tienen  ©o^  k)ollIommen 
mrt^obo;  unb  Derbammten  nic^t  ii;n,  fonbem  bie  entgegengefe^te  SKeinung  be^  älnlläger^ 
(togl.  ßefele,  ßonciliengefd^.,  V«,  880 f.;  ©eebera,  S®  II,  91  f.).  —  Suc^  bie  ailgegen« 
toart  ®otted  be^eid^net  $eter  ald  unbegreiflich,  fa^t  fte  übrigen^  fo,  ba^  er  fagt,  aued  fei 
in  ®ott,  unb  ®ott  fei,  obgleid^  unberänberlid^,  ftetd  in  fid^  bleibenb :  in  omni  creatura  86 
essentialiter,  praesentialiter  et  potentialiter,  unb  an  jebem  Ort,  ieboc^  burc^KUid  nid^t 
t&umli(^  (localis  non  est),  toeber  fo,  toie  ein  corpus  circumscriptibile,  b^  ank^ 
gebe^nt  ifi  unb  sui  interpositione  facit  distantiam  circumstantium,  nod^  toie  bie 
gefd^ffenen  ®eifter,  toeld^e  gtoar  nic^t  au^ebel^nt  ftnb  (dimensionem  non  habent), 
aber  bo<^  definitione  loci  terminantur  (in  bem  ©inne  an  einen  beftimmten  Ort  gebum  «o 
ben  ftnb,  ba^  fte,  toenn  irgenbtDO  gang  gegentoärtig,  anber^too  eben  nic^t  jßnb,  dist.  37).— 
3)ad  äSerJ^öltnid  jtoifd^en  ber  ^räjcienj  ®otted  unb  bem  ®efc^e^en  ber  Singe  fa^t  er  — 
abgefel^en  bon  ben  %Wim,  Wo  ed  ftd^  um  bad  bon  ®ott  felbft  ju  SSetoirtenbe  l^belt  — 
fo,  ba^  er  toeber  bad  ®efd^e^enbe  ald  ben  eigentlichen  ®runb  ber  ^räfctenj,  noc^  bie 
ledere  al^  ben  eigentlid^en  ®runb  bed  @efc^el^enben  betrachtet,  bielmelj^r  beibed  lebiglic^  45 
ald  bie  causa  sine  qua  non  bed  anberen  (toir  toürben  fagen  bie  condicio  s.  qu.  n., 
dist.  38).  Sie  ^röbeftination  ift  al^  divina  electio  gratiae  praeparatio,  bie  91e))ro« 
bation  ift  praescientia  iniquitatis  quorundam  et  praeparatio  damnationis  eorun- 
dem.  Sie  ^räbeftination  ift  eigentlich  praescientia  et  praeparatio  beneficiorum 
deiy  bur^  bie  toir  iustificamur  (dist.  40).  @in  ber  ©nobe  borangelj^enbed  mentum  so 
giebt  ed  nici^t,  aud^  nic^t  in  bem  ©inn,  ba^  man  ftd^  bie  9{id^tberh)erfung  berbienen  tonne 
(dist.  41).  Sie  älQmad^t  ©otte^  befte^t  barin,  quod  omnia  facit  quae  vult  et  nihil 
omnino  patitur  (dist.  42).  —  (Snblid^  fei  ^ier  noc^  ertoä^nt  bie  Unterfd^eibung  be« 
ein^tlid^en  eigentlid^en  SSiQen^  ©otted  ober  be^  2BiQen^  ©otted  an  ftd^  (beneplacitum 
dei  sive  dispositio ;  voluntatis  dei  causa  nuUa  est),  ber  ftet^  ^^l^atfad^e  toirb,  unb  bed  65 
bielföltigen  uneigentlid^en  SBiQend  ©otted  ober  ber  bloßen  Sßillenderfd^einungen,  toelc^e 
(dist.  45)  fu^  im  ©ebieten,  SSerbieten,  Siaten,  äBirlen  unb  gulaffen  barfteUen  (signa 
benepladti  ober  voluntatis),  benen  aber  leinedtoeg^  bie  X^atfac^en  immer  entf^re^en 
(praeoepit  enim  Abrahae  immolare  filium,  nee  tamen  voluit).  Sluf  ben  erfteren 
bS^ie^  ^  Oixd)  bie  bad  95f€  betreffenben  ©ö^e  (dist.  46,  15) :  deum   non   velle  er 


638  Somiarbitd 

mala  fieri  nee  tarnen  velle  non  fieri,  neque  nolle  fieri.  Omne  ergo  quod  vnlt 
fieri  fit  et  onrne  quod  vult  non  fieri  non  fit.  Fiunt  autem  multa  quae  non 
vult  fieri,  ut  omnia  mala.  —  JJm  atoeitm  Suc^e  ift  Don  bcr  ©d^öj>funa  bie  Siebe 
unter  etnge^enbet  Slu^Iegung  bed  btblifcpen  Sd^ö^fungeberid^teS  unb  genauer  Se^onblung 
5  ber  SngeUei^e.  Überall  mirb  $ugo^  Se|re  reprobiuiert.  ^er  Sombt^be  fa^t  bie  imago 
unb  bie  similitudo,  ^u  benen  ber  SRenfd^  gefd^a^en  fet,  al^  ettDad  SSerfd^iebened,  ent« 
fc^etbet  ftd^  aber  nic^t  au^brüdEKc^  für  eine  ber  brei  mögtid^en  ^{fungen  biefed  ©egens 
ja^e^,  bie  er  anfül^rt  (dist.  16).  —  3)ie  trabucianifd^c  Stnjic^t  bon  ber  Sntßd^ung  bor 
mbiDibueDen  5!Renfd^enfeelen  öertoirft  er  (dist.  31).  —  3)en  SBiDen  (liberum  arbitrium) 

10  nennt  er  frei  (dist.  2b,  5),  infofem  er  sine  coaetione  et  necessitate  valet  appetere 
vel  eligere  quod  ex  ratione  decreverit.  ®en  ©a^  (Slbälarb^),  bafe  ber  morolif^fc 
ß^arafter  ber  §anblungen  einjig  öon  ber  Intention  be«  SEBiUen^  oblonge,  erllart  er  für 
falfd^  (dist.  40,  3 ;  36,  10).  —  Som  Urftanbe  toirb  gelehrt  (dist.  24),  bofe  ber  SKenfd^, 
um  fortfd^retten,  getftlid^  leben  unb  bad  etoige  Seben  erlangen  ju  lönnen,  fd^on  bor  bm 

15  @ünbenfaQ  au^er  ber  gratia  creationis  (bie  il^n  nur  in  ben  @tanb  fe^te,  resistere 
malo,  sed  non  perficere  bonum)  nod^  etneiS  anberen  gratiae  adiutorium  beburfte. 
Surd^  ben  Sünbenfaü  l^abe  er  bann  aber  nid^t  nur  biefeiS  ©nabengut  Derloren,  fonbem 
aud^  eine  vulneratio  (freilid^  leine  privatio)  feiner  naturalia  bona  erlitten;  burd^  bie 
@ünbe   ift  bad  liberum  arbitrium  imminutum  yel  comiptum  (dist.  25,  8.   15). 

20  S)ie  @rbfünbe  ift  bie  S3efc^affen^eit,  bie  burc^  ^bam  auf  aQe  ^enfd^en  überging  (d&  auf 
bie  per  eins  carnem  vitiatam  coneupiscentialiter  generatos  (dist.  30,  4).  @ie 
toirb  burc^  bad  %lÄ\d)  fortge)}fIan3t  unb  gel^t  Don  biefem  auf  bie  @ede  über,  l^^re  11^ 
fad^e  ift  pollutio  quaedam  quam  ex  fervore  coitus  parentum  et  concupiscentia 
libidinosa  contrahit  caro,  cum  coneipitur  (dist.  31,  6).    93on  Selong  ift  no<^  bie 

25  ftarle  93etonung  bed  fd^ulb^ften  S^aralterd  ber  ßrbfünbe:  peccatum  originale  culpa 
est  quam  omnes  coneupiscentialiter  concepti  trahunt  (dist.  30,  6).  93eranla|t 
ift  biefer@a(  burd^  bie  ^erbammung  bed  abölarbifc^en  @a^e^:  quod  non  contraximns 
ex  Adam  culpam,  sed  poenam,  }u  @en$  1141.  ^ter  muffen  tnir  noc^  auf  bie 
©ä^e  be«  Sombarben  über  bie  ®nabe  eingel^en,  toeil  biefelben  für  bie  golgejeit  Don  SSe* 

80  (ang  getoorben  ftnb,  unb  er  l^ier  relatiD  felbftftänbig  arbeitet.  Sie  gratia  operans :  prae- 
parat  voluntatem,  ut  velit  bonum,  bte  gratia  cooperans:  adiuvat,  ne  frustra 
velit  (dist.  26,  1).  Salier:  bona  voluntas  comitatur  gratiam,  non  gratia  volun- 
tatem  (ib.  n.  3).  9Bag  ift  nun  bie  gratia  operans?  6^  ift  bcr  ©laube  mit  ber  SieBc 
ate  bie  Don  oben  bem  SQSiDen  eingeflößte  Äraft,  bie  ben  SQSiUen  bereitet  jum  ®uten  (ib. 

35  4.  5).  Sie  ®nabc  ift  eine  ben  SBiUen  bcfreienbe  unb  l^eUcnbe  virtus.  Surd^  [xt  toirb 
bcr  SSSiße  befäl^igt  gute  unb  Derbicnftlid^e  3BerIc  ^u  tl^un.  3"  ^'^^^  toirten  alfo  bie 
®nabe  al^  übernatürliche  Äraft  unb  ber  SBUIe  ftct«  jujammen,  aber  fo,  ba^  erfierer  ber 
SSorrang  gebül^rt.  (Merita)  quae  cum  ex  sola  gratia  esse  dicantur,  non  excluditnr 
liberum  arbitrium,    quia  nuUum  meritum   est  in  homine  quod  non    sit   per 

40  Uberum  arbitrium ;  sed  in  bonis  merendis  causae  principalitas  gratiae  attri- 
buitur,  quia  principalis  causa  bonorum  meritorum  est  ipsa  gratia,  qua  exci- 
tatur  liberum  arbitrium  et  sanatur  atque  iuvatur  voluntas  hominis,  ut  sit 
bona  (dist.  27,  4  al.  7).  ©o  entfielen  ex  fidei  virtute  et  hominis  arbitrio  ober 
ex  caritate  et  libero  arlJitrio  bie  DerbienftlidSfcn  Sllte  be^  ®Iauben^  unb  Siebente,   bie 

46fonad^  folDol^I  unfere  merita  afö  dona  dei  finb(ib.  n.  5al.  8).  3n  biefem  3ufammen^8 
begreift  fid^  aud^  bie  bcm  Sombarben  eigentümlid^e  änfid^t,  bafe  ber  ^eil.  ®eift  bie  bie 
©eele  informierenbe  göttlid^fc  Siebe^fraft  fei:  quia  Caritas  est  spiritus  sanctus,  quae 
animi  qualitates  informat  et  sanctificat,  ut  eis  anima  informetur  et  sanctifi- 
cetur,    sine  qua   animae  qualitas  non  dicitur  virtus,    quia    non    valet   sanare 

fioanimam  (ib.  n.  6  al.  9).  äSgl.  l^ierju  I,  dist.  17,  2:  quod  ipse  idem  spiritus  sanc- 
tus est  amor  sive  Caritas,  qua  nos  diligimus  deum  et  proximum;  ib.  n.  18: 
Caritas  ergo  spiritus  sanctus  est  qui  deus  est  et  donum  dei  sive  datum ;  dist 
18,  4;  III  dist.  4,  1.  —  2)a«  britte  »ud^  bc^anbelt  bie  S^riftologie.  6«  inerben  bie 
ortF^obojen  gormeln  reprobujiert,  nic^t  o^ne  (Sinn)irlung  abälarbifd^er  3been.    S)er  £ogo^ 

55  nal^m  bie  un^erfönlid^e  ^^{enfd^cnnatur  an.  ^ie  Sogo^perfon  ift  una  eademque  immu- 
tata,  aber  bie  SWenfd^toerbung  Irirb  burd^  bie  fjormel  au^gebrücft:  quia  est  habens 
hominem  (dist. 5, 3 -6,6;  7,10).  §ier  nun  finb  l^erDorju^eben  bie©ä$e,  tnelc^  ben  2. 
in  ben  äSerbad^t  bc^  ^i^itiani^ntu^  gcbrad^t  l^aben.  @d  brängte  ftd^  i^m  nömlid^  bei  ber 
(SntlridEIung  ber  Seigre  Don  ber  5ßerfon  ßl^rifti  bie  ^Jrage  auf  (dist.  6),  ob  mit  ©ä^entoie 

OD  „®ott  ift  3Rm]6f  getoorben''  ober  „®otteiS  ©o^n  ift  be^  3Ren|d^en  ©o^n  getoorben"  unb 


Somimrbttd  639 

,,bcr  aJlenfd^  ifk  ®ott,  be«  3Rcn\6)m  ©oJ^n  ift  ®otte8  ©o^n  gctoorbcn"  gefagt  tocrbc,  ®ott 
fei  ettoag  getoorben,  toa«  er  frtil^cr  nic^t  getocfcn.  darüber,  bcmerft  er  nun,  gebe  e^  ber- 
fc^ebene  ÜRetnungen.  ß^^^^f^  nel^me  man  enttpeber  toirüic^  an,  ba^  ®ott  ettoa^  tDurbe, 
toaS  er  guloor  nid^t  toar,  unb  ber  SRenfd^  ütoa^,  \t>a^  er  in'öox  nid^t  tt>ar  (gemeint  fc^etnt 
bie  3(nfid^t  $ugoiS  gu  fein).  Ober  man  nel^me  an,  bie  3Renfci^h)erbung  ^abe  nur  bad  mit  5 
ju^  gefü^,  ba|  bie  }ut)or  einfädle  $er(on  nun  eine  (au^  ber  göttlid^en  unb  menfd^Iid^en 
Statur)  jufammengefe^te  tvurbe  (ba^  ift  ^üoa  bie  älnf^auung  bed  3)amafcener^,  de  fide 
orth.  III,  7,  ber  au^brütflid^  herangezogen  toirb;  toeld^e  SSertreter  l^ier  gemeint  finb,  ift 
nid^t  ftd^er.  go^ann  ö.  Somiran  Dertoeift  auf  ®ilbert,  MSL  199,  1050  f.).  ©r  felbft 
^t  nun  gegen  bie  erfte  Slnftd^t  ba$  93ebenlen,  ü^r  }ufo(ge  fei  ®ott  nac^  ber  ^Inlamation  10 
ettuad,  \oai  er  nic^t  immer  tt>ar  (dist.  7,  1),  ed  h)erbe  alfo  t)on  ®ott  eine  reale  SSerän« 
bcrung  auögefagt.  ®egen  bie  jtoeite  aber,  meint  er,  lönne  unter  anberen  ba^  Sebenfen 
obtoalten,  bafe  ber  ©ol^n  ®otte^,  ber  nac^  ber  g^Iontation  nur  ein  Seil  ber  einen  35er(on 
(Sl^rifti  fein  foQe,  t)or  älnnal^me  ber  J!ned^t^eftalt  unboQftönbig  getoefen  unb  burcp  bad 
^injutreten  ber  3Jienfd^l^eit  getpad^fen  fein  mü^te  (dist.  7,  9).  Q9  fei  nun  aber  britteniS  16 
bte  ©adjie  fo  angefe^en  toorben  (dist.  6,  6;  dist.  7, 10),  ba|  bei  ber  ^ntamation  toeber 
bie  göttlid^e  ©ubftan^  ju  einer  menfd^Iid(>en  getporben,  nod^  ein  aud  beiben  Derfd^iebenen 
Staturen  jufammengefe^te^  Sßefen  entftanben,  ja  nid^t  einmal  homo  aliquis  getporben 
fei,  bidmel^r  ber  Sogo^  mit  Seib  unb  ©eele  aU  mit  einem  ®eh)anbe  belleibet  tpurbe  (illis 
duobus  velut  indumento  verbum  dei  vestiretur),  unb  jh)ar  gu  bem  ^to^it,  um  ao 
ben  9(ugen  ber  ©terbtid^en  auf  geeignete  SBeife  gu  erfd^etnen,  fo  ba^  bie  ^erfon  bed  Sogo^ 
toefentli^  un)?eränbert  blieb  unb  nur  ber  Srfd^einung  nac^  (secundum  habitum)  3J2enfd^ 
tpurbe,  bie  3Renfd^tDerbung  mitl^in  nur  ein  accidens  ober  accedens  toar.  ^a^  ift  aber 
bie  Slnfid^t  älbälarb^.  $ofttiP  fpric^t  fu^  ber  Sombarbe  nid^t  gerabe  für  biefe  britte  äln» 
ftc^t  au^.  älber  ba  er  gegen  bie  beiben  erften  ®rünbe  anführt,  bie  Pon  felbft  auf  bie  25 
brUte  füllen,  unb  gegen  bie  le^tere  nic^t^  bemertt,  fd^ien  er  boc^  eben  biefe  m  bek)or3ugen. 
@d  ift  ba^er  begreiflich,  ba^  er  toegen  $erabfe|ung  ber  93ebeutung  ber  uflenfd^toerbung 
beliefert  tourbe.  älber  formell  ^at  nod^  me^r,  atö  bie  mitgeteilten  ©ö|e,  ben  SSortourf 
bed  „StiJ^lianidmu^''  feine  angeblid^e  ^el^anblung  ber  ^^age  Peranla^t  (dist.  10),  ob 
(S^ftud  ald  SRenfd^  eine  $erfon  ober  ettoad  fei.  ^ie  einen  bejahen  biefe  ^^age,  bad  so 
fü^rt  ju  ©d(|h)ierigteiten,  ba^er  Gemeinen  anbere  fie  (quidam  dicunt,  Christum  secun- 
dum hominem  non  esse  personam  nee  aliquid,  nisi  forte  „secundum''  sit  ex- 
pressivum  unitatis  personae).  ^ad  le^tere  ift  eine  ber  abölarbifd^en  ©d^ule  eigene 
tümli(^e  3Reinung,  g.  93.  Slolanb,  Sentent.  ed.  ®ietl  p.  179:  cum  secundum  quod 
homo  non  sit  persona  et,  ut  verius  loquamur  nee  mentiamur,  nee  aliquid.  35 
®egen  bie  erfte  3(uffaffung,  ba^  S^riftu^  al^  ^enfd^  substantia  rationalis,  alfo  per- 
sona fei,  fagt  er,  ba^  biefe  Folgerung  falfd^  fei:  nam  et  modo  anima  Christi  est 
substantia  rationalis,  non  tamen  persona,  quia  non  est  per  se  sonans,  imo 
alii  rei  coniuncta.  älber  aud^  ber  ®runb,  ben  man  für  bie  erfte  Slnna^me  anfül^rt, 
(Sl^tu^  fei  al$  3Jtenfd^  gum  ©ol^n  ®otte^  t)rdbeftiniert,  giel^t  nid^t.  S^riftud  ift,  tooju  er  40 
tnräbeftiniert  tourbe,  nämlid^  ©ol^n  ®otte^,  sed  secundum  hominem  praedestinatus 
est,  ut  sit  filius  dei,  quia  per  gratiam  hoc  habet  secundum  hominem.  „Se- 
cundum'' barf  nun  nid^t  taufal  gefaxt  toerben,  atö  ob  S^riftu^  burd^  feine  SRenfc^^eit 
®ott  tourbe,  tpo^l  aber  al^  unitatis  personae  expressivum,  fo  ba^  ber  ©inn  ift: 
ipse  qui  est  homo  est  filius  dei ;  ut  autem  ipse  ens  homo  sit  filius  dei  per  46 
gratiam  habet.  3)ie  erfte  äluffaffung  toirb  beutlic^  jurüdEgebiefen.  älber  auc^  bie  gtoeite 
toirb  nid^t  acceptiert,  aber  and^  ni^t  bcfonberd  tptberlegt.  ^terau^  begreift  ftc^  ba^  3R\i^ 
Detjiänbni^,  afö  toenn  ber  Sombarbe  il^r  juftimmte.  aber  jene  Il^efe  lautete:  Gl^riftu^  ift 
cü  ÜRenfd^  überl^aupt  nid^t^,  fall^  man  nid^t  bei  bem  3ludbrudE  „atö  3Jienfd^''  bie  ferfo« 
tiale  @in^eit  mitbenit,  ber  Sombarbe  bagegen  fagt:  al^  Wenfc^  ift  S^riftud  Permöge  ber  so 
^täbeftination  ®otte«  ©o^n,  nic^t  ate  Ipenn  feine  SKenfd^^eit  bie^  begrünbe,  fonbem  fo« 
fem  mit  i^r  bie  ^ßerfonein^eit  mitgebac^t  Ipirb.  35a^  l^ei^t  alfo  nid^t:  atö  9)lenfc^  ift  er 
ntdf^td,  fonbem:  aU  ®ott  lann  biefe^  3)lenfc^enlpefen  nur  gebac^t  tperben,  fofem  bie  gott« 
menfc^lid^e  ^erfonalität  in  i^m  angefe^t  tpirb.  3Ran  mu^  bead^ten,  ba^  ber  Sombarbe 
ia  gerabe  bad  SKotiP  ber  jlpeiten  änfd^auung  —  ber  SKenfcb  G^riftu^  muffe,  tpenn  ate  65 
,,ettpa3",  fo  ate  ^erfon  gebadjft  Iperben  —  abgelehnt  l^at.  35a  bie  ©ntfdjfeibung  fel^lt  — 
bad  ift  nid^t  feiten  bei  bem  Sombarben  —  fann  man  nur  au^  bem  g^f^'^^^'^^^fl 
©^lüffe  jieben.  3)iefer  ^eigt  aber,  bag  ber  Sombarbe  bie  betr.  Slnftd^t  ni^t  Pertritt.  @r 
1^  alfo  nicpt  geleugnet,  Da|  ß^rifti  5D{enfc^l^eit  „ettpaö"  tpar.  Sefetere«  Iparfen  il;m  ben» 
noc^  u.  0.  ^o^n  Pon  Somtpall  (f.  MSL  199,  1043  ff.)  unb  SBalt^er  bon  ©t  $i{tor  eo 


H40 

oor  q".  MSL  i;>0,  :120t.,  3a;u  Blomf  in  Den  Ib2öi.  I's-U.  IV).  ibet  amb  Äni= 
;;tlien  befoBten  iub  mit  ^ieiet  JCnfLi^e,  *iuxiäcfo't  ^oe  ;u  Zsuxä  (Snüe  Xml  1 1»>3  wuis 
menqetretene,  rseldiee  ;e£od},  Die  es  f'dietnt,  feine  Snnd)e:cixn^  ^.  iRadsCesi  ia:^ddKn 
Üleranter  IIL.  3er  ild  IRcu^ifter  ftclunfi  T'eibit  ^tefe  JDtemunij  oerrrtnm  bot»  tt.  3.  rySd,^;), 

sin  '^mei  Sdiresben  an  Den  \Xr^bnd)of  iL^ilbeim  acn  rens  ill7*>  u.  II 77;  tcnnccb  Cen 
'JStbilianifimuö  3em  ;:ombaiDen  imcuhen  unfi  als  prara  doctrina  be^difinet  botxe  (Char- 
tul.  univ.'Pana.  L  ^.  i',  ^'udste  oeneibe  Ga&n  II71>  auf  cer  :^ateianmiio^  eine  renn- 
[icbe  jlercammunq  :;eeteiben  berbeT;umbi:en.  \id  nt  ober  ^  einer  fcbbes  nicbt  jetom: 
men    f.  öuldus  IL  4<j:]T:    .ijefele,  fiondlienc^efcb.  \r-,    2.  »516 tf.   719 f.;    5leuxcr,  0^ 

10  fcbtcbte  JUeionDers  III.,  St  III,  7ijo  ff.  unc  t^efcb.  Der  reüg.  äüiflLmmg  im  iKzttcIaUa, 
II,  3  :M2  2Cnin.  ^:  aqL  lesccb  3- 8*"^'  Xot^men^dcb.  5cs  üRiarfaltetd,  II.  2. 73*jf.>.— 
Xie  jtnflai^e  auf  Jleftorianiemud,  Die  (^erboii  d.  rReicbersber^  tmber  Die  Sbriftclcisie  feiner 
3eit  ricbtete  i9<ub,  X(b  Des  'JR%  n,  ■V.^^'j.),  t^bm  jtcfa  oucb  miber  ten  ^cmbattat  — 
^n  Der  xrebre  som  Berf  (Ibrini  hat  Der  ^omborce  ebenfo  Den  Anregungen  Wbcdatt^  ^Jclge 

u»  v^eleiftet,  als  Die  übücfaen  Hcbemota  ^u  DencenDen  nernubL  Sbrijtus  ocrbtcnte  fidf  bu^ 
fein  frommes  ii:eben  Die  £erberrltd)ung,  fein  7jD  oerDiem  unä  Den  3uä<^  W^  iBaroMck, 
Die  Srlüiung  son  Der  2ünDe  unD  tbrer  Strafe  unfi  Dem  xeufeL  Christas  homo  suf- 
ficiens  et  perfecta  foit  hostia  mxmiicb  ;ur  reconciliatLo  (dist.  13,  5).  Sied  gefdKib 
aber  DaDurcb,    DaB  Der  Zots  (Sbnfti   uns  (.Lottes  iidit  offenbarte.    Mors   ergo  Christi 

30  nos  iustificat,  dum  per  eam  Caritas  excitatur  in  cordibus  nostris.  So  k>cn  ba 
SünDe  befreit,  toerDen  icir  ouds  oom  Xeufel  freL  Zocb  üt  an^ererfeitä  ouc^  Gbiiftt  Jtreu; 
iDiaufefade  mr  Den  Teufel,  unD  f'ein  9tut  JtoDer  jetoejcn  (dist.  19,  I>,  @ott  mu^  SRm\df 
merDen,  um  Den  Teufel  übertoincen  ^u  töraien  üb.  n.  2).  Seiter  exicft  Sbnfhid  i?on  ba 
en)i^en  Strafe  relaxando  debitum  tn.  3),   ober  oucb  oon  Der  ^eitlid^  Strafe,   todift 

35  in  Der  Xoufe  erlaiien  unD  Durcb  Die  SuBe  geminDert  tourDe,  non  enim  sufficeret  ilk 
poena  qua  poenirentes  lij^t  ecciesia,  aisi  poena  Christi  cooperatur  qui  pro 
nobis  aolvit  «n.  ^).  iUarbeit  über  Den  3ui«zinmenbang  Der  i^ebre  tft  ntc^t  gettonncn. 
Xie  abdlarDifd^e  ,'>Dee  icbCöi^  Durcb  —  Snielm  tommx  xddft  m  Setroc^t  — .  aba  aud^ 
bie  objeftiöen  (rrlofuni^s^eDanfen   fcQen   tonfermert  toerDen.  —  S^on   ber  23.  StfUnttion 

ao  an  mirD  eine  jln.^bl  etbiicber  ivrogen  erörten ;  es  vü  üerfebrt  Diefe  @ebanten  unter  ben 
rT^embtst)untt  Der  .iQeilsaneii^nun^  *,u  fteUen,  toie  ^  S.  'Jlc^fc^  in  ber  2.  Xufloge  btcjce 
iVJerfe^  e^  tbut  5cfem  Dcn  einer  loUben  Die  iReDe  fein  foitn,  toirb  fie  in  ber  Soha« 
mentefebre  c^eboten.  Xer  icmbarDe  bonDeli  ücn  Qtoufce,  Hoffnung  unb  Siebe  unter  bem 
f>^efi(btstuni!t,  ob  Gbnftus  jie  ^ebabt  bobe.    (ir  folgt  SlboIorD,  inbem  er  an  bie  äiebe  bie 

36t)ier  .HarDinaltugenDen  anfcb(ieBt  (dist.  3:3),  unD  .^gugo,  inbem  er  bie  jteben  @eiftgaben 
a(s  2ugenben  bebancelt  ittud)  ne  bot  Gbriftus  nacb  ^ef  U  befeffen.  j^abei  toerben  be^ 
fonber«^  Die  oerfcbieDenen  2lr:en  Der  Sü^cbt  erörtert,  um  ju  geigen,  toie  bie  ^rc^t,  bie  b«^ 
nacb  3^cba  in  Der  3^*'"^^  aufboren  loll,  fortbefteben  fann  (dist.  34);  femer  toitb  bei 
Unterfcbieb  oon  ^apientia  unD  scientia  eingebenD   be^belt  (dist.  35).    Xie  Zugenben 

40  finb  miteinanber  tonner  als  ein  tugenbbafter  :^abttus.  äSenn  ober  ber  eine  tugenbl^fte 
jnenfd?  beionbere  XugenDen  bem  anDeren  gegenüber  $u  befi^en  fc^eint,  fo  k>exfte^t  fü^  bie« 
nid^t  au^  einer  Xifferen-^  Des  ^Qobitu^,  fonbem  Der  Sitte.  Propter  differentiam  actuum 
ipsa»  vi rt Utes  ma^ps  vel  minus  habere  dicitur.  Potest  et  aliquam  non  habere, 
cMTfi  tamf;n  simul  omnes  et  pariter  habeat   quantum  ad   mentis   habitum  vd 

46  ^««sf^ntiain  cuiusque;  in  actu  vero  aüam  magis  et  aliam  minus  habet,  aliam 
f;tiam  n^n  hat>et,  ut  vir  iustus  utens  eoniugio  non  habet  continentiam  in 
ficXu,  ({iiam  tarnen  habet  in  habitu  (dist.  3*3,  2).  9Ule  Tugenben  fmb  {ufammen^ 
gefaxt  in  ber  ^icbe.  Xtefe  ift  (SrfüUung  i>ca  Cäefe^es.  Xas  fü^t  toeiter  ju  einer  &► 
tldning  Der  ;^ehn  ^i^ebote,  toobei  ber  ^ombarbe  toieber  befonbcri^  ^ugo  folgt.    Xabei  toii^ 

KO  eingef^enbet  gerebct  bon  ber  iTüge  (dist.  38)  unb  bom  ÜReineib  (dist.  39),  33ei  bem  Setbot 
be^  Zui}Uni  tommt  auc^  bas  ^i^^berbot  ^ur  Zpxad^t,  Tl\t  äluguftin  unb  ^ieronl^mu^ 
toctben  bie  u.Hurac  bertoorfen,  est  enim  usura,  ut  ait  Augustinus,  cum  quis  plus 
<!xi^it  in  [X!cunia  vel  qualibet  re  quam  acceperit  (dist.  37,  3).  So  toerben  in 
biefem  ^/tbf^^nitt  bie  toefentlic^ften  etbifc^cn  ißrobleme  erörtert ;  bie  Segrenjung  bed  Stoffel 

tA  t[t  für  bie  Sc^olaftit  ma^ebenb  getoorben. 

Xas  bicrte  )Buc^  ^anbett  bon  ben  Salramenten.  älud^  ^ier  ift  ber  i^ombarbe  ni(^t 
ate  felbftftänbiger  Xenter  aufgetreten,  bon  fo  großer  Sebeutung  feine  Sel^  für  bie  (yoI^^ 
))eit  getoorben  ift.  (£r  folgt  ^ugo  unb  @ratian^  Xelretum.  3lber  bon  Sebeutung  loar 
e«   1.  ba^  er  als  erfter,  fo  biel  toir  toiffen  (@anbul))^'0  \^ox^  unb  beutlic^  fteben  @a< 

vo  tramentc  abgrenjte  (f.  Seeberg,  X&  II,  ü3),  2.  ba|  er  bie  bogmatifcf^en  fragen  für 


CoDibaTtinfi 


641 


bie  ein^elnfn  Satratitcnte  ^erfleßle,  freilief)  ab^ängid  Hon  feinen  SiorgünfieTii,  3.  bag 
et  ben  liti^ciiiKfeUii^en  Stoff  ber  bDflniatiJt^cu  i;e^re  einfügte  (jo  auä}  ®anbulv&,  53c= 
nifle  2Ir[^.  I,  622).  —  5)iE  ©aframente  finb  S'''*""  "'i^'  """^  significandi  gratia, 
sed  etiam  sanctificandi  cinflcfe^t  (dist.  4,  2).  —  ^utf^)  bie  laufe  wirb  bem 
3)lenfi^en  bie  ßtbflinbe  erlaffen,  inbein  bic  GcnciUiifteiij  gc(dStcäc()i  unb  bie  Si^utb  t 
nufgefjoben  mitb  (II,  diät.  32,  2).  2)1«  JtonRrmation  beirim  donatio  Spiritus  sancti 
ad  robur  (IV  dist.  7,  1),  ^ili  baS  3lbenbma^l  gilt  bie  conversio  ber  einen  6ub:^ 
flanj  in  bie  anbete  (dist.  10,  4),  o^ne  bag  nähere  eingaben  gemad;)  werben  tonnen 
(dist.  II,  3).  ICie  f^mbolifctie  ^uffafyung  toiib  abgelehnt,  ebenfo  ober  bie  3)Ieinung 
„einiget",  bafe  bie  Stot;  unb  9Beinfubftani  erljalten  bleibe  (ib.  i,  fo  lehrten  einige  Be-  k 
rengariani  <.  Seeberg,  23@  11, 59  3Inni.).  wegen  unferet  täglii^en  @ltnben  wirb  G^ti^ä 
tägli(^  in  ber  3»effe  geojjfert  (dist,  12,  7).  ^n  ber  Sufele^re  Ejat  ber  üombatbc,  atbolorb 
folgenb,  ben  Umf^roung,  ber  fii^  in  ber  äSuftpTtinä  DDÜjDgen  tiatte,  t^eoretifc^  ju  red)t: 
fettigen  berfuc^t.  ^ie  ^u^e  beftetit  in  ber  contritio  unb  confessio,  bie  nii^t  nur  bor 
®ott,  fcmbem.  Wo  mi^glic^,  aud)  Bor  bem  ^riefter  abzulegen  ifl  (dist.  17,  3,  4).  ^n  bie  it 
confessio  [c^Iiegl  |id)  bie  absolutio,  @ptt  loft  unb  ber  !ßriefter  lüft,  aber  beibe  allter 
(dist.  18,  6).  2;iejprieftetU[|e  Sofung  fc^licfet  Weiter  in  (idj  bie  Auflegung  ber  Satia= 
fottion,  refp.  ü/xt  (Erleichterung  (dist.  18,  7).  5)ie  Trennung  ber  Sufee  in  jWei  SIEte 
(ßontrition  nebft  Seidtte,  unb  ©atiöfattion)  folgt  Sllinlatb  (Tilgung  ber  ewigen  unb  bet 
jnttit^en  ©träfe),  bie  Setbinbung  oon  Sei(tte  unb  utiefteitidiicr  Slbjolution  löft  ein  bei  a 
Stbälorb  übrig  gebliebene^  ^toblein  (Wogu  bie  Ütc^Eictie  3lbf olution'O  imlnfc^lug  an^ugo. 
^te  le^te  Ölung  bient  ad  peccatorum  remissionem  et  ad  corporalis  infirmitatiB 
BÜevationem  (dist.  23,  2).  Iiie  SJarftettung  bet  Drbination  Wie  ber  ®^e  bewegt  ficft 
in  ben  litdfenrei^tiictien  ®eteifen.  Iiie  (iriefierti^e  ©etDoIt  (t^tiefet  fi(^  an  bie  SaEiamente ; 
consecrat  enim  et  Banctificat  (dist.  24,  9).  —  S""*  ©t^'ufe  loirb   in   lelatiß  [elbft:  2t 

Sänbiger  3Seife  Con  ben  legten  S^ingen  gefproi^en.  ßuetft  bon  bet  3Iuferfteljung,  bont 
Ittt  unb  ba  (Seftalt  ber  (Srftanbenen,  bon  ben  reoeptacula  animaruin,  bon  ben  suf- 
fragia  defunctorum,  Uom  3t'ftanb  ber  Söfen  nad)  bem  ^obe,  bon  @otteä  @etc(^ligteit 
unb  93arm^etäig!cit,  femer  »oin  iüngflen  ©eric^t,  bet  ®eftalt  bcö  SHic^lcrö,  ben  t}etf(l)iebenen 
mansiones,  bom  Suf'ai'b  bn  Serbammtcn.  ■■» 

3)a«  ift  bet  Wejentlidie  ^n^iatt  be«  großen  ^ßJerteS.  Sr  beftätigt  bie  33emettungen, 
bie  hjit  übet  bie  SJietljobe  beö  ßombarbcn  gemactn  Eiaben.  (Sr  irar  ein  fleißiger  ©ammler 
unb  ein  leibenfc^iaftälDler  ^ornjittator,  ein  nücfitemer  unb  befc^eibcnet  @ele(irter  unb  er  bejag 
ein  et^eblid)eg  formale^  Talent.  1ia,S  befähigte  i^n  ein  Seijtbui^  ju  fc^affen,  bai  ^afyc= 
bunberte  übet  ali  flompenbium  bram^bot  biieb.  (Serabe  bafe  i&m  jebe  ©put  bon  ®cnio=  x 
utät  unb  ftattei  pertünlicliet  übetjeugung  abging,  ermijglit^te  bie  33orjitge,  bie  feinem  Suc^ 
feine  ©tellung  alö  einet  Sibel  neben  bet  JBtbel  erwarben. 

2;ro^  aller  Siotfidjt  unb  Objeltibitöt  ^at  et  boc^  9fieinungen  aufgefteHt,   bie  fpäteten 
Seiten  für  irrig  galten.    aSon  ben  älnfecfetungen,  bie  feine  Irinitätölebre  unb  ßljriftotogic 
«fugten.  War  fcfion  bie  fflebe.     Sluf  bem  Satetanfonjil  bon  1179  foH,  nac^  SSalt^et  bon  41 
Sl  Biltot,   bie  3tbfi[i&t  beflanben  ^aben,   bie  ©entenjen   beä  Sombarbcn   ju   bctbammen. 
91Ö  übet  ein  ftanji^fifc^er  Sifc^of  für  feinen  £e^ret  einlteten  WoDte,  meinten  bie  fiatbinölc, 
jie  feien  ju  etnfteten  jiingen  jufammengetDmmen.  Iiabei  ^atlc  ti  fein  SeWenbcn.  ©eit  ber 
WlittebeS  13.3a^tt).  (jabenbieMagistri  Parisienses  at^t  ©ä|en  beä  Ißombatben  nii^t  golge 
geleiftet ;  ^onabentuta  meint,  fte  [eien  nic^t  aufreiht  ju  erhallen,  ne  amore  hominis  veritati  u 
tiat  praeiudicium.     l^ä  finb  [olgenbe:  1.  quod  Caritas  quae  est  amor  dei  et  pro- 
ximi  noD  est  quid  creatum,  sed  increatum,  2.  quod  haec  nomina  trinus  et  trini- 
tas  nou  dtcunt  positionem,  sed  privationem  tantum,  3.  quod  in  angelis  beatis 
praemium  praecessit   et   meritum  respectu   substantialis   preemii   habet  sub- 
sequi,    4.  quod  nihil   de  cibis  transit   in  veritatem  humanae  naturae  oec  per  e* 
generationem  neo  per  nutritionem,  ö.  quod  anima  exuta  a  corpore  est  persona, 
6.  quod  Christus  fult  homo  in  triduo,  7.  quod  baptismus  loannis  cum  irapo- 
sitione  manuum  aequipellebat  baptismo  Cbriati,  ita  quod  baptizatus  baptismate 
loannis   in   fide  trinitatis  non  erat  rebaptiKandus,    8.  quod   deus   potuit   alii 
dare  (namlit^  bie  potestas  baptizandi  interius)  et  quod  creatura   potuit   susci-  ^ 
pere,    et    similiter    quod    deus    potest    potestatem    creandi    communicare    et 
creare  per  creaturam  tanquam  per  ministrum  (Chartul.  univ,  Paris  I,  220  f.; 
Sonabentura  in  Sent.  II  dist.   41  art.   3  quaeat.  2  dub.  3 ;   ebenfo   in   ber   prae- 
locut.  jura  2.  S9u(^).    3"   ^'^1^"  Sajen   finl"   \V^tn  nod?  Weitete  getommen  (f.  (Char- 
tul. I,  221,   ainm.  ju  n.  194).    ITtan   bejeittincte   fte   alä   in   SUiberfpru^   pt  bet  oü» « 
lbaI'«BC«t[ftpUic  tfli  Z»mUiI(  UDt  Sii4(.   B.  a.  zi  41 


642  2iitt(«rtaS  2^  »et  kai  ^Aricni 

gemeinen  ÜReinung  ft^enb,  f.  $rotmd  @.  108  ff.  2)ad  ffcd  cbn  W  aSiibmg  bc9  9iu^ 
nu^t  mifge^olten.  &q(m  Sloger  Saco  Ilagt  {vm  1267)  boxfiber,  biÄ  Ue  Sorfcfungen 
über  bie  Sentengen  bie  biblif^len  SSorfefungen  gam  tn  bm  @<^en  geftcDt  Rotten  (Char- 
tul.  univ.  Paris.  I,  473).  Um  1286  betrug  ber  amtlich  filterte  $reid  für  cm  Sroiu 
6  )ßlax  ber  ©entengen  3  @oL  (ib.  I,  645).  9(uc^  noc^  ber  äteformatiim  fmb  Stommemare 
über  bie  Sentenjen  beS  Sotnborben  t>erfa^  iDorben  (bef.  bon  2)mmmb£S  6«^  imb  bem 
9{id)erlanber  Sfttud).  £titl^  urteib  üba  bie  Sentenaen:  Rollen  tmr  ber  Sötcr^yru^e 
Dergleic^,  fo  la^  und  Magister  Sententianim  für  ne^en,  ber  ifl  in  bicfem  SBoI 
über  bie  Stoo^  fleißig  unb  und  lange  jubortommen.     2)enn  berfelbe  fyd  atul^  \olSft 

10  9{nfe(^tung  bon  ber  Ungleid^^eit  ber  ^er  gel^t  unb  fo(^  Soi^n  ab^d^m  imrflen. 
Unb  meined  Seiend  1^  er  ed  beffer  gemocht,  beim  tmrd  ma^jNOt  toüid)en.  .  .  bie  (Simdlia 
unb  SSoter  j^onbeln  etlid^e  @tücle  ber  (^riftlic^en  £e^,  leiner  aber  banbeb  fte  oBe, 
tane  biefer  9)tann  t^ut,  ober  iebo<^  bie  metften.  Sba  bon  ben  reiften  Sbttlebi  aU  Fi- 
des et  lustificatio  rebet  er  }u  bünne  unb  )u  fc^toac^,  ob  er  too^  bie  ®nabe  0ottcd 

15  l^o<^  genug  t)reifet''  (SS  25,  258). 

3.  ätu^er  ben  Sentengen  beft|en  toir  bom  Sombarben  noc^:  Gommentarins  in 
psalmos  Davidicos  sive  Glossa  magistralis  ex  selectis  et  orthodoxis  auctoribos, 
)uerft  gebrucft  9lämberg  1478,  Safel  i486,  bann  $arid  1537,  bei  Bfigne  PSL  191, 
31 — 1296.    ©obann:   (Tollectanea  in  omnes  D.  Pauli  apostoli  epistolas,    odrudt 

20  juerft  $arid  1535,  bei  MSL  191  unb  192.  Seibe  3Bede  biden  in  ber  93«^  ber 
mittelaUertidS^  Satenen  3uf^^^^{^^u^9^  bon  @a|en  unb  Srflorungen  ber  itirc^ 
bater  fotoie  einiger  älterer  mittelalterlicher  Zl^eologen:  ber  Somborbe  bcDomtgt  ben 
tieferen  m^ftif^Kn  Sd^ftfinn.  ^ie  unb  ba  finben  fup  tn  bem  an  jtoeita  Smk  ge^ 
nannten  3BerI  auc^  eigene  SSemerhtngen.  —  Sine  9{ei^  bon  Seiften  tmrb  noc^  als  mp 

25  gebrucft  aufgefü^:  nömlic^  ©loffen  über  bad  S3ud^  ^iob  unb  ein  5tommentar  über  bte 
@t)angelien^armonie.  3)ie  (Sd^t^eit  bed  le^teren  Sßerted  toirb  bejtoeifelt,  gebrucft  tmn^  cd 
1483  unb  1561.  9laci^  ber  Hist.  Htt.  de  la  France  XII,  603  foOten  fic^  bie  (Stoffen 
)u  ^iob  in  ber  3(btei  <5abign^  in  ber  Stormanbie  ober  f})äter  in  ätoranc^  finben  (p^ 
£elong,  Bibl.  sacra,  $arid  1723,  II)  finben,  aber  $rotoid  (p.  122.  148)  bemeint  bad. 

80  3lad^  ^brictud»3Ranft  (Biblioth.  med.  et  infim.  lat.  V,  262)  befinben  fU^  in  biblio- 
thec»  Lipsiensi  teste  Fellero  p.  182,  ein  SSrief  bed  Slmolb  bon  9le^  cot  ben  Som^ 
barben  unb  jtoei  93riefe  bed  Sombarben  an  ^^ilipb  bon  ät^eimd;  einen  (Srjbifc^of  $^tli)))) 
\)on  9l^etmd  ^at  ed  im  12.  ^[a^^unbert  freilid^  nic^t  gegeben,  ed  mü^e  eine  äSertoecf^ 
lung  angenommen  toerben  (Hist.  litt.  etc.  XII,  603  n.).    Son  Sdanbd  Sbigobe  einer 

35  Apologia  toar  fd^on  bie  Siebe  (@.  632, 48).  %>d)  berichtet  @anber  (Bibl.  belgica  manu- 
scriptorum,  ^^nfulid  1641,  II,  147)  bon  Petri  Lombardi  methodus  practicae  theo- 
logiae,  in  ber  Slbtei  älfflig^em  in  Selgien,  aber  bie  @c^ft  ift  nid^t  belannt  getooi^. 
3)em  Sierfuci^  3Rignond  (f.  oben  bie  Sitteratur)  bie  bem  ^ugo  t)on  ^t  9$ittor  jugefc^e^ 
bene  Summa  sententiarum  bem  Sombarben  ald  SSorarbeit  ju  ben  Sentenjen  bet^tlegen, 

iobermag  ic^  nid^t  beizutreten.  Sagegen  fprid^t  k)or  allem  bie  gefd^ic^tlic^e  Überlieferung  (j.  9. 
^einrid^  k).  @ent  de  scriptonbus  eccles.  25,  k)gl.  3Rignon  @.  518. 522).  ^xt  bottlic^ 
Sibl^ängigteit  unferer  Sentenzen  k)on  biefem  2Bert,  eiUfprid^t  nur  ber  @igenart  bed  Sombarben. 
@nblt(^  beft|t  bie  iRationalbibliot^et  )u  $arid  jtoei  ^anbfc^riften,  bie  eine  aud  bem  9m 
fang  bed  13.,  bte  gtoeite  aud  bem  14.  ^a^r^unbert  (Lat.  ms.  18,  170  unb  lat.  3,537; 

45  anbere  ^anbfd^riften  Hist.  litt.  XII,  603),  bie  25  lateinifc^e  ^t^rd)igten  entölten  (f. 
^Protoid  ©.  123  f.).  «ßrotoid  ^at  aud  i^nen  audjtige  mitgeteilt  (©.  126—147).  «n  ber 
@c^t^ett  biefer  Sieben  ju  }toetfeln  liegt  fein  @runb  \>ox.  ^n  n)ürbiger,  bielfa^  r^rifc^ 
gefteigerter  ®pxad^(i  galten  bie  ^rebigten  im  ganjen  ben  ®ebanfentreid  ber  bomoligen 
m^ftifd^en  ^mmigteit  in  gemäßigter  SBeife  ein.    3)ie  ollegorifd^e  Sc^riftctudlegung  btf 

60  ^errfci^t  fte,  ed  fe^lt  nic^t  an  frönen  t)rahtfd^en  SBenbungen,  bie  2)ogmati{  tritt  jurfid, 
bri^t  aber  bod^  gelegentlid^  l^erbor,  g.  S.  in  annuntiatione  domini :  siout  igitur  omni 
corruptione  caruit  iste  conceptus,  ita,  etsi  haeretici  aliter  garriant,  in  con- 
ceptu  et  partu  integer  exstitit  et  intemeratus  Virginis  uterus  .  .  .  Quod  non 
impossibile  videtur,  si  quis  de  dei  potentia  non  humano  sensu  disputet.    At- 

65tende  enim,  quod  solis  radius  cristallum  penetrans  nee  ingrediendo  perfont 
nee  e^rediendo  dissipat  etc.  (^rotoid  @.  141).  3)ie  ^rebigten  beftätigen  bod  9tlb, 
bad  ton:  und  bon  bem  Sombarben  gebilbet  ^aben.  H.  Seeberi. 

Sod  bei  ben  Hebräern.  —    Sitterat ur:  Ueber  bie  9ln»enbung  bed  Sofed  imISIter« 
tum  überhaupt  og(.  (S^r^fanber,  De  Sortibus,  HaL  1740;  ^ale,  Orac  ethn.  C.  14;  fotter, 


Sud  bei  bot  ^ebrSeni  643 

9[T4fiot.  I,  730;  SSiham,  Mm,  9lltert^.  I,  540;  bei  ben  ^ebräern  indbef.  üg(.  M.  Mauritü, 
Tr.  de  sortitioDe  ap.  vet  Hebr.,  Basil.  1692;  bie  SHealroörterbüt^er  Don  ^iner,  Stie^m  2C.; 
bie  9[T(bAologien  t>on  ^e  ^ette.  C^malb,  ^til,  ^otoaä,  ^enainger;  bie  bibl.  ^^eofogien  (refp. 
9{eUgiondgef4i(bten)  t)on  Oe^Ier,  @(()ul6,  @menb.  iRarti;  @tQbe,  ®ef4.  Sdraeld  I,  471^.; 
DgL  au(4  ben  ^rtifel  Urim  unb  S^ummim. 

Unter  ben  3)littdn,  mit  benen  man  im  alten  ^ael  ben  SßiEen  ber  ©ott^eit  ju  er« 
foric^en  fud^te,  fielet  obenan  (pon  ber  ^ro^^etie  natürltd^  abgefeilten)  ba^  Sodoratel.  3)a^ 
feloe  mag  in  alter  QÄt  in  berf^ebenfad^er  SSeife  ge^anb^obt  tDorben  fein.  3Bir  l^abm 
6)niren,  bag  bad  @tabIofen,  St^abbomantie,  ben  ^draeliten  nic^t  fremb  toax.  Stäbe 
(ober  Pfeile),  benen  eine  beftimmte  SSebeutung  beigelegt  tourbe,  ober  bie  mit  irgenb  einem  lo 
3ei(i^  berfeij^en  toaren,  iourben  in  einem  Sel^ölter  (ettoa  in  einem  5löc^er)  gejc^üttelt, 
btd  ein  @tab  l^eraudft)rang  unb  bie  getoünfci^te  @ntfd(|eibung  gab,  ober  man  jog  blinbUngd 
einen  ber  @töbe.  3loi^  jur  3^  ^^  $of^  fd^eint  biefe  ^rt  bed  So^oralet^  im  9!orbreid^ 
toenigftend  geübt  toorben  gu  fein,  t>gl.  $o  4,  12 :  ,,3Rein  93oII  befragt  fein  @tücl  ^ol) 
unb  fein  @tab  giebt  ii^m  Sefc^eib/'  ^deliel  (21,  26  f.)  ertoä^nt  bad  @tab«9efragen  ald  i6 
bab^Ionifc^  @itte:  ber  5lönig  Don  Säbel  ftel^t  am  Sc^eibetoeg,  um  ba$  Oralel  ju  be« 
fragen :  er  fd^üttelt  bie  Pfeile,  befragt  ba$  ©ottedbilb  ....  in  feiner  $anb  ift  bad  Sod 
„^[enifalem''.  3).  1^.  er  fd^üttelt  am  Jtreujtoeg  bie  Pfeile,  um  ju  erfahren,  too^in  er  ftd^ 
toenben  foO;  ber  $f eil,  ber^erufalem  bebeutet,  ift  ^erau^elommen,  unb  bamit  ift  i^m  bie 
erbetene  SBeifung  g<^eben.  Sei  ben  alten  9(rabern  toar  ebenfalls  biefed  $feilorateI  fe^r  20 
in  Übung  (togl.  SBeul^aufen,  @{i»en  III,  126  f.).  @torenger  (Seben  unb  Se^re  bed  SRo« 
bammeb  I,  259  ff,)  fül^rt  an,  ba|  in  ber  5laaba  )u  3ReKa  fieben  @täbe  Don  Derfc^iebener 
gorbe  je  mit  einem  SSort  befd^rieben  fid^  befanben.  Seim  Sofen  gab  bie  ^rbe  ber  @täbe, 
ober  bte  ^eraui^^ringenben  Sßorte  ben  älu^fd^Iag. 

S)tefe  unb  anbere  3RitteI,  bie  ©ott^eit  ju  befragen  (Xotenbefragung,  ©eifterbefd^toö«  25 
rung,  ©cplongenjauber  unb  bergl.,  toa^  im  alten  ^wad  in  Übung  toar),  tourben  im 
^ol^bn^uS  na(^  unb  nad^  Dert)önt  atö  ^eibnifd^e  ß^uberel  ^ad  SBort,  ba^  im  Srabifc^en 
bod  Sefrogen  ber  Sodoralet  bejeid^net,  istiksäm,  unb  bad  einft  too^l  aud^  im  $ebräifc^en 
terfür  in  Übung  toar,  be}eic^net  in  ber  un$  erl^ltenen  Sitteratur  immer  nur  bad  aU 
etbnifd^  3^^^^  berf)önte  Oraleltoefen,  nie  bie  im  ^a^toidmu^  geoulbete  ^orm  bed  90 
fen«  (t>gl.  ffieOl^ufen,  ©Kjaen  III,  126 f.;  SB.  91.  ©mit^,  Jouro.  of  Phü.  XIII, 
76  ff.  •  ©efeniu«,  thes.  1224;  ©tabe,  ®efc^.  3«r.  I,  505). 

90^  \clUi)t  legitime,  im  ^toi^ud  suläffifie  $orm  bed  So^oraletö  tourbe  nur  bad 
2ofen  mittdft  ber  Urim  unb  3^ummim  (D"'*iw  unb  ü^rf)  anerfannt.    35ie  $anb^abung 
biefed  Sofed  fe^t  noA  ben  Sendeten  über  bie  einzelnen  ^^e  feiner  älntoenbung  bad  so 
Sor^benfein  eined  @})^ob  Dorait^.    SBir  lönnen  ^ter  bie  ©treitfrage,  toa^  ber  (S^^ob 
urfprüngli(9  toar,  ru^ig  bei  feite  laffen.    l^ebenfaQd  ftanb  er  in  engfter  Serbinbung  mit 
bem  Sodorald.    3)aiS  betoeifen  ©teOen  toie  1  ©a  14,  18  (too  mit  LXX  ephod   ftatt 
aron  dohim  )u  lefen  ift);  23,  9;  30,  7.    SBenn  ©aut  ober  SaDib  ^al^m  burd^  £od 
befragen  tooOen,  fo  erteilen  fie  bem  ^riefter  ben  Sefe^t :  „Sring  ben  Spbob  ^er'^    ^er  «o 
^rießer  nimmt  bann  irgenb  toelc^e  SRani^uIationen  mit  bem  @p^ob  Dor,  bie  einige  3^^ 
in  Xnfpnu^   ne^en.    98ie  einmal  Dor  Seginn  ber  ©c^lac^t  mit  Den  ^^iliftem  bie 
Reit  brdngt,  ba  brid^t  ©aul  bie  fd^on  begonnene  Befragung  bed  SofeS  ab  (1  ©a  14, 19). 
SDa|  ed  fUb  in  biefen  ^^en  immer  um  Befragung  mtttelft  beiS  SofeiS  l^nbelt,  jeigt  bie 
fogleic^  nä^er  )u  bef^rec^enbe  @r}ä^Iung  in  1  @a  14, 37  ff.  unb  bie  ganje  9(rt  ber  ($rage<  46 
^una  (f.  unten). 

&a  ber  eben  anpefül^en  Sr^ö^Iung  Don  1  ©a  14,  37  ff.  erfahren  toir  nun,  ba^ 
bie  2ofe  felbft  —  jtoet  an  ber  309I  —  ben  5Ramen  Urim  unb  I^ummim  trugen,  ©am 
betet  Dor  ber  Befragung  be^  Dralel^:  „^[al^toe,  bu®ott^raefö,  toe^l^  ^aft  bu  beinem 
^^tt  l^eute  nic^t  geanttoortet?  3Benn  bte  Serfd^ulbung  an  mir  ober  meinem  ©o^ne  50 
Sonata  ^ftet,  fo  la^  „Urim"  erfc^einen,  lüftet  fte  aber  am  Sol!  g^ael,  fo  laft  „3:^ums 
mim"  erfc^en  (fo  noc^  LXX,  DJgl.  X^eniu^,  äBeO^ufen  unb  3)riDer  i  ©t.).  (Sbenfo 
erf<^einen  Urim  unb  ^^ummim  1  ©a  28,  6  neben  träumen  unb  $rot)9eten  unter  ben 
orbentlidS^en  3)litteln  ber  göttlichen  Offenbarung;  Dgl.  auc^  1  3)t  33,  8:  beine  Urim  unb 
73juma&m  ge^bren  ben  Seuten  bed  bir  Ergebenen  (ben  SeDiten ;  f.  unten).  3Bad  biefe  55 
ffiorte  Urim  unb  Zl^ummim  bebeuten,  ift  DöQig  bunlel,  barüber  Dgl.  aud^  ben  91.  Urim 
unb  Zl^mim. 

9(uc^  toorin  biefe  Sofe  Urim  unb  X^ummim  beftanben,  toirb  un$  nirgenbd  nö^er 
befc^eben  —  begreiflic^ertoeife,  benn  jene  alten  Srjö^ler  tonnten  bad  al^  ohgemein  be< 
laimt  Dorau9fe|(en  unb  bie  f))ätere  mu^esilifc^e  3^  ^^  falber  leine  rechte  Sorftdiung  00 

41* 


644  £od  (et  bat  ^efettertt 

me^r  baDon,  toa^  Urim  unb  ^ummim  tt^oren.  ^mmerl^m  fönnen  totr  über  bte  Xn- 
toenbung  ber  Urim  unb  ^ummtm  tDenigftend  bte  $au))tfad^en  aud  unferen  Serid^tm 
entnel^men.    ^n  faft  aQen  Stellen  ^anbelt  ed  ftd^  um  ehte  einfädle  älltematibe;  )tDtf<^ 

E'  ei  3JlögIid^Ieiten  foQ  bad  £o^  entfd^eiben.  ^ad  eine  3Ral  {tnb  ed  gam  tnröitd  gefidite 
agen,  auf  bie  bie  ©ott^eit  nur  mit  ,, ja"  ober  ,,nein"  antworten  foD :  SÖBirb  ©aul  geaen 
gtla  l^erabjiel^en ?  äßerben  bie  S3ürger  Don  ^egila  mid^  ausliefern  (1  @a  23,  9 ff.)? 
@oQ  id^  bie  $orbe  ber  9lmale{iter  Verfolgen  (1  @a  30,  8)?  unb  bergletc^en  fragen  (ä^ 
3)abib  3al^n)e  burd^  SoSoratel  entfd^eiben  unb  ^aJ^toe  anttportet  i^m  mit  „ia"  ober 
,,nein"  (tjgl.  nod^  2  ©a  2,  1 ;    5,  19 ;    3ub  20,  23).    S)ad  anbere  ÜRoI  foU    boS  2o« 

10  jkoifd^en  jkoei  3JlögIid^Ieiten  mäl^len ;  gilt  eiS  aud  einer  3R^xuif)l  Don  3Röglt(^fetten  bie 
rid^tige  l^eraudjufinben,  fo  toirb  burc^  9tudfd^(u^  einer  9R5gIid^Ieit  nac^  ber  anberen  bie 
^iUIe  berfe(ben  auf  jtoei  rebujiert.  SefonberS  (e^rreid^  fmb  bie  ^olle,  too  auS  einer 
großen  SRenge  ein  @in}clner  burd^  bod  fioS  beftimmt  toerben  foQ.  äBie  @aul  ben  @d^u(s 
bigen  auS  bem  ganjen  3$olI  burd^  £od  auiSfinbig  mad^en  toill,  ba  toirb  erft  gtoifc^  bem 

16  ^eere  einerfeitS  unb  @au(  unb  ^onat^an  anbererfeitS  ge(oft,  bann  toieber  )tDif(^en  Soul 
einerfeitS  unb  ^onatl^an  anbererfettd  (1  @a  14,  38  ff.).  SBie  ^ofua  ben  3)teb  ya  ep 
mittetn  fud^t  (^of  7,  16  ff.),  ober  toie  Samuel  ben  bon  ^al^toe  jum  ftönig  befHmmtcn 
3Rann  audlofen  toill  (1  Ba  10,  20  ff.),  ba  gefd^iel^t  bad  in  ber  SBeife,  bog  erß  Stamm 
für  @tamm  unter  bad  fioS  tommt,  bann  toirb  Don  bem  burd^  SoS  getroffenen  Stamm 

90  eine  ^milie  nad^  ber  anberen  au^eloft,  unb  enblid^  mu^  auiS  ber  getroffenen  ^miGe 
einer  nai)  bem  anberen  l^erjutreten  unb  über  jleben  toirb  bad  Sod  getoorfen.  @benfo  ^oben 
n)ir  und  ben  SSorgang  ju  beuten,  toenn  burd^d  £od  ber  Stamm  bejei^et  toirb,  ber  im 
ÄanH)f  üoranjiel^en  fott  (SRi  1,  1;  20,  18). 

9Iad^  aUebem  betommt  man  bon  bem  l^eiligen  £od  Urim  unb  ^ummtm  ben  Sim 

26brudC,  ba^  ed  jtoei  ©egenftönbe  irgenb  toe(d^er  9(rt  toaren,  bon  benen  ber  eine  „\a",  ber 
anbere  „nein"  bebeutete,  benen  aber  aud^  in  tebem  einzelnen  ^aS  eine  beliebige  anbere 
S3ebeutung  beigelegt  toerben  lonnte,  toie  g.  S3.  1  Sa  14,  38  ff.,  too  „^imnnim''  bad 
SSoIf,  „Urim"  Saul  unb  ^onatl^an  be^eid^nen  foQte.  Ob  irgenb  toeUe  S3orte  auf  bem 
Sofe  ftanben,  ettoa  eben  btefe  9Iamen  „Urim"   unb  „Si^mmim",   ob  ui^  toie  fte  fu^ 

80  burd^  il^re  ©eftalt  unterfd^ieben,  barüber  erfai^ren  toir  gar  nid^td.  Sd^on  S^cer  (de 
leg.  Hebr.  III,  Sif[ert.  7)  l^at  bie  Vermutung  aufgeft^t,  ba|  bie  Sofe  in  gioei  Seinen 
©otte^bilbem,  Xera^^im,  beftanben.  Stabe  (®efd^.  ^dr.  1, 472)  Dertoeift  baju  nomentTu^ 
aad^  auf  bie  2;^aifad^e,  bag  @^l^ob  unb  %tta!pf^vm  mei^rfad^  nebeneinonber  genannt  tx>erben 
($of  3,. 4;  m  17,  5).    Sud^  fann  man  nod^  anführen,  ba^  2  Äg  23,24  bie  Ierai)^im 

86  neben  nin^n  unb  S''?-7.n  fte^en,  alfo  too^I  ebenfalls  irgenb  toelc^  SSertoenbung  beim 
Dratelgeben  fanben.  Stabe  Dermutet  bann  toeiter,  ba^  bieUeid^t  bie  %na!pf)xm  ald  ^onen 
^u  faf[en  feien  unb  hai  im  Urim«  unb  ^^ummimoralel  bie  Umbilbun^  eined  Stanen^ 
orofeld  gum  ^a^toeorafel  Vorliege.  „3)er  urf))rüng(id^  angerufenen  ©ottl^ett  ifi  ^a^tüe  ati 
2lnttoortenber  fubftituiert  loorben."    „ßlo^im  fragen"  ober  „ben  Jl^eraj)^im  fragen"  toäre 

10  eine  uralte  ^l^afe,  n)elc^e  burd^  jüngere^  //^al^toel^  fragen"  eine  Umbeutung  getoomtm 
^atte."  älQein  fo  h>a^rfd^ein(id[i  ed  and^  ift,  ba^  ber  %cta^f)m  ald  ©ottedbilb  )u0ralel< 
jtoeden  gebraud^t  tourbe,  fo  toenig  ftd^iere  9(nl^alt^uitlte  l^oben  Urir  bafür,  ba^  gerabe  bie 
£ofe  bad  mit  bem  @))^ob  üerbunbenen  Drale(d  in  p>Ä  Xera^^im  beftanben.  2)te  eimige 
Stette,  bie  un«  über  bie  gorm  be«  SC^eroto^im  unterrid^tet  (1  Sa  19,  13),  fjjric^t  bafür, 

46  ba^  fte  ®röfee  unb  Oeftalt  Don  2Renjd^enfö})fen  Ratten. 

e«  fommt  ani)  bor,  bafe  ^al^toe  feine  Slnttoort  giebt  (1  Sa  14,  37;  28,  6).  5Da« 
ift  ein  3^'^^^  ^^^  ^ai}to^  jümt  unb  bag  eine  fd^n)ere  Sd^ulb  auf  bem  SSolI  laftd.  9n' 
junel^men,  ba^  in  f old^en  fällen  beim  Schütteln  ber  Sofe  teined  ber  beiben  )um  93orf(^ein 
gelommen  fei,  ober  aber  beibe  gugletd^,  ift  leine  ganj  befriebi^enbe  Srflärung.  9tan  toirb 

eoel^er  annel^men  muffen,  bajs  aud  getoiffen  SSorfommniffen  betm  SSoQjug  bed  Sodtoerfend 
ber  ^riefter  ben  Sd^Iujs  ^og,  bo^  bie  ©ottl^eit  nid^t  anttoorten  tooQte,  unb  bann  ben  leken 
3(It,  bad  eigentliche  äBe^en  ber  Sofe  gan^  unterließ.  9lud^  bad  \P^^t  bafür,  ha%  W 
äSerfal^ren  beim  Sofen  nid^t  fo  ganj  etnfad^  h>ar,  fonbem  ba^  irgenb  toelc^e  tDm))^iertere 
!Dlani^u(ationen  babei  t)orgenommen  tourben.    Selbftoerftänblid^  liegte  man  jum  $riefter 

66  bad  ftd^ere  3utrauen,  ba^  er  feinet  9(mted  gan^  unparteiifd^  toaUete,  unb  bie  Sntfc^ung 
b©8  Sofe«  eine  ganj  objeftiije  toar. 

2lber  boc^  mufe  in  cinjelnen  göHen  unb  bid  ju  einem  getoiffen  ®rab  ber  fubjcltitwi 
Deutung  bed  Sofe^  burd^  ben  ^riefter  S})ielraum  gelaffen  toorben  fein.  3*^  gtoei  goflen 
toenigftend,  Don  benen  unfere  Srjö^Iungen  berichten,  gel^t  bie  Sudlunft,  bie^^to^  bun^ 

eo  Sod  erteilt,  über  bai^  einfädle   „ja"  ober  „nein"  l^inaud.    S9ei  ber  äBo^t  Scmte  )um 


&0»  tri  bat  ^etrSeni    «  645 

Itönig  onttDortet  bod  So^  auf  bte  f^age,  ob  Soul  im  Saaer  ontoefenb  fei,  nid^t  nur  mit 
fA^"f  fonbem  offenbart  nod^  genauer,  ba^  er  beim  ©cjKia  berborgen  fei  (1  ©a  10,  22). 
Unb  toenn  man  fid^  ba^  au(^  nod^  ettoa  fo  erllären  lönnte,  ba^  man  eine  toeitere  ^^tage 
annimmt,  ettoa:  „ift  er  im  Sager  ober  beim  %xoiV\  fo  ift  bod^  eine  folc^e  ®rlt^ng 
ni^t  mej^r  mdgßc^  in  bem  anberen  ^aS,  (2  @a  5,  23  f.),  too  ^ai^toe  bie  9(ntn)ort  erteilt :  6 
^ie^e  nid^t  binauf,  i^nen  entgegen",  mit  bem  gufa^:  „fonbem  toenbe  bic^  gegen  i^ren 
Salden  unb  romme  bom  Salagepölj  l^er  über  fte  u.  f.  to."  $ier  tommt  man  ol^ne  bie 
Xnnal^e  nic^t  aud,  ba|  ber  $riefter  irgenbtoeld^e  er(äutembe  SrÜörung  auS  eigenem 
^injutl^at  Ob  unb  intoietoeit  bie  fiofe  felber  baju  9tn(a^  geben  fomtten,  toiffen  toir  gar 
nid^t.  Sagarbe  (Sie  rebibierte  Sut^erbibel  19)  bertoeift  auf  bie  ätnalogie  ber  fd^on  oben  lo 
ertuo^ten  Sofe  in  TlMa,  Sie  ^atfad^e  felbft  ift  aud^  bedtoe^en  Don  ^[ntereffe,  n>ei(  fie 
un^  erltärt,  toie  bie  ^anb^abung  bed  Drale(d  getoiffe  Jlenntntffe  borau^fe^e,  bie  nid^t 
iebermamt  o^ne  toeitered  befa^ 

@d  berfte^t  ftd^  nac^  bem  ©efagten  bon  felber,  ba^  bie  $anbl[K^ung  biefed  So^oraleld 
nic^it  jjebermannd  @ad^e  toar.  0)>fem  {onnte  iebermann;  baju  gel^drte  teine  befördere  i6 
Jtunft.  Slber  bie  ©ott^eit  auf  trgenb  eine  SBeife  befragen,  bad  lonnte  nur  einer,  ber  ber 
®ottbeit  ongenel^m  toar,  ü^  Siener,  ein  „9Rann  ©otted".  Senn  nid^t  jebem  ftanb  bie 
Sott^eit  Siebe  unb  9lntn)ort.  Unb  toeiter  mu|te  man,  toie  bemerft,  jur  ^anbl^abung  bed 
Oroleld  unb  jur  @rllärung  bed  So^entfd^eibed  getoiffe  Jlenntniffe,  eine  oetoiffe  "Zed^nil 
l^en.  3)lit  anberen  Sorten,  bie  ^anb^obung  bed  Sofed  ift  Soc^e  bed  Uiriefterfianbed,  20 
beffen  SSoned^t.  Sie  $ut  bed  ©ottedbilbeiS  unb  bie  Erteilung  bed  Sodentfc^eibed  finb  bie 
(^alteriftifd^en  Aufgaben  bed  $rie{|ierd.  %>d)  im  Seuteronomium  toirb  bad  afö  bte 
toefentlid^e  älufgabe  beiS  ^riefterd  bejeid^net,  ba|  er  Urim  unb  2;bummim  Derforgt  unb  ber 
X^ora  toaltet  (St  33,10).  3Rit  „SC^ora"  bürfte  urfbrünglic^  mdftö  anbered  gemeint  fein, 
ald  ber  burd^  ha^  So^  gegebene  göttlid^e  @ntfd^eib,  unb  bad  ^erbum  ^"^  fd^eint  ur-  25 
f))rünglid^  bad  äßerfen  ber  Sofe  ju  bebeuten.  Srft  \pätn  l^at  „2:^ora''  bie  allgemeinere 
Sebeutung  bon  „Untertoeifung"  über^aut)t  erl^alten.  @ben  ber  S3eft^  biefed  SoiSorateld 
bürfte  biel  baju  beigetragen  ^abm,  bad  ^riefteramt  erbltd^  ju  mad^en;  biefe  Jtenntnid 
unb  tSröl^igteit,  ba^  Oralel  ju  ^anbl^en,  bererbte  ftd^  Dom  SSater  auf  ben  @ol^n. 

3n  alter  Qnt  ]p\dU  bad  Sod  eine  gro^e  Stolle  im  Seben  ber  ^aeliten.  @in  @aul  so 
unb  ein  Sobib  tl^un  nid^td  toid^tiged,  o^ne  Dorl^er  baiS  Sod  ju  befragen  (t)gl.  bie  ange» 
fü^^rten  Stellen).  Unb  toaiS  bon  biefen  Jlönigen  erjö^lt  toirb,  bad  bürfen  toir  aud^  bon 
$ribaten  borau^fe^en,  ba|  fte  nömlid^  bei  ollen  möglichen  Slngelegenl^eiten  bie  ®ottl^eit 
burd^  Sod  befragten,  fo  gut  toie  fte  bie  Sienfte  ber  Selber  in  9tnf))rud^  nahmen  (bgl.  1  @a 
9,  6  ff.).  3l<ii)  ber  SSorftellung  bed  ^riefterlobe;  unb  über^au))t  ber  f^öteren  2:rabition86 
tourbe  bad  eroberte  Seftjorbanlanb  burd^  Sod  unter  bie  einjelnen  Stamme  berteilt  (Slu 
26,  55 f.;  33,  54;  34,  13;  36,  2 f.;  3of  13,  6-  14,  2;  23,  4;  5ßf  78,  55;  105,  11; 
9®  13,  19).  Sor  ^ai^toe  an  ber  2:^üre  bed  D^enbarung^elted  in  @ilo  toarf  ^[ofua  bie 
Sofe  (3of  18, 6.  8.  10;  19,51).  ®an}  beutlid^  ift  bier  bad  j^eilige  Sodoratel  gemeint.  Sen 
Xudbrua  Urim  unb  ^ummim  bermetbet  bie  Srjöl^uing,  toeil  man  biefe  bamald  nid[it  mel^r  10 
ob  Sodoralel,  fonbem  ald  gel^eimnidbolled  @tüd  beiS  |o^c^riefterli(^en  Omated  anfal^  (Dgl. 
9rt  Urim  unb  Si^ummim).  Sedl^alb  gebrandet  ber  (Snäi^ler  nur  bm  allgemeinen  31vl^ 
bruct  "yy^.  3lad)  jübifd^er  Xrabition  toaren  bei  biefer  SSerlofung  jtoei  ®efä^e  aufgefteQt, 
in  einem  bie  ^miliennamm,  im  anberm  ebenfobiele  Sofe  mit  S3e)eid^nung  ber  @rbteile; 
ber  $o^e))riefter  mit  ben  Urim  unb  X^ummim  fei  babei  gegentoörtia  getoefen.    Sie  ein*  46 

t einen  SJonbedteile,  bie  bm  ©tämmm  gufielm,  toerbm  ebmfalte  alg  „Sofe"  berfelbm,  ^?'i.\ 
►ejeid^net  (3of  15,  1;  17,  1 ;  3li  1,  3  u.  a.).  Semmtfjjred^enb  nimmt  aud^  §efefiel 
(45,  1;  47,  22)  eine  neue  SSerlofung  bed  ^eiligm  Sanbe«  für  bie  mefftanifd^e  3ww»nft 
in  Slitdfic^t  @bmfo  tourbm  nad^  ber  f))äteren  Xrabition  bie  Sebitmftäbte  unter  bie  Dier 
Sebitmgefc^led^er  t)erloft  (3of  21,  4f.;  8, 10;  1  6^r  7,  63.  65).  Über^aut)t  toirb  3ofuaöO 
angetoiefm,  in  aHm  Singm  burc^  bm  ßolj^ejjriefter  ba^So^oralel  )u  befraam  (9lu  27, 21), 
unb  ba^  bad  in  ber  älngelegml^ett  bed  ^ebm^efuc^eiS  ber  ©ibeonitm  nicpt  gefd^al^,  toirb 
getabeU  (3of  9,  14). 

SSon  befonberer  Sebeutung  toar  ha^  So^pralel  für  bie  @nttoidCelung  bed  9ted^ted  in 
aeL  @d  ift  fc^on  ertoä^nt,  toie  man  in  bunHm  %oSltn  badfelbe  jur  @rmittelung  bed  66 
ulbigm  antoanbte  (3of  7,  16 ff.;  1  ©a  14,  36 ff.),  äud^  fo  mand^er  anbere  ®nt« 
fc^eib  in  9te(^tdfac^m,  bürfen  toir  borau^fefeen,  tourbe  ebmfalld  mittelft  beiS  Sofed  eingeholt. 
So«  toar  noc^  in  f))ätefter  Seit  ©itte  ($ef  24,  6;  ^r  18, 18;  16,33;  TOt  27,35  f.  u.). 
Sie  ^ora  ber  ^riefter,  bie  tote  oben  ertoäl^nt,  btelfad^  mittelft  bed  Sofed  getoonnen 
hmrbe,  toar  in  alter  Qüt  gu  einem  nic^t  geringm  Xeil  redjftlic^m  (S^aralterd.    äBelc^m  ao 


646  2o»  M  ben  ^drimi 

l^o^en  @tnflu^  btefe  ^ota  ber  ^rieftet  auf  btc  Snttmtfehtng  bcd  gonjm  9lec^  ^atte, 
ift  in  bem  9(rt.  ©eru^  unb  Siedet  (^b  VI  @.  572)  gqemt  tootben. 

3Bte  lange  biefed  fio^iyralel  bei  ben  ^raeliten  in  Ümmg  blieb,  toiffen  toir  nii^  @d 
ift  immer  fe^  0ett>aat,  aud  bem  @tillf(^h>eiaen   unferer  toenigen  DueDen  tDritgc^ienbe 

6  @(i^Iüf[e  jiel^en  ju  tt)ouen.  ^mmer^  mu^  afö  auffoJDtenbe  ZJ^aift  bmßattest  tixxben, 
bag  gegenüber  ber  fe^  l^äufigen  SrtDöl^ung  be^  Sofed  jur  3^  @auä  unb  Datribd  bod^ 
fe(be  bon  @aIomo  ab  gar  nid^t  me^  genannt  tt)irb.  äBol^l  erfdjfeinen  @)>^ob  unb  %ctQ^ 
pi^m  aud^  noif  in  f))äterer  3^t  ald  Shtdrüftung^egenftänbe  bed  ^etligtutnd  ($of 
3,  4),  aber  ob  bamit  noc^  bie  Befragung  bed  SodorafeB  berbunben  toor,   ecfoi^cen  toir 

10  nid^t.  S3on  einer  Befragung  bed  ledigen  Sofed  l^dren  toir  feit  Solomo  nidfti  me^. 
ÜRan  tDirb  baraud  tüenigften^  fo  Did  fd^Kej^en  bfirfen,  ba|  bad  ^ige  Sodorolel  ettood  in 
ben  ^tntergrunb  gebrängt  tourbe,  um  fo  me^r  ald  bad  auc^  oud  inneren  ®tänben  be^ 
greifltd^  ifL  Senn  tovc  feigen  nunme^  bie  ^xop^äm  immer  )a^Ireid(fer  auftreten  unb 
bemerten  babei,  ba^  in  folc^en  ^öEen,  n>o  bie  alte  3^  ^  Sodorolel  befrogte,  man  fic^ 

i6ie|t  an  bie  $ro^^eten  toanbte.  „Bot  ic^  gegen  9iamot^  ©Ueobjie^?''  fo  fcoot  ie(t 
Spad  bie  3al^n>ü>ro))l^eten  (1  Jlg  22,  6  ff.),  ein  S)abib  toanbte  fui^  mit  foU^  ^gen 
an  bad  So^oratel  (f.  oben).  @benfo  tmtrbe  burd^  bie  @inrid(ftung  einer  ftoatlii^  geinb« 
neten  9ted^t^flege  unter  ben  Jlönigen  feit  @aIomo  bad  So^oralel  auf  biefem  (Sebiet  prfld^ 
geengt.    Unb  fd^Ke^ic^  Derfd^toanben  unter  bem  @inf[u|  ber  tn:o))^etif(i^en  $rcbtgt  bie 

30  ®ottedbiIber  @))l^ob  unb  Xncöpfftm  ganj  <m&  bem  Jlult,  unb  mit  ber  SbfAaffung  ber 
au^erierufalemitijdben  Heiligtümer  fiel  boQenbd  bie  ®elegen^eit  für  bod  Soll  töcg,  boS 
l^eilige  £o^  m  befragen.  @o  {onnte  e^  bal^in  {ommen,  ba^  Urim  unb  Z^ummim  tM>It 
ftänbig  Derfcptoanben,  fo  ba^  man  nac^  bem  @^  nid^t  einmal  i^re  alte  SB^eutung  me^ 
red^t  t)erftanb.    3ofe)}l^uiS  be^au))tet  jtoar  (Ant.  III,  8,  9),  ba^  bid  200  ^obvt  wc  feiner 

26  3^it  bad  l^eilige  Soöoralel  befhmben  l^e.  Slber  oüDle  fonfUge  jjübifc^e  Übmieferung  ge^ 
ba^in,  ba^  man  Urim^^ummim  im  gtoeiten  Xemtoel  nid^t  mel^r  l^e. 

Samit  ift  nun  aber  {einedtoeg^  gefagt,  ba^  über^ut)t  bie  Sitte  bed  Sofen^  abbun. 
Ser  ©runbgebanle  beim  Sofen  toar  ia  immer  ein  reltgiöfer,  man  fa^  bann  bie  (£ntf(^ 
bung  ber  ©ott^eii    9lber  bedungead^tet  mögen  fd^on  frül^  neben  bem  $neßer,  ber  bad 

80  offizielle  So^oratel  bertoaltete,  au<fy  bie  Saien  bann  unb  toamt  ba^  Sod  „getoorfen''  ^aben, 
fo  gut  tote  l^eute  in  benjenigen  Jtreifen  ber  d^riftlic^en  Jlird^,  toeld^  bod  Sod  nod^  ^anb< 
l^aben,  unb  barin  eine  göttlu^e  (Sntfd^eibung  erbliden,  ber  Saie  fein  Sod  /,2ie^t''  tc  ÜReben 
ber  im  eigentlichen  Sinn  beiS  SBSorted  htltifd^n  ^anblung  bed  befragend  hä  So^oroIeU  mag 
fd^on  frü^e  bad  ))rofane  (toenn  ber  3luä)rudC  erlaubt  ift)  Sofen  in  Übung  getommen  fein, 

36  unb  btefer  S3raud^  blieb  natürlid^  unberül^  Dom  @d^idEfal  beS  Sodoroletö  fortbefie^ 
3Benn  koir  ^.  S3.  lefen,  bag  man  bie  Jlriegebeute  ober  bie  ®efangenen  burd^  Sod  t>erteilte 
ßoel  4,  3;  3la  3,  10;  Db  11),  bafe  man  ®runb  unb  ©oben  einer  eroberten  ©tobt 
^i\Da  üerlofte  (SHi  20,  9),  ba^  uir  Reit  Sle^emiad  je  ber  je^nte  5Kann,  ber  ftd^  in  gern» 
falem  anftebeln  foHte,  burdj^  2o«  beftimmt  tourbe  (3le^  11,  1),   toenn  ©8  ald  Sitte  er* 

40  toäl^nt  toirb,  bag  man  bei  Streitigleiten  um  3Jlein  unb  Sein  2c  bad  2oi  ftatt  bed  Stu^ 
ter^  entf(^eiben  lieg  ($r  18,  18),  fo  toerben  toir  in  allen  biefen  %diSim  an  ein 
bom  l^eiltgen  SoiSorafel  unabl^ängiged  So^toerfen  ju  beulen  l^aben.  $r  16,  33  toirb  und 
bad  JU  jener  3«il  gebräud^lid^e  93erfal^ren  befdjirieben :  im  Sufen,  b.  ^.  im  Soufc^  M 
5Uetbed  üom  an  ber  S3ruft,  f^üttelt  man  bie  Sofe,  too^l  meift  Stetnd(^,  tote  ber  aSU 

46  gemeine  2lu«brudf  für  So«,  ^y:-T}  jeigt,  bi«  eine8  „herausfällt"  (^PJ)  ober  ^auäommt 
(N2£;  unb  äl^nlid^e  3lu*rüdfe).  an  anberen  Stellen  toerben  ^felc^en  mit  Flamen  be? 
fd^rieben  al«  2ofe  ertoäi^nt  (£e  16,  8:  ä®  1,  26). 

S))e3iell  im  jtoeiten  %tnipd  tourbe  nod^  nac^  bem  SSerluft  bon  Urim  unb  Xl^mmim 
bad  Sofen  t}ielfac^  geübt.   3)aS  ®  efe^  fd^eibt  jur  Seftimmung  ber  beiben  S9ddfe  cm  gro^ 

60  SSerföl^nungStage  baS  So«  t)or.    9Ia^  rabbin.  2:rabition  toaren  e«  gtoei  Sofe  in  ^öuemer 

S3üd^fe,  im  erften  Xempel  t)on  ^olj,  im  jtoeiten  Don  ®olb,  ba«  eine  mit  ber  3itf(^ 

mn-^b,  ba«  anbere  mit  ^t^tä,   bie  t)om  §ol^cj)riefter,  nac^bem  er  fie  gehörig  gerüttelt, 

l^erauSgejogen   tourben    (f.    ben   9lrt.   SSerfö^nungStag).     ^ie   amtlic^   Serrtd^tungen 

ber  ^riefter  tourben  in  ber  äßetfe  burd^  So«  t)erteilt,  hai  unter  ben  eingebien,   j^  ber 

66  24  ^riefterorbnungen  lonftituterenben  ^rieftem  bie  SlmtStage  Derloft  tmnrben.  SHed  gefc^ 
nad^  bem  lalmub  (3om  22,  1  tjgl.  Sig^tfoot  ju  Sc  1,  9)  in  ber  SBeife,  bafe  ber  bie 
SSerlofung  leitenbe  ^riefter  eine  3^^^  nannte  bie  größer  toar,  ald  bie  ^aifi,  bor  i^  im 
JtreiS  umftel^enben  ^riefter.  @r  jäl^lte  bann  bei  einem  bon  ü^  beliebig  Sefttmmten  oud 
ber  9tetl^e  btefer  ^riefter  an^ebenb  im  Streife  l^erum,  unb  toen  bie  bon  ipm  genannte  3<^ 

60  traf,  bem  fiel  bamit  bie  betreffenbe  Sienftt)ernd^tung  )u  (Sc  1,  9;   bgL  1  Qi/t  24,  5f[.; 


£o0  (ei  bat  ^drSent  29ttto  647 

Stgl^oot,  Hör.  hebr.,  p.  708  sqq.,  1032  sqq.).    Slud^  bte  i^nhionen  ber  Sek>iten  tmb 
Icbitif^en   ©inöc^öre   unb   %f)ox^ttt  (1   6^r  24,  5 ff.;   25,  8 ff.;   26,  13 ff.)  unb  bte 

iol3lteferung  ber  SSotetl^äufer  für  ben  SUtar  (9Ie|^  10,  35)  tourben  burc^  Sö^S  beftimmt. 

|n  ft)äterer  3^^^  tourbe  für  ben  SSerlofungdalt  ein  befonberer  $rtefter  angefteQi 

9Bte  geläufig  nad)  aQebem  bem  SSoIte  bad  Sofen  toor,  erfte^t  man  Jd^Itef^Iic^  noc^  bo^  6 
xcaii,  ba^  „Sod''  ein  gangbarer  bilbltd^er  Sludbrud  tourbe,  für  bad  Don  ^ai)tüt  bem  etn;^elnen 
^[draeliten  beftimmte  Sebendfd^tdfal,  für  ®üter  unb  ®aben  aller  9lrt,  bie  il^n  bom  2[al^n>e 
guerteilt  n>aren,  für  güd^tigung  unb  Strafe,  bie^ai^tDe  über  tl^  Der^ängte(t)gl.3ef  17,14; 
3er  13,  25;  ©a  12,  13;  ?Pf  16,  5  f.  »ensinget* 

Sorrtu  (Lauretum).  —  ${e  frü^eften,  noci^  f|)firl{4en  unb  »enig  aui^gefc^mücften  lO 
9{Q4ri(6ten  über  bad  Heiligtum  Don  fioreto  bietet  grlaoiud  IBIonbu«^,  päpflHcber  @efretär 
unter  (Sugen  IL  unb  beffen  vcad)f olgern  bis  ju  $iud  11.,  geft.  1464,  in  feiner  Italia  illustrata 
(bei  «Picenam%  p.  339).  @d  folgt  ber  IBericdt  bed  $ropfted  Seremannud  (f.  u.  im  Xe^ft)  bei 
Soptifta  ^antuonud ,  Kedemptoris  mundi  Matris  Ecclesiae  Lauretanae  nistoria  (enthalten 
in  beffen  Opp.  omnia,  Antverpiae  1576,  tom.  FV,  p.  216  sq.).  ^  16 

^ie  IRei^e  ber  proteftantifcben  $oIemifer  toiber  ben  £oretoIuIt,  benen  bann  ^a^I- 
reiche  rdmif^e  Apologeten  i^re  93erteibigungen  unb  93er^errli4ungen  bedfelben  entgegen^ 
festen,  eröffnet  $eter  $aul  93ergeriud  mit  feiner  burcb  eine  neue  $riuilegiumfpenbe  SuIiud'lII. 
j)T000)terten  @treitf 4rif t :  Della  Camera  e  Statua  della  Madonoa,  chiamata  dl  Loreto,  la 
qnale  h  stata  Duovamente  diffesa  dl  Fra  Leandro  Alberti,  Bolognese,  e  da  P.  Giulio  III.  ao 
oon  un  solenne  privilegio  approbata  1554.  @ein  6o^n  fiubmig  überfe^te  biefelbe  ind  fia* 
teinifdye  unter  bem  c^aratteriftif^en  2:itel:  De  Idolo  Lauretano.  Quod  Julium  m.  Ro 
mannm  emscopum  non  puduit  in  tanta  luce  Evangelii  undique  erumpente  veluti  in  con- 
temptum  Dd  atque  hominum  approbare,  Rom.  1556  (aud)  S^übingen  1563 ;  ^alberftobt 
1672).  $gl.  bie  beutf^e  Ueberfe^ung  oon  ^.  IBranb,  «lltenburg  1667,  fotoie  bie  oon  8ift  26 
(6.  2*21  ff.  feiner  aRonogrop^ie  über  »ergcriu»,  ©raunWweig  1871,  2.«ufl.)  mitgeteilten 
$roben  ge^amifc^ter  $olemit  aud  biefer  (ü^nen  «IngriffSfci^rift.  Weitere  (ritifc^e  ^eleu4« 
tungen  beS  Soretohtltud  oon  proteftantifcber  Seite  erfolgten  burc^  3f-  (Safaubonud  (Exer- 
dtat.  VII  ad  Baronii  Annales  eccles.  p.  154 sq.,  Francof.  1615),  burci^  ^att^iad  ^emegger 
{tt  ©tragburg  in  bem  $u4e  Hypobohmaea  Divae  Matris  Deiparae  Camera,  seu  Idolum  30 
Lanretannm  (Argentor.  1619,  4"^),  bur4  3-  ^.  @4rö(f^  in  93b  28  feiner  ftirci^engef^ici^te, 
Seipjig  1799,  8.  258  ff.;  neueftend  bur4  S§.  Srebe  (f.  u.  im  £e^). 

ftat^olif^e  flpolo^ien  lieferten  auger  SoroniuS  (Ann.  eccl.  ad  ann.  9,  n.  1, 
p.  87)  unb  feinem  f^ortfe^er  SRo^nalbud  (Ann.  ad  a.  1291.  1294.  1295.  1296.  1471.  1507. 
1533)  bef onberi»  go^lreicbe  @d)rtftfteller  aud  ber  (Skfeaf^aft  3e{u.  @o  ald  erfter  ^iberleger  35 
bed  SBergeriud :  $etr.  Surrianud,  Besponsio  apologetica  ad  capp.  argumentorum  P.  P.  Ver- 
serii  haeretici  ex  libello  eius  inscripto:  de  idolo  Lauretano,  Ingoist  1584;  ferner  $etr. 
^aniftuS  in  feinem  mariologifcben  %Berfe  De  Maria  Virgine  incomparabili  et  Dci  genitrioe 
Cl.  V.,  Ingoist.  1577;  ^orat.  ^urfeUiniid ,  Lauretanae  historiae  L.  V.,  Mogunt  1599 
(oucift  Venet  1727;  Rom.  1837);  3o^.  dufebiu«  ißieremberg  in  feinen  berüd)tiftten  ,,Jro.  40 
p^Sen  ber  ^aria"  (Trophaea  Mariana  s.  de  victrice  misericordia  Deiparae  patrocinantis 
hominibus,  Antwero.  1658,  p.  170.  204  sq.);  9,  93artoIi,  Le  glorie  delSantuario  di  Loreto, 
Macerata  1700;  ^artoreUi  in  feinem  Teatro  istorico  della  santa  casa  Nazarena  della  s. 
Virgine  Maria,  3  voll,  fol.,  Rom.  1732—35.  —  9Wau  ogl.  befonbcr»  ou4  ©encbift  XTV. 
($roi&per  fiombertini) :  De  Servorum  Del  beatificatione  et  Beatorum  canonizatione,  1.  IV,  45 
pars  II,  c.  10,  fomie  bie  ungefö^r  aud  berfelben  geit  ^errü^renbe  @(^itberung  bed  (fi^naben« 
ortd  fioreto  unb  feined  (S^lanjed  in  3o§.  Qö,  i^epglerd  „(^ortfe^unfl  feiner  neueften  Steifen'', 
^nnooer  1741.  @.  414.  428  f.  —  9{euefte  romifd^^apologetifc^e  iSeiftungen:  IBartoIini,  Sopra 
la  8.  Casa  di  Loreto,  Roma  1861  (Seric^t  über  bie  Unterfuc^ungen  bed  röm.  %rofefford 
ffiatü,  woburc^  bie  patöftinifd)e  ^rooenien)  ber  ^auerfteine  unb  bed  ^örteld  ber  (Sofa  @anta  so 
auf  mineraIogifd)«4emif4en  ^ege  [1]  feftgefteUt  morben  fei).  9.  ^oled^au,  Nazareth  et 
Lorette,  $arid  1865.  (^. @pencer  9{ort^cote,  ®erül)mte  Onabenorte  U.S.  f$rau,  0.  b.(lnc^I. 
oon  etubemunb  (StUn  1869),  @.78ff.  3«®.  IBuittaume,  La  Sainte-Maison  de  Lorete. 
Preoves  authentiques  du  miracle  de  sa  translation,  Roma  1884;  3-  @ouren,  ^ad  ^I.^aud 
lu  )Boreto  unb  bie  lauretanifd)en  (S^nabenorte  in  ben  beutfc^en  Sanben,  2.  9(uf{ ,  (Sinfiebeln  66 
1883  u.  ö.;  91.  ^uranb,  L'^rin  de  la  Sainte  Vierge.  Souvenirs  et  monuments  de  sa  vie 
mortelle  au  XIX«  si^le,  Visits,  ^tudi^  et  discut^  (2  vols.),  Lille  1885;  Stephan 
Oeiffel,  8.  J.,  ^ad  61.  ^au^  SU  Soreto,  mit  $(6bilbungen,  ^reiburg  1891 ;  ^^e^er,  9rt.  „Soreto'' 
in  ÄÄß*,  VIU,  145—152  (in  ijuoerfi^tlicbfter  3Beife  für  bie  öef^icfttli^feit  ber  ßoreto-Sage 
eintretenb  —  looju  jebod»  5.  iC.  Sunf  [J^OS  1901,  6.  472  f.]  bemerft,  bafi  bamit  gerobeju  go 
ein  »(Jrreoel  an  ber  SBo^r^eit''  oerübt  nerbe;  ogl.  aiici^  $.  ®rifard  me^r  nur  ffeptifd^e  (Sr^ 
loA^nung  ber  fiegenbe  oon  ber  Casa  santa  in  feine  9?ebe  beim  ^ünd^ener  Statf^.  ®ele§rten- 
fongrefe  1901). 

fBegen  ber  lunft'  unb  Iiturgiegef4i(^tli(^en  Sitteratur  f.  u.  im  Xe^t. 


648  Surfte 

(fübdfÜtd^  Don  Stncona  an  ber  Dmt  bott  nadf  %timo  ffi^cenboi  (üfenool^  scbgcn),  toöb 
töfgm  feinet  «ndgefeterten  ^oufe^  ber  1^1.  i^^irngfiou,  ber  Santa  Casa,  einem  (^nB&c^ 
mittelaUerlu^  eeitenfitüd  pa  ftooba,  ntc^t  unfKiffenb  oä  bod  ,,aReBa  bed  Stittelatteid'' 

6  b^dj^et  3)ie  betreffenbe  Segenbe,  obfc^on  erf|  gegen  SRitte  b^  15.  So^ii^iiiibertd  bei 
gflotnud  Slonbud  uthinblid^  ertoo^  (f.  u.),  fc^eint  ftd^  unmittelbar  noc^  b^em  Snbe  bed 
3eitolterd  ber  ltreu»fige,  im  Slnfd^lug  an  ben  %aB,  Xccod  unb  bie  ^al^Jknn%  ba  legten 
Stefte  be^  Jldnigrei(^  3^^^^  ^^  ^^  2)ärlen,  gebilbet  ui  ^aben.  3laä^  iSj/tcc  \n)IU 
ftönbig  enttandelten  ®eftaU  bei  9a))tifia  SRantuamtd  1676,   fotme  auf  einer  ^(^nfttofel 

10  ber  SBoUta^dlird^  )u  Soreto,  beren  ^fyOi  ^RcAO^  Semegger  1619  (f.  o.  b.  Sit) 
mitteilt,  ttKtr  bad  $aud  9Rarid  ober  bie  ,,^ige  ^ütte'^  eigentlich  nur  bteienige  Stube 
in  ber  äBo^ung  ber  3Raria  ju  SVa^oret^,  toorin  biefdbe  geboren  unb  ei^en  toarb,  bie 
Serfünbigung  burc^  ben  @ngel  ®a6nel  embfing,  bad  ?!efudlinb  bid  fu  jfioitm  12.  £e6end> 
jjal^e  er}og  unb  atu^  f))dter  nod^,  nac^  beffen  ^immdfoi^,  too^nte.    2)iefe  @tube  foBen 

15  fd^on  bie  9l))oftel  in  eine  Jlir^e  Dertoanbelt,  ber  bmftferti^e  (Sbangeliß  2u!Ua  abtt  mit 
einer  ^öljemen  Statue  SRoriä  mit  bem  Sbrifitinbe  auf  t^em  Xrme  gef(^mfi<ft  ^aben. 
9id  )um  Untergange  be^  Jtonigreic^  ^erufalem  fei  beftänbig  ®ottedbienß  in  biefem  Jtin^ 
lein  ge^en  toorben.  Dann  ober,  toeil  bie  Zürten  ed  mit  g^^i^^nrng  bebro^ten,  feien 
@ngel  erfd^ienen,  toeld^e  ba^  ^ige$aud  burc^  bie  Süfte  entführten  mw  edjutn&c|^  mu^ 

90  Slauni^  jtoif d^en  ^ume  unb  2:erfato  im  nörblid^en  2)almatien  (ettoa  fünf  3RetIen  dfUic^ 
bon  3eng,  alfo  jiemltd^  entfernt  Don  ber  Oft&lfte  bed  Xbriatifc^en  9Reercd)  brocf^  (1291). 
Da^  bort  in  ber  Stockt  auf  einem  $ügel  niebergefe^^te  fymi  fei  burd^  bad  (Senefen  t>e^ 
fd^iebener  in  i^m  betenber  Uranien  fotoie  bunb  eine  @rfc^einung  ber  ffl,  ^[ungfrau  {elbß 
Dor  bem  S3ifd^of  äHqranber  bon  Xerfato  (Derbunben  mit  tmtnberbarer  Rettung  beweiben 

26  Don  langwieriger  Strantl^eit)  ate  e(^te  äBol^ftotte  ber  SRutter  ®otted  beglaubigt  toorben. 
9lud^  l^e  eme  bon  9Iitolau^  prangi^Kmi,  bem  Stattl^er  t>on  ^ume,  nad^  9{a)aret^ 
obgeorbnete  ®efanbtfdbaft,  burd^  unterfud^ungen  an  Ort  unb  Steue  bie  ^brntitot  bed 
$aufed  mit  bem  bafelbft  Derfd^tounbenen  ®ebäube  toiber  {eben  3ta>eifel  {u^  gefkQi  €(^on 
brei  ^a^re  f))äter  Rotten  bie  @ngel  bad  ^ud  abermals  toeggetragen,   unb  itoat  biedmol 

80  nad^  ber  fd^rdg  gegenüberliegenben  Jlüfte  SDlittelitaliend,  too  ed  no^e  bei  Stecanotum  (jc^ 
Sftecanati)  in  einem  äBalbe  niebergefef^  tourbe  (10.  S)e)ember  1294).  !Radb  ber  93eft|enn 
biefed  3B3albed,  ber  frommen  Saureta,  tourbe  bie  in  htrjem  ju  großem  Stuf  gdangenbe 
älnbad^t^ftötte  bemnöd^ft  ,,$eiltgtum  ber  gloneid^en  ^^ungfrau  Don  Soreto''  (saodlam 
gloriosae  Virginis  Mariae   in  Laureto)   benannt.    DoÄ  foQ  fie  aud^  l^ier,    )ur  älb^ 

86  toenbung  ber  Don  im  äßalbe  ^aufenben  9iäubem  ^er  bro^enben  ®efa^  nod^  einmal 
eine  tounberbare  SSerfe^ung  erfahren  ^aben,  taufenb  Schritte  näl^  niu^  Slecanatum 
f)'m  auf  einen  $ügel,  toofelbft  fte  enbltd^,  nad^bem  bem  Streite  ^toeier  bort  anfäfjtger 
S3rüber  um  il^ren  ^eftft  burd^  eine  nod^malige  SerrüdCung  um  $feilf(^u|h)eite  geto^tt 
toorben  toöre  (!),  )ur  Stulpe  gelangte  unb  i^ren  bauemben  Stai^ort  erhielt   (7.  6e|)- 

lotember  1295). 

(Sinen  erl^ebltd^en  Sluffd^toung  na^m  ber  Soreto^SBallfa^rtdlult  erjt  feit  ber  2.  ^älfte 
bed  15.3al^r^unbertd.  @rft  btefer  @))0(^e  gel^ört  bie  (Sntftel^ung  bed  j[ener  ^nfd^fttafel  )u 
®runbe  Itegenben  S3eri(^ted  bed  $ro))fted  Xeremamtud  bei  ä3a))tift  Don  3)lantua  an,  too-- 
nad^  teil«  ein  ßinftebler,  teite  „jtoei  red^tfd^affene  Sürger  Don  Stecanati"  —  beren  einet 

46  Derftd^erte :  quod  avus  avi  ejus  vidit,  quando  angeli  praedictam  Ecolesiam  per 
mare  portaverunt,  toö^renb  ber  anbete  [\d^  auf  bad  3^9^^  f^^^^  ^^^  ^(äjitt  alt- 
getoorbenen  ©rofeDaterd  berief  —  bie  S^atfad^e  ber  tounberbaren  ßerbeibringung  bet 
casa  Santa  aud  bem  3){orgenlanbe  Derbürgten.  @rft  in  biefe  3^  f^^  bie  ©efd^ic^te 
Don  ben  angeblid^  tuxi)  eine  bämonifd^ie  $etfon  )u  ©renoble  1489  gebotenen  toei^fagen« 

60  ben  9tuffd[ilüffen,  toeld^ie  genaue  Sröffnungen  barüber  brad^ten,  an  toelc^en  Stellen  M 
ungefähr  40  %n^  langen  ^aufeiS  3Jlaria  einft  gelniet  ffob^,  <d^  ber  @r)engel  i^  erfc^en, 
too  btefer  leitete  bei  Ueberbringung  feiner  SSotfcpaft  ftanb,  burd^  toeld^ed  ^mfler  er  j^erein» 
lam  u.  f.  f.  9lud[i  bad  über  biefem  ^enfter  angebrad[|te,  angeblich  Dom  1^1.  Sula^  ^ 
rü^renbe  Jlrujifiibilb  fotoie  ba^  gleid^ifaHd  bem  Sula^  beigelegte  bdljeme  SRuttergottedbilb 

66  (Dgl.  oben)  ftnb  Äunfti)robuftc  too^l  ebenbetfelben  fjjoten  ^eit  3"  P^  f^^  ^^^  minbet 
bie  frü^fte  ))ät)ftlid^e  Jtunbgebung  getoid^tigeter  3lrt  ju  Sunden  ber  I^L  Jungfrau  Don 
2oreto,  eine  SuIIe  ©iytu«  IV.  Dom  gö^te  1471,  toeld^er  toeiter^in  eine  fold^  Don  ^uRud  H- 
(1507)  folgte,  toorin  betreffe  ber  angeblid^en  Xrandlofation  bed  ^l.  ^aufeS  aud  9{a)aret^ 
nad^  Soreto  bet  d^arolteriftifd^e  9ludbrud  gebrandet  ift:    ut   pie  creditur    et  fama  eet 

60  (f.  bie  beibcn  $uQen  bei  Stai^nalbud  }u  ben  betr.  ^ol^ren).  fernere  ))ä)){Ui(^e  SBoljflt^ätet 


i9nto  649 

bed  £oreio<$eiligtumd  tourben  Slemend  VII.  (geft.  1634),  ber  il^  feftm  ^nbamente 
unterbauen  unb  ft>ä^enbbem  bie  gro^e  ^öljeme  casa  buci^ftäb(ul^,  an  fUirlen  Xauen  auf- 

J^^gjt,  in  ber  Suft  fd^toeben  lie^ ;  @i|tud  V.,  ber  gum  @d^u^e  ber  SoretotooIIfai^er  einen 
titterorben  ^ftete  (f.  u.),  aud^  bie  bie  casa  santa  umgebenbe  Jtird^e  ^ra(l^tt)o(I  ou^ 
fd^müden  lie^,   toed^olb  il^  neben  bem  Eingang  berfelben  ein  Senhnal  in  Ueberleben^  6 
gröfee  errichtet  tourbe ;  Ignnocenj  XII.  (geft.  1700),  ber  ju  ®l^  ber  ^l  Jungfrau  bon 
£oreto   ein   befonbere«  Officium  cum  missa  ftiftete;  Senebitt  XIV.  (geft.  1758),  ber 
^  bed  ZronäoIationdtDunberd  in  feiner  berühmten  ©d^ft  über  bie  „Selige  unb  ^eilig^ 
torec^ung  ber  Jtned^te  ®otted''  annol^m.  Unter  ben  bem  l^(.  $aufe  bäj}ftli(^erfeitd  exieilten 
SSoruc^ten  ift  befonberd  bemertendtoert  bie  S^emtion  bon  fonftigen  ^öperen  (Seric^tdinftonjen,  lo 
fo  ba^  aHo  XnQogen  j.  S3.  toegen  @rbfc^aftderfd^Ietd[iung,  Xeftamentdfölfd^ung  k,  nur  bor  bem 
eigenen  @(erid^^Df e  bed  I^L  &au\^,  afö  9tid^ter  unb  ^ortei  )uma(,  abgeurteilt  n^erben  bürfen 
—  ein  ^ribilegium,  toomit  fonft  nur  nodf  bie  ^ril  bon  @t.  $eter  begabt  ifi  %idf  bie 
Seß&tigung  unb  ^ribil^erung  ber  jal^lreid^en  91ad(|bilbungen  bed  Soreto^^aufed  an  anberen 
Orten  (f.  u.),   fotoie  feit  bem  18.  ^al^r^unbert  bie  toeite  SSerbreitung  ber  Souretonifc^en  i6 
Siturgie  (f.  u.),  I^aben  nid^t  toenig  jur  $ebung  bed  ätnfel^end  bed  berühmten  SBaQfa^rt^ 
otteiS  beigetragen.  —    SBetteifemb  l^aben  aadf  tat^olifd^e  ^rften,   befonberd  unter  bem 
Stnfluffe  beS  ^^^i^^o^^^^  <^^  ^^  ^au))tg5nnerd  unb  ^örbererd  bed  Soretofultud  ftel^enbe, 
bod  „l^eilige  ^au^''   befd^enlt  unb  feine  ^ere^ng  )u  ^eben  gefuc^t.    Selannt  tfl,  ba^ 
^binanb  II.,  ber  UnterbrüdCer  be^  $roteftantidmud  in  ben  l^abi^burgijd^en  Srblanben» 
imb  jeittoeilig  aad)  in  2)eutf(^Ianb,  bad  ®elübbe,   tooburd^  er  fic^  )u  biefen  blutigen 
®Iaubendt^aten  berf)flidbtete,  amäUtar  ber  ^(.3Jlabonna  atfioretoabgele^  bot  Souid  XIII. 
bon  ^rantreid^  fd^müdne  bie  S3ilber  ber  lauretanifd^en  ÜRaria  unb  bed  (S^riftudlinbed  ba- 
felbfi  mit  golbenen  Itronen,  befe^t  mit  foftbaren  perlen  unb  @be(fteinen ;  Don  ben  barauf 
ougebrac^ten  SotiDinfd^riften  befagte  bie  auf  ber  ^rone  ©^fti :   „Christus  dedit  mihi,  25 
Christo  reddo  coronam.''    S3efonberd  goil^Ireid^  bertreten  unter  ben  Si^en  ber  Jlird^e 

S2oreto  ftnb  bie  al^  SSotilrgefc^enle  jum  3)anl  für  erbetene  unb  erl^tene  ^tad^fommen^ 
^  gef^enbeten  Jtinber  Don  mafftDem  ®o(be  ober  Silber ;  fo  u.  a.  ein  24  $funb  fd^toered 
Jtinb  Don  ®oIb,  ber  SRabonna  baraereid^t  burc^  einen  351  ^funb  fd^toeren  @ngel  Don 
Gilber  —  bie  ganje  ®ru))^e  gleid^falld  ein  ®efd^ent  Souid  XIII.  gum  Sante  für  ben  ao 
\pcd  geborenen  X^onerben  Souid  XIV.  ^aft  nod^  loftbarer  ift  ein  neben  bem  ^axipU 
bilbe  ber  SRabonna  htteenber  @nge(  Don  ®oIb,  gefd^müd(t  mit  diamanten,  toelc^er  ber 
SRabonna  ein  ^erg  barreid^t ;  ed  ift  bied  ein  äßeifegefd^ent  Don  ber  ®ema]^Iin  ^atoH  II. 
Don  @nglanb  etnige  3^^  bor  ber  ®eburt  i^red  So^ned,  bed  $rätenbenten  ^aioh  III. 
Siele  SBeilffegefd^enie  Don  SEBert  Rängen  ober  l^ingen  früher  aud^  unmittelbar  an  oer  Statue  86 
3Rariag,  unter  beren  ®etoänbem  (Dgl.  über^aut)t  Seiffei,  6.  23—26).  Äum  Unterhalt 
ber  )a]^lrei(^en  etvig  brennenben  ®olbs  u.  @ilberlam))en  ber  5tird^e  foQen  iäi^rli^  14000$funb 
an  9Bad^  unb  Öl  Derbrau^^t  toerben ;  für  jebe  2arr(pt  foQ  ein  Jla))ital  Don  1000  Xl^em 
ober  me^  aefKftet  fein.  (Snorme  Summen  floffen  ber  Jtird(|e  unb  i^rem  Jllerud  aud  ber 
Xbbaltung  ber  »al^lreid^en  ^Reffen,  burd^fd^nittlid^  40000  iäl^rlid^,  )u.  Um  bie  3^^  ^^^ 
l^ikpfiten  Slüte  oed  2iefuiti^mud,  )u  älnfang  beiS  17.  ^a^r^unbertd,  foQen  jal^raud  jai^rein 
an  200000$ilger  nad^Soreto  getoaUfal^rtet  fein.  ®^am  @nbe  bed  18.  ^al^l^unbertd  na^m 
biefe  $ilgermaffe  bebeutenb  ab ;  Dollftönbig  gerftört  fcpien  ber  ©lanj  Soretod,  afö  bie  t^an^ 
jofen  1797  bie  S^ö^e  ber  Jtirc^e  faft  gänjlid^  ausraubten,  ^od^  gab  9Ia^oleon  fd^on 
1800  toenigften«  einen  3:eil  berfelben  jurüdf;  unb  feit  ber  Jleftitution  beS  ^efuitenorben«  46 
unb  ber  9teubelebung  ber  ultramontanen  Seftrebungen  burd^  i^n  ^at  [xq  bie  ^ilaer« 
frequen)  ioieber  bis  m  jäl^rlid^  100000  unb  mel^r  gehoben.  3^  ben  mand^erlei  Sräudpen, 
tüorin  bie  entl^fuiftifd^e  Slnbac^t^timmung  ber  heutigen  Soreto^^ilger  i^ren  Slu^rudC  finbet, 

8e^5ren  u.  a. :  htteenbed  92ieberfallen  fd^on  beim  erften  Slnblid  ber  Ruippd  beiS  ^omiS ; 
nieenbed  Srllimmen  ber  bad  ^eilige  ^ani  umgebenben  Stufen  fotoie  Jtüffen  ber  äßönbe,  60 
bedfelben;  Seidbte  unb  Jtommunion  in  ber  Jlird^e,  bejto.  in  ben  feit  1894  in  beren  S^or 
bergerid^teten  Rapdlm  für  bie  ^ilger  ber  Derfc^iebenen  Stationen  (grangofen,  Seigier, 
i>eutfd^e  2c.);  Sarbringung  Don  großen  Sterben,  toeld^e  über  unb  über  mit  ®elbftüdCen  be^ 
Mtt  fmb;  auc^  too^l  2:äton)ierung  bed  SlrmS  mand^er  $ilger  mit  einer  baS  Silb  ber 
SRabonna  Don  Soreto  barfteHenben  blauen 3rid^nung  u.  f.  f.  (Seiffei,  6.131  f.;  Dgl. 3^rebe, 66 
5Da«  ^eibentum  in  ber  römifc^en  Äirc^e,  IV,  1,  323). 

Seine  lünftlerifc^e  äluSftattung,  fokoeit  fte  Don  bebeutenberem  SBerte  ift,  Derbanft  ber 
S)om  Don  )&)reto  l^aut)tfa(^lid^  jenen  Steftaurationen  unb  Derfd^önemben  Srtoeiterungen, 
iDelc^e  bie  $ä)}fte  ^uliud  IL,  Seo  X.,  SlemenS  VII.  unb  f^äter  @i|tud  V.  i^m  angebetl^en  lte|en. 
Unter  ben  (Erftgenannten,  toä^renb  ber  ^.  1510  bis  gegen  1525,  toanbten  !^ca  SignoreQiao 


660  Sorrto  ioi 

unb  ber  gto^e  Silbl^auer  Sanfobino  ber  casa  santa  iBre  X^gfeit  )u '  bed  b^term 
^arfleQung  ber  SSerMnbtgung,  feine  ^ro))^eten  unb  @tb)^Qenfiatuen  bofeKfi  f^dfim  ju 
ben  au^e^eid^netften  @d^ö))fungen  ber  ftrd^Iid^en  $IafittI.  ^n  ord^teftomfcper  ^inft^^  ^e 
Sramante  (geft.  1514)  i^m  borgearbeitet  burd^  Anlage  einer  mächtigen  od^temgen  Sbi^, 

6  burd^  bie  äußere  SSerfleibung  beS  Somd  mit  SRormor  2c  SSoDenbet  tourbe  ber  Sau  unter 
©i^tud  V.  1587 ;  unter  il^m  erhielt  er  ben  Rinnentron),  ber  i^m  fein  ^l^ed  feffatnad^ 
artige^  ätu^fel^en  berleil^t.  93gl.  bie  genauere  ^efd^reibung  be^®ebdubed  mit  fernen  21x0« 
ptÜm  (12  in  ben  Seitenfd^i^en  unb  je  3  in  ben  brei  Jtreujegormen)  unb  boren  rei^ien 
Sc^mudC   in  bem  ,,Sauretanifd^en  ^i^erbud^'^  bon  SSoIentin  SBfirgler,  O.  min.  (SBib^ 

10  bürg  1879) ;  aud^  ©auren,  ®uranb  unb  Seiffei  (a.  a.  D.,  ©.  21  ff.)  fotoie  bie  Seipjiger 
Sttufir.  Reitung  1896,  23.  5Roüember  •  enblid^  bie  Sleifei^bbü^er  für  gtolien  bon 
ÜBuna^,  ©fett^fö  2c.  —  Über  bie  Soreto^ßäufer  ober  Ülod^bilbungen  bc«  Dri? 
ginafö  ber  Casa  santa  an  berfd[|iebene  SBaQfa^rtdftätten  bed  SRobonnenntltd  f .  u.  a. 
%xf!bt,   Sad  ^eibentum  in  ber  römifd^en  Aird^e  2c.  II,  98,  too  \ptutH  bon  einem  foldjien 

16  SoretO'^eiligtum  )u  ä(berfa  in  Sam^mnien  ge^anbelt  ift.  3)ie  3^(  ber  beutf^fen  itult^ 
ftätten  biefer  älrt  beträgt  nad^  Sauren  26,  toobon  ongeblid^  8  auf  9lei((^ä>eutf(^Ianb, 
9  auf  Öfterreid^  unb  9  auf  bie  Sd^toeij  tarnen;  boc^  neigt  Seiffei  (a.  a.  O.,  6.  27) 
baju,  r^e  auf  minbeftend  50  ju  fd^ci^en.  3^  ben  berü^mteften  gel^dren  bie  auf  bem 
@^5nenberg  bei  Sntoangen,   bie  auf  bem  ^obel  bei  Sug^burg  unb  bie  in  bor  Jtölner 

30  $farrtird^e  jur  1^1.  ÜRaria  in  ber  j{ut)fergaffe. 

3)ie  neuerbingd  infolge  i^er  eifrigen  @m))fel^Iung  fettend  jefuitifd^  SRoriobgen  gu 
toeiter  Verbreitung  gelangte  Sitanei  Don  Soreto  (Lit.  Lauretana)  batiert  tofSbix  btd 
}u  ben  Reiten  ber  ä())ofte(  noc^  aud^  nur  bid  gum  ^ofyct  1294  gurüdC,  rü^  btebnel^  in 
t^rer  ie^tgen  ®efta(t  erft  aud  ber  atoeiten  $ölfte  bed  16.  ^[al^r^nbertd  f^  (älte^  3)ru(I 

26  bom  ^al^re  1576).  ^en  älteren  %xopm,  beftel^enb  aud  bem  oft  tüteber^olten  Sittruf 
„Sancta  Maria,  ora  pro  nobis !''  tourbe  barin,  tool^I  in  @rinnerung  an  ben  Sieg 
über  bie  dürfen  bei  2tpanto  (1571),  bie  ^[nbocatio  „Auxilium  christianonim''  1^ 
utgefügt.  93gl.  9(ngeIo  be  Santi,  LeLitanie  Lauretane.  2.ediz..  Roma  1897  (canif 
beutfc^  burd^  3.  SRörgel;  „®.  £.  Sit.",  5ßaberbom  1900);  bgl.  «.  Siodf  inZ^DS  1605, 

80©.  317  f. 

3ur  ®efd^id^te  bed  Sidtumd  Soreto  (ober  genauer  ber  Dioecesis  RedneCensis 
et  Lauretana)  t>gl.  Ugl^elli,  Italia  Sacra  I,  766—771 ;  SKonalbo  SeojHirbi,  Serie 
dei  Vescovi  di  Recanati ;  ®amd,  Ser.  episcopp.  ecd.  cathol.,  p.  719. 

Über  ben  1587  üon  ©ijtud  V.  geftifteten  Slitterorben  bon  Soreto  (Ordo  et  Re- 

86  ligio  Equitum  Lauretanorum  Pontificiorum,  ober  aud^ :  Defensori  della  S.  Casa 
di  Loreto),  toeld^er  bie  Soreto-^ilger  gegen  lanb-  unb  feeröuberifd^ed  ®efinbelju  f^ri^^ 
l^aite  unb  ftd^  bid  in^  18.  ^al^rl^unbert  hinein  in  einer  ©tärle  bon  200—260  SRitgliebem 
erhielt,  f.  9.  ©iuftiniani,  Hist.  cronol.  dell'  origine  degli  ordini  cavall.  etc.,  Venet. 
1692 ;  au4  Slel^er  im  AR.  a.  a.  D. 

40  äBegen  ber  nad^  bem  Heiligtum  üon  Soreto  benannten  ^rauenfongregationen 
f.  Sb  VI,  240,  16—21.  awiet- 

fioretofi^ittiepeni  f.  Sb  V  ©.  392, 37—42  u.  Sb  VI  ©.  240,  le— 21. 

fiot  (i^'"^)  Reifet  in  ber  ©eneft«  ber  ©olj^n  Aarane  unb  9leffe  äPbral^am«,  toeld^  biefen 
auf  feinem  3uge  aud  (S^aran  nad^  Jlanaan  unb  $g^))ten  begleitete  (12,  4'  13, 1).  9Ran 

46  bg(.  über  feinen  ^vlq  mit  Slbral^am,  feine  Trennung  bon  biefem,  feine  Gefangennahme 
burc^  Äebor^Saomer  unb  feine  Befreiung  ben  3lrt.  Sbral^m  S3b  I  ©.  107. 

9tod^  gefäi^rlid^er  aU  jene  au^Iänbifd^en  ^inbe  tourben  bem  Sot  bie  Setool^ner  M 
©ibbimtl^aled  fe(bft,  nä^er  bie  üon  ©obom,  unter  benen  er  ftd^  aufj^ielt.  3^^^  erlangte 
er  in  biefer  ©tabt,  toeld^e  bie  ^aut)tftabt  bed  ®aued  getoefen  )u  fein  fc^eint,  eine  ange^ 

60  fe^ene  Stellung,  üieQeic^t  infolge  jener  ^ajtotfd^ienhtnft  9(bra|amd,  ber  bie  ©obomiter 
gleid^foUd  biel  ju  banlen  l^atten.  SQetn  biefed  in  feinen  ü!ppx^  fc^önen  SBol^nft^  fittli(( 
tief  l^erabgelommene  ©efc^Ied^t  fa^  bod^  im  ©runbe  ungern  btefen  „^embling^  in  feiner 
3Ritte,  beffen  guteiS  S3eifi)ie(  eine  forttoöl^enbe  Slntlage  feiner  Umgebung  toar.  Sgl  ®en 
19,  9  mit  2  $t  2,7.  8.    Ste  bie  ®reuel,  toeld^e  in  befonberem  aRofee  bort  im  ©^toonge 

65  toaren,  erfd^einen  jene  n)ibematürlic^e  ^leifd^edluft,  bie  mit  ©obomd  9{amen  f))ri(^ta>5rtrtd^ 
berbunben  ift  unb  grobe  93erle|ung  ber  j^eili^ften  ^flid^ten  gegen  bie  3Renfd^,  a.  9.  be^ 
©aftred^teiS ;  bam  eine  fred^e,  l^off artige  ©td^ier^eit  bei  foU^em  toüflen  ©ünbenleben,  @i 
16,  49 f.;  bgl.  Sc  17,  28.  29.    9lud^  eine«  Slbral^am  inftänbige gürbitte  (®en  18, 16 ff.), 


Sot  661 

ta>eld^  mc^t  nut  Don  feinet  treuen  Srüberltc^Iett  (jegen  Sot  »engt,  fonbent  ben  ^^nb 
®otted  au^erbem  auf  ber  $öl^e  Don  ®en  12,  3  geigt,  Dermoopte  bod  ©erid^t  über  jene 
SünbenfUibte  nic^t  me^r  auf}itl^a(ten ;  benn  teine  gel^n  (Sered^te  tooren  in  @obom  )u  ftnben. 
J)ie  ®ngel  ©otteS,  toeld^e  —  menfdplid^  gefjjrod^en  —  ben  ©tanb  ber  ©inge  in  jener 
Stobt  erhinben  foHten  (t>g(.  18,  21),  fanben  bort  ben  @m^fang,  toeld^er  bie  SetDol^ner  6 
fenn^eid^ete  (19,  Iff.):  ^terifd^e  Stud^toftglett  ber  3Renge,  bie  jebed  l^eilige  ®efe^  ®otted 
ungefc^eut  mit  t^^en  trat  (19,  4  ff.),  freunbfd^aftlid^e  unb  aufo))fembe  Slufnal^me  Don 
feiten  2otö  (®en  19,  1—3;  ßbr  13,  2).  Unter  bem  le^en  ®eft4^t^unft  ift  oud^  19,  8 
|tt  begreifen:  Um  bie  ^eilige  $flid^t  bed  ®aftfreunbed  ju  toaJ^en,  ift  Sot  fogar  bereit,  bie 
eigene  gomilie  gu  o)9fem,  toad  freUid^  bie  gdttKd^en  ®äfte  nid^t  gulaffen.  $ad  Tla^  ber  lo 
Sünben  Sobomd  unb  il^er  Umgebung  toar  DoQ.  9(n  biefem  in  bie  fd^Iimmften  fiafter 
beö  ^eibentumd  fo  tief  Derfuntenen  ®efd^Ied^te  ^t  ®ott  ein  für  aQe  3^^  erfd^retfenbed 
QjS^mpd  flatuiert.  3Bäl^renb  fte  in  ber  Sid^eri^eit  ber  SSerblenbung  nur  Don  fc^mlofer 
6ünbenluft  brannten,  toaren  bie  9tad^eenge(  fd^on  in  ber  @tabt  unb  ur))(5ft(id^  brad^  ein 
®m(^t  herein,  ft>e(d^  nur  Sot  mit  genauer  9^ot  entrinnen  lonnte,  ni(^t  opne  bag  aud^  15 
einige  ber  Seinigen  i^ren  fal^(äfftgen  Unge^orfam  bamit  büßten,  ba^  fte  in  ber  3Riffet^at 
ber  Stobt  umlomen. 

2)ie  Sd^toiegerfd^ne  Sotd,  too^I  erft  Dertobt  mit  ben  nad^^er  genonnten  ^üj^ttm 
(3of())^.  Sulg.)/  ft)otteten  ber  äßamung  unb  blieben  an  bem  jum  Untergonge  getoet^ten 
£jirte.  Sot  felbfJ  mufetc  toie  mit  ®eh)aJ[t  bem  SSerberben  entriffen  toerben  (16,  19  f.).  ®rao 
ift  ein  trefflid^  Seif^iel  bafür,  toie  ber  $err  autoeilen  bie  Seinigen,  toenn  fte  nid^t  fo 
gloubentoutig^unb  entfa^imgdfrettbig  ftnb  toie  Sibral^am,  bur(^  mäd^tige^  @ingreifen  foft 
toiber  il^en  SiUen  au^  tl^er  Umgebung  unb  Don  i^rem  Seft^e  l^intoegrei^en  mu^  ju 
1^  Slettung.  9lod^  fd^toerer  ofö  Die  ^etnbfd^oft  ber  SEBelt  ift  berSt)ott  ber  SSertoonbten 
m  trogen  unb  ber  Sßct  auf  aQed,  tood  i^  Don  irbif(^en  ®ütem  feft^ält,  (ie^e  einen  36 
fo(f^  9Renfd^  nic^t  jum  @ntf(^luffe  {ommen,  toenn  nid^t  bie  $anb  bed  ^erm  il^n  ge« 
bieterif(^  ergriffe  unb  Dom  Orte  ber  ®efa^  entfernte  „traft  ber  Sd^onung  ®otted  üoer 
i^''  (S.  16.)  Singe^ärft  tourbe  bem  Sot,  nid^t  umjufe^en  unb  nid^t  ftille  )u  fte^en, 
btd  er  ind  ®ebir^e  löme.  9(ber  fo  toeit  reid^te  bie  Straft  nic^t.  So  erbettelte  er  ftd^  bie 
(Erloubnid,  in  ÜR^'or  ober  Qo'ax  bleiben  ut  bürfen,  toeld^e  Stobt  fo  Hein  fei,  bo^  fte  ao 
tooi^l  bem  Unteraonge  entrinnen  fönne.  vlaä)  13,  10  ift  bied  ber  füblid^fte  ^unft  be^ 
Sibbimt^Ied  unb  jtoor  tool^I  nid^t  auf  ber  Don  Often  toeit  ind  tote  iDteer  Dorf))ringenben 
ßolbinfel  (Slobinfon),  fonbem  toeiter  füböftlid^  m  fud^en.  (SSgl.  SBe^ftein,  @i:curd  )u  S)e» 
li|fd^  ®eneftd  4.  ä(.,  S.  564  ff.)  Sod  SSeib  Sotd,  bem  SBeic^bilb  ber  Stobt  bereite 
eiänffen,  lonnte  ftd^  nid^t  entgolten,  ben  Slid  borti^in  gurüdCjutoerfen  unb  fo  bod  gegebene  86 
Sabot  )u  übertreten,  toeld^eiS  too^I  borin  feinen  ®runb  l^otte,  bo^  bei  ber  bringenb  nötigen 
Site  ein  loubember  StüdEblid  )ur  äSerjögerung  fül^ren  unb  fo  DerberblidEf  toerben  tonnte, 
Diedeic^t  ouc^  borin,  bo^  bod  göttliche  Saiten  m  feigen  bem  unl^eiligen  Su^e  ber  Sterbe 
lidfm  nic^t  jufle^t  (JtnobeO.  (@ine  qregetifdSi  toertlofe  Segrünbung  geben  bie  Stobbmen  bei  Sifen» 
menger,  (Sntb.  Igubent.  II,  455.)  ^ojS  Strofgerid^t  ereilte  bie  Unge^orfome.  3^^  Soljfäule  10 
erjtcccrt,  mu^  fte  old  hmmenbed  SBei^iel  forton  am  3Bege  ftdben.  S)iefe  äfngobe  ^ängt 
mtt  ber  @ioentüm(id^teit  bed  „toten  ÜÜeered''  jufommen,  bod  betonntlid^  unDerl(fäItnidmä^ig 
ftort  mit  Sol)  gefertigt  ift,  fo  bo^  bie  äludbüttftung  bed  Seed  bie  ®egenft&nbe  mit  einer 
Sol3lrufte  über)iel(^t.  SBenn  olfo  bo^  oud  $eimtoe^  nod^  Sobom  ober  oud  SSortoi^  gurüdC^ 
bleibenbe  SBeib  bad  Dp^tt  feinet  imgel^orfamen  Säumend  tourbe,  fo  log  nol^e,  in  einem  46 
ber  Soirfegel,  toel^^e  am  Ufer  be«  See«  emj^onogen,  il^e  toomenbe  (Sc  17,  32)  ®eflalt 
)u  erblioen.  3u  ailen  ^Atm  tourbe  fte  in  biefer  SBBeife  Don  ben  Setoo^nem  jener  ®egenb 
gnetgi  S3gl.  äBei  10,  7;  SofcjJ^u«  ait.  I,  11,  4.  ©benfo  bezeugen  i^  SSor^benfein 
eiemene[  9lom.,  grenöu«,  3:ertuuian.  Db  immer  biefelbe  Säule  bafür  ausgegeben  tourbe, 
iß  froglid^  *  ebenfo,  ob  bie  Don  Volmer  entbedCte  ^Ifennobel,  toelc^e  gegentoärtig  bei  ben  60 
Scbuinen  bafür  gilt,  bomit  ibentifd^  ift.  ^ebenfoUd  foll  biefelbe  boS  äBeib  Sot«,  nid^t 
Sot«  loc^ter  (Sltebtn,  $btob.  unter  Sot  mit  «bbilbung),  borftetten.  SSgl.  5Palmer,  Sd^ou« 
))Iot;  ber  40iä^.  fflüftentoonberung  3«raete,  1876,  S.  371  ff. 

Do«  über  bie  gonge  @bene  l^ereingebrod^ene  ®eric^t  felbft  toirb  olS  ^er«  unb 
©d^toefelregen  bejei^^net  (Dgl.  5ßf  11,  6;  6^  38,  22),  infolgebeffen  bie  gonge  ®egenb66 
,,umgelel^",  b.  ^.  Don  ®runb  ouiS  Dertoüftct  tourbe  (bie  orobifd^en  Jtommentotoren  bed 
Itoron  molen  freilid^  biefe  Umtel^ng  bo^in  ouS,  ®ott  l^obe  bie  Stäbte  toie  einen  Jtu^ 
in  bie  i5d^  gehoben  unb  in  ber  Suft  um^etoenbet).  £a^  toir  ed  ^ier  mit  einem  gefd^id^t» 
lUfm  Slotureretonid  )u  t^un  l^oben,  ift  nt(^t  obgutoeifen.  DoSfelbe  l^t  [xi^  ben  umliegen« 
ben  S^öltem  tief  eingeprägt  unb  tourbe,  jumol  in  ^öroel,  )u  aOen  3^^^  ^^  benttoür»  gq 


662  &üi 

btged  ©ottei^erid^t  im  @inne  getrogen.  SSgL  S)t  29,  22;  am  4,  11;  $d  11,  8;  gef 
1,  9;  3,  9-  3er  20,  16-  23,  14;  49,  18:  50,  40;  Älagel.  4,  6;  3e  2,  9.  Suc^  kie 
JQafftler  tDtf|en  Don  ber  Kotaftro^^Be.  Strobo  n>et^  aud  ber  SRelbung  ber  @mgeborenen 
bon  breige^n  in  jener  ®egenb  gerjtörten  Stobten  unb  leitet  bie  Sntfte^ung  b^  @eed  bon 
6  @rbbeben,  buRanifd^en  SluiSbrüd^en  unb  a^pf^alU  toie  fd^toefeli^K^gen  l^^en  Duellen  ob. 
^citud,  Hist.  V,  7,  enöi^tt  bon  einem  ungel^eueren,  burd^  S3(i|e  en^ünbeten  Sronbe 
biefed  Sanbftrid^ed.  3biq  bie  geogro^l^ifd^e  S3ef(^affenl^eit  bed  toten  SReered  (bahr  lüt 
„wer  bed  Sof'  nennen  ed  bie  ätrober  bid  ^eute),  ift  baut  ongetban,  jenen  getDoÜfamen 
SKudbrud^  gerftörenber  SIemente  ut  bezeugen  ober  bo($  lei^ter  benibor  ju  nutzen.    Siebe 

10  barüber  ben  Slrt.  $aläftina.  ^er  fd^koefel^  unb  a^l^ltreid^  Soben  (14,  10)  mac^t 
namlid^  einen  unge^euem  (Srbbranb  toal^rfd^emlid^,  ob  nun  berfelbe  burc^  Srbb^en  ui^ 
buHonifd^e  SuiSbrüc^e  (@trabo)  ober  bur^SBIi^e  bom^imme((2acitud;  bgL  ben  biblifc^ 
^erregen)  en^ünbet  toar.  ^it  ber  bibKfd^en  @r}ä|(ung,  toonad^  nur  bie  X^okbene 
babon  betroffen  tourbe,  ftimmt  genau  überein,  ba|  bte  umliegenben  ®ebirge  {einorlet  but 

16  lanifd^e  Störung  auftoeifen  (^offmonn,  S3(idCe  in  bie  frül^efte  ©efd^id^te  bed  gelobten  Sonbed, 
I,  ®.  33).  3<^folB^  ^^  Jlataftro))^e  ift  gtoar  bod  Solgmeer  nic^t  erß  entffamben,  too^I 
ober  baiS  füblid^e  ®e(änbe  bedfelben  berfunfen. 

S)ie  erjä^Iung  1  2Jlof  19, 1—28  gehört  ber  jel^obiftifc^en  Duette  an.  S.  29  f<^ 
aa&  P  entnommen,  in  toeldpem  bad  ®ame  nur  fummarifd^  enä^It  ixmr.    93.  30—38  folgt 

90  aui^  ber  erfteren  nod^  eine  etl^nogra))^ifd9e  Überlieferung,  toelcpe  ben  Urf^rung  ber  SRoabiter 
unb  9(mmoniter  enäblt,  beren  gemeinfamer  ätl^n^err  ^ot  ifi  ^n  3^^  ^K^^^  ^^^  nid^^, 
fonbem  ftieg  xni  Gebirge  hinauf  mit  feinen  beiben  ^^öd^tem,  unb  too^nte  bort  in  ^ö^Ien. 
@^  fd^eint  olfo  feine  Siiftenj  nad^  ber  Jlataftro))^e  immerl^in  eine  lümmerlic^e  getoorben 
)u  fein.  Sabei  erging  ed  ibm  toie  nid^t  feiten  berf))rengten  @tömmen,  bie  in  freni^  Um 

26  gebung  fid^  nieberge(affen  Ratten:  er  ^atte  3Jlül^e,  ftd^  fort^u))f[an2en.  93on  feinen  Zdc^tem 
toirb  erjöl^It,  fie  l^ötten  au^  ber  Seforgnid,  toegen  il^er  tfolierten  Sage  teine  SRomier  }u 
bdommen,  fxd^  unerlaubterloeife  bon  i^rem  SSater  !Rad^{ommenf(^aft  erfc^Iic^en,  tooron  bie 
Hebräer  (Sant  bolfMmlid^er  @tbmoIogie)  bie  9tamen  3Roab  unb  ämmon  erinnerten: 
=i«'i^  f.  ü.  a.  3«73  unb  V^2?  gleid^  '^'^ria  gebeutet  (93.  38),  b.  1^.  ©ol^n  meined  nS^^en 

80  9Iutgk>em>anbten  bg(.  3at3B  1888  @.  282  f.  93ea(^te  bie  berbeutli^enben  3uf%  in 
LXX  gu  93er«  37—38.  2ot  felbft  fj)ielt  babei  eine  äj^nlic^  untoürbige  Slotte,  toie  9M 
bor  feinen  Söl^nen,  aber  feine  @d^u(b  ift  bie  fleinfte.  Sad  getoiff enlofe  2^un  berX5(^ter 
betoeift,  bag  fie  bom  gottbergeffenen  @obom,  au«  bem  tool^I  audp  xfyct  9Rutter  fitommte, 
nur  )u  biel  mitgenommen  l^atten.   Jlnobe(  finbet  in  ber  Srjäl^Iung  biet  Untoo^c^einlic^, 

86  allein  ba«  barf  man  nidbt  an^  ben  9(u^en  laffen,  ba^  ed  toeniger  eine  J^miliengefd^ic^te, 
a(d  eine  Stamme^efd^id^te  ift,  jtoar  ntd^t,  tote  feit  be  SBette  manche  Sceuere  bd^au))ten, 


eine  ^ure  (Srfinbung  be«  l^ebröifd^ien  93olI«^affe«,  eber  eine  Überlieferung,  toelc^e  an  ben  Um 

mti^olt  l^atte.    ©ie  mod^ten  fidb 
öl^nlid^e  93ergel^ungen,  tote  fte  l^ier  i^ren  ©tammmüttem  gur  Saft  gelegt  toerben,  ak  foU^ 


fitten  ber  betreffenben  ©tämme  einen  bleibenben  älnl^alt  l^atte.    ©ie  mo(^ten  ftdb  burt^ 


40  betoeifen,  in  benen  ba«  terad^itifd^ie  93lut  mit  ©obom«  Unart  befledEt  toar.  93dnerei  unt 
93lutfd^anbe  bannte  bort  ntd^t  ba«  ftrenge  ®ef^  be«  ^eiligen  ®otte«  !3«rael«.  93gL  jur 
SlS^arafteriftil  biefer  9SöIIer  j.  93.  31x1  25  unb  2  Äg  3, 26  f.  93ead^ten8toert  ift  ober  au(^, 
toa«  ®unfel  (®enert«,  1901,  ©.  197 f.)  erinnert:  ba^  bie  ®efdbid^te  ganj  tool^l  ber  mo» 
abitifd^^ammonitifd^en  ©tammfage   entnommen   fein    tonne,   tnbem    nac^  oltertümlid^fier 

46  ©d^ä^ung  bie  Srjielung  üon  9tad^!ommenfd^af t  bem  SBeibe  fo  l^od^  ftanb,  ba^  e«  jur  @rs 
retd^ung  biefe«  3^^'^  I^Ö^^  ^^^  93Iutfd^anbe  fu^  nid^t  fc^ämen,  fonbem  man  biefer  I^ 
ber  ©tammmütter  fogar  al«  einer  ^erotfd^en  gebenfen  mod^te,  toöl^renb  aüerbing«  bod 
i«raeltttfd^e  ®efül^I  baburdb  beleibtgt  tourbe. 

2Ba«  ben  ganjen  ß^flu«  ber  ®efd^ic^te  Sot«  betrifft,  fo   ift  er  fidler  nic^t   ein  Sr* 

60  jeugni«  jjübifd^er  $|antafte,  fonbem  ber  üielfad^  an  lololen  @rinnemngm  l^aftenbm  Über« 
liefemng  mtnommen,  bie  ein  allgemeinere«  @r6e  ber  älbra^amiben  toor.  93^1  Deßftfc^ 
m  $iob  15,  28.  3!)ie  gan^e  Haltung  ber  Srjöl^Iung  entf))rid^t  jener  ^^atnon^iftlen 
^ieriobe,  too  burd^  ®otte«furd[|t  unb  3Jlmfd^enfreunblid^Ieit  (bgl.  befonber«  ba«  ^ig  gc^ 
l^altcne  ®aftrec^t)  jene  einfacheren,  ed^t  femitifd^m  §irtenftämme  fid^  vorteilhaft   toor  ben 

65  abgefeimten  93eh>o^nem  ber  lanaanitifd^en  ©tobte  au«2ei(^netm  unb  bie  ^mmflen  einc^ 
unmittelbareren  Umgang«  mit  ber  ®ott^eit  fid^  erfreuten,  al«  e«  f))öter  felbft  im  Sötte 
®otte«  ber  goD  toor.  35ie  parallelen  au«  bem  gried^tfd^m  ©agenirei«  (ber  SBefu^  breier 
®ötter  beim  greifen  §^rieu«  Ovid.  Fast.  5,  494  ff.  )u  ®m  18  unb  ber  jtoeier  ®ött<r 
bei  ^^ilemon   unb  93auci«  Ovid.  Metam.  8,  611  ff.  ju  ®enl9)   ftnb   bemerfen«toett, 

60  beredjftigm  aber  nid^t  jur  älnjtoeifelung  ber  Originalität  be«  biblifc^m  Stoffe«.  —   3)iefc 


Soe  inhhtttu»  (Siitanhn»  653 

t^  jugdtommene  UeBerlieferung  ober  ^ot  ber  tötaelitifd^e  SSerfaffer  in  ein  größeres  ©anged 
mit  ^ebad^t  aufgenommen.  3Bte  ü6erl^aut)t  bie  ®eneftd  bte  @ntftel^ung  bed  idraelitifd^en 
SoUdtum^  im  gelobten  Sanbe  unb  bad  SSerl^ältnid  bedfelben  jur  übrigen  üRenfd^^eit,  ind« 
befonbere  ouc^  ju  ben  ftammk>ertoanbten  3ladßaxn,  toie  @bom,  ^S^mael  u.  f.  to.  Ilorlegt, 
fo  toirb  l^er  badjenige  jn^ifd^en  ^^xad  unb  ÜRoob^Slmmon  georbnet.  äBid^tig  ift,  ba^  6 
bicfe  freitoiOig  an  Slbtol^am  bo^  Sanb  ber  93er^ei|ung  überladen  unb  ftd^  bamit  ieben 
älnf^mid^  auf  bodfelbe  begeben  ^aben.  93on  bleibenber  S3ebeutung  ift  femer,  ba^  biefe 
Stamme  mit  ^l^rael  burcp  SSertoanbtfd^aft  unb  gemeinfame  @rlebniffe  Derbunben  jtnb, 
tDorouf  aud^  toeiter^in  bad  SSoI!  ©otted  Stüdfui^t  nel^men  foQte  (St  2,  9.  19),  ebenfo^ 
fe^  aber,  ba^  jtotfd^ien  biefem  unb  jenen  eine  moralifd^e  Jttuft  beftel^t,  toeU^e  fte  tiefer  lo 
unterfd^eibet,  old  bie  freitoiQige  örtlid^e  Trennung  fte  einft  gefd^ieben  l^at.  3)iefe  JUuft 
l^ben  bie  lotifd^en  Stamme  burd^  t^r  feinbfeliged  SSerl^alten  erweitert  (St  23, 4  f.),  h)e((^er 
Unbonl  gegen  Slbra^amiS  92ad^tommen  ebenfo  ben  alten  Xrabitionen  n>iberf))ra(^,  ald  er 
ben  immer  größer  koerbenben  älbfianb  gtoifd^en  bem  93oUe  ®otted  unb  biefen  ^eibnifc^ 
geworbenen  Schöffen  au^  befferem  Stamme  ertennen  lief;.  ip.  Orelli«     15 

2nlhtxtn»  Sibranbud,  geft.  1625.  —  Sixtini  Amama  Sermo  fonebris  habitas  post 
exequi&B  D.  Sibr.  Lubbertd.  Fran.  1625;  £.  L.  Vriemoet,  Athenarum  Frisicarum  ubri 
duo.  Leov.  1758,  p.  1—19;  e.  3.  $).  Xjabcn,  3)a§  gelehrte  OftfrieSlanb.  «lud«  1785,  I, 
245 — 262;  Sftr.  @cpp,  Het  godgeleerd  onderwije  in  Kederland,  gedurende  de  16«  en  17« 
eeuw,  ßeiben  1873,  I,  135—143;  5B.  53.  ©.  ©oelcÄ,  Frieslands  Hoogeschool  en  het  Rijks  30 
Athenaeum  te  Franeker,  Leeuw.  1878,  89,  II,  29—34. 

SibranbuiS  fiubbertuiS  toar  ber  erfte  ^rofeffor  ber  ^eo(ogie  an  ber  1585  geftifteten 
Uniberfit&t  ju  ^aneler  in  f^edlanb,  too  er  gu  feiner  ^^i^  ^^  ber  befannteften  unb 
tüchtigsten  nieberlänbifd^en  ^^eologen  toar.  3Rit  jel^r  biel  ©ele^rten  feiner  3^t  ft<in^  ^ 
in  S3riefta>ed^fel.  @ine  gro^e  älnjol^I  Don  Briefen  Don  i^m  toie  an  il^n  ift  gefammelt  im  25 
„älrc^ito  ®abbema''  ju  ^eeutoarben,  toäl^enb  biele  anbere  an  Derfd^iebenen  pä^en  ge^ 
brudEt  finb. 

(Seboren  ift  er  )u  Sangtoarben  in  Oft^gfrie^lanb  1556  ober  1557  unb  erlogen  in 
Sremen  bom  Sleltor  SKoIanuiS.  hierauf  ftubierte  er  in  Wittenberg,  SRarburg  unb  ®enf, 
tDO  er  ein  treuer  Sd^üler  Don  S3e)a  toar,  mit  bem  er  auc^  in  fd^riftlic^em  SSertel^  blieb,  so 
1577  toar  er  in  Safel,  Don  too  er  nad^  92euftabt  jog,  too  bamold  bie  i^eibelberger  eDan« 
gelifc^^tl^eologifd^en  UniDerfttät^rofefforen  bocierten.  ^efonberd  Don  Qao),  Urfmud  füllte 
er  ft(^  fe^r  angezogen.  @r  Derlei^rte  je^r  freunbfc^ftlid^  mit  i^m  unb  blieb  il^m  ftetd  in 
^eunbf4Ktft  Derbunben. 

^m  ^cä^  1583  toar  er  in  @mben  tl^ätig  aU  flranlenbefud^er,  toä^enb  er  aud^  @i|  86 
im  Jlird^enrat  I^Kitte.    ^ier  geigte  er  ftd^  ftetd  ald  ein  „fluger  gelel^er  3Rann,  getoanbt 
im  Stebeftreit'',  an  bem  ÜRenfo  äUting  einen  tüd^tigen  Reifer  ^atte.   älber  bad  betoog  ge» 
robe  ®raf  Sbgarb,  ^öAfthm^rfd^einlid^  auf  9lnftif ten  bed  lut^erifd^en  ^ofprebigerd  fiigariu^, 
ui  befel^(en,  i^m  ben  S)ienft  gu  hlnbigen.    3^  feinem  ®lixi  begehrten  bie  Staaten  Don 
grie^lanb  im  $erbft  1583  feinen  S)ienft,  um  bie  Sieformation  in  biefen  ©egenben  förbem  10 
)u  i^elfen.    ^m  älnfang  bed  ^ai)xt&  1584  fam  er  alfo  ald  ^rebiger  nad^  §riedlanb,  too 
er  bi«  ju  feinem  2:obe  bleiben  foQte,  feit  1585  jebod^  al«  UniDerfität«j)rofeffor  in  granefer. 
ginen  1596  an  i^n  ergangenen  Stuf  ald  $rofeffor  nai)  $eibelberg,   too  er  am  27.  SKai 
1587  inm  Dr.  theol.  ))romoDtert  toar  (nad^  SSerteibigung   Don   „Theses  theologicae, 
de  quaestione,    an   homo  in   hac  vita  legem  Del  perfecte  praestare  possit''),  46 
toied  er  ab. 

S)ag  Urteil,  toeld^e«  Btpp  über  i^n  föDt,  ift  fe^r  J)arteilid^.  Subbertu«  ftanb  beim 
Statt^lter  unb  ben  Staaten  Don  ^e^Ianb  in  ^oj^er  ^d^tung.  £a^  er  mit  3RaccoDiw$ 
(f.  biefen  art.),  ber  ein  fd^led^te«  Seben  fül^rte,  nid^t  in  ^eben  lebte,  f})rid^t  noc^  nid^t 
gegen  ibn,  S)afe  er  mit  a^ruftu«  (f.  b.  %  8b  V  S.  46)  in  ge^be  lebte,  ift  au8  ber  60 
^erfc^ebenl^eit  bed  tl^eo(ogifd[ien  Stanb))untte!S  beiber  m  erflären.  @r  geigte  ^idf  ftetd  fe^r 
tDo^tooDenb  gegen  bie  Stubenten,  bie  ftd^  orbentlid^  fül^rten,  aber  er  l^atte  einen  tiefen 
$a|  gegen  bie  gügelloftgleit,  bie  fe^r  ftarl  an  ber  UniDerfttät  ^errfd^te.  ®r  toox  fel^r 
t^iääg  unb  fa^  Don  ÜRorgend  3  Ul^r  an  bei  ber  ä(rbeit.  äfö  ^rebiger  mad^te  er  auf 
feine  ^örer  tiefen  @inbrudf.  äö  ^Profeffor  jog  er  Diele  Stubenten  an.  ©r  na^m  am  66 
Streit  mit  ben  9temonftranten  lebenbtgen  Anteil,  nid^t  o^ne  fieibenfd^aftlidt^Ieit;  f))äter 
gab  er  m  ertennen,  ba|  er  ben  ^rieben  l^od^ad^tete  unb  toar  traurig,  ba^  9tom  Don  bem 
gtoieftHUt  unter  ben  ^roteftanten  92u^en  gog. 


664  iuhhtttu»  Sifarattktt0  Sttctatt  ber  ^»xtfm 

®r  t^ot  ft>ad  er  !onnte,  um  9lom  Slbbrud^  gu  tl^un.  Igm  ^o^  1595  toidte  er 
träftig  mit,  um  bie  reformierte  Aird^e  in  ©roningen  )u  begrünben.  S9eim  Snttourf  einer 
Jlird^enorbnung  für  ©roningen  toax  er  auä)  beteiltgt.  ®egen  9tom  fd^rieb  er  t)erfc^ene 
äßerte  („De  Papa  Romano  libri  decem,  soolastice  et  ttieologice  oollati  cum  dispu- 

6  tat.  Rob.  Bellarmini'',  Fran.  1594;  „De  Conciliis  libri  quinque",  GenevaelGOl; 
„De  Ecclesia  libri  sex'',  Fran.  1607;  „Replicatio  de  Papa  Romano,  adversus 
Jac.  Oretserum'',  Fran.  1609).  SRami^  Dan  @t.  SQbegonbe  ^ried  fein  Sßert  gegen 
SeQormin  fei^r.  3lai)'  feinem  ^obe  fanb  man  unter  feinen  $a))teren  nod^  eine  ou^ü^ 
Kd^e  Schrift  „Anti-BeUarminus". 

10  alte  l^eftiger  ©egner  bed  SocinianiSmu^  n>ar  er  belannt  SRit  Unterß^jpmg  ber 
Obrigteit  fud^te  er  in  ben  SBo^nungen  ber  @tubenten  nad^  focinianifdJKn  Septimen.  Sr 
felbft  fd^rieb:  „De  Jesu  Christo  Servatore  libri  quatuor  contra  Faustum  Sod- 
num''  (Fran.  1611).  9(ud^  mit  Sertiud  unb  SSorftiud  tam  er  in  ©treit.  ®egen  ben 
erften  fc^rieb  er:   „Epistolica  disceptatio  de  fide  justificante,   nostraque  ooram 

16  Deo  juBtificatione''  (Delf.  1612).  ^iefe  Sd^rtft  lam  ol^ne  fein  SBiffen  in  bie  Öffent« 
(id^Ieit.  ®egen  SSorftiud  toaren  gerid^tet :  „Declaratio  responsionis  D.  Vorstii"  (Fran. 
1611)  unb  „Cpmmentarii  ad  non  agnitos  XCIX  errores,  Lubberto  a  Vorstio 
objectos''  (Fran.  1618).  ätud^  mit  ^ugo  ©rotiuiS  ift  er  in  Streit  gdtommen.  (Segen 
beffen  „Pietas  ordinum  Hollandiae  et  Westfrisiae"  (Lugd.  Bat.  1613),   toortn  er 

20  SubbertUjS  befd^ulbigte,  bie  genannten  Staaten  beleibigt  gu  fyibm,  toel^e  er  fu^  in  feiner 
„Responsio  ad  Pietatem  Hugonis  Grotii"  (Fran.  1614). 

9[tö  $rofef[or  bocierte  er  Dogmatil,  toobei  er  aud^  ben  ^eibelberger  ftotec^i^mud  mit 
feinen  ©d^iUem  bel^anbelte.  3[uf  bogmatifd^em  ©ebiet  gab  er  aui:  „De  prindpiis 
Ghristianorum  dogmatum  libri  Septem'',  Fran.  1591;   burd^  Seja  fe^   ac)niefen, 

26  1595  tPteber  aufgelegt;  „Replicatio  de  principiis  Christianorum  dogmatum  ,  Fran. 
1608  unb  „Commentarius  in  Gatechesin  Palatino-Belgicam'',  Fran.  1618. 

^m  ^ol^re  1607  toar  er  3JlitgIteb  be^  Ston\>mM  )u  'd  ©rabenl^age,  ber  eine  notio^ 
na(e  @^nobe  borbereiten  «foQte,  unb  1618  tourbe  er  ju  ber  nationalen  St^be 
)u  Sorbrec^t   abgeorbnet.    ^ort   gel^örte   er   mit  Sogerman   unb  ®omanid,    obloo^I 

80  er  mit  Id|terem  nid^t  in  allem  eind  toar,  ui  ben  l^eftigften  ®eanem  ber  ätemon^ 
[trauten,  ^ie  S^nobe  ernannte  i^n  jum  Stet^ifiond^Jtommif^ndmitguebe  fftr  bie  Über- 
fe^ung  bed  alten  Xeftamented.  93et)or  er  al^  fold^ed  auftreten  lonnte,  toor  er  bereite 
(11,  ^an.  1625)  feiig  entfd^Iafen. 

SubbertUjS  toar  au^  inntgfter  Überzeugung  entfd^iebener  Solbinift,  ol^ne  feine  Gdb^ 

86  ftänbigtett  baburd^  auf2uo))fem.  Sefonberd  auS  feinen  Sriefen  gel^t  feine  @^Ii(^IeU  unb 
2:;reue  ju  tDteberl^oIten  SRalen  l^erbor.  3)a^  er  bt^meilen  l^eftig  unb  leibenf(^aft{id^  bei 
fetner  @tretttt)et{e  toax,  lag  gang  im  3<^^^0^^f^-  ®^"  ungeftümer  S^aratter  unb  feine 
gro^e  ätrbeit^Iaft  ftanben  tool^I  bi^n^eilen  grünblid^en  9tad^forf(^ungen  im  9Beg.  @r  toor 
übrigen^  ein  3Rann,  beffen  SBerte  einen  S3en)etd  großer  ^reue  unb  ftttlid^en  @ntfted  ab< 

40  geben,  ^a^  bie  Slemonftranten  i^n  fd^arf  verurteilten,  erllört  ^  aud  feinem  ®ifem  fär 
bie  ))er))flid^tenbe  ffraft  ber  93e!enntmdfd^rif ten  unb  aa^  feinem  SBiberftanb  geaen  i^  Xb* 
toeid^ungen  k>on  ber  reformierten  fie^re.    ätber  aud^  fte  tiHxren  nid^t  k>orurteUdfrel 

®.  ^.  na«  See». 

Sot^ringen  f.  @Ifa^«£ot^ringen  S3b  V  @.  319. 

46         Low  Chnrch  f.  Slngai.  Jlird^e  9b  I  @.  544, 45 ff. 

Snctan  ber  Stftrtqrer*  ^te  ^At  biefed  bebeutenben  d^riftlic^en  Se^rerd  fäQt  in  eine 
ber  bunlelften  @))od^en  ber  ©efd^td^te  ber  alten  Kird^e,  f^^egidl  ber  ontiod^ifc^en,  unb  bie 
eigentümlid^e  SteQung,  toeld^e  er  eingenommen  ^at,  ift  felbft  eine  ber  Urfac^en  getooi^, 
toeSifcib  Sufebiud  il^n  unb  feine  ^^xi  berfd^leiert  ^at.    SBad   tt^tr  über  bie  ^arfon  unb 

60  bai^  SOBirlen  Sudans  tDiffen,  ift  aud  t)eretnzelten  f))ärlid^en  9toti)en  jufammenjuftdlen. 

Sufebiud  ertoöi^nt  t^n  in  ber  Jlird^engefd^td^te  nur  jtoeimal,  beibemal,  um  fein 
ruIj^mDone«  SKart^rium  in  JJicomebien  mitzuteilen  (unter  5Kai;imin  im  3al^re  312);  über 
feine  $erfon  fagt  er  lebiglid^  bted,  bag  er  ein  in  feinem  ganjen  SBoi^  oudgeieic^eter 
$redb)^ter  in  Slntiod^ien  getoefen  fei  (VIII,  13),  ba^  er  ein  ent^tfame^  Seben  geffi^ 

66  ^abe,  bezaubert  in  ben  ^l.  38tffenfd^aften  (IX,  6).  3Re^r  teilt  er  nic^  mit;  er  ^t  ii^ 
fomit  aud  ber  großen  3al^l  bon  ^ort^rem  l^öd^ftend  burd^  fein  befonberd  ^errlic^edSRortk^rium 
^ert)or,  fofem  er  „in  ©egentoart  beiS  Jtatfer^  bad  ^immlifc^e  Steic^  S^fti  )uerß  in  Slorten 


Sttrion  ber  WtixUtttt  655 

butd^  eine  Sinologie,  fobann  aber  aud^  ^urd^  bie  ^at  Derfünbigt  fyä>i".  9(Ber  audf 
über  bie  ontiod^enif d^en  Sifd^dfe  ber  bomaltgen  Mt,  ^omnu^,  ^imäud,  S^riQuiS  fotoie 
über  bad  üRorti^um  bed  St^nOud  ^üQt  fid^  @ufebiud  in  Sd^meigen.  Sagegen  bringt  er 
h.  e.  VIII,  1  allgemeine  Slnbeutungen  über  grauenDoQe  3uftänbe  in  ben  Jlird^n  Dor 
Xu^rud^  ber  biofletianifd^en  93erfo(gung,  bie  man  gunäd^ft  auf  bie  f^rifd^-^aläftinenfifd^en  6 
®emeinben,  aljo  ft>ol^(  auc^  auf  Slntiod^ien  bejiel^en  borf,  unb  bie  jened  @d^h)eigen  gu 
motivieren  Meinen.  ^a§  Sunlel  aber  toirb  fofört  einigermaßen  erteilt  burc^  bad,  toa^ 
totr  t>on  9(le;anber  Don  äUqranbrien,  Slriud,  @))t))l^aniud,  $^Uoftorgiud  über  Sudan  er« 
fa^rren.  äUesonber  in  feinem  9tunbf (^reiben  Dom  ^al^re  321  (bei  2:^eoboret.  I,  3)  über 
Xriud  unb  ®enoffen  fögt,  ed  fei  belannt,  baß  bie  neuaufgetaud^te  Seigre  mit  ber  be^  lo 
Sbion,  Xrtemad,  $aulud  Don  Samofata  jufammen^önge,  3v  diade^dfievog  Aovxiavbq 
djioawdycDYog  l/bieive  xqi&v  ijiioxojicov  TiokveteTg  ;|fßovovc.  ,/33on  ber  ©ottloftgleit 
biefer  SRenfcpm  l^ätten  jene  fojufagen  bie  $efe  eingefd^lürft,  bie  ba  je^t  mit  bem  ^tic^ 
toorte:  If  ovx  dvrcov,  gegen  und  auftreten;  fte  finb  ^etoiff ermaßen  beren  Verborgene 
@c^ßlinge.''  3Bir  erfahren  bier,  baß  fiuctan  für  bie  ananifd^e  £e|re  üeranttoortKd^  ge«  15 
mac^t  toirb,  )ug(ei(^  ober,  baß  berfe(be  unter  bem  @))tflo^at  bed  Somnud,  ^^imäud,  S^rilutd 
\Uif  von  ber  ®emeinf4Ktft  ber  ®roßIir(^e  in  Slntiod^ien  fem^ieU  (f.  über  &jioawdyo}yog 
bie  92ote  bed  SalefmiS  ).  b.  @t.).  @eine  2:rennung  von  ber  Jtird^e  fällt  olfo  jeitlicb  ^ik^^ 
ivobrfc^einlid^  jufammen  mit  ber  ä(bfe^ung  bed  $aulud  (c.  268) ;  ed  ift  aber  in  btefem 
3ufammen^ange  nid^t  unkoid^tig,  ju  erfahren,  baß  Sudan  (f.  Suibad  s.  h.  v.)  fe(bft,  toiego 
$(mlud,  oud  Samofata  fiammen  foQ.  Sie  Kombination  liegt  na^e,  baß  Sucion  bie 
(^{itologifc^en  @ä^e  fdned  großen  Sanbdmannd  geteilt  ijoX  unb  nad^  bem  2:;obe  bedfelben 
dn  $au^t  ber  nattonoIÜrd^Iid^en  f^fcben  $artd  in  Xntiocbien  im  ©egenfcü^  jur  ^eniftif A» 
rdmifc^en  getoefen  ift.  2Snbef[en  lann  bie  Übereinftimmung  ber  beiben  Männer  feine  Vou« 
lommener  reff),  {dne  bauembe  getoefen  fdn :  minbeftend  bie  Vortoeltlic^  @rf4Ktffung  bed  2& 
Sogod  unb  fdne  voQe  $erf&nli$fdt  im  tl^dfd^  ^efu  mu^  Sudan  f))äter  gelehrt  ^cibza, 
Sied  ge^t  nic^t  nur  aud  ben  d^riftologif^en  X^efen  fetner  jol^lrd^  Sd^üler  l^erVor, 
fonbem  folgt  ouc^  aud  ber  verfd^iebenen  Slrt,  in  toelc^er  (Sufebiud  ben  $au(ud  von  Sa« 
mofota  unb  ben  Sudan  be^anbelt.  Wiener  ift  i^m  ein  gefäl^lid^er  ^(el^rer,  über  bt^en 
fc^tpdgt  er  ober  läßt  vielmehr  umgele^rt  burd^blidCen,  baß  er  i^  verehrt  Saß  Sudan  so 
rec^t  dgentlid^  ber  iBater  ber  ,,arianifd^en  ^ärefie''  ift,  toirb  namentlich  aud  bem  Sriefe 
bed  älriud  coi  @ufebiud  von  !Rifomebien  (bet  @t)i))l^an.  h.  69,  6 ;  2:^eoboret.  I,  4)  beutlid^. 
Xriud  nennt  in  jenem  ©c^rdben,  in  todd^iem  er  ben^eunb  turg  über  bie  alqranbrinifc^en 
SSorgönge  orientiert  unb  bie  Se^e  anbetttet,  um  toeld^er  toiHen  er  eslommunijiert  toorben 
ift,  ben  Sufebiud  dnen  treuen  ®enof|en  aud  ber  @<^u(e  Sudand.  @r  ift  fu^  fomit  be<  35 
toußt,  nid^td  anbered  in  ben  angefod^tenen  Sö^en  gu  leieren,  ald  tood  er  Von  Sudan  ge* 
lernt  ^at.  Samit  ftimmt  Vortreff lid^  überdn,  baß  @))i))l^niud  (h.  43  init.)  bdläufig 
bemerit,  „bie  9(rianer  jäl^Iten  ben  Sudan  ju  ben  S^ärtVrem'',  er  fd  ein  SSertreter  ber 
orionifc^en  ^ärejte  getoefen.  @^i))l^aniud  totU  alfo  nid^t  dnmal  Von  bem  „3SlM^xtc" 
Sudan  etioad  totffen,  toä^enb  bod^  älle^anber  burc^bltdCen  läßt,  baß  Sudan  Vor  fernem  4a 
Xobe  fdne  SonberfteQung  in  Slntiod^ien  aufgegeben  ^.  ^^iloftorgiud  (f.  II,  12 — 14; 
UI,  15)  ift  bed  Stul^med  bed  3){ärt^rerd  voU.  äBir  erfa^en  Von  i^m,  baß  faft  alle 
fc^nfthmbiaen,  berühmten  arianifc^en  unb  femtarianifd^en  2:;^eologen  aud  ber  erfien  ßiälfte 
bed  4.  I^o^r^unbertd  bie  Schüler  bed  Sudan  getoefen  fmb  (@ufebiud  9ticomeO.,  ^arid 
e^cebon.,  t^eognid  9tic.,  Seontiud  Slntiod^.,  ätntoniud  ^rf.,  älfteriud  ea)))>ab.,  %m&  45 
unb  viele  anbere,  inbirelt  aud^  Slätiud),  unb  baß  bie  @ti(^toorte  ber  $artd  unb  bie  nur 
aud  SSerlegenljfdt  burc^  bie  Drt^obo^en  bidtrebitierte  ober  bemätelte  biblifc^e  3Retl^obe  ber* 
fetben  auf  Sudan  jurüdCgel^en  (über  bie  Sd^üler  Sudand  f.  auc^  ^oborei  h.  e.  I,  4; 
!Kice»)bor.  h.  e.  VIII,  31). 

Sod  S9ilb,  toeld^ed  toir  fo  oud  bürftigen  SVotijen  erleben,  ift  dn  fel^  überrafc^enbed :  so 
gtmfc^en  c  275  u.  303  Sudan  an  ber  @))i^e  einer  ftrebfamen,  gefc^loffenen  Sd^ule,  dfrig  für 
meti^obifc^  S9ibelftubium  toirlenb,  getrennt  von  ber  großen  Jtirc^e  in  Sntiod^ien.  m  ift 
aber  mel^  old  jtodfell^aft,  ob  toirtltc^  bie  d^riftologifc^en  @ä$e  Suciand  allein  unb  bauemb 
ben  ®runb  )ur  2:rennung  abgaben.  Ser  @trdt  mit  ^aulud  Von  Samofata,  ber  f c^ließlicb 
)ur  9(bfe|ung.  bedfelben  führte,  l^tte  auc^  dnen  ^olitifd^en  ^intergrunb.  @d  läßt  fiep  66 
nic^t  mel^  audmad^en,  in  toelcbem  @inne  fein  „Siabod^e''  Sudan  i^n  fortaefe^t  l^t. 
Seffen  6(büler,  bie  Slrianer,  füllten  ftc^  iebenfaHd  ald  ort^obo^e  lat^olifd^e  S^riften  unb 
finb  old  fold^e  vor  bem  ariamf6en  Streit  nid^t  angetaftet  toorben.  2!a  auc^  von  ale^an* 
brintf(^  ®dte  l^aben  nid^t  alle,  toie  @))i))^antud,  ben  Sudan  fallen  laffen.  $feubo< 
at^afiud  (Synops.  S.  Script,  fin.)  nennt  i^n  ben  adligen  unb  großen  Sldteten  unb  ao 


666  Sttcum  ber  aRSri)|m 

^Raxt^tzt,  S^r^foftomud  l^at  il^m  eine  Sobrebe  gellten  (f.  Opp.  T.  n,  p.  524  sq. 
ed.  SKontf.)  unb  bie  Jltrd^e  f)ai  fd^Ite^lid^  bad  äRort^rium  be^  ,,^l.  Sucton''  gelten  toffen 
(f.  Acta  Matyr.  Metaphr.  ).  7.  ^on.),  nac^bem  ed  im  nilomebifc^en  mlenber,  ber 
©runblage  ouer   übrigen   gried^ifd^en;   Deneid^net  toorben  toar   (f.  bod   äbefte   ft^c^ 

6  SRart^rologium  )um  7.  Januar).  Ser  ^erfud^  bed  SSoroniud  (ad  ann.  311,  n.  12 
unb  ad.  ann.  318,  n.75),  ben  Sudan  Dom  SSortourf  ber  ^eterobo^ie  rein)utaHtf($en,  ref)). 
jtoifd^en  itoA  fiucianen  ju  unterfc^eiben,  borf  old  antiquiert  gelten  (f.  $efe(e,  2^.  Z^Q6 
1851,  ©.  188  f.). 

9Bad  h)ir  fonft  Dom  Seben  unb  bem  äBirfen  bed  Sudan  toiffen,  ift  folgenbed  (f.  6at)e, 

10  Hist.  Utt.  [1720 f.],  P-  97;  9tout^,  Reliq.  Sacr.  IV,  p.  3 sq.;  Jlil^,  SMe  S3d>eutung  ber 
antioc^.  ©c^ule,  1866,  ©.  47.  2.  „antioc^enifc^e  ©d^ule",  »b  I  ®.  592,3iff.):  Sudan 
joQ  auiS  ©amofata  ftammen  (?)  Don  angefel^enen  Sltem  unb  erhielt  feine  SUbung  in  ber 
iRad^barftabt  @beffa,  too  ber  grünbKd^e  ©d^nfttenner  SRacariud  dne  ©d^ule  ^elt  (f.  ben 
3)leta))^raften  ).  7.  2ianuar).    $)ie  ©d^ule  Don  @bef(a,  too  bad  S^riftentum  fo  frü^  ^m 

16  ©iege  gelommen  toar,  ft>o  Se^rer,  toie  Sarbefaned,  toirften,  toor  ol^ne  Rtoeifd  neben 
äUe^anbnen  bie  berü^mtefte  bed  3.  ^ai^r^unbertd.  Ob  Sudan  auc^  in  Sofarea  gebilbet 
toorben  ift,  ift  mtnbeftemS  nic^t  fidler.  @r  ftebelte  nac^  9(ntiod^ien  über  unb  begrünbete 
bort  red^t  dgentlid^  bie  antioc^enifc^e  Ssegetenfd^ule,  an  tDelqfer  er  ix>al^(^einli(^  ben 
^re^b^ter  Sorotl^eud  (@ufeb.  h.  e.  VII,  32)   )ur  ©dte  ^atte.     &Än  tDi{fenf(^aft(i(^er 

ao  mbm  toettdferte  mit  bem  bed  arteten  (f.  ©uibai^).  ®r  ftarb  aü  ^ort^rer,  nad^bem  er 
toai^c^einlici^  toteber  in  ©emeinfd^aft  mit  ber  antioc^enifd^en  ©ro^Ürd^e  getreten  tvor, 
unter  3Ra£tmin,  ber  neben  bem  9(uguftuiS  ©aleriud  feit  ber  äCbbonlung  SStottetiond  in 
@)^nen  unb  %l^^ten  ^errfd^te  unb  bie  überall  einfc^Iummembe  SSerfolgtmg  fünfttic^  auf- 
recht erhielt.    Obgleid^  er  im  ^^rül^jal^re  311  mit  ®alenud  )u  dnem  Xoleranj^ttt  für 

36  bad  Sl^nftentum  ftd^  bequemen  mu^te,  fo  fing  er  bod^  gldd^  nad^  bem  Xobe  bed  ®alertud 
ci^  unab^änaig  geworbener  9tegent  im  ^erbfte  311  bie  alte  2l^ätig{eit  toieber  an.  2)ie 
SSerfolger  fucpten  auc^  biefe^maf  befonberd  bebeutenbe  Serfünbiger  be^  SDongeltumd  auf, 
fo  neben  ^ifc^of  $etru^  Don  Slesanbden  unb  bem  bortigen  ©(^nftlrititer  ^efi^iuS  ben 
^ßredb^ter  Sudan  (@ufeb.  h.  e.  IX,  6).     ®r  tourbe  —  bie  3^randIo)terung  beBagter 

80  ^erDonagenber  (Sänften  toar  bamaliS  üblic^  —  Don  Sntioc^ien  nad^  !Ricomebicn  Qt^dfUppt 
(f.  aud^  $ieron.  de  vir.  ill.  77 ;  böiger  ber  „episcopus  Nicomediensis  Lucianus"  bd 
§onoriu«  Sluguftob.),  too  ber  Äaifcr  felbft  reftbierte,  im  SGBinter  311/12.  6in  offene« 
Selenntnid,  ba^  Sufebiud  in  ber  Ä.'®efd^id^te  ertoöl^nt,  in  fdnen  9Rärt)^reraIten  töol^' 
fd^einlid^  mitoetdlt  unb  ^ufin  ju  @ufeb.  h.  e.  IX,  9  tdltodfe  überfe^t  fyd,  (egte  Sudan 

86  Dor  feinem  Stid^ter  ab.  @d  mad^te  auf  bie  l^dbnifd^en  ^nffbxct  Sinbrud.  ©eine  legten 
^ge  im  ©eföngnid  unb  fdn  Snbe  l^at  ba^  ©ebäd^tnid  ber  ^olgejeit  au^efd^müA  (f.  bie 
©efc^ic^te  Don  SudaniS  9(benbma]^ldfder  im  ©efängnid  bd  ^^tloftorg.  h.  e.  II,  13,  au<^ 
S^rVfoftom.,  Homil.  in  Luc.  Mart.  Opp.  II,  524  sq.,  Stuinart,  Acta  Marl.  p.  503  sq. 
Rufin.).    Unter  ben  foltern  ift  er  jufammengebrod^en.     ©einen  Sdd^nam  füllen  bie 

40  Sänften  über  bie  93ud^t  ber  $ro))ontid  nad^  ber  fd^rög  gegenüberliegenben  ©tobt  3)re> 
^anum.  £en  Xoten  e^rte  Konftantin,  inbem  er  mit  at  beffen  ©ebäc^tnid  bie  jfinfort 
nad^  fdner  3Jlutter  $eIenoDo(t^  benannte  ©tabt  neu  aufbaute  unb  il^r  ©teuerfrd^  gab. 
Rnxi  Dor  feinem  2^obe  fou  er  felbft  bort  in  ber  aRärft^rerürd^e  gebetet  ^aben  (f.  Chron. 
Pasch,  ad.  ann.  327,  Sluinart  p.  505).    ^^iloftorgiud  (II,  12)  bag^en   tod^   ^u  er* 

46  jöi^Ien,  ^elena  l^abe  am  93ufen  Don  9Iitomebien  dne  ©tabt,  $eleno))oIid,  gebaut,  hml  ber 
&etd[inam  bed  Sudan  Don  einem  ^el))^in  Dorthin  getragen  n^orben  fei  ^n  9lntio<!^ 
fderte  man  ben  7.  Januar  ald  ^^obe^tag  Sudans;  bie  bortige  Jlird^  ^at  fu^  biefen 
adligen  nid^t  nel^men  laffen.  S)ie  am  7.  Januar  387  Don  ß^foftomu«  ge^Itene  Sob» 
rebe  auf  i^n  ift  nod^  Dor^anben. 

60  SSad  fdne  litteranfd^e  X^ätigteit  betrifft,  fo  ^at  @ufebiu^  nid^t  dn^  ©d^rift  Don 
i^m  genannt,  ©ohated  fc^toetgt,  ©ogomenu^  (h.  e.  III,  5)  bend^tet  in  benfelben  oO« 
gemeinen  Slu^brüden,  h)te  @ufebtud,  lebtgüd^  Don  i^m:  rd  tc  älXa  ebdoxifubtaxog  xoi 
Tag  leqäg  ygacpäg  etg  äxgov  7]xQiß(oxa)g.  ßttoaiS  au^fü^Iid^er  finb  $ierpn)^mud  unb 
nac^  i|m  ©uiba^  unb  ber  SRctoj^^raft.     ^ieron^mu«   nennt  (de  vir.  ill.  77)    1:  feine 

66  Slejenfton  ber  Sibel^anbfd^nf ten  (f.  aud^  ©utbad  unb  ben  iDleta))l^raften) ;  2 :  libelli  „de 
fide",  3:  nonnullae  epistolae  (f.  auc^  ©uibad).  3)a2u  tommt  bie  Don  Stufin  mit* 
geteilte  o^ologetifd^e  Siebe.  äSon  ben  Briefen  \)at  ftd^  in  bem  Chron.  pasch,  (p.  277 
edid.  Ducange)  ein  funed  93rud^ftü(t  dned  ©d^rdben^  Don  Stitomebien  ou^  an  bie 
älntiod^ener  erbalten  (f.  Sloutb,  1.  c.  p.  5),   in   mdd^em  ber  äRärt^rertob   bed  Sifc^fd 

eo9lnt^tmud  mitgetdlt  ift.  93onS3nefen  im  aQgemdnen  bemerlt  ©uibad  (p.  459,  ed.itu^): 


Sttctatt  ber  Mixtum  657 

i^i&ero  yag  xal  inicfToXäg  äjuiXei  yervaiOTdrag,  i^  (hv  (pcogdaai  ng  äv  evudla 
^dioyg,  fjv  6  ävijQ  negl  tcüv  ^elcov  eacoCe  yvcofirjv.  S)ic  a))o(o9etif(l^e  SRebc  (Siufin., 
ed.  Sacciari  I,  p.  515)  ^ält  ftc^  im  Stal^men  bed  Üblichen,  lögt  aber  ben  c^hftolo()tfd^en 
@tanb))un{t  bed  Sudan  burt^blidCen  („Deus  unus  est,  per  Christum  nobis  adnun- 
ciatus  et  per  S.S.  nostris  cordibus  inspiratus"  .  .  .  ,,Deus  sapientiam  suam  6 
misit  in  hunc  mundum  came  vestitam,  quae  nos  doceret  etc."  ^ieSebeutung 
S^ti  tüvA>  burc^aud  auf  feinen  Sel^rerberuf  unb  auf  bte  ©efe^gebung  burd^  i^n  be^ 
fc^rontt;  felbfi  bort,  h)o  üon  feiner  n)efenl^aften  Unfterblic^teit  gerebet  n)trb,  mac^t  Sudan 
rnc^t  bte  älntoenbung  auf  und.  Surd^  fdn  3Renfd^fdn  unb  fdnen  ^ob  ^at  S^riftud  und 
dn  9d{)9iel  ber  ©ebulb  gegeben).  SBid^tig  ift  nod^  bie  @rkt)ä^nung  ber  gefölfc^ten  lo 
$Uatudaften,  bie  Semertung  ,,parB  paene  mundi  jam  major  huic  veritati  (seil. 
Christianae)  adstipulatur",  unb  bie  Srjö^Iung:  „Adstipulatur  bis  ipse  in  Hiero- 
solymis  locus,  et  Golgathana  rupes  sub  patibuli  onere  disrupta:  antrum 
quoque  illud,  quod  avulsis  inferni  januis  corpus  denuo  reddidit  animatum, 
quo  puriud  inde  ferretur  ad  coelum"  (bie  @(^t$dt  ber  9tebe  ift  beanftanbet  Don  i6 
ZiOemont  unb  Don  Satiffol,  La  Passion  de  S.  Lucien  d'Antioche,  in  bem  Compte 
rendu  du  congr^s  scientifique.  Internat,  des  Catholiques  1891).  3n  ben  Stlten 
bed  Sudan  (Bolland.  I.  p.  363),  bie  bie  Überarbeitung  alter  ananifd^er  ätrten  ftnb  (f. 
Säotiffol,  1.  cX  Reifet  ed,  Sudan  l^be  ber  Ätrd^e  Don  9ttIomebien  eine  §anbf4^rift  bed 
9  u.  3i!X,  bie  er  felbft  gefc^eben,  ^interlaffen.  Son  ben  libelli  de  fide  ift  taum  Änz  ao 
&pux  übrig  geblieben.  3)o4^  n)irb  ed  ftc^  auf  fte  begießen,  n^enn  @))ip^aniud  (Ancorat. 
33)  fagt:  Sudan  unb  bie  Sudaniften  leugnen  fdmtli^^,  ba^  ber  @o^n  ®otted  dne  menfct^- 
lic^e  @eele  angenommen  l^be,  unb  tDoQen  i^m  nur  einen  menfc^Iid^en  Seib  juerfennen, 
um  bie  menfc^Iic^en  9(ffelte,  tok  Trauer,  t^eube  u.  bgl.  bem  Sogod  felbft  jufct^reiben  unb 
i^  bamit  für  dn  geringered  ffiefen  ald  ®ott,  für  dn  ®efd^ö})f  erMären  ju  fönnen  (biefe  25 
Se^e  ^t  ariud  ebenfaOd  Derteibigt ;  f.  über^aut)t  b.  9t.  ätriud  Sb  II  @.  10, 58).  @in  libellus 
de  fide  Sudond  l^ätte  jui^  jebod^  noc^  erbalten,  n)enn  bad  im  ^[abre  341  Don  ben  in  Stntioc^ia 
Derfammelten  Sif^^öfen  re)i))ierte  ©laubendbdenntnid  mirlli^  Don  ibm  ^errü^ren  foQte. 
3>cu^elbe  finbet  ftc^  mitgeteilt  bA  Xt^anaftud  (Ep.  de  synod.  Arim.  et  Seleuc.  §  23. 
Opp.  ed.  SRontf.  I,  2,  p.  735),  Sofrated  (h.  e.  II,  10),  tat.  bei  $ilanud  (de  synod.  80 
§29.  Opp.  ed.  Coust.  II,  p.  479);  f.  gjlanft  II,  p.  1340 sq.;  $aH  »bliot^ef  ber 
©l^mbole,  3.  äufl.,  §  154.  ®iefe  brd  3^^"  toiffen  nic^td  baDon,  bafe  Sudan  ber  33erf. 
biefcd  Sefenntnijfed  fdn  foll;  bagegen  fagt  ©ogomenud  (h.  e.  III,  5),  bie  Sifc^öfe  ^u 
Slntiodj^ien  l^otten  ed  i^m  beigelegt  (Sleyov  dk  Tavrrjv  ttjv  niariv  6X6yQa(pov  evQrjxe- 
yai  Aovxtavov  ?aL) ;  berfelbe  berichtet  (VI,  12)  aud^,  dne  in  ßarien  367  Derfammelte  86 
femiarianif(^e  S^nobe  ^abe  ed  ald  lucianijcb  anerfannt,  bad  ®ldd^e  ^aben  nac^  bem  Sierf. 
ber  fieben  2)iaIoge  über  bie  2:;rinität  bie  3Jlacebonianer  getl^an  (Dial.  III  in  Theodoreti 
Opp.  V,  2,  p.  991  sq.  ed.  Schulze  et  Nöss.).  ^ud)  bie  ©emiarianer  f((^dnen  auf 
bet  ©^nobe  ju  ©eleuda  im  2ia^re  359  bad  ^etenntnid  bem  Sucian  gugefc^rieben  ^u 
^en  (f.  ßo^ri,  3Kte  unb  neue  dueüen  gur  ®ef4^.  b.  a:auff^mbotd,  ©.  42  f.,  n.  18).  40 
^er  tudantf(^e  Urf))rung  toirb  bed^alb  auc^  Don  Qxddc  (a.  a.  D.),  ^aina^t,  93aroniud, 
»uü  (Defens.  fid.  Nie),  $a^n  (a.  a.  D.  ©.  184 f.),  a)omer  ((gnttoic!el.-®ef((^.  b.  S.  D. 
b.  $crfon  ßbrijii,  I,  ©.  802  f.,  n.  20)  unb  anberen  anerfannt.  3"^^ff^"  1-  ©ogomenud 
felbft  begtodfelt  ben  lucianifcben  Urf^rung  bed  ©^mbold  {jidiegov  de  dXrj^cög  xavxa 
itpaoaVf  ij  rijv  Idiav  ygaipfjv  oefivonoiovvxeg  rcp  dSKojuari  rov  ßiägrugog,  Xiyeiv  ovx  46 
Ix^y  2.  Der  SSerf.  ber  obengenannten  3)ialoge*  fagt,  M^  ©^mbot  fd  auf  ber  ©^nobe 
Don  ben  Sifc^ofen  inter))o(tert  n)orben  unb  getraut  ftd^  nod^  bie  3uf^^  anzugeben  (xa- 
riyvcov  rrjg  7igo<r&rjxrjg,  fjg  ngoae&i^xare,  xal  ^yoi  öel^ai,  Sri  7igooe9t]xaTe  hdv- 
xux  avtfj,  vfmg  rijv  ngoo&i^xrjv  bü  t6  doeßiaregov  [?]  jigoot&i^xaTe) ,  —  3.  9Wit 
9te(^t  mac^t  ber  ^eraudgeber  ber  äBerte  bed  ^ilariud  g.  b.  ©t.  barauf  aufmer!{am,  ba^  60 
Xt^anaftud  einige  $^rafen  au^  bem  ©^mbol  ald  Don  9(cadud  unb  Sufebiud  ^errül^renb 
Ienntli(^  mac^t  unb  bag  ätcaciud  felbft  me^rered  aud  bemfelben  bem  Slfteriud  beilegt.  9lud^ 
$t(ariud  lö^t  burd^bliden,  bag  bie  auf  ber  ©^nobe  Derfammdten  Sif^^öfe  bie  Url^eber  bed 
Sefenntniffed  fden.  4.  @intge  Slbfd^nitte  in  bem  ©^mbol,  namentlich  gleid^  ber  Eingang 
unb  ber  Sc^Iup  Don  xavrrjv  ovx  Ix^vreg  ri]v  martv  ab,  Denaten  ftd^  Don  felbft  ald  66 
antio^ifd^.  Der  ludantfd^e  Urfprung  bed  ©^mbold  ift  barum  aud^  Don  Stout^  (1.  c. 
p.  16  sq.),  $efele  (6ondl.=®efd^.,  2.  «ufl.,  I,  S.  259.  524),  Äeim  (31.  „Sudan"  in  ber 
crften  SlufL  b.  6nc^!l.)  unb  anberen  bejtoeifelt  toorben.  ^^\>od^  toirb  Gadpari  (a.  a.  D. 
©.  42,  n.  18),  bem  SSerf.  ber  Dialoge  folgenb,  Slec^^t  ^aben,  toenn  er  in  bem  ©^mbol, 
in  toüdftm  er,  fo  n)ie  ed  Dorliegt,  junöc^^ft  lebiglic^  bad  ber  antioc^entfc^en  Stfc^öfe  Dom  eo 


658  Sudan  ber  äRSr^rcr 

^afyct  341  ertennen  toiü,  ebte  (ucianifd^e  ©runblage  Don  antiod^ifd^  S^^^^)^^^ 
unterfd^eibet.  Sie  ^erfteQung  ber  lucionifc^en  SSorlage  ft>trb  im  einjelnen  ni^t  mepr  mdglid^ 
fein ;  bod^  koeift  Safari  auf  bie  teiltoeife  SSerloanbtfd^aft  bed  SdtetmtniffeiS  mit  ber  (Slavbznd^ 
formel  bed  ©regoriuiS  ^aumaturgud  l^in,  fo  ba^  bon  ^ier  aud  k>ienet(^t  monc^  $l^a[en 
6  ald  lucianifc^e  ermiüelt  Serben  lönnen.  Jlattenbufc^  (at)oftoI.  e^i^ol  I,  6.  266  ff.)  ifi 
)u  ber  äbtnoBme  geneigt,  ba^  ntd^t  foh)ol^(  bie  2.  ald  üielme^  bie  4.  ontioc^iUc^ormd 
unb  bad  S3efenntnid  in  ben  9t))oftoIif(l^en  Jtonftitutionen  (VII,  41)  auf  bem  Setenntnid 
Sudans  rul^en  unb  ^at  bad  gu  erloeifen  berfuc^t  (f.  aud^  a.  a.  D.  II,  ®.  202  f.).  Sine 
anbere  ^^^ot^efe  in  Segug  auf  £uäand  t^eo(oaif(^e  ^ätigleit  (I,  ®.  394)  fyu  er  II, 

10  @.  205  tpteber  jurüdCgejogen.  Sie  Sl^riftologie  ^iciand  betreffenb,  fo  Iffat  ^efde  (a.  o.  0. 
@.  258  f.)  ol^ne  S^wfd  vitd^t,  toenn  er  fagt,  ba^  bie  fieugnung  ber  (Sleic^etDtglett  bed 
So^ned  mit  bem  SSatcr  ein  ^nbamental))untt  in  ber  Sel^e  Sucton^  getoefen  fein  muffe. 
Somer  (a.  a.  0.  @.  802  f.)  I^at,  freilid^  ^aut)ifäd^(id^  auf  ®runb  bed  interpolierten  SJe^ 
Ienntnif[ed,  bef[en  @d^Iu|  übrigen^  aud^  er  für  nic^t  luctanifd^  ^db,  bie  Sl^rt^Iogie  Sudans 

16  t)ie(  ju  fe^  bem  ö/lloovoiov  angenöi^ert. 

Sc^lie^Iid^  ift  nod^  bon  bem  $aut)th)ert  Suciand,  feiner  S9ibeIrecen{ton,  ju  reben. 
9(ud^  hierüber  fmb  bie  Seric^te  f))ärlid^.  $teronl^mu^  ertoä^nt,  abgefe^en  Don  ber  ®tdle 
de  vir.  ill.  ba^felbe,  nod^  etn  )9aarmal  (ad  Damas.  praef.  in  evv.;  praef.  ad  Pa- 
ralip. ;   ad  Rufin.  11,  26.  Epist.  106  ad  (Sunniam).     93on  ber   LXX    Slecenfton 

20  Sudans  fagt  er,  ba^  bicfelbe  t)on  Jtonftantinopel  biiS  Slntiod^ien,  alfo  in  ber  SEBefi^fte 
bed  Dftreid^^,  Derbrdtet  fei,  tocü^renb  man  in  äUqranbrien  unb  9(egVt)ten  bie  9lecenfion  bcd 
$ef|^(^iu^,  in  Bt^xxca  unb  ^alöftina  bie  bon  @ufebtud  unb  ^ami^l^ilud  Verbreiteten  916< 
fd^riften  ber  arbeiten  be«  Drigene«  lefe.  @r  fagt,  ber  t>on  t>xdm  fog.  „Sucionu^"  unte^ 
i(^etbe  fid^  beftimmt  k>on  ber  fogen.  xoivi^,   beutet  alfo  an,   ba^  k>iele  btefen  Unterf(^iA 

26  überföl^en.  Über  bie  neuteftamentl.  2:;ectn:iti!  bed  Suctan  f))ri(^t  er  fid^  noc^  mt^finftiger 
au^,  <d^  über  bie  altteftamentlid^e :  „praetermitto  eos  Codices  quos  a  Luciano  et 
Hesychio  nuncupatos  paucorum  hominum  asserit  perversa  contentio,  quibus 
nee  in  toto  V.  T.  post  LXX  interpretes  emendare  quid  licuit  nee  in  Novo 
profuit  emendasse,    cum  multarum  gentium  Unguis  scriptura  antea  translata 

80  doceat  falsa  esse,  quae  addita  sunt.''  3Jlit  Sted^t  fagt  9teu^  (®efd(f.  ber  ^l.  @<^ften 
912:^,  5.  Sufl.,  §  367) :  „a)em  SBortlaute  nad^  lönnte  man  W  auf  bie  SorfWIung 
(ommen,  jene  ^Ränner  koören  barauf  au^eganoen  (a^oIrV))l^ifd^e?)  3nter))olationen  cojS* 
mmerjen  ober  umgelel^rt  fold^e  etnjufül^ren.''  3^^^{I^<^  tprunft  ^ieron^mud  ^ier  augen^ 
fd^einlic^  mit  fetner  Kenntnis  ber  äSerjtonen  unb  fuc^t  biembeit  be^  bogmatifd^  berbdc^tigen 

86  £uctan  )u  bi^frebitieren.  2Ba^rfc^einItd[i  ^at  ed  ftc^  lebiglid^  um  folc^e  SteJDlen  gel^anbdt, 
bie  bereite  feit  bem  9(nfang  bed  3.  ^oi^r^unbertd  in  ben  gned^ifcben  Sibel^bfc^nften 
enitoeber  fehlten  ober  l^ingugefügt  toaren.  3)er  ^be(  bed  ^ieron^mu^  j^at  übrigen^  fo^ 
t)tel  getoirft,  ba^  im  fog.  Decretum  Gelasianum,  in  toelc^em  aDed  mögliche,  toa^  bem 
äSerf.  nur  nad^  ^örenfagen  befannt  toax,  ))räf{rtbiert  toorben  ift,   oud^  „evangelia  quae 

40  falsa  Vit  Lucianus  apocrypha ;  evangelia  quae  f  alsavit  Isicius  (seil.  ,,He8ycliiu8", 
f.  ben  2t.  Sb  VIII,  ©.  18)  apocrypha"  abgetoiefen  [mi  (Srebner,  (Sefc^iic^te  b.  Sonon, 
6.  290 ;  Sleufe  a.  a.  D.  §  366).  ©afe  unter  biefem  Sudanu«  nid^t  ber  berüc^ftigte  fieudu« 
ju  berftc^en  ift  (5KiC,  Prolegg.  in  N.  T.,  p.  XXXVII  [1707]),.  fonbem  ber  SKärö^rer 
ift  geloife  (|.  auc^  S^^n,   Acta  Joannis,   ©.  LXXI,    n.  2).     Über  bie   Quellen,  Öe* 

45  Jd^affen^dt  unb  fritijc^en  ©runbfäfte  ber  Slecenfion  be^  3ifX^  burc^  Sudan  iüiffen  toir 
noc^  nic^t«  ©id^erc«  (f.  b.  2t.  Sibeltejt  33b  II  ©.  737,  3ö).  3lad)  bem  SSorgang  Sllterer  fyd  nodi 
$ug  (Sinl.  i.  t>.3lX,  3.  3lufl.,  ©.  196 f.,  ©.  203— 222) berfud^t, nac^jutodfen,  bafe2udan 
ftd^  eng  an  bie  f^rifd^e  ^Pefc^ito  be«  91X3  angefd^Ioffen  Ij^at,  bie  ^anbfc^riften  EFQHSV 
unb  bh  jricn  bon  ber  SRecenfion  Sucian^  abhängig.   3)ie  neueren  Xestfritiler  bed92X3  finb 

50  fle})tijc^er  gcloorben  unb  loagen  e«,  foloeit  mir  belannt  ift,  nic^t  me^r,  dne  ^anbf<^nriftens 
famtlte  auf  Sucian  gurüdgufü^ren ;  aber  t)telldc^t  toerben  toir  in  ber  nöc^ften  3ulunft  S(uff(^(üf{e 
erhalten.  @d  bleibt  auc^  no^  bor  aQem  m  ertoägen,  ob  nid^t  Sudan  bie  (Sbongelien  in  ber 
©eftalt  be«  2)iateffarong  recenfiert  ^at.  Seffer  ftnb  toir  über  bie  LXX  SJecenfwn  Sudans 
untenic^tet.    Sturer  ^teron^mud  berichten  über  biefelbe  ^feuboat^anafiud,  ber  üRetop^ofi 

55  unb  nad)  i^m  Suiba^.  2)er  le^tere  fagt :  „ovtog  rag  legäg  ßißXovg  Idcbv  jioiv  xo 
vo&ov  eiode^ajüLevag,  tov  xe  xQ^'^ov  kvuijvajuevov  jioUa  rdw  iv  avxalg,  xa2  xi\g 
avvExovg  &q)  izigcov  eig  kiega  jueramoecog,  xal  fjUvtoi  xal  xivcov  dv&QCMUOV 
jiovrjQordTcüv,  oi  tov  'EU^rjviojbLov  TZQOoeri^xeaav,  naQaxQeipai  rdv  iv  amalg  yovv 
jieiQaoajuevcov  xal  Jiokv  rö  xißdrjkov  iv  ramaig  onecQdvxcnv,   airrög  äjidaag  äva- 

eo  Xaßüjv   ix  xtjg  'Eßgäidog  ävevecooaxo  ylibxxrig,  fjv   xal  avxijv  ijxQißQ}xa}g  ig  w 


Sncimt  ber  SRSrt^rer  Snriait  non  Samofata  6ö9 

fiAXuna  ^v,  ndvov  xfj  hiavoQdihoei  JiieTorov  eloeveyxdfuvog.  9lad^  biefen  SBorten 
(f.  aiu^  Pseudoathanas.  Opp.  [Coloniae  1686]  II,  157:  ,,L.,  cum  in  pradictas 
versiones  et  Hebraeos  libros  incidisset,  et  diligenter,  quae  vel  veritati  de- 
erant,  vel  superflua  aderant,  inspexisset,  ac  suis  quaeque  locis  correxisset, 
versioDem  hano  Ohristianis  fratribus  edidit,  quae  sane  post  ipsius  certamen  6 
et  martyrium,  quod  sub  Diodet.  et  Maxim,  tyrannis  sustinuit,  libro  videlicet 
propria  ipsius  manu  scripto  comprehensa,  Nicomediae  sub  Gonstantino  rege 
magno  apud  Judaeos  in  pariete  armarii  calce  circumlito,  in  quo  custodiae 
graüa  posita  fuerat,  inventa  est")  tptrb  l^eriömmlt^  angenommen,  ba6  Sudan  bie 
LXX  ouc^  a\j&  bem  l^ebräif^en  Xecte  emenbtert  l^abe;  inbeffen  ift  neuerlicp  etnge^enbe  lo 
jlenntnid  bed  ^ebräifc^en  bem  Sudan  ab0ef))rüc^en  tporben  (f.  Dictionary  of  Christian 
Biography  II,  p.  859),  ob  mit  @runb,  mögen  anbete  entfc^dben.  Sie  Unterfuc^ungen 


über  bie  LXX  Slecenfton  bed  Sucian  ftnb  np^  ni^t  jum  Wo 


c^Iu^  gebtel^en  (@rabe  Bot 


be^aut)tet,  bajg  ber  ^tobtest  im  Jlob.  3([q:.  au^  i^r  ftamme,  f.  Slout^  l.  c.  p.  4).  ©e^ 
fötbert  ftnb  biefelben  toorben  burc^  ^elbd  9(u^abe  ber  $e£a))la  bed  Ocigened  (f.  91eftle  is 
in  ber  ^23,  1876,  9lr.  7);  e«  finb  berdtg  Kriterien  gefunben,  naä^  toelc^en  bie  Su« 
dantfc^e  SRecenfion  befrimmt  toerben  fann,  f.  SRtftle  in  ber  Sbm®,  1878,  ©.  465—508, 
735  f.,  unb  »ideC  in  ber  3!2^,  III,  2,  ©.  407  f.  gür  bie  t)rot)^etifc^en  »üc^er  fie^t 
^ielb  bie  ludanifc^e  Slecen^on  in  ber  ^anbfc^riftenfamilie  22,  36,  48,  51,  62  u.  {.  Id., 
für  bie  l^iftorifc^en  in  ben  6obb.  19,  82,  93,  108,  für  ben  Octateuc^  unb  bie  ))oetif^en  ao 
Sucher  1^  er  fie  no^  nic^t  ftc^er  aufgefunben.  Sine  9(u^gabe  ber  ludanifc^en  LXX  auf 
®runb  fo  umfaffenber  unb  dnge^enber  @tubten,  toie  fte  bid^er  au^  nur  annöl^emb  nie^^ 
manb  gemalt  1^/  ^<^e  $au[  be  Sagarbe  in  älu^tc^t  gefteQt  (f.  t^£3,  1876,  SRr.  23) 
atfammen  mit  ben  ^agmenten  bed  9(quUa,  S^mma^u^  unb  Xl^eobotion.  Unter  ben 
Rirc^enbätem  lommt  namentlid^  S^rtofoftomud  für  Sucian  in  Setra^t  (f.  Sagarbe  a.  a.  O.).  26 
Son  esegetif^en  arbeiten  Suctand  ift  fo  gut  toie  ni^t^  überliefert  toorben,  felbft  bie 
Satenen  getoä^ren  !eine  9(u^beute.  Soc^  ift  ed  fel^  toobl  möglid^,  ba^  S.  au^  auf  bem 
^be  ber  S^egefe  fc^riftfteQerifd^  t^ötig  getoefen  ift.  @t^d  Senenftd  ^at  juerft  barauf 
oufmerlfam  gemacht  (Bibl.  S.  IV,  p.  281),  ba^  in  ber  ))feuboorigeniftifc^en  artanifd^en 
Expositio  Hbri  Jobi  ftc^  eine  ätu^legung  Sudans  gu  einigen  SSerjen  bed  2.  cap.  finbe.  ao 
Slout^  1^  1.  c.  p.  7  sq.  bie  @teQe  obgebrucft  („B.  Luciano  quae  adscripta  est 
Expos.  Jobi  c.  II  comm.  9.  10  apud  Anonymum  in  Gomment.  in  Lib.  Jobi 
Latine  tantum  excuso,  a  Joach.  Perionio  olim  converso'').  93on  ber  betreff enben 
9bt$(egung  de  beati  Jobi  uxore  fagt  aber  ber  anonyme  jtommentar  lebiglic^  bie^,  ba^ 
er  fte  Don  1^1.  3J}annem  erl^alten  l^abe,  bie  fte  al^  bie  bed  ^ört^rerd  Sudan  ,,cui  86 
Christus  charus  fuit"  bejeic^net  l^ätten.  @d  ^anbelt  ftc^  um  eine  nur  münblic^  ge« 
gebene,  Don  ben  @^ülem  im  ©eböc^tnid  betoa^rte  ,,intelligentia"  Sudans  j.  j.  @t. ; 
benn  ber  Snon^mud  fäl^rt  fort :  ,,Dicebant  illi,  ut  b.  Lucianus  explanans  docebat''. 
Sin  KmiXixÄ  für  eine  q:egeti((^e  fc^riftfteQerifd^e  Arbeit  bed  S.  lä^t  ft^  ber  SteQe  nid^t 
entn^men.  Vbolf  ^arnaif.     40 

Snctan  Hon  Samofata.  —  Sit.:  f.  SreUer  in  ipaul^.  SRcalenc^TIop.,  IV,  1165 f.; 
S^fcbirner,  f^aa  bed  ^eibentum§.  I,  315f.;  $(ancf,  S.  u.  b.  S^riftent^.  i.  b.  %\i<Bx^,  1851, 
4,  826;  ©Qur,  3)ie  brei  erften  3a^r^.,  395 f.;  Äeim,  CTcIfu»,  143 f.,  unb  in  ber  erften  «luf- 
lagc  biete«  ©erfeS,  VIII,  497 f.;  @örgel,  fi.8  ©teUung  jum  (J^riftcnt^um,  «Kempten  1875; 
©ema^  Sudan  unb  bie  ß^nifcr,  1879,  bQjuXtjSS,  1879,  9ir.  17.  3)ie  Sittcratur,  namentll*  « 
bie  Ältere,  ift  fe^r  gro^.  Ueber  (Jottcrifl,  Pereg.  Proteus  [1879]  unb  beffen  JBermutung  ber 
Une^t^eit  bed  „$eregrinud  $roteud"  {.  ^^S3  ^a.  O. —  LuciaDus  ab  Immanuele  Bekkero 
reoogn.,  Lipsiae  1853,  Vol.  2,  p.  91—103;  PeregriDus  R;  (.  au4  bie  ?lu«ßaben  üon  Qqs 
cobto  unb  oon  gfri^fcbe.  ^eutfc^e  Ueberfe^ung  bed  Xrartated  oon  ^ielanb,  oun  $aul^  unb 
t>on  IBerna^d.  60 

^n  ber  2.  $älfte  bed  2.  ^[al^rl^unbert^  befd^öftigte  fic^  bie  gebilbete  rdmifd^e  ©efedfc^aft, 
foDtel  toir  toiffen,  nur  erft  fe^r  oberfläc^li^  mit  bem  S^riftentum,  ben  einzigen  Selfud 
ou^enommen.  ^onto,  ber  ^reunb  üJtarc  äluretö,  fd^eint  gegen  bad  SJ^riftentum  ge« 
fc^rieben  ^  l^en,  aber  toir  toiflen  nic^td  93eftimmted  bon  biefem  Suc^e.  üJtarc  Slurel 
jelbft,  (Sptctet,  @alen,  ber  Siebner  9(riftibed  ertoä^nen  bie  S^riften  nur  beiläufig.  3lu^  ber  66 
oerüc^tigte  ,,®t)ötter"  Sudan  ber  ,,93Ia^^emift",  ben  nad^  ©uiba^  bie  $unbe  jerriffen  ^^aben 
foQen,  beffen  @(^rift  bie  Jttrc^ent)öter  t)em>ün{c^ten  (auc^  bei  ber  älufftedung  eine^  f^ftema« 
tifc^  Serjeic^niffed  Verbotener  Sucher  im  16.  ^a^r^unbert,  bem  fog.  Index  Tridentinus, 
tourbe  ber  ^eregrinu^  Suctan^  fofort  mit  verboten,  f.  9ema^,  Sudan  unb  ber  Sentier 
[1879],  @.  87  f.),  l^at  ed  noc^  nic^t  für  nötig  gehalten,  bie  S^riften  jur  befonberen  3'^'  00 

42* 


660  Sttcian  non  Samofoto 

f^eibe  feinet  Sßi^  ju  mad^en.  92ur  jtpeimol,  fltt^tig  im  ,,9l(qranber''  (25.  38)  unb 
eingel^enber  im  ..H^eregrinu^  ^roteu^^'  tommt  er  auf  fie  )u  f^red^en  (ber  Xraltat  ^^ilo^ 
patxi^  ift  entf (Rieben  unedel  unb  gel^ört  einer  biel  f^äteren  ^Ät  an;  f.  borüber  ®edner, 
De  aetate  et  auctore  Philopatridis,  Opp.  Ed.  Bip.  Vol.  IX.  Ob  ftc^  $^Uo))feu{L 
6  16  auf  ß^riften  bejie^t,  ift  jtoeifel^aft).  SRa^  bem  ^ntereffe,  toeld^c«  für  un^  feine  hirje 
@c^tlberung  l^ot,  ^at  man  mel^r  ober  toeniger  gebanfenlo^  auc^  ba^  ^ntereffe  beftcmmt, 
tpeld^ed  Sudan  an  ben  (S^riften  genommen  l^at.  3l\d^t  nur  erfc^ien  lange  3^^  i^^  ^^^^ 
@))ifobe  im  Seben  bed  ^eregrinu^,  in  toel^er  er  bei  ben  Sl^riften  DermeiUe,  ben  Z^logen 
al^  ber  jtem  ber  gefamten  Schrift;   man  bebujierte  auc^   avS  ben  toenigen  ®ä^en  ein« 

10  ge^enbe  Sefc^äftigung  fiucian^  mit  bem  ß^riftentum,  feinen  ^l.  ©(^ften,  fetner  ©e» 
f^ic^te  u.  f.  to.  93on  bem  S3orn)urfe  einer  fanatifd^en  6^riftenfeinbf((Hift  bis  ju  ber 
tounberlic^en  SSermutung  Äeftner«,  2\idan  fei  in^el^eim  ein  jjreunb  ber  ß^^en  getoefcn, 
ftnb  ade  üJtöglic^Ieiten  über  ,,Su€iani^  Stellung  gum  ß^riftentum''  erf(^d))ft  toorben.  2)en 
bcfonnenen  9Ka^nungen  Oermar«  (j.  ^nna'q^  a.  a.  D.  ©.  1  f.)  ift  toenig  ®e^dr  gefc^oift 

15  toorben,  unb  e^  ift  auc^  nt^t  ju  ertoarten,  ba^  burd^  ^tütt^  3(b^blung  (Sllesonber 
unb  ^eregrinu^,  beutfd^e  Slunbfc^au,  ^ianuar  1877)  unb  burc^  bie  in  ber  $au^tfa<|e  gu^ 
berlöf^e,  gefc^macboQe  Unterfuc^ung  tion  93ema^  (f.  oben)  bie  ))^antaftifd^  Su^ 
beutungen  ber  lucianifd^en  9Iot)eUe  enbgiltig  abgetoiefen  ftnb.  Umgete^rt  foQ  nidft  ge» 
leugnet  n)erben,  ba^  bie  ßrgö^lung  Suciand  über  bad  SSerl^altnid  bed  $eregrimid  )u  ben 

20  ß^ften,  auc^  toenn  man  fte  nur  bad  fagen  lä^,  toa^  fte  toirltic^  fagt,  einer  ber  tnte^ 
effanteften  unb  le^rreic^ften  93eric^te  ift,  ben  toir  au^  l^eibnifc^er  ^ber  über  bie  ß^ften 
beft^en.  9Iur  bon  biefem  foQ  in  folgenbem  bie  Stebe  fein,  nac^bem  bie  nottDenbig^en 
9tott}en  über  bad  Seben  Sudans  borau^efc^idt  ftnb. 

Sudan«  Slütejrit  —  fein  ©eburt^ja^r  ift  nic^t  fic^er  (c.  120)  —  fällt  in  bie  Sle^ 

26  gierungen  ber  beiben  3(ntonine ;  aber  audf  noc^  unter  Jtommobu«  ift  er  t^g  getoefen. 
©eboren  ift  er  m  ©amofata  in  ©örien  Don  armen  ßltem,  ßdgßaQog  tijv  qxovifiy,  ®oc^ 
fe^te  er  e«  burc|,  ba^  er  fi^  ber  9t^etori!  toibmen  burfte,  bie  er  bieQeic^t  in  Kleinafien 
ftubiert  Ifai,  ^n  feinem  Seben  unb  fdner  fc^riftfteQerifc^en  X^ätigldt  laffen  ftc^  iXoti- 
mö^ig  brd  Venoben  unterf^dben.    2!)ie  erfte  beginnt  mit  feinem   auftreten  in  bo:  ge« 

80  ric^tlic^en  ^ra^ii^  in  älntioc^ien,  bie  er  jjeboc^  balb  aufgab,  um  al«  Slebefünftler  bad  Stdc^ 
ut  burc^wanbem.  3Re^reremal  ift  er  in  9lom  gen)efen,  au^  ©übgaQien  \^ai  er  berü^ 
Wx  finben  i^n  in  Xl^effalonic^,  in  Ol^m))ia  u.  f.  to.  Samald  tourbe  er  dn  berühmter 
"^Siann  unb  lehrte  atö  folc^er  in  fein  SBaterlanb  ©l^nen  jurüd.  9(u«  biefer  3^t  ftammen 
feine  ßrftling^arbeiten.   ©eine  iXotxit  ^enobe  al«  ©c^nftfteQer  ift  burc^  ben  ^ufent^t  in 

86  ält^en  be^eic^net.  ^ier  machte  er  bie  Sefanntfc^aft  De«  $^tIofo))|^  3)emonas  (bo(^  ift 
ba«  ,,Seben  be«  2)emonaj"  nac^  Sema^«  ni(^t  bon  Sudan  gefc^rieben)  unb  bilbete  bie 
fpftematifc^e  ^olemil  gegen  bie  Slehgion,  gegen  bie  bamalige  $^Uofo))^ie,  aud^  gegen  bie 
St^etorif,  Don  ber  er  fic^  lo^fagen  tooDte,  a\xi,  bie  feine  beften  unb  rdfften  ^Dialoge  fenm 
gd(^net.    3)amatö  ift  er  c.  40  "^oi^xz  alt    getoefen  (um  ba«  ga^r  165).    3"^^^  ^^0^^ 

40  er  ftc^  fpäter,  toa^^dnlic^  a\x^  ©elbmangel,  boc^  toieber  auf  Äunftrdfen,  ja  er  na^m 
fogqr  ^ule^t,  tro^  fdne«  Sobe«  ber  Unab^ängigfdt,  eine  SlnfteUung  im  junftifc^en  %Qii^ 
in  2tg^t)ten  axy  unb  ift  toa^rfc^einli^  bort  im  ^o^en  Sllter  geftorben. 

Um  Sucian«  ©teQung  jur  ^^ilofop^ie  unb  }ur  Sieligion  ber  3^  V^  toürbigen,  \foX 
man  feft^u^alten,  bafe  er  in  erfter  Sinie  Sitterat  ift  —  Sß^ilofo))]^  im  engeren  ©inne  be« 

46  äBorte«  ift  er  über^au))t  nic^t,  toenn  i^m  auc^  ßpihxr  ali  ber  unbergldc^lic^e  Se^rer  gilt 
—  fobann,  ba^  er  in  einem  3dtalter  religiöfer  SReftauration  Don  oben  lebte,  toeld^e«  ni<l^t 
nur  fnDoler  ©eftnnung,  fonbem  auc^  emftem  ©treben  xxai)  SBa^rl^eit  unb  äufflorung 
Slngriff^untte  genug  bot.  ©dn  bet^enber  ©t)ott  trifft  in  ben  mdften  göllen  toirÖic^  bod 
SSeräc^tlic^e,  §o^le,  §euc^lerifc^e  unb  2lbfurbe;  ^ier  berül^rt   flc^   mit   il^m  in  frapj)anter 

60  SSäeife  fein  3^^^0€"öffe,  Sanb^mann  unb  ÄoDege,  ber  c^riftianifierte  Sl^or  ^ottan.  8ber 
bie  ärbdten  Sucian«  fwb  boc^  toefcntlic^  nur  fe^r  gefc^idte  ^uilleton«;  fie  finb  nic^t 
a\x^  toirtli^  emfter  ©orge  um  bie  3wftänbe  bc«  Steige«  ^erau^eboren;  fo  tonn  er  au^ 
über  fold&e  ©cenen  lebiglic^  f))otten  unb  lad^en,  too  anberen,  ßmfteren,  bag  Sachen  Der* 
ge^t.    Ob  Sema^«  mit  ber  fc^arfen  ß^arattenftif  Sudan«  (©.  42  f.)  im  Siedete  ift  —  „ein 

56  anfd^einenb  nic^t  fe^r  glüdlic^er  äbDotat,  ift  er  o^ne  emfte  ©tubien  in«  Sitterotentum 
übergegangen;  untoiffenb  unb  leichtfertig  trägt  er  lebiglic^  eine  ni^iliftifc^e  Öbe  in  Segug 
a\x\  alle  religiöfen  unb  meta))^^fifc^en  ^^ragen  gur  ©c^au  unb  rei^t  alle«  al«  Derlel^rt  unb 
läc^erlic^  herunter.  9{ur  bie  im  Jlaifer  gi))felnbe  ^ureautratie  ^at  er  auc^  in  i^ 
f(^limmften  Vertretern   ftet«  mit  feinem  erborgten  Slttijigmu«  Derfc^ont:   bie  3Jlenfc^en  er« 

60  füllen  nac^  i^m  il^ren  Seruf,  n)enn  fie  biefer  ge^orc^en  unb  i^re  gegenfeitigen  93e}ie^ungen 


Sudan  nott  Sontofata  661 

burd^  einen  getoiffen  ©c^ltff  be«  gefeDtgen  Sene^nten^  bel^agltd^  machen"  —  toage  i(^ 
nic^t  )u  entfcpeiben.  @me  bergletd^enbe  S^f^n^^^fi^ung  ber  S^nÜer,  Sudans,  ^arc 
Slurel^,  Selfud'  unb  ber  c^riftüc^en  ^^ilofo^l^en  in  Sejug  auf  i^re  @teQung  )ur  dffent« 
(i(^  Sieligion  jeigt,  ba^  bie  äiertpanbtfc^aft  jtDtfd^en  ben  ^latonitem  unb  ben  c^tiftli^en 
X^eologen  ungleich  größer  ift,  aU  jtDtf^en  ben  S^nüem  unb  ben  S^riften,  gefd^toeige  6 
}ti>tfd^en  letzteren,  \.  9.  ^tian  unb  Sudan,  fo  frai)))ant  auc^  oft  bie  Überduftimmung 
m  ber  Jtritit  ber  ^t^ologie  ift,  unb  fo  nol^e  fi^  Sudan  unb  ^atian  in  ber  Rutil  ber 
(St^niler  fte^en  (über  bad  ä^erl^ältnid  be^  S^riftentum^  2^  ben  ))l^iIofo))^ifd^en  ^artden  in 
ber  jtodten  ^ölfte  beg  2.  ^al^r^unbert«  f.  SCI^S^  1879,  ©.  395  f.). 

®er  3:raltat   ,,^eregrinu«  ^roteu^"   ift  Am  ©at^e  auf  bie  Gljniler,  nöl^er,  toie  lo 
Sema^  gegdgt  ^at,  auf  ben  bamatö  no<^    lebenben  cbnifc^en  ^I^Uofopl^en  X^eagened. 
3)ie  S^nifer,  unter  benen  e^  frdlid^  au^  fe^r  unfaubere  Elemente  gab,  ftnb  bent  Sudan 
befonberd  antit>at^ifc^,  toenn  au^  bie  9e^au))tung,  ber  e^te  (Sl^ni^mu^  fd  bem  Sudan  noc^ 
unleiblic^er  getoefen,  aU  ber  erheuchelte,  übertrieben  ift.    93eftimmt  tourbe  er  ju  fdnem 
Sfogriff  auf  X^eogened  burc^  bie  übertriebenen  Setounberungen,   ja  3lt)otl^eofterungen  bed  i6 
$eregrinud,  toelc^e  biefem  burd^  bie  Seniler  ber  fc^led^teren  ©orte,  aber  auc^  in  Weiteren 
unb   befferen  Areifen,    fteigenb   ju  teil  tourben.    Sudan  felbft,  ber  jenen  noc^  ))erf5nli(^ 
gefonnt  ^e,  backte  anberd  über  il^n,  unb  al^  noc^  X^eagened,  ber  nö^fte  ®eno{fe  bed 
^eregrinu^,  ftc^  in  9lom  dnen  92amen  ju  mad^en  begann  unb  babd  fd^toerlid^  bie  SSer^ 
^lic^ung  be^  ^eregrinud  unterlieg,   ba  füllte  S.   [idf  ^u  öffentlid^em  @inf^reiten  ge^  30 
brungen.    ©o  beftimmt  9ema^,  getoig  ridt^tig,  ben  ^toti  ber  ©d^rift  auf  @runb  dner 
Sntbedung  in  Oalen.,  Method.  med.  13,  15;  {e^r  ))roblematif(^  bMbt  aber  bie  S^ren^  ' 
rettung  bed  ^eregrinu^,  toie  fte  berfelbe  ©elel^rte  berfu^t  ^at,  felbft  toenn  man  bereit  ift, 
bd  Sudan  bad   ^ö^fte  üJtag  bon  Srdftigleit  im  SSerleumben   anjune^men.    Sie  3^0^ 
nif[e,  toeld^e  Semaljd  bdgubringen   fu^t  für  bie  @^ren^aftig!eit  bed  S^nileriS,   ertoeifen  26 
fid^  ate  ni^tige;  namentlich  fd^eint  mir  bie  ©teile  Tatian,  Orat.  25  migbeutet.  Sema^d 
fc^lie^  aud  ben  Sßorten  xarä  töv  ügaytia^  bag  ba^  folgenbe  ein  Sitat  aud  einer  ©c^rift 
ober  Siebe  bed  ^eregrinu^  fei,  unb   mdnt  nun,  ^eregrinu^  ^abe  fdbft,  toie  Xatian  be« 

ieuge,  in  nüchterner  Sßürbigung  ber  t^atföc^li^en  SebendDerbältniffe  bor  Übertrdbungen 
»inftc^tlic^  bed  S^ni^mu^  getoamt.  äSIein  bai^  xaxä  x6v  Tlganea  ift  nac^  bem  3^  so 
fammen^ange  fe^r  toa^rfd^einlid^  mit  „toie  $roteu^''  ju  überfe^en,  unb  ber  ©inn  ift 
ber,  ba^  bie  S^nüer,  jelbft  bie  e^traDaganteften  toie  $roteu^,  ben  ©attler  brauchen 
für  i^ren  9tan)en,  für  i^ren  SJtantel  ben  Sßeber,  für  il^ren  ©tod  ben  ^olj^er.  äluc^ 
n>ad  fonft  Serna^  mm  ©c^u^  bed  ^eregrinu^  bdgebrad^t  ifai,  über  eine  getoiffe 
©olibaritdt  jtoifc^en  ©Triften  unb  Sl^nifem,  t)erf(^lägt  toenig;  man  braucht  nur  bie  85 
Slt)oIogeten  (f.  SEatian  c.  19,  p.  84.  86,  1.  c.  25;  Sujiin,  Apol.  II,  3)  unb  ettoa  bie 
$^ilofo))bumena,  too  Pardon  ben  S^nifem  angehängt  toirb,  ober  Tertull.  de  patient.2 
)u  lefen,  um  bie  3lnti^atbien  ber  Äird^enDöter  toal^rjune^men.  —  2)er  3"M^  be^  luda« 
nifc^en,  cca  ben  ^latoniler  Jtronio^  geri^teten  Xraftatd,  fotoeit  er  Seben  unb  Xob  ^eregrinu^ 
ent^,  i{l  in  Stürze  folgenber:  $eregrinu^,  bad  „^rac^tgebilbe  ber  SRatur'^  ber  Don  40 
ben  Senilem  betounberte  5ß^iIo(ot)^,  ift  m  gemeiner  äSerbred^er  —  Sudan  felbft  ^at  Don 
Anbeginn  feine  ©inne^rt  beobachtet  unb  feinen  Seben^ang  Verfolgt  (c.  8).  SRa^bem 
er  bie  SJlanne^jal^re  endd^t  ^atte,  tourbe  er  in  9(rmenien  ali^  Sl^ebred^er  erta))))t  unb 
gebü^renb  mi^anbelt,  barauf  Derfü^rte  er  dnen  jtnaben,  unb  fonnte  fic^  nur  burd^  (Selb 
Dor  beffen  @ltem  fd^ü^en,  enbli^  ^at  er  gar  in  feiner  SSaterftabt  Marion  am  $elled))ont  45 
feinen  SSater  ermorbet,  ba  er  ba^  @rbe  l^ciben  tooQte.  Sie©ac^e  tourbe  ruchbar,  ^eregri» 
nud  mu^e  fliel^en  unb  tam  nac^  längeren  ^rrfal^rten  nad^  ^aläftina,  ref)).  t^idldc^t  nac^ 
9ntiod^ien.  Sort  trat  er  ben  S^riften  bd,  fc^mdd^elte  ftd^  bei  i^nen  An  unb  tourbe  dn 
angefe^ener  Se^er  (c.  1 1  ff . ;  über  bief en  3lbfc^nitt  f.  unten).  6r  f am  aud^  alg  ßl^rift 
ind  ©efängni^ ;  ber  bamalige  ©tatt^alter  in  Serien  lieg  il^n  jebod^  laufen,  ^eregrinud  so 
le^e  in  feine  SSaterftabt  jurüd,  tonnte  aber  ben  3$erba^t  to^^  bed  SSatermorbee  nur 
baburc^  befc^toic^tigen,  bag  er  fdnen  üJtitbürgem  fdn  @rbtdl,  15  Talente,  jum  ®efc^en!e 
machte,  ©c^on  bort  toar  er  im  ^abit  dned  S^nilerd  aufgetreten,  tourbe  ober  no^  auf 
feinen  toeiteren  Sldfen  Don  ben  S^riften  atö  einer  ber  übrigen  angefel^en  unb  unterhalten. 
3)od^  mugte  er  um  eined  SSerftoge^  toiQen  —  Sudan  fagt,  too^rfd^dnlic^  \^<&z  er  ettoa^66 
bd  t^nen  SSerbotene^  gegeffen  —  audfc^eiben,  unb  ba  er  bie  überdlte  ©c^enlung  an  feine 
Soterftabt  nid^t  rüdgängig  mad^en  tonnte,  |q  befd^log  er,  ^xi^  jum  ©^toinbela^Ieten  a\x^ 
mbilben.  Sie  Sluebilbung  erhielt  er  in  äg^))ten  unb  trat  bann  dne  Jlunftrdfe  nac^ 
Italien,  nöl^er  na^  9lom  an.  Sort  jog  er  burc^  feinen  ct^nifd^en  J^mut  unb  bie  un« 
berfc^mten  Angriffe  auf  ben  milben  unb  fanftmütigen  jlaifer  nic^t  nur  bie  oQgemdne  eo 


662  Sitriait  Hon  Samofota 

9(ufmerlfamleit  auf  fu^,  fonbem  erlDarb  ftd^  auc^  gto^e  9eTül^mt|^ett.  3)er  Praefectos 
urbis,  ein  toeifer  üJtonn,  Dertpted  tl^n  enbltdb  aud  ber  @tabt.  3)iefe  biStae  Sectouutng 
erl^öBte  natürli^  feinen  SRul^m.  @r  begab  fic^  nun  nad^  ©tied^enlonb  unb  fe^e  bort  feine 
revolutionären  Angriffe  gegen  ben  @taat  fort,  namentlich  Derfdumte  er  teine  ^feftoerfamtn« 

6  lung  in  Otom))ia,  um  ftd^  bemerllic^  ju  mad^en.  Sei  ber  britten,  ber  er  beitoo^nte,  Rbt« 
bigte  er,  aU  bereite  fein  frü^ered  Slnfe^en  gefunlen  toor,  fein  Sorl^oben  an,  bei  ber 
näd^ften  ftd^  felbft  au  Derbrennen,  liefen  $lan  fül^rte  er  benn  toirKic^  aud ;  Sudan  feCbfi 
iDiO  3^9^  ^^  ^oW  getpefen  fein,  er  erjö^lt  benfelben  nac^  eigenem  Srlebnid  unb  toiO 
auc^  öffentlich  bie  Seniler  babei  berf))ottet  ^oben.    @r  berichtet  toeiter,  ba^  er  feflbfi  3KiU 

10  url^eber  ber  !IRärc^en  fei,  bie  balb  borauf  über  ben  Xob  bed  ^eregrinu^  erja^lt  toorben 
ftnb.  9(m  @d^lu^e  ttfc^t  er  noc^  einige  Sc^anbgef^ic^ten  unb  ^idmmerli^Ieiten  b«S 
gelben  auf,  beren  Slugenjeuge  er  auf  einer  f^ai^rt  bon  Xroad  nac^  6^en  gekoefen 
fein  toiQ. 

Sie  Sintleibung,  in  toelc^er  Sucian  bie  ©efd^id^te  erjö^It  fyxt,   lonnte  ^er  ffiglic^ 

16  toegbleiben.  Q^  fragt  ft^  t)or  allem,  toie  toeit  bie  beri^teten  ^otfac^en  auf  SEBo^fri^ 
berul^en;  babei  foQ  Don  aQen  ©c^anbt^aten,  bie  bem  ^eregrinu^  Dorgen)orfen  ftnb,  notür^ 
lid^  abgefel^en  toerben.  Sie  @|iften}  eine^  c^nif^en  $|iIofo))l^  $eregrinud  $roteud 
(über  ben  iRamm  f.  Semat^  @.  89  f.)  lann  ni^t  bejtoeifelt  n)erben  (gegen  $Iancf  unb 
9aur).    SSielleic^t  bie  ältefte  ÜRa^ric^t  über  il^n  ift  bie  el^renDoüe  @rt9ä^nung,  toelc^e  il^m 

ao  Dor  feinem  Xobe  Slulu^  (SeUiu^  ^at  )u   teil  toerben  laffen,   ber  t^n  m  9t^en  getroffen 

.  I^at  (12,  11).  au^  bie  3loth,  bie  Nation  über  il^n  bringt  (Orat.  25),  ber  i^n  m  Slom 
gefe^en  l^aben  toill,  legt  bie  Slnnal^me  no^e,  ba^  ^eregrinu^  bamal^  nod^  am  £eben  toar. 
Sein  auffaQenber,  felbftgetoäl^Iter  Xob  toirb  Don  3(t^enagora^  (c.  26),  XertuQtan  (ad 
mart.  4),  (Sufebiud  (Ghrod.  ad  ann.  2181 ;   ÜRarc  9(urel  5),  fotoie  Don  Sudan  felbft 

26  (Fugit.  4 ;  Indoct.  14),  bem  SSerf.  be«  „Semonoi"  (c.  21),  5P^iIofirat  (Vit.  Sophist. 
II,  1),  älmmianud  SRarceQ.  (XXIX,  1,  39)  ertoö^nt-^eregrinud  ioar  o^e  3^>>^  ^ 
in  Italien  unb  ©ried^enlanb  betannter  ^l^ilofo))]^,  unb  fein  ^ob  l^at  bad  größte  Shtffe^ 
gemad^t.  Seine  SSaterftabt  ebrte  ibn  bolb  nac^  fdnem  Xobe  mit  einer  Sibfoule,  Don 
toelc^er  ättl^enagorad  mittdlt,  |te  gelte  atö  dne  oratelfDenbenbe.  (Sufebiud  1^  —  DieQeic^t 

80  fd^ö))fte  er  l^ier  toie  b^  ben  anberen  9}ad^rid^ten  über  bie  oI^m))ifc^en  6))tele  aud  !^iu^ 
älfrilanu^  —  genau  ba^  Xobe^jal^r  bed  ^eregrinu^  angegeben  (165  p.  Chr.),  unb  e^ 
liegt  fein  ©runb  Dor,  il^m  l^ierbd  ju  mißtrauen.  Siefe  3^n0<^c  geftottet  ed,  für  bad 
Seben  bed  ^eregrinu^  einige  Säten  feftjufteUen.  3lad}  Sudan  o.  19.  20  föllt  ber  ^b 
bed  ^eregrinu^  auf  bie  4.  ^tDerfammlung  in  Ol^m))ia,   bie  er  mitgemacht  ^i   9Ran 

36  brauet  biefer  Eingabe  nic^t  ju  mißtrauen,  toeil  jene  SSerfammlung  auc^  bie  4.  getpefen 
ift,   toeld^e  Sudan  felbft  befud^t  l^at  (c.  35).    Sudan  unb  ^eregrinud  lebten  eben  gleu^ 

gitig  bamal^  in  @riec^enlanb,  unb  td  lann  nid^t  auffallen,  ba^  bdbe  teine  ^er  in 
l^mpia  Dorbdliegen.  ^eregrinud  ift  mitl^in  f))äteftend  152/53  aud  Slom  Derbannt 
toorben  —  baju  ftimmt  aud^  bie  2lngabe  in  c.  18  — ;    fein  römifcber  äufent^t  f&llt 

40  alfo  in  bie  ^a^re  um  150.  @r  ift  f))äter  nic^t  mel^  bal^in  jurüdgete^rt  (Sied  ift  für 
bie  Seftimmung  ber  Slbfaffung^^eit  ber  tatianifc^en  Oratio  Don  SBic^ttgtdt  9Ii(^t  un- 
toa^rfdj^cinlic^  ift,  ba^  ber  Praefectus  urbis  [c.  18]  „ein  toeifer  3Jlann",  ber  ben  5Pere» 
grinu^  ^tDtfc^en  150  unb  152/53  aud  Slom  au^etoiefen  l^at,  jener  Urbicud  gen)efen  ijt, 
ber  aud  Justin.  Apol.  2   bdannt  ift.)    Sie   d^riftlid^e  @))ifobe  bed  $eregrinud   faQt  m 

46  bie  Dier^iger  ^al^re.  Sa^  berfelbe  toirflid^  ^dttoeilig  Sl^nft  getoefen  ift,  tann  Sucian  un- 
möglid^  erfunben  ^abcn,  ebenfotvenig,  ba^  er  aö  ß^rift  im  ©eföngni«  gefeffen  ty±  ^ere* 
gnnud  toar  eine  Diel  gu  befannte  ^erfönli^feit,  aU  ba^  Sudan  eine  fol^e  Srfinbung  ^otte 
toagen  bürfen.  Sa^  2:atian  unb  bie  fpöteren  3lt)ologeten  über  bie  @^riftlic^teit  M 
5ßeregrinu^  —  Dorau^^e^t,  ba^  fte  um  biefelbe  getoufet  ^aben  —  f^toei^en,  ift  natürlich. 

60  ^äUt  übrigen^,  tote  gejdgt  toorben,  bie  c^riftli^e  Spifobe  ^eregnnud  in  bte  Diajiger  ^o^, 
fo  ift  ^u  erinnern,  eine  toie  bunte  (SefeDfd^aft  bamafe  (f.  §irt.  b.  §erma«,  bie  Onofliler, 
guftin)  fic^  nad^  ßl^riftu^  nannte,  refp.  mit  bem  ß^riftentum  tJül^lung  fuc^te.  SCber  aller- 
bing^  ift  e^  fe^r  toa^rfc^einlid^,  ba^  bie  Setaild  jener  ^nftli^en  @))ifobe  beS  $eregrinud 
Sucian  bunfel  geblieben  fmD,  unb  ba^  er  fte  ba^er  in  fdner  SarfteQung  toilRürlic^  be^' 

66  belt  \)aL  9lur  möd^te  td^  mir  bafür  bie  Argumente  ni^t  aneignen,  bie  Qai^n  (Sflnatiu« 
Don  Slntiod^ien  ©.  520)  geltenb  gemacht  l^at,  ber  bie  3ügc  be«  d^riftlic^  ^eregrinud  bed 
Sudan  übertneben  l^at,  um  bie  Ungefd^tc^tlid^fdt  berfdben  ju  ertoeifen.  dlod^  mi^ictfcr 
fte^t  ed  mit  ber  Slnna^me  3^^"^/  ^^6  ^eregnnud  auc^  ald  3Jlärt^er  nac^  &idan  nod^ 
eine  Äarrif atur  ber  c^riftlic^en  ÜWärt^rer  fein  f oO.  Sie  Sdege,  bie  3abn  (©.  522  f.)  bofur 

Gobdgebrac^t  ^at,  betodfen  hai  ni^t;  Sudan  marftert  c.  16  mit  toünfd^endtoerter  SeutTu^* 


Sttcfott  Hon  Sawofotii  663 

teit  ben  9ruc^  be^  ^eregttnu^  mit  bem  Sl^flentum,  unb  in  ber  Sc^ilberung  feinet  felbfis 
getoäl^lten  %oi^,  toie  überl^au^t  Don  c.  16  ab,  berü^  er  aud^  nid^t  einmal  me^r  mit 
einem  SBorte  bie  c^riftlid^e  ß^^ifobe  bcö  ?ßl^iIofoj)l^en  (Dorl^er  l^at  er  nur  c.  4  auf  fie  an« 
gef))ie(t).  Sie  ganje  feinte  ber  Q6fxx^,  bie  ftd^  gegen  ben  S^ni^mu^  überl^au))t  richtet, 
tofirbe  Derloren  gegangen  fein,  tpenn  Sudan  bie  Selbftoerbrennung  bed  ^eregrinu^  anberd  6 
motiviert  ^e,  m  ani  ber  c^nifd^en  Nosomanie  überl^au))t.  v&oS)l  h)ei^  Sudan,  bag 
au(^  Don  ben  Sl^rijlen  Diele  ftd^  freitoillig  aufo))fem  (c.  13),  aber  er  benu^  biefe  Be- 
obachtung ni^t  toeiter,  um  ben  fetbftgetoö^Iten  ^ob  be^  S^nilerd  DerftönbUd^  ju  machen; 
im  ©egentdl :  ben  ßl^ften  gefielet  er  auSbrüdli^  m  (a.  a.  D.),  bafe  fie  ben  2:ob  toirl« 
Ii(^  Derac^ten,  ber  Seniler  gel^t,  gefoltert  Don  ^obe^ngft  (c.  33),  au^  Sitelleit  in  ben  lo 
%o\>,  Somit  biribt  ed  babd,  ba^  1.  ^eregrinu^  toirHicp  S^rift  getoefen  ift  (ganj  ö^Iid^, 
toie  fdne  3^0^"^ff^r  ^^^  !Diord))^tlofoDl^en  ^uftin  unb  ^tian  S^riften  tourben,  uur 
mit  bem  Unterfc^iebe,  ba^  fie  ed  auc^  blieben ;  unb  tote  biefe  in  ben  d^riftlid^en  ©emdnben 
Dermöge  il^rer  Silbung  unb  i^er  loiffenfc^aftKd^en  Äenntniffe  Seigrer  aetoorben  ftnb,  fo 
mag  au(^  $eregnnu^  Se^orträge  gel^alten  ^aben),  2.  ba^  er  um  bed  d^riftlid^en  9e«  i6 
lenntntffed  toiQen  im  ©eföngni^  gefeffen  l^t,  aber  frdgegeben  tourbe,  3.  ba^  er  nac^mald 
ba^  S^riftentum  aufgegeben  ^at;  ben  ®runb  geftel^t  i8udan  felbft  nid^t  ju  toif[en.  Sad 
Uebrige,  toa^  Sudan  Don  ben  ©efd^icfen  feinet  Reiben  aU  S^riften  erjä^It,  mag  teit 
todfe  auc^  nod^  auf  Sßa^r^dt  berul^en ;  bod^  beft^en  totr  nid^t  bie  ÜRittel,  um  ed  )u  loru 
troOieren.  üRan  gel^t  ba^er  jtd^erer,  toenn  man  barin  einen  @^alt  aui^  ben  aOgemdnen  3o 
Äenntniffen  Sudans  Dom  ß^ftentume  p^l^t.  SBeld^erlri  3lrt  ftnb  biefelben  getoefen,  unb 
toie  beurtdit  Sucian  bad  Sl^ftentum?  ^\ü>ox  fd  bemerlt,  ba|  ber  Granat  nic^t  um 
mittelbar  nac^  ber  ©elbftDerbrennung  gefc^neben  jdn  lann,  ba  Sudan  c.  27—30,  38—41 
beuttic^  genug  auf  @rdgntff e  anf))ielt,  bie  fic^  na^  bem  Xobe  bed  ^eregdnud  begeben  l^aben 
(f.  audj^  c.  43  init.).  Sod^  barf  bie  Slbfaffung^dt  auc^  nic^t  todt  Don  ber  3dt  bed  25 
iobed  abgerüdCt  toerben  (f.  9(t^enag.  c.  26).  Sßir  l^aben  in  bem  ^raltat  um  Urhtnbe 
oud  ben  ^ai^ren  c.  170  über  bad  Sbnftentum  m  erlennen,  unb  jtoar  birelt  nur  über 
bad  fVdfc^^  Sl^riflentum  (c.  14.  43) ;  benn  Don  bem  römifc^en  f))rid^t  Sudan  überl^au))t 
nic^t  ^oc^  fe^t  Sudan  bie  Überdnftimmung  ber  Sänften  oQer  Orten  Doraud.  ^m  fol^ 
genben  foD  Suctan  fe(bft  reben;  nur  dnige  UmfteQungen  ftnb  Dorgenommen.  ao 

3)ie  @^ften  fmb  dn  religidfer  Sunb,  in  toelc^em  dn  in  ^aldftina  gefreu^tgter  üRenfc^ 
^Dc^  Derel^rt  totrb.  (3n  ber  aOäieberl^erftellung  ber  l^anbf^riftlic^  Derberbten  ©teile  c.  1 1 : 
biiyQaq)ov'  rbv  jufyav  in  bieyQdq)ovzo'  fxiya  ftnb  Ädm  [Gelfu^  ©.  147  f.]  unb  Ser« 
noV^  [a.  a.  0. 107  f.J  juf ammengetroffen ;  boc^  ift  ju  Dermuten,  bag  J^ier  allju  älnftdgiged 
aus  bem  lejte  beseitigt  toorben  ift).  ®iefer  ^at  „bie  neuen  SBeii^en"  in  ba«  Sebenas 
eingefti^  (c.  11).  Sr  l^at  ate  ber  erfte  ©efe^eber  ben  (Soften  auc^  bie  Überjeugung 
beigebracht,  ba^  fie,  fobalb  fie  dnmal  übergetreten  toören  unb  ben  l^eUenifc^en  (Söttem 
obgefagt  bätten,  l^tngegen  il^,  ben  aufget)f&I^Iten©o))l^tften,  anbeteten  unbna^  beffen  ®efe^en 
lebten,  aujumal  93rüber  fden  O/^o^^iff'  l^ier  in  malam  partem  gebrandet,  f.  Sema^ 
©.  109 ;  guftin,  Apol.  1,  14,  lel^nt  ben  SRamen  augbrüdlid^  für  Sefu«  ab).  6tn  todtere«  40 
S^altenftifum  ift,  ba^  ^d^  bie  Unglüdlid^en  felbft  übenebet  l^aben,  ba^  fte  gan^  unb 
gar  unfterblic^  fden  unb  in  aUe  (Stotgleit  leben  toerben,  toed^b  fte  aud^  ben  %^  Der« 
achten  unb  Diele  Don  i^nen  fid^  frdtoiQig  aufo))fem.  SDDed  achten  fte  in  gldd^er  SBdfe 
für  gering  unb  balten  e«  für  gemein,  nad^bem  fie  jene  Seigren  ol^e  genaueren  Setoeid 
angenommen  l^aben.  ^eft  fte^en  fte  ju  dnanber,  ja  fie  enttoideln  eine  unglaubliche  46 
Slü^gteit,  fobalb  dner  in  dne  SJotlage  gerät;  für  il^re  gemdnfd^aftli^en  3»^tw«f!^  ift 
i^en  nic^t«  ju  teuer  (c.  13 ;  f.  2:ert.  2lt)olog.  39).  äfö  ein  gemdnfame«  Unglüdt  faffen 
fie  e«  auf,  toenn  dn  93ruber  in«  ©efängni«  gefej^t  toirb  {2\xAan  c.  12  fe^t  Dorau«,  bafe 
man  lebiglic^  um  be«  c^riftltd^en  93e!enntntf[e«  toiQen  bamal«  gefänglid^  dngejogen  toerben 
tonnte,  aber  ebenfo,  ba^  bie  SRid^ter  nic^t  Sebenfen  trugen,  eingefe^te  G^riften  unter  60 
Umftänben  toieber  loSjugeben  [c.  14].  ©o  ^at  ber  SJertoalter  ©^rien«,  „ein  Siebl^aber 
ber  ?ß^iIofo})^ie",  ben  $eregrinu«  lo«gegeben  unb  il^n  nic^t  dnmal  ber  Seftrafung  für 
toert  erachtet,  „ba  er  beffen  SSa^ntoi^  erlannte  unb  bafe  e«  i^m  lieb  fdn  toürbe,  ju  fterben, 
bamit  er  fid^  baburd^  3?ac^ru^m  ertoerbe"  —  bdbe«  entf})rid^t  ben  bamaligen  Serl^ält- 
niffen).  ©ie  fej^en  in  einzelnen  göHen  alle«  in  Sctoegung,  um  i^n  lo«jubefommen.  3P  » 
bie«  nid^t  möglid^,  fo  toirb  auf  ba«  angelegentlid^fte  im  ^efängni«  für  i^n  geforgt.  Su« 
don  erjäl^lt  in  Sejug  auf  ^eregrinu«:  „®ldd^  am  frühen  3Jcorgen  fonnte  man  in  ber 
Umgebung  be«  ©efängniffe«  alte  äiSittoen  unb  SBaifenfinber  toarten  feigen"  (ob  biefer 
Äua  au«  bem  Seben  gegriffen  ift,  ift  fel^r  fragli^-  Sudan  toar  toa^rfc^dnlic^  nur  bie 
8lufmerlfam!dt  befannt,  mit  toel^er  SBittoen  unb  SBaifen  in  ber  alten  Äird^e  bel^belt  oo 


664  Bttrian  Hon  Sttm^fahi 

tDurben,  fo  ba^  fte  aU  befonberd  geeierte  jtla^e  erfd^tenen),  ,,bte  leitenbm  SR&iner  unter 
t^nen  beftad^en  bie  ©eföngntötDäd^ter,  um  btinnen  bei  t^m  fc^lafen  )u  fönnen.  Zkmn 
tDurben  mannigfaltige  ÜRal^ljetten  l^ineingef^fafft,  il^  ^eiligen  @t)rü(^  tamxbm  bor» 
getragen,  unb  ber  gute  5Peregrinu^  —  benn  Wefen  Slamen  trug  er  bamafö  noc^  —  ^ 

6  bei  il^nen  ein  neuer  @otrated.  ^a  fogar  aud  ben  Stäbten  ber  $roDin)  SKfta  tamen  Satte, 
tDcId^e  bie  Sl^riften  im  SRamen  tl^rer  (Semeinbe  abgefc^ictt  l^en,  um  SeifUmb  nu  leiften, 
bie  93erteibigung  }u  führen  unb  ben  ÜRonn  )u  tröjten''.  3^er  einzelne  3^0  in  biefer 
@c^ilberung  —  mit  SSudnal^me  be^  @(^lafen^  bei  bem  SRort^rer  (boc^  f.  bie  Acta 
Theclae)  —  lann  oud  ber  c^riftli^en  Sitterotur  Don  bem  I.  Slemen^brief  ab   bid  )um 

10  Xraftat  XertuQian^  de  jejunio  me^rfac^  belegt  toerben,  ol^e  ba|  eine  einjdne  fd^^ft» 
fteUerif^e  DueQe  nac^getoiefen  toerben  tonnte,  an^  toelc^er  Sudan  Q^^bpH  fyxL  Sbu^ 
,,ber  neue  @otrate^''  ift  nid^t  unerl^ört,  unb  toenn  Sudan  o.  11  fagt,  bie  @^rtfien  ^^ottcn 
ben  ^eregnnui^  für  dnen  ®ott  gel^alten,  fo  ftimmt  bad  mit  ben  imd  fonft  beldimten 
^dbnif^en  SSorfteQungen  Don  berborragenben  d^nftlic^en  ^erfonen  unb  il^  93ere(^ng 

16  bei  ben  ©laubigen  burcbau^  überdn.  ^er  f|)e)ielle  3^^^  ba^  aud  einigen  Stobten  9{tend 
^riftlid^e ©efanbte  nad^ 9(ntio^ien  lamen,  toirb  burd^  bte l^gnatiudbriefe  beleuchtet;  Sudan 
ertoöl^nt  Slfien,  um  dne  todt  entfernte  ^roDin}  }u  nennen  (xal  arjv  xäx  xcäv  h  Aoiq. 
nokemv).  Sie  Situation  ift  dne  burcbaud  anbere,  atö  in  ben  ^[gnatiudbriefen,  unb  ed 
liegt  bedl^alb  Idn  @runb  Dor,  ju  bel^au))ten,  Sudan  muffe  {te  nottuenbig  gelefen  ober  bie 

30  in  i^en  erjöl^Iten  Segeben^dten  gelaunt  l^aben  (gegen  2fl^  a*  a-  C-  ^^  ^-  Ignat 
p.  327  sqq.).  @^  ift  auc^  nic^t  einmal  nötig  barauf  binjutodfen,  bag  in  ber  erfien 
$ölfte  be^  2.  ^a^rl^unbertd  bie  Sl^nften  Slftend  allem  9(nf^dne  nac^  neben  ben  rdmifcben 
toie  bie  jal^lrdd^ften,  fo  aud^  bie  rü^dgften,  bie  9({taten  über^au^t  berühmte  SlbDototen 
getoefen  ftnb,  unb  ba^  iened  bem  Sudan  betannt  getoefen  fein  lann. 

26  ^ur  toeniged  ift  ed,  toad  Sudan  fonft  noc^  über  bad  S^riftentum  bdbringt  3)ie 
Soften  l^aben  „Am  n)unberfame  ^ßd^bcit'^  in  ber  {tc^  benn  auc^  ^eregrinu^  unterrid^ten 
lieg  iA  ben  ,,$neftem  unb  ©d^nftgele^rten^'  in  ^alöftina.  ^eregrinud  übertraf  bolb 
aQe  unb  tourbe  ^roDbet,  SSerdn^ldter  (^Ibiafard^),  @^nagogen^ut)t,  hn»  oOed  in  aDem 
(„Il^iafarc^"  finbet  fu^  in  ber  d^riftlid^en  Sitteratur  nid^t,   Äenfotoenig  „^riejier"  in  ber 

80  älteren ;  Sudan  l^ellenifiert  ^ier  bie  fircbli^e  SSerfaffung  Idcbt,  ebenfo  tote  in  bem  @a|e: 
jiQooxdxrjv  avxov  bzsygdwovto,  3)oc^  fomtte  er  anberd  nic^t  auf  allgemeine^  Serftonb» 
nis^  rechnen.  @o  nennt  aucp  ^\x\^n  in  ber  9t))ologie  I,  67  ben  Seiter  bed  ©otte^bienftcd 
TiQoeoTcogy  obfd^on  getoig  bamatö  bie^  nicbt  mebr  ber  terminus  technicus  für  biefen 
in  ber  (Semeinbe  getoefen  ift.    3)ie  Stu^brüde  „5ßroj)l^et"    unb  „©tjnagogen^oujjt",   aud^ 

86  „©cbriftgelebrter"  [diddoxalog]  fmb  jutreffenb,  unb  eö  ift  Idn  @tux&  Dor^ben,  mit 
^dm  liu  bebau))ten,  ficbtlid^  toiffe  Sudan  toenigften^  im  dmelnen  jtoifc^en  S^riftlic^ 
unb  Sübifd^em  nic^t  ftc^er  ju  trennen,  ©.  147).  6r  bolmetfqte  uno  lommentierte  „bie 
Sudler'',  unb  Derfagte  aud^  felbft  Diele.  @o  toud^  fdn  Slnfe^en  ind  Ungemeffene  unb 
ber  ®aufler  unb  Slubrnjäger  fanb  bei  ben  Sl^nften  fdne  Sled^nung;  er  tourbe  gee^  unb 

40  lebte  ^ugldd^  auf   i^re  itoften.    Senn  ba  fte   aUed  ^rbifd^e  Derac^ten  unb   o^ne  Setodd 

auf  ein  pfünftige^  Seben  fdb^örmerif^  Dertrauen,   fo   toerben   fte   au^ebeutet    „^[tnbet 

td^  bA  ibnen  ein  ®auHer  dn,  ein  genebener  9Kenf(b,  ber  ba  todfe,  toie  eg  gemac^^t  toirb, 

0  ift  er,  e^e  man  ed  fid^  Derfte^t,  in  !ur;ier  3^^  ^^^  getoorben  unb  lac^t  bie  dnfobigen 

Seute  au^  (^ter^u   unb  }u   manchem   anberen    f.  bie  ©cbilberung  ber  ^xoplfztm  in  ber 

46  Sibad^e).  2)en  freigegebenen  ^Peregnnu«  begldteten  ß^rtften  auf  feinen  SBanberungen  toie 
„2^rabanten"  —  öbnlid^  toerben  aucbS^f*^"  unbXatian  Don  einigen  ibrer©c^üler  begleitä 
toorben  fein  —  unb  forgten  für  feinen  Unterhalt,  bi«  ber  93rucb  erfolgte  (c.  16).  Sudan 
giebt  an,  bag  bie  Soften  ftrenge  @))etfeDerbote  Ratten  unb  Dermutet,  bag  ^eregrinud  biefe 
übertreten  bobe. 

60  9lQe  toefentlid^en  'imerfmale  ber  d^nftlid^en  Srüberfc^aft  l^at  Sudan  genannt,  toie  fte 
ibm,  bem  fd^arfen  Seobac^ter,  im  2tbm  ficb  barfteQten,  unb  er  ^at  toiruid^  bad  S^arot 
tenftifcbe  gefe^en  unb  ba^felbe  fo  gefc^ilbert,  toie  e^  einem  unintereffterten,  Derflönbigen 
93eobacbter  bamatö  erfcbdnen  mugte.  @^  ift  nid^t^  neued,  toad  toir  nadf  ber  Sehüre  ber 
aijjologeten  be^   2.  g^^r^unbert^  au«  Sucian«  SarfteDung  über  ba«  (S^riftentum  ber  ba» 

66  maligen  3dt  erfahren  —  aucb  Übertreibungen  fmb  nur  toenige  ju  Derjei^nen;  gu  ZdM^ 
9Kut  unb  ^Sebnfu(bt  f.  3uftin.,  Apol.  II,  4;  SertuH.,  Ad  Scap.  5;  Mart.  Polyc.  4; 
XertuQ.,  De  fuga  4  sq. ;  aber  bag  ^  nic^td  neue«  ift,  ift  eben  ba«  Sßic^tige ;  benn  bdb» 
ntfcbe«  3^0^^^  beftätigt  l^ier,  toa«  man  ^riftUcben  @acbtoaltem  entnel^men  tann.  3lvi^t 
um  bie  Onginalität  bicfe«  3^0*^^ff^  B^  b^ben,  ift  bie  ^tfpoti)^z,  Sudan  ^e  bie  <brifl» 

60  Uc^e  i'itteratur  berüdEfic^tigt,  ab^utoeifen,  fonbem  todl  fw^^ere  ©^uren  einer  fold^  SWicf» 


Bttcton  nott  Samofottt  665 

fic^tnal^me  6ei  tl^m  fel^Ien.  9(nf))telun9en,  bie  oftmals  naäi  bem  93oT()anae  bon  Jlrebd 
unb  (SU^ftött  gefammdt  fmb  (^ule^t  nod^  Don  3a^n  a.  a.  0.  @.  592—594,  Sotterill  u.  a.), 
toürben,  tocnn  p«  gubcrlälfiß  toören,  betoeifen,  bafe  Sudan  d^ftlic^en  ©d^riftcn  hcS  ge« 
nauefte  Stubium,  ein  Stubium  i^rer  Sßörter,  getoibmet  ^ätte,  unb  btefe  Jlonfequen) 
foDte  ollem  fc^on  ftu^ig  ma^en.  3Benn  Sucian  bon  feinem  ^eregtinu^  fagt,  er  l^e  bie  6 
Sucher  ber  Stiften  tommentiert  unb  fe(bft  ntaz  baju  gefertigt,  fo  folgt  bod^  ni^t,  bag 
ber  Seric^terftatter  in  ber  ^riftlic^en  Sitteratur  betoanbert  toar.  „^n  einigen  gäHen," 
fogt  Äeim  a.  o.  D.  ©.  501  mit  SRed^t,  „mögen  bie  SSäunbererjöl^Iungen  ber  lucionifc^en 
verae  historiae  an  ällt-  ober  9Ieuteftament[i(^ed  erinnern,  unb  felbft  an  ^onö  SBalfifc^, 
aber  auc^  bad  $eibentum  l^atte  ö^nli^e  Sagen  unb  bie  ))^antaftif(6en  (Sebilbe  ber  ba«  lo 
maligen  fo  HtppxQ  touc^emben  Steifelitteratur,  auf  bie  e^  Sudan  abgefej^en  ^at,  Imnm 
toir  gar  ni^t  genug.  $5(^ften^  bd  dn  paax  Stellen  lönnte  dne  tntifc^e  Betrachtung 
jtoeifel^ft  fdn,  toie  bd  ber  Sefd^rdbung  ber  ©tabt  unb  ber  ^n\tl  berSeligen,  burd^  bie 
man  an  $ro))l^eten  unb  9(})ofal^i)fe  erinnert  toerben  fann;  aber  immer  ftnb  bie  SÜ^nlicb' 
leiten  oberflöd^flic^e,  immer  mu^  man  fagen,  au^  bie  betbnif^e  $^ntafle  tonnte  äl^nlic^ed,  i5 
lonnte  inöbefonbere  lu  dner  ^n\ü  ber  Seligen  dne  ©tabt  ber  ©eligen  erfinben,  unb  fo* 
iDdt  ft)e)iftf^  altteßamentU^e  ^ben  in  ber  SrlDöl^nung  mil^f«  unb  l^onigftrömenber 
DueQen  Dortommen,  fo  f^nb  fte  aud  bem  Sinbnngen  iubaiftifc^er  9(nf(^auungen  in  bie 
^etbnifc^  Sitteratur  mittelft  ber  in^  $dbentum  eingefd^muggelten  jübif^en  ©ib^Qinen 
fottfam  ju  erflören."  3luc^  c^riftlic^e  ^riftfteDer  be«  2.  ^al^r^unbert«  lennt  Sudan  ni^t :  20 
ber  „in  S^en  ©efangene"  ^at  mit  Sfinotiu«  fo  toenig  gemdn,  toie  ber  fu^  Derbrennenbe 
$eregrinu^  mit  $oIyIart).  2Ba^  nad^getoiefen  toerben  lann,  ift  immer  nur  bied,  bag  SBort^ 
f(^,  3)iItion,  ©c^ilberung  unb  äfti^etifc^er  ©ef^macf  bd  fe^r  k)erf(^iebenen  ©c^riMtdlem 
dned  ^üUdttt^  ftetd  bo^  eine  getoiffe  SSertoanbtfc^aft  l^en.  ^ie  ÜRöglic^feit  foQ  au^ 
gar  niq^t  geleugnet  toerben,  bag  Sudan  biefe  ober  jene  c^riftlic^e  ©c^ft  gelefen  l^at ;  nur  25 
lä^  ft(^  ba^  nic^t  betodfen.  SHIerbing^  ift  feine  Jlenntni^  be^  S^nftentumi^  nicbt  nur 
dne  ,,bage  unb  oberflächliche'',  toie  Jldm  bel^aut)tet  l^at.  ,,@r  l^at  nid^t  dnmal  ben  Ütamen 
S^rifK  unb  ift  fe^r  unÖar  barüber,  toa«  dgentlid^  im  S^ftentum  oon  ß^riftu«  fommt"; 
ober  bod  erftere  ifl  jufällig  unb  \>a^  anbere  betoeift  böd^ftmd  bie  93orftd^t  bed  Beobachtern 
ben.  3)oc^  fagt  \a  Sxidan  audbrüdKic^,  ba^  S^riftu^  „bie  neuen  3Bei^en''  in  ba$  Seben  so 
eingefü^  unb  ba^  er  fdnen  9(n^ängem  bie  Ueberjeugung  beigebrad^t  l^abe,  ba^  fte  aOe 
unterdnanber  Srttber  fden,  fobalb  fte  dnmal  Übergetreten  toären,  ben  l^eQenifd^en  ®5ttem 
obgefagt  l^ätten,  hingegen  i^n  anbeteten  unb  nacb  fdnen  ©efe^en  lebten.  2)ied  genügt, 
unb  ed  Icmn  bemßegenüber  fc^toerlic^  in  Betraft  !ommen,  bag  ber  c^ftlic^e  Unfterbli^» 
Idtdglaube  unb  bie  SSerac^tung  bed  ^obed  Don  il^m  nid^t  birett  mit  Sbdftu^  in  ^Serbin-  86 
bung  pebrad^t  toorben  ift.  2)a|  Sudan  aber  Srtoögungen  über  ba$  S^nftentum  S^nfti 
unb  bte  Se^re  ber  f})äteren  ßl^riften  in  SBeife  ^ulian^  angefteHt  l^aben  foH,  ift  böHig  un* 
too^c^dnlic^.  J{dm  be^aut)tete  todter,  bie  Sb^ften  l^ingen  nacb  Sudan  fo  lofe  mit 
G^ftu«  jufammen,  bafe  fte  fdne  SSerel^rung  aufgeben  unb  anberen  ©ot)^iften  folgen  fönn« 
ten.  3ubem  toiffe  Sudan  Don  ber  Sebeutung  bed  Itreujed  unb  bem  @))od^emac^enben  40 
ber  Xttferfite^ung  nic^t^.  9(Qein  ba^  le^tere  anlangenb,  gilt  Dielme^,  ba^  toir  nic^t  toiffen, 
tood  bem  Sudan  barüber  betannt  toar,  ber  ja  nic^t  SSeranlaffung  l^atte,  aUed  gu  fagen, 
tood  er  tou^t,  unb  bie  erftere  9el^au))tung  ift  eine  ftar!e  Übertreibung,  ba  Dielme^  nacb 
Sudan  bie  Anbetung  (Sl^nfti  dn  ^au))tftüct  bed  Sl^riftentum^  ift.  Sßa^  Jleim  fonft  no^ 
jum  Setodfe  einer  blo^  „Dagen"  Äenntniö  be«  S^nftentum«  bei  Sudan  bdgebrac^t  l^at, « 
erlebigt  fi4  in  gleicher  SBdfe.  Ädnen  ber  üblid^en  SSortoürfe  gegen  bie  G^riften  f^ai 
Sudan  nacpgef})ro^en  (gegen  Äeim,  ßelfu«  ©.  149),  felbfi  nic^t  ben  ber  ©taatdfdnbfc^aft. 
SUIem  9(nfd^eine  nac^  ift  i^m  bad  S^nftentum  dne  ungefährliche  Setoegung;  er  ^  ed 
getoift  ntc^t  mit  ©^m)>atl^ie  betrad^tet ;  aber  bie  ßinföltigfdt  unb  ganj  befonbere  l^orl^dt 
ber  Si^nften,  bie  Don  jebem  ©c^toinbler  au^ebeutet  toerben  tann,  ruft  nic^t  einmal  ben  so 
©Dott  l^erDor;  il^r  rül^riger  ©emdnftnn  unb  ibre  lobe^Derac^tung  ift  lebiglic^  dne  ©elt« 
famleit,  i^e  Anbetung  bed  geheugigten  @o))l^iften  freilid^  ganj  befonberd  abfurb.  Unb 
boc^  biefe  ©Triften  ftnb  neben  ben  gebilbeten  ©täbtem  unb  ben  aufgellärten  ®i)ifuräem 
bie  dngijBen  „SSemünftigen"  in  ber  todten  SBelt,  bie  bie  ©auleßünfte  be«  neuen  5Pro« 
Poeten  Äejanber  Don  äbonoteic^o«  burc^fd&auen,  ja  ber  erfte  Slu^todfung^ruf  ailejanber«  » 
ge^t  toiber  fte  (SUejanb.  25.  38).  6«  bldbt  babd,  im  „^eregrinu«"  ^t  Sucian  bie 
©;nüer  mit  giftigftem  §obne  überfc^üttet,  bie  ß^riften  lebiglic^  nac^  bem  Seben  gefcbil» 
bot  9tatürli^  ift,  um  mit  5teim  ]iu  reben,  fdn  Urteil  übertoiegenb  An  ungünftige^,  lein 
lobenbed.  9(ber  ba^  ift  felbftDerftänblic^ ;  toic^tig  ift,  ba^  er  fte  nic^t  atö  ©c^toinbler, 
nic^t  ot^  Serbrec^er,  nic^t  atö  SleDolutionäre,  fonbern  ald  blinbgläubige,   aber  ber  Stuf^  eo 


666  Sttriott  Hon  Sowofata  Sttcifer 

o))ferungi  unb  bed  ©emeinfmned  föi^t^e  Snt^uftaften  borgefieat  ffaL  3)ad  eine  Sßoit 
„Bopf^t^"  für  Sl^riftu^  genügte  freilu^  ber  e^olgejeit,  um  ben  i^cion  )u  einem  9Ia^ 
i)l^emtften  m  {lem))eln  unb  bad  in  feinem  Sendete  nid^t  toeiter  )u  fd^en,  toorin  er 
aU  ^iftoriler  3^0"'^  (Mtgi  für  bie  Sleinl^eit  ber  c^riftlic^en  @ad^e  unb  bed  c^rijUic^ 
h  Seiend.  «^«If  ^nxnnä. 

fiiicibit«  f.  ^ouftu«  »b  V  S.  783, 88  ff. 

Sncifer  Hon  Salorid  (geft.  370 ober  371)  unb  bad  luciferianifc^e  Sc^i^ma. 
S)ie  filtere  Sitteratur  üer^ei^net  bei  (B.ßrüger,  £.,  ®tf(()of  Don  (S.  unb  bad  64idma  ber 
fiudfcrianer,   ßelpjig   1886  (@.  101  f.).     fterüor^uöcbcn :    @.  fic  «ßoin  bc  JCiUemont,  M^- 

lomoires  etc.  7,  Yen.  1732,  514—528  unb  763—769;  di.  (JeiHler,  Histoire  g^n^rale  etc.  5, 
$Qrt8  1735,  384—439;  3).  ^apcbro«  In  AS  SKai  IV  (20/5),  660—688;  iRattWi,  Sanünia 
Sacra,  SRom  1758.  S.  72—77;  ©ör.  ©.  grj.  SBalcd,  ©nttourf  einer  ooUftfinbtaen  ^tftorie 
ber  Äe^erelen  3,  fielpjig  1766,  338—377;  bic  ^rolegomeno  ber  ÄuÄgabe  ber  «ofett  (f.  u.). 
Sl^gl.   nod)    ^.  Partei,  2.  ton  Slagliari  unb  fein  fiatein.   im  tlrd^io  für  tat.  fiejrifogr.  unb 

16  ©ramm.  3,  1886,  1-58;  O.  ©arben^ctoer,  «rt.  ß.  im  Äß.  8,  Sreib.  1893,  200  ff. 

Ouellen:  3)ie  ©griffen  ßudfer«,  nur  in  einer  ©onbfcdrift  (Cod.  Vat  133,  f.  barüber 
9ieifferfd)eib,  Bibliotheca  etc.,  1,  383)  erhalten,  erftmalig  herausgegeben  oon  3.  £iliud,  $an« 
1568;  in  neuer  S^ecenfton  uon  3o^.  ^om.  unb  3ac.  (Soleti,  $en.l778  (abgebrucft  MSL  13, 
691—1050) ;   beftc  !ritif*c  Aufgabe   Don  SB.  ©ortel  im  CSEL  14,  Vindob.  1886;  nähere« 

20  über  Ueberlieferung  unb  9(udga6en  bei  ßrüger  97—101.  (Einige  IBriefe  bei»  Siberiuft  (f. 
b.  91.).  9{otiafn  bei  ben  ßir^enMftorifem  iRufinnd,  <Sofrate8,  €o{omenuft  unb  ^oboret, 
bei  ^tbanafiud  unb  ^ilariud.  Hieron.  Vir.  ill.  95.  Geonad.  Vir.  ill.  16.  ^auptqueOe  füi 
bad  64idma  ift  ber  fogen.  Libellus  Precum  beS  gauftinud  u.  ^arceOinud  (f.  9(rt.  grauftinu« 
»b  5,  781  f. ;  obgebrurft  MSL  37—107   unb   CSEL  35.  5—44).     «ujerbem  bie  Alteroatio 

25  Luciferiani  et  Orthodoxi  bed  ^ieron^mud  (Opp.  ed.  Vallarsi  2,  169—202,  MSL  23, 
153—182;  bie  @4rift  ift  na«  ®.  &rnj^maditx,  ^ie  ^Ibfaffungd^eit  ber  A.  L.  et  O.  beft  ^., 
in  3ß®  21.  1900  [1901L  1—3  in  92om  ^tvif^en  382  u.  384  gef^rieben).  ^te  l^ebertatalogc 
August,  haer.  81,  Praedest.  81,  P8.-HieroD.  25,  Qemi.  14,  Isid.  56,  Paulus  45  (Qe^ier. 
Corp.  Haereseol.  Tom.  1). 

80  ^ie  oon  @.  $.  Sladpari,  üuellen  jur  ®ef4.  b.  ^auff^mbolS  unb  ber  Oloubentogel  2. 
66rift.  1869,  128—182  bcm  fiucifcr  jugef^ricbenc  Xaufrebe  (^aubfcbriftlicft  bejeic^net  al« 
exhortatio  saneti  Ambrosii  episcopi  ad  neophytos  de  symbolo;  f.  über  bie  9{ebe  gr.  S^itten« 
bufd),  ^a8  apoftolifdjc  ©pmbol,  Scipjig  1894—1900,  an  oerfc^iebcnen  im  SRegifter  unter 
exhortatio  be^et^neten  SteQen)  flammt  nid)!  >on  S.  (f.  ßrüger  118  ff.),  aucfe  ni^^t  oon  du« 

86  febiuS  oon  ^erceüfi  (fo  ^üger  a.  a.  D.),  fonbern  möglic^ertveife  oon  ®regoriud  oon  (Sliberift 
(fo  Äattenbuf«  206  f.). 

Ser  Sifc^of  Sucifer  bon  Salarid  auf  ©arbinien  (aud^  Garalis,  Caralitanus;  bgL 
Ärüger  10  91.  1 ;  ba«  jefeige  ßagliari),  einer  ber  l^i^igften  SSerteibiger  be«  nicdnifc^ 
©tauben^  unb  Der  @ac^e  oe^  SSt^anaftud,  tritt  juerft  ald  ©efanbter  bed  £iberiud  ^or, 

40  ber  i^n  im  SBinter  354  mit  bem  ^re^b^ter  ^anfratiu^  unb  bem  Sialonen  ^ilariud  nod^ 
üKailanb  fd^icfte,  um  bon  bem  bort  toeilenben  Äaijer  Äonftantiu«  bie  Berufung  eine^ 
neuen  Äonjile«  ju  ertoirlen  (f.  b.  3f .  Siberiu«  93b  XI  ©.  451, 52).  Auf  bem  JtonjU  ju  Wailonb 
(f.  b.  ä.  3lriani«muig  93b  II  ©.  30, 48  ff.)  ael^örten  er  unb  gufebiu«  bon  SJerceOä  (f.  b. 
31.  95b  V  ©.  622),  ben  Sucif er  felbft  um  ferne  leilnal^me  gebeten  l^otte  (p^l  feinen  95rief 

46  an  6uf.  bei§artel319),  ju  ben  toenigen,  bie  aud^  bem  Äa^er  gegenüber  auf  entfc^Aenem 
SBtberftanbe  be^arrten  (bgl.  S.^  93emerlungen  in  ber  ©c^rift  Moriendum  cp.  1.  2 
p.  285, 28  ff.)  unb  bemjufolge  berbannt  tourben.  ©eine  Slnl^änger  (pQl  Lib.  Prec. 
cp.  16  [63]  u.  25  [89 J)  erjä^lten  J})äter  bon  einem  bierfo^en  ßjil.  SBir  toiffen  nur,  bafi 
er  junä^ft  in  ©ermanicia   in  Jtommagene   lebte  (Luc.   de  Äthan.  1,  9  p.  81,  3;  bgL 

60  auq  b.  ä.  ßubojiu^  93b  V,  578,  3^) ;  atö  jtoeiter  3Serbannung8ort  toirb  @Ieutbero})oIt«  in 
^aläftina  genannt,  too  c^  ^toifc^en  i^m  unb  bem  93ifd^of  Sut^d^iuiS  über  JlonbentSet 
berfammlungen,  bie  £.  in  feinem  §aufe  abhielt,  jum  3ufammenfto^  lam  (Hieron.  Vir. 
ül.  95;  Lib.  Prec.  30 f.  [109 f.]);  bielleid^t  infolge  biefer  Sleibereien  toarb  2.  in  bie 
2:^ebai^  trang})ortiert  (©ofr.  3,  5 ;   ©ojom.  5, 12 ;   a:^eob.  3,  2).    3m  Siil  bot  er  eine 

66  SReil^e  heftiger  ©treitfcpriften  gcfc^rieben,  bie  [xd^  birelt  gegen  ben  Äaifer  Konftentiu« 
xid)im,  Der  barin  in  ber  rüctfi(^t^lofeften  SBeife  unb  in  immer  neuen  Variationen  ate 
fie^crjjatron  unb  geinb  ®otte«,  afö  jloeiter  ©aul,  Sl^ab,  S^^beam  unb  ©})ie6gefeDe 
aller  ^einbe  ®otte«  unb  feine«  SSoHe«  bel^anbelt  totrb.  SUe  mij^fid^  ©teilen  ber 
Sibel  toerben  unter  biefem  ©eftd^t^jjunlt  auf  il^n  angetoenbet  unb  mtt  berfd^lDenberifc^ 

60  ^üOe  Jte^er))räbi!ate  über  ü^n  au^efc^üttet  (eine  931umenlefe  bei  ^BMdf  363  f.  na<^  ^w^; 


fittcifer  667 

befonber«  gehäuft  Äthan.  1, 19  p.  100, 23 ff.).  5Dlan  Derftcl^t  ti,  bafe  Äonftantiu«,  aü 
er  bte  erften  etl^alten  l^atte,  bur^  feinen  Jtantmer^emt  ^lotentiud  oudbttcflu^  bei  2.  am 
fragen  Iie|,  ob  er  ber  SBerfaffer  fei,  toeld^e  ^age  2.  mit  bem  ftoljen  §inU>eiig  barauf,  bafe 
et  freubia  allem  entgegenfe^e,  \oa&  ju  feinem  Untergange  unternommen  toerbe,  hzia^tt  (t)gl. 
ben  Srieftoe^fel  jtoifc^en  glorentiu«  unb  2uc.  §artel  321  f.).  2eiber  entl^alten  bie  ©d^riften  6 
}ur  Seftimmung  tl^er  ßntftel^ung^jeit  nur  toenige  9(nl^altei)un{te,  lönnen  aber  mit  einiger 
aBo^rfc^einlic^Ieit  (t>o^  f.  aWöOer  in  1^23  1887,  ©J).  35)  fo  georbnet  toerben  :  1.  de 
non  conveniendo  cum  haereticis  (p.  3 — 34),  de  regibus  apostaticis  (p.  35 — 65), 
de  Athanasio  I  u.  II  (p.  66—145;  146—208)  t)or  §erbfi  358,  bie  le^tgenannten 
Süd^  in  ben  ÜRonaten  nac^  9(uguft  358;  2.  de  non  parcendo  in  deum  delinquen- 10 
tibus  (p.  209—283)  na^  ^uni  359;  3.  moriendum  esse  pro  dei  filio  frül^eften^ 
360,  bieOeid^t  erft  361  (p.  284—318).  2)ie  reichlichen  »ibeicitate  geben  ben  Schriften 
eine  nid^t  geringe  SBic^tigteit  für  bie  ©efd^ic^te  be^  lat.  Sibelte^te^  Dor  ^ieron^mui^,  auc^ 
für  bie  5lanonggefc^id^te  fmb  fie  nid^t  toertio«  (bgl.  §ama(f  in  1^23  1886,  172—175 ; 
Jltüger  110—115);  im  übrigen  fmb  fie  breit  unb  DoDer  SBieber^olungcn,  geben  aber  i6 
bod[^  ein  (ebenbiged  93ilb  bon  bem  leibenfc^aftli^en,  befd^rönlten,  aber  tfyclid^m  @ifer  bed 
über^gung^treuen  ÜRanned,  ber  in  feinem  Jlreife  ber  böc^ften  SSerel^rung  geno|.  ^lertuOian, 
S);))rian,  Saltanj  l^at  er  gelefen,  unb  unter  biefer  2e!türe  l^at  bie  Originalität  toenigften^ 
ber  ©c^rift  Moriendum  bebenlli^  gelitten,  ba  in  fte  lange  Partien  aud  ben  beiben 
le^tgenannten  Tutoren  o^ne  Slngabe  be^  ^nborted  ^erübergenommen  fmb  ((S^))rian  be«  ao 
treffenb  bgl.  ben  ^nbej  I  bei  ^artel  340*»;  ju  2aftang  ©.  Sranbt  in  ben  ^roH.  feiner 
Slu^obe  9b  I,  p.  CHI). 

3)er  %o\>  bed  Jlonftantiud  unb  bad  ätuftreten  ^fulian^  mad^ten  2.d  @^I  ein  @nbe 
^I.  ^ierju  unb  jum  folgenben  3luf.  1,  27.  30;  ©o!r.  3,  5.  6.  9;  ©ogom.  5,  12.  13; 
2$eob.  3,  4.  5).  SBäl^renb  362  bie  ©^nobe  i^u  äde^anbrien  (f.  über  fte  älrt.  Slriani^mud  36 
Sb  II  ©.  39, 63  ff.)  unter  bed  9(tl^anaftui^  2eitung  tagte  unb  unter  SerüdEftd^tigung  ber 
Ser^oltniffe,  um  cille  SRi^tarianer  möglid^ft  )u  einigen,  bef^Io^,  ba^  aQe,  toelc^e  je^t  ben 
©louben  t)on  9ticäa  annehmen,  SSeri^eibung  ersten  unb  in  i^en  lirc^Iic^en  Stürben  be« 
loffen  toerben  foQten,  toar  2.  jur  Orbnung  ber  bortigen  SSer^öltniffe  nac^  9lntio^ien  ge« 
gangen  (f.  b.  SKrt.  3ReIetiud  Don  9(ntio<^ien).  ©tatt  aber  bad  ^^endtoert  )u  förbem,  ao 
gog  er  nur  £)l  ind  |$euer,  inbem  er  burd^  Voreilige  Orbination  bed  ber  aUnicänif&en 
(euftat^ianifd^en)  Partei  ange^örigen  ^re^b^terd  ^aulinud  )um  Sifc^of  bie  ©))altung  jtoifcpen 
ben  Parteien  Derfeftigte.  älli^  fein  alter  2eiben^efä^rte  @ufebiud  Don  ^erceOä  Don  SUe^ 
sanbrien  nac^  Slntiodpien  lam,  um  bie  9(ufforberung  ber  @^nobe  )u  überbringen,  fanb  er 
bie  DoQenbete  ^atfa^e  Dor  unb  fog  ftc^  mrüd.  2ucifer  aber  trat  nunmel^r  überl^au))t  86 
gegen  jene  milbe  Suffaffung  auf;  alle  in  oen.  legten  ^o^ren  Jlom))romittierten  foQten  nur 
f 0  aufnal^me  ftnben,  ba^  fte  il^rer  lird^lic^en  ätmter  Derluftig  gingen,  aQe  um  il^rer  ©tanb^ 
^ftigfeit  toitten  Verbannten  in  il^re  Siechte  eintreten.  9la^  bem  Lib.  Prec.  cp.  16  (62  f.) 
)^oDo)ierte  er  auf  ber  Stüdheife  in  3l^ü  eine  äl^nli^e  ©cene  toie  in  9(ntiod^ien,  inbem 
er  bem  Sifc^of  3i>ftntui^,  ber  an  ©teQe  be^  rechtgläubigen,  um  feiner  Xreue  gegen  9(t^*  40 
nafiud  toiden  Dertriebenen  3Jta|tmuiS  getreten  toar  bie  Hirc^engemeinfc^aft  Dertoeigerte.  @r 
beruhe  bann  9iom,  30g  ft^  aber  nac^  Salari^  jurüd  unb  lebte  ^ter  unangefod^ten,  ja 
um  feinet  93efenntnif|ed  unb  feinet  ftrengen  2eben^  toiQen  Derel^rt,  aber  in  fd^idmatifc^er 
Stbfonbenmg  Don  einer  jtird^e,  bie  er  bur^  SRad^gtebtgteit  gegen  fe^erifd^e  2ebre  in  Dielen 
i^  Jtterifer  beflecft  fal^,  bt«  ju  feinem  SEobe  (370  ober  371 ;  f.  ftrüger  56  91.  5).  46 

©orbinien  blieb  über  feinen  %oh  ^inaud  ^ittel))unlt  (f.  bie  Sßorte  bed  Slmbroftu^, 
de  exc^essu  Satyri  fratris  MSL  16,  1362  f.)  biefer  gerabe  bur^  i^ren  ortl^obojen 
(Sifer  tei^matifc^en  ©emetnfd^aft,  toeld^e  atö  ortl^oboj  gegen  ben  ©eltennamen  t)rotefiierenb, 
fotool^l  Don  ber  ^bee  ber  SReinl^cit  ber  Jtird^e  unb  be«  ^rieftertum«  al«  Don  einem  leb« 
l^en  Sled^t^efü^l  getrieben,  ftcb  baran  ärgerte,  bag  toanfelmütige  Sifc^öfe  jefet  im  be>  60 
quemen  ®enufe  ortl^obojer  ®^ren  ftanbcn,  toä^rcnb  ftanb^afte  Sefenner  babur^  an  ber 
9lüctte^r  ge^inbert  tourben.  2e$tered  gab  ber  Partei  namentlich  aud^  nad^  ber  bur^  %f)tO' 
bofiu^  l^erbeigefül^rten  SBenbung  neuen  Stnftofe.  ^^x  toar  bie  Äirc^e  jjur  §ure  getoorben ; 
ber  5llerud  fei  bur^  Scft^  unb  @^ren  gum  ^^e  gefommen;  ü^m  gelte  me^r  bad  ^xipn* 
tieren  um  bie  Sll^etorif  al^  bie  fd^li^te  SBa^rbeit  be^  SDangeliumiS.  ^n  ©))anien  Dere^rten  66 
bie  2uciferianer  ate  einen  ber  irrigen  ben  Sifc^of  ©regoriu«  Don  ßliberi^  (ßlDira 
in  »aetica,  je^t  ©ranaba;  Hier.  Vir.  lU.  105;  f.  über  ®r.  Ärüger  76—80;  g.Saniel 
in  DchrB  2,  739  ff.),  ber  bem  alten  §oftu^  Don  Gorbuba  bei  feiner  SWüctle^r  nac^  Bpa^ 
men  fdjwfoff  entgegengetreten  toar  (Lib.  Prec.  9  f.  [32—40] ;  f.  b.  ä.  §oftu«  93b  VIII, 
©.382, 2  ff.);  au^  Don  einem  ^ßredb^ter  SSincentiu«  erjä^lt  ber  Lib.  Prec.  20  [73— 76J,  eo 


668  Sttcifer  Sttctti9  U. 

ber  für  feine  ©emeinfd^aft  mit  @regor  l^eftige  Slnfeinbungen  nu  erbulben  l^oite.  ^n  Zrier 
ftonb  ber  ^re^b^ter  Sonofu^,  ber  ben  ©etft  be^  93e!ennerbif^of^  $auUnud  (Sit  Xria« 
nigmu«  »bll  ©.  50,46)  bertrat,  ouf  il^rer  ©eite  (Ub.Prec.  21  [77]).  3«  ^om  fettp 
beftanb  eine  luc^erianifd^e  $artei  (bie  nt^t  mit  ben  flnl^ängem  bed  Urfmud  jufommen« 

6  jutoerfen  ift;  f.  Ärüger  81  ff.  unb  ben  9(rt.  Urftnu^,  ®e0en))a))ft)  unb  machte  unter  i^rem 
fd^idmatifd^en  93i{d^ofe  @))^efiu^  bemSamafud  ut  fc^affen,  ju  beffen  Untnftfi^ung  ^iero« 
n^mu^  feine  ©treitfd^rift  (f.  o.  666,  23)  f^rieb.  ^I^r  l^atte  {tc^  aud^  ber  ^Haton  ^tuirtud 
(f.  0.  666,40  unb  ben  «rt.  §ilariu«,  röm.  2)iaIon  »b  VIII  ©.  67,i4ff.)ju0efeat  »uc^ 
im  Dften  l^otten  bie  Suciferianer  GJefmnung^cnoffen  (ögl.  Lib.  Prec.  26  ff.  [92  ff.]).  3^ 

10  D^rinc^u^  in  ber  äg^))tifd^en  Jltrc^en))robin^  ^e))tanomod  gab  ed  f^on  um  ba^  l^al^r  360 
eine  fc^idmatifc^e  ©emeinf^aft,  an  beren  Bpx^t  ein  ÜRönd^  ^eralliba^  atö  Sifd^of  flonb. 
üJtit  i^r  gewann  @))l^efiu^  ^^lung,  <d^  er  ftd^  im  l^a^re  382  ober  388  auf  einer  geifi^ 
liefen  ÜRiffton  im  Orient  befanb.  3lad}  Digxin^ui  tpanbte  ftc^  auc^  eine  Heine  ©enoffem 
fc^aft  )u  @leutl^ero))o[id  in  $aläftina,  burc^   i^r  Domebmfte^  üRitglieb,  eine  9tonne  ^er^ 

15  mione,  um  geiftlic^en  Seiftanb.  @))^e{utd  tDiDfai^rte,  an  ©teQe  bed  ^erallib'ad,  ber  Sitte  unb 
^ielt  fxdf  einige  ^tit  in  @Ieutl^ero))oIii^  auf.  3(ld  er  bon  bort  nac^  Slfrila  )urttd(ret{le,  Iie|  er 
jtoei  treue  Oenoffen,  bie  ^re^b^ter  j^auftinu^  unb  3JlarceIIinud,  gunUt,  bie  in  ben 
^öufem  ber  ©laubigen  gotte^bienftuc^e  3ufammenfünfte  abhielten,  bid  il^nen  ber  Ort^ 
bifd^of  mit  (Setoaltma^regeln  entgegentrat,  ^it  il^en  bergeftalt  {ugefügte  UnbiQ  tmcada^ 

30  fie  jur  Slbfaffung  ber  an  bie  Jtaifer  SSalentinian  II.,  X^eoboftud  unb  ben  jungen  Srlobiu^ 
genuteten  Sefd^toerbefc^rift  (fog.  Libellus  Precum),  über  bie  im  S(rt  ^^fKnud  (9b  V 
@.  782)  bad  92äl^ere  nac^julefen  ift.  Ser  @rfoIg  toar,  ba^  ein  bon  3;l|eoboftud  an  ben 
Praefectus  Praetorio  Äl^negiu«  gerid^tete«  3leffrij)t  bom  ^al^e  384  (MSL  13,  107  f.) 
fi(^  gegen  bie  SSerfoIgung  berer  erflörte,  bie  mit  bem  ©))anier  (Sregoriud  unb  bem  Driem 

25  talen  ^eratliba^  in  ^ird^engemeinf^aft  ftünben.  Siefed  taiferlic^e  ©nabenebitt  iß,  eine 
^ronie  bed  ©^idEfald,  bie  le^te  ^iftori|^e  ^ac^ric^t,  bie  toir  bon  ben  Suciferionem  er^en. 
3Ran  toirb  annehmen  bürfen,  ba^  ba^  ©c^iMa  bie  junod^ft  beteiligten  ^erfonen  nic^t 
lange  überlebt  l^at.  SBad  bon  befonberen  Sel^rmeinungen  ber  S.  erjäl^lt  toirb  (bgL  bie 
Jle^ertataloge),  ift  ebenfo  unft^er  toie  unbebeutenb. 

80  ^  ©arbinien  l^t  man  Sucifer  aU  ^eiligen  betrad^tet,  beffen  Seid^am  int  ^<äftt 
1623  au^egraben  unb  in  ber  Jlatl^ebraltird^e  bon  Salarid  beigefe^t  tourbe.  (Sin  Srob^ 
ftcin,  jtoeifcUo«  ftjcitere«  üJlad^toerf,  ber  ba^  älter  be«  93if^of«  auf  81  3fl^re  angiebt, 
biente  gur  Beglaubigung.  Ser  calaritanifd^e  Sr^bif^of  fuc^te  bem  $a)){le  Urbon  YIII. 
in  umfangreicher  ©^rift  bie  §eiligfeit  £.«  ju  erloeifen.    änbere  o})})onierten.    5Der  ^[iaj)ft 

86  aber  erlieg  am  15.  ^uni  1641  ba^  bon  ^nnocen^  X.  am  16.  Oft.  1647  beftätigte  5De(ret, 
bur^  toel^ed  bem  ©treit  für  unb  gegen  ^.1^  äln{))rüd^e  auf  $eilig!eit  ©c^toeigen  auferlegt 
tourbe.  (fö.  mUtx  t)  0.  SMger. 

Sttcttiö  L,^ap\i,  geft.  254.  —  Ou eilen:  a:^prian«  «riefe  ep.  61  unb  68.  €ufcb. 
h.  e.  VII,  2.  Lib.  pontif.  I,  32  ed.  'iWommlen.    gaff^  I,  @.  19  f.    ßipfiu«,  (Jftronologie  ber 
40  römifcften  93i|*öfc,  Stiel  1869,  S.  1*23  ff.  207  ff.     DchrB  III,  752. 

Sudu^,  Sifd^of  bon  9iom,  ÜRad^folger  bed  Someliu^,  toal^d^einlid^  bom  25.  ^uni  253 
bi«  5. 3Räxfi  254.  9Roc^  loöl^renb  ber  Verfolgung,  in  ber  Gomeliud  berbannt  toorben  toar, 
jum  Sifc^of  gen)ä^lt,  n)urbe  auc^  Suciu^  balb  nad^  feiner  SBei^e  berbamtt;  er  burfte  aber 
n)ieber  jurüdtfe^ren.    ^er  Brief  6^))rian^,  in  bem   biefer  il^n  ju  feiner  Sflüdle^r  beglück 

46  toünfd^t,  ift  noc^  erbalten  (ep.  61),  aber  nic^t  ber  frühere  mit  ber  Begrünung  )u  feiner 
SBa^l  unb  feinem  itonfefforentum  (ep.  61, 1).  2lu^  ep.  68,  5  (at)rian^  toifjen  tote,  baft 
er  in  betreff  ber  äBieberanna^me  ber  (Gefallenen  nac^  getl^aner  Buge  ebenfo  urteilte  toie 
Someliud,  unb  bag  er  bied  brieflich  gegen  S^bnan  au^ef))ro^en.  ©ein  (Srabflein 
(AOYKIC)  ift  im  6oemeterium  Äaflifti  nod^  erl^alten.    ®ie  ännai^me  eine«  5Kärtl^rer* 

60  tobe^  ift  unbegrünbet.  C»«»ctf^. 

SncinS  II.,  1144—1145.  —  Soffen  S.7ff.;  3Battcri4,  Pontificum  Eomanorum  vitac 

II  8.  278 ff.;  3.  üangeii.  ö)cid)icf)tc  ber  vom.  Äircbc  bid  3nnoc.  III.,  1893  ©.372;  2B.  «iefe- 

bre*t,  ®cf(bi(bte  ber  bcutfcften  Äoifcrieit,  4.  S3b  1877,  6.  222  ff. ;  g.  Orcgoroüfu«,  ©cfd).  ber 

6tQbt  9?om  im  Sli«,  4.  5Bb  4.  9lufl.  1890  S.  460  ff.;  ©.  3.  0.  C^efcle,  eonciliengeft^.,  5.35b 

M  2.  5lufl.   uon  ?r.  jenöpflcr  1886  S.  492  f. 

Äu  ben  unter  §onoriu^  II.  unb  3"""^^^*  II-  ^"  ^^  beutfd^en  Slngelegenbeitcn 
manc^ac^  t^ätigen  Äarbinälen  gehörte  ber  Äarbinaljjre^b^ter  ©erwarb  bon  ®.  ßroce, 
f.  m  ^eutfc^lanb^  4.  Bb  ©.  160  3lnm.  7.    @r  lourbe  ate  guciu«  II.  am  12.  3R&ci 


Sttctud  n.  Sttdud  m.  669 

1144  ber  Stad^folger  Söleftin^  II.  @^  \oax  x^m  eine  fune  unb  {Ulmtifc^e  9(mtöfül^rung 
befc^teben.  2Sm  Sinfang  feinet  $ontifi!atö  l)attt  er  einen  Erfolg :  e^  gelang  il^m  bie  äluf« 
lofung  bed  ftäbtif^en  Senatö  ju  er}h)ingen.  9(tö  aber  im  ^erbft  1144  bog  freunbli^e  SSer^ält« 
ni«  be«  ?PaJ)fted  ju  SHoger  I.  bon  ©ijilien  eine  Störung  erlitt,  trat  au^  in  5Rom  ein  Um« 
fc^Iag  ein:  bie  9(ömer  erneuerten  ben  Senat,  an  bie  @))i^e  trat  ^orban  ^ierleoni;  er  be«  6 
jeid^nete  fui^  afö  ^atriciud  unb  er^ob  älnfpruc^  auf  ade  Sleaalien  ber  römifc^en  Jlirc^e, 
^iccp\i  unb  fllerud  foUten  bon  3^^^^^  ^^^  Dblationen  leben.  Suciud  ^at  gegen  ben  Senat 
}u  ben  äBaffen  gegriffen,  aber  ol^ne  einen  @rf o(g  }u  erringen ;  er  ftarb  in  biefen  Jtäm))fen 
am  15.  ^bruar  1145.  ^aitif. 

2ndu»  III.,  ^aj)ft,  1181—1185.  —  Saff^  II  S.835  ff.;  fBatteri«,  Pontif.  Eoman.  lo 
vitoe  II  @.  650;  3.  iJangcn,  ®ef*.  ber  röniiWcn  Äir*c  bi«  Snnoc.  III.,  1893  8.  557  ff.; 
?.  6(^cffer^«oldjorft,  Sf.  JJricbridj«  I.  lefter  ©treit  mit  ber  Ihiric,  1866,  @.  20ff.;  3B.  ®lefe- 
brecftt,  ®eW.  ber  b.  itaifcrjelt,  5.  «b  1888  u.  6.  93b  1895,  fortgcfcft  oon  ^.  \>.  @imfon; 
§.  ®regoromud,  (»efd).  b.  Stabt  9iom  im  SBt^,  4.  $b  4.  9uf(.  1890  @.  574  ff.;  ^efele.  iSom 
ciliengef^idjtc  5.  ©b  2.  «ufl.  o.  «.  Änöpfler  1886  @.  722  ff.  ifi 

3u  ben  einf[u|retci^ften  Jlarbinälen  unter  9(lq:anber  III.  gel^örte  $ubalb  Don  Oftia. 
@r  fUtmmte  au^  Succa,  tarn  unter  ^nnocenj  II.  in^  JtarbinaId!oQegium,  Don  ^obrian  IV. 
erhielt  er  bad  93tdtum  Dftia.  9(m  jtoeiten  ^ge  nac^  bem  Xot  SUe^anberd  tourbe  er  in 
SeDetri  )um  $a))fte  getoä^lt,  1.  Sept.  ItSl,  unb  am  Sonntag  banacb  lonfefriert. 

Sein  ^ontifilat  toar  toenig  glüdli^.    93efonberd  n)urbe  er  ber  9t5mer  ni^t  ^en;90 
nur  bon  Slnfang  SRobember  1181  bi«  5Witte  9Kär;i  1182  bermoc^te  er  in  5Rom  ju  reftbieren, 
tiKi^renb  ber  gangen  übrigen  Reit  feinet  ^ontiftfatd  ^ielt   er  ficb  au^mört^  auf,   gumeift 
in  SeQetri  unb  ^nagni.    älu$  bem  Jlaifer  gegenüber  betoied  er  teine  glücflid^e  ^anb. 
3m  Denetionifc^en  ^^eben  bon  1177  toax  bie  ^age  ber  mat^ilbif^cn  @üter  nic^t  entfc^ieben 
tporben,  fonbem  ber  jtaifer  berfpra^  nur  im  allgemeinen:  Omnem  possessionem  .  .,  26 
quam  Romana  ecclesia  habuit  et  ipse  abstuHt  .  . ,  restituet  ei  salvo  omni  iure 
imperii,  c.  8.  3)ur(^  bie  legten  Sßorte  mar  ber  ungelöfte  3^i^M^  berbedt.    Senn  h)ä^« 
renb  bie  Jlurie  bie  matbilbifc^en  ®üter  ald  tirc^Kc^en  93e^  betra^tete,  be^u^tete  bereif  er, 
ba^  fie  bem  Steige  gehörten.  3lun  h)ar  begüglic^  ber  älteren  Streitfragen  im  11.  Jtapitel 
bed  gebend  beftimmt:    Mediatores  ex  parte  domini  pape  et  domini  imperatoris  so 
constituentur,  quibus  controversiae  committentur,  ut  eas  iudicio  vel  concordia 
terminent.    93on  biefer  93eftimmung  machte  man  nad^  bem  SSorfc^lage  bed  Jlaiferd  auf 
bie  Dorliegenbe  Streitfrage  älntoenbung.    3)a^  Sc^ieb^eric^t  bilbeten  S^riftian  bon  SRaing, 
flonrab  Don  Sßormd,  ber  ^rotonotar  SBorttoin,  ^ubolb  Don  Oftia,  SBil^elm  Don  $orto 
unb  ber  jlarbinalbiafon  ^[acinctud,  Boso  Vita  Alex.  S.  446.    ^ber  bad  Sc^ieb^eri^t  ss 
Dermoc^te  bie  il^m  geftedte  9(ufgabe    nic^t  )u  löfen.    Sie  ftanb  im  ^.  1181  genau  auf 
bemfelben  fünfte  tote  im  ^.  1177.    @i^  f(^iof|en   [xö^  ebenfo   bie  rec^tlic^e  Überjeugung 
bed  ^ßa))fied  unb  Jlaifer^  toie  ber  beiberfeitigc  9[$ortei[  aud.    9Iac^bem  ^ubalb  $a))ft  ge« 
tporben,  fc^Iug  ^ebrid^  im  ^^ja^r  1182  einen  SSerglei^  auf  fol^enber  ©runblage  Dor: 
bie  jlurie  Dergic^tet  auf  bad  mat^ilbif^e  @rbe,  erhält  baaegen  gtoet  ^^l)ntA  aQer  di^d^^  40 
einlünfte  in  Italien,  ba^  eine  für  ben  $a))ft,  ba^  anbere  für  bie  Jtarbinöle,  C.  1. 1 S.  420 
3lx.  296.    SUIein  Suciu^  ging  toeber  auf  biefen  9[$orf(^lag,  noc^  auf  einen  gleiten,  ben 
^ebri(^  im  Sommer  1183  machte  —  Slu^fd^eibung  bed  Sleic^^s  unb   bed  Jlirc^engutd, 
C.  I.  a.  a.  0.  — ,  ein.    ßbenfoloenig  fü^frten   bie  })erfönIic^^en  Unter^mblungen  jtoifd^en 
$a))fl  unb  Jtaifer,  bie  im  Ottober  1184  in  SSerona  ftattfanben,  m  einer  ^erftänbiguna :  45 
bie  ^age  blieb  ungelöft,  ba  ^iebrid^  mit  aQer  @ntf^ieben^eit  auf  bem  Siecht  bed  ^eicpd 
bepanb,  f.b.Sertrag  mit  5Wailanb  D.  ll.gebruar  1185,  C.I.  I  S.430  9ir.303,9.    3n« 
)tDtf(^en  tparen  no^  anbere  ^agen  aufgetaucht,  bie  ba^  anfangt  freunblid^e  3$erl^ältnid 
bed  $a))fted  lum  ffaifer  trübten,   ^m  ^eben  Don  9ienebig  toaren  bie  toä^renb  bed  Sc^i^ 
mad  getoäi^Iten  beutf^en  Sifc^öfe  in  i^ren  SBürben  anerfannt  toorben.    @ine  3(udna^me  co 
tourbe  nur  in  betreff  berjenigen  gemacht,  bie  Don  einem  ber  laiferli^en  $ä))fte  unmittelibar 
tonfetriert  ober  bie  an  bie  SteQe  Derbrängter  ale^anbrinifc^er  93ifc^öfe  gefe|t  toorben  toaren. 
3)emgema^  galten  bie  Don  i^nen  DoQjogenen  Orbinationen  ald  niditig.   @^  toar  ^ebric^ 
SSunf^,  ba|  bie  üJti^ftönbe,  bie  ftc^  baraud  für  einige  beutf^e  ^ii^cefen  ergaben,  bun^ 
9leorbinationen  ber  Setreffenben   beigelegt   toürben.    $)er  $a))ft  f^ien  geneigt,   fc^Iieglic^  66 
toied  er  )u  SSerona  ben  2Bunfd^  ^ebric^  jurüd.   ^er  ^efd^Iu^  ber  S^nobe  Don  Sienebig 
lönne  nur  burc^  einen  S^nobalbefc^Iug  abgeönbert  n)erben,  Arnold,  chron.  Slavor.  III,  11 
S.  95.    9Bar  in  biefem  ^ade  ba^  3^ein  be^  $at)fted  eine  ))erfönlic^e  Unfreunblic^Ieit  gegen 
ben  Kaifer,   fo  fc^lo^  feine  Parteinahme  im  Xrierer  SJifc^ofdftreit  einen   Eingriff  auf 


670  Sttctud  ni.  2ihta,  fbi»tnm 

beffm  tirc^Iid^e  Stellung  in  Seutf^Ianb  in  ftc^.  ^n  Xrier  ^tte  im  g.  1183  eine 
So))))eIh)al^I  ftattgefunben.  Sie  eine  Partei  tDö^Ite  ben  Som))ro)){it  Slubolf,  bie  onbere 
ben  Srjbialon  ^Intor.  ^iebtid^  entfc|ieb  auf  einem  $oftag  )u  JlonfUm)  ber  beutf^tn 
Su^legung  bec^  SBormfer  Kon!orbatö  gemd^  nadf  einem  Bpind^  ber  ^^rflten,  ba^  9IuboIf 

6  ber  red^tmä^ig  getDöUte  Srjbifd^of  fei  unb  belehnte  il^n.  ^n  SSerona  berlangte  er  barauf^in, 
hai  Suciud  i^m  bie  2Bei^e  erteile,  allein  biefer  mar  nic^t  baju  }u  betoegen,  €(est  Trev.  cont. 
111,6  SS.  VIII,  ©.384.  e«  fc^eint,  ba^  er  fw^  me^r  ober  toeniger  beutlit^i  fOrgoImor,  ber 
an  bie  Jlurie  alpptümt  ^attc,  erttdrte  Arn.  Lub.  III,  11  ®.  96.  @eine  Haltung  nac^  bem 
SSeronefer  %aQ  boQenb^  richtete  ft^  birelt  gegen  ba^  Siedet  bed  Jtoiferd.    Snblic^  erreid^ 

10  l^ebrid^  feinen  Sßunfc^,  ^einric^  VI.  )um  Kaifer  gefrönt  ju  feigen,  ebenfalls  nic^t :  Suciu^ 
^at  il^n  in  SSerona  f^toerlic^  runb  abgelehnt;  aber  jebenfaQd  nid^t^  get^,  i^  )u  er» 
füSen.  ^m  ^af^xt  banad^  erfolgte  feine  beftimmte  ß^^^^ifu^S/  Chron.  reg.  Gol.  ^ 
1185  6.134.  9[u(^  in  Segug  auf  bie  italienifc^e  $oIitit  toar  olfo  ber  ®egenfa|  {toifc^ 
griebrid^  unb  ber  Äurie  toi&er  offenbar. 

16  Suciud  ftarb  am  25.  Oltober  1185;  er  fyit  SSerona  nic^t  mel^  berlaffen.  @eine 
^ötigleit  l^at  nirgenb^  geüört  unb  geförbert ;  in  i^rer  ftet^  negativen  ßoltung  leitete  fte 
bielmel^  ben  neuen  Streit  jtoifc^en  ben  beiben  ©etoalten  ein,  ber  oldoolb  noc^  feinem 
Xobe  au^brac^.  ^aniT. 

Sttctiiö,  53riten!önig  f.  »b  V  ©.  288,6off.  S5b  X  S.  205,59. 

20        Snb  f.  SSöltertafel. 

SnbmtOa^  b.  ^tiU,  f.  Xfd^ec^en,  S3e!e^rung  jum  S^riftentum. 

Sfibecf,  9  i  dt  um.  —  US.  bed  !6idtumd  Sübecf,  herausgegeben  Don  fieDertu«,  Olbenb. 
1856.  Unter  ben  er^ä^lenben  OueQen  fmb  am  toic^tigften  Adam  Gesta  Hammab.  eccL  pontü. 
MG  SS  VII  @.267  ff.,  6eparatauggabc  o.  3Bai6.  2.  3IufI.  1876;  Helmold,  Chronica  Slavor. 
26  MG  SS  XXI  @.  1  ff.,  6eparal  ausgäbe  1868.  Arnoldi  Chronica  Slavor.  SS  XXI  S.  100  ff. 
©eparataugflabc  1868.  Annal.  Lubic.  SS  XVI  ©.  411  ff.  Series  epiac.  Lubic.  SS  XIII 
@.347.  —  iioppenberg  in  ^erf  «rcftio  IX  @.  385;  fiaSpc^rc«.  3)ie  ©cfc^rung  S^orbalblngien« 
1864;  ^tVo,  (S)ef(()i4te  be§  @6.  ^amburg-^remeu,  1877;  ^auct,  ü®  ^eutfdjlanb«  3.  u  4.95 
1896  u.  1902;  (Subfl,  Hierarchia  cathol.  med.  aevi,  2  ^be,  ?Künfter  1898  u.  1901. 

80  Sa^  f))ätere  9i^tum  Sübcd  tourbe  bon  Otto  I.  in  Olbenburg,  bem  ^avptüttt  bed 
loenbifd^en  Stammet  ber  3Q3agrier,  gegrünbet.  ® ie  S^xt  tft  nic^t  überliefert ;  toa^c^einlic^ 
föQt  bie  ©rünbung  erft  in  ba«  ^a^r  968,  f.  Ä©  ©eutf^Ianb«  III  ©.  107  f.  2)er  erjie 
93ifd^of,  (Sgtoarb,  erhielt  bie  3Bei|e  bon  @'S.  9lbalbag  bon  Hamburg,  Adam  II,  14  @.  50. 
3)enn  ba«  neue  Siötum   foDte  cil^  ©uffraganbi^tum   unter  Hamburg  treten,    ©ein  Sfe, 

86  Olbenburg,  toenbifc^  ©targarb,  lag  auf  ber  öftlic^en  ©))i(e  $olftein^,  fc^on  bamold  nicpt 
unmittelbar  am  üJteer,  obgleich  ber  Ort  al^  civitas  maritima  bejei^fnet  toirb,  Adam 
II,  18  ©.53;  ie^t  ift  er  ein  Sanbftäbtlein  mit  ungeföl^r  3000  eintoo^nem.  2)erDIben^ 
burger  ©Jjrenael  umfaßte  ben  gamen  tvenbifc^en  9Kifftongbejirf  §amburg8;  er  be^nte  f«^ 
alfo  bon  ber  Vieler  ^uc^t  füböftlic^  bi^  gegen  bie  ©übgrenjc  bed  ie^iaen  üRedlenbura  oud. 

40  3"*^^^f*  f^^^  ^^^  SWiffion^arbeit  unerwarteten  ßrfolg  ju  l^aben,  f.  Ä®  3)eutfc^^Ianw  III 
©.  138  f.  aber  bie  ffienbcnerl^ebung  ber  ^abre  990  unb  1018  jerftörte  atte«  bi«  ba^in 
©rrei^te,  a.  a.  O.  ©.  255  u.  647.  6rft  unter  655.  2lbalbert  bon  Hamburg  ging  ed  toi^et 
bortoärt^;  nun  erfolgte  eine  mm  Siöcefaneinteilung  bed  SBenbenlanbed,  burc^  tüel^fe  bec 
Olbenburger  ©))rengel  bebeutenb  berlleinert  lourbe,  inbem  ?We(fCenburg  unb  Slafedburg  Si« 

46Wofdft|e  n)urben,  Adamlll,  20,©.  110.  6r  befd^ränfte  ftc^  feitbem  auf  bad  öftlic^  ^ol^ 
(tein.  ^ber  auc^  je^t  {am  ed  nid^t  )u  einem  feften  93eftanb  be^  Sidtumd.  Sie  @rl^ung 
ber  SBenben  gegen  (Sottfc^alf  im  3-  1066  fteßte  bielme^r  ben  Seftanb  ber  Äird^  bon 
neuem  in  g^age.  6rft  burc^  Sicelin  (f.  b.  ä.)  tourbe  ba^  ß^riftentum  im  Olbenburger 
Si^tum  für  bie  3)aucr  begrünbet.    ^m  3ufa>n»nenl^ang  mit  biefer  geftigung  ber  SJer^oIt* 

60  niffe  ftebt  bie  SSerIcgung  bed  Sifd^of^ft^e^  bon  Olbenburg  na^  ber  raf(^  aufblOl^enben 
Sßad^barftabt  SübedE.  Qm  S^ni  1154  überlief  griebric^  I.  bem  fäd^fifc^en  §erjog  ^ein* 
rid^  b.  £.  baig  SRed^t,  bie  Sifc^öfe  bon  Olbenburg,  üKedflenburg,  3tafteburg  ju  inbefüeren, 
MG  C.  I.  I,  ©.  206  5Wr.  147.  311^  Sicelin  ftarb,  ernannte  nun  ^einric^  feinen  Äojjlan 
®erolb  jum  Sifc^of ;  §abrian  IV.  ^at  i^n  am  19. 3uni  1155  fonfeWert,  f.  Ä®  2)eutfc^Ianb« 

66  IV  ©.  206.  6r  fanb  Olbenburg  ungeeignet  für  ben  ©i$  eine«  Siötum«  unb  brang  in 
^einric^,  e^  nad;  Sübedf,  ba^  turj  bor^er  in  beffcn  Sefi^  übergegangen  hnxr,  )u  berlegen, 


fmtä,  eidttun  iibtd,  Kxiiüiit  Serfaffttiv  nttb  SiatijKt  671 

Helm.  1,89,®.  179.   Ser^ergog  toiKfal^rte  tbm;  bie  SSerlegung  tpurbe  auf  einer  Sanbe^» 
tjerfammlunfl  in  fiünebwg  im  3-  1158  au^eft)ro(l^en,  f.  3)el^io  II,  ©.  78. 

Seitbem  traten  neue  Störungen  nic^t  mel^r  ein;  aber  au  allgemeinerer  SSebeutung 
gelangte  bad  Sübecler  Sidtum  niemals,  ^ie  glönjenbe  @ntfaftung  ber  ftobttfc^en  üRad^ft 
bröngte  ben  Sifc^of  in  ben  $intergrunb.  6 

»ifc^ofäifte:  Sghmrb  968— ? ;  ffiago;  (Sjico  bor  988—?;  golctoarb;  Sieginbert  bor 
992—?;  »ern^arb  1013  ober  1014—1023;  älein^b  1023—1032;  5Dleinl^er  1032—?; 
3lbl^elin*©tej)^n  nac^  1035—?;  ßjgonad^  1043— ?;  Sebi^alanj.  Sicelin  1149—1154; 
®eroIb  1155— 1163;  Äonrab  1164— 1172;  ^einri^  1172—1182?;  ©ietric^  1186—1210; 
Serti^oB)  1210—1230;  Sol^ann  1230—1247;  Slbert  1247—1253;  Sol^ann  b.  2)iefi  lo 
1253—1259;  Sodann  b.  a;raIoU>  1260—1276;  Surc^Kirb  b.  ©eelen  1276—1317;  $ein* 
ric^  b.  »od^olt  1317—1341 ;  Sodann  b.  üJluIe  1343—1350 ;  »ertram  ßremon  1350—1377 ; 
Slilolau«  Siegenbod  1377— 1379 ;  flonrab  Don  Oeifenl^eim  1379—1386;  ^o^ann  Älem« 
benft  1386—1387;  (Sber^arb  bon  aaenbom  1387—1399;  Sol^ann  b.  3)ülmcn  1399  bi« 
1420;  Sül^ann  Segele  1420—1439;  9?ifoIau«  ©adboto  1439—1449;  »molb  SßJeftfaliÄ 
1450—1466 ;  Sllbert  Ärummenb^cf  1466—1489 ;  23^oma3  ©rote  1490—1492 ;  a)ietri(^ 
ambe«  1492—1506;  2öill^elm  aßeftfal  1506—1509;  3o^nn  Or^ni^^olt  1510—1523; 
©einridji  Sotf^olt  1523—1535.  ^aitif. 

2ihtä.    Äir^Iic^e  SSerfaffung  unb   ©tatiftü.  —  Sltteratur :  Söbctfif^c 
Serorbnungen  unb  »etanntmad^ungen,  indbef.  ^anb  II  @.291  ff.  @.  301  f.,  Sanb  III  6. 25  ff.  ao 
€.326  ff.  ©tatiftif^e  ^JRittbeilungen  aud  Un  beutf(6en  eoangelif^enfianbedrirdien  1880  u.f.io. 
Saigend,  (Sef^ic^te  ber  *8übecfif46n  S^ir^e   ton  1530  bid  1896  (fat^.).  $aberb.  1896;   ^zi% 
®ef4i4te  ber  eDangeIif(^«reformterten  ®etneinbe  in  fiübecf,  ^ühed  1866. 

3)ie  bon  bem  Sieformator  Sttbedd  D.  I^ol^.  Sugenl^agen  enttuorfene  Jtird^enorbnung 
tburbe  am  ^ftngftabenb  1531  bom  9lat  unb  ben  Sürgem  anaenommen.   Sßenn  biefelbeas 
auc^   infolge  bolitifd^er  äBirren  niemals  )u  boUftönbtger  Surd^fü^rung  lam,  fo  toar  unb 
blieb  bo^  Sübed  feit  i^rer  Slnnal^me  eine  lutl^erifc^e  ©tabt.    ^toax  ging  nac^  SBuDen« 
tpeberd  ©turj   auf  ®runb   eined  ^ertrag^  bom  26.  äluguft  1535  bie  Slegierung  toieber 
auf  ben  ,,alten  dlat"  über,  beffen  üJtitgUeber  gum  2:eil  S(n][!önger  ber  ))ä))[tli^en  ^irc^e 
tporen.    9(ber  an  ber  ©))t^e  jene^  SSertragd  ftanb  bad  Oelöbnid,  ba^  td  bet  ber  $rebigt  ao 
bed  reinen  Sbangelium^  unb  ber  äSertoaltung  ber  ©atramente  unb  ^ird^engebröuc^e  fo, 
toie  fte  bepänben,  für  aDe  3^^  berbleiben  foHe.   ^amit  toar  für  bie  toeitere  fird^Iid^e  QnU 
tpidelung  ein  fefter  3lu^angd))unlt  gegeben.    3lud^  bad  bifd^öflid^e  SomIa))iteI,  \>cS  am 
fangd  toiberftrebte,  bermoc^te  baran  niqtd  ju  änbem,  um  fo  toeniger,  ba  bie  3<^I  b^ 
latJ^oIifd^en  Jlanonilate  aQmä^Ud^  bid  auf  bier  jufammenf^mol).   jfatl^iolif^er  ©otte^bienft  86 
freilid^,  ber  in   einer  ber  „Curien"  ftaltjufinben  Jjflegte,  l^örte  tro^  mannigfaltiger  Se« 
fc^räntungen  unb  ^inberungen  nie  gana  auf.    @r  biente  jum  Stücf^alt  für  bie  tatJ^oItJd^e 
®emeinbe  in  Sübea,   bie  famt  i^ren  $rieftem  mel^rfac^  bur^  laiferli^e  Sriefe  in  ®q\x^ 

Commen  tourbe,  bi^  fte  na^  ber  im  ^[al^re  1803   erfolgten  ©äfularifation  bed  ^om« 
itefö  ouc^  beim  ©enat  freunblic^ered  @ntgegenIommen  fanb.  SSeffer  gelang  ed  für  eine  40 
3eit  lang,  burc^  fd^arfe  ÜRanbate  bem  Einbringen  reformierter  Elemente  )u  toe^ren.  Sod^ 
führten  fc^lie^i^  bie  $anbeldbe)tel^ungen  }U  $oQanb  aud^  in  biefem  ©tüdte  )u  einer  mi^ 
beren  3}rajid.    Eine  Ileine  reformierte  ©emeinbe  entftanb  unb  tou^te  fid^,  ftdftig  geförbert 
burc^  bie  Sei^ilfe  au^n)örtiger  (Slauben^enoffen,  unter  9tot  unb  Sebrängnid  )u  b^^avpim. 
^e  Erlaubnis  jur  Erbauung  etned  5lir^leind  bor  bem  ^olftentl^or  unb  mr  älb^altung  45 
i^er  ®ottedbienfte  bafelbfl  erhielt  fte  im  ^a^re  1693,  juerft  noc^  unter  erfqilDerenben  Se« 
bingungen,  bte  aber  in  ber  ^olge  immer  me^r  in  SBegfaQ  tamen.    9id  )u  älnfang  bed 
19.  2lal^r^unbertd  blieb  bte  Slufna^me   in  ben  3tat  aQen  92i^tlut^eranem  berfagt.    @^ 
toor  ein  ßreigni«,   afö  nad^  ben  ^i^ei^eitdlriegen,  im  ^^^re  1815,   ber   erfte  reformierte 
Senator  erloäi^lt  tourbe.  ^m  ^o!^xz  1825  tourbe  für  bie  reformierte  ©emeinbe  bom  ©enat  so 
ein  „Segulotib"  erlaffen.    3)a«felbe  gefd^a^  im  S^^re  1841  für  bie  fatl^olifc^e  ©emeinbe. 
Sinegefe^ic^e  ©etoä^r  ber  boQen  ))olitifc^en  unb  bürgerlichen  ©teic^bered^tigung  embfingen 
bie  ^jTitglteber  beiber  ©emetnben  burc^  bie  „Serfaffung  ber  freien  unb  $anfett|^bt  Sübea'' 
bon  1848,  rebibiert  1851  unb  1875.    ©od^  gebort  bie  toeitübertoiegenbe  We^gal^l  ber 
Setooj^ner  auc^  j[^t  noc^  bem  ebangelif^^ut^erifd^en  Selenntnid  an,  unb  „bie  ebangelifc^  66 
lut^fd^e  Jlir^e  im  SübedKfd^en  ©taate''  nimmt  nad^  toie  bor  bie  ©teQung  ber  ©taatd< 
tirc^e  ein. 

3)er  £übedti{^e  ©taat  l^at  auf  298  qkm  nad^  ber  3Äi^Iung  bom  1.  Xejember  1900 
96775  ©intoo^ner,  bon  benen  82  098  auf  bie  ©tabt  fiübed  unb  beren  SJorftäbte,   1941 


672  2tAtd,  NrdiKc^c  Serfaffniig  ttnb  @tati^ 

auf  ba^  ©töbt^en  Xrat)emttnbc,  12  736  auf  bie  Sanbbeiirte  entfallen.   SSon  ber  ©efornt^ 
beüöKetung  ftnb  92981,  b.  1^.  über  96°/o  eüangelif^^ut^erifc^. 

älugenblidli^  gtebt  ed  im  Sübedif^en  Staate  12  ebangelifc^-Iut^erifc^  Stitdfipiüt, 
bon  benen  7  auf  bie  @tabt  Sübecl,  5  auf  bad  Sanbgebiet  entfallen,  ^ie  ^aHjl  bec  ©et^id^ien 

5  betrögt  21,  nömlic^  16  in  ber@tabt,  5  au^er^alb  berfelben.  Sie  ftöbtifd[^en  Jlin^fpiele  {tnb 
nac^  ber  Qaii^l  ber  ©eiftlid^en  in  16  Seelforgebejirte  geteilt,  beren  93et>5Uerung  im  ^^tcn 
ber  ©tabt  unb  in  ber  SJorftabt  ®t.  Jürgen  ung^%  je  4000,  in  ben  Sorftöbten  ©tSer« 
trüb  unb  ©t.  Sorenj  ungefähr  je  7—9000  beträgt.  3n  ben  beibett  le^enonnten  Sor» 
ftäbten   h)irb  bie  Einrichtung  neuer  jttrc^f))iele  ge))lant.    Sin  (Sotte^^öufem  fte^  15  )ur 

10  Verfügung,  bon  benen  8  in  ber  ©tobt  unb  beren  SSorftabten  fic^  befinben. 

9Die  „SJerfaffung  für  bie  ebangelifc^=lut][^erifc^e  Äirc^e  im  Sübetfifc^en  ©toate"  iji  mit 
Seginn  be^  ^o^ed  1 895  in  Jlraft  getreten.  3tad^  i^r  ift  ber  ©enat  i^n^ober  bed  Jtm^em 
regimentd,  toelc^ed  teitö  bon  il^m  felbft,  b.  1^.  bon  feinen  bem  ebangelifc^lut^fc^  Se^ 
tenntni^  angel^örigen  üJtitgliebem,  teil^,  in  feinem  äluftrage,  bon  bem  „Ain^enrote"  coO^ 

16  geübt  toirb.  2)er  Jlirc^enrat  beftel^t  au^  jtbei  ebangelifc^-lutberifc^en  ©enotoren,  bon  benen 
einer  ben  SJorfi^  fü^rt,  unb  bem  „©enior  be^  geiftli^en  9Kinifterium«",  |oh)ie  coiÄ  einem 
geiftlic^en  unb  brei  nid^tgeiftli^en  3Ritgliebern.  2)ie  bicr  le^tgenannten  ^ttglieber  toerben, 
unb  jtoar  bad  geiftlic^e  auf  SSorfc^lag  bed  geiftlid^en  üJtinifteriumd,  bie  brei  nid^tgeifUi^en 
auf  %$orf(^lag  ber  ©|^nobe,  bom  ©enat  auf  je  6  ^af)x^  getoä^lt.    S)er  SBirhtng^fretd  bed 

20  Jtirc^enratd  ift  ungefähr  berjelbe  tbie  in  anberen  Sanbe^ttrc^en  ber  ber  Jtonftftonen.  Sei 
Srlag  neuer  unb  Slbönberung  befte^enber  Jlirc^engefe^e,  bei  SSomal^me  bon  SSeränbentngen 
ber  ^irc^|))ielgren2en  unb  Einrichtung  neuer  Stix6^]pxüt,  be^leid^en  bei  ber  9(udfc^reibung 
bon  ^ir^enfteuem  bebürfen  bie  Slnträge  bed  ^ir^enratd  einerfeitd  bie  3Ritgene^mimtng 
ber  ©^nobe,  anbererjeit^  bie  Seftötigung,  bejiD.  (Genehmigung  bed  ©enatS.    »n  bie  mU 

26  genel^migung  ber  ©^nobe  ift  ber  Jtirc^enrat  ferner  gebunben  bei  Einführung  neuer  unb 
älbänberung  befte^enber  liturgifc^er  älnorbnungen  unb  tirc^lic^er  ^anbbüd^  unb  bei  Se« 
Billigungen  bon  3ufc^üffen  ani  ber  „allgemeinen  ftirc^enfaffe'',  fotoie  bei  ber  Shtffitdlung 
bed  Subget^  unb  ber  Slbred^nung  biefer  Jtaffe.  Sie  3$erfünbigung  ber  jtirc^engefe^  fyd 
ber  Senat  jtc^  borbe^alten.  —  2)a«  gciftlic^e  SKinifterium  umfafet  fämtlic^e  im  Smte  be« 

80  finblic^e  (Seiftlid^e  im  Sübedifc^en  ©taate  unter  bem  3$orft$   bed  aud  ber  ^aüfi  ber  fünf 

tau))ti)erfonen  (b.  ^.  ber  erften  ©eiftUc^en  an  ben  fünf  fiirc^en  ber  inneren  ©tobt)  bom 
enat  ertbä^lten  ©enior^,  bem  bnxd)  bie  ©eniorat^orbnung  bon  1871  bie  SefugniRe  unb 
Obliegenheiten  be«  „©u^)erintenbenten"  übertragen  fmb.  3lu^  ber  ÜKitte  bed  geiftiic^ 
Slinifterium^   beruft  ber  ©enior  bie  Äommifftonen   für  bie  3lb^altung  ber  t^eoloigifc^en 

86  ^anbibaten))rüfung  unb  bed  JloQoquium^,  tbelii^em  neuertbö^lte  ©eiftlic^e  ft^  )u  unterjie^ 
^aben.  Sem  geiftlic^en  SRinifterium  in  jeincr  (Sefamt^eit  fte^t  bie  Begutachtung  aller 
bie  Se^re  ber  Rirc^^e  betreffenben  Vorlagen  ju,  fotoie  aller  SBorfc^läge  für  bie  äbfaffung 
liturgifc^er  gormulare,  (Sebete  unb  lirc^lic^en  §anbbüc^^cr.  —  Sie  ©^nobe  bepe^t  aui  je 
bier  üKitgliebem  ber  SSorftdnbe  ber  ftäbtifc^^en  Äirc^engemeinben   unb   au3  je   jtoei  3Rits 

40  gliebem  ber  Sorftönbe  ber  Jlirc^engemeinben  in  Xrabemünbe  unb  in  ben  Sanbbejirfen, 
femer  an^  brei  bom  Airc^enrat  o^ne  Slüdfu^t  auf  eine  beftimmte  ©emeinbe  )u  emennenben 
©emeinbegliebem,  toelc^e  einem  Jtirc^engemeinbeborjknb  nic^t  angehören  bürfen.  ©amt- 
liche ©^nobalen  toerben  auf  fec^^  2la^re  ertoö^lt.  ^^ren  93orft|enben  tbö^It  bie  ©^nobe 
au^  i^rer  eigenen  üJtttte.    Ser  ^ir^enrat  ift  bei  ben  3$erfammlungen  ber  ©);nobe  bun^ 

46  Äommifjare  bertreten,  toeld^e  an  ber  Beratung  jeberjeit  teilzunehmen  berechtigt  finb. 

^ft  gleichzeitig  mit  ber  ßirc^enberfaffung,  nämli^  am  18.  Januar  1895,  tDurbe  ein 
„®efe^  betrcffenb  bie  allgemeine  ^irc^enfaffc  für  bie  ebangelif^4ut^erifc^en  jtirc^engemetnben 
ber  ©tabt  iJübecf"  erlaffen.  9Jac^  biefem  ®efe^  bilbet  ben  ©runbftod  ber  augemeinen 
jtirc^enfaffe  ein  unantaftbarer  ftat)italfonbd  bon  150000!IRart,  gebilbet  au^  SSermoltung^ 

60  überfc^üffen  be^  ©t.  ^o^anni^s^lungfrauenllofterd,  bed  $eiligens®eift^of))ttal^  unb  bed 
Surgflofterg.  gu  ben  3infen  biefeg  Äa^jitalfonb^  tritt  au3  ben  Überjcbüffen  be«  ©t  3o* 
l^annid-SungfrauenHofter^  ein  jä^rlic^er  Seitrag  bon  16000  9KarI.  Sc«  Weiteren  toirb 
bie  allgemeine  Jlirc^enfaffe  burc|  eine  5lirdt;enfteuer  gef))eift,  bie  bon  fämtlic^en  3Ritgliebem 
ber  ftäbtifc^en  unb  borftäbtt|c^en  Jlirc^engemeinben,  beren  fteuerbared  ^a^re^eintommen  ftcd 

55  auf  me^r  ald  1500  "Slaxl  beläuft,  erhoben  toirb.  Obtoo^l  biefe  Jlirc^enfteuer  btd^er  nur 
5*^/0  ber  Einfommenfteuer  betrug,  l}at  fte  \\i)  bereite  al«  ein  tbidj^tiger  ^Itor  für  bie^ort* 
enttDictelung  be^  Sübecfifc^en  Äirc^entocfen^  betoä^rt,  fofem  pe  bie  Erbauung  ^tbeier  neuen 
©ottedl^äufer  ermöglicht  ^at  unb  für  n)eitere  Unternehmungen  berfelben  Srt  bie  nötige 
finanzielle  Unterlage  bietet.    Sie  ©emeinben  bon  Srabemünbe  unb   in  ben  Sonbbejirfcn 

60  ffabm  an  ber  allgemeinen  Jtirc^entafje  leinen  Slntetl. 


SubtH,  tir^Ii^c  SÜrrfaffung  unb  Stalt^f 


673 


©ne  Sird)  engem  ei  nbeotbnung,  biitti  luclc^e  bie  Öiiijelgemeinben  eine  ätetttetung  in 
Jlin^cnbaiflänben  unb  @emeinbeauäfdjü{ien  ertiietten,  \oax  für  bie  Statt  üüitd  beteitä 
am  8.  33eäen)6er  1860  erlaRen  rtiorben.  ©ie  litt  an  ii^iceten  SRÖngeln  unb  Wiiibe  bcö= 
^Ib  Don  ber  S^nube  unb  bem  Stirt^enrat  einet  griinblidjen  Umaibritung  untcrjogen.  2)ic 
neue  flinken gcmeinbeortnung  erlangte  am  8. 3;e).  1897  (Seje^eölratt.  3^re  iDidjtigftcn  39c=  & 
fümmungen  |inb  bie  folgenben:  3*«^  fiirt^tpiel  jetfäHt  in  JD  Diele  Seelforgebejirfc  alö 
©eifttic^e  an  ber  betreffenben  Rir^e  angcflctlt  |inb.  ^infi^nUct)  ber  ^^aufcn  finb  bie  ©e; 
meinbegheber  ouälc^tiefeti^  an  ben  ©eiftlit^en  t£)ie«  Seelforgebejirte  gebunben.  3"  ""f" 
onberen  Sejie^ungen  ^aben  fie  baö  SHet^t,  fic^  buri^  „2lbmelbung"  beim  Lüfter  itfren  ©ee[= 
[orget  frei  ju  roä()(en.  Stbc  Siri^cngcmeinbe  toirt  buxü}  i^ren  SJorftonb  betlreten,  bet  lo 
au«  ben  ©eiftlic^en  ber  fiirrfje  unb  jlDÖlf  burt^  Urtoaljten  auf  (((^  3a|jre  gtloä^llen  ®e= 
mcinbemitgliebem  beftefjt.  3)er  Sorflanb  tjat  bie  ilethjaltung  oder  ®cmcinbeangelcgen= 
Reiten,  inäbefonbete  audj  bed  flirc^enbermöflenö  ju  befurgen.  3"^  ÜÜatimebniung  ber  Iiri$= 
lUt/m  SIrmenpftege  tDä^tt  er  Slrmen^fleger  in  ctforberlic^er  ^d^\,  Bon  tenen  minbeftenä 
jWei  bem  SSorftanb  angeboren  muffen,  ber  einem  bon  biefen  ben  !Borft§  überträgt,  Sei  is 
her  5!Ba^I  oon  Gleiftlit^en  treten  bie  bem  flirt^enrat  ange^ötigen  Senatömiigliebet  unb  ber 
Senior  beS  geiftlii^en  '■Blinifteriumä  tnil  Stimmrei^t  bem  93prflanb  bei.  Hie  Seftätiguiig 
ber  3Sa^l  erfolgt  burc^  ben  Senat.  2In  ben  ©rlnfe  biefer  fiirc^engemeinbeotbnung  ((^loö 
im  ^ai)n  1898  eine  neue  SIbgrenjung  ber  ifiri^fljiele  unb  bie  Sinteilung  betfclben  in 
©eelforgebejirfc  fic^  an.  —  33ie  Äirtdcngemeinbeotbnung  für  üraüemünbe  ift  im  lDefent=  20 
It<^  ber  Kirt^engemeinbeorbnung  für  bie  Stobt  Sübti  nac^ebilbet.  13k  Air<^engcmcinbe: 
oibnungen  für  bie  bier  Sonbgemeinben  Si^Iutu)),  @enin,  iSe^Ienboif  unb  ^uÜe  unters 
fc^eiben  fu^  bor  allem  baburi^,  bog  bie  ^a^l  ber  Sorftanbämitglicber  fleincr  ift  unb  bag 
neben  bem  ^orftanb  ein  @emeinbeanöfi^u|  fte^t,  ber  bei  ber  SBa^l  ber  ^ftoren  unb  bei 
ber  ßnlfi^etbung  über  finanjiette  ^x%m  mitjutwirten  ^at.  2b 

fflenn  toir  unö  nun  Weiter  ben  Ergebniffen  bet  liri$Ii(^en  ©tatiflif  jutoenben,  fo 
muffen  tuir  mit  ber  Semertung  beginnen,  bafe  bie  tfier  aufjuflt&renben  ^aitlai  infofem 
iit(^t  BöHig  genau  finb,  olä  fie  ft($  auf  bie  beiben  eoangelifc^en  Äonfeffionen  jufommen 
bejie^en.  2)oc^  ift  bei  ber  flleinfieit  ber  reformierten  ©emeinbe  ber  ^^ter  ein  fo  »er^ 
ff^ttinbenb  geringet,   bnfi  man  fuglic^  über  ifjn  tjintoegfetien  barf.    Sfijaö   nun   juerft   bie  so 

fai)l  ber  Saufen  anlangt,  fo  betrug  biefelbe  auf  100  lebenbgebotene  flinbet,  bie  ^at)[  ber 
inbet  aus  gemifctiten  (l^cn  pn  §älfte  angefe|t: 

1880—84:    99,327„;  1885—89:    99,07"/.; 

1890—94:    98,42''i„;  1895—99:    99,85'/„. 

(Stiuaä  anberä  fte&t  fiä}  bai  33er^ältni€,  Icenn  mit  ber  ^ai}l  bei  in  rein  ebongeCifc^en  sg 
@^en  geborenen  ßinber  bie  ^ai^l   bei   an   foli^cn  ßinbem   üoII;cigenen  Saufen  beiglic^en 
toiib.    33ie  21ngaben  für  bie  ^ät  oon  1880- -89  fehlen  ^ier.   (Sä  lonn  olfo  nur  bie  3eit 
Bon  1890—1899   in  Settai^t  genommen  Werben.    2)aä  Ergebniä  ift,   bap   Bon   je    100 
lebenbgeborenen  Äinbem  ebangelifc^et  Giiepaare  getauft  würben: 

1890—94:    !)9,33",„;  1895—99:     99,05"/,,.  40 

9luä  biefen  ^ai^lm  erbeut,  baf;  im  Sereicfe  bet  ebangetifE^'lut^erifcben  Äirije  im 
Sübedifc^en  Staate  nut  ein  tleiner  Seil  lebenbgeborenet  Jtinber  ungetauft  bleibt.  IKandje 
freili^  empfongen  bie  Saufe  erft  im  fc^utpflit^tigen  3llter.  3"  erwii^nen  ift  biet,  bafi 
iomtüc^e  £eitcr  ftaatli^er  unb  priBater  Sttiulonftalten  auf  Slnroeifung  ber  Obetff^ulbelfürbe 
bei  ätufno^tne  bon  neuen  S^ülcm  bie  Vorlegung  eineä  Souffi^einä  forbern.  Sjerjeidiniffe  a 
berjenigen  Jtinber,  „für  welche  ein  Sauffc^ein  nic^t  beigebracht  morben  ift".  Werben  ^olb: 
iä^li(^  bem  Senior  be^  geiftlii^en  Minifteriumä  überreicht.  35iefer  benennt  fobann  ben 
@eiftlic^  ber  einzelnen  Seetforgebejirfc  biefenigen  ^milien,  in  meieren  fii$  ungetoufte 
Jtinbet  befinben,  mit  bem  (Srfuc^en,  ben  Q.ltan  ben  noc^träglidien  ^oUjug  ber  Saufen 
noijejulegen.    3iut  in  Uetf)(UlniSmä{;ig  fettenen  goflen  gefc^ic^t  bieö  oijne  (ärfolg.  so 

3i^nli(^  ftefit  eS  mit  ben  Stauungen,  bejügii*^  beren  übrigens  bie  Stotiflit  erft  Bom 
^o^re  1883  an  bie  nötigen  Unterlagen  bietet.    Suf  100  @^efa)[iefiungen  tomen: 
bei  tein  eb.  ^oren  bei  getnifi^ten  ^aren 

1883;84:     103,18"/,;  92,66"/,; 

1885—89:     101,95''/„;  72,06"/,,;  BS 

1890-94:      99,81"/^;  146,67°/.; 

1895—99:      99,96°/,;  138,00"/,,. 

äluS  biefer  SabeQe  ergiebt  fti^,   bag   baS  ^er^öltniä  bei  gemifc^ten 
KMl'ltncitlliiDdblt  m  Xfttalaalt  unb  alr4e-  3.  fl.  XI. 


I 


674  &übtd,  ftr^Iii^e  Serfaffung  nnb  6tttti^l  Sfide 

günftigeS,  bei  rein  et^ongelifd^en  ein  nid^t  ungünftiged  genannt  toerben  borf.  S^mer^ 
Meiben  in  ber  Stobt  Sübec!  adjäl^rlidSi  einige  $aare  ungetraut.  @inev  bei  ftabtif^  ®ti^ 
liefen  teilt  bie  92amen  berfelben  feinen  SImtdbrübem  in  ben  einjelnen  .@eeIforgebqirten 
mit,  burd^i  beten  ))erfönli(i(ie  (Sintpirtung  nod^i  ntond^ed  $aar  mx  3ladfyofxaiQ  ber  Ztauung 
6  t)eranla^  toirb.  Seibev  l^at  ed  ben  Slnfd^ein,  old  ob  in  neuefiev  ^dt  bie  Qai^l  ber  ^are, 
tpeld^ie  bie  3^rauung  obtocifen,  in  ber  ßunal^me  begriffen  tpäre.  @in  ft4fered  Urteil  hierüber 
tpirb  ftd^  iebod^  erft  nad)  Slblauf  bed  näd^iften  Duinquenniumd  getoinnen  laffen. 
Äonfrrmiert  tourben  burd^fd^nittlid^i  in  ben  3<^^* 

im  ganjen  oud  gemifc^ten  @^en 
10                            1880—84:    1140;  ? 

1885—89:    1288;  ? 

1890—94:    1534;  4; 

1896—99:     1627;  8. 

%cSit,  in  benen  getaufte  Jtinber  Durd^i  il^reSltem  t)on  ber  Stünftrmatton  jurflcfgel^alten 
15  tporben  tpdren,  finb  nid^t  belannt  getoorben  unb  lommen  tpol^l  übcä^u'pt  nic^t  t)or. 

Jtinbergotte^bienftc  tDerben  mit  einer  einjigen  9ludnabme  in  fämtlu^en  etKingelif<^ 
lutl^erifd^en  Jtirc^engemeinben  ber  @tabt  Sübed  gehalten.  3)er  ältefte  über^Kui))t  iß  ber 
in  ber  @t.  ^[alobiftrd^e,  tpeld^er  im  ^[ai^re  1875  entftanb.  ^^m  folgte  old  ber  dltefie  mit 
®ru))))enfvftem  im  ^^^re  1879  ber  Don  @t.  üRarien  (je^t  im  ,;ek>angelif(^  Seretnd^mtd'O- 
ao  ©egentoörtig  giebt  e^  9  Jtinbergotte^bienfte  in  Sübecl,  aQe  mit  ®rut)))enfvftem;  8  toerboi 
üon  5ßaftoren*  geleitet,  einer  üon  einem  ©enbboten  be«  „SSerein«  für  Ignnere  SKiffion  in 
©4lle«toig-$olftein".  Ungefähr  2000  Äinber  ))flegen  [xd^  einjuftellen.  Reifer  unb  ^elfe« 
rinnen  ftnb  ettoa  100  an  i^rer  Untertoeifung  beteiligt. 

üRit  bem  Jtird^enbefud^  ber  @rh)acl^{enen  ftel^t  ed  ntc^t  gut.    Slud^  bie  Beteiligung 
26  am  l^eiligen  Slbenbmai^l  lägt  t)iel  gu  toünfd^en  übrig,    ^m  SSerl^ältnid  )ur  S0>5lleruned: 
)iffer  betrug  bie  gal^l  ber  ^ommunilanten : 

1880—84:    19,07^/.;  1884—89:    20,03°/«; 

1890—94:    19,75°/o;  1895—99:    18,37«/o. 

®d  fd^ieint,  ba|  fid^  l^ier  ein  aQmäl^lid^ier  9lü(fgang  anbahnt,  ber  toie  man  bermuten 
80  tnu|,  nid^t  biejenigen  ^milien,  toeld^e  !ReuIonfirmierte  „)um  Slltar  bringen'',  fonbem  ben 
eigentlidjjen  Äem  ber  Slbenbma^l^emeinbe  betrifft. 

@ine  erfreuliche  ßunol^me  tDeift  bagegen  bie  ^ai)l  ber  {ird^ilid^ien  Seerbigungen  auf. 
©ie  betrug  im  SSer^ältni^  ju  ber  ^af)l  ber  SSerftorbenen,  bie  totgeborenen  unb  ungetauften 
ÄinDer  abgered^net,  in  ben  Si^^'^^- 

86  1880—84:    36,54«/o;  1885—89:    48,69«/o; 

1890—94:    56,06«//,  1895—99:    60,40«/o. 

3Kan  toirb  au«  biefen  ^oÜ^kn  ben  ©(i^lufe  jie^en  bürfen,  bafe  ein  getoiffer,  freiließ 
nid^t  ju  überfd^ä^enber  (Sinflu^  ber  ^ird^e  in  immer  Weiteren  Jtreifen  ber  9et)5lterung  fu^ 
geltenb  mad^t. 

40  ©egenüber  ber  eDangelifd^^ut^erifd^en  ftird^e  bilben  bie  Slngel^örigen  ber  anberen  d^xx^- 
lid^en  Sefenntniffe  nur  eine  unbebeutenbe  3Kinber^eit.  9lad^  ber  Serufdftatiftif  bon  1900 
gab  e«  Reformierte  690,  SRömifc^fatj^olifc^e  2176,  fonftige  (S^riften  227.  ®ie  3fleformierten 
unb  bie  Sat^olifen  befi^en  ©otte^^äufer  in  ber  inneren  ©tabt.  33on  Selten  finb  bie  3t5 
bingianer,  SBaj)tiften  unb  SWormonen  bertreten.    3)ie  ^a^l  ber  3uben,  bie  über  eine  ftattlic^ 

46  Synagoge  berfügen,  betrug  1900:  670.  21Ö  religionäo«  belannten  ftd^  jur  felben  3^ 
29  ^erfonen.  ß-  »•  «««le- 

ßfl«e,  ®  ottfrieb  S^riftian  griebric^,  geft.  1855.  —  ©anber,  D.  gfriebr.  2.. 
fibt  ju  S3urdfelbc  unb  ^rufcffor  ber  X^cologie,  C)annoücr.ßinben  1891;  83fll.  Oefterle^,  dkfÄ. 
b.  Unimfität  ©öttingen.  IV.  Steil  (18*20-37).  QJöttingcn  1838,  @.  407— 9;  3ul.  Mütter  in 

60  b.  3f®Ö1855  9ir.  16. 17;  3).  ©cfienfel,  ^Qvmftftbtcr  A3  1855,  (5. 1260 ff.;  9tcbcpenning.  ¥rot. 
StS  1855;  ei)rcnfcurf)ter,  XfjSt^  1855;  bcrfclbc  in  ber  1.  «luflaöc  b.  (Snc^floK  2-  «nfL 
x>on  SBagenmonn;  btefer  and)  in  ber  91  bS.  9Iugerbem  ^anbeln  von  fi.  beilöufig,  boc^  )uni 
Xeil  einaet)enb  bie  Biographien  feiner  i^reunbe :  Fünfen  (9?ippoIb),  ^e^  (^anfen),  fiadimann 
(C>er6),  iÖi^fd)  (93ei)frf)lafl),  SRütf)c  Ci«ippo(b),  Xftolucf  (Sitte),  SBiAcm  (Olbenberg).  ^an(^ 

66  brinc^en  ferner  ^iItt)eQ,  6(t)(eicrmad)erd  Seben  in  Briefen,  unb  ber  (S^rimm«^af)Imannfd)e 
93rie*fn)cc6fel,  fix^qf).  üon  SPP^I-  ^nö  bem  rcidjen  fc^riftlic^en  ^la^Ioffe  fi.Ä,  ergfinj!  bur^ 
ben  ber  ißrüber  ©rimm,  ucröffentlicftt:  S3riefiüecftfe(  fi.^  mit  ben  )6rübern  ®rimm  wn 
6anber,  ^anni)Oer»fiinben  1891,  fomic  33riefe  Ä.  fiac^manniJ  an  ß.  in  ben  9{euen  Sö^^^^- f- 
^^ilotogic  unb  ^öbagogif  (1892). 


Sfiile  675 

(Sottfrieb  S^ftian  ^ebrid^  Sude,  geb.  24.  Xuguft  1791  in  Sgeln  bei  HRagbeburg, 
gefL  14.  ifebruar  1855  in  ©öttingen,  toar  f.  3*  ^^^  ^^^  angefe^enften  unter  ben  fog. 
beutf^  iBermittelungdtl^eoIogen.  Sol^n  eine^  Aaufmanne^,  ettDorb  er  auf  ber  ^omfcbuie 
m  Slagbebttra  unter  ©ottfrieb  Senebitt  f^nl  grünblic^e  ))^Uolo9ifcl^e  SSilbung  unb  erfuhr 
Ott  feinem  itoftgeber,  bem  (Slementarlel^rer  ber  2)omf(^uIe  3.  6^r.  SBunberling,  tief«  6 
imtlenbe  (Sinbrüde  ^ermi^utifci^er  ^ntmigleii  3)ort  fc^lo^  er  aud^  bie  für  fein  innere^ 
geben  einPufereid^e  ^freuubfc^aft  mit  bem  toenig  älteren  ^.aug.U^Ie  au«  (Serbftäbt  (1788 
bid  1813),  fixerem  ©rünber  bei8  nod^  l^eute  blül^enben  ,,6^rift(i(i(ien  SSereine«  im  nörb« 
lic^n  2)eutf(^lanb''.  tiefer  SBerle^rdtreid  ftimmte  il^n  fi^mbat^ifd^i  für  ba«  neu  ertoac^enbe 
))Dfitibe  @(auben^  unb  d^riftlic^e  SSereindteben,  ol^e  bocp  ben  emften  tpiffenfc^aftlic^en  10 
unb  fritifdjien  3)rang  in  \i)m  ju  erftiden.  @o  fc^Io^  er  aÖStubent  in  $aDe  (1810—12) 
pd^  eng  ®.  61^.  Rncöpp  an  unb  na^m  in  ber  ^omiletil  g.  33.  Slein^arb jum  9Jlufter, 
blieb  ober  babei  aud(i  banibarer  @d^üler  bon  9.  $.  Sliemel^er  unb  t)on  Sß.  ©efeniu«. 
SDiefer  befonberd  getoann  i^n  für  Sibele^egefe  unb  Jtirc^engefd(|id^te.  Slad^bem  er  fd^on 
1811  in  $aDe  ben  erften  alabemifdjien  5Preid  mit  einer  Slrbeit  „De  usu  librorum  V.T.  15 
apocryphorum  in  libris  N.T.  interpretandis''  gewonnen,  ging  er  1812  nad^  ©öttingen, 
um  bort  bie  gefteSte  3(ufgabe  »De  ecdesia  christianorum  apostolica''  5U  bearbeiten, 
für  bie  er  1812  ebenfalls  ben  ^reiiS  ertoarb;  ein  @rfo{g,  ber  i$m  1813  bie  @telle  eine« 
t^Iogifd^en  Si^etenten  eintrug,  bie  er,  feit  1814  ^aQijd^ier  Dr.  phil.,  h\&  1816  betlei« 
^e.  ^n  ©öttingen  geno|  £.  bamafö  unter  bem  begeiftemben  @tnbrude  ber  beutfc^en,  ao 
nomentfid^  ))reu^ifd^en  @r^ebung,  in  anregenbem  gefeuigem  SSerlel^re  mit  bem  $rofeffor 
@^.  %.  2).  be  SiOerd,  bem  bamoligen  ©öttinger  ^rit)atbo)enten  Aarl  ^binanb  93eder 
unb  beffen  trepid^er  ©emol^Iin,   toie   im  ent^uTtaftifc^en  3Bettftreben  mit   einem  ^irlel 

S'  genblid^er  ©enoffen,  ber  ft^f  befonberd  um  &).  R.  ^o\,  93unfen  fd(iarte,  fonnige  Sen^]a^re. 
on  ben  bortigen  Sunbedbrübem,  bie  lebeniSlang  treue  gh^nbfc^aft  hielten,  ertoarben  25 
neben  Sunfen  unb  Jtarl  Sad^mann,  ben  nöd^ft  t)erbunbenen,  aud^  bie  2)ic^ter  äSi.  $e]^, 
Srnft  @(^ul)e,  ber  $^iloIog  (Si)X.  Sranbi«,  bie  ^[uriften  Slemend  JUen^e,  2[ol^.  älbam  @euf« 
fert  u.  a.  Slui^m  unb  Snfe^en.  3Re^rere  griffen  1813  unb  1815  ju  benSßaffen,  tpa«  S.  bie 
fc^toantenbe  ©efunbl^t  t)erbot.  ^n  jener  gtit  berlobte  biefer  [x6)  mit  feiner  fipöteren  ©attin, 
Henriette  ÜRüSer  oud  ©r.^Sobungen  im  benad^borten  @i(^felbe.  Siebe  jum  engeren  ))reu^i'80 
fc^en  SSaterlonbe,  auf  bad  er  mit  aQen  Patrioten  ^offnung«t)oQ  blidte,  unb  lebl^afte  SBert« 
fc^ä^g  @d^Ieierma(^d  führten  S.  1816  nad^  Berlin,  tt}o93unfen  unbSac^mann  bamatö 
t)arüberge^enb  tpeUten  unb  t^m  bie  SBal^n  ebneten,  befonberd  auc^  i^n  bei  @d^letermac^er 
einführten,  ber  bereit«  inxtfy  23  Iitterarijd(ie  3(nfänge,  namentlich  burc^  ben  i^m  über:: 
fanbten  Vortrag :  „Über  ba«  @tubium  ber  ^ermeneutif  be«  92X«  unb  i^rer  ©efd^ic^te'^  86 
für  ben  jungen  ^(^enoffen  eingenommen  unb  t)on  beffen  tparmer^ingabe  an  ba«@t)am 
gelium  ^o^^^^i^  (unter  Berber«  @influ{fe)  angenehm  berül^rt  tt>ar.  S.  tourbe  am  26.  ^uni 
1816  inSertin  Sicentiat  unb  ^ribatbojent  ber  S^eologie.  @r  t)erlebte  al«  fold^er  bort  in 
regem  geiftigem  äudtaufd^e  mit  ben  erften  3)tännem  ber  jungen  Unit)erfttät  ^toei  für  feine 
innere  (Snttoidelung  bd)eutenbe  ^a^re.  92eben  @d(ileierma(!^er  trat  i^m  ba(b  be  SBette  40 
befonber«  nol^e;  er  f^atte  bie  ^eube,  jtoijd^en  biefen  beiben,  einanber  bi«  ba^in  fremberen 
©önnem  innige  ©emeinjc^aft  ^er}ufteUen.  Slber  auc^  mit  ^ieanber  fc^lo^  er  ^erjltc^e 
%xunbf(^ft,  bie  i^n  u.  a.  auf«  neue  ber  ^ra{tifd(ien  df^ftlid^en  £iebe«t^ättgleit  nä^er 
p^rte,  befonber«  bem  belannten  33aron  t)on  jtotttDi^,  beffen  untoiffenfc^aftUc^e  (Sngj^erjtg^ 
feit  unb  ^^bjd(iaft  g^en  be  äBette  freiließ  engeren  älnfd^flu^  nic^t  julie^.  3(ud^  anbere  46 
oI«  tl^eoIogifd(ie  2|nterenen,  toie  bie  3Jlufit,  ber  er  eifrig  ergeben  tt>ar,  fanben  bort  reiche 
92a^^rung.  ^ie  Segrünbung  ber  et>ange(ifc^en  Union  burd^  bie  gemeinfame  9lbenbma^(«feier 
am  Sl.Oftober  1817  begrüßte  unb  beging  S.  al«  begeifterter  Xeilne^mer.  3)te  ))atriotif(^e 
Stimmung  ber  ^eit  toie  bie  älnjeid^ien  ber  beginnenben  Stealtion  berührten  fein  em))fängs 
l\d)ti  ©emüt  lebhaft.  3)od^  flanb  er  bem  ))o(itifc^en  treiben  n)ie  jeitleben«  me^r  nur  60 
oI«  mitemf)fcnbenber  Seobac^ter  gegenüber.  äBöl^renb  btefer  ^al^e  erfd^ienen  Don  i^m: 
„©runbri^  ber  5R33ic^en  ßermeneutil  unb  i^rer  ©efc^ic^te"  (©öttingen  1816),  „Über  ben 
^KUidfm  ftonon  be«  Sufebiu«''  (^Berlin  1817),  eine  9lu«gabe  ber  3)telan(^t^onfd^en  9l))o« 
logie  (baf.  1818)  unb  bie  mit  be  SQSette  bearbeitete  „Synopsis  Evangeliorum"  (Berlin 
1818- 2.  aup.  1840).  3m§erbftl818  tourbefi.,  unb  ^toar  über  ©rtoartcn  al«  orbentlid^er  66 
$rofef[or  ber  X^eologie,  an  bie  neue  Uniberfttät  9onn  berufen.  2)ort  begann  er  im  3l))ri{ 
1819  feinen  glüdlid^en  ©l^eftanb.  3im  ^uguft  b.  3-  ^^^^^  ^  bon  feiner  ^fultät  jum 
D.  theologiae  ernannt,  ^ie  ad^t  ^af)xt  ber  3Btr!famtett  in  Sonn  inmitten  ber  befreun^ 
beten  ^IiUtat«toQegen  Slugufti,  (l^iefeler,  9ii(fc^  unb  Qai  unb  im  SSerle^re  mit  älmbt, 
%.  ®.  SBelder,  äBinbifd^mann,  91.  3B.  bon  Sd^Iegel,  9liebu^  u.  a.  begrünbeten  £.«  ^o^en  eo 


676  Sfide 

Stuf  in  ber  alabemtjd^en  28elt.  ^md)  feine  jugenblid^i  frifd^en  SSotlefungen  (^2lid^  Sie« 
gefe  unb  Jtird^engefd^ic^te)  unb  befonber^  burd^  feine  tl^eologifd^e  ©efeUfd^oft  übte  er  glüd^ 
Itd^ften  @in^u|  auf  bte  ftubierenbe  ^ugenb.  daneben  na^m  er  lebten  Xnteil  an  ber 
SIeuorbnung   be^  et)angelifcl^en  Jtird^entDefen^  unb  ben  Anfängen  bed  fird^Iic^  Scbend, 

6  bef onber^  ber  SRifftondfad^e,  im  ))reu^ifc^en  St^einlanbe.  Sin  ber  Aonftituierung  ber  eDongeCi« 
fdl^en  ©emeinbc  in  Sonn  felbft  tpirlte  er  ci^  ®emeinbet)ertreter,  f)>dter  neben  Xmbt  £lt^, 
mit.  9lud^  bie  jtanjel  beftieg  er  bort  in  SSertretung  ber  ^^nbe  Bad  unb  3l^\df  mx^ 
öfter.  £ie^  bie  Entfernung  t)on  93erlin  unb  ber  primitit)e  Suftanb  ber  Sonner  93ibliot^ 
mand^e  mit  Siebe  gehegte  litterarifd^e  @nth)ürfe  t)erftegen,  tpie  bie  (Sefd^tc^te  bed  3Sbf^ 

10  ji^mu^  in  ber  d^rifUid^en  jtird^e,  bie  mit  92eanber  ge))(ante  Seorbettung  ber  ©noftiler,  bie 
mit  be  SSiette  bereite  in  älngriff  genommene  neue  Stu^abe  ber  SBerle  Sut^^,  fo  trat 
2.  in  SSonn  xuerft  mit  feinem  §aul)ttoerle  l^eröor,  bem  ,,Äommentar  über  bie  ©d^riften 
bed  @t)angeliften  ^o^aniied'',  al^  tDelc^e  er  @t)angelium  unb  Sriefe,  nic^t  aber  bie  9))o< 
tal\)p\t  anerlannte.    3)ie  brei  »änbe  erf(!^ienen  (Sonn)  1820—25.    ®er  erfte,  1820  er» 

16  fdl^ienene  Sanb  enegte  gro^ed  äluffe^en  unb  n?urbe  in  ))ofttit)en  jtreifen  atö  erlöfenbe  X^ 
aegenüber  ber  l^errfd^enben  rationaliftifd^en  Sludlegung  tro(  getoiffer  jugenblic^,  bom 
S(utor  ba(b  felbft  ernannter  SRängcl  ebenfo  l^od^  gefeiert,  tt}ie  t)on  ber  bamold  no(^  bomi« 
nierenben  ®egen))artei,  namenttid|^  bem  i^eibelberger  $aulud,  belöm^ft  unb  t>erungltm))ft 
Unter  bem  heftigen  @treite  litt  2ä  jarte,  an  fu^  friebfertige  unb  leidet  t)er(e^Iid^e  9tatur 

20  fd^merjlic^ ;  befonberd  lonnte  er  \pättt  fd^tper  t)erh)inben,  ba^  i^m  bad  überjeugte  Qm 
lenlen  in  eine  ruhigere,  Inaüßpm  3(rt  ber  Se^nblung  t>on  ))ofttit)er  @eite  mit  Unred^t  aä 
gurüdtpeic^en  in  ber  Sad^e  angelegt  unb  t)erbad^t  tourbe.  ^n  eine  anbere  (itterarifc^  ^be 
jog  i^n  gegen  ®nbe  ber  Sonner  ^a\)xz  famt  feinen  galultot^enoffen  ber  5ßrofeffor  ber 
H$^iIofo))l^ie  S^erbinanb  2)e(brücl  in  Sonn,  ber  aegenüber  bem  ^riftf)rin)i)>e  ber  proteftan^ 

26  tifd^en  5£^eoiogie  ben  Stüdgang  auf  bie  altfircplic^e  Re^la  fidei  unb  bad  a))ofto(if(^ 
©V'^'E^olum  f orberte.  3)tit  ben  JtoQegen  Bad  unb  92i$fd|^  anttoortete  S.  in  ben  brei  Senb- 
fd^reiben  ,,Über  ba^  älnfcl^en  ber  ^eil.  Sd^rift  unb  i^r  Ser^öltni^  }ur  ©laubendregel  in 
ber  ))roteftantifc^en  unb  in  ber  alten  jtirc^e''  (Sonn  1827),  beren  britted,  umfangreu^fto 
Don  i^m  t)erfa^t  ift.  Slu^erbem  gab  2.  mit  S^'leiermad^ier  unb  be  SEBette  ^eraud  bie  „2^ 

90  logift^e  3eitfc^rift"  (Serlin  1819-22),  mit®iefeler  bie  lur^Iebige  „geUfd^rift  für  gebilbete 
ei|;riften  ber  ebangelifd^en  jtirc^e''  ((Slberfelb  1823),  für  bie  er  toertboDe  Seitrage  liefote, 
n)ie  befonber^  für  biefe  bie  au^e^eid^nete  „Jturjgefa^te  ©efd^ic^te  [unb  jtritit]  ber  Sutl^ 
rifc^en  Sibclüberfe^ung".  ßnblic^  begrünbete  er  im  3<J^re  1827  mit  ben  Kollegen  9li$f4 
(Siefeler  unb  ben  ^eibelberger  ^reunben  UHmann,  Umbreit  bad  no(^  f^t  blü^enbe  ^axopU 

86  organ  ber  SSermittelunget^eologie,  bie  X^6tft\  ^ie  intimeren  ^anbfc^riftlid^en  ältten  er^ 
geben,  bafe  er  babei  nid^t  nur  be^  ©ebanfend  Sater  unb  eifrigfter  götberer,  fonbem  aiu^ 
Serfaffer  bc^  für  bie  3^itfc^rift  nod(f  ^eute  mafegebenben  5Programme^  h>ar,  bad  toefentlic^ 
binaudläuft  auf  bie  ^au^tpuntte :  treuem  ^eft^alten  am  pofttit>en  ©runbe  in  ber  ^eiligen 
©c^rift,  freie,  getoiffen^afte,  fo  l^iftorifc^e  n?ie  ))^ilofot)^ifc^e  gorfdjiung,  unt)arteiif(^,   be* 

40  fc^eibene  unb  boc^  mutig  emfte  Kritif  —  ober  nad^  einer  bei  S.  beliebten,  aud^  t>on 
©d^leiermad&er  gelegentlich  at)))robierten  furzen  gormel:  „Serbinbung  bed  freien  teiffen^ 
fc^aftltd^en  (Seiftet  mit  bcrJlraft  be«  eigentümlid^  c^riftlid^en."  S)ie  gri^fd^nft  felbft  begann 
mit  1828  ju  erfc^einen.  3m  ^tociten  ^a^rgange  brad^te  fie  ©d^leiermad^er«  no(^  ^te  oft 
citiertc  „©enbfc^reiben  an  Surfe." 

46  Snjtoifd^en  h)ar  2.  iperbft  1827  afö  9lad^folger  Ä.  g.  ©täublin«  bem  burc^  ®.  g. 
^Planrf,  feinen  2e^rer,  Vermittelten  Slufe  nac^  ©öttingen  gefolgt,  too  er  ben  SReft  feinet 
2ebeng  t^erbringen  follte.  2)ie  geringere  ßntfemung  \)on  (Sgeln  unb  ©rofebobimgen,  bie  gröscre 
SBirlfamfeit  (©ommer  1827:  unter  1452  ©tubenten  309  Ideologen),  bie  reid^ere  Siblio* 
tl^ef  unb  banibare  äln^önglid^teit  an  bie  Georgia  Augusta  entfd^ieben  für  ©öttingen.  %wl\äf 

60  mu^te  er  bafür  ber  geliebten  Airc^engefd^ic^te,  bie  er  in  Sonn  mit  befonberem  ©lüde 
l)ertreten  f)att^,  entfagen  unb  neben  ber9IXlid^en  ©^egefe  atö$au))tfad^  fVftematifc^e  ^ij^- 
logie  übernehmen,  an  bie  er  ^ag^aft  herantrat,  unb  in  ber  i^m  gleid^e  äußere  @rfolge 
nid^t  gelangen.  3Jiit  feiner  üorftc^tigen  9lrt,  Probleme  über  Probleme  auf}utt>erfen  unb 
)u  beren  grünblic^er  Searbeitung  anzuleiten,  oft  auc^  im  einzelnen  mit  einem  getDiffenl^ften 

66  „Non  liquet"  abjufd^liefeen,  erinnerte  er  manchen  ^eunb  an  bie  alte  ätiabemie  unb  galt  einer 
3iugenb,  ber  \)on  ber  §egelfd^cn  ©eite,  fd^on  me^r  unb  me^r  aud^  au^  bem  lonfeffionett 
lut^erifd^en  Säger  ber  blenbenbe  ©d^ein  f^ftematifc^  fertiger  ©rgebniffe  toinfte,  balb  —  in 
ber  $au))tfac^e  unberbient  —  ald  nid^t  entfc^loffen  unb  entf^ieben  genug.  2)od^  trat 
bie«  erft  nad)  unb  nac^  l^eröor.    ^m  2lnfang  getoann   er  —  neben  ben  greifen^ft  er« 

60  ftarrten  fliegen  ^lanrf  unb  $ott  unb  bem   franlen  jüngeren  $lanrf  im   bejaubemben 


fifttle  677 

®lanjc  reifer,  frol^er  3ugenb  etnl&erfd^reitenb  —  rafd^  eine  glämenbe  ©teHung  im  ge^r* 
Utptt  toie  bei  ben  @tubenten.  2)a^  ®erebe  t)on  feinem  m^ftifc^en  $ange,  ba^  il^m  t)om 
^D^anne^ftreite  nod)  nod^ing,  fd^toanb  bor  bem  Sinbrude  feiner  frifd^en  @m))fang[i(!^Ieit 
för  oQed  ed^it  Rumäne.  @ein  lebenbiged  lird^Iid^ied  2i"i^^^  brad^te  tiefer  angelegten  @e« 
mütent  ein  jünbenbed  ®{ement  na^e,  bad  man  an  ber  (Söttinger  X^eologie  oft  fd^merjlid^  6 
t)enni^  ^tte.  ©elbft  mitten  im  f))äteren  lonfefftoneHen  Streite  erlannten  feine  ®egner 
no(^  an,  ba|  mit  biefem  3Ranne  ber  erfte  fräftige  $aud^  bed  neuen  Sebend  nad^  ©öttingen 
unb  bamit  für  Unit)erfttät  unb  Sanbe^Iird^e  reicher  @egen  gelommen  tpar.  9luc^  ein 
trauter  Jtreig  geiftooHer  ^eunbe,  bem  ebenbürtig,  ben  er  in  Bonn  berlaffen,  f(^Io|  ftd^ 
balb  um  i^n.  ^n  benen,  bie  er  toorfanb,  Dtfrieb  3KüIler,  bem  5PbiIoIogen,  ben  ^w^P^"  ^^ 
®.  §ugo  unb  3.  %.  2.  ©öfc^en,  bem  5P^ilofo))^en  3.  ä.  SBenbt,  bradjite  ba«  3ia^r  1829 
©ol^lmann,  bie  »ruber  ®rimm,  ben  ^uriften  Slbred^t,  ba«  3a^r  1831  auf  S.«  (Smbfel^» 
lung  Otfriebd  jüngeren  Sruber  ^uliud  SRüQer  unb  bad  ^a^r  1832  ebenfo  ben  betpäl^rten 
®cnoffen  ®iefeler  au«  Sonn.  @o  lonnte  S.  f})äter  fein  erfte«  ®öttinger  ^^i^^nt  mit 
SBel^mut  unb  @el^nfud^t  ba«  $arabie«  feine«  2eben«  nennen.  ^^Iid(i  fielen  balb  audfi  16 
trübenbe  Schatten  in  bie«  $arabte«,  bie  £.  nad(i  feinem  reizbaren  ^Temperamente,  toie  i^m 
©d^leiermad^er  einft  fd(frieb,  jur  Ungebül^r  fc^toer  m  emj)finben  })Pegte.  @o  l)atU  er  1831, 
al«  er  tro^  aUe«  Sträuben«  bem  bamal«  nod^  geltenben  Xumu«  gemä^  ^rorettor  tperben 
mu^e,  ben  totbrigen  Sturm  ber  ®öttinger  9tet)olution  au«2u^alten,  fal^  bei  ber  nad^folgenben 
tonftitutioneüen  ^eugeftaltung  be«  Jtönigrei(!^e«  i^annot)er  fein  bringenbe«  Verlangen  nad^  20 
freierer  fird^lid^er  Serfaffung,  beren  Segen  er  bom  SR^einlanbe  ^er  lannte,  unberüdtfid(ftigt 
unb  litt  innerlid^  tief  unter  ber  Sluf^ebung  be«  Staat«grunbgefe|e«  t)on  1833  burd^  Jfönig 
@m{i  äluguft  (1837)  unb  i^ren  traurigen  folgen  für  bie  Untt)erftt&t,  ol^ne  bo(^  mit  ben 
ü^m  in  ber  3Re^rjal^t  eng  befreunbeten  fieben  entfefeten  5ßrofefforen  bie  SSefriebigung  unb 
ben  Stul^m  eine«  aud^  nac^  au^en  ^in  t)erftänblid9en  o))fermutigen  $anbeln«  5U  teilen.  25 
^m  ®runbe  be«  ^ecjen«  mit  ben  Srübem  ®rimm,  2)a^lmann  unb  ätlbrec^t  roefentlid^ 
übereinftimmenb,  glaubte  er  bod(i  in  biefer  t^age  be«  ®etpiffen«  beren  gemeinfamen 
Sd^tten  ftc^  nid^t  anfd^lie|en  )u  bürfen,  fonbem  befc^rönlte  fid^  auf  ))erfönlid^e  äSertoa^s 
rung  gegenüber  bem  Jturatorium  ju  $annober  unb  ))afftt)e  @nt^ltung  t)on  aÖen  $anblungen, 
bie  tpie  bie  Unit)erfität«n?a^l  )um  Sanbtage  nac^  bem  oltro^ierten  ®efe^e  feinem  9ted|t«s  so 
betou|tfein  ft)iberf))rad^en.  2)ie  er^ebenben  @inbrüde  be«  Uniberfitöt«iubtläum«  t)on  1837, 
bei  bem  er  bem  geliebten  jtarl  Sad^mann  ben  t^eologifd^en  2)o{tor^ut  überreid(ien  burfte 

Sie  f<^on  bei  ber  S^belfeier  ber  Augustana  1830  bem  berliner  greunbe  %  SB.  §o|s 
c^)  unb  bie  beutfd^en  ^l^ilologenbe^ammlungen  begrünben  ^alf,  tpte  ba«  fortbauembe 
SSertrauen  be«  Unit)erfttät«furatorium«,  namentlid^  be«  Derbienten  Jturatorialrate«  $o))ben£  86 
fkebt,  fonnten  i^n  angcftd^t«  ber  fmlenben  Uniberfität  n\d)t  entfc^äbigen.  Sin  harter  Schlag 
für  ben  bereit«  erfc^ütterten  S.  toar  Dtfrieb  SKüCer«  (1840)  2^ob  auf  beffen  gried^ifd^er  gor^ 
fd^ung«reife.  6«  ift  getotft  ac^tung«h)ert,  toenn  aud^  fd(fn?er  berftänblid^,  bafe  fi.  unter  biefen 
Umftanben  tro^  toieber^olter  Stufe  nac^  au«n?ärt«  (Jtiel  unb  ^atte  1838,  3ena  1843, 
Sett)^ig  1845)  treu  an  ber  Georgia  Aii^sta  au«^arrte;  toofür  i^n  bie  Stegierung  burd^  40 
Smennung  )um  tDirllid^en  (au«tpärtigen)  matt  im  Jtonftftorium  ju  $annober  (1839)  unb  ^um 
äbte  bon  93ur«felbe  (1843)  au«jeid(fnete.  änbauembe  lörperlid^e  Seiben  —  fieber»,  f})äter 
Qud)  ®ic^tbefd5itoerben  —  unb  ^erbe  gamilienberlufke  —  nur  ein  Sol^n  bon  fieben  Äin^ 
bem  überlebte  il^n  nebft  ber  SRutter  —  lamen  l^inju.  33or  allem  brüdte  ben  frü^  altern^ 
ben  3Rann  bie  aune^menbe  t^eologifd^e  SSereinfamung.  2)a«  jüngere  t^eologifd(ie  ®es  46 
fd^led^t  toanbte  ftd£i  teil«  ber  rabilal  Iritifd^en  Stic^tung  ju,  bie  nad)  %,  dl^r.  Säur  bie 
Xübinger  Schule  ^ie^,  teil«  ber  lonfefftoneQ  lut^erifd^en  Strömung,  bie  in  Erlangen  unb 
£ei)})ig  unter  $arle^,  Jta^ni«  unb  ^^omafm«  i^re  ^au))tquartiere  fanb.  ^ie  3Ritte,  5U 
ber  Südfe  unb  feine  greunbe  hielten,  ^atte  biefen  (gjÄemen  gegenüber  um  fo  fd^toereren 
Stanb,  ba  i^r  befonbere«  6]^ari«ma,  bie  et)angelifc^e  Siebe«t^ätigleit  in  ben  Vereinen  für  60 
äufeere  unb  innere  SKiffton,  bie  £.,  eingebenl  feiner  oben  ertoäl^nten  Sugenbeinbrücle,  ftet« 
l^o^fd^ä|te,  fxd)  eben  erft  ^u  entfalten  begann.  93on  ber  liberalen  Wenge  ber  ®ebilbeten  in 
feiner  fojialen  Sebeutung  nod^  laum  erlannt,  n?ar  ba«  d^riftlid^e  93erein«tpefen  überbie«  bei  ber 
liberalen  D^eologie  be«  3K^fti5i«mu«  toerbäd^tig  unb  ftanb  bei  ber  lirc^icnftrengen  Siechten  im 
®erud^e  be«  Subieftit)i«mu«.  '^m  ^Punfte  ber  äußeren  3Kiffion  bxad)  ^uerft  ber  ®egenfa5  5U  bö 
ber  lonfefftoneHen  Partei  offen  ^ert)or.  2.  unb  feine  ^eunbe  btiefen  e«  al«  befonberen  Sorjug 
ber  älteren  3Riffton«beftrebungen,  ba^  [w  bon  ber  et)angelifd^en  Union  al«  ®runblage 
au«gingen  unb  auf  bie  Union«gefinnung  ber  ^etmifd^en  ^eife  ftärlenb  jurüdhpirhen,  tDo- 
gegen  bie  9leulut^eraner  auc^  hierbei  bie  Sonberung  al«  ®ett>if[cn«fad^e  forberten,  feit  bie 
2)re«bener  aRiffion«gefeafc^aft  (1836)  ftc^  auf  biefen  @tanb))un!t  gefteHt  ^atte  unb  ba«  00 


678  Sfide 

untoniftifd^e  iBorgel^en  ber  9torbbeutf(^en  (SefeQfd^ft  (1839)  auf  offenen  ffitbetf^nnu^  ber 
fül^renben  3Rönner  in  ber  l^nnot)enf(|en  (Seiftlid^Ieit,  namentlu^  bed  einfbt^retd^  ^3<i1^otd 
D.  S.  9.  $etri  in  $annober,  gefto^en  toat.  2.  t>tdf^U  biefe  Stfoi^nrung  um  fo  mel^,  tDetI 
gerabe  er  mit  Stoeften  unb  onberen  treuen  Slnl^ängem  @(^(eiermad^  oang  im  Sirnie 

5  bed  j){eifterd  juerft  tpieber  auf  ben  l^iftorifc^en  unb  nod^  fortbouemben  SBert  ber  refor« 
matorifd^ien  S9etenntntf[e,  tpenn  aud^  mit  ^rotefi  gegen  i^e  bitnbe  Sbmbololatrie,  lyat^ 
getpiefen  unb  ber  Xl^eologie  ftetd  tlar  unb  entfc^ieben  )>raItif(i(|s{ird(fH(l^  Sl^araltcr  im^i^iert 
^atte.  ^r  bie  bon  Sutl^er  angegangene  Stid^tung  in  ber  ebangelifd^  Slird^  toor  er  }ett  je 
mit  einer  SBärme  eingetreten,  bie  man  i^m  e$ebem  oft  genug  f))öttifd^  ald  £ut^ertümelet  aufs 

10  gemußt  l^atte;  toie  er  benn  auc^  gleid^  feinem  j|üngeren^hfeunbe2[uliud3RüIIer  in  bem  kyer- 
^ängni^boQen  Slgenbenftreite  ba^  gute  !Rec^t  ber  ^reu|if($en  Sut^eraner  gegen  ^ie  getoaUfome 
©(eid^mad^erei  ber  offijiellen  ))reu^ifd^en  Union  bertrat,  too  er  lonnte.  Sof^lpHdt  f^toer 
ftir  2.,  bag  auc^  bie  gemäßigten  Elemente  ber  l^nnobenUen  ®ei{Ui(^Iett,  barunter  feine 
liebften  @d^üler,  aud  @(^eu  bor  ber  Qtn\ux  ber  lauten  SJBortfü^er  ober  nn  Qdfttd  bor 

15  bem  Silbe  ber  Goncordia  discors,  bad  bie  {oreußifc^e  Union  i^en  bomald  geigte,  i^ 
al^  bem  äSertreter  bed  berfemten  Union^ebanlend  femer  unb  femer  rftdttm.  Xu(^,  tood  2. 
aU  tröftlid^e  ^eic^m  ber  3eit  begrüßte,  toie  ber  ©uftabr^Slbolfberein  (feit  1842)  unb  ber 
äBittenberger  Hird^mtag  (1848),  mtfemte  il^n  immer  me^  bon  einer  $artei,  toelc^  felbfl  bie 
l^iftorifd^  unb  ftaatdrecptlid^  begrünbete  gemeinfame  S^eic^nung  ber   „boQftänbig  getrennt 

ao  )u  l^altmbm''  luti^erif^im  unb  reformiertm  Jtird^m  ald  ebangelifi&er  oud  ber  amtlich 
Bpxad)^  getilgt  fel^m  tooQte.  Sei  ber  gereijtm  itontroberfe  biefer  gartet  mit  ber  ®5ttinger 
t^eologif4ien  ^lultät  im3al^el853  unb  ben  f olgmbm  ^al^rm  ftmtb  üBrigendE  toie  fein 
^eunb  ©iefeler  bereite  afö  tranler  iDlann  mel^r  jur  Seite.  Samold  fü^m  bie  jüngeren 
KoSegm  3)omer  unb  (Sl^rmfeud^ter,  mit  bmen  er  allerbingd  in  ber  ®runbfrage  ^c^  ein^ 

26  toußte,  aSBort  unb  geber.  9lur  mit  äußerfter  Sel^errfcbung  feiner  Sc^merjm  —  „la^ 
am  Üörtjer,  aber  geiftcglol^m,  ®ott  fei  5DanI,  noi)  nidft"  —  lonnte  2.  bi«  @nbe  1854 
SBorlefungm  unb  Sozietät  fortfe^en.  ^m  Januar  1855  brad^  er  boQenbd  jufommen^ 
emt)fa^l  fu^  nod(i  burd(i  eigenl^dnbigm  Slnfd^lag  ber  ^bitte  feiner  .^i^drer  unb  {tob 
nad^  f4ltoeren  Seibm^tagm  am  14.  gfebruar,  toenig  über  ein  ^albed^aj^  nadf  ©iefelo: 

80  (ftarb  8.  3uli  1854). 

9luc^  in  ben  legten  ®5ttinger  ^[al^e^ntm  toar  2.  litterarifd^  fleißig  unb  fruchtbar. 
Setnm  ^ol^anneStommentar  ergämte  er  burc^  bm  „Serfuc^  einer  boQftötiiigm  Einleitung 
in  bie  Offenbarung  So^anni«  uno  bie  gefamte  ai)0lalvt)tifd5ie  ßitteratur"  (Sonn  1832; 
2.  aiufl.  in  2  Sbn.  1852).    ®m  Kommentar  felbft  bearbeitete  er  nod^  jtoeimol  (2.  »ufl. 

86  1833—36;  3.  ^ufl.  1840—1856,  8b  III  l^erau^gegeben  bon  feinem  S(^^toiegerfo^e  ©mP 
Sert^eau).  ^r  feine  bogmatifd^en  Sorlefungm  mttoarf  et  einm  „(Smnbnß  ber  ebom 
gclifc^en  Dogmatil"  (©öttingm  1845),  ber,  nur  an  gw^^rer  unb  gfreunbe  abgegeben, 
bicl  3lnertennung  fanb.  ®m®rudf  einer  jtoeiten,  auf  3"^*^^  t^eologifc^  fjreunbe  für 
bie  boQe  i&ffentlid^Ieit  beftimmtm  Stürbe  unterbrach   er  felbft  im  Unmute   ber  le^en 

40  3ia^re  (1852).  ß^^arafteriftifd^  ift  ba«  aJlotto  au«  äuguftin  (De  trinitate  IX,  1) :  „Hoc 
sapiamus,  —  tutiorem  esse  affectum  vera  quaerendi  quam  incognita  pro  cognitis 
praesumendi.  Sic  ergo  quaeramus  tanquam  inventuri,  et  sie  inveniamus 
tanquam  quaesituri.  Quum  enim  consummaverit  homo,  tum  incipif'  2C.  3Rit 
Äarl  SBiefeler  begrünbete  er  1845   bie  „Sierteljja^rfd^rift  für  2^eologie  unb  Jlird^e",  bie, 

46  feit  1849  5IBonatgfd^nft,  1852  einging.  Sie  brad^te  biel  S^refflic^e«,  nammtlic^^  aud^  bon 
£.  felbft,  tonnte  aber  ben  9ttß  jtotfd^m  ber  ^{ultöt  unb  ber  tonangebenben  ^ßortei  in  ber 
l'anbe^Iirc^e  nid^t  überbrüdtm.  Se^eid^nenb  für  2.  ift  gleich  fein  erfter  eigmer  Seitrag: 
„Site  freien  Sereine;  ein  nottoenbige«  Äaj)itel  in  ber  t^eoloaif^en  5Koral".  J)m  2^ä 
blieb  ij^r  geiftigcr  Urheber  treu,    gn  ben  legten  ^af^xm  lieferte  er  einige  Sluffo^e  in  bie 

60  bon  feinen  ^eunben  5?eanber,  3l\ij]d)  unb  3.  5Wüller  begrünbete  „®eutfd^e  geitfc^rift  für 
^riftlic^e  SBiffenfd&aft  unb  d^riftlic^e«  Seben"  (Serlin  feit  1850).  gfortlaufenb  begleitete  er  feit 
1828  bie  toid^tigften  9?eu^eitm  ber  Ideologie  unbÄirdjie  al^Äritiler  in  bm  ©dtttnger®^ 
lehrten  Slnjeigen.  ©eine  bort  niebergclegtm  Urteile  über  ©trauß',  Saurd  u.  a.  Shiffe^ 
erregmbe  ©(^riften   toie   über  bie  Sitteratur  ber  Uniongftreitigleitm  k.   bleibm   für  bie 

66  ®e|^ic^te  ber  Ideologie  immer  beac^tm«toert.  daneben  gel^t  eine  lange  9lei^  Heinerer, 
faft  burd^toeg  bebeutcnber  felbftänbiger  arbeiten,  bie  in  Uniberfttät«))rogrammm  unb  geffc 
ft^riften  ober  aU  glug^efte  crfd^iencn.  SJarunter  bie  gelegen  ^rogrammauffö^e :  „Quae- 
stiones  ae  vindiciae  Didymianae  (1829—32,  4  ätuffö^e),  Ethicae  Ck>nfe8sionis 
Au^stanae   causae   et  rationes  (1830),  De  mutato  per  eventa  Christi  consilio 

60  (1832),    De  invocatione  Jesu  Christi   in  precibus  Christianorum   acrius  defi- 


Sfiife  Sfige  679 

nienda  (1843,  2  3(uffa|e).  ferner  bie  gfeftf^ft:  Narratio  de  J.  L.  Moshemio 
(1837)  unb:  Epistula  gratulatoria  ad  G.  Hugonem  de  eo,  quod  juris  pruden- 
tiae  cum  theologia  commune  est  (1838).  2)en  $reid  unter  biefm  Opusculis  t)erbient  bie 
Bdjxi^ :  Über  bad  3(Iter  unb  ben  äSerf af[er,  bie  urf))rünglicl^e  §orm  unb  ben  toal^ren  @inn  bed 
firc^lid^en  t^ebendft)ru4ied  ,,In  necessariis  unitas  etc/'  (®ött.  1850).  Unter  ben  6 
mei^r  ))ralti{c^  gerichteten  Slrbeiten  gebührt  ber  gleid^e  Slang  £.^  1840  unb  1842  im 
Sdttinger  3iti{fu)n$t)ereine  gel^altenen  t)ier  Sieben:  ;,Über  bie  allgemeine  6^riftent)f[i(^t  ber 
2^na^me  am  SRifftondtperfe  unb  ba^  befonbere  Sßerl^öltnid  ber  SJtiffton^ereine  }ur  ala« 
bemifc^en  SSiiffenfd^aft  unb  93ilbung'^  ,,Über  bad  SSer^öItnid  ber  lonfefftoneQen  SSerfd^ieben- 
^en  ber  jtird^e  nu  i^em  3Rif|tondtt}erIe  ober  über  ben  nottDenbigen  Union^grunb  unb  lo 
Unimi^ed  ber  ®^rif(li(^en  SJliffton'',  „28iber  falfd^e^  £ob  unb  falfd^en  2:abel  ber  S^rift« 
(id^  aJtijfionen  ober  (Srunblinien  )u  einer  toal^ren  unb  l^eilfamen  Jmtil  berMben'',  „^xt 
)tDtefa(^,  innere  unb  öugere  3Riffton  ber  etHmgelifd^ien  jtirc^e,  ii^re  gleiche  Slottoenbigleit 
unb  nottoenbige  SBerbinbung'^  ä3e(onberd  bie  letzte  Siebe  bejeid^nete  S.d  Sd^üler  äSicpem 
1843  ald  Sorbotin  feinet  balb  nad^^er  erfd^ieinenben  9(ufrufe^  jur  ©rünbung  bed  Semi»  u 
nared  für  innere  SRifjton.  2)en  Siamen  ,,^^^^^  3)tiffton''  nol^m  er,  toenngteidSi  mit  ettoad 
onberer  Segrenjung  bei^  Segriff ed,  au^  i^r.  2)ie  ganje  äBörme  unb  Streue  feinet  (Semüted 
offenbart  £.  enblid^  in  einer  Sieibe  bon  biogra))^if^en  Slac^rufen  an  Se^rer,  %reunbe  unb 
@<^üler,  unter  benen  bie  an  ®.  3.  $Iand,  @d^Ieiermac^er,  be  28ette,  Dtfrieb  9RüIIer 
(@enb(4reiben  an  bie  93rüber  ®rimm)  |erbonagen.  20 

S.d  3^ob  lenhe  nod^  einmal  bie  Slide  ber  gefamten  ti^eologifc^en  2Belt  auf  biefe  eb(e 
Seftalt  au^  ber  Rt\t  ber  beutfd^en  äSiebergeburt  am  Seginne  bed  neun^el^nten  2|a^r^un« 
bertd.  9Ia4l|^er  ift  fein  Siame  rafd^ier,  ald  er  berbiente,  burd^  bie  ^^lut  ber  neuen  Sreig^ 
nif|e  unb  Aämf)fe  beifeite  gefd(ioben.  6a«brr. 

£&ge  —  ift  jebe  toiffentlic^  untoal^e  3(u^fage,  aber  auc^  jebed  auf  Xäufd(iung  bedas 
Siac^ften  bered^nete  SSerfd^toeigen  ober  33erbre^en  ber  28al^l^:   eine  @ünbe,  mit  toelc^er 
ed  bie  ^eilige  @d^rift  ebenfo  emft  unb  ftreng,  ald  bie  ^elt  leidet  unb  oberfIäd(|Iid&  nimmt 

3ur  @rtenntnid  toirb  bie  Sünbigteit  ber  Süge  toie  jebe  anbere  @ünbe  burd^  ®efet^ 
gebra$t  Sii^  3,  20;  7,  7.  13.  S)ad  göttlid^e  SBerbot:  ,,3)u  foOft  nid^t  falfd^  3eugnid 
reben  toiber  beinen  Stäc^ften'',  grrift,  bu4lftäblid(i  gefaxt,  aüerbingd  nur  eine  fonberlic^so 
Serle^ung  ber  äBa^r^eitd-  unb  Siebe^flid^t  l^eraud,  aber  feinem  geiftlic^n  33erftanbe  nad^ 
lann  ed  nur  fo  gemeint  fein,  hai  ed  aQe  unb  jebe  Süge  unterfagen  toill.  Stiefer  unb 
arünbli(^  toirb  bad  äBefen  ber  Süge  bon  Sl^riftud  aufgebedtt  Qo  8, 44),  unb  atö  il^r  Ux* 
peber,  ber  fie  in  bie  SJlenfd^entoelt  ein^efü^rt  j^at,  ber  Teufel  begeid^inet:  „@r  ftel^t  nid^t 
in  ber  äBoi^eit,  benn  äBa^^eit  ift  mc^t  in  ti^m.  28enn  er  bie  Süge  rebet,  rebet  er  bon  86 
feinem  eigenen,  benn  ein  Sügner  iß  er  unb  ein  SSater  be^felbigen^',  b.  i.  bed  Sügnerd. 
ä(uf  bie  Urgefd^ic^te  ber  SJlenfd^^eit  ift  ^ier  )urüdgeb(iclt.  ®ad  erfteäSort,  baS  ber  Satan 
mm  SJlenfdS^en  rebcte,  toar  Süge.  SEBer  nun  ein  i^ügner  ift,  ift  bed  Xeufe(d  Ainb,  fteSt 
fic^,  toie  fein  geiftiger  äkter,  auger^alb  ber  SSia^r^eit,  bie  ©otte^  Sereic^  ift,  unb  tritt  in 
ben  Sereidji  ber  ginftemi«,  too  ber  S^eufel  §errfc^er  ift.  40 

Siad^bem  in  2lefu  S^rifto  bie  SBa^rl^eit  perfönlidb  erfd(|ienen  unb  i^  Sieid^  aufSrben 
(^0  18,  37)  burc^  i^n  gegrünbet  ift,  beföm^fen  bie  zt^oftel  boS  aQentl^lben  berbreitete 
Safter  ber  Süge  auf«  emftlid^fte.  „Seget  bie  Sügen  ab/'  f^ireibt  ^aulu«  Qpf)  4, 25,  „unb 
rebet  bie  333a^rl^eit,  ein  jcglid^er  mit  feinem  Slä^iften."  3)em  %\tui  gebietet  er,  mit  ben 
jlretem,  ate  berüti^tigten  Sügnem,  fc^arf  ju  tocrfa^ren  (3:it  1, 12 f.);  Dffenb.3jo21,8  unb 46 
22, 15  n?erben  au^brüdlid^  bie  Sügner  bon  ber  @tabt  ©otte«,  bem  ^immlifd^en  ^erufalem  au^ 
gefd^Ioffen.  3Ba«  aber  aQen  biefen  einzelnen  äBorten  ^u  ©runbe  Hegt,  ift  bie  Slnfc^uung, 
bag  bie  ©otte^emeinfc^aft,  ju  toelc^er  toir  in  S^rifto  ^efu  berufen  unb  ertoäl^U  ftnb,  fiqi 
mit  ber  Süge  fi^Iec^terbing«  nidjit  berträgt.  „SBJir  toiffen  aber,"  Reifet  e«  1  30  5, 20,  Mi 
ber  @ol^  Sottet  gelommen  ift  unb  ^at  und  einen  @inn  gegeben,  ba^  toir  erlernten  ben  60 
SBal^r^aftigen  unb  finb  in  bem  SBäal^r^aftigen,  in  ©einem  ©ol^ne  3efu  ß^rifto."  §ier 
finbet  bie  Süge  leine  ©tötte  mel^r.  ^n  biefem  Sichte  lann  lein  ©d^en  ber  Üntool^rl^eit 
jugelaffen  no^  gebulbet  toerben. 

Sißeber  bie  Setoal^rung  ber  eigenen  3Kenfd^enh)ürbe,  auf  toelc^e  Jlant,  nod^  bie  Slücfs 
fid^t  ber  menfd^itid^en  ©emeinfd^aft  gegenüber,  auf  n?e(c^e  ^^d^te  bad  abfolute  Verbot  ber  66 
Süge  begrünbet,  gc^t  biefem  Safter  fo  birelt  an  bie  SBurjd,  toie  biefer  biblifd^e  §intoei3 
auf  bad  ))erfönKd9e  Sebengoer^ältni«  be«  G^riften  ju  bem  ®ott,  ber  „ein  Si^it  ift  unb  in 
3^m  ift  leine  ginftemi«"  (l  ^0  1,  5)  einerfeit«,  unb  anbererfeit«  bie  (Sntif^üttung  be«Ur* 
f)mmg«  ber  Süge  in  bem  äBefen  be«  SRörber«  bon  Anfang.  ^a)u  lommt  ober  no^,  ba| 


680  Sfige 

bic  @(^nft  nur  ein  SBoit  ^  ffit  bod  an%Iii^  unb  atteo^ti^titöinägiae  Sflgcn  öi  9» 
fediO«!  Serif ^e  unb  füt  bie  Seugnung  btt  aBo^t^  fi^Ie^t^ht,  in  Udifc  bei  SQifidl  bni 
®Dtt  unb  feinem  SBnte,  tme  2  X^  2,  9.  10  steigt  toiri),  f<Htef|ri(^  ouälmtfL  Sök 
Sßanuinß,  bie  äinfänge  eined  SntMged  ui  betreten,  bei  in  toh^  9bfliunb  btf  So» 

fibo^enS  enbigt!  (Sotnei,  @^riftli(^e  ©loubenele^,  II,  1.  ^ölfte,  @.  98ff.X 

3Rit  biefer  tiefmiften  3(nf^auung  uon  ber  Süge  befiitbtt  ftc^  nun  bn  ^cuttge  3BeCt' 
btau(^  in  ^nQnn  SBÜberfleit.  @ine  Unma^^ftiglttt  btut^jit^t  ben  Qefdlf^aHItQcti  Xon, 
ben  münblu^en  @ef))tä(^umgang,  bie  Mitteilung  bei  Xoaeäbegeben^ctten  unb  bic  CiÖit» 
rung  bei  la^tifca^m  in  bet  3<^"8^i^''  ^  tjolttift^e  uiÄ  $artetltbcn,  ben  ^Sodiis 

10  mmtaii^mud  unb  bit  S3i))[Dniatte,  ben  iDmmarjieOen  unb  Sötfenbetfe^,  ba|  man  botm 
erfi^ietlen  tofiibe,  tvenn  man  ni(^  längfl  boron  aetoö^  toöie  unb  mel^  obci  tDcnign 
jelbft  mitt^äte.  3Ran  benneibd  eben  au(^  foigföltig  ben  ^filii^en  Slomen  £figc  unb 
fUft  fu^  mit  Umft^eibungen  unb  Seft^ünigungen.  Site  lontKntioneKen  Sügen  ^ci^  feint 
Wtaniam,  bie  ^re^e  mug  i^ien  £eleni  $itanle^  bieten,  in  bet  ^iolitil  ge^  bic  $aitei' 

u  liUCfic^ten  ia  aÖa^ibeit  voi,  bie  tiatlamentaTifc^  ^tmen  ben^fen  auf  ber  ttm^ttaitinuOm 
^ttton,  in  ber  SD[)}Iomatie  ift  bie  Qfptaäft  ba^u  ba,  bie  (Spanien  ju  tMibergen,  im  (So 
(c^ft  mug  bie  Jtonkirrenj  be{ämk>ft  berben,  bie  SiJrfe  fernit  üba^fälpt  leine  3)^aL  ^ 
Summa  tS  loirb  übeioO  gelogen,  aber  bun^  ftiÖftititDeigenbe  überrinlunft  leugnet  mos, 
ba^  ed  \o  fei! 

30  %jx  eine  Srt  bei  Süge,  bie  ju  anbcren  3"^  blühte,  i^  neueibtngd  jiemüi^  ou^ 
Sxad  gdomtnen:  bie  leligtöje  ^euc^elet.  Man  trifft  fte  noc^  unb  erträgt  fie  taimi  in  ber 
mobemen  3:^ologie,  too  mit  ün^Iit^bogmatift^en  Gegriffen  t^fd^münjerei  getrieben  unb 
d)nW.\if«  SSenbungen  mi^tauc^t  toeiben,  um  ben  Unglauben  ju  bemänteln.  €onft  ober 
tMiIo^nt  fi4'0  iDenig,  rinen  Si^etn  beä  gottfeligen  38efeng  gur  @^)au  |u  tragen,  toom  bit 

3t  nadte  ©ottlofigleit  lein  ^inberais  beä  ^orrtommenä  unb  ber  ö^entlii^  a^tung  mc^ 
btibet. 

Sliefe  $errf(^  ber  Süge  ma^t  tS  ber  Stbil  f^toer,  nii^  rigorifUfi^  }u  fein,  ffiti 
berufen  bie  ^age  ber  fogenannten  ^ctlüge.  SKan  bat  Seif^ide,  berfeOien  in  bei  Sibd 
nat^mrifen  MoHen.    äCber  bie  3it><tbeutigteiten,  bie  Sbra^mn  m  %i^t)ten  (®en  12,  II  ff.) 

eounb  in  ©eroi  (ib.  20,  2)  T«^  erlaubte,  unb  bie  9IuSfIüi^te  Sabibä  in  9tobe  (l@a21,2) 
unb  in  @at^  (ib.  2],  13;  27,  10)  gebären  nii^t  ^ier^er,  geft^iveige  benn  bte  augenfo^cin' 
li^en  Sügen  Sarai  (@m  IS,  15)  unb  ^atoU  (ib.  27,  19).  3)aS  Serfa^  SJabib« 
unb  $ufati  (2  Sa  15,  31;  16,  18)  mutete  unter  bie  erlaubten  Jtriegdliften  ju  itc^tn 
fein.    @)ett)iffermafien  gebilligt  ftnben  toii  im  3X  bef.  hoäf  nur  bie  3:äuf(^ng,  bcitn 

8fi  ^a^ab  jur  ?tetlung  ber  Jlunbfi^fter  in  ^eric^o  (^o  2)  unb  in  ä^lic^em  gaOc  bad  ffieib 
beö  ^aburiterä  (2  Sa  17,  20)  fit^  bebienlen,  unb  auf  berartige  JtoQifionen  beft^rotjen 
benn  aui$  Siot^e,  Martenfen  u.  a.  bie  erlaubten  ätuina^en  uon  ber  ^flii^t  ber  S3a^ 
(»aftigleit.  ^oä)  tciib  bie  @i(aubniä  genauer,  sHi  getnü^nli^  gefi^i^t  fi>mtu[iert  tveiben 
muffen.    3l\^t,  „tvenn  ein  Menf(^en[^en  ober  fonft  rin  ^ö^ercä  @ut  nur  bitrc^  eine  Sägt 

to  gerettet  toerben  lann",  fonbem  „toenn  ie^  inbibibucd  j^ur  Slcltung  leinen  anbeten  äludMcg 
erftnnen,  lein  anbereg  Dlittel  erfinben  fann",  ift  mir  geftattel,  »on  ber  ^a^i^  ju  toeii^, 
unb  felbft  bann  greife  ic^  m  biefem  Mittel  nid^t  oijne  fi$ulb6elr>ufetcä  ©tfii^I  metner  Un: 
julongtiiileit  unb  S(^tpa(^|eit.  JJenn  eä  mufi  mpijli(^  fein,  o^nc  l^üge  but^juEommm. 
3)ag  aSorbilb  beffcn,  „tuetc^er  [eine  Sünbe  get^nu  Iiat,    ift   audj   lein  Setiug  in  Setnera 

4&  Slunbe  erfunben"  (1  Spt  2,  22),  Wiettio&I  @u  „brtfuAei  ift  allcutiinlben  gle«^  toie  totr" 
($br  i,  15),  forberi  unbebingle  Slai^folge,  unb  rin  boHtommener  Mann  (<Sf)^  4,  13)  ift 
nai^  Sfl'obu^  3,  2  nur  ber,  „ber  au(^  in  feinem  SSorte  fehlet". 

äu<^  Sdierjlügen,  ^ronie,  r^etorifc^e  übertrribungen  tünnen  mir  fo  unft^ulbig  unb 
unbebenflif^  nii^t  erai^ten.    (£g  liegt,  fagt  man,   bri  biefen  Stebemrifen   iebe  Sbfit^t  einet 

BO  Wirflicfeen  iäufi^ung,  jebe  böfc  Mrinung  ganj  fem;  fie  bienen  nur  jur  Seluftiguitg,  jum 
griftigen  @rgü|en.  Slbn  baä  lann  bo($  nur  gelten  innerhalb  einei  gan;  miteinanba 
üertraulen  gefeQigen  JlreifeS,  unb  mie  oft  fü^rt  felbft  in  rincm  folt^en  bod  Übermaß  be^ 
Srgöfceni  ju  blutigem  ^^D'^  3)ic  Sefa^r  lauert  überoD,  too  man  mit  bet  Söge  f^ 
einläßt,    ^^en  Sann   jii   breiten    ift  nur  ba  äluSfii^t,   too  man   i^   feine  ftongcffiom 

u  ma<^t. 

S)ie  Süge  ^at  i^e  @efi$i(^te  von  bem  an,  bag  fie  in  bie  SBelt  ^eteintrat,  btd  bo^ 
too  baie  enbgiltige  ©erit^t  beä  fierm  fie  vertilgen  toirb.  @S  ^e^  i^  ni»^  eine  ga^ 
artige  3uf'»nmenfaffung  unb  On^nbarung  il^rer  Mac^t  in  ber  legten  3(tt  bebot,  ba  Ivir 
entgegengeben  (Dffenb.  ^o  13).    2Uleö,   toa«   nur   je   an  aUerlebtung   bet  SBo^t^  an 

60  i'eugnung  unb  £äfterung  ®eütS  unb  ^riner  HfyK  bagetvefen  i%  ttittb  in  bem  Stei^  bei 


S&tt  Sfiflentintti  681 

Sbttic^ßd  )ur  J^öd^ften  Steigerung  gelangen,  tiefer  freiltd^  lune  2:numf)l^  ber  Süge 
bereitet  ftA  t>ox  m  ber  oDmä^Ud^en  3(6flum^f ung  bed  fittlid^en  Urteiifd  über  i^re  bielgeftal^ 
tigen  Srf^etnungen  in  ber  ®egenn>art.  SSier  jenen  nidfit  förbem  tpiQ,  mag  t)or  biefer  ftd^i 
l^öten.  Statt  »itrger. 

Sfiflentantt,  ^oad^im,  geft.  1655,   unb  ber  Streit  über  bie   3)tenf(i(i^eit  6 

Sl^rifti  im  Xobe.  —  @ein  fieben  tft  befc^rieben  in $6Htpp !Ret^meQerd 9?a4ri(6t  t)on  ben 
Si^id^aitn,  (Schriften  unb  ®aben  fiütfemanniS,  herausgegeben  unb  Dermetjrt  t^on  hortend, 
für  ft^  unb  q(S  9[n^ang  ju  SütfemannS  Sorfc^macf  u.  f.  lu.  (Sraunf^tueig)  gebrucft.  (Sine 
Sürbigung  bed  ^anned  giebt  ^^olucf,  Sfab.  fieben.  2.  ^bt.  8.  109. 

3n  ber  erften  ßälfte  be«  17.  Sa^rl^unbert«,  toä^enb  ber  Überma^it  ber  Se^rfird^e  lo 
über  bod  tiefere  d)ü]Üi6^^  Seben,  bot  S.  burcb  feine  Srbauung^fd^riften  unb  feine  ^erfön« 
lic^eit,  in  tpeld^er  t^eologifcbe  ®ele^rfamleit  mit  bem  innigen  toerttl^ätigen  ©(auben  be^ 
$tetidmu^  unb  po))ulärer  Ttad^t  ber  3lebe  berbunben  tpar,  im  ©eifte  Slmbtd  unb  ^ol^ann 
SRüOerd  toeit^in  getoirlt;  fein  Streit  mit  ben  lut^erifc^en  Ortl^obocen  über  bie  tpo^re 
SKenfc^^eit  ßl^fli  im  SCobe  mad^te  jtoor  grofeeg  Stuffeben,  ip  aber  ol^ne  Sebeutung  ge«  15 
bfieben.  —  2,  ift  am  15.  ®ejember  1608  m  ®emmin  in  Sorpommem  geboren.  @r 
toor  auf  ber  Sd^ule  )u  Stettin  uti^  befud^te  oann  junöd^ft  bie  Uniberfitöten  ©reifdtoolb 
unb  Strasburg,  too  er  [xtfy  in  2)annl^auerd  Unterrid^t  unb  Umgang  bilbete.  darauf  burd^ 
reiße  er  ^anrreid^  unb  Igtalien  unb  ftubierte  nad^  feiner  Stüdtel^  )u  StoftodC  tpeiter.  1638 
nol^m  ü^n  bie  ))bi{o{o))^ifd^c  ^Mtät  bort  in  bie  3^1  ber  magistri  legentes  auf,  1643  30 
tourbe  er  $rofeffor  metaphysices  et  physices  unb  \dfxxA  mehrere  fd^olaftifd^-p^ilo« 
fopl^ifd^e  Schriften,  j.  S3.  lineamenta  corporis  physici,  Sloftodt  1647.  Sd^on  bor^er 
l^e  er  aber  in  Stoftod  )u  ))rebigen  angefangen,  unb  feine  Xl^ätigleit  ci^  $rebiger  tourbe 
für  boS  d(iriftli(^e  Seben  in  ^oftodt,  bad  \a  f))äter  neben  Stro^urg  ein  j^aut)tf^  einer 
innigeren  c^riftlid(ien  9tid^tung  toarb,  bon  großem  @influft :  Scriber  unb  $einr.  3MIer  er«  25 
bielten  l^ier  bon  il^m  mäd^tige  Anregung ;  ^ol^.  ^al.  ^abriciu^,  ber  bergebend  ben  anberen 
$rebigem  ber  Stabt  bie  9lot  feiner  Sede  fiagte,  fanb  bur^  feine  ^rebigten  unb  fein 
©ef^öc^  t^eben.  3)iefe  mannigfad^e  ^ötigteit  lourbe  nun  burc^  einen  Streit,  in  ben 
er  mit  ber  ftreng  orti^obo^en  Partei  SRetflenburg^  geriet,  bie  ber  $er}og  begünftigte,  unter« 
bnK^.  Sd^on  im  3)tittelalter  toar  ber  Sa|  au^ef))rod^en  toorben  unb  an  frommen  so 
9R&nnem,  toie  3Reidner  unb®rauer,  b<^te  man  ibn  aud^  iamaU  rui^ig  ertragen:  Sl^riftud 
fei  toä^rrenb  ber  3eit  feinet  Xobed  nid(|t  toabrer  3Renfc^  getoefen.  Zxo^  feiner  fd^olafttfd^« 
fubtilen  gaffung  ging  ber  Sa^  bei  biefeit  STOännem  au^  einem  religiöf en  ^ntereffe  ^erbor. 
Süttemonn  ipxatfy  bad  fo  au^  (VII.  propositiones  metaphysices  et  physices:  disput. 
II.  loco  corrolarionim) :  jum  Segriff  be«  SKenfd^en  gehöre  aufeer  ber  (Sjiften;i  üon  86 
Seele  unb  bon  2eib  bie  ^orm  i^re^  g^f^^^^^f^'"^/  ^^^  Sinl^eit.  3Kit  biefer  @tn^eit 
toar  alfo  im  Xobe  aud^  bte  ÜJlenfd^^eit  G^rifti  aufgehoben.  2Ber  nun  be^u^tet,  fte  fei 
odlieben,  „entjie^t,  mag  er  tooden  ober  nidfit,  bietet  ber  äBa^^eit  be^  Xobed  S^rifti. 
aBer  aber  befennt,  ba|  S^riftud  nur  fc^einbar  (putative)  geftorben  fei,  Zann  ftd^  aud(i 
nur  für  fd^einbar  erlöft  l^alten''.  SSiie  fonnte  man  nun  aber,  inbem  man  biefe  jtonfequeni  40 
ber  grlöfung«le^e  jog,  bie  Oottmenfc^l^eit  (Sbrifti  retten?  ©ie  göttlidjie  Seite  ©^riftt 
foDte  ni^t  b{og  mit  ber  Seele,  aud^  mit  bem  Seibe  berbunben  gebac^t  toerben.  ,,®d  l^t 
ja  too^l,"  fagte  er  in  feiner  ß]^arfreitag«i)rebigt  (S.  299),  „bie  Seele  biefen  Seid^nam 
berlaffen,  aber  bie  (Sott^eit  ^at  i^n  nic^t  abgelegt.  @d  too^nt  benno^l  in  bem  toten  Seibe 
boÄ  toabre,  toefentlid^e,  etoige  geben."  ®od9  tro^  biefer  ^ffung  blieb  ein  a33iberf))rud^  45 
gegen  bie  ort^obo^e  Sel^e ;  biefe  fa^te  bie  (Sottmenfd^^eit  ß^rifti  atö  eine  immertoä^renbe, 
nie  oufgel^obene.  So  entbrannte  ein  l^eftiger  Streit.  Sütlemann  berteibigte  ftcb  in  ber 
dissertatio  physico-theologica  de  vero  homine;  ein  alter  greunb,  Sc^ragmüOer, 
^^e  )u  3J2arburg  benfelben  Sa|  berteibigt  unb  fanb  bort  bei  feinen  JtoQegen  ben  ^ef^ 
tigften  äBiberfbruc^.  eo 

®ie  Äonfequenx  ber  ortl^obojen  Seigre  fc^ien,  bafe  ber  Seib  ßj^rifti,  ba  er  mit  bem 
®eifte  nod^  bie  ©in^eit  be«  2Renfd(fen  auögemati^t  ^abe,  unbertoe^lic^  getoefen  fei.  ^ier« 
gegen  ftettten  nun  jtoei  toeimarifc^e  §oft)rebiger,  GoDer  unb  SBartl^olomäi,  in  einer  ano« 
n^men  Sdf^ft  i^re  S'^^U^  ^"f  (J^o  tbeologifc^e  3lufgaben  u.  f.  to.  in  ßoller«  Samms 
lung  rv,  S.  553  ff.)  unb  toerteibigten  bon  biefcm  5PunIte  au«  Sütlemannd  2lnfid^t.  3«  ^ 
ben  bogmatifdjien  S^riften  biefer  3ia^re  fe^en  toir  überall  biefe  ^agen  bebanbelt.  3^^^ 
8emb  in  feiner  ßinleitung  in  bie  cbriftlid(fe  Sittenlebrc  (S.  299)  fa|,  baft  ^ier  nur  über 
bie  logifd^e  grage  geftritten  toerbe,  ob  ©in^eit  bon  Seele  unb  Seib  ate  ein  toefentlid^e« 
9RerImal  )um  Segriff  be«  3Jtenfd^en  gel|^öre;  $faff  ertlärte  bad®an)e  für  eine  ;io;'o/io;(/a. 


682  Sfiflentaiitt  SdcrU 

3(u(i^  Solot)  unb  ©erl^arbt  tooEten,  ba^  man  ftc^  an  bad  Sd^riftivort  l^alte  unb  m&gtgc 
fragen  bermeibe.  9lnber$  eine  gro^e  Stenge  ber  bamaligen  @tteittl^eoIogen.  S)ad  Stefultot 
fa^te  nun  ber  fetner  ^eit  fo  berül^mte  äSei^mann  in  folgenben  @ä$en  gufammen.  So» 
tDo^I  boS  SR^fterium  Der  Sin^eit  aü  ber  tpa^rl^aftige  ^Cob   müßten  fefige^alten  tücrben. 

6  3Ran  muffe  bemnad^  jtpifc^en  ber  ))l^)^ftla(tfc^en  SEBaJ^r^eit  ber  gemeinen  Sd^fäi^g  unb 
anbererfeitd  ber  göttlid^en  @c^ä|ung  unterfd^ieiben:  3lad)  jener  fei  6^rif|ud  mc^  me^ 
SJlenfc^  getDefen,  ft>o^(  aber  nacp  biefer.  Ser  ^orm  nad)  (formaliter)  fei  er  ni^t  me^ 
3Renf4  }M  nennen  getDefen,  tDol^l  aber  bem  ©ein  nad^  (materialiter),  ba  fotoo^I  X&tpa 
ald  ®eift  nod^  tpirllt(i(ied  @ein  gel^abt  bätten.    hiermit  enbete  ber  Streit.    2)enn  bie  f^ 

tu  teren  ^^eologen  t)er|d^mä]^ten  biefe  fdbolafüfd^en  Subtilitöten. 

jtel^ren  toir  )u  fiütlemann  jurüa.  Raum  tparen  jene  propositiones  am  fc^toonen 
Brette  angefd^Iagen,  fo  Verlangte  ber  Stoftoder  ^l^eologe  Sotl^mann,  ber  Sütlemann  fcpon 
lange  nid^t  tDol^I  tPoQte,  t)on  bem  ^roreftor  Unterfagung  ber  Si^utotion  unb  Jtimfi^ 
lation  ber  ^efen.    3)a  i^m  baS  abgefc^Iogen  tpurbe,  erfd^ien  Sot^momt  bei  ber  ^biäpu^ 

16  tation  unb  o^))ontertc  mit  großer  ^eftigleii  3Ran  muffe  ^toifd^en  bem  natörlic^en  unb 
üBematürltc^en  3Jlenfd(ien  unterfd^eiben;  ber  letztere  ^ötte  ntd^td  mit  ben  9{atur^efe^  ju 
tl^un.  Sütlemann  aber  fd^lug  il^n  mit  $br  2,  17,  bag  S^riftud  in  aQen  2>mgen  ben 
Srübem  pleid^gefefet  fei,  au^  bem  $elbe.  Sot^mann  benu^t  nun  feine  SertaKtnbtfd^aft  mit 
bem  3)timfter,  er  bringt  bie  @ad^e  an  ben  luti^erifd^  eifrigen  $er}Dg  SCboIf  ^ebrid^,  unb 

ao  auf  biefem  ltam^f|)la$  gelingt  i^m  bad  Streiten  beffer:  Sütlemann  totrb  vorläufig  t)on 
jtangel  unb  Jtatl^eber  entfernt.  9lber  bad  eingeforberte  ®utad^ten  ber  tl^Dlogifd^en§afuttat 
bittet,  i^n  toegen  einer  fo  geringen  t^age,  bie  ben  ®runb  bed  ©laubend  nic^t  betreffe, 
feinem  3(mte  nid^t  langer ju  ent^ie^en;  bie  ©eiftlid^en  bed  Sanbed  unb  bie  Stoftoder  ®ts 
meinbe  fteben  auf  feiner  Seite.    So  toirb  er  benn  in  einem  neuen  Slejlri^t  gu  Jlat^^ 

26  unb  Jtanjel  jupelaffen,  unter  ber  Sebingung,  bo^  er  einen  beigelegten  Sleberd  unterfd^reibt 
Slber  ebenfo  btefer  al«  ein  folgenber  milberer  fmb  gegen  fein  ©etoiffen.  6«  erfc^eint  bom 
$ofe  ber  Sefel^l,  tmterfd^reibe  er  nic^t,  fo  foQe  er  binnen  ad^t  3!agen  Stobt  unb  Sonb 
ol^ne  fid^ered  ®e(eit  räumen.  9(ber  f^ion  el^e  il^n  bied  Urteil  traf,  toax  i^m  ein  Xf^l  6e> 
reitet.    SSierjel^n  ^ge  borl^er  ^atte  er  nömlid(i  bon  ^eriog  ätuguft  bon  Srounfcptoeig 

80  burd^  SSermittelung  ber  eblen  ^er^ogin,  einer  medHenburgifd^en  ^rin^efftn,  einen  Stuf  ob 
©eneralfubertntenbent  unb  ^of^rebiger  erhalten.  Seine  ©emeinbe  begleitete  ben  SBagen 
be«  SBegjie^cnben  noc^  eine  lange  Strcde  unter  S^^ränen;  auf  einer  Keinen  Än^ö^  hti 
SBäege^  |telt  er  feine  Saletrebe  boH  inniger  d^riftlid^er  ^ömmigleit  unb  männlid^er  gutoers 
ftd^t.    ^n  93rauttfd^tDeig  trat  er  nun  in  einen   gefegneten  SSiinungdtreid.    @d   toor  too^l 

86  nid^t  o^ne  Sporne,  bafe  §erjog  äuguft  einen  feiner  SWinifter  nad^  TOedlenbwg  fanbte  unb 
für  bie  „Überlaffung"  be«  Sütlemann  banlen  liefe;  „bafem  be«  §eru)g«  Siebben  me^r 
bergleid^en  getftreid^e  unb  gelehrte  Männer  übrig  l^aben  foQten,  modelten  ue  nid^t  ermangeln, 
biefelben  i^m  ^ufommen  )u  laffen'^  93on  il^m  ging  bie  treffliche  Sdpulorbnung  ^enog 
Sluguft«  au«  (1651);    ebenfo  arbeitete  er  bie  Äirc^enorbnung   bon  1657   au«.    6«  fmb 

40  noc^  §anbbriefe  be«  $erjog«  bor^anben,  bie  jetgen,  toie  er  auc^  in  5PriJHitt>crl^tniffen 
Süttemann«  diai  gern  l^örte.  93erett«  in  feinem  46.  ^al^re  erlag  er  einer  l^i^igen  Jlrant 
^eit  (1655). 

S)te  Schriften  Sütlemann«  toaren  fe^r  mannigfaltigen  Snl^alt« :  biele  ftnb  fd^olafHf(|ä 
))^tlofo))^ifd^  unb  bogmattfd^,  tt}ie  de  baptismo,  de  deo  naturaliter  cognoscibili ;  felbfi 

46  lateinifd^c  6j)tgrammc  ^at  ber  in  ben  flaffifd^en  Stubien  too^lbetoanberte  SRonn  g^ic^tet 
Slber  eine  iüeitgrcifenbc  SBirfung  l^at  er  burd^  feine  erbauliti^en  Schriften  geübt.  (Sr  toor  ber 
6rbe  ämbt«;  neben  beffcn  toa^rcm  G^riftentum  mar  ba«  gelefenfte  ®rbauung«bu4i  auf 
länger^in  Sütlemann«  5ßorfd^mad  ber  göttlid^en  ®üte  (1.  au«g.  SBolfenbüttel  1643).  gn 
einer  naiben  ©ejd^id^te  jener  ^6t  Verbietet  ber  2^eufcl  einem  Säugling  nur  jtoei  33ü<^ 

60  aufeer  ber  Bibel :  2lmbt«  iüa^rc«  ßbriftcntum  unb  bie«  8ud{>  Sütlemann«.  Sein  Süd^lcin 
bom  irbifc^en  ^ßarabiefc  i)flc0tc  man  ärnbt«  Suc^  al«  2lnl^ang  anzufügen.  Seine:  ^e 
auf  ge^n  Saiten,  feine  ^rcbigten  unb  feine  geiftlid^en  Oben  bienten  benfelben  erbaulichen 
3jocäcn.  @r  ^at  frciltd^  nid^t  ben  naiben,  jum  §er^en  gel^enben  Sibelton  toie  Slmbt  unb 
3Jlüner  in  feiner  ®en?alt;    bod^  fc^reibt   er  fd^lid^t,   m  einem  für  jene  ^dt  betounbem* 

66  teerten  SJeutfc^.  ^Witten  in  bem  teo^lgeorbneten  ®ang  feiner  Setrad^tung  reifet  i^  oft 
bie  Slnfci^auung  ber  Siebe  ®otte«  ju  f^of^em  Sd^tounge  ^in.  ^U^eip. 

ßniö  öott  fieott  f.  oben  S,  393. 

ßn!ori«,  Ä^rillo«,  geft.  1638.  —  ßftteratur:  3)tc  OueHcn  crften  Slonge«  finb 
roit  ftet«  bie  (Schriften  be«  tt)riao«  felbft,  üon  benen  e«  bod)  me^r  giebt,   al«  man  geo&(n« 


SttlorU  683 

liA  annimmt.  S^ie  t^eoIogtfd)en  ^erfe  »erben  mir  in  ber  ^eben^gefcfti^te  bed  f^t^vlü  felbft 
nennen,  ^ier  toertueifen  tuir  auf  bie  groge  ^(n^abl  ber  SBriefe  an  i^n  unb  toon  i^m,  bie  ^u- 
le^t  t)on  fiegronb,  Bibliographie  Hell^nique  on  description  nÜBonn^  des  oavrages  pabu^s 
par  des  Grecs  an  di^-septi^me  si^le,  $artd  1894—1896  herausgegeben  finb,  namentli^  int 
4.  Sanbe.  .^ier,  6.161  ertufi^nt  £egranb  auc^  eine  anbere  no4  nic^t  herausgegebene  ©amm-  5 
lung  Don  ungeföftr  130  ©riefen,  bie  er  aber  eingefebcn  ^at.  ©benba  8.  169—175  pnbet 
man  au4  eine  £itteraturüberft(^t,  in  ber  aber  bot^  manches  fel^It.  ^ir  fe^en  nnS  ba^er  t)er« 
anlagt,  eine  anbere  fiitteraturüberfidjt  aufjuftellen.  ^n  ^ufjei^nungen  jüngerer  ober  älterer 
3eitgeno{fen  t^on  Six^xiU  fommen  in  IBetradjt: 

1.  ^ad  Fragmentum  vitae  Cyrilli  Lucarii  per  AntoDinm  Legemm  bei  X^omaS  6mit6,  lO 
CoUectanea  de  CyrUlo  Lucario  Patriarcha  Const. ,  fionbon  1707,  @.  77—83.    ^iefe  ^öcftft 
roertDoQe  ^arfteQung  ftammt  uon  bem  unten  t^iel  genannten  9lnton  Seger  unb  ift  auf  ®runb 
t)on  9uSfa(;en  SCt^riUS  felbft  »erfaßt.    £eiber  reid)t  fte  nur  bis  1629.    2.  Narratio  epistolica 
tarbarum  inter  Cyrillum  Patr.  Const.  et  Jesuitas  etc   1627  u.  1628,   a(d  ^n^ang  ju  ben 
Mysteria  Patrum  Jesuitarum  Lampropolis  1633,    einer  ©c^rift  beS  9(nbreaS  StiuetuS.  au4  15 
bei  Smit^  a.  a.  O.  @.  84—119  unb  bei  ^^rnon  in  bem  gfeic^  ^u  nennenben  ^erfe  @.  201 
6tö  236.    ©ieüeic^t  ftammt   ber  ^uffa^   t}on  ft^xiU  felbft,    bod)  t)gL  fiegronb  a   a   0.  III, 
6.  88.    3.  Ueber   ben  Zoh  ^xxU  beriditet  ber  ^ugen^euge  9?at|anael  l^onopioS,   ^xiU 
^Totofi^gfello«  in  einem  ©riefe  t)om  4.  3"^^  1638  an  ^.  ßeger,  juerft  bei  3-  ^-  ^ottinger, 
Analecta  Historico-Theolodca,  Süticft  1652,  6.  564-566.  S)anacb  bei  fiegranb  a.  a.  O.  IV,  ao 
<5.  514  ff.    4.  Leo  Allatios  de  ecclesiae  occid.  et  Orient,  perp.  consens.  etc,  $öln  1648  @.  1013, 
1073  unb  fonft.   dr  mid  baS  berid)ten,  qaae  a  fide  dignis  hominibus  unb  l^riQd  f^reunben 
gePrt  ^at.   8ein  ^auptgemä^rSmann  ift  aber  ®eorg  Si^orefftoS,  eine  a(S  X^eolog  mie^enfc^ 
46dift  ^meifel^afte  $erfönli(6feit,  überbied   ber  ^obfeinb  S^Xjxm.    @eine  XarfteOungen   finb 
ba^er  fe^r  ge^fiffig.  5.  Üebertrieben  gänftig  urteilt  bagegen  $>ottinger  in  bem  fd^on  genannten  26 
»crfe.  6  EvyevtagAhoyXog,  84üler  be«  Äor^bafleuS,  ©if*of  ö.  9?auparto«  unb  Strta  unb  gefudjter 
Setter  fci^rieb  eine  dxoXov&ia  ixxXrjaiaaTixrj  über  ^riüod.  nad&  beffen  Xobe.  33gl.  beffen  fieben 
Don  tlnaftaftod  ®orbiod  bei  Sathas,  Bibliotheca  graeci  med.  Aev.,    ^enebig  1872,  @.  443. 
9lld  fp&tere  Bearbeitungen    bürfen  fdion   gelten   folgenbe  $Berfe:    ^ie  fieben3bef(f)reibungen 
tion  $tt^x\ü  bei  ^omad  8mit^  in  ben  fcbon  genannten  CoUectanea,  8.  3—70,  bie  er  t}ort)er  so 
fd^on  in  lleinerem  Umfange  in  ben  Miscellanea  fionbon  1686  erfcbeinen  lieg.   8ebr  gebäfftg  ift 
bie  84ilberung  in  bem  ^erle  „La  Perp^tuit^  de  la  foi   de  l'^glise  Catholiqne   tonchant 
rEucharistie.  »u8g.  t)on  1782,    S3b  IV,    8.  533-645,  wo^I  t)on  8»enaubot  ftammenb  unb 
berDorgerufen  burcb  bad  jiDeifellod  bebeutenbe  ^erf  x>on  ^ft^mon,  Monuments  authentiques  de 
la  Religion  des  Grecs  etc.  ä  la  Haye  1708.    @r   brachte    jum    erftenmal   x>Ul  banbfd)rift«  86 
licbed  Material,    »enn    aud)    fe^r    unfritifcb.    9(u(b    toax    feine  $ofemit  maglod.    Ob  aber 
bie  Angriffe  Don  )6.  ^aureau    in  feinen  Singularit^s  historiques  et  litteraires,   $arid  1861, 
auf  ben  (Sbaralter  9(^mond  bered)tigt  finb,    fcbeint   mir  ^roeifet^aft.    8ebt  mertt)o(I  finb  bie 
leiber  nur  furjen  Beurteilungen  bed  ^rid  burcb  ben   berübmten  $atr.  t).  S^^nf.  ^ofttbeod, 

namentlicb    in    feiner   ^laxoQia    jieqi  tujv   iv  ^h^vooXvuotg  jtaxfttnnxfVoavKOv  8.  1170  unb  in  40 

öielen  anberen  feinen  SBerfen,  tjgl.  ßegr.  a.  a  £).  II,  8.466,111,70,  aud)  bie  Elften  ber  8l)nobe 
t).  3^tufalem  bei  Fimmel,  Monumenta  fidei  ecclesiae  orientalis,  3cna  1850.  I,  8.  325  mit  ben 
9ln65ngen.  ^ojTttbeod  ift  bauon  feft  überzeugt,  bag  ßl^rid  Saluinift  »ar,  er  fanb  ed  aber  im 
3ntereffe  ber  Hircbe  me^rfacb  nötig,  biefe  uReinung  ya  verbüflen.  9Iud  ben  Kerlen  bed 
18.  3abti)unbertd  ift  nur  ju  nennen  bie  Historia  Gymnasii  Patavini  t^on  92i(oIaod  ßom«  46 
nenod  $apabopuIog,  2  Bbe  1726,  Benebig,  ein  fßerf,  bod  nacb  bem  Urteil  t^on  fiegranb, 
Bibliographie  Hcll^nique  be«  16.  Sa^r^unbert«,  ?ari«  1885  I,  8.  V  mit  böd»fter  Borficbt 
)u  benu^en  ift,  aber  leiber  nocb  immer  mit  fieo  ^tdotiod  i^ufammen  ge^^en  ^^rill  gebraust 
mirb.  ^m  19.  3abtbunbert  bat  ftcb  mieber  eine  gemaltige  Sitteratur  über  ^rid  gebilbet, 
aud  ber  mir  nur  bad  Befte  nennen.  Bon  Bebeutung  bleiben  immer  bie  ^orte  bed  60 
großen  ftircbcn^iftorifer«  ®icfeler,  ße^rb.  ber  ^®.  III,  2,  1853,  8.  698  ff.  Sntereffant,  aber 
obne  b*Porif(ben  ®runb  ift  ber  Berfud)  bed  9)?.  SRenieriS  in  feinem  ©erle  Kvq,  Aovxanigy 
6  oix.  naiQ.  Ät^en  1859,  ben  religiöfcn  5Weformücrfu(b  beS  l^^riü  ald  einen  |)oIitif(ben  bar* 
iufteOen.  9?a(b  S^enierid  opferte  ^)rta  bem  grreiiieitjf^ebanten  feinen  (ä^Iauben.  ®r  fnüpfte 
mit  ben  proteftantifcben  ^fi^ten  an,  um  fein  Bolf  mtt  beren  ^acbt  t}on  ben  Surfen  ^u  be«  66 
freien.  Bon  ben  ®riecben  ift  ju  nennen  aud)  8atbad  in  fetner  NFOFXkrjvixt^  fpdolo)>lny  ?(tbcn 
1868,  8.  244  ff.  (Siegen  i^n,  ber  mie  bie  meiften  (^ried)en  bie  S^ec^tglfiubigfeit  bed  ST^ria 
feftgebalten,  manbte  ficb  ^emetracopulod  in  bem  'KOrtxov  i)fiFnoX6yim'  1870,  in  feinen  TIqoo- 
^fjxat  xai  AioQOdyoeig  j^u  8atl)aS  oben  genanntem  ?Berf,  fieipjig  1871  unb  in  ben  *AVra- 
roQ&(ooetg  aq?aXfiduüv,  iricft  1872,  bic  bte  glcicbc  Bejiebung  baben,  inbem  er  entfcbieben  bie  eo 
Ortbobofie  Ä^riK«  beftreitet.  3)aö  5Berf  ^^Jid)Ier«,  3)er  ^otriartb  ß.  6.  unb  feine  ßeit, 
SRfincben  1862,  bad  im  8tilc  beS  fieo  ^Oatiud  gcfd)iieben  ift,  bat  ber  Berfaffer  felbft  mebr* 
fad)  gemilbert  in  feiner  befonnten  ®efcbid)tc  ber  Trennung  ^mifcbcn  Or.  u.  Dcc.  1864-1865. 
©ertüolIeS  bat  bie  'ExxXfjataoTixij  \\Xt)OFia  gebrad)t.  3i  nenne  bie  ^Irtifcl  ber  Siebattion 
Sabrgang  III  (1882—1883)  8.  48.  uon  ©bamabopuIoS  ebenba  8.  151-153,  uon  ®ebeon,  65 
Sabrg.  K,  8.  122—123  unb  gortfe^ungen.  enblirf)  ift  bie  furje  aber  urtcilSüoHe  3)ar= 
fteHung    bei  ^attenbuf(^  in   feinem  Sebrbucb   ber  t)erglei(benben  j^onfefftondfunbe,  ^reiburg 


684  Stttorid 

1892  ^u  üerdeic^en.  gm  Urteil  trifft  qu4  t^ielfac^  noc^  ^u  ®ag  in  bem  0rtilel  ber  2.  «[ufl. 
biefer  (Snc^Iiopäbie. 

^Ote  dk  KvQiXkog  S  KcavüravnvovjiöXscog  ifpcogä'^  r'^g  vöoov  ravxfjg  (sc.  bed 
6a[t)inidmu^)  jueteaxfjxivai,  —  xal  ol  trjg  algioecog  nQoaonü^ovxeg  näoav  ix  xovxwv 

5  fie&^  iavt&y  ?;u«r  c^i^i^aav  r^v  ävatohxfjv  ixxXiioiav,  xöre  drj  x&te,  dxmsQ  vnb 
^ydkov  Jiaxdyov  dvünvio'&ivxeg  61  fjfiiiEQOt,  SXkog  &3il(og  Jicog  ngdg  Jio^d- 
xa^iv  dirjyelgovxo,  xal  ävdgixcog  juezd  xfjg  äXTj'äelag  ditjyayvlCovro  xov  Ttgoaigi- 
ßivxa  xovxoig  ädixwg  jucbuov  äjiofj,d^ao'9ai  onovdd^ovxeg,  äuS  biefen  iEBottm  be8 
$atr.  9lcItario«  toon   3^^'^"^/  ^^  bebcutenben  unb   ortl^obojen  S^^Ö^^ff^  Äi?rite 

10  {^ExxXrjo.  *AXyi^.  1, 1880—1881, 2, 104,  oudji  bei  Slenoubot,  Gennadii  etc.  opuscula, 
$an«  1709)  ae^t  ^crbor,  toie  bie  g^tß^noffen  be«  il^riH  bereite  feine  Sebeutung  für  bte 
bomolige  griec^ifd^e  ortj^obo^e  Jtird^e  erlannt  l^aben.  ®r  ^ot  guerft  feit  1453  bie  Xcdit 
au«  ü^rcm  großen  ©d^Iummer  ettoedt.  ®aö  17.  So^rl^unbert  toirb  üon  feiner  5ßerfon  be* 
l^errfc^t.     ^ie  im  18.  ^o^rl^unbert    einbringenbe   älufflörung   fteQte  anbere  ^roUeme, 

15  erft  bon  ba  an  treten  aud^i  bie  bon  Jl^riS  angeregten  tragen  im  SJlorgenlonbe  ^urüd 
$eute  tDiffen  nur  nod^  ©elel^rte  t)on  i^m;  bie  meiften  Don  i^en  aber  fe^en  oOed  ooran, 
feine  Ort^obo^ie  )u  retten,  ^n  ber  nad^ifolgenben  @Ii)3e  bed  Sebend  Jl^riQd  tonn  coxii 
nur  ba^  ber  leitenbe  ©ebanle  fein,  bie  religii^fe,  t^eologifd^ie  unb  lird^Iic^e  ©nttoiddung 
jt^rilld  barjufteSen  mit  Stücfftci^t  auf  bie  t)on  tl^m  t)erfud^te  Steformation  feiner  Jlirc^e. 

ao  Dbtoopl  im  einzelnen  au^  Je^t  nod^  t)ieled  bunlel  bleibt,  fo  laffen  {t4f  bod^  brei 
3eiten  in  ber  Snttoidelung  Jt^riug  unterfd^eiben,  beren  frü^efte  biiS  )u  ber  erften  ftorfen 
^erüi^rung  bei8  3)tanned  burc^  ben  ^roteftanti^mud  reicht.  2)iefer  toenben  toir  und  )u« 
nädSift  ju.  il^rillo«  fiularid  {Kigdkog  Aovxagig)  —  nidjit  anber«  ift  )u  fc^^reiben  — , 
ober  tote  er  mit  feinem  toeltlid^ien  92amen  bie|,  Aonftantinod,  tourbe  geboren  am  13.  920» 

35  t)ember  1572  in  Jtanbia,  ber  $au!))tftabt  ^tia^  (Seger  bei  @mit^,  Collectanea,  6.  77, 
für  bad  ^al)x  aud^  bie  92oti)  im  Cod.  334,  ber  aud  bem  ^afyc  1640  ftammt,  bei  Papadop. 
Kerameus  legoaoXv/uzixi^  BißhoMxi],  tom.  IV,  entl^altcnb  bie  Codd.  beö  SRetoc^n 
bed  1^1.  ©rabed  in  ftonftantino))el,  1899).  ®r  toar  leinedtoegd  „obscuris  ac  miserrimis 
natus  parentibus''  (Seo  Wiaüui  a.  a.  D.  @.  1074).    3Re(etiod  $egad  Idnn  bem  Stqt. 

80  fdjjreiben :  Uepupavatv  yovecov  ndidd  oe  ovx  ^  tv^ri  dXX  S  '&e6g  iqwoe  (Segronb  IV, 
©.215)  unb  Ä^r.  felbft  rü^mt  ftd^f  feinem  ®egner,  bem  ^atr.  S^imotl^eo«,  in  bem  ©riefe 
bom  4.  3"*^'  1613  gegenüber  ,'Y/xeig  oucog  otdaxe,  Saov  nEgUprifjLog  xal  xcrrd  ym 
xal  xaxd  '&dkaooav  naxQig  ij  ifjiri^  xai  8xi  ov  axdvog  xal  q?QavCfjXa  yivog  luxxov 
xal  av&QcoTioi  ßdgßagoi,   v6'9oi,  dovXoi   xal  ädtjXoi  ol  i/uol  yovdg,    dXX^  kXXtjveg 

85  evaxrj/J'Oveg,  iXev&egoi,  h  xe  tv  noXtxeiq,  xal  xfj  ixxXrjoiq  jieglßXejnoi  (S^onb  IV, 
279).  S)ie«  Gine  jur  Gl^arafteriftil  ber  ©d{>ilberungen  be«  2eo  atHatiu«.  3n  Äreta  toot 
il^rUIo«  Selber  3KeIetio^  BlaftoS,  bem  aud^  3Keletio«  ©^rigo«  feine  erfte  Silbung  üerbanfie 
unb  ber  für  einen  bebeutenben  Se^rer  galt  (fiegranb  a.  a.  D.  II,  ©.  395,  470;  ®ebeon, 
'ExxX.  'AXri»,  IX,  ©.  166).    5Rad&  Seger  (a.  a.  D.  ©.  77)  lam  il^rill  bereit«  in  feinem 

40  12.  ^a^re  nad^  äSenebig  unb  t)on  ba  balb  nad^  $abua,  too  er  V\^  mm  23.  Sebendjal^re 
blieb.  §icr  toirb  er  aud^  ben  Gremonini  unb  ^iccolomini  gel^ört  l^en,  beren  Flamen  et 
toenigftend  bem  Seger  genannt  ^at  (a.  a.  0.  ©.  77).  ^ßid^Ier  legt  auf  bie  jlonftatierung 
biefer  Xl^atfad^e  großen  SBert,  um  au^  bem  Ginflu^  biefer  ©Ie))tiler  bie  SSorliebe  ^xWA 
für  ben  ^roteftanti^mug  ju  erllären.    ©id^er  ift  aber  im  ©egenteil,  ba^  biefer  mit  TOa« 

45  jimo^  3Kargunio«  (f.  b.  31.)  ju  ber  3^t  einen  fe^r  regen  Srieftoed^fel  unterhielt,  ben  Se^ 

Sranb  a.  a.  D.  8b  IV  beröffentlid^t  ^at.  6r  fannte  biefen  2^eologen,  ber  ber  römif(^ 
Eirti^e  fel^r  getoogen  ioar  unb  eine  Union  jioifd^en  ben  beiben  Äirc^en  anftrebte,  jebeitfalte 
üon  Äreta  l^er,  too  3Kargumo«  ettoa  bon  1579—1584  aldSWiJndji  lebte.  ÄV^tt^SteDung 
)u  bem  le^teren  toar  bie  eined  ©d^üler^.    äluc^   vermittelte   ber  geleierte  3)largunio^  i^m 

60  bie  Selanntfd^aft  mit  abcnblänbifc^en  ©elel^rten,  toie  3)at)ib  ^öfd^el  unb  %t.  ©^Iburg.  9la(^ 
©ebeon  l^abtxi  bie  Sejiel^ungen  jtoifd(fen  ben  beiben  SKännem  auc^  noij  beftanben,  aÖ 
il^riH  tl^eologifdSf  fd^on  anbere  Sahnen  befd^ritt.  2lu^  ben  SBorten,  mit  bcnen  5l^nll  in 
bem  Briefe  toom  6.  ©e})t.  1618  bem  3Jl.  2t.  be  a!)ominig  feine  frühere  ©teHung  jum  Äa« 
tl^olici^muö  fd^ilbert,  lann  id^  nur  ben  großen  ßinflufe  be^  TOapmo«  SKargunio«  auf  Ä^riJ 

55  erfennen.  ß^  Reifet  ba  (Segranb  IV,  ©.  333):  Et  quamvis  cum  Romano  pontifice 
non  communia  canemus,  neque  ipsum  prout  se  confitetur,  pro  capite  scilioet 
ecclesiae  aceeptaremus,  credebamus  tamen  praeter  quaedam  pauci  momenti, 
in  quibus  graeca  ecelesia  dissentit  a  latina,  dogmata  ecclesiae  pontificiae  vera 
esse,    doctrinam   vero  reformatarum  ecclesiarum  ut   inimicam  veritati  abho- 

GO  minabamur  re  ipsa  nescientes  quid  abhominabamur.    ^iccolomini  unb  Gremoniiri 


Snforid  685 

^en  bm  Jt^riE  alfo  tDol^l  nid^t  bem  Jtat^olicidmu^  abtpenbig  azmad^t  ^m  übrigen  tPtrb 
man  ja  jugefte^en,  ba|  It^riQ  ftd^  nic^t  oUjubiel  Don  abenblönbifcper  S3Ubung  angeeignet  i^at 
Sein  Sotein  tft  nid^t  einmal  immer  grammatifd^  torrett,  bad  ^i^'^^^^f^  fc^eint  er  getpanbt 
)u  bel^errfd^en,  unb  fein  ©riec^tfd^  tpar  treffenb  unb  elegant,  ft>ie  benn  JtorVbaQeud  aud^ 
jloei  Sriefe  it^rill^  in  jetne  3KufterjammIung:  TvTiot  tiiatokcbv  xtL  2lu^.  bon  1786  6 
6.  132  unb  133  (auc^  bei  Segranb  I,  20  unb  21)  aufgenommen  ^at.  $l^iIofopl^ifd^e 
93Ubung,  namentli^  (ogifc^e  <Sd^u(ung  Derröt  er  me^rfac^;  ob  feine  t^eotogifc^e  SUbung 
aber  jemals  eine  tiefere  getpefen  ift,  be^tpeif (e  id^.  ^a^  er  ben  ^roteftanti^mu^  tl^eologifc^ 
t)dt(ig  begriffen  l^at,  loerbe  ic^  unten  mebrfac^  beftreiten,  boc^  Iä|t  ftd^  nic^t  bertennen, 
ba^  er  bie  tpic^tigften  ))roteftantifd^en  Se^ren  fo  perarbeitet  f)ai,  ba^  er  fte  namentlich  in  lo 
feiner  Confessio  mit  bollMmlic^  griec^ifc^er  Sinfac^^eit  bortragen  lonnte.  !3m2io^tel594 
toar  feine  Stubien^eit  tpo^l  abgefd^loffen,  benn  SReletiod  $egad  fd^reibt  an  i^n  atö  einen 
iegofiovaxog  unb  jivev/uanxog  (6.  3uß  1594,  üegr.  IV,  S.  214).  Slm  2.  SKai  1595 
tft  er  bereite  &)^gteQo^  am  $of  bed  ^atriard^en  in  älle^anbrien.  2)iefer,  3Reletiod  $ega^ 
tDor  ein  SSertpanbter  JtbriU^.  2$on  1595  bi^  ettpa  1602  barf  man  i^n  fid(i  im  Slu^Ianb  15 
beulen.  1596  toar  er  vidtox  ber  rufftfc^en  Stiabemie  in  SBJilna.  3)ag  ergiebt  fic^  aud  ber 
Sütgabe  am  ©c^lufe  be«  AidXoyog  dg&ödo^og  bon  SReletio«  5Pega^,  ber  1596  in  SBilna 
gebrudtt  unb  Don  ft^riOo^  torrigiert  n?urbe  (einzig  belannted  beutfc^^ed  @£em^{ar  in  ber 
Sibltoti^el  )u  SBoIfenbüttel).  ^n  biefer  3^t  na^m  Jt^riQ  a(^  S3eauftragter  bed  ^atriard^en 
bon  3(le£anbrien  an  ben  mel^rfad|^en  Union^Perl^anblungen  jtpifc^en  ben  Perfc^iebenen  Ron^  20 
feffu)nen  in  $o(en  unb  Sitt^auen  teil.  3lo6)  im  ^a^re  1600  Perl^anbelte  ^riQ  nad)  ber 
9li4ltung  (SRegenPol^ciu^,  Systema  Historico-Chronolog.  Eccles.  Slavon.  1652, 
©.  427).  3"  ^'^f^  3^^  H  Abritt,  fo  be^au^)ten  feine  !at|oIifc^en  ®egner  nod^  immer, 
au4l  nad^  ®enf  unb  ääittenberg  getommen.  £eo  älÖatiu^  unb  ^ßa))abopu(od  tennen  fogar 
bie  @elbf umme,  bie  er  bort  für  feinen  Übertritt  ^um  ^roteftanti^mud  ersten  (a.a.D.  1073  25 
b}tt}.  293).  @c^on  ©iefeler  bemertt,  ba^  bie  DueQen  nid(|t^  Pon  einem  9lufent^(t  im 
Slbenblanbe  toiffen.  ©afe  er  nic^t  in  ®enf  getpefen,  geigt  beutlid^  ber  ^r^cit  be^  Srief«, 
ben  bie  ®enfer  Il^eologen  1628  (Segr.  IV,  375)  an  i^n  fd^rieben,  um  ben  ä.  fieger  il^m 
ju  em^jfe^Ien.  JBäre  Ä^riH  Por  30  ^ö^ten  in  ®enf  getpefen,  Rotten  biefe  STOänner  beffen 
ol^ne  ^age  in  bem  Sriefe  @rh)äl^ung  getrau,  ^n  berfelben  3^^  f^l^  Sularid  aud^  ein  80 
Setenntnid  gum  römifc^en  Jtat^olici^mud  abgelegt  ^oben.  ^er  l^efuit  @Iarga  ^at  in 
feinen  Miscellaneis  de  Synodo  Brestensi  (nac^  Slegenbotöciud  @.  471)  einen  SSrief 
Sttfxiüi  Pom  24.  Januar  1601  Peröffentlid^t,  in  qua  Gonfessionem  fidel  suae  Ro- 
manae  conformem  edit.  £eger  ^at  nun  ben  Jt^riQ  gefragt,  ob  bem  fo  fei,  unb  biefer 
fyit  ed  unter  @ib  in  Slbrebe  gefteUt  (a.  a.  D.  @.  79).  ^ielleid(|t  aber  ^  bie  gange  ®ad)t  86 
barin  i^ren  ®runb,  ba^  Sulari^  bamatö  noc^  romfreunblidfi  tpie  fein  £e^rer  3Rarguniod 
geftnnt  tpar. 

93alb  nac^  1600  ftarb  SReletio^  ?5ega«,  nadji  ®ebeon,  jüvaxeg  jiarQuiQxwol  @.  548, 
am  13.  @et)tember  1603.    tiefer  ätngabe  bin  i^i  auc^  in  meiner  „tl^eologifc^en  £itt.  b. 

Sied^.  Jtird(ie  im  16.  ^^ol^rl^unbert''  1899  @.  54  gefolgt.    Slod^träglic^   f^ab^  id)  in  bem  40 
riefe  Don  9iof.  Scaliger  (Epp.  Seal.  3lx.  157  ©.  349,  Ed.  Pon  1628,  ^antfurt)  Pom 
13.  3Jlai  1602  gelefen,   SDteletiod  fei  ante  paucos  menses  geftorben,   alfo   tpo^l  fc^on 

1601,  fpöteften^  1602.    %iao«  tourbe  nun   ber  3Jac^folger  be«  SReletio«,  alfo   tpol^t 

1602.  Öffentlid(i  rü^mt  er  fid^  1613,  ba^  er  bad  Slmt  o^ne  Simonie  erl^alten  ^e 
(gegr.  IV,  279).  hiermit  fd^liefet  bie  erfte  ^Periobe  be«  fieben«  Abritt«.  SBon  ))roteftan»  45 
tifd^en  (Sintoiriungen  ift  bid  jje^  gar  nid^td  nad(igutpeifen.  SBa^rfd^einlic^  fällt  in  biefe 
3eit  auc^  feine  ©c^rift  gegen  SJlarcu^  Sujiu«,  in  ber  er  bie  38ere^rung  ber  Silber  ber« 
teibigte,  Pon  Ä^riB  in  feinem  ©riefe  an  331,  ä.  be  ®ominid  ertoct^nt  (Segr.  IV,  336) ; 
bie  barauf  erfolgte  ®egenf(!^nft  Pon  ^u^ud  ^at  bei  i^m  ben  93ilberglauben  untergraben. 
Sotpol^l  3Rarcud  ^uciud  3;ran^f^lbanu^  unb  feine  SBerte,  tpie  bie  @^rift  be^  jt^rUI  fmb  60 
mir  unbetannt. 

®ie  jtoeite  ^ßeriobe  in  ber  @ntn?iclelung  be«  Ät^rill  red^nen  tpir  bon  bem  Sefteigen 
bed  ^roned  Pon  3lle£anbrien  bid  jum  (Eintreffen  bon  91.  £eger  in  Jlonftantinopel  1628. 
@d  ift  bie  3^t,  in  ber  Sulari«  nad^  unb  nac^  mit  bem  Aat^olicidmud  über^au^t  brid^t 
unb  bem  ^roteftantidmu«  immer  nä|^er  tommt,  nad^  au|en  gtpar  ben  ©rud^  mit  feiner  66 
itird^e  bermeibet,  inbeffen  ben  ®ebonIen  einer  Slef ormation  berfelben  ^eimli(^  immer  ftärler 
tperben  lä^t.  @ein  ^o^e«  3lmt  eine«  ^atriard^en  bertpaltete  er  babei  fe^r  energifd^, 
tpie  er  fid^  benn  auc^  bor  einem  Jtonflilte  mit  bem  ölumenifd^en  $atriard(ien  nid^t  jd^eut 
(Segr.  IV,  230  ff.).  SSielfadji  tpar  er  auc^  auf  Seifen  unb  ))rebigte  babei  biel,  toie  er 
benn  auc^  in  äUecanbrien  ba«  9Bort  berlünbete.    Seiber  ift  bon  ben  $rebigten  Sbft\ü^  00 


686  Snlorid 

nur  boS  SBentgfte  6elannt,  namentltd^  nur  bte  Slu^jüge  in  ben  SKten  ber  Sl^obe  )u  fionS 
ftantino))el  t)on  1672  (jtimmel  a.  a.  O.  @.  341  ff.),  h)%enb  bm^  in  ber  ^jbtioO/d  be^ 
3Jleto<l^iond  bed  ^eU.  ©robed  in  Jtonftanttno^el  umfangreiche  ^onbfcfiriften  eine  gro^e  ^cifi, 
$rebigten  ^iOd  entl^alten,  namentlid^i  9Ir.  39,  262,  263,  406,  427,  430,  439  (itotolog 

5  bei8  $a))abop.  a.  a.  £).)• 

Seine  ^etel^rung  jum  ^roteftanti^mu^  erjäl^U  Sulori^  in  einer  an  ®pl.  1  erinnentben 
aSBeife  bem  3K.  21.  be  3)omini«  in  bem  fc^on  genannten  Sriefe  (Segranb  IV,  333  ff.). 
Ubi  vero  Deo  placuit  misericordi  nos  illuminare  ut  animadverteremus  quo  in 
errore  versabamury    mature   cogitare  incepimus,    quid  opus   esset   facere.  — 

10  Quid  ergo  feci?  Libris  aliquot  evangelicorum  doctorum  quos  Oriens  noster 
non  quod  nunquam  viderit,  sed  neque  utrum  essent,  obstantibus  pontificüs 
censuris,  nunquam  audiverit,  opera  et  favore  amicorum  acquisitis,  spiritu 
sancto  assiduis  orationibus  invocato,  per  triennium  doctrinam  graeeae  et  la- 
tinae  ecclesiae  cum  ea,  quae  est  reformatae  collavi  (sie).   2)ad  ®eb)iffen  iß  il^m 

16  babei  ber  Stid^iter  getpefen.  @o  i^at  er  bie  SSia^rl^eit  ber  ))roteftantifd^en  Sel^e  erionnt 
3Bann  biefe  3  3^rr  getoefen  f^nb,  i^at  5t^riQ  leiber  nic^t  gefagt.  @eine  erfte  Serül^mmg 
mit  bem  J^oSänbifc^en  ©efanbten  Someltu^  ^aga  (eigentlich  3im  ^agfft,  6mit^,  (Collect 
©.  71)  föDt  ungef%  in  ba8  Sal^r  1602  (»rief  an  U^tenbogaert  üom  30.  SKoi  1612 
bei:  Praestantium  ac  erudit.  viror.  epist.  eccl.  ettheol.  Jac.  Arminii  etc.,  Am- 

30  stelodami  1684,  @.  314  ff.  unb  \päitt  bei  Sl^mon  a.  a.  D.  ©.  125  f.).  S)er  ©nglanbet 
Sanbiud  berid^itet  in  feinem  Sieifetpert  (@mit^,  Collect.  @.  14)  über  ben  Orient  oud  bem 
^oi^xt  1611,  jt^riQ  fei  reformatae  ecclesiae  ämicus.  3)agegen  ift  ber  fc^on  citierte 
Srief  an  ben  berül^mten  Stemonftranten  U^tenbogaert  md^r  ablel^nenb  ald  freunblid^  )u 
nennen.    @r  befämpft  barin  bie  abenblönbifd^e  $^iIofo))l^ie,  (obt  bie  UntDiffen^  bed 

26  Oriente,  bie  i^n  bor  xaivoxofuaiq  betpal^re.  @in  9leuei8  tm  Orient  anjufangen,  i^Sii  er 
nur  magno  cum  scandalo  totius  Ghristianitatis  für  mögKd^,  unb  lonn  nur  ipünfdj^, 
bad  U'd  Jtirc^e  auc^  beim  ällten  bleibe.  3(m  4.  2[uni  1613,  tur}  nad^ibem  er  bie  il^ 
angebotene  öfumenifd^e  ^atriard^entoürbe  abgelehnt,  toeil  er  ben  bafür  geforberten  $rei^ 
ni^t  jal^Ien  tooQte,  mu^  ftd^i  Jt^riQ  aber  f4lon  gegen  ben  SSortourf  öffentlid^  toerteibigen, 

80  er  fei  ein  XaineQavoq  (©treitfdf^ft  gegen  ben  ^atr.  limot^eo«,  Segranb  IV,  269  ff.).  6t 
t^ut  ba^  mit  bem  boQen  S3eh)u^tfein  einem  Ignoranten  aegenüber^ufte^en,  ber  leine  S^- 
nung  l^at,  toad  ed  um  bie  lutj^erifd^e  Seigre  fei.  @r  beruft  ftc^  barauf,  ba^  feine  Ort^o« 
bo^ie  tpeltbefannt  fei  unb  nennt  babei  feinen  ©lauben  an  ben  breieinigen  ®ott  unb  Sl^ 
ftum  ben  ßrlöfer,  eine  SSerteibigung,  bie  i^n  atterbingö  im  ^öc^ften  ©inne,  aber  ni^t  im 

86  ©inne  bamaliger  ^agefteQung  in  ber  griec^ifd^en  ^ird^e  atö  ort^obo^  ertoie^.  tiefer 
93rtef  ift  eigentlid^  ba^  ©c^önfte,  Xoai  Jt^riQ  gefc^rieben.  @^  ge^t  ber  ^^rü^Iingd^c^  be^ 
reformatorifci^en  Sefennen^  burc^  feine  2ßorte.  3^  ^^^^  barum  auc^  bie  Überzeugung, 
ba^  in  biefe  3^^  ^^^^  ^i^  ^^^  ^cifit  faSen,  in  benen  ^riQ  ft^  t>on  ber  SBa^r^eit  bed 
^roteftantidmu^  überzeugt  l^at.    $)enn  gerabe  in  biefer  3^  empfing  er  auc^  ))roteftantifc^ 

40  Sudler,  bon  benen  er  ein  ^erl  bed  älrminiu^  ertoä^nt.  %a%  finbet  flc^  mit  einer  2)ars 
fteQung  feiner  bamal^  nod^  unDoQenbeten  tl^eologifc^en  Überzeugung  in  bem  Sriefe  an 
U^tenbogacrt  bom  22.  ©e))tember  1613  (juerft  in  ber  oben  genannten  Srieffammlung 
©.  357  ff.,  bann  bei  ä^mon  ©.  130  ff.,  Segranb  IV,  269  ff.),  »ei  ber  ©c^ilberung  ber 
ortl^obo^en  ghed^ifd^eu  Se^re  meint  er,  bie  Se^re  be^  älrminiu^  bom  ^(.  ©eifte  unterf^eibe 

46fMi^  nic^t  fo  fel^r  bon  ber  gried^ifi^en,  bon  ben  ©aframenten  treten  fc^on  bie  2)aufe  unb 
ba^  äbenbma^I  befonber^  ^ert)or.  3)ie  §au^)tunterfc^eibung«lel^ren  bom  freien  SSäillen,  ber 
Slec^tfertigung,  ber  ^röbcftination  iDiQ  er  nid^t  be^anbeln,  de  quibus  quid  certe  te- 
nendum,  nondum  constat  mundo  (Segranb  IV,  ©.  310).  Sefonbere  görberung  in 
ber  ^enntni^  unb  älneignung   ber  ))roteftantifd^en  Seigren  getoann  Jt^riK  bann  burc^  bie 

60  Jtorref))onben)  mit  bem  ^oQönbifc^en  Staatsmann  3)at)ib  Se  Seu  be  äBil^em,  bie  am  beften 
bei  Segranb  IV,  ©.  313  ff.  abgebrudtt  ift.  äud^  biefer  fanbte  i^m  SBerfe,  nämlidb  Don 
ben  ärminianem  fionrab  SSorftiuS,  ^ugo  ®rotiu«,  bon  SRainoIbu«  (3jo^.  ?  cfr.  3.®.2BaI(^, 
Bibl.  Theol.  Sei.  I,  ©.  255),  aber  auc^  ben  „Hutterum".  Sebeutfam  ift,  bafe  in  biefer 
Äorref))onbenj  il^rill   jum  crftenmal  toon  feiner  catechesis  f))rid{>t,   quam   orientalibus 

66  meis  oblaturus  sum.  ^od^  ^ält  er  bie  äluSfü^rung  einer  Sieformation  feiner  Slirc^ 
für  unmögüd^  (Segr.  IV,  316).  3Jon  ben  SSorbcbingungen  einer  folc^en  unb  t)on  ber 
ebangelifd^en  Se^re  tocrrät  er  aber  nur  fdf^iüac^eS  5ßerftänbniS,  toenn  er  bie  9leformt)orfd^Iäge 
äSü^emd  ba^in  beanttportet :  Ego  omnia  illa  capita  apte  credo  ad  tria  posse  re- 
duci,    quae   si  missa  fierent,    et  opposita  introducerentur,   facilis  esset  refor- 

eomatio.    Explodatur  ambitio,  avaritia  et  superstitio;  introducatur  humilitas  ad 


Siitoid  687 

exemplum  Christi  Domini,  contemptus  temporalium  et  simplicitas  evangelii 
et  facilüme  obtinetur  cupitum.  3)m  ^u!))tf($aben  bev  griec^tfd^ien  jttrd^^e  fd^iUbert  er 
ober  mit  ben  SEBorten :  Ecclesiam  graecam  nil  tarn  pessundat  ut  superstitio.  3)ted 
eine  9Bort  über  bie  Sieformotion  geigt  gut  @enüge,  ba^  Jt^riO  um  1620  iebenfoQ^  ben 
$TDteftantt^mu^  nod)  nic^t  betftanben  ^at.  SStdleid^t  liegt  bad  aud^i  barin  begrünbet,  6 
ba^  er  bi^^er  tDefentlid^i  bie  Se^re  ber  Srminianer  tennen  gelernt  l^otte.  3)em  SSerte^r 
mit  äBil^em  berbanten  tpir  aad)  eine  umfangrei(^  Beurteilung  bed  römifd^ien  Itat^olici^ 
mud  burc^  Sbfxiü,  ^ener  ^atte  i^m  ein  Qjsmplax  ber  1616  erfc^ienenen  neugried^ifd^en 
Überfe^ung  ber  Dottrina  christiana  t)on  93eQarmin  gefanbt.  it^riS  fc^icfte  ed  mit  ^anb^ 
fc^riftlid^en  Slotijen  berfc^en  jurücf  (Segronb  IV,  322).  ®iefe«  ^im^lax  befinbet  fw^  je^t  lo 
in  ber  Unit)erfttätöbibliotl^ef  in  Serben.  93on  Segranb  (I,  106)  burd^  groben  barouf 
oufmerlfom  gemacht,  ^obe  id^  bie  fämtlid^en  älnmerfungen  ou^  bem  mir  ^ier^er  gefanbten 
SBerle  abgefd^rieben.  ^en  ®efamteinbrudt  lann  \6)  ba^in  gufammenf äffen :  ^ie  älnerten« 
nung  ber  Schrift,  aU  aQeiniger  92orm  bed  (glaubend  unb  bie  93etonung  bed  alleinigen 
SSerbienfted  6|rifti  tritt  ftarf  perbor,  baneben  legt  ^riQ  aber  SEßert  auf  mand^ierlei  Jtleinig- 16 
leiten,  unb  überft^t  namentlich  in  ber  @t^it  augenfällige  Aonfequenjen  bed  römifc^en  6^« 
ftemd.  %id^  ^ier  l^abe  id)  bad  Urteil  gen?onnen:  eine  tl^eologifd^e  ^urd^ibilbung  ^at  bem 
Sbfüü  boc^  gefehlt.  3)en  fd^on  ^öu^g  genannten  93rief  an  3Jt.  3t.  be  3)ominid,  ber  aud^i 
in  biefe  3rit  fällt,  aber  ntd^t  tpefentli^  ^eued  bringt,  toiU  id^  ber  Jtürje  falber  übergeben, 
dagegen  finb  ^ier  mehrere  Schriften  ju  nennen,  bie  Icbiglic^  ©treitf^riften  gegen  bie  3o 
Stömer  ftnb  unb  babei  einen  reformatorifd^en  ©ebanten  k)öQig  t)ermiffen  laffen.  Sol^in 
ge^^ört  guerft  ber  SSrief  an  ben  ngiyxinav  Kvgiov  ^Icodwrjv  "PadovX  ßoeßöda,  av^h- 
Trjv  xal  yvrioiov  xkriQovdfiov  rfjg  OvyxQoßXaxicig  äjidorjg  bei  ©ofit^eod,  ^atriarc^  bon 
Serufalent  in  feinem  Tö/Liog  äydnrig  xaxä  Xarlvcov  SaffV  1698  ©.  547  ff.  (5lgl.  8ibl. 
in  i^onnober).  2)er  93rief  enthält  eine  $olemiI  gegen  bie  3lnn>enbung  bed  äCvfwv  bei  95 
ber  3Ref[e.  92eue  ©rünbe  toerben  nid^t  borgebrad^t  i^öc^ftend  ift  bad  bemerlendtoert,  ba| 
JlVrill  allein  flc^  auf  bie  ©d^rift  berufen  IdUI.  2)oftt^eod  l^t  im  älnfd^lu^  baran  eine 
5ßrebtgt  il^riO«  an  bie  Drtbobojen  gu  lergobift  beröffentlidjit,  a.  a.  0. 552  ff.  S)ie  ^ßrebigt 
toor  fd^on  1632  \>on  X  3Raiti).  ßar^o^^ilo^  in  feinem  Keinen  SEBerle:  ^ AjiodoxijMxala 
xal  xatdxQuaig  Jtjg  ht  dvöjLiaxi  KvqüLXov  etc.  Rom.  Typis  Sacr.  Congr.  de  Prop.  80 
fid.  berdff entließt,  jtoeite  Slu^abe  1671.  3)iefe  Siebe  entl^dlt  fed^^  älnatl^mati^men,  bie 
ftc^  gegen  bie  ^ömer  rid^ten  unb  toefentlid^  t)om  Slu^ang  be^  ^l.  @eifted,  bom  ^gfeuer 
unb  bem  Primat  bed  $abfted  ^anbeln.  äUled  gang  griec^ifd^  unb  bodp  nad^  SarVo))^ilod 
aud  bem  ^al^e  1616.  ©el^r  intereffant  ift  aud^  bie  ©c^rift  ^riQ^  gegen  bie  ^[efuiten,  bie 
^fo^Hib.  Äerameu«  in  bem  1.  S3anb  ber  ^AvdXexxa  kgoooX,  axayvoXoylag,  $eter«burg  86 
1891,  ©.  220—230  guerft  beröff entließt  l^at,  in  il^rer  Slrt  ein  gjTeifterftücI  ber  ^ßolemil, 
bie  gule^jt  bie  SJlittel  angiebt,  toie  man  bie  Sertrribung  ber  gefuiten  borbereiten  fann. 
©ie  föUt  \pcdn  al^  bad  ^a^  1612,  benn  ber  ^atriarc^  Stimot^eud,  ber  1612  gur  Sie» 
gierung  lam,  toirb  fd^on  ertoö^nt.  91U  ^otriar^  bon  ätle^anbrien  l^at  er  aud^  bie  ovv- 
xo/wg  JtQayjuaxeia  xaxd  'lovdaicov  h  änXfj  diaXixxcp  ngbg  FecoQfwv  xdv  Jtdqyav  40 
^^erau^egeben.  ©ie  erfc^ien  1627,  gebruit  in  ber  unten  *gu  nennenben  S)ruclerei  inlton« 
ftantino))el,  Segranb  I,  ©.  234,  mir  ift  fte  unbefannt 

am  4.  SJobcmber  1620  tourbe  Sulari«  ^ßatriard^  toon  Äonftantino^jel.  £eo  Sttlatiu« 
unb  ^a))abopulod  tooQen  be^au!))ten,  er  ^abe  feinen  Vorgänger  bergiftet.  9Bir  galten  un^ 
babei  nid^t  toeiter  auf.  9lld  öfumenif^er  ^atriard^  ^atte  R'gxxü  entfc^ieben  nod^  me^r  @influ^.  45 
2)arum  toirb  er  bon  ben  ))roteftantifc^en  üJläd^ten,  namentlid^  ben  i^oQönbem,  noc^  me^ 
gefudjit,  bon  ben  Igefuiten,  bie  bon  bem  frangöftfc^en  Sotfc^aftcr  be  SKard^ebille  protegiert 
tourben,  aber  noc^  mel^r  angefeinbet.  1623  toar  feine  erfte  SJerbannung.  ©eine  Stellung 
gur  Sieformation  mac^t  inbejfen  in  ben  erften  '^ai)xm  feine  befonberen  ^ortfdjiritte.  3Siel« 
leidet  ^inberte  ^ier  bie  offigieUe  ©tellung,  bie  Ä^riß  einnahm.  Sefrembenb  fann  ic^  ed  nur  so 
nennen,  toenn  feine  offigieUe  ©teflung  i^n  im3a^rcl622  bal^in  führte,  eine  $eiligji)red(fung 
borgune^men.  6«  ^anbelt  ftc^  um  ben  ^l.  Fegdoi/xog  6  Niog,  ber  1579  ftarb.  S)ad 
§iftorif4e  ift  nä^er  bargefteHt  tn  bem  BißXiov  xdv  dgdov  X6yov,  ßonbon  1625  (Se» 
granb  I,  188  ff.),  ber  griafe  Sb)xxü^  ift  au«  bem  offigiellen  Äobej  be«  5Patriar(^t« 
abgebrucft  in  ber  'ExxXrja,  'AX.  Sa^rgang  III.  (1882—1883)  ©.  48.  gtoar  fpricbt  ftdji  66 
ber  ?|Jatriar4^  fe^  getounben  aui,  er  fagt  aber  bo^:  elxög  iaxi  xal  ngdg  diavo^rjv 
xwv  vTikg  qwaiv  xagiofidxaiv  xov  xeXeragxocov  nvti'^fiaxog  fJLt]  navxdnaoiv  äxQV' 
oiovg  elvai  xäg  tcüv  i9eicüv  dvdgcbv  ngeaßevaeig  xal  fxeoLxeiag.  3n  toelc^em  ©egenfoji 
fte^t  bad  gu  ber  Siote  auf  ©.91  ber  oben  genannten  Dottrina  be«  SeUarmin  (aud^  bet 
Segranb  I,  108):  Meoixrjg  dg  6  Xgiaxog  fjLeoixov  /Ät]  deö^uvog'  6  Xgioxdg  ojiXayx'  60 


688  Sttlarid 

toei^,  ob  h>tr  ben  furchtbaren  ®egen(a(  ganj  lennen,  in  ben  er  felbft  aQmäJ^id^  %t^ 
lommen  tpor? 

3lm  beiläufig  fei   l^ier  nod^  ertoäl^nt,  ba^  ^riQod  eine  Sud^bruderei  burc^  ben  ^t 
6  \d^\itm  9tiIobimod  3Reta|ad  um  1527  t)on  @nglanb  ^er  in  JlonftantinDt>eI  einfügen  lie^ 
^uxd)  bie  SRad^inationen  ber  ^[efuiten  tourbe  bie  2)ru(fcrei  t)on  ben  Xürten  ^etftört 

@ine  neue,  bie  britte  @ntto)i(fe(ungd))eriobe  ^rilld  beginnt  erft  mit  bem  Jlommen 
bon  9nton  Seger.  ^er  ^atriord^i  fc^eint  bamal^  felbft  bad  Sebür^iid  ge^t  )u  ^Kiben, 
feine   Sejie^ungen  )u  ben  ^roteftanten  )u  ftdrien.    @r  Infi))fte  toieberum  an  mit  bem 

10  ®r)bifci^of  bon  Santerbur^.  1616  l^atte  er  fd^ion  an  ®eorg  3(bbot  gefd^eben,  bcr  bo^ 
mate  biefe  SteQe  inne  l^atte.  ^e^t  ift  ed  ber  Srjbifd^of  ®eorg,  an  ben  er  fii^  toenbet 
älud^l  bie  @enbung  be^  berühmten  Codex  Alexandrinus  mug  aU  ein  SRittel  )um  3^^ 
ber  SSerbinbung  mit  ben  @nglänbem  aufgefaßt  toerben.  2)a  lam  il^m  t)on  onberer  Seite 
Mfe.    Someliud  $aga   lieft   einen  ^rebiger  für  bie  ^oQönbifc^e  ©efanbtfd^ft  fommen. 

u  Si$  toar  Slnton  Seger  aud  $iemont.  2)a^  92dl^ere  über  beffen  ^erfon  bei  @oiebter,  Hi- 
stoire  litteraire  de  Gen^ve,  @enf  1786,  tom.  II  @.  130,  bod^  nidjit  o^ne  ^ler, 
beffer  in  Pauli  Golomesii  Italia,  ^amburg  1730,  @.  195  ff.  @r  hmrbe  bon  ben  ®atfer 
©eiftlic^en  entfanbt.  Seger  toar  Salbinift.  @r  lam  1628  unb  blieb  i\»  1636  (Segronb 
IV,  454).    9Ber  toiQ  fagen,  ob  er  jum  SSer^ngnid  ober  )um  @egen  für  bie  etHuigeKfc^ 

2o9etoegung  lam?  33iel)[ei(i(|t  ^ötte  er  fu^  beffer  barauf  befd^röntt,  ben  Ä^riOod  unb  feine 
©eiftlid^lfeit  )u  einem  Haren  @tanbpunft  l^inburd^jufü^ren  unb  getoortet,  ba^  bie  Setofgung 
in  bad  SSolt  burc^  bie  eigene  ©eiftlid^Ieit  lam.  älber  er  unternal^m  ed,  bot  ßalbimdmuS 
unvermittelt  in  bad  Soll  einjufül^ren.  @d^on  in  feinem  93riefe  bom  4./31.  3Ran  1629 
ift  er  ftd^  Ilar,  toad  ju  t^un  ift,  bie  Sibel  mu^  in  bie  SJolföf^rad^ie  überfef^t,  @<^ulcn 

25  muffen  gegrünbet  toerben,  ein  Aatec^i^mu^  l^erau^egeben  toerben  (Segranb  IV,  381).  ^f^m 
ftimmt  Someliud  $aga  bei  (Segr.  IV,  383).  @r  toiU  bie  erectio  eine«$  Oymnasii,  olfo 
too^l  eine  ^ö^ere  Sd^ule  ^i(üt  ber  bon  Seger  erftrebten  @lementarf4iulen.  93ie  biefe  ^ßföne 
burd^gefül^rt  tourben,  löftt  fid^i  nid^t  Ilar  beurteilen,  ^ie  Sibelüberfe^^ung  erfdj^ten  1638. 
®«  ift  bie  auc^  bon  Seufe,  Bibl.  Nov.  Test.  1872  @.  142   befdf^ebene.    S)a«  »efie 

80  giebt  Segranb  I,  363  ff.  2)em  @runbte^  toar  eine  neugrie(^ifd(ie  Überfettung  beigefügt, 
bie  3)ta|tmud  SaQiu^olita  berfa^t  ^atte  unter  93eil^ilfe  jt^riQd.  Se^terer  l^at  ouc^  bie  bei 
Segranb  abgebrudte  (Einleitung  gefc^rieben.  3)er  3)rucIort  ift  @enf.  3lad)  bem  Orient 
tam  fte  erft,  atö  Jt^riQ  f(i^on  tot  toar.  9lud(i  Bd^idm  tourben  errid^tet,  benn  Stat^anael 
Jtonoi)iod  fann  e^  bellagen,  ba|  nad^  bem  äBeggang  Segerd  fie  ind  Stocien  geraten  (Segr. 

86  IV,  493).  Ob  ein  ä^olfdlated^i^mud  gefc^rieben  tourbe,  toiffen  toir  nid(|t.  Sagegen  gab 
1629  Jt^riQo^  feine  belannte  Gonfessio  ^erau^.  3)ad  mu^  bamal^  ein  @reignid  in  ber 
tl^eologifqen  SSielt  aud^  bed  älbenblanbed  ^etoefen  fein.  @d^on  im  ^a^re  1629  erfc^ienen 
jtoei  lateinifc^e  Slu^gaben,  toeld^e  babon  bte  Ed.  princeps  ift,  toagt  auc^  Segranb  nit^t 
)u  entfd^eiben  (I,  267).    9lu^  bemfelben  Igai^re  finb  bier  fran^öfifd^e,   eine  en^lifc^e,  eine 

40  beutfd^e  Überfe^ung  (©öttinger  Uniberfitöt^bibliot^el)  belannt.  vlid^t  aQe  bon  btefen  koaren 
boQftänbig.  drft  bie  älu^aben  bon  1633  an  fügen  baju  am  @nbe  bie  bier  ^ogen  unb 
bringen  ben  gried^ifc^en  unb  lateinifd^en  %^jct.  ^a^  griec^ifd^e  Original  liegt  in  ®enf. 
Segranb  giebt  ba^  5fJä^ere,  and)  ein  gölpw^il«  (Segranb  IV,  315  ff.).  3"^  g^njen  jä^le 
id(i  19  älu^aben  ober  Überfe^ungen.    3)a^  bie  Gonfessio   ein  äBert  bon  J^riSod  felbfl 

46  ift,  foQte  nic^t  me^r  beftritten  toerben.  Segranb  f^at  e^  untoiberleglid[l  nac^getoiefen.  SBo^ 
ben  Ignl^alt  ber  Gonfessio  anlangt,  fo  ^at  $ugo  @rotiu^  in  feiner  (o^ne  feinen  3lamtR 
erfd^ienenen)  älui^gabe  ber  Gonfessio  bon  1645  in  ber  @inlätung  bemerjft:  „Ita  ad 
amussim  cum  praecipuis  Galvini  placitis  consentiens,  ut  ex  ilüus  Christianae 
religionis  Institutione  descripta  videri  posset.''    2)ad  gilt  aber  bod^  l^ö(^|iten$  bem 

60  Sinne  nad^.  $ic^ler  n?eift  auf  bie  älb^ängigfeit  bon  ber  Gonf .  Gallicana  l^in,  u^  mbdfU 
lieber  bie  Belgica  bergleic^en.  3^^  näheren  @inge^en  fe^lt  ber  9laum.  3!llan  fagt  am 
beften  mit  ® a| :  Sad  Se!enntni^  ift  calbinifd^,  aber  in  ber  Bpxai^  ber  griec^ifc^  SMft 
unb  bem  93etenntnt^  ber  le^teren  möglic^ft  angenöl^ert. 

SSSie  bie  Gonfessio  in  ^onftantinoi)el  aufgenommen  tourbe,   lönnen  toir   Wtoer  be« 

65  urteilen,  ba  bie  genügenben  Quellen  fehlen,  ^a^  intereffantefte  griec^ifcbe  Sonnnent  ift 
bie  fc^riftlidjie  SRet^tfertigung,  bie  im  3ja^re  1636  ber  @rjbifd{>of  SWeletio«  ^ntogaOo«  bon 
@t>^efo^  für  fid^,  ben  92eot)^^tod  bon  ^eraclea  unb  ben  Jt^rtll  fc^rieb  unb  }tDar  atö  Areter 
an  bie  Kreter  (Segranb  IV,  432  ff.).  3)ana(^  mu^  bie  Aufregung  gegen  bie  Gonfessio 
boc^  eine  jiemlid^e  getoefen  fein.    3^ar  l^atten   bie  meiften   biefe  too^l   nid^t  berflonben, 

60  bennod^  nannte  man  ben  Jl^riUo^  einen  algerixög,  feine  älnl^änger  nxd^t  minber  (@.  439). 


2utm»  689 

Xud^  la^t  bte  Schrift  beutltd^  erlennen,  bag  eine  ®V^^^^  geh>efen  h>ar,  bte  [xd)  mit  ben 
xsfpäXaia  bed  ^riQ  befd^oftigt  ^atte.  Sie  ^te  i^n  ]ebenfaO^  nid^t  k)ecbammt.  ä(uc^  Itej^ 
man  \>on  feiten  ber  (Segnet  ben  Oeorgio^  Äorejjtoi^  nacp  Ronftantinojjel  lommen.  35er 
mu^e  mit  Seger  bi^utieren.  3Jte^rfa(^e  SSerbannungen  bed  ^atriord^en  f(^einen  bie  ek)ans 
gelifc^e  Setoegung  nid^t  aufgeholten  ju  ^aben.  3)a!^  größte  Unglüd  aber  h>ar  ber  ^ort«  6 
aong  Segerd  1636.  ^toax  mad^te  aud^  fein  9{ac^f olger  @artori^  einen  guten  3(nfang.  @r 
Porb  aber  fd^on  1637  (Segranb  IV,  498).  ®in  SRadj^foIger  fd^ien  ntc^^t  gleid^  befd^afft  toerben 
m  lönnen.  3mh>ifc^en  f))annen  aber  bie  @egner  eine  neue  ^ntrigue  gegen  ben  ^atriard^en. 
äUd  @ultan  ÜKurab  gegen  bie  Werfer  ju  ^elbe  »e^en  tDoQte,  k)erbäc^ttgte  man  i^m  ben 
ib^rillo^,  er  h>iegele  bie  Jtofaden  auf.  S9ei  ber  Slbtpefen^eit  bed  ^eered  lönne  ba^  boppdi  lo 
f^öl^rlid^  toerben.  Ser  @ultan  ^örte  auf  baiS  @erebe.  ®r  li^  ben  ^atriard^en  burdj^ 
ianitfc^ren  ertoürgen  unb  feinen  Seid^nam  ind  ^eer  toerfen.  Seine  ^eunbe  fanben  bie 
lei(^  unb  begruben  fte  }uerft  fem  t)on  Jlonftantino))el.  @rft  nad^  ^a^ren  lonnte  bem 
ilJ^nQod  eine  Siul^eftätte  in  Jlonftantino))eI  t)erfd^afft  toerben. 

Sa^  mit  bem  Xobe  bed  ^atriard^en  bie  9eh>egung  nid^t  erlofc^,  beh>ei{en  bie  @V'  ^^ 
noben  \>on  1638  in  Äonftantino})eI,  1642  ju  3affV,  1672  in  ^erufulcm,  1691  in  Äom 
ftanttnot>eI.  @^  ift  aud^  nid^t  ber  %a!H,  bag  R\)xill  leine  ä(n^änger  gehabt  ^abe.  2Bir 
muffen  im  ©egenteU  be^aut)ten,  k)er^ältni^mögig  ^atte  bie  ek)angelifcbe  S3etpegung  k)iele 
%reunbe.  @(^on  1629  lann  Sorneliu^  $aga  an  bie  @enfer  fc^reiben:  Et  quamvis  fun- 
damenta,  quae  antehac  jacta  fuerunt  adhuc  latent,  nee  vulgo  apparent,  tarnen  20 
cum  rev.  patr.  Gonstantinopolitanus  et  Alexandrinus,  alilque  nonnuUi  prae- 
cipui  praelati  et  antistites  graecae  ecclesiae  lumine  evangelii  illustrati  sunt, 
non  parva  mihi  spes  affulget  etc.  (Segr.  IV,  382).  §reili(^  |atte  ft(^  ^aga  in  bem 
Patriarchen  t)on  9(Ie£anbrien  geirrt.  3)iefer,  @eraftmod  mit  Flamen,  fc^rieb  in  feinem 
Sriefe  t)om  8.  ^uli  1629  eine  ^öflic^e  aber  entfc^iebene  3(bfage.  3(ud^  beffen  fpäterer  25 
^(^folger,  ber  betannte  3Jletro))^aned  Jlrito))ulo^,  tpar  lein  9(n^änger  bed  5t^riU.  3(1^ 
Kuger  Wann  benu^te  er  bie  äSorteile,  bie  i^m  t>on  biefem  burd^  beffen  SSerbinbung  mit 
ben  $roteftanten  geboten  tpurben.  Seine  W)U  Ort^obo^ie  behielt  er  aber  babei  unb  unter- 
)ei(^nete  1638  bie  Sejd^Iüffe  ber  @V"^^^  ^^^  ftonftantino))el,  bie  ben  £utari^  k)erbammte. 
SbenfaOd  möchten  tptr  ben  betannten  Sriftoteliter  Jtor^boQeu^  nic^t  einen  SalDiniften  ao 
nennen.  ®^  fte^t  aOerbing^  h>o^l  au^er  3^^^^''/  ^^6  ^  i^  ^^ittn  bie  Xranefubftantion 
beftritten,  in  feiner  ^Emoxolt]  doy/LuiTiHhan  ben  ©op^romo«  ^^olfa^K  (hinter  benSöerten 
ber  a.  3oemifau,  ed.  gug.  Sulgari«,  ?ßeter«burg  1797,  Sb  2,  742  ff.)  belennt  er  fxd^ 
ober  für  rechtgläubig  in  ber  9(benbma^läe^re.  @r  toar  eine  tritifd^e  9Iatur,  be^l^alb  ben 
tritifc^en  @runbfä|en  ))roteftantifd^er  t^orfd^ung  juget^an,  babei  aber  religiös  gleic^giltig.  aö 
9Ud  9(n^änger  Jt^riU^  aber  ift  ju  nennen  ^IReletiod  ^antogoUoi^,  Srjbifc^of  k)on  (Sp^efod, 
beflen  Jlon^t>onben2  Segranb  a.  a.  0.  IV  k)eröffentlic^t.  9lamentlic^  feine  fd^on  oben  ge^ 
nannte  9(t)Ologie  k)on  1636  lommt  ^ier  in  Setrac^t.  3laäf  bem  Xobe  bed  3)teifter^  tDurbe 
er  bon  ben  @egnem  aud  Jlonftantino))el  k)ertrieben  unb  ging  nad^  ^oQanb.  3lm  23.  Se^ 
)ember  1644  lieft  er  ftd^  in  Serben  aU  Stubent  einfc^reiben,  bamal^  50  ^a^re  alt  (Segr.  40 
IV,  @.  521).  Sitate  k)on  il^m  bei  (Slaube)  Reponse  au  11  vre  de  Mons.  Arnauld 
intit.  la  perpetuit^  de  la  foi  etc.^  ^^^£1  ®'  ^^^  ^^^  ^^  Moni,  Hist.  Grit,  de  la 
Creance  et  des  Cout.  etc.  ©.  215.  SJcadj^en  bie  l^äufigen  Älagen  be^  ÜReletio«  in 
feinen  Briefen  über  feinen  @elbmangel  unb  bie  baran  gehtüpften  S3itten  nic^t  ftetd  einen 
angenehmen  ®inbrud(,  fo  mu^  man  bod^  anerfennen,  bag  er  um  feinet  Selenntniffe^  toiUen  46 
ft(^  fyit  t)erbannen  (äffen.  3lud^  ber  ^atriarc^  ^{eop^^tod  III.  k)on  Jtonftantinopel  toar 
bem  ft^riU  günftig  geftimmt;  früher  al^  (Sr^bifc^of  k)on  ^eraclea  gehörte  er  mit  3U  ben 
brei  Sefd^ulbigten,  bie  SIteletiod  ^antogado^  1636  k)erteibigen  mugte.  ^m  übrigen  Dergleic^e 
Segranb  IV,  450  ba«  Urteil  Seger«  über  il^n,  491  $aga«  Urteil,  463  ßm^fel^lung^brief 
für  Seger.  3)en  3netro))o(iten  k)on  ältl^en  ©opl^ronio«  nennt  %rtQ  felbft  in  feinem  Srief  60 
Dom  10.  aWörj  1637  inclinato  alla  religione  reformata  (Segr.  IV,  487 ;  ä^mon  166). 
£eo  älQatiud  erllärt  auf  ba«  3^dnt^  be«  S3artl^olbu«  9tifu|iu«  ^in  aud^  ben  ^^atrtard^en 
iPort^enio«  ben  jüngeren  (1644—1645  unb  1648—1651)  für  einen  »n^änger  ß^rite 
(De  cansens.  106J .  1022. 1076).  3«^««^f^^  erlaubte  er  bie  Verteilung  ber  Ueberfe^ung 
be«  SWajimo«  Äaüiutoolite«  (®ebeon,  mvaxeg  naiQiaQx,  ©.574).  35en  Patriarchen  2:beo=  65 
t>^aned  t)on  2lerufalem  barf  man  ebenfaQ«  3U  ben  ^reunben  be«  Jl^riU  rechnen.  (Sr  l^at 
1630  biefen  gegen  ben  5?orh)urf  ber  ße^erei  t)erteibigt  (Segr.  IV,  113).  iyergleic^e  fonft 
oxiii  Segranb  IV,  427. 502.  304).  5Jeben  biefen  Vertretern  ber  ^öc^ften  ©eiftlic^Ieit  giebt 
ed  eine  Slei^e  öon  ÜRönc^en  unb  nieberen  Oeiftlic^^en,  bie  für  Ä^rill  engagiert  toaren.  Söir 
rechnen  ba)u  namentlich  ben  Vibelüberfe^er  SRa^imo«  Jlaltiut)olite«,  ben   fc^on   oben   er«  eo 

9lea(<((nc9r(opäbie  für  X^cologir  unb  Mirc^e.    3.  ^.  ZI.  4^ 


690  2utaxi»  Snla9  ber  Suftitgdip 

toä^nten  Sflatl^anael  Äonoj)u>«  (Scgranb  IV,  491.  502.  513),  bcr  md^  bcm  Xclbt  J&nD« 

nad^  Dsforb  ging  (£egr.  IV,  516)  unb  bie  Institutio  rel.  eh.  bed  Saltmt  tnd  (Sriec^ifd^ 

überfe^en  tDoQte,  ben  ^^otl^eod  9(6battod  au^  ite)>^allenta  (Segr.  IV,  46.  Glaube  a.  a.  0. 

981),  ben  9liIobtmo^  IWetoia«,  ber  jebenfate  mit  Sulari^  fe^r  befreunbet  unb  tum  ©ng^ 

6  lanb  au&  ))rotegiert  h>urbe.    Set  bebeutenbfte  SSertreter  einer  colbinifterenben  9(benbma^(^ 

le^re  toar  So^anne«  Äar^ojjtoHe«,  f  1C92,  aWega«  Sogot^ete«  in  ÄonftantinoJ)eI.   ßr  ^ 

feine  freien  älnfid^ten  mel^rfac^  in  ^rud  anheilen  laffen,  fo  bag  f(^Iie|li(^  2)oftt^eo^  öon 

^erufalem,  fein  $aut)tgegner,  bie  ©^nobe  t)on  itonftantino))el  1691  gegen  i^n  berief.  Steuere 

Sried^en  neigen  ben  Rat\)opf)t}ü^^  in  @d^u$.    ©eine  catoinifd^e  Geologie  ift  aber  nic^t 

10  gu  beftreiten.    SSergleid^e  aud^  namentlich  feine  SSriefe  *ExxL  *AX.  III,    424.     9uc( 

ben  fd^on  oben  ertoä^nten  @ugeniod  Sitolo^  nenne  id^  ^ier,  ber  in  feiner  gugenb  getoi^ 

itr  Jl^riU  ertoärmt  toar,  fonft  f)ätU  er  nid^t  eine  9lIolut^ie  für  i^n  gefd^eben.    (SkbWdf 

eien  noc^  einige  3Jlänner  ertoö^nt,  bie  bei  Segronb  t)ortommen.    ^d^  bin  nic^t  fi^fer,  cb 

te  nid^t   um  be^  irbifd^en  SSorteitö  toegen  mit  Seger  unb  ber  ebangelifc^en  Stic^tung  in 

16  aSerbinbung  traten.    6«  ftnb  namentlid^  SWid^ael  Ärale«  (Segr.  IV,  401),  aRajimo«  3(^0» 

bio«  (gegr.  IV,  500),  ber  SRönd^  Sgnatio«  (Segr.  IV,  501),  unb  ein  Sl^or  ©eorgio« 

(Segr.  IV,  509).  *|.  Weiper, 

8tt!oö.  —  3ur  ßittcratur  ügl.  bie  «?l.  3cfu8  e^riflu«,  aKatt^äu«.  ?Karfu«,  wo  bie 
arbeiten  juv  Soangelienfrage  oer^eic^net  Tmb.   —    ^ie  SSer^anblungen   über   bie  9«^   ^aben 

20  einen  fi^nli^en  Umfang  angenommen.  ®ute  Orientierung  bieten  S'6^^^^  ^^  fur^gefagten 
j^ommentar'  unb  ^ol^mann  im  ^anbfommentar*.  '$)a^\\  QMUx  in  (S^reifto.  ®tubien:  bie 
91®  als  ©egenftanb  ^ö^erer  unb  nieberer  Ihritif  1895  unb  ^ol^mann  (fett  1901  We^er)  in 
^3^.  —  3n  relatio  ^o^em  SJtage  ^aben  auc^  92i4tt^eo(ogen  ftcb  Uifanift^en  Stubien  ivl- 
geroanbt:   fo  neuerlich  beifpieldioetfe  %ogeI,  3ur  (S^()arafteriftit  bed  £(.  nac^  @prad)e  unb  6tiP 

26  1899  (oq(.  baju  übrigend  ^atofind,  Horae  Synopt  1899)  unb  bef.  I31ag  in  feinen  laf^U 
reid)en  ^ublifationen  bef.  betr.  ben  ^ejrt  b.  %CM,  bie  ^u  einer  uiel  bemegten  Üontrooerfe  ge- 
führt ^aben ;  weiter  S^amfa^,  St.  Paul  the  traveller  etc.  beutf^  u.  b.  i.  $aulud  in  b.  W 
1898.  ^ie  (litationen  im  folg.  belieben  M  hierauf,  ^o  nur  3<^bn  genannt  wirb,  ift  %t* 
meint:  Einleitung  ind  i^^^  II,  1900.     SD^ein  „Hauptproblem  ber  Eoangelienfrage  1890"  ift 

80  citiert  alÄ  „Eofrage". 

Sula^,  gried^.  Aovxäg,  tool^l  fidler  jufammengejogene  f^orm  für  Lucanus  (t)g(.  3^^^^ 
®.  336)  tommt  breimal  im  31%,  unb  gtoar  ald  92ame  eined  bem  paulinif(^en  5lreife  ange^drigen 
aKanne«  öor,  nämlic^  Äol  4,  14;  5ßl^il  24;  2  Sti  4,  11.  Sffiirb  ber  genannte  Äol  4, 14 
al«  6  laxQog  6  dyojirjTog  bejeid^net,  fo  d^aralteriftert  i^n  ber  g(eid^}ettige  ^^ilemonbrief 

35  neben  anberen  ald  owegyög.  SDa  Äol  4,  1 1  au^brüdtlid^  bie  „owegyoi  aü&  ber  Se= 
fc^neibung''  ^erau^ge^oben  toerben,  ol^ne  ba^  SI.  i^nen  beigegöf^lt  toürbe,  fo  lann  lein 
3toeifel  fein,  bag  er  aud  nid^tjübifc^em  S3lute  toar,  unb  ift  anjune^men,  ba^  er  no<^  ba^ 
mal«  unbefd^nttten  getoefen  fein  bürfte,  alfo  nic^t  toie  ^ie  unb  ba  t)ermutet  toorben,  ein 
^rofel^t.    S3eibemal  ftcl^t  er  unter  ben   bie  Slbreffaten  grüfeenben.    35arau«   folgt   abct 

40  nid^t,  bag  er  in  iloloffae  perfönlic^  fc^on  be!annt  war,  toenn  man  aud^^  offenbar  t>on  i^m 
toufete.  SDagegen  ergiebt  fid^,  ba^  er  jur  3^^  ^^  Jjjei  ©riefe,  b.  ^.  jur  3^  ^^  ^^ 
©efangenfd^aft  bei^aulu«  toeilte  unb  t^n  in  feiner  äBirIfamleit  unterftü^te,  bieQeic^t  caiif 
aU  9lr^t  ftc^  i^m  befonber«  nü^Iid^  mad^te.  3)}an  bead^te  in  festerer  ^inft(^t  bie  cb* 
fonberhd^e  Formulierung  Jtol  4,  14.     Statt   nac^    feiner  fonftigen  SBeife  ju   fc^reiben: 

46  A.  6  dyajirjTÖg  iargög  (t)gl.  Qplf  6,  21 ;  fiol  1,  7;  4,  7  u.  9 ;  2  li  1,  2)  ober:  A.  6 
largog  6  dyajirjTog  jLtov  (ögl.  SÄi)  16,  5;  8;  9;  auc^^  5ß^il  1),  brüdtt  ber  »poftel  ftd&  fo 
au«,  ba^  ba«  6  äyaTirjxog  o^ne  (lov  einen  eigenartigen  Ion  erhält,  ret^t  toie  einer,  ber 
in  banfbarer  (Erinnerung  aa  erfahrene  ©utti^at  bei  ber  genannten  $erfonli(^{eit  t>erti>eiU. 
2lm  meiften  öergleid^bar  ift  SRö  16,  12  b:    tlegaida  rrjv  dyajiTjTrjv,   ^rig   noUA   ixo- 

50  niaoev  h  xvgico.  —  2öie  in  ber  erften,  fo  toar  Sf.  aber  auc^  in  ber  )toeiten  ®efangen< 
fc^aft  beim  ^poft'el,  toenn  anber«  toir  bered[^tigt  ftnb  2  li  4,  11  aU  gefq^i(^tli(^e«  3^^ 
ju  t)ertoerten,  unb  jtoar  ftanb  er  jur  3^^^  ^^  Schreiben«  bem  Slpoftel  al«  @in)iger  )ur 
@eite.  @«  liegt  nad^  bem  eben  bemerften  befonber«  na^e  anjune^men,  bag  toteberum 
feine  är^tlic^e  Qualität  babei  mitfprad^.  3)er  älpoftel  mochte  unter  ben  einer  audg^e^nteren 

56  SQSirtfamteit  in  9tom  ungünftigen  ^l^er^ältniffen  eine«  6re«cen«,  Xitu«  unb  Xi^icud  leichter 
l^aben  entraten  fönncn  (v.  10  u.  11),  al«  be«  bur^  feine  mebijinifc^en  Jtenntniffe  i^ 
aud^  perjönli^  nü^lic^en  (Senoffen. 

SDamit  ift  aber  auc^  alle«  erfc^öpft,  toa«  au«  au«brüd(lid^en  9(u«fagen  be«  !RZ«  ^ 
mit  @i(^er^eit  entnehmen  lä^t.    ^er  9tö  16,21  ertoä^nte  Suciu«,   übrigen«  ein  gebomer 


£tttad  ber  (gnangelip  691 

5Jube  (avyye^g  juov),  ober  bctSuctu«  t)on  Ä^rcne  inSKS  13, 1  l^abcn  ntd^tö  mit  unferem 
Ja.  ut  t^un.  9(tc^t  nämlic^  bIo|,  ba^  bte  SlntDenbung  k)erfd^tebener  formen  be^  3lamm^ 
bei  ^ulitd  untDa^tfd^einKd^  tpäre,  unb  ä(@  13, 1  nur  unter  ber  SSorau^fe^ung,  bag  biefe 
6(^ft  nid^t  t)on  £t.  ftammte,  in  SSetrac^t  aenommen  tperben  !5nnte,  ba  anbemfoUd  SI. 
getoift  fogut  toie  in  ben  „SBirftücfcn"  ouc^^  ^ier  bie  ©elbftnennung  in  britter  ^erfon  öers  6 
mieboi  ^e  (geg.  Sid^^om,  @inl.  I,  581  f.),  fo  ftnb  e^  tpo^l  überl^au))t  tro^  Origenec^ 
ad  Rom.  16,21  gtoei  ganj  t)erf(^iebene  3lamtti  (t>gl.  3^^^  ^•^-  ^-1  anberd  freili(^ 
Slamfai?  ©.  172).  Sl^er  toäre  c«  möglid^,  ba^  ber  2  fto  8, 18  ertoäl^nte  ©ruber,  ben  ber 
älpoftel  mit  XituS  nad^  ftorint^  entfenbete,  mit  unferem  £1.  ibentifd^  fei.  "Slnlai  gu  biefer 
H^on  \>ox  Origened  oufgetaud^ten  9(nna^me  gab  oUerbingd  tpo^l  nur  bie  berf e^rte  S3e)ie^ung  lo 
ber  SSorte  ov  6  enaivog  h  reo  evayyeXUp  xxL  auf  unfer  britte^  ßbangelium.  9Der 
Umftanb,  ba^  bei  ber  brei  SKonote  f))äteren  Steife  bed  älpoftel^  k)on  Korint^  nad^ 
gerufolem  in  31®  20,  5  bai^  jtweite  „SBirftüdf"  (bgl.  unten)  einfcjt,  iiai  aber  auc^  nad^ 
Srfenntnid  jened  grrtumd  bie  ©ebanlen  k)ieler  bei  £1.  feftge^olten.  (Sbenfogut  tonnte 
man  freiließ  ben  anberen  „©ruber",  ber  v.  22  ertoä^nt  toirb,  mit  i^m  ibentifijieren,  toie  i6 
f(^on  6alk)in  tDoQte,  inbem  er  ungenauer  äBeife  ald  na\izi\x  einftimmige  3Innal^me  bied 
bejeic^net,  bag  £1.  „unter  ben  brei  SSoten"  geh>efen  fei.  ^ie  S^aratterifierung  pagt  nid^t 
toeniger,  toie  bie  v.  18.  2ln  SBa^r^eit  ^anbelt  ed  ftc^  aber  in  feinem  ^^e  um  eine 
eigentliche  Xrabition,  fonbem  nur  um  eine  trabitimteQe  (Siegeje  betr.  v.  18,  bie  ebentueQ 
nur  burt^  einen  nedKfc^  2>^\cXli  mit  ber  2Bir!lid^Ieit  übereintommen  tpürbe.  20 

@d  bleibt  ju  fragen,  XocA  ettpa  tDirtlid^e  au^erbiblifd^e  Überlieferung  unb  h>ad  bie 
bon  foI(^er  bem  £1.  }ugdd^riebenen  nt(.  @d^riften  lehren. 

@rftere  bietet  ein  uRoment  bon  ©elang,  b.  i.  bie  ^erhmft  bed  £1.  au^  älntiod^ien 
(tjgl.  Sufeb.  Ä®  III,  4,  7;  fotoie  bei  aWai,  Nova  patr.  bibl.  IV,  270,  eine  SteDe,  bie 
@t>itta  fogar  bem  ©rief  bed  ^uliu^  9(fr.  an  9(riftibed  }un)eifen  )u  bürfen  glaubte ;  ©rief  25 
be^  3.  S.  2C  @.  69  u.  111).  3)ag  bie^  ni(^t  axA  ber  fd^on  berührten  @rtt)äl^nung  jene^ 
£uciud  9(@  13, 1  entftanben,  ift  fc^on  baraud  erft(^tlid[^,  ba^  biefer  eben  audbrüdHicp  atö 
oud  Jt^rene  ftammenb  bejetc^net  tpirb.  Sbenfotoenig  tDtrb  bie  fpäter  nod^  mel^rfad^ 
)u  berü^renbe  eigentümliche  £edart  bed  Cod.  D  }u  äl@  11,  28,  tponad^  fd^on  ^ier  erft« 
malig  bie  erfte  $erf on  ^luralid  auftritt  (avveaxQaßijuivcov  dk  ^/icav),  QueQe  jener  9tac^rid^t  ao 
fein.  SiebenfaUd  tritt  fie  gang  o^ne  ©egie^ung  auf  biefe  Stelle  auf.  3Ran  tpirb  fte  al^ 
tDtrIlt4fe  ^atfad^enüberlieferung  anfe^en  bürfen,  bie  aÖerbing^  an^  jener  £e^rt  —  bie 
Slbfafjung  ber  31®  ober  \)od)  i^rer  „SBirftüdfe"  burd^  £f.  al^  erioiefen  toorau^efe^t  —  eine 
intereffante  ©ejptätigung  emt)fangen  mag.  Ser  älntioc^ener  begegnet  banad^  tDirtlid^  guerft 
in  SntuK^ien.  SRöglic^  tpäre  babei  immerl^in,  bag  bied  bod^  nic^t  eigentlid^  ber  @eburtdort,  ss 
fonbem  nur  bie  ^eimat  ber  ^milie  bed  £t.  toar,  in  bie  biefer  frü^^^eitig  überftebelte. 
Sßenn  StamfaV  fic^  für  eine  ä^nlicbe  annähme  auf  bie  eigentümlich  fc^toerfällige  älu^s 
bruddtpeife  bei  @ufeb.,  III,  4  beruft  (a.  a.  O.  @.  320)  unb  \>on  ba  au^  bie  @enautgteit 
ber  bem  Sufeb.  zugegangenen  92ac^ric^t  erhärtet,  fo  gilt  beibe^  aud^  mit  ©egug  auf  bie 
anbere  Stelle :  „to  /xir  yivog  änd  t^c  ßocDßievrjg  *Avxioxeixig  7]v".  —  Dl^ne  jeben  40 
Sßert  finb  bie  gelegentlid^en  SJtitteilungen  über  bad  äBirtung^ebiet  be^£t.,  über  ba^  k)on 
i^m  eneic^te  £eben^lter,  über  ben  Ort  feiner  litterarifc^en  ^^ötigteit  u.  bgl.  3Ran6^^ 
lägt  fic^  noc^  herleiten  au^  ÜJiigberftönbnid  neuteftamentlid^er  SteQen.  änbered  fd^toebt 
t>öQig  in  ber  £uft,  trägt  aber  ben  Bumpd  ber  Ungefd^id^tlic^teit  an  ber  Stirn,  tpie  }.©. 

feine  S^S^i^^d^^^  B^  ^^"  ft^l^gig  3^9^^^  »^^  f^'^^  ^bentität  mit  bem  ungenannten  46 
@mmau^j|ünger  (t>gl.  bagegen  @k).  1,  2).  3lud^  bie  92ad^rt^t,  bag  er  ein  ^aler  getoefen 
fei,  ift  natürlid^  nur  eine  fmnige  Sage,  bie  too^l  auf  einer  ©ertaufcbung  ber  ©egriffe,  auf 
einer  ©ertoed^felung  bon  g^ber  unb  $infel  beruht  (bgl.  über  bie^  atte«  3^^"^  ©•  334  ff., 
tDofelbfl  ouc^  bie  nötigen  Duellen^  unb  £itteraturangaben).  9teben  folc^en  Sagen  mag 
immerhin  bed   ®rotiu^  jtombination  SrtDÖl^nung   finben,   toonadS^  £f.   =  £uciQiu^  ein  50 

t:etgelaffener  be^  $aufe^  ber  £ucillier  getoefen,  ber  ftc^^  in  SRom  ber  befonber«  toon 
Uwotn  unb  ^eigelaffenen  geübten  ^eiltunbe  jugetDanbt  l^abe  unb  fpäter  nad)  älntioc^ien, 
fetner  {^etmat,  übergefi^elt  fei  (Annot.  in  £v.  sec.  Lucam,  init.).  ®rotiu^  k)erbinbet 
bamit  freiließ  bie  oben  abgetoiefene  älnna^me,  bag  £f.  in  9tom  ober  älntioc^ien  ^rofel^t 
bed  SubentumS  getporben  fei.  66 

Ungleich  bebeutfamer  für  unfer  28iffen  \>on  bem  3Jlanne  £!.,  al^  bie  in  rein  geleierte 
SReinungen  au^laufenben  Überlieferungen,  ftnb,  bie  9licbtigfeit  ber  ^^rabition  k)orau^ef e^t,  bie 
ü^m  jugefd^riebenen  Schriften  be«  31%  beren  ©efpret^ung  freilid^  loeit  über  ba^  ^ntereffc 
an  ber  ^erfönlic^teit  unb  ben  Sd^icffalen  be^  älutor^  ^inaudfü^rt. 

2.  Srei  Schriften  bed  31%  ftnb  e^,  toelc^e  mit  bem  Atomen  bed  £1.  in  ©erbinbung  eo 

44* 


692  Sniad  ber  (goftitgdip 

gefegt  h>orben  fmb:  baS  brttte  Sbangelium,  bie  3[))ofteIgefd^t(i^te  unb  bec  ^ebraeibrief. 
^oq  lommen  emftltd^  nur  bie  jmei  erftgenannten  in  Settad^t.  S^^^^^  ^^  ^^^  Snnal^nte, 
Dag  auc(i  ber  ^ebräetbrief  au^  bed  SI.  ^eber  ftamme,  fe^  frü^  nad^utoetfen  (t)al.  S. 
^cbräctbricf,  SBb  VII  ®.  494  unb  504  f.).    aber  ba«  »Iter  ber  aSorftelüing   ^ebt   pe  fo» 

6  h>entg  tpie  ber  Umftanb ,  bag  fie  btd  in  bie  neuefte  3^  l^tnein  Siertreter  gefunben  fyü, 
^inaud  über  ba^  Urteil,  bag  tDtr  ed  aud^  ^ier  nur  mit  einer  $^))ot^efe,  unib  gtoor  mit 
einer  unhaltbaren  ^\)poti}^t  ^u  t^un  ^aben. 

älnber^  fte^t  e^  mit  @k).  unb  9l@.   3)ag  ed  fd^on  t)or  Origened  ali^  felbftoerft&nbli(^ 
galt,  bag  bad  britte  @bangelium  bon  bem  $aulu^fd^üler  £(.  ftamme,  f^at  fid^  bereite  oben 

10  ergeben,  al^  ber  alten  älu^legung  ber  SBorte  2  ito  8,  18:  h  reo  evayyeXUo  gcbac^t  bHtrb. 
Oleid^artig  ift  bie  beliebte  Sejiel^ung  bei^  „eifayyeXiöv  fiov**  be^  5pauluö  auf  unfer  81« 
(Sb.  (Sufeb.  III,  4).  ©0  berfe^rt  beibe^  toar,  fo  ift  e«  eben  bo(|  ein  «ßeugnid  für  bie 
freili^^  fd^on  für  bad  Ic^te  drittel  bed  2.  ^a^rl^unbertd  feftbejeugte  9lnf^auung.  ^^inbet 
ftc^  öor  3i^«^äw^  I^nc  augbrüdtlid&e  5Rennung  be«  21.,   fo  gtoeifelt  bod^  fein  3$ernänftiger 

15  me^r,  ba|  feine  älu^fage  (haer.  III,  1  u.  ö.)  älu^brud  einer  burd^aud  onerlonnten  9.^op 
fteQung  ift.  ®d  bebarf  barum  aud^  nid^t,  bag  man  no(^  erft  ben  ^an.  SRuratori,  Siemens 
311.  ober  lertuHian,  adv.  Marc.  IV,  2  ff.,  gefc^toeige  bie  f})äteren  3^9W^ff^  anfü^. 
35iefelben  Flamen  treten  für  lulan.  Urfjjrung  ber  31®  ein.  SBeiter  jurüdt  fü^en  Iguftin 
unb  SKarcion.  SBa«  jenen  anlangt,  fo  fommtbef.  dial.  103  (ed.Dtto  ©.372)  in»etrac^t 

30  @^  toirb  bort  Sejug  genommen  auf  Sc  22,  44.  Sad  Semerfen^toerte  babei  ift  aber,  ba| 
l^uftin  au^brüd(li(9  bie  i^m  fonft  geläufige  Sttation  ba^in  änbert,  bag  er  nic^t  einfa(^  auf 
bie  äjio/Livrj/LiovsvibuiTa  xcbv  dkoGxoXcDv  fic^  beruft,  fonbem  fagt:  h  x,  äno/xv.,  ä  (ptjfu 
vjid  t.äjiooTÖlcDv  aifTov  xai  t.  ixelvoig  naQaxoXov&rjodyxcov  (WvriraY&ai,  yi- 
ygamai.    ©c^on  3^^  f<*"^   ^^^^   //^^"^  beutlic^e  ^inloetfung   auf  ha2  SSerl   etne^ 

25  a))oftolifd^en  Segleiterd,  toie  unfer  £t.  (31®  ©.  36),  toie  er  benn  über^mt^t  auf^  beftimmtefle 
^uftind  SHbl^öngigleit  k)on  unferem  £1.  be^aut)tet  (@.  46).  2!ßad  aber  äKarcion  anlangt,  fo 
ift  nic^t  nur  l^eutjutage  anertannt,  bag  er  unfer  britted  @bangelium  toefentlic^  in  feiner  ie^igen 
®eftalt  bei  3tu^rbeitung  feinet  @k)angelium^  k)or  ftd^  l^e,  unb  borf  bie  Umle^ng  be^ 
Ser^öltniffe^,  toonac^   3Rarcion^  @k)angelium   bie  ®runblage  bed  lanonifc^   £1.    bilbe, 

BD  al^  allgemein  aufgegeben  gelten,  fonbem  e^  ift  getoig  rid^tig  bermutet  toorben,  bag  SRorcion 
mit  ber  öon  il^m  Rol  4, 14  borgenommenen  ©treid^ung  ber  Sffiorte  6  largdg  6  äyoTttj- 
tög  einer  getoiffen  Slbneigung  gegen  ben  SJtann  £t.  I^be  3ludbrud(  geben  tooDen,  bie 
ftd^  nur  barau^  crllärt,  bag  il^m  beffen  ßbangelium  —  unb  gar  erft  bie  31®  —  biet 
\ad)  jum  S5}iberf})rud^  3lnla6   gab  (3a^n  ©.  175   unb   &R  II,  528).  —    Serüdpc^tigt 

86  man  ^iemebcn  ben  Umftanb,  bafe  toenigftenö,  loa«  ba«  (Sb.  betrifft,  auc^  nirgenb«  bie 
©pur  einer  abtoeic^enben  Irabition  ober  auc^  nur  —  bi«  in  bie  5Reujeit  —  eine«  ab= 
toeic^enben  Urteil«  fid^  jeigt,  obgleid^  boc^  in  ben  ©d^riften  felbft  nid^t«  birelt  auf  £1. 
führte,  fo  toirb  man  ^ugefte^en  muffen,  bag  ba«  xata  Xovxav  ber  ©bangelium^Ianb« 
fc^riften  —  für   fic^   felbft   eine  nic^t   ganj   beräc^tlii^e  3"f*ö"J.  —  ^wr^  ^'^^  f^  9"^ 

40  3:rabition  gebedtt  erfd^eint.  3lber  aud^  ein  3Biberf})ru(^  gegen  bie  31®,  ber  \a  ba«  6b. 
ntd^t  unberül^rt  laffcn  toürbe,  ift,  man  möchte  fagen,  nur  f^einbar  bor^anben.  ^enn  ba| 
3)Jarcion  unb  bie  ©einen  toie  angebeutet  ein  S3uc^,  toeld^e«  ber  toieberertoac^ten  morcio« 
nittfc^en  Jtritif  be«  19.  l^a^r^unbert«  al«  ^beal  einer  bie  ura))oftolifd^e  unb  poulinifc^e 
9lid^tung  au«gleid^enben  Senbenjfc^rift  erfc^ten,  ablehnen  mugte  unb  abgelehnt  ^tte,  auc^ 

45  toenn  e«  berbrieftc  3^0"'^^  f^^"^  Urfprunge«  bei  fid^  gehabt  ^ätte,  ift  eben  felbftberftönb« 
tic^.  Unb  nid^t  anber«  ftel^t  e«  mit  ber  bon  ©ufebiu«  (IV,  29)  berid^teten  Slblc^nung 
feiten«  ber  entratitifd^en  ©eberianer,  nur  ba^  bie  31®  bie«mal  mit  ben  ^aulu«briefen 
ba«  ®efd^id  teilt,  fotoic  bei  ben  bon  Epiph.  haer.  XXX  gefc^ilberten  ©bjoniten  (1.  c 
cap.  16).    3)a«  bertoerfcnbe  Urteil  ber  ÜRanid^äcr  enbUc^i  toarb   fd^on   bon  3tuguflin  mit 

5o3lec^t  auf  ihre  3lbneigung  gegen  bie  ^fingftgefd^ic^te  jurücfgefü^rt  (de  util.  credendi  7; 
ep.  237, 2).  3"  öllen  bier  ^äDen  ^anbelt  e«  fic^  gar  nic^ft  um  bie  litterarifd^e  Seßrei* 
tung  ber  lufanijc^en  3lutorfd&aft.  Um  fo  fc^toerer  begreif lid^  ift,  toie  ®über  in  ber  bor. 
3tufl.  b.  31.  \\i^  bon  ber  ^^ad^rid^t  be«  Patriarchen  $^otiu«  (Quaest.  ad  Amphiloch. 
145),  ba^  einige  in  Giemen«  31.,   onbere  in  Sarnaba«,  nod^  anbere  in  St.  ben  SSerfaffet 

56  ber  ä®  crblicfen,  fotocit  \}ai  berblüffen  laffen,  ba^  er  bie«  toirflid^  für  bie  Slnf^Kmung 
freiließ  „nur  äufeerft  Heiner  Greife"  ^ielt,  h)ä^renb  bod&  auf  J)latter  $anb  liegt,  bafe  ^iet 
eine  SScrtocc^felung  mit  ben  über  ben  |)br  umge^enben  SJleinungen  ftattfanb  (fo  auc^  3^^ 
©.  335,  ber  noc^  barauf  tocift,  bafe  bie  DJotij  be«  ^^otiu«  au«  einer  in  ben  Opp.  Chryso- 
stomi  ed.  3)lontfaucon  III,  757  ff.  unter  ben  ©>)uria  ftel^enben  ^omilie  fiammt  (764  D), 

60  fo  ba^  ber  betr.  ^rebiger  bie  ^ertoirrung  angerichtet  ^at).     @«  toirb   bobei  bleiben,  ba^ 


Sitiftd  htt  Snangeltfi  693 

bea(^iendn)erter  SBiberf^rud^  ober  aud^  nur  abtoetd^enbe  Urteile  über  ben  9(utor  ad  Theo- 
philum  [xd^  ntd^t  ^ben. 

3.  dürften  totr  nun  angejtd^tö  btefe^  3;^atbeftanbe^  bie  Irabttton  emfad^  über* 
nel^men,  fo  ergäbe  ftd^,  mie  {c^on  bemerh,  atöbalb  eine  er^eblid^e  @rtt>eiterung  un[ere^ 
SBiffend  um  bie  ^erfönlid^teit  unb  bie  Bd)\i]aU  bed  £1.  ß^^^^f^  tpürbe  flar,  ba^  tpir  5 
i^n  tDeit  länger  in  ber  ®efeQfd^aft  $auli  ^u  benlen  l^aben  al^  ftc^  au^  ben  SSriefen 
nac^toeifen  lägt.  Selanntlid^  erjä^lt  nämltc^  bie  91®  partientpeife  in  erfter  ^erjon 
^urali^.  3ji  ber  Serfafjer  be«  ©angen  ber  ^aulu^cfä^rte  2f.,  fo  fann  öemünftigers 
toeife  lein  QtoÄ^d  erhoben  toerben,  bafe  er  unter  biefem  „Sffiir"  f})ejiell  mit  ju  toerfte^en 
tfl,  be}tp.  hai,  too  bad  ,,3Bir''  auftritt,  er  old  älugen^euge  fd^reibt,  unb  nic^t  aU  einer,  ber  10 
frembe  ®orte  in  feinem  lejt  toiebergiebt ,  gumal  ba  ia^  auftreten  biefer  gorm  ber 
9eri(^terftattung  ba,  too  eine  SSergleic^ung  möglich  ift,  aufd  befte  jufammentrif^  mit  ben 
jKiuHnif^en  SRoti^en  über  21.  (bgl.  ftol  4, 14  unb  5ßl^il  24  mit  ben  bie  3eit  bon  21®  20, 5 
bi«©c^lufe  betreffenben  „Sffiirftücfen" :  20,  5—15;  21, 1—17;  27, 1—28, 16;  baju  ba« 
oben  bemerfte  ebentueDe  3uföwtwt«^ftimmen  öon  2  Äo  8  mit  31®  20,  6ff.  (bead^te  aud^  16,  is 
10—17).  35ieg  bebeutet  nun  aber,  ba|  £t.,  toenn  er  ber  3Serfaffer  ift,  and^  auf  benSReifen 
t)on  %xi>ai  bi«  $^ili))))t  balb  nac^  bem  älpoftelfon^il,  toeiter  bon  ^l^ilip^i  bid  ^erufolem 
unb  t)on  ^erufalem  biiS9iom  bor  unb  nad^  ber  ®efangennal^me  $auli  beim  3l))oftel  getoefen 
tfi  —  älber  nic^t  allein  ba«.  @d^on  längft  ^at  man  bemerft,  bag,  toenn  auc^  ba« 
„SBBir"  be«  recijt)ierten  lejte«  auf  bie  oben  angegebenen  SSerfe  befd^ränlt  ift,  ber  „Sffiirs  ao 
berid^f'  mö^lic^ertoeife  erl^eblid^  toeiter  greife,  nur  ba|  ber  (Sc^reibenbe  leinen  älnla| 
l^tte,  babei  bte  lommunilatibe  ^orm  angutoenben,  toeil  bie  betr.  Sä^e  jtoar  bon  folc^em 
reben,  toad  unter  ben  äluaen  be«  S3eric^tenben  bor  [lä^  ging,  toobei  er  aber  nic^t  birelt 
mit^belte.  Sod^  nod^  frül^er  al«  im  3ufammenl^ang  be«  erften  „SBirftüde«''  taud^t 
ba«  „aSir"  au^  in  ber  fd&on  ertoä^nten  2e«art  be«  Cod.  D  ju  ä®  11,  28.  35iefelbe  25 
^  9la|  ben  Slnfto]^  gegeben  }u  ber  f))äter  gu  berüi^renben  9inna^me  einer  bo))))elten 
Slecenfton  be«  ®efd^id^t«n)erfe«  burdb  21.  eigene  $anb.  ^n  bem  bef.  au«  2e«arten  bon  D 
unb  3Serh>.  erlennbaren  Äonjet)t  l9abe  2f.  fc^on  21®  11,28  jene«  t)fxcbv  gefc^rieben. 
9Ran  l^ot  über  biefe  ipvt'otl^efe  geftritten  (bgl.  unten).  Slber  ba«  fd^eint  mir  oderbing« 
f(^toer  beftreitbar,  bag  n)enn  man  bie  überlieferte  älbfaffung  be«  ®an2en  burc^  ben  ^au^  90 
liner  2t.  aner!ennt,  man  auc^  bei  biefer  2e«art  toirllic^  e«  mit  einem  au«  feiner  ^eber 
flammenben  Xejtbeftanbteil  ju  tl^un  ^at.  SBeber  ber  SSerfud^  bon  SBei^,  toonad^  eine 
toomöglid^  burd^  ein  3^if(^^nglieb  bermittelte  Jloneftur  in  med^anifd^em  ^nfc^lu^  an  ba« 
fj)ätere  „Sffiir"  borliegen  fottCStU,  XVII,  ©.111,  nod^  entfc^tebener  ^axnad  213321  1899, 
©.316)  rwd)  bie  9Reinung3lamfa^(©.  23;  172  f.),  toonac^  ein  mit  2lntiod&ia  gufammensss 
bongenber  9iebaItor  ba«  „toir''  ein^efc^altet  ^aben  foQ,  l^aben  befonbere  äBa^rfd^einlic^Ieit 
für  fid^.  $at  S3Iag  nic^t  red^t  mtt  feiner  2lnna^me,  ba^  ein  ^araUelte^t  borliegt,  ber 
bem  Jlon2e)>t  be«  21.  entftammt,  fo  toirb  nid^t«  übrig  bleiben,  al«  bie  SBorte  birett  jum 
Urtext  gu  machen  unter  ^rei«gqbe  ber  lectio  recepta  (bgl.  aud^  2!ßei|  a.  a.  O.).  Samit 
aber  ift  bann  nid^t  nur  bie  Überlieferung  bon  ber  ^erfunft  be«  2!.  au«  2(ntiod^ien  be«  40 
ftätigt  (bgl.  oben),  fonbem  berfelbe  toirb  auc^  bereit«  bor  ^auli  erfter  3Jliffu)n«reife  al« 
®lieb  ber  antiod^enifd^en  ®emeinbe  mit  bem  2l))oftel  in  perfönlid^e  SSejie^ung  gefegt; 
m.  CL  SB.  toir  ^oben,  bie  ^id^tigteit  berXrabition  über  bie  ©d^riften  borau«gefe(t,  in  2t. 
einen  ®efä^en  ^auli,  ber,  toenn  er  aud^  nic^t  ftetig  in  be«  9[))oftel«  9tä^e  toar,  bod^ 
früher  al«  ein  Ximotl^eu«  unb  tool^l  auc^  Xitu«  ü^m  in«  2luge  gefc^aut  ^at,  ber  mit  ibm  46 
aetoefen  ift  in  ®efa^ren  ju  äBaffer  unb  ju  2anbe,  mit  bem  ^eien  toie  mit  bem  &^ 
fanaenen,  unb  ber  fd^lieglic^  bei  i^m  ftanb,  al«  bie  ©chatten  be«  S£obe«  be«  2lpoftel«  2Beg 
umfüllten. 

9(ber  noc^  me^r!  tiefer  SJtann  erfd^eint  bann  ntd^t  nur  al«  ein  d^riftlid^  gefmnter 
^eunb  unb  älnl^änger  be«  2lpoftel«,  auc^  nic^t  blog  al«  ber  2lnt,  ber  bie  ®abe  ^atte  go 
bem  2l^oftel  ben  leiblid^en  $ul«  ju  füllen,  fonbem  toir  l^ätten  ipn  ju  beuten  al«  einen 
bielgereiften,  bielfeitig  intereffterten  unb  informierten  SWann,  ber  aJtte«,  loa«  um  i^n  l^er 
borging  fd^rfen  2luge«  ju  beobachten  berftanb  —  beuten  toir  an  ben  ©d;iffal^rt«berid^t! 
—  ber  fic^  ^ineinjuberfe^en  tou^te  in  bie  (Sm})finbungen  unb  SorfteDungen  ber  SSor^ 
nel^men  —  er  fc^reibt  für  „©eine  ©EceDenj"  I^eop^ilu«  —  unb  ber  bocp  berftanb,  fo  55 
einfacfi  px  reben  unb  ^u  beuten,  bafe  auc^>  ber  Einfältige  feine  SBorte  faffen  tonnte  — 
man  lefe  bie  Äinb^eit«gefd^ic^te  ober  bie  2lbfc^>ieb«fcenen  auf  ber  legten  Steife  nad^  ^ttn^ 
falem!  —  ^^fonberl^eit  geigt  er  fid^  aber  al«  guter  §iftoriter.  6«  mag  \a  getoife  mifeber« 
ftänblic^  fein,  toenn  Slamja^  i^m  Jogar  ba«  ^räbitat  eine«  ^iftoriter«  „erften  Stange«" 
betlegt  (©.  3).     ©c^toerlidp  ^ält  alle«,  toa«  biefer  ®ele](^e  al«  3^^  raffinierter  ybax»  eo 


694  Sttlad  htt  Sumigdifl 

fteQuna^hinft  regtftriert,  tDtrRid^  bei  naiverem  ß^f^^^^  ®^^-  S^mer^  bletbm  in 
ber  %^at  eine  9teil^e  SSeoBad^tungen,  bie  un^  9ief))elt  beibringen  nid^t  nur  k>or  ber  ^eim 
l^örigleit  bed  äludlegerd,  fonbem  au(^  t)or  ber  ^njtnnigleit  bed  Xutord,  ber  gefc^i^ftfic^ 
Situationen  unb  $erfönlid^leiten    mit   toenigen  SBorten  gutreffenb   d^alterijtert,   bun^ 

6  leidste  9luancen  be^  ä(u^bru(!d  geh>ifie  Umft&nbe  anbeutet,  unb  fid^  bamit  cii  fod^btnbig 
oft  aud^  in  |e^r  nebenföd^lid^en  fünften  ertoeift.  @elb{l  eine  ben  SI.  oblel^enbe  unb 
t)iele  ber  berid^teten  XJ^otfac^en  unb  3^1^^^^^  beftreitenbe  5triti{  1^  ft(^  bem  Sinbrud 
nid^t  ganj  k)erfd^Iie|en  lönnen.  ÜJtan  beachte  befonber^  bad  t)erbreitete  günftige  Urteil 
toenigftend   über  bie  ,,SBirftüd(e''  ber  9(@.     92immt  man  f^mn,  tuod  bod  $ro5mium 

10  bed  &>,  lel^  über  bie  ^ä^igleit  bed  @(^reibenben  m  untencbeiben  )h)tfc^en  Seric^t 
unb  DueQe,  foh>ie  über  feine  Srienntnid  ber  SRottoenbigleit  ,,rritif(^er"  SSorarfreit,  unb 
lombiniert  man  nun  bie^  aUed  mit  bem,  \oa&  über  bie  £ebenSt)erl^ätoitf[e  be^  SL 
un^  belannt  toarb,  immer  borau^efej^,  ba|  bie  Xrabition  im  Steckte  tfl,  fo  tofitbe 
aQerbingd  ber  befd^eibene  ärjtlid^e  Segleiter  bed  $aulud  )u  einer  ^erfönfic^Iett  t>on  gan) 

16  ^erbonagenber  SSebeutung  für  alle  3^^  ^"^  f^^  @qriften  müßten  biOigertDetfe  )u 
ben  aQererften  ©runblagen  für  unfere  (Srfemttnid  ber  Urf))rünge  bed  Sl^entumd  unb  ber 
d^riftlid^en  itirc^e  bienen.  3)ie  ^^age  tft  nur,  ob  nicbt  t)ieQeid^t  bod^  fntifc^e  Sebettten  bor« 
l^anben  ftnb,  toeld^e  l^inreid^en,  felbft  eine  fo  gute  ^rabition  ju  toiberlegen. 

4.  Sie  hitifc^e  Seanftanbung  ber  lulanifc^en  9(utorfd^aft  ^at  ftdjf  oud  no^tc^enben 

20  ©rünben  mel^  auf  bie  9(@  ate  auf  ba^  (Sbangelium  gerid^tet.  ^e  in  biefem  berichteten 
^atfad^en  lagen  auf  aQe  ^äQe  toeiter  )urüd(;  ber  älutor  er^ob,  auc^  ti>enn  ed  2t.  toor, 
!einerlei  9(nf))rud^  auf  älugenjeugenfd^aft  ober  gor  S3eteiligung  an  ben  @reigniffen,  man 
lonnte  i^m  bermeintltd^e  Umgeftoltungen  bed  äBirllid^en  el^er  )u  gute  ^en;  angeblich 
Iird^en))oIitifd^e  Xenbenjen  lonnten  fiel  bon  boml^erein  nid^t  fo  beu^ic^  nac^toetfen  [offen, 

26  aU  man  ed  ba  tl^un  ^u  lönnen  glaubte,  too  fd^on  „Iird(feni>olitifd^e"  @retgniffe  ©egen- 
ftanb  ber  3)arfteQung  toaren;  „unglaubtoürbige''  Singel^ü^e  toerbcn  in  groger  ^aifl  auäf 
burd^  3Rc  unb  3Rt  gebedtt,  benen  man  bielfad^  nod^  $la^  m  ber  a))ofio(tf(^en  3^  glaubte 
antoeifen  }u  muffen.  Sod^  ift  ba$  Urteil  über  ba^  ©Danoelium  natürlich  bem  über  bie 
^&  gefolgt.    3)ie  3Jleinung,  bag  ed  fi(^  um  t)erf(^iebene  93erfaffer  ^ble,  iß  nur  feiten 

80  unb  k)erflaufuliert  ^erborgetreten  unb  toirb  burd^  bie  ©leid^artiglett  beiber  9BerIe  nac^ 
@))rad^e,  älnfd^auung^toeife  unb  3Jlanier  ber  3)arfileQung  bon  felbft  toiberlegt  (DgL  Rältt, 
@.  414 ff.;  ^ebrid^,  Da«  Su!a«eb.  unb  bie  a®  SBerle  beöf.  Serf.  1890;  auc^  »ogd 
unb  öatolin«  a.  a.  D.). 

man  lann  nun  gemäg  bem  ®ang   ber  ©efamtenttoidelung  ber  hitifd^  Xrbeit 

86  am  9teuen  Xeftament  ^toci  $aut)trid^tungen  in  ber  Jtritil  auc^  ber  lulantfc^en  Sd^ften 
unterfc^yeiben.  Die  eine  ift  bie  „tenben^tritifd^e''.  Die  urf))rünglid^  Snfd^mmng  ifi  bobei 
bie,  bag  beibe  Schriften,  in  il^rer  gegentoärtigen  §orm  toenigften«  bematoetten  2[al[^r^unbert 
entftammenb,  gefc^rieben  feien,  um  in  bem  brennenben  Streit  jtoifcpen  2lubaidmud  unb 
^aulini^mu«  in  betougter  SBeife  SSerföl^nung  ftiften   m   l^elfen,   inbem  n&mlic^  Xl^en 

40  unb  SSorte  ^efu  unb  bann  feiner  beiben  großen  9(t)oftel  in  lül^nfter  UmtDonblung  ber 
aßtrflid^Iett  fo  bargefteUt  toürben,  bag  leine  ber  beiben  Parteien  fortbin  bie  SRöglic^Iett  l^oben 
follte,  fic^  tooD  barauf  ^u  berufen.  SJielmel^r  fottte  bie  Darftellung  baju  bienen,  einer  35«= 
mittelung  SSoben  ju  fd^affen,  bei  ber  aderbing«  toeitge^enbe  ^orberungen  be«  nod^  übertoiegem 
ben  ^ubai^mu«  auf  bogmatifd^em,  et^ifd^em  unb  ))rattif(^em  @ebiet  anerlannt  bleiben  foDten, 

46  bod^  unter  ber  Sebingung,  bag  einerfeit«  ber  ))au(inif(^e  Uni))erfali«mu«,  anbererfeit«  bie 
))erfönlid^e  ©leic^bcrecftigung  $auli  jugeftanben  toirb,  —  ein  ^ebendborfc^Iag  alfo  eined 
„5ßauliner«"  an  bie  ®egen})artei.  ©o  —  unter  Berufung  auf  ©c^nedknburger.  Über  boi 
3h)ecf  ber  ä®  1841  —  bef.  %,  S.Saur  (Ärit.  Unterff.  Jc,  ©.501  ff.;  ?ßaulu«^,  ©.8jf.) 
unb  3^0^  (31®  ©.3 16  ff.).    Die«  toarb  bann  toeiter^in  mannigfad^  umgebilbet    9m  ent^ 

60  fc^eibenbften  unb  einflugrcid^ften  burc^  Ok)erbed(  mx  91®,  ber  im  3uf<^^^^i^^S  ^ 
einer  injtoifc^en  pr  3?or^enfc^aft  gefommenen  äuffaffung  ber  älteften  Äird^engefc^ic^^te  bie 
Xenbenj  ber  93erf5l^nung  jtotfd^en  jtoei  gl  eid^jeitigen  Parteien  aufgab  unb  Dielme^  einen 
9(u«gleid^  jtoifc^en  SSergangenl^eit  unb  ®egentoart  finben  tooQte.  Die  91®  —  er  ^onbelt 
nur  t)on  i^r  —  ift  i^m   „ber  3Serfuc^   eine«  felbft   toom   urd^rifUit^  !3ubai«mu«  fc^on 

56  ftarf  beeinflußten  §eibend^riftentum«,  ftd^  mit  ber  SSergangenl^eit,  in«befonbere  feiner  eigenen 
@ntftel^ung  unb  feinem  erften  S3egrünber  $au(u«  au«einanber)ufetot'',  toobei  e«  natürlich 
aud^  nid^t  o^ne  betou^e  Umbilbung  ber  ®efci^ic^te  abgebt  (in  be  SBette«  eseget  ^Vb.  I,  4, 
4.  aiufl.  ögl.  bef.  ©.  XXXI  f.). 

Die  anbcre  gorm  ber  jlritif  ift  bie  „litterarlritifc^e".     Da«  Gl^aralterifKfd^  ifl  ^er, 

60  baß  bie  be^au^tete  Un)uläng(id^leit  ber  DarfteQung  beiber  ©d^riften  jurücfgefül^rt  toirb  auf 


2vSa»  htt  Snitttgelifl  695 

bie  3uf^^^^^^^^i^^0  älterer  QueQen  bon  fe^r  berfd^iebener  ^£enben},  ^erlunft  unb 
SQSert  burd^  bie  ^onb  eine^  3Jlanned,  ber  ben  Singen  nid^t  mel^r  no^e  ^enug  ftanb,  um 
feine  SSorlagen  be^ertf(^en  )u  lönnen.  9(ud^  biefe  ^(uffaffung  ^t  toie  bie  tenben}trttifd^e 
in  Sc^nedenburger,  i^re  SSorläufer  unter  ben  äSerfed^tem  ber  "ilrabttion  bon  ber  lu!an. 
^erhinft  ber  ©Triften;  fo  bef.  in  ©c^Ieiermac^er  (Ueber  bie  ©Triften  be^  21.,  I,  1817).  6 
3^))if(^  SSertreter  unter  ben  Steueren  ftnb  \ptii.  mit  Se^ug  auf  bie  3(@  beif))tefötDeife 
&p\tta  (Sie  ä®,  i^re  Queffen  2c.  1891)  unb  ßlemen  (GJ^ronol.  ber  panl  Briefe  1893, 
€.  97  ff.),  ober  aud^  ^(|mann,  @inl. '.  9tur  bag  bei  i^m  fd^on  beut(i(^er  ^eraud« 
tritt,  h>ie  beibe  fritifc^e  iRicptungen,  —  and)  bei  ben  (benannten  nid^t  o^ne  Berührungen 
(IwL  jL  S3.  3«D^  SBürbigung  ber  SBirftüdte,  Element  „jubenfreunblid^er  unb  jubenfeinb*  lo 
lidjer  Slebaltor"  ber  Stt®),  — -  fid&  miteinanber  öerfc^Iingen.  Sie  mannigfaltigen  5Ruancen 
bier  angufül^en,  ift  nic^t  angebrad^t  SJlan  fel^e  bad  Steferot  barüber  bei  3<^^  a.a.O., 
bei  $ol|mann,  bei  6(emen,  im  %f)^^  u.  f.  tp.  @benfo  erfd^eint  ed  l^ier  nid^t  angejeigt 
unb  über^ut)t  unfruchtbar,  ju  berfuc^en,  ben  einzelnen  @rünben  ber  einzelnen  itritiler, 
mit  benen  ie  bie  betreffenbe  ^ofition  überjeugenb  gemad^t  tperben  foQ,  na^jugel^en.  ®d  u 
lommt  immer  toieber  barauf  ^inau^,  tpa^  fc^on  9aur  unb  Qcütt  ^erborlel^en,  bag  1.  bie 
®efamt}ei(^nung,  bie  Stimmung  jo^ufagen  bed  S3erid^te^  bed  @b.  toie  bef.  ber  ^®  mit 
ber  fonft  }u  ermittelnben  gefc^i^tlid^en  9BirIIic^Ieit  in  einer  SBeife  ftreite,  toelc^e  bie  30>* 
faffung  bur(^  einen  ben  @reignif(en  fo  na^e  fte^enben  SJtann  toie  £1.  au^fd^Ue^e,  ja  bie 
gntereffen  fpöterer  Q^t  burc^fd^immem  (af(e ;  ba^  2.  au(^  im  einzelnen  fid(i  SSorfteQungen  ao 
jeigen  f oDen,  toeld^e  erf ennen  lajf en,  ba^  bie  3rit  3efu,  toie  feiner  3lpofteI  bereit«  im  ©d^Ieier 
ber  SSergangen^eit  liegt,  ftatt  tpie  man  bei  einem,  ber  nod^  lange  mit  ben  ä())ofteln  ber- 
fe^rte,  ertuarten  foUte,  noc^  bie  fd^arfen  Jtonturen  ber  äBirllid^Ieit  aufjutoeif en ;  unb 
ba^  3.  auc^  ))ofttibe  2Biberf;prüd^e  ju  folc^em  unb  f)66)\t  oufföUige  3{erf4n>eigungen  bon 
fol(^em  fu^  finben  foÜen,  tpa«  anbertpärtd^er  an^  unanfed^tbaren  OueQen  betannt  ift  unb  26 
einem  St.  nid^t  ^ötte  unbetannt  bleiben  lönnen,  fo  bag  bie  Sifferenj  jtpifd^en  bem  Sendet 
unb  bem,  toa«  m  berichten  tpar,  fotüeit  fie  nid^t  au«  ber  Xenben^  einer  ]päittm  3^t  ju 
erflären  fein  fou,  au^  ber  Unlenntnid  berfelben  ftammen  mu^. 

3Rit  biefen  brei  @tüd(en  h>irb  man  fu^  alfo  au^einanberfe^en  muffen.    2!ßad  neben« 
^er  ethKt  nod^  in  Setracbt  tommt,  lä^t  ftdt^  gelegentlid^  erlebigen.    Sie  ^age  ift,   ob  bieao 
SintDonbe  ^inreid^enb  ftnb,   toirilid^  gum  ^luf^eben  einer  fo  ftorten  Xrabttion  gu  nötigen, 
ober  ob  fie  nid^t  bielletd^t,  fei  e«  burd^  richtigere  Slu^legung,   fei  e«  burc^  jutreffenbere 
SBürbigung  ber  älbftc^ten  mie  ber  Situation   be«  trabitioneuen  9(utord,  be^to.  burcb  ben 
emftlic^en  SSerfuc^,  feine  SarfteQung  als  eine  anbere  SSeleud^tung  nur  ber  fonft  berichteten 
Xl^ac^en  uir  @eltung  )u  bringen,  fotoeit  [xä^  erlebigen,  ba^  man  bie  SJtöglid^Ieit  luta«  86 
nifc^er  SKbfajfung  jugefte^en  mu^,  toomit  bann  bie  burc^  bie  Xrabition  gebotene  älßal^s 
fc^einlic^Ieit  toieber  in  il^  Stecht  tritt  unb  bie  ^ofitib  für  fte  fpred^enben  Momente  toieber 
i^  SSoQgetDic^t  getoinnen.    @in  SSerfud^  bie  @ntfte^ung  ber  ©c^riften  in  baS  ©anje  be« 
gefc^id^tlic^  unb  litterarifd^en  ^roiejfed  ber  a))oftolifd^en  3^  J^inein^ujeid^nen  unb  bmteben 
bie  SRögltc^Ieit  ober  SBal^rfd^einlic^feit  ber   tritifc^en  ip^))otl^efen  )u  bergleic^en,  ^ätte  bie^o 
Unterfu^ung  abmfc^lie^en.  Senn  erft  toenn  le^tere«  gefc^e^en,  toirb  man  bon  einem  fu^eren 
9IefuUate  reben  tonnen.    Sa«  ^olgenbe  tann  natürlid^  nur  3lnbeutungen  geben. 

5.  Ser  natürlid^e  3lu«gang«))untt  für  bie  Unterfud^una  ift  ba«  @bangelium.  @d 
loirb  eingeleitet  burc^  ein  ,;$roömium'^  3Jlan  toirb,  um  objettib  ju  berfa^ren,  badfelbe 
borläufig  fo  betrad^ten,  ba^  bie  trabitioneQe  lutanifc^e  älutorfc^  boraudgefe^t  unb  ge»  46 
fragt  toirb,  toa«  [xd^  unter  biefer  93orau«fe(ung  ergebe,  um  bann  ju  ertoägen,  ob  bie«  Sr« 
gebni«  ein  in  fic^^  übereinftimmenbe«  fei.  —  ©ne  33orfrage  ift,  ob  bie  SSerfe  fid^  nur  auf 
ba«  @b.  ober  aud^  auf  bie  äl@  bejiel^en.  ObtDo^l  befonber«  burc^  ^^f)n  eine  9leil^e 
fc^rfftnnigß  jufammengefteQter  ®rünbe  für  bie  le^tere  3Jleinung  in«  ^elb  gefül^rt  toerben, 
toirb  man  fie  boc^  au«  nic^t  minber  fc^toertoiegenben  @rünben  be^toeifeln  bürf en.  ^ebenfaU«  60 
toirb  e«  ftd^  empfehlen,  borläufig  bie  SSejiel^ung  nur  auf«  @bangelium  anmne^men, 
tpo«  ia  niAt  au«jc^lie^t,  ba|  man  ^interl^er  auc^  bie  äl@  in  i^rer  9Beife  unter  bie  SQSorte 
geftellt  bentt. —  2Ba«  ift'«  nun,  toa«  fte  un«f  fagen?  —  ©ie  bejeid^nen  ba«  (Sbangelium 
al«  gefc^eben  für  einen  borne^men  3Rann,  ber  bom  (S^riftentum  {d^on  getoiffe  Jlimbe 
fyd,  o^ne  boc^  fc^yon  S^rift,  \a  auc^  nur  „Jtatec^umen''  im  f))äteren  9Bortfinn  )u  fein  (bgl.  66 
3a^  ©.361).  2Bie  biefe  ^unbe  geartet  toar,  erfahren  toir  freilid^  nid^t.  ^öd^ften«  ba^  ]xt 
im  gan}en  in  paulinifc^em  ®eift  gehalten  toar,  ift  borau«2ufe^en.  Surfen  toir  einen 
©d^lu^  jiel^en  au^  ben  9teben  ber  31®,  fo  l^at  ^^eo))l^ilu«  bemommen  bon  bem  ®ott 
^immel«  imb  ber  @rben,  ber  ftd^  ben  3Jlenf^en  lunb  getl^an  b^be,  junäc^ft  in  ^«rael, 
ol«  ber  @inige  ^ztt,  ber  aber  in  le^en  3^^  gefanbt  l^abe  ^efum  @l^riftum,  toelc^er  6o 


696  Snftid  htt  SuftitgeHfl 

ftd^  betj^öttgt  l^abe  in  98ort  unb  SBunber,  Don  bm  ^uben  and  Jtreu)  ae^gt  fei,  aber, 
auf erftanben  bon  ben  Xoten,  nun  lebe  unb  regiere  ein  ^eilonb  für  aOe,  bie  bei  ü^  SSergebung 
il^rer  ©ünben  fud^en.  Samit  berbunben  toar  natürli^  mancherlei  detail  über  bie  ^tfyäm 
unb  Sieben  btefed  (Sl^riftud,  fd^toerlid^  aber  irgenb  eine  jufammenl^&ibe  Darbietung  bar  eb. 

6  ©efd^id^te  (bgl.  meine  abfrage  @.  17  ff.  134  ff.).  Der  @t)angeli{l  fe^t  nun  boroud,  boft  Z^ 
))l^tIuS  (ebenfo  tpie  tttoa  tl^m  öl^nlic^  fUuierte  Sefer)  fic^  gu  fold^er  Itunbe  nic^t  abUfmenb 
berl^alten  l^at,  ba|  ed  aber  barauf  anlomme,  il^m  burc^  tüeitere  Darreid^ung  einen  @tnbfi(f 
in  bie  äaq?(iXsia  bed  (gehörten  }u  berfd^affen.  Die  ^age  ift,  in  n>el(^er  Stic^tung  bieS 
SSebürfnid  gu  beden  h>ar?  —   Da^  ed  ftd^  nid^t  blog  um  bie  S3eh)äl^rung   einzelner  Qx» 

10  näl^lungen,  eth>a  gar  bef.  ber  9Bunber  l^anble,  ift  Kar.  Setont  ber  SSerIfaffer  aud^  fein 
forgföltiged  ^orfd^en,  ia  mad^t  er  in  ber  91®  burd^  baS  „SBir"  auf  feine  eigene  Xugem 
^eugenfc^aft  gelegentlid^  aufmertfam,  fo  bemül^t  er  fid^  boc^  nid^t  tDeiter  borum,  im  etn}dnen 
feine  SrjöJ^lungen  aU  toaffx  ju  ertoeifen.  Obenbrein  lag  bem  Sehm^ein  ber  3^  ^^ 
Sebenlen  toeniger  n(ä)c,  Dagegen  mochte  ein  anbered  einem  ^eo^l^Iud  nabe  liegen.  SBie 

16  bemerlt,  l^e  er  getüi^  leinen  georbneten  Unterrid^t  emf)fangen,  bofür  ober  mancherlei 

unb   berfd^iebenartiged  aud  ber  eb.  ©efd^id^te,  aud^   loo^l  in  berfd^iebener  Stelotiim  ju 

«l^ören  belommen.    ^r  ben  naiben  ÜJtenfd^en  ift  fold^ed  lein  SDlan^el.    ®r  begnügt  ftc^ 

mit  „Oefd^ic^ten",  je  mel^,  befto  lieber.    Slnber«  beim  l^ö^er  ©ebtlbeten.    SBol^I  finbet 

fidt^  aud^  ^ier  eine  äl^nlic^e  @rfd^einung:  ba  nämlid^,  h)o  bie  ©runbtl^^ad^e  bed  @bam 

20  geliumd  „®ott  in  S^rifto  bie  SBelt  berfö^nenb''  gan}  unabhängig  bon  Sißmng  ober  Un< 
bilbung  bed  ©ubjeltd  mit  übertbältigenber  ÜRad^t  ium  inneren  Srlebnid  getDorben  ift,  mit 
ber  StiQung  bed  religidfen  Sebarfd  aQe  StefTe^ionen  überf))ringenb  unb  aued  „^ißorifteren" 
über^olenb,  unb  ben  „übergefc^icbtlid^en'^  ben  burd^  ben  Zot  erl^bl^ten  gegentpärtigen 
S^riftud  in  bad  Zentrum   aü^x  ©ebanlen   rüdtenb.    ßier  toirb  j|ebe  @in}dgefc^i^te  ein 

25  3^9>^i^  f^^  ^^^  ©anje.  SJtan  tbirb  ed  gerabeju  old  ifenn^eic^en  gefunben  „ebongelifd^" 
(Glaubend  anfe^en  bürfen,  ba|  biefer  fo  fid^  unabhängig  toei^  bon  ben  älefultaten  ber  „Seben- 
^efusf^orfd^ung''.  9lber  bedtoegen  bleibt  bod^  im  allgemeinen  ber  ^rieb  bed  ®ebilbeten 
auf  ©dd^id^te.  Der  mäd^tig  borbringenbe  3^ugengeift  eined  ^aulud  batte  benfelben  bei 
feinen  $orem  aQerbingd  too^l  geittoeilig  gurüdgebrängt.  Der  9l))oftel  berftonb  ed,  bie  l^eiä« 

80  berlangenben  Seelen  unmittelbar  mit  ftd^  l^imurei^en  in  jene  centrale  (9etbi|l^,  bie  m^i 
,,]^iftoriftert".  S^riftu«,  ber  Oelreujigte  bor  Slugen  gemalt  unb  ß^riftud  ber  (Sr^^te  in 
bie  §crjen  g^flanjt!  bad  toar  fein  SBeg  geloefen.  Sin  3;^eoj)l^iIuö  jebod^  unb  feinet 
gleichen,  an  bie  bad  @bangelium  me^r  burd^  ^renfagen  gelommen,  tooDten  hod^  gefc^id^tTtc^ 
informiert  fein.  Unb  bem  entfjjrid^t,  loa^  bad  H^^oömium  in  v.  3  in  2ludfic^t  fteHl  Der  6b. 

86  ift  aDem  bon  3lnfang  herein  genau  nad^gegangen  unb  tüitt  je^t  xa^e^fjg  babon  berichten. 
Da^  bie«  xa'&e^fji;  nid^t  einfad^  bie  c^ronologifd^e  Drbnung  audfagt,  ift  fd^on  oft  fefl« 
gefteCit  toorben.  (giS  h)irb  ein  ©d^reiben  gemeint  fein,  bei  bem  bie  Dinge  in  i^rem  gegen^ 
f eiligen  SSerl^alten  mr  DarfteHung  lommen.  ®« l^anbelt  fic^  nic^t  nur  um  ein  ovvrdoociv, 
ein  5lebeneinanberftellen,  fei  e«  nac^  einem  fad^lic^en  ©d^ema  ober  nad^  ber  äußeren  3«^ 

40  folge;  fonbem  e«  foQ  ein  innerer  3ufammen^ang  be«  ©efd^e^enS  heraustreten,  ^o  genau 
ba«,  toa«  bem  angenommenen  Seoürfni«  be«  X^eo))l^ilu«  angemeffen  toar.  üRon  toirb 
jugeben  muffen,  bag  hierin  nid^t  ber  minbefte  9lnla^  liegt,  £1.  nid^t  al«  @d^ber  )u 
benfen. 

(Sin  fold^er  liegt  aber  aud^  nid^t  in  ber  (Erinnerung  an  bie  Vorarbeiten  bieler  in  v.  1. 

46  SBir  l^aben  fretlid^  nur  nod^  eine  Heine  ^a\fi,  bon  ©bangelienfd^riften,  bie  toir  ettoa  ol« 
borlulantfd^  an^ufel^en  in  ber  Sage  fmb.  Dod^  änbert  ftd^  ba«  aud^  nid^t,  toenn  toir  um 
einige  Dezennien  l^eruntergcl^en  mit  ber  Datierung  unfere«  britten  ®bangelium«.  SBit 
muffen  un«  in  biefe  ^l^atfac^e  finben,  bafe  ^ier  mand^e«  befinitib  berfc^tounben  ifi  Stter 
toir  ):iaitn  bod^  etliche«  SJlaterial,  fei  e«  in  urfprünglic^er,  fei  e«  in  toeiter  berorbeiteter 

60  ©eftalt,  toomit  \ü\x  ba«  nolXoi  too^l  bedten  fönnen  (bgl.  unten),  ©el^r  lange  jubor  mufe 
unb  toirb  ba«  nid^t  entftanben  fein.  SVür  21.  aber  mo^te  ba«  §eranloac(^fen  einer  folc^ 
Sitteratur  ben  ©inn  fc^ärfen  für  il^rc  iKottoenbigfeit,  nic^t  nur  im  3;ntereffe  ber  gläubigen 
G^riften,  bie  je  me^r  unb  mel^r  ber  münblid^enWitteilung  einzelner  ©innerungen  burd^bie 
34)oftel  entbehren  mufUen   (bgl.  3Kc),    aud^   nic^t   nur   im  ^intereffe  be«   jübifc^  unb 

66  jubenc^riftlid^en  Setoufetfein«,  ba«  einer  ©id^erung  be«  „mefftanifd^en"  Hnf^jruc^  3^ 
beburfte  (bgl.  3Kt),  fonbem  ^hm  im  3i"tcreffc  fold^er  Reiben,  tüie  toir  ben  3^ot)bilu^ 
ju  (^arafterifteren  betfuc^ten.  Unb  fo  unternahm  er  benn  feine  2lrbeit,  b«to.  fcpricb 
junäd^ft  biefe«  ^J^oömium.  SBiebcr  toirb  man,  toie  bemerft,  nid^t  bel^aubten  rönnen,  bofe 
bie  3lu«fagen  be«fclben  ber  3:rabition  betreff«  bie  Slutorfd^aft  be«  SI.  gutoiberlaufen. 

GO         $lber  ift  nun  auc^  bie^u«fü^rung  berart,  ba|  manba«  gleid^e Slefultot  getoinnt? 


2nia»  htt  Snattgeltp  697 

®me  Sd^ritt  für  Bä^nü  t>ot)mxt^  gel^enbe  Unterfud^ung  tDürbe  jtDedd  Seant« 
iDortung  biefer  ^age  bo^  Sbangelium  juerft  für  ftd^  in  Setrad^t  m  nehmen, ^aBm,  um 
boTon  bann  ergängenb  bie  Siergleid^ung  ber  anbeten  @bb.  ju  f^Kelen.  S9ei  ber  immer 
oOgemeiner  ft^erbenben  3(nertennung  aber  ber  S^atfad^e,  ba^  tpenigftenS  ba^  @tne  biefer, 
hod  9Kcs©)angelium  unb  jtDar  toefentlii^  in  feiner Je^igen  ®eftalt,  bem  2t.  öorlag  unb  6 
Don  i^m  benu^t  toarb,  barf  ^ier  in  ablürjenber  Seife  aldbalb  mit  einer  SSergleid^ung 
bed  ÜRc  eingef^t  tDerben.  ^n  ben  älbtoeic^ungen  tpirb  bad  (S^ralteriftifd^e  bed  £1.  be^ 
fonberd  beutlic^  toerben.  ^n  viererlei  Seael^ung  unterfd^eibet  ftd^  bie  9lnlage  bed  £1.  bon 
9tc  —  1.  äBöl^nb  3Jlc  bie  ganje  SarfteOung  in  jtDei  großen  @r}ä^Iungdgn4)))en  hat: 
a)  3efu  9Sirten  in  @alilöa,  b)  bon  bem  ä(uf6ruc^  aud  ©alilöa  (10, 1)  bid  jum  Öfter«  lo 
morgen,  giebt  £1.  jtoar  biefelben  beiben  ©xuuppm,  fteQt  aber  ber  erften  fein  Jlinb^eit^ 
eDongelium  k)oran,  ber  jtoeiten  feine  9(uferfte^ungdgef(^id^te  nad^,  unb  fügt  ^toifc^en  beiben 
ben  frül^er  fogen.  Sleifeberic^t  9,  51—18, 14  ein.  —  2.  393ä^renb  £1.  bem  9Rc  innerl^alb 
ber  @ni))))en  a)  unb  b)  meift  auf^  genauefte  folgt,  nimmt  er  bod^  an  einigen  @teQen 
fra))t>ierenbe  UmfteQungen  bor;  man  t>al.  beif^iel^toeif e :  bie  ©efangennai^me  bed^uferd;i6 
bie  9la}aret^fcene  (aOerbing^  mit  offenbar  anberer  DueQe);  bie  2lüngerberufung  (ebenfo); 
SRutter  unb  Srüber;  3Sortourf  bed  Seljebulbünbniffed;  Oleid^nii^  bom  ©enflom.  — 
3)  älud^  too  bie  UmfteQungen  ed  nid^t  k)eran(a^ten,  finben  ftd^  bod^  öfter  mmtoürbige 
Suäaffungen  im  äSergleid^  mit  bem  fonft  ))araQeI  laufenben  Snc^SSeric^t;  man  t>gl.  ba^ 
^^len  bed  @leid^niffe^  t)om  felbfttoad^fenben  @amen;  ber  ganzen  Sr^ö^lung^grut^pe  bom  ao 

gleiten  ©eefturm,  bem  ^önbetoafc^^en,  ber  5Rorbreife,  ber  jtoeiten  ®i)eifung  unb  bem 
linben  in  ^et^faiba;  f))öter  berS^efrage;  ber  %:age  nad)  bem  bomel^mften  @ebot;  ber 
®ottberIaffen^eit  am  Jtreu)  u.  a.  m.  —  4.  ^c^  auger^alb  ber  brei  großen  3^!^^ 
(f.  Bub  1)  finben  ftd^  eine  Steige  (Einfügungen,  toie  9erg))rebigt ;  $au))tmann;  ^üng« 
Itng  bonSlain;  bie  ®ru})))e:  2äuf erfrage,  @ünberin,  bienenbe  ^auen*  3^^^^^»  $t^^^;as 
Slangftreit  am  legten  9lbenb;  2lefud  t)or  $erobe^;  SBorte  an  bie  toemenben  ^auen,  über 
bie  Areuji^enben,  an  ben  @d;äd^er  u.  a.  m.  —  £ä^  man  nun  felbft  nod^  ba^ingefteQt, 
ob  bied  totrllic^  aUe^  Umgeftoltungen  einer  eigentlichen,  fonft  befolgten  „SSorlage"'  n>aren, 
b.  ff.  ob  £1.  ben  3Rc  toidliif  bor  ftc^  liegen  patte,  obtool^I  bad  ^'^^  J^  bejtoeifeln  tft,  — 
iebenfaHd  ertoeifen  fie  fic^,  gemeffen  an  bem  t^atfäd^lidt^  borliegenben  ^c,  großenteils  bon  ao 
felbft  ald  bem  Sbfel^en  bienlid^,  auf  ®runb  forgföltigen  ^orfc^enS  eine  bem  Xl^ot>I^Uud 
jugebad^te  organifd^  ftc^  entfoltenbe  ®efd^id^tdbarfteQung  ^u  geben.  @o  bor  aQem  bie 
Bub  1.  u.  2.  genannten  3(bh>eid^ungen  bon  9Rc,  bei  benen  ed  im  allgemeinen  auf  ein 
folc^eS  ®ef(^i(^tdbilb  l^inaudlommt,  fo  aber  oud^  bie  sub  3.  unb  4.  naml^aft  gemad^ten, 
toenn  man  l^ier  ouc^  bie  Slbjtoedhtng  \p^\^ü  auf  baS  ^ntereffe  bed  gebilbeten  Reiben  86 
mit  berüd(fid^tigen  muß,  für  ben  einiget  beifeite  ju  laffen  toar,  toaS  9Jtc  (ober  gar  ÜJtt, 
toenn  man  barauf  mit  ad^ten  toiS)  barbietet,  anbereS  l^injugufügen,  \oa^  bem  98i{fen  ober 
ber  älbftc^t  jenes  fem  la^. 

@ine  anbere  ^age  tft  nun  aber,  ob  biefe  9(uS'  unb  Surd^fül^rung  ber  im  ^roömium 
auSgeft>ro(^enen  9(bftd^t  ju  bem  pa^t,  toaS  toir  bon  £f.  toiffen?  $ier  tritt  nun  loenigftenS  «o 
für  ieoen,  bem  baS  2lo^anneSet>angeIium  ni^t  bon  boml^erein  ein  unglaubtoürbigeS  £e^P 
gebiegt  ift,  eine  meift  unterfd^ö^te  Sc^toierigieit  auf.    S3ei  einem  3Jlanne  nämlid^,  ber  ben 
(Sreigniffen  nod^  fo  na\)^  ftanb  toie  £1.,  ber  inSbefonbere  noc^  bielfac^  ®elegen^eit  gehabt 
^ben  muß,  mit  Spofteln  unb  fonftigen  Sugenjeugen  p  berle^ren,  foQte  man  boc^  eigent« 
Ixdf  ertoarten,  baß  baS  im  ^robmium   ange!ünbigte  ®efd^ic^tsbilb  nod^  in  ganj  anberem  46 
äJb&ße  ftc^  bon  ber  ^arfteQung  beS  üJlc  (begto.  aud^  ^t)  abhöbe  unb   jtoar   Atn  in  ber 
SRtc^tung  auf  3^.    35ie  ©c^toierigfeit  toäd^ft,  je  mcl^r  man  ßrnft  mad^t  mit  ber  ®laub* 
tDürbigleit  beS  bierten  @oangeliumS.    @te  brobt  aber  bireft  tbhlid^  ju  toerben  für  bie  W>* 
faffung  unfereS  @k).  burd^  £t.,  toenn  man  bie  9(uSfage  1,3  auf  ein  k)on  (anginer  laufenbeS 
^orfc^en  nad^  ben  X^atf ad[ien  ber  eo.  @efc^ic^te  begießen  ju  muffen  glaubt.  ^)a>ax  totrb  gelteno  so 
gemacht,  baß  bod^  berSSeric^t  beS£I.  toirflic^  nad^  ber  jol^.  ^arfteQung  ^inneigenbe  3^0^ 
ouftoeife.  3"  ^^  ^^^  ^^^  jufammengefteüten  ©tücfen  (ßöfrage  S.  52 ;  t)gl.  auc^  S.96  2lnm.) 
Ij^at  3^  ^^^  befonberS  nac^brüdlic^i  bie  2^axi^lovdalag  in  4,44  gefügt  (©.  375;  391; 
ligl.  aud^  ba«  über  4, 14  S.  374  f.  u.  403  u.  baS  @.  443f.aemerfte).  aber  aud&  toenn  man 
annimmt,  baß  £1.  nocf)  me^r  berartigeS  f)äiU  t)orbnngen  tonnen  —  id^  ^abe  auf  biefe  SJtög«  66 
Itc^Ieit  a.  a.  D.  S.  34;  128ainm.;  255  f.  bereits  ^ingebeutet,  —  fo  bleibt  bat)on  unberül^rt, 
baß  gerabe  biejenigen  ÜRomentc  nic^t  j^ur  ®eltung  fommen,  toel^^e  bei  einem,  ber,  allem 
bon  anfang  l^erein  genau  nac^ygc^enb,  in  gcrufalem,  bei  ben  Ura))ofieln,  Grhinbigungen  ein* 

Seaogen  l^e  unb  ber  barauf^in  bie  eo.  ®ef(^id^te  {xa'&f^^g)  fd^reiben  toitt,  toobei  er  barauf 
wiäft  fein  mußte  „überall  eine  @nttoidelung  beS  @))äteren  auS  bem  grüneren  nac^ju-  eo 


698  aOa»  itt  Suftitgdifl 

toeifcn"  (3a^n  @.  373),  ntd^t  fo  ööttig  Rotten  bcifctte  bleiben  fönnen.  3:^eo})^tIu«  erfä^ 
ntc^t  nur  ntd^tö  bon  bem,  toad  go  1—4  erjä^lt  toirb  —  ba«  xa2  ^v  xrjgvaacav  dg 
xäg  ovvaycoyäg  zfjg  'lovdaiag  4,  44  fann  btefe  Sücfe  bo<^  fd^tüerlid^  auffüllen,  — 
fonbem  auc^    niAtö   öon  bcn  ^tbefuc^en   unb  Sorgängen   in  Igerufalem  ^o  b;  7  ff. ; 

5  10,  22  ff.  unb  nic^tö  bon  SqaruS  unb  toai  bamit  jufammen^ängt  11,  Iff.  ^ba&  ftnb 
bod^  aQed  nid^t  (S))tfoben,  bie  beifeite  bleiben  lonnten  o^ne  tDefentlid^e  Umgefialtung 
bed  ©efc^id^töbilbed,  tpie  ettt)a  bie  9Bunbert^aten  \>on  Sl^oragin  unb  Set^faiba,  t>on  benen 
übrigend  SI.  eben  aud^  h)o^l  nid^tö  eingelned  in  @rfal^rung  gebrad^t  l^ot,  fo  ba^  et  fii^ 
mit  bem  „I6yu>v"  10, 13  f.  begnügt,  ba$  in  biefer  ^in^t  eine  le^rreic^e  parallele  )u 

10  13, 34  bilbet,  ober  toie  fo  mand^e  @))ifobe  aud  bem  lieben  $auli,  bon  ber  S®  fc^toeigt, 
toeil  fie  für  ben  ®ang  ber  ©efc^yid^te  im  ganjen  nic^ytd  toefentlid^ed  aufträgt  92etn,  ^er 
l^nbelt  ed  ftd^  um  bie  entfd^eibenbften  SJlomente  ber  SntioidCelung,  aud  benen  bad  Spöiat 
jetoeilig  ^erau^toud^d.  Ttaq  unfer  älutor  borum,  toie  gefagt,  allerlei  auc^  aud  bem 
jol^anneifd^en  Srjä^lung^Ireife  bemommen  l^oben  felbft  über  bad  t)on  i^  Serüdfu^tigte 

u  |inau^,  mag  er  tn  einigen  S^Qm  fogar  e^  leife  burd^blidCen  laf(en,  bag  er  t)on  einer 
mel^äJ^rigen  Sauer  bed  öffentlid^en  Seben^  ^efu  unb  einer  9ludbe^nung  berfelben  auf 
2|ubäa  unb  ^erufolem  toei|,  fo  toirb  baburd^  ba^  Urteil  nic^t  berührt,  bag  i^m  „ein 
toirllid^  Ilared  Silb  k)on  bem  ®efamtt)erlauf  ber  @efd^id^te  2lefu,  t)on  ber  Drbnung  unb 
Sebeutung  ber  beifeite  gelaffenen  Partien  gefehlt  ^abe''  (meine  abfrage  @.  128  Xnm.  u. 

ao  254  ff.).  Somit  f(^eint  nur  bie  älltematibe  ju  bleiben,  bag  entioeber  bie  ®ef(^i(^tli4flett  bed 
t)ierten  ®0.  ober  bie  älbfaf|ung  bed  britten  burd^  ben  äl^oftelfd^üler  £t.  }>reiiaqgeben  toirb. 
3)od^  ed  ift  toirüid^  nur  @d^ein,  benn  in  SBa^r^eit  nötigt  baS  ^roömium  bed  SI.,  foDtel  id^ 
fe^e,  mit  nid^td  ju  jener  Stnnal^me  einer  ial^elangen  SSorarbeit  bed  Sutord.  9u((  toenn 
man  nämlid^  unter  )8etonung  bed  $art.  $erf.  nagi^xoXau^H&ii  bie  Überf e^ung  ^e)^ : 

26  „nadfttm  ic^  —  na^egangen  to  ä  r  e'',  ol^Ie^nt,  ergiebt  ftd^  boc^  nod^  nic^t  bie  9l5tigung 
)u  überfe^en:  aU  einer,  ber  bom  älnfang  l^erein  aQem  genau  na^gegangen  ift  —  bie 
eimige  fjorm  bei  ber  bad  naQaxoXov^eiv  über  v.  1  gurüdttoeifen  tonnte,  -—  fonbem  e3 
l^ei|t:  befd^log  a\xii  id^,  na d^ bem  id^  aQem  bon  boml^er  genau  nac^egongen  bin.  %c& 
aQein  natürliche  SSerftänbnid   ift  aber  bann  bied,  ba^  bad  Ttagaxoiov^eTv  erfl  infolae 

ao  unb  aus  älnla^  ber  SSerfuc^e  ber  bielen  einfette.  Samit  aber  toirb  bie  2)auer  bed  3laq* 
forfc^end  t)5Qig  unbeftimmt  gelaffen.  SI.  lann  feit  t)ielen  ^al^ren,  er  lann  bieüeic^t  cüj^ 
nur  einen  SBinter  lang  ftd^  ber  Aufgabe  getoibmet  ^aben,  unb  man  lann  aud^  nic^t  be^ 
fyivilpttn,  bag  bamit  bem  &xQißcbg  ober  bem  ävco^ev  ®etoalt  gefd^el^e.  I^ened  ift  ja 
über^aujjt  nur  ein  relatioer  Segriff.  35enlen  toir  ben  £1.,  angeregt  bon  ben  Untemel^mungcn 

86  ber  anberen,  beren  S3erid^te  forgfältig  bergleid^en,  burc^  eigene  @rinnerung  an  gelegenuic^ 
aud  freierer  Duelle  ®e^5rted  ober  il^m  fc^riftlic^  t)orliegenbe  SRotijen  ettoa  eined  )ettt9eiligen 
Sluto^ten,  fotoie  burc^y  ade  in  feiner  bermaligen  Sage  irgenb  tl^unlic^e  Umfrage 
bei  fold^en,  bie  einmal  mit  g^fwd  i"  Serül^rung  gelommen  loaren,  ober  bei  fold^,  We 
ben  ober  jenen  2l})oftel  gehört  i^aXiza^  ertoeitem,   ergänzen   ober  reltifigieren,  fo   ift  ni(^t 

40  einjufe^en,  tt)arum  er  bied  fein  X^un  nic^t  fo  befd^rieben  l^aben  foQte,  auc^  toenn  cd  ni4ft 
eine  lange  Steibe  bon  ^lai^ren  bauerte.  SBo^l  aber  ift  bei  fold^er  Sachlage  begreiflich,  bog 
er  unter  bem  @influ^  indbefonbere  bed  i^m  borliegenben  3Jlc  (cf .  ob.)  jtoar  loum  bad  ®runbs 
fd^ema  ber  ^iffion^rebigt  im  allgemeinen  {^cifn  @.  444 ;  gegen  ein  fold^  meine  @bfrage 
@.  129  ff.),  aber  bad  ©runbfc^ema  biefcd  auf  t)etrin.  jtagddooig  jurüdttoeifenbcn,  ältefken 

46  ber  f^no>)t.  ßbangelien  aufnal^m  unb  ed  burd^  bie  mand^erlei  großen  unb  Meinen  S^f^r 
bie  i^m  ate  bcrbürgt  fid^  barboten  unb  für  bie  er  $la§  unb  SJertoenbung  für  feinen  3tow 
fanb,  toeiter  burd^  etlid^e  äludlaffungen  unb  UmfteQungen,  ^u  neuer  unb  onbetdortiger 
®eftalt  aufarbeitete,  ^ur  ©eftalt  einer  nac^  SKöglic^Ieit  too^lgeorbneten  ©efc^ic^tc  ^^u, 
bie  bem  gebilbeten  Reiben  ben  erhofften  3)ienft  leiften  foBte  (bgl.  meine  6bfr.  ©.254  ff.). 

60  Samit  toäre  benn  aud^,  fotoeit  ed  ^ier  angängig  ift,  bie  ^age  toirllid^  bejol^t,  ob  bie 
Sludfü^rung  bcd  im  ^roömium  enttoorfenen  ^rogrammd  aud  ber  ^ber  be«  gefd^ic^tlic^ 
Sulad  gefloffen  fein  lönne. 

Ober  fodte  toirtlid^  fc^lieglid^  ber  angebliche  Umftanb,  bag  baS  ®b.  unllare  SrinnC' 
rungen  ober  jonft   bcrbürgten  JJad^rid^ten  SBiberfprcc^enbe«  entl^alte,   boc^    noc^  nötigen, 

66  ettoa  bei  äl^nlic^er  Sorfteflung  be«  litterarifc^en  ^rogeffed  bod&  an  einen  erP  f}>äter  leben^ 
ben  älutor  ober  QueUcnrebaltor  ju  beulen?  —  ©etoife,  man  lann  angefidj^td  biefeö  ober 
jened  93eric^td  an  fagenl^afte  Umbilbung  ober  äludfc^müdung  gemannt  toerben.  93ielen 
gehört  fd^on  bie  jungfräuliche  ®eburt  bal^in;  anberen  fmb  nur  einzelne  R\x%z  biefer  ober 
anberer  Srjäl^lungen  bebenlUc^.  älber  bad  Reifte  ift  ja  buxd^  analoge  Senate  bed  'IRc  unb 

60  Tttf  bie  man  bod^  mit  9tec^t  ber  a))oft.  ^eit  )ufd^reibt,  gebedEt,  unb  toenn  fiiäf  über  btefdben 


fittlod  htt  (St»atigelifi  699 

Jjmaa^  nad^ft^ei^bor  @agenl^afted  fönbe,  fo  fel^ß  bod^  tool^I  jeber  9(nl^(t  jur  SefKmmung 
bcr  S^0]^5^^  ^ö^  ^^  ^'^  "'^*  ^ö''^^  auftreten  lönnen !  —  SBa«  toetter  bte  unleugbaren 
Oeinen  2)tfferenjen  bon  ben  anberen  ßbangelien  anlangt,  fo  toäre  in  jebem  ^^De  erft  ju 
unterfud^en,  h)er  benn  etgentltd^  im  Sfled^te  fei,  unb  ob  ftc^  nid^t  bielleic^t  eine  ä(uf närung 
getoinnen  laffe.  Unb  baöfefbe  tft  betr.  ber  großen  äbtoeid^unoen  öon  3Rt  in  ber  Äinb^eitd*  6 
unb  $enlid^{eit^efd^i(^te  ju  fagen.  ÜJtit  ber  $erf5n(ic^Ieit  bed  sBerf.  l)ai  ba$  aQed  unmittelbar 
nid^tö  px  tl^un,  fotoenia  h)ie  bie  ^age,  ob  bie  „Sd^afeung"  2,  2  u.  ä.  in  allen  fünften  genau 
befd^rieben  ift.  —  Smitlid^  in  S3etrad^t  fommt  nur  oa«  38er^ältni«  ber  lufanifc^en  ,,§errlic^s 
lettigefd^id^te''  gu  1  ito  15,  off.,  freilid^  nic^t  in  bem  Sinne,  ba|  baS  @d^h>eigen  bed 
^ouTud  über  bie  @rfd^einung  bor  ben  @mmaudj[üngem,  toorüber  bem  St.  offenbar  ein  lo 
befonber«  guter  Serid^t  borlag,  ©d^toierigfeiten  mad^te,  tool^I  aber  toeil  bie  toeitere  Srjäb^ 
lung  bed  SI.  ber  Sufjä^lung  $auli  fd^einbar  fotoenig  entfpric^t.  ^od^  lann  man  nicpt 
überfeinen,  toie  immerl^in  gerabe  21,  unter  ben  (Sbangeliften  am  meiften  bem  J^aulinifd^en 
9eri(^t  ftd^  annäl^ert ;  f^je^ieO  toei^  er  bon  ber  Srfc^einung  bor  ^etruS  (24, 34  bgl.  1  Ro 
15, 6)  unb  bon  einer  im  getoiffen  ©inne  barauf  folgenben  Srf^einung  bor  ben  ®Ifen  i6 
(unb  benen  mit  i^nen).  ^a^  er  bann  in  rafd^em  älbbred^en  nur  nod^  bed  legten  3u« 
fommenfeind  lurj  gebeult,  tann  um  fo  toeniger  auffaQen,  aU  er  toirfßd^  am  @noe  feiner 
„©cfd^id^te"  unb  bielleid^t  aud^  feiner  ScfiriftroHe  angelommen  ift,  fo  ba|  er,  aud^  loenn 
er  ©enauered  tou^te,  to^er  9(n(a|  noc|y  ÜJlöglid^teit  ^atte,  ed  anzufügen  unb  fein  @bam 
gelium  burc^  Häufung  gleichartiger  SSeric^te  ju  berlöngem.  20 

^urd^  bie  Erinnerung  an  bte  Serül^rung  mit  1  Ro  finb  toir  nun  aber  gleid^jeitig  an 
bie  fd^on  oft  beobad^tete  unb  tenbenjhitifd^  au^ebeutete,  jebenfaOS  aber  na^e^u  einftimmig 
onerlonnte  ^otfad^e  erinnert  toorben,  ba^  ba^  (Sbangelium  in  Stnfc^uungd-  unb  Sar« 
ftedung^toeife  bielfad^  eine  „^aulinifd^e  ^rbung''  geigt,  o^e  ba^  man  übrigen^  ben  @in< 
brucf  litterarifd^  bermittelter  äbl^ängigleit  geloönne.  —  9limmt  man  bamit  bie  umfaffen^  25 
ben  SRad^toeifungen  gufammen,  burc^  bie  ber  Snglänber  §obart  bie  SSertrautl^eit  be« 
älutord  mit  ber  mebiginifc^en  Sitteratur  unb  Terminologie  bargetl^n  ^at  (the  medical 
language  of  St.  Luke,  1882;  bgl.  bie  äu«h)a^I  bei  3a^n  ©.41 7  f.),  fo  bürfte  in  ber 
a^^ot  bie  2!rabition  bon  ben  berjc^iebenften  Seiten  beloä^rt  erfc^einen,  unb  bie  Iritifc^en 
©eonftonbungen  loürben  fd^toer  begreiflid^,  toenn  nid^t,  h)ie  bemerlt,  bie  31®  ba§  @b.  ao 
immer  toieber  in  ben  ©trubel  jöge,  ber  bie  neuteftamentlid^en  ©d^riften  ju  berfd^Iingen 
trachtet.  @d  gilt  barum  —  mit  Übergebung  ber  l^ier  bod^  nid^t  ium  9(udtrag  ^u 
bringenben  DueHenfrage  —  al^balb  gur  ä®  ben  Übergang  gu  machen,  loobei  natürltd^ 
tbieber  unb  l^ier  erft  rec^t  nur  bie  §au})tt)unlte  berül^rt  toerben  lönnen. 

6.  @d  toarb  fd^on  oben  angebeutet,  ba^,  toenn  aud^  ba^  $roömium  jum  @bangelium  nid^t  86 
ol^e  toeitere«  auf  ä®  mitbejogen  toirb,  feine  Slu^fa^e  bo(^  auc^  für  ben  devtegog  Xöyog 
bon  Selang  ift.  @«  ^anbelt  ftd^  t^atfäc^Iid^  um  etne  ^ortfe^ung.  ^mmer^in  toirb  baS 
borouÄgefeftte  Sebürfni«  be«  Sefer«  ein  tttoa^  anbere«  fein,  gleic^biel  ob  man  au«  bem 
äBegfou  be«  xQduoxe  fd^Iiefet,  bafe  ai^eop^Uu«  injtoifd^en  S^rift  getoorben  ober  nic^t.  5IRan 
fyd  l^ier  laum  anjunel^men,  bafe  bie  3ufälligleit,  m  ber  eine  ^Be  bon  Überlieferungen  an  10 
%i^pf)iLu^  gefommen,  ibn  ben  geftdperten  gefd^ic^tlid^en  ®runb  be«  t^riftlit^en  ®Iauben« 
nod^  entbel^en  Iie|.  2)agegen  mo^te  bie  SSerjt^ieben^eit  ber  JJorm,  in  ber  ba«  ßl^riftentum 
bem  oebilbeten  Reiben  entgegentrat,  begto.  ber  ©ebanle,  ob  nid^t  bie  Sffieife,  toie  bie  aui 
bem  ^ubentum  |erborgegangene  SReligion  je^t  ben  Reiben  bargeboten  toerbe,  einen  un» 
berechtigten  S3ruc|  mit  ber  SBergangenpeit  bebeute,  ja  ber  ®ebanfe,  ob  nid^t  ^ier  überl^ui)t « 
eine  „ungeorbnete"  S3etoegung  borliege,  immer  toieber  jum  änftofe  toerben  fönnen.  2)a^ 
berartige  ober  bod^  bertoanbte  ©timmungen  gerabe  in  ber  a))oftolifc^en  RAt  f elbft  bei  S^riften 
fid^  toirllid^  eingeteilt  f^ahm,  befunben  nid^t  nur  in  i^rer  SBeife  Wt  unb  §br,  fonbem 
tool^l  aud^  9tö.  Sä|t  ftd^  alfo  geigen,  bag  9l@  einer  folc^en  ©ttmmung  entgegenlommt, 
fo  ift  bamit  fd^on  nic^t  toenig  ju  ©unften  ber  trabitioneHen  goffw^Ö  getoonnen.  Jlun  lann  » 
man  e«  aber  eigentlich  al«  allgemeinen  (Sinbrudt  bejeic^nen,  ba^  be«  S^faffer«  Semü^en  fid^ 
in  jener  Stid^tung  betoegt.  SBie  imßbangelium  ävco^ev  einfe^enb  giebt  er  au6)  ^ier  eine 
©efd^id^töbarfteHung,  ber  man  e«  anmerft,  bafe  fie  bemül^t  ift  „bie  ©nttoidtelung  be«  ©pöteren 
au«  bem  grüneren  barjufteUen",  fo>toar,ba6  junäc^ft  ein  S3ilb  ber  ura))oftolifd^n  anfange 
gejeidfnet  toirb,  bann  bie  aUmä^lid^e  @nttoid(elung  auf  bie  ^ereinjie^ung  ber  Reiben  in«®otte«s  66 
ret<^  perbortritt,  unb  toeiter  jur  ©arftellung  lommt,  tote  burc^  ^Jaulu«,  beffen  ® eftalt  bereit« 
bor|er  einpefül^rt  ift,  nun  bie  SBeiterfü^rung  jener  anfange  boDjogen  toarb,  unb  jtoar 
junäc^ft  bt«  ju  ber  §infunft  $auli  nad)  SRom  unb  feinem  bortigen  SBirlen.  35abei  toirb 
aber  nid^t  unterlaffen  ju  jeigcn,  toie  biefer  SKeg  $auli  nid^t  ettoa  toillfürlid^  getoäl^lt  toar, 
fonbem  toie  ber  3[))oftel  göttlicher  Seitung  unb  SSeifungen  gefolgt  ift,  bejto.  )ugleic^  burdj^  od 


700  2vlta»  htt  (StifttigeHp 

ber  ^uben  SSerl^alten  ftd^  )u  feinen  @ci^ritten  gebrangt  fal^,  anbererfeit^  aber  aad^  bteßu^ 
ftimmung  ber  übrigen  3l))oftel  unb  ft)^ieQ  be^  $errenbruber$  l^alobud  fanb,  toenn  audji 
legerer  einen  ettpa^  abh>eic^enben  @tanb))unh  t)ertrat,  ber  aber  boc^  mmmerme^  gegen 
$auli  SBeife  au^ef))ielt  tperben  lönne.    Siebenter  toirb   enblid^   bemerKid^  gemacht,  toie 

6  bei  ^aulud,  fo  gut  ft^ie  bei  ben  Ura))ofteln  bor  i^m,  aud^  in  bem  Sier^oltnid  )u  ben 
ftaatlid^en  3(utoritäten  lein  3lnla^  gu  Sebenlen  borliege.  äUfo  bie  äludfüi^rung  entft>ri((|t 
beraub  bem  5ßroömiunt  be^  ©bangeliumd  erftc^tlid^en Slbfid^t  (fva  iniyvcßg  tyjv  doipä- 
Xeiav)  unb  fd^on  in  ber  a^oftoIifc|yen  ß^t  tpa^rfd^einlic^en  Sebürfniffen/felbfi  ta>enn  man 
bie  mel^r  unb  mel^r  älnl^änger  geh>innenbe  äSermutung,  ba|  nod^  ein  tgixog  iovog  be^ 

10  abftd^tigt  toar,  ber  aud^  auf  bie  ura))oftolif(^e  2!ßir{famleit  jurüdgreifen  foQte,  ou^er  9(m 
fd^tag  lä|t.  3)ie  ^age  ift  nur  toieber,  ob  bie  9(u^fÜ^rung  aud^  ben  ^Xf^aAtn  viü\pi^, 
ober  ob  in  biefer  Sejie^ung  SSebenlen  borl^anben  finb,  bie  bie  SCbfaffung  burq  ben  ^ßoulu^ 
fc^iUer  aufl^eben? 

3)en  ^intoeid  auf  bie  angeblid^  ungefd^id^tlid^e  ^araQelifterung  ber  ©d^tdfale  be^ 

u  $etrud  unb  $aulu^  foQte  man  freiließ  nid^t  me^r  toieber^olen.  ®oh>eit  eine  foU^ 
toirllicb  borliegt,  ge^t  fte  nid^t  über  \>a2  f)xnaa^,  toad  man  bei  fo  bertDanbten  Ser> 
^öltniffen  ertoarten  barf.  @d^limmer  toäre  ^,  toenn  bie  älnfc^auungen  betber  in 
ungefc^ic^tlid^er  9Beife  gur  itonf onanj  gebrad^t  toären.  3)od^  mü^te  bie  angebliche  l^ifhmfc^ 
^iffonanj  beffer  nac^getoiefen  fein,  old  burd^   eine,  jtoar  fd^on  in  ben  SIementtnen  bor» 

ao  liegenbe,  aber  burd^  biefe^  9(lter  no(^  nid^t  gere^tfertigte  Slu^beutung  ber  @))ifobe  ®a 
2,  11  ff.  unb  burd^  eine  tl^atfäd^lid^  beraltete  Sluäegung  ber  jtorint^erbriefe.  Sbtd^  toenn 
man  bor  allem  1  $t  toiatürlid^  au^er  Slnft^lag  fe^t,  bleiben  ®a  1,  18  (bgL  24) 
unb  2,  9  gerabe  für  bie  Qtxt,  in  ber  $etrud  in  ber  ä(@  feine  9loQe  ft>ielt,  Qtu^m 
eined  guten  @inbeme^mend,  unb   laffen   ben  @ebanlen  grunbfö^lid^er  Differenzen  ntc^t 

35  auffommen.  Sag  immerl^in  $aulud  in  feinen  SSriefen  —  au^  leicht  erftd^tlic^en 
(Srünben  —  bielfad^  anbere  %bm  anmfd^lagen  toeife,  ol^  in  ben  Sieben  ber  ä®,  ift 
felbftberftänblid^.  SSleibt  obenbrein  nidpt  au^er  älnfa|,  bag  auf  jeben  %aSi,  gleic^biel 
ob  man  bie  Sieben  ber  31®  für  freie  Jlon5e))tionen  nat^  Wct  gried^ifd^er  ^iftoriogro^ 
pf)k  bält  ober  i^nen  münblid^e  ober  fd^riftlid^e  Üeberlieferungen  ju  ®runbe  liegen  logt,  ber 

80  Seric^t  eben  ber  eine^  Dritten  ift  unb  beffen  @igenart  nit^t  berleugnen  toirb,  fo  ti>irb  ow^ 
bon  ^ier  au8  ein  emftlid^e«  Sebenfen  nid^t  entfte^en.  Dafe  toeitcr  ba«  Serben  beiber 
SIj)oftel  in  ber  Reiben  frage  ben  SReben  entft)rec^enb  bargeftellt  toirb,  ift  felbjtberfiänb* 
lid^.  @d  beftel^t  aber  aud^  in  28irtlic^Ieit  lein  ®runb,  toarum  nid^t  ^etrud  fcpon  frü^ 
geitig  ben  SBeg  gur  3lnertennung  be«  Uniberfali^mu^  gefunben   \^cä>m  foHte.    3S3enn  e3 

86  nad^  5ßfleiberer  (Urd^riftentum,  ©.  47)  „bie  (Sntfc^loffenl^eit  bon  5Petrug  3;enH)erament  unb 
noc^  mel^r  feine  rüdt^altlofe  Siebe  jum  §erm  3.  toar,  toai^  il^n  (auf  bem  ä^oftellonbent) 
ade  anberen  33ebenten  beifeite  fe^en  unb  bie  S3ruberl^anb  ber  ®emeinf(^aft  bem  ^etben^ 
a})oftel  reid^en  liefe",  fo  fielet  man  bod^  nid^t  ein,  toarum  er  j.  S3.  unter  ben  91®  10  u.  11 
gefc^ilberten  Umftänben  nic^t  ju  bem  bort  bargeftellten  Ser^alten  ^ötte  beftimmt  toerben 

40  tonnen.  Unb  ebenfo  ift  fc^toerlid^  p  ertoeifen,  bafe  ^aulu«  nic^t  bie  für  ben  gebomen 
^uben  getviefene  9tnlnü))fung  bei  ben  ©^"^9^0^  benu^t  l^ben  lönnte.  @iS  beborf  laum 
ber  Erinnerung  an  1  Äo  9,  19  ff. 

Dod^   ber  Slaum    berbietet   biefen    allgemeineren  @rtoögungen   toeiter   nad^auge^. 
Die  Sntfc^eibung  liegt  nic^t  l^ier,  unb  nic^t  in  ben  einzelnen  angeblid^  fagenl^ften  ®^ 

46  goi^lungen.  @ie  liegt  bort,  too  £uta^  audbrüddic^  mit  ))aulinifd^en  Sbtifagen  gufam^ 
menftöfet.  ßrtoeifen  fid^  bie  ba  be^au})tcten  SBiberfjjrüc^e  toirflic^  atö  unlösbar,  fo 
fm!t  aQerbingd  ba^  Vertrauen  jum  übrigen  fel^r  er^eblid^.  Der  locus  classicus 
bleibt  31®  15,  Iff.  bgl.  mit  ®a  2,  Iff.  ältere  unb  neuefte  ©armonift«  fyit  bie 
©c^toierigleit  ju  ^eben  berfud^t,  inbem  ®a  2  auf  eine  anbere  ^erufalemreife  (ä®  11, 

60  27  ff.,  fo  neuerlich  toieber  SHamfa^,  33.  SBeber;  21®  18,  22  fo  SBiefeler;  ober  axd) 
ai®  9,  26;  bgl.  bie  „3)?ufterfarte"  aDein  au«  bem  ^a^re  1893  im  Sö^3»  XIII,  130  f.) 
bejogen  toarb.  Dag  ift  geioife  abple^ncn.  3lm  ^äupgften  l^ilft  man  fw^,  inbem  man 
barauf  toeift,  toie  ba^  bie  burd^fc^lagenbe  ©c^toierigfeit  bereitenbe  Dehet  nad^  bed  2uto 
eigener  Darftellung  lebiglid^  Sad^e  ber  Urgemcinbe  getoefen  fei,  toie  e^  aud^  gar  nt<^t  eine 

66  gefe^lid^e  äluflage  für  bie  ^eibencbriften  bebeute,  an  bie  biefelben  um  il^red  $eiU  ftriHen 
gcbunben  fein  follten,  ja,  h)ic  c^  überhaupt  nid^tg  eigentlid^  9Jeue«  barfteÖe  gegenüber  ber 
allgemeinen  ß^riftcn^flic^t  (fo  bcfonberi§  fc^arffmnig  Äloftcrmann  allerbingö  mit  jtonjeltui 
gu  V.  20),  unb  h)ic  eg  barum  aud^  für  ^Jöulu^  tocber  ben  ®alatem  gegenüber  nottoenbig 
gu  ertoäl^nen,  nod^  fpäter  irgenb  au^brüdflid^  ju  bertreten  toar.   Dafe  biefe  @rlebigtmg  bem 

60  guten  ffiillcn  ber  Sefer  me^r  jumutc,  aU  jene  Scrftd^erung,  bafe  ba^  Dehet  tenbenjiofft* 


fiüIflB  kcr  Svaigdtp  701 

twife  obet  auÜ}  nur  infolge  tDtniarIi(^eT  Kombination  ^iet^er  beilegt  [ei,  tann  man  laum 
&t^au)]ten.  ^m  Gegenteil,  ti  Iaht  ftct)  manc^eä  bafüt  |agen,  unb  man  türndt  angeftd^tä 
b«  SJüiftigfflt  bei  Quellenangaben  unb  anbeieifeit«  b«  bi^^er  getnonnenen  SSetwi^ng 
bei  Iutani|{^en  S9eii(^teift<ittung  bobei  tvo^l  iBeiu^tgung  fajjen.  itoä}  ift  (ic  eben  ni(6t 
fD  unbebingt  einlnid^tenb,  bag  |ie  aQe  toeiteien  SJeifui^e  ab|4nitte.  Unb  in  Xnbetrac^t  g 
bc«  Umflanbeä,  bag  an  bei  ^^atfacbe  beä  S)ehetä  innei^[b  bei  a})ofto(if^en  3eit  über> 
^ul)l  nit^t  gejlMifelt  merbcii  tmn  (bgl,  äulf^'  ^amad,  9(3331  1899,  ©.  löOff.),  unb 
boS  nwt  bie  gtttge  nacb  bei  ®elegcnkit  eine  bistutabte  t(t,  bie  einjige  Angabe  b'WÜbei 
ab«  bei  einem  ©(Iirififiedfr  iic^  finbet,  bei  [vi)  frinet  foigltc^  9emüf)ungen  tiienigften« 
no(^  SD.  1,  3  betou^l  toai,  i[l  tä  nid^t  nur  ein  ^nteieffe  einei  boreingenommenen  pax'  lo 
moniftit,  [onbem  ^fli^t  gefunbei  gcfi^ii^tlii^ei  |i^Di{(^ung  immer  aufd  neue  eine  lefUofe 
Söfung  anguftieben.  2)afi  e^  frctlii^  mi^lid)  ift,  an  biefei  Stelle  h)o  eine  einge^enbe  Sei 
aiünbung  au^efi^Ioffen  iß,  fidi  barauf  einjulaffcn,  ift  beutlii^.  ^mmei^in  hiiib  e€  iw 
läffig  fein,  mit  einigen  äSonen  bie  ::)ltd)tun^  anzugeben,  in  bei  bieQeic^t  Jcne€  refüofe 
Slefultol  ftd^i  toiitlid)  eigiebt.  Sluäjuge^en  i]t  babci  von  etnei  testtiitift^en  Sorfiage  betr.  u 
®a2,  &.  3!)ei  lecitiieite  ^e^  lieft  b<o^  am 'Anfang ;  ak  oddv  unb  bieä  o£i3e  ^t  bieSrtlä: 
lung  beä  @a^eä,  felbft  too  ti  geftricben  ipirb,  beä  öfteren  noc^  ba^in  beein^u^t,  ba|  man  bie 
äluöfage  ebenfo  bejie^t,  tuie  c^  bei  bei  letipicvtcu  i;e«art  fafl  unbcrmeibüt^  f(^eint,  nämlid^ 
auf  bie  99ef(^neibung  bc«  3;ituö.  3n  35Jtt^^it  bttrfte  aber  gerabe  bie  irrige  ^^ie^ung 
beS  Ba^  hierauf  bie  £e^rt  beranlagt  boben ,  tbie  f i^on  älmbiofiafter  em))funben  ao 
^t,  unb  e«  toirb  mit  i^m,  mit  lettullian  unb  Bidotin,  mit  ^renfiuä  (interpr.) 
tmb  $e(agiu0,  mit  ben  plurimis  codd.  graec.  et  lat.  bed  31ictonn,  mit  D,  d 
unb  e  b(ä  oic  ovdi  lu  ftieii^en  fein,  tvie  bieä  eitigebenb  JUo^ermann  (^lobleme  im 
aifoftcIte^L  ®.  3B  ff.  bgt.  aui^  3a^n,  &R  II,  498)  noc^etbiefen  ^at.  9iui  tbiib  man  bann 
nic^t  nui  jene  ^ejie^ung  beä  eT^a/iev  xrl.  auf  beä  ^ituä  S9efc^neibung  aufgeben  ae 
mfiffen,  fonbem  au^i  bie  bon  Jlbflermann  unter  Berufung  auf  ^ieron^mui  borge: 
f^Iagene  Sejiebung  auf  baä  ganie  Sleifeuntemebmen  beä  äl)3ofteU.  3Jielmeirr  büifte  bann  v.  6 
bneft  auf  bte  ben  @alatem  bejfannte  3lnerlennung  bt§  ^efretä  feitenä  beä  ^aulud 
unb  Samobaä  ge^en.  —  Offenbar  nämlit^  §at  e«  Sßauluä  mit  beflimmten  Serteum> 
bungen  gu  t^un.  ^Itan  ^at  i^n  bei  ben  @alatem  beft^ulbigt,  ba^  er  ben  3Rantel  so 
nacb  bem  äBinbe  ^änge  (1,  10).  Slnfangä,  nacb  [einer  Setebrung,  ^be  er  fi^  aläbalb 
in  ^enifalem  inftruieren  (äffen,  ^acbba  ^obt  er  aui  Jtonnibenj  gegen  bie  ^eibnifdien 
Vorurteile  fein  gefef^eäfieieg  Evangelium  »ertUnbtgt.  2)ann  tviebet  fei  er  nac^  ^erufalem 
gegangen,  toeil  er  feiner  Sat^e  un|ii^ei  getoorben  toar.  Unb  ba  i}abt  er  fic^  ja  au^  ge: 
^orfamft  jeneä  Stehet  gefallen  Ia[[en,  bon  bem,  borau^e[ef(t  ba|  eä  auf  bem  Jlonbent  n 
entftanben,  bie  Sefer  bed  Sriefä,  toenn  ti  Sübgalater  hMiren,  Jlenntnid  b<^ni>  ober  boä 
mon  anbetenfaßg  ibnen  je^t  Borfü^irte.    3Baä  er  aber  —  [o  toirb  man  ^iniugefügt  baten 

—  [i(^  [onft  not^  (ettoa  in  ber3ufammenlunft  xar'  l&iav)  bobe  oon  ben  „®eltenben"  a«f= 
erlegen  laffen,  ba  tcotte  man  gar  nic^t  nai^fragen !  SBie  er  bann  toieber  in  änlbi^ien  toor,  — 
borau«gefe(jt  bafe  bieS  niit  auf  eine  frübere  3eit  ju  bertegen  ift  (ogt.  Sa^n  in  9U3  1894,  lo 
©,  435  ff.)  —  ba  bobe  er  freilicti  f«^  [^leunigft  auf«  neue  mit  Spettuä  übeitooifen  u.  f.  to.  {»gl. 

1,  16ff.  2,  Iff.  unb  fpei.  not^  5,  11).  —  jiem  gegenüber  fteHt  nun  *ßauluS  llar,  Wie  er 
oläbolb  nac^  [einer  Setebiung  fi<^  nt<^t  mit  ^Iet|^  unb  Slut  be[)!io(^en  fyibt  k.  ^aiau[, 
noc^  brei  Sübren,  [ei  er  nacb  ^erufalem  gereift,  ben  Äepb«*  fenncn  ju  lernen  unb  fri  bort 
ganje  fünfje^  iage  geblieben  jc.  3)aiauf  —  nai^  14  ^abren!  —  [ei  er  obermaW  ^in=« 
*nifa^ogen  unb  ijabt  ibnen  [ein  ßoangelium  borgelegt,  aber  nidtt  einmal,  bafi  man  ben 
mitgenommenen  öeDenen  lituö  jur  Seft^neibung  gebrängt  ^alte !  Söegen  ber  y/evöddei- 
tfioi  ober  bitten  fie  (er  unbSamabaS)  einen  Moment  natbgegeben  in  Untetorbnung  (obet 
BieHeiAt  be([ei;  ber  Unterorbnung SRaum  gegeben ;  [o Älofteimann),  bamit  ni(bt  (bieä  ^t 
®etbiqt)  bunb  biirtnädiged  SBeigem  ein  bie  @rbaltung  ber  ebangelii(ben  Süabrb^it  fitr  bie  bo 
^bnif^wn  SJefer  bebro^enbet  Sife  entftebe,  b<itt«n  alfo  batum  bie  Sßermittelung,  bie  bot^t 
toobi  iigmbtsie  in  bem  Geltet  liegt,  [vä}  gefaden  laffen.  ^on  ben  Qteltenben  ober,  — 
tbm  Ratten  Bie  ni(btS  ^miJi  aufeilegt  (ober  »oigclegl),  (onbem  im  (Draenteil  «.  —  Unb 
todi  ben  Streit  mit  betrug  anlange,  [o  l)äüe  ba  eben  bie[er  bie  Sibulb  gebobt.  —  3Ran 
fie^  otebolb,  toie,  t»enn  bie[e  auffaffung  iftei^t  ^at,  ®a  2,  1  ff.,  iunöcbft  im  0aii|itl)un(t  u 
mit  a®  16,  Iff.  nicbt«  toeniger  al«  in  SJiberfpnH^  ftebt.  ffiielmebt  ift  ti  eben  2u(a«, 
ber  burc^  bie  3KittetIuns  beß  Sielret«  ba«  übet  bem  faiftb  belogenen  v.  5  liegenbe  Iiunfel 
fitztet,  bad  man  bun^  ^tnjufügung  bon  olg  ovde  bon  ällteiä  tünftlit^  ju  eibeOen  [ut^te. 

—  9bei  ^t  ni(bt  ^auIuS  fpätei  ba«  geltet  enifpre^enb  bem  ^QÖg  wgov  WDig  ignoriert, 
bü^renb  9t®  21,  25  botauöfeft,  ba^  ei  noä)  in  oDgemetner  Geltung  hur?  —  ^an  Isirb  co 


702  Sttiftd  htt  Snottgelip 

bted  nur  bcl^auipttn  löntten,  tDcnn  man  nid^t  genau  jufte^t  unb  m^befonbere  hod  getoic^ 
tige  ij/i€r^  21,  25  ntc^t  bead^tet.  @erabe  im  @egenfa|  )u  ber  an  $aulud  gerüsteten 
9(ufforberung  fi(S  ben  ^ubenc^riften  atö  einer  }u  ertDetfen,  ber  nid^t  abtrlumtg  iß  t)on 
Snofed,  betont  ^alobud  burd^  ba^  ^juelg  offenbar,  bag   er  barauf  t)er)td^ten   totQ,  bem 

5  äl))ofteI  abermals  ein  SRac^geben  in  ber  Sttd^tung  be^  3)elretd  jujumuten :  „^ttm^  htt 
^eibenc^riften  aber,  ba  ^aben  toir  jene^  ©(^reiben  erlaffen,  b.  f),  bamit  foQft  bu  unbe« 
^elligt  bleiben."  —  3Ran  foDte  beulen,  ba|  fid&  fo  toirKic^  alle^  crflört.  1.  ^aulud  Icmnte 
auf  bem  Jlonbent  fotoeit  nachgeben,  aU  er  i^at,  inbem  er  ber  @enbung  bed  6<Srttben^ 
an  feine  @emeinben  nid^t  toiberf^rad^,  \a  er  tonnte  ben  ©emeinben  t)on  2)erbe,  i^ftra  k. 

10  (16,  4)  bie  doy/dara  mitteilen,  aber  er  ^at  ftd^  nid^t  t>ttp^id^ttt,  fte  aU  folc^e  döy/iaza 
an6^  toeiter^in  feinem  3Jliffton^ebiet  aufzulegen,  toennfc^on  il^m  ber  gn^olt  berfelben  ptt^ 
]bnlxd)  nxd)t  unfVm))at^ifd^  toar.  (3)er  ftorle  9(udbrud(  eixEiv  tfj  vjioxayfj,  nebenbei  be« 
mertt  k)ieUeid^t  eine  bon  ben  @egnern  guerft  gebrauchte  ^Beübung,  f)at  übrigen^  fein  ®egem 
ftüdC  in  bem   owvjtoxgiveo^ai,    ba^   v.  13  bem  $etrud  unb   ben  wrtgen  *IovdauH 

t%  nac^fagt).  2Bie  tpeit  er  im  fpäteren  SSerlauf  feiner  ^ifftondt^tigleit  Slnla|  genommen 
^at,  ettoa  feinerfeitd  in  t^orm  eined  Statfc^laged  ober  SBunfc^ed  bat)on  )u  reben,  Idnnen 
toir  ^ier  nid^t  unterfuc^en.  ^n  ^age  läme  f))e)ieQ  ber  erfte  Jtorint^erbrief.  2.  I^alobud 
fonnte  tool^l  feinen  einftigen  SSorfd^lag  nid^t  bedabouieren,  aber  er  lonnte  onerlennen,  ba^ 
$aulud  nic^t  gebalten  tDor,  jenen  SSefc^lu^  toeiter  burc^^ufe^en,  unb  loirb  bereit  gctoefen 

ao  fein,  ben  Slpo^el  gegen  ebentueUe  Siortoürfe  in  biefem  fünfte  in  @d^u|  )u  nehmen,  toobei 
immerhin  möglid^  aber  nid^t  ndtig  ift,  ba|  ibm  felbft  bie  ftritte  unb  oSgemeine  S>ur^ 
fü^rbarleit  unb  ber  9Zu|en  be^  3)etretg  jtoeifell^aft  getoorben  tpar.  3.  )5ulad  enblid^ 
Satte  ein  ^ntereffe  baran,  bem  XSeo))Silu^/  ber  bon  ber  @ad^e  bielleid^t  tttoai  gehört 
Saben  tonnte,  toie  jubor  ba^  g^f^^^^^I^^^^^  \^^^  3)etretd,  fo  je^t  biefe  (SrKäning  b^ 

26  ^alobui^  mitzuteilen,  toonad^  man  in  2|erufalem  felbft  barauf  k)er)i(Stete,  bie  2)imSfüSrung 
t)on  $aulu^  ju  forbem,  be^to.  bie  @a$e  ald  eine  lä|li(Se  anjufeSen  bereit  toor.  —  @d 
mug  f)\tt  leiber  mit  biefen  Slnbeutungen  genug  fein.  @oQten  fte  ben  rechten  SBeg  toeifen, 
fo  toirb  man  aQerbing^  mit  nod^  größerer  3ut)erftd^t  atö  ed  bei  ber  oben  angegebenen 
Söfung  möglid^  fc^eint,  ertoarten  bürfen,  ba^  ber  SSerfaffer  aud^  in  anberen  göUen  too^I 

80  orientiert  geto^en  fein  toirb,  unb  ba^  bie  forgföltige  Sead^tung  feiner  9(udfagen  brie  an 
biefen  für  bie  gan^e  ©efc^icSt^enttoidelung  l)od)  bebeutfamen  Stellen,  fo  aud^  in  anberen 
me^r  ober  toeniger  mic^tigen  ^^untten  un^  Ergänzungen  ber  burc^^ulud  befanntenZ^at^ 
fachen  barbietet,  n)ie  fte  ihm  nur  @iner  ju  geben  k)ermo^te,  ber  ben  @reigniffen  no^e 
genug  ftanb.    6«  S^^belt  ftc^  beif})ieUtoeife  junäd^ft  um  bie  tociteren  3^nifalemreifen,  für 

86  bie  gleid^faU^  ber  Umftanb  in  Setrac^t  tomm*t,  ba^  $aulud  in  @a  beftimmte  Serieum« 
bungen  im  3(uge  S^t;  um  ba^  3uf^^^^"^^^ff^"  ^^^  ^^^^  römifc^en  ^uben  c.  26,  für  bod 
eine  SRetonftruttion  ber  ©efc^ic^te  ber  römifc^en  SS^iftengemeinbe  mit  9erü(tft(Stigung  be^ 
Slaubian.  gbitt«  (Sueton,  v.  Claud.  25;  a®  18,  2)  bie  ertlärung  bringen  S&ft,  unb 
um  äSnlic^e  %äüt.    @d  S^nbelt  fic^  aber  aucS  um  bad  ^fingftmunber,  bie  ©ütergemein» 

40  fd^aft  u.  a.  angeblid^  auf  t)ern)Ouenen  SRac^rid^ten  beru^enbe,  übrigen^  nic^t  einmal  bann 
birett  gegen  Sutad  al^  älutor  ffjrec^enbe  3^9^;  ^^-  <tud^  um  bie  Übergebungen  t)on  bef. 
aud  ben  JlorintSerbriefen  (boc^  t)gl.  auc^  ®a  2, 1 1  ff.)  betannten  %^a^ad^cn,  bie  ober  für 
ben  Fortgang  ber  gefd^id^tlic^en  @nttoictelung  nid^t^  auftrugen.  Ser  }ugemeffene  Staunt 
geftattet  tein  (Singe^en  auf  bied  aUe^.    dagegen  mug,   toenn  and^  in  aUer  Äürje,   auc^ 

45  ^xtt  toie  beim  @t)angelium  noc^  ein  S3(ict  auf  bie  ))ofttio  für  lutanifc^e  9(utorf(Saft  \pxti 
d^enben  ?!Komente  getoorfen  toerben. 

auf  ber  ©renje  S»^su  liegen  bie  fc^on  me^rfad^  berührten  „SBirftücfe".  3)a^ 
biefelben  aud  ber  älbftc^t  be^  ä(utord  ftammten,  ftc^  ah  ^(ugenjeugen  )u  ent)>feSIen,  toäS" 
renb  er  e^  bocS  nic^t  toar,  toirb  feiten  noc^  be^aujjtet.    35a«  Slaffinement,  mit  bem  ba« 

50  „SBir"  meift  nur  bei  toeniger  toid^tigen  SSer^ältniffen  eingefc^muggelt  toare,  ift,  felbft  toerai 
Sc  1,  Iff.  nid^t  Oorläge,  unglaublicb.  Wan  nimmt  faft  aQgemein  an,  ba^  ^i^^er  bem 
„SBir"  ein  Slugengeuge  fte^t,  bc^to.  bafe  bie  SBirftücte  titoa  einem  SleifetagebudS^  entflammen. 
9Ran  meint  aber  Oielfad^,  bafe  ber  Schreiber  t)on  bem  Slutor  be«®anjen  ftc^  untacfc^eibe. 
SebenfaD«  fpri^^t  fc^on  ein«  hiergegen,  b.  i.  ber  3Kangel  an  f})rad^lid&en  3)ifferenjen  gegen* 

55  über  bem  übrigen  iejt.  35a«  toenige,  toa«  j.  S3.  ^tütt  ©.514  anfül^rt,  lommt  nic^t  in 
S3etrac^t.  3Sgl.  bagegen  ibid.  unb  §atotin«®.  148ff.  ^inju  tommt,  bafe  jeber  38erfi4^ 
bie  ©tüdfe  einfad^  ^erau«3ulöfen,  ju  einem  Sdt^riftftüdt  fül^rt,  ba«  toörtlid^  fo  jetotft  nic^t 
al«  lagebuc^  u.  bgl.  aufgefc^riebcn  ift,  in  ba«  man  feine  Die  ©reigniffe  begleUenben  9to« 
ti^en  einträgt.    $ätte  aber  eine  Um-  unb  @inarbeitung  \>on  anberer  ^anb   ^ttgefunbm, 

60  in  bem  "Sla^i  ba^  bie  betreffenben  Stüdte  ber  9lebetoeife  be«  (äan^tn  affimiliert  toorben 


Sttiftd  ber  (gtiftngeltft  703 

tomrcn,  fo  toote  ba«  ©tel^enlafjcn  bc«  fujieig  ein  toöDtgc«  SRätfel.  §tntDieberum  crflärt  e« 
ftt^  Don  fclbft,  tocnn  bcr  SSerfafjet  be«  Jagebuc^«  unb  ber  ä®  bogfelbe  ,,3^"  tet)räfcns 
ticrcn,  b.  ^.  aber  toenn  ber  SMutor  ad  Theophilum  ein  SReifegefä^rte  be«  ^aulud  toar, 
ber  aud^  bei  freier  S^nu^ung  feiner  9loti^en  bae  ^^^ir"  fielen  laffen  tonnte.  Unb  jtoar 
{Ummt  bie  3^^  b<>nn  mit  ben  aud  ben  ^iaulu^briefen  getoonnenen  älnbeutungen  über  bed  6 
2ulad  Sertoeilen  beim  2lJ)ofiel  (ögl.  oben).  Vortrefflich  J)a|t  bagu  jene«  toereingelte  ,,h>ir" 
11,28  (nad&  D),  ba8  toieber  mit  ber  Irabition  öon  ber  antioc^^en.  ^erlunft  bedSufa«  unb 
anbererfeit^  mit  ber  babon  tool^I  unobl^ängigen  Überlieferung  k)on  einem  Stntioc^ener  Xl^eo))^i: 
lu^  (tjgl.  3a^n  ©•  334)  jufammentrifft.  —  ffieiter  lommen  auc^  ^ier  bie  SRad^loeifungen  ^obortg 
in  ä9etra(^t  betr.  bie  mebi^inifc^en  3(u^brücte  (t>gl.  oben),  ©etoig  toäre  boiS  für  fu^  lo 
no^  lein  SSetoei^,  fotoenig  toie  an  ftd^  bie  meift  aner!annte  ^ertoanbtfc^aft  mit  ^aulud 
f4fon  bie  9(bfaffung  burc^  einen  $au(u^efä^rten  bart^ut.  Stemmen  toir  e^  aber  j  u  f  a  m  m  e  n 
mit  bem,  toorauf  jubor  getoiefen  toarb,  unb  k)or  aUem  mit  ber  ftarten  Xrabition,  fo  barf 
man  tool^l  fagen,  ba|  bie  lutanifd^e  ä(bfaffung  taum  mit  Siedet  angefochten  toerben  lann, 
unb  barf  ba^  äSertrauen  teilen,  toelc^ed  ^iftoriter  toie  (Surtiu^  unb  SRante,  ^l^ilologen  15 
tote  9(a^  unb  3$ogel,  ä(rc^äologen  toie  Siamfa^  bem  S3uc^e  ebenfotoo^l  fc^enten,  tote  eine 
groge  Steige  Geologen. 

8.  @iS  berbleiben  noc^  einige  %:agen.  1.  9Bad  bieDueQen  anlangt.  SBie  fd^on  am 
gebeutet  ^t  man  auc^  ^ier  Dueuenfc^eibungen  Oerfud^t.  3Iber  angeftc^t^  ber  ^^atfad^e, 
ba^  man  nic^t  toie  bei  ben  @00.  ^araUelberid^te  ^um  9lu^ange))tmfo  nehmen  tann,  er^  20 
fd^etnt  ber  äierfud^  toenig  SluiSfid^t  auf  irgenb  ftcbere  9lefultate  ju  bieten.  Sarum  foQ 
ntc^t  geleugnet  toerben,  ba^  befonberd  ber  erften  ipälfte  3.  %,  älufjeic^nungen  anberer  t)or« 
gelegen  ^aben  bürften  (t)gl.  bie  einfd^lägigen  9lrbeiten  feit  Sd^leiermad^er,  bie  neueren  c^a- 
ralteriftert  t>on  ^^Izt  a.a.O.).  2.  2!ßa^  baS  SSerl^ältnid  }u  ben  ))aitlinifd^en  Sriefen  an^ 
langt.  3)iefelben  toerben  tettö  ald  ftart  benu^  (bef.  2l<tcobfen),  teild  ald  bem  £t.  über^au^t  25 
ntc^t  pgänglid^e  Urfunben  betrad^tet.  3)ie  SBa^rl^eit  toirb  fein,  ba^  £1.  gerabe  für  bie 
3ett,  für  bie  und  bie  ))aulinifd^en  Briefe  befonberd  bienen,  fd^toerlid^  ein  gro^ed  SSebürfnid 
nac^  t^rer  erneuten  ober  erftmaligen  £efung  gel^abt  \:iaizn  bürfte.  Unb  am  aQertoenigften 
tß  bei  i^m  ein  tüftelnbed  $erauefuc^en  einzelner  ^iftorifc^er  X^atfad^en,  toie  toir  ed  ooQ« 
)te^  muffen,  toa^rfd^einlic^.  itlingen  bie  SSriefe  oxi  (bgl.  }.  9.  bad  oon  Giemen  betonte  so 
TtoQ&üv  nur  ®a  1,  13  unb  23  unb  9l@  9,  21),  fo  toeift  baS  noc^  nid^t  auf  litterarifd^e 
„Sudnü^ung''.  3.  SBaiS  bie  3eit  unb  ben  Ort  ber  älbfaffung  anlangt,  fo^  ift  ©id^ered 
ntc^t  ju  ermitteln,  ^ie  noc^  t)on  S3la|  unb  etl.  feftge^altene  3Jleinung,  ba^  ber  Serf. 
am  Slbfd^lu^  ber  gtoei  röm.  ^al^e  $auli  fd^reibe  (baS  (St),  alfo  nod^  ftü^er),  ift  unmöglid^. 
93on  anberem  abgefe^en  entf^etbet  gerabe  ber  Sci^lu^  ber  3(@  fid^on  bagegen.  Sie  31b::  35 
^gtgleit  bed  ®o,  t)on  SJtc,  ber  ftc^er  erft  nad^  $etri  ^obe  fc^rieb,  giebt  ben  ^^erminud  a  quo. 
äBorte,  toie  21.21,20  ff.  machen  ed,  auc^  toenn  man  nid^t  birelt  ein  vaticinium  ex  eventu 
bort  finbet,  eigentlid^  jur  ©etoi^l^eit,  ba|  bie  3^törung  S^nifalemd  t)orüber  ift.  SReuerlid^ 
^  jtrenlel  bie  ältere  SJteinung  litterarifc^er  ^b^ängiglett  t)on  Sofet)l^ud  neu  ju  ertoeifen 
t>erfud^t  (3ofe))^ud  unb  £1.  1894).  Soc^  ift  feine  Argumentation  t)on  Selang  too^l  nur  10 
fotoeit  ed  ftÄ^  um  Selamttfd^aft  bed  £1.  mit  bem  bell.  Jud.  bed  3ofe))^ud  ^anbelt  ('Sogel 
©.  57  ff.).  SBäre  fte  in  biefem  5ßunfte  gtoeifelloö  ftd^er,  fo  fönnte  £1.  nid^t  t)or  5Dlitte  ber 
ftebjiger  ^d^z  gefc^rieben  ^aben.  Wan  mag  aber  felbft  bie  ac^tjiger  ^^^re  annehmen. 
Ueber  ben  Ort  ber  9(bfaffung  ftnb  beac^tendmerte  Ueberlieferungen  nid^t  oor^anben.  2lft 
SRc  in  9lom  entftanben  unb  tool^l  ^unöcbft  für  bad  römifcbe  Kird^engebiet  befümmt  ge«  45 
loefen,  fo  fönnte  man  barin  einen  3lnlafe  pnben,  aud^  bed  2t.  ©c^riftftetterei  in  SRom  ftd^ 
boÖjte^enb  }u  beulen,  too  auc^  ^ofe^^ud  fd^rieb.  ^reilic^  fe^lt  jebe  92ad^rid^t  über  einen 
f)>dteren  längeren  ätufent^alt  bed  £f.  in  9lom. 

Sagegen  muffen  beibe  Schriften  bed  St.  frü^jeitig  in  9lom  betannt  getoefen  fein, 
^agt  man  nämlid^  4.  nod^  nac^  ber  älteften  Verbreitung  ber  @ci;riften  nod^  t)or  ii^rer  so 
ou^rüctlic^en  92ennung  ald  lulanifd^er,  fo  toirb  fc^on  Siemens  91.  ald  fc^toer  anfechtbarer 
3euge  genannt  toerben  muffen.  3Jlan  t)ergleid^e  auger  ben  Sttaten  t)on  etningel.  ^enen< 
toorten  13, 2  unb  46,  8,  bie  nad^  Jlombination  t)on  3Jlt  unb  £t  audfe^en,  unb  bem  tom^ 
binterten  atl.  (Sitat  18, 1,  bad  in  3l@  13,  22  fein  'Sorbilb  l^at,  bef.  bie  SSe^ugna^me  auf 
bod  £oaion  31®  20,  35  in  2,  1,  bie  um  fo  toeniger  aud  münblic^er  Überlteferung  ab^u»  66 
leiten  ijt,  atö  auc^  bie  Sitation^fomtel  31®  20,  35  me^rfac^  Jonft  bei  Siemens  na^flingt, 
\Ci  aucp  ber  nähere  Jlonte^t  nic^t  o^ne  getoiffe  toeitere  Slntlänge  an  jene  9iebe  ift, 
bie  unter  fold^en  Umftänben  bod^  am  @nbe  nid^t  zufällig  ftnb.  Soc^  lann  bem  ^ier  fo 
toentg  toeiter  nac^egangen  toerben,  toie  ber  ^rage,  ob  unb  toietoeit  ftc^  auc^  bei  $erma^, 
Sonutbad,  ^gnotiu^,  unb  in  ber  Sibac^e,  fotoie  bei  ^ol^car))  unb  %oip\a^  3lnle^nungen  eo 


704  Stilad  ber  (Snangcltfi  2uta»  tion  %o^ 

ftnben.  ^ie  geleierten  @bitionen  p^^^m  tie  meiften  SlnRonge  )u  regiftrieten,  boc^  i{l  ed 
faft  immer  möglid^,  ftd^f  eben  bamit  }u  begnügen  unb  bie  Sent^ung  )u  t)emetnen.  2)ied 
erfcbeint,  tote  fd^on  oben  gezeigt,  ganj  au^ef^Ioffen  bei  ^uftin,  fotoie  bei  SRarcion  unb 
anq  in  ben  Slementinen.    ^amit  aber  ift  man  fd^on  an  ber  ®ren)e  ber  birelten  3^0' 

5  ntffe  tut  Sf .  al3  Serfaffer  ber  Jtoei  ©d^riften  angelangt,  tooüon  oßen  bie  3lcbe  toor.  — 
@d  bleibt  5.  nocj^  atö  le^ter  $un{t  bie  ^age  nad^  bem  %egt  bed  @t).  unb  indbefonbere 
ber  91®.  3lo(i)  in  ber  borigen  äluflage  lonnte  ed  genügenb  erfd^einen,  b>enn  gefagt  toorb : 
,,^er  2e£t  ber  91®  ift  berborbener  ol^  berjenige  irgenb  eined  onberen  Suc^  bed  9tXd". 
^njtoifc^en  ift  befonberd  burdff  %t.  93Iag,  ber  bobei  o^ne  ed  )u  toiffen  einen  u.  a.  fd^on 

10  bon  le  SIerl  au^ef)}rodeenen,  Obrigend  audff  bon  S^l^n  (unb  %.  ®(ei^)  gelegentlich  ind 
9(uge  gefa|ten,  toenn  aud^  nodf»  niät  berfolgten  ®ebanten  aufnahm,  bie  testbitifc^  ?^Ag^ 
in  ein  böQig  neued  @tabium  gebracht.  9(u^e^enb  nämlid^  bon  ber  93eoba(^tung,  ba^  eine 
Steige  befonberd  im  Occibent  berbreiteter,  unter  ben  großen  $ff.  jumeift  burc^  Cod  D  ber^ 
tretener  Se^rten  junäd^ft  ber  91®  tetnedtoegd  ben  S^aratter  fonftiger  äSerfd^Ummbefffnmgen 

16  tragen,  jonbem  nad^  ^n^alt  unb  §orm  einen  nid^t  minber  originalen  Sinbrud  maid^,  aU 
bie  redimierten  paxaMm  Se^beftanbteile,  fteQte  91.  bie  ^l9)>ot^efe  auf,  bo^  bie  X®  t^ 
fäd^lid^  bon  boml^erein  in  bo)}))eIter  ®eftalt  erfd^ienen  fei,  nämlidEf  in  einer  bie  urf^mhigs 
lic^e  Slonje^mtion  toiebergebenben  befonberd  ben  Occibent  bei^errfc^enben,  boc^  auc^  in  @t^en 
unb  %^)}ten  (sahid.)  gelefenen  ^orm  (ß  =  ed.  Rom.)  unb   in  ber  bon  Sf.  felbft  für 

20  bie  SBibmung  unb  ^erau^obe  ^ergefteuten  rebibierten  ^orm,  bie  im  Orient  aur  ©eltung 
tarn  unb  fc^Iie|Iic^  tm  toefentlid^^en  ftd^  burd^fe^te  (a  =  ed.  Antiocb.),  tbobei  ober  na^ 
türlid^  eine  Steige  bon  Sedarten  aud  ß  in  bie  im  allgemeinen  a  bertretenben  $bf(.  unb 
ja^lreid^e  Se^rten,'  bie  auf  a  l^intoeifen,  in  bie  3^ugen  für  ß,  f)>e).  in  D  (Weniger  in  ^or.) 
eingebrungen  fein  lönnen  unb  toerben,  unb  toobur^  erft  re(^t  nid^t  au^efc^loffen  ift,  ba^ 

25  in  beibe  Sestformen  audf»  bie  fonft  üblid^en  3^e^änberungen  britter  fic^  emgefdj^lic^ 
l^aben.  Seftterer  Umftanb  ift  bon  93lap  toenigftend  in  ber  9(udfü^rung  tbo^l  unterfc^ 
toorben.  ^ud^  ^at  bie  9ludbe^nung  feiner  $)^))ot^efe  au^  auf  bad  Sbongelium,  b>obei 
iebod^  umgele^rt  bie  ^zn^zn  für  a  ben  älteren  Xe^t  barbieten  foQen,  ben  @inbrud(  ettoad 
abgefdEftoäd^t.    älber  audf»  toenn  man  fe^r  bieled  bon  bem,  toad  ).  9.  SBei^  gegen  Sla^ 

80  fjjejiett  in  D  ol«  ft)äteren  Urft)rung«  in  9lnft)ruc^  nimmt  (2;U  XVII,  1  ff.),  pt^xAt,  fo 
bleiben  bodff  eine  3Sinioi)l  bon  93arianten  ber  ß'&xuppt,  bie  ftd^  to^er  old  ^olge  einer 
einfachen  Icgtbertoilberung,  nod^  aU  gruc^t  einer  bon  einem  fjpäteren  borgenommene  2^* 
rebifton  rec^t  begreifen  laffen  tooQen,  aber  aud^  {(^toerlid^  ald  burc^  itorreftur  bon  anberer 
^anb   an^  ben  ^anbfd^riften  ber  a-^xunppt  ^tnau^ebrängte  in  SBa^r^eit  aQeinberec^tigte 

85  Se^rten  borju^te^en  finb,  fonbem  nac^  @)}ra(^c^aratter  unb  ^n^alt  in  ber  SlidEftung  ber 
Sla^fd^en  $^t)Ot^efe  toeijen,  bie  benn  auc^  bei  ©ele^rten  toie  SJeftle,  ^aifn,  ^^tc, 
33elfer,  Sogel  u.  a.  entf(^iet)ene  3uf^<^^u>^0  ^^  bielfa(^  felbftftänbiger  Se^nblung  be^ 
einzelnen  (bgl.  bef.  )u  9t®  15)  gefunben  l^at.  Sa^  bie  9ltten  nod^  nt(^t  gefc^loffen  finb, 
bezeugt  93la|'  eigene^  Sc^toanlen,  infofem  er  jule^t  nidjit  me^r  a  ober  ß,   fonbem  eine 

40  beiben  borange^enbe  gorm  atö  bie  erfte  Slteberfc^^nft  beg  Sf.  anfielt,  auö  ber  bie  beiben 
ebitionen  geflojfen  ftnb  (SC^StÄ  1900,  ©.  11  unb  19).  Ob  übrigen«,  felbft  toma  bie 
^ic^tigfeit  ber  $^t)otl^efe  fic^er  ertoiefen  toäre,  bomit  bie  93emü^ungen  um  ben  9la(^ 
toeid  ber|c^tebener  unb  berfc^iebenartiger  Quellen  böQig  illujorifd^  gemacht  tbürben,  toie 
man  too^l  gemeint  l^at,   ift  bod^  3U  be^toeifeln.    (Sd  ift  nic^t  einmal   ju  leugnen,  bog 

45  ba«  SSerfal^ren  folc^er  jtoeimaltgen  9tu«gabe  an  fid^  ebenfogut  bon  einem  9lutor  ber  mif* 
a))oftolifci^en  h}ie  ber  a))oftolijd^en  ^^\t  geübt  h^erben  fonnte.  Soc^  berme^en  aOerbingd 
jene  abtoeid^enben  /^-Sedarten  burd^  bie  in  i^nen  enthaltenen  unb  nun  erft  ind  boQe  Si^t 
getretenen  betaillierten  9lngaben  eine«  offenbar  ben  2)ingen  na^efte^enben,  ja  11,28  aö 
Slugenjeuge  jc^reibenben  2lutor«  bie  ^"ftanjen   für  bie  Überlieferung  bon  bem  lufanifc^en 

50  Urfprung  ber  Schriften  um  ein  Weitere«  aJloment.  3Ba«  mit  ber  93etoäl^ng  bicfer  Ueber« 
lieferung  für  unfer  SBiffen  unb  unfer  Urteil  über  ben  Sf.  ber  5Paulu«briefe  getbonnen  ift, 
toarb  oben  angebeutet.  Sc^toerer  aber  toiegt,  toa«  biefer  Sf.  un«  für  unfere  @rfenntni^ 
ber  ebangelifc^en  unb  a))oftolifc^en  ®efd^tc^te  barreic^t.  $<^ttl  C^ütU. 

Sufa«  b.  $rag  f.  33b  III  ©.  454, 0 7  ff. 

56  gnia«  t)on  lu^  (Jubenfi«),  geft.  1250.  —  glorcj,  Hispania  eacra  XXII;  gfabri« 

ciu?,  Bibl.  lat.  med.  aevi  III,  8.  833;    3Ircüalo   in  {einer  2lu«aabc  Sfibor«,    IsidoriaDa  I, 
cap.  13,    MSL  81,  6.  63 ff.;  ^otttiaft,  Nova  bibüoth.  hist.  2.  «ufl.  I,  ®.  747. 

Sufa«  bon  Xu^,  geboren  ^uSeon  in@))anien,  ^anonifu«  be«  3fiboru«{üfte«  bafelb^ 
bann  3)iafonu«  3U  XvCg  in  ® ahmten,   mac^t  1227  eine  91eife  nad^  3^^^"^/    befud^t  in 


2nta»  tiott  Sttly  2uUuB  tion  äRatttj  705 

Stalin  $<4>{^  ©tegot  IX.  unb  Sliad  t)on  Sortona,  ben  @eneral  bed  ^onjtölanerorben^, 
tDtrb  1239  Stfd^of  t)on  Xu^  unb  ftirbt  1250  (mäf  ben  AS,  nad^  ^lorej  1249).  @t 
fbeOte  eine  grofte  S^rontl  Don  @))anien  )ufammen.  3)ie  )tt)et  erften  93üqfer  entl^alten 
bie  l^tfhmfc^en  arbeiten  3f^o^  ^^  S^f^^/  ^^^  beiben  l^ten  bie  bed  ^Ibefond  unb 
3ultanu«  mit  eigener  gortfeftung  t)on  670—1274  ber  f^Hmifc^cn  tra  (=  1236  n.  6^r.)  6 
jj^ou^eg.  Don  Sd^ott,  Hisp.  illustr.,  ^anlfurt  1603,  9b  IV.  9(u|erbem  ift  gtoetfelto^ 
t)on  i^m  eine  SBiberl^ung  ber  SUbigenfer  unb  anberer  ^e^er.  3)ad  93uc^  befielet  meift 
aud  @scer))ten  aud  ®regot  bem  ®ro|en  unb  ^fxiox,  ift  aber  nic^t  untotdE^tig  für  bie 
Itenntnid  ber  @rftengef($i(i^te  in  @übfranlreid^  unb  @)}anien.  @r  beläm)}ft  axLcfy  folc^e 
Jle^p  qui  negant  esse  alteram  vitam  et  invisibilia  esse  non  credunt.  älfö  or^  lo 
6atßtf(^er  ^cmatiler  in  Jtunftfad^en  ^eigt  er  ftc^,  inbem  er  bie  ^arfteUung  ®otte^  in 
Stenf^engeftolt  ft^ejieQ  unb  ber  Xrimtät  old  Ae^erei  berlDirft  (mit  3Borten  Sftbord)  unb 
ebenfo  bie  3)arftdIunQ  beS  Jlrujif^,  bie  ^|e  übereinonber  mit  einem  9Iagel  befeftigt. 
Seibied  taxtr  fonft  in  jener  RiAt  fd^fon  jiemlidEf  getoö^nlid^.  3)a$  38ert  ift  ^erau^egeben 
bon  3Rariana  unter  bem  xitel  De  altera  vita  fideique  controversiis  contra  Albi- 16 
gensium  errores,  ^ngolftabt  1603,  bonad^  BM  9b  25,  @.  188  ff.  unb  itölner  Bibl. 
Patr.  Sb  13,  @.  228 1[.  Ob  feine  Schrift  über  bie  miracula  sancti  Isidori,  auf 
bie  Sulod  in  ber  SSorrebe  )u  biefem  S3u(^  ^intüeift,  ibentifc^  ift  mit  ber  vita  Isidori, 
tpeli^e  bie  SoDanbiften  Veröffentlicht  l^^en  (AS  Apr.  I,  @.  330;  Slreoalo,  Isido- 
riana,  App.  II,  MSL  S3b  82,  6.  19  ff.),  ift  unftd^er.  3)ie  SSoOanbiften  unb  Slrebalo  90 
befiretten  ed.  fü.  ei^niib. 

SnOnd,  @r)bifd^ofbon3)lain),  geft.  786.  —  S.  Bonifatii  et  LuUi  epistolae, 
in  Bibliotheca  rerum  German.  ed.  Ph.  Jaff^,  ^Berlin  1866;  in  MG  Epist.  III  ed.  d, 
2)ümmler,  öertin  1892.  Vita  Lulli  aoctore  Lamberto  Hersf.  ed.  ^oIbers@gger  in  MG  SS 
XV  @.  135  ff.  unb  in  Lamperti  opera,  ^ann.  1894.  Epitaphium  Luili  ed.  d.  Tümmler  in  25 
MG  Poet,  lat  II  @.  649 ;  3-  Sfr.  Sommer,  Regesta  arcuiiepiscoporum  MaguDtinensium, 
bearb.  d.  (S.  ^tll,  1.9b,  Snndbrucf  1877  @.  34  ff ;  ^abiOon  in  ben  ASB  saec.  III,  2 
S.  392 ff.  Slcttberg,  St&  5)eutf<ftl..  I,  ©.  573 ff.;  ©frörcr,  «Dgcm.  m,  3,  1  unb  2;  OclSncr, 
3at)Tbü(ber  bed  Sfr^ntifc^en  SReid)d  unter  $t.  $ippin,  fieip^ig  1871 ;  9lbel,  Sa^rbüc^er  be<$ 
^Täntif(ben  SReicbd  unter  l^arl  M.,  Berlin  1866,  2.  ^Tufl.  u.  @imfon  1888;  ^af^n,  Sonifa)  80 
unb  ßttl.  ßclpjig  1883;  ^aud,  Ä®  3)eutf(^Ianb8  1.  u.  2.  53b,  2.  ?lufl.,  fieipjig  1898  unb 
1900;  ^attenbad),  ^eutf^IanbS  ©ef^icbtSqueOen,  6.  ^Tufi.,  I,  Berlin  1893  8.  137;  $olber= 
dgger  in  91«  IX  @.  285;  XIX  @.  509;  S)ümmlcr  in  bcu  fjorfcb.  XXV  S.  177  f. 

SuHuö  toax  älngelfac^fe  n?ie  S3onifatiud,  an  beffen  älrbeiten  er  ftd^  beteiligte.  9Bol^t 
^enber  Seute  Jtinb  tourbe  er  bem  Jtlofter  Walmedburt;  jur  (Srgiebung  übergeben.  93on  86 
bort  ging  er  nadb  9Il^ut^e0e.  @^  toar  in  ber  ^txt,  in  ber  Sonifatiud  bort  Se^er  toar. 
3lad)  einer  SBaUfal^rt  nad^  9tom  folgt  er  i^m  nad^  ^eutfd^Ianb.  ®r  toar  bamold  nod^  ein 
jüngerer  3)lann;  benn  erft  in  3)eutfd^Ianb  erl^ielt  er  im  ^a^re  745  ober  turj  t)orl^er  bie 
^ialonentoei^e.  Ungemein  eng  fdfflo^  er  ftc^  an  Sonifatiu^  an.  3luc^  biefer  fd^ä^te  il^n; 
er  bebiente  ftd^  feiner  toieberl^olt  in  toid^tigen  Senbungen.  SuQud  ift  ed,  ber  751  badto 
berü^^mte  $ribilegium  bed  $a|)fted  3^^^^^^  f^^  ^^^  ftlofter  ^Iba  mit^eimbrac^te,  bad 
753  burc^  Jtönig  $it))}in  beftött^t  tourbe.  Slld  äSonifaHud  bie  SSefd^toerben  bed  ällteid 
füllte,  bestimmte  er  ft^  ben  Suuud  jum  ©el^Ufen  unb  orbinierte  ibn  bed^alb  752  ^um 
Sifd^of ,  offenbar  für  bie  @teQung  eined  S^orbifc^ofd,  bie  SuQu^  bei  ipm  ein^unel^men  l^atte. 
(Sr  trug  auc^  Sorge,  ba|  ^ippxn  i^n  gu  feinem  !Rad^foIger  in  3)2ain)  ernannte.  2lebod^  46 
erl^ielt  SuUud  bie  ergbifd^öflidEfe  SBürbe  junäd^fft  nic^t.  SuQud  l^at  bann  bie  Seiche  bed 
Sonifatiu^,  bie  nac^  SRaing  gebrad^t  n)orben  toar,  nadf»  ^Iba  geleitet,  ^n  feinem  unb  bed 
38finburger  SSifd^iofd  3Jlegingo)  äluftrag  fd^rieb  ber  ^riefter  SEBiOibalb  bad  2Atn  bed 
Sonifatiud. 

SuQud  gehörte  va  ben  eifrigen  SSertretem  ber  Siedete  bed  @)}ifto)>atd,  unb  toarso 
bemüht,  Jeine  bifdb5fli(|e  9(uffid^t  über  ^bnd^  unb  9{onnenfl5fter  burdS^aufü^ren.  ^araud 
ergab  fi4  ^  ^^^  SSer^dltnid  ju  einem  anberen  bonifatifd^en  Schüler,  bem  9(bte  @turm 
bon  f$ulba,  toeld^er  feinerfeitd  bie  Ilöfterlid^e  Unab^öngigleit  in  i^rem  umfaffenbften  @inne 
t)erteibigte.  @o  gingen  bie  beiben  großen  Stic^tungen,  bie  e))if{oi>ale  unb  tUfterlic^e,  bie 
in  Sonifatiud  bereinigt  toaren,  in  feinen  Schülern  au^nanber.  SuDud  tooQte  nic^t  btog  66 
bie  au^ergetob^nlid^e,  burc^  ba^  ^ribileg  gemährte  ))ä))ftlid^e  ^uridbütion  über  ^ulba 
burc^  feine  bidcefanbifc^öflic^e  erfe^en,  offenbar  toünfc^te  er,  biefem  Jtlofter  gegenüber  eine 
ä^nli^fe  @te0ung  einzunehmen,  h}te  ^onifatiud,  unter  toetd^em  ^ulba  atö  unter  bem  päüp^U 
liS^  Segaten  ftunb,  er  tooDte  ber  eigentlid^e  $err  bed  Jtlofterd  fein,  ben  älbt  [xd)  unter« 

Rco(>9nc9t(opäbie  für  XfftolOQit  unb  Airc^e.    8.  Ü.  XI.  45 


706  Sti0ti9  tiott  äRtittj  2nfba,  Slai^munbttd 

geben  feigen  toie  einen  bIo|en  ©tettbcrtreter.*  3Dlan  Wrieb  c«  feinem  Slateju,  ba|  Sturm 
763  toegen  beS  Serbac^tö  bon  ^einbfeltgteit  gegen  Jtönig  ^ippia  in  bod  Jao^et  ^mi^ed 
berbannt  tt)atb.  ^i^^^f^^^  ^^^  SuQud  bamald  bom  Jtönig  erreicht,  ba^  i^m  bie  ^errfc^ 
übet  bad  itlofter  übertragen  tt)urbe.  9{ac^  jtoei  2[<k^i^^  f^eilic^  tourbe  @turm  \>on  ^ippm 
5  begnabigt  unb  erl^ielt  bon  tl^m  767  anäf  bie  Seitung  bed  Jtlofterd  tüieber.  3)er  Jlönig 
l^ob  bad  bem  Sifc^of  übertragene  ^o^eit^ed^t  nrieber  auf  unb  erlDeiterte  fogar  bie  Unob« 
^ängigleit  bed  Jttofterd  noc^,  inbem  er  ed  in  feine  befonbere  ^efenfion  na^m,  fo  bog  ed 
fortan,  n?ie  in  geiftlic^er  Sejiel^ung  unter  ber  p&p\H.  ^[uridbittion,  fo  in  b>eltlt<^  Singen 
5um  %Al  unmittelbar  unter  bem  Jtönig^eric^t  ftanb. 

10  Siefe  @rlebigung  bed  Streitet  fül^e  jur  ©rünbung  bed  Jtlofter«  ^erdfelb.  SuOud 
tooQte  einmal  fein  Jttofter  l^aben  toie  93onifatiud,  einen  SRul^eort  für  fu^  )u  befd^oultc^ 
^urüdFgepgen^eit.  Sa  ed  nun  mit  ^Iba  nic^td  toar,  fo  grünbete  er  fiep  fein  eigene^ 
Klofter,  tool^I  768  ober  769.  @r  berftanb  ed,  burd^^  eine  tpie  ed  fc^eint  nid^t  fe^r  e^^ic^ 
(Srtoerbung  ber  ©ebeine  bed  1^1.  SBigbert  feiner  (Stiftung   eine  befonbere  9ln)iel^un^Straft 

16  )u  berlei^en.  Ser  @)}annung  mit  @turm  aber  ^ot  tooj^l  beffen  Xob  779  ein  @nbe 
gemacht  Sie  Siferfud^t  beiber  1^  ftdEf  toenigftend  eine  3^^  ^0  <^  ^uf  i^  betben 
Snftitute  übertragen. 

£ul  toar  al^  93if(i^of  bon  Tlaini  ^tac^folger  bed  Sonifatiud.     Sie  erjbifdi^fltd^ 
3Bürbe  bagegen  erbielt  er  erft  im  3ufammen^ang  mit  ber  @meuenmg  ber  9letro^olitam 

20  berfaffung  burc^  Jtarl  b.  ®r.  SBa^fd^einlid^  im  ^a^r  779  richtete  biefer  bad  @rfu(^ 
an  ^abrian,  i^m  unb  Xtl))in  bon  S^^eim^  bad  Pallium  ^u  berleil^en.  Samald  ffoi 
^abrian  eine  Unterfucbung  feiner  9tec^tgläubigleit,  feinet  Sebendtoanbeld,  aai^  feiner  Orbi^ 
nation  angeregt;  ber  @runb  ift  nic^t  mel^r  tlar  3U  fteUen,  man  ^ört  auc^  nic^t,  toad  bad 
@rgebni$  toar.    Sod^   erhielt  £ul  ba^  $aOium   unb   bie  er)bif(^5fli(i^e  SBBürbe.    @ein 

25  @influ|  al$  Srjbifc^of  ift  mit  bem  bed  Sonifatiud  nid^t  entfernt  gu  bergleic^en ;  <md) 
toar  bad  iBerl^äXtnid  gu  Jtarl  nid(|t  immer  ungetrübt.  So(^  nal^m  ber  Jtönig,  M  £. 
il^m  fein  Softer  übergab,  badfelbe  nod^  775  in  feinen  @d^u(  unb  berlieb  il^m  ^m* 
munitöt  unb  freie  Slbtema^I,  @treitigleiten  im  Jtlofter  foQten  auf  ber  öffentlichen  @l^obe 
entfc^ieben  toerben. 

80  3^  ^^  mi|lic^en  (Srfal^rungen,  bie  £.  in  madf^en  l^atte,  gel^ört  ouc^  bie  mit  Ut« 
rec^t.  ^m  ^a^re  754  l^atte  Sonifatiud  feinem  ©^orbifd^of  @oban  bod  bortige  S9idtum 
übertragen.  3lad)  beffen  2obe  blieb  ber  erlebigte  @i|  erlebigt,  unb  nur  atö  Xbt  unb 
^re^b^ter  leitete  (Sregor  bie  tJncfifd^e  Äirc^e.  äU  enblid^  im  3^^^  780  in  ber  ^erfon 
Sälberic^g  toieber  ein  Sifc^^of  ernannt  tourbe,   erhielt  biefer  feine  aSeil^  bon  Äöln,  iai 

35  fc^on  an  ber  älu^btlbung  feiner  enbifc^öflic^en  Steifte  arbeitete.  2Bal^rf4feinli(^  ^t  Jlaifer 
JUarl  biefe  ßntfd^etbung  j^erbeigefü^rt.  ßttoa  18  3^^^^  \P^^  M  Äöln  bann  bie 
er^btfd^öflic^e  9Bürbe  h^irflic^  erl^alten.  Sie  SSegiel^ungen  )u  3Rain)  tooren  bobun^  ob« 
gefc^nitten. 

3!Han  f)öxt  toä^renb  ber  legten  Seben^jal^re  S.«   toenig  bon   il^m.    Sr  J)flcgte   be» 

40  fonber^  bie  SSerbinbung  mit  feiner  angelfäc^fifc^en  $eimat,  unb  fudj^te  bort  Irofi  für 
bie  Slnfec^tungen,  bie  er  im  granfenreidj;  erfuhr.  Soc^  fie^t  man,  ba^  er  in  ber  Surt^ 
fü^rung  ber  tanonifd^en  Orbnung  ftreng  blieb,  unb  ba|  ed  i^m  audb  an  Vertrauen  tmter 
ber  l^o^en  @eiftlic^teit  be^  9leic^^  nic^t  fe^lt.  Ser  SleidEftum  bed  jtlofter«  ^er^elb  touc^, 
burc^  Sc^entungen  bom  5l5nig  unb   bon  ^ribatleuten.     Ob  £.   toirHidEf   oni)   no(^  bod 

46  ftlofter  SJleibenftabt  gegrünbet  l^at,  lä^t  ftc^  nic^t  ganj  fieser  bel^auj)ten;  aber  e«  ift  ni<l|t 
unh)a^rfc^einli4  6r  ftarbam  16.  Dttober  786  in  feinem  Älofter,  unb  tourbe  bort  ou^ 
beigcfe^t.  ©eine  irbifc^en  Übenefte  ^aben  bann  852,  too  fie  erl^oben  unb  in  eine  neu« 
erbaute  ftirc^e  gebracht  tourben,  auc^  nic^t  berfe^lt,  eine  tounbert^ätige  Jtraft  )u  betoeifen. 

3.  »eisfftifet  t  (9^ni). 

50  S«nnö,  SRa^munbu«,  geft.  1315.  —  I.  ©iograp^ien.  S)le  ftltefte  Vita,  oon 
einem  ungen.  3ci^g^n<^ff^n  )üuUu0  auf  (äJrunb  üon  beffen  eigenen  Mitteilungen  abgefaßt  (unb 
§mar  anf^einenb  1312,  bei  roeld)em  Sa^re  bie  ^r^ä^Iung  abbricht)  mieS  nac6  Sacqued  (Sufturier 
S.  J.  (vjcft.  1715)  in  feiner  ju  Ma^orfa  1700  ocröffcntlicftten  Dies»  de  cultu  immemorabili 
b.  E.  Lulli  et  de  immunitate  qua  gaudet  sua  doctrina.    @.  biefe  Vita  lateiniftb  in  ASB  t. 

66  V.  Jun.  (1708),  p.  GGl— 6G8  (mit  CJomm.  praevius  unb  ocrfc^iebenen  (Srgänjunaen,  babci  einer 
Dias,  de  orthodoxia  et  libris  b.  Raymundi  uom  Sefuitcn  3.»©.  @oIIier  (SoUerius).  @o» 
bann  in  forretterer  ©icbergabe  bei  Saljinger  in  t.  I  opp.  Raymundi,  Prolog.  (1721);  fowi« 
franiöf.,  mit  erläuternbem  unb  etflänjenbeni  Äommcntar,  in  ber  Hist  litt  de  la  Fräoce, 
t  XXIX,  p.  4—46.  —  Die  fpäteren  53iogrQpöien  finb  oöne  felbftftänbigen  ?Bert  unb  oielfü* 

60  unjuDcrIäffig.    @o  bie  oon  (5.  ©ooittu«  (6ouiat|)  in  ASB  1.  c,  p.  668—673  ;  femer  2.  »ob* 


2nUu9,  9t(d;munb  707 

bitig  in  ben  AnDal.  Minor,  t.  II.  III  unb  in  De  Scriptorib.  0.  Mid.  (1650);  ^erroquet, 
La  vie  de  R.  Lulle,  Vendome  1667;  Vernon,  La  vie  etc.,  ^oriö  1668;  5iic.  §fntonio, 
Bibliotheca  Hispanica  vetus  II,  122  sq.  (^abrib  1788).  %tiimti\t  beffer  bie  neueren  9(r* 
beiten,  mit  ^.  2'6to,  De  vita  B.  Lulli,  ^Qe  1830;  9lbolf  ^elfferic^,  ^laim.  £..  »erltn  1858; 
SittT^  in  ber  Hist  litt  de  la  Fr.  1.  c,  p.  1 — 386  (grünbltc^fte  neuere  ^arfteUung  mit  ein*  6 
ge^enber  tritifc^eu  SSürbigung  üon  £.9  Schriften;  bie  üon  ü'ütv^  unoodenbet  gelaffene  Arbeit 
}um  ^eil  ergfin^t  Don  (S.  ^aur^ou);  SHariud  ^nbr^,  Le  bienheureox  B.  Liule,  $Qrid1900 
(anmutia  f^ilbembed,  aber  ^ie  unb  ba  ad^u  p^antafieüoQ  gehaltenes,  in  ber  9enu(ung  ber« 
artiger  Sudfc^er  ^c^riften  wie  ber  SRoman  Slanquema  ald  ^iftorifcber  ßilfdqueden  oft  bebenN 
Ii4  weit  ge^enbed  fiebendbilb,  gefc^rieben  für  bie  Sol^fc^e  6agioIogtfd)e  Sammlung,  Les  Saints).  lo 
9aU  avidi  $3il^.  Srambac^,  $ed  9^.  SuO.  Seben  unb  ^erfe  in  Silbern  bed  14.  Sa^r^btd. 
(12  Si^tbrucftaff.  in  gfot.),  ßaridru^e  1893;  §t  ^efemetter,  ®ef(6.  b.  OccuItiSmud  II  (fieipa- 
1895),  @.  41—47;  ©artmann  im  ftftß*,  X,  747—753;  ©urter,  Nomencl.  lit  theol.  cath., 
t  IV,  ool.  378-384  (1899). 

IL  KuSgaben   ber  ^erle   fiuIU.     ^ie  aud  früherer  3ett   (üor  bem   18.  3a(r(.)  is 
fftmtli(!6  gan}  unüoQftänbig;  ).  0.:  B.  Lulli  opera  ea,  quae  ad  inventam  ab  ipeo  artem  uni- 
veraftlem  pertinent,  ArgeDtorati  1498  (u.  ö.;  ed.  postrema  1651).  —   Srfte  auf  ^oOftfinbig« 
leit  angelegte,  aber  unfertig  gebliebene  (S)ef amtau^gabe :   3do  @al}inger,   Beati  Baym.  LuUi 
doctoris  illuminati  et  martyris  opera,  ^ain^  1721 — 48,  10  $be  gfol.  (»oDon  aber  93b  7  u.  8,  mof)t 
»eil  Tte  ungebrudt  blieben,  je^t  fehlen,  ^ie  oprf)onbenen  8  93be  bringen  ca.  40 Schriften  ^um^bbrucf  go 
[no(4  nid^t  ben  Dierten  Seil  ber  bem  Herausgeber  überhaupt  üorliegenben],  mobei  fic^  übrigend 
me^rered  Unechte,  (errü^renb  t)on  bem  alc^pmiftifci^en  64riftfteQer  9?aQmunb  be  ^arrega  [ugl. 
unten],  befinbet.  —  Unoodftfinbig  blieb  bid^er  bie  Don  ®eronimo  d^ofeQo  begonnene  Äudgabe 
ber  Sierle  im  urfprünglic^en  lotatan.  ^ialett:  Obras  de  Bamon  Lull,  texto  original  publi- 
cado  etc.  (Palma  1837),    ber  eine  Sammlung    (atalanifcber  (^ebic^te   vorhergegangen   mar:  26 
Obras  rimadas  de  B.  L.,  escritas   en   idioma  catalan-provenzal,  publicadas   por   primera 
vez  por  Geron.  Bosello  (Palma  1859). 

^gen  ber  einzelnen  Schriften  f.  u.  im  Xejrte. 

III.  ^arftellungen  unb  ftritifen   ber  fie^re  fiulld.     «iuger  SoIIier  tu  ASB 
1.  c,  p.  691—696,    f.   bie  audfü^rlicbe  ^{ec^tfertigungdfcbrift  für  fiuü  unb    bie  finUiften  oon  so 
9lnton.  9}aQm.  ^aSqnal,  Vindiciae  Lullianae  s.  demonstratio  critica  immunitatis  IHuminati 
Doctoris  B.  Baym.  LuUi  martyris,  4  voll.,    9Iüignon  1778.     9(ud  bem  legten  Sf^brbunbert : 
Sittr^  unb  C>elfferi(6  a.  a.  O.;    ^.  Slitter,  ®efd)i(bte  ber  c^riftl.  WloU  Sb  8;   fi,  92eanber, 
Sr«.,  3.  «.  (1856),  II,  364-369.  496  ff.  560 ff.;  (grbmann,  Orunbrife  ber  ©ef*.  b.  ¥^iIof.*I, 
411—430;   ^aur^u,  Philos.  scolastique  II,  235sq.;   $rantl,    Q)e|4.    ber  Sogt!  III.  156ff  ;86 
etödl,  ^Ijilof.  b.  «RittelalterÄ  H,  924  ff.;    Sleutcr,  Wefcb.  ber  «ufflörung  im  iRlttelalter  II, 
95 ff.;  3of^  Siamon  be  Suanco,    Bamon   Lull   considerad   como    alquimista,  Discurso   etc., 
^rcelona  1870;   gfranddco   be  $.  danalejad.  Las  doctrinas  del  Doctor  Illuminado  Bamon 
Lull,  9Rabrib  1872;   «Ren^nbej  t)  ^dax)0,  Los  Heterodoxos  Espanoles,  ajiabrib  1880,  t.  I, 
p.  528  sq.  —    Ueber  ben  an  bie  ÄonbemnotionSbuffc  ÖJregorS  XL  uom  3al)re  1376  ficb  an-  40 
f(^lie(enben  Streit  megen  ber  Ste^tglSubigfeit  ober   bed  l)firetif(^en  S^arofterd  ber  Schriften 
2nU  (Suaiftif(6e  ßontrot)erfe)  {.  auger  (Suftnrier  u.  Soüier  (oben,  I)  bef.  SReufcb,  ^.  3nbe;  k. 
I,  26—33. 

SbD^munbud  SuDud  (Stamon  £uQ),  ft^anifdE^er  (Sbelmann,  3)i(^ter  unb  S^rtftfteQer, 
p^tIofo)>b  tmb  ^eolog,  SRifftonar  unb  SRärtt^rer  be^  13.  bid  14.  ^^^^^^^unberte;,  —  eine  ^ 
ber  mentDiirbigßen  $erf5nlid^Ieiten  bed  3Jltttelalterd  burc^  bie  )Berbinbung,    toenn  aud^ 
ntdEft  J^ormontfcpe  ^urdjfbringung   fe^   berfd^iebenartiger  (Stgenfd^aften  bed  ©eifte^  unb 
®emüted,  burd^  abenteuerlid^e  Seben^fdEfidfale,  t)telfeitige  X^ätigteit,  gro^e  fc^riftfteQerifc^e 
%mdftboxt6t,  toie  burdff  ben  (Stnflu|,  ben  er  nic^t  bIo|  auf  feine  ^eit»  unb  )Bolf^enoffen, 
fonbent  auf  ferne  3<>^^^unberte  burc^  ben  Slu^m  feinet  9{amend  unb  fetner  @d^riften  ^ 
geübt  fyd.    3)ad  tl^eologtfd^e  g^ereffe  nimmt  er  bor  aQem  baburd^  in  9(nf^ru4f,  ba^  er, 
gleich  feinem  franjidtanifd^en  Orben^bruber  unb  3^^0^^ff^  9loger93aco,  ben  fd^on  beim 
9I.  ^onj  h>a6me$mbaren  ftarlen  3^0  3ur  (Srtenntnid  ®otte^  aud  bem  Seben  ber  Jtrea- 
turen  in  ber  Stid^tung  auf  eine  tt?if{enfd^aftlt(^  geftaltete  9Iaturt^eologie  (freilid^  t>on  anberem 
Spalter  ald  biejentge  Sacod)  tneiter  berf olgte,  fotvie  femer  burc^  fein  SSorläuferber^cUtnid  ^ 
)u  feinem  um  250  ^a^re  jünaeren  fpanifdffen  Sonb^mann  So^ola,  mit  toelc^em  er  in  93e)ug 
auf  glü^enbed  )>ro)}aganbiftif($ed  Streben  wetteiferte.    @r  barf,  obfc^on  tnegen  be^  l^etero- 
bo|en  unb  t)on  ben  betretenen  SBegen  ber  @(^oIafttt  me^rfad^  obtoeid^enben  S^aratterd 
feiner  Se^rtoeife  ber  ^eUigf)>red[^ung  nid^t  teilhaftig  getnorben,  boc^  getniffermagen  atö  ein 
^fifU)rif(^eÄ  3*^'W^ö'^*  jtoifd^en  jenen   beiben  Drben^rünbem  gelten,  alfo  jene  „place  ^ 
intermMiaire    entre   S.  Frangois   qu'il  continue   et  S.  Ignace  quil  pr^pare  ä 
oertains  ^rds"  beanf)}ruc^en,   tvelc^e   eine  fetner   neueften  9iogra))^ien  i^m  antoeift 
(f.  3oI^  bei  3R.  Snbrö  1.  c,  p.  II).  —    Iro^  feiner  »erü^mt^t  fdfitoebt  freilidfi  über 

45* 


708  Stilltid,  Stai^munbud 

feinem  Seben  unb  über  feinen  Sd^riften  immer  nod^  ein  eigentümlid^ed  Shtnlel:  benn 
,,n?^er  l^at  er  oQed  bad  ergebt,  tt>ad  @)}ätere  ju  feinen  @{^i(ffa(en  l^in}ubi(^teten,  no<^ 
^ot  er  aQe  bie  Sudler  gefcprieben,  bie  unter  feinem  92amen  umgingen". 

2Ba$  n?tr  über  fein  Seben  ftd^ered  tütffen,  befdjiränft  fic^  im  ®runbe  auf  bad,  txKtd 

6  iene  ^ufjeid^nungen  eined  feiner  Schüler  bom  ^afyct  1312  beridEften,  nebft  bem,  toa^ 
feine  @(i^riften  fonft  ^ie  unb  ba  an  bio9raf)l^ifd{ien  ^aten  entölten ;  aftbere,  me^  ober 
minber  unfid^ere  ober  tt)iberf)>rec^enbe  ätngoben  fmb  bei  $erroquet,  @al^inger  u.  o.  ju- 
fammengefteQt.  Gegenüber  bem,  tood  teitö  bie  älteren  Siogro))^  tetld  Slnbr^  ben 
©d^ilberungen  bed  Slomand    93lanquera    an   SSeiträgen    jur    93ert)oIIftänbigung    feinet 

10  Seben^bilbe^  ju  entnel^men  berfud^t  ^aben,  erfd^eint  Iritifd^e  Sorfid^t  geboten.  —  @r  tfl 
geboren  ca.  1232  (al.  1234,  1236)  ju  ^alma  auf  ber  SSaleoreninfel  HRoOorca  au0  bor« 
nel^mem  unb  reichem  f)}anifc^en  ©efd^Ieq^te.  @ein  93ater  toor  ber  arragonejifc^e  Stitter  Slamon 
£ua  au^  Sarceflona,  ber  1229—1238  an  ben  JhiegS^ügen  Jtönig  ^ofob^  bed  gröberer^ 
l^erborragenben  Slnteil  nal^m  unb  bon  biefem  mit  93efi|ungen  auf  ben  balearifc^en  unfein 

16  belel^nt  toarb.  9ln  bed  genannten  Jtönigd  ritterlid^em^^ofe  berbrad^te  SuD  bie  erften 
30  ^a^xz  feinet  Seben^  atö  angefe^ener  ^ofbeamter  (gran  senescal)  im  2)ienfle  ber 
3Belt  unb  ber  toeltlic^en  3Rinne,  in  aQen  ritterlidjien  Jtünften  geübt,  tndbefonbere  au(^  in 
ber  Aunft  be^  ©efanged,  bie  er  in  ber  SBeife  unb  ®)>ra<$e  ber  2^roubabourd  ober 
^öfifdjien  3)ic^ter  feiner  3^^  unb  feinet  !ßoIIed  betrieb.   @r  toor  ber^eiratet  mit  ber  eblen 

ao  93Ianca  be  $ican)^,  bie  i^n  mit  einer  Xoc^ter  (3Ragba(ena)  unb  einem  @o^  (Domingo) 
befc^entte,  unb  lebte  in  glüdlid^en  93erm5gen^berl^ltniffen,  aber  burc^  unb  burc^  ote  SBelt^ 
mann  (—  competenter  dives,  toie  er  felbft  fagt,  lasdvus  et  mundanus).  3Ritten 
im  Xaumel  ber  SBeltluft,  bie  il^n  fogar  bid  )u  el^ebred[^erifc^em  treiben  fortriß,  erfa|it  ij^n 
))Iö|ltd^   toie  ein  S3li$  aud  Weiterem  ^immel  bad  bange  ®efü^l  ber  Seere  unb  ^Itc^tig^ 

26  feit  aQer  irbifc^en  S)inge.  Sin  erf(^üttembe^  äu|ere^  Sreigni^  (ber  Slnblid  einer  an 
Sruftfrebg  leibenben  fc^önen  grau,  unb  jtoar  gcrabe  berjenigen,  ber  er  in  toilber  Suft 
nac^gefteQt  l^attc)  foQ  i^n  jur  @elbftbefinnung  unb  Umle^r  aebrac^t  ^en.  Seffer  be» 
plaubigt  atö  biefe  älnna^me,  bie  bod^  nur  auf  ber  l^l^)>otl^etif^en  Deutung  eined  bon  i^m 
m  ber  Schrift  De  miracuüs  mundi  (VIII,  28)  eri^öl^Iten  SBorgangd  old  i^  betreffenb 

80  fuftt,  ift  bie  3u^ü(Ifül^rung  feiner  Sefe^rung  auf  toieber^olte  SSiftonen  bed  gdbreu)tgten 
Spriftu^  (angeblid^  fünf  {urj  ^intereinanber),  h^oburc^  er  )ur  (Srtenntni^  bon  ber  (Sttelfeit 
feinet  biel^erigen  %\)un^  unb  )um  @ntfd^lu^,  burd^  Schrift  unb  Siebe  fortan  für  bie  ®ad}t 
Qi}xx^tx  ju  totrfen,  getrieben  tourbe.  @ine  balb  banac^,  am  ®ebäc^tnidtage  bed  ^L  ^anjidfu^, 
bem  4.  Dftobcr  (toal^rfd^einlic^  bed  ^a^xz^  1266),   gel^örte  $rebigt  gab  feinen  ®ebanten 

85  eine  befttmmtere  ^treftlon :  er  bertetit  einen  ^eil  feiner  ®üter,  bid  auf  ba$  jum  Unter* 
^alt  feiner  gömilie  5Joth)enbige,  unter  bie  3lrmen,  mac^t  eine  aScilfal^rt  nad^  ©t.  Igago  bi  6. 
unb  anberen  ^I.  Stätten  (fc^toerlic^  auc^  fc^on  nad^  9tom  unb  ^läftina,  tbie  Xnbr^ 
p.  38  annimmt)  unb  jiel^t  \\d)  bann  nac^  fetner  ^eimatinfel  üHajorla  jurüd,  ganj  erfüQt 
bon  bem  ©trcben  nac^  mtfftonarifc^em  SBirfen  unter  ben  gröfetenteife  mol^ammebanifc^en 

40  Setoo^nem  biefer  3inf^l  wnb  ber  übrigen  Sänber  bed  S^l^m.  Denn  brei  ©ebanlen  toaren 
e^,  bie  il^n  fd^on  bon  jenem  5D?oment  feiner  Sefel^rung  an  befeciten  unb  beren  Sertoh* 
lid^ung  er  mit  einer  tounberbaren  3D?ifd[>ung  bon  jäl^er  ©nergie  unb  J)l^antaftifdber  Über- 
f^tocnglic^teit  berfolgte:  für«  erfte  bie  3luebilbung  feiner  „großen  3Btf[en«lunP"  (b.  ^. 
einer  aü^  in  ftc^  begreifenbcn  unb  jeben  SBiberftanb   ber  3^?^^!^^  wnb  ungläubigen  be» 

46  fiegenben  d^riftlic^en  Uniberfattoiffenfd^aft),  bann  bie  Slbfaffung  bon  ©elften  unb  $e^ 
anftattung  bon  2)iß})utationen  jur  SSerteibigung  ber  SBa^rl^ett  bed  ß^riftentum«,  fohrie 
britten«  bie  ßrtoerbung  unb  Verbreitung  orientalifc^er  ©{jrac^^fenntniffe  unb  Srrid^tung  bon 
SKifftonefc^uIen  jum  ^tü^dt  ber  Serbrettung  be«  ß^riftentum«.  3Sor  aflem  lernte  er  jrtt 
felbft  arabifd^  bet  einem  maurifc^en  ©Haben,  ber  i^n  aber,  al«  er  bie  Slbftd^t  SuQ«  mern, 

60  au«  ®lauben«fanati«mu«  mit  bem  3^obe  bebro^t,  fo  ba^  ber  biefem  3DlorbanfdS>lag  nid^t 
ol^ne  eine  fd^toere  !J?erh)unbung  Entgangene  feine  arabifd^en  ©{jrac^^ftubien  auf  onbere  SBeife 
fortfe^en  mufete.  Ungefäl^r  in  bie  ^^\t  biefe«  ßrlebniffe«  ober  ettoa«  frü^  (jebenfaud 
noc^  bor  b.  %  1275)  fällt  fein  3wfö"i"i^"^'^€ff^^  ^^^  bem  greifen  Dominilanergele^ten 
Slaimunb  be  ^eniafort,  bem   er  feinen  $tan  eine«  Sefuc^«  ber  Uniberfität  ^ri«  be^fd 

66  feiner  toeiteren  toiffenfc^aftlic^en  3lu«bilbung  borlegte,  aber  mit  bem  Srgebniffe,  ba^  bet 
berül^mte  fianonift  (tiiöglic^crtoeifc  ein  l^ertoanbter  feiner  gontilie)  il^m  bringenb  babon  abriet 
!Öull  toirb  nun  (Sinfiebtcr,  inbem  er  auf  bem  ^u  feinen  ^ejt^ungen  auf  3Ra|orta  gehörigen 
Serg  Slanba  (untoeit  ^alrna)  eine  ^um  Setrieb  feiner  5lontem})lationen  unb  gde^rten 
3lrbeiten   geeignete  ^ixtU  bcjie^t  unb   gleichzeitig   bie  Sejie^ungen   ju   feinen  gamUien» 

60  ange^örigen  böQig  abbricht,     ^n  einem  noc^  erhaltenen  2)oIument,  batiert  bom  3.  SRär) 


SttOtid,  9l(d;munbud  709 

1275,  giebt  feine  ®emal^ltn  93Ianca  bot  melden  3^0^  bi^  Srllcirung  ob :  il^r  ©ema^I  fei 
,,fo  gänjlid^  Iontem)}latib  getootben,  ba^  er  ful^  um  bte  SSertDoltung  feiner  irbifd^en  ®üter 
nid^t  me^T  lümmere",  toe^l^alb  für  biefe  ein  Jturator  befteUt  toerben  müf(e  (Hist.  litt.  etc. 
p.  9;  Änbrö  p.  56).  —  @r  fd^eint  l^ierauf  bem  Drben  be«  ^I.  granj  ate  2iertiarier  bei« 
getreten  )u  fein;  benn  in  bad  gegen  @nbe  9Iobember  1276  )u  SRiramar  auf  üJlajorla  6 
errichtete  JtoDegium  )um  @tubium  ber  arabifc^en  unb  ber  cpalb&ifc^en  ©pxaiift,  beffen 
Seitung  er  mit  Genehmigung  be^  $a))fte^  ^io^annXXI.  übemal^m,  lieg  er  13  junge 
3ran;|i^Ianer  aö  ©tubierenbe  eintreten.  Sieben  ber  an  biefem  ©eminar  ber  1^1.  Irmität 
)u  SRiramor  (für  beffen  @inri4ftung  er  ben  $at  ber  @e{e^en  ber  benad^barten  Uniberfität 
^ont)9eIIier  eingel^olt  l^oben  foIO  geübte  Sel^rtl^ätigleit  tüor  ed  bie  Slu^rbeitung  jener  lo 
„großen  3Bif[en8lunft"  (Ars  maior,  f.  u.),  toa^  i^  toäl^renb  ber  näc^ftfolgenben  3a^e 
^u^tfäc^li^  befd^äftigte.  Um  bie  ^itte  ber  80  er  ^al^re  fd^ien  il^m  enblid^  berß^unlt 
getommen,  bie  Sludfül^ng  feined  großen  SRifJton^roieltd  in  Weiterem  Umfange  ju  be^^ 
treiben,  ^e  au^ebe^nten  zBSanberungen,  tüelc^e  3(nbr6  p.  88  sq.  i^n  fdj^on  um  biefe 
3eit  )ur  l^örberung  feiner  ebangelifd^en  ^totit  audfü^en  läf|t  (burc^  3)eutfd{ilanb,  n?o  er  is 
bei  bem  frommen  Äaifer  SRuboI^I^  I.  S'^tereffe  für,  feine  5piäne  au  toedten  gefud^t  l^obe: 
borni  burd^  ©ried^enlanb,  Arabien,  bie  ^rtarei,  %^)}ten  unb  iRorbafrila,  fotoie  na^ 
einem  Sefuc^e  in  (Snglanb  burc^  Portugal,  ba$  maurifc^e  @panm  unb  abermals  bunp 
9{orbafriIa !)  ftnb  leere  $l^antaftegebtlbe,  für  toelc^e  lebiglic^  bie  Sr^öl^lungen  jene^  Siomand 
aU  Duelle  bienen,  toäl^enb  ber  jeitgenöfftfc^e  SBiogro))^  bon  i^nen  nic^t^  toeig.  3la6^  30 
legerem  begab  er  fid^  (ungefäl^r  ein  l^a^rjel^nt  nac^  ®rünbung  jene^  3Jlifftondfeminard 
auf  SRajorla)  nac^  3lom,  um  ben  $aj)ft  $onoriu§  IV.  für  ben  $lan  ber  Srrid^tung  bon 
SRifftondanflolten  in  allen  Sänbem  ber  Sl^ftenl^eit  )u  getoinnen,  traf  aber  ben  ))ä^ftlic^en 
@tu^l  erlebigt  (^onoriud  geft.  3.  ^vl  1287)  unb  bei  bem  folgenben  $a))ft  toenig  Sm« 
)>fanglid^Ieit  für  feine  ^been.  9lun  toanbte  er  ftc^  nad^  $arid,  unb  foD  ^ier  mit  (Sr-  26 
loubnid  bed  jtonjlerd  ^ertolb  b.  @t.  3)en^  öffentlid^e  Sorlefungen  über  feine  SRetl^obe 
ge^en  l^en.  ^oäf  erhielte  er  mit  benfelben  nur  geringe  @rfolge,  toe^^alb  er,  naA 
ettoo jjtoeiiäbrigem  Sertoeilen  in  ber  franjöftfd^en  §auj)tftabt  (1287—89),  fic^  junäd^ft 
nac^  3)cont^eQier  begab,  um  an  biefer  $o(^fc^ule,  mit  ber  er  frül^er  bon  SRajorta  aud  %er« 
binbungen  angelnü))ft  l^atte,  feine  Se^rborträge  unb  fc^riftftellerifc^en  Unternehmungen  so 


tpetter  m  betreiben.    Slud^  l^ier  fd^eint  er,  nad^  ber   älteften  fßxoffcalp^k  ungefdl^r  jtoei 

;        lana       ^   ^ 

feinem  ätufentl^alt^orte  madj^te.    SSon  l^ier  aud  befc^liegt  er  —  naäf  einem  neuen  turjen 


^al^e  lang  getoirft  ju  ^aben,  toorauf  er  für  bie  Sauer  ettoa  eined  ^^re^  ®enua  pi 


Sefuc^e  in  9tom,  ber  fo  toenig  toie  jener  frül^ere,  ein  aünftiged  Srgebnid  für  feine  Unter« 
ne^mungen  lieferte  —  einen  f?ijfu)n«berfud^  in  9lorbafriIa  ju  ma^en.  Sr  f^ifft  ftd^  in  86 
®enua  ein  (^erbft  1291),  toirb  püi^li^  in  feinem  @ntfc^lug  toieber  toanlenb  unb  bleibt 
Iranl  mrüd,  reift  ober  bon  untoiberfte^lic^em  ^ange  getrieben,  mit  einem  neuen  ©c^iffe 
bennoqf  ab,  lonbet  ju  93ugia  im  Itönigreid^e  Xuni^,  )}rebigt  toiber  ben^äam  unb  forbert 
bie  faracenifd^  ®elel^rten  )u  einer  förmlid^en  ©laubendbi^utation  l^erau^  mit  bem  93ebing, 
bag,  toenn  bie  ©rünbe  für  bad  S^riftentum  ftd^  ftärler  ertoeifen  toürben,  bie  @egner  jum  40 
S^ftentum,  anbemfaQd  er  jum  ^^lam  übertreten  toerbe.  SuQ  fud^t  jm  ertoeifen,  bag 
ber  cbriftlidEfe  ©ottedbeoriff  ber  beffere,  ba  ber  ^dlam  jtoar  bon  ©otted  ^ac^t  unb  38eid« 
l^,  aber  nic^td  bon  Sottei^  Siebe  h)if(e.  ©eine  äBorte  fc^einen  Sinbrud  ntmadj^en;  ba  lä^ 
ber  JtBnig,  bon  faracenifc^en  Gelehrten  auf  bieSefal^r  bed^^lam  aufmenfam  gemacht,  ben 
eifrigen  $i$)}utator  ber^aften.  @r  toirb  jum  ^obe  berurteilt,  auf  93ertoenbung  eined  46 
anbmn  arabifc^en  @ele|rten  begnabigt,  aber  aud  bem  Sanbe  bertoiefen  unter  ber  emft« 
lid^en  S3ebro^ung,  bag  man  i^n  fteinigen  toerbe,  faQd  er  fu^  toieber  im  tuniftfc^en  Steic^e 
bliden  laffe.  3)enno<^  bertocilt  er  nod^  einige  Aeit,  ^eimlic^i  auf  einem  ©d^iffe  im  $afen 
UKirtenb  auf  eine  ©elcgen^eit,  um  toicber  anö  2anb  m  lommen.  ©c^lieftlic^  fie^t  er  fid^ 
boc^  genötigt,  nac^  Italien  jurüdple^ren,  unb  bertoeiift  nun  ettoa  ein^a|[^r  lang  (1292  bi$60 
1293)  in  92ea))el,  too  er  feine  tn  ^üni^  begonnene  Tabula  generalis  boUenbet  unb 
feine  a)}ologetifc^e  Disputatio  quinque  sapientum  (bgl.  unten)  berfa^.  3luf  bie 
Äunbe,  ba|  ber  ßinftebler  $eter  bon  üJlurrbone  ben  J)äj)ftlid&en  ©tu^l  beftiegen  ate 
Söleftin  V.  (5.  3uli  1294),  eilt  er,  toeil  er  bon  i^m  bie  «rfüEung  fetner  SBünfdJe  ^offt, 
noc^  9lom.  Slber  Söleftind  Slegieruna  toar  bon  )u  lur^er  Sauer  unb  fein  9ta^folger  66 
Sonifatiud  VIII.  mit  gan^  anbcren  Sinaen  befc^äftiat.  9lud^  bon  i^m  toieber  abgetoiefett, 
fe^rt  er  nad^  einem  ettoa  ^toeijäl^ngemaiufentl^alte  inzKom  (in  loelc^en  bie  Slbfaffung  feine« 
©ebid^td  Desconort  unb  be« S^rattat^ Arbor  scientiae  faßt;  f.  u.)  junäc^ft  nac^Oenua 
gurüdf  (1296),  um  bann,  nac^  fürjerem  SSertoeilen  auf  üKajorfa,  feine  ^arifer  Sel^rt^ätigteit 
toieber  aufjunel^men.    leite  biefem  abermaligen  ^rifer  ^^e^rtoirfen  (1298—99),  baö  bon  eo 


710  SttOitd,  Sto^munbud 

befjeren  Erfolgen  aU  bad  ftfä)ztt  begleitet  toar,  teild  einem  neuen  Sertoeilen  auf  feinet 
^eimatinfel  gehört  eine  Steil^e  tüeitecer  Schriften  in  $oefie  b>ie  in  $rofa  an ;  f o  eine  gegen 
bie  ))antl^eifti)ci{ien  S^Ie^ren  ber  $atifet  Xriftoteliler  gerid^tete  Declaratio  per  modum 
dialogi  edita  contra  CCXVIII  opiniones   erroneas  aliquorum  philosophorum, 

6unb  eine  bem  Jtönig  $^Ui))))  le  Sei  unb  feiner  ®emal^lin  geioibmete  Philosophia 
amoris.  Sttoa  in  bie  ^a^re  1300—1301  ift  bie  Orientreife  )u  fe^en,  bie  i^n,  M^ 
S3etreibung  feiner  ^ifftonen  unter  ben  SRol^mmebanem,  nad^  (S^ptm  unb  Don  ba  toeiter 
nad)  Jtlein-Sirmenien  (Utoerlid^  nadff  bem  fem  abgelegenen  unb  fc^tper  )ugangrtd^  eigent^ 
liefen  9(rmenien,  f.  b.   Hist.  litt.,  p.  35)   führte,     ^n   bad  bann   )unöAft  aefolgte 

10  Xriennium  Don  1302 — 1305  fallen  —  bei  unau^efe|t  eifriger  ©c^ftftellert^&tigleit  — 
abtoec^felnbe  Slufentl^alte  in  ®enua,  SRajorta,  3)lontt>euier,  fob>ie  obertnald  in  ^ßortd;  bei 
biefem  britten,  jebenfaQd  nur  lurjen  $arifer  Xufent^te  mü^e  er  bie  me^a^  er^ä^Ite 
S3egegnung  mit  feinem  großen  Orben^enoffen  3)und  Scotud  gel^t  l^en,  borouiSgefelt 
ba|  biefelbe  J^iftorifd^  n?äre.    ytocfy  im  ^al^re  1305  ober  im  folgenben  unternimmt  er  feine 

15  jtDeite  SRiffiondfa^rt  nad^  bem  faracenifdE^en  9lorbafriIa,  bie^mal  befonberd  in  ber  Sbju^t, 
bie  ^Derroiften  ju  beläm))fen.  @r  lommt  unter  beftönbigen  l{äm))fen  unb  Seben^efai^ 
toieber  nadf»  S3ugia,  too  er  mit  einem  arabifd^en  ^bUofo)>l[ien,  $omer  ober  ^omor,  bid* 
)}utiert,  bon  einem  $riefter  gegen  bie  Solfötout  befd^ügt,  jule^t  aber  na<^  fec^lmonatUi^ 
fc^toerer  ©efangenfd^aft  audgetoiefen  toirb.    Stuf  ber  Ütüofreife  erleibet  er  bei  ^ifa  @(^iff« 

20  brud^,  rettet  laum  bad  nadEte  Seben,  verliert  ober  feine  ganje  $abe  unb  feine  9ü4ier 
(1307).  Jtaum  ^at  er  ftd^  erl^ob,  fo  eilt  er  über®enua  )u  bem  neuen  $a))fl  Slemend  V. 
nad^  älbignon,  unb  berfud^t  fid^,  nad^bem  aud^  biedmal  ber  ))äf)fttid^  ^of  fic^  tu^I  unb 
ablel^nenb  gegen  feine  ^orfc^läge  ber^alten,  noc^mafö  in  $arid  (1309—1311)  mit  2e^ 
borträgen  über  feine  Ars,  fotoie  mit  3)id))utationen  unb  StreitfdEfriften  toiber  bie  Sfoerroiften. 

26  ®egen  @nbe  bed  3. 1311  begab  er  fld^  auf  bad  Jtonjil  ju  Siienne,  bem  er  eine  9{eU^  bon 
Anträgen  toegen  SBerbammung  ber  at)erroiftifd^en  Se^ren,  toegen  Sereinigung  ber  geiftUc^en 
Stitterotben  )u  einem  einzigen,  toegen  (Sroberung  bed  1^1.  Sanbed,  befonberd  ober  toegen 
@rrid^tung  bon  3)lif fwndfqfulen  unb  bon  Se^rfteOen  für  ben  Unterrid^t  in  ben  otientdifoen 
Bpxai)m  unterbreitete.    Seine  meiften  iffiünfdjie  blieben  auc^ je^  lieber  uner^t    9oir 

80  feinem  legten  9(ntrag  mt^'pxad^  bie  Jtird^em)erfammlung  burd^  @rnc^tung  t)on  orientoTtfc^ 
Sel^rfteQen  in  ber  ^eftbenj  bed  $at)fted  unb  an  einigen  Uniberfttäten,  $arid,  Sobgno, 
Öirforb  unb  @alamanla  (f.  Clement.  Hb.  V,  tit.  1,  cp.  1).  Über  bad  Ie|te  2^rienntum 
feinei^  h^ec^ielboQen  Seben^  i^^^^ — ^^^^)  f^^'  ^^  ^^^  $aut)tqueQe  ba^felbe  nic^t  me^ 
mitbebanbeit,  unjufammenl^ängenbe  unb  meift  toenig  )ut)erläffige  3tadfAäftm  überiiefert 

85  @r  fd^eint,  laut  ben  3)atierungen  feiner  legten  Sd^^riften,  na(^  Seenbiaung  bed  iton}i& 
t)on  Sienne  junäc^ft  auf  SRajorla,  bann  noc^mald  in  $arid  unb  in  üRon^eQier  getoefen 
)u  fein  unb  bann  bon  3Refftna  aud  feine  le^te  norbafrifanifd^e  SRiffton^aj^  angetreten 
m  ^aben  (@nbe  1314).  3lad)  einigem  Sertoeilen  in  Xunid,  too  er  nodb^  einige  Xrottote 
fd^rieb,  begab  er  tro^  ber  früheren  Sebro^ung  ftd^  toieber  nad^  SBugia.   äßar  ed  iodf  fein 

40  ^öc^fter  äBunfc^,  toie  er  i^n  hirj  jubor  in  feinem  3Berf  De  contemplatione  aa^ 
gef^rod^en  l^atte,  nic^t  toie  anbere  uKenfc^en  an  SUtenSf^toäc^e  )u  fterben,  fonbem  bon 
i2iebe^lut  ber^e^rt  (non  prae  senectute  per  defectum  caloris  naturalis  —  imo 
prae  amoris  ardore^.  (Sine  3^t  lang  ^ielt  er  ftd^  in  ber  (StiOe  unb  Serborgen^ 
unter  ben  borttgen  c^nftlic^en  ftaufleuten  auf ;  bolb  aber  trat  er  offen  ^erbor  unb  ^btgte 

45  mit  ftürmifd^em  @ifer  halber  ben  ^dlam.  @d  folgen  neue  äludbrüd^e  ber  SSoUdtout,  er 
toirb  ergriffen,  mit  Schlägen  au$  ber  @tabt  and  3Jleeredufer  getrieben  unb  geftetnigt 
(29.  giuni  1315  am  gefte  ber  Sl^joftel  $eter  unb  SßauO.  ^albtot  toirb  er  bon  j^toei 
d^^riftltc^en  @d^iffd^enen  aud  @enua  Sobobico  ^aftorga   unb   @te)}l^  Solon  (einem  m* 

!ieblid^en  SSorfa^ren  bed  @ntbedEerd  ber  neuen  2Belt)  aufgefunben,  an  Sorb  gebrad^t  unb 
iirbt  untem)egd,  noc^  e^e  fte  3JlaQorca  eneic^t,  in  ber  3täf)t  ber  tleinen  ^nfel  Sobrera 
ben  30.  ^uni  1315. 

'©0  ^at  ber  fromme  5IJJann  getban,  toad  er  tonnte,  ©eine  ©el^nfud^t  noc^  bem  Sage, 
ba  ber  ^l.  ßifer  ber  2lt)oftel  toieberle^ren,  ba  fromme  3Dlönc^e  aud  2iebe  )u  ß^fto,  be» 
toanbert  in  ben  ©^rac^en  frember  SSölIer,  ^u  ben  Ungläubigen  ge^en  toürben,  bereit  für 
55  bie  !Ber!ünbigung  bed  @bangeltumd  t^r  Seben  ^u  o))fem,  ift  ibm  nid^t  erfüQt  toorben. 
Slber  bafe  nic^t  äußere  ©ctoalt  bad  bem  $erm  tool^lgefäBige  SDlittel  ber  Setel^rung  fei, 
ba^  bur^  Siebe,  @ebet  unb  X^ränen,  bur(|  Eingebung  bed  eigenen  Sebend  nad^  S^rifH 
unb  ber  3Kärt^rer  SSorbilb  bie  Ungläubigen  übertounben  toerben  muffen,  bad  hnir  i^ 
burd^  bie  ©rfal^rungen  unb  Äämjjfe  feinet  eigenen  gebend  öar  getoorben.  ^attz  er  früher 
60  ald  d^rtftlic^er  9flttter  im  ^ienfte  feined  {öntglic^en  ^erm  felbft  bie  SBaffen  gegen  bie  Un- 


SnOttd,  Slal^munbud  711 

glöubigen  getragen,  fo  tüar  e^  in  ber  }h)eiten  $eriobe  feinet  Sebend,  nad^fbem  er  aud 
oefc^Ud^er  älbgefd^iebenl^eit  jju  energtjci^er  X^atlraft  ftc^  aufgerafft,  bad  ^öd^fte  ^\d 
feined  Strebend,  ald  Streiter  S^rifti  mit  ben  3Baffen  bed  Seiftet  unb  mit  ben  ^Ritteln 
(^ftßd^er  SBiffenfc^aft  bad  l[|immlifc^e  9tei<|f  bed  $eilanbed  unter  ben  Siere^rem  3Jlol^am' 
mebd  auszubreiten  unb  bie  SBa^l^eit  bed  dEfriftlic^en  (Glaubend  ^egen  eine  ungläubige  b 
$^ilofo))^te,  indbefonbere  ben  bamold  Don  ben  älrabem  ^er  and)  m  ber  d^riftlidjien  2Belt 
^  auibreitenben  älberroiSmuS  ju  berteibigen. 

2)er  eine  ©ebanle,  in  n?el(|em  ade  S3eftrebungen  £uQd  jufammenlaufen  unb  bon 
loek^em  aud^f  feine  ßefamte  litterarifd^e  S^l^ötigfeit  —  feine  ))^iIofo)}l^ifc^en  unb  aQgemein« 
toif|enf(^>aftli(^en,  feine  tl^eologifd^en,  feine  J)oetifd^en  Seiftungen  —  befeelt  unb  be^errfc^t  lo 
ßnb,  ift  ber  bon  i^m  ixim  erftenmol  Ilar  au^ef)}ro4fene  unb  energifc^  berfolgte  d^riftltc^e 
SRifftoi^ebanle :  in  ber  eigentlid^en  ^eimot  bed  ^dlam,  in  ben  eigenen  Qpxaö^m  ber 
orientalifd^en  935Uer  bad  6l(|riftentum  j^u  berlünbigen  unb  burdff  eine  neue  unb  einfache, 
aOen  )ugängli(^e  unb  auf  jeben  ^nl^alt  ontoenbbare  toiffenfc^aftlic^e  3Jletl^obe  bie  ©egner 
ber  c^rifttid^en  SBal^rl^eit  unter  Soften  unb  Reiben  ju  toiberlegen,  aber  auc^  bem  d^rift^  i6 
liefen  9So({e  in  bolfötümlic^er  @))rad^e  unb  $orm  bad  ^tzai  bed  d^riftlic^en  SebenS,  bie 
®Iut  ber  mbftifd^en  ®ottedliebe,  bor  älugen  ju  fteDen  unb  fd^lie^lid^  biefe  ftdEf  felbft  ber« 
l^renbe  Sieoe^lut  burd^  bie  Eingabe  beS  eigenen  SebenS  im  3)tenfte  S^rifti  ju  beftegeln. 
S>ad  ift  bad  PM,  bad  er  faft  fünfzig  Sa|re  lang  mit  tounberbarer  Energie  berfolgt 
unb  in  feiner  äBeife  fterbenb  erreid^t  ^at.  20 

^amit  ^ben  toir  bereite  bie  ein^eitlid^e  ®runbtenben),  toie  bie  berfd^iebenen  ®at« 
tungen  feiner  ga^lreid^en,  teils  in  lateinifd^er,  teils  in  arabifd^er,  teils  in  f))anifc^er  @))rac^e 
berfa^en  Sd^ften  angegeben.  3)ie  3^^"  berfelben  toar  eine  au^erorbentlid^  groge,  toenn 
oud^  nidfft  aUeS,  toaS  i^m  \pättt  jugef^rieben  tourbe,  toirtlic^  bon  il^m  ^errü^rt.  9{ic^t 
toeniger  als  410  Sd^riften  SuQS  ber^eid^net  ein  in  ber  Sibliot^et  beS  @Scurial  befinb«  20 
lidSfer  Äatolog,  berfafet  bon  einem  ©panier  3).  SilriaS  be  So^ola  (f.  ^elfferidji  ©.  73).  ©a« 
mit  ftimmen  ungeföl^r  bie  eingaben  Don  SBabbing,  Scriptores  Min.,  unb  bon  'J2.  Antonio 
unb  $.  So^er,  ben  i^erauSgebem  ber  Bibliotbeca  Hisp.  Vetus  II,  122,  toelc^e  321 
ec^te  uitb  81  uned^te  9Iummem  jöl^len;  f.  bie  9te))robuItion  i^reS  SSerjeid^niffeS  bei 
©oHier:  ASB  1.  c.  p.  697—709  unb  bgl.  bie  nad^  anberer  SReii^enfolge  georbnete  unb  30 
Iritifd^  geftd^tete  8ibßograi)^ie  in  ber  „Eist.  litt.  delaFr."  p.  74—386,  tocld&e  bei  ber 
30^1  bon  313  ed^ten  SBenen  SuQS  fielen  bleibt.  —  SBegen  ber  fabulierenden  Über« 
treibungen  einiger  ätlteren,  toeld^e  bon  über  2000,  ja  bon  4000  LuUiana  rebeten,  ebb. 
p.  67  sq.  —  9lur  ein  ber^öltniSmäfeig  Heiner  leil  ber  SBäerfe  ift  gebrudEt,  bieleS  nur  l^anb« 
f(^ftli(^,  befonberS  auf  f^anifd^en,  frangöfifd^en,  beutfc^en  93ibliot]^eIen  (g.  S.  in  ÜJlünc^en)  35 
er^en. 

3)ie  l^erfömmlidjie  Jtatalogifierung  ber  SuDfc^en  SBerte  (bei  31.  ätntonio  k.  unb  in 
ben  ASB)  unterfd^eibet  12  @xu:ppm  ed^ter  ©{^riften:  1.  Libri  artium  generalium; 
2.  L.  Grammaticae  et  Rbetoricae;  3.  L.  logicales;  4.  L.  pbilosopbici ;  5.  L. 
metapbysici'  6.  L.  variarum  artium  (toobei  u.  a.  Slftronomie  unb  Slftrologie,  ©eo^io 
metrie  unb  ^rit^meti^  aud^  ^olitit  k.);  7.  L.  Medicinae;  8.  L.  Juris;  9.  L. 
spirituales  et  contemplationis;  10.  L.  praedicabiles  (l^ierbei  eine  Ars  praedica- 
bilis,  eine  Ars  praedicandi  maior  unb  minor,  ein  Liber  super  quatuor  sensus 
Scripturae,  etc.) ;  11.  L.  quodlibetales  seu  variarum  rerum;  12.  L.  variarum 
disputationum  seu  controversiarum  (b.  1^.  ))olemifd^'abologetifc^e  ^raftate  unb  ®e<  46 
^räc^e,  gerid^tet  jumeift  gegen  bie  älberroiften,  auc^  gegen  3)col^ammebaner,  ^uben  k.). 
2)a3u  treten  no(^  gtoei  ®xvüpptn  unechter  ober  toenigftenS  berbäc^tiger  3Berte,  nämlidE»: 
1.  Libri,  qui  sub  Lulli  nomine  circumferuntur  (20  9Iummem)  g.  93.  Liber 
Mercuriorum;  Lib.  Apertorium,  L.  Repertorium;  Magia  naturalis;  De  se- 
cretis  naturae  s.  quinta  essentia) ;  2.  Lib.  chymici  b.  LuUo  perperam  imputati,  60 
61  an  ber  3^0-  —  D^ne  unS  an  jene,  in  me^rfac^er  ßinfic^t  anfed^tbare  ®ruj)pierung 
ber  ed^ten  Lulliana  ju  binben,  lieben  toir  auS  bem  ungeheuren  äSorrat  einiges  SBid^tigere 
in  näherer  Betrachtung  ^erauS. 

1.  Sei  feinen  f^anifd^fen  SanbSleuten  lommt  SuD  bis  auf  ben  l^eutigen  Xag  in  erfter 
Sinie  als  ^ic^ter  in  93etrac^t.  ©ein  Obras  rimadas  (bon  StofoQo  gefammelt  in  b.  66 
äuSg.  bon  1859 ;  f.  0)  gel^ören  ju  ben  auSgejeid^netften  ®rjeugniffen  ber  Jj)anifd^smittel3 
alterlic^en  9{ationallitteratur,  naiver  beS  catalanifc^-^robencalifd^en  3^^0^  berfelben.  ^aS 
mit  SRw^t  berü^mtefte  feiner  ©ebid^te  ift  jenes  im  ^al^re  1296  juSlom  entftanbene  ftlagclieb 
El  desconort  („hxz  SSertoüftung")»  bö^  b«n  ©d&merj  iiber  bie  bon  SonifatiuS  VIII.  erfahrene 
3urüdh)eifung  (f.  0.)  i^m  ent^re^te,  beftel^enb  auS  einem  in  69  }h)ölf)eiligen  ©tro)>^en60 


712  fMM,  Sto^munbud 

etnseReibeten  38e(l^fel9ef))rä(^  )h>if(^en  einem  frommen  Eremiten  unb  )ta>ifd^  9lal;munb 
felbft,  tüorin  jener  i^n  bergeblid^  )u  tröflen  berfuc^t  (f.  bie  ätuMge  boroud,  nad^  ber  fronjdf. 
Übecfeljunfl  bon  Ouorbio  m  Hist.  litt.  p.  23—30  lu  bei  Slnbr^,  150—156). 

2.  9(4erl^alb  @)}aniend  t)erbanft  SuC  feine  Serül^mt^ett  junäd^ft  feiner  SRet^be, 
5  jener  ®  r  o  ^  en  Jtu  n  ft  (Ars  magna  s.  generalis  s.  universalis),  bie  bon  feinen  GdfiHan 

unb  Xnl^ängem  (ben  fog.  SuQ^ten)  ebenfo  oft  überfc^ö^t,  ald  bon  onberen  ju  gertna^ 
fd^ö^ig  bel^anbelt  toorben  ift.  ^oS  SBefen  berfelben  befte^t  barin,  bo^  berfd^i^ene  teib 
formale,  teild  materiole  Segriffe,  bie  mit  Sud^ftaben  bejeid^net  ftnb,  in  k)erfd^iebenen  bre^ 
baren  Jtreifen  ober  anberen  matl(^ematif(^en  ^guren  fo  jufammengeftellt  toerben,  bog  fi^ 

10  burc^  ^el^ung  ber  5treife  ober  burc^  S^^^^i  ^  SSerbinbun^linien  bie  fdmtTtc^  mda- 
lid^^en  Jlombinationen  med^anifd^  mit  Seid^tigteit  überfeinen  laffen.  SMe  Segriffe  fmb  nicpt 
toeiter  abgeleitet,  fonbem  äu|erli(^  fd^emattfd^  )ufammengefteQt  unb  muffen  mit  i^rm 
Sud^ftabenjeidjien  (bem  fog.  Alphabetum  artis)  audtoenbig  gelernt  toerben.  2)ie  SegriffS» 
berbinbungen  ftnb  nidfft  aud  ber  ©ad^e  gefd^ö^jft,  fonbem  nur  jufammengeiüürfeb;  bie 

15  Definitionen  ftnb  meift  ^t^^^^itionen,  bie  toieDer  ebenfo  med^nifd^  ou^enbig  gelernt 
toerben ;  bie  Setoeife  metft  erfd^lid^en  ober  petitiones  priocipü.  S^ibem  ^  9.  bod  Subicft 
Deus  nad^einanber  )u  ben  9  burd^  bie  Sud^ftoben  B— E  bejeic^eten  $räoiIaten  bonitas, 
majgnitudOy  aeternitas,  potestas,  sapientia,  voluntas,  virtus,  veritas,  ^oria 
in  Sejiel^ung  gefegt  toirb,  toerben  bie  (Sigenfd^ften  ®otted  gefunben,  unb  jtaHtr  mit  $Ufe 

20  bon  9  anberen  $nn)i))ien,  nämlidji :  Dif ferentia,  Gonoordantia,  Gontrarietas,  Initiam, 
Medium,  Finis,  Maioritas,  Aequalitas,  Minoritas.  Ober,  inbem  bie  9  berfd^i^enen, 
toieber  aud  ben  Sudjiftaben  B— K  bejeid^neten  ^agen  utrum,  quid,  de  quo,  quare, 
quantum,  quäle,  quando,  ubi,  quomodo  auf  ben  ©ottedbegriff  angeto^et  toerben, 
ergeben  ju^  @ä$e  toie  bie  folgenben:  ®otted  Dafein  ift  nottoenbtg,  toeu  ed  fonft  über» 

25  i^axößi  letn  noth^enbiged  @ein  göbe;  ®ott  ift  esse,  nihilo  extra  se  egens,  sed  omnia 
entia  egent  eo ;  er  ift  bod  esse  Optimum  et  infinitum,  befi^t  bie  summa  bonitas, 
duratiOy  magnitudo ;  er  ift  in  toto  creato  creans  et  in  omnibus  actibus  oreans; 
er  ift  in  frinem  SerJ^öUnid  jur  2BeIt  pius,  humilis,  misericors,  potens,  justus,  gratia 
plenus;  feine  quidditas  est  ipsa  Deitas.    @o  toerben  bie  Segriffe  toeber  toirffic^  erB&rt 

80  nodb  abgeleitet,  fonbem  lebiglid^  fd^ematiftert.    @o  mec^anifc^  aber  bad  gonje  Sorfo^^ren, 

f 0  lam  ed  boc^  ju  einem  Sebürfnid  ber  3rit  entgegm,  unb  nic^t  blo^  im  13.  gobrl^unbeit 

(ob  ed  SuQiftm,  bie  i^rm  Se^er  ali  Doctor  illuminatus  })riefen,  fonbem  ouq  ^pSim 

3^Uofo)}^en  unb  X^eologen,  j.  S.  Slgrit^ba  bon  3tcütdi^tm,  ©iorbono  Smno,   9b^. 

tird^er  k.  ^abm  ftc^  mit  ber  luQifd^en  ffunft  befdjiäftigt.    3]flan  glaubte  barin  ein  beouemed 

86  SRittel  ju  beft|en,  um  mit  leidj^ter  iSliä^t  aOe  mögli^en  Segrifpberbinbungen  )u  finben, 
über  alle  t^agm  Slu^hinft  ju  geben,  aQe  9Bi{fenf($aftm  auf  rine  ©mnbtoinenfcpaft  jinüd» 
pfü^ren.  Unb  fo  äu|erlic^  bie  SRetl^obe,  fo  toiOIürlid^  unb  f)>ielenb  bad  gan^eSSerfo^, 
fo  barf  man  bod^  ni^t  bergeffen,  ba^  bie  ganje  fd^olaftifdbe  SRanier,  bie  überlieferten 
3)enfformm  ber  ariftotelifd^en  £ogiI  unb  3Reta))^^ftI  auf  bad  rird^lid^e  2)ogma  anjutoenben, 

40  um  lein  ^aar  h^eniger  äu|erlid^  unb  toiQIürlic^  toar.  SJnbem  alfo  SuQ  bm  ^rmdidmud 
ber  fc^olaftifc^en  SJletl^obe  auf  bie  @))i^e  trieb,  l^at  er  nur  baju  beigetragm,  ben  too^rren 
3Bert  ber  bamaltgen  @d^ultoiffmfc^aft  aufjubecfen,  unb  l^at  gejeigt,  toie  man  bun^  me^ 
d^anifd^e  Sel^anblung  be^  üJted^anifd^en  Qtxt  unb  3Jlül^e  \paxtn  fönne  für  nü^id^e  2)inge, 
b.  1^.  einerfeit^  für  bie  ßrlemung  ber  Bpxai)tn,  anbererfdt«  für  bie  ®rlmntni3  ber  ffhciu 

45  täten,  aDermetft  aber  für  Serteibigung  ber  d^riftlic^en  3Bal^l^eit.  3)enn  eben  l^ierju  erf Aien 
il^m  feine  äBiffenfc^aft^le^re  al^  geeignetfte^  3Jlittel,  unb  bad  n>ar  auc^  ber  ®runb,  toeä^olb 
er  biefelbe  göttlicher  Eingebung  )u  berbanim  glaubte,  obgleid^  nid^t  untaml^rfd^einlic^,  ba^ 
er  bafür  ältere  DueQen  ober  SSorbilber  bmu|t  l^attc.  @o  erinnert  Slitter  an  bie  bdtennten 
logifc^m  Äunftau^brüdfe,  bie  getoö^nlic^  bem  2anb«manne  £uD«  $etru^  §i«^nu«  (f  1297) 

60  jugefd^rieben  toerbm ;  toa^rfc^einltd^er  nod^  ift,  bag  ed  jübifd^e  ober  arabifd^  SSornonger 
toaren,  benm  2utt  fic^  anf d[)Iofe  (t)gl.  $elfferid^  ©.  81) ;  er  felbfi  nennt  feine  5hmp  aud^ 
gerabeju  Kabbala,  toa^  er  erHärt  al^  receptio  veritatis  divinitus  revelatae.  —  S)ie 
Derfc^iebenm  Bearbeitungen  (Slu^jüge,  abfürjenben  Slebaftionen  k.),  toelc^  Stoi^munb  (einer 
Ars  magna  nac^  unb  nac^  angebetl^en  Ite^,  ftnbet  man  bereinigt  in  ^er  obm  ertoo^nten 

65  @ammetau^gabe :  R.  Lulli  opera  ea,  quae  ad  inventam  ab  ipso  artem  universalem 
pertinent  (®tra|burg  1598,  1609). 

3.  ^ac^toiffenfc^aftlic^e  Slrbeiten.  ^ie  üJlet^obe  ber  ))ISii[ofot)^if(^  9u(^ 
ftabenred^nung  oetfud^t  nun  SuD  anjutoenbm  auf  bie  barfd^iebenartigften  Aufgaben  ber 
bamaligen  SBiff enfc^aft :  nic^t  bIo|  Sogif  unb  SJletop^J^pJ,  ©rammatil  unb  SW^ru,  fonbem 

60  auc^  ©epmetrie  unb  ^ritl^metit,  'Jtaturtoiffmfc^aftm,  ^l^Vf^  ^^  ^l^emie,  9ln^o)>oIogie, 


SttOttd,  9lavmunbud  713 

9Rebt)m  unb  Sl^trurgte,  Sled^t^,  Staate  unb  fogor  Jtrieg§h>i{Tenf(^aft  (biefe  m  einem  Liber 
militiae  Beciüaris,  einem  Lib.  mil.  dericalis  unb  einet  Ars  de  Cavalleria)  ftnb  t)on 
i^,  balb  IäT)er  bolb  au^füJ^tlid^er,  bel^anbelt  tüorben  (t)gl.  bie  angeführten  Schriften» 
bet|^(^nif[e).  SRerftoütbtg  ift,  n?ie  fid^  bei  il[im,  äl^nlic^  n?ie  bei  feinen  englifd^en  Mt*  unb 
OriDNen^enoffen  %  Saco,  im  ©egenfoi  gegen  ben  fd^olaftifdE^en  t^ormolidmud  ber  Sinn  für  5 
9Iaturbeobad9tung  unb  für  realem,  encVlIot)äbifc^ed  SBiffen  mäd^tig  regt,  ^n  biefem  Sinne 
mag  man  i^  mit  Sleuter  (a.  a.  D.  @.  95)  ben  einjig  nationalen  @{^oIaftiter  Bpcmtn^, 
nd^en  Sacon  ben  )h>eiten  ^oll^^iftor  feinet  5Jial^|^unbertd  nennen :  er  iß  freilid^  @(^olafüIer 
nur,  fofem  er  ber  jünftigen  Sd^ultoiffenfd^ft  feine  neue  SBiffen«lunft  entgegenfe^,  5PoD^s 
j^^iftor  nur,  fofem  er  feine  auf  aQe  SBiffen^ebiete  antoenbbare  uniberfeQe  äKetl^obe  ganj  in  10 
ben  2)ien^  bed  einen  gtoeded  f^dlt,  ber  ^^riftlic^en  SBol^rl^eit^erteibigung,  ber  9Rif^on  unb 
9l[))oIogetiI,  um  burd^  biefelbe  bie  SBal^r^eiten  bed  S^riftentumd  mit  a))obittif(i^er  Sid^er^eit 
)u  bemonftrieren,  bie  ungläubigen  ©eieren  unter  ©Triften,  Sieben  unb  HRol^mmebanem 
meberüubid^utieren.  Son  feinen  SSemül^ungen  für  bie  äSenoirllici^ung  feinet  SRiffton^ 
geban!end  ift  fd^on  bie  Siebe  getoefen;  mit  bemfelben  ^öngt  aufd  engfte  jufammen  15 

4.  bie  ai>oIogetifd^st)olemifd^e  JUaffe  feiner  SBerte.  Sie  toenbet  [\i^  gegen  jtoei 
Jtlaffen  öon  ®egnem  —  einerfeitö  gegen  bie  „Üntoiffenben",  toeldjje  bie  SBiffenfd^aft,  aö 
bem  (Slauben  geföi^Iid^,  bertoerfen,  tocil  fte  meinen,  hoS  S3etoeifen  unb  Segreifen  ber 
religidfen  9Bal^l[ieiten  beeinträd^tigte  bad  SSerbienft  bed  ®Iaubend  —  anbererfeitiS  aber  gegen 
bie  ;,UngIäubtgen'^  toelc^e  bie  mtilel  bed  d^riftlic^en  (glaubend  für  bemunfttoibrig,  falfc^  20 
unb  irrtümlidji  erRären,  inebefonbere  aber  gegen  ben  bamald  aacfy  in  d^riftlid^en  itreifen 
toeit  verbreiteten  at)erroiftifd{ien  @a$  bon  ber  bo))))eIten  SBal^l^eit,  bo^  man  ald  lat^olifd^er 
(Sfycx\t  ttti>a&  glauben  tonne,  toad  nad^  ben  ®ef^en  ber  Semunft  unmöglid^  fei  SBir 
beft^en  bon  SuO  eine  Sleil^e  bon  Schriften,  gebrudEte  unb  ungebrudEte,  toeld^e  gegen  bie 
®egner  ber  (^tlic^en  3Bal^^eit,  f))e}ie0  gegen  ben  Slberroidmud,  gerichtet  finb,  ).  S3.  25 
Duodecim  principia  philosophiae  s.  lamentatio  philosophiae  contra  AverroistaSy 
Articuli  fidei  sacrosanctae,  de  reprobatione  Averrois,  Disp.  Raimundi  et  Aver- 
roistae  de  quinque  quaestionibus,  Liber  contradictionum  inter  R.  et  Aver- 
roistamy  De  centum  syllogismis  circa  mysterium  trinitatis.  De  ezistentia  et 
agentia  Dei  contra  Av.,  ^s  theologiae  et  philos.  mysticae  contra  Av.  (bal.  ao 
ßelfferic^  ©.  106 ;  oud^  Renan,  Averroes  et  T Averroisme  ©.  203).  gi^m  felbft  ifi 
®lcmben  unb  SBiffen  umertrennlic^  berbunben;  bie  2^rennung  beiber  erfd^eint  i^m  ald  bad 
grd^efte  ^inbemid  ber  Verbreitung  bed  S^riftentumd,  im  ^iberftreit  mit  ber  SBal^rl^eit 
tote  mit  ber  Siebe  m  ®ott,  atö  Sdj^ma^  für  bie  äBiffenfd^aft,  ja  atd  fo  feelen«  unb 
gemeinbeberberblid^,  oo^  er  fogar  bie  toeltlic^e  ©etoalt  jum  (^fc^reiten  gegen  bi^e  X^eorie  86 
aufforbert.  (Sott  ift  \a,  toie  i^öd^fte  Quelle,  fo  aud^  f)'66)\ivc  ®egenftanb  bed  SBiffend  unb 
bed  (glaubend;  beibed  finb  ällte  bedfelben  ©eifted,  ber  in  bem  einen  toie  in  bem  anberen 
fi(^  felbft  bet^ötigt.  S3eibe  forbem  unb  förbem  ftc^  gegenfeitig:  bad  3Biffen  bient  bem 
(glauben,  inbem  ed  bie  SSorurteile  gegen  bie  ®laubendtoabr^eiten  betäm))ft,  i^ren  ^^nJ^K^lt 
ald  ettoad  SRöglid^ed  fe^t;  ber  @laube  bient  bem  2Biffen,  toeil  burc^  ibn  ber  38iae40 
gebäftigt  unb  ber  ®eift  tüd^tig  gemad^t  toirb,  ju  immer  l^öl^eren  Srtenntnidftufen  ftc^  )u 
erl^eben.  ©egenftati^  bed  ®laubend  lann  nic^td  fein,  toobon  ber  93erftanb  nadjitoeifen  fann, 
bol^  ed  fu^  felbft  ober  ba^  ed  bem  Segriff  ber  göttlid^en  SoDIommen^t  toiberft)ri(^t. 
aÄererfettd  fe^  erft  ber  ®Iaube  ben  ®eifi  in  bie  rechte  ^öffung,  um  )u  ^o^en  unb  immer 
l^öl^eren  3)ingen  ftd^  aufjufc^toingen ;  benn  ber  ®laube  mit  feiner  (Sinfalt  fliegt  bem  46 
mü^fam  arbeitenben,  burc^  bie  Sc^ranfen  ber  Sinnlid^Ieit  gehemmten  Serftanb  immer 
boran.  ^ebe  Stufe,  bie  bad  SBiffen  erreicht  l^at,  toeift  allemal  lieber  l^öl^er  l^inauf  nai^ 
einer  nod^  i)b\)ttm  Stufe  unb  einem  nod^  ^öl^eren  ®ut,  toelc^ed  nur  ber  ®laube  beft^t: 
äl^lid^  n?ie  in  einem  ®efä^  bad  über  bem  ^Baffer  fc^toimmenbe  £)l  immer  l^öl^er  ftetgt, 
je  ^ö^er  bad  SBaffer  fteigt.  ^n  biefem  Seben  freilid^  ift  ber  menfd^lidS^e  ^nteHeft  buri*  60 
bie  Sc^anlen  ber  Seiblic^Ieit  gebunben,  bal^er  ber  ®laube  bie  Stelle  bed  (Srtennend  bielfac^ 
bertreten  mu^ ;  benn  ®ott,  ber  im  l^öc^ften  Sinne  gro^  unb  gut,  teilt  ful^  bem  erfc^affenen 
®eifte  nur  fotoeit  mit,  afe  biefer  fäbig  ift,  fein  Silb  unb  feine  SollIommenISieit  in  fidS> 
oufjune^men.  Dal^er  ift  unfere  @rfenntmd  ®otted  feine  abäquate,  fein  SSegreifen  be« 
Unenblic^en  burdff  ba^  @nbltcf)e.  S)urc^  bie  Sünbe  befinbet  fvä)  bie  menfdEfli^e  @rtenntnid  66 
in  einem  g^f^anbe  ber  ^ribotion  unb  ^nformität,  ja  e^  fann  fo^ar  ein  falfc^er  ®laube 
alle  Äräfte  ber  Seele  in  feine  ©etoalt  befommen  burc^  ©etoo^nl^eit  unb  (Srijiel^ung.  SBeil 
aber  bo(^  immer  bie  SSemunft  eine  l^öbere  ®etoalt  über  bie  Seele  ^at,  aU  Sr^ie^ung  unb 
®etool^n][^eit,  fo  fann  ber  falfc^e  @laube  burc^  bie  3)la4ft  ber  ^toingenben  SSernunftgrünbe 
ttbertounben,  ed  fönnen  bie  Slrtifel  be^   c^ftlic^en  ®laubend,  ja  alle  ©e^mniffe  bed  eo 


714  SttOnd,  Sto^munhid 

Sl^ftentumd  a))obiltif(i^  betütefen  tüerben  (probari  per  necessarias  rationis).  Denn 
tüte  ber  ®laube  feinen  Urf)}run0  in  ®ott  pot,  fo  mu^  aud^  fein  ^ni^att  t)ollfiänbi0  \ooifc 
fein,  toeil  ®ott  und  nid^t  täufdjien  lann.  ^ft  ober  ber  ©laubendin^  notta>enbig  tocift, 
fo  mu^  er  aud^  bett)eidbar  fein.  —  Einige  ber  ge^en  ben  ^^lam  gend^teten  @<^riften 

6  berfa^e  Sta^munb  in  arabifd^er  @))rad^e;  fo  fd^on  jtotfd^en  1275  unb  1285,  tDo^renb  bed 
Se^irfend  in  ^Ritamar,  bie  Xrahote  Alchindi  unb  Teliph  (Hist.  litt.  p.  12).  Se^ 
fonbexd  gern  unb  nid^t  ol^ne  ©efc^idlid^Ieit  l^anbl^abte  er  bie  bialogifd^e  3)arfieIIuti^form, 
unb  jtoar  im  Dienfte  feiner  antisaberroiftifd^en  unb  fonftigen  ^olemil  (bgl.  bie  t>or^ 
angeführten  Disputationes  gegen  bie  älberroiften,  ouc^  bie  fd^on  früher  ertpo^nten  De- 

10  daratio  pro  modum  dialogi  gegen  bie  218  $arifer  ^h^Iebren),  toie  aud^  in  ben  feinen 
SRifftondjtoeden  bienenben  2B^en.    ^u  ben  bemeriendtoerteßen  ber  lederen  Slrt  gehört 

S'  ned  ®^pxixi)  ber  fünf  3Beifen  t)om  ^a^e  1294  (Liber  de  quinque  sapientibus,  in 
b  II  ber  aJlainjer  au«g.  feiner  SBerle;  togl.  Hist.  litt.  p.  102—107),  toorin  ein 
römifc^er,  ein  griec^ifd^er,  ein  neftorianifd^er  unb  ein  jjolobitifqer  Sl^rift  ftd^   über  i^ 

15  ®lauben  unter  fid^  unb  mit  einem  @ara)enen  unterl^alten  unb  bo:  Se^tgenonnte  indbefonbere 
burd^  ben  römifd^^^latl^olif dj^en  @)}rec^er  (ben  „Lathius",  b.  i.  Sbd^munb  f eibfit)  über  bie 
Irrtümer  bed  ^lam  fa  belehren  berfud^t,  bann  aber  eine  bringenbe  Sitte  um  UnterfU^ung 
ber  SRol^ammebanermtf^on  an  ben  bamaligen  $a))ft  (Söleftin  V.)  beigefügt  tmrb.  ferner 
bie  audfü^Iic^e  Serteibigung  ber  Xrinitöt  unb  ber  SRenfc^toerbung  ©^rifti  gegenüber  lenem 

ao  idlamifdjien  $^iIofo)}l^en  $amar  bom  ^ai^re  1307  (Liber,  qui  est  disputatio  Raymundi 
christiani  et  Hamar  Sarraceni,  in  8b  IV  ber  SWainjer  auSg. ;  bgl.  Hist  litt.  152—158); 
ber  Liber  de  gentili  et  tribus  sapientibus  {®^pxai)  eined  l^eibnifd^en  ^SSßo\cpffixi 
mit  einem  3uben,  einem  Soften  unb  einem  Sarajenen ;  f.  Hist.  litt.  90 — 100);  ber 
Liber   super   Psalmum    'Quicunque    vult',    sive    Über    Tartari    et    Christiani 

36  (ib.  144—148),  u.  a.  mel^.  äud^  feine  2lt)oIogie  be«  aboftolifc^  ®(auben«belentttniffe8  — 
bad  er  im  XnJd^Iu^  an  eine  in  ber  nad^tl^^omiftifd^en  2;i^eologie  bed  SRitteloUerd  )temli(^ 
beliebte  @inteilung^h>eife  atö  in  14,  nic^t  12  älrttlel  jerfaQenb  auffa^  (bgL  boju  u.  a. 
3)ionb^  b.  Jtartl^äuferd  Summa  fidel  orthodoxae  t.  III,  5,  fotoie  @l.  Slume,  $.  a))o{L 
®laubendbetenntnid,^eiburg  1898,  ®.202)  —  rieftet  i^abologetifc^s))olemif(^9läfonnement 

80  l^au))tfddtilid^  gegen  ben  ^^lam  unb  beffen  Seugnung  ber  ^nlamation  ©otted  in  S^rifto  (über 

de  XIV  articulis  sacrosanctae  Romane  catholicae  fidei ;  bgl.  Hist.  litt.  113 — 118). 

5.  3)ogmatif^e  Schriften.    iBon  ben  \pzmüm  Krd^lid^en  Dogmen  ift  ed  bor  allem 

bie  ®ottedle^re,  bie  Se^re  bom  ^afein,  SBefen,  befonberd  aber  bie  bon  ber  9)reieimgleit 

®otted,  mit  ber  ftd^  £uQ   einge^enb   befc^äftigt  l^at.     6o  im  Liber  de  trinitate  in 

86  unitate,  in  De  Est  Dei,  De  cognltione  Del,  De  unitate  et  pluralitate  divina,  De 
trinitate  et  incarnatione.  De  trinitate  trinissima  u.  f.  to.  (bal.  ^elfferic^  @.  70, 
too  mel^r  atö  30  hierauf  bejüglid^e  @d^riften  unb  älbl^anblungen  aufgejä^It  ftnb;  be^L 
Hist.  litt,  etc.,  p.  311—323).  3)ie  Unterfc^iebe  in  ®ott  fielet  Sutt  barin  begrünbet, 
toeil  überhaupt  fein  SBefen  ol^ne  folc^e  gebac^t  toerben  fann;  bie  3)reieinigfeit  ift  ber  et» 

40  f^5t)fenbe  ^iludbruct  für  bie  äSoQfommen^eit  ®otted  atö  bed  f\ö)  felbft  mitteilenben  ^fien 
®uted.  3)ie  älbleitung  ber  brei  ^erfonen  gefc^iel^t  ö^nlid^  toie  bei  9(uguftin  ober  ben 
Siftorinem:  ber  Sater  ftd&  felbft  afö  Sater  erfennenb,  jeugt  ben  ©ol^n,  beibe  burc^  bie 
Siebe  ftc^  betrac^tenb  ben  ^I.  ®eift;  beim  Satcr  beginnenb  finbet  bie  göttliche  ?ßrobufs 
tibität  i^re  Slul^e  in  bem  ^I.  ®eift  ate  bem  giele  ber  beiberfeitigen  Siebe  be«  aSaterd  unb 

45  be^  ©o^ne^ ;  bie  brei  ^crfonen  berl^alten  fic^i  toie  principium,  medium,  finis  ber  ©elbffc 
betoegung  ©otte«.  —  3)ie  ©c^öt)fung  ift  2öerf  ber  freien  Siebe  ®otte«,  bie  Sr^tung  mit 
ber  ©d^öt)fung  ibentifc^;  bie  SJlenfc^toerbung  ®otte«  aber  ift  nottoenbig  teil«  jur  botten 
Offenbarung  ber  göttlid;en  SSoOfornmenl^eiten,  teil«  jur  (SrfüQung  be«  SBel^toecfe«:  ut 
satisfieret  illi  fini,  ad  quem  mundus  creatus ;  nadf  eingetretener  ©törung  burc^  bie 

60  ©ünbe  mufete  fie  gefd&el^en,  toeil  fonft  ®ott  nic^t  erfüllen  toürbe,  toa«  er  ftd^  felbft  unb 
feiner  aSollfommeni^eit  f^ulbig  ift.  ®anj  berfel^rt  ift  ber  Unglaube  an  göttlu^  SEBunber, 
ba  ja  boc^  ©d^öt)fung  unb  5IJJenfc^toerbung  bie  größten  SfBunber  fmb.  Slaturerfenntni«  unb 
Srfenntni«  ber  übernatürlichen  ®otte«toerfe  forbem  unb  bebingen  jtd^  gegenfeitig :  ba|  ber 
^Renfc^  ba«  Übernatürliche  nic^t  boUfommen  ju  erfennen  bermag,  ift  nic$t  )u  bertounbem, 

66  ba  er  ja  auc^  in  ber  9latur  fo  biele  unb  gro|e  ®e^eimniffe  nid^t  begreif  33iel  3Mft 
giebt  ftd^  SuD,  bie  göttliche  ^röbcftination  ju  bereinigen  mit  ber  menfcplic^  f^rei^ :  ba 
jene  auf  olle«  fic^  erftrerft,  fo  fann  er  bie  ^ei^eit  nur  bel^auj)ten  bur^^  Unterfdj^ung 
einer  bo)}))elten  93etradS;tung«toeife,  n?ie  alle«  einerfeit«  auf  en?ige  3Beife  befte^t  in  ®ott, 
anbererfeit«  in  ber  neitlicben  ßrfd^einung  fid^  barfteDt.    Semerfen«toert  ift  cuid^  bie  an 

60  älnfelm  erinnembe  Sluffaffung  be«  @rlöfung«h>erle«  S^rifti  ol«  einer  bon  bem  ®ottmenf(^ 


SttOnd,  Stal^munbud  715 

gdeiiteten  unenbltd^  ©atidfaltion  für  eine  unenbUc^e  @(^ulb  (de  artic.  üdei  18),  fotüie 
Ue  an  3)und  @€Otud  erinnembe  3)ebuItion  ber  erbfünblofen  ®eburt  ber  3Ram:  „®ott 
imb  bie  ©ünbe  fönnen  nid^t  in  einem  ©ubjeft  jufammenlommen".  (SBeitere«  f.  bei  Sleanber 
n,511,  560  ff.,  605  ff.  unb  bei  Sleuter  II,  96  ff.,  330  ff.). 

98ie  SuU  in  (»tattifd^-Iird^lic^en  3)ingen  rid^tige  Slide  geilen  unb  borl^anbene  SRängel  6 
cclannt  l^t,  jeigen  ).  S3.  feine  ^u^erungen  über  ben  3Bert  ber  SBaOfol^rten  (De  contem- 
platione  cp.  CXIII),  über  falfc^e  ^\ü>tt:  unb  Jlreuje^erel^ng  (bad  redete  93ilb  bed 
®elreu)igten  fmb  nic^t  picturae  et  ligna,  fonbem  ein  Sl^rifl,  in  toeld^em  6l[irifti  gloriosa 
humanitas  eine  ©eftalt  gewonnen  fyit ;  9Ieanber  @.  497) ;  femer  ^u^erungen  über  bad 
®ebet  old  bie  Seele  bed  ^riftltd^en  Sebend,  über  bie  Siebe  otö  bie  d^ftlid^e  ®runbgeftnnung,  lo 
Ober  Mafien,  Jtafteiungen,  SJlönd^tum,  über  Sllmofen  a(§  bie  ed^t  c^fÜic^e  %oxm  ber  ©üter^ 
gemenifc^ft ;  aud^  eine  @<^ilberung  ber  Derfd^iebenen  @tänbe  ber  Sl^riftenl^t,  il^irer  $f(id^ten, 
Xugenben  unb  Untugenben  jc.  (f.  über^uj)t  ba«  bei  9leanber  II,  497—99  3ufammengeftettte). 

6.  Son  befonberem  Snlereffe  fmb  enblid^  für  bie  Äenntni«  ber  ganjen  SBeÜ^  unb 
Scben^onfd^uung ßuttö  feine  J)ralttfd^serbaulid^en  ©elften,    ©o  feine Proverbia  s.  i6 
über  mille  proverbiorum  ad  communem  vitam,   ber  Liber  de  orationibus,  ^er 
Liber  decontemplationibus  in  Deum ;  me^e  mariologifd^e  2^raltate  tok:  De  laudibus 
b.  Mariae  (aud^  Liber  b.  Mariae,    ein  @^pxäi)  ber  brei  ^amen  Saubatio,  Oratio, 
^tentio  mit  bem  ßinftebler  Slaljmunb  über  bie  2!ugenben  ber  1^1.  Sungfrou);  De  „Bene- 
dicta  tu  in  mulieribus"  (Sc  1,28);  über  conceptionis  virginalis  (DieQeid^t  unecht,  ao 
f.  HiBt.  litt.  257);  aud^f  mel^irere  nod^  ung^rud(te  toie:   De  centum  signis  Dei,    De 
Septem  sacramentis,  De  Septem  donis  Spiritus  sancti,  etc.    ^u  ben  origineUften 
SBerten  biefer  ©attung  gel^ören:  ber  Liber  Felix,  s.  de  mirabilibus  Orbis,   aud) 
bäitelt:  De  miraculis  coeli  et  mundi,  unb  ber  c^riftlid^e  Sloman  Blanquerna.    ^er 
Liber  de  miraculis  ift  eine  9lrt  bon  orbis  pictus,  tüorin  ein  SSater  feinen  ©o^  ^^feli^  25 
burc^  SB3alber,  Serge,  (Sbenen,  SBüften,  ©täbte  k,  tpanbem  lö^,  um  i^n  bie  3Bunber 
®otted  lernten  )u  le^en  unb  oQerlei  Setrad^tungen  an2ulnü))fen  über  (Sott,  Sngel,  $imme{, 
Elemente,  Planeten,  Säume  unb  ^flanjen,  Xiere,  Stenfd^en,  $arabie^  unb  $ölle.    S)er 
Stonum  Blanquerna   (t^oQftänbiger :   Blanquerna  [ober  in  onberer  ©(^bung:  Bra- 
cbema]  magister  perfectionis  cbristianae)  ift  eine  9lrt  bon  geiftltd^fem  @ittenf)>iegel  so 
)ur  Serl(^errli$ung  bed  S^ftentumd  unb  befonbenS  bed  SRönd^tumd,  inbem  ber  $elb  burc^ 
aOe  möglichen  Situationen  unb  Seben^er^Itniffe  l^inburd^efü^rt  nrirb  —  er  toirb  Sin« 
ftebler,  3Rönd&,  «bt,  ©ifc^of,  Srjbifc^of,  Äarbinal,  «Pa})ji  —  um  julefet  bie  liora  toieber 
meberklegen,  ftd^  aÜ  XloüSnn  ind  ®ebirge  gurüdjiel^en  unb  bad  ^oeol  franji^anifc^er 
^eiliffcett  in  m^ftifc^er  ©otteinl^eit  unb  fera))l^ifc^er  Siebe^Iut  in  ben  eingeflod^tenen  geift^  »6 
Ivifm  2)ia(ogen  unb  Siebedliebem  (dialogacions  t  cantichs  de  amor  entra  TAmich 
y  Lamat)  jur  3)arfteIIung  )u  bringen.    3)ie  fünf  ©tänbe  ober  Sebenöberl^ältniffe,  toeld^e 
ber  $elb  ber  @r}äblung  v  nad^inanber  burd^Iebt :    bad  @l^eleben,  hoS  JUofterleben,  ber 
$r&Iatenftanb,  bie  ^ßa^fttoürbe,  unb  le^tlid^  bad  Iontem)}latibe  (Sinfteblerleben  toerben  in 
d^enf 0  bieten  Suchern  gef c^ilbert  (bal^er  ber  boQe  Xitel  ber  f)}anif^en  Su^aben  bed  SBertd :  40 
Blanquerna  maistro  de  la  perfeccion  christiana  en  los  estados  de  matrimonio, 
relijrion,  prelacia,  apostolico  seHorio  y  vida  hermitana  contemplativa)  ober  la« 
teintfd^ :  Liber  Blancherna,  tractans  de  quinque  statibus  personarum :  de  uxo- 
ratis,  religiosis,  praelatis,  cardinalibus  et  pontificibus,   etc.)    3)ad  fünfte  S3ud^, 
unter  bem  befonberen  Xitel :  Liber  amici  et  amati  ober :  Blanquerna  de  amico  et  46 
amato.  e^ifKerte  frü^jeitig  auc^  <di  befonbere  ©{^rift  für  ftc^,  tote  benn  fd^on  bad  ber  älteflen 
Vita  Sta^munbd  angehängte  ©c^riftenberjeid^nid  ed  atö  ein  befonbere^  SBert  neben  bem 
„Liber  Braehernae''  nennt.    Db  e«  bom  33erfaffer  ju  bem  urfj^rünglic^  nur  in  4  Sudlern 
obgefa^en  9loman  erft  nad^tröglid^  l^in^ugefügt  toorben  (fo  bie  Hist.  litt.  p.  253),  lö^ 
fidj^  niät  befkimmt  ermitteln.    @$  ift  jebenfall^  ba^  eigne  @infteblerleben  SuQd  auf  bem  60 
SSerge  Slanba  ober  in  3D?iramar,  bem  bie  in  biefen  ®eft)räd^en  „gtoifd^en  ^eunb  unb  ©e* 
liebtem"  gefc^ilberten  Srfal^ngen  rcliaiöfer  Äontemblation  mm  großen  Xeil  entnommen 
finb.    SDoc^  reid^en  bie  barin  (h}ie  auc^  f onft  ^ie  unb  ba  in  bem  Sloman)  ju  Xage  tretenben 
autobiogra))^fc^en  3üge  toegen  il^re^  unbeftimmten  unb  f)}orabifd^en  Sl^alterd  nid^t  baju 
l^in,  il^e  ettoaige  SSertoertung  )u  Ergänzungen  ober  gor  )u  S3erid^tigungen  bed  anbertoeit  66 
überlieferten  Seben^bilb«  SuBiS  ju  redptfertigen.  —  SBegen  ber  üerfc^iebenen  3lu«gaben  f.  Hist. 
litt.  252—255  (t)gl.  bie  Sn^altöanal^fe  bei  2lnbr6,  p.  102—116). 

SMe  fiirc^e  ^at  lange  gqd^toanft,  ob  fie  SuD  aU  SRärtl^rer  unter  bie  ^eiligen  ber> 
fefen  ober  atö  Jte^er  berbammen  foQe  (f.  bef.  ©olterd  Commentar.  praevius  in  ASB 
L  c,  p.  633  sq.).    ^n^befonbere  toar  e^  ber  Dominicaner  9Ii{ol.  @V"^^^^«  ^nquifttor  oo 


716  SitOttd,  Stoi^munbud  StMmil 

bon  Srragonien  im  14.  ^ai^xf).,  bet  in  feinem  Directorium  fidd  II,  189,  9  me^  aß 
50  (naA  anbetet  ätngabe  500)  ^[tttümet  unb  jte^eteien  in  SxtUi  @(^nften  nad^ta>ied  unb 
il^  bedpalb  bei  $a^{l  ©tegot  XI.  betflagte,  bet  benn  auc^  bie  Se&üre  einiger  feinet 
©d^riften  betbot.    Sinige  bet  bon  bemfelben  (burd^  S)eltet  bom  26.  3<uiuat  1376)  bet^ 

6  utteiben  100  @ä^e  SuDd,  bie  attö  20  @(i^tiften  bemfelben  gebogen  b>aren,  1^  S>ai)ing(t 
in  fein  Encbiridion  symbolorum  et  definitionum  etc.  (6.  ed.,  p.  147)  aufgenommen, 
).  S3.  Prop.  96:  Omnes  articuli  fidei  et  Ecdeslae  sacramenta  et  potestas  Papae 
possunt  probari  et  probantur  per  rationes  necessarias,  demonstrativaSy  evi- 
dentes;   Prop.  97:   Fides  est    necessaria   bominibus   rusticiSy    insciis,   mini- 

10  stralibus  et  non  babentibus  intellectum  elevatum  . . .,  sed  bomo  subtiliB  fadlins 
trabitur  ad  veritatem  cbristianam  per  rationem  quam  per  fidem;  Prop.  98: 
Qui  cognoscit  per  üdem  ea,  quae  sunt  fidei,  potest  dedpi;  sed  qui  cognoscit 
per  rationem,  non  potest  falli:  nam  fides  potest  errare  et  non  errare,  ete. 
^anad^  toar  ed   alfo  befonbetd  bet   ftatf  au^e^t&gte  ^^iteQe&uaKdmud  bet  Suilf«^ 

16  Sd^olaftit,  bet  l^iet  beanftanbet  unb  old  tationaliftifd^  ^uflel^inung  gegen  bie  fin^lic^ 
älutotität  betbammt  toutbe.  —  93on  ben  jal^Iteic^en  ätnl^ängetn  SuOd  toutbe  obet  bie 
®iltig!eit  biefe^  Utteild  ftübjeitig  befititten  unb  bie  SBuDe  ©tegotiS  enttoebet  atö  bon 
S^metic  gon)  unb  gat  etbic^tet,  obet  ald  auf  einen  anbeten  al^  SuD  begüglic^  bargefkOt 
^et  in  i^  betutteiUe  Sla^munb  fei  bet  1371   im  ^nquifition^efängnid  geflotbene  SRot^ 

ao  munbu^  !Reo)}totud  oud  ^ttega,  Setfaffet  bet  l^iätetifcpen  Schrift  De  invocatione  dae- 
monum).  &qon  in  einet  für  £uQ  fid^  güt^tig  etflötenben  @enten)  bed  JtatbinoIIegaten 
äUamanni  bom  ^jal^e  1419,  toeld^e  bie  SuQiften  )u  ettoitlen  imt|ten,  tbutbe  biefe  Set^ 
böd^ltigung  bet  SSuDe  ®tegotd  au^ef)>tod^en.  ^n  bem  bon  ba  an  but^  biet  gf^rl^unbette 
fu^  l^injie^enben  Stteite  ^abm  namentlich  ftan)i$Ianif(^e  Otbendbtübet  unb  f)>anifd^e  Sanbd» 

26  leute  SuQd  füt  beffen  Slec^tgläubigleit  ^efttitten,  toöi^tenb  fömtlid^e  an  bet  5tontrobetfe 
beteiligte  ^ominilanet  füt  bie  @a(i^e  tl^ted  Dtbendgenoffen  S^metic  einttaten,  olfo  ben 
l(fätetif(^en  S^ataltet  bet  Seilten  SuOd  be^au))teten.  älbet  auc^  jefuitifd^etfeitd  iß  bet 
SuQidmud  me^tfac^  beläm))ft  unb  bet  Setbteitung  SuüfdEfet  Schriften  entgegengetoittt 
tootben.    Stad^bem  $au(  IV.  (1559)  bie  butd^  jenes  3)ebet  ®tegotd  XI.  betbommten 

80  Schriften  SuQS  auSbtüdlic^  in  bie  jtoeite  ^affe  bed  3^^  0^^^  ^^^t  toutbe  )u  Zrient 
1563,  auf  SSetrieb  bet  f)}anifd^en  JlonjilSmitgliebet,  bet  auf  i|n  oejüglid^e  $af[ud  im  !^)[nbq: 
toiebet  gefttid^cn.  SQäö^tenb  bet  Sa^te  1580—1620  fanben  neue  SBet^nblungen  in  9lom 
batübet  ftatt,  ob  fiuDö  ©d^riften  butc^  ben  3nbej  ju  betbieten  feien  •  toiebetl^olte  Slngtiffe 
teils  bet  bominilanifc^en  $attei,  teils  einjelnet  ^lefuiten  (bef.  aud^  S3euatminS)  auf  biefelben 

85  toutben  butd^  baS  fd^ü^enbe  @intteten  beS  ft>anifd^en  ^ofS  füt  ^e  untoitifam  gemacht 
Sinjelne  @d^tiften  auS  bem  ^teiS  bet  älnl^änget  £uQS,  befonbetS  folc^e  aU^miftif(^ 
^n^aUS  fmb  in  bet  ^olge  betboten  tootben;  aud^  ^at  ^aüßji  S3enebilt  XIV.  bie  Sd^rt^ 
ienet  93uIIe  @tegotS  XI.  unb  beten  toitflid^  gegen  SuQ  gerichteten  Sinn  auSbtüdRid^  fefi' 
gefteUt  (De  beatificatione  etc.  I,  c.  40,  n.  4).    @ine  ettoaige  Stneuetung  biefeS  olteten 

40  anti^SuUjc^en  S)eItetS  abet  l^at  et  untetlaffen ;  ja  getabe  untet  il^m  butfte  @at)inget  feine 
äluSgabe  bet  SBetle  beS  „Doctor  illuminatus  et  martyr  R.  L."  unae^ir^ett  etfd^en 
laffen.  —  Untet  $tuS  IX.  ift  jtoat  cinetfeitS  ein  Dffijium  beS  „feiigen  Sla^munbuS  SuHuS" 
füt  SKajotla  genel^migt  (1847),  auc^  bem  3Ktnoritenotben  bie  jäl^tlid^e  geiet  eineS  %^ 
beSfelbcn  am  27.  5Kobbt.  geftattet  tootben  (1858).    3lbet  anbetetfeitS  butfte  auc^   unter 

45  biefem  botle^ten  ^ajjfte  in  einet  offijiöfen  g^i^f^ift  beS  93atiIanS  (ben  untet  äutoritot 
beS  aKagifter  ®.  ^olatü  etfc^einenben  Analecta  Juris  Pontificii,  II,  2480)  bie  ®iltigfeit 
beS  toibet  SuD  gerichteten  SefretS  @tegotS  XI.  aufS  neue  bel^au))tet  toetben  (1857). 
©.  über^auj)t  SReufc^  a.  a.  D.,  ®.  28—33.  S'Acr. 

fintJUÖ,  ©erbatuS,  geft.  862.  —  Serfc:  ed.  $apiriuS  3Raffon,  ^ari»  1588;  beffer 

50  ©alujc,  <PQriS  1664,  5lnttüerpen  1710;    bonad)  BM  ©b  25  unbMSL  ©b  119;  bie  ben  ®ott* 

fcöallfdjen  ©treit  betr.  8(t)riften  aucft    bei  Mauguin,  Veterum  auctorum,   qui  de  praed.  et 

gratia  script.  opp.   <ßariö  1650,    bie  Äanoneg  ü.  ©erneuil  aucft  MG,    leg.  I,    S.  383;    bie 

©riefe    in  neuer   c^ronolog.  Drbnung  mit  Einleitung  unb  ^otcn:  Desdevires    du  Dezert, 

Lettres   de  Servat  Lonp,    «Pari«  1888.  —     Sittcratur:  ^RabiDon,  AnnaL  ord.  S.  Beoed. 

56pa88im;  Hist.  litt,  ©b  V,  6.  255 ff.;  ^efelc,  Äonä..®cfc6.  ©b  IV;  3)ünimlet,  Oefc^i^te  M 

oftfränf.  mtidi^,  2.  9lufl.  1887,  ©b  1  unb  2;  ^aud,  Ä®.  3)eutf<ftIanbÄ  ©b  2;  ($bert,  (Skfd). 

ber  fiitt.  im  ^?l,  ©b  2  S.  205 ff.;    Nicolas,    Etüde  sur  les  lettres   de  8,  L.,  Thfese  pr^. 

k  la  Fac.    de   Paris,  Clermont-Ferrand  18G1;     Giry,    ^tudes   CaroliDgiennes  in    Etudes 

d'histoire  du  m.  Ägc  d^di^es  ä  Gabriel  Monod,  $arl«  1896;  Sprotte,  ©iogrartie  be«@.S., 

60  StcgcnSburg  1880;  Sangen,  ^3  ©b  48;  @^9l,  p^ilof.  m.  1891  ®.  389  unb  402 ff. 


Sittmd  717 

Su^ud  ift  um  814  geboten  aud  bomel^mec  romantfc^er  ^milie,  bon  ber  aui)  Der» 
{(^iebene  anbete  ©lieber  ju  l^o^en  lirc^lid^en  SBütben  gelangt  ftnb.    Seine  ecfte  Silbung 
eid^ielt  ec  unter  9lbt  9llbri(^,  f)>dter  Sr^bifd^of  bon  Bttii,  im  Jtlofter  ^^erri^red  (untoeit 
bon  @eniS,  l^eut  3)e^art.  fioiret),  toeld^ed  einft  aud^  unter  SUhtin  gefianben  ^atte.    Slber 
bte  toiffenfd^ftlicijien  Xrabitionen  aud  ber  3^  ^^^^  b-  ®^*  tooren  am  Srlöfd^en.  S.  toar  5 
bon  feinen  toeflfränlijdjien  Seigrem  toenig  befriebigt.    ^ie  Siebe  jur  SBiffenfc^oft,  nid^t  bie 
^eube  an  ber  beutfd^en  Bpxacfyz,  toie  man  i^m  nac^fagte  (ep.  1,  Desd.  @.  62),  trieb  ben 
^ttngling  )ur  berü^mteften @(i^ule  berget,  nad^  ^u(ba  ju  ^abanud  3Jlaurud.  ^ort  l^ielt 
er  ftc^  bon  830—36  auf  unb  fc^Io|  mit  Slaban  unb  bieten  anberen  beutfdjien  ®ele^en, 
befonberd  mit  Sinl^arb  in  Seligenftabt,  bemob  fetner  Hafftfd^en  (SIegam  el^rfurd^tdboD  betounber»  10 
ten  SSerfaffer  ber  vita  Caroli,  toenigftend  brieflich  ^eunbfd^aft.  ©dpon  ein  gefd^ä^e^  ©lieb 
ber  geleiten  SBelt  —  Diaban  toibmet  i^m  feinen  Jtommentar  ju  ben  panl  Snefen,  9lbt 
Srun  bon  ^erdfelb  berlangt  unb  erhält  bon  il[im  836  bie  vita  Wigberü  —  tarn  er 
nad^  ^(erriered  jurüd.    837  reifte  er  toieber  mit  9(bt  Obo  b.  %^xx,  na$  ^eutfd^Ianb,  er« 
bonlte  aber  untertoeg^  im  itlofter  @t.  2^ronb  (bgl.  ep.  20,  Desd.  6. 63  mit  Hild.  vita  15 
Faronis  MSL  119  @.  430).    Seine  ©enefung  fd^eb  er  ben  ja^Uofen  ©ebeten  feiner 
gfreunbe  )u  unb  nannte  fxcfy  bon  ba  an  Serbotud.    Seine  Se^rt^gleit  in  ^err.,  bon 
bet  nod^  ®jPH^^  ^^t  ^"^  gef ommen  ftnb  in  ©eftalt  bon  9ta(^fd^riften  feiner  3)i{tate  burc^ 
Sd^üler  (ßWl  a.  a.  £).),  machte  i^n  balb  toeiter  belannt.    S^on  838  lann  er  ftd^  ber 
©unfi  bed  i^aiferd  Subh^ig  unb  ber  Jtaiferin  ^ubitl^   rühmen,  bte  i^n   an  ben  ^of  be^go 
fo^ilen,  unb  Seförberung  erhoffen  (ep.  6,  Desd.  S.  76).  3lber  erft  in  ben  Sruberlriegen 
nad^  Subtoig^^b  gelang  ed  i^m,  ftd^  in  ben  Sattel  3U  fd^ftoingen  unb  unter  Serbröngung 
bed  (di  Parteigänger  Sotl^ard  in  Ungnabe   gefallenen  Dbo  burd^  bie  ©unft  Aartö  bed 
Jla^ren  felbft  9lbt  in  ^iered  m  toerben  (842 ;  nad^  ©ir^  a.  a.  O.  840).    93on  ba  an 
toar  ed  mit  ber  Stu^e  feinet  Sebend  borbei.    9lU  einer  ber  großen  SafaJQlen  bed  SlAifi  25 
iDurbe  er  hineingezogen  in  ben  Strubel  ber  )>olitifc^en  unb  Ktd^lid^en  5{änt))fe.    Seine 
Selbftbe^aujptung  atö  9lbt  unb  bie  @rl^ltung  ber  Seben^föl^igleit  feiner  Slbtei  tourbe  fein 
ßaut)tintereffe.    @§  ift  eine  böfe  Rtit:  SRormannen,  33retonen,  Slquitanier,  bie  feinblid^en 
Srüber  Sot^ar  unb  Subtoig  ber  ^eutfd^e  fuc^en  boS  unter  bem  fd^toac^en  Slegiment  Jtartö 
bed  Jtal^len  fd^ledjit  bel^ütete  SBeftfranlen  l^eim.    3n  bem  9luf  unb  9lb  ber  Parteien  ift  ao 
ed  nur  bem  getoanbten  ^olitiler  möglich,  fid^  oben  ju  galten.    Su))ud  betoied  fU^  aü 
fol(^.    2)o(^  zeigte  er  eine  in  jener  ^zxt  hoppdt  fc^ä^endtoerte  ^uberläfftgleit,  inbem  er 
feinem  ertoä^lten  ^errfdjier  5tarl  immer  treu  blieb.    @r  jiel^t  mtt  in  ben  unglüdClic^ 
itrieg  gegen  bie  Slquitanier  unb  gerät  bei  ber  Ütieberlage  ber  ganten  am  14.  I^uni  844 
felbft  in  ©efangenfd^aft,  aud  ber  er  jebod^  fd^on  am  5.  ^uli  toieber  l^ieimle^rte  (ep.  90. 91, 85 
Desd.  S.  96.  97).    @in  ßug  nad^  S3urgunb  im  ^cä)x  borl^  ^te  i^n  um  10  $ferbe 
gebracht,  je^t  lie^  er  feine  ganje  5trieg!paudrüftung  bal^inten.   ^ad  ^af)x  barauf  befc^reibt 
er  ben  S^f^^^^  f^"^  ftlofterd:  bie  Kirc^engefä^e  muffen  beriauft  toerben,  bie  Srüber 
baben  feit  brei  ^af)xtn  leine  neuen  5tleiber  befommen  unb  gelten  in  2nw)ßtn,  bie  itnec^te 
faft  nadt,  man  toei^  nid^t  me^r,  h^o^er  Srot  nel^men.    Unb  nodf»  l^aben  bie  Lieferungen  40 
unb  Ärieg^leiftungen  lein  ©nbe  (ep.  32,  S.  110;    42,  S.  116).    gm  Sa^r  846   mu[ 
Supud  )ur  Steife  nad^  SRerfen,  too^in  er  jur  3ufammenlunft  ber  Jlöntge  gelaben  ift, 
^reunbe  unb  ^eunbinnen  um  ©elb  angeben  (ep.  50,  S.  124  f.).    @r  fdprieb  bad  (Sl( 
bor  aOem  ber  Sut^ie^ung  ber  cella  s.  Judoci  (S.  Josse  sur  mer  bei  Etaples  an  ber 
ilüfte  bed  5tanald)  ju.    Siefe  ^atte  früher  ju  ^^erri^ie^  gehört  unb  toar  flh:  ben  Unter«  45 
l^t  bed  bebötterten  Jtlofterd  unentbe^rlidEf.    ftarl  aber  l^attt  fie  einem  toeltlic^en  ©ro^en 
berlie^en.    93id  @nbe.848  mu^te  £u|pu^  bitten  unb   alle   nur  benfbaren  Sermittler  an« 
rufen,  ja  mit  ^immel  unb  $5lle  bro^en,   bid  ibn  Jtarl  enblic^  erhörte  (ep.  62  S.  148 
)u  bejiel^en  auf  bie  Slu^iö^nung  jlarl^  unb  Sot^ard  m  gerönne  2|an.  849,  Tümmler  I, 
S.  338).    3m  $erbft  849  reifte  2upu«  im  Auftrag  be«  Äönig«  nad^  SHom.    3)ort  trat  w 

S;m  erftenmal  ber  ©ottfc^alEfc^e  Streit  in  feinen  ©eftc^t^heid  (de  trib.  quaest.  MSL 
b  119  S.  623),  toä^enb  er  mit  ©ottfd^alf  felbft,  o^ne  bie  Streitfrage  ju  berübren, 
fc^on  früher  lorref^onbiert  ^atte  (ep.  30).  Su))u$  toar  entf^ieben  auf  Seite  Xuguftind, 
bemgegenüber  infaustus  Faustus  (b.  S^eji)  fc^toeigen  mu^ :  conticescant  ranae,  dum 
ooeium  tonat.  @r  bertrat  in  feinem  Süd^lein  de  tribus  quaestionibus  unb  münblid^  66 
unb  fdEfriftlid^  gegen  ftönig  ftarl  unb  ^infmar  (ep.  128  unb  129)  bie  Sel^e  bon  ber 
Unfreil^eit  bed  natürlid^en  äBiUend  ^um  ©uten  unb  ber  ^rtilularttät  ber  ©nabentoal^l, 
bo(^  o^ne  bie  boDe  ftonfequenj  ber  bo)})}elten  ^räbeftination  ju  juel^en  unb  aud^  toieber 
borftd^tia  einfc^ränfenb  (bgl.  Srief  an  §inlmar  Desd.  S.  168).  ®a«  eigentlid&e  ^ntereffe 
bet  (^pc^  ^ömmigleit  tritt  bei  il^m  Ilar  ^or.    ^ie  grommen  bmuen  ©Ott  „aQed  eo 


718  StMitid 

h>ad  fte  I^a6en  unb  [xni"  (ep.  128  an  Roxi  @.  163).  S)er  redete  Streiter  ©otted  erf&^ 
ed  an  ftc^  felbft,  hai  er  o^ne  ®ott  md^t^  ift  (@.  165).  ^m  übrigen  jeigt  T^  SÜ))ud 
aud^  in  biefer  @a(i)^  old  guter  ^olitiler.  @r  erfd^^eint  ald  ^infmard  ^omb  unb  ^artä» 
genoffe  nic^t  nur  auf  ber  S^nobe  bon  @oi{Yond  (Stül^i<>j^^  B53),  b>o  bte  ©ac^e  ®ottf4fa(fö 

6  nic^t  ivix  Bpxad^t  lam,  fonbem  aud^  nodb  nacfy  ber  $arifer  S^nobe  bedfelben  ^o^red,  too 
er  ftdEf  mit  ber  @^nobe  gegen  ^inlmar  für  bie  auguftinifd^en  @ä$e  bed  ^rubentiu^  cr^ 
Kart  l^atle.  9lber  er  l^iütete  ftd^,  für  ©ottfd^II  )}erf5nlid^  einjutreten  unb  M  ^i^  ^ 
jie^ungen  ju  bem  (Singelerlerten  nid^t  tüeitergefül^rt.  3laci)  850  lommt  in  feinem  Srief» 
tDec^fei  laum  mel^r  eine  Slnf^ielung  auf  bie  Streitfad^e  bor.    @r  befaßte  fUq  \tift  in  bot 

10  dinftigeren  ^a^ren  mit  ber  SBieberaufrid^tung  feinet  t)erfaDenen  JtloßevS,  erbtttet  txm 
jiönig  @btluTf  bon  (Snglanb  Slei  jum  ^adf^beden,  S3üd^er  jiur  SerboDfitänbigung  feiner 
S3ibIiot^eI  bon  englifc^en  ^eunben,  bon  3)eutfc^Ianb,  bom  H>a)){l,  $ol)  )um  ^Rau  eine^ 
^lu^fdjfiffed  bon  onberen  ^eunben.  ^ie  ®unft  bed  Jtönigd  leud^tete  i^  immer  me^. 
@r  toar  monatelang  am  ^of  unb  offenbar  nid^t  nur  gern  gefe^en  ate  2)i))Iomat  unb 

16  3Rann  ber  SBiffenfdpaft,  {onbem  anäf  ol^  to^iger  ©efeDfc^after  bei  ben  ,,l^li<^  %^ 
mal^len'^  mit  benen  man  berunglüdEte  @s))ebittonen,  toie  bie  nadf»  ber  S3retagne  851  ein^ 
}u(eiten  ))flegte  (ep.  85,  Desd.  ®.  174).  6o  blieb  benn  2upu^  feinem  Jtönig  ouc^  treu 
m  ber  fd^Iimmflen  9lot  bed  ^^al^re^  858,  too  Jtarl  fein  ganjied  Steid^  Subtoig  bem  2)eutf(^ 
l^te  überlaffen  unb  nac^  Surgunb  fid^  jurÜdFjiel^en  muffen.  2vcpvS  folgte  i^m  mit  $in(mar, 

ao  toäl^renb  bie  Xreue  anberer  geiftli^er  unb  toeltUc^er  ®ro^en,  aud^  SBeniloiS  bon  BtnS, 
ind  äßanlen  geriet,  ©leic^jettig  ))Iünberten  bie  9Iormannen  bie  Seine  auftodrtd  unb  be» 
brol[|ten  felbft  bad  entlegene  ^erri^red.  3)er  ftird^enfd^a|  tourbe  nad^  Sluserre  geflüchtet 
9lo(^  ärger  tourbe  e^  im  ^a^x  861.  ^toca  blieb  ^^^^^  fdbft  nocp  bon  ben  gefitot^ 
teten®äften  berfc^ont;  aber  bie  Aufregung  unb  bie  @ntbe^rungen  biefer  3<Kl^te  erfc^ütterten 

26  Su))ud'  ©efunbl^eit  gan).  Sein  le^ter  S3rief  ift  862  bom  firanlenbett  aud  an  SBenilo 
bon  Send  gerietet,  eine  3Ra^nung,  ber  furchtbar  angetoad^fenen  Krc^lid^en  SSertoilbenmg 
entgegen}utreten.  Über  biefenS3rtef  fü^rt  leine  St)ur  feinet  Sebend  l^inaud;  er  ifl  i^en^ 
faOd  balb  nad^ber  geftorben. 

iBon  SBerlen  bed  Su))ud  ftnb  erl^ialten   ber  fc^on  genannte  liber  de  trib.  quaest. 

30  mit  angel^öngtem  coUectaneum  aud  ben  Jtirc^enbätem,  eine  ber  beffem  t^ologifc^ 
Seiftungen  ber  3^i^;  femer  bie  vita  Wigberti  unb  vita  Maximini.  (!^l^m  biefe  abgu« 
fprec^en  ift  lein  ®runb.  ^ie  3$onebe  allein  jeugt  fc^on  burc^  c^aralteriftifc^  Su^erungen 
für  feine  »utorfd^aft.  3)ie  bon  aJlötter  im  ä.  £ut)u«  ber  2.  3lufl.  S.  34  Snm.  ange= 
beutete  Jtombinatton  mit  äßalbo  unb  Slbal^arb  ift  inbeffen  toertlod.)    ^ie  gesta  impe- 

86  ratorum  fmb  tetn  SBerf  bon  2vCpu^,  fonbem  Slud^üge  aud  Suetond  Jtaifergef(^i(^te,  bie 
er  einmal  Äarl  bem  Äo^len  überreichte  (ep.  93,  Desd.  S.  147  bgl.  SSKä  a.  a.  0.). 
Sangen  tooQte  i^n  jum  9lutor  ber  )}feubotftbonfd{ien  3)elretalm  madf^m.  @d  giebt  baftte 
feinen  burc^fd^flagenben  ®mnb.  ^oc^  citiert  er  (ep.  130)  einen  93rief  ber  )>feuboiftb. 
Sammlung.    2)ie  Jtanoned  ber  S^nobe  bon  SSemeuU  (843),  bie  ftd^  befonberd  g^en  ben 

40  3J}tgbrauc^  bed  JtirdE^engutd  burc^  bie  ^^rften  n?enben,  ftnb  bon  iJ^m  rebigiert.  @r  ^tte 
ja  )ur  @ntrüftung  barüber  feine  befonberen  )>erfönlid^m  ®rünbe.  ^ad  SEBic^tigfie  bon 
i^m  ftnb  feine  93riefe.  @r  Iorref)}onbiert  mit  faft  allen  bebeutenben  SRännem  ber  Q/eit, 
mit  5t5mgen,  $ä))ften  unb  ftirc^enmönnem.  S)er  au^ef))rod^en  )}erf 5nlid^  S^ratter  giebt 
biefen  Sriefen  ^eute  noc^  Slei^  unb  ^arbe  unb  mad^t   fte  ju  einer  toertboQen  ®efc^t4ft^ 

46  quelle,  ^te  realm  SSer^ältnijfe  unb  bie  Stimmungen  ber  SRmfd^en,  bie  barin  Id^ten, 
f^iegeln  [xä^  bter  mit  feltener  Xreue.  ^er  93Ubungdftanb  jeigt  fid^  n?eniger  im  Stil,  ber 
bie  IlafftfdSie  Sietnl^eit  nur  mü^fam  ^u  b^f)aupttn  fud^t,  ald  eben  in  ber  ^l^igteit,  ftc^ 
lebenbig,  inbibibueU  in  Sc^erj  unb  (Smft  )u  äu^em.  $on  SBert  unb  SBürbe  ber  üBiffen« 
fAaft  ^at  er  gegenüber  ber  geiftltc^en  Sng^eniglett  unb  bem  banauftfc^m  Sinn,  bte  ftc^ 

sofd^on  toieber  breit  mad^ten,  einen  beutlic^en  begriff:  Amor  litterarum  ab  ipso  fere 
initio  pueritiae  mihi  est  innatus.  Mihi  satis  apparet  propter  se  ipsam  appe- 
tenda  seien tia  (ep.  1,  Desd.  S.  44).  Stefe  Siebe  fyxt  i^n  aud^  in  ben  ftürmif^n 
^a^rm  feinet  f)>äterm  Sebend  nie  berlaffen.  @r  treibt  Xectfritil  unb  bemül^t  fic^  um 
^erfteHung  guter  Äobije«.    3)ie  Älaffifer,   Cicero  boran,   ftei^m  in  feinem  ^ntereffe  eben* 

66  bürtig  neben  ben  ftirc^enbätem.  @r  citiert  fogar  in  de  trib.  quaest.  Sicero  unb  SSirgil 
neben  Sluguftin.  älber  auc^  bie  Aenntnid  beS  ^eutfc^m  gel^ört  i^m  jurSilbung,  obtoo^ 
er  e«  nic^t  liebt  (ep.  91,  Desd.  S.  98).  SBcnn  er  §eiligenlegmben  fc^bt,  fo  beruft 
er  fid^  auf  bo«  aSorbilb  be«  Sattuft  unb  Sibiu«  (vita  Wigb.  MSL  S.  681)  unb  ber* 
^ri^t  ftriaf  gegenüber  unglaubtoürbigen  gabeln  (vita  Max.  MSL  S.  667).   @r  übt  fte 

60  freilidji  in  äBirtlidjiteit  nur  in  fe^r  befd^eibenem  3)ta|e.    So  ift  Sut)ud  eine  erfreuKc^  6^ 


Sittmd  Sttfi,  Sfifleml^eit  719 

fc^emuna  in  ber  ©efc^tc^te  btefer  3^  ^^  3(66Iül^end  unb  SBellend  ber  lorolmgtfc^en  Sil» 
bung.  (WlJ&Utt  t)  9i.  e^ntib. 

Sttfl,  Sfipem^eit.  —  3J{tt  bem  SBorte  Sujl  bejetd^nen  h)tr  f oiDol^l  eine  @m|)finbung, 
ab  einen  3^rieb.  ®er  ÜRcnfd^  geniest  Suft  {'^dov^,  voluptas),  toenn  fein  ßeiftige«  ober 
ftnnli(^ed  ©efüi^I  angenel^m,  too^ltl^uenb  berührt  ift.  2)amit  ^ängt  aber  bie  Suft  aU  %xxA  5 
{ÖQfii^,  ^/btög,  TiQo&v^ia,  hudvfjLla,  concupiscentia)  na^e  jufammen,  inbem  ber 
9tenf(^  ben  ßuftanb  ober  3Roment  ber  Sefriebigung,  ben  er  einmal  genoffen,  ju  Der« 
langem,  fefi^u^alten  ober  )u  erneuern  bege^. 

@ünbliq  ijjt  an  ftc^  toeber  bie  @m))finbung,  noc^  ber  Xrieb  ber  Sufl.  3)a^  boEe 
tDirKid^e  Seben  in  feiner  ^aft  unb  Slegfamleit  ift  bon  ber  ©elbftbefriebigung  nottoenbig  10 
begleitet,  bie  aEemal  eintritt,  h)0  ein  bon  ganjem  ^er^en  erftrebte^  3^^  erreicht  ift.  Unb 
)u  ftoeben,  über  ben  gegebenen  $unlt  be§  3)afeind  ^inaudjutrac^ten,  ift  mit  bem  SJerben 
ber  Kreatur,  mit  il^er  lebenbigen  @nth)i(lelung  bon  felbft  gegeben  ali  ein  unberdu^erlic^e^ 
2ebendf^m))tom,  beffen  gän^^lic^e^  9(ufl^ören  einen  StiQftanb,  eine  Srla^mung  bed  Sebend 
bleuten  toürbe.  9Bte  ein  SRenfc^,  bem  nic^td  SSergnügen  mac^t,  ungefunb  ift,  fo  ift  einer,  15 
ber  ni(^td  fuc^t  unb  begel^rt,  in  ©efa^r,  geiftig  )u  t)erfum))fen. 

@ittlid^  beftimmt  toirb  bie  Suft  in  beiberlei  ^inftc^t  erft  burc^  il^r  SSerl^ältnid  )um 
!^,  )ur  freien  ^erfönlic^teit  beS  SRenfc^en,  unb  burc^  i^r  Öbjett.  9Bo,  h)ie  im  Reiben» 
tum,  bad  ^6^  ft^  felbft,  fein  natürlichem  @m))finben  unb  Sege^ren,  gur  Seben^norm  er« 
^Ai,  ba  entfc^eibet  bie  Suft  über  ba^,  XocA  juträglic^  ober  unjuträglic^,  hrnd  gut  ober  20 
böfe  fei:  Sqog  avfjLq)OQiiDv  xal  dav/Mpogicov  xigiptg  xal  ateQnlYj  (Democritus  ap. 
Ritter  et  Preller  bist,  philos.  edit.  IV,  p.  52);  rrjv  fjdovfjv  d^;f^v  xal  xiXog  Xi- 
yo/i£v  elvai  tov  jbuzxaQicog  ^rjv,  —  xifÄtjriov  td  xaXov  xal  rag  ägetäg  xal  td  rot- 
ovtötQOJia,  idv  ^dovrjv  JzaQaaxevdCij '  idv  dk  fÄtj  JiaQaaxevd^rjf  xaiqeLV  iaxiov 
(Epicurus  1.  I.  pag.  352) ;  elvai  dk  xijv  '^dovrjv  dya'&dv  xäv  dno  xwv  dartj^otd-  36 
Tcov  yivrjxai  .  ,  ,  el  ydg  xal  f}  nqa^ig  äionog  eTrj,  diX^  ovv  ij  ^öovrj  öi  avxfjv 
aigeirj  xal  dyai96v  (Cyrenaici  [AfristippusJ  1.1.  p.  164).  2)ie  itonfequen)  ^ieraud  jiel^t 
Prbtagoras :  jidvxcov  xQrifxdxcov  /uhgov  äv&Qconog,  toelc^en  Sa$  ^laton  im  3^^eätet  ba^in 
erläutert :  ola  fikv  ixaoxa  ijLiol  q>aiveTai,  xoiavxa  fih  iaxiv  ifAol,  ola  dk  aol,  totavxa 
di  ai  aol.  äv^Qcojiog  dk  av  te  xdyco  1. 1.  p.  134).  —  fÜ&o  ba^egen  bad  34  ^^^  &^^  BO 
liefen  ®efe$  unb  SBiEen  ftc^  untergidbt,  ba  beftimmt  bie  ^erfönlt^Ieit,  toad  i^r  Suft  unb 
tDOd  Unluft  fein  foD.  3n)ar  fagt  fc^on  SlriftoteleS  mit  SnUang  an  9lö  7,  19:  did  fikv 
ydg  tfjv  ^dovriy  td  (pavXa  Jigdtxofxev,  dtd  dk  xrjv  Xvjirjv  t(bv  xaXtbv  dnexdue&a, 
unS  giebt  bte  Siegel  yaigeiv  te  xal  XvneTo^ai  olg  del  SlUein  toer  fefet  bied  otg  dei 
feft?  Obne  ben  Sei^anb  göttlicher  Offenbarung  greift  ^ier  bie  SRenfd^peit  immer  fel^I.  ss 
5Der  ^falmift  aber  lann  (37,  4)  fagen:  „l^abe  beine  Suft  an  bem  $erm,  ber  toirb  bir 
geben,  toa«  bein  $erj  toünfc^t";  lann  (1,  2)  ben  fclig  t)reifen,  „ber  feine  Suft  ^^ai  am 
(S(efe|e  bed  $erm'';  tann  bad  äßo^lgefaQen  an  ben  äßerten  (104,  24),  an  ben  ^aiza 
(111,  2;  139,  17),  an  ben  ©eboten  unb  Siechten  (112,  1;  119  gang),  an  ber  ^erfon 
Sebobo^  (73,  23—28)  für  @eligfeit  unb  SBonne,  für  bie  eingia  toa^re  unb  toä^renbe  40 
8efriebigung  beS  ^erjend  erflären.  9{oc^  tiefer  in  bie  (Semeinfc^aft  mit  (Sott  berlegt  bad 
91Z  bie  l^öc^fte  unb  t)oDIommene  Suft  be^  Sl^riften.  $ier  lommt  e§  gu  bem  /nrjxhi 
iavrcp  f^v  (2  5lo  5,  15);  Cco  dk  ovxhi  iym  (®a  2,  20)  unb  gur  SSertoirflid^ng  ber 
Sitte  3efu  (3o  17,  23):  iycb  h  aixdig  xal  ov  h  IfjioL 

6elbftt>erftänbltc^  fc^liegt  biefe  Suft  nic^t  aDe  fonfttge  Sefriebigung  etloa  aud.  Sufi  45 
am  ©c^önen,  toie  e«  bte  Äunft,  am  SBal^ren,  h)ie  e«  bie  SBäiffenfc^aft  jeigt,  felbft  Suft  an 
bem,  toa&  nur  bie  leiblichen  @tnne  angenehm  berührt,  ioie  @))eife,  Xrant,  unb  ber  ganje 
fogenannte  itomfort  barf  bem  S^riften  nic^t  berioe^rt,  gefc^toeige  benn  oXi  @ünbe  Der« 
bommt  toerben:  ^)ergleic^;e  bie  opoftoUfc^en  SEBamungen  5lo  2,  16—23-  1  %\  4,  3—5 
toor  übergeiftUd^er  Sfefefe,  unb  1  Äo  7,  29—31  öor  ungeiftlic^em  33eraeffen  be«  (S^riften*  60 
berufe,  ber  über  alle  trbifc^en  2)tnge  ^inaudtoeifet.  Sünblid^  ioirb  bie  iBuft  an  ber  itreotur 
erft,  toenn  ftc^  ba«  ^erj  boran  l^ängt,  toenn  jur  fjdovri  bie  im^/ula  tritt  unb  biefe  ben 
aSäiflen,  bie  ?ßerfönlic^leit  überwältigt,  mit  fic^  fortreifet,  jum  Änec^^te  ber  Suft  mac^t. 

tiefer  anberen  Seite  be«  (SegenftanbeS  toenben  toir  und  nun  ju.  3(ud^  bie  Suft  ald 
3^rieb  ift,  h)ie  oben  bemerlt,  ein  toefentlic^^er  Seftanbtcil  ber  mcnfd^Iic^en  9?atur.  aber  ber  po 
Xrieb  für  ftc^  aDein  ift  blinb  unb  bebarf  ber  Seitung,  bed  3^^^^*  ^nhtm  bie  römifcbe 
Jtirc^enle^e  bie«  frenum  für  eine  befonbere,  bem  erften  3Renfc^en  t)erlie^ene  (änabengabe 
(donum  superadditum)  anfielt,  t)erftümmelt  unb  emiebrigt  fte  ba«  menfc^Iic^e  äSejkn, 
aü  loeb^e«,  jener  (äabe  beraubt,  tote  ein  fteuerlofe«  ^^rjeug,  ben  SBaDungen  unb  ^e< 


720  Sttfi,  Sfiftarn^eit  Sit^ 

gedrungen  ber  ©tnnltc^Ieit  unb  t^rer  triebe  ))ret^egeben  tpore.  ^n  bem  nmrmalen  ^ 
ftanb  bed  Srftgefc^affenen  belS^errjc^te  ber  gottedbilbltc^e  ®etft  bte  feelifc^letbli^  Slotus 
unb  gab  bereit  trieben  bte  gebü^renbe  Sltc^tung.  9Qd  ober  ber  %x\A  bon  btefer  fyxx' 
fc^ft  [xd)  etttatt)t))terte  uttb  m  folfc^er  ©elbftft&nbigleit  nad^  bem  SSerbotenen  griff,  touAt 

6  er  )ur  concupiscentia  prava,  jur  bti^v/uiia  sensu  malo,  unb  bte  fo  m  Unorbmmg 
geratene  ÜRenfc^ennatur  tft  bon  oen  $rotoi)Ia{len  per  traducem  auf  bte  ©ottung  fiber» 
gegangen.  3lun  barf  $aulu«  3*0  7,  7  bte  fonft  aud^  in  ber  ©d^rü^  (j.  8.  8c  22,  15) 
al^  vox  media  gebrauchte  ini^v/Ma  ibentifd^  mit  ber  äfmQxla  fe^en  unb  einmal  fogen: 
thy  äjuagnav  ovx  eyvcov  unb  bad  anbere  3Rcd:  trjv  hu^vfilav  ovx  fjdetv,  uxib  bad 

looifx  hu^fiYiaeu;  Cy-^T^  «b  ej20, 17)  ol^ne  beigefügte«  Objdt  al«  bte  Ur«  unb  SBurjet 
fünbe  J^injteKen ;  h)ie  benn  über^au))t,  naid^  ber  feinen  Semertung  Sremer«  (SBörtobud^ 
ber  n.  t.  ©räctt.  s.  v.  htvdvfda)  im  neuteftamentitdben  @))rad[!gebrau(^  ber  fttttic^  6^ 
ralter  ber  tu'dvijda  ntd^t  fo  fe^r  burc^  bad  Objeft  cii  bur$  ba«  Subjeft  bffümmt 
toirb :  tjgl.  3o  8, 44  xäg  hu'dvfjdag  xov  jiargdg  v/luov,  Sld  1, 24  biidvijJm  xwv  xclq- 

16  dicbv,  ®a  5,  16  imßv/Luai  oagxog,  1  ^o  2,  16  hcv&vfda  xwv  dw&cJifA&v  u.  f.  Xo, 
—  3)en  ^ergang  ber  @ntfte^ung  ber  X^tfünbe  avA  ber  Suft  {Idia  &u&vula)  befc^freibt 
auf«  älnfcpaulic^jte  ^a  1,  14—15.  2)ie  Aufgabe  ber  Sl^riften  gegenüber  Den  Stegungen 
ber  fünbigen  Statur  bejieic^net  ®a  5,  24;  jb  3,  5. 

Sie  Sel^bifferen)  ber  ^roteftantifc^en  unb  römifd^latl^olifd^en  Jtirc^e  in  betreff  ber 

ao  @rbfünbe  beh)egt  [vi)  j^u))tf äc^lic^  um  bie  3(uffaf[ung  imb  Seurteilung  ber  concupiscen- 
tia. Slac^bem  im  ÜRittelalter  tetlh)eife  grober  ^elogtanidmu«  geiS^errfcpt  l^otte,  ber  bon  n* 
erbter  @ünbe,  im  falfc^berftanbenen  ^ereffe  ber  menfc^Iic^en  t^ei^eit,  über|Knt)>t  nic^t« 
tt>if[en  toiQ,  auc^  ber  concupiscentia  ben  fünbigen  (S^aralter  abf))rid^t,  fe|te  ho&  Xri« 
bentinum  feft,  ba^  nac^  bem  SSerluft  bed  donum  supematurale  bo«  menf(^G(^  SEßefen 

26  jioar  gefc^toäc^t,  boc^  noc^  unberle^t  borl^anben,  ba^  b>eber  berSRangel  ber  justitia  ori- 
ginalis  nod^  bie  concupiscentia,  bie  auc^  in  ben  SBiebergeborenen  bleiibe,  eigentlich 
@ünbe  fei.  2)ie  reformatorifc^e  Se^re  bagegen  betrachtet  bie  concupiscentia  nic^t  otö 
bloßen  fomes  peccati,  fonbem  al«  böfen  alfectus  ber  Seele  (Conf.  Aug.  I^,  aß 
reatus  et  culpa  (Form.  Gonc.  I).    9iuf  ioelc^er  Seite  bie  tiefere  unb   fittlic^   emfferc 

80  Suffaffung  ber  Sac^e  befte^,  lann  nid^t  jtoeifel^ft  fein. 

Süftem^eit  enblic^  im  engeren  Sinne  nennen  h)ir  bie  hanl^afte  Srreguttg  bed  Ses 
ge^ng^bermögen«,  toobon  ftgnifilante  S3eift)iele  ®en  25,  29—34;  2  Sa  23,  14—17; 
2Äg  5,  20—27  beridj^tct  toerben.  2)aöib«  fc^toerer  goD  2  Sa  11  entf^jrang  ber  unbe= 
ioacpten  Süfteml^eit,  bie  bann9!atl^an  (ib.  12,  4)  mit  einem  ®afte  bergleic^t,  ber  bei  bem 

86  reichen  SRanne  einlel^rte.  S'^^^^*^^^'^^  nimmt  bie  imihjüua  xwv  fxp&akficyy  biefen 
f>)ejififc^en  6^ara!ter  an  3ob  31,  1 ;  $r  23,  33 ;  ÜRt  5,  28 ;  2  $t  2,  14.  3lber  0x0^ 
bor  ber  Süftem^eit  ber  gula  (3to  13,  13.  14)  toirb  9lu  11,  4.  20.  34,  t)gl.  1  Äo  10,6 
oI«  bor  einer  Sünbe,  totber  bte  ber  ^^m  ®otte«  {td^  te^,  geh)amt  %<jA  auftreten  ber 
Süftem^eit  tft  immer  ein  3RerhnaI  innerlicher  Unorbnung,  ein  S^mj^tom  ber  Übermacht  be« 

40§Ietfc^e«  über  ben  ®etft  (®a  5,  16.  17).  @ine  ioo^lbemeffene  9l«Iefe,  ioie  fte  $aulu« 
übte  (1  5lo  9,  27),  fü^rt  ju  ber  ^J^ei^cit,  in  toelc^er  ber  ®eift  bie  i^m  juftel^ienbe  ^en« 
fdj^aft  bcl^au})tet  ($l^i  4,  11—13).  «arl  »»rgrr. 

Sttt^er,  ajlartin,  geft.  1546.  —  ßit teratur.  SJon  Sut^er»  ©crfcn  cjiftieren  peben 
fogcnannteOefamtauggaben:  1.  3)ie  Söittenbcrger,  1539—1558,  19 groHobänbe,  12beutfdK 

45  unb  7  lateinifcöc;  83b  1,  bcutfcft.  erfc^ien  1539  mit  einer  Sorrcbe  bon  fiutftcr  fclbft;  ebenfo 
1545  ber  erfte  lateinifc^eSanb;  bem  ^tueiten  beutfc^en  $anbe,  brr  erft  1548  beraudgefommen, 
jeboc^  fd)on  t^or  fiut^erS  £ob  im  ^rucf  begonnen  loorben  ift,  ge^t  aucb  no^  eine  Ißorrebe 
oon  i^m  uoran,  bei  ber  fi(^  tnbeffen  fragt,  roie  roeit  fte  fd)on  oon  t^m  felbft  Derfagt  tft;  ber 
jroeitc  latcinifc^e  83anb  crfcljien  1546  —  auc^  erft  nai  ßutl^crÄ  Xob  —  eingeführt  burdj  SRe* 

60  iand^tt)on  mit  einem  ®ericl)t  über  fiutl^erS  fieben.  ^ie  Sammlung  ber  Scbriften  fiut^rft  ift 
^ier  nod)  fe^r  unt^oüftänbia.  @ie  mar  erfolgt  auf  Einbringen  bed  5hirfürften  go^ann  ^riebri^. 
^ie  9lebattion  mar  \>on  iGut^er  bem  %,  ^örer  ^ufammen  mit  Safjpar  (Sruciger  übertragen 
unb  ging  nac^^er  oon  jenem  auf  (^.  ^ajor  über.  EluffaQenb  ift  in  jenem  2.  beutfc^n  ISanb 
bom  g.  1548,    baft  am  6d)Iu6  ber  ©c^rift    „ba6  biefe  ©orte  (S^rifti  .  .  nodj  fepfte^n"  eitt 

66  feinblic^  gegen  ^u^er  gerichteter  ^(bfc^nitt  tueggelaffen  ift,  roorin  man  ein  unerlaubted,  teil« 
ben^iöfed  Eingreifen  ber  Herausgeber  fe^en  möchte  (ugl.  ^eim.  91ud|).  23,  45 f.):  Sigenttiiii: 
Iid)ed  l^at  ^ier  auc^  ber  %tiX  bed  ,,8ermond  t^on  bem  @atrament  bed  SeibeS  u.  f.  yo."  1526, 
bcffen  urfprünglicfte  ®eftalt  jebod)  überhaupt  unfidjer  ift  (5B«  19,  474).  Snbeffcn  borf  bie 
^ittenberger  Eludgabe  barum  nic^t  überhaupt  M  tenbenjiöd  unjuüerläffig  üerb5d)tigt  toerben. 

60  2.  3)ie  Sinaer  ÄuSgabc  (in  3oI.)  1555—1558,—  oeranftaltet  burc^  ebenbenfelben  dürften, 
nad)bem  er  bed  ^urfürftentumd  unb  Wittenbergs  t)erluftig  gegangen  aar,   unb  metter  bunt 


Sttt^tr  721 

feine  Sö^ne,  —  unter  ber  9(uf{td)t  ebenbedfelben  (juuor  na4  ^finemarl  megberufenen,  je^t 
}um  S3ibIiot(erar  in  3ena  ernannten)  ffi'6xtx,  —  unter  9{ebattion  üon  3o^.  ^urtfaber,  ^of« 
))rebiger  in  Sei  mar,  —  unter  ^itmirfung  üon  92il.  oon  ^mdborf,  9}a^eberger  u.  a.,  —  mit 
getreuerer  iBiebergabe  ber  Originalausgaben,  ald  in  ber  Sittenberger  ®efamtaudgabe  ftatt 
$at,  ~  bo(4  glei^faad  no4  fe^r  unüoaftänbtg.  @d  ftnb  8  beutf^e  goliob&nbe,  na4  1560  5 
im  ganzen  unb  im  einzelnen  mieberljolt  neugebrudt  (im  ganzen  1560—1564  unb  1575—1580) 
—  unb  4  (ateinif^e  S3&nbe  (neue  9luf lagen  bed  ganzen  [c^on  1556-58,  bann  1564  ff.  1579  ff. 
1600ff.,  —  unb  meiter^in  no^  einzelner  Sönbe).  ^a^u  gehören  2  (Srgdnjungdbänbe,  erf dienen 
1564  unb  1565  in  (Sidleben  burd)  ben  bort^in  übergegangenen  ^urifaber,  —  nur  reic^enb 
bid  SU  Sut^erf^riften  r>.  3.  1538.  3.  ^ie  9(Itenburger  9(udgabe  1661—64,  in  10  Solio'  10 
bfinbien,  —  üeranftaltet  (meil  an  ben  bid^erioen  9ludgaben  Mangel  fei)  üom  f dc^ftf^en  ^erjog 
griebri^  Sil^elm  bur^  feinen  ^ofprebiger  eagittartud;  manc^ed  ift  ^ier  neu  aufgenommen; 
aber  anbereft  fe^It  unb  oon  fiut^erft  lateinifc^en  Schriften  ftnb  gar  leine  im  ©runbte^t  unb 
nur  menige  in  Ueberfe^ung  aufgenommen.  @in  ©upplementbanb  erf^ien  1702  in 
^De,  bur4  3.  (&-  S^i^lcT'  init  %forrebe  oon  SSubbeud.  4.  ^ie  £eip}iger  ^udgabe  1729  16 
bid  1740  (oon  3.  ©.  Pfeiffer,  (5^.  &.  ©ömer  unb  3.  3.  ©reiff):  [xt  giebt  ben  3n§alt  ber 
tlltenburger  9(udgabe  unb  bed  ^aQ.  Supplementbanbd  toieber  mit  Sericbtigungen  nad)  Ur« 
brucfen,  unb  ba^u  neue  Ueberfe^ungen  mehrerer  lateinifc^er  @d)riften,  —  im  ganzen  23  ^olio« 
b&nbe.  5.  ^ie  Salc^if^e  «udgabe.  24  Ouartbönbe,  1740-1753,  —  burc^  3.  &.  iBaI4 
in  3ena,  —  bie  biS  ba^in  üoüftönbigfte  Sammlung  üon  fiut^erf^riften  nebft  ^iftorifcb  mert«  20 
ooHen  3uo<^^cn'  —  ^^^^  ^^c  urfprüngli^  Iateinifd)en  ©(^riften  nur  in  einer  für  ben  miffen^ 
f4aftlid)en  &thxaudi  ungenügenben  S3erbeutf(^ung,  ferner  Sut^erd  ^eutf4  vielfach  mit  fRüd» 
Ittbt  auf  bie  9tebett)eife  ber  (S^egenmart  unb  au4  miQtürlic^  unb  ^uffiflig  geönbert,  —  aüed 
oftnt  ben  erforberlic^en  92ad)meid  ber  gebrausten  Urbrude.  6.  ^ie  Q^rlanger  (Erlange r* 
gfrantfurter)  9(udgabe,  feit  1826.  ^ier  ftnb  bie  beutf^en  @d)riften  in  67  (Oltao-)^finben  25 
1826—1857  ttiebergegeben,  baüon  ob  1—20  (^rebigten)  unb  ©b  24—26  (reformat.  ^iftor. 
Schriften)  in  ^weiter,  oon  (£.  l^  (Snberd  bearbeiteter  9luf[age  1862-1885;  bem  fcbon  in  ber 
1.  Huflage  oufaeftellten  ®runbfa(,  ba^  ber  tuirllid^e  fiut^erteirt  mögli(^ft  treu  mieberaegeben 
merben  foQte,  ift  erft  (^berd  rid^tig  nad)getommen.  S3on  ben  Iateinifd)en  Schriften  Sut^erd 
erfc^ienen  fürd  erfte  bie  e^egetif^en,  nämlid)  bie  ^Auslegungen  altteftamentli^er  IBü^er  in  ao 
28  »Änben  mit  bem  Xitel  „Exegetica  Opera  Latina"  (vol.  1—23  im  3.  1829—1861,  Vol. 
24—28  im  3.  1884—1886)  unb  baneben  bie  (Sommentare  pm  ©alaterbrief  in  3  S3önben 
(1843—44);  ferner  Opera  lat.  yarii  argumenti  ad  reformationis  historiam  imprimis  perti- 
nentda  in  7  Oftnben  (1865—1883).  Uebergangen  finb  in  biefer  Sammlung  bei  allem  Streben, 
enblid)  üollft&nbig  }u  merben,  bocb  fo  loicqtige  @d)riften,  toie  bie  AnnotatioDes  in  aliquot  ca-  35 
pita  Matthaei  oom  3*  1^38  unb  Suppatatio  aDDorum  mundi  om  3*  ^^^^  ^"^  1545.  $on 
^nt^erd  ©riefen  ^at  biefe  Hudgabe  ber  ^ffimtlic^en  iBerte  Sut^erS"  bie  beutfd)en  f^on  unter 
jenen  beutfc^en  Schriften  aufgenommen,  ^ie  Iateinifd)en  erfc^einen  ^ier  feit  1884  (bei  an* 
berem  ©erlag)  in  einem  üon  (Snberd  ftreng  ^iftorifcb  fritifd)  bearbeiteten  „©rieftoedifel'',  in 
»eld^m  au4  jene  beutfc^en  ©riefe  noc^  mit  Hnmerfungen  üerfe^en  unb  üerüollftänbigt,  ferner  40 
©riefe  anberer  mit  aufgenommen  [mh;  berfelbe  ift  jebo4  bid  je(t  (mit  ©b  8  0.  3-  189B) 
nur  bid  au  ben  ©riefen  0.  3.  1531  gelangt  (ogl.  i^amerau  in  XtiStSt  1899  S.  155^).  ©gl. 
5u  biefen  6  (S^efamtaudgaben :  S$ft,  9?Sr  ©b  19.  ^ur  6.:  ebenbaf.  ©b  49.  7.  „D.  ^.  fiu- 
t§erd  föerte,  tritifd)e  (S^efamtaudgabe,  Weimar,  1883  ff."  ^iefed  ^ert  ift  aud« 
gegangen  Don  $L  ihtaate  (ber  feit  ©b  7,  im  3  ^^^'^^  ^urc^  fein  ©efinben  an  ber  Mitarbeit  45 
oer^inbert  ift),  unterftü^t  burc^  einen  oon  ^aifer  ^il^elm  I.  betoilligten  ftaatlid)en  ®elb: 
beitrag.  geleitet  bur4  eine  00m  iD'^inifter  ernannte  j^ommiffton,  —  baju  beftimmt,  |Amtlid)e 
Schriften  Sut^erS  in  (^ronologtfc^er  Orbnung  aufzunehmen  mit  genauem  3nrüdge^en  auf  bie 
urfprüngli^en  ^rude  unb,  foioeit  fi^  no4  ^anbf^riften  fiut^erd  auffinben  laffen.  au4  auf 
biefe.  Huf  genommen  toerben  ba^u  au4  genügenb  juoerlfiffige  92a(6f  Triften  oon  ©orlefungen  50 
unb  $rebigten  burd)  Hnbere.  @rf(^ienen  finb  fo  bid  (Snbe  bed  3*  1^01  S^rtften  aud  ben 
Sauren  bid  1527  in  ben  ©önben  bid  ©b  24,  oon  benen  jebod)  ©b  10.  17.  18  (namentlid) 
mit  ber  ltird)enpoftine)  no(6  im  9}üdftanb  ftnb.  ^ie  Mitarbeiter  finb  ^ier :  ^aate,  j^amerau, 
(£.  X^iele,  (&.  ©uc^malb,  $.  ^reiod,  mt.  MüHer,  ^offmanne,  $ietf4,  Steiff,  0.  911bre4t. 
H.  ©erger,  ^.  ^altber.    ^ie  fämtlic^en  ©riefe   unb  bie  Xifc^reben  foOen  erft  and  @nbe  ber  55 

ganzen  Hudgabe  ^ü  fielen  tommen.  —  ^ie  ^auptfammlung  ber  ©riefe  ift  fo  bid  je^t,  bei 
em  UnooQenbetfein  jener  (£nberdfd)en,  no4  biefe:  „©riefe.  Senbfc^reiben  unb  ©ebenten"  fi.d 
in  6  ©ftnben  Don  ^e  %Bette  unb  Seibemann  1825—1856,  —  )u|ammen  mit  „Seibemann, 
ßut^rbriefe  1859",  mit  .,©urf^arbt,  )ü.d  ©rieftoedifel  1866",  mit  jenem «nberdf eben  „©riefroedjfel" 
unb  mit  „ftolbe,  Analecta  Lutherana,  1883''.  ©on  Sutberd  ^ifc^reben  ftnb  btdber  no4  bie  go 
{Kiuptgefamtaudgaben:  „^ie  beutfcben  Sifcbreben  ober  Ck)lloquia  .  .  nad)  Hurifaberd  1.  Hudg. 
mit  ©eraleicbung  foioobl  ber  StangetDalb|d)en  ald  ber  Selneccerfcben  9{ebattion  beraudgegeben 
Don  grörftemann  unb  ©inbfcil*  in  4  ©finben  1844—48,  unb  bie  lateinifc^cn  „Colloquia,  me- 
ditadones  etc.'S  nacb  einem  bem  ^aQeftben  ^ai{en§aud  gebörigen  (Sobejc  mit  ©ergleid^ung  ber 
editio  Bebenatockiana  ^eraudgeg.  oon  ©inbfeil  in  3  ©dnben  1863—1866.  (Srftrebt  roerben  65 
mni  aber  eine  Hudgabe,  meltbe  nic^t,  tuie  biefe  beiben.  blog  auf  fetunbfire  Hbfdjriften  uon 
Xifdireben,  fonbem  auf  originale  ißacbf^riften  bcrfelben  ^urüdge^t.  ^i^tige  für  bie  ^tU 
8lca(>(lncl)r(opäb{e  fUr  Z^tolo^it  unb  iHxÖit.    3.  9(.  XI.  ^Q 


722  Sitt^er 

marf^e  Ausgabe  p  Benü^enbe  Vorarbeiten  baju  ^at  @eibemann  ftbriftHc^  ^intfrlaffen. 
Pinseln  oerö^entUdjt  ift  btö  je^:  ISauterba^d  Sagebu^  auf  bai»  3a^r  1538  Don  Seibf« 
mann  1872,  Sagebud)  über  D.  tfl.  Sut^er  Don  (S.  (Sorbatud  beraudgegeben  üon  ^E^mpeU 
me^er  1885  (nid)t  aQed  barin  glei^  urfprünglicb),   £ifd)reben  £.8  nacb  ben  tlufjei^nungen 

6  t^on  3.  @4Iagin^aufen«  ^eraudg.  t).  SB.  $reger  1888,  Analecta  Lutherana  et  Melanchthon. 
mit  Sif^reben  S.d  nad)  ^atbefiud,  betaudgeo.  üon  ®.  SöfAe  1892.  ^  Sd  2)i4tnng«n 
finb  gefammelt  befonberd  in:  Sbic^tungen  ton  £>.  ^.  S.,  b^tauftg.  0.  WbtU,  1883,  unb  in: 
D.  m.  fi.d  ^i(btungen  .  .  beraudg.  0.  ®.  @(bleudner  1892  (aud)  Sateinif^ed). 

Biographien  jQ.d.    ^gl.    Sogel,    Bibliotheca  bibliographica  Latherana  1851.    SBtr 

10  l^aben  nod^  XarfteUungen  ber  fiebendgefd)id)te  fi.d  uon  3e<t9ei^<>ffei^  unb  ^reunben  beftfelben: 
oon  ^eIand)tbon  in  feiner  )Borrebe  ^u  jenem  2.  lateinifcben  16anbe  ber ^ittenberaer Kud^ 
gäbe  oon  8.«  ©erfcn  1546  (CJorp.  Ref.  6,  155  ff.  20,  430  ff.),  mit  apologetifc^cr  Xenbeng. 
nur  fur^  unb  toeniger  bebaut  auf  bie  einzelnen  S^itangaben, —  00m  9Ir}t  Sla^eberger  in 
Vufjeicbnungen,  bie  erft  1850  bnrd)  92eubecfer  („bie  banbf(briftli(be  (Sefcbic^te  dta^ebergeid  über 

15  S.  unb  feine  3^^^")  b^taudgegeben  worben  finb,  o^ne  ftrenge  Orbnung,  toereinjelt  unb  luden« 
baft,  aber  mit  mancherlei  intereffanten  eigentümlicben  Mitteilungen;  —  enbli^  oon  ^atbe^ 
find  bie  erfte  eigentlicbe,  in  $rebigten  uorgetrogene,  aber  mit  Umpd^t  auSgefubrte  Otogra|>bie 
(^iftorien  t)on  bed  @bi^n)irbigen  .  .  .  ^.  2.^  ^fang,  fiebr/  fieben  unb  Sterben  •  .  .  burtb 
ben  alten  ^errn  M.  ^atbeftum  geftelt''  u.  f. ».,  9{ürnberg  1565;  neu  b^rauftgeg.  ti.  ®.£öf4e 

20  in  3ob.  ^atbef.  audgemäblten  Werfen  Bb  3,  $rag  1898).  Von  feinblicber  ®eite  gab  fi.« 
ßeitgenoffe  unb  b^f^iget  Gegner  @0(bläud  1549  b^^aud:  Oommentaria  de  actis  et  scriptis 
M.  Li  ...  ab  a  Dom.  1517  usque  ad  a.  1546  (nacb  SIeibenft  Urteil:  über  cahimniis,  nu- 
gis,  conviciis  refertissimus).  $gl.  ju  ben  bi^ber  genannten  Scbriflen:  ^.$Ittt,  bie  oier  erften 
Sutberbiograpbien,  ein  Vortrag,  Erlangen  1876.    9{äcbft  biefen  ift  bier  no4  ju  nennen:  StU 

26  neccer,  Hietorica narratio et  oratio  de  D.  M. Luth.  1575,  unb  Treffer,  Historia M. Loth. 
1598.  3n  ber  gfolgejeit  fommt  tu,  bid  ind  19.  ^abrbunbert,  ^u  feinen  mabr^aft  »iffenfcbaft- 
Heben,  auf  bie  legten  Oueflen  jurüdPgebenben,  ber  reiben  ^rabition  gegenüber  fritifd^n  Unter» 
futbungen  unb  ^arfteQungen  uon  fi.d  !Oeben;  üg(.  @b*  Runder,  Vita  M.  Luth.  etc.  1699, 
beutfcb  1706,  g.  @igm.  fteil,  aWer!n)ürbige  ßebenöumftfinbe  W.  fi.8  u.  f.  w.  1746:  ßingfe, 

80  9?eifegefcbi(bte  )i3d  1796  (faft  eine  ^iograpbie) ;  Ufert,  S.d  fieben  u.f.».  1817  (bauptfficbUcb 
®ibIiograpbtf(bed).  Q^nen  roiffenfcbaftlicben^tnforberungen  entfpri(bt  au(b  noc^  nicbt  ber  für« 
ganje  gebilbete  $ublifum  fcbreibenbe  ^.  $fi^er  (S.d  men  1836)  unb  üoQenbft  anbere  oie 
@tang  (1835)  unb  Sebberbofe  (1836).  ßuerft  üerfucbte  bann  9e.  teurer  S.dSeben 
,,rein  aud  ben  Ouellen  bar^ufteUen",   bocb  obne  bie  erforberIid)e  l^oUftfinbigfett  unb  @4Arfe 

85  ber  gforfcbung  (r,2.^2tbtn  aud  benOueOen  erjfiblt''  1843,  bann  überarbeitet  bid  ^ur  3.9uf[. 
1870;  baneben  populärer  ^udaug  feit  1850).  SReicbbaltigfted  gelebrted  Material,  aber  über« 
mSgig  n)ettf(bi(btig  unb  gleicbfaüd  obne  genügenbe  @cbfirfe  ber  grorftbung  Hegt  oor  in  „^ÜX' 
gen«,  ß.  oon  feiner  ®eburt  bid  jum  «blaöftreit  1517",  3  ©änbe  1846—47.  3enen  wiffem 
fcbaftH^en  ^nforberungen   fu(bte   bann  in    einer  möglicbft  uollft&nbigen  fiutberbiograpbic  h^ 

40  oenügen  ha^  3Berf  „3.  ÄöftHn,  W.  fiutber,  fein  fieben  unb  feine  @<briften,  2  ©be,  1875" 
(jttjeite  neu  burcbgearb.  $(ufl.  1883,  neue  oerbefferte  Wufi.  gcgenroärtigin  SSorbereitung;  bo» 
neben  tjon  bemfelben  SScrf. :  ,,fi.«  fieben,  mit  SQuftrat.,  in  l»b,  unb  ,,3R.  fiutber.  ber  beutfcbe 
^Reformator'',  &eftfd)rift  j.  10.  9^oü.  1883);  ebenfo  bie  fürjere  ©iograpble  „m.  Sutber" 
1884—88,  2  53be,  oon  3:b.  Äolbc;  unb  aud^  bie  in  ibrcr  Äürje  für»  „beutfci^e  eoan^el.  «olf 

45befHmmte  t)on  &.  $litt  1883  (nacb  $.d  $'ob  ^u  @nbe  gefübrt  oon  $eterfen).  ^uf  (Brunb 
gleicb  ftrenger  roiffenfcbaftHdicr  Unterfud^ung  roill  Arn.  Söerger  in  feinem  (1895  begonnenen, 
bi«  je^t  jnm  3abr  1532  fortgefcbrtttenen)  ©ud)e  „3R.  fiutber  in  fuHurgefdjicbtHdier  3)or. 
fteüung"  (ju  ?l.  ©ettelbeimS  »iograpbicnfammlung  „®eifte8belben,  fübrenbe  ©eifter*  ge^brig) 
ben  9{eformator   „nicbt  nur  ald  bad  reHgiöfe  ®ente,    fonbern  s^leid)   ald  J^uHurbelben   ^ur 

50  Wnfcbauung  bringen."  «uf  bie  fürSSSolf  bcftimmten  fiutberbiograpbicn  (befonberS  a^.8lobe« 
„D.  m.  fiutberS  fieben  u.  f.  ro.  0.  %  Wartin"  in  3  ©änben,  2.  «.  1884  ff.,  unb  ©udjroalb« 
„D.W. 8.  u.f.n)."  1902)  fann  bier  nitbt  »eiter  eingegangen  werben.  —  tBon  römifdjer  6eite 
au«  (ogl.  oben  über  ^ocblfiud)  ift  fiutber  am  gef^ictteften  burcb  Sanffen  in  feiner  »Qk« 
fcbi(bte  bed  beutfcben  IßoIfeS  feit  bem  ^udgang  bed  Wittelalter«''  mit  ^ilfe  reifer  biftorifcber 

66  @)elebrfamfeit  ^um  Q^egenftanb  einer  ebenfo  böi^artigen  roie  fing  oorft^tigen  gef4id)tH(ben 
2)arfteaung  gcmocbt  rcovben  (togl.  3.  ÄöftHn,  8.  unb  3.  Sanffen,  1883,  1.-3.  «lufl.  »on 
gleicber  Stenbenj:  eoer«,  W.  fiutber,  fieben«*  unb  (Sbarafterbilb,  6  ©be,  1883—1891.  — 
granjofifcb  proteftantifcb :  fj^l.  ^ubn,  fiutber,  sa  vie  et  eon  oeuvre  1883,  3  ©be. 

8u  2.^  ^bcülogie    ogl.  %t}.  ^arnacf,  2.^  2:beoI.   mit   bcfonbcrer  ©ejicbung  auf  feine 

eo  »erföbnung«.  unb  erlbfungSIebre,  S3b  1,  1862,  «b  2  1886;  3.  «Win,  fi.«  X^eol.  In  ibrer 
gef(bi(bt Heben  ^ntroicflung  unb  ibrem  inneren  8"fömmenbangc,  2  ©be,  1863,  —  ^koeite  üott« 
ftänbig  neu  bearbeitete  tlufl.  1901;  @.  fiomma^fc^r  S.«  fie^re  ü.  ctbtf^-reUgiöfen  ©tonb- 
punft  au«  u.  f.  ro.  1879;  fi utbarbt,  3)ie  ©tbif  8.8  in  ibrcn  ©runbjfigen  1867,  1875-,  ^e» 
ring,  3)ic  W^ftif  2.i,  1879. 

66  SKartinSutl^er,  tourbe  am  10. 5RoöemBer  1483  «i  einleben  geboten.  SeinSSater, 
§an8,  toar  atö  Sergmann  öon  ÜRö^ra,  Wo  er  üor^er  gelebt  ^otte,  bort^tn  gcjogen.  Ur^ 
fprüngUc^  toar  berfelbe,  ebenfo  tote  auc^  ber  SSater  unb  (äro^tKtter  be^felben,  naq  Su^er^ 


Stttiier  723 

eigener  Angabe  ein  „xtd^tn  Sauer"  getoefen;  ber  9?ame  (Suber,  au(^  Silber;  ,,2utl^er" 
^fet  erp  unfer  SKartin  2.,  feit  1517)  ift  offenbar  ein«  mit  Sot^r,  G^Iot^ad^ar  (=  Äleo* 
^otod).  2)ie  ÜRutter,  3Rargarete  (eine  geb.  S^^q^^,  nic^t  fiinbemann),  ftammte  au«  einem 
bürgerlid^en  ©efc^Iec^te.  3)er  angegebene  ©eburt^tag  ftel^t  feft  (Sre  3,  414);  unb  auc^ 
hca  ^aijt  barf  cii  ftc^er  angefe^en  toerben  (nid^t  1484,  obgIei(i(;  ÜRelanc^t^on  unb  au4  s 
£ut^  felbft  tDOI^I  jeittoeife  jur  9(nna^me  biefed  ^ol^^ed  ftcb  neigten;  geh)i|  nid^t  1482, 
gegen  Orgel,  t)om  jungen  Sut^er  1899,  togl.  Äatoerau  in  3lf3  11,  163  ff.  unb  2)reto«  in 
3^.  Siunbf^ou  3,  205).  93on  @i«Ieben  jogen  bie  @Item  ein  ^albed  ^aJ^x  barauf  toeg, 
naid^  SRondfelb,  h)o  ber  3$ater  \päitt  in  ben  9lat  lam. 

äSater  unb  3Rutter  jeigten  in  ber  Jtinberjuc^t  eine  Strenge,  unter  toelc^er  3Rartin  lo 
fd^on  tttoa^  Don  ben  i^  ^ernac^  fo  fc^toer  bebrängenben  Sc^reden  be«  ®efe$ed  berfd^^medten 
tnod^te.  Saju  lam  bon  feiten  beiber  ber  @inbrua  bieberen,  red(;tf(^ffenen  2Befen«.  2)ed 
Soter«  gerabe«  ftttlid^e«  Urteil  richtete  fic^  anöf  gegen  ben  Derberbten  S^araher  be§  geift^ 
lid^  Stonbed:  er  orgtoöl^nte  l^inter  bemfelben  „®lei«nerei  unb  Süberei".  Sin  ber  3)httter 
tDtrb  Don  ÜRelanc^t^on  (Curriculum  vitae  etc.,  Corp.  Ref.  6,  155  sqq.  Domel^mlid^  i6 
gerühmt  pudidtia,  timor  Dei  et  invocatio.  Über  ben  äSater  fagt  Sut^er  nac^  bem 
Zobe  bedfelben  (9r.  4,  @.  33):  dignum  est  —  lugere  me  talem  parentem;  — 
Pater  misericordiae  —  me  —  per  ejus  sudores  aluit  et  finxit  qualis,  qua- 
lis  sum. 

2)er  @rtrag  Don  ber  Slrbeit  bed  SSaterd,  beffen  ölonomifc^e  Serl^ältniffe  anfangt  be^  2) 
Drängte  tantren,  admö^Iid^  i^od(;  ftc^  befferten,  reichte  ^in,  ben  ®o^n  bie  lat  Schule  be^ 
fu(^  )u  loffen,  )uerft  in  uRanifelb,  1497  in  ÜRagbeburg  (tool^I  in  einer  ftäbtifd^en  @(^e, 
Bei  Se^rem  oud  oen  Srübem  bed  ©emeinfamen  bebend.    S.  fagt :  bei  „9luQbrübem"  Dgl. 
(gD.  513  1881,  5Rr.  23),  feit  1498  in  ©fenac^,  too  bie  aJlutter  SSertoanbte  l^atte.   Sut^er 
fyit  inbeffen  bafelbft  mit  anberen  ärmeren  ®(^ülem  aaöf  „Dor  ber  S^ür  panem  propter  25 
Deum  fagen  imb  ben  Srotreigen  fingen''  muffen ;  bann  na^m  fid^  Urfula,  bie  ^aa  be^  ans 
gefe^enen  Jtun)  Sotta,  bed  itnaben  an.    3^  ^ifenad^  toar  (nac^  9ta^ebergerd  Angabe)  einer 
ber  tüchtigeren  ©rammatiHeiSirer,  ^.Xreboniud;  bei  Sut^er  jeigte  ftcp  bereite  „vis  ingenii 
acerrima  et  inprimis  ad  eloquentiam  idonea"  (SRelanc^t^on),  unb   ed  )og  ii^n  auf 
eine  l^o^  ®(^ule.    @o  lie^  i^n  bie  @ltem  1501   auf  bie  Erfurter  UniDerfitöt  geJ^^en.  so 
@ein  @tubium  filierte  i^n  bafelbft  in  bie  ^errfc^enbe  spinosa  dialectica  hinein,  inbem 
er  gimäc^ft  $l^iIofo))^ie  ftubierte;   feine  ^av^Ütfycct  barin  tvaren  bie  9lominaliften  Xrut- 
Detter  unb  Smolbi  (Uftngen).    S^gleic^  tourbe  er  toenigftend  mit  einzelnen  @enoffen  be^ 
iungen  l^moniftifc^en  „$oeten''^eife§  (fo  mit  Srotud  9tubianud)  befreunbet.    3Rit  jenen 
Sehern  ftanben  biefe  bamald  auf  gutem  ^^e.    Sut^er  tourbe  1502  Saccalaureud,  1505  86 
^Dflagifter.  3^,3$ertrauen  auf  feine  f(bönen®aben  l^o^en  SSater  unb  SSertoanbte,  er  toerbe 
in  toeltlid^en  Ämtern  fein  ®Iüdt  machen  tonnen;  jener  beftimmte  il^n  mm  fünften. 

93on  Sut^erd  religiöfer  Snttoidtelung  bid  ba^in  toirb  ixn^  berid^tet,  ba^  er  bei 
ber  emften  fittlic^^eligiöfen  Stic^tung,  bie  er  aud  bem  elterlichen  $aufe  mitbrad(;te,  burc^ 
oud  in  ben  uneDangelifc^en,  bie  bamalige  fiirc^e  be^errfd(;enben  9(nfic^ten  Dom  ^eitötoege  40 
befangen  iDor,  o^ne  Don  irgenb  toem  in  Setanntfc^aft  mit  ber  1^1.  @d^rift  eingeführt  )u 
iDerben.  ^d^t  l^ören  toir  Don  übertoöltigenben  Sc^reclen,  toelc^e  anl^altenbed  Slac^benfen  über 
®  otted  3^^  ^^^  f^^^  emften  @inn  brad^te.  ^am  erfc^ütterte  i^n  {naö^  3Reland(;t^ond  ^n« 
gäbe)  bod  rafc^e,  toa^rfc^einlic^  t>m6)  2:otfc^(ag  erfolgte  @nbe  eined  ^^nbed.  innere  älngft, 
bie  ben  toal^en  Xroft  nic^t  ju  finben  tou^te,  trieb  i^n  in  rafd(;er  @ntfd^eibung  )um  ^ei«  45 
Itaen  SDlönd^leben.  Unter  ben  @c^redten  eined  ©etoitterd  gelobte  er  ed  unb  ging  bann 
fofort,  am  17.3uli  1505,  in«  äuguftinerllofter  ju  Srfurt,  —  unertoartet  für  bie  ©einigen, 
)um  tiefen  @c^mm  für  feinen  SSater,  —  felber  o^ne  Ilcfred  Seiougtfein,   magis  raptus, 

äuam  tractus  (99r.  2,  47);  1507  em))fxng  er  bie  ^rieftertoei^^e.  —  SKit  aufridj^tigem 
lifer  gab  f\d)  äntiftt  in  bie  tieffte  ÜRönci^bemut  ba^in.  9lic^t  minber  eifrig  ftubierte  er  so 
feine  ^^eolo^ie ;  bte  ©elften  ©abrief  D.  Siel  unb  b'älillid  lernte  er  beinahe  audtoenbig, 
lad  fleißig  bte  Occam«,  auc^  ©erfon«.  9lber  bie  inneren  fläm))fe  unb  JQuolen,  bie  ä(n* 
fec^tungen  burc^  3^^if^^  ^^  ^^  eigenen  ©eligteit  erreid(;ten,  anftatt  burd(f  fromme  Übungen 
gelinbert  ju  toerben,  jeftt  erft  ben  |öd^ften  ©rab.  Segierig  unb  tief  erfaßte  er  ben  3^== 
^ruc^  eine«  einfachen  alten  Ilöfterlic^en  Se^meifterd,  ber  i^  auf  ben  Slrtilel  Don  ber  66 
SünbenDergebung  Dertoie«  unb  i^m  aebot,  hierauf  ju  l^offen.  3)ie  befte  unb  frud^tbarfte 
Selebrung  em))fing  er  Dom  Drben^Dilfar  ^ol^ann  Don  @tauDi$,  ber  i^m  ein  Dertrauter  unb 
Däterlic^  greunb  lourbe.  Unter  ben  mittelalterlichen  Ideologen  lernte  er  afe  3^^901 
ber  göttlid^en  ©nabe  ben  ^etl.  Seml^arb  lennen.  ^ad  @ntfc^eibenbe  aber  toar,  ba|  er  in 
bie  ^L  @d^ft  felbft  fic^  Derfenite.  eo 

46* 


724  £ttt^er 

3(uf  ben  ®et{l  unb  bie  ftenntntffe  be^  befc^eibenen  Stönd^  burc^  @tau)>t^  oufmerljam 
gemadj^t,  berief  \f)n  fiutfürft  t^riebric^  1508  auf  einen  ))^iIi)fo))^tf(^  Se^r^I  an  ferner 
neuen  Untoerfttät  äBUtenberg.  @r  lad  ba  3)taleltif  unb  ))l^ilofo)c)l^if(^e  ®t^  nad)  Xrifto» 
teied;  1509  tourbe  er  baccalaureus  ad  biblia.    Sann  tpurbe  er(to)ad  Don  ollen  Sutper^ 

b  bu>9ra))^en  btö  m  m.  9(b^anbl.  tn  2;^tJl  1874,  319  ff.  überfelSien  tporben  ift)  oud  un^ 
belannten  ©rünben  an  bte  @rfurter  Uniberfttöt  jurüdgerufen,  h)o  er  gegen  bret  Stmeßer 
blieb,  unb  1511  (nad^  anberen  fcbon  1510)  in  Orben^efc^&ften  tpo^l  tpcgen  etned  im 
Orben  entftanbenen  Streitet,  nad^  fHom  gefanbt  (t>9l.  ^audrat^,  3R.  S.d  Siomf a^,  1894 ; 
Qllt,  £.d  9teife  nac^  fflom,   1899).    $ier  em}>|ing   er  Sinbrüde  bom  Serberben  bed  ro« 

10  mifc^en  jtir^entoefend,  toeld^e  \pcdn  feinen  Stfer  h)iber  9lom  fteigerten  *  bod^  bomaß 
traten  jte  feinem  DöQig  l^ingebenben  ®Iauben  an  bie  itin^e  nod^  leinen  Sbbnu^.  9tad^ 
Sßittenberg  jurüdgele^rt,  h)urbe  er  l^ier  am  18.  Oltober  1512  )um  Dr.  theol.  ptomotmL 
1515  tourbe  i^m  bad  Dtben^ilariot  für  Steigen  unb  ^üringen  anvertraut  (Sx  tmirbe 
femer,  inbem  er  freitoiDig  für  ben  alten  unb  hauten  SCBittenberger  &tabt))farrer  ^mi 

15  eintrat,   eifrig  aud^  ald  ftöbtifc^  $rebiger,  toie  ald  $rebiger  in  feinem  Jtlofter  t^ätig. 

@(^on  je^  geigte  fxö^   bei   i^m  biejenige  Umgejloltung  feiner  Snfc^ungen,  Über< 

uugungen  unb  Seftrebungen,  iraft  beren  er  bann  1517  in  ben  il^m  Don  oben  jugetDiefenen 

Seruf  eintreten  tonnte.    @r  l^atte  fu^,  toie  ed  fein  innere^  Sebürfnid  mit  fiä)  brachte,  bon 

ber  $l^iIofo))^ie  ioeggefei^int  ju  berjenigen  Xl^eologie,  toelc^e  —  nudeum  nucis,  medul- 

20  lam  ossium  scnitatur  (9r.  1,  6).  2)en  jtem  ber  ^eilbringenben  Sßa^eit  fuc^te  er 
für  fic^  unb  feine  i^vi)'6xtt  tote  in  ber  ®(^rift  überl^aubt,  fo  bor  cSUm  im  Sldmerinnefe 
unb  in  ben  Don  i^m  gan^  auiS  bem  neuteftamentlic^en  ®eift  ^eraud  aufgefaßten  unb  ax^ 
gelegten  ^falmen:  in  feinen  SSorträgen  über  biefe  beiben  9üd(;er  leud^tete  pim  erftenmale 
(3ReI.)  baiS  eDangelifc^e  2x6^1  toieber  auf.    3^^^  ^^  ^  ^^^  ^'^  $falmen.    3&\x  beft^ 

26  noc^  älnmertungen,  bie  er  fic^  bamald  in  fem  ®£emt)Iar  bed  lateinifc^en  ^falterd  etnfd(|neb, 
um  fte  ben  QMi}bxttn  ju  bittieren  unb  ben  auefüi^id(;en  Xe^t  ber  1518—1516  gel^aUenen 
$orIefung,  ben  er  für  ben  3)rudt  fertig  maö^m  tooUte  (SBeim.  9lu^.  9b  3.  4).  6o 
na^m  S.  juerft  ben  ^f alter  Dor  unb  bann  ben  Sldmerbrief;  nac^  biefen  ben  an  bie  ®a« 
later,  an  bie  Hebräer  unb  an  2;itud.    @eine  Sorlefungen  über  ben  an  bie  ®alater 

80  gab  er  1519  in  neuer  Bearbeitung  l^eraud.  9Son  ben  SSorlefungen  über  bie  anberen  Sriefe 
ftnb  neuerbingd  9la(^fd(;riften  entbedtt  toorben,  bie  ieboc^  noc^  auf  SSeroffentlid^img  in  ber 
SBeim.  9lu^.  toarten.    93om  ^a^r  1516  ftammt  too^l  auc^  eine  noc^  in  9{a(^(^rift  Dor« 

Sianbene,  im  Jtlofter  gel^altene  äSorlefung  über  bod  Suc^  ber  Slic^ter.  Unter  ben  menf(^ 
tc^en,  tird^lic^en  Sc^riftfteDem  ^at   je^t  jumeift  äluguftin  auf  i^  @influß  geübt,  mit 

35  bejfen  @d^riften  er  erft  turj  Dörfer  nö^er  betannt  unb  Dertraut  getoorben  toat;  er  le^ 
mit  biefem  fc^on  ^ier  im  @egenfa$  jur  @iaengerec^tigtett  eine  ®otteSgered^tiateit,  bie  Don 
©Ott  und  gefc^entt  toerbe ;  unb  \6)on  ^ier  faßt  er  tiefer,  ald  äluguftin,  bie  ^ebeutung  M 
©laubcnd  auf,  toelc^er  ber  „lurje  2Beg"  ju  i^r  fei.  —  Unter  ben  mittelalterlichen  Se^rem 
ioirtte  am  ftärtften   auf  fein  ^nnered  bie  innige,  an  bie  ®nabe  ®otted  unb   an  S^rifti 

40  $erfon  unb  ^eitetoert  fid^  l^altenbe  Sleligiofität  ©t.  Sem^arbd.  —  1516  lernte  er  bie 
Sn^ftit  Xaulerd  unb  ber  „beut{d(;en  ^l^eologie''  (Don  il^m  felbft  1516  u.  1518  l^au^egeben) 
tennen  unb  tourbe  Don  iJ^r  getoaltig  in  feinem  inneren  ergriffen.  9lud^  ifyc  gegenüber 
aber  bel^au))tete  er  feine  Sigentümlic^teit  in  ber  äluffaffung  bed  ^eildtoeged,  in  todd^  er 
Dielme^r  bur^  bie  biblifc^en,  j^aulinifd^en  Sludfagen  beftimmt  iourbe. 

45  Sßö^renb  £.  noc^  ganj  unbefangen  bem  ^ertfc^enben  ilirc^ntum  ergeben  blieb,  ifi  er 
bod^  in  biefer  äluffaffung  fd(^on  )oefentlid(;  ju  bemjenigen  Stanbpuntte  burdj^Arungen,  für 
toelc^en  er  bann  feit  1517  gegen  bie  9lu%rü(^e  jened  jtird(;entumd  tamf^fen  mußte.  3)ad 
$etl  ru^t  i^m  rein  auf  ber  göttlichen  ®nabe.  äSon  9!atur  trachtet  ber  SJlenfc^  fc^lec^t^ 
nur  nac^  ^leifc^lic^em  (beff en  93egriff  Sutl^er  fc^on  je^t  niöft  bloß  auf  bie  sensualis  con- 

50  cupisc^ntia,  fonbem  auf  bad  äßefen  bed  ganzen  nod^  nic^t  toiebergdborenen  SRenf^Kn 
unb  Dor  aQem  auf  feine  @elbftfu(^t  audbe^nt),  unb  aSe  feine  guten  sBerte  finb  @ünbe; 
®ott  muß  ben  Saum  erft  burcb  einen  ©nabenatt  gut  machen,  e|e  er  gute  %it(^te  bringt, 
unb  jum  @m)9fang  ber  ©nabe  fann  ber  3Renf(^  auf  teine  SBeife  fu^  felbft  Dorbereiten: 
unica  dispositio  ad   gratiam   est  aeterna   Del  electio  et  praedestinatio,  —  Don 

55  fetten  bed  Wenfc^en  bloß  rebellio.  ^iefe  SeiS^re  Don  ber  rein  bun^  göttlidbe  ©naben^ 
mirfen  ^ergeftcQten  ©etec^ttgteit  bed  fonft  DöDtg  unter  bie  @ünbe  gebannten  SDlenfc^  ifi 
ed,  toorin  £.  ganj  an  3(ugu[tin  fid^  anfc^Iteßt,  ja  über  i^n  (namentlid(;  mit  ätudfagen  au^ 
fc^on  über  ben  Urjuftanb)  noc^  binaui^gel^t,  mdi^renb  er  im  Unterfd(;ieb  Don  bemfdfben  mit 
$aulud  le^rt,  baß  hierbei  ber  ÜJienfc^  rein  burdj^  ben  Don  ©otted  ©nabenloort  unb  ©eift 

CO  gemirtten  ©lauben,  tüdd)tt  SSertrauen  auf  ©otted  Dergebenbe  ©nobe  in  S^fto  fei,  bie 


Silber  725 

Sergebtmg  erlangen  unb  bor  ®ott  befiel^  lönne,  unb  ba^  im  ©laubigen  bann  ©otted 
(Seifl  jugleic^  innere  Sled^tbefc^ffenl^eit  h)trle,  bag  aber  aud^  ber  alfo  äßiebergeborene  unb 
(Seredjfte  in  ollen  feinem  ©uteStl^un  fort  unb  fort  no(^  fünbige,  ol^ne  3iufytti  unb  SSer« 
bienfl  fei  unb  nur  burc^  bie  bergebenbe  ®nabe  unb  ben  (Glauben  an  fte  bor  ©ott  beftel^e. 
Sut^erd  Suffaffung  bom  ^eil^e^e  felbft  fül^rt  und  bann  junäd^fl  gon^  in  ben  ^eid  jener  6 
99b^  ein.  ^en  ©runbmg  btlbet  bie  ))erfönli(^e  Seue^ung  bed  emjelnen  Subiettd  ju 
(Sott  unb  S^ftud  im  ©lauben.  Unb  gtoar  ift  ber  ©laube  mit  reiner,  auf  aSed  Sigene 
ber)i(^tenber  Eingebung  eind:  bie  ed^te  ©ottedfurc^t  bed  ©laubigen  ift  biejenige,  ioelc^e 
—  pure  propter  Deum  timet  Deum.  ©Ott  gegenüber  mu^  er  bann  —  sese  in 
purum  nihilum  resignare,  aufgeben  ben  StgenioiQen,  ber  ald  bie  ©runbfünbe  bom  lo 
Xeufel  fommt,  —  aufgäen,  leinedioegd  nottoenbig  auc^  äu^erlic^,  too^l  aber  imterlid^,  aSeS 
Jlreatlirlic^e,  —  omnia  habere  indifferenüa.  ^n  feiner  Slic^tung  auf  S^rifhid  fül^ 
ber  ©laube,  mit  Jener  boQIommenen  ^ingabe  aSeS  Sigenen,  )ur  boEIommenen  @l^e  mit 
Sl^rijfatd.  9{om  Sege  jener  ^fül  aber  fc^eibet  ftd^  ber  Sutl^erd  im  ^erbortreten  bed 
@(iiMbbetou^tfetnd  \iatt  allgemeinen  9eh)u|tfeind  bon  9{i(i(;tigleit  bed  @nbli(^;  jene  Sle^  i6 
ftgnation  ift  'if^m  bor  aDem  SSerjicbt  auf  bie  eigene  ©ered^tigleit;  ber  ©laube  aU  ©laube 
and  Unfic^tbare  bor  aQem  ©egenfa|  gegen  bad  SSertrauen  auf  eine  eigene,  in  SBerlen 
fu^tbare  ©ered^tigleit.  3)a  richtet  jtc^  benn  ©lauben  unb  Hoffnung  allein  auf  S^riftud, 
ber  allein  bad  ©efe$  erfüllt  unb  unfere  Strafe  getragen  ^at,  unb  \px\d)t  gu  il^m:  tu  es 
justitia  mea»  ego  autem  sum  peccatum  tuum,  tu  assumsisti  meum  et  dedisti  3o 
mihi  tuum;  -—  fo  sufficit  Christus  per  fidem  ut  sis  justus.  ©ered^t  finb  toir 
fo  fc^on  nad^  ber  bamaligen  Seigre  Sutl^erd  ex  sola  imputatione  Dei,  fofem  er  bie 
Sünbe  nic^t  jured^net,  ja:  omnis  sanctus  peccator  revera,  justus  vero  per  repu- 
tationem  Del  miserentis.  ^iefe  Srbarmung  ©otted  bezeugt  fic^  innerlich  in  „beim^ 
lid^em  Sinrünen:  beine  @ünben  finb  bir  bergeben'';  aber  fc^on  toamt  Sutl^er  auc^  bor 26 
ber  SReinung,  ba^  @d^ulbbergebung  nur  ftat^nbe,  ioo  @m})^bung  jened  ß^^^^ff^*  ~~ 
2|n  ber  „justificatio''  toirb  bie  ^erfteüung  eigener  innerer  9flec^tbef(|affenl^eit,  toobon  man 
bod  SBort  allgemein  berftanb,  bon  S.  forttväi^renb  (unb  auc^  fbäter  nod^)  mit  befaßt, 
biefe  ^erflellung  erfolgt  aber  erft  mit  unb  auf  ©runb  jener  bem  ©lauben  )u  teil  Serben« 
ben  imputatio,  @ünbenbergebung  unb  ©ered^tannal^me:  unb  Jtraft,  Xrieb  unb  ^^eubigteit ») 
^m  ©utedtl^un  toirb  fo  bon  £.  auc^  eben  aud  biefem  mavibm  felbft  ^geleitet ;  aud  bem 
bettrauenben  ©lauben  ge^t  nad^  S.  fü^e  Siebe  ^erbor;  ber  burc^  ben  ©lauben  innetool^^ 
nenbe  S^riftud  felbft  fd^fft  aQed  unb  übertoinbet  aQed,  unb  fo  aldbamt  toirb  er  bem 
©laubigen  auc^  ald  9eif))iel  borleuc^ten;  toad  aber  ber  ©laubige  je^t  ioirlt,  bad  tl^ut  er 
mdft  )u  eigener  ©erec^tigleit:  nulla  operatio  confert  justo  aliquid  justitiae,  sed  86 
Deo  per  eam  et  hominibus  servitur.  Unb  in  fold^er  SBeife  boQbrac^t  finb  and)  todU 
Itd^e  tlrbeiten,  bie  äßerle  eined  f^ürften  ober  auc^  eined  gemeinen  ^anbtDerlerd,  ©Ott  fo 
tbol^lgefällig  ald  ©ebet,  %a\tm,  95iailien.  —  ^VLQztült  ioirb  alle  jene  ©nabe  burc^  bad 
SBiort,  in  toeld^^em  nid^td  anbered  i%  benn  Sl^riftud  felbft,  bad  Srot  bed  Sebend;  ed  ioirb 
biefed  9rot  gegeben  öu^erlic^  mittelft  bed  2)ienfted  bon  ^rieftem  unb  Selbem  burd^  SBort,  lo 
fotbie  burd^  ©ahament  bed  älltard,  innerlich  burc^  „©otted  felbft  Seigren'',  inbem  ©Ott 
immer  bei  feinem  SBorte  ift.  Seftimmter  toirb  fie  jugeteilt  burc^  @bangelium,  nad(;bem 
jubor  bod  ©efe$  fein  äßert  get^an,  b.  1^.  ftrafenb  unb  bemütigenb  jur  ©nabe  und  ^in« 
getrieben  ^at;  ba  tünbigt  bann  bad  @bangelium  Rieben  unb  sBergebung  an.  9(u(^  jened 
%mt  bed  ©efe^ed  aber  fteQte  Sut^er  bamald  unter  ben  Segriff  bed  Sbangeliumd,  inbem  46 
biefer  i^  fo  ben  ganjen  ^n^alt  ber  neuteftamentlic^en  Sdpriften  umfa^;  aber  nur  bie 
©nabetti)erlünbigung  ift  opus  evangelii  proprium,  jened  (ba|  ed  latificat  mandatum, 
magnificat  peccatum)  bielme^  ein  op.  evang.  alienum. 

Neffen  aber,  ba|  bie  l^errfc^enben  tirc^lic^en  älnfc^auungen  benen,  ioelc^e  ÜRittelpunIt 
fetned  ©laubend  unb  Sebend  getoorben  loaren,  toiberftritten,  toar  Sut^er  ftd^  ni^t  beiou^,  go 
no<^  auc^  f)aüi  er  aufgehört,  fold^e  @lemente  ber  lird^lid^en  Se^re,  ioelc^e  mit  jenem  ÜRittet 
punitt  nic^t  auf  bie  ^auer  ftd^  bertragen  tonnten,  audbrüdlic^  felbft  nod^  anjuerlennen. 
®r  forbert  im  ©egenfa^  jur  l^errfd^enben  @itte,  ba^  bie  9ifd(;öfe  ald  il^r  erfted  9(mt  bad 
^rÄigen  anfeilen  f oDen ;  bon  lügenl^aften  © efc^id^ten,  bon  f alfd^en  fiegenben,  bon  SRenfc^en:: 
meimmgen  unb  ÜRenfc^enfa^ungen  foQ  bie  ^rebigt  frei  bleiben ;  unb  ed  foD  anö^  nid^t  66 
(tbie  leiber  faft  überaU  gefqe^e)  blo^  über  mores  et  opera,  fonbem  indbefonbere  de 
fide  et  justitia  ge)9rebtgt  toerben.  @old(;ed,  meint  fiut^er,  foDte  ber  erfte  ©egenftanb 
reformatorifc^er  Semül^ungen  fein,  ber  jtoeite  bann  3Jla^egeln  gegen  bie  innere  3)emorali< 
fotion  bed  Älerud,  in  beffen  eigenem  3""^^  k*^  2öelt  foUte  überwunben  toerben.  Sei  aD 
bem  aber  ftel^t  er  in  ber  beften  ^Reinung  bon  ber  Ütbereinftimmung  ber  firt^lid^en  ©runb?  oo 


726  Sit^ 

lehren  mit  feinen  eigenen,  iDeld^e  nur  in  ber  ^racid  ^^intongefe^t  feien.  9Iament(t<l^  regt 
fidj^  in  Sut^er,  fo  fel^  er  am  Seben  bon  ^rieftem  unb  $ät)fien  ärgemid  nimmt,  nod^ 
leine  Bpux  bon  R^m^d  an  ber  Sutoritöt  unb  äSoQgenHilt  ber  äußern  JHn^  ald  f<>Ukr; 
©el^orfam  gegen  l^e,  bie  untrügliche,  ift  i^m  eind  mit  ®el^orfam  gegen  (S^riftud.    SRon 

6  fielet  iebo(^  nic^t,  ba^  £utl^er  über  bie  9lrt  biefer  (Setoalt  tpeiter  repdEtiert  l^ätte.  9K(^t^ 
tft  mel^  old  ber  ÜRangel  an  Setpu^ein  über  feinen  bereite  eingetretenen  ®egenfa^  gegen 
bie  Ricö^t  ein  flarer  93eh)eid  bofür,  h)ie  ber  (Seift,  aui  loeb^em  feine  Snfd^ungen  pd^ 
erjeugten,  fo  ganj  ein  ))orttiber,  innerlich  unt)ermerlt  jeugenber  unb  treibeid)er,  fo  gar  nU^t 
ein  Seift  ber  92egation  ober  anö^  nur  ber  !ritif(^  iKe^ecion  getoefen  ifL 

10  2)ie  geiftigen  Srjeugniffe,  bie  toir  bon  Sut^er  aa»  biefer  3^  ^4  beft^en  unb  in 
toelc^en  biefe  Stnfd^uungen  unb  Seigren  niebergelegt  finb,  finb  jene  ^falmenborlefungen, 
lateinifc^  niebergefc^riebene  ^rebigten  feit  bem  ^a^re  1515,  eine  SBorrebe  )ur  beutf(|fen 
Geologie  (Xitel :  „SBad  ber  alte  unb  neue  3Renf(b  fei'O  1516,  eine  9lud(egung  ber  ^eben 
Su^folmen,  bie  erfte  eigene  @(^ft,  bie  er  feCbft  ^erau^egeben,  unb  bie  erfte,  bte  er 

Iß  beutf4  gefc^rieben  f^ai,  bebeutfame  tl^eologifc^e  3;^efen  bei  Sembarbid  (t).  gelbürc^)  unb 
®ünt$erd  3)id))utation  1516.  1517,  $rebigten  über  bie  10  ©ebote  (latein.  berau^egeben 
1518),  älu^Iegung  bed  SSater^Unferd  (beutf^)  1517.  —  äBid^tig  fmb  femer  für  bie  gan)e 
©efc^ic^te  feiner  geiftigen  Snttoidelung  toie  feinet  äußeren  gebend  feine  Sriefe. 

3)er  Sbla^^anbel,  meieren  ber  mit  Sluftrag  bom  9)lain;ter  Srjbifd^of  berfel^e 

30  3)ominiIaner  Xe^el  in  ber  9lö^e  bon  Wittenberg  trieb,  beranla|pte  Sutl^er  mm  erftot  Um* 
))fenben  auftreten,  —  aber,  toie  er  felbft  meinte,  niä^t  gegen  bie  fiird^e,  fonbem  für  i^ 
eigene  @]^re  unb  nad^  il^em  eigenen  ioa^ren  Sinn  unb  SCBiUen.  @r  begann,  Dor  bem 
ÜRi^braud^e  bed  SblaffeS  im  Seui^tftul^Ie  unb  auf  ber  jtanjel  pi  toamen,  toäl^renb  feine 
bogmatifc^e  3bi[x6)t  Don  bemfelben   auf  ®runb  feined  ®laubendmittel))imlted  fonfequent, 

36  tomn  aud^  nur  aJDlmä^Iic^,  )uerft  mit  teiltoeifer,  bon  i^  felbft  offen  au^ef))ro(^er  Um 
ftc^erl^eit  ^  geftaltete.  9lm  31.  Oltober  1517  fc^lug  er  feine  95  3:i^efen  an  ber  Sd^loft« 
Krc^e  )u  äBittenberg  an.  Sinen  entfc^eibenben  <^au))tangriff  aber  meinte  er  lux^  nicpt 
einmal  mit  i^nen  )u  unternehmen.  @r  l^atte  bie  Si^efen  nic^t  fc^on  )u  allgemeiner  Ser» 
breitung  beftimmt,  iooDte  in  benfelben  auc^,  ioie  ed  bem  ^oralter  folc^  X^en  ent< 

80  \pxa6),  nic^t  lauter  fc^on  feftfte^enbe  93e^au))tungen,  fonbem  teiltoeife  nur  erft  einen  ®egen« 
^anb  bed  ^üpviit^  auffteUen.  ^1^  ^^I^Ktlt  ift  bemgemä^,  toad  er  fd^on  in  $rebigten 
t)orgetragen  l^atte:  ^^n  Su^gebot  iooue,  boft  bad  ganje  Seben  eine  SBuf^e,  nömli(^  /w 
rdvoia,  fei,  unb  fei  nid^t  t>on  ber  ))riefterlid$en  confessio  unb  satisf actio  )u  berftel^; 
unb  jioar  forbere  ^  mit  ber  innerm  Su|e  auc^  äußere  @rtötung  bed  §leif(^ed;   unb  ti 

86  beftel^e  ba^er  mit  jener,  b.  ^.  btd  jum  Eintritt  ind  Himmelreich,  immer  auc^  bie  poena 
fort.  9lid^t  in  Setreff  biefer  felbft,  fonbem  nur  in  Setreff  ber  t>on  i^m  auf erlwttm  $önen 
tooDe  ber  ^apft  @rla^  eintretm  laffm,  ber  ))ä))ftlid^  Slbla^  fei  ba^er  nid^t  Serfö^nung 
mit  @ott  felbft,  lönne  t)ielmel^  nid^t  einmal  bie  eigentliche  Sc^ulb  ber  geringflen  täglich 
Sünbe  l^intoegne^mm.    2)ie  ioirllid^e  @c^ulb  ioerbe  t>xdmtfyc  bom  $a))ft  nur  infofem  er< 

40  laffm,  old  er  bie  t)on  feitm®otted  erfolgmbe  @rlaffung  berfelbm  anlünbige  unb  befUitige; 
unb  fold(;e  )9ä))ftlic^e  Vergebung,  b.  1^.  Slnlünbigung,  fei  )toar  mit  nic^tm  )u  Derad^tm,  ed 
trete  aber  aud^  o^ne  bed  ^apfted  älbla^  auf  blnge  toal^re  compunctio  pin  DöDige  Ser« 
gebung  für  bm  S^ftm  ein,  unb  t>a^  SSerbimft  Sl^rifti  unb  ber  ^eiligm  toirle  auc^  o^ne 
bed  ^apfted  3^^^^"  ®nabe  bed  innerm,  unb  ftreu),  %oh  unb  ^öDe  bed  du^erm  Wim* 

46  fc^m ;  ber  too^re  @c^a^  ber  Kirche  fei  bad  Stxxnaelium  bon  ber  ®nabe  ®otted,  unb  biefeS, 
nid^t  ettoa  ber  äObla^,  fei  aud^  bie  l^öc^fte,  bem  Hia))ft  anvertraute  ®nabe.  ^nbeffm  unter- 
toerfe  ®ott  jebm,  ioelc^em  er  bie  @d^ulb  t)ergebe,  in  aSm  StüdEeti  gebem£btigt,  ouc^  bem 
^riefter  ald  feinem  @tell))ertreter.  3)te  Slbläffe  alfo  lä^t  bann  Sutper  für  bie  Don  ber 
Sirene  auf erlegtm  @traf m  unb  Seiftungm  geltm.  9lber  ber  toal^r^ft  Su^fertige  foO  gerabe 

50  auc^  )um  Xragm  Don  itrem  unb  $ein  toiUig  fein.  —  Sabet  ioiU  Sut^er  überall  nid^td 
ate  bm  toal^rm  @inn  bed  ^a))fted  felbft  an^px^m,  ber  Don  bem  getridbmm  9Ri|brau(^ 
ioo^l  felber  gar  nic^td  toiffe.  —  Sluffallenb  tonnte  fd^einm,  ba^  Sut^er  bie  Sebeutung  bed 
fonft  \ö^on  überall  Don  i^m  DorangefteQtm  ®laubmd  ^ier  nic^t  ^erDor^ob;  ed  toar  aber 
bie  innere  93u^e,  ^u  toelc^er  biefer  il^m  gel^örte,  unb   beim  9(bla|  ^anbelte  ed  ftd^  für  E 

56  nid(;t  um  bad  SSerJ^öltnid  ju  biefer,  fonbem  um  bad  SSer^öltnid  bedfelbm  )ur  satisfactio, 
an  beren  @tatt  berfelbe  tretm  tooQte  unb  berm  äßal^r^eit  Sutl^er  felbft  niqt  im  ®lauben, 
fonbem  in  bem  aui  biefem  ^erDorael^enbm  Sebm  fanb. 

9Bad  Sutl^er  aud  reinem,  felbftftänbigem  innerm  älntrieb  gef^od^m,  fanb   aldbolb 
burc^  3)eutfd^lanb  ^in  einm  SBiber^aQ,  bm  fein  äu^erlic^  teinedn>egd  loeUftrebenber  no^ 

60  aud^  nur  toeitfc^aumber  @inn  nic^t  geal^nt  ^e.  @eine  ^fen  ^^liefm  fd^ier  in  14  Zagen 


burc^  gan)  2)eutfd^Ianb ;  benn  oQe  SBelt  Hagte  über  ben  9(bla|;  unb  h)eil  oQe  Stfd^^öfe 
iinb  Soltored  ftiUf(i(;h)tegen  unb  92iemanb  ber  Jla^e  bte  Scheuen  anbmben  tooDte,  ttKirb 
ber  £ut^er  ein  2)oItor  oerü^mt,  ba^  bod^  einmal  einer  lommen  toäre,  ber  brein  0riffe'^ 
äßeiter  trieben  il^n  bie  Angriffe  ber  ©egner:  ^e^eld,  —  be^  3)ominilanerd  $rieriad,  bed 
))ä))fUidben  Magister  palatii  —  bed  ^ngolftöbter  ^rofanjlerd  ^o^.  @d,  be^  bebeutenbften  6 
unter  ipnen  (f.  316.  V,  138  ff.) ;  er  antwortet  bem  erften  in  ber  „^^eil^eit  be«  ©ermon« 
Dom  9lb(a|'^  bem  @c{  in  ben  Asterisci  adv.  obelisc.  Eccii,  bem  $rieria^  in  ber  Re- 
spons.  ad  Sylv.  Frier,  dial.;  ^oogftraten,  ber  aud^  gegen  ii^n  ben  lürjeften  SCBeg  ber 
Ste^ergeric^te  em))fol^Ien  l^atte,  tourbe  'mit  einer  lurjen  Scheda  abgefertigt.  Sut^erd  be^ 
beutenbfte  ätrbeit  über  bie  im  Slbla^ftreite  angeregten  tragen  ftnb  feine  Resolutiones  lo 
disputationum  de  indulgentiarum  virtute  1518.  —  3^^!^^  ^^^^  9(rbeiten  unb 
Aäm|)fe  hinein  l^atte  er  im  9()>rU  1518  an  einem  9(uguftinerIont)ent  in  ^eibelberg  teUju« 
nehmen,  h)0  er  für  eine  2)i^utation  %^^tti  über  bie  menfd^^Iid^e  @ünbenlnec^tfc^aft  unD 
göttUd^e  ®nabe  (o^ne  Seju^na^me  auf  Die  9(bla|frage)  vorlegte.  ^mSSerlaufe  bed@treited 
über  ben  älbla^  trat  je^t  bte  fürd  römifc^e  ftird^^entum  h)ic^tigfte  |^age  l^erDor  nad^;  ber  i6 
unbebingten  ähitoritöt  ber  köpfte,  inbem  namentlich  bie  ^ur  Slbla^tpeorie  gelSiörige,  Don 
Sut^er  beftrittene  Se^re  Dom  thesaurus  ecclesiae  auf  eme  ))ä))ftli^e  Suue  (Don  Qlt» 
mend  VI.)  jtd^  ftü^te.  —  äSon  jenen  ©egnem  aQen  fa^  ftc^  Sut^er  unb^ingt  ald  Itei^er 
oebronbmarft;  auf  Unterbrüdhtng  feiner  Seigre  al^  einer  Ie^erifd(;en  richtete  fiA  auc^  Don 
llnfang  an  bad  Seftreben  bed  ^ßa))fte^ ;  Suti^er  f elbft  tourbe  Don  il^m  nac^  9tom  citiert  ao 
Wm  ^rfürft  ^^^ebric^  h)ar  nic^t  h)iQend,  feinen  berühmten  äBittenberger  Xl^eologen  ol^ne 
toeitered  ))rei)ugeben ;  unb  ber  ^apft,  ein  guted  @inDemelSimen  mit  bem  ^oc^gefteKten  9tei(^< 
fürften  ^öl^er  anfd^Iagenb  ate  ben  Untergang  be^  Don  il^m  gering  gefc^ö^n  3RönAed, 
eilte  nic^t  )u  ben  öugerften  Schritten.  2)er  Jtarbinallegat  (Sajetan  foQte  erft  Derfudpen, 
benfelben  in  ))erfön(ic9er,  m  Slugdburg  get)fIogener  SSerl^anblung  (Oft  1518)  }ur  Unter«  26 
toerfung  )u  bringen.  Sutber  fteute  ftd^  bar  ald  untert^änigften  @obn  ber  ^eiligen  römi:: 
f(^  jtlrq^e,  Dertoeigerte  aoer  bem  SeDoQmäc^tigten  bed  ^apfted  ied^  unb  feft,  burd(f  3^ 
r^en  unb  2)ro]^ungen  unbetoegt,  ben  äBiberruf  unb  a))))ellierte  juerft  a  papa  non  bene 
informato  ad  melius  informandum,  bann  (am  28.  9loD.)  Dom  ^apft  axi  ein  aüge« 
meined  jbnjtl.  ao 

®d(;on  fteQte  er  je^t  auc^  bie  Se^au))tung  auf,  ba^  ed  für  bie  S^riftenl^eit  eine  3^ 
gegeben  l^abe,  ioo  noc^  lein  i)ö))ftliAer  Primat  beftanb:  biefer  gehörte  ^iemac^  nic^t  mm 
ur^rünglidien  unb  untoanbelbaren  Sßefen  ber  5tird(fe.  $inftd(;tli(^  ber  römifc^en  fiurie  ftieg 
gar  bie  äl^nung  in  il^m  auf,  ba^  ^ier  ber  Slntic^rift  regiere.  @c^on  Dorl^er,  bem  ^rieriad 
gegenüber,  batte  er  auc^  in  betreff  eine^  bie  ftirc^e  reDräfentierenben  ilona^d  menigftend  85 
bie  SRöglic^Ieit,  ba^  e^  irren  lönnte,  au^efagt.  Unb  inbem  er  nad^  ber  Sebeutung  ber 
lirc^Iic^en  @£iommunilation  fragte,  unterf^ieb  er  )ioifd(;en  ber  communio  externa  et 
corporalis,  Don  ber  biefe  au^f^Iie^e,  unb  ber  communio  fidelium  interna  et  spiri- 
tualis,  ber  einer  bennodp  angei^ören  lönne:  a\xi  feiner  Sluffaffung  bed  fiieildtoege^  ^ing 
fo  für  i^n  in  bem  burc^  ben  9(bla^  angeregten  Streit  aud^  bie  neue  äluffaffung  ber  Jltrd^e  40 
ober  c^ftlic^en  ©emeinbe  ald  ©emeinbe  ber  ©laubigen  l^erDor. 

9tod^  fübrte  ber  äBunfc^  bed  $apft^i  ntit  bem  Jlurfürften,  jumal  beim  SeDorfte^en 
ber  ftaifertoa^l,  in  gutem  @inDeme^men  )u  bleiben,  ju  einem  (e^en  SSerfuc^  feinerfeitd, 
ben  ^anbel  mit  Suti^er  frieblid^  beijulegen.  t^eunblidj^ed  3^^^^^  \^^^^  ^^  ^^  ^^* 
fürften  gefanbten  Jtammer^erm,  Jl.  D.  ÜRiltig,  Dermod(;te  bei  Sut^er  fo  Diel,  ba^  er  bei  «6 
einer  3ufammentunft  in  9Q[tenburg  im  Januar  1519  ^ur  Untertoerfung  unter  ein  bid  auf 
toeitered  beiben  Parteien  aufjulegenbe^  Sc^toeigen,  ju  emem  bemütigen  93rief  an  ben  $a))fi 
unb  )ur  älbfaffung  einer  ©c^rift,  toelc^e  feine  ^ere^rung  gegen  bie  römifc^e  itirc^e  bezeugen 
foQte,  fi(b  Derftanb.  @in  fold^er  93rief  jeboc^  mürbe  jtoar  fogleic^  bort  Don  il^m  abgefaßt, 
iDurbe  aber,  ba  berfelbe  tro$  bemütigfter  SludbrüdEe  ben  SBiberruf  Derh)eiaerte,  ol^ne  3^^iM  ^ 
DonüRilti)  nic^t  geeignet  gefunben  unb  ging  nic^t  ab  (Dgl.  Srieger  in  3^©  15, 104  f.).  Unb 
in  einer  beutf^en  @^rift,  bie  £.  nad^^er  Detfa^te  (Unterrid(;t  auf  etT  9lrt.  u.  f.  h).)  f^^racb 
er,  toöbrenb  er  ju  einer  9(nbetung  ber  ^eiligen  unb  jur  Slnna^me  eined  J(egfeuerd  fuv 
forttoäprenb  belannte,  au^  ben  älbla^  old  erlaubt  ^ugob,  boc^  mit  aQer  Uffen^eit  avi^, 
ba|  er  bie  @intoirIung  Don  9(bla^  aufd  t^egfeuer  nid^t  glauben  tonne,  ba^  ©otte^  ©ebote  6S 
über  ber  Äirc^e  ©ebote  ftel^en,  unb  femer,  ba^  bie  grage  über  bie  ©etoalt  be«  römtfdj^en 
Stu^led  ber  Seelen  Setigfeit  gar  nic^td  angebe:  G^riftu^  ^abe  feine  9Xxd^z  nid^t  auf 
äu^erlic^e  ©eh)alt  unb  Doriafeit,  über^au))t  nic^t  auf  yiiüxi^t  ^in^e  gegrünbet  @iner 
neuen  Slnfac^ung  be^  ^am^fe^  felbft  glaubte  er  bann  ftc^  ni^t  entjtel^en  ju  bürfen,  ciÄ 
(gkl,  feinen  Jtollegen  Jlariftabt  )u  einer  2)id))utation  nad^  £ei))}ig  l^eraudforbemb,  gegen  i^n  eo 


728  Sttt^er 

felbfi  bie  $au))tfä$e  richtete.  Seibe  bü^utterten  mit  (M  Dom  27.  guni  btd  16.  ^ult  1519 
(bgl  ©etbemann,  S)te  lei))}.  S)t^ut.  u.  |.  h).,  1843).  2)te  9el^au})tun0en,  auf  toel^  2\jiä^ 
burd^  bie  3)idJ)utation  gefül^  tourbe,  toaxm  bei  i^m  in  ber  ^axtpi^adft  nxifi  neu,  ober 
bi^  bol^n  no(9  ni(^t  in  fo  beftimmter,  Süffelten  erregenber  9Beife  ber  SBelt  Dm:  Xugen 

6  9^^  tDorben.  @d  bal^in  ju  bringen,  i^n  fdrmlid^  old  einen  Don  ber  rdmifc^  Ittn^ 
SDDgefaQenen  l^injuflellen,  ioor  gerabe  Sdd  älbftd^t  getoefen,  inbem  er  ben  gonjen  Streit 
auf  ben  entfc^eibenben  $unlt,  bie  SeiS^re  Dom  päp^id)tn  ^rimate,  l^intrieb.  (Sdi  $au))tfat 
fagte  junäc^Jt  nur  etto>ad  ©efc^ic^tlic^ed  aü§:  bie  römifcpe  Jlirc^e  fei  fd^on  bor  SUbeßer? 
3eit  bad  Oberl^aubt  aEer  anberen  getoefen;   inbem  aber  Sut^er  bied  unter  Serufung  auf 

10  bie  ©d^rift,  bod  9cicäer  Jtonjil  unb  bie  ©efc^ic^te  bon  1100  Salden,  beftritt,  l^atte  er  bo^ 
jus  divinum  be^  ))ä)9ftli(^en  ^rimated  über^auj^t  aufgegeben,  fo  ioenip  er  aud^  ben  gegen« 
ioörtigen  Primat  ^atte  bereiten  iooDen:  er  leitete  biefen  nur  fo,  toie  lebe  anbere  befie^enbe 
©etoolt,  t)on  ®ott  l^er;  ja  er  fteEte  in  feiner  SKudfül^ng  bie  ^flid^t  ber  Untertöerfung 
unter  i^  auf  eine  Sinie  mit  ber  ^flic^t  ber  Untertoerfung  aud^  unter  göttlich  3^%^^^ 

16  \.  9.  auc^  unter  bie  ®eioa(t  ber  'XMca,  faQd  ®ott  unter  [xt  beuate.  2)agegen  bqog  er 
bie  $au))tbetoei^teIIe  ber  $a))iften  Stattl^.  16  ie^t  au^brüdEIid^  auf  alle,  in  beren  Samten 
äietrud  gerebet  l^abe:  bie  ®^lüf[el  feien  feinem  Sinjelnen,  fonbem  ber  Jlin^,  unb  bo^ 
^ei^e  ber  ©emeinfc^aft  ber  ßeiltgen  gegeben,  unb  ber  jßriefter  jei  nur  minister  ec- 
desiae.    ^m  SSerlaufe  ber  t)id)9utation  \px\ift  er  aud :  bie  Jtirc^e  t{l  eine  9Ronar«^ie,  bot 

20  aber  ju  il^rem  Qaxcpit  nid^t  einen  ÜRenf^en,  fonbem  Sl^riffatm  feiObfl;  ber  ©loube,  bafe  oie 

,  römifq^e  Jlin^e  über  ben  anberen  ftebe,  ift  utr  Seligleit  nid^t  nottoenbig  unb  bie  Stenge 
bon  ^eiligen  in  ber  gried^ifc^en  itird^e,  toelqe  nie  unter  ber  @ttoalt  bed  ^ßa^jHd  lebten, 
lann  ftc^er  lein  Schmeichler  bed  $a))fted  Dom  Fimmel  audfc^Iiegen ;  ed  gilt  aber  ber  ^u^fc^ 
ober  Dietmel^r  fc^on  3(uguftinfd^e@a^:  una  est  sancta  et  universalis  ecolesia,  quae 

äsest  praedestinatorum  universitas;  unter  ben  )u  jbnftan)  Derbammten  ®ä^  bed 
QvS  {inb  ed^t  ebangelifc^e,  ioie  ber  foeben  genannte.  Sa^  Sutl^er  bid  ju  biefer  ^u^erung 
über  bod  jtonjianjer  5ton)il  fortfd^,  ioar  bad  toid^tigfte,  einem  @d  l^oc^toilRommene  Sr« 
gebnid  ber  3)i^utatton:  nid^t  blo^  eine  ÜRöpIid^Ieit  bed  2lrren$  alfo,  fonbem  toirKic^e  ge« 
ioid^tige  ^trtümer  legte  er  aud^  JtonjUien  bet  unb  gioar  f})e)iell  bemjmigm  Jlongil,  toelcjied 

80  bie  9lom  gegenüber  freiere  Stic^tung  ber  latl^olifd^m  S^en^eit  borjugdtoeife  l^od^^ielt  unb 
bem  böpfttid^en  Slbfolutidmud  mtgegmfteQte. 

9[n  ein  ©tiQefte^m  ber  Setoegung,  toie  3Rilti^  gel^offt  batte,  iofire  inbeffm  bei  ber 
äludbel^nung,  ioeld^e  fte  atöbalb  getoonnen  ^atte,  auc^  bei  allem  @c^ioeigen  Sutl^  nid^t 
mel^r  ju  beulen  getoefm.  3)ie  ©d^riftm  Sutber«  toarm  in  bm  toeitejien  ilreifen  mit  einer 

86  Begier  aufgegriffen  toorbm,  bon  toeldj^er  felbft  ein  fonft  ioeit  lefeluftigere«  S^^^  W 
laum  mel^r  eine  SSorfteQung  )u  machen  Vermag.  ^nSBittmberg  ftanb  feit  1518  SRelanc^ 
t^on  neben  fiut^er.  9Son  aQen  @eitm  ftrömten  junge  unb  alte  ©tubierenbe  l^erbei,  um 
bann  bm  em))fangmm  Samen  ioeiter  ju  tragm.  @d  ioar  bad  einfache  9Bort,  toeld^ 
ioirlte ;  ber  ioeif e  j^urfürft  tl^at  bad  Sefte,  toad  er  für  badfelbe  ald  Sanbe§fürft  t^n  lornite, 

40  inbem  er,  ol^ne  Partei  ju  nehmen,  ed  einfach  gemö^rm  lie|.  Über  3)mtfc^lanb  l^inau^ 
fal^  Sutl^er  fd^on  1519  nad^  granlreid^,  Snglanb,  Stalim  feine  ©c^riftm  bringm. 

Sutl^er  ft)irb  in  jener  3rit  gefc^ilbert  al«  fräftiger  ÜRann,  aber  burc^  ©orgm  unb 
©tubierm  fel^r  abgemagert,  —  in  loiffenfdS^aftlic^er  Siebe  über  einm  groftm  Sleid^tum  Don 
©adj^en   unb  fflortm  gebietmb,  —  im  ^wfönlid^m  Serielle  freunbRc^  unb  Ioeiter.    ®ag 

46  ^äm))fen,  in  ba$  er  toiber  SOSiDen  aud  3Rebitation  unb  ftiQem  SBirIm  r;eraud  toKir  ^ineim 
geriffm  toorbm,  l^atte  nebm  frifc^er  Äraft  unb  furc^tlofer  Äü^n^eit  eine  mitunter  rücfc 
ftd^t^lofe  unb  maglod  berbe  ^eftigleit  in  i^m  ertoedt,  toelc^e  )u  bejö^mm  er  felber  fü^ 
berpfltd^tet,  aber  minber,  ald  er  ed  münfd^te,  fällig  füllte.  2)ie  lebmbige  Duelle,  toelc^ 
feinSQBort  entftrömte,  gab  bmSSorträgm  unb©d^riftm  auc^  bie  befonberd  toirifamegorm: 

60  ©))rad^e  unb  ©ebanfm  mad^en  ))on  ber  (in  bm  95  X^efm  noc^  l^errfd^enbm)  ©(^ulform 
ftd^  frei  unb  Oereiniam  in  unt)ergleic^nc^er  SBeife  bad,  ioad  bad  ti^eologifc^e,  unb  bad,  toad 
bag  einfache  j^rafttfc^-religiöfe  Sebürfnig  forbert.  —  3Son  ©c^riftm,  ioeld^e  au3  feiner  afas 
bemifc^m  3:i^ätigfeit  ^erborgingm,  faKen  ing  3al^r  1519  ber  (Heinere)  Äommentar  jum 
©olaterbrief  unb  operationes  in  psalmos. 

65  ©d^on  Inü)}ftm  fid^  für  Sutl^er  aud^  j^erfönlic^e  SSerbinbungm  au^er^alb  ^eutfc^lanb^ 
an;  er  befam  felbft  guf^bungm  au^  ^talim,  femer,  infolge  ber  £eij)jiger  2)i^utation, 
33nefe  unb  Slbgefanbte  t)on  bö^mtfc^m  Utraquiftm,  unter  toeld^m  fein  Sinfluft  fc^on  feit 
1518  toirftc  (t)gt.  (Sinbcl^,  93ö^m  unb  SKä^rm  im  3eitalter  ber  Sieformation,  I,  Oefc^. 
ber  bö^m.  Srüber,  Sb  1,  1857). 

60        ^n  ^eutfd^lanb  geriet  er  je|t,  nebm  fort^efe^ter  ^olemif  mit  ^ä,  befonbep^  auc^ 


Sttt^er  729 

mit  bem  S^reÄener  SJ^coIogen  ©rnfer  in  ©ttcit:  gucrp  au«  anla^  be«  SScrl^Itniffed,  in 
tüelc^ed  er  bevmdge  fetner  SrKärungen  bei  jener  S^i^ntotion  fxd)  )u  ben  böl^mifc^en 
Jle|}em  f elfte. 

3n  ^inftc^t  auf  bie  toeitere  Snttüidelung  feiner  fie^re  ging  e«  Sut^er,  tpie  er  felbfl 
fogt:  velim»  nolim,  cogor  in  dies  eruditior  fieri,  tot  tantisque  magistris  certa-  6 
tim  me  urgentibus  et  exercentibus.  ^n  engfter  Sejiel^ung  ju  feiner  m^ftifc^en  9(ns 
f^Kntung  bon  ber  tpai^en  aQumfaf[enben  ^ei(^emeinf^aft,  h)ie  f^e  ber  ©laubige  mit 
@^rifhtd  unb  feinen  ©ütern  unb  jugleic^  mit  S|irijli  ©emeinbe  geniest,  entfaltet  er  im 
,,©erm.  to.  b.  ^ocbtoürb.  ©afram.  b.  Seic^n.  g^rifti"  1519  (jufammengel^örig  mit  bem 
©ermon  bon  ber  ®ufte  unb  bem  bon  ber  3^fe,  —  alle  brei  ber  §erjogin  ÜRargareta  lo 
Don  Srounf^toeig  unb  Süneburg  getpibmet)  bie  Sebeutung  be«  Sibenbma^te,  beffen 
SBerl  eben  biefe  Semeinfd^^aft  fei;  auc^  aQe  feine  Snfed^tungen  lege  ber  ©laubige  auf 
bie  ©emeinbe  unb  Si^ftum  unb  nel^me  anbererfeit«  bie  Seiben  ber  ®emeinbe  mit  auf 
fic^.  3^^^ J^^^  ©emeinfd^aft,  nämlid^  unferer  SSertuanblung  in  ben  geiftlic^en  Seib, 
b.  1^.  in  bie  ©emeinfd^aft  S^fti  unb  ber  ^eiligen,  nennt  Sutl^er  bie  (bon  i^m  fo  ol^ne  t6 
alled  naivere  @inge^en  l^ier  noc^  in  ber  Iat|oItf(^en  äßeife  j^ingefteDte)  SSertoonblung  be« 
Sroted  in  ben  tüo^^ftigen  natürlichen  Seib  S^rifti;  bon  biefem  Seibe  an  \\6)  ft)ri^t  er 
nic^t  ioeiter;  S^ftu«  felbft,  fogt  er,  ^be  biefen  feinen  natürlichen  Seib  geringer  geachtet, 
aü  jenen  geifllic^en  Seib,  bie  ©emeinfc^ft  feiner  ^eiligen.  3Ran  ^t  inbeffen  bei  biefer 
3)eutung  beS  ©atramented,  bei  ber  bem  ©ermon  ganj  eigentümlichen  bloßen  $ert)or^ebung  ao 
ber  geiftlid^en  communio  überl^au))t,  bie  ^ier  Dorliegenbe  befonbere  SSeranlaffung  )u  be« 
achten:  bie  toal^e,  burc^  ©alrament  bebeutete  ©emeinfd^ft  foH  ben  lat^olifd^en  Srüber» 
fc^en  entgegengefe^t  toerben.  ©onft  bflegt  Sutl^er  fc^on  bamald  bom  iSbenbmal^l,  gemä^ 
ben  Sinfe^ung^Stoorten,  ju  fagen:  S^ftu«  l^abe  barin  Vergebung  ber  ©ünben  befcpieben, 
unb  toeiter^in  legt  er  bte  ©runbbebeutung  be«  älbenbma^ld  eben  in  biefe  S^teilung  ber  26 
Sergebuna.  —  Sefonberd  ioic^tig  für  ben  ioeiteren  Jtam))f  gegen  Stom  ift  au$  ber  in  ben 
@ingang  oed  ©ermond  gefteDte  ©a$,  ed  foDte  burc^  ein  Itonjil  ber  @enu^  be«  älbenb« 
mal^ld  unter  beiben  ©eftolten  ioieber  l^gefteDt  toerben,  toietool^l  Sutl^er  bie«  nic^t  ald 
fdrmlic^  bon  S^ffat«  geboten  anfa^.  —  ©d^on  toirb  i^m  femer  bie  römifc^e  Sel^  bon 
fteben  ©alramenten,  ba  ju  einem  fold^en  bod^  au^rüdHid^e  ^öttlid^e  SSer^eii^ung  a:forbert  ao 
toerbe,  )u  einer  fabulatio  (9r.  18. 3)e).  1519).  2)er  (»riefterltd^  ordo  1^  für  i^n  neben 
bem  burd^  bie  ©Arift  gelegen  allgemeinen  ^rieftertum  leinen  ©inn  me^r:  ioad  il^m 
Sigentümlic^ed  bleibe,  fei  blo^  Seremoniale«  (ebenb.).  ®er  ganje  ©lauben  an«  f^feuer 
ip  i^m  ^ik^ji  unftd^er,  nac^bem  er  ^d^on  in  bem  „Unterr.  auf  etl.  Srt."  (f.  o.)  nic^t«  me^r 
über  bie  Sebeutung  bedfelben  gu  beftimmen  getoagt  l^atte.  —  Sie  lutl^fc^e  ©runblel^re  86 
bon  ber  Jtirc^e  felbft,  burc^au«  rul^enb  auf  ber  nur  burd(f  Den  ®lauben  bebingten  un* 
mittelbaren  9e»el^ung  lu  bem  in  SBort  unb  ©alramenten  ftdb  barbietenben  Sl^riftu«,  fteEt 
ftc^  fc^on  reif  bar  in  ber  Entgegnung  gegen  einen  3lngrifjf  oe«  ^anji^faner«  SUbelb  ju 
2etJ)jig  („SBon  bem  5Pat)fttumju  SRom",  3uni  1520):  ber  äußerlichen  ßi^ftenl^eit  mit 
bem  geiftlidben  9led^te  unb  ben  Prälaten  toirb  al«  bie  einzig  toal^e,  aDein  bon  ber  ©d(^ft  lo 
onerfannte  Kirche  bie  ©emeinbe  ber  ©laubigen  entgegengefe^t,  toelc^e  nic^t  gefeiten,  fonbem 
jegloubt  ioerbe,  auc^  ber  äußerlid^en  römifc^en  Sinigleit  nic^t  bebürfe,  ioeld^  ober  bod^ 
elbft  auc^  il^re  äußeren  3^^^  i^^^f  nämlid^  3:aufe,  ©afcament  unb  ©bangelium.  — 
Bom  ftttltc^en  Seben,  ba«  mi  bem  ©lauben  fließen  unb  bie  toa^r^ften  ®otte«gebote  in 
Siebe  )u  ben  9läc^{ten  erfüllen  muß,  ^anbelte  er  befonber«  in  bem  großen  ,,©ermon  bon  «6 
guten  Sßerlen"  ®rül^ja^r  1520).  SSon  guten  SSJerfen  unb  SBerlen  fonberlic^er  ©eiligleit 
im  latl^olifd^en  ©inne  tann  für  i^n  niAt  me^r  bie  9lebe  fein;  toa^rl^aft  gut  ift  auöf  ba« 
SBirlen  ber  ©laubigen  in  jebem  meltlid^en,  bon  ©ott  berorbneten  93eruf.  Sie  äußerlichen 
©o^ngen  ber  itirc^e  binben  fie  nid^t,  fte  foDen  fid^  aber  ju  ben  il^rer  noc^  bebürfenben 
Unloürbigen  ^erablaffen.  60 

©eit  ber  Seityjiger  Si«^utation  fanb  Sutl^er  auc^  Xeilnal^me  unb  ©enof[enf^ft  unter 
^umanijten,  bie  anfänglich  in  feinen  Jtämj^fen  nur  ©treitigleiten  bon  SRönc^en  unb  ©d^uU 
Geologen  gefeiten  l^atten.  —  äßid^tig  tourbe  hierfür  bie  innige  ©emeinfd^ft  be«  unter  i^nen 
fd^ion  poc^angefe^enen,  je^t  gan^  bon  feiner  2;l^eologie  burc^brungenen  jungen  ^umaniften 
3Jlelanc^t$on  mit  il^.  —  auf  SRelanc^tl^on«  anbringen  toanbte  Sutl^er  felbft  pc^  mit  66 
einem  Srief  an  SReudj^lin  unb  brüdfte  in«befonbere  bem  SKeifter  @ra«mu«  fc^on  in  einem 
©(^reiben  bom  28.  SKärj  1519  feine  §oc^ac^tung  au«.  —  3e§t  fud^te  namentlich  ber  für 
bie  ^maniftifc^en  gntereffcn  unb  gegen  bie  ginfterlinge  umtriebig  tl^ätige  ßrotu«,  im 
^l^ja^e  1520  bon  einem  9luf enthalte  in  ^talm  jurüdtgete^rt,  SSerbinbung  mit  Sut^er. 

97lit  Srotu«  toar  in  gleid(;er  ©efmnung  unb  gleid^em  ©treben  Ulricp  bon  ^utten  eo 


730  Sttt^er 

toerbunben,  unb  burd^  biefen  nur  mit  feinem  9Borte  unb  feiner  0eber  Ir&ftigen  Stitter  louxbe 
ber  burd^f  ^ieg^tüc^tigleit  unb  Seft^tümer  fiorle  ^xani  Don  @tdingen  angefeuert  Die 
Jtrift^  in  toeld^e  bie  bamalige  SnttDiaelung  ber  Steic^erfaffung  unb  (onbedpenlic^  @t» 
taxxlt  ben  beutfc^en  älbel  brachte,  trug  baju  bei,  benfelben  über|au))t  and)  für  bie  finj^^ 

5  liefen  93eti>egungen  leichter  erregbar  ju  machen.  —  @^  tourbe  für  Su^  fel^  ftaglid^,  ob 
er,  toemt  ber  löngft  brol^enbe  Sann  über  il^n  au^^pxod^m  fei,  nixp  länger  toerbe  in 
©ac^fen  t)erbleiben  lönnen.  @d  mar  bie  9{ebe  Don  einer  ^luc^t  nac^  Sö^men.  2le^  luben 
il^n  ©idingen  unb  bann  aud^  Stitter  Silbefter  \)on  @d^auenburg  auf  il^re  Seft^ungen  unb 
unter  il^ren  @d^u$  ein.    ^utten  trug  fid^  mit  lül^nen  ©ebanlen  Don  einer  @rbebung  bed 

10  beutfc^en  ä(beld  unb  Befreiung  Deutfc^Ianbd  burc^  fie  t)on  ber  römifd^en  Xi^ronnel 

3n  biefer  Sage  Iie|  Sutl^er  bie  ®(^rift  „ä(n  ben  c^riftlic^en  9(bel  beutf(^er  Station'' 
erfc^einen  (9(nfana  9luguftd  1520).  9luf  feine  ©runblel^ren  fic^  ftü^enb,  befiel^lt  er  ^ier 
iai  bon  @ott  geforberte,  bom  $a))ft  unb  Jllerud  aber  gurüdCgetoiefene  Sffierl  bor  9teformas 
tion  ben  Saien  an:  benn  $riefter,  geiftlic^en  @tanbed,  fmb  fte  alle,  jd^on  bermdae  i^ 

15  ^ufe,  ioenngleic^  bie  Übung  eined  öffentlichen  Slmted  innerl^alb  btefer  ©emeinSe  Don 
lauter  ^rieftem  nic^t  allen,  fonbem  nur  ben  bon  ber  ©emeinbe  Beauftragten  giemt.  @o 
foE  benn  (Dgl.  aud^  fc^on  im  @erm.  \>,  b.  g.  äSerlen)  ba)u  t^un,  loer  am  erften  lonn, 
ald  ein  treu  ®lieb  be§  gangen  j{5t)>er^,  bamit  ein  rec^t,  frei  Jlomil  )u  ^erfteüung  too^ 
9lef orm  gu  ftanbe  lomme ;  ed  Dermaa  bie^  aber  niemanb  fo  ioo^l  afe  bie  todäxqt  Obrig« 

ao  feit  9lfö  beftimmte  ©egenftcütbe,  auf  toelc^e  bie  reformatorif(^e  Xl^gleit  fid^  richten  fou, 
nennt  Sut^er  ^ier,  too  er  gumeift  )ur  toeltlic^en  Obrigleit  \pxx(i)i,  niqi  bie  Don  i^m  an* 
gefo(^tenen  2el^r))un!te  felbft,  fonbem  Krc^Iidfe  3Ri^bröud^e,  bergleid^en  bid  ba|^  häufig 
aad)  fc^on  auf  ben  Steid^tagen  jur  ©pxaqt  gelommen  toaren,  unb  be^nt  feine  S^tb^ 
rungen  gugleic^  auf  bad  gefamte  Gebiet  öffentlid^er  @ittltdbleit  aud  —  )u  gefamter  „l3effe* 

26  rung  be^  ^rtftlic^en  6tanbe§'' :  üRinberung  ber  ^aÜ^l  ber  5tarbindle  unb  ber  Xnf orberungen 
be§  t)ät)ftli^en  ßof e«,  älbfd^ffung  ber  Ännaten  u.  f .  to. ;  —  änerlennung  ber  ©etfeftpän* 
bigleit  ber  toeltltd^en  ®etoalt  unb  älu^fd^^Iu^  toeltlid^er  3Ra(^tanf))rüdbe,  fo  3.  9.  aud^  bed 
9[nf))ruc^ed  auf  ben  Ttpfc^en  Jtönigdtitel,  an^  ber  ^af^ftgetoalt;  SCbt^un  bed  gnterbiftd, 
bed  mit  bem  Sänne  getriebenen  SRi^rauc^ed,  ber  Derberblid^en  SCBallfa^rten,  bä  Unfugd 

80  ber  Settelorben,  ber  nur  ju  Unfug  fü^renben  Dielen  f^ertage  u.  f.  to. ;  —  Sinfc^reiten 
gegen  ^auen^öufer,  Settel,  £up«;  —  SReform  ber  UniDerfttöten;  —  befonbet«  toic^: 
^reil^eit  be«  Don  (Sott  felbft  freigegebenen  ©l^eftanbe«  für  ben  Äleru«,  unb :  SBäieberDereini* 
gung  mit  ben  Sö^men,  unter  bem  3ugeftänbnid,  ba^  $ud,  toenn  audf  ein  Ae|er,  boA 
mit  Unrec^ft  Derbrannt  toorben  fei  —  toobei  fiut^er,  mit  85ejug  auf  bie  „^ifarben",  au(9 

86nod^  bie  Se^au))tung  beifügt:  nid^t  bie  ti^omiftifc^e  unb  ))ö))ftli(^e  SeiS^re  Don  ber  Xrand* 
fubftantiation,  fonbem  nur  bie  toa^re ©egentoart  bed  natürlic^m Seibed S^rifti  im  no« 
türlic^m  Srote  felbft  fei  ©egmftanb  be«  (Stauben«  (in  ber  3Serh)erfung  ber  2:randfubfian* 
tiation  toar  ^DlelandS^t^on  fd^on  Dorangegangen).  —  ®«  ift  falfc^,  toenn  man  b^^axtpttt, 
fiutl^er  ^abe  in  biefer  ©d^rift  unorbentli^  bie  (Semeinbe  ate  eine  blofee  SKenge  unter  fü^ 

40  gleid^er  Sl^riftm  gum  ®infc^reitm  l^erau^gef orbert ;  er  forbert  fie  Dielme^r  al^  eine  unter 
Dbrigteitm  georbnete  Wmge  unb  gunäc^ft  in  i^rem  Flamen  eben  bie  Obrigleit  felbft  auf, 
unb  legt  l^iermit  ber  Dbrigfett  biejmige  Sefugni«  unb  ^flic^t  bei,  Don  toel^^er  bann  toirfc 
lid^  bie  eDangelifd^en  ^rften  auiSgingm;  nur  ftel^t  er  bei  ber  aQgemeinm  Stbleitung  bed 
getftlid^m  Staubet  ber  S^riften  au^  ber  2:aufe  baDon  ab,  ba^  (mie  er  fonft  felber  te^), 

46  Diele  nac^l^er  t^atföd^lic^  biefm  geiftlid^en  Sl^aralter  ioieber  Derfd(;er}en.  9leu|ere  (Setoalt 
einzelner,  gerabe  aud^  einzelner  älbeliger,  Dertoarf  er  fd(;on  bamal«  entfc^iebm. 

$au))t))unlte  ber  $oIemi!  ^tnftc^tli^  ber  (Slaubm^Iel^re  ftellt  bann  bie  Schrift  De 
captiv.  Babylon,  (b.  l},  Don  ber  captiv.  unter  bem  ^apate)  auf,  —  befonber«  ^in» 
fidftlic^  ber  fiel^re  Don  ben  ©aframentm.    ^n  betreff  be«  äbenbma^Ö:  gegm  bie  3^ran^ 

60  fubftantiation ;  gegen  ba«  aJlefeojjfer  (SQBefm  be«  ©aframmtg  Dielme^r  in  bem  35erl^^ung«« 
toorte:  ;,effet  —  —  gur  aSergebung  ber  ©ünbe");  gugleic^  unb  in^efonbere  gegm  bie 
Äeldfrmtgie^ung  (über  ba^  aJleftojjfer  femer:  „©ermon  Dom  %  lefi,  b.  i.  Don  ber  ^ 
SReffe").  aSon  bera:aufe:  ^Rechtfertigung  burc^  fie  blo^  too  geglaubt  h)irb;  forttoo^enbe« 
Segrünbetfein  beö  ^eileö  in  i^r  and)  für  ]pättx  (SefaDene,  —  tm  ®egmfa|  gur  äReinung, 

66  btef c  muffen,  bc«  ©d^iffeS  Derluftig,  nac^  ber  Su^e  öl«  einem  93rette  greifm ;  gegm  falfc$e 
SBertfc^ä^ung  ber  (Selübbe  mit  ä3er!ennung  be«  eimigm  SBerte«  ber  ^ufe:  ime  toürben 
am  beftm  gang  unterbleiben.  iBon  ber  Su^e:  i^r  SßJejm  (Dgl.  fc^on  bisher)  in  bem,  bem 
©lauben  bargebotmm  SSerbeifeungiSloorte.  3lte  ©alrammte  lönnm  nur  biefe  brei,  fcaft 
be«  für  fie  gegebenen  SSerl^eifeung^toorted,  anerlannt  toerbm,  unb  in  ftrmgem  ©inne  bloS 

60  ^ufe  unb  ^benbma^l,  fofem  nur  bei  ii^nm  auc^  ein  institutum  divimtus  Signum 


Silber  731 

^ttfmbe.  Sei  ber  SSertoerfung  Ded  ©olramentö  ber  £)Iung  jugletc^  freiere  älu^enmg 
(fegen  eine  @(^ft  be^felben  fionond,  auf  toeU^^en  fiut^er  fonft  cdi  auf  bie  einjig  ftd^ 
DueDe  ber  SCBo^r^eit  ftc^  beruft,  —  gegen  ben  ^alobudbrief  (non  esse  apostoli  Jac. 
nee  apostolico  spiritu  dignam,  multi  valde  probabiliter  asserunt). 

3)en  ))ofUit)en  SJKttel^untt  ber  ^eildlel^re  unb  bed  $ette(eBend  f a^t  enblic^  bie  Sdjfo^  6 
,,Son  ber^eü^eit  eined  Sl^riftenmenfc^en  (lateinifc^  unb  beutf(|(;)  uifammen:  boQIommened 
Sindtperben  mit  S^rifto,  in  toelc^em  h)ir  fromm,  geredet,  feiig  {tnb,  mittele  bed  9BorteS 
bunl^  ben  ®[auben;  l^iemac^  bann  @teQung  beS  S^riften  in  ber  irbifc^enSSelt:  einerfettd 
gfrei^eit  bedfelben  aU  eined  über  aQed  ^u^ere  gefteOten  fidnigd  unb  ^riefterd,  —  anberer^ 
feitd  DoDIommene  Eingebung  in  Siebe  gegen  ben  !Räcbften,  unb  itoax,  bermdge  eben  jener  lo 
%reibeit,  ouc^  unter  bie  äußeren  @a|ungen,  h)o  bie  Stücffid^t  auf  @d^h)ä(^e  ed  erforbert 
w  fteQt  biefe  Schrift  bie  Sereinigung  ber  tiefften  äJl^füI  mit  ber  reformatorifc^en  ®runb« 
lel^,  unb  bie  SSereinigung  ber  ))oDften  unb  ftc^erften  93e]^)9tung  biefer  Sei^  mit  ber 
in  i^r  felbft  begrünbeten  rü(fft(^tdt)oIIen  ^ilbe  in  ^infic^t  auf  ))raltif(^e  Surc^fül^ng 
i^er  reformatorifd^^en  ftonfequenjen  bar.  —  3Ran  lann  biefe  Schriften  ald  bie  brei  refor*  i6 
motimfd^en  ^au))tfc^riften  Sut^erd  bejeid^en. 

Sut^er  fc^icfte  bad  Süc^Iein  de  libertate  Christ,  im  Oltober  1520  felbfl  nodf,  auf 
3RiUi$'  älnbringen,  bem  topfte  }u;  ftatt  freiließ  92a(^giebigleit  hoffen  )u  laffen,  fügte  er 
feiner  bidl^erigen  Berufung  auf  bie  ^I.  ©d^rift  je^t  audbrüdflic^  auc^  bie  toic^tige  Srllärung 
oei:  leges  interpretandi  verbum  Dei  non  patior;  nur  bad  berfu^erte  ^ut^er  aucp  ao 
in  feinem  legten  ä9riefe  an  ben  ^apft,  bag  er  i^m  unb  feinem  Stuhle  immer  bod  93efte 
getiHtnfc^t  l^obe.  —  ^^^^  ^^^^  ^^  \^^^  ^^  9(ugufl  gehört,  bag  @d  mit  einer  pci:p^ 
lic^  SonnbuQe  in  ^ei|en  angelommen  fei;  enblid^;  toar  fie  toirKid^  am  21.  @e))tember 
bort  bon  bemfeOben  angefd(;lagen  toorben.  2)ad  Schreiben  fiutl^  an  ben  $a))ft,  bad  er 
auf  ben  6.  @e))tember  jurüdEbatiert  l^atte,  tonnte  nic^t  mel^  )ur  ^erftedung  bed  gebend  as 
bienen,  ber  burc^  bie  SuQe  an  ftcb,  tpeil  fte  erft  nac^  120  2:agen  jtraft  erlangen  foDte, 
noc^  nic^t  unmöglid^  gemad^t  getoefen  ioäre.  3)iefem  Ie£^  Schritte  fiutl^erd  jum  ^eben 
folgte  bann  fc^on  am  12.  ^ejember  bie  offenfte,  tedtfte  Srllärung  bed  itam))fe^,  bie  feier« 
(id^e  Verbrennung  ber  93ulle  unb  ber  ))ä))ftli(^en  D^etalen  )u  Wittenberg  (barauf  eine 
6d|^ft :  „SEBarum  bed  ^apfted  unb  feiner  jünger  Süc^  Derbrannt  fmb'' ;  femer  )ur  ao 
Sled^tfertigung  ber  bon  berSBuKe  t)erbammten@^e:  „Assertio  omnium  articul.  etc.'', 
,,®nmb  unb  Urfac^  atter  ärtilel  ic"). 

Suti^  älrt  mar  ed,  einfach  fo,  toie  bie  SBal^^l^eit  forberte,  im  ftam))fe  boronjugei^ 
mit  ber  bloßen  Jtraft  bed  3Borted.  $ö^ere  ^gung  lenlte  aud^  bie  öu^eren  Serl^ältniffe 
0,  ba|  bod  Sinfd^reiten  äu|erer  ©etoalt  gegen  i^n  forth>al^renb  gel^emmt  tourbe:  f o  am  86 
önglul  burc^  Slüdftc^ten,  bie  ber  ^opft  auf  flurfürft  ^ebric^  )u  nehmen  ^e ;  fo  bann 
toeiter^in  baburc^,  ba^  ber  neue  Jtaifer  in  Slnbetrac^t  ber  i)outifd^en  Stellung,  bie  ber 
^ßot>fl  i^ni  gegenüber  einnahm,  unb  ber  Stimmung  unter  ben  9ieid^ftänben,  bie  löngft 
eine  SRenge  firc^Iic^er  Sefd(;ioerben  )ufammengelSläuft  litten,  ed  nic^t  xäüxöf  finben  tonnte, 
bem  $|a^fte  ol^e  loeitered  feinen  9lrm  gegen  ben  großen  ®egner  )u  lei^,  unb  aud^  40 
f^erl^,  tüenn  er  burd^greifenb  gegen  biefen  ein^ufc^reiten  geneigt  toar,  bod^  burc^  ))oIi* 
ttf(^e  91üdtftd(|ten  unb  ©(pioierigleiten  fic^  immer  toieber  gebunben  füllte. 

3ladf  ben  ®runbfä|en  ber  ))ä))ft(id^en  Jtirc^e  mar  bad  le^te  Urteil  über  £ut^  mit 
bem  Sänne  au^ef))ro(^en.  2)er  ))öt)ftli(^e  £egat  Sleanber  aber  mu^te  fid^  gefallen  laffen, 
bo^  berfelbe,  toie  ed  bie  Slei^ftönbe  begebrten,  erft  unter  freiem  ®eleit  bor  biefe  nac^  46 
SBormd  geloben  tourbe.  Sut^er  ^atte,  fo  umge  hierüber  ))erl^anbelt  tourbe,  bad  @rgebnid 
mit  Stube  ertoartet;  einer  33orlabung  bed  fiaiferd  tooUte  er  getroft  folgen  aU  einem  gött« 
lid&en  Stufe;  inbeffen  toar  er  befc^äptigt  mit  heftigen  ©treitf duften  gegen  ®mfer,  mit  einer 
Streitfd^  gegen  ben  ^ominilaner  ^mbrofmd  Sat^arinud,  ioeld(;e  namentlid^  bur^  neue 
Darlegung  bed  pegen  9(toelb  t)orgetragenen  Segriffd  ber  Sxx<fy^  für  ux\§  bon  SQiert  ift,  mit  60 
ber  älrbeit  an  emer  ^oftille  u.  a.;  fein  fe^lid^er  t>erfönli(^er  3Bunfd^  toäre  getoefen,  ben 
Jtam})fedtmrren  entnommen  bei  feinen  (Stubien  bleiben  ;(u  bürfen.  Slac^  äßormd  )ielSienb, 
f^t  er  ft(^  ben  Pforten  ber  $ölle  gegenüber  auf  bad  äSertrauen,  ba|  S^riftud  lebe.  3)ie 
Stimmung,  in  toeldj^er  er  bie  iRei(^ftänbe  traf,  tonnte  einem  Äämj)fer  für  Sieform  ber 
ftird^  günftig  erfc^einen,  faQd  ein  Solcher  bad,  toogegen  jene  Stimmung  junäc^ft  fic^  66 
ric^e,  auc^  mx  $au))tfa(^e,  ober  menigften^,  jener  ftd|;  anbequemenb,  einftmeilen  ju  feinem 
Xudgong^unne  machen  moDte;  gegen  bte  toeltlid^en  Eingriffe  bed  römifd^en  Stu^led  nämlic^ 
tooren  bort  Sefc^toerben  aufgeftellt  toorben,  meiere  mit  Sä^en  ber  Sd^rift  an  ben  beutfc^en 
S&el  )ufammentrafen,  unb  toirtlid^  meinten  Die  Staube,  m  Setreff  ber  Slngriffe  ^ut^erd 
ouf  bod  äußere  Jlirc^entum  foOe  man  jebenfall^  glim^flic^  mit  i^m  berfo^ren,  nur  im  qj 


l: 


732  Sttt^er 

%oüt  (ej^orrltd^en  9Btber{})rud^  gegen  bte  j^ergebrac^te  ®lau6end(el^  tooOten  fte  einer 
Sb^tderllänuig  gegen  il^n  betfKmmen.  Sei  Sutl^er  ober  rü^  fid^  n\d^  ein  ®ä)ante 
boron,  ob  er  gunt  3^^  ^ner  jbalition  ouc^  nur  einen  ©d^ritt  loeit  Don  bem,  tood  i^m 
Don  toom^erein  bie  eigentlid^e  Sebendfrage  getoefen  toax,   jurüdtDcidben  biirfte;   er  (e^ 

6  auc^  eine  @inlabung,  t)orl^er  ju  einer  Unterrebung  mit  bem  faiferlicpen  Seid^ttHiter  ®Iat>io 

auf  bie  na^e  bei  SBormd  gelegene  Surg  Sidingend,  @bemburg,  gu  lommen,  o^e  toeitered  ob. 

9(m  16. 9l))rU  in  SBormd  eingetronen,  h)urbe  er  gleich  am  folgenben  Xage  bem  Stei^^dtag 

borgefü^  unb  l^ier  einfach  befragt,  ob  er  )u  feinen  Schriften,  bte  il^m  Dorgebgt  unb  beren 

%itA  ))orgeIefen  tourben,  fU^  betenne  unb  i^ren  ^^l^alt  toiberrufe  ober  borauf  beharre; 

10  Ser^anblungen  über  ber  Slic^tigleit  biefed  S^altd  foEten,  ioie  ber  Jtoifer  bem  SOeonber 
jugefagt  l^e,  gonj  au^efc^Ioffen  fein.  StUl^er,  o^ne  3^^^^  ^urc^  bi^^  Serfol^ren  über« 
vaUt,  erbat  ftc^  noc^  3^  )u^  Überlegung  unb  er^elt  fte  bid  )um  anbem  ^^og.  9(m 
Slbenb  bed  18.  9())rtl  iourbe  burd^  ^ol^.  b.  (Sä,  ben  C^ixal  bed  fturfftrfien  Don  Xrier, 
bie  {^age  noc^  beftimmter  fo  an  i|n  gefteKt :  ob  er  feine  Sudler  alle  berteibigen  ober 

16  Qt\oa^  toiberrufen  ioolle.  @r  antwortete  in  einem  tool^I  überlegten  SSorttag,  ben  er  noc^^er 
auc^  @))alatin  ^anbfd^riftlic^  gab  unb  ber  fo  gebrucft  tourbe  —  erft  (atetnif(^,  baim  oiu^ 
beutfc^.  @r  unterfd^ieb  barin  )ioif(^en  brei  älrten  feiner  Sucher:  ^  feien  baruntec  folc^ 
über  ®(auben  unb  Seben,  bie  aui^  bon  @egnem  für  unfd^blic^,  ja  nü^id^  onerlannt 
ioürben;  anbere  ^abe  er  gegen  }m))tftif(^e,  für  Seele  unb  Seib  berberblid^e  Sokungen  unb 

ao  Snma^ungen  geruhtet  unb  Don  biefen  lömte  er  92i(^t$  jurüdne^men,  toie  ja  üoer  Sob^ 
aud^  allgemein  in  ber  Sl^riftenl^eit  gdSagt  toerbe :  fürd  3)ritte  ^e  er  gefc^rieben  gegen 
einjelne  ^erfonen  ald  a3orIäm))fer  jener  UntoaJ^^rpeit  unb  S^rannei,  unD  gegen  fie  mBge 
er  too^I  in  ber  Bpxad)^  ju  ^eflig  geioorben  fein,  lönne  aber  in  ber  ©odpe  oud^  9{i(^td 
toiberrufen.    2)0^  toarte  unb  bitte  er  nod^  ci&  fc^hmc^e  Jtreotur,  bag  man  3<ugnid  g^en 

26  i^  vorbringe,  i^n  mit  ))ro))l^etif(^en  unb  eDangelifc^en  @d^ften  übertoinben  möge.  Ituf 
biefe  Snttoort  l^in  l^ielt  i^m  ber  Offi)ial  nac^  iESeifung  bed  jlaiferd  f(^  bor,  bog  er 
für  bie  Selben,  bie  er  toiberrufen  mü^e,  gar  ntd^t  erft  eine  SBiberlegtmg  bur($  @($rifts 
grünbe  )u  ertoarten,  fonbem  fte  fd^on  auf  ®runb  früherer,  gegen  gleichartige  5te|ereien 
gerichteter  Sntfc^eibungen  ber  jtirc^e  unb  namentlid^  beS  Jtonftanp  Itongifö  für  bertoerflic^ 

80  m  ertennen  ^abe.  3)arüber  entftanb  nun  nod(;  eine  erregte  lurje  ^AaUt  gtoifc^  bem  Dfftjiol, 
ber  Don  i^  toenigfteniS  nod(;  bie  Unterwerfung  unter  bad  itonjil  ju  erreid^  firebte,  unb 
i^m,  ber  Dielmel^r  auf  feiner  Dorigen  ©rllörung  beftanb,  bi«  ber  Jlaifer  SKc^td  Weiter 
l^ören  WoEte  unb  bie  SSerfammelten  in  einer  Unruhe,  Welche  bie  9lebner  unDerftönbltc^ 
machte,  fic^  )um  Slufbruc^  erl^oben.    Streitig  aber  ftnb  ^ier  bie  berül^mten  le|ten  ffiorte 

86£utl^erd  Dor  bem  Steic^dtag  il^em  genauen  äBortlaut  nac^.  Sutl^er  l^at  o^ne  Rttm^ü 
felbft  jener  Don  il^m  niebergefc^riebene  $au))trebe  aud^  nod^  eine  lurje  Sngabe  (in  Der  er 
Don  fui^  in  ber  erften  $erfon  rebet)  über  bad,  Wad  er  bann  Weiter  noc^  bem  Offtjial  e^ 
Wibert  l^abe,  beigefügt;  e^  ftnb  bied  bie  betannten  SBorte:  Nisi  <K)iivictu8  fuero  testi- 
moniis  scripturarum  aut  ratione  evidente  .  .  .  victus  sum  scripturis  a  me  adductis 

40  captaque  est  (K)n8cientia  in  verbis  Del,  revoc^are  neque  possum  neque  volo  quid- 
quam,  cum  contra  conscientiam  agere  neque  tutum  sit  neque  integrum,  unb 
^ierju  alö  ©c^IufeWort  „®ott  l^elf  mir  3lmen"  (Dgl.  bie  Don  ©Jjalatin  gefc^riebene  S^ 
^®m  1894, 156,  Sasa  7, 877).  geboc^  in  einem  bei  ©runenberg  in  ffiittenberg  (1521) 
erfc^ienenen  lateinifd^en  unb  ebettfo  in  einem  ebenba  felbft  erfc^ienenen,  offenbar  rec^t  eilig 

46  ^ergefteDten  beutfc^en  ^rudt  lautet  icS  @c^lugWort  DoDftänbiger :  „^c^  tann  nic^t  anber^  ^ier 
fte^e  tc^,  ®ott  ^elf  mir"  (fflä  7,  838 ;  D.  2)ommer,  2.  3)rudte  au«  ber  Hamburg.  ©tabtbibL 
1888  6.  115  f.  3Ä®  9,613):  unb  biefe«  gange  ©c^luftWort  ift,  nur  mit  UmlicBung  ber 
SBorte  „ic^  fann  u.  f.  W."  uno  „^ier  fte^e  ic^",  auc^  in  ben  Don  Sut^er«  greunben  1546 
l^erau«gcgebcnen  unb  nod^  gu  feinen  Sebgeiten  Dorbereiteten  2.  latein.  S3anb  feiner  SBerle 

60  (oben  S.  720, 49)  übergegangen.  3)ie  ©d^t^eit  biefer  Weiteren  3Borte  jle^t  l^iemac^  nic^t  fo 
feft,  wie  Wenn  Wir  Wüßten,  bafe  auc^  jte  Don  feiner  eigenen  $anb  aufgejeid^net  feien, 
älber  ®rünbe  gegen  fte  liegen  boc^  teineSWeg«  Dor,  benn  Sutl^er  f^at  jene  Wettere  ätebe, 
Wie  wir  bemerken,  auc^  fonft  nur  gam  tur}  Wiebergegeben  unb  lann  bie«  DoEenb«  mit 
jenen  SBorten  getrau  ^aben,  bie  fa^licp  nid^t«  93ebeutfame«  enthielten,  fonbem  mir  einen 

66  aiu«brud  feine«  Slffette«  unb  ®emüte«,  Wö^renb  Don  biefem  für  feine  fiefer  jebe«  3Bort 
SBert  l^atte.  äluc^  Weift  bie  SBiebergabe  ber  Schlußworte  in  einem  äug«burger  3)ru(I 
Dom  Sa^re  1521  (3Ba  7,864,  877,  631  64,383)  iebenfaU«  barauf  ^in,  baß  2ut^  ein 
SBort  im  Sinne  be«  „^ier  fte^e  id6>"  beigefügt  ^t;  bort  nämlic^  fcwt  2ut^:  „®ott 
lomm  mir  ju  ßilf,  Slmeji,  ba  bin  ic^."    Uebrigen«  fönnte  ber  3lu«bruc^  „lomm  mir  ju 

60  ^ilf ",  ber  Dor  vlDem  in  einem  53eric^t  be«  3lug«burger  ©efanbten  ^euttnger  erfc^eint,  e« 


Silber  733 

\xa^lxd)  mod^en,  ob  ntc^t  biefer  9(u^ni(I  i^ermdge  fetner  properen  Stgentümlid^Ieit  ber  ur^ 
ft^ünglid^  getoefen  fein  unb  Sut^er  bann  bafür  beim  92teb^(^reiben  ben  getDöl^nlid^eren 
„®oü  l^f  mir"  gefegt  ^oben  fönnte.  —  SSgl.  )u  Sut^er  t)or  bem  Sleic^^tag  befonber« 
a33(  7, 814  ff.  Sieid^tag^Iten  jung.  Steige  II,  1896,  Srieger,  äUeanber  u.  £.  1884 ; 
Adloff,  bte  2)e))ef(i^  bed  9lunt.  aieonber  2  1897,  MIoff,  Sriefe,  2)et)ef(^en  unb  Seric^te  6 
über  £.  1898.  ^au^rati;^,  ätleanber  unb  £.  1897  (bagu  Itolloff  in  btfdS;.  Siter.  3tg. 
19, 233  ff.,  m.  2zf)mam  ^tad^ric^ten  \).  b.  tgl.  ©fQfc^.  ber  äBiffenfdS;.  in  ©öttingen  pf)rl. 
^fL  6.  S.  1899  91.  2) ;  über  fene  legten  äßorte  £.d  bgl.  bon  mir:  Höfttin,  £.d  9{ebe  in 
SBäcnfm«  1874,  2^©tÄ  1875,  129  ff.,  $erb^  beutfc^.  £U.  »lott  1881  ©.  117  f. 

3lad^f^tK  tourben  noc^  burc^  eine  Jtommiffton  unter  bem  @rjbif(i(;of  bon  Xrier  Der^  lo 

g')Iid^e  Serfud^e  mit  £utl^er  gemacht:  entfd^etbenb  toax  fein  äSer^orren  auf  einem  t)om 
n)il  Derbammten  @a$e  —  bem  auc^  in  fic^  fo  bebeutungdboDen  bon  ber  Ecclesia 
universalis  quae  est  numerus  praedestinatorum;  ald  ber  fiurfürft  t)on  Sranbenburg 
fragte,  ob  er  erllärt  l^abe,  nid(;t  meieren  ju  iooDen,  er  fei  benn  burc^  bie  Schrift  überführt, 
antwortete  er :  ^a  —  vel  rationibus  clarissimis  et  evidentibus.  ^n  oQer  Strenge  i6 
erfolgte  enblic^  am  25.  Tlai  bie  3((i(;t^erf(ärung  gegen  il^n;  bie  nötigen  Unterfc^riften  ber 
@täi&e,  bie  freilid^  et)entueQ  il^re  ßuftimmung  fc^on  bor^er  jugefagt  Ratten,  toaren  ie^t 
bod^  nic^t  o^ne  £ift  unb  Überrafc^ung  (t)gl.  vlaxdt)  gewonnen  toorben.  £ut]^er  aber,  am 
26.  bon  äßormd  abgereift,  tourbe  na^  einer  bon  feinem  Jlurfürften  getroffenen,  l^eimlic^en, 
i^m  felbft  j[ebo(^  nic^t  unbetannt  gebliebenen  SÜeranftaltung  tmtertoegd  aufgehoben  unb  auf  ao 
bie  SBortburg  gebraut;  t)öDige  SSerborgen^eit  foDte  il^n  gegen  eine  SSoDgiel^ung  ber  9U^t 
f(^ü^en;  er  lebte  bort  ald  ^unler  ®eorg. 

Sutl^erd  9(uf enti^alt  auf  ber  SSartburg  fü^rt  )um  jtoeiten  9(bf d(;nitt  feinet  reformatorifc^en 
SBiirlend  ^über;  man  tann  biefen  be^eic^nen  ald  bie  3^^  ^^  ))ofitiben  aufbauend  — 
b^  aufbauend  ntc^t  bIo|  im  Unterfc^tebe  bom  @inreiften,  fonbem  auc^  im  Unterfc^iebe  as 
Don  bem  fd^on  erfolgten  £egen  ber  toefentlid^en  ©runblage,  auf  toelc^er  ber  Slufbau  rul^en 
foOte;  )uglei(^  trat  mit  bem  aufbauen  ein  ^äm})fen  neuer  9(rt  ein,  nämlid(;  gegen  ®oId(;e, 
toelc^,  angeblich  bon  berfelben  urf))rünglid(;en  ebangelifc^en  ©runblage  au^d^enb,  nac^ 
Sut^crd  ttbeneugung  nunmel[^  in  eine  anbere  @eite  beiS  ^rrtumiS  hineingerieten  unb  einen 
pofüibm  9{eubau  enth)eber  unmöglich  )u  maö^m,  ober  toenigftend  ju  entfteKen  unb  ju  ber«  ao 
k^fren  brol^ten. 

Sine  gro^e  Sebeutung  l^atte  ber  älufent^alt  £utl^erd  in  feinem  ftiUen  „^Qtjfwg"  ober 
$atmod,  tote  er  ed  in  feinen  Briefen  nennt,  c^ne  ^toeifel  auc^  für  feine  eigene  innere 
©rünbung  unb  bie  ruhige  l^armonifc^e  ©eftaltung  femed  9(nfd(;auend  unb  Strebend,  ^r 
bie  Segrünbung  bed  fir(^Iid(;en  Saued,  bem  er  in  feiner  9!ation  ald  bad  $au))ttoerf}eua  86 
bienen  foQte,  toar  bad  iQoxüpttüttt  bed  SBartburgaufent^alted  bie  bort  begonnene  Stbep 
überfe|ung,  nämlic^  junäc^ft  bie  bed  bleuen  Xeftamentd,  toelc^e  bann  im  Btpimbct  1522 
gebruot  eirfc^ien  (ogl.  bie  @e))temberbibel,  ^lac^bilbung  ber  erften  äludgabe,  mit  Einleitung 
bon  3.  ftöfUin,  Serlin  1883).  Sluc^  bad  erfte  @tüdE  feiner  beutfdS^en  5tird^en))oftiIIe  ging, 
neben  anberen  Qetneren  @d(;riften,  Don  ber  3Bartbur^  aud  (Dgl.  Soffert  in  ^Ci^tfi  1897, 10 
271  ff.).  —  2)er  £el^begrünbung  SRomd  gegenüber  btente  bte  toidj^tige  ©dj^rift  gegen  ben 
£ötoener  3;ij^eologen  £atomud;  fte  fteUt  namentlich  bad  SSer^ltnid  Don  ®efe^  unb  ®nabe 
and  £i(^t;  femer  bad  äßefen  ber  in  (Sl^rifto  mitgeteilten  ®nabe,  toobei  Don  ber  objeltiDen 
®nabe  ober  $ulb  ©otted  gegen  ben  @ünber,  mit  toelc^cr  biefer  um  ber  justitia  S^rifti 
toiHen  ben  fie  im  ©lauben  ergreifenben  Sünber  für  geredet  annimmt,  bie  benfelben  innerlich  46 
^enbe  ©nabengabe  unb  bie  burc^  fie  in  i^m  getoirtte  qualitas  animi  unterfc^ieben 
unb  fobann  biefe  Teilung  ^toar  ald  eine  rabitale  aufgefa^,  jugleic^  aber  bad  an  fvdf  Un» 
ßenügenbe  biefer  coepta  justitia,  bad  ^ortbefte^en  Don  @ünbe  nac^  ber  ^£aufe,  ja  ber 
]ebem  guten  äBert  an  fic^  nod^  anl^aftenbe  S^arafter  ber  @ünbl^fttgfeit  nac^brüdRui^  be* 
l^aut)tet  toirb.  Sefonberd  ju  ertoö^nen  ift  femer  feine  @(^rift  „9Son  ber  Seichte,  ob  bie  so 
ber  ^{k4>ft  3Rac^t  i)ab^  ju  gebietm'',  toorin  er  biefm  Säeic^tjtamng  energifc^  Dertoirft,  eine 
freitoiUige  $riDatbeid(;te  tnbeffen  al^  ^eilfam  emi)fielSiU.  —  $en  Srjbifc^of  SUbrec^t, 
ber  mit  $Ufe  feiner  in  ^alle  gefammelten  Sleliquim  toieber  einm  grogm  älbla^anbel 
erdffnm  tooÖte,  bebro^te  er  brieflich  fo  fd(;arf  mit  einer  @treitfd(;rift,  bag  berfelbe  baDon 
obftonb.  66 

(San)  befonberd  toic^tig  aber  ift  für  ben  Sfeformator  £ut^er  biefer  Sufent^alt  baburd^ 
getoorben,  ba^  ed  infolge  bedfelben  il^m  befd(;ieben  toar,  bie  öu^ere  reformatorifd(;e  ^ötigteit, 
toeI(^e  auf  bie  bid^er  Don  i^m  audgeübte  Möge  £e^rtl^tigleit  folgen  mu^te,  feinerfeitd  gar 
nic^  in  angreifmber  unb  jcrftörenber  SBeife,  fonbem  po[xtiii>  mäfeigenb  unb  fonferDierenb 
)u  beginnen.  60 


734  Bittrer 

D^ne  fein  ^ajut^un  machten  einige  fäd^ftfc^e  ®ei|Uic^e,  namentlid^  ber  tüchtige  Sent^ 
fyahi  bon  ^bünlj^en,  bad  Siecht  mt  Sl^e  füt  ftc^  fstattifd^.  Snbere,  n&mlic^  nt^t  bIo| 
ein  itorlfiabt,  fonbem  ani)  ein  SRelanc^tl^on,  gingen  bereite  ba^in  toeiter,  ouc^  bie  ®üliigteit 
bet  SRönd^elübbe  anzufechten.  Sutl^er  toor  ber  beben{(i(^ete:  er  erinnert,  ba^  biefe  mit 
6  eigenem  freien  SBiDen  übernommen  ftnb  —  toeift  ungenügenbe  ®rünbe  jurüct  —  finbet 
ober  felbft  ben  entfc^eibenben  ©runb  in  bemjenigem  Sinne,  aud  toelc^  biefelben  ffcttycn> 

iiuge^en  i)f{egen,  ndmlic^  animo  salutis  aut  justitiae  quaerendae  per  votum ;  barum 
tnb  fte  t^m  je^t  impia,  sacrilega.  ^e^  SBeiteren  ertlärt  er  fic^  bann  öffentlich  gegen 
fie  in  einer  eigenen  @<^rift  de   votis   monasticis.    ÜRit  Sinberungen   im  Jtultud,  unb 

10  jttHxr  mit  Sbf^affung  ber  bon  t^m  be!äm))ften  ![Reffe,  begannen  bie  älugufliner  in  SBitten- 
berg  unter  ßuftimmung  ber  Uniberfttät  ^ber  ber  ^rior  be$  Jtlofterd  n)iberf^ra(^  fysA* 
nädfig.  Sutl^er  begtünbete  bie  SSertoerfung  ber  SReffe  in  einer  (loteinifc^en  unb  beutfc^) 
@(^rift  De  abroganda  missa  privata.  9lber  fo  feft  er  auf  biefen  ®runbfä^en  beßanb, 
fo  bebentlic^  toar  i^m  nun,  toai  er  über  bad  )9raftif(^e  SSer^alten  bon  ©laubendgenoffen 

15  über  ein  tumultuorifc^e^  ätu^treten  bon  ![R5n(^en  aud  feinem  jtlofter,  über  Stüctfifl^tds 
Ioftg!eit  ber  Steformeifrigen  gegen  ©dbtoad^e,  \a  über  tumidtuarifc^e  Störungen  bed  9Re|> 
gotte^ienft^  unb  ^niurien  unb  ®etoalttl^ätig{eiten  gegen  5tlöfter  unb  3R&nd^t  auiS  SBitten« 
berg  bema^m.  ^lö^Iic^  erfc^ien  er  ju  Slnfang  3)e2emberd  felbft  bort  unter  feinen  ^crnnben 
auf  einige  3:age.    3lai)  ber  SBBartburg  jurücfgde^rt,  fc^rieb  er  „Sine  treue  Sermo^nung 

20  bor  9lufru^  unb  @m))örung'',  toorin  er  jeben  älufru^,  auc^  toenn  Sled^ted  erfhrebt  tvürbc, 
für  Unrecht  ertlärte.  ^n  SBittenberg  aber  brängten  jtorlftabt  unb  ber  bisherige  SlugufUner» 
mönc^  3^^^0  i^^  ^^^  ^^^^  ^^f^'S  unb  rüdfi^^t^Io^  bom)&rtd ;  fie  brangen  auf  8(bt^ 
ber  $ribatmeffen  unb  auf  ein  aDgemeine^  Sbenbma^I  sab  utraque  unb  aui^  mit  9n< 
faffung  ber  ätbenbmal^I^elemente  burc^  bie  Saien,  toie  e$  bann  jtariftabt  an  äBei^nocbten 

25  toirOid^  beranftabete;  fte  berbammten  auc^  bie  S3i{ber  in  ben  Jtirc^en,  unb  ber  SKogiftrat 
lieg  fie  toegfc^affen.  ^a^u  tamen  g(eid^  mu^  SBei^nac^ten  bon  3^i^<nt  ^er,  too  9)cün^ 
il^en  ge})rebigt  ^atte,  brei  Sc^toärmer,  meiere  ^ö^erer  unmittelbarer  Offenbarungen  biu^ 
träume,  SSiftonen  unb  ®^pxäd)t  mit  ®ott  ftc^  rühmten,  bie  Jtinbertaufe  bertiKirfen,  bie 
Sertilgung  ber  ®ottlofen  unb  bie  Stiftung  eined  neuen  ^eiligen  ®ef(^Ie(^td  antünb^gtcn, 

80  auc^  bereite  Steigung  ju  @m))örung  jeigten.  üßelanc^tl^on  tourbe  buni^  ben  erften  (Sinbxuct, 
toeld^en  fie  ^erborbrac^ten,  getoaltig  belegt,  unb  jetgte  auc^  nad^^er  noc^  Unfic^^eit  in  feinen 
9tatfc^(ägen  i^rettoegen.  jcarlftabt  toar  i^nen  ganj  jugeneigt.  üßtt  i^nen  ))rebigte  au(^ 
er  SSera^tung  ber  äSSijTenfc^aft,  meil  ®ott  ed  ben  28etjen  berberge  unb  ben  Unlmtrbigen 
offenbare.    2)ie  ftäbtifqe  Schule  n)urbe  aufgelöfi,  biete  Stubenten  gaben  bad  Stubium 

85  auf.  —  ^a  trat  benn  Sutl^er,  unb  jtoar  f  ogleic^  mit  groger  Seftimmtbeit  unb  5llar^ 
auc^  gegen  äSerirrungen,  toelc^e  an  feine  eigene  Se^re  ftc^  anfc^loffen,  auf  ben  Jtam))f))la|. 
@r  l^ieb  ben  Sc^toörmem  entgegen:  ®ott  ^abe  nie  jemanben  gefanbt,  ol^ne  i^  burd^ 
einen  SRenfd^en  ju  berufen  ober  burc^  3^^^  f^^  ^^^  i^  }^ugen;  foI(^  SetDäl^nmg 
müßten  auc^  fte  bortoeifen     ®egenüber  bon  il^rer  33erh)erfung  ber  Jtintertaufe  lommt  er 

40  fc^on  je^t  barauf,  bag  frember  ®Iaube  nic^t  unmittelbar  für  ben  ber  Jtinber  eintrete,  tvol^ 
aber  bur^  ^rbttte  dingiegung  be^  ®laubend  für  fte  erlangen  tonne;  bag  man  coli) 
toirflic^  auf  ®runb  ^ieroon  bie  Jtinber  taufen  foDe,  toill  er  junöc^ft  toegen  bed  allgemeinen 
Itrc^ltc^en  Jtonfenfud  feftl^alten  —  nac^^er  mit  (Sntfc^iebenl^eit  toegen  ber  Shtfforberung 
in  aJlatt^.  19, 14  f. 

46  stuf  ber  SBartburg  aber  fanb  er  jje^t  {eine  Slu^e  mel^r  in  bem  ^ange,  anä^  ptf 
fönlic^  ben  neuen  ®efal^ren  ftd^  entgegenjuftellen ;  er  fa^  in  ben  bid^erigen  SBirren  nur 
ein  9Sorf))iel  für  Sc^toerere^,  für  groge  @m))örung  in  beutfc^en  Sanben.  Sr  berlieg  feinen 
3uflu^tdort;  ber  Aurfürft  foQe  ftd^  barüber  nid^t  {ümmem,  i^n  auszuliefern  fei  er  nic^ 
ber))flid^tet ;  ^ole  man  il^n  aber,  fo  foDe  er  bie  S^l^ore  offen  laffen ;   er  felbft  tDeig  fidb  m 

sol^ö^erem  Sc^u^e:  „\a,  id)  l^alt,  ic^  tooQe  @.  Jt.  t$.  ®.  mel^r  fd^ü^en,  benn  fie  miSf 
fc^ü^en  lönnte.  (Sr  traf  am  7.  aKärj  in  Wittenberg  ein  (bgl.  b.  Sejolb  in  35li®  XX, 
186 ff.:  S.«.  SRüÄe^r  b.  b.  SBartburg;  Äatoerau,  S.S. SRüdHel^r b. b. SBartburg nad^ SBitten« 
berg,  SJeuja^rdbl.  ber  l^iftor.  Äommiff.  f.  b.  $rob.  Sac^fen  1902).  Sofort  )}rebigte  er  bom 
Sonntag  SReminifcere  bis  S^^^cabit  in  ac^t  Sermonen  jene  ^flic^ten  ber  Siebe,  ber  Qadft 

65  unb  Orbnung.  ^ie  3^ic{auer  $ro))^eten  räumten,  na^bem  [xdf  Sut^er  ^u  einer  Unter» 
rebung  mit  i^nen  l^erbeigelaffen  ^atte,  bie  Stabt;  er  l^atte  fte  auc^  ftd^  gegenüber  tro^ig 
gefunben,  bergebenS  bie  ^orberung,  burc^  SSunber  fu^  auSjumeifen,  i^nen  borge^oben, 
bann  übrigens  il^ren  ®ott  bebro^t,  fold^e  ja  ntc^t  ju  tl^un  oi^ne  ben  SBiOen  feinet 
®otteS.    S3eim  älbenbma^l  tourbe  j[e|^t  ber  aufS  Opfer  bejüglic^e  SRe^anon   to^eggelaffen, 

eo  ber  Jtel(^  jeboc^  anfangs  nur  an  biejenigen  £aien,  toelc^e  felbft  eS  toünfc^ten,  ouSgeteilt 


inüitt  735 

@d  h)urben,  nac^bem  bte  9teuerer  bie  Seichte  ganj  toeggetvotfen  l^atten,  barauf  gebrungen, 
bo^  bie  Jtommumlanten  ftd^  borget  metben  unb  in  ^ftlic^er  Seichte  %xo\i  jucken  unb 
i^ren  (Stauben  unb  i^r  SSerlangen  nad)  @nabe  betennen.  3)tej[eniae  neue  Orbnüng,  tt)el(^e 
Sut^er  mit  größter  Slüdfic^tna^me  au^^  SSefte^enbe  unb  auf  bie  Sebenfen  unb  S&ürfniffe 
©(^toad^er  in  SSSittenberg  ^ergefteQt  l^atte,  beröffentKd^te  er  in  einer  „Formula  missae  6 
et  communionis"  1523.  SBeiter^in  toat  x\)m  befonberd  an  ber  $erfteDung  beutfc^er 
©efonge  für  ben  ®otte«bienft  gelegen:  1524  erfd^ien  bag  erfte  SBittenberger (Sefangbüc^Iein 
mit  üier  Siebem  üon  i^m  felbft.  —  (Sine  umfaffenbe  neue  Drbnung  für  eine  ©injelgemeinbe 
tourbe  1523  im  ©täbt^en  2ei«nig  berfuc^t  (Slic^ter,  ©b.  Ä.^Drbn.,  1,10):  SRatunbein« 
tDol^er  befd^loflen,  ba|  fie  i^re  c^riftli^e  ^ei^eit,  fo))ieI  bie  S3efteDung  bed  $farramted  to 
anbelange,  nic^t  anberd  benn  ber  ^I.  @(^rift  gemö|  gebrauten  tooDen,  ba|  ^eber  in 
feinem  ^ufe  kn6)t  iü)tn  unb,  h)o  barin  Ünflei^  bermerft  toürbe,  bie  ganje  einget)farrte 
Serfammlung  fic^  beffen  annel^men  unb  Jol^e^  mit  §ilfe  ber  Dbrigleit  jur  ©träfe  unb 
Sefferung  bringen  foUe  —  ba^  für  bie  SJebürfniffe  be«  5ßrebigtamtg,  ber  ©Aule  unb  be« 
9[nnenn)eieng  ein  gemeiner  Jtaften  foUe  eingerichtet,  berfelbe  unter  je^n  au^  9tat,  bürgern  is 
unb  Säuern  erft>ä^lte  IBormunbe  gefteUt,  auc^  iä^i^(i<^  breimal  jur  Beratung  ber  barauf 
bejüglic^en  3)inge  bie  gan)e  ®emeinbe  berfammelt  toerben.  fiutl^er  em))fal^(  biefe  Sin- 
rid^tung,  ta>a^renb  er  einen  ä^nlic^en  (Snttt)urf  Jtarl^abtS  für  SBittenberg,  toorin  jugleic^ 
bie  Silber  berbammt,  auc^  bie  (Selber  für  Ünterftü^ung  Don  $anbn?erfem  in  9lnf))ru(b 
genommen  toaren,  fogletc^  abget^an  ^otte.  3lxd)t  bto^  ber  9lat,  fonbem  befonberd  au4  ao 
bie  älbeligen  nmren  babei  t^ötig.  ®en  Jturfürften  bat  Sutl^er  um  $ilfe  jur  ^urc^fü^ng 
ber  Drbnung.  ^n  Setreff  i^red  ^n^alted  ift  )u  beachten,  toie  Stat^mitglieber  auc^  im 
Streife  ber  Aafien)}orftänbe  felbft  eine  ftänbige  ©teile  ungeteilt  mar.  Sut^er  unb  bie  anberen 
Steformotoren  blieben  überl^^oupt  immer  bei  einer  9(uffaf[ung  ber  d^riftli^en  (Semeinbe  unb 
Solt^emeinfc^aft  ftel^en,  für  tpelc^e  bie  bürgerliche  unb  tird^lic^e  Dbrigfeit  ein^  tamren.  25 
©0  foOte  bann  bie  bürgerliche  Obrigteit  aU  c^riftlid^e  auc^  bem  @bangelium  Slaum  fc^affen 
unb  religiöfen  n?ie  fittli^^en  „®reueln"  (abominationes)  toel^ren.  —  ^a  machte  bann 
freiließ  eine  beim  römifd^en  ^at^oliji^mud  be^arrenbe  Dbrigfeit  nur  bon  ber  nämlichen 
$flic^t  gem&l  il^ed  eigenen  ®ett)if{en^  Slntoenbung,  tt)enn  fie  au9  i^rem  ®ebiete  bie  Ser« 
ttnbigung  etHtngelifc^er  $rebigt  fem  ^ten  tPoDte ;  ed  trat  ^ier  unleugbar  ein  getoiffer  ao 
innerer  Konflilt  für  Sutl^er  ein.  9lld  feine  Sudler  bon  ^erjog  ®eora  bon  ©ac^fen  ber^ 
boten  tourben,  gab  er  hiergegen  eine  ©d^rift  ^eraud  „über  bie  toeltlic^e  ®ett)alt,  toie  toeit 
man  il^®e^orfam  fc^ulbia  fei".  Xa  lehrte  er  nun  einerfeitd,  ba^  man  auc^  hierin  gegen 
bie  Dbrigleit  fic^  nic^t  aufzulehnen,  nämtic^  bie  Sucher  jtt)ar  ni^t  auszuliefern,  ieboci^  bie 
©träfe  l^ierfür  gel^orfam  m  tragen  f}abt,  anbererfeitS,  ba^  ber  Dbrigfeit  Siecht  nur  auf  ss 
2eib  unb  (Sut  fic^  erftrecte  unb  fte  nic^t  ben  ©eelen  ®efe^e  ju  geben  l^be.  älber  bie 
bon  il^m  einer  ebangelifd^en  Dbrigfeit  beigelegte  Serec^tiaung  unb  Ser)}flic^tung, ,  gegen 
bie  Serbreiter  bon  „®reuetn'^  toofür  eben  auc^  jebe  unc^riftlic^e  Seigre  unb  retigiöfe  Übung 
ertlärt  n)urbe,  toenigftend  auf  bem  äußeren  Seben^ebiet  ein^ufc^reiten,  ja  il^nen  bie  äußere 
(Estften)  unmöglich  ju  machen,  mu^te  er  benn  boc^  auc^  einer  römifd^  gefinnten  jugeftei^n.  «0 

Slufmerffam  unb  teilnel?menb  folgte  Sut^er  bem  Singange,  toelc^en  bie  ^rebigt  beS 
StKingeliumS  auc^  auStoörtS  fanb.  @r  feiert  ben  %oh  ber  beiben  Slutjeugen  in  Srüfjel 
1523  (mit  feinem  erften  Siebe:  „6in  neue«  Sieb  toir  f)thm  an'%  fotoie  ben  beS  ^einric^ 
bon  3^^^"  1524.  @r  ermahnt  ferne  ©lauben^enofjen  in  SRiga,  3let>al  unb  Doqxit 
unb  an  anberen  Drtcn.  —  Sefonber«  toic^tig  toerben  je^t  bie  Sejie^ungen  ju  ben  Sö^men  45 
(t>gI.SbIII  ©.456, 7),  unter  meieren  befonber«  Sut^erSgreunb  ?5aul  ©})eratug  üon  3glau  (in 
9Rä^en)  an^  Stnflu^  übte.  (Sin  Serfel^r  mit  ben  bö^mifc^en  Srübem  (^ifarben)  tourbe 
angetnü^ft  infolge  ^on  ^agen,  loelc^e  SpttaUx^  in  Setreff  il^rer  älbenbma^tölei^re  an 
Sut^  gefc^icft  l^atte ;  bie  fragen  toaren  aud^  injofem  toic^tia,  als  eS  fxd^  je^t  fel^r  be« 
fUmmt  barum  ^anbelte,  ob  er  bte  XranSfubftantiation  )}em)ertenb,  boc^  bie  ma^re  ©cgen^  go 
mart  beS  SeibeS  mit  ©trenge  feft^alten  tooüe.  Sut^er  bel^au)>tete  biefe  unb  ^offte  ben 
®(auben  baran  auc^  bei  ben  Srübem  DorauSfe^m  m  bürfen;  bie  Anbetung  beS  ©atra« 
mentS,  toeld^e  befonberS  in  ^age  ftanb,  erflärte  er  für  frei.  3lad)htm  l^ierauf  baS  ^avtpt 
ber  Srüber,  i^r  ©enior  SufaS,  ©efanbte  unb  ©c^riften  an  il^n  gefc^icft  f^attt,  fc^rieb  er 
für  fie  baS  Süc^lein  „Som  anbeten  be«  ©aframmt«"  u.  f.  to.,  1523  —  feine  erfte  66 
©trettfc^rift  gegen  eine  Seugnung  ber  natürli^en  ®eaentoart  unb  eigentlic^m  leiblidben 
©eniefeung,  obgleid^  jene  ein  „toa^reS",  nämlid^  „geiftlic^eS"  ober  „faframentaled"  ®e» 
niesen  beS  SeibeS  S^rifti  aU  eines  jur  Siechten  ®otteS  )}ertoeilenbm  annal^men.  @r  fügte 
no^  mehrere  toeitere  Sebenfen  bei,  bcfonberS  auc^  barüber  ob  fte  ni^t  bmSOBerfm  neben 
bem  ©louben  jubiel  einräumen,  äußerte  ftc^  je^t  aber  im  ganjm  fe^  freunblic^  gegen  eo 


736  Sttt^cr 

unb  ü6er  fie.  %>if  biel  tt)eitgreifenber  toaxm  bie  9(udft(^ten  getoefen,  toeiut  bte  Uttoquiflen, 
tote  fte  eine  SBeile  geneigt  fc^ienen,  an  Sutber  fic^  angefc^Ioffen  Rotten.    £ut^  S^A 

1522  an  bie  bö^mifc^en  Sanbftönbe,  fte  jur  iBe^arrlic^teit  gegen  bod  ^o^fUum  ermapnei^. 

1523  fc^icfte  er  bur^  ben  Söhnten  @^aDud  Sonera,  ber  einige  3Ronate  in  äBtttenberg  ju^ 
5  gebradbt  ^e,  eine  ©ci^rift  de  instituendis  ministris  an  ben  9lat  unb  bie  ©emeinbe 

Don  $raa;  fte  enthält  feine  toic^tigfte  9(udfü^rung  über  bo^  Siedet  ber  ©emetnbe  ttnb 
itoax  auo)  einer  @in)elgemeinbe,  ftc^,  toenn  bie  bi^^erigen  {ird^ltc^en  Dbem  i^  bad  ®fxünr 
geßum  borentl^ten,  auf  ®runb  bed  allgemeinen  $rieftertumd  felber  mit  neuen  2)ienem 
bed  SBorted  ju  berfel^en.    Unb  jtDor  fou   ed  fo  babei  )uge^:    primum   orationibus 

10  Deum  quaeretis  —  tum  convocatis  —  quorum  corda  Deus  tetigerit  ut  vobis- 
cum  idem  sentiant  —  eligite  —  qui  —  idonei  —  visi  fuerint;  tum  impositis 
Buper  eos  manibus  illorum,  qui  potiores  inter  vos  fuerint,  confirmetis  et 
commendetis  eos  populo.  @eien  einmal  mel^rere  Sürgerfc^aften  mit  foUet  SBo^l 
il^rer  eigenen  Sifc^öfe  ober  tieften  borangegangen,  fo  mdgen  bann  biefe  Sif^dfe  felbß 

16  ftc^  SJorgefe^te  unb  SSifitatoren  ertoo^Ien,  bid  ganj  Söl^men  }u  einem  legitimen  unb  ebon» 

gelifc^en  @))tf!o))at  jurüdfel^re.    Salb  barauf  trat  iibod^  in  ber  Haltung  ber   bd^mifcfien 

@tänbe  ein  groger  Umfc^lag  ein:  fte  fuc^ten,  Sol^era  felbft  an  ber  @))i^e,  Slu^d^ng 

mit  bem  $a))ft.    SSon  SSerl^anblungen  Siit^er^  mit  i^nen  ^ören  toir  fbäter  nic^td  m^. 

9leue  $otemiI  erl^ob  [vi)  für  Sutj^er  namentlich  burc^  eine  ©egenf^rift  bed  engRfd^ 

20  Aönigd  ^einric^  VIII.  gegen  bie  @ä|e  be$  Suc^e^  De  captiv.  Babyl.  über  bte  @aha« 
mente  1522.  S)en  @c^mä^reben  be$  Jtönigd  fteUte  Sut^er  in  feiner  Sd^rift  Contra 
Henricum  regem  bad  boDe  3Rag  feiner  eigenen  3)erb^eit  entgeaen.  Ser  mit  feiner 
3)erb^eit  fu^  ))aarenbe  rebtic^e,  gutmütige  @inn  lieg  i^n  fbäter  noqf  auf  ®etoinnung  bed 
Aönij^  ^offen  unb  beranlagte  i^n  1525  ju  einer  ebenfo  bemütigen  aü  bergdlic^  Sitte 

26  um  sBergeil^ung. 

Sad  toicptigfte  @reignid  in  £ut^er^  iRampji  mit  bem  Jtat^olijidmud  tourbe  jd^  feine 
@nt3h)eiung  mit  Sradmud,  mit  toetd^em  auc^  ein  groger  Xeit  ber  anberen  ^umanifien  bon 
ber  ©emeinfc^aft  mit  ber  9leformation  ftd^  loöfagte,  nod^  auf  Sefferung  inner^Ib  bed 
alten  Jtird^entumd  ^offenb  unb  einer  offenen  Jtritif  aegen  bie  $rin2ii)ien  bedfelben  ftd^  ent^ 

90  l(^altenb.  (Sradmuö  ^atte  löngft  an  £ut^er^  @c^rfe  unb  2)erbl^eit  Xnfto^  genommen, 
ebenfo  biefer  an  feiner  Unlenntniö  ber  @nabe  ®otte$,  bie  allein  bad  ^et(  tmrle,  imb 
feinem  SRangel  an  ^iJtut  unb  @ntfc^iebenl^eit.  S^QUid)  trieben  i^n  bomel^me  ®önner, 
gegen  Sut^er  ju  fc^reiben,  toö^renb  anbere  il^m  fd^toere  SRitfc^ulb  an  ben  gegen  bie  Itird^ 
lo^ebrod^enen  Stürmen  bortoarfen.    @r  lieg  enblic^   1524  eine  Schrift  De   libero  ar- 

35  bitrio  gegen  Sutl^er  erfc^einen :  jum  Slngriff^unlt  tDÖ^lte  er  fo  einen  @egenfUxnb«  in 
toelc^em  er  gegen  Sut^erd  bon  ber  Jtirc^e  berbammte  @ä$e  jugleic^  feine  eigene  über» 
jeugung  berfod^t.  Sutl^er  ipar  in  feiner  äluffaffung  bed  Ser^öltniffed  ^toifc^en  gdttfii^ 
äBirfen  unb  menfc^lic^er  ^ei^eit  auc^  über  ben  Sluguftini^mu^  l^inaud  gegangen,  unb  bon 
c^riftlic^  religiöfen  Slu^fagen  tbeiter  )u  aUgemein  meta))^^ftf(^en  (in  ber  „Assertio  onm. 

40  articul." :  „Omnia  necessario  fieri'').  ^em  @radmu^  entgegnete  er  bann  nad) 
längerem  3ög«ni  1525  in  ber  ©d^rift  De  servo  arbitrio,  in  ber  er  auf  feinen  fc^ffflen 
(bon  ben  f))äteren  Sut^eranem  oft  unbefugt  umgebeuteten)  Sö^en  über  biefe  servitudo 
beftanb.  @r  le^rt :  älOmac^t  unb  älOlüiffen^eit  ift  bei  ®ott,  bem  SlDed  unbebingt  be^ 
ftimmenben,  fc^lec^t^tn  eind,  unb  fo  bann  auc^  ^räfjien)  unb  ^röbeftination ;   n)er  alfo 

45  berloren  gel^t,  gel^t  burc^  benfelben  unbebingten  äSiüen  ®otte^  berloren  ;  3l\d)ti  betpeift 
hingegen  ba^  3Bort,  ®ott  iPoQe  ben  Xob  bed  @ünberö  nic^t :  benn  man  mug  unter« 
fd^eiben  jmifc^en  bem  ge))rebtgten  @ott  ober  ®otted  SBorte  unb  jtoijc^en  bem  berborgenen 
®otte;  ®ott  felbft,  feinem  und  unburc^forfc^lid^en  28iIIen ;  man  barf  aud^  nic^t  bortoNerfen, 
marum  ®ott  ben  3BiIIen  ber  Söfen,  toelc^en  er  betoege,  nic^t  auc^  önbere :  benn  rec^t  ifi, 

60  ipad  er  tl^ut,  be^megen,  ipeil  er  ed  tt)ill,  unb  toavnm  er  folc^ed  toirtlid^  in  Setreff  ber 
Söfcn  iPtU,  gehört  )u  ben  ®e^eimniffen  fetner  3Jlaieftöt ;  hie  est  fidel  summus  grados 
credere  illum  esse  dementem,  qui  tam  paucos  salvat  —  justum,  qui  sna 
voluntate  nos  damnabiles  facit.  @o  erfolgte  fc^on  älbamd  %ani  bedtoegen,  koeil 
®otted  @etft  i^m  ni^t  ^um  ©ei^orfam  gegen  bad  ®ebot  beiftanb.  freier  äBille  laim  nie 

66  bon  3JZenfc^en,  fonbem  nur  bon  ®ott  j)räbijiert  toerben  •  tooute  man  ben  SRamen  je  no<^ 
bei  SRenfc^en  gebrauchen,  fo  lönnit  man  ed  nur  mit  Sejug  auf  bad,  ioad  unter  i^m 
fte^t  unb  n?orüber  er  ^u  berfügen  ^at,  ntc^t  aber  mit  Se^ie^ung  auf  ®ott:  unb  ouc^  ber 
in  jenen  Verfügungen  fic^  bet^ätigenbe  SSille  felbft  n?irb  einjig  eben  burd^  ®otted  SBiOot 
regiert,    ©eine  erlöfenbe  SBirffamleit  toill  bann  jtoar  ®ott  an  had  SBort   binben,  aber 

60  nur  infofem,  ald  ber  ®eift  nur  burd^  bad  28ort  tt)irft,  nid^t  infofem,  aU  ob   er  bun^ 


Snt^cr  737 

btefed  üBetoK  toirlen  unb  bann  bte  9(nnal^me  bem  menfd^Kd^en  SBiUen  on^eirnfteOen  toürbe. 
Sut^er  toiS  biefe  ^ortKmgenben  Seigren  offen  Dotgetrogen  l^en ;  nur  foDe  man  nimmer^ 
ntel^  ein  Sinbrmgen  in  ben  berborgenen  SBiQen  berfuc^en,  bielme^r  einfad^  an  ben  ge« 
offenborten,  bad  SBort,  fic^  galten;  fo  toerbe  bann  gerabe  erft  in  biefer  Se^re  bon  ber 
92ottoenbigteit  unb  Unloanbelbarteit  bed  göttlid^en  SBoDend  ber  ®Iaube  @i(^er^t  finben;  6 
bod  Unbegreiflich  ober  ioerbe  er  a(d  foU^ed  ^nel^men,  bi^  bed  ^enfc^en  @o^n  fu^  offen» 
boren  toerbe. 

31m  meiften  mu|te  aber  Sut^er  ouc^  ie^t  noi)  ber  Rart\p\  gegen  benienigen  ^einb 
ongelegen  fein,  ber  innerl^olb  ber  eigenen  ^irc^e  ftd^  immer  ju  hdfavcpim  fucfte,  gegen 
jenen  (Seift  folfc^er  ^eil^eit.  Jtarlftobt  (bg(.  b.  9.  S3b  X  @.  76  f^  f^attt  md)  SutJ^er^  lo 
ätüdßel^  bon  ber  9Bortbur^  nur  fc^einbar  fic^  beruhigt  @r  berfenhe  fid^  je^t  in  mittet 
olterlic^  mi^ftif c^e  ^itm  tote  biejenigen,  bon  toelc^en  Stünjer  unb  bie  3tbi(tauer  $ro))l^eten 
oudgc^angen  toaren,  iooDte  aU  c^riftlic^  Saie  unb  Sauer  leben,  toollte  bann  bad  $fans 
omt  in  Drlomünbe,  bad  mit  bem  il^  übertragenen  SBittenberger  @tift^rc^ibiaIonat  ber« 
bunben  toor,  felbft  ausüben  unb  lieg  ftd^  bon  ber  bortigen  6(emeinbe  ba^u  tod^Ien,  bie  ifi 
er  fitr  feine  ©runbfö^e  getoann,  beftritt  femer  bon  feinem  bermeintlic^  geifUtc^em  @tanbs 
(mnlte  ouiS  bie  ^räfenjbed  Setbe^  6l^i  im  9(benbmal^(,  toö^renb  er  fic^  jugleic^  in 
au|erru^  SBeife  and  äBort  bed  äUten  5Ceftamentd  l^ielt,  ouf  ®runb  bedfelben  bie  Silber 
berbot,  bogegen  bie  ^ol^amie  julöfftg  fanb  u.  f.  to.  9luf  ®runb  bed  WX^  meinten  auc^ 
onbere  ^u  ttrc^Hc^en,  fo)ialen  nvb  bürgerlichen  Steuerungen  fc^reiten  ju  bürf en :  man  ^örte  ao 
nomentlui^  bon  einer  SBieber^erfteOung  bed  mofaifc^en  ^ubelja^red  reben,  too  bie  ber» 
lauften  ©runbjtücte  an  bie  urf))rünglic^en  Sefi^er  jurüdfoDen  foDten.  !gn)totfc^en  !am 
9Rün)er,  ber  bie  $au))t))erfon  unter  jenen  Sc^toörmem  in  3^^(I<^u  getoefen,  bann  aber 
onbertoörtd  umj^ergejogen  toox,  nac^  SRittelbeutf erlaub  jurüct,  tourbe  1523  Pfarrer  in  SlOU 
fiä^t  unb  arbeitete  auf  eine  Stebolution  )ur  fiierfteQung  eined  Steic^ed  ber  ^eiligen  in  as 
feinem  Sinne  ^in  (mit  i^m  toollten  übrigen^  Kariftabt  unb  bie  Drlamünber  leine  ®e« 
metnfc^ft  l^en).  —  ®e^en  jtarlftabt  fc|^,  noc^bem  Sut^er  bie  Drlamünber  bergebtic^  burd^ 
t)erfönlic^  ®inh)irfung  (tm  äluguft  1524)  pred^^tjubringen  berfuc^t  l^tte,  berfiurfürft  ein: 
er  f^  i^n  ob  unb  bertoied  il^n  bed  Sanoed.  ®egen  biefe  ganje  Slic^tung  gab  Sut^er 
om  6(^lu|  bed  ga^  1524  unb  Slnfang  bed  ^afred  1525  bie  größere  Schrift  ;,2Biber  so 
bie  ^immtifc^en  $ro)9l^eten  k"  ^eraud.  ^ie  neuaufgetretene  ^age  über  bad  mofaifc^e 
®efd^  beonttoortete  er  barin  bom  !lRittel)}unIt  feiner  ^eitdle^e  oud:  bad  ®efe|[  ift  Über« 
f^ax^t  oufgel^oben  in  @(;riftud,  toelc^er  bed  ®efe^ed  @nbe  ift;  fofem  bann  auc^  bieS^riften 
noc9  gdttlic^en  ®eboten  leben  foDen,  finb  biefe  boc^  fo  toenig  me^r  bie  mofaifc^n  felbft, 
bo|  I^ere  bielme^  olle  in^efamt  aufgehoben  bleiben,  fonbem  fic  fmb  bie  jebem  Slenfcben  85 
^  ^^  gefc^ebenen,  bie  mofaifc^en  aber  nur,  fo  toeit  biefelben  mit  bem  9{euen  Xefta« 
mente  unb  bem  natürlichen  ®ef4e  gleic^ftimmen,  \a  mit  leiderem  Sin  3)ing  fmb.  @ben 
bieron,  nämlic|i  an  bie  innige  Sejie^ung,  toelc^e  Sutl^er  toirflic^  ^toifc^en  bem  toa^ren  ®e« 
polte  ber  mofaifc^en  ®ebote  unb  jtoifd^en  ben  ®eh)iffen^eboten  erfannte,  fc^log  fid^  ber 
l^roltifd^  ®ebrauc^,  ben  er  boc^  bom  2)eIalog  (bgl.  Jtate^idm.)  machte.  Unb  femer  gab  40 
er  ju,  man  möge  auc^  für  bad  ®ebiet  bed  toeltltc^m  Slegimentd  manc^  fein  @sem))el  aud 
3Rofe  entnel^mm;  ober  bie  ®ebote  felbft  gebm  l^ier  unter  Soften  nic^t  bon  SRofe,  fon« 
bem  bon  ber  Obrigleit  aud ;  nic^t  mo\ti  Steckte,  fonbem  laiferlic^e  Siechte  f oQen  gel^ltm 
tberben. 

Sod  ^er  griff  toeiter;  eine  bon  Sut^er  löngft  befürchtete  allgemeine  @m))ömng  46 
bro^te  im  Sauemfriege  lodjubrec^en.  3)ag  bie  rebolutionäre  Setoegung  im  Sauemftanb 
letnedtoegd  erft  eine  t^c^t  ber  ebangelifc^en  unb  reformatorifc^m  ^^rebigt,  fonbem  aud 
ben  bolitifc^en,  ö{onomifc^m  unb  fojialen  SSerJ^öltniffm  l^erborgegangm  mar,  jeigen  tlor 
i^  bebrol^lic^m  Srfc^einungen  unb  äluSbrüc^e  fc^on  feit  @nbe  bed  borangegangenen  ^a^r« 
htnbertd.  Slber  in  jener  glaubte  fte  eine  Seftötigung  aud^  für  bie  bon  i^r  beanf))rud^tm  50 
Steckte  unb  ^eil^eitm  ju  ^nben,  unb  mö^renb  fte  burc^  jene  lebenfolld  ermahnt  mar,  bie 
fbifptüdft  nur  auf  bemSBege  bedSlec^td  unb  ber  Orbnung  geltmb  ju  mac^m,  bermoc^te 
fte  bon  ben  Obrig!eitm  unb  l^errfc^enben  itlaffen  auf  biefem  28ege  nic^td  ju  errei^en. 
3Rümer  unb  ®enoffm  tooQtm  mittelft  jener  Setoegung  i^e  freiließ  nur  genniltfam  ju 
reolifterenben  fc^to&rmerifc^en  unb  fanatifd^m  ^bem  bon  S^fti  9iei^  burc^fe^en.  66 

Den  SRünjer  nun  f)aitt  Sut^er  f ogleic^  ol^ne  toeitered  atö  falfd^en  $ro)9^eten  bermorfm. 
^ejmigen  Sauem  aber,  meiere  nicpt  toie  jener  über  bad  objeftioe  ebangelifd^e  SSiort  ftd^ 
erbebm  tooDten,  bemühte  er  ftc^,  erft  mit  ^erjltc^er  Xeilna^me  ju  belel^ren,  bog  bie  dj^rift« 
fiepe  ^eibeit  nid^t  eine  fleifc^lic^e  fei,  fonbem  auc^  mit  £eibeigmfc^aft  jufammenbeftel^m 
Iftnne ;   (Singriff  in  bie  ®üter  ber  Dbrigleit  unb  Sufftanb  gegm  bief elbe  fei  berbotm ;  eo 

RcoMnc^nopabU  fftr  2:^eo(O0ic  unb  »itdtt.    8.  H.  XI.  ^j 


738  Snt^cr 

iDoDe  tl^nen  bie  Dbrigleii  leinen  d^rtfUic^en  Pfarrer  ^Atn,  fo  foQten  fie  fdbft  einen  ta>a^Ien 
unb  bann  auc^  felbft  em&^ren;  tooQte  man  il^nen  bod  SDangelium  felbft  teerten,  fo  b^ 
bürfen  fte  hiergegen  leiner  @etoa(tt^aten ;  fte  foQen  fliegen  unb  hcS  StHingdium  immer 
im  $er)en  bleiben  laffen.  ^ie  ftänften  9Borte  richtete  er  jugleid^  an  bie  onbere  Seite, 
6  bie  dürften  unb  $erren,  toel^e  ben  gemeinen  SRonn  fd(;inben.  2)a  aber,  ol^e  ber  Se« 
lel^^rung  ju  achten,  bie  ,,m5rbehfc^en  unb  räuberifc^en  Siotten''  lodbrad^  unb  tmUeten, 
gebot  er  in  @otted  ?Hamm  mit  „S>t^m,  Schlagen  unb  SBürgen"  i^r  Xeufetötoefen  nieber» 
jufc^Iagen.  @r  rechtfertigte  fic^  bann  gegen  bie  bittem  SSonoürfe,  bie  i^  felbfl  toegen 
fold^er  ^örte  trafen,  —  mahnte  noc^  bem  @iege  ju  Sarml^erjigleit  mit  ^inn)eid  borootf, 

10  ba^  nicft  SRenfc^eti^anb,  fonbem  (Sott  ben  äiufru^  geftiOt,  —  unb  tönbigte  ben  grau« 
famen  ,,^ünferlein'',  ben  ,;toütigen,  unftnnigen  S^^tannen'',  einen  etoigen  2ofy^  cax,  gegen 
ben  ber  %oh  burc^  bie  ^anb  ber  Säuern  ein  ©eringed  getoefen  toöre.  So  in  ben 
©((^ften:  „ßrma^nung  jum  ^eben  k.";  „9Biber  bie  mörberif^en  SRotten"  tc.;  ,,@enbs 
brief  t>.  b.  garten  ȟc^Idn  k.",  1526. 

16  2Bie  ber  ben  Sauemirieg  erjeugenbe  (Seift  innerlich,  fo  brol^te  ber  Sieg  ie|t  ou^erUd^ 
bem  Sbangelium  fc^toere  ®efal^,  inbem  bie  ^Eot^olifc^en,  obgleich  fte  nur  im  Sunbe  mit 
ben  Sbangelifd^en  gefiegt,  bo(^  an^  ber  Steaftion  gegen  bie  SIetoegung  unter  ben  Souem 
eine  SIeanton  gegen  bie  neue  £e^e  überl^u))t  Soften  mad^en  ju  tonnen.  —  ^fn  fob^ 
3ett  ber  Srangfa(,  nod^  toä^renb  be$  Jtrieged,  Don  9(nf(i(^ägen  gegen  feine  eigene  $erfon 

ao  bemel^menb,  )ug(ei(^  jtd^  felbft  fd^on  alt  fü^lenb  unb  bem  Zoit  no^e  meinenb,  faj^ 
Sut^er  einen  ))erfönli(^en  @ntf(^(u|,  toelc^,  baju  nod^  fo  raf(^  eis  möglich  oudge^tt^, 
bei  ben  ^nben  ©efc^rei  bed  ^o^ned  unb  üble  Slac^r^e,  bei  manchen  ^unben  ongf!« 
lid^ed  Sebenfen  bert)orrufen  mu^e:  er  bermol^Ite  ftc^  am  13.  ^uni  1525  mit  ber  t>or^ 
maligen  9}onne  flat^arina  Don  Sora  (f.  b.  9(.  S3b  III  @.  321  f.).   @r  t^  ed  in  eblem 

26  (Slaubendtro^  gegen  feine  ^einbe,  —  in  ber  Hoffnung,  ob  ber  9ierad|^tung,  bie  i^n  be^ 
l^olb  treffe,  toerben  bie  @ngel  lachen  unb  bie  Xeuf el  toeinen  —  o^ne  bon  SSebedeibenfc^ 
^c^  beioegt  ju  fül^Ien  —  um  bor  feinem  3:obe  noc^  ein  3^0"^^  ab)ulegen  für  bie  ^re, 
bie  er  felbft  bem  S^eftanb  geben  lel^e,  auc^  um  feinem  SSater  burd^  Sorge  für  9tai^ 
lommenfc^ft  ge^orfam  fic^  ju  ertoeifen. 

80  9lm  5.  ^ai  1525  toar  Sut^erd  Sefc^ü^er,  ^ebric^  ber  SBeife,  ge{lorben.  9B%enb 
er  innerlich  fd^on  gam  ber  eüongelifd^en  Se^re  jugetl^an  toar  (t)gl.  3-  ftöfUin,  gftiebric^ 
ber  aOBeife  unb  bie  Scblo^M«  m  SBittenb.,  »eftf^r.  1892,  unb  2|StÄ  1882,  700f. 
1893,  609  ff.),  ^otte  er  bo(^  ol^  Sanbe^^en  fu^  gnmbfä^lic^  barauf  befc^anh,  i$r  freien 
9taum  unb  Sc^u^  ju  geh)ä|ren,  inbem  er  immer  nod^  auf   eine  allgemeine  Steformation 

85  für  bie  abenblönbifdpe  S^riftenl^eit  ober  ioenigftend  bie  Jtirdl^e  bed  beutfc^en  9lei(^  ^offte. 
Sein  ^ad^folger  ^ol^ann  toar  bielme^r  ju  felbftftänbigem  lanbe^l^errlic^em  93orge$en  inner* 
l^alb  feinet  (Sebieted  bereit.  @ine  reiqSred^tlic^e  @rmöc^tigung  baju  gab  bann  ber  Sletdj^ 
tagöbefc^lufe  Don  Sj)eicr  1526. 

Über  toeitere  ^ortfc^ritte  in  ber  Drbnung  bei^  ©otte^bicnfte^,  für  toetc^   er  je^ 

40  beutf^e  liturgifd^e  (Sefänge  J^ergefteUt  l^atte,  berichtete  Sut^er  1526  in  ber  Sc^ft  „3)eutf(^ 
SKeffe  K."  äud^  für  bie  SBod^engotte^bienfte  forgt  ^ier  £ut^er:  e«  foUen  biblif^e  »ü^^er 
in  il^nen  bur^gcnommcn  toerben.  ferner  bringt  er  auf  eine  Jtatec^idmu^ntertoeifung. 
SSomtoeg  aber  Dem)a^rt  er  ftc^  toieber,  ba^  au^  ben  formen  fein  neued  @efe^  gemalt 
toerbc;   fo  foU  man  benn  aud^    ba,   too  man  anbere  gute  Orbnung  l^abe  ober  ed  beffer 

46  machen  ^u  fönnen  glaube,  nt^t  meinen,  biefe  SBittenbergifc^e  annehmen  }u  muffen.  3)ad 
Slugenmerf  toitt  er  gerid[^let  ^aben  „auf  bie  ^wgenb  unb  bie  (Einfältigen",  um  jene  ju 
erjie^en,  bicfe  ju  reijen,  —  auf  bie  faltifc^en  3uftänbe,  ba  Diele  noc^  nic^t  fi^riften  finb 
unb  bad  mehrere  Seil  erft  fte^t  unb  gafft;  eine  anbere  SBeife  rechter  eDangelifc^  Orb* 
nung  müf|te  nic^t  fo  öffentlich  unter  aQerlei  93olf  gefc^el^en,  fonbem  biejenigen,   bie   mit 

60  (Srnft  Sl^riften  fein  tooUten,  mufften  mit  9{amen  ftc^  einzeichnen  unb  in  einen  Raufen 
aDein  ftd^  Derfammeln  ^u  eigenen  ©ottedbienften,  too  bann  auc^  nac^  3Rt  18'  S^^  0^^ 
toerben  !önnte  unb  too  e^  ni^t  Dielet  unb  großen  (Sefange^,  auc^  nur  einer  turnen,  fernen 
SBeife  für  2:aufe  unb  Salrament  bebürfte.  —  ^ie  aDmö^Uc^e  Umgeftaltung  bed  Zauf* 
rttu«  Don^ie^t  ba«  „laufbüc^tein"  1523  unb  1527.  —  ©ie  erfte  eDangelifc^  Drbtnation 

66  erfolgte  gu  äStttenberg  im  3Rai  1525,  inbem  juerft  ®.  Slörer  in  fein  ^rebigtomt  bafdbfi 
feierlich  mit  ^anbauflegung  unb  (Sebet  eingeführt  tourbe.  Sut^er  ^atte  l&ngft,  befonbecS 
in  fetner  Sd^rift  De  captiv.  Babyl.,  ba«  {atl^olifc^e  sacramentum  ordinis,  bun^ 
toelc^e«  einer  Dermöge  befonberer  (Seifte«mitteilung  jum  ^ßriefter  toerben  follte,  Dertoorfen, 
unb  an  feine  Steüe  nur  bie   orbentltc^e  ä3erufung  gum  9lmte   ber  $rebigt   unb  Sabo< 

60  ment«DertoaItung   gefegt,   ba«   unter   ben   Dielen   giften  ))riefterlic^en   S^rotter«  bf 


Sttt^er  739 

fUmmten  Smjelnen  )u  übertragen  fei.  9(ber  atö  angemeffener  menfd^lid^er  Slitud  babei 
foSte  bte  ßonbouflegung  mit  ®ebet  in  feierlichen  gemeinblid^en  ©ottedbienften  bienen:  fo 
)uerft  bei  Vtixn  1525;  f)>ater,  feit  1535,  ift  bann,  nac^  Sut^erdSlat,  eine  fold^e  Drbina« 
tion  old  einmaliger  9C!t  ber  feierlichen  Berufung  ind  ^rebigtamt  über^au))t  an  benen,  bie 
ftt^  boju  in  einer  Prüfung  tüchtig  gejeigt  ^en,  boSjogen  toorben :  fo  tourbe  28ittenberg  6 
SCudgongdort  audb  für  bort  ge))rü^  unb  orbinierte  $rebiger  anberer  Orte  unb  Sönber 
(I9gl.  (S.  9tietf(^el,  S.  unb  bie  Orbination  1883;  Suc^hmlb,  äBittenberg.  Drbiniertenbuc^ 
1687—1560). 

9lu(^  eine  ebangefifd^  tirc^Iid^e  Organifation  im  ganjen,   nämlic^  nid^t  bIof(  ein  für 
fh^  befle^enbed  ekKingelifcped  ®emeinn>efen,  fonbem  auc^  eine  beftimmte  SJerfaffung  unb  lo 
fortioä^renbe  üieitung  für  ba^felbe  lam  jekt  ju  ftanbe,  —  unb  ffoax  }uerfi  eben  burcb 
jenen  neuen  2anbed|erm  Sutl^,  auf  Sutper^  anbringen  unb  3Beifungen  l^in,  mittelft  ber 
auf  feinen  9tat  1527—29  borgenommenen  SSifttation. 

Sutl^er  fanb,  ba^  bie  3uftönbe  bad  @iirfc^eiten  einer  bi^^eren,  obrigleitlic^en  ®etoaIt 
erforberten.  @r  Uagte  fc^on  1525  über  3u(9tloftgteit  bed  SSolted,  Unbanf  gegen  @otted  u 
SBort,  Sanieberliegen  ber  Pfarreien  u.  f.  n>.,  tocgegen  ber  Sanbed^en  ftc^  atö  treued 
SBerljeug  bon  ®ott  gebrauchen  laffen  m5ge.  äluf  bie  $flic^ten,  toelc^  einer  c^riftlicf^en 
Öbrigleit  in  biefen  lird^tic^en  Singen  obliegen,  ftnb  toir  fc^on  im  SSorfte^enben  (oben  @.  735) 
^tngeffi^  toorben.  Sie  foS  überall  toe^renb  unb  ftrafenb  gegen  externas  abomina- 
tiones  ta>ie  gegen  publica  flagitia  einf^reiten,  —  foQ,  toie  Sutl^er  je^t  namentlich  in  ao 
feiner  Sorrebe  )um  SSifitatorenunterric^t  1528  erllarte,  aJDler  ^toietrad^t  unb^Slotten''  unter 
i^ren  Untertanen  toe^ren;  inbem  er  femer  in  i^  ben  SSormunb  ber  3^0^^  unb  aDer 
ber  religidfen  Untertoeifung  Sebürftigen  fie^t,  toiQ  er,  ba|  fte  auc^  toibecf))enftige  Stöbte 
unb  Sörfer  )um  Unterhalt  ber  ^rebiger  anhalte.  Unb  toeiter  foD  bann  ebenberfelben 
taKgen  bö:  ^o^eit,  bie  ti^r  ald  toeltlic^  Obrtgteit  bon  ®ott  berlie^en  ift,  auc^  innerl^alb  26 
ber  d^rifUid^en  ®emeinbe  ald  folc^er  unb  bon  feiten  biefer  ®emeinbe  eine  l^öl^e  @teQung 
mit  dejug  auf  bie  imterfirc^lic^en  älngelegeni^eiten  überl^u))t,  auf  bie  ^erfteQung  utw 
j^onbl^ung  ber  Kreislichen  Drbnungen  im  einjelnen,  bie  SefteQung  ber  einjelnen  tirc^« 
udfm  ämter,  bie  lird^lid^en  SSifitotionen  u.  f.  to.  juerfannt  toerben.  @o  foDen  in  Stäbten 
bie  Stabträte  aU  commembra  ec^clesiae  bie  ®eiftlic^en  berufen.  So  foDte  je^t  jene  so 
Sifttotion  burd^  ben  Iturfürften  angeorbnet  toerben.  3)ie  n>ir{(ic^e  älu^übung  folc^er  Se« 
fugniffe  gehörte  nac^  Sut^er  nic^t  )ur  obrigteitlic^en  ®eh)alt  ald  folc^er.  ®em  l^ötte  fte 
SiU^er  einem  ebangelifc^  gearteten  @)>if(o)>at  übertragen.  Slber  er  tou^e,  toie  er  in  jener 
Sorrebe  fagt,  leinen,  ber  „)um  redeten  Sifc^of«  unb  Sefuc^eramt  rechten  Sefel^l  l^atte,'' 
imb  bat  baper  ben  j^rfürften  ab  feine  bon  ®ott  berorbnete  Obrigfeit,  „ba^  S.  fturf.  86 
®n.  aud  Ariftlic^er  Siebe  (bem  Sie  nad^  toeltlic^er  Obrigfeit  nic^t  fd^ulbig  ftnb)  unb  um 
®otM  ttriuen  tooSten  etli^e  $erfonen  ^u  folc^m  9lmt  forbem  unb  orbnen."  S)>äter 
(1542  in  „@sem))el  einen  rechten  c^riftl.  6ifc^of  ju  toä^len'O  faat  er  bon  ben  ebangelifc^en 
%lrfien  [elbff,  ba^  fte  je^t  „Slotbifc^öfe  fein  muffen''.  —  llnber^  tooOte  bie  ^efftfc^e 
Sl^be  m  $omberg  1526  bon  ben  ebangelifd^en  $rin)it)ien  aud  bie  SiJxd^t  geftalten:«o 
nac^bem  auc^  bort  bie  ebangelifc^e  $rebigt  burc^  ben  t^ürften  eingeführt  toar,  foüten  nun 
ec^te  Selennngemeinben  bur^^  förmlichen  Zutritt  ber  einzelnen  ftc^  bilben,  unb  biefe  f oQten 
unter  einem  Sl^obalregiment,  in  toelc^  jeboc^  ^rft  unb  Slbel  eine  ^auptfteUe  behielten, 
ftc^  fetbft  regieren,  bad  Pfarramt  befteOen  unb  r^te  Qvid)t  üben.  Sut^er  aber,  bom  Sanb» 
grafen  befragt,  bertparf  jtoar  auc^  je^t  nid^t  eine  f olc^e  ^bee  an  ftd^,  ja  backte  felbft  noc^  46 
^r.  b.  29.  ÜRärj  1527)  an  eine  et^te  „Sammlung  ber  Sänften'',  toelc^er  allein  bad 
Itrc^ltc^e  Strafen  )uftel(;en  foQte,  unb  l^offte  fogar,  fte  f oQte  burc^  bie  SJifttation  angerichtet 
tofrben,  entgegnete  feboc^ :  „ic^  tann  noi)  nic^t  fo  tü^  fein,  fo  einen  Raufen  ®efe^e  mit 
fo  m&^en  äBorten  bei  \xn^  borjune^men'' ;  man  foQe  boc^  erft  toinlic^  Pfarren  unb 
Sc^tilen  mit  guten  ^erfonen  berforgen  unb  biefen  gel^drige  Slntoeifung  geben;  banad^eo 
möge  man  toeiter  ge^en,  toie  ftc^  bie  Sad^e  too^l  felbft  toerbe  geben  unb  }toingen.  Sad 
toor  benn  ber  ®runbfa|,  nac^  toelc^em  bei  ber  fäc^ftfd^en  äSifitation  berfa^en  tourbe.  Unb 
bie  (SrgebnifFe  berfelben  toaren  leine^toegd  geeignet,  jofort  )u  einem  Xrac^ten  nac^  ibealeren 
Skrfaffungi^tormen  ![Rut  ju  machen  ober  jene  bon  Sutl^er  felbft  1527  noc^  au^ef))roci^ene 
Hoffnung  )U  bertoirllic^en :  rusticis  nihU  disc^ntibus,  nihil  scuentibus,  nihil  oran- 66 
tibus,  nihil  agentibus,  nisi  quod  libertate  abutuntur  etc.  So  tritt  benn  ber®e* 
bonle,  im  Solle  eine  ec^te  Sl^riftengemeinbe  auc^  in  äußerer  SJerfaffungdform  barjuftellen, 
gerabe  fe^  boQenbd  ganj  jurüd  l^inter  bem  äSeftreben,  erft  burc^  ®efe^  ben  9{icbtcbriften 
)u  toe^n  unb  burc^  @bangelium  fte  erft  bem  toal^ren  S^ftentume  ju  getoinnen;  bad 
obieltibe  Itirc^entum  bleibt  bem  SSolte  in  berfelben  ^('nn,  toeld^e  ed  bei  @infüf^ng  ber  eo 

47* 


740  Siti^ 

9teformation  onnol^m,  auöf  femerl^m  gegenübetfte^en:  in  einem  bie  (Snabenmtttel  bar^ 
bietenben  Pfarramt  unier  bom  Sanbe^l^enn  eingef^en  unb  il^  ^^ctanttoütäidfm  Stftto« 
toten  ober  @u))erintenbenten ;  ba^  aber  nun  biefe  ^orm  eine  an  fic^  geforberte  fei,  ^ 
Sutl^er  fo  toenig  je  au^ef))ro(l^en,  afö  bie  Überjeuaung,  ba|  bie  3^tdnbe,  burd^  toeb^ 

6  fie  t^atföc^Iic^  geforbert  erfc^ien,  immer  biefelben  bleibm  müßten. 

^ie  SSifttation  fanb  alfo  ftatt  1527—1529;  bg(.  Surll^rbt,  ©efdbic^te  ber  fä^fftfc^ 
Jtirc^en«  unb  ©c^ulbifttationen  1524—1545,  1879.  3um  „MnitvA^U  ber  Sifttotoren 
an  bie  ^farri^erren'',  toelc^en  iDlelanc^tl^on  berfaf^te,  fd^rieb  Sut^er  bie  Sonebe.  @r  felbfl 
toar  feit  @nbe  Oftober  1528  in  einem  ber  Sejirle  ob  SSifttator  t^ätig.  —  Sluf  bie  Sifi« 

10  tation  ^in  entf))ra^  er  (bgl.  fc^on  in  ber  ,,beutf(^en  ÜReffe'O  einem  $au))tb^firfmffe, 
toelc^ed  befonberd  auc^  fie  toieber  and  fiid^t  geftellt  $atte,  inbem  er  1529  feine  betben 
Jtotec^idmen  erfd^einen  lie^  (bgl.  ben  9(.  Jtate^idmen  fiutl^erd  9b  X  @.  130  ff.). 

9Rit  ber  reformatorifc^en  S^ötigleit,  bie  Sutl^er  in  ber  Itirc^e  übte,  berbanb  flc^  enblic^ 
fel^r  enge   unb   grunbfa|mö|^ig  bad  toärmfte  ^ntereffe  fürd  @d^ulh)efen  (bgl.  StüfUetn, 

16  Sut^erd  @infl.  auf  bad  SSoI&fcbultoefen  u.  (.  h).  in  9ieu^  unb  6uni|,  Seitr.  ).  b.  t^eoL 
2Biffenf4,  IV,  6.89  ff.,  auc^  tn  bef.älbbruct  1852;  Schäfer,  De  llnfluence  de  Luther 
sur  r^ducation  du  peuple,  8tra8sb.l853).  @(^on  bie  2eidniger  Drbnung  ^e  ben 
^ugenbunterric^t  unb  jtamr  auc^  ben  ber  Wäbd^en,  für  ein  ^od^ndtiged  Slmt  emäxt  1524 
batte  Sutl^er  felbft  eine  @d(;rift  auiSgel^en  laffen  „an  bie  9latdl(^erm  aKer  St&bte  beutfd^ 

30  Sanbed,  ba|  fte  c^riftlid^e  Schulen  aufrichten  unb  leiten  foOen" ;  in  bemfelben  ^afyct  ber< 
lehrte  er  mit  ®))afatin  über  einen  @d^ul))(an.  @o  fc^Iiegt  benn  ouc^  berSifttotorenunter» 
xx6)t  mit  einem  Slbfc^nitt  über  bie  Sd^ulen.  S(ud  ber  nac^folgenben  Rüt  bgl.  befonberd 
bie  ;;$rebigt,  ba|  man  bie  Jtinber  jur  Sd^ule  leiten  foD''  1530.  —  @d  ift,  fo  le^  er, 
@ac^e  ber  Dbrigleit,  für  Srric^tung  bon  @<^ulen  ^u  forgen ;  bie  Jtinber  bo^in  )u  fd^iden, 

35  ift  eine  $flid^t  ber  @(tem,  ju  ber  fie  bon  ber  Obrigfeit  foOen  angelten  n)erben :  benn 
fürd  allgemeine  SBol^I  ift  aufd  bikpfte  baran  gdegen.  Sutl^er  bat  bobei  ^ubtfä(^U(^  hcA 
Sebürfnid  ber  Jtirc^e,  einen  iRad^lbuc^  fürd  ^rebigtamt  ju  befommen,  im  9(uge,  tboffir 
il^m  bor  aUem  ber  (bon  ben  äBalbenfem  unb  Söl^men  ju  il^rem  @<^en  bema(^Ufftgte) 
Unterricht  in  ben  alten  Bpxad^tn  bon  SBert  ift,  —  unb  femer  bad  Sebürfnid  U&  toldU 

30  liefen  Stegimented  (fo  aud^  ber  93i{ttationd<Unterric^t).  ^ied,  unb  femer  ber  Sinflu^ 
eined  tttoa^  einfeitigm  $umanidmud,  f^attt  jur  $olge,  ba|  bie  ^c^t  ber  reformoton« 
fc^en  S3eftrebungen  junö^ft  bod^  no^  nid^t  ein  allgemeine^  93oU»fc^uln)efm  toat:  3Rp 
lanc^t^on  im  SSifttationd-Unterric^t  rebet  bIo|  bon  gele^m  @d^u(en.  Sut^er  felbft  inbeffen 
fe^en  toir  auc^  für  SefteOung  einer  schola  vernacula   bejorgt  unb  nic^t  minber  ffir 

86  ÜRöb^enunterric^t,  toie  er  bmn  auc^  biefen  in  ber  @d^rift  an  bie  9tatdl^erm  allgemein 
geforbert  ^atte. 

^nbeffm  toar  bie  3(benbmal^Ufrage  ju  einem  ®egmftanbe  ou^ebe^en 
J{am))fed  unb  umfaffenber  £e^raudfü^mngen  für  Sut^er  l^erangetoac^fen.  @d^on  e^ 
Sut^er  bie  Xrandfubftantiationdlel^re   berloerfenb,   bod^    im  ®egenfa(   gegen    bie  2e^ 

40  ber  Sö^mifc^en  Srüber  (oben  S.  735,45)  für  bie  toirllic^e  (Segentoart  be«  Seibed  6^ 
öffentlich  eingetretm  toar,  ja  tool^l  fc^on  bor  feiner  3(breife  nac^  SBormd  1521  (bgL 
m.  S^eol.  S.«*  1,  395),  ^attt  er  bon  bem  9?ieberlänber  $oniu«  eine  fc^ftlic^  Xud^ 
fül^rung  ^ugefc^idt  erl^alten,  toorin  bad  „ift''  ber  @in{e^ungdn)orte  ci^  blo|ed  „significat'' 
gebeutet    mar.     Sut^er   lie^   biefe   3uf^^^u*^0    unbeantwortet     3^i*^d^^   ^^   ^^  ^^ 

46  fclbe  and)  gelangte,  acceptierte  bie  fc^on  feinem  bi^i^erigen  @tanb))unft  mtf))re(^enbe  S)eiM 
tung  unb  trug  fte  namentlich  in  feinem  commentarius  de  vera  et  falsa  rellgione  1525 
bor.  Sutl^er  aber,  ald  er  n?a^mal^m,  ba^  auc^3^ingti  unb  Seo^ubä,  femer  ouc^  Ddo* 
lampab  bie  ma^re  (Segenioart  bed  £eibed  6l^n{ti  bertoarfm,  erfc^im  i^  SCnfd^ouuns 
bon  bom^erein  in  engfter   IBeripanbtfc^aft  mit  ber  5larlftabtf(^en  unb  ber  fc^tbormerifc^^ 

60  falfc^en  geiftlic^en  überl^au))t.  Über  ber  heftigen,  ja  leibenfc^aftlic^en  @rreaung,  in  todäft 
\\)n  biefe  berfe^t  ^atte,  fe^en  mir  i^n  ju  einer  ml^igen  Prüfung  bed  Unterfc^idbe^,  ti^diffn 
bie  (Sefd^id^te  feit^er  ^ioifc^en  B^i^d^^i  unb  Jtarlftabt  genugfam  ertoiefm  fyd,  nic^t  tommen. 
^n  mancherlei  toeiterm  ©eftaltungen  —  tote  bei  ©c^toentfelb,  Jtrauttoalb,  —  f o^  er  boim 
bie  „^eft"  ber  „6aframentiercrei"  toac^fen  unb  über  bad  ©ebiet  bed   ebongeltfc^  8e» 

65  {enntniffe^  ft^  berbreiten.  @r  toei^  nic^t  anberd,  aU  ha%  enttoeber  er  felbft  ober  jene  b(9 
Satans  Wiener  fein  muffen.  Bai)  er  boc^  3^i"0^^  ^^^  ^^4  j4^"  ^  anberen  ^out^t^ 
ftücfen,  über  ,,  Saufe,  @rbfünbe,  ber  @aframente  ^rauc^,  du^erticp  SBort,  ungef^idte^^ 
lehren''  (Sr.  4,  25) ;  meinte  er  boc^  aud)  bei  ben  gegentoärtigm  „Salramentdrotten''  bot 
3)iün^erfd^en  älufru^rgeift  ju  erfennen.  Oeff entließ  ^eugte  er  ibiber  fte  1526  in  einer  So(» 

Gorebe  jum  (berbeutfc^ten)  Syngramma  Suevicum  gegm  Oelolam))ab.    2)ann  erfc^cn 


Snii^er  741 

bon  tl^m  (bod^  nic^t  bon  i^nt  felbft  Jf^ermigöegebcn)  em  „Sennon  D.  b.  Salramenten 

toiber  bie  ©d^toärmgeiftct"  unb  im  jjrü^ia|re  1527   ßob  er  eine  fltöfeere  ©<^ritt  ,,S)a6 

bicfc  SQSorte noc^  feftfie^en"  ^erau«.    Qwjtpifci^  f((^e6en  jegen  i^n  DeIolamt)ab 

unb  m  tt)iebet^oltenmaIen  B^ingli,  toobei  biefer  ftd^  eine  freunbhc^e  $a(tung  ju  geben 
berfu^te,  in  ber  2^t  ober  mit  berl^enbem  fc^ulmeifterlic^em  Xone  ]px€jd^.  Sut^et  tooQte  6 
boräuf  no(^  eine  le^te  unb  eingel^enbjle  9(u^fül^ng  geben  in  ber  @^rift  „3iom  9(benbs 
rncäfl  (SfyA^ü,  Selenntnid''  1528;  bie  Weitere  @ntgegnung  3^inglid,  ber  j^t  ouc^  grob 
unb  ^eftig  tburbe,  lie^  er  unbeantwortet.  3Bäl^renb  bann  Sanbgraf  $^i(ii)t)  im  ^inblidC 
auf  bie  Qro^e  ©efol^r,  ioe((^e  ber  Sleic^tag^befc^lu^  bon  @))eier  1529  unb  toeiter  etn  bom 
Jtaifer  mit  ^anlreic^  unb  bem  ^ßat)fie  gef^(off euer  ?^cbe  über  ben  $roteftanti^mud  brachte,  lo 
eifrig  eine  Bereinigung  mit  aDen  Xn^ngem  ber  Steformation  betrieb,  erRörte  fic^  Suti^ 
gegen  i^ed  Mnbnid,  in  toeId(;em  man  bie  Jte^erei  mit  ftörfen  l^elfe.  Unb  ju  bem  SSer» 
fu^  $^i)))9d,  burc^  ein  in  3Rarburg  )u  ^tenbed  ®ef))rä(^  Vereinbarung  in  benStreit^ 
j>unlten  l^bei}ufü^en,  lieg  er  jtoar,  opne  Hoffnung  auf  ©rfolg,  ftd^  l^erbei,  fanb  auc^  in 
bem  ®^pxäd^t  (1.  bid  3.  Ottober  1529),  bei  toelc^em  er  felbft  bem  bon  i^m  ftetd  ad)'  i6 
tung^  unb  liebeboQer  bel^anbelten  Detotam))ab,  3ReIan(^t^on  bem3tt)ing(i  gegenüberftanb, 
bei  feinen  ®egnem  bie  bon  i^m  borbem  nic^t  ertoartete  Übereinftimmung  mit  feinen  Ba^m 
in  betreff  jener  anberen  Se^unlte  (bgL  bie  bon  tl^m  felbft  aufgefegten  Xrttlel  ber  Slfer« 
einbonmg),  blieb  aber  in  betreff  bed  ^au))t))unlted,  ber  9(benbma^tele^,  im  9Biberf))ruc^ 
mit  i^en  *  bed^alb  ioeigerte  er  ful^,  fte  Srüber  ju  nennen,  obgleid^  er  ^eben  unb  Siebe  30 
»ifagte.  S)ie  dürften  felbft  mad^ten  bann  bie  Xmtal^me  ber  fogenamtten  Sd^toabac^ 
Sbtixel,  )u  toelc^en  er  jene  3Rarburger  nod^  umgearbeitet  f^cdtt,  )ur  Sebingung  ber  Xeit 
na^me  an  i^em  Sunbe.  —  9Bad  Sut^erd  ganje  Stellung  )u  biefer  Slbenbmal^t^frage 
betrifft,  fo  belannte  er  1524  (9r.  2,  577):  l^te  i^n  fünf  ^ä^xt  jubor  jemanb  berichten 
mögen,  bag  im  älbenbmal^le  bloged  Srob  fei,  fo  koöre  i^m  hiermit  ein  großer  3)tenft  ge«  25 
ti^  n)orben  unb  er  l^abe  felbft  auc^  ^arte  9lnf ec^tung  barüber  gelitten,  inbem  er  gefeiten, 
bog  er  bamit  bem  $c4)fttum  ben  grölen  $uff  bätte  geben  lönnen.  SOBad  i^n  aber  bei 
feiner  Xnnal^me  ber  too^ren  ®egentoart  bed  iSeioed  Sprifti  beirren  lieg,  toar  nic^t  ein 
bloge^  JUeben  am  Suc^ftaben  ber  Sinfe^ung^orte,  berglei(^  i^m  ja  fonft  nid^t  eigen 
tDar,  fonbem  bielme^  ber  l^eigbegierige  unb  banibare  ®ebanle  an  eine  folc^e  inbibibueQe  so 
Serfiegelung  unb  Darbietung  ber  burd^  biefed  Seibed  3:ob  geh)onnenen  Sünbenbergebung 
in  ber  realen  Darreichung  Am  biefe^  Seibe^  felbft,  unb  ^ugleic^  gegenüber  ben  3^^fdn 
an  ber  SRöglic^Ieit  einer  fold^en  ®egentoart  biefe^  menfc^lu^en  Seibed  cii  folc^en  ber  ®e« 
baute  and  boDe  @indtoerben  bed  ®öttli(^en  mit  bem  SRenfc^lic^en  in  biefem  ßeilanbe 
@^ftud.  hiermit  toeift  er  bie  Sintoenbungen  ab,  bag  bie  ®egentt>art  bed  Seibed  un^^  as 
nötig  unb  unnü^  unb  bag  fte  unbenibar  fei.  ^n  bem  „Setenntnid''  bom  älbenbma^le 
ftü^^t  er  fte  au(|  burd^  SSudfagen  über  breierlei  (fc^on  bon  @<^olaftilem  borgetragene) 
SBeifen,  in  benen  ®ott  unb  fo  auc^  ber  ®ottmenf4  S^riftud  unb  fein  £etb  an  einem  Ort 
fein  tömte :  nämlic^  localiter  (fo  nur  an  @inem  Orte),  definitive  ober  unbegreifliA  (b.  1^. 
räumlich  nic^t  gebunben  unb  ol^ne  eigene  Slaumau^^nung)  unb  repletive  (alle  Orte  40 
uiglei^  füllenb);  fo,  fagt  er,  tomme  auc^  bem  Seib  S^fti,  unb  jtoar  f(^on  bon  Sl^fti 
SRenJ^ioerbung  an  r^letibe  SQlgegentoart  )u,  mac^t  inbeffen  für  fein  @ein  im  älbenb« 
mal^tefatrament,  too  er  auc^,  ol^ne  bod^  räumlich  gdbunben  m  fein,  ftc^  bon  und  ^ben 
unb  greifen  laffe,  f))e)iell  feine  be^nitibe  SOlgegentoart  gelteno.  3)ag  berfelbe  aber  toirtUc^ 
fo  gegenn)ärtig  fei,  bafür  genügt  i^m  bad  @infe6ungdtt)ort  bed  $erm,  unb  bageaen  finb  45 
i^  aQe  auf  bie  Slöglic^leit  bejüglid^  @intoenbungen  ein  gottlofer  SSemunftbünfel.  @o 
be^arrt  Sut^er  auf  biefer  leibli^^en  ®e^entoart  unb  il^rem  äBerte.  9li(^t  minber  jebod^ 
^  er  ftetd  auc^  feft,  bag  nic^t  bad  letblid^e  ®eniegen  für  fu^  nü|e,  fonbem  nur  bad 
^inne^men  in  bem  (Stauben,  m  beffen  Slnregung  eben  bad  bem  ®nabentoort  ^ier  bei< 
gegebene  l^öc^fte  $fanb  bienen  foD,  unb  bag  ed  pidb  babei  l^ble  um  9tit^en  unb  ^eil  60 
für  bie  @eele,  mit  beren  ®enefung  bann  aud)  bem  i^eibe  gel^otfen  toerbe.  Sei  biefer  gan^ 
Sludfül^ng  barf  enblic^  nic^t  überfe^en  toerben,  bag  folc^e  SRomente,  toeld^e  in  biefen 
Streitf Triften  jurücttreten,  bedl^alb  nid^t  ettoa  bon  Sutl^er  i^t  über^au))t  l^intangefteOt  ober 
gar  aufgegeben  toerben.  Dad  ®egenteil  erl^eDt  aud  gleichzeitigen  unb  f))dteren,  befonberd 
pta!tt%\d)  popxdäxm  Schriften,  3.  ^.  ben  Jtatec^idmen  tmb  ber  „SSermal^nung  )um  Sa«  66 
troment  bed  ^erm''  1530.  @r  tamfsfte  gegen  bie  Sluffaffung  bed  SRal^led  atö  einer 
blogen  fymboltfc^en  ®ebä^tntdfeier;  bag  aber  toirtlic^  in  il^m  bad  ®ebad^tnid  Sl^rifti  ge» 
feiert,  fein  Seiben  unb  ®otted  ®nabe  geeiert  toerben  foDe,  fteOt  hod)  aud)  er  felbft  ioieber 
aü  erfied  ^in ;  unb  jioar  foD  ed  ein  5jf entlic^ed  ®ebä(^tnid  fein,  —  toed^alb  Sutl^er  f ogar 
Sebenfen  gegen  ^ribottommunionen  öugerte,    9Bad  fobonn  bie  ^^rud^t  bed  @atramented  ao 


742  iuOin 

für  ben  ®ente^enben  anbelangt,  f o  legt  er  bod  ^au))tgeh)t(fft  immer  toteber  auf  bad  SBort : 
;,für  eu^  gegeben'',  unb  l^termit  auf  bte  burd^  Sl^ftt  %oh  j^ergefteOte  Serfdl^mmg  unb 
SJergebung,  (e^  aber  jugleic^,  ba|  fo  bod  $er)  aud^  )ur  Stdbe  bed  Städ^fien  ectoettert 
unb  erfrifd^t  toerben  unb  ba|  ha»  ©alrament  felb^  aai^  bod  $er)  erfrifd^  »tr  Siebe 

6  bed  Släd^ften  unb  ,;bie  Stnigceit  ber  Sitten  in  einem  geifUid^en  Seibe  S^fK  bun^ 
einerlei  ®ei{l,  ®lauben,  Siebe  unb  Areu)  u.  f.  h).  borbilben  unb  )etg«t''  foQe.  ^Dagegen 
l^ot  Sutl^er,  fotoeit  toir  fel^,  nur  in  jener  @d^,  ,,ba|  biefe  iBorte  u.  f.  io''  bmn 
gal^e  1527,  unb  jtoor  im  9nf(^Iu|  an  SBorte  bon  %en&ud  unb  ^ilariud,  unb  in  einer 
(burc^  33.  Sietric^  l^auSgegdbenen)  $rebigt  ou^l  fo  ^(^  geäußert,  ab  ob  ber  fofroments 

10  lid^e  ®enu|  bed  Seibe^  QfyA^ü  burd^  ©laubige  aud^  birelt  (h)ie  ein  qfHtpfjoxov  A&a- 
vaoiag)  i^rem  Seib  etoiged  Seben  bräd^ite.  ÜberaK  fonft  erfd^t  bei  i^  me  Sejiei^ung 
auf  unfere  SeibUc^Ieit  fo  bermittelt  toie  im  @a|  be8  ®r.  ftaiec^idmud :  „ta>o  bie  6me  ge» 
nefen  ift,  ift  bem  Seib  aud^  gel^olfen/'  Geine  Sel^  bon  ber  SBAeutung  bed  abcnbma^ 
bleibt  b\»  ju  feinem  Snbe  biefelbe.    ®r  fa^  Tte  }.  93.  noc^  in  feiner  ed^  „Siber  bie 

16  32  9lrt.  ber  ^eologiften  ju  Sdtoen''  1545  barm  jufammen,  ba|  man  in  bemfdDben 
Vergebung  ber  Sünben  uno  ttoxat»  Sdben  l^abe. 

Unter  ben  gef%Iid^en  Su^ftd^ten,  h)e(d^e  eine  Sereinmung  ber  Kn^ger  bfr  Stefor» 
mation  fo  iDünfd^endtoert  gemad^t  l^en,  berfammelten  ftd^  bie  Steid^SfUcnbe  1530  mit 
bem  jtaifer  ju  9(uaiSburg,  too  enblid^  be^itib  Ober  bad  SSerl^ältnü^  be6  9lei<^  )u  ben 

20  ^roteftanten  entfc^teben  toerben  f oQte  (f.  9b  II  @.  242  ff.).  Sutber  bmrbe  bim  feinem 
jturfürften  in  Jtoburg  jurüdgelaflen;  t»  lonnte  bon  boml^ein  nicpt  bie  iRebe  babon  fein, 
ben  bom  Itaifer  unb  Sieic^  ©eäc^teten  nac^  älugöburg  mitjunel^men.  txa  8elennintd 
aber,  toelc^  in  9ug$burg  borgelegt  hmrbe,  berul^te,  burd^  ÜJldandj^on  geflattet,  auf 
SSorarbeiten,  an  h)e((^en  Sutl^  felbft  ben  h)efentlid(fften  Slnteil  l^atte:  bie  bon  ber  SUmf 

26  f effton  borangefteOten  toid^tigften  ©laubendfä^  geben  ben  ^rü^  ber  ®d^toaba<^  Xrtilel 
beinabe  boDftänbig  unb  gronenteild  mit  benfelben  SBenbungen  unb  Shtdbrücbn  toieber  (bgL 
Jtnaare,  Sut^erd  Slnteil  an  b.  SlugiSburg.  ftonfeffton,  1863).  ®r  biOigt  ben  Snttourf  am 
15. 2Rai:  er  toü^e  nid^t«  )u  änbem,  fömte  aud^  nid^t  „fo  fanft  unb  leife  treten''.  Sr  ffitk 
oUerbingd  ju  einem  fo  fel^  ma^altenben  S^0>^^^  fd^toerlid^  \t  felber  innerlich  ft(^  be» 

aoftimmt  gefunben;  er  erd^  am  29.3uni:  pro  mea  persona  plus  saus  oessum  est; 
er  fann  aud^,  ali  bie  gute  älbfu^t  bed  SJla^Itenö  mi^ungen  mx,  bie  Semerhmg  nid^ 
jurüdt^alten:  „Satan  bene  sensit  apologiam  vestram  Seifetretterin  dissimulasse  ar- 
ticulos  de  purgatorio,  de  sanctonim  cultu,  et  maxime  de  Antichristo  Papa". 
^nbeffen  bem>al^rte  er  ftc^  felbft  üb^avcpt  bagegen,  ba^  man  feiner  Slutorität  folge.  ®ro^ 

86  artig  ift  bte  Suberfu^t,  bie  er  toäl^enb  ber  fc^toanlenben  SSerl^anblungen  unberrädft  )u 
®ott  l^egt,  unb  mit  ber  er  2:^eoIogen  unb  ^olitiler,  feinen  fturfttrften,  ben  Jlan^er  Srfid, 
ben  ÜRelanc^tl^on  in  feinen  Jtoburger  Briefen  ju  beruhigen  h)eig.  SSertrauen^ou  folgt  er 
auc^  ben  ©d^ritten  fernem  leife  tretenben,  Sermittelung  erfe^nenben  greunbe»,  obgleich  ein* 
ma(  längere^  äludbleiben  bon  Briefen  au^  9(ugdburg  feine  Ungebulb  erregte  unb  9)lelan<^ 

40  t^on  anberen  toegen  au  großer  92ad^iebigleit  berbädptig  h)urbe ;  er  felbft  fte^t  fc^on  bei 
Uebergabe  ber  ^onfeffion  leine  ÜJlöglid^Ieit,  nod^  mei^r  nac^jugeben,  giebt  ccadf  hcXb  aOed 
hoffen  unb  SBünfd^en  in  Setreff  einer  Sereinigung  auf  („doctrinae  conoordia  plane 
impossibilis,  nisi  Papa  velit  papatum  suum  aboleri"),  l^offt  bagegen  fe^t  nod^  auf 
eine  ,,})oHtifc^e  (Sintra^t",  b.  ^.  auf  eine  gegenfeitige  ftaatKd^e  ©ulbung  ber  beiben  Sleli« 

46  gion^lparteien  im  Sleid^e.  @r  jeigt  l^ierin  je^t  unb  aud^  fonft  einen  Haren,  tiefen,  geraben 
Slid  in  bie  trennenben  ®runbfragen,  toie  i|n  ÜRelanc^t^on  nid^t  befa^;  er  nimmt  aber 
bennoc^  biefen  toarm  in  ©d^u|,  —  ru^ig  in  bem  ®ebanlen,  ba|  6|rtftu«  lebe;  er  felbjl, 
Sutber,  toerbe,  ipenn  bie  ©einigen  je  „ben  Slbter  in  ben  ©adt  ftedten  liefen",  fid^  lommen 
unb  il^n  befreien  (S5r.  4.  155). 

60  SBS&^renb  ber  Sieic^abfdS^ieb  ben  ^roteftanten,  bamit  fte  fic^  untem)firfen,  nur  no(^ 
fur^e  Sebenl^eit  geftattete,  lie^  ber  Jtaifer,  ba  bie  ))roteftantif(^en  9Ieid^fürfiten  unb  ©tobte 
je^t  ^u  einem  feften  Sunbe  in  ©c^mallalben  fid^  jufammenfd^loffen  unb  )uglei(^  bie  ©e« 
fa|r  be^  Sürfentriege^  brängte,  bod^  n?ieber  SergleiA$berfu(^e  bome^men.  ©ie  fül^rten 
jum  Slümberger  Sleligion^frieben  1582,  b.  1^.  toxttlxq  ju  einer  „jjolitifd^en  @tntra(^t"  in 

66  jenem  ©tnne,  bte  bid  ju  einem  entfd^etbenben  aQgemeinen  Jtonjile  beftel^  foBte.  Sut^ 
|atte  bei  ben  Ser^anblungen  barüber  bie  $flic^t  ber  9{a(^iebigleit  gegen  bie  })rotefiam 
tifc^en  dürften  felbft  mit  großem  92a^bru(te  geltenb  gema($t:  toer  )u  l^art  fc^neuje,  ber 
^mtngc  Slut  ^eraud;  fie  foQen  ftd^  begnügen,  für  fic^  felbft  %neben  ju  betommen:  treten 
anbere  il^rem  ®laubm  bei,   fo   bürf e  man  bie«  biefelben  auf  eigene  ®efal^  t^un  lajfen ; 

eo  einem  fat^oltfc^en  ^rften  felbft  bürfe  man  o^nebie«  fo  h)enig  ^umuten,  feinen  Untert^en 


inOfct  743 

bad  (Sbattgeltum  freizugeben,  a(d  ein  ))rotefiantifc^er  ftd^  S^axiQ  t)on  anbeten  gefallen  (ie^e, 
mit  feinen  Untert^onen  }u  ma^en,  toai  jene  tooDten. 

Sugleid^  toor  feit  bem  Sleid^tag  bon  ©jjeier  1529  unb  Slug^burg  bic  %t%t  befon« 
berd  bringenb  getvorben,  ob,  toenn  ber  jtaifer  ben  ^eben  bertoeigere,  bie  ^^ürften  auc^  ju 
betoaffnetem  SBBiberftanbe  beredj^tigt  ober  gar  bertjflid^tet  feien.  2Bir  ^örten,  toie  Sutl^er,  6 
bon  ber  äBartburg  jurüdfe^renb,  burd^aud  leinen  folc^en  @d^u^  gegen  ben  jtaifer  tooDte. 
SUic^  nod^l^et  erllörte  er:  ein  fjürft  muffe  ben  Äaifer,  cii  feinen  $erm,  gegen  bie  Unter* 
tl^en  nad^  belieben  einfc^reiten  (af[en,  toenn  er  einen  berfo(gen  ober  gefangen  f e^en  toolle. 
®egen  @d^u|s  unb  Xru^bttnbniffe  unter  ebangelifd^en  ^jften  l^atte  er  immer  grof^e  9lb« 
neigung,  er  ptrd^tet,  e«  toerbe  barin  auf  menfd^Ii^en  23i^  unb  $Ufe,  anftatt  auf  ®ott  lo 
bertraut :  unb  ©ebraud^  ber  ®etoaIt  gegen  ben  Jtaif er  bertoirft  er  o^nebied  unbebingt ;  ber 
jtaifer  fei  ftaifer,  aud^  toenn  er  Unrecht  t^ue,  unb  e$  toerbe  burc^  fein  Unrecht  bie  $flid^t 
bed  (Se^orfamd  für  bie  Untert^anen  nic^t  aufgehoben.  @o  (e^rte  Sut^er  nod^  fe^r  be* 
ftimmt  6.  SRörj  1530,  lo%enb  j.  S9.  Sugenl^agen  1529  mit  Berufung  auf  ba«  SOte 
a:eftament  für  ben  gaD,  ba|  bie  laiferlic^e  (Setoalt  gegen  ®otte«  SBort  ftd^  le^re,  ober  i6 
ba^  ber  Dber^en  al«  Sergetoaltiger,  SKörber  unb  lürfe  aufträte,  ben  c^riftliAen  gürften 
©etoalt  erlaubt  ober  otelmel^  getoaltfame  SSerteibigung  il^rer  Untertl^anen  geboten  l^tte 
(^ortleber,  $anbl.  u.  äu^fc^r.  b.  b.  Urf.  b.  teutfc^en  iWea«  u.  f.  to.,  ZI  2,  S3b  2  C.  3). 
£u^  nac^  bem  Sleic^dtage  bon  1530,  ati  ber  Sd^maltalbifd^e  Sunb  gefc^Ioffen  tourbe, 
toomte  2utl^  forttoö^renb  babor,  im  SSertrauen  auf  jJIeifd^eÄtrm  etlüa«  bergleid^en  ju  ao 
untemel^men,  ja  bel^ielt  feine  Slbneigung  gegen  Sünbniffe  übertäubt,  mahnte  femer  ftet« 
bringenb,  bad  aRöglid^fte  «i  t^un,  um  ben  grieben  ju  loal^ren.  SlDein  feine  Sluffaffung 
ber  gh^age,  ob  man  bem  Raifer  toiberfte^en  bürfte,  geftabete  ftc^  i^m  je^t  babun^  anberd, 
bafe  er,  angeregt  burc^  bie  ßrllärungen  ber  S^^S^/  über  ben  ß^aralter  ber  9leid(;«ober* 
getoalt  felbft  beftimmter  refleltierte.  ®iefe  bebujierten:  bie  beftel^enben  laif erliefen  ®efe^e26 
felbft  0>«  ^öifer  felbft  in  feinen  ©efe^en'O  geben  einen  SOBiberftanb  in  fällen,  toie  bem 
borliegenben,  ju,  nämlid^  bei  ö^entlid^em,  notorifc^en  Unred^t,  toie  ba,  too  ber  Jtaif  er,  fo» 
lange  nod^  eine  9())))ellation  (toie  l^ier  an  ein  Aonjil)  anj^öngig  fei,  )ur  ©träfe  fd^reiten 
tooue.  Sann,  fagt  er,  toürbe  allerbingd  auc^  biefe  Seftimmung  felbft  mit  ju  bem,  toaiS 
bed  Jlaiferd  fei,  gehören ;  ed  gölte :  lex  statuit  resistere,  —  ergo  resistendum  est.  so 
»r.  4,  222.  darüber  nun  aber,  ob  ^  toirIli(^  mit  bem  befte^enben  Siechte  fo  ftc^  ber» 
^alte,  toeift  er  bie  (Sntfc^eibung  böHig  bon  ben  Geologen  ab  an  bie  ^[urifien.  92ur  fo 
biel  fe^en  toir  ü^n  gerabe  ^ienn  au^  in  betreff  ber  Siechte  felbft  febr  beftimmt  al«  aß« 
gemeine^  $rin^i))  borau^fe^en,  ba|  man  nid^  irgenb  toeld^e  einjelne  öul^ere  fjform  bed 
loeltlid^en  jRegimente«,  toie  ettoa  bie  abfolutiftifd^e,  fonbem  jebe^mal  nur  bie  in  ben  ein*  36 
mal  JU  Stecht  befte^enben  ©efe^en  begrünbete  ald  göttlid^  fanltioniert  angufe^en  fyA^. 
3)ie  (Sntfc^eibung  barüber  aber,  toad  toirflid^  Slec^tend  fei,  l^en  alfo  bie  ^uriften  auf 
t^  ®etoiffen  ju  nehmen.  ®ene^migen  fte  ein93ünbnid  jum  SQSiberftanbe  gegen  ben  Jtaifer, 
fo  tonnen  bie  X^eologen  um  jened  fleifc^lic^en  Vertrauend  toiQen  immer  nod^  abraten; 
allein  red^tmä^ig  bleibt  bad  Sünbni«  bermöge  jener  Siechte.  —  6r  felbft  tnrebigte  bann  «o 
offen  bie  rechtmäßige  SRotloel^  in  einer  „Sßamung  an  bie  lieben  S)eutf(^",  1531,  — 
oud^  ^ier  auf«  Siecht  unb  bie  guriften  ftc^  berufenb ;  äufru^r  fei  nur,  toenn  einer  tootte 
„fcttft  §err  fein  unbSRec^t  fteuen".  9lur  nod^  beftimmter  unb  allgemeiner  lauten  fbätere 
©äi^e,  im  Saläre  1539:  „toie  ba«  (gbangelium  ber  Dbrigleit  »mt  be[tätigt,  alfo  beftärtgt 
ed  auc^  natürliche  unb  gefegte  SRed^te ;  —  unb  ift  nic^t  ßtoeifel,  ein  jeber  SBater  ift  fc^ul*  46 
big,  nac^  feinem  SSermögen  'Beib  unb  Jtinb  toiber  öffentud^en  ÜRorb  ju  fc^ü^en;  unb  ift 
lein  Unterfc^ieb  jtoifc^en  einem  $ribatmörber  unb  bem  Jtaifer,  fo  er  außer  feinem  Xmt 
unred^t  ®etoalt  unb  befonberd  ö^entlid[^  ober  notorie  unrechte  ®etoalt  bomimmt;  benn 
öffentliche  violentia  l^ebt  auf  atte  ^flid^ten  jloifd^en  ben  Untertl^anen  unb  Dber^erm  jure 
naturae"  (Sr.  6,  223,  5,  161).  SKan  beachte  l^ier,  toie  Sut^er  nunmel^r  noc^  toeitereo 
jurüdge^t,  bi«  auf  bie  aHaemeine  gorberung  eine«  3?aturred^te« ;  er  fagt  aud^  bon  biefem 
Sed^te  nid^t,  baß  e«  eine  beftimmte,  fo  ober  fo  befc^ränlte  Slegierungdform  forbere,  — 
tool^l  aber,  bie  ))ofttibe  S3efc^ränft^eit  ber  Jtaifergetoolt  al«  Z^ad^t  boraudfe^enb,  baß 
beim  Zerreißen  fotc^er  ©c^ranfen  ba«  Slaturred^t  felbft  ben  SBBiberftanb  erlaube. 

9(eue  frieblic^e  Ser^anblungen  mit  ber  fot^olifc^en  Äirc^e  lamen  baburc^  toiebcr  in  e6 
Anregung,  baß  ber  ^Oip\i  SereittoiQigfeit  au^\pxai),  ein  Jton^il  }u  berufen,  ©ein  SRuntiu« 
98ergeriu«  fam  felbcr  im  SRobember  1535  mit  Sut^er  in  SBittenbera  (auf  ber  2)urd^reife 
^um  Äurfürften  bon  S5ranbenburg)  jufammen;  er  mußte  biefem  geftel^en,  baß  er  e«  l^ier 
in  bielen  ©tücfen  bod^  anber«,  al«  berichtet  getoefen,  gefunben  ^abe.  Sut^er  glaubte  an 
feinen  emftlic^cn  guten  SBillen  beim  ?Jo^fte,  fo  fe^  er  felbft  ein  toa^^aft  freie«  c^rift*  eo 


744  inäitt 

lid^ed  jton^tl  getoünfd^t  ^ättc ;  inbeffen  erbot  er  jtd^,  )um  JtonjU,  too  man  ti  immer  ^en 
mi^e,  „mit  feinem  $alfe''  ju  lommen.  9(1^  bann  bad  Jtonjil  toirOid^,  unb  )toar  ol{^ 
toeitere^  jur  ,,@£ftir))ation  ber  aiftigen  lut^erifc^en  jte^erei''  au^efc^eben  ta>urb^  meinte 
er  in  einem  Sebenlen,  man  foQe  ftd^  l^erburc^  nic^t  obfd^reden  loffen,   fo  ba|  man  bie 

6  Xeilnal^me  im  SSoraud  bertoeigem  Mrbe:  eben  l^ierauf  fei  e8  Don  ben®egnent  abgefe^, 
inbem  fte  fo  einen  XeufetöIo)9f  fd^eu^lid^  fürftedten.  @r  f^e,  bom  iturfürften  beauftragt, 
Srtifel  für  ha9  Jtonjil  auf,  toelc^  in  aQer  Schärfe  ben  Segenfo^  gegen  bad  ))at)i^f^ 
3)ogma  unb  Jtirc^entum  aufragten  (bgl.  b.  3(.  ,,@(l^mallalb.  3(rtim");  mit  @ntfc^eben$eit 
\pxui)t  er  an9,  ba^  ber  $a))ft  ber  ^;r^te  Snbec^rift  ober  SEBiberd^ff'   fei;  er  fe|t  ben 

10  ^ciH,  ba^  ber  $a))ft  feinet  Xnftmu^  auf  götäic^e  Sered^tigung  fu^  begebe  unb  nur 
nod^  al^  ein  burd^i  3)lenf(^en  em>ö^Ited  Qoülpt  gelten  tooDe,  meint  aber,  bied  fei  urnndgüc^ 
unb  ed  h)äre  bamit  ber  @^ftenl^eit  erft  nid^t  geholfen,  toeil  bann  ben  ^ßaäfjt  Serac^tung 
treffen  unb  bie  Flotten  nur  june^men  toürben;  man  bgl.  auA  ^ier,  n)ie  bemt  Shtgdburger 
Sleid^tag,  bie  SSerfd^iebenl^eit  bei  Sut^erd  unb  SRelonc^t^ond  Slitf  (bgL  bed  (eueren  3ufa( 

ifi  ^u  feiner  Unterfc^rift).  Ser  Sunbedtag  ju  Sc^maßalben  (^ruar  1537),  für  todd^  er 
jened  Sebenlen  au^efteQt  l^otte  unb  auf  todi^tm  er  felbfl  antoefenb  toar,  toegen  fd^tixrer 
@rlran{ung  aber  bor  bem  ©d^Iug  abreifte,  (el^nte  bann  bieXdlna^me  an  bem  jtonjil  ob. 
—  Seine  3(nft(^t  bon  Jtonjilien  überl^au))t  enttoidCelt  Sutl^er  1539  in  ber  @ärift:  „Son 
ben  Soncilüd  unb  Jtirc^en''.    93om  $abfte  unb  einem  päip^xd^m  Jtonjil  fei  leine  Slefor» 

30  mation  ju  ^offen,  toeil  ber  $abft  im  SSoraud  )um  Sel^anen  bei  feiner  eigmen  Sd^e  ber> 
))fli(^te.  ^ber  aud^  bie  alten  Konsilien  unb  bie  SSäter  fönnen  nid^t  ald  DueQ  einer  9le* 
formation  angefel^en  toerben;  SSöter,  toie  Sem^b  unb  9(uQuftin,  toeifen  felbft  )um  m> 
f)9rüng(i4ten  9om  ber  l^eil.  @d^rift;  unb  tooQte  man  bie  emjelnen  äußeren  S^ungen 
ber  Jtonnilien  geltenb  mad^,  fo  toürbe  man  fd^on  t>om  erften  jerufalemifc^  an  m  ©e? 

26  böte,  bie  man  bod^  nid^t  tooDe,  unb  in  2Biberf))rü(^  ftd^  bem>idfeln ;  bie  gan^e  2^  bed 
d(;riftlid^en  ®laubend  ober  (äffe  nid^t  <mi  allen  SS&tem  unb  Jtonjttien  jufammen  ftc^ 
Hauben,  unb  bad,  tooburd^  bie  JtirAe  Seftanb  bellten  l^e,  feien  nic^t  fte,  fonbem  nur 
bie  l^eil.  @(^ft,  toeld^e  bor  il^nen  beftanb  unb  ani  tveld^er  auc^  fte  il^  £el^  Ratten, 
^ie  bier  $au))tconcUia  nad^  einanber  bel(^anbelnb,  jeigt  bann  Sutl^er,  toie  bie  eine  ta)efent>' 

80  (id^e  3(ufgabe  eined  jeben  nur  getoefen  fei,  Rare  ©runblel^ren  ber  1^.  @(^^  )u  ber* 
teibigen;  im  übrigen  beftätigte  bie  ©efc^id^te  ben  9lu$f))rud^  ©regord  bon9{a)ian),  tvonoc^ 
man  oller  Sifd^öfe  SoncUia  bon  toegen  i^rer  S^uc^t,  il^red  3<ntled  u.  f.  to.  fliegen  muffe. 
@o  berbietet  benn  Sut^er  jebem  AonjU,  neue  ©laubendartifeT  ju  fteDen  ober  nmt  gute 
SSerte  anjubefe^len,  toeil  auc^  biefe  oOe  fd^on  in  ber  @d^rift  gelel^  feien,  ober  Zeremonien 

86  bei  @efa^r  bed  ©etoiffend  aufjulegen  u.  f.  h).  Sin  fionji!  foQe  nur  mit  Semut,  tvie  ein 
®erid^t,  nac^  bem  alten  Steckte,  b.  ^.  nad^  ber  ^eil.  Bdpc\^,  Urteil  \pvt6)m,  h)0  9{ot  beS 
Glaubend  ed  erforbere,  unb  banad^  bie  neuen  ©tauben^artUel  unb  neuen  3BerIe  bertoerfen. 
^ierju  mü|te  man  red^t  grünblid^  in  ber  @d^rift  geleite,  emfUid(f  (Sott  jugeti^e  3Ränner 
unb  hierunter  auc^  etliche  bom  toeltlid^en  Staube  (benn  ed  ge^e  auc^  fte  an)  {ufammen« 

40  laben.  @d^toer  möge  ein  folc^ed  Jtonjil  ju  erreichen  fein ;  toollten  bie  übrigen  c^riftlid^ 
^rften  ed  ntc^t,  fo  ipäre  toeniaftend  ein  b^obiniielled,  beutfc^ed,  ju  toünfd^;  muffe  man 
ganj  an  einem  berjtoeifeln,  fo  foQe  man  bie  @a(^e®ott  befehlen  unb  inbeffen  bie  Ileinen 
unb  jungen  ßoncilta,  ba«  ift  5ßfarren  unb  ©d^ulen,  förbem.  3""^  ©<^luffe  fügt  Sut^ 
feiner  Sd^rtft  nod^  eine  Slu^fü^rung  über  ha&  toal^re  3Befen  ber  Jtird^e  überl^K^t  bei,  — 

46  bie  mid^tigfte  über  biefen  ©egenftanb  axi^  jener  3^^.  !^ebt  nic^t  minber  ald  frü^,  ba 
i^n  bie  öulerlic^  greifbare  Jlird^engemeinfc^aft  audftieg,  fte$t  Sutl^er  bie  Jtirc^,  anftatt  in 
irgenb  foldjcr  äußerer  ©emeinf^aft,  bielme^r  nur  in  ber  ©emeinfc^aft  ber  ^eiligen,  in 
toeld^en  S^riftud  lebt;  folc^e  erfenne  man  am  ©ebrauc^e  ber  ©nabenmittel  unb  @(^lüffel 
famt  Seftedung  ber  lirc^lid^en  Smter,   am  Seten,  am  3:ragen  be$  l^eil.  Jlreu||ed;    tmb 

60  ^iergu  fomme  bad  allerbtngd  minber  getoiffe  3^^^/  ^^i  f^^^  bom  ©etfle  gel^eiligt,  coiif 
ber  gtoeiten  3^fel  SKofe  in  i^rem  ©anbei  entf)}red^en. 

Bd)öm  Slu^ftc^tcn  l^atten  ftd^  unterbeffen  für  bie  äußere  @rtoeiterung  be$  ebongelifc^ 
©ebteted  burc^  S^egententoec^fel  im  ^erjogtum  Sac^fen  unb  in  fturbranbenburg  eröf^tet 
unb  erfüllt.    §erjog  §einrtd^  unb  Äurfürft  Qoac^im  II.  (1539)  nahmen  bie  Sieformation 

56  an.  Sut^er  felbft  tourbe  na^  2eij)jig  berufen ;  er  })rebigte  an  ?Pfingften  bor  bem  $ofe, 
eben  jene  Se^re  bon  ber  ^irc|e  neu  bejeugenb.  ^ie  neue  Sranbenburger  Orbitim^  toor 
in  $infi^t  auf  bie  alten  Zeremonien  fo  fonferbatib,  toie  leine  attbere;  Sutl^er  memt,  fo 
toeit  nur  ba^  gegen  bad  (Sbangelium  SSerfto^enbe  entfd^ieben  abgetl^an  toerbe,  mö^e  man 
fidj^  ba^  anbere  immerl^in  gefatten  laffen,  —  übrigen^  nid^t   o^ne  &fott  über  bte  8i«b» 

60  ^abereien  ^l^er  Äurfürftl.  ©naben, 


Sitt^cr  745 

Sttood  nod^  etl^ebenbered,  aber  fretltd^  oud^  bon  bornBetein  ettDad  fcl^  Unftc^ered 
fydU  bte  ^offtmng,  toeld^e  fd^on  jubor  in  Setreff  einer  ^Bereinigung  unter  ben  $ro< 
teßanten  felbft  über  bie  9(benbmal^(äel^re  ftd^  ju  bem^irflid^en  fd^ien.  Su^er,  ber  überaus 
ftebfame  SJermittler  (f.»b  III,  609  ff.),  ^e  fc^on  1530  in  «oburg  j)erfönUc^  mitSut^er 
baiüber  berl^beli  Sut^er  liegte  faft  unübertoinblid^e^  SRi^trauen;  er  felbft  fönne  in  6 
9&dft&  toeid^en;  tooQen  bie  ®egner  bie  toa^re  ©^entoort  be$  Seibe^  einmal  toirdic^  ju« 
geben,  fo  begreife  er  nic^t,  toorum  fte  noc^  an  äußerer  Darreichung  für  ben  ![Runb  ber 
impii  ^  flogen.  So  toeit  bann  auc^  Su^er  na^igab,  fo  glaubte  Sut^er  boc^  nur  um 
fo  loemger,  ba|  bemfelben  bie  anberen  folgen  toerben.  daneben  \pxai)  er  forttoöl^enb 
über  3|^inQli  unb  feinen  Untergang  ungef^eut  bad  ^ärtefie  Urteil  aud  unb  hnimte  bor  lo 
ieber  Slemetnfd^  mit  feiner  Sel^e.  9(ber  ald  er  über  Ser^offen  aud^  bie  anberen  Ober« 
beutfc^  nad^iebig  toerben  fa^,  ba  tourbe  aud^  feine  Se^fuc^t  naiä)  (Sintrad^t  unb  bie 
^etibe,  mit  ber  er  il^  entgegenfa^,  in  ben  l^erjlid^ften  SBorten  laut.  3Bir!It(^  f(^lo|  er 
1536  eine  Äonforbia  mit  jenen  in  SBittenberg  ab  (f.  3*®.^  17,  222  ff.).  SSon  i^  Seite  tourbe, 
unter  tl^dd^lic^er  S3er(eugnung  be$  3^i"dfi<^^i^^udf  ^  9nerfennung  ber  toa^ren  ®eaen«  i6 
toort  bid  lu  ber  bon  i^|er  geforberten  Konfequen)  borto&rtd  gegangen,  ba|  ber  Seib 
oüd^  bon  Den  Untoürbigen  em))fangen  toerbe.  dagegen  ging  Suil^er  nic^t  fo  toeit,  a\xA 
SCnerlemtung  eined  @m)9fangend  burd^  eigentliche  impii  ju  forbem,  unb  e$  blieb  fo  bod; 
noc^  Slaum  für  9u|enS  Sleinung,  ba^  ein  @m))fang  bei  biefen,  n&mlid^  bei  ÜJlenfc^en, 
toelc^e  „aKed  berlac^en  unb  gar  ntd^td  glauben'',  ni^t  ftattfinbe,  fonbem  nur  bei,  toemt  20 
au(^  untoürbigen,  fo  boc^  ben  Sinfe^ung^toorten  glaubenben  @^ften.  2Btr  tonnen,  ie 
befttmmter  Sut^er  fonfl  gerabe  auc^  auf  bie  5lonfequen)en  bringt,  nid^t  um^in,  in  biefem 
3ugeflänbnid,  ba|  bon  ben  impii  gefc^toiegen  toerbe,  überl^u^t  eine  Unfic^er^eit  in  Setreff 
ber  S^^  toal^unel^men,  toie  toeit  benn  toirKid^  aud  ber  objeltiben  ®egentoart  unmittet 
bor  oufd  @m))fangentoerben  burc^  ben  9Runb  aQer  @enie^enben  gefc^loffen  toerben  muffe.  26 
Sut^  fetbfi  fc^eint  fu^  nic^t  beftimmter  über  fein  3^0^^^^^^^  au^ef))ro(i^en  m  l^en. 
SQlem  nad;  gebadete  er  toirUid^  felbft,  bed  erfe^nten  ß'eled  toegen,  ie^  ein  Sluge  ju» 
jubrüden.  So  fc^eb  er  benn  1537  felbft  auc^  freunblic^  an  ben  Sanier  Sürgermeifter 
unb  an  bie  Sd^toeijerorte;  er  toei^,  baft  bort  noc^  ®egner  finb  unb  fo  gro^e  R^ietrac^t 
iä>ztfyaapt  mäft  fo  leicht  unb  o^ne  Starben  ju  l^eilen  ^egt,  ^offt  aber,  bad  trübe  SBaffer  so 
toerbe  fu^  bod^  fe^en.  Über  S^'^d^i  betennt  er  (an  Suuinger  1538),  il^  feit  ber  ![Rar« 
burger  3ufammen!unft  ))erfönUc^  für  einen  virum  Optimum  gehalten  ju  l^en.  Die 
S4itoei)er  liegen  ftd^  jebod^  nid^t  bal^in  bringen  jene  5lonIorbie  anjunebmen,  unb  Sutl^er 
ni^t  bo^in,  ba|  er  bon  ber  jtoifd^en  il^m  unb  ibnen  noc^  beftel^enben  Differenj  abgefel^en 
botte;  er  tooQte  nur  ^eben  unb  freunblid^ed  SSertragen,  mit  ber  Hoffnung  auf  oum&l^  as 
li(^  nod^  toeitere  (Sinigung. 

Dad  Streben  nac^  möglic^fter  Bereinigung  mit  ®lauben^enoffen  jeigte  Sut^er  ba« 
mold  in  noc^  l^bl^erem  ®rabe  in  ber  Slnertennung,  toeld^e  er  tro|  aller  Differenzen  ben 
bd^mifd^en  Srübem  fc^enfte.  9lac^  bem  2^obe  bed  Senior  2u(a^  1528  traten  unter  biefen 
jjüngere  ![Ränner  an  bie  S))i$e,  toelc^e  ben  SBittenberger  @inflüffen  löngft  offener  geftanben  40 
botten,  bor  allen  ^[o^ann  älugufta,  bon  jeftt  an  bad  eigentliche  $au))t  ber  ®emeinbe  (bgl. 
9b  III,  458  f.).  91U  nun  bie  Srüber  1533  eme  für  ben  ÜKartgrafen  ®eorg  bon  Sranbenburg 
befkimmte  9l))ologie  il^re^  ®laubend  beutfc^  ^erau^aben,  fd^rieb  Sutj^er  eine  SSorrebe  baju. 
Xugufta  lam  mit  anberen  älbgeorbneten  felber  nac^  SBittenberg.  Die  Srüber  l^atten  1 535 
ein  Selemttnid  an  Jtönig  ^binanb  übergeben  unb  berfagten  je^t  auc^  eine  neue,  an  iene  45 
frül^ere  ftc^  anlel^nenbe,  aber  fel^r  umgeftaltete  9l))ologie^  Sutper  ^alf  beibe  Schriften  jum 
Drude  fihrbem  unb  gab  bem  Sefenntnid  felbft  toieber  emeSSorrebe  bei  (1538).  9(ud^  noc^ 
in  i^  neueften  S^rift,  ber  neuen  9t))oIogie  (in  Balth.  Lydii  Waldensia  etc.,  Ro- 
terod.  1616,  sect.  II,  p.  92  sq.),  toar  il^re  S^ec^tferttgung^le^re  nid^t  )ur  lutl^erifc^en 
getoorben  (fte  unterfc^eiben  einen  boip))elten  Sinn  bed  $fi$orted ;  im  jtoeiten  Sinne  fäDt  60 
t^nen  bie  ^Rechtfertigung  mit  ber  toiebergebörenben  I^ötigleit  ®otted,  im  elften  Sinne, 
old  eine  auger  ben  3Renfd^en  erfolgenbe,  mit  bem  borangegangenen  ertoö^lenben  fHaU 
fd^Iuffe  ®otte^  jufammen);  unb  in  Setreff  beg  Slbenbmal^le^  lehrten  fie  jtoar  —  quod 
panis  —  est  corpus  Christi  praesentissime,  ^ielten  ober  hierbei  benno((^  feft  an  ber 
Unterfc^ung  ber  fahamentalen  @egentoart  ald  einer  f))irituellen  bon  bem  „personalis  u 
seu  corporalis  essendi  modus",  in  $infi(^t  auf  toelc^en  Sl^riftu^  nic^t  auf  ber  @rbe, 
fonbem  tm  $immel  fei.  Sut^er  toeig  t^e  Slebetoeife  nidj^t  anjune^men,  toiD  fie  aber  auc^ 
nic^t  jur  feinigen  jtoingen,  —  „fofeme  toir  fonft  ber  Sachen  ein«  toerben  unb  bleiben, 
bid  ha%  ®ott  toeiter  fc^ide  nac^  feinem  SBiUen'' ;  e$  gelte  ^ier,  ben  Sd^toac^en  im  ©tauben 
auf)unei^men.  '  eo 


746  Snt^er 

3nnerl^a(6  feiner  eigenen  Jttrd^  befianb  bie  $au)>ttl^ttgtett  Sutl^erd,  fo  fe^  er  ouc^ 
).  9.  an  ber  SSifttation  Anteil  nal^m,  boc^  nie  eigentlich  im  duneren  Dtganifteren  unb 
Dtbnen,  fonbem  in  bet  93er{ünbtgung  be$  SBorted  felbft  burc^  ^rebigten,  burc^  @d^rtft* 
oudlegung  t)om  jtat^eber  oud,  buni^  gebrudte  9(udlegung  bibßfcber  Sucher,  burd^  Heinece 

5  bon  ber  ^eildtoal^^eit  jeugenbe  @c^ri^,  buni^  pxdA\cfm,  auf  ©otte^ort  begrünbeten 
Stat  u.  f.  to.  3(te  ^rebiger  toxxttt  er  je^t  an  ber  ©tabdirc^e  neben  feinem  gh^eunb 
Sugenl^agen,  ber  an  SteQe  be$  1523  t)erfii>rbenen  $einje  bom  SRagiftrat  <d^  @tabts 
p^axvtt  eingefe^t  toarb ;  er  bertrat  biefen  aud^  toäl^enb  feiner  langen  9lbn)efen]^t  (8b  III, 
©.628  ff.)  in  9raunf(^toeig,  ^amburg,  Sübed  unb  befonber«  (1537—1639)  ©änemarl, 

10  berfa^  babei  auc^  treulich  bie  ^ribatfeelforge  mit  Jtranlenbefuc^en  u.  f.  h).  äbtd  ben 
näd^ften  ^al^ren  nad^  feiner  SlüdSel^r  bon  ber  äBartburg  toiffen  mir  bon  feiner  ^dngt» 
tl^öttgleit,  ba^  er  in  il^  —  neben  ^rebigten  im  $au))tgotte$bienft  über  bie  ^^xHdpm, 
bie  nac^^er  teutoeife  in  feine  Jtirc^enpoftille  lamen  —  1522—24  ben  1  u.  2  $t  unb  ben 
^uba^br  unb  1623—1527  auc^    1  u.  2  iDlofe  ))rebigenb   auflegte,  toeld^e  Auflegungen 

16  bann  im  ^rud  erfd^ienen,  —  bon  feiner  ftatl^ebertl^ätigleit,  ba^  er  1524 — 26  fämt^ 
(id^e  Keine  ^xopf^ttm,  fobamt  ben  ^rebiger  Salomonid  unb  toeiterl^in  ben  ^^(oa  er» 
Hörte.  SBol^l  nod^  in  feinem  5t(ofter  l^ielt  er  1524—25  eine  Sorlefung  über  bad  Seutero« 
nomium,  bie  er  bann  lateinifd^  l^erau^ob.  1526  beröffentlic^te  er,  ol^ne  ba|  er  bors 
ber  barüber  eine  93or(efung  gehalten  ober  get)rebigt  Ifäü^,   eine  ))rafttfd^  äludlegung  bed 

ao  3ona,  mit  ber  er  befonberd  unter  ben  je^t  bem  (Sbangelium  brol^enben  ®efabren  bie 
©löubigen  aufrichten  h)oQte,  —  ferner  bed  ^bahil  unb  1527  bed  Sad^orjla.  SoufUinbiee 
Sendete  über  ben  ®ang  feiner  atabemifd^en  %orlefungen,  beren  ©egenftanb  immer  bibüfcpe 
9üd^er  toaren,  unb  feine  ^rebigten  befi^en  toir  jebo$  nid^t.  ^r  bie  SBX  ^e  fu^  ba< 
bon  nod^  bie(  neue^  gefunben  unb  fte  erft  fteQt  bie  erforberßc^en  grünblic^  ^orfd^ungen 

26  barüber  an ;  bei  biefen  ift  bef onberd  auf  ben  Unterfd^ieb  ju  ad^ten  jtoifc^en  ben  bon  Suäfcc 
fe(bft  ftammenben  ^ten  unb  benen  bon  92ad^c^retbem,  bie  babei  fd^  berfd^eben  ber« 
fuhren  unb  unter  benen  fein  ^eunb  9S.  ^ieterid^  (hierin  namentliA  berfc^teben  bon 
®.  9Iörer)  ftd^  fe^r  biel  eigene  Eintragungen  erlaubt  ^at  Unter  Sut^erd  ferneren  Sor* 
lefunaen  ftnb  iebenfaQiS  bie  über  ben  Salaterbrief  (1531—36;  großer  Jtommentar  1535) 

80  bef onber^  toid^tig  ($au))tbarfitellung  b.  $eitelel^re),  fobann  bie  fett  1536  mit  mand^en  Unter» 
brec^ungen  fortgefül^rten,  an  mannigf ad^en  tl^eologifc^en  Erörterungen  reichen,  am  17.9{0' 
bember  1545  bollenbeten  Sorlefungen  über  1  3Wofe  (1.  8b,  6.  1—11,  ^erau«g.  1544); 
bon  ^rebigten  neben  benen  über  bie  $eriIo))en  fortlaufei^e  über  bad  3Ratt^u^  unb  bod 
go^annc^^Sbangelium  (üRt  5—7.  18—24;  ?jo  1—4.  6—8.  14—16).    Sut^er«  Äirc^ 

86  ))oftiQe  (bie  jtoeite  ^ölfte  nid^t  bon  i^m  felbft  rebigiert)  tourbe  1527  boHenbet  %a 
^rebigten,  ioeld^e  Sut^er,  burc^  £eibe^fd^tt)äd^e  bon  ber  ^anjel  jurüctge^en,  1532  feinen 
^inbem  unb  feinem  ©efmbe  ^ielt,  ging  l^emac^  (1544  burd^  Seit  ^ieteric^,  1559  bun^ 
anbr.  $oad^  au«  ®.  SRörer«  TOanuffritJten)  bie  §au«J)ofKae  ^erbor.  —  3)te  »ibelfiber» 
fe^ung  (f.  8b.  III,  ®.  70  f.)  lam  1534  jum  ©c^luffe,  bod^  folgten  noc^  Slac^beffeningen 

40  bon  S.«  $anb  bid  1545.  —  ^eunbe  Sut^er«  betrieben  auc^  eine  ©efamtaudgoBe  feiner 
©d^rtften.  darüber  Sut^er  1537  (8r.  5,  70):  De  tomis  meorum  librorum  dis- 
poneDdis  ego  frigidior  sum  et  segnior,  eo  quod  Satumina  fame  perdtos 
magis  cuperem  eos  omnes  devoratos;  nuUum  enim  agnosco  meum  justum 
librum  nisi  forte  de  servo  arbitrio  et  catechismum ;  mandavi  tarnen  negotium 

46  D.  Casp.  Crucigero,  si  quid  faciendum  est.  1539  erfc^ien  ber  erfte  8^  ba 
beutfd^en  ©d^rtften,  —  boran  eine  8orrebe,  beginnenb;  „gern  ^ätte  ic^  g«f«^«n,  bo^ 
meine  8ü^er  ollefamt  toären  ba^tnten  blieben  unb  untergangen",  —  ba  man  ol^nAiei 
über  bie  8üc^er  bon  Wenfd^en  ju  menig  an  bie,  unter  oratio,  meditatio,  tentatio  )u 
ftubterenbe  ^l.  ©d^rift  ut  !ommen  ))flege.    1545  folgte,  mit   öl^nlid^en  8ertoa^ngen  ui 

50  ber  3Sorrebc,  ber  erfte  ?öanb  ber  lateintfd^en  2öerle  (bgl.  oben  ©.  720, 46). 

'Slnd^  innerhalb  ber  lutl^ertfc^en  Jtir^^e  felbft  tauchten  mieberl^olt  ^agen  auf,  toelc^ 
ju  bcftimmteren  2tu«fagen  2ut^er«  über  loic^tige  2el^r>)unfte  führten.  —  8et  ber  38a» 
toerfung  ber  römifd^en  D^rcnbeidbte  legte  er  bod^  einer  ebangelifc^  5ßribatbeic^fte  fe^ 
^ol^e  8ebcutung  bei  bgl.  8b  II,   ©.  536  ff.     ®iefe  ru^t  il^m  nicf^t  auf  irgenb  toelc^ 

65  rid(^tenben  Xl^ätigfett  be$  8etd^tiger^,  fonbem  auf  bem  objeftiben  8er^^ungMorte  an 
fid^,  mit  toeld^em  Vergebung  toa^rl^aft  jugeteilt,  obgleid^  immer  nur  bom  ®lauben  an* 
geeignet  totrb  —  unb  fobann  nä^er  barauf,  baf(,  toä^renb  bad  bergebenbe  SEBort  ouc^  in 
jeber  $rebtgt  be^  @bangelium^  überl^au))t  erf^aUen  foQ  (unb  hierin  bem  gebunbcmn 
©ünber  au^   fd^on  bor  ber  SBieberaufna^me  in  bie  Jtird^e  Vergebung  berfd^ffen  Uml 

ßo  ^  ^ier  erft  rec^t  f))ejiell  ben  einjelnen  ju  befjen  innerer  ^ergetoifferung  trifft,  unb  jtwr 


ÜuOitt  747 

burc^  einen  bon  (Sott  baju  t)erorbncten  Wiener  bed  SBorted  unb  (^riftlid^  Sruber.  3)tefer 
^t  bann  Jened  SBort  bem  borum  Slac^fud^enben  auf  ®tunb  feinet  Slad^fud^end,  andf 
tt)enn  fein  maub^  jtDeifeD^ft  erfd^etnt,  jujuft^red^en,  unb  foQ  ed  nur  ba,  too  Unglaube 
unb  Unbu^fertigleit  ganj  offenbar  ift,  jum  Seften  bed  9la4fu(^enben  felbfl,  ber  e$  bo<^ 
ntc^t  ftc^  aneignen  lönnte,  i^m  borentl(^ten.  ^n  Stümberg  nun  er^ob  ftd^  um  1533  ein  6 
Streit  barüber,  ob,  toie  ber  SRat  bem  2.  Djumber  unb  anberen  5ßrebigem  geocnüber  e« 
tDoOte,  ndben  ber  ^ritnitbeid^te  au(^  bie  bid^er  üblid^e  öffentliche  allgemeine  iKfoIution 
(9b  II,  @.  537)  nod^  beibel^alten  toerben  bürfe.  Sut^er  entfcpieb  fogleic^  gegen  Dfianber ;  mit 
il^m  bie  anberen  äBittenberger,  unb  fo  aud^  toieber  auf  neue  9(nfrage  1536.  ga  er  felbft  fe^te 
eine  ^o'fw^^I  föt  öffentlid^e  äbfolution  auf:  toal^d^einlic^  gerabe  für  bie SWlmberger  1540  lo 
(9r.  6,  245,  bgl.  Corp.  Reform.  3,  957).  ®er  innere  SinKang  biefer  Sn^t^eibung 
mit  jener  Se^e  Sut^erd  bon  ber  Slbfolution  über^au))t  ift  f(ar  (gegen  Jtliefotb,  ^ieSeid^te 
unb  abfolution,  1856,  ©.  339):  bie  abfolution  ift  für  i^,  ba  fte  nid^t  ettoa  auf  j)riefterBc^em 
Urteil  über  ben  einzelnen  rul^t,  ani^  aU  aDgemeine  boc^  eine  toal^r^aft  objeltiDe  unb  toirflic^e 
@rtetlung  ber  SSergebung  (bgl.  bie  formet  a.  a.  D.),  unb  anbererfeitd  ip  bie  tbirllic^e  Sin«  i6 
eignung  auc^  bei  ber  ^mbaten  fo  gut,  toie  bei  allgemeinen,  erft  burc^  ben  @(auben  be« 
bingt  unb  infofem  jjene  fo  gut  toie  biefe  conditionalis.  3(uc^  fonfi  jeugt  Sutl^er  gerabe 
in  jener  \pöicctn  3«t  fe^  befttmmt  für  biejenige  Seite  feiner  Sebre  bon  ber  Stbfouition, 
iDeld^e  toir  fur)n)eg  ald  bie  bem  römifc^en  Sefen  entgegengefebte  begeic^nen  Idnnen.  Sted^t 
audbrüdRid^  ftellt  er  auc^  bie  bom  bloßen  Sruber  (ntd^t  (^eiftliopen)  bem  Sruber ju^  2o 
geftnrod^ene  SSergebung  unter  ben  Segriff  ber  Sc^lüffelgetoalt  (bg(.  aud^  Sd^mall.  3(rt. 
„bom  (Sbangelio'O*  Unb  ju  ber  Seftimmung  bed  SSifitatorenunterrid^td,  tbonac^  niemanb 
o^e  borl^ergegangene^  SSerl^ör  unb  Seichte  jum  Sabamente  jugelaffen  Serben  foDte, 
machte  er  gerabe  je^t  in  ber  neuen  offi^ieOen  Slu^abe  bon  1538  ben  au^brüdRid^en  93eifa(: 
berftänbige  ^erfonen,  bie  ftd^  felbft  tool^l  ju  unterrid^ten  toijfen,  bürfen  nic^t  baju  ge«  35 
}hnmgen  toerben,  unb  fo  gel^e  er  aud^  felber,  bamit  er  ftd^  niqt  „eine  nötige  @eft)o^nl^eit 
nn  ©etoiffen  mac^e'',  etlicpemale  ungebeidbtet  ^nju.  93gl.  über  bieten  Se^rpuntt  femer 
Stet^,  3)ie  ^ribatbeic^te  unb  ^ibatabfolution  ber  lutl^erifc^en  Jtir^e,  1854;  "^fi^tttc, 
Sut^er«  8e^e  bon  ber  »eichte,  1857;  bom  Unterg.  „Sut^er«  Seigre  bon  ber  Äin^e,  1853", 
©.  26—46.  80 

1537  brad^  ber  Streit  mit  3o^<tnn  9gricola  über  bai^  ®efe^  aud,  gu  toeld^em  9gri« 
cola  fc^on  1527  gegen  SRelan^t^on  toegen  beffen  SSijttation^rtttel  ftd^  erhoben,  toeld^en 
aber  Sut^er  bamald  nod^  beigelegt  l^atte.  ge^t  ftritt  Slgricola  mit  Sut^er  felbft,  ber  fd^arf 
Cm  a:i^efen  bom  Saläre  1537  u.  1538  unb  in  „ffiiber  bie  Slnttnomer"  1539)  entgegnete; 
f.  b.9l.  9b  I,  S.  586  ff.  SBemt  agricola  lehrte,  bad  ®efe^  SRofe  gelte  nidbt  me^r  unb  bie  9u|e  96 
fei  nid^  aud  biefem  unb  überl^au))t  nic^t  au^  bem  ®efe|ie,  fonbem  auein  au9  bem  ßban« 
gefium,  b.  1^.  bem  SBorte  ber  ®nabe  in  ßl^rifto,  gu  })rebigen,  fo  mod^te  er  l^ierbei  immer« 
9in  meinen,  auf  frühere  lut^fc^e  Sä^e  )u  bauen,  nac^   tbeld^en   eine  toal^rl^afte  9u|e 
ober  juerdvoia,  Sinne^nberung,  nid^t  au$  bem  Sc^redfen  bed  ®efe^e$,  fonbem  ex  amore 
justitiae  l^erborge^t  unb  bie  £iebe  ju  ®ott  unb  }ur  ©ered^ti^Ieit  ober  jum  ®utm  nur  m 
auiS  bem  ®mvA  ber  $eildbotf(^aft  unb  gnäbigen  Siebe  ®otte$  mt  ®laubm.  Slber  immer 
befianb  Sutl^er  barauf,  ba^  bad  ^eilistport  fold^en  ®lauben  in  ben  fünbigm  $er)m  nicfft 
toirten  tonne,  toenn  biefe  nid^t  erft  burc^d  ®efe^edtt)ort  unb  bie  bon  biefem  ergeugten  ®e> 
to^endfc^redtm  gebrod^en  feien,   ba^  cdifo   bie  ®efe^edtt)irlungen    ober  biefed  opus  Dei 
alienum  leinedtbegd  fd^on  toa^re  9Ieue,   too^l   aber  Sorbebingung  für  bad  biefe  toirtenbe  46 
opus  Dei  proprium  feim  (bgl.  9b  III,  S.  589).     333a«  bei  Slgricola  nic^t   ioie   bei 
SüsÜ^  }ur  @eltung  fam,  ift  bor  allem  ba«  ®etoi(^t  ber  Sd^ulb  unb  bie  Sebeutung  bed. 
Sd^ulbbenni|tfeind.    ^^m  gegmüber  toie«  Sutl^er  je^t   namentlich  auc^   barauf  ^in,  toie 
über^au})t  überall  im  v(X,  too  Sünbe,  3om  unb  ©eric^t  aufgebedtt  toerbe,  ba«  Amt  be« 
®ef^e«  unb  nid^t  ba«  be«  Sbangelium«  malte :  f o  fei  felbft  ba«  SSater^Unfer  boll  bon  ®efe$e««  6o 
lel^  unb  namentlid^  aut^  bie  5Prebigt  bom  Äreuge  6^fti ;  femer  barauf,  toie  bie  ©efe^e«» 
))rebigt  ja  auc^  allen  SRenf^en  unau«tilgbar  im  ®etoiffen  fte^e:  unb  nur  al«  ein«  mit 
biefem  ®eh)iffm«gefe^e  foQte  Ja  aud^  ba«  mofaifc^e  fortgeltm. 

3)ie  toid^tigfte  Itrd^Iic^e  ^norbnung,  an  melc^er  Sut^er  ftc^  nod^  ut  beteiligm  f)atU, 
toor  bie  ©rric^tun^  bon  Äonftftorim  (f.  b.  Sl.  »b  X,  S.  752  f.).  Sie  erfc^ienm  al«65 
bringenbe«  Sebürfni«  befonber«  megen  ber  ß^efad^en.  äu«  Sut^er«  Sc^eibung  be«  geip» 
liAen  unb  ioeltltc^en  ®ebiete«  unb  fobann  au«  feiner  älnfu^t  bom  Serl^ältni«  bc«  toelt* 
liefen  Sec^te«  jum  mofaifd^en  ®efefee  folgte  für  i|^n,  bafe  er,  bie  6^e  al«  toeltlic^en,  toie» 
toobl  I^L  Stanb  betrad^tmb,  biefelbe  ber  toeltlt^en  Obrigfeit  jutoie«;  bie  mofaifd(;en 
i^timmungm  foQtm  auc^  ^ier  nur  al«  bea(^ten«toerte  gefd^idptlic^e  @cem^el  be«jenigm  ®t9  oo 


748  Siit^cr 

fe^ed  gelten,  toelc^ed  bte  SSemunft  im  eigenen  S^nem  bed  ÜRenfd^  gefc^eben  ftnbe; 
unb  eine  Beteiligung  ber  ®ei{ili(^en  fc^ien  i^m  nur  baburd^  geforbett,  bc^  biefer  @tanb 
feiner  3Ratur  na$  mel^r  old  irgenb  ein  anberer  toeltlid^  ju  ^agen  bed  Seii>if|end  fü^ 
3lai)  einem  unter  Suti^er^  S^f^^^^^d  bon  ^[onad  berfa^ten  ®uta(^ten  tvurbe  1539  hcA 

6  erfle  Jtonftfbrium  m  3Bittenberg  errid^tet.  3^e  größte  Sebeutung  ober  für  Skrfoffung 
unb  Seben  ber  Jtiro^e  erhielten  bann  bie  Jtonftftorien  baburc^,  ba|  oud^  bie  Übung  ber 
Sjüd^i  i^nen  pfoOen  foQte.  @d^on  bidl^er  l^otte  bie  Seid^te  bor  ber  3^^^<^fN^  jF"^ 
^enbmol^Ie  btefer  ftbung  bienen  foQen,  inbem  biejjenigen,  h)eUe  in  öffentlich  Saftem 
l^ten,  bon  bemfelben  foDten  jurüdCgetoiefen  toerben;  ber  Schmoll  Xrt.  (xm  Slnl^ange  bon 

10  ber  9ifc^5fe  ©etoolt)  tooQten  bie  ^utidbiltion  onftott  ben  Sifc^öfen,  au^brüdETup  aDen 
$fanem  übertragen,  ^nbem  man  fte  an  5tonftftorien  übertrug,  badete  man  oud^  an 
Sinfü^ng  bed  ,,öffentlic^en'',  bürgerlid^e  folgen  nac^  [\i)  )iel^enben  Sonned  (9r.  4,  388). 
®erabe  j[c|t  nun,  inbem  bie  mit  ber  fä6ftfd^en  ^ifitation  1527  auf  bie  2)auer  ein* 
getretene  Sierfaffung  jum  9lbfc^lu|  lam,  fe^en  toxt  bei  Sut^er  boDenbd  am  auffoDenbflai, 

ifi  toie  ed  9lotftanb  ift,  toad  i^n  mt  älnnal^me  biefer  formen  beftimmte,  toie  er  fetbft  über 
fte  J^inau^ftrebte,  toie  er  bie  3Rt^ftänbe,  bie  gerabe  aud^  toieber  an  fie  bon  bomi^erein 
ftd^  l^ingen,  ptMxi^  fül^lte.  Slld  1589  barüber,  ba^  ber  Sann  aufgerid^tet  toerben  foQtc, 
umtü^  ©efc^rei  in  ber  SBittenberger  ®emeinbe  laut  ^etoorben  ioar,  l^atte  er  gqeigt,  toeld^ 
9(rt  bon  Sann  er  f eiber  nac^  3Rt  18  anzufangen  totüend  fei:   er  toürbe  ben  @ünber  etfl 

20  t)ermal^nen,  bann  jtoei  ^erfonen,  afö  jtoei  SUnplant  ober  aud^  anbere,  m  il^m  fc^tdOi, 
bann  t^n  bor  ftc^  nel^men  im  Seifein  ber  jtoei  StaSpiant,  jtoeier  bom  9iat  unb  ibtfien« 
l^erm  unb  ^toeier  el^lic^er  3Ränner  bon  ber  ®emeiiü>e,  bann  ed  dffentlid^  ber  SSxdft  an? 
fagen  unb  me  ©lieber  berfelben  bitten,  ba^  fte  „l(^elfen  )u  raten'',  nieberlnien,  unb  imber 
tl^n  beten  unb  ii^n  bem  ^fel  übergeben  Reifen  (Xifd^eben,  ^eraudg.  b.  Sörßemonn  2, 

25  354);  „il^  atte",  fagt  er,  „müfet  felbft  mitl^elfen,  toie  ©t.  «ßaulu«  fagt:  —  mit  bem 
ganjen  Raufen'';  ebenfo  foQ  man  ben  ftd^  Selel^renben  öffentlich  toieber  annebmen,  tmb 
nic^t  blo^  bie  eine  $etfon  bed  ^arrerd  foO  ed  tl^un.  S(ud^  nad^l^er  (1540,  9r.  5,  307) 
toetft  er  einen  $faner,  ber  einen  Xotfd^löger  toieber  aufnel^men  follte,  an,  bie  berfammelte 
©emeinbe  einjulaben  —  ut  absolutionem  ejus,  quam  petit humiliter,  probet;  einen 

80  anbem  in  Setreff  ber  Sertoeigerung  c^rifUid^en  Segröbniffe«  (1544,  Sr.  5,  698):  vide, 
—  an  magistratus  tibi  adesse  cum  ecdesia  velit.  @o  toiÜ  aud^  bie  bon  2uÜ^ 
gebittigte  SBittenberger  ^Reformation  1545  (Slic^ter,  JID,  2,  81  ff.),  bafe  gur  Übung  bed 
Sännet  beigqogen  toerben  all!  honesti  et  docti  viri,  —  tanquam  honesta  membra 
ecdesiae  inter  laicos,  ex  reliquis  gradibus  poptüi.    92irgenb$  aber  ^dren  toir  bon 

85  einer  toirllid^en  b^altifd^en  2)urdbfü^rung  biefer  mit  bem  ebangelifd^en  Jtir^enbegriffe  fo 
eng  gufammen^ängenben  ®ebanten  —  Stuf  bad  toad  einer  emften  Übung  ber  S^cbt,  ge< 
rabe  auc^  toenn  fte  t)on  oben  herunter  t)eranftaltet  toerben  foQte,  in  ben  Saiwednrc^ 
befonberd  l^emmenb  in  ben  9Beg  treten  mii|te,  l^atte  Händler  SrüdC  Sut^er  fd^on  borper 
aufmerffam  gemad^t:  bie  Dom  3lbel  unb  S3ürger  u.  f.  to.   fürd^ten  fic^,  i^r  toerbet  an 

40  Säuern  anl^Äen  unb  banac^  an  fte  fommen"  (3:ifc^r.  2,  350).  6«  Hingt  fo  übel  be« 
beutfam,  toenn  Sut^er  felbft  (1541,  Sr.  5,  329)  bon  ber  3uc^tübung  be«  ffiittenberga 
5lonftftorium$  nur  meint :  pertinebit  —  ad  rusticos  cogendos  in  ordinem  aliquem 
disciplinae.  —  SereittotDig,  unb  babei  mit  Sebauem  über  bie  eigenen  3u|^be,  erferatt 
Sut^er  bie  in  anberen  Kirchen  gemachten  Serfuc^e  an.    Sgl.  an  bie  ©d^toeijer  1537  (Sr. 

46  5,  86) :   „bielleic^t  ift  c«  bei  euc^  in  biefem  ©tüdt  (in  $inftc^t  auf  Sann  unb  ©c^lüffeO 

ba^  gefaxt,  benn  bei  un«".    ÜRit  Sejug  auf  bie  ^effifc^e  Sud^t  burc^^  ^Sltefie  (bon  1539, 

Slid^ter,  ÄO  1,  290  ff.)  1543  (Sr.  5,  551):  placet  exemplum  Hassiacae  ezcommnni- 

'cationis:    si   idem   potueritis  statuere  (im  ^erjogtum  @ad^fen),  optime  fadetis; 

sed  centaurii  et  Harpyiae  aulicae  aegre  ferent.    Sefonber^  er}ä^len  bie  bdbmifc^ 

60  Srübcr,  toie  Suti^er  bebauert  ^abe,  eine  ber  irrigen  ö^nli^e  3^«^*  ^^^  einführen  )u 
fönnen  (bgl.  Comenii,  Historia  fratrum  etc.,  c.  praefat.  Buddel,  Halae  1702, 
p.  23.  25).  —  6r  ^offtc  auc^  fo  noc^  auf  3upanbeIommen  einer  befferen  3w^^i  obgleich 
er  fid^  nic^t  me^r  im  ftanbe  füblte,  barüber  ju  fc^reiben  (Sr.  5,  668.  701  im  ^(dftt 
1544).    gnbeffen  meinte  er  (lifc^r.  2,  357),  ed  fönnte  ja  jeber  ba^  ^l.  SGßerf  mit  <^ 

65  lieber  Sertoomung  berjenigen,  toeld^e  i^m  bie  3fläc^ften  feien,  beginnen ;  aber  barin  mbff 
freiließ  feiner  tttoa^  toagen,  toeil  bie  SBal^rl^eit  ein  feinbfelig  $ing  fei.  —  8lud^  fonp 
f)ai  er  bie  folgen  ber  neuen  Serbinbung  ber  ^ird^e  mit  bem  Staat  befonberd  gegen  M 
@nbe  feinet  Seben^  fc^merglic^  gefül^lt:  @ott  lönne  feinen  Segen  geb^,  toenn  ein  $of 
nad^  SßiOfür  jene  regieren  tooQe,  unb  ber  Satan  tooQe  je^t  toieber  neu,   mtr  in  tun« 

Go  gefd^rter  äBeife  beibe  bermengen ;  er  befennt  im  $inblid(  auf  bie  Ferren  bom  9bel  (1541, 


Sttt^et  749 

Sr.  4,  399):  verum  est,  eos,  qui  in  politia  sunt,  semper  fere  hostes  fuisse,  sicut 
et  erunt,  ecclesiae. 

Suti^er^  Seben^enbe  nal^te.  Sefonber^  lAfyx^  fyittt  üfn  fc^on  bet  fd^toete  Jtronll^eiti^ 
onfoU  (@temleiben),  ben  et  in  @d^mallalben  1537  burc^jutnad^en  l^e,  an  ben  %oi  ge« 
ma^nt.  3)ad  @efül^I,  gealtert  ju  fein,  l^dren  n)ir  il^n  untet  ben  Stampfen  unb  Saften,  6 
bie  il^n  k>on  au|en  unb  innen  brüdten,  fc^on  lange  Dorl^et  öu^em,  h)äl(;renb  er  nod^ 
in  t)onfter  SRüftigleit  k>or  ben  3(ugen  ber  ^^nbe  unb  ^inbe  baftonb.  3Ran  toürbe 
[vi^  nun  fe^r  irren,  h)enn  man  meinte,  bod  Sl^ralteriftifd^  ber  legten  ^dfyct  beS  SRe» 
formatord  fei  ein  erl^ebenber  SRüdblid  auf  einen  in  ber  9BeIt  l^ergefteQten  berrliAen 
Jlird^enbau  getoefen.  @d  fc^ien  im  @egentetl,  atö  ob  er  gerabe  aud^  je^  nod^  bei  allem  lo 
3)anle  für  bie  ®nabe  bed  @t)angeliumd  ed  nur  befto  me^r  fttl^Ien  mü^e,  toie  fe^ 
bemfelben  bie  groge  9Belt  in  ^infid^t  auf  Seigre  unb  Seben  femb  bleibe  unb  h)ie  Dielme^ 
eine  3^  t>^  3)rangfa(e  unb  ©erid^te  ald  eine  3^^  ^^^  ©lanjed  oud^  für  bie  Aird^e  an* 
gebrochen  fei. 

Sm  tiefften  fd^merjten  il^  bie  Erfahrungen,  bie  er  fd^on  k>on  Anfang  an  überall,  is 
too  einmal  bie  9ief ormation  erfolgt  toax,  über  ba$  SSerl^Iten  ber  SJtenge  gegen  ba^  (Stxm^ 
aelium  l^e  machen  muffen.  2iene  5tlagen  über  bie  3u(^tIoftg{eit  unb  ®lä(^iltialeit  beS 
i^anbt)olted,  n>e(c^e  n>ir  t^n  bei  ber  föc^jtfd^en  SSifttation  äußern  ^drten,  h)ö^ren  fort  unb 
^gem  ftd^.  @d  lommen  boui  nid^t  minbere  jQogen  über  ben  9lbel,  —  unb  in  betreff 
feiner  bann  ni^t  blog  über  ^leic^iltigleit,  fonbem  h)ie  toir  bereite  fo^en,  aud^  über  ||0«  ao 
fitit>e  Serfud^e  )u  l^emmenbem  @ingreifen  in$  Aird^enh>efen  felbft.  @r  bellagt  1541  (m 
5,  408)  >-  licentiam  seelerum,  horribUem,  ~  nobiUum  —  tjrannidem.  perfi- 
diam,  malitiam,  eontemtum  verbi  plane  satanieum  etc.  ©d^on  1535  ^tte  er 
(9r.  4,  602 f.)  im  ^inblidt  auf  ä(bel  unb  Säuern  angerufen:  bad  $a)>ftlum  ^e  bod^ 
b^er  für  bie  9Be(t  g^a^;  biefe  tooQe  ben  ^£eufe(jum  ®ott  l^en;  bamald  ^aben  bie  96 
9tf<|^öfe  auf  Unterbrüoung  ber  ^annei  beulen  muffen,  nur  ba^  fie  ed  in  übler  SBeife  listen 
tmb  )uglei4  bie  Stirere  unterbrüdnen;  er  felbft  n)oue,  ftatt  nad^  neuen  folc^en  Jletten  für 
bie  SE^rannen  ju  begeben,  lieber  bulben  in  bem  ©ebanlen,  ba^  unfer  SReid^  t)on  oben 
^  fei.  —  ^ier^er,  unter  bad  Serptenid  ber  9BeIt  unb  beS  ^(eifc^ed  jum  @t)angelium, 
tft  and^  ber  örgerlid^e  @l^el^nbel  $^ilit)b^  k>on  ßeffen  ju  ftellen.  @r,  ber  Serbeiratete,  ao 
ioor  bon  Siebe  ju  einem  abeligen  gt&ulein  ergriffen  h)orben,  be^au))tete  aber,  üoerl^u))t 
bie  bringenbften  ®eh)iffen^urfad^en  ju  l^ben,  toeldl^e  il^n  nötigten,  nad^  einer  anberen  f^au 
ftc^  umjufel^en.  @r  lam  auf  ben  ®ebanlen  einer  3)o))))eIebe.  3laö)  93r.  6,  79  l^atte  er 
fc^on  1526,  alfo  ol^e  S^Ä^d  lange  k>or  jener  Siebe,  Sut^er  über  bie  3^ff^'^^  bon 
^dppddfm  befragt,  toie  toir  ja  aud^  fc^on  in  ber  Aarlftobtfc^en  Setoegung  biefe  ^age  86 

S)  erleben  fa^en;  feine  eigene  @ad^e  betrieb  er  feit  1539  burc^  Su^er  bei  Sut^er  uüb 
elond^tl^on  aufd  Sngelegentlic^fte  (^I.  Srieftoed^fel  Sanbgraf  $l^ili))^  2c.  in:  ,,$ublis 
latumen  a.  b.  ))reu^.  @taatdar(^ik>e"  93b  5).  3)ie  Xnftd^t  Sutl^erd  über  bie  Sigamie  über« 
bau))t  toor:  ®ott  toiQ  nad^  feiner  urf))rüngli(^en  Drbnung  blo^  SJtonogamie,  unb  bie 
SSorgänge  bei  ben  ^atriard^en  aeben  ben  Soften  lein  SReqt,  bat)on  abjuge^en,  toaren  40 
aadf  felber  nur  ^olge  k>on  ^totfällen;  inbed  fönnen  aderbingd  9{otfaIIe  Dorlommen,  loo 
aadf  unter  ©Triften  eine  3)i^enfation,  bergleic^en  ba  aud^  toirÜic^  fd^on  getoä^rt  tourbe 
08r.6,  241),  nid^t  unjuläfftg  ifi,—  unb  (foSut^er  in  ber  g^ad^e ßeinric^;«  VIII.  1531, 
99r.  4,  296)  eine  fold^e  ^opptUbt  toöre  einer  red^tdtoibrigen  @$ef^eibung  immer  nod^ 
boriujie^ ;  aQein  eine  f oI(|;e  3)vSpenfation  Idnnte  jebenfalld  nur  atö  9eid|^trat  erteib  46 
iDcrben,  Idnnte  bad  öffentliche  Siecht,  toelc^ed  nur  @ine  ®attin  anerlennt,  nic^t  änbem, 
unb  mü|te  loegen  ber  ^efa^  öffentlichen  ärgemiffed  burd^aud  geheim  bleiben.  3^^  ®Ieid^« 
fleOung  ber  bei  Soften  möglichen  SRotfälle  mit  benen  ber  altteftamentlic^en  ®otte^ 
m&nnet,  toonad^  bie  l^ier  julöf^e  3(btoeid^ung  t)on  ber  SJtonogamie  aud^  bort  juläfftg 
toerben  mu^e,  trug  nottoenbig  bie  ®Ieic^fteIIung  bed  gan^  ftttlid^en  Srlenntni^  unb  go 
Scbcndfianbed  biefer  SJtänner  mit  bem  ber  Sl^riften  unb  SBtebergeborenen  bei,  ber  toir  bei 
Stttj^  toie  bei  ber  bamaligen  X^eologie  über^au))t  begegnen.  SOSad  fobann  ben  %a!H  mit 
^tii)^  betrifft,  f o  ^ielt  il^m  Suti^er  feine  @ünben  unb  feine  $flid^t  fo  gerabe  unb  ftrenge 
bot,  tote  eS  an  folc^en  Orten  feiten  gel^ört  n>erben  mag;  er  gab  aber  mit  3)IeIanc^t^on 
^cr  bod^  bod  SSor^anbenfein  eined  9lotfaQed  auf  bad  $in  ju,  toad  $^i(it))9,  tool^l  t>or2ug9s  66 
toetfe  münblic^  burc^  Sujfer,  gellagt  l^atte.  3)ie  Trauung  fanb  3.  3Slati  1540  im  Seifein 
VtdaniftSfon&  ftatt.  Sutber  beftanb  ftreng  auf  ®el^eim]^tuna ;  bem  itaifer  gegenüber  fei 
bie  neue  ^au  für  eine  Jionhibine  m  erllören.  3(($  bie  @ad^e,  toie  ed  laum  anberd  ge» 
{i(f|fcn  tonnte,  ruchbar  n>urbe  unb  ^eland^t^on  im  @d^er)  über  bad  t)erurfac^te  äirgemid 
bä  auf  ben  Xob  erlranite,  tröftete  i^n  Sutber  in  3i\jii)t  barüber  unb  trat  bann  mit  ge»  oo 


750  Sitt^et 

tDoItigem  ®e6ete  für  bte  @rl^ltung  feinet  Sebend  ein.    @r  felbfl  aloubte  au(^  je^t  nix^ 
bie  Sac^e  jloar  ntc^t  k>or  ber  äBelt,  aber  k>or  @ott  Derteibi^en  üt  lönnen. 

3)te  Unmöglic^IeU,  mit  ber  römifc^en  Jtin^  je  friebltd^  \\ä^  ju  t>erftanbigen,  fublte 
Sut^  gerabe  aai)  in  biefen  legten  ^jo^ren  loieber  befonberd  ftarl,  toö^renb  neue  Ser» 

6  ntitteIungiSk)erfuc^e  begannen.  @r  mu^te  l^ierüber  mit  feinen  {(oQegen  im  Januar  1540 
ein  Sebenlen  audfteQen,  fügte  aber  feinerfeitd  gleich  bie  @rllärung  bei,  ba|  er  \>on  ben 
$a))iften  fo  n>enig  l^offe,  ald  t)on  il^rem  ®otte,  bem  Xeufel;  nur  Dorüberae^enb  l^ffte  er 
einmal,  beritaifer  möchte  ed  bod^  nod^  )u  einem  92ationaIIon}iI  lommen  (offen;  er  fuR^, 
ber  SRid^ter  broben  felbft  geftotte  leinen  SJergleid^ ;  bad  93lut  Slbdd  ta>erbe  er  ni^t  fo  ^^ 

10  ge^en  laffen.  Jlein  äSunber,  toenn  ein  $oIttiIer,  toie  Aanjler  93rüd,  bei  jenen  Serfud^ 
feinen  „rumorenben  ®eift''  fürchtete  unb  il^n  ,,gef))art''  feigen  tooQte,  bid  ed  ndti^  toare, 
mit  ber  Sauma^t  jujul^auen  (Corp.  Ref.  5,  661).  Sut^er  fa^  lein  ^eil,  loo  nt<|^t  Dor 
aQem  bie  fc^rifttoibrigen  Seigren  offen  aufgegeben  toürben;  „ferendum  non  est,  ut 
ornentur  nunc  bono  sensu  et  interpretatione  commoda."     @o   äußerte  er   fic^ 

15  namentlich  ben  äSerl^anblungen  bed  burc^  SJtelanc^tl^on  unb  Sruciger  bef(^ic(ten  Siegend« 
burger  Jton))entd  1541  gegenüber,  ^n  feinem  9Bege  fei  ju  leiben,  bog  man,  toie  ^o 
t)erfuc^t  lourbe,  an^  ber  Xrandjubftantiation  einen  Slaubenlartifel  mad^  ^n  bon  Stegend« 
lurger  SSergleid^e  über  bte  Slecptfertigung  (per  fidem  vivam  et  efficacem)  fa^  er  ,,etn 
Weitläufig,  gefltdt  3)ing",  bad  o^nebied  feinen  Seftanb  l^aben  fömte;   bie  ^age,   tood 

20  gerecht  macfe,  unb  bie  t^age,  toa^  ber  ©ered^te  ald  folc^er  t^ue,  muffe  man  nor  audctn< 
anber  ^en,  toöl^renb  ber  $a))iften  @d^fl^eit  looQe,  ba^  man  nic^t  burc^  ben  ®laubm 
aO(ein,  fonbem  auc^  burc^  äSerte  ober  burc^  Siebe  unb  in^erenbe  ®nabe,  tDeI(^  oDed 
gleich  t)iel  fei,  gerecht  toerbe;  Siebe  unb  äSerfe  fönnen  nid^t  fein  ber  @o^n  ®ottcd 
ober  fold^e  ®ere$tigfeit,  bte  t)or  ®ott  fo  rein  fei  ald  ber  @obn;  ba|  fte  geret^t  ^et^, 

asgefc^e^e  aud  bloßer  ®nabe:  „benn®ott  toiS  fte  nic^t  anf e^en  glei(9  feinem  So^ne,  fonbem 
um  feined  @o^ned  toiUen,  ber  im  ^erjen  burc^  ben  ®Iauben  loo^net".  9Ud  ber  Jtttifer 
1545  neue  Unter^anblungen  eröffnen  tooDte,  gab  Sut^er  jtoar  bem  Snttourfe  3Mand^ 
tl^ond  ju  einer  28iebert)ereinigung  mit  bem  Sptff ofKite  (fog.  SSiittenb.  Sleform.)  feine  Unter« 
fd^rift,  boX  aber  noc^  für)  t)or  feinem  Xobe,  SRelanc^t^on  mit  feiner  ätbfenbung  auf  bod 

80  „nichtige  unb  t)ergebli(be  AoQoquium  )u  Siegendburg"  ^u  t)erfc^onen.  ®egen  bie  t)on  ben 
®egnem  bro^enbe  ®efa^r  blieb  feine  Hoffnung  biefe:  res  nostrae  —  oonsUio  Dei 
geruntur;  verbum  currit,  oratio  fervet,  spes  tolerat,  fides  vineity  ut  nos  — , 
nisi  caro  essemus,  dormire  possimus  feriarique.  —  Seine  eigenen  (Srtlärungen 
gegen  bad  römifc^e  ffirc^entum  toaren  unb  blieben  fo  ftarf  unb  ftärfer  ald  je.     @r  ti>ei^ 

86  ni^^td  bat)on,  ba^  ber  Xaufbunb  \a  boc^  aud^  bie  ®egner  in  ber  Jtirc^e  S^rifti  erholte : 
„i^  toerbet",  fagt  er  1541  (in  ber  ©d^rift  „SBiber  §an«  äBorft")  „getoi^ic^  getauft  in 
ber  rechten  Xaufe,  —  unb  koad  alfo  getauft  lebt  unb  ftirbt  bid  in  bod  fiebente  ober  a(^te 
gol^r,  —  loirb  feiig  j  aber  toenn  ed  gro^  toirb  unb  eurer  Sügent)rebigt  —  folget,  —  fo 
fället  ed  ab  t)on  fetner  Xaufe  unb  Sräutigam;   —  biefe  $ure  —  ift   eine  abtrünnige 

40  ©^e^ure,  bagegen  bie  gemeinen  §uren  —  f^ier  l^eilig  finb."  S)ad  S^^r  öor  feinem  %oit 
erf4^ien  nod^  bie  ©d^rift  „SBiber  bad  5Pat)fttum  ju  3lom"  u.  f.  to.,  —  mit  ben  ©c^lu^ 
toorten:  „bie  teufelifc^e  $(^fterei  ift  bad  le^te  Unglüd  auf  Srben  unb  bad  nö^fle,  fo 
alle  leufel  t^un  fönnen  mit  alle  il^rer  9Jlad^t".  —  3"  ^"^  ^at,  toel^^e  ben  ®egnem 
befonberen  unb  jebenfaQd  nic^t  unfc^einbaren  älnla^  )ur  Sefd^toerbe  unb  )u  getoaltfamem 

46  Sinfc^retten  gab,  l^atte  inbeffen  Sut^er  felbft  mitgetoirtt,  inbem  in  bad  Sidtum  Staumburg 
auf  ®runb  bat)on,  bag  ed  unter  ©c^u^  unb  Sanbed^ol^eit  ber  fäc^fifc^en  ^rften  fie^, 
tro^  SBiberfpruc^d  bed  ^a))tteld,  9lmdborf  t)om  Jlurfürften  eingefe^  unb  t)on  Sut^  1542 
getoei^t  toorben  toar  (t)gl.  Sb  I,  465).  3)ie  äBittenberaer  Geologen  Ratten  t)or^er  ein 
®utad^ten  audgefteUt,  in  toeld^em  fte  bie  Slec^tdfrage  nid^t  entfc^eiben  tooQten,  aber  tuiter 

60  SSoraudfe^ung  bed  t)om  Jturfürften  in  älnfpruc^  genommenen  Slec^ted  erflärten,  ba^  cc  bie 
3)om^enen  uir  SBal^l  etned  et)angeltfd^en  Stf4^ofd  jtoingen  möge,  jugleic^  j[ebo<|^  Dor  ge» 
toaltfamem  Jßorge^en  toamten.  9la4^er  fc^rieb  Sut^er  eine  Slec^tfertigung :  „@sem)>el, 
einen  rechten  c^riftltc^en  Sifc^of  ju  toet^en'':  aud  ber  e^angelifd^en  äinfc^auung  über^mi))t 
leitet  er  bie  @tlttgfeit  ber  nac^  altem  ^rauc^  unter  S^t^^n   ber  benachbarten  „9if<|^5fe'' 

66  unb  im  Seifein  bed  äSolfed  unb  ^^ürften  erfolgten  SSieti^e  ab,  fotoie  $fli(^t  unb  Sted^t  ber 
®emetnbe  felbft,  t)on  folfc^en  ipirten  ftc^  abjutoenben;  ba^  ber  Jturfürft  ber  toirffic^ 
Sanbe^fürft  unb  ©c^u^^en  fei  unb  aU  folc^er  gegenüber  bem  9i^m  famt  feinen  @in< 
fünften  ba^  Sleformationi^rec^t  l}abi,  fe^t  er  ^ier,  o^ne  toeiter  )u  fragen,  t)oraud.  @r  tou^, 
bie  äBet^e  —  burc^  t^n,  ben  ^ärefiarc^en,  —  fei  audax  facinus  et  plenissimum  odio, 

CO  invidia  et  indignatione  (ä3r.  5,  451). 


7S1 

fCOKBI  ClBWIifltBil  |pff  pillllpf  SdlflC  lHUl<9  pBIlf  ifWta.'  KMI   IS^ft!^   J|K  KCUU'HSRI  fC 

|BiB  lyi'wfrfli,    Smt  BBcb  SV  OB  fcoi  6ii^  wM^w  CT  wcc  nt  {<(tQiMcNOt  Vcr  «.XlltlMt^ 

Si^Icii^  toor  k«  eiatiaitt  ntcr  tat  e^am^dBU^  ImUc  Hnri'  Hr  Sitmkiacr 
fionbibk  fcgyifefli   fcbi  fofin;  ^miilcm.    See  bau  jaäig&Mulauiil  |w  iEanKS   taMr 

^■^fM^^a^^M      a^^fl^^HB      W^^     JVMf^tf^tfU^tfV^#W      VMfeV^0IB  *      4V     ^^^Afl^fr       V^ft     vl^^^ff^B       ^B^hflA^MP     ^2<JV^ft)^dk     )Mh2      J^S^ftffVtJft^^^AIBl^fl^K 

bcm  9ci|t  boB  (cuügcB  tvoftt  fd^i   anbcrciKit^  BQi$tc  er  tit  ^«Hitc^  d^^lS"^  P^  bicfi^  ü 

Old  00  CT  wBOl  igftiffUmbtt  IVB  fCIBCr  ^fC9K  ^^miMI  IMBC      OffOi  nOlfe^^  CT    Ol  COMHI 

Sncfc  UM  COMB  3***^^  T)Bit*hiBM< ly  bei  itw  öbc  imni  ^tuifeci  ^^vdi^^cni  MmlsK  SAd» 
ttbcif c^BBg  pigcK^kll  6att)t,  tai  boitigcii  ^r^igcni  ^tt  @CBuiB|<h3tt  «znf.    Si  xtulc  9k 
fcnia  BttBWBtfk^    bi<  Bot  ma  S^^ologte  ^fnm^  bcikfecBc  Sbil^ahe  bcr  Scsfc  M* 
fdbcB  1543.    Sabüi^  fi^icB  ihB  bie  ^triebet  iad  d«iie  (Mtct  obMi^cb  |b  «mIcb  » 
buni^  bic   bOB  Snffcr  BBb  JWriflm^tboB  bctf&i^c  jcdumi  jtctpfBMUmtiiiBbBmig^  iNMbt 
aSUMsk^  hd  iferai  Sctem^fagCB  über  bod  XbcBbanU  bie  GdvAaBn^   ciBCi  leftfid^ 
@ciuiffcd  wB^cfet,  bufaBcbr  bie  GB^^ofamg  bes  ScAeiS  euifiMl^  old  ein  btBunOfjJ^  Seit  BBib 
@<K!be  bcd  SlflBbeB^  be  jewI^Bet ;  )5utbei  ff<ütt  twc^er  fU^  ^oni  ^dftx  Knnibei  ^cäu^ts^  Ki§ 
Stefam^tboB  bei  ieaeBi  SesI  ib  So^  tdnen  ^unxciReB''  JtoOcgcn  bidbeB  loü^  BBib  m 
bann  bei  ber  grffflnmg  ^tdom^tbond  fkb  benibigt,  boft  bie  CibnaBg  btt^  SM  BBb  bie 
SatrauKBte  maä^  ber  oll^^einen  SSeife  lebce  aiib  treibe;  be^  bef%cr  er&öne  a  fHl^ 
n^vbbet  gegen  fie,  toobei  XBi^bocf  bod  Seinige  t^ot,  bcd  Stei^cci  SibtUemwg  ju  fIcigenL 
Odfon  bocbcr  ffoiU  er  eine  eigene  &^n|t  gegen  bie  j^Doigfianer  jni  ber^ffcntCd^eB  b^ 
(tbfkbtigL    Scbfie^bl^  re^te  ^b  aui^  luk^  Sctoeiilfeib  jb  neuen  tfrfUaiingeB.    60  cv>  s 
fc^  |tt  &^  bef  gtt^  1544  bod  ^fage  Selcnntmd  be6  Sahttment^"  ;^^^  embMl 
feine  nese  Se^renfloMfebiiig,  ober  eoK  \o  fUxnt  Set^cunnoiiig  ber  ^SatraBieniSfd^ludiiBtr*^ 
dd  a  je  frü^  omggeftynHi^:  bie  ^äuf^ter  berfelben  finb  ibm  Zrbfüi^er  oba  Seden* 
mdrber;  inbem  a  in  ibrem  Unglauben  an  bie  Oegemoort  bcd  Seibed  atd^  Unglauben  coi 
bie  ®ottnien{c^beit  6^n^  unb  leengnung  ber  Sabi^  bon  @otte€  Sorten  fiät,  ruft  er  « 
auiS:    ^nmb  unb  rein,  gang  unb  Uled  geglaubt  ober  9liii^  geglaubt!"    Suf  eine  (Snt* 
gegming  ba  3"^^  ertoiberte  a  nic^  me^.    2|n  X^efen  gegen  bie  ^Xbeologt^  bon 
Sotoen''  \ptadf  a  1545  äba  ,,bie  ^oingla  unb  aOe  €ahamentdfci^anber^  ou^:  fie  feien 
Ae|er  unb  bon  ba  bl^djKtlfdvfyn  Imdft  abgefonbert;  unb  toenige  So^  bor  feuiem 
^be  (Sr.  5,  778):  bod  eben  ^abe  a  bege^  bo^  fie,  brie  fw  nun  in  ibrer  (Segenfc^rift  s 
getban,   offen  aB  feine  geinbe  fic^  ecflären;    ibm  genüge  bie  eine  €<lig)>reifung  beS 
^folmed:  fetig  ba  ^Dtann,  ba  nubt  loanbelt  im  State  ba  Satromentiera  u.  f.  lo.    Über 
eine  angebüc^  berfonlic^  Xu^erung  Sut^erS  mit  Sejug   auf  fie   in  einem   Ic^^  ®e> 
\ptadfc  mit  SRelonc^t^  bgL  3)ieftelmann,  2)ie  lef^  Unterr^ung  i^utbecd  mit  ^Kdarak 
t^on,   1874,   boju  3.  Äöfttin   I^St«  1875,  373 ff.;  $au|leita  in  ^«3  1898,  8;nff.«o 
1899,  455  ff. 

Shu^  gegen  bie  Xbenbma^e^  ber  bobmifc^  Srüber  ^tte  a  154t  fic^  ernfHiii^ 
bertoo^  ^r.  5,  349 f.):  (ong^  fei  i^  tbre  St^endort  bon  ber  „fottamentolcn''  ®(gen* 
toort  baböc^tig ;  f oute  a  ®etot]^^  erlangen,  bo^  fie  t^n  get&ufc^t,  f 0  loetbe  er  fie  dffmt« 
Itd^  otö  i'ügner  unb  ipeuc^ler  branbmorfen.  ^od^  fc^on  ba^  ^cApc  borauf  tourbe  )ftuguf)a  is 
toieber  freunbltc^  bon  t^  in  Wittenberg  aufgenommen  unb  nxnrf  feincrfeitd  ben  Sitten* 
bergem  i^ren  3Rangel  an  Qndft  bor;  l'utbn  gab  ibm,  toie  loenige  ^abrje^te  nac^^ 
!^ciud  berichtet,  bie  ipanb  ba  ©emeinfc^ft  \Sx  bie  ganje  Unität;  fie  mögen  für  t$re 
flabtfc^  Station  Sipofiel  fein,  toie  er  unb  bie  Seinigen  für  bie  beutfc^  (Safte.  Lib.  V, 
§99.  ^cr.;  Comen.  a.  a.  D.  26);  er  lieft  t^m  au($  einen  Srief  nackigen  mit  brübersso 
Ivd^  Srmo^ung:  ut  nobiscum  perduretis  in  communione  spiritus  et  doctrinae, 
prout  coepistis;  fo  toiQ  er  t^nen  gefc^eben  ^en  ongefic^td  no^  ZclM  (f.  Sübing. 
Sammlung  einiger  in  bie  Jtirc^^ifi  einfc^flag.  S^friften,  16.  Stüd,  S.  568  ff.).  Wan 
fte^t,  tote  aud^  t^m  unter  bem  Seioufttf ein  bon  2)tfferen)en  iod)  bad  ®efü^l  Sinen  ®eifM 
fortbefte^en  tonnte.  m 

6tn  faft  nodf  auffoQenbered  3^B>^^  ^terfür  bleibt  feine  SteQung  ^egen  'SRelanc^tl^on. 
^urc^  bie  f^ergiftifc^fen  Sä^e  in  ben  ft)öteren  Slu^oben  ba  £oci  Iteft  tt  fic^  nie  )u 
einer  erflörung  gegen  i^n  baanlaffen.  S<^!on  1537  toar  berfelbe  3toinglifc(>er  änftc^ten 
über  ba$  Slbenbmai^l  befc^lbigt  koorben.  Sutl^er  fanb  manche«  bei  tpm  berbäc^ttg,  tooSte 
ober  ,,fetn  $er)  mit  i^m  teilen''  unb  i^n  nic^t  fc^eiben  laffen.    Sir  ^örten,  toie  er  t^m  oo 


752  Sitt^et 

bei  bcr  Äölner  SReformation  bcrtraut;  fo  ouc^  (S3r.  5,  646),  im  3tpiil  1544,  h)%enb  er 
bad  „turge  Selenntni^''  fc^tieb:  de  M.  Phil,  mihi  nulla  est  omnino  suspicio.  9iudf 
old  ed  ftc^  um  bte  neuen  Unter^anblungen  mit  ben  ^o^iften  1545  l^nbelte,  regte  fid^ 
bei  i^m  lein  ä(rg  gegen  9JteIanc^t|^on,  fonbem  nur  ber  SSunfd^,  i^  ju  fd^onen.     Unb 

6  ben  Socid  unb  ber  gonjen  t^eologifc^en  äBirIfamleit  SJtelcmd^tl^on^  f))enbet  er  auc^  no(^ 
in  ber  SSorrebe  )um  1.  93b  feiner  loteinifc^fen  äBerle  1545  l^ol^  £ob.  Sgl.  über  boS 
aSerJ^ältni«  beiber  ^u  einanber:  aRij  in  i^&tSt  1901,  458  ff.  —  »ber  freiließ,  bo^  n^ 
feinem  2obe  im  Jlreife  ber  il^n  umgebenben  Ü^eologen  ber  ^ebe  leinen  Seftanb  bc« 
^Iten   n)erbe,  foD  er  fd^on  auf  feinem  Jlranlenlager  in  Sc^maOalben   1537    toori^er« 

10  gefagt  ^en. 

SJtit  ollen  jenen  Jtlogen  über  bod  ^leifd^edleben,  ben  Unbonl,  bie  SSerac^hing  gMp 
bod  StHmgelium  berbanb  ftd^  für  Sutl^er  immer  beftimmter  bie  Sudftc^t  auf  fc(fn)ere  Se> 
richte,  todd)t  über  3)eutfc^ianb  lommen  muffen  unb  n>elc^e  er  t)on  ben  Xürlen  ^er  ober 
ouc^  in  einem  ,,malum  intestinuin"  ertoarten  )u  muffen  glaubte;  ber  @tanb  ber  9Belt 

16  fd^ien  i^m  ganj  bem  bor  ber  @ünbflut  ober  bem  bab^Ionifc^en  S^il  ober  bem  Untere 
gange  2l^<^^ni$  ju  gleichen.  @))ejieQ  toar  er  über  @ittenIoftgIeit  in  feinem  SBittenbecg 
erjümt;  auf  einer  Steife  im  Sommer  1545  bro^te  er,  gar  ni^^t  me^  in  biefed  @obom 
ju  tommen.  Söngft  aber  glaubte  er,  [%df  einen  na^en  Slbfd^ieb  aud  biefer  9Bett  toünfc^ 
unb  l^pffen  ju  bürfen;   er  fä  bod^  koenig  me^r  nu$  auf  @rben.    @ine  älblel^nung,  über 

ao  Jlird^enjuc^t  ju  fd^reiben,  begrünbet  er  1544  bomit,  ba|  er  fei  senez,  ezhaustus,  piger 
(9r.  5,  701).  2Bir  fe^en  inbeffen,  toie  er  bennod^  ju  fc^retben  unb  ju  täm)}fen  fotitfui^. 
Stö  er  aber  feine  SSorlefungen  über  bie  ®eneftd  1545  ^um  @(^Iu^  gebracht  1)aüt  (oben 
@.  746,  so),  toünfc^te  er,  man  möge  für  il^n,  ber  nid^t  toetter  t)erm5ge,  ein  guted  Stünblein 
erbitten.  —  9(m  23.  ^Januar  1546  brad^  &tt^er  toon  äBittenberg  auf  nac^  @idldben.   & 

36  toaren  ni(^t  gro^e  {in^lid^e  Xngekgenl^eiten,  bie  ii^  bortl^in  riefen,  fonbem  ein  ®efuc^ 
ber  Standfelber  (Srafen,  ba|  er  einen  @treit,  ber  über  il^re  Sergtooie  unb  anbered  unter 
il^nen  fic^  erl^oben  botte,  beUegen  miki^te.  Sutl^er  tou^te  ftc^  i^nen  berpfliii^tet,  atö  hmäf 
feine  ®eburt  i^rem  Gebiete  juge^örig ;  er  tooQte  fid^  baran  toagen,  um  bann  mit  gh^euben 
jtd^  in  feinen  @arg  ju  legen,  loo  er  jubor  feine  lieben  2anbed^erren  bertragen  ^be.  S>ie 

80  Slu^leic^ung  gelang  il^m.  3)ic  Sriefe,  loelc^  er  k>on  @iäeben  avS  fc^rieb,  unb  bie  Sieben, 
toelqe  bor  ben  ^eunben  bort  bon  i^m  gefül^rt  unb  bon  biefen  l^ema(^  aufgejeic^d 
kourben,  geigen  noc^  red^t  ben  träftigen,  an  finniger  Siebe  reid^en  @eift.  ^ber  unter  ben 
@ef(^ö^en  toar  bie  @orge  für  feine  ©efunbbeit  ^intangefe^t  koorben;  eine  Fontanelle,  bie 
er  feit  lange  (bgl.  9r.  5,  600)  am  @(^enlel   trug,   toar  juge^eift;   er  ^atte  auc^   fc^on 

86  auf  ber  ^inreife  bebenflic^  ftc^  erlältet.  3)a  füllte  er  am  9lbenbe  be^  17.  ^bruar 
l^e^igen  ^rutf  auf  ber  Sruft ;  ald  er  m  Sette  ging,  befahl  er  feinen  @eift  @ott  mit  ben 
Sßorten  $f  31,  6;  er  toieberl^olte  biefelben  mel^rmal^,  inbem  er  unter  benipänben  ber  u» 
i^n  bemühten  f^eunbe  bed  @nbed  toartete ;  er  bantte  ®ott,  ba^  berfelbe  i^m  feinen  @o^ 
geoffenbart,  n>el(^en  er  gelel^  unb  belannt  ^abe ;  al^  ^onad  unb  Pfarrer  Söliud  i^m  lu^ft 

10  nod^  bie  ^age  ind  D^r  riefen,  ob  er  auf  bie  bon  i^m  ge))rebigte  £e^re  fterben  tooQe,  fprad^ 
er  nod^  ein  beme^mlid^ed  ^a.  SRul^ig,  mit  einem  fanften  legten  SUemjuge,  entfdblief  er  am 
SKorgen  be«  18.  J^ruar  (gegen  bieSüge  bon  Sut^er«  Selbftmorb  f.  befonber«:  91.  ?Jaulud, 
£.d  Seben^enbe  1898,  au^i  Erläuterungen  unb  Ergänzungen  }u  2lanffen$  @efc^.  b.  beutfc^ 
Solle«  93b  1).  —  ®ie  Seiche  lourbe  feierlich   in  ber  ©d^loftnrc^e  ju  SBittenbew  beftottet 

46  28ie  ber  lebenbe  ut^  fterbenbe  Sut^er,  fo  kourbe  auc^  noc^  fein  Seic^nam  ©egenftanb 
lügen^fter  @age.  3Jtan  er^ä^lte  —  unb  jtoar  no(^  bid  auf  unfere  @egentoart  unb  auäi 
unter  ber  93eböllerung  öon  SBittenberg  f elbft  —  ba^  berfelbe  loöl^renb  be«  ©c^mallolbifc^fen 
5triege«  l^eimlid^  meggebrad^t  unb  auf  einem  no^en  ^Ibe  vergraben  koorben  fei.  93ä  ber 
bom  Jtaifer  äSU^elm  I.  t)erorbneten  SReftauration  ber  itirc^e  nun  grufr  man  nad)   ben 

60  Seic^namen  ber  beiben  ?leformatoren,  brang  l^inunter  bid  ju  bem  $2elan(^t^ond,  tpurbe 
iebo(^  am  toeitergraben  nac^  bem  Sut^er«  1886  burc^  ein  Serbot  be«  Jtaiferd  Derl^inbert, 
ber  bie  @rabedru^e  ber  Sleformatoren  nic^t  geftört  l^aben  n>oQte.  9lber  jtoei  bei  ben 
Sleflaurationtobeiten  befd^äftigtc  SKänner,  koelc^en  bie  ^ier  berbleibenbe  Ungeh)t|^eit  un« 
erträgli^  mar,  koagten  t)or  bem  9lbf(^lu^  ber  arbeiten  ^eimlid^  am  SSormittag  bed  @onn< 

66  tag«,  14.  gfrf^ruar  1892,  noc^  l^inuntergugraben  bi«  auf  ben  ganj  morfc^  geworbenen  ©arg 
Cutter«,  beffen  ®ebeine  fie  barin  „regelred^t  gelegt"  unb  in  no<]9  jiemlid^  gutem  Seftonbe 
fanben.  (Einer  ber  beiben  ÜJIänner,  ber  bamalige  SRauretpolier  unb  nad^^erige  ©c^Io^ 
lir^enbiener  §.  SRöml^ilb  fonnte  im  3<^w  1897  einem  Sleifenben  gegenüber,  ber  bie  Um 
gekoi^eit  in   betreff  be«  Sut^erleic^nam«  bellagte,   fein  ®ei^eimni«  nic^t   me^r  )urü(t 

GO  ^Iten    unb    kourbe   infolgebeffen  bon  feiten  äSorgefe^ter   t)eranla^t ,  barüber    münbli^ 


2nättt  1I6A 

unb  fc^riftlid^  ju  berichten ;  bec  anbete,  nämlid^  $aul  @rot^,  1897.  old  Igl.  ))Teu^tf(l^er 
Stegierungdbaumeifter  in  2lemfa(em,  toeld^em  bort  Slöml^ilb^  älngobe  Vorgelegt  toutibe, 
totberf^rac^  i^r  ntd^t,  fthnmte  i^  Dielme^  bttrd^  @tillf^kt)eigen  bei;  f.  X^tft  1894, 
631  f,  1897,  824 ff.). 

Überbliden  toit  biefen  ganzen  Serlouf  k>on  Sutl^er^  Seben  unb  SBirlen  unb  bor  aQem  6 
bie  Sntkoidelung  feiner  eigentümlid^en  religidfen  Stnfd^un^  unb  Sel^e,  fo  feigen  toir  beren 
toic^tigften,  in  ftd^  jufantmenl^ängenben  pofttiDen  ^nj^olt  bet  Sut^er  fc^on  Oor  unb  lebenbig 
getoorben  al^  er  feit  1517  bofür  lämpfenb  eintreten  mu^te,  unb  bie  IConfequenjen  nacp 
ben  t)erfc^iebenen  Seiten  l^in  unb  namentlid^  im  ®egenfa$  gegen  bod  römifd^e  JtirAentum 
unb  bie  ^ä))ftlic^en  3Raö)tan]pxiJid)t  lamen  bann  t)ouenbi^  jur  Sntfaltung  bid  jur  SQieber«  lo 
le^r  £.^  t)on  ber  SBartburg  unb  feinem  Rartip^  oegen  bie  Sd^toörmer.  9Ud  bad  tpoöft^ 
mac^enbe  @reignid  für  bad  fernere  äSirten  be^  9leformatord  b^eid^net  man  ^äufig  ben 
Sauernirieg;  biefer  ift  bied  aber  nic^t  mit  93^ug  auf  Sutl^erd  ^rtfc^reiten  unb  @tel^« 
bleiben  ober  par  Stüdkoört^el^en  in  feiner  ©laubenderlenntnid  unb  SeJ^e,  fonbem  nur  in 
Sejug  auf  feine  Jtüi^n^eit  unb  Schärfe  im  ))rattifc^en  reformatorifc^en  SSorge^en  unb  auf  i5 
bie  Siege^l^offnungen  feiner  ®egner  unb  bie  ^urüdl^Itung  t)ieler,  bie  ettoa  Dorl^er  nod^ 
il^m  Ratten  jufaQen  mdgen.  ^Dlobifilationen  in  ber  il^m  eigentümlichen  Se^e  treten  ba 
nur  noc^  ein,  fofem  er  balb  me^  bad  eine,  balb  mei^  ha^  anbere  Stoment  m  betonen 
fic^  t)eranla^  fai^.  —  äBic^tig  ift  für  unfere  Setra^tung  unb  äBürbigung  ber  Se^re  Sut^erd 
befonber^  ber  Unterfc^ieb  jkoifd^en  folc^en  Sel^rftüden  unb  SJtomenten,  bie  er  eigene  t)on  ao 
feinen  eigentümlichen  ^öd^ften  $rin)i))ien  aud  mit  feinem  Genien  burc^brungen,  unb  folc^en, 
in  benen  er  mel^  nur  bie  überlieferten  Sel^geftaltungen  beibel^alten  ^at ;  unb  jugleic^  toirb 
ftc^  auc^  bei  fold^en,  toelc^e  ganj  eigentümlicp  bei  il^m  geftoltet  un^  k>on  i^m  burd^bac^t 
erfc^einen,  ^in  unb  koiber  fragen,  ob  nic^t  l^ierbei  bod^  in  feinem  eigenen  Genien  nod^  Der» 
fc^fiebene  mit  feiner  eigenen  inneren  Snttoidelung  jufammenl^ngenbe  ^attoren  jufammen«  36 
trafen,  bie  il^n  ju  emer  loal^rl^ft  einl^eitli^en  Srlenntni^udfage  nic^t  lommen  liefen. 
3)ie  @runbkoci]^rl^eit,  t)on  ber  er  jeugt,  bleibt  immer  jened  „©erec^ttoerben  burd^  ben 
©lauben  an  (Sl^riftu^'',  koie  er  ed  au$  (Sottet  SBort  uitb  jkoar  t)ome^mlic^  bei  ^uIuiS 
gelernt  unb  felbft  burc^  ®otte^  ©nabentoirlung  erlebt  ffot  @r  ift,  jo  befremblid^  bie^ 
und  auc^  erfc^einen  mag  unb  fo  koenig  ed  auc^  oft  bead^tet  toirb,  me  baut  gelommen,  so 
gemäfi  ber^^eutung,  koeld^e  dtxaiöco  fxdftt  bei  $aulud  ^at,  bied  nur  k>on  iRecytfertigung 
im  @inn  ber  @erec^tertlärung  ober  @ered^tanna^me  )u  Derfte^en,  t)erftel^t  barunter  t>kU 
me^r  immer  aud^  ein  innerlid^ed  ®ered^tgemac^ttoerben  bed  gläubigen  ©ubjeltd,  fe^t  aber  ald 
erfted  immer  bie  @ünbent)ergebung  aud  reiner  ®nabe  unb  mit  i^r  jene  ©ereotannal^me, 
lägt  erft  aud  bem  ®eift,  ber  ben  alfo  Segnabigten  ju  teil  toirb  unb  in  toelcpem  fte  bie  86 
9}erfö^nung  unb  Vergebung  genießen,  ibre  9led^tbefc^ffen^eit  unb  9led^tt)er^lten  ^or« 
Qtl)m,  unb  finbet  biefe  i^re  ^ec^tbefd^affenl^ät  immer  noc^  t)iel  ju  unt)ollIommen  unb  be» 
fiech,  aU  baft  fie  t)ermdge  i^rer  t)or  @ott  beftel^en  tonnten,  ^nfofem  ))flegt  man  bod^ 
unfere  tirc^licpe  Seigre  t)on  ber  @erec^tigteit  au^  ©lauben  mit  9le^t  auf  Suti^er  felbft  unb 
nic^t  ettoa  erft  auf  SRelanc^t^on,  mrüd^ufü^ren.  3Ludf  ^ai  Sut^er  f^äter  no^  fc^ärfer  aU  40 
früher  jened  erfte  3Jtoment  für  fid^  betont.  3)ag  Sut^er  t)on  9lnfang  an  eine  burc^  ®otted 
^ebietenbed  unb  ftrafenbed  9Bort  getoirtte  @etoiffen^d^ütterung  jur  SSorbebingung  für 
imm  ©tauben  unb  jened  game  aui^  bem  ©enug  ber  (Sottedliebe  unb  aud  ber  Siebe  )u 
®ott  ^ert>orgel^enbe  9iec^tt)er^alten  machte,  l^aben  toir  fc^on  oben  Slgrilola  gegenüber 
bemerft ;  teinedtoegd  ^at  er  baju  erft  burc^  SJtelancbt^on  fic|  beftimmen  loffen.  Sei  &itl^erd  46 
äludfagen  über  bad  ben  @lauben  ertoedenbe  aöttlic^e  SBirfen  unb  t)ollenbd  über  bie  innere 
göttliche  ^2itteilung  an  bie  burc^  @lauben  ©erec^tgetoorbenen  ift  bann  für  ibn  c^ralte» 
riftifc^  ber  getoaltige  Slealidmud,  toomit  er  bie  toirtlid^e  unb  t)oD[e  @egentoart  ©otted  felbft 
im  ^eiligen  ©eifte,  \a  ©otted  felbft  ald  bed  l^eiligen  ©eifted  be^au))tet ;  nac^  einer  @elbfts 
befKmmung  ber  gläubigen  Subjette  unb  ©ottedtinber,  toomit  fte  auf  bie  Sflegungen  unb  go 
triebe  biefed  ©eifte«  in  i^rem  ^nnern  boc^  erft  felbft  eingeben  toürben,  fragt  er  nic^t,  — 
l^at  inbeffen  boc^  gegen  bie  auf  foldbe  @elbftbeftimmung  bezüglichen  fpäteren  Slu^agen  ber 
toon  i^m  fo  l^oc^  gefc^ä|ten  Loci  SRelanc^t^on«  nie  ftd^  au^elaffen.  äSon  ^ier  au^  n>er* 
ben  toir  enbltd^  aucp  auf  bie^age  l^ingefü^rt  nac^  bem  SSer^ältni«  jtoifc^en  ©otted  SBiQen 
unb  allmächtigem  äSirfen  unb  jtoifc^en  menfd^lid^em  SOBollen  unb  toirRid^er  ober  t)ermeints  66 
lieber  ^et^eit  überl^aupt.  ^iermtt  aber  tommen  toir  auf  jene  t)on  Sut^er  einft  bem  @ra«* 
mud  gegenüber  t)oll  angeführten  @c^e  t)on  einer  alle«  treatürlid^e  Sein,  SBerben  unb 
SBoQen  fc^lec^t^in  beftimmenben  göttlichen  9lQmac^t  unb  $räbeftination,  bie  t)on  und  an^ 
ertannt  toerben  muffen,  in  beren  ©e^eimniffe  toir  aber  nic^t  einzubringen  t)erfud^en  bür« 
fen,   tnbem  toir  mit  unferem  ©lauben  unb  Seben  nur  gan)  an  ©otted  Offetibarung  ineo 

9lcaI«(Snc))f(opöbie  fttr  Zf^toloqit  unb  ftir((e.  8.  K.  XI.  48 


754  Sttt^er 

fetnem  Bof)n  S^riftu^  unb  an  bicfen  feinen  @ol^n  und  )u  galten  l^ben;   in  ber  gonjen 

,  ärt,  tote  Sut^er  ^iertoon  tebet  unb  biel  Heber  noc^  fc^toeigt,  ^ören  tott  too^I  bie  ©rfa^s 

.  tunßen  nac^ßinoen,  bie  er  baöon  \>ox  feiner  toa^ren  ©rfenntni«  bed  (Stoangeliumd  in  f^e^ 

fulierenben  ®en{t)erfuc^cn   unb   in  religiöfem  SSangen  gemacht  l)at  (t)on  ben  urfprünglid^ 

6  auf  il^n  eintoirienben  {ird^lid^en  ^^eologen  ift  it^  biefen  ®ebanlen  t)om   abfoluten  @ott 

.  burd^aud  {einer  fo  toeit  toie  er  gegangen,   er  ift  bur^  feinen  bon  i^nen  baju  beftimmt 

toorben).  —  gn  Sut^er«  2e^re  öon  ®ott  ift  ©runbgebanfe  ber,  bafe  toir  bie  rechte  Qx-- 

lenntnid  ®ott  nic^t  auS  unferen  eigenen  @j)e{uIationen,  noc^  aud  einer  blo^  natürlichen 

Offenbarung  gu  entnel^men,   f onbem  bon  feiner  boDfommenen  ©clbftoffenbarung  in  G^rifto 

10  aud  ju  il^m  em^orjufteigen  unb  i^n  fo  aU  ben,  toelc^er  toefentlic^  Siebe  ift,  )u  erfennen 
unb  im  bertrauendt)oIIen  ®Iauben  hieran  auf  ein  Sinbrinaen  in  bad,  toad  und  ^ier  no<^ 
berborgen  bleibt,  ju  ber^ic^ten  Ratten.  3)amit,  ba^  nad^  iSut^er  biefer  @ott  fein  ^erg  unb 
gamed  SOBefen  im  menfd^getoorbenen  S^riftud  obieltit)  bor  und  erfd^Hegt  unb  ba|  £ut^ 
badfelbe  ®ottedtoefen  ganj  in  bem  ben  (El^riften  mitguteilenben  ^eiligen  (Seifte  gcgentodrtig 

16  fein  läii,  ergiebt  ftd^  für  i^n  auc^  ein  inniger  3ufammen^ang  gtoifd^en  bem,  toad  toir 
ölonomifc^e  Srinitöt  ju  nennen  t>f^^0^/  unb  jtoifd^en  bem  i^r  gur  Soraudfe^ung  bienenben 
etoigen  gwfflnimenfein  bed  3Saterd  mit  bem  Jjräejiftenten  So^n  unb  bem  bon  beiben  Quä^ 
ge^enben  @eifte.  Sagegen  fönnen  toir  in  ber  aud^  bei  Sutl^er  fel^r  häufigen  äSegeic^nung 
biefer  brei  $erfonen   ald  mens,  intellectus,   voluntas  ober  aU  potentiä,   sapientia, 

gobonitas  ni(|t  eine  mit  feinen  eigenen  @runbgebanlen  gufammen^ängenbe,  f onbem  nur 
eine  avS  ber  überlieferten  ^^eologie  bon  i^m  entnommene  SSorfteQung  bei  i^m  fe^en.  ^ür 
feine  Sluffaffung  bed  gefc^)tc^tli4>en  ßl^riftud,  unfered  §eilanbed  unb  §erm,  ift  c^arafteriftif<^ 
bad  3)ringen  aufd  innigfte  @indgetoorbenfein  bed  ®ött(id^en  unb  SJlenfc^Iid^en  in  i^m  ftatt 
eined  bloßen  92ebeneinanberfte^end  ber  beiben  9!aturen;   hierbei   bro^t  aber  bermöge  ber 

25  ä(rt,  toie  aucb^Sut^er  ^ier  bie  93egriffe  bon  92aturen  unb  Sigenfc^aften  ^anb^t,  gerabe 
bei  i^^m  bie  SKenfc^^eit  G^rifti  i^rer  SSa^r^aftigfeit  berluftig  gu  ge^en:  fo  befonberd  bei 
ber  \i)x  im  äbenbmoi^Idftreit  beigelegten  Dmnij)räfeng.  3n  ber  Sluffaffung  bed  objeftiben 
SBerföl^nungdtoerted  ßl^rifti,  in  toeld^em  2ut^er  mit  ber  ^erfömmlic^en  Ideologie  ein  ftelt 
bertretenbed  ©intreten  für  und  ©ünber  fic^t,  unterfc^jeibet  fid^  Sutl^er  bon  biefer  f^avpU 

ao  föd^Iic^  baburd^,  ba^  er,  entf^rec^enb  bem  bon  ü^m  auf  bie  @c^ulb  geleaten  @etoid^t,  f old^ed 
Eintreten  bor  aDem  ald  ein  3;ragen  ber  ©ünbcnfc^ulb  unb  ©träfe  auffaßt;  an  einem  ©ins 
ge^en  in  bad  mit  biefer  ganzen  ^ibee  und  borgelegtc  Problem  fel^It  ed  übrigend  aud)  bei 
il^m  noc^.  —  ^ür  2utl?crd  reformatorifc^en  Äampf  toar  neben  unb  mit  feiner  Sc^rc  bon 
ber  ©laubendgerec^tigleit  bon  l^öc^fter  Sebeutung  bie  bon  ber  Äirc^e  ober  ©emeinbe  G^rifti 

36  unb  bon  ben  in  il^r  gefjjcnbeten  ®nabenmitteln.  ^n  feinem  SRingen  nac^  ^eildgetoi^^eit 
mu^te  er  innig  boH  SSerlangend,  Vertrauend  unb  2)anfcd  an  bad  objeftibe  ©ottcdtoort  fid^ 
l^alten,  in  toelc^jcm  ®otted  ®eift  felbft  fic^  i^m  bejeugt,  unb  an  bie  bom  §erm  felbft  ein* 
gefegten  SBa^rjeic^jen  unb  $fänber,  nämlic^  bie  beiben  ©alramente,  bie  ald  foI4^e  nic^t 
blo^  ben  ©lauben  anregen  unb  ftärfen,  fonbem   eben  burc^   ben  ©lauben  noc^  auf   bes 

40  fonbere  SBcife  jjebem  Singeinen  bad  boHc  ^eildgut  unb  bor  allem  bie  ©ünbenbergcbung 
mitteilen:  fo  im  ©egenja^  einerfeitd  gegen  bie  bcrmeffene  ©c^toärmgeifterei,  anbererfcitd 
gegen  bad  römifc^e  Äird^entum  mit  feinen  angeblich  ^öc^ften  unb  boc^  nur  mcnfc^Ii(^en 
äußeren  Drbnungen,  ©a^ungen  unb  aJJad^tjJjrü^en.  ®ie  Äir4>e  ift  iJ^m  bie  ©emeinbe  ber 
©laubigen  unb  eben  hiermit  ^eiligen,  toelc^e  burc^  biefe  ©nabenmittel  ^ierju  tocrben  unb 

46  in  ©otted  9Jamen  fie  fort  unb  fort  gu  bertoalten  ^abcn.  ^n  bie  äußere,  an  fic^  toanbet 
bare  ©eftaltung  ber  Äirc^e  aber,  bie  2\xti)tx  fo  ald  ©emeinbe  ß^rifti  anerfennt,  greifen 
nun  fe^r  bie  gefc^i4>tlic^  borliegcnben  ^wftänbe  unb  3SerF)ältnifie  ein,  in  benen  er  göttliche 
S33eifungen  für  fein  eigcned  reformieren  fa^:  ber  3wft<wtö  ber  im  bidl^erigen  Rir^entum 
geeinten  S3eböHcrung,  bermöge  befjen  eine  ec^t  cbangclif4>e  Äirc^e  mit  iJ^ren  ©nabenmitteln 

60  ber  großen  9Renge  nod^  gang  übertoicgenb  ald  objeftibe  älnftalt  gegenübertreten  mufete,  unb 
guglei4>  ein  S3ebürfnid  äu|cren  ©d^u^cd  unb  äußerer  Seitung,  für  toelc^ed  Sut^er  nur  bei 
ben  bon  ©ott  fürd  toeltlic^e  ^Regiment  eingefefeten  ©liebem  ber  Äirc^e  ^ilfc  gu  fud^en 
toufete.  —  Sutberd  Sluffaffung  bed  aud  bem  dlauben  unb  ^eiligen  ©eift  fliefeenben  fitt^ 
lic^m  Jlec^tberl^altcnd  ber  ß^riften   in   biefer  SBelt   läfet  fic^  furg  barin  gufammenf äffen, 

ö6  bafe  fie,  fc^on  je^t  innerlich  ber  ^immlifc^en  ©üter  teilhaftig  unb  über  biefe  SBelt  ergaben, 
ftc^;  gegenfeitig  in  Siebe  biencn  unb  mitteilen  unb  ©otte  unb  ftd^  gegenfeitig  eben  auc^ 
in  ben  bon  ©ott  eingefe^ten  toeltlid^  fittlic^en  Drbnungm  unb  ©tänben  (G^e  unb  §aud» 
ftanb,  Dbrigfeit  unb  ©taat)  bienm  unb  bie  i^nen  ^ier  bargebotenen  toeltlic^^en  ©üter 
banfbar  genießen  foDtm.    3Kan  J)flegt  l^ier,  toa^  bm  ©egenfal^  gegen  bm  Äat^oligidmud 

60  betrifft,  befonberd  unb  gtoar  mit  Siedet  ben  ©egmfa^  gegen  bie  SBeltflüc^tigfeit  bed  Äa« 


thnEiöäEB^  ^  temoL  Slia  Ucaat  Mdnta  itt  Kst  d«i  fciMto^i^  «»c  ^^ddiiM^ifi^ 
Ux  XDdäiäim  Srnxx  sn^Xs^abcn  idOift,  im  am  i«Uhr  «^ommb^  mMk  )»  tatvtai 
p3£^  istiboax  xodouir  in  wd  l»i»  j^aiaitiai  Md"  te  crit  «m  @9d<  )<r  ^4fK  vul 
ba»CTndiQib£3i  SnCnitwiig  si^  l^rffinuMiAcQ»  intb  er  1«^  %te  W  )^cM  <!9d<  ite« 
fsi  rie  aLcrnaäm  ^ol  Sir  ibtai  wäk  Ke  dvt  f.  S.  n  micr  SAvm  «i  Hn  iM  4 
im^  kinai  SammeB  tto  brnSaita,  tia  l«  cn^KsfacR  SixiuKsK  «ni^  ^^IM|j(CR  ^e^  1^d^ 
Ikbox,  bnxga&dtcm  m^  ix^ialai  ^skBniiCBld«M  cm  l^B^M(^mxt1k  »lib  Hjicm^  ittd^ 
bosiai,  dtii  ^D6  imudpefi»  ^  pi  Smcnca  hkna  cmtaSmi  ciidcoutoi^  ^tkmih 
mk  ss^  iexiMSiDe^  tk  IBUnan^  wäk  ^a^  bcnMi  ^  frat  XetOMim  A  it  «mI^  ^ 
btnt  @döm,  nzr  bie  ndtüche  SÜttm  m.  i  ftu,  gopctiqi,  o1<t  mr  ^j^«l4^,  ^fi|  <r  fte  «d 
in  ba  ibna  rn  Soct  ^egcKsicB  l$d<snai$  ««äidtcit  »^  i»  Kr  K4mi  <Sk«iii«Bfb^^ 
hebanbds  lAm.  Sgl  Mn^ol  ^Ixanl  @L  Sobi^  ^caildB»^  Kt  SikjUmi  dm«i  Ml 
Btasi  u.  1.  tr.  in:  Sno^,  Smwmwuji  wasmamr«.  «üb  iianit  SbKoM.  ^  :2l»  1$^; 
9100^6»  iLB  gTTflini.3  pm  Sojwfiftwn^  1^7.  —  <^ki«ii  irir  oi^i&i»  ^^wnUt  Ml  btc^Skw^ 
frage  bei  acte,  txnc  bcm  hc  dOonoc,  bcs  ;^^;iäiah  Hm^  @U»Kii^  unb  fwMt  ^^cta^  u 
Hlbenbai  oöl^aivtex  i>ra  d«a  gopcmc«  Mcbcn  fd  lo^  UMb  ft«  jt<ip<w«qi  ircfbcil 
mum,  tr  lözni^  a  biet  ftct^  gUkbmsid  fir  bic  hMii(  Snmü&t  b<T  bcili^  &dMjt 
gegen  bte  Snfpxuc^  ber  icmijd^  find«.  i^^aoMT  cdkr  {iu{A  er  Mcfcn  <IUa«bcii  ond^  Aiif 
ein  inneres  3^^^"'^'  ^*^  Sc^  @€tK  beim  rate«  <§kiicaiMfc  ba  S(bii|t  m  bCK  ^\it* 
Hgen  ablegt  unb  pDca  md»  blc$  für  tCRt  Sinmtat  bcr  &hrift,  fcnbcm  ond^  b«t(t  fiiit:M 
i^en  5^^^^  unb  auf  @ninb  bdiidbcn  cdaubt  er  ^  Km«  ^  llmaVKibwM  yrri^bcn 
bem  böberen  GKnofta  unb  JSext  cmj^dner  ix  bei  bÄ  Sdnit  cbct  ^®ctM  ^^M'*  uit 
fonnnengefalten  ^Süd>a,  auf  tccübe  cboi  iS.  7^1,  .^^^  bcuialtdt  bc^  ;^taMM»Sbndt^  biiwtmtm 
treiben  \ri,  unb  untcxfifceibet  oud^  im  ;^^tiiMt  ba  ^^^tcbcnboi  64«ifl«n  )ii^ifa^  Nu 
bte  grttTube  Cffenborung  betrtffenben  ui^  bau  rein  auf  irdtlicbc^  b<^lkt><n  lUrffc^tm. ;» 
fbub  bierin  bleibt  a  ftdb  gleich  bd  feiner  Suffaflun^  bei  Gchift,  iwiB  f«^  oucb  bobci 
htsb  gan^  ftä^a  in  feinem  @(aubcn  an  fie  unb  itrni  ;?^nbalt  :)lb(t  bie  tioin  imlrc^Nn 
^rebleme  bot  er  mm  ©egcnfitanb  ein^ebcnba  imffcnfcbaftrKber  QriMrten»^  ni(bl  ^a<^ 
Seine  ortboboren  9iac^fo(gcr  festen  btcfdbe  beifdu;  inbem  fic  auf  (Smnb  be#  Uwlimo* 
nium  Spiritus  S.  bte  beiL  S^rrift  einfa(^  für  obtoUtt  unb  untcif(bi<bllol^  int^inett  et*  «i 
Hören  ^u  tonnen  meinten.  Sßbr  muffen  nomentlid^  gleicb  bd  bicfet  (Stunbfcaae  tnne 
tperben,  todd^  Aufgaben  ber  Steformotor  geiabe  mit  feinen  (Srunbau^fo^  boc^  einer 
fünftigen  ®Iauben^iffenf(^  no(^  binterlaffen  1^  —  :^m  übri^  barf  für  :^tb<r$  ^^ 
logie  auf  Die  oben  (S.  722, 69)  genannten  )ufammenfaffenben  ^^rfie&unaen  bem>iefen  iwrben» 

Xer  gon^e  ^'e^ortrag  £ut^  bej^  ienen  (S^oratter  frif(^  vebeni,  auf  )i>el(^  »5 
\d)on  bei  feinen  erften  Schriften  ^ingetoiefen  tourbe.  Seilte  Sbrod^  \^t  mtMxi^  $ttKtft» 
ßinf a(bbeit,  Älori^ ;  er  ^  ftd^  bei  aller  liefe  unb  S<^rf e  bo<^?  ebenf o  fem  bott  Über« 
fc^mänglic^feit  be^  @efü^tö  ober  ba  ^bantafte,  tt>te  bon  etna  btaleltijd^  SubtilitAt,  fo 
gemig  er  auc^  gu  eina  folc^  beranlagt  u>ar  unb  in  Streitf(^rtften  (tc  (unbgab.  ^Jiad^ 
einer  anbaen  Seite  ^in  malt  a  un«  felbft  ben  Sbaratta  feine«  ^^ortrag*,  gegenüba  bott  40 
bem  bc^  Sren^  (Sr.  4,  U9):  ®r  habe  nic^jt  bie  Jhinft  unb  <^ilbung  tine  biefa,  uttb 
müfje  imma  ftürmen  unb  föm^jfen.  —  Dabei  pflegt  [xd^  bie  CWrunbleprc  bottt  4^eil,  U>le 
fte  ibn  )}erfön(ic^  imma  bekoegt,  fo  au(^  in  feinen  )Hu^brungen  in  ben  '^^crbergrunb  unb 
3Ritte[)}unft  gu  brängen:  ed  ift  bied  eine  toefentlic^e  (Sigentüntlid^teit  au^  feiner  6(bvtft« 
auelegung  unb  feina  ^rebigten.  3"  Jena  toeife  a  bon  jebem  Moment  attiJ  üu  ben  böcpflen  45 
@ertc^t0)}unhcn  em)}or)ufü^ren  unb  aud^  üba  fc^einbar  unfruchtbare  Slbfdl^nitte  feine«  ^il^^e« 
©eift  unb  Seben  gu  babreiten;  bei  Se^^anblung  folcber  Scbrifttejte,  bcren  öeAte^^ung  |^u 
jenen  ©runblel^ren  urfprünglic^  noc^»  feine  fo  unmittelbare  ift,  unb  femer  bei  veftinnnuttg 
bon  ßingel^eiten  inna^alb  eined  Fleete«,  ivelc^e  gegenüba  bem  ^auptgebantcn  be«felbeit 
nur  unteraeorbnete  93ebeutung  b<^en,  tommen  bann  freiließ  bie  3[nf))rü(^e  gef(^i(^t(td^a  m 
unb  fprac^lic^er  @enauigteit  oft  ni(bt  |\u  i^rem  Steckte  (Unterfc^ieb  bon  Galbin).  ^er 
aQegorifd^en  älu^legung  bat  a  bie  93etoei«fraft  abgefproc^en,  \}ai  tnbefjen  bilblic^e  Deu* 
tungen  aU  anregenb  uno  anmutenb  gerne  noc^  angetoanbt.  ^n  betreff  be«  ^l^rebigen« 
ift  bei  i^m  näc^ft  ba  Jorberung,  bafe  6l;riftu«  ba  v^nl^lt  fei,  bie  erfte  bie  ber  Ülnfalt 
unb  Slngemcffen^eit  für  ba«  ,,arme  3Solf " ;  feinen  IJrebigtcn  fe^lt  bie  Sc^ulf onn :  fie  mv 
))flegen  mcift  in  fel^r  cinfac^a  SßSeife,  o(;ne  ein  borangcftcHte«  Ilj^ema,  aba  ntit  beftimmtcm 
aibfc^en  auf  bie  gu  be^anbelnbc  ©runblcl^rc  unb  3J(a^nung,  bcm  Wange  bc«  Icxtc«  j|u 
folgen  unb  babei  äu«lcgung  unb  änh^enbung  in  cinanba  ui  baU^cben  (bgl.  Skftc,  I)ic 
bebeut.  Äanjelrebna  ba  ältacn  lut^aifc^en  Kirche  IHöd,  S.  80— :HJ;  (J.  ;llona«,  !t)ic 
Hanjclbaebfamteit  Sut^er«  1862 ;  ^aing,  Xicl;rbu(|^  ba  ^omiletif  S.  8ü  ff.).  «» 

48* 


756  Sttt^ 

SEBte  ftc^  für  Sutl^ev  mit  feiner  d^ftlid^en  ©runbanfc^uung  bie  älnerlennung  für  bie 
freie  Set^ätigung  be^  menfd^lid^en  @eifted  auf  bem  kDeUlid^en  ®ebiete  t)erbanb,  fo  geigt 
er  md^  p^bnlxo)  einen  frifc^en  lebenbigen  Sinn  l^ierfür,  ben  i^m  bog  Setoufetfein  ber 
ollem  SQeltlid^en  anl^aftenben  @ünbe  nic^t  löl^men  lann.  ^06^  fc^c^t  er,  nic^t  blog  toegen 

6  bed  Sienfted  für  bie  Ätrd^e,  fonbem  old  Stittel  ber  ©eifte^btlbung  Hbnfyajdpt,  oQe  eblen 
fiünfte  unb  SOBiffenfc^aften;  fo  indbefonbere  bie  SBiffenfd^aft  ber  alten  @))ra(^en  unb  bie 
SBBei^^eit  ber  Stiten  in  Dingen  ber  SBelt;  ^in  unb  toiber  ftreut  er  feinen  ©riefen  ßitate 
auö  biefen  ein.  ß^arafteriftifc^  ift  femer  für  i^n  ber  ©inn  für  öolfötümlid^  SSäei^l^eit 
unb  SBi^  in  ©J)ri(^h)örtem,  ^eln,  3Serfen  u.  f.  to.;  toäbrenb  ber  S^age  in  Äoburg  1530 

10  bearbeitete  er  einen  S^eil  ber  fabeln  ^o^)g  (3^^iele,  S.g  ©pric^toörterfammlung  1900; 
^iele,  SJ  gabeln  1888).  —  ^n  bie  g^e  hJoDte,  h)ie  toxx  fa^en,  Sut^er  eintreten,  um 
biefem  kDeltli^en  ©tanbe  ol^  einem  ^o(^jua(^tenben,  t)on  @ott  i^erorbneten,  auc^  im  eigenen 
Sdben  ein  3^8*^^^  5^  geben.  Sebeutfam  ift  benn  aud^  ber  ß^arafter,  hjeld^en  fein  e^e* 
lic^ed  Seben  trägt :  ed  geigen  ft(^  barin  leinerlei  abfonberlic^e,  |o(^  (euc^tenbe  ®aben,  ^w 

16  gcnben,  fieiftungen  ober  (Sreigniffe,  burc^  toeld^e  ber  S3Ii(f  bc^  S3ef(^auer«  über  bie  gctoö^n« 
lid^en,  gering  unb  loo^l  gar  gemein  bünlenben  Partien  be^  irbifc^en,  natürlichen,  aber  fo 
gerabe  l)on  (Sott  georbneten  ©tanbe^  jj^inloeggel^obcn  hjürbe,  too^I  aber  ein  treue«,  freubige« 
unb  gebulbiged,  ebenfo  ec^t  menfc^lic^ed  ald  c^riftlid^e«  @inge^en  in  jene  gen)ö^nli(^e  ^e^ 
ben^orbnung.  toeld^e  ben  ftoljen  ^eiligen  fo  beräc^t(i4  )oar  (nähere«  über  %tau  unb  ^inber 

20  f.  89b  III,  322  ff.).  Die  SBriefe  unb  3:ifci^reben  fteDcn  un«  ben  Slcformotor  bar,  tok  er 
bei  aSeib  unb  Äinbem  fein  innige«  SBebagen  fü^lt,  finnig  bie  ®aben  unb  2BerIe  ©otte« 
in  ber  gamilie,  im  ^erantoac^fen  ber  Äinber  u.  f.  U).  beobachtet,  au«  folc^er  S3eoba4>tung 
lernt  unb  auc^  onbere  belel^rt,  burc^  Äranl^eiten  unb  lobe^fäDe  in  ber  gamUie  bie  bit^ 
terften  ©c^mergen  erfährt,  auc^  ber  gürforge  für  bie  Ölonomie  unb  felbft  i^re  eingeinften 

26  SÄürfniffe  ftc^  annimmt.  9Rit  feinem  bef^eibenen  irbifd^en  ®ut  übte  er  l^ingebenbe  gtei^ 
gebigleit  gegen  bie  Sielen,  toelc^e  i^n  überliefen.  —  3"^  Äreife  bon  greunben  freute  er 
fid^  bei  ©J)eife  unb  Iranf  unb  bei  frifc^er,  natürlicher,   für  ein  belifatere«  Dl)x  mitunter 

Siar  gu  berb  natürlicher  Siebe,    gm  ©enuffe  ber  ®j)eifen  aber  geigte  er  eine  folc^e  ÜMäfeig^ 
eit,  ba^  e«,  gumal  bei  ber  ©tärte,  loelc^e  fein  2eib  betommen  ^atte,  einem  9Jlelanc^t^on 

80  berhjunberlic^  loar;  er  faftete  oft,  ja  etliche  3;age  nad^einanber.  ©eine  Siebe  toar  allejeit 
öoU  ©alge«.  SWelanc^t^on  rü^mt  in  ber  Seic^enrebe  feine  SBürbe  in  aDem,  fein  §erg  o^ne 
galfc^,  feinen  l^olbfeligen  2Runb;  immer  ^abe  man  bei  i^m  gefunben,  toa«  el^rbar,  loa« 
gerecht,  n>a«  leufc^,  ioa«  lieblich  ift. 

©ein  innere«  Seben  foDte   ein  fieben  in  bemütig  ringenbem  ®Iauben  bleiben   unter 

86  ben  geloaltigften  Anfechtungen  in  betreff  feine«  eigenen  ©eelen^eile«.  6«  fmb  biefe  um 
fo  merfloürbiger  bei  ber  untoanbelbaren  ©etoifel^eit,  toeld^e  für  i^n  aUejcit  bie  ©naben^ 
leiere  an  ftd^  ^at,  unb  bei  ber  ftet«  getroften  ßw^^r^^^/  1^  ©orglofigfeit,  lodere  er  in 
betreff  ber  öffentlichen  ©ac^en  unb  ©efa^rcn  gerabe  aud^  in  ben  f^toierigften  Slugenblicfen 
au«fj)ric^t.   ©ie  treten  meift,  aber  nic^t  immer,  in  3Serbinbung  mit  ben  förderlichen  Seiben 

40  auf,  benen  Sut^er  öielfac^  untertoorfen  loar  (ju  biefen  Ugl.  Äüc^enmeifter,  S.«  Äranfen^ 
gefcl^ic^te  1881).  2lm  ftärfften  treten  fie  un«  in  ©riefen  au«  ber  ^ioeiten  §älfte  be«  ^Qi}x^ 
1527  entgegen;  er  fül^lt  fic^  im  Äam^)fe  mit  bem  2^eufel  felbft,  ja  gar  toie  in  ber  §öflc 
unb  toie  nur  noc^  bur^  einen  gaben  mit  bem  §eilanb  bcrbunben;  flehentlich  nift  er  bie 
gürbitte  ber  ©ruber  an;   er  toeife  aber,   e«  bürfe  i^n  bennocl^  nic^t  ber  geinb  Dcrberbcn; 

46  er  muffe  barunter  gcbemütigt  toerben ;  e«  fei  i^m  ein  Srfa|  für  ben  i^m  nic^t  befc^iebencn 
9Jlärt^rertob ;  toen  SBelt  unb  leufcl  fo  Raffen,  ber  muffe  loo^l  g^rifto  gefallen.  —  ?Jie 
fteigen  au«  biefem  feinem  3""^i^  eigene  ^läne  für  toeitgreifenbe  äußere  I^ätigfcit  auf; 
i^m  felbft  J)flegte  ber  ©ebanfe  an  balbige«  Slbfc^eiben  Diel  nä^er  ^u  liegen.  6«  ift,  loie 
2U  älnfang,  fo  au^  femerl^in,  ber  2lntrteb  eine«  ^ö^eren,   aud^  burc^   äußere  Fügungen 

60  nac^brücflic^)  angezeigten  Serufe«,  Iva«  il^n  jum  ffiirfen  unb  il'ämpfen  beftimmt,  ja  gtoingt; 
ba  giebt  er  fic^  bann  mit  aDer  Kraft  feine«  ^nnem  unb  feine«  burc^  Slnfec^tung  geftä^lten 
perfönlid^en  ©lauben«  ben  Slufgaben  l^in;  ba  fennt  er  auc^  feine  g^rc^t  unb  ängftlic^e 
SRücflMt  me^r;  ben  (grfolg  aber  erloartet  er  einfach  unb  fieser  Uon  oben  burc^  bie  Äraft 
be«  SBorte«.  Sniitt«  ^dftlin. 


bcr  im  6Iftcn  Sanbc  enthaltenen  ?lrtifel. 


Krtifel:  SerfafTet: 

^tonftant.  @(!^enfun0  ^.  ^ö^mer  .    .    . 
^lonftantinopel    unb   beffen   Matriarchat 

(®a6t)^Ö-^e^er 
j^onftantinopel.  @^nobe  r>.  381  f.  9b  II 

@.  43,  M — 44, 4i. 
^onftantmopoiitanifdied      @QmboI 

^bolf  ^arnac! 
^onftanj,  Bistum      ^aud      .    .    .    . 
^^onftanj.  ftonjil       (®.SSoiött)».«c6 
^onftitutioncn,  «poftoUf^c  f.  «bl@.734 

bis  741. 
Kontemplation  f.  ^^ftif. 
Kont)ofation  f.  ^nglifan.  Stixdit    SBb  I 

6.  543, 4t- 544,  M. 
^o^I^aad  $.  @.  9logge    . 

S^ooperator  ^eri(09  t     •    • 

^Opiaten  ^.  9(d^clid    .    . 

Jloptifc^e  Kir^e,  f.  am@ct)Iu6t).»bXII 
jl^ora^  5r.  SBu^I     .    . 

i^ornt^al  (8(timibt  f)  @.  Stolb 

«^orporationdafte    t)on    1661    f.  9b  I 


6dte: 
1 


($aflenba(5  t) 
$.  äjcftacfcrt  . 
»offc  .... 
D.  Ä.  ©ctimibt 


@.  529,11. 
Kort^olt 

^lotttDifr 
S^rabbe 

Äträmer,  ^e inri*  f.  SBb  VIII  @.  33,  *. 
iMn^eb.b.  Hebräern  SBcnjlngcr 
Krafft,  «bam  (^po^ftut^t)  ^»rbl 

^afft,  gobann         (©ittett)  Xfcftacfcrt 
Mrafft,  3.  ef)r.  ®.  S.  I?.  ®oebcI  t 
.Mrafft,  Äarl  @icffert    .    . 

Jlrafft,  mmm         ©Icffcrt    .    . 
SJrain,  9lnbrca«,   erjbifc^of  tj.   f.  9b  I 

©.  516,«». 
Kranfcnfomtnunion  f.  ©b  VII 6. 6, ««— m. 
ilranf^cltcn   unb  4)cilfunbc  bcr  S^rac» 

liten  9en^inger    .    .    . 

5h:ant^  D.  (Sari  9ert^ean  . 

Ätraut^  Ä.  @pätt)     .    .    . 

Stxtn  (Cdn)alb8(6mibtt) 

®eorg  "SRüUtx 
Kreta  3obanne§  ©cift    . 

Shetbi  unb  ^Ictbi     ü.  CrcIIi  .... 
Kreu)  u.  Kreuzigung  9ictor  @(^ul^e     . 
Kreu^altar  f.  9b  I  @.  397,«». 
Streujaufftnbung        9ictor  @tbul(e 
Krcujbrüber  f.  9b  VI  @.  438,m-439,i». 
Kreuücr^ebunfl  9ictor  Sdbul^c     . 

Kreujedjei(!ben  Victor  ®d)ul^e 


12 
28 
30 


35 
35 
35 

36 
38 


47 
48 
53 

56 
57 
57 
59 
60 
62 


64 
79 
81 

85 
88 
89 
90 

92 

92 
93 


Krtifel:  Setfaffer:  edtc: 

Kreuj^erren  Böcfler     ....      96 

Kreuzprobe  f.  9b  VÖ  @.  34,«. 
Krcuasügc  •  gricbri*  fflicganb       97 

Krieg  Karl  9urgcr     .    .    106 

Kricg8ioef.beib.f)ebr.9cnainger  ...  111 
Kritif,  biblif^c  ®.  ßcinrici      .    .    119 

Krübener  ®.  Krüger   ...    146 

KrummaAcr,  Sr.  «Ib.  ^.  SKallct  f  •  .  150 
Krummatber,  gr.®.  3lub.  Kögcl  f  •  •  152 
Krumma^er,  ®.  ^.  9R.  ®öbel  f  •  •  153 
Krujifij  9ictor  Stbul&e     .    156 

Krypta  f.  Kircbenbau,  9b IX  @.  786,44. 
Kr^ptocalotniften  f.  MbiHppiften. 
Kübel  D.  e.  9url      .    .    157 

Kücbener  ^erman  ^aupt     .    161 

Kübnöl  Södlcr     ....    161 

Kuenen  9(bolf  Kampbaufen    162 

Küfter  (^.  SWerj  f)  f>a«rf      170 

Kulturfampf  f.  Ultramontanidmud. 
Kultud  f.  ®ottedbienft  9b  VII  @.  1  f. 
Kunibert  (fBagenmann  f) 

^auct 172 

Kunft,    bilbenbe,  bei    ben    ^ebröem 

9enjinger  ...  173 
Kunft  unb  Kirche  9ictor  @4ul(e  .  175 
Kurie  (g  ^.  Sacobfon  f) 

t).  @4ulte  ...  178 
Kurfe  9ontt)etf(ö    ...    187 

Kujtafcl  f.  9b  VI  6.  275,  it— .4. 
Kufcb  f.  9ölfertafel. 

.Vt^boned  ^emetrioS   $^.  a^e^er  ...    190 
Ktjneroulf  f.  9b  IV  @.  364  f. 
Kt)rie  eleifon  f.  fiiturg.  gformeln. 


£. 


fiababie  (®  öbel  f)  ®.  c^ranl      191 

fiaban  f.  9b  VIII  ©.  544,  n. 
fiabarum  f.  Sonogramm  (Ibtifti. 
ßabbc  Söcfler     .    .     .    .    196 

fia^mann,  (Sari  f.  9b  II  8.  758, uff. 
fiaebmann,  Sodann    ®.  9offert   ...    197 
fiacombe  f.  9b  VII  6.  268,M-271,f. 
fiacorbaire  (SRcu^linD^fcnber    201 

fiactantiuS  (Srwin  ^reufcben  .    203 

LacticiDia  $.  ^infc^iud  f     .211 

ii!5fare  f.  S^meben. 

be  fiagarbe  9?eftle      ....    212 

fiaien  ^.  «Ic^elid    .    .    .    218 


768 


8et)ci4trii9  tor  im  dfim  9(aAt  etttl|iiltrtteti  KrtGM 


«rHf  el :  8etf  afTer :  6dte : 

fioietibrüber  u.  @4tDeftern  f.  3)'2önd)tuin. 
fioienlommunion       $.  ^infdiiud  f     .    219 
Salnea  J.  Scfuitcnorbcn  ©b  VIH  @.  769 

8.  19—49. 
fiombert,  gfran^        (^agenmann    f) 

©arl  3Rirbt  .  .  220 
fiambert  o.  {)erdfelb  0.  ^olber-@gger  .  223 
£ambert  le  S^gue  ^ertnan  ^aupt  .  225 
fiombet^artilel  §.  ^attenbufc^      .    227 

fiambruS^ini  (SHüpfel  f)  »etirat^    229 

ßame*  f.  ©b  IX  ©.  700, »«ff. 
fiamennaid  (S.  $fenber  ...    231 

ßamm  f.  b.  ?l.  @innbilbcr,  Ariftlltöe. 
fiamtniften  f.  b.  ^.  9)>lennontten. 
Sampc  (O.  Sfielcmann  t) 

@.  Sf.  S^Qtl  a^üner  233 
Sampetioner  f.  ^effolioner. 


iBoncelott 

fianbbif^of 
Sanbbetane  f.  ©b 
fionberer 


(^.  ».  Sacobfont) 
©e^IÄig   .... 

§.  $inf(^iu9  t 
.  783,wff. 
^.  ©dimibt  t  .    . 
fianbedtirc^en  f.  bie  9(Tt.  ^rc^e  »b  X 
@.  338,«— 339,  M  u.  Äir(6«T!reglmcT!t 
»b  X  6.  467,4»— 476,M. 


236 
236 

238 


^Qucf  ....  242 
Sieffcrt  ....  242 
S>.  ©ö^mer  ...  249 
Dr.  %  e^rlft  .  .  255 
(©agcnmann  t) 
®eorg  müUtx  .  .  261 
ffl.  Sftrafft  t  .  .  264 
fieopolb  ^QrI®oe(    268 

fiQngcnfteitt  ^inr.  tjon  f.  ©b  Vn  6.  604 
bis  607. 

Sangl^ton  (Bitpf^an  J.  ©b  IX  @.  118,«— 67. 


Sanbo 

fiatibpflfger 

ßanfranf 

Sang 

£ange,  Soa^im 

Sänge,  $o^.  $eter 
Sangen 


Sangobarben 
Sanguet 


&.  $>a6n      ...    271 
(X^eobor  e^ott  t) 
%  Sfc^acfert     .    .    274 
Saobicea,  @^nobe      (S.  f)ennecfe      .    .    281 
Sa  $lace  f.  $(aceu8. 

Sapplänb.  Wiffton     @Iof  ^aHer  ...    281 
Lap»  ^bolf  ^omad  .    .    283 

Sorbner  e.  (S^ött  t      •    •    288 

Sa  Olo^ellc,  ©efenntni«  öon  f.  ©b  VI 

@   230  ff. 
Safalle,  3.  S.  be  f.  Sgnorantiud  ©b  IX 

6.  58  ff. 
SqS  (5aJo«  ©enrat^  ....    289 

Sofidu«  (^Bagenmonn    f) 

Sofep^  SKüDcr      .    291 
SaSfi  D.  a)aIton  ...    292 

Sateau,  Suife  f.  b.  ^.  ©tigmatifation. 
Sateinif^e  ©ibelüberie^ungen  f.  ©b  III 

6.  24—58. 
fiateranf^noben :    1.  t)on  1123   f.  b.  ^. 

(Salijt  II.  ©b  III  6.  642, «off.     3)ic 

©cf*Iüffe  MG  CI  I  @.  574  9?r.  401. 

—  2.  üon  1139  f.  b.  91.  3nnocenj  II. 
©b  IX  ©.  11 1,16  ff.  3)tc  ©cftölüffc 
MansiXXI  ©.525 f.—  3  üon  1179 
f.  b.?l.9lIejonbcrIII.©b  I  ©.343,6o  ff. 
3)ic  ©ef*lüffc  Mansi  XXII  ©.210  ff. 

—  4.  t»on  1215  f.  b.Ä.  SnnoccnjIII. 
©b  IX  ©.  120. 6«  ff.  3)ic  ©ef^Iüffc 
Mansi  XXII  ©.  953  ff.     —    5.  üon 


Vrtif  el :  8erf  äffet :  6d  tc : 

1512—1517  f.  bic  «rt.  3uliu8  U. 
©b  IX  ©.624, 16  ff.  u.  SUo  X.  «Itcn 
Hardouin  Ck)nc.  Coli,  ©b  IX  ©.  1 570  ff. 
Labbei  et  Cossart  coli.  codcU.  ©b  XIV. 
Satlmer  S.  ©tfioett  f     .    .    297 

Satitubinarier  (£.  ©c^oeQ  f     .    .    298 

SatomuS,  ©art^ol.  ®.  i^amerau  .  .  300 
Satomud,  Sacobud  (&,  ßamerau  .  .  302 
Saub^üttenfeft  gr.  ©u^I     ...    303 

Saub  Sgeobor  ftolbe      .    306 

SaurenttuiS  b.  ^.  f.  ©ijrtuS  I.,  $apft. 
Saurentiud,  ®egenpapft  f.  ©^mmac^uS, 

?5apft. 
Saurentiud  ^aüa  f.  ©alla. 
fiaufanne,  ^inri*  o.  f.  ©b  VII  ©.  606. 
Saoatet  (&.  uon  ©d)ult^eg< 

dfle^berg       ...    314 
Sajar  oon  ^arpi  f.  ©b  II  ©.  7l6i,ff. 
Sajorlftcn  (armenlfcfte),  f.  3Re<^it^ar. 
Sasorifien  (^rlefter  ber  Wiffion)  f.  ©in- 

centiuS  be  $aulo. 
fiajoruöritter  Söcfler     ....    325 

Sca  f.  3af ob  ©b  VIII  ©.  544,  n  ff. 
2taht  ^rnolb  SRüegg  .    .    326 

Seanber  ßöcfler     ....    328 

Seben,  emigei»  ^.  ftS^Ier  ...    330 

Sebrija  (3.    ©eisfScfer   t) 

©enrat§  ....    334 
fiebuin  Söcfler     ....     334 

Sc  6^ne  (S^arleiS   f.  ©ibelüberfe^ungen 

©b    III    ©.    137,16—6*. 

2idjUx  ^.  JJicfer     ...    336 

Se  eierc  f.  ©lerlcu«  ©b  IV  ©.  179. 
fiectionadum,  Sectionen  f.  ^erlfopen. 
Sector  ^.  «(fteliö    ...    337 

See,  «.  f.  ©ftafer«. 

See,  3effe  f.  SJ^etl^obidmud  in  9(merifa. 
Seen^of  ©.  3).  uon  ©ecn  .    339 

fie  S^öre   f.  fjaber  ©tapnlenp«   ©b  V 

©.  714. 
Segalcn  u.  S^unticn  (^.  ^f-  3acobfon  t) 

r>.  ©tftulte    ...    340 
Legenda  aurea  f.  ©b  VIII  ©.  561,6  ff. 
Segenbe  uon  ^obf(!^ü^    .    .    345 

Seger  @miIio  Ctomba      .    349 

Segiftcn  unb  3)efretiften  f.  ®Ioffen  unb 

©loffotoren  ©b  VI  ©.  715. 
Se^ninf*c  SöeiSfagg.  S'odltx    ....    351 
Seibed  u.  Sebend(n:afen  bei  b.  ^ebrfiern 

f.  ®eri4t  u.  ^edjt  bei  ben  |>ebrfiern 

©b  VI  ©.  579, 6  ff. 
Seibni^  fRuboIf  ^cfen       .    353 

Seicbenreben  f.  Äafuaüen  ©b  X  ©.  116,  i  ff. 
Seiben  S.  Semme    ...     360 

Seip^iger  S)idputation  f.  Sutl^er. 
Seipjiger   3nt«"ni    f.  3"tcrim   ©b  IX 

©.   211,  66  ff. 

Seip^ig.  Kolloquium  (ftlofe  t)  &<^u({     .  363 

Se  üRaltre                D.  ©ranbe«      .     .  36.') 

Senfant                     (5.  ^fenber  ...  366 
ScntuluS    f.    e^rlftuSbilber    ©b    IV 

©.  65, 61  ff. 

Seo  I..  ber  ©rofee      9J.  ©onwetfdb    .     .  367 

Sco  II.,      $opft       ©onroetfcii     ...  374 

Seo  III.,        „          ^aud       ....  374 

fito  IV.,        „          ^aud 377 


id|itt9  ber  tut  elfim  Stube  ettt^Itetteit  UrtOd 


759 


Krtifel:  SBerfaffer:  Seite: 

fico  V.,  ^  ßaucf 378 

2to  VI..        ^         ^aucf 378 

fico  VII.,       „  twud 378 

fieo  VIII.,     „         ^ucf 379 

ßeo  IX.,        „  aarl  3Kirbt      .    .    379 

fico  X.,  „  ©cnrot^   ....    386 

fico  XI.,        „  SBcnrot^    ....    390 

fico  XII.,      „         93cnrat6   ....    390 
fico  0.  9(4riba  f.  (Sätulariu^  S9b  III 

@.  620. 
ficon  ©cnral^  ....    393 

ficontiud  ü.  ^^jana  fioofi»      ....    394 
ficonttu9t).9{c(M?oIi0  $.  ©clacr     ...    398 
ficporiud  f.  9{cftoriantdmud. 
fie  Ouicn  göcfler     ....    399 

ficrinum  ®rü(mad)cr      .    .    400 

ficfcr  J.  ^auQt,  »b  VII  @.  478  ff. 
fic6  (SBogcnmonn    f) 

$.  Sf^Qcfcvt  .  .  404 
ficffing  C^arl  SBcrt^cau      .    406 

fictfiu«  JR.  Sccberg      .    .    414 

ficftineS,  @^nobc  t>,  f.  Liftinae. 
fiettner  f.  I^MenbQu  93b  X  6. 788, «ff. 
ficj^tc  3)in9c    f.   ©«(^alologic    S3b  V 

©.  490  ff. 
fiepte  Oclung  f.  Oclung. 
ficuc^tcr,   ber   fiebenarmige  f.  Tempel* 

gerate, 
ficuc^tcr     l^ir^engeröte   f.  fitster  im 

®otte^bienft. 
ficuciuS  f.  »b  I  6.  664,  M. 
ficudben  8.  ^.  oan  SScen  .    416 

ficüeller«  ©.  @ctioca  t    •    •    -^17 

fieui,      fieoitcn,      fieottcnftöbte 

0.  OrcUi       ...    417 
fieinat^an  f.  SBb  V  @.  8,  ••— 10,«  ff. 
fieuirotSc^c  f.  SBb  V  6.  745,  »e  ff. 
fieoiticu^  f.  $cntatcud). 
fie^bccfcr  (?l.   6c6tt)eiacr  f) 

@.  S.  ftarl  WüHcT  427 
fiei)bcn,  3o^.  tjon  f.  TOinftcr,  SBieber* 

täufcr. 
fici)feT  (SagcnmQnn     f) 

So^anncd  ftunje  .  427 
fi'^üfpitol  ®.  SBonct-WQur^       431 

fiiafiüin  f.  ficbuin  oben  6.  334. 
fiibanon  ©ut^e      ....    433 

Libclli  pacis,   libellatici    f.  Lapei  oben 

8.  283  ff. 
Libcr  ceDsuum  Cencii  camcrarii  f.  ^o« 

noriu«  III.  ©b  VIII  @.  319, «ff. 
Libcr    diumns    Romanorum     ponti- 

ficum  {%    $>inf*lu«    f) 

t).  ©cbultc  ...  438 
Über  pontificalis  D.  91.  ©racfmonn  439 
Libcr   «extus    f.  ftanonen»  unb  SJcIrc* 

talenfammlungcn  ©b  X  @.  15,  s. 
Libcr  vitae  »Ictor  ©cftulfe      .    446 

fiiberatud  ®.  i^rüger    ...    449 

fiiberiQ  ®.  ®Ö6  .    .    .    .    450 

fiiberiuS  ®.  Ärüger        .    .    450 

fiibcrtlner  I.  gf.  ©Icffert  ...    456 

fiibcrtiner  IL  (Xrecbfel  f)  (J^oifl)    456 

fiibcrtincr  III.  (Xrecbfcl  t)  tS^oif^    457 

Libri  Carolioi   f.  ÄoroIinifÄe   ©üdier 

33b  X  @.  8a 


«rttfel:  BerfafTer:  6dte: 

fii(5t,  bibl.  »egriff  f.  »b  V  @.  457,« 

bid  458,10. 
fit(!^t  unb  Sflc^t  f.  Urint  3:ummim. 
fii^tenberger  @ugen  fiac^enmann    461 

fitester  unb  fieu^ter  ISictor  @4ul(e     .    464 
fii(ÖtfTeunbe  ©orl  3Kirbt      .    .    465 

fil^tmeffc  f.  mavia, 
fiiciniuä,  Äaifcr  f.  »b  IV  ©.  682,  sa. 
fiibbon  mubolf  ©ubbenfieg    474 

fiibmina    f.    93b  in    @.  509,  «s    bid 

510.it. 
fiiebe  itaxl  ©urger     .    .    476 

fiiebedma^Ie  f.  9(gapen  ©b  I  @.  234  ff. 
fiiebner  ^Rirfiocl    ....    479 

Liftinae,  ©^nobe       (Söcijf äd er  t)  4>öucf    484 


fitg{)tfoot,  3o^n         ®uftaf  Kaiman 
fiig^tfoot,  3.  »orber  (5.  9lcn6  ®rcgor^ 
fiiguori    unb     ber    fitguorianerorben 

3öcIIer     .    .    .    . 
fiilit  f.  grelbgeifter  93b  VI  ©.  5.«. 
fiimborc^  $.  @.  9togge    .    . 

fiimbuS  f.  Segefeuer  93b  V  ©.  791, 10. 
Limina  apostolorum  f.  Visitatio  limin. 
apostol. 


486 
487 

489 

501 


filnbfc^ 

fiingarb 

fiint 

fitnud 

fiinjer  fixitht 

fiippc^ctmolb 

fiippe<©(!^aumburg 

fiipftud 

fiitanci 


©.  ©cftoell  t  .  • 

6.  ©*ocn  t  •  • 

9^.  93cnbijen  .  . 

^audt 

ftlüpfel  t    .  .  . 

D.  93rQnbeÄ  .  . 

D.  ©ranbeö  .  . 

Lic.  5.  9^.  ß4>r»u« 
SJrcwS     .    .    .    . 


Literae  dimissoriales  f.  ©bIV  ©.669,  n. 
Literae  formatae       9[boIf  {^arnacf  .    . 
fiiturgie  D.f)crmann  gering 

filturgif    f.   ©ottcSblcnft ,    ©cgrlff   2c. 

©b  VII  ©.  1  ff. 
filturglfc^e  gormein  3)rett)8     .... 
filubgcru«,  ber  ^eil.  ®.  U^I^orn  t  •    . 
filubpranb  (©claffidcr  t)  C^aucf 

fiioingftone  91.  ©runbemann   . 

fiiolanb.  (S^rtfttanirterung  f.  ^Ib.  0.  Üiiga 

©b  I  ©.  295  ff. 


503 
505 
505 
513 
513 
515 
518 
520 
524 

536 
538 


filorente 
fiobwoffer 

Loci  theologici 


©enrat^  .... 
(9}i4.  fiau^mann  f) 

f.  «.  «öftlin  .    . 
obanned  ^un^e   . 
fiocfe,  3.  f.  3)ei«mu«  ©b  IV  ©.  538,«» 
bi§  539,  »4. 


545 
557 
559 
559 


566 

568 
570 


fiobenftein 
fiöbe 
2^t 
fioen 

£6ner 
fiöf(^er 

fiogod 

fiobn 

fioiften 

fioüarben 

fioman 

fiombarbud 

fiood  bei  b.  f)ebrSern  ©cn^ingcr 

fioreto  Södler 


(®oebeIt)öan©ecn  572 
S^ubolf  fiöbe  .  .  574 
(«.@tä^Unt)f)oucI  576 
(9Bagenmann  t) 
Sorl  Wirbt  .  .  586 
Dr.  e^r.  ®e^er  .  .589 
(tj.  ©ngelbarbt  t) 
©cor^  ^üaer 
Ö.  Äim  .  .  . 
C.  Ulm  .  .  . 
^erman  ^aupt 
9iuboIf  ©ubbenfteg 
©.  2).  oon  ©cen 
9^.  ©cebcrg  .     . 


593 
599 
(505 
614 
615 
626 
630 
642 
647 


760 


SnjcUlittd  ber  tut  elften  fBanU  «tt^nltetteti  UrtOd 


«rtifcr :  SBerfaffer  : 

ßorctofcftwcftcrn  f.  ©b  V  @.  392,f7— m 

unb  ©b  VI  6.  240,ie— ti. 
Cot  D.  Orctti      .    .    . 

fiubbertud@ibranbud@.  ^.  Dan  Seen  . 
Sot^ringen   f.  eifoft-fiot^ringen   ©b  V 

©.  319. 
Low  Church  f.    ^Inglif.    mrdjt    ©b  I 

©.  544, 45  ff. 
lÜucian  b.  3)'2örtt)rer  9(boIf  .^arnad 
Sudan  D.  ©amofata  ^bolf  ^arnac!  ■    . 
fiucibu«  f.  fjQuftuS  ©b  V  6.  783, 88  ff. 
ßucifer  öon  Molaris  CäKöÜer  t)  Krüger 
ßuciuS  I.,      ipopft    ©omoetfct)    .    .    . 
SiucluS  IL,        „       ^QUCf      .     .     .     . 
fiuciud  III.,      „        ^auct      .    .    .    . 
fiuciuö  ©ritenfönig  f.  ©bV  ©.  288,  m  ff. 

©b  X  @.  20r),  5t. 
Sub  f.  ©ölfcrtofel. 


edte: 


650 
653 


654 
659 

666 
668 
668 
669 


«rtifcl:  »erf  äffet: 

SubmiOa  b.  ^eil.,  f.  £fc^d)en,  ©ele^- 

rung  jum  (S^riftentum. 
fiübecf,  ©i^tunt         ^aucf  .... 
fiübecf,  firc^Iic^c  ©erfaffung  unb  @tati 

ftil  ß.  SRanfe     .    . 

ßücfc  ©anbei    .    .    . 

£üge  6arl  ©urger    . 

Sütfemann  ^ilt^e^    .    .    . 

iSutd  oon  £eon  f.  oben  ©.  393. 
fiufari«  ^6.  3We^er  .     . 

iSufad,  b.  (Soangelift  $aul  (Smalb 
fiufaS  t)on  $rog  f.  ob  DI  ©.  454, 57  ff 
£utad  t>on  Sui)         fH.  ©dimtb   .    . 
2uliu^,  (5rabif(f)of      (3Sei5fäcfert)C)aucf 
£uUud,  9{ai)munbud  S^dkx     .    .    . 
£upud  (Möllert]  ©4mib 

iiluft,  )^üftern^ctt        C^url  ©urger 
£ut^er  Suliud  ^'öftliu 


6cite: 


G70 

()71 
674 
679 
681 

682 
704 

7(r» 

706 
716 
719 
720 


Xladitväge  unb  3ertd?ttgungen. 

1.  Sanb. 

S.  118  3.  41  lie«  1759—64  ft.  1769—64. 
,    225  „  34     „     1  @a  ft.  Sfo. 
„    279   „  27     „     1417  ft.  1147. 

3.  Sanb. 

5.  G48  3.  43  füöc  bei:  9(br.  ©aloö  tüiirbc  nacti  3.  JJ.  SWa^cr  (f.  ßlt.)  „1612* am  16.  «pril 

alten  ©alcnberiJ"  geboren.  ^U  fein  XobeStag  wirb  gcroö^nlid)  bcv  25.  SJebr.  (1686) 
bejei(!^net.  ^ie  Ie}^te  Cluelle  bafür  ift  mobl  ^.  uBitte,  Diarium  biographicum 
^anjig  1688adaDDum.  ^U  an  bemfelben  Xage  tjerftorben  mirb  ebenba  93.  Stog, 
Ober^ofprebiger  bc§  Slurfürften  uon  ©ranbcnbuvg,  anflcgebcn.  ?luf  ben  Qitidi* 
zeitigen  Zob  biefer  beiben  Gegner  ift  ein  (Epigramm  gebiditet  roorben,  in  bem 
jebo^  ber  Xag  felbft  ni(^t  angegeben  ift.  ^aSfcIbe  ftc^t  bei  Öilient^al  (£r* 
Iftutertc«  $reu6en  1724  f.,  53b.  II  @.  530,  roieberobgcbrudt  in  ^reuftifcfter 
Xobedtempel  (1728  f.),  @.  207.  (Scfeterer  gicbt  ©.  207  ben  25.  gebr.,  auf  @.  509, 
offenbar  nur  infolge  ^rucffe^Ierd,  ben  20.  S^br.  a(d  Salood  ^obe^tag  an.) 
3)cn  25.  'Sthx.  geben  fonft  notft  au  3).  ^.  ?lrnoIbf,  ^iftoric  ber  Äönigöberger 
Uniüerfität  II,  1746,  <B,  201,  3öd)cr=9flotermunb,  ©ele^rtenlejifon,  ^aur  bei 
@vf(^  unb  Q^ruber.  ^amit  f^einen  aber  bie  Angaben  ber  genannten  Seiten- 
rebe  nic^t  übereinjuftimmen.  ^adi  it)r  ift  (£.  geftorben  1686,  „nad)bem  er  fein 
Sebcn  gebraut  auf  74  3^^^  weniger  6  ^o(^cn  unb  6  2:age".  Saut  Xitelblatt 
ift  er  ,,ben  IV.  Martli"  beerbigt  luorben.  ^a  burt^  le^tere  9(ngabe  gemö^rleiftet 
ift,  bag  man  in  Sittenberg  noc^  ben  alten  ^alenber  battc  —  fonft  fiele  ber 
Xobeötag  fpäter  alö  ber  IBegräbniStag  — ,  fo  ergiebt  [\dj  meiner  ©cret^nung 
na4  aU  Xobedtag  ber  27.  gebruar.  3.  $»«)€. 

i3.  802  3.  28  lie«  93enbijen  ft.  »enbien. 

8.  Sanb. 

6.  561  3-  39  füge  bei:  Sf^euefte  ^Bearbeitung :   IjSl  legende  dordc  de  Jacques  de  Voragine. 

Nouvellement  traduitc  en  f ranyais  avcc  introduction,  notices,  noteH  et  rechcrches 
8ur  lc8  sourccs  par  l'Abbe  J.-B.  M.  Roze,  Chanoine  hoDorairc  de  la  Cath^dralo 
d'Amiene.    3  voll.     Paris  1902. 

9.  Sanb. 

@.  33  3.  12  lieö  SbX^  ftatt  3b3:^. 

10.  Sanb. 

6.  135  31^  f"9C  bei:  3)a6  ber  Überfefcr  ber  93re8lauer  Äanonitu«  geiuefen  fei,  ift  ein 
3rrtum;  über  bie  ißerfönli^feit  bed  richtigen  (Bauromannud  ogl.  ^au^  in 
ber  3tfd)r.  b.  93ercin«  f.  ©ef*.  u.  «Itert.  6*Iericn«  XVH  231;  XIX  149  unb 
9(b^  8.  V. 

8.  139  3. 42  füge  bei:  ^Sietteit^t  fte^t  ber  junfitöft  für  ba«^auÄ  beftimmte  fogenannte  3ürl(öer 
^:i^anbfatc(^iömuS  (fieo  3ub«,  ogl.  ©b.  IX  @.  .5.52,  »•),  ber,  lange  üerfdjoüen, 
neucrbingd  in  ber  ^gl.  ©ibliot^ef  in  IBerlin  mieber  aufgefunbcn  ift,  j^u  biefet 
Untermcifung  in  JBejie^ung;  ögl.  über  tbn  Mon.  Germ.  Paed.  XX  122  ff. 
unb  fjluri  in:  Zwingliana  1902  S.  2<i5— 71,  ber  feinen  9lu«fü^rungen  eine 
gute  (V<^!fimiIereprobuftion  ^injufügt;  ogl.  auc^  Zwingliana  1897  8.  21  ff.,  1898 
S.  56  f.,  1899  6.  123  f. 

8. 145  3.  1  ff.  füge  bei:  Duxdj  bie  @tubic  be«  Äirt^enrat«  ©affermann:  „3ur  3ragc  be«  Union«^ 
Ü^ate^iSmud.  (Sine  ^arfteüung  feiner  gefdiic^tli^en  (^ntmicfelung  in  ©aben 
nebft  praftif^em  (Srgebnid''  (Tübingen  u.  )(!eipjig  1901),  bur4  bie  er  nic^t 
einen  neuen  jl^ate^idmud,  fonbem  ein  biblifc^ed  6prud)buc^  oorbereiten  n^ill,  ju 
bem  er  einen  (Entwurf  oorlegt,  ift  bie  $ated[)idmui)frage  in  ©aben  aufd  neue 
in  glu6  gebracht  »orben;  ugl.  (S^ronil  ber  (E^riftl.  ©elt  1901  ^J^r.  26  @p.  295; 
<»r.  49  Bp.  579  u.  581. 


762  9lai^i%t  mib  SetU^tigttxgtK* 

6.  152  S.  47 ff.  füge  bei:  Pfarrer  D.  SofTert  in  3laUm  teilt  mit.  bog  ber  Sren^fc^e  ftateAtdmud 
unb  bie  wftinberle^re"  nur  fiir  bod  alte  ^erjogtum  SBürttemberg  ffreng  mafegebenb 
finb,  hai  man  in  9}eu*Q3ürttemberg  c&tx  ben  iSut^erif^en  Katec^idmud  fi4  tetl^ 
meife  (fo  im  ^o^enlo^er  £anbe  unb  in  ben  oberf(6n)fiBifd)en  9leid)8ft5bten)  a(ft 
ein^eS  fate^etif^e^  fie(rbud)  geroa^rt  ^at.    ^gl.  au4  bie  Serl^anblung   ber 
6.  iBÜTttemberg.  Sanbedf^nobe  über  bie  SteDipon  ber  »fiinberle^re" :   CT^ronit 
ber  a^riftl.  Seit  1901  9?r.  6  6p.  47  f. 
@.  155  3.49fÜ0e  bei:  S)ur4  SRunbf^reiben  D.  9.  gpebr.  1901  bat  bad  fianbedlonflftorium  Don 
©tebenbürgen  angeorbnet.  „bag  Dom  1.  Sept.  1901  an   in  fSmtlic^en   @4ul^ 
unb  ebenfo  im  iKonfirmanbenunterric^t  ald  S^atecbidmuS  audfc^Iieglicb  ber  Xe^t  bed 
kleinen  iSut^erifcben  l^atecbidmuiS  gebraucht  merben  barf,  ber  üon  ber  Sifenad^er 
fiir^enlonferena  feftgefteQt  morben  ift"  ((S^ronil  ber  S^riftl.  mit  1901  92r.  15 
@p.  168). 
23  füge  bei:  Mal  (£Dang.  ftirc^enbl.  f.  Württemberg  1899  9^r.  7  ®.  49. 
57  He«  478  f.  jt.  784. 
21  f.  „    «pl  2.  20  ft.  3,  20. 
21     „    »b.  II  ®.  458-464  ft.  450-464. 

37.  S8  ift  fürjlid^  na^gemiefen   morben,  bag  ftomanber  aud  Sl^aienfelb  ftammt. 
feit  1502—3  glei^ac^i^g  mit  Smingü  in  Safe!  ftubiert  ^at  unb  f^on  anfangt 
1523  (nicbt  1524)  in  Ü^ux  al«  Pfarrer  angefteüt  morben  ift,  Dgl.  Swingliana 
1901  6.  225  f.,  227  f.  u.  1902  @.  275  f.  284. 
6.  684  3.  19  Iic8  ©b.  II,  386  ft.  286. 

^    III,  439  ft.  409. 
„    ßubroig  XVni.  ft.  XVII. 
„    350  ft.  335 

„     BaaiXixog  ft.  BaatXixog. 

„    bie  bie  ft.  ber  bie. 

„    profilierte  ft.  pofüierte. 

^    bie  ber  ft.  bie  bem. 

„    fepulfralen  ft.  fepufralen. 
^  878  1.  Spalte  3-  5  u.  11  liei»  SSafferfc^leben  ft.  Wafc^erfc^Ieben. 
,,   880  2.        „      .    9  lic«  (5.  9^.  ft.  6.  ®. 

11.  Sanb. 

@.    5  3-  39  lied  mutilus  ft.  mutius. 

61  „  26  „  au(^  ft.  au«. 

143  „  36  „  3.  ®.  earpjon?«  ft.  93.  ©arpaotofi^. 

156  „  42  „  qjlocfborft  ft.  ipiodfftorft. 

157  ^  21  „  ©b.  X  ft.  IX. 
330  „  13  „  ©errera  ft.  $>crreDo. 
346  ,,12  „  of  the  ft.  the  of. 

„  347   „  43     „    8©%  ft.  ©91W. 

„  347  „  58    „   ftreitftc  baö  Äomma  nad)  Scrlefung. 

„  348  „  r>0  füge  bei:  Örifar,  ®ef4i4tc  SRom«  1,  723 ff.  733 ff. 

„  3()7  „  12  füge  bei:  Sgl.  bie  <Racbroeife  in  (5.  ü.  3)obf(öü6  ©^riftu^bilber  1899  ©.  308*» 
bi«  330**.  ö.  3)obf(öü6  untcrfd^cibet  4  fjormen  ber  epistola  Lentuli  auf 
®ruHb  t)on  ctiua  80  Xejtjeugcn  unb  »eift  natft,  bu6  ba«  Stücf  im  Anfang 
bc«  14.  3at)rbunbcrt8  anonym  al«  au«  ben  „Ännalcn  ber  JKömcr''  auftautbt  unb 
erft  im  15.  ga^rbunbert  uon  ben  italienif(5en  ^umaniften  fortfdftreitenbcr  ^eife 
einem  ©riefe  beö  SentuIuS  umgeftaltet  wirb. 

@  440  3-  55  licö  6cgna  ft.  Scgna. 

„  507  „10     „    Astcrisci  ft.  Asterisei. 

„  507  ^  35    „    S*euvl§  ft.  @(^eucr«. 

508  „     1     „   fü^uenbe  ft.  följnenbe. 

509  „  18    „    fctc  nad^  balb  ein  Äomma. 


693 

.   12 

714 

.  55 

772 

„   43 

772 

„  48 

822 

.     2 

843 

.  56 

854 

.  2 

854 

H  40 

v 


20.  Slpril  1902. 


In  Order  that  othera  may  use  ihis  book 
I  lease  relurn  il  as  soon  as  posaible,  but 
ot  later  tban  tbe  date  due. 


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