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^ealencyKopäbte
für j)roteftanttfd?e
3n öritter oerbcfferter unö oermetjrter 2luf läge
unter Ztlittpirfung
herausgegeben
von
Profeffor in Ceipjiö
€Iftcr :3anb
1902
2IIIe Hed^te, insbefonbcre bas bcr llbcrfcfeunöi für jcben
einselttcu ^(rttfel vorbcfialien.
». b. t^of« u. Untb.«0u4brtitf(Tct Don i^r. ^^unflc (^nnae & 6o^n), (Erlangen.
i^eqriiQttis von JlSftärinttgett.
1. eiblifi^e efl^cr.
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I SitutttDiKunium. ^r :
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; Cbobja.
: aoro,
: aRi<^a.
: Sla^unt.
: ^abacuc.
3t = 3ep[|ania.
Sag = ^oggoi.
Sai^ = Sadiaiiii.
3Ra = IHültai^i.
3ub = Subito-
asri = aBeia^eit.
lo = lobia.
Si = Straifi.
Sq = Sanit^.
9HqI = aRallabacr.
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«Die = Stormä.
Sc = SucoS.
3d = aoSnnneä.
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ftb^anblungen bn OläUlngcT aefcnf^.
btr aSiUentdmften.
«rt^iti für Siiterotur unb Äir^en-
geic^it^te bti S(RilltIa(»rd.
Hbtianbluiigen b. Wün^^ener ^fabcnilc.
Acta Sanctornm ber Boffanhiftcii.
ActaS&uctomin otdiniB s. Beoedicli.
ab^anblunge« btt 6a*nf*eii ®t\ta-
t^üfl btr 5Biflen|^Qfttn.
Hlteä ttftament.
Sanb. 99be = SAnbc. [dunensis.
BibliothecA mazima Putram Lng-
Codez diplomaticus.
Corpus Befonnatomm.
Corpaa Bcriptonun ecclesinst. lat.
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TOD Bmlth & Cbeetham.
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von Smith & Wace.
Sleut|(fie aitteralur-fieitung
^ GlosBariom medise et inÜmae
latinitatlB ed. Dq Gange.
: ®eut|d|t Stil^rift t. Rir(^enre(6t.
= goTjdiunaen jur beutj^fn OtfB&irfttc.
= %üllingi|c^c gelehrte Jlnieigen.
= ^iftorlf4c83abrbu(b b. mr^tiqe\<!U\di.
-filftorifcöe 3eitf(&rllt Don v. e^bel.
n Begeitapontif.Bom.eil.Jaffaed.il.
= 3al|rbtii^cr für bcutfc^c X^colugie.
- äa^rbü^tr für proteftant. Xtjtoioqk.
= ftirt^tngtft^it^tc.
= ftitienorbnung.
= SiKrarifd^eS Cftnlralblütt.
-Collectlo conoUiorum ed. Hansf,
= mngaiin.
-" , GermaniM hlstorica.
IIb bfli.
Patrologiaed.Migne, serieagraeea-
Patrologia ed. Migne, Beries latina-
SRitttilungen. [«(((^itötShinbe.
9teue8 fIrd|iD für bie fllterc bnitf^c
ißeue i^olge.
9tciie Sii^tbü^cr f. btutf(^c3^co(i>gle.
Weue rircblii^t Seitf^rift.
9teued Z'eftamtnt.
^irtulift^e 3a^r6ü(!^er. [PotthaoL
RegeBta pontificnm Romanor. ed.
JRiJtnitÄe Ouarlaltdirift.
@lgungSberii$te b. berliner fltobemle.
b. äßünt^ntT .
b. SBiener .
S63»
If)OS -
. Scriptores.
I6e(ik',iiitl)i-; 3o§rc«6«l*l.
StBtDliMiHli.o fiitcraturbtoll.
lu fliteroturjdtung.
.t'i Ouartol(d)rifl.
Ifjcoli'iiiiti]'' Stubien unb aritifcn.
Xtftc unb II nteifu [jungen ^rauS-
g«g. Don d. ®tb^arbt u. ^amad.
Urhinbtnbui^.
93erfc. »ti Sut^tr:
^erfc Urlongcr fluSgabc.
ntxU XSdniarcr ?(u3gabe. rfdia|t.
gcilJÄrift [iir flltttflamenll. Biffen-
, für bcuifcficd ^lleribum.
„ b. beulte morgenl. ©efcOf^
„ b.bcull^.^QläflinaSerdnfl.
„ für ^iftoiifrfie Ibcologlf.
„ für ftirdiengci^iditc.
, für Hirdicnrc^l.
, für lal^ülifdit Xbcoloatc.
„ für(lr(^1.38if(i:n[(6.u.ee6«n.
„ für lutticr. :7t)f ulogicu. fttr^e.
. für $rDlcftanltSmuS U. ftir^t.
, für Sbeologie unb fiird)C.
. für mtffenfd^ftl. X^tologtc.
Sonflantinifd^e Sd^nilttiig. — Sefte $(u$gaBe be$ Zcitt^: StaxlStumcx, ^er filtefte
Xcyt be§ Äonftitutum Äonftantini in grcftgabe für SRubolf Don ®neift, ©erlin 1888. Qux
®efcfti4tc ber Urtunbc t)gl. 3)öIIinger, $apftfabc(n bc8 9KitteIaItcrÄ*, @. 72—125; ®icrfe,
3)eutf(öe« ®cnüffenf*aft«rc^t 93b 3. 8ur Äritll ögl. t»on ber älteren ßitteratur: Nico-
laus Cusanus, De concordantia cathoUca 1. III, c. 2, ed. Schardius, SyUoge II, p. 357; 6
Laurentius de Valla, De falso credita et ementita ConstaDtiDi donatione declamatio,
editio princeps Don Ulric^ Don ^utten, ^ain^ 1518, mir nur gugöngtic^ in bem 9^eubrud
beS SafobuS ^arcud, Lugduni Batavorum 1620; Beginald Pecock, The repressor of over
much blaming of the Clergy, ed. Churcliill Babington in Rolls Series t. II, p. 351—366;
Marqu. Freher, Constantini donatio integre edita, 1610; JeanMorin, De la a^livrance de lo
l'^glise Chrestienne par Tempereur Constantin, P. III, eh. 2, 1630; Petrus de Marca, De
concordia sacerdotii et imperii, 1. III, c. 12, p. 15, VI, c. 6, § 6 ed. II, $ari8 1669;
Guiacciardini, Dissertatio de origine potestatis saecularis in Bomana ecclesia in Herrn.
ConriDgii De Germanorum imperio Bomano liber unus, Helmestadii 1694; H. Altus, Do-
natio Oanstantini, Helmestadii 1703; Cenni, Monumenta dominationis pontificiae, Romae 15
1760, t. I, p. 306. — «U8 htm legten Sa^rl^unbert t)gl.: Wündi, Ueber bie erbiditete
6(^entung 5)*on[tantind, ©ermifc^te 3cf)viften, Subtvigdburg 1826. <B. 185 ff.; Bianchi, Della
potestä e polizia delJa chiesa V, p. 1, 201; 3)ö(Iinger. ^Q{)ftfabeln q. a.D.; Civiltä catho-
lica 1864, Serie V, vol. X, p. 303 f.; 3anu«, S)er $apft unb ha^ Äonjil, fieipjig 1869;
^ergenrötfter, Äird)e unb ©taat, S. 360ff., 1872; CJolombier S.J., l^tudes religieuses t. XI, ao
p. 801 ff., 1877; Bionneau, La donation de Oonstantin, Lisieux 1879; ®melin. ^ad ©(^en-
fungdDerfpre(^en unb bie @4enfuna $ippind (5. 36 f., 3Bien 1880; kartend, ^ie römifd^e
gragc S. 346 f., Stuttgart 1881; fiangen in ^8 1«83. »b 50 (14), 8. 4l3ff.; berf.. ©cfd^.
ber römifd)en Äirdje öon fieo I. big 9?ifo(au8 L, 8. 724 ff.; trauert in ^3® 93b 3 ©.3 ff.,
4, S. 45ff., 525 ff.. 5, S. 117 f.. 1882—1884; Kaufmann in Wündjener ?iag. Leitung 1884,25
Beilage 14. 15; 93anet im Annuaire de la facult^ des lettres de Lyon, Fase. I, $arid
1884; -öeilanb in S»^ 22, ©.137 ff., 185 ff.; »runner in Sreftgobe für ©neift, ©crlin 1888,
5. Iff.; 3eunier a. q. O., @. 39 ff.; ^audt in 3WBß 3, 6. 201 ff.; griebri*, S)ie fonftan»
tinifdie ©t^entung, 9iörblingen 1889; Sparten«, S)ie falfcfte ©eneralfonjefpon ÄonftantinÄ,
Wunden 1889; berf., ©eleutfttung ber neueften Äontroöerfen über bie römifcfte grage unter 90
¥ippin unb Äarl b. ®r., ^üncften 1898, ^jfurÄ III, 6. 151 ff.; fiampredjt, S)ie römifdje
5rage t)on ftönig ^ippin biÄ auf ftaifer Submig ben frommen, ßcipjig 1889, ©. 117 ff.;
Serüger, 1623 14, 429 ff., 455 ff.; ©d|effcr.93oic6orft in mt be8 öfterr. Snftitut« für ®e=
fdiidjtöfcrfdjung 10 (1889), ©. 302ff., 11 (1890), @. 128ff.; ©eeberg in 2^2» 11 (1890),
©. 25 ff., 33ff., 41 ff.; fioening in ^S 65(29), ©.193 ff.; Pinton, Le donazioni barbariche 86
ai papa, loro importanza per l'ordine del potere temporale della chiesa, Borna 1890;
Thonias Hodgkin, Italy and her invaders 7, @. 135 ff., Ojforb 1899.
Donatio Constantini, Äonftantintfd^e ©d^enfung nennt man fett bem f}>äteren
3Rittelalter ^erfömmlic^iertneife eine angebUd^ bon Äonftantin bem ®rofeen bem $a))fie
@tlt>efter I. au^efteUte, umfängliche Urfunbe, toeld^e unter bem 2:ttel constitutum domni 10
Constantini imperatoris guerft in bem Codex Paris, lat. 2777 saec. IX (ineuntis ?)
auftaucht. 2)te Urfunbe gehört fett bem 11. S^^^wnbert jju ben §auj)tbeh)etdftü(fen ber
päpftlic^ien ^rtei. ©ben beö^alb ift fte fett bem 12. ber ©egenftanb fe^r lebhafter Rom
tromfen getoefen, beren ©innren fogar in ber bolfötümlic^ien 6age unb Did^tung ftd^
t>erfolgen laffen. ^ugletd^ „ffot fte nid^t varn toenigften bie änfc^iauungen geförbert, auf tf
benen bie t^retifipe 9leiej)tton be« römifdyen Siecht« im 5Dlä beruht, ba fte e« ermög«
Hellte, burc^i bod 5Kittel0ueb be« 5ßa))fttumd eine 3led^tdfonttnuität gtoifd^en bem Sleic^ie ber
ri)mif(^ien 3n^wö^oren unb bem mittelalterlic^ien Jtaifertum ^ergujteDen". Sie l}at alfo
bie h>ettgef$t4tlt4ie Snttutcfelung in ^o^em 3Ra^t beeinflußt. Sben be^toegen ift bie ^age
nadf i^er ^ethinft unb ßntfte^ungdjeit, na^bem im 15. 3<^r^unbert i^re Uned^t^ett w
borget^ tpot, bid auf bie neuefte ^t\t k)on einer loum überfe^baren Steige k)on ©ele^rten
McoMhK^noyftMc fftc Z^Ioglc nnb ttMt. 8. K. XI. X
2 ftonflatittitifd^e Sd^enluitg
erihrtert tuorben, o^ne ba^ bod^ btc f^orfd^ung ^u einer aUgemetn acce))tierten Söfung bed
^roblemd gefü^ l)ättt Slngeftd^tö btefer %f}ai\adf^, fotuie angeftc^tö ber ^o^en gefc^td^t-
lic^ien Sebeutung ber Urlunbe toirb eg ftc^ emjife^len 1. furj t^ren 3in^alt mitzuteilen,
2. einen Überblid übet i^re ©efc^id^te unb 3. übet bie Snttoidelung ber jlritil gu geben,
6 unb enblic^ 4. furj über ben gegentDörtigen ©tanb ber ^orfc^ung ju orientieren.
1. gn^ItberUrfunbe. 9?ad^ fe^r eigentümli^en ^rotofoH (§ 1) Kln^
bigt ber Äaifer § 2 eine liquida enarratio ber tounberbaren 2^aten an, toeld^e
bie 3(t)oftel $etrud unb $aulu^ burc^ ben summus pontifex et universalis papa
©ifcefter t)errid^tet ^aben. Sebor er aber biefe liquida enarratio giebt, teilt er § 3
10 unb 4 ba^ ©laubendbelenntnid mit, bad @Uk)efter i^n geleiert l^abe , unb ermal^nt
im änfd^Iuffe baran aDe SSöIIer, fic^ ^u biefem ©lauben ju belegen unb ben
ßi^riftug, ben ber pater noster universalis ©ilbefter l^rebige, anzubeten, hierauf bc^
rieftet ber Äaifer, im tocfentlid^^en übereinftimmenb mit ber ©ifoefterlegenbe, toie er in
9lom k)om 3lug{a| befallen, burc^ ben inluminator noster Silvester bete^, getauft
16 unb gel^eilt toorben fei, §§ 6—10. SDobei fei i^m Bar getoorben, toelc^^e (äetoalt
ber ßrlöfer 5Kt 16, 18 bem 5ßetru« berliel^en ^abe. Um ft* nun für 5ßetri ©0^1=:
tl^ten ertenntlid^ gu geigen, l}äbt er im @ink)erftänbnid mit feinen „Baixtiptn'*, bem
^mat, aQen Dli)timaten unb bem gangen römifc^en 93oI!e ed für angegeigt gehalten, bie
potestas principatus ber äSilare bed 3l))oftelfürften anguerlennen, unb befqitoffen, ben
20 ©ift be« $etrud über feinen irbifd^en I^ron gu er^öl^en, inbem er bemfelben imperialis
potestas, gloriae dignitas, vigor, honorificentia Derlei^e (§ 11). — tiefem Se-
fd^(uf[e gemä^ „fanitioniert'' er gunäd^ft § 12 ben $ringi))at ber sedes Petri über bie
praeeipuae sedes Slntioc^ien, me^anbrien, jtonftantinopel, ^erufalem unb aUe Jlird^en
be« Srbfeeife«. SBeiter l)erfügt er § 18, bafe bie bon ti^m im Sereic^e be« 2ateran=
25 (Hilafted gegrünbete ©albatorKrd^e atö caput et vertex omnium ecclesiarum in uni-
verso orbe bere^rt toerbe, unb teilt gugleic^ mit, ba^ er auc^ bem ^etrud unb ^aulu^
Jttrd^en gebaut unb benfelben pro concinnatione luminariorum feine ^^largitas",
b. i. feinen 93eft| in ludaea, Graecia, Asia, Thracia, Africa et Italia vel diversis
insulis gefd^enlt ^abe. hierauf berma^ft er § 14 ben ^ö^ften ben Sateran))alaft, ben
80 crften ^otofi bed (Srbfreifed, berlei^t ©ilbefter fein laiferlic^ed Diabem, bie ^Ritra, bad
Pallium, bie $urt>urd^lamVd unb bie ^ur^urtunita, bie !aif erlid^en ©gef^ter, banda, b. i.
^^nen, lurg bie gange processio imperialis culminis. ^im älnfc^lu^ hieran bebenft
ber Jtaifer § 15 gleich aud^ bie römifc^en Jtlerifer mit ^o^en ©nabenerh^eifen : fie erhalten
©enatorenrang ui& bamit bie Dualifitation gum ^atrigiat unb 5tonfulat unb gu allen
85 übrigen dignitates imperiales ; tueiter berleil^t er audp i^nen getoiffe @^renabgeid^en an
i^^rer Kleibung. Slber bon ben Älerifem toenbet ftd^ ber Äaifer gleid^ toieber gu bem $a))fte
felbet; er ]pxx6)t bemfelben bad au^fd^lie^lid^e Siecht gu,©enatoren gu kentern gu tuei^en,
unb \oaxnt nadf^brüdfltd^^ bor anmafeenber Übertretung biefe^ ®ebote«. — 2)arauf beridSitet
itonftantin § 16 toeiter, ba^ ©itoefter cd abgelehnt ^abe, bad taif erliefe Diabem über ber
40 Corona clericatus, ber Sonfur, gu tragen, ©o l^be er benn bie toei^e 3)litra i^m mit
eigner $anb auf ben aQer^eiligften ©d^eitel gefegt unb aud S^rfurc^t gegen ben ^l. $etru^
iS)m ben 2)ienft eine« strator, b. i. ©taüfnec^t«, geleiftet. 3" 3"^"^ fc^li^fet ber
5paffud, foDen aDe $ä))fte bei öffentlid^en Slufxügen bie SKitra tragen. — gemer aber,
fä^^rt ber itaifer § 17 fort, überlaffe er bem ^at)fte, bamit ber j^öpftlid^e I^ron nic^t er*
45 niebrigt toerbe, nid^t nur ben £ateran))alaft, fonbem aud^ ad imitationem imperii
nostri bie potestas et ditio über bie urbs Roma et omnes Italiae seu occiden-
talium (= abenblänbifd^ bgl. orientalibus 1. 272) regionum provintias, loca et
civitates. Nostrum Imperium et regni potestatem berlege er (§18) nac^ bem
Orient, loo er gu S5j9gang eine Slefibeng pc^ grünben tooUe. „SDenn e« ge«emt ftd^ nicbt,
60 ba^ ein irbifd^er Jlaifer ba ^errfd^t, too bon bem ^immlifd^en Jlaifer bad ^rftentum ber
95riefter unb ba« ^aiipt ber Sieligion feinen ©i| erhalten \)aV' — 2)arauf bef(^|h)5rt ber
waifer § 19 alle feine 5Rad^folger, alle Dptimaten, „©atrat)en", ben ©enat unb aDe«
Soll be« @rblreife« an biefen Verfügungen nid^t m rütteln unb toünfd^t aOen 3utt)iber^
bmibelnben in eigentümlid^er ^ormel bie etoige älerbammni«. @« folgt § 20 noc^ bie
55 aRitteilung, ba^ er biefe Urfunbe eigen^änbig untergeic^net unb eigen^önbig auf bem Seibe
be« ^l. $etru« niebergelegt ^abe. 3Rit ber subscriptio imperialis unb bem 5Datum
jc^lie^t bann otblid^ ba« umfängliche ©c^riftftüd.
2. Oefd^ic^te ber Urfunbe. 6« ift eine biel erörterte ©treitfrage, ob fd^^on
5Pat)ft ^abrian I. in einem 93riefe an Äarl b. ®r. bom 5Kai 778, codex Carolinus
eo nr. 60, ed. ©unbladj; MG EE 3, @. 587, ^affe nr. 2423, auf bo« constitutum am
ftoitfUiitÜitif4( Sd^enlittig 3
\pkU. S)er ©a^, in bem §abrian Äonftantin unb ©ifo^ftcr crtoä^nt, 3-9ff-/ \^^it^
unfcre Urlitnbe Dorau^ufe^en, bte folgenben ®ä$e, 3* ^^ffv füllten el^er ju ber gegen-
tcUtgen STletnung. Setoetfen lä^t ed ftc^ fomtt ntd^t, ba^ ^abrian bie Urtunbe im @tnne
^Kttte. Unonfed^tbar tft bagegen ba^ S^^ntö be$ codex Paris, lat. 2777. @r jeigt,
bo^ bad constitutum ju SBeginn bed 9. ^o^r^unbert^, ja bielleu^t fc^on k)or 793, in s
@. ^D^i^, alfo im ^onfenreic^e, betannt toax. 3)em ^onfcnreic^e gehören and) bie
nac^ftälteften 3^0^ f^ ^ äSor^anbenfein ber Urtunbe an: ^feuboiftbor ed. $infd^iud
I, 569 ff., älbo Don Siienne de sex aetatibus mundi ad 306 ; MSL 123, 92, $in!mar
t>tm Sleimd, de ordine palatii c. 13, MG Capitularia II, p. 522. Dagegen ^t man
in Stom im 9. unb 10. ^a^r^nbert fu^ nie auf bie Urtunbe belogen. @rft }h)ei lo
„frdnfifc^" ^Paj>fte ©regor V. unb (Serbert, ber gtoeite ©Ubefker, ^aben fic^f i^rer gur
Segrünbung gett)tf[er territorialer 9lnf))rü(^e bebient. älber fte enegten bamit am $ofe
Dttod III. fo großen Slnfto^, ba^ ber laiferlic^e Rangier Seo k)on SerceQt ftc^ nidft
fc^eute, in (einer Urtunbe für bie römifd^e Äirc^ bad constitutum turger^nb für bie
^{(^ng eined getoiffen Johannes digitorum mutilus )u ertlören (t)gl. MG Dip- 15
lomata Ottonis III. nr. 389, Diplomata II, p. 818ff. unb Slod^ 31% 22,
©. 92 ff. Ob ber go^^anne«, ben 2eo nennt, ibentifd^ ift mit bem Äarbinal 3o^ne«,
bem 2lo^ann XII. 964 bie $anb abladen (ie^, erfc^eint gtoeifell^ft, t)gl. ^^öUinger,
^5at)flfobeIn *, ©. 82). 9?ac^ biefem erften fd^arfen angriff bleibt bie Urtunbe toieberum
ein boQed ^albed 2!a^r^unbert ^inburc^ gang unbeachtet. @r[t toieber ein „frönttfc^'' 20
^3a))ft, Seo IX., entreiß fte gum gtoeitenmale ber SSergeffen^eit, aber er Dertuertet
fte in ber Sudeinanberfe^ung mit S^gong gleid^ fo energifd^, ^aff^ nr. 4302, ba^
fte nun nid^t toieber ber SSergeffen^eit anheimfällt, fonbem me^lr unb me^r für bie
pcüpf&ii^t Partei bie 93ebeutung eined tlaffifc^en 9eh)eidftü(ted getoinnt. ©d^on $ier
Domiani beruft ftd^ auf fte mit 9ta(^bru(t im jtampf gegen Aabolud k)on $arma (dis- 36
ceptatio synodalis MG libeUi de lite I, p. 88). ©regor VII. fpielt auf fte an in
ber Sibedformel, bie er 1081 bem ©egentönige ^^^^^^i^n k)on ©alm borlegen lä^t (MG
Constitutiones I, p. 559). ©ein 9$ertrauter, ber Jlarbinal 2)eu$bebit, f^ric^t im ^in-
blid auf fte in bem fogenannten dictatus papae bem ^aj|)fte taiferlic^e @^renre(^te gu
(Dgl. ©adfur in 9131 18, ©. 197 ff.) unb nimmt fte, toie fcpon borl^er änfelm bon Succaso
in feine itanonenfammlung auf. Sud^ k)on ben ^ubligiften bed beginnenben 12. l^a^r^
^unbertd toirb fte eifrig benu|t unb gum Seil gu fe^r toeitge^enben ©c^lüfjen bertoertet
(^ugo bon t^leur^ ca. 1105 in De regia potestate et sacerdotali dignitate II,
lib. de lite II, p. 486; ^tacibud bon 9tonantula ca. 1111 in De honore ecclesiae
c. 57, 91, 151, ebb. p. 591f., 614, 635; disputatio vel defensio Paschalis papae 86
ca. 1112, ebb. p. 664; i^onoriud äluguftobunenfi^ ca. 1123 in De summa gloria c. 17,
ebb. III, p. 7ir.). Äurg, gu Seginn be« 12. ga^rl^unbertd ift ba« noc^ bor 50 3a^en
faft berfd^oQene 3)otument überall berbreitet, betannt unb ald tvertboQe SQSaffe im Aampfe
gegen bie toeltlic^e 3Rad^t ttpxobt @ben baburd^ aber fallen ftc^ aud^ bie Slntoälte ber
lederen genötigt, ftd(f mit ber Urtunbe au^einanbenufe^en. 3lnx fe^r feiten gefc^^ bad «o
too^^l in ber Seife, ba^ fte biefelbe gerabegu gum ^etoeid i^rer Si^efen bertoerteten, in«
bem fte g. 93. aud § 17 bie Berechtigung ber Saieninbeftitur folgerten (©regor bon Satina,
Orthodoxa defensio imperialis, c. 4 lib. de Ute II, p. 537). ^n ber Siegel ber^
fuc^ten fie too^l nur, o^ne bie @^t^eit ber Urtunbe gu beftreiten, ftc^ ben rechtlichen iion«
jequengen berfelben gu entgie^en unb bie 3nter})retation ber ©egner al^ falfc^ gu ertoetfen, 45
inbem fie barlegten, bafe Äonftantin unb feine 9lac^folger laut bem geugni^ ber Über«
lieferung nie auf bie ^errfc^aft über ^Italien bergid^tet ^tten (fo bie 3)tön(^e bon ^rfa
1105 bgl. ben Seric^^t be« ®regor bor ßatina in historiae Farfenses c. 20—22, SS.
XI, p. 569—571, unb ö^nlid^ auc^ bie fautores imperii, beren 3lnft(^|ten Dtto bon
greifing 1143—1146 in feiner S^ronit IV, c. 9 ed. ^er^ p. 478 f. toiebergiebt), ober«)
ba| JtonfUmtin ©ilbefter nie mit ben 9iegalten belel^nt ^abe (fo lot^ringifd^e Sln^änger
^nnric^ V. um 1120 nac^ $ugo ^ReteQud, Certamen papae et regis v. 133 ff., lib.
de Ute III, p. 718 f.). aber aB folc^e äudfü^rungen berfe^lten i^ren S^td, fo lange
man ber Urtunbe felber nid^t beigulommen bermoc^te. $iergu fanb SRittel unb SSiege erft
bie re))ttblttanif(^ Oppofttion in bem ))ä))ftlic^en Stom, unb ibr Se^rmeifter toar auc^ in 66
biefem ©tücte, tx)ie ed fd^eint, älmolb bon 93red€ia: ein Sln^önger Slmolbd, ein ^urift,
befiritt ca. 1151 in einer SDi^utation im pä^ftlic^en $alaft mit bem ftreitbaren $ro^ft
®er^o^ bon Sleic^er^erg gum erftenmale bie red^tlid^e ©iltigteit ber Urtunbe, „toetl
ibmftontin in ber arianifc^en ^ärefte getauft ober toieber getauft fei (®txf)o\), De novi-
tatibus huius temporis c. 11, lib. de lite III, p. 296; Gommentarius in lo
1*
4 ftonftonttttifd^e Sd^enlnitg
psalmum 64/65, ebba. p. 447). 9lbcr hierbei blieben bte älmolbtften nid)t fielen: fte
ertlärten 1152 bte gange Urhinbe runbtueg für ein mendacium unb eine fabula
haeretica unb fuc^ten biefe Sel^auptung erftmoli^ ^iftorifd^ )u begrünben, inbem fte
barauf ^intoiefen, ba^ nadf ^{eubotftbor ^nftanttn bereite bor fetna Snhinft in 9lom
öbie iaufe empfangen \)ahi (Srief be« Slmolbiften SBejel an Sorbarojfo, Wibaldi
epistulae nr. 404, ed. 3<^ff^» rer. Germ. bibl. I, p. 542 f.). Slttein, toad bie l^äre«
tifc^en Slmolbiften be^au]t)teten, ntad^te toeber auf bie Sln^nger bed$a))fted, nod^ auf bie
Sn^änger bed Jlaiferd (Sinbrucf. ^ebrid^ I. erinnerte ftd^, ald ^abrian IV. Don ü^m ben
SRarfd^aUdbienft forberte, nid^t an 993^eld in^altreid^en Srief, unb feine Parteigänger unb
10 ^reunbe toagten, fo anftö^ig i^nen bie Ürlunbe fd^ien, boc^ nie beren @d^t^eit ju bejtoeifeln,
fonbem begnügten ftd^, gleid^ jenen älteren fautores imperii, bie red^Üid^en Jtonfequengen
berfelben unter $inn>eid auf Jlonftantind Sleic^teUung unb 93ibelftellen toie Tlt 22, 21,
abgule^nen (Dgl. ©ottfricb bon SSiterbo, Pantheon 22,3, SS 22, p. 176. äud^f für
®er^o^ ift bie @(^en!ung ein Stein bed älnfto^ed. De investigatione I, üb. de lite
US III, p. 393 f., de quarta vigilia noctis ebb. p. 51 7 f.). Um fo guDerftd^tlic^er beriefen
fid^ feit 6nbe be^ 12. ga^r^unbert^ bie ^äjjfte felber auf ba« constitutum (^nnocenj III.,
sermodes. SilvestroMSL217, p. 481 ff.; ©regorIX., Raynaldi annales ad 1236,
24, p. 481), ja im 13. S^^^^wnbert Derftiegen fte ftd^^ fogar gu ber fbäter oft loieber^
polten 9el^au))tung, ba^ fionftantind jtonjef^onen nic^td toeiter feien cd^ Sleftitution ber
30 bem ^I. $etru^ bi« auf feine 3^* unred^tmä^ig Vorenthaltenen Siechte (^nnocenj IV.
5ßott^ft nr. 11848). Slber je überfj)annter bie 3tnf}>rü4>e ber Kurie tourben, um fo
ftärler toarb bie älbneigung nic^t nur ber Sln^änger ber toeltlid^en ®en>alt, fonbem aud^
ber kommen gegen bie un^eilboUe Urlunbe. @($on @nbe be^ 12. ^a^r^unbertd begegnet
bte Sage, ba| in bem Slugenblidte, too Jtonftantin bem @tul^le k)on 9{om „Jtreuj,
36 @))eer unb Jtrone übertrug" eine Xeufetö« ober eine (Sngel^ftimme laut gerufen ^abe :
„^tid^ ift ber Äird^^e ®ift eingeträufelt toorben". Sluf Orunb biefer ©oge gelangten
bann bie SSalbenfer, Jlati^rer, 9t)}oftelbrüber ju ber Uebeneugung, ba| Aonftantind
@c^en!ung in ber @nth)idelung ber Jtirc^e bie SSienbung mm ^faU, jum ^ntic^ftentum
bejeic^ine, ja ba| ©ilbefter ber ^ntid^rift fei (Dgl. SJöllinger, ^a))ftfabeln, 6. 111 ff.).
80 ^te ®age fe^t bie @(^t^eit bed constitutum l>orau^. @elbft ben Jte^em fäQt e^ alfo im
13. 3^^^. nic^t ein, biefelbe gu bejtoeifeln — fo fe^r bel^errfd^^t bamal« bie Urlunbe bie® e=
f(^i(^t^uffaffung bed Slbenblanbe^ (barüber, ba^ fte @nbe bed 13. ^a^^l^unbertd aud^ im
Orient befannt tourbe, bgl. SJöDinger ©. 78). (grft um bie SBenbe be« 13. unb 14. Sal^r«
bunbert« erhält ba^ faft fanonifc^e SJnfe^en be« ©c^riftftüdfe^ einen ftarlen ©to^: bie
86 Stiften $^Ui^j>ö be« Schönen fommen gurüdf auf bie 3be«t jene^ amolbifttfc^ien fünften,
mit bem ®erl^ol^ 1151 bieputierte: fte beftreiten toieberum bie rec^tlid^e ®iltigteit ber
©c^enlung (k)gl. ^ierre 3)uboi^, Deliberatio ed. ^u))uV, Hist. du diffär. entre Boni-
face VIII et Phil, le bei, preuves p. 45 f., bie ©c^enfung ungiltig, prout con-
corditer dicunt doctores legum. ^ie Quaestio in utramque partem dis-
loputata ed. ®olbaft, Monarchia II, 95 ff. fü^rt nid^t weniger al^ fünf juriftifc^e
®egengrünbe gegen bie ©d^^enfung in« gelb). 3)iefe 3:^eorie finbet fogleic^ an ber
5ßarifer UniDerfttät großen Seifall (t)gl. S'^^önn Don $arig. De potestate regia et
papali c. 22, ®olbaft ebb. I, 140) unb t)erbreitet ftc^ k)on ^ari« aud über alle anberen
i^änber bed Occibentd. Slber nur auf folc^e ec^t fd^olafttfc^e äßeife Vermag man fic^ im
46 14. SöJ^^^wnbert ber unbequemen Urfunbe ju entlebigen. SDie SKöglic^feit, bafe biefelbe
eine ^älfc^ung fei, fa^t man nie emftlid^ in« ätuge: auc^ ^Rarftliu« t>on $abua f^ielt
nur mit biefem ®ebanlen, Defensor pacis I, c. 19, ed. ®olbaft, Monarchia I,
p. 187. 6rft im 15. Sö^^^^unbert tritt an ©teile ber iuriftifdjj-fd^folaftifd^^en SDebuttion
toieber bie ^iftorifc^e Äritif, unb ber erfte, ber biefen SDBeg toieber einfd^lägt, ift ein
60 Deutfd^er, 9ti!olau« k)on ^ue«. 9iad^ fel^r grünblid^er ^iftorifc^er Unterfuc^ung tommt er
1432/33 in feiner concordantia catholica III, c. 2 )u bem @rgebni« : Gonstantinum
imperium per exarchatum Ravennatem, urbem Romam et Occidentem papae
minime dedisse. ^ie donatio ift bemgemä^ feiner älnftd^t nac^ ein dictamen apo-
cryphum. 1440 folgt bann bie glänjenbe declamatio be^ Saurentiud be SaQa, in
56 toel^er bie Urhtnbe ebibent atö ^fc^ung ertoiefen toirb, unb 1450 bie ettoad fd^toer^
fällige ^arlegtmg 9leginalb $eco(f^, ber ganj felbftftänbig ju bemfelben Slefultat ge-
langt, toie Siix^ unb '^aüa, Slber über ein ^al^r^unbert foQte nod^ l>erge^en, e^e
bie Unec^t^eit be^ constitutum allgemein ^ugeftanben tourbe. älm frü^eften mad^ten
SSalla^ älrgumente, toie ei^ fc^eint, @inbrudt am beutfc^en $ofe. ^ier fteUte ^tccolomini
eo f^on 1443 ben älntrag, auf bem neuen ©eneraltonjil, beffen Berufung er em)}fa^l, auc^
ftonflatitttiifd^e Sii^enlitiig 5
bie „Diele ©eifler Derioirrenbe Stage öon ber fonftanttnifd^en ©c^enhing" jur Sntfd^bung
)u bringen (Pentalogus ed. ^ej, Thes. Anecdot. IV, p. 3, 679 ; ^iccolomtni^ Urteil
über bie Urtunbe J^UmiU ftd^ überbied in ber üReic^fanjIei, fort, bgl. 3Rt bed öfterr.
^nfütutd 2, @. 115 f.). 9lber ju einer rücf^altlofen Snerlennun^ ber Uned^tl^eit fonnten
^ bor 1517 {t4ferlic^ nur fel^r toenige ©elel^rte entfc^tie^en (etn Seif))ie(: ^ieron^mu^ 6
Satt^olaunud, Sttbitular SUe^anberd VI., too^l @{ri))tor ber ^ö^fttic^en Aanjiei, in feiner
practica cancellariae apostolicae, gitiert in ber oben angegebenen Slu^abe ber
SoOafc^en declamatio p. 12 f.). ^n ^arid ^ielt }.S9. um 1510 bie ÜRel^rja^I ber ^oU
toren nod^ an ber juriftifc^-fc^olaftifc^en Xl^eorie feft, ba^ bie Urfunbe ec^t, aber nid^t
gjl^g f«i (bgl. Salob älmain in Qersonii Opera ed. bu 5ßin II, p. 971. 1063). lo
»nbere ©ele^rte, toie ber Bdfottt Sodann ÜRajor (1512), entfd^^ieben ftd^^ noc^ immer für
bie Qd^tifÄt toie für bie ®Utig!eit (ebb. p. 1158), unb nod^ anbere, h)ie ber ))ä^ft(i(^e
Sefretor Slntonio Sortefe unb ber Jtarbinal Semarbin Sorbajal, Derfud^ten f ogar litterarifd^
bie @d^tl^eit gegen 93aIIa )u t>erteibigen (k)gl. bad 6itat aud bem ungebrucften Auctarium
beö 3o]^. 8u$bad^ gu Iritl^emiu« bei ©iefeler 2.Sb § 136 n. 5). «ber bie grofee SRoffe i6
ber $riefter unb Triften nahmen über^au))t bon SSaQad unb Jtued Unterführungen leine
9toti). @o lann ed nid^t 9Q3unber nel^men, bo^ Sut^er erft burc^ ^utten^ 2)rudau^abe
ber declamatio erful^r, bo^ bie Urtunbe unecht fei (SBriefto. ed. @nber^ nr. 274, 93b 1,
@.332 bom 24.f^r. 1520). aSaQad 93en>eif e mad^ten nunaufijj^n fogleid^ ben tiefften @im
bruct : no(^ bie f))ätere Serbeutfd^ung „ber toeiblic^en, fetten, bicfen, h)o^( gemäfteten, ed^t ao
papfaid^ Sügen", bie er 1537 t)ublijierte (@rl.^au«g. 25, ©.206 ff.), bejeugt ba«. §ür
i^ unb bie $roteftanten ioar naturgemäß bie Urtunbe mit ^aSia^ Jtritil abgetl^an. 9lber
im lat^oIif<^en Sager berftummten bie Stimmen ber äSerteibiger erft, ald S3aroniud 1592
fi4l genötigt fa^, bie Uned^t^eit gugugefte^en, Annales ad a. 324 ed. Rom. III,
p. 244. ^^odf befd^rönlte Saroniud bied S^d^f^^^^^^ ^^^i ^^f ^^^ öu^ere ©eftalt ber 26
Urtunbe. Den 2(1^^1^, bie fabelhaften älngaben über bie @d^entungen Jtonftantind, juckte
er mit allen ÜRitteln aufredet gu erhalten, ^^m folgte bie STle^r^l ber latl^oltfd^en
^iftoriter bi« gu SJeginn beö 19. ^alj^r^unbertg. ®rft feitbem ift biefe la^me au^flud^t
aufgegeben tDorben, erft feitbem fyd bad constitutum alfo enbgiltig aufgehört, „bie ©eifter
)u bem)irren'' unb enbgiltig feine h)eltgefd^id^tlid^e Stolle au^ef))ielt. so
3. Die Jtritit. 9ta($bem einmal bie Unec^t^eit ber Urtunbe ertdnnt unb anertamtt
tDar, ^ben ))roteftantifd^ unb tatl(rolifd^e ^orfc^er fe^ lebhaft bie ^^age nad^ i^rer ^er»
tunft unb Sntftel^ungdgeit erörtert. Die ^nfid^ten gingen gunäd^ft toeit aud einanber:
tot capita, tot sensus ! Die Jtat^oliten ftimmten in ber Siegel für gried^ifd^e (Saroniud)
ober fräntifc^ie (2:^omafftn, g^^cöriö* ßenni), bie ^roteftanten für römifd^e §ertunft86
(gteber, ©d^röct^). SJegtiglid^ ber Datierung fc^toantten bie änfä^e gtoifd^en 752—757
(&ia(>fym II.), 757—767 (?ßaul I.; bgl. g. S. be 3Jlarca), 772—778 ($abrian I.), ca.
850 (ßenni), ca. 875 (jjre^er), ca. 963 (Worin). Siel Un^^eil fyit 2eo bon Sercetti an*
gerichtet mit ber Sngabe, ein getoif[er 2!o^<^n^ digitorum mutius \)aht bie Urtunbe
berfa^ Denn man fud^te mit bieler 9Rü^e biefen ^o^amted gu ermitteln, unb benu|te «o
bod unftd^ere @rgebni$ f of ort ati f eften 9lnbalte)>untt für bie Datierung (3Rorin : Jlarbinal
^o^ned ca. 963 ; ^^er : l^ol^nned Dialonud ca. 875 ; 6antel : @ubbialon 5J|o^anned
752/3). Sine ®))0$e in ber Jtritit ber Urtunbe begeic^nete bie erfte Sluflage bon
DöQingerd $a})|tfabeln 1863. DöQinger h)ied bor allem ftegreid^ nad^, ba^ bad consti-
tutum nid^t grie(^if(^er, fonbem abenblänbifd^er $^unft fein muffe. Sine gtoeite Spod^e 46
bqeic^ineten bann ©rauerld Unterfud^ungen in $3® 1882—1884, nid^t toegen i^rer 3le*
fuitote, fonbem ioegen i^rer anregenben SBirtung unb teilh>eife h)egen i^rer 37let^obe:
®rauert fyd guerft energifd^ — nic^t über^u))t guerft; benn fd^on bei SSalla finben ftc^
beac^tentoerte änfä^e bagu — f^orm unb SBortfd^a| ber Urtunbe gc})rüft. ©eine Sie«
fultate: ba^ constitutum bolb nac^ 840 auf fräntifd^em 93oben, in @. D^ni^, ent^so
ftanben, riefen eine fe^ lebhafte Debatte ^erbor, in beren Verlauf ^ebrid^ 1889 mit
ber neuen ^efe ^^ortrat: bad constitutum befte^t aud einer älteren bor 653 ber»
fa^en Urtunbe unb aud einer jüngeren, bor 754 bon '!ßa^ft ^aul I. ^ingugefügten,
^fi^ng. Die Debatte n>urbe gunäc^ft gefd^lofjen burd^ Soening in einem äluffa^e $3
1890. 3^en ®rtrag toirb man tro| 3Rarten«' neuefter Seleud^tung ber ^age — §obgtin 56
ignoriert bie gefamte neuefte Äontrober^litteratur — in folgenben 6ä$en gufammenfaffen
bürfen:
4. Der gegenwärtige @tanb ber ^orfd^ung: 1. Dad constitutum ift
eine ^f4ntng. 2. Die ^Ifc^ung ift ein ein^eitlid^ed SBert. G^ liegt tein ®runb bor,
fie ate bie ungefd^idfte 3uf^mmenfügung gioeier gefälfd^ter Urtunben gu betrad^ten. 3. Dod^ m
6 Sonfloiitititfd^c Sd^enlitiig
f)ai ber S^älfd^^er ältere^ 5IRoteriaI benu^t, nämlid^ a) in §6—10 bie ©ilöefterlegcnbe in
einer bid^er nic^t aufgefunbenen, ober tm 8. ^a^r^unbett aud^ fonft in Sflom Belannten
unb benagten ^afjung, b) in § 3 u. 4 ein ältere^ ®Iaubendbe!enntnid, c) im ^rotoIoU
unb @^(^atofou b^jantintfc^e juiiferutlunben. 4. Die ^fd^ung ift in ben ^a^ren 752
6 bid 778 in 9lom entftanben.
^eine Übereinftintmung ift bagegen erhielt 1. über bie ^oge, ob bie ^fc^ung bem
5BontifiIat Bt^^an^ IL 752—757 ober bem ^ontifilot 5ßaul« I. 767—767 ober bem
^ontifilat ßabrian« I. 772 — 796 angehört, unb 2. über bie ^oQt, toddft lenbenj ber
gfälfc^er berfolgte.
10 Über beibe ?^agen ftnb ba^er nod^ einige orientierenbe Semertungen nötig. 1. 9ßa^
bie Senbenj be« gälfc^ier« anlangt, fo bel^am)tet ©(^effersSSoic^orft, e« fei i^^m in erfter
Sinie um bie äSer^errlic^ung bed ^(. @ilk>efterd ju t^un geh)efen. Slber toöre ba^ ber '^oü,
fo ^ätte ber tJ^Ifd^er nid^t eine Urfunbe, fonbem eine neue Segenbe berfo^t. Die %f)aU
mift, ba^ er eine Urhinbe fölfc^te, beioeift fd^on mr (Senüge, ba^ ed i^m in erfter Sinie
Vi Darauf anfam, ben @d^u| ober ben Srtoerb bon 9le(^t^nf))rüd^en irgenb ioeld^er 9(rt ber
römifd^en Jlird^e ju ermdglid^en. 9(ber ioeld^ed toaren biefe 3(nf})rüd^e? Die 9(ner!ennung
bed $a))fte^ ak eined bem ^ifer an SBürbe unb Stang gleic^ftel^enben ^Dlac^t^aberd, bie
Su^ftattung ber römifd^en Jtlerifer mit @enatorenrang, bie $errfc|aft über aQe ^robinjen
^talien^ seu occidentalium regionum: bad aQed f)<d man nad^h)eidlid^ niemals im
20 8. unb 9. ^a^r^unbert in Stom emftlid^ erftrebt unb beanf))rud^t. Diefe X^atfad^e fü^rt
gu ber äSermutung, ba^ ber t^ölfc^er abftd^tlic^, ioie boS aadf fonft t)or!ommt, bad Objelt,
um bae ed ftd^ JS^anbelt, nid^t beutlid^ befc^rieben, fonbem nur umfd^rieben ^abe. ^ftbadber
\ bann ift bie Snna^me nid^t k)on ber $anb ju toeifen, ba^ bie S^enbenj ber ^älfd^ung
jtd^ in bem 9lbfa|e § 17 f. berftedhe, in bem ber bi^ofitibe Seil ber Urhmbe fulminiert,
26 0. i. in bem 9lbfa| über bie Sanbfd^enhtng. Da nun bie $ä))fte jener 3^^^ ^^^ ^i^
ßerrfd^aft über gang Italien bege^ ^aben, fo tann ber ^^ölfd^er nur beabftc^ttgt ^aben,
i^nen ben Srtoerb bed %üLi, ben jte toirllid^ begeben, bed @card^atd, grünblic^ gu fiebern.
Die Urfunbe foBte alfo, fd^Refee id^, ben $äj)ften ald SBaffe in bem Äamj)fe um ben
®(arc^at bienen, unb jte toar toa^rfc^eintid^ beftimmt, füge id^ gleid^ ^inui, bem frän^
80 lifd^en $of e borgelegt ju ioerben ; benn ed f e^It aufföUigertoeife unter ben Attributen bed
jtaiferd im $rototou iaS \d)X geioö^nlid^e Francicus (bgl. ©rauert a. a. D. 4, @. 62) ;
bieiS älttribut, barf man bermuten, ift bon bem S^fc^er abft^tlid^ au& Slücfftd^t auf bie
Raulen toeggelaffen toorben.
9(n{))ruc9 auf ben S^ard^at l^at nun nad^ioeidtid^ juerft $a))ft Bt^f^an II. (752 bid
86 757) erhoben. @(^on in ben SSer^anbtungen mit bem fränfifd^en $ofe im ^ai^re 754
f))ielte biefer Slnf^ruc^ eine gro^e Stoße, unb fd^on bamald mu^ ber ^a))ft be^au))tet
I^Kiben, ba^ er nid^t auf @roberung neuer ©ebiete au^e^e, fonbem tebiglid(i Slüdgabe
el^emaliger Seft^ungm htS ^t. $etm$ begehre. Denn in feinen 93riefen an ben fräntifc^en
tof aud ben ^a^rm 754—757 gel^t er burc^toeg bon biefer SKnfd^auung aud. Diefe
nfc^auung mtf^rad^ iebod^i leinedtoegd ber 9Qirflid^Ieit. @ie hKtr eine ^Ition, eine
^ion, beren ber $a)}ft fid^ bebiente, um bie Raulen feinen SBünfc^m gefügig m mad^en.
®d ift nun laum bm{bar, ba^ man biefe ^ihion geltenb mad^te, o^ne ,,SBeh)eife" für fte
borguleam. ©old^e SSetoeife mu^te man ober erft fabrigieren. Dad äSer^atten ©te^^and
im ^al^re 754 forbert alfo gerabe^u bie Slnnal^e, baft er mit gefölfc^ten Urtunben
46 oli)erierte, unb legt eben babur^f bte SSermutung no^e, oa^ ba^ constitutum bor feiner
älbreife an ben frönlifd^m $of in Stom gefälf^t h>urbe, um bie ^an!m bon feinem
Stetste gu übergeugm. Stimmt man biefe äSermutung an, bann mu^ man anbererfeitd
bie älbfafjung ber Urtunbe in bie 3^t unmittelbar bor ©te^^an^ älbreife berlegen.
@te)>^an ift nämlid^ atö SSetoerber um bie ^errfd^aft über bm S^arc^at erft aufgetreten,
60 aU fein ^ilfegefud^ an Jlaifer Jtonftantin V. jto^ron^mod ftc^ atö toirlung^lod ertoiefen,
unb er bte Uebergeugung aetoonnm \)atU, ba^ er bon bem ^aifer nic^td me^r gu ^offm,
aber auc^ nic^t^ mel^r gu fürd^tm ^abe. Jlur) bor feiner älbreife langte nun aber bod^
nod^ ein laiferlid^er ©efanbter in 9lom an, ber i^n belehrte, bafe Äonftantin feine an«
f))rüd^e auf ben @|ard^at teine^toegd aufgegebm ^atte. 3Ran mu^te alfo an ber Jlurie
16 je^t mit ber bi^^er taum rec^t getoürbigtm SJlöglid^feit red^nm, bag ber Jlaifer gegen bie
^rberung be^ ^a))fted am fräntifc^en $ofe @inf))md^ ergeben toerbe. Um btefem ftd^er
)u ertDartenben @tnf^md^, ber f^äter tl^a^öd^li^ erfolgt ift, begegnen )u fönnen, fälfc^te
man, fc^ilic^e id^^, !urj bor ©tejp^an^ Slbreife, 14. Dftober 753, unfer constitutum. —
@d fragt ft^ nun, ob bie §orm ber Urhmbe, bie Sludbmcf^ unb Slnfc^auung^tbeife be^
60 gälfc^er^ biefcn auf l^iftorif(^e Srtoägungm gegrünbeten 9(nfa| rec^tfertigm. 3Bad gunäc^ft
Sonflanttnifd^e Sc^eiilttitfl ftonffamtiito^el, ^otttard^at 7
1. bte %f>tm ber Urlunbe anlangt, fo fei l^erborge^oBen, ba^ ber %t}ct an einer Stelle intern
))oItert erfc^etnt. 3)er belannte ®a$ über ben ^Dlarfd^^btenft Jtonftantind in § 16 paff^i
abfolut ni(|t in ben Sufammen^ang. @r ern^etft ftc^ bei genauer Prüfung ald fpötered
@in{(^iebjel. ^ft er atö fold^ed ju betrad^ten, bann fragt ftc^, tuarum er nad^trägßd^
eingefd^oben ifl. Rtoeierlei ift, toie mid^ bünft, möglich : enttoeber ^atte ber 3nterj)olator bie 6
Segegnung bon $ont^ion t>ox 3(ugen, b. i. er interpolierte ben ®a| nad^ berfeSben, ober
er beabfidfitigte ben granlenlönig ju jener Seremonie ju betoegen; benn e« ift mögli^i,
ba^ man t)ä)>ftltd^erfeitd, k)ieQeidS!t in Erinnerung an einen ö^ntid^en ^^oQ (bgl. Öldner,
$tt>))in, @. 127f.), biefe eigenartige ^ulbigung forberte, ald man mit $i)>^ind älbgefanbten
fO^ über boS bei ber 3ufammenlun^ )u beobad^tenbe SeremonieQ Derftänbigte. Sei beiben lo
ätnna^men gelangt man aber jui bem @rgebnid: boS constitutum ift mit Slui^a^e
jened @a|ed l>or @te))^and älbreife entftanben. SBad bann 2. bie Slu^rudK^ unb Sn«
fd^Kniung^eife bed pölfc^erd anlangt, fo \)at ©d^effer-Soid^orft nad^getoiefen, ba^ beibe am
meiften berSu^ru^- unb Slnfc^auung^toeife ber ^anjlei $auld I. entf))re^en. 9lber ber
Stil ber Äanjlei unter ©tep^an jeigt eine fold^^e SSertoanbtfc^aft mit bem ©til ber Äan jlei 15
unter $aul, oa^ bie Sntfte^ung beS constitutum unter Btipf}an nic^t für au^efd^lofjen
gelten fann. Suc^ ift ju bead^ten, ba^ aud Bt^\)an^ QÄt löngft nid^t fo bia ©<^rtft=
ftüde und für einen SSergleic^ ^u ©ebote ftel^en, toie an^ $auld 3^^^ — bon le^terem
enthält ber codex Carolinus, bie §auj)tquelle, 31, bon erfterem nur 8 Sriefe — unb
enblid^ ift nic^t )u bergeffen, ba^ bad ^erfonal au^ ©te)>^and ^an^lei )um ^eil unter 20
^aul im Dienft berbßeb. 3lid}t^ ^inbert atfo bie Slnna^me, ba^ bad constitutum Don
einem 3flotar berfa|t towbe, ber erft unter 5ßaul ju boffer SBirlfamleit gelangte. 3d^
erinnere nur, um einen gan) betannten 92amen gu nennen, an ben 9lotar 6^rifto})^orud, ber
@te)>l^an ald Sle^ionar ind »^ranfenreid^ begleitete, unter ^ul ald primicerius fungierte
unb bei ^ul h>te bei ©te))9an aU consiliarius ein folc^ed SSertrauen geno^, ba^ man 25
i^n in 9)^)anj ber eigenmäd^tigen Slbfaffung antib^jantinifd^er @rlafje ber jlurie oefc^ut
bigte (cod. Carol. nr. 36, p. 546; 3aff6 nr. 2363). ffla« bann toeiter bie „»ufd^u*
ungdtoeife'' bei? ^ölfd^erd anlangt, fo fei a) erh)ä^nt, ba^ ©tet)l^n mit feinem Sruber^aul
bie Serel^ng für ben ^l. ©ilbefter teilte (V. St. über pontificaüs c. 4, ed. ^uc^iedne
I, p. 441 ; ©uriuö, De probatis Sanctorum historiis V, p. 659), unb bafe gerabe so
!urj t)or ber 3lbreife be« 5ßat)fte« in« granlenreid^^ bie Slufmerffamfeit ber Slömer auf ben
^I. ©ilbefter gelenit iourbe. i)mn im ^a^re 753 tourben mit Sliftulfd (Genehmigung bie ©e^
betne bed ^eiligen t>on bem lombarbifc^en Slbte Slnfelm au^egraben unb tt)eggefd^let}^t. äBeiter
fei b) baran erinnert, ba^ bie SlnKage : bie 93ilberbere^rer festen an ©teue ber ä)reieinigleit
eine Siereinigleit, burd^aud nid^t erft utr 3^ ber Jtonftantino})olitaner ©^nobe bon 754 im 35
ilager ber Si&erfeinbe aufgetaud^t ift. ©d^on 3lo^ann bon 2)ama^« fe^t fie in feiner erften
Siebe für bie Silber boraud (c. 4 MSG 94, p. 1236). 3)a^ man aber aud^ in 9iom
fc^on bor 754 bon biefem aDergrabierenbften 33orh)urf erfuhr, bafür toerben bie ja^lreic^ien
taiferlid^en ©efanbten, bie jtoifc^en 726 unb 754 ben ))ö))ftlid^en $of befud^ten, ftd^erlid^
geforgt ^aben. Slnfc^uung^ unb äludbruddtoeife bed ^älfd^erd nötigen und olfo burd^^ 40
oud nid^t, bei ber Datierung bed constitutum über 753 ^inabjugel^en. 2)ie ^nter»
polation in § 16 mad^t ed fe|r ma^rfd^einlid^, ba| ed nod^ bor bem 14. Dttober 753
berfa^ ift. ©te))^and Ser^alten gegenüber bem fränfifd^en ^of e forbert gerabeju bie Sm
nal^me, ba^ er 754 mit gefälfd^ten 2)o!umenten offerierte, ^aya tommt nun nod^, bag
aadf bie Ueberlieferungdgefd^id^te ber Urtunbe bem 9lnfa| 753 fiünftig ift: fte taud^tis
^uerft in bem Jllofter ©. i)6nx^ auf, too ©te^^an 754 bie lalten SRonate gubrac^te, wib
\D0 ^bt ^ulrab amtierte, $i))pind Slbgefanbter bei Bt^^^an^ Slnhinft in ©t. 3Ronj^ ; unb
fie finbet fic^f in ber bion^fianifd^en gormelfammlung ghnfd^^en einem Sriefe bed ^5^*^
3a4Kmad unb einem Sriefe ©t^^and II., gegen beffen Sc^tbeit allerbingd me^rfac^ Sin-
]pxudf erhoben morben ift. Der älnfa^ 753 f)at alfo ben ^orjug, ba| er ollen ^I^at« 60
fo^^en, bie bei ber 3^^^^^u^9 ^^ Setrad^t lommen lönnen, geredet toirb. @r
nötigt nirgenbd ju einer lünftlic^en (Srilärung bo^elben. Darum barf er aU bie relatib
einfac^fte Sfung ber biet erörterten d^ronologifc^en ^age too^l bon neuem empfol^len
ta>erben. $. »d^mer.
ftonfiaiitttto^d nnb beffen ^atriord^at. — lieber bie @tabt ^onftantinopel bietet 55
umfaffenbc ßitteraturangabcn Ärumbatftcr, ©efcfii^tc ber ©qj. fiitteratur, 2. Aufl. 1897. gu
brausen ift au4 Ul^ffe (S^eoalier, Repertoire des sources historiques du Mcyen Ago, ^ont*
beltarb, fbb h 1894—1897, s. v. Constantinople. IBefonberd bleibt §u nennen: $feubo«fto*
binod, .tdiQia KiovaiatTtvov.-ioXefogf ed. fiambeciuS, $ariS 1655, juleft bei MG SS 157,
8 ftiitiflaiitttio)peI, ^atttard^at
@. 429—634; ^u (Sattle, Historia byzantina dupl. oomm. illustr., $art3 1680, ^ci( II,
CoDStantinopolis Christiana; 9ln{elm Sattburi, Imperium Orientale, 2 $be, $arid 1711;
3* t). Jammer, Constantinopolis uttb ber S3odpOTUd, 2 93b€, $eft^ 1822. ($atriaT(6 ftoit«
ftatttioS I. Oon ^Ottftatttinopel), iTcovaravTcna; jraAatare xai VEwriga, ijxoi IIsQiygatprj Kcov-
6 oxavxivovTfoXetog oji' agxfjs f^^XQ^ ''^^ *'^^ 6^' *^*' B^^^^^^ Tiaga Ilavcf) ßeodooiov 1820 ; Skar-
hioB ByzsxiüoBf "H KcovatayzivovnoXig, 3 ©be, 9(t^en 1851— 1869; (Sugcti Dbcr^uinmcr,
CoDStantinopolis, Stbrig ber Topographie unb Q^efc^ic^tc. S.V. oud ^auIt^'^iffotDaS fRcaU
etic^flopäbie ber flafpfdien ©iffctif^aftcn 1899.
Ueber baS ^atriar^at in ftonftanlinopel ftnb %unfi(6ft bie alten unb neuen ^erfe über
10 bie griec^ifc^e IHrc^e ^u t)erg(ei(^en. SSorjüglic^e 3)ienfte (eiftet ftattenbuf(6, Se^rbu(^ ber
üerg(e{(^enben ftonfefrtonSfunbc I, 1892, bie Ort^obojre anatolifc^c ^irc^e. lieber bie filtere
(Snttoidelung ftnbet man aud) fe^r t)ie(cd bei ^. ®eUer, 9(bri^ ber bt^jantinifc^en l^aifer«
acf*i4te (Anfang bei Äruniba*er, ®efdi. ber »^j. Sitt. 1897. S. 911—1067). ©efonbere
tßerfe ftnb Petrus de Marca, De (ÜODstantinopolitani patriarchatus institutione, ed. $. gfaget
16 1669; Se Cluien, Oriens Christianus, im ganzen 3 S3be. 9?amentli* «b I, ?ari§ 1740
lommt in Setrac^t; 3. ^ergenröt^er, $6otiu8, $atr. t)on ^onftantinopel, iRegendburg 1867,
3 ©be; (5. 3. to. ©efele, (5onciIiengef(^i(6tc, 2. Auflage, ^reiburg 1889 ff. ;r£vixoi Karoviofiol
negi dtev&exrjoewg xwv ixxXijotaaTixibv xai i'&vixcjv jtgayfiaxwv xwv vno xov olxovfievixov
'&q6vov diaxeXovvxcov dg^odo^mv /^lanaiwi' vjtrjxowv xijg A. Mey, xov HovXxdvoi^f ^onftan«
20 tinopcl, $atriar(öat8bruderci 1888 unb öfter; ®l. ©alellaropulo«, 'Exxltjotaaxixov Alxaiov,
9(t6en 1898; Waagen, ^ad $rimat bed ©if(6ofd Don 9}om u. b. alten $atriard)a(!ird)en
1853; ©eljer, 5)er Streit über ben Xitel beö ölumenifdjen ¥ötriar*en 3pr2^ XIII (1897),
@. 549 ff.; Sitfel, ^ad b^jantinif^e ^önungdrec^t bid jum 10. 3a^r^unbert, ©^5. 3eitfd)r.
1898, @. 511—557. 3)ie neuere ruf[tf*e Sitteratur ift bei Ihrumbadjcr nat^jufc^en. lieber
25 bie Speisenfolge ber Patriarchen ^at ftd) eine befonbere fiitteratur enttoitfelt. ^ie filteren ^a-
talogc in bcm auc^ l^ier fe^r toic^tigen ^er!e t)on 9(nfelm ©anburi, au(^ bei ftonft. Satl^aS
Mec. BißX, III. 1872, @. i&' ff. ®runblegenb für bie filtere Seit Sc Clnien in feinem f*on
genannten ®crfe. 5)oritSeo8, ^atr. D. ^tX. 'loxogla negi x&v h 'hgaoolvfioig jiaxgiagxev-
odvxcov, Sufareft 1715, S. 1169 giebt eine fRcif^t neuerer $atr., ebenfalls 9^eop^^tod Vlau»
80 rommotiö, ©letropolit oon Ärta im 18. So^'^^r herausgegeben oon 3- SaWcHon im Evayye-
Xix6g Ktjgv^ 1862, @. 445 ff.; «. ^. ^pfilanti« in feinem ©erle 7a /iexd xrjv ZiXcoair, ed.
«pötonibe«, ^onftantinopel 1870, bringt bie ^atr. Don 1453—1789; Sergio» ®la!rfio« in
feiner 'ExxXrioiaaxixri laxogia bei &, Sat^a», Mea. BißX. ni, S. 204 ff., ift tüid)tig für bie
3eit 1750—1800. ©ine ?Wonograpl^ie über ffimtl. ?atr. f*rieb 3. 9?. ©lat^a«, ©if*of oon
85 £^era unter bem Xitel KaxdXoyog iaxogixog xwv jigwtoDv imoxöjzcov xai xwv iq^e^ijg Jiaxoiag-
X&v etc., 2. Äuffage, «(t^en bei ^oromila 1884. 5)a« in^altSreicftfte SBerjei(^ni8 ber ^^otri-
arc^en oerfafete W. 3- ®ebeon, Uaxgiagxifcoi Wvaxegy Äonftantinopel 1890, mit »ertooller
Einleitung, angezeigt unb beurteilt oon ®eljer in ber ©^j. Scitfdjr. 1893, S. 152—154.
einige Heinere fpfttere Schriften bi« 1897 beiÄrumba*er S. 1088. Seitbem ift ju notieren:
40 »roofS, The London Catalogue of the Patr. of C, »^j. 8citf*r. 1898, S. 32; «. ^apa«
bopuf 08 ÄeramcuS, Uaxgiagxtxoi xaxdXoyoi (1453—1636) ebenbal899, S. 392 ff.; e.JRujicic,
ftatalog ber $atriard)en oon St. k., IBelgrab 1897 (ferbif(6). ^er Katalog ber Patriarchen
oon 315—1520 oon ^el^er bei ^umbac^er a. a. £)., S. 1148 ff. Eine oollftfinbige Samm-
lung ber (Sriaffe ber $atr., auc^ nur ber allgemeineren e^iftiert bislang nic^t. ^ie filtefte
45 Sufommenftellung unb jtoar ber (Srlaffe oon 1538—1684 bilbet bie Nofuxrj am'aywyi^ beS
$atr. 3)offttieo8 oon 3ci^- 3)aS ^^fi^ere bei ?1. $apabopulo8 ÄerameuS, 'hgoooXvfuxixrj BißXio-
^xrj, ©b IV, Petersburg 1899, S. 3 f. «Weuere Sammlungen oon JR^alli« unb $otli«,
JSvvxayfia xwv ^dwv xai Isgwv Kav6vwVj ©b V, 9lt^en 1855; 9K. 3* ®cbeon KdvovEg xai
dtaxd^eig etc., 2 ©be, Äonftontinopel 1888—1889. 3)ie 9led)tfpre4ung be« ^atriardjatS oon
60 1800—1896 ^at regiftriert TOdjael ®. J^eotolaS in ber NofioXoyia xov olxovfievixov .-raxgi-
agxeiov etc., Äonftantinopel 1897.
^aS alte äS^jan) am tl^ractfd^en So^oruS, ber @age nad^ 656 b. 6^r. t>on S^^a^,
jlönig Don ^Jiegara, aU Volonte gegrünbet, ^atte fd^on hn ßaffifd^en Slltertum teild bie
3Bi6ttgIett einer glüdlid^ gelegenen ^anbel^ftabt, teild anä) politifd^e 93ebeutung gel^abt.
66 3laq me^rfad^ tpet^felnber Slbl^ängigfeit Don perftfd^er, macebontfd^er unb goKifd^er Ober»
l^errfd^aft, etneßcit long audb mit Sltl^en berbünbet, öerfiel e« enblid^ bem römifd^en SRctd^,
erl^olte fic^ aber Don jefeem Serluft, felbft Don ben ^folgen ber Groberung unb gämlid&en
Serftörung unter ©eptimiu« ©eDeru^ (192 n. 6l^r.). ©eit ber 9Bttte be« britten dprtftlid^en
3al^i^unbettg unb nod^ mcl^r unter 2)ioHctian lag ber ©d^toerpunlt ber römifd^en 9letc|^*
60 regierung nid^t mc^r in Slom felbft, fonbem in ben öftlid^en ©egenben Don gH^ricum.
5Der ©ebanfe, auf biefer ©eitc be« Sleid^g eine jtoette ^ouptftabt ju grünben, toar olfo
bereit« l^iftorifd^ Dorbercitet, e|^e Äonftantin il^n ergriff unb mit ber SE^atfraft, bie feine
^anbtungen au«^jeid^net, Dertoirttid^tc. äfö Äonftantin, fo erjäl^lt ©ojomenu« (Hist. eccl.
II, 3), feine äußeren geinbe befießt ober burd& Sünbniffe Derfö^nt ^atte, befd^lo^ er, eine
65 nac^ ftc^ benannte unb an Gieren 9lom gleic^ftel^enbe ©tobt ju erbauen, unb nad^ einem
ftonflaiittiiotPel, ^atriord^ot 9
n&j^tnd^en ©eftd^t tüäl^lte er ba$ l^cnlid^ gelegene S^janj, toelc^er Ort nun fogleid^ in
bebeutenbem Stage Decgrögert unb mit ^Ranzm umgeben tourbe. S)ied d^4<t^ im ^al^
326, bie @intt>et|ung 330. S)ec ^aifer bertDenbete ungeheure SJlittel für biefen etnen
Qtoid. Srogortige Sauten bon Aird^en unb ^alöften, ©d^enhtngen bon Sönbereien an
txmtebme ^omilien, ß^^d^'^fi^^^^'^S^ ^"^ älu^ftattung mit unjö^Kgen aud Italien 6
unb ^ried^fenlanb geraubten Jtunftf(i^ä|en unb @tatuen (Euseb. Vita Const. III, 48. 54)
gaben biefem SJeurom ober Äonftantinojjoli« (aud^ toie SRom %loxa unb 2lntl^ufa genannt)
in turjem ben ©lanj einer Steftbenj. Sluf bemfelben ^lo^e tourben allein mel^rere ^unbert
@tanbbilber bon aQen älrten errichtet, unb ber Jlaifer unterließ nid^t, ftc^ felbft in loloffaler
bergolbeter Statue ;u beretüigen. 911^ ältefte, t>on Jlonftantin felbft enic^tete Jlird^e be^ lo
^etcpnet Sufebiu« (De vita Const. IV, 58. 59) bie ber Sl})ofte[, bon bebeutenber ©röfte
unb reid^ Slu^ftattung, unb ©ojomenu^ (II, 3) nennt bie 9Jlid^ael8fird^e iv raJg iorbug.
9ud^ bie beruhte @o))^ientird^e ift \>on jtonftantin gegrünbet; fie iDurbe iebod^ bon
2iufHnian 538 böSig neu gebaut, ber jugleid^ bie t)on ber J!ai{erin $u[d^eria (457) l^er-
rü^renbe Slad^emenlird^e (Iv raig BXayigvaig) neu unb großartiger aufführte (3)u Gange, i6
Constantin. christiana, üb. III et iV in Histor. Byzant. illustrata, p. 56. 65. 71).
2)en rafd^en Sluffd^toung J{onftantinot>eI$ erilörtc bie 9(uffaf[ung eine^ @o}omenud aa»
bft lirc^lid^en ^mmigteit unb d^ifllic^en äßol^ltl^gleit ber @intt)ol^nerfd(jaft, toeld^e Jtd^
al^ hw^e ^Pflanjftätte ßl^fti {veonayfjg Xqiotov jtdXig) betoä^rt, feine ^eibnifdjien
Xttjxpü außer ju Julian« 3^^*^ gebulbet unb unter Reiben unb ^uben große grüdS^te 2o
ber Selei^ng gebrad^t ^abe. S)iefe einfeitig religiöfe Xenbenj laa tool^l bamald bem
@rünber fem; aber inbem Jlonftantin fein erneutet SS^i^^nj ju gleid^em ätnfel^en mitStom
er^ob unb fogar beffen innere Sinrid^tungen mit Sinfc^luß besS Bmatt^ bort^in übertrug,
bejtoecfte er bod^ getoifi, bem burd^ bie änerlennung be« ßl^ftentum« neugegrünbeten
@taat einen 3){itteii)unn obne l^eibni{d^e Xrabitionen ut berlei^en, ber bem alten an ^err^ 36
lid^Ieit nx^ti nac^eben foQte. @eine Zl^at l^at bie ^efd^ic^te in feltenem (Srabe ju ber
i^gen gemacht. 3^^^ toenbete fid^ ber (ebenbige @trom ber ßnttoidfelung entfd^ieben
bem SB^en )u; ober bie ßrl^ebung bon J{onftantino))e[ l^at bie öftlid(fe $älfte bed römi«
fc^ 9teid(f^ bom Untergang gerettet, gegen feinblid^e Slngriffe auf bie euro))aifd^e (El^riften«
^ eine lan^e ^At unjerftörbare @d(fuj^mauer aufgerid^tet unb einen Jtulturjuftanb bon so
iebenfaflg toeitretd^enber SefKmmung borbereitet.
3)ad erfle 3^1^^ ber §auj)tftabt fennen toir an^ ben ©d^ilberungen be« G^r^fo«
jtomu^ genauer. ®ie ©intoolnet^al^I betrug bamafö üioa 100000 ©eelen, unter biefen
Diele 3wben unb anfangt auif Reiben. 3)ic l^errfd^enbe Silbung entl^ielt römifd^c unb
griec^ifc^, d^fttid^e unb l^eibnifd^e @itten unb Unfttten in greller 3)tifd^ung, i^ Sl^aralter 86
tDor bortmegenb orientalifd(f. S)a^ h)etblid^e (Sefd^lec^t toar \)on antiler älb^ängigleit unb
3urü<!gejogenl^eit ju maßlofer Ungebunbenl^eit übergegangen unb bebiente fidjf feiner ^wi^
^ten mit anftößtger ^ßrunlfud^t, Gitelleit unb griöolität. 3Ran lefe nur bie ©cenen,
todd^ und S^foftomud beutli^ genug befd^reibt, t)on ber fd^amlo{en Se^anblung ber
3Rägbe bun^ i^e Verrinnen, bon ben öffentlid^en älufjügen ber ^auen auf ^Jiaultieren 40
unb unter Sunud^en, t>on il^rer ^u^fud^t unb @d^toatf^aftig!eit felbft in ben ßird^en, t>on
bem tmlben 3ubrang )u j{am))ff))ielen unb ^eatem, ben aberglöubifd^en unb ben beib«
nif<^ ©ebräuc^en bei 2^aufen unb ^odjfjeiten (t)gl. Chrysost. ed. Montf. tom. XI,
p. 112. 153. 464. IX, p. 93. 198. 199. VI, p. 45. 100). 3a^lreid^e (ginjell^eiten be*
tpeifen einen ^ol^en ®rab moralif^er Saj^eit bei verfeinerten Sebendformen. SBBel(^e«46
»eift)iel ber $of bon oben gab, ben)eift bie Oefd^id^te be« S^r^foftomu« (f. ben ä. 93b IV
©. 103 ff.). 3)ie bogmatifc^en SSertoidfelungen ber näd^ften 3[ö^t^unberte l^ängen ftarf mit
bem SBeiberregiment unb ben ^ofintriguen bon S^janj jufammen. 3)ie gelehrte 39tlbung
toor meift bie ber SRebijin unb 3iwndpnibenj, jene ben Oried^en eigentümlid^, bie|e bon
9lom ererbt unb ft)äterl^m aud^ auf bie lanoniftift^en ©tubien Eingeleitet. Stußerbem ftanb 60
9lEetoriI unb ©d^önrebnerei nid^t gerabc jum SSortcil ber ©efmnung in Slnfe^en. 9leben
$lato lam bie Sogit bed ätriftoteled in äufna|(^me, bie 93efd^äftigung mit ber ^at^ematil
führte leicht ju aftrologifc^en Siec^nungen. ^ie Jtenntnid ber lateinifd^en ©^rad^e, nod^
im 5. unb 6. ^aJ^^unbert gej)flegt, befd^ränltc fid^ fjjäter auf 2)ülmctfd^er unb toenige
®elebrte. 66
Äu« fol4fen anfangen cnttoidfelte ftdjf ber Gl^arafter bed fjjäteren gried^ifd^en ©taate«
unb Äird^entum«. SJiefer b^jantinifd^e ®eift ift o^ne eigentlid^e ©c^ö^jferfraft unb^ifdjfe,
ober mit tbunberbarer 93eftänbigleit betoa^rt er aQed Übertommene unb toeiß jeben em-
bfongenen l^n^ genau unb oft fmnboS toieber^ugeben. Jtunft, Sitteratur, ©itte unb
äleb^etfe ber Sl^jantiner l^aben ettüad ®emeinfamed in ber ^orm ober ^rmlic^Ieit unb 69
10 Ston^anünoptl, ^atriard^at
untcrfd^eibcn ftd^ bon anbeten ©ottungen burd^ bte fcltfame Serbinbung öon gein^eit,
©d^toulft unb SJeutelei ober Sd^nörfel^ftigf eit, toelc^e ßigenJc^Kiften gerabe geeignet haaren,
teil« einen SBangel on Oe^alt ju berbedfen, ©d^ein unb ^eud^elei }u begünftigen, teite
bog einmal 3luggej)rägte in unbenücKic^er Überlieferung feftju|^alten. 9Ban fann ferner
sbem S^jantinidmud einen ^ol^fen ©rab bon Uniberfalität nid^t abf^red^en, ba er aQe
Iird^lid^:^o(iti{d^en @rfd^einungen, toeld^e anbertüört^ jerftreut liegen, in ftd^ Dereinigt bar-
fteKt. älHein aud biefem 3uf<<^^^nf^^ entftanb auc^ balb eine folc^e S3erh:)irrung unb
jBertoad^fenlSfeit ber S^t^^^^n, bafe jebe SKac^t in bie il^r fremben ®ebiete übergriff unb
bie ©efd^äfte ber anberen übernehmen tooHte. 6in reiner Äamj)f jtoifd^en Äir^en« unb
10 @taati^en)alt tDie im äbenblanb tpar auf biefem Soben nid^t möglid^. Salb l^errfd^te
bad 3Jlönd^tum unb ber Jtlerud unb mad^te ftd^ felbft jum SQJerfjeug ^olitifc^er ^eft>otie,
balb trieben bie Jlaifer tl^eologifd^e ©c^riftftellerei unb $olemif, führten Krd^enpolitifd^e
Unterl^anblungen mit bem Slbenblanb unb jogen ftd^ am @nbe nad^ unrul^boHer Siegierung
in litterarifd^e SRuge jurüdE. Unter beftönbigen Sd^tpanfungen t)erl^arrte bad lirc^lid^e
16 Seben ^a^rl^funberte lang, ol^ne je burd^ ein groged @reigni^ innerlich erfc^üttert )u toerben.
Slber beffen ungead^tet barf ber ^ßroteftanti^mu^ breierlei nid^t bergeffen, bafe bie b^^an^
tinifd^e äBelt- unb itirc^enmac^t bad d^riftlic^e @urot>a gegen bie bon Often anbringenben
©efo^ren gefc^ü^t, bag fte ber ))ä^ftlid^en Oberl^errfd^aft tpiberftanben unb einen nid^t^
rdmifd^en ^at^oltci^mud burd^ aQe ^al^r^unberte aufregt erl^alten, tvdä^tt ber Sflef ormation
20 ein großartigem Sctoeidmittel il^re^ l^iftorifd^en Slec^tö in bie §anb gab, unb bafe fte enblid^
bie gried^ifd^e S^rad^e unb SBiffenfd^aft big m bem 3^\^unlt in fid^ ge))flegt f)at, h)0
biefe in bie reformatorifd^e ©eifte^bilbung fruchtbar einoreifen foQte.
SQSir ael^en jur ©ef^id^te bed ^atriard^atd über, fionftantin l^atte burc^ feine Sieic^^^
einteilung für bie ft^ gleidfjjeitig enttoidCelnbe SKetro^jolitanöerfaffung unb für bie SSers
26 binbung ber ^iöcefen in größere ^ierarc^ifd^e ^rfserfd^aften eine ©runblage gegeben. Unter
ben 3){etro))oliten bed Oriente jeid^fneten fid^ aber au^ lird^lic^^l^iftorifcpen ©rünben bie
bon älleianbrien unb älntio^ien, näd(fft i^nen bie \)on (Spff^n^, Säfarea unb l^erufalem
t>or allen ani. 3)ie 2age il^rer ©jjrengel ftimmte nid^t ganj mit ber neu gefc^affenen
Einteilung in 5ßräfe!turen, ba bie genannten ©täbte fämtlid^ in bie ?Präf ef tur be^Drientd
80 unb leine in bie \)on ^Q^rifum fielen. Um fo naiver lag ed, bei ber ^urd(ffü^rung einer
Organifation ber ftird^e ben ))olitifd^en ©eftd^t^^untt p berüdEfid(ftigen, bamit mögli^ft ber
©runbfa^ gelte, bag bie Krd^lid^e Siegelung ber ))olitifd^en ju folgen ^ab^ (Conc. Chal-
cedon. can. 17). 2)iefer ^jolitifd^en ffieränberung berbanite berSifc^of bon Äonftantinojjel,
ber bimi^er unter bem 9Retro^oliten t>on ^eraclea geftanben l^atte, feine rafc^e ßrl^ebung.
86 @« War ein bebeutenber ©dj^ritt, ate baö jh)eite öfumenifdjfe Äonjil bon 381 nebft anberen
bie 93erbinbung ber 2)iöcefen betreffenben Stnorbnungen feftfe^te (can. 3), baß ba« ©jjiffo«
jKit t>on Äonftantinot)el, toeil biefe« 3?eurom fei, ben ^öd^ften Slang näd^ft bem römifc^en
einnel^men foDe, tooburd^ ü^m natürlidS^ ber nad^l^er ben 5IRetroj)oliten erfter Orbnung
(SUejanbrien, äntioc^ien, 3^^f<J«n^f diom) berliel^ene 3^itel ^atriard^ ebenfalls jugeftc^ert
40 tt>ar. 3lo6) Leiter ging ba« jtonjil t)on S^alcebon (451); biefe« binbijierte im can. 28
bem Patriarchen bon SB^janj, bamit biefe öftlic^e Sleftbenj ber toeftlic^en in nid^t« nac^s
ftel^e, gleid^e 6^ren (rd laa ngBoßeia) mit bem römifd^en, toiberf})rac^ alfo h)örtlid^ ge=
nommen ber Seftimmung t)on"5Ricäa, toofelbft can. 6 nur bie SBorrec^te ber 93ifd^öfe bon
Sllejanbria, SRom unb 2lntiod^ia einfad^ anerfannt toorben toaren. 3luc^ f oHte ber ^ßatriard^
46 fein 2lufftc^t«red^t über bie 2)iocefen Don $ontu«, 2lften unb 3;i^racien au«be^nen, fämt=
lidjfe il^m untergeorbnete üJletroj)oliten orbinieren, ^Proöimialf^noben berufen bürfen unb
für l^öl^ere Äird^enfad^en im Orient bie le^te Snftanj bilben (bgl. Petri de Marca de
Const. Patr. institutione diss. p. 194 sqq.). 2)a« berliel^ene Drbination«red^t h)urbe
t)raßifd^ nod^ h)eiter au«gebe^nt. 2)en ganzen S'^l^alt biefe« djfalcebonenfifd^en Äanon«
60 toieberl^olte fjjäter ba« bem 3lbenblanb anftöfetge Concilium quinisextum (692). ^wfti-
man erflärte bie Äird^e feiner JHeftbenj für ba« §au))t aller übrigen neben SRom ur^ be^
[tätigte bie Stellung be« ?PatriardE^en über ber ^roDinjialf^nobe (f. bie ©teilen bei ©iefeler,
Ä® I, 2, ©. 408, 4. äufl.). allein trofe atter Sorjüge, tt)dc^e biefer bifd^öflic^e ©tu^l
fortan genofe, toirften bod^ mel^rere ©rünoe jufammen, um beffen anfeilen in geh)iffen
66 ©d(franfen )u galten. Srften« bulbete bie gned^ifd^^orientalifd^e ^ird^e leine (Sentrolifation,
bie ber im älbenblanbe f^d^ enth^idelnben l^ätte äl^nlic^ ioerben, alfo ein b^jantinifd^e«
^[ki))alf^ftem begrünben fönne. Sie SSifd^öfe bon ällejanbrien unb Slntioc^ien übten im
4. unb 5. ^a^r^unbert nod^ großen @influß unb ixoXtn erft h:)ä^enb ber mono))l^^fttifc^en
Unrul^en gegen ^onftantino))el )urüd(, ol^ne jeboc^ bie ©elbftftänbigteit ii^rer Sertoaltung
00 einjubüßen. 3^ Mittelalter finben \o\x biefe ^triarc^en be« Orient« l^äu^ in freier äJer-
fionftaittiitotPel, ^atrtari^at 11
binbung mit bem t>on Äonftanlmol)eI, beffen SSorrang fic anerlennen, in Slb^öngigleit aber
metft nur, fofem ba^ SSerl^ältnid i\xm $at>fttum unb ber ©egenfa^ gegen bie lateinifd^e
Sxtdft fynip^äiflui^ bon äS^^anj oud entfd^ieben tourben. @o tvüi oUerbingd {ann t>an
einer Dber^ol^eit bie Siebe fein, alö bieje ftird^e me^r cii irgenb eine anbete bie ^ufammen»
ge^örigfeit be« gefamten nid^trömifd^en Äall^oIici8mu« rej)räfentierte. 3^^*^^ M ^<^ ß
me^oic^ toec^felnbe SSerl^ältnid ^u 9lom ber ©elbftfUinbigleit bon Jtonftantino))eI älbbruc^
get^. Qd^on ^ßa))ft £eo I. t>roteftiette gegen bie ju ß^alcebon (nai) P. de Marca 1. c.
p. 196 bon ber 3Ktnorität be« Äonjil«) befcetierte böllige ©leid^ftettung beiber ürd^lic^
©tfee al« gegen eine bem TOcänum toiberf^jrec^enbe unb bie JRec^le ber anbeten ^Patriarchen
t)er!e^enbe Steuerung (Leonis epist. Baller. ep. 104— 106, de Marca, p.211). ®urd^ lo
eigene S)emütigung gelang e^ bem Patriarchen 9(natoliu^ bon J{(mftantinot)el, Seo ju
bofö^en, unb ber SBiberfl)ru(^f be« römifd^en Sifd^of« gegen jenen Äanon lä^t fvS^ mit
ber jonftigen änericnnung ber d&alcebonenftfd^en Se(d^lüjfe bon feiten Slomö nur lünftlic^
iKreinigen. Derfelbe $roteft toieberl^olte f\d) fl)äter gegen bie Seftätigung be« Concilium
quinisextum. Sbenfotoenig Sollten $a^ft ^elagiud II. unb ©regor I. bem ^ol^anned i6
Sefunator (587) ben fdjfon bon feinen Vorgängern angenommenen 2^itel ölumenifd^
$atriard(f einräumen, unb al^ ftc^ ft>äter ©ergiud II. (1024) unb SRid^ael Särulariud
(1053) biefen Flamen beilegten, erfolgte ber SSortourf unbefugter änma^n^. Über bie
Sebeuiung biefe« liteö ^enfd^te tool^I jtoifd^en Slom unb 9leutom ein ^Jltfebetftänbni«.
jtottenbufd^ (a. a. O. ©. 112) ^at ed fej^t ioa^tfc^einlic^ gemad^t, bag bet $attiatd^ nieao
„qpiscopus universalis" fein toollte. 35er naTQidgxrjg oixovjuevixog toax bielmel^r nur
„9$eid(fd))atriard^''. @oIc^e lonnte ed mel^rere geben. 92ur bie ftanbl^aftefte 9e]^au))tung
ber (Sbenbürtigleit ^ätte aber biefen SQStberftanb 9iom^ entlräften tonnen. @ott)ie aber
glotoion bon Äonftantinot)el ben 93eiftanb cined Seo I., unb ©ergiu« I. bon Äonftanti*
no^ im SRonot^eletenftreit ben bed ^onoriu^ I. annal^: fo fel^lte ed aud^ übrigen^ 26
nicf^t an @d(fritten ber ^atriard^en, bie einem i^ilfefud^en bei Stom äi^nlic^ fallen ober
bo<^ fo gebeutet Serben tonnten. S)ie ^^ol^e biefed jtoifd^en Siferfud^t unb älnertennung
fc^tDonlenben SSerl^ältniffe^ Umr jene rid^terltd(fe @u))eriorität, mit ioetc^er bie $ä))fte bei
me^en ©elegenl^eiten ben Slu^fc^Iag )u geben ftd^ erbreifteten. 3lad) \oU^m SSorgängen
tanirbe ber 9rud^ burd^ ^Jiänner ioie ^l^otiud unb Särulariu^ unbermeiblic^. ^n ben so
folgenben l^a^^unberten l^at ftc^ bie gried^ifc^e Uniondpartei ^ur Sinräumung eine^ römi«
\d^ ^rirnatd in getoiffen ©renjen bereit ertoiefen, bie ortl^obo^e bel^arrte bei il^rem 3Bibers
f^mtc^ unb unterftü^te il^n mit gelel^frten (Srünben. — 3)ritten^ tourbe bie freie S3eh)egung
bed ^ktriarc^atd burd(f bie ^errfd^fud^t ber jtaifer bielfad^ gel^emmt. S)ie $atriatd^en et<
feigen ali ^öc^fte geiftlid^e SSafaHen bem ^tone beigefeUt; bie ^offttte gebot ij^nenss
jc^or, bie Sinfül^tung jebed Sifc^ofd obet fitc^ltd^fen ©efanbten, ber bem JCaifer borgefteKt
fein tDoSte, )u übemd^men. Oft l^aben fte ii^ren ^errn Xto^ geboten unb imponiert,
nic^t nrinber oft ol^ Kreaturen besS ^ofed fic^ mi^braud^en laffen. ^a| i^re 9S$a^I ober
Abfe^ung meift eigenmäd^tig t)om Jtatfer t)erfügt ober bod^ l^ferbeigefül^rt tourbe, ba^ manc^
burc^ Iaiferlid(fen Sinflug faft unmittelbar t)om Saienftanbe jur $atriarc^enh)ürbe em^orftiegen, 40
bo^ bie Jtaifer in bie Kr^lid^en unb bogmatifd^en älngelegen^eiten beftänbig eingriffen, Union^
k>er^blungen einleiteten, einzelne 93ifd^öfe unb Alöfter ber ®eh)alt be^ ^triard(fen ent«
logen unb unmittelbar mit bem $ofe ber{nü))ften : biefe unb äl^nlic^e Umftänbe l^aben bie
$atriard^en bon S^janj nid^t p h)ürbet)olIer unb gleid^mä^iger Slu^übung i^rer ®erec^t<
fönte, biet ioeniger ju ))ä^ftlid(fer SlQgetoalt gelangen laffen ; ed ioaren bie Sefd^räntungen 45
eined Stoatglird^entum«, bon benen bie gried^ifc^c Äird^enleitung aud^ in neueren geiten
nü^t frei getoorbcn ift. ©tatt anberer Setocife erinnern toir an bie ^Regierung be^ Sar«
boned (711), toelc^er bur^ feinen $atriard^en ^loi^anne^ ben ^Jionotl^eletidmu^ burd^fe^en
Ue^, beffen 92ad^folger Slnaftafiu^ II. aber benfelben ^ol^anned )u bem entgegengefe^iten
38«f a^en nötigte, femer an bie ^(Atm be^ Silberftreilc^, toeld^e jtoar man^e firc^lic^e so
Stojib^oftigleit, ciber auc^ bie ©d^toäc^e etne«^ SSifc^ofeftubled offenbarten, ber unter $aulud
(um 780), 9licej)l^oru« unb iJ^eoboru« (814), Qoj^anned (842) unb in bic^l aufeinanber»
folgenben Airc^enberfammlungen feine ®runbfä|e mieberl^olt ;\urüd(na^m unb bertoatf, foioie
an bie toilben bütgetlid^en Untu^en bed 14. ^a^tl^unbettd.
2)ie Sleil^enfolge bet Sifd^öfe bon Äonftantinojjel fennen toit au^ betfd^icbcncn 93er» 65
leid^iffen aiemlid^ boUftänbig, eine fel^r jtoeifcl^aftc Irabition fü^tt biefelbe fogat butd^
bie erften ga^l^unberte unb angeblicb biö auf ben Sljjoftel 2lnbreaö aU änfängcr hinauf.
Xbgefe^ bon ben erften unftc^eren ^öi^r^unberten toürben fid^ bier $erioben unterfd^eiben
laffen, bie erfie bon Aonftantin bi^ jum ))l^otianifc^en Streit (861) ober bi^ jum gäng»
li(^ S9ru(^ mit bem älbenblanbe unter Särulariud (1054), bie gioeite bi^ ju bem ^nter- 6q
12 Sonftanttno^el, ^atrtard^at ftonflaiitiito^ontaitifi^td Symbol
regnum bcr Satetncr, tocld^e« bic gticd^ifd^cn ^Patriordjjen nötigte, mit bcm Äaifcr nad^
3lma übenuftebeln, tpöi^renb in J{onftantino))eI ein lateinifd^ed ^atriarc^ beftonb (1204
bid 61, bgf. Conspectus chronol. ap. Fabric. 1. c. p. 737), bie britte 6i^ jur Qx^
oberung ber ©tabt burd^ bie 3^ürfen (1453) unb bie bierte bi« jur ©egentoart l^erab.
5 ^er Umfang bed $atriard[fatd tpor im ^Jiittelalter am größten, ©ein erfter großer
Serluft batiert öon ber ©rrid^tung be« rufftfd^en $atriard^at8 im 3a^e 1589. Qioax pnb
bie rufftlc^n ^errfd^er audjf fjjöter immer mad^ttootte ©djfirml^erm ber ^atriardjfen getoefen,
bo(^ nid^t immer o^ne ©egenbienfte bafür ju beanft>ru(^en. ^m 19. 2[<ii^i^'^unbert ^at ber
nationale (Sebanle auf ber Sallan^albinfel unnötigertoeife etne Steige bon autol^^alen
10 Jlird^en ^ert)orgebrad^t. S)aburd^ ift bie 3Jlad^t bed $. in J{onftantino))eI unb bamit aud^
bie 3Kad^t ber ortl^obojen Äird^e im Orient fe^r jurüdfgegangen. S)en 2lnfang ber ©elbfts
ftönbigleit^beftrebungen mad^te $ellad. S)er ^oKttfd^en f^ei^eit foKte bie tird^lid^e folgen.
S)ie legten 9lbmad(fungen gefd^al^en im^al^re 1850. Bulgarien ift feit bem legten ©c^i^ma
t>on 1872 mel^r ober toeniger felbftftänbig getoorben. ©erbien unb ^Rumänien ^aben in^
16 folge ber auf bem berliner Äongrefe 1878 errungenen jjolitifd^cn ©elbftftänbigfeit 1882
bejio. 1885 auc^ eine felbftftänbige ^ird(fe erlitten. 9lQe autof^l^alen Jtird^en fte^en aber
in naiveren ürd^lid^en Sejiei^ungen. ^er $atriard(f in Aonftantinofsel geniest nod^ immer
eine getpiffe moralifd^e Slutorität
2)ie Eroberung t>on Jtonftantin^el 1453 brad^te ben $. erft eine SRad^tertoeiterung
20 nad(f innen. @r erl^ielt au^er feiner Krd^Iid^en SBürbe anä) ein gute^©tüdC äSertoaltung unb
9lec|tf^red^ung \üx iai untertoorfene SSolI ber Stomäer. ^o6) foax feine Slb^dngigfeit bon
ber SBillfür ber Qviitam unb SBefire eine jiemlid^ boHftänbige. häufig fül^rten biefe, be-
trugt ober unbetDu^t, aud^ nur bad aui, tocS bie ©efanbten ber großen abenblönbifd^en
^öd^te tooQten. ^anfreid^ bertrat babei a\x6) bie fati^oHfd^en, Snglanb unb ^oQanb bie
26 )9roteftantifd;en ^nterefjen. 3ammert)olI toar ed baneben, bag bie käuflid^Ieit ber ^mter
in ber 3^ürtei fid^ aud^ auf ben 3^ron ber Patriarchen auäbel^nte. Äein $atriard^ lonnte ol^ne
„©imonie" jur ^errfdjfaft fommen. 3Ran barf md)t meinen, bafe bie tüdjftigen SBönner
auf bem ^rone ba^ Unioürbige biefed 3^f^^^^ ^^^^ füllten. ®d ftanb aber nid^t in
il^rer SRad^t, hai )u änbem.
80 (Srunblage für bie l^eutigen Sled^t^erl^ältniffe be« $atriard^at8 bilben bie auf (Srunb
bed Hati humajun Dom 18. ^ebruar 1856 au^efül^rten revixol Kavoviafwi (©aleQa^
rot)uloö a. a. O. ©. 52). 2)emnad^ ift bie 5IRa^t be« ^Patriard^en erweitert ober, beffer
gefagt, bejd^ränft burd^ mel^rere il^m bcigeorbnete Äör})erf(^aften, unter benen bie ©^nobe
bie bebeutenbfte ift. ^iefe ovvodoq hörnxovaa ift eine uralte ßinrid^tung. ©ie beftanb
36 fd^on )ur ^z\i bed Sl^alcebonenfe unb erl^öl^te bamatö bie Wtai^i bed ^ifc^of^ in Jlonftan«
tinoj)el. ^ai fte f^jöter cefjiert, fo tourbe fte 1593 auf ber Sofalf^nobe ju Äonftantinojjel
iebcnfafe toieberl^ergeftellt. äud^ j^Jöter hai fie ba^ anfeilen De« ^atriard^en geftärlt,
löufig aber im SSerein mit bem l^öl^eren jtleru« ber $au))tftabt über @infe|ung unb Slb»
feftung be8 «Patriard^en entfc^ieben. («aft f) *^. SReijer.
40 Sonpanttnofpel, ©^nobe n. 381 f. 93b II ©. 43, 22—44, 48.
fion{iantino)POlitamf(^e9 ©^mbol. — Sitteratur: ^ie älteren 9(rbeiten ftnb üoQ«
ftönbig Qufgejä^lt öon (£. ÄöUner, ©QmboUf aller djriftli^cn ©onfefftonen, 1. Xell 1837.
@. Iff., @. 28—52; % eagpart, 3ur ®cfd). be8 Jouf beten ntniffeS In ben oricntal. Ä. in
ben btxhtn erften Sa^r^. nac^ ber «Ibfaff. be§ 9f?lcäno*e$amf(ften SijmbolS'' in 8!X6 1857,
45 @- 634 ; „^ie ixotx ^aufbefenntniffe, bie und (Spip^aniud in feinem 9lncoratud mitgeteilt
bot", „3)a8 ältere eigentücfte 9iicänum üon 325", »2)a« 9Jicäno»®ißQnum ober jüngere, un»
eigcntlidje S^icönum" in bcr ^iorroegifcften 5:^eoI. ^tW^., S3b 3 unb 7, „OucDen jur ©efcft.
bc8 Xauff^mbolS, »b I-IV, 1866f., oor aüem ©b I, @. If., lOOf., 113f., 213f.; Sumbij,
History of the Creeds, 2. 9lufl. 1880; ©roainfon. The Nicene and Apostels' Creeds etc.,
50 Sonbon 1875; ^ort, Two Dissertations. II: „On the CPan creed and other eastem creeds
of the fourth century'S ßambribge 1876; ®. ©djmibt, ^ur ©(bt^eitSfroge be8 9^icäno-(5on»
ftantinopoIttanumS in 92f3 1899, 6. 935 ff.; g. Äunjc, i)a« nicänif(^»lonftantinopolitanif*c
(Symbol, ßcipjig 1898; g. tottcnbufdi, fiel)rbudj ber oergleicbenben Äonfcffionöfunbe, 1. S3b,
greiburg 1892; berf., S)a« apoftol. ©Qmbol, 1. ©b, Seipjig 1894; 2. )8b 1900.
66 Dag jtoeite unter ben fog. ölumenifd^en ©bmbolen ift ba8 G5ßanum. ®8 ift baS^
ienige bon il^nen, toeld^e^ allein ben 9lamen „ömmenifd^" mit Siecht fü|^en barf, fofem
ed in ber griec^ifcben unb römifd^Iatl^olifd^en ^ird^e, toeiter bei bielen orientalifd^en ^etero»
bösen 92ationalfirc^en unb bei ben meitaud meiften proteftantifd^en Jtirc^en unb ©e!ten in
offijieQer (Geltung ift (f. bie griec^ifc^en Siturgien, Trident. Sessio III, Profess. fidel
Ston^mAnopoliian%\i^t» Symbol 13
Trid., bog Iut^eri(cl^e Äonforbicnbud^ u. f. to .: Äic^Ung, Historia de usu symbolo-
rum etc., Lips. 1753). Um gleid^f ba^ ^tc^ttgfte )u bemerten, fo brauchen bie abenb«
lonbifc^ Äir^cn — unb borin fmb ii^nen bie ßriecl^ifd^cn borangeganflcn — unter bem
Flamen bed Sttcäno^S^anumd ober \6)ltd)tto^ bed 9{tcänum^ nic^t bo^ auf ber erften
©l^nobe gu 5Ricäa 325 feftgefteate »efcnntntö (,,93efenntnte ber 318 Sifd^öfe"), fonbem 6
eine angeblid^ [ebiglid^ ertDeiterte, nad^ trabitioneUer Slnnoi^me gu ^onftantino))el auf ber
fogenonnten öhtmenifd^fen @bnobe 381 regt)}ierte SRegenfwn bedfelben CSelenntntd ber
150 Sifd^föfe'O- @d toitb bedpalb im fotgenben )u l^nbetn fein 1. bdn bem aut]^enttf(^n
Zect beSSißanumd, 2. bon bem nicänif($en @^mbo[, 3. t>on bem Urf^rung be^S^onumd
unb feinem SSer^tnid jum 92icänum, 4. bon ber ®ef(^id^te bed 6$anumd in ber jlird^e. lo
2)ie le^te, auc^ für ben Urf^rung bed Qi^mbol^ nid^ft gleid^fgiltige f^age lann jur 3^
noc^ mc^t mit toünfc^entoerter ©ic^er^eit beanttoortet toerben; bod^ finb ^anl ben ^or«
fcf^ungen 6ad))ariS, £umb^ (mir nur au^ ber f. 9(rbeit betannt), @h)ainfond unb namentlich
^ortd bie $au))t^unlte ftc^er gefteQt. S)ie älteren älrbeiten finb antiquiert in bem, toai fie
Übvc ben Urf))rung unb bie ®efd(fici^te bed ß^anumd beigebracht l^aben, fofem fie l^ier auf is
einer untritifc^ ^orau^fe^ung fu|en. SSorjüglic^e SSemerhtngen bei ^outt6e in feiner
Sbtdgobe ber ilate^efen S^riOd t>on ^erufalem.
I. @d lafjen ftc^ bome^mlid^f brei Xe^te bed 6$anumd unter{ci(feiben : 1. ber grie»
cf^tfc^ %(ttt, tDie er in ben Sitten ber 2. [^ier ju Unred^t unb nur in ben 2)rucfen] 4.
ia(b 6. öhtmenifd^en @^nobe unb in ben 3Berfen ber {Röteren gried^ijd^en Stird^entKiter 30
fotoie in ben Siturgien enthalten ift. 2. ber lateinifd^e Xe^t, re))räjentiert burd^ eineSieil^e
bon Überfe^ungen an^ bem ®ried(fifc^ in berfd^tebenen ^anbfc^riften, unter benen na-
mentlich bie fog. ^nter))ret. bed ^ion^ftu^ @£iguud, bie in ben Slften bed Aongild bon
2oIebo 589, unb in ben Slften ber ©^nobe gu gorum S^IH 796, fotoie bie t>on 5ßa))ji
£eo III. in ber ^autölirc^e aufgefteQte )u nennen ift (f. barüber 6ad))ari, QueQen I, 26
©.213f.; §a^, »tbliot^ b.S^mbole, 3. «ufl., § 145 u.33um, The old Latin text
of our Nic^ne creed in bem Journ. of Theolog. Stud. 1900 p. 102 ff.). 3. ber im
älbenblanb gebraud^te gried^ifd^e 3:e£t, tote er in einigen ^anbfc^riften oom 9. ober lO.^a^«
^bert ob un« ersten ift (f. 6(^ari, Dueflen I, ©. 236 f., III, ©. 475 f. ; §a|n
a. a. O. § 144). S^agu lommen nod(f einige alte Überfe^ungen, toie bie f)^rifd^e (nitrif^e ao
^onbfc^ft bom ^o^e 562 im »rit. 3Kuf. ; f. 6a«t)ari, Duetten I, ©. 100 f.), bie ara^»
bifc^sfo^tifc^ (f. SBüftenfelb, ©^najarium b. i. fojjtifd^er §eiligenlalenber 1879 g. 9. §atur
unb 1. 9(mfd^ir), jtoei angelfäc^ftfd^e (^anbfd^riften bed 11. unb 13. ^a^r^unbertd in
Gambribge unb Dsforb, f. ^eurtl^, Harm, symbol., p. 162 sq.) u.f. to. ^er lateinifd^e
Xe^t bed ©^mboU unterfc^eibet ftd^ — namentlich in {einer je^igen, t)om gefamten älbenb^ 85
lanb einl^eUig rqi)}ierten ®eftalt, aber aud^ fd^on in feinen ölteften 9tegenfu>nen mit ä(u^
naipxi^ berjjenigen, toel^e geleierte toörtlic^e Überfe^ungen ber griec^ifd^en Urhtnben fein
tooHen — t>on bem ^ried^ifd(fen, abgefe^en bon Heineren, nic^t bebeutenben SSarianten,
burc^ brei @igentümltc^Ieiten. ^oc^ toeic^t bie 3nter))retation bed ^ion^ftud @ciguu^
ftorter t>on bem Driginolte^t ab, inbem bort, abgefel^en \)on ben gleid^ gu nennenben abenb« 40
lönbifc^ @igentümlid(fteiten, fic^ nic^t unb^eutenbe SSerönberungen unb 9lu^(affungen
fmben. 3)ie brei bemertenömerten ©igentümlid^feiten finb: 1. 2)er S^\^i „filioque" im
britten Srtitel, 2. bie SBeglaffung be^ in (etg) t>ox bem ©liebe unam .... ecclesiam,
3. bie fingularifc^^e ^orm ber ©efenntni^toörtd^en credo — confiteor — spero (grie*
d^ifc^: nunevofjLEv öfjLoXoyov/uv), Ad 1. 3)cr 3wf^ „filioque" begegnet im ©^mbol «
merft in ben alten be« 3. ftomil« tion lolebo 589 (ältere Sejeic^nungen fmb aj)oh:toj)l^),
fobann in mel^freren ftKinifc^ urhinben ber folgenben 3^^^^ toeiter in Urhtnben ber taro-
lingi{c^ Sleic^tirc^e (Si^^ 796). 3)ie Se^rform einer processio Spiritus ab utroque
ift oon 3(uguftin audge))rägt ioorben unb tourbe )>om 5. \>\% 7. ^a^r^unbett im älbenb-
lanb ^errfc^b ; bie ^ufno^me berfelben in bad ©^mbol ift in ©^anien burd^ ben ©egen^ so
fa( gegen ben toeftgotifcl^ älriani^mud ju ftanbe gebmmen; aud Spanien lam fte in
bod farolingifc^e ^antenreic^ unb toar bereite im erften ^ecennium bed 9. ^al^r^unbertd
bort in bie offi^iette gorm beö ©^mbofe aufgenommen, ^n 9tom bittigte man jtoor
längft bie ougufttnifc^e £e^ t}om 1^1. ®eifte, ^atte aber noc^ im älnfang bed 9. ^al^»
^bertd, toie bie t)on £eo III. aufgeftettte ^fel unb fein Sefd^eib an bie fränlifd^en ©e« 66
fonbten öom 3a^ 809 betoeift, ba« ©^mbol ol;ne jenen 3wf^ (1- äbdlarb „Sic et
Non IV, p. 26 sq. ed. 6oufw, Äöttner a. a. D. ©. 46. 49). ©erjelbe ift jeboc^ balb
borauf — toann unb unter toeld^en Umftänben ift nid^t anjugeben — aud^ in :*Rom in
bod ©l^ol aufgenommen toorben; f. ben ordo Romanus de divinis officiis (BM
XIII, p. 677*), ber bietteic^^t ber 2. ^älfte be« 9. Sa^^unbert« angehört, unb ben ©treit eo
14 ftnitflaitttitotpolttaittfd^td S^ntbol
beg $l^otiu8 mit 3lom. S8ßl. bie ältere fiitteratur über ben trinttarifd^ Streit bei Äöttner
a, a. D.; 3BaI(^, Hist. controversiae — de process. S. S. 1751; @ai, ©Emboli!
ber gried^. R., ©. 130 f.; ©toete, On the history of the procession of the H.
Spirit., ßambribge 1876; Sangen, 2)ie trinitarifc^e Sel^rbifferenj u. }. to., Sonn 1876.
6 Ad 2. 2)te Sluglafjunö ber ^röpofition „ii^" bor „ecclesiam" ift nid?t iiuföIKg; fie tft
im älbenblanb fo alt, toie bie äSejeugung bed ©^mbotö felbft; benn fte finbet ftcb fd^on
bei SDion^ftu« ©jiguu« im 2lnfang be« 6. ^^^^^w^^^^f in ^^ äften ber ©^nobe bon
^lebo 589 unb in ber mojarabifd^en Siturgie; nid^ft toenige lateinifd^e formen be^©t^m'
botö l^oben bad sig oHerbing^ toiebergegeben ; aDein teil^ fmb ba$ gele^e Überfe^ungen,
10 teil^ barf man baron erinnern, ba| nad(f bamaligem ©}>rad(fgebraud^ ba$ ,4i^" lebiglid^
aU S^onent bed Slccufatibberl^ältnined gelten tonnte. Sluc^ biefe SSariante gel^t auf bie
auguftinifd^e Geologie gurüdf, le^tlid^ aber auf bie nod^ ältere abenblänbifc^e ätbneigung,
irgenb ettoad anbered aU ben breifaltigen ®ott ald Objeft bed religiöfen (Slaubend im
S>ö(^ften ©inne ju befcnnen; l^ierüber, fotoie über bie interejfanten ÜRafenal^men abenb^
änbifdjfer Äird^en, bie 93ejiel^ung be^ „slg" im©^mbole auf„Ätrc^e", „©ünbenbergebung",
„3^fe", „etoige« Seben" gu berl^inbem, f. bie erfd^öt)fenben ß^f^w^^^P^tt^ngen bei
6aöt)ari, Duellen I, ©. 222 f. 2)ie bogmatifd^e X^eorie fyit bann äuguftin bur(^ feine
Unterf (Reibung bon credere aliquid , alicui, unb in aliquem geliefert. Ad 3. 2)ie
SSertDanblung bed ^lural in ben ©ingular, toeld^e ft^ nid^t in ben f))anifd^en, too^l aber
aotn ben römifc^en, fräntifd^en, angelfäd^ftfc^en älteften 9tecenfionen finbet, flammt au^ ber
traditio unb redditio symboli, fofem ba^ (Slauben^befenntnid aU bad 93etenntni^
jebe« einzelnen, ber e« ablegt, gelten foll. — 3&a& bie abenblänbifd^*griec^ifdifen legte be^
trifft, toie biefelben fid^ merhoürbig lange im fird^lid^en (Sebraud^ ber Satetner tro^ Un«
lenntnid ber gried^ifd^en ©^rad^e erl^alten l^aben, fo l^at 6a$)9ari nac^etoiefen, ^a^ meliere
25 berfelben an ben ©igentümlid^Ieiten be« lateinifc^en legte« teilnehmen (f. bor allem bie
©t. ©allener §anbf^rift saec. X), toäl^renb ber mit lateinijd^en Sud^ftaben gefc^ebene
gried^ifd^e legt im „Sacramentarium Gelasianum" fotDte in einer liturgif^en ^onb-
l^rift ber SBiener Sibliotl^el mit bem orientalifd^en Driginaltegt ibentifd^ ift. 2)er anget
fäd^jtfc^e legt ftimmt natürlid^ mit bem lateinifd^en; ber bei f^rifc^en SWonotol^l^fiten ge^
80 brandete legt b. 3. 562, ben 6a«t)ari I, ©. 102 f. f)at abbrurfen lafjen, ift mit bem
gried^ifdifen ibentif^ mit ben SluSnal^men, bafe mareveiv toie im Dccibent im ©ingular
ftel^t, n)a« auf gotte^bienftlid^en (Sebraud^ |d^lie|en lä|t, unbbagba^^räbifat: äjioaxohxt)
bem anberen: xa^ohnr} borangeftellt ift. 3)er loptijc^-arabifd^e legt, ben SBüftenfclb 1879
a\x^ bem ©^nagarium mitgeteilt ^at, ftimmt toörtlid^ mit bem legt überein, ben Safari I,
36©. 106, 91. 8 au« Seüeribge, 2vvo6txov I, 683 sq. (Paraphrasis Arabica c. 1400)
entnommen l^at. @« fmb tDörtlic^e Überfe^ungen be« griec^ifd^en Originaltegte« be«
6$anum8, nid^t, toie 6a«})ari \o\% inter))olierte SRejenfionen be« 9licänum«. Iro^bem
toerben fie ate 8e!enntni« bon 3?icäa eingeftil^rt. — 6« giebt aber noc^ eine Sleil^e bon
©^mboltegten, bie ftd^ felbft al« nicäno-c^anifd^e refb- nicäntfd^e begeid^nen unb aud(f bon
40 6a«j)ari gu einem leile toenigften« für SRobiflfationen be« ß^anum« gelten toerben,
nämlid^ 1. ba« rebibierte antioc^enifc^e, 2. ba« neftorianifc^e, 3. ba« t)l^ilabelp^cnifc^e,
4. ba« ©i^mbol in ber t)feuboat^anafianifd^en igjufjveia eig x6 avjtißoXov, 5. ba« gtoeite
längere ©^mbol im ^ncoratu« be« @^ipl^aniu«, 6. ba« Ia))pabo2ifd^sarmenifd(fe, 7. bie
bem 93afiliu« gugefc^riebene 9lu«legung be« nicänifd^en ©^mbol«, 8. ba« eine bon ben
46 beiben in G^alccbon berlefencn ©Embolen, tpelc^e« ate „5Jicänum" bort begeic^nct ift. ^n-
beffen, fo grofee 33erh)anbtfcl^aft biefe ©i^mbole mit bem ß^anum ^abcn, fo finb ftc bodjf
— bie« gcjeigt ju l^aben ift ein SBerbienft bon §ort — nid^t al« lik^ter«, fonbem al«
©c^toeftenejenfwnen jene« entftanbcn. ©ie tperben mitl^in bon un« im 3. unb 4. 3lbs
fc^nitt gu bef))red^en fein, ba fte nac^ Urfprung unb ^orm für bie älufl^ellung be« Siätfel«,
60 ibeld^e« über ber @ntfte^ung be« S^anum« fc^tDebt, bon ^öd^fter Sebeutung ftnb. 92ic^t
^ierl^er gel^ören bie turgen armenifd^en, Io))tifd^en unb ätl(>io^ifd^en ©^mbole, fotoie ba«
au«fü^rlic^e ©lauben«belenntni« ber Armenier, toeld^e 6a«j)ari, Duellen II, ©. 10 f., ber*
öffentlid^t l^at.
II. 2)a ba« ©^mbol bon Äonftantino})el l^eutjutage unb fd^on feit bem frühen SKittel«
66 alter ben 9lamen SRicäno^ß^anum ober aud^ gerabegu 9licänum fül^rt, ba e« ^erfiJmmlid^
al« eine blo|e Srtbeiterung be« 92icänum« aufgefaßt, \a gerabem mit biefem bertbec^felt
tbirb, ba e« enblic^ unleugbar gro^e äSertvanbtfd^aft mit bem 92icänum beft^t, fo mu^
man auf Urf))rung unb ©efc^i^te biefe« }urüdfgei^en, um bie @ntfte^ung«gefd^id^te be«
(S^anum m ermitteln unb ridj^tig gu beuten. 2)a« 9licänum, beffen Origtnalgeftalt, toie
60 fd^on 3&cHq gejeigt ^, fu^er au« bortrefflic^en Duellen f eftgefteSt toerben rann (f. I^ierüber
fionftantitto^olitairifd^ed Symbol 16
^0^ a. a. D., 3. Slufl., §§ 142, 143; bort aud^ bte alten latctntfd^cn Überfefeungen:
bte ältefte ift bte be^^ilanud; fte tt>ei(i(ft bom gried^ifd^en %^t an bret ©teilen ab, 1. tjt
im 2. ärt. ju „dominum" ba« abenblönbijd^e „nostrum" getreten, 2. ftnb ebenbort bte
®orte dl* ^jLiäg rovg dv9Qd>novg xal unüberfe^t geblieben, 3. ift für xal iQyöfievov
„venturus" gefegt), ift auf bem Äonjtl ju 9?icäa 325 aU erfter, relativer 3lbf^Iu| be^ e
trinitarifd^en Streite« unter bem 3)rua be« laiferlid^en SBiDen«, ^anf bem moraIi(d^en
Übergetoid^t ber Keinen alejanbrinifd^en ^Partei, aufgeftettt toorben. ®ie Vorgänge, bte
f(^Ite|lid^ jum @iege ber ale^anbrintfc^en Geologie unb \\xx SluffteQung unb 9ie)ie))tton
be« ©l^mbote gefül^rt ^aben, ftnb bunfel ((. §efele, Äonjil.^Sefd^., 2. äufl., Sb I, ©. 282 f.
unb a. „arianigmug" 33b 11 ©. 14 f.), ba ®ufebiu« abftc^tlid^ gefd^toiegen, ref^). bie lo
naiveren Ümftönbe berfc^Ieiert l^at (f. ben 93rief an feine (Semeinbe bei STt^anaftu« de
decret. synod. Nie, S^i^eoboret h. e. I, 12), bie fjjöteren ^ifkoriler aber bereit« au«
ber Segenbe fc^ö^jften. äud^ über ben urfl)rünglid^en ©inn be« ofxoovaiog lann man
nic^t mit genügenber ©ic^er^eit in« Älare fommen (f. bie trefflid^en 3lu«fü^rungen 3^^"«,
SKorccO ö. änc^ra 1867, ©. 11—32). ©obiel ift inbe« getoife, ba^ Gufebiu« in beris
$at4)tfad(fe red^t l^at, ioenn er fagt, ba^ ba« bon il^m borgelegte ©^mbol (ba| e« nic^t
ba« Xauff^mbol \>t>n ßäfarea getoefen ift, barüber f. S5o I ©. 748) bie ©runblage für
bie neue ©laubeneformel abgegeben l^at, toenn aud^ bie naiveren Umftänbe, bie er erjäl^It,
toenig glaubl^afte fein mögen. I^ene« nömlicb toirb beftötigt burd^ eine Unterfud^ung ber
Jtompofttion be« ^ticönum«. S)a« 93erbienft, biefe rid^tig ertannt ju ^aben, gebiU[^rt ^ortao
(Two Dissertations I, p. 54—72, p. 138 sq.). ®ie tpid^tigften ©rfenntniffe in 93eaug
auf bie Äomt)ofition be« 9Kcänum« ftnb folgenbe: I. 3)a« 9licänum rul^t, toie eine 3Ser«
gleicl^ung lel^rt, gan^ auf bem ©^mbol be« ßufebiu« (f. biefe« bei ^al^n a. a. O. § 123).
IL SSon biefem unterfd^eibet e« ftd^ a) burd^ einige SBegtaffungen unb Heine SSerönbe?
rungen, b) burd^ bie ©nfcbiebung ber alejanbrinifc^en t^riftologif^en gonneln, c) burd^as
eine burc^e^enbe leife Stebaltion unter Slnlel^nung an bie jerufalemifd^-antiod^fenifd^en ^uf«
betenntniffe (bgl. ba« ©l^mbol in ben a[l)oftoI. Äonftitut. bei §a^n § 129, ba« jerufalemifd^e
Symbol bei ^aiin § 124, antioc^enifc^e ©^mbole bei §a^n §§ 130 ff.). III. 3)a« 9K=
conum ift nic^t al« ein 2^uff^mboI aufgeftettt toorben, fonbern al« eine d^riftologifcf»e
®(auben«regel mit f^mbolmögiger Umral^mung. Ad II, a) SBeggelaffen finb au« bem ao
©J^mbol bon ßäfarea bie 3lu«brüdfe: „t6v tov '&eov X6yov** (bafür xov vlov ^eov)
ffjigcoröroxov ndorjg xrioecog^', ffTigd Jidvrfov rcbv alcovcov ix rov nargög yeyewrj'
fiivov'* (bafür yswrjdivia ix rov naxQog) unb mobifijiert ift bie ?$l^rafe vlbv juovo-
yevfj in fwvoyeyij — '&e6v (bajtoifd^en ein alejanbrinifd^e« Ginfd^iebfel). SJiefe SGBeg«
laffungen pnb für ba« richtige 3Serftänbni« be« 9?icänum« bom l^öc^ften Gelang ; benn pe S5
betoeifen, ba^ bie ftegenbe alejanbrinifd^e Partei in ber bon i^r aufgeftettten ©tauben«*
regel jebe 3h)^beutigfcit toie jebe« TOifeberftänbni« bermeiben toottte unb ftd^ auf feinen
Äomjjromi^ eingeladen ^at. 3)ie auggemer^ten 5p^rafen ftnb nämlid^ fämtlic^ jtoar biblifc^e,
ober gugleidjf fold^e, h>eld^e bie offenen unb falben ®egner am meiften im SKunbe führten.
^e«I^b entfd^[o| man ftc^, fte in ber neuen ®(auben«rege( fatten ju (äffen. Ad II, b) ^ie 40
neuen alejanbrinifc^en ®infd^iebfcl ref>). ^yx\ä%t pnb: 1. „toCt' ioxiv ix rrjg ovmag rov
Tiargdg", 2. „yewtj^ivTa ov Jioirj&ivTa'* , 3. „Sfioovaiov reo natQi*% 4. bie fec^
(bri^ologifd^en ä[natl^emati«men am ©d^Iuffe be« ©^rnbol«. Ad' II, c) Sitte« übrige, in
bem fidjf ba« 9!i€änunt bom ©^mjbol be« (Sufebiu« unterfd^eibet, ift nid^t bogmatifd^er
9latur, fonbern ftnb rebaltionette Säuberungen. ®iefe 5Kobi^fationen ftnb aber fämtlic^ 45
ber ärt, bafe fte mit bem SBortlaut ber jerufalemifd^santiod^enifc^en 3^uff^mbote überein«
ftimmen. 5Wan fyii alfo anjunc^men, bafe fte unbogmatifc^e Ronjefftonen cm bie auf ber
©J^nobe bominierenben $atriard^en bon äntiodjfien unb S^ntfalem ftnb. 6« finb folgenbe :
1. im erften artilel jidiTöM' für ändvicov, 2. bie 3lufeinanberfolge berSBorte: dt* ov rä
Ttdvra iyevsTOf 3. ber S^f^- ^^ ^^ ^ ^^ ovQavcp xal rd iv rjj yfj, 4. ber 3wfö^ w
öl ^juag rovg ävÜQionovgf 5. ber 3^!^ xatek&dvxa, 6. ivaväQCOJtqaavra für iv
&y^Q(i)7ioig jioXiTtvadjievov. 7. elg xovg ovgavovg für ngog rov Tiariga, 8. igxdfU'
vov für fj^ovxa ndltv, 9. bie Soranftettung be« Syiov bor TtvEVfia im britten älrttfel.
Ad III) %a% ba« 9licänum junäd^ft fein 2^uff^mbol, fonbern eine d^riftologifd^e ®lauben«»
regel fein iDitt, ergicbt fid^ 1 . au« ber Äürje be« britten ärtifel«, 2. au« ber §in^ufügung ber 66
Snat^emati«mcn am ©d^lu^. 2)urd^ biefe 3uf ö^e unb jene Äürje, fott)ie burd^ bte unber^ält»
ni«mä6ige 3lu«fü^rlidiffeit im jtoeiten ärtitel, enblid^ burd^ bie |[u«menung ber jtoeibeutigen
biblifc^^n ©tücfe ^t ba« Sefenntni« einen t^corctifterenben, unliturgijd^en unb unbiblifc^en
e^arafter erl^alten. ©ie« ift für bie näc^fte golge^eit mit ein §au))tanla6 geworben, ba«*
felbe )u befam})fen. 9li(^t nur bie Slrianer unb Sufebianer griffen e« unter bem 3Sor« go
16 Stonfianünopolttani\iit» Symbol
Sieben, e« (et unbiblijci^, an, fonbem audf im (Srunbe J^omoufianifd^J ö^ftnnte 9Jlänner
onnten M ju einer botten ßwf^w^w^wng nic^t entfc^Iie^en. Slnbererfeit^, überlegt man,
mit toelcper rüdjtd^täofen Sntfc^ieben^eit unb mit tpelqjem @mfte biefed Selenntni^ in
(einem j)ofitiben unb in (einem negativen 3^eUe ben 2lriani^mu^ auö(ci^lie|t, tviz eg ju-
6 gleid^ bie ftörffte SSerurteilung aDer ^olbl^eiten, bie gebac^t Serben tonnen, entl^ält, unb
ba| ed ja eben aU Sel^rorbnung unb allgemeine^ j{ir(^enge(e$, junäc^ft nid^t aU Xau^^
(^mbo(, gemeint toar, (o (tefert ed aSein für (tc^ ben ftörqien 93etpeid für bie Energie ber
Ileinen olesanbrinifd^en Partei. Slber bie(e $artei ^atte (elbft bie Probleme nod^ nid^t (o
toeit bun^gebadift, bag fte ba^ Selenntni^ nad) aUen@eiten l^inreic^enb ju bedien t)erftanb.
10 3)a^ @^mbol toar in jeber Sejiel^ung berfrül^t, unb ba^ rodete (td^. SSerfrül^t im ^inblidC
auf ben t]^eo[ogi(d^en @tanb))un!t (einer SSertreter; benn bie(en toar bie Slbgrenjung unb
Sid^erfteUung il^rer X^eologie gegenüber bem ^Jiobali^mud (elbft nod^ nic^t iflar unb bie
Sebeutjamleit ber ju iprä^ifierenben Seigre öom ©eifte toar i^nen noc| ntd^t aufgegangen.
SBerfrül^t aud^ in (einer ^uffteUung aU aSgemeined lirc^lid^e^ ®^(e^; benn bie fird^lid^e
i6$ierar(|te ftanb nod^ jum arö^ten 3:ei[e tDiber ba^(elbe. ^n ben folgenben ^al^r^e^nten
toirb um bo« 9licänum auf ba« l^eftigfte geftrittcn unb eine ganje Sleil^e bon ©Embolen
toirb \^m big Jum ^ai)xt 341 bon ben ©egnem entgegengefteüt. 33er Äamj)f tpar rec^t
eigentlul^ ein Äamj)f um biefeg 93efenntni«. ^n bem(elben lernten (eine SSerteibiger ben
3BortIaut beg(elben (c^äfeen unb lauteten fid^, aud^ nur in einem SBorte bon i^m )u toeic^en ;
20 ja aud^ jebe erllärenbe fertoeiterung im ©inne ber Ort](fobojie tpurbe abgelehnt ; man ^ätte
ben fieberen SRec^t^boben berlaf(en, (obalb man (elbft ein nur irgenbtpie anber^ formuliertet
©^mbol jugela(fen ober aufgefteHt ^öttc (f. bagu 6a«j)ari I, 39, 41; 33incen^i, de pro-
cess. S. S. p. 80 sq.). 3)ie $au)3tftellen bei Slt^anafiu^ f elbft; ba^u ^ilariu^, ad Con-
stant. Aug. II, 5 ; ^teron^m., ep. ad Damas. ann. 381 ; 9lmp^ilo(|iud [MSL XXXIX,
26 p. 93]. ©0 ift benn aud^ auf ber ©i^nobe ju ©arbica 344 lebiglic^ baö 9licänum rcpe«
tiert toorben (9(t^ana(., ad Antioch. c. 5, Opp. I, 2, p. 616); bie (ogenannte (arbi^^
ccnft(cbe ©lauben^formel ift jtoar ortl^oboj unb ift in ©arbica borgelegt, nic^t aber \)on
ber ©^nobe reji)}iert toorben. üJlit leidjfter 5IRül^e fönnte man au« ben ©^nobalaften,
an^ ben SEBerf en ber Äird^enööter unb ^eterobo^en 3:i^eologen jh)i(d^en 350 unb 450 2)u^enbe
so bon ©teQen nad^h)ei(en, tpeld^e ba^ uneneid^bar l^o^e äln(e^en bed 9ticänumg, mie e^ atö
^n^alt ber a))oftolifd^en Xrabition unter bem gloneic^ften Jtai(er Jton(tantin t)on ber el^r«
tDürbigften ©^nobe aufgefteHt toorben ift, unb feine abfolute Unantaftbarfeit bezeugen.
3inbeg eineg nur machte ©d^toierigleiten unb fül^rte ju 2)tfferenjen auc^ unter ben Sin«
l^ängem be^ 3?icänum8 — ba^ toar bie ^Jwge, toie man fortan bei ber 2^aufe ju ber«
86 fahren l^abe. SBir l^aben oben ge(el^en, bafe ba« 3?icänum fein Iauf(Vmbol ift, (onbem
eine ©lauben^regel, unb ed giebt leine 3^u0n^ff^ bafür, ba| man irgenbtoo in ber ^ird^e
jtoif d(fen 325 unb 361 mit bem 92icänum getauft ^äitt, t)ielme^r blieben junäc^ft bie
alteren ^robinjialKrd^lid^en ^uff^mbole im ©ebraud^. 9(1^ aber (eit ber X^ronbeftetgung
Sulian« bie ort^oboje Partei fic^ toieber erl^olte, al^ Don ben berühmten ©^noben im
40 2lnfang ber (ed^jiger ^ai^xt ab [xd^ ra(d^ unb pc^er bie gro^e Sleftauration ber Drtbobojie
burd^fe^te, ate entfd^iebene Sifc^^öfe in Äleinafien unb ©^rien für fie eintraten unb mit
Überlegenl^eit, Äraft unb SBBeiö^eit bag SBerf audfüi^rten unb bie ort^oboje ^ofition nad^
allen ©eiten (td^er ftellten, ba h:)ün(d^te man auc^ bei bem (olennen Xaufafte bie reine
nicäni(d^e Seigre jum Slu^brudf ^u bringen. S)ieö fonnte in breifad^ Derfc^iebener 3Bei(e
46ge(d^e^en: inbem man nämlid^ enttoeber bie nicäni(c^en ©tic^toorte in bie alten jjroöinjials
lirc^li^en ^uff^mbole aufnal^m, ober inbem man bad 92icänum für ben ())e5iellen 3^^^
m einem Iauf(^mbol erweiterte, ober enblic^ inbem man e^ (elbft tro^ feiner UnDoH*
ftänbigfeit unb feiner )9olemi(d^en ^altung atö ^ufbefenntni^ unberänbert in ben fird^«
lic^jen ©ebraud^ na^m. 33iefe brei SBege fmb in ber 3:l^at (ämtlid^ in bem Sö^'f^unbert
GO ah)i(d^en ber ©^nobe öon 3Uejanbrien unb bon G^alcebon einge(d^lagen toorben, h)ic im
folgenben gejeigt toerben toirb, unb in bie ©e(4^ic^te bie(er 3Ser(ud^e gel^ört (einem Ur(prung
nad) ba^ ©^mbol, toeld^e^ ben 9lamen „ß^Panum" fü^rt.
III. 3?ad^ gemeiner 3Jleinung, tt)ie fie fid^ feit bem 6. gal^r^unbert feftgefteHt l^at
unb im älbenblanb fotoie in ber gried^ifd^en Jtirc^^e unb in ben meiften orientali(c^en ^irc^en
66 einl^ellig bezeugt toirb, ift ba^ S^ßanunt auf ber ö!umenifc^en @^nobe t)on 381 rebigiert
toorben. 3Die(e ©^nobe, berufen Don I^eoboftuö I., um ben Slriani^mu^ ju Demid^ten
unb ben macebonianifc^en ©treit ^u (d^lic^ten, l}aU ba^ Slicänum burd^ eine anti))neumas
toma(^i(c^e (Srtoeiterung bed britten älrtiletö ergänzt unb (o (ei bad @^mbol entftanben,
toelc^e« ben 9iamen 9iicänos6$anum fü^re; biefe^ ©^mbol fei bann (ofort in ben all«
GO gemeinen lirc^lic^cn ©ebrauc^ übergegangen, ^m f))dten ^Mittelalter tau^^t bie ^ioti^ auf
ftottftatttmofpolitamfd^ed Symbol 17
(bei 9?tcej)l^or. ßollifl., h. e. XII, 13), ©regor bon 9l^f[a fei bcr SSerfafJer jene« ctKmis
f(^ 3^f^^ 4^^ 92i€anum ; SRotcud SugeniciiS nennt — tpalSftfdbeinli^ bic 92amen t>ets
toec^felnb — auf bem Florentiner ilonjU ben 9iajtanjener ate SSerfaffer (Conc. Flor,
sess. XXIII. ^orbuin IX, p. 264): auf beibe 9ca(^ri(^ten l^at man aber nirgenbiDO in
ber Jttrd^e ein (Setoid^t gelegt S)ad erfte, h)ad bie gemeine Meinung erfd^fltterte, toor 6
bie ßinftdift, bafe in bem äncorotu« be« 6>)ij)l^aniu8, ber auf ba^ 3^^^373/74 batiert ift,
ein ©J^mbol f«^ finbet — ber Sifc^of enH)fiel^It e^ ber ©emeinbe t>on ©i^ebra in 5Pams
t>^V[ien aU {rrd^Kd^e^ ^uff^mbol unb legt bedl^alb auf feine h)5rtli(^e @int)rägung ®es
toid^t — tDeld^ed, obgefe^en iccoon, ba| ii^m bie nicönifd^en änot^emati^men angefügt
finb, fic^ bon bem 6$anum nur burc^ bie beiben ?P^rafen Tovr^or^v ix rfjg ovolag xov lo
TzaxQog unb xd xe h xoXg ovgavöig xal xä iv xfj yf\ unterfc^eibet, fonft aber mit il^m
böUig ibentifd^ ifi (Über fein äSerl^ältnid jum Sißanum unb bag toa^rfd^einlic^ bie und
betoa^rten ^anbfc^ften bed äncoratud ed nid^t ganj treu h)iebergegeben, f. $ort a. a. O.
@. 831). S)iefe Sachlage erl^eifc^te minbeftend eine leife SRobififation ber trabitioneQen
SReinung, toenn man ni^t iened @)^mbol im äncorotud enttoeber für einen t>on @))i)}l^a« i6
niud felbft nai^ bem l^a^re 381 gemachten 3^!^ V^ feinem 3Ber!e l^alten (fo f^an}elin,
De Deo trino p. 556) ober ed a\% :3ntert)o(ation einer t>iel f^mteren 3^ i<n ^ncoratud
für uned^t ertlären tooSte (fo 93incen}i in feinem ft)äter ju beleuc^tenben 3BerIe de pro-
cessione S. S. etc., Romae 1878). @o nimmt benn $efele nai^ bem äSorgong bon
liDemont (M6m. IX, p. 222, art. 78) unb 91. geiDier (Hist. des aut. sacrös V, 20
p. 646) an (a., a. O. II, @. 10), ba| bad Jtonjil nid^t eigentlid^ ein XiiVi^^ Symbol auf«
ftellte, fonbem nur ein bereit« übliche« — eben ba« be« 6j)i)}ISfaniu« -— regij)ierte unb an
einjelnen ©teilen beränberte, namentlich in« lürjere jog. Se^tered fonnte ^efele nur i^in«
jufügen, h)eil er ba« betreffenbe @^mbol im älncoratud mit einem jtoeiten längeren in
berfelben Sd^rift t)ertoed^felte (a. o. O. 92. 5). 3)iefem gegenüber ift baiS Sißanum allere 26
bingd türjer; ober mit ii^m l^at ed überlSfau))t ioenig ober nic^t« gemein, ioä^renb ed mit
bem bon @))i))]^niuiS an erfter ©teile aufgenommenen fo gut ioie ibentifd(f ift. S)ie ZiQes
montfc^e §Vt)ot^efe ift t>on ßag^jari (3:1^3 93b III, Quellen I, 1 f.) mit befannter ©elel^r=
famteit tveiter audgefül^frt ioorben. 9lu^ nac^ il^m ift bad bon @))i)}l^aniu$ im 3lncoratu«
mitgeteilte Setenntnid bom Jlonjil ^u ^onftantino))el )um allgemeinen Jlird^enf^mbol tt^ so
boben toorben ; er fud^t bied burd^ bad au^erorbentlid^e älnfe^en bed @))i)}]^niud in feiner
3eit ju begrünben unb nac^juioeifen, tooi^er fid^ bie Setanntfc^aft be« ci)anifd^cn ^onjild
mit bem c^t)rifd^en ©i^mbol fc^reibe. SBa« ben Urfj)rung bed ©^mbote felbft betrifft, fo
}eigt er untoiberlegli^, ba^ ed nic^t bon @))i)>l^aniu« felbft berfa^t, auc^ nic^t auf 6^))em
entftanben fein lönne, bielme^r einige ^oifct bor 378 unb jh)ar in ©^rien aufgefteQt 35
toorben fei. SQSir ioerben alfo jtoar für ben Urf))rung bed 6$anumd bereit« bom cj)anis
fAen Äonjil toeggefü^^rt unb auf eine minbeften« um 15 ^ci^xt \vx)^^t ^Ai bertoiefen,
ober mit ber 9le)e))tion in J{onftantino)9el 881 foS e« bod(f feine 9ti(^tigteit l^aben. ^n-
beffen bon einer ^erborragenben Stolle, bie @^ii)ISfaniu« auf ber ©^nobe bon 381 gef))ielt
l^en foll, gefd^toeige bon ber 9ie)e))tion eine« bon il^m borgelegten ©^mbol«, ift in teiner 10
Urfunbe bie Siebe. Snttoeber alfo gilt bie freiließ erft f))ät auftau^enbe 92ad^ric^t, bie
150 Später l^ötten auf ber ©^nobe ein neue« ©^mbol aufgefteQt, reft>. ba« 92tcänum bon
fidjf au« burd^ S"f^^ erweitert — bann aber ift ba« ©^mbol im Slncoratu« al« 3nter=
i>olation ^u ftreic^en, ober aber, toenn biefe« gilt, fc^eint e« um bie 3uberlafftgfeit ber
Xrabition bon ber äluffteUung be« 6$anum« im ^ai^re 381 gefc^el^en )u fein. 3)em ift 46
nun au(b in ber Ti^ fo, unb e« lä|t ftd^ ii^re Unric^tigleit, ganj unobJ^öngig bon bem
Urteil üoer ba« ©^mbol be« @))i)}l^aniu« au« äußeren unb inneren ©rünben bereifen.
1. ^ie ©^nobe bon Jlonftantino^el mar überl^au))t !eine ö!umenifd^e; Jlaifer Xl^eoboftu«
bot, toie Ibeoboret h. e. V, 8 angiebt, nur bie Sifc^^öfe feine« 9leid^«anteil« jur©^nobe
berufen unb e« finb in ber %\^(A nur 3Rorgenlänber antoejenb getoefen (ßefele a. a. 0. II, so
©.•3); aber au(b ber Orient felbft toar fel^ unboüftänbtg bertreten. ®ie ©^nobe toor
lKtu))tfä(^ltd^ aviÄ tl^racifd^en, fleinaftatifd^en unb f^rifi^en äSifd^öfen jufammengef^t; fie
tourbe eröffnet, bebor ber alejanbrinifc^e ^atriardjf unb bie toenigen äg^j)tifd^en SBifd^öfe
lamen, unb biefe ^aben auf i|r überbauj)t feine SRolle geft)iclt. 2. Die Kanone« bon Äon^
fUtntinopel finb in bie ölteften gried(fif(^en Jtanonenfammlungen nid^t eingetragen gen)efen ; 55
fd(fon bie 93allertni ^en bie« richtig barau« erfd^loffen, ba| in ber ölteften lateinifd^en
Ueberfe^ung bcr Äanone«, ber ?Pri«ca (2. §älfte be« 5. S^^^^i^uJ^bert«) bie Äanone« bon
Äonft erft nac^ benen ber 4. allgemeinen ©^nobe geftellt fmb (f. Mansi. VI, p. 1174;
SJallerini, Opp. Leon. I, T. III. p. 553; ßefele a. a. D. II, ©. 13). 5Ulan barf
i^ierou« mit Stecht folgern, ba| bie Sefc^lüffe ber @^nobe bon 381 erft x^ai^ bem ^ai^re go
SlcaMsc^ao)>Abl< fftr Z^Iogtc imb INt<^ 8. «. XI. 2
18 fionftaitthio^oHtattifd^td Symbol
451 ein allgemeine^ Slnfe^en auc^ im Orient erl^alten i^aben (über bie fd^manlenbe ^ol^l
ber Äanone« unb i^re Serme^rung im Orient f. §efele a. a. 0.). 3. Unter ben tpemgen
SJenfmalen, bie un« atö Sllten be^ jtoeiten fog. öfumenifc^en Äonjil« erl^alten ftnb, —
e« fmb lebigKd^ 7 Äanone« unb ein einleitenber Srief an ben Äaifer — pnbet fic^ bog
6 Symbol nid^t. 93ielme^r ift ed erft in ben {Röteten Sammlungen in bie 9l!ten bed Jlon«
lild eingefd^altet toorben, unb man l^at bereite nid^t^ näl^ere^ mel^r \)on ben gefd^id^tlid^en
3Serl^ältnif[en petoufet, bie ju feiner SluffteHung geführt l^aben; benn e« ift ol^ne jebe
j^iftorifd^e (Sinfüi^rung ober Umral^mung aufgenommen (f. Mansi III, @. 565), ba^u an
einer ganj ungeioöl^nltd^en ©teile, fo ba^ fd^on bie SoJDlerini bie @infd^iebung fonftatiert
10 ^aben. 4. ©ofrate« (V, 8) er^äJ^It, bafe bie ©^nobe bon Äonftantino^jel, nad([bem bie
macebonianifd^en Sifd^öfe biefelbe t)er[affen l^otten, ben nicönifd^en ®(auben lebiglic^ be?
ftätigt l^ötte, unb ©ojomenu« (VII, 7. 9), fotoie 3:l^eoboret (V, 8) toiffcn e« nidf^t anber^.
9lod^ tpid^tiger aber ift, bafe ®regor bon 3?ajianj, ber ber ©^nobe felbft beigetpobnt, in
feinem balb nac^ i^er 93eenbigun^ gefd^riebenen au^fül^rlid^en 93rief über bie (Slaubends
16 regel an Sleboniu^ lebiglid^ bad mc^if^e ©^mbol ertväi^nt, bagegen t>on einer Srgönjung
bleiben ober \)on ber Stufftellung eineö neuen ©^mbote nid^t^ fagt (Ep. 102 [Orat. 52]
Opp. II, p. 93 ed. $ari^). 2)ie^ argumentum e silentio ift aber bedl^alb für bie
trabitioneHe Slnpd^t töblid^, toeil ®regor in bemfelben 93rief fonftatiert, baft ba« 9licänum
in Sejug auf ben 1^1. (Seift unboQftönbig fei. (Tregor l^ätte unmög[id(f fq>h)eigen fönnen,
ao tuenn ^hm bie ©^nobe bon Äonftantinojjel ba« 9licänum in jener ^infidj^t ergänjt l^ötte.
5. 2)ie Sateiner l^aben tool^l gleid^ nad^ ber ©^nobe meF^rere i^rer Verfügungen getabelt
(^efelc II, ©. 30 f.), aber toie fie bon einem aDgemeinen 2lnfe^cn berfelben nid^tg
tDiffen, fo ioiffen fte and) bx^ über bie 3Jl\ttt be^ 5. ^a^rl^unbertd l^inaud h)eber bon ber
äluffteQung eined neuen ©^mbold bafelbft, noc^ bon einer @rtoeiterung be^ 92icänumd.
26 S)ied ift aber im Orient nid^t anber^ ; bie ©^nobe bon J{onftantino))e[ bon 382 bejiel^t
fu^ in i^rem ©^nobalfd^reiben an bie in 9iom berfammelten Sifd^öfe lebiglid^ auf ba^
9?icänum ate auf ba« ^jaffenbe lauff^mbol {(Sxi^paxi in b. lutl^. M(^x,, 1857, ©. 659 f.) ;
bie jioeite (britte) öfumentfd^e ©^nobe ^u @))^efud 431 l^at bad inicänum auf ber erften
©i|ung beriefen unb in i^re Slften aufnel^men laffen; bon bem 6$anum fc^toeigt fte
ao böuig. auf ber Släuberf^nobe im ^aü^x^ 449, tuelc^e bie ©l^nobe bon (£})l^efu^ afe „bie
jioeite ©^nobe'' bejeid^net, mithin bie bon ^onftantino))el nic^t jö^lt, ift bad 92icönum
ritiert, bezeugt unb ate bie alleinige, unberrürfbare, unberänberlid^e ©runblage ber reinen
Seigre befannt toorben; über ba^ 6?Panum toirb gefd^tbiegen. 3Kan mü^te |ier fe^r au^
fü^rlid^ fein ober aber man lann nad^ ben Unterfud^ungen bon $ort unb 6a^))ari —
86 toeld^e le^tere um fo jubcrlä|figer ftnb, ald (Safari bon ber (Sc^tl^eit be^ 6$anum^ ja
nod^ überzeugt ift — ftd^ fe^r furj faffen: c^ giebt au^ ben ^a^rcn 381—451 im Orient
fotool^l tote im Occibent in leiner ©^nobalafte, bei feinem Äird^enbater ober J^eterobojcn
^ioloQm irgenb eine ftc^ere ©t)ur ber (Sjiftenj be« G^anum^, gefd^toeige benn, bafe e«
nad^toei^bar irgenbh)o bamal^ ald ba^ Symbol bon Jlonftantino^el ober old bad offizielle
40 2^uff^mbol gebraud^ft toorben toäre. dagegen berbrängt in biefer 3^it baö unberänbertc
SJicänum me|r unb mel^r in ben toeitau^ meiften ßir^en, namentlid^ beg Oriente, bie
alten 2^auff^mbole unb ftcigt too möglid^ no6) im 3lnfe|>en. 3lud^ toirb über ben reinen
lest beiSfelben minbefteng nod^ mit berfelben ©iferfud^t getoad^t, toie in bem 4. ^al^^^unbert
unb jebe SiJeränberung be^Sfelben mit ßntrüftung abgelehnt. Unter bem fo l^äufig in jener
46 3rit genannten 3?icänum ba^ G^anum ju berftc^en, toeil biefe^ ja, h)ie man fritiflo«
meint, nur eine 3Kobififation be^ SRicänumg fei unb be^^alb aud^ fo genannt Serben f onnte,
ift })ure ffiiflfür; benn an ben ©teilen, h)0 ber Söortlaut bc^ 9licänumö toirflic^ citiert
h)irb, ift niemals ber SCejt beö G^anumö tpiebergegeben. (Über bie 3Köglid^feit einer ober
j^toeier Slu^na^men f. unten unb sub IV; barüber, bafe man in bem 5. ^^^^^^"^i^^rt
60 nid^t unter bem TOcänum ba^ 9lic.s6^anum berftanben ^at, f. 6a«})ari in b. lut^. S^f^^v
1857, ©. 643 f.) 9Ban fönnte nun meinen, eben toeil bie ©^nobe bon 381 ein ötumc*
nifd^e^ Slnfel^en in ber erften ^älfte be^ 5. 3^^^'^^"'^^^^ "'^^ ^^f^fe, unb gumal, tvk
nod) bie ©riefe Seo« I. unb Stufeerungen bon äg^^jtifc^en JUerifem betoeifen, im Slbenb^
lanb unb in 3tg^j)ten für nid^t« galt, fo feien bie Verfügungen berfelben aud^ atebalb in 3Ser=
56geffen^eit geraten unb mit il^nen and) baö neu aufgefteHte ©^mbol; unb man fönnte fic^
toeiter auf bie 9lad^rid^t berufen, bafe laut 3Kitteilung ber 2. ct)anifd^en ©^nobe bon 382
bie ©^nobe bon 381 einen un^ leiber nid^t mel^r erhaltenen a^omuö über bie ort^oboje
Irinitötöle^re aufgefteHt ^abe; in biefem lomu^ lönne bad neue ©^mbol ent\)alim ge^
toefen fein; allein bie« ift fe^r untoal^rfd^einlid^, benn a) ftel^en biefer §^j)ot]^efe bie oben
60 mitgeteilten angaben bee ©regor unb ber brci Rirc^enl^iftorifer entgegen, b) müfete bod^
ftim{)titt{itii)ioKtait{fd|td Symbol 10
trgcnbtoo, h>cnn btc S^nobe ein fold^ ©^mbol aufgcficHt l^c — mtnbepm« in ber
Xacd^ k)on Jtonftontinopel felbft — in ben folgenben }h)ei SRenfc^enaltem eine ®pwc
bedfelben ^u ftnben fein; bied ift ober nid^t ber %oS,, t>xdmtfyc lä^ ftd^ aud einer
k)on S^foßomu^ ju J{onftantino))eI gel^oltenen ^omilie nad^h)ei(en, ba| ba$ Zanf^
fVmbol ber Aird^e )u J{onftantinot>eI be$ 4. ^I^rl^unbertö ntc^t ba$ (S$anum gett>efen ifl 5
(Opp. X, 1 p. 440—49 ed. Paris.; f. H^cotfon, Expos, symb., 1691, p. 683;
^tvxdtf, Harmonia Symb., 1858, p. 39, beibe citiert bei Safari I, ©. 84 f., ber bie
^imiilie audfül^Iic^ befd^freibt), c) mu| man, falliS bie @^nobe iDirtlid^f ein neue^ @^mbol
oufgefldlt, reft>. hcS 3lmnum erweitert l^ätte, nac^ bem, toa^ h)ir bon i^en SSeri^anbs
hingen toiffen, einen anberen SBortlaut bedfelben erwarten, ol^ ben be$ foaenannten 10
6$anum. i)oi) fü^ un^ bicfed bereite ju ben inneren ®rünben, bie gegen bie äCufftellung
bed fog. S^ßonumd auf ber S^nobe bon 381 ft>rec^en, hinüber. @^ ift bedl^alb ab«
fd(flieigenb 6. ^u bemerfen, ba^ nic^t nur b\2 jur SRitte be$ 5., fonbern fogar hx^ jum
Sbifong bed 6. ^[al^rlSfunbertö ftd^ mit einer 9(u^na^me fein juberläffige^ 3^9^^^ f^^ ^^
S^ßanum finbet. 3)iefe eine äludnal^me fmb bie älften bed 3. (4.) 5ton}itö \)on S^alcebon 15
im ^cijfvt 451; in biefe ift bad 6$anum neben bem 92iۊnum aufgenommen unb ald
Symbol ber S^nobe bon 381 bej|ei(^net; bom 9(nfang bed 6. I^al^l^unbertd ab finbet ed
fii^ bann fel^r ^dufig neben bem 92icänum. 9(uf biefe Beobachtungen toirb im folgenben
Sbfcf^nitte sub IV. nö^er einjugel^en fein. @o bie( toirb aud bem in Jtürje Beigebrachten
bereite einleud(ften, ba^ bie trabitioneUe ätnnal^me, bie @^nobe bon J{onftantino))e[ l^abe 20
ein }tDeited @^mboI neben bem Sticönum^aufgeftedt ober biefe^ ergänzt, aa^ öugeren
©rünben überaus untDa^rfd(feinlid^ ift.
Sie inneren ®rünbe freilid^f finb jener ätnna^me noc^ biel ungünftiger; benn ed
lafet fui^ nad^toeifen I. bafe ba8 G^anum fein bloft ertoeiterte« 9licänum ift — mithin
foQt bie 9(u$funft fort, bie {))äteren Berid^terftatter l^ätten baiS neue @^mbo( aU ibentifc^ 25
mit bem SRicänum gefaxt, too fie bejeuaen, ju Jlonftantino^el fei lebiglic^ ha^ 9!icanum
beftotigt toorben, — II. bag bie neue Stejenfion, borau^efeftt, bie ®^nobe l^abe ein neued
@i^bol aufgefteOt ober bad 92icönum erweitert, unmöglich fo lauten f onnte, toie ba$ fog.
e^lßanum lautet. Ad I. 3)a^ 6$anum unterfd(feibet ftd^ nämlic^ bon bem 9{icänum nic^t
nur burd^ bie ^injufügung neuer ©lieber jum britten Slrtifel, fonbern ift auc^ fonft bon so
i^ bur^toeg t}erfc^ieben unb ge^t fid^tlid^ auf eine anbere (Srunblage jurücf, toenn ed
aud(f einen Xeil ber nicönifc^en Stid^morte aufgenommen l^at. Bergleid^t man ba^ 6'^anum
mit bem SRicänum, f 0 ergiebt fidjf : 1 . ®« feilten im ß^anum a) bie SEBorte toiJt' ioriv
ix T^? ovalag rov TiaxQog, b) 'deov Ix 'deov, c) xd re h reo ovgavco xal rd iv
W 7V (^*" 2. ärtif.), d) bie Slnat^ematt^men, 2. e« fmb jugcfe^t im ß^pdnum : a) bie 85
£$orte: noitjrijv ovgavov xal yng (im 1. Slrtifel), b) bie SÜBorte ngd ndvrcov rcbv
aiiijvoDv ju yEWfj^ivza (im 2. Strtifel), c) bie äSBorte hc tcov ovgavwv ju xareX^ovrcif
d) bie 3Borte ix Jtvevfxatog dyiov xal Maoiag rfjg nagmvov ju oagxco^ivTa,
e) bie SGBorte aiavoca&ivia re vtisq fj^wv im tlovriov itiXdxov xal bor na'&dvta,
f) bie SÖBorte xal zawevra nad^ jrawnra, g) bie 3Bortc xaxd xdg yqatpdg nad^ dva- 40
atdvia z. zQhj} ^/i^QQf b) bie SBorte xal xa'de^dixevov ix de^icbv xov naxqdg nac^
dytkddvza tlg x. ovgavovgt i) bie SBBorte ndXiv Jß^d do^rjg gu iQydfjievov, k) bie
SBorte ov zrjg ßaodelag ovx ^axai xeXog am ©djflufe be« 2. Slrtifel«. 3. ®« fmb
Unterfc^iebe in ber Stellung ber 3Borte unb im @a^bau bor^anben: fo ift a) im
1. artifel bad®lieb, toeld^e« (Sott al«@d(föpfer alled ©id^tbdren unb Unftd^tbaren au^fagt, 45
onberd geftaltet, b) im 2. älrtifel ba« juovoyevrj mit bem Slrtifel aU 9l))^ofttion )u vlov
xov ^€ov gefteQt, c) ftatt yewri^ivxa ix xov naxgög Reifet e« xöv ix xov Jiaxgdg
yevyij^ivxa, d) bie ©lieber im 2. Slrtifel fmb mit äu^nal^me be« oxavgco&evxa fämtlid^
burc^ ein xal t)erbunben, e) im 3. Slrtifel l^eifet e« xal eig xönvevjua xdäytov; im 9li«
conum bogegen: xal eig x6 äyiov nvevjua. 3Q8ir finbcn alfo, h)cnn h)ir ba« ß^anum öd
mit bem SRicänum bergleid(fen, abgefe^en bon ber angeblid^ alleinigen @rh)eiterung im
3. Xrtifel, 4 Slu^laffungen, 10 3"f^^ ^"^ ^ ftiliftifc^e SSeränberungen ; ja e« finb über«
fyixtpt, toorouf $ort ju^t aufmerffam gemad^t l^at, bon ben 178 SBorten im 6$anum
nur 33 ftc^^er au^ bem SJicänum, alfo nod^ nid^t ein fünftel (§ort ©. 107, 91. 1). Äcin
Sinfic^tiger tDirb bei biefem ^atbeftanbe mel^r bel^au)3ten fönnen, ba« S^anum fei lebiglid^ 66
eine leicht mobifijierte SRejenfton be« 9licänumg, fonbern ber ©c^lufe ift unabtoei^lid^, bafe
H enttoeber ein gonj felbftftänbige« neue«©^mbol ift mit getoiff en nicäni|d^en Ginfd^iebfeln
ober bofe i^m irgenb ein anbere« ältere« 3^auff^mbol ju ©runbc liegt, meiere« nur nicä«
nif<^ rebigiert ift. ©erabe bie fleinen SlbtDcid^ungen bom äßortlaut be« 92icönum« betoeifen
bied ; bcmt einen Zeil ber größeren 3ufä$e fönnte man jur 92ot f 0 beuten, bag bie, toelc^
2*
so fionftatttiito^oUtatiifi^ed Symbol
bad @^mbol auffkUten, bte ntcönifd^e regula fidei ju einem ^aufbclenntntd ertDettem
tDoQten unb bedl^olb ben 2. 3lrtilel reicher mit folc^en ©liebem audftatteten, toeld^^e bie
%fyit\a6)m ber (Sefd^id^te ^^n enthielten. 92amentli(^ lönnte man ben S^f^i ^>^ nvev-
uatog äylov xal Maqlag rfjg na^ivov oiÄ einen antia^jollinariftifcl^en Deuten, toie
6 Denn aucp nac^matö bie (Srben ber ^oQinariften, bie Sut^cbianec, an i^m 9(nfto^ 9^
nommen liah^. 3"b^|5" ^M^ Ö^'^J« Setrac^tunggtoeife verbietet ftd^, ba bie gal^! ber
älbtDeid^ungen "oom 9{icänum eine ju groge ift; benn abgefel^en bon ben Wenigen nicäni^
jc^en ©tid^toorten bifferieren bie betben @^mboIe auf aQen fünften unb ^oben überl(fau))t
ungefähr nur bad miteinanber gemein, \oa% aDen Xauff^mbolen in ber alten Jlird^fe ge«
10 meinfam h)ar. S)ie älud(af[ungen aber verlangen nod^ eine befonbere Setrad^tung. Zritt
man an baiS 6$anum mit ber $)^^otl^e(e l^eran, e$ fei ein auf ber @^nobe }u Jlonftans
tino^jel im gal^re 381 jum laufbefenntni« ertoeiterte«, rebigierte« 9iicänum, fo brandet
bie gortlafjung ber änatlf^emati^men nid^t ju befremben, ba jie in einem 3:auTbefenntnig
ftörenb tooren; anberg fte^t e^ mit bem geilen ber beiben ©lieber; xom' iorlv ix rfjg
15 ovoUxg xov nargög unb 'deov ix '&eov. 2Bie toiD man ed erflären, bafe mel^ ate 100
nicänifc^ gefinnte 93ifd^öfe auf einer ©^nobe, bie ju einer ^txi gebaUen tourbe, ba ber
älrianidmu^ nod(f eine SRac^t toar, bie felbft }um größten Xeile ^cil^nel^nte ^tnburc^ für
ben SBortlaut bed 9{icänum^ getäm^ft l^atten, bie aud(f — unb bad ift bad ftd^erfte, h)ad
toir t)on ber ©i^nobe toiffen — ftdjf au^brücflid^ jum 9iicänum befannt l^aben, bie toid^*
20 tigften nicänij^en gormein a\x% bem 93elenntni« foDen auggemerjt ^aben? SBer fann fid^
bier bei ber ätudhtnft berul^igen, ba^ jte ja bad ^yöfioovaiog*' beibel^alten l^aben unb ba|
te jene ©lieber ftric^en, toeil fie im©runbe mit biefem ibentifd^ feien? S)enn erften« ftnb
te ba$ nic^t, unb toenn fie ed tt)ären, fo l^fat bod^ niemanb jtDifd^en 325 unb 381 be^
^alb auf eine SSerÜirmng bed 92icänum^ angetragen. 92ein — btefer Xl^atbeftanb erllört
26 ftd(f lebiglic^ nur jo, oag bad S^anum eben lein rebigierted Sticönum ift, fonbem ein
eigentümlid^ed, fretlid^ ort^obo^ed @^mbol, in toeld^ed man bie npttoenbigften nicönifc^en
©tidjftDorte aufgenommen l^at, ein ältere^ ^jrobimialfirc^lic^eö ©^mbol — benn ganj neue
Xaufbefemttniffe mad^te man im 4. unb 5. ^aprl^funbert über^au))t nid^t — , ba^ burd^
bie älufnal^me bon ^iMzn ber nicänifd^en regula }u einem ort^obo^micänifd^en umge«
80 fc^affen tourbe. 3luf biefelbe ^^^otl^efe filiert aber aud^ bie S3etrad^tung }h)eier B^f^^f
tüeld^e bad S^num gegenüber bem 9!icänum l^at; ed ift erftend bie 3^f^0ung y^go
7%dvx(üv TQ>v alwvcov" ju Tov ix Tov naxQog yewrj'&ivta, fobann ber ß^f^^ xazä
tag ygaipdg, 2Ba« ben erftcn betrifft, fo ift befannt, toie fel^r e« bie nicänifd^en 33äter
fc^eutcn, irgenb eine geitbeftimmung jur®eburt be^©ol^e^ au8 bem 3Sater ^injujufügen,
86 ba fte immer mi^beutet toerben !onnte ; l^aben fte bod^ aud bem ©lauben^befenntni^ bed
@ufebiu^ audbrüdflid^ (f. oben) gerabe jene SBorte ioeggelaffen. ^^re ©teUung ju ben^
felben fonnte fid^ nad^ ben SSermittelunggformcln bon äntiodjficn unb ©irmium nur ber^
fc^ärfen. SQSie foKten alfo bie Später bon J{onftantino))el biefe äßorte tuieber hinzugefügt
J^aben — unb bad müßten fte, toenn bie Slnna^me begrünbet toöre, ba| bad (S^anum
40 ein rebigierted 9itcänum fei? Rotten fte bamtt nic^t gerabeju ben ©emiarianem r^t
gegeben, Ratten fie nic^t ba«9Jicänum berfälfd^t unb berborben? unb bie^ im ^a\)xt 381,
bamald, h)o und bejeugt ift, bag bie OrtJ^obo^ie trium^l^iert, ber nicönifd^e ©laube enb^
giltig geftegt ^at, too h>ir gleidjf im 1. Äanon ber ©^nobe lefen: firj dderelodai rrjv
nUniv xGyv naxegcov x(bv xQiaxooicov dexaoxxcOf xcbv iv Nixaia x'^g Bi^wiag
46 ovveX&ovxcov, äiid juivetv ixelvrjv xvQiav, unb bie ©emiarianer audbrüdtli(| berbammt
tuerben! 2)ied ift fd^led^terbingö unmöglicb. SBieberum aber toirb aBed flar, fobalb man
annimmt, bad 6$anum fei ein, freiließ nic^t ^u ^onftantino^el, nicänifd^ rebigierted ältere^
2auff^mbol, toel^ed bie angcfül^rten ©lieber Atn bereit« enthielt, au« bem man fte ba^er
nid^t geftrid^cn l}at, fonbem ftc^^ begnügte, bie tuic^tigften nicänifd^en ©tic^toorte ein^u-
60 fd^ieben. SRid^t anber« fte^t e« mit ben ominöfen SBorten xaxd xdg ygaq)dg. ©ie toaren
in einem langen ©treite fo öerbäd^tig gehjorbm, bafe fein 9Jicäner®mnb l^atte, fte einem
©^mbole, toelc^e« fte nic^t ^atte, gefd^toeige bem 9licänum, beizufügen. Ad IL 3lu« bem
bidl^er bargelegten folgt mit ©Diben^, bafe ba« ß^anum fein erweiterte« 9Jicänum, fonbem
ein nicänifc^ rebigierte« jjroDinjialfirc^lic^e« 3^auff^mbol ift; e« folgt aber bereit« an^ bem
66 jule^t 93ef})roc^enen, bafe e« überau« untoal^rfd^einlid^ ift, biefe nicänifd^e Slebaftion \)ab^
}u Konftantinotoel auf ber ©^nobe 381 ftattgefunben. Senn bon biefer ©^nobe ift nur
berid^tct, bafe fte ba« 3?icänum beftätigt f^abt. ^nnte man bicfen 8erid^t fiUX 9lot au^
fo berfte^m, bafe bie ©^nobc ba«3?icänum jugleid^ erweiterte, fo ift e« bod^ abfolut au«*
gefcbloffm, ba^ fte ein ganj anbere« ©^mbol gu ©mnbe legte unb nur mit einigen nicä«
60 nifc^m ©tic^tDorten au«ftattete. S)ie« toäre ber %aU geioefm, Wenn ba« fog. 6$anum
fioitftatittttO)POlitaitifi^e9 Symbol 21
tanrfltcf^ bon il^ ^errül^e. d^ lö^t fid^ ober bte nic^t geringe Untoal^rfd^einltci^Iett biefer
Xitnai;me nod^ bun^ eine 6e(onbere Betrachtung be$ 3. SlrtueliS bed 6$anumg ecl^föl^en,
ber ja im eigentlid^ @inne il^r SBetI fein fou. ^a% auf ber S^nobe bon 381 bie
^eumatoma(^en belam^^ Sorben finb, ba^ \>on bort ob ii^re befinitibe 9lud|d^He^ung aud
ber ort^oboien Sttrd^e botiert, Da^ bie @^nobe ntc^t nur nid(ft mit il^nen t>attiert, fonbem ^
t^en in ber rüdftd^tdlofeften äßeife bie ^l^ür getoiefen ^t, ftel^t feft. Sbenfo getoig ifl,
bo^ ber bogmotifc^e Xomud, toeld^en fte erlaffen ^at, ber leiber Verloren ift, bie boDe
^omottfte be^ ®eifted mit bem SSater unb bem @ol^ne au^ef^roc^^en tyit (f. namentlid^
Oregorii Naz. ep. ad Cledonium). 3&a^ finb aber bie ^räbSate, toelc^e bem ^I.
®eifte in bem fog. 6$anum gegeben Serben? 3lx(i^t feine ^omoufte h)irb belannt, fon«]0
bem man begnügt fic^ ju lehren bom 1^1. (Seifte: tö xvgiovt rb Ccdotioiovv, zö ix rov
Ttargög ixnoQevößievov, rö ovv Tiargl xal vl(p ovvTZQoaxwovjuevov xal awdo^aCö-^
fuvQv, TÖ laX^oav dia r&y nqoqyijtwv, b. 1^. man begnügt fid^ mit äu^fagen, bie tool^I
^omoufianif(^ Derftanben tDerben lönnen, aber bie ^omoufie burd^fauiS nic^t au^rüden, bte
am 9itfange bed Streitet in ben fed^jiger ^a\ftm genügt l^aben mod^ten unb bamald ifi
tDtrflid^ ber lorreite Su^brudC ber Drt^obi>£ie toaren, bie gegenüber bem groben Slriani^mud
genügen, bie aber ganj unjureid^^enb finb gegenüber ben energifd^en Seftreitungen ber
^omoufie be$ ®eifted um 380. Ober lonnte nid(ft auc^ ein ^neumatomac^e le^^ unb
bot ed gele^, ba| ber ®eift ^errfc^er fei unb Sebenbigmad^er, lonnte nic^t auc^ er bie
formet, ba^ er mit bem 93ater unb bem @ol^ne angebetet ioerben muffe, ftd^ jur 92ot ao
gefoOen laffen? Diefe ^ormel l^fätte nun unb nimmermehr ben @treit um bie ^omoufie
bed ®etfted beenbet unb niemals ben äludfd^lu^ ber 3Jlacebonianer behnr!t. @o ift ed
benn aud^ mit ©etDi^eit ju fagen, fte ift nic^t ba$ Ie|te SBort ber@^nobe bon 381 ge>
toefen; jene @^nobe l^at ntc^t in biefe Formeln ii^ren ®Iaitben an bie ^omoufie bed 1^1.
®etfted eingelletbet SIber ba^ S^onum entl^ält jtoeifello^ eine ortl^obo^e, nur nvi^i ge« as
nfigenb )n:ajifierte £e]^e; alfo toerben ioir für feine 9lbfaffung tDieberum auf eine ältere
3ett }urü(!getmefen unb toerben genötigt, in il^m ein S^auff^mbol ju erfennen, \oA6^z%
noc^ 362 unb geraume ^eit bor 381 nicönifc^ unb anti))neumatomad^ifd^ rebigiert ift.
%cA (S^ßanum ift letn ertoeiterted Sticönum, caxi^ nid^t bon ber @qtio\>z ju 6$. 381
ci& 9lbf(^u| ber trinitarifd^en @treitig!eiten an @teQe be^ 9{icänumd aufgefteSt toorben. so
3)iefe ^ bielmel^ ald Symbol (ebiglic^ baiSSIicänum re))etiert, toenn fte aud^ jugleid^ in
i^ bogmatif(^ 5tonftitution @rläuterungen bedfelben gegeben l^at. S)ie^ ift au^ äußeren
imb inneren ®rünben ftd(fer gefteSt. S)a^ 6$anum ift etn ältere^ Xaufbelenntni^ : aber
too^er fkmmt ed unb ioeld^te^ ift feine Sntfte^ungi^efd^id^te? ^ie bidl^erigen Unterfud^ungen
^en und bafür f^ingerjeige gegeben. 3^9^^$ i^cbm ioir nyxn bie toid^tige ^atfac^e es
ind Sluge }u faffen, ba| ja ber SBortlaut bed fogenannten S^anumd 8 ^o^re bor ber
Si^obe bon Äonft. im äncoratud bed 6})it)l^antu« mitgeteilt tüorben ift. 2Bir toerben
nid^t me^r geneigt fein, biefe SRitteilung bort für einen nad^tröglid^en 3^?^/ f^ ^ ^^
Serfafferd felbft, fei ed eined anberen, )u l^alten, ba und bie 9(nal^fe bed 6$anumd
fe(bft beutKd(f mad(fte, ed muffe geraume 3^^ ^o^ 381 entftanben fein ; bielme^r toerben lo
txnr fte ald toic^tigen ^inioeid auf bie toirflic^e @ntftel^ung bed (S^anumd gu brauchen
^aben.
(Stri^l^iud 1^, toie 6ad))ari gegeigt Yfdif bad @t^mboI nid(ft felbft berfo^; er über»
ßefert ed ald ein iJ^m felbft übertommened e^rtoürbtged Selenntnid )um Krd^Kd^en ©e*
brauch imb jur toörttic^ Sin^rägung, unb er fagt nad^ 3JlitteiIung bedfelben : xal avrrj 45
fjtkv fj TÜarig 7iaQ£d&9rj djtö rcbv dytcov d^oaiöXcov, xal h ixxXtjaiq: rjj äylq
nölei [sie] äjtö ndvxoiv ößjiov rcov dyla)v ijiiaxÖTKOv vtieq XQiaxooUüv dixa rdv
ägt^^udv, @inb biefe SBorte auc^ ni^t gang berftänblid(f unb minbeftend an einer
@teue berberbt, fo gel^t boc^ fobiel beutlid^ aud i^nen l^erbor, ba^ @))i)}l^aniud bad @^mbo{
M bod at>oftolifd^i€änif(^e ber ®emeinbe in $am^l^^lien mitteilt. SBol^er l^t er ed ? so
@<^on bem alten ®er^arb SSofftud ift bie itl^nlid^feit gtotfd^en bem @^mbol ber Jlirc^e
bon 3^äI^w* wwb bem bed 6j)il)l^aniud (bem fog. ß^anum) aufgefallen (de tribus
Symbolis 32—38); $ort ift biefer ätl^nlid^Iett nad^gegangen unb l^at fie gur @bibeng
droben (a. a. D. ©. 76 f. ©. 142f.). 9in ber Xl^at ift ba« fog. ß^anum nt^td anbere«
ald bad neu rebigierte, mit ben ioic^tigften nicönifd^en Formeln unb mit einer regula 66
fidei betreff« be« ^eiligen ®eifted audgeftattete Xaufbelenntni« ber jerufalemifd^en ^ird^e.
Der aange 1. Ärtilel unb ber 2. bid gu ben SBorten rcov alcovcov ift mit bem jerufas
lemifd^ toortlid^ ibentifd^; ber 2. ^rtilel ift feinem @ttippt nad^ lerufalemifd^ ; nur
finb bie nicänifc^en gormein unb folgenbe l^iftorifc^^e 9?ä^erbeftimmungen eingefd^oben :
bc Ttvsvfjuxtog äyiov xal Maglag rrjg na^evov — je irnkg fifiwv bil Ilovtiov
22 ftonftaittiito^oiitaittfi^ed Symbol
ütXdxov xai Jta&dvxa — xard mg yqawdg — ndhv . . . fuxä döSrjg', bodjf lonn
ber eine ober anbete biefec 3^!^^/ namentlid^ bec (e^te unb borle^te, audf^ im ierufalem.
©Vw^bol geftonben l^ben — ber erfte ift too^I antiaj)oIKnarif(^ — ; toir fenncn bo^Jelbe
nömlic^ nur aud ben Jtoted^efen S^riSd, aud toeld^en ed }u relonftruieren ift (f. $al^n a. a. O.
6 § 124). S)er 3. Srtitel lautete im )eru(alemif(l^en Selenntni^: xal elg Ev äyiov
Ttvevjbux, Tov TzagdxXfjTov, tö laX^oav iv xdig nQoqmraig, §ier fotool^l, toie in bem
gleic^folgenben Selenntni^ mr^^fe, Jtird^e u. f. h). finb fe^r ftarfe Umarbeitungen bor^:
genommen ioorben, namentlich ftnb bie ^robitate bed ®eifted burd^ bte betannten ^ormeln
erweitert ioorben; aber bie ierufalemifc^e Srunblage ift nod^ beutltc^ genug. Slbtoeici^ungen
10 bon il^r erK&ren {td^ burc^ bie Slnna^me eined leii^ten Sinfluffed bon feiten ber @^mbot
" form, bie ioir oxA ben at)oftolif(^en Jlonftitutionen unb au^ ber antiod^nifc^en Jlirc^e
tennen (f. bie genaue SSergleid^img bei $ort a.a.O. ©. 76 f.). ^ie neuen, bem 1^1. ®eifte
beigelegten ^röbilote erilären ftdd l^iftorifd^ am beften burd^ eine äSergleic^ung mit ben
Snefen be« Slt^anafiu^ an ©erojJion, gefq^rieben 356 — 362. 3)ie ©ti^toorte finben fic^
ifi fc^on bort ($ort @. 85 f.).
3Bir l^aben alfo in bem ©);mbol bed @))i)>l^iud, ref)). in bem f ogenannten 6$anum,
eine jtoifc^en 362 unb 373 gemad^te Slebifton be$ alten ieru(alemi((^en S3elenntni{fed }u
ertennen, toelc^e ben Slnfang be^ ^neumatomad^enftreitd bereite boraudgefe^t. Um 373/4
tourbe biefed Symbol in 9|erufalem, alfo iool^l überl(fau))t in ^aläftina, too^rfd^einlic^ in
90 6^))em unb boraudftdbtlid^ aud^ in @^ebra in ^am))l(fi^lien gebraud^t. 3Ber ba^ alte ierufa^
lemifc^e ©^mbol nad; 362 rebibiert unb nicänif4'anti))neumatomad^ifd^ erweitert \^oi,
lann faum ^toeifell^ft fein; ed ift (S^riK bon ^erufalem, ber toöi^renb eined SRenfd^en»
alter« ber Äin^e bafelbft ateSifc^of borftanb (361—386). §ort l^at biefe jö^t>otl^efe, bie
an |t(^ bie nädj^ftliegenbe ift, burc^ eine genaue 9lnal)^fe ber ^l^eologie be« ©^rill im äSer-
25 gleio mit ben Aufäßen bed ^ierof ol)^mitanum ($©) pr ^öc^ften äSoJ^fd^einlic^Ieit erl^oben.
@r l^at l^ierbei oaran erinnert, ba^S^riU anfangiS etn „unentfc^iebener'' Xl^eologe getoefen
ift, ba^ er noc^ in feinen Äotw^efen, bie bor bem 3^1^^^ B50 gel^alten ftnb, ben nicä*
nifc^en ©lauben nic^t ^röji« geleiert l^at, bo^ er aber nadpmal«, namentlid^ nad^ bem ^ai^re
360, fi(^ immer entfc^iebener jur Ortl^obosie belannt \iai unb fo unter bem @influ| ber
80 at^anafianifc^en S^eologie gelommen ift (big. ba« 3^0*^5^ ^^ ©oaate« V, 8 : aw^X-
i9ov, seil, in CP., ovy ßikv rtjg Sfxoovolov Ttlatecog ix juev^AleSavögelag Ti/Lui&eog, ix
di IsQoaoXvfMov KvQiXkog, rote ix juetaueXelag rcß Sfwovolq) Tigoaxeijuevog ; baju
©ojom. VII, 7 : Kcd KvqikXog 6 ^leQoaoAvuoov juetajueXrj'&elg x6te dti Ttgoregov tä
Maxedoviov i(pQ6vei), „©pKiS ))erfönlid^e (^efd^ic^te btlbet in berfd^iebener ^inft^t eine
86 $araUele }um Uebergang oe« jerufalemifc^en ©bmbold in bie @eftalt be« fogenannten
65Panum«" ($ort ©. 85, ©. 92 f.). ©egrünbete »ebenfen, bafe Stritt ber Slebibent ge»
toefen, toirb man nic^t ergeben fönnen. Die 3^* bon 362, bon jener berül^mten alejan«
brinifd^en ©^nobe ab ift bie 3^ ^^ ort^obo^en Sieftauration ; fie ift burd^ bter gefc^id^t«
lic^e Srfd^einungen c^aralteriftert: 1. burd^ ba« ^erfd^toinben ber tünftlic^ t)on ber^olitit
40 be« ^onftantiud gefd^^affenen $arteiberl^ältniffe, 2. burd^ bie magboQere, toeil t^eologifd^
fiefidifertere Haltung ber jum ©iege ftrebenben ortl^obojen *?artei (ba^er bie bon §ei^
Jörnen l^eraufbefc^toorenen ©c^i^men), 3. burc^ ben allmäl^ltd(f ftc^ anbauenbcn Umfd^h)ung
bei einem 3^eile ber l^erborragenbften orientalifd^en 93if(^öfe ju ©unften be« Diicänum« (6^riu
bon ^erufalem, SReletiud bon SSntioc^ien) unb burd^ bad 9luftreten aulerög^ptifc^er ^er^
46 borragenber Vertreter ber OrtlSfobojie (bie Äaj)j)abocier), 4. burd^ ba« Seftreben, ben nicö*
nifd^en ©lauben aud^ in bie laufbefenntniffe übenufü^ren unb il^n fo auf ba« pd^erfte
im 93etDu^tfein ber ©emeinben ju begrünben. 2Ba« ba« le^tere betrifft, fo fallen Xovc
fc^on, ba^ bie« auf einem breifac^ berfc^iebenen SBege gefd^ei^en lonnte. QXjxSSl fte^t mit
fetner nicönifc^en Siebifton bed ^©anid^en Xaufbelenntniffe« nid^t allein. 2)rei bon ben
Go oben genannten, ftd^ afe nicänif^ bweid^nenben, aber bom 9licänum berfc^iebcnen 3;aufs
befenntniflen finb genau unter benfelben 3Serl^ältniffen, ju bemfelben 3h)cdfc unb nad^ ber=
felben 3Retl^obe entftanben, toie ba« fogenannte ß^anum, b. ^. ba^ rebibicrte §©anum.
@« ift nämlid^ ba« antiod^enifd^e ©^mbol, ioeld^ed aud ben 9l!ten be« Jlomil« t)on ®fyi\u%,
au« ßaffian unb ß^r^foftomu« jum größten Steile refonftruiert hjcrben fann (f. ßa^pari
56 I, ©. 73 f.; $o^n a. a. O. § 130; §ort ©. 110 f.), ba«, toie §ort gezeigt l^at, um 363
toa^rfd^einlid^ Don 3Keletiu8 felbft nac^ bem 9ttcänum rebibierte alte antiod^enifc^e laufs
befenntni« (mit bem 65panum \^ai t% birelt nidf^t« gu tl^un; gegen ßa^^jari. Über ben
Umfd^toung be« SKeletiu« jur Drtl^obojie f. ^efele I, ©. 726. 729 ; 734 ; §ort ©. 95 f.).
©benfo ift ba« bon 6a«t)ari I, ©. 116 f. beröffentlic^te, nod^ je^t im ©ebraud^c fte^enbe
60 neftorianifc^e ©^mbol (^al^n § 132), toelc^e« bie Überfc^rift trägt: „ber ©laube ber 318
ftDHpo>lin0)>i>lttiiKifi^ Symbol 23
Sätn unb Stfi^üfe, bte fiif m ber Stobt 9Iicäa in Sit^^nien in bnt ^gen Jtonftanttnä
btÄ ftcgTCtt^m fiönigg berjammettm", aI|o eben|o bejcic^nü ift, loie fca« fogenannte S^ßonum
im Slncotatu^, eine auf (Bnmb beS 9ticänum@ um 366 ßcmat^te ©upetteftfion be3 äln"
ticK^auitnä unb nic^t ein ©^mbot, bcfien OrunbEage, loic ßa^ari meint, baö E^anum
mbtt €d iß enbUt^ baä bon Sliarifiug bem jlongil Don Sp^efud 431 voigelegte ©^bol e
($a^n § 221) ebenfalls ein mit ben nicänif(^en Stit^tooiten au^eftatteteS, foteie mit
einet regula de Spir. S. üerfe&ene* (eis lo jivev/ta r^? 'iXijiJtia^ rö .-lagäxiijTov,
SfMovatov jidipi xai vlca) ölteteö Heinapatifi^ ©^6oI, tocldieä in bem lebten 35rittel
beö 4. So^^unbertä ju (fünften bei Drt^obOEie reuibiert ift. Umgete^tl ^abm mir in
bei )>feubi>at^a|tanif(^en'£'0/(f;vEta elg t6 avfißolov {(SaSptixil, <Si.l f.; ^O^in § 127), in 10
bem gipeiten längeien ©timbol beö älncoiatuä (ßo^ari a. a. 0.; ^al^n § 126, in bem
Iat)tMbocif(^=annenit(^en 2:auf|?m6oI (Saöpaii II, ©, SO f. ; ^a^n g 137), in ber |)|eubi)=
bafUiani|<^en 'Eg/trjväa etg tö ot'fißoiov (ßoetjari II, £. If.; S^ai}n g 217) Uier
untcretnanbei eng beiHKUibte, auf «ine Duelle luiüdge^enbe, in bet älueilcn ^älfte beö
4. Sfl^t^nbotS Dbei hoÖ} nui tcenig f)}ütei entflanbene, bun^ it)e|tanMeile ))rDbin)ial: u
ttR^itpei Xoufbetenntniffe unb bun^ anbeieS beieid^eite tßaia^i^Tafen bedSlitänumS gu eis
lennen, bie obet fämtlic^ — bieä ^at $ort gegen Hawaii untoiberleglit^ gegeigt — mit
brm [ogenonnten S^anum biieft nit^tä m tl^un ^aben. 3uf^< i*^^ %camxm ^al ed
um 430 gegeben, luie fc^on oft dement ; oabon toiib tceitei sub IV gu leben fein ; obei
ed esifliert nui ein B\fmboi, lotl^tä ftt^ alg eine ^Rifd^oim oud bem fogenannten w
S^üonum unb bem Sticänum unb fomit olg ein lebibierteä Tticanum baifteDt, bai ift ioM
in ben 3(ften be« bieiten jtonjild Bees. V Manei VII, 111 ; Oaüpazi I, 103f. ; ^oit
©. 114 f. 145) alö letne« Slicdnum begeit^nete ^mbol. Sllle 3ufäee, luelc^e biefe« fya,
ftnb aii Entlehnungen auä bem fogenannten S^anum gu eillaien. Sßii tviffen ni^t«
nö^ei übei boifelbe, bor allem nit^t, ob ei iigenbtDD im (in^li(^en @ebiau(^ tnai. @d ae
tömtte beieitS ali ein 3ieifuc^ eifdieinen, gMif^en bem Slicänum unb bem fogenannten
6$anum lu twcmonifieien, nac^bem man bie ^eif(^ieben^eit bei beiben angeblich eine
Sm^t bilbenben &\)mboU bemeift ^te (f. baiübei unten sub IV). Xa^ ober triiHit^
ade bie fteben uoi^ei beiübiten, bem fogenannten S^anum ueifc^tDi|ietten ©^mboEe in
bad btitte S)iitte( beä 4. ^o^iliunbeitg foKen, etgiebt ftd^ — abgefe^en üon befonbeien so
®iünben füi bie eingelnen, auf bie ^iei nicbt nö^er eingegangen toerben lann — mit
Sßo^^einli^iteit 1. baiauS, ba^ in i^nen auf bie fpäteten t^tiflologiji^en ©tiei^Ieiten
not^ leine 91u(Ifi(^t genommen toiib, 2. auS bem ju fii^enben Sehieife, bag bom anfang
b«Ä 5. ^<i^t>unbertd an boä unueränbeite Siicanum me^i unb me^ii in ben öffentlid^en
®Aiau$ lommt unb ftti neue Xaufbelenntni^bilbung leinen SRaum met^i lä^t. ^ir ^aben b6
olfo fOi bie ^o^ie 360 b\i ca. 400 eine neue, mannigfaltige ©^bolbilbung in bei
moigenlonbiftben j^iic^e gu (onftatieien. @d ift bie gtveite toufbelenntni^biCbenbe Spot^
ber oftlic^en Hti^e. ^ie eifte faßt ba^rfc^einlid^ ni^t vor bie gtoeite ^olfte be« 3. ^a^r<
^unbötä. SaSSticänum gab baä Signal ju einei ^eubilbung bei Setenntniffe im Orient;
ober bie 3}eifu(^ lu einer antinicämli^en ©Vt"^'^'^>Ibu"9 jtoif(^en G30 unb 360 fmb ges «o
feiert. Srft in bad britte 3^iittel beä 4. ^o^^unbcitä fällt bie ^eubilbung bei ^auf=
baenntnilfe, toä^renb ber Occibent fonferbalib bei feinem (iri^lit^en, fogenannten aboltolifi^en
ItouflVmboI bis jum ffinbe bcö 5. ^obr^nbertä »ertjarrte. 5Ru^t auf ötumenifi^en Stje
noben tourbe ein uniforme« laufbrfenntniä befclilolfen — baä ^äjM erft bei golgejeit
an — , fonbem Mie in ber eiften^eriobe biiefc bie goimutierung im einjelnen benSanbeSä«
tmS}m abertaften unb lit^tete fic& nai^ i^ren alten übeiKeferungen unb ©ebiiiui^en. ätber
tDie in bei elften ^eriobe bie gtei^eit ber ^louingiallii^e gebunben unb gegügelt toai
bun^ bai @runbbrfenntniä ju bem ^atei, @o^n unb @eift unb gu ben gegenüber ber
^äiefte gu be^au))tenben ^atfai^en ber ^eiCigen ©efd^id^te, fo Irai ti je^t bai Sefenntnid
)u ben ^etfonen bei tvefen^Ieic^en %na& unb tu ben gegenübei bem 3lnanidmuä feft^ to
gcfleOten „^atfad^en" einei Voigeitli^en @efd^i^te ©otteä, toeidfe bie Siotauäfegung füt
eine fieie Steoifton bei tird^Cid^en $iDbinjia(|^mboIe touiben. @ie ei^ielten ben Dtamen
„nicänif^e", nii^ um bun^ fie boä ^liconum ju beibiöngen obei ju tteiänbem, fonbem
um i^ übcieinftimmung mit bem 3!icänum tuiUen, gerabefo luie im älbenblanbe bie
wrf(^iebenen Sejenfionen beä fogenannten a)3DftoUj(^en ©^mbolä biefen 3iamen behielten, ss
Sntftonben finb fte in jenem hitjen, benftoüibigen 3«''«""'. '» Welcbem noi) fein ein»
fdnti ^iatiiart^at bie itbrigen meifteite, mo toebei ber {^anatiämuä älle£anbnenä noi) be<
leitä bie ©taatgraifon beä G^anif^en ^atiionben bai Übeigehiictit in ber Hkift bcfa^,
fonbem in bem Jta)]))aboeien unb Serien bun^ baä 3Infe^en au^»eid^netei 39ifi^i>fe unb
Sedier foltif^ ben '^orfi^ in ber Jlirc^ beä Oriente füllten, ^n btefe <Spod}e gehört boä '^
24 ftoitflaittiiio:|ioIitaitif(4e8 S^tniol
reDtbiette Selenntntö bon 3^<^I^ ^^ S3elenntntö bed el^rtüürbtgen SSifd^ofiS S^riQ, bad
fogenannte ^onum. „^a^ lurje 3^talter ber !a))))aboci{^en unb antiod^enifd^en @u))res
matie ftel^t in leud^tenbem ®egen{a| )u ben bertDüftenben SRaf^regeln ber ^ett ))orl^er
unb nad^^er; i^re ^ol^re l^aBen lein c^aroheriftifd^eced Denfmal )utüd(geTaf[en, aU
6 jene^ eine ©^mbol, toelc^eö ben Dften unb SSBeften in bem Selenntniffe einigt" (§ort
©. 136 f.).
IV. Die @ntftel^ung bed fogenonnten (S^anumd ift im borigen Slbfd^nitte Oaraelegt
Slber bie SeontlDortung ber fjrape erl^ebt fic^ nun, h)ie ift ba« ©^mbol jum SKanten
be^ 6$anum^ gelommen, unb ft)te unb unter ft)el(^en SSerl^ältniffen l^at ed ftd^ in ber
10 Jtird^e aü bad ©^rnbol ber jlDeiten ölumenifc^en @^nobe unb afö öfumenifd^e^ burd^«
je|en lönnen? Die ©efc^id^te be^ ©^mbofö in ber Aird^e erfd^eint aU ein feltfamed
SRätfel, beffen Söfung fd^toierig. 3*^ ^^ 2^^^ R^fl* ^^ Slnfang and) nod^ im 35unfeln
unb nic^t geringe ^fi^agen muffen jur ^^t nod^ unbeanttDortet ober boc^ nur unfic^er
gelöft bleiben.
16 1. 9Sor ollem ift feftjuftetten, in h)elc^er 3^* i^i^ (SPitanifd^e ©^nobe öon 381 jum
Snfeben einer ölumenifd^en gelommen ift * benn nid^t frül^er tonnte ))on einem ötumenifd^en
Slnfe^en be« i^r jugefd^riebenen ©^mbofe oie Siebe fein, ref}). nid^t frül^er tonnte ein ©^mbol
burd^ S3e}iel^ung auf ^e jum allgemeinen älnfel^en erhoben berben, al$ bid fte felbft ^u
allgemeinem Slnfel^en in ber Jtird^e gelangt bar. Die^ ift im Orient nid^t frül^er old
ao feit 5Witte be« 5. S^^^^w'^t^^^/ w^^^ : Dom d^alcebonenfifc^en Äonjil ab, im Dccibent
aber erft 70— lOO^a^re \pöin, bej. in ber b^jantinifd^en Qpo6)^ ber römifd^en Äird^e gefd^e^en.
SBa^S ben Orient betrifft, fo lä^ ftd^ nad^beifen, iaf^ e^ ba$ (E^itanifd^e Matriarchat ge^
toefen ift, h>eld^ed bie Slutorität ber@^nobe aU einer ölumenifd^en burd^^efe^t l^at. Diefed
Matriarchat eneic^te enblic^ im ^afyct 451 bie ©u))rematie in ber mor^enlänbifd^en Jlirc^,
25 nac^bem bie ©tül^le bon Slntiod^ien unb Sne^anbrien ftd^ Iom))romitttert l^atten unb ge^
|h>ungen borben ft)aren, fd^iiSmatifd^ gu h>erben. 92od^ b\^ gur SRitte be^ 5. 2i<>^^^unbertd
;atte man regelmäf^ig nur bon jlDei l^eiligen ölumenifd^en ©^noben gef))rod^en (toenn bie
TMönifc^e ©^nobe bon 382 bie Don 381 al« „ötumenifd^" bejeid^nete, fo ift ba« SBort
^ier in einem allgemeineren ©inne ju berfte^en, h)ie aud^ i^efele ju^iebt). Der b^jantinifd^e
80 ^of unb bad EMitanifd^e M^triard^at l^atten aber alle« 3*^*^^ff^/ f^^* ^^1 gerabe bie ©)js
nobe bon 381 old ber nicänifd^en ebenbürtig )u ))rotlamieren * benn 1. h>ar fie in ber
Äaiferftabt felbft abpe^alten, 2. hmr fie bon bem jtoeitcn Äonftantin, S^l^eobofiu« I., be«
rufen, 3. I^atte fie m ibrem 3. Jtanon bem SSifd^of bon Jtonftantino))el ben „SSorrang ber
Sl^re gleich nac^ bem ^ifc^of Slomd" )ugef))ro4en, b. 1^. fte ^atte ba$ auf bem Ma))ier
86 lonjebiert, h)ag bie 38erl^ältniffe 70 ^ai)xt f})äter toirllid^ ^erbeifül^rten unb h>aö ben ge^
fd^i^tlic^en Stec^t^titel für ben nun anl^ebenben 9iibalität4ftreit jbifd^en 9lom unb 92eurom
abgeben tonnte. Die mono))^^fitifc^en ^ird^en l^aben barum aud^ in ben nöd^ftfolgenben
20 ^abren bie ölumenijitöt ber S^itanifd^en ©bnobe nod^ nid^t anertannt, toie \)\zU
geugniffe beh)eifen; erft bom 3lnfang be« 6. ^ö^tJ^unbert« an erlifd^t bort ber SBiber^
40 f))ru^ gegen bie ©^nobe unb i^re Sefd^lüffe h>erben aU giltig re)i))iert. Der Occibent
^at ftd^ feit bem ^roteft Seod I. gu Sl^alcebon faft ein ^a^rl^unbert lang lonfequent ab«
tel^nenb gegen ben bon Jtonft. aud bretft bel^au))teten öhimenifc^en (El^aratter ber ©^nobe
unb gegen ilj^re Sefc^lüffe berl^alten. vlod^ S3ifd^of ^li^ II. fqprid^t im ^äi)xz 485 nur
Don brei ötumenifd^en ©^noben, ebenfobiele fe|t Selafiu^ borau^. ^n ber ^cxt bed
46 römifd^'b^^antinifd^en ©d^idma^S 484—519 tonnte nid^td aud i^onft. na^ 9tom im))ortiert
ft)erben. @rft in ber nun folgenben @))od^e, aU ber römifd^e Sifd^of in fd^mad^boDe Wy^
l^ängigteit Don bem b^gantinifd^en Jtaifer geriet, l^at man fid^, ftiÜfc^iDeigenb unb ol^ne
m tontroDieren, bie 2. ötumenifc^e ©^nobe famt il^ren SSefc^lüffen gefcilen laffen. Ma)?fl
3Sigiliu« (538—555) ift m. SB. ber erfte, ber fie fo nennt ; aud^ M^agiu« II. jäl^lt ba^
60 Jtongil Don (Sl^alcebon al^ \>a^ Dierte ; aber DieDeic^t fd^on Dor il^nen ift bad S^anifd^e
©^mbol, lateinifd^ interjjretiert, ber Überfefeung ber brei erften EM^nifc^en Äanone^ in
ber gelehrten ©ammlun^ bed Dion^ftu^ @^guud beigefügt toorben. Die ötumeni|ität
ber ©^nobe l^at Dion^ftu^ nid^t bel^auj)tet. ®regor ber ®ro^e, ber ba« traurige grbe
ber b^jantinifd^en ^Ät antrat unb ed nur fobeit gu reDibieren bad Vermögen l^atte, al^
66 ^ mit 2lnf})rüd^en beö römifd^en Sifd^of« tottibierte, Dergleid^t bereit« bie . Dier großen
Äongilien einfd^liefelid^ be« ©M^f^^ ^^^ t>^n ^^^ ©bangelien; bod^ l^örte ber $rotefi
SRom« gegen ben 3. Äanon ber ©^nobe babei nid^t auf. — Die Setoeife für biefe Äon*
ftruttion laffen fic^ in ber §auj)tfac^e fd^on au« $efele a. a. O. II, ©. 1—33 ju=
fammenftetten ; am beften au« 6a«t)ari (Sutl^er. geitfd^r. 1857, ©. 646 f.) unb jtoar
60 invito auotore, ba 6a«)}ari Don ber urf^rünglic^en Oelumenigität ber @^nobe au«gel^t.
ftoiiflanttito:|ioIitaitif4ed ®^mioI 25
@el^ oudfül^rUd^ l^anbelt über biefe fragen SSincenjt a. a. 0. p. 124 sq. ; f. aud^ $ort
e. 101 f.
2. 3i^i<^ ^^^ ^^fi^ ^^ bi^ ©efc^tc^te ber 9te3e))tton unb Slnerlennung bed fog.
S^3<tmimd im 9(benb(anbe feftfteQen. Sie fäDt genau jufammen mit ber Slnerfennung
ber St^nobe Don 381 atö eined öfumenifd^en Jlonjild feit c. 530. Sion^ftud @^guud 6
Ifcd, fo fd^eint e«, in feiner unter ©^mmad^uö (498—514) berfa^ten gelehrten ©amm*
hing bod in bie gried^ifd^en ällten ber @^nobe Don 381 eingefd^muggelte (E^onum guerft
bem äUenblanbe befannt gemad^t, aDein er felbft l^ot bod @^mbo( nid^t in feine ©amm^
luna aufgenommen; ed ift oielme^ ein f^äterer 3ufa| in berfelben (bied ergiebt fi^ u.a.
auq oud ber ©teDung, ioeld^e ba$ ©^mbol in ber JloDeftion l^at). SSon einem Slnfel^en lo
bed ©^mbold im äbenblanb Dor bem jtoeiten drittel be$ 6. ^a^l^unbert^ ift olfo nic^td
betonnt Sonn aber fe|te ed fid^ fel^r rafd^ burc^ unb iourbe fogar, nad^bem ed einmal
ald ©^mbol bed nun anerlannten Jton^Ud, <d^ ba^ ertoeiterte 92icänum, ald „ia^ Slicöno-
S^onum'' galt, in ber römifd^en unb f))anifd^en jlird^e jum 2)auff^mbo( erl^oben ; Der«
brangte mithin ha» uralte „at)oftoItfd^e" ©^mbol (f. (Safari II, ©.114 f.; III, ©.201 f. iä
230 f. unb ben ^ Ä. „»1). ©^mb." »b I ©. 741). 35ie römifd^e Äird^e brad^ mit ilj^rer
lo^rl^bertelangen ^auff)racid. tiefer S3rud^ erfolgte, inbem öuf^ere unb innere Urfad^en
jufammentoirften. äluf^ere, fofem bie römifd^e Jlird^e bamald faltifd^ unter bie $err«
f(^ft ber b^jantinifd^en geriet, ij^re Dogmen (bie SSertoerfung ber brei Jta))itel) unb
t$re gwmeln amtel^en mufjte ; innere, fofem ber Äamt)f gegen bie gotifd^^arianifd^e ao
l^nDofton ein ortboboied ^ufbelenntnid erl^eifc^te. ^ied bar aud^ ber ®runb, bedl^alb
bie ft>anifd^e Jtircpe, bie ioiber ben toeftgotifc^en 9(rianidmud bamal^ nod^ fäm))fte, fo rafc^
icS fogenannte TOcäno^ß^Panum accet)tierte. ©d^on im ^afyc^ 589 l^at fie ben ber^äng*.
nt^oOen 3"!^ „filioque" jum ©^mbol gemad^t; biefer 3^?^ if^ mitl^in nid^t biel
iünger, ald bie 9te)e))tion bed ©^mboled im Slbenblanbe. ^oiS 9(benblanb l^at alfo in 25
getoiffer ®eife ein Sfted^t gu bel^awi)ten, ba^ für feine Äirc^e ba« „filioque" feine 3leue=
rung ift. 9tac^bem einmal bad fogenannte 6$anum in ben ioid^tigften ^robinjen bed
Sbenblonbed mm Xauff^mbol erhoben toar, nac^bem bie aud^ im Sibenblanbe geltenbe
iufUnianifc^ ^efe^ebung il^e älutorität für ba^felbe eingefe^t l^atte, ft)ar an eine S3e«
ftreitung feinet Sfnfel^end, an eine Unterfud^ung feinet Urf))rungd bort nid^t mel^r )U80
beuten, jumal ba ja bte ©ammlung bed 3!)ion^fiud e$ barbot. 3^^^ d^^^^f^ ^^^ ^'
mtf<^ Äird^e feit bem 3lnfang be« 9. ^ö^^^""^^^ toieber ju einem lürjeren ©^mbole
bei ber ^£aufe gurüdC (bem gaDifd^en äl))oftoliIum) unb fe^t biefed aud^ Vermöge il^red
Übergett)i(^td im gomen Slbenblanbe burc^ ; aber bem fogenannten SRicäno^ß^anum bleibt
feine ©teile in ber 3Iteffe unb bei ben übrigen folennen ^anblungen ber jlir^e ; fein 9tm 86
fe^ ift fc^on feit bem 6. S^^^^^^nbert bem be^ 3lt)oftofiIumd ebenbürtig ; \a eö ift im
Äbenblanbe gerabeju ebenfaU« „ba^ apoftolifd^e ©^mbol" genannt toorben (Setoeife bafür
aus bem 7., 10. unb 15. ^al^r^unbert bei &a^pan I, ©. 242, 5Kr. 45; II, ©. 115,
3bc. 88 • III, ©. 12, 3lx. 22), fei e«, toeil fc^on bie ©riechen ba^ TOcönum afö ben
gnbegriff ber „at)oftolifc^en" Se^re oftmafe fo bejeid^net l^aben, fei e«, toeil bo« neue 40
©bmbol, inbem ed ba$ alte ^oftolihim bei ber Xaufe berbröngte, aud^ beffen älttribute
er^elt. S)ie Äonfufwn, toeld^e ba« neue ©i^mbol afe ein ju Äonft. ertoeiterte« 5licänum
ober gerabQU al« ba« 9Ucänum bejeid^nete, gel^t bi« in ba« 6. ^aj^rl^unbert l^inauf. ^ie
Steformotoren fanben ba« 3())oftolitum unb ba« 92icönO'(E^anum in gleid^er ©eltung in
ber itirc^e unb fteQten fid^ auf ben 9{ed^t«boben, ben ^uftinian, im ®runbe fd^on Xl^eo» 45
bofiu« I., ou« ber Xrinität«lel^re gefd^affen l^atte. Salbin, ber ftd^ jeittoeilig fel^r fd^arf
tmber bo« 9ticäno«@$anum au«gef))rod^en ^at (f. JldUner I, ©. 48. 51), l^at nac^mal«
jeben %aM unterbrücft. äud^ bie Reformatoren nennen e« getoöl^nlic^ einfad^ „SRicänum".
Sht«brä(fli(^ bertoorfen l^aben e« bie älrminianer, ©ocinianer unb Unitarier, ^ie römifc^e
Stin^ ^t e« )u Xribent feierlid^ toieberl^olt. Jlate^etifd^ ift ba« ©i^mbol im Mittelalter so
un^eic^ toeniper bertoertet toorben al« ba« 9l))oftolifum, ja felbft al« ba« ättl^anaftanum,
toeil e« in feinem 3wfö"^^cn^ö'^9 ^^^ ^^ 2^aufe mel^r ftanb. 3!)oc^ toerben bem ^riefter
Äntoeifungen ju feinem SBerftänbni« gegeben, ba er e« in ber 5Weffe ju remitieren ^atte
(f. ®öbl, ©efd^i^te ber Äated^efe im Slbenblanbe 1880, ©. 130 f.). 3)ie neuere ®e«
fi^te be« 6^num« in ben reformatorifd^en jtirc^en beginnt mit ben Sali^tinifd^en 56
Jtontroberfen.
3. ®ie 9lejet)tion be« fogenannten ß^anum« im Slbenblanbc jeigt, ba^ bereit« balb^
nadj^ bem 3^^ ^^^ im Orient ober minbeften« in Äonft. unb in einem leile be«
Orient« ba« rebibierte S3etenntni« bon ^erufalem al« S^anum, al« ba« ^u ^onft. ertoeiterte
9iicanum, gegolten l^aben muf(. Die« lä|t ftc^ aud^ barau« ertoeifen, baf( bie mono"" eo
26 St0u^antiu0p0Utün^dft» ®^m(o(
))I^Vfitt{c^en Syrier ed bereitö um 560 old öfumentfd^ed Symbol bon Ston\l neben bem
SRicänum gebraud^t l^aben (ber Äobej, au« bem ßa^ori I, ©. 100 f. ba« fV^fc^«
Symbol mitgeteilt f^at, ftammt aud bem ^al^te 562. Über ben lirc^lid^en ®dbrau(^
fic^e 6agj)ari ©. 112). 3n bem britten 3lb|d^nitt ^aben toir feftgefteDt, bafe gtoifd^en
5 375—450 überl^aul)t feine ®puxm be« (Sebrauc^e?, ja ber ®jiftenj be« 6?5anum«,
b. 1^. beö rebibierten i^Sanum^, gu fonftatieren finb; umgefel^rt ift für bie 3^
bon 500 ab ber tj^eologifd^e ®ebraud^ bed S^mbold old 6$anum, bon ca. 530 ob
ber {o(enne (Sebraud^ bedfeiben old Xaufbefenntni^ naci^h)ei^bar. ^itl^in, foDiel barf al$ ft^fer
gelten, ift bie Unterfd^iebung hirj Der 450 erfolgt unb ^at ftd^ bid ca. 500 burc^efe^t : ober
10 ed erl^ebenfid^ nun bie^agen, erftlid^: lä^t fid^f ber^^itfjunltberUnterfd^iebung nicpt nä^er
f eftfteDen ? fobann : unter toeld^en Umftänben, ju toeld^em S^zit unb auf (Srunb toelc^
91n{nü))fungd))unlte ift fie erfolgt? enblid^: h>arum l^at man fid^ im Orient ba)u ent«
fc^lojfen, feit ca. 530—550 bei ber 3;aufe ba« 5Ricänum burd^ baö neue ©^mbol }u er»
fe|en, toö^renb man bereit« über ein ^^^^^l^unbert lang (f. Safari in ber lutl^. gettfc^r.,
16©. 635— 646 f.; I^ier ift feftgeftettt, baf; minbeften« bx^ jum jtoeiten ®ecennium be«
6. ^al^^unbert« ba« SRicänum in ben h>eitau« meiften Jlird^en be« Orient« bei ber ^£aufe
gebrandet ft)urDe ; ol^ne erfid^tlid^en ®runb nimmt Sa«))ari ©. 671 biefe« S^d^^^^^^i^
toieber aurücf) mit jenem SSelenntniffe getauft unb ba«(elbe me^r unb mel^r bie rebibierten
unb nio^t rebibierten ))ro))in)ialfird^lid^en 3^ufbelenntnif[e Derbrängt l^atte? — SEBa« ben
20 3rit))unft ber Unter(d^iebung betrifft, f o begegnet un« ba« rebibierte ^©anum al« ©^mbol
ber ©t^nobe bon 381 juerft in ben ätften be« 4. öhimenifd^en Jlon^il«, unb 3ti>ar ^toei«
mal (Sess. II. unb V.) unb beibemale neben bem 92icänum al« gbeite« ®runbf^mbol
.ber Äircbe (Mansi VI, p. 957 ; VII, p. 111). §iemad^ toäre bie Unterfc^>iebung im
^al^re 451 ober lurj borber gefd^e^en. 2inbef[en er^dbt ftd^ ber SSerbacbt, ob toir e« nid^t
36 an beiben ©teilen mit 2inter))oIationen ber Jlonjtl^aften }u t^un b<iben ; benn 1. bie
eutüd^ianifd^en Sifd^öfe in ber geit gtoifd^en 451—470 toiffen nod^ gar nid^t« t>om 6$anum
\a fie ioeifen bie^^ormeln au« biefem ©bmbol, h)eld^e i^nen borge^alten ioerben, oudbrüd»
lid^ al« unbered^tigte, im ,,©^mboI" niqt enthaltene, jurüdf. §ätten fie bie« t^un fönnen,
benn 451 ju jSbalcebon einftimmig unb unbeanftanbet ba« S^anum toirflid^ aufgenommen
80 unb belannt toorben toöre? 2. bie älnnal^me Don ^nter))olationen gerabe an jenen ©teEen,
too bie ©^mbole mitgeteilt toerben, ift unbermeiblic^ ; nur i^r Umfang ift ftreitig; e« ip
nämlid^ ba« TOcänum (VII, 111 Mansi) in ben Sitten, ben gried^ifd^en unb lateinifd^,
nid^t in feiner urft)rünglid^en gorm, fonbem, toie toir fc^on oben fallen, in einer noc^
bem fogenannten E^anum berönberten ©eftolt aufgenommen. 9lun bemerfte aber fd^on
86 SSalu^e, ba^ bie ölteften lateinifd^en ällten bie unDerönberte (Seftalt barbieten, unb 6a«))ari
felbft (I, 105 f.) räumt ein, bafe bie gried^ijd^en 3lften f)\ct intert)oliert feien. ©« erfc^eint
baber nur fonfequent, toenn Sincemi (a. a. 0. ©. 124—161. 145. 147) ben ganjen
aibfd^nitt in ben Slften be« 4. Äonjil« für interjjoliert erflärt unb bebauj)iet, auf bem
(Sbftlcebonenfe b^be man t>on bem „ß^anum" nocb nid^t« getoufet. So berlodfenb biefe
40 3^efe ift, fo ift aber bod^ anbererfeit« ju bebenfen, bafe 1. bie (Segner ber ©utocbianer fuJ^
gleicb nad^ bem (S^alcebonenfe auf Formeln berufen f)obm, bie bi^d^ft toa^rfd^einlid^ bem
„(S^anum" entnommen pnb, bafe 2. ©iogene« Don S^cilu« auf bem 4. Äonjil fw^ alfo
au«gef))rod^en f)at : Sut^cbe« b<^e bie ©^nobe ^u SRicäa in trügertfd^er 9Bei{e Dorgefd^ü^t ;
fie, b. b. ib^ ©^mbol, babe nämlid^ Don ben bl- 3Sätem 3«!^« befommen ; e« fei ju bem
45 ©^mbole ber f)l JBäter b^i^J^gefügt Sorben „ber b^öbfam unb %Ui\d) toarb axi^ bem
bl. ®eift unb 5Dflaria ber Jungfrau" ; bie« b^be ©ut^cbe« al« ein aij)oIlinarift ai^elaffen
((5a«})ari ©. 638 f.). ©dbtoerIi(b fann man biefe SBorte anber« Derfteben, al« Dom 6$anum.
3. 2tucb fonft finbcn fid^ um 450 freilieb nid^t ganj ftcbere ©Jjuren Don Sefanntfc^aft mit
bem bereit« ju @b^en gelangten S^anum (^ort ©. 112—115; (Ea^aü I, ©. 103 f.).
50 4. (Snblicb ift e« ein ß^anifcber ®iafon, ber nacb bem Serid^t auf bem (Sbalcebonenfe
ba« E^anum Derlefen b^ben foH. 2)a aber jtoeifeI«obne Don Äonft. bie Unterfc^iebung
überbauet au«gegangen ift, fo erböbt biefe näbere 9?acbricbt bie S^^^'^ffigfeit ber Äunbc
felbft. Unter biefen Umftänben unb ba man ba« Scrbalten ber ©ulDcbianer gum 65Panum
au« ibrcr ^olitif erflären fann, loirb man e« für übertoiegenb toabrfd^einlid^ b^ten
&ü muffen, ba^ ju ßb^lcebon h)irfli(b ba« reDibicrte ^©anum al« G^anum Derlefen toorben
ift. 5Rur eine ©^jejialunterfucbung über bie äfften be« 4. Konjil« fann l^ier Sid^t
bringen.
3!)ie Unterfcbiebung bat alfo loabrfd^einlicb nid^t lange Dor bem g^b^^ 4:51 inJlonfi.
ftattgefunbcn. 3^^ Ermittelung Don 3lnfnüt)fung«i)unftcn für bicfelbe finb toir gur 3^
60 lebiglic^ auf ^b^otl^efen angeh>iefen. ^a« folgenbe toiQ nid^t mebr fein, ©id^er ift, ba|
ft0iiflaittiito)iolUatttf(4cd S^mi^I 27
bie @^be Don 381 toirllic^ eine SSeftimmung über ben ^l. (Seift in il^em berloren ge^
gongenen bogmotifc^ %omvL^ gegeben, bagegen ba$ 9licänum unDeränbert ret>etiert f)at.
§n ber ^Igejeit trat nun bie Südenl^a^gleit bed 9licänum$ immer ftarler l^ert)or.
I^eme^ man ben 23unf(^ ^attt, im Xaufbelenntnid aad^ bie rid^tige Se^re Dom 1^1. ®eifte
unb bie antiat)oDinarifti{c^en @ö^e jum 9lu$bru(f gu bringen, um fo fül^lbarer mugte bie 6
2fi(fe im 9ticänum, ioeld^ed feit bem älnfang be^ 5. ^i^'^unbertd immer aUgemetner atö
Xauffbmbol gebrandet lourbe, erfd^einen. Der SSiunfc^ nad^ einem boQftönbigeren SSelenntnid
t^ emorlid^ genug, ebenfo, baf( man {td^ inJlonftantino))eI um igUfe gerabe bei ber anti«
macebonianif(^ St^nobe Don 381 umfal^, bie an^ Derfd^iebenen ©rünben ({. oben) ber
6^3<uitf(^ Stird^e befonber^ loertDoD toar. ^at man ober fd^ße^Iid^ gerabe bad rebibierte lo
Säenntnid Don ^erufalem, bad Sl^mbol be^ (S^riQ, als bad Symbol Don (S^anum pxo»
Oomiert, fo mu|, bied barf man tool^I Doraudfe^en, gtoifd^en jenem Symbol unb biefer
Sl^nobe irgenb eine Segiel^ung beftanben ^aben. @^ ift $ort$ SSerbienft, @pwcm fold^er
»qie^ngen aufgebedt gu l^oben (a. a. D. ©. 102— 106f., @. 97. 101). (SDriH ift in
Äonfl. auf ber Sj^nobe felbft anbefenb getoefen ; aber feine Drtl^oboiie toar nicpt unbean^ i6
fionbet, namentlich im S(benblanbe ftau angejtoeifett. Die Stbneigung ber Ocdbentalen
gegen bie @^obe Don 381 h>ar toefentlid^ aud^ baburd^ beftimmt, ba| auf i^r Gönner
tagten, ja geel^ iourben, bie ben SBerbad^t bed 9(benblanbe^ nod^ immer enegten ({. bie
So^nblungen bed \^^^ ^^2)- ^^ S3i{c^of Dor aUem, ber ben größten XriumDl^ auf
ber Sl^nobe feierte, iDleletiud Don ^ntiod^ien, galt nic^t ald ein entfd^ieben ortpoboier 20
9Rann. ^m Orient lannte man bie bogmatifd^e @teQung bed älbenblanbed fel^r gut.
@d iß bo^er nic^t unioal^d^einlid^, baf( S^riQ auf ber @^nobe, um feine Ortl^obo^e m
ertoetfen, ein Sdtenntnid abgelegt ^at, natürlid^ fein nicänifd^ reDibierted, ))roDin3iaI{ir^s
ü4^e« Oiaufbefenntni«. Diefe« tourbe gebilligt unb in bie äften ber S^nobe Don 381
aufgenommen, tote bad Xaufft^mbol bed @u{ebiud in benen bed 9licänumd, ober ba$ bed 26
S^rifiu^ in benen bed @))9efmum$, ober bad bed ^ofiud in benen ber @V^obe \>Dn
Sorbica eine Stelle erl^alten |^at. 9ltö man nun in Jtonft. fid^ banad^ umfa^, au^ ben
Xtten ber @Dnobe Don 381 eine bad 92icänum ergöngenbe Sei^rorbnung }u getoinnen, bot
fUl^ bad bafelbft enthaltene jerufalemifd^e Symbol bar, toeld^ed birllid^ eme l^omoufianifd^
beutbare au^fü^ng bed 3. Slrtileld uub ioertDoHe ©lieber im 2. äirtifel enthielt. SRit so
ber $roflamierung ber @V>^obe Don 381 al$ einer olumenifd^en Derlünbigte man auc^
Dcrmittelft eined quid pro quo i^r angeblid^ed Symbol unb fud^te bemfelben, freilid^
unter 8BBiberjJ)ruc^, ber erft im 6. S^il^^^ww^^ erlofd^, alö bem „ergänzten 5licänum",
oU bem „!Ricänos6$anum'' burd^ Sefe^bud^ unb Siturgie Eingang gu Derfd^ffen, toad
oud^ gelang. I^nbed —- man mag über oiefe Äonftruftion beulen, h)ie man toiH — ftc^er 86
bleibt, baf bo^ fogenannte 6$anum bad ca. 363 reDibierte @Dmbol ber Airc^e Don
^erufälem ift, ba| bie @^nobe Don 381 offigieQ lebiglid^ bad SRicönum repetiert l^at
unb ba| erft ca. 70 ^a\}xt \pätn Don @$ aud Die Unterfd^iebung ind SSerl gefegt
toorben ijL Um ca. 500 ober ti)ioa^ \pättt l^atte fic^ ba^ neue Symbol im Orient bte
@bmburtigleit neben bem 92icänum errungen ; balb barauf tourbe ed gum ^uffDmbol 40
erf^>ben unb Derbrängte fo ba^ Slicänum. 6agt)ari (a. a. 0. ©. 661 f.) fie^t ben (Srunb
ju biefer SSerbrängung in bem Umftanbe, ba^ ba^ G^anum bem ^ono^pl^^fitidmu^ gegen^
üba brauchbarer toar aU jened. ^nbeff em man ^t nid^t nötig, f 0 toeit gu fud^en ; Diel^
me^ genügt ed, barauf m Dertoeifen, ba^ oad 92icänum feiner 9inlage nad^ fein Xauffymbol
ifi, bag man ba^er gufrieben fein mugte, ed bei ber Xaufe burc^ ein il^m ebenbürtige^ 46
öfcf^en gu lömten. Übrigen^ foD, toenn ben eingaben gu trauen (Jtöllner I, @. 47. 51),
bie griedpifc^e Jtirc^ im SRittelalter um bed Streitet über ba$ filioque toiQen gum reinen
9licämm bei ber 3^ufe unb bem 3lbenbmal^l jurürfgefe^rt fein. ®« fann bie^ jebod^ nur
jeitlDtilig gefd^e^en fein.
@^lie^ic^ ift einer rabilalen ^\)poti)t\t )u gebenfen, toeld^e ein römifd^er 2)l^eologe, so
Sincenji (De process. Sp. S. Romae 1878), mit Diel (Selc^amfeit, aber nad^ einer
uner^rten 3Ret^obe burd^gufü^ren Derfuc^t l^at. Sincenji fud^t ju ertoetfen, ba^ bad
S$amim ein griec^ifd^e^ 9Kad^loerI au« bem älnfang be^ 7. S^i^rl^unberl« fei, eine
galfc^unp lebiglic^ gu bem 3^^*^/ ^'<^ S^l^^'^« ^on ber processio Spiritus S. ex
patre bt« in« 4. ^oi^rl^unbert ^inauf ju batieren unb il;r eine f^mbolmä^ige ©runbla^c 66
3U geben | alle ©})uren, 3^9"^ff^/ Gitationen be« ©^mbote biö jum 8. ^^al^rl^unbcrt m
ben ÄonjiI^Iten, bei ben Äird^enDätem u. f. to. toerben ate griec^ifd^e J^^lf^wngen be*
trachtet; erft in ben aften ber 7. ölumenifc^en S^nobe, alfo am Sd^luffc bc« 8. Sal^r^
^bertd, tauchte badfelbe )um erftenmale auf. @^ ift nic^t nötig, biefe ^\)poti)^\c ju
toiberle^en; benn 1. ^at SJincenji eine SReil^e ber ioidS|tigften3^wgniffe toic auc^ alle 33or*
28 ftoiiflaiittiio:|ioIttaitif(4ed Symbol Stonftanj, Stetntit
arbeiten unbead^tet geladen, 2. ^at er in bem @^mboI felbft lebiglic^ bte äBorte „qni
a patre procedif' ind äluge gefaf^t unb aQed anbere al^ Sinlleibung betfeite Qdojntn,
3. ift feine Seiveidfü^rung eine gong tenbenjiöfe, bie Don bem 9I^m au^el^t, bo^ bte
röntifd^e jtird^e and^ bie ältefte f^mbolmö^ige ®runblage für tl^e Se^e Dom ®et{)e b^äjm
6 muffe, bie ^Ifc^ng mitj^in bei ben ®rte<|en liege. Man lamt and biefer Unterfuc^mig
lernen, h>ie h>eit ein römifd^er 2:l^eologe in ber ^tit ber Überlieferung, \a feCbfi ber diu«
menifc^en @^noben ge^en barf. SSertboD ift nur bie 5tritif bed ©d^luffed bed 9lncoratu9
(©. 104—117) unb ber ß^alcebonenftfc^en «ften (©. 124—161). Set ben lederen tjl
ber äSerfafler bieQeic^t im Siedete.
10 Suc^ bad 6$anum ift alfo ein „Wßofti^pffum", @d trägt feinen Flamen ntd^t mit
größerem Siedete, ald bad 9[))oftoliIum unb ältl^anafianum bie übrigen. ®^ tfi älter unb
jünger jugleid^ ald bie @^nobe, \)on ber man ed ^erlömmlid^ ableitet; älter feinem Ut*
fVrunge nad^, jünger feinem Slnfel^en nod^. 3)ie ^iftorifd^e äludlegung bed S^kmunuS
l^at ftd^ junäc^ft an ber Geologie bed (S^riD unb bed 3[tl^anafiud )u orientieren ; ^e lirirb
16 bem Symbol ober einen bo))))elten @inn Dinbi^ieren muffen ; benn bie Säter, toeld^ ed
feit ber )h)eiten igälfte bed 5. ^o^rl^unbertd ald öfumenifd^ed, aU ertoeiterted Sltcotntm
re2i))ierten, tl^aten bied, inbem fte bad Symbol ald 3^0^ 9^9^ ^oDinorid, gegen Sleftoriui^
unb Sut^c^ed ju benu^en iou^ten. @o h)erben benn au^ bte ^ormeln über ben ^l. ®etß
im @inne ))räjifefter ^omoufie ju intert)retieren fein, obgleid^ fte biefen Sinn in 9D3a^
90 l^eit nid^t in ftid^f fd^li^en, ioä^renb bie ^ormel x6 ix tov naxQÖg ixnoqevdfuvoy für
eine l^iftorifd^e Setrad^tung bie ^age nad^ ber 9lrt ber processio bed (Setfted über^aut>t
nid^t beantn^orten, fonbem bie arianifd^e S3e^au))tung, ber (Seift fei ein Untergeorbneted
unb ^robutt bed Sol^ned, burd^ bie Stütffül^rung bedfelben birdCt auf ben SBater, auf „Ue
SBurgel ber ©ott^eit", toiberlegen fott.
26 ^n bem Sorftel^enben l^abe id^, Don loenigen Jlorrelturen abgefe^en, bte Tbo»
legung h)ieberl^olt, toeld^e id^ Dor 20 ^ol^ren niebergefd^ridben ^abe. Slttd neuerer 3^
ftnb Dier 3lrbeiten gu nennen, bie l^ier einf dalagen. SB. ©d^mibt (3ur ©c^t^eitdfrage w
SRic^e^onum in ber 5Reuen Äirc^l. 3eitfd^rift 1899, S. 935 ff.) ^ ben SBerfu^ ge»
mac^t, bie @(^tl^eit bed S^mbotö ju retten ; biefer SBerfu^ ift meinet Sroc^tend gefd^ettol
80 Jtunje (bad nicänifd^-fonftontino^. @^mbol 1898) l^at geigen iooQen, unfer @l^mbol fei
in ben fiebriger ^(Ajim bad ^ufbetenntnid gu ^rfud getoefen, fei burd^ 5Dtobor an
9{ectariuiS Don Jtonftantino))el unb burd^ biefen in bie älften ber @^nobe Don 381 ge*
{ommen. ^ie älnnal^me ift möglid^, fd^eint mir aber minber einfad^ gu fein al^ bie ^D«
))otl^efe, bie ed auf ^\pS, gurüdffül^rt. ^m einzelnen ^at ^unge auf tnand^ed bidl^er ntcyt
86 Sead^tete aufmerifam gemad^t. 2)ie grünblid^ften Unterfud^ungen über bad Symbol fett
6ad))arid unb $ortd arbeiten Derbanten h)ir jtattenbufd^. @r l^at in feiner „@^mboliI''
^b I S. 252—287) bie Sebeutung be« ©^mbol« im Orient bargelegt, unb er ^at tm
3ufammenl^ang feiner umfaffenben @tubien über bad a))oftolif(|e ®laubendbelenntntd
»b I 1894, 93b II 1900) über Diele einzelne fragen, ba« Symbol betreffenb, Sid^t Der»
10 breitet, begto. bie ^orfd^ung Dertieft (eine 3"fö'"*«^"P^ßwng S3b II S. 995). äBenn fdbfi
i^m ed nid^t gelungen ift, @id^erl^eit über bie 3!)etaild ber Urf))rungd unb Stej^tton^
gefd^id^te )u geh)innen, fo liegt bie ®d^ulb an ber äSefd^affenl^eit begto. Süden^oftigteit ber
Duellen fotoie an ber Unmöglic^Ieit, bte in Dielen fällen beftel^t, mit ®eti>t|i^ fefigu«
fteDen, h)elc^ ein Symbol ben Sitaten ber SBäter gu ®runbe liegt (Sitate bed 6$anttmd
46 Dor 451 ?). .^attenbufc^ l^at in feinen Unterfuc^ungen aud^ bie anberen ©l^mbole bur^forfc^,
ioelc^e in unf erer 3!)arfteQung gur 93eleud^tung bed Urf})rungd bed (S^anumd ^ingugego^en
toorben ftnb. ®g ift aber in biefem 3wfö'""^c*^^^»^9 ^'^^^ möglid^, bie ÄontroDerfen, bie
^ier beftel^cn, gu erörtern. Wolf ^ovnttf«
ftonftanj, Si^tum. — ^Birtcmbcrgiftfte« Urfunbenbuc^. 6»be, Stuttgart 1849— 1894;
60 6. ®. 3)üm9e, Regesta Badensia, ßarlSruftc 1836; ©(fttpeigeriWcS Urfunbenreaifter, 2 ©be,
»cm 1863 u. 77; MG SS XIII 6. 324 ff., XV 6. 1023 f. 1284 ff.; NecroL I @. 282 ff. Re-
gesta episcoporum Constantiensium, 1.33b, 3nn^brucf 1895; 2.93b 1.— 3. ßieferung 1894 u.
1896; X. iReugart, Episcopatus Ck)n8tantienöis, 2 XIc, 5rciburfl1803 u. 62; &. S5. Wettberg,
Ä® 3)eutf*Ianb3, 2 «be, ©öttingen 1848, 8. 98 ff.; 3. griebritft, Ä® 3)cutfdjlonb«, 2 ©be,
ööÖQmbcrg 1867/69; ?l.^aucf, Ä® ^eutfcfilanbä, 3 93bc, fieip.^ig 1887—96; (£. 3. ^fele, ©e»
W^\t ber (Einführung bed (Stiriftent^umd im (übtueftUc^en ^eutfd^lanb, Tübingen 1837;
®. 93offcrt, %\t ?lnfänge be« e^riftentum« in Württemberg, Stuttgart 1888; C. ©gli, M
berScbmeij. Rürid» 1893; S- ^' ävquS, ^ie djr.Snfcbriften ber JR^cinlanbc, 2 Xftle. gfrclbur« 1890.
^cA S3i^tum .ßonftang gel^ört gu benienigen beutfd^en Si^tümem, beren Urf^mmg
60 nic^t ftc^er nac^eioiefen berben tann. 3^ ^^ 9ldmergeit h>irb überl^u))t bin Stdtum
ftonftatt}, Sidtttm 29
hn norböftlid&en ^ctoetien ertoäl^nt. dagegen finben ftc^ bte 9lamen jtoeier Stfd^öfe
Don Smboniffa, Subuicud unb ®ramniattu$, in ben Unterfd^riften ber burgunbifd^m
S^obe Don @^ 517 unb ber fränlifd^en S^noben )u Orl^nd 541 unb 549 (MG Conc.
©. 30, 97 unb 109). SBinboniffa, beffen 9?antc in bem Flamen bc« 2)orfc« SBinbifdj^ am
3ufammenflug ber Slore unb Sleu^ noc^ fortlebt, toar in ber römtfd^en 3rit ba« ©tanbquartier 6
ber ll.u.21.2e0ion (Orotefenb in5PauI^, 91® IV ©. 891 u. 898). Sott man annehmen,
bag ^er erft nad^ bem @nbe ber römifc^en ^errfc^ft eine c^riftlic^e ©emeinbe entftanb?
92iemanb toirb bad loal^d^einlid^ finben ; bie nä^fte Vermutung ift bielme^r, ba^ bad bortige
Stdtum in bie rdmifd^e 3^t gurüdreid^it. älber e^ berfc^toinbet feit bem 6. ^^^^unbert:
bie Unterfc^rift bed ®rammatiud aU episcopus ecclesiae Uindunnensis im l^al^re lo
549 ift bie le^e Srtoo^nung be^felben. ^m beginn bed 7. ^i^^^unbertd ftnbet ftd^ in
einer guten urteile, ber Vita Coiumb. o. 54, bie ®rh)äl^nung eined S3ifd^ofd in einer ber
9{a(^barfiäbte bon Sregenj. ^ie nä(^ftge(egenen SSifd^of^ftdbte finb älug^burg, S^ur unb
SBinbifip; ober leine berfelben toirb man aU vicina urbs bejeid^nen rönnen. 3)ie 9ln«
no^e liegt bedl^ nal^e, baf( im SSeginn bed 7. ^a^rl^unbertd bie erft in ber legten 15
SUhneneit gegrünbete Stobt Jlonftan) Sifd^of^fi^ loar: fte ift 9tad^barftabt bon Sregen}.
6ine !Reuarunbung loar biefed Sidtum fid^erlidti nid^t; benn bie Sl^riften in ben Slömer^
orten am Sobenfee, bie Solumba f(^on Dorfanb, mußten gu irgenb einer 3!)i5cefe gehören.
2)ie geograt)l^f(^e Sage mac^t bie 3ugel^örigleit ju 3[ugdburg ebenfo untoal^rfc^einli(| toie
bie }u @^r: fie toerben alfo )u %inboniffa gel^ört ^oben. ^e^^b ift ed toal^c^eins ao
lic^, ba^ ba$ Sidtum in Aonftan^ ba^ in SSinboniffa erfe^te. ^an lann ftd^ bad fo
DorfHeOen, bag eine Verlegung be^ Sif(^ofefi|ed ftattfanb, ober fo, ba^ äSinboniffa einging
unb jtonftan} neugegrünbet tourbe. ®rof( ift ber Unterfc^ieb nic^t; benn bie SReugrünbung
mügte ber Suflöfung fel^ balb nad^gef olpt fein, ba bie SSerfc^iebung ftd^ jtoifd^en 549 unb
610 DoQjie^t. 3)ie äßa^rfc^einßc^feit f^nd^t bemnac^ bafür, baf( ber Urf))rung bed S3id= 25
tumd Jtonfton} in bie 2. ^ölfte bed 6. ^al^rl^nbertd föQt. ^emfelben ^el ia^ gefamte
9[(amannenlanb ju, ba$ nicpt )u ben älteren ^iMmem Si^ur, Slug^burg, Strasburg unb
Sofel gehörte: ed tourbe bod gröf^te ber alamannifd^en SSiMmer. 6^ erftredte fub t)on
Store imb 9l^ein bid jur I^Uer unb bom mittleren 9tedar bid }um @t. ®ott^arbt unb
untfo^e bie fc^toäbifd^en i5aut)tlanbe: ben grbf^ten Seil bed heutigen SBürttemberg, ba^ao
ffibli($e Soben, bie Sentral: unb 9lorboftfd^toei). SSorarlberg unb bad älUgäu. Aeine anbere
beutfd^e SDükefe toar fo reic^ an l^erborragenben jllöftem toie bie 5lonftan2er: @t. ®allen,
Sleic^enou, ÄenH)ten, S^xiö^, Sinbau, SKariä ßinfiebeln, ©t. Slaften, $eter«^ufen, SKuri,
SBeingorten mögen l^ier genannt toerben.
®an} unbäeutenb toar bagegen ba^S toeltlic^e Territorium ber Sifd^öfe t)on Jlonftanj. 86
S}ei ber ©otularifation umfaßte e$ nur gegen jtoölf QuabratmeUen mit 40000 ©im
too^em.
»ifc^^ofdlifte: SWasimu«? Sluobelo? Urfmu«? ©aubenttu«? SWartianu«? 3ol^anne«I.;
»ofo; ®anboIf? P>efö? I^eobalb? aiuboin,' geft. 736 ; 3lmefrib, geft. 746; ©iboniu«,
geft 760; So^ne« II., geft. 782; ©gino, geft. 811 ; SBoIfleoj, geft. nad^ 835; ©alomo I., 40
geil871; $atad^o, geft. 873; ©eb^arb I., geft. 875; SaIomoII.,geft.889; ©alomo III.,
gefl 919; Woting 920—934; Jlonrab 934—975; ©amenolf 975—979; ®eb^rb IL,
979—995; Sanbbert 995—1018; SRub^art 1018—1022; $eimo 1022—1026; SBar«
mann 1026—1034; (gber^arb I. 1034—1046; 2)ietrid^ 1047— 1051; Slumolb 1051 bi«
1069; «arl 1069— 1071 ; Otto I. 1071—1086, ®egenbifd^of: ^ßertolf 1080— 1084; 46
®ebM> ni. 1084—1110; ®egenbifd^öfe : ©igfrieb, ißenno, Ubalric^, Slmolb; Ulrid^ I.
1111—1127; Ulrid^II. 1127— 1138; ^ermann I. 1138—1165; Otto II. 1165—1174;
»ert^olb 1174—1183; ^ermann II. tjon ^bingen 1183—1189; 3)ietl^elm t)on Ärenfingen
1189—1206; 9Bem^ bon ©taufen 1206—1209; Äonrab oon legorfelb 1209—1233;
^einric^ bon 2anne 1233— 1248; ©ber^arb II. t)on SBalbburg 1248—1274; Slubolf IL eo
mm ^obÄura 1274—1293; §einric^ t)on Rlingenberg 1293—1306; ®eratb 1307 bi«
1318; »ubolf III. bon ÜKontfort 1322—1334; TOfolau^ t)on grauenfelb 1334—1344;
Ulrich ^feffer^ 1345—1351; ^ol^anne« IIL bon SBinbloc^ 1353—1356; ^einric^ bon
SJronbiÄ 1357—1383 ; 3Jlangolb bon Sranbi« 1384—1386 ; §einrid^ g3al;Ier 1387—1388;
Kilolau« 1383—1388; Surttarb I. bon ^eloen 1388—1398; ?5riebri(| IL bon ^ReBens 66
bürg 1398; 3Karftoarb bon 9lanbedH398— 1406; aibertSlarer 1407— 1411; Otto IIL
bon ^oc^berg 1411—1434; griebrid^ III. bon SoHem 1435—1436; ^einrid^ IV. bon
^etoen 1436—1462- 9ur!^rb II. bon Slanbed 1462—1466; ^ermann III. bon fianben«
berg 1466—1477; fiubtoig bon greiberg 1477— 1479 ; Otto IV. bon ©onnenberg 1480 bi«
1491; I^omo« 1491—1496; $ugo bon Sanbenberg 1496-1529. ^ancf. eo
30 ftoitftatt), ftonjU
fiottftanj^ Sonjil ())om 5. 3lo\)mi^ 1414 btö 22. Slt^ril 1418). — Cluellen
unb i^itteratur: St^elftrate, Tractatus de sensu et auctoritate decretorum etc., dtom
1686: ^erm. t)on ber ^arbt, Magnum oecum. Constant. Concüium, VI tomi, FraDoof.
et Lips. 1700 j^cine ©ammlung oon ®cfc6id)t8f Treibern, JReben, ©elegen^eitS- unb ©trcits
5 fc^riften. @utn)ürfen unb 93efct)lüffen unb ^ofumenten Quer ^rt); Bourgeois du Chastenet,
Nouv. bist, du Ck)nc. de (Jonst., ^ari« 1718; Mansi, Concil. coli. t. XXVII et XXVIII;
3. ^öHinger, )6eitr5ge jur politifdjen, firdjlic^en unb ßulturgefcfjic^te ber legten fec^ö 3a^r«
^unberte, 93b n, SDlnnditn 1863; Sltdbental, (S^roni! be3 l^onftan^er ^onjild, ^eiaudg. Don
a». 8». ©ud, Tübingen 1882 in »ibi. bc« litt. «ercinS in @tuttgort CLVIII ; Änöpper,
10 ®in ungebrudted Xagebuc^fragment n., $ift. ga^rb. XI; ^. ginle, ^orfc^un^en unb OueDen
)ur ©efc^ic^te bed ^onftan^er ßonjild, $aberborn 1889 ; berf., Acta condb Ck>D8taiitieiifii8,
6b \, 1896. $on ßorrefponbenjen feien nur bie größeren ermähnt: ber Kölner Unioerrtt&tft*
(lefanbten in Martine et Durand, Thesaurus nov. II, beratener in ^rc^it). f. öfterr. Q^efd).
XV, ber granffurter in Sönffcn. granffurtS SfteicftÄfoircfponbenj. (Sinen Steil ber Äorre-
15 fponbcnj ber a)cutfdjorbenögefonbtfd)aft t)Qt ©cfe üeröffentlicbt in 3fÄ® XVI. @. 446 ff. SgL
au4 bie (S^ronilen ber S^it unb ^lltmannd 9tegeften @igmunbd. — fienfant, Hist. du Ck>nc.
de Const, 1714 unb 1727; ü. SJcffcnberg, S)ie großen Äiräjcnöerfammlungcn beS 15. unb
16. Sal^r^.. 21. 2, 1840; gfr. ü. 8*aumer, 5)ie ^rc6enucr|ammlungen ju ^ifa, Äoftnif unb
©Qfel in ^ift. Jofcftenb. 1849; tCftfabacft, ®ef4i*te ftönia ©igmunb«, »b 2, 1859; Xofti,
20 Storia del concilio dl Ck)n8tanza, Napoli 1855, beutfc^e Ueberf. t). ^rnolb, @4aff^. 1860;
gfr. SRüOer, ^er ftampf um bie Autorität auf bent ^on^il 5U ^onftan^, ga^redber. ber Serl.
ftdbt. ®en)erbefd)ule 1860 ; grr. Steinhaufen, Analecta ad nist. Concilii gen. Const Diss. BeroL
1862; ^übler, a)ie ©onftanjer 8«eformation u. b.(5onforbate i)onl41ö, fieipjig 1867 ; ^efele,
(Sonciliengef^i^te 16b 7, 1869; ©iebefing, ^ie Organifation unb (S^efc^öftSorbnung bed (Soft*
26 nifer Äonjild, 3)iff. fieipjig. 1871 ; ^. fienj, ^önig ©igiSmunb unb ^einricfi V. üon ®ng*
lanb, Berlin 1874; berf., $ret Xrattate and bem ^anbfd)riftenc^f(ud bed S^onftan^er^on^ild,
Harburg 1876; 3of. @d)mi^, 2)ie franjöfifcfte $olitit unb bie UnionSüer^anblungen beS
Äon^ilS uon Äonftani. Söonner 3)iff., 3)üren 1879; Söern^arbt, 3)er einflug be« ÄorbinaU
fcOegd auf bie SSer^anblungen bed ^onftanjer ^oniild, 1880; 3. (^aro, ^ad ^ünbnid von
80 C^anterbur^, 1880; ®tu6r, ^ie Drganifation unb (^efd^äftorbnung bed $tfaner unb
Äonftanjer S^onjil«. »erl. S)iff., S^toerin 1891 ; ©. ©efe. ©tubien jur ®e|cfti(6te beö ßonftanjer.
J^on^ilS, 6bl, ^arbural891; berf., go^. gfalfenberg unb ber preu6ifc6*poInif4e @treit uorbem
Äonftanjer Äonjil in 8^® XVI; (£. ©ranbenburg, Äönig ©igmunb unb fturfürft grriebridj L.
1891; iö. gromme, 3)ic fpanifc^e ^JMtion unb ba^ Äonftanjer Äonail, S)iff. 3Jlünfter 1894;
36berf., ^ie fpanifc^e 9{ation unb bad l^onftanjer ^on^il, ebenb. 1896; berf., ^ie $3abl bed
^apfteö Martin V. in 5RCl@ 1896; (5b. ^el)benrcic^. 3)a« Äonftanjer Äonjil in ©eilage jur
a^^üncb. 9ing. S^itung 1896; ^erm. ©lument^al, 3)ie ^orgefci)i(ftte beS ßonflanjer (Soncilg
bi§ jur ©crufung, ©att. a)ifi. 1897 ; 3oö. Äeppler. 3)ie ^olitit beä Äarbinal-Äoflegium« in
Äonftonj üon Sanuar bi« SJeärj 1415, a)iff. 3Künfter 1899 ; 3Rartin ©ouci^on, S)ie ^apft*
40 toa^Ien in ber ßeit bed großen Sdiidmad, II. ©b, ©raunfc^m. 1899 ; ©. ©eg. ^ie ^nnatenbebatte
ber „Natio GalUcana" be« ^onftanier S^onäil« in 3Ä® XXII, 1900; fi. Salembier. Le grand
schisme d'Occident, $arig 1900; S^elgmann, S)a8 (Jonclaoe in Äonftan^ 1417, ^iff. ©traft«
bürg 1900: ©. ©cB, 3)a8 93ünbni6 uon eatücrbur^ in ^itt^cil.b. 3nft f. öfterr. ©g., 1901.
— «al. audj Äarl aRüHer in 3^® VIII, 222 ff. unb bie «rtifel 2liai, »enebift Xni.,
45 galfcnberg, ®erfon, ©regor XII., Sodann XXIII., 3o^anne§ ^arüuS.
®ie älteren 35arftettungen bon fienfant bt« $efelc fmb ntc^t öiclmcl^r ate (^ronifc
artige Scrid^terftattungcn nad^ ben offijieDen Stften beö Äonjite. SBtc aber bie entfd^ei«
benben Sorgönge ftc^ bor bcn iebe^maligcn öffentlichen ©i^ungen in ben 3SerfammIungen
ber Stationen, bcn Äommijfionöft^ungen unb beh Scratungen ber ©efanbtfd^aften abgef})ielt
60 l^aben, fo lann auc^ auf ben 9lamen einer ©efd^id^tc be^ JtonjUd nur ben ä(nf)i)ru(i^
mad^cn eine ^orfteHung, toelc^e berfuc^t, ben t)erfc^iebenartt9en ftänbifc^en unb politifd^en
^ntereffcn, bie in jenen SScrfammlungcn ftc^ begegneten, nac^jugel^en, fte jurüdjuberfolgen
in bie jetoeilige §etmat il^rer Vertreter unb bie aBed^feltoirfung jtoijd^en ben ©reigniffen
l^ier unb ben 2)ebattcn be^ Äonjitö feftjuftellen. 2)afe baju abgcfcl^en bon ber SSertraut*
55 l^eit mit bem ungcl^curen Duettcnmatcrial be^ Äonjite felbft eine einbringenbe Äenntmd
ber })ofitifd^en ©efc^ic^te aller jener Staaten, bie in Äonftanj ftc^ l^abcn vertreten laffen,
gel^ört, liegt auf ber §anb. 6ine berartigc Oefd^ic^te bc« 5lonftanjer Konjtte bcjt|en
toir nod^ nid^t ©inen glänjcnben Slnfang baju l^at 9K. Senj in feinem „Jlönig Sigi^
munb unb ^einri^! V. bon ©nglanb" gemacht. Sluf i^m l^abtn toctter gebaut ginfe,
60 93eft unb ^omme. 6rft ber in Stu^fid^t ftel^enbe Slbfd^IuB bon ginle« „Acta" h)trb t&
ermöglid^en, eine neue ©efd^id^tc be« Äonjite ju bcrfud^en. Stu« biefcm ®runb ift aud^
bon einer burd^greifcnbcn Sleubearbeitung biefe^ 3lrtifete Slbftanb genommen toorben. —
3)er ^Projefe be« §ufe, ber in ber Oefc^ic^te be« Jlonjite feine SRoIIe fbicit (bgl. ben 81.
„^uft") fotoie bie grogc nac^ ber Slec^t^giltigfeit ber Äonftanjer 3)crrete (bgl. $üMer
ftonjlattj, ftottjil 31
clclD, S. 255 ff.; ^infd^tu«, Ätrd^enrcc^t III, ©. 383 ff.; §cfelea. a. 0. ©. 103 f.; ©a*
lembter (lclO. @. 313 ff.) ftnb übergangen tootben.
3)ad Rongil ju $ifa im ^<ä^x^ 1409, bie erfte jener brei Äirc^enberfammlungen be«
15. ^o^r^unbertö, bon benen man eine Sieformation ber ^ird^e in ^aiipt unb ©liebem
ertDoxtete, ^tte toenigftend bem Jtirc^enfd^i^ma fd^einbar abgeholfen. @d lub jtoei $ä))fte bor 6
ftd^ ol^ ha^ ^öd^fte 2:ribunal ber Jtirc^e unb fe^te beibe ab; e^ erl^ob ^e^anber V. auf
hm a)}oftoIif(^en @tu^I. S)iefer ftarb balb unb an feine @teQe ioö^lten bie Jtarbinäle
Salbaffane 6of{a, ber fi(^ 3^a>^>^^ XXIII. nannte, eine berbe Jlraftnatur, liftig unb fül^n,
audf(^toeifenb uti^ 3U jebem äSerbred^en fö^ig, gierig nac^ @elb, um ed al^ SRittel ber
SRadl^t 2u gebraudl^en, lurg einen 3Rann, ber fi^ e^er )um Jlonbottiere atö gum Slac^folger 10
$etn geeignet ^ötte. älber bie beiben entfetten ^öpfte, ®regor XII. (älngelo Sorraro)
imb Senebitt XIII. ($etro be Suna), entfagten il^rer SBürbe nid^t; jener l;ielt ftd^ in
ättmini, biefer l^te feinen älnl^ang in Bpanitn unb ©d^ottlanb. @o h>ar aud bem gtoei»
ld))figen ^ßa))fttum )um Srgemi^ ber Stielt ein breifö^figed getoorben. Unb gleid|^ atö
^otte er feinet 93er{)yred^end einer Steform, touc^erte ^at)ft ^jol^anned mit feiner 9Bürbe is
unb trug fc^amlod oDe jene SDli^bräucj^e gur ©c^au, bie man fo bitter betlagt, fo übel
bemtfen ^otte. Sa tourbe er ))lö^lic^ burc^ einen 3inxat feinet btdl^erigen SSünbner^, bed
jtönig^ Sc^idlaui^ Don 3ltci!pA, faft bed gan;ien ftircf^enftaated beraubt unb touf^te in feiner
%)t niemanb um ipilfe an2uft)red^en al^ ©igmunb, ben römifc^en Aönig. Diefer aber
machte ein allgemeine^ Jton^il auf freiem Soben jur S3ebingung, feinen unb feiner Station ao
Ifb^ften äBunfd^, ben 3Bun{c^ aller too^lgefmnten (El^riften, bem befonberd bie ^ßarifer
UniDerfttöt ben tül^nften Slu^brudC gab. ^n fc^mad^er ©tunbe überlief ber ^ap\i i^m bie
SBo^l bed Orte^, unb bie Sleid^ftabt ^onftan^ am S3oben{ee iourbe i^rer geeigneten £age
tDegen ou^e^en. SSon beiben gemeinf^aftlic^ gingen ©(^reiben unb ^otfd^aften aud
unb luben gum Jtonjil, toelc^ed am 1. SRobember 1414 eröffnet ioerben foEte; au(^26
®rcgor XII. unb Senebitt XIII. tourben aufgeforbert, gu erfd^einen. ^eilic^ bereute
l^o^ned bolb, hai er bem ©d^irm^erm ber ^ird^e ben gefä^rlid[^en äBunfd^ erfüllt, ju«
mal ba Sobi^laud tur^ nad^^er ftarb. ^n ber ^offnung inbe^, burc^ ®elb, ^lugl^eit unb
bie mitgebrad^te äln^a^l italienifd^er ^rölaten bte 93erfammlung nac^ feinem SSiitllen gu
lenfen, tomn <md) mit bangem ^orgefül^l, ritt er am 28. Dftober 1414 in jtonftanj ein. so
Sin glon^enber $offtaat umgab il^n, man jöl^lte 1600 $ferbe in feinem ®efolge. SSon
ber ©tobt unb bom Jlönige toar i^m ©ic^er^eit gefteQt; auc^ l^atte er gu feinem ©<^u|e
ßenog ^ebrid^ bon Xirol getoonnen. Sa^ ©rfd^einen bed $a))fted felbft böm))fte
bod ^iBtrauen berer, bie bi^l^er an ein gro^e^ allgemeine^ ^on^il nic^t )u glauben ge-
tDagt Rotten. @d- tourbe am 5. 9{obember bom vßapfte in ber Somfirc^e feierlid^ eröffnet 86
unb ^elt am 16. 92obember feine erfte allgemeine ©i^ung. ^n ber S^riftnac^t erfd^ien
axuif König ©igmunb, ber ©d^irmbogt ber SSerfammlung mit einem ))run!ooQen befolge.
SSmo^li^l lamen aui allen d^riftlid^en Sanben 29 Karbinäle, 3 Patriarchen, 33 Snbifd^öfe,
gegen 150 Sifc^öfe, über 100 Slrjte, eine toeit größere 3^^^ bon Üßrofefforen unb Sortoren
ber 3;^ologie unb ber Siechte, über 5000 9Rönc^e berfd^iebener Drben, augerbcm eine *o
äRenge bon ®efanbten unb ©tettbertretern bon ^rften unb ein reic^^e« ©efolae bon.
Sbelleuten. hieben einer firc^lic^en Serfammlung ging )ugleid^ ein euro))äif4ier Üongreig
ffct. Sie 3^1 ^^ jw Äonftanj antoefenben toeltlid^cn gremben betrug ju berfc^iebenen
Reiten unb nad^ berfq^iebenen Serid^terftattern gmifc^en 50* unb 100000. SKod^ten bie
^ebner ber iSerfammlung bie (E^riftenl^eit toie in ©ad unb älfc^e trauemb befeufjen, bem tf
toiberf))rai^ ba^ üpjpx^t, f^rac^tentfaltenbe Seben ju Jlonftanj ; mochten ©ebete, SDReffen unb
$roj|^{tonen bed ^ö^ften ©egen für bie itirc^e erflel^en, fo ergö^te man fic^ boc^ mel^r
an ruinieren unb ^ten, an ®au!lem aller 9lrt unb gefuntenen Simen. @$ toaren
boruiglid^ bie ^rofefforen ber Uniberfttöten, bie Soltoren unb bie ^önd^e, bie fi^ in
audffl|rli(^ ftlageliebem unb Alagejc^riften über ben entarteten unb zerrütteten 3uf^<^nt> ^
ber Jtm^ unb über bie 9lottoenbigfeit il^rer SReform ergoffen. §ier toie ju ^ßifa \pxai)
fU^ bte ©e^nfuc^t nad^ bem ^beale ber urf})rünglid^en a^oftoltfcf^en ^irc^e aud, aud^toaren
bie t^efü^enben ipäui)ter Ijjier toie bort biejclben. SRur traten in Äonftanj bie Uniüerft^
täten unb Sottoren, bie £aien unb gtoar pmal bie ^rften, il^re @efanbten unb ^of*
(eute no(^ ft&rter ^erbor ald in $i(a ; e^ toirb bereite bad ©timmred^t für fte in ^n{))rud^ »
genommen. Unter ben granjofen jeid^ncten ftd^ ber Äarbinal ^iene b*2lilli unb 3ean
S^ier be ®erfon aud ; «festerer erfdpien im 92amen ber Uniberfttät $arid aU i^r Jtan^ler
unb ald ©efanbter feine« Rönig«. Unter ben Stalienem galt Äarbinal 3öbarclla afe ber
erfle. ©ie \pxai)m fül^n unb im 2^one ber Segeifterung, ate Organe ber neuen frei*
gnftigen Sti^^tung unb mit einer @elel^rfamtät, bie, obtool;! befangen in ben fd^olaftifc^en eo
32 ftonftatt), ftottgU
formen, bie ^engc ber UntDtffenben bod^ (c^tDeigen l^ieg. @erfon begeid^nete man bolb
ald bte @ee(e be$ JtonjUd. S)rei $au))taufgaben ^atte bodfelbe ju löfen: bte ^(uf^ebung
bed @d^igma, bie Prüfung ber Seigren SBidifd unb $u^' unb bte 9lefonn ber 5ttrc^e in
$au}>t unb ©liebem. S)a^ Ie|tere bon ber ^efc^röntung ber }>onttfiIalen SJlad^t bed
6rdntifc^en @tti|^Ie$ au^el^en toerbe unb foDe, tDu^en bie Jturialen fe^r tDO^l; biefer ©e«
banfe machte il^nen unb bem $at)fte bo^ Aongil unJ^eimlic^. — ©dpon feine Organifation
jeigte beutlid^ bie Stellung, bie ed einzunehmen gebadete. $af)ft ^oi^anned ^otte auf bie
üblid^e älbftimmung nad^ Jtö^fen gered^net; bie ^enge ber italienifc^en, armen unb bon
il^ abhängigen Prälaten, bie er mitgebrad^t, foDten i^m ba^ Übergetoid^t fiesem. Xber
10 gerabe ba$ 9(uftreten ber Italiener ald eine gefd^loffene, burc^toeg }>af)iftifc^ gefinnte
%5rt)erfc^aft trieb auc^ bie 0}>}>ofttion gu einer nationalen ®ru))}>ierung, bie an [xdf einem
borperrfc^enben (Streben jener Qtit entf}>rad^. @d bilbeten fi^ wnäd^ft freie äSereintgungen
ber franjöfifd^en, beutfd^en unb englifd^en Station, ^^r Verlangen, tünftig in ben
©eneralberfammlungen nac^ Stationen abguftimmen, angeregt burc^ bie (Snglänber, ftie^
15 anfangt auf garten SBiberftanb, tDurbe aber feit bem 7. ^bruar 1415 o^ne eigentlichen
Säefd^lu^, ja tro| ber SRajjoritöt ber @timmbered^tigten, mit einem turnen @eh)altfd^ritt
burd^gefei^t. 3)ie SSierjal^l, an bie man bei ben Uniberfttäten getoö^nt toar, mad^te fid^
geltet^, toie benn überl^au))t bad SSorbilb jumal ber ^arifer ^o^fd^ule in ben ®ef(^ft^
formen be$ Aonjild bielfad^ erlennbar ift. @o erfc^einen fortan bier jtdrf)erfc^aften : bie
20 beutfd^e Station, an tbeld^e fu^ bie 2Benigen anfc^loffen, bie aug Ungarn, $olen, ^äxit^
mart unb @Ianbinabien antoefenb toaren, bie fran^öftfc^e, bie englifd^e unb bie italienif d^e ;
iebe beriet für ftc^. S)aju fam f))äter, feit ber @ntfe^ung Senebittd XIII., bie f})anif(^
ol^ fünfte. S)iefe @ru))})ierung ift bebeutung^boU genug für ben ^roge^ ber älufldfung
be^ l^ierard^ifd^seuro})öif^en Sierbanbe^. ^ebe Station toä^lte fic^ einen SSorftanb, ber
26 monatlich toec^felte; in jjeber führte ©timmenmel^l^eit ju einem ^efd^luffe. Sin 9(udf(^|
bermittelte unter i^nen, unb nationentoeife tourbe bann in ben öffentlid^en Si^ungen in
ber S)om!ird^e abgeftimmt, bod^ toar m einem ©eneralbefd^luffe be^ Jtonjild Sinftimmig-
teit ber bier Stationen erforberlic^. Stac^ bem eintrage bed $af)fte$ foDten nur bie
jtarbinäle, ©rj« unb 93ifd^öfe, bie ^rälaten unb Drben^enerale eine entfd^eibenbe Stimme
80 ^aben. S)oc^ tourbe e$ jjeber Station freigeflellt, in il^ren SSerfammlungen auc^ bie S)oIs *
toren, ben nieberen Äleru^, ^rften unb beren ©efanbte mgulaffen. ^n biefen ru^te aber
gerabe bie §au^)tfraft ber gegen))ä^)ftlic^en Partei. — 3)ic ^age, toeld^e bon ben SUif-
gaben be$ Aongild guerft m erlebigen fei, erfc^eint an ft^ bebeutfam. S)er $a))ft tooDte
bie Priorität ber Sc^anblung auf bie ^uffitifc^c Äe^erei lenlen. 2lber e^ j^atte fic^ fofort
35 unter ber ^^^rung ber beiben Jtarbinöle älilli unb ^iUaftre eine toefentlid^ aud franko«
ftfd^en ^röloten unb S)o{toren beftel^enbe 0)))}ofttton gebilbet, toeld^e barauf anfing, bie
Union^frage in ben ^orbergrunb ju rücfen. 3)ad Pisanum foDte gtbar nid^t auf«
aeroben, aber boc^ ignoriert toerben; an alle brei $ät)fte, aud^ bie bereite abgefegten,
foDte bie älufforberung }u freiwilliger älbbanlung ergeben, ^n bem römifd^en ^nig fanb
40 biefe Partei einen fräftigen Slüdt^alt ; i^r erfter (Srfolg toar bie Sw'Iöffw'^ ber ®efanbten
©regord XII. mit allen ^^d^m i^rer Sürbe. Unb balb lonnte ftd^ aua^ ^ol^ann jener
^orberung nid^t me^r entgte^en; am 2. SJtärj 1415 ertlärte er in offentltd^er @i|ung
feine 93ereitn)intg!eit gur ßeffton unb erlieg unter bem 8. eine barauf begüglid^e Sülle.
§n ben nun folgenben äSerl^anblungen über bie 9lrt ber älu^fü^rung biefed 9Serf}>red^en^
46 (burc^ ^rofuratoren ober in eigner $erfon) boU^og fic^ aber eine ben Fortgang beö Äonjite
bebro^enbc 38erfc^iebung ber ^Parteien: bie bi^l^erigen gü^rer ber antit)ä})ftlic^en D^op^n
unter ben Jlarbinälen fc^Ioffen ftd^ mit i^ren JtoUegen unb ben ©efanbtfcpaften bed jtdnig^
bon granhretd^, fotoie bed ^erjogd bon Surgunb gufammen gegen @igmunb unb ben bon
2|ol^anne^ SJtaurofü, ^atriard^en bon älntiod^en, einem alten ä(nti}>oben älilltd, geleiteten
60 ©eneralau^fd^ug, ber ani I)ei)utierten ber in Silbung begriffenen Stationen fic^ ^ufammen«
fe^tc. Offen tourbe auf jener Seite bte Verlegung beg Äonjil^ nac^ Sübfranlreid^ be*
ft)rod^en. 3)te 6ntfd^eibung lag bei ber frangöfifc^en Station, too nur eine fd^toad^e 9Jlajo=
rität, gefül^rt bon ber ©efanbtfd^aft ber ^arifcr Uniberfttät, für Sigmunb^ ?}olitiI fid^
ergab. I)ie unfluge gludj^t 9[o^önn« in ber Stad^t bom 20. ouf ben 21. SDtörj l^otte
56 aber, nac^bem bie momentane $ant! übertounben toax, eine ungeal^nte Stär!ung ber
Union^s unb Sieformpartei nir golge. 3)ie Stationen fonftituierten fic^ nun boHenb^ jur
oberften Vertretung ber allgemeinen Äird^c — junäc^ft unter Slu^fd^lug be« Äorbinal»
folleg« ate fold^em — unb in ber 5. Si|ung am 6. 2l})ril 1415 tourbe jum 3)efret er=
l^oben, bag ein im 1^1. @ei[te rec^tmägig berfammelte^ Jton^il feine ©etoalt unmittelbar
eo bon S^riftud ^abe, unb bag jeber, tDe| Stanbee er au^ fet, felbft ein $af)ft, i^m )um
ftottftattj, ftottjU 33
®^otfam t)er)}flt(i&tct fei in aOem, toa^ ben ®la\xhcn, bte 9(u^rottung be^ @c^i^ma unb
bic Slefonn betrifft. — ©lei^jeitig traf ben Sejd^üftcr gol^ann^^ ben ^ergog ^ebrid^
tnm 5EtroI, bie äd^t be^ 9leic$e^^ unb rafc^ folgte feine böttige 3?ieberh)erfung. ^a-
bun^ tDurbe aud^ bie toeitere ^lud^t be$ $a^fted nad^ 93urgunb bereitelt. 3$on ^eiburg
iDUtb« et old ©efongener bed Jtongtl^ nad& bem @d^loffe @ottlieben bei itonftanj gebracht, 6
too (oxdf Qni gefangen fa^. 9lm 14. ^i ]pxa6^ baiS itonjil feine Su^enfton, am 29.
feine äbfe^ung an^. ©regor XII., ein ®reig Don 90 S^i^^^n, legte am 4. 3uli 1415
feine ®etoaIt freitoiQig nieber. 9Iun toar nur Senebilt XIII. noc^ übrig. @r aber tooUte
nur in eigner $erfon abbanlen unb forberte ju biefem ^to^ä, toenn ni^t eine 38erleguna
bcd Jlonjite, fo boid^ eine 3ufammentunft mit @igmunb. 3uf ^^^^ ^i^ ^^ ou^fc^Iie^Iicp lo
au^ ben Stationen ertoöi^lten 3)e^utation ber ^nftan^er älerfammlung mad^te biefer ftq
im 3uli auf nad^ Sübfranbeid^. ^n 92arbonne unb $erf)ignan tourbe bom äluguft hx^
in ben S)e)embet ber^anbelt, ol^ne ba6 man ^toifc^en ben bered^tigten älnf^rüd^en 93enebi!td
unb ber @elbftbe](fau))tung bed beutfc^en AonjUd einen älu^gletc^ ju finben tou^te. Sticht
o^ne bie 3Ritn)irning bed Übergetoic^td, h)e((^e^ ber @ieg ber (Snglänber über bie ^anjofen i6
bei Xjincourt am 25. O!tober bem germanifc^en (Slement gegeben ^atte, gelang e^ aber
@igmunb, bie f))antfdien Sleid^e, junäc^ft älnagonien, 92ak)ana unb Portugal, f}>äter au^
Radien bon 99enebilt p trennen, ^ie SSereinigung mit bem ffonjil freilid^ unb bie
Silbung einer f))anifd^en Station haitt noc^ gute Seile. @igmunb feierte nid^t auf ge^
rabem äBege nad& jtonftang jurüa; er fc^meid^elte ftc^ mit bem®ebanlen, ^totfc^en ^ranl« 20
reic^ unb Snglanb ^eben ftiften )u lönnen. @^ toar i^m gelungen, ba^ ^avößt ber
fran)5ftfd^en ©efanbtfc^aft, ben ^ergog Subtoig bon Saiem^^ngolftabt, ben Siruber ber
frongöfifd^en ^ntgin, auf feine Seite }u gießen. (Seiner $tlfe toar im toejentlid^en bie
rafd^K Stiebertoerfung ^ebridj^ bon 2^iroI unb bie ©efangennal^me S^o^ann^ XXIII.
Sbanfen getoefen. Stgmunb l^atte ftd^ bann auc^ bad Siertrauen ber orleaniftifd^en 25
itglieber ber franjöfifd^en ©efanbtfd^aft unb bor aQem bed jeittoeife in ^onftan^ ton«
angebenben Aanjler^ ber $arifer Uniberfttät, ^o^anne^ @erfon, ertoorben, inbem er ftd^
für bie Serurteiifung ber Se^re bed ^ol^anned $arbud über ben 2^brannenmorb engagierte.
Sber in ^ßori^, too er auf eine bon bem ^erjog Subtoig II. bon ^njou gefül^rte ^rieben^-
tHtrtei fid^ ftü^en mu^e, gelang ed i^m nic^t gegen ben (Sinflu^ be^ ©rafen Sem^arbao
bon Xrmagnac aufjufommen, ber gugleid^ mit ber @ad^e ber DrI6an^ bie ^olitifd^e toie
foi^U^K ^rärooatibe ^anhreic^ berfoc^t. Unb al^ er nad^ Sonbon ftd^ begab, um bon
^ier aud ber $arifer |^ebene}>artei bie nottoenbige @tärtung jugufü^ren, n)urbe er
boQenb^ bon biefer im Stic^ gelaffen unb fc^Io^ nun, mel^r gejtoungen, cii freitoiQig,
mit $einri(^ V. bon Snglanb (Sluguft 1416) jenetS 93ünbni^ bon ßanterbur^, ba^36
i^n h>enigftend auf bem $a)}ier gum ^einb ^anhrei^^ machte, ^ie §olge toar,
bog et, nac^ Aonftanj jurüdtgele^, mit ber fanatifd^en D}>}>ofttion aQer ^atriotifd^en
pran^ofen bed Aonjitö, auc^ unter ben Jtarbinölen, ju !äm)}fen ^atte. ^urc^ bie Stefonn«
frage, an ber man fic^ ^ier toäl^renb ber l^tiäbrigen älbtoefen^ett bed $roteItord refultat«
lod berfud^t ^atte, toar bereite bie neue JlonfteUation borbereitet toorben. S)enn bei ber 40
^age ber ^frünbenbergebung mu^te ftd^ fofort ein ©egenfa^ gtoifc^en ben $rö(aten
unb ben 3)oftoren ergeben. 2)ie Sonangebenben unter biefen, bie ^arifer, Ratten bereite
^ h>ieber^oltenmalen erfahren, ba^ fte fi^ unter bem $rälatenrcgime (@a((itanifc^e ^rei-
betten) biel fd^(e<^ter ftanben aU unter bem }>äpft(ic^en. ^toax toar in ber fränjöftjc^en
Station banf ber gefc^idtten Leitung bed Patriarchen bon ä(ntio(^ien im ^erbft 1415 46
(Xnnotenbebatte) biefer ®egenfa^ no$ berbedt unb ein ein^eitlic^ed äSotum gegen bie äln«
noten eruelt toorben. 9lber bad bon ben Jtarbinälen mit gef^icfter Serec^nung angeregte
erfte Sfleformatorium (feit 3uK 1415) mu^te, unfähig ber gegcnfä^lic^en ^ntereffen $err
2U tDerben, feine arbeiten einfteQen. ä(u(^ ein jtoeiter Steformau^fd^u^, ber im 9(uguft unb
@e))tember 1417 tl^ötig toar, tam nid^t toeiter. älbgefe^en bon ber älbfe^ung SBenebtlt^so
am 26. 3uli 1417 ift feit ©igmunb^ Stüdtfel^r bi« jum Df tober nid^t« erreicht toorben.
3)ie 3«t berging unter ben ^eftigften Streitigfeiten teU« über ben 5pia^ ber \pa^
n^dfm 3)e))utierten unb ba^ Sted^t ber @nglänber eine Station ^u bilben, tetl^ gtoifc^cn
€igmunb unb ben ^arbindlen über bie Si^er^eit bed iton^il^ unb ben SJtobu^ ber ^o^ft^
taKi^I, teild ^toifd^en ä(rragoniem unb ^aftilianem über bie Stimmenjal^I innerhalb i^rer 65
Station. Unb ungelöft fcptoebte barüber bie §ouj)tfrage, ob man bie Sleform bor ober
ttoc^^ ber ?Pa))fttoa]^I erlebiaen foHe. 3)ie Slefultatlofigfeit ber bi^^erigen Sieformarbeiten
gab bai Äarbinölen ein Stecht bie Priorität ber $a))fttoa^I gu forbern unb fie Ratten ber
(StmifunQ biefe« 3'^'^ ^ »^^« Sonberintereffen untergcorbnet. 3)iefe ßin^cttlic^feit i^rcr
$o(itiI berlie^ i^nen bon bom^erein ein Übergetoic^t. Sie !onnten aber bereite auc^ auf go
■toMw^eiotaMc fiT Sl^logic niib 9M^ 8. «. 21. 3
34 ftottpanj, ftottjil ftontiolattott
eine fiebere ©efolgfc^aft bct 9Waioritäten in ber franjöfifd^en unb ber italienifc^en Station
red^nen. 9Qd au^fc^loggebenber ^attor ober tarnen nun bie @}>anter, bie fünfte Station
be^ jtonjild, binnt. ^on boml^etein Ratten ftc^ bie itaftilianer bem AoDeg unb feiner
$o(itit angefc^loff en ; aber auc^ bie Slrragonier, bereu ^nftruftionen me^r ein ^uf^ntmen«
6 gelten mit @igmunb unb Snglanb entfprac^, tourben in ber entfc^eibenben ^age Jd^lie^id^
auf bie ultramontane @ctte ^inübergeu)gen, fo * ba^ nun bad ^oQeg über bie Majorität
bed jtonjtld gebot, ^amit toar inbeffen, ba @inftimmigfett ju einem 3)eh:et nottoenbtg
toar, nod^ ni^t aQe^ erreicht; unb e^ fc^ien, <d^ ob @igmunb unb bie 3)eutfc^en hierin
niemals nachgeben toürben. 9lber aU nun bie Snglönber, benen bont ber bereite er«
10 reiften tirc^Ud^en älutonomie \fyc^^ Steic^ed an ber Sleform toenig (ag, feine Steigung
mel^r geigten, ben Jtonflitt toeiter ju treiben unb auf eine SSerftänbigung bröngten (SJtiffion
be$ 93tfc^of^ ^einric^ bon SBind^efter, 3lnf. Ott. 1417), ba mu^te @igmunb, tooQte er
nid^t aUe^ t)erlieren, bie Priorität ber Steform }>rei^geben, unb ber beutfc^ Station, fotoie
ben übrigen Sleformfreunben blieb nic^tg übrig, al^ i^m ju folgen. §n ber 39. ©effton
16 am 9. Dttober 1417 tourben jtoar bie toenigen Sleformartitel, über bie man fic^ geeinigt
^atte, fanttioniert unb ba^ folgenreid^e Setret ^equend befc^Ioffen, nac^ toel^fem junac^fl
in 5, bann in 7 unb für bie ^olgegeit in 10 ^o^ren allgemeine itongilien ftd^ toieber«
^olen unb bei eintretenben @(^idmen bon felbft jufammentreten foQten. S)ann tourben
auc^ 18 S{eform})untte im oorau^ beftimmt, über toeld^e ftc^ ber tünftige $af)ft mit
20 bem Äonjil „ober ben 3)ej)utierten ber Stationen" ju einigen ^e. Slber toie toenig
bamit erreicht toar, fobalb toieber in einem ^a^)ft eine fefte Vertretung beö ^ierarc^ifd^^
lurialen ^ringi))^ gefc^affen, foQte fid^ balb geigen. — 9luf ®runb eine^ bon frangdftfd^er
Seite boraefc^lagenen SJtobu^ tourbe am 11. Stot^ember bon ben Jtarbin&len im SSeretn
mit j|e feqd deputierten ber fünf Stationen ber 5tarbinal Obbo SoDonna )um ^Qp\t ge»
26 toäl^lt. @r nannte ftd^ SJtartin V. 9lm längften Ratten bie ^anjofen im ftonllabe feiner
SOSo^l toiberftrebt, benn er toar ber itanbibat @igmunbd unb ber (Snglänber, aud ber
Obebieng ©regord XII. Slber er ^atte an ben $arteifragen toenig teU genommen unb
galt für einen nüd^temen, mäßigen unb in ben ^dnbeln ber 3Belt too^lerfo^renen SRann.
Bp&itt }eigte er einen toiberlic^en ®eij, unb ba^ er ein Solonna toar, tourbe fül^lbor
30 genug, ^ür bie Steform toar bon übler äiorbebeutung, ba^ bie ßanjleiregeln, bie er nai^
altem ^ertommen am f olgenben ^ge erlief, bie t)ielgetabelten Übergriffe unb 9)ti^btäu(^
feiner SSorgönger toieber fanttionierten. 3)ann ernannte er eine itommiffton bon fed^ Rox^
binälen, bie mit ben älbgeorbneten ber Stationen unter^anbeln foDten. @igmunb^ (Sinflu^
toar ba^in, bie SSäter ermattet, ftatt eine^ ötumenifd^en itonuld gab e$ eigentlich nur no<^
86 fünf Stationaltongile. Gine allgemeine unb gteid^artige Hird^enbefferung tourbe ald un«
mögltd^ aufgegeben. S)er $a))ft einigte fid^ mit ben Stationen in brei @e))aratberträgen,
bie atö Jlontorbate bejeid^net tourben, ein äludbrudt, ber ^ier gum erftenmale erfc^int
(Sined tourbe mit ber beutfc^en, ba^ gtoeite mit ber englif^en, bad britte mit ben ber^
einigten Stationen ber ^angofen, Bpankx unb 3*<^Ii«"^ abgefd^Ioffen, unb jtoar auf bie
40 3)auer bon fünf S^l^ren, f o baft fie ein ^roüif orium bi« jum näc^ften Äongil bilbeten ;
nur baS englijd^e Rontorbat tourbe für etoige Sitten gefd^loff en (f. b. ä. Äontorbate 58b X,
705 f.). 3)ie toeitere grünblic^e Slef orm ijerfc^ob man auf ein tünftige« Äonjil, toeldj^ed ber
^ap\t in fünf ^a^ren m $abia, alfo auf italtentfc^em S3oben, anfagte. Um aber feit\em
(Sibeju genügen, erlief ^Kartin noc^ eineSleil^e bon Steformartiteln, bie aber enttoeber nur
46 SBerf))rec^ungcn ober fo ücrtlaufuliert ober unfic^cr toaren, ba^ man teine S>pnx bon
i^rcr SBStrtung bemertt. gn ber 45. unb legten Si^ung am 22. Wßx'xl 1418 bertünbete
er burc^ eine SuHe, ba^ er ba« Ronyl auf beffen ©ege^ren fc^lie^e unb entlaffe. Äönig
Sigmunb tourbe für feine Untoften mit einem 3^i^nten bon allen geiftlic^en @ütem feine«
SRetc^e« entfc^äbigt. SJlit großem ^ßomj) berlieft ber ^a))ft bie Stabt, ftitt unb berfc^ulbet
60 ber Äönig, unmutig unb unjufrieben bie meiftcn SJtitglieber biefer SJerfammlung, beren
eimige« Serbienft, bie §ebung be« S(^i«ma, nid^t entfernt ben ©rtoartungen unb Sieben
m\pxad), bie eine Siegeneration ber gefamten Äird^e ber^ciften l^atten.
{&. »oigt t) »* »e§.
aottjHtitttoncn, a))oftolifd^e f. Sb I ©. 734—741.
66 ftontem)iIatton f. SJt^ftit.
aonbototion f. anglitan. Äird^e S3b I S, 543, u»-544, 22.
ftool^aad Stopiattn 35
Stoolf^aa», RaSpax ^an^^oon, geft. 1615. — ^. (S. S^ogge, Caspar Janszoon
Coolhaes, de voorlooper van Armmius en der EemoDstranteD, ^mft. 1856, 58, 2 Sie. Sin
ooDftfinbiged IBer^eic^nid feiner 64riften bei dlogge, Bibliotheek der remonstrantsche ge-
achriften, «mft. 1863, @. 12 ff.
ftooD^oo^ tourbe am 24. Januar 1536 )u ^In geboren. @r ftubtette ^ter unb in 6
Sfiflelborf unb trat in ein üart^äuferflofter in ^blen^ ein, toanbte [xd) ober fd^on in
feinem 24. ga^ ber JRefotmation ju. SSon 1560—1566 J)rebigte er in Srorbad^, Seit
jiein unb 9{af(au=@tegen ; bon ^ier a\x& tourbe er nad) 3)ebenter berufen. $ier ber^in^
berte er burc^ fein ma^boDe^ Sluftreten bie 93ilberftürmerei; mu|te aber, aU bte @tabt an
bie @t>anier überging, nac^ S)eutf(^lanb flüd^ten. @r toirlte in @ffen unb SRanni^eim; lo
bid er 1573 nac^ (Sorind^em unb im folgenben ^a^re nac^ Seiben berufen tDurbe, h)0 er
aber erfl nad^ ber Belagerung fein 9lmt antreten lonnte. Sei ber ®rünbung ber bortigen
Unibofttät ^ielt er bie @röffnung§rebe fotoie bie erften t^eologifc^en SSorlefungen bi^ jur
Xnhmft bon ©uiQaume ^gerai^.
3n einem @treit jtoifd^en Slegierung unb Jtird^enrat berteibigte Jtool^aad ba^ Stecht u
ber Obrigfeit in tirc^lic^n Slngelegenl^eiten. @(^on auf ber @^nobe }u 3)orbred^t 1572
botte er fid^ gegen bie bort feftgefe^te ^ird^enorbnung erflärt, toeil bie Jtird^e ftc^ nac^
feinem Urteil me^r Stecht anmaßte ald il^r }ulam unb bie ©etoiffendfrei^eit berhlnen
tooQte. @r geriet in @treit mit feinem itoDegen Bieter Someli^oon, ber burc^ bie utc^
gieruna abgefe^ tourbe. 3)arauf^in berboten bie Pfarrer ber Slafftd bon Sübl^oOanb 20
ccad^ ^ol^ood bod ^rebiaen, ober bie Slegierung befoJ^I i^m im Sienft ju bleiben. Aaum
toar biefer @treit burc^ SSermittlung be$ älnttoerpener ^farrerd ^brano Salfö beigelegt,
(Ai itool^ad bei ber @^nobe bon 3Ribbe(burg 1581 toegen ^eterobo^ie angellagt tourbe.
SBtrKtclf badete er über bie ^röbeftination unb anbere S)ogmen anberd aU bie SRel^r^
ytäjH ber fhreng calbiniftifc^en ^oOänbifc^en Pfarrer. 3)a er \x6^ Weigerte gu toiberrufen 35
unb bog nieberlanbifc^e 93etenntnid ^u unterj^eic^nen, tourbe er abgefegt ; bie ^aarlemer
S^nobe bon 1582 t^at i^n fogar atö Slbtrünnigen in ben 93ann, bi^ er fu^ belehren
tourbe. 2)ie Seibener Slegierung jaulte il^m noc^ etliche ^al^e feinen ®e^alt an^, unb er
felbft fu^r fort in befonbcren Sänften feine ttberjeugung ju berteibigen unb bad SBorge^en
ber Solbiniften )u berurteilen. 9(uf ber nationalen S^^obe im $aag 1576 fam feine so
6a(^e nod^mald ;|ut SSer^anblung. ^er 93ann tourbe aufgel^oben unb er burfte nac^
einem ^Iben ^ol^re toieber einen 9)uf annel^men; atö er aber o^ne 3uf^i>n>nut^d ^^
Slaffid in SQiarmonb ))rebigte, lub er ftd^ neue Unanne^mli(^!eiten auf. (£r jog ftc^
enbltc^ bon ber Airc^e }urüdt unb fuc^te aU 2)tftiQateur feinen Unter^lt gu berbtenen.
Son 3^ )u 3^ K^ ^ ^^d) @d^riften erfd^einen, in benen er feine reltgiöfe Überzeugung 35
au^prad^ unb bie bamaligen lir^lic^en 3uftänbe be^anbelte, bid er am 15. Januar 1615
in älmfterbam ftarb.
itool^ad toar ein bulbfamer ^ann, ber feine religiöfen Slnfc^auungen anberen ntc^t
oufbrongte, aber auc^ bad gute 9ted^t feiner Überzeugung anerlannt fe^en toollte. ^n
feinen reformatortfc^en Slnfd^auungen ftanb er Sut^er nal^e, beffen €(^riften il^m juerft bie 40
ähigen über bte Sd^öben ber fat^olifc^en Jlirc^e öffneten, nid^t auf ber Seite Salbind.
@r erflorte ftc^ gegen bie SSerpflic^tung auf 93elenntniffe unb bie ©eltung fird^lid^er
gformulare, burc^ toel(^e feinet Srac^tend bie c^riftltd^e ^^ei^eit gebunben tourbe, unb mu|
borum gleic^^ toie bie Pfarrer 60m. SBiggert^j in §oom unb $erm. §crbert^ in
@ouba al^ ein 93orläufer bon älrminiu^ unb ben 9lemonftranten betrachtet toerben. 45
$. a. 9{og0e.
St99pttüt9Tf ein mx geiftlic^en Su^^ilfe für unbeftimmte ^eit angefteüter ^riefter, ber
fk^ mit bem orbentlicpen ^ßfarrer in bte SSertoaltung ber getftltc^en Munitionen in ber
9rt teilt, ba^ er in Xbl^^ängigfeit bon bem $faner nur an ben ^lialen t^ätig ift, toobei
er aDerbingd aud^ in ber ^uttertirc^e, toenn bie Umftänbe ed er^eifc^en, bem Pfarrer 50
Mfe gu leiften berj)flid^tet ift. Slid^ter, 3)obe, Äal^il, Jtirc^enret^t, 8. Aufl., 2t\pm 1885,
e. 468. ^ersog f.
St^iüien. — IBinol^am (-®rif(6otoiui»), Origines ecclesiasticae II 42 ff. ; ®. SB. be mo\[\.
Boma sotterranea III 533 ff. unb ebenfo bie übrigen ^atafombentoerfe.
2)ie Totengräber ber alten Äirc^^e l^ie^en xomaxaiy xomajvxeg, lateinifc^ copiatae, 66
fossarii , in 3tom ftetd fossores. Sie toerben fett bem änfang be« 4. Sai^r*
^unbertd bei ben @(^nftftellem ertoäl^nt, }uerft in ben Gesta apud Zenophilum, einem
afrtlantf<i^n ^rototoD über @reignif[e bed ^afycii 308 (im Sln^ang ber 0))tatu^u^aben,
3*
36 fto)itatctt ftoro^
im CSEL 26, 187,3). §ier h)erben fie toic auc^ fonft (Epiphanius Defide c. 21 p. 583
3)tnborf * Ps. Ignatius ad Antiochenos c. 12 ; ein Chronicon Palatinum bed
6.--7. S^'^^^w'ib^^ 6^i Mai, Spicilegium Romanum IX 133) ju bm Clerici mi-
nores gercd^net unb au^ ber arca ecciesiae bcfolbct (Ps. Hieronymus De VII or-
6dinibus ecciesiae; XI 2, 160 Vallarsi). §n anbeten, unb ben meiften, 9(uf}ä^Iungen
be^ nieberen 5tlerud fel^Ien fte ober; unb be Slofftd SSotfd^Iag, fte in folc^en ^äQen mit
ben Dftiariem ju tbentifijieren, f^at toenig eingeleuchtet. Jtonftantiud befreite fte bon
ben Saften, ju benen fie atö ©etoerbetreibenbe t)erj)ffic^tet getoefen toären (Codex Theo-
dosianus XIII 1,1; XVI 2, 15). 93on ifyc^ X^ötigleit in ben Stdmifd^en Aoto»
10 lomben gcugen manche ©emölbe (Bosio 305. 385. 339. 373. 529 = Garrucci II tav.
40, 2. 42, 2. 43, 2. 50, 2. 72, 2 ; ber goffor ©iogene« bei Boldetti GO = Garr. II
41; be Slofft a. a. D. II tav. 17. 18) unb ^nfc^riften (bcSloifi III 542 ff.), au« benen
^erborgel^t, baft fte — feenigften« feit ber 9)ütte be^ 4. ga^r^unbert« — ben äkdouf
ber ®räber gu beforgen Ratten. — 3)a« ÄoUcgium ber gofforeu toirb im 3. ober
16 fc^on im 2. gal^rl^unbert geftiftet fein , fobalb bie Äirc^e ©rabftätten für bie Oe«
meinbe befa|, beren 9(nlage unb Sinft^n^^^I^ung ted^nifc^e itenntniffe, l^btoerf^mä^ige
©efc^idSi^teit unb genaue Solalfenntnid erforberte. 2Bad bi« bal^in ein freier Siebedbienfl
ber einzelnen ßl^riften gelDefen toar, bie Soten ju begraben (äriftibe« Sinologie XV 8),
tDurbe t)on ber ©emeinbe übernommen unb ben ^offoren übertragen. Sa in ben Oesta
20 apud Zenophilum a. a. D. fid^ einer ber ^offoren ald artifex begeid^net, fyd man ge^
fc|lof[en, ba^ man innerhalb i^re« itoUegiumd gtoif^en leitenben Ingenieuren unb aud^
fül^renben ä(rbeitem unterfc^ieben l^abe; unb bie ä(nlage ber Jtatatomben mac^tbied toQÜft*
fc^einlid^. — 3Kit ben Äo))iaten J)flegt mon ba« JtoHegium ber 3)elane ober XexTixdgioi
in ßonftantino))el )u ibentifigieren, beren älnga^l auf 950 begto. 1100 angegeben toirb
26 (Cod. Theod. VI 33; Cod. Justinianeus 1 2, 4; XI 18; Novella 43, 1). ©eSRofp
ergebt aber gegrünbete Sintoenbungen bagegen: bie S)e!ane feien bie (^rHtianifterten
sandapilarii ber ä(nti!e, ein ^au^tftöbtifd^e« HoUegium }um 93egräbnid ber älrmen.
Stopix^i^t ftirc^e, f. am ©d^lu^on 93 b XII.
80 ftoro^. — »Qublffin, ®cf*. b. altteft. ^ricftcrtum« (bej. 34 ff. 51 f. 65. 146 ff. 153.
287); Äauftfdi, W. „Äoro^itcn" bei ©rf* u. ©ruber 2. ©er., »b 39, 36 ff.; 3. Äöbcric, S)ie
Xeinpelfängcr im ^tX 1899, 182 ff.; Äuenen, Theol. Tijdsehr. 12, 138 ff. (= ©cfamm. «bftanb»
lungcn 498 ff.) ; ^ittmann ju Sflu c. 16 ; ©. 3B. ©acon, The Triple Tradition of ExoduB,
1894.190; ©cflöaufcn, Äompofition bc§C)ejatcuct)öM05ff. 184 f. 339 ff., 38racl. jüb. ®ef*. «,
86 191; ©tobe, ®cf(6. b. S3oI!c8 S^roel, 2,201; (£. ^c^er, dntftc^ung bcS 3ubcntumÄ 162.181;
3?obcrt|on ©mitf). The Old Testament in the Jew. Church*, 204 ff.
1. a)ie 5Ramen „Äorai^" unb „Äoral^iben" (pTf?, Vyp.^ o-^n^^PH) lommen im %%
in folgenbcn 3Serbinbungcn \>ox.
a) ®en 36, 5. 14. 18; 1 6^r 1, 35 ift Jtoral^ ein ebomitifd^er Stamm, ®en 36,16
40 au^erbem ein ebomitifc^er Unterftamm, toai jeboc^ t)ie(leid&t nur auf einem ^e^Ier beruht.
b) 1 6^r 2, 43 ift ^oiaf) ein ®efd&Iec^t (ober eine Stabt) unter ben Slad^Iommen
Äaleb«, ber ^ier, h)ie 9lu 13, 6, ^u ben Subäem gered^net toirb ; ob 1 6^r 12, 6 bo^felbe
®efc^(ec^t meint, lä^t ftd^ nic^t ftd^er au^mac^en.
c) 3lm l^äufigften ift Äoral^ ein 5Wa(^tomme £ebi«. ^n ben ®eneaIogien ©j 6,i21.
46 24; 16^r6, 7. 22; 9,15. 26,1, bie übrigen« in ben ein)\ell^eiten ettoa« bibergieren,
gehört er bem ©efc^Icd^te Siai}ai^ an. dagegen fül^rt ba« 9Serjeid&ni« 9tu 26, 58, ba«
auf bie gcn)ö^nlid(>c Dreiteilung betS Sebiftamme« (®erfon, Äoi^at unb 9Herari) leine Slüdfs
fic^ nimmt, ba« lorabibifc^fc ®ef(|le(^t ("»n-pn nncD?:) neben üicr anbcren fieüitengefc^lec^tem
auf. — 3Son bem Äa^atiben Äora^ ^anbelt bie ©rjöl^Iung 9?u c. 16 f., too er nad^ bem
60 je^igen lejte in SSerbinbung mit 3)otan unb 2lbiram fid^ gegen 3Wofe unb Slipon
em>)()rt unb mit jenen beftraft toirb, ügl. 5Ru 26, 9—11. 27, 3. — 3n ber g^nif
toerben bie Äora^iben aU i^orl^üter beig Heiligtum« bcjeic^nct, 1 6^r 9, 19. 26, 1. 19 ;
üon bem ßrftgebomcn Äora^g ^ei^t ^ au|erbcm 9, 31, bo^ er ba« ^fannenbadttoert für
ben Äuitu« ^u beforgen l^atte. — Snbli^ fommen einige ^Pfalmenüberfc^riften in Se*
65 tra4>t (^f 42. 44—49. 84. 85. 87. 88), bie bie angäbe t-.^? '';.^'^. ent^aüen.
2. Unter ben angeführten ©teilen forbert junäd^ft bie ßrjä^Iung 9lu c. 16 f. eine
befonbere Betrachtung. 3)a^ ber %^t l^ier nid^t einl^ettlic^ ift, ^atte man f^on frül^
gelegen, aber erft bie einge^enben Unterfud^ungen ituenen« ^aben bolle« Sicpt borüber
gebracht unb bie Slnal^fe auf enbgiltige äBeife boQgogen. 3lad) ^uenen f^nb in biefer
Soral^ 37
(Srjä^Iimg brei loerfd^tebene 93eftanbletle )u unterfd^eiben, bon benen iebod^ nur ^toei
tDinlic^ DueDenf(^ften entnommen fmb, toä^renb ber britte eine fehtnböre SSearbeU
tunfl be« älteren 3;e|te« ift. Slad^ ber jel^obiftifd&en ©rjäl^Iunö (16, 1 b. 12—14.
15 b. 25. 26. 27 b— 32 a. 33) toaren bie ©egner TOofe« ^aian unb Wxxam, bie feine
gü^rerf(^ft nic^t aner!ennen tooDten unb be^^alb mit i^ren äBeibem unb ^tnbem bon 5
ber erbe berfd^Iungen tourben; bfli. 5Dt 11,6. 9lac^ ber ^riefterfd^rift (16,2—7. 15 a.
19—24. 27 a. 17, 6 ff.) cmjjörte ft* Jtoral^ afe Vertreter be« Saienbolfö gegen 3Wofe unb
9ffaxün old Vertreter ber })riefterU4en SSoned^te be^ Sebigefc^lec^te^; jur Strafe tourben
fte bor bem Eingänge bed ^etligtum^ bom %tiLtt berjej^rt. 3)ie übrigen 2^eUe be^ SSb»
f<^nüte^ ftammen bon bem Bearbeiter ^er, ber Äora^ in einen nic^tjjriefterlid^en fiebiten lo
bertDanbeÜ, tbeld^er im 9tamen feiner lebitifc^en Srüber gegen bie })rtefterlic^en $rdroga«
tibe ät^iorond unb ber SO^oniben o))))onierte.
2)er in biefer Bearbeitung auftretenbe Jloral^ ift nun, tote 16, 1 au^brüdStc^ angtebt,
ber oben unter litt, c ertoäl^nte ital^atibe Jloral^. ^e^l^Ib treffen totr 9!u 26, 11
bie Semertung „bieSöi^ne 5tora^ lamen bamald ntc^t um'', bie ertlären toiO, toie tro^» i's
bem in ftmterer S^t ein Äoro^ibengcjc^let^t ejiftierten lonnte. äu^ ä^nlic^em ®runbe
tberben o^e 3^^M in ber Steprobuftion $f 106, 16 f. nur^atan unb 9(biram genannt
unb Jtoro^ toeggelaffen ; aud StüdCftd^t auf ba$ angef e^ene Jlora^ibengefc^led^t lö^t ber ^id^ter
t^ren Stammbater unertoäl^nt dagegen f}>ric^t aDe SBai^d^einltc^teit bafür^ ba^ bie tn:^
^ptünalxäft @nä^(ung ber $riefterf$rift unter itoral^ einen SRann aud nic^tlebitifc^em 20
®ef(^ied^te ber^anb, benn nur ein fold^er eignete [xd^ naturgemäß jum ^ü^rer, toenn bon
einer Ot)})ofttum gegen bie äiorred^te bed gefamten Sebitenftammed bie St^e toar (17, 18.
23). Sei biefer ©ad^Iage mu^ man bermuten, baß ber Bearbeiter ju feiner Um«
fc^ehung ber Aorai^erjäl^lung einfach burd^ bie Stamen^^nlid^teit be$ Sebiten unb bed
9ä(^t<2ebtten Aora^ geleitet tourbe. ferner muß e$ ald fel^r , untoa^rfc^einlic^ bmid^net 25
tberben, baß fein Beitrag }u biefem Slbfc^nitt auf toirRid^em Überßeferung^ftoffe berul^te,
ba ed bo(^ ein ju metttoürbiger B^f^ g^toefen toäre, toenn bei berfd^tebenen ®t>
legenl^eiten Slänner (bejie^ung^toeife ^milien) mit bemfelben 3lamtn äoxal} in gan)
berfd^iebenem @inne gegen bad $rieftertum aufgetreten toären. 9Stelmel(^ toirb laum gu
bejtoeifeln fein, baß ber Bearbeiter ntc^t bom gefc^id^tlic^en S^tereffe geleitet tourbe, so
fonbem bon bem SBunfd^e, feine lebitifc^en 3^itö^^f!^ ^or ettoaigen gefäl^rlid^en 2lf})is
rattonen )u tooxtxG^,
@(^toieriger ju beanttoorten ift bie ^age nadb bem gefc^td^tli^en SBerte ber urf})rüng«
fielen Dorfteuung ber $riefterf(^ft 9lu c. 16 f. Bon einer feinblic^en Steflung ber ganjen
Saiengemeinbe (16, 3) gegen ben Sebiftamm ift fonft nic^t bie Siebe bei P, unb mon be* 35
lommt be^lb ben Sinbrutf, baß ber Srgä^ler l^ier ni^t tenbengidd erfunben, fonbem
einen fiberlieferten @toff benu|t f^at 9lud^ toürbe biefer Berfaffer, toemt er felbft bie
Situation gef(^ffen ^otte, getoiß nic^t ben 9Iamen be^ bon i^m ftart l^erborge^obenen
Aoro^efc^led^ted getoä^lt l^ben. 9(ber fonft ftnb und bie ber @rjä^(ung ni @runbe
liegenben toidreten Ber^ältniffe nid^t mel^r burc^ftc^tig. 3Ran lann itoar ben >5aienfü^rer 40
ftoral^ mit bem oben unter litt, b ertoä^ten jjubätfqien ©efd^ted^te Koral^ 1 (Si)x 2, 43 in
Bcrbtnbung bringen, aber biel ift bamit freilid^ ni^^t getoonnen. Unb iebenfaUd ift ed
eine fe^ unft(^e Sac^e, toenn man ed berfuc^t f^ai, aQe oben angeführten Stellen ^u
einem ©efomtbilbe ju tombinieren, um baburd^ bie ältere @efd^id^te ber Jtora^tben gu
beleuchten. So meint ). B. ®. We^er, baß bad urf))rünglic^ ebomitifc^e ©efc^led^t Jlora^ 45
(f. litt, a) f)>äter in Berbinbung mit italeb jubaiftert tourbe (litt, b), um fc^ließlic^ bom
^rieftertobes imter bie Sebiten aufgenommen unb burc^ bie Stammbäume biefer Si^rift
legitimiert ^u toerben. Sber bann müßte toenigftend bie Sebitifterung ber itorol^iben fo
toeit jurficRtegen, baß man )ur Reit ber $riefterfcfrift nic^td me^r bon ber Bertoanbtf4Ktft
ber lebitifc^ unb jjubäifd^en Koraj^iben toußte, benn fonft lönnte ber Berfaffer biefer 50
Schrift bo<^ ni^ft )u ^leic^er 3^^ Horal^ burc^ feine Stammbäume ald l^erbonagen«
bed Sebitengefd^led^t legitimieren unb i^n aU BorIäm))fer ber gegen bie Boned^te bed
£ebtfUmtmed o)^onierenben Saien auftreten laffen. Sel^r getoagt ift auc^ ber Berfuc^
Sacond, in 3lu c. 16 eine alte ja^biftifd^e (Sr^lung audguf^älen, nad^ toeld^er ber Sbo-
miter itoro^ unb ber ^l^ilifter On (On ben Peleth 16, 1) beftraft toorben feien, toeil 66
fte in bod ^eißgtum einbringen tooQten.
3. 9Ud totrOic^ greifbare ®efta(t bleibt bemnac^ nur bad im ^riefterfobes unb in
ber ß^nil ottftretenbe lebitifc^e Aora^efc^lec^t, mit bem toeiter bie itora^fö^ne ber
$falmenüberf(^ften in Berbinbung ju bringen fmb. 9lber aud^ l^ier liegt bieSad^e nic^t
fo flar unb emfad^, tote man tool^l toünfd^en mik^te. ^n ber S^ronit ftnb bie üoral^iben er
38 Stotüfi StoTnOta
üRUglteber bed ScDiftammcd unb tl^^rem Serufe nad^ ^oxfßttt bed ^^tgtunt^, fotoo^
in bet mofatfd^en 3«^ (1 6^ 9, 19) toie au(^ ft)ätcr. ^ ber ^tieftetf^rift, too bic ^^w«
^üter unb ©anger übetl^au))t ntc^t erh>a^nt toerben, ge^en bie Jtora^iben ju ben £ebttm
unb ^aben tote bie übrigen Sta^iben (92u 3, 31) bie Shtfgabe, bie £abe, ben %i]d^, ben
6 Seuc^er, bie 3lltäre, ben SSorl^g unb bie Jtultu^eräte gu ^üten. S)agegen redten be*
tanntlid^ bie ölteften Seßonbteile beS 93uc^ed (S^aSld^tmxa^ (too übrigen^ Aoro^ felbft
nid^t genannt toirb) bie @anger unb ^^^or^üter nic^t }u ben £et)iten, fonbem nennen fie
orft nad^ biefen <d^ befonbere Slbteilung. Suf biefe S)iffecen^en, bie eine {e^r umfaffenbe
ä3e^anblung forbem toürben, tann in biefem 3u1amnten|^ge nid^t nä^ eingegonaen toetben
10 (f. b. 9[. Sebiten). 2)agegen mu^ bod SSer^tnid gtoifc^ ben 9(ngaben ber S^ronit unb
ber ^falmenüberfc^ritten tttoa^ nöl^er betrad^tet toerben. 2Bä^n^enb bie in ben ^falmen«
überf^rtften auftretenben 9tamen ^]a!pf), $eman unb @tan burd^ bie Angabe ber G^ronil
über bie @ängerfamtlten hinlänglich beteuertet toerben, ift e^ aufföOig, ba^ toir bie in
11 ^folmen ertoö^nten ^ro^iben in ber 6l(^onif nid^t unter ben Sängern, fonbem
15 unter ben ^^or^ütem treffen, ^od) fel^lt cd l^ier nid^t gang an SSermimungen. @o
toirb 2 &)x 20, 19 mä^lt, bag bie ita^atiben unb Aora^iben )ur Reit Softjad @ott ,,mit
lauten Stimmen px\t\tti", toobei aQerbingd bie Slebeneinanberfteuung kH>n Jto^t unb
Aoral^^ giemlic^ befrembenb ift. 1 Qijx 6, 18 ff. toirb ber Stammbaum bed ©ängerd ^emon
auf ben Aa^atiben itora^ jurütfgefü^rt. 3(u^erbem l^ei^t ber Soi^n ^ra^ f^m toie oud^
ao 6, 8. 9, 19 unb ^ 6, 24 „W>xa\(Os>Y, toorin Slobertfon @mit^ \do^ mit Stecht eine
genealogifd^e ^^^eorie t)ermutet fyd, bie bad Sängergefd^kd^t ber 3lfat)riben (bie fonft Don
©erfom abgeleitet toerben) unter bie Aora^iben fubfumieren tooQte. (Snbltd^ f(^nt bie
Unterfc^ft 1 6l^r 9, 33 „ha^ finb bie Sänger'' ftc^ auf bie unmittelbar iyoxf^ix genannten
Aorobiben 93. 17 ff. ju bejie^en, obfd^on ed aäerbingd nic^t gang au^efd^loffen ift, ba|
26 bie SBorte mit 9S. 14 ff. )u berbinben feien. S^ebenfaDd ftel^t man aber ncldf beutlicp,
ba| bie ®ren}en ^toifqen ben Sängern unb ben ^orj^ütem in ber S^ronil nic^t gonj
fc^arf fmb, eine ^^j^^atfac^e, bie auc^ burcf^ anbere Srfc^einungen beftätigt toirb, k)gl. ). 93.
Sle^ 11, 17 mit 12, 25 unb befonber« bie Sufgäl^lung 1 6l^r 15, 17ff. Slber tro^ biefer
Vermittlungen finbet bie Überfc^rift »^^P ""^^^ ber 5ßfalmen feinen gang befriebtgenben
80 ^nl^alt in ben eingaben ber Qfycoml, unb fd^eint in SBirllid^Ieit auf einem ettDOd ob«
toeid^enben S^ftemeju berul^en. S)afür \px\d^t and), ba^ ber 9Zame „Aora^'' in biefen
Überfd^riften nid^t auein bortommt toie „Slfa^l^'' u.f.n)., fonbem immer in berSSerbinbung:
Sö^ne Äora^, f^^>p '''^. 9Kan lönnte bed^alb meinm, ba^ in ber nad^d^roniftifc^m geit
eine neue Sängergilbe neben bm älterm mtftanben fei. S)a aber bad Softem ber
86 S^ronif nodb in f))äterm Sd^riften borau^efe^t toirb, ift bied nid^t toal^c^einlicr, unb
eber angune^men, ba^ bie Aoral^föbne eine umfaffenbere 93enennung nebm ber f})e)iellm,
Slfa))^ u. f. h)., getoefm ift. 3Jlit Sted^t betont Ädberle, ba^ fiora^ in bm Stammbäumen
old biel altered ©efc^led^t auftritt ald älfa))^, $eman unb @tan, unb bermutet bedl^,
ba^ bie Smmnung Bene Korah urf}>rünglid^ ald @efamtname 2^em))elfänger unb^or«
40 lauter umfaßte unb f}>äter ald S))e)ialname bolb auf bie erfte, balb auf bie jtoeite ©viippt
übertragm tourbe. ^^^^t^Qd mu^ aber biefe Ernennung auc^ in ber nac^ronigifcpen
3eit in ©ebrauc^ getoefm fein, bmn unter bm loral^ibifc^m ^falmm ift aDer 28ai^
fc^einlic^feit nac^ minbeftmd $f 44, bielleid^t aber au^ $f 87 in bm f})äterm ^erioben
ber griec^tfc^m ^At gebic^tet. ^r. t^n^l.
46 ftornt^ol (unb SBil^elmdborf), ©emeinbe im toürttembergifd^en 9ledtarlreid in ber
92% bon Stuttgart, bebmtfam ald @rünbung unb Sammel))unrt bed toürttembergifd^
^ietidmud. — ßitteratur: ®e|4idjtc unb ^Seranloffnng 511 ber ©itte be« tönigl. iRotar»
unb 93ürgermetfterd (S^ottlieb ^Bil^elm ^offmann gu fieonber^j um (Sriaubnid gur ®rünbung
unb 9(nlegung religiöfer ®etneinben unab^fingig uom ßonfiftorium, 1818, oon ^offmann,
60 obne ^rucfoit unb SBerleger ; ^apff, ^ie toürttembergifc^en IBrübergenteinben ^ornt^al unb
^il^elmdborf. i^re ®efd)id)te, (Sinrid)tung unb (Srgic^ungdanftalten, 1839; $fleiberer, ftom-
t^al, bie @)e{d)i(6te feiner @ntfte^ung unb fein bermaliiier 93eftanb, 9(rtifel in ber 1. Vluflage
biefer Snc^tlopöbie, aud) feparat erfdiienen; @^r. ^offmonn. ^etn Seg nacb Serufalem. I,
©.78 u. öfter; SIou^, 3Bürttemb. 53ätcr 1888, II, @. 354. erinnerunßcn an bie SubiläumS»
66 feiet ber ^ctneinbe ^orntbal 1869 unb bedgleidjen 1894; ^urge ®e|(4i(4tc ber ®emeinbe
S^ornt^al, 1873. Ueber bie @ntioi(felung beS ^nabeninftitutd feit 1848 giebt ^uff^Iug:
¥fleiberer, ^enffdirift gur Sfeicr feine« 25jfi6rigcn SubiläumS, 1874. 9ie^f*er.(£ifenIoir,
%3ürttembergif(6e ITir^engefe^e II, § 86; Stölin, gf^ec^tSDcr^nitnid ber religtöfen (Gemein»
fcbaften 1870, @. 87 ; 9}itf4I, @)ef(6ic^te beS $ietidmiid, III, @. 187. ^ie Don ibm dtierte
60©(6rift: 3um ^Inbenfen an ben ooffenbeten &. ^. ^offmann, ©luttgart u. (Sannftatt 1846,
iDor mir nic^t jugängltd); ®riineifen, 9Ibrig einer 6)ef4tc^te ber reliaiöfen @)emetitfd)Qften
©ürtiembcrgS in 3^0^"^ 8ö^^ 1841; Volmer, ®emcinfdjaftcn iinb ©eften ©urttcmbcrgS,
^orlefungcn, berouÄgegcbcn üon ^xo\. Ritter, 1877. S^gl. boju: S)ic ©emeinfcöoftcn unb
Seftcn in ©ürttemberß, ^lagem. euoug. fiulft. ^irdicnjcitung 1878 9?r. 20. 21. 22. 23 (t>on
^. SAmibt). Ucber ble Sebcutung Seornt^ol« für bie innere ^iffion f. ^. ©(^rnibt, ®cfd). 6
ber inneren TOlffton in Sürttemberg 1879, @. 52 ff. Ueber bie ©inrit^tung ber ©emeinbe
giebt qu4 bod äemeinbebüd)(ein $(iiffc^(u6. 9ud ber biird^ bie (Sntfte^nng ber @)emeinbe
oeTonlagten IBrof^ürenlitteratur feien ermähnt: ferner, ^freimütige ^Betrachtungen über bie
neue politii4*reitgiÖfe (S^emeinbe ^u Württemberg 1819; S3ilfinger, SBemerfungen gegen bie
^nric^ien ber neuen religiöfen ®emeinbe in ^., 1819; Steubel, ^in Wort ber Sruberliebe lo
an unb über bie ®emeinf(t)aften in W.; So^nmaier, IBruber Ulrich an bie lieben IBrüber ber
neuen (^meinben in W., 1818; @, ^artg. Ueber bie $ietiften mit bef. SRü(!)td)t auf bie
roürtlembergifc^en unb i^re neueften SScr^ältniffe, 1819; bcrf , ^offmSnnifd^e 5^ropfen gegen
bie d^Iaubeni^o^nmac^t unferer 3^it ^32^- ^in^elned für bicfen ^rtifel burfte auc^ ben ^tten
bed St, ftultudminifteriumd entnommen merben. 16
2)er toürttembergtfc^e ^ieti^mud, obtDol^I bon @))ener unb bon ^anle angeregt,
^otte hod) eine eigentümliche ®eftalt angenommen, teild fofem er tDenigec imjlam)}fe mit
einer ort^obo^en t^eologifd^en Xrabition begriffen, ber ))o(emifc^en (Sd^rfe entbel^rte, teil^
fofem er eben borum aud^ Weniger alabemifdf au^ebilbet, me^r in bie Greife be^ eigent«
Kdj^ Solled eingebrungen toar, tetld enblicp fofem er burc^ feine $au))tbertreter unter ao
ben ^i;^logm ein mel^ leJ^r^ofted (Slemmt in c^iliaftifd^er unb tl^eofo))^ifcl^er Slic^tung in
fvif aufgmommen ^tte. 3lud^ feiner geitlid^m Srfc^einung nad^ btlbet er eine eigentüm?
üi^ 9Dbtetlung inner^b bed $tetidmud. ^ä^renb ber $allef4e ^ietidmud um bie 3Ritte
bed 18. 2la^r|unbertd feine $ö^e bereite überfc^rittm l^tte, erlebt ber toürttembergifd^e
ecfl in ber jtoeitm Hälfte btefed ^^^^^^nbertd eine folc^e, aU bie Sd^üler bed 1752 ber^ 25
ftorbmm 3- 3f- Swgel, be« toürttembergtfd^en Äird&mbaterd, il^re SBirffamfcit entfalteten.
9{eben bm Xrögem biefer Slid^tung im nrc^lic^m 9(mte, einem Oetinger, ^in, ^f), 3R,
fyä^n, 9urt, @tein^ofer, Stieger, $ood, toar etS ber 1758 geborme Sauer Wtd^ael ^a^n
(f. b. 3L Sb VII 6. 343), ber bem ^iettdmud eine eigmtümlic^e ©eftaltung unb Belebung
brod^te, inbem er bie So^mefd^e @)}eIulatton emeuerte unb toefentlic^ bagu bettmg, ba| so
bie i>ietifitif(^m Säten ein l^^öi^ered Setou^ein il^rer religiöfen @elbftftänbtgleit em))^ngm.
Dtefed Sabftftänbigteit^efül^l ber religii^ angeregtm Saien erl^ielt gegm @nbe bed 3^^-
^imbertd bon berfc^iebmm @ettm l^er toeitere 9!al^rung. Stnerfettd ^otte bie Serbinbung
mit ber 6^rijimtum^efellfc^aft in Safel (f. Sb III @. 820 ff.), bie erftm änregungm
^ bem mobemm Sereindtoefen gegebm, bad bie XJ^ötigleit religiös angeregter Saien für 85
bie 3^»^^ ^ Sleid^ed @otted in befonberem SRa^e in Slnf^mc^ nimmt. 9(nbererfeitd
^e nod^ bem Sludfterbm jener @etftltc^m aud ber Smgelfc^m @(^ule in ber ßirc^e ein
@etfi Staum getoonnm, ber mit ber })tetiftifc^en Xrabition in einem getoiffen ©egmfa^e
fk^ befanb. 3)er biblifc^e @u^ranaturalidmud, bm ber jüngere Ston auf ber loürttem^
bergtfc^ ^od^fd^ule begrünbet l^^atte, erfc^etnt bem älterm Smgelfd^m Sibltudmud gegen« 40
über toefenUi^f aU bon bed ©ebantmd Släffe angehänielt, bad neue Xl^eologengefd^lec^t,
bod bon ber Storrfc^m Schule ergogen tourbe, entbehrte gro^nteild ber {raftboUm, ori»
ginellm, religiöfm ^nntgleit, burd^ toeld^e ftd^ bie 3Ränner ber frül^erm ©eneration au^
gegetc^et l^m. yloc^ me^r aber lourbe bon obm l^er ber SSerfuc^ gemacht, bie alhu«
tDorme reltgiöfe 3ltl^mofbl(^are ab}ulü^len. — 3la6^ einem mebr ald 60iäl^rtgen lat^olifdpm 45
^erregnum ^tte im ^cä^t 1797 fj^ebrid^ I., ein ebongelifc^er, in ber fnebericianif4m
6<^e aufgetoac^mer ^rft bie RiiQd bed Slegimented ergri^en. 3Son 92atur gu getoalt«
ÜfäAQtm Sorge^m gmeigt, in auflElärerifc^er Suft erjogm, glaubte er auc^ bei lirc^lic^m
(Singriffm ha& befonbere 3)li^traum nic^t fürd^ten gu mü{|en, bad fetnm Sorgängem aU
9lnberig(äubigm fold^ Singriffe unmöglid^ )u mad^en gebrol^t ^otte. ^m 5treife ber 60
Oberftn^mbepdrbe felbft l^atte ein einflu^retd^ed ^it^lieb, bad ber 9Ieologie juneigte, ©rie::
finger, ^fücdi gefunbm. S)er bureauhratifc^-abfolutifttf^e 3^0 berbanb ftd^ mit bem auf::
D^rerifc^ m einer mi^auifc^en Sel^anblung bed $ietidmud. tiefer l^tntotebemm fing
an, mit no<9 größerem Wi|;traum gegm bad ^irc^enregtment ft^ gu erfüQm, boQenbl
a(d im 3a^e 1809 bem mobemm ©efangbuc^ bon 1791 aud^ eine ftart rationaltftermbe 66
Xgmbe fo^te, bie nammtlic^ bie älbrenunttation bei ber 2^aufe aufhob unb mit allen
)»oU)etlid^ 3)Iad^tmitteln eingefül^rt toerbm foQte. @elbft bad Siecht ber @emeinbm,
gegm bie Xnftellung eined mi|liebtgm ©eiftlic^en ein begrünbeted Seto etnjulegm, ging
feit 1810 berlorm. äuc^ bie gemäßigteren ruhigeren ^ictiftm füllten ftc^ burd& biefe
getDoItfamm liturgifc^m 9{euemngm tief gehäuft, ^abei ^at iebenfaQ^ bad bem fc^toä« ao
btfd^ 9}oUe befonberd auf bem Sanbe eigentümliche gäl^e ^angm am hergebrachten mim
40 Stovntttal
beftend fo Diel 9(ntetl gehabt ald ber ©laube, benn bic neue $eftaIo)}tfc^e Sel^rmetl^obe
iüar in biefen Steifen eben fo ber^ajt. 35ie©eele aber ber ganjen })iettftifc^«n SBetoegung
jener ^At ift ber burc^ 93engel enttvicfelte Sl^tlia^mud; ber in ben getoaltigen SCBel^
ereigniffen bie fieberen 93orboten, in bem üon Sengel bered^ncten ga^r 1836 ben für un«
6 trüalid^ gehaltenen Termin be^ 3WiIIenium« fa^. 3)ie 3^l(^ätigfeit ber Jlrübener, bie ?ßer«
fönlic^teit be$ Jtaifer^ Slle^anber fd^ienen bie Einbeulungen bon Sengel, befonberd ober
au^ t)on S^ng^StiUing auf Slufilanb ald Sergung^ort ber @emeinbe in ben 3^^^ ^^
d^riftlic^er $$erfoIgung ju rechtfertigen. Stielet }u überfeinen ift ber (Sinflu^, toel^fen ber
\\oax t)on ben $ietiften insgemein nid^t gebiQiate ober nad^geal^mte, aber auc^ nic^t mU
10 wieben Dertoorfene ©e|)aratigmu^ ^aipp^ (f. b. 91. $arntoniften SSb VII 6. 432) mit feiner
O))))ofttion gegen bie itirc^e; feinem läu^gug nad^ älmerila unb feiner ©emeinbegrünbtmg
übte, ^aju tarn noc^ bie fouale 9tot.
9(1^ nun ber %o\> bem ^ef))otidmud ^ebric^ I. ein @nbe mad^te, toor eine ber
erften ^a^reaeln, toelc^e bad liberale Slegiment SBill^elm^ I. antünbi^ten, bie Suf^ebung
bed ftrengen Slu^toanberung^berboted. ^unberte, ja taufenbe Don $iettften jogen ie^t naq
bem füblid^en 9tu^lanb, um l^ier, bem $)rudt ber ftaatlid^en unb fird^lid^en ^oiijei ent«
rönnen, ben 93ergung^ort Dor bem älnti^rift ut finben unb jugleid^ ben af)otalM)ttfc^en
@reigniffen nö^er gerüdtt )u fein. 3)er neue iRegent tou^te bie ))olitif(^en unb Dolfötoirts
fc^afüid^en ^lad^teile tooi^l ju toürbigen, toelc^e aud biefem @ang ber 3)inge bro^ten, er
20 lie^ fofort audb in ber Se^anblung lird^lid^er ^^g^ ^ne Derftänbni^oDere $anb f})üren
unb beeilte \\4 @(^ritte gur SlbfteDung biefer 3Jtipänbe )u tl^un. @d erging fc^on unter
bem 14. ^ebruar 1817 ein 9(u^f (^reiben an fämtlid^e obrigfeitlic^e @teUen bed Sonbed,
be$ ^nl^alted, ba^ bie )ur Slu^toanberung geneigten Untert^anen bor \m Sudfül^rung
il^red SSorl^aben^ getoamt unb auf bie bamit Derlnü))ften ©efa^ren l^ingetoiefen iperben
25 foHten.
^iefe^ älu^fc^reiben nun gab bie SSerantaffung jur @nttoid(elung bed ©ebantend ber
©rünbung einer eigenen ©emeinbe — eine« ®ebonfen«, ben o^ne gtoeifel ber Url^eber
be^felben fc^on Dorl^er betoegt unb tool^l aud^ im Äreife ber näc^ften ©enoffen fd^on be«
fjjrod^en l^atte. 3)enn fd^on unter bem 28. ^bruar 1817 lie^ ber Sürgermetfter unb
so9!otar @ottlieb Sill^elm ^offmann Don Seonberg atö ätnttoort auf ben @rla^ Dom
14. ^ebruar eine ^^n^^biateingabe an ben ßönig abgelten, toorin er barjulegen fuc^fte,
ba| bemjenigen 2^eUe ber Slu^toanberung^tuftigen, toet^er toeber bur^ eigentlid^ fe^Ktro«
tiftifd^e @runbfö^e, no(^ burd^ äußeren Mangel auf fold^e Slu^toanberung^ebanten ge»
bracht fei, fonbem lebiglic^ burc^ ben religiöfen RtoanQ, biefe Suft leidet genommen toerben
36 !önnte, toenn bie @rric^tung Don ©emeinben erlaubt toürbe, toeld^e bejüglid^ il^^rer lirc^-
lid^en Einrichtungen Don ben orbentlid^en 93e^örben ber ^ird^e gan} unabhängig to&ren,
o^ne bamit aud^ au« bem SSerbanbe ber lut^erifc^en Jtirc^e im allgemeinen au^jufd^eiben,
beren Se^re fte im ©egenfa^ )u ben in il^rer SRe^r^a^l Don berfelben abgefallenen Seigrem
ber ^trc^e gerabe feftl^alten tooDten. ^offmann burfte ftd^ eine berartige (Singobe um fo
40 el^er erlauben, al« er in ben streifen be« bamaligen $ieti«mu« too^l berjenige ^ann toor,
ber mit ben ))olitifc^en ©etoalten in ben Derl^ältni«mä^ig näd^ften Sejie^ungen ftanb. Stö
bcrSol^n eine« in toter Drt^obojie unb gef e^lid^em Ätr^entum befangenen ©eiftlic^en 1771
geboren, batte $offmann ben getoöl^nlid^cn 93ilbung«gang be« alttoürttembergifc^en SSer«
h)altung«beamten eingefd^lagen unb toar in eine @d^reibftube eingetreten. $ier erlebte er
46 in feinem 18. ^al}xt eine ©rtoecfung im Stile be« ^ieti«mu«. 3Son ba an trat er mit
ben ÄorVl)^äen biefer Slid^tung, namentlid^ mit ben ^farreni ^Hac^tolf in SKöttlingen unb
flattic^ in SRünc^ingen in engere äierbinbung. älQein, toenn bamit aud^ ba« religidfe
Jntereffe jum 3Jlittel))unIte feine« Seben« geloorben toar, fo geigte er fid^ boc^ nid^t minber
in ben toeltlid^en älngelegenl^eiten al« ein fel^r energifc^er, toeltgetoanbter unb toelterfal^er
50 Beamter — namentlid^ in ben ^Äim ber 9leDolution«friege, toö^renb toelc^er er ol«
£anbe«Iommipr i^ur ©inquartierung ber 2;rm)})en fungierte. SRad^ feiner (Ernennung jum
faifcrlid^en 5Wotariu« im Anfang be« gal^r^unbert« jum ämt«bürgermeiftcr in bemStäbts
(|fen fieonberg ertoä^lt, trat er aud^, al« nac^ bem SBiener Äongre^ bie 38erl(Kxnblungen
über einfü^rung ref}). Sleorganifation ber toürttembergifd^en 38erfaffung begannen, al« Ab«
55 georbneter be« Sejirl« Sconberg in bie ©tänbcDerfammlung ein. So toar ^offmann ber
naturgemäße Berater unb Vertreter feiner ))ietiftif4en Srüber, too e« fid^ um ben SScrfel^
mit Sel^örben ^anbelte ober um 38eranftaltungen, ju benen befonberc SBclterfal^rung unb
Drganifation«talcnt gel^örte. S^^l^^fonbere l^atte er bei ben Äämjjfcn loiber bie neue
9[genbc unb i^re mit bem ätuftoanb be« ftaat«fir(^li(^en $olt)eiat)))arate« Derfuc^te @in«
60 füi^rung al« 33crfaffer Don Sittfc^riften unb Sefc^toerben im 3?amen ber Beteiligten eine
ftomt^al 41
rege I^gfrit entfaltet, ftömg SBil^elm bcrftanb bcn ©tnfluj berarttger 3Wänner tool^I
)u f(^ä|en imb ed lann bälget ntc^t SQunber nel^men, ba^ bem äSorfc^lage be$ Seonberger
Slmt^bürgermeifter^ t)oQe Sead^tung tm föntgltc^en itabinette gu teil h)urbe. @(^on unter
bem 1. äj)ril 1818 erfolgte eine löniglic^e Sntfc^liefeung, burd^ toeld^e §offmann aufge*
forbert tourbe 1. einen genaueren (Snttourf für bie ©inri^tung folc^er ©emeinben borju* 6
legen, 2. angugeben, tote biel $erfonen ettoa auf biefc SBeife jurüdfge^alten toerben lönnten.
^nbem ^offmann ben gleiten Sluftrag ablehnte, in toelc^em er geh)if|ermaf(en eine %ciSit
erblicfte, bur^ toelc^e er pc^ aU Agitator »erraten toürbe (e^ toaren ettoa 5000 5ßerfonen,
ti>el<i^ bei feinen SSertrauen^männern ftd^ einjeid^neten), reichte er unter bem 14. 9l)}ril
einen Snttourf ein, ber ftd^ au^rüdSi^f auf ben SSorgang ber 93rübergemeinbe begog. lo
$atte bie ledere bod^ fogar unter bem autohratifc^en 9legiment be$ Aönigd ^ebrid^ 1806
in bem f)>dter an 93aben abgetretenen ßönig^felb älufnai^me gefunben.
SQIetn biefer rafc^ ©inleitung ber ©ac^e mi]pxad) nic^t ebenfo bcr^ortgang. Sei
Prüfung bed borgelegten (Snttourfd lonfurrierten biele 93e^5rben, mand^er mberftanb toar
gu übertDinben, fo ba^ bie aUfeitige @ntf(^eibung erJ^eblic^f länger auf ftd^ harten lie^, al^ i6
bie Ungebulb ber beteiligten für nötig ^ielt. Obgleid^ ^offmann anfangt ed abgelel^nt
batiz, t)on fid^ aud eine 93elanntmac^ung be^ $lane^ gu beforgen, um ^d^ leinen aUgu»
großen Slnlauf auf ben ^aU gu laben, ein f))äterer SSerf uc^ aber, burd^ eine S^itung^notig
ben @tanb ber S)inge brfannt ju mad^en, bon ber SSorftc^t ber Slebaltion bed @c^toäb.
SRerfurd gurtidfgetoiefen tourbe, fo lonnte e« bod^ nid&t fehlen, bafe bie betr. Srübertreije 30
boDon unterrid^tet tourben unb in bem ^ungerjal^re 1817 bie älu^toanberung^luftigen mit
ber grage: ob ,;ge^en ober toarten" ben Urheber be^ ©ebanlen^ l^art bebrängten. ®od^
erft unter bem 8. ©ej)tember 1818 erfolgte bie löniglid^e ©ntfc^lie^ung, tooburc^ einer
tttoa ftc^ bilbenben religiöds})olitifc^en @emeinbe bie Erteilung eined $ribilegiumd guae«
fi^^ tourbe. llrf))rünglic^ fd^eint $. ^ol^en^eim ind äluge gefa^ gu ^aben, aber für 25
biefen günfliger gelegenen Ort erl^ielt er bie föniglic^e ®ene^migung nic^t. @o erfolgte
bie @m>erbung bed @örli$fd^en Slittergute^ Jtomtl^al am 12. Januar 1819, am 22. älug.
1819 bie gunbation^urfunbe unb am 7. 9lobember be^felben ^q!1)x^ bie ßintoeil^ung be^
Setfold ber (Semeinbe.
Sei ben Ser^nblungen, toeld^e auf biefe SBeife gum 9(bfd^lu^ lamen, toar ^offmann 90
natürlich nur in Serbinbung mit ben übrigen ^ü^rem be$ ^ieti^mu^ ^vorgegangen. §n^
befonbere toar eS ber (Singangd ertoä^nte SJlic^ael ^a^n, ber aU ebenbürtige ÜKac^ft^offs
mann jur ©eite ftanb unb gum SSorfte^er ber neuen ©emeinbe befigniert toar, aber un-
mittelbar nod^ bem @m>erb bon ftomt^l ftarb.
&dfon bie @emeinfd^aft biefe^ ^anneiS toürbe e^ ertlären, ba^ ber ©emeinbe ein 85
umfaffet^erer ^toti gegeben tourbe, ate er in ber urfprünglic^en §offmannjd^en ^IJlotis
bierung geforbert fc^ien. Slid^t ber ©ebanfe, bie altlut^erif(|e reine fie^re bor ber ©e*
fo^bung bun^ ^Ib ober gang rotionaliftifc^e ^ird^enbe^örben ju befc^irmen, trat cd^ bie
@emeinoeorbnung beftimmenb l^ert)or, fonbem bielme^r bie bon älnfang an im $ietidmud
lebenbe gbee ber Slealifierung einer ©emeinbe bon Sele^rten. $atte fic^ ber ältere ^te^ 40
tidmud mit ber ätealifterung biefer ^bee in ben ^onbentifeln begnügt, fo trat bagegen in
ber fyify^]d^ Slbteilung eine getoiffe O))))ofition gegen bie Jtirc^e ^ert)or, bie teild fd^on
barin begrünbet tt>ar, ba^ an i^rer @))i^e ein £aie ftanb, ber ftc^ burc^ bad $rit)ilegium
ha ®^^väfm gur Übung be$ Sei^ramte^ beengt fa^, teil^ in einem bem tl^eofo))^if(|fen
Se^ebäube $abnd in^ätierenben a^Ietifc^^gefe^lid^en 3ug, ber bie @emeinfd^aft k)on ^anb- 45
^ung ber Ruqt abhängig mad^en tooÜte, unb f^d^ auc^ me^r ober Weniger beutlu^ in
einem ®egenfajj ju bem ®eift ber lird^Uc^en Se^re toujte, enbltc^ in bem ajvolal^ijtifc^en
®Iauben an bie unmittelbare 3"^wnft be« §erm, auf bie man [xd^ nur burc^ Sammlung
ber ©töubigen red^t borbereiten tonne. 3)iefer le^terc 3^0 ^^^ ^^"^ fd^h)äbifc^en $ieti^
mud gemeinfam unb bie 9lu^toanberung^)üge na^ 9lu^lanb »erfolgten, toie toir fa^en, 60
nic^t nur ben negatiben 3^^' ^^^ ©etoiffen^jtoange ftd^ ya entjiel^en, fonbem auc^ ben
)>o^t>en, bem ©djfauplafe ber fommenben Jtataftrojj^e nä^er gu fte^en. SSon biefem ®e==
ftc^t^untte aud toar aud^ ^offmann einem relativen Separatismus nid^t abgeneigt, ^at
er ho^ aud^ fein Seben lang bie Äird^e, i^re SSertrcter unb il^re 3i5iffenfd^aft nur ate
i^inbemiffe oQeS t^ortfd^rittS im äteid^e @otteS beurteilt! ©obann ^atte au^ bicSrüber-sö
gemeinbe genügenb auf il^n getoirlt, um i^m bie ätuSgeftaltung beS c^riftlid^en SebenS in
einem ®emeinbeorganiSmuS ju einem toünfd^enetoerten ^beal )u machen, ^{amentlic^
reijtc i^n auc^ baS SSorbilb ber Srübergemeinbe auf inbuftriellem unb päbagogifd^em ®es
biete. S)er ®ebante, auS ber ®cmeinbc eine 3Kuftergemeinbe in getoerblid^en Unter*
ne^mungen gu ma^Kn unb burc^ Srjie^ungSanftalten i^r einen Sinflu^ auf baS Solföleben 60
u. nnvrr. wvlz :*r ü^ir r:v.L .-rpiu ?.rli r : izir s i':nir. rs|> ipcin: snd» rvn idl*
Üü'uiuinoi: ^r i'.rE*cri:ri: >2: ?e!*i:5 ;- .irsärTt:?. Cr lrl::^: i^aiu er hacncr {^ora:
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I i:ii -:it*Tn:n:iitrn:ir. un^Tiii: »ex inr i; i.'>r :?*:^an: >:: ixrrranamr -nuC^cmcr fint=
iu:*r ?^üa*r unr :arjma:-T.r?r^r J'nnrrimr zir >a^ IlizmaT: 3: >lrji»r nn? Sdulc
nrMi>rr ;x inr. T-'^a iri=>j ^L "Vjor.^.-nr ar >jr a-ijrj fmuöcE Siid«cni nüfct
n^ ^n^ SB.a?;. rrjir.isr in-^ laT^n-T-^n iri. ttizt. naa >c: r^l^=l£I^a^ct JS^ianLmung
inrr Siil^unr vzni zm^zzicr i-^ini^. J? ^iria:: tu: iD.nr aL- ^u?i^^. JLixxnhciL Mfe lüfct
. ras >^^i^^- ^- Ctr^'^-T^^ ^- i-irtr^-auva Ä*r >:* hraüia^a: äasiasnuif irsizbgcn
>r f'in ^r S>cn>:ai:ru c^: i.-n-^Tr raj inrnria«. ^af almnfs >cr iniünxtai Bnrras
Tucxanisnui^ ar Soiaisri^umr :«a: a>2: anr T.pzizlis^zr .^".uilimTfi: Tu rdi^xm nnb
Tcixat iJ^clsaÄa:u^l:. Jf n: ra* 7^:a. .-mr ar^'nz.n-TC ir^cic^incr. @lC^U3Il^e, ^a^
onanrs^ cn Ju ^»«•i^^ >r 6rarrJ^la: v'l^ a:* ^af 5»«'^3 i»c: 5*anmiM qdicn.
ai ^as a;2i: ma aLr ^0:1.131!--^ >=3« aisf >:ir 2^r»anim»annuir ipciita: 3Bid^d
oam TiE ?t 5»cm::ni>. y-srrtzi^z. >.' >r^ma: ^a: &r Xtl t a?; Ssici. Z'OnnB
Tm: aiia rt ^:n raana air aiir^iu^on^r ^l. iürr±. ^;»ar^i:: VKxaa rid an lUunj
>r t:aB»n;ai2T: namnuiia air äoniar-n^. nr^ iiü-iau-i ais* >r $»ansxiiXK beruhen.
Ci aarn- aua ?i.'t;nin:r iuniu r»^a». ^l. ^anan-T. iKr^ar»r:unarr -nrcu nad^xcn.
s ?;cr rar ca: ^lS: ^Vnifi. tt.:: aL.i.T^'ni-T. .'♦„•acr^apn- irTTa»^«Lr: imtMn: idoo: snd>
acrama. ir rrha^r c'nthar J>j>jri>T u. ar,*:!.T. "^.r .rnr-a: £Sr;i3um4 ins mrmal m
5>iraar. :ai mar ri. aiü >.r -:u?jn.nra.*- ua -.^».nnjx^. '^ninJtcvn' ftstcäamrcadtc l«
tiKiinin^ r-T »:ajT ^i' riaa:.^ niav >.t aloir-cciia*^ ^"ms ^zsüiflict Srraucriäfo»
rrr-raa^n tmna. ^i. .^».Tj^^-TC-ar i'r.rj. an: :r^ ?as?ci:unuaia^ rstr. irnia^nnonfo
h TUT •.: Tia»aT. ra? ti. ::Tr. 3i;i:>a ^a:''•:lrT:.•.^ ja- :na.>=:ui r.atL:iais ^otic^ a: dna
ar-r:: :>»:mnra*. ''.•iruiraan^. r-:*^rT a:«*: N': dLus^aiX't ais* >r Jnaitaiü*: aai rinc
5*:hs^r^a^.^=^^u' nrnr-jrJ'u- T:.r.a«-T ir-rirj. .•v::r>T ^l. ':^ciT>a: ^tt iTnaiu- ax Inc 6in=
rcTiina- r.rra.tr^aa:r. ^at ri. 3»nir»'».T:ia\':~: a^i o.J^. Xt ^':,-'n2i:^ M: @iizisa. ^JC uir
^'»n:.rnL- .la'jTr.T. r.iar: rar ravTr*. -/r^ar aiir 'ur ^ai ;:or:ai:»5c-a!T: >£ xioabc l«
Ä :a:i;::in ü-ar*di.T >:t ^^ar^rr ?.?.Tua».r :',r-vrar. v rat ?l o^üxa; tau* nc,
rjTTi.-niix r^ia:: iiifr-X'"»:: aii: >a 3*.rp.':-.>. :rr. ix?^»ata-: ii ^räu|c=^. at^iimujin
rarn. a-i'^r:: im arirra >r .*».'r-..':TC». r.-r:rr\ vaiiv': ic "nTi>ar wtü iiricLiK an
ai :3t,~a^»n:Taar aru-.^r^^T rar^r. i:*r r».'». ^-iTin-.Tiuni: .Trr\^ ^u .^cjiiinimg
ara rar anra >r i:cr.a:s->3u:r.:. ra? .-r.T.u-.'i. rv-rr >.': Sxasairr wr i« ^löcn
4L T'iLTis :-a;az:::i:;a raa-t «-'Ir.. >r ?:',: ::t ^•. .r>rr.i:ia»jT iVrun. 2\.T2%;:2ia:iSE Kci^n
ru:^*. -a TT'-Traivrr >a:^iar arir>- .'».r.riir.ra*.'. ra? r-- /'cnu-mX tm mac ixr xvts
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• ..^.-..» . . .1.. ••■M . •.- «k . .. ..■•! ^ . ,^..i».i2«jr «axtacKSiZa
6dte ^in ber äluffu^t ber ftaatötird^ltc^en Organe unterfteQt (ein follte, tuobei t)on feiten
ber ©emeinbe nur ber SSorbel^alt gemalt tvurbe, bag be^ügltc^ ber SlnfteQung be^2el^rerd
unb bed ©ebraud^ ber tirc^Itd^en Sel^rbüc^er in ben Schulen i^re Selbftftänbigleit ge-
tiHil^rt bleiben unb fte in biefer 93e|\ie^ung lebiglid^ ber aOgemeinen @taatöaufft(|t untere 5
geben fein f oUte. ®er ft)ejififc^ })ietiftif c^e 3ug bcrriet fid^ in ber gorberung, bafe aufter in ben
inrbent(id^en®otte^ienften auc^ bie £aten bag Stecht ber ßrbauung ber ©emeinbe l^aben foDten.
tiefer toid[|tigfte 2^eil be^ @emeinbeftatutö, a\ii bem tt)ir l^iermit bie $au))t))unlte an^
gefü^, enthält offenbar ba^ 3beal einer j)ietiftifc^en ©cmeinbe, unb c^ toirb bie^ nod^
beutli^fer, toenn man l^^injunimmt, ba^ bie Jttrd^enjuci^t indbefonbere auc^ auf Jlleibung, 10
Slo^ng, Seitüre au^ebel^t h)erben folltc. ®iefer Seil be« ©cmeinbeftatut« bürfte
au(^ gan) befonberd auf bie Sintoirfung ^id^ael $a^n^ prücfjufü^en fein. 9ltö ba^ ben
beiben ^(en gemeinfamc 3)ogma aber, toeld^e^ für bie gorberung ber Äerftellung ber
3u(^t getotffemtagen bie Safid abgab, ift ber Sl^ilia^mu^ anjufe^en. Sie @emeinbe foDte
\a xddft tttoa nur ein Sergung^ort bor einer rationaliftifd^en Siturgie, fonbern bor ben 15
unmittelbar beborflel^enben antid^riftTtd^en Jtäm))fen fein, unb jtoar nur ein borläufiger
(etlic^ Jlomt^let jogen f})äter bo(| noc^ nad^ Sluftlanb). 3)ie ettoa^ (eid^te 93auart ber $öufer
in ber neuen Slnftebelung foO ftc^ ber Sage nac^ nid^t nur, au^ bem 3)rang ber Umftönbe
unb bem Streben nac^f 93iQigteit, fonbern auc^ aui ber Überzeugung ertlören, ba^ bi^
gu bet beborfle^ben 3Be(tIataftro))^e aud^ ber leic^tefte 93au au^reic^e. ©etoifferma^en ao
ald britte« (SIement neben bem 3"*^^!?« ^^ Slbtoel^r be« rationalifierenben ©taatöfird^en*
tumd unb ber ^erfteDung einer reinen ®emeinbe machte ftc^ bei Einrichtung ßomt^ald bad
Sorbilb ber Srübergemeinbe geltenb, bad namentli^ auf $offmann einen großen 9leij
ausübte. 9{i(^t nur in ber ^erübemal^me etlid^er liturgifd^er Sinrid^tungen, in bem ®e«
banlen ber Silbung bon Stören mad^fte ftd^ biefc^ SSorbUb geltenb, fonbern bor aDem 25
audf bann, ba^ bte ©emeinbe bie p&bagogif(|fe ätufgabe, toie f^e in ben 9(nftalten ber
Srübergemeinbe mit fo biel Srfolg bel^anbelt lourbe, in Singriff nel^men, baft fie eine
SRifftondanftalt, 3)rutferei u. f. to. errichten foQte unb in inbuftrieDer SSejie^ung in bem
bomold no<^ giemlic^ inbuftrielofen Württemberg eine befonbere Sebeutung gu erringen
fk^ bemü^ foUte. ^eilic^ gerabe bon biefen le^teren $(änen $offmann^, beffen fan- ao
gutntfc^ Xemt)erament für l^oc^fliegenbe ^rojefte eine bejonbere Steigung berriet, trat
toemg ind 2eben. 28ie eS im toefentlic^en bei ber @inen ®emeinbe blieb unb ber burc^
iQoi^ unb bad 93eif}>iel ber 93rübergemeinbe angeregte ©ebanle eine Weitere Slu^bel^nung
bed ^er t>ertDirIli4ten ^beatö ju fud^en, nid^t jur SuiSfül^rung lam, fo gingen auc^ bie
berfui^ten inbufhieDen Unternehmungen flanglod unter, ^atte $offmann in feinen (Sin^ 36
gaben toteber^olt borauf l^ingen)iefen, baf; fold^e @emeinben an „großen ^ommerjialftra^en''
errichtet toerben muffen, fo t)etitionierte bagegen im 5. Sa^rjel^nt i^re« Seftanbe« bie ®e*
meinbe um SSerfc^onung mit einer ©ifenba^nftation, loelc^c Sitte i^r freiließ ebenfotoenig
getDO^ iourbe, olö el^emald ber $la| an einer großen ^ommerjialftra^e eingeräumt
toorben toor. 9lic^t einmal eine eigene SDrudferei tourbe eingerichtet. 3lm e^eften noc^ 40
fonben bie ))dbagogifd^en Päne SSermirtlid^ung, namentlid^ bie beiben älnftalten für Söc^ter
^l^erer unb mittlerer Stäube erfreuten fic^ jeittoeife eine« bcbeutenben Stufe«. 35ic Ser«
anftoltungen jur 9lu«bilbung ber männlichen ^ugenb nahmen ettoa« toed^felnbe @eftalt
on, t^3iele unb @innc|ftungen toaren nic|t immer benen ber übrigen Sd^ulen be«Sanbe«
axiatpa^, bte nötigen Sel(^träfte nic|ft immer )u finben, e« toaren ba^er me^r au^toärtige 45
Sd^er, nomentli^ auc^ au« ber Sd^toei)^, toel^e ben l^ier beftel^enben älnftalten anber-
traut tmirben. gmmerl^in barf ber longjä^rigen erf))rie^lic^en SBirffamleit bon ^rofeffor
^flctberer am Änabeninftitut mit Slnerfennung gebac^t loerben. ®ie je^ige, nad^ ftaat-
Itt^ SUiforberungen eingerid^tete fiateinfc^ule ftebt ebenbürtig neben ä^nlid^en Slnftalten.
J)ie 9Rifjion8gebanIen, toie fie im $ieti«mu« lebten, loaren wenige ^fl^te bor ber ®rün- so
buna ber ®emeinbe Äomt^al in Safel jur SRealiftcrung gefommen, ein ettooiger 3Serfu^,
in Komt^l eine SRiffwndanftalt ju grünben, toürbc ju einer Äonhirrenj mit S3afel ge-
fö^ ^ben. 9lur burd^ Sinrid^tung eine« 3Jliffion«fefte«, ba« ol« boHc ®emeinbefeier,
ntd^t nur im 9lebengotte«bienft gebalten toirb, lonnte ftc^ bie befonbere Sejie^ung ber
®emeinbe jur i^eibenmiffton einen 9lu«brucl berfc^affen. 56
Sagegen na^m bie ®emeinbe burd^ Srric^tung einer ber erften 9{ettung«anftalten für
bertDO^lofie 5ltnber an ben beginnenben älrbeiten für innere ^Riffton borbilblicben Slnteil
(bgl. Ä. Sc^mibt: Sie innere SKifpon in 2Bürttemberg, 1879, S.52ff.).
ffite bie äußere SKiffion i^r ^ft an bem in Württemberg nod^ lirc^lic^ gefeierten
(l)N)>^ienfefl feiert, fo ^at bie innere i^ren t^efttag an bem gleic^fall« no^ ftr^lic^ be< tio
44 ftomt^
flaitflcnen ®ebäc^tnteta(| be« 3cbebaiben golobu« (25. 3uK). ©afe btefc gejifeiem mc^
old ä^lic^e an anbeten Orten audf ^rentbe angte^, erttört ftc^ eben borotid, ba^ bie^
felben l^iec boDftönbige ©emeinbefeiem fmb. ^ad ift überl^Kxu^t ber 9lei}, ben biefe ®es
meinbe au^t, ba^ religiös gefttmmte @emüter ftc^ l^ter m einer burc^oud gletd^^artigen
5 Stmof}>^äre beftnben, in einer ältmof)}l^öre, in toelc^er man ftd^ nid^t burc^ auffaDeabe (St*
fc^einungen toeltlic^en @inned ))lö^li(i^ geftört fü^lt. S)arum toirb bie ®emetnbe oitdb
je^t noc9 gerne aU Stücfjug^ort bon älteren ^eirfonen, bie i^re Seben^orbeit l^^inter ^
l^en, aufgefuc^t. ^^er gefc^a^ ba^ ouc^ tttoa bon foI(^en, toeld^e jeittoetfe eine gofl«
lid^ Suftfur gebrauten toouten.
10 9[m älnfang freiließ — unb bamit neunten toir ben §aben gefc^ic^tlic^ (Snitoidelung
toieber auf — toar bad Seben naturgemäß ein betvegtered, bie Sebeutung ber ®emeti^
eine eingreif enbere aU je^t. 9(tö bie ©emeinbe im^al^re 1819 i^re ©ottelbienfle anfangt
im @aale be^ ^errfd^aftlic^en @(^(of(e^, aber balb in bem nac^ bem SRufter ber 9rüb^
gemeinben eingerichteten fe^r einfad^en 93etfaal jul^alten begann, berief fte gu ilj^rem orfken
15 ©eiftlic^en ben liegen 9teniten) gegen bad neue ^irc^enbu^ abgefegten $faner ^eberid^
bon Sßinjer^ufen, ^ugleic^ einen 93ertreter be$ S^ilia^mud unb jtDar in feiner grdbflai
®eftalt. 9ltö SSorftel^er trat tro^ anfänglicher SBeigerung naturgemäß $offmann an bie
@))i^e, nac^bem ber erft baju beftimmte ^al^n geftorben toar. @d toar notürlid^, baß bie
Setoegung, toeld^ejur ©rünbung ber ®emeinbe gefül^rt ^atte, namentlich in bem erftoi
30 ^al^jel^nt ftarl fortfiutete. 3)ie ©rünbung ber ©emeinbe l^^atte eihe ganje 93rofc^ürenIitteratur
^erborgerufen. ^ie rationalifterenben Jtreife in^befonbere innerl^alb ber ©eiftlid^teit lonnten
nur mit aBtbertoiUen biefe^ $robuft be^B „^ieti^mu« unb „2Rvftici8mu^" anfe^ — fte
ertbarteten nid^t^ anbere^, al^ baß bie @reuel be^ 3Rvfiici^>nud ^ier nun )um Sludbrudji
lommen toürben unb baß iebenfaui bem Sichte ^eilfamer Sluftlärung bon einem folc^
26 @i^e ber ^nftemid l^er ®efa^r brol^e. älber auc|f bie milberen @u)>ranaturaliften ber
@torrfd^en Schule h)ie Steubel unb 93al^nmaier, ja aud^ ein S)ann unb ber au$ bem Aird^s
bienft angetretene ^etan A. ^. ^arttmann, fa|en ntc^t ol^ne 93ebenlen bem Unternehmen )u.
©ofem fie in bem ^ieti^mu^ einSalj ber Äird^e erfannten, fürchteten fte, baß bie Sanbedfird^
burd^ f old^e @emeinbebtlbungen ein (^ut berltere, unb fofem fte am ^ieti^mu^ ettoad @stra«
80 bagante^ erlannten, fürd^teten fie ntc^t mit Unreal bie ®efa^ ber SSerftörlung ber Sim
feitigleiten. 3)iefe 3lngriffe unb Sebenlen bienten natürlid^ nur bam, ben ßifer ber tm»
mittelbar beteiligten Greife unb namentlich il^rer jugenblic|fen ^eunoe anzuregen, toie bed
bamald nod^ auf ber Uniberfttät befinblic^en ®ottlob 93art^, M f})äter berühmt gett>ars
benen ®rünberd bed Saltber 93erlag^berein^. ^a eine Slnja^l ber originellflen unb be»
86 lannteften ^itglieber ber ®emeinfd^aften alt))ietifttfc^er unb ^al^nfc^er Obferban) in ber
®emeinbe i^ren SSoJ^nft^ auffd^Iugen, fo tpurbe itomtl^al fd^on be^toegen ein SSaQfa^rt^
ort für biejenigen ®lieber ber ®emeinfd^aften, tbelc^e noc|f in il^rer alten Heimat geblieben
tbaren — unb tbie bie SSorftel^er itomtl^^ fic^ einen 9lat au^tbärtigerSrüber (di oberfte
^nftang getbiffermaßen beigefeUten, fo fa^en anbererfeitd bie ®emeinfd^aften i^ ^avCpU
40 quartier in biefer neuen ®emetnbe unb bie ^urd^t, ed möchte ba^ ©al^ bed ^ieti^mu^ in
ju großem Umfange ben übrigen ®emeinben entzogen toerben, toar infofem unbegrünbet,
al^ bielme^r ber $ieti^mud burd^ bicfe ®rünbung aud^ anbertoärtd ein ^öl^ered @elbfl<
betbußtfein ^etoann. 3Jlit ben eigentlid^en au^ef))roc|fenen 3Jlitgliebem fuc^ten biete anbm
emftere (Sänften bie ®emeinbe auf, um ben ©egen einer ßrbauung gu erfal^mt, toie jte
45 il^nen in mand^en ®emetnben ber Sanbe^Iirc^e in bamaligen 3^iten berfagt toar. Unb enblic^
toar felbftberftänblic^ auc^ bie RaÜ^l ber ^Neugierigen ni^t gering, toeld^e bie SBunberbinge,
bie ^ier fid& begaben unb bie ©tgentümUc^teit be« ^errfc^enben religiöfen Seben^ lennen
lernen tboQten, fo baß ed un^ nid^t tounbem tann, toenn ein 2^eil ber bor^er fd^on miß*
trauifd^ gefmnten ®eiftlid^!eit fic^ über biefen S^'^wf befc^loerte unb namentlic|^ tbegen
60 3ulaffung auswärtiger ®emetnbegenof(en }um ä(benbmal^l in ^omtl^l SSerl^anblungen mit
ber Oberfird^enbcbörbe me^ö^ beranlaßt hjurben.
35aß tro^ beS 3"f^"^"'^"tluffcS religio« eigentümltd& gerichteter ^erfönlic^feiten teiÖ
ju bauembem, teil« )u borübergc^enbem 9lufent^alt, eigentlid^ fc^toärmerifdt^e 9ludfc^<
tungen nid^t borlamen, erfc^etnt um fo bemerfenStDerter, ba in ber c^iliaftifd|^en ©timnmttg
bb ber 0cmüter, in bem ungezügelten ©ubieftibiSmuS ber fd^toäbifc^^ ^ietiften 3änbfton
genug borl^^anben mar, ben baS 3tuftreten beS au« ber ebangeltfd^en Sen>egung in ber
fatbolif^en Äird^e SBa^em« befannt geworbenen Jtnbl toirllic^ im 3a^re 1831 }ur (£s*
J)lofion ju bringen brobte. 6« ift ein 3^"0"^^ ^^" ^^^"^ bebeutenben ^ägiofMa
xrßeQVfiaeüK, ba« bem Storfteber §offmann mnetoobnte, baß e« i^m gelang, bie goren-
Go ben ®eiftcr in biefer :^ugenb)eit ber ©emeinbe in leiblicher 3ud^t unb Drbnung ju er^lotot.
Stovntiial 45
Sod organifatorifc^e %altnt bed SRanned h)urbe freiließ nic^t nur nad) ber inneren
Seite bejüglic^ ber Seitung ber @eifter in 9lnf))ruc^ genommen, auc^ bte äu|erlt(^en Orb«
nungen, beren bie @emeinbe beburfte, bie manc^fad^en Einrichtungen für bie @r}iel^una u.f. h).,
bie er felbft al^ Aufgabe für bie ©emeinbe geltenb gemalt ^atte, ftedten gro^e älnforbe»
rungen an i^n. ^ndbefonbere h)ar e$ aber bie Einrichtung einer jtoeiten ©emeinbe, bte 6
t^ biel )u fd^ffen mad^te. äSerfuc^e Weitere ©emeinben }u grünben haaren felbfU
toer^blic^ ind 9luge gefa^ h)orben. älber ber Siberftanb ber Stegierung tpar unterbeffen
erftortt. 9Iur toenn gugleid^ eine Jtulturaufgabe bamtt gelöft tperben lönne, foUte bie Er»
ri^tung einer jtoeiten ©emeinbe geftattet toerben. Jlönig äBil^elm, ber offenbar burd^
bie Sbäetnanberfe^ung ber t)oItetoirtfc^aft(ic^en SSorteile, bie fol(^e ©emeinben berf))red^en, lo
in ^offmonn^ erfter l)en{fd^rift fe^r angenel^m berührt toar, l^atte nun ben ©ebanten ge^
fo^, eine 9)loorgegenb Dberfc^toabend burc^ ben ^lei^ feiner ^ietiften gu fruchtbarem
Sonbe umgeftalten ^u laffen. @r bot bal^er ber ®emeinbe Jlomt^al bie Überlaffung biefer
®egenb unb bie Erteilung ber gleid^en ^rit)i(egien h)ie fie ^omt^al geno^, an. ^offmann
taKigte nic^t nein ju fagen unb mochte in feiner fanguinifc^en 9(rt aud^ aQerlei Hoffnungen i6
boron tn^fen. @o tourbe benn mitten im !atl^olifcJ[;en Oberfc^tvaben 1824 bie ©e»
metnbe SBil^elm^borf gegrünbet 2)od^ tourbe biefe @rünbung für bie 3Ruttergemeinbe
rfc^toeren £aft Sticht ber 3)rang, ber bie^ietiften nac^ ftomt^al gefül^^rt ^atte, führte
auc^ nac^ 3BU^elmdborf. 2)ie ftd^ bort anftebelten, betrad^teten biefen Schritt aU ein
Dp\tt. @d toaren burd^fc|fnittlidt^ bie ärmften ©lieber, bie )u bem Dp\tt ftc^ entfc|f(offen. ao
^exnob bon allem SSeiiebr nid^t nur mit ber Wuttergemeinbe unb ben ^ietiftenbrübem,
fonbem bon aQem ^nUfyc überl^u))t gelegen, erregte bie(e ©rünbung auc^ nid^t bie
Zeitnahe, bie bad mitten im $er) be$ Sanbed gelegene ^orntl^al gefunben. 3lnx mit
ßTo|en unb fc^toeren 0))fem lonnte ber ©emeinbe il^r 93eftel^en gefiebert toerben, biiS fte
tm ^0^ 1852 il^ Sierbinbung mit Aomtl^al löfte unb in bie Steige ber getoö^nlic^en 26
)>o[tttf(^ ©emeinben eintrat, fte ift too^l bom Jtonftftorium e^emt h)ie Jtomt^al, aber in
anberer 6tnfu^t, jl 93. @d^ule, nic^t )>rit)ilegiert toie biefed. Übrigen^ ^at auc^ SBili^felm^
borf bur^ feine Erjie^ung^anftalten ftc^ einen guten 3tamen gemacht.
(Sine }t9eite $eriobe in ber ©efc^ic^te ber ©emeinbe bürfen h)ir tool^l bon bem
Stittritt bed jtoeiten ©eiftlid^en an batieren. 9Iad^ Pfarrer ^riebriclf^ 2^ob 1827 h)urbe so
bod J&mt )ttnä(^ft interimiftifc^ berfel^^en. Shin aber tourbe aud ber Sanbe^tird^e ^eraud
Sbtfang 1883 ein Slonn berufen, ber f))ötere Stift^rebiger unb ^rälat Dr. t>. Jta))ff,
ber mit ben Orbnungen biefer Jtirc^e nid^t toie fein äSorgänger in einen ßonflift geraten
toar, bet lein )mn2i))ielle$ ^inbemi^ gefunben l^ätte, auc^ in ben ^ienft ber i&tnbe^tird^e
m treten. @(^on biefe X^atfac^e lie^ ben ©ebanten an einen fc^on bor^anbenen ober 86
1^ erfl noc^ unb nad^ ^eraud bilbenben @egenfa| jtoifd^en ber ©emeinbe unb ber Jtirc^e,
tnm ber fte angegangen toar, ^urücttreten. Ettoaige fe))arcitiftif^e ©elüfte innerl^alb ber
©emeinbe tour^en baburd^ getotfferma^en bementiert. Ed ift benn auc^, obgleich mit
Sorftc^t, bom Jlonftftorium ben ©eiftlic^en ^at)ff unb @taubt geftattet toorben toa^
anfimgd ftreng bertoetgert toar, 3ul<xftung t)on Slu^toärtigen ju älbenbma^l^enu^, iton- 40
firmationdunterric^t unb «^anblung. @o auc^ bem gegenwärtigen ©eiftlid^en, bod^ in ftet^
tmbemiflic^ SQieife. 3)ie Erinnenmg an bie mi^trauifd^e Se^anblung, toelc^e bie ©e^
meinbeglieber bon feite ber ftaatöfird^lid^en Se^örben erfahren Ratten, erblaßte unb nac^bem
bte Shtfgoben ber ©rünbung in ben ^intergrunb getreten toaren, ba^Seben ber©emeinoe
regetmältgere Sahnen gefunben l^tte, trat unter ber Eintoirtung eine^ ©eiftlid^en, ber «6
bioi^ feinen Urf))rung toie burc^ feine forttoölj^renbe äSerbinbung mit bem Seben ber
SoitbedEirc^ geeignet toar, bie 3uc^i eined größeren firc^lid^en ©emeintoefend auf bie ©e^
metnbe überzutragen, bie ©efa^r religidfer E^trabagan} ^urüdC. Ratten bie $ietiften nad^
iener a)>oIab^}>tif($en Sered^nung 93engetö im 2|a^re 1886 bie gro^e ßataftro))^e erwartet,
fo btente ber ni^ige Serlauf biefe^ 2la^red bagu, bie d^iltaftifd^en Erwartungen gu bäm))fen. 6o
9iif ber anberen Seite gog auc^ im Saufe ber anbert^alb ^^al^r^e^nte bon 1881—48 in
ber Sonbedlirc^e ein neuer ©eift ein 92ac^ bem im ^a^re 1829 erfolgten Xobe betS
^iati))tk>ertretenS tirc^lic|fer 9Ieologie in ber Oberfird^enbe^örbe traten Männer in biefelbe
ctn, toelc^ man jum Xeil fd^on al^ äSertrauen^mönner be^ ^ieti^mu^ be^eid^nen lonnte.
Sor 2. ^ofoderd gewaltiger 3eugenmunb auc^ frül^e berftummt, fo traten in bem ^a^r- 66
et «Km 1830—40 nad^ unb nad^ Söi^ne eine^ neuen lebenbigen ©eifted in ber Sanbe^
e auf — man barf nur an einen 21. Rnapp, SB. §ofacfer, El^r. 3)ettinger erinnern.
5Dte reCtgiofe aSJorme be8 $ieti«mu« mad^tc \xd) innerhalb ber Äirc^e immer fühlbarer,
namentlich auc^ in ben Seftrebungen für Erneuerung ber Liturgie unb be^ ©efangbuc^
— Seßrebungen, bie im^a^re 1841 jumgiele führten unb im toef entließen eine ätüctte^r ao
46 ftortttl^al
^u ben älteren Bä^äi^m bet toürttembergifc^en unb ber gemembeutfc^en Aird^e b^euteten.
äBie ber ä&eg be^ @etftlid^en bte{er ^eriobe aud ber Sanbedtirc^e in bie ©emeinbe unb
1843 aud ber ©emeinbe in ein 9(uffi(^t^mt ber Sanbedtird^e unb Jd^lie^td^ in bie Ober»
firc^enbel^örbe unb an bie @))i^e ber Sanbe^eiftlic^feit führte, fo rönnen toir biefe ganje
5 $ertobe a(d bie ^eriobe ber 9(nnäl^erung jtDtfc^en Jtird^e unb ©emeinbe bejeid^en. 2)er
^ietidmud, ber in ber ®emetnbe ©eftolt getvonnen unb ftc^ einen ^erb gefd^ffen, bunb«
bringt bie Jtird^e me^r unb me^r, aber ber ^ietiSmud {elbft toirb aud^ mel^ t>erlirc^(t(9t
unb in ßuc^t genommen.
2)amit toor freilid^ bie ratio existendi ber ®emcinbe^ toenn toir auf beren for«
10 meOen Slu^ang^unft fe^en, getotflerma^en felbft fraglich getoorben unb in ber ^Ktt
h)erben toir fagen muffen, bag bie allgemein fird^lid^e 93ebeutung in ber le^en $eriobe
feit 1848 me^r in ben ^tntergrunb getreten ift. 3)ad SSerl^ältnid ber Jlirc^e }um Staat
unb äSoMeben em))fing bie burc^greifenbfte Umgeftaltung. 3)ie 3^^^ ^^ ^i^ Sanbed«
Ürd^en mit ^oUjeigetoalt i^re ^errf^aft über bie (Stngelnen feft^ul^alten berfud^ lomiten,
15 toaren gu @nbe. §n bem 3J2a|e, aU in ben Jtirc^en bie leitenben ^erfonen unb Jtrafte
bie @tgentümlid^Ieit bed cbriftlic^ religiöfen Sebend tiefer erlannten, tourbe aiu^ ber (Segen«
fa^ ber äBelt gur Jtir6e Karer, beftimmter. Unter bem Xitel ber inneren üRiffton fc^loffen
[xd), bie (Srenjen ber IBanbe^tird^en überfd^reitenb, bie religiös lebenbigen Jtrdfte unb Jtretie
3)eutfd^lanbd inniger jufammen, e^ fam bie Hi^iobe ber itongreffe unb Aird^entage. 2)er
20 ^ieti^mud fa^ ein umfaffenbere^ §elb ber ä(rbett auc^ für fid^ angetoiefen. Unter biefen
^er^ältniffen mu^e bie ®emeinbe Jtomt^ol me^r unb me^r ben (Sinbrutf einer abfettd
bon bem Äam})fe»felb liegenben '^\>\)üt mad^en. 3m Anfang be« 3^^^ lö^ö *^>fl^ €<>ff*
mann geftorben. S)ie alten originellen $äu))ter ber ©emeinbe gingen einer nac^ hm
anberen bal^in, bie t)erfd^iebenen ÜRic^tungen bed toürttembergifc^en ^ietidnntd fonben
26 anbertoärtd bebeutenbere 93ertreter unb ^ü^rer. @tne jtoeite unb britte ©eneration ioudb^
l^eraU; aud ber ©emeinbe felbft ^eraud, bie Weniger burd^ ftifc^eS, au^to&rtiged 9lut müft
erneuert tourbe. 3)ie SJlac^t ber @itte unb @emeinbeorbnung betoä^e \xd) too^I an
biefem @))igonengefd^led^t, aber bie frifc^e ^^itiatibe ber früheren ^dUn mad^te ft^ nic^t
mel^r geltenb.
80 3>n^^^^ ^^^ ^ 3- $• Staubt, biefer toürbige unb treue ^irte, toäl[^enb feiner
langen SBirlfamteit (1843—82, gcft. 1884) ate Pfarrer unb al« Sorftei^ be« l^ö^eren
^^ö^terinftttutd berftanben, nic^t blo^ bie @igentümlid^teit ber (Semeinbe )u hKi^nren,
fonbem fie immer noc^ jum änjte^ungepunft für bie ^ietiften unb felbft für toeitere
Äreife ju ma^en, h)ie er anbererfeitd bie @emetnbe babor betoal^rte, in bie toeitaudfel^'
86 ben aber aud^ biel tveiter atö bie urf))rüngltc^en Aomtl^aler ^Utn txm ber Jtird^e ab«
fü^renben $läne 6^r. ^offmannd hineingezogen ju Serben ; e^ tourbe biefem, bem jüngeren
@o^ne be$ ©rünberiS, bie 92ieberlaffung in Aomt^al unmöglich gemacht. ®egen anbere
neue mel^r ober minber ncbenlird^ltd^e religiöfe Srfc^einungen toie ^earfall ©mit^ u. o.
I^at ^. eine biefem ^ieti^mud fonft nic^t eigene, aber bem aufmertfamen Seoboc^ter niAt
40 unerflörlic^e Sm^fänglic^teit gejetgt. ißon ben Gräften ber itonbe^fird^e gel^renb, fyiX SL
in einem unangenehmen, jtoifc^en bem 9?ac^folgcr Staubt« unb einem 2^1 ber®emetnbe
entftanbenen Aonflilt bie Söfung bem @nlgegen{ommen eben be« Aonftftorium« )u banlen
gel^abt, üon bem bie Segrünbcr einft fi^ trennten.
Sd^h)ierigcr ate früher ^at bie Sage fid^ gcftaltet burc^ bie Snttoidtelung ber @efe|<
46 gebung in ber neueren 3«it. 3)ur(^ bie 33unbe^efe|e üom 1. 9?ot)ember 1867 betr. grei«
}ügig!eit, unb bom 3. 3^1^ ^^^^ ^^^- (Gleichberechtigung ber itonfeffionen in bürgerlich
unb ftaat^bürgerlic^er Sep^ung, fotoie burc^ ba« £anbe^efe| t)om 16. 3uni 1885 b^.
bie ®emeinbeangei^örigteit ift ba« ^ribilegtum ber @emcinbe, un)Hxffenben Slementen
ba« Bürgerrecht t^erfagen ^u lönnen, l^infäQig geworben unb ^toar ift bie« au« 9(nla|
50 eine« S))e}ialfalle« 1889 burc^ richterliche @ntfd^eibung feftgefteQt. So fonnte auc^ biefe
unabl^ängige ©emeinbe bon bem $roje^ nic^t berfc^ont bleiben, ber an ber £anbe«Itn9e
fic^ t)oll)ogen l^at, bag nämlic^ beim SUegfaQ fo mancher ftaatlid^en Stufen unb Sc^u^
toel^ren bcibe, fic^ genötigt fallen, bie in i^nen liegenbe moralif^c aJiac^t befto Iräftiger ju
enttoidtlen. Übrigen« baben bie beiben @emeinben Jtomtl^al unb 9Q3il^elm«borf in 9(na«
55 logie gu bem für bie )8anbe«Iirc^e erlaffenen ©efe^ üon 1887 ebenfaH« eine neue 1892
fanftionierte Äird^enorbnung gefd^affen, toelc^e bie Unterfd^eibung ber bürgerlich Oe«
meinbe tjon ber ftrd^lic^en jur ©nmbtage l^at. Sie giebt tl^nen ba« 3led^t, fobolb
bürgerliche unb lird^ltd^e (Gemeinbe fic^ nic^t me^r fo becfen, toie e« je^ nod^ über«
tDiegenb ber %(i!H ift, burd^ au«fd^lie^lic^ Itrc^lic^e ^a^regeln ben ß^arafter ber Srüber«
ao gemeinbe )u toa^ren.
ftuntt^al fturt^ult 47
gaffen toir bic Sebeutung bcr (Semeinbe für bic ©egcntoart in« äuge, fo lütrb fid^
biffelbe tDefentltc^ }unä(^ft barauf befc^rönlen, ba^ f^e ä^nlic^ ben Alöftem be« SRitteloIterd
eine gufhi^tftätte bietet für folc^e, iDelc^e nai) ben äußeren unb inneren Aäm})fen be«
Sebfnd einer füllen, religio« gcfättigten ätmof))^äre für il;r Seben begel^ren unb ba^ fie in
ben Sugen ber Jtircf^e unb ber 28e[t ben ^l^atbetDei« liefert, Ido« ber $ieti«mu« burc^ 6
feine religiöfe unb ftttlii^e ^\xä)t au«)uric^ten t^ermag, Ido man il^m audfd^lieglic^e ^err-
f(^aft einr&umt. ^a^ biefer Setoei« im aOgemeinen )u feiner @^re au«fc^(ägt, !ann nic^t
geleugnet toerben. S)ie (Semeinbe ■— fie jä^It gegenwärtig 1216 ebang. ßinlüo^ner —
fielet in ftttlid^er unb ötonomifc^er ^inftc^t noc^ immer, iDenn auc^ m^r geföi^rbet aü
lubor, aü 3Rufiergemeinbe ba. Slber felbftt)erftänbli(^ barf babei nid^t überfeinen toerben, lo
bo^ biefen Setoeid }u erbringen bem$ieti«mu« eben nur m5g(ic^ iDar unter ^ebingungen,
bte in einem größeren ©emeintoefen abfolut unerfüQbar iDären — unter ber ^ebingung
eine« äußerlichen 9(u«gang« au« ber 28elt, ber unt)erlennbar auc^ iDieber feine ®efa^ren
in ftf^ trägt SBeite ©ebiete be« SBeltleben«, bie bom ©eifte S^rifti ftcp bur^bringen
laffen foDen, bie ©ebiete ber Äunft, ber SBiffenfd^aft, be« ©taat«Ieben« erfc^einen bem is
t)ietifKf(inen S^tereffe um fo frember, too ber ^ieti«mu«, lüie in folc^er ©emeinbe, foju«
fagen unter fic^ i^ Sem belDegten Seben ber jlirc^e gegenüber nimmt ber $ieti«mu«,
namentlid^ toenn il^m bie frifc^e ^rbe be« jläm))fen« unb 9{ingen« Derloren gegangen ift,
in betn ^eben feiner ©emeinbe auc^ ben S^arafter ber ^efc^ränftbeit an, unb e« tritt
oud^ bie ®efa^r ber SSertnöc^erung l^ertor. Sie ©efa^r, baß ber feftgefugten @itte nic^t 20
bte Xiefe ber Sittlid^feit, ben l^erfömmlic^en Säuberungen be« religidfen @eifte« loeniger
d« anber«h)o toirllid^ religiöfe« Seben entf))red^e, baß ein ®eift Ileinßc^en dt\i)tm^ ^df
geltenb mac^ unb boneben ein 3Rangel an iDirflic^ fritifc^em @a(^ f^d^ reKgid« geberben-
ben Srfd^einungen gegenüber, bürfte bei näherer Betrachtung auc^ xn ber ©emeinbe J^om-
tfyd nid^t bermieben werben unb ni^t ganj ju bermeiben fein, fo erfreulid[| auc^ in i^rer 25
@))tgonen)eit ber 3uft<^n^ ^^ ©emeinbe abftcd^en mag gegen bie getoöl^nUdnen @c^äben
unferer ((mbe«Itr(^lic^en ©emeinben. (^. (Sd^mibt t) ^* StM.
Storp9tüüün9attc tmtt 1661 f. S3b I @. 529, 11.
Sirt^nIt^S^riftian, geft. 1694.— ©eine Schriften fte^cn uerjefcftnet in ber pane=
qprif^ ge^Itcnen ®fbSd)tnidrebe feine« (Sibom« Sinbemonn bei $ipptng. Memoria Theo- so
logonim nofitra aetate clarissimorum, Lips. 1705, p. 571 sqq. lieber ^. al« ll^ird)eni)tftonfer
banbelt S^röcff), fitrci)enQefd)i(i)te L, 173. (Sin inftru!tiuer \Hrt. über ^. finbet fid) qu4 in
(3ebler«) Unioerfallcjiton, ©b 15, CMiUe 1737, @p. 1559 ff.
Sl^riflian Jt. tt>ar ein ad^tbarer fiird^en^iftoriler unter ben lutl^erifc^en i£^eoloaen Dor
9lo«^eim. @r ift geboren ben 15. ^fonuar 1632 )u Sorg auf ber Sfnfel ^emem. 86
%u^bem er auf ber Schule ju ©dble«toig ben ©runb ju feinen ©tubien gelegt, bie er auf
ben Unit)erfitaten SRoftod, 3ena, Seijj^ig unb SBittenberg öoHenbete, tourbe er 1662 ^ßro*
feffor ber griec^ifc^en Bpxad^t )u 9loftoc(, too er auc^ ben Sohorgrab in ber Xl^eologie
eri^dt. ©später toarb er bon §erjog Gl^riftian 3llbrec^t bon §olftein=©ottort) al« ^rofeffor
ber Z^togie na^ itiel berufen unb jum ^rofanjler biefer neu gegrünbeten Unit^erfttät 40
ernannt (1666). ßr ftarb ben 31. SRära (1. a^^ril) 1694, nac^bem er berfc^iebene an il^n
ergangene Stufe au«gefc^lagen. @« ift toeniger feine erft nac^ feinem Xobe l^erau«^
gegebene Äirc^gefd^ic^te (Hist. eccl. N. T., Lips. 1697), toelc^e il;m ben ^o^en 9luf
in ber gelehrten 2Belt t^erfc^fft l^at; t^ielme^r t^erbanft er biefen einigen tüchtigen SRono»
gra}>^en, loie ber über bie erften 6^riftent?erfolgungen (De persecutionibus ecclesiae 45
primitivae sub imperatoribus ethnicis, Jen. 1660, 4^, KU. 1689) unb über bie
^^riftlici^en ©egner be« Sl^riftentum« (Paganus obtrectator s. de calumniis genti-
Hum, Lib. III, KU. 1698, Lubec. 1703, 4"); aud^ toar er einer ber erften ))roteftan«
ttf(^ ^eologen, toelc^e ben Saroniu« ju loibertegen fuc^ten (Disquisitiones Anti-
Baronianae, KU. 1700, 1708 etc.). gbenfo beftxitt er Seiarmin (De canone s. 50
flcriptarae, Rostoch. 1665). S)em bamal« auftauc^enben 3)ei«mu« fe^te er feine ©c^rift
De tribus impostoribus magnis entgegen, unter iDelc^en er Sl^erbur^, ^obbe« unb
@^ino)a Derftanb. ^x\ feiner tJ^eologifc^^tird^lic^en 9lic^tung l^armoniert er mit ©))ener,
bon bem er in jungen 3a^en toirlfame Anregung erl^alten ^atte. ^n Äiel toar grancfe
eine Reit lang $au«s unb lifc^genoffe bon Jtortl^olt getoefen. ©eine „tool^lgemeinten 55
Sorf^Iäge^' erfc^^ienen 1676, ein ^ai}x nad) bem ©rfc^einen ber ©))enerfc^en Desideria.
Sie begieß f^, toie biefe Desideria, auf Serbefferung ber firc^lic^en ^uftänbe. 3"^
oOgemetnen aber fmb feine älrbeiten in ber (jraftifc^en unb SRorcdt^eologte bon toeniger
48 StoxifioU Sottkot^
Selang. 6r \vax einer bcr bier mit ©^jcncr bcfreunbeten S^cologen, toclc^e biefet auf*
forberte, }u entfc^eiben, ob er beii 9{uf nai) ^re^ben annel^men foOie. @o erfc^etnt ^
Seben in bie älnfönge bed ^ieti^mu^ t^erflod^ten ; bort l^at er auc^ ald Geologe am beflen
feine ©teile. ($ageiiiiid^ t) ¥• 2:fd|iiffert.
6 ftottttii^^ §an« ßrnft, greil^err bon (1757— 1843). — Ou eilen nnb ßit*
teratur: ^ie t)on IBa^mann, ^itte unb ^aur benu^te ^rteffammlung ift uerfd^oQen, bamit
bie mi(^ttgfte OueUe uerfd)üttet. ßottrci^: $lud meinem (S^IaubendbefenntniS für meine gfi^eunbe
(d.O., 0.3.) [bad ))on mir benu^tc Sjremplar im ^efi^ bed X^oIucffd)en ^ont>iM in ^aQe];
gfranj 8^^^^ ^^ ^^^ ^on iftm herausgegebenen 3)orf(^roni!, Sa^rgong 1850, S^r.21— 24, biefe
10 4 92umntern gefommelt unter uorgefe^tem $ttel: Qvlx Erinnerung an ben Saron ü. S^ottmi)
[baS mir jur @infid)t überlaffene S;em^Iar uerbanfe id) ber (S)üte t)on gfr(. K. S^^n inü^ördl;
3. 2. Sacobi, Erinnerungen an ben IBaron Ernft x>. ^ottmi^; S. IBaur, S9aron x>. S^ottmif
(9?eue S^riftoterpe 1883, mieber abgebrucft in: ©cfammelte (Scftriften üon ®. ©aur, ©b I);
bcrfelbe, «. Äottmif in «bS XVI, 765-772; ®. 3iet^e, «aron Don Äottwi^ (^almblÄtter
I5 92r. 319); $1. Södel, ^er alte ^otttoi^. eingeuge pra!tif4en E^riftentumd, $riebenau>^rltn
1892; 3K. C)ennig, 3)cr alte tottmiS (&ür Sfefte unb greunbe ber inneren TOifrion, ©eft 31);
%f), SRitter, Erinneiiingen aud bem fieben beS $rebigerd fRoHe unb bed S3arond D. ftottwit
(mir nid^t er^<li^ gemefen); ^rebd I, @tabtuerorbneter, (^efd^i(j^te ber x>. l(ottrai(fd(en
Krmen'©ef(!6äftigungdanftalt; 5^. Süc^fel, ^ie üv^Iid^en Suftänbe ^erlind nat!^ b. S3efreinng^
20 friegen, 93er lin 1870; %ij. ©angcmann, ®ciftIid)cS SRingcn unb SRegen am Oftfeeftranb ; ber-
felbe, (Bieben ©üc^er preugifc^er ßir(f)engefd)id)te ; berfelbe, ^ie Iut^erifd)e ^rc^e ber ®egen«
mart in i^rem SBer^ältniS ^ur Una Sancta; Ä. Ztiolud, 3)ie ficl&rc üon ber Sünbe nnb Dom
$erfö^ner ober bie ma^re ^ei^e bed S^^eiflerd, befonberd bad ^ortoort )ur 7. %ufl., ^am«
bürg 1851; Et)r. Xtf(^t)aufer, (^efd)i(f)te ber euangelifc^en ^irc^e ^eutfd)Ianbd in ber erften
26 ©äme be« 19. Sa^rt). a)aäu bie «ioörapl^ien Xftolucfä (oon fi. SBitte), 9Bi(ftem8 {pon g. Ol*
benoerg). ^cngftcnbergö (üon S3a(ftmann), ?fioti)i^ (oon fj. 9?tppoIb, ^))^eiger u. a.)» @tler«
(üon Stier), ©oftuerS (oon 3)aIton), 5.<Pertf)c« (oon (5. X^. ^crt^e«), ^. Elaubiu« (o. ßerbft).
3önicfc§ (oon ficbberöofc). gerncr ?(. 3^^"/ 9)ieine Sugenbieit, fomie Ä. Ebrarb, SebenS«
fü]()rungen. ^(ud^ ^Sic^ernd je^t erfc^einenbe ^Briefe unb $;agebüc^er lommen in Betrachtung.
80 33aur l^at (®ef. B6)x. l, ©. 78) erinnert, bafe Äottloife auf feinen etgentlid^en Sto«
grapl^en nod^ immer loarte, iifc^^aufer (a. a. 0. ©.261) e« beilagt, bag in bieferSncJ^«
Kopäbie i^m fein eigener älrtüel gemibmet fei. $eute lommen ^al(^nung unb 5tta9e )u
fpät : loa^ man ertoartet, ift unerreichbar getoorben, loa« mi^Kc^ bleibt, ift bie 3ufammens
faffung etlicher jerftreuter ^loti^en, mit ber Sitte: nel^mt bie paar ^rbenHecffe fto ein
86 33tlb. ©c^on mit 33aur oerglid^en bepnbet ftd^ jeber l^eutige Bearbeiter im Jlad^teiL
S3ac^mann f)at für feine §engftenbergbiograp^ie nod^ ^unberte bon Sriefen benu^en lönnen,
bie Äottmi^ i)on 1824—1843 mit bem Äammergeric^t^rat ^ocfe getoec^feü Ij^at. Soc^»
mann berbanfte fie bem oerftorbenen 3Kiffion«bireftor SBangemann (ju bg(. I, 299). 9fatd^
93aur (a. a. 0. ©. 78) unb SBitte (I, 126) ^aben fie noc^ vorgelegen. §eute fmb fte
40 berfc^lounben, loeber bie SBangemannfc^cn noc^ bie gocfefd^en 6rben loiffen über i^ren
SSerbleib älu^Iunft m geben. SSieUeic^t tauchen fte nod^ einmal toieber auf. 3Reine Sn*
frage bei ben noc^ lebenben iöc^tem gocfe« l^at mir mein SSater bermitteü, unb e« ifl
im ^ntereffe ber ^otth)i^freunbe unb be« etwaigen fpäteren Siograpl^en, ben erhaltenen
SSef^eib aud; ber öffentltd^en ^enntiti« nid^t Dor^uent^alten, mag auc^ immerl^in iai eine
46 ober anbere Heine SDlißDerftänbni« in i^m enthalten fein, „©ie [bie ©c^loeftem tJodfe]
toiffen jiemlid^ biel Don Äotttoi^, ba i^r Sater fein S^eftament^DoDftreder loar. @inmal
fei bie 6^e be« 33aron« mit feiner %xa\x fel^r unglücMic^ getoefen, bie %xavi l^abe feine
religiöfe ©tettung nic^t berftanben, e« fei lein 3wf<^'""^^"I^^€'^ geh>efen. ©obann fei er
bon ber Ätau gefc^ieben, biefe f)ab^ getrennt Don il^m gelebt, nur eine lod^ter fei anfangt
60 bei bem 5Bater geblieben, aber balb geftorben. Xann l^abe er einfam gelebt. Sr fei am,
loie fo Diele mit befonberer Energie c^riftlid^ gcrid^tete Seute Iranfl^aft nerDö« getoefen unb
e« immer mel^r getoorben, fo ba| er fc^Iie^ü^ fleiftig umnad;tet gemefcn fei. SKfo bie
©ren^e jtoifd^en bem gefunben unb bem frantl^aft belafteten 3)tanne toirb fc^toer ju jie^
fein, gräuicin gocfe« meinen, ba« Heine Suc^ Don 3lacobi enthalte fo giemlic^, loa« fid^
66 Don Äotttoi^ fagcn laffe, benn manche« laffc fid^ toegen ber e^)elic^en SSer^öltniffe unb
toegen feine« ®eifte«juftanbe« eben nid^t gut fagen." Unter bie|en Umftänben erfc^eint
eine au«fül^rlic^e 95iograpl;ie be« alten 35aron« al« eine jiemlid^ unbanfbare 9lrbeit 3Sc^t
nur mü^te fie im %aü be« ©elingcn« baju fül^ren, eine liebgeloorbene ^eiligenlcgenbe )u
jerpflüdten (getoiffe apo(ogetifd[^e SBenbungen, j. 8. bei Säur, loerben erft burd^ bie, im
60 einjelnen Diedeic^t )u \d)tvaxi gehaltenen SRitteilungen ber beiben 3)amen Derftänblid^ unb
ertoedten ü^nen ben ®Iauben, ben man fonft )u Derfagen geneigt fein möchte), fonbem aud^
bie Semü^ungen um audreic^nbe^ 3Raterta( l^ben aOe äludftd^t, t^ergeblic^ )u bleiben.
^ ber äiegt^atur be^ föntgltc^ (jteu^ifc^en Jlultudminifterium^ bin ic^ bei einer frttl^eren
ddcgenl^ auf Jtotttoi^' 9Iamen unb, fo \>kl mir erinnerlid^, aud^ auf feine ^anbfc^rift
oc^^, b>eim ic^ nic^t ine, in ben Wttm ber ©eidfac^fc^en ^enunjiation, ber Sab(erf(^en
Berufung unb ber SSre^Iauer @e)>arierten. 28a^ ed aber in erfter Sinie gilt au^finbig )u 6
moi^, bod finb biejul^ nod^ k)or^anbenen ^ofumente, nad^ benen \id^ fein trauriger
Snteil an be äBetted @ntlaf[ung nac^ Umfang unb ©renken beftimmen lö^. Sad ^o^
la<S\d^ Xogebuc^, bad ja in biefer ^age nur felunbaren 23ert l^aben lann, l^abe ic^ mir
nic^t erft utr Sinftd^t erbeten, ferner beft^en ^eute iDeber bie ÜRifftoni^ef eOfc^aft S3er(in I
nod^ bie @o|nerf(^e in il^ren 9legiftraturen bie Jtottn)i^briefe, bie man bei i^en k)ermuten lo
foBte. SBir bleiben alfo auf, bie paax 2iebe«briefe angelüiefen, bie gacobi, SBitte, Dlben«
berg, Sour gelegentlid^ unb %. ^oifn abftd^tdbon mitteilen, ^^re @igentüm(ic^Ieit ift ber
enge Sbtfd^h^ an bie iebe^malige Xage^Iofung, bie au^iebige SSertDertung bed ©efang-
fnä^ ber S&rübergemeinbe, bie ajorliebe für bie Unterfqrift: „^l^x geringfter (©ruber,
^mcty, bie 5totttx)i^ t^on feinem longja^gen 9ei(^tt>ater ^änide entlehnt }u i^abm fd^eint. 15
9&\dji6ßt Dudlen, tote ber S^^^B^^B ^^ ^orfc^ronil unb bad aU Snanuftri^t gebrudEte
„%i& meinem ©loubeniSbelenntnid'' qriftieren nur noc^ in t^erein^elten, nid^t leicht ju er«
mittdnben ®sem))laren. @o ift ber Saron in ©emä^l^eit fernem 2Ba^(ft)ru(^e$ Jid^e
ßuooag nid^t banac^ angetan, ba| er einen S3iogra))l^en anlode, aber in ©otted &auSi)aU
onfi^la^dmäli^ berbraud^t, l^t er @egendft)uren im Seben anberer genug l^inter(affen, unb ao
i^ 9u>gra))^ten ftnb ber Drt, too man i^n auc^ toeiter^in tpirb auffud^en muffen. Xa^
er anbere jum Ferren fül^e, namentlid^ X^oludt gewann unb SBid^em anregte, mac^t
feine gefd^id^tlic^ Sebeutung aud, bie alfo nid^t in feinem @elbftleben gi)>felt, gefd^toeige
ftty erfcbdbft.
Sift fett bem ^oijit^ 1807, aU Jtotttoi^ feinen SBol^nft^ naif SSerlin mlegte unb 36
bort rafc^ eine öffentlid^e ^erfönlic^Ieit tourbe, fönnen toir fein Seben einigerma|en k)ers
folgen. 2)ad über fein SSorleben gebreitete Sunfel ift !aum ganj ju (üften, aud^ gegen
^rmnbe befc^önlte er, aSer Sertraulic^teit ab^olb, toie er j^eitlebend toar, fu^ auf am
beutungen, bie fic^ bann, toie e^ ju gefc^e^en )>f[egt, beim 9j3eitererjäl^(en ju falfc^er 93e«
fHmntt^ Derbid^teten. ©eboren ift er auf bem f^miKengut Xf(^e))))lau in ben erften ao
Xogen bed @e))tember 1757. ^er Xag felbft ift jtoeifel^aft. ^ad ©rabfreuj nennt ben
1. @e)>tember, an bem er aitc^ bie ©(ücftoünfd^e feiner berliner ^eunbe entgegennal^m,
bie too^I jut)erl&ffigere ^milientrabition n>eift auf ben 2. @et)tember. @r mag um bie
SRittentaqit geboren ober ber 1. ®e))tember für feine innere (Snttoictelung befonber^
toii^tig getoo»en fein, toer toid bad entfd^eiben? ^crantoac^fenb em)>fing er feine ^(ud^ss
bilbung in einem Srei^Iouer ^[nftitut, too bie ^[efuiten ©elegen^eit nahmen, [xd) an ben
Jtnoben ^ongumadj^, o^ne i^n jeboc^ für il^ren Orben m gewinnen. Bpättx tarn
er old $age an ben $of ^ebrid^ II. ^n biefer ßeit verfiel er mit feinem @lteml^aufe
unb bockte emfUid^ baran, au^utoanbem, nur ein Rabinettdbefe^I, ben fein äSater t^om
Kömat ertoirbe, Jj^elt il^n fe^r gegen feinen Sßunfd^ im Sanbe jurüd. ^n reiferen ^al^ren 4o
fimup er Don biefer $eriobe ald k)on einer ^txt ber äSerirrung. . ^araud mac^t Säur:
6finbentounben ber Igugenb, l^acobi: ©türme iugenblic^er Seibenfd^aften, Sitte: toeltlic^
atc^d^toeifenbed Seben, Olbenberg : eine ftürmifc^ ^i^genbjeit in ber großen 23elt, bie il^m
mit )K>ner ^onb aSe^ gegeben, toad fte ^u geben j^at, aber feine nac^ t?oDem ©enügen
bürftcnbc ^ele imbefri&igt gelaffen ^atte. 2)amit ift ben unbeftimmten älnbeutungen, 45
auf bie ber®reid ftd^ fietd bef(^rän(t )u ^aben fc^eint, eine unerlaubt beftimmte Sßenbung
gegeben. 3)tefer tnige $raamatidmud nac^ bem beliebten $arabigma äluguftin mag ju«
treffen, braucht t& aber ni^t. 3^ möd^te ftatt beffen an ben ©amafd^enbienft ber Arte*
beii3]a^ unb ben g(eid^)eitigen amerilanifc^en ^rei^eitdfrieg erinnern, bie mir bad mi^
toonbcning^eKlfl beffer )u erfldren fd^emen. ^enn bie @tanbedfünben &pxd, %xnnl, go
^taam unb bie Sc^ulben in i^rem ©ef olge fc^affen eine gan^ anbere Situation : beren
iMpfer muffen tH>n iJ^ren 9(nge^rigen auf ben @d^ub gebraut toerben, ^otttoi^ tourbe Don
fernen mit ®tti>ait im Sonbe gehalten. 9Iur loenn bie 9lbenteuer(uft unb ber ©ebanfe
an frcmben itttegfttenft im @)>ide loar, begreift fidf aud^ o^ne SRül^e, toed^lb ber itönig
^ }u einem folc^ien Jcabinettdbefe^I bereit finben Iie|. 2)er itonflih mit bem vierten 66
©ebot iß für ft(^ audreid^b, um bie Trauer Derftänbßc^ )u machen, mit ber ber ©reid
auf biefe 3^ ber SSerirrung jurüdtblidhe. fiotttoi^ m\x^ übrigen^ bamald ein unreifer
Jüngling getoefen fein. Senn fein Sater, ber bad föniglic^e Serbot au^toirtte, ftarb fc^on
am 31. m^ 1777.
Shm^ btefen XraucrfaO toirb Qcm& @mft atö einjig überlebenber &o^n )n>eiter @^e eo
50 Sottkoi^
in bcn lanbtDirtfd^aftlic^en 9eruf ^tneinoejo^cn iDorben fein, alfo bamold bie Srmee Der»
(äffen j^aben. ^n bie bann folgenben brei^tg ^oi^re bed ^unleld foQen k)on betonntcn
©reigniffen: bie §eirat, ber Eintritt in ben greimaurerorben, bie Säcfe^ng, bie Slnfonge
be^ fc^lefifc^en £iebe^n)er!ed, mannigfache Steifen unb t^ieQeid^t au^ fdjion bie S^rennung
5 feiner &)t,
^ad SSermä^lungejal^r lä^t fic^ nic^t au^mitteln, ebenfotvenig ber Sd^bung^termtn.
3)2it ber gefd^iebenen @(;e Serben toir aU mit einer X^otfac^e )u redten ^aben, ober
felbft in i^rer Sürftigleit geftatten ed bie JQueOen, bad bief er ^atfad^e an^ftenbe Obtum
ju milbem. ^ie @attin, @räfin S^arlotte Helene B^^^i^^ ^^^ B^ted Sal^t älter ald üott«
10 iDi^, brachte i^m bie gro^e ^errfc^aft $ei(au ^u, unb bad junge $aar na^m bort aaif
feinen SBo^nfi^. 3)rei Äinber toerbcn ertoä^nt, eine 2o(^ter unb jtoei ©ö^ne, fämtlid^
unt^ermä^lt \)ox i^rem Sater geftorben, ber ältere @ol^n tDof)l fd^on bor 1818, bie mit
befonberer Sere^ng amSSater^angenbe^^od^ter 1821, ber jüngere, „etiooiJ fc^toac^finnige"
So^n 1830. ein »rief SRabede« an %f)olud (22.3uni 1816), öon ffiitte (I, 133) dn»
16 leuc^tenb interpretiert, mad^t ed un^toeifel^aft, ba^ bamal^ fc^on bad fd^(eftfdi^e SiebeStoerl
ben gefamten, einft fo anfel^nlic^en ©runbbeft^ ber^amilie bid auf bad Heine ®ut ®aumt|
bei 9{im))tf(^ berfd^Iungen l^atte, ba| auc^ bie $eilauer ®üter fc^on bor 1816 ^tten M«
äußert loerben muffen. S)ie SKuttcr eine« fd^load^rmnigen ©o^ne«, ber nad^ menfc^id^
©rmeffen in feiner §ilflofigIeit fie unb ben Sater überleben ioürbe, toirb aö unt>erant«
20 toortlic^en Seid^tfmn beurteih l^aben, toa« i^rem ®atten ald ber felbftberftänblid^e Sudflu^
feine« @ottt)ertrauen« unb al« c^riftlic^e ©elbftloftgleit erfc^ien. 2)ie grogartige ^eigebigs
teit be« ^ianne« !annte leine, auc^ nic^t bie t^erftänbigen ®rengen, bie bie ^au ifyln ge*
))rebigt ^aben toirb. @o mag unter bem ®eftci^t«))un!te, bag eine ®ütertremiung be^ti^
gürforge für bie Äinber ioünfd^en^loert fei, ber ®eban!e an eine Trennung ber 6|e gereift
25 fein. SSar bie Trennung fo t^eranlagt, bann begreift ftd^ auc^, toiefo bie ®atten nod^
nac^ ber ©d^eibung l^armlofer gufammen(;a(ten !onnten, al« e« fonft unter ®ef(i^iebenen
übßd^, unb jugleic^ bie ^rabition, bag bie Saronin lein ooOie« Serftänbni« gehabt ^obe
für i^re« @atten religiöfen ©tanb^junft, nämlid^ für feine 9lrt, )>raltif(^e« Sbriftentum au
treiben, ^tan barf bie« nid^t ba^in üba:f))annen, al« fei il^r be«^alb fog(ei(9 oDe« d^riflN
ao lid^e Serftänbni« abgegangen, ^er ^räftbent @ö^e, ber gerabe für biefen 3Rangel eine
fc^arfe SSitterung gei^abt ^ätte, embfing bon berSaronin ben aQergünftigften (Sinbrud, oI«
er fte ge(egentlic^ einer Xl^eegefeUfci^aft bei ßotttoi^ fennen (ernte. 2)amal« toar bie gan)e
^mi(ie in Serlin beifammen, bie 6(tem, bie fc^ioärmerifd^e Soc^^ter unb ein auffallei&
ftiUer ©oj^n. ^toax ba« fü^(te ®ö^e a(«ba(b l^erau«: „3)a« Serl^ä(tni« ber ^mi(ie )u
86 einanbcr ift ganj eigen", aber bann fä^rt er fort : „3)ie SKutter ift eine alte loürbige
3)ame, bie fe^r emft ift unb mit ber ic^ am 3lbenb am meiften \pxa6)/' SUfo 1818 be*
fu(^te bie öaronin ben Satten, er fte auf feinen f(i^(efifd^en Steifen öfter, ©o Reifet e«
in einem 33riefe au« bem 9i<*^re 1826: „meine (iebe grau fanb id^ fel^r Deränbert",
loa« auc^ auf einen frieb(i(^en Hergang bei ber @l^efd^eibung beutet 9l(« fie im Januar
40 1829 ftarb, n)ei(te er gerabe in ©d^leften unb toirb bei i^rem (e^ten ältemjuge zugegen
getoefen fein. älQe biefe ^{oti^en ftimmen ju ber ä(nnal^me, bag bte @atten ftd^ nur be«*
|a(b getrennt l^aben, tocK f^e in i^ren anflehten über bie ®ren^en ber c^riftlic^en 3&offU
tl^ätigfeit, in biefem $aufe eine Karbina(frage, au«einanbergingen.
liCottn>i|' innere religiöfe @nth)i(te(ung ift überau« unburdbftd^tig. 1835 giebt ber
46 ®rei« ba« !3a^r 1773 al« bcn 3^i^.wnlt an, ioo '\i)m anfd^aulic^ geloorben fei, toa« ber
Sla^nung be« 9())ofte(« ju ®runbc (iege : „^ütet md^ Dor ber ^^^ilofo)>bie nac^ ber ^di?
fa|ung — SJac^bilbung be« ©öttlic^en — unb nid^t na^ G^rifto." 3)ama(« toürbe er
im Äonfirmanbena(ter geftanben ^abcn, auc^ mag bie Xragiocite biefer @r!enntni« )iT>eife(<
^aft fein. 9((« entfc^eibenb geioorben für fein innere« ^cbcn, a(« bie SBenbung jum
60 gricben, ))f(egte er ba« SBort ^u bejeid^nen, ba« er einft in einem 93etfaa( ber SBrüber»
gemcinbe gehört: „e« gehört fc^on Oie( ®nabe ba^u, bag man f\d) fe(bfl ertrage." Um
Don biefem SBorte im 3"«^^^ angefaßt ju toerben, mug man fc^on an ^o^robiger
grieb(ofigfeit leiben, eine erfolglofc $eriobe gefe|lic^en ©trebcn« hinter fic^^ ^en. 5Dm
im ®cnug(eben bal^inftürmenben, emfteren @cbanlcn noc^ abgetoanbten SBeltmenfc^ auf«
66 jurütteln, ift ba« äSJort m. @. gan^ unb gar ungeeignet. 3)a« SSort (ä|t fu^ nid^t mit
©ic^er^eit batieren, immcrl^in ioerben ioir e« eine geraume 933ei(e Dor 1792 an)ufetoi
baben, benn ba ftarb ber 33ifc^of ©))angenberg, beffen ©eelforge fein Sefte« }u ber^onlen
«ottloife fid^ ftet« betonet b(ieb. ®a« fc^t eine getoiffe Dauer il^re« Serte^r« toorou«, unb
biefer Seidtei^r mug l^inter ba« ertoäl^nte SBort faDcn, ba« übrigen« nidjit ©})angmberB
GO felbft anjugel^ören braucht. 2)er betreffenbe Setfaal ift too^l in bem nur eine ^olbe ©tunbe
Stoiiwi^ 51
bon Obcrj)eiIau entfernten (Snabenfrc^ ju fachen, (©cgen 2Bitte, ber I, 128 öon bct
äJorou^fe^ng au^el^t, bte @cene muffe t)or ^otttDi^' Verheiratung fallen.) 2)ad Sänften«
tum bc^ aSaron« be^tdt, feitbem er burc^ Sermittelung ber Srübergemetnbe jum ^rieben
gelommen, immer beren Signatur, boc^ ift er il;r nie förmlid^ beigetreten.
SBenn ed richtig ift, \oa& f))äter bie ^eunbe au^ b^n älnbeutungen be^ @reif e^ l^eraud« 5
^en, ba| er eine ffleile bem greimaurerorben angehört ^obe, fo toirb biefe 3Kitgliebfci^aft
ber Sele^rung Dorau^egongen fein, ^ie religiöfen $rin^i))ien mißbilligte er fpäter nic^t
o^e eine getoiffe 9lert90^ät. @d toerben il^re l^umanitören äSeftrebungen getrefen fein,
toQ^ i^ an ber Soge anjog. Senn e^ ge^t burc^ bie Jlottn)i|litteratur binburd^ (ober
borf man bad fo genau ni^t nel^men?), baß feine au^gebe^nte äBo^lt^ätigleit fofort mit 10
bem älntritt bed ))äterli(^en @rbed einfette, a(fo um 1777. Saß er jum betoußten
(glauben lam unb in biefem ®lauben feinen ^rieben fanb, tann fo frü^ nid^t angefe^t
iDerben. 3)o(^ t^erfte^t ftc^, baß bad große (Sriebnid aud^ in feinem SBo^It^un Spod^e
madi^te, ed gab i^m ein neued 3Rotib unb fteOte ed bamit auf eine gan) anbere Saftd,
bie Humanität machte ber bringenben Siebe S^fti ^laij, bie Sinberung leiblid^en @Ienb^, 15
biö^ ©elbftjtoedt, trat ^infort in ben Sienft ber ©eelenljflege. @r toerftanb 2 SKof. 6, 9
unb „tüot ber 3Reinung, baß großem leiblic^e^ @Ienb ben menfd^Iic^en @eift fo nieberbrücfe,
ba^ er barunter laum ju bem, toa^ broben ift, auf^ubliden toage. @l^e er ba^er ben an
2eib unb ®eift fe^r Slenben bie SBunben il^rer ©eele jeigte, trodtnete er erft bie S^ränen,
bie übet txbtfc^e Sc^merjen floffen, unb Ratten fie fo ald i^ren Sßoj^lt^öter i^n lieben ge- ao
lernt, fo Porten fie toiOiger an, toad er i^nen bon ben SBunben i^rer @ee(e fagte unb
bem J&elfer ba^u". 6« ift feine 5^age, baß ^olud mit biefer ©(^ilberung bed „3}ater
Xbral^mt'' fein eigene^ Programm für bie d^riftlid^e SQ3ol^ltl^tigIeit enttoidelt, baß e^ ü^m
ta>eniger borum )u t^un ift, bem böterUc^en ^eunbe ein Sentmal )u fe^en aU i^m 3la^'
folger gu getoinnen. ^oq toirb er biefe^ Programm feinem anberen aU eben itotttoi^ 25
abgelernt ^oben. @o bfixfen toir annehmen, baß auc^ bie borl^ergel^enben @ci$e einen getoiffen
gefc^tli^en item entl^alten: „bie Statten bed Slenbed unb bed ^ammer^ fa^en i^n am
öfterften, koetl er nic^td Siebered toußte, al^ frönen trod(nen. (£r reifte felbft uml^er in
mehreren Staaten. SBo^in feinSinfluß unb fein 93erm5gen reichten, berbef[erte er^ranfen^
^fet unb ©efärigniffe ; too feine Xl^ätigteit im großen 28iberftanb fanb, toanbte er [xd) ao
ya ben einjclnen i^ilflofen unb bot fic^ i^nen al^ JJreunb". Äotttoi| ift gereift, toir loiffejt,
baß et SRatt^ad Slaubiud aufgefu^^t l^t unb nid^t nur @d[fleften unb bie iätaxt, fonbem
cavif @<^ledh)ig, $oIftein, SRccflenburg , $ommem aud eigener 9lnf(^uung fannte.
Saß er ed mit biefen Steifen nic^t nur auf ?$ü^lung mit gleic^eftimmten ß^riften
obgefe^en, fonbem überall bem ^of))itat unb ©efängnidtoefen Slufmertfamfeit unb ^üx^ 35
fotge jugeiombet l^abe, fd^eint X^olucf bon ^otttoi^ au^jufagen, toenn er ed aU einen
3ug in bod S9ilb bed 5Bater Slbra^am aufnimmt. Xro^bem muß e^ fraglich bleiben, ob
ber Soton toirtltc^ in eine Sßirffamfeit toie bie ^otoarbfc^e eingetreten ift ober ob er ^otoarb
nur Setfall gejoQt fyd, Senn ol^ ©efd^id^t^uelle ift bad ]d)'6m S3ud^ boc^ nur mit äSor«
^c^ pi gebroud^en. 9(uf gefu^ertem ®runbe befinben toir und mit bm beiben großen 40
SicbedlDmen bä SSarond, bm fc^leftfc^en ^brifanlagen unb ber „freiwilligen Sefc^äf-
tigungiSanftalt'' (®egmfa(: 3^<^ng^rbeitdl^aud) in SSertin. @emeinfam ift beiben bad ^u
®runbe Uegmbe ^rinji^ ber Selbftl^ilfe. itottloi^ tooQte nic^t burd^ einmalige ober
tDtebet^olte Sllmofen ben 93ettel )>rotegieren unb baburc^ bie Strmut berlängem, fonbem
bun^ Sefc^ffung bon lo^nmber ätrbeit bie borl^anbme älrmut ^ebm unb ber ettoa brol^m* 45
bm botbeugm. Sie Armen, bie er in ^eilau bor 9lugm l^tte, loaren faft burc^el^enbd
gelernte SBSeber. 9bi fie berteilte er ®am, beml^lte il^re älrbeit reid^lid^ unb bertrieb i^re
Stgeugniffe auf eigme Slec^ung. SRit einem Ittrbett^uftrag, ber nic^t bie Schaffung neuer
fficrte, fonbem nur ^eilfame SSefc^äftigung unb audfömmlic^m Sol^n für ben einzelnen
Sbbeiter be)tDe(tt, muß ber Auftraggeber jd^lec^te ®efd[|äfte mac^m, immer toieber fu^ ge^ so
ndtigt fe^, bie SBore unter bem Selbfttoften^eife lod^ufc^lagm. Sanebm berfud^te ed
ber Soron mit ber Snlage bon ^brifm. SRanc^, ber fonft ^ätte l^ungem muffen, fanb
bwt Srbett unb So^n. Slber auc^ biefe« Unteme^men, ba« §unberttaufmbe berfdjilang,
imtiertc fii^ ntc^t, unb bm Sanf feiner Sd^ü^linge mußte ^ottloi^ mit einer Einbuße an
eigmem Seft^ unb, toad fc^toerer in« ©etoic^t fiel, mit bem Sierluft feiner ^milie be« 65
ja^fen. Sine ^tbore Serbinbung jtoifc^m UnterftüQung unb eigener Arbeit bed Sebürf-
tigen ^ JtotttDtt nii^t gefunbm.
Sie Überftebelung nadf Serlin 1^ noc^ nic^t ju i^rer nottoenbigm 9Joraudfe^ung
eine bereite fortgefcffrittme Sntfrembung bon ber ®attin. SerSaron befaß anfangt noc^
ein eigmed ^ond in Serlin (®r. ^antfurter Straße 44), ein fte^mbe« ^bfteigequartier, 60
4*
52 StothoUi
n)ie ber gutfttuterte $rok)in]\abeI ed f^c^ in ber 9leftben) gu polten pfk^U. Rvmädf^ mag
c^ au^ biefe^ 3Ral, tüit gelDt^ oft f^on ^f^, auf einen t^orüberge^er^ ^fent^ db*
gefe^en getoefen fein, aud bem nur bie il^m entgegenttetenbe 3lot einen bauemben moc^
^an begreift, ba^ mit ber Sefe^ung ^erlin^ burc^ bie Tamofen bort aDe ®ef(l^äfie
5 ftocften unb k)iele 9(rbeiter brotlos iDurben. @oI(^e, mit SSorliebe toieber SSkber, befc^«
tigte KotttDi^ gan) nac^ bem fd^teftfd^en ©d^ema. Slnfangd mad^te er fein ^oud lur
Sßerlftötte; atö bted }u eng tourbe, mietete er einen anberen dtaam ^in)u, enblic^ tAoi
er ftcp bie gerabe leerftel^enbe Sinningfc^e Jlafeme (9Qe£anberftra|e 5—7, too ^eute bod
^o(i)ei))räftbium an bie Jtaiferftra^e ftö^) für feine 3^^^* ^i^ )i><^ er in ber Soge,
10 nic^t nur älrbeit unb SSerbienft }u bieten, fonbem }ug(ei(^ frete^ Quartier für bie glamt«
lien feiner älrbeiter. 9ei bem großen älnbrang }u biefen Sßo^ungen tourbe fofort auiS«
bebungen: tvax eine ^amilie burc^ älrbeit unb @))arfam!eit lieber gel^oben, fo mu^ ftc
einer anberen, no^ bebürftigeren $(a^ machen, bamit bie 28o^ltl^at möglic^ft Dielen ju
gute täme. älber au^ eine fold^e loieber au^ejogene ^miKe em))fing oft genug oiu^
15 n)eiterl^in bie ©elbunterftü^ungen bed 93arond. ^r bie Jtinber biefer äbbeiterfamilien
tourben Seigrer angenommen. ®ie inOefang, ®(^nftt)erlefung unb freiem ®ebet befte^^enbe
^benbanba^t, ju ber bie (Sintool^ner ber ^afeme („^au^emeinbe'O tfigUd^ Derfommelt
iDurben, ^ielt Kotttoi^ fe(bft ober einer ber Se^rer. äln ben Sonntag- unb 39Iitttoo<^
abenben fa^ ber 9aron gern ®äfte bei f\6) )um X^ee, bann gab e^ bei ber9(nba(l^t auä^
20 eine freie 'Sln\pxad)t, )u ber in ber 9{ege( ein befreunbeter $rebiger ober Jtonbibat au^
geforbert tourbe. SBenn 5Bitte (I, 136) betont, ba^ feine ®emut ben Soron fletd abge»
galten ^abe, felbft „©tunbenl^alter" ju toerben, fo geigt bo{^ baö bon gacobi (©. 43 — 46)
mitgeteilte ^on3ei>t einer Jtotttoilf^en 9[nf))ra(^e, ba| biefe Siegel bod^ nic^t o^ne Xud«
nahmen geblieben ift. ^n feiner i^aienfc^aft l^at ^otttoi^ !ein )>rin2i^id[ed ^inbemid ge*
25 fe^en, e^er fc^on ein fa!tif(^e^ in ber Sd^merfäUigfeit be^ äludbrudCd, bie feinen lätmmn
Darlegungen geitlebend anhaftete, iDÖ^renb i^m ni(^t feiten ein turjed treffenbeS SBort
gelang. @on)ie il^m bie itafeme überlaffen tourbe, ftebelte er felbft bortlj^in über, too er
ftc^ mit jtDei befc^eibenen 3intmem begnügte, älu^er einem )>erfönli(^en 3>iener bef^&f*
tigte er einen Sefretär, beffen er gur Seitung bed fcpier unüberfel^baren ^audl^ted bd)urfte.
80 gür ben @olb biefe^ Sefretärd !am f))äter ber ^önig mit 600 ^J^em auf. 9lu|erbem
fteuerte ber Jtönig, boc^ too^l erft feit ^tWa 1814, noc^ 3000 %fydct im ^ci^xt bei }ur
Verpflegung Don 120 alten unb gebrec^lid^en ^erfonen. 2)er ©efamt^udl^olt toudfi bü
auf 600 Äö))fe.
Der berliner SKagiftrat übertoie« im 3a^re 1812 ber »nftaU gefc^^enltoeije 56 »ett»
85 fteDen unb 180 Sd^emel. SSon fonftigen 3utt)enbungen Verlautet nic^t^. äSelc^e t^erföm
liefen Ot)fer bad ^erl ben ä3aron getoftet ^at, Id^ ftc^ baraud entnel^men, bo^ bie @tabt«
Dertoaltung, ald i^r bie Übernahme ber Slnftalt jugemutet tourbe (1819), ftatt bed h\Sf^
oon Jlotttt)i$ genoffenen 3ufc^uffed bon 3000 2^alem beren 13000 glcmbte t^erlongen jit
muffen. Der mi^autfd^e ^önig tDitterte hinter biefer ^orberung ftdbtifd^e ^ludmad^ectn,
40 in ä9}a](|r^eit toirb ^otttt)i$ ebenfobiel jö^rlic^ 3Rxm^ gemad^t l^abm. @rft 1823 über»
na^m bie ©tabt „bie berunglücfte ^ritjat-gabril-änftalt" auf i^ren ©tot, boc^ töurbe
JtotttDi^ eined ber Direltion^mitglieber unb burfte bid )u feinem Xobe in ber itafeme
tDol^nen bleiben; ba^.auc^ $aftor Souarb in ber Direltion fa^, fieberte ber 9(nf)alt ouc^
toeiterl^tn i^ren d^riftlic^en S^arafter. ällfo, tDirtfdjiaftlic^ angefeben, aud^ bad Serliner
45 SSert t^erunglüdft! @d befleißt fein @runb, biefer Urteil bed 3Ragiftrate^ an)U)ti>eifeIn,
unb e^ ift an ber ^cxt, e^ nod^ befonber^ gu unterftreid^en. ©erobe in ber t)0t)ulären
Äotttüi^litteratur begegnen Wxx ben Älagen, ba^ ber inneren SKiffion auf bem Sereindtoeg,
ben fte befc^ritten l^at, me^r unb mel^r oerloren )u ge^en brol^e, toad einen J{otttm( (ox^
geid^nete unb fo angie^eiib machte, bie ^erfon^aftigfeit feiner Siebe^übung, bo^ er aQqeit
60 felbft unb aüein feinen 3Ram ftanb (j. 33. Säcfel a. a. D. ©. 39). Diefer SSorgug öon
Jlotttt)i$ ift )ugleicb feine @c^ranle. SBenn eine 93iograp^ie bed 93arond nod^ mdgli^
ioürbe, fo toürbe fte getvi^ bagu beitragen, un^ au^mfö^nen mit bem ©anoe, ben bie
Siebedt^ättgfeit genommen |at. Sc^lie^lic^ ift ed bod^ möglid^, bad, toorin Kotttoi^ und
befd^ömen mag, )u toerbinben mit bem, toa^ tt)ir Dor il^m ooraud ^aben. @d befielt fjm
55 fein ®nttoebcr=Dber.
Die Ärone t)on Äotttüift' SBitffamfeit ift fein SSerfe^r mit greunben unb bie bon i^
fo gern unb erfolgreid) geübte inbibibuelle ©eelenpflege. ^n SSerlin tüurbe er balb, un»
Sefuc^t unb tt)ie t)on felbft, bad anerfannte ^avcpt ber bortigen ^ietiften unb bie alte
Eafeme beren bomel^mfter ©ammel)ptunft. SBie t^erlaffen fic^^ bie um ipn gefc^forten Äreife
60 füllten, toenn er einmal feiner ^milie ober ber t^rifen toegen in 6(^leften abtDcfen^
Sotttot^ ftraBBe 53
toor, jeigt bcr Don SBat^mann (1, 193) im Slu^jugc mitgeteilte Srtef gode« : bie 3}erh)aifien
^en bann leinen anbeten SSereinigung^unlt. Unb tpenn ber berliner ^ietidmud bor
bem feparatiftifd^en Slbtoege, ber anber^too befc^ritten tourbe, glüdlid^ betoal^ blieb (Sac^^
mann I, 194 t.), fo ift <iu(l^ baran, obtool^I toir ©enauere^ nid^t toiffen, ^otttoi^ nic^t
o^e Seibienß, benn er toar e^, ber für aQe bie Slidbtung angab, ^er ^eunoe^eid 6
Uam fjin nicpt be^belt toerben, id^ mu^ micf^ barauf befci^rön!en, einige 92amen ju«
ammcnjuftellen, SDltere unb jüngere, guriften, Dfjijiere, Ideologen, ol^ne beftimmte Sleil^ens
olge unb offm a[nft)ru(^ auf SJoKjäl^Kgleit : ©raf änton ©tolberg, b. Il^ile, bie ©net!^«
ofle« SSoter unb ©o^n, gönWe, §ermed, (So^ner, Äun^e, SloKe, to. Set^manm^oKtoeg,
t). ganctcoHe, t>. ©enfft, to. Seloto, b. (Serlac^, §eubner, a. 9leanber, ©traufe, Äenaften« lo
berg, 2:^oIud, ©ticr, Slot^e, 2. unb g. ^af)n, 2Bi(^em, gacobi, SRabede, Slenneae, gocfe,
®d|e, be Salenti, Flitter, Souarb, Si^co, ©ad, SSoItoHni. ®em fe^te ic^ in biefe iReil^e
bcrer, benen ber Saron ettoad getoefen, auc^ ^einric^ b. Jtleift unb t^erftänbe bie (iebebod
buic^efü^e ^tgur feinet Dbrij^en b. Jlotttoi^ aU eine $ulbigung für ben alten 9aron.
6in fu^ered 3^9^^^ föi i^te ))erfönli(l^e Serü^rung \)at ^d) nid^t au^finbig mad^en laffen, i6
bo(^ iß fte an Jk^ nic^t unttHil^rfdlieinli^er aU bie Begegnung mit ^id^te. ©einen |^eunben
tDar ScotttD^ f4t btel. 2)a| er immer diät getou^t ^ätte, toenn fie ftd^ in fdptoierigen
Rollen an i^n toanbten, möi^te ic^ t^on bem SQSeltunlunbigen nic^t glauben. SlebenfoQd
aber teilte fic^ bie ^ebendatmoft)l^äre, bie i^n in feinen befferen ^[al^ren umfd^toebt l^aben
mu^ bem S^uc^er tool^lt^uenb mit 9lm Xage Dor $5nigem, too in äSerlin nic^td mel^r 20
|u roten toar, fuc^te ber ^ron))rin) ben alten ^otttoi^ auf, i^m fein ^erj au^jufc^ütten,
bat>im berftnrad^ er m @rlei(^terung. ©elegentlid^ f onnte ^otttoi^ im)^onieren, felbft einem
^if^te, ber bad Sefte bed ÜRanned nid^t berftanb, aber i^n, ben faft ^emben, )um SSor-
muitbe Jetned ©obned befteDte. Sefonber^ gut t^erftanb er e^, mit feinen jungen ^^nben
urnjugepen, eine Hunjt, bie i^m 2:i^oluc( abgefe^en 1^. 25
SSenn fiotttx)i( in bie öffentlid^^ 2)inge eingriff, ^at er nic^t immer bie gltidlic^e
^onb beta>iefen tote in ber Selotofc^en ©a^e unb bei ®o|ner^ SSerufung nac^ äSerlin.
ier bunWjie ^unlt ift ber be ®ettef(^e §anbel. 3)afe Äottloife e« geioefen ifl, ber beffen
Xbf^ung beim jtdnige betrieb, ßel^t aud Xj^oludE^ SCagebuc^e feft (SBitte I, 174). 3lud)
äb^f^ä^ Don ber tmnlic^ t^age, toie er in ben 93ef^ eined fremben $rit>atbriefed tam, so
bleibt bie unt)fv4foIogif(^e Sjregefe gel^äfftg, bie aud bem Xroftfd^reiben an bie unglüdlid^e
SRutter ©onbd, bad feine et^ifc^e ^b^anblung ift, ein Jta))itatoerbred^en mac^t. 2)ie ^age
beim Jtönige an^gig )u machen, loar boQenb^ nidbt feinet Slmte^. 3)a^ i^m biefe Sin-
mtf<i^un0 ® etoiff en^faqe toar, ift fo toenig eine Sntfd^ulbigung ioie ber mutma^lid^e ^inter^
mann, Don bem ju^ ftotttoi^ in biefem Jfoll DieQeid^t f^ai mi^rauc^en laffen. — 3)ad 86
©(^idfal ber ©c^dianer, in benen er 3Kärt^rer i^red ©laubend fal^, verfolgte Jtottloi^
mit taxtrmer Zeitnahme, er fül^lte mit i^nen, aber er felbft backte ni^t an ©e^jaration,
^otte fie axtäf ben SBredlauem bid jule|t audjureben gefügt. SSoltolini, ber ^aui^enoffe
feiner Idfim ^afyct, belam Dom alten Saron l^arte Urteile über bie ©e))arierten )u ^ören,
m benen er ftd^ ^elt Bpäitt gelang e^ i^m, fe))arierte ©etftlid^e toie @l^ler^, Saftud, 40
SBermelittir«^ bei fiotttoi^ einjufüi^ren. 3>^f olfl^ ^^^^ 93erf el^rd mag fid^ bef(en Urteil über
bie 6e))arierten milber geftaltet l^aben. 9aur« (I, 118) 9eri(^t über bie le^te Äranfibeit
be^ Sorond fu^ auf SRitteilungen Soltolinid, bie faft fo Hingen, aU fei ^ottloi^ ^ule^t
ber Sonbeffin^ entfrembrt unb auf bem beflen ® ege getoef en, ber ©e))aration beizutreten.
9Kr erfc^eint ed ntd^t glaublich, ba| er bem öfumenifd^en 2[beal feiner befferen ^ge (9(ud tf
meinem ®(aubendbeienntnid) toirllic^ follte untreu getoorben fein. SSermutlic^ finben f\i^
^anbf^rriftlic^ aiufjeic^nungen über Jtotttoi^ in 3$oltolinid 9Iac^la| (Säur fci[|liegt 93.^
SBotte in @(anfefü^qfen ein), beren 93elanntgebung toünfc^endloert toöre.
9m 13. tiai 1843 ift 5totttoi| geftorben unb l^at auf bem Sllten gfneb^ofe ber
6t ®eorgengemeinbe fein ^eute mit einem fc^lic^ten gu^eifemen ^reuje gefd^müdhe^ ®rab 60
gefunben. S3offe.
StnAU, Otto üarften, gefi 1873. — iRefroIoge erfc^ienen u. a. in ber 9(ag. eü.^
Ittli^ STirdKnAeitung 1874, 8. 99 ff.; in ber (Soang. ^irc^en^eitung 1874, @. 209 ff .
O. fi. Arobbe, l^orragenber lutl^erifc^er Geologe be$ 19. ^[al^rl^unbertd, geb. aU
Qöfya eined itaufmannd ju ^ambura am 27. 3)e)ember 1805, emjpfing feine ^orbilbung 66
auf bem go^nneum feiner Saterftabt, ftubierte 1826—1829 in $onn, SSerlin unb
(Illingen Xl^lo^ie, baneben auc^ ))^ilologif(^e, t)l^ilofot)l^if(^e unb l^iftorifc^e SSorlefungen
^drcnb. ^n ®5ttingen ))romoDierte er jum Dr. phil. auf @runb einer Slb^anblung de
oodice canonum, qni apostolorum nomine circumfenintur. 9{ad^bem er einige
54 SrnBBe
Sa^rc in Äamburg Jjrtoatifiert ^atte, iDurbe er 1833 afö ^rofeffor ber KbKfd^en ^P^iloloflie
unb ber ^^ilofopl^ie an ba^ 2io^^>^^un^ berufen. @tnen im ^oifycz 1838 ergangenen
SRuf nad^ ^otpat an ©artoriuö' ©teile lehnte er ab, erl^ielt 1839 bon Serltn bie t^
logifc^e 3)oItorh)ürbe unb tourbe 1840 ^rofeffor ber 3;l^eologie in Slojiodt, in toddftt
5 ©teOung er big an fein Seben^enbe t^erblieb. ©eine SSorlefungen er[tre(tten fxdf auftragt
mä^ig ,,t)or5ügli(i^'' auf bie f^ftematifd^e unb bie praltifc^e Xl^eologte, baneben oud^ auf
(Snc^IIopöbie unb ^irc^engefc^id^ite. Slud^ jum UniberfUätg))rebiger tourbe er berufen unb
bemnäd^ft gum Seitcr be« l^omiletifd^en ©eminar«, 1844 jum SÖlitglieb ber tl^eologifc^
^rüfunggfommiffton, 1851 jum 5KitgIieb be« ÄonRftorium«, 1860 jum jproDtfor am
10 ^(ofter 5um f)l. itreu) unb an ber ^irc^enölonomie ^u Sloftodt. @ine feltene Slu^eic^nung
iDurbe i|m 1864 feiten^ bed Sanbe^^erm ju Xei( burc^ SSerlei^ung ber golbenen Ser»
bienftmebaiDe. äln berSeitung ber Uniberfttätdangelegen^eiten na^m er ben regfien Slntetl ;
fed^^mal belleibete er ba^ Stehorat. 9luf fein ^Betreiben l^in erftanb bad pxädfti^t neue
Uniberfitätggebäube, tueld^e^ er ate SReftor 1870 eintoei^en burfte. @r ftorb am 14. SRo»
lööember 1873.
Über Ä.« religiöfe unb tl^eologifc^e ßnttoidtelung liegen auö frül^erer ^Ät leine SMit«
teilungen bor. 3)a« gs^^^^nneum ftanb unter ber Seitung be« Dr. ©urlitt, todc^ ent^
{(Rieben ben 9lationaIigmud bertrat unb ). S. 1822 eine ,;9iebe jur @m))fel^Iung bed Ser«
nunftgebrauc^eg beim ©tubium ber S^eologie'' l^ielt. Sa| aber 5t. fd^on beim älbgong
20 jur Unit^erfttöt anberer 9ii(^tung toax, lä^ ftd^ baraud fc^liegen, ba^ er nac^ Sonn ging,
um [xd) befonber« an 9Sj^f^, Sacf unb Südte anjufd^He^en. ^n 33erKn trat er ©c^ifeier»
matter au4 t)erfönlid^ nä|er, tvelc^em er jeitlebend bie banibare Slnerlennung betoal^
l^at, „ba^ er e^ getoefen, toeld^er ba^ neue Seben ber Äir(^e ^erbeigefül^rt unb lange
allein getragen l^at" (fiel^e bon ber©ünbe, 3Sorh>. ©. X[). 9Some|^mlic^ aber trat er bort
25 m 9Jeanber in näc^fte 33e^ie^ung, unb biefer lourbe i^m güfyrer über ©c^Ieiermcu^
^inau^ in bie 1^1. ©c^rift hinein, ^n ber ©t^rift ,,9luguft 9leanber. (Sin Seitrag ju feiner
ß^arafteriftil" 1862 l^at er i^m ein 3)enfmal ^öc^^fter Serel^rung gefe|jt ®r nennt i^n
,,einen ber $au)}tträger bed toieber erlDac^ten ©laubendlebend, ja red^t eigentlich einen ber
Gmeuerer unb geiftlid^en 33äter ber ebangefifc^en Äir(^e in unferer 3cit" (©. 143) unb
30 fagt : „Äeinen treueren, feinen h)a^reren 3^w0^ ^^ gottf eligen 2Ba|lrl^eit 1^ bie eban*
gelifd^e Äird^e in neuerer 3rit gefeiten" (©. 171). Unb loie er mit Siedet „9leanber8 gonje
t^eologifc^e Jlid^tung toefentlic^^ eine ))raftifc^e" nennt (©. 146), fo ift aud^ StA Seben^tom
burd^aug auf bie $ra|ig bed religiöfen unb ürd^Iic^en 2Am^ gerichtet getoefen. SBod St.
ate 2:^eoIog unter Jleanberö 6inf(u^ geworben, belunbet feine erfte größere ©c^rift, bie
35 au(^ ^cutc no(^ bead^ten^toert ift: „SDie Seigre bonber©ünbe unb bom3;obe in i^rer S3e»
j\ie^ung ju einanber unb ni ber äuferftel^ung ß^rifti. ©jegetifd^^bogmatifd^ enttoidtelt." 1836.
älu^e^enb bat^on, ba^ ©c^Ieiermad^er mit feiner £e^re bon ber (Srlöfungdtl^gleit QfyAfü
\toax ein tpefentlic^ed ^nbament ber d^riftlic^en Überzeugung fieser gefteut ^abe, ober im
folge feiner SSerfennung be^ SBefend unb ber Sebeutung ber@ünbe nid^t )um aboquoten
40 33erftänbnig ber 33erföl;nuna unb ßrlöfung burd^gebrungen fei, enttoidtelt Jl. an ber ^nb
be« 21 unb 9Ü bie ©c^^rittle^ren bom Urftanbe, bom ©ünbenfaHe unb feinen ^Igen
unb bon S^rifto ald bem Übertoinber ber ©ünbe unb bed Xobed, toobei bie %^a^
ber 3luferfte^ung ß^rifti in il^rcr centralen 33ebeutung ^eröorgel^oben toirb. Ä. nimmt ju*
gleid^ Sejug auf bie äSerfuc^e ber neueren ^l^ilofo^j^ie (SDäei^e, "^id^U), bie Unfterblic^Ieit
45 ber ©eele fpelulatib barjutl^un, unb jeigt, h)ie beren @rgebni{fe fotool^l l^infid^tlic^ ber
fubjeltiben ®eh)i^l;eit ate be« objcftiben ©e^alte^ burd^ bie auf ber Offenbarung rul^be
@Iaubengerfenntnig h)ett überboten iDerben. 3)iit DoQer (Sntfd^ieben^eit betont unb be«
t^ötigt Ä. bie rücfl^altlofe Eingabe an bie ©d^rifttoai^r^cit ; unb in ber bogmatifd^ &iU
lüicfeiung fünbigt fid^ ber über SWeanber l^inau^ge^enbe ^ortfd[iritt an ju lut^erifdHons
60 fefftoneHcr Seftimmtl^eit.
gm Safere 1839 folgten, burd^ bie ©traufefd^e ßbangclienfritil bcranlafet unb an
9icanber ftc^ anfd^lie^enb, „SBorlefungen über bag geben gefu für SD^eologen unb 3lxdfU
tl^eologen". 3"^ übrigen l^at St, bie fo glüdtid^ befc^rittene Sa^n biblifc^stlj^eoloaifc^er
gorfc^ung litterarifd^ leibcr ni(^t tociter berfolgt. infolge feiner Berufung nac^^ Stoftod
56 mu|te er tro^ feiner au^ergetoö^nlid^en 3lrbeitgfra^ auf litterarifc^e I^ätigf eit in größerem ©tile
junäd^ft über^au)}t Derjic^ten. 92cben feinem afabemifc^en $aut)tamt unb ben ^al^lreid^en
9iebenämtcm nal^men ii^n freitt)iQig übernommene älufgaben ber firc^lic^ $rastö in in*
ft)ruc^. 6r toar berufen toorben in ber beiberfeit« Ilar belüu^ten Slbfid^t, bie big ba^in
nod^ jiemlic^ intahe, aber befonberg burd^ bie SSirffamfeit beg ^rofefforg ber $l^ilofot)^e
Go (Sbuarb ©c^mibt innerlich fd^on erfc^ütterte .^enfc^aft beg 9tationaltgmug in ber t^eologifc^
SraBBe 55
gahtität toie in bcr mecflenburgtfci^en Sanbe^ttrd^e über^au))t )u bred^en. 2)a^ ^al^neBnt
1840—1850 ift au^efüllt toon angeftrengtcftcr SKitorbeit jur Smeuerung be« nrdSfucpcn
Bebend unb SBJefen« in SKcdlenburg. 3" biefe ^t\t fallen bie Slnfänge ber SBerIc ber
^eibenmiffion unb ber inneren SDlijfton, ber ©ammlung einer im (Slauben unb Se*
tenntnid einmütigen ®etftltd^Ieit burd^ Jtonferenjen unb burc^ bod ;;3Jte(!(enbur0. ^irc^en^ 5
blatt", toelc^e 95efirebunöen fämtli(^ an Ä. einen mit ^eubigfeit fic^ l^ingebenben ^örberer
unb Stitleiter fanben. ^m engften Vereine toirlte er mit Männern lüie Jpofmann, Älie»
fot^, 3)e(i(f(^. alte ^l^er unb trctbenbe j^raft trat balb ber etn^ad füngere ^Uefotl^ in
ben Sorbergrunb, an beffen SRic^tung auf SBiebergeltenbmad^ung beö lutberifd^en 93elennt=
niffed unb ber lut^erifc^en Jtirc^enorbnung R. überjeugung^od ftc^ anfcplo^. 3Re^r unb lo
mei^ fa^ er fic^ t)eranla|t, n)0}u er ftd^ bei feiner SSerufung audbrüctUd^ l^otte Der^flic^ten
(äffen, „arbeiten im rein lirc^lid^en ©ebiete, indbefonbere )u legidlatorifc^en ^to^cn )u
übfme^men". Ä. toar aui) 3^eUne^mer an ber bebeutfamen ©d^toeriner firc^UdSien Äon-
ferena Don 1849, iDelc^^e jur ßrri^tung ber ^^Äird^enfommiffion" führte, ber äSorgängerin
bed DberÜrc^enrated, unb bamit bie Söfung ber Sanbedlirc^e aud ben fanben bed 2;erris i6
torialidmud t)rin2i)}iell anbal[;nte. ^n naivem 3ufammen^ang mit biefen Bestrebungen ftd^t
eine umfänglichere fird^en^olittfc^e ^ublilation aud bem ^ai^e 1849: ,,^ie et^angelifd^e
£anbedtir(^e ^reufeend unb il^re öffentlid^en 9le(^tdöerl^ältniffe erörtert in ben 9Ka^nal;men
i^red Äir^enregimentd." ^n biefer ©(^rift erl^ebt er feine ©timme für ,,3Bieberl^erftcuung
eined feften fird^enrec^tli(^en 95obend in jeber Sgie^ung" unb befürtoortet aufd ©ntfc^ie^ 20
benfte etnerfeitd, baft bie innige SSerbinbung jtpifd^en ©taot unb Jtirc^e, indbefonbere ber
furftlic^ @umme)}ifxo))at, feftge^alten tverbe, anbererfeitd, im ®egenfa^ )u ber @enerat
f)^nobe Don 1846, ba| bad reformatorifc^e 93elenntnid toieber jur @e(tung !omme, umäd^ft
bomit, ba| bie unierte Aird^e aOe an bem lutl^erifd^en ^elenntnid feftl^altenben Gemein-
ben jtoedFd 93ereinigung mit ber „ebangelif(^4ut^erif(^en ^irc^e in ^reu^en'^ aud i^rem 25
Serbonbe entlaffe. „9iur in bem ^ft^alten an ber Dbieftibitöt bed 33elenntnif[ed liegt
ba« ^eU."
Suf biefem ©tanb^junh ftel^enb mu^te St. mit tiefer Seforgnid toal^me^men, toie
fein im ^afyct 1860 rxaö) Sloftorf berufener Äollege 95aumgarten in feinen ©driften,
namentlich feit bem ^lal^re 1854 („2)ie 92ad^tgeftc^te ©ad^oriad'O/ älnfc^auungen unb ao
®runbfä|e enttoidelte, toelc^e i^m bal^in i^u fielen fd^ienen, bie befenntnidmäftige Orbnung
ber Sanbkßrd^ aufjulöfen, unb toelc^e bie oberften ürd^lid^en unb ftaatlid^en Sel^örben
mm Sinfc^reiten gegen il^n veranlagten. Stad^bem 93aumgarten fc^on 1856 aud ber t^eo^
logifd^en $rüfungdIommiffton entlaffen toar, fa^te bad 3Rinifterium 1857 feine älmtd»
eiüfe|ung ind Sluge unb erforberte bon bem Jlonfiftorium, in toeld^em Jt. bie ma^gebenbe ss
^erfönlid^Idt toar, ein Srac^ten über bie gftage, ,;0b unb intoietoeit bie bon SSaumgarten
in feinen Soften niebergelegten Se^ren Don bem ^nl^alt ber f^mbolifc^en Sucher unb
ber inl&nbifc^ fiirc^enorbnung abtoeic^en'^ 3)iefer Auftrag brad^te R., toie er felbft
bdannt fyd, in bie fc^toerften inneren ^onflilte, nid^t blo| im ^inblict auf fein loQegialed
Ser^tnid, unb toeil er Doraudfal;, toelc^e älnfec^tungen il^m baraud ertoad^fen mußten, 40
fonbem oud^ toeil er grunbföfelic^ (Dal. „Sluguft SReanber'' @. 110 ff.) ber SDteinung toar,
ba| eine Sludfc^eibung l^etifqer Slicptungen nic^t burd^ äußere Sintoirfung, fonbem burd^
bie freie i&^enttoidelung gefd^e^en follte. 3)oc^ glaubte er nic^t leugnen ^u !önnen, bag
Smimgarien bie beim antritt ber $rofef(ur übernommene eiblic^e $ert)flic^tung auf bie
Selenntniffe unb bie ^irc^enorbnung t^atfäd^lic^ gebrochen ^abe. ©0 unterzog er ficl[i ber 45
ibm gufoQenben Aufgabe unb Derfa^te bad {aU SDtanuftri^t gebrudte) „@rad^ten bed
®to|l^«r)oglid^ medHenburg. jlonfiftoriumd betreffenb Sel^rabtoeid^ungen bed ^rofefford
Dr. Saumgarten'' 1857, auf toeld^ed l^in bie Sienftentlaffung toirllic^ erfolgte. @d ift
^er nic^t ber Ort, biei^ ©rächten ju (jrüfen, noc^ über^aut)t auf biefe Slngelegen^eit, toelc^e
bomoü toie in SRedElenburg fo burd^ bad ganje eDangelifd^e 3)eutfc^lanb bie äu^erfte 60
(Erregung tooc^rief, nöl^er ein^ugel^en. 3lux ift ^u ertod^nen, ba^ Jt. in ber Über}eugung
\Hm ber Serec(^tigung feinet Urteile unerfd^üttert geblieben ift unb badfelbe in mehreren
Streitfd^riften Derteibigt fyit, nömlic^ einerfeitd, Domel^mlic^ gegen Don ^ofmann, in ber
Äin^^l. 3eitfc^t Don Äliefotl^ unb SKejer 1858, ©. 499 ff., anbererfeitd in ber ©c^rift
^{Dad lut^erifd^ Selenntnid unb bie in ber ©ac^e bed $rof . Dr. Saumgarten abgegebenen &5
0utac(ten ber t^eologifc^en ^fultöten )u ©öttingen unb ®reifdtoalb'' 1859.
^ierDon abgefel^en, toar Jt.d litterarifd^e Xpö^I^t feit 1850 ganj Dortoiegenb auf
bie ®efc^te ber UniDerfttöt 9io[tod, ber firc^lid^en Sergongenl^eit SRedtlenburgd unb feiner
bcctMn:ragenben 2;^eologen gerichtet. @d erfc^ienen f olgenbe auf grünblid^ftem DueUenftubium
bcru^enbe, )um %ül fel^ umfaffenbe ©d^riften: „3)ie UniDerfttät 9loftod im 15. unb eo
56 Stahit ftrSnjc
16. Sfa^rl^unbert'' 1854; ,,9lud bem Itrc^lic^etv unb au^erKrcl^IicI^en Seben Stofhxfö. ^
©efc^tc^te äBoaenftein^ unb bed bteigigiä^rigen Jtrieged'' 1863 ; „^etnrid^ SRüaer unb
feine 3ett" 1866 ; „3)aDib ß^l^träu«" 1870. ©ie jeugen iDie Don bcr eminenten Sict
fettigfett feiner ©elel^rfamleit, fo bon bem liebeboden ^ntereffe, mit toeU^em Jt. ftA in
5 feiner jtoeiten i^eimat ein9e(ebt ^atte. SStl^nlic^ ^atte er feiner Saterfiabt Hamburg beim
Scheiben 1840 tn ber Schrift Ecclesiae evangeUcae Hamburg! instauratae historia
ein Senimal feiner {^ietätboden ^nl^änali(^!eit l^interlaffen. ^oc^ erft in SRedlenburg fonb
er in fird^Ud^er ^inftc^t ben feiner gefc^ic^tlic^sfonfert^atibenCSrunbricptung boQ entf})red^
ben Soben. 2)te Steugeftaltung ber öffentlichen 2)inge in 3)eutf(^lanb feit 1866 erfäOte
10 i^n t}orh)iegenb mit 9ef orgnid, iDeld^er er in feiner I^ten ©d^rift ,,2Biber bie gegentaxlrtige
9{id^tung bed ©taat^Iebend im SSer^tnid jur Jtird^e. @tn ^eugnid'', 1873, Su^brutf
gab. 3^^^^^^^ Heinere ^ublilationen, ol^ Sin)el))rebigten, olobmifc^e Sieben unb Sor^
tröge, muffen l^ier unberüd^td^tigt bleiben.
3um @dblu^ fei einem banlboren ©c^iUer geftattet )u bezeugen, ba^ Si^ $erfönlt(^<
16 leit in i^rer iisauterfeit unb i^rer ^ingabe an bie SSal^rl^eit bed dbangeKumd ü^m bä
einer ganzen Generation medtlenburgifc^er ©eiftlic^er ben S9[nft)rud^ auf bletbenbe SSere^nmg
gepokert l^at D. Ä. e^wibt.
ftrSwer, i&einrid^ f. «b VIII ©. 33,4.
ftrSttje bei ben Hebräern.— fiittcratur: einige ältere ^Ronograp^len In Ugollni,
20 Theeaur. Vol. XXX. «[rt. ^anj in SBiner, {Rcaltoörtcrbu* unb »te^m, ©Ibl. fmnbroörter»
bu(ö, 2. «ufl., 877 f.
Sei ben ©ried^en unb Slömem \p\dtn, tok allgemein bdEannt, Jtränje unb SItmien
im öffentlid^en unb ))ribaten Seben eine gro^e Slode (f. unten). @benfo bei ben alten
'^Q\)\>tttn. ^er ög^))tifd^e $of ). S. brauchte nac^ einem und erl^Itenen SBerjeid^id ffis
25 äludfd^müdEung ber Seinlrüge täglich 100 Slumenfrdnje, für toeld^e bie Beamten bei
Sleifen bcd Äönigd ebenfo ©orge tragen muffen, h)ie für bie onberen S9ebürfnif[e. Unb
toie man bie SBeinlrüge mit S(umen fd^müote, fo fc^müdhen fu^ beim ^effano^I oud^ bie
®äfte felbft bamit; „fte ftedCen ftd^ Sotud{nof]pen ind ^aar unb galten fie einanber jum
^iec^en ^in, tok bie ©äfte bei anberen SSölfem ftd^ SQSeinbec^er reid^en'^ 9(umenftri1u|e
80 bringt man ben ®öttem bar, mit Slumenfrdnjen umtoinbet man ben ©arg bed ^ten.
3um ©tedbic^ein mit bem (beliebten im ©arten bringen bie Wiener SSIumen in gfüde
(ermann, ^Q\}pUn, 163. 271 f.; bgl. SBUIinfon II, 393). — 33ie SSorliebe ber3«raeßten
für Blumen toax lange nid^t fo gro^. 93on eigentlichen SSlumengdrten, toie bie^^oroonen
». 9. fo((^e mit großem Jtoftenauftoanb anlegten, l^ören iDir bei ibnen faft nid^td. 2)ad
85 begreift [i6) aud ben Himatifd^en SSerl^ältniff en : bie nötige 93etoöff erung f ol^er ©orten
toar in ^olöftina in ben ©ebirgi^egenben ganj unmöglich. 9lber bie ©itte, bei ®afU
mälem unb ^rin!gelagen, bei ^0(|)eiten unb anberen feftlic^en ©elegenl^eiten ftd^ mit
grünen S^ÄQtn, mit Blumen unb Donjen ju fd^müdCen, toar bod^ aud^ ben alten ^aeliten
nic^t fremb, unb iDurbe bei i^nen, tvenn aucp in befc^ronher Sludbe^nung, geübt ^btx
40 $rot)^et berg(ei(^t ). S3. einmal @})l^raimd $aut)tftabt ©amaria auf ^o^em Serge mit
bem ftol^en Äranje ber 3^^^ wnb ben toellen 95lumen anf bem i^atXpt ber %tan*
lencn (9ief 28, 1, bgl. Sj 23, 42). Sei ^oc^jeiten erfc^eint ber Sröutigam mit Rröngen
gefd^müdtt ($S 3, 11, bgl. 3 3Kaf 4, 8). Unter bem ©nflufe be« §edeni«mu« toirb bie
Sertoenbung bon Slumen unb Jtrön^en bei tieften gan^ aiOlgemein. Unter ben S)ingen,
46 bie bie gottlofen ^eigeifter )um l^eiteren Seben^enu^ rechnen, }ö]^lt bie SQ3eid^eit ©olomod
(2, 8) löftlid^en ©ein, feine ©olben unb buftenbe Slumen auf. gürften unb Ferren
^ulbigt man bei il^em @m)^fang mit Jtrönjen unb ftreut i^nen SSlumen auf ben SBeg
(3ub 3, 8). 3)ie ©ieger in ber gelbfd^lac^t fd^müdt man ebenfo (3ub 15, 13, bgL Bpt
6, 2). Überl^au)}t too gro^e ^euoe unb ^ubtl l^errfc^t, ba fc^afft man il^r baburq^ Sbä
60 brud, ba^ man ftd^ mit Slumen fd^müdt, aud^ 2:^ür unb ^l^or unb bie ^öufer betränkt/
(3 aJlaf 7, 16: ©ir 1, 11. 18; 6. 31; 16, 6). 3)aju bergleid^e, toie ber Slu«brudt5lranj
ober ^rone fel^r ^äufig ald ©innbilb für ©c^muct unb @^re jeber älrt berh>enbet toii^
($i 19, 9; Bpx 12, 4; 14, 24; 16, 31; 17, 6; ©ir 1, 11; 26, 6 u. a.). — 3m
Äult ber gdraeliten f(^einen bagegen Äräme fo gut h)ie feine aSerloenbung gefunben m
65 baben. @d ift ^eibnifd^e ©itte, bie ©ö^enbilber mit golbenen Kronen )u f($müden (Snef
^er 9), beim Saccc^udfeft ft(^ mit ß^j^eu ju befransen (2 3KaI 6, 7), bie Djjfertiere mit
jtrönjen ju bel^ängen (^® 14, 13). 2)ie 2i^^<^^iten l^aben berarttged nic^t gelannt. 9tur
bie 2:em^elh)änbe ftnb mit gefd^niftten Slumenge^ängen berjiert (1 Äg 6, 29), Aenfo
ftraiije Smfft, ^of^m 57
ffobtn bo^ eherne SReer unb bte fahrbaren äßafferbeden be^ Xcm^jcld ©utrlanbenberjterungen
(1 R0 7, 29. 36). Stber t)om ©d^mudt be« Icn^efe mit Icbenben Stumcn, ©uttlanbcn
ob« Jlröngen totrb un« nirgenb« cttoa« gcfagt 2)o(^ Rängen btc 3«*^^ ^^^ ^^ SöiÄers
emtoet^ung bed bun^ Slntiod^ud entlDei^tm ^em))eU golbene Jträn^e an ber SSorberfette
be^dben auf (1 SKal 4, 57). aber iDcber beim 3:emj)elh)ei^fefte, noc^, h)ie man bor allem 6
ectoorten foBte, beim frol^ien Saubbüttenfeft ift babon bte Siebe, ba^ bie ^Jeftfeiembcn fid^
ober bie C)l)fertiere mit Äränjen fd^müdften. — 3"^ Sefonberen ift noA ju erloäi^nen bie
Sitte ber (Sried^en, bem Sieger in ben öffentlichen aBettIämj)fen einen Äranj bon Dlibem
ober ^gen)ta>eigen ju übeneit^en, benn hierauf toirb an jal^lrei(^en StcUen bc^ 9KE«
»^10 genommen (lÄo 9, 24 f.; W 3, 14; 2 %i 4, 8; 3a 1, 12 ; 1 «ptr 5, 4 ; OP lo
2, 10; 3, 11; 4, 4). »ensiiiger.
ftrftfff, äbam, geft. 1558. — ßitteratur: ©ort^oIomSu« We^cr, Oratio funebris
in obitum Cratonis, SJlorburg 1558; ?JetruS 9?iflibiu§, Eleochus Professorum Acad. Marp.
Tita defimctoram, Marpurgi Cattoram 1591, 6. 30; ©fl^elm 3)ili(ft, Urbs et academia
Maiporgends. Äeu ^crauÄgca. oon g. ©äfor, SRarbiirfl 1867, ©. 22 ; 3o§. Xilemann dictus 16
S4encf, Vitae professorum meologiae, qui in illustri academia Marburgensi . . . docuerunt,
Marburgi 1727, 4»; 8f. SB. Strlebcr, ©effif^c ©clc^rtengcfc^Htc, II. ob, Saffcl 1782,
e. 378—383; (g. flUanfe, ^Rorburgcr ©cfangbu* üon 1549, 3Rarbur9l862; fj. 9B. ©offen-
comp, ^\fi\^t Älrc^engcf^ic^te feit bem Scttaltcr ber ^Reformation, 1. 93b, granffurt q. ^.
1864, 2. KuSg. S.76ff.; %f), »rteger, 3)tc onoc^If^c aWorburgcr Äircftenorbnung oon 1527,20
9ot^a 1881. — »riefe oon unb on Strafft pnbcn p*: Helii Eobani Hessi poetae ex-
oellentiasimi et amicorum ipsius epistolarum famiUarium libri XII, Marpurgi Hessorum
1543; 3o6. Wl' Äudjcnbccfcr, Analecta Hassiaca, «Harburg 1732 ff., VIU, S. 421 ff.;
2- «urfte unb S. d. »fteim«, (»ef(6i(ftte ... ber tir^c 8t. Äilion ju ©orbo*, «rolfen 1843,
e. 251 ff.; % Xfc^dert, 93ricfwc(Mc( be8 «ntoniuä ©orolnu«, ©annooer unb ßeipafg 1900 36
(= jQueüen unb ^arfteHungcn jur ®cf4l(fttc 92icberfo(6fcn« 93b rV).
abam Ärafft (au(^ SRagifter Äbam, Slbam Don gulba, Crato Fuldensis, Vege-
tius genonnt), töurbe 1493 )u gulba al« Sol^n eine« S3ürgermeifter« geboren. @r ftu-
biett« fett 1512 in ©rfurt, too er fw^ bem ^umanifkenfreife anfc^Iofe, toarb 1614 S3acca*
loureuS unb 1519 unter bem 2. Selonat be«3Ragifter ®. Spiringiud )um 3Ragifter ))romot)iert. so
6r ^ielt SSortefungen unter onberem über (Sradmud Sob ber ^anl^eit unb toar an einer Sd^mäl^^
fc^ gegen ben geinb be« Sra«mu«, Seu«, beteiligt. SWit bem il^m innig befrcunbeten
3oa(^ Sameroriu^ tool^nte er ber Seipjiger ^i^t)utation bei, too er auc^ SRelanc^tl^on !ennen
lernte. 3n(Stfutt toor er mit Sut^er bewnnt geworben. 9lad^bem er in gulba nid^t ol^ne
98etfrfö«ng boö ©Hmgelium toerfünbet, begab er ftd^ nad) $er«felb. $ier lernte il^n Sanb» 86
graf $l^it»t> lernten unb ernannte il^n ju feinem §ofprebiger, 1526 jum Superinten*
bfittcn unb 1527 jum ^rofejfor ber 3:i^eoIogie. auf berS^nobe ju §omberg loar er in-
gegen unb töo^te bem Sleligionggef^jräc^ ju 3Rarburg, bem Jlonbent ju Sc^moIIalben,
bem gürflentage )u Slaumburg unb ben S^noben in Öefjen bei. an ber SReformation
in ©ötttngen, ^öiter, gronffurt a. SK., ber (Sraffd^ft SBittgenftein, ben gemeinen Sanben lo
an ber 2äjin u. f. to. na^m er tl^ätigen anteil. 3)ie Selel^rung ber Wif<!^«» SBiebertäuf er
unb bie Ser^anblung mit J^eobalb I^amer (f. b. a.) toar Ärafft in bie $anb gweben.
au^eibem ^nit er boö SKarburger ©efangbudji öerfafet, ioie er benn überhaupt al« 3tefor»
mator Don ^en ba« QavUpt ber j^efpfd^en ©eiftlic^Ieit ioar. ©r ftarb am 9. Sebtember
1558 an ber SSafferfuc^t. $. «od^^nt^ t {^* mxU). 46
Äwff^f 3«>^ann (ßrato Don ßrafft^eim), geft. 1585. — ©(Triften: Johannis
CrmtoDia a Knfftheim consilia et epistolae medicinalcs (^crouSg. o. fi. @(ioIj), Francofurt
1671, 7 Tom. — lieber ft. Unbclt ©cnfcftel, ©roto oon arofft^eim« ficben unb örjtH(fte8
Strfen, Oredlou 1853, 4 * (f)ier »irb ^. aid 9?eformator ber mittelalterlichen Materia medica
btngeftcat); (BiUtt, drato oon (Srafft^eim unb feine greunbe, grranff. a. Wt. 1860, 2 ZtxU 60
(mit 8enu|^ung bed reidKn, aum Xeil ungebrurften »rteffd^a^ed ß.d.).
3o^amt itrafft ifl am 22. !Robember 1519 in äSre^lau geboren unb erhielt auc^ ^ier
feine erfte auttUbuno. 3m 3a^re 1534 bejog er bie Unit>errttät 28ittenberg. auf
Sm)yfel^(ung bed Sre^er Sleformatord 3ol^. $e| nal^m Sut^er i^n in fein ^au^ auf.
^ toar er fecbd 3a^ lang Zifd^enoffe Suti^^erd unb l^at Dielet aufgezeichnet, toa^ 66
fp&tn 3^- aurtfaber in feine au^abe ber Xifc^eben Sutl^er^ aufgenommen fjat aud^
ui 9tetand^t^ trat er in enge Seael^ung. Seibe, Sut^er unb anelanc^tl^on, Dertoenbeten
fk^ taricbeijS^oIt unb mit Srfolg für t^n beim State ber Stabt Sredlau. Sut^er fanb, ob^
gbk^ er t^ gern ber Zoologie jugefül^ l^ötte, „feine Äom^jle^ion )u fc^toac^ jum
58 Ärafft^ Soi^ann
?5rebt0m" unb riet i^m, jid^ jur SWcbijin gu tocnben. 9Rit ©rlmtbnfe bfi8 Sredlouet
dtat^ tDtbmete er ftd^ feit 1543 fec^ ^al^e lang biefem @tiibium, juecfl )u Sei^gtg, Ido
er mit ^oac^. (Eamerariud befreunbet iDurbe, unb ju $abua, Ido ber berü^mtefte 3Rebt)iner
jener 3«i^/ S^^. 3}aj)tift SKontanu«, fein fiel^rer toar. Site 2)oftor ber 3Rebijin le^e er
5 nadf Seutfc^lanb; gemä^ feiner 93er))flic^tung bem fRait gegenüber noc^ Srei^lau gurüct
n)o er im ^a^re 1550 )um @tabt))l^^fttud befteUt tpurbe. 3)urd^ gliUflic^e Jturen unb
geleierte (Schriften gelangte er rafc^ ju bebeutenbem Stufe, ^m ^a|re 1560 iDurbe er
ifaiferlic^er ^eibarjt unb biente ate fold^er nad^einanber ^binanb I., 3Wajimilian II. unb
9{ubolf II. @r berlie^ bei june^menber Sc^mäd^e ^rbinanb^ im ^fo^re 1563 Sre^lou
10 unb lebte feitbem, mit furjer Unterbretl^ung nad^ SRa^imiliand Xobe, am Iaiferlt(^ $ofe.
^o^milian^ ernannte i^n ^um laiferlid^en fRaU, erl^ob i^n unb feine ^{ac^Iommen unter
Beilegung be^ 9iamen^: ßrato bon Grafft^eim in ben Slbeleftanb unb erteilte ibm aufeer
anbercn Ounftbejeugungen im ^aü^xc 1568 bie ^rit)ilegien eine« ^faljgraf«. ®a« grofee
SSertrauen, tpel^e« er bei bem Jutifer ^Ra^milian geno^, benu^te er offenbmbtg un^
16 entfc^ieben jur görberung be« ^^ßroteftantiömu«. 6r toar e«, ber bie 33erfu(^e bed Stfd^ofd
$ofeu« unb ber ^[efuiten am laiferlid^en ^ofe, SRasimilian au« feiner Kn^lic^ unent«
fc^iebenen Stellung ^erau« gan^ auf bie Seite ber @egner be« $roteftanti«mu« )u }ie^,
fortbauemb bereitelte. 2)al;er er am faiferlic^en §ofe fe^r angefeinbet toar, um fo mel^,
ate ber flug angelegte $lan, nac^ toel^em ber ^roteftantiSmu« befämj)ft toerben follte,
30 borläufig gu einer f^einbaren Segünftigung be« ftrengen Sut^ertum« (^laciani^mu«) gegen
bie milbere melanc^t^onifd^^cafoinifc^e Mid^tung im beutfd^en $roteftanti«mu« führte. 3"
biefer l^atte fic^ ßrato immer entfc^iebener l^ingeneigt. ©(^on in Sreölau ^atte er fu^ im
©alramentgftreit auf bie ©eite 3KcIand^t^on« geftcUt, bon bem ein h)i(^tiger Sricf an 6r.
(21. SKärj 1559) borliegt, ©eine öertraute greunbfd^aft mit ^ac^^aria« Urfmu«, bie ^
26 au« ber frül^eren ©önnerfc^aft gegen biefen feinen S5re«lauer Öanbdmann f})äter gebtibet,
befeftigte i^n in feiner fir(^lid^en ^arteifteHung. 2)al^er er fi(^ aud^ ju bem reformierten
Btaatimanm Sanguet, bem früheren ®efd^äft«träger be« ^urfürften äluguft bon ©ad^fen, bann
SJatgeber 3iol^. Äafimir« unb SDicner SBill^clm« t)on Dranien, ^ingejogen fül^lte unb mit ben
©d^tocijem SuKinger unb Seja in 8riefn)cd)fel ftanb. — ^JKit me^r ober toeniger ©rfolg
so ^alf er bie bon ber flacianifc^en Slic^tung au«gel^enben äSeftrebungen }ur ^erfteOung einer
ftreng lut^erifd^en Äird^e in 3)cutfd^Ianb ju befänn^fen. 6r nal^m in biefem ©inne einen
toefentlic^en 2lntcil an bem SJerfud^e, bie Krc^lid^en SBerl^ältniffe ber ^roteftanten in ben
öfterreid^ifd^en ©rblanbcn (im ^a^re 1568) ni orbnen. 6r trat al« ein $aut)tfürft)re4^
ber böl^mifc^en Srüber auf, unb al« ber ^crgleid^ ju ©enbomir in $olen (im ^aiftt
36 1570) eine Union ber Sut^eraner, Sieformierten unb böl^mifd^en Srüber glüdflid^ bergefteBt
^atte, Derfuc^te er bie bö^mifd^en 33rüber ju einer Union mit ben Äircpen augwurgifc^
i^onfcffion ^u betücgen unb il^nen fo ben nod^ mangelnben 9le(^t«boben jju berfd^ffen. —
2)ic Umtriebe ber ©egner bc« Rurfürftcn griebrid^« III. bon ber $falj unb feiner fird^
lid^en Sieformen tourben t>ur(^ i^n bereitelt. — S)er SSerfuc^, ben umft(^tigen, überail
4ot^ätigcn SKann in bie SBittenberger Äataftrojjl^e bc« ^ai)x^ 1574, tbeld^e bie 9KeberIaae
ber melanc^^tl^onifd^.-calbinifc^cn Slid^tung in Äurfac^fen ^erbeifül^rte, ju bertoidteln unb fo
feinen ©turj\ ^crbei^ufül^ren, mi^ang ^mar, aber boc^ mußten bie ®egner i^n bom ©terbe«
bette aKajimilian« fenie ju l^alten unb bc« fiaifer« Xob (12. DItober 1576) jog feine
ßntfemung bom $ofc naq [xd). ©r leierte nac^ Sre«lau jurüd. ®er fc^^möi^lid^^ angriff
46 feine« ÄoHegen, be« faiferlid^en £eibar;|te« 3!)obonäu«, ber \f)n in einer ©c^rift ber falfc^
ärjtlid^en Sel^anblung SJlajimilian« befcfiulbigte, folltc i^n für immer befeitigen. ©ein
9luf al« airgt tüar aber fo feft begrünbet, bafe ilaifer diuMpf) II. i^n im 3abre 1678
Ibieber an feinen .pof berief. $ier Ratten ftd^ unterbe« bie SBerl^ältniffe fo beronbert, ba|
an eine einflufereicfe ©tetlung, ibic früher, nic^t mel^r ju beulen toar. 3)e« ^ofleben«
60 mübe unb törjjerli^ gefd^mäd^t 50g fid^ ßrato im ^a^re 1581 auf fein früher ertoorbene«
®ut Slücfert« bei Sleincr^ in ber ©raffd^aft ®la^ jurücf, Ibo er eine ebangelifc^e ®e»
meinbe gegrünbet unb nac^ pfäl^ier, alfo reformierter Drbnung eingerichtet l^atte. gm
Saläre 1583 fe^rte er noc^mal« nad^ Src«lau jurüd unb bilbete neben 9lnbrea« S)ubit^ ben
^itteli>unft für einen Ärei« fird^Iic^ gleic^gefmnter unb l^oc^gebilbeter 3Känner, toeld^e bie
65 tpid^tigftcn ^ritfragen einge^enb erörterten unb mannigfa^e nrc^Uc^e Slnregung gaben, bie
auf bie fonfcffionette SBanblung am $ofe bon 2iegni$, 95rie^ unb Diolan einen entfc^enben
Sinflu^ übten. 2)al;er ber 33ifd^of bon 93re«lau ben beiben glei(^ ber^a^en SRännem
ßrato unb SDubitl; noc^ einmal eine Slac^ftettung bereitete unb im 3a^e 1584 einen
laiferlid^en Sefe^l ^ur Unterfuc^ung unb ebent. 9lu«rottung be« 6albini«mu« in Sre«(au
w ertuirlte, ber ben bon meland^t^onifc^em @eifte befeelten Slat beftimmte, bie angefochtene
ftrftfft, ^offom StrafH, ^of)am SJ^rift. ®ottl. Subto. 59
©ad^ offen gegen ben 33if(^of in ©c^ufe ju nel^men. 6rato ftarb in feiner SBaterftabt
19. Dftober 1585. 3^ merltoürbigcr l^eute bie 6j)ifobe ber SRegierunö 3KajtmiIian« II.
etfc^eint, bejio ^ö^er toirb man bie firc^engefc^ic^tlid^e Sebeutung biefc^ feltenen Slrjte«
einfc^often; in ber ^roöinjiallirc^engcfc^ic^te ©c^^Ieften^ toirb man i^n au^crbem neben
$e^ ftetö mit gieren nennen. (mUtt f) ¥• X\^aätxt. 5
ftwff^ Sol^ann ßl^riftian ©ottlob Subtoig, geft. 1845. — ®. X^omarm«,
35a« ©icbererioacficn be« coangel. Sebenä in ber lut^cr. ^ird&c SBaljcrnS, (£rl. 1867, © 171 ff.;
¥^. ^fincftcn, einige« ou« bcm fieben Ärafft« in ber SReform. ßß. 1868, S. 193 ff.
3)ie im 8. unb 4. 3)ecennium biefe« S.o^^^w'^bert« gefd^el^ene (Erneuerung ber lut^e^
rif^^n fitrd^ in Satoem au« bem äSerfaD, in toelc^en ^er Dulgäre 9lationaH«mu« fte ge^ lo
brculft ^tte, tnü))ft fi6 )um %txl an bie ^^ßerfon be« reformierten Pfarrer« unb ^rofeffor«
Dr. Ärafft. 3- 6^^- Ä. bon ^ofmann l^at c« öffentlich unb Jjribatim toieber^olt bezeugt,
ba^ Jtrafft fein geiftlic^er 93ater getoefen fei, bem er nöc^ft @ott ba« SSefte k)erbanle, loa«
ein 3Renf(^ bem anbem geben !()nne. ©tal^l fagt in einer 9{ebe auf ber ©eneralf^nobe
ut 9er(in 1846, toorin er Ärafft mit ©^jcner, SBilberforce, §arm« jufammenfteKt : ,,3)er i6
mcatn, ber in meinem SSaterlanb (Sägern) bie Äirc^e auferbautc, ber ai)oftolif(^efte 3Rann,
ber mir in meinem fieben begegnete, ber ^faner Ärafft, loar ein ftrenger Sefenner be«
reformierten fie^egriff«. Ob er ben ^eibelberger Äatec^i^mu« in ber %a\i^t ^erum*
getragen, g(ei(^tDie ber ^{ejenfent K(eift« §rü^(ing, ba« toeil ic^ nic^t (bejie^t f^c^ auf bie
Scugerung eine« SSonebner«); aber ba« toei^ ic^, ba^ er einen ^rül^ling aufblühen machte 20
im gonjen fianbe, beffen ^c^te für bie ßtoigleit reifen loerben." 9loci^ nä^er i^axatt^
riftert t^n ©tal^I in ber 9lug«b. älQg. S^^^^^d ^^^ ^- ^ebruar 1846: „^n (Sriangen
toirftc bamal« ber ^faner Ärafft, ein 3Rann, loie er fid^ in unferer ^eit unb ju allen
3etten feiten finbet. Dl^ne befonbere geiftige (Saben unb h)iffenfci^aftlt(^e 9lu«jet(^nung,
namentiid^ o^ne gro^e Setoeglic^Ieit unb ©etoanbtl^eit ber ©ebanlen, aber t)on großer 25
©tärte unb Snergie be« 28iuen«, k)on fd^Uc^tem ©lauben an ba« Sßort ®otte« unb t)on
einer t)önigen, fein ganje« SBefen berflärenben Eingebung in ba«felbe, ja ^bentifijierung
mit bemfelben — ein toal^r^aft apoftoüfc^^er ß^araiter — tourbe er für bie j)roteftantifcl^e
fianbedltrd^ Sabem« jener Sauerteig be« ®i>ange(ium«, ber ben ganzen Xeig burc^-
fäuert." — Stxajft toar, ioie SCI^omaftu« in feiner ®ebäd[|tni«rebe il^m nac^rül^mt, ein treuer 30
3eu0e ber göttli^en SBal^rl^eit, nic^t blo^ burc^ SSBort unb Siebe, fonbem burd^ feine
^anje ^ikrfonlic^feit, ia burc^ fte juerft. ©efmnung unb SQ3ort burc^brangen ftc^ lebenbig
m tpm unb bte öu|ere Se^eugung toar nur ber treue unb toa^r^afte 9lu«brudt be«
Snnem. „@« lag ein 6mft über feiner $erfönlid(|feit au«gebrcitet, bem man« ioo^l an-
merfte, ba| er au« einem in ®ott verborgenen fieben [tammte, ge))aart mit jener ftiUcn 86
unb ftc^em Slul^, bie il^e« SSBege« unb ^kle^ getoi^ ift. 3)abei tiefe ®otte«furc^t unb
bie Siebe, bie nic^t ba« 3^^^ fwd^t, ßntf^iebenj^cit be« S^arafter«, ©eloiffenl^aftigleit im
iSetnen unb aufo))fembe ireue im ä^mt. ©eine perfönlid^e ßrfd^einung toar eine ftiDe
$rebi0t öon ber Äraft ®otte«, bie in il^m too^nte." Seibe« aber, jener ßrnft unb jeite
%üf< fyiUm i^ren ®runb in feinem feften ®Iauben an ®otte« SBort in ber ©d^rift, in 40
ber ertoogenen Überzeugung, ba^ bie ^I. ©c^^rift vom 3lnfang bi« jum ßnbc SBerl be«
^L ®eifte«, ^nbegriff be« ganjen Slate« ®otte« ju unferer Seligteit fei. S)iefe Über::
)eiigung, nac^em fte il^m auf bem SSege feiner fieben«fü^ng unter langen unb fc^toeren
Srfa^ngcn aDmöi^Iic^ ju Dotter Klarheit aufgegangen toar, ift fortan bie ©cele feine«
fieben« unb ber 3lnge^punlt feiner ganjen ^peologie getoefen. 6r toar ein ©c^rift* 45
t^Ioge im tooBpcn ©inne be« SBort«, ©c^riftforfd^ung, ©<briftau«legung, S(^riftt)erteibi-
axnq toar i^m fieben«aufgabe, in ber ©c^rift gegrünbete Ideologen ju bilben, fein S^d,
Som So^re 1818, too er ^rofeffor in ©rlangen tourbe, bi« jum ^ai)x^ 1824 toar ber
(Eingang, ben er fanb, nur gering, aber mit bem ^af)xt 1824 begann für il;n eine ß^t
umfaffenber ©ntoirlung unb fte bauerte in il^rer tootten Slüte über ein S^^^i^^»^*/ fo eo
lange nämlic^, bi« neben il^m gläubige 2)o5enten, meift feine ©d^üler, in grlangen auf-
traten. SSor einem grogen 9tubitorium la« er ^aftoraltl^eologie, Dogmatil, neuteftament^
lid^ @ieaefe, unb al« befonbere« Serbienft mu^ b^rborgel^oben toerben, bafe er ber erfte
beutfc^ ißrofeffor toar, ber ein Äottegium über 3Jiijfton«gef(^i(^te la«, im 3Binterfemefter
1825; 26. ®ie Ärafft auf bem Äat^eber juglei4) ©eelf orger unb ^rebiger toar, fo toar er auf 65
ber Jlanjel {ugleid^ fiebrer. Saju machte i^n einge^enbe Xe^tenttoidelung unb grünblid^e
€(^ftaii«legung. ©eine $erfon unb fein $au« toar ber ^tttel))unft ber t)erfd^iebenften
S^ötigleiten für« 9iei(^ ®otte« (S9ibel< unb Wiffton«fac^e) in bamaliger 3eit, too bie
Slndft faft lein fieben«jei(^en t}on ftd; gab. @r f^at 1824 ein 9lettung«^au« geftiftet (ber
60 ftrafft, So^nn %ift. ®ott(. Subto. Strafft, Stau
(Sntftel^ung^eit nac^ bad k)terte ober fünfte in 2)eutf(i^(anb) unb innere ÜRifftmi getrieben,
(ange e^e btefer 3larm auflam. 3R\t k)ielen gläubigen S^ten no^ unb fem flonb er in
äSerbinbung, bte in iDic^tigen 9(ngelegenl^eiten feinen 9iat begel^en unb fein Urteil ein«
polten, ober an feinem ©lauben fid^ erquidten.
6 ©eboren toar ^rafft ben 12. ^ejember 1784 )u ^uidburg, too fein Soter aß
?$rebiger lüirfte. Sc^^on im gal^re 1798 berlor er feinen 33ater unb nun lam bei b«i
f(^h)eren Äriegöjeiten eine 3«* ber 9lot über ba« berloaifte §au«, in toelc^em aber bie
trefflicl(>e SKutter i^ren Äinbem aK leud^tenbe« ®jenH)el be« ©lauben« Dor Äugen ftoib.
Ärafft ftubierte in 3)ui«burg, beffen Seigrer aber leiber im 33ienft be« Unglauben« fki^en.
10 allein fo fel^r biefe Stid^tung feinen fd^arf benlenben ©eift mit SSorurteilen gegen ©otte«
SBort unb Offenbarung erfüttte, f o liefe boc^ ba« S3eift)iel gläubiger SRenfd^en i^n nie bcQU
lommen, in ben ©runbfä^en be« Unglauben« 9{u^e )u finben. 3n feiner Jtanbtboteiqeit
toar er fünf ^al^re lang §au«lel^rcr in granffurt a. 9R. bei ber trefflid^en gomilie be 9toif«
k)ille, unb biefer Slufentl^lt gereichte il^m t^ielfad^ jur ^örberung, o^ne feboc^ feinen
16 inneren 3toief))alt Ö^nji ju lieben, ^m Df tober 1808 tourbe er Pfarrer an ber refor»
mierten ©emembe )u SBeeje bei ßlebe unb im ^bruar 1811 trat er in ben (S^efkcmb mit
ber 5Prebiger«tod^ter SBill^elmine, geb. 9ieumann au« 6let)e. 3" ^^ ^^ ^a^tm feine«
@l^eftanbe« l^atte er nod^ l^^inftc^tlid^ ber großen Xbatfad^en be« @t)angelium« mit 3ta>tifdn
}u Iämt)fen, bie feinen ©eift quälten unb leine ^eubigleit )u feinem ^rebigerberuf bei
20 tl^m auflommen liefen. 3"^^^ forfd^te er unter ©ebet immer fleißiger in ber Schrift
unb immer mel^r fielen bie ©4uj)pen Don feinen äugen. 81« er 1817 jum ^rebiger
ber beutfdd^reformierten ©emeinbe in ©rlangen berufen tourbe OProfeffor an ber bortigen
Uniberfttät tourbe er 1818), l^atte er bereit« ben ©tanb))unft eine« bibelgläubigen BußfUca^
naturali«mu« errungen unb freute ftd^, in ber UniDerfität«fiabt beffere ©elegen^ieit )u be«
25 lommen, feine Dogmatil ju fd^reiben, eine Slrbeit, bie er al« feine £eben«aufgabe anfob.
unb and} infofem gelöft l^at, al« er mel^rmal« \)ox einem großen Slubitorium 3)ogmattI
la« unb ein beinabe brudfertige« 3Ranuf(ri})t l^interlaffen ^at. 3>ie le|te Jtrift«, bie er in
feinem Seben burc^jumad^en l^atte, ,,feine Sele^rung", batiert er felbft bom grül^ja^ 1821.
Sil« er biefen Vorgang feinem ©ruber ©ottlob (toeilonb Pfarrer in Äöln) gemelbet l^otte,
80 antoortete le^terer: „3^ al^nete too^l au« beinem längeren ©d^toeigen, bafe eine befonbert
Säctoegung in beinem ^nnem borgel^e: ba« SSerftummen be« ^aifoda^, bi« er mit einem
Sobgefang ben 3Runb öffnete." — 1833 nal^m il^m ber ^err feine au«gejeid^ete Sdften««
gefäl^rtin, bie il^m namentlich bei feiner 2:^ätigfeit für innere 5IRifrion (j. 8. ©rünbung
ber älrmentöc^teranftalt) treulid^ )ur @eite geftanben ^atte. 3tai) einem )toölfiäl^ri{p
86 SBittoerftanb erlag er felbft einer breimonatli(^en Äranll^eit am 15. SRai 1845 im
61. £eben«ial^re. ©efc^rieben b^t ^rafft, aufeer einer Slbl^anblung de servo et libero
arbitrio, SRümb. 1818, fteben^Prebigtenüber^ef 53 unb Dier ^rebigten über 1 fto 1,30,
enbli(^ einen 3öNö«0 ^tebigten über freie lejte (ßrlang. bei §e^ber 1828, 1832, 1845).
^a6) feinem ^obe ift etfc^ienen: Sl^onologie unb Harmonie ber bier StHxngelien, ^ou«*
40 gegeben Don Dr. Bürger, Erlangen 1848. |^. 0»elel f.
Ärofft, Äarl, gefi. 1898. — Äurjc ©clbftbioßrQp^ic au« bem ^oftorcnalbum ber
rcf. ®cmeinbe in (Slbcrfclb abgcbrucft in ©eftb. Scitung 1898, 9^r. 101 Dom 2. SWoi; Wefro»
löge in 3tfd)r. be« »erg. ©efdjiditSücrcin« 1897, @. 171 ff. unb im ©uppert^. «olWalenber,
93ote be« Xfialc« 1899, 6. 13 f.; Seibcnfroft, Stammtafel ber gfamilic fieibenfroft xu f. ».,
46 ®raa 1876.
2)er befonber« al« $aftor an ber reformierten ©emeinbe ju (Slberfelb unb oI«
Störfeuer auf bem ©ebiete ber 3flbeinifd^en Äirt^engefc^ic^^te befannte Äarl 3o^. %t. SS5U^.
Ärafft ftammte au« einem alten Il^eologengefc^led^t. ©ein Urgrofebater 3o^- 333- öHir
?$rofeffor ber Il^eologie au 2Jiarburg, ber ©ro^bater 6lia« S^ftopl^ reformierter ^fior
60 JU 2)ui«burg getocfen. 3)er 95ater ^of). ©ottlob toar al« reformierter ^apor juerp feit
1811 in ©d^öKer bei eiberfelb, bann, nac^bem er ftd^ 1813 mit einer a;od^ter be«
originetten Äird^fpielpaftor« ©traufe ju ^ferlol^n bermä^lt ^atte, feit 1814 in Jtötn t^ätig,
too il^m bier SEBoc^en nad^ biefer uberfiebelung, 25. SWobember 1814, ber erfte ©o^ Äöä
geboren tourbe. 3Ra(^ bem fc^on jtoei ^al^e barauf erfolgten 2^obe ber SDlutter, toeb^
66 i^ ©ruber, ^aftor ©trau^ ju 9lon«bort unb ©Iberfelb in feiner ©(^rift „©lodtentöne" in
bem Slbfc^nitt „^ie ©terbenbe'' ein 2)enlmal gefegt l^at, tourbe bie ®r)ie^ung be«
Änaben juerft bon ber ©rofemutter Ulrile, geb. 2eibenfroft, fpäter bon einer jlDeiten
^iRutter, Souife, geb. SSorfter, geleitet. 9Ia^bem bon i^m ba« ©Vmnajtum feiner
S^aterftabt burc^gemac^t toar, toibmete er ftc^, burc^ bie gefegnete 3Birt{amIett angeregt,
Srafft, Jtatl 61
bie \em ^Satn aÜ offenbaningSgläubiset ^rebign beg SDangeltumä unb f«it 1SI6
oiic^ ali Jtonft^otialiot in bem neugegrUnbeten (gl. pxtü%. ADnjtflDrium ju Stülri i\i ju
fnnem frü^ lobt 1830 fl<^abt fjaüt, bem ©tubium ber ^^^eologit. 3" bietem 3toed
begab er {ü^ im $eibft beä ^ai^xti 1832 nad) @i[angen in ba«t ^aui feinet C^etmi},
beö ^forverä bei bortigen beutf^^iefonn. @emeinbe unb ^lofeffoi^ ber refotm. X^eologie b
^0^. (S^rifL Aiafft, tuel^n bamalä au{ bem ^ü^etiunlte |«inci beitreic^enben unb tief<
gntfmbcn X^ätigleit ftanb. 3tu^ bicfem icor e« bejonberä no^ bet Ideologe ^aile^,
b« 9tatui^t|tontci 5larl Don 9t«imer unb bei ^^ilologe SJöbcriein, Bon bencn beiJlünfl;
lina fötbeiKAe Xniegung e^W'- 3hit ungern infolge eine« ©tubentenauftu^rt Berliefe et
Snangen. (Si Ju(^U nun Seilin auf, tco fein D^eim müllcrlii^erfeitö, ber 5|Jiofeflor ber lo
paiti^Öjtn ^I^eoiogie ^^ri(^ ©trauft lebte. ©t^Ieieimot^ei, gegen ben et ^neigung
fü^lle. War lutj Dornet geftotfew, ?(eanbet, ßengftenberg unb Steffens ober tiörte ei in
t^iCT Sotlefungen getri. ^nbeiferi bie ä^Pteuungen ber gro^ ©tafit toiittcn naäj
fetner eigenen äu^eiung nid^t vorteilhaft auf i^n, toä^enb eine emftlit^e @ilranhing auf
(inn gmtnicife m $cag füi fein inneicä Seben fegenäreit^ tourbe. 3^ann 1835 biebei u
(in ^eimot juiüdgefeijtl, be;og ei bte UniUeifität Sonn. Stac^bem ei ^iei bei 3li^\ä)
unb €a(f noq einige t[ii;ologif<^e ^ortefungen gehört ^atte, tvanbte ei fi^, bo er fu^ jum
^lAigtomt nid^t fä^tg hielt, unb eine Heine (Sibfc^aft i^m bie ^rlfeiung a!abemi^ct
©tubien ermöglii^te, jut «!)Jl;iIoiDgic, abvc fie etfi^ien i^m balb olä eine geiftlofe SSü^en'
ft^ft unb fo gab er fic miebn ntif. 20
Sitlme^r beftanb er nun 1837 unb 1838 bie beiben t^eologijc^en Prüfungen, looiauf
a am @Vmnafium in SJonn ali SteligtonSle^rer 3(nftcQung fonb. Salb banad^ ober
touibe er Bon ber ®emeinbe $Iamei^eim:@roftbüQeä^eim bei Sonn, unb jmei ein fyilb
äo^ ^er Don bei lefoimieiten ®emeinbe ^üdeätoagen an ber 28u)}}>er bei Senne)) gum
$aflor berufen; <m (eUeiem Orte füllte er fic^ im Serfe^ mit einem liefflii^en, be<3a
fonbtiä oud in ber ©eefforge erfahrenen, AoQtgen unb mit tüchtigen benachbarten 3Imt^
brübem fel^ tooEfl. 3IU aber burc^ feinen Siortiag üb« eine grügere Steife, bie er toon
boit auc^ naä) ^tolien unternommen unb auf ber er in 9tom unb ^tOftl aud} ge^irebigt
^atte, bie ®emeinbe ju ^üffelborf auf il?n aufmeilfam getoorben Ivar, folgte er im $eiDft
1844 b« »eiufung bort^in. Grft bo in Iiüfielborf (amen feine Kräfte ju tooller Ent» so
foltung tmb Siirtung. Risax unberbetmtet in einem gaiij unjurei<^enben ^fan^oufe
XooffaaO), cäxe tooQrr leibucfier @efunb^eit unb ^fc^e ft<^ erfreuenb, Dettiinbete er, inbem
bie Stntvtrhmaen ber Srlanger 3^ in i^m tcieber lebenbig tourbcn, baS (Soangeltum immer
bäftigtr tuib begeiflerter, auc^ mit bem nat^fenben Erfolge ber Sitcedung unb ©tärfung
i^fUii^ @laubend unb Seben^. 2)ie Siebolutionäia^e 1846 unb 1849 gaben i^m so
mt^odlre Gelegenheit feine eifrige tihiigetreue ®efinnung unb feine überjieugung bon
bem gdttUi^ Seruf ber Obrigteit burc^ Sdämtifung aller aufrü^ierift^ Seftrebungen
}u bct^ätigen, ioaS i^ bie ^obfeinbfi^aft ber d^ebotuttonäre )u}og. ^(inai^ aber fu^te
er bie allen äR&c^len be* Umfturje« entgegengefteHte Strbeit ber inneren aiiffton no^
itiäften ui foibetn. 3n*'''f''"b*'^s •'"^'^ ^^ beteiligt an ber ®rünbung ber JReltungSanftalt 10
JU ^ffeU^ bu«^ ben ®rafen Bon ber SRerfe unb aU tangjä^rigeö ^JlitgUeb be^ flura=
tonumS an i^ti foitbouemben Sßertnaltung. ^\iä) bei äußeren SJülfion tcanbte ei
fein t^iged ^toeffe )u. älu|eTbem übernahm er bie Seitung bei etoangel. ^ii^eren
Xöt^terf^ule p Xiüffelboif unb ^r fünf ^o^re bie ^^ätiglcit ali Steligiondle^er an bei
bortigm flöbtifi^en 91ealfct)ule. f^cr ma^te er fic^ um bie ©labt tierbient burc^ bieu
@rAnbung eined ebangel. jhanlen^aufeä, bie ei in @iinneiung an feine ISihanhing in
^rag unb feine ®enefung Bon beifelben betrieb. Unb felbfl über bie St^ein^roBing ^inau«
erftc^ fu^ feine SBirffamleit, inbem er ju ©eneralürt^enttifitationen in anbeien ^loBingen
berufen touibc. Dieben foli^ei Bielfeiligen (trattif^en ^£^tig(eit fanb er abei auc^ no<^
3cit unb Araft ju litterarift^ei Sef^ä^gung. 3)en äu^en älnla^ bagu bot feine amtcfo
bi^ "BttpfVi^iimQ, ben Itrt^lic^en unjeiger Der ebangel. @emeinbe gu S:üffelborf mit ge;
eignetem ©toffe ju Uerfor^en. 3u biefem 3loe(I geft^w^ ei junäc^ft, baft er, innerlit^ bagu
bün^ fein* Siebe gur 5*"""' betooflen, ©tubien über bie fiirt^eng^c^idite ber Slawin"
patmt betrieb, am tDelqen neben m^ireren tleineren äluffä^en im älngeiger loie bem üBet
bit fLfalggififin Aat^oiina Sl[iariDtte in ben ^a^gängen 1861 u. 1852 aut^ bie giügeie w
Xb^onblung fiber bie gele^e ©t^ule ju 3)üffeIborf unb beten erften Stettor ^o^. 3Ron^m
1853 ^«Dorging.
3>iefc ttu^ unb gefegnete ^iitfamteit in SJüffelboif Wutbe aber naA gtoi>(fiä^em
Sufent^olt bort abgebt«^, ole S,., tnä^tenb er einen Stuf nac^ feinet iBaterftabt Juln
obgc^nt ^e, int Cftober 1866 einer ^Serufung in ba< von häftigem leligüifen Sebcn eo
62 ftrafft, Jlarl Sttüfft, SBil^elm
burd^jogenc SSJm)j>crtl^aI, in bic neu errid^tctc fünfte ^farrftette ber reformierten ®cmcinbe
ju ßlberfelb, folgte, t)on feiner i^m einige ^afycc jut>or bermä^Jten ß^efrau, einer %odfttt
bed ^aftor ßbuarb ^ermann ^u ^ui^burg, unb }n>ei tleinen Jlinbem begleitet. 9Luä^ ba
in SIberfelb ^t St., obfd^on bolb unter einem nerDöfen ßo))f(eiben feine ^rifc^ ju leiben
6 begann, einige ^a^rje^nte l^inburd^ eine in ^ol^em 3Ra^t fruchtbare ))ramf((^ X^ottglät
entfaltet, bie nur burc^ feine SBirffamfeit ate ^lb))rebiger in ben Jlrieg«ial(frcn 1866,
70 u. 71 unterbrochen hjurbe. Sieben feinen ^rebigten, hjelc^e mit unerfArodener S5e»
Iäm))fung bed Unglauben^, be^ 9S$e(tftnne^, bed Umfturjed unb bed romifc^ Slberglouboid
bie (9runbn>al^r^eiten be^ 6t)angeliumd geltenb mad^ten, trieb er mit großer 2^reue püüMdt
10 @eelforge unb ^antenbefud^. 3)agegen jog er fid^ t)on ben mancherlei ^m))fen im
öffentlichen Seben unb in ber ©emeinbe mel^r unb me^r jurücf, um lieber bie 3Ru^,
tDcld^e il|m feine 9lmtg))flic^ten liefen, ju ftiUer tviffenfc^aftlic^er 9[rbeit ju benu^en. S)ies
{elbe be^og fic^ too^l aud^ auf ba^ ©ebiet ber neuteftamentlidE^en SBiffenfc^ft, auf bem
er freiließ burd^ eine fe^ fd^roffe ^^fpiration^t^corie jiemlidf^ enge gebunben toar, gom
16 befonber« aber hjieber auf bie Sl^einijc^e Äirc^engefc^id^te. Unter ben au^erorbentltcp
reidj^en JJrüc^ten feiner ber le^teren geltenben, auf bie erftcn üueDen begrtinbeten, Stubten
tonnen ^ier nur bie toid^tigften l^erDorgel^oben tDerben. ^al|in gehören t)on ben befonberd
beröffentlid^ten Schriften: ©riefe unb 5)ofumente au^ ber 9leformation«jeit (^er. jitf. mit
feinem ©ruber SBill^elm) 1875, Slücfblicf auf bie f^nobalc ©efdf^ic^te be« Sergifd^en 2anbed
20 1878, ©cfd^ic^te ber Slärt^rer Ätarenbad^ unb ^liefteben 1886, Seben^bilb be« Raufmann«
33an. §ermann, unb jum Slnbenfen an ß^riftian Äraft 1895. %ztnct t)on feinen 8ei=
trägen für bie 3eitfdS^r. be« Sergifd^en Oefc^ic^tg^aSerein«, ben Ä. 1863 mit bem ©treftor
©outertoecf begrünbet ^atte, 1869: 3Ritteilungen aud ber nieberr^ein. Sleformatimt««
gefd^id^te; 1871: Sllej. ßegiu« unb feine ©d^üler; 1890: ?Ricolau« 8u«cobucenfiÄ ju
26aBefel; 1893: S)om^err griebr. Oraf ju Slictberg; 1894: ©erwarb Oemifen. eobami
t>on Slblianblungen in ben %f). arbeiten au^ bem r^ein. toiff. ^rebiger^SSerein, 1872 : Duellen
ber Oefd^id^te ber eöangcl. ©etuegung am SJieben^n; 1874: ©riefe ^Kelond^tbon«,
©uccr« u. f. h). unb 14 ©riefe Sut^enJ; 1880: ^oac^im ?Reanber ; 1882: 3ur®efc^ic^
t). Älarenbad^ unb ^tiefteben; 1889: ©riefe ^a6). Urftn«, j. r^ein. 3leform.«®efc^. unter
3o6rjb. §ermann t). 3iSieb; 1891: bie Sleformation^orbnung t)on Äaifer^toertb. @nbli(^
t)on Sluffä^en im 6lberf eiber Slcform. SBoc^enblatt : 1893: bie berübmte Kaufmann«»
focictät ju 6lberfelb bor 100 ^af)xm unb Erinnerung an ^eter lefc^enmad^er ; 1895:
ein ©lief auf bie geiftl. Sitteratur ßlberfelbe im borigen 3<^^wbert; 1895: bie ^tt*
ftörung ber SJeanber^öl^le. — 33ie ©eröffentlic^ungen biejer ärt erfc^öpften aber leine««
86 toeg« bie ^unbgruben, tveld^e 5t.« umfangreid^e ^enntniffe unb feine bebeutenben Samm«
lungen öon §anbfc^riften, ©üd^em unb 2tu«jügen für bie (Srforfd^ung ber firc^lic^en unb
audp bürgerli^en ©efdf^idf^tc ber SRI^eintanbe boten. Unb fo ^at er jene bielfac^ mit gro|er
Uneigennü^igleit unb ^reunblid^teit and) anberen f^orfc^em auf biefem ®ebiete )ur ©er^
fügung gefteDit. S)ie h)iffenfcf?aftlidS^en ©erbienfte, bie er pd^ bamit ertoarb, fanben bo»
40 burd^ einen gebül^renbe SBürbigung, ba^ er bei Oelegenl^eit be« Sut^erjubiläum« 1883
t)on ©onn ben t^cologifc^en unb bon 5Warburg ben ^l|ilofo})^ifcf?en ®o!torgrab erhielt. 3n
äufeerlid^er ©ejiel^ung toar bamit ber §ö^c^unft jeine« Seben« bejeid^net.
5)a« ^Qi}x barauf fall er ftd^ bur^ bie Steigerung feine« Äo})fleiben«, befonbet« burc^
bie häufigen ©c^hjinbelanfäDe, genötigt, fein Pfarramt, ba« er 28 ^af)x^ lang in @Ibeife(b
45 bertoaltet i}aiU, nicberjulcgen. 3cbo^ ^at er bann noc^i faft 12 ^aSjx^ lang al« @meritu«
burc^ allerlei freitoiHigc ^oftorale J^ätigfeit, h)ie ©ibelftunben, Äranfenbefut^e unbfieic^«
))rebigten, ftd^ in feiner @emetnbe nü|(ic^ gemad^t, bi« enbli^, nac^bem i^m früher t)ier
kinber unb feine (Sattin burd^ ben lob entriffcn toarcn, auc^ er fclbft nad^ längeren fd^toeren
Seiben, bie aud^ in innerlid^e fiäm))fe, aber julej^t }u frohem @lauben fübrten, am
60 15. ÜKärj 1898 in bie ßhjiafeit gerufen tourbe, in tocitcn Äreifen al« ein S&lann Don
origineUer 2trt, ein ©rauJeto))f mit friebfcrtiger menfc^cnfrcunblic^er ©efmnung unb ein
lauterer c^riftlid^er S^ararter betrauert. ®ie{fert,
Srofft, SBil^elm, geft. 1896.— Selbftbioärap^ie im ^rofefforenalbum ber cD.*t^eo!.
3rafultät 5U 33onn; ^icfrolog in ber 58onncr ä^itung üom 10. S^nu^r 1897 tjom Unter^ei^»
65 netcn. ©inigc eingaben in O. 9?itfd)(, 91. JRitfcftl« Seben.
S)er jüngere ©ruber bon Äart Ä., SQäil^. Subm. ft., ber ©onner ^rofeffor, toar ge«
boren ben 8. ©e^)tember 182 Iju Mn, au« ber j^citcn gbe be« ©ater« (f. ©. 60,67).
9(uc^ i^n h)ie« in t^eologifc^e S3a^nen bie ^milientrabition unb bie ftarle religiöfe @tn*
tpirlung be« frommen ©ater«, bie auc^ nac^ beffen frühem Sobe nad^tvirtte. 2)enn ti>a^«
ftrafft, SBU^elm 63
rcnb ber ^anim QÄi feinet (S^mnajtaluntcrrid^t^, ben er tnÄöln jucrft auf bcm Äarmc*
Itterg^nrnoftum, bann auf bcm bamate unter ber Seitung bc^ S)ireftorg ©raö^off fte^en«
ben 3Ticbri4^SB3U^eImgs®^mnarnim erhielt, belegten i^n am meiften bie rcligiöfen fragen,
ffio^l trieb er audf^ bie übrigen ©tubien mit 2uft unb Siebe, h)ic feine fc^önen, auö ber
@<^ul^it ftammenben, bid ^u feinem ^obe t)on i^m aufbetva^rten Sammlungen t)on 5
Stinerolien unb römifc^en 3D!ünjen behjiefen. SlHein me^r unb mel^r trat bor folgen ba«
Sntcreffe für bie ©efd^ic^te bc^ Sleic^e^ (Sottet in ben )Borbergrunb. So cntf))rac^ e^
feinem J)erfönJic^en ©unfc^e, ba^ er im ©ejjtember 1839 t)om O^mnaftum mit bem
3eugm« ber Steife entlaffen, bie Uniöerfität 33onn bej^og, um fic^^ bem ©tubium ber
x^ologie ju toibmen. 5Rac^bem er bort brei ©emefter l^inburd^ t^eologifdf^e SSorlefungen 10
»on 9li^f(^, ©acf, SIeef, Äinfel, })l^ilofo))^ifc^e unb jil^ilologifci^e bon Sranbi«, Scrfci^ unb
®tlbemetfter befud^t ^atte, begab er ftd^ Oftem 1841 nac^ Berlin, ipier l^örte er be^
fonber^ Atn^engefd^id^te bei SReanber, baneben aud^ einige JtoDegien Don ^engftenberg
unb ©traug. »ufeerbem getuann auf i^n einen fc^r anregenben ©influfe and) ber ^^i*
lofo))^ ©(beSing, ber bamatö nac^ längerem ©cl^tt>eigen Azn tvieber öffentßd^ aufgetreten 16
toor, unb jhxir nic^t bJofe burdf^ feine 3SorIefungen, fonbem nodf^ mcl^r burd^ ben engen
berfönlic^en SBerfe^r Äraff t« mit bcm berühmten $^ilofo))^en, in beffen §au^ er burdf) bie
froinbfc^ftlid^en Schiebungen feinet @r(angcr Dl^eimd ju i^m ^xittxtt er^idl.
Oflem 1843 fe^rte St. nad) ber 9l^ein))robin3 }urüdt, um ftd^ für bad t^co(ogifd^e
ftonbtbatenesamen borjubereiten, ba« er im §crbft bcdfelben ^af)x^ in Äobicnj beftanb. 20
Sbann Idjxtt er noc^ rinma( nad^ Berlin ^urüd, n>o er ben Sefuc^ ©(^cDingfd^er SSor^
lefungen fortfe^tc, im Slanfefd^en ^iftorifc^en ©eminar arbeitete, bei ©(^mölberd 9(rabifd^
lernte unb mit bejonberem 3ntcrcf[e Äarl Slitter^ Vorträge über bie Ocogra^j^ic ^aläftina^
^drte. 3Rxt (e^terem tourbe er aud^ ^erfönlid^ nä^cr bclannt in bem ipaufe feinet Dntcld,
be^^ofj)rebigerd %. ©traufe, in hjclc^em aud^SRitter berte^rte. auf be« le^tcrcn Slat fa^te26
er nun ben Sntf^lu^, bie für bie SSorgefc^ic^te unb (äefc^id^te bed S^riftentumd tDid^ttgften
Orte be^ SWorgenlanbcö auf^ufudf^en. gm §crbft 1844 trat er mit feinem ^eunbc unb
95etter %, 8. ©traufe bie gc|)Iante Drientrrife an. ©ried^enlanb, äg^t)ten, 9cubien, ära=
bien mit bem ©inai unb $aläftina tourbcn bcfuc^t, befonber« biel 3^^^ U>urbe ber ©r«
forfc^ung 3«wföl«n« getoibmet. Sluf ber Slüdfreife gegen Snbc be^ 3^^^ 1845 blieb so
er nod) einige 3^* l^^^B iw 9lom jum 3h)edfc arc^äologifd^er unb gef^^ic^tlidf^cr ©tubien.
Äuc^ lnüj)fte er ^ier h)ie an biclen anberen §altc})unlten feiner 3lrife mannigfad^e S3e«
lonntfc^en an, bie bon bicibcnbcm SBerte für i^n tburben. i)ann tebrte er in bie i^eimat
pxtQii, unb nun ftebeltc er mit friner3Ruttcr bon^öln nad^Sonn über, h)o er, befonber^
burd^ 3l\ii\d) baju ermuntert, am 1. 3(uguft 1846 }um Sicentiaten ber 2^eologie j^romo^ 35
bierte unb am 12. 3?obcmber beöfclben ^af)xti feine Habilitation an ber ebang.'t^eolog.
^hiltot boQ^og. 9lu^ feiner Sicentiatenarbeit ging bann bie erfte bon i^m beröffentlid^te
©<^rift ^erbor, bie ßnbc 1846 abgcf(^loffen tourbe, bie lojjograp^ie S^^f^Icm«/ in
tDeU^ er feine auf ber Drientreife gewonnenen Seobad^tungen erfolgreich bcrtoerten
tonnte, toäl^rcnb feine Strifctagebüc^cr in ber bon {einem ©efdl^rten %t. ©trau^ 1847 40
^oudgegebmen ©(^rift „©inai unb ©olgat^'' ^um ä(bbrudt tamen. 9(ud^ feine im
©ommerfemefter 1847 gehaltenen SSorlcfungen tnü^ften nod^ an feine burc^ bie Orient^
reife belebten 3nteref[en an, inbcm er bie ©eograb^ie ^aläftina^ unb bie altteftamentlic^e
®ef(^i(^te bortrug. I)aneben aber ^atte er fi^ bereite aud^ bem ©tubium ber j^irc^em
qit^xd^U )ugen>enbet. 9Ud bann balb nad^ ber Berufung bon 3l\i\i) nad) Scrlin and) 45
©ocf Sonn berlicfe, trat R. im SBintcr 1847 in bie baburc^ entftanbene SüdEe ein mit
einer Sorlefung über ben jtbcitcn 2^eil ber Äird^engefc^id^tc. Unb fcitbem l^at er biefe
Si^i))lin in feinen SSorlefungen regelmäßig be^anbelt, bie fid^ aud^ auf bertoanbte Segens
fiänbe erftredten. 3Jtit ^intoeid auf ben fe^r guten @rfolg biefer Sel^rtoirtfamteit em^fa^l
i^ bte f^ultot tbieberl^olt bem Winifterium jur Serüdftd^tigung. 3lber erft ein im ^erbft 60
1850 an i^n erganaener Sluf an bie Uniberfttät Safel ^atte jur ^olge, baß er }um
au%erorbfntli(^$rofeffor beförbert tourbe, toorauf er jene äußerhd^ borteil^afte Berufung
oble^inte. Sin ^a^r banac^ trat er mit ^eba bon ©c^eibler in bie @^e, toeld^er brei
©ö^e unb ^toet Xik^ter entf))roffen.
©0 in Sonn fefter eingetourjclt, ber^iett er [xd) ablel^nenb aud^, ate im §erbft 1853 66
i^ bie ^rof effur für reformierte X^eologie in ßrlangen angeboten tourbe. Salb barauf
er^i^ien feine $au))tf(^rift: 2)ie Äirc^engefd{)id^te ber germanijd^en Sölfer, I. Sb, 1. Slbt.
1854. 3n Sejug auf bie ^örberung, toelc^e hnx^ biefe leiber nidj^t ioeiter fortgefc^te
Arbeit bie Jttr($engefd(fi4ftdfd^reibung ofa^ren ^at, fei nur bad @ine ertoä^nt, baß bie ^ier
gesebene Seftimmung bed Xobe^io^red bon UlfÜa^, obfc^on lange toiberfproqfen, ^eut« eo
64 ftrofft, SBiD^elm ftraitl^eiteit ttnb ^etltttttbe ber dfradttoi
jutage faft aKgemem aU bie rid^tige anerfannt tft, h>ie benn gaii) aifalvif audf bte Sbi<
fd()auung, bie er in feiner XopoQxapf^k bon ^erufalem über bie Sage \>on ®oIgat^ baa>
geftedt l^atte, nadf t)ielfac^er ^eftreitung \pätct tvieber mel^r ^eunbe gewonnen ^atte.
@in @l^renerfo(g ber julei^t t)eröffentlici()ten @cl^rift tpar ei, \>ai im @€t)tember 1855 bte
6 Sonner ^tultdt bei (Gelegenheit ber britten Söfularfeier bed 3(ugd6urg. 9leligton^Aeitf
il^rem @^aorbin. Jl. bie SUiürbe eined Dottor^ ber 2^eologte erteilte, ^ßa^t^tn M^
jögerte ftd^ feine me^rmaU bon ber ^alultöt beantragte (Ernennung )um Oibinanud bid
jum ^vix 1859. @eitbem ^at er no$ einige Heinere, meiftend auf bie neuere Sl^einifc^
Kirdf^engefd^id^te bejüglid^e 3(r6eiten t)erdffentlic^t.
10 ^m ^a^re 1863 tvurbe er in bie ti^eol. ^rüfungdtomntiffton )u SRttnfkt l SB3.
berufen, \päUx jum ^itglieb bed ^onftftoriumd in jtoblenj ernannt 9(udj| fonfl 1^ er
ftd^ no(^ bielfadgi auf lird^Uc^ ))ra(tifci^em, befonberd f^nobalem ©ebtete b^ätigi Unb
einige bemfelben angei^örige 3(uffä|e bon i^m fmb in ber 3)tonatdf(^rift fftr bie ebangcL
Äird^e ber Sl^einjjrobinj unb SBeftfalen«, S^^^^Ö- 1850—1852, jotoie in ben J)on
15 b. b. ®oI^ unb aSac^ herausgegebenen „©^nobalfragen" 1874—1875 beröff entließt, »fir
bad ^a^r 1866/67 tvurbe i^m baS 3(mt eines 9{e!torS ber Sonner Uniberfttöt flba>
tragen.
^n biefen berfd^iebenartigen 2^ätigteiten l^at fid^ ft. burc^ jtoei SBo^lge auSge)etc^et
@rftli^ betoieS er ba überaU, tro^ feines feften pofttiben t^eo(ogifc^ @tanb|)unIteS au<^
20 in tir^lid^en unb t^eologifc^en 3(ngelegen^eiten eine toeitge^enbe ))erf5nli(^e ^ebenSHebe,
bie i^n too^I mitunter aud^ }u unbegrütü>eter ßuftimmung führte, aber bod^ auS aufrichtiger
menfc^enfreunblid^er @eftnnung ^erborgegangen, im ganzen tool^lt^uenb beruhe. Ibtb
baS anbere toar bie ®en>iffen^afttgteit, mit ber er feine ^flic^ten erfüllte. Sluc^ feinen
befonberS in ber erften ^zit nxijt unbebeutenben atabemifd()en @rf o(g berbanite er neben
26 ben reid()en ))erfönlid^en Sejiel^ungen ^u ben tirc^Iid^en Itreifen ber $robin) bem emfigen
l^leig, ben er nad^ bem B^^d^^^ f^^^^ ^reunbeS 9llb. 9titfd(fl auf bie 9(uSarbeitung feiner
^orlefungen bertoanbte. 3lnx freiließ ^atte feine ^flid^terfüuung i^re Sd^rante an ben
(ärenjen feiner jtraft. Unb biefe toar tro| t5r))erlid^er Slüftigteit in geifti^er Se^ie^ung iiKi^
renb feiner legten SebenSjeit in ftartem 9lbnel;men begriffen, toa^rfc^etnlic^ infolge einer
80 anatomifdfjen ©trufturberänberung feines Gentralnerbenf^ftemS. 3"folgebeffen legte er
1894 fein 3lmt als Witglieb beS 5tonrtftoriumS nieber unb lie^ [v^ 1896 bon ber Ser*
))flid^tung ju Sorlefungen entbinben. Seim Heimgang bon feiner le^en amtlich
ipanblung aber erlitt er einen ^aU, ber eine d^ronifd()e Sungenentjünbung unb enblid^ ben
Job jur golge l^atte. ©ieffert.
36 arttin, ainbreaS, (grjbifc^of b. f. Sb I ©. 516, 26.
Sranfeitfommnnion f. Sb VII ©. 6, 20— 43.
Sranf^etten «nb ^etltnnbe ber Israeliten. — fiittcratur: 3Rc§r ober weniger
braucftbare» ^iaterial finöet fid) in ben ücrfct)iebenen Werfen über bie ®ef4lcbte berWebi^in.
SSgl. g. 93. ^, ^ftfer, j(!e^r6u(4 ber @cf(4id)te ber ^})?ebi5tn unb ber epibemif^en ftranf^eiten,
40 3. 91. 1881; ^. i)irfd), $)anbbu(ft ber f)iftor.*gcogvapt)if*en ?5at^|oIoflie, Stuttgart 1883. —
2)te älteren Sonographien über btbl. ^ranff)eiten finb in mebijimlc^er ^inftc^t ni^t me^r
braud)bar unb metft prinuploS, wie ^ $. X^om. !iBart^olm, De morbis biblids misc. ed. 3a,
Francof. 1692; &, S. ^ebel, exercitationcs medic. philos. sacrae et profanae, 3^na1686;
3Barlit, Diatribc do morbis biblicise prava diaeta animique affect result., Vit. 1714; 3.3.
46S(5mibt, öibl. gJZcbicuS, 3üaicftau 1743, I. «^b^fiologic 8. 1—340: IL ^at^ogie 6. 343
bis 584; III. ®efunbt)citS(ct)rc @. 587—761; (5^. 3:. (S. SReiu^arb, ©Ibelfranf^elten, wel^e
im ?IX üortommcn. granffurt unb fieipjig 1767; 9lcfermann, ©rlfiutcrung berjenlgen JhonN
Reiten, bcren im iRKSrroätjnung gefdjie^t in 3BeifeS 3Rater. für ©ütteSflcI., II— Iv, 1784ff.;
^. $. Stc^aeliS, Philologemata medica, Halac 1758; Seab, Medica sacra, Amst 1749,
Mbcutf* fieipjtg 1777; Gfdjenbad», Scripta medico-bibl., SRoftocf 1179; ^ebenftreft, De cura
saoit. publ, Lips. 1783. — 9ieuere SBcrfe: Dr. ©c^rcgcr, Sebijin.»§erm. llnterfuc^ungen;
%f). @^aptcr, Aledica sacra or short exposition of the more important diseases in the
sacred writings, Lond. 1834; ©olbmonn. Dies, do rel. med. vet. Test, Vrat 1845.
Dr. JJrtebrei(ft, 3"^ SBibcI. 92atur^iftor. ant^ropolog. «nb mcbicin. Fragmente, 2 %lt., ^üm*
66 berg 1848; Brufen, @r(öuteruna einiger Steüen ber ^eil. 8(brift, welche auf bie ^ebi^in
©cjug ^aben, in SoSperS SBoc^cnfc^rift f. b. gcf. ,6etl!uiibe 1842, 9ir. 34— 38; berfelbe, 3)ar«
fteüung ber btblifcf)en 5(ranf^eiten unb ber auf bte ^ebiun be^üglicben ©teilen ber beiUgen
©c^rift, $ofen 1843; berf., ^it Sitten, O^ebröudje unb ^ranftieiten ber alten ^ebrfier nad|
ber (S^rift; $runer, S)te Shranf Reiten beS CrientS, uom Stanbpunfte ber oergleiiS^nben
ftroHn^eiiett «itb ^rillititbe ber ^radttttt 65
9{ofoIogie. klangen 1847 (o^ne btrelte Stüdfic^tno^me auf bie in ber fßibtl t)orfommenben
ftrant^iteti) ; (tt. Söttger), ^ie Hr^neitunft bei ben alten Hebräern, S)Tedben 1853: %. Zobltx,
Beitrag }ur mebtcinifc^en 2:opogTap^ie von S^nifalem, Berlin 1855; Oppler, diniged oud
ber altjübifdjen IRebisin: 3)cutf(^S «rc^io f. ®ef«. b. ^Rebijin 1881, 62 ff.; 3. «Prcuft. 3)er
«rat in IBibel unb 2:almub: Birc^oro« ^rc^io 1894 (8bl38), 261 ff.; SR. »ennett, The dis- 6
easeB of the Bible, 3.«. 1896; SB. ©bfiein, 5)ie ^Hcbijin im 912:, ©tuttgort 1901. — teuere
Sonographien: lieber bie Anatomie bei ben alten Hebräern in^^rtC, Se^rbuc^ ber Anatomie,
20. «ufl.. 3Bien 1889; 6. »oltoer, «egetariSmu« in ber ©Ibel, ^^orb^aufen 1872; ^idjel
fi^o^, Pe Iliygi^e Moeaique: Gaz. M^dic. de Paris 1843 (t XI), Nr. 47; ^. ©oginSÜ?,
$ie t)pgieinif4en (Srunbjüge ber ntofaifc^en ©efe^gebung, 2.^., iBraunfd)roeig 1895; u.$af* lo
ftglt, Un antica pagina d'igiene d. passato. La nettezza d. corpo e d. vestimenti presso
gli Ebrei, 1896; (S. (£. IBombaug^, The plagues and pestilences of the Old Testament: The
John Hwkins Hoep. Bulletin, Vol. IV, Öaltimore 1893, 64 ff.; ugl. für bie $eft ou*
iXoItfe, »riefe über bie äuftänbe in ber Xürlei, »erlin 1877, 110 ff.; fianc, Sitten unb ®e-
brfiudK ber heutigen ^eg^pter, 3)eutf(^e ^uSgabe I, 4 ff.; ^^olojan, Histoire de la peste is
bnbonique en Mesopotamic etc., $anS 1874; berf., La peste en Turquie dans les temps
modernes, $arid 1880; S. I^otelmann, 2)ie @^eburtd^ilfe bei ben alten Hebräern 3c., ^D^ar-
bürg 1876; ^. ?Io6, S)a8 »eib in ber 9iatur= unb »öllerfunbe, fieipjig 1885; U. <ßaf-
ftgli, Le oognizione ostetrico - gineologiche d. antichi Ebrei, »ologna 1898; berfelbe,
Le levatrioe e l'arte ostetrica n. tempi bibllci, »ologna 1898; berf., L*allattamento. 20
Saggio di pediatria biblica, »ologna 1898; berf., La prostituzione e le psicopatie sessuall
presso gli Ebrei all' epoca biblica, Milano 1898; berfelbe, Dermosifilopatia biblica. Le
malattie venerie presso gli Ebrei, Milano 1898; 3. $reug, ^ie männlicben Q^enitalien
unb i^re ftranff)eiten na4 »ibel unb Salmubt Siener mebi^inifc^e Soc^enfc^rift 1898,
570 ff.; berf.. IRaterialien jur @)ef(^. ber alten ^ebi^in. S)ie Organe ber »aud)t)ö^(e na4 26
»tbel unb 2:almub: magern, mebi^in. Central jeitg. 1898, 489 ff.; ^. (Sbftein, Heber bad»or'
fontnten ber St^a^itid im Altertum: Sanitd 1900, 332 ff. — ^ie ^rtitel Jierant^eit, ^rjnei^
fünft tludfa^, »lattern, »(inb^eit, 2)rüfe, $aralQtifd)e, $eft, ©amenflug, Türmer u. f. ro.
tnSiner, 9)ealn>drterbu4; 9iie^m, ^anbroörterbud^ ; EncyclopaediaBibhca; ^aftingS Dictio-
nary; fteil, »Ibl. «rd^äol., 2. «Infi. 6. 557-570; 3a^n, $)äu8lid)e mt, II, 346ff. — 3)ie ao
Sitteratur fiber ben «uSfa( f. »b II 6.296. Weitere £itteratur jur ©efc^i^te ber ^ebi^in
in ber »ibel f. bei (Sbftcin a. a. D., bei 9. $aulQ, Bibliographie des sciences m^cales,
^ari« 1874 unb bei 3. $agel, ^iftor. mebijin. »ibliograp^te. »erlih 1898.
I. 3)te allgemeinen ®efunbl^eitdt)erl^ä(tniffe bei ben S^acliten bürf en al^
fc^ pute bejeic^net toerben, Inenijfien« fotneit — tnag Inir oDetn fidler beurteilen fönnen 86
— bte dufteten Sebingungen l^terfür in »etradf^t fommen. 2)ie ^^^^rfi*^ erfd^einen
burd^^ old ein gefunbed SSolt, ald ein Iräftiger ^enfd^enfc^Iag. ^ud^ in törperlid^er
»Qie^ung bürfen tnir fte und, aU fie nod^ in ber SBüfte jelteten, bem %\)pvi^ ber l^eu-
tigen Sebuinen jiemlid^ ä^nlid^ borfteden; fie tnaren fc^Iant unb ^ager ). S. gegenüber
bot boQeren 9(f|vtem. 3)te fiuft ber SBüfte ift gefuno. 9luc^ bie i^raelttifc^e ^rabition 40
erjo^U mit ®enugt^uung bon ber gefunben Straft bed alten SSolted. 3(D[er Drud ber
agV)>tif(^ ^^n bermod^te nid^t bie Sebendlraft bed SSoßed }u brechen. 3^"^^^^ f^^ ^^
btüdtt tourben, befto me^r nahmen fte }u, fo baft bie %^pter bor ben 3^^^^!^^^^ ^"dft
bctamen (6j 1, 10 ff.). 3"^^^«>"k^^ ^^^ ^^^ ^^ idraelitifd^en ^auen gerühmt, baft
fte ittc^t fo fc^tnad^ tnaren, toie bie äg^ptifd^en iSSeiber, fonbem gcfunb unb fräftig: noc^ 46
e^ bie^ebamme )u i^nen tommt, l^aben fte fc^on leidet unb mül^elo^ geboren (@{ 1,1 8 ff.).
^ayu bgl. bte ^reube bed $falmiften, baft ed teinen @traud^elnben gab, old 3^^^^' ^^^
yo^ ($f 105, 37). 3" ktef^ fräftigen Äörperbefdf^affen^eit lamtti in ißaläftina beim an*
fonid^ 2d>m bte in gefunbl^ettlid^er Sejie^ung bentbar günfttgften Ser^ältniffe. ^aläftina
felbft ifl ^u allen 3^^^ ^^ gefunbed Sanb getoefen. ^r bad Jtlima ^aläftinad ftnb 60
(^amherifhfc^ bte aroften ®egen{ö|e: Reifte 2::age, lü^le 9?ä(^te, ,glü^enbe Sübtoinbe, talte
9torbtDtnbe, ftorte Stegengüffe, bürre @ommergIut. ^ber barin liegt nxdft an ftd^ fd^on
ttü>a& ®efuitb^ett^4fäblt^ed; im ®egenteil: biefe @d^h)antungen, an bie ber Stoiber ftd^
aetDO^en tnu|, geben tl^m eine er^ö^te ^ftigteit unb @Iafti»tät. Der Setool^ner ^a^
läfttnad lernt ^i^e unb Jtölte unb namentlich ben plö^Uc^en äßedj^fel beiber ertragen. 6^ 66
fepU in $ala{hna natürlich aud^ nic^t an ungefunben ®egenben, ^. 93. bie fumpfigen
Sonbftric^ am $ulefee im Slorben, in benen biel gieber ^enjd^t. ®erabe ba^ ^^eber,
Sbffenterie uitb 3(ttgenent)ünbungen tann man atö eigentliche Ilimottfc^e Jtranf^eiten ^a-
Ufnncid begetc^en.
9Ud letdbtere @))tbentten tommen im @ommer Slul^ranfäDe, im ^^ling unb $erbft go
gtcbcr bor (gübede, »efc^r. be« türl. SReic^, S. 60). 3m Sommer berlaufcn pe auf
bm ®cbtrgen fc^toerer unb rafd^er, im SBinter in ben ßbenen unb ©täbten. S)ie
2)tfir3te M SEBed^elfieberd (ZertiantV))^ud, in 9lrabien unb Serien ^ufig) \xn\) bte 92ic^
ntaU9mt^fiüpäMi fftf Z^togic nah Sthit, 8. 0. XI. 5
66 ftranl^etteti «nb ^eillttttbe ber didridtten
l)erun9en unb ©ebtrg^tl^äleT, aud^ @teDen, \üo bie legten 3^9^ bon Säcken berfuint)ffn.
aWärj unb Dhober ftnb befonbcr« gefün^tet (grüner, Ätairf^. be« Dr., ©. 87. 358 ff.).
9(u(i^ älugenent^ünbungen ftnb tvte in %^^ten ^äuftg, teild infolge ber $i|e unb ber bo^
burc^ t)erurfad^ten ^vt'^^^i^ ^^ ©e^tmd, teild infolge ber @eeluft unb bed noc^tGc^
5 ^ue^, aud) be^ ^lugfanbd ; fie boben t)ielfacl^ böQige ßrblinbung )ur f^olge Cßruner,
a. a. D. 432 ff. 456 f.; bgl. 3 9Kof. 19, 14; 5 3»of27,18; 3Kt 4,27. 12,22. 20, 30;
21, 14; ^0 5, 3). älber bieje Kranfbeiten aQe l^olten ftc^ ou^f tpö^enb ber ungefuiAen
^al^re^jett im @ontmer in mäßigen ©renken. 3)ie 9(nnal^me ober, ba| boS Säima in
^tftorif^er 3^t fic^ toefentlic^ t)eränbert l^obe unb namentlich frül^ regnerifc^ getoefen
10 fei (fo g. S3. SJraa^, äu^ bem Orient I, 198 ff.), ift gam unbetoeiÄar. 3)ie gefunbbetts
^': aSer^ältniffc 1 : ~ : " ' . "
teine anberen, old ^eute noc^. ^n biefer- Sejiel^ung toar $aläftina ftetd günftiger g<
lid^en äSer^ältniffe ber alten ^Ät, fotoeit fie burc^ bad Alima bebmgt finb, ftniren
al^ bie meiften angrenjenben Sänber, ^. S. ald mand^e Xeile Srobiend (t^oL äBeÜj^w»,
Steifen 1,2 15 ff.) ober ai$%^))ten, ober bad ß^^'f^i^ii^^^ ^^^ feinen Überfcptoemmungen
15 (Dgl. SDt 28, 27. 60).
3(u(^ bie gange Seben^toeife be^ ^aläftinenftfci()en 93auem tpor ftetd boiu onget^,
il^n gefunb }u erl^alten. ßinfac^ unb gefunb toar bie 9{a^rung : Srot, üRilc^, %tQdfU,
feiten ^leifcp. @efunb, ben kötptt ftäl^lenb h>ar bie Slrbeit beö.^irten unb älcferDOuem.
S)a^ Sanb Verlangte nid^t bie faft übermäßig l^arte Slrbeit, toie Slgi^ten, too ber ^e(bu^
20 }u allen Qütm toenig ^cube am Seben l^at unb emft unb t)erbro]^en 2iag für Xa^ feine
@tlat)enarbett t^ut ^aläftinad S3oben, ber t)on 3^^^^ f^^'^fl getoäffert tmnrbe, gab bei
nxd)t alljufd^ioercr Slrbeit, h)a« ber Sauer beburfte (S)t 8, 7 ff.), ©o loirb ba« gute
3eugni0, ba^ nod^ Xacitud (Hist. V, 6) für ben günftigen ©efunbl^t^ftanb ber ^ßol&ßts
nenfer abglegt, aud^ für bie alten 3^ten guSled^t befte^en: corpora hominum saJubria
25 et ferentia laborum.
II. Äör})erpflege unb §^gieine im allgemeinen. — ®ie ltör)>er)>flege
f))ielt bei ben ^^^^^it^ int Sergleid^ gu bem, tpa^ toir aui bem gried^ifc^en tmb rdmi«
fcben Sebcn toiffen, eine fe^r geringe Slolle. ©^mnaftifc^e Übungen, ©jjiele unb be^
gleid[^en finben ftd^ über^aut)t nid^t. Dag gur Stömergeit fold()e ©itten auffamen, ba|
80 Slntiod^u^ @p\pi)an^ in S^^l^n^ bie bion^fifcben ©J)iele einführen tooHte (2 3R(ä 6, 7),
bag $erobe^ ein Sweater unb älm^l^itl^eater in ^erufolem erbaute (Jos. Ant. XV, 8, 1)
unb bergleid^en enegte fd^toeren 9tnftog bei ben gefe^eiStreuen ^uben. Dad pl)axi]aX\(fyt
Subentum l^at ftct« bie g^mnaftifc^en Übungen unb Bpidt berjjönt (Dgl. ©c^ürer, ®ef4
be« iübifd^cn SSolfe«, 3. 3lufl. II, 45 ff.).
35 9tuc^ bie ä3 ab er fpielten nad^ bem toad toir toiffen, lange nic^t biefelbe SloSe tote im
Ilaffifc^en ältertum ooer im f^cutigen Orient, too iebe ©tabt i^re öffentlich Säber ^
Da^ ^ängt in le^ter Sinie mit tlimatifd^en Ser^ältniffen gufammen. Die groge $i|e
unb ber t)iele ©taub auf ben J!alfbergen u. f. to. mad^en e^ gtoar einerfeiti^ ^m unen&|*
liefen Seben^bebürfnid, ftc^ ^äufig }u toafd^en. 3luf ber anberen ©eite ober t>erbot bo
40 ^{angel an SUiaffer in ben meiften Sanbe^tetlen bie all}u t)erfc^n)enberifc^e Sertoenbung
be^fclben ju Sabcjtoeden; ioar boc^^ j. S. S^^f^^^"^ fo Ö^t toie ganj auf Siftemempaffer
angetotefen. ^'^^B^^be^ SOBaffer giebt e^ über](!aut)t fel^r toenig in ^äftina, tmb mit Si«
ftcmentoaffer finb bie Scute ju allen 3^^^^ «w^ guten ©rünben fj)arfam umgegangen.
Der Sebuinc ber f^rifd^cn Bttppt fte^t l^eutc nod^ ba« 2Bafd{)en mit SBaffer ate einen
45 unberjei^lic^en £uju« an ; er reibt fic^ ben Rör^jer mit feinem SBüftenfanb ab. Unter
biefen Umftänbcn begreift eö ficl>, bag man im alten 3^^^^' ^^^^e öffentlidben Sobe»
anftalten unb auc^ leine Sabeetnric^tungen in ben ^rit)atfäufem tannU, ^ticpt einmal
t)om föniglic^en ^alaft in 3^wfalcm ^ören toir, ba| er eine fold{)e ge^t ^e. 9iur
h)o man „Icbenbige^", b. i), flicgenbe« SBaffer, ober ©een unb 3:eidbe ^otte, babcte man
60 (2 Rö 5, 12 ; Se 5, l:J), fonft befc^ränfte man ftc^ auf äbtoafd^ungen. Dabei ton
übrigen^ bie 9teinlid^!cit feine^toegd ya lurj, benn biefe SEßafc^ungen fpielten eine fe^
toic^^tigc SWoHc unb tourbcn fcbr ^äufig t)orgenommen, ba fold^e Steinigungen bei ben 3^
raeliten, tote bei allen ©emiten, einen Seftanbteil i^rc« Äulte^ bilbeten. 3^^^ luUifc^^
Steinzeit gel;örte t)or allem bie förderliche ^einl^eit. De^l^alb toufd^ man ftc^, tpemt man
55 ber ©ottI;eit na^cn, an irgenb einer religiöfen §anblung teilnehmen toollte (®en 25, 2 :
@E 19, 10; 1 ©a IG, 5). ßbcnfo erforberte ei^ natürlid^ ber 2lnftanb, ba| man ftcp
toufc^^, el?e man üor einen §ö^ergeftellten trat (SRut^ 3, 3 ; 3ub 10, 3). Strenge ©ttte
toar e^, bor lifc^ bie §änbe ju toafc^en; ber Srauc^ ift allerbing« nur im 3tX auSß
brüdlic^ ermähnt cKc 7, 2 ff.; mt 15, 2; £c 11, 38), er ift aber natürlic^^ uralt Qx
Go erflärt fid^ fc^on baraud, ba^ man im alten ^^xad toie im l^eutigen Orient mit ben
ftrattt^fttett «ttb ^ciRnnbe htx ^xafüiitn 67
Mnb«! a^, b. ^. mit ben §änben in bic gcmeinfame ©d^üflel iandftt, bic ©J)cifen jtc^
Mte unb )u Vhtnbe führte (Bpx 26, 15; ^t 26, 23). Da man biel barfuß ging,
htfio. nur ©onbolen trug, toeld^e ben %ni nid^t gegen @cl^mu$ unb @tau6 be^ SBeged
f^fü^en, tDor bod l^äufige SBofdj^en ber^ü^e ebenfo felbftberftär&Kd^, tote bad ber $änbe.
2)em ®aft ber tarn, bot man, toie im ganzen Cri^nt unb in ©rted^enlanb ^u oulererft 6
SBofler jum Saferen ber pfee (®en 18, 4; 19, 2; 1 ©a 25, 41; Sc 7, 44).
Stmerolifd^ed Saugenfdj pr?; vkgov, to^Ienfoure« 5Ratron) unb ©eifenafdf^e (^^, ^^i^
graue, fteinortige Sfd^e t)erfqiebener in ^aläftina toaci()fenber Soljfräuter, befonberd ber
Salsola Kali 2.) toaren ben S^raeliten red^t gut befannt (3ef 1, 25; 3cr 2, 22; ÜRa
3, 2 ; St)r 25, 20). grft in ber l^eOeniftifc^en geit lamen öffentliche Säber auf, bie= lo
felben tooren natürlid^ gana nad^ gried^ifd^^römifcl^em ÜRufter erbaut unb eingerichtet, ^^r
Sefuc^ toor, obn)ol^I ed ^eionifd^e 9(nftalten toaren, ben ^uben erlaubt (Jos. Ant. XIX,
7, 5 ; 9R. 9leb. 5, 5). — §eißräftige, toarme JDueHen finben ftd^ in ^oläftina an mehreren
Orten, ). 8. bei Xiberiad, bei®abara, inJMin^oS; ob aber bie alten ^draeliten fd^on bie
^eiltraft biefer DueQen tannten unb gebrauchten, ift fe^ fraglic^. Do^ fdf^rieben auc^ fte i6
etn^(nen QueQen unb ^^lüffen befonbere ^eilfräfte ^u (2 5tg5, lOff.; k>gl. ^o 5,2). ^n
ber griet^ifc^mifc^ 3^^ P"^ ^^^ genannten ^ermen fel^r berühmt getoefen (Plin.
bist, nat, V, 15; Jos. beU. jud. I, 33, 5; II, 21, 6).
3Rit bem Sßafc^en t)erbanb ftc^ bad @alben, b. 1^. ba^ Einreiben ber ®(ieber mit
CL ^ierburc^ foQte bie ^aut gefc^meibig gemad^t unb gegen bie $i^e ber ®onne ge« 20
\djü^ toer^en. SBenigften^ be^au^ten nod^ l^eute bieSraber, ba^ ba^ Salben mit Öl eine
foh^ SBirhtng ^obe unb ben 2eib ftörte (t)gl. 9{iebul^r, Sefd^eibung t)on .9(rabien, 131).
2)ad Salben toor gan} allgemein bei l^od^ unb niebrig t)erbreitet, unb ba^ Öl gel^örte bed«
toegen )u ben getoö^nlic^ften fieben^bebürfniffen. ÜRan gebraud^te jum Salben bad reine
DIh)cnöl ($f 92, 11; 2)t 28, 14; 3Ki 6, 15); bal^er ift V^ ber getoöl^nlic^e äuöbrucf 25
\üx Salbe. 3)te Sleid^ mifc^ten bemfelben auerl^anb tool^lriec^enbe Sub^anjen, bie au^
bem Slu^lonb belogen toaren, bei. äluf biefe SBeife tourben feine buftenbe Salben be-
reitet (1 §ta 10, 10; gj 27, 22; §i 41, 23; t)gl. 65 30, 22). SDiefe« 9Jli|d^en toar
bod ®efc^wt ber SHabinnen (1 Sa 8, 13) ober befonbercr Salbmifd^er (np.*7 Sj 30, 35 ;
9le^ 3, 8; Rob 10, 3). ©ine befonber« f oftbare Salbe toar ba« ec^tc 5Rarbcnöl '^is §290
1, 12; 4, 13ff.; 3Jlc 14, 3ff.; ^o 12, 3 ff.). 3Ran falbte \id) bomel^mlic^ bei ^Jeftcn,
bei $o<^eiten unb ®ajbnä^lem («m 6, 6 ; $Pf 23, 5 ; Dgl. 2c 7, 46) ; §aut)t^aar unb
9art übergoß man reic^lid^ mit £)l (in toelc^em ^afe }eiat ber bic^terifd^e Bpxud)
$f 133, 2). eine au«jeic^nung toar, jemanbem bie güfee ju falben (2c 7, 46 ; 30 12, 3).
3n Trauer unterließ man ba« Salben (2 Sa 14, 2 ; 12, 20). 35
2)er ^ieinifc^ 2Bert biefer SBafd^ungen ac. ift felbftberftänblid^ ^od^ anjufd^lagen,
unb bod ®leic^e gUt bon einer Steige anberer Sitten unb ®ebräud^e, bejto. SSerorbnungen
bed ®ef^ed. 9{ur barf man bei i^rer Beurteilung nic^t in ben ^e^ler t)erfallen, boj^
man in ^^etnifc^en @rtoägungen ben Urfprung berfelben fuc^t. So namentlich bei ber
Scfc^etbung. Sd^on $erobot leitet fte aui fanitären ®rünben ab, ebenfo nocb beute 40
nunufie Stamme, bie fie üben : fte f oD bie Steinlic^teit förbem unb ein Sc^u|mittel gegen
getütffe Jlronl^eiten fein, älucb bie jal^lreic^en SSorfc^riften über toitifcbe ^ein^eit unb
unreinst (f. ben 91. Steinigungen) ^aben jtoeifellod auf fanitörem ®ebiet il^re gitte
Sirfung ge^t 3lber man t)ertennt bod^ i^rSBefen unb il^re Sebeutung gan^ grünblic^,
tocnn man toie j. S3. 9»ic^aelt« (3Rofaifd^e« SledS^t IV, 220 ff.), Saalfc^ü^ (ÜKofaifd^e« 46
Htdfi I, 217. 272) u. a. hierin toefentlid^^ $oli)eit)erorbnungen ^ur (Sr^altung t)on 2eben
unb ®efimb|iett erblidEt. 92ic^t einmal bei folc^en Sierorbnungen, toie bie über bad SSerfd^arren
UA menfc^lic^ Unrats au|er^alb bed 2ager^ (Dt 23, 13 f.), ^aben bem ®efe^eber folc^e
(fotDogungen t)orgefd^1foebt ; aud^ ba ift ed i^m barum ^u tl^un, bie SScrunreinigung be^
2ager^ im hiltifcpen Sinne ju berl^inbem, t)ergleid()e bie bamit in parallele ^u fe^enbe so
Scrorbnung bed 5ßrieftergefefee«, ba^ jeoer Äricger, ber im Stampf einen ^einb getötet ober
in Serfi^ng mit einem (Metallenen gefommcn ift, fieben 2^age lang unrein fein unb bad
Säger meiben foll (9{u 31, 19). @d liegt übrigen^ auf ber $anb, ba^ bei beiben @e^
fe^ Z^eorie unb $rapd toeit au^einanberlagen.
III. 3)ie religiöfe Setradf^tung ber Äranf^eiten. — Äranfbeiten ftnb eine 55
tnn (SMt gefc^idEte $lage. Dad ift felbftk)erftänblid^e Übeneugung ber frommen ^dra-
ditcn tone ber kommen aller 3^^^* 3^ d^^S befonberem (äraoe ^ilt bad bon fd^toeren
Scud^, pWfixdfcm 34)b u. bgl. Der äludfo^ toirb nadE^ toa^rfc^etnlic^er Deutung be^
Sorten nr:af oö „Schlag" Don ®ott be^eic^^et (f. bie Wörterbücher), er ift eine Strafe
9ütM in befonberem Sinn (QT^* -k y^^), unb bed^alb bor allen anberen jtranl^etten ber* eo
5*
68 ftranl^etteti «nb ^eUtnitbe btr 39taeltten
unreintocnb (f. 9(. 9ludfa$ ä3b II, 296 ff.)/ eine Slnfd^uuna, bie ftc^ bei bet berj^gnii^
t)ullen Sebeutung unb bem entfe^Ud^en 6|ara!ter bet Rxanu^ai leicht begreift. SBenn Ufa
))Iö^[ic^ tot nieberfmit (2 @a 6, 7), tpie Slnaniad unb @at)))^ira auf bod 9Boct bcd
2lj)oftel« tot umfotten (ä® 5, 1 ff.), fo ift e« ®otte« Som, ber pe nieberflefc^Ioflen ^
6 äl^cnn bie @euc^e im älff^rer^eer t)emi(^tenb tpütet (2 Stq 19, 35), tpenn bte ^eft iu4
3);it)ibd SSoIt^jö^Iung 3«;rael berl^eert (2 @a 24, 13), ift ed SoJ^toed ®ngd, ber ab
SBiütgengel au^)ie^t, bie 9)lenfc^en ju f erlagen (bgl. 2 @a 24, 16). 9(ber bamit ifl bte
religiöfe S3ebeutung ber Jtranli^eiten für ben alten g^raeliten nod^ lange nid^t erfd^d^t
6r fte^t in i^nen nici()t nur in bem @inn, toie ber mobeme ^omme, Strafen unb ^efan«
10 fud^ungen ©otted, fonbem er betrachtet fte ald bireft bon ®ott getoirtt unb l^orgerufen
in einer SBeife, ba| nad^ toeiteren natürlid^en Urfac^en gu fuc^en, i^m in ber atten Q6t
gar nid^t in ben @inn fommt. ^^re Teilung ertoartet er barum au^f ntd[|t t)on einem
ärjt, einem 3Kenfc^en, fonbem bon ®ott (ögl. ßj 15, 26 „id^, Sal^toe, bin bein Sfat'O-
3lod} 3ofe))^ud toeig babon ju erjä^Ien, ba^ bad fßolt ju oQerl^anb aberg(aubifc^
16 ÜJlittcIn, Slmuletten, Sefd^toörungcn 2c. feine S^P"^^ nimmt (Ant. VIII, 2, 5), unb in
alter 3eit ift bad icbenfaQd noc^ t)iel me^r ber %aü getpefen. SBenn fo t)ielfad^ im XX
t)on ^auhttÄ oHer Slrt bie Siebe ift, fo l^ot biefe nidbt blofe ben ^\o^ gel^abt, bie ^
fünft JU er^eDen, fonbem and) bm anberen, [x6f t)or @d^aben aQer 9trt, ^ranl^eit u. bgL
gu fc^ü^en unb Brautzeiten gu feilen ; namentlich ber ®ebrau(^ ber Smulette gehört ^erper
30 (Dgl. ä. Jöeiber unb ®efcZmeibe 9b X ©. 523, 38).
Sc^on bied legt uni^ ben ®ebanten nal^e, ba^ man auc^ in 2l^ael, toie bei allen
SSöltem auf einer getoiffen @tufe, einft unb urf))rünglic^ bie Kranll^eiten nid^t auf nat&>
lidEje, fonbem auf übematürlic^e Urfac^m gurüctgefü^rt, m. a. SB. fte <d^ SBirfung tnm
Dämonen betrad^tet ^at.
26 9lm beutlid()ften ift bad nod^ gu ertmnm bei bm ®eifte^Iran{m unb @))ile))tif(^
SBie ber heutige i^lamifd^e Orient, fo l^at axii) bad alte ^^rael unb gUHxr bid in f)yäie
3cit herein gt^ifd^m ®eiftedlranten unb gottbegeifterten $rot)l^etm leinen ))rin)t)>ie(leR
Unterfd^ieb gemacht, ^al^toe fmbet einm Sügmgeift au^ unter bie $ro))Zeten W^cSA
(1 Äg 22, 19 ff.), 3<^*^e« ßanb faßt auf einen @lifa unb begeiftert i^n )u bem Bpmif
ao (2 Äg 3, 15 ff:) ; ein böfcr ®eift bon Sa^toe ift« aber aud^, ber ben ©aul plaat (1 6a
16, 14 ff.). S)ie 5Rebüm, bene^mm fid^ toie SBemidte (1 Sa 19, 18 ff.; 2 ii^ 9, 11)
unb bie SSerrüdften (^^w*?:) gmiegm ol« l^eilige Seute bm Sc^u^ ber Unberle^ic^Iöt
(1 ©a 21, 13 ff.); mit 3Jlu[xl befänftigt man ©aul, hjmn ber böfe ®eift über il^n lommt
(1 ©a 16, 14 ff.), mit aBufil Derfe^t ftd^ (Slifa in bie t)ro))ZetifcZe Sfftafe (2 Ä^ 3, 15 ff.).
86 Da« ift fo geb iebm bi« auf ^efu ^^xt, h)0 bie allgemeine Siolt^anfc^auung bte ®ei{lcds
frantm, (Sj)ile>)tifdf^en, ^^fterifc^m aU bon einem 3)ämon befeffme (öaifwvi^ofievoi) be^
trachtet (bgl. 3t. 35ämomfd^e S3b IV, 410 ff.), ja bi« auf ben ^eutigmlag, too belonntli^
bicfer ®laube im S5olf, unb nic^t nur in biefem, immer noc^ fortlebt.
92od^ bei einer anberen ®ru))))e bon Jlranfl^eitm lä^t fic^ biefe Slnfdbaimng nad^
40 toeifm, nämlidf^ bei ben al« bemnreinigmb betrac^tetm 5trantZeiten ber ®efdbled^tdtetle
(f. untm unter V, 4). Seifc^laf, ®eburt, SOlenftmation unb bie berfc^iebmm ©ef^lec^td«
franf^eiten ftnb im ®efc^ aU fultifd^ bemnreinigmb begeic^net. Da« ift natürlid^ uralte
ainfc^auung. Unb biefelbm SSorfteDungm finbm fid^ aud^ bei bielen anberm äSöUem.
Überall bort ftcben fte im 3"fömmcn](>ang mit allerlei abergläiibifd^en SSorfteHungm. 3Ui*
46 mmtlicb bie i^orfteDung bon ber Unrcinl^eit ber 3Kmftmation pnbet ftd^ bei aHm femi»
tifc^en i^sölfem ; ber @runb ift ^ter gang beutltdE^ ein 9tberglaube: ba« 3Rmftmalblut gilt
al« häftige« 3^wbcrmittcl. Nihil facile reperiatur mulierum profluvio mirificum,
ift bie Slnfcbauung aucb ber Slömer (Plin. h. nat. VIII, 63). 3la6) bem ®laubm ber
2traber fdf^ü^t ein Sa^)))cn mit biefem S3lut, ber auf eine Äinbbetterin gelegt toirb, biefe
60 unb ba« Äinb bor ben Dfd^innm unb bor bem böfen Slidf (bgl. SB. 9t. ©mit^, ReL
of the Semites 428 f.). Söir bürfen alfo aud^ bei bm ^ebräem jur ®rllämng nid^t
auf foldbc reUgio«'fittlid(^c älnfd^auungen }urüdtge^m, bte il^nen eigentümli^i ober gar eifi
im fpäteren ^ubmtum nac^tociöbar finb, tbie j. S. auf bie Scurteilung be« ganjm ®e»
fc^led^telcbcn« al« eine« fünbigen, !Ücib unb ©eele bemnreinigenbm. Die )u ®runbe
56 liegenbc 58orftcllung ift bielmcf^r tbie bei anberen Sölfem bie, ba^ fold^e Äranfe unb biefe
S^orgängc bc« @ef^lec^^t«leben« überf^aui)t unter bem ßinflufe be3iel[iung«loeife urtter bem
©c^u^ beftimmtcr Dämonm ftel;m. SSon ^ier au« h)irb man audf^ bie Unreinheit be8
3lu«fafee« al« ein gcic^cn bafür betrac^^ten bürfm, ba^ man biefe Äranf^eit in ältefter 3^
einmal al« ißjirfung böfer (Seifter bctrad^tcte. Dafe biefcr le|te ®mnb bei bm onge«
60 fü^rtm innerm Aranf^eiten ben ^i^raeliten alle ^zxi bemüht tbar, foQ natürlich bomit
ftratttiititett ttnb ^etRnttbe ber ^fdraelitett 69
nu^t b^fyxusptzt toerben; im ©egenteil ift gar nid^t {tveifeH^aft, ba^ fd^on frül^e bte Sin«
fu^t in ben urf^rüngKd^en @tnn biefer Unreinigtett Derlotcn ging unb eine Umbeutung
^ bottiog.
@<9(te^icl^ borf bte ganje 3(rt unb SBeife, h)ie bte ^^raeliten bte Jtranll^en
atö t>on ^o^toe getottit anfe^en, ol^ eine Umbeutung älterer Doqa^tviftifc^er SSorfteQungen 6
betrachtet toerben, tponac^ bie Jlrant^eiten Don ©eiftem getvirtt ftnb unb unter beren
Bd^ fte^. SRä^ered über biefe ältefte S^orfteDung bei ben Hebräern lägt ftc^ nid^t
fagen. Srtüäl^nt fei, bag man bei manchen SSöIIem bie JtranÜ^eiten atö 93efud^e ber
@eifler obgef^iebener Sinnen anfa^ (ögl. Sjjencer, De leg. Hebr. rit. I, 279 ff.; 9Bai^
©erianb, ant|rot)oIogie ber ?Raturt)öaer, 2. a. 1876, .1, 322, VI, 394 ff.). lo
IV. $etllunbe unb $eiIt)erfonaI. — ^n äg^j)ten tpar in früher 3^ \^^^
bie ^etUunbe auf einem Der^ältnidmägig l^o^en @tanb angelommen; ed gab fogar
et)ejiaIonte für »ugen, 3äl^ne k. (§erobot II, 84; III, 1. 129; ßrmann, SgVt)ten
477 ff.). ®anj anber« bei ben 3*fflditen. 3)a^ begreift fid^ einmal an^ bem oben (unter III)
über bie Slnpauungen ber aüm ^raeliten Dom SBiefen unb bem Urf^run^ ber Jtrant^ i5
Reiten bemerften. auf einer @tufe, too man in ben Itrant^eiten, toenigftend tn einem Xei(
berfelben, bie Sßirlungen ber ©otti^eit ober Don Dämonen erblidtt unb nid^t nai) ben
natürltd[ien Urfac^en berfelben fragt, tann Don einer ^eillunbe überl^au))t teine 9{^e fein.
Xber ouc^ otö bod aHmäl^Kc^ fic^ änberte, blieb atö ein bauembed, aud^ bei toeiterem
^ortfc^ritt ber @rlenntnid bte Slu^bilbung einer $ei[{unbe ^emmenbed ^inbemid bie 9(n< ao
^ouwtg Don ber Unreinheit getoiffer Itrantl^eiten unb namentlid^ Don ber Unreinheit ber
2ioten. Der ®ebante, eine Seiche ju gergßebem, um ben Sau bed menfd^Iidf^en Jtör))erd
lennen )u lernen, tonnte einem Hebräer gar nie lommen. @d fel^Iten alfo aQe SSorbe-
bingungen für bie ©runblage ber mebhinifd^en 3Biffenfd()aft, bie 9(natomie. Denn tpad
man an bMtigen Seobad^tungen beim ©c^Iac^ten unb 3^^^^ ^^ ^'^^ <>^^ ^^^ 9^ ^^
(egentltc^ SSerle^ngen Don lebenben ^enfd^en machen tonnte, ba$ toar Don fel^r geringem
SBert Die Säuberung, bie ^iob Don ber ä3ilbung bed ßmbr^o im HJtutterletb giebt
(^i 10, 8 ff.), geigt nur, toie aUe anberen 9lnf))ie(ungen hierauf, bag man barin ein uxu
burc^bringlid^, nur ®ott betannted ©e^eimnid erblidbe (Dg(. $f 139, 13 ff.; $i3, 11.16;
3er 20, 17). ^Ran bxaud^t alfo^ier nid^t einmal, toie oft gefc^iel^t, an eine Don au^tDärtdao
)u ben Hebräern getommene allgemeine Itunbe Don biefen Dingen gu beuten.
SBo fo bie Kenntnis Dom S3au unb ben ^nttionen be^' menfd^Ud^en Organi^mud
tH>(I{länbig mangelte, mugte auc^ iebed irgenbtvie rid^tige SSerftänbni^ für äBefen, Urfad^e
unb SBirbtng ber einzelnen Jtranl^eiten fel^ilen. Sebiglid^ bie @rfal^rung im Saufe ber
3a^rl^berte lebrte ben SBert unb bie ffiirlung getoijfer Heilmittel bei getoiffen Ärants 85
if6Xm ; unb aucp ba^, nac^ allem toad toir tDiffen, in fel^r befd^ränttem ÜKage. älld Sei^
^el folc^ Sßiffend Don ber ^eiltraft eimelner ^flanjen ober rid^ti^er bed ©lauben^ an
Wefelbe mag au2 fe^r alter Rat bie ©efd^id^te angeführt toerben, tote Stapel bie £ea um
ben Seft^ ber Dubaim, ber Stebedä))fel (Atropa Mandragora Sinn.) beneibet, tveil biefe
bie emi^fängnig beförbem (®en 30, 14 ff.; Dgl. ÄS 7, 14), ein Slberglaube, ber no^ 40
^cute im Orient fortlebt. 3lm älteften DieÜeid^t i|t eine getoiffe Kenntnis unb ^rtigteit
in ber ©eburtdbilfe. Die Hebammen toalten nad^ ber ttoerlieferung fd^on bei ben ^Sa-
trion^ \fyc^ aimte« (®en 35, 17; 38, 28); Dgl. I^ierüber and^ ben ä. ^milie unb
«^»bV, 747, 58 ff. ...
®ie frü^e e« berufsmäßige SSrjte (^V^, ^?n) in 3«rael gab, hjiffen h)ir nid^t. ®e-- 46
Miftdidf f^liegt man auf i^r S^orl^anbenfein auS ber ä3eftimmung beS 93unbeSbuc^, baß
toer einen anberen Derle^t, für beffen Teilung ©orge tragen foH (6j 21, 19). SlDein
biefe SefHmmung fe^t nur eine ^eiltunbe, aber boc^ nid^t beren berufsmäßige 9luSü6ung
bun^ befümmte ^Serfonen DorauS. ^mmerl^in tt)irb man auS allgemeineren ßrtoägungen
für jene 3^ baSSJorl^anbenfein Don Srjten annel^men bürfen. 6S loärc fe^r intcrcffant, so
ya toiffen, in toeld^em Ser^ältniS Srjte unb ^riefter ftanben. Daß legiere tt)ol|t Dor*
|ugSt9eife jugleic^ bie äinte in ^Sral toaren, barf man auS ben Seftimmungen beS ©c-
fe^ über ben 9[uSfa| (Se 13), too bem ^riefter bie Gntfc^cibung über ben S^aratter ber
Kranit augetoiefen tvirb, nid^t fd^ließen; benn eS ^anbelt ftd^ ^ter in erfter Stnie um
eine tuUif(|e ^a^i, gu beren ©ntfc^eibung felbftDerftänblid^ nur ein $rieftcr berechtigt ioar. 65
Daui mitßte er natürlid^ aud^ gett)iffe mebijinifc^e Kenntnis ^aben, ttjenn man fo tDtll,
b. $. er mußte bie älttgaben bcS ©efe^eS über bie Rennjeid^en bcS SluSfo^eS Dcrfte^cn
unb onguloenben loiffen. aber ein Derollgemeinember ©d^luß ^ierauS ift tuieberum nid^t
^e toeitereS [tatt^aft. Slber baS oben über bie religiöfe Setrac^tung ber Äranfl^citen
fltcfogte legt bte Snna^me natürlich nal^e, baß man in ältefter QAt toie bei 3^^^^^ ^
70 ftroitl^etten nnb ^eUtttitbe btr ddreeliie«
fo auc^ bei ben ^neftevn Teilung iai^U. Überl^au))t toaren bte ,,®ottedmäiiner^' boju
t)or anbeten geeignet. 9lBer bafür, m^ bte $ro))l^eten ,,l^in unb toieber mebiginif d^ Slot
erteilten'^ barf man ftd^ nici()t auf bie SBunber eine^ ®[ia unb @Iifa (2 jb 4, 18 {f.;
5, Iff.; 8, 7 ff.) berufen, fonbem ^öc^ften« auf ^i^üa^ Rettung burc^ Sqoia (2 Ag
6 20, 7 ff.) ; ober auc^ biefe Teilung n>irb atö ein SBunber bettad^tet. 2)ie ^uifll'imcäfm
ber ^ropl^eten in JtranfJ^eitöföKen gefci()iel^t alfo nici()t i^rer mä)i»nif(^ fienntntff e lochen,
fonbem toeil fte al^ (äotte^männer SBunber tl^un unb i^enfaQd ben Xu^ong etnec
5tran!^eit t)orl^erfagen tonnen. @d liegt natürlich au^ ^ier na^e, baron m benlen, bc$
bte $roj)l^eten namentlich in ber alten ^t\i toie bie ^riefter unb 3<tuberer im 9eft(
10 ber geringen Jlenntniff e jener RÄt t)on Der ipetttraft mand^ier 3Rittd tDoren unb bolnm
gegebenen %ci!H^ ©ebrauc^ matten, toad fte noc^ lange nici()t ju ä3etrügem ftem^
(t)g[. ba^ 93eif))iel ^efaiad). älber iraenb tttoa^ 0ared unb @ic^ered über hai SerpUni«
btefer ,,@ottedmänner'' Derfd^iebener 9lrt ju ber ^eilfunbe )u fagen, ftnb toir nic^ im
ftanbe.
16 3)ie X^ötigteit ber ^ebratfd^en SÜirjte befd^räntte ftd^ ber Statur ber Bad^ gemo^ in
früj^erer 3^^^^ fotoeit man avS ben gelegentlidS^en @rn>ä^nungen im 3i% fc^Uefien tomi,
meift auf d^irurgifc^e ^^e unb beren ^e^anblung, toie SBunben, ä3rü(^e t)on ®Iiebmi
unb bg(. hierbei tourben @alben, namentltd^ Solfam unb Öl ^ur @rtoeid^ung, Sinboimg
ber $i$e 2C. angetoenbet; man t)erftanb bie SBunben ju Derbinben unb burd^ äbi^fträdm
aoöon eiter u. a. ju reinigen (»gl. 3ef 1, 9; 3, 7; gj30,21; 3er 8,21; 46,11; 51,8;
2 Äg 8, 29; 9, 15; 20, 7; 2e 10, 34; 3Kc 6, 13; 3ac 5, 14 u. a.). M« SKittd yax
(Srtoeic^ung eine^ ©efd^toürd toirb einmal ein ^tgen))flafter angetoenbet (2 Sta 20, 7;
3ef 38, 21). 2)ag man anöf einzelne anbere ltranl|eiten, b)ie ben äludfa|, forgfältig be>
obad^tete, tvenigftend in f^öterer 3^^ i^d^ ^^^ jiemlid^ treffenbe ^iagnofe bed S(udfa^
26 im @efe^ (Se 13). 9(ber im allgemeinen toerDen bei ben meiften im StX gefc^ilberten
Jtranfl^etten bie ^rant^eit^erfd^etnungen fo allgemein unb fo toenig genau gefd[|Ubert, ba|
e^ faft nirgenbd mit Sid^erpeit möglid^ ift, bie ltranfi(^eit m beftimmen. £a bod bun^
gängig ber %d!H ift (f. unten V), toirb man bod^ barau^ fd^Iie^en muffen, ba| auc^ bte
Beobachtung ber Jlrantfieit^mernnale eine jiemlic^ oberfläd[|ltc^e toar.
30 ^m 3SerIauf ber ^üt tourbe ber Oebrauc^ \}on Särjten immer getoöl^Kc^er. !^mer^
^in mug ^oxam nadf feiner ^aubtftabt }urüdRel^ren, um ftd[i Don feinen SBunben ^cn
ju laffen ; im ^Ibe beim $eer fc^eint ed um Srgte fd^Ied^t befteDt getoefen }u fein (2 Rfi
8, 29). älber Sf^emia bebauert ed, ba^ bie @d^äben bed ganzen SBoUed nicpt toie bte
SBunben eineg 5Kanne« Don einem Slrjt geseilt toerben lönnen (8, 22); ber (S^ronift Don
86 feinem @tanb))untt au^ tabelt fogar ben Slfa, toeil er fid^ ju fel^ auf bie ^xitt unb )u
toentg auf ^af}to^ Derlie^ (2 6l^r 16, 22). 3)er @iracibe ergel^t fid^ in ^o^en SoE^
f^rü^en ber ^eilhtnft unb ma^nt, ben äirjt ju eieren unb m gebrauchen im 9IotfaIIe,
benn aud^ i^n ^abe ber ^err gefc^affen, ber bie älrjneien aud ber @rbe toac^fen lägt, bie
!etn SSemünfttger Derfc^mä^t; geehrt toirb ber 9(r}t Don Itöntgen unb t^ürften, unb burd^
40 be« Sl^otl^elcr^ ÜKifc^ungen Derbreitet fid^ SBol^Ifetn über bie ganje 6rbe (©i 38, 1 ff.X
Slu^ biefen fpäteren 3^^^^" P"b und noc| mel^rere 3leje>)te für hjeiblidf^e Äranl^eitcn er«
l^alten (mitgeteilt bei Sig^tfoot, horae hebr. et talmud. ad Marc. 5, 26). 2)antaU
benü^te man aud^ fd^on bie mineralifc^en ä3äber Don Xtberiad unb ItaUirrl^oä (Joseph.
Ant. XVII, 6, 5; Bell. jud. I, 33, 5; II, 21, 6; Vita 16). 3m ZmlpA toor tuu||
46 bem SCalmub (6d&efaltm V, 1. 2, Dgl. SDelt^fc^ in atiel^im Ä2B» 119) ein eigener «rjt
für Unterleibdfranf^eiten, benen bie $riefter, meil barfufe ge^enb imb ju ^foufigen falten
SBafd^ungen Derjjflic^tet, bcfonberd au^cfc^t toaren; ebenfo foDte (nac^ ©ani^&rin 17**)
jebc Drt^emeinbe einen äir^t unb einen ß^irurgcn l^aben. ^m Sntcreffe ber mebijinifd^
SBif[enfd^aft ftd^ an einer Set^e ^u Derunteinigen, galt je^t ebenfalls für erlaubt, unb ^eli^fd^
60 (a. a. D.) füi^rt bad öeif))iel einer ©eftion an. SKel^rere taJimubifd^e Seigrer füi^ren Km
Seinamen ,,2ltjt".
V. ^ie einzelnen Jtranl^eiten. ^ad %% ift lein mebi^inifd^^ed Sel^bud^ unb
bad (äefe^, tote oben ertoä^nt, nic^t ein gefunbl|eitd))oli^eilid^ed. (Stne DoQftänbige Sbif^
}ä]^lung ber DerfdE^iebenen ^tanll^eiten ober auc^ nur eine genaue Sefc^reibung einjdner
66 barf man Don Domel^erein nic^t ertoarten. (*Jenauere 3Sorfdf^rtften für Äranl^eiten tDerbot
nur in folc^en %äüm gegeben, too biefe Äranfl^eitcn (j. 8. äudfaj, ©efd^lec^tdfranl^eiten)
in befonberem ©rabc unter religiöfe Oefic^t^unfte faUen (f. oben 3?r. III). ©onft toirb
nur gelegentlid^ Don ber einen ober anbeten ber auftretenben ^erfonen ergä^lt, ba| fte
an biefer ober jener Äranfl^eit crhanft feien, ^n faft allen Rollen ift e« ganj unmöglid^,
tio aud ben meift Dolf^tümlid^en 9{amen ber ^ranl^eit unb ben getoö^nlic^ ganj allgemein
ftnntll^titett nnb ^eiltitnbe ber 3dnielitett 71
ae^tmen, unguuerlöffigen unb unDoDftänbigcn älngaben über bie ltranfl^eitöf^m))totne bie
betreffenbe Jtronl^eit genau feftjufteUen, fo tote e^ bie heutige mebtjtnifd^ie 9Bif(enf(^ft er^
foi^ön ta>üxbe. Unb ebenfo unmöglich ift ed be^l^alb, bie einzelnen ertuä^nten ^ranf^eiten
nodjf einem mobemen Softem ^ufammenguorbnen ; ed bleibt nur eine f^ftemlofe ^fgö^»
btng übrig. 6
1. ®er au«faft. hierüber ögl. ben »rt. in S3b II ©. 296 ff.
2. $autlr aufweiten. @d^on in bem 9(rt. ä(u^fa| II, 296 ift bemerb, ba^ unter
bem 9{amen ,,3(u^{a|^'' im ^ebräifd^en 3Utertum too^I ouc^ anbere äJ^nlid^e ßrfc^einungen,
nif^ nur bie eigentliche Lepra Arabum befaßt toorben finb. ^n bem ®efe$ über ben
3(i^a| (2e 13, 1 ff. k>gl. 14, 56) tperben Dier Jlrant^eit^formen aufgegöl^It, bie mit bem lo
Kudfol in feinem Snfang^ftabium äl^nlici()teit l^aben unb mit i^m ))ern)ecit^felt toerben
tonnen, fo bo^ erft 7— Utögige Seobad^tung Don feiten bed ^riefter^ nottoenbig ift, um
ben genauen ßl^aralter ber Äran!^eit feftjufteuen. 6^ toerben genannt : rxia (33. 2), nnso
(S. 2; togL baju ba« »erbum nsb gif 3, 17), nntin (gs. 2) unb pr?? (2J. 30 ff.); aDe«
^«nttttu^f^Ioge irgenbtoeld^er 9(rt. $ie Jtenmeid^en biefer Brautzeiten toerben nur ne^ 15
gotit) ang^eben: toenn bie $aare ber betroffenen ^autftede nic^t toei| toerben, toenn
Me betro]^en @te([en im SSergleid^ mit ber übrigen $aut nic^t eingefunten erfd^einen,
toenn bod Übel nic^t um fxd) gre^, fonbem lotaliftert bleibt — bann ift bie Itranl^eit
nii^t ber b&tertige oerunrrinigenbe 9(udfa$, fonbem ün ungeföl^rlic^er, nic^t oerunreinigenber
Su^c^lag X. nnsCT: (gs. 6) ober pv72 (38. 39). ©bftein meint jtoar, auc^ biefe Ärant^ 20
^ettderfc^eimmgen feien t)on ben ^ebräem unter ben 93egriff ^T^^ „3ludfa|'' fubfumiert
tooi^en, unb ed toerbe im W£ ein gutartiger, t)on felbft rafd^ l^eilenber, unb ein bö^
artiger unJ^eilborer (unb t)erunreinigenber) äiu^fa^ unterfc^ieben. älQein ber SBortlaut ber
9ej&mmtngen f))ri(i[|t burc^aud bagegen; ed toerSen immer einanber gegenübergefteQt ber
twrflic^ äu«fa| (^^^) unb ber ®rinb, Sterbe 2c. (tjgJ. jj. ». 35. 6 unb 8; 20 unb 23; 25
27 unb 28; 39 unb 42). Suger ben ertoöl^nten Dier vlamm tommen in Dem ®efe|
über bie ^riefter noc^ )toei toeitere Segeid^nungen t)on $auttrantf|eiten t)or (£e 21, 20),
todd^ )um ^rieftertum untauglich machen, ndmlid^ ^>; unb ript:. ßnblid^ toirb ein-
mal (3)t 28, 27) neben a>; nod^ c'^.n genannt. — 33ie g'^age, toeld^e mobeme §aut=
bant^eiten biefen !Ramen entf))rac^en, tann nid^t beanttoortet toerben. ^ie biblifd^e Se» ao
fc^reibung ift eine burd^aud ungureid^enbe, gan} abgefel^en t)on ber t^age, ob toir über^
ffiaxpt bie jtrantl^en jjener 3rit ol^ne toeitere^ mit benen ber ®epentoart t)ergleid^en be«
lie^ung^toeife ibentifijieren bürfen. auc^ bie 5Ramen fetbft l^elfcn nic^t toeiter. rixb ^^gt=
lebung, Sr^abenbeit'' be)eid()net too^I im Unterfd()ieb t)on bem für ben9tudfa| ol^ c^arat^
tmfUf^ angegebenen Wertmal, ba^ bie betroffene Stelle eingefunten erfd^eint, ettoa^ auf 35
ber^t fi$ Sr^ebenbeö (^iUmann : ®rinb; @aalfd^ü$, Wof. Siedet 235: ^nnen; SEBiner:
Stnfmmal, lenti^o; atteö geraten), f^nso LXX oriimoia fc^eint noä^ 3^ 3, 17 befon^
bcrd auc^ ben Ss>\l\ )u befolOlen; eine et^mologifd()e @rtlärung bed SBorted ift unmöglid^
ODiOnumn: eruptio, Slu^fc^lag). SKit größerer SBaJ^rfc^einlid^teit toirb ri^na tnit ""na
,4cuc^ten'' in S^fammen^ang gebracht unb auf li^te Stellen unb l^elle ?^ie(ten in ber 4o
bitnteln ^caxi gebeutet (Ogl. ^. 4 ^?2b r\y)'2, ,,ein toeifecr Rieden", bieUeid{)t vitiligo,
eine ^t^ai^eit, bei ber an umfd^riebenen (Stellen ber ^omX bad Pigment t)erfd^toinbet.
SHefe genannten Sudfc^Iöge ac. tonnen fotool^l ol^ne t)orangegangene SSerle^ung ber $aut
überall am Jlör))er entfielen (33. 2), ober ft^f bilben, too t)orZer ein ©efd^toür (3$. 18)
ober eine Sronbtounbe ($.24) toar. pn: (ge 13, 29 ff.; t)gl. 14, 54) toirb ba« eineTOal 46
(13,30) einfacb mit ber Zara'at be^jtopfed ober Sarted gleic^gefe^t, bad anbere 3Jtal ba«
gegen (13, 31—34) ift t)on einer gutartig t)erlaufenbcn, ni^t berunreinigenben gorm biefer
ftron^eit bie 9l^e. 3Ran ertlört bad SBort getoö^nlic^ aud pr«? ,,rei^en'', toie Jträ^e Oon
Jlro^, xvrjqjti bon xvao), Scabies t)on scabere pc^ ableiten. 3*;'.; (LXX xfioga dygia,
Vulg. Scabies) unb riST;? (LXX keixi^v, Vulg. Impetigo) begeidf^nen fd{)toerere d^ronifd^e, w
ate un^^ilbar betrad()tete Jtrantl^eiten. 3)ad barf man baraud folgern, ba^ ber mit biefen
ftponO^en behaftete jum ^rieftertum untauglich ift (£e 21, 20) unb ba^ biefelben in ^a=
raOele geflellt fmb mit Seibe^ebrec^en toie ^obenbrü^e, 33uctel k. 3Ran bentt mcift bei
ec^erem an Jträ|e, bei le^terem an ^led^ten. älber man toirb Sbftein (a. a. D. 145) red^t
^btn muffen, toenn er barin lebiglid^ Sammelnamen für judtenben 9ludfd^lag fef^en toiD. 55
9hu^ o-Tj (LXX xvYiqyn, Vulg. pnirigo), bad neben ^eft unb äg^jjtifc^em ®efd^toür
genannt toirb C^t28,27), gehört gu ben fc^toeren ^rantl^eiten, bie al^ unheilbar be^eid^net
toerben. Über bie Oerfcbiebenen ^rten t)on Jträ^e k. in Serien unb ätg^pten t)gl. ^ru-
na a. a. O. 142 unb 2:obler a. a. D. 46 ff.
72 Sttantlitiitn nnb ^elRnttbe ber S»nüitm
$ter bei ben ^autbanÜ^eitm mag noc^ bte Jtronl^ fiiobd Sttoäl^uns finben. 2)te
tneiften Srflärer benten bobet enttpeber an ben eigentlichen Stud{a|, Lepra Arabum =
Elephantiasis Graecorum, andere an Elephantiasis Arabum = ^od^t^bermie, eine
JtranÜ^eit ber Sv>^^' ^^^ Slutgefä^e, befonberd an ben unteren Sstrentitäten (t^ol. $ni^
6 ner a. a. O. 235 ff.). SQiieber anbere ertlären bie ItranfiS^eit für ben „\dftüaxun Shid^"
(^eu^ler, ®efc^. be^ abenbldnbifc^en 3(udfa$ed 193 ; ^al^n, SOtert. II, 381 noc^ Origenes
c. Geis. XI, 52; Xeixrjv äygiog, tfcoga xvrjoibuig, xm 50littclalter morbus S. Miaevü
genannt), ^er berüi^^mte äinatont ^^rtl nimmt eine Jtombinatton Don 9Iudfa| imb (SU*
pf)ant\afxi an unb finbet, ba^ au^erbem $iob an 9(1)), (Sü^t, 3)Vfenterie, Hlbmbfäule (Sto-
10 maeace), Jträftefd^tDunb (Marasmus) unb Säufefuc^t (Phtiriasis) gelitten J^be. Xr^oe
älutoritäten (j. ä. BRünd^, ^ie 3^^^^^^^ ^<^ SibeO meinen, ba| ed m (ebtglid^ um ein
d^ronifd^ed @hem gel^anbett l^abe. 3Ran mad^t l^ierfür gdtenb, „hai ein foI(^ed ^otUletbcn
nic^t nur t)ouftänbig bie quateoQen fubjeltiDen ®m))finbungen unb bie fd^Io^fen 9Uid^
$iobd erfloren, fonbem aud^ fämtlid^e obiettiD h>al^el[imbaren Jtrant^ieitderfd^ehumgen mib
16 jtpar abgefe^en Don ben totalen SBerönberungen ber $aut t)omebm(id^ bie gan) befonbes^
betonten SlQgemeinerfc^einungen, toie ). S. bie fel^r au^ef))rod^ene 9lbmagerung, t)er^linbs
Kc^ mad^e'' (@bftein a.a.O. 94 ff.), ^ber ßbftein bejeicpnet aud^ Diefe Söfung aü teine^
ttm^ befriebigenb. ^an toirb bei bem Überblid über biefe Dielerlei 2)eutungdberfu(^ i^
DoUftänbig bei})fli(^ten, toenn er fagt, ,,ba| toir un^ ^üten foQten, bie ^^otttojte beS
20 ^xd)t^ in il^rem j^öd^ften t^lu^e, ,,,,bie fid^ auftrennt unb bie fu^ nie genug t^ut''", m )M
Schema einer tlinifd()en Xermmologie getoaltfam l^ineinjugtoängen". %iJa bie Derf^i^encn
Dom S)td^ter gefc^ilberten Äranll^eit«erfd[^einungen Dgl. $i 2, 7. 11; 7,3—6; 16,8.13.16;
17, 7; 19, 17. 20; 30, 17. 30. Übrigen« toirb gerabe bie Äranl^ Äiob« mit bem*
fclben au«bru(f (y^ rrrc; §i 2, 7) au^ bem SSolf 3«rael unter ben f(§toer|lcn ?piaflen
26 angebro^t (^t 28, 27. 35), unb biefe ©teOe bürfte bem a)i(^ter be« Suc^ed $iob bei
feiner Sefc^reibung Don §iob« Äranf^eit Dorgefd^toeJ&t l^aben.
3. S)ie ^eft. äfe Derberblid^fte aOer Ätanf^etten toirb im «2 bie „?Pefl" "'5'n be»
jeic^net (£e 26, 25; 5Ru 14, 12; S)t28,21; 2@a24, 13. 15; lÄg8,37; 3er 14, 12;
21, 6 ff.; 24, 10; 44, 13; §cf 5, 12: 7, 15; 14, 19; 3lm 4, 10; SRt 24, 7: üuf 21, 11
80 loijLiog), ^ai SBort ift ^unä^ft nid^t JBejeid^^nung einer bejtimmten ftranl^eit, fonbem
bebeutet ba« „Serberben" fc^lec^ttoeg. ät^nlid^ ba« ebenfalls hierfür Dertoenbete Söp. (S)t
32, 24; ^f 91, 6; §of 13, 14). 33iefe Sejeidfinungen entfprei^en alfo unferen fhO*
briidfen „©eudj^c", „^eftilenj". 5Ro(^ aBgemeiner ift bie Dolfötümlid^e Benennung ber Äranfc
l^eit alg „Stob" ni^ (§i 27, 15; 3er 15, 2; 18, 21), ddvazog (LXX SJt 28, 21;
86 ä))I 6, 8; 18, 8), Dgl. ben im SKittelalter gebraud^ten äu«bru(f „ber fc^toarje lob", mit
bem jene furd^tbaren @eud(fen benannt tourben, todd(>e um bie 3Ritte be« 14. 3^^- ^^
Sänber Der^eerenb burd[>jogen. 2)ie ^ebräifc^cn äluöbrücfe bejeic^nen alfo bie „5Pefl" in
bcmfelben @inne toie @alenu« ben S3egriff ^eft befiniert: toenn eine ^anl^eit an einem
Drt Diele iDlenfd^en befällt, fei fie ejjibemifi, toenn Diele SRenfd^en an biefer 5tran^cit
40 fterben, fei e« bie $eft (ßomment. j. 3. Sucp ber §i))))ofrattf(^en ®})ibemien). — %ta%m
toxx nad) ber Jtranf^eit, toelc^e toenigften« Dor^ug^toeife mit biefen 3lu«brüd!en bed 9i%i
gemeint fein bürfte, fo liegt e« natürlid^ am näc^ften, an bie 93eulen))eft )u benten, bte
im ätltcrtum in !äg^i)ten enbemifd^ getoefen }u fein fd^eint unb aud^ im übrigen Dorberen
Orient fett uralter ^üt bcfannt mar (Dgl. über bie ^cftgott^eit Dibarra in ®. @mit^
16 Chald. Genesis 6. 309; ^liniu^ bist. nat. III, 4; Athen. II, 4; Cypr. de mort
pag. p. 485). 9{ud^ bei ben einzelnen ^äQen Don fold^en Der^eerenben @eud^en, bie und
im 212^ berichtet toerbcn, pa^i biefe Äranff^eit rcc^^t gut gum ©efamtbilb. Sei ben ^3^^
liftem bric^^t, nad()bcm fie bie fiabc 3^^^^)^ erobert b^ben, eine Derf^eerenbe Ärarf^ au&,
aU beren c^arafteriftifc^e ÜKerfmale ^"1^., Seulengefd^toüre bejeidf^net toerben (1 ©a 5,
60 6. 9. 12; Dgl. über bie töblic^e äBirfung ber Äranti^eit bef. 33. 10). 3)e«^alb toerben ob
©ül^ncgaben Don ben ^^Jbiliftcrn fünf golbene Slbbilbungen biefer Seulen bargebradjft (1 ©a
6, 4 f.). änberc beuten freiließ biefe „beulen" ber ^^^ilifter anber«: auf geigtoarjen (ma-
riscae), ober Siffe ber Sopulga fatalis (§äfer, ^ifts^at^ol. Unterf. I, 19; ^ebreicff
a, a. D. I, 215), ober §ämorrl?oibaIfnoten, ober benfen (nad> Josephus Ant. VI, 11;
66BeU. jud. V, 9, 19; (SmalD, ©efcf». 3«rael<g II, 126) an 3)^fenterie; aber ba« aOe«
fxnb boc^ feine fo getoaltig Derheerenben ©eueren. — S)iefclbe Seulenfranf^eit erfc^eint
aud» unter ben ganj befonber^ Derberblicbcn Äranf^eiten, bie bem 3Solf 3^rael angebro^t
loerben (Dt 28, 27). 2)ic ©eud^c, bie infolge Don 3)aDib« SBolföxäblung über 3^oeI Der«
^ängt toirb (2 ©a 24, 13 ff.; 1 ßl^r 21, 14 ff.), toirb jtoar nic^t'nö^er befc^rieben, ober
60 bie ^al)l ber Cj)fcr, bie fte forbert — 70000 5Dlann in brei ^a^xcn — ft)rid^t gan) bo^
firtttt^eitett nnb ^eiRnnbe bet ^drtditeit 73
fax, bo^ bie $efl gemeint tft. SBenn bann bte ßrjöi^Iung berid^tet, ba^ ber @ngel ^ol^tDed
bad fßoH aef^Iagen ^be (2 @a 24, 16), fo lelM btefe(be SBorfteQung tpteber in bem ^^
ric^t über bie SBer^eerung im Saget Baril^mfy^ (2 Äg 19, 35; 3ef 37, 36). S)er ®ngel
^o^toed fd^Iug bDtt in einer Stad^t 185000 3Rann. 3)amit l^at man fd^on lange ben^e^
lid^ ^erobotd (11, 140) in 3uf<><^^^^A>^9 atbxai^t, tDonad^ eine Bd^ax ^bmäufe bie 6
S(öä^, @<l^tlbriemen unb Sogenfe^nen ber Sl^^rer jemagt unb fo bie SBel^rlofen gur ^(uc^t
oqtmmgen l^e. 3)ag ^ier bie 9)läufe SSilber ber $eft finb unb ber Serid^t nur in anberer
%üxm bodfelbe erjö^U, tpie ber biblifc^e 93erid^t, tpirb baburd^ afö nid^t unh)a|^r{d^einlic^
eitpiefen, ba| in ber oben ertoöl^nten Srjäblung Don ber ^eft unter ben $l^iliftem biefe
neben ben golbenen ^efibeulen aud^ fünf golbene 3Räufe jur @ül^ne barbringen, old S3ilber lo
ber 3Raufe, „toelc^e ba« Sanb öer^ecren" (1 ®a 6, 4). 3luc^ bei bem großen Sterben
im SoH 3ln 17, 9 ff.; 26, 8 f. mag an eine 5Peft gebadet fein. 3)afe gerabe bicfe Ärant
ffüt in befonberem vRa^t aü unmittelbare göttUd^^e @trafe unb SBirfung be^ ©otte^jomd
oufgefa^ tourbe, ifl Ieid()t t)erftänblid^ (f. oben). Übrigen^ toirb man auc^ l^er bei aQen
btefen ^orfoKen fid^ t)orfi(^tig mit Sbftein (@. 100) ba^tn audbrüden muffen, ba^ toir i6
au|er 9Iaturereigniffen unb fo(d[ien @eud^en leine anbere Urfac^e für ein fo maffen^ofted
Sterben temten unb nur bedl^alb eine folc^e ^nfeftion^fratd^eit old bad toal^rfc^einlid^fte
etfc^etnt.
3)ie 9eulen))eft (9ubonen))eft) l^at biefen i^ren Flamen nac^ bem d[iaratteriftif(^en
69m)>tom, ben ^eftbeulen (angefd^tpoüenen unb Dereitemben Svm))^brüfen), toelc^e am so
boufigften in ber Seiftengegenb, feltener unter ben 9(d^feln, im !Raden ober unter bem
O^ ald runbli4fe ©efcbtoülfte manc^al bi^ ju $ü^nereigrö|e erfc^einen. Seltener di
biefe Seulen finb bie ^eftlarbuntel, bie befonoer^ an ben Steinen unb am ®efä| auf«
treten, übrigend erfolgt mand^e^mal ber %ob gan) rafd^ noc^ el^e bie erft)&l^nten äu|eren
firanll^ett^d[ieinungen an ben ^g getreten finb. 2)er Srreger ber $eft, ber ^eftbactUud, 25
tft erfl in jüngfler ^At entbedt toorben. Statten f^ielen bei ^Verbreitung ber $eft eine
gro^e StoQe. ^iniud (bist. nat. III, 4) bringt bie $eft mit ber Stilüberfc^toemmung
in ^u^ammtnl^anQ, toenn auf ftarle Überfd()h)emmung unb Stegen rafd^ $i^e unb SSer«
bani)>fimg bed getr&ntten Sobend folgt, ^en Seginn ber Jtranfi(^eit bilben (neben ober
o^e biefe örtlich ®rfd()einungen) Sd^toinbel, eingenommener Ito^f, O^renfaufen, «(roft, so
gro^e ©d^Wad^, 92iebergefd^lagenl^eit unb Slngftgefül^l, toelle ®efi(^td}üge, matter, unftäter
Sita, @d^me!^em))finbungen an ben Stellen too bie beulen bann au^bred(^en, 3l))))etits
mangel, Sdjflaflofigteit, befd^leunigter altem unb $ul^, ^ei|e $aut, bi^toeilen @rbred^en
ttnb Durd^foll. 3)iefem erften Stabium folgt namentlich nad) auftreten ber örtlichen ^eft«
male eine ^eriobe bed heftigen ^eber^ mit tV))l^u^nlid^en S^m))tomen unb ^oc^grabigem 35
Serf<dl ber Aröfte. Übrigen^ toeid^en S^erlauf unb älnjeid^en ber ^ranH^eit in ben ein«
jclnen 3aQen oft fel^r t)on einanber ab; oft lie^t ber tränte Don 9lnfang an in raufd^»
artiger »enebelung unb ftirbt in Setou^tlofigfeit, anbere Äranfe behalten i^e Dolle 33es
ftitnung bi^ jum 2^ob. 3)er lob tritt in j^em Stabium ber itranH^ett ein, bei manchen
S^Kbemten flerben, toie oben ertoäl^nt, bie Jtranten l^öufig in ben erften 24 Stunben nac^ 40
ber Xnfledhtng. 3)ie SRe^rjal^l ber Xobe^föQe erfolgt }toifd^en bem britten unb fed^^ten
%a% ber itronl^eit. Zritt @enefung ein, fo gelten bie ^eftbeulen in Eiterung über, ge-
langen tttoa am 8. — 10. %a^ jur Steife, brcdf^en unter bem äu«flu| einer ftinlenben
^[Q^gleit auf unb Demarben in 3—4 SBoc^en. S)ie $eftlarbunteln ge^en in einen Sranb»
f^orf über, ber abgeftofeen toirb. S)ie ^rognofe ber ^^\i ift fel^ fdf^lec^t, in heftigen (Spu 46
bmten fterben bi^ ju 90*^/0 ber ßrlranften ; im SBerlauf ber 3)auer einer 6j)ibemie nimmt
bie Sterblic^feit ab. Heilmittel gegen bie $eft giebt e« bi^ je^t nodf^ feine. S)ie beften
allgemeinen SBorbeugung^mittel befte^en in ben.getoöl^nlic^en fanitöt^oli^eilid^en 3Ra^'
regeln, ^rc^ beren 33ur(bfü^rung ift 3. 8. in Stg^ten, ioo bie $eft fic^ felbftftänbig
enttaridelt, biefelbe fe^r eingebämmt toorben. 3)en ^i^taeliten fmb berartige Sorftd^t^mafe« 60
regebt ganj fremb, bad älm 6, 10 ertoö^nte Serbrennen ber ^eftleid^en ^at bamit nid^td
m t^. 3)ie genauere Sefd^eibung ber $eft f. bei Siebermeifter (in ßiemfjen« $anbbuc^
II, 1, S. 468 ff., 2eiJ)jig 1874), Orieftuger (in SSird^oto« Äanbbuc^ II, 2 § 351), ^ru^
ncr (0. a. O. 387 ff. 413. 463), fotoie in ben anbercn angeführten SEBerfen über bie $eft.
©ie gefunb^t^oligeilid^en SWafetegeln bc« 2:almub f. laan. 3, 4 Dgl. aRid^aeli«, ^o- 65
fatf[^ 9le(^t IV, § 213.
aRü biefer »eulenjjeft M n^tg ju t^un bie „^cft", bie baö SBic^ ba^intafft (gj
9, 2, ögL ^f 78, 50; gg 14, 21; 1 3er 21, 6). Die eigentliche $cft ift eine Ärant
ffdt be« 3Wenfc^en; bte 2iere fd^einen (mit äuönalime ber Statten, f. oben) gegen bie=
felbe iamm )u fein. oo
74 ftrttttl^eiten nnb ^tiltttttbe btr ^twlikä
^m ßufammenl^ange mit ber $eft fei and) t)ie Jtranll^eit ^idliad ertvö^t (2 Jta 20, 7;
3ef 38, 21 rrnp). ©icfclbe toirb üieJfad^ (ögl. ^cbrcic^ a. a. 0. I, 204) in totfolen
3ufammcn^ang mit ber oben ertixi^nten 9l{f^rer)}eft gebracht unb bod ®fl\^toik, hci& hm
König pl%t, ol^ ^eftbeule ertlört. 6^ foQen md) 9(uf^ören einer @))ibemie ft>Drabif[^
6 leicht heilbare Subonen t)orf ommen ; orobifc^e ^rjte ertt)etci()en bie ä3eule unb fiM^ bm
ßiterung^^roge^ aud^ je^t noci() burd^ 9(uf(egung t)on ^gen. äUber ein jeitlicver Qa\am^
menl^ng mit ber 9(ff^eri)e[t ift tvegen ber mit ber ^onl^eit jeitlic^ t)erbunbenen ®efanbt<
fd^ioft ÜJcerobad^ Selaband unmögli^ unb bamit fällt jebe SSeronlaffung, an ^eflbeulm ju
beuten, tveg. 6d bürfte fu^ bann um einen ^arbunld gel^anbdt ^oben.
10 4. Jlrantl^eiten ber ©efd^Ied^td teile, ^em Umftanb, bo^ biefe JttanG^eiten
ald l&>xt\\i) Derunreinigenb galten (f. oben), t)erbanten toir e^, ba^ über biefelben ret^feteS
SRaterial ald über anbere 5{ranl^eiten im @efe( t)orUegt. ^ie betreffenben ®efe^edbefttm«
mungen fiel^en 2e 15 (bgl. 5Wu 5, 2 ; 2 ©a 3, 29). ß« ^anbelt fid{> babei um Irant
^afte ©d^Ieimflüffe bei aWann unb 2Beib unb um franl^afte »lutflüffe beim SBcib. —
15a) Ärant^afte ©d^Ieimf Jüffe. 3)ag ©efeft beftimmt, ba| toer einen glufe air an
feiner ©d^am l^at — 3Jiann ober 9Beib — babutd^ unrein toirb, „mag ber ^lu| axA ber
©d^am im ®ange fein, ober bie ©d^am öerftopft fein" (2e 15, 2 f.). ^vxq ben aßort«
(aut bed ©efe^ed ift }unäc^ft au^efd^Ioffen bie Don ipieron^mu^ (nadj^ ben 9labbinen) tKt*
fud^te 2)eutung auf ben ©amenergug über^au^t, ober fpe^ieU auf Gonorrhoea benigna,
20 bad untoiQfürlid^e 9(udflie^en bed ©amen^ infolge ber ©c^toöd^ung bed Organa. %ma
bann toürbe bie S^erfto^fung be^ ^^(uffef nid^t fob)o^( Unreinigteit bringen 0B. 3), fon»
bem bielme^r bie Teilung bebeuten. Überbied finb bie 3(udbrüd(e fo geilten, ba| ftt
DonSKann unbSBeib gelten, unb ber ©amenergufe toirb erft an f})ätererStene(Sl6 — 18)
ermäl^nt. Sbenfotoenig mit bem SBortlaut ))ereinbar ift bie Snnal^me anberer, ba| unter
25 biefen 9(udf[üffen bie ^ämonl^oiben gemeint feien (Beyer, De haemorrh. ex lege Mos.
impuris, Lips. 1792). ^ie 9e}ie^ung t)on 93. 3 auf pffige unb blinbe (ftodknbe)
ipämon^oiben erfc^eint aQerbingd auf ben erften ^Ixä einleud^tenb. 9(ber bie game dx*
fiärung toirb baburd^ au^efd^loffen, ba^ nad^ bem ßufommen^ang (t)gL SB. 16 ff.) nur
bon Äranfl^eiten ber ©efc^lec^töteile bie Siebe fein lann, unb "i^? (93. 2), oui^ bem ba
90 %lui tommt, ift jtoeifelloiS ©efd^led^t^Iieb (t)g[. Tr. Sab. unb baju Maimon. II» 2;
Philo, Opp. I, 88; Joseph. BeU. jud. V, 5, 6; 6, 13). ©ine britte ©rHärung
bejie^t bie ©teile auf f^jjf^ilitifc^en äuöflu^ (Gonorrhoea virulenta ; fo g. 8. ÜRid^iS,
SKof. Siecht IV, 282; ^ebenftreit, De cura sanit. publ. II, 157; Jenaer, ®ef4 b«
Suftfeud^e 211. 315; gnebreid^ a.a.D. 1,237 ff.). »Dein ba« SBorlommen ber BttpfyiiS
86 in jener alten ^^xt ift ganj unbetoiefen (f. u.). ÜRan l^at alfo an irgenb n)el(^e atd)ere
Slufiiflüffe infolge entjünblid^er Steigung gu benf en ; mit bem „?flu|, bei toelc^em bie ®ifam
öerfto})ft ift", toären bann nac^ (Sbftein (©. 139) (Sntgünbungen o^e Stu^Pufe oemetnt
„^ag berartige Sntgünbungen ber ©d^amtetle, bei benen nur toenig entjünblic^ed "^robutt
abgefonbert n>irb, tDobei e« alfo }u einem toirilid^en 3(udflug nid()t tommt, oft genug tNn>
40 lommcn, ift eine befannte I^atfadf^e." 9lal^eliegenb ift bie 2)eutung auf ben Zxiißpct, ben
anftecfenben fc^Ieimig eitrigen Sluöflufe an^ ber ^amröl^re. 3)od^ ift and) l^ier ©bftein red^
gu geben, tocnn er fagt: „SBenn au^ zugegeben toerben mufe, ba^ e« fid^ l^er um ttippeci
artige Stuöflüffe ge^anbclt ^at, fo barf ani ben altteftamentlid^en . . . SBorfd^ften ein
berartiger ©d^Iufe nic^t abgeleitet hjerben." ®r felbft fd^liefet bereit« biel gu öiel ou« biefen
46 SSorfd^riften, toenn er barau« folgert, bafe biefen Äranl^eiten anftedfenbe 6igenf(^ften bei*
getoo^nt ^aben, bie fic^ nic^t nur auf ben 3tu«flu^, fonbem aud^ auf ben Sptidfü et*
ftredften.
b) S)ie franfl^aften Slutflüffe be« äBeibe«. Slud^ bie regelmäßige SWen*
ftruation toirb al« Ärant^cit bcgeic^nct unb mac^^t lebitifd^ unrein (2e 20, 18; 12, 2. 5;
60 15, 33). Site anormale Slutflüffe nennt ba« ®efc^ (Se 15, 25 ff.) einmal biejenigen, bei
benen ein Sffieib aufeer ber ^^\t ber SKenfhiiation ben Slutfluß l^at, unb fobann biejenigen,
bei benen einSJcib über bie gctoö^nliAe 2)auer ber SKenftruation l^inau« blutflüffjg bleibt.
9[n bem blutflüfftgcn 2Beib, ba« 3>efu« ^eilt, tritt un« ein befonber« fc^toerer goU folcM
d{)ronifc^en 93lutfluffe« entgegen, ben bie ärjte nic^t ju l^eilen Dermodf^t (SKt 9, 20; SWc
56 5, 25 ; 2c 8, 43).
c) 33 ie ©VP^ilt«. Unter bie Äranll^eiten ber ®efd^lec^t«teile ift tool^l oud^ bie
Äranl^eit einzureiben, mit toclc^er ^a\)m ben Slbimcle^ unb fein SBeib imb feine ©Da*
öinnen fd^lägt, fo bafe le^tere feine Äinber bcfommcn. 393cld^er 2lrt aber biefe fbon^ieit
nac^ ber Slnfid^t be« ßrgäf^ler« mar, lönnen h)ir gar nid^t fagen. (Singelne (j. 99. 93uret,
60 Syphilis to day and among the ancients, 2onbon I, 1891) f^m l^ier bie ©l^tli«
ftriid^ettett ttnb ^eiffnnbc htx S^tüAikM 76
aefunbcn; Suret meint, ba^ aui) bte Unfrud^tBorteit ber @ara m biefer Jlranl^ett ü^ren
®nmb ge^bt ^e. — Setoeife hierfür laffen ftctf ober lerne beibringen, unb oud^ au^
3lu 25, 1 ff. (bgl. 3of 22, 17) lä^t ftcb eine »efanntfd^aft ber alten Hebräer mit ber
&fpifd\d md^t taHi^(^einli4f machen. @^er erinnert bie Sefc^reibung ber ^ont^t bed
^be« be« ®ro|en bei 3ofet)l^u« (Ant.XVII, 6, 5; BeU. jud. 1,33, 5) an &tfp\)\l\»] 6
bte ^oulnid ber @(i^mteile joQ SBürmer erjeugt ^ben. @d !önnen aber auc^ ). 9. SbcA^
gefd^toüre ober onbere ©efc^tpüre am ©efd^led^t^lieb getvefen fein. — %x\ Denerifc^ 5tranls
Reiten im toeiteften @inne bed SSSorted be^ie^t f\^ m 1, 27.
5. Äranl^eiten be^5Reröenf^ftem«. — a) SäJ^mungen. 3'^i<'^ ^öufifl ift
im ^% i>tm 2a$men bie Siebe, ^n ber Siegel ^anbelt ed fic^ babei um paxAdl ©elöJ^mte. lo
6auß Snlel 3ReribaaI h)ar (a^m an beiben pgen (2 @a 4, 4 ff.; 9, 3. 13 ; 19,27).
^e Säumen ftnb neben ben S3Iinben bie ©qftoöd^ften mtter ber ©d^toad^en unb ge=
^oren m ben eienbeften im SBolI (2 ©a 5, 6 ff.; 3ef 33, 23; 3er 31,8). 3um
^^rieffceroienft finb fie untauglich (2e 21, 18). 3)abei toirb bei nss eigentlich» immer an
2o^ng ber »eine gebadfit (Dgl. 3ef 35, 6; $i 29, 15; 5Pr 26, 7). Slur einmal ift üon is
So^mung bed Xrmed bie Siebe ; ald göttlid^ed Strafgerid^t trifft fte gang pÜÜxd} ben
gerobecun, vm ebenfo pl&tfiid^ auf bad ©ebet bed $rot)^eten tpieber )u t)erfc^toinben
(1 Jtg 13, 4 ff.) @benfo ^ufig ift im 9i% Don ©elöl^mten bie Siebe (jio^oiltnrfxo/, Ttaqd-
Ivoi^, jiOQolelvfjiivoi, andf x^^O- Unter ben Itranlen, beren Teilung ald für menfc^^
ßc^e fiünfte unmdglid^ galt unb bie )u ^^u unb ben 3l))ofteln lamen, um fic^ feilen )u ao
lof{<n, jie^ bie Sal^men mit oben an (3Rt4,24; 8,5; 9,2ff.; 11,5; aRc2, 3;
2c 5, 18; 13,11; 17,2; 3o 5, 5ff.; ä©3,2; 8,7; 9,33; 14,8). ©afe il^nen ge=
^(fen totrb, gehört )u ben 3^^^ ^^i ^^ meffianifc^e Sleid^ getommen ift (Sc 7, 22).
Sieben ben Sä^mungen ber S^emitäten ^aben toir einen %cSl t)on Mftenlöl^mung in ber
ywtj avyxvTtiovaa xal jurj dwa/iivt] ävaxvxpai (Sc 13, 11). Scad^ grüner (a. a. 0. 26
319) finbet fid^ nod[i je^t im Orient b^ufig beim toeiblic^en ©efc^lec^t ©ic^t in ben Ruften
unb infolge langen ^ubauemd berfelben $arall^fe. — Über bie Urfacben fold^er Söl^
mungen erfobren toir begreifliAertoeife fo gut toie nic^td. 3)arüber ^at ftd^ bie alte ^At
naifidtd^ oudp Irin 5to))f)erbrec9en aemad^t. ^öd^ftend toirb gelegentlich bei SReribaal an:^
aeben, ba| i^n einft, ald er fünf ^abre alt toax, feine SBärterin auf ber ^luc^t ^abe so
en laffen unb ba^ böiger feine Säbmung ftamme (2 @a 4, 4 ff.), tooraud fui^ natürlich
aad^ nic^ ertemten lö^t, toad ber eigentlicpe ©runb ber Sä^mung toar. Sut^er überfe|t
TfOQohnixög ftetd mit ©ic^tbrüd^ig ; bad tft infof em nid[|t rid^tig, ald bad griecbifd()e na-
galvTixög nic^t nur ©id^tlrante unb Dom SlerDenfd^lag getroffene, fonbem überbaiQ)t aKe
einbcoreift, bie aud irgenb einem ©runb burc^ @rfc^laffung ober ßufammengiel^ng i^rer 86
Shtmfai bie Setoegung^eibeit eine^ ©liebet Verloren ^aben. @old^e Söl^mungen tonnen
oDerbingd ^Ige t)on ®id[|t fein, ebenfogut aber and) aU $olge t)on Sd^laofUlffen ober
püljllidf obo: gan) aKmöpd^ t)om Slüdenmarl aud entfte^en. Übrigen^ toerben 91© 8, 7
bte x^^ ndKti ben nagoXmixot genannt, alfo Don ibnen unterfd^ieben. 3Rit ber
Sa^nnutg ift nic^t feiten 9ltro))l^ie ber gelähmten ©lieber Derbunben. S)iefer 99eobac^tung 4o
entfimd^t ed, toenn 3^obeamd ^eläl^mter Slrm gugleid^ Derborrt (1 jtg 13, 4). @benfo brq^t
Soi^aria ben ni4ltdnu^igen ^trten mit SSerborrung bed Slrmed neben (Srblinbung ^'"^T
^^T' ©oc^ 11,17). a)aju Dergleid^e bie „Derbonte §anb" x^)q ^rjQd SKt 12, 10; Sc
6, 8) unb bie „Surren" (^tigol 3o 5, 3). — äte Slücfenmarßlä^mung toirb neuerbing«
(»on (gbfiein a. a. O. 112 f.) bie Äranf^eit be« 3lntioc^u« (2 9Kc 9, 5. 9) crHört. Ältere 46
Srtlärer, toie Xrufen (3)arftellung b. bibl. Jlrant^. 169 ; Dgl. ^ancud, Diss. de phthiriasi,
^eibdbetg 1678), beulen an Säufefuc^t, Phthiriasis, b. ^. eine Äranl^rit, bei toeld^er in
unb unter ber $aut in äübfceffen unb ©efd^toüren Saufe angetroffen toerben. älllein fc^on
J&ebta (SEBiener mebijin. treffe 1865 Sir. 31 f.; Dgl. ebftein a. a. 0. 105) bot nad^»
aetoiefen, ba| ed eine fold^e Jtranlbeitdf))ecied überl^aut)t nic^t giebt. Slnbere (3. ^. Jtam^^ so
bmifen in Sliebm ^Wb 876) l^alten bai^ Seiben für eine SBurmhrantl^eit unter $inn>ei^
barauf, ba| SRaffen Don @))ultoürmer eine burd^ @iterung Derbünnte Sarmftelle burd^«
brccben Iditnen ($runer a. a. D. 244 ff. ; Dgl. Äeil, Äomment. %. ©t.), ober ba| jutoeilen
bunp Siterl^ö^len ani) SBürmcr nacb au^en entleert toerben. 3u>^Äc^ft ift iebenfaDi^
fcp}u^atten, bag ber SBerid^t feinet fagenl^aften ß^araher^ toegen überl^au^t für genaue 56
in^)tnif(^e Seftimmung ber Jtranll^eit fe^r toenig brauchbar ift Dann bürfte @bftein
(0. a. O.) bann Siecht ^aben, toenn er itoei ganj Derfd^iebcne $perioben ber firanfbeit
unterfc^etbei Ign ben erften, 5B. 5 f. gefcbilberten, ift Don unerträglid^en S^merjen in ben
CingetDeiben bie Siebe — eine febr a&gemein ge^ltene Sefd^reibung. Slm el^eften meint
Sbfkin barin eine älrt ber Unterleibi^lrant^eiten finben )u foQen, ba bie ^ranlbeit toeber eo
76 ftronl^etteti «nb ^eilbtnbe htt 39ridiic«
)um Xobe führte, nod^ ben Qtoli be^ 9(ntto<i^u(( )u bred^en bermix^te, er Didmei^ fai
,,{aufenb bo^inroKenbem Sßagen'' fol^ lonnte, offenbar nad^ Suf^dren ber Xnf&Oe. Sei
bem @turi aud bem 2Bagen )09 er fu^ botm nac^ Sbftem einen Snu^ ber SSndMfäuIe
;iu. ^"Md^ baDon trat Säl^mung ein, unb ber ä3ranb enttoiddte fid^ an ben oeUS^mten
6 %Mm. „^ai avi^ folc^en abgeftorbenen Jt5r))erteUen SBürmer in Stenge — Vtobin —
berau^ac^fen, bag unter folcpen Umftänben ein unfoglic^er ®eftanl entfiel, ba^ bie
branbigen Xeile fid^ abfto^en unb ba^ ein folc^er $ro)e| jum 3^be führen nut^ Kegt
auf ber .§anb."
b) @(^(aaflu^. 3lad) grüner {a.a. 0. 294 ff.) ift bie 9lt)i)))Iesie im Orient mc^t
10 feiten, namentliq bei Eintritt ber ^ei|en ^a^e^jett unb unter bem @influ| bed f^im
@irocco. ^m 3tl liegt ein ^all Dom Sd^lagflu^ Dor bei 3lab(d, Don bem ed l^ei^, ba|
er na(^ je^ntögiger Setoufetloftgfeit ('^Nb n;n) ftarb. 3)er Unfall toirb loeiter baim fo
erflört, oa^ Der t)lö$li(i^e ©d^reden nad^i ber fc^toeren Setrunten^eit bie Urfad[ie getoefen
fei (1 @a 25, 37). 3)ag ein berartiger plb^x^(^ Xob ald ,,@(^(ag Don ®ott'' betrocfrtct
15 tpurbe, Derftel^t fic^ Don felbft. 3läi)nt Unterfud^un^en Darüber anjufteQen, Yodfyx Xrt
biefer @d^(ag^| h>ar, ber ^ter unb bei anberen ))I5|[ui^en Xobe^föUen, bei Ufa (2 6a 6, 7),
bei älnaniad unb ecüpp^xa (9(® 5, 1 ff.) a(d 3Ritte( ber fd^Iagenben ^anb ®otted gä»ac^
toerbe, ift ein überflüfftged unb erfolglofed Unternehmen. — äiucb SHimod ftirbt naa^ \>tiit»
angegangener Sö^mung feiner ©lieber (aud^ ber ß^nge) an @d^lag. 2)er gried^c^e Xest
30f))ri$t aud^ ^ier Don ^aral^fe (1 3Jlc 9, 55 f.). Da ed l^ei^t, ba| fein 3;ob ueid ßaad-
vov jueydlrjg ,,unter großen Dualen'' erfolgte, l^at man aud^ fcbon auf fetaritiamvf,
Tetanus, gefc^Ioffen ($runer a. a. O. 302 u. a.). Die äußeren fu^tbaren 69mt>tome
be^ @(^lagfluffed, A^dFungen ber ®eftd()tdmudteln, fc^äumenber 3Runb, ftarreS äluge mad^
übrigen^ auf Die Umgebung be^ Jtranfen ebenfalls ben ßinbrud großer Dualen. XuS
36 bemfelben ®runb, toeil bie Säl^mungen fc^merjlod ober nur mit leidstem mbbeinben @(^mer)
Derbunben ftnb, ^at man auc^ in bem nagalvxixdg deivcbg ßaaavi^ö/Mvog (^ 8, 6;
Sc 7, 2) einen mit Tetanus behafteten Äranlen erblidtt.
c) 6})iJej)fie. 3"^ 2tl fommt bie ®t)Ue))jie nid^t Dor. g«^ 9121 bogegen erfd^en
unter ben Jtranten, bie Don ^efud gel^eilt toerben, aud^ @pi(e))ttfd^e. Die griec^ifd^ Se»
»jeidfjnung Diefer Äranfen ift oelrjviaCojuevoi (^It ^,24:; 17,15; Dgl. SRcl, 23ff.;
9, 17 ff.; 2c 9, 38 ff.). Der 9lame rüj^rt ba^er, bafe man bie Äranf^it bem fc^äbli^en
@tnflufi bcd SJlonbc^ auf ben menfc^Iid^en Drgani^mu^ gufd^rieb. ^n neuteftamentlic^
3eit i}ai man bief e ^uftänbe auf »cfeffen^eit jurücfgefül^rt (Dgl. ÜKc9, 18); 9Kt aDerbing«
bölt fonft (4, 24) bie daijuoviCoixevoi xai aelrjvtaCo/LLevoi au^nanber; Dgl. naivere«
86 hierüber in bem ä. Dämonifcbe 8b IV, 412. Die ©^m))tome, toie SRc unb 2c f« in
bem %oS, be« bämonifc^cn Änaben befdf^reiben (ÜJlc 9, 17 ff.; 2c 9, 38 ff.), pnb genau bie
bei ben 3wf<^^" 6))ile^tif d^cr m beobac^tenben : Irampf artige ßudfungen erf(^üttem ben
Äranfen, er fällt ^u 33oben, fcbäumt, fnirfd^t mit ben 3^"^^ brüllt, ftürjt ftd^ oft in«
aOäafler unb in« ^^ucr unb magert infolge Don alle bem ab. Diefe Sn\Wii treten inter«
40 mittierenb auf, toenn eben ber Dämon, Der ibn ftänbig beft^t, i^n padt, an i^m reiftt
(önoif iav avxbv xaraldßjj ^^oaei), il^n mi^^anbelt.
d) §^fterie. Sltö (^toere §l;fterien, toomit fic^ ben ganjen änfd^ungen ber S5e»
troffenen entfjjrec^cnb fuggefftDe SBa^nDorftettungen Dom Scfeflenfein Derbanben, loerben
Don ber neueren ÜKebij^in bie meiften ^äJDle ber Äranf^eiten aufgefaßt, toeldfie im SU
46 unter ben Äranfen^eilungen 3^fw «^^ „öefeffenl^eit" (datfxovi^o^e^'oi) eine fo gro|e SloHe
fDiclt. Da« SJäl^ere l^ierüber, f omie bie betr. 2itteratur Dgl. in bem 21. Dämonifc^e 8b IV,
410 ff. 2lu« bem 213^ ift un« fein ?yall au«gefDrodf^ener §Dfterie befannt.
e) ®eiftc«franf^citen. Über bie änfc^^auung ber alten ^^raeliten Dom SBefen
ber ®eifte«Iranf^eiten f. oben unter Dir. III. 6« ift bort fd^on bemerö toorben, ba^ ber
60 alte toie ber mobcme Orient ^ioifc^^en ber ®ottbcgeifterung ber ^rojjl^eten unb bem, toad
h)ir ®eifte«franfbeit nennen, nt^t prinjijjicll untcrfc^^eibct. 3Kit crftercr l^aben loir e« l^iet
natürlich ntc^t i\x t^un. ^m allgemeinen toeift ber alte toie ber l^eutige Orient Derbältnid«
mägig tocnig ^äQe Don @eiftc«han{^cit auf, tocnigften« im ÜBergleic^ mit ben Serl^alts
niflen ber mobcmen Äulturftaaten. Slber boc^ ift rec^^t l^äufig Don ®eifte«franl^ten im
66 311 bie Siebe. SBa^nfmn y^'\4 ftcbt unter ben fc^toeren Äranfl)eiten, mit benen ba« SSoII
bebro^t toirb (Dt 28, 28—34; Dgl! Baif 12, 4); ba« I^un unb treiben ber Serrüdttcn
(r.;d':) unb lobfüc^^tigcn ("V"^-^';) ift jebermann nur ju gut be!annt (1 ©a 21, 14 ff.;
2Äg 9,20; ^r26, 18). ßioei ^äDe tocrbcn m^ ettoa« au^fübrlid^er befc^rieben: bie
Äranl^eit 6aul« unb bie aJebufabnejar«. Sei 6aul (16a 16, 14'ff.; 18, lOff.; 19,9ff.)
60 bejeid^inet man getoö^nlic^ bie geiftige Störung al« Melancholie, bie mit 3^bfu(^t toed^fette.
ftraid^eiteit tutb $eiUttitbe ber ^radttett 77
Sbftnn (a. o. D. 127 f.) mad^t auä) l^ier mit Siedet fleltenb, bafe btc fcl^r tnccpp^ ©d^übe«
tung ber Sibel und noc^ tein Siedet gtebt, )u folgern, ba| @aul h)trlltd^ bie ^rant^eit^
erfc^nungen bargeboten, toeld^e bie mobeme ^{^c^iatrie }ur älnnal^me einer ÜJteland^oIie
fih: nottoenbig erad^tet. „3Senn man glaubt, ben geiftigen g^ftonb @auld ai^ @d^n>ers
mut im mobemen @inn beuten m bürfen, fo ift babei teinedtoegd bie @ucbt jur ©elbfU 6
bemtc^tung, fonbem toie fein ^erl^alten )u 2)a)nb angiebt, ber franf^aft entftanbene
Irieb gur 3«f*örung unb SSerle^ung anberer SDJenfd^en |ert)orgetreten." Ueber bie Sin«
toenbung Don SRufu aU $eilmütel f. oben. ^ofe^l^uiS (Ant. VI, 8, 2) rechnet @aul
unter bie Sefeffenen. — Son 3lebulabnegar toirb ergäl^U (3)a 4, 29 %), ba| er fic^ in
feinem SBo^ftnn für ein Xier gel^alten unb^ol^re lang cii ein folc^ed gelebt l^abe: „toie lo
bie Stinber borget er ©rünfutter, unb fein £eib tourbe bom %an bed i^immete bene^,
bid i^ bie $aare getoac^fen toaren, n>ie ben ®eiem bie ^ern, unb bie 9täge(, toie ben
Segeln bie JUauen". Urfa(|e ber Jtranf^eit ift fein frebentli^er Übermut (3)a 5, 18). 9lna«
logien ba)u, bag Stebutobnegar fic^ einbilbete, ein ^ier gu fein, finben fic^ in ber fogen.
£^tant^o)>ie (DgL i^äfer a. a. 0. II, § 38). SDamit ober ift natürlich; nod^ nic^t be» i6
bnefen, ba| Stebulabne^ar toirflic^ biefed Xierleben gefül^rt ^abe, toa^ gang einfach; um
moglicl^ ift. 2)iefe Sc^tlberung gel^ört ut ber ))^antaftifd^en 3(udma(ung ber gangen @a(^e.
gum Serft^^ni^ ^^ Jtrant^eit toeift @bftein (a. a. O. 115 f.) baraufl^in, ba^ borbiefem
Stabium 92ebufabne)ar bereite in einem ßuftanb fid^ befanb, ben man tool^I bem Säfaren»
too^nfinn jugo^Ien fann. „@r f^attt äSiftonen unb @innedtäufc^ungen, unter beren @in« 30
flu| fu^ ^erfolgungdtoal^nibeen enttoicfelten.'' SDiefem @tabium ber @negung folgte ein
lang anbauembed @tabium ber tiefften tör))erli(^en unb geiftigen SDe^reffion. SDiefen
Übergang ber geiftigen Störtmg an^ einem @tabium in bad anbere meinen ^c^reic^
(o. 0. O. 809 ff.) unb anbere ald ^o(ge ber 9lngft bor 3)anietö 93orl^erfagungen edlören
ya lönnen. ^Dod mag h)o^( mebiginifc^ guläffig fein, aber ift t)om l^iftorifc^en ©tanb^as
punh oud eine unmögliche @r{Iärung. ^tebufabnegard Slierrüdfti^eit h)ar früi^er ein be«
liebted olabemifc^ed S^ema (t)gl. j{e))ner. De metamorph. Nabuch., Viteb. 1Q53 ;
Pfeiffer, Exercitat. de Nabuch. in feram transm. , Regiomont. 1674; Slentel,
De mira et stupenda Nebuc. metamorph., Marp. 1675; @<^toei)er. De fuiia
Nebuc, Alt. 1699; ^entfc^el, De metarmorph. Nebuc, Viteb. 1703; Sledtenberger, ao
De Nebuc. ab hominibus expulso, Jon. 1733; äRüQer, De Nebuc. /jieta/wQqxoaei,
Ups. 1747).
f. $ert)erfe ©efc^led^tdtriebe. 3)ad ®efe$ toenbet ftc^ gegen jtoei formen
franl^fter ©efc^Ie^t^triebe : gegen bie fonträre @e£ua{em))finbung, toie fte im gefc^Ied^tlic^en
Serfe^ }toif(^en ^ann unb 3Jlann }um älu^brud tommt ; bief er toirb mit ^ob beftraft sö
(2e 18,22; 20, 13); ber gefd^led^tli(^>e Serfel^r jtoifc^en SBeib unb SQBeib. ber im Orient
ebenfalls im S^nnmge ift, h)irb nic^t erh)ä]^nt. SBeiter Verbietet bad @)efe$ bei Zoht^
flrafe ben gefc^Ied^tli^en äJli^rauc^ eined %mi, fütool^l t)om 3Jlann cii t)om äSeib (Se
18,23; 20, 16 f.; 22, 18). 2)afe folc^e Unjuc^t im ©c^toange fear, toenn aut^ lange
nii^t fo fe^ toie etn>a bei ben ©riechen, betoeift fd^on bie ^^atfad^e, ba^ fte fo einbringlic^ 40
Verboten tDerben mu|te. @ie toirb al^ ein bon ben Reiben übertommener ©röuel betrachtet.
3n ber Srjä^lung ®en 19, 4 toirb ^öberaftie f))euell aU @ünbe ber Sobomiter bar^
gefleOt !Roc^ bid auf ben l^eutiaen Sag ftnb biefe Safter im Orient verbreitet. 2)a| bie
aüe 3^ f^^ einfach aliS 9Serbrec|en beurteilt unb nid^^t a(iS Jtranf^eit, ift felbfttoerftänblic^ ;
ift bo(^ erft bie mebijinifc^e iSSiffenfc^aft ber neueften 3^it baju gefommen, ben 3ufammens 45
^g biefer $ert)erfttät ber triebe mit geiftiger ^normalttät ju ertennen.
6. Jtrant^eiten ber Organe ber ^au(i)f)'61^U. SDer einzige %ati, ber l^ier
angufü^^ren ift, ift bie Ärant^eit be« Äönig« Soram (2 6^r 21, 15. 18 f.). Qx leibet an
einer itronl^ ber @ingeh>eibe; nac^ )h)ei 2la|ren treten infolge ber Jtrant^eit bie @in-
getDeibe ^aug, unb er ftirbt unter ftarfen ©c^mergen. ^ebri^ (a. a. O. 1, 272) erflärt so
bie Jtranl^ für c^rontfc^e Slul^r, toobei ©tüde ber ^armfcbleim^aut abgingen (t)gl.
fiber bod nic^t ganj feltene SSortommen biefer fd^toeren 2)ian^oe im Orient grüner
0.0.0. 212). vlad) ßbftein {a,a. 0. 135 ff.) fönnte man auc^ an einen ©ingetoeibe-
bruc^ mit feinen mannigfaltigen fc^Itmmen Jtomplifationen benfen. 3Jtan mu^ ftc^ aber
Idididf hcd) bomit befc^eiben, ba^ bie biblifc^en 3(ngaben fo allgemein gehalten ftnb, 66
boB unter ben rtelen benfboren ©rfconfungen ber ©ingetoeibe eine einjelne ju beftimmen
unnidg(i6 ifL
7. Äronf^eiten ber Änoc^en unb ©elenfe. — a) 2)er Änoc^enfraJ
(Seinfoule, caries; ^ebr. ^Til), eine mit Sluftöfung be« Ä^nod^engetoebe^ t)erbunbcne
IbuK^en^finbung, n)irb im %% mel^ac^ ertoä^nt, oUerbing^ nur al^ 93ilb fc^toeren c
78 ftnntqiettett nnb ^etllmtbe ber dfiSnidttni
aSerbeAen« (§of 5, 12 ; $ab 3, 16 ; ^r 12, 4 ; 14, 30). ein betKmmter goO Wcfcr
Rxanlf^ tütrb nirgenb^ berichtet, ober \fyc offenbar nid^t fo gom feltmed Smrfommen tf|
burc^ bte angeführten Stellen bezeugt.— b) Slac^tttd. SSon SudeHgen tft im XX bei
ben aSorfc^riften über bad ^rieftertum bte Siebe ; fte jinb atö mit einem Seibedfe^Ier be>
6 lüftet bobon audge{(^(o{fen. %a bte Stod^itid ^engßfc^e Jtranl^ieif 0 noc^ bem ie|figen
@tanb ber mebijimfdi^en ^orfc^ung aU bo^ l(;ert)orragenbfte (mibi^onierenbe SRoment bei
SUirbelfäuIeberlrümmungen an}u{e|en ift, tptrb man nac^ @bftein (a. a. 0. 147) ,,bei id)em
Sucfligen, ber nic^t etn>a an einer Srlranhing ber SBirbelföuIe infobe Don ^ubecnibfe
(eibet, in erfter Sleil^e cai eine rad^itifd^e SSerlrümmung }u benlen ^oben". Sgl oit^
10 SB. @bftein, Über bad Sorlommen ber Slac^itiS im Sltertum, ^anud 1900, 6. 332. —
c) ®i(^t. aSon ben ^Porall^titem, ben ,,®i(|tbrü(^>igen" be« SRI« ifk oben (unter V, 6 a)
bie Siebe getoefen. Unter tl^nen ftnb, tote ertod^nt, auc^ folc^e mit inbegriffen, toeU^ on
ber ©idj^t leiben, an jener fc^mei^^ften entjünblic^en JtranQfeit ber ©denle, todd^ ftd^
anatomifd^ burc^ bie 9(blagerung ^Ktmfaurer @ahe in ben ©elenlen unb ben fte um«
16 gebenben 3Bei(^tei(en cbaraberiftert. 9lu^ bem 9(X toirb mit einiger fB<äjv^d^mü^tüt
bie Jtranl^eit 9({a$ (1 5tö 15, 23; 2 @^r 16, 11 ff.) I^ier^er gerechnet, ber in feinem äOier
an ben %ü^tn erfranfte. 2)ad ällter bed itönigd unb bie lattge Sauer ber fitonl^
(nac^ ber @|rontt ftirbt er jtoet ^al^re nac^l^) f))re(^en für bie ©idbt 9(ber oud^ ^
ift bie Sngobe Diel ju allgemein gehalten, atö ba^ man über eine Vermutung f^inau^
ao lommen lonnte. Slnbere l^alten bie 5trantl^eit für bie Elephantiasis arabum, f. oben
unter V, 2.
8. ilranll(;eiten berälugen. Slinbe finb im l^tigen Orient fe^ ^äufig
(f. oben unter I) unb auc^ im 9(3: ift bonSlinben Diel bie Siebe. 3>ie Urfad^en loed)im
in alter QÄt biefelben getoefen fein tote l^eute : \>ox allem SRangel an Steinlic^Ieit in ber
26 Pflege ber Sugen ber Kinber, baut ber @taub, had grelle Sonnenlicht, bie ^liraen unb
2[nfe!ten, unb bte burc^gongtge SBemac^löffiguitg erfraniter ält^en. 9Ran brandet fft\xi>
}utage nur bie Ileinen 5tinber auf ber @tra^e anmfe^en, toie ^e mit offenen Xugen in
ber Sonne liegen, bie älugentoinfel Doli Don Scpmu^, baiS ®eft(^t mit t^iegen bebedt,
bie niemanb toegfc^eud^t, um ju Derfte^en, toarum in '^t^ptvx ). 9. jeber ^unbert|le
80 3Jienfd^ blinb ift. i^etlung ber 93ltnbl^eit burc^ örjtlic^e Jlunft n>ar ganj audgefc^ffen.
Sad ®eje^ unb fo tool^l fc^on bie alte@itte nimmt ftc^ ber Slinben gan} befonberd on
(3)t 27, 18; 2e 19, 14); auc^ l^cutc im Orient genickt ber93linbc alle Siüdfrt^^t. Slotöi*
lic^ ift Slinbl^eit ein SRadel, ber Dom ^riefterbtenft au^fc^lie^ (Se 21, 18). Sfö Urfoc^
ber »linbl^eit erfd^nt nic^t feiten l^ol^e« 3llter (®en 27, 1 ; 1 @a 3, 2 ; 4, 15); um«
86 Qdtf)xt totrb Don 3Jiofe befonberd l^erDorgel(;oben, ba| er tro^ feined ^o^ SHterd Don
120 ^af)xm noc^ frifd^e äugen f)attt (3)t 34, 7). ©n Slinbgebomer loirb 3o 9, 6 ff.
ertoöi^nt. Tld)x^ad) ift Don h>unberbar getoirtter unb ebenfo tounberbar toieber befeitigter
»linbl^eit bie Siebe (®en 19, 11 ; 2Äö 6, 18 ff.; ©ad^ 12, 4 u. o.). »lenbung ifl
eine in ber graufamen Äriegfül^rung ber alten 3^ beliebte 9Jlarter (Sii 16, 22 ; 1 @a
40 11, 2; 2 itö 25, 7 ; 3er 39, 7). SCobit erbltnbet baburdb, ba|..l^eifeer ^)erling8to
il^m in bie 9lugen fällt unb in ben 9lugen toet^e Rieden Derurfad^t. än^ic^e Stunft Dermog
nid^td au^^uric^ten; aber ald er mit ber @aQe eined ^tfc^ed, ben ber ßngel feinem @o^e
lobia« gigeben, feine äugen beftric^, tourbe er toieber fc^enb(2:o2, 10 f.; 11, 11 f.). S)er
äSerfuc^, bie 93linb^eit be^ Xobit mebijintfc^ naiver m beftimmen, ift ganj t>ergebli<^.
45 3lüd) überflüfftger tft e^, über bte tounberbare ^etlfraft ber @alle mebijinifc^ Slefle^ionen
an^ufteüen. ^^i^^^ii^ ^^^ haxan erinnert toerben, ba^ man im ältertum gegen eine
eigentümliche ärt Don $om^autflecfcn, „ba^ toetfee äugenfell" (albugo), ^^f^aHe an«
jutoenben pflegte (Dgl. ^^tjc^e ju %o 2, 10; griebreic^ a. a. O. I, 250).
9. lieber. @ine Siet^e Don ^ebräifc^en äu^brüdEen für 5tranl^eiten bejeic^en
60 biefe nac^ ber „§i^e", ber ^ieberglut, bie mit ber Äranfl^eit Dcrbunben ift : rirrn? (2c
26, 16; 2)t 28, 22), ntr:i (2)t 28, 22), "n-n (3)t 28, 22), qp*: (35t 32, 24; ^
3, 5). Ob bamtt beftimmte Jtrant^eiten gemeint ftnb, lä^ ftc^ au^ bem 3ufammen^fang
(Strafanbroi^ungen an bad 93olt) nid^t entnehmen ; bie äu^brüdte fmb alle ober aum Xett
tool(;l nur Don ber®lut irgenb einer ©euc^e gemeint (Dgl. $ab. 3, 5, too ^^1f. in^ßorollele
56 ju ^'^"^ fte^t). 3^^^^in barf gerabe in ^aläftina an bad bort nod^ l(;eute in monAen
®egenben l^äufige Sßec^felfieber gebac^t h>erben. 3)ie (Sntftel^ung^urfad^e ift ein Stiho«
organi^mud, ber in b'ad 93lut gelangt, toa^rfc^einlic^ übertragen burc^ ^^f^^^f^^ ®^
allem ftnb bie 93lutorgane, namentlich bie SJtil) in SJtitletbenfc^aft gebogen. $eriobif<^
toirb baburd^ J^eber l^erDorgerufen, g. 8. jeben jtoeiten ober britten Sag tritt ein^tcbe>
GO anfaQ ein. aber ^öuftg l^at bie JlranC^eit auc^ einen unregelmäßigen ^})ud. SBeb^
Stmnt^etteit nnb ^etlluitbe ber ^fdraeKteit Stratt^ 79
«tt hai ,,ato|e gieber" nvgetdg fuyag bei ©d^toiegcrmutter bc« 5Petru« (2c 4, 38 f. ;
SRt 8, 14 f., t)0l. griebrcic^ a. a. D. I, 274) unb ba« giebcr, cm bcm ber 6ol^n bc«
fiöntgtf(^ beinoi^ ftarb (3o 4, 46ff.)^ tvaxm, läfet ftd^ nit^jt au^mac^en. 3«>f^M
(Ant Xni, 15, 5) cqa^U, ba| 3llcsanber Sannäu« brei Salj^e lang am SBec^fel^cber
banite. — SBenn im 3wfö"^"^^^<*«0 ^^ '^^^\^ %itbctn bie „©t^jtombfud^t" r^?np ge» 5
lunmt tfi (2e 26, 16 ; 2)t 28, 22), jo tft babct ni(^>t an eine eigene ÄranB^eit^form,
tttoa an &mgentuberfuIo{e, bie j^eutjutage auc^ im Orient befannt ift (grüner a. a. D.
337 ff.), gebaut, f onbem allgemein an SräfteberfaU unb 3(bmagerung infolge böfer @eu(^e,
gieber 2C
10. Sonnenftid^. 9!)a| bei bem l^ei^en Jtlima ^aläftinad ^öQe bon Sonnen^ lo
^ic^ (dx:c n5tt) n\d^i fel^Ien, ift natürlich, ©er ©ol^n be« ©unamttim (2 fld 2, 19),
ber (Satte Subiti^ (3ub8, 3) ftarben am ©onnenftic^, ^ona« erfranft baran (3er 4, 8),
unb ber ^falmift rülj^mt 3A^ti>^ ®c^u|, ber ben kommen babor behütet, ba| ibn am
2age bte ©onne nid^t ftic^t, nod) ber 3Jlonb be^ 3lai^t^ (${ 121, 6). 3lodf l^eute ift
ber ©onnenftid^ in ber ^orbanebene bei 3^i4'(> nic^t feiten (9lobinfon II, 526), unb aud^ i5
fonft gefibr^ltet; bte Orientalen in l^ei^en Sänbem t>erl^üUen fic^ ben ^oj)f fe^r forgfölttg.
3n unferem 5tltma lommt ed unter bem bireften @influ^ ber ©onnenftra^Ien nur ju rofe«
artiger (Sn^ünbung ber i^aut; fo auc^ bie leichteren ^öQe in ^ei^en Sönbem Oßruner
a. 0. O. 118). 3n fc^toereren gallen tritt ©ntjünbung ber (Se^iml^dute ein mit nad^«
folgenbem %oh meift jtoifc^en bem vierten unb fiebenten ^^g^ t^^n ni(^t ber ©onnen^ ao
{ti(9 gan) rafc^ tötet, n>ie in ben oben angefül(;rten ^Qen. ^it ©i(^erl(;eit (ö^t ftc^ aber
caxäf ^er ntd^t beftimmen, ob e^ ftc^ in ben genannten %äütn um ©onnenftic^, ober
nic^t trielme^r um ^i^fd^Iag l^anbelt, bie Über^i^ung bed 5t5r))er$ nid^t fotool^I unter
btrmem Sinfluft ber @onnenftral(f(en, fonbem bur^ äSänneftauung, gro|e SBärmeaufna^me
bei manget^er äßormeabgabe. Sensinger* 25
firniß, aibert, geft. 1517. — (iRit. ©Hefen«) Seben be8 berühmten Doct. Alberti
Crantzii u. f. f., -Hamburg 1722, 2. 9(ufl. 1729; Johaonis MoUeri Cimbria literata III,
p. 376-391; Öejifon ber tjamb. ©djriftftcDer IV, ©.178-184; Sari SWöncfcberg, 5)cr t^co^
logifcbe (S^aratter bed Gilbert ^an^, in ber 3eit{4rift bed ^eretnd für t^amb. @tWditt, III
(1851), €. 395—413; O. ^abbe, 5)ic Umüerfitöt Sfloftod, SRoftod unb ©cöwcrin 1854, I, »
e. 224 ff.; 9{uboIf 2ange, 3ur ®e{d)i4t{4reibung bed Gilbert ^an(, in ben ^anfif^en ®e«
fdji^tdblättern, Sa^rgang 1885, S. 61—100; (grnft ©(^äfer, 3ur ®cid)i*tf(6rcibung be« Al-
bert «ranf, in ber Seilftftrift bc« Söcrcin« für ^amb. ®ef(^. X (1899), ©. 885—484; «b»
xvn, 43 f.
äObert Jbran^ tourbe bor ber 3Ritte bed 15. 3<^^^unbertd, ettoa 1445 ober aud^ 35
^kood frü^, ju Hamburg geboren. @r ftammte. aud einer betannten unb angefe^enen
imifie; fein SJater beüeibete einige ftäbtifc^e Smter; feine ©c^toefter 9e!e h)urbe bie
lutter be« berühmten Suriften 3o^nn Dlbenborj) (3ö(^>er III, ©J). 1046, bgl. Olden-
dorpü opera, Basüeae 1559, II, p. 527). «m 23. SKai 1463 tourbe er in Sloftocf
tnftnbiert, unb biefeö ift ba« erfte fiebere 2)atum au« feinem Seben. 9Son Sloftod ging 40
er Uli $ortf<^ung feiner ©tubien nad^ Jtöin, tpa^rfc^etnltd^; fc^on im ^ai)x^ 1464, a(« in
9lt/{tod bie ^eft au«gebro(^ toar. 3lad)htm er anfänglich eifrig juriftifc^e ©tubien ge^
triebai ^e, toanbte er ft^^ l^emac^ befonber« ber 2^eo{ogie unb ber @^d^\d)tt )u. 9iad^
ber Sitte ber ^eit ma6)tt er bann ju feiner 3lu«bilbung noc^ größere Steifen, auf benen
et oui^ einige uniDerfttöten befu(^>te ; nac^ bcm 3^0»^«^ ^^^^^ ^^^" Urlunbe (bgl. 9Re^er, 46
®ef4^id^ bed l^mburgifc^ ©d^ul- unb Unterric^tgtoefen«^ im aJlittelalter, Hamburg 1843,
@. 363) tDurbe er in ÜJtainj decretorum doctor unb in Perugia magister theo-
logiae. ^ er nac^ feinen eigenen Slngoben in mel^reren ©täbten Oberitdiend unb in
3lmn felbp getoefen ift, toirb man mit Jrtec^t annel^men, ba| er biefe ^läi^t auf biefer
©tubtenretfe beftu^t ^at ©c^on um biefe 3^it begann er auf berfc^iebenen Sibliot^eten eo
fk^ ben ©toff )u fammeln, ben er fjjätcr in feinen großen ®efc^i(^>tgh)erlen toertoertete.
9alb na<^ Seenbigung feiner ©tubienreifen fc^eint er an ber Untt)erfttät Sloftod aU ^ro«
feffor ongefteQt ju fein ; er ^ieb \>ox einer gro|en Slnjai^I t)on 3ui^örem ))^iIof ot>^ifd^e unb
piriftifc^ aSorlefungen, hmrb im Sa^re 1482 Sleftor ber Unit)erfität unb im Saläre 1486
JMm ber jb^i(ofot)l^ifc^en ^lultöt. Um ^id^aeli^ 1486 tparb er ©^nbilud be^ Siated 55
ber ©tobt fiübedf unb im Oftober 1486 fotoie im Saläre 1487 unb f^ttna^ toieber in
ben 3a^ 1490 unb 1491 toar er in biefer ©tellung auf mannigfache SBeife für Sübecf
t^otig; auf ben t)erfdbiebenen „3:agen'' in unb au^er^alb Sübed^ t)ertrat er biefe ©tabt
unb mac^ in i^em ^ienfte auc^ toeite 9{eifen, }. 93. 1490 nac^ Sieflanb, 1491 nac^
80 Strang
3lnth)ert)en. (SSfll. über biefe feine jjoIWfd^e %f)ätiq,lüt ©(^ofer o. a. O. ©. 389 ff.). &
fc^eint, aliS ob er in biefer 3^t feinen orbentli^en SBol^nft^ in Sübed l^atte ; unb ed bleibt
unflor, ob er tro^bem auc^ nod^ an ber Unit)erfttät ju Sloftod tl^ötig \oax. 3ladf älterer
älnftc^t (ugl. SBildend a. a. 0. @. 4) toar er bid ju feiner Berufung noc^ Hamburg ^|$ros
6 feffor ber Xl^eologie in 9loftodt, too er iebenfmld im ^o^re 1490 ^octor ber 73fto»
togie h)urbe. ^m ^al^re 1492 toorb er fobann ob lector theologiae primarioB,
canonicus unb possessor praebendae maioris primae an ben 2)om )u ^mburg
berufen; er jog nun im 3Rai 1493 nac^ Hamburg, too er fortan too^nen blieb. S)ie
©teKung cii Sübecfer @^nbiIuiS bel^ielt er }unä(^ft bei. Obh>ol^I er in ben @treitigfeiten
10 bed erjbifc^öflid^en 2)omed mit ber @tabt i^amburg bie Steckte bed erfteren vertrat, fo
toarb er bod^ je^t auc^ bielfac^ t)on ber @tabt ^amburg, mitunter gemeinfc^oftlid^ mit
ßübecf, ober aud^ aU SSertreter ber $anfa mit t>olittfc^en Ser^anblungen betraut, bie i^
nun toieber me^rfac^ )u toeiten Steifen t)eranla^ten unb i^m fo toieberum Dielfac^e ©elegen«
^eit jur ^ortfe^ung feiner gefd^id^tiic^en 9lrbeiten in 9lrd[;it>en unb Sibßotl^en boten tmb
16 i^n mit fielen geleierten R^itg^noffen in ))erfönli(iee 93erü^rung brad^ten. @o ging er 1493
nac^ 3^^f^' ^^^^ ^^^ Süneburg, Siotenburg, Sübecf, ^u^te^ube, ^ilbed^eim, 1497 mu^
9lntn)er))en (t)on too er, um nid^t unnü^ feine 3^^ nii^ äSarten ju berbrisigen, ouc^ nod^
$arid ging), 1499 nad^ 9lnth)er))en unb Srügge, 1503 ald SSertreter bed Joirbinold 9lai«
munb nac^ @tralfunb unb Sloftocf, 1504 toieber nac^ 93rügge, ja noc^ 1507 für Sübed
20 nac^ S^Ijöbing. äSom ^al^re 1500 an fc^eint er neben ber Stellung bed lector Prima-
rius am 3)om, in h)eld^er er t^eologif^e SSorlefungen ju l^alten l^atte, bad 9lmt eined
ftänbigen @^nbttud ber @tabt Hamburg innegeJ^obt }u l^aben. Um biefe ^üt erfpo^ltoi
il^n auc^ ber Jtönig ^o^ann Don ^änemarl unb ber i^erjog ^ebrid^ Don i^olftein |um
Sd^ieb^ric^ter in il^rem Streite mit ben ^^itl^marfen. Berufungen in ou^tDÖrtige Jlmter
26 lehnte er je^t ab. Sltö er im ^. 1508 jum 3)elan be^ ^omlcüpitete ernannt n>ar, l^ielt
er jtoeimal (1508 unb 1514) in feiner S)iö2efe ftrenge jtirc^enbifttationen, bei h>eU^ er
t>telfac^ auf Slbftellung eingerifjener 3Jli^bräuc^e unb bei ben ®eiftli(^en unb SRönc^en auf
ftrengere 93efolgung ber ürc^lic^en @a^ungen brang.
3lad) feinem Xobe ift ^ran$ al^ ©efc^tc^tfd^retber befonberd berühmt getoorben ; man
80 bat 'xf)n too^l einen ^toeiten älbam Don 93remen genannt. Slnbere freiließ l^aben t^m Den
äSortourf ber ^arteiltc^Ieit unb be^ ^lagiatö gemad^t. 93ei ber 93eurteilung feiner ^ifto^
rifc^en äSerle barf nic^t Dergeffen toerben, ba| fie alle erft nac^ feinem im ^a!fyK 1517
erfolgten Xobe l^erau^elommen finb, bie Vandalia juerft im ^afyct 1519 in ^In, bie
Saxonia 1520 in Jtöln, bie Dania beutfd; 1545 in Strasburg, lateinifd^ 1546 in@tra^
86 bürg, unb enblic^ fein ^aupth)er{, bie Metropolis, 1548 in Safel, fo ba| er für il^re
i^erau^gabe in biefer ^orm nic^t Derantn)ortlic^ ift. 9lu^erbem ^at er andf teine^^
feine CueQen nur toörtltc^ aufgenommen; oftmals l^at er fte überarbeitet, Derlürjt ober
erweitert unb berbeffert, f o ba^ e^ an @t)uren eingei^enber Iritifc^er H(;ätigfeit il^nen gegen*
über ntc^t fe^lt unb eine toörtltc^e i^inübemal;me oftmals al^ eine 3uftimmung angefe^
40 Serben barf. S^^^föH^ ftnb fie Setoeife eine^ großen ^et^e^ unb bilben in ber ^ifto«
rifc^en Sttteratur fc^on burc^ bie in i^nen angetoanbte ^et^obe einen h>efentli(^en ^ört^
fc^ritt. 2)aig fte bann in immer neuen älu^gaben erfc^tenen, namentlich im 16., ober au<^
noc^ teiltoeife im 17. SaJ^rl^unbert, jeugt Don ber großen Verbreitung, bie fie fanben. Über
biefe fpäteren Slu^aben Dgl. befonber^ ba« Sejifon ber l^amb. ©c^riftfteHer a.a. D.S. 181 ff.,
46 too auc^ bie au^fü^rltc^en Xitel angegeben ^nb. ^r bie ^ird^engefc^ic^te bed 9{orbeiU
(Dania) unb bie be^ norbtoeftlic^en ^eutfc^lanb^ (Vandalia, Saxonia unb Dor aOeflt
Metropolis) l^aben fie noc^ immer bebeutenben 333ert; faft ebenfo toic^tig fmb fie ober
toegen ber Urteile i^re^ SSerfafferö über Begebenheiten unb 3wflänbe für ba« Berftänbni«
ber firc^lic^en 3uftänbe ber ^txt, in ber fte gefc^rieben ftnb. Äran^' eigene fird^lid^e ©tel«
60 lung fönnte fd^on baraud ^erDorgel^en, ba^ feine l^iftortfc^en äBerfe in ber römifd^en Rit^
auf ben 3"^^ 9^f^^ f^"^ ; ^^c^ gcfc^ö^ ba^ nac^ Seilarmin« 3^"0"i^ toegen ber impiae
notae ad marginem additae ab haereticis. ^lebenfaU« aber gel^t auiS il^nen fein
firc^lic^cr ©tanbjjunft oft beutlic^er ^erüor, ate au« feinen Don i^m felbft l^crau«gegebenen
ober toäi^renb feine« Seben« erfd^ienenen t^eologif(^en unb j)l^ilofoj)^ifc^en SBerlen. Unter
66 biefen jeic^net fic^ bur^ befonber« frönen ^rud ber Ordo missalis secundum ritum
ecclesiae Hamburgensis, Strasburg 1509 (expensis providi viri Hermann! de
Emdem, fol.) ani. älu« feinen Sorlefungen für ben ^amburgifc^en Äleru« gab Sertolb
3Roller im ^. 1506 ba« spirantissimum opusculum in officium misse l^erau«, au«
toelc^em fein Streben, bie ©eiftlic^en für i^ren ^o^en Seruf ^u begeiftem, beutlic^ l^ertoor*
60 gel^t. Stxanij ftel^t auf bem lird^lid^en @tanb))un!t be« älteren Jtat^oliä«mu« unb ift auf
Strang SttmÜt 81
t^ old Srftor, ^rebiger unb ^elan totffenfd^aftltd^ unb t)ratttf(i^ )ur AonferDterung ber
Eni^Iu^ Seiten unb Orbnungen t^öttg, toxt er benn biefe fic^tbare Sirene ai^ bie @t)ens
bcxuT be^ ^dle^ anfiel^i 3lber er berf^lie^t fu^ auc^ nid^t etnje(nen älnfc^auungen, in
benen pd& bie 38orboten ber neuen 3^ 8«i0«i- 3*^^^ ^P <^ ^i" entfc^iebener ©cgner Don
SBicIef, ^ufe unb anberen bleuerem (Dgl. j. 9. Metropolis XI, 8, ed. 1568, p. 341, 6
tDO 2|D^(mned $u| old improbus calumniator, loquax, clamosus, blasphemias in
omnem romanam ecclesiam ausus proferre gefc^ilbert tpirb), ober er taufest ftc^
toö^ md^t über bod in ber jtird^e t)orl^tü)ene 93erberben, h)enn er auc^ bie äBurjel be^
felben nu^t erlennt 9{eben ber Setonung ber ^irc^e old ^eil^inftitution finbet fic^ boc^
bei i^m bie @rlenntnid, bo^ ber einzelne 3Jten{c^ )u einer ^ttlic^en (Erneuerung gelangen lo
muffe, n>enn bie ilird^e i^re älufgobe erfüllen fode. Unb \>on biefem @tanb}>unlte aud
tDerben n>ir ouc^ am ric^tigften fein belannte^ SBort über Sutl^er auffaffen, bad er h)enige
läge t>or feinem am 7. S)egember 1517 erfolgenben lobe, oI« i^m, ba er fc^on frani
toor, 2uÜ^ Z^efen gebrad^t h)urben, geäußert baben foÜ. 2)em Sluftreten gegen ben
Sti^auc^, ber mit bem 9lbla^ getrieben tourbe, tonnte er nur juftimmen; aber er mochte i6
ed für ein bie Kräfte eined 3Rönc^e$ überfteigenbe^ Unternehmen f)altm, biefem 3Ri|brauc^
^em )u tüo&en.
9Bad bie Beglaubigung biefed SBorte^ anlangt, fo liegt tool^l ber erfte 93eric^t über
bodfelbe in ber ^orrebe ^[oac^im ÜJtoller^ )ur erften Sludgabe ber SRetropolid bor; biefe
SSorrebe ift im 3a^ 1547 gefd^eben. 3*^^^ H^ ^^"^ Unterjeid^ncten niqt gelungen, ein 20
Ssem^lor biefed erften ^ruded )u erl^alten; aber e^ ift burc^aud anjunel^men, bag bie be^
treffcnben ©orte genau fo, h)ie fte ftd^ in ber 3lu^abe bon 1568 be^ben, fc^on in ber
bon 1548 fUmben, jumal fte in il^rem SSerfolge borau^fe^en, ba^ 9le))in (geft. 1558; bgl.
9b I @. 231, 11) nod^ lebe. $ier lantü ber Seric^t nun fo: Quare cum aegrotus
ac fere animam agens vidisset propositiones Martini Lutheri contra indulgen- 36
tias, considerans rei magnitudinem et imminentia pericula, quasi desperans
de tantae rei successu, dixisse fertur: nihil effecturum esse contra tarn po-
tentes adversarios. Suum esse consilium, ut ab incepto desisteret. Frater,
frater, inquit, ab! in cellam et die: miserere meiDeus. ^oac^tm 3Roller,
geboren ju ^amburg im ^al^re 1521 unb geftoiben ju äSarbotoied 1588 ald 3)o{tor ber 90
jttd^U unb plrfUid^ lüneburgifc^er Jtanjler unb 9lat, toar @o^n bed l(;amburgif^en Sena»
tord ^oac^im 3Roller; fein äSater ift fieser mit firan^ ))erfönlic^ befannt getoefen (Dgl.
Otto Öenefe, 3)a« ©efd^lec^t^regiftcr ber ^amburgifc^en gamilic 3Kollcr bom ftirfc^, ^am*
bürg 1876); er fonnte alfo eine genaue Jtunbe bon biefem ätu^ruc^c ^aben, unb feine
Shtffaffung be^felben toirb eben biejenige fein, bie man in ben Äran^ noi^efte^enben Äreifen 86
^e. 3)ie ber S^tfolge nac^ jtoeite 9totij bon biefem SBorte finben toir bei §einr. "^an^
takon, prosopographia heroum atque illustrium virorum, Basileae 1565, II,
p. 477; ^er ift eö faft genau fo referiert (ftatt die fte^t dicito) unb toirb auc^ ebenfo
aufgefaßt. Slortin S^emni^ fül^rt bann im 4. Xeil feinet examen concilii Tridentini,
ber jueqi im l^al^^re 1573 erfc^ien, ba^ SBort in folgenbcr S^ffung an: Vera quidem 40
dicis, bone frater, sed nihil efficies; vade igitur in cellam tuam et ora: mise-
rere mei Dens (Oftabaueig. bon 1606, IV, ©. 142). 2)ag näc^ftfolgenbe 3^"ö"^^ \ft
bad bon ^abib Si^^träud in feinem Chronicon Saxoniae bom ^a^re 1583, ber bie
Sorte in ber ^orm: O frater, abi in cellam tuam et die: miserere mei Deus
(9tidg. Lips. 1593, p. 223) anführt; unb in biefcr gorm, bie ber ^Kollcrfc^en faft gan5 46
gkic^, toerben fte ^nac^ meift angeführt. SlUe biefe genannten ©c^riftftcner faffen ben
@tnn ber SBorte fo auf, tote 3RoUer e^ getl^an, unb nac^ bem ganjen S^araftcr bon
jtron^ ift auc^ eine anbere äluffaffung nic^t too^l mögltc^. ^a]| einige ^at^oUfen in
i^en eine entf^iebene SSertoerfung be^ :6eginnen^ Sut^erd burd^ 5tran^ gefunben (labcn
(bgL SR^deberg a. a. £).), toerben toir für eine gefc^ic^tlic^ nic^t begrünbete äluffaffung 60
berfelben Ratten bürfen. — 6^ mag noc^ ertoö^nt toerben, ba^ Sut^er bie Saxoitia (^us
erft g^nicft 1520) gefannt unb gelefen |at; bgl. 6mft ©d^äfer, Sutber ate Äirc^enf^iftos
ritar, Oütcrdlol^ 1897, @. 358 «nm. unb ©. 477. 1>. Carl »ert^ea«.
StttmÜi, ß^arle« ^orterfielb. ^rofeffor unb 3)oftor ber 2:fieologte in ^f^ila^
hdpfjia, aeft 1883. — Ouelle: Charles Portorfield Krauth, D. D. LL. D. by Arl()li>h 66
dpäeth, D. D. LL. D,, Professor in the hithcran Thcological Seininary in Philadelphia . .
In two Volumea. Vol. I. 1823 — 1859 . . . New- York, The Christian Literatiire Com-
paDy, 189&
9talt%mntio¥WM fiT Thtolo^U unb IHräc. ». 8. Xi. 0
82 Sttmtii
Dr. Rxanti) toax ber bebeutenbfte Geologe ber (utj^erifd^en ilttd^e englifd^cr Ruxust
in älmerifa. @etne ^orfa^ren ftammtm toal^rfd^einlic^ axi^ ber ©egenb bed 9{tebm9€iti&
@ein ®xo^\)attt, Jtarl ^. ^rautl^, tarn gegen @nbe bed 18. l^oJ^j^nbertö mSf
älmen{a, unb tovdtt ald Seigrer unb Drganift in $ennf^(t>ania unb SSirgtnta. @etn Sater
6 toar Raxl ^^ili})») Äraut^ (1797—1867), 5Pafior in 3Kartin«burfl, SSirglnia, unb 5P^
bel))^ia, $rörtbent bed ^ennf^bania ^oÜegiumd in ®ett^burg, unb f^äter ^rofeffor am
t^eologifc^en @eminar bafelbft, ein j^erjen^frommer 3Rann, t)on unermfiblid^em ^orfc^
flei^, unb umfaffenber ©elel^rfamleit, babei ftid unb befc^eiben, liebreid^ unb frtebfertig
gegen jebermann. Seine ®röffnungd))rebigt, bie er ald^räfibent ber lut^erifc^ ®enerat
10 f^nobe a. 1850 in Sl^arlefton ^ielt, ertoedte bei ben lonfeffwnellen Sut^onem 3)eutf(^
tanbd gro^e Hoffnungen. @ie fallen barin bie SJlorgenröte eined neuen ^ged für bie
amerilani{c^4utl^erifc^e jtirc^e, ben älnfang einer beh)u^en Umlel^r )um 9e{enntnid ber
Später. Sein @ol^n S^arle^ ^orterfielb Jtrautl^ ift ©otled au^em)äl(;lted 9litft}eug getoefen,
biefe Hoffnungen i](^er äSertpirflid^ung nö^er ju bringen. @r tt^ar geboren am 17. 3Räxt
16 1823 ju SKartin^burg, Virginia, ^n feinem jel^nten ^a^re fam er nac^ ©irtt^burg unb
abfobierte ba^ bortige J^odegium f^on mit fec^jel^n ^al^ren. Qtv^ ^oifftt \päitt DoQ*
enbete er feinen t^eologifc^en Jturfu^, unb trat ald blutjunger Wann t)on a(^t}e^3al^
in^ $rebigtamt ein. Qx bebiente junäc^ft eine 3Riffton^emeinbe }u (Santon, einer Sor»
ftabt t)on 93altimore, unb übernahm bann a. 1842 eine größere ©emeinbe in Baltimore
ao felbft, 3lai) einem furjen ^oftorat in SRartin^burg, SSirginia, feinem ®eburt«ort, folgte
ber junge, allgemein beliebte $aftor einem 9iuf an bie ©emeinbe i^u SEBinc^qter, SSirginia,
bie er 1848—1855 bebiente. ©c^on bamate l^atten feine t^eologifc^en 3lnf(^auungen jene
bebeutfame äBenbung genommen, bie il)n Don bem 93ann be^ unlutl^erifcl^en, met^obiftifd^en
SBefen^ loö, unb mit ber ^Ät jum §auj)tDertreter eine« entfc^iebenen befenntnidtreuen
26£ut^ertumö in englifc^er ©jjrac^e machte. 2)en SSäinter 1852—1853 brachte er, um feiner
leibenbcn grau toiUen, in SBeftinbien ^u, auf ben ^nfeln St. %\)omcS unb ©anta (Snij.
2tuf ©t. S^oma« bebiente er eine meift an^ garbigen beftel^enbe nieberlänbifc^sreformierte
@emeinbe, beren $aftor burc^ einen 2:obe«faU in feiner gamilie ))l5^li(^ nac^ älmenla
abgerufen toar. gm ^af)x^ 1855 berief il^n bie erfte englifc^e ©emeinbe gu ^ßittdburg,
30 unb im ga^re 1859 bie englifc^e ©t. 3Karfu«'®emeinbe ju 5ßl^ilabel|)^ia. 3)iefe SSerbtn*
bung toar aber nur t)on lur^er SDauer. @r übernahm bie SlebdEtion be« SBod^enblatted
„The Lutheran", ba« in feiner §anb bie jc^arfe, fd^neibige SBaffe tourbe, „mit toelc^
baö Dertoafc^ene „ämerifanifc^e Sutl^crtum" gefc^lagen, unb einer neuen %ca für bie
englifc^-lut^erifc^e Äird^e 93a^n gebrod^en tourbe. äte ba« 5!Rinifterium toon 5ßennf^löania,
86 im ©egenfa^ gegen bie (Seneralj^nobe, il^r eigene« t^eologifAe« ©eminar in 5ß^ilabelt)^ta
grünbete, a. 1864, ba toar e« eine felbftöerftänblic^e ©ac^e, ba| er ben Se^rftu^l für
bogmatifd^c Ji^eologie gu übernel^men ^atte. Sei ber feierlid^en Eröffnung be« ©emtnor«
unb Snftaßierung ber erftcn ^rofefforen toar er, ber jüngfte unter feinen RoDegen, ber
©tjred^er, ber in il^rem 3Ramen i^re t^eologifc^e unb firt^jlic^e ©teHung barjulegen ^otte.
40 5Wit ben ©c^ritten, bie ^ur ©rünbung be« ©eneratRongil« führten, begann für i^n eine
neue 3:^ätigfeit. SBä^renb er frül^er t)ortt)iegenb jjolemifc^ gearbeitet ^otte, in Slbtoe^rung
bc« grrtum« unb SSerteibigung ber SBa^r^eit, galt e« nun ben rechten ®runb j|u legen,
auf ben fic^ eine belenntni«treue Äird^e in (Sin^eit be« ©lauben« mit ben SSötem er»
bauen, unb il^re alten fc^önen ©ottesbienfte, bie i^r in 3^iten ber Sau^eit unb beö Station
46 nali^mu« abl^anbcn gclommen toaren, toicber^erfteUcn f onnte. ©o nai)m er in ber Äirc^en*
bud[»«-Äommifrion eine ^croonagcnbe ©teHung ein. 6r enttoarf bie ©runbortifel imb
Äonftitution be« ©encraWlonjil«, toie fic auf ber ÄonOention ^u Sleabing, a. 1866, an*
genommen tourben. 6r toar ber SSerfaffer ber ©emeinbeorbnung, bie nac^ langen JDe«
batUn enblid) a. 1880 angenommen tourbe. äl« im ®eneral=Äonjil bie S^age über bie
50 ©runbjä^c ber Äird^engemeinfc^aft eine brennenbe tourbe, fc^rieb er eine Sei^e toon ge*
biegencn Slrtifeln im Lutheran, bie er fc^liefelid^ in 106 liefen über 3lbenbma^fe unb
Äan5cl-©emcinfd^aft jufammenfafete, in beren grünblic^er, t)rä5ijer unb umfaffenber Se*
^anblung biefe« belifaten fünfte« fic^ feine ganje t^eologifd^e ßnttoidelung juf^i^t. S)er
©tanbjjuntt, ben er babei Oertritt, ift ber ftrcng fonfeffioncHe, baj Slbenbmai^fegemeinfc^ft
66 Äirc^engcmeinfd^aft ift, unb jeber Unioni«mu« am 2lltar unb auf ber Äanjel J)nnjipieiD[
m oerh)erfen fei. ^n Dr. Hraut^« ^crfon erfd^ien bie gefunbe befenntni«treue @ntnri({e*
lung be« ©cneral-Äonjil« gleic^fam Ocrtörj)ert. 6in oolle« So^'^ä^^"^ *^^ ^ ^Präfibent
biefe« Äörj)er«, bi« i^m feit 1880 fein leibenber 3wftanb ben 93efud^ ber a[5erfammlungen tjirbot
©eine eminente 33egabung unb Diclfeitige ©ele^rfamleit fanben auc^ au|er|alb feine«
60 engeren lirc^Iic^en Greife« oerbiente SBürbigung. 93alb nac^bem er feine ^rofeffur am
SttmOt 83
Seminar in $^ttabel)>l^ia angetreten, tpurbe er mi) in ben äiertpaßung^rat ber UniDer«
fttat Don ^ennf^toania ertvä^lt, unb bann a. 1868 al^ ^rofeffor ber $^t(ofo))^te unb
SRorol in bie Se^rerja^l biefer tüchtigen älnftalt berufen. @eit 1873 belleibete er auc^
boS Xmt beS 93ice{an}(er$, unb e. 1881 übernahm er noc^ bie $rofef(ur ber ©efd^ic^te.
@r geleerte ju ber amerilanifd^en Itommiffion jur SleDifion ber englifc^en 93ibelüberfe|ung, 5
als @(teb ber oltteftamentlic^en älbteilung, unb förberte bod 2Ber! befonber^ burd^ feine
Vertrautheit mit ben alten englifc^en Überfe^ungen. Dr. Jlrautl^ ^at eine fe^r au^e^
be^te fd^riftfteOerifc^e S^ötigleit auf tl^eo(ogifc^em unb ))^i{o{o))^tfc^em @ebiete enttpicfelt.
©eine Seiträge ju ben firt^jlic^en ©lottern toürben 33änbe füllen, ©ie erftreden fic^ über
eine lange Slei^ t)on 3?^^^"* 1846—1882. Unter feinen ©c^riften finb befonber^ ju lo
nennen: Sine engHfc^e Überfe^ung bon %f)olni^ Jlommentar jum '^loJ^anne^-Sbangelium,
1859; eine neue SSu^abe t>on gleming^ Vocabulary of Philosophy, 1860, unb in
bd>eutenb ertoeiterter ^onn 1876; eine naie 2lu^abe bon 93erlele^« Principles of
human knowledge, mit älnmerlungen unb Sinleitung, 1874; eine englifc^e Übeirfe^ung
ber Slugdburgifci^en Äonfeifton, mit Einleitung unb 3lnmer!ungen, 1868; The Conser- is
yatiye Reformation and its theology, fein i^au)>ttDerI, 1872, tporin er bad äQ3ert))oUfte
feiner t^ologifd^en Stuffö^e jufammen^eÜte. Sin mel^reren @nc^I{ot)äbien tpar er ein ge?
fucbter 9Ritarbeiter. 3^"" Sut^erjubiläum, 1883, l^atte er eine au^ebe^te englifc^e
2uti^bü)gra))l^ie geplant, mit beren älbfaffung il^n bie ^ennf^ltKintfc^e ©^nobe betraute,
unb in beren ^ntereffe er im ^al^re 1880 eine Sieife nac^ @uro))a unternahm. Seiber 3o
blieb bie Slrbeit unbollenbet. 9lm 2. Januar be^ Sut^erjubelia^red 1883 ging Dr. ^rautl^
^m, niK^ e^e er fein fec^jigfte^ Seben^ja^r bollenbet
^e Sebeutung Dr. ßraut^ für bie innere @nth)tcfelung be^ Sutl^ertumd in engltfc^er
&ptaii^t lann fd^toerlic^ überfd^ä^t tuerben, tpenn ^e btelletc^t auc^ erft bon f))äteren ©efc^lec^^
tem m i^em boQen Umfang getDürbigt werben mag. ^ür bie h>eltgefc^i^tltd;e unb rec^td- 35
gefd^id^tlid^e ©tellung ber lu^erifd^en Jlirc^e ift mit i^rer 3$er))flansung auf ben ameritant jc^en
Soben unb i^rem Übergang in bie englifc^e ©jjrac^e eine 5ßeriobe bon ber allergrößten 8e-
beutung unb Xragtoeite angebrochen, ^n Jtned^t^geftalt, al^ ein armer berac^teter ^rembling
unb Pilger ift fte eingetreten in biefe neue äSelt, unb l^at in il^rem SSölfergetümmel i^r be-
fc^^eibened 31^ ju bauen begonnen, älber bei aller älrmut unb Unfc^einbarfeit l^atte fie 90
bo^ gerabe ^ier bon älnfang an ben 93eruf unb eine Gelegenheit, toie nie }ubor, fu^ in
t^rem eigenem ®eifte }u erbauen, unb ba^ il^r anvertraute @ut in Se^re unb Sefenntni^,
in ©ott^ienftorbnung unb SSerfaffung, al^ ^reifirc^e ju t)ollem j^armonifc^em ätudbrud
}tt bringen. 2)ad lonnte il^r aber nic^t gelingen, toenn fte ntc^t il^r @igentümlic^ed tief
unb fic^ erfa^ ^atte unb entfc^loffen unb ftart genug toar, e^ ben frembartigen ftörenben S6
Stnflüffen gegenüber feftju^alten, bie bon allen ©eiten auf fie einbrangen. ^iefe SüiSiber-
flanb^feaft unb Äamjife^freubigfeit erlal^mte aber bei bielen, befonber^ ba, too mit bem
Serbtft ber beutfc^en Qpxaä)^ ber ^ben bed l^iftorifc^en 3u{Ai^>n^n^An6^ abgeriffen h>ar,
unb man anfmg fu^ bed Sut^ertum^ in feiner ^f(>Ii^^^^i jtoifc^en ^omani^mu^ unb
reformiertem ^roteftanti^mud ju fc^ämen. 3)ie eigenen Jtinber h)aren an ber 3Rutter 40
irre getoorben, unb man burfte [xd) nic^t h>unbem, h)enn anbete, felbft ^erborragenbe
a^^ologen ein ganj falf(^>e^ 33ilb bon i^r pc^ jurec^t machten, ^n folc^er 3cit W ®ott
ber ^err ber amerUanifc^-lutl^erifc^en ^irc^e in Dr. Jlraut^ ein 3Ser!jeug em^ecft unb
oiiiggerüftet, bod burc^ natürliche Begabung unb burc^ aUgemeine, toie fpe^iell t^eologifc^e
9ilbung berufen h>ar, nic^t bloß unter i^ren eigenen Jtinbem toieber ein ^etoußtfein unb 46
Serftänbnid i^rer i^errlic^feit ju toecfen, fonbem auc^ nac^ an^tn l)xn fte tröftig unb
ftege^eubig }u bertreten, al^ bie Wutterlird^e ber Sieformation, al^ bie gefunbe ^Bereinigung
ec^t tonfert)attt>er Jtat^olicität mit ec^t reformatohfc^em ^roteftanti^mu^. 9Bie Sut^er im
ittofter tmb ^ulud ^u ©amalietö ^üßen, fo l^atte auc^ Dr. ^rautl^ bur^ feine ganje
^ugenb^ unb ©c^ulbtlbung in }>erfönlid^er Srfa^rung ben @eift lennen gelernt, ben er 60
fpcdct fo mäd^tig unb erfolgreich be!äm}>fte. Ol^ne irgenb toeld^e äußere älutoritöten unb
SinflüÄe, einfac!^ burc^ bad tägliche unb grünblic^e ©tubium ber ^l. ©c^rift unb ber Se^
tomtnidfi^ften, lam er fd;on in ben erften ^a\)xm feiner t)aftoralen I^ätigfeit ju einem
böOigen Umfc^toimg feiner tl^eologifc^en älnfc^auungen in ber Stic^tung auf bad lut^erifc^e
Seformtni^. 9Hd fec^unbjtoan^igjä^riger jiinger Tlarxn \)at er mit oöUiger Jtlar^ett unb 66
9efiimmt^ bie ©runbfäfee au^geft)ro^en, bie feine gan^e ft)ätere t^eologifd^c unb fird^-
liclie SBirffamteit geftaltet |aben. S)em ungefc^ic^tlic^en, fubie!tit)iftifci^ verfahrenen S^^^Ö^^f*
gegenüber fc^ut er fic^ um nac^ bem S^^B»^«^ ^^ (Sefc^ic^te, nac^ bem SJetenntni^ ber
md)^, toie ed aai ber großen 5tamt>fedgeit bed fec^^e^nten ^abr^unbertd hervorgegangen
t$L äRit aQem Sifer ))roteftiert er bagegen, baß bie begriffe „älmerilanifc^" unb „Sut^e^ eo
6*
84 ftrani^
rifd^" irflcnbtoic mitemanber in 3BibcrfJ)ruc^ ftel(;en {ollen. „3)te SBelt Derbanft ber Sie*
formotion mel^r ci^ unferem Slmerilo. ^a, älmerila becbonlt ber Steformotum me^ oä
ftc^ felbft. ^db bin erft ein Sutl^eraner, unb bann ein älmerilaner. ^ meinem ^er^p
ift lein JtonPin jtoifc^en beiben, {te fdj^meljen j^armonifd^ ineinanber. 3Bir ftel^ l^ier
6 mitten im @e{tenh)e{en brin unb bürfen und nic^t leic^tjtnni^ baju l^ergeben, ben ret|enbm
Strom bed @e))aratidmud ju berftärten, ber mel^ d^ oQed anbre bad ©ebei^en eined
gefunben Si^riftentumd in unferem Sanbe ju jerftören brol^t. SBir muffen bomit anfangen,
und {e(ber fennen ^u lernen unb folc^er @rfenntnid treu fein. £a^ und boc^ nidit
mit unferen reichen @<^ä^en an fremben Sl^üren betteln gelten, tDo^nrenb tutr felber bte
10 i^lle audjuteilen l^oben. ^eine ^irc^e lann dl^pdt bor juj^ felber ^en, unb anberen
^c^tung einflößen, tpefm fte fic^ 'il)xtt eigenen @ef(^i(^te fc^mt" @o f}nrt(^t er ed bemi
unber^ol^len aud, mm bielfad^en ^ärgemid bed amerilanifc^en ^tibidmud: „^a^ @al^
bad unfere Äird^e ^ier bctoal^rt l^at, ift germanifd^en Urft)rungd." @r bertieft pdfi in bte
beutfd^en äSöter, i^re Dogmatil, il^re älgenben unb Sieber, toie f))äter für feine Xrbeit
15 an ber Uniberfttät, in bie beutfd^e $l(;ilo{ot>l^ie, beren eigenartigen ©pxadfidfoii er in fein«
finniger, treffenber Sßeife indSnglifc^e ju übertragen berftanb. ®r ^at bem beutf(^®ei{}
ind ^er^ gefc^aut, tpie tt^o^l fein anberer engltfc^er ®elei^rter älmerifad. @ben barum totll
er auf ür^^li^^em 93oben nid^td toiffen bon einem @}>rac^natibidmud nac^ ber einen ober
anberen @eite ^in. „@d ift ein fanatifc^ed beginnen, unfere groge Jlin^e )u einer beut«
20 fd^en ober englifc^en Softe einengen ju tt^ollen. S)ie lut^erifc^e jtirc^e ift tueber engCf(^
noc^ beutfc^. Unb tpenn aud^ btefe beiben @))rad^en nimmer gef}>rod^en toürben, fo tarn
fie boc^ ni^t Derge^cn." 3)abei aber ift er jid^ ber ©efal^r too^l betouftt, bie für ben
©tauben unb bad Seben ber iürc^e in bem Übergang bon ber beutfd^en )ur englifc^
Bpxai^t lag, unb ^at immer toieber feine tpamenbe Stimme bagegen erl^oben. „Take
25 care of the German, the English will take care qf itself " (forgt für bad S)eutfc^,
bad 6nglifc^e toirb für fi(^> felber forgen). 35iefe feine ^ufeerung ift in ber amerilanif<^
lut^erif(|en Jtirc^e gerabc^u ft>ric^h)örtlid^ getporben. „Unfere ^irc^e mag engltf(^ reben,
red^t unb gut. älber, toenn bad aüe^ ift, bann tpirb bie neue @))rac^e fte in ein neued
Seben ^inüberlodten. älQe lebenben Qpxad^m ^aben lebenbige i^erjen l^inter ftdf, unb
90 {teilen nn^ in ben Strom i^red eigenen Sebend hinein. Unfere Jtirc^e barf nic^t bie Stenft«
magb ber S))rac^e ioerben, fonbem bielmel(;r mu^ fte bie S))rac^e }u il^er 2)ienftmagb
ma^cn. Sonft toirb ed ba^in lommen, ba^ bie neue S))rac^e fie in eine neue Jlird^e
bertoanbclt, ftatt ba^ bie alte Jlird^e eine neue S))rac^e gewinnt; ba§ bad Snglifc^e bie
Jttrd^c bclierrfd^t, anstatt bie Jlirc^e bad @nglif(^e. 9lud^ in ber St)ra(^enfrage tDoren
85 unfere äSäter in älmerita burc^aud nic^t fo befc^räntte Jtö;pfe, tt^ie ed je^t 3Jlobe getoorben
ift fte an^ufe^en. @d toar nid^t fo fel^r bie englifc^e S))rac^e, ald bielmel^r bad englifc^
2ebcn bed Sanbed, bad unferer Äird^e taufertbe i^rerÄinber abtoenbig gem<w^t l^at" ßonb
in ^ant> mit ber innigen, tief gegrünbeten Überzeugung bon ber fc^rif^emö^en, imanfec^t«
baren 9Ba^r^eit bed lut^erifd^en SBefenntniffed unb ber begeifterten Siebe }u feiner Aird^
40 ging bei Dr. ßraut^ ber fefte, beinahe fc^n)ärmerifc^e ®laiibe an eine gro^e unb l^en>
lic^e 3w^wnft berfelbcn in i^rer neuen amerifanifc^en §eimat. 3*^ biefem Stücfe toar er
ein Optimift, ber ftc^ burc^ leine noc^ fo fc^h)ere, bittere Srfo^rung irre machen lie^
„^ie lut^erifd^e ^irc^e ift ba^u beftimmt, in biefem Sanbe i^r h)a]^red Seben unb i^ren
eckten ©cift boHer unb ^enlic^er ju entfalten, ald jemald feit ber Sieformation, toeil fie
45 ftd^ ^ier o^ne allen 3^^^9 ^nb Sebormunbung enttotdeln fann." 2)aju aber bebarf ed,
h)te er flar erfannt unb beutlic^ audgefbroc^en l^at, nic^t einer blo^ mec^anifc^en Ueber«
tragung lut^erifc^er Schriften in bie englifc^e Sjjrac^e. 3)ad reicht nic^t l^in, um bie
©runbgebanfen lut^erifc^er SL^eologie bem cnglifc^en Sbra^^freid jugönglic^ unb l^mifd^
5u mad^cn. ^^r ©cift unb 2^btn felbft mu^ in bad 3^iom ber neuen Slationalitot ^in»
50 eingcfd^afft Serben, in meiere fte in Slmerifa einge^ft. ©erabe baju toar nun ober
Dr. Mraut^ t)or anberen berufen unb befä^jigt. 6in Äenner ber englifc^en @ipxad)i unb
Sitteratur, toie toenigc feiner 3citgenoffcn, ganj befonberd vertraut mit ben älteren Hafp«
fd^en Siebtem bid l^crunter ju SBSorbdtoort^, beren ^6Un feinem treuen ©eböc^tnid in
rcic^ftcm Ma^c jur i^erfügung ftanbcn, fo red^t im i^oHbeft^ ber ebelftcn Srjeugniffe bed
55 englifc^en ©eiftcd, eingelebt in feine ganje 3)cnf' unb 3lnfd^auungdtoeife, unb ein 9Reifter
in t)räj|ifcm, fd^ön unb fc^arf gefc^hffenem Stil, babci ein grünblic^er, bielfeitiger ©e*
le^rtcr im bcutfc^cn Sinn bed SBorted, ber Sammler unb Seft^cr einer ber reic^^ltigjtet
unb toerttjollftcn ^4Jrit)at=Süc^crcien, bon ^t\Da 15000 Sänben, in beren Sc^ä^en er bdStg
gu §aufe toar — , toar er ber IDlann, t)on ©ott erforcn, ber borne^mfte ^olmetfc^er ber
60 lut^erifc^en Deformation für bie englifc^c äBeltfprac^c ju toerben. 9. 8|iät4, ^^ilabcip^ta.
ftreO 85
ftrcB (aud^grctt), 91 tfol au«, lurfä#f(i^cr Jlanjier iwcQüt ber ftV})tocalbtmfttfci^en
Sctoegungcn in ©ad^fen, gefi 1601. — OucIIen: a) SwfomntenfQffungcn: 3)1. SRittcr in
bcr %5© «b 17 (öeipiig 18ö3), ©. 116-122; »aut in bcr «flg. (Sncijclopäbic ber SBiffen-
fcftaften unb Äünftc r>on ©rfd) unb ©ruber, 20. 3:cil (ficipjig 1829). @. 122—124; ^afc,
SftofenDorlefungen, Seipjtg 1880, 92r. 5; ^ir^lidie^ ^anble^iton, ^eraudg. t)on Sari Teufel, 6
2. ©b, @. 42—44; ©cftcr u. ©citc, ßir*enIeji!on, 7. 5}b (grciburg i. 93. 1891), @. 1049.
1237; S. «landmctftcr, Sädifift^c ßircftcngcfci^tcfttc, 3)re8ben 1899, ©. 162—166. 428 f.; —
b) IBilbunadgang: ^. gfriebberg, ^ad (Kollegium guribicum. @in Beitrag jur ®efc^id)te ber
fieiPitgcr giiriftcufalultat, ficipiig 1882, @. 105; ®. ©ftr. SBinjer, @uininarl|4c 9?a*ri4t
üon bem 9lart«-(5oDegio 3n Scipjig, fortgefcft Don 3. grr. SSoHbert, fieipjig 1783. (ejcm* lo
plar ber Seipjiger ©tabtbibliot^ef mit ^anbfc^riftüc^en iRac^trägen). Matricula Eectoralis
(^otibfctrifr ber @tabtbtbHot^ef in fieipxig); %. (SIemen in „Ueberft^t über bie gefd)ic^t(i4e
(^tmicfelung ber ©^mnaften". SSeröffentUd^ungen uir ©efc^id^te bed gelehrten Sc^ulmefen? im
^[Ibeninift^en 6a4fen, ^eraudg. im Auftrag bed 8fic6ftf(!^en ©tjmnaftaUel^rerDereind, 1. ^eil,
fi«ipjigl900, @. 32; fiorenj, ®rimmenfer»«Ibum, ®rimma 1850; «. gfrouftabt, ®rimmenfer= 16
@tammbu4, 1900. Sebendna^ri^ten über bie Si^d^^i^d^ ^^^ SfürftenMuIe ®rimma, Zeigen
1900, @. 17, 92r. 96. Promotiones Magistrales (^anbWrift ber@tabtbibIiot^c! inScipjig). —
c) iHr^enpoIitit. 3)ie Elften über ^reU befinben ^id^ imS^önigl. $)auptftaatdar(^it> ju ^redben
unb begreifen fiitt 9— 12Sofate, ftnb jebo4 ni^t me^r üoUftfinbig Dor^anben, ba ma^rfd^ein*
tid) Dieied nat^ $rag gefenbet morben unb r>on bort nidjt mieber jurüctgelangt ift. ^ad 30
fBicfttigfte barau« in: ©amml. oerm. iRocftr. j födjf. Oefcftic^tc IV, 1—185; V. 295-333;
»«ije, ^ufeum m, 57ff.; bcffcn 9?eue« 8Kuf. 91 ff. «eitere Sitterotur: ©eftftreibung
ber caloinifc^en Spotte, in @a4fen eingefc^Ii^en, S^na 1 591 ; ©unbermannd j^u Setpjig ^lage,
?ein unb »e!enntniÄ 1592 (®ebt(öt); Seidjprebigt, S3ber ben Custodierten D. NICOLAUM
KRETJi . . . burd) Nicolaum Blumium . . . ^rftlid^ gebructt juiOeipjig 3C ; Urb. $teriud, 26
(iiamtn unb ^rleuterung ber in bie iBeid)prebigt 3C. etngeftreuten falfcben Sefc^ülbigungen u.
unerftnbl. 9lnflagen, öremcn 1602 ; &. ®. angelten, Historia Nie. Crellii capite plexi, variis
ab errationibus liberata, Rostocb. 1727; ®Ieid|, Annal. eccies. 1, 321 ff., 352 f., 416 ff.;
ßeben, 6<ftic!fale unb @nbe beS Dr. ^. {^xtU, fieip^ig 1798; «rnolb. Unpart. JTirtöen* unb
Äefertjiftorie II, 864; Xbomapu«, «nnolcn, @. 207. !Reuere: ^affe, §lbri6 bcr meiön.s 30
albertin.«ffi(fif. SHrcftengefdjic^te II, 65 ff., mit ben ©rgän^iungcn ^icrp in: 9'iiebncr, 8^**'
{d)Ttft für bie ^ift. S^eoL, 1848, 8. 315 ff.; ®retf(6cl'93ülau, ®ef4i(6te b. föcbf. $o(ted unb
etaate« II, 116ff.; «öttiger-gflolbe, ®efd)i*lc b.5hirf. u. tönigr. Saufen, II, 94 ff.; ?Ri(^arb,
i)eT 5hirfurft(i(t) S5d)rtfcf)e banaler Dr. 92icoIaud ^reU, ^redben 1859, 2$be; »Robert (Salinid),
gmei ffid)f. dan^ler, S^emni^ 1868; ®. 6aran, ^er ^^ptocabinidmuS in ^urfadifen unb 85
T. 9^it Äreü, in: »eQ|(6Iag, a)eutfc6c eoangel. «lättcr, 1879, 8. 596 ff.; ^enfe, <ßeucer unb
Area, HRorburg 1865; g. öranbeS, 2)cr Ä:an§Ier ÄrcD, ein Opfer beS Drt^obojiSmuS, fieipjig
1873; 3R. aiitter, ©riefe unb «Itcn jur Oefc^idjte beS brcifeigjä^rigen ÄriegcS in ben Selten
be« Dorwaltenben dinfluffe« ber ©ittciSbadjer, 1. ©b, @. 10-61; JJ. uon ©cjolb, ©riefe
be* ^falsgrofen Sofiann Saftmir mit uerroanbten 6c6riftftüden gefommelt unb bearbeitet, ^
2. ©b, 1582-1586, SWünAen 1884, @. 419, «nm. 1; W. SRitter, ^eutfdje ©cfdjicbte im
3eitalter .ber Oegenrcformatlon unb be« breijigjfiörigen Äriege« (1555—1648), 1. ©b (@tutt.
gort 1889), ©. 644 f., 2. ©b (Stuttgart 1895), <B. 44—61 ; ®. ©ro^fcn, 3)ag Seitalter beS
breifiigjfiöriaen Äriegeö. Oef^idjte unb ©orgcfdji*tc, ©erlin 1888, @. 364—375 (t)ier ©. 374
ein gleic^jeitiget anonymer 6tid) Caput r^icolai Crellii CaDcellarii Christiani I. Electoris 45
Saxoniae); ^.Siitter. 2)aiS Sc^idfal bed Dr.??. ^rell in $t. Don SeberS «rdiio für bie @ä(^^
ftftftc ®ef(t)i(6te, 7. ©b (Seip^ia 1869). @. 211-217; ^. ®. ^elbig, 3ur ®e|4i*te ber fur=
fa(t)rif<ften ^oHtil 1590 unb 1591, ebenba @. 287—317; g. Sanffeu, ©efcbidjte bcS beutfcften
©olfe», 5 ©b®. 90 ff. 137—140; 6. ©b, ©139. 503 f.; 7. ©b, ©.571-574; ®. Lanier au,
aUeformation unb Gegenreformation (fie^rbucft ber lEirc^engefc^idite oon S. ^öUer, 3. ©b), 60
2. «ufl , grreiburg i. ©. 1899, ©. 267. 274 biS 276 ; Ä. x>. SBeber, 3Ir*it) f. b. ©ä*ftfdje
Okfcbicbte, 8. ©b (iBeip^g 1870), ©. 219; ©. ©o^nenftfibt, ^ad ^rojegoerfa^ren, gegen hen
furfSt^ftf^en S^an^Ier Dr. ^Ricolaud ^eU 1591 bid 1601. ^argeftellt nad^ ben %ften beS
3)reebener ^upt'©taatdar(^it)d. 3nauguraI«^iffertation, ^alle a. ©. 1901.
92iIolau$ Ärett tourbe um 1550 in Sei^jjig ol« ©ol^n bc« ^rofefjor« bcr 3)efreta(en, 66
itonontlu^ bed SKerfdburger 3)omIapitefö uno 5ßrofonfute be^ Seipjiger SRale^, Dr. jur.
SBolfgona Jlrett, geboren, ©ereit^ im ©ommerfemeftcr 1556 h)urbe er ate le^ter in bie
Slri^ifqle SRotion an ber Umt)erfttät aufgenommen. 3lad) feinet ©ater« frühem ^^obe bc«
fudftt er unter bem Sleftor äfcam ©iber 1568 bi^ 1571 bie JJürftenfd^uIe ^u ©rimma,
taribmete ftd^ in feiner ©oterftabt bemStubium ber 9le(^t«U)iffenf($aft, tourbe 1572 ©acca^ go
butreud, am 27. 3<*nuar 1575 afe 17. bon 38 SRa^ifter, unb fd^Io^ feine ©ilbung mit
einer 3leife nad^ ber ©d^toeij unb SJranfreid^ ab. ^ler l}ai er ftd^ tpo^l bie iuriftifd^e
S)oItortt>ürbe erloorben. I3n feine ^aterftabt jurüd^efel^rt jeigte er ate 3)ojent an ber
Unit)er|ität toie aö ©ad^toalter eine l^erDonagenbe ©efä^igung. 3)al^er ernannte i^n
Jturffirß Xuguft 1580 }um i^ofrat. in ber Sanbe^regierung unb orbnete i^n 1581
86 ftreO
bem Jtur))rin2en S^rifttan atö diai unb ^rer Bei. 9Ud biefer 1586 na^ bem Xobe
feinet SSaterd jur ^urtDürbe gelangte, erl(;o6 er toenige SJtonote ft)äter ben Dr. ftteO
mm gel^eimen diät unb 1589 nac^ bem Xage t)on Sangenfolja an ^atnb $eifec^^
bed $au)}ted ber (ut^erifd^en 93eamten))artei, @teKe jum Kan}(er mit beinal^e imttms
6 fc^räntter ®eh)alt, inbem gleichzeitig ber bon bem Jlurfürften äluguft eingefe|te ©eJ^etmrot
aufgelöft h)urbe unb aQe Sefugnid biefe^ JtoQegiumd in ber $au))tfaci^e auf ftreU oDetn
überging.
dia]d) unb ^oc^ tt^ar biefer em))orgeftiegen, tief unb jöl^ tt^ar fein ^ciSi. Hurfac^fen
tpar )u ber Rüt, aU ItreK anfing, bie @eele ber @taatdleitung ya n^erben, tuieber ein
10 ftreng lut^erifc^ed i^anb. 2)er SSerfuc^ ber SBittenberger, bem calDiniftifc^ gefärbten ^ffU
Ii^))i^mu^ unter bem 3)echnantel bed Sutl^ertumd im Sanbe (Singong }u berf^affen, toor
1574 energifc^ unterbrücft toorben. 2)er Äanjier ßracau, ber furfürpiic^ fieibarjt ^eucer,
ber $of))rebiger @(^ü^ unb ber @u)>erintenbent Stößel Ratten fämtlic^ il^e SKmter Der*
loren unb befanben ftc^ enttoeber in ftrenger $aft ober tparen in il^r bereite geftorben.
15 Surd^ bie jtonlorbienformel unb bad 1580 i^ubli^ierte Jtontorbienbud^ l^atte ba^ uttl^enfc^e
Sef enntni^ t^eologifc^en älbfd^Iu^ unb lirc^lid^e @anItion erl^alten. 2)ie l^o^en Jtirc^enämter
im Sanbe toaren faft überall mtt ftrengen unb eifrigen Sut^eranem befe^t. 3lux toenige
3Sertreter ber calbinifc^en 2e^re fanben ftc^ „unter bem Abel unb in ben gebilbetcren bite*
gerlid^en Jtreifen.
20 . ^rell bagegen ^atte frül^er auf feinen Steifen burd^ ^rantreic^ unb bie @d^toeii mit
äSeja in ®enf berfe^rt unb mit cabiniftifd^en ®runbfä^en fid^ befreunbet. @obaIb er ba^er
5ur 9Rad^t gelangt h)ar, eröffnete er burc^ eine gan^e Sleil^e tiefgel^enber firc^Iic^er 3Rafy
regeln eine ^meite @))od^e bed firV^tocalt)ini^mu^ für Jturfac^fen, aSerbingd nic^t ol^ne
3Jtith)iffen unb ^uftimmung be^ bon bem $of)n:ebiger @d^ü| in ^^tli))^iftifd^en Stnfc^auungen
25 erlogenen, babet tt^enig felbftftönbigen Jturfürften Sl^riftian I., Yodö^n übrigen^ berftc^erte,
h)eber 6alt)inift noc^ ^lacianer, fonbem gut d^riftlid^ fein }u h)oUen. 3)ie Unterjeic^nung
ber foeben erft nac^ fd^h)eren ^äm))fen aufgerichteten ^onlorbienformel h>urbe t>on ben
Äirc^enbiencm feit 1587 nic^t hjeiter geforbert, toie bcnn Ärell felbft bei feiner SeftoDung
jum Jlanjler auf feinen äBunfd^ bamit t)erfd^ont tourbe. @in lanbeel^exrlic^ ÜRanbot
30 t)om 28. äluguft 1588 gebot ben ^rebigem, „\)a^ unjeitige unb unnötige, aadf ärgerlich
®cbei^, @e}änl unb SSerbammni^, beffen ftd^ etliche mel^r ^u 3^i^i^üttung bemt @rbauung
unb Sauung ber c^riftlic^en (Semeinben an^ ge^efftgem ©emüte eine 3cit^cro unterfUmben,
gänjlic^ gu Dermeiben". 3)er ©uperintenbent ©elncccer in 2ei})ug, toeld^er fid^ baburc^
in feinem jjolemifd^en ®ifer nic^t ftören liefe, tourbe 1589 entlaffen unb an feine ©teile
36 ber cafoiniftifd^e ^ßaftor an ber 5RifoIaifirc^e aBolfgang §arber gefegt, toä^renb ald 5ßaftor
an ber I^oma^Iird^e ber gleic^gefinnte ©unbermann berufen tourbe. gn SBittenberg liefe
man ^ßol^farj) Se^fer, ben SWitarbciter bei bem JEonforbientoerfe, nac^ Sraunfd^toeig jiel^en
unb berief an feine ©tefle ben ©uperintenbenten Urban 5Pieriu^ au« Äüftrin. 3n 3)re«ben
tourbe ber §ofj)rebiger 3Riruö, toeld^er bem Äurfürften erflärte, er toerbe bem ^l. ®eifte
40 ba« 5!Raul nic^t ftojjfen, be^^alb 1588 feine« 3lmte« entfe^t unb eine ^üt lang auf bie
geftung Äöntgftein gebracht. 3)ie bciben $of})rebiger ©almutl^ unb ©teinbad^ bagegen
toirften für ben 6atoini«mu« burd^ SBort unb ©c^rift; jener bearbeitete in ©emeinfdpaft
mit 5pieriu« eine Sibel mit catoiniftifd^en ©loffen, bie fogenannte Ärettfc^e Sibel, toelc^
aber nur bi« ^um 2. 93üc^ ber S^ronila Dorrücfte, biefer einen ^atec^i«mu« t)on gleich
45 Jenbeng. ©leic^jeitig tourbe 1588 ba« Dber!onfiftorium ju 2)re«ben aufgej^oben unb bie
§erau«gabe t^eologif^cr ©cbriften einer fd^arf en Genfur unterteilt. 2)oc^ tiefer a\S burc^
(Stte biefe SSorgängc tourbe ba« firc^lid^e SSolföbetoufetfein Derle^t burc(i bie unter bem
4. 3"li 1591 anbefohlene 2lbfc^affung be« @jorci«mu« bei ber 3;aufe, in toelc^er nic^t
blofe ber gemeine 5!Rann, fonbem auc^ ein grofeer 3^eil ber (Seiftlid^en einen f(^>toeren, bie
60 ©ctoifjen bcbrücfenben (Singriff in ba« SBefen be« ©aframent« erblicfte. 3^^^ ^**^
ßl^nftian I. felbft feine jüngfte loc^ter 2)orot^ea im Januar 1591 uim tiefften Seibtoefen
ber Äurfürftin ©opf^ia burc^ ben §ofj3rebtgcr ©almutl^ obne jene ^ormel taufen laffen;
aber Diele liefeen jc^t i^re Äinbcr lieber ungctauft ober fuc^ten bie 3^aUfe au«toärt« noc^f.
'^n ber Äreujfirc^e ju 3)re«ben erxtoang ein 93ürger unb ^l^iW^ bd ber Xaufe feine«
66 «inbe« ben ßgorci^mu« mit bem 33eile in ber §anb, in Seij)5ig unb anbertoört« lam e«
in tumultuarifc^en Sluftritten. 311« ber .^urfürft mit Ärell um jene 3rit auf einer Steife
nad^ ^tnta fam, bat \f)n ber ©ut)erintenbent Salt^afar Äabemann mit feinen fämtli^en
©eiftlic^en fufefäüig, fic mit ber Untcrfc^rift toegen ber SBeglaffung bc« ®jorci«mu« }tt
Derfc^onen. 2)er Hurfürft toar fic^tlic^ betroffen unb liefe ben ftanjlcr l^art an : ,,2)o« 1^
üo id; nid^t getoufet, bafe ba« 3)ing fo t)iel ju bebeuten l)at/'
^(0 87
SBte ed bei eingelnen btefer tirc^lidben Sieformen gtDeifel^aft bleibt, ob fie auf JtreS
aQetti ober nur l^u))tfä(i^Ii(^ jurüdjufül^ren fmb, fo lö^t ftd^ ^ur 3^it nic^t mit @id^erl^eit
fefIßeDen, ob er ber Url^eber ober nur bo^ Organ ber ))o(ittfci^en 3Ra§nal^mcn mar, ju
benen fu^ S^füan I. im ©egenfa^e ju jturfürft äluguft in ber 93e^anblung ber Sleid^'
^olittt, toie befonberd ju ®unften bed ßalDini^mui^ beftimmen lie^. Sßäl^renb ItreQ in 6
einem ©utac^ten t>om 16. 9lobember 1586, in bem er bie ©rünbe für unb toiber eine
llnterflü(ung 92abarrad obtoog, ftc^ fc^Iie^Iid^ abratenb an^pxad), bertrat er f^öter bie
entgegengefe^te Snfc^auung unb fieberte i^re 3)urci^fü^rung auf ben ß^f^^n^^^^f^^
feinet $erm mit ))roteftantif(^en ^rften )u $(auen 1590 unb Xorgau 1591 ; fud^te aber
and^ ^er gegenüber bem ^Drängen unb treiben ^o^ann Safimird m befcbh)ici^tigen unb ju lo
madigen. 3)ie Hugenotten in ^anbeic^ tourben gegen bie fat]^o(if4e Sigue mit naml^aften
^ilfdgelbem unb mit 3;ru)}t)en unterftü^t. älllein ber 1591 unternommene ^(bjug unter
bem ^rften S^tion t)on ^n^olt blieb o^ne @rfoIg, unb ru^mlod, mit einer niemals
eingelöften Slntoeifung auf rücfftonbigen @o(b, leierten im folgenben ^Qi}xt bie föc^ftfd^en
$Ufdtni))t>en jurüd ©erabe auf biefen $unh tourbe f))äter bie $au))tanl(age toiber Jtrell 15
gegrünbet
@d begreift fid^ nämlid^ leidet, ba^ bie Umufrieben^eit mit bem mächtigen Jlanjler,
ber )uglei(t^ l^eftigen 3Iem))eramentd unb l^errifc^en S^aralterd toar, namentlid^ in ben
Greifen bed 8bel^, ber f)o1^m §ofbeamten unb ber ©eifttid^feit immer f)'6f)^ ftieg. ©en^
nod^ toürbe er bei ber ©unft, in toelc^er er bei bem jturfürften ftanb, toa^rfd^einlid^ noc^ ao
lange fui^ bel^au))tet l^en, f)ätt^ nid^t ber ^lö^lic^e ^ob feinet ©önner^ i^n ebenfo
jpBifiidf ju Soben getoorfen. ßl^riftian I. ftarb ben 25. ©e))tember 1591, erft 31 3^*^^
alt, unb l^interlie^ feinen minberiöi^rigen @ol^n unb 92ac^foIger Sl^riftian II. 3lo^ am
3^ge toor bem Segräbni^ be^ flurfürften entfette ber pix Sormunbfd^aft be« jungen Sles
lenten berufene älbminiftrator ^ebri^ äBil^elm, ^ergog ju Sad^fen^älltenburg, ein Snfel 26
|o^n ^ebric^ bed ©rogmütigen, auf älntrag be^ äluSfc^uffed ber Slitterfc^aft unb im
5iiü>erftdnbnid mit ber toertoittoeten Äurfürftin Sophia ben Äanjler feiner SBürben unb
lie| i^n auf ben itdnigftein bringen, ^ier h)urbe ü)m ein elenbe^ ©emad^ jur ^ol(;nung
ongetoiefen, toeh^ed t>orl^er bem Dr. 3Rirud gum Slufen^alt gebient l^atte unb bem {ranlen
SRonne nic^t einmal ^inlönglid^en @d^u^ gegen bie Sßitterung bot. @in öi^nlic^e^ So^ 90
traf, ©olmut^, $ieriuS, ©unbermann u. a. SSiele ©eiftlic^e, toeld^e ftd^ toeigerten, bie
bei ber 1592 angeftdlten Jtirc^ent)ifttation t)orgelegten bier älrtifet )u unterjeid^nen,
tourben abgefegt, jo^lreic^e alabemifc^e Seigrer unb anbere 93eamte aud gleid^em ©runbe
entfernt.
@ine naivere 2)arftellung be^ fireUfc^en ^rojeffe^, ber fid^ bon je^t an burd^ bolle 86
u^ ^a^re longfam ^in^og, l^at 93. 93ol^nenftäbt in ber oben genannten ^iffertation in
Ibigri^ genommen. 2)rei ^agen fud^t er ju beanttoorten : ^urc^ toen tourbe JtreQ )otx=
baftet? SBer trug bie ©c^ulb an ber je^niäi^rigen 3Serfd^lej)j)nng be^ gerid^tlid^en 3Sers
fa^en« gegen i^n? SDSaö enblic^ fül(;rte feine Verurteilung ^erbei? 3" ^^"^ bi^l^er t)ers
öffentlid^ten erften3:eile fommt ber SSerf affer ju bem 6rgebniffe: „9lad^bem ba« ^ai}x 1592 40
bm Älägem bie Überzeugung gejeitigt ^attc, bafe ber SJerfuc^ eine^ georbneten ^Projeffe«
ein toergeblic^ed beginnen fei, fo bafe ein fummarif^e« Verfahren befc^loffen tourbe, rebräfen^
tiert ^ebric^ ^il^elm für bie älu^fü^rung biefe^ 93efd^luffe$, toelc^ereine foforttgeSeenoigung
bed ^rojeffe« l^erbeifül^en mu|te, ba« retarbiererü)e 3Koment. 6r berfuc^t c^ obermate, Se«
toetfe für bie @(^ulb be^ ©efangenen l^erbeijufc^affen, toöbrenb bie Sanbf c^aft ba^ @rgebnii^ 45
biefer Semül^ungen ru^ig abtoartet". 2lnfang« fanben bie 5Kitgliebcr ber SRitterfd^aft, toeld^e
Jtrdld SSerl^aftung beantragt Ratten, feine^toegg allfeitige Seiftimmung. SSielmel^r erflärten [xi^
bie Umt>erfttäten Wittenberg unb 2üpm ablei^nenb ober au^toeic^enb, ja ein beträc^tlid^er
%üi bed Stbel« äußerte [xä) gegen ben Kurfürften bon Sranbenburg unb ben älbminiftrator
mi^iOigenb, ba§ burd^ bad bii^l^erige Vorgehen gegen ben Jtan^ler ba^ ©ebäc^tnid be^ so
iKrftorbenen 2anbe«^erm t)erunglimi)ft toerbe. Srft nac^ mel^riäi^rigcn SSerl^anblungen unb
nod^bem bie ©attin Arelix, 5!Rargareta geb. ©riebe, toieberl^olte ÜJlonitoria be^ Sleic^^
lommergeric^t^ ju ©beier toegen Sled^t^tjcrjögerung ertoirft l^atte, gelang e^, 34 Älage^
pmdU jufammenjuftellen, bie aber ft)äter me^rmafö geänbert unb fc^lie^Uc^ auf einem ben
1. Jebruar 1600 ju 9Reifeen gehaltenen äu^fc^ufetage auf folgenbe bier rebujiert tourben: 55
ÄreU l^be ben flurfürften jum ßalbini^mu« berfü^rt, jum framöfijc^en Ärieg^toefen ber=
leitet, bem Raifer entfrembet unb mit ber Sanbfd^aft entjtoeit. ^er 3tngcflagte berief fic^
in ben feit 1597 mit i^m angcfteüten Verhören fortbauemb auf bie überall eingeholte
unb erlangte ©ene^migung be^ 2anbe«l^erm, ja btfjaupUU, bafe er il^m bon ber fran*
}öfif(^^ Äriegderllärung abgeraten l^abe. 6nblid^ aber, um jum ^kk ju gelangen un^
88 ^cO Stttta
tarn Setpetfe ber Un))artetKcl^Ieit, überfanbte ber Slbmimftrator bie Unterfuc^ung^otten {um
%erf)}ruc^ an bie bö^mifc^e 9lt>))eIIatu)nd!ammer in $raa, toetd^e, o^ne bed Steligiond»
t>un!ted ju gebenlen, unter bem 8.@e)>tember 1601 )u Snfed^t erlonnte, „ia^ Xngdlaster,
3). ?ltcol. Ären, mit feinen bielfac^en böfen, toiber feine ^flic^t fürgenommenen, bo^tm unb
5 mit frembber ^errfc^aft unb berfelben Slbgefertigten gebraud^ten ißradEtilen unb aOeij^anb
argliftigen fd^äblic^en ^ümel^men, fo ju ^ec^t genugfam uf in bargetl^on unb ertmefen,
baburd^ er toiber ben ufgerid^teten Sanbfrieben ju 2!urbirung gemeine« 38aterlanbe« Snil^
unb (Sinigleit gel^anbelt, fein Seib unb Seben bertoürdEet unb alfo, anbem mm SDbfc^,
mit bem ©d^toerb gerechtfertigt toerben fott". Ärell, toeld^em hcS toon bem »bminiftrator
10 beftötigte Urteil ben 22. September t)ubli]^iert tourbe, toenbete t>ergebli(^ fofortige 2äu<
terung bagegen ein unb tourbe ben 6. Öltober \>on bem Ifönigftein nadf SDre^en ge»
brad^t, too man il^n bem 2)ol^naer 5ßfaner TOIoIau« 93lume nebft utoei ©reiJbener SDio?
Ionen )ur Xobe^borbereitung übertoie«. 92ad^bem er feierlich feine Ünfd^ulb an ben ibm
beigemeffenen 93erbred^en beteuert unb mle^t ftc^ in bie $anb ber göttlich SDreietnmteit
16 überanttoortet ^atte, toarb er ben 9. Drtober 1601 auf bem Sleumorft )u 3)redben öffent«
lid^ ent^au))tet. 2lfö fein $aupt gefallen toar, rief ber 6<^arfri(^>ter: ,,3!)a« toor ein cot
binifd^er ©treid^ ! ©eine 2:eufel«gefellen mögen fic^ too^l fürfel^en, benn man fc^ont oll^ier
feinen." 2)er junge Äurfürft ß^riftian II. ^atte am Sage nad^ ber 5ßublifation bed UrteiÖ,
ben 23. @ej)tember, nac^ erlangter SWünbigleit bie Slegierung angetreten unb berreifte am
20 ^inrid^tung^tage bon ©reiben nac^ Orofeen^ain, toä^renb feine 5!Rutter ©ojjj^ia, toelc^
ben Äaijer Slubolf au^brüdflid^ um eine „x^ö^i crnfte ©traffe" gebeten l^e, bem blutigen
©c^aufi)tel jufal^, inbem fie äußerte, fie tooHe bem 9Kanne fein 9le(^>t t^un fe^en, ber i^
feiigen §erm fo übel angefü^ret ^abe. 3)a« ©d^toert, mit toeld^em Ärell ent^au))tet toorben
ift unb ba« bie Snfc^rift Cave Calviniane trägt, toirb im l^iftorif(^>en SKufeum ju 35reÄen
26 aufbetoal^rt. 3)ie Äoften bc« ^Pro^effeö beliefen ftc^ auf 117972 ©ulben.
Ären erinnert Dielfac^ an ben bänifd^en 5!Rinifter ©truenfee, toelc^er ebenfalls oud
bürgerlicher ©t)l^äre jum allmächtigen Slatgeber eine« fc^toad^en gürften emj)orgeftiegen,
bur^ unborfid^tige, alle« überftürjenbe Steuerungen $ol^e unb Sliebrige toiber fxdf auf»
brachte unb auf bem 2RarItt)la^ ju Äopenl^agen ben 28. 3lt)ril 1772 blutig enbigte. Um
80 ftreitig füllt bie §ärte unb ©raufamleit in bem SJerfal^ren toiber ben unglüdHid^en 3Rann
ein bunfle« 93latt ber fäd^fifd^en ©efc^id^te unb toirft auf ben bamaligen Mec^t^juftanb in
SDeutf^lanb ein trübe« 2id^t. 9?amentlic^ toar e« eine grobe 3lnomalie, ba| ein lutJ^erifd^
2anb fc^liefelic^ einen lat^olifd^en ®eric^t«l^of anrief, um einen ^e^n ä^re lang l^in»
gcfd^le^>)ten ^rojefe >um 3lu«trag bringen ^u laffen, bei toelc^em fonfeffionelle ?JunÖe
86 toefentlic^ in 5Jrage famen. Slber nur eine einfeitige ®efd^ic^>t«betrad^tung fann in ÄreH
lebiglid^ ba« Ojjfer be« lird^lic^cn ganati«mu« unb ben fc^ulblofen 2Rärt^rer feiner reli»
gtöfen Überzeugung fe^en. SSielmel^r fe^t ftc^ bie Urfac^e feine« ^He« unb Untergange«
au« fe^r Derfc^jiebenen g^^toren ^ufammen. 3)er äbel unb bie ^urüdEgefe^ten bolzen $of«
beamtcn Derjiel^en i^m nic^t feine bürgerliche 3lblunft unb Übergebung, too^l aud^ bie
40 Sef^räntung gctoiffer 5ßrit)ilegien, 5. 93. be« ^agbrec^t« (Ä. b. ffieber« 3lrd^ib für ©äd^f.
®efc([id^te 7. 93b, ©. 214 f.). 2)ie ®eiftlic^!eit mit ber Äurfürftin iüxnU ij^m toegen feiner
lird^lic^en ®etoaltfc^ritte, lei^tere in«befonbere toar il^m Jjerfönlid^ abgeneigt. 2)er Äaifer
enbltc^ unb fein ®eric^t in ^rag bestrafte i^n für bie Hinneigung ju granlreid^. @r
fclbft aber beging ben folgenfc^toeren ^el^ler, baj er, ol^ne babci mit boller Älar^eit unb
46 Offenheit ^u Säcrfe gu ge^en, bem ©ad^fenbolfe jum gtoeitenmal nad^ furjer 3^^ f««
lut^crifc^e« 93cfenntni« in ^rage ftelltc unb e« im ©turmfd^ritt ju fird^lic^en Umgefial«
tungcn brängtc, für beren 95ebeutung im gntereffe eine« einj^eitlic^en 3Sorge^en« ber eban«
geli'fc^en 3Hci^«ftänbc in tocitcn iRreifen toeber ä5erftänbni« noc^ gmpfänglic^feit bor»
^anben toar. Über bie }3olittfc^e, fird^lid^e unb Jjcrfönlic^e ©tellung be« abminiftrator«
60 ^cbric^ Söil^elm gicbt 93o^nenftäbt (j. 93. ©. 34 -36) eine Steige bon SBinfen,
D«»a(b ec^mibt t (©eorg aRfttter).
Srcta im ajjoftolifc^cn Zeitalter. — fiitteratur: Ä. ^öcf, ÄretQ, 3 »önbc, ®öts
tingcn 1823 — 29; i. ?l. ib. eprott, Travels and researches in Crete, Bonbon 1865; ®.¥cr«
rot, nie de Cröte, Souvenirs de voyage, ^ßari« 1867; ^. @trobI, ^reto, ^üntftcn 1875— 77;
öö^onbb. b. floff. WItcrtumsJmiffcnfcÖQftlll, S. 212— 219; Kiepert, ^Iqö öon C>eUa«, »l.XXI;
3nf4viften CJG II. 2554—2612; ^Jommfen, 9i® II, 64. III, 74f. 141; aRarquarbt, mm.
StaatSücrnjaltung P, ©. 457 ff.; (Slrabo X, 4 p. 474 ff.
Kreta, in früberer ^txt bie blül^enbc „S^f^ "^^ ^unbert ©täbte", toar im lefeten gjal^r»
l^unbcrt t). 6f^r. biirc^ unaufl^örlic^e 95ürgerlricgc \)'oüxq jerrüttet unb für bie jfänber be«
ftreia ftrct^t nnb ^ItOfi 89
Sttttelmeexd eine bouembe ©efal^r burd^ bie bort l^aufenbe Piraterie, ^m fretifd^en Jhtege
(68—67) imtertoorf ber 5ProIonful D. SKetelluö in fd^toeren RänH)fen bic ganje S^H
3^te Dtflonifation oI« 5ßrotoinj, bon SWetellud begonnen, toutbe im ^cii)xt 66 bon $oms
pnu& iVLttt Xbfd^lug Qtbxad)t Ob fte bereite bamal^ mit S^renaica bereinigt toorben,
iß }ta)eife(]^ (^arquarbt @. 461). ^m ^a^re 27 nad& bem Xobe bed älntoniu^^ ^ai 5
Octobion fte mit il^ene }u einer ^robinj ^ufammengefa^t. SDer 92ame ber 9!)o))))e(^rot>in)
taKd^felt: &ete ober Sirene ober Srete (et) Sirene (Dio Gass. LIII, 12, 4: Kqijttj
furd Aißvfjg rng nEQi KvQijvf]V ; ©trabo XVII, 3 p. 840 : Kgi^rtj fieiä Tt\g Kvgrj'
raiag), @te geipörte bem @enat (Dio Gass. a. a. O.) unb tourbe bon einem ^ro^rätor
mit bem litel proconsul bertooltet. Unter ben ©tobten, bie in römijc^er 3«t ein xoiv6v lo
btiben mit einem KQrjtdgxvg (CJG 2744), toaren jur ^t\i be^ ©trabo am bebcutenbften
®ort^na, ^onia uno ßnoffod (lat. Gnossus), (entere eme römifc^e Jto(onie. 9U^ $aulu^
auf feiner ®et)ortation«reife 21® 27, 7 nac^ Äreta tarn, fui^r fein ©c^iff am norböftli(^>en
Sorgebirge ©olmone borbel 93ei ©trabo l^ei^t e^ HaX/Luoviov (II, p. 106) ober 2*0-
fjuüviov (X, p. 472. 474 u. ö., bei Ptolem. III, 17, 5 ZafifjKbvuyy, Plin. n. h. IV, i6
12,71: Samonium); ouc^ finbet fic^ ZaXfxoyvlg Dionys. Perieg. 110. 3ln ber ©üb*
fit^ entlang fal^enb, lanbet man in Kcuol hueveg, in ber 92ä^e ber ©tabt SJlatala
^iatalia Ptolem. III, 17, 4) an bem fübli(^>ften SSorgebirge ber g^fel. 3)ie ©tabt
&fata {Aaoaia, Aaaaala ^*, Aatoaa ^^<^, 'AXaaoa A vg. OdXaooa vg) ift nic^t nac^«
tDci^bor; bieQeid^t liegt 'Aixxl )u ®runbe (f. 93(ag ). ©t.). 3)er i^afen $l^5ni£, ben bie30
€(^er 27, 12 errei^en mdd^ten, l^eifet bei Ptolem. III, 17, 3 0oivixovg hfxrjVy ba«
neben eine (Pöivii ndhg ögl. ©t)ratt ©. 249. 2)ie 3nfel Kavöa («'^ B ; KXavfni HLP,
KXavda «) Reifet bei Ptolem. III, 17, 11 KXavöog. 2)ie »eööllerung bon Äreta, ur=
fprfinglic^ ftarl gemifc^t aud^ mit femitifd^en Elementen, fül^rt ben 9{amen Kgfjreg. ^u«
ben auf Äreta fmb bejeugt 1 9Raf 15, 23 (®ort^na). Jos. Ant. XVII, 12, 1 § 327 26
b. j. II, 103. Phüo leg. ad Gaj. § 36. II, p. 587 M. ©ie KQtjreg 31® 2, 11
finb tretifc^e Ipuben ober ^rofel^ten. ^er fd^lec^te 9luf, ben bie äSebölIerung \>on Jtreta
^e, ift ni^t nur burc^ Sit 1, 12 bezeugt. KQrjuCeiv für lügen unb trügen Anth.
11, 371. Kgrjta xQfjxlCeiv einen ©d^elm überKften, Plut. Aem., 23. Lys. 20. S)er
twm bem SSerf. bed Ittudbriefe« dtierte ^ejameter KgijTeg del yjievarai, xaxä ^gux, ao
yaarigeg ägyal \oü nac^ S^r^foftomud an^ ben Xgtjafioi be$ @^imenibe^ ftammen, bed
jnciefterlid^en ©el^erd unb SBunbertJ^öter^ aud ber Reit (unb go^O ^w fieben SBeifen (Plut.
SoL 12. Diog. Laert. I, p. 109 ff.). 33gl. ben 9(rt. bei ^aul^. ao^amted eeig.
StnÜli tmb ^(tt^i. Gleitete ^Ibl^anblungen barüber fie^e in UgoliDi, Thesaur. vol.
XXVII. «gl. ewalb, ©cfcft., 3 «ugg.. I, 353 f. ; »crt^eau, 3ur ®c|(ft. ber 3«r., ®ött. 1842, 36
186 ff.; Äöftler, ©cfdj. ü, 295. 298; ®ut6c. ®cfd|. ©98; »crt^olet, Stcflung ber S^taelitcn
|u ben grremben, fjrcib. 1896, 8. 38 f.; Slncfler, ®efd). gsr. II (1900), @.184f.; S)ie Äom^
mcntore ju 6am. unb tönige, unb bie «rtt. 6rctM unb ^Ut^i in SBtnerS SRrob., Ärcti u.
ffeti in 6t^enfeld «S. (oon ^eutfer), (Sretf)i u. $let^i in Stie^md ^bmb. (uon (^. ^aur).
«tet^ unb ^leti^i (^n^cm \-)-2n) j^eifet in ber baöibifc^en 3eit bie föniglic^e 2eib* 40
gorbe, bie bon Senaja (f. II, ©.556) befehligt h)urbe2 ©aS, 18 (ju lefen mi) 1 6^r 18,17);
15, 18; 20, 7. 23 (nadi^ kerß ju berid^tigen) ; lÄg 1,38. 44. ©ie bilbeten bie©i^er::
(icitdtDac^ be^ Äönig« {owjLiaToqwXaxeg S^f^^- Ant. 7, 5, 4) unb toaren il^m ate näc^fte
«onpreder feine« ©inen« jur $anb (^rr?:;^?: 2 ©a 23, 23; t>gl. 1 6^r 11, 25), im
ibieg aber tine bem Jtönig treu ergebene ltemtrup))e. ^er ^o))^elname ift Don alter« 46
^ oft aj)t>eBatit> gebeutet toorben, aU „©(^>arfri^ter unb ßäufer" (®efeniu« Thes. u. a.),
ober ,,Sogenfdi>ü^en unb ©c^leuberer" (larg. Sonatl^. unb ^t\6^.). Die« ift jeboc^ jprac^s
üdf mdft julöfftg. Slbgefel^en bat>on, bag leine biefer et^mologifc^en 9(bleitungen folc^e
Deutungen einleud^tenb rechtfertigt, \piAd)t fc^on bie fmgulare 93ilbung auf \ entfc^eibenb
für n. gentilicia. Unb gtoar ift ber 9lame Krethi offenbar ^u berfte^en toie l©a30, 14; w
»jgL S^^ 2, 5; ej25, 16: e« ift bamit bie }3^iliftäifc^e »ebößerung ober ein leil bcr^
felboi gemeint. SBeniger Mer ift ber S^fammcn^ang bief e« SSolIe« mit ber 3nf ^I Äreta ;
boc^ ip er immerl^in toa^rfd^einlid^. ©ie^e b. ärt. Äa^)^t^or 93b X ©. 33, 52. Plethi
f(^etnt eine 9U)für}ung für P'lischthi ju fein, bie fid^ mit Krethi reimen unb neben
biefem auf bie t>erf^iebenen 93eftanbtei(e ber ^^iliftäifc^en SSeDölterung anf))ielen fodte. 55
BiwHer lömbiniert ba« erftere mit Beth Pelet ^of 15, 27, ba« aber Dielme^r mit ^
gefc^eben toirb, unb fiebt gar in ben Äretl^i unb ^Ict^i „bie &mt^ be« 5icgeb, bcncn
I)atoib entftammte" ! — 2)abib ^atte fc^on in jungen ^af)xcn mit ben ^l^iliftem feinbltc^e
imb freunblid^e Berührungen gel^abt. Sßie er bort al« ^elben^after Jtönig l^o^e 3(c^tung
90 ftrei^i uttb flei^i Strettj itttb ftreitjtgttitg
genofe unb biefe fidb barin äußerte, bafe t)^iKftätfcl^e Slccfen il^m t^ arm jur SScrfüflunfl
ftcttten, ictgt ba« Seifricl beö ^t^aj unb feiner 2eute au^ ®at1) 2 Sa 15, 18 ff. (18, 2).
©0 ift nic^t ju be^toeifeln, bafe er gcrabe an^ biefem friegerifd^en Slac^bortoolf eine fiom
bige l)tenfttru})j)e um fid^ ^atte, bie nur il^m Jjerfönlid^ ergeben unb bai^er ouc^ bei tmteien
5 abirren t^öllig )ut>er(äfftg Wax. SBentgftend ber ©runbftod biefer ®arbe, h>e((^e nic^t mit
ben 600 ©ibborim, ber einl^eimifd^en ©Kte, ju bertoed^feln ift (bgl. 2 ®a 20, 7), nm|
t)l^iliftätfc^en Urfprung^ getocfen fein. 2)abibi^ 33er^alten m ^ifyx\ betpeift, ba| man an
einer f o(c^en 93ei)ie^ung bon 9lu^(önbem, unb jtt^ar unbefc^nittenen, tt^eber t>om nationalen
nod) Dom t^eofratifc^en ©eftd^t^unlt ^toa^ anftöfeige« fa|^. — Slotürlid^ gab e« am Qc^
10 aud^ toeiterl^in ftet« eine Seibtoad^e, unb e^ ift toal^rfd^einlid^i, bafe fie nod^ längere ^A
ben bolfötümlic^en 5Ramen Äret^i unb ^let^i führte, obtool^l biefe Benennung ol^ne Stov^
balb nic^t me^r auf bie ^Rationalität ber Seute pa^ltt ^wc 3^ i>cr ^if^dia finben toir
2 Kg 11, 4. 19 eine anbere, offenbar bem alten 2)ot)^elnamen nat^ebilbete: „2)ie ilari
unb bie Säufer". 3)ie le^teren pnb bie bor bem föniglid^en SBagen l^erlaufenben unb ü^
16 begleitenben 3:rabanten 2 ©a 15, 1 ; bgl. 1 ©a 22, 17 unb fonft. Kari aber, toie bad
kethib fc^on 2 ©a 20, 23 lieft, bietteid^t infolge bon aSertoed^lung mit ber fjKitetcn
©teDe, läfet erfennen, bafe in einer fj)äteren $eriobe bie Rarer, ein oft auf älbenteuer ou^
gegangene^ unb jum Ärieg^bienft angetoorbene« SSolI (§crobot 2, 152; 5, 111; StohiiS
87, 40), in Serufalem bie ©teile ber alten $^ilifter eingenommen l^aben. @ine orobifd^
20 Seibgarbe $i^üad fd^eint bie ©iege^infc^rift ©an^erib^ ju bezeugen ; bgl. Sayce, Monu-
ments" p. 431. 433. ». DtcHi
ftreuj itnb Srenjtgnng. — 3uftu8 gipftuS, De cnice lib. III, «nttoerpen 1595 unb
fpätcre 9IuflQßcn; g.ft. Srieblieb, Archäologie ber SeibenSgefcftidjte, ©onn 1843; Sr.a.3cfter*
mann, S)ic bilblirfie 3)Qrfteaung bc§ iJrcuje« unb ber l^rcujiflunfi 3efu ©ftriftl, 2tiph^^ 1867.
26 1868 (^rortramme ber 2:i)omQgfc6uIe) ; 23. @mit^, Dictionary of the Bible I, Sonbon 1863,
9lrtt. Gross unb Cnicifixion; O. 3ö(fler, 3)q« Äreuj S^rifti, ®üter«Io6l875; ^. gulba, 3)a«
Äreuj unb bie ^rcuj^igung. 93reglaii 1878; 5B. SBoob ©cQmour, The cross in tiadition,
history and art, 9^croi)orf unb fionbon 1898 (öicr p. XX— XXX bie bieder Dollftönbiflpe
SBiblioötap^ie). ^rt. crux in ^quIq'« atcolcncljfropäbic b. Haff. 5IItcrtum8, 2.«. »gl. Qit4
80 bie fiitteratur ju b. 91. Sheuje«jeic^en.
3)a^ Äreuj\ (orai'^rfc, axoloyf, oavlg, crux, stipes) ift bie 93ejeid^nung für bod
bei ber Äremigung in Slntoenbung lommenbe SRartertoerljeug, toeld^e^ biefem, juerfl im
Orient bei 5Webem, ^erfem unb ©emiten (mit 2lu«nal(;me ber ^uhtn) nad^toei^baren unb
f jjötcr bei ben ©rieben unb befonber^ bei ben Slömem eingebürgerten $inri(^tungÄ)erfal^
86 feinen Gl^arafter "ottlki}. 3)ie öorliegenben bürftigen unb nid^t immer burd^fui^tigen 3laif*
richten über bie ®eftalt beö Äreuje^ laffen jtoei ©runbformen erfennen, bie fog. crux
acuta, ein fenfrec^ter, oben sugeft)i(ter ^fal^l ($ef^c^. s. v. axöXoy) unb bad aud einem
fenfrec^ten Salfen unb einem oben aufliegenben ober burd^fdjjnetbenben DuerboKen be»
ftel^enbe Äreuj T f. 2)ag fogenannte Slnbrea^freuj, baö angeblid^e SWarterbolj be« 3l))ofteß
40 älnbrea^, toelc^e^ nad^ ber trabitioneKen 3luffaffung an^ jtoei fid^ fd^neibenben SaSen t>on
gleicher Sänge beftcl^t ( ), ift ein ^robuft mittelalterlid^er Segenbe unb im ältertume nic^
nad^mei^bar (3eftermann, I, 41 ff. ; Julba ©. 126 ff.). SBäl^renb ber einfache ?ßfa^l fo*
h)obl jum 3)urd^f}3icfeen al^ ^um Sluf^ängen ber Verurteilten benu^t tourbe, biente biö
jufammengefe^tc .ftreuj allein le^terem 3^^*^- 3)ie Sänge be^ §au))tbalfenö betrug in
«ber Siegel toenig über ÜRanne^l^ö^c (Slpulej., Metam. III, 17; ©ueton., Galba 9), bad
Duer^olj (patibulum) mar an ben fenfred^t eingerammten ^Pfol^l enttoeber angeboljt ober
tourbe, toa^ häufiger, t)on bem SSerurteilten jum §tnrid^tung«i)la^e getragen. 3)ag 8e»
feftigen be^ ^Delinquenten am Sreu^gcfd^a^ ntc^t nac^ ein^eitlid^em i^erfo^ren. ©otooBI
^inftd^tUd^ ber babci angctoanbten äRittcl afe aud^ bejüglic^ ber 3lrt unb SBeife be^ Auf*
60 ^ängcnö fd)eint ben ßrefutoren eine getoiffe ^Jretl^eit geftattet getoefen ju fein (©eneca,
Cons. ad Marc. 20, :3; SiofcpM, Bell. jud. V, 11, 1, (Sufeb. H. E. VIII, 8), too«
fid^ begreifen läfet, ba bei ben SWömem unter rec^tlid^en SSerbältniffen bie 5treu)igung nur
bei ©tlaocn unb Seuten nicberen ©tanbe^ in ^J^age !am. ©nttoeber hJurben nur ©tride
ober ©tridfe unb 9?ägel benu^t (icnoj)^. D. Spfief., Ephesiaca IV, 2; SCufoniu«, Cu-
56pido cruci äff. 56 ff.; qjliniu^, Hist. nat. XXVIII, 4, 11; ©cero, In Verr. IV,
11, 26; §ilariu^, De trinit. X, 13; Sucan., Pharsal. 6, 538 ff.) unb in leftterem
galle balb bie $änbe allein, balb bie §änbc unb bie ^ü^e feftgenagelt (Sucan. a. a. D.;
ärtemibor., Oneirocrit. I, 78; ^lautu«, MosteU. II, 1, 12; SCertull., Adv. Marc. III,
19). Daneben biente, bod^, toie e^ fc^eint, nid^t in allen ^en, al« ©tüfte be« S(&tpa^
ftrett} ititb Sreitjiflititg 91
bad fo^. St^l^ol) (sedile), ein in ben Jtreuje^baRen eingefügter ^^oi, auf tpeld^en ber
Sccurtetlte reitenb gefc|t tourbe (Suftin. M., Dial. c. Tryph. 91; 3^ettäu«, Adv. haer.
n, 24, § 4 ; SertuD., Adv. Nat. I, 12), fotoie ein %xxtt^oh für bie güfee (})alattnif(i&e«
g^pottfcugifis, obgeb. bei g. Secfer, 3)a« ©Jjottcruc. b. röm. Äaifer^aläfte, 93re«Iau 1866;
(Bomtcci, Stoiia della arte cristiana %al 488), tpelc^ed inbed nic^t mit bem Trittbrett 5
(h'H'opodium, suppedaneum) mittelalterlicher ßreujigung^barfteUunge^ ju bertoe^feln ift,
benm (^ijienj im 3Utertume burd^ ba^ ^eugnid ®regor« Don ^ourg (De glor. Martyr.
1, 6) ni<^t ^inreid^enb geftd^ert h)irb. ®a^ Serge^en beö Verurteilten Jjflegte, toenn e^
nu^t burc^ einen boranf^reitenben 9(u^rufer münblic^ befannt gemacht tt^urbe, auf ein
X&fdc^en (titulus, rlzXog) gefc^rieben )u toerben, toelc^eiJ entloeber ber Delinquent felbft lo
ober ein anberer t>ot i^m l^ertrug (@ueton, Cali^. 32 ; Domit. 10). 3)a^ biefer Xitulud
noc^ k>on)ogener Einrichtung an ba^^ ^euj befefttgt tt^urbe, lag nai^e unb toirb au^brüd«
üif bun^ bie @banaelien (9Jtt 27, 37 u. b. $arall.) bezeugt.
Über bie Sefc^affen^eit be^ Äreu^e«, an toelc^em ^^uä ftarb, finben ftd^ im 31Z
Wne beftimmten angaben. 6r[t bie fird^lid^en ©(^riftftetter, feit 3uftin b. 9K., bejeic^nen i6
bad )u{ammengefe|te bierarmige Jlreu) al^ ^artertperljeug S^rifti (^uftin a.a.D.; Apol.
I, 55 ; Srenäu^ a. a. D. ; lertutt., Adv. Jud. 10). Suftin (Dial. 91), grenäu« (a. a. D.),
%cctuOxcai (Ad nat. I, 12) u. a. ertoö^nen aufeerbem ba^ SSor^anbenfein eine« sedile.
Xuc^ bad bem anfange bed 3. ^ci)x\^, ange^örenbe ))alatinifcl^e @t)otttnuift£ jeigt ba^
toicrarmiae Jtreu}, bod^ ol^ne sedile unb mit ^u^l^ol). ®^ liegt nun tein ®runb t>or, in 20
ber l^or^eQung bed lird^lid^en Sltertum^ bejüglic^ ber ®eftalt bed ^reuje^ ^efu ein ^^an^
taftebilb f^Kiterer 3eit ju je^en, h)ie ^ba (©.221 ff.) tüiH. ®ab e8 3eugen be«Äreuje«=
tübed ^^u, unb bilbete ba^ SBort bom Jlreuje ben 3Rittel))untt a)}oftoli(c^er unb nac^^
c4K>ftoltfc9er $rebigt, fo toirb auc^ eine ec^te, h)enn aud^ allgemein gehaltene Xrabition
iwn ber ©efiolt be« ^errenfreme« ftc^ erhalten Ifabtn bi^ gu ^uftin (bgl. 3öcf ler ®. 426 ff.). 25
3a in ber ebangelifc^ @r^l^lung felbft liegen ätnbeutungen bor, bie biefen ©d^lu§ }u
beftatigen geeignet ftnb. 3)er aiavQÖg, ben anfangt ^efu^ unb bann ©imon Don Jl^rene
trug, lann !aum ber fenfred^t einge^^anjte Jtreugedftamm mit ober o^ne $atibulum ge$
torfen fein, ba für bie Saft eine^ folc^en bie Jtraft eine^ einzelnen fd^toerlid^ au^ereid^t
^oocn bürfte. Slufterbem ift ein fol^er Srauc^ nirgenbi^ au^brüdlid^ bezeugt ; Yoof)l aber 90
(pflegten bie Verurteilten ha^ $atibulum gu tragen ($lautud, Mil. glor. II, 4, 7; No-
nios Marcellus p. 366; 221). 3)a aber mavpög S3eieic^nung ni^t nur für „93alfen",
„^ftt^l", fonbem in^befonbere aud^ für „5ßatibulum" ift (6obet in ber 3^^^^- 5Dlnemo5
1^ VIII, ©. 278 ; gulba @. 137 ff.), fo erhält bie Annahme, bafe ber bon 3efu ge*
tiogene aravgdg bad Querl^ol) be^ ^reuged toar, eine gute @tü|e. 2Bie auc^ fonft im 86
Xtotume (3eflermann II, ©. 35 f.), fo ^at man o^ne 3^^^f^I <^^^ '" 3^^^"^^ ^^*
fcQrß, koie oud bem Stufe ber ^enge: „Kreiuige il^n!'' ^erborge^t, Jlreugigungen nid^t
ttii0ctx>&^nli(^ geh>efen gu fein fc^einen, auf ber Stic^tftätte eingerammte $fäl(;le gum 3^^^^
ber ilteujigung in Sereitfd^aft gel^abt.
9bid bem Umftanbe enblic^, ba^ bad ^^elution^Iommanbo ben Xitulud am oberen 40
Cnbe bed 5treu)ed befeftigte, tö^t ftd^ fc^lie^en, ba§ ber Duerbalfen nic^t oben auflag,
fonbem ben ^fclijfl burc^fd^nitt, alfo bad Jtreug ein Dierarmige^ toar. äBenn in ber altftr^-
üäffn Eitteratur (g. 9. 93amab. c. 9 ; SCertutt., Adv. Marc. III, 22) ba« gried^ifc^e Stau
ob @^tnbol bed 5treu}ed bejeid^net h)irb, fo entfc^ieb babei nur bie allgemeine ä^n-
Vtäflat, unb man blieb ftd^ betonet, ba§ bad %a\x lein eigentltd^e« Slbbilb be« Ferren- 45
mi)ed fei.
^ bie »ered^nung ber §ö^e bc« Äreuje« 3efu ift 30 19, 29 (bgl. aud^ 2Rt 27, 48
mb bie $arall.) ein 3(n^alt«))un{t gegeben, ^a nämlic^ bie Sänge be« bort erh)äl^nten
9{ot>Jitengeld gegen 1 3Reter oeträgt, fo toürben ftc^ aU $ö^e be« ganjen 5treu3ed gegen
2,5 Dtö 3 Steter ergeben. 60
5Dte llreu}igung {qiavQovv, oxohilCeiv, jiqotjXovv, crucifigere, patibulo affi-
eere) gab im ganjen 9lltertume aU bie graufamfte unb }ugleid^ fcfimpflic^fte Xobe^ftrafe
(Stcarp, In Verr. V, 66: extremum summumque supplicium) unb fanb faft au«-
ttCte^u^ bei 5ßerfonen unfreien ober nieberen ©tanbe« (servile supplicium) ober gremben
ofne rdmifc^e ßibität Slntoenbung unb jtoar für gemeine mie für poKtifd^e 35erge^cn. 66
Saju lam, ba^ fte fic^ geh>ö^nlic^ nid^t in orbnung^mö^igcr S^etution Dolhog, fonbem
bic Sbidfü^ng ber SlBillfür ber §enfer überlaffen blieb. 6ine ©et^clung pflegte borau«-
»ge^ (Liv. XXXIII, 36: verberatos crucibus affixit), h)omit fid^ aflerlei "ikt-
j^tftlxmQ bed Verurteilten berbanb. 2)ie ©ntlleibung t)or bem ©c^lufealtc entfprac^ einer
allgemeinen, ober borum nid^t au^na^mdlojen ®e))flogenl(^eit, toie au^ bie 33erteUung ber gq
92 ftreit) nitb ftrettstgitiig Smtjer^ekfnig
jlleiber an bie genier, ^en Seid^nam lie^ man in ber Siegel am $oI)e bertoefen;
Staubtiere befd^Ieunigten ben ^rojeg ber SJemid^tung (^oraj, Ep. I, 16, 48: non
pasces in cruce corvos). ^od^ ftanb ber Sludlieferung beiS Setc^nomd ein gnmbfäfc«
Kd^c« §inbemi« nid^t entgegen (Dig. XLVIII, 24, 1). 3)ie furchtbaren t)^ly(tf<||«i in»
6 feelifd^en Dualen be^ langfam ^infterbenben h)erben huxi^ bie SorfteOung loum erreicht
(t)gl. neuerbingd % SteDiUe, J^sus de Nazareth, II, @. 405 ff.). 9uf bie öffentTt^
feit ber S^elution tDurbe SBert gelegt; Straften ober erl^öl^te Orte ti>äl^Ite man }u biefem
3tt)ede aud.
^ie jtreujigung l^efu fügt ftd^ biefem allgemeinen Silbe burc^d ein, nur treten
10 einige burd^ jübifd^e älnfd^auung unb @itte geforberte 93efonberl[^eiten l^inju, toie ba be>
täubenbe ^ranl (1^1. $rob. 31, 6) unb bie älbnal^me nod^ am f$reitag 3(benb (5 9to{
21, 22 f.). ^ie älnnagelung ber ^{;e ift ftritttg unb eine fiebere @ntfd^etbung borüber
nic^t ju getDinnen (bgl Qbdlcx @. 439 ff.), ^n Segie^ung auf bod 9Iä^ fei auf bie
Äommentare unb bie 3)arfteIIungen be« fiebeng 3^w bertoiefen.
16 Äonftantin b. ®r. befeitigte bie ftreuje^ftrafe (f. b. ä. Sb X ©. 767/26).
fBittBt Sf^iU^e*
areujaltor f. »b I ©. 397, 26.
^eujouffinbttttg (^reujerfinbung, inventio s« crucis). — Inventio s. cnids, ao-
torom Cyriaci pars 1 latine et graoce, hymnus antiquus de sancta cruoe, testimonia
inventae s. crucis conlegit et digessit "k. ^olber, Seip^ig 1889; ®ber^. S^eftle^ De sanctt
30 crucc. @in !^eitrag jur diriftl. Segenbengefc^ic^te, Berlin 1889; 3* ®ilbenteifter u. ^. t>. S^bel,
S)ev 1)1. 9ioc! ju 2:rier. 3)üffclbür} 1844; «Bapcbrocö, AS III, Maj. p. 361-367; Smitft vu
@^eet^Qm, Dictionary of Christian antiquities I, @. 503 ff. (Finding of croBs) \ i^at^olifd^fl
Stir4enIcJifün^ VII, 6. 1092 ff.
3n ber (Sefd^id^te ber ßntbedfung ber „^I. Orte" erfd&eint nod^ Dor ber HJlitte bcS
25 4. ^al^r^unbert^ aud^ bie Sluffinbung be^ ^I. Jlreuje^. SBö^renb @ufebiud t)on S&forea
unb ber ^ilger toon Sorbeaus (333) nic^tg babon toiffen, fe^t balb barauf (347/348)
S^rid t)on l^erufalem ba^ SSor^anbenfein biefe^ Jtreujed unb Sie h)eite Serbreittmg ber
bat)on gelöften ©plttter üorou^ (Catech. IV, 10; X, 19 Migne PSG 33, p. 468.
f)85 ; t)gl. aud^ Epist. ad Imperat. Const. c. 3 p. 1168). 9?od^ in bemfelben ^oS/tf
80 ^unbert bringt bie Segenbe, ol^ne 3^^^H angeregt burd^ ben S3efud^ ber 1^1. ®tdtim huxif
bie Äaiferin $elena (Sufeb. V. C. III, 42—45), biefc mit bem ©reignid in unmittelbare
SScrbinbung. Danach üeronla^te bieSaiferin in (Semeinfd^aft, mit bem Sifd^of SRalariuS
92ac^forfd^ungen nad^ ben Derfd^ütteten ^reu^en auf (Solgat^a, unb e^ gelingt mit ^ilfe
eine^ ^uben ober aud^ einer göttlicben Offenbarung, bif brei itreuje ju n^ben - ba^ tocä/tt
86 h)irb burc^ ben baran gehefteten ^itulu^ ober burd^ ein $eilungdh)unber eriannt (Sm*
brofiug, De obitu Theodosii c.43ff. MSL 16 p. 1400 f.; $aulin. D. Slola, Epist.
XXXI, 4—6; MSL 61 p. 327 ff.; ©ojom. II, 1; ©ofrat. I, 17 u, a.). ^im 6. 3a^
^unbert toöd^ft bie ^ai}l ber 3^0^- ^'^ 93ertd^te iDetd^en in Sinjel^etten \>onm^
anber ab, l^aben aber im toefentUd^en benfelben SSeftanb. @d lä^t ftd^ \iboi) ertoeifen,
40 ba^ biefe (Srjä^Iung in Übertragung einer entfpred^enben @))ifobe in ber älbgarlegenbe
— Doctrina Addai — auf bie Äatfcrin §clena tl^ren Urfprung ^at, toä^renb ber um«
geteerte SBeg au^efd^loffen ift (ögl. Sitjfmg, Die cbeffenijd^e äbgarfage, Sraunfd^toeig
1880, ©. 67 ff.; Ilj^eob. 3a^n, ^orfc^ungen jur (Scfd^ic^te be« ntl. Äanon« I, grlangen
1891, ©.370 ff.).
46 3)te ßrinnerung an ben XJorgang l^telten (Sried^en unb fiateiner in einem befonbercn
fcftc aufredet, mit bem Untcrfcbicbe jebod^, ba^ jene e^ mit ber Iga^reöfeier ber (Sintoet«
)\xnQ ber fonftantintfd^en Safiüfa am 13. ©e})tember bcrbanben (Peregrinatio Silviae
Aquit. in loca sancta ed. Gamurrini, Slom 1887, p. 108), biefe aber am 3. HJlärj
eine eigene getcr bafür anfcftten. 3!5ic crften ©jjuren biefer le5^teren begegnen und in
60 @aUicn am (Singange bc^ ^Jtittclaltcr^; bie ^ufton be^ gaStfc^en unb römifd^en Stitu^
brad^te e^ um 800 auc^ nac^ ')(om, t)on too aui c^ ftc^ aHmä^Iid^ in ber abenblönbifd^
j^irc^e burd^fc^te. Victor Bdiulift.
Sreujbrüber f. Sb VI ©. 438, 2<»— 439, lo.
Srenjerfiebnng (exaitatio crucis, vy^comg rov oxavoov),
66 Diefe^ ^^ft ^^äl^It ;ju ben älteren ber «Sirdt^e, bat jebo^, toie ed fd^eint, Don Slnfong
an leine ©elbftftänbigfeit gef;abt, fonbem tourbe, nac^bem ed im 3(nfc^lu^ an bie 5trai)*
ftreit)tr^e6]uig ftreitjei^jeu^eit 93
oufftnbung (f. b. 9L) ouflant, an bie jö^rlici^e %Äct ber @tnh)eil^ung ber lonftanttntfcl^en
Skifüild am 13. Btpimbtt 335 (eufeb. V.C. IV, 43 ff.; Chron. pasch. 334/35
MSQ 92 p. 713: hnev^ev iJQ^ato f} aravgoqxivsia) am 14. ©eljtcmber begangen
(gricct^ifc^ Jtalenbarium AS Maj. I p. XLI g. 13. September: /xvi^jbirj rwv iyxaivicov
xijg äyiag lov Kgiarov xal &€ov yhjlcov dvaoidoeayg xal Jigoeögria rfjg vipcooecog 6
Tov Tifiiov xal C(o(molov aravQov). SHe erfte ®rtoäl^nun0 unb Sefd^reibung berbanfen
tofx ber aquitanif^en ^Ugerin @ut>ia um 385 (Hilarii tractatus de mysteriis et
hymni et Silviae Aquitanae peregrinatio ad loca sancta ed. Gamurrini, Stom
1887, ©. 108 f.), bie ben großen ^omj) unb ba^ g^f^«^"^^" ^^ ÜJlenfd^enmajfe aug
3t^ unb^feme ^^or^ebt (nullus est enim, qui non seeadem die in Jerusolima lo
tendat ad tantam laetitiam et tarn honorabiles dies), ^a^ ^eft ^atte in biefer
ftmnbinatiim fvif fc^on bamatö jur Dttaüot au^ebe][;nt unb fonnte mit Dftem unb SBei^«
nackten t>erglid^en toerben (ut per pascha vel per epiphania). ^m ^Beginn bed
5. ga^^unbertd ift ed fc^on in ^onftantinopel ^eimifc^ (^l^otiud, Bibl. MSG 103 p.356)
imb lUK^ in ber erften ^ölfte be^felben h)irb ed für @)^rien (@))agriud HE IV, 26) unb i5
«0lrt)ten {&o\>fycimm^, Vita Mariae Aegypt. MSG 87, 3 p.3711) bezeugt. SWan
b<af annehmen, ba^ biefed ^ft im Verlauf bed 5. ^ai^i^unbertd über bie ganje Jtird^e
bed Cften^ ftc^ au^ebreitet l^at. Offenbar ift i^m burd^ bie SBanberung ber Jlreuj«
poxMda nad) oQen Seiten mittelbar ober unmittelbar ber 9Beg geebnet, ^ie 9Bieber«
^ckDtnmmg bed im ^o^re 614 ))on bem $erferfönige (Sl^odru II. geraubten, aber 628 ao
tn feierli^ ^rojeffton burc^ ben Jlaifer ^erafliu^ t>^^önli(^ nac$ ^erufalem jurüd«
ecfü^en ^igen Jtreuge^ (Chron. pasch, a. 614 MSG 92 p. 988; %htopi)an,, Ghro-
nogr, 1 p. 503 f. ed. Bonn.) mu^e ber ^ier natürli(^erit)ei{e einen neuen @d^h)ung
beriet^
3m aibenblanbe toirb juerft unter bem Sifd^ofe ©crgiu^ (687—701, bgL SJud^e^ne, Liber 25
Pontificalis I, @. 374) bie exaltatio s. crucis aU %^t genannt; h)ol^I nid^t mit
Unrecht ift ))ermutet h)orben, ba^ (Sregor b. ®r., ber in Jtonftantino))eI eine ^dt lang
ob 9l4>otnftariud bed rdmifc^en @tul^le^ lebte, ber SSermittler geh)efen fein tonnte (t>gl.
&mii!fy u. S^eet^om, Dictionary of Christ, ant. I, @. 500 ff. unb Jtat^olifc^e^ 5tir^en«
Icplon' VII, ©. 1099). Über ben gegentoörtigen SRitu« in ber griey^ifc^en Äird^e f. ao
Simttr. Sololota), ^arfteQung bed ®otte^bienfted ber ort^obos^Iat^olifc^en Jtird^e be^ SRorgen«
fambed, Serlin 1893, 6.78^. »ictor ec^itl^e.
ftrenjeSjetl^eil. — 3ur Sltt. f. b. «. ^cuj ; 3ac. ®retfcr, De cruce Christi rebusque
ad eam pertineDtibus, ^^golftabt 1598 ff.; (Sonr. 2)ec!er, De staurolatria Romana, Havoiae
1027^ 3. Stocfbauer, jeunftgcf^ldjtc bc« Ärcujc«, ©(^afffjaufen 1870; S- 3£- Ärau«, ^reuj, 86
inb Strxe%, ftreuj^ei^en in ^. 3£. Ihraud, 97eaIencQfIopöbie ber d)riftU4en VUtertumer II,
6. 224 ff.; 251 ff.
1. Sud ber J^eil^efd^id^tlid^en SSebeutung be^ Jtreujed, b. 1^. be^ jtreuje^tobed S^rtftt,
oittmdelte ft(^ fd^on fdi^ bie ©e^flogen^cit, burc^ SSoHuel^ung be^ jlreuje^jeic^end ftc^ bed
Gegend unb ber Jtraft biefer $eil^tl^atfac^e unb be^ erlösten S^riftu^ überl^au))t ju ber^^ «o
geünffern, aber fd^on balb, nämlid^ fc^on um bie Witte bed 2. ^^^^^unbert^ entartet fte
m einer oberaläubifc^en 9luffaffung unb ä^ertoertung. ^m Jtreujfc^lagen nämli^ fuc^te ber
bc^Uc^e Soui^aube, unterftti^t burc^ bte X^eologie, ein erfolgrei^ed SRittel gegen bie
Sdit ber Dämonen, bon benen man fu^ umringt unb bebro^t glaubte (S^riU t). ^mx].
Catech. XIII, 3 MSG 33 p. 775 : rö ornxelov Iddvxeg juövov rov oravQov JtrtjO' 46
oovoiy ol daluoveg, c. 36 p. 816: orj/Lieiov nioxibv xal (poßog dai^6v(ov. Lact.,
IMt. instit. IV, 27 ber 93en)eid, quanto terrori sit daemonibus hoc Signum) ; ba$
vrflmtnglic^ SRoment fe^t nic^t gan^ an^ (j. $. XertuQ. De resurr. carn. c. 8: caro
Signatur, ut et anima muniatur ; (S^r^föft., Hom. 54 n. 4 in Matth. MSG 58,
p. 537 ; (Spbxäm, Siebe auf ba^ Dftcrf eft jum 2obe be^ 1^1. Äreuje«, beutf^ t)on S^'^Ö^'^I^ «>
m »ibliotH ^«^ Äird^enlKiter, I, Äempten 1870, ©.370 ff.), bleibt \chod} im hinter*
mmbe ober fe^lt gän^lic^. SSereitd ^ertuUtan bezeugt guftimmenb ben @ebrau^ bed
xieu)ed)ei(^d al^ emed pro))^^lafttf^en ^JDtittetö : ad omncm progressum atque pro-
motum, ad omnem aditum et exitum, ad vestitum et calciatum, ad lavacra,
td menaas, ad lumina, ad cubiiia, ad sedilia , quaecunque nos conversatio 56
exeroet, f rontem signaxxulo terimus (De cor. mil. c. 3 ; G^riH t). ^tnxl a. a. 0.
a 36). äuc^ in Äranf^eit unb anberen gd^rlic^feiten, t)or ber ©c^lac^t unb fonft mirb
ci mit Stulpen ongeiDanbt: crux pellit omne noxium (^rubent. Cathem. hymn. VI,
94 ftrettjedjeii^ett
V. 133 MSL 59 p. 839; Adv. Symm. II, 711 ; S^t^fofi a. a. D.). 35al^er l^et^ ed
fieya to qwXaxti^Qiov unb eveqyhrjg (G^rill b. 3^- <*• ö- D. c. 36). 3SoII)ogen
h)urbe bag Jlreuge^mc^en in ber iRegel an ber @tim, oBer aud^ an anberen Smpa*
teilen, bie gu ber fd^ü^enben SBirfung be^felben in Sejie^ung gefegt h)erben foDten d, 9.
6 5ßrubent. a. a. D.).
©leic^jeitig bamit gel^t ber ©ebraud^ bed jlreuje^geid^end im Jtultud in ber 9e«
beutung be^ Segnend, Seilend unb .bantit ber @d^ui^))orricl^tung gegen bie ungöttltc^
SBelt. 33egeid^nenb bafür ift eine Sufeerung äugufting Tract. 118 in Joh. n. 5:
Quid est, quod omnes noverunt, Signum Christi, nisi crux Christi? Quod
10 Signum nisi adhibeatur sive frontibus credentium sive ipsi aquae, ex qua
regenerantur, sive oleo, quo chrismate unguntur, sive sacrificio, quo alun-
tur, nihil eorum rite perficitur u. f. to. ^m ©sorcidmud trat biefe äBtrhmg in
befonberer SBeife l^erbor. 3)er ^eibntf^e 5?ortourf ber Äreujedanbetung (XertuD. ApoL
c. 16: crucis religiosi, baju SJiin. ^I. c. 29) mag burd^ biefen umfaffenben (Sdbrou^
16 bed Jtreujedjeid^end mit angeregt fein. 3)te mittelalterliche Snttoidtelung fü^e eine )um
2^eil fel^r beträd^tlid^e SSermebrung be« lultif^en Äreujfc^>lagend l^erbei (3öcHer ©. 174ff.X
^ie abenblänbifc^e fön^e ^at bie Do^pelform bed fogen. lateinifd^en unb bed fogen.
beutfd^en ^reujed. 2iened totrb burc^ Serübrung ber @ttm unb S3ruft unb borouf bo
Knien unb ber regten Seite mit ber flauen redeten $anb ))olljogen mit ben ^rmebi:
ao In nomine patris et filii et Spiritus sancti. Amen, ober: Adjutorium nostrum in
nomine domini, ober: In nomine domini nostri Jesu Christi, ^ad beutfd^e ficeu)
beftel^t in 93erül^rung bon ©tim, 3Runb unb 93ru[t bur^ ben mit ben übrigen ^[tngein
gujammengelegten Daumen ber rechten $anb, toö^renb bie linfe $anb auf ber Sruß
rul^t. 3)ie beglcttenben SBorte lauten: „'^m 9?amen ®otte« beö SSater«, be« @o^e8
25 unb bed ^l. (Seiftet. Slmen." ^k ©ried^en legen Daumen, 3^0^."0W wnb HJlittelfiriget
ber redeten §anb gufammen unb bie beiben anberen Ringer in bie innere Äanbfläc^ luA
berüi^ren bamit ©tim, 33ruft, rechte unb linfe ©c^ulter. Die brei au^eftredften gfingec
gelten i^nen ate öefenntnig jur Dreieintgfeit, bie beiben eingebogenen brücfen ben ©louben
an bie göttliche unb bie menj^lic^e 5Ratur in ß^rifto aud. 3)ie gormel lautet : „^üL\%fX
80 (Sott, l^eiliger ©tarier, l^etliger Unfterbltc^er, erbarme bic^ unfer."
Die lutl^ertfc^en fiird^en ^aben ba^ Äreuje^getc^en bei eimelnen Äultu^alten (Xaufe,
Slbenbma^l unb fonft) feftgel^alten, ebenfo bie anglifanifd^c, toä^renb ber reformierte ?Pro*
teftanti^mu« e« fc^arf abtote« (3öcfler ©. 314ff.) ^n ber §augtafel fd^reibt Sut^er fogor
ba« fic^> Sefreugigen t)or: „De« 3Rorgen«, fo bu au« bem Sette fä^rft — be« Slbeim,
86 toenn bu ^u 93ette ge^eft, joUft bu bic^ fegnen mit bem ^l. Areu) unb jagen: Dod
toalt ®ott aSater, ©o^n unb 1^1. (Seift ! amen." Der ©inn ift ^ier fcd toon jebem SOKI«
bräud^lic^en, tote aud) im großen Jiatec^t«mu« ^um ^toeiten @ebot (SRüUer 6. 399)
bie „Äinberübung, bafe man fic^> fegne, toenn man ettoa« Ungelj^eure« unb ©c^redHid^cd fie^
ober l^örct unb fjjrec^e u. f. to."
40 2. Dtefer J)ribatcn unb fultifd^en Beurteilung be« Äreuje«jeid^ene entfjmd^t ber Um*
fang unb Sleic^tum ber Darftellungen bcefelben. ©c^on in alt^riftlid^er 3^* Ia|t fu^
biefe 3J;atfad^e beobachten. Die fujjerftittöfe Sluffaffung fommt gur (Seltung in ber (sut*
tragung be« Äreujc^jetc^en« in 3tmulettinfc^riftcn (f. b. ä. 3lmulett 93b I, ©.469,86.
unb Stet, ©d^ul^e, Die fiatafomben, äcxp^^xQ 1882, ©.219. 222) ober auf ©i^ulmebaiDen
46 (Bullettino di ärcheol. crist. 1869, ©. 40 laf.); ba« Amulett jelbft erhält bie gorm
eine« Äreui^e« Q. X. Ärau«, Slealcnc^Il. ber d^riftl. Slltertümer % (gnfolpien I, ©. 420 ff.).
Die Sejcid^nung ber SBänbe, Stl^ürcn unb (Segenftänbe bc« $aufe« (G^r^foft. a. a. D.) bürfte
in ötelen göHen berfelbcn Urfacbc entfpringen. 3JJeiften« bagcgen tritt ba« Äreujedjei^en al«
HRerfmal unb Se^eugung bc« 6(?riftcntum« auf. Da^er toäd^ft fein (Sebrau^ mit bem ftegreid^en
60 (Sänge ber neuen Sieligion burd^ bie ^eibnifc^effielt feit Äonftantin b. (Sr. 93egeid^net tocrben
bamit ©c^mudtfadt^en, bcfonber« SRinge (©arrucci, Storia della arte eristiana VI,
laf. 478), ©ctoänber unb fonftigc ©toffe (ijorrer. Die (Sräber- unb lejtilfunbe in
aic^mim^anopoli«, ©trafeburg 1891, 2af. 12. 14; berf., 9lömifd^e unb b^ganttnif(^e
©eibentejtilien au« bem (Sräberfclbc Don 3td^mim=^anopoli«, ©trafeburg 1891, 3:af. 8.
65 9. 17), ®cbraud^«gcgcnftänbc mand^crlci 2lrt, al« fiamjjen (©arrucci VI, 3:af. 470. 472.
474; 5. .^Ärau«, SRealcncD«. bie »bbilb. II, ©. 271. 274. 275), ftämme (be Sloffi,
Bull, di archeol. crist., 1881, p. 77), Ääftd)cn, Süc^fcn (©arrucci VI, 3:af. 428;
gleurV, La Messe V, Staf. 3()8. ;^69. 371), enblic^i ©arfojj^age (©arrucci V, SCof. 336.
337. 344. 346. 347. 356 u. fonft) unb ©rabinfd^riften (f. bie ©ammeltoerle (^^i(^
60 ^nfd^riften, ba^u be diofft, De titulis christianis Carthaginiensibus in $itrad Spid-
ftrenjedgeii^ett 95
legium Solesmense IV, @. 505 ff. ; @bmonb £e ^lani, Manuel d'£pigraphie chr6-
tienne d'apr^ les marbres de la Gaule, $an^ 1869, @. 27ff. unb %. X. ftrau^,
JlcoIcnctoH. b. cl^ft.-ältert., II, ©. 225 ff.; in biefen SJarftcttungen fommt auc^ bie d^ro«
nolo^^ifc^e ^age gut Seri^anblung).
^er nn^Iici^e ©ebraud^ bleibt leintet bem })rit)aten nid^t jurücf. ^a^ Streuj tDurbe 6
bo^ dunere ftd^^tbore SBa^rgeic^en ber ürd^Ii^cn @ebäube; in ben 3Jlofai!en be^ ^nnen-
räume« leud^tete e« ((Sarrucci IV, %al 211. 241. 265. 262 u. fonft), an ben Safa facta
(R. X. Ärou«, SRealenc^fl. II, ©. 165) unb ben liturgifd^en ©etoänbcm toar e« ju finben
(»artucci IV, Xaf. 264), ben ältar (f. b. 21. 33b I, ®. 396) fd^mücfte e«. 2luc^ ber
Staat lie^ e« auf feinen HJiünjen burd^ fein ganjeS @ebtet unb barüber l^inaud gelten lo
(Cc^, MödaüleB VI, a:af. 18. 19; (Sarrucci VI, a:af. 481 n. 43; 482 n.5. 9); e«
hdnte ben Sleic^^fel, ba« ©jet)ter unb ba« 3)iabem (ßo^en, a. a. 0.; (Sarrucci VI,
3:af. 482 n. 3. 4. 9. 12. 13).
3m SRitteloIter tritt bad ^eu^ 3h)ar im ^ribatgebrauc^ ^urüdE, getpinnt aber um fo me^r
Soben im öffentlichen fird^Iic^en Seben. @« ift ba« Symbol ber äSeft^ergreifung unb be« ä3eft^« 15
Rii^ed ber Äird^^, bertiKic^ft in biefer ober jener ^orm mit tirc^Uc^en Sllten (äUtartpei^e,
Xbla^l>erfünbigung, ^rogeffton u. f. U).), gewinnt reichere SSertoertung an ben fultifd^en
(Scgenftonben unb h)irb boi^ be^eid^nenbfte ^^riftltd^e @rabbentmal. ^m (Gottesurteil (f. b.
SL 8b VII @. 34) tohflt e« mit, ma^nt, frei aufgej)flanjt, ju religiöfen 33erri^tungen
mannigfachen ^nl^alteS (^bfreuj, Stationdtreuj, Su^freu^) unb toirb Don geiftlicpen 20
unb tDeltlid^en ^erfonen i^rer 9{amenSunterfd^rift beigefügt, ^ie religidd-erbaulid^e @^mboliI
edennt ed atö @runbform ber ßir^en an (lateinif^ed unb griec^if^eS Kreu)). 3Rön^d«
mbcn unb 9{itterorben unb toeltlic^e Jtorporationen, geiftlid^e unb toeltlid^e Ferren, @täbte
unb Sonber nehmen e« afö SBa^rgeid^en an. Sanner unb SBaffen tragen t^, Sdfefe unb
SR^füf unb bie geiftlic^e $oefte toenben i^re ©ebanlen il^m ju (3öc!ler, a. Derf^. Oo.). 25
Sd ift toie boS einfac^fte, fo baS t)erbreitetfte c^riftlid^e @^mbol. @oit)eit ftc^ überfeinen
t, beftanb in biefem Äreife leinerlei Unterfd^ieb jtoif^en ber öftlid^en unb toeftlid^en
iften^t
3)ie Sieformation führte im Slbenblanbe einen fräftigen Stüd^d^lag l^erbei, foh)eit e«
fk^ um bie fu))erftttiöfe unb ixbttl^axapt untoürbige SSertoertung beS Kreujed^ei^enS l^an- 30
bette. SBo^renb jjebod^ ber reformierte 5ßroteftanttSmug rabifal tocrful^r, befc^ränfte fi^ ha&
Sttt^ettum feiner Eigenart entf})rec^enb auf ätudjc^etbung beS unet>angelifc(^en @ebrau^eS.
S^c^enb für hai Serl^alten beSfelben ift eine Sugerung Sut^erS : „^eri^olben, too folc^
SNtt^ouc^ unb ^rrtum gefc^iel^t in älnbetung ber 33ilber unb ber ^reuje, foQt man bie
Amt) ober Silber abreißen unb toegt^un, aud^ bie Stireren beri^albS einreiben. 2Bie« 35
tiH>^l ic^ bie Silber nid^t l^erioerfe genjlid^ unb fonberlid^ bie ^gur beS gefreujigten S^rifti'^
(«a* 15, @. 359 f.).
3. @S ift me^ aU h)ainrfdneinli^, ba^ fd^on in borlonftantinifc^er ^^ baS Jtreu^
in ber ^laftit unb 3Kalerei, Dor allem in ber fileinlunft, t>ern)ertet h)urbe ; nur fel^len
gam fiebere Selege. 3)ie toerftedften 5lreuje (cruces dissimulatae, be 9toffi=®arrucci, 40
%. 3L Ärauö ; f. 3ödler, ©. 142 ff. ; bagegen Stctor Sc^ul^e, a)ie Äatafomben ©. 125
unb 3Ä® 3. Sb, ©. 479) berul^en auf einer uncrtoiefenen ÜJlutma^ung. 6« ift nid^t
Mflönblicff, h)ie bie Soften, h)ä^renb fte t)on bem Jireu^eSjeic^en old @eftuS in um^
foffenber SBeife ©ebraud^ machten, baS jtreujeSbilb felbft, um ed tyox ben Reiben ju l^er^
beracn, im griec^ifd^en %au, im fogenannten (St)afti{a unb im ätnier f oQten Derftecft i^aben. 45
Crff tn nac^fonftantinifc^er 3^it tritt unS baS Jtreuj juerft unb immer häufiger im Silbe
cntjgegen; bied erflört ftd^ einmal auS bem größeren ^eic^tum beS und erhaltenen monu-
ncntäen SRateriold, bann aud einer offenbar bamalS auftommenben, ba^in gel^enben
Seb^K^berei. S)ie älteften, toa^rfc^einltc^ gleichartig auftretenbcn gormen fmb + (fo*
aouinnted griec^ifd^eS jtreug) unb t (fogenannted lateinifc^eS 5^reug, crux immissa). 50
ston mu^ aber auc^ annehmen, bag in bem Sud^ftaben Qi)i bed $}onogrammd S^rifti
Q. b. %) bad Jtreu^ borau^efe^t tourbe, toenn auc^ anfangt bamit ntc^t gemeint. 3^-
tocilen Derbinben fid^ bem Äreuge bie Sud^ftaben A CO (f. b. 21. Sb I. ©. 9), ober ein
ftreid umjie^t ed (£e Slant, Inscriptions chr^t. de la Gaule II, ^f. 52. 53 ; ^übncr,
Inscriptiones Hispaniae Christ, n. 11. 82. 158. 300. 305. 311 u. fonft) oberXauben66
ober Plifterte Slumen geid^nen e« au« (2e Slant I, SCaf. 31. 36; II, 63; ©arrucci V,
Jof. 347. 356. 336. 346 unb fonft). ^JWit bem ©c^mucfe foftbarer ©teine h)irb eö toer^
\äfm (©orrucci V, laf. 351. 353) unb mit bem SKonogramm jum fiegreicben Saba^
onn lombiniert (V, laf. 349—350 unb fonft). 3Ud ©iegc«ieid[>en fc^tocbt e« am
etcmm^fimmel (IV, 3:af. 265), (Sngel galten ed fd^toebenb (IV, 2;af. 262), unb im 60
96 Stnuy^ddftn ftreitj^erreit
5. ^o^rj^unbert tritt ed in ben 9fimBud Sj^riftt ein, um ii^m bid utr ©egentoaxt föne
d^aralteriftifd^e @e[talt ju geben. Seltener ift bie in f^mbolifd^en Stefiecumen ber XxiSfmf
fd^riftfteDer h)ur}elnbe ^uform "f (fogenannted älntoniu^ ober ägVt'ttfc^ Jheu]
crux commissaX bie gleid^faDd bor bem 4. ^o^rl^unbert nid^t nad^ta>eid6ar ifl (SMEhr
6 ®. 427 ff.).
^em SRittelalter gel^ören an bad fog. Slnbreadlreu) X ; tt)el(^ed bie Segenbe (um
SRarterl^oI) bed Snbread mad^te, bod t>^ftlid^e Areuj mit brei DuerbaSen -^ iinb bad
^atriard^enlreu) mit fioÄ Duerballen -=f- unb jal^lreid^e h)eitere, auf ben ®ninbfonnen
bed d^ftlic^en SQtertumd aufgebaute, h)efentli(^ jur ^eralbil ge^örenbe SUbungen:
10 SRaltefertreu), Silienlreu^, Xa^enfreug u. f. h). ; bgl. bie 3ufammenftellung bei SRüQer unb
3Rotf)t^, ^Duftrierted arc^äologifd^e^ 3Börterbuc^ ber ^unft, £ei))}ig unb Serltn 1878,
©. 591.
S^nlid^e ober gleid^e bon^riftlid^e ^rid^en biefer 3(rt l^aben mit bem d^rifUtd^ Jlteu)C0*
jeid^en toeber einen inneren no(^ äußeren ^ufammen^ang, ioie fe^r ein fold^ aud^ immer
16 toieber bi^ in bie neuefte S^^ geltenb gemad^t toorben ift (bad 3lcä^ barOber bei ^Mtt
©. 7 ff. 395 ff.; ©e^mour ©. Iff. mit lel^et^en »bbilbungen; c^afteriftif(^ für Wefe
äuffaffung e. b. Sunfen, 3)ag Symbol be^ 5treiue« bei allen Stationen unb bie (bdß
fte^ung be^ 5treuaf^mbo(^ ber d^riftlic^en Jtirc^e, ä3erlin 1876). ^ad &g9))tif(^e $enlet
Ireuj "f", toelc^e« bereinjelt in bie Ioj)tif^e Äunft übernommen toorben ifk (g. 3E. StcaxA,
20 ® ef^it^te ber ^riftl. Äunft I, ©. 532 ; ®: ©ber«, ©innbUblid^e«. ®ie foptifc^e Äunfl u. f. to^
2ei))jig 1892, ©. 8. 21. 40. 41 ; SR. gorrer, grü^d^riftl. Altertümer ou« b. Oröberfdbe
))on Sc^mim»$anot)olid, ©tra^urg 1893, Xaf. 8. 14), ift in bad ilreu) erft umgebentet
unb umgebilbet toorben; bad fogenannte ©baftifa, crux grammata j^ , ein uroUcS,
burd^ aQe Völler ge^enbeS ))rot)l^^laItifc^e^ ©^mbol mag feine nid^t feUene SertDenbung
26 bei ben G^riften (^oUer, Les catacombes de Rome^af. 88, 13; 10, 31) ber S^nüifK
feit mit bem ^reu^e berbanfen, ober biefe mag i^m toenigftend förberli6 getoefen fein, bo^
fte^t ed felbftftänbig neben bem ßreuge (bgl. SSict. ©c^ul|e im e^riftl. jlunftblott 1883,
©. 56 ff.). »ictor ei^ttlte*
Srenj^crren (Cruciferi, Crucigeri) — I. 3talicntf<ftc: öencbettofieoni,Origine
30 e fondatioDe dell' ordinc di Crociferi, Venet. 1598, 4**; ^clQot, Hist. des Ordres etc. 11,
222 sq.; 3of. ganfcn, S.J. im ^m\ VII, 1101 ff.; Ubiöorn, 3). «riftl. SicbcÄtifitigfcit Im
aRittelalter (etuttaart 1884), 8. 17r)f. 341. 476f. - IL <Ri cbcrUnbif*' franjöf ifdje
unb bcutfc^e: 3?crbuc, Vie du P^re Th6odorc de Celles, Perigaeux 1632; Gkxlefr. ä lit,
Explanatio constitutionuin ordinis fratrum Cniciferorum, Colon. 1632 ; ^. 9{uf[e(, ChronicoQ
85 OrdiDis s. crucis, Col. 1635 ; ^erman^, Annales canonieorum regulariam s. AugustiDi
ordinis s. crucis, 3 voll., Silvae-Ducis 1858; ^elQot II, 227—234; ^eimbucber, Orben
unb ^ongreg. I, 406—408.— III. ©ö^mif «• ftftlef ifcfte Ärcuj^crrcn mit bem
roten ©tern: J^ibigcr, Serieset acta magistrorum Wratislaviensium sacri militaris ordinis
Crucigerorum cum rubra Stella hospitalis s. Matthiae (bei 8tenge(, Scriptores rcrom Sile-
40 siarum, II [1840], p. 287); ^c(t)Ot II, 235—240; Regula, statuta et constitutiones ordinis
Crucigerorum, Pragae 18H0; ^^foten^auer, 3)ie Sircujt)erren mit bem roten @lern in Sdjlepen:
8. b. «er. f. ®ef*. u. filtert, edjlcficn^, 1878, e. 52 ff.; g. Qocffctjc. 5)ic rittcritdje Orbcn
ber Ärcui^licrren mit bem roten 6tern, SBürjbiirg unb ©icn 1882; Uftl^orn, 1. c. 6. 177 f.
341f. 477f.; ^eimbudjer S. 408 f . — IV. ^olnifdje ifl reujbcrren mit bem roten
46^crjen: ^clljot II, 241 sq.; Fontes Oliveuses: a) Exordium ordinis Cruciferonim etc., in
ben Monumenta Poloniae historica, t. VI, Strafau 1893 ; ©ta^I, ?1. „^üfterorbcn*', 9lr. 10,
im StX!d\ II, 1449 f.; ^eimbud)cr 6. 409.
äufeer ben Dcutfd^orbengrittem, h)cl^c h)cgen ihre« OrbenSfreuge« gun>eUen jhxui«
ritter ober Äreuj^erren genannt toerbcn, fül^ren ben lotteren 9iamcn nidjt toeniger oft
60 toier G^or^errcnorben mtttelalterlid^cn Urf})rung«, h)ot)on jh^ci (9ir. I u. III) burc^ i^
fieiftungen auf bem ©cbiet ber ©pitalj)flegc jeittocilig [xd) au^ejeid^net l^aben.
I. Die ttalientfc^en Ärcujl^errcn ober Kreujträger fül^ren |\h)ar i^en Urf))rung
bi« auf ben SÖtärt^rcrbifc^of ß^riacu^ oon ^crufalem (geft. c. 362), ja nac^ einer anberen
SSerfion i^rer Drbcn^fage bi^ auf 6lctu^, ben 9?aci^folger $ictri im römifc^en Sptffojkrt,
66 jurücf, fmb iebod^ gef^id^tlid^ ntd^t oor ber 5JJittc be« 12. 3!ö^^l?unbert« nac^timdbor.
3^rem SKuttcr^aufe, einem großen ,5ofj)ttaI ju öologna, gctuö^rte Sllejanber III. (c. 1160)
Privilegien, h)oju Urban III. (1185) unb bann 3jn"occnj III. toeitere ©^enfungen unb
SBergünftigungen hinzufügten, ©erwarb be Stoc^a, ^ißrior bed bolognefer ^aufed unter ben
ftrettj^errett ftrenjjftge 97
betben erftgenamtten $ä))ften, fd^etnt ben Orben, h)enn nic^t geftiftet, bo^ burd^ (Srünbung
mehrerer ))on Sologna abl^ängtger Xoc^ter^äufer in anbeten @täbten l^toliend gu na^m«
^erSebeutung erhoben gu paben. QuxR^tif)xn l^öd^ften 93Iüte (ettoa unter Siemens IV.)
^e bie ®enoffenf(^ft me^r old 200 Aldfter (beah). @))ttäler) in ben fünf Orbendt)ro«
tmtjen Bologna, SBenebig, 9lom, 3RaiIanb, 9{ec^el. ^^ älbjeidben b^tonb in einem 6
etfemen Jtreuje, bo^ ber $rior ben klobigen nad^ 93e[tel^en il^rer ^robe^eit in bie ^onb
gab mit bem Segen^f ))ru^e : ,,9{imm, mein@ol^n, ba^ streng, ba^ bu im $er)en unb in
bot Äonben fteö bei bir führen fottft" k. (fieoni 1. c, 14 a; U^Il^om, ©. 176). Qx--
fc^Ioffung ber ^id)it)Iin unb innere @))altungen begannen fc^on feit bem 14. ^o^^unbert
bot Orben )u jerrütten. (Sin bolognefer @eneralta))itel unter $iud II. (1462) fuc^te lo
beigebend burd^ @infül^rung bon ^Reformen bem SSerfau ju tDe^ren. Unter Sle^anber VII.
erfolgte be^jM^ ^'^^ Slufl^ebung ber (Senoffenf^aft (1656).
II. 6ine in ben SJieberlanben, in fjranlreic^, SBcft« unb ©übbeutfc^s
lanb, auc^ ^rlanb jeittoeilig ausgebreitete JtreugJ^erren-SSrüberfc^aft ftiftete 1211 ^u
^u^, ®iöcefe fiüttid^, ber Sütti^er Kanonifu« SC^eoboru« b. ßette« (geft. 1236), J^aupU i6
fäc^li(^ pxm 3^^^ i>^ Jte^erbele^ng. 2ll^re nac^ bominilanifc^em SSorbilb mobifijierte
Xugußinerfa^ungen foO angeblid^ fd^on l^nnocenj III. (1216) beftätigt l^aben(?). S3id
gegen (Snbe beS SRittelalterd erlangten jte in ben genannten (Sebieten beträc^tlid^e Ser^
brntung (mit 9{ieberlaf{ungen auf beutfd^em Soben j. 93. in i^ln, Slad^en, Düffelborf,
^Duisburg, Irier, ©aljburg). ÜJad^bem teite fd^on toäJ^renb ber 9lef ormationSjeit, teils in ao
ber fran)ö{tf(^en 9lebolution bie meiften i^rer 92ieberlaffungen untergegangen, beft^en
fte gegentoortig noc^ fünf i^öufer: 3h)ei in ^oDanb, jiDei in 93elgien unb eins in
Salzburg, ^er bon Seo X. 1516 i^nen berliel^ener Siubult, toonac^ fte Stofenfrönje mit
500 klagen Sbla^ auf jebeS SSaterunfer ober 9lbe 3)iaria(!) toeil^en fönnen, l^t ioieber«
bolte Seftötigungen burcp f^Kttere $ä))fte, 5ule|t 1884 burc| Seo XIII. erfahren (^eim^ 25
bui^ ©. 507).
III. 2)ie Äreug^erren mit bem roten ©tern (Ordo militaris crucigero-
mm cum rubra Stella) tooDen jtoar als geiftlic^er Slitterorben toäl^renb ber jlreu^üge
im ^l. Sanbe entftanben fein, ftnb aber bielmel^r nac^toeiSli^ erft unter ®regor IX. als
e)>ttalbrüberfd^ft in einem (c. 1235) bon ber böl^mifc^en StönigStod^ter älaneS in ^rag 30
gestifteten f^anjiStuSKofter inS Seben getreten, ^^re SebenSorbnung, nebft bem älbgcic^en
beS itreujeS in fec^Secfigem rotem ©tcm, erl^ielten fie erft 1252 burc^ ^^^^cenj IV. ©^on
im f olgenben ^al^r übernahmen fte bie pflege in bem bamalS Don ben fc^leftf^^en $er^ögcn
i^einnc^ unb SBlabiSlato errid^teten @lifabetl^{^ttal in S3reSlau. S3öl^men unb ©(^le^en
blieben bie $au))tgebiete i^er ferneren Xl^ätigleit. ©ie gelangten balb ^u beträc^tlid^en 86
Slcic^tümem, berftäen aber infolge babon t)ielfac^ in ü^t)igeS toeltlid^eS treiben. Son bem
ShtttcrfKfte in^rag fuc^te jjeneS 93reSlauer (Slifabet^f^ital, baS burd^ SSereinigung mit einem
6t SKatt^iaSlloPer gu einem großen imb befonberS reid^en „SWatt^iaSftifte" gctoorbcn
toor, m 9(nfang beS 15. I^a^i^unberts fu^ ganj unabl^ängig )u machen. @S ftürjte fii)
ober beim Streben banac^ in ©c^ulben unb mu^te beSl^alb (gemä^ einem Urleil 5taifer 40
6igtdmunbS bomlg. 1424) bie SSertoaltung feiner Slnftalten eine ^^t lang bem ftäbtifd^cn
Stot überlaffen (U^l^om ©.341). ^n ber neueren QÄt gingen manche i^rer ^auf^ti^äufer
an anbere Drben über, j. S. baS ^rager feit 1555 an bie ©efellfc^aft ^efu, fpätcr (1599)
an bie fia))u^iner.
IV. @in ft>egififd^ j)olnif(^eS ^nftitut toaren bie in ber Jtoeiten §älfte beS 13. ^a^r« 45
^bertS gu jtrafou geftifteten unb auS i^rem ©t. SRarluSllofter bafelbft fpäter Kolonien
noc^ onberen Orben $olenS unb £itt^auenS entfenbenben jlreuj^erren mit bem
roten ^erjen. ©ie unterfd^ieben fic^ burc^ h)cifee DrbenStrac^t toon ben fc^toarj ge*
fleibeten Slotftemlreuj^erren, bilbeten eigentlich einen Sü^erorben (Ordo B. V. Mariae
de Metro de poenitientia ss. martyrum, ober fürjer : Ordo poenitentiae ss. mar- 60
tyrum), erreichten gegen änfang beS 16. ^a^r^unbertS il^re l^öc^fte Slüte, fingen aber
bann einem rafc^ SSerfall entgegen (^el^ot u. ©ta^l 1. c). ädcfler.
ttnuipvoht f. 9b VII @. 34, a.
SfCnjjigf. — Clu eilen: JRaimunb Don ^gifeS, Historia Francorum qiii cci)onint
Jerusalem (prooen^alifc^); Gesta Francorum et alionim Hierosolymitanoniin (normannifd)); 56
Siüc^rr ton d^artreS, Gesta Francorum Jerusalem peregrinautium (lütt)ringifcl)); JKabuIf
XK>n Hatn, Gesta Tancredi Siciliae regis in expcditione Hicrosolymitana unb ($!fct)Qrb uou
Vura, Hieroaolymita : ffimtlidi Augenzeugen bcS erften B^dcS. Gilbert uon ^lac^cn, llisU)ria
ÜMUCaclfbliAMc fir Z^coKogic mb IHr^c 8. «. 2i. 7
98 firettjjfige
Hierosolymitana ( — 1121) fielet unter bcm @influ6 bcr ©aßcnbilbung. Cbo Don 3)euil (De
Ludovici VII. regis Francorum profectione in orientem) fcftrctbt unter bem frifc^en (Sin«
brucf ber ©reignifie Don 1145—1148 on "übt ©u^er öon ©t. 3)en58. ©il^elm oon Xl^rud,
bcr glänjenbfte unter ben ^eujjugd^iftorifern (Historia rcrum in partdbue tranBrnarinw
6 gcstarum) fü^rt bie @^e{(^td)te bed 97ei4e3 ^^rufalem bid 1184 roeiter. Sageno oon $affau
(I)escriptio expeditionis asiaticae Friderici I. imp. contra Turcas) unb 9(ndbert (Historia
de cxpeditione Friderici imp. edita a quodam Austriensi clerico, qui eidem interfuit)
maren Begleiter S^^icbrid) Söarbaroffad. Geoffroy de Villehardouin, La Conqueste de Con-
stantinoplc, unb Jean Sir de Joinville, Histoire du St. Louis IX. glänjenbe ^arfteHer ber
10 franjöfifc^en ^ii^t im 13. ^a^r^. 3af ob üon $itrQ mistiger bur4 feine Epistolae de ex-
peditione Damiatina aug ben Sauren 1216— 1221 (3^® 14.15.16) alÄ burd) feine Hißtoria
Orientalis. — ©amnrlungen ber OueOenfc^riftfteller: Bongars, Gresta Dei per Francos, Ha-
noviae 1011; Michaud, Biblioth^ue des croisades, 4 vol. 1830 ss.; Becueil des historiens
des croisades publi^s par les soins de l'Acad^mie des Inscriptions et Belles-Lettres (Hi-
16 storiens occidentaux, 5 vol. 1844 — 95 ; Hist. orientaux, 4 vol. 1872 — 95 ; Hist. grecs,
2 vol. 1875—81; Hist. arm^niens, 1 vol. 1869). ^ufecrbem faft alle S^ronifen fomie
jal)lrcic6e ©riefe unb llrfunben be8 11. bi§ 13. 3a^r^.
l!i 1 1 e r Q t u r : Unter ben ^al^Ireidien Schriften unb Vuffä^en über bie ShTeu^fige
finb ju bcQcfiten: SBilfen, ^efdil^te ber ^eu^jüge, 7 93be 1807-1832; Michaud, Histoire
ao des croisades, 3 vol. 1812 — 1817, Nouvelle edit. 4 vol. 1856; Biant, ExpMitions et p^
lerinages des Scandinaves cn Terre-Sainte au temps des croisades 1865, baju Tabtes
1869; 9?öt)ricftt, ©eiträge gur ^efcftidjte ber ^reiijjüge, 2 »be 1874. 1878; berf., ®e-
fd)ic6te ber ^rcu^jüge im Umrig 1898; ^ugler, ®ef4td)te ber S^reu^üge 1880 (^dlgemeine
(SJefcfticftte in (Sinjelbarfteüungen Don 3S. Cncfen, IL 5). — ^. D. @i)bel, Oefc^icSte be«
25erften S^reuj^ugS 184L 2. ^ilufl. 1881. 53on bemf. met)rere WufföSe in kleine ^iftor. Schriften
3 93be 1863-1880; Äugler, ©tubien j. ®ef*. b. jmeiten Äreujauge« 1866; berf., «naietten
j. ®cf4. b. ^weiten ^eujjugeS 1878; IRieiler, 2)er ^cujjug Äoifer JJriebri* L, in gb»
1870; 6treit, ^Beiträge g. ®ef*. beg oierten ^eusjug« 1877; 9»ö^rict)t, 3)cr ftinbcrfreui-
gug, in Si)bcl§ $3, 93b 36, 1876; berf., 3)ic ÄrcujjugSbenjegung im 3a§re 1217. in gbO^
80 1876; berf., ©tubien g. ®cfd). beS fünften ^reujauges' 1891; berf., ®efc^. be« ÄönigreicW
Scrufalem (1100—1291) 1898; 9legenbogen, Commentarius de fructibus quos humanitas
libcrtos mercatura industria artes atque disciplinae per cunctam Europam perceperint e
sacro bello 1809; ^eercn, S^erfucft einer ©ntmidelung ber folgen ber jheujj^üge für (Suropa,
in b. SBermifdjt. t)lftür. Sd^riften, 2. %i„ 1821 ; 3. 2. ^a^n, Urfac^cn unb fJoTgen b. Äreu|«
85 i^üge 1859; '^x\x^, S^riftentum unb ^^lam n)ät)renb bed SRittetalterd u. b. fulturgefd)i4tL
fergebniffe ber ß'reiijjüge, im ^iftor. Xafc^enbu^ 1878; berf., Äulturgefcfticftte bcr ftreui*
gügc 1883.
3n bcm taufcnbiä^rigcn fiam})fc jtoifc^cn ß^riftcntum unb gglam bilbcn bie Kreuj«
gügc bc^ 12. unb 13. ^al}x\). ein in fid^ abgcfc^loffcnc« (Sanjcö. 3)ie 2lngriff<Jt)oIitif bec
40 ei)^nc bc^ ^roj)^ctcn inar fett bcm 8. ^al)xi). gum (Stittftanb gclommen. S)cr 9Ru^m<
mcbancr, bi«^|cr nur gchjol^nt für feinen ©laubcn gu ftrciten, fanb mit etnemmole ®^
fdimadt an ben 3)ingcn bicfcr SBJcIt, fo bafe, toa^ bamal^ bie iäamitif^cn Sölter auf
tuiturcdcm @cbietc gc(eiftet l)abm, noc^ ^cutc i^rcn 9tul^mcdtitcl in bcr ©cfd^ic^te ber
SKcnfdtj^cit auömac^t. Umgcfcl^rt gclnann bei ben c^rtftlic^cn Söllern be« äbcnblanbed
46 bcr rcltgiöfc ©cbanfc fid^tli^ an ©tärfc. 33ci i^nen „lam eine Stimmung auf, )uglet4
tootl bon fcinbfeligcm .^affc gegen bie trbifc^c SBclt unb glü^cnb bon ^ei^er Se^nfuc^
nac^> bcr ©cligfctt bc^ §immcl^, eine allgemeine 6ncgung bcr (Scmüter, toelc^c bereit
toax, jcbcö trbifd^c ®ut l^inlneg^utücrfcn, jcbcr mcnfc^Kd^cn Scjtc^ung ben SRüden gu fe^^ren,
mo immer il^r ein Sl^cg ju einer mi^fttfd^cn Scrbinbung mit ®ott bem §erm eröffnet
60 fd^icn" (evbel, ®cfc^. bc« crftcn «rcuj^. (2) ©. 150). 3n bicfcr finnU^en SReRgio^öt,
bie nid^t rul^tc, bi^ fic ®ott leiblich gcfd^aut unb ergriffen ju l^abcn glaubte, ^aben tpir
borjugölDcifc bie DucUc icncr einzigartigen ßrfc^cinung bcr Rrcu^jüge ju fuc^en. 3)a^ auf
ein folc^ic^ ©cfd)lcd^t h)ic bie Sicliquic üh^xliavupt, f o bie bcbcutfamftc unter aüzn 9teltquien,
ba^ 1)1 £anb fclbft, in iDcld^cm ^t\n^ gclcl^rt unb gelitten l^attc, eine befonbere an«
66 jtcl^ungölraft ausüben mufetc, liegt auf bcr §anb. 2)ic im 11. ^af)xl}. maffenl^aft auf«
trctcnbcn ^Isilgcr finb nid^t cigcntlid^j bie Vorläufer bcr fpätcrcn Äreugfa^rer, tool^l ober
crmöglid^cn il^rc Intentionen ha^ 33erftänbni^ für jene nad^maltgc Setoegung. SBoren
nid^t bon bombcrctn taufcnb Gin^clnc bon berSc^nfucbt nac^ bcm i^immlit^en ^erufolem
erfaßt gcmcfcn, fo inürbc c^ bcr Staatöfunft fd^mcrlid^ gelungen fein, mehrere äRenfc^en»
CO alter l^inburd^ ganjc aJiaffcn für ein freiwillige^ Unternehmen gegen ba^ irbift^e Serufolem
intercffiert ^u erl^altcn.
älu^ ®rcgor VII. joHtc bcm m^ftifc^cn SBcfcn bcr 3^* feinen 3:ribut, nur mit bem
Untcrfd^iebe, bag er ba^ l^rbifc^e, ftatt cd beifcite ju laffcn, biclmc^ bem ®5ttli(^en in
©eftalt ber ^ird^e untert^an )u modffcn ftrebte. ^m 3ufammen][^ange bamit pUuiU tt
ftreitjaftje 99
bereite 1074, ald Jtlemaften an bte @elbf deuten betloren gegangen toax, einen ßrieg gegen
Ue lederen, bei bem ed ^ugleid^ auf eine SBiebergetvinnung ber griec^ifc^en ^irc^e abge«
fc^en toor (Registrum ed. Ph. Jaff^, Mon. Gregor. I, 49. II, 31. II, 37; bgl.
I, 46. II, 3. I, 18). 50000 SWann toarcn angeblich bereit, bie ber ^Jajjft })erjönlid^
führen tooQte. 3(u(^ tDtrb ba^ 1)1 @rab, tDennglet^ nur beiläufig, ate @nbgiel genannt 5
(Reg. II, 31, ©. 145). Snbeffen fd^eiterte bie Slu^fü^rung be« ^Jlane^ an bcm Äon^
fBlte mit ^einric^ IV., unb erft Urban II. na^m bie ^h^c unter anberen ©efic^t^punlten
tonebec auf. ^enn bei i^m beftanb bag3i^^ ^^^^ fotoo^I in einer 3(u^breitung ber })äpfts
Udfm ^Dia(^tf)}l^cire aU in einer 93et^ätigung ber a^tetifd^en 3^itftimmung. @ie gur t)oUen
Entfaltung m bringen, fc^ien red^t eigentlid^ al^ eine ^rei^merte Seiftung bed Dberl^aupte^ lo
ber tat^oltfqen G^riftenl^eit, toä^renb bie te^nifc^e ^urc^fü^rung al^ eine fe(bftt)erftänb'
ü^ Sdaftung ben SBeltmäd^ten ju^el. ^iefe^ le^tere um fo me^r, atö fc^on feit ^ai^x^
^nten fpejiell bie normannifc^en Flitter an ben kantp^ mit ben Ungläubigen gemöl^nt
tDoren, fo ba^ alfo ein Sarajenenfrieg ni^t mel^r au^er^alb bed @efic^tdfreife^ ber ätbenb^
lonber Lag. 2)a^ tDu^e auq jlaifer äUeciud I., al^ er ftc^ 1094 bireft an Urban II. 15
um ^ilfe toanbte. 9lur bafe er mit feiner Sitte ben berfc^iebenften SBäünfc^en be^älbenbs
lanbed entgegenlam, ba| l^ier adfetifd^e (Stimmung, l^ierarc^ifc^e Sini^eit^beftrebungen unb
abenteuernde Jtam^fbegier jufammentrafen, um ber SBelt eined ber eigenartigften unb
folgenfc^toerften @d^auf))iele aÜer ^txtcn ju bieten, ba^ fonnte niemanb al^nen.
Sei Slnlunft ber gried^ifc^en (Sefanbten toar ber ^apft im Segriff auf bem Äonjil ao
toon SIermont bem e^ebrec^erifd^en jtönige $l^i(ip)) Sluguft I. bon ^ranfreic^ eine Derbiente
Slüge )u erteilen, älber alle SBelt lou^te, bag ed ftd^ noc^ um ®ro^ere^ ^anbelte aU
van einen ber immer toieberfe^renben ^i^jit^linarfäUe. ^er SeböUerung bemächtigte ftd^
bie ^eftigfte ©tKxnnung, bie Qa!^l ber ^^eilne^mer touc^« ind Ungel^eure. Sor biefer un«
überfe^baren ÜJlafJe \pxad^ Urban II. am 26. Slotoember 1094 auf freiem gelbe öom 26
®rabe ^^n. 3&a^ ber ^ap\t bamal^ gefagt ^at, toiffen tDir nid^t me^r; nur ba^ ift
getoi^, ba^ er ben redeten %on traf. 3llle Seibenf^aften erit)acbten unter bem Sofung^^
toorte ber neuen Setoegung: Deus lo volt. 3"^"^^ "^^ SWaffen erllärten mit ber äln^
na^me bedJlreu^edjei^end il^re SereittoiUigfeit 2um3uge. ^n bem lieben^tDürbig frommen
Sif((^of Sfc^mar bon 5ßu^ fanb fid^ fogleid^ ein ben 5ßaj)ft toertretenber Segat, toä^renb 30
bie 3uftimmung bee mächtigen 3taimunb t)on @t. @ille^ bie ^urc^fü^rbarfeit be^ $lane^
1104^ ber militärifc^en Seite l^in ft(^erte. ^nbeffen n^oUte fic^ ber religiöfe Snt^ufta^mud
bom ^ßat)fttum niift in fefte @d^ranfen gtoingen laf{en, t)ielmel^r bemäd^tigte er fid^ rafc^
ber itieberen Jtlaffen. Der Sauer toerfc^leuberte feine §abe unb fe^te [\^ um l^o^en $rciö
in ben Seftl^ bon äBa^en; il^m fc^lojfen fic^ folc^e an, bie unter ))olitifc^em Drudt ober 36
moterieOer SÜot feufgten; SBeiber, Äinber, niebere Älerifer unb entlaufene aRi)n4^e fanbcn
fk^ ebenfalls in Stenge ein unb ))rägten biefem Sorläufer ber ^reuj^eere ben S^aratter
eincd milben ätaubgermbeld auf. @ott allein foQe fie führen unb i^nen gum @iege ber^
men. 3)iefe ftiDe Dt)t)ofition gegen ben $apft ^at bann bie @age mm 3tu^brucf ge-
bnK^ iiü)em fte bis l^eute nic^t Urban II., fonbern ben (Sinfiebler $eter Don Slmien^, io
einen ber gü^rer jener fanatifierten Sanben, für ben eigentlichen Sertreter ber Äreuj^ug^«
ibee ou^iebt. 2Ba^ aber $eter baju getrieben ^abe, fei eine ))erfönlid^e (Srfd^einung ^efu
getoefen, ber i^n aufforberte, bie S^riften^eit mit bem traurigen 3ul^<^^^ ^^^ ^^' Sanbe^
belonnt gu machen. Die armen ©d^toärmer fanben nac^ toilben @reuel{cenen, bei benen
fic t^e SBut befonberd an ben ^uben au^Iie^en, teitö f^on in Ungarn, teitö jenfeit^ be^ 45
9od)>i>ru^ ein tlögli(^e^ @nbe.
äuc^ ben eigentlid^en Äreuj^eeren fel^lte ber äußere fid^tbare gufammen^ang ; aber e^
befeelte fie eine freie Übereinftimmung unb neben ber religiöfen Eingabe ein ftarfer 3;rieb
ber @e(bfterl(^altung. @o nur toar e^ mdglid^, ba^ auc^ ol^ne t^ätige^ (Singreifen be^
l^it^ic^en Segoten alle jene $eerfäulen bc^ 3^^^^ 1096 — Sot^ringer unter ben Srü- 6j
bem ©ottfrieb bon SouiUon, Suftad; unb Salbuin, SJorbfranj^ojen unter Sflobert t)on ber
Stoxmonbie, ^robenjalen unter Slaimunb t)on @t. @ille^, italienifd^e 3f2ormannen unter
Soemunb unb lonfeeb — ba^ ate ^\A genommene l|l. ®rab toirflic^i errei^ten. 3l"^"^^l?i«
icigte fid^ auf Schritt unb Zritt ber jmiefpältige (S^aratter bed Unternehmend. @in Xeil
9a obenblonbifc^en ^rften mag t^atfäd^lid^ o^ne perfönlic^e ^intergebanten gemefen fein. 65
2)ie meiften aber trugen ftc^ Don älnfang an mit ^öc^ft realen planen, motten f^e bie»
fdben nun toie Soemunb Don Xarent o^ne befonbere @c^eu eingefte^en ober n)ie 3{aU
mmb Don ©t. (SiHed ängftlic^> hinter fir^lid^em Übereifer Derftedten. SBeitere i^ertridte*
bmgen brachte bod Ser^öltnid mm griec^ifc^en Sleic^e. 3lai^ langer Hrifid loar ed erft
jßng^ bem militärifc^ ©efd^icl Sllesiud' I. gelungen, ben Seftanb bedfelben toieber ^u go
7*
100 ftrettjjfige
{tcf)em; Don neuem l^atten bie bürgerlich unb tird^Iid^en Elemente angefangen ft(^ neben
ben Snforberungen bed Sagerlebend )u be^au))ten. Unter biefen Umftänben fd^ien niAtd
gefä^rlid^er aU bad 3(uftreten ber unbönbigen jlreu^fa^rermaffen mit i^er ml^fHfc^en
Sd^tDärmerei unb bem feigen Sänber^unger. 3)enn btefelben ertDogen gerabeju, ob Jloifer
6 9lle£iud atö f^einb ober ald SSunbe^eno^e anjufel^en fei, im (enteren ^oDe, ob man fid^
feiner nur aud S'^^tdmäiigH^ii^xix^xS^tm bebienen ober für il^n alö ben geborenen §croi
be^ d^riftltc^en Dften^ SSorteile ^erau^fd^Iagen foDe. ^en fc^önften @rfoIg bed jlreu)^^ecred
bilbete bie Eroberung bon 9(nttoc^ien (3. ^uni 1098) unb bie 93el^au))tung ber Stobt
gegen ben jum @ntfa( ^eranrüdCenben SmirJlerbuga tyon SJlofuI (28.3uni 1098). %a)l^
10 bem me^r ald einmal aQed berloren fd^ien, fül^rten mutige älu^auer, Suge Sered^nung
unb ber burc^ bie angebli^e 9(uffinbung ber ^l. Sanje gefteigerte @ntl^uftadmud fc^Iie^tc^
ju einem glänjenben @iege. 3(ber ebenfotoenig fehlte e^ am bitteren $aber ber ^ürfien
unb Sölfer: bort bie cl^rgeijigen, berfc^toenberifc^en, in religiöfen fingen f f et)tif(^en %»>
mannen, l^ier bie befd^eibenen, nic^t befonberd Iriegerifd^en, aber m^ftifc^ ^veranlagten $ro«
16 benjalen. Slud^ bie Don ben (e|teren toertgebabene 1)1 Sanje mu^e nunmel^r, feit fie
i^ren Dienft get^an l^atte, fi^ ben @))ott ber ©egner gefaDen (äffen, ©leid^tool^l erjtoang
^robenjalifc^e ^ömmigf eit ben 3Beitermarf^ nac^ ^erufolem unb bie Sroberung ber @tabt
(15. ^uli 1099) atö älbfc^lu^ einer DiertDöc^entlid^en S3elagerung. greilid^ fc^Iug mit
biefem Erfolge auc^ rafc^ bie Stimmung um. SRorbluft unb ©elbgier lannten n>rtan
20 leine @ren^. @benfott)cnig toar man geneigt bem SBunfc^e ber @eiftli(^teit nac^utgeben
unb au^ bem 1^1. fianbe einen unter bem $atriard^en Don ^erufalem ftel^enben itixt^em
ftaat ^u mad^en. SSielme^r tt)arb (Sottfrieb Don SSouiQon jum S3ef(^ü|er be^ 1^1. ®rabe<
ermä^It. 6rft Don biefem 2lugenbIidE an tritt ber $erjog in ben Sorbergrunb; benn tiHi^
®aat unb Segenbe f^äter Don ber ^orgefd^id^te biefed eigentlich nur burd^ ma^oDe 6elb{i>
25 befc^ränfung au^e^eid^neten ^rften gu erjä^len tDu^ten, ftimmt mit ber SBirflic^feit nid^
überein. ^a man mu^ e« gerabeju ate ein ®lüdt für feinen 9?ad^ru^m bejeic^nen, bafe i^
fd^on am 18. ^xdi 1100 ber 2^ob einer 3lufgabe entjog, ber er laum getoad^fen jetoefen toore.
S)ie 3(rbeit, hai ^nigreid^ ^erufalem unter befferen 93ebingungen, aber freiließ auc^ mit
größerer Begabung au^jugeftaHen, Derblieb feinen iRad^foIgem, ben brei erften Jtöniaen
aoSalbutn I. (f 1118), »albuin IL (f 1131) unb gulfo (f 1143), toelc^e e« Dor allem
Derftanben, bard^ glüdHi^e militärifd^e £)))erationen ben äußeren SSeftanb bed 9)eic^ |u
fid^ern. Ünterftüfet iDurben fie babei burc^ neue auf bem ©eetoege ^eranrücfenbe ^ilger»
maffen, iDelc^c fic^, ol^ne bafe fie eigentliche Äreujl^eere ret)räfentierten, boc^ gern bei einem
5tamt)fe gegen bie Ungläubigen bem 5{önige jur SSerfügung fteUten. ^a^u bilbeten bürgere
85 lic^e ©lemcnte au^ ben italienifc^en ©eeftäbten, )u eigenen (Semeintoefen in ben f^rif^en
§afenj)lciJben jufammengefd^loffen, in fultureller ^infic^t einen überaus toertDotten SefUmb*
teil be^ ^eic^e^, toäl^renb bie religiödsritterli^en ©enoffenf^aften ber Zem))el^erm (feit
1118) unb ber gol^anniter bem König eine too^lorganifierte unb ftetd bienftberette InipJ)e
ju liefern Derfj)rad^en. ©o mehrte ftc^ tro| ber unauf^örlid^en ^ben bie SeDötterung unb
40 touc^^ ber Si^ol^lftanb bi^ gur Ü^)}igfett. 3(uc^ tourbe biefe Snttoidelung nod^ bdbun^
begünftigt, bafe, U)ä^renb bad normannifc^e Clement aHmä^ilic^ Derfd^toanb unb S)eutfd^
h)te Gnglänber nur fpärlic^ Dcrtreten haaren, abgefel^en Dom italienifcben Raufmann ed aud*
fd^licfelic^ ber fran^öfifd^e Slitter toar, ber bem c^riftlic^en Orient fein®et)räge gab. @leid^
too^l fc(;ltc eg me^r unb mcl^r bem gemeinfamen ^ctnbe gegenüber an IraftDoUer (Siniglett,
45 fo bafe e^ nad^ Rönig ^ulfo^ 3;obe bem Gmir ^wiöbebbin ^mlx Don 3Roful möglich tDurbe,
bie ©rcnjfcftung Sbeffa am SBei^nad^t^tagc 1144 jur Äapitulation ju jtoingen unb Damit
in ben 53cftanb be^ jungen Rönigrei4»e^ bie erfte Srefc^e ju legen.
2)a^ (Sreigni^ fanb in allen d^riftlid^en Sänbem fc^merjlid^e leilnabme ; bennod^ tritt
biefc^ 3Jtoment bei ber 3!)urc^fül^rung bc^ jmeiten 3^0^ f^""^ i" ^^" äSorbergrunb. S)te
60 3citen hatten fic^ benn bod^j geänbert. ^a eigentlich ^errfc^te nur bei 2ubh>ig VII. twm
^rantrcid; noc^ biefelbe anbäd^tige (Sefmnung; er toollte feine unb ber ©einigen ©ünben
büfeen, inbcm er gegen bie geinbe ßl^rifti baö ©c^lDert jog. ^n biefer 2lbftc^t brachte er
bie Jragc ^uerft 1145 auf Dcmfionjil gu Sourge« jur©j)rac^e, tourbe aber bejeic^inenber»
h)eifc nid^t einmal Don bem ^o^en Äleru^ in biefer ©timmung beftärlt. äbt ©uger Don
55 ©t. 3)eni^ toamte Dor Übereilung ; Sem^arb Don ßlairDauj aber tooHte in ber ©od^
nic^t« ol^ne päpftlid^en Sefe^l t^un unb Dertrat fie auc^ fräter, ald er fid^ ber i^m mifs
getragenen Äreu^^rebigt mit 5^"^<?ifw toibmete, me^r mit mo^lertoogenen ©rünben aU
mit jener inftinttiDen Öegetfterung, mit ber man unter Urban II. auf bie @ad^ lo^
geftürmt toar (©^bel, Äl. ^iftor. ©c^r.I, 426 f.). ^a felbft (Sugen III., fo fe^r er formeO
60 bie Seitung in ber ^anb behielt, toar mc\)x ber ©efd^obene atö ber ©c^iebenbe. Sö|t fiäf
Stttn^i^t 101
b€mna(^ in ben ttrd^Iid^en Itretfm eine getDiffe nüd^teme Serßänbigteit nid^t in älbrebe
ftcQen, fo f))ric^t erft m^t bad tooc^enlange 3^0^^ Jlonrabd III. im 9b>bem6er unb ^e»
)ember 1146 bafür, ba| neben bem m^fttfd^sagfetifc^en. orange ouc^ bad SSerftänbni^ für
bie Sufgoben biefer 9Belt feinen $la$ be^au))tete. Unb l^ötte man nur biefen ^olitifc^en
SrtDogungen Slaum gegeben unb bon boml^erein einen el^rlic^en Slu^Ietd^ gefuc^t jtDijc^en 5
bat frommen @m)>finbungen be^ ^erjend unb ben Seben^intereffen ber 3$ö(!er. @erabe
bicfe (enteren aber h)urben, fotDeit e^ fic^ um bad SRorgenlanb ^anbelte, bebenlltc^ in
^oge geftdlt, toenn je^t neue ^eere^maff en ftd^ über ben Orient ergoffen, bie ieben äCugai^
bltd unb je nac^ ber ))olitifd^en JtonfteQation einem ber neu aufblü^enben @taatengebi(be
gcfo^ic^ h>erben tonnten. Obenbrein l^atte SemJ^orb in r^etorifc^er Überfd^toenglid^feit 10
@&nber aSer 9lrt auf biefe ftd^ neu öffnenbe ®naben))forte aufmerifam gemacht, o^ne ju
edDogen, ba^ Sbenteurer, ©efinbel unb 3)imen toeber ein Jtreujl^eer em^fe^Ien nod^ feine
3>id)i)>lin er^ö^en (Epist. 363 MSL 182, 566). ed^IiegUd^ toaren ed aber boc^ bie Unttar«
^ ber betben abenblänbifd^en Könige unb bie big ^um SSerrat gefteigerte Sonberpolitil
ber morgenlonbifc^en ^rßen, benen im 3Binter bon 1147/48 in ^einafien ber größte 15
Ztä ber Ateu)fa^er unb in ber ^ulii^i^e 1148 DorDamadfud ber übrige 3teft )um£)})fer
fielcn. Sbeffa blieb in f^nbedl^anb, ^eml^arb t>on Qlaittyaujc galt old Url^eber be^ grä^^
lt<^ Unglüdg, toennglei^ er felbft mit9tac^brud barauf l^inioeifen burfte, bag ni^t feine *
im ^ö^en auftrage ))oD)ogene ^reu)))rebigt, fonbem ba^ fünbl^afte treiben ber Jtreuj^
fa^^ bie Äataftrot)^e Deranlafet ^abe (De consid. II, 1 MSL 182, 741—745). 3)er \)kU 20
gefeierte Solbuinlll. bon ^erufalem aber beging in ber^olgqeit bie bo))))eIte Unllug^eit:
er fonb ^ bamit ab, ^ama^fu^ ioieSbeffa in ben Rauben 9curebbind bon3Roful }u be^
laffen, o^nerac^tet ber baraud für bad d^riftlic^e 9{orbf^rien entftel^enben ®efa^ren, „ unb er
rei)te burc^ bieSroberung Don äldfalon (1153) bad bid^er burcpau^ ungefö^rli^e 3tg^))ten.
®erabe mit biefer toteren $olitit arbeitete er bem ^ode bon^erufalem birett Dor; benn25
bie im 96>rben unb SÜorboften ^erangeioac^fene @elbf(pu!enmac^t f})rang 1169 auf9ig^t)ten
über. Srbe biefed großen big ^leinafien unb 9){efo))otamien reid^enben ©ebieteg toarb aber
@uttan Solabin, ber eg fid^ jur Seben^aufgabe mad^te, ,,bie Sltfamofd^ee ju befreien'^ b. 1^.
bie ß^riften aug $aläftina ^u vertreiben unb ^erufalem ju erobern, ^er ^rieg begann
unter ben ungünftigften 3luft)icien unb enbete, Don ben Sl^riften mit falber Kraft unb ge« ao
ringem äSertrauen geführt, mit bem entf^eibenben @iege (Salabing bei ^attin (4. ^uli)
unb mit ber Äa))itulation ber 1^1. ©tabt (2. Dftober 1187). Die G^riften blieben fortan
auf ben 9eft( t>on Slntioc^ien, ^rit)olig, X^rug unb ber ^o^anniterfeftung 3)iargat
bef(^rän{t
©cn 3jöwmer, ben biefe fd^limmen Slad^rid^ten im Slbenblanbe ^ert)orriefen, fteigerte 86
mx^ eine erregte Stimmung, bie infolge bon ungetoöl^nlid^en Slaturereigniffen fi^ für bie
näc^fte 3^ ^ fc^limmften 3)inge berfal^. Die SQiebergetoinnung l^erufalemg galt bei
gfirfken unb SSölfem für bie einzige ber @egentoart gefteHte Slufgabe. Unb boc^ toar
man bon bem Irantl^aften Sntl^ufiagmug früherer 3^^^ f^^^ jurüctgetommen. ^lebcnfaUg
fineben $oIitü unb @taatgtoo^l bei ben Vorbereitungen eine entf^eibenbe diolle, fo bag 4o
tein anbmr Jlreu^ug ftc^ an berftänbiger ^lanmägigfeit mit biefem britten meffen fann.
XQe Differenzen in §uro))a tourben borläufig beigelegt. Da^ eg f^i^U ^toifc^en ^anf=
retd^ imb Snglonb ju ben nötigen äluggletd^ungen tam, toar bag 2Bert ber Jiird^e, bie
auf biefem i^ eiüjtorec^enben ®ebiete beg ^ebengftifteng eine rül^rige unb glücflic^e X^ätig^
t6t enttmdtelte. vtod^ jufunftgrei^er geftolteten ft^ bie 93er^ältnif{e in Deutfc^lanb. 3lm 46
Sonntag ,,2ätare gerufalem" (27.3Wära 1188) brad^te ber ,,9leic^gtag gj^rifti", fo genannt
toeil ber Äaifer im 93etou^ein, bafe G^riftug j)räribiere, feinen I^ron leer gelaffen l^atte,
eine gonje 9%ei^ bon SSerfö^nungen; ^um @c^lu^ nal^m aud^ ^ebrid^ I. bag j^euj.
Unter ben bon i^m erlaffenen Seftimmungen toar befonberd bie be^eid^nenb, bag jcber
itrotgfa^er minbeftend brei SRarfäBegjel^rung auftoeifen foQte; man tooUte ba^ bielc arme so
9ioÜ, toeh^ed 1147 für bad $eer gu einer brücfenben Saft getoorben toar, bon boml^crein
oudfd^lie^en. Sber tro( aQer Sorgfalt foHte auc^ biefer britte ^ua böUig fc^eitern. (£^
ift belonnt toie ber %o\i JJriebridS^d imSalef (10. 3ium 1190) ba^ SJertraucn bc^ bcutfc^cn
^etrcd brac^, toie bie SRaffen ftd^ auflöften, bie 9tefte burc^ @eud^en in Serien tociter
^tmiert tmtrben, unb toie fd^lie^lid^ ^er^og ^ebric^ bon Sc^toaben nur ettoa mit taufcnb 65
HKoitn bor 9(Kon eintraf. Diefe reiche ^anbetöftabt l^atte nac^ ber ^Jticberlage bon ^attin
fofort ta))ituliert; )u i^rer SBieberertoerbung bereinigte ftc^ jje^t bie gefamte c^riftltc^e
3Kad^U Um ber bei ber langen S3elagerung entftel^enben 9{ol ^u fteucrn, l^attcn bereite
1189 $tlger oud 2iä>^ unb93remen ein$oft)ital gegrünbet; baejelbc enttoidteltc ftc^ bani
ber ^firforge ber ©taufen ju einer 33rubei^d^aft nac^ 2lrt ber 3io^annitcr unb 1198 jum eo
102 fttfttsjfige
ritterlichen Deutfd^orben, ber in bem bamol^ beutfc^en Sel^^ftaate ^erufolem bte ^ntereffen
ber beutfc^en 3lation gegenüber Xem))(em unb l^o^annitem t>ttfxat, Sd^Ue^id^ fiel )tDar
9U!on, ober ^nig Slid^arb I. \)on @nglanb erreid^te im trieben t>im 1192 btx^ nur, bog
bie Pilger in tieinen @c^aren unb unbettHiffnet ba$ 1^1. ®raB befuc^en burften.
6 ^er 5tam})f $^iltt>^ bon @d^h)aben mit ben SBelfen unb bie itriege jtoifd^ %ran&
reid^ unb (Snglanb lenften in ber ^olgejeit bie S3Iide ))on bem be!bgendti>erten Suponbe
be^ l^(. Sanbe^ ab. ^ie eigentlid^e jlreujmgdibee toax tot, unb nur bie ouStoärtige $oItttI
ber $ö))fte ftrebte nod^ für einige SRenfc^enoIter bie jlräfte ber eurot^oifc^ Staaten noc^
ben lüften bon Serien ^in ab^ulenlen. 3(m beften gelang bied bei ^anlreic^, loo ber
10 $faner %\dlo Don 3lta\S\} ä^nlid^en Sinflu^ ausübte h)ie frül^ $eter t>on Smiend unb
^eml^arb ))on 6Iairt>au£. SSiele Pilger freilid^ h)ttrben aud^ burd^ fe^ rationelle (St^
toägungen getoonnen toie burc^ bie be^ SiftercienferobteiS SJlortin t>on $äri$ bei Jtolmor,
ba^ fie ,,in toeltlid^en ^Dingen bort grö^ered ®lü(f finben h)ürben, ätö fte ^ier jjemald t^
feffcn ju ^aben fic| erinnern" (Äugler, ®efc^. b. 5lreujj. ©. 265). ©o lam fc^UeJß«^
16 boc^ etn beträd^tlid^e^ $eer jufammen, toeld^e«; in ber @rh>ägung, ba| bie 3Rad)t bed fa«
labinifd^en ©ultanated auf bem 93eft^e bon äg^))ten beruhe, auf benetianifAen Schiffen
nac^ bem 92ilt^ beförbert toerben tooDte. ^iefe älbl^ängigfeit bon feiner ^otte benujfte
inbeffen ber ^oge @nrico ^anbolo, um boS game Unternel^men mit ben ))enettantfd9en
^ntereffen ju berlnüj)fen, inbem er bie ftreujfo^rer gur ©inmifd^ung in bie ^omilien*
20 vtreitigleiten bed griec^ifd^ Jtaiferl^aufe^ beranlo^te. Qtoax nal^men bie 93ertvtd(e(ungen
jd^Ue^Iic^ einen gam anberen 3(u^ang, ald urf))rüngli^ )u ertoarten ftanb, aber bie^Sene«
tianer erreichten boc^ bie Demütigung bed mit i^nen rit)alifterenben itonftantinot)eI. 3)ie
@tabt tDarb erobert unb greuli^ Dertoüftet; burd^ brei auigebel^nte ^euerdbrünfte ^aben
bamal^ bie SBerle ber jlunft unb ber SÖSiffenfd^aft eine Dejimierung erfal^ren, bie im
26 3^iiAlter tDieber gut ma^en lonnte. Dad Sieid^ fe(bft aber n>arb unter bie Sieger geteilt.
gnnocenj III. fanb fid^ in ba^ Unbermeiblid^e, er abfoltoierte bie unge^orfamen Sene»
tianer unb behielt im übrigen bie SBiebereroberung ^^^f^I^^ unbertDcmbt im Shige.
f^eilid^ toaren bie Hoffnungen gering genug, ba ju ben fd^on genannten )>olitifd^en Stm
fluten noc^ ber 93ürger{rieg jtoifcben ben SSIbigenfem unb ben mit bem ^^[erufalemabla^
30 au^geftatteten Vertretern ber Äird^e getreten toar. ©feic^tool^I flammte ber religiöfe ®m
t^ufia^mu« im fog. Jtinberfreujjug (1212) nod^ einmal un^eimli^ emj)or. 6^ ift bejdc^
nenb, bafe nid^t nur bag abergläubifd^e 2?off, fonbem felbft ein Ignnocenj III. in bem
unglücffeligen Unternehmen ben Ringer ®otte^ erblidfte, ber bie ©rtiKid^fenen l^e be*
fc^ämen tooUcn, unb bafe ber $aj)ft bei benjenigen Äinbem, toeld^en bie ©ad^e leib ge»
85 tDorben iDar, nid^t« toon einer Söfung be« Äreujgugggelübbc^, fonbem nur Don einer SSer«
längerung beg 3:ermin^ toiffen tooHte. 2tuc^ begegnet feit biefer ^tit eine burc^greifenbe
firc^lic^e Drganifation, toeld^e mit regelmäßigen $rojeffioncn, ©ebeten, ^rebigten unb
ällmofen unDertoanbt auf einen neuen 3ug l^inarbeitet. @in boOftönbiged Programm
aber brad^te ba^ 4. Sateranfon^il (1215) in feiner Expeditio pro recuperanda terra
40sancta (MansiXXII, 1058—1068). ^nfolgebeffen fanben ftd^ feit 1217 toieber größere
^eere^maffen, gunäc^ft an^ Ungarn, Öfterreidp unb S3aiem, fobann au$ ^edlanb unb
tom Ütieberr^ein t)or Slffon ein unb fd^ritten be^ Weiteren ju einem äBagnid, ba« an bie
beften 3^^*^" ber Äreujjugöbegeifterung erinnerte, inbem fie 3)amiette, ben ©c^lüffel bed
9iiltl^alc«, banf ber tccpnifd^en Unterftü^ung friefifd^er (Seeleute unb be« Jtölner ©(^^olafier«
46 Oliücr am 5. $Rot)ember 1219 nahmen. Soller ©tolj über biefen ßrfolg gtoang nun
aber ber mit ben iDeiteftge^enben S3oUmacl|ten auggeftattete Segat $elagiud bie gur S9e«
fonnen^eit mal^nenben gürften Äairo felbft anzugreifen. Salb toar e« neuer 3^^
ober bie $Rac^ric^t, ba^ Äaifer gricbrid^ II. bemnä^ft in Slg^jjten lanben tocrbe, balb bie
für jene 3rit tl^pifd^en a)3ofal^j)tMcn Schriften mit ber Sotfd^aft be« naiven Untergänge«
w be« 53^^^^"^/ ^ö« ba« Dertoegcne SSor^abcn bc« 5{Jelagiu« gu em})fel^len fd^ien. ®od^ ©ulUin
39talif cl-5^amil iDufetc burd^j Ilugc SBenu^ung ber 3fHlüberfd^h)cmmungen ba« §eer fc^lie^ic^
t)or bie SBabl ju ftetlen entmeber gu fa})ituliercn ober ju crtrinlen. Äaifer S^dbnc^ ü.,
auf ben fiA in biefer 5Rot aller Slugen richteten, trug bereit« feit 1215 ba« J^eu); bo<^
l^inbertcn i^n bie euroj)äifd&cn 2?er^ältniffc ^ai)x für ^abx an berSlbfa^rt. änber« freiTu^
66 fafete ®rcgor IX. bie Bad}t auf, ber, in bem Äreujjuge auefc^liefelic^ eine ©ac^e fetner
eigenen tl^cofratifc^en 3>ntereffen fel^enb, felbft beftimmen iDoHte, tvann unb h>ie ein abenb«
länbifd^er ^err bie f^rifc^e 5^age in Stngrijf ju nel^men \)abt. ©o erlebte bie SBeU bo«
t)erh)irrenbc ©c^auft^iel, bafe ben enblicl) am 28. Quni 1228 ton Srinbifi abfegeinben
Äaifer ber J)ä)3ftlid^e Sannftral^l auf ©d^ritt unb 2;ritt im ^l. Sanbe ^emmte. ^mmerbtn
eo gelang e« bem bi))lomatifc^en ®efd^icf ^riebrid^«, im ^ebrUar 1229 mit bem ©uUan für
ftreujjftge 103
ydj^ ^ofyct einen SSerttag ju vereinbaren, bemmfolge bie @täbte ^erufalent; 92a^aret^
unb Set^el^ famt ber t>on Sflon nad^ ^^^f^I'^^ fü^enben $i(0erftra^e ben Soften
fibetliefert tourben. ^erSrfoIg übertraf aUe (Srtoartungen; aber nur bie el^rlid^en $i(aer,
unter i^en fpe^ieH bie beutfd^en, jubelten bem Jlaifer ^u. hingegen beurteilte bie üerifale
gartet bod ®retgnid unter bem ©eftc^t^unlt il^rer eigenen ^Intereffen, bie freili^ bei ben 6
SDbmac^ungen bed freifinnigen ^iferd gar feine 93erü(ffic^tigung gefunben l^atten. Sor
oOem ober betmed ber ^ccp% bag i^m bie Steigerung ber eigenen 3Rad)t tpid^tiger tvar
old bod Sc^idfol be^ I^L Sanbe^. SOSäbrenb ^ebri^ II. mit ben mu|(^ammebanifci^en dürften
in einem SSerle^ blieb, beffen tDo^lt](^citige folgen aud^ bem d^rtftlic^en SSeft^ftanbe in
$ala{Hna )u gute lommen mu^en, fagten ftc^ bie t)ä))ftli(^en (Elemente unter ^l^rung lo
ber Zem))ler 1243 offen ))om ^aifer lod unb reijten in freDell^after äBeife ben äg^ptif^en
Sultan. 2)ie älnttDort barauf foax, ba^ bie Don le|terem l^erbeigerufenen innerajtatif4en
S^otxKtredmier ^erufalem normen unb bie d^riftlid^e 3Rad)i bei ®aja total Demid^teten
(1244). Qtoax toccti ^nnocenj lY. auf bem jlonjil ju £^on 1245 für einen neuen 3ug,
ba er ober jugleid^ ben ffam^f gegen bie Staufen für einen itreujjug erflärte, fo burfte i6
er fü^ nic^t tounbem, h)enn bad, toa^ einft oQe^er^en mit 93egeifterung erfüllt l^atte,
je^ auf @Iel unb SBibertoiDen ftie|, \a h)enn bie 99ürger bon Stegendburg jeben mit bem
Zobe bebrol^ten, ber bad ^eu) auf ben Leibern trug. .So re))räfentiert benn Subtoig IX.
)oon ^anlreic^ mit feinen beiben S^Qen nad^ 6^^em, äg^^ten unb Serien (1248 — 54)
unb noc^ %im\^ (1270) eine für immer bal^ingefc^tounbene ^t 3Ran glaubte nic^t 20
md^ an bie ^ilb^anbifd^en Igbeale, feitbem biefelben in ben nr^en))olitifcl^en ßonflilten
jtirifcben ffaifer unb $<4)ft entn)eil^t h>aren. ^edl^alb ^uitt bad Slbenblanb laum noc^
mexflii^ jufammen, ald mit bem %aB, ber brei glänjenben Seefeftungen älntioc^ien (1268),
Xri^olid (1289) unb äffon (1291) bie ©^riftenl^errfc^aft in Serien t^r befinitit)ed ®nbe
erreu^te. fortan begnügte flc^ ber Slbenblönber bamit, feiner Sel^nfud^t nac^ bem 1^1. 25
®rabe tme in alten Qdtm burc^ eine unlriegerif^e $il^erfal^rt ^udbrucl ju geben. Unb
toenn gletc^too^l nod^ $a))fite bed 15. ^al^r^unbertd toie $iud II. an bem ©ebanlen feft-
leiten, bad ^L ®rab mit ^ilfe einer militärifd^en @£))ebition jurüdjugetoinnen, fo lag
biefer gbee l(KUi))tfä(^lid^ bie Erinnerung an jene Sorteile ju ®runbe, toeld^e gerabe bad
^ß(^fttum aud ber jtreujjugdbetoegung gebogen l^atte. so
2)enn ni(^ lam ber mit bem 11. ^a^r^. beginnenben Erhebung ber geiftlid^en über
bie toeltlic^ 3Rad^t mel^r ju ftatten ald Jtriege, bie ton ben ^ürftcn im ^ntereffe ber
Atn^ unb um ber 9teligion toiüm gefül^rt tourben. Slieb auc^ im einzelnen bie ätud-
fü^nmg toeit hinter ben urf))rünglici^en planen jurücf, fo l^at fu^ boc^ ^a^r^unberte l^in^
bim^ bie ^ee bel^KUit)tet, ba^ ber $a^ft ed fei, ber an ber St)i$e ber ganzen teaffen- 86
fo^en (S^riften^eit bad |^1. ®rab erobere, ^enn er rief lum Jtreuuug auf, er betoiQigte
bie nötigen SRittel aud tird^lic^en f^onbd, er getoöbrte ben S^riftudjtreitem Sorrec^te unb
Segnungen, er fül^rte fte an burd^ feine Segaten (ätbl^emar, $elagiud). ^ie unbantbaren
mt&örif^en Singel^eiten überlief man gern ben ^rften, l^atte man biefe \a toieber ganj
in ber ^onb burd^ bie Untoiberrufli^feit bed einmal abgelegten @elübbed, neben toel^em 40
feine anbere ^errfd^erpflid^t jur @eltung fam. 3R\t bem Momente, ba ein ^rft , bad
itreu) genommen ^atte, )a>ax er nid^^t mel^r feiner felbft $err. S^eber Sluffc^ub, jebe SÜnbe^
rung bed SSor^bend toar abl^ängig bon ber ßuftimmung bed $(ü)fted bejio. brachte über
ben Setreffenben Ungnabe, 9tügen, f^lie^i^ ben 93ann. ätucp ba^ man bad Jtreu^
nd^en burfte, um ein firc^lic^ed SSergel^en abgubü^en (Subtoig VII. bon ^anfretd^), jeigt 46
tone bie ^[S^fte bad gange äSerl^ältnid auffaßten, ^aiu liegen fu^ aud bem für Serien
gegebenen 93erf)>re(^en nur aUguleic^t eine Steige anberer 93er))flic^tungen jum S3eften ber
päpf&id^m Xl^otratie gleiten.
Seit bie Xbeorie ))on ber Sentralgetoalt bed $a))fttumd mr äBtrflic^feit getoorben
tiKir, traten bie Segaten ald Vertreter pö^ftlic^er 93efugniffe nacpbrücflic^ in ben SSorber^ 50
grunb. älber erß mit ben Jtreuggügen crbielt biefed neue ^nftitut feine boHe 3tudbilbung:
Segaten )n:Aigen bad Jlreuj, bringen bie uRtttel gufammen, begleiten bad $eer. Da^u ftnb
fie att btrefte Stellljertreter bed fird^Iic^en Dberl^auJ)ted ftetd mit einer befonberen 3)iad^t-
füDe oudgeftattet unb nehmen eine unbebingte älutorität für ftd^^ in 3ln\pmä). 3Sl\t biefer
Sudbe^nung bed Segatentoefend toud^d bemna^ gugleic^ ber birefte @tnflug ber ^ö^fte 66
innerhalb ber Aird^e. Unb nid^t minber gab bie 92otn)enbigfeit, bie ind 1^1. £anb ^ie^en-
ben 9tf(^öfe burd^ SSifare gu erfe^en ober ben aud i^ren 93iMmem Vertriebenen epi-
Boopis in partibus infidelium eine i^rer SBürbe entf^red^enbe ^^ätigleit im älbenb^
ioibe onploeifen, bem römifc^en Stuhle bie befte Gelegenheit, in bieSt>^äre ber ^trc^en»
ffirßen bnreft etngugreifen.
104 ftrenjjSge
^ie für einen Jlreu^ug nötige ^(uMftung fteDte an ben einjelnen ftnonjtdle Sbifoc^
berungen, benen er in bev iRegel nid^t geh)ad^fen toax. Um boreiS (Selb )u bdcmmm,
fallen ftd^ biele mm SSeriaufe ober )ur 93eri)fänbung bon Siegenfd^often unb äRobtCm
genötigt, für tpelc^e in^efamt bie ßirc^e ein ftetd bereittDiQiger unb lonlurrenjiofer itmtfer
6 foax, ^efer faft )h)ei|unbert ^al^re l^inburc^ offenfte^enbe ©ütermorlt, neben ioe^em
bann noc^ bie immer l^äufiger tperbenbe 3(blöfung be^Jlreu))ug^eUlbbed bur(^®elb etn|ec^
ging, brad^te aDen teilen ber itir^e unermellid^e Steid^tümer. äßieber profitierten bobei
am meiften bie $ö))fte. ^enn toiä^enb fte im 12. ^afycl^. ou^ ben Jlirc^engütem ben
^rften 93eifteuem ju ben 3^0^ betoiDigten, toeU^e je länger je me^ bon ben $rä(aten
10 nur mit 3Rurren entrid^tet tourben, fo rdflamierten fte feit bem SoteronlonjU bon 1215
biefe älbaaben für fid^ aU bie oberften Seiter ber berfd^iebenen jlreugjußdunteme^mungen
unb fd^ufen bamit eine Steuer, toeld^e, in l^äufiger äBiebertel^r bon ^tolten bid ©rönimib
erhoben, fogar ben %ciSl bon 9lf{on nod^ lange überbauerte.
^ie Jlreu)}üge, in ber $au)}tfac^e Steligiondiriege, bilbeten atö folc^e eine gefä^ul^
16 Duelle ber l^ntoleron^. @d toar ber religiös anberd 3)enlenbe, ben man fc^blod ia
mad^en ftrebte, mod^te er ^ul^ammebaner, 2!ube ober ^eibe fein. 3(ber man ging nocb
einen Schritt toeiter. Su(^ ber mit ber ^errfd^enben Stic^tung ber ftird^ im 9Biberf}m4
fte^enbe Sl^rift, ber Jle|er, galt balb a(d ^reu^jug^obieft. 3(ud^ in biefer Sfrage mod^
Sinnocenj III. Qpod)c, inbem er fic^ ni^t fd^eute gegen bie innertird^Iid^en 0))))ofUton^
30 Parteien aU ^örefien ba^ ^reu) ju ^rebigen, f))e)iell in f^anfreid^ einen Sürgerlrieg mit
ben äUbigenfem ju entfejfeln unb bie toeltlic^ Dbrigleit jur Seftrafung ber ^^l^io^
m jtoingen. 3)ie Snqutfition mit aUm i^ren ®reueln toürbe nic^t in fol<^ein 9la^
^aben %ii^ faffen fönnen, toenn nid^t bie religiöfe (Srregung ber ßreu))üge boronge*
gangen toöre.
26 Obtoo^I e^ ben $ä))ften nidbt gelungen toar, @^rien für bie itird^e jurüd^uerobern,
fo tonnten fte boc^ bamal^ bie Itrc^lid^en ®ren)))fä^le toeiterfteden. 3)ie Sufmerlfamlttt
toar einmal auf bie Übertoinbung ber Ungläubigen gerichtet, ^en jtreujjug^jel^ten trgei^
toie anber^ yx bertoenben, em))fanb man teine Strubel; ber ^reu)))r<ä)iger beruhe fid^
mit bem SRtffbnar; Orben^ritter, bie im 1^1. Sanbe teine SSertuenbung me^ fanben, be«
80 l^ätigten ftd[> gern in entft)re^enber SBeife an onberen Orten. @d ift betonnt, toie biefe
äSerl^öltniffe ber S^riftianifterung unb jlolonifierung bed beutfc^en Dftend )u gute ge«
tommen fmb.
hingegen bienten bie toäl^renb bed 13. ^obrl^unbertd g^flegten Sejie^ungen ju ben
SRongolen nur bem ))ä))ftlid^en Slenommee. man glaubte in ben leeren, ba fte o^e
86retigiöfen ^anatidmud toaxm unb mit ben SRul^ammebanem auf itriegdfu^ fianbim,
greunbe unb laufbetocrber fe^en ju bürfen. S)a^ biefer ober Jener SQ^xt bereit fei 6^
m toerben, gehörte ju ben l^äufigen 3!äuf^ungen ber 3^^- ^ementf})red^enb begegnen in
Den 40 er unb 50 er ^ci!i)xm beg 13. ga^^unbertg mieber^oft Slbgefanbte ^nnocenj' IV.
ober Subtoig' IX. bon j^ontreic^, metft avS bem ^anjidtanerorben, im ^nnem bon Xfien
40 btd nac^ ^inbien unb Sbina. ^od^ ftnb bie ^lefultate il^rer Steifen eigentlich nur ba
3$erme{^rung geogra))^ifc^er 5tenntniffe ober bem Stubium ber orientalifc^en ©pxadfm bon
9{u$en getoefen. ä(uc^ ba^ 3(uftreten Sla^munb SuQd toiU bom @tanbi)untt biefed bun^
bie Äreuiijüge genäl^rten S^terejfe« an ben Unaläubigen berftanbcn fein.
Da^ bie lirc^Ud^e 3Biffenfd(>aft burd^ bie Äreujjüge eine befonbere ejörberung erfol^ren
46 ^obe, tann nic^t be^au))tet toerben. ^enn bod @tubium bed Slriftotele^ im ätbenblonbe,
bag ^ier in erfter Sinie ju nennen loärc, fd^reibt [id) me^r bon ben frieblic^en Sejie^ungen
m ben Slrabem in Bpamm unb Sizilien l^er. ßbcnfo tann man bon einer Bereicherung
oe^ fünftlerifd^en ^ormenfd^a^e^ nur beretnjelt unb felbft bann nic^t einmal mit abfoluter
©id^erl^cit f})re(^en. §öd^ften^ ba^ bie maffenl^aft aU ^mtt mitgcfd^Iet)J)ten SBerie ber
öoÄleinfunft ^ierunb ba ein betoratibeö ÜJlotib barboten, baö toie bie fj)ri4^h)örtlic^| getoorbene
3lrabe«Ie jur 9tac^a^mung reijte.
Um fo l^ö^cr ftnb bie Anregungen, n)elc^>e bie tirdt^Iid^e ^römmigteit au« jener
religiöfen ßri^ebung gefd^öj)ft l^at, einjufc^ä^en. ^n ben })äj)ftüc^cn 2lgenten, toelc^ jur
Übernahme bc« Ärcujc^ aufforberten, begegnen bie erften 93oIföj)rebigcr be« 3RitteIaIter« ;
65 fic bcrlaffcn bie engen Äirc^cnmauem unb reben auf gelbem unb 5ßlä^en jur SRenge.
äluc^ bie ^acfenbe bilberreic^e (Sprache, toie fie ben 93ettelmönc^ in ber f^oigejeit oud»
jeid^nct, bürfte fi^ jum guten leile auf jene bie 5ßl^antafte fcffclnben, bie Seibenfc^ftm
aufftac^elnben Ärcuj))rebiiicr jurüdffül^ren. 25aju toarb bie finnlic^e Slnbod^t immer nerböfer.
(S^bilbct ba^ fragtoürbige 3Serbienft ber ja^lrcid^en in©i;rien bertretenen religiöfen JlöH>ers
0) fc^aftcn ftet^ neue burc^ bie ^rabition auc^cjetc^netc ^eilige Örtlid^^teiten aufgefutä)en
ftreitjjfige 105
unb bcn bofdbfl l>oII)oamen Sevetnonien einen Befonberen 9Bert beigenteffen )u l^en.
^ eitmteie an bod „Sefängntö ^efu (S^rifti'', bad man ben pilgern in^^<^(^ni gegen
®db jetgte (itugler, ®ef6. b. Rxmn,, 6. 349). ^te bamtt berbunbenen materiellen
Vorteile j^eiaerten naiüxlxa) ben ®ifer biefer Xtabitiondmad^erei, bie bad geogra))bt{d^
Stib be^ ^l. fianbed btö ^eute getrübt l^at, unb bie au^ auf bie ®(äubtgfeit be^ ^benb^ 6
lonbed t)erb(ingnid))oD einh)irlte. ^enn jene in @tabt unb Sanb ^erborfc^ie^enben
J^etltgengrobtir^en, Ölberge, Seiben^tDege tvaxm nid^td anbetet a(d ein befd^eibener @tfa(
^ bie feit bem 3ufammenbTuci^ ber d^riftli^en ^errfd^aft tDieber fem gerüdtten ei^r^
tDurbtgen Originale. ^ebenfaQ^ fanben fte beim Solfe biefelbe SertDenbung. Unb ba
ber burd^ bie 9leligiondIriege erzeugte SOSanbertrieb nac^ bem ^^e bon älflon nid^t jum lo
SttUßanb lam, fonbem ^^ in ben jur fte^enben ©etooi^nl^eit h)erbenben SBaQfal^rten
innerl^olb bed eigenen Sanbe^ äußerte, fo tDurbe bie 93ef^affung bon neuen h)unber«
boren Dertlic^tetten )u einer religiöfen ^flic^t, ber ftd^ aud^ bie abenblänbifc^e (SeiftUd^-
feit gern uiUer}og. ^m 3ufammenl^ange bamit ftel^t bie Sluffaffung bom Orient cii
einer unl[>er{tegli(^ OueDe t)on ^Reliquien, ^urc^ bie Jlreujjü^e erful^r ber Sleliquien- 16
bslbi^ eine ungeol^nte Verbreitung, lam ber SReliquienl^anbel in aÖen nur benibaren
formen, jugleid^ mit aQen Söc^erlid^Ieiten unb 93etrügereien überl(Kiu^t erft auf. @d fei
mir an bie SBic^tigfeit erinnert, bie man militärifd^erfeit^ bem Sefi^e ber 1^1. Sanje ober
be^ ^L 5treu)ed beimaß, ober an bie SioDe, toeld^e ber rafd^ m aQgemriner Se^
rü^m^^ gelangte 1^1. Sflodt f))ielte. ,,®d^te'' Silber ^efu ober oie auf ben Sban^ao
geltften 2ma& jurüdtge^l^rtcn b^jantinifc^en SRabonnen fluten feitbem in ber Jtunft^
oef^ic^te. Steliquien btiben ben umfangreid^ften unb intereffanteften 93eftanbteil ber
Sleid^fleinobien (9Uta>. @(^ul$, 3)eutfd^e^ geben im U. unb 15. S^^^^unbert, ®r.
SUtdg., 6. 447), fte mac^ ben Stob rric^er jlirc^en unb ^löfter au^, fte berfe^en
bot gemeinen 3Rann in religiöfed Sntgüclen, h)enn fte i^m t)om ^erumjiel^enben 25
Settefandnc^ )ur anbackt t^orgetoiefen toerben. Suc^ ber h)ertlofen ^u$enbh)are eignet
ein befonberer 9{imbud, fomn fte ft^ auf bad ^I. Sanb ober auf bie ftrem^ugde^oc^e
joiräclfü^ren lann. 9{atürli(^ l^at biefe 9(rt bon f^ömmigleit ber Segenbenbilbung neue
T^o^nutg gegeben; befonberd erfal^ren bie ®r^äl^(unaen t>on ber ^lungfrau SJtaria in
SSort unb 9ilb eine tmgeal^nte Bereicherung. 3(ucb fd^eint bie bor^er nur t)erein2elt ao
auftretenbe S^fenfranjanbac^t erft unter bem Sin^ug be^ entf))red^enben mubamme^
bantf(^en ^ttfUtuted (tesbih) il^re mit bem 13. ^a^r^unbert beginnenbe eigentliche Ser^
breitung gefimben )u l^en.
93on grdgter ^ragtoeite aber h)urbe bie Jtreujjug^betoegung für bad älbla^toefen, ba^
bann toi^er feinerfeitd bad bidl^erige Suginftitut gef))rengt l^at. Urf))rünglid^ toar gtoar nur 36
baten, toelc^e auS rein religiöfen ®rünben bad jtreuj^ nehmen toürben, boUfommener@rla^ aQer
^önttenien )ugeft(^ (Slermont, 1095 can. 2; MansiXX816). 9(ber fc^on Söleftin III.
(1195. guli 25; Mansi XXII 604) getoöbrte für blofee ©elbbeiträge jum Äreuuuge
tDcnigftend einen Xeilerla^, unb ^Innocenj III. t)erlangte überl^au))t nur bie boQe 3(u^
räfhtng eined belDaffneten ©tetlDertreterd, um ben t)oüm 9(bla^ ju f))enben. 9{immt man 40
niK^ ^)u, ba^ im 13. ^a^^unbert an Stelle ber bi^i^erigen Unlddbarleit be^ iRreujjug^
gelfibbed ebenfalls eine äfblöfung für @elb mögli^ tourbe, ja ba^ felbft für geringfügige
£eiffatngen, toie ). 93. für bad blo^e Sln^ören einer ßreujt^rebigt, irgenb ein ®rla^ gegeben
tmnbe, unb ertoögt man, ta^ t>a& Jtreu))}rebigen gegen bie berfc^iebenften ^einbe ber
ftirc^ bomob über^au))t nid^t aufhörte, fo lä^t ftc^ berfte^en, baft bei einer fo reid^en 45
Stoglic^dt, bie ^önitenjen )u umgeben, Don einer Kontrolle ber festeren toenig me^r bie
Siebe fein lonnte.
Sereitd biefe (Srfd^einung toirb felbft bon römifd^en X^eologen aU ein 92ad^teil ber
ftreuDugdbett>egung für bie jlird^e jugeftanben. älnbere Jlritifer ftnb nod^^ toeiter ge^
ganzen unb f^zn angefic^t^ ber aud ben Jlreu^^ügen ertoacbfenen Sd^äbigungen gerabe^u 60
t)on einem tnurerjeiblid^en ^l^ler ber $ä))fte gefprod^en. SBo^l mit Unrecht, infofem bie
menfd^ic^ ))orati^ufe^enben (Srgebniffc jener Kriege in ber Xl^at aQe^ ba^ ber ilirc^c bc-
fc^en, tood biefelbe nur bon il^nen ertoarten fonntc, toä^renb bie entfernteren 3Birs
hingen ber ^üge, bie aQerbingd ganj anber^ geartet toaren, au^er^alb ber bamaligen
Serec^ng logen. 55
^unäd^ tourben burc^ bie frieblid^en Se^iel^ungen m ben SRu^ammebanem, an benen
ed nid^ fehlte, bie SorfteDungen, toeld^e man ftd^ d^riftlid^erfcit^ ton bem ^Slatn gemad^t
^e, grünblid^ mobifijiert. ^ian begann ber tuItureUcn Silbung toic bem ritterlid^en
Sinne feiner Sn^ger ))olle Slnerfennung ju joden; ja man fanb i}m Xugenben, bie
man bei ben eigenen ®lauben^cnoffen fc^merjlic^ t)crmi^te. 6^ gab alfo aud^ augcr^alb eo
106 Sreitjjfige ftneg
bc« Sereid^« bcr d^riftlic^en ® ogmcn eine ©ittli^f eit, bie Seac^tunß ijerbiente ; man f onnie
ntorafifd^ l^anbeln o^ne Gl^rift ju fein. Solche ©rtüägungcn mu^en frül^ ober ft>tor
ju einem emftlic^en Äon^ilte mit ber firc^Iid^en Seigre führen, jumal toemi obenbretn in
tl^eologifc^en 3)i«puten mit getoanbten aScrtretem be^ ggfam ober im Serle^ mit ben
5 bunten Seften be« Oriente« ba« für unfehlbar gel^oltene lat^ofij^e 3)O0ma p(^ d« am
fec^tbar erioied. ^a^n lamen tro| aUer SSer^eigungen unb Segnungen bie ntc^ pf,
leugnenben SWifeerfoIge ber c^riftlid^en SBaffcn. Die grobe SKafJe mad^te für biefetten bmb
biefen ba(b jenen öu^erß^en ®runb geltenb. 3lber jener })roben;iaIifc^e @tet)titer ma% caxSf
nid^t ber einjige in feiner 2lrt getoefen fein mit ben böfen SBort'en: ,,6d gid&t fem
10 jlreu), e« giebt feinen ©tauben, ber und ju Reifen t)ermag gegen biefe ber^c^ten @(^urfen
bon 3:ürlen. Offenbar ift eö Dielmel^r, ba^ ®ott biefelben befd^ü|t ju unferm nnJ^"
(Äugler, ®efd^. b. Äreujj., ©. 415).
3Rit biefer SBertfc^ä^ung be« 5Rid^tc^riftIi^en berbanb fw^ bann leidet bie Ätitil ber
eigenen ^uf^Änbe. „Illud schisma, quod inter regnum et sacerdotium a tempore
16 Alexandri papae usque hodie tarn nos Romanis quam Romanos nobis invisos
et infestos iam heu! confirmavit'', ^ielt nid^t nur, toie (Sffe^arb t)on Sura (MG
SS VI, 214) berid^tet, bie Deutf^en bon ber 93eteiligung am erften 3^0^ )uriul,
fonbem Ue^ e« aud^ in ber ^olgejeit bielfa^ nic^t ju einer frol^en Segeifterung ffJa eine
@ac^e lommen, beren Untemel^mer feinedtoeg« bon felbftlofen 9Rotit)en getrieben toaren.
20 $unbert 2!^^^^ f)>äter toamt SBalti^er bon ber SSogeltoeibe gerabeju babor, boS beid(^
©über in ben „toelfc^en ©c^rein" ju fc^ütten. Unb toem bie immer toieberfel^renbe Sa»
toeigeruna bed Streu^^ugdjel^nten burd^ bie geiftlid^en ©tönbe ober bie eJ^geijigen $läne
ber f^rifd^en Jtird^enfütften ober bie ©onber^oUtif ber Stitterorben noc!^ nic^t bie äbigen
gä^ffnet ^atte, ben Härten ftc^erlic^ bie Jlreuj^rebigten ber $ö))fte bed 13. ^a^r^unberld
26 gegen Btau^m toie äUbigenfer über bie toal^ren 3(bftc^ten ber römifd^en Jturie auf. . „3(n
bie, toeld^e fid& gegen bie Deutfc^en toaffnen, berfc^toenbet ber ?ßa))ft ben 3(b(a|' ben
Krieg in ber fiombarbei l^at er an bie ©tette beg 1^1. Kriege« gefegt." Ober: „31)er^3<#
unb bie falf^en £el^rer ^aben bie 1^1. Jtird^e in fo(^e Trauer berfe^t, ba^ ®ott felbfi
barüber ergrimmt. ^l)x^ ©ünbcn unb 2^l^orl^eiten finb e«, um berenttoiHen bie dSretiter
aoftci^ erl^oben l^aben; benn toenn fte felbft ba« Seif))iel jum S3ofen geben, toirb ftdp freiließ
nicmanb be^felben entl^alten." ©o urteilten bie ritterlid^en ©önger jener 3^* flJnA,
ÄuUurgefd^. b. Äreuj^., ©. 271 f.). Damit erftarlt aber bie OpJ)ofition gegen ba« ^p
tum — bi^l^er nur ©ac^e einzelner — gu einer allgemeinen 2lnfc^|auung ber Söller unb
ertoeitert fid& ;iugleid^ ju einer Äritil be« ganzen lird^lic^en ©^ftem«. 9?ad^ me^en Seiten
86 l^in äußert ft^ biefe beränberte ©ituation.
§atte bie Äird^e fid^ afe »Jü^rerin in ben Äreujjügen gefül(^lt, fo fam ba« 3)li|»
lingen ber le^teren einer ^{ieberlage ber Kird^e felbft glei^. Ot)t)ofitionene Slic^tungen, Ue
latent bor^anben toaren, aber mit fefter ^auft nieberge^alten tourben, traten mit Energie
^erbor unb be^au))teten ftd^ fiegreic^. Der @laube an bad audfd^lie^id^e Sle^t ber
40 ^ä))ftlic^en Kirche toar ein für aQemal bal^in. (Sin anbere« gearteter reltgidfer @eift Iam
erft in ben ©eften (Äat^arcr, 3tlbigenfer), bann in ben SReforn^jarteien jum Slu^bruct,
beffen 9lom niemafö mel^r §err toerben follte.
Unterftüfet tourbe biefe ßntioicfelung bur^ eine ebenfall« in ben Äreujjügen tounelnbe
aufllärerifc^e 3lic^tung, bie fic^ in ber Siegel afe tool^lioollenbe SEoleranj, l^öufig freiM
46 aud^ al« religion^feinblid^cr S^nigmu« offenbarte. %ixx fte ift Äaifer griebrid^ II., ber fu?
in 3i^ökw i^it ben ©cfanbtcn be« ©ultan« über Probleme ber Sogif unb 3Keta})^f3
untencbet, fj)ätcr aber in Palermo ein bie c^riftlic^e SDloral mit Seloufetfein berle^enM
Seben fü^rt, ein bortrefflid^e« 93eifj)iel. Unb ba«felbe gilt bon feinen ©egnem, ben
2em})elrittem.
60 Der ertoeiterte ©cfid^tefrei« aber l^atte eine Sleil^e bon 3B3iffen«gebieten entbedt, bie
obnc eine Domäne ber Äird^e ^u fein, bod^ bie reblic^fte Semü^ng berbienten. älw^
fül^rten, h)a« nid^t unterfd^ä^t loerben barf, jene 9leligion«friege ju einem regelred^ten
§anbeföberfc^r mit bem Orient, ber ba« bi« ba^in gelbarme euroJ)a erl^eblic^ be^
reid^jerte. @rft feit biefer 3^^^ geioann ba« 3tbenblanb loieber bie boHe JJreube an ben
66 realen ^ntereffen ber 3)ienfd^|eit unb fonnte e« mutig auf jene ©ntfaltung unb
^Verallgemeinerung ber geiftigen Silbung Einarbeiten, bie ioir ate SRenaiffance bonlbar
begrüben. grriebrid^ CSiega«!.
Stieg, Ärieg^bienft ber ©eiftlid^en. — ^arlefe, etftll, § 49 ?lnmerf.; Wot^e,
et^l!, 2. Aufl., § 1159-1162; 3Wovtenfcn, (St^it, III, ©. 280-292.
Ärtcg 107
©er Krieg, in feiner äußeren 6rf(^einung unb unmittelbaren SBirfung unftreitig ein
Übel unb eine golge ber ©tinbe, lä^t glei(^h)o^l eine fe^r berfd^iebene Setrad^tunggtoeife
ju. Sticktet man ben SUcf auf bie Seiben unb ©(freien, bie jeber Krieg mit fic^ fü^rt,
auf bie £)J>fer an 5Kenf(^enleben unb an ^milienglüdf, an SBo^lftanb unb an ©rtoerb^
hdften, bie er forbert, auf bie ©rbitterung, bie er itüifd^en ben Sßölfern })flanjt, auf bie 6
Sntfeffelung böfer Seibenfd^aften, bie er in feinem ©efolge ^at, erträgt man ))oIIenb^, ba|
jene Dj)fer bermalen in ^o^em SKafee fd^on bon ber })ermanenten ÄrieaMftung unferer
Staaten al^eifc^t tDerben unb ben Sölfem nac^gerabe unerfc^U)inglic^e Saften au^ biefer
Slüftung ertoad^fen, bafe femer eben biefe bon SBaffen ftarrenbe Haltung ber SKäd^te eine
fiete Ärieg^ol^ung in fid^ fd^Iiefet unb baburd^ eine lä^menbe Unfi(^er^eit in ben frieb^ lo
lt<^en 38ene^ ber Stationen bringt, ^anM unb SBanbel unb gemeinnü^ige Unterne^s
mungen ^emmt : fo möchte man bad entfd^iebene SSerbammung^urteU, ba^ gett)if[e c^riftlid^
^Portrien, toie bie Quäler, SKennoniten u. a. über ben Krieg f(^led^t|in föUen, für geredj^t*
fertigt i^lten. , SlQein biefe 93etrac^tung^h}eife ift einfeitig unb i^re biblifd^e 93egrünbung
mif betonnte Sufeerungen gefu in ber Serg})rebigt (Tlt 5, 39) ift gerabeju falf(^. gm i6
^tmmelretc^, ba^ ©erec^tigfeit, griebe unb g^eube im |^I. ®eift ift, |at frrili(^ ber Krieg
mne Stdtte, unb bie Sti^eftaltung be^ göttlid^en $eil^tt)erle^ in ber 3)lenfc^^eit jielt
auf einen SuP^wk <il># <iwd toeld^em er bollftänbig berbannt fein toirb (9ief2,4; 3Ki4,3;
Dffb. 3o 20, 4). aber bie 8ufunft läfet fid^ nid^t antigtoieren, unb in bie 3rit famt i^ren
UnboUtommeit^eiten unb Übeln foQ ber Sl^rift, bietpeil er in i^r lebt, ftc^ fd^idEen (9lö 20
12, 11).
3ubem ifl eine anbere 93etrad{|tung^tt)eife be^ Krieget nic^t blo^ ftattl^aft, fonbem
btangt fit^ bom biblifc^en ©tanb})unfte gerabeju auf. SBenn 3Wofe (®j 15, 3) fagt : „ber
pm ip ber rechte Krieggmann" ?^^nb?: d-^N, unb ®abib (5Pf 9. 18. 60 u. ö.) balb fein
megerifc^ I^un bem 35eiftanb be« $erm mit gläubiger 3uberftd(|t em})fie^lt, balb unb 25
mit Sorliebe bag geredete SBalten ®otte« unter bem Silbe ber Kriegführung f(^ilbert, fo
fommt barin eine poliere SBal^i^eit jum Slu^brud, bie nid^t berlannt, auc^ nic^t ettpa auf
bie 3^ ^ ^^^ 33unbe« in i^rer (äeltung befd^ränlt toerben foll. I)enn ba^ 9leue
Xefiament \püd}t nirgenb^ in unbebingt bertoerfenbem ©inne gegen ben Krieg, g^l^anne^
ber lauf er mutet ben Krieggleuten Sc 3, 14, 3^w« t>^"^ $auj)tmann bon Kojjemaum 90
9Rt 8, 5, ?Petrug bem Komeliuö 91® 10 fein Serlaffen il^re^ 35erufe^ ju, unb in ber
Offenbarung ^^o^anniS erfc^eint nid^t nur Rap. 6, 4 hinter bem SBorte ®otte« auf bem
toei^en ?Pferb 33. 2, ber Sleiter auf bem roten 5Pferb, bie 5Perfonififation beö Kriege«, al«
bon ®ott gefenbet unb mit bem großen ©d^toert au^gerüftet, fonbem Kaj). 19, 11 ff. gie^t
ber §en felbfi gum legten Kam})f unb ©ieg au^ in ber ®eftalt eine« Kriegöfürften an 86
ber ©J>ifte feine« ßeere«, unb ber in ber ©onne ftel^enbe ßngel 33. 17 ruft mit großer
Stimme ben 33ögeln be« ^immel« : „Kommt unb berfammelt euc^ gu bem 2lbenbma^l be«
großen ®otte«."
SBir toerben bal^er nid^t toie §egel (9led^t«j)]^Uofot)l^ie § 324) ba« 3^"^"^^'^ ^^^ t>^
Krieg al« dne feige SD3eic^Ii(^Ieit berfjjotten, auc^ nic^t mit bem §iftorifer $einri(^ Seo 40
einen „friftben frö^lid^m Krieg" al« ärgnei gegen bie ©fro})buIorttät unfere« ®efc^le^t«
^erbdhmnfcpen, too|^( aber jugeben, bag ber Krieg al« göttliche« 33er^ängni« oft eine für
bad ®an)e too^lt^ätige, luftreinigenbe, ba« Seben ber Söller fteigembe SBirfung nai) jid^
läilt, unb bal^er feine gefc^ic^tlid^e 92ottoenbigfeit begreifen.
^0« Siecht be« Kriege« aber grünbet ftd^ Har barauf, bafe ber Dbrigleit ba« 46
6<^toert bon ®ott ocgebm ift gur ©träfe über ben, ber 35öfe« t^ut (5Rö 13; 1 5pt 2).
®Iet(^h>ie fte folc^e ÜWad^t übt jur äufred^t^altung bon Rxxd^t unb Drbnung, ®efe^ unb
%ec^t im ^v^v^^^ i>^ ®emeintoefen«, fo ^at fte auc^ naq äugen ba«felbe gu fc^ü^en unb
)u bertcibigen bie unjtoeifell^afte ?PfIid^t unb toürbe i^ren Semf berfäumen, too fie e«
nic^t t^te. 9Son biefem ®efi(^t«bunlt au« enttoidfclt Sutl^er bie ebangelifc^e 3lnfd^auung 60
bom Krieg in fdner befannten Ileinm ©d^rift: „Ob Krieg«kute au(^ in feKgcm ©tanbe
fein fönnm?" 6r |^anbelt grünblid^ ab, bafe bie Unter^erfon niemal« toiber bie Ober=
})erfDn, biefe gegen jene nur im ^Ile be« 2lufru^r«, ©leic^er toiber ©leieren aber bann
mit gutem (^riftlic^en ®etoiffen friegen möge, toenn er ungerec^tertocife angegriffen unb
^oiägeforbert jri. Krieg«luft fei berbammlic^ unb fü^re in«Unglüdf (2Kgll), friegen 66
vm be« Kriege« toillm fei ©ünbe, 5Rotfrieg aber $flid^t ber Obriafeit. 2)cmnac^ fällt
bie gerechte unb bem G^riften erlaubte Kricgfü^mng unter ben Segriff ber 9?ottoel^r.
SBo« femer bie Beteiligung be« ein^jelnen ß^riftcn am Krieg anlangt, fo ift bie« eine
grage be« ®e^orfam« gegen bie Obrigfeit. ^n einem au« gerechter Urfac^e j\um ©c^u^e
be« Saterionbe« unb be« guten 9{ed(^t« untemommenen Krieg fann ber S^rift mit ader 6Q
108 Stieg
^reubtg!ett audjie^en unb ald ^rieg^tnann feine (Sc^ulbigleit tl^un. Xad Stecl^t feiner
Dbriglett jum Krieg ju ))tüfen foK t^m ntc^t bertvel^rt fein, ober too nid^t einem au^
brücflic^en SBillen @otte^ ^utDiber ge^anbelt tt)irb, foK er bie getDiffe $fli(^t bed @tf
l^orfamd über bie ungetoi|fe, ))on i^m U)eber )u entfc^eibenbe no^ ju k)eranttDortenbe
b Sted^töfrage ftellen. ®ie SRec^enfd^aft f)at er nid^t ju geben. — dagegen fc^örft Suäfcc
nad^brüdlic^ ein, ba^ Slaufluft, @^rgeig, Seutefud^t, ^ang ju Slbenteuem fd^Iec^te 9ntriebe
unb 9teijmittel feien, mit benen ein d^riftUc^er Jtrieg^mann unt>ertPorren bleiben muffe;
i^m jieme ))ielme^r, in 2)emut unb Su^fertigfeit ^c^ bor ®ott ju beugen, ft(^ bed gu
tröften, ba^ er in einem gottgeorbneten Berufe ftreite, unb bann mutig unb tat)fer brenu
lü ^ufc^lagen. (Sgl. ba^ ^errltc^e ®Aü am ©d^luffe ber @(^rift.)
Sie ebangelifd^e @t^if ^at biefer SlntDeifung be^ Sleformatord toenig beijufi^en. &
ift nic^t iuläffig, bad Unred^t unb bie 9$erantn)ortung eine^ jtrieged imb oDer feiner Übd
bemjenigen jmufc^ieben, ber bie erften Iriegerifd^en mte ))omimmt, j. 93. bie JtriegderfUU
rung juerft abfenbet, ba« feinbli(^e (Sebiet juerft betritt. S)ie 9loth)e^r ift im SSölIerred^t
ih anber^ aU im $ri))atrec^t ju beurteilen. SlBo^I aber mu^ ber Eröffnung ber ^eiubfelig-
!eiten bie 6rfd^ö))fung aQer frieblic^en 3RitteI, ber Unterl^anblung unb ber^o^ung Doroud,
gelten, bamit ber ®egner in^ offenbare Unrecht gefegt toerbe. — älfö ein red^tmä^igec
$rieg toirb auc^ bie bem 93unbe^enoffen bertrag^mö^ig ober aud anerlannt ftttlic^ ^e^
toeggrünben geleiftete ^ilfe angefe^en; ber bare nacne Sgoidmud ftel^t aud^ einem c^rifts
30 lid^en äSolIe übel. @tn fd^toieriged RapiUl aber ift ba$ fogenannte 2[ntert)entiondn!C^t
todd^e« neuerbing^ jiemlid^ allgemein bertreten toirb; unb nid^t minber bebenHic^ fc^eint
bie ^age, ob in ©ad^en bed Sleid^e^ @otte^ ba^ ©d^toert )u jiel^en fc^Iec^t^in t)erboten
fei, gemä^ 3Ri 26, 52. — Sie ^riegdlift l^at bon jej^er aU erlaubt gegolten unb torai
au^ ber SReil^e ber erlaubten 5lam))fmittel um fo ioeniger au^ef(^loffen toerben, ote fte
26 utr älblür^ung bedjtrieg^ unb jur SSermeibung bon 93lutbergiei^en oft toefentlid^ beiträgt.—
äüenn femer Sut^er nod^ neben Schlagen unb SBürgen ani) Stauben unb brennen aß
unbermeiblic^e, bem geinbe jujufügenbe Übel fennt unb nennt, fo freuen ioir und ber
humaneren ©runbföfee, bie in ber mobemen Äriegfül^rung toenigftend tl^eoretift^ ^errf(^fen
unb ))raftifc^ allmä|lid^ burd^brin^en, toonac^ Seben unb Eigentum ber $rit)at))erfonen
80 ungeftörte Sid^er^eit im Jtrieg gentegen foQen, alle ^erfonen aber, ©egenftönbe, Sinrid^«
tungen, bie ber Pflege ber Scriounbeten unb Äranfen getoibmet fmb ^ote« Äteuj), oU
gänjli^ aufeerl^alb bed Ärieg^juftanbe^ bepnblid^ betrad^tet unb be^anbelt toerben. — Über*
^au^t ift ju betonen unb toirb aui) nic^t mel^r bejtoeifelt, ba^ ber einjige red^tm&^e
3toecf be^ Ärieged bie ^erfteHung be« ^eben« unb ber geftörten Stec^tdorbnung fei, uÄ
86 ba6 bem geinbe nur fobiel Sd^aben bürfe zugefügt toerben, ate bie ©id^erung biefcÄ
3toedEeg erforbert.
3Dlit bem ^ier über ben Ärieg felbft (Sefagten ift bereite gegeben, ba^ bie für ben
ÄrieggfaH im ^eben fc^on getroffenen 2lnftalten unb (Sinric^tun^en für ben ßl^riften }u
Siecht befte^en, bafe er, je nad) ben ®efe|en feine« ©taate«, bie S)ienft))fli(^t im ^eere
10 leiftcn, ben ^l^neneib fd^toören, in bie eigentümliche militärifc^e Si«}i))lin fid^ fügen muftr
be^leic^en ben ©tanb eine« Seruf^folbaten (Offizier«) loä^len barf unb, toenn einmal
in benfelben eingetreten, bie bcfonberen ^flid^ten biefe« ©tanbe« erfüllen mufe, enbltcj
an ber Qntfd^eibung über Jtrieg unb ^eben al« Staatsbürger mittelbar ober unmittelbar
teilzunehmen ^at.
i6 ®anj anberS freilid^ l^at ftc^ baS d^riftlid^e älltertum über Jtrieg unb Jtrieg^ienfi
auSgef})rod^en. 5Wan berief fic^, in leicht ^u befeitigenbem SKifeberftanb, auf 3efu SQSort
an ^}ctru« : „2Ber baS Sc^toert nimmt, foH bur^g ©c^toert umfommen" 3Rt 26, 52, unb
toar, mit bcfferem Siecht, bem 3)ienft ber SBaffen abgeneigt toegen feiner bielfad^en Ser«
mifd^ung mit abgöttifd^en ©cbräuc^en unb 3öwbereifünben. $auj)tfäd^li(^ aber fiel ben
60 ßl^riften ber erften Igal^r^unberte ber ©taat unb ba« gottfeinblic^e äöefen biefer SBelt )u
fe^r in @inS ^ufammen. ©o fc^retbt XertuQian de idolol. 19: „non convenit Sacra-
mento divino et humano, signo Christi et signo diaboli, castris lucis et castris
tenebrarum, non potest una anima duobus deberi, Deo et Caesari", unb tDOif»
rcnb er jugicbt, bafe im Slltcn Sunbc unb nod^ bei ^o^anne« bem 3;aufer ber Jlrieg er»
^ laubt fd^einc, bel^au))tet er : „omnem postea militem Dominus in Petro exarmando
diseinxit". 9Joc^ ftärfer fprid^t er in ber montaniftifd^ gerichteten Sd^rift de Corona
militis U fic^ au«, Wo er einen ©olbaten toerl^errlid^t, ber ben ^eftlram aufjufe^en ftd^
toeigcrte unb beSl^alb toon manchen beS un^eitig gefuc^ten 3Kart^riumS begid^tigt tourbe:
„Licebit in gladio conversari, Domino pronuntiante gladio periturum qui
60 gladio fuerit ususV Et proelio operabitur lilius pacis, cui nee litigare con-
firieg 109
yeniet? Et vinciila et carcerem et tormenta et supplicia administrabit, nee
suarum ultor injurianim ? etc." ^06) glaubt man an eben biefer Stelle ^u bemerlen,
bo^ XertuQtan fu^ bei 3ufttmmung ju einem abfoluten Verbot be^ ^rieg^btenfted nid^t
gon) Dorfic^ert l^olt, ba er, obtoo^I für feine ^erfon bagu geneigt, bod^ nidfit barauf be-
fiel toid: ,,de prima specie quaestionis, etiam militiae ipsius inlicitae, plura 6
non fadam, ut secunda reddatur", b. 1^. ii) toill auf ba^ eine ntc^t )u fe^r bringen,
bomit mir ba^ anbere, ba« SSerbot ber 35efränpng, befto el^er zugegeben hjerbe. 3)enn
ifyü^aäjlvi^ toat e« ja, tro^ aller Sebenlen ber firc^Iid^en Sd^riftfteller, fo, ba^ ))iele S^riften
bomal« f(|on im ^eere bienten, bg(. Apolog. 42: „navigamus et nos vobiscum et
militamus", unb ad Scap. 4 cf. Apolog. 5, U)o ^ertuQian erjä^It, bag bie ^ürbitte 10
djfo^lxd^ @o(baten bem SRarhid älureliu« auf einem beutfc^en ^^bjug too^ltl^tigen Siegen
t)crfc^jft ^obe.
Xld mit Jtonftantin« Slegierung ba« SSer^oItni« ^tpijc^en Staat unb itird^e freunblic^
fic^ geftobete, traten auc^ bie frül^eren (Sintpenbungen me^r unb me^r jurüc!. Sluguftinu«,
ber mit ^od^efteOten Staatsmännern in ))erf()nlic^em unb brieflid^em SSerlel^r ftanb, U)ie 16
mit SRorceOtnu« unb Sonifaciu«, fte^t ben ^rieg al« eine SBo^lt^at an: ,,cui licentia
iniquitatis eripitur, utiliter vincitur, quoniam nihil est infelicius felicitate pec-
cantium, qua poenalis nutritur impunitas et mala voluntas velut hostis in-
terior roboratur", unb ben SEBaffenbienft al« gottgefällige äntoenbung einer ®otte«gabe :
virtus tua etiam ipsa corporalis donum Dei est ; sie enim cogitabis de dono ao
Dei non facere contra Deum (ep. 207 ad Bonif. cap. 4; 138 ad Marceil. 12);
er fragt in feinem SD3er!e gegen bcn SRanid^äer gauftu« (lib. 22, cap. 74. 75): „quid
culpatur in bello? an quia moriuntur quandoque morituri, ut dominentur in
pace victuri? hoc reprehendere timidorum est, non religiosorum" ; er unter«
\df6!M au(^ fc^on gtDifd^en ber SSeranttoortlid^feit ber Ober))erfon unb ber Unter))erfon 25
gong tDte Sutl^: „i^ ^^ fortasse reum faciat regem iniquitas imperandi, inno-
oentem autem militem ostendat ordo serviendi''.
6« tjerftonb pd^ bon felbft, bafe aller 9Biberf))ru(^ gegen ben Ärieg berftummen mufete,
ob €d galt, bie germonifd^en Stämme ber jtirc^e einguberleiben. 9iur mä^igenb, milbemb,
Dbcr aud^ f(^re(tenb lonnte bie itirc^e auf bie U)ilbe unjö^mbare Jlam))flufit i^rer Sieu« ao
Bdd^en ivirlen burc^ bie treuga Dei, bie Unberle^lid^Ieit aller ^eiligen Stätten unb
Sejirfe u. bgl. Segeiftembe Slufforberung aber jum Itrieg lie^ bie ^irc^e ergeben in ben
ftrm))ügen, bie al« jtriege ®otte« felbft gleid^ benen ^ofua« unb 2)at)ib« bargeftellt tDur«
bot; unb nad^bem bie le^te Sd^eu, U)el(^e fonft jeben and) entfernten Anteil am Slut«
]9ergiegen ber Äird^e toe^e, gefd^tounben toar, becfte man axxd) bie ®reuel ber aUbigenfer^^ 86
triege, ber SEBalbenferberfolgung, ber 3lu«rottung ber Stebinger mit bem Sc^ilb ber gött«
lid^ @^
3)ie beutfc^en Sleformatoren bilbeten il^re oben bargelegte änfd^auung an ben in il^re
Seit foDenben änläffen be« 35auemaufru^r« unb be« 2^ünenlrieg«. S)a« 3led^t, ja bie
Isfitd^t, jenen ui bämt)fen, biefen mit allem 3Rad^brudE ju führen, folgte il^nen auS bem 40
obrigfeitlic^ Seruf, bon toelc^em Sut^er in feiner S(^rift „bon toeltlid^er Dberfeit", bie
XugA. Äonfeffton art. XVI, bie 2lj)ologie 217, guerft feit ber 3l})oftel 2^agen toieber
richtig le^en. 2lu(^ in einer anberen i^nen je länger je näl^cr tretenben Srage blieben
Sut^er gon) unb 3Relanc^t^on liemlid^ feft bei i^rer einmal getoonnenen c^riftli^en Über«
leugung: ob e^ nämlic^ ftatt^aft fei, jum Sd^u^ be^ @bangeltum^ unb ber ®eh)iffen^46
frei|eit gegen bie rechtmäßige Obrigfeit, sc. gegen ben Äaifcr, Ärieg ju fül^ren? 5Rur mit
fd^toerem ^erjen unb nur auf ba« (Sutad^ten ber fünften, bie au« bem toeltlic^en SRcc^t
i^ren S3ett>ei« fd^ö^jften, gab Sut^er ben fc^mallalDifd^en SSunb ju. änber« ftanben in
btefem ^untt bte Solbiniften. (SSgl. bie fe^r lehrreichen unb au«fü^rlic^en Mitteilungen in
b. ^oleng ®efd^i(!^te beö franjöf. 6albini«mu«, Sb III.) 3n ber Schrift Suniu« Srutu«, 50
einer Äaujj^ueffe be« fog. ^ugenottifd^en Staat«recl)t«, toirb fogar berlangt, baß benac^
borte gürfken ben toegen ber tüa^ren Sieligion gebrüdften ober offenbarer 2^^rannei er«
K^enben Untertanen anberer gürften §ilfc leiften, alfo ber 3leligion«frieg jur religiöfen
$f[t(^t gemacl^t! (a. a.D. S. 326 ff.). — 3)ie neuerbing« aufgetretenen Seftrebungen jur
i^erfteOung be« allgemeinen SßJeltfrieben«, nad^ borangegangener 2lbrüftung ber 333cltmäc(^te, 55
ae^ tDeniger bon c^ftlid^en ®eftd^t«})unften ober ©runbfä^en au«, al« bon ber unbe«
jtrettboten brüdenben 35elaftung unb f orttoä^renben Sebrol^ung ber SJölfer burc^ bie Ärieg«*
bereitfc^ aller Staaten, unb fmb mit einem fentimentalen 3wg behaftet, ber fte bem
epott )>ret^iebt.
aStr tDenben un« nun jum anberen Seil unferer Slufgabe. 3)ie in ber älteften go
110 firieg
S^riftenl^eit angefttebte, tvenn aud^ nie ganj burd^gefe^te Sntl^tung oQer 6^^
bom SOBaffenbtcnfte blieb ate ftrenge« SSerbot für bic Rlcrifcr aufregt. 3^ Z)ieiiß
am ^eiligtutn t)ertrage ftd^ nid^t mit Slutbergic^cn. @in militietenber Jttmter fodte ob«
gefegt, einer, ber früher al^ 6^rift militiert batte, in ben Äleru^ m(^t aufgenommen toer«
5 ben (Slic^ter^ ^irc^enrec^t, 4. älufl., § 94). 3)ad äSerbot mu^te aber oft ioieberl^olt unb
unter ©trafbro^ung eingefd^ärft toerben. äbgefef^en öon ben ftreitbaren SRönd^aufcn ber
morgenlönbifd^en ^irc^e unb bon ben ßircumceQionen unb 9lgoni[ten ber bonottftifc^
3eit in 2lfrifa, toar e^ befonber^ ber beutfc^e l^ö^ere Äleru^, bem bie ßuft jum äBoffen«
l^anbtoerf tief im Slute fafe. ©d^on 712 fommt ein Sifc^of afe fränfifc^er gelb^war tm
10 (Ann.s.Amandi). 865 tabelt 5Papft 9lif olauö bie fränfifd^en Sifc^öfe, bie öon einer ©l^nobe
toegblieben, um bie J!üften gegen ©eeräuber nu betoad^en. 911^ bann bie ^öl^eren firc^lic^en
SBürben meift ben fürftlid^en unb abeligen gamilien jur SSerforgung il^rer jüngeren ©d^e
bienten unb mit ber.3Ke^rung beö Iirc^U(^en 35eft^e^ an Sanb unb Seuten bie 2ebn^fli<^t
bon 93ifc^öfen unb ^bten ju erfüllen foax, famen jtrieg^^elben, toie ber Sr^bifcpof 6^
15 f&m bon iSRaxtii, ber ^(b^err ^riebrid^ I. Slot^bart^, nid^t eben feiten bor.
3taä^ bem Einfall be^ ^ubalmefen^ unb bem 6m))or{ommen be^ lanbe^fürfUic^
Slegimentd trat ber ®runbfa^ ber 93efreiung bed geiftli^en ©tanbed bon allem ))erfönli4en
itriegebienft in boQe Jlraft unb blieb in ®eltung bi^ jur ßinfü^rung ber allgemeinen
3Be^r))flid^t. ©eitbem aber ift bie ^age bon neuem aufgetaud^t unb toirb lebhaft ber*
ao ^anbelt, ob e^ rec^t, ob nottoenbig, ob jtoedmägig fei, aud^ bie ©eiftlid^en unb bie, todifi
e^ toerben tooHen, jur äbleiftung be^ SBe^bienfte« f^eranjujiel^en.
SBag ben 9led(^t^punft anlangt, fo fann fw^ ber geiftlid^e ©tanb auf eine ^mmu»
nität berufen, bie big in bie läge ftonftantin^ b. ®r. jurüdfrei^t. 3)er ®ienft am Sleic^
(Sottet, für ioelc^eg bie ©eiftlic^en unmittelbar ju toirfen ^aben, bertrögt ftd^ ntc^t mit
26 bem rein toeltlid^en Seruf be^ ©otbaten, ber Uniberfaliömu« ber Äirc^e nit^t mit ben im
Äriege ftet^ bortoiegenben j)artilulariftifc^cn 3^^^^«?!^'^ ^^^ ©taaten. ®ie burc^ ben Sit
ber Orbination gef^e^ene äSer))flic^tung für ben Itirc^enbienft mu^ bal^er bon Sted^tdioegen
ber allgemeinen 3Be^r>)fIid^t unbebingt berogieren (3Dlartenjen, (St^il III, 286).
Keinen Slec^t^grunb hjüfeten mir bagegen geltenb )u mad^en für Befreiung ber
80 ange^enben Äir(^enbiener, ber Ideologie ©tubierenben unb nid^t orbiniertcn jtanbiboten,
fofem in bem betreffenben ©taat bie allgemeine 9Q3e^r))flic^t ju toirllid^er 2)urd^fü^rung
gelangt, ^nben aber 2luönalSimen ftatt, fo fjjrec^en unfereg ©rac^ten^ feine ®rünbe ber
ylottoenbigieit für, erf^eblic^e ^toecfmäfeigfeitögrünbe gegen bie ©inrei^ung ber tünftigen
Äir(^enbiencr in^ $eer. — ©uborbination unb })ün!tlic^en ©el^orfam toirb ber X^eologe
85 too^l in einer anberen ©c^ule lernen unb ftd^ aneignen muffen, ol^ in ber jtafeme utü)
auf bem @£er3ier))la^. ©eine föi)}erlid^e älu^bilbung mag er burc^ bie an jeber Uniberfttät
reid^lid^ ge})flegten Übungen beg lurnen^, ©c^mimmenö, Steiten^ nad^ Suft, ®abe unb
Vermögen förbem. 2)afe er mit ber blanfen unb mit ber ©c^iefetoaffe umjugel^en berfte^,
galten mir nid^t für notmenbig, el^er für fc^öblid^, benn in ber Kenntnis liegt auc^ bie
40 SSerfud^ung beö ©ebraud^g, ber bem (Seiftlid^en burc^ fein 2lmt berfagt ifL ®eift imb
©itte beg §eereg ju berebeln, ift gemife eine jd^öne aufgäbe. 2lber ber i^eologe leiftet
bafür bag ©einige afö Sc^rer unb ©rjie^cr ber 3^0^"^; ^^^ We ©tubierenben, bie M
ßiniä^rigfreimiUige in Unibcrfität^gamifonen boc^ me^r nur unter fic^ berle^ren, für biefen
Rtoed beitragen, möchte nic^t l^oc^ anjufd^lagen fein. 3)a6 baterlänbifc^c ®efmnung unb
46 ÄDt^alität bom 3)urd^gang burd^ ba^ §cer eine tocfentlic^e ^örbcvung erführe, bie nici^t
aud^ anbertoeitig ju erlangen toäre, h)irb man un^ nic^t glauben ma^en.
9loth)eubig alfo tvxxh ber Äriegebienft ber SC^eologen nic^t fein. 3*^^*^ä6'9
aber erfd^eint il^re Befreiung, ©ie mad^t einen SSorjug be^ geiftlic^en ©tanbe^ ouÄ, unb
toir fmb fo frei, e« gang gerecht ju finben, bafe ein folc^er SJorjug biefem ©tanbe ein»
60 geräumt toerbe. 3)er ©taat tl^ut nur gut unb tocife, hjenn er bie Wiener ber Itirc^e ou^
geidbnet unb unterfdieibet ; fie bergclten e^ i^m reid^lic^. 33om fird^lic^en ©tanb))unft aud
aber mufe bringenb getoünfc^it toerben, bafe unferen jungen üj^eologen bie 3^'* ^^^ toifjen«
fd^aftlic^en Slu^bilbung n'xd^t butd^ einen iienft gefd^mälert hjerbe, ber i^rem f))äteren Seruf
fo böHig fem liegt, ber fie geiftig jerftreut unb bon i^rer eigentlid^en Slufgabe ablenit, ber
66 enblid^ fo beträchtliche ®elboj)fcr cr^cifc^t.
3m gatl eine« au^brec^enben großen unb nottoenbigen Kriege^, bei bem ba« ^eil
unb bie 6^re be^ aSatcrlanbe^ auf bem ©})iele ftünben, hjürben felbftberftänblit^ alle ^^er
genannten ®rünbe unb (Srtoägungen bcrf^toinben, unb jcber Il^eologe unb Äanbibot, ber
no^ nic^t förmlid^ in ben gciftli^en ©tanb aufgenommen ift, fic^ bereittoiHig jur 3Ser«
eofügung fteÜen. ©ie toürben aber felbft bann oli^ itranfenpfleger unb g^Ibbialonen
firieg firtegdmefett bei bot ^At&txn Hl
toerü>oQere unb rfyct^ 93erufed toürbtgere Xienfte tl^un unb fo ben iuxä) i^te Befreiung
entfie^enben 9(udfaU an itotnbattantemai^I überflüjftg eiferen. 9{ad^bem neueften^ bie an«
ge^enben 93i>l!dfc^uQel^rer burd^ bie beftanbene @cmtnarau^trttt^))rüfun0 ba^ Stecht i^um
gtnia^gfreiioUIigenbtenfl erlangen, bie iatl^oHfc^e ^ird^e aber für i(^re S^eologen S9e«
fretung t)om SRilitorbienft au^etptrft ^at, bleibt nur ein 3udeftänbni^ übrig, um U)elc^ed 6
bte ekxtngelif^fen Jttrc^enregierungen ftc^ bemül^en foßtcn, bag nämlid^ bie i^r ^al^r ab-
btenenben Shibierenben unb ßanbibaten ber Xi^eologie tpenigften^ Don ber {))ejieQen 3lu^
btlbuna )u Offi§ierdbtcnftabf))iranten bejU). Unteroffizieren au^efc^Ioffen unb bamit bon ben
gtoei Sfefeibeübungen befreit tDürben, bie am aUerfc^äblic^ften in bad Unit)erfttätd[tubium
eingreifen. Xud^ bie mit jener äluebilbung befaßten ^nftruftion^offi^iere tpären baburd^ lo
einer Arbeit überhoben, bie i^nen, tpeil ))raftijc^ toertlod, leinerlei 93efriebigung gemöbrt.
2)eim e^ ber Jtanbibat toirflid^ Steferk^eoffi^ier tpirb, mu^ er bei feiner Drbination fulj;
tjon ber abf})irantenlifie hodf ftreid^en laffen. »atC 9itr(|er«
firiqidltifftit bei best Hebräern* — fittteratur: ^te öltere einfc^lägige Sitteratur
f. in Ugolint Thesaur. Vol. XXVII. SSon 92cuercu finb ^u nennen: droalb, ©efcfticfttc iß
3«rael« U, 600ff.; ©aalfdjüj, ^ofaifc^cS 9ftc*t 285f. 641 ff.; Mc «rdjöologicn üon 3a^n,
be fBette, @oaIfd)üJ, dmolb, Äcil, «iffer, ^enjinflcr, ^otoad; bie 9lrti!el ftricg, gcftunflcn,
Stoffen 2C. in ©cftenfelÄ ^ibcllejtfon, •föincrS SReaIroi)rlerbu(ft, SRicI)m8 ^anbrnörterbucft, En-
cyclopaedia Biblica u. Q.; gf. (sc^tpaO^. @emittf4e ^riegdaltertümer I: ^er ^eilige ^rieg in
3^raei, fieipAig 1901. — gut bo8 ägt)pttfc6e unb affijrifcftc ßricgäiocfen ogl. ©ilünfon, 2o
Manoers and customs of ancient Egyptians I, 282; (Ermann, ^gl^pteu 686 ff. ; SaQarb,
SJiniDe^ unb feine Ucbcrreftc (überf. öon ^Keifener), iJeipjig 1850, 356ff.
I. S) a d $ e e r. @in ftänbiged ^eer l^aben bie ^[draeliten erft in ber ^nig^seit
a^en. Slber t)on jel^er toar id^er @m)acbfene unb itampffobige natürlich aud^ fneg^
pfitf^tig. 9Benn ber ^ebuinenftamm auf 9laub au^jiel^it Dber gegen feinen ^einb, fo ift 25
felbfberftonbltc^ jebe^ ®lieb be^ (Stammet, bad SBaffen tragen !ann, babei. 9Benn im
$nefteraefe|(9lu 1, 2 f. ; 26, 2 ; ögl. 2 6l^r 25, 5) beftimmt toirb, bafe bom 20. Sebengja^re
an ber uRann toaffenfö^ia unb frieg^p^ic^tig fein foQ, fo mag bad too^l auc^ alter Sitte
entf^ec^en unb man baif bieQeid^t barau^ fd^lie^en, ba^ in alter ^txt bie 9(ufna^me ber
^üiMlinge unter bie Vollberechtigten 3Ritglieber be^ Stammet, b. ^. bie Itrieger, im 20. ^(ä)xt ao
ßttttfonb. gebenfaH^ bürfen toir ben 3^^^un{t nid^t fpöter anfe^en, e^er früher, ^ie
Sr^Iungen über bie fogenannte Slic^terjeit geben un^ ein anfc^aulic^e^ ^ilb ber
3uftänbe in biefer ^infic^t. ©alt e«, einen Seute^ unb ©roberung^^ug jtu mad^en, ober
toor ber getnb l^ereingebroc^en, fo fammelten fic^ bie toaffenfä^igen Männer be^ ©e*
fc^ec^t^ ober ber Stad^barfd^aft um ein freitoiQig anerfannte^ Oberhaupt, ben tapferften aud 86
i^ TOitte (9li 11, 1 ff.). Sffiar bie ©efa^r grofe, reichte bie 3Kac^t be« ©efd^led^t« unb
Stommd ntc^t aud, fo riefen eilenbd au^efcbidfte S9oten bie befreunbeten ©efc^lec^ter ju
Mfe. SUd bie @tabt ^abe^ in ©ileab bon ben Slmmonitem l^art bebrängt toar, fanbte
^ Soten burd^ bad aanje ©ebiet ^rael^; unb <Saul, ber ftd^ bom ©eifte ©otte^ er-
griffen an bte @bi^e gellte, fd^idEte feine Soten mit ben StüdEen ber verteilten SRinber im 40
äonbc um^, aUeö 85olf jur §^^^foIge aufzubieten (1 ©a 11, 3 ff.). SBar bann ber
$emb beftegt, fo le^e jeber toieber mit feiner S9eute nac^ $aufe jurüd. 9ln gro^e
Ariege unb Sc^lac^ten unb an getoaltige ^riegdl(|eere barf man babei natürlich nic^t benfen.
Sei bem (SinfoD ber ^nbe ^anbelt e^ ftd^ eben um ®f)ai\x% Streif^üge bon ^ebuinen-
f<l^cnren ind bebaute Sanb ^um Qtoed ber 93ranbfc^a|ung be^ Säuern, mie f olc^e bid ^eute 45
in jenen ©egenben an ber Sage^orbnung geblieben fmb, toenn nid^t eine ftarfe Slegierung
bte Sebuinenftömme ber ©renjgebiete in mnJ^t l^ält. 9lud^ bie in ben alten, ^iftorifc|
toerü^oOen (Sr}abltmgen angegebenen ^ai)kn finb fel^r befc^eibene : ©ibeon bat bei feinem
3ug gegen bie 3Jlibianiter 300 9Kann um ftcb (SRi 7, 16) ; ber ©tamm ^an jä^lt 600
bKiffettfäi^ge ©lieber {dix 18, 11). ©rötere 9Jlaffen ftnb nur in bem im 3)eboralieb ge* so
f(^bertcn S(axt(p\ gegen ©ifera, ber bie We^rja^l ber ©tämme einigte, berfammelt; bie
©efamtyi^I ber tDaffenfö^igen 3Ränner ^i^raeld toirb auf 40 000 angegeben, unb lange nid^t
aEe tHm biefen folgten bem Sluf ber ^ebora (3li 5, 8, bgl. 4, 14).
6rp bod Königtum brachte ben ^^raeliten ein fte^enbeö $eer. SBar man imÄampf
gegen bte 9Iomaben|orben, bie bon Often unb ©üben ^er i^re ©treifjüge machten, mit 66
ber often Sitte mx 9iot au^etommen, ba^ man jetoeil^ bie toaffenfäbigen 3)iänner erft
)um Aom^f aufbot, fo toar man mit biefer (Einrichtung bem neuen geinbc, ben ^^iliftem
nii^t getixicl^en. S)enn biefe toaren ein Irieg^eübte^ SUolf mit ber^ältni^mä^ig größerem
unb gut bftoaffnetem $eer. Bd)on ©aul ^at bie SRottoenbigleit eine^ fte^enben ^eered
112 firiegdmeftti M bett ^ebrSertt
erlannt. @^ tt)trb ergo^It, ba^ er nad^ bem ftegreic^en Stampf gegen bie Slmmontter, ber
t|m bie itönig^Irone bringt (1 @a 11), nid^t ben ganzen ^eerbonn in bie ^eintot ent*
lä^t, fonbem angeftd^t^ be^ brol^^enben jtani))fe^ mit ben $l^iuftern 3000 ÜRonn bom ^ca
bei ftd^ unter äBafjfen behält, ^on biefen legt er 2000 ^ann nad^ 3Ric^ma^ unb (uf
5 ba« (äebirge t)on SBetl^el, 1000 SWann lagern unter gonatan ju ®ibeo (1 Sa 13, 1 ff.).
äBenn auc^ bamit nod^ nid^t gefagt unb nic^t einmal ivo^rfc^einlid^ ift, ba^ Scrnl mm
aud^ nad) bem ^^iliftertrieg ftänbig biefe 3000 3Rann ol^ [te^bed ^eer unter ben
SBaffen behalten, fo toiffen toir bod^ — toa« audb an fid^ felbftberftänbfi^ ift — , baj
fd^on @aul ftc^ mit betDaffneten Sirobonten, einer iSeibtDac^e, umgab. ^1^ Sefe^b^dbcc
10 h>ar 2)abib (1 @a 22, 14). ^I^re ©lieber tvaren lauter anertannt taf>fere jtrieger ; too
@aul einen friegdtüd^tigen taf>f eren SRann in ^^rael fa^, ^ei^t ed, ba jog er ü^ an feinen
$of (1 @a 14, 52). 2)amit ift bad anbere jufammenjunei^men, tomd einen ntd^t min»
ber tDic^tigen ^ortfd^ritt bebeutete, ba^ nämlid^ nunme^ ber itönig bie Xnfü^rer unb
$auf)tleute im $eer ernannte unb nic^t ba^ äSolt fte ftd^ felbft hml^lte. 9iatürlic^ imtb
15 babei @aul im älnfang tDenigftend fd^on au^ Jllug^eitdrüd^ten in erfter Sinie eben au^ bie
Stammet« unb ®efd^lec^t^l(|äu))ter, bie „^omei^mften'' eined @tammei^ jetDeifö al^ %iifm
m bem Slufgebot il^re^ Stammet belaffen ^aben. Slber bad ^tereffe ^^ Jtönig^ ging boc^
bon älnfang an bal^in, auf bie U)id^tigften Soften treue, juberläff^e, b. 1^. i^m felbft gon)
ergebene Seute ju fteQen. Ütamentlic^ toaren e^ bie ^ngej^^örigen be^ töniglic^en $aufeS,
20 bie in erfter Sinie burc^ i^r eigenfte^ 2i"^^^^ ^^ ^^^ ^nig gebunben toaren tmb för
biefe Stellungen in Setrac^t lamen. ©o treffen toir ben Äönig^fo^n Son^tan, toie oben
ertüäl^nt, fofort in ber Stellung eine^ Dberbefel^^Ul^aber^ (1 Sa 13, 1 ff.) ; unter S)atoib
tnb feine nä(^ften SSertpanbten ^oab, Slbner, ämafa bie ^eerfü^rer. ©inen S)at)ib aber
ud^t Saul baburd^ an fu^ ju letten, ba^ er i^m feine Xoc^ter jum 93}eibe giebt. Sine
25 bebeutenbe Atolle \pxdt bann fd^on unter 3)abib bie löniglid^e Setbtoadbe. Sie ift ^eraud«
aetDad^fen aud jenen bertvegenln unb b(»»n)eifelten ®efellen, bie fup in ber Sergfe|te
älbullam um if^n gefammelt, bei 400 3Jcann (1 Sa 22, 2). 9(uf [einen Streif < unb
Staubjügen in ber Ste^))e unb im Süben be^ Sanbed, in ^egila uno SiKag hmr bie
3al^l immer mel^r angetDac^fen (1 Sa 23, 13 tt)irb fie auf 600 angegeben), fo bo^ eS
80 fc^on ein für jene ^Ät ganj anfel^nlid^er Heiner $eerbann mar, mit bem 2)ak)ib old SSafod
be^ $^ilifterfürften 9ld^i$ bon ®atf) in ben Jtrieg gegen bie ^^raeliten au^i^og (1 Sa
28, 1 ff.). 3)iefe Seibgarbe bel^ielt 3)aDib bei, nac^bcm ibm ba« Königtum jmgefauen. Sie
trug ben 6l^ennamen c-nis-., ,,bie $elbcn", al« offigieue 35egeid^nung. ®amit toedHeÜ
in unferen Duellen ber anbere 5Jame tVeh"; ^"1'-2n (i Äg l, 8 Dgl. v. 38). ®etoö^
85 lid^ erflärt man biefen le^teren 92amen ba^er, ba^ biete ^^ilifter unter biefer SeibtDOC^
getoefen feien ; auc^ ''P'is fd^eint eine Sejeic^nung für ^^ilifter ju fein, bgl. 1 Sa 30, 14.
Sid^er ift biefe @rtlarung feine^tveg« ; aber fobiel ift jjebenfaQ« fe^r toa^c^einlid^, bci%
eine berartige Xxväßpt ftd^ ju einem großen ^eil au« älu«länbem, fremben Slbenteurecn
jufammenfe^te, bie fein anbere« ^ntereffe l^^atten, al« ba« be« Itönig«. älnbaerfeit« iß
40 aud^ fieser, ba^ 2)abib ))l^iliftäifc^e Sölbner in feinem 3)ienfte l^atte, benn e« toirb eine
2;n4)^e bon 600 9Kann ertoäl^nt, bie unter t^rem ^l^rer, bem ©at^iter Stl^i bon ®aäf
^ergefommen toaren unb in 35abib« Solb ftanben; in bem Sufftanbe Slbfolom« ertoeifcn
gerabe fte fid^ al« jubcrläffig (2 Sa 15, 19). äl« 83efel^l«^aber biefer Seibtoac^e ton*
Senaja ben ge^ojaba genannt (2 Sa 23, 23). 3^^^^^^^^ ^elbenftüdte ergö^lte man fid)
46 im 9Solf«munb bon biefem ©ibborim (2 Sa 23, 8 ff.). 2)ief e geibtoac^e bilbete ben Äem
be« babibifc^en ^eere«. Db au^er i^nen nod^ hjeitere 2;n4)j)cn ftänbig unter SBaffen ge«
galten hjurl)cn, erfal^ren toir nid^t. 3)ie ß^ronif läfet 3)abib ba« ganje 3Soß«^eer feft
organifieren in jh)ölf Slrmeefor))« bon je 24000 3Kann, bon bcnen jebe« einen 9Ronat
im Sflj^t unter ben SBaffen 3)ienft ^at — eine 5Rad^ric^t, bie aui) abgefel^en bon ben gon)
50 übertriebenen 3^^^^" Ö^^J unglaubmürbig erfc^cint (1 &}x 27, Iff.). 3"^*"^^^**^ W&fen
toir eine gctüiffe Drganifation be« 3SolI«^ecre« fc^on unter 3)abib borau«fe|en. 2)erObfrB
befel^l«l;abcr be« §eerc«, ^oab, foax fd^on in ^rieben«5eiten ernannt unb befleibete fein
Slmt al« ftänbige«; bieHeic^t toar ba«felbe no^ mit anberen gü^rem ber %ciü. Suu^
toar tool^l fc^toerltc^ bei all ben bielen Kriegen SDabib«, too oft ba« $eer ^ja^re hinter«
66 einanbcr bom gj^^ling bi« jum Spätl^erbft im gelbe lag, ba« gange 93olI«l^eer unter
3Baffen. 3)a« toar bei manchen gelbjügcn ganj unnötig unb toäre eine unerträglid^e Saß
für ba« i^olf getoefen. Übcrbie« ift al« gut beglaubigte I^atfacbe überliefert, bafe 2)abib
burc^ feine Offiziere ba« 3?olf, b. b. bie toaffcnfä^ige 9)iannfd^aft, jäl^len lie^, unb totr
toerben too^l faum fel;lgel)en, toenn toir annehmen, baf^ biefe 3^^^u'^d namentlich aud^
GO milttärifc^en ^to^dm gebient ^at. 9!ä^ere« über bie $eere«organifation erfahren toir leiber
SiitgäRitfcn hti bcn ^tbräcnt 113
' nhrgenbä, au^er bet einen 9lng<ibi:,baR baö§cer in Mbtetlungcn üon lÜOO, 10u,unbi)0 3)larm
'^eilt tvar, bie je i^ren ^ü^ci fjatten; auä} bie Scitmodie luar in ^unbertft^ftcn aec
■äiebttt (1 Sa ß, 12; 17, 18; 18, 13 ; 2Sq 18, 1; 2Ä9 1, 9. 11; 11, 4. 19). (äme
\tld)t @Itebening beftanb nai^ unjenn (^rjotiluiigen f^on ju @aulä ^C't ; bon ^wib bei
l-tit^et eine @c;a[;[ung, bag ei ein „^^^rer übei ^^aufenb" gemefen fet (1 6a 18, 13). &
^ tann aber boi$ jraeifel^aft erfdieinen, ob [c^on unter Soul bie alte &i\ä)l&!l}ti'- unb
Stamm e€>cinleilung {□ fe^r in ben 0iniergninb gebrannt mar ; jene (SinteiCung ber Xaufenbi
fi^ften bebeutel offenbar, Inenn fte ftceng burc^gefüttit Wirb, eine Surdibret^ung ber alten,
tutürlii^en Sliebening. ^ag le^tere aufgegeben toutbe, ertlärt fu^ nit^l nur baburd), bafi |ie,
ftwil Bon iU ungteidjarligem Umfang, für eine fefte ^eereömganifation ungeeignet erfc^ioi m
anb ba^ iibeitjaupt bicfeSlammelgUeberung !C. fit^ in ber Äönigöjeit ouftöfte, fonbem JU'
Bäi^ft mehr nocb baiauö, ba| ti für bae Rijnigtnm eine fiebenäfrage mar, bie Bebeutung
»nb ©elbftftänbigteit ber Stämme unb ®etc()Iedjtet ju üerringeni. 3igl. baju bie '^^nD=
rierung ber alten SlammcätiTiteitung bei ©atomoS SEreiäeint^lung (l Äg 4, 7 ff.). 2)q6
biefe [entere aucb für bie militärift^e Ovganifation oon Sebeutung gemefen, bnif man mit 16
einigem Orunb oermuten. %li i^t '^W^i mitb auöbiücflittt bie Sierteilung ber Steuer=
laften angegeben; aufä engfte [fangen aber mit biefen bie Saften beä JTiiegäiienfteä pi=
gmmen. Wie mir auä ba (Sejt^i^tc SKcna^emö erfe^en : um ben Iribut für ben äff^rep
nig aufuibringen, legt er eine Steuer „auf aüt mei^flit^tigen ^JRänner" (2 Atg lö, 20).
nf^r))^i(^t unb Stcuerpflidit l^ängen am @runbbefi^ ; jeber ©lunbeigentümei nm^ felbfl ao
w ^elbe jie^en unb ebentueQ nn^ ber @tijf|e feinet SBefi^eä entf);re{^enb, eine l^njo^I
SSetoaffncter fteflen. SJeöljalb bleiben, nat^bem *jtel>u!abnejar „oHe toc^rfä^igen Gönner,
l^ntoufenb an ber ^a^l" ali ®efangene (jinmeggefü^irt l}at, im Sanbe nur noi^ „bie
goingen Seute ber SanbbeSiJlterung" (2 Sg 24, 14). 3)aö fmb Serfjöltniffe, bie in bie
lütt 3*'' iwriitfgeben. — 3)iit allebcm — unb baß ift nic^t unmic^tig — bilbetc fii^ \<i}on 'it,
in ftü^ ÄönigSi^eit aud) in ^itad ein Stanb «on ScrufejDlbaien ifnaui. ISin ^tidftn
^ttoon, mdc^eä Sinfeben bide gencffen, ift, tia% nnc^ift bem Mönig bet gelb^autiimann,
Rgart -ic, ber mi^itigfte 2«nnii im jfeit^c ift. 3tuö ftiäteret 3"t mirb unä unter ben
■nlitärif^en Beamten notb ein ~^^ genannt, meltter bem gclbtjaiibtmann nur Seite ftonb
Qa 52, 29; 2 % 25, l'J). ffiJir tonnen nur Dermiilen, bnfe biejer etma mit £iften>30
fti^ning unb UluSliebung ber maffenfnbigen aJlannfc^aft m tbun (jatic. ^ur bie fpdtere
.geil toenigflenä büifen mir foic^e liiften annehmen; mie frü^e fie geflirrt mürben, miffen
leir nic^t.
3lie allgemeine 3öel)rpflictit finbet nun in bem Hiieglgefe^ beä 3^t fe&r auffaUenbe
Äinff^tintimgen (3)t 24, 5; 20, 5—8). 3^Drt luiib beftimmt, bafe Sieubermabllc einst
3abr lang öom ^eerbienft frei fein foUen ; fobann, bafe nac^ gefcbebsnet Muö^cbung juriidt'
gtji^iift tcerben fuUen atte äterlobten, bie mä) nii^t geheiratet ^aben, ferner ade, bie ein
ncueö $aud gebaut unb noc^ ni^t cingemeitit, ober bie einen neuen 3ßeinbetg ge^flanjt
unb benfelben noib niibt in ^tie^brauc^ genommen t^bcn, enblic^ überi)au))t alle, bie fur[^t=
' fem unb mutlos finb, bamit fie bie anbcren nic^t auä} muttoä matten. Sie ^eobad)tung w
' fciefcr ©efe^eäborft^riften burt^ 3"^"^ '^^''•"''''''uö Wirb ausbrücflit^i berichtet (1 ^iaf 3,55).
Sod 9111er biefcr @efe^e ift fi^n>er ju beflinmten ; ft^on bie littecarifc^e ^uge^Örigfeit jum
Milpiüngtii^en St ift Von 'j^eUl^aufen u. a. mit gcmic!)ligen @rünbcn angejmeifelt morben
pjgL aSJeUljaufen, Äompofilipn be« §eEateu(^ 192, f. aber 3. Sufl. 1899, ©. 359, mo
Mt ^toglii^teit jugcgcben mirb, bag 2ü, 7 alt ift). '^lan gebt babei int mefentlic^en babon u.
ni^, bflfi bie ©eftimmungen jebenfattö in biefem Umfang bem (riegerifctien Sinn ber alten
'S^vaeliten burt^auö nic^t entfljredjen unb dot allem audj ganj unpratlifc^, ja unbu«^;
fl^bar eif(^inen. „^ad} ben bafelbft auägefptottiencn ®ruubfa^en ifattt ^ofw fc^merlitti
rin $eer aufbieten fönnen, unb bie "Jlnfcliauung cineä mirtlicti jübif^en Staate^ fc^cint
&i«r fc^on ganj ju fehlen" (3BelIl?au|en a. a. D-, bgl. au(^ ^enjinger, älrtbäol. 359 ; oj
WolBod, 9J»taoI. 361). Sem gegenüber Bcrfucljt SttimaHij (a. a.D. 74 ff.) ben ^Jlatbmeiä,
bafi biefe ißeftimmungen ber oltisraelitifc^en Sitte enlfprettien unb tcitmeife Q. S. in ffletreff
bn Stemjcrma^tten) in bie 3eit öor ber ianjiebelung jurüdreitben. Sa berSrieg in^Srael
nn „^eiliger Jtrieg 3af)De6" ift unb alle Ärieger mälirenb besfelben im 3tif<anb ber äßeilje
\. fü^ befinben, ift Don ber iteilna^me am jlrieg jeber au^gefi^loffen, ber fultifi^ unrein ift, ^
t B. ^. irgtnbmie in Sejie^ung ^u anberen Cbjehen lultif^er Sierelitung, in unfeiem
, ftoUt }U Säinonen trgcnb melier älrt fteltt. "iiiti nimmt Sd;mallb für bie erflgenannten
^^e an unb belegt ti mit jablreic^en ^^aiaHelen au^ anberen SJölEem. j]rur bie lef^t^
genannte öcftimmung, bie geigen betieffenb, oermeift er auf bie ben Jünglingen bei
I anberen üUöltem auferlegten Blutproben, beicn !6efle^en allein loiirbig mat^ft, in bie Seilten so
114 firiegdmefett bei btti ^ebraent
ber itrieger einzutreten. Statürltd^ ift bamit nic^t gefagt, ba^ jur Qtit ber 92ieberfd^ft
btefer ©efe^e bem äSolfe nod^ bad ä9eU)u^tfetn t)on ^ebeutung unb Ur{))runa biefer Säten
üotl^anben toar. Siefe ^agen fönnen ntc^t in biefem 3ufamnien^ang entfi^ieben ioecbcn.
S9ei ber ^eilafjung ber ^Serlobten unb 9{eubermäl(|lten bom jtriegdbienft tonnte ouc^ bk
5 ^o^e SQiertfd^ö^ung ber 9!ad^Iommcnfd^aft, bo^ 93eftreben, bie Stad^Iommenfd^ft tu fi^em,
einen ^inreid^enben ®runb abgeben. Sa^ U)ir au^ alter, an^ nur aud bormaflabaifc^
3eit gar nirgenb^ aud^ nur bie leifefte ^nf^ielung auf irgenb eine btefer Sitten ^oBen,
bleibt auffaHenb.
Unter ben Iriegerifd^en 3)lalfa6äem änberte fic^ ba^ jübifc^e 3Rt{ttärtt>efen. ^uboi
10 teilte fein §eer in ©d^aren bon 1000, 500, 50 unb 10 3Kann (1 Ttat 3, 55); ©inum
bcfolbete, gumS^eil au« eigenem SSemiögen, ein fte^enbe« $eer (1 3KaI14, 32); §i^rlan üe|
äu^länber anwerben (Joseph. Ant. XIII, 8, 4), mmal Araber (Dgl. 1 3Rat 5, 39), koo^
rcnb umgetel^rt mel^r unb me^r Swben in frembe Kricg^bienfte traten, fo in bcn beeren
be« ©eleufu« 92ifator, ^tolemäu« ©oter, ^tolemöu« $l[|ilabel^^u« unb äUe^anber haba
15 (Joseph. Ant. XI, 8, 5; XII, 2, 5; 3, 1 ; XIII, 10, 4; 1 9JlaI 10, 36). Unter
Sllejanber Söwnäu« unb 2llejanbra mußten frembe ©ölbner bie unrul^igen Iguben im
3aume balten (Joseph. Ant. XIII, 13, 5); $^rfan II. leiftete ben Slömem n>efentlic^
SDienftc burd^ feine 2;rui)})en (Joseph. Ant. XIV, 10, 2). ®ie too^l gang nac^ römifc^
SBeife organifierten 2;ruj)pen ber ^erobier (Joseph. Ant. XVII, 10, 3; Bell. jud. II,
20 18, 9; Vita 11 ; togl. 3Kt8, 5 mit So 4, 46) beftanben pm leil felbft au« ©ermonen
(Joseph. Ant. XVII, 8, 3). ®te 3"f^"^"^^^^^f""0 *>'^f^ ^eere« gefd^a^ too (Säe
not luar, burc^ ba^Slafen ber Ärieg«j)ofaunen unb äufftedten bon ©ignalen (0.:) auf ben
Sergen gur 2(ngabe ber ©ammelfteHen ober ber SRid^tung be« Qixq^. §äuftg ne^en
bie ^iro))^eten eben baüon i^re 93ilber }ur ©c^ilberung ^lö^lic^ l^ereinbre^ienber Rtxtgßß
26gcfa^r (9[er 4, 5f. 21 ; 6, 1; 51, 27 ; 3ef 5, 26; 11, 12; 13, 2; 18, 3; 30, 17; 0^
7, 14; 3oel 2, 1; 3lm 3, 6; 1 3Waf 7, 45). darüber, ob in ber älteren gett ^OO»
geic^en irgenb toelc^er Slrt im ©ebraud^ maren, fe^lt jjebe iRa6)x\6)t %üx bie nac^e£utf4fe
3eit iebenfaH« bürfen toir fol(^e borauöfe^en, ba nac^ ber ©d^ilberung be« ^ßriefterlobes
(öln 1, 52; 2, 2—34; 10, 14—25) auf Dem SBüftenguge je brei©tämme ein gemeinfamcÄ
30 panier (-?") Ratten, unb eben fold^e and) für bie Unterabteilungen crtoäl^nt toerben (^
2, 2). SBeld^er 2(rt biefe hjaren, lä^t ftd^ gar nic^t erraten.
I)ie aScrj)rot)iantierung be« §cere« toar in alter 3^* natürlich m6)t befonber« je»
regelt. ^Ran nal^m eben too man toar ba«, toa« man befommen fonnte, au(^ im eigenen
Sanbe (2 ©a 17, 27 ff.). 3fai fc^idft feinen ©ö^nen, al« fw in ber 5Rä^e bon »et^le^
86 lagern, burd^ 3)aDib ettoa« H^tobiant (1 ©a 17, 17). 3Ke^r ober toeniger ift e« natürlich
(Baci)^ ber einzelnen be^hj. ber Heineren Abteilungen getoefen, fid^ £eben«mittel ju befd^ffen.
2)ie ßr^äl^lung t)om Ärieg gegen ®ibea (3ti 20, 10) bagegen fjjrid^t öon einem ganj ge»
regelten ^rot^ianttoefen ; je ber je^nte Xeil ber einzelnen Slbteilungen U)irb baju beftimmt,
8eben«mittel ^crbeijufd^affcn. 3)a« älter ber ©rgä^lung unb ber ©itte ift aber ntcjt
40 ju bcftimmen. — ©olb belamen nur bie ftel^enben 2;ruj)})en (f. oben), unb bie fremben
9Wiet«tru))pen (f. 0. ©. 1 12, 40 ; t)gl. and) 2 6^r 25, 6). 3)er So^n be« Jlrieger« beflonb
nur in feinem Anteil an ber gcmad^ten Seute (®en 14, 24; 5Ru31, 25ff. ; 3ef9, 3 ff.;
5Dt 21, 11). 3)ie 2lnfül;rer befamen natürlich einen befonberen Anteil (bgl. 3li 8, 24 ff.;
1 ©a 30, 26 ff.; 2 ©a 12, 30). Alte ©itte fd^on hjar e«, bafe bie au« irgenb einem
45 ®runb \)on einer ©d)lad^t i^urüdgcbliebcnen Ärieger ebenfall« il^ren Anteil an ber SSeute
befamen (3of 22, 8 ; 3tu 31, 27 ; 1 ©a 30, 24 f.; 2 üKa! 8, 28, 30).
II. 3) ic Seh) äff nun g. 3)ie 3Baffe, bie bie S^raeliten an^ i^rem 9?omabenIeben
mitbrachten unb bie allezeit bie §aupth)affe ber Sebuinen getoefen ift, toar bie fionje mit
j^öl^erncm ©d()aft unb bronjener ©J)i|e. Auc^ bie ©c^lcuber ift hjo^l bon alter« ^er bei
6«> i^ncn im ©ebrauc^ getoefen, toäbrenb ba« ©c^toert erft in ^aläftina eine allgemeiner ge«
brauchte ffiaffe tourbc. 2)ort, auf bem Sobcn bon ^Paläftina, trafen bie S^raeliten )uni
erftenmal auf einen ®cgner, bcffen ganje« Ärieg«toefen einen l^oljien ®rab bon Au«btlbung
erreich thatte. 3)ie3)etoaffnun0 ber Äanaaniter ftammt au« bem9Jorben, »on ben^et^itent
ffia« bcn 3l«^^a^Iitcn am meiften ©c^rccfen cinflöfete, ba« toaren bie „eifemen Sagen"
r^ö (3li 1, 10 u. 0.). Dem 93cfi^ biefer firicg«toagen berbanfen bie Äanaaniter nat^ unferen
Öcrid^tcn bcn (Srfolg, ba^ fie bie Sbenen $aläftina« gegen bie 3^raeliten mit (Srfolg ber»
tcibigcn fönnen (3of 11, 4; »li 1, 19 ; 4, 3 ; 1 ©a 13,5). 3lai) ^etl^ittfd^ SJraui^
ftanbcn je brci ^j^erjoncn auf bem SBagcn : ber Stoffelenfer, ber eigentliche 5!ämj)fer, unb
ber ©d^ilbträger, ber bcibe ju bccfcn ^attc. 2)ie 5|i^ilifter Ratten auc^ Sleiterei (1 Sa
01 13, 5). 2)a« gufebolf teilte fic^ in ©d^toer* unb Scic^tbetoaffnetc. ^mt trugen einen nmben
firiegdkoefett iet bett ^dnr&ern 115
^m oud Svonje, einen Qd^uöppen- ober Jtetten^anjer, bronzene S9etnfc^tenen, Sd^toert,
ffiurff)>cec unb grofee ßonge (jJgl. 1 ©a 17, 4). ®iefe, bie Seic^tbetoaffneten, tooren
Sogenfd^ölen unb Sc^leuberer.
Z)tefe Setuaffung l^en im großen unb ganjcn bie ^l^raeliten bon i^ren ^nben
angenommen. 9Bir finben gtoar nirgenb^ im 3ufammen]^ang bie Setoaffnung ber ber? 6
fc^iebenen Xni)>))entei(e bed $eete^ befd^rieben, ober bie einzelnen Sßaffen ftnb bod^ fe^r
^fig eTta)äl(^nt Sie S^ronil berichtet, ba^ bie äSenjaminiten bie Seid[|tbetoaffneten [teilten,
bie 9ogenf(^en(2 61^14, 7; 17, 17),unbrü^mt bon ben Senjaminitifd^en gelben, ba^
fte im Sogen{c^e|en unb @(^leubem mit ber redeten unb linfen $anb ftc^ befonberd aud-
ge}ct(^net Rotten (I6^r8, 40; 12, 2), ebenfo bieSr^ä^lung im 92ad^trag be^ SRid^terbuc^e^ lo
0li2O, 16). 2)te Subäer bagegen ftetten (nad^ 2 6l^r 14, 7) bie ©c^toerbetoaffneten mit
großem &c^Ub unb @)>ie^, ebenfo ioerben bie ©abiten unb 92a^l(|taliten f^ejieQ ol^ Itäm^fer
mit San^e unb 6(^ilb begeic^net (1 6^r 12, 8. 24. 34), Semertungen, benen offenbar eine
alte ÜbetCteferung )u ®runbe liegt. SQiir ^aben bemnad^ aQed Siecht, auc^ im i^raeli«
t^dfta ^eer in ber erften ^5nigd}eit leidet- unb fc^toerbetoaffnete Xn4)))en ju unterfc^eiben is
(bgt oiu^ 2itg3,25).
2)ie Seic^tbetoaffneten ^aben Sogen ober <Sc^leuber unb Keinen Sd^ilb. 3)er Sogen
(PVT^) toax gehjö^nlid^ oud Mortem elaftifc^em $olj; eö toerben aber in ber f})äteren 3^
au4^ e^etne Sogen genannt ($f 18,35; ^i 20,24). Ser Sogen toirb, tote ber Slud^
brud T^l „treten" geigt, gefjpannt, inbem man i^n auf bie 6rbc ftemmt, ba« untere 6nbc 20
mit bem $n^ feft^lt unb bad obere mit ber $anb nieberbrüdt. ®d muffen alfo giemlic^
gro^e Sogen gen)efen fein. S)aneben gab e^ ani) Heinere, bie mit ber ^anb gef^annt
tmaben (2 itg 13, 16). ®ie ©eignen pD":, ^^^"i^) toaren au^ Dd^fens ober Äametebärmen.
3)ie Pfeile (>*n) aud leichtem öolg.(3er 51, 11; 3ef 49, 2) mit ©t)i^en au« ©rg ober
Stfen kDurben in einem Adc^ (^??^) getragen. Sidtoeilen toaren bte $feilf))i^en ber« 35
giftet (^i 6, 4) ; um ^cc m belagerte ©täbte ober in« Sager ber JJeinbe }u toerf en,
umtmdeüe man bie $feilft)i^en mit Sßerg unb $ed^ unb günbete ba« an ($f 7, 1 4 : ^ef
50, 1 1). Xu« $ab 3, 9 fd^eint ju folgern, ba| ber Sogen, toenn er nid^t gebraucht tourbe,
gong ober nxi^rfc^einlic^ nur in ber üJlitte eingefüllt toar; bgl. 9(bbilbung ög^))tifd^er
Sogenfc<^ü^ bei Jliel^m $h)b. 235. — ©ie ©(^leuber (y^P), ani) SBaffe be« Wirten ao
(1 ©a 17, 40), beftanb in einem Seberriemen ober irgenb einem (Sefled^t, ba« in ber 3Ritte
breiter toor, eine ©<^leuberl)fanne (q? „^obl^anb" 1 ©a 25, 29) ^atte, auf toclc^e ba«
Oefc^ol, meift ein glatter ©tein (1 ©a 17, 40; ©ad^ 9, 15; ^i 41, 20) gelegt tourbe.
Seim Sßerfen fa^e ber ©d^leuberer bie ©c^leuber an ben beiben @nben, fc^toang fte
einigemal im Kreife unb fd^leuberte bann ba« @efd^og, inbem er ba« eine @nbe lo«lie^. 86
SttUlbung f. bei Senjinger, ard^äol. 357. %ixx bie Sertoenbung ber ©c^^leuberer im
Ätieg togL 2Äg 3,25 unb Joseph. BeU. Jud. III, 7, 18; IV, 1,3. — 5Der ©d^tlb
ber 2eid^tbetiKiffneten, ben ioenigften« bie Sogenfd^ü^en trugen (1 6^r 5, 18 ; 2 6^r 14, 7 ;
17, 17), toar ber Heine ©d^tlb, V.'?, ber nad^ 1 % 18, 16 f. nur ungefä^ l^alb fo grofe
toor, cta ber gro^e ©c^ilb ber ©d^toerbetoaffneten (f. u.). 3)ie ^orm beiber ©d^tlbe ift 40
un« gon) unbelonnt; älbbilbungen ägV))ttfd^er unb aff^rifc^er ^d^ilbe f. Site^m $h)b.
450 f. 885. 141 5 ff. 2)a @a 39,9 bom Serbrennen ber ©c^ilbe unb anbertoärt« bom
©olbcn betfelben bie Siebe ift (2 ©a 1, 21; 3ef 21, 5), bürfen toir annehmen, bafe bie
Bdßbt bei ben ^«raeliten tote bei anberen Söltem au« ^olg mit einem Scberübergug
ober ou« meieren Sagen Seber übereinanber beftanben. ©alomo« golbene b. f), mit @olb« 45
tkdf überjogene ©(^ilbe (lltg 10, 16 f.), Heine unb groge, toaren mo^l nur ^arabeftüde;
Ste^obeam erfe^te ^e burc^ bronzene (b. f), mit Srome über^oaene, 1 Jtg 14, 2Gff.;
2(% 12, 9 ff.), «u« 3ef 22, 6 barf man fc^liefeen, ba| bie ©c$ilbe auf bem SKarfc^
in einem Übmug getragen unb erft jum Stampf „entblößt" tourben.
Sei ben ©(^loerbetoaffneten toar ber Sd^ilD nj]^ ({^vgeög, scutum), toic ertüäl^nt, so
b^eutenb großer, äl« 3lngriff«loaffe l^atten fte bor allem ben ©))ecr r-^rn^ ber jum
©toft, mi^ )um Sßurf, beftimmt toar, toie bie Sefd^reibung ber langfd^aftigen Sanje
®o(tat« jeigt (l©al7,7; 19, 9 f.; 26, 7 f.; 2 ©a 23,21). S)a« l;inbert natürlid^ ntc^t,
ba| man gelegentlich bie SBaffe aud^ toerfen fonnte (1 ©a 18, 11 ; 20, 33, menn nic^t in
biefm ©teuen ber Xe^t anber« ju lefen ift, bgl. 3Bell^aufen j. @t.). Cb unb h)ie fic^ 55
^ieil>on We n^" genannte ©tofetoaffe unterfd^icb, toiffcn toir gar nid^t; fie ift jebenfatl«
in fpaterer 3eit bie ^ou^ttoaffe (bgl. 2 6l^r 11, 12 ; 14, 7; 25, 5; 26, 14; 3k^ 4, 7. 10.
15X ^fix einen Unterfc^ieb beiber äBaffen fd^eint ber Umftanb ^u fjprec^en, ba^ 1 G^r
12, 8. 24. 34 n-rn ol« SBaffe ber 9tat)^taliten, n^r al« ffiaffe ber Subäcr unb ©abitcn
gcmuint tDtrb. ^m Unterfc^ieb bon biefen beiben äBaffen bqeid^net 'P*^^? ma^rfc^einlic^ ao
8*
IM
;^ea £ir^ Sturn^tis^ <^o(ia: zzjat ezun ficUca lutec nöux soiqe ^TT fl Sa 17, &
t/, : ^i iO, >?,: H, 21 : ,>» ^, I-. f : ,1« •>, 2:i x x. — Zas Simn =T? mos «#
luÄ <|iJ€a äjL • Sa :;^, Ift; rti» 2, i: ,>«! 4, Mv, ngnae CNsc* »« to SlHfe M
^n^^xtiS xieam tbui Wstaä ^=7? „InLoiciu'' jQumir •% 3„ 22; ogL 1 Sx 17, 7; ^
s ^rr, j:;>, xor ^neua^t azL 1 Ba :^1, i') sne cn 'Vccinfae&ig '36 ^, 16; $c 5,4)l Soi
S<&tcer: xuttt si€ Ijriib^ uns Stühnnre gefrczocfe 'sgL ^TT^ ^"^ 2 Sa 12, 9; X
2U :/; I ft? % 21; - - 3& :i,21 ; 1 Sa :U, 4; 2 Sa 2, 16; 1 6bc 10, 4; ^ 12, 13X
i)>^n Xtiq ca«( S<to€n an eäum Qmz öfcer tes Saraccd 1 1 Sa 17, 39; 35, 13 s. a.X
inu tftxR auf cer üdm 2^au; ttt ÜBbfecn&ige Sbnfi mr oä^ es mtig^iii^^ mät pnat^
A inn « m )Ofabfx%m, vaan ce« Hinf (3B 3, 15. 16. 21;. — jgi« \^^ ofecr ^■^) nb
X^^R^er <' -'-'; ^€6ct«n txi olta ;^ sttfrt piz ^ts^mig tcd ^gcatmm, Staunet, fonbcn
nni^<R mb mir bd Jlcxtubram, idni ftci^ bei ^ccrrebccni x. (lSal7, 5. 38; 31,9f.;
I ftqi 22, -'A). Sm Dctt Hfia imifia tu 66nin!, cos er to^ ^ccr wäx ^dnm nb
'liaoMfitn axOMtuhtt habt (2 66r26, Uj, enu 9aivit, bercn Knwiji^ OCanbtoinMghit
;.; ivtr auf ftt^ oeniBen loffcn in0(i^tm, bic aba i^cnfallö twrand^tt, Kib in f^Mtem 3^^
tiefe S^uttDonen oOgemeour toaren. iBcn Soul uxib @o(tat taut bcrk^lct, bo^ fic hoii)cnc
j^eime taib 'Üw^a baaea, Xic ^me unD ^ßoit^ bö JhuggtwQei toobcii toir voi
v^y^ttUi^ aü f^ccnj^ mctalleiie btnfcn bürfen. Sidmc^ bürfen toir babci dfa an Mcnc^
mit ^m\€ obfi Sifen Joalitbtne Qdmt benfcn, tmc oiub btc ö^B/VüMycu Soübatcn fufa^
y^ txu^tti, VUbtt bie ^orm btd i^mcd kDintn toir gor iticbtd. Sbbtibmigcii äg^Ufd^ nb
afji^ifi^ Jl^me f. bei 9liebm &a}b, 1767 f., vov^dfa ipelme (nmbe Aocppm) luv^ bcn
XaAtüunc^m in flontat f. bei Öen^iimer, 9t(^L 61. 65. Mxub über ben $aii}cr er>
iatßtn tanr ni^ftö 9Iä^e0. @oliatd $an^ toor ein bnmjcner @(^iin)cn)Nni)a (1 €a
1 7, 5;. Siu^ Sould 'Ißani^er toor toobi aud Snmie, bcnn er tixir fo fc^^tocr, bog 2)a(bib
V« bartn nxdfi ^d^ tonnte fl Sa 17, 38 f.)- Si< ^$an|er ber gemeinen Solboten bogegcn,
fotpett biefe fob^e trugen jff. o.;, bürften toobi eba boten ba gemeinen atf^rifc^ Striqgcr
ent()[rtodJKn fyibtn, b. ff. eine 9lrt bttfer 3^<Qt oud ^^ oba ^^er, ettoa no^ twrfUrlk
mit eifemen 9le<^ ober Sudeln, getoefen fein (Sbb. f. 9lie^, ^kob. 1768). Stur bk
t^ome^en 3äagentämt)fer trugen bei ben Slff^rern bie langen, bid aber bie finie reic^
m ben fd^u^^igen äUaffenrikle. ^n römifc^-griec^ifc^ 3^ ^ ^ metoOene ^ß^mjcr bid
allgemeiner getoorben; in ben Seteuciben^eeren trug auc^ ber gemeine €<^ti)erbetoaffttele
btclfm^ ben Hetten^Hinj^er aui feinem SroJ^tgeflec^t (t>gL 1 9tat 6, 35.). — ^ßaäx^
roerben im ^X auA nod^ anbere SBaffen genannt, bie aber nic^t jur regelmd^cn
^^etoaffnung ieraelitifc^er Solbaten gel^^örten: Keulen ober Streit^ammer k)erf((iebener
» an ^'r^ {iQi 4\,2\), Tr- (3er 51, 20), "rc" (5Pr 25, 18), ^-^? Qer 50, 23); eine
gan;^ unbefannte äöoffe, bie "T^r ^fet (®^ 49, 5) ; eine "^ genannte Sngriffdloaffe
i^^y M, >i), bie gctoö^nlic^ — aber o^ne gureid^enben ®runb — ber ©treitajt ber ^ßecf^r
nnynniQt gleic^efe^t toirb.
%\t alte 3eit h\^ auf Salomo f annte nur ^^tru))})en (f. o.). 9to(^ 2)at)ib tmi^
1/) mit bcn im S^rerfrieg erbeuteten 3Bagen unb Stoffen nic^td anjufangen, fonbem lähmte
bie ^{(ferbe, inbem er i^nen bie Seinen aa ben ^^en burc^fd^nitt (2 Sa 8, 4). 9itf
^a(omo bagegen toirb bie (Sinrid^tung bon Sleiterei unb jtriegdioagen jurüdgefü^. dr
f oU rjoo( Olleilcr, liOOSüagen unb iOOOOaBagent)ferbegel^t l^aben (1 Äg5,6; 10,26),
^')al;(en, bie aUetbing^ übertrieben erfc^^einen. 3)iefclben toaren teite in gerufalem, teiB
ih in einigen anbercn Stäbten ftationiert (1 jlg 9, 19; 2 (Sfyc 8, 6). 2)amit toar über bie
Vcibtoad(;e l;inau^ ein groged fte^etibc^ ^eer gefd^affen. Sfleiter unb SOBagen bilbeten osaii
bott ba ab einen toici;tigen 93eftanbtei( ber i^raelitifc^en Xn4)))en, toietool^I boS Sanb ^ier^
fitr nid)t befonbercf geeignet erfc^eint unb il^re äSertoenbung auf bie @benen befc^r&nlt ge»
toelen |ein biirfte (1 .Hg Ui, 9 ; 2 Mg 8, 21 ; 13, 7; 3ef 2, 7 ; 3Ki 5, 9). ©erabe an biefe«
M) Wagen unb ^Hoffen (;aben bie ^jiropl;eten feine ^reube; ba^ finb toeltIic^e3)lac^tmittel,biebad
3<olf num ^2<ertrauen auf 3Jlenfc^cnmac^t berlciten (§o 1,7; 14,4; SKi 5,9; gef 2. 7;
T't 17, Hi \K>(^.). Xie Wagen felbft glichen natürlid^ benen ber Itanaaniter unb ^biliftergon);
fle »waren toie bie ber 3lf|v»?er ^tociräbrig unb feinten offen. aBa^rfc^einlic^ ftonben brei
Vi'tfoJien (y\\\ einen "Hia^Yw (f. o.) ; ob bamit ber ^ebräifc^c äuöbrud '«s^bti für einen ^
ri5 borragenben .Urieger ;\ufammenl;ängt, ift fe^r fraglt^.
III. Y>eftungen. "iXU bie ^^raeliten '\n% Weftjorbanlanb borbrangen, fanben fie
baofelbe \>\\\^ i\abllofe Shirgen unb ^eftungen ber «Uanaaniter gefc^ü^, biemiti^en^l^
"Dtauern einen getoaltigen C^inbrud auf bie Wüftenfö^ne matten (bgl. 9lu 13, 28 ; 2)t
1/JH) unb bie fie ,ut erobern jiunäc^ft auc^ nic^t im ftanbe toaren. Sie felbft too^nlcn
«) j|unä((|ft auf bem flac(;en llfanbc in offenen Crtfc(;aften unb tou|ten ft^ in ftrieg^tcn
ftrEtgSWefen M ben {ieiticnt 117
Ulli bui^ bic ^^t in bie SSIbei unb $ä^ten ju letten (1 Ba 13, 6). @t{) in ber
fiönigäjctt tvmbc boä anberä: bie Ianaaniti[c^en i^ftungen fielen in \fyct $anb, alä eine
ba Ic)^ boÄ faft uneinne^mfcare ^ebuS (2 Sa 5, 9). Unb nun lernte man au$ fetter
gcfliingm gu bauen, ©(eic^ 5Datib bcfeffigte 3e6uS:^3'"'f''t"" "on neuem; ©alomo
baute ^0)01 imb SWegibbo an ben Strafen Bon 3iotben, ®ejer, iaS untere Set^ ^oion 6
unb Saalat acQtn 9Seften, lamax an bei ©trage Don ©üben ^ei, lauter ftiategifc^
tmi^tigc $unn< (1 Jtg 9, 15. 17 f.). ^ie^eam foQ nac^ bei ^onif bie ®ienje gegen
۟bcn unb SBcjlen bun^ nic^t Weniger tui IS^eftungen gefiebert ^aben (2 <Si}T 11,5^.).
Seiobeain befeJH^ im SRorbieit^ ©ic^jem unb *ßnuel (1 Hg 12, 25). Saefa Oerfu^te in
Sianui fit^ eine auätaII))foite gegen bag 6übiei^ ju f^affen ; obei tä gelang ^önig Slfa lO
Mm ^uba, bie t^f^ng ju ler^öien, no^ e^e fie boHenbet mai; mit bem Material bei^
felben befe^igte ei jum @4ni| feinei ©lenje gegen "iai ^oibieicb bie Stäbte ®eba unb
unb SRijiw (1 Bg 15, 16—22). Omti enbli«^ baute ftc& feine ^auptftabt ©amaria auf
tfi>liatan Sngtegel jur getoaltigen gef'« nitö. bie bann erft nac^ breiiäljriger SBelagening
bue^ bie Xf^ei genommen Iveiben tonnte (2 Äg 17, 6). 3n nat^ejitifcfler 3*'* ^oben i6
namaitnc^ bie ällanab&er unb ^erobier Biele Surgen unb ^^tungen erbaut, »on benen
befonbcrt 9et^ Qm (nörblii^ Bon ^ebron in ben Waftabäerfriege), ^ota))ata, ^erobium
(ber foflen. ^antenberg fübüftlic^ Bon Set^Ie^em), SRafaba (am 3Seftuf er be$ Xoten 3neereg)
unb SRot^äm« (im O^en beä Xoten 3}tmei) im giogen tübifc^en Itrieg (66—73 n. <Sfyc.)
eat bdwiitenbc 3toUt geffiielt ^oben. %
Die geigen tnuiben ouS [eic^t eiKädii^en ©lünben aufbügeln angelegt; in ober
bei iebei fc^en &tabt tcoi na^i alter Bon ben ®l)mn geübter @itte eine ganj befonbeid
Wie eitabeae angelegt, foj. ». bei Senifalem (f.b.Ä. Sb VIII ©. 666, 6 ff.) bei Si(^«m
«i 9, 46f.), bei ^nuel (9ti 8, 9. 17), bei I^ebe» (3li 9, 51). ©onft beftanb bie Se.
fcpigung einer ©tabt »or ollem in einer ringsum lauf enben 3Jlmier (^^'n), ^jefelbe toat, as
hm unB namentlich bie 3Rauerrefte Uon ^erufalem geigen, ou^ mi^li^ß giogen äSerl:
^Mat ou^efc^tet, bie nit^t immer regelrei^t bearbeitet hioren unb ^äufig in alter 3Ht
of/nt äRBita ober itgenb anbereä Sinbemittel aufeinanbergelegt tuurbcn (Bgl. 3lbb. in
Souinger, 3b^. 231). ^n ber Siegel toar bie 3Rauei fobid, ba^ fie nii^t bieg einzelnen
Sappen boS ®e^en gemattete, fonbem bag man auc^ gtügere 2:ru)3)>enmengen auf bei w
Vteaux auf^en tonnte (ültff 12,31ff.; Bgl. Sef36,ll; 1 ^IRal 13,46). Sbenfo ftanben
bort ftatdtmlten, Ivel^e ©tetne unb ißfeile fcbleuberten, toie bad jum erftenmal au€ bei Rät
tIfiaS bfii^ iriib (2 G^i 26, 15). ©lofee lüime, BöQig maffiBe aSürfel avä groften
Duabem (bgl. bie ^erufalemer aRauertürme), Icaren ju größerem ©i^u^ an ben gtfen,
bei ben It^oien unb fonft in angemeffenen Sh'it'^enräumen in bie 3Rauer eingefügt (2 ßl^r bs
26, 9). £inta ben Sin"™' "lit benen Stürme unb 3Jtauem gelrönt toaren (^"3? 2 6^
26. 15; 3e 1,16: riniati ^ef 54, 12), loaien bie Serteibiger geborgen. 33ie 5Rauer=
Ufon totam ni<^t biege Öffnungen in ber Stauer, fonbem jiemlic^ geräumige ISebäulit^:
leiten mit X&rmen (f. o.), bie manchmal ein Dbergemac^ galten (2 ©ü 19, 1), ba^er
ber Shiftnud „itmfc^en ben beiben ^oien" (2 @a 18, 24). Siellei^t teaien fte, tvic not^ «o
^eute, hn SQtiuel angelegt, ©taite fiüljeme, Uiellei^t aui^ mit @ij befc^Iagene glügel:
*ütm (Sli Iti, :i; y] :>1,2) mit ehernen ober eifemen SÄiegetn (1 Rg 4, 13; iCt 3, 5;
33,26) Derfcfelüifcn bie T^ore. ©eioö^nli«^ ^tten bie ©labte nur ein 4^or(®en 34, 20),
bo« am äbcnb gcfdiUiiicn gelten lourbe (^of 2, 5). äioi ber eigentlid&en ^eflungämauet
befonb fic^ Jjatcfig eine Heine Bormauer ^'O, LXX ngorsixiafta, Vulg. antimurale «s
0 ©a 20, ir,; lHg21,23; Thren.2,8).
IV. Xie flriegfiibrung. 6^e man in ben Aamfif jog, befragte man felbft;
MiPfaMit^ 3a^li)« bwr* ba« 2oSorafel (SHi I, 1; 20, 27 f.: l©a 14,37; 23, 2 ff.;
28, 6; 30, 7 f.; 2 ©a 6, 19. 23), ober bur(^^ro))[)eten (1 Rg22, 5ff.; 2 Äg 19, 2ff,);
«an pfft^ (1 ^ 7> Sft' ; 13> 3 ff-) "itb „b^Iigte fi<^", benn ber Jtrieg Mar ein ^lige$ eo
Untonc^mcn, f. unten. %ai triegeiifi^e ifkiUabium, bie Sabe Radweg, burfte bei größeren
Jtric0^en^IbßMrftänbli(^ni(^t felilen (1 ©a4, 4ff,; 2@all,ll; lü,24ff.). '^ai'^t
V^mbt bot, bag bei ^liefter bor ber ©c^Ia(^t eine 9tebe ^oittn unb ben ©ofbaten beim 3In>
Mid bt« feüibli^en ^eere« aJtut jufPK^fn foß (35t 20, 2) — ein 3eic^en für ben Seift jener
ItriM<Sgcf4( unb i^er 3eit (f. oben); bie alten Söiaelitcn batten ba« nit^t nötig. 3>a« cg
$nepciscfet fyii bann alä befonberö tDi(^tig angefeben, bag man bie ^riefter mit ben
^UoncR Oiompeten mitnimmt: am 2;n>mbetenMafen Ijängt ber ©ieg 0lu 10, 9 ; 31,6;
2 G^ 13, 12) ; — biefe 3eit Ijat eben (einen Ätieg aus ber 3iäbe gefe^en. 3)ic JUalta-
bäcr ober, als gefe^treue ^uben, folgen avä} in biefem ©tüd bcm ®efe^ (1 Wtat 16,8),
9tan )O0, toemt eS möglit^ toai, im gtU^ii^t i" «^Ib, um bor bem 3i}intei toiebei hü
118 ftriegdkoefeit 6d ben ^ebr&ent
l^einmtlel^ren (2 @a 11, 17 u. a.). 3m äBinter blieb man )u ^oufe. 2)abutd^ jogen jü^
bte RmQC, namentlich bie Belagerungen fefter ©tobte, fel^r in bie Sänge. Über bie Stmu^
tung eine^ l^ebräifd^en Jtrtegdloger^ erfahren ivir ntc^t^. 2)a^ Sager bed SoKed auf bem
äBüften^ug toirb 9tu 2 tDal^rfcfeinlic^ aU breiectig angelegt gebadet. 9(ber h>te bid man
6 bon biefer @c^i(berung ali ber SBirQic^Ieit entnommen betrad^ten barf, iß fraolt«^. Qdbt
tDerben im Sager ber ^^raeliten unb ber @^rer ertDäl^nt (2 @all, 11; 2 Ag 7, 7); beibe»
mal ^anbelt ed ftd^ aber um langanbauembe Belagerungen einer feften @tabt 3)te
Sagertpac^en tourben breimal in ber 3lai)t abgelöft (SRi 7, 19 ; 1 SWal 12, 27). gum
@c^u^ bed Sager^ blieb tDä^renb einer ©c^lad^t ftet^ eine Bejahung jurüct (1 @a 25, 13 ;
10 30,24). 2)ie Steinl^altung bed Sagerd ift bem ®efe^ fe^ angelegen (Xt 23, 10 ff.; bgL
9lu 5, 1—4); e« beftimmt, bafe berÄrieger feine 9lotburft nur aufeer^olb be3 Sagend toct*
richten barf unb befiel^lt i^m für bie @|Iremente ein Sod^ ju graben unb fte ju t>frfc^arren.
Über ben alten llrf})rung biefer ©itte in religiöfen Sorftellungen f. unten.
3n ©d^lad^torbnung (n?':?;^ l©a4,2; 17,8. 20 f.; 9li 20,20. 30) ftenb bod
15 $eer enttDeber einfach in Sinie, ober in brei Raufen, einem Zentrum unb gioei ^üg^
(3ef 8, 8 unb baju ©efeniug, »b I ©. 335; 3li 7, 16. 20; 1 iSa 11, 11; 2 ©al8,2
§il, 17; laWaf 5, 33; 2 3Ra! 8, 21 ff.); au(^ ein Hintertreffen torrb ertoä^nt §0
8, 13 f., bgl. 10, 19. Unter lautem ih:ieg«gef(^rei O^^'i'Jr? 3of 6, 20; 1 Sa 17, 52; 3e
42, 13 ; am 1, 14 ; 3er 4, 19 ; 49, 2 ; gj 21, 27) ftürjte man auf ben geinb. 3)ic oiu
2ogett)anbte 5trieg^Iunft tpar nid^t fe^r entn)idEelt: gelegentlid^ bebiente man ftd^ einer JtricgS»
lift (2 Kg 7, 12), fuc^te ettoa bur(^ Überrumt)elung (3li7, 16ff.), ober burd^ Hinter-
halte (3of 8, 2. 12 ; SRi 20, 36 ff.), ober burd^ Umgeben ber feinblidS^en Sinie (2 @a 5, 23)
ftc^ ben @ieg ju berfd^affen, auc| too^l burd^ @))ione bie Stellung unb &tädt ber
®egner au^julunbfc^aften (^o] 2 ; 6, 22; 3li 7, 10 ff. ; 1 ©a 26, 4; 1 5KaI 5, 38 ; 12, 26).
25 ©onft beftanb bie ganje ^elbl^ermlunft berühmter $eerfü]^rer in ))erf5nlid(fer Xo^ferfett unb
©etoanbt^eit (9li 7, 16 ; 1 Sa 11, 11 ; 15, 5 ; 2 6a 5, 23 ; 18, 2). 2)aö ©e^d^t befknb
in Singelfämbfen, toobei bie berfönlid^e ^£a))ferleit, jtraft, ©etoanbtl^eit unb Sd^neOtgteit
ber mit entblößten armen (bgl. ©j 4, 7 ; 3ef 52, 10) 5Kann gegen SBlann ilanHjferAen
bie ©(^lad^t entf(^ieb (2 ©a 1,23; 2, 18; 1 ß^r 12, 8; Slm 2, 14 ff., too ba^ fene
30 ))erfönlid^en ihieg^tugenben gerühmt toerben). Hin unb ioieber eröffnete ein ^hmtomiif,
beffen Slu^gang für bie ©d^lad^t bon Bebeutung fein mod^te, ben allgemeinen Streit
(1 ©a 17; 2 ©a 2, Uff. ; bgl. 21, 18ff.; 23, 21), unb fold^e unb ä^nlicje au^qeic^nete
333affentl(iaten emt)fingen bann befonbere Belohnung unb Sludjeid^nung (3of 15, 13, 16;
1 ©a 18, 25 ff.; 2 ©a 18, 11 ; 1 6^r 11. 6).
35 3)a^ Berfal^ren gegen bie beftegten ^einbe ließ an ©raufamleit auc^ bei ben 3^^
liten nid^t^ gu toünfcpen übrig, tpenngleid^ ed an bie aff^rifd^en Teufeleien lange nid^
heranreichte. 9Ba^ bei ben ^ff^rem Siegel toar, Jtö))fe unb Q&vbi ben ©efallenen otö
%xo)ß\)äm abgufc^lagen, fc^eint bei ben 3^^A^lii^ boc^ nur aU Sludnal^me bei gefaOenen
gü^rem borgefommen ju fein (1 ©a 17, 5 ff.; 31, 9; 2 ©a 20, 22); bieHeidi^t toar «S
40 aber in alter 3rit ©itte, ben getöteten geinben bie '^or^aut abjuf(^neiben (l®al8,25.27).
©efangene Äönige unb Heerfül^rer tourben nic^t feiten getötet (3of 10, 24 ff.; 9li 7,26);
bo(^ ^aben gerabe in biefcm ©tüdf 3^raefe Äönige ben Stuf ber 3Dlilbe (1 Äg 20, 31).
3lud^ bie übrigen ©efangenen tvurben bann unb toann fömtlic^ umgebracht (2 (Sfyc 25,
12; 3li8,7; 2 ©a 12, 31?); graufame SSerftümmelungen lamen ebenfall« bor (Mi 1, 67;
45bgl. 1 ©a 11, 2). 3*^ ber SRegel toof^l tourben bie (Sefangenen }u ©Haben gemac^
aber aud^ ba« fonft fo milbe 3)t toiü bei eroberten ©tobten nur SBetbcr unb Äinber ber»
fc^ont, b. i). ju ©Haben gemad^t toiffen (3)t 20, 13 f.). Sluffc^lifeen ber ©c^toangewn,
3erfc^mettern ber Heinen flinber toaren ganj an berDrbnung; fo ift fogar ein SRena^nn
im Sürgerfriege gegen i^raelitifd^e ©täbte berfa^ren (2 Äg 15, 16; 8, 12; 3ef 13, 16;
5o2lm 1, 13; $0 10, 14; 14, 1; 9Ja^ 3, 10; $f 137, 8; 2 üKaf 5, 13). Sk« Sanb
be^geinbe« tourbe bertoüftct, bie Säume umgehauen, bie Duellen berfc^üttet (®t20, 19 f.;
3ti 6, 4 ; 1 S^r 20 1 ; 2 Äg 3, 19. 25). ©täbte unb SJörfer tourben niebergebrannt
(9ti 9, 45; 1 SKaf 5, 28; 10, 84). Über bie ©itte be« Sann« f. unten. 2)em befiegten
"iNolt tourbe 3ö^lung großer ©clbfummcn ober jäl^rlid^er Iribut auferlegt (2 Äg 18, 14;
66 3ef 33, 18); jur ©id^crung na^m man ©cißeln mit (2Rgl4, 14). — ®er ©ieg tourbe
burdb ©cfang, 3ubel unb %an^ ber^errlic^t (2 5Kof 15; SWi 5; 1 ©a 18, 6 ff.; 3ub
16, i ff. ; 1 mal 4, 24) unb mitunter burd^ Trophäen beretoigt (1 ©a 15, 12); Hcrobe«
ber ®r. bclobnte einmal alle ©olbaten mit ®clb (Jos. Ant. 14, 15. 4). 2)a8 Segraben
ber ©efallcncn galt al« l^^eilige ^flic^t ber Heere (1 % 11, 15); um gebliebene Xnfü^
Go trauerte ba« ganjeHcer(2©a3,31), i^reSBaffen gab man il;nen mit ind®rab(ej32,27).
ftriegi»ktiefett bei bett ^ebraent Sttitii, bibKfc^e 119
V. S)ie religiöfc Sebcutung be« Ärtegg. ©er Jlrieg toor bem ggracliten
ein ^Uiger ilrieg. 2)a^ tft abfemitifc^e älnfdElAuung. 9(uc^ bem alten 9lraber tvar ber
un: @^ bed Stammet unternommene Startip\ eine religiöfe 9lngelegenl^ett ())g(. ©olbji^er,
aRu^meb. ©tubien I, 249 f. unb SRob. ©mlt^, Rel. of the Sem.- 38). ©o ift bei
ben 3«raeliten ber Jftrieg ein Jlrieg SaJ^toe« (6? 17, 16; 1 ©a 25, 28; 5Ru 21, 14). 5
SSeil {te 3<i^tDe nid^t ju $ilfe lamen, U)irb im SDeboralieb benen geflud^t, bie bom ^am^f
Sd^ fem ^ieüen (9li 5, 23). 3«racÖ geinbe ftnb Sa^tocit geinbe CJ« 5, 31; 1 ©a 30,26).
II« 34toe 3ebaot^, oI« „Oott ber ©d^Iac^treil^en S^raelg" (1 ©a 17, 45) jie^t ^a^toc
felbfi mit in ben ^m^f. Unb jtoar ift biefe ^eilna^me ^a^tDed am jtrieg fe^r real ge«
boc^t; er lö^ ). S. getoattige ©teine auf ben ^nb bom $immel fallen, um feinem SSolI lo
)u ^dfcn (3of 10, 11). Unb au(^ feine ®cgentt)art beim ^eere S^rael« ift in alter R^xt
gonj buc^floblic^ berflonben. SBie anbere äSöIIer l^aben aud^ bie ^i^taeliten il^ren @ott
mit in bie ©c^Iac^t genommen mit ber l^eiligen Sabe. ©ie ref)räfentiert ba« numen
praesens, in iJ^ ift leibhaftig ber ^eg^gott gegentoärtig. 2Bie bie Sabe im ^l^ilifter^:
bieg tnd i^raelitifd^e Sager fommt, ba rufen bie ^^ilifter erfd^rocfen : „®ott ift )u i^nen is
in« Sager gelommen; toel^e und!" (1 ©a 4, 6 f.). ©o gehört ber 5lrieg ju ben toic^tigen
rdigidfen gnftitutionen S^aefö. ®er ilrieger l^at bor bem Ärieg gam toie bor einer an*
bcrm fuüifc^en ^nblung ftd^ ju „^eiligen" (^"^PJ^n gof 3, 5), b. I9. [xd) getoiffen hiU
tifc^ Steinigungen ju unterwerfen; bie Ärieger fmb „©etoei^te" (gef 13, 3; 3er 51, 27);
ber Hebräer fbri^t bed^alb auc^ babon, ba^ man „einen Ärieg ioei^t" ^^^b?; •»ij'ip. (gjoel 20
4, 9 ; 3Ri 3, 5 ; 3^ 6i 4)- SBä^renb be« Äriege« mufe ber Ärieger im 3wpÄ'^*> !ultif(^er
Steinzeit fein. SSon biefer SSorfteDung au« ift bei fe^ bieten SSößem bem Jtrieger bie
ßnt^^oltung bom SEBeibe ftrenged ®ebot. 9(uc^ bie alten 9(raber hielten fic^ toöi^renb be«
Äriege« bon ben SDSeibem ferne (bgl. SB. JRob. ©mitl^, Rel. of the Semites* 455). Die^
fdbe ©itte bürfte für 3^rael belegt fein bur(^ 2 ©a 11, 6 ff. Uria toeigert fu^ fein SBeib 25
m becü^n^en, fo lange bie Sabe ©otted unb bad $eer im ^Ibe ftnb. 3Rxt Stecht mad^t
&btDaibf (o. 0. O. 64) barauf aufmerifam, ba^ bon ben idraelitifd^en ©olbaten, bie fi^
ntc^t fc^euten, ben Sc^toangeren ben 9aud^ aufjufd^li^en, bod^ nirgenbd ©(^änbung ber
SBeiber berichtet toirb (gef 13, 16 unb Bai) 14, 2 reben bon fremben ©olbaten). S)ad er-
Hort fu^ nur avA ber Sitte bed fe^ueüen ^bu. äBer irgenbtoie fultifd^ unrein ift, barf ao
am ilrieg nic^t teilnel^men. Xamit ertärt ©c^toaQv (a. a. 0. 74 ff.) bie 93eftimmungen
bed Äriegggefe^ed im S)t (f. 0.). SBer neu bermcü^lt ift, toer einen SBeinberg ge})flangt, ein
neued ^caji& gebaut l^at, ber ftel^t nad^ ©c^toaQ^ nod^ in engfter äSe^ie^ung ju getoiffen
Dämonen, unb ift bed^alb für ben S^^hjefult unrein. 2)ad Sager aber, in toeld^em nacb
alter Slnfd^auung ^ai^tot felbft toeilt, ift felbftberflänblic^ eben barum heilig, b. i^. ^raftifd^ 86
aetx)enbet, ^ b(n:f bei Seibe nid^t berunreinigt ioerben; bal^er bie oben angefül^rten SSor«
fc^rtften über SleinjHxltung be^felben (2)t 23, 10 ff.), ßnblid^ erltärt fu^ auö biefer ganjen
Sorftelung bie ©itte be« „Sännet" (C";n). ^al^toe gehört bie aanit Seute. ®ie rabi=
lalfie gorm be« Sännet ift bie, bafe aJDle« toa« lebt, niebergeme^eU, unb alle^ anbere ber*
bronnt, bie ganje ©tabt bem ©rbboben gleid^gemad^t ioirb (3of 6, 17 ff.; 1 ©a 15, 3; 40
baL ®tl3,16f.). 2}ielfa(^ tritt aber eine getoiffe einf(^rän!ung ein. 2)a« 5Dt befc^ränft
bie Idtung atte« Sebenben auf bie fanaanitif(^en ©täbte (S)t7,2ff.), fonft fpUen SBeiber,
Jtinber unb bad SSiel^ lebenbig bleiben unb al^ 93eute berteilt toerben. Sl^nlid^e @tn-
{c^ronfungen bgl. 9lu 31, 7 ff.; 17 f.; 3of 8, 2. 27 f.; 11, 10 ff.; 3ti 21, Uff. 3n
bor ^roj^d toirb fc^on be^l(|alb meift folc^e milbere ^orm jur älnmenbung gelommen fein, 46
tDeil man hod) auc^Seute machen toodte. 2)ie äSemic^tung eine^ Xeifö ber Seute, be^„@es
bannten", bebeutet bie SBeil^e biefed leite an bie (Sottl^eit. 3" bemfelben Srauc^ bei
onberen SSi^lIem bergleic^e bie SKefainfc^rift (3, 11 f., 16 f.), too 3Kefa fic^ rü^mt, bafe er
na<^ ber Sinnal^me bon 5Rebo 7000 3Kenf(^en [einem ®otte Äemofd^ gebannt i)ab^, unb
ba| er aDe Setoo^ner bon Starotl^ ^be über bte Jtlinge f^ringen laffen. 60
Seti^itiget.
Sttltilf biblif(^e. — 3ur Sitter atur ogl. b!e eingaben im §1. ^ermcncutft.
5. «ft, Ö^runblinien ber Orammatif, ©crmcneutif unb i^ritit 1808; 3)e SBctte, ^ritif bcv
3iraeUtif4en ©cfcftldjtc, 1807, 6. 1—26; g. ©ijig, begriff ber Äritif oom ^% pra!ti)d} er^
drtert, 1831 ; fi, Äucncn, Critices et hermeneutices librorum N. T. lineamenta', 1889. 55
«ritifctie IRet^obe, «b^anblungcn ^ux bibl. ©iffcnfdjaft, übcrf. oon S3ubbe 1894, 8. 3-48;
©efer u. »eIte,Äircöc^IcJiton^ VII, 1197— 1209; Sc^Ieiernmcöer, Uebcr Scgrlff u. CSintciluiin
ber pt)iIofop^if(t|cnftritif (5Bid. m, 3 ®. 387-404); 5. ^lafe, ^crmcneutif u. Ärittf {^anbb.
ber flaff. «ItcrtumÄrolffenfcftaft, I, @. 127f.); 33crnt)eim, Sctirbucft ber ^iftorifitcn ^iett)übc^
1894; ©unbt, fioflif», 11,2 6.81—150 (bie angcmclnen !iWctl)oben unb 4)ilfdmittel ber 60
120 ftrittl, bOinfc^e
©eiftedmiffenfc^afteit) ; ^etitrici, dürfen mir tioc^ S^^riften bleiben? lhittf(^e 9etra4«
hingen 1901.
gnbalt. I. »cgriff unb «ufgabe ber bib(tf*en Äritfl. 1. 5»o« Reifet ftritil?
2. ©iftorifd)c8. 3. SRecbt unb %\iW ber Äritit. 4. iBiblifcfte ftritif.
6 IL 3)o8 fr itifd)eSJ erfahre n. 1. eJrunblöjHcfte«. 2. Einteilung. 3. 3)ie fjunftioncn,
III. ^ie Gebiete ber S^ritif. 1. ßritif be$ ^anon«. 2. Xe;tfritif(i)er fippaxat unb
Jeytfritif. 3. ©pracftfritü. Äonjefturen. 4. ^iftori(4c ftritif. 5. Stillritif. 6. »cfon*
ftruierenbe Ärittf.
IV. 3ur®efd)i(i^tc ber Äritif. 1. ?lbgrenjung. 2. ^ellcnifttfc^c unb <)Qtrlftlf<Je
10 ^itif. 3. ^irAenle^re unb ^itif. 4. Unbogniatifd)e l^ritit.
L »eoriff unb aufaobe ber bibttfc^en Äritil. 1. 2)ie Äriti! iji eine
Itunft, tt)ie bie ^ermeneutif. S3eibe fmb berfd^tDiftcrt unb t)on ber äBtffenfd^aft ^mSfyA,
Sie $ermeneuttf tft bie 5^unft, jum SSerftänbni^ ju bringen, U)ad totrlltc^ \% ba^ Überlieferte,
fo tüie e« ift, ju erfaffen ; bie Äritif ift bie Äunfl, ba« na(^ feiner 3BirIli(^Ieit fod^emd^ 8üif»
16 ö^öfe^^ rid^tig ju beurteilen, i^ermeneutif o^e Äritif öerftaubt unb entnervt bie Übmiefe»
rung; Jlritif ol^e i^ermeneutit befd^toörtSuftgebilbe tDiQfürlic^en unb einfeitigen ©d^arfftnttd.
Sa man nic^t berftel^en lann, ol(|ne ju urteilen, ftnb beibe in ber geiftigen 9(rbeit nie getrennt,
tDO^I aber fmb bie ©efid^t^unfte, unter benen fte benfelben ®^enftanb bearbeiten, bet^
f^ieben unb bemgemä^ aud^ i^r SSerfa^ren. Sie $ermeneutif t)erfä^ inbuItiD, fte
30 fammelt äße«, toa^ uim SScrftänbni« nötig ift ; bie Äritif berf ä^rt bebuftiö, fte liefert bie
üRa^ftäbe, um ba^ IBcrftanbene ^u teerten, ^agt jene nad) ber SBirflid^feit, fo fragt
bieje nac^ ber äBa^^eit, baut jene auf, fo fd^etbet unb fc^ä^t biefe bad Saumaterial unb
))rüft bie Sauau^fü^rung. ©o ift bie Äritif „bie Umfe^rung ber ^ermeneutit" (SBunM),
aber noc^ mei^r al^ ba^. 3nbem fie über bie ßrgebniffe ber i^ermeneutif ba^ Urteil
25 fj)ri(^t, eröffnet fte neue ^agen nad) ben Urfad^cn ber 3wi>erläffigfeit ober ber UnjuJ)er»
läfftgfeit, ber SSoÖftänbigfeit ober ber SSerftümmelung, ber^erfunft unb ber S9ebeutung ber
@ac^e; fo giebt fie ben älu^ang^^unft für enbgiltige älbf^ö^unaen unb SSeri^iltntdbefiinu
mungen. „<Sie ift eine teil^ natürlid^e, teil^ erloorbene Äunftfertigfeit, bad 9Bal^ vtxib
l^fd^e, ba^ @\xtt unb 9öfe, bad Schöne unb $ä^lid)e enttoeber burd^ anfd^uenbe @rs
80 fenntnid unb Offenbarung ober burd^ Seifall unb Überlieferung nac^ Serl^ältnid unferet
B)ßf)äxt ya erfennen unb fid^ gujueignen" Q. ®. Hamann, ffito. IV, 32). 3^ S^rf
ift bemnac^ burc^au^ })ofttiö, mögen i^re ßrgebnifje auc^ oft negatiö fein, ©ie terait
feine anbere älutorität, ald bie ber ©ad^e, feine anbere ^et^obe, al^ bie t)on ber 6ac|ie
geforberte.
85 3Kan barf fagen, alle SDSiffenfd^aft, bejiel^e fie f\d) auf (Segentoärtigeö ober Sergongened,
auf $^tIofo))l^ie, Sieligion, Äunft, QÜ}\1, erbaut ftd^ mit Äritif unb bur(^ Äritif. „gn ber
Äritif liegt ettoad augemeine^. SQSir finb auf jebem ©ebiete bed Sefen^ unb ^örend
beftänbig in einer fritiWen pj)eration begriffen" (©d^leiermad^er). Äant nannte feine
5Reubegrünbung ber $^ilofo})^ie mit bemfelben ditd^tt Äritif, toie bie ©rfenntnid eine*
40 Sefefe^lerd ober bie ^eftftellung eine^ ©aj^fe^lerd, unb fei er noc^ fo geringfügig, 5trittl t^
Salier ift bie Äritif ebenfo berfd^iebenarttg, toie bie ©rjeugniffe bcd menfd^lid^en ®etfted;
fie gel^t fotoo^l auf biefe felbft toie auc^ auf bie Weinungen, bie barüber gel^egt toerben.
Unb eben in bem ©ebiete ber ©eiftedtoiffenfd^aft l^at fte il^re ©renken. Sie9tatur bringt
I^atfad^en l^eröor, bie in ber ftnnlid^en SBäa^me^mung gegeben finb. 9lfö folt^e tooDen
46 fte erflärt unb befd^rieben tocrben. Sie 5Raturerflärung ^at i^r 3^^^ erreid^t, toenn fie bie
9laturerfc^einungen ,jin einen U)iberf})ruc^lofen 3ufömmen^ang gebrad^t Ifat" (3Bunbt)^
9tid^t biefe ©inregiftrierung öon I^atfac^en, fonbern bie Siagnofe, fraft beren fie getoertet
hjerben, alfo eine geiftige, freie Seiftung, crtoedft bie Äritif. Sie ©rjeugniffe ber ©eift^
toiffenfd^aften fixieren fid^ nic^t in SSef^retbungen, fonbern in Urteilen unb ©(^lüffen; fte
60 hjollen innerlid^ ergriffen, toerftanben unb abgeleitet loerben ; bei il^nen brängt ^xd^ bie ^%t
nad) ber Slic^tigfeit unb SBaf^r^eit unabtoet^bar auf, ba fie in unmittelbarer 93e}ie^ung
jum inneren Seben ber Demün^gen ^Perfönlic^feit fte^en. 3"^ ^^^^ gel^ört bal^er „bie
^öd^fte ^l^^fiognomif ber menfd^lic^en 9Jatur unb il^rer Dielen Äünfte" (§amann 9Bto. IV,
©. 466).
65 2. $>n biefem umfaffenben ©inne ift Äritif (xgmx^ Texvrj), toofür fid^ ein glei^
fertiger beutfc^er SlußbrudE ni(^t finben lä^t, feit 5piato im ©cbraud^. Siefer untertreibet
(260 AB) bie xolaig unb bie imra^igy zö iTuraxnxov fugog unb tö xQixtxöv ob
Seftanbteile ber yvcoanxal imorij/btai in äl^nlic^er 9Bctfe, toie §amann e^ meint: „Ign
Äritif unb $olitif beftel^t ber ganjc Äanon menfd^Iid^er SBoHfommen^eit" (SQBto. IV, 63).
eo 2(Ilc^ ©treiben unb SßJerten, bie ^nfttonen bc^ Urteilend, bie burd^ bie Slnalogie ber
Sttitif, tiBItfc^e 121
^rüfimö be« ®olbe« gern bcrbeutltd^t toerbm (j. 33. Slrriamet)iftet II, 3, 3. 4), fmb
barin einbqoam. 3" eiöcntüd^ tcdj^ntfd^em ©innc aber erhält xQinxog neben yga/u-
fiaitxdg feit 9(ri[t0teled (d^* ov ^^aae t^v xqitixt^v re xal yQajUfianxrjv &QX^'^ ^a-
ßdYf ^io Sl^f. LIII, 1) unb beräSegrünbung ber ^eKeniftifc^en ^^tlologte mätlesanbria
unb ^gamon bte Sejte^ung auf bad SSerfte^en unb Seurtetlen ))on £ttteraturtt)er{en, tn^ 6
befonbere öon ©ebi^^ten. Äenntntö unb SSefd^äftiflung mit ben yQdfifmxa \\i Wjftt 3luf5
gäbe. ©0 fagt ©io (a. a. D.), biete l^aben über §omer gefcbrieben in toerfd^iebener SBeife,
ov ^iovov 'AgioTaQxog xal KQaxtjg xal exegoi nXelovg xwv voregov yQaju/juxnxcbv
xifj&ivtcovf ngoxegov de xQixtxibv, ßlemenö 2lIeE. (Strom. I, 79) beftätigt in feiner
flbetfc^ unb »bleitung ber ^eUenifd^en itultur biefe ^atfad^e, bag erft f^äter yga/Lijua' lo
xixog al« SSerufäbejeid^nung Don xgixixög unterfd^ieben toorben fei. 6« ift bebeutfam für
bie griec^ifd^e 2)enfh>eife, ba^ SBiffen unb Urteil^lraft junäc^ft nid^t getrennt gebac^t
tDurben, bofe femer xgixixog nie in ber SBeife toie vQajbipiaxixög ben ©ele^enftanb be«
leic^ete. Ueberl^u))t ift in ber älntile bie ^Terminologie unfic^er. 9(ud^ (pdoloyog tpirb
gtoor t}om ^liöofxpog unterfd^ieben, begeicbnet aber nid^t ben felbftftönbigen ^rfd^er, i6
fonbem gletcbfaüd ben ftritiler, ber bie Ilafftfc^en Xe^te etflärte unb bamit grammatifd^en
unb r^orifd^en Unterricht berbanb. ^n biefem @inne toarb Songinu^ ald 6 xQixtxdjxa-
xog unb old ßißiio&i^xrj ijuywxog ge})riefen (Eunap. Boisson. ©. 456). gm ©inne
ber ©d^eibe« unb Sc^ä^unß^Iunft bon ®eifteder^eugnif[en aUer 9(rt ift ßritil erft feit bem
18. ^abr^nbert ein t^ntfc^er 9(u^bruc!. ©ie ift im befonberen ©inne la restitution ao
de la Utterature antique, im aDgemeinen un examen ^lair6 et un jugement
^uitable des productions humaines. ©o bie ^ormuKerung ber @ncvno))äbiften.
3. gebe Jmtit fe^t bri einem ItonfiUt ein ^U)ifd^en bem ©egenftanbe bed Sßerfte^end
unb bem Serßänbnid; bie ©ad{ie unb il^e ©c^ä^ung f))annt fid^. 3Bo ba$ SSerftänbnid
ftd^ tr^enb toie gehemmt fül^It ober bie ©d^^ung ald eine unbegrünbete embfunben toirb, 26
tritt em fubjehiber 9lüdfd^(ag ein. 3)a^ 2)unfle, ba^ ^äpc^e, bad Unorbentß^e, bad
äbima^enbe, bad @r!ünftelte, bad ©ejierte, !un alled, U)ad irgenbtoie ben reinen @inbrudE
jlort, tDedEt bie Jtritil, äußere fie fic^ in fc^lic^ter W)Ul}x unb einfad^emSiabel ober in ertoogenem
ytad^toad ber Urfad^en beiS ©törenben unb @rfc^Iid^enen. 9lber bie ^emmungen be^ SSerftänb«
ntffed liegen nic^t aQein imObjeft, fonbem aud^ im ©ubjeft. 3)tannigfac^unb fc^tDerjufaffenso
finb bie Umftönbe unb 9(ntriebe, bie bad Urteil blenben, ablenlen unb beftecben. Ungelöuterter
®ef<^ad, mangell^e ©ad^Ienntni^, bogmatifc^e äSoreingenommenbeit, leic^tl^er^ige ©elbft-
Übergebung, ^arteitortit, 9{eib, Sigennul^, bie f^eube am ©enfationeuen, B^^^d^^^d ^^^ ^^
netgimg imb toa& fonft nod^ — bie $atl^ologie biefer Trübungen unb 9(blenfungen ift
ebenfD unerf(^dt)f(id9, toie bie SSetoegungen ber 3J{en{ci^enfeele. Sa$ Überlieferte aber, bad 86
ffiert be^au))tet fyit, toirb burd^ berartige @ingriffe mtifc^er Unfac^lic^feit gefd{|öbigt
2Bcr ed toert f^Ü, fyd bereite bie @m))finbung eined SSerlufte^, auc^ toenn bie Kriti! eine
foc^Iic^ ifl — einen fidleren lieben ä3eft$ftanb fie^t er in ^age gefteUt, e^ ift il^^m ju
3Rut, atö taKtre fein ®olb in Ito^len bertoanbelt; — toie btel me^r aber ift bie^ ber
%aä, taxnn in ber Jtritit Unlauterleit unb @igenmäd^tigleit berf))ürt toirb. ^a^er nimmt 4o
ed ntc^ SBunber, bag öft^etifd^e unb bor adem religiöfe Staturen mit Slbneigung unb 3Jli^'
trauen gegen bie Jtritil erfüllt finb. ®oet^e fagt einmal untoirfd^: ,,6inSBucl^, badarofe
SSirfauig gel^t, fann eigentlicb gar nic^t me^r beurteilt toerben. 2)ie ^ritif ift überpau^jt
eine hlc%t ängetoo^n^eit ber aWobemen" (Unterhaltungen mit Äangler 3Küller^ ©. 73 f.).
Oft tommt er in ben ®ef))räd^en mit @dEermann auf biefe^ X^ema. ,,2Benn bte Slömer 46
grog genug tooren, fo ettoad m erbic^ten (tpie bie ©efc^id^te bon Lucretia unb M, Scae-
yola)y fo foDten toir toenigfien« grofe genug jein, baran ju glauben" (I, 164 SReBlam).
„©0 rütteln pe ie|t an ben fünf Suchern SKofi^, unb tpenn bie bemid^tenbe Äritil irgenb
\d^lväf ift, fo ift fte t^ in Steligion^fad^en; benn l(|ierbei berui^t aQe^ auf 4)em ®lauben, ^u
todd^tm man nid^t jurüdtle^ren lann, toenn man i^n einmal berloren i)Qt/^ 9[ber mit 60
fob^em Serbift ber Jtritit tpäre boc^ nicbt^ anberd fum .^erm gefegt, ald bie blinbe
Sutoritot 2)iefelben ^attoren, bie ba^ Iritifc^e Urteil befted(^en ober fälfd^en lönnen,
tanrien coid^ bei ber ßntfte^ung ber Überlieferungen, toelc^e bie Äritif forbem. 3^^ ®^*
fianb Urin bal^ beurteilt toerben, bamit man nic^t ©teine für ä3rot ausgebe. Onoma«
tritud timrbe au^ Stilen berbannt, toeil er babei ertaubt tourbe, in tenben^iöfer älbfid^t 66
Oralet bed 3Rufäud felbft erbic^tet gu ^aben (§erob. VII, 5 f.). ©olon foH burc^ einen
gefdlfc^ten $omerber8 ben üRegarenfem i^re Untertoerfung unter Sltben berfüfet baben
(Diog. Laert. I, 48). 2)ie 5ß^tl^agoreifd^e iJitteratur beftc^t au^ gälfd^ungen ; bie \xbt)üu
nif^Kn Otalel, bie ®ebi(^te bei^ Or))^eu^, Sinud, 3J{ufäu^ finb ^jeubepigra^l^a. ^i^ner^alb
ber Iin^(t(^ X^Iogie toar e^nid^t anber^. ^ieiUagen be^ Crigene^,be^ ^ieron^mu^ unb ou
133 Stxm, (iUifi^e
bte ^lotijen be^ SufeBiud über tuiDIürKc^e (Stngriffe in bte biblifd^en @d^ften unb übte
{trc^Kc^e ^(fd^ungen ftnb belannt. ^te a))oftV))^tf(^e unb ))feube|ptgra))^tfd^e Sttterotur it*
anfprud^t ober für ec^t angefe^en ju tuerben. 3^Iottf^^ 6tot{er fc^oben bem Sbttur ®emctns
Reiten unter, an bte btefernie gebadet \)at, unb anbererfeitö befeitigte man Sinftögiged aui
6 ktnon^ SBerfen (Diog. Laert. VIT, 34 ; X, 3) ; bem entfpred^enb tft Drigene« t)on fernen
@egnem burd^ ^älfd^ungen bem 9(bf(^eu ber ©laubigen ))ret^egeben iuorben (Rufinas
ep. ad Macarium de adulteratione librorum Origenis, unter anberem: non peper-
cerunt scriptis eorum — nobilium tractatorum veterum — venenatum virus
infundere, sive interpolando quae dixerant, sive quae non dixerant inserendo.
10 — 3a^Ireid5;e Weitere »elege bei ßlericu« III, 2, 1). 3ft biefer I^atbeftonb nic^t 9tf
leg genug für bte ^orberung, bag auc^ ba, tuo bie ^ietät unb bie Sutoritot bod erfle
SBort ju fjjrec^en l^aben, bie Äriti! nic^t f^toeigen barf?
4. 3)ie allgemeinen SRormen ber Äritil liegen ebenfo toie bie ber $enneneutil (bfji. b.
21. 1, 5. 6) in ber Sogif, ber ^Pf^d^ologie unb ber SRI^etorif befd^Iofjen. ®ie Äritil n>aibct
16 biefe 9lormen auf ben beftimmten ©egenftanb an, inbem bie allgemeinen Siegeln nac^ ber
befonberen Sefd^affenl^eit be^felben ftc^ mobifijieren. ^a nun foiDO^I boS "&% ime hau
31% a(d 9le(igion^urtunben ein eigenartige^ innerlich jufammenge^iirenbe^ ®an)ed au^
mac^t, in bem in f^jejifijc^er SBeife „aUe^ für ba^ anbere ^ParoJttele unb Slnolooie tjl",
fo erforbert b^r befonbere ß^arafter bed ©egenftanbe^ auc^ eine baburd^ beftimmte Sbttoen?
aobung ber Jtritil. ^al^er barf t)on biblifc^er itritil ald einer befonberen unb feObß«
ftänbigen toiffenfd^aftlid^en älufgabe gerebet toerben. Sie ift Quellenhitif, Oef^ic^tdfcitil,
SReligion^Iritil, b. 1^. fie l^at ben 3"^^"^ ^^ Überlieferung unb ben gefd^ic^tlic^en 8B8ert
ber Haffijc^en Urfunben ber altteftamentlic^en unb ber c^riftlid^en SReligion ^u J^röfen, fo
h)ol^I infofem fte für ftc^ fielen, al^ auc^ infofem fie einem gefc^ic^tlid^en 3ufommen^<wiäe
25 angel^ören. ^i)x le^te^ ^kl ift babei, eben toeil e^ fic^ um SteligiondqueSen ponbelt, ni^t
bie Ermittlung be« l^iftorifc^en Verlauf«, ber fid^ in biejen ©d^riften erlennen lä^, fonbern
bie Ermittlung be^ in ibnen toirffamen religiöfen Seoen«, tooburd^ biefe Sttteratur tl^
fpe^ififc^e Sebeutung ermatten l^at. 9tic^t bie ^age nac^ ber ©efd^id^te, fonbern bie ^ta%t
nao) ber Sleliaion, toelc^e in ber ©efc^i^te fu^ tunb giebt, g^h)ä^ ber biblifc^en ffritit
80 i^re SRic^ti^unfte.
^iefe e^agefteQung l^at eine boi))}eIte 3$oraudfe|ung: bie Einfielt in bad SBefen ber
SReRgion unb in bai^ SBefen be« gefd^ic^tlic^en ©efc^e^en«; benn bie ßrgebniffe ber btbli«
fc^en Rritil tootten ein begrünbctc^ Urteil barüber abgeben, ob unb intoietoeit eine ge»
fc^id^tlic^e 3)arftenung rüqic^tlid^ i^rer 3u^^löffigfeit alteriert toirb, toenn fte (Sott in
86 ber ©efc^ic^te fuc^t unb finbet, ober, toai^ baejelbe fagt, bie gefc^ic^tlic^en 3^^aAcnjjU«
gleid^ aU ©otte^t^aten toertet. ^ie beiben SSorau^fe^ungen ^nb bon grunbfä^Itcper de»
beutung unb toeifen auf bie ©egenfä^e ber SBeltanfc^auung.
3unäd^ft bie Sleligion. Sie ift bie fraftbollfte unb ge^eimni^bollfte Set^ätigung
be« inneren Seben^, bie ade Setoegungen ber Seele beeinflußt, mit allen ftd^ berbinbet
io unb boc^ in feine berfelben aufgebt. Sie forbert ben ganjen 5Jlenfc^en, fie jie^t fic^ in
bie oerborgenften 3:iefen feinet SBefen^ ^urüdE unb brängt boc^ jur ^arftettung, bie üor
aller 3tugen liegt. Sie erblüht attein in ber geiftigen ^eil^eit unb beborf bod^ beö S5e«
Icnntniffe^, baiJ bie ©Icic^geftnnten um fic^ fammelt. Sie lebt nur ba, too fie tool^^ftcd
©rlcbni« ift, unb formt fic^ boc^ ju einer Überlieferung, bie unbebingte äutoritat beon«
46 fprud^t. Sie ift örlebnig unb freut fic^ boc^ am Silbe unb ©leic^ni«. 5Kit elementarer
itraft unb untoibcrfte^lic^er ^nnißf^it eignet fie fid^ allcg an, toa« i^ 9?a^ng l>er«
It^rid^t. Sic bur*bringt bie Stoffe mit il^rem ©eift. 3)ie 9Jatur erl^ebt fte jur 3Jer»
fünbigerin ber SlUmacbt unb SBcißbeit ©otte«. 3)ic ©efc^ic^te toirb i^ jur §etwt>rebigt
3)ic biblifd^en Schriften finb bie Urfunben unb Duellen für ben unCTfc^öJjfßc^ien
60 unb gef)eimni^t)ottcn ^Weic^tum, aber aud^ für bie berfrfiiebenartige Sebingti^eit unb W>*
ftufung be^ religiöfen Sebcn^, ba^ in bem 3Jolte ^^tad [\d) au^toirfte unb im S^flem
tum eine fficltreligion erjeugte. Sluf toeldje SBeife toirb bie bibtijc^e Äritif biefer Ipiotfac^
geredfjt'c' '3^ur bann, toenn fic bie SKannigfaltigfeit ber Äußerungen be« religiöfen 2eBen8
mit facf>lic^er Klarheit ermittelt unb nach i^ren berfc^icbcnen formen, i^rem ml^tl(^oIoflif(^|en,
66 entbufiaftifcben, fittlic^en, intelleftueHen unb rein frommen ©ehalte toürbigt. 3)ad SKIb,
baö fie erfaßt, toirb ein falfd^e^, toenn fie ^Vma bie SHeligion unb ben Jtultu^ jufammen«
toirft unb toenn fie über ber geftfteHung m^t^ologifc^er (Slemente bie fittlic^en unb inteSel*
tueßen Iriebfräfte Dergißt.
Stber bie biblifcbe Äritif ift anbererfeitS ©efc^ic^tijfritif. 3)arau« entftel(^t bie Suf«
60 gäbe, ben „natürlichen ©ang" ber (Jrcignifjc unb bie religiöfe Öebingt^eit ber bibltf^
SttiÜl, biblifc^e 123
(Kefci^d&töbarftellung bonetnanber ju fc^eibcn, um tl^r gegenfeittge^ SSerl^öItntd auf ©runb
bicfcr @<^butig richtig unb fac^gemäfe gu erfaffcn. 3if* ^^^ möglich? SBcim btc „natur*
tmffenf(^ftli(^e SKct^obe", für toelc^c ber reUgion^>)l^iIofoj)^tfc^ au^etouc^erte Slfterbartots
tudmud bte ©ogmatif liefert, aU 9Jorm ber Sibeltrittf gilt, gehnft nid^t. ©ie mu^ grunb*
Säfix^ iebed ®e^eimnid, bad einen älueblic! eröffnet in bie SBelt bed Übernatürlichen, 6
leugnen. 2)ie religiöfen Srlebniff e mu^ fie bal^er pf^c^ologifc^, ))atl^o[ogif(i^ unb religion^-
gef^f^tlt«^ objuleiten berfuc^en. SSon ba au^ erfd^eint eine religiöfe ©efc^icJ^t^barfteHung
ate tenbenjiöfe ®ef((i(^tdfälfc^ung, ober tpenigftend aU @inbeutung frembartiger ^Jlomente
in ben natürlichen ®ang ber 2)inge. ©ie änn)enbung ber „naturtoiffenfc^aftlicl^en" 3Ke-
t^obe auf bie l[^eilige ©efc^ic^te fpric^t bad Urteil bor ber Unterfuc^ung. lo
®ie ffe^t e« in ber 2M? Sefftug (SQBh). Sac^mann VII, S. 50) fagt: „2)er bra=
matifc^ ®i(^ter ift fein ©efc^id^t^fc^reiber. 5Die l^iftorifc^e SBa^r^eit ift nic^t fein 3h>«*/
fonbem nur ba« ?KitteI m feinem 3h>edfe/' SBirb er bamit jum (Sefd^id^t^fälfc^erV älud^
für bie btblifc^en Sc^riftfteQer ift bie l^iftorifc^e SBal^r^eit nur 3JlitteI jur Darbietung ber
teliatöfen; fie ift 3:rägerin ber Offenbarungen ®otte« (3o 1, U. 18). 2)a ift boc^ bon i6
1^ ^u %ciH iu unterfuc^en, intoietpeit unb tuarum bie gefc^ic^tlic^e äBirflic^Ieit aU eine
Offenbarungdt|atfac^e fic^ betpäl^rt. Unb h)ann tuirb biefe Unterfuc^ung )u einem fad^^
gema|en (Srgebnid tommen? ^reitfc^Ie bemertt: „bem $iftori{er ift nic^t geftattet, na^
b«t S^fe ber Slaturforfd^er baö Spätere au« bem ^l^eren einfach abzuleiten. 3Jlänner
mai^ bie ©efc^ic^te." 9?atürlid^ nid^t [xt attein ; toa« SKänner vollbringen, ift ermög:= 20
lic^ burc^ bie 3uftanbe, bie i^nen bie ^Jlöglic^teit geben, gelben )u tperben ober bod^
Steuermänner. Stber ba« bleibt ftc^er: ber ^robu{tit)e 2BiQe ift fein ^}Iatur))robuIt. Der
fromme, ber ®ott fuc^t, erfährt bie ®ott6ebingtbeit feine« äBiQen«. Danad^ l^anbelt er.
®ott giebt i^^m ffiollen unb Vollbringen. 2luf ®runb feiner ©rfal^rung bon (Sott beur*
teilt er bie ©efc^tc^te. Die religiöfe ®ef(^td^t«betrad^tung erlebt in bem l^iftorifd^en @rs 25
eignt« eine ®otte«t^.
Damit ift ber Sibelfritil il^r fac^emä^er 6tanbt)unlt gefiebert. Sic unterfuc^t,
tDontm, mit iuelc^em Stecht unb unter toelc^en Umftänben unb Sebingungen ba« 91 unb
9H ote eine Sammlung religiöfer Schriften entftanben, erl^alten unb toirffam getoorben
ip. auf ®runb biefer ^Prüfung giebt fte barüber SRed^enfc^aft, intoietoeit biefe Sd^riften so
|u^><^ff^ 8ef(^(^tli4 überliefert ftnb unb juberläffige gefd^id^tlic^e Überlieferung enthalten,
mtDietoett femer ber gefc^ic^tlic^e Serlauf, bem biefe Sitteratur entftammt, erfaßbar ift.
So tpirb ber Sletigion gegeben, toa« ber SReligion, unb ber ©efc^ic^te, tua« ber ©efd^ic^te
0ctfdrt Die Äritif ertoäc^ft au« ber rid^tigen ©infid^t in bie Sefc^affen^eit unb ba« SEBefen
ber ®e(c^i(^t«religion unb betoä^rt i^r 2eith)ort distingue in frucf^tbarer görberung berss
Srlenntni« bon bem SBerte ober bem Untoerte, bon bem Seben ober bem Schein ber
Überlieferung, »gl. 0. Rm, ®laube unb ®cf(^ic^te, 1900.
II. Da« Iritifj^e »erfal^ren. 1. Da für bie Sa^gemäfel^eit ber Sibelfritif
bie SBürbigung be« religiöfen ^ftor« mafegebenb ift, ba femer alle Äritif junäd^ft im
SSeurteUm p«^ bet^ätigt, fo ift ba« mtf d^etbmbe SHoment für i^re (grgebniffe ber 3Kafeftab 40
be« Urteil«, bm pe antombct. SBic ift biefer 5U gewinnen? 9ln fid^ läfet [\d) too^t leidet
eine beflimmte anttoort finben. Der Ärittfer barf nid^t nac^ SKobellcn arbeiten, tvtnn
er feinem ®egmftanbe gerc^^t toerben toill; bielmel^r, nac^bem er ba«, toa« Vorliegt, burc^
bie ^ermeneutil [väf jur änfc^auung gebrad^t ^at, giebt er Slec^enfc^aft bon ben Sebin-
gimgen be« ^^beftanbe« unb il^rer Sered^tigung. Die Äritif tocrfäl^rt nad^ immanentem, 46
nii^t nadf tran«cmbentem SKa^ab. 9Bie bie« gefc^iel^t, jeigt Seffing in fetner Rritif toon
Sobotre« Semirami« (SBto. fiac^^mann VII, ©. 47 f.). Durc^ änal^fe be« Stürf« tueift
er bie öuftertic^e unb med^anifc^e Äomj)ofttion be«felben nac^, burd^ SSergleic^ mit Sl^afe-
beore« ^mlet geigt er auf, toie ein cd^ter Did^ter ^ätte toerfa^rcn muffen. Slber berfclbe
geffma betueift in feiner Äritil ber iVabel, toie ein abftraftcr SKa^ab bie grfaffung bc« so
eiflentltc^ 2ebm« ber Stoffe ablmft (togl. %lß&' VI, ©. 702). gjleifterl^aft beleucbtet
9t>€äft an ber 5lritit be« Sopl^ofle« burd^ ben Hegelianer §inric^«, toic burd^ ör^
fc^Ieid^ng unb Selbfttäufc^ung unfad^lic^e ^Jlagftäbe entfte^en (©efpr. mit erfermann,
Steflom III, S. 86 f.). Sft aber ber redete Wa^tab gefunben, fo l^at ber .ftrititer im
Xii0e 3U bellten, ba^ feine Unterfuc^ung tooUftänbig, nic^t befultorifc^ unb fragmentarifc^ 55
bind^efü^ toerbe, ba| femer in ber Seurteitung ba« ©leic^getuid^t jmifcben bem hitifc^cn
Sc^orfftnn unb bem Sinn für ba« 3)Jöglid^e unb einfache erbaltcn bleibe. ,,öott bat ben
WenfdSffn aufrichtig gemacht, aber fte fudfjen biele Äünftc" (^reb. 7, .SO), ba« gilt auc^
^er. ®e{elSn1amteit unb Urteil fallen nid^^t jufammen. G« giebt eine urteil«lofe ©elc^r^
fomfeit ; anbererfeit« liefert ber Sc^arffmn o^ne tattt)olle« unb umftd^tige« Durc^bringen eq
124 ftrittf, mmt
ber @a(^e getftDoQe @tnfäUe unb luftige $9))ot^efen, bte blenben aber nu^t etleud^en.
3lx6)t mit Unred^t {lagt 3. 9. 93a^Ie über be^ großen Jtritilerd ^of. @caliger oft über bte
@ad^e ^inau^fd^ie^enbe fc^arffinnige fionjelturen unb Kombinationen. @caliger t>erg&^,
ba^ er nod^ me^r tou^e, al« bie ©d^riftftetter, beren S^ejt er tjerbeffem tooHte.
6 äßorin liegt nun bcr immanente iDla^ftob für bie Sibeltritit? 2)ie gefc^ic^tüd^
5Rac^ri^ten ber Sibel — e^ gilt bag bon atten i^ren 3:eilen — ftnb, infotoeit fte irgenbioie
mit bem religiöfen Seben ftd^ berül^ren, jugleic^ ©efd^ic^t^beutungen unb ©laubendjeugntffe
(I^ 4). ^er Krittler l^at bemgemä^, toenn er bad ®an)e richtig beurteilen totS, bodScr*
^ältnid be^ gefc^ic^tlic^en unb bed religiöfen ^ttord ju beftimmen, bamit erl^e, ob bte
10 Steligion^ueQe aud^ old ©efd^id^t^ueüe fi^ be^au))tet. ^n biefer 93er|ältnidbefliins
mung fd^eiben jtd^ bie SBege ber Rritif, unb je nadj^bem fte gefaxt toirb, berfc^ieben fid)
bie @rgebniffe. @o h)olIte be äBette ben $entateuc^ atö ^id^tung auffaf|en unb \pn^
ii^m be^l^olb jeben 2Bert al^ ©efc^idbt^ueSe ab. „3l\d)i aQe^ \oai ioie ©efc^ic^te auS*
ftel^t, ift ®ef(^i(^te ; e« giebt auc^ SKärd^en, Segenben, SDl^tl^en. ^m ©toff unterfd^etbcn
16 ftd^ biefe toon ber ©efc^ic^te nid^t, bie ©efc^ic^te ift oft lounberborer unb poetitter aü bie
5Poefte felbft; nur in ber lenbenj liegt ber Unterfc^ieb." ,,ßat ein ©rjä^Ier nid^t bie
einfache älbftd^t, ©efc^ic^te aii ©efdpid^te )u er^ä^Ien, . . . toiu er irgenb eine pff\k\iy*
pf)\\d)t ober religiöfe SBa^^eit baburd^ anf^aulic^ mad^en, mit einem SBorte, toill er irgenb
auf ettoa« anber^ toirfen, aU auf bie i^iftorifc^e 3Bipegierbe, fo l^at feine Slelation feinen
20 l^iftorifc^en SBert." ,,3)er ßrjä^Ier giebt ja SBal^re« unb ^Ifd^e« in einer Sebeuttutg, . . .
nac^ i^m ift ba^ 9Ba^re fo gut a(d bai^ %ol\d)t SJel^ilel bed au^ergefd^ic^tlic^ (potA\d^,
religiöfen, pl^Uofoj)l^if4en) ©inn^, für il^n ift ba« ^olfd^e ebenfo loal^r atö ba« SEBo^"
(Äritif ber i^raelit. ©efc^ic^te I, ©. 11 f.). a)en ®egen))oI ju biefer äuffaffung ^^olten
biejenigen, toelc^e in ber ä3ibel nur ©ef^id^te, unb jtoar ©efd^ic^te, in ber bie ^onbdnben
36 aJläd^te tran^enbenter ärt ftnb, feigen tooHten, toie §en«Ier, ben be SBette (©. 27) anfü^
loie §engftenberg unb feine ©d^üler. 3)ort toirb 5Poefie unb SReligion irrefti^renb glet^«
gefefet, l^ier SReligion unb ©efd^ic^te. S5ei be SQBette fommt bie I^atfod^e nic^t gu ii^rem
inec^t, ba^ bie oltt. Steligion bie totrllid^en (Sriebniffe ^^raeld mt Soroudfe^ung I^Kit, bei
feinen ©egnem, bag biefe (Sriebniffe innerhalb ber natürlid^en ^ebingtmgen ber gefc^tc^
80 ticken @elbftbel^au))tung einer toerbenben 3lation liegen müjfen, um über^jou^t fa|bar yd
fein, ©efc^icbte ift feine 9l)3otaI^^fe. 3^if^^" ^^^^^ @£tremen liegt bie Stnerfenmin^,
bafe in ber Sibel toirflicbe ®efc^id[^te ju religiöfem 3^^*^ erjäl^It ift. 3if^ "«" ^ff^ ^^
giöfe Orientierung aU bie fac^gemäfie ^eftlegung be^ 9Bertd unb ber Jtroft bed toirfltd^
©efc^e^en« amufe^en ober ift fte fpäter l^erangebrad^t in beftimmten S^enbenjen? ift fie
85 aud ben %\)ail\ai)^n l^erau^ebeutet ober in fte l^inein^ebeutet? Unb in (entern ^aQe, ift
ed überl^aut)t möglid^, bie toirflid^en Sbatfad^en in t^rer religiöfen Übermaluiig )u er*
fennen V ift e^ nic^t bielmel^r offen m galten, bafe fie ber SRcIigion jju Siebe erbi^^tet finb,
fei e3 in fd^toarmgeiftiger Trübung W Setüufetfein«, fei ed in pfäffifc^er ©c^Iaulj^eit?
3)iefen SKöglid^feiten gegenüber l^at bie Äritif, bie SBage ber SBabr^eit ^enb,
40 ©teHung 5U nehmen, inbem pe guerft bie einzelnen Seftanbteile ber Sibel t)räft, um
t)on ba aud ju einer ©efamtanfc^auung bon bem biblifc^en ©c^fttum ftc^ )u ergeben,
auf ®runb biefer fann bai^ Urteil barüber gefällt toerben, intoiefem bie gefc^ic^ttic^
3:]^atfac^en, toelc^e bte Sibel berichtet, mit il^rer religiöfen SQSürbigung in orgonifd^em Ser»
l^ältntffe ftel^en, ob femer fte toirtlic^ ai^ ©efd^ic^te angefeben loerben bürfen, ober biet
46 me^r Segenbe, ©age, y}h)ti}tn finb. ^ierbei finb bie berf^^iebenen 3Kif4^ung^er^äItmjfe
beö ©efd^ic^tlid^en unb Sleligiöfen fotoie bie Slbftufungen ber 3)eutlic^feit iu bead^ten, bor
adem aber ift bcr Slbftanb bcr atl. unb ber ntl. Sitteratur nac^ gefc^ic^tliqien 9e)i(^tmgen,
Urfj)rung^bcbingungen unb ^hJ^dfcn im 3tuge ju behalten. 6^ ift eben eine atibere Siufgobe,
ba^ SBcfcn bcr religiöfen 9cationalIittcratur 3i^tacte ju erfaffen, bie in ftc^ bie 3)eitfntäler
60 einer taufcnbjä^rigcn ßnttüirfelung begreift, unb ben ß^arafter unb ®ert ber neu»
teftamentlid^cn Sd^riftcn, bie jjum 3^^* ^"^ religiöfen ^Projjaganba unb old S5e«
ftanbteilc bcrfclbcn toä^renb jtoeicr 3Wcnfd^cnaIter in einer gcf^id^tlid^ l^ellen 3^ ^xah in
einer Umgebung, bie unter gemeinfamen ilulturbebingungen lebte, entftanben finb. SEBie
fd^toicrig, t)crfc^iebenartig unb bertoirfelt bie Aufgaben finb, bie bamit ber Jtritif pd^ auf*
66 brängen, jeigen bie ju immer ftärfcrem Umfang anfd^^toeHenben bibltfc^en @inleitiuia|m,
in benen bie arbeiten für bie gef (f)ic^tlid^en ^Probleme ber Sibelf orfd^ung gebucht ftnb. S)te
']J2etl^obe, nad^ ber bie btblifd^e Krtttf t)erfa()rt, ift an ftd^ überall bie gleiche; in ber Studübimg
aber mug bte Kritit bei^ % unb bed ^32^ j^unäcbft eigene 28ege gelten, ber (Sigettort unb
ber t)erfc^icbencn gefcbic^tli^en Sebingtl^eit ber ©toffe entfjjrecpenb. 6rft toenn bie tJfrage
60 nac^ bem 99}efen be^ G^riftentum^ aufgetoorfen toirb, fteHt ftc^ bie neue älufgabe, bieSk*
ftntil, biUifdie 125
beutung ber atl. Steltgton für bad S^ftentum ju erfaffen unb ju beurteilen, ^tefe Slufs
gäbe ift eine gonj onbere, ald ber Serfud^ einer 9{eton(truItion ber ©efc^ic^te l^^raeld.
2. 2)te grut&fa^Iic^e Setrad^tung bemö^ al]o, bag jebed fc^riftfteUerifc^e @rjeugnid
ebenfo tote eine Stet^ Don @d|^riften, bte berfelben Kategorie angehören, mit Stüc!«
{t4|t auf i^ Sigenort eine eigene i5ermeneuti{ unb eine eigene itritif erforberen. ^ie 5
SRittd unb 3^^^ berfelben toerben übereinftimmen, too ber ©ejamtd^arafler ber ju Iritis
fierenben Sitterotur be^errfc^enb in ben einzelnen Seilen ^ert)ortritt; fte toerben ab-
toeii^ uiü> fu^ inbitoibualifieren, too Urfprungdüerl^öltniffe unb gefc^ic^tlic^e Sejiel^ungen
t>eif(^eben finb. ^emnac^ tft bie Einteilung ber biblifc^en JtrUif nid^t aud logifc^en
Xbftroltionen ju Mjö})fen, fonbem au^ ben Slnforberungen, toe(cl^e bie eigentümliche 10
Sef^Ktffen^ett ber Sibel cai bad fritifd^e Urteil fteUt. 6ie enthält aber @d^riften^ bie
jtoci gro^ b€cfd|^iebenartige Sammlungen tanonifc^en 9(nfel^en^ bilben, toelc^e fobann
\)tm ber c^fUic^en ^irc^e }u ber ,,l^ei(igen @d^rift'' toerbunben toorben ftnb. 9Bie bad
gefc^el^ ift unb mit toelc^m Siedete, beanttoortet bie Jlritit bed Jtanon^. SBeiter;
bie ä3ibel befte^t au^ @(^riften, bie ber Sergangenl^eit angehören unb burd^ l^anb^ is
fd^ftlic^ Überlieferung, \patix burc^ ^xni fortge))fIan^t fmb; be^^alb fragt bie ^ritif
na^ ber Sefc^ffen^eit i^rer S^qrtüberlieferung unb l^at bte Slufgabe, ba^ rechte Serfa^ren
)it ermitteln )ur ^erfteSung eines juberläfjtgen Xei^teS. ^iefe Schriften ftnb teiU in femi«
tif<^, teils in grted^ifc^er Sprache aufgejeid^net. ^ie ^ermeneutil ^at ben @)}rac^d^ara{ter
feftgefteOt; bie Äritit })rüft ben fo getoonnenen SC^atbeftanb, inbem Jte bie ilorreh^eit, ao
Sin^, Eigenart ber SQorttoal^I unb beS @a$bauS unterfuc^t unb bamit ben ^a^ftab ge^
tomnt für bte Seftimmung beS SSerl^ältniffeS bief eS @))ra(^treifeS jum toertoanbten <Bpxa6)^
gonjen. @S ftnb SteligionSfc^riften, bie teils ^iftorifd^en, teils bic^terifc^en, teils lel^ri^aften,
teils pttipfft6\ö^m ^tt^alt ^aben, bie teils beftimmten SSerfaffem jugefc^rieben toerben,
teils namenlos, teils oIS @ammeltoerle, tei(S als einheitliche $robuIte überliefert ftnb. ^ie as
^ermeneutil ^t ben ^n^t unb bie gefd^ic^tlid|^e SSebingt^eit, toie fte in i^nen in Er^
fc^fimmg tritt, fefitgeftmt. ^ie ^rttif prüft nunmehr ben gefd^ic^tlid^en 9Bert ber @d^rift,
fte ertoogt baS SBer^tniS ber Überlieferung ju ber tl^atfäc^li^^en Sefc^affenl^eit ber Schriften,
inbem fte bie ^rage nad^ \fycn @ntfte^ung unb nad|^ bem ©efamtuiftanbe, ben il^re Se«
fc^eni^ borauSfe^t, fotoeit möglid^ jur @ntfd^eibung bringt. @S ftnb Schriften, bie ao
befttmmte ^fo^z t>afolgen. ^ie $ermeneutil l^at in ber @tilertlärung ben logifc^en, rl^e«
toiifi^ tmb äftl^etifc^en S^ralter mit Slüd^tc^t auf bie litterarifc^e Jtategorie biefer
Schriften ermittelt ^ieJtritil jie^t barauS i^re Folgerungen. 9luf®runb ber (SrtenntniS
ber Xngemeffen^ Don 3^^ unb SRitteln unb ber litterarifc^en :^nbit)ibualität fällt fte i^r
urteil fiber ben DueQentoert ber Schrift unb über i^re Sebeutung für baS ©anje, bem fte 86
entflammt unb bient. Uitb fc^lie^t fie ftc^ babei an bte Slrbeit ber ^ermeneutif an, fo
^eOt fte ftc^ eben bon l^er auS il^re le^te unb l^öd^fte Slufgabe; fte berfuc^t eine äBieber»
^ccflcOtutg beS aefc^ic^tlic^en S^erlaufS, bem biefe Schriften i^ren Urfprung berbanten unb
ber in i^nen fu9 toieberf)9iegelt, fie unternimmt femer eine begriffSgefd^ic^tlic^e unb über«
OefertmgSgefc^ic^tlic^e Prüfung il^reS ^n^alts, um baS reltgiöfe 2^bm, baS fie beurtunben, 40
borouS )u ergeben. Sef^fft bie ^^e^ttritil bie SJorbebingungen für bie ^ermeneutif, fo jiel^t
bie 9te!onftruttionStritiI t^ Folgerungen auS ber ^ermeneuttt. @ie bringt enttoeber bie Slrbeit
mm 9Uf(^lug, ober fte geigt auf, toarum bie @toffe eS nic^t geftatten, eine abfc^lie^enbe
CrternttniS beS gefc^icbtlic^en äSerlaufS unb eine guberlöffige 9lbteitung beS SJorfteHungS^
hcifeS unb ber Überlieferung ^u getotnnen. ^n jebem %aü^ bient fte bamit ber @inftd^t 46
in ben toa^ren @ac^t>er^. Utuc^ too fie mit einem negativen Ergebnis abfc^lie^en mu^,
brirtt fte pofrtiö; fte befeitigt ben Schein.
S)emno(^ gliebert ftc^ bie ÄrUif in Sejtfritil, ©tjrac^tritil, Oefc^ic^tStritil, ©tUfritit
tmb rebnfh:uterenbe Jtritit.
3. I>a, fubjeltit) betrachtet, bie Äritil il^ren Slnlafe erl^ölt burd^ §emmunaen beS Ser^ 60
^änbmffeS (I, 3), fo tft ü^ äuSgangSpunlt ber 3toeifel an ber 3uberläfftgfeit unb ber
teerten Orbmmg beS Überlieferten. ®er 3h>^^I fü^tt gurgrage nac^ benUrfac^en biefeS
SinbnufS. Siegt bie Urfac^e nic^t in ber ©eifteSbefc^affen^eit beS 3^^if^(nben, fonbem
im Objelt, fo erfc^eint baSfelbe als mit einem F^^ler be^^aftet, liege berfelbe im ätuSbmd,
^tikcit ober Stil. Stufgabe beS J^ritilerS ift eS beS^alb, bie 9lrt beS ^e^terS ftc^ Ilar gu 66
mad^ imb feine Urfac^e gu ertennen. ^IS ^Jltittel bagu be^^eic^net $ieronl|^muS, ^cr^^
meneuttfc^ tmb fritifc^e f^nltionen in ber SOSeife ber ^eUeniftifc^en ^l^ilologie gufammen^
faffenb, digerere, ordinäre, diducere, complere. S5eftimmter orbnet ftd^ bieS auf
Cntbedung, Ableitung unb Sefeitigung ber F^^ler gerichtete SSerfa^rm unter bie ©eftd^tS«
piadU beS reoensere unb emendare. 3)urc^ jenes giebt \xd) ber ßrititer iHec^enfc^aft eo
126 SttHa, (tülifdie
über ben fcl^Ierl^aften Sad^ftanb, er fteDt bte ^tagnofe; burc^ btefe^ toenbet er bte fai^
gemögen 9Rttte( an jur Sefeittgung be^ ^lerd. ^arnit fteUt er bte 9rau(||barteit bä
Ueberlieferten für ba^ relonftruierenbe SSerfal^ren feft.
Selbe f^unttionen greifen bei 3(uMbung ber ^ritit an jebem $unhe tnetnanber unb
5 ergänzen fic^. @ie h)erben g(eid^ertt)eife auf aQen Gebieten ber Jtritit angehKinbt. Xuf
@runb bed SJergleid^end fteQt bie recenfierenbe f^un!tion bie Südfen, Ungletc^mägigteiten,
Irrtümer feft in %tict, SBortfaffung unb S^^I^äI^* ^^^ Slüifid^t auf ba^ ®anic unb auf \)cA
@tn;\e(ne. ^ie emenbierenbe ^unftion ergänzt, gleicht an^, Dertoirft, fteHt 1^, je na^^bon,
tnbem fte älnalogien l^erbet}ie|t unb ^aradelbertc^te. ®ie Sntfc^etbung über bad9tt(^ttge
10 liegt beim Subjeft. 9(uf ®runb be^ Urteile über ben ®egenftanb gel^t bie Jtrttit t)or,
unb auf ®runb ber ßinfic^t in bie S5ef(^affen^eit legt fte bte emenbierenbe ßanb an. Sie
t)erfäl^rt babei in aSitn %äütn ,,bibinatorifc^''. 2)ie @m))ftnbung bed gfe^ler^ften unb
bie @m))finbung be^ Sficbtigen führen )um abgehörten @rgebnid, ba^ im beften ^^e eine
cinleuc^tenbe ^^pot^efe tft.
16 tiefer @a^ber^alt beftötigt, bag t>on ben formalen ^^inltionen ber Jtrttil tetne ®im
teilung il^red ©ebtete^ ju geh)innen ift, bie bai^ äBefen ber burd^ ben ©egenftanb beftimmten
3(ufgabe gutreffenb tennjeicf^net. 2)a^felbe gilt t)on ben fojufagen räumlichen Sinteilungen
in äußere unb innere, ^öl^ere unb niebere Jlritil. 3)e 9Bette (©. 22. 25) fagt: ^ux
äußeren Äritif j^iftorijc^er Delationen gehören bie g^^agen: „ob ber Sleferent ben äußeren
30 äSebingungen naä^ bie ©efd^ic^te, toelc^e er berid^tet, ^ab^ toiffen tonnen, ob ber 3^ nad^,
in toelc^er er lebte unb f4>rieb, ob feinen örtlid^en unb bürgerlichen 3ier^ältnif[en nai), ob
er älugengeuge tpar, unb n)enn bie^ nic^t, au^ toeld^en DueQen er fc^&t)fte, iuer feine ©e»
iüäl^r^männer toarenV" 2)ie innere Äritif aber fe§t er in bie G^aralterijiif ber 9üd^.
„3Ba« berid^ten fie unb toie? SSon toeld^em aBert ftnb i^re SBeric^te? SBelcJfed ifi ifyc
36 6^aratter?'' ^ad ift aDed ganj gut gefagt. ^ber abgefe^en babon, bag eine folc^ Um*
fd^reibung ber älufgabe mel^r ber ^ermeneutif ate ber Äritif entfj)ric^t, läfet ft(|| bei ben
biblifd^en Schriften, unb t)on biefen l^anbelt be 9Bette, bie gefc^id(^tlic(^e jlritit übertoiegenb
nur burd^ innere ®rünbe burd^fü^ren. Unb toarum foQ bie gefc^ic^tli^e firitit eine
„äufecre" fein? §i$ig (©. VI) umfc^reibt bie Slufgabe ber ,,l^ö^eren Äritir' im Unter»
30 fd^iebe t)on ber S^e^tedfritit unb ber ©efc^id^t^tritit alfo : ,,@ie tpeift ein 9uc^ in eine
getoiffe 3^^^ «i«/ begreift feine eingaben, 2cl;ren, Slnfid^ten irgenb too^er au« ber ®ef(||td^te
unb fc^offt i^m toielleid^t irgenb einen gcfd^id^tlic^ ejiftierenben 3Kann gum 93erfaffer, hirj,
enttoidelt ©efagte^ au^ @efd^e^enem unb bejtoedt jmifc^en beiben Übereinftimmung, ober,
negatit) toerfa^renb, toeift fte ben SKangel einer fold^en nad^." 9Barum ift bie^ bie ^ö^
86 Jlritif !^ @th)a, toeil fie mit $^))otl^efen mirtfc^aftet unb eine ^^))Ot^efe burd^ bie * onbere
fd^Iägt, nac^ ©olon ftc^ ric^tenb, ber ba forberte, bafe jebc« abgefc^^affte ®efe$ fofort burd^
ein anbcre« er|e|t toerbe (§i$ig ©. 2)*J^ Äann benn bie S^ejtfrttil unb bie ®efc^i(||tdfriti(
ber §^potl^eje entraten ? Soft fic^ aber bie „^ö^ere" Äritil bon il^nen toie t)on einer ,,nie*
bcren" Sphäre, fo entgeht fte bem fc^toerlid^, ein neue« 9BoIfenludtudfö^eim fu^ )u
40 grünben.
IIL Die ©ebieteberÄritif. 1. 2)ie Rritif be^Äanon« (ögl. b. 8t unb $ein*
rici, (gnc^Hopäbie §§ 17.21). Dafe berÄanon be^äSC al« ^eilige« 2lutorität«buc^ berifta»
elittfc^en Synagoge, ber Kanon be« dl% in SSerbinbung mit bem ^X al« ^eilige« Sluto«
ritätßbud^ ber ^riftlid^cn Äirc^c befte^t, ift bie I^atfac^e, beren ^uftanbefommen unb beren
46 gefd^id^tüc^c« 9{ec^t bie bibltfcbe 5trittt git unterfuc^en ^at. @ie fagt babei ind Sluge ben
H^ro^e^ ber ftanonifierung (Ätritif ber Überlieferung über ben Äanon) unb bo« @elb{l«
geugnt« ber fanonifiertcn Schriften nac^ feinem %er(;ältni« )u ber i(;nen beigelegten Slutoritat.
2)a« 9Ratcrial gu biefcr Unterfuc^ung ift für ba« 3t unb 911 an Umfang unb ^nl^
fe^r berfc^icben. gür ba« SIS ftel^t al« Überlieferung nur bie Segenbe bc« ©^
öojubentum« unb be« 3^almub gur Verfügung; bie Sefc^affcnl^eit ber ©c^riften felbfl giebt
feinen entfc^eibcnben 3tuffc^lu^ über bie Urfprung«bebingungen. 3)a^er ift ba« Urteil ber
Äritif barüber, toie unb toann bicfc ©ammtung entftanben fei, ob fte eine gemachte ober
eine getoac^jene fei, ob unb intoietoeit il?rc ScftanDteile ^feube))igra))I;a feien, großen ©c^taHtn«
fungen unterworfen, gür ba« 31X bagegcn liegt eine gütle t)on 3^"0"fl^ ^^^r <^
56 benen ftcb ergiebt, bag feine ^Seftanbtcile allmöl;lid^ au« fleineren ©ammlungen )u einem
atoeigeteiltcn ©angen gufammengetoac^fen finb, unb jtoar ioar biefer$roje| in ber$au)>t<
fac^e um 180n. 6br. abgejc^loffen. Setreff« feiner einzelnen ©tabien gelten bieSKeinungen
ber ilritÜer au«einanber, toäl^renb barübcr ßinbcit beftel^cn bürfte, bafe bie Seftonbteile
be« ntl. ftanon« nicbt in ber Slbfic^t abgefaßt finb, ©lieber eine« Kanon« gu tt>erben, ba|
60 ferner bie im ntl. Stanon gefammelte Sitteratur in ber Xi^at, unbefdj^abet ber äCbftufungm
ftritif, biUtfc^c 127
bed inneten ^ertd, bte tlafftfc^en 3^9"^^^ ^^^ ^^^ Urci(^rtftentum cntl^ölt. ^ie^ beftä«
tigen au(^ bic gorfc^ungen berer, todd^t btc im 313: gefammclten ©d^rtften nur aU 93e*
ftonbtcUe ber urc^ftlic^^en Sitteratur anfeilen tooDcn. aufgäbe ber Äritif ift cd, bte SKos
tme ber Jtanonbilbuug auf i^e Sad^Iic^teit ^u ))rüfen unb be^Ieid^en bad Siecht einer
foh^ Sudfonberung aud bem Sergleid^ ber lanonifierten Sitteratur mit ber au^erfanoni- 6
\6ftn mit inneren @rünben enttoeoer ju entlräften ober gu belegen. 3^ übereinfUmmen^
bot Srge&niffen f^at bte ^orfc^ung nod^ nid^t geführt, h)ei( ber bogmatifc^e S9egriff bed
Itanimd unb bte ^iftorifd^e Berechtigung ber Jtanonifterung ntc^t fc^arf getrennt tptrb.
2. ®te 3!eEtfrttif unb ber tejtfritif d^e 3lt)j)arat. (§einrici, 6ncVMot)äbte
§§ 19. 23; a)ic «. »ibeltejt be« ä u. be« 5R2: Sb II ©. 713—773; 6. 31. ©regor^, lo
Iqctfritif be« gia: I, 1900.) §at bie Ärittf be« Äanon« ein Urteil angebahnt über ba«
3uflanbelmnmen ber ^o))})eIfammIung ^eiliger Schriften, fo unterfud^t bie Xecttritit ben
3itfUmb i^er Sr^altung in Sejug auf ben äBortlaut. 2)ie 9}oraudfe|^ung bafür ift bie
Sammlung bed testhiti{c^en Wppaxat^, ber ein georbneted unb mögli(f^ft boQftänbiged SSilb
tnm ber Sefc^ffen^eit ber ^^e^berlteferung }u t)ermitteln ^at. ^ied ift bie 9(ufgabe ber i6
bi))Iomatif(!^ jtrittt, tüelc^e bie Urtunben befd^reibt unb bte äußeren 93ebingungen il^red
3uflanbetommend <m^ Stc^t ftedt. ^ie Duellen für ben testfritifc^en Separat ftnb
für \>cS 91 unb 31% gleid^e, ^anbfc^riften mit bem Criginalte^t, Settionare mit au^e^
tDoJ^Iten ^Teilen, alte ftberf^ungen, bte für bad 31% big naljt an bie (Sntfte^ungdjeit ber
Originale jurüdtge^en, Sitate, fobann für bad 9lX befonberd bie üRafora, für bie LXX 20
imb boiS 3c% aui^ bie ^atrtftif^en Kommentare unb @d^oIien. 9(ud biefem erbrüdenben
unb t>eHi>irrenb€n Sleic^tum ftnb bie berfc^iebenen Sedarten unb fonftigen älbtoeid^ungen
bcd %€iAtd )u fammeln unb }u orbnen. ^te Sorbebingung bafür ift bie 28ertung ber
einzelnen ZqrtqueQen mit SRüafic^t auf SUter, $er!unft unb 3ut)erläffig{ctt — eine mül^e^
t>one unb f4n>ierige 9(ufgabe, t>on ber ed gleichfalls gilt, bag ftc^ „allgemeine Siegeln nid^t 25
ouffikdlen loffen, bie nic^t fofort äludna^men f)abm'* (9la^). älderbingd liegt auc^ ^ier bie
e für bod 912 anberd ald für bad 31%, 2)er l^ebräifc^e %c}ct ift burd^ bie ))un!tueQe
iffen^oftigteit ber jübifd^en Sd^riftgelel^rfamteit bi))lomatifc^ gefiebert erl^alten. ätber
bie 9tt»tDeic^ungen ber LXX, bie ^um Steil @rtüeiterungen unb ganj eigene Slnorbnungen
^oben, betoeifen, ba| fte einen Se^t überfe^ten, ber bon bem maforetifc^en ganj unab- ao
^gig \DQX. SBore bie 3^e£tgeftalt ber LXX felbft ein^eOig bergefteOt, fo ftünben gtpei
Innigen einanber gegenüber, jtoifc^en benen ju entfd^eiben toäre. ^em ift aber nic^t fo.
S^e Sertuirrung bed LXX-Xe^ed, toie fte burc^ 9lac^läfftgteit ber Schreiber, burd^ totUs
briicife Slbänberungen, burd^ 9tecenfionen fc^on in ))atrifttf^er 3^t l^erbeigefü^rt ift, fteHt
bot JlritUem bid^er noc^ ungetöfte 9(ufgaben. 3lil. Schriften anbercrfeitd mürben bid auf 35
Drigened nic^t mit ber Sorgfalt be^anbelt, mit ber ber fc^riftgele^rte ^ube bie X^ora-
roOe topierte. @rft bie bl^jantinifc^e 3^it fi^Id^^ treulich ber 9[$ortage; allein eine ein«
^eitlic^e Vorlage, auc^ recenfterte Xe^te, gab ed nic^t. 9(ud biefem @ad^ftanbe erl^eUt,
tme fd^toierig ed ift, einen einleuc^tenben unb einfachen üRa^ftab für bie biblifc^e Xe^tfritil
)u getoimten. 40
2)ie Sammlung bed ntl. testtritifd^en 9l^))aratd bergegentoortigt alfo einerfeitd ein un^
rege{ma|ig betoegted SJleer bon Slbtoeid^ungen ber Ort^ogra))^ie, ber äÖSortformen, bie für
bot Sinn ipenig ober gar nid^td auftragen, anbererfeitd fadj^lic^ n)erü)olle Slbmeid^ungen,
tDeh^ bie Älage Ded Drigened (InMtö, 14) beftätigen, ber bie iKerfc^iebenl^eit bed Sejted
nic^t btoft auf bie 9lad^läfftg!eit ber Schreiber, {onbern auc^ auf toiUfürlid^e unb tenbenuöf c 45
9D»änbentngen )urüctfüJ(^rt Hak ift in biefe üermirrenbe ^üQe bon älbmeid^ungen Drb-
nung )u bnngen? 2)ie 93earbeitung ber ^anbfd^riften l^at in einem fünfte )u n)eitgebenber
fibertinfümmung gefül^rt. @d laffen fu^ nämlid^ iebenfaHd brei bur(| d^aratteriftifc^e Unter-
fc^iebe inbbibualifterte Xe^tgeftaltungen unterfc^eiben, bie ale^anbrinifd^e, bie abenblänbifc^e
unb bie Ionftantino)}olitanifc^e, bie ben @influg ber fprifc^en S^egetenfd^ule nic^t toerf ennen 50
lä^ Stammbäume, mit benen bie ^^ilologen fo freigebig ftnb, laffen ftd^ aber bed^alb
oud biefen ®ru))^en fc^mer ^erftellen, tueil überall „bte t)ertitalen Sinien ber ^qrtüber-
Fieferung getrübt unb geftört toerben burc^ horizontale SQeHen''. 2)ie meiften fac^lid^en älb-
loeu^ungen }eigen bie Xe^e ber f^no))ti{c^en @t)angelten, in benen bie ^enbenj auf 'äu^-
gbic^ung unb Srgänjung l^ert)ortrttt, befonber^ beutlic^ bei ben 9telationen beS ^euen- &6
gebetd unb bed Xbenbmal^lS. ^er Xe^t ber 9())oIal^pfe ift in groger S^ermirrung burq^ Sin^
tnmung Don (Stoffen auS ben Kommentaren beS 9lnbread unb ätret^aS (f. b. 91.). ^ie mid^-
tigften Unterfc^iebe bieten bie lejtc beS Sufanifc^en ©d^rifttumS. 3)ie alejanbrintfcben unb bie
gried|^if(^(ateintfc^ ^anbfc^riften ^aben meit abmeic^enbe Überlieferungen. Cb bie Qx-
toeitentngen ber lateintfc^en ®ru))pe auf benfelben Serfaffer ober auf einen ^nter^olator 60
128 Sttitii, biBHfc^e
jurüd^pfü^ren, ob fte bte ältere ^orm ober 9lac^träge {tnb, bleibt ebenfo umftritten, tme
t^r S^orotter; bte einen m5d|^ten in il^nen S^enbenjen nac^toetfen, bie anbem galten fte
für fac^lic^e, tenbengfreie Sereid^erungen. gür bie ©eftoltung be^ ntl. 3:e£teig tft bie SBer»
tung ber olesanbrinifc^en unb ber griec^ifc^^lateinifd^en (obenblänbifd^en) ^onbfcdriftens
6 gruppe entfc^eibenb. ^ie erfteren toerben }ur 3^'^ ^^ hitifc^en Slu^aben gu ©runbe
gelegt. ®ie ^ortarbeit jeigt aber^ bag l^ier ba^ le^te 9Bort noc^ nid^t gef)}ro(^en tft Xiu^
bie grunbfö^lic^e SSebor^ugung ber Staju^Ieln t)or ben ^inu^feln bürfte aufhören, tperni
bie le^teren met^obifc^ burd^gearbeitet fein toerben. Unter i^nen V(t manche, bie tDerü^oSe
unb fäbftftänbige ^^e^tbeftanbteile ^at.
10 ^er georbnete te^tltc^e Wppaxat bietet bem Jtrititer ben Stoff bar für bte ^erftedung
be3 relatit) beften lejte^. 2luf ®runb ber 3^0^^ \^^^ ^ ^^^ ^tuQm\>ttf)bx an. 3^
be^felben ift bie möglid^fte 9lnnäl^erung an bie Urgeftalt. 2Bo t)erf(^tebene Sedarten
borliegen, ^at er ba^er bie relatib urf))rünglid^fte ju ermitteln, \üo unberechtigte Singnfh
^erbortreten, l^at er bied ju ertoeifen unb bie ec^te Raffung l^erguftellen. ^o($ btefe Xufs
16 gäbe greift fc^on l^inaud über bad ©ebiet ber eigentlichen ^e^ttritit. ^te 3Stittd für bte
^fung ber tqrttritifc^en Slufgabe getoöl^rt einerfeitd bie Jtenntnid ber @c(^idtfale bed Xested,
anbererfeitd bie Orientierung über bie mec^anifd^en ^e^ler unb bie beabftc^tigten älbätbe*
rungen, alfo über .,, bie Fehlerquellen". 9Bad bad erftere anlangt, fo tyd \xd^ burd^ bie
@ntbedEungen in 9J[g^))ten ein mid^tiger ^{tor neu eingefügt, bie genauere Selanntfc^ft
20 mit bem $a))^rudbuc^, toie benn überl^au))t bie (Sinftc^t in bad antile Suc^tpefen retd^
geförbert toarb. 2Bir toiffen je^t, ba^ urf))rünglic^ tp^er 9lccente nod^ 3nta:))un{tionai
gefegt tourben, bag man berlaufenb f^rieb unb toiQfürlic^ abbrad^, bem SRaume ftc^ an«
paffenb. 9Bir h)iffen femer, bag aQed toad toir bon Sitteratur beft|en aud ^ßa))Vntdrollen
in ^ergamentcobice^ umgefc^rieben ift, unb gtuar juerft in ^Dlajudlelfc^rift. Srft ]päta
25 tourben in ben ^inu^fel^anbfc^riften SBortabteilungen, ^interpunttionen, fonftige £efe>
erleid^terungen eingefügt unb auc^ too^l 9Raiu0!eln mit SlüdCft^^t barauf burd|^torrtgtert
6o ift ed ein toeiter 9Beg bom ärc^et^jju« bid gu unfcren ^anbfc^^riften, beffen Stationen
fic^ einigermaßen überfe^en laffen.
3luf biefem SBäege ftnb bie äbänberungen unb gel^ler in bie 3^ejte gelommen, bte ber
80 ^ritiler feft^ufteHen unb ju befeitigen l^at, fomeit ed angebt. SSei jeber 9lbfc^rift ^aben fte
ftd^ berme^rt burd^ mec^anifc^e Urfad^en ober burc^ betoußted (Singreifen. 2)ie mec^o»
nifc^en %d)ltc ge^en gurüd auf SSerl^ören beim 2)iftat unb auf SSerlefen beim äbfc^reiben.
Slbtür^ungen tourben unrid^tig aufgelöft, gleiche SBorte tourben überfe^en ober badfelbe
9Bort überflüffig bop))elt gefc^rieben, 3^^^ tourben toegen gleid^en Slnfangd überf)}ningen.
86 ^ie itafuifti! biefer objeltiben ^el^lcrquellen ift forgfältigft bon ber ^^ilologie ermittelt unb
burc^ge))robt. (Sc^toieriger ju faffen ftnb bie frei getooQten ^el^ler, m benen namentlich
aelel^rte äbfc^reiber, bie bem 2e|t gegenüber ftd^ nic^t gebunben füllten, ben Slntrteb
fül^lten. 2)ie Serfuc^ung, gärten gu glätten, buntle älu^brüde burc^ geläufige j|u erfe|en,
lag nal^e. ©eftaltete fic^ bod^ in ber borfanonifc^en 3^^ Satian no^ biet tiefere dtn»
40 griffe in ben ©til ber S5ricfc be^ $aulu^, um fte feinem ©efd^madt anjut)affen. 9loc^ ein
©dj^ritt toeiter, unb man berglic^ bie ^araDclberic^te unb ergänzte ben einen au& bem
anbem. 2)al^er bie Slagm über bie fietaxv&hxeg xä evayyeha (Clem. AI. Strom.
IV, 6). Kommen bogmatifc^e 9[ntereffm ba^u, fo lorrigierte man tenbmjiöd, toieSRorcion
baö Sula^ebangelium, ober man glofftertc, toie bied bei bem äöorte bon ben brei 3^0^
46 (1 So 5, 7) gefd^al^. äud^ bie äbtoeic^ungm bon 3jo 1, 18 {vl6g — ^eog) unb 3lö 8,11
{did xov Jivevjbiaxog — did x6 Jivevjua) toerben mit bogmatifd^en 3*^*^^^ ^ ®^
}iel^ung gebracht. 2)od^ bad ftnb Slu^nal^men. ^n bm bogmatif^en 6treittgteiten
ber alten Äirc^e entfc^ieb nid^t bie Sei^art, fonbern bie 2)eutung. gitr bie Srientttntd
ber 2lrt ber %ei}ict ift ber 6l;aralter ber §anbjd^riften unb bie Verbreitung ber SeÄ«
60 artm maßgebenb. @g gilt ju fd^eiben unb gu toägen. SBmn aber ber teEtlrtttfc^fe
^rogeß gu feinem ßrgebni« fü^rt, baö toiH fagen, too bie überlieferten SBorte leinen
©inn ergeben ober a\x^ bem ß^aralter be« Sc^rififtürf^ fallm, ift ber Pa$ offen für bie
Äonjeftur.
»id^er tourben bie lejtberbältniffc be« 512« in« äuge gefaßt. Seim äl liegt We
65 Slufgabe infofem anber«, al« im l^ebräifd^en 2ejte, ber urfprünglic^ auc^^ berlaufenb ge«
fc^rieben toar, nid^t nur bie Sefeerlcic^temngen, fonbem auö) bie JSofaljeic^en fel^lten. ^
folgebeffen ift ba« ©ebiet ber möglid^en ^tmngen unb Slbänbemngm größer ate bei grie»
d^ifc^en ^^eyten. ©otoie ber ^aun ber 9)lafora burd^brod^en unb ber atl. iejt nac^ feinem
^erl^ältni« ;\u ben Überfe^ungen unb ber inbireften Überliefemng ge))rüft toirb, }etgt
60 ftc^'«, baß bei i^m too^l noc^ toentger Sludftc^t ba^u ift, in jtoeifel^ften göDen fu
ftritil, hmi^dft 129
enntttebi, tDod ber 3hxtox urfprüngltc^ gefc^rieben l^ai, aü bei ben neuteftamentlic^en
3. @j)rac^frtttl. Äonjcfturen (bgl. bie 2lrt. §cnneneuttf II, 2a, §ebr. ©prac^c
8b VII ©. 506,$eaentj». ©riet^ifc^ ib. ©. 627). SRad^bem bie §ermcneutif ben lejtfaUfd^en unb
bm grammotif d^ S^araher ber Sprache herausgearbeitet l^at, fragt bie^htif nad) berSn^ 5
gemeffen^ bed SudbrudfS }um ©ebanten, nac^ ber (Sin^eit ber SluSbrucfStoeife, nad^
ber 3nbil[)tbualttät beS Su^rud^S im SSergleic^e mit bem @))rac^gan}en, bem er angel^ört,
unb nac^ ben t>erf(^iebenen @inflüffen, unter benen eine f old^e SludbrudSf orm [xd^ bilben
fonnte. 9luf ®runb btefer Seurteilung, bie ber l^iftorifc^en uub ftiliftijc^en Jtritit bor»
arbeitet, t>erfeinert fic^ bie @m))finbung für baS Unregelmäßige unb ^embartige innere 10
^olb etned abgegrenzten @})ra(i^gebtetS. ^ie ^age naS) bem 3uftanbetommen ber auf
i^ ©})ra(^e unterfuc^^ten ©c^ift lann mit ben ^ier getoonnenen gnftanjen am fid^erften
gelöfl tuerben. Ungleic^mäßigfeit beS @))ra(^(^aralterd tueift barauf, baß bie Schrift ein
6aimneIkDert ifl, n>ie Sc unb 31®, Störungen beS fonft einl^eitlic^en @))ra(^c^aralterd
legen bie 9(nna^me \)on Interpolationen ober f))äteren Srgänjungen nal^e. SefonberS 15
ipic^ttg iß bie @)}ra4^{riti{ für bie fad^gemöße (Sd^ä^ung beS @inned unb ®e^altS ber
centralen Segriffe, bie für jebe ©tjrac^e, bie eine längere enttuidelung bur^^gemac^t ^at,
nic^t auf bie ®tl^moIogie ju grünben ift, fonbem auf SJergleic^ung bed ©prad^gebrauc^S
innerhalb bed abgegrenzten ©jjrac^lreifeS. Non agitur de vocabulis, quae sive pro
antiquissimis habeantur sive recentius inventa putentur, naturam rei minime 20
mutant, quae aliunde quam ex vocabulis disci debeat, btefer ©a$ ^oS^eimS trifft
bie SCufgabe, a)ie »egriffe ®otte«reic^, fieben, ©lauben, ©erec^UgleU, ®eift, gleifd^
toerben nic^t t>erfianben, tpenn i^ ©prac^gebraud^^nic^t in erfter Sinie nad^ ber 9(naIogie
ber 9ibetf))ra€^e feftgefteQt tüorben ift.
2)ie SJlet^obe, nac^ toelc^er bie ©))rac^!riti{ il^re @igebniffe getoinnt, forbert 25
boS ©ammeln unb dergleichen beS gleichartigen ©prad()fgutS, bad bie beftimmenben SRo-
mente bed eigenartigen ©jjrac^gebrauc^ einer ©d^rift ober ©dj^riftengrupjjc marfiert.
Serben berartige Sammlungen o^ne fritifc^eS Urteil angefertigt, fo mirten fie ber-
totrrenb. 3>er Äritifer barf nic^t toergefjen, baß ber Slutor feinen SBortfAa^ nic^t naö)
SUtalogie ber mec^ifc^en 92aturbetrac$tung bilbet unb t)ertpenbet. ^emorritifc^e ältome 30
unb Wirbel erjeugen fein ®eifiedprobu!t. ^ieS ertoäc^ft t)ielmel^r au^ felbftftänbiger
SRebttotton, betDußter, freier ®eftaltung, toie fie fid^ burd^ bie ©ac^e unb burc^ be^
ftemte 3^^^ ^^^^ (äßi- ®<( Gilbet aud ber ©ac^e il^re 9lnfc^auungen unb prägt
fr« ober übernimmt bie gtoedEmäßigen 3tu^brürfe. 2)ie große ©ruppe Don ©ad^«
b^eii^mmgen fmb bal^er nur in bebingtem ©inne geeignet, bestimmte Folgerungen für 35
bie 6)nrac^tnbit)ibualität )u liefern, ebenfo bie ^opa^legomena. 2)ie c^aratteriftifd^en
Weximale berfelben liegen bagegen in bem ®ebietc be^ Unbewußten unb rein ^«^'^«ß^W/
in bem ®ebrauc^ bon gormtoörtem, bie ju bem geiftigen Seben be^ 3lutorö leine birelte
Sqie^g l^aben, bie fojufagen in ber Suft liegen, treten in bem ®ebrauc^ ber $rä^
po^tmm, Äonjunftionen, äbtoerbien unb 5PartiIeln, ber rein formellen Übergangdformeln 40
eigentümlich ®ru))pierungen ^ert)or, n)ic bie^ j. ^. in bem ®ebraud^e t)on tva in ben ,
So^onneifc^ ©c^riften, in bem gel^len ober §ert)ortreten bon//^ in beftimmten©c^riften5*
gn^^lKn ber gall ift, geigen fxd^ grequenpnterfd^iebe in fonlurrierenben gormtoorten, tuie
L 9. in bem ®ebrauc^e üon Tva unb öjicog, t)on ovv unb /Lieid, fo ergeben ftc^ fcfte
Sn^aItA>untte. ^iefelben getuinnen an Sebeutung, toenn beftimmte ftiliftifc^e Werfmale 45
t^etorifcpffl S^afterd, äSermenbung t)on Siebttng^tDorten, ))on fragen, ^enbeng auf ^ara-
tolttfc!^ ober })eriobifterten ©a^bau, mit i^nen forrefponbieren. 9)lit Senu^ung berfelben
laßt fu^ foipo^l ber ©prac^arafter einzelner ©c^riften, tuic and) bie ^ufammenge^örig-
teit txm ©ci^riftenfammlungen ftc^erer feftfteQen. 2)erartige Unterfuc^ungen fmb neuerbingd
\)tm Sutodlatp^ty (The origin and growth of Piatos Logic) unter ber Segeid^^nung 50
„©tUometrie" in einer SBeife au^enu^t, afe ließen ftc^ burc^ mec^^anifc^e Serec^nung
litterarifc^ Serl^ältniffe feftfteQen. @r mü auf ftilometrifc^e Unterfudj^ungen bie ß^rono-
logie ber $latonifc^en ©c^riften grünben, tuobei er bie 2:^atfad^e gang außer ac^t läßt,
baß ^lalo an frinen SBerfen unermüblicf^ unb toieberl^olt bi« an fein fiebeni^enbe gefeilt
ifOX (Dien. Hai. De comp. verb. 208 R. Diog. Laert. III, 37). 3Kit Stecht ift gegen 55
fob^ tlbertreibung, bie fc^ließlic^ bie Slutoren gu ©prac^mafd^inen machte, meiere t)on
ber Qpxad^t i^frergrit in Setoegung gefegt tourben, (Sinfpruc^ erhoben toorben (^mmifc^,
3l.3atrrb. f. Haff, altert. 1899, ©.440 f.). aber e« ift anbererfeit^ nic^t ju toerfennen,
baß ftUometrifc^e 3(bto)eid^ungen innerl^alb einer aU @in^eit erfannten ©c^riftengru))))e
ou^ für (^imoliygifc^ Slnfä^e bertvenbbar finb. töbenfo ))ert>ollftänbigen fte ba^ „litte- eo
9Uü»9nt!^tlopfiihk fix Z^tolo^t unb Stixdtt. 8. ü. XI. 9
130 fttUa, iibmt
rarifd^c Porträt" eine« äutorg. 3i"h)ieh)eit fie ^um ©rtoeife ber Slbi^ängiöleit üerf(^iebener
©d^riften bertuanbt toerben fönnen, ift eine offene ^age.
3)ie (Srfenntni« be« Sj)racl^(i(^araftcr« fufet auf bem tejtfritifc^en 3l))t)arat, ber m(^t nur
ben S^atbeftanb ber obtoeid^enben Se^arten unb ber btaleftifc^cn unb grammotifc^en ©gen?
5 tümlic^feiten einzelner §anb|(iS>riftengnH)J)en bergegentoärttgt, jonbem aud^ bie äußeren ßin«
griffe unb 3lbänberungen lenntlic^ mad^t. ©prac^fritif unb JeEtlritif totrfen ba^er oui^
jufammen bei ber Teilung unberftänblid^er unb berborbener Überlieferung, burc^ bic Äom
jettur. ©egentuärtig l^errfc^t eine gciinffe Äonjelturenmübigfeit. 2)er Überfd^toong bed
©c^arffinn«, ber feit 3- ©caliger unb Sentlc^ in fic^ fteigembem SQSetteifer bic flaffifc^
10 %c}ct^, oft o^ne 3lüdfi(^t auf bie l^anbfd^rifilid^en S^Q^n, toerbeffcm iooHte, l^at bie arbeit
auf tote ©eleife geführt, ^umal nac^bcm bie au^gebilbete SKet^obe man^^en Unberufenen
jum gabrigieren t)on Äonjefturen toerfü^rte. SBeber burd^ unfac^Iid^e Set^ätigung fuiiets
tiben ©^arffmnd, nod^ burd^ unjjaffenb angctoanbte 2^ed5>nif toirb bie @rtenntntö gept^
bert. 2)arum ruft man ^eute nad^ ,,abforrigierten 3:ejten", um bie grammatifc^e unb bie
16 le^italifd^e 9(rbeit auf juberlälftgem (Srunbe aufnel^men m tonnen. Mein ber Wigbrouc^
l^ebt ben 9Ju$en ber Ronjeftur nic^t auf. SBie toerttjou bleiben j. S3. bie Ronjefturen
Steinte« ju ^eHeniftijc^en ©c^riftftellem (Observationes ad Graecos auctores 1, 1757;
II, 1759), bie mit gebiegener ©jjrac^tenntni« unb genialem Slirf für ba« 5alf<^e unb
Unöerftänblic^e eine finngemä^e Sefung ^erftcHen. ®ie gute Äonjeltur mu^ bie Urfac^
20 be« 3tnfto^eg, feien fte äußerer ober innerer 3lrt, bejeic^nen, fie mufe einen ©inn ergeben,
ber ben änfto| ^ebt, unb bem ©jjrac^gebrauc^e be« SSerfajfer« tnt\pxtd^m. 9>aö SSerfa^
ift auc^ l^ier bibinatorijc^. „^r bie Äonjefturalfritil giebt e« leine Siegeln, fonbem nur Rm*
telen" (S4>Ieiermac^cr S. 338). 3)ie nveiften ßonjelturen für biblifc^e Schriften, j. S. bie
©i^ig« für ba« Wt, finb ber SSergeffenl^eit Verfallen, toie SBlätter, bie bom Saume fallen.
26 ©efc^id^tlid^ intereffant bleiben fie, toenn fte bie ©efmnung i^rer Url^eber beleuchten, toie
J.33. bie bogmatifc^e äibänberung be« ©ojinianer« ßreH, ber §0 1,1 für i^eog fjv 6 iövog
p lefen toorfc^lug ^eov fjv 6 Xöyog. ^m ®egenfa§ baju ift eine auf bie ^ejtübet»
tieferung gegrünbete, eine unöerftänblic^e SBenbung b^eitigenbe Äonjeltur lJlo2, 4: oix
h Tieii^öi oo(plag. Slm fraglid(^ften bleiben Äonjelturen, toeld^e ntc^t fpra^^Iicbe, fonbon
80 gefd^id^tlid^e änftö^e befeitigen trotten, aud^ toenn fie fid^ auf immanente Äritif fttHen,
toie ber 3Sorfc^lag, 1 Äo 1, 12 iyo) de Xqiötov ju ftreid^en. ältere Äonjefturen för
ba« 31% fmb gefammelt tjon 3. 6^. %. ©c^ulfe nad^ SB. Soto^er 1774, 2 »be., bie
neueren Vermutungen, an benen ^oHänbifd^e ©ele^rte befonber« rei^Iic^^ beteiligt fmb, öer*
Seid^net ber 21. Sibelte^ II ©. 768.
86 4. 2)ie gefd^ic^ttic^e Jlritif (V)gl. 3t. §ermeneutif II, 2b). „3)ie unmittdbar
l^ermcneutifc^e aufgäbe ift gelöft, toenn id^ toeife, toie ber ®ef(^id^t«fd^reiber bie 3^atfac^
bargefteUt ^at. älber toenn ic^ i^n gebraud(^en toiQ ald l^iftorifd^e« 3^9^^^^ entfte(ft bie
Slufgabe ber j^iftorifc^en Äritif" (©c^leiermac^er ©. 377). 3)iefe bejiel^t ftdjf jebod^ ni(^
blo^ auf gefd^ic^tlic^e Überlieferung, fonbem auf jebe^ litterarijc^c (Srjeugniö ber SSer*
40 gangen^eit, ba« für einen gefc^^id^tlic^en Verlauf eine Sebeutung getoonnen ^al ober be»
. anfpruc^t. älud^ ber Seftanb eine^ folc^en 2)ofumentö fteßt eine l^iftorifd^e 3:^atfo<^e bor,
bie in beftimmter ^t\i unb für beftimmte Verljältniffe ein urlunblic^e^ 3^0"^^ J" f*^
t^ermag. 2)ie Slufgabe ber biporijc^en Äritit ift baJ^er bie Prüfung bed QueHentoertÄ
ber fiitteratur, bie i^r ©egenftanb ift. ©ie löft biefelbe, toenn fie ermittelt, ob bieSd^
46 ed>t ift, alfo bem Serfaffer gufommt, bem fie gugejc^rieben toarb, ob fte unangetaftet übep
liefert ift ober !^üden, Verftümmelungen, 3"^^^^^ enthält, ob i^r Snl^olt glaubtmlrbig tfl
unb SBtrf Itc^teiten toiebergiebt, ober ob er oX% ^älfd^ung eine^ toirtltc^en X^atbeftanbed, aU
Umformung, über^aujjt ali^ (Srbic^tung ju beurteilen fei. 2)ie SKittel für bie ©telbtng«
na^me in ben fragen ber 3tut^entie, 3*^tegrität unb ©laubtoürbigfeit finb teild bie inneren
50 ©rünbe, toie fte burc^ bie ©prad^lritit tjorbereitet unb burd^ bie änal^fe k)ert)onftanbigt
toerben, tcite bie Überlieferung, bie 3^"0"i|l^ ^^^ ^^^ ©c^rifttoert. SBo bie le^^ecen
fel^lcn, finb bie Grgebniffe unfid^erer. 3^"^ Stbjc^lu^ tommt bie frittfc^e arbeit erft btm^
eine möglic^ft t)ollftänbige 2luffaffung ber^eit, in toelc^e bie ©c^rift ftc^ eingliebem toiB:
^at ber Stutor teil an il^rem @eift, ift bte äBeife ber ^arftetlung ben jeitgefc^ic^tlidben
65 Analogien entjprec^enbV SBenn biefe Prüfung ergiebt, bafe bie ©c^^rift baS Silb beö ®e»
famtjuftanbe^ il;rcr 3^t ergänzt unb t^ertjollftänbigt, fo ift i^re Sraud^barfeit al« ^^iftonj«^
DueUe für biefe ^pi ertoiefen. @ntl;ält fte anbererfeit^ aSortoegnal^men f})äterer Verhält»
niffe, benu^t fie eine Terminologie, bie erft fjjäter au^gebilbet toarb, toeift fie c^^nmolo«
gifc^c 9[i^ümer auf, fo entfte^t bie neue Slufgabe, gu unterfuc^en, ob i^re (^a{tert{ltf(^
60 SJtertmale fte a\^ Duelle für eine fpätere ^z\i brauchbar machen. @d ift erftd^tlu^, ba|
SMÜf, bibltfc^e 131
bic ©rgcbnifSc bcr l^iflorijc^en Änttf in ben mciflcn %äütn nur l^^t)otl^cti|cl^ fein fönnen,
too fu^c Äontrolinftanjcn feilten. 3)enn jelten trifft eine beftimmte Überlieferung über
bie S^ft, beftel^e (te in beutlic^en ©t)uren i^red ©ebraud^^ in ber fiitteratur einer ^pä-
tcrm ®eneration ober in SRad^rid^ten über i^ren SSerfafler, ü^ren Urfj)rung, über bie Se«
bcutung, bie i^r beigelegt tourbe, mit ben inneren 3"bicien jufammen. ^ie gefc^id^tlid^e 6
Sebfutung ber otl. @d^riften ift faft audfc^liepd^ burd^ innere ^rlttt ju gewinnen. Sturere
Jtoiitroltnj^angen fmb nur fpörlic^ t>orl^anben. 2Benn and} bie neueren ^unbe ber Sfe«
I^tondforfc^ung mand^e^ Saturn ber atl. Überlieferung beftätigt l^oben, fo ftnb bad glüd-
li^ Singelfälle. SBie unftd^er bie @rgebniffe bleiben, bereift bie X^atfad^e, ba^ bie
Überlieferung ))on ^^raeld älufentl^alt in 9ig^))ten toie bon bem bab^lonifc^en Qid be- lo
^ritten toerben tann. Unb aud^ bie ntl. @^riften l^aben {eine burc^greifenb entf^^eibenbe
gefc^ic^tlic^e Siebenüberlieferung. 3)ie (Sntfc^eibung, ob fie toirflid^ 3)ofumente ber Q!po\tO'
lif(ben 3^ P"b, ^ngt toefentlic^ an ber Beurteilung il^re^ ©cjamtd^aralter^ unb ber
Scpaftung i^red Sbftanbe^ t)on ber nad^apoftolijc^en unb ber a))orr^))l^i{d^en Sitteratur.
3)ie brei ®efi{^tgj)unlte, toeld^e bie ^iftorifc^e Äritil orientieren, jinb nid^t toon gleid^er 15
XragtDette. SBirb bie Jrage ber Slut^entie auö inneren ©rünben Verneint, fo ift bamit
über ben Duellentoert ber ©d^rift bad Urteil nod^ nic^t gefjjroc^en. 2)ie ©d^rift lann un=
richtig etifettiert fein, toeil fie urf))rüngli(^ anonym \oax. ätuc^ toenn bie ä3üd^er ©amuelid
iti^^ t>on Samuel gefc^rieben ftnb, bleiben fte bie 5ut)erläjftgfte Quede für bie $eriobe
ber ®ef(^t(^te 9;«raefe, üon ber fie berichten. 3)ie ^falmüberjc^riftcn finb j^ätere 3wtl^aten. 20
2>te @))rü(^ Solomo^ ftnb ©ammellttteratur. Unb toenn bad (Soangelium be^ ^attl^äu^,
ipie eS t>orIt^t, nid^t ))on bem 9{))ofte( aufgegeid^net ift, fo bleibt e^ boc^ atö 93u(^ung
ber ölteften Kunbe Don ber Sel^rtoet^l^eit ^t\n eine Duelle bon unerfcjbarer Sebeutung.
2)ie 2ragb>eite ber ^rrage nad^ ber 9(ut^entie toirb burc^ bie anonyme Sitteratur beleud^tet.
©er ^ebräerbrief bleibt ein 3)ofument bed Urc^riftentum^, tro^bem jebe fiebere Überliefe* 25
tung über feinen Serfaffer fe^lt. äluc^ bie f^rage nac^ ber !^ntegrttät giebt nid^t bie
Ie|te 3i^f^^) fw^ ^^^ Sefttmmung be^ dueHentoert^. ©ie ermittelt bie Süden unb ettoaige
3ut^ten, um ben eigentlid^en ^rjjer bcr ©d^rift mit SRüdfic^t auf bie ©c^idfale i^rer
Ueberlieferung (3:ejtfnttt) in feiner gefd^id^tlic^en Sebeutung ju toürbigen. 3)a« ab-
fd^Iie^enbe Urteil \pxxdfi erft bie Unterfuc^ung ber ©laubtoürbigteit. äißie toirb e^ ^0
gekDOimen? ©te Unterjuc^ung ber SSoUftänbigfeit ber ©c^rift fü^rt auf bie (Srfennt*
nid i^ner 3"fÄinmenfe^ung. §icr fc^t bie Duellenlritif ein, bie auf ®runb ber ^fts
flcSung ii^red f)}rac^lid^en S^aratterd im gangen unb einzelnen barüber entfc^eibet, ob
bie S^^rift ein ein^eitli^ abgefagted 9Ber! ober eine ©ammeiarbeit ift, im le^teren ^Qe
fobaim, tüie bie urf)}rüngli^en ^eftanbteile befd^affen toaren, intoien)eit bie le^te ^anb, 35
ber fie i^ je^ige ®eftalt toerbanft, ben urf}}rünglic^en 3"^^'^^ ^^ Duellen oeränbert
ffoL ^n innerer SSerbinbung mit ber Duellenfritil ftel^t bie grage nad^ ben aSiber«
fl^cüf^en. ©inb biefelben ber Slrt, bag fte bie (Sinl^eit ber ©d^rift aufgeben, toie bied bei
)ia jmefterli^^en unb ber }}roj)betifc^cn Duelle bei^ ^entateuc^ ber %aü iftV SKac^t bie
„ebionitifc^" Duelle ben ?ßauliner 2u!a« m einem „gefinnungdlofen Unionetjauliner" ? 40
Stnb bie t>erf(^iebcnen Duellen, bie ftc^ auöfonbem laffen, untocränbert an einanber gc«
Wtet, ober finb fie überarbeitet, fei e« in beftimmter lenbeng, fei cd o^ne biejelbe?
©ie @ef(^ic^te ber ^cntateud^tritit unb be^ f^no))tifc^en ^roblemd geben einen (Sinbltd
in bie ©^^toierigteit biefer Unterfuc^ungen. älber fo ic^toan!enb ber ^oben auc^ ift, auf
ben fie fü^en, fo bejeidS^nen fte einen toerttooHen gortfc^ritt über bie Seiftungen ber 3^il/ 45
toeli^ buri^ eine ben toijfenfc^ftlic^en ©ruft biehebitierenbe ^armoniftil empfunbene ober
cdannte SBiberfprüc^e gu bemänteln fic^ beftrebte. !^^r ^at Sefftng in bem ©treit mit
6d^, ber fi(^ an bie 'Veröffentlichung bcr SBolfenbütteler ^^agmente anfc^lo^, für alle
3eit bod Urteil gef)}ro(^en. ©ie Ducllentritit bagegoi arbeitet auf ®runb ber crfannten
Siber^rüc^ unb Unaleic^^eiten, um fte an^ ben gefc^ic^tlid^en Urf))rungdber^ältniffen gu so
ctfloren. ©amit greift fie bereite über in bad ®ebiet ber refonftruierenben Ärittf.
©ie Beurteilung ber ®laubtoürbigteit einer ald in fic^ einl;eitli(^ unb bollftänbig
fiberlieferten @(^ft t>ollgiel^t fic^ burc^ Sergleic^ung mit bem ®efamtguftanbc, bem fte
(Di^e^rt ©ied SSerfa^ren erl^ält beftimmtcre Jtonturen unb äln^alt^puntte, toenn biejelbe
einem Serfajfer beigelegt toarb, toon bem noc^ anbere ©c^riften überliefert ftnb. $ier 5
bietet bie 33erglei(^ung ber ©prac^e, bed 93egriffefrei|e^, ber ®ebanfenfül;rung, ber ge*
fc^ii^ic^ Seaie^ungen bie ^nftangen für ba^ Urteil, ©agu !ommt bann bie äußere Über*
Kefentng, ta)el(|e bic m unterfuc^enbe ©c^rift bem beftimmten Serfaffer gumeift, ber aud
oiiberen SBerfen nadf feiner ^nbioibualität befannt ift. älber au^^ l^ier bleibt ber 93oben
mific^. Um ein fac^lic^ed Urteil gu geh)innen, mu^ ber ^rititer nid[^t nur ein fc^arf^ oo
9*
132 ftrtt», bifilifc^c
rinniger ©ammicr, fonbcm aud} ein erfal^ener SKenfd^enfenner fein, ber bod ©el^etnmid
litterarifc^en Schaffend unb feiner 93ebtngtl^eit burd^ 3^^/ Stimmung unb äußere @tn*
brücfe in Sled^nung fteQt. @r mu^ femer Stellung nehmen jur äußeren äSe^eugung, beren
Sefc^affenl^eit meift abtueic^enbe (Sinfd^ö^ungen möglich mac^t. 3)ie ffritit bed $$Uit)txi^
5 brief^ giebt einen 93eleg. 9lacl^bem 93aur unter Sertuerfung ber Überlieferung auf ©runb
einer unrichtigen 2)eutung ber c^riftologifd^en 6teQe (2, 5 f.) i^n ald gnofttfc^ &eeinfbt|t
auff äffen ju bürfen meinte, ^ot^olften mit großem 9(uftpanbe bon Sd^rffinn bun^ Unters
fuc^ung bed 6t)rac^(^ara!terd bad @rgebni($ gewonnen, ber SSrief fei jtoar )>aulimf(^, ober
nic^t bon $aulud. 2)ie^ @rgebni^ tcurbe t)on $. 2B. @c^mibt ald |vP^^^f<^ trttiftert;
10 unb in ber %fyti, ^olftend jtritif bietet ein Seif))ie( für jene 9(ntoenbung einer etnfettigen
SRetl^obe auf ben Unterfuc^ungeftoff, bte ben Sßalb bor Säumen nid^t ftel^t. 3lodf um
gefc^ic^tlic^er ift bie älrt, in ber ^ierfon unb 92aber in il^ren Verisimilia aQe )>aulimf(^
Briefe a(d unberftänblic^e unb übel jufammengeflidfte @amme())robuhe bed jft>eiten ^dfycs
l^unbertd ertpeifen tuoQen. 9(uf ©runb einer oberflächlichen älnal)^fe toirb belretiert, ^
16 eine fei unberftänblid^, ba^ anbere toiberftjruc^^boD, ba^ britte frembartig, ba^ bierte ten«
benjiöi^; l^ier jübifd^e gtagmente, bort altfatl^olifd^e ^wt^^ten. 2)a« eigentümlich Seben
ber jjaulinifd^en S3riefe bleibt ben Äritilern ein S5uc^ mit fieben Siegeln, g^re jjatriftifc^
Segeugung toirb bortueg aU nict^t^ bejeugenb jur Seite gefd^oben. Unb bte 3Ret^obc?
3ßa^ bem Aritüer frembartig ift, gilt atö unberftänblic^. Sa^ ftc^ auf bad 31% bqie^
30 ift jübifc^. SBaiJ fw^ auf bie Rir^e bejiel^t, ift altfatl^olifc^. Divide et impera ! 6o
lägt ftc^ jebe^ litterarifc^e $robu!t aU unberftänblic^, atö jufammengeflidEt unb ofö gefäl{(^
bartl^un. ^ür bie neuteftamentlid^e Aritit ^at bied im ©egenfa^e }u ben ©c^effen bo
Duettenfc^etber treffenb gclenngeic^net ^efebamm (3Keabe), 3)er 3lömerbrief beurtät unb
gebierteilt (1891). ©egen bie tourjellofcn SKad^tf jjrüc^e bon ^ierfon unb Slaber er^ob b«
26 getoig unbefangene unb unbeftoc^ene 31. ^uenen feine toamenbe Stimme (9(bl[^anblungen
S. 330—369). aber fte finben bennoc^^ 5Rac^foIger. SBa« fyd 2:j^ubic^um (Äird^It^e
gälfd^ungen II, 1899) jüngft mit bem §ebräerbrief ftc^^ gcftattet? 6r ift i^nen ebmbürtig,
h)o er fte nic^t übertrifft.
^ai toid^tigfte Problem bei ber Prüfung ber ©laubtbürbig!ett bietet ber f))e}tftf(^
80 ß^arafter ber biblifd^en ©efc^ic^t^er^ä^lung (1, 4). 2Bad ift bon ben äBunbem ju l^ten?
9[nh)ich)cit ftnb bie Scripte legenbar ober ml^t^ifc^? §ebt überl^aiit)t bie 3Serbinbung ber
rcligiöfen Orientierung mit bem gefc^ic^tlic^en SSeric^t ben ^iftorifc^en ®ert ber 8üc^
aU ©efc^ic^tdquede nid^t auf? 2)ie t^age nac^ ben SQiunbem, fotoie nac^ legenboren unb
m^tl^ifc^en 93eftanbteilen ^ängt ntc^t adein mit gef^ic^tlic^en Unterfud^ungen jufammen,
86 fonbem auc^ mit ber grunbfä|lic^en äBeltanfd^auung bed ^titerd. ^er S^l^etft leugnet
bad SBunber nid^t unb erfennt Sd^ranfen an für bie 3RögIic^teit gefc^ic^tlic^er älbleitungen,
bie nid^t in ber lüdFenl^aften Überlief erung gu fuc^en ^nb, fonbem in ber Unburd^bringlic^
feit ber le^tm Urfac^m ber 2)inge. „®ott tüo^net in einem Sic^t, ba niemanb jutommen
tann./' „©Ott l^at einen gellen Sd^ein in unfere §er^en gegeben." S)al^er fc^ä|t ber I^
40 bie äugemngm be^ göttlid^en Selbftbetougtfein^ ^efu cil^ tl^atfäd^Iic^e 3^9"iff^ f^^
erlebtm ©ottgemeinfc^aft. Sbenfo ctlmnt ber Steift in bm äBunbem nic^t nur (SxtU
ftellungen be« „natürlicl;cn ©ang^ ber 2)inge", fonbern eine Srt^ätigung be« göttltd^
SBeltrcgimentg. Slber mit biefer prinzipiellen Stellung ift bie l^iftorifc^^e grage noqf SD8un«
bem, Segenben unb SD^^tl^en nid^t gelöft. ^ier entfcbeibet bie Ermittelung ber jettgefc^ts
46 liefen äSebingtbeit ber ä)erid^te. 2Ber anerfennt, bag ^cfu^ n)ir!lic^ SBunber get^ fyd,
ift bamit ai^ Hritiler nid^t ber ^fltd^t entnommen, ju prüfen, ob bie Sßunbetfberic^te }u«
berläjfige finb ober beeinflußt ftnb burc^ Sßorftellungen, bie ©emeingut ber antifm SBdt
toaren. SBer 3i«fu fp^^ififc^e 3Bürbe al^ ©otte«fo^n anerfennt, ift bamit nic^t ber $fGd^
entnommen, bie Äinb^eit^berid^tc auf i^ren legmbarcn ©el^alt ^u prüfen, n>ofür bie jett»
60 gefc^ic^tlic^en älnalogien ein überreichet Material geben. Überhaupt, bad antife SBSdtbUb,
bie SJorfteDungen bon §immel unb ©rbe, bie SBorfteUungcn über ba« 3^(^^^^^i^^
be« 9!atürltdjim unb bed Übernatürlichen, all bie^ gel^ört ber ©efd^id^te an unb ift ntc^t
mc^r ein integrierenber göftor unferer religiöfm Überzeugungen. 2lud^ bie« ift eine ge»
fd^id^tlid^e 2:l;atfac^e, an ber fid) nid^t rütteln läßt, unb beren SSerfennung ober 31k^U
66 ad^tung bie Sibelfritif in ben 3Jerbac^t ber Unreblid^feit bringt.
92un ift aber mit ber 9(nerfennung biefe« älbftanbe« unb mit bem gefc^ic^tltc^ 92a(^
loci«, baß in ben SBunberberic^tm bie il^ncn m ©mnbe Itegmbm 2^tfa<^fen metP un«
burc^ftc^tig ftnb, baß Sel^rbid^tung, fiegenbe unbaji^t^u« auc^ ben biblifd^en Schriften ntc^
fremb bleiben, feineetoeg« ba« Urteil gefproc^m über bie ©efc^ic^tlic^teit ber btbltfd^ 9^
60 richte über^aiipt. ©etotß giebt e« ^e, too bie religiöfe ©efc^ic^t«beutung bte glättete
ftrittl, UBlifc^c 133
®cf<i^te alteneri ^otte Jluenen ffltd)t, fo mügte bad ftet^ ber ^K fein. ®r eignet
ftc^ Ue Sßotte bon @v^etö an: ,,^ie Sorou^fe^ung, mit tpelc^er bie Sid^l^eit be^ (Sx^
feimend pel^t unb föDt, ift bie abfolute GJefe^mäfeigfeit ber ©nttoidfelung, bie gemeinfame
Sinj^ in bem Seftanbe ber irbifd^en ®inge. 3)enn ejiftierte biefe nid^t, ober fönnte
fte trgenbtoo unterbrochen toerben, fo toäre e« Vorbei mit ber ©ic^erl^ett jebcd Sd^luffe« 6
unb bem ß^fammenl^ange ber ßreigniffe, ebenfo toie jebe Sered^^nung menfc^Itd^er 5Pecf onen
bem 3uf^ anheimgegeben toöre. ^ie beiben Duellen ber l^iftorifd^en @r!enntnid toären
t)erf^üttet." 2)iefe ©ö^e ftnb jeboc^ eine Sammlung öon ^oftulaten, beren Sraud^barleit
an iebem $unlte brüchig ift, gumol auf bem ©ebiete ber Sfeligioni^Iritif. 2Ba^ ^ei^t „ah^
fohlte ®ef^md|igleit ber ©nttoidfelung" -- ßnttoidfelung ift ein bel^nbarer unb bielbeu* lo
tiger Begriff — ; ,,gemeinfame ßin^eit ber irbifc^en S)inge?" (3?gl. ^. 3?. ßofemann, 6Ies
mente ber enHjirifc^en 2^eIeoIogie, 1900). 3?ein, nur ba toirb bie (Sefd^ic^tßc^Ieit ber Duette
alteriert, too ein SBiberfpruc^ jtoifc^en ben 2^atfad^en unb i^rer Beurteilung greifbar l^cr::
bortritt. 9Bo jeboc^ ber ge^eimni^otte 5lraftqueQ be^ gelben in einzigen ^l^aten ftc^
bmbgiebt, bie e))0(^emac^enb eingreifen, toirb nic^t erft burc^ bie em})irifc^e 9(nalvfe be$ 15
„vM(d^ Sufammen^ang^" ber gefc^id^tlic^e SSerlauf richtig aufgefaßt, fonbem burc^ bie
Snertennung ber emj)irifd^ unme|baren Äräfte, beren 3Birfungen toeit ^inau^el^en über
boÄ unmittelbar ßrflrebte unb ®eh)ottte. ^ebrid^ ber ®ro|e fämpfte für bie ®röfee
$reu^end. ®er englifc^^e ®efanbte 5Dlitd^ett fagte unter bem ©inbrua ber Sebeutung fei«
ner itdnH)f e : „Äönig ^iebrid(> l^at toirflic^ für bie f^^^eii^eit be^ üJlenfc^engefc^Iec^t^ ge* ao
fochten." Sie« Urteil ift ®efc^i(^t^beutung. älteriert e8 ben gefd^id^tlic^cn S^atbeftanb?
3^ ed bemgem&l eine gefc^id^tllc^e Unmöglid^teit, ba^ ol^ne ällterierung ber entfc^eibenben
^S^ad^ bie StKingelien unter bem @inbrud( ber $erfon l^efu fic^ )u ii^m aü bem
®ottedfo^ unb SBel^eilanb betennen? ^er ®laube ift gef^ic^tltc^ begrünbet; ,,credit
non tantum historiamy sed etiam effectum historiae'' (Conf. Aug. XX, 23). 26
^Sorum ift ber ®laub, ba bie äl))oftel t)on reben, ntc^t ein fc^le^t (Srtenntnid ber ^ifto^
rien, fonbem ein ftarl ftäftig SBert be« ^eiligen ®eifte8, bag bie §crjen beränbert" (Apol.
IV, 98). SBenn ber 3:^eologe bon §eitetl^atfa(^en rebet, bie in ber ®efc^ic^te lunb toer«
ben ($br. 1, 1—3; 2c 1,1—4), fo ift ba« feine bogmatifc^c 3)e«orientierung, fonbem
eine richtige SBertung bed gefd^ic^tlic^m Verlauf«, in bem bie d^riftlic^e Sfeligion unb i^re ao
alttefiamentlic^e Borbereitung fid^ offenbarm.
5. ®ie etillritif. (Bgl. 8. §ermeneutil II, 2c). 3)er ©Jjrac^toert ift burd^ bie
\i^ad^lxd^, ber Duettmtpert burd^ bie gefd^ic^tli^e Aritif feftgeftettt. ^ie @tilfritil über«
nimmt berm ßrgebniffe unb fül^rt bie Unterfuc|ung ju ßnbe. „Le style n'est que
Tordre et le mouvement qu'on met dans les pens^s". „Le style suppose la 36
r^union et Texercice de toutes les facultas intellectuelles." „Le style c'est
lliomme m6me" (Buffon). ^n biefer ^inftd^t ertoägt bie ©tilfritil, \m^ bie ©c^rift
äI* 3^w^^ ^"^ eigmartigm religiöfm fieben« bebeutet, ©ie \px\(i)i ba« abfd^tie^enbe
SBecturteil, in beffen Begrüt&ung bie fritifc^en unb bie l^ermeneutifc^en gunftionen me^r
tone in ben übrigm ®ebietm jufammmtrcffm. 3)mn p« erlebigt bie^age: SEBelc^m 3h>edf 40
fyd bie S^^fift, unb toie l^at fte benfelbm erreid&t? 3" tiefem Belauf ^at fte bm ®es
fomtrinbmdt ber ©c^rift, i^ ®ebanfmbch)egung unb ®efc^i^t«auffaffung, il^re Ätar^eit
unb ibaft, ober auc^ i^re Unbeftimmtl^eit unb Ungefüge, i^e Originalität ober i^re Sö[n=
)Kiffung an gegebme 5lunftformm, il^r tooltetümlid^e« ober il^r refleftierte« ©c^rifttum jur
betontem Stnfdjauung }u bringm. 3)ie 3Wittel, mit benm fie arbeitet, bedEcn [xd) mit 46
benen ber Q\>xa6)' unb ®efc^id|t«lritil, aber bie SRic^tung i^rer Slntombung ift eine anbere.
6te t)erfö^ mel^ bebuftito al« inbuftiö. ^\i bie litterarifd^e Äategorie feftgeftettt unb mit
Slficfftd^t borouf ber S^araher ber ©d^rtft ge))rüft, fo bimt jebe @imeluntcrfuc^ung aum
Beleg für bie ®efamtanf(^auung. ©ie !ann unter bem ®e^d^t«))unlte ber ©))rac^mti!
(©tiumtetrie) ober ber ®efd^ic^t«Iritü untemommm toerbm. 2)ie ©rgebniffe fübrm burc^« 50
ge^enbd auf bmfelbm ^Punft, auf ba« Werturteil über bie ©c^^rift mit SRücfficpt auf t^re
geft^tlic^ Bedienungen. $anbelt e« fu^ um ftiliftif^e (Stgentümlic^Ieitm, fo ift gu
entfcfK^bm, intoietoeit biejelbm bie ßini^eit ber Sllnfd^auung ^erftetten ober ftörm, intüictüeit
fie inner^b einer ©d^riftengrupjje 3lbftänbe marlierm ober bie bertüanbtfd^aftlid^m Bc^
{td^ungm t>ermenrm. 6« \]i babci Slücfftd^t ju nel^mm auf bie ©prad^farbe über^au^jt 55
(bilblid^e ober eigmtlic^^e Äu«brüdfe, SRbtot^mu«, 5Paratteli«mu« ber®lieber), auf ba« 3;em-
paammt be« Stil«, auf bie 3)euttid(^fett unb ftlar^eit be« au«bmdf« in SBorttoal^l unb
©a^bou. $ierin lieam bie üJtaMtäbe für bie Äritif. (3ur (Sa6)(i (ab. ^nig, ©tilifrit,
3HÄmf, ?5oeta in Sejug auf bie bibl. Sitt. 1900.) (Sin Beiffiel : 3n ben Briefen be«
^Soulud erf^^toert bie fw^ere S^ffung ber Iragtoeite ber äu«fagen bie 2lrt, in ber mit bem eo
134 ftritü, tmmt
©tngular unb 5piural ber crften ^Perfon getoed^fdt toirb. 3ft in biefem SBed^fel SEbjic^
ober finbet et unbetoufet, em|E)finbun0«mäfi0 ftatt? ^r ben 3lo totegt btefe Swfie leu^,
ba ^aului^ ftd^ aQein al^ 9(utor be^ ä3nefd nennt. 9(nberd liegt ed in ben Sriefen, too
er Schüler a(d an bem ©einreiben beteiligt anfül^rt. 33efonberd 2 fto ifi bie Seurt^äbtng
5 ber gefc^id^tUd^en £age burd^ bie 9(uffaffung biefe^ äBed^fel^ toefentlid^ mitbefHmmt. 9hm
[teilen ftc^ bie älnftc^ten über bef(en 9tnla| tonträr gegenüber. Sinerfeite n>irb be£hatit)tct,
bie erfte ^erfon be« Plural bei $aulud fei nie r^etorijc^, Jonbem er meine bamit fidf imb
jeine (Senoffen, anbererfeit^, fie fei meift, too nid^t immer rl^etorifc^. ©ie gnbuftion, bie
jebe^mal ben ^ufammen^ang ertoägt, fommt, fo toiel ic^ fe^e, ju bem ßrgebnid, baft beibe
10 9(bfc^ä(ungen einfeitig finb unb bad Slic^tige in ber ^Jlitte liegt. SBeiter ; bie gfefiftellung
bed 6^rac^ebrauc^^ ber einzelnen ä3riefe bed $aulu^ ermittelt für jeben eine bebinitenbe
3a^I üon §aj)ajIegomena ; bie ©ebanfenfreife unb bie 3:erminoIogie femer fte^en jum leil frei,
\a unabl^ängig neben einanber. 3)ie ganje Terminologie ber SRec^tfertigung^le^e tritt in
ben ftobr. ebenfo jurüd, h)ie bie c^riftologifc^en unb e^d^atologifc^en Erörterungen im Sti)
15 unb ®al. ©el^ören be^l^alb bie ©riefe ni^t bemfelben SSerfaffer? 3)ie ©tilWtil edoetft
au^ il^rem ©efamtd^aralter, toie in i^nen biefelbe 2|nbit)ibualität, bie gleiche )>laftif(^e jbaft
ber älnfc^auung, biefelbe Iraftöotte, fojufagen imprefftoniftifc^e ©ioleltil fidj^ au^loirR. ®te
eiaentümlid(^en Segriff^fceife ber einzelnen Sricfe erflären ftc^ be^l^alb aud ber fd^en mib
lebeneboHen Sluffaffung ber beftimmten Slufgabe, bie ber 3lj)oftel in jebem biefer Sriefe
2ofic^ gefteKt l)at — 3)ie gef c^idj^tlid^e Äritil f)at bie 3wf<»"^»w<^fügung ber ©(^riften getJrüft
unb bie ^aQ^, ob fie auf ®runb gefc^loffener freier Äonjet)tion abgefaßt fmb ober ob fie
burd^ ©ammeiarbeit entftanben, beanttoortet. 3ft ba« le^tere ber %aü, fo unterfuc^t bie
©tiltritif hai SSerl^ättni« ber verarbeiteten QueUen jum ®anjen. ®amit [teilt fte eine
neue Slufgabe, toeld^e bie refonftruftitoe Jtritif aufnimmt, bie Unterfu^ung ber Sef^foffen^
25 l^eit ber Duellen. ^Jemer ^ot bie ^iftorifd^e Äritif ba« SSer^öltni« ber Überlieferung )um
Seftanbe ber, Sd^riften beurteilt. SBenn fie bei ben ^falmen ju bem ßrgebni« gelommen
ift, ba^ bie Überfc^riften feinen l^iftorifc^en SBert l^aben, fo entfd^eibet bie ©tilmtif über
ben ß^arafter biefer Sichtungen, ©inb fie Äultlieber ober fmb fie„3*^^toibuall)falmen"?
Ober menn bie 3:itel ber f^noj)tifd^en ©bangelien fpöter ^injugef4)rieben fmb, toie erHort
30 fic^ biefe 3lrt il^rer Benennung au« ibrem ©efamtc^aralter? Unb ber §auj)tt)unft: toenn
bie gefd^ic^tlic^e Äritif bie ^iftorifc^en Sebingungen unb S5ejüge einer ©c^rift allfeitig unter«
\ud)t i)at, fo übernimmt bie ©tilfritif biegrage nac^ il^rer ©laubtoürbigfeit in einem
neuen ©inne. 3"^^"^ P« ben erfannten 3^^* ^^ ©c^rift mit ben 5Kitteln, i^n burc^«
jufe^en, unb mit bem Seftanbe bergleic^^t, beurteilt fte, ob ber ^)fü^i ein fac^lic^er ober
35 ein j)erfönli(^er toar, ob alle« ^ßerfönlic^e mit fad^lic^em 3beaU«mu« bun^läutcrt ift, ober
ob t)erfönli(^e 9[ntereffen unb Seibenfc^aften bie fad^lid^e §altung ber ©d^rift alteriert
l^aben. 6ine jebe ©dj^rift l^at ti^re Senbenj, toenn fie nic^t in einfachen Slufjö^lungen
beftel^t. 2Ber eine 3lebe l^ält, l^at bie S^enbeng, feine 3wl^örer ju belehren, fie in eine be«
ftimmte 5Ri(^tung gu leiten, fte ju (Sntfc^lüffen ju ermutigen. Säer einen Seij^rbrief f(^reibt
40 an eine ©emeinbe, toer ^rop^etien fammelt, toer SfJad^rid^ten über beilige ^ßerfonen budbt,
bei jebem tritt eine beftimmte 2:enbenj, bie 3lbfid^t auf beftimmte SBirfungen ^ertoor. Sxi
einer religiöfen Sitteratur entfc^eibet be«l^alb bie geftftettung ber 3;enbenj über i^en SBJert
für bie (Srfenntni« ber SReligion, bie fje beurfunbet. ^ier liegt bie h)i($tigfte aufgäbe ber
©tilfritif, ju berenfiöfung fie alle fritifc^e Slrbeit, bie auf bie Beurteilung ber litterarifc^en
45 (Srfd^einung gel;t, jufammenfa^t. 3)ie« ^at Säur erfannt, inbem er belj^uf« be« ©nttourf«
feiner ©efamtanfd^auung öon ber (SnttüidEelung be« Urc^riftentum« nad^ ber lenbenj ber
©c^riftfteller fragte. Slber Senbem unb lenbenj unterfd^eiben fic^ ebenfo toie Überliefe^
rung unb Überlieferung. ^n't>tm SBaur bie eigentlid^ religionebilbenben fac^lic^en f^oltoren
au«fc^altete, fuc^te er bie entfc^eibenben Xenben^en für bie Normung ber urd^riftlic^
50 Sitteratur in ben ©egenfä^en eine« ^arteitreiben«, ba« er in biefe ©d^riften einbeutete,
©elegentlic^e«, 93orübergel;enbe«, Vereinzelte« al« Duellj)unfte unb treibenbe Äräfte etn^
fe^enb. (£r toerfannte ben burd^ge^enb unitoerfeDen ©runbd^arafter ber ntl. ©c^riften, i^
SRic^tung auf ^rojjaganba unb auf inneren 3lu«bau, unb fa^te fie al« ^ßarteifd^riften auf,
bie im ^nl^cffe ber ^arteitaftif bie Überlieferung jurec^tftu^ten unb umbitbeten. ^m
56 SSerfolg feiner ^^potl^efen trat er in fc^arfen ®egenfa^ ju ber Überlieferung \}on bem Ur«
fprunge unb 5fi!.efen biefer Schriften. Siefelbe erfc^ien al« für bie Srfenntni« ber ©dj^«
ten fclbft toertlofc ^ttion. ©o f^ai bie ^age nad^ ber lenbenj, ^xi ber bie aufgäbe ber
©tilfritif fic^ jujpi^t, ben SBäeg bereitet für ben Serfuc^ einer gefc^ic^tlid^en SRefonftruftion
ber SScr^ältniffe, au« benen ber ju fritificrenbe ©d^riftenfornplej l^ert)orgegangen ift. 9ht«
60 i^r crtoac^fen bie ®runbgegenfö^e in ber älbfc^ä^ung be« religiöfen 3Berte« ber biblifc^
ftrit«, biMtfc^e 135
Stiften unb bed SJ^aralterd ber 9ielt0ion felbft, beten Urlunben fie ftnb: tft bte einjtgs
artige Setbinbung bon ®^c^t(^te unb®Iauben, ou^ h)elc^er fotuol^I bte atl Sfeligion tote
bad S^riftentum eriDod^fen tft, eine organtfc^e unb fad^gemä^e, ober mug fte ol^ eine tpiUs
fiirlt^ itnb eingebeutete, ald ber Jtetmboben für ^Dt^t^en^ unb Segenbenbilbung beurteilt
toerben? SBte biefer ©runbgegenfa^ mit ben ©egenfö^en ber SBeltanfci^auung, bte ftc^ 5
immer beläm))ft ^en unb beläm))fen toerben, verflochten ift, toarb nac^getoiefen (I, 3.
II, 1. III, 4).
6. Sie refonftruierenbe Äritil. (Sgl. b. ä. Anleitung in« ä unb 31% \,
6. 254—274; ^einrici, enc^HotJÖbie §§ 16,3. 20. 22.) ^n ben bi«^er betrachteten ®e*
bieten fke^^t, obgefel^en bon ben tejtlic^en Unterfud^ungen, bie Äritif in ftänbiger SEBec^fels 10
toirhmg mit ber ßermeneutif. 3)urc^ S^^wftion unb 3)ebuftion, bie ftd^ auf bie ßrf^ei«
ming unb ben Seftanb ber überlieferten @d|^riften richtete, juckte fte ein fad^ltc^ begrünbeted
Urteil über i^ren SBert abzugeben. ^f)xt ßrgebniffe im einzelnen ftnb balb j)ofitiü, balb
negatit). 2)a« ©efamtergebni« bermittelt bad Urteil über bie SSoQftänbigleit, bie Ru^
beriöfftgtett unb ben 2Bert ber Überlieferung, ^amit aber ber hitifc^e ^roaeg • gum Mb« 15
fc^Iu^ tomme, ift ba« Serl^ältni« ber jum ^erftönbnt« gebrad^ten unb Iritifcp abgefd^ö^ten
Uebolieferung )u il^rer urfbrünglid^en äBirllid^teit im einzelnen unb im gangen gu unter«
fuc^. 2)ie 9{ottoenbigteit biefer Unterfuc^ung ift gegeben, fotpie bie Überlieferung al«
®ef(^ic^t^eQe bearbeitet toirb.
SBod ^^ei^ ©efd^ic^^t^ref onftruftion ? S)er erftc SSerfud^, eine t)ofttibe ©efd^id^t^Iritil im 20
gro^ Stile bui^gufü^en, liegt in 92tebul(^nB römifc^er ©efd^tc^te t>or. ^m ®egenfa|e
)u ber alten SBeife, bor bem Überlieferten al« einem ©angen l^alt gu machen unb ,;®etft
unb Urteil unter ben überlieferten gefc^riebenen ä3ud^ftaben gu untertoerfen^^ unb in
leb^fter Slbneigtmg gegen bie 2^miumbeutungen be« rationaliftifc^en ^ragmatifteren«
iPoQte er in ber Ueberlieferung ben toirtlid^en SSerlauf entbeden. ^urc^ bod $eQ« 26
bunlel ber @age unb burc^ bte SJerfc^iebungen unb 9(ufbaufd^ungen be« 92aäonat
fblged, ber bie ©efd^ic^t^barfteQungen ber DueUen beeinflußte, ^inbur^bringenb, berfud^t
er ben SHngen, h)ie fte toirllic^ toaren unb tourben, auf ben ®runb )u fe^en. So
t>erfnät>fte er nic^t mit gelegentlid^er Jtritil bon Singel^eiten unb ))l^antafterenber 9[u««
füQung ber Südfen bie überlieferten 92ac^ric^ten, fonbem er erf orfc^te iJ^ren Urf))rung, i^ren so
(Späher, i^ren Sac^gel^alt. ^ie Srgebniffe feiner 9(rbeit ftnb burd^ erweiterte @rtennt«
mffe gum guten Steile erlcbigt ; bie 5Ket^obe, mit ber fte gewonnen tourben, tft unb bleibt
bie SRet^obe ber relonftruterenben ftritil.
3^e befonberen Stufgaben erl^ält aud^ fte burd^ bie Sefd^affenl^ett be« Unterfud^ung^
fioffed. Sinb bie Süden unb ^unlel^eiten ber Überlieferung ermittelt, fo muffen, bamit 86
bie Siefonftruttion fic^ nid^t in ^l^antaften Verliere, h)ie fte g. 93. Sollmar in feiner
,,9teIigion 3efu unb i^re dnttoidtelung" (1857) aö ©rgebni« toijfenfc^aftltd^er gorfc^ung
barbietet, bie feften 55unfte gewonnen toerben, toeld^e ber SRelonftruItion i^ren gefd^ic^t«
ßc^ $alt geben. 3$on il^nen au« tft bad ®laubh)ürbtge unb @rbic^tete, ba« @^te unb
Unechte gu bemeffen. 2)ie Sorbebingung l^ierfür ift bie DueKenhitif, bie nic^t nur bie 40
Sefc^offen^eit unb ben SBert ber eingelnen Duellen ))rüft, fonbem aud^ ba« SSer^öltni« gu
il^rem urf))rünglic^en Seftanbe unb i^re gegenfeitigen ^egid^ungen, i^re gegenfeitige älb«
^gigleit ober Unab^ängigleit in« Sluge faßt. %üx bte religtdfe Sitteratur entftel^t fobann
bie koeitere Aufgabe, i^re Überlieferung auf ii^ren 93egriff^e^alt mit SlüdEfid^t barauf gu
unterfud^en, ob biefer ha& urfprünglid^e äBefen ber SReligton tptebergebe, ober ob er im 3!}er« 4>
laufe ber ßnttoidelung neue unb anberdartige Seftanbteile aufgenommen l^abe. 3>emnac^
richtet |tc^ bie refonftruierenbe Jtritil auf bie ^utüd^l^rung ber Duellen auf tl^ren ur«
ft)rünglic^^en 3wft<w^^/ «wf bie Slbleitung ber Segriffe, auf bie Darlegung bed urfprüng«
üdftn gefc^ic^tlic^en äSerlaufd, h)obei fotool^l bie SSeurteilung ber $erfonen, bie für ben«
ftlben ma^ebenb toaren, toie bie (Srienntnid ber objeltiben, guftänblic^en 93ebingungen bo
}ufammentt)irfen.
3)ie je^t l^errfc^enbe SKetl^obe ber Duettenfcitil ift bie litterarifc^e. ©ie bergleid^t
aOetn unter bem ®eftd^t^punfte, baß ed fid^ um fc^riftlic^e älufgeic^nungen l^anble, bie
fHirallelen Überlieferungen l^inftc^tltc^ il^rer JiertDanbtfc^aft, ^erlunft unb 9lbbängig{ett ; fte
fteDt ben urfprünglic^^en ober abgeleiteten Gl^arafter feft, fte fragt nac^ ben 2lnläffen ber 66
Stbtoeic^ungen ; fie fud^t im 3wföwi*nenl(>ange ber ©d^rift bte 9Jäl^te gu erfennen, bie SBeifc
unb e^orm ber @infc^altungen. @infeitig toirb fie, tuenn fte unbefel^en annimmt, ba^
Ser^tni« ber Duetten untereinanber erfläre ftd^ attein au^ litterarifd^en ^rogeffen, öott«
gte^ fte fu^ in gegenfeitiger 93earbeitung ober in t)erfd(^ieben gerichteter äSenu^ung einer
gleu^en DueiOie. 3ln [\i) ift e^ in jebem gegebenen ^^e eine offene ^agc, 06 bie Duelle uo
136 ftritil, Bttlifc^e
auf münbltd^e ober auf {d^riftUd^e Überlieferung jurüdfgel^t. 3)te ungemein tecfc^iden
bebtngten Urfjjrung^berJ^ältniffe f ommen babei toefentlt^^ in Setrac^t (III, 4). Unb au(^ bei
Vereinbaren ütterarifd^en Regierungen ift e« leine^toeg« au^efd^Ioffen, bo^ ba« ©ebäc^tni^, tnc^
aber eine Sorlage, bie übernommen unb überarbeitet tourbe, bie aufföDigen ftbereinfüm«
6 mungen erßärt. S)ie $arattelfabeln be« Sfop geben j. S3. fe^ beftimmte Slnratej)unlle
für bie abfc^ä^ung biefer gHöglic^feiten (ögl. ä. OleidS^nijfe VI, ©. 694 f.). ®ie biblif(^
fiitterarfritil l^at im SlS; ben ^entateud^, bie ©efd^id^t^büd^^er, bie Jjrojjl^etiid^ ^ßaroaelen,
im SfKE bie S^notJtifei*, bie 21® unb 3tpl, aud) einen a:eil ber tnuilin. 8r. in Unter*
fuc^ung gebogen, ^n ber ännal^me, ba| aDe (Srfd^einungen au« litterarifd^ @rtoa«
10 gungen unb aud ben ^^enbengen ber Serfajfer gu erllären feien, ift fie ju immer Der«
toidfelteren (Srgebniffen gelommen, beren Unftd^erl^eit oft in fc^arfem Äontroft fte^t ju ber
Seftimmt^cit, mit ber fte eingeführt toorben. SBo neue ©c^^toierigfeiten auffto^en, tocAm
neue Eingriffe ober neue Dueuen angenommen, ©o poftulierten bie alten äftronomen fofott
eine neue ©Jj^äre, loenn il^re Slec^nung nic^t ftimmte, unb jogen neue Mfölinien in i^
16 §immetefarten. 5Kit ben Quellen aber fc^altct ber SRebaftor ober bie Slebaltoren, bie je
nad^bem entioeber al« überaus jc^arffmnig ober überau« einfältig erfc^einen. 3)en ©tonb
ber atl. QueKenfritif bergegentoärtigt graj)rif4^ „bie Slegenbogenbibel". ^r baö 9KE tfl
eine folc^e farbige 3)arftettung ber DueDenfd^eibungen nod^ nic^t unternommen toorben.
9leuerbing« ma^t ftd^ ein 3"0 jw^^ SSereinfac^ung ber quettenfritifc^^en Slnj^e geöenb.
20 2Bie bei ber Jlonielturaltritif jo ift aud^ l^ier „bie ß^rerbietung t)or ber SBirtlic^feit" ein
toirifamer ^emmfd^ul^ für leidpt^ergige unb unfruchtbare ©fljerimente getoorben, ober oEer*
bing« nur bann, toenn ^k nic^t eine Umfd^reibung bafür ift, ba| ber religibö „borau^
fe^ung^loje" gorfd^er bor ben ^«"^wtungen ber mobemen ©nttoidtelungäebre Ic^ituüert
l)cd, 3)ie ßinftd^t, ba^ bie Sinologien mobemer glidtarbeit, bie „ein SRagout auö anbem
26 ©df^mau« braut", nic^t auf bie Urit)rung«berl^ältnijfe ber biblifd^en Sucher ontoenbbor fuib,
bringt mel^r unb mel^r burd^, aud^ bie ßrlenntni« be« Unterf^ieb« jtoifc^en ber Dudlem
benu^ung in ben atl. unb ben ntl. Suchern. 3ene beftel^en, infotoeit fte gefc^ic^itlic^
Snl^alt l^aben, übertoiegenb au« mel^r lunftlo« gufammengeftellten ate jufammengearbeiteten
heften einer älteren fiitteratur, bie au« toerfc^iebenen Seiten unb Äreijen l(^erftammt ; bie
90 f^noptild^en (Söangeüen bagegen unb bie 21® fmb bie erfte für bie d^riftlic^e ©emeinbe
beftimmte Sud^ung Don erlebnifjen, Erinnerungen unb Slufjeic^nungen au« bem SBirfcn
^efu unb ber aj)oftoIifcren 3eit. 3)ie felbftgetoiffe 2lrt, toie §. ßtoatb au« ber fvnoj)«
ttfc^en Überlieferung toerfc^ieben orientierte öorfanonifc^c QueHenjd^riften (ßprud^iamm
lungen, Sud^ ber §öl^en, Jjoetifd^e ©tüdfe) freierte, berul^t auf emer unfad^Iid^en Über«
86 tragung ber am 213: gefc^ulten a:e^nif ber QueHenfc^eibung auf ba« 3i%. 3lod) unfU^erer
toirb ber Soben für bie BueHenltitif, toenn er ol^ne äußere Äontrolinftanjen nur auf
eine Stnal^fe ftd^ ftü^en fann, toclc^e Srüc^e, Ungleic^mä^igfeiten unb SBiberf})rüc^fe
jum 2lu«gang«^unft be« 2ReIonftruItion«t)erfuc^ mac^t. 3)ie gorfc^^ungen, bie jur ^ra^«
mentierung be« 2 Äo ober be« $l^i geführt ^aben, bie Quellen^ unb 3interi)olotion«lritil
40 ber 2li)ofaI^t)|e geben bafür Seifptele (III, 4).
2)te 55rüfung bc« Serl^ältniffe« ber biblifc^en SorfteHungen unb Segriffe }u xfycm
urfj)rünglid9em ©inne unb ber SSerfuc^, il^re§erfunft ju erflären, ift burc^ bie gortfd^ritte
ber SRengion«h)iffenWaft in ben aSorbergrunb be« ^ntereffe« gerüdft. @« fragt ftd^, finb
bie leitenben 9lcligion«t)orftcnungen original unb in il^rem originalen ®eifte erhalten, ober
46 fmb [k übernommen ? ^aben fie fxd) in gleid^em Segriff«h)erte h^auput, ober l^at ftd^ bem
alten SBorte eine neue Sebeutung untergefc^oben ; ift fein urfj)rüngli(rer ©inn abgetüanbdt
unb in eine frembartige SSerbinbung eingegangen? äiuf ®runb biefer Unterfud^ungen ift
bie ©efamtanjc^auung bon bem SBefen ber atl. SReligion unb be« Urd^riftentum« ju ge»
toinnen. 35ie ^ier anjiutoenbenbe SKetIfiobc ift bie begriff«gcfcrid^tlid^e. 2)ieje Sejeicpnung
60 trifft bie aufgäbe too^l bcffer, toie bie unbeftimmtc : „religion«gef(rid^tli(be ÜHet^obe".
©ie gielt ab auf eine 2lbleitung ber Segriffe unb auf eine enttoerfung i^re« ©tamrn*
bäum« in aüm SSerjtoeigungen. 3)ie 2lrbeit auf biefem ®ebiet ift in ben 2lnfängen.
Sei ber 2lbleitung ber Segrifte ift ber SJi^brauc^ ber 3lnalogie unb bie Serattgemeine*
rung unbollftänbigcr unb einfcitiger ^nbuftion ju bermeiben. 3"föttig^ S^nli^ifeiten
55 ergeben nod(^ feinen urfäd^lic^en 3ui<»"i"^^"r<^«9- ®egenüber ben Ableitungen ber i«roe«
litifd^en SReligion au« Jjröbiftorifd^en 9lcligion«formen bemerft aBeDIj^aufen (3)S3 1900,
©J). 1302): „3)a« loa« ftd^ 3teligion«h)iffenfd^aft nennt, befd^ränlt ftd^ auf ben ÄuUu« unb
beffen origines pudendae. Unb toenn and} bie ©ntftei^ung be« ganzen l^ebräif^^en Jlubu«
au« bem §eibentum jugeftanben loerben mu^, fo toirb baburd(^ ba« SBefen ber i«raeli«
6«» tijc^en ^Religion bo(^ nic^t berül^rt, toeil c« nic^^t im Äultu« liegt, toie bie ^ropl^eten be?
ftrttil, (tUtfi^e 137
Mtgen.'^ Sie ^rö^iftorifci^en JtuItmottt)e, tt)te fte im 3:otemi^tnu^, Slnimi^tnud unb im
i)&ntonen9lau6en aufgefuc^t Serben, geftatten aud^ nid^t einmal einen fidlem @(i^lu^ auf
boS urft)tün8li(l^e religiöfe SJlotiD, ba^ bo^ in bem Ruqz jur SSere^rung beiS Übematür»
(tiefen, hQ& ben SWenfd^en auf feinen übertierifd^en urft)runa toeift, ft^ betl^ätigt. ©ie
fud^ bodfelbe in bem felbftfüd^tigen triebe, bie ®eifter ber Serftorbenen aU (Sd^u^mäc^te 5
US getoinnen ober bun^ allerlei Räuber ftd^ befonbere SSorteile ju fidlem. 9(ud^ bie W>=
Icitmigen bed ntl. Segriff^freife« p^^en neuerbingg im 3«i^^ i>w ^Prä^iftoril. 35er %altox
bcd ,,@nt^ufiadmud'' beeinträchtigt ben @inbrud( ber rationalen unb et^ifd^en Elemente,
unb bie moniftifc^e ßnttoidelung^le^re übt i^ren ®influf[ auf bie Serfud^e, ben ..natürlid^en
®aii0" t)on f(^toarmerif^en Erregungen unb felbftfüd^tigen $raltifen ju abgeflörten Über^ 10
jeugunaen nac^un)eifen. Soman erüärte bemgemä^ atö ba^ Slltefte unb @^tefte in ber
cDangeitfc^en Überlieferung bie Sagen t)on ben munberbaren @reignif(en beim 2:obe ^efu,
tme fte 9Rt berid^tet. 3)ie Sebeutung beiS Slbenbmal^U foQ au^ gnoftifd^^orientalifd^en
flberlieferungen Derftänblid^ toerben, ber ^araflet bei ^0 foQ mit af(^rifd^en @öttergeneas
logten gufammen^ängen, bie ©elbftbejeid^nung ^efu al^ 3Renfd^enfo^n ein gnoftifd^er Sin» 16
trag in bie @toangelien fein. 9lu^ bie ^^t'ot^efen über ben Urf))rung ber Sieligion au^
®eb)itterfur(^t, aud ^anbel^erte^r, au^ $erfonifiIationen u. f. to., bie Slbleitung ber Über»
Keferungen oud ber Etymologie (t)gl. @rill, @rjt)äter ber ^enfd^l^eit) tourben auf ba^ 91^
ongetiHmbi 9lm 31Z ftnb fte noc^ nid^t burd^gef^robt toorben. älber biefe @infeitigleiten,
bie Probleme fingieren, bie nid^t in ben Stoffen liegen, bürfen ben 33lidE ni^t trüben für 20
bie Vertiefung ber Srienntnid, toelc^e bie aQgemeine Sleligion^forfd^ung ben biblifd^en
Sldigtonen bringt. @ie giebt ber Segriff^efd^id^te i^ren unit^erfeQen Untergrunb unb
bietet ein ^eilfameiS 5torre{tit) gegen aÖed ^attonalifieren, ba^ gerabe bem ri^tigen unb
kwOen Serftönbni^ religidfer Seben^u^erungen oft t)er^ängni^t)oII getoorben ift. @d()on
^erber Sogt über bie „au^ef})ülten $^rafen beiS 3iZ^\ in bie eine feine Slu^legung „ben 25
^ec^teften 9taturali$mud, ©ociniani^mu^ unb (S})ituridmu^ ^üQe''; er forbert, ba^ man
r^gton^efc^id^tlid^ erfaffe, toad ein Slu^brudC toirllid^ bebeute. @r toiU jeigen, „ba^ bie
SBorte ©rlöfung, feeilanb, ß^rift, ßl^iftu«, ?Rame, «ßriefter, ©laube, ©o^n ®otte«, König
über bie Engel, iEBort, Sid^trei^, ^immel {elbft im ^eibnifd^en Slberglauben unb im SVebe-
gcbroud^, tpo fid^ biefe @t>tac^e ^erfd^reibt, me^ unb ettoa^ anbered bebeuteten, atö ed so
ie|t SRobe ip, fte bebeuten ju laffen" (Erläuterungen j^um 9KE aa^ einer neu eröffneten
morgenl. Duette, Einlt). Dieje SBorte tjerfe^en in ber SEI^at mitten in bie begriff^efc^id^t«
lii^ ätrbeit ber ©egentoart. äluc^ ber ^intoei^ auf religiöfe ©e^eimtrabitionen, aud benen
Sotc^ungen ber Sieligionen uitb älbleitungen t)erfud^t toerben, belebt bie alte unb ^iftorifd^
ntqt toertlofe $^))ot^efe einer philosophia barbarica ober orientalis al^ Inbegriff bed 86
gemetnfamen religiöfen Erbgut« ber SSölfer be« Orient«, an bem aud^ bie ^uhm %M
Rotten unb ber ®noftici«mu«. ^atob SrudEer (Histor. phil. I, 1) gab einen Überblidt
borüber, ber atterbing« nur jufammengeraffte SRotijen unb 2lbftraItionen enthält. 5Ko«s
^eim benu^e bie 3bee unb ßerber ^at fte jeiner „älteften Urlunbe be« 9Renfd^cngefd^le(^|t«"
1^ ©nmbe geleot. @ie toiro fid^ ^eute Don neuem al« frud^tbar ermeifen, toenn über 40
bem Eifer für »bleitung ber religiöfen Segriffe nid^t ber ©inn für bie fd^ölpferifc^e Äraft
unb bie unableitbare Eigenart ber biblifc^en Sieligionen ftd^ abftum))ft. 2)ie Slnalogie
toirb nur bann fruchtbar angetoanbt, toenn fie baju bient, bie Segriffe „mit SReagentien"
)tt emoben ; toie oft aber erbrüdt unb t)ertoifqt bie falfd^ au«genü|te Slnalogie bie
(^oxamnftif((^ 3üge be« Silbe«, ba« fte t)erbeutlid^en toitt. 2Bo nun eigentümlid^e« 45
fc^ferifc^ religiöfe« fieben ift, toerfagt ber 3Serfud^ gefc^ic^tlid^er Ableitung. 2lud^ gleid^»
lou^ibe 9lu«brüae unb Silber erhalten auf anberem Soben unb in anberem ^ufammen-
^ange einen neuen ©inn. Ober ge^t bie £e^rer)\ä^lung t)on ber ©d^öt)fung auf in i^re
reKgion«gefd^(^tli(^en Analogien? Ergebt fte ftd^ nid^t t)ielme^r über fie al« bie Offen*
banmg einer neuen SBa^rl^eit? so
^ie ^öc^fie unb fd^loierigfte Slufgabe ift bie Slefonftruftion be« ^efd^id^tlid^en $tojef{e«,
bef^ 3)enfmäler bie fritifterten ©Triften fmb. ©ie jtoedft auf eme ®cfamtanfd^auung
ab unb fuc^t au« ben lüden^aften Ouetten ben urft^rünglid^en 3ufammen^ang unb au«
ben aneinonbergerei^ten Sladj^rid^ten bie urfprünglic^e EntloidEelung ju erlennen. 3)ie
Xufgobe ift rein gefd^id^tlid^. 3^rc fiöfung ift burc^ bie Ergebniffe ber Qucllenfritif be* 55
btngt, bie nid^t nur ben 3Bert ber einzelnen Duelle, fonbem aud^ ba« gegenfeittge l^^er-
^Itoi« ber Duetten beftimmt ^at ©0 grünbet fte ftd^ auf gunbamente, beren Sefc^affen=
^ nii^t in gleid^er SBeife ju objeltit^er Ebiben^ gebracht toerben lann. 3)ie ®rabe ber
&dfet^ ber quettenlritifd^en Ergebntf(e ftnb mannigfad^ abgeftuft, — examinandi
graduB fidei historicae! In dubiis suspendendus assensus. ^er Xrieb, bie 60
138 Sttitit, bttltfi^e
Ueberlteferung Beffer ^u t)erfte^en unb lebenbtger ju geftalten, mu^ {id^ regen, tDeim ber
^rittfer ftd^ ntd^t fül^l bi^ tnd $erj ^inan begnügt, bte Std^ter aud^ulöfd^en unb ed bot
9(ugen überlädt, ftc^ an ba^ ^unlel ju geh?ö|nen; er h^irb ja au^ bem jtritüer }utn
Saumeifter, — aber major lux non iuferenda, quam historia in se habet.
6 äBegen beiS rein gefd^ic^tlic^en S^arafter^ ber ätrbeit ift ber SSerfuc^ einer äBteber^
l^erftetlung ber ©efd^ic^te be^ SSolIeiS ^^rael unb ber ©efd^id^te bed Un^riftentumd, ime
fte aui bem 31% unb ber mit i^m j^ufammen^ängenben Sitteratur )u ergeben x% )u
trennen. Über bie Slbgrenjung beiber ©ebiete entfd^eibet bte Beurteilung be^ 3BerIed unb
ber ^erfon ^efu. @ie^t man in il^r ben älbfc^Iu^ unb $5^e))unlt ber (Snttotcfelung
10 S^rael^, fo beginnt bie ©efc^id^te beiS Urd^riftentum^ mit ber SBirffamtett ber 9l))ofteL
2)te bogmatifd^e 9Sorau«fe^ung für biefe äbgren^ung ift bie 3Keinung, 3^w gefd^ic^tlic^
@rfd^einung au^ feinem 3ufcimmenl^ange mit bem jübifc^en SSolte ableiten )u fönnen,
h^obei enth^eber auf bie ))rop^etii'd^e Sleligion ober auf ba^ @})ötiubentum ber $au))ttim
gelegt h^irb. ^efu^ tt)irb „\)on rüdtoärt^'' abgeleitet. @ie^t man in ^^n ®t\d^mxni
16 bagegen einen ©t'od^ent^untt in ber religiöfen (Sntmidelung ber ^Jlenfci^^ett unb ertennt
man, ba^ biefelbe ftc^ grunbfö^Iid^ unb unableitbar über bie gefd^id^tlid^e Sebingtl^ a>
\)tbt, fo barf ber 9lu^ang ber atl. ©efd^id^te nid()t in „bem großen ^xop^ttm Don 310^
jaret^" ge(ud^t Serben, fonbem in bem Untergang ber ))oliti|d^en Selbftftönbigteit ber jü»
bifd^en 9Jation. 2luc^ bie(e Sctrad^tung ift ^iftorifd^, toenn anber« 2. SRanle ein^tftorUcr
20 ift. ^m ^inblid auf 3^w 2B^ f^Ot « - /.ba« SKenfd^engefc^led^t ^ot feine Snnnerung,
toelc^e biefer nur öon ferne ju tjergleic^en tüäre"; im §inblidE aufS^fw ?5erfon: „in bem
3Renfd^enfo^n, ©otte^fol^n . . . erfd^ien ba^ eh^ige allgemeine SSer^ältni^ @otted ju ber äBelt,
be« SKcnfd&en ju ®ott".
3)ie ©ejamtauffaffung ber ©efd^id^te S^rael^ l^ängt ab bon ber Beurteilung be« aSer^alt*
36 niffe« ber proi)^etifd&en Sitteratur jum ^entateud^. Sft bie in biefem gebud^te ©efe^ebung t>or»
t)rop]^ettfd& ober nad^>)ro>)l^etifd^ unb nad^ejilifd^ ? ©eit aBell^aufen« toirifamer 35urc^fü9runfl
ber ©raffd^en §^})ot^efe ift bie Ic^terc änftd^^t in ben SJef onftruttionen aHmä^lid^ bor^errft^enb
geh^orben. ^n ben d()ronologifd^en älnfö^en gelten aUerbing^ bie Urteile toeit au^nanba.
9lud^ in ber älbfd^ö^ung be^ gefd^td^tlid^en DueHenh^ertd be^ $entateud^d ift bied ber
80 gall. 3)ie grage, ob unb toie ber Überlieferung öon ben ^atriard^en unb t)on 9Rofe
felbft eine l^iftorifc^e Sebcutung julomme ober nid^t, bleibt ^eife umftritten. SBirb fie txt*
neint, fo ift ba« 9leligiö«-t^))ifdE)e in ben §elbengeftalten be« 312: bollftänbig lo^elöft t>on
bem gefc^id^tlic^en 9Rutterboben ; e« ift nid^t Slu^beutung, fonbem ßinbeutung ober reine
©rbid^tung. SBirb fte bejal^t, fo pnb bie gefd^id^tlid^en 2ln^alt^untte in ber ttberlie»
86 ferung auf^utoeifen, t)ermöge beren e« pd^ erflärt, bafe 3Kofe« M ber gröfete ^xcipffd
(3)t 34, 10) unb 35abib ate ber 5Kann nad^ bem §er^en ®otte« (1 ©a 13, 14) gejjnelen
tourbe.
35ie SRelonftruItion ber ntl. ©efd&ic^te fufet auf ber Überzeugung, bafe im 913; brauc^
bare l^iftorifd^e Duellen t)or^anben pnb. 3)ie neuere SQSenbung ber ^ollänbifc^en Äritil, bie
40 nad^ Bruno Bauer« unb §at)et« Borgang perfon, 9laber, 2oman u. a. inaugurierten, ntu^
ber im 512 ^feubepigraj)l^a meift au^ bem 2. S^^^^. gefammelt feien, erlebigt jeben Berfu<^
ber airt oortDeg ate au^ftd^t^lo«. Srf cnnt man bagegen im 512 Urhinben ber opoftolifc^
3eit, fo gliebert ftd^ bie Strbeit in bie Unterfud^ungen über ba« Seben 3i^fw unb bie ®t>
fd^id^te bcg a>)oftolifc^en geitalter«. ^mt er))robt bie gwberläffigfeit unb ®efd^id^tli(^felt
46 ber etjangelifd^en Überlieferung, inbem pc ein Bilb öon bem SBirfen unb ber ^erfon 3efu
au« berfelben f(^ö>)ft. SBie ba^felbe auffällt, ^ängt, toa« bie Duellen anlangt, an ba
Beurteilung be« Ber^ältnifje« ber ©t^no^jtifer, be« 3^ unb ber ß^riftologie ber Briefe.
Äommt ber Äritüer j|u ber Sntfd^eibung, e« giebt leine eigene 3o^anneifd^e Überlieferung,
fonbem toa« al« folcbe erfc^eint, finb im ®runbe nur Slnlei^en unb Umformungen b«
60 ©^no>)tifer, fo fel^lt bem iobanneiJd&cn6^riftu«bilbc ba«3^ugni« be« Slt^ofkel«; ba«2:^j)if<^
ber ©elbftoffenbarung ß^rifti Verliert bie fidlere gefd^i^tlicpe Bei^iel^ung. Unb finbet er
jtüifd^en ben ®lauben«au«fagen über bie ^erfon gefu, feinen 2ob, feine Slufcrfte^ng,
toeld^e bie DueHpunlte ftnb für bie a})oftolifc^e SBürbigung ^c\n, unb jtoifd^en ber Uebet^
lieferung ber ©hnoptifer einen unüberbrüdtbaren ©cgenfa^, jo muft er bie 2:^oIogie ber
66 äl^ioftel unb bie SReligion 3^fu boncinanber trennen, ^ene ^ätte ba« ©bangelium 3^
übermalt unb feinen ©c^toerijunft toerfc^oben. 3)amit entfte^t bann bie Slufgobe, bo«
ec^te et)angelium 3^fu öon ber Stjjoftelt^eologie ju fonbem. 3)ie 2lu«fagm über 3efu
©enbung, fein einzige« Ber^ältni« jum Bater im^immel, muffen mttoeber ol« „)>aulinif(l^
interpoliert" geltm, ober gcfu« ift al« ©d&toärmer aufpfaffen, ber nur im ^enfeit« lebte.
60 ^n biefer älltematit)e ^at ftd^ in ber %^at ber ®egmfa^ 3ugef))i^, ben im 3lamm ber
firitil, biBIiff^e 139
^ftorifc^ SEBitllid^feit bic fritifd^c Searbcitung be^ SBcrfc« ^^u ^crau^carbcitct ^at.
auf ber einen Seite toitb ber SJac^toei« berfud^t, baft aü^, toa^ in Se^re unb 3^0"^
3efu über berSiniebe^ rein SKenfd^Uci^cn liegt, f^äterer ©intrag fei,— er fül^Ite fid^ burc^«
aud ald 3Renf(i^ unter SRenfd^en, o^ne ein i^ejififd^e^ Serl^ältni^ )u @ott für ftd^ in äln-
fjjrud^ gu nehmen; auf ber anbercn Seiten toirbSefu« atö ber ßnt^uftaft ebelfter Segierung 6
gejc^ilbert, ber * ganj eingetaud^t toar in (Seift unb ©inn be^ ©^jötjubentum«. §ier
toirb bad ,,6^ftentum ber 33erfirt)rebigt" im ©egcnfa^e ju g^fw J^ropl^etifc^en Sufeerungen
(di ha^ ti)U, ett)ige @t>angelium ^erau^e^oben, bort mirb bie 3Jtoral ber 93ergprebigt
für ßnt^ufwfienmoral erüärt, bie für bie Sittlid^feit ber d^riftlid^cn ©egentoart nur bebingt
brauchbar fei ^ ben äBanbel ber 3^iten ift t^ bejeid^nenb, ba^ biefe 9lbfd^ä|ung ^efu, lo
bie ber früheren (Generation aU einfach au^gefd^Ioffen erfc^ien, ie^t aud^ bon tf^eologifd^er
geite ate bie toa^r^aft l^iftorifd^e toerteibigt toirb. 3*^ anbere Sluffaffung fei jd^toäc^
fic^e^ JtonH)romr6. 35iefe änfä^e toerbcn burd^ bie Sitterarfritif ber ©^noptiier unb
burc^ bie Slbleitung ifolicrter äu^fagen unb Setl^ätigungcn be^ ©elbftbetoufttfein^ ^^u
qud reltgion^efd^i^tlic^en 9(na(ogien gebedt. 2)er leere $la$ aber in ber {^nn^tifc^en i6
Überlieferung, ben fie fc^affen, toirb burd^ Jjf^d^ologijd^e SRelonftruftionen ber inneren 6nt=
toidelung 3efu angefüllt, bie biötoeilen na^e an bie fcntimentalen ober inbrünftigen 3lau
toitäten be« alten SRationaligmu« ftreifen. „SBer mag e« f cftftetten, toa« un« 3efu« getoorben
toore, toenn er nic^t pd^ ^ätte ^ineinreifeen laffen in bie meffianifc^e Setoegung be« läus
fer«" ? e« ift erftd^tli(^, boft bie Slriebfräfte m berartigen tritifc^en Slefonftrultionen nid^t 20
blofe in berfc^iebenen SBertungen ber Überlieferung, fonbem in grunbjö^lid^er lontrörer
Suftaffung be« SSer^ättnifje^ öon 9Jlenjd^ unb ®ott tourjeln. ©ie jielen auf eine neue
äteligton ob, bie ni(^t me^ ba^ ß^riftentum ift.
gür bie äuffajfung ber aj)oftolifd^en ßeit ift bie Seurteitung be« ßuettentoerte« ber
a® unb il^red SSer^öltnifje« ^u ben j)aulinifd^en Briefen maftgebenb. gntl^ält jene eine ge« 26
f(^id^tli((^e Überlieferung unb fmb bieje fämtlic^ ober ijum 3:eile aut^entijc^, fo bilben bie
©nmblage für bie SRefonftruftion ber (Sejd^id^te bie fic^ ergänjenben SKitteilungen beiber,
über bie binauig, fall« bie ßd^t^eit ber Keinen ^aulinen unb ber ^aftoralbriefe angenommen
toirb, no<p einige bereinjelte Daten ju getoinnen ftnb. 3m l^eflften Sid^te liegt bann bie
SBirIfamleit beö 5Paulu« aU ^eibenmiffionar, bie Äunbe jeboc^ bon bem Swbend^riftentum 90
unb fetner ®nttoirfelung bleibt ebenjo unbollftänbig unb unftd^er toie bie Überlieferung
über bie lat^olifd^en Sriefe. SBie bann ba« SBejen unb SBirlen bee ^ßaulu« felbfl auf=
^faflen tp, bad toirb gegentoärtig toeit au^cinanbergei^enb abgefd^ä^, toobei auc^ religionö^
gefc^tli^e Analogien bi^toeilen Iräftiger in älnfa^ gebracht toerben, al« bie älu^fagen
ba ©riefe be« ät^oftete. 5Paulu«, ber toeltfrembe ©nt^uftaft — $aulu« ber Organifator ; 35
^[kutlud, ber mit ))^rifäifd^en 2:^eologumena ba« Sbangelium 3^u belaftete, unb $aulu«,
ba ben 3wben ein 3ube unb ben §ellenen ein §ettene toarb — ba« fmb ©egenbilber,
toie fie nic^t fraj)})ierenber fein lönnen. gntoietoeit über^uj)t ber gaftor be« ©})äts
pibentum« unb be« ^eUenidmu« für bie @nttoidelung be« Urc^riftentum« toirffam getoorben
fei, borüber ift nod^ lein Sinberftänbni« erjielt toorben. 3)er erftere toirb im allgemeinen 40
einfettig in ben Sorbergrunb gerüdft.
35te ^ier angebeuteten ©egenfö^e ber äluffaffung unb ber @rgebniffe beleud^ten bie
©c^toierigteit einer SRelonftrultion ber biblijd^en ©efc^id^te. 3lud^ ^ier fte^t bie arbeit
niK^ in ben anfangen. (Sefid^erte ergebnifje giebt e« bi«^er nur in ben engen Äreifen
ber ©<^ule, geftd^erte grageftettungen nur ba, too über bie religiöfen ^ringipienfragen 45
Stn^it erhielt ift. Sin toirtlid^er ^ortfd^ritt in biejer älrbeit lann nur bann erhielt toerben,
toenn ber Äritiler über bie fiüdfen ber Duellen unb über bie fad^lid^e Segrünbung feiner
^Vt>ot^en fic^ nid^t ^intoegtäufd^t, unb toenn er nid^t üergigt, ba^ bie ©efc^ic^te, bie er
pi refonftruieren unternimmt, bie religiöjen Gräfte, bie in ber ©efd^id^te toirffam ftnb,
nii^t erfe&en lann unb foll. Der Äritifer, ber bie fubjeltiben unb objettitoen ©d^ranlen 50
jeiner Arbeit fennt, toirb fid^ bie 2Borte be« (Sicero aneignen: Ea, ut potero, expli-
cabo, nee tarnen ut Pythius Apollo, certa ut sint et fixa quae dixero, sed ut
homunculus unus e multis, probabilia conjectura secutus ; ultra enim quo
progredior, quam ut veri videam similia, non habeo.
IV. Sur (Sefd^id^te ber Äritil. («gl. % §ermeneutif III. V.) 1. Die ®c:: 66
f(^(^te ber ilritil tonnte an ftcb aüt^ umfpannen, toa^ mit {ritifd^er Arbeit an richtiger
^ftorifc^ @in{ic^t getoonnen ift, alfo bie (äefd^id^te aller einzelnen ^W^Qt ber biblifd^en
SBiffenf^Kxften, fotoo^l i^rer $^j)ot^efen ate auc^ i^rer 6rgebnif|c. Um l^ier eine be-
Pimmtere Sbgrenjung ju getoinnen, ift utoifd^en ber l^iftorijd^en Überfielt über bie ßr^
gebniffe, tote fie am angemeffenften bie @efc^i(^te ber ©d^riftaui^legung bu^t, unb jtoifc^en oq
140 fttttil, (tUifdle
ber Überftd^t über bie Sebmgunßcn unb 9lnfä|e, toeld^e Slnftö^e für eine neue Iritifd^e f^roge»
fteQung geben, ju fd^eiben. 3RU ber [enteren ift ^iualeic^ eine S^aratteriftit ber Tlda^ohm
ju t)erbinben, bte infolge neuer ^^agefteHungen fidp au^bilbeten, foh^eit biefelbe eben in
einen gefd^ic^tlid^en Überblid gel^ört. ^abei ift m bead^ten, ba^ Jtritil unb ^ermeneutil
6 aud^ in ber ©efd^ic^te ber SBiffenfd^aft ftd^ geh^ifferma^en in ber älrbeit ablöfen. Solange
bie Überlieferung ate juDerläffig übernommen, get)flegt unb toere^rt tourbe/, blü^t bte §er»
meneutil. ®ie Kritif erh>ac^t unb erftarft in Uebergang^jeiten, too bad Übertommene in
feinem SQSerte jtoeifel^aft toirb unb bie SSa^r^eitöliebe SRec^enfc^oft )oon feiner toirRid^
33ef(^affen^eit forbert. 3ebe @t)od^e in ber SntloidEelung ber SBiffenfd^aften fielet bie
10 Äritil bei ber arbeit, fei'^ im Sorbereiten, fei'^ im aufräumen unb Umwerten. Slm firäf«
tigften, aber aud^ am einfeitigften bet^ätigt fte fid^ im Jtamf)fe entgegengefe^ter äBelt»
anfd^auungen. 35ie ©egenloart ift beig S^m^-
2. ^ie SSäter ber jtritil ftnb bie ^euenen. ^ein anbere^ 93olI bed äDltertumd fyä
Iritifd^e ÜJleti^oben au^gebilbet, fonbem aQe, bie fonft ein geiftige^ ®rbgut befa^en, rid^teten
15 ftd|^ audfd^Iiej^id^ auf bie Setoa^rung be^felben ; fie fammeln, ^oi^Ien, t)ergleid^en. Sod ®^
bäd^tnid, aber nid^t bad Urteil fül^rt ba^ ©cefjter. 9(ud^ bte iübifd^e ®e[e^rfam!eit mod^t
leine äu^nal^me. 35ie 3Kafora ift bo^ nur in fei^r bebingtem ©inne ^^ejtfritif. S)ie
eigentlid^en Seiftungen liegen auf bem ®ebiete ber ^ermeneutit.
älber aEerbing^ aud^ bie Jlritil ber ^eQenen fteft im ^ienfte ber ^ermeneutil. $omer
20 toar i^r eigentlich lanonifcber 0af jtler. ^n ben ^omerifc^en ©ebid^ten toied man bod
SSorbilb nad^ für ben t)olltommenften älu^brudC aller menfd^lic^en SSer^dltniffe (Quintil.
Inst. or. X 1, 46 f.). Sieben i^m ftellte ariftard^ unb äriftot)^ne^ Don S^onj cd»
poetarum judices ein SSerjeid^ni^ ber Alafftler auf, bie S^orbilb fein foQten (Quintil.
X 1, 54: Ordo a grammaticis datus ; Rhunken., Hist. crit. orat. Graec. 1778,
26 ©. XCIV f.). 9ln ^omer unb aufeerbem an 5piato ^at pd^ bie Äritil au^ebilbet Sei
$omer, bem bie größte ©orgfalt getoibmet tourbe, unterfud^te man in erfter Sinie ben
%^lt, ftellte Unregelmägigteiten feft, nai^m UmfteQungen \>ox unb fd^ieb unechte Serfe
aud. ©0 erhielt man einen recenfterten unb emenbierten lejt. 2Bar ber 3ufammens
l^ang nid^t tlar ober geigten fid^ 9[Biberf})rüd^e, fo tourben fte martiert unb burd^ SrHönmg
80 bejeitigt (äjiogiai, kvoeig). Slud^ bie oxdvdaXa im §omer (t)gl. 31. ^ermeneiitil III 2),
bie bereit« ^lato fammelte (Rep. II, ©. 378—394), lourben ^ermeneutifd^ bel^anbelt.
®ie ^ritil ging noi) toeiter. ^o bie Überlieferung ber ©d^riften unfi(^er toar, toui^e
über bie Sd(|tl^eit ober Uned^tl^eit toerl^anbelt. Unter ben gefammelten ©d^riften ?|ilato«
ftellte man nic^t toenige al« v6§oi beifeite. Slud^ bie ^^olge feiner Dialoge unterfud^te
86 man; fie tourben in ®nH)t)en jufammengeorbnet. (3ur ^omerfritil g. 31. SBolf, Prole-
gomena ad Homerum 1795, Se^r«, De Aristarchi studiis Homericis^, 1888;
gu ^lato, Diog. Laert. III, 56 f. 61 f. 65 f.). ©o ift bie grage nad^ ber Integrität
unb ber Slut^entte in ber ^ritif be« SUtertum« f})rud^reif. 3lm energifc^ften tourbe für bie
^erftellung ber 3"^C9rität gearbeitet. 3)ie Älagen über bie 35iaffeuafken (Seorbeiter,
40 interpolatores) bc« ßomer finb ebenfo lebhaft, toie bie Älagen über bie ©iaffeuaften
ber ©öangelien. S« bilbcte fic^ für bie 2^eEtfritif eine fefte 3Ket]^obe au«. Umftritten
blieben ftärlere Eingriffe, bie jur ännal^me toon 3lt]^etefen unb ^u Sluöfd^eibungen führten,
35er 3^^!^""^ biejer arbeiten toar bie §erftellung be« lejte« tn möglid^ft öoDIommener
?form, bei ber ba« äft^etifc^e ^«tereffe ben Slu^fd^lag gab. 3)ie beften ©tilmufter foDten
46 in befter Raffung Vorliegen, dagegen lie^ man bie ©laubtoürbigfeit ber al« Qafftfd^ an*
gefe^enen ©d()riften ununterfud^t. 3^r SBert ftanb t)on Vorneherein feft. 3^re Se^eiigung
nol^m man auf 3:reue unb ©lauben an. 6« fe^lt an jebem SSerfuc^, eine I^eorie in
biefer ?ltd^tung au^^ubauen. 3lux gelegentlid[)e 3^eifel toerben laut, bleiben ober o^ne
^ 3Kand^e 3:^eologen J>aben e« runbtoeg Demeint, ba^ bie })atriftifd^e ^Ai Äritil geübt
^abe. 3)a« Urteil erfdfieint auf ben erften ©lief loai^rl^aft felbftt)erleugnenb vorurteilsfrei
unb „aufgeflärt", ift aber falfd^. 3öie bie >)atriftifd^e Sitteratur ftd^ in ber 3!enbenj axS*
bilbete unb orientierte, bie Sittcratur ber 2tnti!e ju tjerbrängen, neue Älafftfer an bie ©tdle
ber alten ju fe^en, eine neue SBiffenfc^aft anzubauen, fo ift aud^ bie Äritif be« ^eHenid^
^ mu« jur ©rl^altung unb ©id^erung ber neuen Slaffiler, b. ^. ber fanonifd^en ©c^riften be8
31 unb 31%, übernommen unb angetoanbt toorben. ^toax l)at biefe 3lufgabe feinen d^riftlic^en
Slriftarc^ gcfunben, aber fte tourbe ate eine nottoenbige erfannt unb mit ben toon ber ^elle»
niftifd^en $^ilologie gcfd^miebeten SBerfjeugen ju löfcn berfud^t. 3llejanbria unb 9(nttO(^ia
pnb bie §auj)tftätten, an benen bie Ideologen ber t>atriftifd^en ^txt Äritil üben lernten }um
<K) ^ommen be« ©c^riftverftänbniffe«, toie aud^ in ben Kommentaren bie übliche ^I^Uologtfc^
ftrit», HUtff^e 141
SRet^obe, Anogiai )u ermitteln unb kvoeig ju geben, angetoanbt h^trb. ä^nltd^ eignete bie
abc^fUid^e Jtunfl ftd^ bie ontilen ^^ilofop^ent^^en an unb geftaltete bement{))re$enb bie
Xfptn ber ^o^td unb ^eiligen. 35oci^ e^ barf nid^t überfeinen Serben, bafe bie fritild^c
Arbeit ber ^eDcniften unb ber Äirc^ent)äter unter tjerfd^iebenen ®efic^t^})un!ten fic^ öott«
gie^t. gür jene tvax ha§ äfti^etifd^e ^ntereffe leitenb, für biefe ba^ religiöfe. 3lene hjottten 6
bie ®runblage ber geiftigen S3Ubung feftigen, biefe für bie jutoerläfftge Überlieferung ber
Offenborunggurfunben, beö S^^^^Ö^ff^ ^^ göttlid^en SBei^^eit, 3}orforge treffen. 3)iefer ß^a«
roher namlid^ mürbe ben biblifc^en Sd^riften o^ne h^eitere^ aU felbftt)erftänblidn ^uerfannt,
gerabe fo tane $omer, ber infpirierte ©id^ter, ate ba« 3Jlufter DoIHommener 3)arftellung
galt. Urib toenn bie ^efleniftifd^e ^l^ilologie eingeteilt toirb in tö dtoQ^corixdv (jxigog), lo
t6 dvayviooTixdv, ro i^rjyrjrixdv, x6 xQirixöv (Scdter, Anecdota 736), fo tDÜrbe Dri«
gened ober X^eobor t)on !lKo})fueftia für bie tl^eologifc^e älrbeit btefe Einteilung ^aben
übernehmen fönnen. 3^e Seiftungen entfprad^en berfelben. Slud^ bei i^nen bient bie
Stritit ber i&ermeneutif.
2)ie arbeit ber Äin^entjäter für bie S^ejtfritif unb i^re 2lnfä$e gur ^Prüfung ber ^n^ i6
tegritot ber biblifc^en ©c^riften ift ben Seiftungen ber ^elleniftifc^en $^ilologie nid^t eben*
bürtig. 35a^ grofte Untemel^men beö Drigeneig, ber ben öertoirrten Sejt ber LXX
met^obifd^ in Orbnung bringen tooQte, blieb ein Xorfo unb brad^te in ber «^otge me^r
Sertoirrung ald JKärung. Seine Xec^nif toar babei bie ber ale^anbrinifc^en ?ß^Uotogen.
2)un!^ fritif(^e 3^4^ ^^ SRanbe be^ Xtjct^ ioerben bie Urteile über ben Sad^ftanb 20
f^ert, burd^ ößeXol, äoreQioxoi u. a. 2Bie lange biefe Überlieferung ftd^ erhielt, betoeift
bie 9loti3 bc^ ^f**^'^ (Orig. I, 20) : Obelus apponitur verbis aut sententiis super-
flue iteratis. %nx ba^ 31% ift tro| aOer jllagen über toiafürlic^e @ingriffe ber ^ia^
f feuaften (1, 3) eine burd^greifenbe dioQ&cooig nic^t burd&gefül^rt toorben. ^^ox bon diog-
dovv ift öfter bie SRebe, aber in bem üblen ©inne lüillfürlic^er unb tenbenjiofer äbänbe« 25
rung, — bie JÖXfjiri xivarv fjLox^Qä rrjg diOQ^cboecog rcbv yQaq)ojueva)v (Orig. in
Mt XV, 14), toie bie diog^coaeig, bie ^tian in ftiliftifd^en ©löttungen an ben ©riefen
bed^ßoulud tjoma^m (Euseb. H. E. IV, 29, 6), ober toeld^e bie 5Konar^ianer fic^ erlaubten
(Euseb. H. E. V, 28, 15 ff.). SBag üon ben SRecenftonen beg Sucian unb ^t\t)^m^
)u fydtm ift, über bie ^ieron^mu^ fo abfd^ä^ig urteilt, bleibt ungeh^i^. älud^ bed ^iero^ so
tOfmu^ Semü^ungen um einen beffcren SSuIgatatejt fd^ufen für bie Sejtlritil felbft feinen
SSonbel. älnberd öer^ölt e^ ftd^ in ber Äritif ber Überlieferung be^ ntl. Äanon^. §ier fmb
bie ^irc^t)ater ben ale^anbrinifd^en ^^ilologen ebenbürtig. äBö^renb nämlid^ ber atl.
5tanon, toie bie LXX i^n barbot — ber ^ebräifc^e Jlanon toarb nid^t ©eaenftanb befon«
bfrec Unterfud^ung — , ald in feinem ©eftanbe gefiebert galt, tourbe bie Hanonidtät ber 86
ntl. ©((triften forgfällig ge})rüft. 3)ie Äirc^engef^id^te bce Sufebiu^ giebt öon ben SSers
^blungen ui^ i^ren ^ottt)en ein greifbare^ ©ilb, bad bie fonftigen ^ac^ric^ten beftötigt
unb bereichert (^einrici, Beiträge I, ©. 57 f.). ©olool^l bie grage nac^ ber §ertunft unb
bcm öffentlid^en ®ebraud^ ber ©d^riften, al^ aud^ bie t^age nac^ Sd^tl^eit unb Uned^tl^eit
imrb ertoogen. ^ie ©rabunterfc^iebe ber (Srgebniffe toerben Uafftfigiert. 2)abei bient bie 40
^£erminoIogie ber ^eQeniftifd^en ^^ilologen auc^ ben Jlirc^enDätem. SBie bei ber ©etoin^
imng ber ©rgebniffe öerfa^ren tourbe, geigt bie Äritil, bie ©ion^f^o^ öon Sllejanbria an
ber aH)ofal^fe übte (Euseb. H. E. VII, 25). »uf (Srunb innerer (Srünbe gelangt er
}u bem ©d^luft, ba^ biefe ©(^rift bem äpoftel go^anne« abgufprec^en fei. Slu^e^enb toon
ber unbestrittenen älnna^me ber Sc^t^eit M Süangcliumd ^0 beleud^tet er bie t)erfc^iebene 45
SBetfe, toie ba« (Stjangelium unb bie Sljjofal^pfc fid^ einfül^rt, ben abtoeic^enben (S^arafter
ber ®ebanlen, Slu^brücfe unb beig ©tiü, ben üJlangel jeglicher Segie^ung ber übrigen
©elften be« 30 auf bie ätol, er übt ©prad^fritif unb Rritit au^ ben Analogien. 9lid^t
9Ko4!tfj)rüd^e ber Ürt^lid^en äutorität alfo entfc^ieben über bie Äanonicität. ßrft feit bem
4- 3<^^^*>^ P"b bie fd^toebenben SJer^anblungen, bie nac^ Scfc^affenl^eit ber Übers 50
Iteferung burc^ fac^lid^e ®rünbe nid^t erlebigt toerben lonnten, burd^ ©i^nobalbefd^lüffe unb
2)c(rete jum ©dj^toeigen gebracht. 35iefc fallen in eine S^xt, in ber bie b^jantinifc^e ©e*
(e^rfamlett bie ^^rung übernommen ^atte, bie ben ©(^ulbetrieb burc^ ÄompUieren unb Qp
cetpxetm aufredet erhielt, o^ne ftc^ um fritifc^e tragen anber^ al^ gelegentlid^ ju fümmem.
Unb andf im Slbenblanbe toar e^ nid^t anberd, too bie 5tlofterfc^ulen bie 2:rabitionen ber 66
alten Jttrc^ in ))ietätt)oller Sefd^rönfung unb ^efd^rönttj^eit fortpflanzten.
3. 3Kit ber SReformation ertoad^te öon neuem bie biblifd^c Äritif, nacbbem ber §uma-
ntdmud baju ben Soben bereitet ^atte. ©ie betocgt fid^ ^unäd^ft innerl^alb ber ©renjcn
ber iHüriftifd^en Äritif. SBäie bem §w^ö«t^»"u^ bie toieberentbedte flaffxfd^e Sitteratur ge^
tmffnma|en al& lanonifc^ galt, fo toar ben äleformatoren bie 93ibel bad SSiort ©otted. eo
142 fttttil, (tbltfflle
Slbcrlücnn fie aud^ ,,bic ©d^rift" nid^t Irittficrtcn, fo nal^mcn fw bieSlufgabc beräBertun^
ber Schriften, ber einzelnen Seftanbtcilc bc^ Äanong, eben an bem fünfte auf, bid )u
bem fte ethja Sufebiu^ ßcfül^rt ^atte. Sie crfenncn SBäcrtunterfd^iebe an unb fonbem bic
©dE)riften in Älafjen. ©an^ toie in ber alten ÄirdE^c lüirb bie ^age na^ ber l^nft^itotion
5 ber Sibel nicf^t Leiter erörtert ; biefe gilt atö felbftberftänblic^. 3)urc^fd^laflenbc ^Rotiot
für bie SBertung geben aber nid^t gefd^ic^tlid^e ®rünbe, fonbem bag Sebürfnig bcrSeelens
na^rung. 3Rit toelc^er grei^eit fürt fic^ Sut^er fraft feiner ®Iauben^eh)ife^eit feinen
Äanon au^ ben fanonifc^cn ©d^riften ! %ixx ben S^atbeftanb ift eö bebeutfam, baft a
auf biefem fubjjettiben äBege ju Sßertungen lommt, bie ben bon (Sufebiud berichteten faft
10 boÜftönbig entf))re(^en.
Seftimmtere formen unb 3^^^^ erhielt bie Äritil feit ben SSerfud^en einer bogmati«
fd^en ^i^ierung ber ebangelijd^en Airc^enle^re. ^ie Slu^bilbung ber alt))roteftantifd^
3nf})iration^Ie^re mottte gum ©efe^ erl^eben, \oa^ big bal^in jd^lid^te religiöfe SSorau^fe^unfl
hjar. ©ie hjollte bamit einen äöall aufrid^ten gegen bie fatl^olifd^en angriffe auf boä
16 ebangelifc^e ©(^rift})rinjij3 unb jd^miebete bamit ^ugleid^ eine ^eflel für bie freie Setoegung
ber tl^eologifd^en 2Biffen|c^aft. 3)cr ganje 3«"i"i^^^ ^^^ 2l})ologetiiE auf alle gätte unb
einer §örmoniftif mit Sejd^toid^tigungen unb S^^fl^Ö^tt^itt^^»^ toar bie golge babon, fobolb
bie unfad^lid^ formulierte Slutorität mit ber SBud^t ber S^l^atfad^en in Äonflift fam. Unb
bag mu^te gefd^e^en. Sin bem lejtbeftanb beg9l2 ertoac^te ba« Iritifd^e ©etoiffen. 3)a8
20 2)ogma bon ber SQ3ortinf})iration ^atte ben übelberatenen textus receptus — fo toar er
auf Orunb einer 9lellamet)l^rafe be« SJerleger^ ßljeüir genannt toorben — getüiffermafeen,
toenn aud^ unau^gefproc^en, lanoniftert. ^nä) mit bem Sejte ber 3Kafora, big auf bie
SSotaljei^en ^in, tourbe bieg berfud^t. ©otoie man aber einen te^tlritifc^en 9l))))arat )u
fammeln begann unb bie älbh^eid^ungen in ber Xe^tüberlieferung jufammenfteQte unb orb«
26 nete, ba fonnte ber ©a^ nic^t mel^r mit guten (Srünben aufrecht erhalten toerben, bo^
ber ^l. (Seift auc^ bie irrtumgfreie ©eftalt ber biblijc^en lejte verbürge.
2lber auc^ bag bogmatifd^e Urteil über ben ^ni}ali ber ©(^rift, über jeine perspi-
cuitas et sufficientia, fc^eiterte an ben 'S^atfad^en. ®ie ©egenfd^e ber äluglegung, in
benen ©eften unb SRed^tgläubige fic^ befämpften, bie fleifeige ©ammlung ber 9Jad^ri(^ten
80 jur Oefc^id^tf beg Äanong, bie burc^ bie ^ortjc^ritte ber Srfenntnig beg ältertumg getlärte
gefd^ic^tlic^e Sluffafjung, lur^ aUeg Wa^ TOänner toie §ugo (Srotiug, SRic^arb ©imon unb
alle, bie il^nen folgten, für bag gejc^ic^tlic^e ©c^riftöerftänbuig geleiftet ^aben, erfc^ütterte
langfam aber unaugn^eic^lid^ bie @runblage beg altproteftantifd^en 3nf))irationgbogmag.
9Sarb eg nic^t lorrigiert, fo mufete eg ^um 93rud^ fommen gtüifc^en ber fird^lid^en %\)ti>*
86 logie unb ber h^iffenfd^aftlid^en ^ritif, ju einem ^rud^, ber jtoar berfd^leiert, aber ni(^t
gej^eilt Serben fonnte.
3n biefem Oegenfa^ ^at fic^ bie biblifc^e Äritif enttoidEelt unb burd^gefe^ ÜKe^
unb me^r tüurbe fie eine antibogmatifd^e, inbem fie nic^t fpürte, baft fte felbft bon anti=
fird[|lid^en bogmatifc^en SSoraugfe^ungen geleitet marb. ^enn auc^ bie antibogmatifc^
«o^ritif ift big ^ur SRitte beg 18. ^a^rl^unbertg, toag 3Qerturteile unb bie Übergeugung
beftimmenben ©rgebniffe anlangt, bogmatifc^ gcbunben. 3^r Älaffifer ift ©pinoja, ber
in feinem tractatus theologico-politicus (1670) bie aufgäbe in ber fürbiegolge ma^
gebenben SQSeife formulierte. SBeber ber ©fet)ticigmug beg 17. ^So^^N"^^^/ ^^^ ^w
ä)eigmug unb ber Stationaligmug beg 18. ^aben an feiner grageftellung ettoag geänbert;
46 nur ben Xon ber ^ritif änberten fte, unb jmar nid^t ^um Vorteil ber ©ac^e. ©)>tnoyi
giebt eine ergreifenbe ©d^ilberung beg geiftigcn SRotftanbeg, ben bie bogmatifc^ erftarrte
3:j[>eologie ^crborgerufen l^at. 6r toill an^ ber Sibel ein unbogmatifc^eg 6^riftentum ge«
toinnen, unb jtoar burc^ Äritif ber Überlieferung. 3)ieg ßbriftentum fotl in feinem Unter«
fd^iebe bon ber ^l^ilofop^ic alg Jjrattifc^e Sebengle^re (obedientia) öerftanben toerben.
eoSBäag barüber l^inaugge^t, toirb burc^ ben SSerfud^ befeitigt, eg alg jeitgefc^ic^tlic^ bebingt
ober alg bem gaffunggbermögen niebrig ftc^enber ©inftd^t anget)a6t ju eirflären. !Raments
lid^ auf bie Sefeitigung ber SBunber rid^tet fic^ biefe Äritif. 3^^ ©rgebnig ift aber ntc^t
bag ©c^leiermac^erg, ba| ber Religion il^re unabl^ängige ^}5robinj im (Seiftegleben ange«
toiefen toirb, fonbem bie ^ormel: bic Sieligion barf ber Semunft nic^t h?iberf))re(^.
66 Diefer ©a^ toarb bag 2)ogma ber antifirc^lic^en Sibelfritif . Der ©egenfo^ bon 3}emunft
unb Offenbarung trat ^eraug. 2)ie ßnttoidtelung ber Sibelfritif ift bon biefem ®egenfa|e
beftimmt, ber in bm berfc^iebcnartigftcn älbtönungen fte burc^bringt, o^ne jum ftaren
Slugtrag fommen m fönnen.
Cg ftnb berfd^lungene Sinim unb ftd^ freu^mbe S^t^^^cn, in benen im Saufe beg
ao 17. ^a^r^unbertg bie @nttt)idelung ber Jlritif in immer leb^afterm SSer^nblungen unb
SriHI, HUiff^e 143
mit bcm Suftoonbe ftd^ immer tociter auöbcl^nenber ©ele^rfamfcit boH^iel^t. ©ie fc^tc
ein mit ber Ztjct^ unb Äonjetturalfritif unb erlüettcrte ftd^ auf bie Ärittf beig Äanong unb
be« ^n^oltd ber Biblifc^en Süd^cr, hjobei im Kampfe ber Ort^obo|ie mit bcm ^ieti^mu^
unb ber älufHärung aUmä^lic^ bie @rlenntni^ aufleuchtete, ba^Steligipn ettDad anber^ fei
ald 3^ologie. S3i« in bie 9Ritte be^ 18. 3a^r^unbertg rei^t biefc Übergang^periobe, in 6
ber fid? ber 3Biberftreit gtoijc^en ber S^^eologie unb ber „hjeltlic^en" Söiffenfc^aft au^bilbete,
o^e bo^ bie ju ®runbe liegenben $rimi)}ienfragen entfd^cibenb erlebigt h^urben.
35ie erften SSerfud^e, eine fritifd^e 3)cet^obe au^jubauen, übten fic^ an ben römifd^en
JKaffttem unb lehrten bie Äunft be^ ©menbieren^. %, SRoborteßu^ veröffentlichte in
^ßabua 1557 De arte sive ratione corrigendi antiquorum libros disputatio. Sein lo
^i^ i% scriptores pristino nitori et elegantiae reddere. ^n flüchtigen R^gen ^an-
belt er Don bem (S^rafter ber §anbfd^riften, öon älbbrebiaturen, SJerfe^ung bonSud^ftaben.
91^ ^^lerqueQen giebt er an bie additio, ablatio, transpositio, extensio, con-
tractio, distinetio, copulatio, mutatio. f^einfmniger unb einbringenber h^ar bie gleich«
jeitig erfc^etnenbe Sc^r^ be^ ^. &itpf)anu^, Castigatio in M. T. Ciceronis locos is
quam plurimos, beren Unterfud^ung de origine mendorum bem S. 6a))))eUud in
feinen tertfritifd^en älrbdten antrieb unb SSorbUb abgab. @ad}). @ciot)))iu^, De arte
critica et praecipue de altera ejus parte emendatrice (1597), Derfolgt eine ton-
fertKitit>e Xenbenj. 6r rid^tet fid^ gegen ©elel^rte, qui temeritate et plus quam ju-
yenili audacia, nullis omnino libris veteribus adjuti, passim in omnes scrip- 20
tores grassati sunt, ^ie $^^^f^^f^^^ f^^ h^^^ B^ unterfuc^en, @menbationen au^
ben J5<inbfc^riften unb burc^ itonjeftur feien au^einanber ju galten. ^^ ^, Sialefiu^
@(^nft De arte critica blieb unboßenbet (jule^t ebiert öon Surmann 1745); \oa^ öor«
^nben ift, be^anbelt bie ®efd^id[|te ber Äritif. 3"?^"^^^"^^^ ""^ ^^^ ^'^^^^ berÄlaf^
fiter unb ber Sibel öerbinbenb ift ba^ SBerl öon 3^^. Glericud Ars critica, in qua 26
ad studia linguarum Latinae, Graecae et Hebraicae via munitur veterumque
emendandorum et spuriorum a genuinis dignoscendorum ratio traditur (3 35be,
1697. ' 1730). 9Rit ga^lreid^en gut gctoä^lten Seifpielen erläutert er bie Don i^m auf*
OefteQten Segeln, bie jum Seil treffli^ formuliert finb. Slber aud^ bei il^m, toie bei
feinen Sorgängem fiept bie Jtritit noc^ ganj im Xienfte ber i^ermeneutif, obmo^l Slnfä^e 90
jur @rfaffung i^rer felbftftänbigen Sebeutung ftc^ pnben. 3ft 6lericuö bod^ ber erfte, ber
bie ©inftc^t audf})rid^t, ba^ ber Hanon eine (Sej^ic^te f)ah^. — 3)ie t^eoretifc^en Anregungen
biefer Schriften finb für bie Sibelfritif in SBerfen Verarbeitet, bie tejtfritifd^e^ unb ^ifto-
Sd^ed SRoterial jur @(^riftaudlegung unb Sd^riftbeurteilung aggregatmö^ig unb WtxU
ic^tig jufammenfteUten. Unter i^nen rttgten bie Criticae sacrae be^^ £. Sa))^ellu^ 86
(1634), bed a. Pfeiffer (1680) unb 8. &atpioYD (1728, 2 Sbe) ^ertoor, bie grunbfä^lic^
mit Derfc^ieben ftarfer Setonung bie unantaftbare Slutorität ber ^l. Schrift aufrecht er^
galten, — bie aufgäbe ber „^eiligen" Äritil fei, dextre judicare de sublim! sacrae
scripturae origine, irrefragabiU auctoritate, intemerata perfectione, fagt 6ar))5on).
Senn aber einige unter i^nen, toie S. ßajjJjeHu^ \xd^ Äonjefturen im maforetijc^em Jejte 40
geftotten, fo erregt bo^ nun ebenfo ben 3^^ ^^ Ort^obojcn, bie eben biefen %^t für
getoifferma^en unantaftbar ertlärten, toie ba^ bem Saurentiud iUalla unbßrodmu^ g^gen»
über einft bie SSerfec^ter ber unantaftbaren Slutorität ber äSulgata Derfuc^t Ratten.
92o(^ Säoldenaer fanb ed notig, toiber bie te^tfritifc^e Drtl^obo^ie eine toertDoÜe Stebe ju
^ten : De critica emendatrice in libris sacris a litteratoribus quos vocant non 46
adhibenda (Hemsterhusii et Valck. orationes 1784 6. 301). — 3)ie Unterlage
für atl. 3:e5ts unb Äonjefturalfritif ^atte ber Dratorianer 3- 3Jlorinu^ in ben Exer-
dtationes biblicae de Hebraei Graecique textus sinceritate etc. (^ari^ 1633)
jugerid^tet, ber bie LXX afö au^ reineren Quellen ftammenb bem maforetifc^en 2^ejte
gegenüberftellt. Diefe SBertung tourbe burd^ ben §intoei« auf bie unftc^ere Sejtüberliefe^ 60
tung ber LXX namentlich öon feiten Jjroteftantifc^er ^5^^^^ W^Ö beftritten. 3)em 31%
gegenüber toar bie Äritif jurüdE^altenber. Sefonber« ÜRiC (1707) unb SBetftein (1751.
1752), beffen toertDolle ^rolegomena (f^on 1730 üeri)ff entließt) für bie ©c^icffalc be«
Zc^ted 3laiSjind)Un aui ber ))atriftifc^en Sitteratur ^ufammentrugen, fammelten einen te^t«
trittfc^en 9()))>arat in größerem Umfange; 93engel ^at atö ber erfte e^ getoagt, ben textus 66
reoeptus )u änbem, inbem er bie i5^n^f4Tifi^>^ ^^^ ^^^^^ SUerte ^u fc^ä^en unb ju
grut^ieren unternahm (1734). 35e« gro|en SR. Sentle^ älbfic^t, eine neue Stecenfion be«
griei^ifc^ 3:ejte^ unb ber 33ulgata gu liefern (1720 erfc^ien eine $robe), fc^eiterte an
bem SBiberftanb ber S^eologen. (Sr toollte ben Cod. A ju (Srunbe legen unb bie
berbefferte SBulgata. Sein Programm tourbe um ein ^a^r^unbert f))äter im toe- eo
144 ftrtta, (iBItfdre
fentltd^en t)on S. Sad^mann aufgenommen unb h^irlt fort. (3)a$ 9t&l^e hn XttSd
StbelteEt ©. 755 ff.)
älud^ in ber SRetl^obe ber DueQen{nttI tDor Sentlej^ 3lad}tDÄ^ ber Unec^tl^ett bon
ben Briefen be^ '^^olarid grunblegenb. ^ür bte Stbel blieb e^ bei bereinjelten äSetfuc^,
5 bie meift auf me^r ober minber begrünbete Vermutungen anliefen. 9tamentlid^ m ben
Greifen ber älrminianer, bie meift mit guter f})rac^[i(i^er unb ^iftorifc^er ©ele^rfomlett mt^
geftattet haaren, unb ber bogmatifd^ enegten Sodnianer fehlte ed an folc^en nid^t S>ad
äBertüoQfte bat^on enti^alten bie Stommentare be^ $. ®rotiud jum 31%, ber g. 9. bie
UmfteDung ber beiben S^effalonid^erbriefe üorfd^Iägt. ©infam fte^t in i^rer 3«t btc erjte
10 an ber ®en burc^gefü^rte Dueßenfd^eibung beö franjöfifd^en ärjte^ ^tan äftruc (CJonjec-
tures sur les m^moires originaux, dont il parait que Moyse s'est servi pour
composer le livre de la Genese 1753). 35en Stanb ber ^iftorifd^en Jlrtttt bid \xA
18. ^a^r^. lenngeid^net ber f^eftige Streit, ben Spinoga^ tractatus theologico-politicus on^
fadste, unb bie freien ^^antafien über ben Urf))rung bed atl. fianond, in benen bie ort^obosat
16 3^eoIogen mit 5Kännem toie 31. ©imon toetteiferten. ^m 18. 3^^^^. fteigerte fic^ bie anti«
bogmatifd^e Jtritif ju immer fd^örferem ©egenfo^e. Xie ^erfud^e }um ®rfa^ ber traditionellen
änfd^auungen futb bürftig. 3)er englif^e 3)ei^mu^ griff plump, mit })^arifäifc^ 3^
bringlic^Ieit namentlid^ bie (Sefd^id^tli^feit ber alt. ©c^riften an (g. 9. 3. lolanb, Adesi-
daemon et origines Judaicae 1709). ^er ©Ie))tict^mu^ (Sa^Ie) freute ftc^ an bem
20 9lad^lüeig ber öe^d^iebenen Urteile über ben ®e^alt ber Sibel, bie ftd^ gegenfeitig auf«
^oben, unb münbete aud in frivole Verachtung ber ))ofitiDen Sieligionen (Voltaire tc),
S)er 3lationali£Jmu^, beften $auj)tfü^rer in 2)eutjd^lanb ber unftäte (Sbelmann h)ar(9RofeÄ
mit aufgebecftem ängefic^t 1740), fud^te in breifter gw^^^P^t im Vertrauen auf bte un«
toiberftel^ltd^e Äraft be^ gefunben 9Renfc^ent)erftanbe^ ju bereifen, baft e« in ber ©efc^tc^te
26 {eine Siätfel giebt, fonbem alles auf feinen rationellen @ang jurüclgefü^ Serben loim.
6ine tiefere, bie ©ad^e bereic^erenbe Vetoegung betpirfte an ber 9leige be« Sa^r^unbertd
bie Veröffentlid^ung ber „SBolfenbütteler ^agmente" unb ber fid^ baran Inüj)fenbe Streit
gtDifd^en Seffing unb ®ö^e. ®egen bie ma^lofe Jtritif beiS englif^en ^eidmud richtete
ftc^ baS tt)ertt)olIe ©ammeltpert SarbnerS (Collection of the ancient judish and
80 heathen testimonies to the thuth of the chrisüan religion, beutfd^ t>on 9rul^
unb ^eilmann 1750. 51, 5 Vbe). ^aS h?if(enfd^aftlid^e ©leid^getpid^t fuc^ten buxi^
energitee fid^ emancijjierenbe ©ac^fritif t)or anberen ^erjuftellen 3- 3). SRid^aelid unb ber
ed^te äfle>)räfentant ber ÜbergangSperiobe 3- ©• ©emier.
4. 3)ie epoc^e ber fritifc^en 3lrbeit, in ber lüir ftei^en, beginnt mit bem Slu^ang
86 beS 18. Sö^'^'S^unbertS. ©ie je^t bie grunbfä^lic^c änerfennung einer rein öon ber ©ac^
geleiteten unbogmatifc^en Äritif burd^ unb ftdlt bie aufgäbe einer SRefonftruftion ber ur«
f))rünglid^en Vefd^affen^eit unb beS tvirflid^en Verlaufs auS ben gegebenen Duellen. 9(ber
ollerbingS, ber ©cgenfa^ Don Il^eorie unb $rajiS ift mit ber änerlennung ber rid^tigen
©runbfä^e noc^ nic^t aue^eglid^en. ^ieS ^ängt gufammen mit ben unftd^eren Veftim«
40 mungen beS äBefend ber iReligion. Vei ben Verfuc^en, fie abzuleiten, toirit noc^ immer
tro^ ^ant unb ©c^leiermac^er bie alte Meinung nac^, fte fei modus et ratio Deum
cognoscendi et colendi. Xa^er h)trb fie teiU ber $^ilofo))^ie untertoorfen (bie t)on
§egelbeftimmteÄriti!), teite öom ©tonb^junfte ber „naturtoiffenfd^aftlid^en SKet^obe" mit
ängftgefü^len, h)ie fie bie mangelnbe DJaturerfenntniS erzeugt, unb ben t)lumj)en ober
46 raffinierten Vefc^toic^tigungSDerfud^en berfelben gleic^gefe^t, too^er f^e in bad ©ebiet ber
iQufftonären ©uggeftion t)ern)iefen toerben mü^te. Unb mit toelc^er ^urjfic^tigfeit ton^
babei toon „naturmiffenfc^aftUc^cr 3Ket^obe" gefjjroc^en! 3)ie 3Ket^oben ber Slaturtoiffen»
fc^aft futb fe^r öerfc^iebenartig, unb DJatur unb ©efc^ic^te fmb jtoeierlei. 3Kit ber 8c«
ftimmung beS SBefenS ber iKeligion aber ^ängt jeber Verfuc^, ba« SBefen ber biblifc^
60 Sieligionen rid^tig ju beftimmcn, organifc^ jufammen (I, 4. II, 1. III, 4. 5).
Slbgefe^en öon ber grunbfä^lid^en Slnerfennung be« Siedet« einer unbogmatifc^
Äritil unterfd^eibet fxc^ bie neue ^tit t)on i^ren VorbereitungSftabien burcp k>trtuo|e
2luSbilbung ber fritifd^en SKetl^oben unb i^ren fombinierten ©ebraud^. 3)ie ftritil
l^at toon ber ^f^d^ologie, ber ©^jrad^miffenfc^aft, ber Sitteraturfunbe unb ber ®e«
66 fd^ic^te über^auj)t bie ^Kittel f^c^ formen ju laffen, bie ein fachgemäßes Urteil ju fällen
im ftanbe finb. ^i}xt äöenbepunfte toerben bewirft burc^ bie einfielt, bafe biefe
3Rittel auf einzelnen ©ebieten unb in beftimmter Slic^tung einfeitig angetoanbt tourben.
Damit tritt ein SlüdEfc^lag ein, ber bie ©ac^e förbert. Stud^ l^ier liefert bie (SnU
toicfelung ber jj^ilologifc^en Äritif ein ©egenbilb. (Segen ba« äluStouc^em ber Äon»
60 jelturalfritil, bie fu^ in ber ^eube, bie überlieferten 2e£te ju bemeffen an ben feß«
Srit», BtUtff^e 145
gefleOten StUgefe^en ber dnjcincn Sttteraturgattungcn (lg. 93cc!cr j. S.\ immer fubjeftU
knfttfc^ere Singriffe erlaubte, erfolgte atö SRücff^lag bte ^orberung urfunbltc^ begrünbeter
Xejirecenftonen, toobet lüieberum bie ©efo^r nid^t immer bermieben hjurbe, mit gleic^s
gilägen unb ^uföDigen ^bh^eid^ungen ben te^tiritifd^en 9l))})arat ^u belaften. ®egen ba^
Uebergreifen ber ^nterpolation^fritit, bie in äludfc^altungen unb Umstellungen auc^ bie 5
tfi^te ^omerfritu bed ^eUent^mu^ h^eit jurüdlieg, inbem fte nac^ logifc^en unb öftt^e::
tifd^en ®efu^td))unften onoli^fierte unb bidh^eilen faft Umbid^tungen ber Ueberlieferung
toorna^m (j. 83. Ä. Sei^rö, D. ^c^'^ötiu« gtoccu« mit öor^ug^toeifer SRüdtftd^t auf bie un=
eii^ten Stellen unb ®ebt(|te, 1869), erfolgte al^ Stüctfc^Iag ber 3lai}to^i, ba^ fold^e all^
tonffenbe Umformungen frembeiS 3Rai gebraud^ten, ba^ ^ier bie alten älutoren bel^anbelt 10
tanirben, ald Ratten fte nic^t für i^re ^^t, fonbem für ben ))^ilologi{c^en Sd^arffmn ber
©egentoort gefc^^rieben. 35ie Sinfeitigfeiten ber Sitterarlritil toerben bur^ bie Icben^s
üoOere @rfajfung ber Urf)>rungdber^ältniffe ber Sitteratur unb burd^ bie bertieftere Srfennt^
nid ber Sebingungen litterarifd^en @r^eugend jurüdgebömmt. 9lud^ bie blenbenbe Itraft
ber Stetonfhrubion^erfuc^e ber ®efd^id(|te auf ®runb })l^ilofo})^ifc^er ^rdmiffen l^at nic^t 15
6tt(^ gelten. 2)ie 3}ta^me, ba^ bie 2Bir!ltc^Iett unb bie Seric^te über bie h^irflid^en
Sorgönge ftd^ tD&erftreben unb xrabition eigentlich ^iftion fei, ba^ bie Überlieferung
cxfl aiifgeldft n)erben muffe, um eine erneute @r!enntnid unb SBieberl^erftellung ber urf^rüng^
llifym SSirtlid^Iett ju ermdglid^en, ift erlebigt burd^ bie h^ad^fenbe Sinftc^t in bie lortiplu
gierte $at^ologie unb bie bunten SJtifc^ung^Der^öltniffe aller Überlieferung. 2Bie gro^ 20
t^ ber äbftanb jtoifd^en ber unlritifd^en Äritil, bie ©trau^ mit feinen Ableitungen am
Beben gefu tooma^m, unb ber 33aurfd[)en SRefonftrultion beö Urd^riftcntum^ mit ben
Stitteln ber Sienbenjlrittt einerfeitd, anbererfeitd ber litterargefd^i^tlid^en f^unbierung be^
Sebend ?;efu unb ber trabition^freunblic^en SBenbung, bie Dor anberen burd^ 91. SRitfc^l^
Sntttntii ber Tübinger ©efd^ic^tdfonftruftion unb 91. i^amadf^ erfolgreid^e Arbeit beran^ 25
lo^ tfi
^ie gefd^ic^tlid^en @efid^t^})unfte, toelc^e in i^rer ^urd^fül^rung jur umfaffenben 92eu'
begrünbung ber^tif gefüJ^ l^aben, ftnb in ben Slnregungen i^^ber^ juerft au^efprod^en.
^ter ^erber aber ftel^t ber tieffmmgc unb bunlle SReifter beö 9l})^origmu« 3- ®.§cimann.
3^ erf(^lo^ ftd^ bad SSerftönbni^ ber ©efc^id^te unb ber 83ebingungen einer religiöfen QnU 90
toidtelung (III, 6). gür bie au^ereifte frttifd^e 3Ketl^obe gab bie g-ormulierung (Schleiers
mac^er, mit bem bie )>^ilologifd^en X^eorettter })arallel ge^en. ^ür bie ftreng h^iffenfd^aft^
fif^ gefü^e Unterfud^ung ber ^iftorifd^^en Probleme bcd atl. unb ntl. Schrifttums brad^te
bie neuen ©efic^tejiunfte juerft 3. ®. 6ic^l^om(t 1827) in 9tnh)cnDung. Sr gab ben gcift*
botten 2)ur(^blidEen $erberS bie fad^lic^e ©rgän^ung unb ben fritifd[^en Unterbau, nic^t o^nc 35
fic^ felbft in übertü^ne ^\}poÜ}^m ju berlieren. ©ein ©tic^toort ift ,,l?ö^ere Äritif ". „Äein
alter ©c^^riftftellcr irgenb einer Station ^cd bie ^zit überlebt, o^ne bafe mancherlei an fci^
nem I^e geänbert ober 3wf^^ '" benfelben eingefc^altet toären." ,,2)ie toenigften
Seiften famen in ber S^rm, in ber toir fte je^t bcft^en, au« ber §anb ibrer SSerfaffer."
3n Slnleitung biefer ®eftd^te|)unfte unternahm er eine „Äomj)ofitiondfritif " fotoo^l ber 40
(üL ©elften toie ber fynojjtifc^en ßbangelien (Urebangelium«^^})ot^efe), bie in i^ren ©r^
aebniffen ftd^ nic^t betodi^rten, aber für bie heiteren Unterfud^ungcn überall fruchtbare 9lns
pö^e gaben. 333a« er nic^t eweid^te, toar ber Snttourf einer einleud^tenbcn ©cfamt*
anfc^uung, tote fie Berber in fü^nen Surc^blidEcn a^nen lieft, unb toie fxc ber folgenbcn
®eneration bie ^egelfc^c ßnttoidEelungSle^re Vermittelte. ^l)x berbanft 3). %. ©trauft bie 46
berblüffenbe Sinfac^^eit feiner rein inteUeftualiftifd^ien 3)iet^obe, ben gef^ic^tlici^en ®e^alt
ber (gbimgelien, o^e fid^ toeiter um Dueüenfritif ju fümmcm, in m^t(>ifd^e ^id^tungen
umjufe^en; toon t^ erhält Sruno SBauer ben 9lnfto6 ju feiner SRefonftruttion be« eckten
Urdpnftentumd aa& $^ilo, ©eneca unb ber griec^ifc^^römifc^en ^oj^ularp^ilofot^^ie über-
ffcaipt ; i^ entle^t 6. %. S3aur ba« ©c^ema für ben 9luf toei« ber urc^riftlic^en (Snttoicf c= 60
lung, bie in bem urfjjrünglic^en „9lnftd^fein", bem ©trcit unb ber 9lu^leid^ung firc^en^
^titifc^ ®egenfä$e (III, 6) Verlaufe, aber 93aur touftte aHerbing« tiefer ju grünben,
ald S. Sauer unb 35. g. ©trauft. 3)urc^ einbringenbe Sitterarfritif ertoarb er für feine
(Srgebniffe einen fad^lid^en Untergrunb. Unb eben in biefem ©tüdt feiner großen Sebcng^
arbeit liegt i^ gruc^tborleit. ^icr bilbete er ©d^ule unb fc^ricb auc^ feinen ®canem bie ot,
SRet^obe öor. Der (Sinfluft ber §egelfd^en ^l^ilofojj^ie machte fid^ auc^ in ber Mritif be«
ai« geltenb. Satte in feiner „Jtteligion be« 912«" (1835) übte „fpefulaabe" Äriti! mit
ben 5Kitteln ber fiitterortritif. 3"^^^ tom^ beachtet, ja um be« pl^ilofop^ifc^en Gin*
fc^tagd toiUen unterfc^ö^t, ^aben 3iatt^ @rgebniffe im Fortgang ber litterarifc^en Sear::
bestmtg bed 9(Xd Vielfache Seiftimmung unb Srtoeiterung gefunben (Sleuft, ®raf, SSeQ« go
146 ftrit», (itltff^e ftrflbetter
6auf en), fo ba^ jur Q^ü bte DueKenlrittl @tt)alb^ unb ^tQmannd, bie au entgegengefeiten
älbfd^äi^ungen tarn, jur @ette aebrängt ift. 2)a^ ©letd^getoid^t in ben Segenfö^ bä otL
Jtrittl }u erhalten, blieb 91. Huenen in tt)ertt)oQen älrbeiten nid^t o^ne ®tfoIg bemü^
9!eben ber Sitterorfritil mehren {td^ neuerbing^ bie SSerfud^e religiotUgefd^ic^tlic^er Slbleitung,
6 für bie $. @unlel, @(i^ö))fun9 unb (S^ao^ (1895), aud^ einen mdü^obifd^en Unterbau ju
geben berfud^t.
3Bie in ber ^ortarbeit ber @d^h)erf)unlt ber Sibelfritil {td^ t)eränbert 1^, beleud^
am beutlic^ften bie äSibellesiea. XeOerd äBörterbuc^ be^ 3i%^ (' 1805) fielet auf ber $d§e
ber rationaliftifd^en 9(u^laugung bed Sd^riftgei^altd; bad biblifdbe ^^ütbtoörterbuc^ bon
10 ®. 93. SBiner (2 93be ' 1847), bad ftc^ burc^ eingel^enbe iBerüdCfu^tigung ber &^d^vifU
ber ^orfc^ung auei^eid^net, entf))rid^t in feiner objeftiDen ©efamti^altung ber fac^Kc^ gebtm»
benen tritifd^en Bttpfx^ be SBette«. S)aö Sibellejilon bon ©d^enlel (1869—75, 5 8be),
ba^ nad^ einem ^enfc^enalter erfd^ien, ftanb unter ber ^irehibe ber ^£übinger @(bttlt
3^m folgte bad ^anbtoörterbud^ beS biblifd^en äUtertumd \>on Siiel^ (1875 f., 2 Sbe,
16 2. 91. bon Saetlj^en 1897 f.), bog $^))ot^efen möglid^ft au^fd^Io^ unb in ben atL Xrtileln
auf bie Sleligiondgefd^i^te reid^lid^er ^ejug no^m. ^erh>anbt in ben ©runbfo^en tfit boB
feit 1898 unter Seitung bon 3. ^aftingd erfd^einenbe Dictionary of the Bible. Xuf
bem fortgefd^rittenften Stanb^untte ber Aritit $ält fid^ bie Encyclopaedia Biblica, bie
ß^e^ne unb Sut^erlanb fßlai feit 1899 ^erau^jugeben begonnen ^aben. SßeO^fen
ao ^aralterifiert bie barin befolgte ^etl^obe ald (Smenbation unb Seition ber atl. Überliefe*
rung, „nötigenfalls t)erbunben mit SßeiSfagung auS ben (Singetoeiben'^ ^en religioniS«
gefqid^tlid^en 9(bleitungen, bie ))rä^iftorifd^e Dueu))unlte für bie @rfd^einungen bed religidfen
SebenS fuc^en unb fid^ an bem ^uftoeiS bon ältabiSmen freuen, ift ein toeiter &pxdxcam
gegeben; ^aben [a bod^ auc^ englijd^e ^orfd^er befonberd barauf Sebad^t genommen, eine
26 religiöfe ^räl^iftoril gu entbed^en. ^ie ^erau^eber ber ®nc^{(o))äbie beSagen, ba| bie
Äritif be« ^X^ noö) nid^t fo toeit fortgefd^ritten ift, toie bie be« ä2:«, b. 1^. bc^ bie
flafftfd^en 3^ugniffe beS Urd^riftentum« gegen fold^e Iritifc^e ®£berimente tDiberftonb^&iger
finb. 2)iefe SBiberftanbSfö^igleit h^irb, fo biel id^ fel^e, ber t^ortgang ber ntL Stam ht*
h^öl^ren unb ftärlen. Unb ob nid^t aud^ „baS SBeiSfagen au« ben Singetueiben'' bte od.
30 Jlritif baran erinnern foQte, ba^ bie haruspices immer mei^r ju bel^oupten pflegen, aß
bie ®ingeh)eibe felbft il^nen lunb getrau ^aben? ^ie unentwegte @id^er^eit toenigflend,
mit ber ^. S. (S^e^ne feine $^k)ot^efen in ©efc^id^te umfe^t (^ad religidfe Seben ber l^uben
nad^ bem 6jil, übcrf. b. Stoa« 1899), bürfte bem nüd^temen ©acblenner, bem bie 3^rüm*
merftüdte gegenwärtig finb, bie biefe ^od^bauten tragen foQen, @4winbel erregen.
86 0. feindet«
ftrfibener, grau bon, geft. 1824. — SSgl. ©6. e^narb, Vie de Madame de Kru-
dener, $arig 1849, 2 ©be; ®. Siet^e, Suliane Don $tx., SSorttag, ©erlin 1864; Capefigoe,
La baronne de Krudcner et l'empereur Alexandre I, Par. 1866 ; ?lnon^mu8, gfrau Don Stv.,
©ern 1868; ©ü^Ier, grau oon l^r. auf bem iRappen^of, in ^eilbronn unb 8d)Iu(^tem im
40 So^re 1815, in ber 3eitf4r. beö ^ift. ©ereinö für bad roürttemb. Sfranfcn 10. »b., 1877;
©r. ©Quer, (Sinflug b. citgUfc^en Cuöfert^umd auf b. beutfd^e C^ultur unb auf b. englifft«
ruffifcfte ^rojcft einer Söeltfirc^e, ©erlin 1878, 169-182; <ß. fi. 3acob (?aul ßaCToij), Ma-
dame de Knidener, ses lettres et ses ouvragcs in^its, $arid 1880, 3. $ludg. 1881;
E. Mulilenl>eck, Etudes sur les origines de la Öainte-Alliance, $ari8 unb ^tragbur^i 1887;
46 5(nonQmuä, 5rou Don Ar, in ber 3)eutid)en SRunbJcftau 101. ©b, 1899, 303—317.
428-452. S)ie burcftfjeeiler unb UrteilSIofiflfcit entfteQte ältere Sittcratur ift burtft bad x>ofi»
ftänbig aud ben OueUen unb mit {djarfer Sl^ritif gearbeitete ©uc^ Don ^lü^Ienbecf grögtens
tcild antiquiert roorben; bo(^ bebält bie panecmrifc^e unb gönjiidti unfritif^e ©tO0ra|)^ie
(Sl)narbd wegen ber uielcn barin mitgeteilten ©riefaud^üge einen geroiffen SBert. ^ür bie
50 legten fieben^ja^re Dgl. augerbem: $. uon ®öße, grürft Sie;. 92it. ©ali^in unb feine 3^tt,
i^eipjig 1882 ; ^non^mud, S)eutf(t)'proteftantifct)e kämpfe in ben baltifdjen $rot)inien ^ug«
lanbiJ, fieipiig 1888 (tjicr, 6. 40 ff., eine aftenmäöige 3)arfteaunö ber legten SRetfe ber Ar.
burcft Äur» unb Siolanb). Ueber bie iDlartird)cr, Straßburgcr unb ©tcint^aler greunbc ber
JIr. ögl. ?rnünr)mu« (JRatftgeber), 3)ie ©aronin oon Ar. unb il^rc ©ejicöungcn jum Slfa(, tn
55 ber ©tragburger ^oft 1885, ^Jir. 143. 146—149. 152—156. 158. ©on roidjtigeren jelt-
aenöffifdjen ©rofc^üren, bie fic^ mit ber j^r. befc^äftigen unb bie Don ^ü^lenbedC forgffiftig
benußt finb, mögen genannt fein: ^nont)mu^, grrau uon ^r. in ber Sd^roei^, 1817; Qtnonl^muft,
^infe ber ^abrtjcitdUebe, bie grau oon^r. betreffenb, 8d)aff6. 1817; a^r. ®.$.©urba4,^tt
oon Ar. unb ber öJcift ber yeit, Seipj. 1818; Ärug, ®efpräd) unter oier Äugen mit ber 5™^
oon S^r., fieip^ig 1818; ©re^ciud unb ©picfcr, ©citrägc ^ju einer (J^arafteriftif ber grou ©o*
roneffe oon ^r., ©erlin 1818. Äu4 bie ,, (Erinnerungen an 3o^. d^onr. S^aurer", 6(l^ff§.
ftrflbtner 147
1843, Ftnb iu Dergleichen. Ueber bie „Shimmerin'' ügl. $. $6. §t. ^tnU, 9[ctenmägtge &t*
f4l4te einer toürttemberQif^en neuen ^ro^^etin unb i^rer erften S^^^^^ "• i- ^-t ^^^'
burg 1808.
Sarbora ^luliona t)on Xieting^off tourbe am 11. 92ot). 1764 atö ba^ Dterte jtinb
bcd lh)Ianbtf(^ Slegterung^rated unb taiferlid^ rufftfd^en ©e^eimrate^ Dtto $^nnann t)on 33. s
unb fetner ®ema^Iin Slnna Ulrita, geb. @räfin ^Jlünnid^, ju 9iiga geboren, ^a^ fte auf
bte 9iamen ^taia l^o^nna getauft Sorben unb biefe tarnen bei t^er SSermö^lung ge^
dnbert fyibt, ift folfc^ (f. Smi^I. 42). 2)er Sater, ein um bie »ilbung^gefd^ic^te 9tiga^
tnelfac^ t>erbienter 3Rann, iDor aufgeQärt aeric^tet unb [tanb an ber Bpx^t ber ^eimaurer«
lo^t ber <Stabt; bie görtlic^e unb fd^h^a^e Butter tt)ar in ben Überlieferungen ftrengen lo
Sut^ertumd gro^ getoorben. ^uli^t^en^ @nie^ung h^ar burd^au^ auf i^re fünf tige (Stellung
in ber Sklt {ugefd^nitten. @in längerer SReifeaufentl^alt in $ari^ unb ber Unterrid^t bei
einem berühmten Xanjmeifter ftnb auf bad begabte ^äbd^en, in bem ftd^ (Sitelteit unb
SdbftgefäOtgleit frü^geitig enttoidtelten, t)on befonberem @influ^ geh)efen. 9lm 23. &tpt.
1782 reichte ^[uliane i^re $anb bem 34 ^o^re alten, bereite }tt)eimal gefc^iebenen 93aron is
Sinn^b Don Jtrübener, bamaligem rufftf^en ^Ttinifterpräftbenten am turlänbifc^en $ofe.
SHe &^ toca nid^t glüdlid^. 3)er tüd^tige, feine Slmt^ef^äfte mit größter ®etoif|en^aftigs
hat erfuDenbe, aber ouc^ gong in i^nen aufge^enbe ®i]olomat unb bie toeid^e, fc^toärme-
rifd^, (eben^ftige unb liebeburfKge, nur mit ftd^ felbft unb i^ren 93ebürfniffen befd^äftigte
jtmge gh^ou ^aben ftc^ degenfeitig nie berftanben. Slber ioö^enb ber ®atte i^ren ftc^ ao
übcrftitejenben £aunen tote ben tleinen unb großen äierirrungen i^rer oon ^a^r p ^aipc
umei^enben Soquetterie mit ber Sangmut beiS reifen SJtanneiS @tanb ^ielt, l^at i^m Igu«
uant hcS Seben fe^r fd^toer gemalt. SUd bielumfd^todrmte unb t)ertoö^nte ©ema^lin bed
Sefanbten fü^ fte in Xenebig unb ^))en^agen ein glänjenbeS ©efeUfc^aftdleben, ba^ t^r
gnr Set^attgtmg einer lieben^toürbigen SSerfd^toenbung^c^t ^inreid^enbe ©elegen^eit bietet. 25
Sine (Srl^obtngdreife nad^ bem Silben, bie fte allein unternimmt, V)erh>anbelt fxd) balb in
einen längeren SSergnügung^ufentl^alt in ^ari^ (1789). $ier btü^ft fte nid^t nur fc^ön«
geistige gtettnbfc^en, fonbem aad^ ein äSer^öltnid mit einem jungen Offizier an, ber bie
tnm ®aütn gurüdtbeorberte ©eliebte aU Satai oertleibet nad^ ^eutfc^lanb jurüdtbegleitet
(1792). 3" bie i^m Dorgefd^lagene ©c^eibung toiQigt Jlrübener nid^t ein, too^l aber in ^
eine löngere Xrennung^jeit, toö^enb toeld^er Juliane, i^e beiben jltnber $aul unb ^ulie
(^tette) beim SSoter jurüdttaffenb, ein nerDcnjerrüttenbcg SReifeleben fü^rt. 9lod^ einmal
fe^ fte )urü(t, um an ber Seite bed ingtoifd^en gum @efanbten in Berlin ernannten
Satten bie ^onneur^ p mad^en (1800/1801). ©änglid^ unbefriebigt ge^t bie Stu^elofc,
gegen ftrübenerS audbrüctlid^en, in i^rem eigenen Igntereffe geltenb gemad^ten 3S}unfc^ (f. 35
fmen berjlic^en SRo^brief bei ^JlO^l. 61 f.), t)on neuem auf Steifen nac^ @enf, Wo fte
bie Semmtfc^ft ber ^au oon @tael mac^t unb mit DeriDegenen Xoiletten Sluffe^en er«
regt, unb toieber nac^ $ari^, too fte u. a. S^ateaubrianb nö|er tritt. $ier trifft fte bie
9Uidfnidft t)on bem am 14. ^uni 1802 erfolgten Xobe i^red 3Ranned, an beffen Sterbebett
fe^ren fte bie fle^entltd^en 93itten bed So^neiS nicbt t)ermoc^t Ratten, ^ngtoifd^en 40
bie ©u4^t, felbfk unter ben ©c^öngeiftem ju glänjen, fte jur älbfaffung eineö SWoman^
»fiert, ber unter bem Xitel Valerie ou Lettres de Gustave de Linar ä Ernest
de G . . anonym erfc^en ($ar. 2)cj|. 1803, mit Sa^reöja^l 1804 in 2 Sbn; öfter auf«
gelwt, s^le^ ^« 1878; beutfc^ geipgig 1804, §amb. 1805), banf ber öon ber SSerf.
fdbft mit raffinierter ©efd^idtlic^feit in^ SEßerf gefegten Steflame eine ^tit lang Diel t>on 45
^ rAen mad^te, um bann toieber ju Derfc^toinben (ogl. übrigen^ bie lobenben Semer«
hingen in ©ointes8eut>e« 3ludgabe beig SRoman^ öon 1837 ; 3acob*£acroij, Pr^face). 3!)en
(Bcgcnftanb bilbete eine nac^ bem ^Jlufter oon SBertl^erd Seiben unb getoiffer ^obeer^ä^«
bniigen aufget)tt|te Siebe^efd^id^te, ber eine romantifd^e @))tfobe au^ ber Denetianifd^en
Xänbdjeit ber $erfafferin ju ®runbe geleat toar. so
3« Sommer 1804, toö^enb eine« Slufent^alteig in ber 93aterftabt, erlebt Juliane,
40 ^aS^ alt, i^ Sele^ng, nad^ ben ßinen infolge bei^ Sc^recfen^, ben il^r ba^ plö^«
üift @nbe eined t)or i^^ ätugen fterbenb jufammenbrec^enben Selannten einjagte, nad^
Xnbercn unter ber geiftlic^en @intotrfung eineiS }u ben i^erml^utem gel^örenben äiigaer
Scfttißerd. 3lidftö in \fyctm JJorleben beutet barauf ^in, bafe bie Saronin religiöfen g'^agen 66
Zeilna^e gefehlt ober gar emft^afte religiöfe änh)anblungen gel^abt ^ätte. 3Sa^ aber
auf ben erften Slidt ald eine neue Saune ber i^rer bi^^erigen ^efc^öftigungen unb Ser-
gnägtmgen überbrüfftg getoorbenen SBeltbame erfd^^eint, ift t^atföc^lid^ immer me^r 5U bem
eilten be^mmenben $anor i^reiS SBefen^ getoorben, ba^ baoon f^lie^lic^ gan^ au^efüllt
ofc^eint : eine in i^ren ^u^erungen toac^fenb ungefunbe, nerDöfe iHeligiofttät, ber boc^ eine eo
10*
148 ftrfibener
cigentümlid^e Äraft tnncgelüol^nt l^abcn mu^, bte im SSercin mit bem Sauber emcr liebend.-
lüüröigen unb bei ollen S^^nß^ toome^men ^erfönltc^feit au^ eiflentümlic^e ffiirftmgen
^eröorjubringen tjennod^te. 3)iefe SReligiofität trägt gan^ unb gar bie g^ge eine« tum
hjarmem Siebe^brgng erfüllten, aber unllaren, gjö^n bie fonfeffwneffen Unterfc^iebe gleich
5 giltigen (f. il^re Stulerungen ju 5Waurer bei Wiü)l 294), bafür jeglid^em älberglaubcii
zugeneigten SDl^ftici^mug, toie er bamatö im unbermeiblid^en SRürffd^Iag gegen bie Sei*
ftanbeöaufflärung ber vergangenen 3«^^^^"^« unb ate trübe Segleiterfc^einung einer nm»
erftarlenben ^ömmigleit i^umal in bomei^men Jlreifen eine l^äu^e (Srfc^einung toar. @etnf
9?a^rung fanb biefer 9R^ftici^mu« ber Saronin nid^t fohjo^I in ber gtoar obfonberiid^
10 aber ruhigen unb fteten, gottergebenen ^ömmigleit ber 33rübergemeinbe, ju ber fte bo
toorüberge^enbem Slufentl^lt (©ommer 1807) tiefer gel^enbe Regierungen nic^t getoonnm
l^at, ate Vielmehr in ber jjj^antaftifd^en ©d^^märmerei ber babifc^en, elfäfjtfc^en unb toürt«
tembergifc^cn ß^iliaften. Sluf i^r in ^ol^em 5Wafte be« 35än4)fer« bebürftige^ 3:em})erament
{;atte biefer aufregenbe iserfe^ ben benfbar ungünftigften ßinflufe, unb auc^ ber fijm
15 l^at^ifdE^fte ßug i^re^ SBefen^, ber ftd^ in ja^Uofen Siebe^ertoeifungen an SKrmen unb
jlranten öu^embe SBo^lt^ötigleit^brang, ^at in biefer ältmof^^^äre aQmöl^lic^ feine Stcim
^eit eingebüßt.
Slnfangg be« ^ai)x^ 1808 finben toir fie afe gläubige güngerin im $aufc Sung*
©tilling« (f. b. 31. ©tilling) ju Äarföru^e. 33on ^ier brid^t fte im ©ommer in« @lfa|
20 auf, mit ©infü^rung^bricfen an Dberlin (f. b. 21.), 9Segefin unb anbere $äuj)ter ber (fc
toecften. 3Jtit üoQenbeter Urteiteloftgfeit, bie faubere unb unfaubere ©eifter ntc^t )u f(^
ben toermag, fäflt fie bort in bie a})ofaI^t)tif^en Ste^e beö Pfarrer« l^ean^g^r^^nc goii»
taine« (^ontaine) gu ÜRarürd^ (Sainte-Marie-aux-Mines) unb ber bei i^ toeilei^
lüürttembergifd^en ©el^erin 5Karie ©ottliebin Äummer (genannt „bie Äummerin"). S)«
25 bauembe ä^erfe^^r mit biefen beiben, über beren jtoeifel^afte SSergangen^eit ^Ulü^lenbei bie
nötigen Sluffc^lüffe gegeben ^at, f)at me^r aU aueiS anbere baju beigetragen, bie Saronin,
bie fic^ 5u i^rer Sefc^ü^erin (vergab, irre ju leiten unb i^r änfe^cn gu fd^bigen. ©ibe
1808 gie^t fie mit ben neuen @enof(en in^ SBürttembergifd^e, h?o fte bod £anb^ud ito^
t^arinen-^Iaiftr bei SSönnig^eim untoeit Jlleebronn, bem ©eburt^ort ber Jtummerin, )u
30 einem 3Kittel^unft erbaulid^er JJcrfammlungen ^errid^tet. ©d^on im ©ommer 1809 toer*
ben fie unb ^ontaine^ au^getoiefen, bie Äummerin gu Sublüig^burg für einige 3Ronate
eingeftedt. 3)ie Vertrautheit, mit ber bie Saronin nunmehr in Sid^tentl^al bei Saben mit
i^rem ©eclforger toerfel^rt, erfdf^eint Dielen, auc^ ber eigenen 3Jlutter, anfköftig. 9?on beren
Sterbebett fe^rt fte ju ßnbe be« gia^re« 1811 nac^ Äartöru^e gurüi. Öftere SReifen in«
35 6Ifa6 befeftigen bie ©emcinfc^aft mit ben bortigen ^eunben. 3" ®^"t Ö^tointtt fte einen
begeifterten äln^änger in bem jungen @eiftltcben @mt)e^tag, bem ft)äteren ^au!pt ber fog.
a)Jomierg (f. b. 31. §albane Sb. VII ©. 357, 37), ber bon nun ob ii^r ftönbiger »^
gleiter lüirb.
gnjtoifc^en toaren bie ^ommcn burd^ bie fid^ jagenben })oIitifd^en unb Iriegcrifd^
40 (Sreigniffe in 3ltem gel^alten tüorben. Die ßnbgeit fd^ien öor ber S^^üre. ©a^ man alt
gemein, lüie Sung, in bem Äorfcn ben SljjoB^on (Slbabbon) ber SlJ)! (9,11), fo h^enbeten
fid^ bie Slidte auf ben nijfifc^en Äaifcr ate ben Setter in ber 9lot, ben „toeifeen äbler^,
toic it)n bie Äummerin in i^ren Sifionen begcid^nete. 2)urd^ ben brieflichen Serfe^ mit
einer rujfifc^en §ofbamc fear ^rau toon Ar. über bie ©timmung 3lIeEanber^, in beffen
45 fc^lüanfenbem ®emüt bamate ^jietiftifc^e ßinflüffe bie Dber^anb gewonnen Ratten, genau
unterrid^tct, unb eö glül^te in i^r ber aBunfd^, ba^ toon ber ©e^erin öerlünbigte SQSertgeug
ber i^orfeF^ung auf feine l^ol^e SKiffion toorgubereitcn. SBon ©d^ludbtem bei ^eilbronn, einer
babif^en Gnf latoe in toürttembergifd^em ©cbiete, au« ioufete fte fic^ am Slbenb bcd 4. Sunt
1815 bei bem in §eilbronn toeilenben Äaifcr ©intritt gu ergtoingen, unb e« gelang üfc,
EO in me^rftünbigcr Unterhaltung ben Scic^tbetoeglid^en fo öoDftänbig für ftc^ eingune|men,
baj er toon nun ab monatelang in §^^€W)<^9 unb ^ari«, tool^in fte i^m folgte, ftönbiger
&a\t in il^ren Sibelftunben toar. Sie felbft bilbete balb ben ÜRittelpunIt eine« Jtreife«,
beffen 3Dtitglieber ber ^^eunbin be« Äaifer« ben §of gü mad^en befliffen toaren, unter t^en
and) bie JHcIigioJen ber §auj)tftabt, üor attem ber 5Öle«merianer Sergaffe, g^^au r>on Ät
65 unb Sergaffe l^aben inSllejanber bie ©ebanfen gcnäl^rt, ate beren 9lieberfd^Iag am26.@e))t
1815 ber unter bem 9lamen ber „{^eiligen Slßiang" bcfannt getoorbene Vertrag gtoifc^en
ben Saifcm toon Slufelanb unb Öftencic^ unb bem Könige toon ^reufeen gefc^loffen touitt.
£)h bie Ar. an ber Stebaftion be« 2lftenftüdtc«, beffen öon i^m eigen^änbig gefc^riebenen
©nttourf ber Äaijer i^r Vorgelegt ^atte, irgenb toeld^en Slnteil gel^abt l^t, lält M| nid^
60 f eftfteden ; nic^t einmal, ba^ ba« Seitoort „^eilige'' auf i^re ^nitiatiDe gurüd^e^t, t^
ftr&btner 149
)ta)ctffDod. iSi'^^^ii^ mochte jte ®nmb j^oben, fid^ tl^c^ Stnfluffe« aud^ bei biefem SSor«
gonge pi rfi^men, ber ol^ bie SrfüQung i^rer unb ber frommen @(i^tt)ärmer SBünfd^e er^
\dfim, tDO^renb bie ^if^Iomaten ben neuen Sunb t^erfpotteten unb ber SSelanntmad^ung
ber Urfunbe nur um i^er offenbaren Unjd^äblid^Icit loittcn juftimmtcn (togl. atu^SKetter*
nic^ na((^elaffenen 5{ki)ieren 1. Sb, 3Sien 1880, 214 ff.), äiejanber aber jog fxc^ balb 5
t>tm bfr gteunbin jurücf, na^bem er fd^on in 5Pari« an i^rem Umgang mit ber ^^feubo^
t>rot)betin ilummcr, bie in ber 93erjüdfung ®elb t)om Äaifer forberte, StnftoJ genommen
botte; i^ gonget toeitered äSer^alten, befonber^ i^re inbiiSfreten äu^erungen über bie
^XQian)" (t)gl. bierju bie Srojd^üren bon ^rug unb 33re^ugs©J)ieIer), über bie er felbft
bolb onberd beuten lernte, t>erme^rten fein 3Jti^faIIen. lo
2)te ^ßorifer (Spifobe bilbet ben §öl^e})unft im Seben ber ©aronin. 9?on nun ab
ge^t ed unouf^oltfam mit il^r bergab, unb i^r raftlofeiS ^afein toirb immer abenteuerlicher.
3Rctft t>on ja^keid^er ©efolgfd^ft begleitet, ^at fte in ben ^ofycm 1816 — 18 bie nörblid^e
@(^tDet) uiA bad füblid^e Saben burd^ftreift, nac^ i^er 2Beife ©eelen für ba^ §immet
reid^ erobemb unb bobei mit Jjerfd^loenberijd^er §anb unb o^ne 3lnfel^en ber ^^erfon ba^ 15
(Selb unter bie Armen unb Seibenben au^ftreuenb, basj il^r tJ^öridf^te SSere^rer immer loieber
^ulommen liefen. @inen ^öd^ft t)erberblid^en Sinflu^ iJibtz auf fte ber frühere braun«
jcfttodgifc^e ^oftfelretär Kellner, ber nad^ einer SSerfion toegen feiner })olitifd^en ©eftnnung,
nof^ einer anberen toegen Unterfc^lagung an^ bem 9lmte entlaffen h^ar, iebenfaJI^ eine
febr bebenfltc^ @rfd^einung. @r l^ai ber armen ^au ben Jto))f t)oIlenbd berrüdtt. ^n 20
feiner Srofc^tire : „Der lebenbige ®laube unb ba« ©üangelium" feierte er fie ate 3)ebora^,
gft^, Subit^. er unb anbere fallen in i^r ba« 9Seib ber äpf (12, 1), ba« ben
SRefftod, ober „eine 3le})räfentantin ber 3Karia, bie bie neue ÄirdE^e gebären" jollte (nad^
Xnna &(^latter, Sriefe 2, 252, bie übrigen^, tro^bem fie ,;bon bem @lauben unb ber
Sieb«, bte in großem 3Kafte in bem ^erjen biefer grau liegt", burc^brungcn toar, fold^e 26
übertriebene 3Sere^rung ni((>t mitmad^en toollte. 3)a6 fie ftd& felbft 3Q5unberträfte jufd^rieb,
jeigcn i^ Äufeerungen Sreöciu^ unb ©})iefer gegenüber (5Kül;l. 288). 3?on bem SBirt^^
boud )um ^drnlein bei ©renjad^ an ber babif^^fc^h^eijerifd^en ©ren^e au^ trieb bie ©e»
feflf(^ft, teiltoeife fe^r gtoeifel^afte ejiftenjen, monatelang eine 5Kiffion, bie ber ber mo«
bemen ^etliSormee bergleid^bor ip. Äellner bebiente fid^ aud^ ber treffe : eine „Slbreffe ao
an bie Armen" unb bie „9[rmen;jeitung", öon ber bie crfte unb le^te 5lummer am 5. 3Kai
1817 erfc^ien, ftnb feinSDBerf. SDen Sel^örben bereitete ba« S^reiben ber öomel^men 3)ame,
beren ©o^n ald rujftfd^er ©efanbter in 5Rom aflrebitiert toar, manche Ungelegen^eit.
@<^Itc§lt<^ ift jie mit ii^ren ©enoffen auö ber ©c^loeij unb ben jübbeutfd^en Sänbem auö-
getmefen loorben unb über Seijjjig unb granffurt al£). 0)\tt bie Unterrebung mit bem 86
Xonfffbrialrot Src^ud unb bem $rofef(or ©})ieler, über bie bie beiben einen intereffanten
Scrii^t erstattet b<iben) in bie ^eimat jurüdgele^rt (1818). Der baltifd^e ©eneralgouüer-
neur, Storquid ?ßaulucci, befahl fte unter Jjolijeilid^e Slufftd^t ju ftellen unb i^re Segleiter
über bie ®ren)e jurüd^ufd^ieben. älber Itaifer älle^anber h)ie^ il^n an, ^au Don Kr. in
todOiger 9lu^ )u laffen unb il^ren Begleitern ben eintritt in ba^ rufftfc^e SReid^ m ge^ «o
polten. 9htn |at fte )u 3Jtitau, 9iiga unb auf i^rem @ute Aoffe bei SBerro Bibel:: unb
Srbouungdfiunben abgebalten. Borüberge^enb toar fte auc^ in ^eterdburg, too il^r ©c^h)ieger'
fo^, ba Soron bon ©ercB^eim, al^ rujfifd^er 5Winifterialrat lebte unb too i^r in bem
SUejonber Jlilolajetoitfd^ ©al^jin ein befonberer gürfjjred^er erftanben toar. Site
ober no^f einmal gur ))olitifd^en $ro})^etin tourbe unb in Slle^anber I. ben tünftigen 45
rier ber Hellenen feierte, l^iefi fie ber Äaifer in eigenl^änbigem ©d^reiben bei ©träfe
feiner Ungnobe fd^toeigen. auf Sinlabung ber ^rftin ®al^||in reifte fte mit biefer unb
bem Qf^tpaax ©erdt^eim 1 824, ^ur ©tärlung il^rer burd^ ein Bruftleiben angegriffenen (Se«
funbbett unb um unter ben bortigen ^ietiften ^u toirlen, in bie Ärim unb ift in ber Don
ber gürflin gegrünbeten })ietiftifd^en Äolonie Äarafu^Sajar am 25. 3)ej. 1824 entfcblafen. 60
3n einem i^ I^en ©riefe befannte fte: „Oft genug ^obt id} für bie ©timme ©otte«
genommen, hHtd febiglid^ ^d^t meiner einbtlbung unb meinet ©tolje^ gctoefen toar."
3ft biefed ©elbftgeugnid ri^tig unb mad^en bie beglaubigten 9tad^ri(^ten ^umal au^ ben
le^ften QtiUn i^ Sebeng eö unmöglid^f, in ^au bon Ar. eine gefunbe 3Sertreterin be«
9tei(^ottedgebanfend ju erbliden, fo foUen boc^ i^re eblen ^ix^t nid^t bergeffen toerben. 66
6in iBUattt, ber fein greunb ber©^toärmer loar, ber rationaliftifc^eCSencralfuperintenbent
tnm Stt^Ionb ©onntag, ^t nod^ in f^äteren ^al^ren über fte geurteilt, bag er ^toar {eine
9e)tel^gen au feiner Setannten (Don 1811) „bon Slmt^« unb ®emüt«toegen nid^t fort-
fe^ )u bürfen geglaubt ^be, bog er berfelben aber ba^ 3^0^^^ fci^ulbig fei, fte i^abc
für jebNC« 3Renf(^etben unb SKenfd^enbebürfni^ ba« tieffte, reinfle, t^ätigftc, f clbftocrgeff cnfte, oo
150 ftrfibetter Sttummaiittf ^ebric^ Slbolf
fid^ jelbft aufo})fembe 3Ritflefül^I befeRen". S)a^ flefd^id^tl^e Urteil über berarttgc bon
ben ebelften SKbftc^ten erfüllte, babei ^altlofe, ben eigenen Stimmungen unb fremben Sim
flüffen unterworfene 9?aturen toirb immer fd^toanlenb bleiben. 8. lhHI§er.
Srummad^er, griebric^ äbolf, gefi 1845. — «. 3S. 3RöDer, g. «. Jhrummwj«
6 unb feine Sfreunbe, 2 83bc, ©remen 1849.
%, 21. Ärummad^er — ber öltefte ber rül^mli(^)ft belannten reformierten ^ktfioren
biefeg Flamen« — tourbe geboren am 13. SuK 1767 m lecflenburg, bem ^auj)tort b«
altreformterten unb alt)}reu|tf(i^en gleid^nomigen ©raffcpaft in 3Beftfalen, too bie ^rniCe
feit mehreren ©enerotionen anfäfftg toar, 35er 3Sater, griebrid^ Solob, ^offiSoI, SuP^^
10 lommiffor unb Sürgermeifter, öld geh)iffet^after Sted^tdlonfulent ^oc^ead^tet, toor em
emfter, frommer Wlann, bur(^ lör^erlid^e Seiben unb ^ouäid^e @orgen oft gebrüdb; bie
3}tutter, Tlaxxa 3)orotl^ea, geb. Strüder, in i^rer j^olben Seutfeligleit ben Jtinbem unbei»
Sie^id^, tt)irb bon bem bem ^oufe befreunbeten 3)ui^burger Siettor f^o^onn ®er^b ^fem
artip in einem Sriefe an Sabater al^ 3JtufterbiIb lauterer d^tud^er gfri^mmiglett imb
16 frieben^reid^en ebangelif^-Iinblid^en ©inne« gefd^Ubert. — %t.3L Ar. befudjte bie lateinifc^
©d^ule feiner SSoterftabt, too ber SReftor 5Weefe mit eifemer Strenge toaltete, bejog barai,
mit ))^iIologifd^en Jtenntniffen h^o^l au^eftattet, 1786 ald ©tubent ber Xl^eologie bie
Heine reformierte ^od^fd^ule Singen, ftebelte aber, burd^ bie bejal^rten ^rofefforen, bie,
meift ^oBänber, mit ben ©tubenten fe^r lorbial berfe^rten, toenig^ befriebigt, fc^on im
20 folgenben ^a^re nad^ $alle über, tDo er neben RncCißp u. a. aud^ ^a^rbt ^örte, r>on bem
er fid^ aber, obh^o^l in feiner ti^eologifd^en 9tid^tung noc^ fe^r fd^toonlenb, bolb toteber
jurüdC^og. 3lad^ SSoQenbung feiner ©tubien brad^te er ein^^ct^ aü l^nformotor inSremen
m, h^urbe bann 1790 ^onreftor am ©i^mnafium }u $amm, ber bamaligen ^auf^t^bt
ber ©raff^aft SJlarl, unb t)erlebte l^ier in ber lieber aufgenommenen Sef^aftigung mit
26 ben Älaffuem, in einer i^m fe^r gufagenben, erfolgreichen a:i^ätigleit unb im froren imb
geiftreid^en Umgang mit bem f))äter an bad ^oad^im^t^alfd^e ©Vntnafium in Serlin bec^
festen 9ieftor @net||[age, mit bem nad^maligen 93ifd^of (Stiert u. a. brei glüdnu^ So^re.
Um bie Sraut, @leonore SJtöQer, bie er im ^au\i beiS Sürgermeiflerd ju^omm gefunben
l^atte, balb ^eimfüi^ren ju lönnen, toagte er 1793 ba^ Sleltorat ber geleiten ©tabtfc^ule
80 in 5Kör« ju übemel^men mit einem f^en ®e^alt toon nur 300 3^alem, tro^ ber ^
am linlen SR^einufer immer lieber bro^enben Ärieg^unrul^en, — ein ©d^ritt, für ben er
bü^en mu^te. 9?ad^bcm er im ©ommer 1794 feine „Saura" in feine fülle, befc^on&e
i^äu^Iid^feit eingefül^rt f}attt, h^urbe ber fro^e Seben^mut beiS jungen ^ored balb auf
eine ^arte $robe gefteHt burd^ ba^ neue fiegrei(^e SSorbringen ber ^angofen, ti>eld^
36 mit ber })atriotifd^en Setlemmung aud^ bielfad^e materieDe ^ebrängntd burA @inquar«
tierung^Iaft u. f. \o. brachte, big berjjriebe bon Safel SRu^e fd^affte, aber ouc^ bie®raf»
fc^aft 5Wör« mit bem ganjen Knien ST^einufer ben grangofen überlief, gnbe« bliäfU bei
®^mnaftum unter jtrummac^er^ Seitung em^or, unb neue engejfreunbfdbaft^nbe fiJaA
gange Seben h^urben gelnü))ft, bor allem mit bem ©d^toager 9(. 28. $. MdQer (gefi aß
40 Dberfonftftorialrat in ÜRünfter 1846), bamafö ^rofeffor in bem nur jtoei ©tunben ent«
femten ^ui^burg. SJlit il^m unb beffen befreunbeten JtoQegen tDurbe etn nur burd^ bie
Ärieggunru^en jeitlüeilig unterbrodE^ener lebhafter SSerfe^r über ben SR^ein ^in Qtpfloqm,
big ber befd^eibene SReftor, nad^ bem lobe beg ©eniorg ber tl^eologifd^en g^lultät Serg
an beffen ©teile ate Prof. theol. et eloquentiae berufen, Degember 1800 in benÄrei«
46 berfelben eintrat, — ber S^^^öf*^ i" ^^ legten ©eneration ber öon bem großen Jlurfürjlen
geftifteten §öd^fd^ulc, beren ©tem ftd^ fc^on jum Unteraange neigte, yiad^bem er hcS
tl^eologifd^e SDoItorat erh>orben ^atte, trat er rüftig unb freubig in bie neue Arbeit ein,
inbem er, obh)ol^I felbft toon ber 3^ii*^S?^oIogie tingiert, bod^ mit feinem frommen ®emüt
unb feiner §odE)ad^tung toor bem biblifc^en Gl^riftentum in feiner äft^etifc^en, Berber fot
60 genben 9(rt im Sunbe mit ^öQer ein ®egengeh?id^t gegen ben bulgörrationoliftifc^,
übrigeng foUegialifc^ befreunbeten ^afultötggenoffen ®rimm bilbete, lag nic^t blofe über
tl^eologifd^e fjäd^er, fonbem aud^ über bie griec^ifc^en 2;ragifer unb anbere Äloffifer toie
über beutfd^en ©til unb trat nun aud^ afö ©d^rtftfteller auf juerft mit bem „$^mnug an
bie Siebe", 1801, 2. 2lufl. 1809, bem 1805 bie nad^^er in mehrere frembe ©J^rac^cn
66überfe^ten „Parabeln", 8. Slufl. 1848 unb bie bamalg t)ielgelefene t^eologifc^e ©c^rift:
„Über ben ®eift unb bie gorm ber et)angelifc^en ®efd^id^te in l^ft. unb äftl^etifc^ $in»
fic^t" folgten. ^nt>^ tointe balb ber 3)rucf ber na})oIeonifd^en ®eh)altperrf4Kift ouc^
lölj^menb auf bie 3)uigburger UniDerfttöt. ©eit fte 1806 an bag neuerric^tete ®to|^
Sttnmmnditt, ^rtebric^ Slbolf 151
{ogtunt Serg überaegongen tvax, tarn fte t)onmbS ^erunter; Jlrummac^er ^atte jule^t nur
iu>4^ ein paar ibuegien Dor einem ober ^tt)ei ^u^örem ju lefen; baau jaulte bie fran^
^{tf(!^ Stegtentng ben $rofef[oren nid^t einmal ben @e^alt, unb nac^bem ber 9(ufentl^alt
m ^idbtnrg fc^on burc^ ben SBeg^ug 3Jt5Qerg nadf SRünfter 1805 einen großen ^eil
feiner 9lnne|mli(^leiten für Jtrummac^er t)erloren l)att^, Dertoujd^te er gern im ^afycz 1807 6
ben ,,9Rdufeft|'', toie er ben alten !lJlu{en{t$ tDO^l nannte, mit einer San^^^rebigerfteUe ju
Äetttoig im romontifd^en dtvfyctfyd, too ,,ber ^rofefjor", anfangt mifetrauifd^ angefel^cn, ftc^
balb bodSertrouen feiner ©emeinbe unb feinerfeit^ unter ben i^m fe^r f^m))at^ifcl^en toefU
fältf^en Säuern bod ^rebigtomt lieb gewann, toä^enb er jualeid^ bie fo erfolgreich be«
gonnene S^^riftflenerei eifrig fortfe^te. 3lu^er äuffö^en unb Sl^enfionen in 3^c|>riften lo
fiefe er in biefer 3^ erf (feinen: ,,S)ie Äinbertodt", Oebid^t tn Dier ©ejängen, 1809,
2. »ufL 1813, — ein Siebtinggbudif ber Äöniain Souife; „35a« gfeftbüdbtcin, eine ©c^rift
für« Soll", 1. Der Sonntag, 1809, 5. aufL 1828, 2. 35a« ß^riftfefi, 1810, 4. äufl.
1846 öt)ater 3. S5a« 9leuial^fe|i, 1818, 2. älufl. 1833); „äpologen unb ^Param^ti^icn",
1809 ; ben „»ibettated^idmu«", 1810, 12. äufl. 1843 ; enblic^ blig origineOe iSd^ftc^en : is
„2)0« äBörtlein: Unb, eine ®eburt«tag«fcier", 1811.
gm Sa^re 1812 erfolgte Jl.« SSerfe^ung in einen größeren 9BirIung«frei«, inbem
ber $er}og 9D[ejnu« ^ebrid^ S^fttan Don afnl^alt^^Semburg i^n al« ®eneralfui>erinten«
bent, {{onfiftorialrat unb Obei))rebiger nad^ Semburg berief. @« toaren reiche ^al^re, bie
er bter in angefe^er Stellung, t)on feinem $er)og tro( gelegentlid^er 35ifferenjen |o^' 20
g^(9d|t, al« immer gern gehörter ^rebiger, in t)ielfeitiger au«gebebnter amtlid^er unb nac^
tote t)or fruchtbarer Ittterarifc^er 2^ätigifeit, in einer ^oc^beglüdEten, forgenfreien $äu«lic^«
lic^Ieit, too bie fiinber gur ^^reube ber @ltem ^offnuna«t)ou gebieten, jubringen burfte,
^äijnct, in benen er aucp unter ben er^ebenben SinbrüdTen ber Sefreiung«lnege, Dom®eift
ber „SrtoedEung'' berül^, ju fefter i)ojttit)er Haltung, }um Dringen auf ba« „einfädle 26
Sbongeltum'' mit fel^ entfd^iebener SteDungnal^me gegen ben bamal« nod^ überaO ^err«
fc^enben 9lationali«mu« gelangte. 9tad^bem im Sturm unb Drang ber ^ofyc^ 1812 nvb
1813 bie geber gerulj^t ^atte, erfd^ien 1814 bie Jjatriotifd^e Di^tung: „Der ©roberer,
eine Sertoonblung" ; 1815 ba« biblitee Drama „gol^anne«" unb anon^ eine burc^
bie @infe^ung ber fog. liturgifd^en xommiffwn in Serlin ^ert)orgerufene Streitfd^rift: so
„9l))o{lolifd^e« Senbfd(^eiben an bie (Sbriftgemeinben Don bem toa« notl^ t^ut jur Jtirc^en»
besbefferung" ; 1818 „Seiben, Sterben unb äuferfte^ung unfer« ^erm 3^« G^rifti",
12 Silber nac^ ©oltaiu« mit Sorrebe unb %t}ct, unb „?Paragrai)^en gur ^l ©efc^id^te";
1819 bie fcbon ertoä^nte JJortfefeung be« geftbüc^lein« ; 1820 „Surft SBolfgang juan^t.
eine 9leformation«j)rebigt", unb oie Streitfd^rift gegen So^: „Sriefloec^fel jloifd^en 3l«mu« 86
unb feinem Setter"; 1821 „Die freie etnmgelif^e Äin^e, ein ^eben«gruft"; 1822 bie,
toie er bolb felbft erlannte, Voreilig unternommene unb ba^er ntc^t fortgefe^te Überfe^ung
Jwm „(Satoin« gnftitutionen" (sie); 1823 „Silber unb Silbd^en", ber „Äatec^i^mu« ber
dbriflli^^ 2e^re", 3. «ufl. 1836, unb „Die d^riftlid^e Solföfc^ule im Sunbe mit ber
Jcfapc^", 2. StufL 1825. — Den 3luf ju einer t^eologifd^en ^ßrofeffur in Somt, ben 40
XUenflein 1820 an il^ ergeben lie^, f^attt er, obh)0^l bie 9lu«{td^t auf eine neue ata^
bemifc^ ^ötigfeit i^n lodtte, bod^ jule^t toegen eine« Slugenleiben«, t)on bem er gerabe
^eimgefw^t toor, abgelehnt, folgte aber, nad^bem nod^ 1821 unter feiner Seitung bie Union
in Semburg eingefül^rt toor, 1824 burc^ t)erfc^iebene ©rünbe beftimmt, einem Stufe al«
^3<^tr an ber 9ln«garilir(^e in Sremm. ^ier ^at er ftd^ too^l in mand^er Sejiei^ung 45
entlaufest gefüj^lt, inbem er nebm einem S))egialfoQeam toie Dräfete ju leiner bebeuten-
berm Aonjeltmrlfamleit gelangen lonnte, ift aber boc^, burc^ ba« lebenbige religiöfe ^n^
tereffe, ba« i^ in bm firc^hd^m Jlreifen Sremm« begegnete, too^lt^umb anaef^rod^m,
äU l^enble^er unb Seelforger t)iel gefud^t, in t)ertrautem Umgang mit SJlauet, $ault,
Zretnronu« u. a., in toeitm 5lreifm al« ba« „Säterc^en" bod(igeel^rt, au^ auf biefem so
neum Sobm in ber altm 9teid^ftabt ^eimif^ getoorbm. ^ucp bie SJlufe ru^te nid^t.
S« erfc^mm noc^ in ber Sremer ^At ber „^atecSi«mu« ber d^riftl. Se^re nacb bem Se-
tamtni« ber awng. Äird^e", 1825, 8. Slufl. 1846; „St. än«gar", 1826; „Da« 2:äub::
d^", 1828, 3. »ufL 1840 ; „Der $auj)tmann Someliu«", ^Prebigtm über 3lj)oftelgefd^id^te
10, 1829 : „Die Oefd&id^te be« Sleic^ Ootte« nad^ ber ^l. Sd^rift, anbeutmber SCejt ju 56
Jwm «ügelgm« Silbem", 4 ßefte, 1831—45; „£ebm bc« ^l. ^o^anne«", 1833. Dabei
tDor er ^o^e lang ber treuefte 3Jlitarbetter an bem \>on fallet Serau«gegebmm Sremer
Ain^mbotm. l^nbem er jule^t bie Sd^toäd^en be« Sllter« ju fü^lm begann, trat er, nad^^
bem er 1843 in ber Stille fetn 9lmt«jubiläum gefeiert ^attt, in ben m^eftanb unb ftarb
ein ^0^ noc^ bem älblebm feiner ^au am 4. 3l))ril 1845. go
152 Stvnmmaä^tv, ^ebrid^ 3lboIf Sirttmmacl^er, ^iebrid^ 3BS^dm
©runbDerfd^teben bon feinem 93ruber, bem frommen 9But)))ert^aIer (nräbefKnattanifd^
SonberUng, eine finnige, äft^etifd^ unb ))oetifci^ angelegte 92atur, bon feiner @et{letot,
l^eiter jobial unb babei Don tiefem, jartem ©emüt, bon h)ürbet)oQem @mft unb \oafy^^
tinblid^er ^ömmigfeit, babei bielfeitig gebilbet, ^^ilologifd^ unb ti^eologifd^ n>o^I g^c^
5 (aud^ ein eleganter !iiateiner unb muftfalifd^ begabt), ^at ^rummad^er in fe^ Derfd^ieboien
Sebendftettungen al^ ©d^ulmann, alabcmifc^cr Se^rer unb ^rebiger, bor attcm aber in
h)eitcn Greifen afe Did^ter unb ©d^riftfteßer anregenb getoirlt unb fd^on bor h>ie in ber
3eit ber ©rtocdhmg auf bie religiöfe i)enltoeife ber 3^itgenoffen an jeinem Orte in eigen*
tümlid^er SBeife mit eingetoirlt. ^urd^ feine Parabeln ^at er ftd^ einen bleibenben $Ia|
10 in ber beutfd^en Sitteratur em)orben. 3lu^er i^nen ftnb befonberd bie erften Xeile bed
^eftbüd^lein^, bie Äinberfd^riften unb bie Äated^i^men, toie fd^on bie bieten 3tuftagen geigen,
mit befonberem SSeifaQ aufgenommen toorben. ©o biete Sieber unb 2)id^tungen ^abcn
älufnai^me in bie Se^rbüd^er ber ©c^ulen, mand^e Sieber aud^ in bie ©^angbüc^ ber
©emeinbe gefunben. @ine n)ertbolle 9leliquie, intereffant unb angiel^enb burc^ gfOOe
15 bon geiftreid^em ^umof, bon toarmen ^erjen^tönen unb d^riftlid^er Seben^toeid^eit, ein
äludbrud ber ebenfo lieben^mürbigen toie origineQen ^erfönlid^feit bed ©d^reiberd finb
aud^ feine Sriefe in: 21. iffi. SKöfier, g. 21. Ärummaci^er unb feine ^reunbe, f. oben.
9{ad^ biefem 9Berfe, münblic^er Jtunbe unb ))erfönlid^er Erinnerung ift biefer Slrtifel ge»
arbeitet.
20 ©öl^ne ^ebrid^ 2lbolfd' finb ^ebric^ SBit^elm unb ©mit SBill^etm ftrummac^er.
Über ben erfteren f. b. folg. 21. 2lu^ ber le^tere, geb. 7.3nai 1783 ju üJlör«, 1841 bi«
1876 ^aftor in Duisburg, geft 1886 gu S3onn, toar toie fein SSater unb Srubcr ob
Srbauung^fd^riftfteller bielfad^ tl^ötig, o^ne ba| feine ©d^riften für bad gtoeite drittel beS
borigen ^al^rl^unbertd ä^nlic^e )8ebeutung gehabt l^ötten, mie bie feinet iSaterd für boiS
26erfte. 3" wtoäl^nen finb: §irtenruf jur lebenbigen Duelle be^ §eife 1830. 3)ad2)ognta
bon ber Onabentoa^l 1856. ^aftorenfj)iegel, ©^n. 5Jreb. 1859. ©ibeon, ber Sli^tc:
S^raete 1861. SCäglid^e §erjen«h>eibe an« Sut^er« SBerfen, 2. 2lufl. 1852. ©ebctbudj
für ebangelifc^e Sbriften 1853. (Sbangelifd^er §au«fd&a$, 2 95be 1853. ®. S). Ännm
mad^er« Seben 1838 (f. b. 21.). SSgl. §. Ärummadfier, 6. iffi. 5lr. Seben^erimterungen
80 eine<^ geiftlid^en Veteranen, @ffen 1889. ^. VHaUtt t«
^nmma^er, griebrid^ SBil^elm, geft. 1868. — gfr. 3S. $tx., eine ©clbftbiogra*
ptjit, »erlin 1869; Vltbt, 3ur ©efcfticftte ber $rebigt, SBieSbabcn 1879.
^ebr. SBil^. Ärummad&er, ©o^n ^Jriebric^ 2lbolf« unb 5Reffe ©ottfrieb S)aniel«, ifi
am 28. Januar 1796 au ÜRör« a. du), geboren, befud^te erft bag 2)ui^burger, bann noc^
3ö ber 93erfe^ung feinet Später« ba^ SSemburger ©^mnafium. @r ftubierte in $oIle unb
^ma 3:l^eologie, aud^ an bem iffiartburgfeft ber SSurfd^enfd^aft 1817 nal^m er teil. 1819
fam er afe orbinierter ^ilf^eiftlidfier an bie reformierte ©emeinbe in ^anlfurt a. 9W.
1823 ging er al^ ^Pfarrer nad^ Slu^rort, 1825 nad^ ©emar!e (SSarmen). 3^i>^^
nad) bem benad^barten ©Iberfetb an bie reformierte ©emeinbe berufen, tourbe er bort
40 1834 ber ÄoHege feineiS D^eimg, jugleidfi folgte il^m ^nebr. ©man. ©anber, ber tnnigfte
unb treuefte ^eunb feinet Seben«, bortl^in an bie lut^erifAe ©emeinbe.
1840 entftanb infolge einer bon Ar. in ber 2ln^arisÄird^e ^u SSremen über ©oI 1,
8. 9 gel^altenen ^rebigt ber burd^ mel^rere ^aÜ^x^ fid^ ^inburd^jiel^enbe, biete ©d^riften
berborrufenbe „Sremer Äird^cnftreit" ; 1847 ging er nad^ 95erlin an bie 2)reifattigfeitd«
46 firdfie, 1853 afe §of})rebiger nad^ ^Potsbam. 2lu« bem ©c^o^ eine« reidjien gamilien*
leben«, h)ie e« in bem 93ud^ „Unfere 3Kutter" (SSielcfclb unb Sei})jig 1880) auf« ax\^
gic^enbfte gefd^ilbert ift, ging er am 10. 3)e^ember 1868 ^eim.
Unter feinen gal^lrcid^en ©d^riftcn ift bie l^erborragenbfte vint> toal^rl^ft ba^nbrec^enb
„6lia« ber 3:^i«biter", felbft mit 6lia«feuer getauft, toic §eubner fie in ber S3üd^nerf(^
60 Äonforbang (8. 2lufl.) treffenb begeid^net. ©ie ift au« 2Boc^enanbad^ten ^erborgegangen.
©ogar ©oct^c, fonft in ber f^omUetifd^cn Sittcratur ein feltener SRejcnfent, l^at fid^ über
Rr.« erfte ©ammlung „Slidfe in« SRcid^ ber ©nabc" geäußert. „5Kan lönnte biefe 3Sor»
träge, h)eld^c bie in $anbarbeit berfunlenen 33eh)o^ner jener ©egenben über förperlic^
unb gciftige Unbilben in ©dfilaf lullen tooBen, nartotifd^c ^Prebigten nennen; h>el(^c ftcl^
55 benn freiließ am Haren Sage, beffen fic^ ba« mittlere 3)eutfc^lanb erfreut, ^öd^ft h>unbcrli(^
au«ncl^men". ©octl^e« SBerfe, 2lu«gabe 1840, 33anb 32, ©. 377—379.
3Rag bie ^Pbantafic be« ^od^begabten \id) oft ju übcrrcid^em S3ilbh)erl ^cn fort»
reiben laffen, „mein ©efc^madE", fagt Ar. einmal, „ift ba« biblifd^ SKaffibe"; mag in
feiner fonft fo cblen ©Jjrad^e ba«^cmbh?ort bi«h?cilen eine ftörenbe §errf(^aft beanfj)ru(^
ftnmtittad^er, ^ebrid^ SBil^elm Srummad^er, (Sottfrieb 2)antel 153
unb bte ma^oDe Sinte etned 2:i^eremin l^öuftg ü6erfci^ttten fein: biod^ ift ^r. in ber $o-
miktil für otte 3ctt einer, „ber ©etoolt l^at".
SBie er mit ber ©dffärfe feineiS SBi^eö, mit bem Sd^tDunge feinet ©cniuig, mit ber
ftraft feinet (glaubend ben 9lationaIi^mu^ gegeißelt unb erfolgreich belriegt unb bie ger«
fox^en Sltöre bei^ alten ©laubeniS glül^enben bergend gu l^eilen fic^ gemüht ^at, fo l)ai 5
et mit 2^olucf unb 61. §orm^ ben SleinJ^arbtfd^en junftmäfeigen ^Prebigt^Sc^emati^mu^
mit freier $anb traft ber Äü^ni^eit feiner i)rot)l^ctifd&en aber über S3orb toerfen l^elfen.
5lann man bon feiner })Iö^Iici^ ouftaud^enben ©eftolt fagen, ba^ fie i^rer 3^^ h)ie
eine ^omiletifii^e „ßrfd^einung" golt, bod^ ift bie Vorbereitung ba^u, bie geiftige unb gcift^
lii^ Anregung burc^ Är.^ SSater unb D^eim, burd^ ben nieberr^emifd^en Sobcn mit feinem 10
übtrtoiegenb reformierten oltteftamentlid^en ®cj)räge, fo toie burd^ bie bomalige frül^ling^s
^e ©rtoerfung^jeit unöerfennbar. äud bem ©c^a^ feiner litterarifd^en ©rjeugniffe fül^ren
toir folgenbe an: ©olomo unb ©ulamitl^, 1827, 9. Slufl. 1875; SlidEe in^ Sleid^ ber
®nobe, 1828, 3. »ufl. 1869; ©lia« ber SC^i^biter, 1828, 6. 3lufl. 1874; ^ßrebigt, geb.
S®emarfe, 1819; Sel^Wiitmen, 2 3:le., 1832, 2.2lufl. 1846; 2)er 5Prot)^et ©lifa, äb= 15
lidwtoorte, 1835, 2. äufl.; 2lbfc^ieb«j)rebigt, 1847, 2. 2lufl.; 3)er fc^ein^eilige Station
nali^mu« 1841; SC^ogifcbe dtuplit 1846; 2)a^ äbbcnt^bud^ 1847, 2. äufl. 1863
(Selben unb Älafing, SSielefelb unb Sei^jig); 2)a^ ^ßaffiongbud^, ber tcibenbe ßj^riftu«,
1854, 3. äufl. 1878 (SSel^agen unbÄlafing, Sielefelb unb 2^m)y 3)ie ©abbatl^glodfe,
12 33e., 1851—1858; 2)e« ß^riften ffioBfal^rt nad^ ber ^immlifd^en ^eimati^, 3 3:le.,2o
1858; a)at)ib, ber Äönig öon S^rael, 1867; ß^riftu« lebt; ein Dfter^ unb ^fingftbuc^,
1862 ; Immanuel ^ebr. ©anber, 1860 ; SBeg jum §eil, 1842 ; 2)ie SBa^r^eit ber
elxmgel. ©efc^id^te befiegelt burd^ bie älteften nad^at)oftolifc^en 3^B^ (SSerl. b. 3Bieganb
unb ©rieben) ; Der tird^lid^e Dften unb SBeften unf ereiS })reufeifc9en SSaterlanbe^ (93erl. b.
ffiieganb unb ©rieben); äbfd^ieb^grufe unb 2Bitlf omm, jh)ei ^ßrebigten gef^alten bei feinem 20
ämt^ec^fel ^u 93erlin unb ^ot^bam; go^ann ^no^ unb bie Jtönigin 3Raria; einleitenber
SSortrag über ba^ 3^ema: „gntoietüeit l^at ber ^ßrebiger ben ©efdfimorf feiner §örer ju
betücffu^tigen ?" (SBieganb unb ©rieben). IRnb- Äögel f-
Jtntntmad^er, ©ottfrieb 2)aniel, geft. 1837. — CueUen: ®. ^. ^ummac^erd
fkhtn Don beffen ißeffen @. ^.ftr. old ^orrebe jur (^uten ^otfc^aft unb e^lro, @lb. 1838; 90
«. 5B. aJiöncr, &r. «. firummocierö fiebcn, SBrcmen 1849; gr. Sß.^rug, Äritifcfte ©efcftlcftte
ber protcftantifd)»religiö[en ©Arofirmcrci u. f. 10. im ^erjogtum SBerg, ©Ib. 1851; Acta, betr.
9. 3). Ärummacöer ju eiberfelb, 1819 im ?roö. Ä. ?lrd)iö ju Äoblenj XXI. 10. 11. ?lu(jcr.
bem perfönlit^e ^unbe.
®. S). Ärummod^er, ber jüngere Sruber bon ^cbr. äbolf, tourbe am 1. ät)ril36
1774 in ledlenburg geboren, unb ftarb im 63. ^a^re am 30. Januar 1837 al« ^aftor
bet reformierten ©emeinbe in®lberfelb. Über feine ©Item f. 0. ©. 150,9. Daniel jetd^nete
ftt^ fd^on ol« Ätnb — meift bei ber einfamen ©ro^mutter unb %anU erlogen — burd^
ein eigentümlid^e« unb fcltfameö 2Befen au^ unb mufete fid^ balb einen 3:räumer, balb
einen ©onberling fd^elten laffen — toeld^e ärt il^m aud^ j^eitleben^ anl^ing. auf ber 40
Unit)erfttät in Duisburg ^atte er bielen ©egcn in bem §aufe beiS Sleltord %t, ämolb
^fenlarnj) (f. b. ä. 8b VII ©.461) unb erl^ielt fid^ baburd(i unb burd^ ben näheren
Umgang mit bem ^ßrofeffor Dr. SKöBer gegenüber ben rationaliftifd^en unb ungläubigen
Sorlefungen ©rimm^ toenigften^ bie äußere äd^tung bor bem geoffenbarten 2Borte ©otte^
in ber jj^I. ©<^ft, o^ne jebod^ fd^on bon beren ©eift ergriffen ju fein ober bie finblid^e 45
grommigteit fu^ erhalten ju ^aben. 5Rad^ feinen ©tubienjal^ren begab er fid^ ju feinem
wuber gt. äbolf nad^ $amm, too er fid^ mit Unterrichten unb ^Prebigen befd^äftigte ;
boim toarb er ^auöle^rer in ©oeft unb 1796 in SKörg, h?ol^in fein SSruber berfe^t
tporben toor. SSielleid^t l^ai er [xd) bamate gleid^ feinem Sruber auf furjc ^^t bem
gteimaurerorben angefd^loffen. 33on 3Körg h)arb er 1 798 ^um ?}farrer in bem nahen w
»aerl, 1801 jum Pfarrer in SBülfratb bei eiberfelb unb 1816 ^um ^farrcr in glber^
felb getoä^lt. $ier erlitt er am 15. ^^nwar 1834 auf ber Äan^el einen ©d^laganfatl,
brni tDeld^m er ftd^ nur auf lurje Mt h?ieber erl^olt ^at. SSerl^eiratet ^at er fid^ nie^
mate; feine bertoittoete ©d^toefter SWe^er too^nte mit i^ren fünf Äinbem bri il^m, if^m
eine treue ©tü^e, h)ie er il^nen. &5
Ärummo^fer ift baburd^ fo bebcutenb für feine ^Ät unb für feine ©emeinbe unb
toeite Äreifc getoorben, bafe er ein ganger üKann, ein ganger 6^rift, ein d^riftlid^er Gbaraf ter,
namentlich al« $rebiger tvax, freiließ auc^ mit bieten @dfen unb ©c^roff^riten, loeld^e feine
än^ger leiber f^äu^ atö lugenben angcfel^en unb fic^ baburd^ gu einer befonberen
154 Sttnmmaäitt, ©ottfrieb 3)antd
^Partei in ber ©emeinbe auSacbilbct l^aben. Der crft 22iäl^0e junöe ?ßfatrer fonb in
SBaerl einige entfd^teben gläubige ©Triften, burd^ beten ^erjanbringenbed B^d^^^ ^^ ^
ü^m alihalh unb plöi^lid) ein neue^ Seben entjünbet tourbe, bod er nun mit getoaltigem
Smfte unb ©ifer unb mit großem Erfolge ben tl^m anvertrauten ©eelen berfünbigte. gn
6 feiner Ideologie fd^Iofe er fid^ nun gom an bie J^oDänbifc^e (cocceianifd^slamtjtfc^e) ©c^
an, nur ba^ er Befonberd anfangt in @[berfelb bie obfotute ^röbeftinotion in aQer mög-
lid^en Sd^roffl^eit nad^ ben @ä^en ber 3)ortre(i()ter @^nobe lel^e. 3B&l^b ftd^ 8am))e
unb feine Sd^üler in il^ren ^rebigten h)ie in i^rer @ee(forge gleichmäßig an bie tKC-
fd^iebenen klaffen t)on Seelen toanbten, jog Jtrummac^er, ben man borum au(^ too^
10 ^art, barfd^, unfreunblic^ unb lalt nannte, nur bie ©laubigen unb Segnabigten an uxib
ftieß bagegen bie nod^ nid^t S3elel^rten entfd^ieben, \a DieKeic^t abftc^tlid^ )urüd(, bid fie
ct\oa auf anberem 3Bege ober burc^ anbere gewonnen tourben unb nun auc^ bei i^
il^re 9la^rung unb Iroft fanben. @r felbft ^at hierüber gefagt: „6« ift lein Sfläunber,
baß fid^ t)iele Seute in mir nid^t ^nben fönnen, ba mein ganged auftreten oft ettooS
16 Steif eiS, SBunbertid^c« unb ^ßarabc^eö an pc^ tragen mag." Sefonber« galt biefe« Don
feinen ^rebigten unb feinem 5Prcbigtt)ortrage. S^einbar trodfen unb fteif feffelte et butd^
bie untDibetftel^Iid^e ^raft ber Überzeugung, bie 9Bieberl^o(ung einer unb berfelben Sßo^t^
mit fetfenfeftet ©ntfc^iebeni^eit unb bie 2^iefe unb Snniglet ber d^riftlid^en Erfahrung unb
Srienntnid, bie er bome^mlid^ Den Schriften ber ^an b. ®u^on, 93un^and, Sogo^,
ao 2^crfteegen8 unb ä^nKAer berbanlte. ©jegetifd^ fmb feine ^ßrebigten toegen i^er abfouit
toiUfürlid^en SSibelau^legung nad^ ber au^earteten unb mißDerftanbenen cocceionifc^
3Jtanier \)kl\ad) ju tabeln unb filierten aud) in d^riftlid^er äSegiel^ung anfangt ^äuftg )u
einem bloßen ^bö^tafie^ ober ©efü^te^g^riftentum unb SBerftanbedbogmatiSmu«, unb
bemnad^ aud^ toobi jum ganatiiSmug. Setoeig l^ierbon fmb befonber« feine berühmten
26 ^rebigten über bie Flamen ber Sagcrftätten ber ilinber S^rael in ber SBüfie unb
feine fonftigen altteftamentlid^en ^ßrebigten, fotoie bie feiner jabireidjfen ©d^ület. Ätum«
mad^er« 9luftreten in ©tbcrfetb, jur 3^it ber attgemeinen religiöfen ©rtoedfung unb (St*
Hebung in gan^ Deutfd^Ianb, unb na^bem bei feiner 3Ba^I bie alte t)erfum))fte oligatd^ifc^
5looj)tationgöerfaffung ber ©emeinbe in eine frifd^e Icbengbolle ariftolratifc^e SRet)täfens
80 tati))t)erfaffung ju beftänbigem Segen berfelben bertoanbelt tDorben toat, ei^eugte in bec
©emeinbe, bie feit einiger ^Ät feine 9lu^icßung be« ^l. ©eifte^ erlebt l^tte unb in il^en
bi^f^er tonangebenben ©liebem meift freimaurerifc^ inbifferent getoorben toar, ein neueö
Seben, toeld^e^ aud^ in toeiteren Äreifcn unter ber meift neologifd^en ©eifUid^teit bc^
Sanbe^ ungeheure« 2luffe^cn unb ^eftigen 3Biberfj)rud^ erregte. SBon feinem Keinen
86 aber eifrigen äln^ange getragen, toerftieg ftd^ Jlrummad^er toirutd^ m ben äußerften unb
ärgerlid^ften (Sjtremen ber ^räbeftination^lc^re unb als 1819 feine Slnbänger, nac^ i^^
bomel^mlid^ften Si^e bie SBüften^öfer genannt, anber^ geünnte ©lüften unb ^ßrebiget
(j. S. ben frommen ÄraH in ©emarle) in il^ren befonberen ^erfammlungen unb ©otted«
bienften burd^ laute« Sad^en unb SCabeln ftörten unb felbft jur 93erad9tung ber Sticdft
40 mit btennenber pfeife in bie Äird^e gingen unb bie« aÖc« mit bem SBortoonbe be»
fd^önigten, ba« äße« fei erlaubt ober ba« tl^ue nur i^ alter 3Jlenfd^, mit bem i^r neuer
ÜRenf^ nid^t« gemein l^abe: ba trat Ärummacber ber i^n jur SSeranttoortung jie^^
ben bürgerlid^en unb geiftlid^en Dbrigleit al« 93erteibiger biefer fred^en unb lofen Seute
anfang« tro^ig, ja faft frec^ entgegen, befann fid^ aber bei ber unermüblid^en SRilbe
46 ber Scl^anblung, mit toeld^er i^m namentlidfi ber ©eneral))räfe« ber nieberr^einifc^
reformierten S^nobe, ber nadfi^erige Sifd^of Dr. Sloß, entgegenlam, aHmä^lid^ eine«
Seffercn, unb aud^ fein inbcj)enbentifcl5|sfird^lid^=rej)ublifanifd^ geftimmte« ?ßre«b^tetium,
feintet h)eld^e« fid^ Ärummad^er al« l^inter feine „Se^örbe" jurüdfjujiel^en fuc^te, fieß
attmäf^lid^ toon feiner Slenitenj ab. So biclt er am 24. DItober 1819 nac^ langem
60 Sträuben auf »efe^l be« Ä. Äonfiftorii in Äöln feine SRed^tf ertigung«}3rebigt übet 815
6, 1 (Srefelb 1820), bercn Xbema: Sollen toir in ber Sünbe beharren, bamit bie
©nabe bcfto mächtiger toerbe? unb bie i^m nod) au«brüdElid^ auferlegte Sortebe ctm
mciftcn baju beitrugen, il^n toon feinen bi«l^erigen ejtraöaganten Slnl^ängem — bie nun
jum Xeil Seltierer tourben — ju fd^ciben unb ipm ba« SSertrauen ber befleren ©emeinbe^
66 glieber ju crf^alten unb in immer fteigcnbcm ÜRaße jujutoenben. @r ^atte jje^ bie ©e«
fahren feiner eigenen Seigre unb Slrt lennen gelernt unb fud^te fie je länger Je me^ }u
bermciben. 3)agegen bilbete fid^ boc^ um if^n unter Slbftoßung ber großen 9Raf(e in feinet
©emeinbe unb im ganzen aSBujJtjertl^alc unb bcrgifd^en eine neue entfd^ieben unb fc^roff
^räbeftinatianifd^c Partei mit bielem dfiriftlid^cn ©rnfte aber auc^ mand^er SSertel^t^^
60 toeld^e ftd^ nad^ 5{rummad[;er« Xobe unb nadf feine« in feine ^ßta^fen getretenen Steffen
Stxnmmaäitx, (Sottfrieb Hantel ftntjifi{ 155
gt. SSSill^cIm Slbgong bomcl^mlici^ in bie nieberlänbifd^stefonnierte ©cmdnbe bon Dr. Stof)U
btügoe (f. b. 8. 33b IX ©. 633) in SIberfcIb berlouf cn f)Qi, 2luc^ toax 5lnintmaci^er, ganj
im Seifte feiner ©emeinbe ober toeniaftenS feiner Slnl^änger unb gegen ben bamold
^etrfc^enben 3^0#/ ^^ entfd^iebener Segner ber Union unb ber neuen 9(genbe unb
beftörlte boburii^ feine ©emeinbe in btefem il^rent befonberen @inne gegen bie fonftige 6
bnfiante 9ixt unb Steigung ber reformierten Jtirc^e )ur Union, ^m ganzen toerbantt bie
beutfd^e ekKmgeIif<i^e S^ftenl^eit bem feften unb lemigen 2Befen Jtrummac^erd fotool^I nad^
feinem ))erfönlid^en auftreten oö burd^ feine gebrudten ^rebigten toiel ©egen, ber nod^
forttanrit.
Schriften: äufeer jener au(^ in bie ®nU Sotjfd^aft aufgenommenen ^ßrebigt fmb lo
\>on \ijm folgenbe ^ßrebigten in ©tberfelb erfd^ienen: 9teformation«})rebigten, 1817. Sei*
trag jur Seonttoortung ber^age: SEBoö ift eöangelifd^? in fünf ^rebigten, 1828. S^Iobö
ÄaiiH)f unb Sieg, 1829. ©inige ^rebigten über bie ebangelifd^e Se^re bon ber SRec^t»
fertigung, 1831. ^ie SBanberungen ^draeliS burd^ bie äBüfte nad^ Kanaan, in äSejiel^ung
auf bie innere ^^ü^ng ber ®(äubigen be(eud^tet, 1834. 2)ie l(>o^e))riefterIid^e ©egenS^ i6
fotmel, 1834. gBabr|eit jur ©ottfeligleit ober ^au^po^iiüt, üReur« 1834. ®ute ^oU
\dfa^, 1838. Xäglid^e« üRanna für^ßilger burd^ bieSBüfte, gefammelt bon einem greunbe
be« Seretoigten, 12. SUifl. 1891. äuferbem erfc^ien bon i^m 1836 in 2)üffelt^al eine
ÜBerfe|ung ber Sludlegung bed $l^ili))))erbriefed bon Salbin. SR. &bM f«
Jh^jife — 8^^ fiilleratur f. b. »lÄ. ^reuj unb ÄreuaeSjeicften 0.6.90 u.93; ferner 20
Jobber!, 3ur dntfte^ungdgefcfiic^te bed ^Uiiftjred. ^^erlin 1880; ^ngel^arbt, ^ie älteften
Änijipjc gWBfi 1880 ©. 188 ff.; g. 3E. ^qu«, Äreujiaung In SRealcncQ». ber diriftl. Slter*
tümer, II, 6. 283 ff.; ®rifar, Sreuj unb trcujigung ^OS 1894, 6. Iff.; m. &orrer unb
V. Wäaer,Sh:eu} u. ^eujigung S^rifti in i^rer ^nftenttoicfelung, ©trogburg 1894 (mägig);
IRicft. Cngel«, 3)le ftreujigung ©ftrifti in ber bilbenben Äunft, fiujemburg 1899 (inftruftio burd^ 26
bie Wbilbungen) ; gr* 3E. S^raud, ©efc^ic^te ber c^riftl. ^unft. II, 8. 31 Iff.
®egen bie 2)arfteQung bed £eibend S^rifti f^ai bie altd^riftlid^e Jtunft ftd^ (ange ge«
^äubt, barin befitimmt aud^ bie religiöfe Stimmung ber Sl^rifteni^eit, toeld^e ben $ei(anb
nic^t fotoo^I im ©tonbe ber @miebrigung atö bie(me^ in feiner mad^tboQen @r|5l^ung
anjufc^uen getpol^nt toar. S(Id fie in ber gtoeiten ^ölfte bed 4. ga^rl^unbertd mm erften^ ao
moljag^aft biefen SBeg betrat, crfd^eint fie Baiser bon bem©treben be^errfd^t, oie ^ßaffton
mdßlub^ ab)uglötten (Met, ©d^u(^e, Slrcbäologie ber altd^riftL 5tunft ©. 332 ff.), ©o be^
Getft ftt^, ba^ bier S^l^^unberte borübergingen, el^e fie an bie ©cene l^erantritt, in toeld^er
^ Seiben ßbrifti git>felte, bie Jlreujigung. ©d^on borl^er aber — in ber erften ^ölfte
be« 3. S.Ä^Pwnbertg — l^e in einer ber Äammem be^ Äaiferpalafte« ouf bem 36
^Jalatin eine ^eibnifc^e $anb ben „®feI^ott" ber 6bnft«i/ biefen mm ®ef})ött, in bie
SBJonb geriet mit ber Snfc^ft AAESAMENOC C EBBTE SEON (befte ab*
bUb. ©arrucd, Storia della arte crist. V S^af. 483 ; berfelbe, II Crocifisso graf-
fito in casa dei Gesari, 9loml857; julc^t au^fül^rlic^ g. X. ÄrauS, ba^ ©tjottmi^ifij
bom ^[Jalotin, greiburg 1872. Da^ Original felbft im üRufeo Äird^eriano in 9lom). 40
%(A erfte 8eif>)iet eine^ Ärujipjuö d^riftlidfier §erfunft ^aben toir in einem SRetief
ber ^oljt^ür bon 6. ©abina auf bem Slbentin frül^eftend a\x^ ber ^itte ettoa bed 5. ^al^r^.
(SBieganb, 2)0« altc^riftlid^e ^aui)t>)ortaI an berÄirc^e ber ^I. ©abina, SCrier 1900,© 19 ff.,
laf. 4). 3)en $intergrunb btlben bie 3Jlauem ber ©tabt J^erufalem. 3)ie mächtige ©eftalt
bed ^eilonbed ^t bon ben jn)ei fnaben^aft gebilbeten ©d^öd^em begleitet. SSieQeid^t eben 46
fo m bürfte ein oberitalifd^e^ Slfenbeintöfeld^en bed S3rit. 3Rufeumd fein, toeld^ed bem
ßetlanbe Sol^ne« unb SRaria jugefettt, bie eine tiefe, ftitte ©d^merjen^jfinbung be*
$enfd^t (Äbbilb. g.X Jtrau«, ®efd^. ber c^riftl. Äunft, I, ©.174; ^ooxi ®raeben, ^rü^*
(^rifUic^ unb mittelolterlid^e ©Ifenbeintoerle, I, n. 24). '^n beiben göHen ift ß^riftuig
lebotb unb leiblod aufgefaßt. 9Bte ftarf inbed nod^ ein §abr^unbert nad^l^er bie ältere 6o
Stimmung nod^toirhe, bezeugen uni bie 3JletaIIfIäfd^d^en in SWon^a, bie ^ur ^e\i ®regord
bed ®ro^en au« S^'^fölem nad^ bem 9lbenblanbe tamen. ©ie bemühen ftd^ ficbtlid^, ber
tmrflic^ Streu)igung audjutbeid^en, unb begnügen ftd^ mit 3lnbeutungen entmeber fo, ba^
3efu3 bie arme ausbreitet toie ein ®elreujigter, tool^rcnb ba« Sreu^ felbft fef^lt, ober
fo, ba| fein $auj)t über bem Äreuje fd^toebt (®arrucci VI, Xaf. 434. 435). ©c^on 66
bicfe ^^^ad^en toeifen ba^in, ba^ ba« Jtreujigungdbilb in ber 9labbula(^anbjd^rift ber
gourentiana (»bbilb. g. X. Krau« a. a. D. I, ©. 176) einer toefentlid^ fi)äteren geit
angehört, ote angenommen ju toerben j)flegt (586). I)enn bie ©cenc ift l^ier au« i^rer
iirf))rüngli(^ Sinfad^l^eit unb ^foliert^eit ^erau^enommen, inbem au|er ^o^anneS unb
156 firtt)tfi£
ajlaria Ilagenbc %ta\xm unb Ärieggfneci^te cingcfül^rt fmb ; betont ift au^erbcm bcr 2eibm^
au^brudf, unb ein lan^e^ ©etoanb umJ^üHt ben Selb ßl^rifti. S)a0e0en fmb auf töp^
ttfc^en Stoffen 3)arfteBun9en bc« Ocfeeujigten etl^alten, bie no^ bie "aurüdt^altenbe
aSeife beö au^e^enben d^tiftlid^en 2lltertum« betoo^rt l^oben (j. S3. tJorretsSKüDer lof. 3
6 n. 3. 5. 9).
3>n bem Überöange öon ber altd^riftfid^en gur romanifd^en 5periobe taffen fic^ bie
JJad^toirfungen ber älteren 3cit baran erfennen, ba^ßj^riftu^ lebenb, nur mit bemSenben*
tuc^e beflctbet, bie ^^e nebeneinanber georbnet bargeftellt toirb. änbererfeit^ geigt bie
toad^fenbe 3^^ *>^ Segleitfifluren bie SBeiterbilbung ; ani) tritt bie lange 3!unifa auf,
10 bod^ atö 2lu«naf^me (Seiftjiele : %, 1. Ärau« a. a. D. II, ©. 312 ; Oraeben I, n. 55 ;
II, n. 17). '^m Unterfd^iebe t)om äbenblanbe beborgugt bie b^jantinifc^e Jlunft je^t unb
in ber %o\^t bie 2)arfteIIung be^ fterbenben, im Xobe jufammenbred^enben ^eilanbe^
(d^arafteriftifc^ ein ©mailtoerf be^ 10. Sa^rJ^unbertö bei ©d^Iumberger, Un empereur by-
zantin du dixöme siöcle, ^ßari« 1890, ©. 580 StafeO- 3n oDen goDen ftnb §änbe
16 unb gü^e burd^bol^rt ; Ic^tere ftel^en auf einem brettartigen Duer^olj. 3)ie romonifc^
6})oc^e, in toelc^er ber Ärujifiyu^ ate ÜRalerei ober al^ ©fulj)tur bie toeitefte Verbreitung
fanb, fc^müdft ba^ §aut)t mit einem Ärange ober einem 3)iabem (®ngefö, %cl\. 10. 12. 14;
gorrersSWütter, 3:af . 4 — 7 ; ©todfbauer, ©. 259 f.), aber je^t treten aud^ immer ga^treid^er
©eif>)eUe be^ tot ober fterbenb aufgefaßten §erm auf ; ja man fc^eitet jum berbften SReo«
aoligmu« fort (©ngcte, laf. 14. 16 ^g. 5118; gig. 58; ßloquet, Elements d'icono-
graphie chr^t., $ari^ 1900, ©. 77). 3)agegen bleibt aud^ jefet nod^ d(Kirafteriftif4^ bie
5lebeneinanberorbnung ber ^üfee, unb biefe ®ej)fIogenl^eit erhält fid^ bi^ an bieSDlitte beg
13.3a^r^unbcrtg(ögI.5.I. Äraug 11,1, ©.336 f.). dagegen führte bieSoüI eine tocjent^
lid^e 2BanbeIung ^erbci, gum 3:eil unter bem 6influffe bc« religiöfen ©ubjeftibi^mu^, gum
26 3:eil unter ber Slüdftoirlung be^ SReali^mu^ ber geiftlid^en ©d^aufj)iele. 2)ie Äönig^hone
tocic^t ber 3)omcnfronc, in ber Haltung be^ Äörjjer« toirb bie ©d^menendtoirfung, oft
in ftärffter SBeife, anfd^aulid^ gemacht : baö ^aujjt ift geneigt, ber fieib gebogen, ©in
einjiger SRagel burd^bo^rt je^t — nac^ 3Ka6gabe angeblid^ befferen ^ifjen^g, t>ergL
$ij)er, ginleitung in bie monumentale il^eologie, Ootl^a 1867, ©. 619 f. ; ©tocfbauer,
80 ©. 287 -— bie beiben übereinanbergetegten güße. 3)a^ ®rfd^üttembe unb Iragifc^
be« 93organgc« fri^grft fid^ Icbenbig in berUmgäung toieber (^orrers^Rüttcr, 3;af. 7 — 11;
engel«, 3:af. 11. 16; g. X.Ärau^II, 1, ©.237. 274. 280. 325. 327. 381 unb fonft).
3luf biefen ©oben ftel^t bie beutfcf^e Äunft be^ 1 6. ^a^tl^u«^^^. ^^^ fw borjüglid^ Dürer
unb §olbein bertrcten (Seifriele : Änadffufe, SCttgemeine Äunftgefd^id^te II, 55ielefelb, £eil)jifl
86 1900, ©. 567. 585 ; ^anitfc^el, ©cfcbic^te ber beutfc^en Watoei, »erlin 1890, ©. 350.
388. 418. 419. 498. 510 u. f. to.). ©ie fudftt bie gefc^ic^tlic^e SBa^r^eit unb fc^cut bot
bem ^rcbtbaren nid^t jurüdf. 2)ie italienifc^e SRenaiffance bagegen milbert bie ^rten
SCöne in äntoenbung il;rc« ©djiönl^eitgibeafö (Seifriele : Ärau« II, 2, ©. 212. 220. 226.
252 u. 3:afel ©.269). 3)iefem 3^9^ folgt toefentlidfi bie allgemeine Äunftenttoidfelung im
40 17. unb 18. S^l^rbunbert ; bie jogenannten 5lajarener ftil^rten einen toeid^ilid^en, fentimem
talen 3^0 i" ^^^ ^JaffiongborfteHungen ein, unb unter biefem 6inbrud ftel^en aud^ 3Mer
toie ^Pfannfc^mibt, ^locfftorft, §ofmann. 3)ie mobeme religiöfe SRid^tung fud^t bem gegens
über bie gefd^id^tlid^e SBal^rl^eit bid }um berbften Sleali^mu^ )ur ©eltung ju bringen
(b. ©cb^arb, b. Ul^be, 3^'"'"^i^öi^"/ Älinger u. a.).
46 3)ie burd^ bie ebangclifc^e ©rjä^lung gegebenen giguren treten anfangt nur teiltoeife
auf (3|ol^anneö unb 2Raria, ein ober gtoei Ärieg^Incd^te) ; gegen Slu^ang bed 9RitteIalter8
toerbcn barau« reid^e, betoegte ©cenen, bor allem an ben ©d^ni^altärcn. 3)te 3Birtung
ber geiftlid^en ©c^aufj^icle ift hierbei unberlennbar. 3)od^ fc^on in ber romanifd^en ^eriobe
beginnen aucb legenbarifc^e ober aQegorifc^e ©eftalten f^d^ um ba^ Jtreu) gu fammeln.
60 5Die ^erfonififationen ber Äird^c unb ber ©^nagoge, jene afö ©iegerin, biefe ote Seftegte
treten auf (?}aul SBeber, ©eiftlic^e^ ©c^aufj)iel unb fird^lic^c Äunft, in il^rem Sed^tnid
erläutert an einer 3tonogra>)^ie ber Äirc^e unb ©^nagogc, ©tuttgart 1894 mit äbbilbungen).
äbam unb ®ba, bie Url^cber ber ©ünbc, bie ber §eilanb am Äreuge aud& für fie fü^ntc, mien
neben bem Äreugc (®arr. VI, laf. 434) ; geh)öl^nlid& aber fie^t man älbam allein enttDcber
66 f 0, baß er in feinem ®rabe unter bem Äreuge ruf^t ober fic^ aufrid^tet, bie $anb nad^ bem ®^
heugigten erbcbenb. ^n ber Äreugigung^gru>)j)e ber Äird^c gu SBedbfelburg in ©ad^fen
^ält er (ober 5li!obcmu^?) einen Ä'elc^ em>)or, um ba^ l^emicberträufelnbe Slut S^fti
aufgufammcln ($. I. Ärauö II, ©. 222). 3luf fein ®rab in^befonbere auf ®oIgat^
toeifen ber lotenf o^jf unb bie 3:otengebeine am gufee be^ Ärcujeö (Sngete, 2^f. 10. 13 ;
60 gorrer^SDlüUer, %a\. 8, bgl. ^erbinanb ^i})er im (Sbangelifc^ Äalenber 1861, ©. 17 ff.,
Sttuiih ftfibel 157
h)o lüctterc äbbilbungen bermerft fmb). 5lnbcrcrfctt^ ringelt fid^ in 9lnlnül)fung an ®en
3, 15 dne ©(^longc um ba« gufeenbc bc« Ätcugc« (SBebcr a. a. D. 3:af. 2, 4, ©.16;
©ngd^, lof. 11). 3)cr Äeld^, auf todd^cm ber gufe beS^cilanbe^ rul^t ober ber unter
bem Inttbrett befeftigt ift, bilbet ben ^eiligen ®ral ab (©ngete Xa^ 13, 18, öfter«
auf ©tfcnbeintäfelc^en). (t^ lommt auc^ öor, bafe bic Sfllefia biefen Äcld^ in ber 6
^b f^QÜ (SBSeber lafel 4) ober ein Engel (@ngcfö, Stafel 19. 21). ©d^on frül^!
toerben ouc^ ©onne unb 2Ronb, enttoebcr in natürlid^er SSilbung ober i)erfonifijiert, in
bie ©cene ^ineingejogen (gerb, ^ßi^jer, 3%tl^ologie unb ©^mbolif ber d^riftl. Äunft I, 2,
3Beimarl851, ©.11 6 ff.), ebenf o flagenbe @nget, (Sott »aterunbber ^l.®eift in ber$öf^e
(Ärujifij in SBec^felburg). 3)ie Selicbtf^eit unb toeite Verbreitung ber 93eroniIaIegenbe lo
enblu^ mad^t e« t)erftönb(id^, bat bie fromme ^au SSeronita, aUerbing« getoöI^nKd^ in ber
©cene bed ®ange« jur Slid^tftätte, jutoeilen aber aud^ in ber 5Rä^e be« ®elreujigten einen
$(a| finbet.
^Q^ 5treu) hd)au!pUt im aQgemeinen bie überlieferte gorm. 2)ie Jtreuje^^oI^Iegenben
bc^ Slittdatter« berfc^affen fid^ ©influfe in ber SRid^tung, ba^ pd^ \>a^ Äreuj mel^r ober i6
toenigcr ber öaumform annäl^ert {%. I. Ärau«, II, 1 ©. 331f.* gerb. S^iptt im ©bange-
lifc^en Äolenber 1863, ©.17—94; D. gödfler, 3)a« Äreuj ß^rifti, ©.468 ff.). S)iefe
Seobad^tungen fteUen bie mäd^tige älnjie^ung^fraft feft, meiere ba« Jtreuj unb bie Jtreu-
)tgung auf bie rdigiöfe ©timmung unb bie fird^lid^e ©itte unb bamit mittdbar unb un^
mittelbar auf bie ttunft ausübten. IBictov S^nl^e. ao
Stttfptü f. 5tird^enbau, 93b IX ©. 786,44.
Sr^tocabmifteti f. $^i[i))))iften.
Stibtl, Slobert, geft. 1894. — fiitteratur: JRobcrt Äübel, na* eigenen Äufaeicft*
nungen gefcftilbcrt. Stuttgart 1895; «ßrofeffor D. Stöbert Äübcl, ^Refrolog o. SBur!, in WS
VI, 1895. 26
Jtübd, Etobert, ift ber Ie|te a!abemi{d^e SSertreter be« dgentümlid^ fd^n)äbijc^en, au«
ber ©(^ule Sengetö hervorgegangenen, in ber 3Jtitte be« 19. ^al^r^unbert« befonber« burc^
Zobia« 9edt in Tübingen toieber ju S^ren gebrad^ten biblifd^en 9ieali«mu«. ®eboren
am 12. gebruar 1838 )u ^irc^i^dm u. X. al« ©ol^n be« 9le(^t«ann)alt« unb ©tabt«
fci^ult^d^en Sluguft Jtübd, jdgt er in fdnem gaiuen Seben ben ©influ^ eine« gotte^für^- ao
tigen unb babd frö^lic^en Slteml^aufe«. ©ein ^ilbung«gang tDar ber gen>öl^nlid^e ber
itnhrttembergtfd^en ®dftlid^en. gür fdne t^eologifd^e ,. ^i^tung tourben toö^renb fdne«
©tubtum« in S^übingen befonber« bie ?}rofefforen Dlf^Ier unb Sedf beftimmenb. 9lad^
SoDenbung fetner ©tubien unterrid^tete er brd ^ai}x^ lang bie ä^^^'^Ö^ ^^ ©eminar«
Slaubeuren im ^ebräifc^en. älud^ al« 9iet)etent am tl^eologifd^en ©tift in S^übingen rid^- 86
tete er fein ©tubium ^aut)tfäd^lid^ auf ba« 311, toie er benn eine Sorlefung über ba«
^euteronomium l^idt unb neben dner älb^anblnng über ben „®lauben im ^%", eine
Oeinere ©<^ft über ba« „altteftamentlid^e ®eje^ unb feine Urfunbe" beröffentlicbte. gür
bic Sdtung ber angel^enben If^eologen in if^ren ©tubien toar er burd^ bie grifd^e feine«
SBefen«, burc^ fdne Se^rgabe unb fdne mit (Sntfc^ieben^eit ber tf^eologifdfien Überzeugung 40
berbunbene SBdt^erjigfdt befonber« geeignet. 3)arum tourbe er aud^ bon einem 3?erdn
iDofittb gefinnter üRitglieber ber ebangelifd^en 2anbe«!irc^e Saben« aufgeforbert, ftd^ in
^ttbelbcrg oI« Seigrer ber Ideologie ju habilitieren, um gegen bie bort ^errfc^enbe, befon*
ber« burd^ ©(^nfel bertretene tbeologifc^e 9{id^tung dn ®egengen)id^t ju bilben. ®r lehnte
ober ab; bagegen tourbe i^m 1867 ba« 3!)iatonat 93alingen übertragen, tvo er, aud^ jum 46
2eüer ber ©i^uUe^rerlonferenj beftettt, 2ln(a6 fanb, fid^ aud^ litterarifd^ einge^enber mit
bcm SoIf«touItDefen ju befc^äftigen. Sil« 3Kitglieb ber Äommiffion für Sibelrebifton in
ßoDe bearodtete er 1868 bie Sudler Wofi«, unb ferne 9RitgIiebf(^aft in ber amtlid^en
Äommiffion für bie Siegelung be« 9leligion«unterrid^t« gab i^m 1870 SSeranlaffung ^ur
Sbfaffung fdner „Sibellunbe". — ^n bemfelben ^(ä)x^ h)urbe er al« ^rofcffor ber 2^eos so
logie unb 3)ireItor be« ^ßrebigerfeminar« nad^ ßerbom berufen, too er nid^t nur bie ber*
fdj^^encn S^dge ber Jjraltifd^en If^eologie in 9Jorlefungen bel^anbelte, fonbem aud^ dn
btblifAsfi^jiemattfc^e« Äonberfatorium in« Seben rief. Bm „ß^riftlid^e« Sef^rf^ftem, nad^
ber i^L ©4^rift bargefteHt" (1873), dn „Umrife ber ^Paftoraltf^eologie" unb dne ©amm*
lung feiner ^rebigten entftanben h?äf^renb fdne« bortigen 2lufentl^alte«, fotoie eine 9ldl^e 66
bon SSortrögen, grö^tentdl« in SSarmen ge^^alten. Södl fic^ aber bie Hoffnung auf ©r*
iDciterung unb 92euorganifierung be« ©eminar« nid^^t erfüllte, td)xtt er nac^ toenigen ^al^ren
158 fiflbel
in feine {ci^h)ä6ifci^e ^eimat jurüd, h)o il^m 1874 in ber übertoiegenb la^Iifii^en Stobt
©Btüangen bog ^Pfanamt ber ebangelifd^en ©enteinbe übertragen tourbe. 9Kit biefcm toor
ber Sleligiondunterrid^t für bie SSoiföfc^üIer, bie eüangelifc^en ©c^üIer ber öerfii^iAenen
Jtlaffen be^ ®^mnaftumd unb bie Sd^ülerinnen ber l^ö^eren Snäbdj^enfd^ule Derbunben.
5 älud^ ba^ S3ejtrfdfd^ulinf))eftorat tpurbe il^m übertragen. 3)en Erfahrungen feinet 9(mt^
lebend in Stttoongen, toie feinen frül^eren SSorlefungen in Äerbom öerbanft feine „SUdtf
d^etif" (1877) il^re ©ntfte^ung. 'änd) an bem GJraufd^en S3ibelh)erl l^at er burc^ Seat*
beitung ber Sriefe an bie Oalater unb 5pi^ili))})er, ber ^Paftorolbriefe unb be^ Satobu^
briefd fid^ beteiligt unb baneben über einzelne fünfte ber d^rifili(^en @t^if Vortrage
10 üeröffentlid^t.
^m6) feine bi^l^erige £aufbal^n für eine alabemifd^e SBirlfamleit Vorbereitet, tourbe
Hübel nad^ S3etf« SCob 1879 atö ^p^ofeffor ber c^riftlid^en 2)ogmattI unb etj^il an bie
Uniberfität 5Cübingen berufen. Sieben biefen beiben §auj)tfäd^em ^ielt er im Saufe bon
15 3^1^^^ SBorlefungen über mefpanifd^e ffiei^fagungen unb SJeuterosS^öiö, fotoie über
16 mel^rere neuteftamentlid^e S3üd^er, ani) über Sut^erö Sd^riften unb bie ^mtoptn, fomt
ber (Sinfü^rung in bad t^eologif(^e, befonberiS baS biblifc^e @tubium. Sitterarifc^ tiHtr er
t^ötig teil^ burd^ Slbfaffung gebiegener 9(rti!e[, befonber^ a))o[ogetifd^en unb eti^fc^en ^n^
l^altg in 3^J^^^ift^ (SSetoeig bei^ (Staubend, 9113)/ teifö burcp umfangreid^ere Schriften,
fo bie ^Bearbeitung ber äl^ologetit in 3öd(Ierd ^anbbud^ ber tl^eolog. SBiffenfc^aften : ,,Ueber
2oben Unterfd^ieb ber ))oftttDen unb ber liberalen 9lic^tung in ber mobemen Xpeologie''
(1881); „ei^riftl. Sebenfen über mobem4riftlic^e« SBefen bon einem ©orgbotten" (1888) ;
femer auf bem e^egetifc^en @ebiet ,;@|egetifd^«l^omtletifc^ed ^anbbud^ jum @t)angelium bed
ajlatt^äu^" (1889); unb in ©tradf^ unb 3ödElerg lurjgefafetem Kommentar bie erflänmg
ber ^aftoralbriefe, be^ §ebräcrbriefe^ unb ber Offenbarung S^^anni^; enblic^^ im 3^1^
25 bor feinem 3;obe „3)ie Offenbarung 3<>^- für bibelforfd^enbe ßl^riften" (1893). ®rfi nac^
feinem 3:obe erfd^ien feine ,,6^riftlid^e ®t^il", ^erau^egeben bon 3Beiffer (1899).
3)a^ eS i^m and^ an ^ra!tifd^er SSegobung nid^t fehlte, betoeifen bie $rebigten, bie
er in Tübingen bor einer ja^lreic^en 3u^(^rerfd^aft an^ aSen ©täuben l^ielt. @te ftnb
biblifd^, b. i}, nid^t nur te^tgemä^, fonbem in ben ^uf^^ntmen^ong ber ©d^riftgdHmten
90 einfü^renb; nic^t fotoo^l auf @rregung beiS ©efü^U, oJä bielmel^r auf nüd^temen äBillends
entfc^^lufe mittete JElarer Selel^rung ^inarbcitenb, bem SebürjrniiJ jeförberter Soften, toie
berer, bie nod^ im SSor^ofe ftel^en, entfjjrcd^enb. ßl^riftu^ in feiner ©rlöferögnabe, aber
aud) in feiner $eilig!eit ftel^t im 3J}itte(bunIt. älud^ einjelne prägen bed (^ftlid^ Sebend
toerben einge^enb bel^anbelt. ©ein emfteiS 2)ringen auf S3efe^rung ^at nid^td ^et^obiftts
86 fd^e^, fonbem trägt bem ftufenmäfeigen SJÖad^tum be^ ß^riftenlebm^ Slec^nung. ©o frei«
mutig er bor gefä^rlid^er S'^l^'^i^« Wavnt, fo läfet er bod^ jebem SRingen nad& 3Ba^r^
©eredj^tigfeit h)iberfal^ren unb ftraft me^r bie ©ünbe ber ©läubigm atö bie ber Ungläu«
bigen. O^ne lünftlid^e Einteilung reiben fic^ bie ©ebanfm in Harem ^ortfd^ritt anetn«
anber. O^ne l^o^leiS $at^od n)ei| er in ebler SSolfötümlid^Ieit bai^ natürlid^e Seben aß
40 ©leid^ni^ bed geiftlic^en ^u gebraud^en. ^n feinem ungelünftelten ebtm SSortrag offen*
barte fid^ tiefet ©rgriffenfein feiner ©eelc. Dem IraftboUm SBirIm Äübete toar ein frü^
@nbe befd^iebcn. 9(a^bem i^n jd^on 1893 ein ©c^laganfall getroffen, fü^rtm immer
toieberl^olte 3lnfälle bon $erjfc^toäc^e am 4. 2)ejember 1894 feinen lob ^erbei.
3)er t^eologifd^e ©tanbj)unlt Kübete berührt fw^ in bielcn Sejie^ungm mit bem feinet
46 SSorgänaerd S3edt. @rforfd^ung ber biblifd^en äßa^r^eit aU Sebem^tva^r^eit ift beiben bie
eigentlime Slufgabe ber X^eologie. SSeibe blieben bm ^arteten in Aird^e unb Xl^eologie
fem ; aber toä^renb Sei, bem altortJ^obogm 3nfJ)irationgglauben fic^ nä^emb, äße onberen
älnfc^auungen neben bem, toa^ il^m aU ©d^riftlel^re galt, unbead^tet lie^, fa^ ftd^ Jlübel
auf bem öoben ber Äritif unb biblifc^cn Xl^eologie ^u Konjeffionm an bie mobeme
60 SBijfenfd^aft beranlafet, unb toufete anbererfeit«, namentlid^ in ber Slec^tfertigung^Ie^e, ben
lut^erifc^en ©tanb})unft me^r ju h)ürbigcn atö Sei.
3im ÜRittelpunft feiner SC^eologie fte^t ber »egriff be^ Seic^e^ ®otte«. 3)iefeö ifi
für il^n, nid^t toie für bie Sitfdfilfc^c ©d^ule, ein ^robuft ber mcnfd^lid^en 2^ätigleit ober
natürlichen ©nttoüelung, fonbem ein im ^immcl bor^anbeneö ©taat^toefm, ber Orgonid«
56 mu^ be^ ©otteigs unb §immetölcbeng, atö ben 9Renfc^en burc^ ßl^riftum erft in feiner
$amfte böHig erf^loffmcr. 3luc^ ber $crr bicfe^ SReidfie«, 3^w^ G^riftug, ift toefentlic^
ienfeitig bermöge feiner ^räe^iftcn^ unb jpcrfönlid^en ißofteEifteng. 2)a^ 9leue, bod er ge«
brad^t l^at, ift bie dixaioavvj] ^eov, bie er einjjPangt, ein ZAm ber 3«ifritigleit, in bod
er berje^t. 35er ®ered^tig!eit^ftanb ift in erfter Sinic ba^ f eligc 33eh?u|tfein ber auf @runb
60 ber 3Serfö^nung erlangten Vergebung, toomit jugleic^ ber Slnfang eine« neuen Sebend
ftftbd 159
gefeit t{L Sie Aneignung ber Serföl^^ung im ®(auben n)irb vermittelt burd^ ba^SBort
®otted, bad ben geo^enbarten ©ott unb S^riftuS gegentoärtig in ftd^ trägt. 3)a^er toirb
auf bie Shttoritöt berSd^rift großer 92aci^bru(I gelegt, il^re ^nfoKibilität aber, im Unter«
fc^ieb foiDol^I t>on ber ort^obo^en Sel^e ald bon S3ed, auf bod befd^rönlt, toai Sl^riftud
unb bie Sli^oftel mit Se^autoritöt feftgefteQt ^aben, auf ben burd^ bie SSibelforfd^ung 6
^croud^ufteDenben consensus *biblicus. 3nf))iriert fmb bie ^erfonen ber erften S^n^m
ber Offenbarung, i^r SBort aber ift ed nur mittelbar.
^n ben @alramenten mad^t ber ®eift bie natürlid^en (Elemente jum Se^ilel feiner
Sebendhaft; fo ift in ber ^^aufe bai^ SDSaffer nid^t blog Symbol, fonbem Präger bed 1^1.
®etfled. Sod^ fommt bie Sßiebergeburt nid^t o^ne ben ©(auben be^ Täuflings m ftanbe, lo
unb bie 5tinbertaufe mad^t nur ber S^ftenanlage, nid^t ber SBiebergeburt teil^afti^.
^^ ä(benbmal^I toirEt bei ben ©laubigen Slneignung ber berflörten geiftletbtid^en
$erfdnli4^teit S^fti, ^iaütt ben Seib mit SSerllärung^fräften an^ unb berbinbet mit ber
®emeinbe ald bem Seib S^rifti ju ,,einer 93lut^emeinfd^aft im eigenttid^en, aber pnm^
matifd^ Sinne''. Sllfo : Ubiquitöt bed Seibed S^rifti, nid^t aber (Sm^fang bei^felben burd^ i6
bie Ungläubigen.
3)er 3uftanb na^f bem Xobe ift für alle ni(^t in S^rifto ©eftorbenen ein ^tDifd^en«
jußonb im igiobed, aber nur bad ^AÜAm entfd^eibet über bie @elig!eit. %üx 3Jltlennium
imb SBieberbringung bleibt !ein Slaum.
9{a^bem Jlübel in ber 3)ogmatiI baS Sl^riftentum tpiffenfd^aftlic^ bargefteQt ^at, foD 20
bte 9(t)ologetiI ben 93eh)ei$ führen, ba^ nur biefei^ S^riftentum, nid^^t aber eine au^erd^rift«
Itc^ Religion, no^l eine ))l^ilofo))l^if(^e 3Beltanfd^auung älterer ober neuerer 3^it ^i^ ^^f'
9ai S^i^iffe bei^ 3Renfd^en befriebtgen lann: bad S3ebürfnid nad) en)igem £eben, nad^
^Ifrieben mit ©Ott uno nad) äBal^r^eit. Sagegen bürfe man ben Sinflu^ bed S^riften«
tumd auf bie Jtultur nid^t o^ne toeitered a))ologetifc^ bertoerten, benn ed gebe l^od^gebilbete 25
SoUer ouc^ o^ne S^riftentum.
^n ber @t^il bei^anbelt Jt. juerft bie ))neumatif(^e ^flanjung bed neuen Seben^.
tierbei toirtt, ba auc^ ben gefallenen 3Jlenfd^en eine ))neumati{d^e Einlage übrig ift, bon
nfong an bie menfd^lid^e ^^rei^eit mit ber göttlid^en ©nabe jufammen. SSekoeggrunb bed
(^rifUi(^ ^anbelnd ift bie Santbarleit für ba^, foai S^riftuS für umS getl^an \)at, aber ao
mdf ber ©ebanle an ben So^n, ber freilid^ !ein anberer ift ali S^riftud felbfi ^n biefem
Straie ift bie Sibel eubömoniftifd^. Sie $aut)taufgabe bed Sl^riften ift @elbfter}iel^ung
für bad Himmelreich (9ld!efe); ba aber ©Ott aud^ ber $err ber @rbe ift, fo bient treue
SiffiDung bed irbif(^en SSerufed jur SSorbereitung für bie eh)ige S3eftimmung. SSom®efe$
ab äußerem Sud^ftoben ift ber S^rift frei ; aber ber ^n^alt bed ©efe^ed ift i^m ^um 86
inneren Sebendtrieb getoorben, böiger umfaßt ed fein gangei^ Seben: ed giebt !ein adia-
phoron, lein blo| Srlaubtei^, leine über ba^©efe^ ^inau^e^enbe consilia evangelica,
IDO^I ober eine ^angorbnung unter ben ©eboten, je nad^bem eine ^anblung in me^r
ober tpeniger centraler SSejie^ung ju S^rifto ftel^t. ^ierna^ löfen ftd^ bie Jtouifionen ber
$f{ic^ten. 40
Sen Stufen bed c^riftlic^en Sebend entf^rec^en bie Stufen ber $flic^t. ®g giebt
einen ftttlic^en $eroi^mud, ein über bad ©ute l^inau^liegenbed ftttlid^ @d^öned.
Sie (^ftli^e Xugenb mirb al^ Sl^riftui^ä^nUd^fett bed ganzen 3Befen^ unb SSerbaltenS
noc^ ben beiben Seiten : Sterben mitS^rifto unbSeben mit t^m, bejei(^net. Sad 6l^riftens
lebm tDirb <d§ Seben ber Siebe gefaxt unb babei für bie ^ered^ttgung ber „m^ftifd^en 45
©ottedliebe'' eingetreten. Unmittelbarste ^u^enmg ber ©ottedltebe ift ba^ ©ebet. S3eten
lu 3^u unb ber ©laube, bo^ ©Ott fic^ burc^ ©ebet beein^luffen laf(e, n)irb gered^t^
fertigt. 3^if<^ 9{äd^ftenliebe unb S3ruberliebe ift {d(^arf gefd^ieben. fie^tere fteQt fic^ in
ben eodesiolae bar; beren S3ered^tigung, aber aud^ beren älbtoege toerben i^erbor«
gehoben. äUd befonberer ^l ber @t^it tritt bie Sogialet^it auf. so
^nerl^ ber natürlid(^en ©otte^orbnungen (S3eruf , gejeUige^ Seben, @^e unb^milie,
Staat) betagt ber (S^rift fein innere^ £eben, nidj^t aü fönnte er ba^ 9leid[^ ©otteS bauen,
{onbem um feinen ©Ott )u beri^errlic^en. 3*^if^^ Staat unb ©otteiSrcic^ toirb fd^arf
unterfc^ieben. SBeber bur^ einen c^riftlid^en Staat, nod^ burc^ eine äSolMrd^e, nod^ burc^
innere SRiffton tonn ha^ 3$olföleben berd^riftlid^t toerben. Sa^ $immelret(^ ift ein „2;abu'', 66
toddftd Btaat unb SSolI nid^td angebt. Unfere SSolt^tird^en l^aben ba^ Siedet auf ben
Stauen bon Jtirc^en folange aU in i^nen feftftebt, ba^ nur ©laubige n)a^re ©lieber ber
iKrd^ ©otted fin^. Sie SRel^rja^l unferer ^ircpenglieber fmb Jtatec^umenen, bie im SSor»
W ^ toaj^en Äirc^e flehen. — Sie SSefenntniffe l^abcn if^rc ^Ät, aber bie neuen lieben
bie atot nic^ auf. Sie Xl^eologie fyd ba^ @ntfte^en neuer Symbole bor}ubereiten, inbem eo
160 Vilbel
fte neu auftretenbc ^fragen erörtert, toobei bie liberale unb bie ^^oftttöe Slid&tung jufammem
gutoirfen ^aben. 3)ied tft ober nur möglich, tpenn bie 1^1. Schrift aU DueDe aud^ für bie
t^eologifd^e SBiffenfc^aft anerlannt toirb. 3)arum ift t^eologifd^er SRabifalif^mu^, namentlich
9(ntibtblicidmu^ tDeber in Der Jtirc^e noc^ in ber t^eolologifc^en ^ahtltöt berechtigt, tDO^l
5 aber ein bie $ietät gegen bie Symbole tool^renbe^ (Srfe^en ber Iircl(^li(i^en £e^e bur^
bie biblifd^e.
3n ber SBolI^Iird^e fie^t Äübel ein Übergang^ftabium, ou^ bem fiii^ enttoeber bie
^eifird^e ober bie 9lationalfird^e enttoidfeln h)irb, bei toeld^ lefeterer ber 6h)igIeit^(|Kn:after
ber ^ird^e bertoren gu ge^en brol^t. äluf fragen ber tird^li(i9en SSerfaffung unb auf bie
10 t^ormen be^ ©otte^bienfteiS toirb toenig ©etDid^t gelegt, bie Meinung t)on einer Übertragung
bed @abbat^ auf ben Sonntag unb bie ^orberung einer ))untanifc^en @onntagds
feier abgelegt, Äirc^enjud^t unter unferen SSerl^ältnijfen für unmöglid^ erflört; ober bie
ecclesiolae foQen offenbar und^riftlid^e ^enfc^en Don fid^ au^fc^eiben.
3Son bem bi^^er bargelegten ©tanb>)unfte au« beurteilt Äübel in feinen „(Sl)n^vd^
16 SSebenfen" ben gegentoärtigen 3wftanb ber ebangelifd^en Äird^e. 2)em mobemen Soften*
tum toirft er bor, bafe e^ ftrebe, SBeltmad^t ju toerben im ®egenfa$ gegen bie SBelt«
flüd^tigleit beiS emften ß^riftentumg früherer 3^iten. ©in bo})^elter Sauerteig berbreite fic^
in ber ebangelifd^en Äirdfie, ber metl^obiftifd^e unb ber fatl^olifd^e. SReti^obiftifd^ fei bog
Streben nac^ berme^rter ^a^ unb 3lrt ber Srbauung^gelegeni^eiten, nac^ m5g(i#
20 großen @rf olgen, nad^ pf^d^ifd^en unb äft^etifd^en ©inbrüdfen, ftatt nüdj^temer Selel^^nmg ;
tatl^olifc^ fei, ba^ fo biele e^ für befonber^ gottgefällig galten, ftatt bed irbifc^cn Serufd
ober nAm ü^m „Sleid^iggotte^toerfe" ju treiben. S>er alte ^ieti^muS, ber bie ecde-
siola in ber ecdesia ))flan2te unb ))flegte, mac^e immer me^r bem neuen $la|, ber
enttoeber feltiererifc^ ober toeltförmig n)erbe. ferner toirb am mobemen S^rifientum
26 ba^ SBor^errfc^en bed toeiblid^en 2Befend in ber „9teid^^otte«arbeit" beanftanbet 3)a6
man für ba^ Sl^riftentum nad^ oben unb unten in ber SBelt @influ^ ju gewinnen fiuH
ed (di Heilmittel für aQe Sd^öben an))reift, bie 3Raf[en burd^ S^nobaleinri^ftungen
unter bem Flamen be^ allgemeinen ^rieftertum^ getoinnen toiH unb fo bie Jtirc^e bem ^erm
Dmne« ausliefert, mit allerlei 3Jlitteln (Sotterien, Sajare u. bgl.) ®elb für Krc^tic^eStoede
80 jufammentreibt, burd^ äft|^etif(^e ©eftaltung beS ©otteSbienfteS, ^^fte u. bgl. auf bie hoffen
toirft — fmb toeitere SKerf male beS mobernen ßl^riftentumS, baS 93erföl^nung öon Sofien*
tum unb Äultur J)rebigt, toäl^renb bod^ bie mobeme SBeltanfd^auung mit ber biblifc^
unvereinbar fei. Sielen ß^riften fei bie eigene ©rfal^rung beinal^e baS ©in unb SUleÄ,
toogegcn baS 2Bort ®ottcS gurüdEftel^en müjfc unb toorin fid^ ber mobeme c^riflHc^
86 SiberaliSmuS mit bem metl^obiftifd^en, ja fd^tvarmgeiftig ange^aud^tm ^lßofttit)idmud beriU^re.
2lud^ bie ^errfd^enbe Slrt ber c^riftlid^en 3Sereingt^ätigfcit, bie Seeinträd^tigung beS gamiliem
lebmS burc^ baS ©öangelifieren unb innere 3Kiirioniercn toirb gerügt. Dm in c^riftlic^
Äreife einbringenbm SujuS unb bie in bm SBortcn „d^riftlid^-germanifd^", „(^'^ftlic^
national" fw^ auöfprec^enbe SJJeinung, bafe ba« beutfd^e SSolf ein neuteftamentlid^e« 3^rael
40 fei, enblidfi bie SSeteiligung ber ßj^rtftcn am >)olitifc^m ^ßarteilebm unterjiel^t er ebenfolb
feiner Äritil. 2)ad ©nbergebnie ift: eö mufe gum Sruc^e lommen, mttoeber fo, bafe bie
mobeme d[iriftlic^e Slnfd^auung in ber Kirche gur $errfc^aft gelangt unb bie emfhn
©laubiger ju Heineren 2)enominationm übergcl^en, ober fo, ba^ ein ÜRaffmauStritt ber
mobern ©cbilbeten au« ber Kirche unb bie äluflöfung ber fianbe^lirc^m erfolgt, ober
46 — toa^ am toal^rfd^einlic^ften ift — ba| unjere j)roteftantifc^en 9Raffen lat^olifiert n>erben.
3ebenfall^ mufe ber SBeltgcift in ber Ä'ird^e bie Äirdpe fj)rengen.
2Bic gegmtoärtig unfere SSerl^ältnifje geh)orbm fmb, ift bie innere 3Jliffu)n eine un*
mtbe^rlid^e Arbeit ber Sirene, ©obann tvoi^nt xf)x aU einer aUm SKmfc^en geltenbm
Stiftung ßl^rifti ein 3:rieb ber 3lugbreitung inne, ben fie teite im SSer^ältni« pi anberm
60 Äonfeffionen, teil« burc^ 9Riffion unter 9Jid^td^riftcn bet^ätigt. 3)ieje fann in gefunber SEBetfe
nur burd^ fleinere Äreife öon toirflid^ ©läubigm betrieben h)erben. ^f)x gortgang ift eine
©mnbbebingung für bie mbltd;e Sollenbung be« §eitöratfc^luffe« burd& bie ^3<imfte.
3)iefer ge^t im gegmh?ärtigen Slon ber äufeerlic^e Sieg be« anti(^riftlid^m $rinjij)^ \>cftan;
aber berfelbe ift nur ber Durchgang jum toottcnbeten Sieg ßl^rifti. 3)a^er ift ebenfo bie
66 fdj^toärmerijc^c, toie bie rationaliftifd^e 2)ie«feitigteitgl^offnung ju bertoerfen; audj^ börfen
bie biblifd^m 3lnbeutungm über ba« SJJilennium nic^t gu ^^ntafien bmü^ toerben, mUft
bie fd^arfe Äante jtoifd^en bem je^igen unb bem einftigm Säon aufl^eben, 3"^ 3)ieöfeilÄ
ift eö aiufgabe be« ß^riften, feinem §erm bantbar treu ju bleiben in ®ebulb; anbetet*
feit« in Sel^nfud^t auf feine Sw^funft fic^ ju bereiten. Sluf bie lünftige ^eimat loeijl txa
60 S^ftmtum namentlid[f auc^ bie @lmben l^in, ba^er toirb ba« fogiale äBirIm ber S^tiftm ben
St&bd StJkltnil 161
Sbmen nxd^t ein bte^fetttged ©lud bonnalen, fonbcrn bezeugen, ba^ and) ba^ Si^riftentum
bie Stbe nü^t )utn ^immel machen tann, Dieltne^r un^ anh)eift, naä) bem lünftigen etDtgen
Sden )u trad^ten. D. 6. »nr!.
fiiid^eiter, ^ermann, aud ^{ümBerg, le^erifd^er ^Jl^ftiler, geft. nad^ 1342. —
MonumenU Boica, 165 40 (9Ründ|. 1870), @. 415— 421; ugl. dtuianb, ^ie (Sbradjcr ^anb^ 6
f^rift bed Wic^ael be fieone, im Streit) bes» ^iftorif^en SSerein^ Don Unterfronfen SBb XIII,
6.175 unb Sc^neibf, Thesaurus juris Franconici I, 17 @. 3256 ff.; ^. ^oupt, S)ie religio jen
6cfttn in granfcn r>ox btx Sflcformotion, SBürjburg 1882, @. 6ff.
^m ^cipct 1342 tourbe ^ermann Jtüd^ener auS 9{ümbetg in SBütjburg, feinem ba^
moHgen Slufent^altöorte, toegen Jte^erei t)or ein bifd^öfltd^ed ^nquifthon^erid^t gefteQt. lo
@ctne bor biefem ©eric^te abgelegten SSetenntniffe, bie einzigen 3^9^^if^/ ^^^ ^^ ^^^
i^ befi^en, taffen llüc^ener, bev \id) old ^riefter au^ob, atö Sm^änger ber bantatö in
toeiten Kreifen ^verbreiteten quietiftifii^s^ant^eiftifci^en Ttg^txt ())gt. b. 91. Srüber bed freien
(Seißed, 9b III, @. 467 ff.) erlennen. ä^nlid^, \o\z n)ir ei^ t)ielfaci^ in ben bamoligen
Hdflerlic^ Greifen ftnben, geigt fxä) ^üc^ener berart bon bem 2)rang nac^ bem älufge^en i6
in bem obfoluten göttlic^fen SBefen 6e^etrfcl(^t, ba^ fid^ bei il^m Diftonöre 3uftänbe ein-
fteOen. 2)ie Setrod^tung ®otted ma6)t i^n felbft gum ®ott, lä^t i^n für jebe ©inned-
eiiit>ftnbungunem))finbli(9ti}erbenunb ertoedtin i^m bie SSorfteUung, ba^ er eUen^od^ über
ber @rbe fd^tt>ebe unb benSt^ein trodenen %n^^ überfd(^reiten tonne. 2)ie ^eitöle^re, bie
$afon (Sfyn\% bie ^ieron^ie, 3)ogmen, @a{ramente unb ®ebote ber Jtird^e, aber ani) bie ao
&it^ngefeke berlieren für ben ^^Sergotteten'' jebe Sebeutung. ^m Saufe be^ gegen i|^n
oefu^en ^rogeffed erOärte fvif itü(^ener gum äBiberruf bereit unb erhielt bemgemä^ im
^i 1342 bie lird^Kc^e 3lbJotution. 2)ie S^Ä^ü an ber älufrid^tigteit feiner ^e!e^rung
)KcanIa|ten iä>od^ feine Stifter i^n no^ langer in ^aft gu l^alten. ^entton ^aupt*
SOäfuBl (Kuinoelius), S^riftian®ottIieb, geft. 1841. — gr. fB. ©trieber, ©runbloge 26
2tt einer befftif^en ®ele^rten« unb @cf)riftfteaergefc6id)te, ^eroudgeg. Don ^uftir ®b 18 (^ar«
bürg 1819), 6.313; Suft», M- ^entroürbigfeiten, IV, 2, @. 435 ff.; @criba. »Ioor..littcr.
gejifon ber ©(ftriftfteacv be« (öroft^erjogtum« ^t\\tn, 1,199 f.; 11,419; ^nobcl, ©robrcbe bei
b. Seerbigung Dr. (£. &. ßü^nöU, biegen 1841 ; (^uftao ^ronf, ©ef^tc^te ber prot. X§eo*
logie, «b III (Spj. 1875), 6. 353; ©. ©cftürer in b. 9lb», «b 17, 6. 354—357. W
6. ®. SÜÜfnbl, einer ber bielfeitigft gelehrten Ideologen ber rational^fujjranatura-
(ifäf<^ @<^ule bed au^e^enben 18. 2i<^^^^unbertd, tourbe geboren am 2. Januar 1768
)tt £<i)>}ig/ t»o fein äSater, ber ^rebiger S^r. ®ott(. Jtül^nöl, im ^al^re 1805 a(^ ^axipU
]^afbr an ber Slifolaitirc^e ftarb. äluger biefem feinem äiater toor ed befonber^ einO^eim,
Dr. ^d^, ber ald Se^rer an ber ^^omadfd^ule (bie Jt. bon früher ^ugenb auf ali 85
fogcnannter $rit>atift befud(^te) @influ| auf feine toiffenfd(^aftlid^e Slu^bilbung übte. S3ereit^
1785, alfo erft 17 2|al^re alt, beglüdtoünfdS^te er feinen bamaU )um ^o!tor ber Xl^eologie
(nnmiotrierenben SSoter mit einem ge^altboQen Specimen observationum in Euripidis
Aloestin. ^m folgenben ^ai^xt, bei feinem Übergange gur Uniberfttät, gab er bie m^ftifd^-
||)^ofo})^if(^ @d^ft: Demetrii Cydonii opusculum de contemnenda morte (77£^£ 40
jov xaraqjQoveiv xov ^dvarov) griec^tfc^ unb lateinifc^ l^erau^, ertvarb fd^on nac^
IV, jährigem alabemif(^em @tubium, toobei er befonberd bie X^eologen Sö^ner, 3J}oru^,
2)<ü^ unb SftofenmüQer, bie $^ilologen %. 31. 9Q3o(f unb 93ed, fotoie bie $^tlofo))(^en
^[Uatner, ^Pqolb unb ©e^bli| ^örte, bie t)^iIofot)^ifd^c 3)o{torn)ürbe (§erbft 1787) unb
^tlttierte f[d^ ein ^a\^ barauf mit einer Disputatio de subtilitate interpretationem 45
fijammaticam commendante ald 3)02ent ber $l^i(ofo^^ie unb ^^ilologie. ©otooi^I in
feinen Sorlefungen, Xoxt in feinen n)eiteren fd^riftfteUerifd^en Slrbeiten befd^äftigte er ftd^
{iemltf^ glei^ä|ig einerfeitS mit alt» unb neuteftamentlid^er S^egefe, anbererfeit^ mit
ber StDäruna grieqiUer unb r5mifd(^er Stlafftfer, toie er benn auf le^terem @ebiete 1789
eine gried^ifc^e unb lateinifd(^e Slu^abe ber Sllceftid bed Suripibe^ (ed. 2, 1811), 1790 10
eine baaL bÄ fojji^otleifc^^en Oedipus Rex, f})äter Äommentare ju 3bmo))^ong 6^>roj)äbie
imb )u »ripoijl^ed* $lutu^ (biefe beiben auf ®runb ber nac^^gelaffenen arbeiten feine«
grtunbe« % gr. gifc^, 1803 u. 1804), aud^ eine ju i^rer geit red^t gcfc^ä^tc fritifd^^
ciegetifc^ Slulgabe be« 5Pro|jertiu« in 2 Sänben (1805) fotoie melf^rere Specimina ob-
senrationum critioarum in Ovidii Heroidas (1805. 1806) Veröffentlichte. — ^n* 56
iSmf4lcn toor er 1790 a»o. $rofeffor ber 5pi^ilofo})^ie ju £ci>)jig getoorben (tocldfic ©teile
a mit einet Siebe ,,De Petri Mosellani Protegensis virtutibus et in bonas
literas meritis'' antrat), l^atte in biefer Stellung, namcntlid(^ baburc^. Dag er im ^a^re
IlMMactfloHMc ftr Z^Iofic mb 9tM^ B. X. xi n
162 ftfilfttSI ftneneit
1793 Äufto« ber Unitoerfttät^^Sibliot^c! neben Slofenmütter tourbe, fotoie burc^ Sejtün^
bung einer e^egetifd^-tj^eologifci^en 3^i^ci^ifi» ^^ Commentationes theolo^cae, bte er
toö^renb ber ^af^xt 1794—1798 mit feinen Äonegen SelÜ^ufen unb3liH)erti gemctnf(^afts
lic^ f^erau^ab, ©elegen^eit jur ©rtüeiterung unb toielfeitigeren ©eftoltung feinet })ralttf(^
6 unb litterarifd^en SQSirfen^ gefunben, Wax aber bod^ erft burd^ einen 1799 an i^n ge^
langten Sluf nad^ Sieben ben Särgernijfen unb Äümmemiffen enthoben loorben, h)d!|e
mel^rere Seijmger ©egner burd^ 38erf})errung be^ S^Ö^"?^ jwr orbentlidj^en ^Profeffut il^
bereiteten. @ine faft gleid^jeitig mit bem mfe nac^ ®te^en an il^n ergangene Senifimg
j^um ^rofeffor ber gried^ifc^en ©})rad^e in 5lo})en]^agen lel^nte er ob. S)er (Siegener ^o(^
10 fd^ule blieb er feitbem treu, nur ba^ er bie ))^iloIogifd^'))^iIofo))^ifd^en Se^öc^er, für bie
er berufen tDorben tpar (bal^er feine älntritt^rebe De Helii Eobani Hessi in bonas
literas meritis, Oissae 1801), ft)äter mit bem ber olt^ unb neuteftamentlic^en @iregefe
öertaufd^te. ^m ^al}xi 1809 rüdfte er aU orbentKd^er ^ßrofeffor förmlich in bie I^leos
logenfafultöt ein unb ftieg bann f})äter nod^ ju ben SBürben eine^ ®el[^.5lird^ettrat8(1818),
16 geiftlid^en ©e^^eimratö (1829) unb Senior« ber t^eologifc^en guttat (1826) cnH)or.
Salb nac^ ber ^eier feine« SOjäl^rigen S^biläum« al« alabemifd^er ^ßrofeffor (1840)
emeritierte er unb ftarb nid^t lange nac^l^er, am 23. Dltober 1841.
Äüf^nöfe — ober, h)ie er feinen ?Jamen lonftant fdj^rieb, Äuinöl« — tl^eologtfc^
SSorlefungen litten an übergroßer ))l^ilologifd^er 9{ü4ltem^eit ; fte toirften baburc^ no<9 er»
20 mübenber, baß er 2Bort für SBort, unb jtoar in langfamem %mpo, biltierte. 9lid^tftefb«
toeniger erfreute er pc^ eine« nid^t unbebeutenben älnfe^en« bei feinen gwi^örem unb 1^
auf biele berfelben einen ^eilfam anregenben ®inPuß fotoo^t in toiffenfdj^aftlic^er tote in
^raltifd^er SRic^tung geübt, ä^nlid^ toar« mit feinen ©dj^riften, bie mit aller uncrqui*
lid^en Sreite, ^ßebanterie unb XrodEen^eit [xd^ bod^ längere 3^t in ^o^em Slnfe^en be»
26 l^au))teten unb fogar einen über 2)eutfd^lanb« ©renjen ^inau«gelbenben Stuf erlangten.
9lamentlid^ in ^oBanb unb 6nglanb fmb bie ejegetifd^en 2Berfe 5tuinöfö noc^ einige 3«t
über feinen 2^ob l^inau« gefc^ö^t unb beliebt getoefen, toa« ftd^ au« bem milb Dermittelns
ben, ettoa« fu))ranaturaliftifc^ angetoe^ten S^aratter« i^re« ^n^alt«, )um 2:eit tool^l auäf
au« i^rer fc^lid^ten, aber lorrelten Satinität erltören mag. — 93on feinen })^iIoIogtfc^^ett
80 Schriften jtnb bie bebeutenbften bereit« oben genannt. SSon ben bem Sereic^e ber alt«
teftamentlid^en ©jegefe angel^örigen nennen toir feine mit lurjen beutfc^en Slnmerhrngen
berfe^enen Überfefeungen be« $ro})l^eten §ofea (1789), ber meffwnifd^en 2Bet«fagungen
(1792) unb ber 5Pfalmen(1799); feine lateinifc^e 6r!lärung be« ^ofea (Hoseae oracula
hebraice et latine, perpet. adnotat. illustr. 1792), fein Specimen observationum
BöinPsalmos (in S3bIV jener Commentationes theologicae, 1798) unb feine „©efd^id^
be« jübifc^en S8olI« öon 3lbraf^am bi« auf ^^nifalem« 3^^örung, für benlenbe Sefcr ber
Sibel" (1791), loelc^e« le^tere iffierl 1792 öon 3Hoerbedtin« §oUänbifd^e überfefet tourbe.
9ßert))ol[er al« biefe je^t burc^toeg Veralteten altteftamentlid^en 9(rbeiten (toelcpe bereit«
Sd^cHing al« „fd^led^te Rom>)ilationen" verurteilte) fmb bie Kommentare jum 9R3:, namentlich
40 ber Commentarius in libros N. Testament! historicos (vol. I. : Ev. Matthai,
1807, et IV. 1837; vol. II.: Ev. Marci et Lucae, 1809, ed. IV. 1843; vol. III.:
Ev. Joannis, 1812, ed. III. 1825; vol. IV.: Acta Apostolorum, 1818, ed. II.
1827) unbber Commentarius in Epistolam ad Hebraeos (Lips. 1831). ^ier finbet man
tro^ einer geloiffen Unfid^er^cit unb Unfelbftftänbigfeit ^inftd^tlid^ ber toid^tigcren t^
46 logifd^en ^agen unb trofeber ^ie unb ba ju läge tretenben 9leigung ju rationaliftifc^
$intoeg=erflärungen be« SBunberge^alt« ber bel^anbelten ©teDen (bgl. ba« bon ®. ^Jron!
l^ert)orgel^obene 33eif>)iel au« bem Äommentar ju Sufa« 2, 9 : Si dö^a xvqIov indicat
fulmina, possunt haec verba ita explicari: fulgurabat inprimis in ea regione
oppidi Bethlehemitici, ubi erat stabulum) — bocb manche gebiegene (Erörterungen &rac^
60 lid^er unb l^iftorifdfier 2lrt, h)äl^rcnb bie einer früf^cren 2^z\i angel^örigen arbeiten, j. Ö. bie
Observationes ad N. Test, ex libris apoeryphis Vet. Testam. (1794) unb bie ®r*
Ilärung ber eöangelifdfien ^erifot)cn (Pericopae evangelicae illustr., vol. I. II., Lips.
1796, 1797) im ganjen benfelben fcid^t oberfläd^lic^en ßf^aratter tragen, toie jene SSer»
fud^e auf altteftamentlid^em @ebiete. 39if(et.
66 Suenen, 9lbra^am, geft. 1891. — Ouellen: ^.« Schriften unb bie 8ef c^reibunaen
feine« iJeben« unb ©ir!en« burtft SSicffteeb, Jewish Quarterly Review, guU 1892, @. 571 bi«
605, burcft %oXi, New World, March 1892, 6. 64—88. bur* 6. ^. Xielc im Sa^rbucft ber
9tmfterbamer ^Ifob. ber Siffcnf haften für 1892 auf 25 Ouartfeiten. burtft ben JJuriften ©.
oan ber )8Iugt auf 115 OttQDfeiten, Selben 1893, burc^ $. Oort in Theol. TijdBchrift 1892,
Stamm l6ä
€. H3— 116 unb befunbiTS in her 3(ilf(firifl De Gid«, iDoriii et S. nU Stiewlogcn auf
57 CtlODfeiten luÜTbigl mib rotUett ^lai)iix\t aufjäljlt, buri^ ^. Q. Dan ^Rancn, ^rutcfl.
Bjlg. 1892, Sp. 255-260; 284-289; 307—312 unb burcb St. »ubbe, ber Ä.S .©efam-
melte «bbonblungen jur Sibl. aSiiTtnf<fia|!" ÖeroitSgab ($. Siebcd 1894, ugl. ®, UI^VII)
unb am Si&lug (@. 501—511) baS burd) uan Waiien julammenBeftellli: Bergdc^iilä \&mU 6
lief)» im ^tud tx\<tiltnenra Jlrbeitcn Don A. milleiite.
^er ju ben berü^imtcrten alttcftamentlittwn 2:kelD0nt beS 19. ijiljr^unbettä geljörenbe
ä. Ä. Ijal gleit^ ben meiften (Sele^rtoi einen äu6erli($ (e^t (infamen Sebenälauf ge^abl.
ais ©D^n rineä Slpotbeferä in bcr \d}Mm ©tobt ^aarlem am 16. Septcnitei 1828
gefcpien, gctoann ber ^nabe bort taicfe bie 3""^i9"''0 f^'"^ S^mnariaUc^rei; unb fejte, lo
als er na4> beä Saterä lob S';, 3a^rc fang in ber Slpot^icte ßetjriingSbienfte acmc(!len
mufite, im Stillen bie Shibicn fort, bis \tim tanic SJ^i^oom i^m baS Oeftänbntö ent
Iwfte, bafe er liebet Ideologie ftubicrcn toürbe, unb bie SHüite^i jui i^ateinfi^ule möglich
mac^ite, Itog bet me^jätirigen Untetbtet^ung bcö Unterrichts fceftanb er |(t)Dn im Sep=
Icmber 1846 baS ben 3''9<'ng jur ^otfjfifiutc etöffnenbc Slaotöejamen in glänjenber is
SiJeife, nat^bem bie im ^wni 1846 gehaltene Oratio de Socrate, cive praestantissimo
ju ^oorlem aii feine cifte Druilfc()rift eifi^imen toar. So [tcfe er fi^ im §ctbft 1846
alä stud. theol. ju Sriben etnft^reibcn, ofjne lu a^nen, ba^ er biefer Stobt fortan immer,
ti* HU feinem am 10. Dejembet 1891 erfolgten lobe angeljüren JoQtc. I)et ^oi)--
getDac^fene, burd) cmneiimenbeÄ 9Befen unb ungelDij^mÜctie ©ctfteögoben auögejeidjnetc »
Jüngling erregte balb bie Slufmcrtfamleit feiner Se^rer in ber ÜjeDlogifc^en unb tiljilo^
fovtiifdrcn ^fultöt. Slamentlii^ Würbe er ber Siebting beä Drientalifteii 3iUV"t'titt unb
best feil 1843 ju Seiben leljtcnben Sl^eobgen ©t^olten. 2>aä 18.51 ju Seiben gcbrudte
Specimen theologicura, continens GeneBeos libri Capita XXXIV priora ex
Arab. Pentateuchi Samaritani veraione nunc primum edita cum prolegomenis as
toar bie I^if^ertation, mit ber fii^ Ä. am 28. ^uni 1851 ben l^eolrgiftöen ^ohorgrab
crtoarb. Iier noä) im ^a'^tt 18.51 Dero ff ent lichten Sluögobe ber ganjen ®enefiö folgten
bann 185-1 bie Libri Exodi et Levitici sec. Arabicam Pentateuchi Samaritani
versionem ab Abu-Saido cooscriptam. Ex tribus codicibuB. ^ie tüchtigen
Spraddenntniffe berfdiafftm bcm jungen ©eictjrten bereits im Dttober 1851 bie Stelle 30
beS adjutor interpretis legati Warneriani, t. i}. er tourbc UnleiOertüalter ber oricn^
talifdien ^nbfc^ften duS bem SegolSJamei unb jtDeitet SSerlieter ber femitifi^en Sptai^en
an ber Unioerfiiät. 3Bie gerne j^n aber aud? ^u^nboQ ali adjutor behalten ^ättc, fo
blieb H. bo^ feiner urfprüng Eichen Uteigung getreu unb Würbe burt^ Si^oltenö Stnftu^
((^on am U.JJejcmber 1852 jum ao. ^rofeffor ber Itieologie ernannt, ^ic Oratio deac-35
curato antiquitatis Hebraicae studio Theologo Christiano magnopere commen-
dando, mit toclc^cr ber 24 jährige am 12. 3)läxj fein Stmt antrat, erfc^iEn 185a ju Seiben.
3300 äi tuat bamatfl fein t^eologift^eä Seljtfat^, fonbem würbe ton bem Hebraicus in
bct pf^tlotovlfifi^en ^tullöt uertreten, ^ßrof. SlutgcrS, ber in übeteinftimmung mit ber in8
^oQänbifc^e überfe^ten altleftamenttii^en Einleitung MeilS gu Seiben b\i 1875 bie mofaifc^e to
Äbfaffung beä *Centateu($*i lehrte. SS begreift fic^i baljer, bafi S(^oltcn feine neutefta:
mentlic^en unb bogmaiifiljen ©tubicn bur^ bie reiffenfdiaftltt^e Üiit^tigteit feineä mit bem
%% tiertrauten S^üleiä Jt. unteiftü^t ju felien wünfdite.
Uer Senat ber Uniüerfitöt fietben bejeugtc bem jungen ^rofeffor bei ^fjeologic ben
Ztant für feine grünblic^ie Stibeit am Katalog ber arabifc()en ^anbfc^riften baburi^, ba^ 4&
n am 2. ^^bruar 1853 i^m bie ^Urbe beS Dr. phil. {^[)ren falber Derlte^, unb nit^t
minbei erfreute fl. feine fi^on am 1. Dltober 1855 BoUjogene Ernennung jum orb. ^rofefjor
bet 3:^oli)flie. Obglcii^ nic^l ju altteftamcnt[ic()en SJorlefungen Berpftii^tet, ^a i^m )u=
nöt^ft außer bem 9i3; bie (Snc^flopäbie unb ffliet^obologie, feit 1860 aucfe bie düfit
fibertragen mar, uerjic^tcie er tioÖ) Bon 2tnfang an nidjt auf bie SBe&anblung ber olt= m
teflamcntli(^en llinleitung, fotoie ouf ®ef{^i(^te unb Sletigion ^^^fli^^- C^crt fie^t ein
e^renBotteS 3"»9"'^ fj'^ Ä.ß Äenntniä bcä ©riet^tfi^en barin, bafe ßobet 1860 mit i^m
baä 9(1 ad fidem Codicis Vaticani cbietic. Scijon Oorljer gab Jt. Orunblinien Der
Britif unb §ermeneuti( ber SBüt^et be« 31. S. ^erauS (1856, ed. altera 1859). SJtit
hjelc^em ^ntcieffe er bie Mtbeiten auf bem ©ebiete beä 9)X bis ju feinen legten Sebenä; a
i'fl^ren berfolgte, jrigcn not^ bie Seflpretfiungen bet frnglPitrbigcn Veriaimilia, Icoburt^
let früliere Ilieobge 91. *|Jierfon mit bcm (laffift^en ^pfjilologen 3laber bie lacera con-
ditio Novi Testamenti bart^un iDoHte, unb ber beiben Süßtet Bon %oi} übet ^wboiä;
THU* unb S^flentum unb Bon $alc^ über ben ßinflufi griet^ift^et Sbeen unb @ebräu(^e
ouf bie d}n\ä\d}t Hirc^e (Tb. Tijdschr. 1886, S. 491— 53G; 1891, ©.487—515).«)
11*
164 ftnetieti
9(1$ 31tttglteb ber tJ^eobgtfd^en ^ahtltöt fyitt^ 5t. oud^ regelmäßig im alabemifii^en ®ottt^
bienfte gu ))rebigen, unb Stiele berid^tet bon biefen mit Sßönne, ober ol^ne ^ßot^ t)ots
oetrogenen 5Prebigten, bafe fie fid^ mit überjeugungÄfcäftiger Setoeidfü^nmg mel^ an ben
jBerftanb einzelner ßörer toonbten, aber mtt il^rer t)^ii[ofo})^if(i^en 3tu^e toentger geeignet
5 tparen, bie große ^enge ju fef^eln ober gar mit fx6) fortzureißen. 2)arum lonnte fi.
fitoerlid^ bie Sctrübni^ teilen, bie ber Utredj^ter 3l^eolog öan Dofterjee (f. b. SL) über
ben SBegfatt ber Uniberptät^rebigten empfanb, ben ba« am 1. Dftober 1877 jfir bie
nieberlänbifd^en Uniberfttöten in J!raft tretenbe @taat^efe$ )ugletc^ mit einer neuen Sec^
teilung ber Se^föd^er an bie bi^berigen $rofef|oren ber xl^eologie berfügte. SBie fd^
10 a\i6) St, bie glüdlid^^e ®abe flarer 3Ritteilung feiner ebenfo rafc^ gefaßten afö gut üba>
legten ©ebanlen befaß, eine ®abe, bie i^n )u einem borjüglid^en alobemifc^en Se^er unb
m einem t)ortrefflici^en @))reci^er unb SSorjt^enben in gelehrten äJerfammlungen machte : ein
^olförebner ober jünbenber ^eftrebner tDar er eben nic^t 2)ennod^ brauchen Imr und
ntd(^t barüber ju toertounbem, baß er, atd bad neue ®efe^ i^n auf bie oben ertoo^nten
16 altteftamentlid^en ^äd^er befd^ränlte, in benen feine ^eifterfc^aft fd(^on feit längerer ^
unbeftreitbar feftftanb, baneben au$ freien @tüden bie SSorlefungen über bie @t^if bei^
bel^ielt unb bi$ ju feinem Xobe fortfet[te; erft nad^ bemfelben erfc^ien Het onderwijs in
de zedekunde van Prof. A. K. 9lmfterbam 1893. ®eh)iß toccc ed nic^t feine 6ad^,
gleid^ einem $ro^^eten, toon l^eiliger £eibenfd(^aft getrieben, 3^gnid abjutegen. ä(ber bie
20 il^m ^erfönlic^ jufagenbe SSertretung be$ JloQegd über ®t^it ^ielt er um {o lieber fefl, ob
nac^^ Xiele^ S^^Ö*^^^ ^^^ 3Jla|fe ber ©tubenten fic^ ftäricr öon bemfelben angezogen fü^^
aU \)on ben altteftamentlid^en SSorlefungen, bie ))ielen etiva^ troden borbxmen; )u einem
im allgemeinen toeniger lebl^aften toiffenfd^aftlid^en ^ntereffe gefeUt fid^ ja oft ber betdnnte
3Jtangel an l^inreid^enber ))(^ilologif4ier SSorbilbung, unter bem bie altteftamentlic^ Sor^
26 lefungen ju leiben (^aben. Sein ®pxd)cn toie fein @d^reiben toax immer einfad^ unb
nar, nie gefud^t ober burd^ ^ürje bunfel; feine $olemif tDar ftetd ^öfli^f, mernate ro^,
n)enn au^ nad^Drüdlid^ unbtoarm, Wo [\ä)'i um@runbfä^e Rubelte. 3Bie er ben®egnec
nur mit ®rünben bcfänH)fte, \o fud^te er feine $örer nid^t burdj^ fd^öne lünftlerifc^e gform,
fonbem burd^ reid(^en ^n^alt, feine Aritit unb jtDingenbe 93etoei$fül^rung ju getotnnen.
90 Sßeil er ftd^ nid^t berufen fül^lte, unter ben tt)i|fenfc^aftlid(^en ^örberem ber @tl^tl auf^
l\utreten, obgleid^ tl^m eine fe^r au^ebreitete JtenntniiS ber etl^fd^en Sitteratur )u ®ebote
ftanb, fo bertoeigerte er ben ^xni feiner äSorlefungen unb ließ fu^ mit feinem Xolt an
bem münblic^en SSortrage ber @t^it genügen.
^ö^lid^ mit ben %xbf)lxä)m, aber emft in ber (Erfüllung übernommener ^flic^ten,
86 fanb ber lieben^tvürbige junge ®ele^rte 1855 in ber l^od^begabten Soc^ter be$ ®rontnger
^Profeffor« 3Kuurling eine toie für il^n gefc^affcne grau, mit ber er in glüdtlic^er e^e rtele
pa^e berieben burfte, jule^t unb namentUd^ feit 1882, bem Xobedja^re ber lange
rränfeinben ^au, \)on feiner ben ^au^l^alt fü^renben @d^toefter unterftük, bie \>on bot
Jtinbem unb ^au^freunben ald Xante ^ien Derei^rt n)urbe. 3)ad il^m befc^iebene f^äväh
40 lid^e £eib unb eigene för^jerlic^e Sefd^toerben, bie if^n in ber t^ten Seit jutoeilen ISfeims
fud^ten unb bei gefd^toäc^ter Slrbeit^Iraft nur um fo eifriger toeiterfd^offen ließen, trug er
mit d^riftlid^er ©rgcbung unb tourbe burc^ einen rafd^en, fd^merglofcn S^ob öor bem \>on
ben 3lerjtcn gefürd^teten, langwierigen unb quatootten Seiben betoa^rt. ^n bem Sebend«
bilbe beö aufeerorbcntlic^ öielfeitigen 3Kannc« toürbe aber nod^ ein toefentli^er 3^9 fel&len,
46 toollte ic^ nic^t öor bem ©ingef^en auf feine mr eigentlichen göAerung ber altteftaments
liefen aBiffcnfd^aft beftimmtcn gebrudEtcn üBerfe and^ feiner gemeinnü^igen 3;^ätigleit
gebcnfcn, mit h?eld^er er engeren unb h)citercn Äreifen ftetg gerne biente. 3?on ben
öerfd^icbcnftcn Seiten toanbte man fid^ an ben immer l^ilfebereiten SRatgeber unb nol^m
auc^ 5um äJerrid^ten öon Il^aten feine loftbare ^Ät l^äufig in 2tnft)ruc^. Sei ber Sürger^
60 fd^aft Seibeng tvax er im ^öd^ften ®rabe beliebt unb angefe^en, o^ne baß biefe gwße
SSolfötümlic^feit öon ben nic^t gerabc j)adEenben ^rebigten ^errü^rte. 3*^ *" ^^ Stobt
fanntc ben ftattlid^en ÜRann, einen ber berüj^mteften ^rofefforen, ber bei feinem ©tKiÄiergong
täglid^ in ber Stabt, am ©onntag regelmäßig in ber Äird^e ju fe^en toar unb niqt let^ft
in einer toic^tigcn ä5erfammlung fel;lte. SBie er ate Kurator be^ ®^mnafium« t^iatig
66 toar, fo ftanb er j. SJ. auc^ einem freifmnigen ffia^ltoerein in Seiben ju allgemeiner 8e«
friebigung ber a)litalieber öor. 6« ift bclannt, baß Ä. 1883 ben internationalen Orien«
taliftenfongreß ^u Seiben mit ^ft unb $umor leitete unb gegen ®nbe feined SebenS
na4 D>)5oomer^ SlüdEtritt auf ben cl^renbollen Soften bed SSorft^enben in ber Slrnfter»
bamer Slfabemie ber ffiiffenfd^aftcn berufen h)urbe. ©r toar nidj^t nur SKitbegrünber ber
eo Theol. Tijdschrift, bie burd^ bie 3Bid^tigfeit il^reiS ^nl^altd allein fd^on bem audl&nbif4«n
Stütntn 166
®dtfyAm, ber auf bet $öl^e ber olttefiamentltii^en 3Btf(enfd^aft Men )n>\ü, bo^ Stiemen
ber ^oDoi^c^en Qpxadft jur ^flid^t mad^t, fonbem naf)m audp ein boDed Sßieictelja^Ys
^^imbcTt l[^tiibur(^ teil an ber ÜRü^e ber Slebaltton, tote er au^erbem ber Xe^Ierfd^en ©e«
noffenfc^ ald SSorft^enber unb ber ^aaaer ©efeQfd^aft jur SSerteibigung ber d^riftlid^en
äidigion ald unermübtid^er Selretär angel^örte. 2)ie toon A. ))erfa^e Sd^rift über iai 6
lOOiä^ge Sefte^en biefer Haagsch Oenootschap erfd^ten 1885 )u £e&en. Sßom
1. Dftobet 1855 an toar er 22 ^af)xt lang ÜRitglieb ber ©^nobe ber 9KeberIänbifd^en
äiefomtierten Jlirc^e unb beteiligte fi^ P^ifeig ati i|ren arbeiten, ^n ber gemeinnü^igen
^^ötiglett, mit ber A. feinem engeren ^ater(anbe in umf affenbfter Sßeif e ju bienen fucpte,
nimmt feine Iir(^en))olitif(^e äBirrfamleit eine fo toid^tige @telle ein, ba^ fein SSer^dltnid lo
)u ber in bad l^oQänbifd^e SSolf^leben tief eingreifenben „mobemen Slid^tung'' ^ier nid^t
gon) mit @tiQf(^h>eigen übergangen toerben lann.
Sßo^I mit dltä)i gilt 5t. neben feinem Seigrer @d^oIten unb bem Utred^ter $l^iIofo))]^en
Dpioomtx ate bie ^auj)tftü^e biefer SRic^tung. 2)er 3l(mt „mobeme Slid^tung" bejeid^-
nete nad^ bem Angriff bed ort^obo^en 3)id^ter$ ^f. ba Softa auf bie bon ber t^eologifd^en 16
golultät )u Seiben geleierte 2^^eoIogie, nä^er feit bem^a^re 1858, bie freiere älnfd^auungd^
ta>etfe Don Schoben unb feinen ®efinnung^enoffen, bie anfänglid^ nid^t baran gebadet
Ratten, bog fte burd^ i^ toiffenfd^aftlid^ed Streben ftd^ in SBiberf^rud^ mit ber fir^lid^en
Ueberlieferung fefeten. aß Ä. feine erften SSorlefungen über bie ©ntfte^ung be« 5KC«
^elt, ftonb i^m oie a))ofto(ifd^e Slbfaffung be^ 4. Sbangelium^ nod^ burd(^aud feft @d^oIten 20
le^e bid 1860 bie äBimid^Ieit ber ^immelfal^rt ^efu, unb felbft bei Oi)20omer ging bem
Sm)>iridmu^ eine QÄt bed bibelglöubigen SabinidmuS toorl^er. ^a id^ auf bie Snttoide«
lungiSgefd^ic^te ber mobemen Siiq^tung nic^t eingeben barf, fo genüge bie S3emerluna, bag
bei bem Streit atoifc^en ber ort^obo^en Dogmatil, bie auf bem Glauben an bfe SSerbat
intoiration ber ^eiligen @(^rift rul^te, unb ber grammatifd^4if^>>^f(^^ ®C^d^^/ bie bon 26
ouer 2)ogmatiI unaol^gig fein tooQte, bai^ bon A. vertretene ^d^ ber oltteftamentlid^en
aSiffenfc^ft gon) befonberd in ben SBorbergrunb trat, unb bafe, toie Dort (©. 30) fidj^ au8-
bdidt, „in ber ^orberung, ba$ religtöfe unb fittlid^e £eben t)on ben 93anben ber 93ibel
frei gu mac^, aUe 3Robemen ftc^ ))ereinigten'^ toie fe^ fie auc^ fonft auSeinanbergel^en
mw^ten, 3n ben l^eol. Beiträgen (1860, ©. 705—757) erfd^ien unter bem 3:itel „3)er ao
©utnranaturali^mud unb bie (Sef^id^te ^^^<td^'' ber jur Sröffnung ber SSorlefungen eben
t)on Jt ge^Itene Sortrag, toorin er feinen freien ©tanb^unlt barlegte, ^ie Siebe bom
8. ^ebr. 1862 de religione Christiana per eontinuas theologiae commutationes
aibi constanti et incolumi, bie er bei Stieberlegung be^ 9le!toratd ber Unit)erfttät ^ielt,
toar eine Serteibigung ber mobemen 2^^eoIogie gegen bm einfeitigm @u))ranaturaliiSnmg, 86
ber Settgung ber Semunft t)or ber ©c^rift verlangte, gegm bie bm ®(aubm an ^urd^-
brec^Hna ber mec^nifd(^en 92aturgefe|e forbembe Ortl^obocie, ber eine bai^ übematürlid^e
Stngretfm ®otted in bm natürlic^m Sauf ber ^inge Imgnenbe 2:beoIogie ald eine un«
ifü^\dit ^fd^en. Sbmfo trat St. 1866 in ber ©d^rift „^ad oute Siedet ber 3Jlobemm''
gegen bie 9Reinung auf, bie Sieligion fte^e unb faQe mit bem 33unberglaubm, inbem er 40
gegen bm frü^m ©moffm ^ierfon, ber fxä) öffmtlid^ von berJlanjel jurüdCgejogen ^atte,
nic^t minber old gegm bm l^i^igm Ortl^obosm S3u^tm $uet, ber bm älu^tritt ber 3J}os
bernen auö ber Jlird^e Verlangte, barauf ^intoie^, ba^ ba$ burd^ Sl^riftud unb bie Slefor-
mation gebrad^te !Rme in ettoaS anberem al^ in bem SBunberglaubm beftanb, bm bad
^^iibentum unb Slom \a fd^on vorder bejahen, ©eit 1866, ald bie Seitung vieler nieber^ 46
länbtfc^ ©emeinben burc^ bai^ allgemeine ©timmrec^t in bie $änbe ber Orti^obo^m !am,
begonnm bie mobemm X^eologm il^re aQgemeinm ^a^redVerfammlungm ju älmfterbam
|u galten. 3lodf lange l^atte R. allerlei Eingriffe abjutoe^rm, j. S. ben in Th. Tijdschr.
1868, S. 414 — 444 belämt)ftm SBortourf, ba| bie 3Jlol>emm vermummte älnl^änger Von
QemM ^ofitividmud feim, mit bem aQerbingd bie ))^ilofo^l^tf(^e Slnfc^auung Of^joomer^ 60
einigemut^ Vertoonbt toar. 9lud^ bie ©efa^r, bie Von ©c^oltend auf bie ©))i^e getrie-
bmem SRonidmud ^er bem 3u{A^^^^<tItm ber Partei brol^te, ging vorüber; Vgl. Cort,
©. 34 ff. • Von ber SBlugt, ©. 79 ff. 3)er von bm Verfd^iebmm Slid^tungm gleid^ ^odj^
aeoi^ete St, beffm Sieblingdf))md^ ^^ 30, 15 toax, mugte öftere bie unbebad^t ^oran-
ßürmenbm )u ruhigem Slbtoartm erma^nm ; aber fein @influ^ auf bie 3Jtobemen tourbe 66
immer grdger. 9Son R. felber gilt, toa^ er in bem älrtitel ©d^oltm (in biefer @ncVflo))äbie
2. ÄufL XVIII, ©.262) von feinem ^od^Vere^rtm Se^rer beric^tm (onnte, ba| er in ber ^ol^en
S3ett^[^^d^g bed ßl^ftmtumd ftetd ftd^ gleid^ gebliebm fei. 911^ er in ber 25. äSerfamm-
bmg )u a[m|terbam bie nod^ 1891 burd^ bm Xxni Veröffentlid^te ©ebäcbtni^rebe geJ^alten
ftatU, tDurbe er unter bem ^^i^ud^jen aller ^ntoefenbm jum S^rmvorft^enben ernannt ; go
166 titeneti
^l^er ber 3Itobemen unb gletcl(^{am 3nittel))unlt bei ganjen Slic^tung \oax er tl^äd^Iu^
toon änfong an getoefen.
äln ben 93enci^t über bte gemeinnü^tge ^ätt^!ett He^e ftc^ ber über 5t.d gemetm
berftänblid^ gel^altene ©d^riften anfc^Iie^en, burd^ bie er bie ©rgebniffe femer toiffÄifc^aft*
5 liefen älrbett n)etteren Jtreifen jugänglic^ m mad(^en fuc^te. ^ft ober ber junftmä^ig ge»
machte Unterfc^ieb jtoifd^en ftreng toiffenf^aftlid^en unb boBStümlidj^en Schriften, ber ge*
rabe in ^eutf(|lanb oft ju ungebül^rlid^er Unterfd^ä|ung ber Ie|teren füi^^rt, fe^ l^m^
nur ein fiiefeenber, fo toäre er bei ben arbeiten unfere« SSerfofierg befonber« übel ange«
bracht. Jt. gel^örte ja ju benjenigen, bie ntc^t Überreben, fonbem burd^ ®rünbe überi^eugen
10 tDoQen. Wlaxi lann fagen, ba^ er immer für fold^e f(^rieb, bie mitforfcl(^en, bie felbft ur^
teilen tooQten. Slul^ig unb un^arteilicl(^ fud^te er bie %\fa^aä)m jufammenjufteOen, tmb
biefe liefe er bann il^r 3^9^^'* ablegen. 2)a^er lommt e^, bafe audj^ feine für bie gro^e
3Kenge ber Oebtlbeten beftimmten Sudler für ben gad^mann nid^t nur tntereffont, fonbem
in ber Siegel aud^ anregenb, nid^t feiten gerabeju belei^enb ftnb. 9Bir laffen bol^ ben
15 ertpäl^nten Unterfd^ieb auf ftd^ berufen unb gelten fofort jum $au))tn)erl feiner gefomten
toiffenfd^aftlidj^en 9lrbeit über, bem er toiele ^ai)x^ unermüblic^en gorfdj^en« getoibmet bat,
ju ber 1861—1865 unb in jtoeiter 2lu«gabe feit 1884 ju Seiben beröffentlid^ten „gim
leitung ing 311". ©ie erfd^ien unter bem ben ^nf^cdt genau bcjeidj^nenben Xitel: Histo-
risch-kritisch Onderzoek naar het ontstaan en de verzameling van de Bodden
20 des Ouden Verbonds. 3)er crfte 2^eil ober Sanb Ij^at jur Sluffd^rift : „S)ie Sntfie^^ung
ber J^iftorifd^en Sudler be^ äl. S3.", toäl^renb fte in ber neuen Slu^abe bon 1887 ImM:
„3)ie 3:^ora unb bie l^iftorifc^en Sucher bc« 2t. 95." 3)ie SSorrebe toom ©et)tember 1861
^eigt beutlid^, bafe R ftd^ feiner 3lufgabe !lar bttonii toar; leine Sitteraturgefc^id^te tooOte
er geben, fonbem eine möglic^ft erfd^öjpfenbe Äritil ber im 313; öorliegenben DAieHen für
26 bie ©efd^id^te be^ SSolfe^ unb ber 9leligion ^iSrael^. 311^ er t)on ber „gan) umgearbeiteten
3lu^abe" ben Slnfang, baS ben ^e^ateud^ bel^anbelnbe ©tüd( ^erau^ab, bem erfl nod^
aSeginn beiS ^alyt^ 1887 bie ^iftorif^en Sudler folgten,, betonte er in ber Sorrebe bom
15. Oftober 1884, ba^ \>a^ 3Ber! ein Se^rbud^ gur Sinfül^rung in ben gegenwärtigen
©tanb ber äBiffenfd^aft fein foQe, eine 3luiSeinanberfe^ung ber fritifd(^en tragen für bie
80 ©tubierenben, bafe er aber nic^t ben ^ad^genoffen gegenüber ben Slnft)rud^ ergebe, in feinem
Streben nad^ görberung ber SBiffenf^aft l^ier überall gu fidj^eren, il^n aud^ nur felbfi be»
fricbigenben ©rgebniffen gelangt ju fein. Sag über^au^jt Ä.^ ©törle nidj^t fotool^l in ber
©^nti^efe afö in ber Slnal^fe, fo lam fte in ber fd^arffmnijen g^K^^'^J^g ^^ aötefta»
mentlid^en 93üd^er glängenb mx Geltung. 3)ant ber anal^ttfd^en SRetl^obe lonnte er, um
86 ben Umfang be^ 9BerIeiS ni(|t ju fel^r anfd^n)eQen gu laffen, bie %ßolii)pl)m au^c^Re^;
aud^ bie ©efd^ic^te bed ^^e^e^ unb ber Überfe^ungen no^m er nidpt in feinen $lan auf.
^nbem er ber be!annten Einteilung bed %%i in ^iftorifd(^e, ))ro))l^etifd9e unb ))oetif(|e Südjier
folgte, ergab ftd^ ungejtoungen bie SSerteilung bed gefamten ©toffeiS auf brei Sänbe t)on
jiemlid^ gleid^er ©eitenja^l. 2)er erfte S3anb erfc^ien 1861 mit XII unb 379 ©eiten, b«
40 jtoeitc brad^tc bie })ro>)^etifc^en Sucher 1863 auf VI unb 472 ©eiten, ber britte ben Slefl
1865 auf VIII unb 450 ©eiten. ^n ber 2. 3lu«gabe toar ber erfte ©anb ju XIV unb
554 ©eiten angctoad^fen ; ber jtoeite erfd^ien 1889 mit IX unb 508 ©eiten; ba^ erfte
©tüdE be« britten Sanbe^ (XII unb 209 ©eiten) gab 3. ß. aHattl^e« 1893 i^erau«, ba
fic^ im 5Wad^lafe bed SSerfaffer^ aufeer bem 12. §aut)tftüi über bie i^raelitifc^e 5ßoefte nur
46 nod^ bie brei folgenben mit ben gnomifd^en ©c^riften (©^jrüd^e, ^iob, ^ßrebiger) brudffertig
öorgefunben Ratten. 3lm ©d^lufe ber öom 29. Dltober 1892 batierten 33orrebe t)erfi)ric^t
3Slattf)^i feinerfeitd bie 3lu^rbeitung ber nod^ fel^lenben ^ölfte bed legten Sanbed; bi^e
^älfte foÜ t)on ben 5Pfalmen, ben Älagliebem, bem §ol^enliebe unb oer ©ammtung ber
Sucher bed 31. 9. ^anbeln, ift aber nod^ nid^t erfd^ienen. 2)ie äußere (Einrichtung beiber
60 äu^abcn ift bie gleid^e ; in ben einzelnen ^aragra})l^en, beren ^oü^l im erften Sanbe anföngfu^
56 in 8 $aiH)tftüdfen betrug, \päitx nur 38 in 5 $auj)tftüdEcn, folgen auf ben furwefa^fcm,
getoöfjnli^ in berfd^iebene Slbfö^e eingeteilten 3n|alt jebeömal in Reinerem 3)rua bie jur
Sctoei^fül^rung bienenbcn 3lnmer!ungen. 3)ie Überfic^tlid^Icit ^at in ber 2. Slu^abe bo»
burd^ nod[i getoonnen, bafe biefe in ben ©eitenüberfd^riften ben ^nl^alt unb bie QaifL b«5
55 5Paragra))f^en unb ber 5lotcn angiebt. 2)er Slnfang be« 2BerIc« (^entateuc^^ unb ^o\ua)
fanb in beibcn 3lu^aben eine engßfd^e Überfe^ung (Sonbon 1865 unb 1886) burA ben
SSifc^of ßolenfo unb burd^ iffiidffteeb, bie beiben erften Sänbc eine beutfdj^e bun^ Sßeber
unb aKüDer (Seijj^ig 1886—1892), ber erfte Sanb eine fran^öfifdfie burd^ ÜR. 31. 5ßierfon,
bie mit einer SJorrebc bon 6. Slenan 1866 ju ißari^ unter bem fel^r übel tniffenben %M
60 Histoire critique des livres etc. erfc^ien. 3)agegen !ann id^ bem ^orrebner juftimmen,
Anetten 167
ta>eim er R.^ oltteflamentlidj^e @tnlettung nennt: l'ouvrage le plus complet, le plus
m^thodique, le plus judicieux de tous ceux qui aspirent ä präsenter l'en-
semble des recherches sur rancienne litt^rature h^braique. Esprit ferme et
s^vöre, M. Kuenen vise moins ä dövelopper des hypoth^ses originales qu*ä
donner la mesure exacte de ce qu'il est permis d'affirmer. II sait ignorer; il 5
se r^igne ä ne pas entendre l'herbe germer ... II expose toutes les opinions,
les p^e avec une sagacit^ admirable, trace avec süret^ la limite de ce qui
est probable, douteux, certain, impossible ä savoir.
3)ie Snttpidelung ber dtteftamentUc^en 2Btf(enfd^aft brachte ed mit ftd^, bag ber erfte
Sonb, ber ben ^ejoteud^ an ber 6toi$e ber ^iftorifd^en Sudler betrifft, am metften ben 10
3iamm einer ;,gan^ umgearbeiteten'' Auflage t)erbiente; t)on ben 554 Seiten lommen über
20 3)ru(Ibo0en auf ben Q^ai^i^, 3Wit Siecht fanb Ä. bie SJorlefungen meine« 1859
geftorbenen Se^reriS S3IeeI, bie id^ 1860 mit feinem ©ol^ne l^erau^ab, für bie 93üd^er
9lic^ters@amueI4lönige nid^t boQftönbig genug unb f onnte aud^ in mand^en ^entateud^ifd^en
^agen leinetoegd ber altteftamentli^en Einleitung Sleel« juftimmen. ^n ber vierten 15
ilttflage biefer (Einleitung (Berlin 1878, § 81) t)er}eid^net äBeQ^aufen n)ic^tige fünfte, in
benen St. 1861 bered^tigten äßiberf^ruc^ gegen bte bamaU l^errfd^enbe SReinuna erl^ob,
tod^enb er an ber l^ergebrad^ten, burd^ ®en 1 nal^e gelegten Slnftd^t, bag ber Rtm ber
(nriefterKd^ ©runbfd^rift älter fei aU bie übrigen ^entateud^ifd^en Quellen, nod^ rui^ig
feß^elt. ©e^r lel^rreic^ fd^itbert nun SBettl^aufen in §§ 82--84, inbem er Ä.« 3Witteilungen 20
(Th. Tijdschr. 1870, ©. 396—425) afö einer 2lrt litterarifd^er äutobiogra})^ie folgt,
toic fi4f bie ^Pentateu^fritil, bie bur^ ben «ifd^of Solenfo (f. b. % 93b IV ©. 215) einen
mächtigen Slnfto^ erhielt, feitbem h)eiter enttoidCelt bat. ^d^ l^abe mid^ über bie für bie
(Srf enntnid bed totrllid^en ©efd^id^t^erlauf« ^ertorragenbe äSebeutung be« 1862 erfd^ienenen
ecflen Xeild Don Solenfod äBerle The Pentateuch and book Joshua fd^on 1863 25
(@4^d[d äOlgemeine tird^lidbe R^^xi% ©. 340) beutlid^ au^ef^roc^en. äluf St. mu^te
ber bünbtge Setoeid, ba^ Diele @r}äi^lungen be« $entateud^ mit ben allgemeinen ®efe|en
\Hm 3^ unb 9iaum, benen aUe« ^l^atfäd^lid^e untertoorfen ift, in fd^neibenbem SBiber^
\ipitud) ftel^, um fo tieferen @inbrudC machen, aU nic^t nur Solenfo gerabe bei ben fd^einbar
genaueften SBerid^ften ber ©runbfc^rift ober be« 93ud^ ber Urf^rünge i^re Ungefd^id^tlid^feit ao
aar enoi^en, fonbem aud^ jt. felbft in ber ©runbfd^rift be« fogenannten älteren (Slo^rften
fi^on frü^ iüngere, ja bid unter bie 3^^ ^^ ^euteronomiler« l^erabgel^enbe Seftanbteile
gcfunben ^e. ^ie gegen @nbe 1865 angegebene 3J{onograt)]^ie t)on St. $. @raf über
bie gefc^idj^tlic^en Südffer bed ^%i nennt R. im eigentlid^en ©inne be« äBorte« e^od^e«
iiuu^enb für bie $entateud^lritil, toeil biefer ©c^üler t)on @b. 9leu^ bie größere, über» 86
tmegeiib legi^lotibe Sfflaffe ber Orunbfd^rift, nämlid^ Sj 25—31. 35 — 40, ben ganjen Se^
tnticud unb ben grölen Xeil t)on 92umeri, für ba« 9lQerj[üngfte im $entateuc^ erllärte,
toa^renb er ben Ileineren, nur erjäl^lenben 2^eil ber ©runbfcf^rift t)or toie na(S) al« älteften
Seftanbteil bed ^^xUaXm^i anfa^. 93alb erfannte St. bie ^alb^eit biefer ^^^ot^efe, toeld^e
bte jufammenge^örenben ©tüdCe ber ©runbfd^rift burd^ ^a^rl^unberte bon einanber trennen 40
ioDUte, unb fcprieb an ©raf, ba^ tool^l beibed, bie ^riefterlid^e ©efe^gebung unb bie ^riefter^
Iti^ ^ifloriograt)^ie ber ©runbfd^rift, jünger fein muffe ald bie anberen DueKenfd^riften
bed ^entoteud^. Dbglei^ ©raf am 12. 92ot)ember 1866 St. anttoortete, ba$ toerbe h)o^l
la Solution väritable fein, unterblieb 1869, atö ©raf furg bor feinem 2^obe ftd^ (Dgl.
SKers, «rc^ib I,©. 466— 477) ju biefer Söfung befannte, bie @rh)äi[inung t)on Ä.« Anteil 45
cax ber Aorreltur feiner ^^^otl^efe. ^er befd^eibene 3Rcain badete <md) f^äter nid^t an
©dtenbmac^ung feinet $riorität^red^t^, bgl. 2^iele, ©. 16. ^ie t)on Sliel^m 1868 unb
yhObdt 1869 an ©rafd ©c^rift geübte i^til lie^ biefen h)o^l St.^ 93erbienft um bie
enbgilttge Sdfung überfe^en; jubem urteilte Jt., ©raf l^abe bie ^entateud^tritü auf bie
rechte Bpnt }urüd(gebrad^t, auf ber beäßette, ©eorge unb ^atfe fd^on einmal getoefen so
taxtren. SBenn S3ubbe ben SQ3eltruf Ä.^ auf bem ©ebiete ber altteftamentlid^en 3Biffen=
fc^oft einen unbeftrittenen nennt, fo mu^ biefer too^berbiente 9{uf l^au^tfäc^lid^ auf R.i
Onderzoek jurüdCgefül^rt toerben. 911^ Seleg für feine Sefonnenl^eit em)ä^ne id^, toie
fUtrt er in mand^en ^^en bie Unftd^erl^eit ber QueQenfd^eibung unb ber @ntfd^eibung in
^rioritolgfragen betont (t)gl. SleefsSBeai^aufen * ©.162.168 unb bie3:]^©tÄ1889,©.196) 66
tmb tDeife auf ben §umor l^in (bgl. ©ef. Slb^anblungen ©. 412 ff.), mit bem er bie toHe
itritif eined^obet unb 93eme^ unfd^äblid^ mad^t. 9lud bem leiber unDoQenbeten britten 2^eil
berbient }. 93. bie Se^anblung bed ^rebigerbud^ @m)ä]^nung, beffen t)on 6b. Jlönig u. a.
oufgegebote @inl^eitlid^feit R. Derteibigt, ober bie ^Sorftd^t in ber Beurteilung ber $orm
ba i^roelitifc^ 5Poefie (©. 12—59). 2Kie fel^r er aud^ Subbe« richtige Beobachtung über eo
168 jhtettett
ben Rlagotx^xf)\}t^mn^ billigte, jeigt bod^ bie älnmerlung 26 beutlid^, bog er ftd^ bi^un^
nid^t ju jal^Ireid^en Xeitänberungen betoegen lie^; namentrtcl^ ober ift bie Se^igung
biefed § 94 aü ben jtünftlem ju em))fel^len, bie neben ben jal^Hofen 3)entmälem auf bem
jtird^l^ofe ber l^ebräifd^en SRetril immer no6) neue errichten miki^ten. ^otfy ber Stoum
5t)erbietet ein n)eitered Eingeben auf ©injell^eiten.
^ad anbere ^au^üoerf St.^, bad nic^t ben @ottedbienft, fonbem bie 9ie(igton l^aeK
betrifft, ift in 2 ^änben 1869 unb 1870 erf(^ienen unter bem Xitel: De godsdienst
van Israel tot den ondergang van den Joodschen staat (XVIII, 504 unb XIV,
562 ©eiten gr. 8); ba« 13. ober lefete §aui)tftüd (©. 516—560) giebt al« Sln^g in
10 lurjem 9(bri^ bie ®efd^i(^te be$ ^ubat^muS t)on 70 n. (Sfyc- bid )u ber 1869 }u S^tg
gel^altenen ^übifc^en @^nobe. 3)er $aarlemer SSerleger jtrufemann, ber bem gebilbetai
^ublihtm bie l^au))tfäd^lid^ften 9teligionen t)orfü^ren tooüU, l^atte Jt. für bie Searbettimg
ber i^raelitifd^en gewonnen. Sluf bie englifd^e Überfe^ung, bie )u Sonbon 1874 unb 1875
erfd^ien, ift feine beutfd^e gefolgt, obtool^I k, an^ für einen größeren Seferbei^ fei^^ ta>o^
15 t)erftänbli(i^ ju fd^reiben tou^te. 92atürlicl^ enthält bied auc^ für ben gde^en Sefer be^
a(^tung^toerte SÖSerl mand^ed, ba$ bleibenben SBert f)at; fo t)erfte^e id^, ba^ ^ele fagen
fonnte, toer bad bortrefflid^e ^au^tftüd über ^eremia gelefen l^obe, toerbe ed niemafö t^ei-
geflen. ^an ma^ and) für ^. bie @^re in ^nf^ruc^ nel^men, ba^ er bie erße {rtttf(^
©efd^id^te ber Sleltgion ^draelS in i^rem 3uf^ntmen^ange mit bem idraelitifqen äSoltt«
20 leben gejd^rieben l^abe, unb fidler berbient baS 9(tt^e^en t)om 8. ^^^^^unbert D. (Sfyx. an
\\d) leinen ^bel. ^ennod^ fd^eint mir eine Überf(^ä|ung t)or)uIiegen, toenn Xiele bted
3BerI toenigften^ ebenfo l^0(^ fteUt als Jt/$ Onderzoek. ®g ift R. jjjiüax nid^t entgangen,
ba^ bie 3Raf\t be^ 93oIIe$ fxd) t)on 9(nfang an nic^t jur Qb\)t bed SRofed erl^eben lornite.
9(ber ed ift i^m toeniger gelungen, beiben @eiten in gleid^er SBeife geredet ju tt)erben, bem
25 in ber Siegel mit frembem ©öi^enbienft t)erbunbenen älbfall be$ %olIed Don ber ^ö^
bed 3Rofed unb bem ^ortfc^ritte ber SnttoidCelung, tooburd^ bie $rot)l^eten ftd^ über
3Rofed erj^oben. 3)abei {e|e id^ mit beutf^en Xl^eologen t)erfd^iebenfter Sticptung, mit OettTt
unb @eQin (bgl. ben @onberabbrudC meinet ^rogrammd über ba^ 3)lenfc^eno|>fer, Sonn
1896, 6. 29), mit ©iefebred^t (ögl. bie ®reif«h)alber Stubien, ®üter«lo^ 1895, ©.37 ff.
30 68 ff.), ©iKmann (3lltteftamentlic^e 3:i^eologie, ©. 69. 72), SDlartt u. a. toorau«, ba| bie
gefc^id^tlic^e ©nttoidCelung unb bie güttlid^e Offenbarung ftd^ fel^r gut miteinanber t)er»
tragen. Seiber toirb biefe SBal^rl^eit t)on ben l^oQänbipen ©eieren ber mobemen 9li(^
tung, für bie jjebed 9l))^eQieren an ba$ Übernatürliche ein Slufgeben bed t)emünftigen 2)en«
lend ift, leine^toeg^ anerlannt, ba ber 9{üd[{(^lag gegen ben einseitigen @u^ranaturalidmud
85 bei i^nen ben göttlid^en ^altor nid^t ju feinem Steckte lommen l&^. 2Benn \. 9. .SRorti
(aittcft. Stl^cologie 1894, ©. 54) für bie ©rflärung be« 3a]&ft)i«mu« fu^^ mit fej 3 barauf
jurüdEjie^t: „(Sott ^at fic^ 3Wofe geoffenbaret", fo meint bagegen Dort (Th. Tijdschr.
1895, @. 191): Hoe [b. i. 9Bie] kan een denkend man als Marti zieh hierbij
nederleggen? ,God' is van alles de oorsprong, dus [b. i. alfo] de verklaring
40 van niets, um het Jahwisme längs natuurlijken weg entfte^en )u laf[en. 2)iefet
SRangel mac^t fic^ befonber^ em^finblid^ in bem Sud^e geltenb, ba§ Jl., burc^ ben fc^otti*
fd^en ©angfritiftcn % 3Wuir beranlafet, in 2 Sänben (XII, 320 unb X, 370 ©eiten)
unter bem ^itel De profeten en de profetie onder Israel 1875 )u Seiben ^erau^ab,
ol^nc ba^ auf bie t)on üRuir mit einer Einleitung berfel^ene englifd^e Überfe^ung (Sot&on
46 1877) eine beutfc^e folgte. . 3)cn ber 3Serbalinf))iration $ulbigenben SngläntMjm foHte na»
mentlid^ burd^ bie onvervulde voorzeggingen (S3bl, ©. 114—320) tlar gemadj^t toer«
ben, bafe bie 5ßroj)^etcnbüd^er nic^t auf „unmittelbarer, übematürlid^er Offenbarung", fon«
bem auf natuurlijke ontwikkeling beruhten, bgl. S3b II, ©.354. 360 f. 368; übrigen«
liefe nac^ bem lobe bon 3- 5Wwi^ beffen ängftlid^er ©ruber bie englifd^en ®jemj)lare be8
50 93uc^ed auflaufen unb bemid^ten. ^d) tann @iefebre(^t (^ie Serufdbegabung ber älltteflas
mentlid^en ^xopi)ttm, ©öttingen 1897, © 1—6. 102. 177) aud^ nad^ ber Suftimmung,
bie jein ©cgner Oort bei %o\) in ber New World (©ejjtember 1899, ©. 549 f.) gefun«
ben l^at, nur SRcd^t geben in ber SKifebiUigung ber ©d^toierigfeiten, bie Ä. in 3er 28, 15— 17
gefunbcn l^at, too [\d}^i um bie SSor^erfagung be« Sobe« ^ananja^ l^anbelt. Ä, Derfä^
55 bier nid^t rein gefd^ic^tlid^, fonbem ift burd^ ein bogmatifc^e^ SSomrteil beeinfluß ; naiSa>
li(^ leugne id^ nid^t (ögl. S«. ^Icifd^er^ ©eutfd^e SHebue, ^uni 1899, ©. 304), baft immer
ein 3wjammcnl^ang jtoifd^cn ber Sll^nung unb bem ©cfd&c^men borl^anbm ift.
Siel toerttJoHer fmb m. 6. bie t)on Ä. 1882 m Ojforb unb Sonbon gel^altencn fünf
SSorlefungcn, ju toeld^en i^n bie S8ertoalter ber ^ibbertftiftung aufgeforbert ^tten. SRod^
üo in bcmfelbcn ^a\)xt ju Seiben unb in cnglifc^er Überfe^ung ju Sonbon angegeben, er»
»ntntn 169
fd^en bie äSorlefungm 1884 ju $arid in franjöftfd^er Übertragung, ber bie beutfd^e
(XVI, 339, ©eilen) borau^eaangen lüor. 3)iefe fül^, o^ne ba^ Ä. ^ubbe, bcm lüir bie
borjüglid^e Überfe^g berbanlen, genannt h)äre, folgenben 2^itel: ,;9Solföreligion unb SBelt-
tdtgion. gfftnf ^ibbertborlefungen bon % Ä. 3Som 3Serf. autorifiertc unb burd^gejc^ene
beirtfd^e «uSgobe, Serlin 1883." SJie brei SBeltreligionen toottte R J^inftd^tlid^ il^erent* 6
^el^g miteinanbet bergleid^en: toie er für bie Sel^anblung be^ ^^lam unb beö ^ubbl^i^«
mai nic^t old gpad^ele^rter auftrat, \o \)at er aud^ in ben brei mittleren SSorlefungen, bie
getotRermolen eine 3wfö»«wtenfaffung be« großen SBSerl^ über bie Stcligion 3^^<*^I^ geben,
inbnn fte bie altteftantentlid^e unb bie au^ bem 91.93. I^erborgegangene c^rifüid^e 9{eIigion
mal ©egenftonb ^en, „nid^t beobftd^tigt, bie n)if(enfc^aftlicl^e ^orfd^ung Leiter ju führen, lo
fonbem bielme^ bie (Srgcbniffc, toclc^e biefelbe bereit« ju 3iage geförbert l^atte, in il^rem
tDCc^elfeitigen 3ufammenl^ang ben ©ebilbeten jugänglid^ ju mad^en". Unb h)eiter l^ei^t e«
in ber Sorrebe: „Sie ^cl^genof(en, benen mein itBert De Godsdienst van Israel ju
®efü^t gelommen ift, tuerben nid^t überfeinen, bag bie bort t)orgetragene Slnfc^auung ^ier
in monc^ (Sinjel^eiten geänbert unb, toie ic^ l^offe, berbefjert ift." ^6) bemerle nur nod^, i6
ba^ Jt bie 1^0^ Sebeutung ber $erfon be« ^ro^l^eten bon 92a|aret^ unb mit Stot^e ba«
gyoj&e SlnjHifjun^ennögen beö ß^riftentum« incrt)orinebt, unb bap am ®nbe(©. 297— 339)
Inerge^ fleine ^uffä|e, bie ßinjell^eiten betreffen, al« Erläuterungen beigegeben ftnb.
älbgefe^ bon einiaen ©rabreben, finb au^er ben fd^on ertoö^nten ©d^riften Jt.« nur
noc^ bie folgenben, bie für einen Weiteren £ef erfrei« beftimmt toaren, gefonbert erfc^ienen: ao
Sine 9lebt }um ©ebäc^tni« ©c^Ieiermad^er« (Seiben 1868), brei bon ^.3Ruir in« @nglifc^e
öberfe^ Seric^te über ben Speakers Commentary (Sonbon 1873), bie ebenfaU« bon
SDlutT übertragene SSorlefung über bie 5 Sudler 5Ölofe« (Sonbon 1877), bie aud^ in«
Unflorifc^e überfe^t tourbe (Subaf)eft 1884), enblid^ ftebennel^n ©{ijjen au« ber ©efd^id^te
3«raete (Nijmegen 1892), bie Ä. 1860—1873 in geitfd^riften, mciften« in Nieuw en 26
Oud t)eröffentli^t fyiü^. Unmöglid^ lann id^ ^ier feine in 36 ß^^^^ften unb anberen
SBcrten erfc^ienenen äb^anblungen fömtlid^ auf^ö^len. Sa« bon Subbe mitgeteilte ©d^riften«
Dcrieti^m« umfaßt ja allein in ben 24 ^a^rgdngen ber Th. Tijdschrift eine gro^e Steil^e
tKm äbtffö^, bie utfammen ni(^t bie( unter 200 Srudtbogen füQen. ^d) em)ä^ne bal^er
nur ou« ber SBoR«bibliotineI (älmfterbam 1876) bie älb^anblung über ba« taufenbiö^e ao
Stetig unb ou^erbem bie Dielen in bem Bijbelsch Woordenboek vor het Christelijk
gezin [b.i,gamüie] 1852—1859 beröffentlid^ten ärtifel, um nod^ ber Beteiligung Ä.« an
einem fe^ toit^tigen ffierl ju gebenten, f. Äau$fd^,3:^©tÄ 1901,670— 681. 5Der SCitel be«*
ftfbcn lautet : Het Oude Testament opnieuw uit den grondtext overgezet en
▼an inleidingen en aantekeningen voorzien door Dr. A. Kuenen, Dr. J. Hoy- 36
kaaSy Dr. W. H. Kosters en Dr. H. Oort. Voor de pers bewerkt door H. Oort.
Selben 1898 ff., bgl. %f^2S 1898, 5Rr. 10. Son ben bier ab unb ju auf Ä.« ßimmer
fk^ t>erfammelr^ ©elel^rten, bie 1885 ba« SQ3ert angriffen, [tarben bie brei erften bor
(bibe 1897. 5Die befd^toerlic^e, fotoo^I fd^riftli^e al« münblid^e Seitung übemal^m Ä. auf
Sitten feiner jüngeren greunbe, fo bafe er il^re Särbeit einer forgföltigen 3)urd^fid&t unter* 40
taxirf, ei^ fte }ur treffe ging. 92ad^ ber 93erftd^erung be« $erau«geber« (k)g(. ^e ®ib«,
©. 57) ffoX SL, obgleid^ feine STOitarbeit fid^ nur bi« pr $älfte erftrccftc, bem ganjen
Kerle ben ©tenn^ef feine« ®ei[te« aufgebrüdEt. ai« $robe crtoä^ne id^ ben fd^on 1891
(Th. Tijdschr. ©. 555) mitgeteilten Slnfang bon ®cn 1: Toen [b. i. ai«] God een
aanvang maakte met de schepping van hemel en aarde, terwijl . . ., sprak 16
Qod: Er zij licht! en er werd licht. S3on großem SQ3ert ift auc^ ba« mit bem
f4fdnen SUbni« be« 54iäl^gen it. gejierte 93uc^, ba« ^. Subbe 1894 f^erau«gab, bie
©ommlung ber koid^tigften älb^anblungen be« äSerfaffer« ^ur biblifd^en äBiffenfd^aft. ^ie
Xnzegung }u biefer ©ammlung ging t)on bem bereittoidigen 93erleger Dr. ©iebed au«;
mc^ tpeniger aber ift bie gefd^idtte 9lu«toal^l unb bie Sortrefflid^Ieit ber Überfe^ung au« 6o
bem $oDänbif(^en m loben, koeld^e« Subbe feit feiner Utred^ter ©tubentenjett grünblid^
betitelet. 3ur (ginfü^ng ift bie juerft in The Modern Review 1880 beröffentlic^te
Äb^anblung über bie Iritifd^e SKet^obe öorangeftcHt (©.3—46). 3)arauf lä^t S3ubbe bie
fec^ Vorträge (©. 49—251) folgen, bie in ben Sendeten unb 3DlitteiIungcn ber 9lmfter=
bamer SUobemte erfd^ienen fmb unb aKein fd;on l^inrei^en, um it. eine ber erften ©teQen 53
unter ben Vertretern ber altteftamentlid^en SBiffenfd^aft ju fidlem, nämlid^ öom 30^^1866:
Über bie 3"föw*w*^f^wng be« ©an^ebrin, 1873: 3)er Stammbaum be« mafor. lejtc«
be« ai., 1876: Über bie3Wänner ber großen ©^nagoge, 1883: .^.©rotiu« al« 3lu«leger
be« ai.«, 1888: „Die ÜJleledj^et^ be« ^tmmel«" in ^er 7 unb 44, julc^t 1890: 2)ie
Senologie be« ))erftfc^en 3^i^^(^^^ ber jübifc^en ©ef^ic^te. Daran fd^liegen fid^ au^ u)
170 jhtetiett fififter
bm Salären 1880—1890 ftcbcn Unterfu(^un0en (©. 255—500), bie in gfad^jcitfc^tiftai
berbffentltci^t h)urben unb, abgefe^m bon bem guerft in ber Revue de Thistoire des
religions erfd^ienenen äluffa^e über bad 2BcrI @^ra^, aUe ber Th. Tijdschrift entnom«
men ftnb, nömltd^ Semerlungen über ®en 84 unb @£ 16 atö groben bon Jt.d ^Eq^tmut^
6 I^fen, h)eiter eine 9{eil^e t)on 9(rbetten, bie jur @rgän)ung ber beiben $att))tn)erle bienen
unb jugleid^ it.g Sßirlen aU Reviewer geigen, junöd^ft au^ bem ^afyct 1885: ^esoteuc^
Iritif unb i^raelitifd^e SReKgion^gefci^ici^te, au« 1886 bie oben ertoä^en „Verisimilia?"
^ann gtoei älbl^anblungen aud 1888: ^ie jüngften ^l^afen ber ^esoteuc^frittl, fotoie ber
älufjo^: 2)rei äßege, ein 3iel, enblid^ aui 1890: ©efc^id^te bed 3a^n?e))rieflertumd unb
10 ba« 3ßter be« ^rieftergefe|e«.
Kein großer @ntbe(fer toax R., aber ein ungemein fd^rfftnniger unb fe^ bebeutenber
©elel^rter, ein Äritifer erften Stange^, beffen Äraft unb getoaltiger ©influfe and feiner
6elb[tbefd&ränfung unb ber geinl^eit unb Unbefangenl^eit feiner l^iftorifi^en ^et^obe, tun
au^ ber mit feinen menfd^Iic^en 3^ugenben eng gufammenl^ängenben reiben Segobung fu9
16 erflärt. ^anb ein ®egner feine ©d^reibart „trocfen lüie Äortf", fo nannten bie grombe
fie bagegen „Ilar tt)ie @la^''. Obgleid^ e^ il^m an $umor unb (Seift nid^t fehlte, txHxren
feine h)iffenfd^aftlid^en älrbeiten nid^t geiftreid^, fonbem fad^lid^ unb bebäd[|ttg. @ein ebkr
Sl^aralter geigte ftd^ auc^ in ber ungetDöl^nlid^ großen 93efd^eibenl^ unb bem ftrengen
^flid^tgefül^I, h)omit er Don @egnern fotool^l ali Don gleid^gefinnten Mitarbeitern gerne
20 annal^m, toad er ol^ toa^r erfannte. 93on ^ugenb auf fleißig, befa| er ein erftaunlic^
®cbäd^tni§, fo ba^ bie 3Dlenge, 3Serfc^iebenartigfeit unb ©id^er^eit feiner Äenntniffe and
SQ3unberbare gtenjte. 3)arum burfte äubbe feinen 5Rad^ruf {%f)2S bom 22. guli 1893)
mit ben fd^önen 3Borten fd^Ue^en: ;,@l^re feinem älnbenfen, unb feinem äSorbilbe tAdt
5Rac^foIger!" «bplf ftanMP^mfen.
26 Äüflcr. — Du Gange s. v.; SRt^ter, 3)ol)c, Staf^l, $m, 8. «ufl., 6. 458; 3)reirtng.
^ad $lmt bed ^iifterd in ber euong. ^irc^e, ^Berlin 1854.
3)ie alte Äir(^e fennt fein fhrd^Iic^e« 3lmt, befjen 3)räger ben 3SteI Custos ecde-
siae fül^rte. ^n^i fd^eint biefe Segeid^nung in ben f^anifd^en 5ll5ftern borgelommen gu
fein. §ier lourbe berjenige STOönc^ fo bcgeid^net, bem bie ©orge für bie Älofierfird^ oblag,
aobgl. Sftbor ©ebiUa. Regula cap. 19: Ad custodem sacrarii pertinet cura vd
custodia templi, Signum quoque dandi in . . officiis, vela, vestesque sacrae,
ac vasa sacrorum, Codices quoque instrumentaque cuncta, oleum in usus
sanctuarii, cera et luminaria. ®ang getoö^nlid^ toar bie Segeid^nunp in ber fram
fifd^en Äird^e. öier l^ei^t ebenfo ber Sifc^of loie ber 3lbt unb bie SPbttffm ober ber
86 Sorftel^er einer $arod^ialIird^e custos ober custor ecclesiae (bgl. Form. Andecav. 46
©. 20; Form. Marc, suppl. 6 ©. 109; add. 1, 6 ©. 110; Cart. Senon. 16
©. 191; Form. Sal. Bign. 18 ©. 235; Form. Sal. Merk. 2 ©. 241; 3 ®. 242;
Form. Sangall. 20 f. ©. 389; Ooll. Sangall. 7 ©. 401). 2)emgemäfe tourbe bod
2Bort in ber jtarolingergeit gleid^bebeutenb mit rector ecclesiae gebrandet, bgLg.S. cap.
40 Bonon. 811 c. 10 ®. 167. 3n ben Älofter« unb ©tiftglird^en l^at M biefe Sejei^
nung toö^renb bed gangen 3)t3l erhalten. 3lnx lommt fte nun nid^t me^r bem Slbt ober
5ßro))ft, fonbem, loie fd^on in ben angeführten ©t. (Satter Formeln, bemjenigcn 3Röndf
ober Äanonifer gu, bem bie ©eelforge an ber ©tift^ ober Älofterlird^ übertragen toar,
bgl. j. 93. Contin. Gas. s. GaUi 38, üRittl^. g. baterl. ®efd^. XVII, ©. 101 ou« bem
46 12. gal^r^unbert. U33 t)on Safel I, ©. 89 5Rr. 125 t)om 13. 3Wai 1233 : Ab episoopo
curam animarum recipiat, unb bie Sntfd^eibung be^ @b. @erl^arb t)on SRaing über
bie Siedete ber Guftoben unb $arod^i in 3Kaing öon 1255, Guden. C. d. I, ©. 652 3flr. 279.
3)emgemä6 fie^t ein ©^nobalfanon t)on 2:oIebo (^), ber fid^ in ben 2)elretalen ©regord IX.
pnbet (c. 2 de off. cust. X (I, 27) ed. ?friebberg II, ©. 156) in bem «rc^ibialon,
60 3lrd^i})re«b^ter unb Äuftoö bie brei ©äulen ber Äirqe, bie plus meliores et sanctio-
res esse viderint. Officium custodiae aber lann einfach ein ©eelforgeomt bebeuten
(g. 93. Greg. VII Reg. II, 10 ®. 124).
3ln ben großen fiat^ebralfirc^en, g. 93. gu Äöln, lourbe f^äter ba« 3lmt be« 3)om«
fufto^ gur SBürbe eine« 5ßrälaten erl^oben. ^\)m ftanb bann ein 98ilar afe Subcustos
66 gur ©eite, ber bie ©eelforge über bie ©tiftö^äufer auMbte unb gum Unterfdj^iebe öom
eigentlid^en 3)onH[)farrer ber ß^ort)farrer l^ie^. 3n manchen ©tiftem fyiüt ber StafM
and) ba« ^a))iteteftegel gu betoal^ren.
2ln ben bei ^[it>ot borliegenben ©^jrac^gebraud^ fd^Iie^t e« fic^ an, toenn in ber
jtarolingergeit t)on bem custos thesauri bie 9lebe ift, bem bie SSeriool^rung be9 itirc^
Sfifter 171
f(^ed oblag (Oapit. missor. t)on 806 c. 4 6. 131) ober h)enn in bte ^elretalm
©regord IX. eine Stelle au^ einem Ordo Romanus aufgenommen h)urbe, in ber ber
custos ecdesiae ald ein mit 5{ird^enbienergefc^äften betrauter Untergebener bed älrd^ibiafon
erfc^eint c. 1 de off. cust. X (I, 27), ed. ^iebberg II, ©. 155. hierauf berul^t ber
mobeme @)nra(l^gebraudjl. 3)em ^uftod, ßüfter, aud^ @I5dner, 3Re^ner, jtirc^ner, in ber 6
alten jttrc^orbnung bon ßilbe^l^eim, ^eflen unb Slort^eim ben ,,Dj)fermann", in ber
lot^olift^en jtirc^e bem ©alriftan, aud& bei ^rotcftanten bent ©afrift ober 6igrift (fo
namentlich in ber Sd^tuei)) liegt bie 9luffi(^t über bie ^ird^e, bie vasa sacra, unb bie
ganje äußere Jtultu^orbnung, foh)ie bie amtlid^e Sebienung bed $faner$ ob. 3)ie latl^o«
lifcpen ^roDiiuiallonjUien unb biete reformatorifd^e ^ird^enorbnungen l^aben fic^ umftänb- lo
(td^ über bie $fKd^ten unb Siedete ber Lüfter bexbreitet, „nad^bem, toie bie Sranbenburger
3Ji1|ttation^ unb Äonfiftorialorbnung 1573 |agt, an einem tretoen, fleißigen Äüfter nic^t
toenig gelegen". 3)ie braunfd^lüeigifd^e t)on 1528 fagt: „ber Softer fd^al ben ))rebicanten
gel^orfam f^n unbe er nid^t bnber ogen munen, fonbem bol^n in ber ferfen toat fe em
pcten, tonbe Isafen in noeben be prebicanten, toenn fe f^nt \)Ü) gegaen. SBen fe toebber* i6
murren, DntoiUid^ f^n tmbe fidt te füllen binften befd^toerlidt madCen, fo late me fe baren
tmbe neme anbere" (SRid^ter, ÄO I, ©. 113). 2)ic Safeler RD t)on 1529 l^at aud^
einen befonberen Xrtifel, „tük Jic^ bie ©ubbiacon, ba« finb ©afriften, Italien fottenb".
©ie foHen bon ©emeinbeloegen fo gefteHt toerben, „bamit f^ jjrer ämj)ter bfeloarten mögen"
(älidj^ter I, 123). dagegen foQen fie nad^ ber braunfc^toeigifd^en unb ))ommerfc^en SD ao
bon i^ren SSerrid^tungen „i^re getoentlif 3)randCgelt l^aben" (Stic^ter ©. 252). 3lad)
ber Hamburger bon 1529 (ib. ©. 131) fönnen aud^ arme gotte^fürd^tige ^aftoren, loenn
fie e« begeben, biefe^Slmt überfommen. ^a^ ber ))ommerf($en bon 1535 foKen gerabeju
}u Jlüftem angenommen toerben, „bar ^ö^eninge ^nne ^, bat fe tom ^rebidCam))te mit
ber ti^bt geforbert mögen toerben, bnbe b^ ben ))rebileren ftuberen bnbe bortlamen". ®§a6
fott aber ber Äüfter bem 5ßfarrer gel^orfam fein unb nid^t einer angeftettt toerben, „be bem
Pfarrer unliblidt iö". Sflad^ ber ®öttingenf(^en bon 1530 (©. 143) follen in jeber Äin^e
„ei^lic^e Äird^er beftellt loerben, toeld^e gotte^fürd^tig unb ben 5ßfanem gel^orfam finb,
vxib ®otted SBort mit ©ingen, Sefen unb anberen 3)ingen förbem". 3lai^ ben fäd&fifc^en
Sifttation«arti!eIn bon 1533 (ib. ©. 228) f ollen bie Äird^ner niemanb toiber bie 5ßfarrer ao
ber^e^en unb fid^ leinet SRuttoiQend gegen fie untertoinben. ©ie follen bie ^ugenb ju^
toeilen, fonberlidb im äBinter, and) bie anberen £eute bie d^riftlid^en (Sefänge leieren unb
biefelbe in ber Kird^e treulich unb orbentlid^ l^elfen fmgen; fte foQen fid^ aucb d^riftlid^
unb unfträflid^ im Seben erzeigen — bei empfinblid^er ©träfe. 3lad) bem 5Kei^ner Sifi-
totimi^bfd^ieb 1540 foQen oie Jtird^ner leinen ^anl jtoif d^en ben ^fanl^erren unb ben 86
Seuten erregen, ani) bie jtinber fleißig lehren fingen, unb too fid^ leiben toiQ, bie jel^n
®ebot, ©Imiben unb ben Keinen Jtated^i^mu^ ber^ugenb fürfagen; baju gehören gelehrte,
fo man bie ^ben fann, follen für ungeklärte angenommen toerben (Jli^ter I, 321). 3lad)
ben, ha& Sta!pxiü bon ben 3)orflüftem am au^fü^rlid^ften bel^anbelnbcn fäc^fif^en ©eneral«
artiteln bon 1557 follen bie bon ber ©emeinbe nur mit SBortoiffen unb SBiUen be^io
^fonerd geloäl^lten Äuftoben am Äonfiftorium erft examiniert unb bann lonfirmiert,
ouc^ ni(^t ol^ne äSer^ör beim Ronfiftorium be^ ^ienfted entlaf(en toerben. ^ie ^orftüfter
foOen beipflichtet fein, alle ©onntag ^{ad^mittag unb einmal in ber SBod^e ben Jlated^i^
mud unb bie (9ef&nge ben Ainbem beutlid^ bor^uf))red^en unb abp^ören, namentlich auf
ben gtlialen • l^ier fotten fie auc^, toenn ber ^faner bie ^Jrü^prebigt l^ält, mittlerjeit au^ 45
tDortd bem SSolIe Sbangelium unb 6))iftel borlefen unb d^riftlid^e beutfd^e fiieber fingen ;
toemi aber ber ^farrl^err be^felbigen Ortd 92ad^mittagd ptebigt, foQ ber Jtuftod am
anberen Orte ber ^ugenb ben Äated^i^mu^ borlefen unb mit i^nen fleißig üben. 6^
fott ober fein ©lödner, ber nid^t examiniert unb orbiniert ift, hierüber ju })rebigen nad^«
gelaffen toerben. ®ie egaminierten unb orbinierten unb jum 3)iaIonatamt berufenen bürfen w
(nrebiaen, Seicht Igoren, ©aframent reid^en k. 3)ie ^farr^erren follen il^re Äird^ner nid^t
mit 9 otenlouf en ober anberem ju i^rem eigenen 92u^ befc^toeren. 9(lfo foUen aud^ bie
@IddFner jtoifc^ ber gemeinen Äird^fa^rt unb ^farrl^erren feine 5IKeuterei, ^ftion ober
SEBibeitoillen, baraud SSerfleinerung be^ ^farr^erm unb ^j^erad^tung ber ^reoigt, 93eid^t
unb ©otramentd )u folgen ))flegen, enegen, fonbem aQejeit gegen tl^ren ^fanl^erm freunb- 66
üd), e^erbietig unb ju grieb unb ©inigfeit geneigt fein, fonft bom älmt gefegt toerben.
SBeil bie ©löcfner gemeiniglid^ fel^r geringe Sefolbung ^aben, follen aud^ |)anbtoerf«leute
bagu berufen unb il^nen ber SBetrieb be^ ^anbtoerf^ in il^rer Drtfd^aft erlaubt, im übrigen
i^nen ber bon fat^olifd^en ßriten j^er übliche 33ejug ber Dftereier, „9Meftnerlaibe", SJeujal^r^-
gefc^enfe ungeminbert fein. — Sßie nun bed (Softer^ ampi (nad) ber pommerfc^en 510 bon eo
in ftfifter
15C3) ift, in ber Äercfcn fingen, bcn ßated^ifmum afflefcn, bcm 5Pa[tori mit oller e^bie*
binge am äUtar ^d^, t)nb fonften gel^orfam bnbe bienfttoiUig f^n, (üben, bie Jlettfe v^
unbe tl^o i(^Iuten, 9Kor0en« bnbe Stbenb^ Sebeflocf c fd^Ian, t))p bie funte (fons, bcr lauf
Brunnen, ba« 3)aufbecfen) fe^en, bat rein bnbe im SBinter lüarm SBater brin % bortor
6 ^efft i)t f^n ©randgelt, ^ttm l^e fd^affet 333^n bnbe 93rob — jum älbenbmal ; fo fotten
ßuftobe« j^n gelert, bie bem $aftor fönen f^dptn mitftngen, t>falmen unter Siben od la-
tinifd^e Santica, t)nbe bat fie ben Satec^ifmum bemeSolf fönen bütlid t)orIefen, fonberlid
foHen bie gu Güftereien geforbert Serben, bar l^opm (beren Hoffnung) ^ tl^om ^rebig«
ampi, al]o fönen h)ol^I in @teben gefd^idte Söftere angenommen toerben, bie bor Ionen
10 mit in ber ©d^ole ^eljjen, effte in ber Äerden lectione« ^ften. 3" ber branbenburgif(^
3Siptationgs unb Äonftftorialorbnung t)on 1573 (SRid^ter II, 371) toerben Pfarrer unb
jtüfter gleid^erma^en bon bürgerlid^en Saften entl^oben, unb toeil fte jeberjeit üS^re^ Stmted
jum Äinbtaufen ober ju Äranfen in lobeönöten geforbert toerben, „barumb foHen We
3Jad^bam, tocil bie Pfarrer unb Äüfter Wirten il^rer ©eelen fein, i^r SSiel^ toiHig mitj^üten''.
16 3)ie ^üfter^öufer foQen t)on ben ©emeinben erl^alten toerben, auf ba^ fte fonberlid^e ge^
loiffe SQBol^nunaen, ba fie im ^alle ber 9Jot ju finben fein, l^aben mögen. 2)ie Äüfter
foÖen neben Katec^i^mu^ unb beutfd^en ^falmen auc^ bie gebrudtte Jtird^enorbnung ben
Äinbem unb Oeftnbe öffentlid^ borlefen unb abfragen, ©d^liefelid^ foffen bie Äüfier mit
fonberm gleite barauff feigen, ba^ bie Pfarrer aud^ biefer Drbnung tretolid^ in allen
ao fünften nad^fommen, unb too fte fold^ed nid^t tl^eten, fold^d un^, ben Patronen ober
unferm Consistorio bermelben" (©. 378). 3)aju fotten fte na^ ber ^o^afd^en ÄD bon
1581 „neben bem $aftor aud^ ac^tung l^oben auf i^re Saf^eMeute, unb ba fte jjemanb
lotifeten, loeld^er ber 1^1. ©aframente unb anbcrer ilird^engerec^tigfeit bon toegen feiner
Unbufefertigfeit unb Soö^cit nid^t fönnte tcill^aftig toerben, fold^ed bem 5Paftori toermelben".
26 3)ie ^orftüfter foQten t)or aQem jum religiöfen ^ugenbunterrid^t l^elfen. Saut ben bn>
fäd^fifd^en SBifitationdartifeln bon 1580 mu^te gefragt loerben, „ob ber ßuftobe in 3)örfem
aQe Stage aufd h)enigft t)ier ftunben fd^ul ^alte (mit lefen, fc^reiben, fingen), befonbexd
aber ben 6ated^ifmum bie ^inber mit ^(eid in ben ©c^ulen le^re unb mit il^nen Dr. Sutl^exd
geiftUd^e gefang unb t>fct(men treibe, ob er aud^ ben Sated^ifmum in ber Jtirc^en bor ber
80 ^rebigt t)or(efe unb nad^matö (nämlid^ nad^mittagd) mit feinen ©c^ülem ö^entlidj^ ben
anberen jur anreifeung unb le^r, mit guter Drbnung ejaminire" (SRid^ter II, ©. 413).
tiermit l^at ftd^ beim Slbfd^Iu^ ber reformatorifd^en ^ird^enorbnungen ber ))roteftantif(^
üfter )um beutfd^en 93orfänger unb ©(^ulmeifter enttoidelt. @ine SSerbinbung, beren
Söfung toäi^renb ber legten gal^rjel^nte teite erfolgt, teite angebai^nt ift.
86 9. 9Rer§ t «^««d).
$ulturlam)if f. U 1 1 r a m o n t a n i^ mu d.
Änltttd f. ©ottegbienft Sb VII ©. If.
Kunibert, geft. um 660. — (Sine junge, frü^eftcn« b. 10. ga^r^unbcrt entftammenbe
Vita Cuniberti bei @uriuS Vitae Sanctorum j. 12. ^^oDembcr. Urfunben: MG Dipl. I;
40<W?l XIII 6. 157; i«Q^ric6ten: Fredegarii chron. IV ed. Ihruf (^ ©. 1 50 ff . ; Gallia christiaM
3. S3b <S. 626 f.; @)eleniu$, De admir. magnitudine ColoDiae, ^öln 1645; 9{ettbera, M
3)cutfcblanb« 1848, 1. ©b, 6. 296 unb 535 2. 93b, 6. 602; gricbricft, Ä® S)eutfdilanb«,
2. ©b, 1869, 6.295; ^aucf, m 3)eutf4lQnb§ 1. S3b 2. ?lufl., 1898, @.377f.
3u ben ©liebem ber geiftlid^en äriftofratie, bie in ber f))äteren iUlerototnacrjeit eine
46 einflu^reid^e ©teQung in Staat- unb Jtirc^e einnal^men, gehörte jtunibert t)on Köln. S)ie
ältefte SJad^rid^t über feine §erfunft giebt eine Urfunbe Sertolf^ bon 3)rier für bo^
©tift ©t. Kunibert in Mn Dom 28. ©e})tember 874, Sacomblet US I ©. 33 5Rr. 67.
3)anad^ ift Kunibert am 3)om bon girier crjogcn unb gebilbet unb erhielt er \pjaUx bie
©tellung eine« 2lrd^ibiafon in Syrier. 3iP f^^^" ^icrau« ju folgern, ba^ feine $eimat im
60 ©J)rengel bon 2!rier lag, fo toirb bag baburd^ beftätigt, bafe nad^ ber anaefül^en Urbmbe
bie Äird^e in GreHingon i^m burc^ ßrbrec^t gel^örte. 3)ie genaueren Sutgaben ber Vita
berufen fd^toerlid^ auf Überlieferung. 3)a« Si^tum Köln erl^ielt er, loai^rfd^einlid^ bur<^
föniglid^e ©mennung, öor bem ^a^xt 626. 3)enn in biefem ober bem näd^fien ^cift
nal}m er an ber ©^nobe bon 6lic^^ (Clipiacum) Slnteil. Sr unterfc^tbt an biert«
66 le^ter ©teile al« Honoberhtus episcopus, MG Concil. ©. 201. Jturj banad^ begranet
er ate Seilne^mer ber Sl^etmfer S^nobe unter ©onnatiu« 627—630, ib. ©. 203. ©ine
einflufereid^e politifc^e ©tettung unb SBirffamfeit eröffnete fic^ il^m feit bem SÜtdtritt
älmulf« bon 3Jte^, 629 ober 630, am $ofe ber merobingifc^en Könige S^lotor IL,
ftititiBrrt Sniifi, bilbettbe, bei bot ^(briern 173
3)o0obert I. unb befonbcrö feine« minbetiä^gen ©ol^e«, be« Äöntg« ©tgebcrt III.
(632—656) in auftraften. Sieben bem aKajorbomu« äbalßifel, bem ©o^ne ämulf«,
fü^e Äunibert ein Iräftiöe«, bei ber ed^toäd^e be« Äöniötum« um \o feaengreid^ere«
Äegiment, ©o etfd^emt er t^ätig in geiftUd^en unb lüeltlid^en ©efd^äften, j. 85. bei 3;ei*
lung bed Stüi^6)C^^ 688, bei JHoftergrünbungen, h)ie ber t)on Sougnon, ©tablo unb 6
SMalmeb^ 642—650, bei berfd^iebcnen ©^enfungen unb ßrtoerbungen ber lölntfd^en ftird^e,
ouc^ beim »etrieb ber aWijfwn unter ben griefen, bgl. Bonif. ep. 109 ©. 895, btellei^t
mq unter ben Sorulterem, bgl. Socomblet US5 1 ©. 142. 3lad) bem lobe Äönig
©igeberö III. 656 Jc^eint fidji Kunibert in fem Si^tum jurücföegogen, 660 aber nod^mal«
bie £ettun0 bed Honig« SJ^ilberid^ II. übernommen ju ^aben. 3t\^t oHju lange bonac^ lo
mufe er gejiorben fein. S)ag getoöbnlid^ angegebene Stobe«batum 663 ift toeber über«
liefert no^ betoei«bar. Bpätn tourbe er oI« ^eiliger öerel^rt unb ber 12. 9lot)ember afö
fein ®Ää^tni«tag gefeiert, ©egraben ift er in ber t)on i^m felbft erbauten 6Iemen«fir(^e
ju Äöln, an beren ©teile fic^ f>)äter (im 9. ^al^r^unbert) ba« ÄoHegiatftift unb bie Äirc^e
©t Äunibert erl^ob: ber je^ige S3au in romanif(^cm ©til ift an^ bem 18. ^al^rl^unbert, is
getDei^t Don ®r}bif(9of jtonrab i>on $od^fteben 1248. f&a^tnmanuf {^Md.)
fiSHp, bUbenbe, bei ben Hebräern-— fiitteratur: Penot et Chipiez, Hietoire
de Fart dans l'antiquit^. Tome IV Sardaigne-Syrie-Cappadoce, ^ari» 1887, @. 339 ff. ;
»enjingcr, «rcbfiol. § 36 @. 249 ff.; «Rowacf, SlrdiHel. § 46, @. 259 ff.
Stitf bem (gebiete ber bUbenben jtunft ^aben bie alten ^«raeliten ju leiner ^At irgenb 20
ettDa^ nennen^toerte« gcleiftet. 6^ ging i^nen jebe eigentli^ tünftlerifd^e Slnlage, fd^öjjfes
rtfd(^ itraft, bilbenbe $l^antafte ab. ^a^u tarn nod^ bie eigenartige ^einbfc^aft il^er ^^
ligion gegen bie bilbenbe Jtunft. ^n jenen alten ^^ttn, atö nod^ @otte^biIber jur (Sottet
toerei^ng f 0 gut n)ie noth)enbig maren, ba f el^Ite neben ber eigenen göi^igleit tünftlerifd^en
®efUiltend aud^ jeber befru(^tenbe 6influ| t)on au^en l^er; fo bciben bie altidraelitifd^en 25
®otteä&ilber nur bie attenol^eften gotmen getragen. Unb in fpöterer ^tii, ate bie SBe«
rü^ning mit !ünftlerif(^ begabteren 92ad^bam ben ^eraeliten bie ted^ni|6e gertigleit jur
StadJKt^mung frember äiorbilber gebracht, ba ^atte bie Sal^h)ere[igion ftc^ bereite in ben
fd^orfften ®egenfa^ )um altidraelitifc^en 93ilberbienft gefteQt unb führte fo erbittert ben
fiom^ gegen afle bilblid^e 3)arftellung (Sottet, ba^ fte fogar jebe 2)arfte(Iung t)on irgenb« ao
toel^fcn lebenben SBefen, t)on 3Jtenf(^ unb Xier, mi^biQigte. @d ift flar, ba| ein fold^ed
Serbot, ioie ed im 2|dlam nod^ fortlebt, nur möglid^ toar bei einem t)on Statur nid^t
fihiftlerifc^ t>eranlagten SSoH, bem ber SSerjid^t auf fold^e bilblid^e XarfteQungen nid^t
fd^n>er fiel. Sei einem Solt t)on ber getoaltigen fünftlerifc^en Araft ber ©ried^en toäre
eine fold^ Sieligion einfad^ unmöglid^ gemefen. 86
Silbbauerei in©tein tourbe offenbar t)on ben alten ^^raeliten gar nid^t geübt,
tDenigflend l^ören tmr fogut toie nicbtiS bak)on. 2ln bem 93erid^t über ©alomod 93auten
). 9. iDürbe fieser babon gerebet h)erben, h)enn ber $alaft ober ein anbere^ ®ebäube
mit ©tatuen ober irgenb h)eld^er ©teinomamentif märe \)tti\ttt Sorben. Unb and) fonft
ifi nirgenbd ettoad berortiged ertoä^nt. ©teinfarlopl^age, n)ie fte bei ben ^l^öni^iem uno 40
iltgifptttn in )um Seil feiner fünftlerifd^er 9ludfül^rung angefertigt tourben, n)aren ben
5||^aeliten fremb. ^iki^ften^ bie 3J{affebe, bie fultifd^e ©teinfäule, fönnte ^ier in Setrad^t
tommen. Aber tool^renb bei anberen SSöllem bie ©teinfäule jur ^erme unb mm ®otteds
btlb ftd^ enttoidelte, koar bad bei ben Ig^raetiten nid^t ber %ciH] l^ier ^at fte ftet^ bie ein»
füc^^e ^orm ber ©öule beij^alten. Unb loenn gclcgentlid^ bon „fd^önen SWalfteinen" bie 45
31^ ifk ($of 10, 1), fo toirb man am el^eftcn nod^ baran beulen bürfen, ba^ Ioie bei
anberen femitifd^ Böllern bii^meilen Silber in me^r ober h)eniger ro^en formen auf
ber ©teinf&ule au^e^uen toaren.
2)ie ^oljfc^ni^erei fd^eint ettoad mel^r al^ bie ©teinbilbl^auerei geübt toorben
}u fein, ^on in alter 3^t t)erftanben ed bie ^^raeliten, au^ $ol^ Silber ju fd^neiben so
imb mit ®olbblec^ )u überjiel^en, toenn ber ßp^ob fo erflärt werben barf (f. unten), ^e«
benfoSd ift ber Xerapl^im ettoai^ (ünftlerifd^er geftattet ge^efen; er ^atte h)enigften^ einen
menfc^oi^idj^en Äoüf (1 ©a 19, 18). SBciter^in pnben toir im Icm})cl ©alomoö im
9ner^igften groge jterube aud bem ^olj be^ toilben Ölbaum^ gefd^ni^t (1 Ag 6, 28).
3u (Sjcdjfidte S^ toaren aud^ Spüren unb äUänbe bed ^emf^el^ reic^ mtt ^oljfc^ni^ereten 66
Mfe^ ((S} 41, 17 ff.; Ugl. bie nad^träglid^en 3^?^^^ i^^ Sauberid^t bed falomonifd^en
Zemt^U 1 ilg 6, 18. 29. 85). Überl^au))t liebte man in ber fpäteren ^önig^jeit fold^e
6(^m|ereien an 3;^ür})foften unb §oljgetäfel ber $äufer, an 3int'«wm(>beln toie 3)i*
bonen, 3^c^, ©tüJ^len. S)oc^ fann man nic^t fagen, ba^ bie i^raelitifc^e ^unft auf
174 dttnft, bilbettbc, (et beti ^ebrSertt
bicfcm ®ebict eine befonbere §ö^e erreid^t l^ätte; ©alomo^ 2^ronfeffel, ba§ SKeijier»
ftüct {olc^er älrbett, toax iod) n)ol^l h)ie alled anbete t)on pj^ön^ifc^en Jtünftleni
geferttgt.
@benfo l^ot ftd^ bie Metall arbeit ganj unter j^l^önijif d^em @influ^ enttoideli @tn
6 f^rifd^er Äünftler, ßl^uram 2lbi, tourbe öon ©domo mit ber Slnfertigung ber für ben
Zmpd nottoenbigen ®eräte k. berufen (1 Äg 7, 13 ff. ; bgl. 2 6^r 2, 12). 3)a« be»
loeift jur Oenüge, bafe bie ggraeliten bamafe nod^ nid^t im ftanbe toaren, berartige
arbeiten ju Verfertigen, ^n ber ^orbanebene, toirb un^ erjöl^It, gloifd^en ©uttot^ uiü)
3aret^an, go| er bte 2:emj)elgefäfee unb bie beiben großen ©äulen ^a^m unb Soa« ;
10 )um ®u| bebiente er [xi) t^önemer formen. Über bie ^orm ber @äulen unb ber ®eräte
bgl. Slrt. Stempel. SJid^t minber afe bieje ©tüdEe toaren aud^ bie Heineren, im >)rofanen
Seben gebraud^ten SRetaQgeröte, bie 93afen unb ©dualen au^ Sronje, @Uber ober ®oü,
fotoeit fie fünftlerifd^en S^arafter Ratten, J^^önijifd^en Urf))rung^. ^ie ^J^önijier ^abtn
gerabe auf biefem ®ebiet l^erbonagenbed geleiftet unb i^re ^nbuftrie l^ot ben gonjen
iB SDlarlt be« borberen Drientig öerforgt ; aud^ in äg^)3ten fmb il^re ©rjeugniffe in ^enge
gelouft toorben. ©oloeit bie ^^raditen jold^e 3)inge felbft l^er^ufteÖen in ber golgejat
gelernt l^aben, toirb e« ftd^ ber ßaul)tfad^e nac^ um einfad^ere älrbeit unb auf olle JJoffe
bIo| um SJad^a^mung frember ÜRufter unb )3^öni«fd^en ©tile« gelJKinbelt l}ahm (2 St%
16, 10). 3)aSjelbe gilt öon ben ©d^mudEfad^en, oie, fotoeit fie i^raelitift^en Urflmin^
20 toaren, red^t cinfad^ gebadet toerben bürfen ; fotoeit fie fünftlerifc^ feiner loaren, finb pe
burd^ ben )3^önijifd(>en §anbel geliefert toorDen. 3i^^^"M^ P"^ h)ir für bie ^orm ber*
felben ganj auf bieSlefte })]^önij^d^er Äunft angetoiefen.
ällter Ol« bie Äunft be« aRetaDguffe« ift bei ben S^raeliten bie üRetattbledS^ted^nil
3)iefe \pklt im ganzen öorberen Orient eine gro|e Slotte. ^m %twpzl toarcn t>tm
26 <^igfia Spüren unb ^5f eiler mit ©olbbled^ überwogen toorben (2 % 18, 16) unb bie
f))äteren ^\x\äiit jum Sauberic^t laffen fd^on bon ©alomo 93oben, SÖBänbe unb 2^ren
be« Iemt)ete mit ©olbbled^ belegt toerben (1 % 6, 21. 22. 30 ; f. Senjinger j. ©t).
aud^ fonft ift biefe ©itte ertoä^nt (j. ». 5Ru 17, 3 f.); namentlid^ loaren ®otte«bUber
mit metattenem Überjug im ®ebraud^ C^^^^t ober ^7?» 3ef 30, 22). aSielleid&t borf
30 auc^ ber 9tame be^ uralten ®otte^biIbe^, (Spl)db, fo erilört toerben, ba^ bo^felbe aud
einem Äem öon §olj, 3!l^on ober uneblem SKetaD mit einem Überjug bon ®oIb ober
©ilber beftanb (f. Mrt. Qp\)o\> Sb V ©. 402, n ; Sli 8, 24; 17, 1 ff.). au(^ bei ben
,,goIbenen Kälbern'' bon 2)an unb Setzei toirb man an fo(c|e mit ®olbbIed^ überjogene
©tierbilber beulen bürfen (1 Äg 12, 28 u. a.).
85 2)ie©teinfc^neiberei gilt bei ben S^^^eliten ate eine uralte Äunft, bie fie
fd^on ioä^renb be« 2öüftenjuge«übten(@£28, 21P u.a.). ^a fogarben 5ßatriard^en toerben
©iegel beigegeben (®en 38, 18; ögl. 3l.Äleiber unb ©efd^meibe SbX©. 521,44). 3)anad^
ift iebenfaU^ jur 3^'^ ^^ ©rjäl^ler^ bieje Äunft allgemein geübt loorben unb gtoor fett
langer 3^'^- ©if^nte ©riffel mit 3)iamantjpi^en toaren, toie toir gelegentlid^ erfo^^,
40 mm ®rat)ieren Don ©teinen im ®ebraud^ (3;er 17, 1). 2lud^ biefe 5lunft ift toon ben
^^öni^iem tool^l burd^ SSermittelung ber ^anaaniter ^u ben ^^raeliten gelommen; jene
i^rerfettö ^aben fi^ Don ben @uj)l^ratlänbem übernommen. SSir fmb in ber glüdKic^
£age, bafe toir einige i^raelitifc^e Siegel nod^ befi^en. ^orm, ©c^rift unb Dmamentiening
berfelben gleichen bottftänbig ber })^önijijc^en, foje^r, bafe man bie ©iegel mit ©id&er^
46 nur bann ben 3^^^^^^^^" jutoeijen lann, toenn ein f})ejifijc^ i^raelitifc^ SRame, b. 1^. ein
t]^eo)3l^orer 9Jame barauf fte^t, j. 33. ba^ ©iegel be^ Dbabja 'ebeb l^ammelet^, bed
^annaja^u ben "Slf^bor, be^ ^ananja^u ben äljarja^u unb ä^nlic^e. ^od t>ennutli(^
öltefte ©iegel, ba^ be^ Obabja, ift ein einfad^e^ ODal ol^ne äSerjierung, anbere tragen
al^ 33er3ierungen ba« })l^önififc^e ^almblatt, einen Jtranj t)on 9Mo^n!ö)3fen (ober ®ranats
60 äj)feln?), bie J)^önijij(ben geflügelten Äugeln u. a. (Slbbilbungen f. bei Senjinger, 2r«
d&äologie ©. 258 ff.), Über bie ©iegclringe bgl. 31. Äleiber unb ®ef(^meibe 93b. X ©. 521, i4.
Ob bie bei ben 9igV))tem ganj getoöl^nlid^e unb aud^ bei ben $^5niliem beliebte ^orm
be^ ©farabäud ober ©farabäoibd bei ben l^ebräifd^en ©iegeln üblid^ toar, toiffen
h)ir nid^t.
66 5Die Äeramü. Über ba« a:öj)fer^anbh)er! f. 93b VII, ©. 395 f. 3ln alten
Xj^ongefä^en l)aben bie älu^rabungen in ^erufalem unb neuerbingd in Teil el-HasI
reic^eg 5IKaterial ju Siage geförbert (ögl. l^ierüber SB. ÜK. ^linberö Metrie, Teil el Hesy
Lachish, Sonbon 1881). 2luc^ I;ier entfprid^t bie gorm ber in Teil el-Hasi gVfum
benen i^raelitifc^en Ärüge im toefentlic^en ber ber ^^^öni^ifd^en ; aud^ bie heutige f^orm
60 toeic^t laum bat)on ab. 2)ie ^unbe aud Sierufolem, bie ber Sage in ben unterften ®$utt»
ftmijl, 6Ubettbe, (et beti ^ebramt dttnft nnb Strebe 175
fc^id&tcn nad) ^u fd^Uefeen, ber Äönig^jeit angcl^örcn, jetgcn bereit« bie ©itte, bie Krüge 2c.
jiu bemalen, ^lamtnüvä^ gegenüber ben ganj primittoen Serfud^en toon ÜJlalerei bei ben
gunben öon Teil el-Hasi Verraten bie jerufalemiid^en Krüge eine fd^öne forgfältige Äu«-
füi^ng. 3RögIid^ertoeiJe fmb fie jjj^önijtfc^e arbeit unb jene einl^eimifd^e JJad^a^mung.
Slnbcrerfeit« lönnte fidj^ ber Unterfci(>icb aber aud^ jur ©enüge barau« erflären, ba| in ber 6
^aujjtftabt feiner gearbeitet tourbe, al« in ben Keinen Sanbftäbtd^en. 3)ie Ornamente ftnb
gang öortoiegenb rein geometrifd^e : paxaM^ ober unter öerjc^iebenen SBinfeln fid& freu«
jenbe gerabe 2tnien, toeld^e Duabrate, Sll^ombcn, 3)reiccfe bilben, 3i*i<**K"'^/ 3Käanber
u. bgl., gu einer ärt 8anb bereinigt, ba« um $afö unb Saud^ be« Kruge« geführt
ifL Stbbübungen f. bei »enjinger^ Strc^öol. ©. 261 ff. lo
@« ift noc^ bem (Sefagten felbftt)erftänblid^, ba^ man auf feinem ber bef^rod^enen
©ebiete öon einem l^ebräif(|en ©til reben fann. 3)ie gange Dmamentil — nur biefe
lommt in Setrad^t, ba 3)arfteIIungen t)on 3Kenfc^en in Statuen ftd^ nid^t finben — ift
biefdbe, toie bei ben ^l^öniüem unb in gangSl^rien. Slud^ biefe ift nic^t Original; t)on
ÄffV^em unb äg^))tem finb bie allermeiften 5Wotiöe gelommen unb einfad^ nebeneinanber i6
gefteOt toorben. S)ie >)^önijifd^c ilunft ift burd^au« elleftifd^ berfal^ren. 9?äl^ere« l^ierüber
Hel^b bei «ßerrot unb ©(^ipieg a. a. 0. 629 ff.; »enjinger, arc^öologie 266 f.
IBensiitger.
Shtttft nttb ftirc^e. — 3. (S^r. S3i(^. ^ugufti, Settröge gur c^riftli^en ^unftgefc^ic^te,
I. II, £etpgig 1841. 1846 (ent^ölt einfdjlögige ^eaterialien au« ben älteren ßird)en(e^rern); 20
gerb. $iper« Einleitung in bie monumentale ^^eotogie, @)ot^a1867; $. Dtte, ^anbbu^ ber
rirdjlicften ßunftarcftöologle be« bcutfdjen ^Mittelalter«, 5. Slufl. I, n, fieipjig 1883. 1885;
Sictor @(4ul^, 9(rd)äoiogie ber altd)riftlid)en^unft, ^ünc^en 1895; ^. ü. Ihau«, ®efc^id)te
ber cftriplidjen Äunft. greiburg 1896 ff. 5)aju bie weitere Sittcratur jur c^riftlidöcn Äunft=
gefc^id^te unb ^rd)fioIogie. 26
3m aBefen be« ß^riftentum« liegt lein ben Setrieb unb ®ebraud^ ber bilbenben
fiunft au«f4llte|enbe« SRoment. 2Benn angenommen toerben barf, ^a| im apoftolifd^en
3ettalter ber «in^e unter bem ftarfen 3SortoaIten rein religiöfer Setra^tung be« 2eben«
unb ber 2eben«aufgaben bie Srfenntni« unb Pflege ber fultureOen Aufgaben unb bamit
ber Jtunfi gurücftraten, fo fü^e ber Sintritt be« Sl^riftentum« in bie gried^ifd^-römifc^e ao
9ilbung«ix>elt fo raf^l unb fo umfaffenb bortl^in, ba^ bie innere Sm^fönglid^Ieit beutlid^
l^eitortrat SBerni bereit« am 6nbe be« 1. 3iö^'^'^wnbert« bie Kirche fogar an ben emften
Statten be« 34}be«, ben unterirbifd^en SömeterieU; ben Sd^mucf religiöfer unb toeltlid^er
«un|i geftattete (SRom unb 5Rea})el ; bgl. Sict. Sd^ul^e, Archäologie ber altd^riftl. Kunft
S. 162 ff.), fo ift ber Sd^Iufe geftattet, bafe auc^ in bem gotte«bienftIid^en 3SerfammIung«s 86
boufe bie Kunft eine Stätte ^tte. ^arin f))rid^t ftc^ bie grunbfä^lid^e Stellung ber Kirche
Bar au«. Obtoo^l Xoxx lein ba^in gielenbe« au«brücflid^e« Urteil ^aben, fo lä^t bod^ bie
toac^fenbe 9lu«be^nung be« Kunftbetrieb« im 2. unb 3. ^^'[^^unbert nid^t ettoa nur auf ein
fliOft^toeigenbe« ©eftatten, fonbem bielmel^r auf eine unmittelbare görberung fd^liefeen, fo
toenig auc^ ber ©ebante guläfftg ift, ba^ bie 5tünftler unter lird^lid^er Suf^d^t arbeiteten 40
(be Steffi, ®arrucci; %. 1. Krau« u. a., bagegen SSict. Sd^ul^e, 3)ie Katafomben, Sei^nig
1882, S. 96). Änbererfeit« brängten ftd^ bei einzelnen in bopj^elter Segie^ung Sebenicn
auf ; gunäc^ft im Slid auf bie X|atfad^e, ba^ ber antife @ötterlult, inbem er bie bil^
benbe Kunft in toeitgel^enbfter SQ3eife in älnft)ruc^ nal^m, auf« engfte mit il^r berbunben
unb burc^ i^n biefe gleid^fam mit einem 3KafeI behaftet erfc^ien. 3)iefer 3!bötfad^e gegen- 46
über, aber ouc^ beftimmt bur^l bie Grfa^rung, ba^ c^riftlicbe Künftler fid^ mit ber 3lns
fertigung t)on ^boten abgaben, formulierte SiertuHian feine fd^roff en Urteile über bie Kunft
(De idol. c. 3: omnis forma vel formula idolum se dici exposcit). ^amit ift
iebo<^ bie grunbfä^ic^e t^age nad) ber Sered^tigung ber Kunft im 6^riftentum überl^aut)t
nid^ btciüftt ; e« ^anbelt fid^ für il^n immer nur um bie mit ^bololatrie infigierte Kunft 60
(o. a. O. c. 3 : jam caput facta est idololatriae ars omnis, quae idolum quo-
qaomodo edit). SJa^er tabelt er an ^ermogene« nxd^t ben Setrieb ber ÜJlalerei, fonbem
ben (Segenflanb fäner Silber (Adv. Hermog. c. 1 : pingit ülicite). ßlemen« Don
SUesonbrien ift öon einer äl^Iid^en Stimmung bel^errfd^t (Protrept. c. 4), aber biefe ^inbert
ibn nic^t, fo toenig fte Xertullian gel^inbert l^aben toirb, eine mäßige älntoenbung ber 66
Kunft juguloffen (Paed. III, 11, MSG 8 p. 633), ja fid^ ju bem Sa^e ju befennen:
htaivda^Q) fikv fj xixvtjf jLiij &7iaxaia) de xov äv&gcoTiov cbg äXi^l^Eia (Protrept.
c. 4, MSO 8 p. 156). i)od) mug nod^ l^injugefügt toerben, ba^ ba« a«Ietif(^e Seben«^
bea( bei beiben 9Rdnnem einem richtigen SSerftänbni« ^inberlic^ toax.
176 Stnnft ttnb ftitc^c
3)te engere ^age, ob man ani^ bie göttlid^en $erfonen in bie formen ber Kn^«
liefen ^unft au^^^rögen bürfe, h)urbe entgegen ber burc^ bie Dor^anbenen 2)enbnäler be<
jeugten Sqal^ung burc^ bte angefel^ene fpanifd^e ®^obe ju (tb>ixa cm anfange bed
4. Sal^r^unbert« (f. b. a. Sb V ©. 325) mit ben SBorten t)emeint can. 36 : plaeoit
6 picturas in ecclesia non esse debere, ne quod colitur et adoratur, in parieti-
bus depingatur. Sie immer bad 3J{otit) biefe^ 93efcl^Iuf(ed ju t)erftel^en fein ma^ (t>gL
u. a. §efele, Äon^iliengejc^. * I, ©.170; be SRoffi, Roma sotterranea III, S. 475 ; §. I.
Sxani, ©efc^ic^te ber d^riftl. Äunft I, ©. 64, bagegen aSict. ©d^ul^e, Jtjw^ologie ©. 11),
bie 9lnh)enbung ber ^unft an fxd) unb ald fold^er im ©otte^^aufe toirb' bamit nid^t pto»
10 Jlribiert, bielmel^r fte^en nur beftimmtc 2)arftettungj8gegenftänbe in %ta^t. SRaftgebenb
für biefe ßntfd^eibung ift ol^ne 3^^M l^ouptfäd^lic^ ba$ altteftamentlidj^e äSeroot ber
(Sotte^barfteQung getuefen, \üdd)^ ). 93. auc^ bie 9(bbilbung (Sottet in menfdbli6er ®es
ftalt bid in bie ^tueite ^älfte be^ 4. ^a^rl^unbertd gön^lid^ jurüdt^ielt. 9luc9 @ttfebtii9
t)on Göfarea l^atte Sebenfen biefer älrt, h)ie fein Srief an bie Jlaiferin itonfiantia bqfugt
16 (MSG 20 p. 1548), in noc^ ^öl^erem 'SSla^t @pi^l^aniuS, ber einen mit einem ^igen
Silbe gefd^müdten äSorl^ang in einer j^aläftinenfifd^en ^orflirc^e jerri^, toeil ba^ ber ^igen
©d^rift miberftreite (Ep. ad Job. Hieros. IX MSG 43 p. 390). Sli4 ber »ifd^of
aifteriu^ t)on älmafca mal^nt in einer ^rebigt : „male Gl^riftum nid^t ab" (hom. I MSO
40 p. 168). ^ier f))ielte iebod^ h)ie aud^ fonft bie Seforgnid l^inein, ba^ bie au9 bem
ao ^eibentume etnftrömenben ^Raffen bie l^eibnifc^e 93ilbert)erel^rung auf bie (^rifUic^ ^
hgen ^arfteQungen übertragen lönnten, toa^ ja aud^ eingetreten ift. Sie allgemeine
ürd^lid^e ätnfc^auung inbed lie^ fid^ burc^ biefe ©timmen nic^t beeinfluf(en. Xngefel^e
iUlänner ber 2öif|enfc^aft unb ber firc^lid^en ^rajig nehmen Sejug auf Kunfttoerle
(Sluguftin, ®regor bon 9^ffa) ober forbem bie Äünftler jum ©d^affcn auf (SafUiu« b. ®r.)
25 ober brüdCen i^re ^eube über bie ©d^ö))fungen ber Jlunft aud (®regor \>. !Ra}ian)).
93gl. älugufti a. a. 0. 2Bie man im Dften unb äBeften am Slu^ange bed d^riftlid^ SUte^
tum^ bie ^age auffaßte, fj^rid^t rid^tig ©regor b. ®r. in ben äBorten auii: In lods
venerabilibus sanctorum depingi bistorias, non sine ratione vetustas ad-
misit . . . Nam quod legentibus scriptura, boc idiotis praestat pictura oer-
3onentibus (Epist. XI, 13, MSL 77 p. 1128).
3lod) beutlic^er unb umfaffenber belehrt un^ barüber bie Bpxad^c ber Jtunftbenhn&Ier
felbft. ^mmct breiter bel^nen fid^ in rajd^em gortfd^ritt feit ben Reiten Äonftontin« fin^
(td^e Strc^iteltur, 3)ialerei, ^laftif unb K(ein!unft aud. 3l\ä)t nur für bie gotte^ien{Ui(^
©ebäube toirb immer mel^r ber ©c^mud ber jtunft in 3lnf))ruc^ genommen, fonbem ouc^
86 bie itultgegenftänbe, bie Vasa sacra, bie ®eh)änber u. f. tu. tuerben bafür gern gur Ser«
fügung gefteUt. 3)ie 93ifd^öfe ber frei geh)orbenen Jtirc^e entfalten eine eifrige Saut^otsg*
feit, meiere ber SBettftreit mit ben Heiligtümern ber unterge^^enben SReligion bel^errfd^t
©elbft ein Sl^fet toie ber ^l. mxx^ (ögl. äugufti II, ©. 88 ff.) enttoirft ben ^lan }u
einer ^rac^treic^en Jürd^e ; ^aulinu^ bon 9tola ergebt ftd^ mit befonberem 3Bo^Ibe^en
40 in entwürfen unb in ber ©c^ilberung aufgeführter Sauten (2lugu|ii I, ©. 147 ff.;
II, ©. 124 ff.). 3)er Liber pontificalis eröffnet un^ ben SlidE in eine eifrige, um«
faflenbe Jlunfttl^ätigfeit ber romifc^en Sifd^öfe. 3)urc^ bie ganje S^riftenl^eit l^inbuxt^
pnben toir baueifrige Sifc^öfe (ögl. 2?ict. ©d^ul^c, Archäologie ©. 31 ff.). An ber 3«*
lälfigfeit ber Äunft m jtoeifeln, ^atle man umfotoeniger Slnla^, ba man me^r ote ein
46 Silbnid be{a6, tuelc^e^ burd^ ein göttlid^e^ äBunber entftanben toar {äxetgonoirixa^ boL
e. ö. 5Dobfcfüft, (Sl^riftuöbilber, Scipjig 1899) unb ber eoangelift 2u!a« felbft otö aRoUr
l^eiliger Silber galt (ögl. 2^eob. 3a^n, (Einleitung in bag 511 2. Sb, 2ei})jig 1899, ©. 337).
3)a^ abenblänbifd^e SKittelalter ^at bicfen I^atbcftanb übernommen, um i^m nix^
Weitere Slu^be^nung ju geben. 3a, in ber Äarolingerjeit unb in ber romonifc^
60 ^eriobe finb Jtleru^ unb ^önc^tum bie eigentlichen Präger ber fird^lidj^en Jtunft (^^ultud
ö. ©d^loffcr, ©d^riftqueHen jur ©ejc^ic^tc ber larolingifd^en Äunft, SBien 1892, unb
dueHenbud^ 3ur Äunftgefd^id^te be^ abenblänbifc^en ^Mittelalter«, SBien 1896 ; ä. Senmr,
Arcbitecture monastique, $ari« 1852). Sauge 3rit ftanb ^ier ber Senebütinerorben
t)oran. äöenn in ber ©otif ba« Saicnclement eine größere ©intoirfung m ^^^^^i*^; \^
65 bleibt jene bod^ in engftem 3"fönimen^angc mit ber Äird^e. 3)urd^ baS gange amttet
alter l^inburc^ ge^en l^eröorragenbe SScifpiele funftUebenber Prälaten (Otte II, ©. 24 f.).
Selannt ift öor attem »ifd^of Semmarb t)on ^ilbe^^dm (f. b. «. 9b II ©. 648;
Seiffei, 2)er ^l. Semloarb bon §ilbe«^eim al« Äünftler, ^ilbe^^eim 1895).
2in ber griec^ifc^en Jtirc^e be« ^JJlittelalter« liegen bie ^inge nic^t nur nid^t anbotf,
60 fonbem noc^ enger erfc^einen l^ier ittrc^e unb Jtunft t)ertnü))ft, in ber SDSeife nämlic^, ba|
ftnitft ttttb fiirc^e 177
Ueilirc^ einen t>iel n)eUergel^enben @tnflu^ auf ben ^nl^alt beanfj^md^t unb ausübt 3)ie
g[teU^ ber Jtunft ift eine n)eit befc^tänftere, fomeit biefe in ben ftrd^licl^en ^tenft über»
nommen ift ^Ran batf bied audj^rec^en, o^ne in ben (anbläufigen ^rrtum ^u verfallen,
in ber b^jontinifd^en Jlunft tote 3;^rm, Sd^emoti^mud t)orau^)u{e^en. ^m ©egenteil l^ot
biefe feit bem 9. ^o^l^unbert eine glänjenbe 9ienatf(ance erlebt (ftonbaloff, Histoire 5
de Tart byzantin, consid6r6 principalements dans les miniatures, fran^öfifd^e
ausgäbe, ^ari«, gonbon, 2 9be, 1886 ff.; g. X. Äwu« I, ©. 538 ff., too and) bie
no^ aittetotur). SIBo^l trat ber »ilberftreit (f. b. ä. Sb III ©. 221) jerftörenb ba::
}by^4Kn, aber fein 9lu^ang ift ber fij^erfte Setoeid bed unjerrei^baren ^^f^^^^-
getDoc^enfeind bon Jlunft unb Äirc^e. Über^aut)t toUI in biefem Jtretfe bie )8ebeutung 10
ber Silberbere^rung bead^tet fein. @ie fteUt bie feftefte äSerbinbung jtoifd^en ber 9{eligion
b. 1^. ber Jtin^e tmb ben SBerlen ber 3J{a(erei unb Silbnerei bar. $Da^ gilt t>om älbenb-
lonbe nxdft minber toie bom Orient. ^aräuS h)irb jugleic^ bie SRonotonie berftänblid^,
tod^ bort toie ^er bie @d^ö))fungen be$ ^infeld unb be^ ^ei^eli^ burd^jie^t. ^er reit-
giofe Slonfert)ati))idmud toar, toenn überl^u^t, fo nur für einen langfamen ^ortfc^ritt ju 16
getDtimen. 2)amit beengte er bie |^et^eit ber itunft unb f4läbtgte i^r SSefen.
3)ie 9ienaif[ance )erf))rengte biefe^ SSerl^ältni^. 3Bte fie a(^ ©eifte^ri^^tung bad Stecht
bed 3nbik>ibuumd, bie eigene (Sntfc^eibung unb äjeranttoortlic^teit ber ^erfönlid^Ieit be«
Unüt, fo befreite fie bie Aunft bon ber fird^lic^en 93efttmmtl^eit unb Sebormunbung. Sie
freie (Srfoffung ber 3latax in ber tünftlerifc^en ^^antafie trat an ©teQe ber bi^^erigen ao
größeren ober geringeren, betonten ober unbetonten älb^ängigfeit bon ber Xrobition
Q. Surc^bt, 2)ie ^tur ber 9lenaif|ance in Italien, 4. Sufl., Sei)))ig 1885 ; ®efd^id^te
ber Stenoiffance in Italien, 3. äuft., Stuttgart 1890 f.). 3n SKic^elangelo tritt biefe grei^eit
am grol^^tigften $en>or ($erm. ©rimm, Sa^ Seben ^J^id^elangelod, 8. älufl., Serlin
1898). 2)ie jtirc^e felbft, ^ingerif(en bon bem mä^tigen Strome ber neuen Jlultur, lie^ 26
fid^ anfangt bon il^m o^e Sfleße^ion treiben, aber i^re eigentlid^en ®ebanfen prägen md)t
jotDol^l bie 9lenaiffance|)ä^fte l^uliud II. unb Seo X. aud, fonbem ein ^abrian VI. 2)a]^er
trat aui^ bolb bie Srnüc^terung ein. 3Rit ber Steftauration be^ ^t^olici^mud nad} ben
Srfc^ättenmgen ber äteformation beginnt ber äSerjic^t auf bie freie Aunft ber Slenaiffance
unb bie Stfidfe^ ju ben Iird|^li4|s{ünftlerifd^en 2|bealen bed 3Rittelatterd. Sie Slomontif 30
Derftoifte burc^ öl^nlid^e Xenbenjen biefe Stid^tung, unb ber mobeme, ultramontane ^at^oli^
cidmud fü^ fie bid jum äu|erften burd^. $ie Unföi^igleit ber fatl^olifc^en ßtl^il, bie
Srfc^immgen bed toeltUc^en gebend ju toürbigen, beftimmt and) bad Urteil ber römtfd^en
Stin^ ober SBefen unb Aufgabe ber Jtunft. Sie n>eltlt(^e ^unft fte^t il^r grunbfci^ltc^
auf tieferem SiiDeau ald bie ftrd^lid()e. @o toenig äluffaffung unb ^udfül^rung gleic^giltig 86
finb, fo tommt bon bom^erein ber religidfen unb firc^lid^en ^unft ein SSorjug bor ber
mit toddxd^m Stoffen fc^ffenben ju ; nur jene ift im ^öd^ften Sinne itunft unb erhält
t^rcn ^^n^ unb i^ Aufgabe burc^ bie Jtirc^e. Siefe 9luffaf(ung be^errfi^te aud^ bie
mittelalterti^ itirc^, aber {ie trat toeniger l^ert)or, ba ber @egenfa^ baju, eine fräftige
freie, ioeltli^ Äunft, fehlte. Siefem 2:batbeftanbe cnti))rid^t bie Summe lird^lic^er SBors 40
\djnftm unb Slotfc^lage in Segie^ung auf bie firc^lid^e 5tunft (bgl. ). S3. ©eorg Redner,
$rattif(^ ^onbbud^ ber tird^lic^en )8aufunft jum ©ebraud^ bc^ JUerud unb ber Sau«
tk^nikr, gretburg 1886).
5Der $roteflantidmui8 bagegen f e^t bie bur(^ bie Stenaiffance l^ertoorgeruf ene 3luf fafjung
bed SBefend unb ber 3iele ber Jlunft fort. Ser ürd^lic^e ©eftc^t^punh bleibt für i^n in 45
ber ®efamtbeurteilung au^er t^^age. Sie 3Ra^ftäbe bed ifflerted unb ber äBertung eined
AuitfitDerled finb nic^t an^ ber Sogmatit unb ßt^it ju erbeben, f onbern an^ ber Eigenart ber
Jtunft felbfL Sin grunbfä|lid(^er ©rabunterfc^ieb ^toifc^en meltlid^er unb reltgiö{er Jtunft
iDirb nic^ onerfannt. Samit ift bie iDtögli^feit eined uneingefc^ränften, freien SSer^ält«
niffed )ur Jlunft getoonnen. Sie beiben 3^^0^ ^^ ^roteftantidmud fte^en ^ier in ooU- so
bmmener Übereinftimmung. Sie feigen in ber Jlunft ettoad, bad bem Sl^riften aU folc^em
frei^, toie ber ©ebraucb ber toeltli(^en Kultur überl^aupt. Stoingltd ©eftänbni« : „^d)
r\ bor onberen SWenfd^en 2uft an fd^önen ©emälben unb fte^enben Silbern" (togl.
Sto^^in, ^ulbreic^f ätoingli I, Safcl 1895, S. 436 ff.), ^at auf ber anberen Seite
eixni^ unb no(^ entfc^iebenere parallelen bei fintier, ber ber jtunft nic^t nur bulbenb, 55
bem ennjfänglic^ gegenüberftanb (?Jaul 2e^felbt, Sut^er« Ser^ältni« ju Äunft unb ftünft«
lern, SerKn 1892). Srin S^üler unb greunb ©radmu« Silber bezeugt bon il^m: „bie
ebCe Jlunft ber äRaler unb Drganiften unb bergleic^en l^attc er fel^r lieb", unb jeinc
eigene 9Reinung : e« fei „ein lieblid^e« SQ3unbertoerI ©otted unb eble Äunft, bafe ein
Stoifc^ oSertei malen, Silber in ^olj unb Stein formieren lann" (2Biber bie berfluc^te eo
ltftf^ggc»fto»aMc ftr X^IeeU »ib IHr^c 8. C. XI. 12
178 ftttnft ttnb ftfec^e ftitric
ße^rc ber Sarlftabter, SBicbertäufer, SRottettgeifter u. f. h). 155(»), ßtebt butd^^ bic Sfe
fd^auung bed lut^erifd^cn ^roteftantiSmud h)ieber. 91ut barm fc^eiben ftd^ beibe Jtonfeffumen,
iai bie lut^erif(^e Jtttd^e ba^ gottedbtcnftlid^e ^aud nic^t nur offen l^cilt für bie Stm%
fonbem fie grunbfä^lid^ unb regelmäßig bafür and) in 9ln{^ntd^ nimmt. SSie fte bei bei
6 Uebemal^me ber mittelalterlichen jttrc^en in eigenen ©ebrauc^ leinen älnla^ fanb, bie in
biefen t)or]^anbenen SS^etfe bilbenber Aunft, bie älltäre, ^^iguren, jtru)ift|e, Yasa sacra,
Malereien u. {. h). m befeitigen, {o gilt Ujx bie {ünftlerifd^e Slueftattung neuer Jtirc^ oU
felbftberftänblici^. 3)afür ift ber äSorgang Sutberd beftimmenb getuefen. ,,Sutber flonb
auf bemfelben @tanb)3unlt, ben unfere ebangelifcbe Jtircbe l^eute einnel^men foQ. @r tooDtc
10 bie ^eiligenbiber nur ber SSerebrung in ben jtird^en en^ie^en, toä^renb er gegen bic
lünftlerif^e ^arfteUung an [\i) unb in bem Sinne, h)ie i^n nod^ l^eute ber l:>eniünftitte
$roteftanti«mu« feftl^ält, nid^t« l^attt'' (Se^felbt a. a. D. ©. 58). 5Die reformierte Rir|e
bagegen berlie^ l^xct ben ^roteftantifcben ^onfenfu^. 2Bie auc^ fonft in ibrer @t^it bc»
brüdt burc^ eine altteftamentlicb gefe|li(be älnfd^auung, fcblo^ fte bie jtunft mogli(^ft axA
15 bem ßultu^ unb bem tircblicben ^ienfte über^au))t axi^, 2Bie bort Sut^er, fo ftei^^t i^ier 3t<>i>^
bejeid^nenb boran. S)ie 2;^efe feinet ^eunbeö 2eo 3ub : ,,ba^ bie Siteer bon ®ott in ber ^
(Scbrift Verboten feien unb be^l^alb unter ben (S^riften nic^t gemad^t no^l geebrt, fonbem ob«
getrau toerben follten'^ mad^te er ju ber feinen unb gab il^ eine fc^arfe Segrünbung (@tä^elin
I, ©. 335 ff.). 3)ie Silber fmb i^m ,,®ö$en" unb faüen ate fold^e unter ba« aütepo?
20 mentlid^e Verbot (@. 436 ff.). £em entf^rad^ bad i)raltif(^e Ser^ten im gonjen Um«
fange bed reformierten ^roteftanti^mu^, ba^ balb bie |^orm geräuf4llofer Steinigung ber
Jtir^en, balb toilben Silberfturmed annal^m. 2)abur(^ ift ber ^roteftantidmud old fob^
mit Unrecht in ben SSerbac^t ber Jtunftgegnerfcbaft ge!ommen (t^l. bagegen ©rüneifcn,
De protestantismo artibus haud infesto, ^^übingen 1839 ; Victor @(l^ul|e, &Km^
26 aelifd^e $olemif in Södtler« §anbbuc^ ber tbeol. SBiffenfd^aften, 3. Slufl. 3. S3b, ©. 409 f. ;
Sebfclbt ©. 81 ff. ; SQSoltmann, 5Die beutfc^e Äunft unb bie Sleformation, »erlin 1867).
älnbererfeiti^ ift biefer 9iigori^mud in neuerer Q^i in einer ftarten 9lbf4ltoäc^ung begriffen,
\a berein^elt gänjlic^ aufgegeben, äßenn ber beutfc^e ^roteftantidmud Irine Jlunftenth>i(fc>
lung ^ert)orgerufen l^at, toie bad fatl^olifd^e ^Italien ber Slenaiffance, fo liegt ber ®nmb
30 nic^t im äßefen bemfelben. ;,2Benn immer ein 93olf bid in alle feine Xiefm l^inein tMm
einer religiöfen Setoegung ergriffen toirb, berliert t)or il^ bie ftunft bie Sebeutung. 9n
bie ©teile ber teeeQen @emeinfamleit im ©d^auen tritt bie ibeole ©emeinfomteit im
@lauben, unb alle geiftigen Jlräfte toerben in ber @eftaltung becfelben aufg^el^rt'^ (^o^V
Xl^obe, ällbred^t SDürer. S)eutf4ie Aunft unb beutfc^e 9leformation in : ,,S)er ^rotefiom
36 ti«mu« am ßnbe be« 19. Sa^r^unbert«", 6. Sieferung, ©erlin 1901).
9lu^ biefer ©tellung bed ^roteftanti^mud jur jtunft ergiebt fic^ bie boSe Unabhängig«
leit becfelben gegenüber ber lird^lid^en Überlieferung, ©o fel^ er eine religidfe unb In^
lic^e Jlunft forbert, fo fel^r fielet er hanoon ab, biefe mit lanonifd^en ©o^gen in
Sejie^ung auf älu^eftaltung ju belegen. äBol^l aber n)irb unb mug tr borouf fydtaif
40 ba6 biefe jtunft toürbig unb ben ^o^en 3^^^ angemeffen fei, benen m bienen fte bf
rufen ift. Sictpv ef|«M|c
ftnrte. — 3Wejer, 3)ie röm. ßurtc, iijxe ©e^örbcn unb i^r ®efdjöft»gang in Sacobfon
u. SRic^tcr, 3cilfd}r. f. SRec^t u. "i^oUtit ber Äird)c 1847; ©angcn, S)!e römifdic Äurie, iire
((egentoärtige gufamnienfe^ung unb i^r QiJefc^öft^^ganc;, SJ^ünfter 1854. 9)er ^rattat oon
46 Bonix, Do curia Romana etc., ^joriö 1859 ift mit ^orpcbt ju gcbraudjcn. @inc ungleidi
gränbüc^eve 9(rbcit ift bie Don &. Wm\>^ im 6. Bonbe feined ^trc^enred)ted (1864). ^ie
befte neuere ^arfteUung aber, aud) in betreff ber reic^Iid^ noc^gemiefenen £itteratur, flnbet
n* bei ^inf(t)iu*, ei)ftem beS tQt!)oI. Sl^ircftenrecftteiJ für 3)eutfdjlanb, 21.1, S. 309— 498. 3«
einigen Sin^elpuntten lägt [ie ftd) ergänzen aud ben 9(nmerfungen ju SSeringi^ Softem M
60 ßird)enred)ted (1876) § 104 ff. — ^n SteUe beS ehemaligen pöpftlid^en Staatdtalenberd, ben
Notizie per TaDDo etc., nad) ber ^^rucferei, in meld^er er erfcbien, gemö^nlicb d^racad genannt,
ift in neuerer 3cit bie im obigen fct)on benu^te, jä^rlid) eridjeinenbe ®(^rift getreten: Im
gerarchia cattolica c la famiglia pontiücia per l'aDno .... Con appendlce dl altre notiiie
riguardante la S. Sedc, Roma, Tipografia ciei fratelli Monaldi.
56 ^urie, römifd^e, ^ei|t ber Jtom))le£ bon 93ebörben, beren ber $a))ft fUb }ur centralen
Siermaltung feinet ^rimated bebient. 3)a bie Jtarbinäle bie n)id^tigften 3){itgli^er btefd
Sentralöertoaltung ftnb, fo ift auc^ t)on i^ncn l^ier ju l^anbeln. — S)er 5Paj)|k ift jueiß
Sifd^of t)on 9tom, bann }ugleid^ ßr^bifc^of einer Jtirc^en))robin2 bon ad^t Stdtümem, ba>
neben al^ Sifc^of ber einzigen aipoftolifd^en Jlird^e bed älbenblanbe^ $rimad bed rdmifc^
60 Occibentd unb nac^ ber römifc^en Se^re atö 9Ia(^folger bed „Sl))oftelfürften'' $etnid onf
ftmrte 179
b«n rdmtf(^ Sifd^of^fi^e 3)ltttelt)unft unb ^au^t ber römtfc^-lat^olifd^en ^ird^e, ja nad^
))ätyfUi(^ Se^ ber ganzen S^riftenl^eit. ^n biefen brei Slid^tungen \ioX \\&j oyxij ber Dr-
goiudmud fetner Sei^ärben entmidelt. S3i$ auf fe^r neue ^txX^n \oox er ^ürftbifd^of, b. i.
gefärfteter ^n^^ober etned bebeutenben territorialen Jttrd^enguted, bed ..^ird^enftaated''. @eit
1859, bejto. 1870 l^at er benjelben btö ouf ben 3Satifan unb bcffen nöc^ftc ftöbtijc^e Um« 6
!|dbun9 ^toor k)erIoren, betrachtet bad aber ald bloge X^otfac^e unb ^ält feinen 9lnfpruc^
eft, fo ba^ er bie Jttrc^enftaatdbe^örben jtuar nid^t aftib erl^alten lann, ober aud^ nid^t
oufgel^oben 1^. %xk Serüdffic^tigung biefe^ ®eftd^t^))un!te^ mirb auc^ im folgenben bon
ben fiaatlu^ Se^örben, beren S)arfteQung fonft nid^t l^ierl^er gehört, infotueit bie Siebe
fein, ab ed }um SBerftanbniffe ber turialen Einrichtungen nottoenbig ift. 9(bgefel^en fann lo
toabcn t>on bem ^offtoate be^ $at)fte^, ber fog. Famiglia pontificia, ber auger ben
Gardinales Palatini bon ben fog. Praelati Palatini gebilbet h)trb. 3^ '^mn gehört
ber Magiordomo, ber Maestro di Camera, ber Elemosiniere apostolico unb anbere
Seomte.
9Bte ber (Snbifc^of im aQgemetnen old folc^er leine eigenen Sel^örben ^at, fonbem i6
burc^ bie feinet Sidtumd in feinen erjbifc^öflid^en @efd^äften gleid^faQ^ unterftü^t mirb,
fo urfprüngUc^ aud^ ber $a))ft, unb niqt blog in betreff ber mbijc^öf(i^en, fonbem ebenfo
ber ))rimatialen ®efc^äfte. @d toar fein römifc^-bifc^öflid^ed ^redb^terium, bad i^m bei
allen b^eutenberen berartigen ©efd^äften l^alf, koä^renb er minber Sebeutenbe^ ^ribatim
(in capella) mit Mfe feiner ^(öne bef orgte. £ie^ ^re^b^terium mar, ^uf olge ber @röge 20
ber @tabt, frü^ )ai|lreid^. 2)er römifd^e Sijd^of l^atte teine fpe^ieQ bifc^öflid^e ßinjeUirc^e,
fonbem bie @tabt jerfiel in ber ölteften 3^it, bon ber mir, >coqA biefe £inge betrifft, h)if(en,
tn Sirrengd, in beren jebem eine jtirdi^e ald ^aupt- ober Xauftirc^e au^fc^lie^Iid^ o.\x^
gejeii^net toar: tituli. 9ln jeber folc^en jtirc^e (titulus) mar ein ©eiftlic^er angefteUt,
ber ben $a))ft, fotoeit berfelbe nic^t felbft bort fungierte, bertrat, unb ber a(^ ein bei einer 26
^au))t{ir<^ SbtgefteOter, mie jjeber fo gefteQte ©eiftlid^e, frü^ incardinatus, c^rdinalis
^te^ 9)ie ®efamt^ biefer „Jlarbinäle'' bilbete ba^ ^re^b^terium bed römifc^en Sifc^ofd,
i^ Sofammtungen tmter il^m l^iegen 6^noben ober jtonfiftorien, unb in folgen mürben
<dle tmc^tigeren ^rimatialgefdtKifte hztoXtXi unb beforgt. — ^ad Jlan^Ieimejen führten, nad^
bamoltger Sitte, 9{otare unter einem fog. ^rimiceriud. Solche 3uftänbe merben aud bielen do
SteOen bed fog. Liber diurnus (um 720) anfd^aulid^; bgl. ). S. in Hoffmann, Nova
scriptor. ^ monumentor. collect. (Lips. 1733) tom. 2, p. 27 mit ber 92ote, 6. 22.
25. 42. 44. 46. 86. 103. 108. 151 fg.
9tac^ bem $ontifiIa(e bed SDamofud (f 384) mürbe burd^ %^\i SRarceaud (308)
bie Stobt 9tom in 25 folc^ Xitel geteUt. 3^ ^^ presbyteri intitulati berfelben 86
lamen bann aber ate ilarbinöle bon älnfang an auc^ bie Sorftänbe ber ^rment)fleges
ätegionen, beren Einrichtung bereite Element I. ^ugefc^rieben mirb: diaconi. 2)erartiger
Stegtonen toaren e« anfangt ficben. Unter ^a))ft Stej}^an IV. (III. f 771) !amen ferner
bie fuburbilarijc^ Sifcböfe l^in^u. ^ann ^t bie 3^^^^^ ^^ Jtarbinöle t)ielfad^ gemec^felt.
3m 12. 3a^. ftieg fte feiten über 30 (^urter, ©efc^id^te ^apft ^nnocenj III. 1, 73, 40
äbim. 419), im 13. fiel fte einmal auf 7; bad )8a{eler fionjilium beftimmte fte auf 24
(sess. 23. (5. 4. decr. de numero et qualltate (ordinal.), im ^oiftt 1516 maren
nur 13, unter ?ßapft pud IV. (f 1559) einmal 76 Rarbinäle. .,?5apft ©ijtujg V. jc^te
enbltd^ bie 3^1 ^>^ f^^ allemal feft auf 70, entjprec^enb ben 70 ällteftcn 3^^<^^(^^ meldte
Slofed auf bed ^erm Sefe^l jufammenrief. Unb jmar foKen fein 6 Jlarbinalbtfc^öfe (bon 46
Ofüa, ^ßorto, mit melc^em ba^ frühere 7. fuburbifartfd^e Si^tum @t. 9{ufina burd^ Sa-
Ul^II. bereinigt mar, f^a^ti, 6abina, ^aleftrina, ällbano), 50 jtarbinalpriefter, 14 Aar-
binalbtotonen : SuOe Postquam verus b. 13.2)es. 1586; BuUar. Lux. t.2. f. 608.—
£ie 3<^I ^ '^«^t berönbert merben, aber feiten ftnb alle 70 ©teilen befe^t. 6« ift
ein Sui^ta^efaS, ba^, mie 1853 einmal, bie 3^^^ boQ ift. 3)ie Xitel, auf meldte bie so
einidnen Aorbinäle felbft ernannt merben, l^at ©i^tud V. burc^ bie ä3ulle: Religiosa
Sanctorum Pontificum bom 13. ä(t)ril 1587 (im Bullarium a. a. D. Fol. 621 sq.)
beffotmt; noi^bem fc^on bor^er ber 92ame Cardinalis feine frühere allgemeine Sebeutung
Mioren ^otte tmb feit bem 15. ^a^r^unbert nur in einigen 3J{etro))olttanIird^en in ^n-
toenbung aeblicben mar, bid $iud V. unterm 15. »^ruar 1567 berorbnete, ba^ blo^ bie
ba rdimfcyen iltn^e unmittelbar inlarbinierten ®eiftlid^en fernerhin ba^ ^räbilat jtarbinal ^
ffi^ren foEtcn (Ferraris, Bibliothec» canonici s. v. Cardinales, Art. I. nr. 6).
w @nmb fftr biefe Sefd^rönhtng bienten ältere 3^9^^f(^f ^^4 meieren 9lom „cardo
eedesiAram'' iß. i^Sicut c^rdine ostium regitur, sie Apostolicae Sedis auctori-
tote omnes eodesiae (Domino disponente) rcguntur'' (c. 2. in fin. dist. XXII) , eo
12*
180 ftitric
h)0)u bann bie @tllärung lommt: Unde Senatus Cardinalimn a cardine nomen
accipit etc. ^n biefem 6tnne f(^retbt Seo IX. bem ^oriard^en 3Rxd^atl Don ibmfittm
tino^el um 1050: ,,Clerici summae Sedis Oardinales dicuntur, cardini Uli, quo
cetera moventur, vicinius adhaerentes'' (Mansi, OoU. Goncil. Tom. XIX.
6 Fol. 653).
3)ie red^tltd^en 9Ser]^äItntf(e ber jtavbinäle, bie f old^ergeftalt fd^on frü^ ein orgoniftcitcd
Kollegium audmac^ten, bentl^en tetld auf älteren @a|ungen, indbefonbete bem Ceremo-
niale Romanum, fobann bem Goncil. Tridentinum sess. XXIV. cap. 1, de re-
form., ben fd^on citierten @rlaf|en ©ijtu^' V. unb einigen \pcd^m JtonfKtutionen. J)o«
10 nad^ erfolgt bie 3Sai)l (creatio) ber jtarbinäle burd^ ben $a)>ft. 3)ie 3Bä^lbarIett ^ongt
bon ben ©igenfd&aften ab, toAd)t bei ber Ernennung eine^ Sifd^of« erforberlic^^ fmb, in^
befonbere ift au|erbem beftimmt, ba^ au|er ber @^e ©eborene, toenngleic^ burd^ noc^
folgenbe @l^e legitimierte, nid^t ^romot)iert toerben bürfen, bamit nic^t bie @r^aben^
unb ber ©lanj be^ j^arbinalatd, toelc^e^ ber tönigli^en SÖSürbe Vergleichbar ift, l^erabgefe|)ty
iB befledft unb irgenbloie öerbunfelt Serben fönnte (Sijtu« V. a. a. D.). 5Der ^romotoenbu«
mu| ftd^ toenigftend ein ^al^r im Sefifye ber nieberen 3Bei|^en befinben, borf, toenn aui^
aud gefe|lic^er 6^e, toeber ^inber noc^ @n{el l^aben (Jlarbinöle, bie t)or i^rer @mennuna
notorifd^ unel^elid^e jtinber l^atten, gab e^ genug, ). 93. 1817 einer au& Sofern); ai«9
barf fid^ fein naiver 93em)anbter (bi^ jum jtoeiten ®rabe lononifc^er Aom))utation) berettt
20 unter ben bermaligen 5larbinälen befinben. Ser ^a))ft foQ bei ber Sefe^ung ber Stellen
alle 92ationen berüdftd^tigen, bod^ ^aben immer bie F$t<il^ener hai orö^te fibergetoic^t 3*"
anfange be« ^afyctd 1899 toaren unter 57 Äarbinölen (balant 4 Äarbinal})riejier, 9 Jto>
binalbiafonen) 29 3tölie««ff 7 S^angofcn, 4 6j)anier, 2 5Portugiefen, 1 Sel^ier, 4 Snj»
länber unb S^ö'^^^f 1 ämerilaner, 3 3)eutfd^e (1 ^ole), 4 Oefterreid^, 2 Ungarn.
26^|^er l^atten mand^e dürften ein ^räfentation^redj^t unb aud^ je^t toerben berortige S3or<
{erläge noc^ berücfftc^tigt. £ie auf biefem 2Bege ernannten l^ei^en Jtronlarbinäle. —
Sie Jtreation erfolgt jucrft in einem gel^eimen ^onfiftorium ber Jtorbtn&Ie unb toirb borai
in einem öffentlid^en loieberl^olt. 6ine blofee 3)efignation finbet ftott, toenn ber ^Jo^jft ben
SRamen be« ßreanbu« nod^ nid^t bcröffentlid^t (in petto [pectore] refert)iert, creatio se-
80 creta). ^n öffentlicher fionfiftorialfi|ung toirb ber @mannte feierlic^^ re5i))iert unb mit
bem Aarbinaldl(iute beUeibet: ,,Ad laudem Omnipotentis Dei et Sanctae Sedis Apo-
stolicae ornamentum accipe galeum rubrum, Signum singulare dignitatis Car-
dinalatus, per quod designatur, quod usque ad mortem et sanguinis effusio-
nem inclusive, pro exaltatione Sanctae fidei, pace et quiete populi christiani,
86 augmento et statu S. Romanae Ecclesiae te intrepidum exhibeas. In nomine
Patris etc." ®egen baö @nbe be^ näd^ften gel^eimen Äonftftoriumd, toeld^em bie neuen
^arbinäle beitoo^nen, toirb bie Promotion t)oQenbet. ^er$aj)ft f4llie{^t il^nen benStunb:
„Claudimus vobis os, ut neque in consistoriis neque in congregationibus
aliisque funetionibus cardinalitiis sententiam vestram dicere valeatis." Sobolb
iobag Konfiftorium feine Sier^anblungen gef^loffen, toirb i^nen loieber ber SRunb geöffnet:
„Aperimus vobis os, tarn in collationibus, quam in c^nsiliis, atque in electione
Summi Pontificis et in omnibus actibus, tam in consistorio, quam extra etc."
darauf folgt bie Übergabe bed Jtarbinal^ringed uno bie älntoeifung bed beftimmten titulus
ecclesiae. 3lad) ber jtonftitution @ugend IV.: In eminent! t)om 26. Oftober 1431
46 (BuUarium cit. Tom. I. Fol. 319) fotten bie Äarbinäle nic^t früher, atö bi« biefe
tormalitäten DoKjogen ftnb, jum Seft^c i^rer ©erec^tfame gelangen, namentlid^ nic^t ein
otum bei ber ißa^^fttoa^l unb fonft erlangen; bo^ l^at $iu^ V. burc^ 9leffri)>t tnm
26. Januar 1571 ba^ ©egenteil angeorbnet (Ferraris, Bibliotheca canonica s. v.
Gardinalis art. I. nro. 22).
60 ^ie jtarbinöle nel^mcn in ber ^ierarc^ie ber ^uriebiftion bie näd^fte Stelle na^ bem
%ap\U ein unb fmb allein fällig, ben ^a>)ft p toä^len. UrbanVI.(1378) toor ber Ujfte
$ai>ft, ber bor^er nic^t ^arbinal toar. älber red^tlic^ lann jeber, felbft ein Saie, jum
5|}ai)ft getoä^lt loerben, ber ntd^t öon felbft auggefd^loffen ift, tüai ftattfinbet für Unge»
taufte, §äretiler, Äinber, SQ3al^nftnnige, ober burd^ j^ofititoe ©a|ung, load für Simont^
66 gilt (6onft. 3;uliu« II. Cum tam divino bon 1506). 3)ie SSa^l übertoie« t^nen 9fib»
lau^ II. im Sa^re 1059 (c. 1. dist. XXIII). Um biefeö Sorjug« loiDen erretten jte
ba^ Siecht, ben roten $ut, mit ^erab^ängenben Cluaften, ju tragen, toon ^nnocen) IV.
im ^a\)x 1245 auf bem erften Äomil ju S^on, ba« ^urt)urgeh)anb öon 5ßaul II. 1464,
unb ben bi^ babin nur ben beutfc^en Jturfiirften unb bem ^oc^meifter bed ^;emf>en^emts
60 orbent^ eigentümlichen Xitel Eminentissimi t)on Urban VIII. 1630 (Ferraris a. a. 0.
ftitrie 181
art. II. nro. 13). ScHnöge ber ©Icid^ftcffung mit ben Äurfürfien ift bic Sßcrle^ung bcr
Jtorbinä(e ald SRajefiötöberbred^en cmgefel^en tporben (c. 5. de poenis in VI. [V, 9J.
Srniifa^ VIII.). 9bibere Siebte ber Jlarbinäle ftnb eine jurisdictio episcopalis in i^ren
^Titeln unb ben biefen untertootfenen Itird^en, bod^ nid^t unbebingt, h)ie namentKd^ ba$
flollationdref^t ber Senefijien nur im %aU il^rer älntpefenl^eit, inbem eö fonft auf ben 6
$a)>ft fibetgei^t (Gonstit. Romanus Pontifex Don ^^nocenj XII. Ferraris a. o. O.
art. III. nr. 36 sq. öerb. nr. 12 sq.). ©ie jtnb befugt, [iq in il^ren 3Steln ber ^on»
üfSciim ju bebienen, aud^ folenn ju benebnieren, tt)ie S3if^5fe, unb, h)enn fte h)enigften$
$redb^ter ftnb, bie Xonfur unb nieberen SBei^en i^n Untergebenen unb $au^enoffen
m erteilen ((Ferraris a. a. 0. nr. 21 sq.). ^oron fd^Iie^t ftd^ eine ^enge anberer lo
^iritnlegien, beren ^cä^l man b\& auf 800 gered^net l^ot (o. a. O. art. lY. nr. 25).
Unter ben jlarbinälen felbft ^oben bie Sifd^öfe ben 93orrang, tuö^renb bei ben Rax^
biiia()>redbvtem unb ^Diotonen berfelbe fi^l nai^ ber 3^^ ber Ernennung rid^tet. ^er
oltcfte Jlart>inaIbifd^of, toeld^er feine Stefibenj in 9lom l^at, ift Defan bed ^rbinaltoUe»
otumd (Ferraris o. o. O. art. II. nr. 19 sq.). ^a^ 5tolIegium bilbet ben Slat bed is
$a))fted in aKen toid^tigeren älngelegen^eiten (causae majores, consistoriales), na^
mentlid^ ben causae episoopales, bei h)e(d^en ber ^ap\i bie ^orbinöle i>ox feiner 93e«
\dfluinaißit )u t>emel^men ber)}flid^tet ift. @obaIb ber ^ö^ftltd^e @tul^l erlebigt ift, bilben
bie ftorbinole ba^ jtonllabe p SSa^I bed 9iad^foIgerd (f. b. 9(. „$at)ftn>a^ro unb bürfen
loo^renb ber Sebi^tHxIonj bte notn)enbigften älnorbnungen treffen, „quod eos (Oardi- 20
nales) oporteret de terra ipsius ecclesiae defendenda, vel ejus parte aliqua
providere, vel nisi aliquod tam grande et tarn evidens periculum immineret,
quod Omnibus et singulis cardinalibus praesentibus concorditer videretur illi
oeleriter ocourrendum" (c. 3. de eiectione in VI. [I, 6] Gregor X. in Conc.
Lugdun. II. a. 1275* dem. 2. eod. [I. 3] Clemens V. in Conc. Vienn. 1311). 26
3>er tirc^ftootiid^ S^rolter Slomd brad^te mit ftd^, ba^ h)ie in ber $anb be^ $a))fted
geiftttc^ imb toddvä)^ Slegiment t)ereinigt, ebenfo bie l^öd^ften geiftlid^en unb h)eltli(^en
SteQen ful^ in ben ^änben ber Jtorbinäle befanben; inbeffen l^en fd^on einzelne $ö))fte
eine teiltoetfe 9tudeinanberfe|ung ber Sertuoltung für gut befunben.
9Benn in ber ongebeuteten 9trt bad Jtarbinal^foQegium neben bem $a))fte eine öüfn^ ao
liäft Stellung einnimmt, ta>ie bad ^om{af>iteI neben bem Sifd^ofe, fo jeigt ftd^ aud^ eine
$araOe{e in ber äSerfaffung^nttoictelung. ^n faft aQen älteren Si^tümem l^aben im
i&tufe ber l^ifbrifd^ Sltkgeftaltung be$ Jtobitel^ beffen beibe oberfte ^Jlttalieber — Slrd^i-
biotomtd unb Xrc^i^edb^ter — bie eigentli^e SSertDoltung in il^re $anb belommen, toci)^
renb bad ehemalige ^re^^^erium ober nunmehrige RcOß'üd felbft ftd^ aU toal^lbered^tigted 86
unb nur in bestimmten 3)ingen mitregierenbed JtoDegium erhielt. @benbadfelbe ift im
ftarbinaldtoSegium ber %dü gett)efen, h>enn ftc^ audji bie ^iftorifd^e Jtontinuitöt in ben
\p6Uxm @tabien ni6t in aleid^er ©ic^erl^eit, toie in ben erften nad^meifen lä^. 2)er
Xtf^ibialonud, ^ier ^rbinals5tamerlengo genannt, toeld^er fd^on im über diurnus aU
erfiter unb einflu^ic^fter Beamter aui bem ^re^b^terium ^ert)ortritt, erl^ielt SSermögen^:: 40
Mrtoabung unb S^itt^^on i^ Si^tum, n)obei er ftd^ feine eigenen Offijiale l^ielt: filr
bie Jtriminoliuridbiftion ben SBije^amerlengo, f^äter fogenannten ©obernatore, für bie
(Sttnljuri^bittion ben Auditor Camerae, für bie Sd^Dertoaltung ben S^eforiere. ^er
Xn^t^yrett^, ^er Jlarbinab}ilariu§, t)erfa^ bie gotte^bienftlid^en ®ef4läfte bed Sifc^of^.
5Diefer felbl^ begnügte fu^ mit ber Oberleitung unb betrieb au$fc^lie|;licb bie SSertooltung 46
bcd $rimatd, in toeld^er neben il^m bann bad ^arbinal^foQegium gleid^faltö feine ^au^t^
befc^ftigung fanb. 3)erj|enigen f)3äteren @nth)idtelung, burd^ h)el(^e in ben Si^tümem ber
Src^ibtclonat geftürjjt hmrbe, entfprad^ )u 9iom, ba| ber $apft (9if4lof) bie Ernennung
jener brei Unterbeamten bed jtarbinol-^merlengo an ftd^ felbft na^m, h)%enb biefelben
übriaend in i^ ^^ötigleit bel^arrten. 9htr tourben fte, ber großen Slu^bel^nung bed so
{nn^uc^ 9e|%(e^ toeit über bie (Srenjen ber römifd^en ^iöcefe l^inau^ unb ber neueren
Stoatdentnndelung gemög, me^ ©taat^iener al^ firc^li(^e. 9luc^ ber 5larbinal'jtamers
lengo fe(b{i tanmbte fic^ au^ biefen ©rünben immer me^r ben @taatdtntereffen ju, unb
[eine Itn^Kc^ ©efc^fte lamm babei aHmöl^ltd^ an ben JlarbinalDifar, f 0 ba^ bief er f))äter
m faft ber gefamten 9tegierungdt^ätigfett be$ $a))fted aH 93tfc^of^ t)on Slom beffen 'ßtt^ 56
treter unb, man tann tt)ol^l fagen, ber eigentltd^ fungierenbe ^ifd^of bafelbft ift. 3l\xx
toenige 3^^^ ^^ e))ifIo))alen ^l^ätigteit, j. ^. bie JtoQation ber ^tmtcr unb bie 6c^lüff eU
gctDoIt, Dertooltet er nid^t @r ^at ju feiner $tlfe einen SBetbbifd^of (^St^egcrente) unb
k^erM^ebene onbere Seamte. »^r bie 93erh>altung ber potestas Ugandi et solvendi ^at
ber ^ßcepft, tote onbere 93if(^öfe auc^, ein eigene^ SRitglieb feined Jta^itel^ — ben 5^rbina(s go
182 ftttrie
^önitengiar — jum ©el^Ufen: ben eingtgen unter ben ft)e)teQsrömtf(^en Stöcefanbeomten,
ber bx^ auf ben l^euttgen Za^ mit ben ^irimatialgefc^äften ju t^n fyit.
Sie Äir(^en))rot)in2, ber 3)letro)>olitanfprengeI 9tom begreift bie oben genannten fec^
— ftüi^er fieben — fog. fuburbifarifd^en SiStümer, beren SDiöcefanregierung inbeö, ba i^w
6 ä3ifc^öfe im fiarbinatgifoUegium finb, großenteils t)on Stom aud beforgt tDtrb, unb bei ber
gerabe bort unumgänglichen Slnnal^me, baß ber $a^ft mit jebem Sifd^ofe obfolut bm»
!urrierenbe ^urisbittion l^abe, teiltoeife an ben ^arbinolDüar gelommen \ft. Srjbif^flit^
ä3e^örben giebt eS bal^er gu 9{om fonft nic^t.
Ser fiirc^enftaat tourbe bis 1815 als fiirc^engut betrachtet, tocS er au^ tn>
10 ft>rüngli(^ ift; unb bad tDeltlic^e ^Regiment beS ^apfteS barin begriff nic^t kriel md^ aß
eine®ütert)ertüaltung im „Patrimonium", fotoeit bafclbft nic^t ber 8bel l^errfc^te, unb eine
@tabtregierung gu 9tom, fotoeit beffen a(te, reid^freie @etbftftdnbigteit gebrond^en toor.
Surc^ bie Srtoerbung ber fog. ,,£egationen" erlitt bieS !eine SJerönberung, benn btefen
$robin)en berblieb bei tl^rer lta))ituIation große @elbftftönbig!eit, unb ber $a))ft fc^t^
16 b(oß einen geiftlic^en @tattl^alter — Segaten, Delegaten — ^in, um bie oberfte Stegtetung
2U fül^ren unb bie @in{ünfte an bie ))ä^ftlid^e 5tammer nad^ Stom abjuliefem. Übrigen^
regierten 9(bel, @täbte, Jtlöfter tc. ftd^ felbft. SBegen biefeiS ))atrimonialen Sl^dCterd bed
^ird^enftaateS toar für il^n ber JlarbinaI«fiamerIengo, auc^ nac^bem er feine Unterbeamten
nic^t mel^ felbft ernannte, t)on größtem Sinfluß: ein ültinifter bed Innern unb ber
ao ginanjen, als toelc^er er auc^ bie auS ber fiirc^e gezogenen @in!ünfte bed ^rimateiS in
feine ^Bertoaltung be!am. 3)abei bel^ielt er ftetd feinen toefentlic^en Sl^ratter old fUfSfftSi^
fentant beS mitregierenben Jta))iteIS ber jtarbinöle, bef|en bomel^mfted SRitglieb er ifil; o
toar faft mel^r SRinifter biefer Slriftofratie als beS ^apfted. 9{eben ü^ jj&oc^ er^ob ftd^
feit @nbe beS 15. unb 9lnfang beS 16. ^al^^r^unbertd, alfo fobalb bie $ä))fte begannen,
26 fic^ toefentlic^ atö SanbeSl^erren gu enttoideln, auc^ ein SRinifter beiS monarc^ifc^en $nn*
ji})eS: el^emald Jtarbinals9te})ot, ober, toenn er nic^t 3ltpot ttHir, Jlarbinat$atron, je)^
i{arbinals@taatdfefretär genannt. @r ift anfangt eine 9(rt ÜJtinifter beS ))d))fUi(^ ^oufeS
ober ^abinetSminifter, fobann SSertoalter aQer berjenigen 9efugnif|e, bie ber $a))ft neben
unb über ber fia))itelSregierung beS Jtarbinal^merlengo im Jtird^enftaate })erfiynli(^ noc^
80 befaß, alfo 3Rinifter bed ^nnem, fotoeit eS nid^t ber ftarbinal^merlengo fc^on toac, ben
er übrigens ftetig ju belämt)fen gehabt unb ebenfo ununterbrochen rücttpärts gebr&ngt fyxL
@r l^atte als folc^er bie Segaten foh)ie bie toö^ftlic^en %tu!pptti unter ftc^, unb bertrat
aQen !or))oratit)en unb abeligen @elbftftänbigfeiten im Sanbe gegenüber ben SanbeS^erm.
3Jtinifter beS SluStoärtigen enblid^ toar er t)on 9lnfang an allein, unb jtDar nic^t bloß in
86 ftaatlic^en, fonbem au^ in lird^lic^en älngelegenl^eiten, unb baburc^, fotDte burd^ feinen
beftänbigen )>erf5nlic^en SSerte^r mit bem $a))fte, auf bie ®efc^&fte beS ^rimoteS bon
größtem Sinfluß. ^enn ber $rimat ru^et ^ule6t auf ber ^erfon beS $a)){led, unb
biefer lann ftd^ in jebem eingelnen ^Qe als (Sel^ilfen ju beffen SSertoaltung tuäblen, toea
er toiH. — ©eit man t)on 1815 an begann, bie mobeme ^i>^ beS Staates audp te ben
40 ^irc^enftaat unb feine 93erfaf|ung in 9lnh)enbung ju bringen, mußten bie ®efc^fifte beS
StaatSfefretariateS fid^ bebeutenb berme^ren, fo baß man 1833 baSfelbe )u teilen befc^bß.
@ettbem tourbe neben bem alten Jtarbinal^taatSfelret&r, ber je^t ^rbinatStaatSfetretfir
beS äluSivärtigen l^ieß, nod^ ein befonberer fiarbinal^@taatsfetretär beS ^][nnem ernannt,
ber aber jenem erfteren burc^auS untergeorbnet blieb unb il^m bal^er Don feiner alten Se»
46 beutung nid^tS entzogen l^at. Sie feit $tuS IX. in ber Sinric^tung ber StaotSbe^örben
gemachten SSeränberungen nö^er ju Verfolgen, liegt außer ben ©renken biefer nur bie getft*
lic^e ßentrdftelle betreffenben 3)<urfteBung.
S^re Organifation toar ju 9lnfang beS 16. ^al^r^unbertS bie, baß aOe eigentlich
^uftijfac^en, berrn bamals noc^ eine große älnja^l nac^ 9tom gingen, t)on ber Siota, bem
60 oberften @eric^tSl[;ofe für ben Airc^enftaat unb für bie ^irc^e, SlegierungSfac^en hingegen
in ^erfammlungen, bie c^onsistoria gießen, bem JtarbinalS^JtoQegium unb, toaS pm Qk«
toiffenSforum gehörte, t)om ^arbtnalpönitenuor unb ber i^m untergeorbneten ^ömtenjiorie
bearbeitet h)urben, fotote enbUc^ ber $a))ft für )>erfönlid^eS Eingreifen eine 9Crt Sureou
mit bortragcnben Späten (referendarii), bie Signatur, befaß: babon benannt, baß er bie
65 burc^ fte ge^enben 9leffrij)te felbft ftgnierte (in bem Driginallonjebte unterzeichnete). J)i^
felbe verfiel nad^ ben beibcn ^autJtjiveigen ber )>ä^ftlic^en X^ötigfeit — geifUic^e Xbmini*
ftration unb ^uftij — in bie Signatura gratiae unb justitiae, f))äter^in jtoet gon)
getrennte 93e^örben. ^r baS Vermöge ber betaillierten Sd^riftlid^teit beS ^Regimentes, über
beren Umfang unb 93ebeutung ^urter in feinem Seben ^apft l^nnocen) III. gute 9ta(^
60 roeifungen gegeben l^at, fotoie toegen frül^en 3){ißbraud(|eS gur t^nan)f)}efulation fe^ auS<
ftttm 183
gebe^nte @c)>ebUu)ndtt)efen beburfte man einer ani jenem el^emoltgen JtoQegium ber 92otare
eittfianbcnen Slanjlei (Cancellaria apostolica) ; unb \vül toegen ber ^enge t)on ^frünben^
refeitxktümen ein genaue^ Siegtfter ber gefc^ei^enen SSerlei^unaen nötig toax, t)eranftaltete
man, ba^ in ber ^atarie aQe @£})ebitionen il^r Satum empfangen unb regiftriert iverben
mußten. 2)iefe Satorie tourbe an^ bem @$ebitiondbureau ber i^anjlet balb eine t)on ber 6
Ie|teren gong abgelöfte unb im SSeneftjialivefen felBft bortragenbe ä3el^örbe. ^ergeftalt
amiteten, ald ho^ Xrtbentinum begann, für S^nftruftion unb Sntfc^eibung ber ^uriat
gefc^ofte 1. bod im Äonftftorium t)erfammelte jlarbinaldloQegium, 2. bte beiben Signa^
turen, 3. bte ^nitenjiarie, 4. bie Slota unb 5. bte ^atarte; für bie ®£)}ebitton ber im
Sbmfil^um unb ben Signaturen bearbeiteten ©efc^äfte bie ßanjlei unb, toenn fie auf lo
einem finden unb too^Ifetleren SBege q^ebiert toerben foSten, bie ©efretarie ber ^reben,
toeU^e urf})rüngli(^ mel^ für bie pn\)au ^orref))onben2 bed ^apfted gebient l^atte. ^öni»
tenjtane, 9tota unb ^otarte e£pebierten baiS t)on il^nen ä3earbeitete felbft. ^m Jtonftftos
rtum aber befa^ jebe fiircl^en))rot)in^, jeber 3R5nci^orben, jebed bebeutenbere Sanb einen
oud ber 3^( ^^ Jtarbinäle nac^ etgenem SSertrauen erh)ctl^Iten $roteItor, tDdid^er aUed is
auf feine iUientel Sejüglic^e an jtonftftorialgefc^äften beforgte, b. 1^. ed inftruierte, im Ron?
ftftorium bocüber Vortrag ^ielt unb ba$ ^efultat ber bortigen Hbftimmung fd^riftlid^ in
aut^entif^er gform (mit feiner Unterfc^rift unb feinem Siegel berfel^en) mitteilte. %ixx bie
gfonnitlierung unb @ä)ebition in forma biillae ober brevium ^atte ber Klient hierauf
fetter ju forgen. — ®ie ÄompetengDerteilimg toar, toie DctaDianu« SeftriuS in feiner ba^ ^
moiü gefc^riebenen Introductio in Romanae Aiüae actionem (ä(u^. cum not. Gra-
vatii, Senebtg 1564) fte fc^ilbert, folgenbe: aQed S^ogmatifd^e unb Siturgifc^e, aQed ba^
Jttn^engut fotote ben fog. ^eben ber Jtirc^e, tool^in namentlich i^r SSer^öItnid ju ben
Staaten gehört, Setreffenbe ^tte bad fionjtftorium, nid^t minber bie Sifc^of^emennungen
unb bte ^ertei^ung getDtffer $frünben (beneficia consistorialia). 3!)ie potestas ligandi 26
et solvendi, famt allen ^[nbitlgenjen, t)erh)altete bie ^önitenjiarie, unb au^erbem gett)if[e
5Dtd|>enfen ))on menfc^lic^en ©efe^en, j. 93. @^e^tnbemif[en, befonberen Orbendregeln, @is
monie u. bgL m. ^ie Signatura gratiae t)ermittelte bieienigen ©nabenfac^en, beren ^^'
tanOtgung ber $at)ft, neben bem ^arbinal^^önitenjiar, nod^ felbft gu erteilen beliebte, famt
ollen ittc^tlonfi^orialen Senefi)ient)erleil^ungen, fotoeit biefelben nid^t, toad bamaU nur bei ao
bat uitbebetttäü)eren Senefi^ien ber ^t toar, bereite an bie 3)atarie gelommen toaren.
^e Sehetorie ber 9ret)en ^atte f(^h)an!enbe ftom))eten2. diota unb Signatur ber ^ufti)
tDoren reine ^uftijbe^örben : jene ein ätppeUation^eric^t für bie gange d^riftlic^e ^elt, bief e
bod eigentlich getftlic^e ®erid£^t bed ^rimated für bad forum ecdesiasticum personale
unb reale, tDelc^ed blo^ baburc^ ftc^ befd^räntt fanb, bag ber ^apft h)egen ber befonberen 86
9tti)tt mancher 9{ationalIird^en, j. 93. ber beutfd(|en, in getoijfen fällen t)er)9fli(^tet toar,
fitttt Sad^ bor biefem (Sendete entfc^eiben gu laffen, t)ielmel^r judices in partibus
gu geben.
Son biefen Sel^örben f^cd bie Signatura gratiae )u eueren aufgei^ört unb i^re
Sefc^fte tetld an bie ^otarie, teitö an bie Sebetarie ber Sreben unb ben jtarbinat 40
Stoatdfelretär abgegeben. 3)ie Slota aber unb bie Signatura justitiae blieben, toegen
SRongeU an ®ef(9äftd)u^^ t)on anitn, nic^t me^r ))rimatiale ä3e^5rben, fonbem behielten
Uo^ no(^ territoriale ä3ebeutung. 92o(^ eine ^arfteOung ber 9tota Don 1854 ober —
Del tribimale della Sagra Rota Romana, memorie storiche colle rispettive
boUe de' Pontefici ridotte in compendia col Metodo dei Guerra e volgarizzate, 46
dl Giuseppe Bondini segreto di Rota gia di Monsig. T. Mertel ora Ministro
ddl'InternOy Bibliotecario di S. E. il duca Torlonia, ec. Roma, coi tipi de'
frateOi Pallotta — ffrid^t i^re uniberfale Jtom))etenj, gang toie fte oben begeic^net toor«
ben ifi, oud, imb er!Uirt bie gegentoärtigen ^inbemiffe in beren 9ludübung nur für fat
ii\i^ unb borüberge^enbe. ^r Italien fei bie 9tota auc^ ein ®eri(^t erfter ^nftanj mit 60
bcfd^onlter Rompttm^ (fte fte^t unter ber Signatura justitiae), für bie Sänber jenfeitd
ber SUpen hingegen etn 9l|)))ellatton^erid^t britter unb ^öd^fter ^^fian), an toelc^e^ itoax
nur foUe Socken, in benen fc^on iftm nic^t lonforme Srtenntniffe ergangen feien, ge^
langen wmten ; bo(^ gelangen biele Sad^en obne biefe ä3ebingung an ba^felbe. Xa^ ©e^
rii^ befionb feit $a))P Si^tud IV. aud )h)ölf SRitgliebem (9lubitoren), bon benen brei 66
Sldmer tborcn, einer aud ä3ologna, einer a\x^ ^errara, einer abtoed^felnb aud Xodfana ober
^krugia, ein Senetianer, ein ^ailänber, ein 3)eutfd^er, ein ^anjofe unb itoÄ Spanier.
®en „S)eutfc^" bwfeitticrte ber Äaifer bon £)fterrci(^ an^ feinen italienifc^en Staaten,
unb fo taxtren au(^ bie übrigen ftatutarifc^en SSerfd^iebenl^eiten ber ^Rationalität ntc^t aQe
tpcrilt^ beachtet 2)en 93orft^ fül(;rte ber ältefte ^ttbitor, unter bem Flamen beö 3)eland. eo
184 ftttrie
3n ber neueften offijtöfen Gerarchia cattolica fmb Stota unb Signatur bet Suftiji jtooc
ntc^t ol^ Se^örben, ober ed fmb bte SRttgUcber angegeben, toelc^e fte au^maqen (com-
ponenti la S. Rota unb la Se^atura papale di giustizia), tDomit betberiet Se»
lörben al^ na<^ Slnnal^me ber fiune fortbeftel^enb genügenb gelennjetd^net tuerben.
6 31U eigentlich unb altiD lirc^Iic^e fiurialbel^örben, abgefel^en t)on ber Jtommer, bte
ald übertviegenb ftaatlic^e 93erft)altungd[teQe nid^t baju gered^net toerben lann, fmb oQo
t)on ben bortribentinifc^en nix^ übrig bad fiarbinaI^!oQegium, bte ^önttenjiarie, bte 2)a?
tarie, @elretarie ber ä3ret)en unb Jlanglei. Über bie 3uf^>n^^<if^ung beS AarbinoU«
!oOegiumg unb bie ftonftftorien, toetc^e t)on ben ju 9tom refibierenben Jlarbtnälen ge^oltm
10 toerben, ift oben bie Siebe getuefen. 3)ie $5niten^iarie ftel^t imter bem j{arbtnals$dttttens
jiar, bie 3)atarie unter bem ^räftbtum bed Jtarbtnat^robatard, bie Jlanglet unter bem
^arbtna('93i2efan)Ier; bie @e(retarie ber Sreben unter bem JtarbinatSebetorttid brevium.
2iebe ä3e]^5rbe l^ot @efretäre unb fonftige ültitglieber, toeU^e aud ber iä^lid^ erf^etnenben
Gerarchia cattolica ju erfel^en fmb. Sie @ebetarie ber Sreben tft fett Xnfmtg btefeiS
16 S^a^rj^unbertd oft mit bem ©taat^fefretoriate be^ Slu^toärtigen t)erbunben getoefen. Ser
itarbinol^taat^felretär l^at ein Sureau, bad au^ berfc^iebenen @etretären tt. f. tu. befte^
^(bgejtoeigt ftnb befonbere, &^nli(^ !om))onierte @efretariate, de' Memoriali, de' Brevi
ai Prindpi, delle lettere latine unb deiruditore; le^tere brei nur unter ^roloten,
nid^t unter Äarbinölen ftcl^enb, alle bier mit geringerem ^ßofonal.
ao . Sicfe bi^ auf bie @efretariate, tok biefelben j^t befc^affen fmb, fc^on Dortrtbenttmfd^
ä3e^5rben, unb ^toar in gleid^er ober faft gleid^er SSerfaffung, ftnb nun ober fett bem 16. 3^^
^unbert baburd^ in i^rer Stellung beränbert toorben, baft fett ettva ber 3)lttte bedfelbat
bie ^ö^fte neben ü^nen ftänbige ^arbinalslommifftonen für beftimmte ®efd^äft$!retfe etm
juric^ten anfingen, fogenannte Kongregationen, an bie man ftc^ ebenfott>Dl(^l tüie an bte
26 alte für bergletc^en @(cf(^äfte nad^ tote t)or gleichfalls fompetente Sei^örbe toenben loniilc,
unb an bie man ftc^ t^atfäc^lic^ häufiger, als an bie alte Stelle toenbete tmb ta>enbet
3)iefe Kongregationen e^ebieren fömtlic^ nic^t burd^ bie Jlanjiei, fonbern jjebe Jtongregottim
burd^ il^re eigenen Beamten. Sie SSerfaffung jeber einzelnen beruht auf ben befonbercn
93eftimmungen, bie bei i^rer @rric^tung ober ^ortbilbung barüber getroffen tuorben ftnb.
80 ^nbeS ift (tuen gemeinsam, ba^ neben ben eigentlichen SRitgliebem, ben Jtarbinölen, tnm
benen fic^ au^er bem SSorft^enben Cßrdfelten) nur bie ju 9iom antoefenben, tmb ott^ bte
ntd^t alle, beS ©efd^äftSbetriebeS annehmen, fte eine älnjal^I fac^lunbiger Hilfsarbeiter
l^aben, toeld^e in ben @i^ungen referieren unb ol^ne iBotum bie eigentliche SSrbett t^un.
^ebe Kongregation ^at emen Selretär, toelc^er getoö^nliA ^rälat ift (nur ber ber ^nqui«
86 fttton ift Karbtnal, benn ber ^apft felbft ift ^ier ^räfeft) unb ber bie ®efd^^ tl^
fäc^lid^ leitet Sie Hilfsarbeiter ^ei^en, je nad^ ber 9lrt ber il^nen übertragenen 9töeit,
Konfultoren, toaS ber getoöl^nlid^e 92ame ift, bann Dualiftlatoren, Stelatoren u. f. to.
©ubaltemj)erfonal tritt bei jeber Kongregation ^ingu.
Sie dltefte tourbe 1542 auf 9lnlaf ber beutfd^en 9{eformation geftiftet )ur Serfol«
io gung jeber älrt $ärefte : bie S. Congr. Romanae et universalis Inqtiisitionis ober
Sancti Officii, im gemeinen £eben Sant' Ufficio. @ie ift f^öter ergämt toorben btitc^
bie Don $a))ft $aul Y. I^^ingugefügte ftar! befe^te S. Congr. Indids libror. prohibi-
torum für Ucbcrtoac^ung ber Sitteratur (f. b. 3[. Süc^erjenfur, S5b III ©. 523). SU
fitoeite KongregationSftiftimg gefd^a^ bei (Gelegenheit ber ^ublüation ber Xribenttno
46 KonjilSfc^lüffe, 1564, inbem ber $aj)ft $iuS IV. junäc^ft für biefe unb für bie Über»
h)ac^ung ber 9luSfül(^rung eine fol^e Kommiffton t)on jtarbinölen ernannte uitb berfelben
aufgab, i^m t)or2utragen, h)aS ftc^ babei als ;h)eifel^aft ertoeifen möchte (SuQe Alias nos).
3Son ©ijtuS V. erl^ielt biefe S. Congr. Cardinalium Concilii Tridentini Inter*
pretum, aud^ Congregatio Concilii unb im gemeinen Seben fc^led^tbin Cond^Jo
60 genannt, 1587 (c. Immensa Aeterni Dei t)om 22. ^lanuar), baS Stecht, bergleU^
gtoeifel, ioenn fie nic^t bogmatifc^cr 9latur feien, felbft ju entfc^eiben, tourbe fo t|Niii»
fäc^lid^ für faft aOe ^ngelegenl^eiten lom^etent, in benen auf eine Slnorbnung bed Xri«
bentinumS 93e^ug genommen tvirb, unb i^re Stic^terfprüd^e (resolutiones), tute t^
autl(^enttfd^en Kontrot)erfenentfc^eibungen (declarationes) beft^en großes Slnfe^. Sme
65 ©ammlung berfelben (thesaurus resolut.) ift feit 1718 in über 150 Duortonten er»
fd^tenen. äluSjüge barauS in l)er 9ttc^ter'@d^ultefc^en SluSgabe beS XribentinumS. %xif
bie Snquifition ^atte 5Pa})ft ©ijtuS V. in ber angeführten Konftittition reorgoniftert
3ugleic^ errid^tete er brei neue Karl)inalSlongregationen : bie S. Congr. super negotüs
Episcoporum et Regularium, im gemeinen Seben Vescovi e Regolari genamtt, für
60 Übertoac^ung unb Rettung ber Stfc^öfe unb ber geiftlid^en Orben an fic^ unb in tl^rem
ftttrie 186
gegenfeitigen Seri^bntffe (Ck)l]ectanea in usum Secretariae S. Gongr. Episco-
porum et Regalarium, Rom. 1836), bie S. Gongr. Rituum für SJeaufficptigung
unb $ebung bed jtultud, für Jlanonifattonen u. bgl. (Decreta authentica S. Gongr.
Rituum ex actis etc. ed. Gardellini, Romae 1824 unb Eberle Manuale decre-
tor. etc., Ratisb. 1851) unb bie S. Gongr. consistorialis für SSorbereitung bcd bem 6
oDgemetnen JtarbtnaldtoQegtum in feinen ftonftftorien noc^ juftönbigen @efc^äftöbetriebe^.
3m eemetncn Seben ^ei|t jene Riti, biefe Gonsistoriale. Stegelmä^ige, fogenannte
,,orbentltd^", itonftfbrien tourben el^ebem ^tDeimoI, bann einmal toöci^entltc^ gehalten; in«
bem bon \ijfttn ®ef(i^ften immer me|^ auf bie ftonfiftoriale unb auf bie anberen ftongre«
gotionen überging, l^en bie orbentlic^en Jtonfiftorien, bie um 1680 noc^ monatlid^ ein» lo
mal bonufommen p^t^ttn, aÜmäJ^Iic^ fo gut toie böQig aufgel^ört, unb ie^t !ommt ba9
fiarbinatefoQegium faft nur noc^ in ^^au^erorbentlid^en'' ftonftftorien unb nur ba^u ju«
fommen, um moterteU bereite befc^loffene Slngetegenl^eUen formeQ ju genehmigen unb ber
^ublilotimt bed Stefultoted anjutoo^nen.
3m 17. 3<^^^vibert lamen ^in^u : 1622 bie Kongregation De Propaganda Fide i6
für Scntrolifterung bed 3Rifftondbetnebed fotoo^I 9li($td^riften, toie ^rotqtanten unb
(Srtec^ gegenüber unb ju Seitung bed Jtirc^enregimented im ültiffiondaebiet aud biefem
®€fi(^tö)nmtte (Bullarium Gongreg. de Propaganda F., 5 ä3be, mom 1839 ff., f.
b. 9L ,,$ro))aganba'Or femer 1626 bie S. Gongr. Immunitatis ecclesiasticae für
SBa^nmg foqlic^er ^riiinlegien gegenüber bem Staate (Ricci Synops. decret. et reso- 20
lut. S.ConffT. Immunitatis. Taur.1719), t)on beren ©efc^äftdhei^ fpäterl^n (1815 ff.)
ein Xetl ot^ bie S. Gongr. super negotiis ecclesiasticis extraordinariis (deffli
affari eodesiastici straordinarii) übergegangen ift. ^r bad ^nbulgenj- unb ^e»
liquientDefen entftonb 1669 bie S. Gongr. Indulgentiarum et Sacrarum Reli-
quiarum (Prinzivatti Resolut, s. decreta . . . S. Gongr. indulgentiis sacrisque 25
reliquiis praepositae, Rom. 1862). — Slnbere jtongregationen, immer Don gleicher
SintK^tung, finb für onbere ®efc^äfte, oft nur borübergel^enb, be})utiert tDorben: bie
Gerarchia cattolica fül^ ald le^t beftej^enbe Kongregationen au^er ben bi^l^er genannten
nodf auf: bie ber Visita apostoiica, eine @))e)ialIongregation per i Goncilii provin-
dali, bie ber Residenza dei Vescovi, Sopra lo stato dei Regolari, Gerimoniale, ao
DiseipÜDa regolare, Esame dei Yescovi, Fabbrica di S. Pietro, Lauretana,
Studü; fämtlMj^ in i^en älufgaben unb ben bemgemä^en allgemeinen ©renken il^er
fiom)>eten) fc^on oud ü^ren 92amen ertennbar; gum ^eil blo^e Slbjiveigungen ber |ier«
t>orgd^obenen $au))tbngregatbnen.
3^ Sa^&ttnid ju ben älteren Sel^drben ift in betreff ber Jtonftftoriaßongregation 86
bereite bcri^ri SBrnn, um nod^ ein )h>eited ä3eifi>tel naiver au^jufül^^ren, bie Gongregatio
Goncilii fomt>etent 1% fo oft ^ bie 9lu^fü^ng irgenb eine^ ^efd^Iuffed bed Sriben«
tinumd gilt, fei berfelbe an fic^, in feiner ä3ebeutung, fei ed blog in feiner ^(ntoenbung
auf einen borliegenben ®inj|d[fall beftritten, fo Qd}t bied fo toeit, baft ). 9., toeil ä3e«
bingunßcn unb §orm ber S^efd^lie^ung im Xribentinum georbnet toeroen, Dor jene ä3e« 40
^drbc id)t Prüfung ber StuUitot t)ermeintli(^er @l^en gegogen toerben lann, unb ebenfo
toeil bad Znbentinum beftimmt, toad )ur Orbination toefentltd^ ift, jebe Prüfung ber
92uIIttat bon Orbinotionen u. f. to. Sebenft man nun, toie t)ielfa(l^ bie S(^Iüf|e Don
Xriatt in bod Seben ber jtird^e eingreifen, fo h)trb man ertennen, tote gleid^foÜ^ ein-
grctfenb in bie ilomt)eten)freife aQer älteren jturiatbe^örben bie Jton^eten^ jener ^ongre« 45
r'm fein mu^ 3&dft anberd ift ed mit ber ^Kongregation Vescovi e Regolari, benn
lonn JolM fo jiemlic^ aQed unb jjebe^ bearbeiten, toad ftc^ auf Sifc^öfe unb Orben
be|tc^ Xe^ic^ toäre, toenn au<^ ntc^t aUentl^Iben in gleicl(|em ®rabe, t)on anberen
fiongrcootionen gleic^falä ju fagen. ^n ^öl^em ®rabe aber no<^ gilt ed Dom 5tarbinal3
ftoatdfmctfir, ber burd^ feinen forttoä^renben ^erfönlic^en SSerte^r mit bem $at)fte ®es 60
legen^ fyä unb Dorbmmenben f^aSed auc^ nimmt, in ber fiomt)eten5 mit ben t)ers
{($t^enflcn Stellen )u lonturrieren.
2>a mm, toie Jc^on gefagt, bie älteren, t)ortribentintfc^en 93e^örben ber Aurie in i^rem
normalen Qkfd^ftdbeife nai^ toie t)or rec^tlid^ nid^t befc^räntt fmb, auc^ bie Jtom))eten2s
greifen ber neueren Sel^drben einanber fo tyiA^ad) burc^fd^neiben, fo entftel^t ju 9tom eine 66
gro^ 3^1 dd6ö lonlurrierenber ^uridbiltionen, unb ein alter, furialer ^raftifer toar
ballier geneigt, bie Ssiftenj einer georbneten ©efd^äft^erteilung unter ben Jturialbel[;örben
übes^out^jni leugnen, unb ed nur al^@itte anjuerfennen, ba^ man filr befttmmte @cfc^äfte
be^nraite SBc^ben ange^ SSSietoo^l bied nur annöJ^emb richtig, ba jene@ttte lemedtoegd
eine ttdfäii^, btdta>eilen ^ft )}ofitik>e ®runblage ift. @enauered l^ierüber finbet ftd^ in 60
186 ftttrte
bcm auffafee bon 5!Jleier : bic tömtfd^c Äurie, il^rc Sd^örben unb t^ ® eft^äftögong, ©. 45 if.,
195 ff. unb bei Sangen, Sie rdmifd^e Jturie, erftereiS ein Steif eberic^t t>on 1845, leffta^
in Stom felBft gearbeitet, umfänglicher unb eingel^enber, aber ol^ne Ueberblid. ^ter genüge,
neben ber borpin berül^rten Semerfung über bie $ro))aganba, l^ett)oriu^cn, ba| nn
5 ®ef(^äft^betriebe ber ^urie Italien fid^ t)on ben übrigen latl^olifc^en £&nbem infofam
no€^ immer unterfd^eibet, aU für Died Sanb ber )Ki))ftu(^e 3ln\ptni) auf ftdnbtge Sitri^
biltiondlonlurrenj mit ben äSifc^öfen am meiften burc^gefü^rt ifi ^er Jtreid be^aüfiger
©efd^äfte toirb t)on ben beiben Jtongregationen Gonciglio unb Yescovi et Regolari,
nebft i^ren 9(nl^ängen, ben Jtongregationen deUa Residenza unb Disciplina regolare
10 beforgt. ^r bie übrigen ,;Iat|olifd^en'', b. i. nic^t nur burc^ ben ®efic^td)>uim ber
SRiffion toefentlic^ betroffenen ©ebiete, ftnb bie (aufenben ^rimotialgefc^dfte bed ^tgen
@tu^Ied im allgemeinen äSifd^of^Ireationen, ^frünbenberleil^ungen ober Sefiättgungcn luib
peh)iffe 3)i^enfen unb 9(bfoIutionen. ^r erftere ift bie Jlongregajione Sonftftoriale nebß
t^rem 9lnl^ange, ber Kongregation beQ' @fame, für bie $frünbent)ergabungen bie Satoric,
16 für bie 3)i^enfen unb ^bfolution biefe unb bie $öniten||iarie |iaut)tfä(^Ii(^ ^ätig, für
®£t)ebition ober aQed beffen, toad auS ber fionftftoriale unb Satarie lommt, bie Sancmane.
für bie ®c)>ebition enblid^ unb größtenteils aud^ @£trabierung ber Sreben bie Secretoxia
)ret)ium, toietoo^l aud^ bie Kanjlei je^t Sreben espebieren fann. Sie ^önitenjiorie unb
fdmtlic^e übrige Kongregationen l^aben i^re @£t)ebition, getoöl^nlid^ in §orm etned b^
20 glaubigten ä(ud)ugeS a\xi bem @i^ung^roto!oQ, ber Sebet l^ei^; in 9lebenbtngen ober
fel^ t)erf(^ieben.
^n ben meiften laufenben ®efd^ften tömten bie Se^örben felbftftfinbig entfd^etbcn,
toobei fie fid^ nac^ il^ren beSfaUftgen SSoQmac^ten (f^atultoten) unb noc^ ber ^ßxo^
richten: nur bie h)td^tigften 9(ngelegenl^eiten !ommen ))erfönlid^ an ben ^ßopft 3^
26 bi^em S^tit l^aben bie Sorgefe^ten — ?ßräfeften unb ©efeetdre — ber ^au})tbe^ötbcii
meiftend toöcbentltc^ jiveimal Vortrag bei il^m (udienze regolari); fo bte ber $t0|m<
ganba, ber Kongregation bei Soncigtio, SSefcoDi e Stegolari, ber Satar, ©ubbotor, $dm<
tenjiar, ber ©erretör ber 93ret)en 2c. Ser ©ebetär ber $ro))aganba fyd ieben ©oniitag
älbenb feine befonbere älubienj; ber Karbinat©taatSfeIret&r (beS SluMftrtigen), ber (auf
so im )>ö))ftlid^en $alafte h)ol^nt, ^at jeberjeit 3utritt. ®r unb ber ©elretär ber Sretmi
muffen in ben regulären 9lubienjen ecfd^emen, bie übrigen lommen nur, fo oft fie ettDOi
t)or2utragen l^aben, unb bie Karbinolpräfelten ber Kongregationen bürfen fic^ bobet noc^
burd^ il^e ©elretäre vertreten laf|en.
ä3ei aQen römifc^en Kurialgefd^äften aber toirb Dorau^efe^t, baß, toer irgenb tttixA
86 an einer Sel^örbe fud^t, ftc^ bei berfelben ))erfönlid^ einfinbe. Kein Sefc^eib tDtrb bun^
Soten ober ä^nlid^e Sflittel angefertigt, fonbem er mu^ abgeforbert toerben. Sied tw>
fönlic^e (Sin^olen eines Sefc^IuffeS fü^rt t)on felbft auf beffen p^Mxd^t ^^örbenmg. Sie
@ä)ebition betoiUigter ©efu^fe an Satarie unb Kanglei unb el^emolS an beren t>erfd^tAene
fportelbered^tigte ätbteilungen lonnten bie äJittfteQer unb Parteien felbft übemel^cn unb
40 burd^ mand^erlei bef(^(eunigenbe SRittel betreiben, ^a nic^t aQein bei ber ben audferttgen^
ben, fonbem fd^on bei ben bearbeitenben Sel^örben machte il^re Sintoirlung fic^ geltenb unb
ift no(^ ^eute in einer ^orm unb 9luSbe^nung ju 9{om ©itte, bie )u ben größten Stt^
brauchen fü^rt. Senu^ung t)on t)erfönli(^en 9^erbinbungen, t)on 3^^ unb Um^änben tfl
eS, h)aS ben geft^äftstunbigen Slömer auszeichnet, ©d^on bie l(^ufige Konlurren) M>
46 fd^iebener Se^örben unter fic^ unb noc^ mit außerorbentlic^en ®efc^äftötoegen leitet baxaiif
^in, fid^ ben SBeg, ben man feinerfeitS einfc^Iagen toill, nac^ 9tebenrüd(ft(9ten )u tDä^:
©c^neQe, 9Bo^Ifeill^eit, ®unft (amicitia) fmb babei bie entfd^eibenben ©rünbe.
Semgemäß ift, um an ber Kurie ettoaS ju erreichen, Dor aQem ^erfonaKeimtniS
bienlic^: unb barauS, näc^ft ber erh)ä^nten ^orberung t)erfönli(^er ®ntgegennal(^e bd
60 ä3efdbeibeS t)on feiten ber ä3ittfteller unb ^arteten, f^cd ft^ Don frül^ 1^ baS ^^^f^ ber
^roluratoren enttoidCelt, beren bei t)ielen S3e^örben Meinbered^tigte toaren, unb )b>ar in
KoOegien jufammengefd^Ioflen unb felbft ju fogenannten ^artejifmnten auSgebilbet * ffoä*
jutage [xni für bie fird^lic^en ©efc^fte beS Primates unter i^nen bloß no^ bie Sgenten
unb ©^ebigtoneri toic^tig. — ©einen älgenten am römifd^en $ofe ^atte Don altoS ffa
66 jebeS 93iStum: eine 9lrt geiftlic^en ©efanbten, ber bieS Slmt getodl^lic^ für me^im
Kommittenten ^ugletc^ Derfal^. @in folc^er toar ein Kurialbeamter unb beforgte bie ®e»
fd^äfte fotoo^I beS bifc^öflic^en ©tu^IeS fetbft, olS auc^ bie, toelc^e in ©ad^ Don $ritKtt«
teuten burc^ ben Sif^of nac^ ^om gelangten^. 93. SiS})enfationSgefu(^e. ®r Dertoonble
ft(^ unb Derl^anbelte. Sie 9(bfaf|ung beS äRemorialS aber, baS jebe Sitte einfü^
60 muß, baS })erfdnlic^e Setreiben ber 9(u^fertigungen in ben Kmijleien, bie SMjol^biiiQ ber
ftnrie ftitr^ 187
®dbü^^ren an bte Derfc^tebenen berechtigten, lurj ade ©ubaltemgefc^öfte ju Befolgen, toor
er }u tH>me^ unb überlief bad einem @})ebtiionere, beffen 3(mt in Seforgung gerabe
fob^er ®ef(^fte beftanb. ^ie ))(ö$Ii(l^e ©efc^äftdberminberung jebod^ feit 1808, bie @tn^
rid^tung mobemer ©efonbtfc^aften ju 9lom unb bte 9{otn)enbigIeit, in h)eld^e fo biete
9tf<^5fe jetttoeilig gefegt tourben, bur^ 93ennittlung berfelben mit bem 1^1. @tul^I gu ber« 6
lehren — tooburd^ benn bie ®efanbtf(^aft gan^ an ©tette be§ Slgenten trat — , enbli<^
bie Verarmung Storni ^ben ben Unterfc^ieb jivtfc^en @))ebition unb Sgentfc^aft DertDifd^t.
3>rr allgemein gebräuchliche 92ame biefer beiberlei 2^^dtig!eit bereinigenben ^roluratoren
i^ gegentoärtig soUecitatore di lettere pontificie, beren ftc^ benn oud^ bie ie|ft toieber
btrm mit bem ^I. ©tu^Ie lorrefiponbierenben Sifc^öfe bebienen. — 6« ift eine eigentüm^ lo
lüfc ^ittelfhDung, in toelc^er biefe ^rialen fic^ befinben: benn gerabe bie fc^toäc^eren
©eiten bed Orgontdmud audjubeuten, t)on toelc^em fte fe(ber ein Seil finb, bie kleben-
toege aufuttuetfen, l^inftc^tlic^ einer im ©runbe migbräuc^lid^en Senu^ung t)on $erfonaI^
lenntni^ benen au^ubelfen, bte ettoad fud^en, unb baburc^ möglic^ft fernen, günftig unb
tDO^lfeil bie erbetene Ausfertigung ju liefern, ift t^re Seftimmung unb ®l^e. i6
9BeI(^ 2)inge einem Agenten an laufenben ©efd^äften regelmäßig burd^ bie ^anb
ge^en, er^eQt aud ben folgenben fünf Stubrifen ber ©efc^äftötabeOe einer beutfc^en ©efanbt^
fc^ft aa^ ber ^At, h)o fte noc^ bie Agentur l^atte: 1. Matrimonialia, 2. ^nbulgengen,
3. Saoerdotalia, b. ^. dispensae aetatis et natalium famt ©älularifationen, 4. Ca-
pitularia, b. ^. $rot)ifu)nen refert)ierter Jßfrünben unb Seftätigungen ber nac^ ^atronat^ 2o
rei^t tKtgebenen , 5. Episcopalia, b. 1^. Konfirmationen unb ^fultöten, famt ben ©tatu^
relotumen unb fonfHgen ä3eric^ten. ^urc^ 9(|)))eIlationen nad^ Stom erweitert ftc^ biefer
Ärei«. — 3n ollen folc^en götten toerben bon ben Sifc^öfen lateinifd^e Sittfc^riften an
ben ^ßo)^ gerichtet, unter Seilage Der ettDa erforberlid^en 3^0^i{l^/ }u beren glaub«
iv&ibtger Sutfjetc^nung ed in ouen 2:eUen ber römif^^lat^olijc^en fiirc^e fogenannte26
a)>ofbltfc^ 9totarien giebt. ^efe Sittfc^rift toirb Dom ©))ebi)tonere in fe^ einfacher
gfonn — mit ber Anrebe beatissime pater — munbiert unb einer fom})etcnten Se^^örbe
birelt vorgelegt, bon ber fte al^ann enth>eber nac^ gefc^el^enem SSortrage beim $a))fte,
ober (mdf o^ne benfelben entfc^ieben unb bie SeiviOigung mit lurjen SQSorten Ex secre-
taria Congregationis etc. unter bie ©ut)))Iif gefcbrieben h>irb, toorauf ber ©))ebt2ionere, 80
ber audf bielEoften auflegt, gegen beren 3a^(ung erft bie Sefd^etbe berabfolgt toerben, bie
formelle Attdfertigung ber 9uue ober beS SreDeS betreibt unb baS fertige ^o!ument
feinem Jtommittenten ausliefert. Abfc^Iögige Anth>orten toerben fc^riftlid^ nic^t erteilt,
fonbent bie Sittfc^rift bloß unbeantft)ortet jurüdtgelegt, h>aS ber ©pebigionere, nad^bem er
cd bei pa^MLxi^ 9tac^frage erfal^ren l^at, ben ^ntereffenten melbet. tiefer unmittelbar 86
ffapc^lii^ ®ef(^&ftSberfd^, toie aud^ ber bei ben ))ä]pftlid^en ©eric^ten, toirb lateintfc^
^cfd^ ©onft fc^reiben bie l^ö^eren römifc^en SSe^örben, aud^ ber Jtarbinalfetretdr
ttoBcnifi^. ($. ^. Sacobfon f) d. ^i^iilte.
Shnrti, 3<>^An'^$^i'^^i<^/ 0^i* ^^^0. — S^^ann ^einric^ Jtur^ tourbe gu üRontjoie
bei Xoi^ am 13. ^ejember 1809 geboren, ©ein SSater, auS ber 9tä^e Don Jtaffel 40
9<nnmenb, toar eine ungetoöl^nlic^ reic^ beanlagte$erfönlic^!eit, aber Don unruhigem ©eiflt,
bo^ aaä^ in toec^felnber X|dtigleit unb äußerer Sage. Unmittelbarer übte in religtöfer
^tnftil^t bie fromme ©itte )){iegenbe SRutter einen Einfluß auf ben ©ol^n. tiefer (oute
crfl neuere &ptaäftn in Aachen lernen, bann genoß er toei^felnb ben Unterrid^t ber
gateinf(H< )u3Ront)oie (1821—23) unb ber ©^mnaften )u ^ortmunb (^erbft 1825 bis 45
Oflem 1827) unb ©oeft (^erbft 1827 bis Oftem 1830), bajtoifc^en ^riDatunterric^t. SRit
S[^>uenbem Abgangszeugnis bejog er bie UntDerfttät. @r l^atte an 3uriS))ruben;i, SJlebijin,
$l^to0te g^c^t, griff ober enblic^ )ur 2:^eologie. ^en ^been ber Auftlärung, bie er
auf ben (S^nafien jtc^ angeeignet, im Aampf toiber ben Aberglauben gu bienen unb fte
mit )um ©ieg ju fü^en, l^tte er ftc^ jum ^\d gefegt. Aber fc^on in $alle, too er 60
Oflcm 1830 bis SRic^. 1831 ftubierte, DoOpg ftd^, tok eS fc^eint mit unter 3:^oludCS
Smfluß, ber innere Umfc^toung, toie gleichzeitig DöOig unabhängig baDon bei ben ©einen
im Ai$^Iuß an ben Sergifc^en $ietiSmuS. ^em ©tubium in $alle folgte 3Ric^. 1831
bis Oßem 1833 baS ju Sonn (bod) toar er tl^atföc^lic^ toäl^renb bef|en jumeift ^auS«
Ubrer in ber 3läift SonnS) unb baS „gut'' beftanbene @^amen yx Äobleng. ^tt ber 55
|e^ Abfti^ balbiger 9{üd({el^r inS SSaterlanb toarb er ^auele^rer tn Aurlanb, aber burc^
t^ ftfbß tminberbore ®eftaltung ber S[ierl^ältnif|e tourbe er ^leujal^ 1835 Oberlel(^rer
bn Stdigiim am ®t^naftum ju Tlxtan, 3lod) als folc^er toarb er 1844 bei ber 300-
i^^en SuMfeier ber JÜnigSberger UniDerfttät gum lic. theol. hon. c. unb 1849 Don
188 ftttr^
Sftoftod jum Dr. theol. hon. c. })romot)tert. ^em 9luf in bte fird^enl^tftorifd^ ^[{rofeffur
naö) ^otpat 1849 folgten faft unmittelbar im ^^rü^ling unb @ommer 1850 foU^ ito^
9tofto(f an ^eli^f(^ SteQe unb nac^ SJlarburg an 9lettberg$ ober JQ. ^x^^ StcOe
(nad^ eigener SEBal^I). R. blieb in ^or))at, ^unäd^ft old SSertreter ber ftin^Kttgefc^id^,
5 feit 1859 ol^ folc^er ber altteftament. @cegefe, bid gu feiner $enfionierung im ^uli 1870;
jtDöIf 3a^e ^inbur(^, bon 1855—1866, toar er ©elon ber tl^eologifc^en galultät 9M
borüberge^enb tDed^felnbemälufentl^alt nal^m er 1871 feinen bteibenben SSol^n^ in SRorburg.
3tT>ei ^al^r^e^nte Derbrad^te er ^ier nod^ in unermüblid^er Arbeit, ald ^erfönlidj^Ieit fic^
immer me^r audreifenb, mit Harem unb unbefangenem ^lidC bad Iird^li<|e unb ^oltttf^
10 Seben beobad(;tenb (o^ne aber aftit) in badfelbe einjugreifen), für aOe %x(iim ber SBiffen«
fc^aft erf(^Iof[en. 3lm 26. äpril 1890 ift er geftorben.
3)lel^r aU anbere l^atjt. bomel^mlid^ burd^ t^ne @d^riften geh)ir!t @(^on aldSe^rer
in ültitau f}at er feine fofort überaus fruchtbare litterarifc^e Xl^ätig!eit begonnen. Seine @r^
ling^fd^rift toar bie ®. $. t)on Schubert geh)ibmete ,,^ie äftronomie unb bie SibeL
15 SSerfuc^ einer ^arfteQung ber biblifc^en Jto^mologie, fotoie einer Erläuterung unb SefU«
tigung berfelben aai ben Stefultaten unb 9lnftd^ten ber neueren 9(ftronomie'^ SRitou,
%t. Suca^ 1842. ^n ben f^öteren Sluflagen bi^ auf bad ^eifo^fe bed Umfangd an*
getoac^fen, ^at fte jugleic^ tiefgreifenbe Umgeftaltungen erfai^ren; au<^ i^ Zitel ^d^eint
ft)äter beränbert: ,,9ibel unb Slftronomie, nebft 3^0^^^ bertDanbten ^inJ^KiUd. Sim
20 ^arfteUung ber bibltfc^en Jto^mologie unb ü^rer Segiei^ung ju ben ^{aturtoiffenfc^ften^,
5. Slufl. Berlin, 3. 91. SBol^Igemut| 1865. 3)er ©runbgebante einer ,,Unit)erfal0ef(^tc^
bed Jtoemo^'' ift boc^ ftetd ber gleid^e geblieben. @in t^eofo))^ifcl^ 3ug giebt biefem
3BerI, tro^ enger äJegiel^iung ju anberen @d^riften t)on R,, ein eigenartigeiS ®e}nräge tmb
lägt eine fonft me^r jurüdEtretenbe Seite feinet SBefend toal^me^men. »nbererfeitd jetot
25 fi(| l^ier befonber«; jene^ lebenbige l^nterefle aud^ für aQe @rgebnif|e ber SlaturiDiffenfc^aji,
bad k. ftetd geblieben ift. Sie centrale @teQung, bie ber Sl^eologe im Unterfc^teb tmm
9lftronomen ber @rbe in ber ©efd^tc^te be$ äBeltaHd }utoeife, fu<^t R, ^ier ut begrünben.
3n @en 1, 2 erblidEt er bie Jtunbe t)on einer über bie @rbe burc^ einen Slbfou in ber
geiftleiblid^en ©eiftertoelt l^ereingebrod^enen fiataftro)>l^e ; er fu<^t bann bie enge SSerflec^tung
80 ber ®ef(^i(^te ber ganzen 3lat\xx mit ber bed 3Renf(^en ju geigen, unb toie ba^ an
gortfc^ritt unb SSoOenbung ber @rlöfung bed SRenfd^en auc^ bie gange 3taim Sntetl em*
))fange. Sie gleid^en ©ebanlen l^at fi. auc^ in einem Sluffa^ in jtna))))d @^riftotec))e
t)om ^a^r 1848 @. 46ff. enttoidCelt: ,,9ll^nungen unb Slnbeutungen einer oUgemetnen
©efd^td^te be^ Unit)erfum^ auf @runb ber biblifd^en Offenbarung.'' ^n ber @(^rift fiej^
85 fi. ein Srama ber SBeltentividtelung burc^ Slbfall unb @rlöfung ^inburc^ boi^effiJ^rt, in
bem Jtreatur unb Schöpfer, ©etft unb 9{atur, @ngel unb SRenfd^en eine SioUe peleiL
?Hlr bie älftronomie ein unbebeutenbed $ünftlein im Uniterfum, ift bie @rbe im Sichte ber
Offenbarung betrachtet „ber Jtulmination^punlt aOer geiftigen Setoegung im äBettoO".
R.^ äluffaffung bed ©c^öpfung^beric^ted geigt aud^ ein Sluffa^ „3^^ ©efc^ic^te ber llr«
40 toelt'', @t)angel. Jtirc^engeitung 1846. Sie @d^ö^fung^efc^i<^te mit ü^ren fed^ Xoge«
toerten erfd^eint ü^m ^ier ,,al^ eine gufammen^ängenbe 9tet^e bon ebenfoDiel })rot>l^ett{(^
aSirtonen" (®. 599).
3Beifen {c^on biefe 9lrbeiten auf ein t)ome^mlic^ bem 31% gugetoonbted ©tubium, fo
fmb R.^ anbere ©d^riften au^ biefer 3eit nod^ bcftimmter ber ßrforfc^ung be« ä3^ ge»
45 toibmet. Surd^ ä3ä^r^ „©^n^I^i^^it ^^ 3Rofaifc^en Mtu^" fal^ ftc^ R. gu ä^lid^ Unter»
fud^ungen angeregt. @cbon gleic^gcitig mit ber erften Slu^gabe t)on „Sftronomie unb
Sibel" erfd^ien jcine ©d^rift i&cr ,,Sa« 3Jlofaifc^e Opfer, ein Beitrag gur ©Vmbolil be^
3Wojaifc^cn Äultu«", 5Kitau 1842. Sr Ifat bie l^ier erörterten ^J^agen oud^ tueiter be«
l^anbelt in ben Sluffä^en „Über bie f^mbolifd^e Signität ber Qa\)lm an ber ©ttftä^ütte",
6o2:^tÄ1844, II: 1846, III; „Über bie fi^mbolif^c Signüät be« in 9lu 19 gurXilguna
ber SCobe^unreinigfeit berorbncten Slitu«", I^StÄ 1846, III ; „Ser aHic^e ®otte*ienft noc^
feinen §au»)tmomcnten", 6^riftoterj)c 1849. 1851. 1852; „3ur ©^mbolif be« äSIid^
Äultu«", 313;^Ä 1851, I unb geipgig 1851. Sie reiffte gru^t biefer Slrbeit, ber
offenbar ein befonbere« 3ntcreffe R.^ gehörte, ift fein SBerf „Ser aXlic^e Dj)ferfultu«
55 nad^ feiner gefeilteren 93egrünbung unb älnioenbung'', SRitau 1862 (aud^ l^ier tritt er u. a.
für ben Gl^arafter einer poena vicaria ber Schlachtung be« Dj)ferticre§ ein).
3R\t Ä.« unterrid^tcnbcr Sübätigleit l^ing eine SRci^c t)on arbeiten gufammen, bie
ber biblifd^cn, \>ovnc\)mlx(f) a3:lid9cn ©efc^id^te getoibmet toaren. 3" *>^ 3I^^Wl 1842, III
unb 1843, I erfc^ienen gunäd^ft feine „Präliminarien m einer neuen jlonftruhion ber
60 I^L ©efc^id^ite'' (1. ^nl^alt unb Segriff, 2. älrc^iteltonil ber 1^1. ©efc^.). ©ie lieferten bie
ftttr^ 189
tmf{enf<^ftlt(^e ©runbloge für fein „2tfycbnd) ber ^l ®^ä)i^U, An äBegtoeifer jum äSer-
ßaiümtö bed gdttltd^en QüL^plan^", Jtömg^berg 1848. ©ebanlen, tote fte befonberd ^of^
nurnn in ^^ffictöfagung unb ©tfüffung" enttoidtelt ^attc, bcftimmen toefentRc^ bic ^ier gc*
gAene Suffaffung be^ SBefend ber i^etUgefc^ic^te, obfd^on R. nie gur Schule ^ofmanni^
ge^e. Sud biefem ,,Sel^rbu(^ ber ^I. ©efd^id^te'' ift etnerfettö bie ,,ä3tbaf(^e ©efc^ic^te. 6
2)a ^L @^ft nad^erjö^It unb für ba^ SSerftänbnid ber unteren Jtlaffen in ©V^naften
unb ffbf^ta Särgerfc^ulen erläutert'', ä3erlin 1847, ^ert)orgegangen, ba^jenige ^nd), bad
tDO^I am meificn ben 3lamtn txm fiur^ Belannt gemacht f)at, toie ed benn j. 9. felbft in
bcn inbtfc^en HRiffiondfc^uIen in ©ebrouc^ genommen tourbe (41.9luf[age 1888). Slnberer^
fcitg tfi au« ienem Se^buc^ and) bie „Oef^ic^te be« alten Sunbe«", 1. S5b, SJerlin 1848 lo
(3. Sufl. 1864), 2. S3b 1856 (2. äufl. 1858) ertoad^fen, Ä.« $aut)ttt)erf auf alttepament«
liebem ®ebiete. @d bejubelt iebod^ nur bie ©efd^ic^te b\i lum %clb 3Äofed. Untere
fud^ungen über bie DueUe biefer ®efd^ic^te, ben ^entateuc^, h>aren Dorau^egongen. Bd)on
1844 $atte St. „Seitrdge jur Sierteibigung unb ^egrünbung ber @in^eit be« ^entateuc^d",
ildnigdberg, t)eröffent(i($t Sie gleid^e Aufgabe na^m er in feiner ©d^rift „^e Sinl^eit 16
ber ®ene^", Serlin 1846, h)ieber in Singriff unb fuc^te feine Sluffaffung nodf bef[er ju
bcgrünben. @r ^t bann boc^ felbft biefe $ofttion aufg^eben unb ä^ic^ h)ie bamoli^
Sdi^fc^f ^tDifc^en t)erf<^iebenen Seftanbteilen be« ^entateud^, aQe jebod^ toefentlid^ in bie
mofatfd^e ^eit ge^drenb, unterfc^ieben. Sabei blieb il^m, felbft „toenn fein ^entateuc^
csifticrte'', Die burdf^ 3Ro\t bermittelte ®efe|gebung am @inai bad geftc^ertfte ^ttum berao
oltat ®ef<^i(^te. Sie t)oQe ©efd^id^tlic^feit be« im $entateu(^ niebergelegten ©efc^ic^t^
berieft« tmb beffen Dffenbarungäc^aratter ftnb bie ®runbt)oraudfe^ungen feine« 3Berfe«.
3^em @rtoeid ift Dome^mlic^ feine ^Erbeit getDibmet, fo entfc^ieben er gegen bie ^olo-
gcttl ^engflenbergd unb feiner @c^ule GteUung nimmt. 92eben ja^lreic^en 9trttteln jum
%% in b^ erften Auflage biefer Steolenc^Ilopäbie fyit Jt. Dielfad^ Sinjelfragen in befonberen 96
Unterfuc^gen bei^nbeU: „5Die Ureintoo^er ^oläftina«" (312:^1845, III), „3e>)^^t^a«
Oj)fer" (ebb. 1853, II), „Ser gngel 3e^ot)al^«" (I^olucI« Sitterar. ängeiger 1846), „Slidte
auf W)t(iJ^am& Seben'' (3Ronat«fc^r. t). Bai u. 9tt$f(^ 1846), „Sie toeltl^iftorijd^e Stellung
bc« 2anbe« unb ajolfe« 3«racl" (6l^riftoterj)e 1853), „SieSerufungSKoJe«" (Mitteilungen
ffit bie ebongeL ®eiftl. in 9tu|lanb 1854), „Über bie rid^tige S^^^^^d unb ©lieberung &o
h€& Sefalogd" (Äliefot^ Äirc^l. geitfc^r. 1858). gu einer erregten 2lu«einanberfe|ung,
ou^f f(^em })erfönlic^en ©egenfo^, fül^rte ein t)on feinem Sor))ater ^Qegen Aeil gegen
it o^ffneter, Don ^engftenberg unterftüffter Slngriff h)egen beffen bem SBortlaut be«
Sciii^te« entf))rec^enber Seutung t)on ®en'^6. ft.« @d^riften „Sie @^e ber Sö^ne ®otte«
mit ben Zdd^tttn ber ajlenfc^en", Serlin 1857, gegen Äeil unb „Sie ©ö^ne ®otte« in 86
1 aRo 6, 1—4 unb bie fünbigenben ßngel in 2 $t 2, 4. 5 unb Subäa 33. 6. 7, eine
©ttcitfc^rift gegen ^erm Dr. $engftenberg", SJerlin 1858, entftammen biefer ^^^be. —
9fi<^ pentateucbifc^ teilen be« ai fmb bie äbl^anblungen in ber Soq^ater „32:^"
(au^ gefonbert) getoibmet: „Sie @l^e be« 5Pro})l^eten $o|ea", 1859, unb „3ur i^eologie
ber ^falmen" 1864, IV; 1865, I. III. — ©inem biblifd^en SRcoli^mu« im Sinne eine«40
Sdi^fc^ ^ulbigen alle biefe Schriften. Sc^arffinn in ber Surc^fül^rung unb Segrünbung
ferner 9bif(^uungen, Klarheit unb Sur^fu^tiglett ber SarfteOung, geh)if|enl^aften SBa^r«
^eitdfinn, geeint mit ))ietätt)oOer SteQung i^ur Schrift al« Dffenbarung^grunblage ber
Airc^, toirb niemanb in biefen biblifc^en ^otfc^«ngen Ä.« t)erlennen lönnen. 3l^re SJe*
beutung ift nac^ bem ©tanb ber SlXlic^en 3Bi{fenf(^aft um bie 3Jlitte be« 19. ^o^r« 46
^bert« )u bemeffen. Sie SBanblung, bie fic^ feit ber SKitte bc« fiebcnten So^rge^nt«
in ber Sxlic^ Siffenfc^aft boQjog, brachte e« mit fu^, bag )t.« auf gang anberen ^ox^
audfe^ungen beru^enbe ©elften )um 912 balb in ben ^intergrunb gebrängt tourben. —
^ ^fammen^ng mit ü^nen ftel^t bie le^te ber biblifc^en äBiffenfd^aft angel^örenbe Schrift
um R., bie „erilärung be« ©riefe« an bie Hebräer", 5Kitau 1869 ; Dgl. bagu anä) feinen eo
Xttflat in ber Sorjjater 3eitfc^ft 1868, III „®rörterung etlicher ejegetifc^er Äontrot)er«s
pwmt oud bem Serdd^ be« ^ebräerbriefe«''.
Sem „2e^buc^ ber ^l. ®efc^ic^te" ^tte St. fd^on 1844 feine „gl^riftlic^e Religion«*
le^'', 2Ritaul844, folgen lajfen (14.aufl. 1889), cbenfaH« für ben ®Vmnafialunterric^t
be^mt $ier fmb auc^ ju ertoä^nen bie „ä^^ori^men über bie Seigre t>on ber laufe, 66
befonberd in i^rem aSerJ^öltnig jur SBiebergcburt" (3WitteiI. für bie eüang. ®eiftl. in Stufel.
1846). Sie beöorftd^enbe Überfül^rung auf ben Sej^irftul^l für Äirc^engejc^ic^tc in Sor^at
rfidte — junäc^ft nur für einige 3cit — firc^en^iftorijc^c Stubien in ben 5KittclpunIt
feiner arbeit Stö ^c^t berfelben erfd^ien fd^on 1849 fein „Se^rbuc^ ber 5t® für
©öibierenbe" (2. »up. 1850), bem 1852 fein „Se^rbuc^ (feit ber 3. «ufl. 1856 „Slbri^') eo
190 ftitr^ ft^boned
ber m für ben Unterrtd^t in ^ö^cren Scl^ranftalten" an bie ©eite trat (12. »ufl. 1889).
^ad Se^rbuc^ für @tubterenbe (oUte junäc^ft burc^ ein „^cmbbni) ber allgemeinen il®''
I, 1. 2, mOaxi 1853 (in erneuter 3luflafle 1858); I, 3, 1854; II, 1, 1856 erf e^ toerben.
^a bie ^(udarbeitung biefed SBerted aber natürlich nur langfam fortfc^etten bmnte, lie|
5 Jt m burc^ an i^n l^erangetretene SBünfc^e beftimmen, fein Sel^buc^ in ber fdU^feren
lom^enbiarifc^en ^orm }u erneuern (3.ä(ufl. Wtan 1857; 11. Sufl. £et^}ig, 2u€adl890),
ber fegen. ,,@tubententur|'' ober ;,droge ^ur^'^ ^m ^anbbuc^ ift beutlic^ ein ^ort^
fc^reiten in ber tptffenfc^aftlic^en SRet^obe toa^rjune^men, bem entf^^red^enb bie erfie Xb«
teilung bed 2. 93anbe^ ber h>ertk)oQfte ^eil, ber bebauem läjt, ba| 5t bied SBerf mäfi
10 toeiter fortgeführt bot (too^I infolge ber SSertaufc^ung ber nrc^en^ftorifc^en mit ber ece«
getifd^en, b. f), faltifc^ SlXIic^en $rofef|ur). Sad Sej^rbuc^ lie^ gunäc^ft beutlic^ erteimen,
ba| fein iBerfaffer ntc^t t)on lir^enl^iftorifc^er Singelforfd^ung au^egangen toor unb )im
meift aud gtoeiter $anb nel^men mu|te, böiger fo manche« ^tÜQt, nocf ^figer @6tefe in
ber ^arfteuung; DueQenbelege fmb bi^ jule^t nur audnal(|m^n)eife mitgeteilt Suic^ ^
16 laubte il^m bie burc^ feine ^Xlic^en Slrbeiten unb feine feit 1859 anber^ortige Sdft*
tbötigleit in 9[nf)>ruc^ genommene 3^^^ füt^ ®^te nic^t ben jjenem 9ud^ oni^ftenben
SDlängeln grünblic^ abgul^elfen. SIber Don bomberein geigte ftc^ auc^ in biefem Sßerl bie
eigentümli^e (Sobe feinet SSerfafferd Ilar unb überftcl(|tlic^ )u bi^onieren unb bei Ina))|>fler
taffung in bollMmlic^ fraftt^oOer unb boc^ nic^t unebler SBeife )u fc^Ubem unb bad
^aratteriftifc^ ^au^jul^eben. @eit i^m bann bie Smeritur 3Ru^e getoäl^^e, 1^ er
2h)ei ^al^rjei^nte l^inburc^ feine ganje ^raft ber 3(rbeit an biefem Se^buc^ getoibmet unb
ed baber bei jeber neuen 9tuflage immer toieber in teiltoeife neuer (Seftalt at^ei^en [äffen.
3)ie älnlage im gangen mit ij^rer mebr facl(|[icl(|en aU rein d^ronologifc^n @inteUung ift VM
gule^t bie gleiche geblieben. Sie lä|t freiließ ben ®ang ber ürc^engefc^id^tlic^ (StdAoxddmi
25 nic^t lebenbig genug l^ert)ortreten, bo^er bad ä3u(l^ gu einer jufammeni^ängenben Seltüre toenig
geeignet ift. Slucl^ ift g. 9. bie So^ldfung ber ©efc^i^te ber b^^antinifAen ilir<^ bon
ber mittelalterlichen nic^t glücflic^, ebenfo bie $eriobifterung ber neueren ftirc^g^c^ic^te
nad^ ben ^E^l^i^^unberten. dagegen ift oft aner!annt toorben, toie bied Se^ucb immer
toieber burd^ ben 3fteid(|tum feinet ^in^alted überrafc^t, unb toie ed mit groger SoBftön*
80 bigteit orientiert, ^n tna))))fter gorm Diel gu bieten ift i^m eigentümlid^. ^Dtan |^ ed
ba|er tool^l einem guberläffigen „Säbedter" für bie Steife in baiJ ®ebiet ber Äir^en*
![ef(^i(^te berglid^en. 3^0"^^^ "^^ ^ i" immer berftörftem SRage bie toeitgel^enbe SBiOig«
eit unb ä3eföi^tgung feinet Serfafferd fic^ belel^ren )u laffen unb auc^ einem anber^rtigen
Stanbpunft geredet gu toerben l^erbortreten. ^gl. feinen ä3rief an 9li))))olb, 3^^ ^^^h
86 ©. 417.
9lld alabemifd^er ^ogent h)ir{te ft. bomel^mlic^ burc^ bie forgfölttge 3)urd^beitung unb
burc^fu^tige ©lieberung bed t)on il^m (Gebotenen. 3)ie &Qbt freier Siebe befag er ni<^t.
@elbft bie gorm feiner SSorlefungen toax nid^t bie bed SSortragd, fonbem be^ SBud^. Um
fo mel^r ftanb il^m bad fc^riftlic^e 9Bort gu ®ebote. 3}lxt faft leibenfd^ftlid^em ^eig unb
40 erftaunlic^er älrbeitdlraft bereinigte er bie ^^igleit überaus fc^neQer f c^ftftederif d^er ^ro«
bultion. @^ \vax i^m leidster mit ber ^eber ald mit bem münblic^en äBort feinen 6^
lenntniffen unb @m]pfinbungen 3lu^brud( m berleil^en. ^a^er trat auc^ bie ©emütdfeite
feinet SBefen^ unmittelbarer in Briefen aU in ))erfönlic^em SSertel^r, too, toenigftend für
ben femer Stel^enben, ©c^ärfc bc« 3Serftanbc« unb Energie be« SBillm« übertoogen, ju
46 Xag^f unb ein äl. Jtna^p l^at t^m h)teberl(;olt ba^ 3^0^^^ gegeben, bag er mit feinem f«^
fo eine^ ©inne« toiffe toie mit i^m. 3^^^e^^'0 ^^ ^^ 5Polemif fc^rf, ^t i^n bod^ ber
ü^m eigentümliche (Serec^tigfettdfinn auc^ bem ©egner gegmüber nic^t berlaflen, unb ift i^
and) toiffenfc^aftlic^e ^ebfertigfeit immer me^r ein @cgenftanb emften unb erfolgreich
©treben« gctoejen.
60 Sine bon i^m felbft burc^gefel^me Überfielt über bie ©c^riften Jt.d finbet ftc^ in
$^. ©c^aff^ unb ©. 3R, ^ad^ond Encyclopedia of living divines and Christian
workers ©, 121. 3Son ben meiften ber felbftftänbigen ©c^riften ftnb auc^, nameiUlic^
englifc^e, Überfe^ungm erfd^imen. 3)ie 3Rittetlungen über k,d Seben berbanfe ic^ feinem
©ol^n Staatsrat @. jtur^ in Stiga. 89nt0ctf^.
66 ftnfetafcl f. S5b VI ©. 275, le— 24.
finfc^ f. 935l!ertafel.
St^bonei» Semetrioi», bipjantinifd^^er X^eolog bei^ 14. ^ai^rl^nbertd. — fiitteratur:
grabriciud ^arled, Bibliotheca Graeca tom. XI, @. 398-405 ; gr. 3- @tein, Stublen über
St^boned Stmetriod Sababie 191
bie ^{l^cfeQflen bed 14. Sa^r^unbertd, in ber Öfterreic^ifcgen Viertel ja^r^fdiTift für fat^olif^e
i:^o(ogif, Sien 1873 (Sa^rgang 12), @. 552 ff. unb fonft; S^t^arb bei ßrumbac^er, ®ef(^.
bcr ©9i. SittcratuT, 2. Auflage 1897, 6. 101 unb ^umbac^er fclbft a. a. D. 6. 487 f. S)ic
bisher beraudgegebenen Seite bed ^boned ftnb gefammelt bei MSG tom. 154 @. 825— 1217.
Sein interejfanter %riefmed)fel foll bemnöc^ft befonberd herausgegeben merben (^umbac^er 6
a. 0. O. 488).
Sicmetrio« ft^boneö ( Jiy/iWT^iog öKvdcovtjg) lebte zttoa in ber3eU t)on 1330—1400.
@r fdSfänt ftc^ namentlich in ^b^alonic^ unb J^onftanttno!))eI aufgehalten gu l^aben. ÜJttt
(Helen bebeutenberen SDtännem feiner 3^^^ f^"^ ^ in SSerbinbung, tuie mit ä3arlaam, $a«
lamad, 9ltIet>^orod ©rmorad, ^o]tp\) 93n^ennio^, auc^ mit bem ^ifer ^io^anned Jtanta« lo
Iu)cni>d, bem er cdd ^iniftet biente. Seine Stlbung h>ar eine bef|ere, er t)erftanb auc^
2<üetmf(^. Jtrumbacber nennt i^n einen ,,ber fruc^tbarften unb ta[entt)oaften @ffa^iften ber
$a[ai>li>0en)ett". 3Dlit ber abenblänbifd^en Stid^tung feiner ä3Ubung ^ängt cd h>ol^l ju^
fommen, ba| Jt);boned in ben tird^Iic^en ^ageefragen nad^ Stom neigte. @r ttHir für bie
Union unb gegen bie ^ef^c^aften. ^n bem ^[ntereffe fmb feine ®(^riften gel^alten llegl 15
rrjg bcjiogevaecog tov äyiov Jtvevßicnog MSG 864 ff. unb IJegi tcov ßlaotpi^/Licov
ooYfAäcKov r^yogUn) xov IlaXa/ia etc. MSG a. a. 0. 836 ff. 3)ie (entere barf aU
eine ber bei^enberen Schriften in ber ^ef^c^aftenlitteratur be^eic^net n)erben. 3)ie
$olemtI bed Sb^boned richtete ftc^ auc^ gegen ben ^dlam. @r überfe^e ind ©ried^ifc^e
bie „Ck>nfatatio Alcorani Muhamedici'' bed Richardus Florentinus Fabr. Hari. ao
6. 404. Seine loteinifd^en jtenntniffe bienten il^m ba^u, auc^ einige bebeutenbe @tüd(e
au^ ben äBerten obenblänbifd^er Geologen, n)ie äluguftm; Xl^omad t). Slquin, ind @rie«
^]ifc pi übertragen. 9(uf et^ifc^em (äebiete liegt bie Schrift : Uegl tov xatatpQovüv
tor MvoTov, {uTe^t beiSRigne a. a. 0. 1169. älucb einige tl^eologifc^e Sieben iverben
bem A^boned utgefc^eben. Übrigen^ tl^äte ed aud^ l^ier not, bag eine eingebenbe Unter- »
\u^vmq ^ mU bed 3R<mn^ £eben unb Schriften befc^äftigte. ¥b* SKeifer.
Sbfntmnl^ f. Sb lY @. 864 f.
StUtit elrif0ii f. Siturg. Formeln.
£ab«bte (geft. 1674) nnb bie Sababtften. — m. ®oebeI, (Sefc^icbte beS cbriftltc^en ao
gebend in ber rbein.»»eftpbanf(ften eoang/Äirdje, ©oblenj 1852, II, 181—273 ; H. van Berkum,
De Labadie en de Labadifiten, 8neet 1851 ; $. $eppc, ©efc^id^te bed $iettfi(niu^ ber refot::
sttetten SKrc^e, namentlich ber ißieberlanbe, i!e^ben1879, @. 241—374 (^eppe ^at auf ®runb
bidt)fT unbenu^ter CueQen bie früberen ^arfteüungen mebvfacb berichtigt) ; ^. Sf^itfc^I, ®ef(b.
be« t$ieti«mu«, IBonn 1880, I, 194-268 („Sabobie, ber Urheber be« SeparatiSmu« in ber 35
reformierten ihrcbe"); ^. 83ajorQtb, 3ean be fiababied ^eporationdgemeinbe unb Bin^enborfS
©ruber.Unitat [X^StÄ 1893, 6. 125-166J. 3)ie ältere fiitteratur ift oerjeicönet im öafe-
ItfdKn aOgemeinen biftorifc^en lüejciton, Supplement II, 267, in J. G. Walchii, Bibliotheca
tliedogica aelecta, 11, 48—56, unb in ^. ^. gu^rmonnd ^anbmörterbuc^ ber cbriftlic^en
9leIigion9« unb fttrcbengefc^ic^te, n, 609. 40
3ean be la Sobie ober be Sababie, geboren ben 13. ^bruar 1610 )u ä3ourg bei
9arbeaiic geftorben an feinem ©eburtdtage 1674 in SLItona, ftammte ani einer abeligen
atifto(ratif(^)>arIamentarifc^en gamilie ; er toar ein feuriger ©übfranjofe, Don Heiner Ge-
füllt unb fd^tooc^lic^er ©efunb^eit, aber \>oü ®eift unb Seben unb ein 93el^errfc^er ber ®eifter.
3Rit jtoei Srübem toarb er in ber S^witenfcbule ju SJorbeauj erjogen, in toelc^er ber 45
em))faiiglic^ Jtnobe unb S^gling anfangt t)oOe 93efriebigung feinet tiefen religii^fen 9e«
bürfntffed unb feiner fel^r leb^ften ^^ntafte fanb. 9lu^ eigener Überzeugung unb loiber
ben SBiOen fetner (SItem fc^Iog er ftd^ gan^ an ben ^efuitenorben an, ol^e boc^ ,,Profez
de leur Compagnie'' )u toerben. @r ftubierte feit 1626 fe^r eifrig $^ilofo;p^ie unb
2beo(ogie unb Ua befonberd fleißig bie (lateinifc^e) Sibel unb bie Schriften t)on Sluguftinud so
unb 9eni^arb. Seine ^mmig!eit nai^m feitbem eine auguftinifd(|-mvftifd^e ^rbung an.
s
192 SoBabte
ä3et feiner Drbtnation (1635) burd^ ben Stfc^of bon Sajod, be 9Raront, übergoß bie
^I. 2)reieinialeit fein $en mit einet innerlid^en @albung. 2)ur(^ ben Ifi. ®et{it lernte er
bad redete ^eten unb SRebitieren. 2)ad innerliche SBort galt i^m ofö bie untrfigltc^
Sendete bed äußeren SBorted ber 1^1. @d^rift. 3)er ®eift ®otted gab i^m atu^ ein, ba|
5 er berufen fei, bie ^ir^e nad^ bem SRufter ber at)oftolif(^en ©emeinben )u teformtecen,
hai er aber biefe^ nur DoQbringen lönne, toenn er ftc^ Don ben ^[efuiten trenne. Seine
Aräntlic^teit öffnete il^m ben äBeg an^ bem Drben. ,,Ab omni vinculo liberum ob
invaletudinem ipso petente dimisimus" ^etgt ed im @ntlaffung9be!ret Dom 17.9l[)nril
1639. ^er Sludaetretene begann nun, ol^ne an bie Oratorianer oba S^nfeniften fu^ am
10 jufc^liegen, ald SSolföprebiger (ä la Huguenotte fagten feine ®egner) mit unglaublich
@rfolg 3u toirlen in feiner ^eimat, in $arid, in ätmien^, too er 1640 ftanonitud unb
Theological (Se^rer ber ^^peologie) tourbe, unb in SlbbebiUe. ^urd^ ha» @tubium ber
1^1. Schrift toarb er ber reformierten Seigre nä^er geführt. @r ))rd>igte bon freiem SiiOcn
unb ®nabe, Don ^räbeftinotion unb Srlöfung, n)obei bie Um>erbienfUic^Ieit ber guten
16 äBerte ald ftonfquenj ftd^ nal^e legte. ®egen bie baburd^ aufgebrachten 3Rdn^ mib
^riefter na^m i^n Stic^elieu in @d(|u$. 3lber Slid^elieud Sloc^folger SRagarin lie| t^n att
Störer ber Stulpe bed @taated ani Slmiend Dertoeifen. ®r ging in bie Jtarmelitereremitage
)u ®rat)i0e. ^ier lad er gum erftenmal SalDind Institutio, mit beren ®laubendtn^
er ftc^ einftimmig fanb, toä^renb er aud^ noc^ ebenfo einberflanben blieb mit ben befon*
20 beren Sinrid^tungen ber !atl^olifd^en Jtirc^e, ber SSerel^rung bed 1^1. älbenbma^led unb bed
^riefterftanbed, bem äJeid^tDerl^öltniffe, ber ®lut ber Slnbac^t unb ber Sßeltendtfagung, btc
er bei ben Steformiertm bermi^te. @rft bie unaufl^örlid^en 93erfolgungen ber il^ mm
töbtlic^ l^affenben ^efuiten unb ber älnblid bed reformierten ®emeinbelebend brockten i^
1650 ju SRontauban jum Übertritte jur reformierten Jtirc^e, beren $rebiger ®ariffole8
26 ertlärte : ,,(ix glaube nic^t, ba^ feit Sabin unb ben erften Steformatoren fold^ ein 3Ramt
mr ®emeinfc^aft feiner ^irc^e übergetreten fei.'' Sababie brad^te aber feinen reformotori^
l^en Xrieb ani feiner bidl^erigen ttrc^ltc^en ®emeinfc^aft in bie neue mit l^inüber unb
eiferte ba^er, aU augerorbentlic^er $rebiger, f))äterl^in auc^ ald ißrofeffor b^ Z^logie
in ^nontauban angefteSt, für SBieber^erfteUung ber alten @ittenftrenge, bamit aud ber
80 beformierten Jtird^e eine toxvtlii) reformierte ioerbe. 2)ed^alb gab er auc^ 1658, noc^bem
er 1657 Don bem 93ifc^of unb ben 3Rönc^en Derbrängt toorben toar, in bem bamald gon)
reformierten, aber auc^ fel^r ioeltltc^en Orange an ber Simone bie treffliche discipline des
^glises r^form^s deFranc^e neu l^eraud, mu^te aber auc^ Don bort balb toieber fort,
aU Subioig XIV. bie @tabt bebrängte. @r begab ftc^ nun 1659 auf bie Steife nad^
86 Sonbon, too^in er ate $rebiger ber fran^öfifc^-reformierten ®emeinbe berufen n)orben.
Unterioegd aber bi^lt man il^n in ®enf, gerabefo n)te 123 ^al^re Dor i^m SalDin, fefi,
unb ma^te i^n jum augerorbenttic^en ^rebiger, old n)elc^er er mit bem größten @rfolge
für SBieber^erfteQung ber alten, bort fofel^r enttoic^enen unb Dertoeltlic^ten ^5mmig!eit ur^
3uc^t toirlte. ^n biefem auc^ bamald nod^ gefegneten, toenn auc^ laum mel^ ald bod
40 alte ®enf, er!ennbaren 3Rittel))unIte bed d^riftlic^en Sebend für ^anfreic^, ^^lien, Seutfc^
lanb unb bie Sc^ioeig fammelte [xd) aldbalb ein Jtreid au^lefener Jünglinge um ii^n,
toelc^e feine ergreifenben $rebtgten mit äSegierbe l^örten, unb an feinen ^audonbod^ten
(jtonferenjen) gu i^rem großen Segen teilnal^men. 3^ ^^^^ gehörten feine nac^i^engen
SDlitarbeiter : ^Pierre ?)Don au« SDlontauban (1646—1707), 5ßierre Shilignon (geft 1679)
46 unb grauQoi« SKcnuret (geft. 1670), unb bie ©eutfc^en I^eobor Unterei^I (geft 1693 in
S5remen) unb %x, Bpan^^im (f. b. 21.). S>)ener ^at fiababie« 5Prebigten öfter, i^ fdbft
nur einmal befuc^t. ®letc^h)o^l meinte man in ber 3^ ber beutfc^en älufflorung mib
^efuitenrted^erei au« biefer ä3efanntfd^aft Spener« mit Sababie, bem S^efuiten, ben @c^tu|
jiel^en ju bürfen, bafe jener „ein bürrer 6tab in ben §änbcn ber 3^witen" getoefen,
60 fomit ber $ieti«mu« ein SBcrf ber S^futten fei (pe^e Äöfter« Sleuefte 3leligion«begeben*
Reiten auf ba« ^al^r 1789, ©. 863 ff.). Sababie« Stuf unb feine in ben ®ebanlen ber
Selbftmortifitation, ber 3)tebttation unb ber ba« $erj Dergottenben Jtontem))lation ftc^ er«
gel^enben Schriften iourben befonber« and) burc^ ^ermittelung be« ®ottfc^all Don Odfioc
man in ben Slieberlanben au«gebreitet unb machten namentlich ben itrei« Don emften
66 Soften in Utrecht, ®. 33oetiu«, 3. Don Sobenftein unb älnna 3!flana Don ©c^ürnum
(f. b. 31.) auf Sababie al« auf einen ertoünfc^ten unb nottoenbigen SReformator be« c^rip»
lid^en Seben« für ba« in arge äBeltlid^feit unb Üpptgkit DerfaQme nieberl&nbifc^ refor«
mierte ß^riftentum aufmerifam. 3luf i^r Setreiben ioarb bal^er Sababie 1666 jum ^w»
biger ber ioallonifd^^eformierten ®emeinbe in 3)tibbelburg berufen. äSor^er unb untertoeg«
60 fdj^lol er mit feinen genannten brei franjöftfd^^en ^^eunben einen (ge^men) Sunb Dor
SaBobie 193
bcm ^ertn, jucrft an bcr eigenen Heiligung in bcr SKac^foIge ß^rifti unb in ber ©elbft^
t>erleiignung — biö ju völliger ©ütergemeinfd&aft ? — unb bann auc^ an ber ^Reformation
anbetet )u arbeiten, ^n biefem engen Sunbe ber bier c^riftlic^en ^eunbe toar ber Jteim
)u i^tet nac^l^erigen @e)Kiratton enthalten, fo toenig fte jelber bied aud^ nod^ al^nen
mochten. 2)enn bamatd befeelte Sababie, — ben alten fatl^oHfd^en 5ßriefter — no(^ bie 6
Hoffnung emet Sieformation ber Airc^e burc^ bad ^mt, burc^ ben $aftorat, ivie er aud^
jeitlebenS eine })riefterli(^e Ober^errfc^aft in feiner @emeinbe au^eübt ^at. Über Utrecht
in ^ibbelburg angelommen, f^te er feine ©enfer ^au^anbad^ten unb SSerfammlungen
mit großem @egen fort, getoann ^oQanbd 3Rinert)a, 9lnna ÜRaria bon @c^ürmann
(g. Duanbt, % m. t>. ©d^ürman, ©ie Sungfrau t)on ütt^dft, Serlin 1871, ©. 59 ff.) lo
j^neD unb auf immer für ftc^, fü^^e bie gänjlic^ erfdjjlaffte Äird^engu(^t toieber ein unb
ecjeugte toitKi^ eine gto^e @rh)edEung in feiner ©emeinbe unb in bem ^anjen Sanbe.
3)amald (1668) gab er feine h)i(^tige ©c^rift über bie ^rop^ejei ober bte ^ro)>^etif^e
ftbung ffitaii^, tooxm er bad Stedit unb bie $fli^t ber ^rd)tger, bor unb mit bcr @^
metnbe ©(^riftbetrac^tungen ober Konferenzen ju l^alten, in überjeugenber SBeife aud ber i6
^igen ©(^rift unb ben reformierten ^irc^enorbnungen nad^h)ied unb gugleic^ ben Hergang
in btefen SSerfammlungen ober Jtont)entiIe[n unb ©tunben gang f o befd^rieb, toie fte Untereb!
1665 in 3DliU^eim unb ©))ener 1670 in granffurt, ber biefe ©d^rift 1677 in« 3)eutfcbe
fiberfe|te, in 2)eutf(^lanb eingefül^rt ^aben. 9lucl^ gab er bamdd jum ®ebrauc^ für bie
^auämibac^t feiner ®emeinbe fein berü^mte^ Manuel de pi^t^, ba^ fc^öne unb innige, 20
^on 1687 in» 2)eutf(^e unb bann n)ieber 1726 t)on @. Xerfteeaen überfebte $anbbüd(|Ietn
ber ©ottfeligleit ^eraud, toelc^er (entere in ber SSorrebe t)on Sababie rüpmte, „iai bie
Seele biefed fonberlic^en unb getreuen 3)iener^ ©otted t)on ber ^immlifd^en SSia^r^eit
betgefitttb bur^fbrungen, burc^ il^r Sic^t fo erleuchtet unb mit @ifer für bie ^errlid^feit
gefu S^ßi unb bad ^eil ber ©eelen bermagen erfüllt getoefen fei, ba^ ed lein 3Bunber 26
fei, bo^ folc^ erbaulid^e unb j^eilfame Seigren in feinen 93üd^em )u ^nben ftnb''. älud^
ote ein fe^t begabtet innig religiöfer ^ic^ter beh)ied ftd^ bamald Sababte, tt)ot)on Xerfteegen
tmSbi^ong einige groben mitgeteilt l^at.
SRitten in biefer fc^önen unb gefcgneten SBirIfamleit aö gefeierter 5Prebiger, emfter
©eelen^irte unb erbauli^er ©(^riftfteUer toarb Sababte burd^ feine ä3efonber^eit unb feinen ao
Sigenftim ge^mt unb in eine ä3ai^n geleitet, toelc^e t^n aQmä^lic^ auf ben Ileinen Jtreid
toentget ober befto eifrigerer äln^nger unb einer befonberen fe))aratiftif(^en unb feftte^
tif(^ ©emeinbe befc^rönfte. @r t)erh)etgerte bie Unterfc^rift ber belgtfc^en ^onfeffton
ald in Dielen äirtiteln unbiblifc^, benahm ftc^ überbau))t eigeniviQig unb rec^tl^abertfd^
gegen feine DteHeic^t fe^r t)erh)eltlic^te toaQontfd^e Klaffe unb ©^nobe. Sluc^ banb er ft^ss
ni^t — toie bamald noc^ in ber reformierten Äird^e allgemein üblic^ toar — an bie
twtgefc^ebenen litutgifc^en ©ebete, fonbem \)xdi an beren ©tatt freie, innerltd^ gefalbtere
(Seoete. 92a4^bem er eine rationaliftifc^e ©d^rift be^ Utrec^ter $rebigerd Subivig äBol^ogen :
de scripturarum interprete (1668) ald unrec^tglöubig bei ber ©^nobe angeflagt, bie
6^be in i^ ÜRel^^eit aber il^m unb feinem ^re^b^terium Unrecht gegeben ^e, t)er- 40
toeigette et biefem Sefc^luffe burc^ älnlünbigung t)on ber Kanzel ftc^ gu untertoerfen, unb
toai^'be^olb mit feinem ^redb^terium fu^^enbiert. 3)a feierte er 16i68 in arger Ser-
blenbung mit feinen ^a^lreic^en fanatifterten Slnl^ängem t)or bem getDö^nlic^en ©otted-
btenfte in ber Jtirc^e em befonberen Slbenbma^l, ivomit bie ©))altung unb bie ©rünbung
einet befonbeten (lobabiftifdj^en) ©emeinbe begonnen h>ar. @r h)urbe abgefegt unb il^m 45
unb feinen Sn^ongem bie Jtanjel unb ber ^ufent^alt in ber ©tabt unterfagt, toogegen
et nun guerft in bem na^en ©täbtd^en SSeere unb bann in bem großen älmfterbam ben
SSetfu^ nuu^te, noc^ 9lrt ber 3)onatiften unb aUer ©e))aratiften eine t)ollfommene reine
©emeinbe aud lauter SEBiebergeborenen gu grünben unb gu erhalten, guerft aln Drtd«,
fpätet ote blo^e ^au^emeinbe. Sababie unb feine Slnl^änger beftritten ber beftei^enben 50
tKtfoQenen Aitd^ unb i^ren Organen ba^ 9ted(|t, f^e au ftraf en unb au^^ufc^liegen, nannten
fte balJK' in i^rem anerfannt jämmerlichen, t)erberbten unb unc^riftltc^en 3uftanbe nur
eine untoo^e, falf(^ unb ^euc^lerifc^e ©^einfirc^e unb l^ielten bagegen i^re ©emeinbe,
al^ toal^t^ awS^efc^ieben au^ ber äBelt unb aud 93abel, für bie „eine et)angeltfd[^e Jtirc^e'',
to&cbig bed bon ti^nen mit Ungebull) erfel^nten taufenbjö^rigen Sleic^ed. ^te neue ©e- 65
meinbe mu^ aber um i^ed eigenen äSefteJ^en^ toillen ertoarten unb em)ir!en, ba^ nun
attt^ toitflul^ alle toai^rl^aft ©laubigen ber ganjen nieberlänbtfd(|en Kird^e ftd^ t)on ber
alten gu Sobel getoorbenen Airc^e trennten unb an fie anfc^löffen ; fte mugte bal^er pro-
feb;tenfü(^ttge SSerbereifen machen laffen, Wk bied in gleicher SEiJeife gu il^rer 3^^t bie
^cttn^futet unb 3Retl(fobiften, bie ä3a))tiften unb bie 3rt)ingianer get^an l^abcn. älbcr go
■nf^gftpfrapible fir X^cotogic mb IHr^ 8. K. zi. 13
194 SoBabie
au|er ber Sd^ünnan unb emtgen jungen, reichen unb botnel^cn gröuleind (t>an ©ommeös
h\)f) fc^loffen [xä) nur tocnige bebeutcnbc ÜRänner, h>otunter bcr 3lltbürgennciftcr Jtimrab
t)on Scnningcn (Slcij, ^tft. ber aßiebergeborenen, IV, 121—138) unb bie beiben Jtoibu
baten ober ^rebi^er ^emric^ unb $eter Schlüter aud SBefel, an fte an, toö^enb alla>
6 bing^ ii}xt erbauhc^en SSerfammlungen toeit ga^treic^er befuc^t tourben unb bie Slmficp
bamer ^rebiger ftd^ barüber bellagen mußten, „ba^ bie Sababiften bte beften S^riften unb bte
gottfeligften §€Wn getoännen unb bie großen ©emeinben Don ben perlen entblößt toürben".
^a t)erbot ber ^agt[trat jjebem Sludto&rtigen ben ä3e(uc^ ber ^audanbac^ten Sobabied unb
nötigte baburd^ bie ©emeinbe, ftd^ nac^ einem anberen audtoörtigen 91(^1 umgufe^. 2)te
10 in ämftcrbam für immer mit il^r berbunbene ©t^ürmon ertoirlte i^r bie« bei ber $fa(is
gräpn eiifabetl^, Sbtiffin in $erforb (f. ben a. »b V ©. 306), foAi^t ba^er 1670 bw
ganje aud tt\va fünhig ^erfonen unb fünf $aftoren unb $rebigem befte^enbe ^au^
gcmeinbe unter bem.9Sorh)anbe, ba| fte eine geiftlic^e, üofterartige Stiftung beobftc^ttgten,
ju p(^ eintub ($ölfd^er, Die fiababiften in §erforb, $erforb 1864). 3)ie ©emeinbe be*
16 |au})tete jtoar ganj rechtgläubig ju fein, toar e« aber leineetoeg« ; i^r gel^etmer ©emeim
fd^aft^runb toar eben bie fe))aratiftiUe Trennung t)on ben anberen öffentlichen ©emeinben
bedfelben ä3efenntnif(e«, eine für fiep reine, toürbige unb l^eilige ©emeinbe 3U bilben mit
befonberer (l^terard^ifd^er) Airc^enjuc^t. @ie fül^rte eine gemeinfame ^oud^ltung, ^atie
bai^er auc^ fommuniftifd^e ©ütergemeinfd^aft unter fic^ eingeführt unb forberte fie ott
ao 9eh)ei« be« toa^ren unb lebenbigen ©(aubend. äBo^renb Sababie unb anbere nur ^eimltc^
t)er^eiratet toaren, t)erh)arfen fte manic^äifd^ bie @be ber Ungläubigen afö fünblic^ unb
l^ielten nur bie Q^m ber ^eiligen für l^eilig, red^t unb erlaubt unb beren fcbmer^lo« g^
borene Jlinber für ^eilige ©emeinbeglieber, toelc^e aber barum auc^ nic^t me^r ben Sltem,
fonbem bem $erm, b. ^. feiner ©emeinbe, angehören unb t)on i^r unb in i^r erjogen
26 toerben mu^en. 9loc^ in $erforb fam bie in ber ©emeinbe ^errfd^enbe Segeiftening inib
@cl^h)ärmerei )u einem l^^gen älu^bruc^, inbem nac^ einem gemeinjamen Siebe^ol^
eine aOgemeine @rtoed(ung (resurrectio), eine Spltation, ein „d^nfklic^ed 3^u<^3^^f
©pringen, ^^aiuen unb Püffen entftanb, toorauf bann auc^ gemeinfame Slbenbmai^llfeio
unb öffentliche $rebigt begann.
80 ^iefe« äluftreten einer neuen unb fremben ©emeinbe, bie fogar in ^oQanb, oOtoo bie
jtonfluenj aQer ^Religionen toax, ntc^t gebulbet tDorben toar, mitten in Seutfdblonb mä>
in ber beutfc^en ebangelifc^en fiirc^e erregte ungel^euere« äluffel^en unb groge« SJli^auen.
S^ergeblic^ t)erfu(^ten bie reformierten ^^rften, bie fromme ^falggröfin, ber ©tatt^oltar
^ori^ t)on Dranien unb ber groge jlurfürft ^ebric^ SBil^elm t)on Sranbenburg ate
85 ©d^u^^err ber äbtei bie t)erfolgte ^emeinbe gu fc^ü^en. auf Sefc^toerbe be« feinbfeligen
tcrf orber SRate« befal^l ba« Sleic^^fammergcric^t ju Bp^tc 1671 unter Berufung auf bie
tanbate h)tber bie äBiebertäufer unb ben nur brei SReligionen bulbenben tt>efitfälifc^
Jfrieben ber ^ürftin bie Sludtoeifung ber fünf ^rebiger „al« ©eftierer, SBiebertoufer unb
Quäler, h)eil burd^ il^ren Slufent^alt im Steid^e groge SBeiterung, älufrul^, @m))örung unb
40 93lutt)ergie^en entftel^en möd^te, aud^ bad ^»^ufammentoo^nen beiber ©efc^led^ter unter @tnem
Sac^e ber @l^rbartett, gemeinem ä3eften, 'ßlui^ unb SBo^lfal^rt, auc^ aQem Steckte gutoiber
fei". 333ä^renb bie gürftin nod^ S3ciftanb toiber bteje« 50{anbat in Serlin fuc^te unb ba
Äurfürft eine genaue Unterfud^ung ber gangen ©efc^tc^te angeorbnet l^atte — toelc^er toir
befonber« öiel 2lu|f(i?lufe t)erbanfen — öerliefe bie ©emeinbe freitoißig 1672 biefe gegen
45 bie l^eilbrtngenbe SSertoaltung be« reinen @t)angelit unbanfbaren Sanbe unb hnrnberte
naä) ber religiöfen ^eiftabt 3tltona au«, tvo fte di\xl)i unb ©ebetl^en fanb, ftc^ aber \>cn
ber bortigcn frangöftfd^s unb l^oUänbifci^-reformicrten ©emeinbe ftreng gefonbcrt ^ielt. $ia
fc^rteb bie (Jöiäl^rigc ©c^ürman 1673 in fcliger ©timmung il^e unb ber ©emeinbe ©e«
fd^id^te unb i^ertcibigung in bem unübertreffli^en S3üc^lein Eucleria, beffen jtoeiten leil
60 fie 1678 t)oOenbete. Sababie bezeugte gleid^geitig in feinem 2^eftamente feinen c^ftlic^
©lauben unb fein ^eft^alten an (einer befonberen ©emeinbe, unb ftarb 1674 (stetit
ceciditque suo Domino), feine ©emeinbe feinen ^eunben §)t)on, ^ulignon unb
ber ©cbürman anöertraucnb (3- fiicbolb, J)er älufentl^alt bed ^^an be Sobobie in
ältona.' ©c^riftcn be« 3Serein« für Jc^Ie^toig^^olfteinifd^e Äird^engejc^ic^te 1901, 2. fH6fft,
f 5 6. $eft).
SDic Sababiftijc^e ©emeinbe, ober toic fte fic^ felber nannte, „bie bon bcr
333elt abgefd^icbcnc unb gegenwärtig gu 3Bictoert (SBieutoerb) in ^e«lanb t)erfammelte
reformierte ©emeinbe", fe^rte balb barauf, t)on bem gtoijd^en ©änemarl unb ©d^toAcn
au«brcd^enben Äriege gcängftigt unb üon ben brei ßrbinnen t>an ©ommeldbl^I in ben
Go 93eft^ be« {c^önen ©d(|loffe« äBaltl^a ober ^^etinga bei )iEßieh)ert in 3Beftfrie«lanb gefe(^
Sobabie 195
brthnal fUirtcr aü fte ou^ejogen \t>ca, nämßc^ 162 @ee(en jöi^Ienb, nad} ben ^lieber«
lonbm surüct, unb lotmte nun auf bem etnfamen; i^r mit ber Umgegenb ge^örem
ben S^lofle gu äStetDert eine t)on ber 2BeIt unb ber Rxxi^t aud^ öugerlid^ ganj ob«
gefonberte jtolonie ober ©enteinbe grünben, ganj h)ie fünfzig ^ol^re f)>äter bie trüber«
gemetnbe, tuelc^e über^au})t mit ben Sababiften fo au^erorbentltc^ biele äJü^nlid^Ieit l^at. 6
t)ie berettd befte^enbe fommuniftifc^e ©üteraemeinfc^aft toath \)kx ui einer fouoltftif^^en
ertDettert 9UIe trugen biefetbe ^öc^ft einfache ^leibung o^ne übertxüfftgen @c|mu(f, fte
f^)etflen gemetnfam, ieboc^ an bcei untexfc^iebenen Xifc^en, bed SSorftanbe^, ber $au^
genoffen unb ber f^remben, and) bie ^^milien, toel^e eine befonbere 3Bo^nung für fic^
ermatten ^en, unb aQe muftten ald 3^9*^^^ ^^ gemeinsamen @igentum^ i^re X^üren lo
offen ^en. ^e Jtolonie bejal^lte il^e €teuem gemeinfam unb nährte fic^ befonberd
bon ^ober Suc^iueberei (no<^ je^t in ^oQanb Sababiftenjeug genannt), Seifenfteberei
unb SifenfabrUation, je^e aber immerme^r ein. SSergebend berfu($te bie frieftfc^e S^nobe
fte gu bannen unb bie toett(ic^e Obrigteit ^u i^er SSerf olgung ju beilegen; eine bon biefer
ongeorbnete Unterfu^ung^Iommiffion, )u toelc^er ber fromme i^ermann äßttfutd Jf!^^^^' ^^
\ptad^ fic^ günftig fifac bie ©emeinbe aud, nac^bem ^^t)on fte berteibigt l^atte. ^irflid^
erlebte bie ©emeinbe in biefer 3eit (bon 1675—1690) i^re ^öd^fteSIüte unb erhielt nun
ottd gang 9{ieberlanb unb bom 9{ieberr^ein unb aud Oftfrie^Ianb ftarten S^S^g ; auger
bot fc^on ®enam!ten traten noc^ fieben anbere Xl^eologen mit bielen 9(n^ängem unb ber
berühmte äCnt ^enbrit bon 2)ebenter auf ülrjere ober längere ^cxt gu i^nen, unb auger^ 20
bem Rotten fte auc^ unter ben emften Soften eine toAt au^ebe^te Sia{))ora bon be«
ftu^cn^ unb befu(bten ^eunben. ^^I^re 33erfa{fung toar arifto{rati(c^4i^^Hcl(l ; ^^
bie bome^men gh^auen gel^drten mit ixim SSorftanbe unb in^befonbere toar ber @tnflu^
ber @<^ürman fel^ grog. ^faftifc^ lag jeboc^ bie ^errfd^aft über bie @emeinbe ganj in
f)bond ^onben, ber fte mtt eifemer @{l^ärfe imb Schroffheit ausübte, ^^re Se^eigen- 25
tümlid^eiten tooren: unmittelbare 9Bir{fam{eit bed ffi, ©eifte^ im ^ergen ber @rh)äl^(ten;
bie IEir<^ eine ®emetnbe nttr ber SBiebergeborenen, ij^r Xrium))^ bad taufenbiö^rige Sfleic^ ;
bie ©afromente nur ben 3Biebergeborenen beftimmt. 3)al^er toar bie ßinbertaufe nur ge»
bulbet, bie 9(benbma^Idfeier fel^ feiten. 9lld erfte unb nottoenbigfte Xugenb galt um
bd»tngter ®e^orfam, toiUenlofe Untertoürfigleit unb ä3reci^ung be^ @igenn)iOen^. ^^^erao
Sbp^ mufc ob'', tamr f))ri(^h)5rtli(j(^. ^er ®ottedbienft — teitö in franjöftfc^er, teitö in
I^Dänbt{(^ Sprach gel^alten — toar ^oc^ft einfad^ unb h)urbe \)on ben fprec^cnben
Stübern ober Se^rem gel^alten, toöi^renb in breierlei Bpxad^^, aber nad) berfelben Gelobte,
gefunoen tourbe. SSö^enb bed ©ottedbienfked unb felbft @onntagd burften bie ^auen
nad^ Selieben finden tmb naiven ; über^au^t ^ulbigte bie ©emeinbe in ber Sonntag^« 35
feier gan) ben freien 9(nft(^ten bon Socceiud gegen äSoetiud, h>ie nad) il^r and) bie äSrüber^
gemeinbe.
dkrabe gut 3^ dft^ l^öc^ften ä3lüte 1680 erhielt bie ©emeinbe burc^ ben ®ou«
tenteur bon Surinam, Someliud ban @ommel%Vt ^i^ 9lufforberung gur ätnlegung einer
Aolonie bofelbft gur 9)le^rung ber toal^en Airc^e auf ^eibnifc^em ®ebiet. 3Rit freubigem, 40
fd^toarmertfdS^ @ifer ging bie gange @emeinbe barauf ein unb fanbte il^ren ^rebiger
tefenaer mit Sobobied SBtttoe, einer geborenen ban Sommel^^I, unb bielen anberen
(iebctn bort^in ob, too fte tief in ber @infamfeit eine^lantage ober Kolonie ^$rot)tbence
anlegten — bte aber fc^on 1688, nac^ @rmorbung bed ®out)emeur^ burd^ feine eigenen
Solboten, tmeber aufgegeben tourbe. ^mnod) unternahm bie ©emeinbe einen giveiten 45
JtoUmtfatiimdberftu^ gu 9leuböbmen am ^ubfonflug in 9{en)2^})orI, tool^n $. Sd^lüter
ging, — mit bemfelben 9Rigerfolg. Unterbcffen ^atte bie bi^ auf 300—400 angeioac^-
fene SRutteigemeinbe burc^ bie 1692 notn^enbig geworbene Sluf^ebung ber ©ütergemein^
fc^t bei treidle jeber ein Viertel feinet (Singefc^offenen einbüßte, einen großen @tog
eifitten, bon bem ^e ftc^ nic^t toieber erholte; in ffiteivert blieb mit ^^oon nur ein gar eo
fc^tiKul^ Slefl, ber 1703 taum nod^ au^ breigig ^erfonen beftanb; 1732 berlieg i^r
l^tix G\pittdftx Jtonrab Sodmamt, ein ^eunb unb ^orref)>onbent 3:erft'.'egen^, ilBieivert,
unb bie bortige ®emeinbe löfte ftc^ gönglic^ auf. ^^re feit 1692 überaQ^in gerftreuten
®licber tamrbot ober nur befto mel^r ein teil^ h)ürgenbed, tetl^ gerfe^enbe^ @alg an t^rem
neuen SBo^rt, unb SRönner, toie Untere^t, Steanber, Sam^e unb anbere tonnen aU 55
Sababiften in ber reformierten Jtirc^e angefel^en toerben. Über^uf^t t)erban{te gunäd^ft bte
reformierte ftirdbe tmb bann auc^ bie ebangeltfc^-lutl^erifc^e ben !^ababtftcn größeren (Smft
im c^rifUic^en Seben unb in ber Krc^lid^en 3^^^* itont)enttfel, ^atec^ifationen, 33ibel'
ßunben unb bie gonge äSerfaffung unb älrt ber 93rübergemetnbe, beren Stifter 3^^S^"'
bcff ebenfo toie 6t>^er fe^r günftig über bie Sababiften geurteilt l^at, ftnb bie l)M^ va)
13*
196 £a(abte SoBbe
famen, ©etjarottemu^ unb Ähd^ens unb Slbenbmal^fömcibuna bie bitteren ^c^te be«
gababi^mug. Ä. «pebel t («. 8rr«i«).
Sabait f. S5b VIII ©. 644, i7.
fiabontm f. 3Jtono0ramm S^rtfti.
6 ßabbe(Labbeus),5pi^iU})}), S. J.gefi 1667. — 3. ®arnicr, Prole^. ad opp. Mar.
Mercatoris (Par. 1673), c. 5 1B .... 8, bei SJlic^aub, Biogr. universelle, t. Xfil, p. 256-258;
^e ^acfer, Biblioth. des ^rirains de la Comp, de J^us, 2« edit, t II, p. 549—562;
C)urter, Nomenciator liter. II, p. 201-210; gefl, S.J., a. „fiabbe" im StStü\ VU, 1281 f.
5pi^iRt)>)e Sabb^, bon ben tefuitifd^en ©elc^rten be« 17. g^^w^t^^^« einer ber be*
10 rül^mtcften unb fc^riftftcBerifd^ fruc^tbarften — nid^t ju bertoetpfeln mit feinem 3^ ""^
DrbcnggenoRen $ierre 2abb6 an^ ßlermont (geft. 1680) —, tourbe geboren gu Sourged
am 10. ^uli 1607 unb intrtte teils ^ier, teils an einigen anberen Orten ald })^iIos
fopl^ifd^cr unb tl^eologifc^er Sc^rer, 3)ieS jeboc^ nur toöi^renb toeniger 3^^/ ^^ ^ W*>"
balb t)on feinen DrbenSoberen ber 93er))fli(l^tung ju münblic^en gel^orträgen entj^oben
15 inurbe unb fo in $ariS bis )u feinem am 25. SJtörj 1667 erfolgten Xobe ouSfc^lte^ii^
feiner g^rfd^er* unb ©(^riftftmertJ^ötigfeit leben burfte. — ©ein litterarifd^ 9ta(^Ia| er*
fd^eint, toenn man baS ni^t fe^r l^ol^e äUter ertoögt, baS er erreichte, als bon ftounenS«
Inertem Umfang, beibeS toaS bie 3<^^I unb toaS bie 3JtannigfaItigIeit feiner $ubIitationen
betrifft. ßinft^tli(^ beS fd^riftfteDcrifc^en SBertS berfelben ift er freilid^ faft auf febem
20 ber bon ifm in 9(ngriff genommenen 9lrbeitSgebiete binnc^ f)>citere 9la(^fo(ger in mel^ ober
mtnber erheblichem 3Ra^t übertroffen toorben. 93on ben nal^e^u 80 3Berten, toelc^e be Soder
als bon i^m t)erfa^t auf^ä^It, ift baS bebeutenbfte bieAonjtlienfammlung, toelc^e er, \poUx
gefolgt t)on feinem DrbenSgenoffen Oabriel ßoffart (geft. 1674), unter bem Xitel „Sacro-
sancta Concilia ad regiam editionem exacta" ^erauSgab (^riS 1662 ff.), ober
25 freiließ nur ettoa jur $älfte fetbft )u ebieren t)ermoc^te, ba er toä^enb beS 9)ruded tum
93anb IX ftarb. ^ie SSoQenbung beS bis ju 18 ^oliobänben gebiel^enen SBerleS bKeb
Soffart borbe^alten. 9{ä^ereS über biefe ©ammlung, t>on toelc^er \pättt 9titoI. SoktuS
einen 5Rcubrudt beforgte (Venetiis 1728—1732; XXIII t. in fol.), bie aber burd^ bte
rei(^l^altigeren SBerfe ber ft)äteren Äongilienfammler, befonberS 3KanftS, antiquiert tintxbe,
90 f. bei gr. Salmon, Trait^ de T^tude des conciles, $ariS 1724, p. 506—514, bei
$cfelc, Äongiliengef^. ^ I, ©. 76 f., fotoie beim neueften ilritiler ber großen Äongilfamm*
lungen ($. Duentin, O. S. B., Jean-Dominique Mansi et les grandes collections
conciliaires, $ariS 1900). SHS einen ^robromoS biefeS SBerfeS ^atte er (^JariS 1661
in 4^) eine Historica Synopsis eoneiliorum generalium nationalium, provin-
85 cialium, dioecesaneorum, cum vitis epistolisque Romanorum Pontüicum t>ers
öff entließt, foJnie noc^ früher ($ariS 1646 in ?foI.) eine Galliae synodorum concilio-
rumque brevis et accurata historia. — änbere feiner 9lrbeiten gelten: ber alt
gemeinen unb fird^Iic^en 3^i^^nungSlunbe (Coneordia sacrae et profanae chrono-
logiae a. 5691 ab o. c. ad an. Chr. 1638, $ariS 1638 in 12*»; Abrßg^ chrono-
40 logique de Thistoire saer^ et profane de tous les ages et de tous les
siöclesete., ebb. 1663— 1666, IV S3be, 12**; Coneordia chronolociea, ebb. 1656[4»be
gol., tooju fpäter ^1^. 8rict 1670 einen fünften ^injufügte]) , ber aRart^oIogte (Hagio-
logium Franeo-Galliae excerptum ex antiquo martyrologio s. abbatiae S. Lau-
rentii Bituricensis etc., $ariS 1643, 4**); ber b^jantinifc^en Oefc^ic^tSqueDenfunbe (De
45 byzantinae historiae scriptoribus protrepticon 1658 ; Michaelis Glycae annajee,
1660 [bie erfte gried^. ^^e^tauSgabe biefeS h)id^tigen SnnaIenn)erIeS, bgL jtrumbac^,
©efd^. b. bt}i. 2it.^ 384J) ; ber franjöfifd^en Äirc^en« unb StaatSgefc^id^te (j. 8. M61anges
curieux de plusieurs sujets rares pour servir h Thist. de la France eccl^
siastique et politique, etc. 1650, 4°), ber allgemeinen unb ber Krc^Ud^en Sittetotur*
60 gefc^ic^te (Novae bibliothecae ms. librorum tomi duo, 1657, fol. ; Bibliotheca
bibliothecarum 1664, 8^®; De scriptoribus ecdesiasticis, quos attigit card.
Rob. Bellarminus philologica dissertatio, 1660, 2 voU. 8^<^). — 9iudf an ber
^olcmif feines DrbenS gegen bie janfeniftifc^e S3etoegung erfd^eint er beteiligt, unb jtoor
als öor anberen eifriger SSertreter eines fd^roff ultramontanen ©tanb})unftS. So in fernem
55 Triumphus catholicae veritatis adversus novatores, s. Jansenius damnatns
a conciliis, pontificibus, episcopis, universitatibus, doctoribus theologicis atque
ordinibus religiosis, etc. (1651) unb in: Bibliotheca antijansenisticay 8. cata-
logus piorum eruditoruraque scriptorum, qui Com. Jansenü ep. Iprensis et
JaDsenianorum hacresis errores ineptiasque oppugnarunt , cum pradudiis
bistoriae et cribratione farraginis jansenisticae (1654, 4"), 33atiibct, „quod in
Lutheranos et Reformatoß fuerit ingenio duro nimis et acerbo", fü^rt oud)
3B. Caüc Ätage {Hist. litt, scriptor. ecel., Prolegg., c. 5). äW". 6
Soiftmnnn, 6atl f. SBb II ©. 758, 45ff.
ßniJiinniiii, Sodann, SRcformator in $«il brenn, gefl. 1638. — 3ftger,ifflii^
ttilunMii jur fcbiuflh. unb (tfinl. iHcf..®.. Sluilfloil 1Ö28; SilPt, ft« »eilTOß über Slobl
iinb Operamt iieilBtonn, ^eilbronn 18fi2 ; iöün-, ^eilfironner Ebronit, ^tilbronii 1895 ; SlbiB
17, 469; «rieft an a. uoii ^BelQndjt&on CR282. 871; BonSSretii, eirobelMiec. 3. 164. 16&; lo
fiortinann-SÜg«, Srcnj 1.435, 459; 3«gcr o. a. C. 85, 147; trefft!, Anecdota Brent,
186. 100 ftolt Luthtu. Lachm. ju leftn i(t; Siief Bon Sacfimann Jb^l a. SBiirileinb,
7, 23 ff. 3it[..?ttlEn bc« ^eilbr. Slabtori^ioa, flefnnimelt unb jiir Verfügung geflettl uon ipf.
itundtr in Selftn. Monument« Oermaniae Paedagogica XXII, reo Irof her SBorTcbe beä
JlaitÄi^muä oon 1536 S. ein 91ntdt an ®iateT4 ffiatediefiS uinbicint roirb. IB
Sßt^mann ob« eiflcntlic^ Satlwmann, Kic [xä) ber 33atei SBem^rb 8., ein b«=
ni^mln @lc(fengiegeT, auf unjä^Iigcn Woätn unb ber SoFin iit bcr einj^igen, bi^ ]«^i
Bon i^m bctannten £irud|c^iift unb au^ in ^tiefen nennt, ift um 1490, BieUetc^t fd^on
etwa« früher, in ber Steic^äftabt ^eilbronn geboten. 1631 fliebt er lein SUter anna&emb
auf 40 3a^rc an. Srenj nennt iljn pater maior Ojnger 26, 186). ©t entftammtao
ttnei iDopUiabenben 33ürgerä|amilte, tute fein ctmaä jündeier £anbömann @r^aib Sibnefif.
©rine erfte Silbung empfing er in bcr Si^ulc feiner ^aterftabt, bie unter ber fieitung
fion. 5löilerä in gutem SHuf ftanb, Don toeitber befudit unb Don ben ifranjtöfanem gerne
benu^t ionrbe. 1505 bejog Sj. bie .^ot^fc^ule ^cibelberg (inffrib. 22. ^uli, Ibple,
SRolrilel bet Uniuerfität 0eibel&erg 1, 456), iuurbe 1-3. ^'^""'"^ l'^O' 33accalaureuö unb as
24. gebruar 1508 SWagiflei (löpte I, 455; 2, 430). 2. mußte grofee ettDortungcn bei
jemer '^Jromoticn enegt boben, toie ber 3"fi^ ^*^ iJetanö im tUfagifterburf) bei feinem
9tamen beireift; Spiritus astra tenet. 3iunme^r toanbte fit^ S. bem Stubium ber
9ted)te ju unb tcurbe am II. September 1509 SaccalaurcuS juris, War aber auä) ncd}
bei OTagifterpriifungen in ber arti^enfalultät t^otig (%ü)pU 2,521; 2,432). Er ^ttca>
fidf bem emftgcticf)tetcn .ftrciS ber bortigen ^umaniften angeft^Icffen unb loar tnoEjI mit
SJimpljeling bcfreunbet, bcffcn Sebunbening für ©eilet Bon Jtaiferäbcrg er teilte. Sgl.
fiöt^mannö 33iftid?cn im Planctus in Keysersbergii mortem (Dppcnt»eiml510.f. XIV).
Sion ber Unibcrfitot fjinwcg Inurbe fiadjmann jum ^fartamt feiner SÖoterftabt be=
rufen. SBie in ben meiften SHei^ftäblen War bie ^pfartei in ^eilbronn einer fremben ss
Jfopeift^oft einverleibt ^ie reii^en @infünfte geno^ ein ^omberr ju ÜSü^burg ald
flirt^ticrr, Ktldfa \>a.i Slmt buri^ einen ietoeilig gemieteten *Priefter «erfeben liefe. S)er
9tal toünft^te luomöglid) ein Stabttinb auf biefem Soften, ©o roirb tnotjE aud} Üad)=
mann auf (Sm^'fe&Iung bc« JHatS pum fiiri^fjerm *l!etcr bon 3luffe6 am 21. ^JtpOcmbcr
]5i:{ äum ^JSfarrüetmefet bcftcflt toorben fein. (Sin gciftlii^eä 9Imt fjatte £. bisher nicbt *'
bdleibet, tuar audj nit^t gemeint unb ^atte outfe ju feinem Stubium leine *pfrünbc gc=
noffen. ^riefter Würbe er, aU er nac& feinem aimlärntritl am 22. J^ruar 1514 Dum
SJat mit einem Gmpfetilungäfcjjreibcn (Dom 7. 3J(äTj) nn* SJürjbutg gef^iiiit iDurbe.
aiiit bem ^ann, ber banwtU bie ^erborragcnbfte ©tcKc in bet Jtirme ju §, inne ^atte,
bem frommen ^Brebiget Dr. ^o^. firöner »on Si^erbing (Ogl. b. 21. Sbettin ©b 5, 122, *5
38) bcrbanb iE)ti ^crjlit^e ^eunbfc^aft, wäljrenb bie übrige @eiftlic^feit um i^rer @enufes
fucbt unb Unjuc^t toillen m fc^Ie^tcm ÜHufc ftanb. Sie Ijatte itir eigene^ ^auenfiauä
auf ber Stabtmauer.
liutljerÄ ©ebanfen muffen ft^on ftulf in ^eilbronn ©oben gefunben ^oben. 5)arauf
lueip eine äiufeerung bcö am 16. September 1520 Bcrftotbenen «ronec, am eifrigen §i)tcn bo
be* SSotteä ©otteä fei mebt gelegen atä an bet ''Biefefeier. S. lourbe nidjt nur ^rönerä
leftamentäücllftteder, fonbetn au$ fein uom ;iiat erwählter Diadjfolger. 9lnfangö terfa^
£. ^ßfonamt unb iprebigtamt nebeneinanber. Slbcr auf bie flauer Würbe ibm baä
35oppe[amt ju fc^wer. aieäljolb trat er im ^erbft 1521 (23. D(tober) baö ^fanamt an
feinen Sanbömann SK. ^eter ®ieh ob. liefcr Stritt War für ben ®ang ber 3iefor= 65
mation bcrbängni^od. ^afe bte ^Heformotion in ^eilbronn ni^t fo rafi$ gelang, roie
faß unb äieutlingen, [)at eben barin feinen ^auptgrunb, bafe ^ai^mann Bon feiten 1
fatrer# (eine Untttftüfung fanb. 23ie5 War ein fdtwae^er, gciftig Wenig bebeutenber,
,,m m
nbn, ^H
198 Sad^matttt, ^ol^n
leidet erregbarer, unb Dor ben geiftlid^en Obern bangenber 3Rann. S. berfol^ ober bi§
$erbft 1527 aud^ nod^ ben 3)ienft )u ©. Salob bei ben ©onberjted^.
älld ^rebtger l^ielt ed Sad^mann für @l^ren))fltd^t, ft^ ben S)oItortiteI iu ertDerben.
@r h)ar einer jener 16 2)oftoren ber Dlet^te, h)eld^e bie Suriftenfolultat mit brei Sicentioten
Barn 29. 3lt)ril 1521 auf einmal Ireierte (%bpU 2, 536 ff.). SSom 16.— 26.a[t)ril fyOft
Sutl^er in SBormd gen)eilt. UntDiDIürlid^ fe^t man jene auffaEenbe Promotion, toeU^ in
3Sormd boraud äluffel^en erregte, unb gegen h)eld^e ber ^urfürft Subh)ig old gegen einen
3(ft atabemifc^er ^abfuc^t bon SBormd <mi am 27. 9lt)ril (»roteftierte (SQSinlelmonn,
U93 ber Unit), ^etbelberg 1, 213) unb Sut^erd äluftreten in SBormd in SSerbinbung.
10 $at S. bor ber ^romotion in 3Bormd geiDeUt, bann ift ed berftänblid^, ba^ ^eilbronn
bem SBormfer @bitt teine ^olge gab. Salb jeigte ed fid^, ba^ bie abe Jtird^e burc^fSoc^
mannd @influ^ immer mel^r Soben Derlor. S)en Sarfü^em fd^idFte 1522 ein Sürger
l^um @t)ott ein Süd^lein bed @ra^mud, n)ol^l Sberlin^ 6. 9unbe^enof[en. 1524 iinnbe
ber $riefterIon!ubinat berboten, ber SJlorienbienft ber Karmeliter famt ben angeblid^
15 3Bunbem im S^ejember 1524 in $rebigten l^eftig angegriffen unb bagegen loermel^
$rebigt (3. ^ebruar 1525) unb bad Stbenbmal^l sub utraque berlongt, toai ber Sifd^of
9. ^ör; abfc^lug, ben SSarfügem am 9. ^är^ ^i^Dentur, ebangelifd^e ^rebigt unb %m*
l^altung frember 93rüber auferlegt, unb ald fie ba$ SRoJtögebot migad^teten, bie $migt
Verboten (31. SRörj). 3lte ^ort ber Sbangelifd^en galt Sod^mann, ben ouc^ ©^ Don
20 äSerlid^ingen ald Seiftanb feinet $farrerd in 9tedtar}immem )ur 2)ii^utation mit einem
übermütigen Sorfüfeer fid^ erbot, ber aber jtd^ nid^t ftettte.
^m Sauemtriege betoäl^e ftd^ bie 3:reue, ber 3Rut, bie ®eifte^eh)alt unb bie
SSaterlanbdliebe Sad^mannd. älfö ber n)ilbe ^allein Slo^bad^ bie ^eilbronner oufforbcrte,
il^m )u )U)iel^en, „um bie Jlinber ^ixad ind gelobte Sanb )u fül^ren'^ unb bie Säuern beS
26 ^eutfd^orbend il^m mit pfeifen unb trommeln gugogen, moj^nte fte Sod^mann cm 5. itpvl
)um ©el^orfam gegen bie Obrigteit unb nur ^eimtel^r in einer S^f^f^ ^^ toieber^lte
feine SSü^nung am @rünbonnerdtag. !^n i^^^^^^" ^^^ ^^ ^<^ Sa^onn oufd
9latl^aud jur 93egütigung ber erregten Stenge, toa^ ifftn aud^ gelana. 9lld bie Souem
am 18. 3^)ril in bie @tabt eingebrungen h)aren, h)anbte fi^l ber mai )um )tpettenmal
80 an Sac^mann, ber bie 93auemfül^rer |\um 9{ad^la^ il^ l^ol^n ^orberungen <m bie illöfier
unb Jllofterl^öfe, n)ie jum SSer^id^t auf ^eilbronnd 93eitritt unb nt einem erträglich 916»
tommen mit SBimpfen beh)og. 2)ie Un^at bon SBein^berg, bie pünberung bed beutfc^
^aufed in ^eilbronn, ber SSnIauf ber bort geftol^lenen f^c^te burd^ Sürger, bie um
barml^^erjige iBel^^anblung ber unglüdHid^en ®räftn b. ^elfenftein, bie lange bor bem X^or
8ö haarten, im äBirt^l^au^ älufnal^me fud^en unb bergeblid^ tnn Sorfd^u^ beim 9tat bitten
mu^te, em})örte ilj^n aufd tieffte. 3lm 8. 3Kai l^ielt er ben 93auem in einer britten S^
fc^nft bad @efd^id( aller älufrül^rer bor älugen unb mal^nte fte bei ber l^erbeieilenben
Strafe nid^t )u murren, fonbem ftiDe ^u fein (Sad^amon 3., 2)rei 6]^riftlid|e ermanung
an bie Sautoerfd^afft, bie )bu, el^e fie Dor 2Be^nft)erg gebogen, bon jjrem fümemen ab»^
40 ftel^en. 3)ie britt na^ ber ©retoenlidf^en tl^ate gu SBe^nfjjerg berloffen. &Mec, ^cä. %<wn
1525. 4. 10 81.). 3)ajR £. fte auf einem SBagen ben Säuern geprebigt ^obe, ift eine
burc^aud ungegrünbete ^nfc^tilbigung ber älltglöubigen.
3Rit bemfelben unerfc^ütterlid^en 3Jlut h)ie ben Säuern trat 2. aud^ ber SReoItion in
^eilbronn entgegen, too man eben noc^ im 9lat Sad^ntannd Serbienfte um bie Stabt in
45 ber fd^toerften 9lot gerül^mt l^atte, er Ij^abe ber ©tobt h)ol^I 2000 p. erfport. 3eftt er*
^oben bie altgläubigen ®eifter im 'Siat im Sertrouen auf bie ©iege bed Xrud^fe^ bon
SBolbburg unb bie ftreifenben SReiter be« ©d^toäbifd^en Sunbed bod ^oxtpt, bie 9te^rma<
tion follte nic^t^ ol^ ^c|erei unb Sul^lerei fein unb fc^offe Slufrui^r. 2)0 l^ielt 2. bem
9tat ol^ @rgcbni^ be^ alten @laubend unb ber alten fitird^e bad böfe ©pnc^toort Dor:
60 ein §cilbronner ©cbot h?ä^rt bon elf bi« SKittag (11 U^r). 3)er 5ßrebigt be« Söon»
gelium^ berbanfe ber 9tat bie @ebulb ber ©emeinbe. 3)tit bem befc^menben ßintoeid
auf ben eüangelifd^en ßifer in 3)örfem unb SBeilem, bie ftd^ Weniger bor ben §emben
be^ neuen ©tauben« fürd^ten, ol« bie ^etlbronner in ilj^rer Slingmouer, berlangt et 9e«
ftellung eine« ebangelifc^en Pfarrer«, @infül[;rung be« ebongelifd^en Slbe^ibma^l«, t>enne^
66 ^ßrebigt, 2lbfd^affung ber unnü^en geiertage, gur SScfper^eit ^Jfalmengefong unb Sudlegung
be« SBorte« ©otte«, SSerbot ber SefcBimpfung be« neuen ©lauben«, Seftrofung ber Saßer,
©otte«läfterung, (S^ebrud^, ^urerei, @^icl, SBuc^er, ^utrinfen, unb ebongelifc^ 9lrmen<
fürforgc. 3" ^^^^ Überrofd^ung fallen bie altgläubigen, bafe £. feinen ©cj^ritt Bwt
l\urüdhoid^, n^öl^renb fte mit bem ©ieg über bie Souem oud^ über bie Sieformation geftegt
60 }u ^ben toasten, ^a £. h)ogte e« fogor am 20. Wpnl 1526 mit Sarbara SBSei«»
Saifmann, 2So^nn 199
bionn, b«r Zod^ter eined ^annengte^erd unb SSürgermetfier^, in ben @^eftanb ju treten
unb ber bifd^öfltd^en Sorlobung, bie nun an i^n unb bte beiben anbeten eDangelifc^en
$rebt0er eratng, leine $olge )u leiften, ba fie in leiner SBeife le^erifc^ unb aufrU^rerifd^
toiber bod miferKd^e SRanbat ge))rebi9t, fonbem nur ^etj^an })äam, h)ad ü^nen ber SBei^-
bt{(^of bei ber SBei^ jur ^flid^t gemacht l^abe, bet il^em Seelenheil ba$ StKxngeßum 6
aUer Jlreatur }u ^rebigen. 3)er dlat h)ied ben 93if(i^of ab, inbem er ftc^ auf bie ©tim-
mung ber ®emeinbe berief unb auf ben günftigen äludfaU be^ Sleic^dtagd m Bptm
toartete. Sro| ber SSerunglim^fungen bed ^farrerd, ber auf ber jtan^el Sad^mann,
ben mutigen Sdenner im Sauemtrieg, unb feine ®enof{en, ,,bie Sut^er ^um Slbgott
ma^Kn", al^ feige Seute audfd^rie, h)eld^e bad S3eil nid^t m tveit tverfen, bag fte e^ lo
toieber ^olen lönnen^ anbere £eute ind 93ab fe^en, aber felbft nic^t fc^h)iken tooQen unb
auf Sttngmouem pod^en, toöl^renb bie Sl^oftel Dor bad älngefid^t ber ^rften getreten
fden, tro( ber 3)ro^ungen eine^ Sürger^, ber mit eigener ^uft ^e|er erf^Iagen h)oIIte,
tn>^ ber 9efd[fim))fungen, bie über Sad^mann unb feine ^au ergingen (gelber Sedter,
i5itre) ging bie Sac^e bed @bangelium^ bortt)ärtd. Sad^mann begann mit Jlnoben unb 15
uRäb(^en ben loted^etifd^^en Unterrid^t. 3)er altgläubige @d(iulmeifter fal^ feine Stellung
für iKrloren an unb gab fein Slmt auf. 9(n feine ©teile trat Ra\pax @räter (Dgl.
8b 7, @. 58), ber Sad^mann bie religiöfe Untertoeifung ber ^ugenb abnalj^m unb für biefen
3tDe<f feine „Sotec^eftd'^ 1528 l^erau^ab. üJtit @mft ging S. aller Unorbnung im ®otte^
btenft unb Seben mSeib. 9ln ^immelfal^rt 1527 berlieg er bie Jtanjel, ol^^ne ju prebigen, ao
ba man nad^f latbolifc^ äBeife ben ^eilanb ;ur Jtird^bede em^or gebogen unb bafür
fiorten l^era6geit>orfen l^otte, tooburd^ in ber Airc^e ®etümmel unb Staub entftanben foax,
tDo^enb man in t^iMd^ter SBeife über bad ebangelifd^e ätbenbma^l fpottete unb bem
Snftonb unb ber Sittlid^Ieit $o^n fpraA (nadte ^rue, ^äger 76). @nblid^ am 28. 3())ril
1528 tpogte ed ber dlat nad^ einer älnfrage in ^all, bie ermutigenb auffiel, bad älbenb- 25
ma^l unter beiberiet ®eftalt feiern )u laffen. älllerbingd lub ber SSifd^of jekt alle ©eift^
Itc^ t>on ^eilbronn nad^f SBünburg. äBol^il tvagte ber 9lat junödbft nic^t, bie ^er
toeiter }u gefUitten, unter bem SBorhKinb, ed fehlen bie 3)littel, cwer S. rul^te ntc^t. @r
^dt bem älot feine Unbeftänbigteit Dor. ^eilbronn, l^eige e^, fei böurifc^, toenn SBauem,
bunbtfc^, toenn Sünbifd^e (Steiter be^ @c^h)ä6ifd^en 93unbe^), ebangelifc^, h)enn StKxnge:: ao
Itf^K ba feien.
1529 fd^Io| fid^ ^eilbronn ben $roteftierenben in @t)eier an unb nal^m 1530 bie
&dfiaxLbad^ mtitd mtt Sludnal^me bed 17. an, lel^nte aber auf Sac^mann^ 9iat ben
Eintritt in ben ©c^maSalbifc^en 93unb gleid^ 9lümberg, 93ranbenburgs3ln^bac^ unb ^aK
ob, ba 2. ben bewaffneten äSSiberftanb gegen ben 5laifer mißbilligte. 9luf bem Steic^- 85
tag }u Sug^urg lie^ ^eilbronn bem ^aifer ein t)on Sad^mann berfa^ed Selenntni^ ober
rii^t^er eine SarfteQung ber 9teformation unb be^ ^ird^entvefen^ in ^eilbronn überreid^en.
2)ad @(^ftftüdt jeigt, h)ie ber {ati^olifc^e unb ebangelifc^e @otte^btenft nebeneinanber
^erging. S)er Pfarrer foQte in feinen $farned^ten ni(|t getränft Werben, aber S. I^ielt
boneben ©otte^bienft, älbenbma^l, ^ufe, nid^t aud bem 2Ba))tifterium, fonbem aud bem 45
Seden auf bem ittmioltax mit frifd^em 2Baf{er gam in ebangelifc^er äßeife mit feinen
®e^fen. ©efungen Würbe lateinifc^ unb beu^c^. Sin ben SEBod^entagen Würbe täglich
obwec^felnb über 1 SRofe, $etri= unb ^aulibriefe unb ^abahtl ge^rebigt. 3Benn ^eil^
brmrn au^ bie Xuguftana nic^t fofort unter^eid^nete, fo DerWarf e^ boc^ nac^ einer
träftigen Srmo^nung ^d^mannd ben Sleid^^tag^bf c^ieb , nad^bem am 17. StoDemberis
beibe State unb am 24. 92oDember aud^ bie SSürgerfd^aft ftd^ eiblic^ jur Sreue im ^aQ
ber 92ot t>ert)flid(ftet Ratten.
9hinmd^ ging ber 9tat, gebröngt t)on Sac^mann, @d^ für @d^ritt Wetter, Verbot
bie fflei^ be« 2:aufWaffer« am 21. SKärj 1531, mißbilligte bie gortbauer ber 3Jleffe in
ber ^farrfird^, Wofür bie $riefter (»rebtgen foQten. 2)a^ ^aftengebot ^atte man fd^on 50
1530 oufgel^oben. Stm 8. ^ejember 1531 morgend lieg ber^at burc^ bie gan^e @emeinbe
bie beborfte^be 9leformation gutl^^eijgen. 92ur ein Bürger Wiberft^rac^, ber aber fofort,
aU man i^ bad Bürgerrecht tünbtgte, einlenfte. 3)ltttagd Würben fämtlic^e ^riefter,
bie iUdfter unb ber Aommentl^ur bed beutfc^en ^au(ed jur älnna^me ber 9ieformatton
aufgeforbert S)ie $riefter mit bem Pfarrer fügten ftd^. 2)ie Jllöfter unb bie 3)eutfd^:: 55
^erm toetgerten ben Seitritt )ur Sleformatton, Worauf i^re ^ird^en gefd^loffen unb ben
flormeCitem i^ Wunbertl^iätiged Warienbilb genommen Würbe. @tne Disputation, auf
ber bie SRönc^e i^e @a^e Dertetbigen Wollten, unb Woju ber 9tat Bren^ Don $all,
Slorer txm Solingen, t^an^ l^renicuS t)on @emmingen unb Seml^. äßur^elmann Don
&iftoa\^ttn beijiel^ Wollte, }erfd^lug ftc^. 2)er äßiberftanb ber alten Rxxd^t im großen go
200 Sad^mattn, ^otyinn
foax Qcbrod^cn, h)cnn auc^ ber ®eutf(f>orben für feine Äird^e ben alten ©otte^tenfl M«
bel^telt unb Sarfü^er unb Karmeliter bem 9lat nod^ lange, befonberd im ^[ntenm, triel }u?
fd^affen machten. Um bie $rtefter m brauchbaren Wienern beS ©Dangeliumd ^eron«
jubilben, erbot fid^ Sad^mann, jh)eimal h)5d^entlic^ bie Sriefe $auli ju erfldren, Jt ®räter
5 foQte bie ^ropl^eten bortragen, älm 24. äluguft 15B2 lonnte eine neue el>angeltf(^
©otte^ienftorbnung eingefül^rt Serben (Säger 240). SBar bie altgläubige gartet ^
paaren getrieben, fo mad^ten £. bie SBiebertäufer, n)elc^e 1526 Don Spngen f^tt ein«
gefc^lid^en tparen, unb bie Siberttniften Diel 3u fd^affen. Se^tere lernen toir aud ®täte(9
@d^rift, „\>a^ ber Sl^riftlid^ glaub'' lennen. 3^^^ h)ieber mal^nt ll^ac^mann jur (Sin*
10 fül^^rung ftrenger ßuc^t, benn auf ben 3unftftuben mad^te ftd^ gro^e ©enu^fud^^t geltenb,
ate toollte fte aUed, foa^ '\\)x bie ^ftengebote ber Kird^e einft Derfagt, j|e^ l^eretnbringen.
®urd^ alle feine SKalj^nungen gel^t ein ernfter, aber treu h)ol^lmeinenber, ibatriottteer 3&m.
®r fd^reibt gern an ben 3lat „euer ?Prebiger unb SJlitbürger". Dem 9tat ^t er am
26. Steril 1534 bor, ba^ e« nidbt genug fei mit bem etogl. Sefenntni«, man muffe emffc
16 lid^ bie Safter [trafen unb bad Sbangelium nid^t ^um @d|anbbedCel mac^ @r toiD ober
feine SRai^nung lieber fc^riftlid^ an ben 9lat bringen aU auf ber Jtan}el.
2Bie aud^ ®räter fagt, h)ar bie Srbeitglaft für S. Sabre lang faft übergroß ©r hai
um @rleid^terung. Der 9tat tüoüU @rlSi. @(^ne)}f al^ jn)eiten $rebiger S. an bie @eite fidlen.
3Ran berl^anbelte mit il^m Slnfang 1532, aber berSrat mu^ eingefel^en l^aben, boft 6(^e)>f
20 nic^t h)obl alc; )h)eiter $rebiger nac^ ^eilbronn lommen tonnte. 9(m 20. ÜKoi 1533
n)urbe m. 3Renrab SRolter aud Slua^burg ald S.d ©el^^ilfe angeftellt, 1536 anftatt be^
unjuberläffigen S)ie| £.« treuer SKi^treiter Igol^. Säerfid^ jum ^Pfarramt berufen. 2., ein
inniger ^eunb bon l^ol^. Srenj, l^atte fic^ ftetd al$ ©egner bed 3^inglianidmud unb 9ln*
l^änger Sutl^er^ beh)iefen, h)enn er aud^ 1527 gegenüber Don ^efd^ulbigungen ber Sllt^
26 gläubigen ertlärte, fiutl^er fei nid^t fein „2lbgott", er l^e oft in feinen $rebigten gefogt,
man foll toeber lut^erifd^, noc^ ölolamjjabif^, noc^ jtoinglifd^ fein, benn, fintier, Defc
lamjjab unb 3^'"0l' f^^ SKenfc^en, fonbem man foll ^riftifd^ fein. 5Wit Dotter Über«
}eugung l^atte S. ftc^ 1525 am Syngramma suevicum beteiligt unb ftetd mit Sren)
unb @(^ne))f treu )u Sutl^erd @a^e gel^alten. 3Roc^te aud^ fein ^reunb unb Slad^bor
30 SWartin ©ermanu« Don gürfelb fid^ 1529 bem 3h)i"0KÄni^«'w^ jutoenben (Säger 147),
SKeland^t^on l^atte nid^t nötig, S. am 3.!3uni 1530 Dor bem 3h)ingliani«muö ju h>amen
(CR 2,30). aud^ afe »u^er auf ber »lüdUcIS^r Don ©d^toeinfurtperfönlic^ 3lnfang3Rai 1532
nad^ ^ürfelb unb ©emmingen fam, um feine älnl^änger )u ftär!en unb neue )u gelDtnnen,
unb biefe nad^ einer 3ufammen{unft am 22. 3Rai aufd neue im 5lraid^gau h)arben, ftonb
86 £. treu ju Sutl^erd ©ad^e. äluf 15. äluguft ^atte er S3ren) unb bie lln^ger Sut^etd,
Srenicu« in ©emmingen, SBurjelmann in @d^h)aigem unb SBolfg. ©tier (3^ru^) in
Orenbelfatt m ftd^ eingelaben, um mit bem ^l^^rer ber Su^erianer, ©ermanud, tu Der«
l^anbeln uno Don i^m ein Dotte^ 93efenntni^ m Sutl^erd äbenbma^läe^e )u forbem
(Äeim, ®fjl. SWef. 931. 118 2lnm.). Dafe Säuger felbft in §eilbronn getoefen, lofet fid^ in
40 reiner SBeife beh)cifen. 3" ^^^^ ^^^^ Sld^tung £. ftanb, betoeift nid^t nur ber jtoeite
©rief ?Dtelanc^tl^on« an S. Dom 25. 3lj)ril 1535, in toelc^em er il^m ben ougcnleiDen»
ben ^aiti). 9teic^enberger em))fal^l, il^m über bie neue äludgabe ber Sinologie unb ber
Loci berichtete unb feinen @d^h)ager unb feine Sd^loefter burd^ £. grüben liefe (CR
2, 871), fonbem auc^ bie el^renbe SBibmung Don 3Kelanc^t|>on§ Enarrationes in psalmos
46 aliquot burc^ ben S)ruder ©e^er (In Psalmos aliquot Davidicos Phil. Mdanch-
thonis enarrationes doctissimae Hagennoae 1528).
Über bie le|te Scben^jeit 2.« I^errfd^te bi« je|t grofee 33erioirrung. 2. fotttc noc^
1548 gegen ba^ l^nterim eine Exhortatio ad constantiam an ben ^at gefc^rieben unb,
al^ ber viat bennod^ bad 2i"^^^ annahm, fein älmt niebergelegt l^aben unb bann Dei»
60 fd^otten fein (Säger 271, 272). 3)iefe Slnnal^me unterlag fc^on bi«l^er ben größten Se»
beulen. 3)ie ßinfül^rung ber an ber §aller orientierten Äir(^enorbnung Don 1543 o^ne
9)tith)irlung 2. afö 2eiterö ber §eilbronner Äirc^e ift gerabcju unbenibar. 3lber obgleid^
alle §eilbronner Kird^enbiencr bobei um ilj^r ©utac^ten angegangen lourben, toirb 2. mit
leinem SBort erloä^nt. Überl^aupt erfc^eint er nac^ 1537 (3)ienfi;tag nad^ S^reüönig,
66 9. Sanuar, Auftrag m einem mit SKolter, ®ie^ unb Rre^ gemeinfamen ©titad^^ten
über ;iugcfanbte Slrtirel, loolj^l im 3wf^*"'"^"'^^"0 *"i* ^^"^ ^0 • ^ ©d^maHolben,
23. Dftober ßinlabung ^um §afenma^l, 11. ®ejember 9Serfdf>reibung an bie Jlinber f einc6
Derftorbenen SSruberö ©eorg) nic^t mel^r in ben Slften. älm 28. Januar 1539 aber tüiib
ba« Slmt be« ^rebiger« mit ber SBol^nung an Wl, SKolter übertragen, ber bie ^räbilotur
60 fc^on einige Qtxt Derfe^en l^atte. 1540 aber (S)ien«tag n. pubica) toerben SSormünbcr
iaifmann, l^oJ^tm Sacurbaire 20t
für bed ,,Dr. ?ßrAtflcrö" Ähiber nad) bem 3!ob il^rcr ©ro^mutter bcflellt, 1542 crfd^eint
old itoeiter ®atte ber SBtttoe Sad^mannd ein @e. ^tnb! t)on ^errenberg, ber ^tendtag
luu^ Xrtnitatid um ba$ $eiIbronner 93ürgerre(^t bittet. ®d fann alfo tein ^tD^\\d fein,
ba^ Sac^onn im ^alft 1538 geftorben ift, unb }h)ar tüol^I im @ommer ober ^erbft,
nad^bem er nod^ ben Seitritt ^eilbronnd utm @(i^mallälbifd^en 93unb erlebt l^^atte. WU 6
lulong toirb bie Smttolebigung unb bie äserfei^ng be^felben burc^ 3)lo[ter nic^t getDÖi^rt
laben. SHe SSonebe R ®räterd )u feiner ©c^rift Dom c^riftlid^en @[auben beutet fd^on
an, bog £.d ilraft ber großen älmt^laft mit ben oufreibenben ffäm))fen nic^t mel^^r gan)
getaxic^fen toor. ^n lange l^atte er bie i^ilfe eined jtDeiten ^rebigerd entbel^ren muffen.
90^ ein O^fer feiner Slmt^treue ift er frül^^^eitig }ufammengebroc^en, h)ie @am in Ulm. lo
£.0 (S^cdEtörbilb }eigt atö l^ert)orfle(^enbe 3üge einen feingebilbeten, l^^umanen unb l^umor-
twikn @A% eine fefte tlberjeugungdtreue unb einen unbeugfamen Wut, ber feine Ru^
geftonbniffe, leine ^rd^t h)eber nad^ oben nod^ nad^ unten lennt, ber ebenfo bem ^ot
tote ben tonlb erregten SBouem bie SBioiSirl^eit fagt, einen emften @inn, einen ^eiligen @ifer
gegen bad Softer unb oEed juc^tlofe äßefen in allen Stänben, einen frommen äBanbel, i6
eine glü^be SSaterlanbdliebe; gei>aart mit Seutfelig!eit unb ©aftfreunblic^Ieit, toelc^e
ee^ Tii^mt (S)ie Exhortatio gel^ört in ben 3lo\>. 1530.) &. »offert.
gacmiibe f. S5b VII ©. 268, 55—271, 6.
Sacorbairf, Soi^ann Sa^jtifi §einric^, geft. 21. Slobember 1861. — HRonta::
lembert, Le P. Lacordaire, ^arid 1862; %ib. be 93roglie, Discours de r^ption ä TAca- 30
d^iefran^aise, 1863; le $. (S^ocarne, Lacordaire, sa vic intime et religieuse, 2 $be, $arid
1866; ^oura^. Demi^re Maladie et mort du R P. Lacordaire, ^arid 1868; ^. ^inarb.
Ckirrespondance in^te du P. Lacordaire, pr^c^ee d'une ^tude biographique et critique,
*ori« 1860; a)uc be ©roalic, Le P. Lacordaire, «ßari« 1889; ©. ^. Sollet, Lacordaire,
in. in La Grande Encyclop^die, 93b 21. (Sine beutfc^e iBiogra|)^ie üon iBleibtreu, $ater 26
2acorbatred 2tbtn unb SSirfen, Srreiburg 1873.
!3o^ann 8a))tifl ^einrid^ Sacorbaire tourbe geboren am 12. SKärg 1802 in SleceV»
fur^Ouxce (6ote b'Dr). 9fia(|bem er ba^^ ©^mnafium Don ^ijon „mit jerftörtem ©tauben
unb bebro^^en Sitten" (Mtooires) Derlaffen, ftubierte er bafelbft bie Slecpte, Derbanb jebod^
bannt bod Stubium „ber l^ik^ften Probleme ber $l^ilof opl^^ie, ber $olitiI unb ber Sttteratur". so
SKc^ ate Soltaire, jog il^n 3- 3- SRouffeau an, ber auf il^n „einen ^avbzt ausübte,
ber jutoeilen fe^r tool^U^uenb ift für junge 2tntt bie alle ßl^rfurd^t Verloren l^aben" (Srief
toom 30. Spi 1855). ®r h)ar 3)eift, jebod^ Doller Setounberung für ba« ßbangeKum,
unb ber Sleinung, eg fönne ^anlreid^ erft h)oblerge^en, h)enn e^ Jjroteftantifc^ h)ürbe
(Notes de famiUe). Sd^on im Igal^re 1822 begann er in $arid feine stage old 85
Stonbibot ber 9(bDotatur unb fc^ien in juriftifc^e ©utad^ten Derfenft. Slber feinem feurigen,
mit aller ©nergie auf ein fefte« 3'^^ lo^bringenben ©eifte genügte biefe SBeltanfdfjaus
ung md^ft. Samennaid, Essai sur rindiff^rence, mad^te tiefen Sinbrud auf i^n,
tD^^oIb Sacorbaire au(| bad fc^i^nfte 2Bert Samennai^' genannt tpurbe. 3)lontalambert
nennt feine Sete^nß eine ur))l5^lid^e (un coup subit de la gräce), jebod^ fd^eint fie «o
toidme^ eine allmäi^lid^e getoefen ^u fein. 1823 fd^rieb Sacorbaire an einen jungen älbbos
loten: „3(^ l^beein fel^r frommet ©emüt unb einen fel^r ungläubigen ©eift. 3)a e« jebod^
in ber Statur ber 3)inge ift, bafe ba« ©emüt fxd) ben ©eift unterwerfe, fd^cint mir hja^rs
fd^einlic^, bofi id^ einmal ein ßlj^rtft tocrbe." Slnfang^ 1824 fc^rieb er an einen anberen
greunb : ,4wnnft bu glauben, bafe id^ jeben 2;ag me^ ein ßl^rift toerbe ? Diefer pro- is
grcffiDe Umfd^^tmtng meiner Überzeugungen ift fonberbar. 3^ f^^d^ ^^ h^ glauben, imb
bodb toor i^l nie me^ $l^ilofot)b ol^ j^t. @in tvenig $^tlofot)l[;ie entfernt t)on ber
Steltgion; tM 5ßl^ilofoj)|ie bringt jur SÄeligion gurüd." Unb am 11. TOai be^felben
3a^rt^ : „^d^ toerbe morgen frü^ in ba« ©eminar Don @aint5Sult)ice eintreten". 3)a^ G^riften^
tum erfd^ten i^m al« bie unentbc^rlic^fte ©runblage jebcö fojialen menfd^li(^en Scbcnö ; w
ba ber 3Rm\df für bad S^f^mmenleben gefd^affen ift, fo toar i^m ba« ß^riftentum unb
fimrit bie !ati^olifd^e Äird^e ein Slsiom, eine 9Joth)enbigIeit für ben yKenfd^en. @x felbft
fogt: „9Rft 25 3^^^^^ fwd^t ^w« ^^^^ ©«ck nur il^r Sebcn ba^in gu geben. Sie t)er'
Uaigt toom ßtmmel unb Don ber @rbe nur eine groge @ad^e, um il^r mit 9lufo))ferung
Sbtenen ; fie ftrömt öon Siebe unb Don Rraft über." ®r entfd^lofe fid^, ber Sad^e be« k
olte, bergwiij^eit unb ber Rird^e gugleic^ ficb gang ju h)ibmen. ©ein ßntfd^lufe toar
im^t ein 9^ ber Selel^ng, fonbem ber äluffd^h)una }u einer neuen lird^lid^r^bemotratifd^en
Slomontit. 3m $riefterfeminar Don @t. Sulpice fanb er fic^ nic^t in feinem Elemente;
202 Sambam
ber ©aHifantemu^ ber ^rofefforen erfd^ien t^m oI« eine l^öfifci^c übertünd^tc 6im>önmfl,
ate eine Teilung ber einen SBal^rl^eit, ba« SlationoKird^entum ofe 8rütofen ber ^drejie,
bie bem $a))fttum burc^ ben @taat entgegengefteUten ©d^ranlen ate Sefc^anhtngen
(temp^raments), toeld^e (Sott felbft auferlegt h)ären. 3)ie erfte ^rebigt, tod^c er Dw*
5 legte, n)urbe t)on ben Seigrem ^al6 atö ©dimatiod; i^olb atö ftnnlod, im gangen oü
läd^erlid^ recenftert. 3m ^af)xt 1827 erl^ielt er bie ^rieftertoei^e. ®r fd^lug mehrere 3fe
fteUungen ab, auc^ einen 9luf nad^ 9iom, atö auditeur de la Rote, ber i^n ju ben
f^öc^ften äSBürben gefügt l^ätte : ,M^ xä) mid^ entfd^lo^, in ben geiftlic^ Stanb ju treten,
fc^reibt er, l^atte ic^ nur @ind im Sluge: ber Jtirc^e )u bienen burd^ bie 9lebe (par la
10 parole). 3^ ^^^^ ^i" einfacher ^riefter Serben, unb toaWc^rinlic^ einmal ein Mftöm^''
(religieux). 3)od^ fagte il^m ber 5Pfarrbienft in einer ©emeinbe h)enig gu. 6r tmirbe fbjn^
monier an bem ^lofter de la Visitation, unb ettoad f))äter aud^ an bem colldgeroyal
Henri IV., h)o fein SBiberh?itte gegen ba« ®r«el^ung^f^ftem ber Uniöerfttöt mit jdJem
3kxge größer tourbe. — S)e Samennai« (f. b. 21.)/ 3Kontalembert unb Sacorbaire be?
16 grüßten in ber ^uUreüolution 1830 bie 3c^^6ung ber @Ilat)entetten, n)obur(^ bie 5Hr«^
an bie t)olitifd^e Legitimität unb an bie Sleftauration gebunben toar. ^fyc äBo^lfpnu^
h)ar: (Sott unb bie ^ei^eit, ober — ber ^at)ft unb ba« 3Solf mit allgemeinen Stimm«
rec^t unb freier Slffociation. 3)iefe unb bie ®eh)iffen«frei^eit machten fie })raltifd^ geltenb,
inbem fie im Oftober 1830, ol^^ne t)on ber (»riDilegierten Uniberfttät bedStaated {t$ boju
20 @rlaubni$ einjul^^olen, eine @d^ule errichteten. S)ie ^oligei fc^lo^ biefe @d(iule, unb ba
Snontalambert t)on ^ol^^em älbel toax, erfd^ienen fte im @e}}tem6er 1831 bor bem ©end^^td^
l^ofe ber $aird. Sacorbaire (»latbierte, inbem er ftd^ auf bie allgemeinen 93erf)>re(^ungen
bed Sürgerfönigtum« berief. 2luf bie 2lnllage: „3)iefe $riefter bienen einem fremben
terren," erh)iberte er : ,,393ir bienen 6inem, toeld^er nirgenb^ fremb ift, toir bienen
_, Ott." Sie tourben jeber gu ^unbert jjranfö unb in bie Äoften t)erurteilt; il^e @d^
blieb gefdf^loffen. ©Icic^geitig lourbe i^re g^^^f* „Slbenir", toeld^e grofted Sluffe^
gemacht ^atte, Dom ?Pa})ftc berbammt. 63 rächte fic^ nun an il^en, bafe jte bie grei^
gu^leid^ im mobemen bemofratifc^en unb im ultramontanen ©inne gefaxt Ratten, gacor»
ban:e untem)arf ftc^ ber ))ät)ftlic^en Sntfc^eibung unb bet^ätigte bied bur^ eine Sieife na(^
80 9lom. 9lac^ ^ariö jurüdgefel^rt, toibmete er ftd^ ber Serteibigung ber Äirt^enlebre bur^
Conferences, treidle nic^t blo^ t)on ber ^ugenb eifrig gel^ört h)urben. @r fud^te nai^
juloeif en, toie bie gbeen ber grei^eit bon ber Äird^e in allen ga^rlj^unberten gel^egt tourben ;
mbem er bie Unterfd^iebe ber ©runbanfd^auungen bertoifc^te unb bie Kultur feiner 3^
aU $ebel benü^te, h)u^te er bie ^^antafte t)on ^unberten in l^lle t^lammen ju fe^en.
36 Seine natürlid^e, feingebilbete ÜRimif trug Diel gu feinem ©rfolge bei. 3)ie ultramontane
(Sefd^ic^t^bel^anblung tourbe Don Äeinem glänjenber, blenbenber geübt, ald in feinen geijis
reichen Vorträgen; ber Dom Don Slotre 3)ame füllte fid^ fd^on Stunben Dor feinem auf»
treten mit Damen unb SKännem ber beften ©efeUfc^aft. 6« toar il^m aber nid^t blojl
um })erfönlirf^en 6rfolg pi Ü)\in; er glaubte bem 3^^0^f*^ ^ entfjpret^en, inbem er in
40 einer Don gefäl^rlid^en ^been gärenben 3^^ ^^^ ^rebigerorben in fjranlreid^ erneuerte,
um in jenen ba^ 6c^tc Don bem Uned^ten gu fd^eiben. Dober begab er fu^ im ^äiftt
1838 abermate nac^ SRom, too er, anfangt 1839 ein „Memoire pour le r^tablisse-
ment en France de TOrdre du fröres pr§cheurs" Derfa^te, in h)eld^em er folgen*
ben auö^ruc^ t^at : „Die TOönd^e unb bie ßid^en ftnb eh)ig." 3lm 9. 9toril erhielt er,
46 mit noc^ gtoei anberen ^rangofen ba^ Drbenäleib in ber Dominifanerllofternrdjfe SKinetDa
unb mad^te bafclbft fein 5RoDij\iat.
95alb barauf nac^ ^anfreid^ jurüdtgclcl^rt, iou^te er befonber« ba« Dffijierlor^ Don
ÜRe^ für feine Sbeen ober bod^ für feine SSorträge ju begciftem; e« ift ^afterifitf(^,
bafe feine Seid^enrebe auf einen ©eneral au« ben großen Kriegen (Drouot) für feine
60 fd^önftc po^ulärfte Siebe gilt, ^n feinem geben be« ^l. Dominien« ^t er bie Slutgerh^te,
h?eld^e ber Drben leitete, toeielid^ in ben §intergrunb geftetlt. — infolge ber ^ebruor^
reDolution 1848 tourbe er in bie SlationalDerfammlung geh>ä^lt; ba er aber burc^ fein
Sefcnntni«, ba^ er Se^jublilaner fei, fid^ einen SJertoei« feiner Oberen jujog unb bie
SKeftauration ber nur überrumpelten fonferDatiDcn ©clbmäd^te auffteigen fa^, trat er, ber neue
65 9Sorfämv>fer be« nieberen Solle«, beffcn 2eiben unb D^jferfreubigfeit er mit teilne^menbem
3beali«mu« auffaßte, au« ber SlationalDerfammlung unb })rebigte h)ieber fleißig in $ari«.
aucb feine fire nouvelle, eine 3citfdf)rift, lie^ er al« gel^orfamer So^n ber Jltrc^ ein»
gelten. 3m ^ai^xc 1850 reifte er nac^ 9lom, um bie Sac^e be« (grjbifd^of« Don^ari« ju
führen, h)eld^er ben realtionär ultramontanen UniDer« Derbammt ^atte. ©lütfte t^
60 biefe« aviöf nic^t, fo fe^te er e« hod^ burd^, ba| ^anfreic^ al« eine befonbere ^roDni)
Sacurbatre Lactantius 203
b«Ä ^omtnifonerorben« fonftituicrt unb er il^ aU ^robinjial t)orgefe|[t h)urbe. 3lai) bem
lunjolcomfd^en ©taotöftreid^ bon 1851 h)ctflcrte er \xd), feine 3:^ättgfett in 9Jotre 3)ame fort*
jtff^cn, unb entfernte ftc^ bon ^ari«, unter bem Sortüanb ber Sifitation bc^ Drben« in
$ouonb unb ©nglonb. Slur noc^ einmal Jjrebigte er in ber ßaujjtftabt, in ber Äirc^e
6t. SUx^, am 10. fjebruar 1853, über ben %^: Esto vir. ©r eiferte gegen ben aKi|- 6
btaad^ ber ®eit>aU, unb rief gum ©d^Iufe ani: „Sluc^ id^ bin eine ^ei^eit, barum mufe
ic^ l>af(^toinbett !" S)ie SRegierung »erlangte nun feine Entfernung auö 5Part«. ®r ^ielt
feine lejien Äonferenjen in 2!ouloufe (1854), unb h)ibmete fu^ bann ganj ber 3w9«i*>-
erjie^ung, guerfl in DuIIin«, bann in ©orreje {%axn)\ too er feine legten £e6en«ial^re ju«
bta^U, Sine (e^e @^re n)urbe i^m nod^ ju teil, bie '\\)n auc^ noc^ einmal nad^ $art^ lo
jurüdfü^; er tourbe an bie Stelle Don 3;ocquet)ilIe in bie Acad^mie fran<;aise erh)ä^lt.
©eine Sftebe, toie bie Don ©uijot, ber il^n in cmj)fangen l^atte (Januar 1861), erregten
grofee« Süffelten, ba ber S)ominiIanermönc^ ba« £ob ber SBerfaffung ber bereinigten
Staaten Smerilad audft^rad^, unb ber ))rote[tantifd^e @uijot bie n)eltli(^e SRac^t be$
3Jaj)Ptumö öerteibigte. fiacorbaire ftarb am 21. Sloöember 1861 ju ©orreke (lam). is
Socorbaire« ©c^riften toirlten nic^t fo bebeutenb h)ie fein J)erfönlid9e^ auftreten.
3)0^ Seinfie über feine ?Perfönlic^feit unb feine ^been pnbct ftd^ in ben Causeries de
lundi t>on ©ainte SeuDe unb in ber Revue des deux mondes Dom 1. Wai 1864 in
einem Xrtilel Don 6^. be 5Kajabe. 3)iefcr d^aralterifiert bie ^auptfdbriften, toeld^e nad^
Socotbaired 3;obc über i^n, „ben ©d^ulmeifter unb ba« ÜRitglieb ber älabemie", erfc^ienen, 20
namlt(^: Correspondance du r^v. p^re Lacordaire avec madame Swetehine,
publik par M. de Falloux 1864. Lettres du röv. pöre Lacordaire ä des
jeunes gens, publ. par Tabb^ Pereive 1863. SKontalambcrt \pnd^t folgenbe« Urs
teil über il^n oud: „Sei aßen geiftigen 3Biberfj)rüc^en bleibt er für un« alle ber SJlann,
toelc^ mit bem grölen auffeilen, mit einer Derfül^^rerifd^en lü^nen Originalität bie @^re 25
bed $riefterd unb ba« männlid^e ®efül(^l eine« 5linbe« unfere« 2la^r^unbertd erhalten
^" — ©id^ Jelbfi nannte Sacorbaire einmal: einen bußfertigen Äat^olilen unb einen
unbulferttgen liberalen.
Sacorbaire« fömtlid^e ®erle erfd^ienen in ?Pari« in 9 Sänben 1872—73 (nouv.
Äiit) ; feine 5Prebigten unb Sieben erfd^ienen in 4 95änben : Sermons, Instructions et ao
aDocutions, ^ariS 1886—88. 1886 erfd^ienen aud^ Lettres ä Gh. Foisset, $arid,
2 Sonbe. (9iettf^att f) d. ¥fettber.
Lactantius Ij. Caedlius Firmianus. — ^iblioorap^ie: Bichardson, Biblio-
gn^»hical Sjnopeis (The Ante-Nicene Fathers, Suj^lement), Buffalo 1887, p.77sq.; U. Che-
valier, B^pertoire bibliographique des sources hist. du moyen-äge 1338 s. 2702. 85
Siudgaben. ®efamtaudgaben: Editio princeps: Subiaco 1465, gebrudt üon (Son«
rab Sroel^n^eim unb Ämolb ^annarj, mar nadt ®racffc (Tresor des livres rares IV. 65)
bü^ erfte in Italien gebrudte 9u4. ^ie llu^gabe entbielt bie Institutioues, de ira dei, de
opifido dei. $on ben fpöteren tludgaben, bie bie 8a^( fiebj^ig überfteigen, fiub j^u nennen:
^ie Hudaabe be« gfariteliud (bei 9(lbu$ ^anutiuS, Venetiis 1535) ^öuftg nacf)gebrucf t ; cnt« 40
^It suerft bie buaUftifc^en Suffixe unb bie ^aiferanrebcn. 2)ie ^iudgabe bed ^idjael 3:^0*
nafiud (ex officina rlantini, Antuerpiae 1570), bie in bie großen 8ammcl»crfc (Bibliotheca
magna unb maxima) übergegangen ift; 3ol). (^eorg Sa(d) (Lipsiac 1715), (Il)r. ^.^eumann
(Gottiiigiae 1736, in iftr eine jucbtiofc (£onjc!turaItritif) ; 3ot). fiub. »uenemann (Lips. 1739,
2 volL), bie beftc ber Siteren Aufgaben mit mertpotlen, beute grogenteil^ nocft bvaudibaren 46
Stoten. 5)ie ^Raurineroudgobc beforgten 30^. ©apt. fie 83run unb 9iic. ficnglet 3)ufre§nüij
(Paria. 1748, 2 voU.), mit öcnübung einer großen 3at)l uon feff. ^ierna« MSL VI. VII.
S)ie erfte »irflicb fritif^e 9(udgabe, bie a(d abfcblicgenb ^u betrad)ten ift, üon 6. IBranbt,
CSEL 19. 27, 1. 2. Vindob. 1890. 1893. 1897, de mortibus pereecutorum ift \>on ®. fioub-
mann bearbeitet). — 6eparatau«gabcn ber Epitomc üon ©ör. ^. ^faff (Paris. 1712; 50
ed. princepe), g. 5)ai)i8 (Cantabrig. 1718); ^. 3. 9?outb (Script, eccl. opuscula praecip.
quaedam* II, 299 sqq. [Oxon. 1858J). — «on de opificio dei, (Söln 1506 u. q. — 5)ic ©e-
btcbte ftnb Don SBurmann herausgegeben (binter ben Werfen bed SlaubianuS [Amst. 1760]
p. 1035 sqq) u. 0.; in neuerer Seit üon 911. JRiefe in Claudianus ed. Jeep. II (1879) p.l IM) sqq.
211 sqq. unb öon (5. öocbrenS, Poetae lat. minor. III (1881) p. 247 sqq. — De morti-55
bus persecntorum Etieone Baluzc (Miscellanea II [Paris. 1679]^ p. 1 sqq. and) feparat.
ed. princepa). Oxon. 1680 [C)erau«g. »ar 3. geü]; 3. CEolumbuS (Abo 1084); % üBauIbri
(Trajecti ad Bhen. 1692); £c 92üurrp (Paris. 1710) u.a. ißeuere ^luögobcn uon g. 3)uebner
(PÄris. 1863. M879); g. ^urter (S. Patrum opuscula 22) [Oeniponti 1873]); 6 SBranbt
(Yindob. 1897). — S3gl. über bie ^tuSgoben Sdjocnemann, Biblioth. hist.-litcrar. Patrum 60
kt. I, ISOeqq.; 6. ©ranbt, in feiner «uögabe II, 1, t>. XXXIX sqq. — 2)eutf*c Ucbcr*
fet^nng: tluiSmo^I de mortib. pers., epitome, de ira dei) oon $. ^. 3<^nfcn unb 9?. 6torf
204 Lactantius
(Kempten 1875. 1876 [S3i6l. b.Ä^SJ.l). 3nftitutionen uon ^ergt (Oucblmburg 1787-1818).
SlnÄjüge bei m%Ux, ©ibi. b. m^, lU (1777), @. 355 ff. @nglifd)C oon gflet(^er in Ante-
Niceno Libr. XXI, Isq. (1871); XXXI, 1 sq. 1871).
Sitteratur: 1. lieber fein iOeben: $. S3ertoIb, $ToIegotnena }u Sactantiud (¥r.)>
6 gjlettcn 1861; % Wetjcr, Quaeetionum Lactant. part. prima, ($r.) 3üli(^ 1878; @. ©ranbt,
©3BÄ. 120, 9?r. 5 (1890); fjreppel, eommobion, «rnobiu«, Sact., $ari« 1893; Mandni,
QuaestioDes Lactantianae Studi storici 2 (1893) p. 444 sqq. ^a^u ©ranbt ib. III (p. 1894)
p. 65 sqq.; G.Negri,Uimp.GiulianorApo8t.Milanol901; 83Qrbenftewcr,1894,@.209ff.; Cavel
(1740) p. 161 sqq.; CeiÜier III (1732), 387 sq.; Xitteniont, Memoires pour seirir ä l'higt
I0eccl63. VI, p. 203 sq. 727 sq.; ©bert, ®efd) b. *riftl. latein. filtteratur *I (Seipsifl 1889),
@. 72 ff.; ^üger, «lt*r. Sitteraturgefcft. @. 192 ff.; ©«anj. SRöm.ßitteraturgcf*. HI, (Wunden
1896), ©.363 ff.; ^euffcl-SdiiDabe (Seipjig 1890) © 996 ff. — Ueber feine Seöre: ^.S-Ält,
De dualismo Lactantiano (JD.), ©redlaii 1839 f unbrauchbar) ; (S^. iOeuillier, Etudes bot Lac-
tance apologiste de la religion chr^tienne (JD.), (Säen 1816; (S^. ^r. Sacob, Lact, oonai-
15 der^ comme apologiste (JD.) ©tragburg 1848; ^. Coerlo^, S)ie ^^eologie bed 2. ($r.),
©*»erin 1858; W. e. peinig, 3)ie ©t^if beS S. (JD.), ®rimmo 1887; g. Warba*, a)ie
<ßfl)töoIogie be8 S. (JD.), ©aüc 1889; ®. grotfdjer, 3)er Apologet S. in feinem «er^. §.
griec^. ^öüofop^ie (JD.), ficipjig 1895; ©. Simberg, Quo iure L. appellatur Cicero Chri-
stianus (JD.), «Dtünfter 1896. — Ueber feine ©d^riften: ©. ©ranbt, ©©«. 125 (1892)
20 9^r. 6. — Ueber bie ©4rift de mortibus persec.; SI. @bcrt, ©33. b. ffitfif. ©efeüfcö. b »Iff.
p^il. 5ift. m. 22 (1870), ©. 115 ff.; «. Äc^rein, Quis scripserit UbeUum, qui est L. Caedlü
de mort. persec. (JD.), Monasterii 1877 ; Q. ©elfer, Ueber b. 55erf. bed ©ucftcÄ de mortib.
pers., X^O© 74 (1892), ©. 246 ff. 439 ff. 3)agegcn ©ranbt, Ueber b. SSerf. beö )8u*eÄ de
mortib. persec, 9?cue Qa^rb. f. ^tiilol. u. ^äbagogtf 147 (1893) ©. 121 ff. 203 ff. »gL jut
26 fjrage 0. ©eed, ®cfd|. b. Untergänge« b. anlifen Seit I, ©. 425 ff. — Ueber bie ®lQub*
iDÜrbigfcit ber ©djrift de mortib. pers. ^. 3- JWotöfucftÄ, Qua historiae fide Lact usus sit
in libro de mortib. pers. (^r.), SÄarb. 1862; g. ®örre8, 8. ^itif b. dufcbiu» u. Sacton»
tiu« ¥6iIologu« 36 (1876), ©. 597 ff.; (5. 58e^ner, 3n ttjeld^en fünften ieigen p* M ß.,
de mort pers. b. burd) b. lofalen ©tanbort b. ^txl bebingten ^or^üge in ben Verlebten
80 über b. legten brei JRegierungSjatire 3)iocletion8? ($r.), ©oolfelb 1885 ; 3- ©elf er, ©rammat
frit. ©rflörung oon fi., de mort. pers. 34 (^r.). (Sflmangen 1889. — 3Koncini, La storia
eccles. di Eusebio e il de mortib. persec. Studi storici V (1894), p. 555 sq. — Ueber de
opificio dei ©. ©ranbt, Ueber b. OueOen üon S« ©(ftrift de opificio dei, SBicner ©tubien 13
(1891)255 ff. — Ueber bie Snterpolationen in ben 3nftitutionen: ©. ©ronbt, Ueber bie buaUfL
36 Bufä^e unb Äaiferanrcben beiß , ©®?t 118 (1889), 119 (1890). — Ueber bo«®ebi(ftt de ave
Phoenice 3. ©. 3)e4ent, Ueber bie @d)tbeit b. ^^oentj ü. fiact. ütftein. SRufeum 35 (1880)
©. 39 ff.; ©. ©ranbt, 8um «Btjoenij b. fiact SRbein. 3Rufcum 47 (1892) ©. 390 ff.; fft, Soebe,
In scriptorem carminis de Phoenice, quod L. Caecilii Firm. Lact, esse creditur obss. 3p^
18 (1892) ©. 34 ff. — «. ^appitfd^. De L. Caeli Firm. Lact ave Phoenice (^r.). ®raa
40 1895/96. ©. ©ranbt, Ueber b. in ben patr. (Sjcerptencobej F. 60 Sup. ber Ämbrofiona er»
baltene fjragm. b. Lact de motibus animae (?r.), fieip^ig 1891. — Quin ©ibeltej^ DgL
^. JRönfd), SBeitrag g. patrift. Xejtgeftalt unb fiatinität S^Xt) 41 (1871) @. 531 ff.
^onbfdiriften. Ueber bie fel^r ga^Irei^en ©ff. toergl. bie $rotegomeno in S3ronbt8
«uSgabe I. 5)ic ältefte ©anbfcftrift ift Cod. Bonon. 701 sc. VI./VII. (de opif. dei, Institut
46 unb de ira dei). gür de opif. no(6 Cod. Aurelian. 169 sc. VI./VU. u. a. gür Institut
Cod. Sangall. rescr. 213 sc. VL/VIL u. a. 5)ie (gpitome ift tjoüftänbig nur im Cod. Tau-
rin. I b VI 28 sc. VII erl^alten ; aufeerbem im Bonon. 701 u. a. — De mortibus p«r-
secutorum ift nur im Cod. Paris lat 2627 erhalten. — 3)ie befte ©anbfc^rift t>on de ave
Phoenice ift Cod. Paris, lat. 13048 sc. VIII. 'IX. — SJgl. ©ornarf-^ßreuf^en, «Itc^rift Sitle-
60 raturgefc^. I, 736 ff.
I. ^a^ Seben be^ Sactanttud. Unter allen lateimfd^en Jtird^ent^ötem ift letnec
fo l^äufig ^ebrucft Inorben, afe fiactanj. L. Caecilius Firmianus Lactantius, fo nem
nen il^n bie jüngeren ßanbfc^rtften ; bie ältefte (sc. VI) freiließ L. Caelius; oBer cm
numibifc^er @)rabftein, ber tool^l einem 25erh)anbten be« £., bieücic^t feinem SBoter ober
66 ©rofebatcr (©eccf, ®efc^. b. Unterg. b. antifen SBclt I, 426) gefegt Sorben ift [CIL VIII,
7241 : D(is) M(anibus) L. Caecilius Firmianus v(ixit) a(nni8) XXV h(ic) 8(ita8)
e(st)] entfc^eibet für bie Se^rt ber jüngeren §anbfc^riften. 3^0'^'^ betoeift bie ^nfc^rip
Inolj^l aud^ enbgiltig ben afrilanifd^en Urfprung be^ SKanne^, ber bi« in bie neuere S«^
(A. Mecchi, Lattanzio e la sua patria, Fermo 1875 ; baju Sranbt, 63891 120, 5,
60 @. 10 ff.) melj^r an^ lolalpatriotifd^en, oI« au« toiffenfc^aftlid^en ©rünben für Italien —
bie ©tabt Jvcrtno beanfpruc^t i^n für ftd^ — reflamiert h)orbcn ift. 33on feinet Seben^
jeit ^aben h)tr ebenfo bürftige Jlunbe, tnie bon feinen Sebendumftönben. ^ieron^miiiS be«
richtet bon \f)m (de viris inl. 80) er fei ein ©d^üler bc« älmobiu« getoefen, bon S)u)ne*
tian mit einem @rammatifer ^labiu« jufammen ald Seigrer ber Sti^etoril nai) 92iIom^eii
Lactantius 206
berufen ft>otben; ber SRongel an ©d^ülent f)aht t^n g^lDungen, ©d^riftfteKer )u tüerben.
3n ^o^em Sllter fei et bann in ©aHien 2d)x^ bed Srt^^ud, be$ Sol^ned 5lonftantind,
getoefen. Ob totrllid^ Slmobim^ ber Se^rer be« 2. getoefen ift, fte^t balj^in; e« fann Don
^. aud rein äußeren ©rünben gef(^lof[en h)orben fein, unb bie fprac^lic^en @rünbe, bie
man bafür geltenb gemacht f)at (f. »ranbt ©2B31 120, ©. 19 f.), biegen nic^t fo fc^toer, 5
äü bad @<i^tDeigen be$ S. ba, h)o er Don feinen SSorgängem 3)linuctu^ ^eli|, ^ertuQian
unb Svt'rian rebet (Inst. V, 1, 22 sqq.) unb älmobiud übergei^t. 2Bar älmobiud fein
Setter, fo burfte er an bef[en 2BerI nid^t Dorübergel^en; ober er burfte nic^t fc^reiben:
ex iis, qiii mihi noti sunt. — Über bie Qdt feiner ©eburt lä^t ftd^ nid^td au^
machen. SKud^f barüber tann man im 3^^f^( \^^^t ^^ ^ ^'^ ^^^f^ ^^^ ^^ $^^^ d^ 10
boren tourbe. S5iele®rünbe fjjret^en für bie le^tere älnnai^me. ©0 h)enn er fclbfk (Instit.
I, 1, 8) in toegtoerfenbem Sione Don feiner fxii^eren i^ätigleit ate Seigrer ber Sfti^etoril
f^c^t unb i^ feinen je^igen 93eruf, ben ©ebilbeten bie tva^re äßei^^eit unb ben Unge«
btibeten bie toa^re SVeHgion ju lehren, entgegenfe^t. Slber immerhin fann er in bem 3lmte
eined ^rofeffot« ber Sl^etoril afö folc^em fd^on fcäter ettoa^ Dertoerflid^eö gefunben ^aben. 15
Xugufttn IM iebenfatt« angenommen — DieHeic^t auf ®runb eben biefer Stelle -— , ba^
et ur^yrünglid(^ $eibe getoefen fei (de doctr. Christ. II, 11, 61). älud^ über ben 3^^
))unft feiner Überfiebaung nad^ 9tiIomebien lägt ftd^ nic^tö audmac^en. 3)a S)ioIIetian
9!tIomebien 285 bauemb ju feinem SlufentM^ tttüäf)lU, h)irb bie 93erufung ber beiben
$rofefforen bort^in nid^t fe^r Diel ft^öter faQen. 3)a^ feine 93erufung Dor Slu^brud^ ber 20
Verfolgung ftattfanb, tyit er felbft bejeugt (Instit. V, 2, 2), unb atö er feine Instit.
begann, fa^ er auf eine langjäl^rige Sc^rtJ^ätigfeit jurüi (1, 1, 8). ©ein Se^ramt l^at er,
tane biefelbe Stelle jeigt, bei bem 93eginn ber biolletianifc^en 3ierfolgung(23.^ruar303,
f. Sb IV, 679, 54 ff.) nod^ befieibet. 3)a in bem ©bifte bicfe« ^a^re« alle freien ß^riften
ber fioatlid^^en ^mter beraubt h)urben, Derlor and) S. bamit, trenn er fc^on Si^rift h)ar, 36
feine Stelle unb toirb ftd^ nun au^fc^lie^lid^ feiner fd^riftfteQerifc^en ^ätigleit geh)ibmet
^obcn (»ranbt, ©SB« 120, 5, 25). S)ie giotij be« ^ieron^mu«, bafe i^n ber TOangel
an Schülern gegtoungen ^be, Sucher ju fd^reiben, berul^t h)o^l nur auf einer SSermutung,
Dtdleic^t auf ®runb einer Stelle, an ber er felbft feine geringe ^eanlagung )um Siebner ht»
imgt (de opif. dei 20, 8). 2)od^ lä^t fid^ auc^ über bie 3^t feinet Übertritte^ )um ao
S^nflentum nid^tö Seftimmted au^mad^en. SBeld^e ©d^idfale er in ber biofletianifc^en
Serfolgung l^tte, Dorau^efe^t, ba| er bei i^rem älu^brud^ bereite S^rift toax, ift DöDig
unbebmnt Son ber Verfolgung in Vitl^^nien berid^tet er einzelne güge, inbem er betont,
bo| et ald äugenjaige rebe (V, 11, 13. 15, Dgl. überl^aupt c. 11 ff.), ^ie gerftörung ber
i^xtfUic^ Safilila in Ütilomebien, mit ber man am 23. ^br. 303 begann (Euseb., h. e. 35
VIII, 2, 1 f. Sb IV, S. 680, u ff.), ^at er h)o^l Instit. V, 2, 2 im Sluge unb eben
barauf ge^t tool^l Inst. IV, 27, 3 ff. (Dgl. de mortib. persec. 10, 1 ff.). Von einem
praeses h)ei| er )u berichten, ba^ er ftd[| tok ein Sieger gefreut l^^cdbe, afö ed i^m ge«
uingen toor, einen ß^ften nadj^ jtoeijäl^gem SBiberftanb jumäbfaH $u bringen (V,l 1,15).
Sud biefer ©teOe ergiebt ftd^, bag er minbeftend 305 noc^ in Vitl^^nien n)eilte ; tDai^r» 40
{<!^«tnlidi ^at aber fein äufenti^alt bort nod^ länger gebauert. Von ben 3Kartem, bie man
in ber Verfolgung antoanbte, giebt er Instit. V, 13 ff. eine anfd^aulid^e Vefc^reibung, h)ie
gj nur jemanb liefern fann, ber mand^erlei berart felbft mit angefcl^en l^at. SBann 2.
tlomebten Derliefe, toei| man nid^t. 2lu« Instit. V, 2, 2 ^at man Dielfac^ g^d^loffen,
bag er niAt me^ in 9{itomebien gen)efen fei, al^ er bie^ Vud^ fc^rieb. älllein bie ©teile 45
forbert ni^t eine folcbe Annahme (Vranbt, Sa^rb. f. claff. «ßlj^ilol. 147, 1893, ©. 122 ff.;
®rodcurt^, De auctore libri . . de mortib. persec.. Verlin 1892, ©. 9 f.). ^n feinem
^0^ Süter fott er, toie $ieron^mu« melbet (de viris inl. 80 Chronic, ad ann. Abr.
2333 = 317 n. 6^. II p. 191 ©d^oenc), in ®aaien Seigrer Don Äonftanrtn« ©ol^n
(Sxiäpva, ber um 307 geboren h)urbc (©eedt, bei ^auI^^SBiffotoa, 9leal-®nc^Ilo})äbie IV, 50
1722), getoefen fein. SBann bieg ber %aü toar, barf man iebenfaü« nid^t (h)ie ©eetf, ®efd^.
b. Unterg. ber antil. SBelt I, ©. 428 tlj^ut, Dgl. ©c^anj, SRöm. Sitteraturgefc^. III, ©. 364)
nai^ bem irrefü^renben Slu^rud bed ^ieron^mud de viris inl. 80 : hie extrema se-
neetute magister Gaesaris Crispi . . . fuit beftimmen unb bemnad^ annehmen, ba^
ed nac^ 317 geh>efen fein muffe, h)eil in biefcm ^ai)xt 6ri«pu« jum ßäfar ernannt tourbe 66
(Seed , 3eitf c^r. f. SÜe^ftögefd^^. 1889, S. 187 Slnm. 4). ^ieron^mu« loitt bamit ben 6ri«J)u«
nur näpinr bqeic^en, h)ie fid^ ani Chronic, ad ann. Abr. 2333 ergiebt. 3)er 2Bort-
laut ber Stelle m ber ß^ronif fc^liefet e« Dielmc^r an^, bafe 6ri^u« fc^on 6äfar toar,
oö i^ S. unterri(^tete. 3)emnad^ fällt ber Slufcnt^alt in ©allien Dor 317. 3)ie 3eit
feinet Xobed ift unbrfannt, n)ie auc^ feine toeiteren Sd^iifale. 9lü^rt bie Schrift de eo
206 Lactantins
mortibus persecutorum t)on tl^m l^er, unb ift fte h)ttlltc^ in 92tIomebien gef(^rieben(f.u.),
fo ift S. um 313 in 93ttl^^nten getDefen unb t)on ba aud nad^ ©ollien gegangen.
IL @ctne Sd^riftfielUrei. &mon'i}mvi^ nennt Don il^m folgenbe Sd^nften
(de viris inl. 80) : 1. ßine ^ugeubtci^rift Symposium, nod^ in äfrifa öerfo^; 2. eine
b poetifc^e Sefd^reibung ber Steife Don älfrila nac^ 92iIomebien, in ^qcametent ; 8. ein 9ud^
mit bem ^itel Orammaticus, n)o^[ eine %md)t feiner SeJ^rt^ötiglfeit in !RiIomAien;
4. de ira dei ; 5. Institutiones adversus gentes, in fieben meiern ; 6. eine oEm
gefürjte SSeorbeitung biefer 6ci^rift, Epitome ; 7. )h)ei Sudler ad Asclepiaden ; 8. ein
Öud^ de persecutione ; 9. ©riefe an 5Probuö, Dier Sudler; 10. Sriefe an ©eöenrö, jtDci
io93ü(^er; 11. Sriefe an feinen ^u^örer 2)emetrianud, )h)ei iSüc^er; 12. de opificio dei
vel formatione hominis, ein 93ud^. 3)at)on finb erl^alten 9lr. 4—6, 8 (?f. u.) utA
3lx, 12. 2)ie übrigen fmb teil^ DoOftänbig, teitö bid auf bürftige 9tefte verloren.
1. De opificio dei. 3)ie Heine <Sd^rift ift an einen ehemaligen 3uj^i^ter bed 2.
92amend ^emetrianu^ gerid^tet, ber in glüdlic^en SSer^ältniffen lebenb (1, 5), toie ed fc^eint,
16 in ©efal^r ftanb, feinen t^^ilofo^^^ifd^en ©runbfö^en untreu ^u toerben unb fid^ einem (Stf
nu^Ieben in bie 9lrme ju toerfen. S. I^ält il^m \)ox, in bem Seben bed ÜRenfc^en mfiffe
ber ®eift ^errfc^en, bem ber itörj)er ate feinem §erm unterworfen fein folle (1, 10). 2)08
Serl^ältni^ Don £eib unb Seele )u beftimmen ift ber ^to^ ber @d(irift. @r geigt ^nodj^
ba^ @ott bem 3){enfd^en bie Vernunft gegeben i^abe, bie i^n ebenfo fc^ü^e, h)ie bte Zäce
30 bie äBaffen il^^red ^5ri)er^. Um bie @ere($tigfeit ber äSorfe^ung genauer nad^uitDeifen, be«
fd^reibt er eingel^enb ben S3au be^ menfc^Ud^en Jlörperd (Dgl. bagu ^amad, SRebijinifclftf
au« b. älteften Ä®. lU 8, 4, ©. 89). ajaran fd^Iiefet er eine Erörterung über bie ©ede,
in ber (»f^d^ologifc^e ^agen beft)ro(^en toerben. S^m @d^lu^ h)eift er ben 9(breffaten auf
eine @^nft ^in, bie er gegen bte $l[;i[ofo^l^en gu fc^reiben geben!e. Samit toirb er bie
26 3"ftttutionen gemeint ^aben, in benen er auf de opif. jurüoDertoeift (II, 10, 15). S)te
ä(bfaffungd}eit pflegt man nad^ I, 1. 7; 20, 1 )u beftimmen, unb fte nadf bem Seginne
ber SJerfoIgung anjufe^en (Sbert, SS© 1870, 6. 128 f.; SSranbt, ©aSSC 125, 6, ©.14 ff.).
3lber bie ©c^lüffe, bie man au« ben genannten ©teilen gebogen ^at, fd^einen nic^t jtDingaib.
^enn necessitates 1,1 fönnen aud^ bie brüdenben äSer^dltniffe fein, unter benen £. noc^
80 bem 3cw0wte be« §ieron^mu8 (Cronic. ad ann. Abr. 2333) lebte unb ebenfo iji ber
älu^brud pro rerum ac tcmporis necessitate Don bem „Mangel an 3^ unb @elb"
ju Derfte^en. 2Benn ber 2^eufel 1, 7 al« saepe violentius, sicuti et nunc videmus
begeic^net n)irb, fo ift }u bead^ten, bag im Dorl^^erge^enben Don ben SSerlocEungen }um
2Bol[|lleben bie Siebe toar, bie auc^ im folgenben aDein bie ©ebantengänge bed 2. htlfta^
85 fc^en. ^a^er fc^eint e«, bag man ba« ä)atum ber ©dj^rift auc^ nid^t annöi^emb (nad^f 304)
beftimmen fann.
2. Divinae institutiones. ^a« ^au^^ttoer! bed £., in fteben 93ü(^em. 2)a9
erfte S3u(^, de falsa religione, betäm^ft ben ^ol^t^ei^mu« al« bie ^runblage aUed ^*
tum«. 3)ie ginl^ett @otte« betoeift S. p^ilofop^ifd^ au« bem 93egriff be« ^öc^ften 9Befen«
40 unb l^^tftorifc^ an^ ben 3^ugniffen Don ^td^tem unb ^^ilofo^^^en. 3)ur(^ eine Jtritil ber
©ötterlegenben fd^ltegt er biefen 2^eil ab. ^m jtoeiten S3uc^, de origine erroris fud^
er bie a)ämonen al« bie QueQe bc« ^rrtum« ju ertoeifen. ^m britten Sud^e (de falaA
sapientia) jeigt er bie ^infölligfeit ber ^^ilofop^ie, bie ein Riffen (»rätenbiere, toie e«
niemanb ^aben fönne unb bie ftd^ felbft in i^ren ^a^^lreid^en ©elten betämpfe. £)a« Dierte
45 S3ud^ (de vera sapientia et religione) fe^t ber ^l^tlofop^ie bie S^riftologie entgegen.
3n ben folgenben ^^üc^em erörtert er bie fittlic^cn ©runbbegriffc Dom (<^riftli(^en ©tcmb*
^)unft (S. V), bie rechte gorm ber ©ottceDere^rung (33. VI) unb bie Unfterblic^feit (8. VU).
lieber bie ^eranlaffung jur ©d^rift läfet fid^ nic^t« beftimmte« ermitteln. 3^^^ ©^enfionb,
h)enigften« ber Don 93. 1— IV, fd^eint 2. fd^on bei 3tbfaffung Don de opif. dei befc^ftigt
60 ^u ^aben. Xa, toie oben gezeigt tourbe, bie älbfaffung Don de opif. dei nidbt mit Qvifa*
i^eit nac^ 303 an^ufe^en ift, fonbem toai^rfc^einlid^ Dor bie 93crfolgung«äeit fällt, fo fe^U
bamit auc^ ber älu«gang«pun{t für bie Datierung ber ^nftitutionen. ^n ber ^at toe^
nic^t« barauf ^in, ba^ 93. I— IV loä^renb ber 3Serfolgung«jeit Derfafit finb. Säenn bie
ainfpielung IV, 27, 3 ff. ift fo unbcftimmt gehalten, ba^ man über i^re Säebcutung im
65 3h)eifcl fein fann unb toenn fte ftd^ auf bie SSerfolgung bejie^en foH, fo fielet fie toie ein
nad^träglid^er 3"!^! ^^ 2lutor« au«. 3*^^f^^" ber 2lbfaffung be« IV. unb ber be«
V. Sud^e« liegt ber älu«brud^ ber SSerf olgung, eine minbeften« jtoeiiäl^rige 93erfoIgung«)ett
3Sietleid^t ift 2. eben burc^ ben aiu«brud^ ber -iNerfolgung an ber Jfortfe^ung feine« 3Berfe«
gel^inbert toorben unb fanb erft 3Ru^t ba^u, al« er bem $au))tfi^ ber (^riftenfeinbli^Kn
eo ^etoegung ben ätüdfen gefel^^rt ^atte. 2Ber bie beiben V, 2 gefc^ilberten ©egner be« S^riftai«
Lactantius 207
tumd tDorett, bereit auftreten für S. t^iedeid^t mit SSeranlaffung jur ^ortfe^ung bed b^
goimenen SBerted gab, ip jtoeifell^aft. 3)cr crftc toor ein Dome^mcr unb reicher 2öelt«
moim, ald fob^er gt^leid^ Hiotron ber $^iIo{op^en. SSaroniud h)oQte x\)n mit $or))^^riud
tbmtifi^ieren; ober biefer ift f^öteften^ 301 geftorben. älud^ pa^ bie Sd^tlberung be$ 2.
mc^t auf ii^ (Sranbt, ©SßJä 125,6, 6. 11). ®cr jtoeite ©egncr h)ar SRtc^ter unb h)irb 6
txm 2. ol^ tntefleftucBer Urheber ber gangen aScrfolgung angefel^en (Instit. V, 2, 12).
@r fc^eb gtoetäSüd^er ad Christianos. 3){an ^at in il^^m^ierocled fe^en tDoDen (93ranbt,
6SB« 125, 6, ©. 11); bieHeid^l mit Siedet (Dgl. de mort. pers. 16, 4). S. loar
gugegen, ald fte i^e Seiften borlafen, unb fagte babei ben @ntf(^lu^, bie „älniläger ber
©att^tigleit'' (accusatores iustitiae) ju h)iberlegen (Instit. V, 4, 1), 2)ie äßorte auf lo
ben ^lon ju ben ^nftitutionen überhaupt gu begießen (Sranbt, 6®» 120, 5, ©. 29.
125, 6, ©. 11 f.) Verbietet ber äBortlaut ber ©teile, fotoie aud^ ber Umftanb, ba^ er im
$roömium )ur ©(^ft l^ierbon fd^n)ei9t. SSielme^r ftnb bie äBorte nur Don ber älb»
faffung bed V.Suc^eö (de iustitia) gu Derfte^en. äu« V, 11, 15 ergiebt \xd), bafe 8.V
ntc^t toor 305 unb aud VI, 17, 6, ba^ btefed S3ud^ nid^t nac^ bem 3:oleran}ebt{te be$ i6
©oleriuÄ (25. 8tt>riI311, f. 8b IV, ©. 682, 46 ff.) gefc^riebcn fein fann. 3)ie S8oUenbung
ber gnffttutioncn fottt olfo in bie geit >h)ifd^en 305 unb 311. 3)ie SSerfuc^e, bie Sb»
faffung in bie 3^ ^^ Verfolgung bed Siciniud gu berlegen, fmb bergeblic^ (f. bagegen
ebert, »©® 1870, ©. 125 ff. unb Sranbt, ©SBja 125, 6, ©. 12 ff.). Über ben Ort,
an bem bie ©(^rift boDenbet tourbe, finb nur SJermutungen mögltd^. Sranbt (a. a. 0. ao
©.18 ff.) ift für ©allien eingetreten unb bafür {prec^en mand^e @rünbe. 9lur mu^ man
basm ^ienm^miid eine ftarte Übertreibung fc^ulb geben, toenn er (de yiris inl. 80) be-
^c^tet, £. ^e extrema senectute bie (Srgiel^ung be^ Sri^pud übernommen.
8. 2)ie epitome. ^ieron^mud fannte Don il^r nur ein am 9lnfang berftümmelted
@seni))Iar. ^n biefer Derftümmelten t^orm, in ber tttoa ^U bed @anjen fehlen, toar bad 26
SSBerf bid 1712 allein belannt. Slad^bem bereit« 1711 ©ci})ione 3Kaffei über eine Muriner
^bfc^ft, bie bad gan;|e SBerf enthielt, berid^tet ^atte, gab 1712 S^r. 3R. $faff au«
^^r bie unDerftümmelte @t)itome ^erau«. ©ie ift an einen frater Pentadius gerid^tet,
rteaeid^t einen lOblid^ Sruber be« 2. (Sranbt, ©2Ba 120, 5, ©. 16 ff.) unb fteHt nid^t
fotDO^I einen ä(u«}ug, ol« Dielme^ eine giemlid^ felbftftänbige fürjere ^Bearbeitung be«8o
©toff^ ber lange öorl^er berfafeten (praef. 1) 3"Pi^twnen bar. Selangreid^e Q^^^d
an ber Sd^t^eii (9BaI(^ in f. 9lu«gabe, praef. p. 38 sq. ; Soi^r, ^ie c^riftl. SDid^ter u.
(Skfctiic^tf^nf. 9lom« II, ©. 77 ; ©bert, ®ef(^. b. c^riftl. Jat. £itteratur * ©. 85, 2lnm. 2
unb in 91@. ^ VIII, 365) finb nic^t borgebrac^t n)orben unb e^iftieren nic^t.
4. De ira dei. ©d^on in ben Institut. II, 17, 5 ^at 2. bie ^age geftreift, ob 35
man ®ott Rom, b. ^. einen älffeft gufd^reiben bürfe, unD babei auf eine f^äter }u ber^
foffenbe au«fü^lid(^ere 2)arftellung be« Problem« bertoiefen. ©eine ^fic^t ^at er in ber
©ü^ de ira dei au«gefü^ 3n ilj^r (2, 4. 6. 11, 2. 17, 12) toeift er auf bie 3m
ßitiittonen )urüd. ®r h)iQ bie ^age t)on bem ©tanbpunite be« c^riftlid^en ®otte«glauben«
aui« Idfen. S)iefer @laube )tt)ingt un« jur älnna^me eine« bie SBelt regierenben ®otte«. 40
S)tefen ®ott muffen toir bere^ren unb fürchten. D^ne ®otte«fur^t herfiele ber TOenjc^
fernen Seaterben unb \omn ®ott ba« o^ne 3^^^! }uliege, toürbe er bie ©ünbe 3ulaf|en.
Xte Xbfatiung«}eit lä^t fic^ nic^t naiver beftimmen, al« ba« burd^ ba« :iUer^ältni« ber
©4nnft pi ben gnfJitutionen möglich ift. Sranbt (®®a 125, 6, ©. 21) f^t fte in ba«
^afyc 308 ober balb banad^. 3lber au^ ntc^t« lägt ftd^ entnehmen, bag bie ^^erfolgung 46
toä^renb il^^ Jlbfaffung nod) anbauerte unb bie auffaUenbe X^atfac^e, bag 2. bie na^e^
liegenbe Sejie^ung be« Zl^ma« jur Verfolgung ftiUfd^toeigenb übergangen ^e, ift bon
Sronbt nic^t erftört tDorben. ÜRan totrb ba^er bie ©c^rift in bie 3^t nac^ 311 ober 312
ui fe^ ^oben. ®erid^tet ift ba« 9uc^ an einen nic^t nä^er bejeid^neten ^onatu«, ein
92aine, ber a(« ber be« älbref(aten bon de mortibus persecutorum begegnet. Db 60
beibe ibentifd^ finb^ ^gt i, %. bon ber @ntfd^eibung ber @(^t^eit«frage bie(er ©d^rift ab
(f. u. ©. 208 f.).
6. Verlorene ©d^riften. ^^r i^re Senntni« fmb loir auf ein paax Fragmente,
für etnjebie nur auf bie Slotij be« ^ieron^mu« angeh)iefen. Völlig Derloren ift ba« Sym-
posium, über beflen ^rif^lt nic^t« befannt ift. Sluf ®runb einer SHanbbemcrfung (in- 66
canus firmianus) in einer ^anbfd^rift bie Stätfelfammlung be« ©^mb^ofm« mit btefem
litel jufommengupeaen, ip unftatt^aft (Dgl. barüber Vranbt, ©iü^ä 125, 6, ©. 13Q).
SöÜta berfc^oDen ift aud^ ba« metrifd^e Sleijeioumal, ba« bie SRcijc be« Slutor« bon Slfrifa
nadf SKfomebien beftngt. 2. folgte aud^ barin einer Verbreiteten litterarifd^en ©itte jciner
3eit ©benfotoenig ift über ben ^nf)alt, bie abfaffung«jeit unb ben Ort ber ©ntfte^ung gd
208 Lactantins
bed Orammaticus emc Vermutung tnöglid^, bem ol^ne ®eh)ci]^r ein Itetned %tagmtni bei
bem 33ir0ittommentator ©erbiu« (gu Aen. VII, 543) beigelegt h)itb (Srattbt,©9339ll25,6,
@. 127). äluc^ Don ben jh^ei 93üd^em an 9l^fle))iabe^ tennt man nur bie ifyii^ad^ 'üjm
eEifteng. S)er Slbreffot i|t au« Institut. VII, 4, 17 befannt al« SSerfaffer einer bem a
6 bebijierten @c^rift iiber bie göttliche 3$orfe^ung. Ob bie Don $ieron^mud genannte an
i^n geridbtete @d^rift be« £. in irgenb einer Sejie^ung )u biefem SBerle ftel^t, ift unbe»
tannt. kümmerliche tiefte l^^aben ftc^ bon ben berjd^iebenen 93rieffammlungen, bie £. tyo
öff entließt ^at, erhalten. 93riefe im eigentlichen @inne fc^einen eiS nid^t getoefen ^u fein,
fonbem me^r ber bamaligen @elel[;rtenfitte entft)red;enb, ätbl^ianblungen über bie Derfc^^en*
10 artigften ©egenftänbe, fo h)ie fte au« bem S3riefn>e(^fel be« ^ieron^mu« }ur (Btnüat be»
lannt ftnb. 3)amafu« Ilagt über il^re Sänge unb SangtDeiligfeit, über bie feltene SSqug«
na^me auf c^riftlid^e Se^ren unb bie fd^ulmeifterlid^e SäeJ^anblung metrifd^^er, geogra)>^if(^
unb p^ilofo})^if^er fragen (ep. ad Hieron., apud Hieron. ep. 35, 1 [I, p. 167 SSot
larft]). 9$on fold^en 93rieffammlungen tannte ^ieron^mu« brei: eine an $robu« gerici^tete
15 in Dier Suchern (^agmente bei ^ieron^m., Comment. in ep. ad Gal. II praef . [YII,
p. 425 SiaQarft] unb bei Slufin., Comment. in metra Terent. [Orammatici latini
ed. Keil VII, p. 564 sq.], beibe abgebrudft bei Säranbt in f. ausgäbe II, 1, p. 155 sq.).
Sanac^ h)aren jebenfall« geogra))l^if^e unb metrifd^e ^^agen barin erörtert. 3(u(^ tK>n boi
)h)ei 93üc^em Don 93riefen ad Demetrianum ftnb noc^ ^toei 93ruc^ftüd(e erl^alten (^ienm.,
20 ep. 84, 7 [I, p. 524 SSattarfi] unb Comment. in ep. ad GaL II, 4 [VII, p. 450
^aUarft]). 9ln le^terer @telle ^aben bie $ff. in octavo libro, tna« äJaUarft in altero
änberte ; einleud^tenber ift bie fd^arfftnnige SSermutung Don Sranbt, SSEBSC 125, 6, ©. 123,
ba^ $teron. bie 93riefbüd^er fortlaufenb geaäl^lt l}Qbt, fo ba^ ba« ad^te }uglei(^ bo« )ti>fite
ad Demetrianum getoefen fei @ar nid^t« ift erhalten Don ben Briefen ad Severom,
25 bie ebenfalls )h)et 93üd^er umfagten. 3Ran toeig nur Don bem älbreffaten, bag er ein
©panier toar (§ieron., de viris inl. 111). Unftc^erer ^erhmft finb nod^ einige tleineie
^agmente, bie 93ranbt in f. älu^abe II, 1, p. 157 sqq. jufammengefteKt l^at, banmter
eine^ de motibus animae.
6. Schriften gtoeifell^after ©d^tl^eit. Unter ben ffierfen be« &. fld^ feit
80 bem l^a^re 1679 eine Schrift, bie in bem einzigen Don il^r belannt geworbenen Sobes ben
Xitel fü^rt : L. Cecilii Iiber ad Donatum confessorem de mortibus persecutomm.
®ie ©c^rift enthält in c.2— 6 eine lurje 3)arftellung ber SJerfolgungen Don Slero an M
äurelian unb c. 7 ff. eine Sefc^reibung ber bioHetianifc^en Verfolgung ju bem 3^^^
nad^jutoeifen, bafe aDe SScrfolger einem befonberen ©trafgeric^te ®otte^ erlegen feien. 3)ie
85 gange DarfteQung ift getragen Don einem toilben unb ^ügellofen $affe gegen bie Verfolger,
beren 2^^aten, aud^ too fte ntd^t^ mit il^rem 'l^er^ältntd )um S^riftentum ju tl^un fy£m,
auf ba« fd^ärffte Iritiftert Werben. 3Kit Se^agen Derioeilt ber Serfaffer bei ber ©dj^ilberung
ber Jlranf^eit be^ ©aleriud (c. 33), Don ber er bie toibertoärtigften Singeli^eiten mit be>
l^aglid^er breite erörtert, ^od^ geigt ftd^ ber Verfaffer über bad, toad er eqä^lt, gut
40 unterrichtet, unb man barf feiner Verftc^erung, er l^abe nur secundum fidem erj&J^len
Wollen (52, 1) Wo^l ©lauben fd^enfen, foWcit eben nid^t feine SCenbeng in Setrac^t lam.
3)a^ er mand^erlei J!latfd^, ^offlatfc^ unb ©tabtHatfd^, getreulid^ aU ^iftorifc^e äßal^r^
mitberid^tet ^at, tl^^ut feiner allgemeinen @laubwürbigfeit feinen Eintrag. S)enn toeldJKK
^tftorifer ^ötte ba^ Dermteben, Wo er Gelegenheit bagu fanb! Vielmehr Wirb boburc^ bie
46 ollgemetn gugeftanbene X^atfac^e nur beftätigt, ba^ in ber fleinen Schrift ein ätugengeuge
rebet, ber bie blutigen @rcignif]e in Slilomebien felbft mit erlebt If^. Über bie Sfc
faffung^jeit ift nur bad mit Veftimmt^eit gu fagen, bag bie ©d^rift Dor bem 9ludbnic^
ber licinianifd^en Verfolgung gefc^rieben ift, alfo Dor 321. ©eedt (®efd{f. b. Unterg. b.
antifen SBelt I, ®. 429 f.) meint, ba^ fie Wo^l ben ^toei gehabt Ij^abe, 2iciniud lu er*
60 fc^redfen, ba fte nad^guWeifen fuc^e, bag aKe Verfolger bed S^rtftentum^ Don ®ott fc^toer
geftraft Worben feien. äBennfd^on eine folc^e 3)enbeng nirgenb^ au^efprod^en ift, fo Uc^
ftc^ boc^ baran benfen. Slbcr e^ ift nicpt nötig, etWaö berartige^ ya Dermuten. ®er ®e»
banfe an bie göttliche @ered^tigleit legte eine folc^e 9ieflesion na^e unb bie aufgeregten
©emüter ber (i^riften, bie bie Verfolgung nic^t nur erlebt, fonbem auc^ burc^litten Ratten,
65 em))fanben o^ne 3*^cifel eine Wtlbe ^eube über ßrörterungen ber 2lrt, Wie fie in de mor-
tibus persecutorum Dorliegen. $arin aber Wirb ©eed Stecht ^aben, ba| bie @<^
nic^t in bem TOac^tbereic^e be« Siciniu^, alfo im Dften erfd^ienen fein fönne. S)o bä
Sob 3)iocleaanö (3. ^ejember 316) bereit« erwähnt wirb (42, 2 f.), fo lann bie ©d^*
rü^eften« 317 Derfafet fein. 3)afe geraume ^^t nad) bem lobe be« 3)ioIletian Derflofföi
CO fein muffe. Weil bie Eingabe über bie Xobe^urfac^e falfc^ fei, braucht man nic^t mit Seid
Lactantius 209
)u folgern. S)enn Selbftmorb f)at man oft genug ber^^ten ©egnem ^ugefc^rieben unb
bag ^ioKettan fc^toer tront getoefen fei, h)irb ouc^ Don bem 93erfaf|er ber @ci^rift ntd^t
in Xbrebe gefieOt (duplici aegritudine adfectus c. 43, 2). 3Ran h)irb fid^ ballet mit
bem Spielraum 817 — 320 begnügen muffen.
Über ben SSerfaffer ber ©d^rift befielen Rtoti^zl faft feit ber Qtxt \\)xtt SSeröffent* 6
Ixifwxq (über bie ©efd^ic^te ber ©treilfragc bgl. »raubt, ©2Bä 125, 6, S. 22 ff.). 3n
neuefier 3^* ^ ^i« Sutorfd^aft beö Sactang am lebhafteren bon ©raubt beftritten toorben
(a. a. D. unb ga^rb. f. claff. ?P^iIoI. 147, 1893, ©. 121 ff. 203 ff.) unb ber animofc
Xon, in ben er in biefen älbfc^nitten feiner mit au^lefener ©ad^fenntntd unb fidlerem
Urteil ge|(^riebenen Slbl^anblungen berfaQen ift, f^at feiner Setüei^fü^rung h)ol^l me^r ge- lo
fij^bet ald genü^. Sranbt ^at t)or aDem innere ©rünbe geltenS gemad^t, bie S^ifferen^en
b^ ©ttled unb bie üble ärt, in ber fid^ ber 3lutor in ben mortes })räfentiere. 3lber ben
SHfferenjen bed ©tile^ ftel^en auc^ tüieber jal^lretd^e, bon Sranbt anerlannte Überetnftim-
mungen gegenüber unb ber SSerfud^, ben ^utor ber mortes )u einem geiftlofen Qicttptox
bed S. ^obju^rüden, ift nid^t gelungen. SSad ben 6^ara!er bei^ Slutord anlangt, h)ie 15
er fu^ in ber ©d^rift barfteQt, fo ift ntd^t ju bergeffen, bag bie ^eitgenoffen ftetd rabiat
ta>erben — man bergleid^^e ®ufebiug — toenn fie bon ber ^eriobe jener je^n ^af)xe reben.
^{eflju^ten ift f olgenbe^ : 1. ^er ©til ^eigt Übereinftimmungen mit unb 9tbU)eic^ungen bon
bem bed S., ift alfo }u einem beftimmten Urteil nxd^t )u brauchen, ^enn bie älbtDetc^ungen
(offen fü^ oud^ bon ben älnl^ängem ber Weinuna, ba^ S. ber ^iBerfaffer ift, etflären. 20
2. ^ie Überlieferung fd^eint ber Url^eberfd^aft be$ £. günftig )u fein. S)a| ^ieron^mu^
(de viris inl. 80) mit ber S(^rift de persecutione unfere ©<^rift meint, ift faum
}u bejtoeifeln unb bie §anbfc^rift legt fie beftimmt £. bei, loenn aud^ fein 9Jame nic^t
\}oü genannt ijt. 3. Der SBerfaffer f)at h)ä^rcnb ber 3Jerfolgung«geit in 9Jifomcbien ge«
lebt unb bie (Sreigniffe rid^tig, toenn auc^ mit 9lu^h)al^l, bargejteUt. 4. 3)land^e (Sin^el« 25
fetten ber 3)arfteuung laffen barauf fc^lie^en, ba| ber 3,^erfaffer feine ®eh)ä^rdmänner in
^^eren jtreifen ge^bt l^at. 6r mu^ ba^er felbft ein SRamt t)on SVang getoefen fein.
5. 9n eine (itterarifd^e ^ölfd^ung }u beulen, liegt fein ®runb Dor; man mü^te benn an^
nehmen, ein unbe!annter ©dj^üler M 2. ^abe bie ©c^rift anonym berfafet unb fte fei f j)dtcr
(l^enfoiDl^ toor 388) bem £. fölfd^lid^ertDeife beigelegt loorben. 3lbcr foUte 2. toirflic^ einen 30
©4^er gelabt ^aben, ber fo unfelbftftänbig toax, bag er feinem 2e^rer bie ^^rafen ab-
böigen mu^e unb ber bennod^ mancherlei erfuhr, toa^ nic^t o^ne toeitere^ für jeben ^u
erfa^en toar? 6. ffia^ an beftimmten Daten auö bem 2eben be« 2. befannt ift, verbietet
ntc^t, i^ old SSerfaffer ber ©c^rift ju betrachten, ba fid^ nic^t me^r au^mac^en lägt, tpann
M. Siitom^ien Derlöffen ^at. äu« bem ©efogtcn ergiebt fid^, bafe jtoingenbe ®rünbe, 35
bie Schrift 2. abjufprec^en, nic^t borliegen. SSSer ftc^ auf bem »oben fubjettiDer (Sm-
(yfinbungen betoegt unb meint, bag ein 'SItann Don bem ®efd^mad( unb ber bome^men
©efmnung bed $. bie leibenfc^aftlic^e unb in il^rem $affe rol^e ©c^rift nic^t Derfagt
^oben töime, mug bie biefem @m))finben entgegenftel^enben Jlrgumente für ftc^ abmachen.
6ob^ ®rünbe ol^ 9lorm für ein ^iftorifc^ed Urteil ju betrachten ift jebenfall^ nic^t an> 40
g$ngtg.
De ave Phoenic^. Died ©ebic^t entl^ält eine DarfteQung ber ©age Don bem SSogel
^dntc, ber im etoiß grünen i^aine h)eit im Dften too^nt unb nac^ taufenb ^[a^ren ftirbt,
tnbem er in $^öniaen feinen 2eib Derbrennt. 9tud fetner 9tfd^e entfte^t bann jebeeimal
ein neuer $^nii^ ber in bie alte $eimat jurüdte^rt. Dag ba^ @ebic^t oon einem S^riften 45
toerfa^t ifl, betoeift ber ©c^lug, in bem, tocnn aud) nic^t mit auSbrüdtUc^cn SBorten, ber
S^mc an bie ©teBe ß^rifti tritt: „Die 2iebe ift fein 2;ob, im lobe alletn ^at er feine
8ufi; bamit er geboren loerben möge, felj^nt er fic^ nad^ bem Siobe. 6r felbft iftö unb
bodj^ nic^ berfelbe, berfelbe unb boc^ nic^t er felbft. ©toigc« 2cbcn ^at er erlangt um
ben ?JreU be« lobe«." 2. I^at, toie fein Derlorene« SReifctagebuc^ betocift, auc^ ?Serjc gc^ so
moc^t. Da aud^ fprad^lid^e Serü^rungen jtotfc^en bem ^^öni^ unb feinen ^rofafd^riften
befte^, unb bie ^anbfc^riften e« beftimmt 2. jufc^rciben, toirb man eö für edfit anfeilen
bfirfen. ^ieronl^mud nennt e« aUerbing« ntc^t unter feinen ©c^riften, aber ba^ ift fein
(9runb, an ber @c^t|feit }u jtoeifeln.
7. Uned^fte ©dj^rtften. 3" Unrecht fmb 2. noc^ jtoei Weitere ©ebic^te beigelegt ts
toorbcn, nomlic^ bad @ebic^t de resurrectione ober de Pascha, ba^ SScnantiu^ ^ortu=
notu^ge^rt, unb ein®ebic^t de passione domini, ba« juerft in ber Sllbina Don 1515
crfc^iencn unb bon bem nod^ feine ^anbfc^rift nac^getoiefen ift. @« ift nic^t au^gefd^loffen,
bog e« eine ^manifüfc^e ^fd^ung ift (fo Sranbt, Commentationes Wölfflinianae
1891, ©. 79 ff.). Go
mmi^^mc^ttgpSkk fit XHoIogic »ab ttM^ 8. K. 21. 14
210 Lactantius
8. Dh £. feine in ben ^nftitutionen (IV, 30, 14) angefünbigte abft(^t, bie ©cften
3u toiberlegen, je au^efül[^rt f^at, ift ebenfo unftc^er, hne ob er eine befonberc ©c^rift gegen
bie ^uben 9e))lant \)at, trenn er \aQt (Instit. VIT, 1, 26): sed erit nobis contra Ju-
daeos separata materia, in qua illos erroris et sceleris revincemus. & iß
5 nic^td bobon befannt, ba^ S. iemold bie eine ober anbere @(^ft beröffenUid^t IfoL
III. 2)ie fd^rtfiftellerifc^e unb t^eologifd^e Sebeutung bed S. S. toor
bon ^axii ani Sl^etor unb er l^at feinen eigentlichen 93eruf nie berleugnet @etnc gonje
Sc^rtftfteDerei trögt ein ftart r^etorifc^ed ®e))räge aud^ ha, h)o er fi^l auf boiS ©ebtet ber
@pehtIation begiebt. Seine Unterfuc^ungen lefen ftd^ angenel^m, feffdn burd^ bie gennmUe
10 @prad^e, bie ft$ mit @rf olg an bie beften SRufter ber Ilafftfd^en 3^ anjulei^nen fucbt, in«
tereffieren burd^ gefd^id^e SSertoertung l^iftorifd^er unb antiquarif c^er ftenntniffe : bie Sc^nftcn
ber alten $^tIofot)l^en toerben ^öu^g citiert unb mit ben SS^en ber tlafftfc^en Stifter,
namentlich bed SSirgil, toeig S. feiner Siebe ®lanj gu berlei^en. ä(ber fo bid öu^ere %iot*
3üge feine 2)arftellung f^ai, i^r mangelt bod^ bie 3;iefe. @r fc^reibt h)ie ein goiilletontjl
16 unb toenn ed ein 9lu^m ift, über bie tiefften Probleme be^ menfc^lid^en Sentend in am
genehmem ^laubertone )u unterhalten, fo ^at S. ftc^ o^ne S^ü^d folcpen Slu^m ertoorben
unb bie ^umaniften tl^^aten rec^t baran, i^n neben Sicero gu fteQen unb aü ben „^^v^
lid^en Sicero'' (fo nennt i^n %x, $icud bon 3Jliranbola [opera omn. 1573 p. 21j) auf
ba^ ^öd^fte ju greifen. $eute fc^ä^t man ü^n geringer ein, unb fo fe^r er formell ob
20 @c^riffteäer xertuQian ober 9luguftin überlegen ift, fo toenig lä|t fic^ benennen, toie toett
er Don i^nen an Begabung abftei^t.
äll^ 3:^eologe ift er ^erjlid^ unbebeutenb. @rft in ^öl^erem Sllter, h)ie ed fc^eint, lum
(S^riftentum übergetreten, blieb i^m ber eigentliche religiöfe ®e^alt bed neuen ©Imibend
aeitleben^ fremb. ^n 93ranbtd älu^abe füQt ber 3^^^ ^^ bon i^m benü^ten ))rofanen
26 Tutoren 24 Seiten, ber ber 93ibelcitate bier : biefe 3^'^l<^ erlautem bortrefflic^ bad Sec^
^ältnid, in bem fid^ S. gur ^eiligen Schrift befanb. Unb toenn man toeiterl^in ertuogt,
iai bie Sibelcitate großenteils auS ben 2^eftimonien 6^))riand übernommen ftnb, jutoeilen
fogar jufammen mit ber Überfc^rift e^})rian« (f. Slönfc^, S^"^ 41, 1871, S. 531ff.)/ fo
erhellt barauS, h)te fremb bad S^riftentum feiner inneren 2Belt geblieben ifi 9tif^t mit
80 Unrecht ^at ^ieron^muS einmal getlagt : utinam tarn nostra affirmare potuisset
quam facile aliena destruxit (ep. 58, 10 ad Paulinum [I, p. 324 SaQorft]). Qwn
d^riftentume f^at i^n bie Jlraft ber ftttlid^en (iiebanfen l^iingejogen, unb biefUtli^en ®t*
bauten fmb f^äter aud^ ber d^riftlid^e (S£f)onent in feinem Genien geblieben, ha bem
(Glauben an einen @ott, ben Bd^öp^ct ber 2Belt, unb an bie Araft bed bon 6l[nnffaid
86 gegebenen neuen @^e^eS, beffen SSefolgung ben 3){enfc^en bor @ünbe unb ©ünbenftrafe
rettet, erfc^öpf t fic^ im ©runbe ber „Se^rbcgriff " be« 2. 3Son bem Jlamj)fe um bie S^nPo^
logie ift er ntc^t berührt toorben. ^n feiner (SSc^atologie l^at er fei^r altertümliche ®tf
bauten beba^rt (Instit. VII, 14 sqq.). 3la6) fed^Staufenb ^lal^ren toirb ber äBeUfabbo^
anbred^en, inbem ftd^ baS taufenbjä^rige 9teic^ Sl^rifti auf @rben bern^irHic^t. @^e iebo<^
40 G^riftuS fein SReic^ aufrichtet, toirb ein großer Äampf ftattfinben, bie Srbe toirb unfrud^tbor
n)erDen unb baS Seben toirb ^ur £aft, bie 3)lenf^^eit aber toirb becimiert. 3)aim taHrb
ein großer $ropl[;et auffielen, ber bie Wenfd^en ^ur @rlenntniS ®otteS leitet. ®egen üj^
loirb ftd^ ein jtöntg an^ Serien ergeben, ber auc^ 3^^^^ unb SBunber tl^un tonn unb
Der bie ©cred;tcn oertoirrl. 3)ann erjc^eint ß^riftuS, ber ben äntid^rift beftegt, fein 9lei(^
46aufricl>tet unb mit ben ©erec^ten mitten auf ber (Srbe ^errfc^t. tiefer SBeltfobbot^ boucct
taufcnb ^al)xt, 2lm (Snbe biefer ^^'xt erfc^eint ber 2lntic^rift jum ^toeitenmale, bö er
abcrmafe übcrtounben toirb. 9Jun erfolgt bie Umgeftaltung ber @tttd)Un, bie j|e^ ec^
bertlärt toerben nac^ ber ^toeiten äluferfte^ung. 3)iefen Erörterungen liegt eine in 6i*
bv^tlenform bearbeitete a^jotal^pfe ju ©runbe (95ouffct, 3)er älntid^rift ©. 50 f.), mit ber
60 jeboc^ noc^ eine anbere Duelle berbunben Sorben ift (^reufdj^en, 35J3:3Ö 2, 1901, 178).
2)ie Duelle ift noc^ nic^t genauer nac^getoiefen.
Unter bie großen ©eifter in ber Äird^e ift £. fid^erlid^ nic^t ju rechnen. Slber eine
licbenßh)ürbige ?Jerfönlid^teit ift er geloefen bei aller Dberfläc^lic^teit, bie feinem S)entcn
anhaftet. Unb toenn er aud^ teine neuen $fabe gefunben ^at, fo ift er bod^ toielen )u
66 feiner ^cxt unb fpäter ein ^ü^rer getoorben. SSef^eiben ^at er felbft e^ au^ef)>ro(^
(de opif. dei 20, 9) : „toenn ic^ bied 2Bert üoQenbet J^ab^, fo ^abe id^, loie vd) gloi^
genug gelebt, unb id^ habe nteine ^flic^t auf Srben getl^an, toenn meine Srbett nur
einige SRenfd^en t)om ^rrtum befreit unb auf ben 3Beg gum ^immel getoiefen fyiL"
dmim ^tenf^es.
Lacticinia SSfare 211
Lacticinia (lactentia, lactantia, lactaria), tDörtßc^ 3)lU(^ft)ctfen, fmb alle@peifen,
tDclcl^ mittelbar Don ben Vieren oenommen h)erben lönnen, omnia quae semeDtinam
carnis trahunt originem, h)te ^ild^, SSutter, Schmal}; kä\^, and) @ter im ©cgenfo^
}u bnt fogenonnten txoitnm @t)eifen (^tjQocpayia, aridus victus, arida saginatio).
6(^on frü^ iß ed üblid^ getoorben, an ben Slbftinenjtagen, namentlich in ben Duobra« 6
gefunolfaften toor Dftem (f . b. 8. gaftenSbV ©.7 73, 3 ff.), pc^ nic^t nur bc« ©enuffc« bon
gleifc^, fonbem auc^ anberer na^r^after Steifen gu enthalten. 2)iefem ©ebrauc^e ent^
fjjrc^^cnb orbnete fc^on ba« Äonjil Don 2aobicea (stoifc^en 343—381) c. 50 (c. 8 Di st.
III de consecr.) an, ba^ bie 9{a|^runQ h)ä^renb ber Quabragefimal^eit nur an^
trodenen Steifen befleißen foUe, unb fpäter f)at ba^ truQanifc^e jton^il Don 692 c. 56 lo
gegenüber ber abtoeic^enben ©itte ber älrmenier beftimmt, ba^ ein unb biefelbe äBetfe
be^ ^ftend in ber Äirc^e ^errfc^en unb man fic^ ber Don agieren tommenben S))cifen,
indbefonbere ber @ier unb bed ^äfed, entl^alten foQe, inbcm e^ }ugletdb ald Strafe für bie
Serld^ung feinet ©ebote^ gegen 5llerifer bie 2)e^ofition unb gegen iSaien bie @£lommu«
ntf^ion anbro^t. 2)ie @nt^tung Don ben Sacticinien, h)el(^e noc^ ^eute in ber orien« i6
tttlifc^, indbefonbere ber rufftfc^en ^ird^e ^errfc^enbe $ra£id ift, beginnt mit bem älblauf
ber fogen. Ääfe« ober Suttertooc^e {Tvgocpdyog, TVQivtj), b. ^. ber mit bem TOontag nac^
unferem Sonntag Sexagesimae anfangenben unb mit bem Sonntag Quinquagesimae
enbenben SBod^e.
^m Occibent 1^ man flc^ jtoar auc^ fc^on frül^ an ben 9(bftinen)tagen Don bem 20
@eni^e ber Sacticinien ferngehalten, o^ne ba^ ieboc^ ^ier fic^ eine fo fefte ©etoo^n^eit
va(b Stegel toie im Orient gebilbet ^at SSon 9lom au^ tourbe bie^ aQerbing^ fc^on im
6. ober 7. 3<*^^wnbert empfohlen (c. 6. c. 2 Dist. IV, jugefc^rieben ©regor I. : „Par
autem est, ut quibus diebus a came animalium abstinemus, ab omnibus quoque
quae aementinam carnis trahunt originem, ieiunemus, a lacte videlicet, caseo 25
et Ovis"). S)iejer Stot ift f})äter Don einzelnen ©^noben feit bem 9.3^^^^""^^ loiebcr-
^It, ja caiif fogar ber Senu^ Don Sacticinien an ben ^fttagen bireft Derboten toorben
(»interim, ©enttoürbigleiten ber c^^riftfat^olifc^en Äirc^e, »b II, 1, 601 ff.; 8b V, 2, 78).
BpaUx t^, toie Zffoma^ Don Slquino begeugt, bie 9lege( l^^errfd^enb getoefen, bag in ben
Qit^ageftmalfefiten leine Sacticinien gegeffen toerben foUten (summa II. II. qu. 147. ao
art. 8: „In ieiunio quadragesimali interdicuntur universaliter etiam ova et
lacticinia, circa quorum abstinentiam in aliis ieiuniis diversae consuetudines
ezistunt apud diverses"), unb biefe ©etoo^n^eit ift unter äUe^anber VII. am 18. Mäx^
1666 tnadf 9t())robierung bed @a^ed: „Non est evldens, quod consuetudo non
eomedendi ova et lacticinia in quadragesima obliget" gebiQigt toorben ; Dgl. Be- 35
nedict. XIV. de synodo dioecesano IIb. XI. c. 5. n. 13. 14, unb Ferraris,
prompta bibliotheca canonica s. v. abstinentia n. 8. 9 unb s. v. ieiunium art. I.
n. 9. 10. Jtraft ^artilulärer SSorfc^rift unb ObferDam toar aber aud^ bie @ntl^altung
Don 3RiU^f))eifen )u anberen ^aftenjeiten ald ber Duabrageftma geforbert, toie bied
namentlich aud ben ^i^penfen be^ ))ä))ftlic^en @tu^le^ Don 1344 für bie ^iöcefen Jtöln 40
unb ^er unb 1485 für bie Sonbgraffc^aft 3)leigen in 93etreff biefer 3^^^<^ ^erDorge^t.
Xber (utc^ felbft für bie Duabrageftmolfaften ftnb fold^e 3)i^i)cnfalionen (fogen. Butter-
briefe) Dom päp^iö^m @tu^l indbefonbere für 2)eutfcJ^lanb erteilt (Samberger (S^nobe Don
1491, tit 37, $ar^^m, Concilia Germaniae, 5, 619) unb bie Slic^tbeobad^tung bc^
Serboted gebulbet toorben, Dgl. Benedict. XIV. institutionum ecclesiasticar. XVI : 45
„Non ignoramus, regiones quasdam in septemtrione positas ovis et lacticiniis
uti, quod crebris assiduisque immunitatibus Romanorum pontificum liberali-
tate concessis tribuendum est, illas deinde populi, pluribus annis interiectis,
cum pontifices rem dissimularent vel scienter paterentur, in Privilegium per-
petuamque facultatem converterunt. Haec autem immunitas iis potissimum go
causia innititur: coeli temperie, diversa corporum habitudine, earumque
regionum indigentia, ita tamen, ut medium quoddam iter insistant et ab-
stinentiam, qua possunt ratione, sequantur." äluc^ nac^ heutiger römifc^er ^ra^i^
erbauen bte SiMböfe nod^f in ben i^nen getoä^rten Duinquennalfafultöten pro foro
extemo (unter 9ifr. 19) bie „facultas dispensandi, quando expedire videbitur, 66
super esu camium, ovorum et lacticiniorum tempore ieiuniorum et quadra-
gesimae".
$. ^tnfi^ittd f.
£if«rc f. Gd^ftoeben.
212 be Sagorbe
$OttI bc fioaorbf, 1827—1891. — Sittcratur: 1. SJon ßagarbe:
[ald % %. Söt tiefer.] Horae Aramaicae 47. || Budimenta Mythologjae Semiticae
Supplementa Lexici Aramaici 48. || Initia Chromatologiae Arabicae 49. || Hymne of the
old catholic church of England 50. || Arica 51. || ^ur^elforf (jungen 52. || Acta apoetolonun
6 coptice 52. 1 1 Epistulae novi testamenti coptice 52.
[anont^m.] Didascalia apoetolorum syriace 54. || 3^^ Urgefc^i^tc bcr 9[rtnenier. ^in
p^ilologifdjer ^ßerfuc^ 54. || )8eiträge )U 3of. ^unfend Analecta Antenicaena II unb Chris-
tianity and Mankind. Vol. 3. 4 (= Outlines of the Philosophy of Universal History
Vol. 1. 2) fionbon 1854.
10 [ald be ßagarbe.] DeG^oponicon versione syriaca commentatio 55. || Beliquiae iuris
ecclesiastici antiquissimae graece 56. || Beliquiae iuris ecclesiastici antiquissimae syriaoe 56. ||
De No To ad versionum orientalium fidem edendo 57. || Analecta Syriaca 58. || Analecta
appendix Arabica 58. 1 1 Hippolyti Bomani quae feruntur omnia graece 58. 1 1 Titi Boetreni
contra Manichaeos libri quatuor Syriace 59. || Titi Bostreni quae ex opere contra Mani-
15 chaeos in cod. hamburgensi servata sunt graece acccdunt Julii romani epistolae et Gre-
gorii Thaumaturgi xmä /nigog jtiaug 59. || Oeoponicon in sermonem synacum versorom
quae supersunt 60. 1 1 Giemen tis romani recognitiones syriace 61. || Libri V. T. apocryphi
syriace 61. || Constitutiones apostolorum graece 62. j| ^nmerfungen )ur griec^ifdien Uthtr»
f e^ung ber ^rouerbien 63. 1 1 ^ie mx (Euangelien arabtfc^ aud ber SSiener banbfc^nft berank
20 gegeben 64. || Josephi Scaligeri poemata omnia ex museio Petri Scriverii 64. || (äemen-
tina 65. || (^efammelte ^b^anblungen 1866. ^naft. 92eubrucl 1896. ||2)er ^ntateuc^ !opttf4
67. II 9{act)n4ten über einige familten beS namend SBöttic^er 67. || Materialien )ur ge|(tid)te
unb frttif bed $entateud) I. II. 67. || Genesis graece 68. || Hieronymi quaestiones hebrai-
cao in libro Geneseos 68. || ^Beiträge jur baftrifd)en fie^icogropliie 68. jj Onomastica
25 Sacra 70, f . 87. || Prophetae chaidaice 72. 1 1 Hagiographa chaldaice 73. ||Ueber baS oer^filt«
nig beg beutfd)en ftaatrd jur Ideologie, firc^c unb religion. ein Derfuc^ nid)tt6eologen auf«
i^uflören 73. || $olitifd)e ^luffä^e 1874. IV. 134 @. || Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi
74. llPsalmi 1 — 49 in usum scholarum arabice 75. || Psaiterii versio memphitica, aocedunt
psalterii thebani fragmenta Parhamiana, Proverbiorum memphiticorum fragmenta Beio-
80 linensia 75. 1 1 Psalterium Job Proverbia arabice 76. || ^rmenif^e ©tubien 77. tl(^Q^ 22. ||
e^mmicta (mit armenifdje ©tubien 624 66., o^ne 233 66.) [I.] (au« jeitfcftriften. bcbräi-
f(t)e 6anbf(t)riften in Erfurt, ein ftagment bed anted ^fricanuS. aud S^iebrid) 9{ü(fertd
nacblaffe. (Epip^antana.) 77. || Semitica I. (^ritifc^e ^nmerfungen jum 95ud)e Sfaiad. (grfted
etücf. ^rflärung d)albätfd)er Wörter. @rfteg Stücf) 78. ^i&& 23. || S)eutf4e ©Triften.
85 (Über bad uer^ältnid be« beutfd)en ftaat« ju t^eologie, Tirc^e unb religion. ein oerfud) nictt«
tt)eologen ju orientieren. 1873. gebid)te. über bie gegenmärtige läge bed beutfcben reidi«.
ein berldjt. 1875. jum unterrid)t«gefete. bie religion ber jufunft.) 78. 1 1 Orientalia I. (5)ie
fopttfd)en ()anbfd)riften ber Q^öttinger IBibliot^ef. ^ruc^ftücfe ber toptifc^en Ueberfetung
be« 91X. 79. 9((ä)(^ 24. |j Semitica II. (Die parifer blötter be« codex sarravianus.) 79. «Q^Q^ 25.
40 i: Praetermissonim libri duo syriace (Eliae Nisibeni interpres. Abulfarag inpsalmoe.) 79. |
Orientalia II. ((grflärung l}ebräl{d)cr "©örter. Ucbcr ben Hebräer (gpbraim« oon ^beffa) 80.
?l®® 26. II Vis Ti ab Origene recensiti fragmenta apud Syros servata quinque 80. || Äu#
beut beutfcben gele^rtenleben. ^Ittenftücle unb (ä)Iof{en 80. || 6t)mmicta II. (au« ^eitfcbriften.
Moabitica. jmei proben moberner fritif. oorbemerfungen ju meiner au«gabe ber Septua-
45 ginta. be« (Spip^aniu« bud) über mage unb geroi(t)te ^um erftenmale ooUftfinbig. au«
einem uncia(cobe£ ber Slementina.) 80. || Deutfc^e fc^riften IL (gebic^te. bie fteQung
ber religion«gefeÜfd)aften im ftaate. noc^ einmal jum unterri(4t«ge|e^e. bie reorganifation
be« abel«. bie finan^politif Deutfd)Ianb«. bie graue internationale.) 81. H^nfünbi^ung einer
neuen au«gabe ber grie(t)ifd)en überfe^ung be« alten teftament« 82.) || Johannis Euchai-
60 torum metropolitae quae in codice vaticano graeco 676 supersunt Johannes BoUiff des-
cripsit 82. 911ÖQJ 28. || ^ic Iateinifcf)en überfe^unqen bc« Sgnatiu« 82. «0® 29. || Judae
Harizii makamac hebraicae 83. || Petri Hispani de lingua arabica libri duo 83. || Aegyp-
tiaca (de morte Josephi; de dormitione Mariae ; Sapientia Salomonis; Ecclesiasticus; Fsu-
roud oa; Canones Apostolorum ; Canones ecclesiastici) 83. ||The Question; wether marriage
56 with a deceased wife's sistcr is, or is not, prohibited in the Mosaic writings, answered &.
&^%, II Librorum V. T. canonicorum pars prior graece (®enefi« — (Sft^er Sudan^«) 83. ||
^Düttcilungen <Bb I. 1884; <öb II. 1887; «b III. 1889(90); 53b IV. 1891. || Programm für
bie fonferoatioe ^artei 'tp^reufeen« 84. | piJerfifdje Stubicn 84. «©(iJ 31. || ¥robe einer neuen
au«gabe ber Iateinifd)en Überlegungen be« alten teftament« 85. || ^^ebic^te 85. || ^ie rem*
60 bierte Sutt)erbibel bc« {)aQe*fd)en '^^aifenbaufe« befproc^en 85. ®g^. || Catenae in Evangelia
aegyptiacae quae supersunt 86. || 9^eu«grted)ifd)e« au« ^leinafien 86. 9®® 33. jj ^eutfcbe
6(t)riiten. CMe{amtau«gabe le^ter ^anb 86. || Novae psalterii gracci editionis specimen 87.
«(SJ(^ 33. II 91m Stranbe, ®ebid)te 87. || <Punm, ein beitrag gur gcf^ic^tc ber religion 87.
91® öJ 34. II Erinnerungen an gricbrid) Slücfcrt. fiipman äunj unb feine ©crcbrer (H).
ßo [(II.) (III.) 2C. = 8onberabbruct au« ben 9J2itteiIungen.j || Onomastica sacra alterum edita
87. II Suben unb Sn^od^^tn^n^n (II.) || 91gat^angelu« unb bie Elften (i)regor« oon Hr--
menien neu ^erau«gegeben 87. ^(&& 35. || Uebcrfi^t über bie im ^IramAif^en, )&rabif4en
bf Sagorbe 213
ttnb ^bröifc^tt übliche «Übung ber 92om{na 89. 9(@)® 35. || SReqifter (t)on ^. 9?a6IfiS) unb
^{adjtrfige ^u ber Ueberftc^t 91. ^(&® 37. || Le opere italiane di ÖiordaDO Bruno ristampate
I.II.88.||Ueber einige »crlincr X^cologcn unb »aS oon iftncn ju lernen ift 90 (IV). (^iicfit
für ben Sucb^anbel beftimmt). Erinnerungen an Sfriebrid) !Rücfert. Ueber einige ^Berliner
%%toioqtn, unb »ad t)on i^nen )u lernen ift. 3^^^ ^ufffi^e üon $aul bc fiagarbe. 3n einem 6
neuen «bbrucfe überreicht üon ?lnno be Sagarbe, ©öttingen 2. ^«oöember 1897. 127 S.) ||
^f^einigung über ben nötigen Smpfang eineS oon ^errn Otto 9{itfc6I an mic6 gerichteten
offenen ÄriefeÄ 90 (IV). || Ueber bie oon ^erm $aul ®ü6fetb oorgefc^Iagene !Reorganifation
unferer ©ljmna|ien (III). ||3)ie reoibierte fiut^erbibel be« |)aaefd)en ©aifenbaufe« (Ul) f. 85.
I 9llte« unb 92eue« über bad SSeibna^tdfeft. ^it einem ^n^ange 91. (rv.)|| ©eptuaginta« lO
Stubten. I. 1. 3)a« ©uc^ ber Slic^ter (c. 1—5) in jioei JRecenfionen. 2. S)ie d^ronologie
bed (Element oon %Ie;anbrien 91. $(®® 37. (6ogen 3 ff. fonnten bed @e^eraudftanbeS megen
nid^t gebntdt »erben); im 8anbe 38 merben folgen: II, 3. [^ie (S^ronologie ber Iateinifci)en
^rdbe 9(frifa9.] Cknealogiae totius bibliothecae; Origo humaDi generis (9?eapler 2!vrorptg
ir i:tizofAq} tfjg xaXaiag dia^i^xijg. 4. @ine neue SJecenfion ber ©eptuaginta. 5. Ezdrana [erfdjien 16
ind)t me6r]. il ^eutfd^e Schriften. ®efamtaudgabe le^ter ^anb. 3^^^^^^ ^^^ oierter ^bbrucf
92. 1 1 Psaltoii Giueci Quinquagena prima a Paulo de Li^garde in usum scholarum edita.
GottiDffae 1892. || Bibliothecae Syriacae quae ad philoiogiam sacram pertinent. 92. ^n«
balt : Fragmenta veteris testamenti graeci (GeneBis, Exodus, Numeri, Joeue, Judices, Ruth,
RegDorum yd,) Evangeliarium Hierosolymitanum (Matthaeus, Marcus, Lucas, Johannes). 20
(3)ie beiben legten @d)riften mit ben@®t. im ^rud beenbet burc^ %[. 9ia^lfd.)||®ebic6te oou
$aul be i^garbe. ®efamtaudgabe beforgt oon^nna befiagarbe. (S^i)ttingen 97, 115 8. (^iefe
(iefamtau^abe entl^ält auc^ bie ©tranblieber, totldtt feit langer 3^it oergriffen finb, unb
brei bid^er unbelannte ®ebi(bte, meiere ft^ ^n $aul be Sagarbe« ^ac^Iag oorfanben.)
2. Ueber i^garbe: a) fluf eine au9 9nlag bed 8. ^nternationafen Orientalifternfton« 25
greife« im Sa^re 1887 an ibn gericfttete ©itte oeröffentlid^te fi. (3Kt III, 34 ff.) „3KitteiIungen
über ^ul 9nton be Sagarbe''; bie ange^fingte fiifte feiner ^iic^er, nac^ ben @prac^en ge«
orbnet, in benen ober über me^e fte oeröffentlicbt finb, unifagt 63 92ummern in 14 Ab-
teilungen, aU i^in Ißorbereitung" ftnb 8 tbeitere ^erfe aufgeführt; bai perfifcbe Scblug^
motto lautet: „menn itb fterbe, boffe id) auf bem 93ege ;(u fterben". ^uiS bem gleichen Sal^r so
ftammt ber Krtitel in €d)aff*3acffonS Encyclopedia of living Divines p. 122 mit ber @bct«
ratteriftil: He accepts nothing but what is proved, but accepts every thing that hasl>een
proTed. ^gl. auc^ Symm. 1, 227—232, Librorum V. T. can. pars prior 542 — 544. 3"
ber Contemporary Review für 9Jlar* 1889, 322—329 befprad) ©. SR. 3)rioer 14 ©erle, bie
2. im 8auf oon 5 Sorten oeröffentli^t ^atte. — Unmittelbar nadj fi.g 2:ob ocrteilte ber 86
Unterzeichnete bie Oorftebenb ergänzt abgebrudfte fiifte feiner felbftftfinbigen Veröffentlichungen
unb balb barauf oeröffentIid)te S^icbarb 3l. ^. ©ott^eil in ben Proceedings of tue American
Oriental Society 1892 (p. C5CXI— CCXXIX unb fe^arat) eine BibUography of the Works
of Paul Anton de Lagude oon 297 92ummern unter 51 S^ubrifen. (^er i^abenpreid ber oon
ibm gebrucften ^erfe betrfigt mel^r aU 500 ^arf). — ($ln Quellen ftanben bem Unter* «o
^etctneten auger ben im Vorftel^enben unb grolgenben aufgefüf)rten gebrucften Werfen nur
eine Vnja^I Sriefe Sagarbe^ unb feiner ^itrae )ur Verfügung. ®efe|en bat ber Unterjeid)«
nete, n>a9 irrigen VorfteQungen gegenüber ju bemerfen nottoenbig fcbeint, fi. nur ein einjiged=
mal ein poor @tunben in Söttingen, auf bem ^eimmeg oon bem OrientaUftenfongreg, für
toeldb^n S. bie errofi^nten 9]>littei(ungen jufammenfteQte. Vegeiftert aber mar er für S.S 46
©dbriften feit feinen erften Stubienfemeftern unb oon niemanb &at er, feit er im S^br 1875
aud Vnla^ bed Psalterium Hieronymi unb einer beabftcbtigten toiffenfcbaftlicijen 9}eife ^um
er^enmal an ibn ju fdireiben fid) erlaubte, me^r grörberung erfabren, aU oon fi. @ine für
^aupti Seitrfige jur ^ffl^riologie beftimmte, aucb fcbon öffentlicb angefünbigte Vef^reibung
ber Schriften Sagarbed mit audfübrlic^en 9^egiftern ift ^ur 3^it noc^ unooQenbet.) 60
b)Knna befiagarbe, $aul be Sagarbe, (Erinnerungen auS feinem Seben für bie
greunbe jufommengefteat. 9118 ©anbfcbrift gebrucft, ®öttingen 1894, 189 @. (^Sormort 2. 92oo.
1893; bonn im ©ucbbanbel; SBorroort 2. Ort. 1894). || 9Jebe, gebalten im auftrage beri^önigl.
<Bforg«9uguft»Unioerfttfit am Sarge bed ©ebeimen SlegierungSrated $rofeffor D. Dr. $aul
be S. am 25. ^ejember 1891 oon Utdcb oon ^ilamomi^-^oeOenbor^, jur ^z\t $roreftor 66
ber ftdnigl. Unioerfität ©öttingen, 7 8. 4® (erfter unb ^weiter S)rucf; britter S)rucf in beS
©«rfoffer« ««eben unb Vorträge* (Berlin, ©eibmann 1901, 6. 90—96, mit einer «Tnmer-
hing; ogl. ebenba 117 bie $roreftoratdrebe oon 1892). || ©ebfi^tnidrebe auf^aul be 2. $on
3uliud Sen^aufen (&&^ 1894, ®efcbaftli(be Mitteilungen 8. 49 ff. unb im @onberbrucf
9 SS.). Son ben S. 3 f. ber Erinnerungen jufammengcftenten 9?acbrufen finb im 8onber« eo
bnuf erfd^ienen ber oon 2. 3:e(ben au8 Engelbert ^crnerftorfer« 5)eutfdje 3Bortc (12. [3)e=
jcmber] ^eft 1892, 32 SS.); Eugen SBoIff, 3)eutfcbe Scbriften für nationales fieben. 3mcile
mtikt, ^ft 4, Äiel 1892, 44 SS.; in 3eitungen unb 3eitfd)riftcn erfdjienen folcbe oon ^a\i\
«Otter, d. «[efUe], ©uftao Sfloetbe, JRub. ^einje, E. Siegfrieb, % ^eniel E. o. Saffroürf,
8rr. Hirc^ner, ßubw. Scbemann, ^anS fieufe. 5Bon SluÄmärtigcn : 91. 3)uff. ®eorgc g Moore es
(The Andover Beview. fjfebr. 1892). ^on bemfelben: An address at the opening of the
Lagarde Library in the üniversity of the City of New- York, Apr. 29. 1893 in The Uni-
214 bf Sagorbe
versitj Quarterlj 166-179 (f. ii.). 3n ^önneded Stiberatlad hnx (&t\d)idiit btr bfutf^fii
9?ationaUSiltcratiir ftcbt SagarbeÄ »Hb neben bem Xrcitfdjie«. — «Tuf S.» 70. Qkhnxma%
erf(^icnen: ^eutfdie ^ammerfc6Iä(\e III., $aitl be S. @in SBorfömpfer beutf(6«fodaIer 97 eform
oon Dr.S^. Sinbftrönf^odlar, Berlin 1897, 16 @.; Submig 6d)emann in: (Somemudblfttter
6 für »olfSerjieftiing V, ^x. 9.10 (»crlin 1897, 8 S.). - ^u8 «nlofe ber 3o§r6unberl»cnbe
föibmete ber EEN02 ber ^^^eilage jur SlDgemetnen B^itu^S" ^- ^^e fec^fte unb le^te {einer
„6:entenarbetradjtungen'' (^r. 99. 100 uom l.unb 2.^ai 1901:) «.eine ber gottedfürcfetigllen
92aturen. benen ic^ auf biefer (Srbe begegnet bin", grri^ Sien^arb, in ber ^^eut{d)en ^imat"
1900. «gl. meltcr X^fi» XI, 91; XIV, 112; XV, 96; XVII, 104: XVm, 135. äff. %k,
10 g^ejer in „3a^rc«ber!*te für neuere beutftfte Sitieraturgefcfti^te (1894) 1897, IV, 5, n. 634
bid 638; (S. 9{eft(e, $. be S. gu 9}it{d)Id Urteil über bie beiben ^rinji^ien be« $rote^n-
tidmud (@t^ 1898, 1); S6r. @)rog, $aul be Sagarbe unb bie „9l2efiaion ber Bufunft"
in 3)e93I 19, 229-258; fiub». $aul, ©emerlungen ju einigen «uÄfpruc^en Don ?. be ß.
in feinen „3)eutf4en ©cöriften" (3pr£^ 18 [1891] 159. 160). - 5Bon jübif^er 6eite: 5). Äouf-
16 mann, $. be fi.d jübif^e ©ele^rfamteit. (§ine (^rmiberung, Seipjig 1887; 9(. berliner, %xi>*
feffor $. be fi. nacb feiner 9^atur ge^eicbnet, Seipjig 1887; S9. giemli^. 9Iu« ber @c6ule be
fiagarbed (3übifd)ed iBitteraturblatt 1884. 24. 28. [24 auf ®runb üon Kaufmann in ber
Cefterr. gKonatdf^rift f. Or. 4. 5]; 50. 52. <ßMI. i^roner, ebenba 1888, 22); 6. Jammer»
f^tag in 9IIg. 3eitung bed 3ubentumd 1887. 48. 49; Defterreic^ifc^e ^o(6enf(6rtft. (SentroU
ao organ für bie gefammten 3wtcr«ffen be« 3w^ent^um§ 1891. 49.
$aul Slnton be Sagarbe, h)te er ftc^ feit 1854 nannte, urft)rfingltd^ ^ßoul Xntmi
SBöttic^er, tft geboren am Slllerfeclentag, ben 2. 9loDember 1827 ju S3erKn, Äod^ftta^e 27,
afö älteftc« Ätnb be« Dr. 3ol^. griebr. 2BiII^. »öttic^er, ber, geb. 1798 afö ^Prebiger«»
fol^n bei ^agbeburg, am 6. 9lt)rU 1850 al« ^rofef[or am ^ebri(i^28U^elm'®Vmnafhtm
35 in 93erltn ftarb. 9luf Sd^Ietermad^er« Sd^og tft er al« 5ttnb mel^r ald einmal aefeffen,
l^abe aber faft ftetiS ein ©rauen bor tl^m em))funben (Stüdert 86). Sel^tretc^ fitr bod
richtige SSerftänbnt« beiS @ol^ne« tft, Xoqä ber ^treltor bed ®^mnaftumd %, Stonle im
Programm ber Slnftolt für 1851 über ben 93&ter mitteilt, bag er nac^ @rlebtgungen ber
Schularbeiten jeben Slugenblid benü^te, um in toetteren Jtreifen burc^ Sd^ften )u totrien.
30 „^anb ftc^ ntemanb, ber e« berlegen tooQte, Xoa% er gefd^rieben l^tte, fo fanb fu^ bix^
ein 3)ruder unb freubig no^m er au« feinen toentgen befc^rdntten 3RttteIn bie notti>en<
bigen Summen, mit benen ber 3)rudt beftritten (Derben lonnte''; ebenjo tocA Don ben
trüben (Srfal^rungen feine« Seben« mitgeteilt ift, in«befonbere bem Xob femer erften ^ou,
Suife geb. Jtlebe, bie am 14. 9lobember 1827, nod^ nic^t boD 19iä^rig, 12 Xage nocb
86 ber ©eburt il^re« @o^ne« ftarb (bgl. @tranblieber %. 11). Die Pflege be« ftinbe« blieb
utnäd^ft jtoei älteren ©ro^anten überlaffen, beren eine, eine ©d^toefter ber ©ro^mutter,
^äulein (Smeftine be Sagarbe feine fißötere älbo))tik>mutter tourbe; bon ber jlDetten gh^ou
feine« äSater« rül^mt er in ben für feinen jüngeren 93ruber$an« 1867 jufommengeflelllen
„9tac^ric^ten", bafe fte il^m eine forgfame 3Wutter geioefen, beren 33tlb er mit tnnigfton
40 ^anl in ftc^ trage ; )um SSater aber geftaltete \x6^ ba« SSerl^tnt«, jumal burc^ ba« ^cSß
1848 fo, ba| ber @ol^n an feinem Sterbebette ftanb mit bem graufamen ©d^meii über
biefen 2:ob nid^t trauern ju lönnen (Erinnerungen 13). 28ie er Oftem 1844 me^r ein
jtnabe al« ein Jüngling bie UmberTttöt 93erlin bejog, b. 1^. in ben engen, bumt^fen
SSerl^öltniffen blieb, in benen er bie legten "^alix^ geftedt, mit bem Siecht Sorlefungen )u
46 l^ören, bie für il^n au«getoä^lt tourben, toie ^engftenberg« borjüglid^e SSorlefung über t^o«
logtfd^e @nc^Ilo^öbie unb ^Ret^obologie il^m i^alt gab, toie er 9tüdEert« @d^ec tpurbe,
l^at er felbft erjä^It. Über ben eintritt bei Slüdtert f. je^t aud^ 5IWar aMler, «Ite 3eiten
— alte ^eunbe (©ot^ $ert^e«1901; ©eutfd^::®!). Slötter 1901, 309). „Unterfiü|ungen
unb ©ti})enbien, bie al« Slnerfennung unb jur ßrmunterung feine« ^lei|e« bem Sünglinge
60 jufielen, nal^m o^ne ivettere« ber 3Sater an ftd^, um fte biefem ober jenem frommen ^aufe
ober SJlenfd^en jugutoenben" ((Erinnerungen 10). 38on 93erlin ging er nac^^alle, „auf
meiner Db^ffee burd^ bie Äirc^en bamal« beim ältlutl^ertume angelangt" (Stücfert 92).
35a« ebangelifc^e (5äfular^©tit)enbium bon jäl^lid^ 300 2:^alem, ba« bie ©tabt »erlin
am 2. 5Rot)ember 1849 auf 2 ^a^xt ju bergeben ^atte, ermöglichte i^m in^atte bie fyibu
55 litierung in ber j)^Uofo>)l^ifc^en gafultät. ©ie erfolgte (20. ^Kai 1851) auf ©runb ber
©eiten 1—29 ber Arica, benen bon toiffenfc^aftlid^en 3lrbeiten fc^on 1847 bie Horae
Aramaicae, 1848 bie Rudimenta-Supplementa. 1849 bie Initia borau«gegangen
toaren, le^tere al« berliner 35oftorbiffertation gegen SR. ©ofc^e, D. ©traufe unb 9Jl. \üjLt^
mann al« O))))onenten. SSon ben2:^efen, bie er berteibigte, lautete bie erfte nemo Uieo-
60 logus nisi philosophus, bie bierte lingua armenica mere aric^a. ^ort fanb er boS
©lüdt feine« Seben«, feine ^'^au 2lnna Serger, 2^od^ter eine« ^ö^eren SRilitär«, mit b«en
(Jltem ber SSater Söttid^er in jungen ^oiix^xK befannt getoefen toar ; mit be« 3Sater« jüngfiem
be Sogarbe 215
Smbec taHtr eine ©d^toeftet il^rer SRutter verheiratet (Erinnerungen 14). @tne 93erufung
nac^ 3f^> ^^^ SUUfert für eine au^emad^te @acl^e l^ielt, 6Iie6 au^; bagegen erhielt er
hm^ Sermtttelung Sunfend bon griebrid^ SBil^elm IV. ein Sleifeftijjenbium öon 1000 %f}a'
lern, bad i^n über ®öttingen, Wo er bie einzige ^^Uologen- unb Drientaltftens93erfamm«
hing in feinem Seben mitmad^te, bon 93enfeV aU ber fdpmarje ^ufar unter ben jungen 6
DrientoKflen begrübt (Srinnerungen @. 20), nac^ Sonbon unb gtvifc^en hinein nac^^ari^
fü^e. 2)ie 9Bur}e(forfc^ungen unb bie älu^obe ber Io))tifd^en ^))ofteIgef^ic^te unb Briefe
tooren imtmfd^en erfc^ienen. ^antit begann, toa^2, einmal ,,bie traurige f^rifc^e @t)i{obe''
feined Seiend nannte, bie bod^ für bte t^eologifd^e äBiffenfd^aft bie reic^ften ^d^te ge^
tragen ^ tmb für bie @nttoi(lelung feiner Seben^nfc^auungen l^öc^ft n^td^tig tvurbe, in- lo
bem bie bon ben beften englifd^en Greifen il^m mie aai) fonftigen beutfc^en ®Ati)üm
gebotene ®aßfreunbfc^ft, boQenbd feit feiner 9lufna^me in Sunfend $aud feinen SlidE in
einer ffleife ertoeiterte, toie bag toenig i^eologen bergönnt ift ((Erinnerungen ©.22—24,
obtoo^l bort bie toid^tigften aud bicfer 3^^^ erhaltenen 9?othen für fpäter, für eine ioirI=
üd^ 9iogra)}l^ie aufbehalten finb ; bg(. auc^ bie bon äBeS^aufen angefül^rte Stelle aud i6
Memoir of Bansen II, 321). 3lad^ feiner SlüdKe^r bemül^te fid^ £. um ein Bd^nU
amt, erl^ielt ol^ne bie üblid^e Prüfung bie facultas für aQe £e^rfäc^er unb alle Jtlaffen,
trat, noc^bem er am 21. 3fläxi 1854 noc^ unter bem alten Flamen getraut toorben toar
— über ben Siamendtoed^jel f. ©rinnerungen ©. 45 — , an Dftem ba« ^Probeja^ an
bem ^ebri(^3Berberfd^en ©^mnaftum an, unb n)ar 12 2|a^re lang bon 1854—66 20
64fulmeifier (an ber Suifenftöbter 9iealfd^ule, 5töIInfc^en (S^mnafium, jule^t mieber
am SBerber), mit bielen @£traftunben an berfd^iebenen 3Räbd^enfc^ulen unb für $ribat-
f(^üler, bei einem ®e^alt, ber bon 400 X^alem jule^t auf 850 ftieg. älQe 9lu<^
fk^ten auf otabemifc^e $rofef[uren (Jliel, ^Jlarburg, ^mle, ®ie^en) jerfc^Iugen ftc^ — über
bie SetDerbung um ©ie^en nac^ Rnobd^ %oh f. @rinnerungen @. 66 — ; befreit tourbe26
er aud biefer Sage auf ®runb einer burc^ ®eneral bon Sranbt bermittelten @ingabe an
ben ft^ig bom 2. ä())ril 1865, auf toelc^e l^in il^m fein bamaliger ©el^alt bon 850 ^a«
lern auf 8 l^al^e bertoiUigt tourbe, toenn i^m nic^t fd^on früi^er ein alabemifd^ed Se^ramt
übertragen toerben foQte. 93on bem, ioad S. in biefen 12 Igai^ren l^^erau^egeben, gilt
toa^ er einft oud Sonbon im SlidE auf feine Ropxm fd^rieb : „xd^ erfd^redCe orbentlic^ über ao
ha&, toQ^ \äf bor mid^ gebracht l^abe, ed ift rafenb btel'' (@r. 41), bon ber noc^ anonym
erf^ienenen Didascalia an bii ju ben Clementina unb ben (Sefammelten Sbl^anblungen
bom ^0^ borauf. ^ad 3^0^^^ ^^ berliner ^ogiftratd (@r. 82). ^ie fd^ulfreien
2';, 3#^# bie S. in @d^leuftngen jubrad^te, galten fd^arfer Slrbeit an ber ©e^^tuaginta.
9Im 7. Xuguft 1868 erteilte i^m $alle ben tf^eologifc^en ^oltor burc^ ©d^lottmann aldss
^romotor. SIm 6. 3Jlär} 1869 erfolgte bie @mennung nac^ ©öttingen, an @malbd ©teQe,
too t^m bad Sinleben juerft burc^ Smalbd älbneigung ut^ Stitfc^fö ÜRangel an 3^-
neigung, bann burd^ bie äieröffentli^ung bed äSriefd erf^toert mürbe, ben ber 23iä|^nge
am 2. ^Aituar 1851 an ben bamaligen $räfibenten 92a)}oleon gefc^rieben ^atie (Srinne^
ntngen 94 — 101). Slber fd^on 1875 toar er Vertreter ber Uniberfität bei ber (Srünbung^ 40
feta ber Uniberftt&t Sjemomi^, im 3)ejember 1876 n)urbe er orbentlid^ed 3Jlitglieb ber
®efeQf(^ft ber 3Biffenfd^aften an ©teQe bon ®eorg 2Bai$ unb bat „bid ju bem 2;age
fetned Xobed, bem 22.^e)ember 1891, eine "Slma^ großer unb Ileiner älbl^anblungen unb
Xuffä^ in ben Sönben ber Slbl^anblungen unb 9cad^ric^ten berdffentlic^t, biele bon ber
geölten 93ebeutung, aDe ^Äd^m eifemen ^I^i^^, umfaffenber unb grünblid^ffter (Selel^r« 46
famfeit, tiefen unb ta)}feren ©eifted. Q^ ^at laum jemaliS einen fo regelmäßigen unb
eifrigen Xetlne^mer an allen Beratungen unb SSer^anblungen ber ©efellfc^aft gegeben''
(Seri^t bed beftonbigen ©efretärd (Sg9l 1892, 16, 576). ^ ©ommer 1888 über«
broi^te €t ber Uniberfttöt Bologna )ur freier i^red 800iäl^rigen BeftebeniS bie (Slüd^toünfd^e
ber ®efeQf(^ft ; am 29. ^uli 1887 toar i^m ber Stitel (Sel^eimer Stegierung^rat ^u teil 60
getoorben. @r {ianb auf ber $5^e feiner ©d^affen^haf t ; boc^ fc^rieb er f^on bamal^
bem Unter)ei(^neten : „äöeltlid^e ®^ren fmb für meinerlei ^Jlenfc^en bie ^Ra^nung, baß bie
Gtunbe tommt, l^eimmärt^ jum Bater aufjubred^en. ®em bräd^te ic^ nod^ meine älr«
betten unb mein ^aud in gute Drbnung, e^e e^ fortgel^t''. 3)a^ ^atte er getl^an, al^
lebermonn unertoortet bie %xd^ric^t bon feinem 2^obe tam; er erfolgte am 22. ^e^embersB
1891, brei Zage nad^ ber Operation eine^ 3)armfrebfed. 9lm äBei^nad^t^feft, bem feine
Ic^ boQenbete Slrbeit galt, ift er beerbigt toorben. „S. toar au^ ber Sanbeefird^e au^
aetreten, olfo toar bie amtlid^e Beteiligung eined ©eiftlid^en au^efd^lof(en ; bei fetner
jii^renben ilam))fedfiellung lagen antifemitifc^e ober |)l^ilofemitifd^e ©törungen nid^ft außer::
^alb ber 9Röglt(^Ieit. ^ie leitenbe Bel^örbe ber Uniberfttöt @öttingen, ber Bertoaltungd- &>
216 bf Sagarbf
au^fd^ug, l^at ftc^ ber fd^toeren SlufgoBe getoad^fen gmtgt, oDerbtng$ nur bed^olb, toA
aQe unb jeber unter bent erfd^üttemben @tnbrucl bed xobe^, bem !Dcanne, ber fo btd über
pai gellagt ^atte, gern aQed ju Siebe t^t. 3)te @tabt ©öttingen fleOte bie Xa^f^
{(üßdlt für bie Seid^enfeier jur SSerfügung, bie, toa^ fonft nic^t gefd^id^t, Don ber UntDe^
5 fttät in bie $anb genommen n^arb; einer ber 5toIIegen [@menb], ber ba)u bie Orbtnatioii
befag, berlad auf bem ®rabe [9lö 8 u.] bie ritueQen ®ebete ber reformierten fttrc^, mürbem
ber$roreItor bie^ebe in ber $ta)>elle gehalten l^atte/' ^rorettor toor b. 3Bi(amotot$s!Dtod[en«
borff. ^lameniS ber ©efeQfd^aft, bie ftd^ vorbehalten l^atte bad SKnbenlen be^ ou^erorbent«
liefen 3Ranne^ in toürbiger 2Beife ju feiern (®g9I 1892, 77), l^ieU bie ©ebäc^tntdrcbe
10 auf S. am 24. ^vxl 1894 fein !Rad^f olger an ber UniDerfttät unb in ber ©efeOfc^
^uliu« SQSeHl^aufen (®g9l ©. 49 ff.; au^ im ©onberbrurf). SttJ^^w* P^ Jw^ barauf be«
fd^räntt, über bie totffenfc^aftlid^en QWU unb 9Bege S.d einen rurjen Sericpt gu erftottcn,
bilbet fie in oQem \>a^ ©egenftüdt gu ber an feinem @arge, in ber „toa^ er fonfl )u be*
beuten l^atte, gu rechter ^eit, unter bem frifc^en SinbrudE feinet Xobe$ bon anberer Seite
15 gefagt toorben" toar. 3lDer ioa« l^atte er ju bebeuten?
@^ toirb toenig ^eologen be^ 19. ^lal^rl^unbertiS geben, über toelc^e bie Xnftd^ten fo
au^einanbergel^en toie über 2.
1. @d^on feine Xe^tau^gaben fd^eint bie ©öttinger ©ebäc^tni^rebe ntd^t fo ffod^pi
toerten, toie fte gumal nad^ ben Umftänben, unter benen fie erfc^ienen, Derbienen bftrften.
20 ,,@etne ^Rugeftunben benuite er }ur ^erau^abe go^lreid^er f^rifd^er unb einiger gried^ifc^
3:ejte, bie faft atte ber cutd^riftltc^en Sitteratur angehören", fagt fte über bie Seritner
$eriobe, unb über bie f))ätere: „neben ber griec^ifd^en ebierte er lateinifd^e, berfifd^e, Io))ttf4{e,
aramöifd^e unb arabifc^e Überfe^ungen olt^ unb neuteftamentlic^er Südper''. @d ifi \a
richtig: „bie f^rifc^en toaren ^rogenteiU nur treue Stbbrudte meifl einer einzigen ^anb<
26 fd^rift"; „er emenbierte fie md^t unb tl^at nid^t^ Don bem ©einigen baju au^er in ben
5Soneben, in benen er . . . feine Seobad^tungen unbSCBinle ju berftedten liebte"; „er fyd
beinal^e niemals einen Xe^t fo ebiert, toie er tooQte, fonbem enttoeber nur groben gegeben,
ober ftatt ber Siecenfion eine treue kopxt^\ Slber ift bie^ 33erbienfl, toenn nur eine etnjige
^anbfc^rift verfügbar ift, )oie meiften^ bei S.d 9lu$Qaben, Don ber Didascalia an bid jiir
30 Bibliotheca syriaca ntd^t fc^on grog genug, gumal in feiner Sage, boQenb^ toenn mit 9teAt
gefagt h^erben lonnte, bag an feinem ©rob tool^l leiner fte^e, ber oQe bie Bpxad^ buCf*
ftabieren lönne, in benen er3:ejte gebrudft ^abe? 35ie 3U,U unb 9leuteftamentlid^e 8B8iffai«
Waft, toie bie ^ßatriftil toerben il^m für feine 2!ejtau^aben bleibenb banfbar fein, ©le
attein fc^on betoeifen, bafe er ein 9lac^fomme jene« Sagarbe toor, t)on bem ^lebrid^ ber
85 ®ro^e gefagt ^aben foD: mein 92ad^bar Sagarbe unb id^ ftnb bie flei§igften Slenf^fen in
^Preufeen.
2. Slber ju ben legten, bie er t)orIegte, lamen bie Unterfud^ungen. ^ier fpaiij/i
ba^ 3^d>^^^ SeQ^aufen^ laut genug : „@r ertannte, ba| bie $l^ilologie ba$ Heilmittel
für bie 3:^cologie fei" ; er l^at toefentlid^ baju beigetragen, ber ?P^iloIogie auf bem (Sebiet
40 ber Sl^eologie Soi^n gu bred^en. „@r ^at bie ^l^eologen nic^t blo| aud bem ©d^Iaf gerüttelt,
fonbem er l^at il^nen aud^ gegeigt, toie fd^fön unb frud^tbar il^e 3)id2it>lin fein föraite;
er l^at bie 2:^eologie ju ß^ren bringen tootten unb ift ftolj barauf getoefen, i^ onju»
gel^ören. 6r l^at bur^ bie Slnforberungen unb bie aufgaben, bie er ftellte, ©amenfömer
für bie 3wtunft au^eftreut. 2lm 2lbenb feinet SebeniS bat er biej?reube gehabt ju fe^,
46bafe ettoag baoon aufging." 3)er })l^iloIogifd^en b. 1^. ^iftorifd^en9Ketl^obeS3a^n gdbrodjien
JU ^aben, betrad^tcn toir afe ein jtoeite^ gro^e^ 3?erbienft 8.^.
3. Säber bie ^Ketlf^obe ^ilft nic^t«, o^ne ben Oeift, ber fxe befeelt. 3)a« britte unb be«
beutcnbfte 3?crbienft 8.^ fte^t ber UnterjieidSfnetc in ben t^eologifd^en 3lnfd^ungen, bie er
t)ertrat. @^ ift Ilar, ba^ l^ier bte Urteile am toeiteften aufeinander gelten, Kar aud^, bo^
50 8.3 2lnfc^auungcn nid^t gu allen R^Un biefelben getoefen finb. „Sagarbe toar in feiner
3lugenb Säpologet getoefen, bie SBiffenfc^aft ](>atte il^m aj)})ortieren follen, toa« er toünfc^
©})äter befliß er fid^ ber größten Unbefangenheit unb ©trenge." „SBon ber SRaiWät, baft
bie SBiffenfd^aft bie SBortc l^efu unb bie ßinrid^tungen ber 3l})oftel ju eruieren unb ba|
bie Sieligion ba« Grgcbni^ bann einfach amunei[|men l^abe, toar er in ffäteren ^oüfcm
65 fe^r gurüigefommen" (SBeHl^aufen). 35er 9teann, ber im 3^^^ 1861 fd^rieb: „i^ ^abe
noc^ am ^ien^tag Sl^riftum belannt [in einem t>on einigen älteren ®^mnafiaften erbetenen
Vortrage über bie Stegulatibe], id^ ^offe, ba^ er mic^ auc^ belennen toirb. 3^ möchte fo
gern, ba^ ber SBiberf^ein etoigen Sic^te^ auf meiner ©tim unb in meinem gangen SBefen
liege", unb t)on bem ber EEN02 ber allgemeinen S^'^w'^B »"^ 3^^^ 1901 belennt „bief«
60 SBibcrfd^ein lag in ber Il^at auf ber ©tim biefe« J'^embling« in biefer SBelt", \)(A fd^
be Sagarbf 217
im ^(äpc 1875 Don ^att) Selt^fd^ am Sd^Iul fetner Ad Lagardium epistula ben
3uruf er^oUen: sit quidem ut contra homunculos paratragoedies ; at abstine,
obsecro, a Filio Hominis, parce apostolis, ut ne ex Paulo Saulus evadas (Vet.
lest gr. ed. 3)tfci^botf* I, p. CXXII), unb auf ber Serüner ?PaftoraIlonferen|| bed
3aM 1894 M (««* ^ e^ronif ber ß^riftltc^en SJBelt 9flr. 24 ©f. 218) ?Profeffor 6
D. @<^latter au8 S3erRn in einem Sleferat über bie ©ünbe toiber ben j^eiltgen (Seift 2.
ci^ ^El^t'ud beigejooen, ioeil er gefagt l^abe, ^efud fei bod^ eigentlid^ ein red^t langioeiltger
Stobbiner. 3>ad ait^rillSieft ber 2)eutfc^'@t>an0elif(i^en Slätter bedfelben ^a^e^ fc^ilbert
ibn old 9Renf(^, ber fc^eb, toaiS lein anftänbigerSRann, toa^ nur ein ©affeniunge unb
ein ^f(^ti>ei6 fagen toürbe, bei tDeld^em 3)erbl^eiten unb Unarten, ©d^mö^fud^t unb pk» lo
tätäofe Unbanfborleit ju einem ganjen SRattentönig k>on SSerbrel^ungen unb Irrtümern
fi(^ berbinben, ber feine 3Rutterft)rac^e fo toentg be^errfc^t, toie ^^anjöfifd^ unb Sateinifd^,
ber toenn er bon fid^ felbft rebet, nur Don ©elbftbetounberung unb ©elbftoergötterung
überflog, bei bem ber $ferbefu| bed Ultramontani^mu^ unb ^efuiti^muiS an^ jeber RäU
^ou^dft, beffen ^l^tlofe jum 3!eil mit unenblid^en äBeitfd^toeifigleiten unb bobemofer i6
©elbPgefäOigleit gefd^riebenen 9(uffä|e, ©c^möl^fc^riften unb SRufterab^anblungen burc^ju*
arbeiten, unenblid^ 3Mf^ loftet, bon bem oQed toa^ bem ^reugen unb bem 3)eutf4en,
toenigfiend bem ebongelifd^en n^ert unb teuer ift, mitogen getreten n)irb[!]. ^er^erau^
geber ber £@93I., ber biefe S^aralteriftil 2.9 aufgenommen ^atte, lel^nte eine @infenbung,
bie i^ in ettoo^ onberem Sid^te barfteDen tooOte, mit ber (brieflid^en) Semerhtng ab, er 20
bef^^eibe ftd^ über 2. ein grünblid^ed Urtei( ju l^oben, urteilte bann aber bod^: „^at er
im einjdnen Sebeutenbed geleiftet, fo ift bie ©efamtfrud^t feined 2ebend für bie neufte
3ett bodb ioenig über 3luü'\ unb tooDte il^n ben $at^o(ogen be^ (Seiftet überlaffen, benen
er bon ^ec^t^ loegen gel^öre.
9ltt^oIb ftellt 2. (in bem ftoDegialen ©enbfd^reiben an ^ödteO mit @gibt;, (Sic^di, 25
9lie^f^ unb ^Iftoi ^ufammen M ben Vertretern ber 9leIigion au|er ber Ktrd^e. ©eil
(2)te ta>tffenf(^ftli(^ Siufgaben einer ©efd^ic^te ber c^riftlid^en Sieligion, $reu^. ^aj^rbb.
Ctt 1899) rechnet ibn gu ben SSertretem ber jüngften mor))l^oIogif(^en (9eftalt be^ Sl^riften«
tumd, bie er unterf(9eibet, bed c^ftlid^en ^umaniiSmu^, toelc^er }toei ©ebanlen, bie )u
ben utf^ncünglid^en S^^lm ^^ Sbangeliumd gel^ören, bie d^riftlic^e $erfönlic^{eit unb bad so
9let<^ ®otted, in ben ^orbergrunb gerüdh l^be, unb fc^Iie^t mit il^m bie 9ieil^e ber „großen
?[nbhribuantäten, bon benen eg eine Überlieferung giebt" (3)enf, granf, ©d^toenlfelb, %oi,
$enn . . . Äierleporb, ßarhjle, 3. 1. 33edt, 2agarbe). aBilamotoil^gjloeHenborf l^at an
feinem ©arg bon t^m gefagt: „^fö $ro))^et l^at er feine ©timme erl^oben über ©taat
unb Jltrd^, gugenbbilbung unb ©otte^bienft, ©efellfc^aft unb ©efittung. (Sd l^at il^n 86
mi) nxdft irre gemad^t, toenn fte bie ©timme eined 9tuferd in ber 9Büfte blieb. Denn
er füli^lte fid^ ow ^tipf^tt. (Sr fyittt ein fRtd^t boju, er toar eine J}rot)^etifd&e SRatur."
Hn Sbiguflm unb ^orbono Sruno, 3. 3- Slouffeau unb 21^. (Sarl^le erinnemb ate
an einige ber größten fold^ ))rot)^etifd^er 9?aturen fagte er: „S^ finb fubjeftib ge*
tooUige 9latitren ; barum n^edEen fte aDe nod^ ^eute ftarle ©^m))atl^en unb 9tnti))atl^ien. 40
Sei (ulen bleibt, ie naiver man guftel^t um fo ftärler, ein Srbenreft m trafen t)einltd^;
bei allen iß ber Sug^ntt, ani bem fte hcS SIU betrad^ten, in SBa^peit reltgiöd/' 3)as
gegen meinte Slröltf^ (2)ie c^riftltd^e SBeltanfc^auung unb bie n^tffenfc^aftli^en (Srunb^
Mnnmgen, 3fl^ 1894, 16): „2Benn ^eute rcligton^bebürftige $l^ilofoj)^en in $. be2.
einen ^xofpffctm ftd^ ertoäl^lt |aben, fo ftnb fte in il^rer Unlunbe beffen, toa« Sleligion ift, 45
an ein f olcped (Semüt geraten, Oag bei aQem Sieic^tum unb bei aQer^iefe feiner ^ömmig^
feit bo<^ mel^ eine unllare, unrul^ige unb übeneigte ©ebnfud^t nad^ 9ieligion al^ biefe
felbfl befo^'', unb aud^ ber jtoeite 'Jlac^folger bon 2.^ ©öttinger 9lntt))oben rebei au$
9(nla| bon SemouDid toiffenfc^aftlidE^er unb lirc^lic^er ^etl^obe in ber Xbeologie, bon
„trübenbem 9lebel, ber au8 ben liefen 2agarbifd^er gSeidl^eit auffteiat" (i^bf. ; bgl. 60
auc^ {^ermann, 3:^23 1898, 3); aber ein 93ud^ ioie ba« SemouHi« ober bie Il^at*
fac^, ba| ber 9{a(^olger SBeigfädEerd in feiner alabemifd^en Slntritt^rebe ober jüngft^amadE
in jeiner 9er(iner SleKorat^rebe „über tl^eologifc^e galultäten unb allgemeine Sleligion^
tanffenfc^'' für bie SSered^tigung i^re« %ad)t^ fäm})fert muffen, jeigt beutltc^ genug, ioie
loeit Snfd^ungen fd^on borgebrungen ftnb, bie Sagarbe, toenn auc^ ntc^t guerft unb nic^t 55
oDetn, f 0 bocb mit boDfter Älar^eit unb unerf c^rodtener Äonf equenj bertrcten l)at, 2lud^ ber
„2agaiWf4^ »nti|)rotepanti^mu«", ben ^axnai (2^23 1899, 514) al« einen 3ug ber
Reit anerlannte, fd^eint nod^ nic^t im 3tbne^men ;|u fein, ^at man Slttfc^l ben legten
xin^enboter ßcnonnt, fo toar feinSlibale gang getoi^ ein $ro))^et bed 20. 3^^^^^"^^
tbib man totrb ni(^t fel^I ge^en mit ber Überzeugung, ba^ 2agarbefd^e (Sebanfen noc^
218 be Sagatbe Saint
Diel toettere J!retfe toirlen fottbm, toenn ein ^at^tl^tnbemi^ ber SSerbreitung berfelbeit etm
mal gefaDen fein mirb. Sagarbe i)at faft aQe feine SBerte im Selbft» ober ftornmifftonds
berlag ^erau^egeben, bälget fanben fte il^rcn 2Beg nic^t. 3Ran fel^e bie Slntiquotioi^
lotologe burd^ felbft über äSibliotl^elen, bie bon ben näd^ften ^c^enoffen ^tnterbiffeii
6 tDurben, toie feiten b^^Qiiü man ba einem feiner SSerle! 9Ba^ ^tte ein rühriger Ser«
leger au^ i^nen gemalt; fo muffen toir tparten, bid ju feinem ^unbertften ®^ttrtdtag
ba^ Urheberrecht i^re unbefd^ränlte ^Verbreitung geftattet. SBon feinen ©ebic^ten ftnb im
jtDifd^en ^mei burc^ ^facobom^tig Sammlung ben meiteften ftreifen jugänglid^, unb im
©tillen totrften unb toirfen auc^ feine größeren SBerfe.
10 Sagarbe l^at in bem äBunfc^, ba^ fein mit bieler Strbeit unb @ntfagung ertoorbeiud
unb betoal^e^ SSermögen ben Familiennamen, ba er burd^f 5tinber ntc^t er^en toerben
tonnte, burc^ eine nü^lid^e Stiftung auf bie 9Iac^h)elt bringe, bie Jt ®efellf6aft bcr
üBiffenfd^aften ^ur @rbtn eingefe|t, unter Sebingungen, meiere bie Slnna^me nicpt teid^
matten ((Erinnerungen 145). ^u« einem 2lufruf gu einer „Stiftung ber ^eunbe ^ßaul
16 be Sagarbe^'' ift befannt gen)orben — in ben ©efd^äftlic^en Sßitteilungen ber (Sg92 fntbct
ftd^ nic^t^ 92ä^ere^ barüber — ba^ ber Srtrag feiner Stiftung gur^erau^abe einer fort*
laufenben Steige bon ^rudEtverlen bienen foQ, bie umfaffen lönnen auf ber einen Seite:
irgenb toeld^e lulturgefd^id^tlic^en Xe^te bed Mittelalter^, namentlich feiner Sitnte, S^^emtlcr
unb Sotanifer; Srieftoed^fel berbienter ©ele^rter; (folgen bon ©efanbtfc^ftöbend^en unb
2oä3riefen belannterer Staatsmänner unb ^ubligiften; auf ber anberen Seite: bie 9Bet(^
ber Äirc^enböter unb Sc^olaftiter, fotoie ber eranifc^en, neuäg^btifd^^ unb femitifc^ Shte«
raturen auger $ierogl^))l^en, 5teilfc^rift unb f^ejififc^ jübifc^ SdSiriften bed ft)ätecen
Mittelalter«.
^ie unter biel D))fem unb mit biel Siebe gufammengebrac^te Sibltot^ef tourbe butd^
26 $aul ^aiüpii 3}ermittelung um 30 000 3Rarl an bie neugegrünbete Uniberfttot ber Stobt
SRen)-?)orI berfauft; fte^e (S. SKooreS fc^öne Siebe bei ©röffnung berfelben ((Srinneningen
S. 149—158). 3ut Stiftung gel^ören toeiter aufeer 2Bert))abieren feine S)rudfe>erle uxib
fein ^auiS, in bem bie SBittoe bis 1. Wpxxl 1901 no^ too^nte (ie^t in ftoffel, (Srinne»
Hingen S. 147). 2Bo ber 92ame $aul be Sagarbe in @l^en geleiten toirb, ba iß oud^
80 ber bon 9lnna be Sagarbe gu nennen, nad^ bem englif^en Sbric^toort men are what
their wives make them, baS felbft bei einem fo eigenartigen SKanne, ioie 8. toax,
einigermaßen gelten toirb. „Sc^ unterfd^eibe mic^ bon meinen 3^fl^*w>ff^ <*wi toefent»
lic^ften baburcp," fc^rieb er einmal in einem ©riefe (1889), „bafe ic^ mid^ als $rie^
füllte, als Seelforger, als Seigrer — ic^ fteige in ber Scala abtoörtS. ^er 2)ienfi ott
86 ^riefter ift eS, ber mtd^ glüdElic^ unb gelegentlid^ aufbringlic^ mac^t." 2Bie er feinen Secuf
an ben einjielnen auffaßte, bezeugen auc^ bie „Stammbuc^f))rüd^e'' unter feinen ®ebic^ten;
toie bie 9lufgaben ber @efamt^eit, jeigen feine „©utac^ten bie Jt. (SefeQfd^aft ber Sßiffen«
fc^aften in (Söttingen betreffenb" (grinnerungen S. 162—189); feine „S)eutfd^ S<Srif*
ten''. X^eologie unb $l^ilologie, ^Religion unb äSaterlanb toaren bie ^renn))unlte fetncS
4oStrebenS; ^eutfc^lanb ftarl in ^ömmigleit, unb bie ^ömmigfeit beiUfd^em SBefen ent«
f})red^enb, m beffen Iraftbottften 33ertretem, au^ feiner äußeren ®rfd^einung nac^ — boL
fein (Sebidpt: ßelfe ®ott mir — 8. im 19. ^a^rl^unbert gehörte, ein toürbiger Sc&üler
bon 3aIob ©nmm, SRüdtert, Sac^mann. ^b. Keftie.
Säten. — (Sbmin ^atd^r ^ie Q^efeOfc^aftSDerfaffung ber dgriftndjen iHrc^en im flUtx»
46 tum. ^(^t Sßorlefungen, gehalten an ber Uniuerfttfit O^forb im ga^re 1880. überfe^t oon
^. ^axmd. ©ießen 1883 @. 11 2 ff. — 3)ic 9hiffaffung beS fat^ollfcficn Älrc^enrecfttS ogL
3öctcr-5Bclte, ^irci^enlcfifon s. v. ßleruS (o. ©euerer).
„35er Unterfc^ieb gtoifc^en ÄleruS unb Saien (xXfjgog unb Xadg, ordo unb plebe)
^at feine anbere ^ebeutung als in ber Stabtberfaffung, auS ber bie 92amen fUnnmen:
60 bie ©emeinbe unb baS Organ i^rer Selbftbertoaltung, ber ÜRagiftrat" (Ä. aRiUter). Diffe-
rentiam inter ordinem et plebem constituit ecclesiae auctoritas (TertuUian De
exhortatione castitatis 7, Deisler I 747). 3" ^^^ d^riftlid^en ©emeinbe traf man biefe
Sd^eibung feit ettva bem älnfang beS jtveiten ^al^r^unbertS, als bie @^riSmen auSflorben
ober bur(| bie (SnofiS bishebitiert h^urben, unb als an bie Sbi^e jeber ©emeinbe ber mo^
55 narc^if^e Sifd^of getreten fear. Rnm RleruS gel^örten Sifc^of, ^ßreSbJ^ter unb S^iatonen,
feit bem «3. ^a^r^unbert aQmäl^lid^ auc^ bie ordines minores, fo baß bie Smenfimter
gan) aufl^örten. SQe übrigen Sl^riften toaren Saien. 3Rärt^rer unb ftonfefforen, unb mf
bererfeitS älsfeten unb 9)tönd^e, nal^men eine äluSna^meftellung ein, tourben ober ie I&ngcr
Saiett Satenlommitittiiit 219
beffa) entfc^wbencr )u ben fiatcn gerecl^nct. S)te Älcrilcr toarcn btc SRegenten, bie Saien
bte Slegterten, bie )u bem l^öl^eren @tanbe nur gelangen lonnten burd^ bie btfd^öfUc^e Or^
bimction. 3nt ® ottefttenjt maren beibe ®ru))))en äu^erltc^ getrennt : ber JtleruiS fa^ bejtD.
Panb in bec äjjft«, bie Saien im ©d^iff ber »afilita. — gn ber Urlirc^e toar ba^ aUe«
anberd getoefen. 3)amal$ l^atte bie @emeinbe bie 3)i^2i))lin ge^anb^abt; aQe i^re ^it^ 6
gfieber tparen „Srüber" getoefen ; e« l^atte iebem freigeftanben, feiner befonberen Segabung
im ®otte^ienfi freien Sauf ju laffen ober ftc^ ganj^ in ben ^ienft ber Jtird^e ju fteQen
ati äl^oftel, (StHmgelift, $rot)^et ober Seigrer, menn ftc^ nur ber ®eift in i^m ntädEftig er^
nnefen ^e. ^a^ tonnte bie Sinfüi^rung bed monarc^ifc^en ßpiflo^td nur eine aQ«
md^Iici^ inberung aQer biefer SSer^ältniffe ju ©unften be^ ^erud herbeiführen. 3loö} lo
fe^ lange begegnet man Studbrüden, Stnfc^auungen unb Sled^t^er^öltniffen, bie eigentlid^
in bct Urtir«^ )u $aufe haaren unb }um 9(udfterben beftimmt ftnb. ^Ignatiud rietet feine
Sriefe, ebenfo tote $aulud, nod^ metften^ an bie ©emeinben; \pättx Iorref))onbieren faft
nur bie 9tf(^öfe untereinanber. ^ie ©emeinbe l^ei^t noc^ lange bie ädeXw&zrjgf aud^
old ed l&ngfl üblich geworben toar, bag nur bie 93ifc^öfe i^re 9lmt^enof[en mit bem i6
Srubemamen au^jeid^neten. 3)ie r^etorifd^e ^rage XertuUian^ Nonne et laici sacer-
dotes sumus? (De exhortätione castitatis 7, Deisler I 747) toar nic^t me^r gan)
baec^ttgt in ber 3^; <^^ ^ fi^ auftoarf, ba man ben $riefterbegrif[ auf bie berufsmäßigen
Setter ber ©otte^tenfte, Sifd^öfe unb $redb^ter, anjutoenben ftd^ gemö^nt l^^atte; aud^
totO Zertulltan bem Saien ia& 9lec^t ju taufen unb ben älbenbmal^l^otteSbienft ju leiten 20
nur für ben f$all jufd^iben, baß lein Jtlerifer antoefenb ift; für bie 9{ottaufe ^at fu^
bied Saiemec^t nod^ lange (Dgl. ^^ertullian, De baptismo 17, äteifferfc^eib^SBiffotoa I 214
unb c. 88 Elvira 306) unb felbft in ber tat^olifc^en Jlirc^e bis auf bie ©egentoart er»
^en. ®ie Canones Hippolyti XU VI 4 c. 35 ©. HO geben ben Saien Seriös
tung^Smaßreoeln für bie 9lga)>e, toenn babei tein 5tlerifer jugegen ift. Saient^rebigten ^aben 25
im britten ^a^^unbert aufgehört; bie 9eift)iele bafür bei @ufebiuS h. e. VI 19, 18 finb
f(^(m nmt ^erge^olt (boc^ Dgl. Gonst. apost. VIII 32, 10); als befonberS ungehörig
tmirbtn fte em))funben, toenn fie in ©egentoart beS äSifc^ofS o^ne feine Slufforberung ge«
galten tamrben (t)gL Statuta ecclesiae antiqua = Garthago IV c. 98). ,,ä(ltefte (se-
niores) in ber a^ilanifd^ Jtirc^e, nid^t jur Seigre beftimmt unb nic^t jum 5lleruS an so
^orig, bqeid^nen nic^t emen Qar gebauten Unterfd^ieb jmifc^en Saien» uno JtleruS))reSb^
tcm, finb bielme^ Übenefte ber urft)rünglic^en ©Icic^^eit jtoifc^en JtleruS unb SSoll ©otteS,
ob bie ^reSb^ter no^f nic^t alle lel^r^aft unb bie ©emeinbe^lieber t)om Se^ren nic^t auS»
gef(^loffen toaren'' (Safe Jt© ^^ 101 ; bgl. 9ingl^am'©rifd^ot)tuS, Origines ecclesiasticae
I 294 ff.). @ine loml begrenzte Sitte mar eS bermutlid^, toenn Saien S^noben befud^ten 86
(Tarraoo 516 c. 13). 3^ ^^^ f^rifdS^en 35ibaSlalia finb bie Saien in berfc^iebenen ßl^ören
^püppxttt, bie im ©ottelbienft getrennte $lö^e l^aben: Jünglinge, altere Gönner, ftinber,
Stoigfrauen, junge ^auen, SBittoen unb ©reifinnen (bgl. 3"t2B I 94 ff.) — auc^ eine
Sinrubtung, bie bermutlid^ in bie ältefte ^tit ^ineinreid[|t. %aS f))e;iielle ^ec^t ber Saien
blieb umge 3^ bie SBabl beS Sifc^ofS, toenn aud^ allmäi^lid^ eingefdbränit burc^ bie TlxU «0
toirlung ber übrigen Sifd^öfe in ber ^robinj unb bie 3Kad^t ber 9J(etrot)oliten (bgl. 5CU
VI 4 ©. 226 ff.), aber im SRubiment auc^ nod^ ^cute in ber 2lßlamation bei ber $al)ft=
toal^l erholten. $. ^d^elid.
£oie»Mlbfr itnb Si^mefiern f. SRönc^tum.
Sftienbmmitvtii« (communio laica) bebeutet ^unäc^ft bie ©emeinfd^aft, toeld^e je- 45
manb als Saie innerlj^alb ber 5tirc^e f)at, ben ©tanb ber getoö^nlid^en Jtircb^nn^itglieber
im ©egenfol )u bem ©tanbe beS ÄlerilerS. ©eit ber geftfteHung ber Unterfd^eibung beS
itteniS unb Der Saien in berÄird^e lonnte öon einer SSerfe^ung auS ber l^öl^eren ©tcHung
beS®eifUtd^ in bie niebere beS Saien, bon einer reductio in communionem laicam,
bie Siebe fein, (gine fold^e toirb fc^on feit bem 3. ^oi^xl). c. 1 (Cyprian.) G. I. qu.7sq. 60
eitoa^ unb )hHtr namentlich als ©träfe neben ber gegen ^lerifer auSgef^^roc^encn Hb-
fe^ung, can. apostolor. XV. LXII. „c&^ Xa'ixdg xoivcDveija)" ; „/btejavofjaag d>g
ioikdc dex&ifro}") ; c. 7 (conc. Agath. a. 506, c. 50) Dist. L („quamdiu vixerit,
laicam tantummodo communionem accipiat''), c. 2. 19 Aurel. III. a. 538; In-
noc. I ep. ad episc. Macedon., c. 414. c. 4 (Goustant, epist. Romanor. pontif. 66
p. 834: ,,noBtrae lex est ecclesiae venientibus ab haereticis, qui tarnen illic
beptizati sunt, per manus impositionem laicam tantum tribuere communionem
nee ex iis aliquem in dericatus honorem vel exiguum subrogare"). ^ie 9^
220 Saifttfommitiiioit SoniBert, ^on)
beutung btefer ©träfe tft bie, ba| bte be))onterten iUeriter in ben @tanb ber 2aten )urfl(b
treten, in ber Jtirc^e nunmel^r nur biefelben Siedete toie bie le^teren l^en unb folgetoeife
aud^ n)te biefe bie Jlomntunion au^er^alb be^ Sl^ore^, nid^t mel^, ime bie Genfer, inner»
halb be^ ©anituariumd em))fangien (t>^l Jtober, ^ie 3)e))ofUion unb 3)egrabation, XfU
6 Dingen 1867, ©. 56 ff.), unb e« ift unrid^tig, toenn SeDarmin, De eucharist. IV, c. 24
unb nad) i^ anbere latl^oUfc^e @(^riftfteDer unter ber Saienlommunion bie ^mmumon
nic^t unter jtoei, fonbem nur einer ©eftalt t)erfte^en tooUm, um fo mel^r, al9 boS ^LSbenb«
maf)l in ber ölteren 5tird^e auc^ ben Säten für bie Siegel unter betben ©eftolten gereii^
tDurbe. 3Jlit ber reductio in communionem laicam borf bie reductio ad oommn-
10 nionem peregrinam, b. ^. bie 33erfe(ung eined ©eiftlid^en in bie |$rembengemeinf(^aft,
nic^t bertpec^feu toerben. hierbei touroe ber ©eiftlid^e \mm fremben JllerUem gleid^
be^anbelt, meiere fic^ nic^t burd^ fog. literae formatae il^re^ ^idcefonbif^ofd genflgei^
au^eh)iefen litten. Sin fold^^er ©eiftlic^er bel^ielt feinen geiftlid^en @tanb, fein Smt unb
fein Sinlommen, burfte aber leine SSerrid^tungen bome^nten, el^e er ni(^t noc^ überftom
16 bener Su^e mieber utr Stu^übung feinet Slmte^ jugelaffen mar (Agath. v. 506. c. 2 in
c. 21. Dist. L). 3)iefe ©träfe toar alfo eine ärt ber ©u^enfion.
2Ba^ bad ^eute geltenbe lat^olifc^e Jlirc^enred^t betrifft, fo ift mit Slüdtfu^t auf bie
9(uiSbilbung ber Se^re bom character indelebilis bed Örbo bed Sifd^of^ unb ^riefter^
eine 9lebu!tton berfelben in ben Saienftanb nic^t me^r möglich (conc. Trident. Sess. XXIII.
20 can. 4. de sacram. ordin.), tüoi)l aber lönnen fie burcp bie 3)egrabatton t^rer geifis
liefen ©tanbeerec^te entHeibet (Derben, ma^ felbftberftänblic^ auc^ bei ben JUeritem ber
übrigen 9Bei^egrabe borlommt. 9lbgefel(^en \>on ber ^egrabation ift bie Sntbinbung etncd
jtlertlerd ber ^öl^eren äBeil^en \>on ben geiftUd^en ©tanbe^flid^ten, in^befonbere ber 6öG<
batd&er))flic^tung, tDomit and) bie geiftliqfen ©tanbedrec^te auf(^5ren, nur burc^ 3)td))enf(M
26 tion be^ $a))fted möglid^. dagegen fönnen bie ÜRinoriften tDieber in ben Saienjionb p
rüd^treten, unb fte Verlieren in^befonbere mit bem ä(bf(^Iu^ einer ®^e ol^ne tDeitered t|re
ettDaigen äSeneftjien unb bie geiftlic^en ©tanbe^red^te ($. ^infd^iud, ftirc^enrec^t, 9b 1,
©. 117. 160. 161).
^n ber ebangelifd^en 5tird^e, (Deiche burc^ bie Drbination tDeber einen f))trttuellen
80 Unterfd^ieb jtDifc^en ©eiftlic^en unb Saien begrünbet tDerben lä^t, noc^ bie Se^ Don bem
character indelebilis ber Orbination lennt, ift ein freitDiQiger 9lttd(tritt be^ (SeijUid^
in ben Saienftanb immer möglid^ unb femer tritt biefe ^olge mit ber ©träfe ber 9Db<
fe^ung ein, f. 3intmermann, Über bie äBirtungen ber et>angelifd^en Orbtnation in 2)oDe
u. JJriebberg, 35151 9b 14, ©. 25. *. «infi^lii» f.
86 fiatuej f. gefuitenorben 9b VIII ©. 769,i9— 49.
£ambert,^ran)(geft. 1530). •— 3.®.@d)eI6orn,CoDameDtatio devita, iatis, meritis ac
scriptis Franc Lamberti AyeDioDeosis : Amoenitates literariae Ed. II, t. FV, grranffurt n.
2t\pm ^^730, 6. 307—389; SupplenaeDta t. X, 6. 1235 ff.; fjr. 2BiIt 8ttieber, ^ffifcfte
®elet)rtcn9ef*i^tc, VII. SBb, ©affcl 1787, 6.378— 396, IX @. 405 f ; 3.®.»aum,gfranafiambert
40 üon ^oignon, Strasburg u.$arU 1840; gf. ^. •& offen camp, ^effifctje ^irc^engef^ic^te feit bem
3eitaltcr ber ^Reformation, 1. 83b, ^J^arburq 1852, @. 65-75; berf., SranciÄcu« fiambert
öon 9loignon, eibcrfelb 1860 (=: fiebcn ber Sßöter ber reformierten tirdje IX); gr. @t 6tte»>e,
De Francisco Lamberto Avenionensi, Vratislaviae 18G7 (2)iff.); berf., Slrt.^^fiombert*: 9IIg.
beutfdie «iograpöie XVII. SBb, fieipi^iö 1883, @. 548 ff.; «. &. d. SJilmar, ®cf*i(ftte beöUon-
46 fcffionöftonbe« ber eoangelif^en Äird^e in C>cffen, 2. «iugav granffurt c. 3R. 1868, 6. 9 ff.;
S. Sluffct, Lambert d'A\ignon. le r(5forraateur de la Hesse, ?5arid 1873; (£. Zt^. ^nft,
92euere ^irc^en^efcbi^te. 9?a4gclaffene ^orlefungen ^eraudg. oon $3. ®ag, 1.9b, ßallel874,
S. 98 ff., ogl. bie fiitteratur bei bem 9lrt. „.©ombergcr ©^iiobe", VIIL Sb, S. 288.
©ine Sammlung ber 8cbriftcn fiombertä ejiftiert nic^t, SScrgeicbniffc: ©trieber a. a. 0.
60®. 389 ff.; 93aum o. a. D. @. 167 ff.; einjjelne ©riefe obgebrucft: Cbrrespondanoe des E^
formateurs dans les pays de langue franyaise, publice . . . par A. L. Herminjard, 1. 9b,
©enfeue u ^Pori« 1866, 6. 112 ff., 2. 53b 1868, © 239 ff. StOQX bisher unbetonntc ©ut-
acbtcn ÖombevtS ouS ber 3eit feineS ©ittenberger ?tufent^alte8, ein unbatierted an Henricas
Esslingiiis unb ein anbereS oom 26. ^e^ 1523 an ©tep^an 9%ot^ in 3n)t(Iau, ^at O. (Sternen
66 in ber 3eitfcörift für l^ird)engefd)i(f)te, XXII. 9b. 1.^, ®ot^Q 1901, ©.133 ff. tjeröffentHdit.
granj Sambert öon Slbignon, ^efftfc^er Sleformator unb 5IWarburger ^Profeffor, tfl
1486 au« abeligem ©cfd^Iet^t ju 9lDtgnon geboren, grü^ berlor er feinen SSoter, ber
Oe^eintfd^reiber be^ ßrjbifc^of^ unb ber pöjjftlic^en Segation toar, aber au8 Orgelet in
Surgunb ftamntte. ^ünfje^njä^rtg trat er ini ^lofter ber ^ani^t^tanersObfertHmten in
60 Sbignon, gefeffelt, h)te er felbft fagt, t>on |bem ^etUglett^f^etn bed Orben^, t)on bem
2amhtti, ^on) 221
golboien ^eben ber AloflerjeQe, h)te man fte il^m borf))ie9eIte. @etnc glücflic^e Se^
gabung unb fein Siebnertolent machten t^n balb jum @egenftanb ber 93etpunberung, aber
ouc^ netbif(^er ^[nfeinbung bon feiten feiner Orbenebrüber. @ein Seruf al^ ;,a))ofto(ifci^er
$rebtgec'' (praedicator generalis, b. 1^. ^erumreifenber ^rebiger) gab i^m älnla^, f\d^
felbfl tiefer in bie 1^1. Sd^rift einzuleben: er legte feinen in franjöftfc^er Bpxad^z gel^oltenen 5
Self^rebigten erft Stüde au$ bem WH, $fauer, $io6 unb ^ieremiad, bann ben 9lömer«
brief unb bie Offenbarung ^io^annid ju ®runbe, unb machte ali emfter 93u^' unb Strafe
Inrebtger folc^en ßinbrud, ba^ j. S3. in einem framöftfc^en ©töbtclEfen bie Seute auf fein
®el^| Silber, ffiürfel unb Äarten ing geuer toarfen. inneren grieben fanb er ober
nic^t in feinem Orben (nunquam fui tranquilla conscientia — fagt er felbft bon 10
fic^) tro^ ber ftrengften Äafteiungen. Sein ^Jlan, ben 9Kinoritenorben mit bem noc^
firengeren ber ftart^äufer p t)ertauf(^en, tpurbe bon feinen eigenen Orben^genoffen ^inter^
triebet. S)a fanben iu änfang ber jtoanjiger ^ai^xt Sut^er« ©(^riften ben SBSeg nac^
d^on unb 3[k>ignon. Sambert h)urbe babon mäd^tig ergriffen ; ali man fie i^m toegnal^m
unb kKrbronnte, litten fte bereite in i^m gejünbet. @ein Sntfc^Iu^ ftanb feft, ftlofter, 15
Orben unb ^eimat au berlafjen. — 3)er i^m getoorbene Sluftrag, öriefe feine« Älofter«
an einen beiUfdj^ Orben^oberen m überbringen, gab i^m ©elegen^eit jur äludfü^rung
feine« $Iand. @r t)erlie^ fein jtlofter, 35 S^re alt, im ^^jai^r 1522, um nie h)ieber
bo^ 2urü(f}ule^en, — ber erfte fran)öfifd|^e^ön(^, ber bem in ^eutf erlaub aufgegangenen
Sic^t be« StKUtgelium« juftrebte. ao
Sombert ging nac^ ®enf unb Saufanne, h)0 er bor bem Sijc^of btebigte, aber bereit«
le|erif<^ SReinungen t)erbä4^tigt tpurbe ; nad^ Sem, too er mit @eb. 3J{eier unb S. $aDer
iMtle^rte; nad) ^üxxi), tpo^in i^n Roller an S^in^lx em))fo^len ^atte unb too foeben ber
Aam))f auf« ^^efttgfte entbrannt mar. 92o(^ magte er e«, im 2luli 1522 in einer öffent«
lieben 3)i«putation bie ^rbitte ber heiligen gegen 3^i>^B^i i^ t)erteibigen, fc^liepc^ aber 25
erllärte er fid für beftegt unb fbraq bor ber ganjen SSerfammlung ba« Selenntni« au«,
ba^ er Slofennrange unb gürfbre^er al« fc^rifttvibrig aufgebe unb ^infort an ®ott unb
G^riftum allein fu^ l^alten tooDe. 3lnn reifte er, unter bem angenommenen Flamen eine«
^D^onne« Serronu« über Safel nac^ ^eutfd^lanb, in ber älbfid^t, bie lutl(^erifd^e äteforma-
tion an ber Duelle fennen ju lernen, ^m ^ot)ember 1522 tam er in @ifenad^ an unb so
toonbte fi(^ k)on ^ter au« bri^lic^ an Bpalatxn, um burd{^ il^n an Sut^er unb ben 5turfürften
empfohlen )u toerben. ^ ber 3t^if4^^i^it legte er einigen Setvo^nem ber @tabt ba«
Sivangeltum ^o^nni« in lateinifd^er Bpxad}^ au« unb t)eröffentltd^te 139 2^^efen (über
Sblibat, O^enbeic^te, Xaufe, Suge, 3ted^tfertigung), bie er am ^^oma«tag ben 21. I)ez.
öffentlid^ )u t)erteibigen fu^ erbot. @« erfc^ien jeboc^ letn Ob))bnent unb bie ^i«))utation 35
unterblieb. @nblidEf tourbe fein äBunfc^ erfüllt, nad^ 3Bittenberg ju lommen unb Sut^er«
p€x\ütdx^ Selanntfc^ft mad^en )u bürfen Qanuar 1523).
£ut^, ber ^uerft gro^e Sorfid^t gegen il^n beobachtet l^atte (Sut^er« Sriefe an Qpa-
ladn t>im ©ejember 1522 bei Snber«, £ut^er« »riefmec^fel IV, 3flr. 595. 602), erllärte
m f4|lie^i(^, auf Sifenac^er (Smpfel^lungen ^in, ^u feiner Stlufna^me bereit, überjeu^te fic^ 40
mtf ®runb i)erfönli4^en SSerte^r« balb t)on fetner Unbejd^olten^eit unb empfahl tbn ju
einer Ileinen Unterftü^ung: „3)er Tlann gefäiOit mir in allen StüdEen unb id^ glaube i^n
^^tnlonglic^ betoä^ unb mürbig gefunben ju l^^aben, ba^ h)ir i^n in feiner SSerbannung
unterfm^ unb tragen." 3)a^cr möge ©palatin ben Äurfürften bitten, 20—30 ©ulben
an i^ toenben )u tPoQen, „bi« er burc^ eigene älrbeit feinen Unterhalt getvinne" (Sut^er« 45
»riefe \>. 23. San. unb 25. gebr. 1523 bei ßnber«, Sut^er« »rief loedS^fel I V,9lr. 616. 627). (gttoa«
über ein ^afyc bauerte Sambert« SBittenbergcr Slufentl^alt, Januar 1523 bi«^bruar 1524.
Xuf £ut^n« 9lat ^ielt er »orlefungen über ben ^rojp^eten $ofea, ba« @t)angelium £ucä,
(Sgeit^iel, ba« $oJ^e Sieb, fuc^te burd^f Überfe^ung reformatorifc^er glugfd^riften in« %xan^
fiff\d)t unb 2|talienif(^e bie 9ieformation gu förbem, berfa^te eine Sd^rift über feinen 60
lllo|ierau«tritt (Rationes, propter quas Minoritarum conversationem habitumque
rejecit, ^bruar 1523, gebrudt bei ©c^el^om ©.312; ^erminjarb I, 118), fotoie einen
ftmnmentar jur SKinoritenregel (^Dlärj 1523), toogu Sut^er eine SSonebe fd^rieb (Opera
lat var. arg. cur. H. Schmidt, granffurt 1873, VII, 498: Praefatio in Fr. Lam-
beiü Avenion. commentarios in regulam Minoritarum), in bem er jtoar nid^t 55
Sbif^ebung ber itldfter, aber »em)anblung berfelben in Schulen unb @r)iel^ung«anftalten
forberte. Cr felbft aitfc^lofe fidSf — not^f x>or Sutl^er unb al« einer ber erften ÜRönd^e be«
9tffonnation«}eitalter« — in bie @^€ ju treten mit einer fädEfftfd^en »äd(er«tod^ter Sl^riftine
au« ^enberg, bie er im $aufe be« 3Kebt}iner« äl. @(^urff fennen gelernt (15.3uli 1523,
f. ben »rief an ©palatin bri ^erminjarb I, @. 142 ff.). 3Rxi i^r lebte er in großer älr* go
222 iamitri, %tani
ntut; feine SSorlefungen btad^ten tl^m ein Honorar Don 15 ©rofc^en; eine lurfüTfäid^
Unterftü^ung teid^te )u feinem Seben^unter^alt nic^t au$.
^a e^ für iJ^n brüdenb toax, auf Jtoften Sut^erd ju (eben unb ju @rlangung einer
befriebigenben Stellung in 9Bittenberg leine 9(udftc^t mar, aud^ bie SSerfuc^ in SiJtni^, in
6 Strasburg ober fonfttoo anjulommen o^ne 6rfoIg blieben (^erminjorb ©. 145), fo ent«
fc^Iog er ft(^ ))(ö^lid^; ol^ne äBiffen be^ 5turfürften unb gegen ben Slot Sut^ecd unb 9te>
landpt^ond, nad^ ""^i^i^i g^^ (^Jlärj 1524), tpo^in einige ^eimlic^e ^eunbe ber 9leffn>
mation i^n riefen. Mein bie ÜJtac^t ber ©egner mar ju grog, er tonnte nid^t tanigen
öffentlid^ aufzutreten; eine angetünbigte ^i^utation über 116 @a$e mu^te unterbletboi;
10 ber 0eru^ Verlangte SSerl^aftung be^ lutl^erifc^en 5te|^erd unb entlaufenen 3}lön(^. @m
@<^reiben Sambertd an Jlönig ^an} I. t)on ^anfreic^, um biefen für bie ekKingelifi^
9Ba^rl^eit ju getoinnen, blieb o^ne älnttoort unb @rfolg. ^er 3tat ber @tabt 9)te^ ta)ibe>
ftanb jmar ben Einträgen ber ®egner, aber gab i^m felbft bie Wohlgemeinte 9Beifung, bie
@tabt ju berlaffen. @r toanbte ft^ nac^ @tra^urg (Slpril 1524). ^ier tourbe er tmtnb
15 lic^ aufgenommen friftete aber fein ^afein tümmerlid^ mit SSorlefungen imb Süc^erfc^retben.
@r fd^rieb eine ©d^rift totber ben Sölibat (Gomm. fle s. conjugio adv. pollutissimum
coelibatum, mit SSonebe an 5t5nig ^anj), tveld^e in 69 &ä|en bie 9lottDenbigleit unb
@c^riftmö^igfeit ber@l^ek>erteibigt; aud^ gab er feine, fc^on in Wittenberg begonnene ®rllä>
rung bed ^o^enlieb^ ^erau^ (in Gantica Canticorum Salomonis commentarii Wite-
20 bergae praelecti, Strasburg 1524). @ein 9Bunfd^, eine äln^eQung in @tra^urg )u erhoben,
erfüllte fxd} nic^t. am 1. 9Rob. 1524 befc^enfte i^n aCerbing« ber SRat mit bem SBürgenw^
unterftü^te i^n auc^ burc^ ©elbgaben, ober eine SSertoenbung im ^rebigtamt ober BdjviUaxd
fc^eiterte an feiner Unbelanntfd^faft mit ber beutfc^cn @))rac^e. !Run lie^ er eine Stet^
bon 5tommentaren p ben altteftamentlic^en $ro))^eten erfc^einen : m $ofea, 2loeI, Xmod x
26 1523—26, mit 3wgninblegung ber SSulgata, jum 2^1 f^fon in Wittenberg ^Ä|t: ouc^
eine @c^rift gegen ^ra^mud de arbitrio hominis vere captivo 1525; eine ätol^bB
lung : de causis excaecationis multorum saeculorum etc., über bad göttliche Sben«
bilb u. a. iJragen (1524, mit einer 3"W^if* ^ ©igmunb bon ^ol^enlo^e); enblt(^ 1526
eine ärt öon bogmatifc^em ÄomJ)enbium unter bem litel: Farrago omnium fere re-
3ü rum theologicarum, eine @rtoeiterung feiner ÜRe^er 2:^efen k>om ^afyct 1524, au(^ inS
@nglifd^e überfefet 1536. 911^ nad^ Seenbigung bed Sauemfriege^ bie ^age über bie
red^tmäfeige SBofation ber ^Prebiger bielf ad^ öerl^anbelt tourbe, fc^rieb S. (3uni 1525) einen
Xrattat: de fidelium vocatione in regnum Christi sive in ecclesiam; de voca-
tione ad mlnisterium etc., toorin er bie äSerufung ber ©laubigen }um ©otte^reid^ unb
36 bie Berufung jum Äird^enbienft unterfc^eibet unb ba^ SSer^ältniö inneren unb äußeren
93erufe^ genauer m beftimmen fud^t. 'Und} fuc^te er forttoäl^renb burd^ Schriften unb
©enbfd^rcibcn für SJerbreitung unb ^cilaffung ber ebangelifc^en 5Brebigt in 3Kc| unb in
Sranfreid^ ju toirfen (^uni 1525 ©d^reiben an ^erjog älnton bon Sot^ringen u. a.X
5;ro^ biefer SRül^rigleit blieb feine äußere ©teHung in Strasburg brüdtenb, bo$ tft fein
40 borttger Sufentl^alt unb ber ^er!e^r mit ben bort ftc^ jufammenfinbenben fran^öftf(^
mie beutfc^en ©lauben^cnoffen toic^tig für bie toeitere ^udbtlbung feiner tl^eologifc^en 9(m
fd^auungen getvorben. jßö^renb er bi^^er in allen ©tüdEen mit Sutl^ gegangen toox,
inöbefonbere in ber Se^re x>om 9lbenbmal^l (cf. ju 2ucä 22, 19. 20 in pane et vino
Christus datur etc.), fo näherte er ftd^f je^t tetl^ ber 3^i"9l^fc^^ (panis et vmam
46 fidelibus signa 1525), teitö tvenigften^ ber bermittelnben 93ucerf d^en Sluffaffung, toie er
benn aud^ bei aller 38ere^rung für Sutl^er ben 9?amen eine^ Sut^eranerd aufd entfdt^iebenfle
ablel^nt (paradoxa fol. 13).
ßnblid^ aber eröffnete fid^ il^m im ^af)xt 1526 — infolge be« ©))eierer Sleic^tag« — ein
j^lb für ftrc^lid^e 3Btr{famIett unb }uglet^ bie Stu^ftc^t auf eine gefid^^erte äu|ere Seben^eDun^.
60 $)er ©trafeburger ©tättemeifter ^ciiob ©türm toar e^ bermutlicb, ber i^n bem Sanbgrofen $^
l}p)ß t)on § ef f en emt)fa^l (Sommel, ^^ilipj) S3b II, ©. 106). (Sr tourbe freunblic^ aufgenom«
men unb erhielt fogletd^ ©elcgenl^eit, l^icr bei einem toidS^tigen ßreignt^, ber §omberger@^nobe,
eine grofee SRolle gu fpielen. Über bief e S^nobe bgl. 9lrt. „$omb. ©^nobe" 9b VIII ©. 288 ff. —
Sambert felbft fanb feinen SBirfung^tret^ balb an ber t)om Sanbgrafen $^ili)))) 1527 gegrünbeten
66 9Rarburger Uniberfität, ju beren erften t^eol. Se^rem er mit 9lbam Äraft unb Qxfyab ©^nej)f 9^
l^örte (Joh. Tilemanni, dicti Schenck, Vitae professonim theologiaein academia Mar-
burgensi, ^JJiarburg 1 72 7, ©. 1 ff., W. Dilichius, ib. ©. 12 f. ; 2. SBac^ler, De originibus etc.
acad. Marburg. ($rogr.) 181 1 ©. 15 ; Ä. SB. 3ufH, ©runbgüge einer ®ef4. b. Unit). 3JlarburBr
1827; D. von Coelln, Memoria profess. theol. Marburg., 1809; ®.S.2;^.<6enIe, JHeSr»
60 Öffnung b. Unib. SRarburg i.^!. 1653, 1862). — 3)em3Rarburger®ef))rö4^ im Oft. 1529 ta>0^
Sambert, ^nj Samhtti tiott ^erdfelb 223
er bei, ol^c boron ti^ttgen Stntetl ju nel^men ; feine eigene, toef entließ S^^^ö'^W^^ ätnfici^t bom
^L Slbenbmai^I (= commemoratio, non iteratio sacrificii Christi; visibiles sub-
stantiae signa ejus, qui invisibiliter adest) i}att^ er fd^on ju^omberg, mie nac^^er
in SRarbuta, befonber« in einem furj nad) bem 3Kar6urger ®efj)täci^ an einen ©trafeburger
^SrAifler (®erbel?) gefc^riebenen SWef (f. Saum, ©.146 ff.) unter bem %\Ul de symbolo 6
foederis, quam communionem vocant, confessio, ©tra^burg 1530, au^e()}roc^en
(corpus Christi neque mathematice neque re ipsa, sed symbolice porrigitur).
®ie Sut^aner fallen m biefem ÜReinung^toet^fel „gallifd^e Seid^tf ertigfeit" ; unb oud^
fonp erregte Sambert« franjöftfd^e SetoegUd^Ieit, 3?telget4äftigfeit, Slebefcrtigleit unter
ben ruberen ^eulfc^en t)ielfad^en ä(nfto^ unb üble Tiad^rebe. ^em bielbefd^äftigten lo
S^KiIatin tDurbe feine ®efc^h)ä|tgfeit läftig; ber ^umanift ^ermann 93ufc^ f^ottete, er
reife fo Diel l^in unb ^er, ut manducet, mendicet, mentiatur (brei M).
Sn« 2el^ fanb er bielen SeifaH; ju feinen erften SJlarburger ©d^ülem gehört u. a.
ber ©d^otte ^atrit Hamilton, bem er nad^ feinem frühen SKärt^ertob im 3Dlärj 1528 ein
^renbe^ ^entmal f^te. ©ein Sieblingdfad^ mar Srflärung be^ 9t unb 3¥£^ ; boc^ mar i6
ed i^m nicf^ um gele^e @iegefe, fonbem me^r um t)ralttj^e älu^Iegung unb Slnmenbung
ju t^. „Die S3ibel fei nii^t um ber ^pi^ilologie, fonbem biefe um ber Sibel toillen ba",
baS tDor ber 6a^, ben er in einer eigenen l^ermeneutifd^en Slb^anblung (Comm. de pro-
phetia, eruditione et Unguis deque litera et spiritu, ©tra^urg 1526) berteibigte.
Sud^ im Solföunterric^t brang er auf Sinfac^^eit unb ))raftifd^en 92u$en : „^e etnfad(fer 20
bie ^r^gtlDeif e, bcfto löblicher unb nü^Uc^er." 3)oc^ miU er — toie er an gr. ÜB^Ioniu«
f^wrabt (bei ©triÄer ©.384) — toeber bie Spxad^m noc^ bie ©ele^rfamfeit berbammen,
fonbem nur ben bamit getriebenen 'SR'x^xanä), 9lm meiften aber fc^merjt il^n, menn je^
manb bie c^rifUid^e ^ei^ mi^brauc^t, ober toenn er fielet, bag ed an ber Siebe fel^^It,
ba| oDed boO 92eib, SSerleumbung, Süge unb ©d^mäj^fuc^t ift. 9(Uein bie fiieblid^e SÖSirt- 25
famleit im 3)ienfte be« ffiorte^ unb ber Äirc^e, bie i^m ba^ ^öc^fte ^\A feiner SBünfd^e
ip, toor i^ nic^t lange bergönnt. ©eine beiben legten fd^riftfteüerifc^en Slrbeiten toaren,
tDie ed fcf^int, ein Jlommentar gu feinem Sieblingdbud^, ber Offenbarung ^o^anntö, bem
Sanborofen $^(i)>t) gemibmet 1528, unb ein erft nad^ feinem %oi bon ®. @elben^auer
gu Sbormd ^erouägegebened 9BerI De regno, civitate et domo Dei in brei SBüc^em ao
(1538, 8*, gefd^rieben 1527—1530). 211^ im ^a^re 1530 bie Äranf^eit bc« „englifc^en
BdftDv^^' SRorburg l^eimfu(^te, flo^ er mit anberen nad^ ^anfenberg an ber @ber unb
fUxrb ^er ben 18. 3SiM 1530; feine ^au unb Jtinber folgten ibm noc^ in bemfelben
3al^ im ^be. (föagenniaitnt) CTarl TlixU.
Somftert ober Samj)ert bon ^er^fclb, geft. nac^ 1078. — Seine @c6riften:86
Lampeiü monachi Hcrsfeldensis opera recogn. Osw. Holder-Egger in SS renim Grerma-
DicanuD, Hannoverae et Lipsiae 1894, 8°, too bie früheren ausgaben unb bie umfangreidie
Sitteratur oer^eit^net ftnb. 8eitbem erfd)ienen: C^. ^ei^er Don ffnonau in Sa^rbüdjer bed
beutf<^en 9ieid)ed unter ©einrieb IV. II, 791—853; 51. ^annenborg, in 3)eutf4e 3eitf4rift
für (ikf4t4ttoiffenfdiaft 9^51, 154—159; S.Äurje. ebenba II, 177-188; ?lug. eigenbrobt, 40
fiami^rt 0. ^rdfelb unb bie neuere GueUenforfct)ung, Staffel 1896, 8°; berf., fi. x>. ^. unb
bie SortaudUgung, fieip^ig 1896, 8^ — £d. priDceps ber 9lnnalcn nad^ oon ^elanc^t^on
im Vugu^inerftift ^u Wittenberg oufgefunbener, je^t oerlorener, ^anbfd^rift, oon ber er eine
Hbf^rift an dafpar (S^urrer ^ur $ubIifation fanbte, Tubingae 1525 o^ne ben 92amen bed
55erfaf|eT8. — 3m aflgemelnen ögl. Sattenbo*, 2)eutfcblanb8 ®ef*i(fttgqucaen im 3R«. IP, 45
97—109; berf., «b» XVII, 548; 4)oucf, Äir*e 3)eutf4lQnb« unter ben ©ä^ftfcben unb
^rfinKfdKn ftcifern, @. 945-947.
Der 9{ame bed berühmten ^erdfelber ^Jlönc^eä, burd^ beffen ©efd^ic^töfc^reibung bie
Xuffoffung ber ^erfönlid^Ieit Aaifer $einric^ IV. big auf bie neuefte 3^^ ^^ meiften
befÜmmt toorben ift, tovth und erft bon ©ele^rten aud bem @nbe bed 15. 3<^^t^unbertö so
![cnanni SBo^ fie i^n toiffen, ift nic^t ju ermitteln, er fann bai^er ald nic^t für fuber
eftfie^b ge^en toerben. 9lu(^ fonft ift toenig über fein Seben betannt. @r h)irb
ta>o$( um 1025 geboren fein. 3)ag er bie in ber erften ^älfte bed 11. ^al^r^unbertd l)od):
beruhte SambergerSomfc^uIe befud^te, btelletd^t auc^ etne3^tt lang leitete, ift eine na^
X. fyxüd ittc^t unb)a^(^ein(ic(fe äSermutung. 9lm 15. ^är} 1058 trat er ald^önc^ in bie 66
aüberübmte tmb reiche Senebiftinerabtei $ergfe(b ein, an beren Bpx^t bamald ber bon
8. bcre^rte Äbt SKwin^er fUmb. 3"^ ©e^Jtcmber bedfelben ^al^re« tourbc er bom 3Kainger
(EqbiMof ju Xfc^ffenburg ^um ^riefter getoei^t, toax alfo fd^on bor feinem Eintritt in
Ktf hUI^ 5Dia(on. Son äCfc^affenburg jog er ol^ne @rlaubnid feinet 3l6ted burd^ Ungarn
unb Su^joricn in bad ^I. £anb. @erabe na$ einem ^cäfxz lehrte er in fein Jtlofter jurüd, ao
224 2amittt nott $crdfdb
h)0 ber 9t6t i^m SSetjet^ung für bte SSerle^ung bed mönd^ifd^en ©el^orfamd erteilte unb
t^n freunblic^ em))fing.
Unter iSbt iDlegini^er unb feinen näc^ften 92ac^folgem ftanb bie ^erdfelber JSo^
fc^ule, bte bieUeidEft Sambert felbft fortan geleitet fyd, in ^(üte, unb man 6ef(^äf%te
6 ft^ bort eifrig mit miffenfc^aftlid^en @tubien. Sin gldnjenbed 3^01^^^ f^ ^^^ M^
formale äSilbung, tvelc^e man burc^ f^e bort erreid(^te, fmb S.d SBerfe, beren erfled f(^im
überaus ^aralterifierenb für ben aSerfaffer ift.
^an berel^rte )u ßerSfelb aU Jtlofterftifter SuS, ben !Ra(^folger beS bL Sontfo)
auf bem ÜRainjer 9ifd[^offtu^l, aber man tou^te bon i^m toenig, berer^rte \i^n noof ni(^t oü
10 ^eiligen. 2., bem bie ^ntereffen feine« Älofter« über alle« in ber ffielt gingen, untere
nabm e« feine 9iograt)^ie ju fc^reiben unb il^n baburd^ }um ^eiligen ju ftempebt. gi^
beffen ^atte e« für biefe älrbeit fe^r bürftige unb faft nur ^ulbifd^ CueQen }ur sin>
fügung, unb in biefen toar SuQ ba« übelfte 3)enlmal gefegt, ba er lange bie SeCbfi^
ftänbigleit be« ^Iber J!Iofter« beläm))ft unb e« bem 3Jlain}er Srgftu^l j^u untertoetfen ge*
16 trad^tet l^atte. ^. t)erftanb e« au« ben bürftigen f^en ber feinem gelben fo un^ünfUgen
Überlieferung niäfft nur ein Heiligenleben gemö^nlid^e« mittelaltnge« AujArnttt^ p
fammenjufe^en, fonbem eine gerabeau meifter^afte Keine 9iogra)}l^te ^er)u|teuen. 2)iqc«
fein jn^ifc^en 1063 unb 1073 gefd^fnebene« Srftlin^Sn^erl, mel^^e« er ber gfulbifc^ Vita
Bonif atii Otlo^ geh^ifferma^en entaegenfe^te, ift etn glämenbe« 3^0^^ f^^ f^in^ f^^
20 fteQerifc^e Begabung, ein um fo fcplimmere« für feine Semiffen^aftigleit al« ©efd^ic^t^
fd^reiber, jumal er bem SBerld^en offenbar bon il^m jelbft erbid^tete ®r)ä^lungen üb«
äBunber, meldte ber ^l. SuQ getvirlt l^aben foQte, l^injufügte.
Sein jtoeite« 2Ber{, ein ©ebtc^t über bie neuere ©efc^ic^te be« jllofter« ^erdfelb,
in melc^em er bermutlid^ ^umeift bie 3^^ntftreitigletten be« JUofter« mit bem 3Rain}er @^
25 ftu^(, über bie er f)}äter m ben Slnnalen mit Seibenfc^aft berichtete, be^nbelt l^tte, $
verloren. @elbft in ^er«felb toodte man biefe« 2Bcrf nic^t gelten laffen, man be^au))tete,
er ^ätte barin bie 3)inge nid^t ber äBal^rl^eit gemö^ berid^^tet
@ein britte«, mit einer äSorrebe feinem älbte ^atttüx^ getoibmete«, SBerf toat eine
©efdEfid^te be« JUofter« $er«felb, ba« er bermutlic^ bi« jum yiafyc^ 1074 ^ab führte unb
80 in biefem ^a^re fd^^rieb. 9luc^ barin j^atte er feiner l^iftorifc^en ^orfc^ung ganj abgeneigten
^Veranlagung }ufolge bome^mlic^ bie neuefte ©efd^id^te be« Hiofter« beponbelt unb Jid^
bemül[|t, bie gerügte Untoai^rl^aftigfeit feiner früheren Srjäi^ltmg ju )>enneiben. äSon
biefem SBerfe finb nur je^r bürftige 6jcerj)te au« bem 16. 3|flJ^^^nnbert oorl^nben. Q^
vermute, ba^ ber, toelc^er bie @ccer))te machte, bie Originol^anbfc^rift biefe« Sßerfe« be*
86 nu^te, in ber S. einige nic^t me^r jur 0oftergefd^tc^te gehörige 92oti^en über bie Sreig-
niffc ber ^aJ^re 1074—1076 nadE>trägIidS> bergeid^net ^atte. ®ie Driginal^anbfc^^rift ber
Vita Lulli ift noc^ ^eute borl^anben.)
@ein ^au^ttoerf finb bie 9lnnalen bon @rfc^affung ber 2Belt bi« )ur SEBo^I be«
©c^toaben^erjog« Jlubolf jum ©egenfönige gegen ben red^tmäfeigen 5lönia ^einric^ IV. (1077).
40 ^n ben früheren Partien giebt er nur einen äu^erft bürftigen ®ef(pi^t«abri^ — eigent*
Ixd) nur eine gelürjte Äojjte — au« anberen Duellen. 3Jom ^a^xt 1040 cttoa an toiib
bie @r}äl^lung aOmäl^lid^ reid^^er, unb tväd^ft fc^Iieglic^ gum breiten Strome au«fü^tt(^^
Seric^terftattung be« 3€^t0^»offen an. 33eren Siücrt ift früher toegen ber glönjenben
d^riftftellcrifdSfcn Äunft be« SSerfaffcr«, bie im 5KitteIalter faft einjig bafte^t, fe^r übe^
4ä^t toorben, toäl^renb bie neuere ^orfd^ung ein fe^r ungünftige« Urteil über beren
Slaubtoürbigfeit feft begrünbet ^at. fflä^renb ber äbt unb bie aJle^ryx^l ber SKdm^
be« Älofter« §er«fe(b in ben 3flcüoIution«fämpfen treu gu Äönig §einridj^ IV. gelten, toor
£. biefem gänglid^ abgeneigt. @« fann lein 3^^f^l barüber befte^en, ba^ er bte abmalen
mit in ber SbftdEft gefd^rieben ^at, bie SBal^l be« ©egenlönig« SRubolf bun^ bie föd^fifc^
60 {ird^lidffe gartet ber dürften m r^tfertigen. @d^on biefer 3^^^ berfüi^rte i^n au«^^
lid^ über ^od^toid^ttge ))o(itifc9e ^Vorgänge gu berid^ten, t)on benen er feine Kare S3or<
fteUung l^atte, eine ftc^ere jtenntni« nic^t beft^en fonnte. (S« fehlte i^m aber übet(fau|)t
jebe« ^iftorifd^e ©etoiffen, er l^atte leine ä^nung öon ber ^flidS^t be« ®efc^i(^t«f((^relb<t«
genau ber eigenen toirllic^en — ^ier natürüdSf fubjelttöen — Jfenntni« aemä^ m berii^ten,
66 fonbem er ftrebte allein banad^f, in breiter Srgäl^lung fein gro^e« fd^riftftellerifc^e« Xalent
)u bet^ätigen, bie i^m h^irflid^ belannten X^atfac^en bienten i^m babei nur ol« Sinfc^og
gu bem au«2ufül^renben farben^jräd^tigen ©etvebe. ^al^er lommt e«, ba^ gerobe feine
au«fü^rlid^ften @r^^lungen am tvenigften glaubmürbig unb bon bem ^Jrorf^^er laum in
berh^erten fmb. $)enno^ bleibt ber S^ert be« S3ud[|e« feiner ga^lreid^en t^tf&c^lid^ 9&«
60 gaben toegen ^oc^bebeutenb.
45
Sintert tiott ^erdftlb SomBert (e edgne 225
Übtt S.d f))ätered Seben iDtffen toir gor nid^tö. Ru ertoäl^nen tft l^ier noc^, ba^
er ein glül^enber SBece^rec be^ l^arten, eigenfüc^tigen @t)bt((^of^ Slnno bon Mn h)ar, bem
er burtp feine Srjö^Iungen ben feiten tDeniger berbtenten 9luf ber ^etligleit t)erfcl^afft Bat.
^m Zeil entfUmb btefe Serel^rung bed mönd^^ tDO^l böiger, tDcil älnno ein molarer
iRon^^ater mar, ber mehrere SRönc^IIdfier geftiftet f)Mt, 9(ber bon ben Steuerungen 6
an ber Senebütinerregel, toelc^e ä(nno in bem ))temonteftf(l^en JUofter ^ftuarta lennen
gelernt unb bon ba oud in feine Stiftungen eingefüi^rt l^atte, tooUU 2., ber ^önc^ einer
alten SSoiebittinerabtei, bm^ nic^td toiffen. O. $olber«(S0ger.
Sombert (e S^gne^ geft. um 1177. — $etr. (Soend, Disquisltio hlstorica de origine
begfainanun, Leodii 1629; iöartt). grifen, Historia ecclesiae Leodiensis, Leod. 1642, @.395 ff.; lo
gouHon, Historia Leodiensis, Pars I, Leod. 1785, @. 281 ff. ; 3. (S^apeaüiüe, Qui gesta
pontificam Leodiensiom scripserunt auctores praecipui, T. II, Leodii 1613, 8. 12t) ff.;
Jean de Preis dit d'Ontremeuse, Myreur des histors, publ. par St Bormans Tom. IV,
BmxeUee 1877, S. 455, 461-66, 475, 480, 700-709; »rial, Lambert-le-Bfegue, Histoire
litt^nure de la France, T. XIV, $arid 1817, 8. 402—410; 3. 16. ®oetl)Ql«, Lectures rela- is
tifs k lliistoire des sdences . . . en Belgique T. IV, BmxeUes 1838, 8. 8—19 ; (E. ^aQ'
mann, ^ie «efc^idite bed Uriprung« ber belgifc^en »egtiinen, Berlin 1843; ^. WloH, Kerk-
Eeschiedenis van Nederland voor de Hervorming T. II, part 2, Utred)t 1867, 8. 148 ff.;
^ridj Lambert-le-B^gne, in Le memoria], revue des int^r^ts reiigieox, Nouv. Sdr.
om. i, lihgft 1873, 8p. 659—674; 3of. ^artd, Histoire du diocöse et de la principaut^ 20
de Li^ depuis leur origine jusqu'au 13. siöcle, Li^ge 1890, 8. 600—602, 680; Dcrf.,
ffistoire . . . pendant le 13. et le 14. si^le, Li^ge 1891, 8. 68 ff., 208 ff.; berf., Notices sur
ks Elises du dioc^ de Li^, Tom. V (1874) 8. 187 ff., Tom XVI (1897) 8. 25 ff.;
tigl. bier^u aud^ Chronique de la Soci6t^ d'art et d'histoire du dioc^ de Li^ge, Ann^
1897, 6. 27 ff. ; ^. ^eloaujc, Lambert le IB^gue, in ber Biographie nationale publ. par 25
Facad. r. de Belgique, Tom. XI, Bruxelles 1890—91, 8. 158-162; Analecta BoUandiana,
Tom. XIII, Brux. 1894, 8. 206 ff. (Vitae b.Odiliae libri duo priores); «ug. ©Untermann,
9tubolf oon Bfi^ringen, »ifc^of Don fiüttid), $ü411898. Sfreiburger^iffertation; $. gfrebericq,
Les documents de Glasgow ooDceruant Lambert le B^gue, in ben Bulletins de Tacad. r.
de Belgique, 3. s^rie, T. XXIX (1895), 8. 148 ff.; berf., Note complömentaire sur les do- 80
comenta de Glasgow concera. Lambert le B^gue, ebenba 8. 990^.; berf., Corpus docu-
mentorum inquisitionis haereticae pravitatis Neeriandicae, Deel II, Gent u. 'sGravenhage
1896, 8. 9—36 (hierin aud) bie älteren Gueaenbertd)te) ; $. ^t\^ex, Le psautier de Lam-
bert le B^e, in ber Bomania, Ann^ 29 (1900), 8. 528-545; ferner bie gu bem Srtifel
,,8egtnen'' in SSbll 8. 516 unb 524 angeführten $3erfe über bie Anfänge ber S9eginen- 86
9enoffenf(^ften.
9In ber ^anb ber bor lurjem burd^ $. ^ebericq and Sic^t gezogenen tutc^tigen Slten^
fiüde, namentlich ber SBerteibigungdfd^riften Sambertd unb feiner ä(n^änger lä^t fic^ über
feine Sebendgef^id^te folgenbed feftfteUen: Sambert le S^gue (11 Beghes, 11 Beges),
im erfbm Siertel bed 12. ^al^rl^unbertd geboren, entflammte einer armen toaOonifd^en 40
^onblverlexfamilie. Ob er ben auc^ fonft öfter begegnenben Flamen' Se 93^ue (= ber
„6tammler^ toegen eined Iör))erlicl^en ©ebrec^end trug, lö^t ftc^ nic^t mit Sic^er^eit
entfc^eiben. 9ta(^bem er ben Seruf bed SBeltpriefterd getoä^It, ftanb er jetttoetltg einer
bem Sfittic^ S^orl^enftift m @t. $aul inf oi^orierten 5tirc^e bor unb übernahm aldbann
bie SertiKiltung ber in einem 3iorort Süttid^^d gelegenen Iletnen Jtird^e ju @t. @^riftopl^, mit 45
ber to>o^( \iftm bamald bad gleid^namtge $ofpital (auc^ „höpital des coquins" genannt)
toerbimben toor. »uf ber 1166 bon ©ifd^of Sllejanber II. (1165—67) abge^tenen
Sidcefanfl^be trat Sambert mit SRad^brud für eine ftttlic^e Sleform bed ^lerud ein unb
forberte, aOerbingd bergeblid^, ein ßinfc^reiten ber S^nobe gegen ben 5t(eiberlu£ud ber
Sktßli^en jotme gegen bie S^affung ber $riefterf()l^ne ju ben tirc^Ud^en SBei^en. ^ie 60
ougcrorbentlic^ nr^Iid^en ^i^bräutpe, bie unter bem (St)tfto^ate 9iubolfd bon ^äf^xxnQtn
(1167 — 91) einriffen, brachten Sambert in fc^arfen ®egenfa§ ju ben fird^Kc^en (Seioalten.
Sefonbert bie ftmoniftifd^e Vergebung ber Krc^Iid^en Ämter, bie äudbeutung ber Saien huxd)
bie für bie (Erteilung ber Satramente geforberten abgaben unb bad ^tberftreben bed
Sflttk^ JQerud gegen ben Sölibatdjtoang l^at Sambert bon ber 5tan}el l^erab unnac^- 66
fii^tUi^ gegeißelt.
Soffm bie bid^ belannt getoorbenen DueQen Sambert^ Semü^en um bie Sieform
bei JÖeniS befonberi ftart berbortreten, fo ^atte er feinen eigentlichen Seruf bod^f offenbar
in ber an bie breiten Solföfd^ic^ten [xd) toenbenben )9u^rebtgt gefunben. Durd^f fte l)at
er auf fene jtreife einen mächtigen Sinflu^ au^eübt unb namentlid^ unter ber Sütttd^er 60
^rouentoelt eine ou^erorbentlid^ ftarle, nod^^a^rge^nte l^inburd[| fonbauembe, religtöfe ^Se-
«•tU«actCIa>SMt fit S^Ioglc mb 9M^ 8. K. li ^5
226 SamBert le edgtte
tDcgung ^ert^orgerufen, bte ftd^ bt^ p tranfl^aften Srfd^etnungen mt^fKfd^er @lflafe fleigertc,
unb bon ber ^atob bon äSitr^ (Vita b. Mariae Oigniaoensis , prolo^s, Acta
Sanctor. Juni Tom. IV, 636 ff.; bgl. ^reget, (Sefd^. beraW^f«! I, 53 ff.) anfc^auTw^
Sc^ilberungen liefert, ^er ftc^ enge an tl^n anfd^lie^enben ©emeinbe feiner 9(n|i^er,
6 nantentlid^ ben bon il^m jur äBeltflud^t beftimmten ^auen unb Jungfrauen, toaxm
Sambert^ religiöfe ^ic^tungen in tDaQonifc^er ÜRunbart, ein 3RarienIeben unb eine Stod^
bilbung ber Slj^oftelgefcl^ic^tc, fotoie feine Überfejung ber Sriefe 5PauU jugeeignet Iliefe
Schriften finb un^ leiber ebenfotDenig h)ie ber bon Sambertö 9[n|ängem benu^te tuoDos
nifdSfc ^Pfalter erl^alten, toäl^renb Sambertö lateinifc^en 5PfaIter neuerbing« $. 39ce)^ iwfs
10 gefunben ju ^aben glaubt, tiefer in mel^reren Slbfc^riften erhaltene ^folter entl^
au^er einer älnjal^l religiöfer ^ic^tungen in tvaQonifc^er ÜRunbart, bte mdglid^ertüeife auf
Sambert jurüdtge^en, auc^ bie bon @c^riftftellem bed 13. u. 14. ^fo^unbertd ertoö^ntc
,,Tabula" Sambert^, eine um 1140 mit Sd^arffinn aufgefteUte Xabeue jur älufftnbimg
be« 3^^"*^^^^ ^^ Dfterfefte«. — 3n feinem ftürmifc^en Sifer, bie toeiteften Äretfe für
16 bie ©ebanlen ber 9erg))rebigt unb für bie 9?ac^folge bed armen Sebend Jefu ju gewinnen,
erinnert Sambert mannigfach an feinen jüngeren 3^ii0^(^fl^n SBolbe^ bon Sl^on, ober
aud^ an ^an) bon älffifi. 9Son bem Setou^tfein feiner göttlichen Berufung bun^
brungen unb inmitten eine« Äleru«, beffen Unfitten er täglich betönn^fte, ifi Sambert in
feinen Su^rebigten bielfac^ ganj feine eigenen, bon ber Seigre unb bem ßerlommen bet
20 i^ird^e jum Seil tveit abtoetc^enben SBege gegangen ; fo, toenn er ben @(irramenten, htk
tifd^en Sinrid^tungen unb ©nabenmitteln ber 5ttrd^e atö ungleich bebeutung^oOer bie
fromme ©efmnung unb bie tverttl^ätige 9?äc^ftenliebe gegenüberfteQte, ti>enn er lehrte, ba|
nur ben „^eiligen", nic^t ben j)flic^tt)ergeffenen ?Prieftem ©el^orfam gefd^uftet toerbe, tocnn
er aQe Slbgaben für bie @))enbung \)on Satramenten, äBei^en u. f. to. atö Simonie brcmb«
25 maxtU, toenn er ben SBaQfa^rten nac^ ^aläftina unter bem ^intoei« auf bie ber 3l&6ßai^
liebe in ber^eimat gefteQten älufgaben il^re äSerbienftlic^Ieit beftritt, ober n>enn er enblic^
ber Entheiligung be« Sonntag« burd^ toeltlic^e Suftbarleiten in ber SBeife k>orbeugte, bo^i
er bte ^üfftggänger an Feiertagen bom %an^la^ jur 3Ritarbeit an feinen fir^lic^
Sauten, au^ benen ber Süttic^er Seginen^of ertouc^«, peranl^olte.
80 @« ift leicht ju berfte^en, bag ber Süttic^er ^eru«, ber bon ben lird^lid^ Stefornu
gebauten be« 12. gf^^^^u"^^^ offenbar fo gut ioie unberül^rt geblieben toor, M beS
löftigen unb gefä^rlid[|en Sitten^^rebiger« )u entlebigen fuc^te. 3Kan tocJ^bt bie SlnKoge
auf ^Verbreitung fe^erifc^er Se^en unb lub Sambert um 1175 bor eine Serfommlung
be« Süttic^ier Äleru«. ®« toar bergeben«, bafe er ftc^ burc^ bie geuer^robe )u reinigen
85 bereit erflörte unb fc^lte^Iic^ an &alxit III., ben bamal« in Sütti^ anertannten ®egen<
pap\i, a))))ellterte. Stil« ^e^er berurteilt, tourbe Sambert unter lör^lid^er 3Jl%^anblung
feftgenommen unb auf bem Schlöffe Slebogne gefangen gcfe^. Sine Slnjol^l ij^m er»
gebener Süttid^er ©eiftlid^en n)urbe gleid^faQ« tn Sambert« ^roje^ berftricft (Sin Zeil
bon il^nen trat ftanb^aft für Sambert« Unfc^ulb ein unb tvurbe be«l^ mit Smt«*
40 entfe|ung unb Verbannung au« ber ^töcefe beftraft. älnbere ®efinnung«aenoffen Sambotd
toaren bon feinen ©egnem baju bermod^t toorben, fid^ bon i^m al« $e^er lo«)ufagen,
toibeniefen jeboc^ \pätQx biefe ©rtlärung unb toanbten ftd^ ebenfo toie bie erfte ®ru)4)e
mit einer 5ProteftfdS>rift an ben 5paj)ft. Qu biefem machte fid^ Sambert, bem e« gelungen
toax, nad) jc^ntoöd^iger §aft ani feinem ©cfängni« ju entiommen, felbft auf ben SGBeg.
45 2Bir bcft^en brei einge^cnbc 3?erteibigung«fci^riften, bie Sambert ju SSiterbo Galtst IIL
borlegte. 3)ie au«fül;rUc^fte Streitfd^rift Sambert«, „Antigraphum Petri" betitelt, bie in
enblofer, leibenfd^aftlid^er ^olemtf gegen bie iIBortfü^rer be« Süttid^er 5tleru« berläuft,
l^at juerft ^. ^ari« (Notices historiques sur les ^glises du clioc^se de Lidge,
Tome XVI, 1897, p. 25—74) boüftänbig beröffentlic^t ; eine abfd^liefeenbe kttiW«
60 9lu«gabe beranftaltete bor furjem 91. %a\)m (L'Antigraphum Petri et les lettres
concernant Lambert le B^gue, in Compte rendu de s^ances de la commission
royale d'histoire, Tom. 68, Bruxelles 1899, S. 255—356; bier audji bie ältere
Sitteratur bejüglic^ biefer Streitfcl^rift). — S)er ^a!p\t, ber für Sambert bereit« tDO^ncenb
feiner ©cfangenfcl^aft fc^ü^enb eingetreten toar, l^ob allem 9lnfd^ein nac^ ba« über Sambert
55 gef))rocI;ene Urteil auf unb entließ i^n in ®naben in feine ^eimat Salb nad^ feiner
iHücRel^r au«3italien, um 1177, ift Sambert ju Süttic^ geftorben. Äurje ^tit nac^ feinem
lobe (1188) ^ielt ber Sarbinallegat ^txnxxq, SifdS^of bon älbano, ein ^rte« Straf«
gericj^t über bie Süttidjfer Simoniften. — SBie grofe ba« anfeilen toar, ba« Sambert in
Süttid^ geno^, le^rt bie Xl^atfac^e, ba^ man in bem großen 93ranbe ber bortigen
60 St. Sambertu«Iird^e bom ^al^re 1185 eine ^^ne für bie Sni^l^anblung Sambert« ed&Iid^
Sambtrt 1e S^gnt
SdmbttfftatiM
227
ber ongetüt^ bic 3^t^"'"9 ^^ Hmiicbralc Jitpp^ejeit t;attp. 53e[i)ntcK S'ottfjruTiö ^a&m
bie bon t^m geftifteten ScgmengciicHenldjaften bem ©ebäc^tnine Sanibettä gtjoUt, (i) bo^
bn aU fle^CT 3.'erurteiltc im 17. ^a^^uiibert ben fltr<I)cni)«ligcn jugetet^net werben \\t
(Acta Sanctor., Juni Tom. V B. 3, unter SBnufung «uf ä. 3!)u Saufja?, Supple-
mentum niartyrolog;ii Oallicani)- ^
Über bie [cüfyrc Diel umftrittene 5^age nad) bem Mnteil Sambertä an ber Snlftetjung
ber OenoRenfcIjaften berSÖcginen ift bereite in Sab 11 @.516ff. ge^anbelttoorben. entgegen
bei bort Bertretenen Üluffaflung bemertt neuerbingS .^i. ^irenne (®e|i^. SelgtcnS, 8b I, ©ot^a
1899, 6.402), ia% bie ^junirffübrung beö gtamenö „Seginen" auf Sambert fieSfegue
auf einer folft^cn Stiimologie berul^e ; ba Lambert ben Seinamen £e SB^ue angeblic^i alä lo
perfBnlit^eS (i))it^eton, nidit alS 'Familiennamen fübrte (ügl. bagegen oben ®. 22.^ n), fo
Isüiben (eine Anfängerinnen bei Stnnaljme (eineS 9ianien* ft$ Eambettinerinncn, nid)t
Seguinen genannt ^ben. hierbei ift aber überfeljen, ba| ber ^Jaine Segittnen offenbar
uiftirwngUdj ein Schimpfnamen ber gleii^ iljreni gjteifter Betfolglen Süttic^er religiüfen
e^iwännerinnen loar (ögl. ^atob Bon ititr^. Vita b, Mariae Oigniacensis a. a. D. ib
€- (137: nova nomina contra eas fingebant, sicut Judaei Christum
Samaritanum et Christianos GalUaeos appellabant . . . ipsae autem mirabili
patientia opprobria suetinuerunt et persecutiones). St^nlic^er 3(it i[t bie &nt=
fie^ng ber Settennomen SBolbenfer, ©l)eroniflen (Bon ^ugo be Speione), Muncoticr (oon
^o^anneö bc SHonco). Slugei ben bur$ Coenö auä ber ^rabition beä Süttitber SSe= jo
gtnen^ofe^ beigebrachten bebeut|amcn SSelegtn [teilen namentlid) bie ber er[len $ä[ftc beä
13. 3abr^unbertö ange^ötenben ©ericl)tc bed Älbeitc Bon Iroiej^^ontatneS unb Slegibiuä
hon Drcol fotoie bie Stngabe be* Üambertfc^en Ißfalterä bie 3tegrünbung ber Seginen=
genofienfciiaften burc^j S. Bbllig fic^er. 3" *'^" SttenntniS bürfen aut^ bie tocitgefjcnben
@nt|tellungen uiib legenbaren 3lud[dfmücfungen nti^t irre machen, bie bie ©efduc^tc oon 2^
tambertö 2eben unb »on ber ®rünbung bes Sütticljer SeginenliDfcö in beii (päleren fc^rift'
fieUerif(t»en Seriellen (j. S. bei ^ean b'Dutremeufe) erfahren ^at. $einax ^aupt.
£anibtli)arlifcl, 1595. — Biblioth»?iL BTmboliua ecclesioe uniTeraalia (The Creeds of
Chrislcndoni with a history and criiital mt^), bv Pbiüp Schaff, ö.fflufl, 91e[a.!0ur[1887,
Tol. 1, ßfiefi. I®cicfai4l[. Stenicrfungtn) unb III, 52Hff. (ieji); G. ^arhiuict. A Hialory of ao
the ArticIeH of rehgion [), barübev 'üb I, 531, 5B (f.) ; Dan. 9ieal, The HisUiry of the
Paritaus, reprinled from the teit of ToulnÜDa edition, fionbon 18'22, vol. I, 453 ff.; Ältj.
@d)n)eiitr, Sie prnicft. Bcmrolboflcncn, 3i'rii6 1856, SJb 11. 9ff, ; ijoufll. (SampbcQ, The
PunbBi) in Holland, England and America, Sonbon 1892, II, l&Üff.; gel. aKaloiocc, 3)ie
Serfaffung ber fiirdjf odo englonb, 1894, S. lf<2' einige fpejiede ßilletülur, &e(cmber« bes 35
mifcnb ben eiibifADf ^olin SQ^iigifl, bei iHc^afi. Sgl. oui^ ?t. .^ucllanev".
SDie „£ambeti?attitel" finb uiffrünglii^ gebockt als ein ^a^a^ ),u ben 39 älrtifetn
ber mglif^en Staatlfin^e, ber ber Üe^e Bon ber ^Jräbeftination eine fc^ärfere Ocftott
geben tollte. 3n 9trt. 17 jene« offijietten angiitanifdien Selcnnlniffeö <»on 1563, bejW.
1571 ; Bgl. 2(0. 17 ber Sblöarbinijc^cn 42 Slrlifel, 1150 fdion fafl biö aufö aßorl bie «
gleiche j^ffung) Wirb eine „praedestinatio ad vitam" gelebrt, aber ber reprobatio
gar nii^t gebai^t. m mirb (KiBorgctiobcn, ba^ dott ante jacta mundi tundameiita
euo i>onsilio nobis occulto be^niüB bestimmt bobc, eos quos in Christo elegit
ex hominum genere Bor bet itcrbainmniö ju erretten unb jur etuigen Seligtcit ju
bringen, eö toirb ou^ furj aiiSgefü^tt, icie fid> baS in ben cinjelneii reolificrc, nämlic^ 4.1
fo, bofe qui tarn praeclaro Dei beneficio sunt d'inati gur rechten 3«' berufen, ge=
ret^ifenigl jc. tourben, bann aber wirb nur nocb IjerBotgeljobcn, ba^ bie 59etM$tung prae-
destjnationis et electionis nostrae benen, qui sentiunt in se vim epiritus Christi,
tDunberbaren ^roft gelnä^e, wäbrenb hominibus curiosis, carnalibus et spiritu
Christi destitutis ber göttliche ^räbefttnationäratfi^Iu^ lote ein „[[^redlic^er Slbgrunb" bii
nfcbeine, ttsa^ bem S^eufcl jiim Mittel Werbe, um fte vel in deaperatioDeni vel in
aeque perniciosam impiissimae vitae securilatem ju ftürjen. Wit einet 6cmnt?=
Rung, bag jeber an bie promissiünes divinae, Wie fte in ber Sclirift unä „gene-
raliter" bargebolen feien, fitij bal'en, T« „erfaffen" (amplecti) unb jebenfaUä in feinem
tionbeln r«t an ©otteö „geoffenbaiten EüDen" tjalten möge, fc^tiefet bei teiatiB auSfü^r= k
i^e SIrtifel ob. 3ltan tann benfclben otjne ^'o^iff' calBinifc^ uerfteben, fann i^n aber
auc^ anbcrö wenben, unb na^ bem Siege ber Staatötirc^e über ben ^luritaniörnuä ifl ei
fflft fte^cnb geworben, bafi bie anglitonifc^en Ideologen iljn me^r ober Weniger anninia'
nifc^ auöfü^ren.
13'
228 Sombet^ttttad
@d tft belannt unb mag übrt^end in bem Srtilel üBer bie Puritaner nac^elefoi
h)erben, h)te lebhaft Adnigin @UfabetJ[i ftdj^ bem borbringenben 6ab>intdnutd entgegenfc^
fretUdif tDefentltdjf bodj^ nur tnfofem, cii berfelbe bie et)ifIo})aIe äSerfaffung unb jumol oucp mt
,,6eremonien'' unb ,,®eh)änber'' im ©ottedbienfte ber estabüshed churoh beonfknbelt
6 ^n ben bogmatifdj^en tragen geftattete bie Königin mel^ ^et^eit. äBie fie (»ofdnltd^
ut bem fdj^arfen cafoini{c(;en ^räbeftinotion^ogma ftanb, ift unbefonnt, \>tcmutüdf toor
fie il^m nic^t geneigt, aber fie bel^anbelte aQe lirc^tic^en, reli^idfen %agen ))oIittf(|^. ^
ii^rer ^^ geh)ann audj^ unter ben ber ©taatdtirc^e an^ongltc^en X^eologen ^erobe bie
bogmatifd^e Se^re SoIbinS mit Sinfdj^lu^ ber fc^roffen ^ffung ber $räbeftinationdtbee einen
10 großen (Sinflu^. ®ie religiöfe Stimmung h)ar i^ h>ett über bieJtreife l^inaud, bie idft diS
,,$uritaner'' anfingen, fic^ gegen bie @taatdürd^e )u h)enben, geneigt Sin ^mil^
einer ec^t calbinif(| gegoltenen ^eologie h)ar bie Üniberfitöt )u Sambribge. ^ier n*
ftanben berfelben unb infonberl^eit bem ^räbeftinationdbogma nam^fte SSertreter an
^omod Sarttorig^t (ber l^ier iebodj^ nur big 1570 leierte, bann abgefe^ tourbe, ae^
16 1603 ; bgl. ben Srt. Sb III, 733 ff., too jeboc^ ber ©tettung ßarttorigl^t« jur $rib
beftination leine (Srtoäl^nung gctoie^t), SBiDiam 5ßerlin^, geft. 1602 (SJerfaffer ber Ar-
milla aurea, 1592 — feine SSerle h>urben in brei Sönben gefammeb ^audgegeben,
Sonbon 1616—1618) unb 2Biaiam äB^italer (2B^ittaIer) gefi 1595 (u. a. ein berfi^mto
Sierteibiger ber ebangelifdj^en ©dj^ö^ung ber 93ibel h)iber SeQarmin; feine äBerte tmxxbm
20 in )h>ei Sönben loteinifc^ ^u ®enf ebiert 1610, jum 2^eil ouc^ toieoer \>sm ber Parker
Society Cambridge 1849). ^odjf traten in Sambribge audjf ®egner ber cabtnif«^
Seigre auf. @o ber ^rofeffor 9aro ^aron, ein t^anjofe) unb ber %älotD am &qud
eoQege äBiOiam 93arrett, ber ft^ am 29. WßiAl 1595 in einer $rebtgt aufd k^ftt
h)iber ßolbin, Seja, ^etrud 3Rar^r u. a. toanbte, bamit ben Streit entfod^enb, het f^
25 ]p^idl in Setracpt lommt. Sie UniDerfität fc^idtte 3Bl^itaIer (unb ben Dean of Ely,
Dr* ^^nbol) nac^ Sonbon, um bort mit @r)bifc(;of äBl^itgift bon ßanterbur^ unb onberen
^erborragenben 3Rännem über ben @(^u^ ber calDinifd^en Se^e. be)h>. bie rid^tige gnter«
^retation beS 17. Sleligiondartileld ^u berl^anbeln. älm 20. 9{obember 1595 (9Ie(.
©c^lDeiger nennt in ber 2. äluflage ber 9lea[enc^Ko))äbie irrig ia& ^cd^x 1598 ; ouc^
80 ftei^t ie^t ber 20. 9bbember feft gegen bie Angabe älterer ^oMex, ba^ ber 10. 9lo«
bember ba$ Satum fei ; f. ©c^aff) h)urben l^ier ©ö^e, bie äBpitaler formulierte, mit
leidjften (Srmä^igungen bon aQen angenommen. Untei^d^rieben Imirben fie, au^ bon
Sffi^itgift, Don 93ifdifof ^letdj^er bon Sonbon, Sifdj^of SSaugl^Ktn bon Sangor u. o. ; nad^
tröglic^ erllärte jumal audj^ ber @nbifc^of bon 9)orI, Button, feine 3uftimntung. @ie
86 l^ei|en bie Sambetl^artif el nac^ bem Orte il^rer 93ereinbarung, bem iSambet^alace in Sonbon
(ein $alaft, in bem feit bem 12. ^abr^unbert ber Srgbif^of bon ^mterbur^ )u getariffen
Reiten be« ^abre« rcfibiert : bgl. ÜJlalotoer ©. 285 Snm. 6). 3^re urft)rünglid^ ©|rrac^e
ift bie lateinif(9c, i^re ^af)l neun, ©ie im einzelnen bier borjufü^ren, f^at im ^Entere^
@d genügt )u bemerfen, ba| fte fo })rä3id h)ie möglich audbrüdCen, ba| ®ott Don &oig'
40 leit ^er einen ^eil ber Snenfc^en jum Seben, einen anberen )um Xobe beftimmt babe unb
ba| bie causa movens bafür in leiner äBeife in benSRenfd^en )u fuc^en fei. ^Ric^t bie
praevisio fidel aut perseverantiae aut bonorum operum aut ullius rei qute
insit in personis leite (Sott, fonbem sola voluntas beneplaciti. @d toirb in ben
Derjc(;iebenften äBenbungen umfc^rieben, ba^ burc(; bad bo^)>elte bettet ein abfoluter Unter»
46 fc(;ieb unter ben SRenfc^en aufgerichtet fei. älber eS ift bodj^ nidj^t gefaxt, bog ®otted
Sefret auc^ ben %q!H beranla^t ^abe. ä$ielmebr laffen ftdjf bie Sambet^ortttel au(|^ tnfca«
la))farifc^ beuten. ®iB ift nic^td barüber gefagt, ob bod „ab aeterno'' bed Stotfd^btffeS
©otte«, einige gu „ertpö^len", anberc gu „bertoerfen", ben gaU mitbebingte, i^ tDoDte.
Dag ©(^toeigen ift ftc^er abftc^tlic^.
60 Jlönigin @lifabet^ h)ar h)eit entfernt, bie Sambetl^artilel )u ratifizieren. @te fo^ in
bem 33erfaF;ren bed (Srjbifc^ofd eine Beeinträchtigung i^rer ©u))rematlce(^te unb in bem
gangen Sl^orge^en eine ©tärlung ber ^^uritaner. Srgbifdj^of 3Bl£fitgift toar feinctfeUd ein
biet gu forrefter ©taat^Krc^enmann, auc^ ))erfönlic(; )u h)enig bem Satoinitoud ftrengexer
Slic^tung gugeneigt, um auf ben9(rtileln ju befte^en. @r ^atte fie bon bome herein mi^
66 aU folc^e, bie (äefe^e^traft Rotten, ber Untberfität Sambribge mitgeteilt, fonbem oU foU^
bie eine t^eologifc^e Snter))retation be^ 17. Sleligion^ortileld re^räfentieren mdd^ten, tofUft
gefe^ltdjf }uläfftg fei. ©ein älbfel^en bei ber gangen äSereinbarung mit äB^Ier x. toor
nur borauf gerichtet geh)efen, ben ©treit in Sambribge m erlebigen, e^e er bebro^Iitee
3)imenfionen annehme. @r t^offte gerabe ben aud^ il^m berl^a|ten Puritanern entgegemottaMCfen,
eo toenn er ben ber ©taatdürc^e treuen calbinifc(;en X^eologen entgegen!omme. wbnn er
SambeC^ortetd Sattttetdd^tttt 229
^dt t^ fär angejeigt, ber jtömgin aföbalb )u gel^ord^en unb bte Sambetl^artilel t)on ber
tlnteerfit&t Gambribge h>ieber jurü^uforbem. 3^ ^ilfe lom t^m ber Umftanb, \>a%
SB^ttaler tDenige %aQt nad^ ber Sambetl^Ionferen) ftarb. ^n Sambribge bel^u))tete ftcp
borldufig ieboo bie fteeng colDintfdife S^id^tung. 93aro unb Barrett mußten h>ei(^en.
(Srflerer )og fi(9 1596 nacp Sonbon gurüd, ta>o er nad^ einigen l^o^ren ftarb, le^terer tm^ 6
Vvf% ßngumb imb imtrbe fi)äter {ot^olifc^.
Die Santbetl^artilel l^ben noc^ toieberl^ob eine SloQe gef))ielt. B^^^f^f^ <^uf ^^
Hamptoncourt Conference in Sonbon unter ^atoi 1., l^onuar 1604. Die Puritaner
baten bort, bog biefe Slrtilel anerlannt loerben möchten, aber burdj^au^ t^ergebli^. 3R\U
Dccarbeitet loutben fie in bie ,,3tifd!fen äirtilel'' bon 1615. 93g(. über biefe Schaff, I, lo
662 ff. (®e{(^i(^te) u. III, 526 ff. (SCejt). Der »erfaffer biefer Serie öon ©lauben«*
\&ljm toat Solob Ufferiud, bamold nodj^ ^rofeffor in Dublin. @ie tourben bon ber erften
itmiDoIation ber irifc^en Staatölirdj^e abo})tiert unb t)on l^alob I. and) acce})tiert. Unter
Stadl, ftnb fie loieber obgefc^afft toorben 1635; boc^ l^ielt Uff^er old $rima$ an il^nen
feft, toenn er auc^ nic^t um^in lonnte, bie 89 Srtäel, bie bi$ ba^ in l^rlanb leine i6
Hebung ^en, M i$nen t^orgeorbnet ^injunel^men ; k>gl. ben 9. ^.Uff^er''. Die 104
j^Irish (ober aud^ Dublin) Airticles'' (bie übrigen^ noc^ in j{a))iteln georbnet finb),
bieten einen Slbrt^ ber ganjen Dogmatd. ^n Seutg auf bie ^räbeftinationdlel^re lom«
btirieren fie 6ä^ unb äSenbungen ber 39 Srtifel unb ber Sambet^ortilel. Durd^
bte SBeffaninfterlonfeffion lourbe bc^ 3>^^^^^ ^^ Sambet^rtifel für bie Puritaner ^in« 2o
fäOtg. 3n biefer Jtonfeffton treten in ber $räbeftinationdlel^re (Chapter III) 9(ntlänge
an aOe \oAm bef)m)d^enen Dobtmente auf ; fte runbete bie Se^e befinitit) im @inne ber
^Mtaner ob. Sgl. ben 91. ,,9Seftminfter ©l^nobe". 9. ftatteitbitfd|.
2mniaMiiM, Suigi, Jlarbinal unb Staatdfefretör 1836—1846 (gefi 1854). —
fiitteratur: Mtetifd)e Schriften £.9 erf^ienen gefammelt a(d „Opere spirituali'S SRom 1836, as
l^ebig 1838,1839. Ueber eine ütel üentilierte bogmattf^e gfrage »eröffentU^te er: SuU' immacu-
IaId ooDcepimeDto dl Maria, dissertazione polemica 0Rom 1843). ^ie üon i^m Derfagten
6taatdf4nften ber l^urie im @treit mit $reugen warben 1838 in 9^om gebrucft unb er«
fd^ienen au4 in beutf^er Ueberfe^una (3)arlegung bed 9}e4td« unb X^atbeftanbed mit aut^en*
tifd^en ^ofumenten ald 9(nt»ort auf bte Srilfirung ber lol. preugif^en ^Regierung 2C., ^Tugdburg 8o
1839).— »gl. 2rarini, Lo stato Romano dalF anno 1850,1, 78 ff. (3. «uSg. gloTcna 1858);
Qhmlterio, Gli ultimi riyolgimenti italiani I. SBefonberS ^tudilin, ©efc^ic^te Stauend I,
Vbf^nitt 8 u. a. (fieip^ig 1859); Orojc^, (S^efc^i^te bed ^rc^enftaated U, 354 f. u. a.
•ot^ 1882).
Sambnt^ini (f^r. Sambrudlini) tourbe am 6. 3Rax 1776 gu ®enua geboren, trat 86
fc^ frü^ in ben Samobitenorben unb jeid^nete fic^ burd^ Anlagen, ti^eologifdj^e ©elel^r-
fondett unb ftrenge Seobod^tung ßrd^lid^er ©itte unb geifttic^en älnftanbeS aud. Salb
Irnnben i^ oud^ bie ^öl^eren Smter iened Orbend übertragen, aber bied genügte feinem
(Sfftioi matt, bie böd^ften SDSürben ber Jtirc^e unb bed Staate? toaren ba$ 3^^ f^^^
Gtmtai. @etne ftaotdmdnnifc^e Silbung erl^ielt er in ber Schule bed Jlarbmal^ Son^ 40
\cM, ber i^ oud^ jum Jtongre^ in SBien mitnal^m. fRac^ feiner SlüdCIe^r bon bort
tmixbe i^ bod toid^ttge Slmt eined ©elretärd ber 5{ongregation für au^erorbentltc^e Krd^Iic^e
Sngdegen^etten übertragen, unb er no^m in biefer Stellung an bem 9(bfdiflu| ber Jton=
brbate mit ffUapd unb Sofern t^ötigen älnteil. ^m ^o^re 1819 tourbe er )um (Sn^
bifc^ femer Soterftabt ®enua ernannt unb enttoidelte l^ier einen großen @ifer in lird^» 45
üäfit Sttifamteit. Seine Hirtenbriefe unb ^rebigten tourben fel^ gerül^mt. Sßap\i £eo XII.
cnumnte i^ 1828 jum ))ä))ftlidifen 9luntiud in $ari^, balb getoann er am franjöftfc^en
fiof gro^ (Sinfbt^, inbem er RaxU X. SSertrauter toarb unb nun mit aSer jtunft unb
fHadft ba^ arbeitete, bie abfolute ^errfd^ft in f^anlreic^ ioieber ^eriufteQen. @r toar
cd, ber Jtorl X. riet, bie Orbonnanjen m erlaffen, bie feinen Sturg herbeiführten, unb 50
oü fiarl gefallen toar, blieb er, toie er ftc^ au^rüdllic^ au^ebeten l^tte, in eifriger Aorre^
ftNmben) mit ü^, nid^t fotool^I um ii^n im UnglüdC gu tröften unb i^m einen 93etoeid
feiner Zetlna^me gu gdben, aü cax2 grunbfd^lid^er Siebe gur legitimiftifc^en Sadj^e. Diefe
tnig er oud^ auf ben ^ergog t)on Sorbeau; über, t)on bem er mit einem bamal^ berüf^mt
Korbenen Xudf)mu^ fogte, er fei nidj^t nur ber Sol^n ^anfreid^, fonbem Suropa^. 55
in boS Se^itimitätd))rin)ik ber jtam^f gegen bie 9teoolution, toar i^m eine euro})äifc^e
Xufgobe. Seme poli^d^ 9lidiftung beruhte teifö auf Überzeugung, teild auf einer an«
eborenen £^errf(^begierbe. ä(fö ®regor XVI. ben })ä))ftlidifen Stu^l beftieg, toar SambruS::
fini ber er^e iosrbinal, ben er ernannte (am 31. Sefjtember 1831), ober £. fal^ biefe
mir <d& ben SBeg gur SteQe eined erften SRinifterd im Jtirc^enftaat an. Da er go
230 Sainbmdi^M
bemerf te, ba^ Karbinol Semettt, ber bamafö im Seft^ biefer SteQe toax, am dflerreui^ifc^
$ofe, bem er ntc^t genug (Ergebenheit jetgte, nic^t in ®unft fte^e, tamr fein eifrigfleiS Se^
ftreben, i^n aixi bem @attel ju lieben. ®regor gab i^m ®el^ör, unb afö Semetti einfi
emftlic^ erhanit h>ar, benü^te er biefe (Gelegenheit, i^m einen ^{ad^folger )u (jeben unb
6 ernannte ben JtarbinalSambru^ini 1836 ^u feinem @taat^fe!retär )imci(^|t für bieott^ertn
älngelegenl^eiten, bem in ber Siegel bie Settung ber römifc^en $oIitiI jutam. 2)er Stoatd»
fefretär für ba^ innere mar bamald ffarbinal ®amberini, ein ongefel^ener älterer Stann
t)on feftem SBiUen ; ^ bel^agte bal^er SambruiSdifini nid^t fonberlidjf, bie SRac^t mit btefem
teilen ^u mü^en, unb er forgte bafür, bag ein anberer, ber Jto:binal äRottei, ein un^
10 bebeutenber 3Rann, beffen $au))ttugenb bad ©efdj^id h>ar, ftd^ einem fremben SBiQen unter»
guorbnen, an feine ©teile lam. SambruiSc^ini übernahm je^t auc^ bad ÜRiniflerium bcd
öffentlichen Unterric^tö, h>urbe ©elretör ber ))ä))ftli(^en äret>en unb Sibliot^or bed
äiatifan^. 92un im trollen 9efi| ber ÜRac^t, t)erfolgte er mit aller @nerate fein ^iü, bie
Seläm))fung ber 9let)olution utw ieglid^er Steuerung im Staat unb in ber Jlirc^e. 9ä
15 feinem @intritt in bie SSertpaltung bed Kirc^enftaated l^anbelte ed jtc^ um SlmnefHerung
ber nadjf bem Sufftanb ber Segationen t)om Iga^re 1831 äSerurteilten unb ©efongencn
unb um 9ludfü^rung ber bamald in Su^ftc^t gefteQten Sieformen. Sombru^ini arbeitete
bal^in, ba| bie fc^on toegen Überfüllung ber ®efängniffe rätlid^ getoorbene unb t)on bo
öffentlichen 3)leinung geforberte älmneftie möglic^ft befdj^ränlt, bie 3ugeftänbntffe ber Sie»
ao formen gefc^mälert unb namentlidj^ bie erteiUen ftäbtifd(^en ^eil^eiten burc^ bie 9rt bo
älu^fül^rung gelähmt unb bem 93olI t)erletbet tourben. 92amentli(^ lou^te er ed eingulciten,
bag 9lom, felbft aller ÜRal^nungen ber liberalen ^rtei unerac^tet, ol^ne 3Runt)i))ab)erf
faffung blieb. 3)iefelbe realttonäre unb abfolutiftifc^e Slic^tung Verfolgte er in bm faA^
liefen Angelegenheiten. (Sr betrieb bie äSerfolgung gegen bie ^ermeftfc^e Xl^eologie oufd
26 eifrigfte unb bertrat in bem Streit über bie ©efangennel^mimg bed @r)bif(^fd Don itöbi
unb bie gemifc^ten (S^en in ben ^[a^ren 1836—1838 bie @aqe ber r5mif<^ fturie mit
großer Energie unb ®eh>anbt^eit. ^ie ald meifter^aft anerlonnten Staatdfc^riften in bem
Aölner Streit finb bon ii^m berfa^t. Sie fmb nöd^ft bem Original unter fo^enbem
^itel beutfc^ erfd^ienen: ,,UrIunblic^e 3)arftellung ber ^atfad^, toeld^e ber gehKUtfomen
80 SBegfü^rung bed ^eil^erm b. 2)rofte, Srgbifc^ofi bon fföln, borau^egangen unb nac^
gefolgt finb. 3laq bem ju Sflom am 4. 3Rär) 1838 erfd^icnenen Original ioörtlid^ über»
fe^t, 9legen«burg 1838."
Sambru^c^ini fe^te ben SSerfuc^en einer l>ermittelnben Se^anblung ber Streitfrage
eine eifeme Jtonfequen^ entgegen unb t^ertrat babet feinen Stanb})unft, man mu| oner«
85 lennen, mit Energie unb Offenheit. Überl^aut)t mu^ man i^ ben 9lu^ I<^en, bog er
ba^, toofür er gelten iooSte, audj^ mit ganjer Seele h>ar. (tx toax nic^t auf ben Qdftai
angelegt, ben ^ortourf ber ^euc^elei, ben man fo gerne gegen eine ftreng Itxd^Ii(|ie ^cd^
tung bereit ^at, lonnte man gegen il^n nic^t erl^eben. ^r Seftedbtmg burc^ motcncSe
ÜRittel toar er umugänglic^, bagegen Ite^ er ful^ oft burc^ bie ^euc^elei anberer toufc^
40 SSon inl^umaner .parte unb l^oc^fa^enbem Stolg lonnte man i^n nic^t freif))re(^en unb er
trug baburc^ feinen guten Seil ber Sc^ulb an bem $a| unb ber Erbitterung, toelc^ bie
Slegierung @regor^ XVI. in bem ^irc^enftaat unb in gang gftalien traf. 3)tefen $a^
betam er audj^ )u fül^len, atö eiS ftdj^ nadj^ bem 2^obe ®re^ord um eine neue ^at^fhoo^
^anbelte. @r l^aüt toöl^renb ber gamen 3eit feiner öffentlichen Saufba^n bie Sbi^ hii
45 ^rieftertumd ald bad 3^el feine? Strebend unt^errüdt im Suge bel^alten unb bedl^ow Sorge
getragen, bad jtarbinaldloQegium mit feinen ^^reunben tmb äln^ngem )u befe^en. Un*
^toeifel^aft toar er bie bebeutenbfte l^ntelltgen^ unter feinen geiftlicpen Jlollegen in 9iom,
fo ba^ ed fc^ien, il^m fönne bie 9{ad^folge auf ben ))ä))ftltc^en Stu^l nic^t entge^ S)0(^
eneic^te er fein 3iel ntdi^t. ^m Äonllabe, baö nac^ bem lobe (Sregord XVI. im 3"""
60 1846 bie äBal^l eined neuen $at)fted m t^oQgie^en l^atte, ftanb i^m eine $artei entgegen,
toelc^e t)on feinem Stol) unb feiner ^errfc^fuc^t ben gängli^^en Serluft il^ Sinfluffed
fürchtete, unb mit il^r Derbanben fic^ anbere, meldj^e bie geredj^te Seforgnid i^ten, eine
fioÄU gregorianifc^e 9tegierung lonnte bad römifdj^e Soll gur 93erjh>eiflung treiben tmb
t)erberblic^e Slufftönbe ^erk)orrufen. 92ur allmä^lic^ ftegten bie ®egner £ambrud(^tnid, fein
65 geftür^ter Vorgänger im Staatdfehetariat, ber jtarbinal Semetti, joS nid^t o^ne XnttU
an feiner 9{ieberlage getoefen fein, ^m erften Sfrutinium erhielt Sambru^ini 15 Stimmen
unb fein ®egner 3)laftai, ber f))ätere '$iud IX., nur 13 ; am ^enb bedfelben Xoged ge<
toann ber le^tere 9 toeitere, am folgenben Xage toar bie SEBal^l baburc^ entfc^iebm, ba|
3)laftai 36 Stimmen erhielt, toö^renb bem Sambru^ini nur 10 blieben, ^n bem neuen
60 Sl^ftem })ä))ftltc^er $olitiI, bad unter $iud IX. jur ^errfd^ft gelangte, toar für Sambni8<
£attt(ru9il^titt fiamenttatd 231
dfini tetnSlattm me^r, feine eigentlich ))olitif(i^e Saufba^n toax gefc^Ioffen, obgleid^ er and)
fäft nix^ ^o^e Stoatöämter betleibete unb SHitglieb ber neuerric^teten Staatölonfulta
tDuxbe. 2)er^a^ ber ret)oIutionären Partei traf il^n im ^ol^en®rab, unb er l^atte manche
t>ctfönli4ie Serfolöung )u befte^en: fein $au^ tourbe geftürmt unb teiltpeif e jertrümmert,
er f^ft lotmte nur in ber 93eruetbung eined StoKInet^t^ nad) ®acta entfliel^en. 9lm 5
8. SKai 1854 fiarb er, 78 Solare alt, unb tourbe in ber Rxxd)^ be« Samabitenllofteri^
S. Carlo ai Gatinari in 9h>m beigefe^t (Stlüp\tl f) »enrat^.
Samcdli f. Sb IX @. 700, 38 ff.
Smuomatt, (^ugued^t^elicit^sStobert be) gefi ben 27. ^^bruar 1854. —
Laoordaire, Consid^ratioDS sur le systöme philosophique de Lamennais, ^ariS 1834; 10
A.Bku2e, Essai biographique sur Lamennais, $artdl858; Oeuvres postliumes, Correspon-
dance unb Documents in^its, in mehreren SBänben l^eraudgegeben Don @. ^. f^orgued
(1858). ^. be SouTC^ (1862), «. ©laise (1866), «. bu 53oi8 be la SSiOerabcI (1886), ^. «.
»ouffcl (1892); ^Rgn. JRicarb, TEcole mcDaisienne, 2 ©be, 1884; ^.ganct, La Philosophie
de Lamennais 1890; (S. 6^u(ler, Lamennais, ^tude historique, politique et religieuse 1892; 15
3a^lrei4ie 9CrtiteI uon 6ainte«©eut)e, IRenan, 8d)erer, ^rbou;, ©runeti^re, u. a.
$ugued«^icit^9lobert be Samennaid h>urbe geboren in Saint 3)laIo, ben 19. ^uli
1782; er toca ber ©o^n eined reichen SHI^eberg, ben Subtoig XVI. in ben 2lbeteftanb er«
^oben ^otte. ^n ber ftrengen Sretagner f^römmigleit erlogen, gab er ftd^ mit grofi;em
(Eifer ben @ti^ien l^in. @r[t in feinem 22. ^alfxt lie^ er ftd^ gur erften Kommunion 20
aufriefen, ^n f^nem 29. ^^al^re (1811), alfo nid^t unüberlegt, trat er in bad @emi«
narium t)on @t. iDtalo. @(^on l^e er für ))ä))ftlicl^e ©emaft unb 9lutorität geftritten,
obfc^on fein ftird^enbegriff bamab nod^ nid^t jur DoQen fflarl^eit gelangt toar. ^^m ^a^re
1808 nomlic^ jberöffeirtlid^te er feine R^flexions sur T^tat de TEglise en France
pendant le XVIII. si^le et sur la Situation actuelle. 2)iefe (Sd^rift trug atö^ö
iRotto: Portae inferi non praevalebunt adversus eam. @r lä^t barin ben Sifc^öfen
no^ bod Stecht, Srmol^nungen an ben $at)ft \n richten; biefem alletn aber lommt ed ju,
KU cntf(|^etben, h>ad ber Jtirdj^e förberlic^ ober tc^öblid^ fei; biefe Sdj^rift h>urbe t)on ber
Zatferit(|fen $oK}ei mit 9efd^(ag belegt, ^n feiner Tradition de TEglise sur llnsti-
tution des 6v^ques (1814), bie er gemeinfd^aftlic^ mit feinem Sruber berf agte, freut er so
fii^ bed @tur)e8 bed Jtaiferd; barum glaubte er, nad^ ber SlüdSe^r bon @[ba, fic^ nac^
Snglonb fUU^ten ya muffen, h>o er ipäl^renb ber „l^unbert Sage'' blieb. @r tourbe in
Soiäon ^audlel^er in einer ))roteftantifc^en ^milie unb bearbeitete feinen Schüler ber»
maiim, bog fid^ berfelbe nod^ $arid, nacp @aint^ul))ice fü^en unb gum Jtat^olici^mud
bd^ren liej^; Somennaid gab i^n nic^t el^er toieber l^eraud, hxi er gerid^tlic^ bagu ge-ss
)kmingen tmirbe. ^m ^^al^e 1816 erl^ielt er bie Drbination unb befc^äftigte ftc^ junöd^ft
mit €{^rtf tfieOerei ; er fc^rieb Srtilel in bie latliolifdjf-legitimiftifc^en Slätter (D^fenseur,
ConservaiBur, Drapeau blanc, Memorial catholique), toeniger ieboc^ um ben ^ron
ber Sourbonen )u t^erteibigen, ald um ben^eidmud ju beläm})fen. 1817, al^Samennaid
35 3a^ alt Inar, erfc^ien ber erfte 9anb feine? ^au))tn)erle^, Essai sur Tlndiff^ 40
rence en matidre de Religion (^arid, 4 3be in S% @$ l^anbelte fid^ bmeit nid^t
me^ borum, iai Sbriftentum gegen ben ältl^ei^mud ju berteibigen, fonbem t^ielmel^r bie
2c&^ in i^ ®lei(9giltigleit aufzurütteln unb toieber für bad Sl^riftentum gu intereffteren.
SDad fyitU bereite 3ofe))9 be ÜRaiftre in feinen Soir^s de St. Petersbour^ t^erfud^t ;
bad unternimmt nun Samennaid; auc^ beruft er ftc^ l^ier nid^t auf bie @d^nft unb bie 45
Jli|^em>ater, fonbem er ge^t Don ber $l^ilofo))l^ie aud: „Sed ^enfd^en Vernunft ift un^:
DoOSommen, une fein ganjeis @ein; unfel^lbar ift nur bie allgemeine SSemunft, ber ge^^
memfc^ofttid^ Jtonfenfud aller 93511er, biefer aber befinbet ftdj^, autt^entifc^ beftötigt, alletn
Ol ber Kiroe. 9Qd er bie SBelt erfc^affen, lann ®ott leinen anberen ^iv^d gel^abt traben
ob bie Offenbarung feiner unenblid^en äJoHIommenl^eit ; barum mu| er aud^ bon 9lns so
fang an betn 3Renf$en geoffenbart ^aben, toad biefem Don feinem ©efe^e gu totffen not^
tocnbig ift Siefe etoige ©efe^ebuna ift bie Sieligion, erl^alten unb ourdif alle ^a^r^
^b^ ^inburdp betoa^rt in oer unfel^lbaren Xrabition ber Jtirc^e, ober beffer in bem
ßmit>te ber ftir<|e, bem $a))fte, ber biefelbe bertritt, ber bie unfel^lbare 3Bal^rl^eit ift.
2)iefe Xrobitum ift bemna^ eine 9lrt allgemeiner SSemunft; burd^ ben @lauben lommt 55
fie ber ®d^ts>&dft unterer Vernunft ;u $Ufe ; fie ift ber toa^re ®runb ber ©etoifel^ett."
Sfn ben folgenben Sonben bringt Samennaid bie Seioei^fül^rung feiner $rimi)}ien, mit
einem ffco^ XufbHmb bon ® del(;rfamleit ; er toel^rt }ugleid^ barin bie Eingriffe ber
232 Samenitdd
(Scaner ab; bicfc Sänbc crfd^tenen 1820—1824. 3)icfe« aSerl Brachte bte Oemüter in
aro|e, mit jebem Sanbe ftc^ fteigembe 9(ufreQung. S3ei bm galKIdntfd^en 99if(^dfen unb
bei ber Sorbonne fanb Samennaid ipenig ä(nerlennun^ ; bie^efuiten erl^oben bittere 5t(agen;
})roteftantif(^erfeitd fd^rieb Samuel äSincent eine Srtotberung: Observations sur PUnit^
6 reli^euse, en response au livre de M. de Lamennais ; biefer antwortete borauf
in etner langen SSorrebe bed gioeiten Sonbe^, iebod^ ol^ne auf feine ®rünbe einjugeben.
@r toar eben bem $roteftantt^mu$ immer abgeneigt, ben er nie rec^t k)erftanben, toeil er
i^n nie red^t fennen gelernt, ^m ^afyct 1824 reifte er nac^ Slom, too i^m Seo XII. ben
^arbinate^ut anbot ; er fd^Iug il^n aud unb em^fa^l bafür bem ^ccp^t SambttOdjm, bet
10 f})äter fein erbittertfter ®egner h>urbe. 9la(^bem 1825 feine fd^öne Ueberfctung bet 3la^
olge S^rifti erfdj^ienen h>ar, lel^e ftc^ Samennaid toieber gegen ben (SiEulilanitoud, in
einer Schrift: De la Religion consid^r^ dans ses rapports avec l'Ordre poü-
ique et civil (1826), bie tro^ ber 93erebfamleit feine? Slbbolaten SSerrl^er, gericptlii^
t)erurtei[t tourbe. @r fiel nun immer mel^ Don ben Sourbonen ab, beren @tux) er t)o^
16 auiSfagte in feinem Sudj^e: Des Progr^s de la Revolution et de la Ouerre oontre
TEglise (1829). Samennaid toiS, ba| fic^ bie ffirdj^e Dom Staate trenne, ber fte xwx
unterbrüd(t unb blo^fteOt; bie Prälaten foQen auf il^re ^ol^ Sefolbung berjtc^ten, axA
i^ren ^aläften heraustreten unb toieber baS arme Seben ©^rifti ful^ ; fo loerben fte bte
2BeIt erobern. 3Kit bem Solle foD bie Äird^e jebe greil^eit erringen. 3lad^ ber ^u
20 ret)o[ution, bie fe^r balb feine $roV^ejeil^ungen rechtfertigte, benutzte Satnennatd bte nun
getoäl^rte $re^freil^eit, um, ben 1. S^tember 1830, bad beruhte Ölott TAvenir fftuaO^
{ugeben, mit bem bojjijelten SKotto : „® Ott unb bie fVreii^ett, — ber ^ßajjfl unb boÄ Sott**.
Im i^n fd^arten ftdjf als ÜRitarbeiter be SaliniS, ^sacorbaire, Sombalot, SRontoIembeit,
Slol^rbac^er (ein pxoU% Slenegate) u. a. ^n ber @c|)ebüion beS SlotteS erriete er eine
25 9lgentur „^ur SSerteibigung ber religiöfen ^eil^eit.'' ^t mel^ aber bie SSolISgunfl fonäfi,
befto größer tourbe au$ bie ^inbf^aft ber Sifd^öfe, toeld^e fdrmRc^e Slnflage gegen i^
erhoben. SamennaiS reifte mtt Sacorbaire unb ÜKontalembert nac^ 9tom ; fie fonben aber
lein ©ei^ör, unb erfüllen bei i^rer Stüdlel^r, ba^ ber neue $a))ft ®regor XVI. t^e gbeen
in ber ©nc^flila bom 15. 2luguft 1832 berbammt l^abe. L'Avenir ^örte auf jm er*
80 fc^einen ; SamennaiS 30g ftd^ nad^ Sa Sl^naie gurüdC unb nun trat bei tbm ein SSenbc»
pxmtt ein, ben feine ehemaligen greunbe mit größter Sitterleit afö feinen //goU" beDagten.
Segeid^nenb ift, ba^ er t)on biefem Xage an bie 9lbeIS})artiIeI an feinem fuamen toe^Ite^
unb ftc^ furntoeg g. SamennaiS fc^rieb. 3n ellatantcr SDBeife bottjog er (1834) fernen
93rud^ mit 9lom burc^ bie unerwartete 93erö|fentlid^ung feiner „SBorte eines (Släubt^en"
85 (Paroles d'un Croyant), eineS merftoürbigen, tounberbaren Süc^IeinS, eineS 3Ret{iets
toerfeS in feiner 9lrt. SamennaiS bleibt feinem dj^riftltd^en ®Iauben treu, an bem er btS
an fein @nbe fefti^ielt; er beginnt im 5Ramen beS breieinigen ®otteS, (jrebigt ®Iauben,
Siebe, Hoffnung; bocp tritt ^ier gugleidj^ ber an ben SojiaKSmuS ftreifenbe 2)emoIrate
^erbor; Königtum unb $rieftertum finb bem 3(rgen Verfallen, barum toenbet er ftc^ btrA
40 an baS SSolf: „S)iefeS 93ud^, ^ei^t eS in ber 93orrebe, ift l^au))tf&d^li(b für euc^; euc^
toibme i(^ eS . . . 3Röge eS eud^, bie il^r beS ^geS Saft gu tragen l^abt, für eure arme,
mübe Seele fein, toaS am 3Rittag auf bem älder, ber, toenn auc^ noc^ fo fbdrlic^e SdJKttten
eines SaumeS für ben ift, ber ben ganjen SKorgen unter ber bremtenoen Soimenghit
gearbcit ^at. ^f)x lebt in einer böfen 3«t; bo(^ biefe geit toirb borübergel^n . . hoffet
15 unb liebet. ®ie Hoffnung linbert alleS unb bie Siebe erleichtert alles . . . S^rtffatS, für
eud^ gelreugiget, l^at t)ert^eigen, eud^^ gu erlöfen. ©laubet feiner SSerl^eigung . . . itnb
liebet eud^ untereinanber, gleic^toie ber (Srlöfer ber SKenfd^l^eit eud^ geliebet ^, bis in ben
Xob." 3n ganj anberem Stil als feine Vorigen SBerfe ift biefeS Süc^lein gefd^eben.
S(^h)ungt?oQ, retdj^ an Silbern unb ©letc^niffen, folgen bie Sä^e aufeinanber, h>ie Stbel«
60 öerfe. ^n ber Bpxaä)^ ber 5ßroljl^etcn rietet er feine glül^enben Grmal^nungen unb ^off«
nungern)edent)en ^röftungen an baS Soll. 9lud^ mad^te eS einen tiefen Siitbrud auf bci^
Soll; alles tourbe l^ingeriff en ; bie latl^olifd^e 5ßartei toar au^er ft(^ bor Ärger unb 6rrt»
rüftung: „2)rei unb 5Reunjig feiert feine Dftem!" ^ie| eS bei il^nen. ®regor XVI., in
einer neuen ©nc^Ilifa bom 7. Quli 1834, öerbammte biefeSSuc^ „bon aertngem Umfoi^
55 aber bon uitge^eurer SoS^eit". 5Rur nod^ eine Schrift berfa^te er in biefem Stile, fein
„Sud^ beS SolfeS" (Livre du Peuple 1837), in toelc^em er bem Solle nic^t bloft feine
SHcd^te, fonbem aud^ feine 5ßfli(^ten borl^ält: „2)enn toaS ift ber 5Kenf(^ obne ^fw^ten?
(Sine Slrt t)on t^ereinfamtem Ungel^euer, ol^ne Serbinbung nod^ Siebe, in fidp gejogen tme
ein Slaubtier in feiner $5l^le, büfter unb blinb, balb bom ^unaer utm 9laube getriebat,
60 balb fc^lafenb, nac^bem eS gefreffen tyil Unb h>aS ift ber üRenfq ol^ne Stetste? Cin
l'aineniiatS l!am))t 233
bloptö aBcrfjeug bercr, bic Stedite ^a6cn, iljt S^aftttcr, boäIeI6e tua« für fie iljt; Stofe ob«
ibt Dcf)[e ift." 3m ^a^re 1S36 oeröffcntlit^te « bie Affaires de Rome, 1837 grün'
bete er iai 93Iatl 1e Monde, baä nur iDentge Zonale lette, unb fdirieb (obann eine
9iet^e bmiDitattfcter ^lusW^H*"! ^- «■ L'EscIavage moderne, Le Pajs et le Gou-
vernement, Wofür er Bon betn St^tmirgeri^l ju 2000 %x. ©u|c unb einem Qa^e ®e= e
fängnti Oenirteilt Würbe, Une Voix de Prison u. f. K. Seine neuen gbeen (ui^te er
mit feinen früberen $rinjipien in (Sintlang ju bringen, in ber bebeulenben S^ift: Es-
quisse d'une philosophie (1841—1846), 9Bie in feinem Essai, behält er liiet alö
@iunb bet ®elüi6[)eit bic allgemeine 3!emunft bei, nämli^ bie Itabition, bie gleit^fam
baS (Sebäc^lniS bf* SKenft^engeidjled'ie ifl. !Rur loirb fte nit^t mebt butc^ bie flirc^e lo
frfonnt unb bcfiätigt, fonbcm burdj bcö 5l!enf(t)en 9!emunft, bie prüft, ritztet unb baS
SBobre behält, 'lüir erwähnen noc() Bon feinen anberen ©d)riften: Les Amschaspands
et les Darvands (1843); les Evangiles (neue übcrfe^ung mit ^ioten oerfe^en 1846),
De la Societe premigre et de ses Lois (1848). iie 3^''"i<"^<*otut'f" (1848), bie
fr mit greuben begrüßte, bereitete i^m neue ^äufdjungen. 35on ben 'JSarifer SSä^Iem 15
Würbe er jtuar in bie 9tatiPnalDerfamniIung gctpn^lt, boi^ ber Gntlourf einer Ronftitution,
ben er gicid? Don SJInfang an Borlegte, Wiiibe |War berounbcrt, ober als jjrallif^ unauö=
fübrbar wmjorfen; er Hefe i^n bnicfen in feinem Slatte Le Peuple constituant, baS
Wegen feiner leibenft^afltit^ien ^eftigteit nur Wenige Monate beftefjen tonnte, ^aä) bem
©taatäftreicti lebte fiamennaiö betrübt unb entmutigt in ber ^unl^gfioaen^eit, überfe^te ao
jio(^ bie gbttli^e Äombbie Bon 3;ante, unb ftarb ben 27. Jebruar 1854: „^d^ WiQ, öer=
orbnete ev no^l, inmitten ber Slrmen unb wie bie 2lnnen beerbigt »erben. Sein iDentmal
foO man auf mein Orab fe^en ; meine §üKe foül jum ffirc^^ofe gebracht Werbe» oljne
burd) bie .ffir^e ju gefjn." Iiiefer Ie|ie SBiHe tourbe erfüÜt. — Samennaiä War eine
eble, t^alenburftige 91alur; feine Schriften toaren Ibaten; et tonnte nit^t (eben obne jujs
Witlen. Sinft tüfimte fid) Bor i^m ein Sretagner (Ibelmann feine* Bcme^men 2Rü|ig=
pangS; IJamennaiS etwiberte: „fflenn i^ ein StltfeLboitm Wäre, WoDle idj meine äBurgetn
immer tiefer in bie Srbe fiofien unb bie fi^önften 9t|)fel beä 2anbeÄ tragen." för ^atte
eine fromme bemütige Seele, allem Gigennu^ fremb; boc^ Ipar feine J'ßnini'öt"' "":&'^
ejaltiert <di tief. Sabei War et aber aui$ eine befpotif^e, Öufeerft leibenj(^aflU(^e 3latur, so
burdr bad ^^Ifi^Iagen oller feiner $läne immer me^r erbittert unb mit Safi erfüOt.
^enen, bie i^m feine 3itanbelung BorWaifen, antwortete er: „^ie, Wel<^e fi^ i^rer Un:
tvonbelbarleit rühmen unb fagen : ^1^ habe mi(^ noc^ nie geänbert ! bie täufc^en fid)
jelbft unb baben einen übertriebenen ©Imtben an \f}xt eigene 2)ummtieit; biä ju biefer
ibeaten SloÖfommcn^ett bat cä ber menfi^litde Slöbfinn no^ nidit gebrat^l, tro^ ber un= ae
eimüb[i<^en Siebe, mit Welcher man feiner pflegt". 23ie Sierfe Öamennatä Würben me^t:
mate ^croulgegcben ;. 8. ^patiä 1844—47. 6. Vfenher.
t^ntnm f. b. 3t. SinnbiCber, i$rift(ii$e.
Sammifteti f. b. % ^Jlennontten.
Siiiitpe, griebrit^ 3IboIf, gcft. 1729. — &. Siroge, ©enoifiä [ellaer iluSgoHg. ,. 10
9Ie&(t einer SebenSbettbretbunfl . . . ^anipe'a, BTtmen 1741; A. J.van derAa, BiograpliiBch
Woordenboek der Nederlanden, Bb XI, S. 8;i (bafcibfl Blttie fiillevntiir unb ein eoü-
ftanbigeS SArifKnuerjeldiniB); W. föorbel, (fie|c^. beS diriftl. Hebend in ber rticlnifdi^iueftp^.
eDong. «iriljc, öd II, S. 898 ff.; 0. Sficiemann, gt. ?(b. Sampc. Bielelcib u. ijeipjia, 1868;
fieppe, «([dl. bee ißietigmu^, Selben 1879, 6. 236ff. 479 f. ; »ilfdil, »efi^. beä $l<li£miiS, «g
»b I, ®. 4-J7 ff.
^. 9lb. Sampe, ber einflu&tei(^fte _3:^eologe ber beutfi^^reformietten Äirc^e, ftammt
au^ einer altangefebenen Sremer Jamilie ton bewährter Jfire^lid'Ieil. Gr iomlit (WabT=
fctieinlif^ am 18. gebniar) 1683 ju SJetmofb geboren. Wo fein SÜater bamalä ^aflOF
luar. Seine 5Rutler War eine loc^ter beö aiiä ber Si^Weij gebürtigen Oeneialfuperintcn^ so
Beuten ^iün, be§ SerfafferS ber gebiegcnen £ippef(|en Äin^enorbnung bon 1684. Seine
Srjiebung empfing Sampe in Sremen, Weli^eS i^m jur eigenttidjen ^eimat Würbe, na^;
bem fein Sater jc^on 1 690 ali .öofprebiget ju .Rönigäberg geftorben War. Seine 3ugenb ftanb
unter etnften pietiftifi^en (Sinpüflcn : benn ber SrofeBnler müHerlii^erfeitS War ein perfönlii^er
Jreunb SobenfteinS, unb bie geifttidje i;uft Sremenß, ber „Verberge (Sotled", tonr bon bem cb
©eijte ^i^wcbor Untere^dg bun^ttänlt. Hiner bon beffen bcgeiftertften ©i^ülcm, S. ban $afe
(bet ältere), War unter Sampe« t^eologift^en £et»rem am Gymnasium illustre, ^ux
234 SattMie
SSoQenbung feiner t^eologtfd^en @tubien ging ber reid^gebilbete unb frühreife 3^<iißIiR6
1702 noc^ auf ein ^cä)x nadjf bei bamald in il^rer l^öc^ften Slüte ftebenben ^oOonbtfc^
Itniberfttät ^aneler, too bie Sdj^üler bed großen Socceiu^, unter i^nen namentlich \m
®seget SSitringa, bereite jenen 9unb ber bibliciftifd^en gföberoltl^ologie mit ber SSoctia«
6 nifcpen praxis pietatis gefdjfloffen Ratten, toelc^er für £am))e$ eigene Stellung imb — rnd^
)um toenigften burc^ feinen @influ^ -— für ba^ c^riftlic^e Seben ber norbtoeftbeutf^
reformierten Aird^en auf ^ol^ge^nte, mand^erort^ auf ^a^r^nberte ^tnaud c^hmt
teriftifc^ tperben foDte. 3n biefe ®rut)J)e ber „emftigen" ßoccejaner toirlte ouc^ bet
i^abidmu^ l^inein, boc^ ol^ne feine antilird^lid^fen @|trak>agan}en. 3n biej^ Umgdbui^
10 erlebte Sam)>e unter fd^toeren inneren jtäm^fen eine Sefe^rung )u böuiger Sntfc^ieben^
für ben Äerm.
3la^ feiner 9iüdRe^ bon ^aneler tourbe Sam))e fofort (1703) al$ Pfarrer nad^
SBeeje bei Stoe unb nadj^ 3 ^al^ren an bie bebeutenbe ©emeinbe in 3)utdbuM berufen,
h)o er fdjftDierige äSerl^ältniffe fonb: ber größte ^eil ber ©emeinbe toax bei auer &u|ets
16 liefen ^ird^lic^Ieit bertpeltlic^t unb bie ffir^en^uc^t lag ganj banieber, baneben beftnnS^
labbabiftifc^e Jtont^entilel. ^ier lernte er „\>a^ SBort redj^t teilen" unb luirtte befonbeid
audjf burd^ fleißige ^audbefuq^e, fo ba^ er eine georbnete ®emeinbe )urüdBie|, oU er 1709
einen 9iuf an @t. @tet)l^ani in feinem geliebten Sremen annahm, ^ie 9}er(N&Itiitf|e
h>aren ^ier biefelben, toie er fte anfangt in ^ui^burg getroffen l^atte, unb er l^otte oiü^
aoba h>ieber ju bauen unb )u orbnen. Seine Hoffnung, in bem 1710 an @t SRatttni
berufenen $eter ^ebridj^ S)etr^, mit bem er in 2)ui^burg aufd engfte befreunbct toax,
eine@tü^e )u erl^alten, h>urbe getöufc^t. ^enn biefer geriet unter benSinfbt^ SlömelmgS,
eine^ toegen @(^h)ärmerei in ^arburg feineiS SmteiS entfetten lutl^erif (^ $rebigerd, Der^
toidelte Samt)e in feine ^änbel, toegen beren er 1715 nadjf eingeholtem SiUoc^ten t>on
26 älmfterbam unb ^eibelberg abgefegt h)urbe, unb griff il^n ft)äter fogar öffentli6 in einer
heftigen Schrift an. ^m l^al^re 1714 t^ermä^lte f^? Sam))e mit bem Sletd^äuuin äRona
@o))]^ie @leonore bon 3)iemar aud Raulen, bai^ in Sremen ßeilung Don Utlptükä^m
unb ©emüti^leiben gefud^t unb gefunben ^atte (Sam})eiS ©attin utu) brei ^A^Ux übeddien
il^n; ©ottfrieb SRenten toar fein Urenlel).
80 aSon 1720—1737 toirlte Zawpt al« ?Jrofef|or ber ©ogmatif, neben^ auA ber
Jtird^engefdjfic^te gu Utrecht. @in 3^^$^^^^ f^^ f^^^^ naAl^altige SEBirhing ifl bie SEBeife,
toie man an ben ^ollänbifc^en t^eologtfd^en ^lultöten aßbalb ben Streit ber Stiftungen
augjugleidifen unternahm (ftel^e Sb IV, 193,84).
^m ^ai^re 1727 folgte äampt einem abermaligen 9iufe nac^ Sremen, ioo er $a^
86 an @t. äln^ari unb ^rofeffor an ber Sfabemie tourbe. @r ber^e^lte fu^ bie Sd^tmerig«
feit ber neuen Stellung nad^ ben frül^eren äSorgängen unb bei feiner großen SSertoimbt*
fc^^ nic^t. „SoQ ^efu^ mein SÄu^ unb meine ^ilfe fein,'' fagt er in feiner Sbitrütd«
t)rebigt, , Jo barf ic^ lein 3Jtenfd^enmec^t fein. SBill id) feine $ulb ertoerben unb betoo^ren,
fo mu^ id^ aller 3)lenfd^en ®unft unb ^rc^t auf bie Seite fe6en.'' ®d gelang ij^m audf
40 bie 9lbf(^affung be$ „Seid^tgelbe^'', bad er aU „Sünbengelb" bejei^nete, unb bie Strich
tung einer ^affe mit freitotuigen Seiträgen, aud toeld^er bie ^rebiger für ben Sudfou
entfc^äbigt h)urben. ^iefe (Sinrid^tung fanb f))äter bei allen reformierten ©emeinben in
ber Stabt Bremen 92ac(;al^mung. SEBie in ber ©emeinbe, fo entfaltete Zampt audf auf bem
Jtati^eber eine tiefge^enbe äBirJffamfeit. Sein 92ame jog auc^ nid^tbeutfc^e Stubenten noi^
46 Sremen. älu^ feiner Schule, fotool^l ^ier atö in Utredj^t, ift eine gro^e Sn^I innt
Männern hervorgegangen, bie in allen ©ebieten ber reformierten Airc^e, mm Xetl in ^^
bonagenben Steuungen, fegen^reidj^ h)irtten. 93remen felbft foSte ftd^ feiner nic^t lange
erfreuen; am 8. ^ejember 1729 ftarb er pWxd) an einem Slutfturg, nad^bem tr ebot
eine 3.^orlefung beenbet unb noc^ einen ^au^befuc^ in ber ©emeinbe gemad^t ^otte.
60 Sam))eiS St^eologie mar burc^ unb burc^ biblifc^ interefftert 3Bir befi^en oud feina
^er au^er einem umfangreid^en Commentarius analytico-exegeticus in Evange-
lium secundum Johannem (9lmft. 1724 f., 3 Sbe, beutfc^ in 2 Sbn, £et)))ig 1729)
eine gro^e 3<^l e^egetifc^er Slbl^anblungen über einzelne Stellen unb Segriffe ber ^I. Sc^rifi
Siefeiben ftnben ftdjf meift in bem gtoeibönbigen Syntagma dissertaüoiium etc.,
65 äimft. 1737 unb in ber Bibliotheca Bremensis, einer tl^eologifc^en ß^^^Mf^« todäft er
1718—1722 in ©emeinfc(;aft mit bem jüngeren ban $afe l^erau^ab. 2)iefen bibtif^
S^aratter trägt auc^ £amt)e^ f^ftematifd^e^ ^av!pt\otd, ioeld^eiS bor mlem ber Xtäger feiner
ioeitreid^enben äBirbtng auf Xbeologte unb Jtirc^e geh)orben ift: ©e^eimnid bed ©mdMi*
bunbed, bem großen S3unbedgott xn @l^ren unb allen ^eilbegierigen Seelen pr Sdcnnmg
69 geöffnet, Sremen 1712 ff. unb fepr oft f))äter, aadf J^ollönbifc^. Ser bei toettem totd^iigfle
Üampt 235
cc^ Sonb bed äBerle^ l^anbelt bon ber „3t(äm \>ti ©nabenBunbcd'' unb f(^It€|t fid^ (in
ha Uitterfc^eibung bcd })arabteftf(^en SBerlbunbe^ unb be$ bie gefamte ^eU^offenbarung
bom ^rotebangelium an umft)annenben ©nabenbunbed, überl^aubt in ber centralen Stel-
IimQ b<d ©ebonten^ eine^ gegenfeitigen S^er^oltniffe^ ^h)ifd^en ®ott unb ^tenfd^, h)el(^e^
boc^ nur ,,unetgentltcl[f" Sunb Reifet unb jule^t ftd^ olö eine „©a^ung" unb ein „^^efia» 6
mcnt'' borfteOt, toeU^e« ®ott felbft erfüttt (ögl. S5b IV, 189, 45 ff.), ööflig an bie cocce^:
kmifc^ (Srunbbegriffe an. Sam})e rü^mt ®otted 93orfe^ung, bie nac^ manchen ^or«
ifiufem bem „großen 9lpoUf>9, ^o^, ßoccejud" in ber äl>^ ^^ Sunbeg ben iSd^lüffel
0CoeBen fyit, „um bie ®el^eimnif[e in ber @(^a|Iifte beiS Sorten ju finben''. Sie folgenben
Sänbe t)erfoIgen bann bie Airc^e ®otte^ gefcpid^tlic^ burc^ bie brei „^audbaltungen bed lo
©nobenbunbe«'' unter ber SJer^eifeung (S3b 2), bem ®efej^ (S3b 3 u. 4) unb bem Söam
gdiinn (9b 5 u. 6), toobei jule^t bie SarfteQung h)ieber in bad bogmatifdj^e (Gebiet über-
gebt ^ier fyit alfo Sam^e biejenige ft^ftematifd^e (äeftalt übernommen, meiere %t. Sur-
matm ber gdberalt^eologie gegeben ^atte (bgl. 9b IV, 193, 4» ff.). 3" Wefem Slal^men
bmmt mm ber gefamte ^^M ber Geologie gum Vortrag : bibtifc^e Sefd^idj^te unb ^Xl^eo- 15
bgie, Jttrd^gefc^idifte unb Dogmatil, aber aUe^ nur in feinen für ba^ ^rattifd^-c^^riftlic^e
Sdbcn bertoertbaren Srgebniflen, o^ne fd|fulmägigen "Sappaxat, in einer bibelfunbigen &t:
mänbegltebem borftänblid^en §orm. ^iefe ^Jietl^obe, ipeldj^e leine geleierten älnf^rüd^e er^^
fftbt uib ftclf bod^ t)on tpo^r^aft t^eologifc^er (Sinfidj^t getragen jeigt, ift c^araberiftifd^ für
£am)Kd eigenartige 9erbinbung bon X^eorie unb ^ra^iiB. ^^r t^erbanlt er ^ aud^, ba^ ao
fem ®eift toie ber feine« anberen 2!^eologen in bie ©emeinben gebrungen ift, toäl^renb
bie ®ef(|^i(bte ber junftmd^igen SBiffenfc^aft bon il^m toenig 3lotii genommen ^at. Sie
„Gpftaäft fianoand" mit ipren altteftamentlic^en ^))ologien ift ganj toefentlic^ burc^
Somped $au))ttDerl get)rägt unb Verbreitet h)orben. Sefonbere, bon einer t)raftifd^ ge^
m&|i0ten reformierten D^obo^e abioeic^enbe Se^ren ^at er fo toenig gefül^rt, h)ie fein 35
9Retfter ßocceiud. $ier unb ba ^at feine Xrinitöt^le^re, toeld^e bie äu|erften jtonfequen^n
bcS S)ogmad hinter ber lebenbigen Offenbarung jurüdtreten lie^, unb fein Sl^iliadmu«, ber
bix^ Don S^olotaftaft« nidj^t« h)iffen tooSte, t)orüberge^enben ä(nfto^ enegt. 9lber ber«
gleu^ itleinigleiten folgten einfadj^ au& bem leben^t^oKen Siblicidmu«. ^iel ioic^tiger ift
cd, (otf 2amp^ Se^e bon ber ^eildorbnung ju adj^ten, ioelc^e bem Salbini^mu« unb so
6o€ce]anidmud eine neue unb eigenartige })ietiftifd^e 3Q3enbung giebt. Sie ))ietiftif(^e ^i)U
famtett auf bad innere Seben ber Sinjel^erfönlic^feit unb hoS Sröngen auf })erf5nli^e
(Sntfc^ung fonben ^ier einen ettoad fd^ablonenl^aften ä(u«brud. £am)>e göl^It fteben (äüter
i^er Stufen bed ©nabenbunbed gh)ifd^en ®ott unb ber einzelnen (Seele (9b 1, ^avü^U
fOd 6 ff.) : bie fräftige Serufung, ber ©laube, bie äBiebergeburt, bie Stec^tfertigung, bie 36
6eiltgung, bie Serftegelung, bie Ser^enlic^ung. Saneben lommt auc^ bie Slbftufung bed
maxa^ unb fiarlen ©loubenB bor, unb ein munberbare« Sieb (in ben 30 geiftlic^en
2iAem, Sremen 1746 9lr. 21 : Sob be« $erm ^efu) fc^ilbert ben Stufengang ber eigenen
Cnettung. Soldj^e ^eilSorbnung, iDeldj^e in ber Drtl^obojrie nur auf bem $a))iere ^anb,
bätte unter bem Seben^emfte bed $ietidmud ftc^er in eine beunru^igenbe ^et^obil um^ 40
Dcingen muffen unb l^ot bie« bielfac(; getrau. 9ei Sam^e bilbete inbeffen bie calbinifd^e
ennäonftc^ eine @c^u|ta>e^r gegen folc^e ©efa^ren : e« ftanb feft, ba^ ber ÜRenfc^ leinen
ciaenen Sbtteil an ber 9ete$rung beft|t, fonbem bag in feinen Srfal^rungen nur bie ab«
ffllute ®nabe ^ur Srfc^einung lommt. ^uf biefen feften $unlt lonnte bie Kare unb rubige
^eiäaekDt^^ immer h)ieber jurüdgreifen, unb bei aSen tl^eoretifc^en 3RängeIn l^at bem« 45
0ema| biefe breitere SerüdCftc^tigung be« t>^(>i^Ii^^ Elemente« })raftif(^ anregenb, aber
mc^ oufr^enb getoirlt Siefer $ieti«mu« toar ein burc^ unb burc^ {ir^füd^er, ber reid^^
liniere ©eUgenl^ )u biblifc^er Erbauung unb engere ©emeinfc^aft ber (titoiitm überall
fBi^erte, ber ober bie gro^e Jtiri^e al« göttlid^e ^etlanftalt mit aQer 9lufot)ferung t)flegte
unb \Ätm @e)>aratidmud grunbfä^lid^ abl^olb h)ar. 2ampt urteilte über bie Sobabiften so
(Onabenbunb XetI 4 9b 1 $aut)tft. 12) : „Unter aOen, bie ftc^ t)on ber Jtirc^e gefonbert,
ftnb leine no(([ näber bei ber äBaJ^rl^eit geblieben, al« biefe. Unb boc^ l^aben f^e muffen
erfahren, bo^ t^ Slat nid^t bon bem $erm getüefen fei." 3^r ^ler toar, ba| fie i^rc
(Bemetnf<^ fth: bie allein toal^re Jtird^e l^ielten unb bie Salramente nur SBtebergcborenen
geBen tDoDten. ©0 toar e« 2amp^ 9erbienft, bafe er bie Äirc^e burd^ ben ©rnft eine« »
arfunben $teti«mu« befrud^tete unb gur @ef>aration geneigte Jtreife eben baburc^ in ber-
fdben feß^ielt. ßl^alteriftifdif für biefen inner{irc^lid^en $teti«mu« toar audj^ feine ^rebtat-
toetfe, toeUSfe nacp einer grünblidj^en, oft cocceianifc^'t^t>olodif(^^ Se^terllörung bie äln«
iDcnbung mtf bie berfdj^iebenen @xvipp^ ber ^ui^oxn madj^te: Untoiffenbe, Unbu^fertige,
Migeifi^ G^rifien, überjeugte Seelen, gläubige Seelen. @r i^atte fte alfo alle in ber «Q
236 Sampt £atib(tfil|of
)rogen (Semetnbe bor [vif, aber rechnete auf eine Sc^eibung. 2)tefe ^r^tgttamfe UteBeite
tdjf ein unb erjeugte am 92ieben^ein bte Sitte, ba^ toenigftend bie beben ItlgUn (SniM'oi
td^ erboben, toenn an jte bte Steige tarn.
SSon h)eiteren ©duften 2ant))e$ berbient aU erfte föberolifüfdife Stl^it feine Delineatio
6 theologiae activae, Ultraj. 1727 (beutfd^ ^anlf. a. 3R. 1728) SrtD&^nung. SHe iDettefk
äSerbreitung fanben feine ffated^idmen : ÜKild^ ber SDSa^beit, nod^ Xnleitung bed £cibeI6.
Aat. 1718; @in[eitung )u bem ®e^mnt$ bed ®nabenbunbed; (Srfte äBol^^didmdc^ für
Säuglinge am SUter tmb 93erftanb. Sid in unfere 3^ ^i^ gebroud^t tourbe bod txeff«
lidj^e Jtommunionbuc^ : 3)er l^etlige Srautfc^mudC ber $oc^)etts®äfte M Sommcd an fetiw
10 SunbeStafel, Sremen 1720 unb fel^r oft
9(u(^ unter ben Sieberbic^tem ber reformierten Jttrci^e nimmt Saxttpt neben ^octäf. Ste»
anber unb Xerfteegen eine ^erborragenbe Stelle ein. ,,@ine tociSfxfyi^ brennenbe ®Iitt ber
®efü^Ie unb ein erl^bener Sd^toun^ ber ^^ontafte jeid^nen i^n ouiS; er tft mit ben 0e«
betmniffen bed inneren Seben^ foh>ie ber objelttben äBobr^it bertraut" (g. $. Sänge).
16 3Rand^e Sieber leiben )tpar unter einem Übermaß bon gehäuften biblifc^en Silbern, aber
einige ber beften finb in engeren ober ioeiteren ©ebieten in (Sebrauc^ geblieben: ,,9Rein
Seben ift ein ^ilgrimftanb'', ,,3Rein %di f^at übertounben", „D tüer giebt mir 9blci»
flügel", ,;$5(^ft em)ünf(^teiS Seelenleben'', „D Siebe^lut, bie @rb unb i^immel pemt
unb ba^ älbenbmal^telieb ,,0 %A€ bed QüÜ". (D. X^tlmüun f) d* 9. ftütl IRiller.
ao SanMiettaner f. ÜReffa lianer.
Sancelott, Joanne« 5ßaulu«, gep. 1590. — »gl. 3. g. öon Spulte, «ef^i^te
ber dueOen unb Sitteratur bed fanomf^en Stentes, 8b 3, @. 451 f.
I^oanne^ $aulu^ Sancelott, $rofef[or bed lononifd^en 9led^ in Perugia, too er 1590
ftarb, ift belannt aii äSerfaffer bon Institutiones juris canonici, toeld^e ftd^ im 9bi<
26 ^<>nge nic^t toeniger Su^aben bed Corpus juris canonici befinben. 2)er (S^mle, nod^
bem ÜRufter bon S^uftinian^ ^^nftitutionen auc^ für ben Unterrid^t im tononifd^ ffttd/tt
ein Sel^rbuc^ )u fcpretben, befdj^äftigte Sancelott fc^on längere 3^/ <^ ^^f^ $aul IV.
im S^^re 1557 i^m felbft ben Sluftrag bam erteilte. Sd^on naif jluet 3<^^^ teid^
ber $erfaffer fein SBerf jur Rm\ux ein, toelope einer Jtommiffion übertragen tmnbe, bmn
80 Urteil günftig auffiel (gebruot in ben mehreren älu^oben l^injuaefügten commentarii
Institutionum beiS SSerfafferd felbft jum liber I.), fo ba| bod S3u(^ balb tmter bec»
breitet, namentlid^ auf ber Uniberfität ju itöln fogleidp benu^t tmirbe. 2)ie förmfid^ S^m
))robation burd^ ben Sßcüp^ toax inoeffen nid^t m erlangen uno ed tourben Sebenlen gegen
Sinjelj^eiten erhoben. 3)er 9[$erfaffer toar ieboq nic^t gfneigt, feine 9(rbett )u SxÜKtn mä>
86 lie^ biefelbe aU $ribatfd^ )u Perugia mit einer $)ebiration an $iud IV. fio) bor
bem Sd^luffe bed Xribentinumd im Suguft 1563 bruden. 3)arauf tourbe fte bolb tmebo*
l^olentlic^ ^erau^egeben, inter))retiert unb lommentiert, unb juerfl nal^m $etrud 9)tatt^Sud
in einer bon il^m gu f^anlfurt a. ÜR. 1591 beforgten 9(u^abe bed Corpus juris cano-
nici bie l^nftitutionen Sancelott^ auf. 3)ad{elbe gefc^oi^ in einer in bemfelben ^ol^ m
loS^on erfd^ienenen Slu^abe beiS Corpus juris canonici unb feitbem bäufig, ba ^(muIy.
(1605 — 1621) auf bringenbe ®m))fe^lung bed ffarbinald Sci))io Sobdtutiud unb onberer
$erfonen geftattete, ba^ bie ^nftitutionen bem Corpus juris angelangt tperben bfirften;
inbeffen foQten fte baburd^ leinen offigieQen Sl^aralter erhalten. 3)er SBert bon Smicdottf
^[nftitutionen befte^t barin, ba^ barau^ leicht ba^ bor bem Xribentinum geltenbe 3tcd^
46 unb bie $ra^$ jener 3^^^ lennen gelernt toerben lann. ®ie f})äteren Herausgeber l^oben
in ben älnmertungen bte 3)tfferen)en be^ neueren Slec^td forgfälttg nac^etotefen. Sgl
6aft)ar S^^^^t Notae ex ipsis antiquitatum ecclesiästicarum fontibus dednotae,
Vitemb. 1699, 4**, toieber^olt in ber ausgäbe bon Ibomapu«, ^alle 1716, 1717, 4%-
femer bie Slu^abe Soujat, beren 92oten in \pätttt @oitionen übergegangen ftnb. Sine
60 frangöftfd^e Überfe^ung mit Serüdfftd^tigung ber italienifc^en unb gaDilonifd^ $racid e^
festen bon ®uranb be 5KaiDane, S^on 1710. 10 vol. in 12°.
«^. 9* 3ac9bf9« t) Se|Ihii.
Sanbbif^of, Sl^orbifd^of (^(ogerdaxonog). — Sitteratur: Bbaralea, De chorepifloopifi
in Fleury, DiscMplina populi dci, «i. II, Venet. 1783. III, 180 ff.; Spitz, Praef., aut. P.Joe.
66 Plenz, De cpiscopis, cnorcpiscopis ac regulär, exemptionibus, Bonn. 1785, p. 43 sqq.* Mo-
rinu8, Comment. de s. ecctesiae ordinationibus, Pans. 1655. P. III. exerc IV; P.deMarca,
De coDCordia sacerdotii et imperii lib. II. c. 13. 14; Thomasam, V. et d. disdpliiia eode-
StmbMfi^of Stmbbelaite 237
P. I. lib. 2. c 1. 2; öinterim, 3)cn!n)ürbialciten I. % 386 ff.; ^ßciaffidcr, %tx Äampf
gefielt beit (£6ore))if!ot>at bed frönf. SRei^d, STübingen 1859; % ^inf^iud, ftivc^enre^t. 2,
161 ff.; Sriebberg, ftlR. 4. Slufi. @. 37, 171.; C>aucf, Ä®. 3)/» H, @. 721 ff. IV, @. 9 ff.
3m Orient toerben feit bem 3., tn«bcfonberc ober feit bem 4. ^a^r^unbert neben
bm %fifd^öfen in ben Stäbten, aud^ auf bem Sanbe h)o^nenbe Sif^öfe, Sanbbifd^öfe, 6
bdaxonoi %wv AyQCJv, x^Q^^^^^^^> ertpöl^nt, Euseb. bist. eccl. YII, 30. tü^xt
Cn^liei^ung fü^rt Ido^I borouf jurüdt, ba^ in einzelnen lönbltc^en ©emeinben einer ber
OcmctnbeDot|ie^et an bie S))i^e bed ^teftenloUegg getreten ift unb biefelben Steckte, toie
bte Sifc^dfe m ben @täbtm, erlangt ^t. ^m 4. gfa^r^unbert erfc^einen fie toie bie Si»
Möfe mtf ben Sl^noben, ). 9. )u 92icäa 325, tutb finben ftc^ auc^ fonft im 9eft|e hu lo
\q6^\d^ Sted^te (c. 13 conc. Ancyr. a. 314; c. 14 Neocaesar. jh). 313 u. 325;
e. 10 Antioch. a. 341, toie f^e benn nidj^t bie })riefterli(^e, fonbem bie bifc^öflic^e SBei^e,
tocrmgleid^ nur burc^ einen Sifc^of (nid^t h>ie bie ©tobtbifd^öfe, burc^ minbeftend brei),
cc^idten. ^ bemfelben ^obr^unbert tritt ober auf ben S^noben fdj^on ba^ Seftreben
ffctboi, bie Sanbbifdjföfe in iipren Siebten )u befc^ränlen unb fte bon ben ©tabtbifc^öfen i6
ab^gtg )u nuul^en, indbefonbere toirb i^nen nur bie felbftftänbige @rteilung ber nieberen
SBct^egrobe gefltottet, bie SSoma^me ber ^riefter» unb Siafonatdh)eil^e aber bon ber (Sin«
toiffigung bed 9if(^ofd berjenigen @tabt, )u h>eld^er ij^r Sanbbejirl gehört, abl^ngig ge-
nof^, c. 13 Ancyr. u. c. 10 Antioch. cit., ja bie JtongUien bon Sarbila bon 343
c. 6 unb \>on Saobicea (c. 5 Dist. LXXX) fuc^ten fte fogar ganj )u befeitigen, inbem ao
^ bie Sinfe^ng k>on Sifc^öfen auf bem Sanbe Verboten, unb boS ledere ftatt beffen bie
ShßeDung ttm |erumreifenben äSifttatoren mit nur })riefterlic(;em S^arafter borfd^eb. ^n^
beffen ift i^re Sefeitigung bamali^ nidj^t k>5IIig gelungen, bielmel^ l^aBen fie ftdjf gum £eil
nod^ iebenfaHd bid in bo^ 6. ^[ai^^unbert ^tnetn (c. 42. § 9 C. de episc. et der. 1. 3)
ec^alten, freiließ in ber SEBeife, boft fie bie tirc^Ii^e Seitung einzelner Sanbbiftrifte unter 25
bon @tobtbif(^ofe fü^en unb auc^ mitunter nur bie ^riefter«, mxfyt me^r bie Sifc^ofd»
tod^ er^ieben.
^m Slbenblanbe tommen bie S^orBifd^öfe erft feit bem 8. 3<^rl^unbert bor, teili^ aU
(MfWfm unb Vertreter ber in ber Wiffton^t^ötigleit h>irlenben Sifc^föfe für bie neu erri(^«
tctcn Sidtümer, teiU ald SSertoalter erlebigter 2)iöcefen, ^^aff^, Monument. Mogunt., so
p. 260. 232. 463; Oesta episc. Virdun. c. 13, SS. 4,44. (Sin gujammen^ang biefer
C^mcKfc^fe mit benen ber orientaltfdjfen Jtirc^e ift nidj^t nad^toei^bar, melme^r fdj^eint bad
t ben SRijfionen l^erbortretenbe Sebürfnid nadj^ bifc^dflidj^en (Sel^ilfen gu i^er (Sinfe^ung
px 9aben. SSö^renb bed 9. ^aJ^^unbertd finben fu^ bie S^orbifc^öfe audj^ ali^
fcn neben ben 2)id)efanbif(^öfen m beren Slefibengen, toogu offenbar bie bielfac^e Se» 86
^ 010 ber lederen an ber ^olitil unb an ben @taatögefd^ften bie SSeranlaffuna gegeben
bat 2)ie lirc^Iif^ Sleformgefe^ebung biefer 3^it ffoi gunädj^ft unter (Sinfd^rfung ber
Soifc^riften ber orientolifc^ jtongilien ii^re älb^öngigleit bon ben $aut)tbi{(^öfen betont
(oonc. Paris, b. 829 lib. I. c. 27, "SHanfx 14, 556). ®egen bie 3)litte bed 9. ^afyc»
fmibcrtd trat aber im SBeftfranlenreic^ h)ol^l mit Stüdtfic^t auf bie Übeln Erfahrungen, 40
mdä^ man bort mit ben Sl^orbifdi^öfen gemacht ^tte, — bie ipeltlid[fe ®etoaIt ^e fu^
bccfdben pr Offen^faltung bon Sebidbalanjen bebient unb i^re äSertoaltung l^atte, fo na^
maäiäf m fK^m&, ju erl^BIic^en Seeintröd^tigungen bed Airc^enguted gefü^ — eine
e Ot»t>ofition feitend ber tirdjflidjfen ^ieformpartei gegen bie Sl^orbif^öfe ^erbor, fo
auf bem Jlon;|iI bon 3Reau£ 845 c. 44 unb c. 47, äRanfi 14, 829, ini^befonbere 45
bei »enebiitu« Sebita II, 124. 369 ; III, 260, 394, 402, 423, 424, unb ^Pfeubo»
Sfibot ($inf4Hud, Decret. Pseudo-Isidor. praef. p. GCXVII), toeldj^e i^nen ben bifd^öf-
Kd^ G^arotter ci>\pxtd^m unb fie ganj unb ^ar verbieten. 3lad)itm biefe Snf^KUtungen
aiic^ in ber Kr^Ud^ (Sefebgebung jener Q^ü (conc. Mettens. bon 888, c. 8, üRanft
18, 80) fan!tbniert tamren, ftnb fte in ber erften ^ölfte beS 10. ^a^l^unbertd im äBeft« 60
fiponlenreii^ berf(^lDunben, toä^renb fte in Seutfdj^latto, too ^rabanu^ 3Raurud (über de
ehorepisoopis bei ÜRanft 16, 872) für fte eingetreten h>ar, fic^ in ben füblidj^en au^e*
bc^ntcn 2)idcefen nodf bid )ur Tlxttt bed gebadj^ten ^al^r^unbertd ersten l^aben. 9(u^
in <Shro|brittannien finb fte borgetommen, unb in ^jrlanb erft mit bem 13. ^ja^r^unbert
bcsfc^luunben. 66
Seit bem 10. Sai^^unbert fmb übrigen« au(^ bie Äantoren in ben ©tiftem, unb
bann bor aütm bie älrcpibialonen atö chorepiscopi be^eic^net toorben.
^.«inff^indt.
Snibbcitae f. Sb I @. 783, 89 ff.
238 Sanberer
Sanberer, SKajtmilian Sllbcrtb. (geft. 1878). — ^ortc bcr ^nncrung an
Dr. 3Rqj Gilbert fionberer, Xüb. 1878. Sum SJnbenfcn an Dr. fionbercr \>on Dr. Sogen:
mann, 3b2:6 1878, 3. ^eft. 3un! ?lnbcnfen Dr.fianbcTer«, SEBürtfcmb. Äir^cn» unb Scftulblatt
1878, 9?r. 26—28. 92cfroIog öon Dr. O. ^fleibcrcr in bcr ^rotcftant. Äir^enjeitunji 1878,
6 9{r. 20. (S^arafteriftit in ber m^. eo.Mut^. ^irdjenaeitung 1878, 9h. 23 Don ^. @4inibt.
Sanberer geleert )u ben bebeutenbflen, toenn \>xdit\xfyt audj^ nic^t beloimteften Set^
tretem ber äSermtttlung^tlieoIogie. 2Bte er felbft e^ nxqt liebte; mit ben eigenen 9n>
fc^uunaen unb Überjeugungen ftc^ ^en^orjubrängen, fo mad^te aui) feine 9Str(fam!ett fU(
nidjft fofort offen geltenb, aber fte h>ar um fo nac^j^oltiger, je fti&er fte h>ar. Xuc^ fein
loSeben^ang toax in feltenem 3)la^e ftid unb einfad^: ed tüox i^m nid^t befc^ieben, an tm»
fc^iebenen Orten unb auf berf(^tebenen ©ebieten anzuregen; um fo me^ lonjentrierte a
feine Araft auf ber Tübinger ^od^fd^ule. ®eboren ben 14. Iganuor 1810 )u ^Dlaulbnmn
atö ber @ol^n eine^ an ber bortigen jtlofterfdj^ule t^ätigen Se^rerd, feierte er, nac^bem er
bei bem 93ater in SBalbborf bei Tübingen, too^in berfelbe im ^a^re 1818 ald ^oner
15 übergeftebelt foax, ben Dorbereitenben Unterricht genoffen ^atte, an feinen (Seburtdort jutfid,
um atö 3^0'[i^0 ^^ 3Raulbronner (Seminar^ ben ©^mnafiolunterridift in ben Sauren 1823
bid 1827 in empfangen. SSon bort trat er in bad Tübinger ti^eologifd^ Seminar über.
Sei feinem (Eintritt toar eben ber ^roje^ im ©ange, ber bon ber fu))ranaturaltftif<^
Schule Tübingens }u ber ^egelf^en Tübinger Schule ^inüberfü^rte. 9aur fyiXtt feine
20 afabemifc^e Saufbal^n begonnen, tod^renb ©tcubel noc| an ben ©torr-^Iattfd^en Xrabttionen
fefi^ielt, @(^mib bie t)o^tiben älnregungen ber ©c^leiermadj^erfc^en Geologie jur ®ebung
brad^te, Jlem enblic^ eine bogmatifcp ettoa^ fc^toantenbe Haltung einnal^. ®d (og niil^
in Sanbererd Statur, ftc^ an einen Se^rer mit befonberer ^ingabe anjufd^liegen, geto^ bie
93erfc(;iebenartigfeit biefer t^eologifc^en Seigrer mag gur SSed^tng ber tritifc^en unb biokt
25 tifc^en 93egabung beigetragen ^aben — um fo me^r, ba im Jlreife ber äRitftubierenben bie
3a^l ber ^5^er begabten Jünglinge nic^t gering toar, h>eh^e in fe(bfiftänbiger SBesfe bie
ti^eologifd^en unb noc^ me^r bie })^i(ofoi){^ifd^en 6tubien gu treiben ftd^ bemühten. StnuA
l^atte bie Sefanntfdj^aft mit — unb bie Segeifterung für bie ^egelfc^e @t)duIation in Xu^
na^me gebradj^t, bie Sdi^Ieiermadj^erfc^e Geologie ^tte auf ber anberen @eite i^re Xbe))ien
so geh>onnen. Unter ben S^^d^^^d^^^ ^^^ ^^^ ^- ^^^ 3)lauIbronn l^er übergeftebelt tooren,
befanb fidj^ ^, 91. Corner, fo ba| toir und Don bem regen toiffenfd^ftlic^en 9btdtauf(^,
ber bamald unter bem Solfe bed Xübtnger Stiftet j^errfc^^te, eine nic^t geringe SorfteDung
madigen bürfen. S.d ©etoiffenl^ftigleit Deranla^te i^n gum audbauembften @tubium, er
lautete f\6) ein Urteil abzugeben, el^e er felbft geprüft — gu ben jc(;nell fertigen Sotten
35 ^at er fein Seben lang nt(^t gehört, ^ie 9lntoenbung ber ©tubtenjeit }u l^ingebenba
älrbeit tourbe i^m t)iellei(^t burdj^ ben Umftanb erleichtert, ba| ein fc^on bamold ftd^ ents
toidelnbed ®el[|örleiben i^n für bie Pflege ber ©efeHigleit in toeiteren ftreifen toeniger
qualifizierte, fo fel^r er anbererfeitd burdj^ feine Sefdl^igung )u einer mit SoI) ge)oflx|tcn
Unterhaltung bagu bi^oniert fein mochte.
40 ^ie t^djft feiner treuen ätrbeit erntete Sanberer gunöd^ft in einer fel^ gttten 3bU
bei feiner Ulbgang^rüfung im ^af)xt 1832. 3lun maqU er fo giemlic^ feinen bid^engen
®ang auf t^öl^erer Stufe mieber burdj^ — juerft aU SlmtiSge^ilfe feined Saterd in SEBoIb*
borf, bann ald Slepetent am nieberen Seminar in 3)laulbronn. 1835 fü^e i^ fein
2Beg in bad t^eologifc^e Seminar gurüd, mitten l^inein in bie burc^ bad erße Seben
45 3^fu t)on Strauß l^ert)orgerufene Setoegung. Wxt Strauß, Corner u. a. fa^ er ntm am
S^epetententifc^. !^u Jlontroberfen unb toiffenfc^aftlid^en äludeinanberfe^ungen ti>ar ^ett tntb
(Gelegenheit günfttg. 3Rit Unterbred^ung burc^ eine längere itanbibatenreife naq Btorb*
beutf^lanb, tnebefonbere Serlin, toar S. nun 4 ^al^xc ald Stepetent t^ötig. ^n ben buR^
feinen Seruf il^m bargebotenen ätufgaben — ben bogmatifc^en unb bogmengefc^c^tlic^
60 Sefprec^ungen mit ben Seminor^öglingen, h)ie in feinen ^orlefungen über neuere ptote*
ftantifc^e 'X^eologie mit befonberer Mdtftd^t auf Sc^leiermac^er, in @|^aminatorien über
2)ogmengef4td^te, 35ogmatif unb S^mbolif, ertoied er fic^ alg ein fo grünblic^ itenner
unb bialeftifc^ getoanbter Bearbeiter be« Stoff«, bafe aud^ in einer 3^*/ *« toelc^ bie
tl^eologifd^e ^u^m)) mit etlidf^en fpefulatiben 3<iu6erformeln bie ganje 3:^eologie a priori
66 lonftruieren ju lönnen meinte, feine 9Sorlefungen ben 9lul^m eine« l^ol^en infintltiMt
SBerte« ertoarben.
3im ^Qi}x^ 1839 h)urbe er gum erften 35ia!onug in bem alten ^o^enfimtfenftäbtie«
®öppingen ernannt. 3Wit berfelben ©etoiffent^aftigfeit, mit ber er fein Stubium betrieben
^atte, toar er aud^ im^farramte tl^ätig. aber fein ©e^örleiben unb bie bamit )ufammen*
eo ^ängenben SJtöngel im ^rebigtt)ortrag beeinträchtigten ben Srfolg feiner Arbeit im ^fott»
Sottberer 239
tad, hm t^m fo mand^e anbete @a6e, t^orab feine ®eti>tf|en^aftt9lett unb Sauterleit, an^
»cntfaOd fßüt t>erbür0en mögen. 9tt(^tä)eftoti>ent9er Begreifen \ü\x, bag, aU ber 9tuf in$
itabemtfc^ £e^ramt an i^n lam, er nur ^ögemb unb mit bem ÜBorbeJ^alt eine^ ^üdtrittd
nd gei{Üt(^e Smt fic^gur 9(nna|me entfc^lo^, h)ar bodj^ biefer 9tuf an i^n gelangt, erft
uu^bem anbem)ettige ^erfuc^e ber Sefe^ung mi^glücft h)aren, bie Sofation einer aud- 6
Dortigen 6elebrität {tdj^ jerfdj^Iagen ^atte, unb nid^t, ol^ne ba^ emfte Differenzen innerhalb
)cr ^ohiltöt borangegangen h>aren. @o leierte er benn im ^ai^e 1841 gum brittenmale
lu»^ 2)übingen gurüdt, um nun bie (Stätte für feine Nebenarbeit bi^ jum Sd^Iuffe gu
finben. 3^^^f^ ^^ ^ ^^ Sstraorbinariu^ in bie ^lultöt ein unter gleichzeitiger lieber-
wfyait ber @teQe eine^ ^rül^))rebiger^ an ber Xübinger i^au))tltr(^e. 1842 rüdhe er bann lo
jktt^jeüig mit 3. ^b.Sed in ba^ Drbinariat ein. Sie SBerfud^ung, biefe [entere Stelle
fu I9maffen, trat nur einmal an i^n ^eran, al$ er im ^al^re 1862 eine Serüfung nac^
Söttingen erhielt Ser freunblic^e, mit einer h)ol^foerbienten Serbefferung feine? letne^^
mq^ glongenben (Se^alted t)erbunbene itBunfd^ ber 9{egierung, i^n ber ^eimat erl^aUen )u
^m, erietc^terte i^m bie feiner innerften Steigung entf)>rec^enbe älble^nung. 15
^n bie 3Rttte ^toifc^en 93aur unb Secf gefteUt, ^atte Sauberer ber atabemifd^en l^ugenb
menflber leinen (et(^ten Stanb — lag i^m bo(^ bie $fltd^t ob, ben äu^erlid^ für bie
joptiiot Slic^tung ber Geologie gewonnenen Sel^rftul^l fo^ufagen aui^ innerlich in 9efi|
)ii nehmten unb )u be^ut)ten unb jujeigen, ba^ man auc^ ol^ne ]prin)i))ie(Ie äJertoerfung
MT Stefultate ^iftorifd|fer Aritit, ol^ne SSerfc^mä^ung einer flaren h>iffenfd^aftlic^en 3)let^obe ao
)te ®runblagen Iir(^li(^ (Staubend feft^alten Idnne, h)ie anbererfeitd gu beh)eifen, ba^
lum mit Äonjeffionen an bieilritil — an bie h)iffenf(^aftlidif nid^t ab^utoeif enbe gorberung
)cr SBo^rl^ftigteit nod^ leinedtpegi? bie Autorität ber @^rift beeintrödbtige. ^n jtoei (urg
^inieretnanber gehaltenen, t)on feinen ©c^ülem Suber unb 2Bei| nadp feinem $obe Der-
Sffentlti^ten alabemifd^en Sieben über bie ^et^obe ber Dogmatil unb bad materielle $rinji)) 36
)öfdben fyd er gleidj^ bei feinem @intritt in bad Orbinariat ben \>on üfm caxi) \pätn
[epge^tenen Stanbpunit gelennjeidj^net. ^n erfterer 93e}ie^ung fej^t er fu^ \>ox allem mit
^em ^egelfd^ @tanb))un{t bed abfoluten äBiffend, ber ot^riorifc^en ffonftndtion au^n«
mbcr unb fteSt i^m, ta>ie in ber 9{atum)iffenfc^aft fo auc^ auf ftttlid^-religiöfem ©ebiet
^ (Srfo^ng gegenüber. ®r lä^t bie fpefulatit)e Betrachtung nur ju aU Bearbeitung 30
^et 6m)E)me, unb forbert bor allem für bie ^atfad^en bed ftttlic^^reltgiöfen SetougtfeinS
Sc^. SUet biefed ledere felbft ift i^m nid^t abtrennbar Don ber in ber Sdj^rift ent^al»
loien Offenbarung, bie eben il^rerfeitd h)ieber in gefc^ic^tlidj^er SnttoidCelung fid^ mit bem
inbibibuellen Setoufitfein vermittelt. Sad materielle $rin)i^ aber ber 2)ogmatiI ift bie
ttn^ bed ©öttlicpen unb ÜRenfc^lid^en burc^ bie boQIommene ^Bereinigung ®otted unb 86
M 9Renf<^ in ber $erfon ^efu t>on ^{agaret^, tpoburd^ bie c^riftlid^e 9teligion cd^ bie
ibfolute emriefen toirb. ^um ^e^uf biefed le^teren @rn)eifed, bei bem ftc^ burc^ eine
et|^if(be 2)ialmil bie Unfä^igfeit ber blo^ ))^ilofot)^if(^en Betrachtung gur Befriebigung ber
et^fc^en ^berungen ald Slefultat ergeben foQte, lie^ er feiner 3)ogmatiI, ba er ftdjf auf
eine befriebigenbe ))^ilofo})^fdife ätrbeit nxd)t be^ie^en lonnte, eine Steligionj^l^ilofopl^ie 40
vaä> einen rtltgton^efcdic^tltd^ Überblidt Vorangehen, um fo bie 2i^ee ber Steligion ^u
gdmmicn, an ber fu^ nun bad S^riftentum aU bie abfolute Bertoirflid^ung berfelben er-
HKifen foQte. SBar er auf biefem 9Ö3ege bann jum Begriff ber ))oftttVen Offenbarung
gcCangt, Jo [teilte er ftdj^ jur älufgabe, im einzelnen h)ieber gu erioeifen, tvie bie t)^iIofO'
li^iff^ 93erfu(^ gur Söfung ber bei ber Betrachtung bed religidd^ftttlidS^en Sebend ftc^ er« 46
Mbfnbcn Probleme immer ungureic^enb feien, unb h)ie nur bie in ber @d^rift gegd^ene
Bdfung befrtebige, toeld^e le|tere aber felbft erft tvieber Dermittelft ber l^iftorifc^en @nts
^nUUbmq {t(^ )um Befianbtei! eined h)iffenfci|;aftlic^en @^ftemd l^eraudbilbe. 3)ie @rgebniffe
ber £anberedd(fen (Slaubendle^re toaren im groften ®anjen burc^aud ))ofiJtiD. (Sin ))ans
t^ctßif(^ nicpt angehänfelter ^eidmuiS, ein t)ouer Offenbarungdbegriff, eine unbebingte 50
Incifennung ber @ünbe ci^ lebiglidj^ menfc^lic(;er Sl^at au& menfc^lic^er ^eil^eit ent«
A^cungcn, eine SBunbert^eorie o^ne ^laufen, eine itoat nxd^i d^iliaftifd^ aufge^u^te aber
in ben luii^tigften $unhen bod(f fel^r fonirete S^atologie ftd^em Sauberer einen $la$
jAcnfoIId auf ber Steckten ber Bermittlungdt^eologie. 2)ie einfd^neibenbfte 3lbh)eic^ung \>on
bem firc^Itc^ Sei^rfl^ftem lag in feiner fogenannten ant^rot)0€entrifd^en Jtonftrultion ber 66
S^riftologie. (Sx t)eifc^m^te eine fpelulatit^e Jtonftrultion ber Xrinität, obgleich er t^er»
Ucite, bo^ ed il^m ein Seid^ted h)äre, eine fold^e j^erguftellen, aber im ^ntereffe boQer
Mor^ über feinen @tanb})untt fudj^te er aQed, tpad benfelben berfc^leiem tonnte, )u tm^
Bleiben, ^nbem er bad Sentrum ber ^erfönlidjfleit S^rifti in bie Wenfdbl^eit k)erlegte,
h«^ er für boil religiöfe ^{[ntereffe bie nötige Befriebigung in ber energifcpeu Betonung ao
240 Stmbmr
abfoluier ©ünbloftalett unb ber übematürltd^en ®eburt fotoie in ber möglic^P Eonheten
^ffung ber Offenbarung. Sl^riffat^ ift t^m ©egenftonb unb Xröger ber abfoluten Siebe
®otte^. 93or aQem ober glaubte er burc^ 3i^u>^0 ^^ boSen Jtonjequen) aud ba Xiif-
erfte^ung für ben status exaltationis bem ^ntereffe bed })erfönlt(9en S^ftenlebend an
5 ber $er{on S^rifti bie ou^retc^enbe Serüdfid^tigung )u teil iperben laffen m tonnen. SRon
mag biefe Söfung ungenügenb finben, iebenfml^ fyid auc^ auf biefem 3Ktttel))untt (^ri^
lid^en ©lauben^ Sauberer mit @mft gerungen, ben ))oftti))en ^ntereffen ifii^idfm ®(auBend
gerecht ju toerben.
äBenn toir fagten, er ^abe in ber 3)litte jtoifc^en 9aur unb See! leinen leichten Stonb
10 gel^abt, fo mögen fc^on bie bid^erigen Semerbtngen über bie h>idiftigften materiellen Qx»
gebniffe unb 9[$orau^fe$ungen feiner Dogmatil eine geipiffe Srflorung bieten. 3lodf me^
h)irb bied aber im folgenben, tva^ toxx ^ur genaueren S^arafterifierung ber 3(rt ber San?
bererfd^en 2:^eologie ^ingujufügen ^aben, eri^eden. Qd^on im ^u^erliäften tüor Sanbecer
ber 93ermittler atvifc^en genannten Kollegen : mit bem erfteren teilte er ml(f in ben Sortrog
15 bon ^ogmengefc^iq^te unb (S^mbolit, mit bem le^teren in ben ber 3)DgmattI ui^ neu«
teftamentlic(;en S^egefe, bie er in f))äterer 3^^ ^^ ^^^^ eigenen 93arlefung über neutefias
mentlic(;e X^eologie 2ufammenfa|te. 9lber auc(; in anberer SBeife fc^ien er ber SSennittkr
)h)if(^en ben beiben )u fein, ©alt für Säur bie logifc(;e ßonfequen) alleiS, glaubte er,
bie ftttliAen ^oten^en, bie ja aud^ für il^n unbidhttierbaren äBert ^tten, böQtg oud bem
au 6})iel lajfen )u muffen bei ber tpiffenfc^aftlic^en 3)arftellung, fo blieb für 9ed bad (8t
tpiffen bie le^te unb ^öc(;fte ^nftanj, bie bireft ind ^Ib ^efü^ tourbe, )ur Sntfc^eümng.
Sauberer bagegen ftörte ben Saurfc^en Sogicidmud burdj^ bte ^^orberung ber SerücEfi^ftigung
ber ftttlid^-reltgiöfen (Sm^irie unb bem Sedfc^en "Süppdl an bad SetDijfen l^ielt er bie ^
berung entgegen, ba^ bie religiöfe äBabrl^eit ftd^ aud^ bem 2)en!en ald boDe Sefriebigung
26 au^ipeif en muffe. äHiar ber Saurfd^en Hritit bie @{^rift nur ba^ erfte ©tüd in ber jtird^
unb 2)ogmengef(^id^te, beftimmt, burd^ bie ganje nad^folgenbe (Sefc^ic^te „aufgel^oben" ju
tperben, fo toanbte Sauberer ein, ba| bie (Schrift atö göttliche Dffenbarungdurtunbe über
bie gefc(;tc(;tlic^e Setoegung übergreife unb bie bleibenbe SEBo^r^ettöqueDe fei @e^e bo«
gegen ^ecf t^oraui^, ba^ für alle t^ragen tl^eologifc^er äBiffenf^Kift bie Sc^ft birett Shi^
ao !unft gebe unb ba| man nur ii^ren ^[nl^alt in f^ftematifdj^e gorm )u bringen f^abt, fo
forberte Sauberer bie äSermittltmg bur^ bie gange ^eil^e ber bogmengef(^i(^tltc^ @rf^
nungen. 9iei^te fu^ bei 93ed ^ogma an ^ogma fc(;arf unb umfänglich cuidgearbeitet, o^e
Unterbred^ung burc^ 3^^^^^^^^*^ dritter, fo fonnte bei Sauberer lein bogmattfc^ &(A
au^ef))ro(^en ioerben, o^ne bad eingel[|enbfte 3eugenber^ör, unb ber bogmatifc^ @a( felbft
85 fteOte [xd^ oft nur toieber al^ Problem bar, bad nodj^ toeiter erörtert koerben muffe. ®ing
Saurd Jtritit in großen Stritten über bie bogmatifc^e (Sntmidtelung ^in, um enblic^ }u
geigen, ba| an bem gangen ®ogma nic^ti^ übrig fei al^ ein Slfc^en^äufc^en, aud hm
i^i^ftend ber $^önijc eine^ ))l^ilofo))l^ifc^en ©a^eS ftc^ erl^eben fönne, fo ging bie San«
bererfc^e Jtritil in feiner 3)ialetttf auf aüe eingdnen ^en in bem ®eh>ebe, bad im Saufe
40 ber 2i<i^^^unberte um eine religiöfe Sffia^rl^eit gef})onnen tourbe, ein, um )u geigen, todift
noc^ faltbar feien, ioelc^e nidj^t, um fc(;lie|lidif auf einen Jteim mit fru^tbarem bogmo«
tifc^en „93ilbungdtrieb'' ald legten t)ofttiben (Srtrag ^inguioeifen. — Aein 3Bunber, ba|
bie Siugenb bie flarere, rafc^ere Söfungen liebt, bie ftc^ ber ^^ormeln ^egelfc^er 2)ialdtil
leichter bemäd|;tigen fonnte, al^ be^ feinen 9l))))arateg, mit bem Sauberer arbeitete, bte
45 leichter \xd) bie feften Sflefultate eined biblifc(;en S^ftemd angueignen t)ermo(^te, ote bte oft
felbft })roblematifc9 lautenben bogmatifc^en (Srgebniffe, bie man an ben langen 3^^^
biblifc^er unb bogmengef(^ic(;tltc^er @nth)idtelung gufammen))flüdCen mu^, fu^ junod^ me^
bon ben in gemiffem Sinne entfc(;iebeneren JloQegen Sauberer^ angegogen füllte. Xuq
brachte bie Sanbererfc^e 3Ret^obe eine ätudbet^nung ber Dogmatil mit U(^, bie an bie ®e»
50 bulb ber Si^ffbxtt gro^e 3lnft>rü^e mad^U. 3)agu fam, ba^ and) an] bem Jtat^^er ber
Siortrag fein günftiger toar — ein um fo bebauerlic^erer Umftanb, ald an fic^ bie S^ncacbe
^el unb fc^ön toar. 2^ro^bem gei^örte Sauberer gu ben einflu^eic^ften afabemifd^ 2df*
rem unter ben SBermittlungdt^eologen. 3Bie man, fobalb man il^m nält^er trat, in fetner
äußeren Srfdj^einung, tro$ i^rer relatit)en 3^^^'^/ ^^^ @t)uren l^ö^erer Sebeutung twä/t»
55 na^m, fo lernte ber ^ul^örer bei naiverer $efanntfc(;aft mit ben otabemifd^ Seiffatn^
bed Se^rerd biefelben immer mei^r fc(;ä$en. 3)a| man namentlich in einem SRomtfln)^
feiner bogmatifcJ(;en ^orlefung ein tool^red mare ma^um, um mit SBeffel gu reben, btß
jt^e, ein compendium culeg t^eologifc(; äBiffendtoürbigen, bad tou^ auc^ ber oberfloc^
liqK Stubent, ber getroft nadS^ ^aufe gegogen toöre, l^ätte er badfelbe too^l oudgefö^
eo ol^ne Süden aud^ mit nac^ ^aufe nehmen tonnen, älber mand^er, ber auf ber Unt^erfttat
Sanberer 241
\ipxdl fertig gelDorben tDor, lernte aud^ ben ®etft, ber in biefen ^eften lebte, mit ber
Reit beffer fcpä^en, unb tpenn and) h)ol^l ber^ältnidmä^ig ipenige bie 9lefultate feinet
^eologifd^ 3)entend ftdjf o^ne tpeitereiS aneigneten, fo fanben boc^ aSe ftrebfamen ©c^üIer
htt Zübinger ttniberfUöt ®runb, il^m Dor aQem ben ^anl bafür im (StiSen ober offen
{tt fogen, toenn {te gelernt Ratten, mit tl^eoIogif(^en Problemen gu ringen, ftdj^ Dom im:: 5
)Hmierenben @(^ein toiffenfc^aftlid^er Seiftung nic^t l^innel^men ju laffen. Unb ioa^ bie
crften fhibentifdi^en Generationen bieOei^t erft nad^ i^em Slbgang \>on ber UniDerfttöt
)tt iDürbigen lernten, ba^ berftanben bie f))äteren fc^on me^r bor feinen 9(ugen }u fd!fä|en.
Z)te Jtrifid bed go^red 1848 ^atte junäc^ft bem älnfel^en ber .gegelfdj^en @})em(ation in
Tübingen einen @to| t)erfe(t. 3)ie ftubierenbe ^ugenb tourbe nüq^temer unb gegen fc^neQ 10
fertige ^erung ber Stefultote migtrauifdj^er. ^mz f!e})tifc^e Stimmung, bie im 3^!^^-
tncn^g mit bem äluffc^toung ber 9tatum)iffenfc(;aften feit bem 7. 3)e2ennium unfereS
So^^bertd ber ®eifter ftc^ bemäc(;tigte, lam bem @influ^ Sanberer^ ju gut. ^ie ))02
ftti}) gerichteten unter ben @tubierenben, bie biefer Stimmung ftdj^ bodj^ ni((it ganj ent«
nd^ tonnten, fü^Uen fii^ k>on einem ÜRanne angezogen, ber unter ^eftl^altung ber ^o» 15
fith)en ©runbbtgen dj^rifUi^en ©laubend begüglid^ bed älbfc^luffe^ ber bogmatif^en @ä$e
eine gebü^renbe iTioxti ju bel^ut)ten unb fidp immer aQen Sintoenbungen offen gu erhalten
lelnrte. 3)ie 3eit jh)if(^en ben ^a^ren 1860 unb 1870 — ba« britte Sa^r^e^nt feiner
eigenen olobemifc^en S^gleit — barf tDof)l ald ber ®lanj))unlt feinet äBirfen^ angefeilten
toerben. 3n biefer 3^ toor er audj^ nad^ Saur^ %oh in bie 6teQe eine? erften ^nf^ef« ao
tord bed Seminar^ eingerüdt unb na^m, ba 3e(t ftc^ bon ben gemeinfamen ^afultöt^
gefc^often mel^ unb me^ gurüdtjog, bie leitenbe Stellung ein. 2Baren in ben beiben
Rolbgen Deisler unb $almer, namentlidj^ in bem le^teren, ii^m liebe ^eunbe in bie ^'
btbot eingetreten, fo iourben burc^ beiber ^ob Stellen frei, bie mit i^m Vertrauten S^ü^
fem befe^ tmirben unb fo auc^ in biefer SBeife bie ^tni^t feiner 9lrbeit botumentierten. 35
^n biefer 3eit batte Sauberer^ 9tame auc^ in ben au^em)ürttembergifdifen t^eologifc(;en
Streifen einen befferen JUang belommen unb bie 3<^^l <^^^ ^^ aulertoürttembergifc^en
S(^filer tmu^. Unter benfelben bürfte namentlich ber frü^ entfc(;lafene ^oi^. S)eli$fct^ ju
nennen fein.
f$ragt man freilid^ nac^ ber %tud)t, bie bie Arbeit Sanbererd für bie Geologie über? ao
bcai))t getragen, fo loirb man geftel^en muffen, ba^ biefelbe, auc^ abgefe^en Don bem
Slongd eingreifenber litterarifc^er 3Birlfamteit, burc^ bie älrt feinet ^l[|eologiftereniB felbft
bednträ^tigt toor. Offenbar toar feine Stärfe auc^ feine Sc^ioäc^e. 2)ie tritifc^e unb
bialettifcpe Sirtuofitöt nötigte i^n, immer fic^ felbft getpifferma^en in ben Strm ^u fallen,
toenn man eben einen feften älbfc^lu^ Don i^m ertoartete. @r felbft ^at ein ©efü^l baDon 86
gel^t, ti>enn er 3. 9. bem Unterjeic(;neten gegenüber t& avi^\pxad}, toie er, ba er an ben
Stubien feinet )um Slrjt beftimmten So^ned teilnehme, bie SJlebijtn um il;re t>ofitiDen
Slefultote beneibe. 9Q3a^ bie legten ^rinjtpien betrifft, fagte er, ba bin ic^ meiner Sac^e
gelDi^ unb loiQ rafc^ mit einem 3)u^enb unferer fog. ©ebilbeten aufräumen, aber im em^
}ebien bringen toir ed )u leinen genügenben Slefultaten. Unb ebenfo l[|inberte ii)n bie übers 40
malige ®ekDif{en^ftigleit in ftofflic(;er Seue^ung an einem }ufammenfaffenben ätbfc^lu^.
64 fdbtte i^ bad Selbftoertrauen, eine ^ofttion aud^ einzunehmen, o^ne ba| juDor naq^
oOen 9li(^tunaen l^in bad Xerrain aufgeflärt getoefen toäre. ^arum fe^lt auc^ feinen
tN^tttoen Hufftellungen ber 9{acbbruct, ben fte erft in einem gefc(;loffenen 3ufammen^ang
unb in beutlic^ innerer Sejie^ung aufeinanber empfangen. @r tonnte \\d) nic^t ent» 46
Mlie^, fic^ prei^mgeben. 2)a^ toar getoi^, neben ber @eh)iffen^aftigteit in Sludric^tung
fetned Selj^mted, oem er möglic^ft toenig QÄt entjie^en tooQte, ber ^auptgrunb, toarum
ber (Sntfcblu^ )u litterarifdj^er $robuttion i^m fo fc^mer tourbe. ätld ^JDtitarbeiter an ber
erßen Huflage biefer Snc^llop^ie \al) er ftc^ }u Utterarifc^en jtunbgebungen veranlagt,
bie eine ^o$e SReinung Don feiner tl^eologtfc^en Begabung ertoedCten, namentlich machte 60
ber Xrtitd über SRelonc^t^on bebeutenben (Sinbruct. @benfo ift bie Slbl^anblung über bad
Scr^öltmd Don ®nabe unb ^ei^eit in ätneignung be^ ^eild in ben Don i^m mitbegrün^
beten 3^^^^^^ f^ beutf^e X^eologie eine 3i^be biefer 3^^f(^#' ^ber ed ift be-
icif^enb, b<^ bem bogmengefdi|idS^tlid^en Slrtitel I. tein bogmatifd|;er IL folgte. Sllle feine
3htile{, mit Sbtdna^me jtoeier über ^ermeneutit unb Stanon be^ 31%^ ftnb bogmengefc^td(^t- 66
üi^ ^j[n^d. SRtt feiner 3)ogmaiif an bie Öffentli^Ieit ju treten, toagte er nic^t. ^er
Ollere Jo trefflich )u richten tou^te, tooUte [id) bem ©erid^te anberer ni^t au^fe^en, unb
Mbft bte bogmengefc^id[ftlidi|en älrbeiten, foDiel fte il[|m ätnertennung brachten, fe^t er nid^t
fort 2)aB er tro^ aUed tiefen, et^ifdj^en unb religiöfen ^^ntereffed, tro| l^er^ltc^er XeiU
nalfmt an bem SBo^l unb 3Be^e feiner Jtirc^e boc^ Don bem @mft bed Jkmpfe^, bed eo
IteUCactCIoiiMt fte Z^Iogic mb IHn^ 8. K. XI. X6
242 Sattberer Sattk)if[eger
äußeren toentgften^, bieDetd^t aud^ bed inneren, )u fel^r berfd^ont blieb, begta). ftd^ felbfi ju
\ti)x au^et @d^u^toeite ^ielt, bad mag mit betgetragen fyibm ju bem 3Rangel feiner 2)^
logie, gu bem hängenbleiben im Problem. @^ ift oud^ eine ftttlid^e Slufgabe, ebenfo toie
bor fd^neUem 9U)fc^lie^en ftd^ ju lauten, fo aud^ unter ber tentatio nid^t }u rul^, bid
6 man feften @rutü) l^at unb ^eubigfeit, aud^ bie Jtonfequengen feiner ^ofUion auf ^
gu nel^men.
S9ud^ ba^ 9ilb ber ftttltc^en ^nbibibualität bed üRanned bürfte mel^ bun^ bie %m^
l^eit unb Harmonie ber Stu^fü^rung, ald burc^ l^ert)orragenbe ©tarle unb @nacgie bä>eu?
tenb unb toirtfam getoefen fein. SReben ber Sauterteit unb @eta)iffenl^aftigleit, toie fte oud^
10 in fetner n>iffenfd^aftlid^en 9(rbeit ftd^ toieberf^ieaelte, traten bie ßüge feinen 3<t^#nnd unb
anfjpruc^Iofer äSomel^ml^eit befonber^ bei il^m pert^or. ®ie S^arafterjüge etned ®ele^rt(n
im beften @tnne gierten il^n unb n>ir bürfen ^ingufügen, ed n>aren aud^ bie beften Seiten
bed fc^tDäbifd^en S^araftcr^ in tl^m Vertreten ; ä>m feine @d^Ud^tl^eit, Jener äBibertoiDe gegen
aQeg @emad^te, gegen aQen bloßen (Schein, fotoie bie ßufriebenl^eit im Seinen, bie beinah
16 bt^ gur Sefd^rönft^eit QtS)t, 3lm tool^Iften n>ar il^m im eigenen ^amilienheid, bcn er in
@emetnfd^aft mit ber gtoeiten, il^n fo befonberd gut t)erftel^enben ®attin — bie erfie
toar nac^ einem @^eftanb toeniger äBod^en geftorben — ftd^ fo freunblic^ geftolten fe^
burfte.
9lad^bem er beinal^e 34 ^al^re lang feinet afabemifd^en Sel^ramted ^etoaltet ^atte, )O0
ao ftd^ Sauberer im ^yriU^ja^r 1875 burd^ einen %oSi auf ber ^ref^^e eine SSerle^ung fa,
loeld^e i^n gloang, feine SSorlefungcn au^jufe^en. ^m ©ommer 1877 mufete er fiÄ gnr
Sitte um feine Sntlaffung entfd^lie^en. 9lm @onnabenb bor ^almfonntag ben 13. S^nril
1878 fe$te ein Slutfturj feinem Seben unb Seiben ^)Iö^td^ ein ^id.
®a^ nad^ feinem ^obe ber @eban!e im Greife feiner @d^üler lebenbig fic^ regte, bie
26 angefammelten @d^ä$e Sanbererfc^er @elel^amfeit flüfftg gu mad^en, ttHtr natürlt<^. ^
nd^ft gaben Suber unb SSSei^ l^erau^: 3^^ Dogmatil 3^^^ alabemifd^e Sieben tum
Tl. 9(. Sauberer. 9Ud @rgängung ift beigegeben Sonbererd Seböc^tnidrebe auf ^^erbtnonb
S^riftian S9aur, %üb, 1879. tiefem ©c^riftd^en folgte bie ^erau^abe einer Sudtoa^
t)on ^rebtgten burc^ $. Sang, 1880. 9Ud brttted opus postumum erfAien bie „9teue^
80 ©ogmengepid^te (bon ©emier bi« auf bie ©egenloart), l^erau^egeben bon ^. 3dler, 1881".
^n ben ^^eologifd^en ©tubien aai äBürttemberg, toeld^e bon einem Jtreid jüngerer &^ßUx
bc^ @ntfc^lafenen gegrünbet tourben, ^at ber ^erau^eber ^ermann 3Jtittetlungen oud ber
Sanbererf^en ©ogmatif gegeben. ^. ©i^mlbtt«
Sonbeftfird^en f. bie 2lrt. Äird^e »b X ©. 338,22—339,28 unb Äirc^enregt*
ssment S3b X ©. 467,40—476,23.
gonbo, ?PaJ)ft, 913—914. — 3aff^ I S. 148.
^er ^ontifilat Sanbo^ fällt in bie 3^^^ i^ toeld^er ber römifd^e 9lbel über 9lom
unb bad $a))fttum Verfügte, ^emgemä^ ift über feine Slmt^fü^rung nid^td überliefert,
al« bafe fte 6 3Jlonate unb 11 Jage bauerte, bom Sluguft 913 bi« HRärj 914.
40 ^uuä.
Sanb)ifleger, Sanbbogt. — fiitteratur: Sunt gangen 9(rt. bie «rtt. Sanbpfleger
unb $ro!uratoren in ^inerd ^. 9t. ^. II, 1848; Sanbpfleger unb ^ermaltung röm. oon
Ärenfel in 6d)cnfelg ©ibellej. SSb 4 u. 5, 1872. 1875; iRömer, SRöm. IRcic^ üon ^ol^mamt
ebenb. 5, 1875; Sanbpfleger u. 5Römcr üon 6(^ürcr in [Ricömd ^anbio. b. SB. Ä. II, 1884.—
46 3ii 1- ^ic altt. ^ebr. ©örterbüd^cr. — S^ 2. Sibranba, De statu Judaeae prov. sab pro-
curatoribus, Fran. 1698; ^KaScoüiuS, De procuratore Caesaris, ^Itorf 1724; ®eib, Offcft.
bcS röm. Ärlminalprog. 1842; ^occf, 3flöm. ®c{c^. I, 2 1843, 180 ff, 254 ff.; «ein, Ärtt.
$rofonful unb $rofurator Söfarid in $quI^S 9tealeiic. VI, 1852; ®erM, ^. röm. Statt*
balter in 6^nen unb 3uböa 1865, 44 ff.; ilubn, 3). ftöbt. u. bürgerl. «erf, b. röm. »ei(W
50 II, 1865, 161 ff., 363 ff.; ®erM in 313:^ 1869, 30ff.; ^irfcfifclb, Unterf. a. b. »ebiet b.
9^0 m. ^ermaltungdgefd). I, 1877 ; ^ntolb, The Rom. syst. of. provinc. adminiatnUiOD,
1879; ^ary, Essai sur les pouvoirs du gouverneur de proviuce, $artd 1880; ^arqua^t,
mm. ©taatöuertnaltung I, 1881 ; ^crfel, «Ib^onblungcn a. b. ®cb. b. röm. SlecftlS I, 1881
(©cgnabigung^rcc^t). 2, 1883 (^IppcUation) ; ^crjog, ®cicl&. u. @qft. b. röm. Staat«t)erf. I.
66 1884, II, 1887; SJcommjcn, 9töm. ©taatSrccftt II, 1. 2», 1887; fitcbcnom, 8rorf(!öungen |.
ScmjQltungSgcfc^. I (Scgaten in b. ri)m. Ißroüinjcn), 1888; bcrf., ©eiträge %. Sermaltung^
5cfc^. b. röm. ÄQiferrei(t)S I (Saufba^n ber ^roturatorcn), 1888; teüner, S). röm. 6latt»
alter t). Serien u. gubäa u. b. faiferl. $rofuratoren t). gubäa, gtS:^ 1888, 630 ff.; berf.»
«olil. u. abtniniftr, 3ii(lSiibf u. ^offift, j. 3eil eijrifli, bct ftnlbolif 18S8 I, 47ff.; .öirfifi.
ftlb, X. ritlHl. «roDiniialfloltijoli«. SS« 1889, 417f!.; Sfftüwr, »cj*. h. 3üS. «Dllne P,
1390. 3T8ff.; Wonitn|en, SIliTifi lH8 TÜm. StaaldreAttS 1S93 (in IBlnbingg ftanbb. I, 3);
btrl-, fflBm. (»(iiti. V, 1894; bctf.. iRöm, Strn[rcd|l 1899 (in »inbingB ^anbb. I, 4);
fiiebcnant, eiKbteueraaltung btS töm. SaiSen.. 19Ü0: äßominfen, $ie Sfe^tSuetliailiiiffe bcS i
«tpoftel ^Qulug 3tilS II, 2 1901, 81 ff.
1. 3"! 211 trauifit Sut^et baö boitft^e „Snnbpflcgn" faft nur für baö (jebräiff^e
X«^ (^^), tocti üBcrfe^t er lef tereö bamit ni^t übaaQ, (onbem allein in ben Süt^em
e« (5,3; 6,6.13; 8, 36), Diclj (2, 7. 9; 3, 7; 5, 14. 18; 12, 26)unbeft (3, 12; 8,9;
9, 3) in ^ejug auf »eiftfi^c Seamte unb einmal im 99u^e Sa (3, 2) bon babtibnilc^en lo
£anb})flegeni. Sogegen an anberm SteKen beä SSudieä 3)aniel unb in allen Ubiii;m
oltteft. Süt^em giebt er baäjelbe ^et^a^ in anberer 3Seife tvieber, am ^ufigften mit g^rft
(3er 51, 2:j. 28; 6^23,6. 23; J&ag 1, 1. 14; 2,3.22; 3Ra 1,8), aber au* mit §ert
(2flg 16,24; ^et 5,67; 1 ßg 20,24; 2(51;r9, 14), Hauptmann (3ef36, 9; S)a 6, 7),
©etDoÜigei (1 fig 10, 15) unb Sogt (3>a 3,27). ^mmer btjeidjnet ber %M «ße(i>ab, i6
bet nicbt (lerfiidien (©efen., QtoaÜ! u. a.), fonbem rein femitiji^en Urfprungö ift, niimtic^
ouf baö öü^tildje pibätu eigentlich b6l pihftti (§err be* Sejirfö) jurütfgc&t (Sdjraber,
fieilinjc^r. u. Sti 186 f.; 3)eli5fct, hebr. iHoguage 12 f.), ben DomSouberän abhängigen,
unter Umflanbcn aut^ mit bem miütorijt^en Dberlommanbo auSgeftattetm Sinili^ef eine^
£anbeeteilcä, unb cd ^nbet [id; |o Don iäraelilifc^en (1 Ag 10, 15; 2Qi}x9, U), (Vrifi^enaa
(1%20, 24), ajl^lt^en (2 Äg 18,24; Sof 36, 9, wo eä geflridfen Wirb Don ©tabc
Rom 6, 182), tj&otbäifdjen {3er51, 23. 28. 57; 6^23,6. 23) unb petfifdfen (eör8,36;
gie^, 7. 9 ; 3, 7 ; 5,14.18; 12,26; gft 8, 9; 9,3) ©tatt&altem gebraucht. Con
))erflfd)en Oberbeamlen erhält im 31^ bielen Xitel foWo^l ber Cberbefe^IeEiaber bed gongten
@ebieteä, loelt^eö Bon 5|Jafifn auS betrat^tet jen(eitö be* ßupiirat lag {p~~- ~~^, rins as
dar 5. 3 ; 6, 6. 13 ; 8, 3ti ; !He& 2, 7. 9 ; 3, 7), alä and) jeber ber bon biefem offenbar
abhängigen Statthalter ber einzelnen ^robinjen, bie ju jenem ®ebiete gehörten (®ör 8, 315 ;
^0} 2, 7. 9), inäbefonberc «lio aud; ber pertiic^e Unlerflall^lterton ^uba pj^'rr rn? ggr
5, 14; $ag 1,1. 14; 2,2. 21; Wla 1,8; 9Ie^ 5,14; 12, 2ö). 3)« lejtere War moiil
immer (elbft ein 3ube, wie bieö toeiiiflftenei uon ben beibm unä bclannlen Itiigem biefe« ao
Smteä Serubabel unb ^{e^emia ({. b. 31.) geloig ift. 3Iuger bem !XitcI $ed)a^ ballen
biefe perfift^ien i^anbpfleger Don Quba no^ ben jKrfiji^cn Slmtönamen ÜirMala (!*na~J?
6^2,63; Siie[)7, 65. 70; 8,9; 10,2; 12, 2G). ^Ejc Öefiatt bejogen biefclben gemife jum
größten leil auü löniglit^er Äaffe, fie [jaUen aber au^, nbgejetjen bon gclegenlticben öbten^
gefcbenten (^a I, 8), Mnlpruc^ auf 40 ©etel (c. 100 beutle 9Ieicf)emarI) tägli*e 2;a|el= at.
gelber au« bet ©emeinbeiafje Oie^ 5, 15). SJocl) rü^mt ficti ^iefiemia (a. a.D.), auf bie
[enteren, bie fonft mit §ärte eingebogen luorben toaren, ttetiii^tet, foWie au(^ anbere Se;
brüdungen unb Grprefiungen, Welkte bie Änappen jeina Itoigänget bem Solte gegenüber
(i4 ertaubt ftatten, befeitigt ju ^aben. I)en ^ec^ia^ übeigeotbnet erfi^einen nac^ ®ät
B, 36; 33a 3, 2; 6,2; Sft 3, 12 bie Satrapen, o^ne bofe bo« gegcnfeitige aiei^älmiä lo
Itoifc^ i^nen böflig flar loäte (»gl. fleil ju ^a 6, 2), untergeorbnet bagegen bie ä5ci=
Walter (="?? £uii)tt: Dberfte ober Herten), bie freiließ im Su(^e 33nniel (3,2.27; 6,7)
m ber Slufreiljung ber SBeamten borangc^en, (onft aber immer (3eu 51,23. 28. 57; ©j
23, 6. 12. 23) auf fie folgen. — 3lufeci: bem ^itel '':^e<^& ift »on Sut^er not^ bo« au«
bem ^erfift^en (fratama) ftammenbe äSort Hartmim ('^''?r'~?}, baö allgemein: (SSrofee, *6
9Jomelrme bebeulet, einmal (fft 1, 3 unrichtig mit Sanbpfleger überje^t, loä^enb ei baö=
[dbe £o 1, 3 beffcr mit ^enentinber tuiebcrgiebt, @ft 6, 9 aber ganj unitberfe^t lä^t. —
^anbbbgte tcerben bon It^ut^er im 31^ bie SetirEä: ober @tablDorfte^er im !!)(eit^e
3«rad (nirran ^i:; i Hg 20, Uff.) unb einmal {%a 6, Iff.) aud} bie anberloärtö als
gürflen begeiebneten Sotropen beiS perftfi^en fRtidß genannt do
2. ^m 9iX berfä^rt £ut^er im ®tbxaud}t bei SKiöttcr Sanbpftegcr unb Sanbbegt
fonfequenter. 3))it fianbpfleger übeifeft er bie gtiedjifttien 9lmt*bejei($nungeii Hegemon,
Jpegemoneuon, tuelt^e jur äÜiebetgabe beö lateinift^en, ur|prüngli(() looljl Bon ber GibiU
junäbiftion hergenommenen (^tommfen, SH.St.iH. II, 1, 267), allen Slrten Bon römifttjcn
etaüMtwn gemeinfamen (Suet. Oct. 28, Tib. 41 , Claud. 17 , Digest. 1, 18, 1, bb
Borghesi, oeuvrea V, 405) litelö Praeses berlnenbet Werben (Bgl. Strabo 12, 6, Ö ;
14, 3,ß; 17,3,24 unb oft auf ^nfcfirif ten f. Siebenam gorft^. 405); unb jKar t^mt bieä
Sut^ix immer bann, tBenn fu^ jene gtiec^ift^cn 3lmtäbejeid)nungen auf einen taiferli^en
2egaten ©^tienä (Sc 2,2) ober einen *lirofuratur bon ^uböa (3R[27,2. 11. 14. 16.
21. 23. 27; 28,14; Sc 3, 1 ; 20,20; 21® 23,24. 26. 33. 34; 24,1. 10; 26, 30) so
IG'
244 £attb)i{leger
be^te^en, toäl^renb er \>a, n>o mit tl^nen römtfd^e @tattl^altei: im allgemeinen bejeic^nä
fmb, bie« mit ,,gürften" (9Kt 10, 18 : üBc 13, 9) ober ,,^am)tleute" (1 ^:ßt 2, 14) toiebet»
aiebt. 3)agegen Sonbbogt fe^t Sutl^er für 3inilfi)paio^, ben feften gried^ifc^en Sludbtud
für ben römifd^en litcl ^rolonful.
6 3)ie amtliche Stellung unb Sefugnt^, toeld^e biefen brei ftlaffen bon römifdl^n Statt«
l^altem, ^rolonfuln, Segoten unb ^rofuratoren, gur 3^ ^^ neuteftamentlid^en ®efd^i(^
ialam, berul^t auf ben Sinrid^tungen, n>e(c^e Sluguftud für bie SSertoaltung ber rdmifd[^
^robinjen getroffen l^atte, inbem er ftd^ babei an bie frühere re)>ublilanif(^e Drbmmg
einigermaßen anfd^Ioß.
10 ^ad} ber le^teren n>aren bie fämtlid^en $rot)in^ bed römifd^en 9leid^ in lonfu«
larifd^e unb ^rötörifc^e eingeteilt unb, \z nad^bem fte einer militärtfc^ ©ic^enmg ober
nur einer frieblic^en ^ertpoltung beburf ten, ^Jlännem ))rotonfuIarifd^en S^anged mit bem Obei^
befel^l über eineßlrmee ober $ro))rätoren ol^ne einen fold^en, immer aber mit fibertragung fofi
fouberäner ©etoalt, jurSeitung anvertraut toorben. 92ad^bem nun 3(uguffatd bur^ ben Sirä
16 bei älctium 31t). S^r. $en be^ 9leid^e^ getoorben toar, tourbe i^m bom @enat {unoc^
auf unbeftimmte ^at mit bem 2:itel eined l^m^eratord \>a& militörifc^e Obertommanbo
über bie ganje ©treitmad^t bed 9teid^ed unb fomit tl^atfäc^Iid^ aud^ eine 9rt bon Ober«
ftattl^alterft)ürbe übertragen, ^urd^ bie ftomöbie einer fd^einbaren älbbonlung fü^ er
balb barauf (13. ^an. 27 b. 6^r) eine feftere Siegelung feiner SKad^tbefugniffc gerbet
20 ©eine militörifc^e Dberl^o^eit ließ er burd^ Senate« unb äSolfdbefd^luß auebrüftid^ be«
ftätigen, unb fein ^erl^ältnid ju ben ^robin^en orbnete er in einer 38eife, bei toelc^er er
unter bem ©c^eine größter Sefd^eibenl^eit t^atfäd^lic^ nur SSorteile errang. üBäl^rimb er
bem ©enat aQe rul^igen ^robinjen, befonberd bie Italien gunäd^ft gelegenen, old leic^
}u be]^au})tenben Sefi^ jurüdjugebcn ertlärte, tooQte er nur biejenigen ^robtnjen fetner
26 eigenen Sluffid^t vorbehalten, toelc^e burd^ äußere älngriffe unb innere Unru^ gefäl^rbet
toären unb eine Slrmee ju i^rer ©id^erung erf orberten, alf o namentli^^ bie ®ren})}ro)nn)en.
^nbem er auf biefe SBetfe einen Xeil ber ^robinjen, bie !aiferltd^en, }u benen audf oOe
neu ju ertoerbenben gefrören foDten, böDig unb bauemb unter feine alleinige ^errfc^
brachte, entließ er bo^ aud^ bie übrigen fenatorifd^en ^robinjen gan) unb gor nic^t oud
80 aller Slb^ängigfeit. ^enn jebe in benfelben entftel^enbe Unrul^e berechtigte ben Jlaifer,
fofort ein feinem Oberbefehl untergebene^ $eer einmarfd^ieren ju laffen, ia unter Um«
ftänben na^m berfelbe eine ober bie anbere ber fenatorifd^en ^robinjen jeittoeife gan) in
eigene aSertoaltung (bgl. Dio 53, 14; 54,30; 55,28; Tacit. 1, 76); unb immer lonnte a
au6) in if^nen feine @eneralftatt^alterfd^aft jur @eltung bringen, toä^enb ber @influß beS
86 ©enatiS auf bie 3[}erloaltung biefer ^robinjen tl^atfäd^lid^ ganj gering getoefen „ift. S)iefe
auf bie ^robin^en bezüglichen ä^er^ältniffe tourben faum toefentlid^ burd^ bie ^nberungen
berührt, loelc^e 2luguftu^ nad^ feiner ©enefung bon einer fd^toeren ©rlranlung im ^(Sftt
23 b. 6l^r. mit feiner ^jolitifd^en ©teÜung burd^ ben ©enat bomel^men ließ. ®enn bie
})rotonfularifc^e ©etralt über aQe ^robin^en ift bamald tro^I nid^t erft ibm übertragen
40 (3Rarquarbt), fonbem al^ eine bereite in ein faiferlid^e^ ?jmj)erium eingefd^wffene ©etoolt
lebiglid^ befinitib feftgeftellt toorben (bgl. ^er^og). 3*^"Tflß* <^i^ tlieb bc!^ auc^ je^t
bie ©tcllung ber ©tattl^alter in beiben 3lrten bon ^ßrobin^en eine be^iebene.
a. ^ür bie S3eftimmung ber ©tattl^alter in ben fenatorifc^en ^robinjen, )u benen
ftet^ Saetica, Sizilien, 2lfrifa, Äreta unb Sirene, Slften, einige anbere bagegen nur jeit»
46 tpetfe gel^ört l^aben, n^urben möglic^ft bie re})ublifanifc^en formen beibehalten, namentlich
alfo bie SBaf^l burc^ \>ai io^, bie in ber Siegel nur einjäl^rige ®auer bed Slmted unb
bie Unterfc^eibung bon })rofonfularifc^cn unb ))rätorifc^en $robinjen. 35ie Sefümmung
burc^ ba^ 2o^ erfolgte nä^er in ber SBeife, baß, infoh^eit nic^t ber Raifer il^m nic^t g^
nel?me ^erfonen bon ber Äanbibatenlifte ftrid^, bie an Slnciennitöt unb an tonfulartf^on
60 unb prätorifc^em Slange gleich ftel^enben SSetoerber unter fid^ loften. 3" betreff ber ©in»
teilung ber ^robin^en ober trat an ©teile be^ bi^l^erigen jö^rlid^en ^ec^fetö bon lonfu*
larifc^en unb ^jrätorifd^en ^robin^en bie fefte Seftimmung, baß älften unb Slfrüa bon
getoefenen Äonfuln, alle übrigen fenatorifc^en ^robinjen aber bon getoefenen $rätoren
berh)altet Serben foHten. Unb nur bie ^txd^m ber SBürbe blieben für biefe beiben JUoffen
66 bon ©tattl^altcm berfc^ieben, inbem fie in ben fonfularifc^en ?Probinjen jtoölf, in ben
))rätorifc^en nur fed^^ ga^ce^ mit je einem Sittor l^atten, bie 3}erfc^iebenl^eit be« 23teB
bagegen tourbe befeitigt: je^t l^ießen bie ©tatt^alter fämtlid^er fenatorifd^er ^robinjen,
mocl^ten fie fonfularifc^en ober })rätorifc^en Slang ^aben, o^ne äu^nal^me ^ßrolonfuln. 6o
toerben benn auc^ im 3i% biefer SSeftimmung ganj entf))rec^enb ebenfotoo^l bie Statt»
60 ^alter ber ^robin^en ßi^pem unb Slc^ia, bie bamold }u ben fenatorifd^n gel^drten, SecgiuS
Santufltgn 245
UnuEuä (S® 13, 7. 8. 12) unli ®atliou, bcr Snibcr bf« ?lfiilo(o»![)en Smecd (S®
18, 12) aU ^rotonluln (griei^. ^vi9i'«uroi) bejeit^nel. Suc^ barin ftanben jc^t bcibe Mrten
oon Stalt^altCTn cinanbcr gttiifi, baft f", a>K^eii Bon bem ^Jrotonjul öon ajrüa, bre
im Sefiinn bei ÄQtlerjeit übet eine Megion ju lommanbiatn IfatU, ionft immer ganj c^nc
Ibatfäctlicfie milttäri|c&c ®eH)all luftten, Bielmeijr nur eine ganj Heine Slbleilung bon ©dI= 5
baten jui Slufret^tfialtuiig bcr Drbnung in ber *|3roDinj itinen jur SBcrfügung ftanb. ^r
bic ßibilBcdralhing Ratten bie ^Jrotonfuln ton 3tfri(a unb 9I|tcn je brti t'egatcn, bic
übrigen je einen neben ft{^ ali iintevgcotbnete ^^lobtnjialbeamte, ju bcnen natürlich no(^
eine größere ^aifl Bon aUerlci Unterbeamten (am.
b. ^ie Statthalter in ben organifterten unb felbftftanbigen laifcrltt^en ^roBinien, ju 10
benen immer 3)rittannien, ©ullicn, Sv""'^/ Ober^ unb Unlergermanien, ^iannonicn, iGacien,
OTöfim, gidcten, ©^rim, 9tumibicn, Ülrabien unb a(f|l?rien ge&ijrten, würben bagcgen Bom
Jtaifer feEbft emonnt unb umar nicbt auf ein ^a(}x, jonbetn auf unbeftimmte ,'Jeit, (0 bafe
bei flai(ec fic, wann er roodte, abberufen tonnte. tOieiften« geji^a^ bieö crft na$ mcljr=
ifl^ger, buriiffbnittli^ Wot/l naä} brei= bi* fünfjähriger (bgl Dio 52, 13) SlmtSbaucr; 15
i!Od} (((injanfte bie ^rapö in biefer Sejie^ung feljt, je na<^ bet Steigung ber Äaifer unb
ber Ilü^tigfeit ber Beamten. St^nlic^i Wie bie ^lirolontuln ber fenatorift^en ^proBinjen
Würben fte au# ber Steige ber gewefenen fipnfuln unb ^ßvötoren gewählt, ^n iljrem SImto
obcv bauen fie famtlitfi nur prolorifcten 9tang, ba()er fam ifjnen aurfj eine geringere ^aifl
von ^iQt^ )u als ben ^lofonfuln ber fenatimfc^cn ^roBinjen, nämtic^ nur fünf, Unb »
fie b'efeen and} ni(^t ^rolonjuln {3Biner, 9ieairo.), fonbem aU bIo|c 2Ranbatarc bc*
flatfer^: Segaten ober Bofl(tänbiger Legati Caesaris. ^ebot^ Wutben unter i^nen bie=
jmigen, wdi>t flonfuln geWefen waren ober au* Bom Raifa v^rfönl''^"! lonjutarifiiicn
^Inng nbalten Ratten unb barum bic SHnrebe vir consularis beanfprut^en fcnnten legati
consulares ober einfot^er conBuIares (vTiaTMoi), bieienigen, Welcfec nur bie^iätur bc= as
Reibet batten legati praetorii genannt. (9iur ouä ^iat^iläffigleit Werben aud) tcnfularift^e
laiferlicbe Segaten ni(^t in ^nfi^tiftcn ino^I aber gulneilen bei S(i&riftftcl!cm alä ^loprätoren
ober ^iratorcn bejeii^net,) Unb bic crftcren lourben geicöbnl't^ mit bem JtommanbD über
niebrere iSegioncn in bic wit^tigeren ^CoB'")*"! ^'* Ie|(eren mit ^u'^iling «inft Segion
in minber bebeutenbe gctdntft. 33cibe fflanen Bon 2egatcn fjattcn aber im SGcr^ättniä jii ben so
^rolcnfuln ber fenatorifcben *]JroBinjen Iroö iljreä geringeren amtlit^en fflangeö erfjcblit^
grijgere Inirftii^e SHac^lbefugniä, infofem iEmen ba€ boQe mUitäri[(^c ^mt^erium übertragen
War (Dio ö3, 13, 15). 'Jieben i^nen ftanben alä mililärift^e Segaten (legati legionum)
bie Äommanbeure einer Segion, für bie ßiöilberWaltung aber nirfit Segaten, fonbem Se^
gleiler (eomifes, asseEsores, consiliarü), bie Bom ©tati^alter gewählt unb in beva«
ftaiforjeit fcft befolbet Würben (Dig. 1,22,4) unb füi bie finanjieUen Sngelegenbeiten ein
^toBinjialpiofurator {proc. provinciae) famt mcbreten untergeoibneten ißtohiratoren
für etnjelne 3™^gf biefcä SImtÄgebictcö. SJic wit^tigftcn öon allen faiferlii^en ^roBinjen
War«i im Höeften be^ Sleidie« bie gaüifiien (Sibenam, S9eitr. 18) unb im Cften ©itnen
(Tacit. Agric.40: majoribus reservatam ; JuJ. Cap. Pertin. Seirtr.; 3)iommfcn,«)
3(öm. ®ef4 5, 447 ff.), baS barum (jcbenfaßö feit bem 3af>re 13 B.C&r.) ftebenb Bon
fonfularifdben Ücgaten »eiwaltet Würbe. 35on tiefen Segaten ©ijrtenä (über Wett^e Dgl.
i^unopt, Comment. epigr. II, 73ff.; Siommfen, Res gestae A. liaff.) Wirb im Vi%
Quiriniug (G^rcniuä Sc 2, 2) genannt.
c. 3Jon bieten beiben Mrten cigcnlHt^er *ßi^fBinjiiaIftattbaItet [inb bcftimmt ju unter^ «
ff^eiben bie römifi^cn Stallballer in foti^cn Rlienielftaaten, Welt^ic in ben JRcdjtS^ unb
SScrwaltungäorganiömuä be« römifcben SRcic^eö auS üetfc^ieBenen ©riinben Borlfitifig nod^
ni(^t Dolfftänbig aufgenommen Werben tonnten, alfo ni(^l eigentlii^ als ri^mifi^e !probin>en,
fonbem mehr ali anneftitrte ©taaten unb taiferlii^e Romanen betrat^tel Werben, ^ic
Statl^Itet in biefen Sänbem ftnb ba^er nicbt foWo^I Staatsbeamte ali bietme^r 9Ib- so
mintflratoren beä laifetlic^en §üuteä. Unb beSlttegen Werben fie toie bie laiferlit^en $i>(=
beamten nit^H auä ber ^ai)l ber Senatoren, fonbem auä bem Jflitterftanbe, auänal?mö=
Weife fogar auö gteigelaffenen, Bom Äaifer geWäblt unb erbielten untergeorbnete iitel.
3" Agilen (Tacit. bist. 1,11), bem flottift^en ICiftrilt unb einigen tleinercn ©«bieten
(Siebenam, Seitr. 17) \;aüm fte ben auä mititärifcfien 3Jer^äItniffen entnommenen litel sb
Praefecti (§irfi^fclb, Sigungäbcrit^tc 425 ff.), in ben meiften ^icrliergefiörigen ©ebieten
ober lote in SRouretanten, dt^ätien, 2.?inbi(ecien, 9toricum, i^racien, florfita unb ^ubäa
nmrb« ifmen (febcnfalte feit (Slaubiuä) ber Smtäname ^ßroluratoren (griec^ift^ /tiI-
TQOJTo; Jos. b. j. 2, i), FTiagx'x: Jos. ant. 18, 2; 19, !* fj/te/uitv im ^fuen
leftament unb Jos. ant. 18,3 ober bitfieXeri^g Jos. ant. 16, 4) gegeben, ber ut:äo
246 Sattk^eger
f))rünglicl^ in bev 9{e))ubli! ben bet)oIImäcl^tigten ©efd^äftd^er einer ^ribat)Krfon, boim
im Jtaifeneid^ f)>ejietl einen iBertoaltet bev laiferlid^en ^riDatgüter begeid^nete unb übo»
l}aupt fonft finangieHer 9lrt toar. ^um Unterfc^iebe t)on fold^en l^öl^en laifedid^
^nanjbeamten n>urbe ber $robin)ial))rofuratot mit bem t)oDftänbigen Xitel Procurator
6 et Praeses be^eid^net ober e^ tourbe il^nen einfad^ bie für aQe Jtlaffen bon tömtfc^
@tattl^altem giltige Sejeid^nung Praeses in f})e3ieQerer Sebeutung gegeben (93i>ra^
Oeuvres unb baju 3J{ommfen ^nm. 5), in tDetd^er benn aud^ tool^l bad entfl^recpenbe
gried^ifd^e Hegemon an ben bielen ©teDen bed 3i%^, an benen ed bon ben ^robiratoten
^ubäa^ gebraucht n>irb, ju faffen: tft. ®er %xid aber Procurator cum jure gladii
10 bebeutet n>ol^l eine @rn>eiterung einer getudl^nlid^en Ronipzimi (bgl. Siebenam, Settr. 18),
tDäf^renb procurator vice praesidis ober procurator pro legato ftd^ tiHi^d^einKd^
auf einen folc^en oberften ^inanjbeamten in einer eigentli^en taiferlid^en $rot>inj| bejie^
n>eld^em bie @tetlbertretung be^ Segaten übertragen tft. 2Bie bie $rot)tn}iaItm>Iuratorat
gleid^ ben Segaten ber eigentlid^en taiferlic^en ^rot^ingen bom Jtaifer auf unbeftimmte 3^
16 getDäl^It tourben, fo toar aud^ ii^re amtliche SteDung tro| bed berfd^iebenen Stange^ im
n>efentlidben bie gleid^e (Joseph, ant, 18, 1, 1), in Sinjell^en ober toid^ fte ob unb
\oax auc9 in ben berfd^iebenen Jllientelgebieten berfd^ieben.
2Sad indbefonbere bie ^roturatoren bon 2iubäa betrifft, über todd^ toir im
übrigen berl^ältni^mä^ig gut unterrid^et ftnb, fo ift nur il^r SSerböItnid gu ben Segaten
20 bon @^rien nid^t boQIommen ftd^er gu beftimmen. @ine Oberl^opeit @)^end über ^
läftina n>ar ja bereite burd^ bie ©eleudben begrünbet, bon ben ^Oj^monäem mir fifar
lurge 3^t abgen>e](|rt, bon ben Slömem aber in anberer $orm n>i(berl^ergefte&t toorben,
al$ fte bon @v^en aud in ^aläftina erobemb einbrangen. 92ad^bem $om))eiud im ^afyct
64 bor Qfy:. ba$ eigentlid^e @^rien gur romifd^en ^robing gemocht l^tte, untertDorf a
26 ^aläftina in feinem gangen Umfange befinitib ber rdmifd^en Dber^o^eit, inbem er einen
^eil babon, befonber^ ba^@ebiet ber gräcifterten ©tobte, unmittelbar ber fl^cBen $robin)
einberleibte unb bad übrige @ebiet, in bem ^^rtan II. ald QÜ^naxi) unb Ober^me^
eine getoiffe ©elbftftänbigteit bel^ielt, boc^ ber Sfuffui^t bed ©tattl^alterd bon ©i^rien unter»
ftettte (bgl. b. % ^erobe« S3b VII ©. 760). ©« fragt fid^ aber, ob unb intoietoeit bieje
80 lange ^zxt toöl^renbe Unterorbnung $aläftinad unter ©^rien aud^ bamald nod^ nod^tDirlte,
ald ba$ @ebiet bed Slrd^elau^ i. ^. 6 n. Sl^r. ber unmittelbaren römifd^en ^errfc^ unb
ber SJertoaltung bon ^JJroturatoren untertporfen tourbe. ©obicl ift freilid^ fidler: „fotoo^I bad
jus gladii biefer ^roturatoren toie il^r ganjed Sluftreten betoeifen, ba^ fie nic^t ju benen
gel^drten, bie unter einem laiferlic^en Segaten ftel^enb nur finanzielle @ef(^fte beforgten''
86 (SDiommfen, SRöm. ®efd^. V, 509 21.). S""^^^'^ Swböaö afö einer befonberen Sßrobinj
(Jos. b. j. 2, 8, 1 ; Tac. ann. 2, 42. hist. 5, 9) erfd^einen f^e ald bie bddUien
^robingialbeamten für alle @ebiete ber SSertpaltung. Slnbererfeitd aber ift ein ouffouenb
l^äufige^ Eingreifen bed Segaten bon Bt^xxm in bie äSerl^ltntffe bon ^vibäa unb in bie
Slmt^bertvoltung be^ bortigen ^roluratord ge(d^id^tlid^ bezeugt. SDerle^tere 1^ unter Um^
10 ftönben ben Sefe^len be^ Segaten gu ge^ord^en (Jos. ant. 18, 6), toirb bon i^ )ur
SSerantn^ortung gebogen unb abgefegt (Jos. ant. 18, 6, 2 ; Bell. jud. 2, 14, 3 ; Tadt
ann. 12, 54). Unb in militärifd^er Sejie^ung ift er, ba er felbft nur über b)entge Ros
Porten berfügt, bon jenem boQftänbtg abhängig: e^ tommt fogar bor, ba^ ber Segat noc^
93efinben, o^ne bom ^rofurator baut aufgeforbert ober bom Jtaifer bamit befonberd be*
45 auftragt loorben m fein, mit einer Slrmee in 3ubäa einrüdft (Tacit. ann. 12, 54). ©oi?
eine ober anbere oiefer 93orfommniffe mag \a nun al^ ein äludnal^mefall aufgefo^ tDeä)cn
lönnen (SJJommfen a. a. D). Unb 3ofej)l^ud fd^eint auf ©runb berjelben jtd^ eine )u
hjettgc^cnbe rec^tlic^e Unterorbnung gubäa^ unter ©V^en borgeftellt ju l^ben (ant
17 fin.: rov dh 'AqxsMov x^Q^^ vnoxeXovg jiQoovefirji^eiatjg jfj 2vq(ov\ bgl. jieboc^
50 b. j. 2, 8, 1 ; ant. 19, 9, 2). Slber in i^er ®cfamt|^eit mad^en fte e^ bod^ tool^rfd^etn»
lid^, bafe bie 3?ac^ri4>t be^ 3*>f^^"^' "^yxVixa fei bei ber römifd^en Singie^una ol^ ein
Sinnes bon @^rien bel^anbelt tvorben, nid^t gänglid^ unb einfad^ old unrid^tig (^ommfen)
abjuhjeifen, fonbem in ber S^at eine geloiffe red^tlid^e unb ftänbige älb^gigleit ber
bortigen ^roturatoren bon ben Segaten ©^rien^ angune^men fei (bgl. ou^ Tac. ann.
55 12, 23).
92ad^ innen tbar bie ©etvalt bed $roturator^ bon ^ubäa nic^t fel^ er^lic^ be»
fc^ränft burd^ bie iübifc^en SSel^örben, loelc^e bie Slömer i^er getoö^nlid^en $ra|^d gemä^
auc^ bort l^atten fortbefte^en laffen. ^n allen römifd^en ^robingen l^ten bie ftäbttf(^
Sei^örben ber untertl^änigen ©täbte (SWarquarbt, 31. Biaam, l\ 80 ff.), bie »efugni«
60 }u lommunaler ©elbftbertoaltung (bgl. Siebenam, ©töbtebertb. 174^.) unb )u befc^riantter
£aitb)if[eger 247
ätet^t^flege, nontentltdb }ur SSerl^ftung unb erften SSerl^örung ber Sd^ulbigen, )ut 93e>
^ofung tum 2)ie6fta^i unb anbeten geringeren SSerbred^en unb jur Strafgetualt über
bte eflotoen (^oedt 223 ; ^Jlommfen, Staatsrecht II, 1, 244). S)ana(]^ ift eS )u ertDarten,
ba^ ed äfynixq oud^ in 2iubäa, baS bie Stellung einer untertl^änigen @emeinbe l^atte,
gdvefen fein b>irb (mit Unrecht bel^auf)tet eine 9(uSna^mefteDung für ^ubäa @etb, @e^ 6
f^ic^te bed römifd^en JtriminoltjrojeffeS, 485 f.). Unb fc^on feit alter ^^\t beftanben in
aOcn Seilen $aIäflinaiS ftäbtifc^e ^eften!otIegien ober Senate, toelc^e für bie Stäbte unb
t^ £anbgebiete SSertDaltung unb Slec^t^fle^e auMbten. 93efonberS n>o^l in SSe^ug auf
btefe Idjtete gunition l^iefeen fte aud^ ©V^^ebnen (3Rt 10, 17 ; 9Kcl3, 9 bon Heineren fiolal«
geiid^t^fen). ^aS ^eftenloQegium bon^erufalem aber, baS minbeftend feit ber griec^ifc^en lo
ßeit beftanb, l^otte naturgemäß bor ber römifd^en ^errfd^aft eine für baS ganje £anb gittige
lettenbe Stellung befeffen, unb fo l^aben benn aud^ bie 9i5mer fte bei ber @infü^rung
i^rer unmittelbaren 9tegierung im eigentlid^en ^ubäa mit @infd^ränfung .auf btefeS engere
®ebiet fortbeftel^en la^en, toofür bie Stellung beS Slrd^ibilafteS in äi[gvt)ten eine ge^
toiffe Snologie bietet SRatürlid^ bunten auc^ fonft überall bie Si^naaogen ber ^uben i6
oitd frdcm SBiUen bie 3(norbnungen beS l^au^tftäbtifc^en ©^nebriumS befolgen (3l@ 9, 2).
SDie immunen aber ber übrigen bom ^roturator bon ^ubäa bertbalteten SanbeSteile
kiHtren biefem felbft allein untergeorbnet 3)agegen in 93egug auf ha& eigentlid^e ^ubäa,
ben füblic^ften 2iett beS SanbeS, l^atte baS ©^nebrium bon ^erufalem 9(nteil an ber
ßcntralgetxHib, inbem il^m bie ^reidl^au))tftäbte mit ben jel^n ober elf Jtreifen, in toeld^e 20
^uboa geteilt tourbe, untergeorbnet tbaren. 3(ud^ bie bürgerlid^e ©erid^tsbarleit befaß ed
mit Sinfc^luft bon J{a))italfad^en (9(® 7, 57 f.; Jos. beU. 6,24) für aOe ^uben unb fo«
gor bie ©trafgetbalt über foU^e rümifd^e S9ürger, toeld^e berSOSamung gum S^ro^, bie eine
an ber Stormorfd^ranle bed inneren ^^em^efö angebrad^te Xafel mit Slnbrol^ung ber Sobe^
^fe enthielt (Jos. bell. 5,5, 2; 6, 2, 24; ant, 15, 11, 15; aufgefunben revuearch. 23, 26
1872, 220), ben %€w!pd »profaniert l^atten (Jos. bell. 6, 2, 24; ä® 25). Snbeffen beburften
ntc^t bloß bte Xobedurteile beS ©^nebriumd ber 93eftötigung bed ^roIuratorS, bem toie
bot ©tott^oltem ber übrigen ^rohtratorifc^en ^robinjen (^Rarquarbt, ©taat^erto. I,
557, 9L3; ÜRommfen, ©taat^ed^t II, 1, 246; ^irfc^felb, @i|ungSberid^te 438) aOein
bad jus gladii jutam (Jos .bell. 2, 8, 1), fonbem aud^ in feiner ganzen fonftigen Sl^äs so
tiglett bliä ed immer bon ü^m abl^ängig. 3)ad gilt ebenfo toie bon ben S^ertoaltuttg^
angclegenl^en, in toeld^en toir aud^ anbertoärtS eine toeitgei^enbe älb^ängigfeit ber (Se-
mctnbaäte ber Untert^anenftäbte bom ©tattl^alter finben (^eberbe^, D))ramoaS, ^S^f^^*
b. 3*l^obii*oli«, aStcn 1897; 9Jlommfen, % ©trafred^t, 240, Slnm. 1), aud^ bon ber
(Senc^tdbaiteit (Jos. ant. 20, 9, 1). ^n biefer ^md)unQ ftimmt gu allen fonftigen 86
92ac|rri(^ten boDIommen bie ^arfteQung ber neuteftamentlidS^en @bangelien bon bem
^^ B^en SefuiS (bgl. SRommfen, 91. ©trafred^t, 240). äBo^l betoirtt aud^ l^ier bie
Sololb^drbe bie Serl^aftung unb fteJDlt bad 93erl^5r an unb aud^ ber 3)elitt toirb nad^ iltt)ifd^em
9lec^ be^anbeli 9lber aud^ bem ©tattl^^alter toirb ber SSerurteilte borgefül(^, er toirb
bon t^ befiogt, bann toirb bie ^inrid^tung bon il^m berl^ängt unb in römifc^er ^orm 40
ou^efü^ SBoiS aber bie in 2|ubäa ft^ aufl^ltenben römifc^en Bürger betrifft, fo ftanben
fie, toie oud^ fonft ben ^robin^ieQen ©tabtbe^örben bie ©trafgeric^tdbarteit über rümifc^e
Sfirger nur oudnal^mdtoeife ^ugeftanben tourbe (3Rommfen, 9t. ©trafr., 236), bon ber er«
too^nten Sudno^me abgefe](ien, nid^t unter ber ^iurisbittion beS S^nebriumS, fonbem unter
btr bed$roluratord(9l® 23, 24). S)od^ toaren fte toie überaO fonft im Sftöm. Sfteic^e (9(@ tf
16,87; Liv. 10,9; Cic. pr. Rab. 4; Dio 64,2; Plin. ad Trajan. 96,4: PHn.
^. 2, 11; Paulus sent. 5, 26; Dig. 48, 6; TOommfen, 31. ©trafred^t, 47, 242, 329,
633), fo oud^ in ^uböa bor entel^enben Jldrt)erftrafen gefd^ü^t Qm 22, 25) unb be«
ret^ttgt, einen J{a))ital))rojeß bor bad Jlaifergerid^t in 9{om ju bringen unb gtoar fotool^l
buR^ boOe 9telufterung bed ftatt^alterifd^en Seric^t^ (fo äl@ 25, 10 unb baju ^ommfen, 60
9lc(^tdbcr^altntf[e 94 %) afö burd^ ^pptüaixon bon biefem an ha& !aiferlid^e ®erid^t atö
Idste Sttfton). ^n militörifd^er ^ejiel^ung l)(dtta bie ^roturatoren bon Iguböa jtoar ben
Ooeibefe^l über ote in ber 5ßrobinj fte^enben a:nH)})en, berfelbe ^atte aber toenig toirllid^e
S^eutung, ba i^en nur toenige Jlol^orten jur SSerfügung ftanben (nä^ered barüber:
bei ©#rer 3102:^ 18, 413 ff.; @gli, baf. 27, 10 ff.; 3Kommfen, $erme« 19,217 anm.;66
^\x\dfidb, ©t^gdb. 433 f.). ^iefetben toaren ftationiert in 6äfarea'©tratondturm, ba^
bie Sleftbcnj be« 5ßrofurator« loar (ä© 23, 23 ff., 25, Iff.; Jos. ant. 18,3, 1;
20,5,4. b. j. 2, 9,2; 12,2. 14,4fin. 15, 6fin. 17,1; Tac. ant. 2,78) unb ftd^
boju audf befonberd gut eignete fotoo^l toegen bed bortoiegenb ^eibnifd^en (S^aralter^ ber
Sintoo^er ald tt>egen feiner fc^önen Sage am üReere unb feiner bun^ ^erobed b. @r. go
248 Sottktifleger
au^efül^rten glänjenben tnneven Studfd^müdtung mit großartigen ^olafttouten. SBemgflend
einmal im ^af)xz mußten aber bie ^roturatoren nad^ ben für famtlic^e r5mif(^ QtatU
fydtct geltenben Seftimmungen eine 9lunbreife burc^ bie ganje ^robina machen, um in
beftimmten größeren ©tobten (ben Ronbenten) bie ii^nen julommenbe Slec^t^flege oud*
6 juüben (Cicero Verr. 5. 12, 29 ; ©trobo 3, 4, 20 ; Plin. ep. 10, 85 ; Gajus 1, 20;
Cassiod. var. 5, 14, 7; 12, 15, 7). Unb nad^ Serufalem lamen pe häufiger, gctoöl^nß^
tDO^I junöc^ft balb nad^ i^em älmt^ntritt (3(® 25, 1) unb außerbem )u ben großen
jübifd^en %^^^, befonberd jum $affal^feft, um ber ®efal^r t)on 3;umulten, toel^ unta
ber großen iDlenge t?on ^tbefuc^em leidet entfteben lomtten, t)or)ubeugen. Sie tooren
10 ba^er bei ben l^teren @e(egenl^eiten bon einer Sibteibmg Solbaten begleitet (Jos. ant.
20, 5, 3), bie in ber »urg Sntonia am 3:enH)eIj)Ia|e ftatiomert tourben (81® 21, 31 ff.;
22, 24 ff. ; 23, 23 ff.). @in frül^erer $a(aft bed ^erobe^ ober tourbe ebenfo n)ie in e&f<nca
(Jos. ant. 15, 9, 6)aud^ tnSerufalem jum «JJrätorium (gütiger: SRid^tl^u«, 3Rt 27, 27;3Rc
15, 16; 3o 18, 28; 19,9; 91® 25, 23) b. 1^. gur Slmtötool^nung be« ^rofuratord bemi^t,
16 in toeld^er er jugleid^ 9led^t f^rac^ unb auc^ Unterfud^tmg^efanaene unterbringen lonnte
(31® 23, 35 f.). 2Bie in ber 9Sertoaltung, fo bienten aud^ in ber Slec^t^flege m^me
SRäte unb Seifiger (comites, ovfxßovhov S[® 25, 12), bie ben ^JJrofurator in bie ^Jro^
bin) begleiteten, il^m ^ur Unterftü^ung (bgl. ®eib, 5triminal))r. 243; üRommfen, ^ermed
4, 123). ajaß berfelbe auc^ feine ^au nad& 3ubäa mitnal^m(aRt 27, 19; «® 24,24;
20 Jos. ant. 20, 10, 1), entf^rac^ etner allgemeinen, ben ^robinjialftattl^tem unter ber
9le))ublil nod^ berfagten (Seneca contr. 9, 25), in ber Jtaiferjeit ober getoö^rten Sr^
laubni^ (Tacit. ann. 3,33; biele l^nfc^riften auf ^entmälem ber Segaten für i^
trauen unb ber le^teren für il^re ®atten), beren ®ebraud^ freilid^ balb )u fol^fen Unju»
träglid^!eiten fü^e, baß unter Siberiu^ berorbnet tourbe, jjeber $räfed foQe für bod Ssec^
25 galten feiner ^au beranttoortlid^ fein (Tacit. ann. 4, 20), unb f^öter fogar toieber bad
5Kitnel^men ber grauen ungern gefeiten tourbe (Ulpian 4, 2 ; Dig. 1, 16 de off.). SUlen
©tattl^altem, alfo aud^ ben $ro{uratoren, tourben, um ®r))reffungen ber ^robinjen ju
ber(!üten, oax^ ber ©taatdiaffe Um^ug^elber unb ein beftimmted iö^lid^ed ®e^ au^
ge3a^lt, beffen $5l^e ftd^ aud^ bei ben ^roturatoren nac^ ber ®röße ber $robin) tmb
so bem SRange be« ©tattl^alter« ober aud^ (^irfd^felb, Unterf., 86, 260) nad^ ber Slrt ber
aSertoaltung rid^tetc. ©ie tourben bal^er, je nac^bem fte 200000, 100000 ober 60000
©efterjien (= ca. 45000; 22 500 unb 13000 SReic^marl) eri^ieüen, Ducenarii, Cen-
tenarii ober Sexagenarii genannt (Suet. Claud. 20; Dio 53, 15 f., f))äter atu^ auf
Snfd^riften Or. 2648 C. J. G. 5895); einige ^roIuratorenfteDen toaren nod^ ^ö^botiert,
86 aber feine annäl^emb in ber $ö^e be^ ®e^a(ted bon einer ^JlUIion ©efter^ten, hcA bie
^rolonfuln bon Slften unb Slfrila b^gen. 3lud^ burd^ fonftige SSerorbnungen fuc^ten
bie Jtai(er bie ^robtn^en gegen bie ^Ulfür unb Slu^beutung bon feiten ber ©tattl^olter
)u befd^ü^en, toeld^e bie (Sefe^e ber 9fle))ubtil nid^t l^atten berl^üten rönnen (Tacit. ann.
1, 2). ^ie ben ©tatt^altem übertragenen ^nltionen unb Sefugniffe tourben beutlic^ be»
40 ftimmt unb burc^ eine beim älbgange in bie ^robinj bom Jtaifer angefertigte ^Injinmion
eftgefteQt (mandata principum Dio 53, 15 ; Plin. et Traj. ep. 64; De off . procons.
1, 16). gür bie barin nid^t borgef ebenen %'(^z Ratten bie ©tattl^lter in 3lom onju«
fragen. Sefonberd aud^ bie ©teuem unb älbgaben, toeld^e bie $robin;i ju jaulen Rotten,
tourben genau geregelt, unb ed tourbe ben ©tattl^altem berboten, biefelben }u berme^ren
46 (Dio 58,15; 57,10; Tacit. ann. 4,6). Suc^ ©efd^ente anjuncl^men (Dio 53,16)
ober ®elb auf ^xa\za au^juleil^en (Dig. XII, 1 de reb. cred.) toar i^ncn unterfogt;
be^leid^en l^atte fc^on äluguftu^ für \\t ba^ fretlid^ balb bergef^ene SSerbot erlaffen, toö^renb
ber älmt^bauer unb ber nöc^ften fed^jtg Xage ^anl^ unb ß^renbeaeugungen ber ^robtn)
anjune^men (Dio 56, 25). ^^mer mußten fie gleid^ nad^ ^Infunft be« Sloc^folger« bie
60 ^Probinji berlaffen unb fpäteften« in brei 5Konaten fid^ in SRom borfteDen (Dio 63, 16),
bamit bie ^robinjialen, benen bafür 3lbbofaten befteDt tourben, gegen toiBlürlidJK 88er»
toaltung Älage ergeben lonntcn (Tacit. ann. 3,60—70; 4,15; 15,20). 3tter biefe
®efe(e batten, toie in ben übrigen ^robinjen (o auc^ in ^ubäa teine boÖftänbige SEBirlung.
6^ fehlte ^ter bei ben ^roturatoren ni^t an 93eifpielen bon ®rau{am!eit (Jos. ant
66 20,11,1) unb »eftcc^lic^teit (Jos. ant. 20,11,1; Bell. 2, 14, 2 bgl. 21® 24, 26).
Unb unfäl^ig, ftc^ in bie @igentümltd^feiten be^ jübifd^en SSolte^ ^u j^ben, reijten fte
beffen SBibertoiHen gegen bie römifd^e §errfd^aft in immer ftrigenbem SKaße, f o baß jtc
jum älu^brud^ be^ jübifd^^römifd^en Jlrieged aud[^ t^rerfeitS nic^t toenig mittoitften.
aSon benjenigen ^Profuratoren, toeld^e in ber ^6i bon 6—41 n. 6l^r. baö ®ebiä
60 be« Slrc^elau« bertoalteten, toirb im 912: nur 5ßilatu« genannt (9Jlt 27, 2 ff.; 28,14;
Sattktifleger Saufraitt 249
2c 3, 1 ; 20, 20), f. b. 31. gn ben Sollen 41—52 n. 6l^r. tourben nod^ ebimal otte Seile
Don $alä{lina unter ber ftüntgdl^errfd^aft be^ ^erobe^ 9(9n))))a bereinigt. 3lad) feinem
2;obe tourbe fein Steid^ toi^er römifc^en $roIuratoren )ur SSertDoItung übergeben, bie ed
umäd^il in feinem ganjen Umfange 44—52 n. 6^r., bann ol^ne bie an ^erobed
90n)))>a n. gefallene Sletrard^ie bed $l^ilt)}))u$ hxi jum S3eginne bed jübifd^en jlrieged 6
52 — 66 regierten. Sind biefer itoeiten SRct^e bon $roluratoren toerben im 3i% Äelij
(«® 23,24ff.; 24, 1. 10) unb geftu« (21© 26,30) ertoo^nt. ©. b. 21. »b VI 6.28.
Uebet bie übrigen ^roluratoren f. 93b IX, 481 f. ; über bie t^nanjbertoaltung biefer Statt«
fydUt f. b. «rtt ©«Haftung, 3oB, 3öaner. (Sieffert*
Soitfrtitl, $rior bon See, Srjbifd^of bon Santerburl;, geft. 1089. — Guellentio
Opera ed. VäditT^i, $arid 1648; banac^: Bibl. Patnim 18, p. 617—833; neue, aber ^öc^ft
minbenoertige Sudgabe x>on &ik^, patres ecclesiae Anglicanae, 2 vol., O^forb, $arid 1844;
92ad)bru(f btejer 9(udgabe unb ber ^uSgabe V'Ribtxr^^ in MSL t. 150.— Einige ^Briefe unb
bie Constitiitiones ftnben ftd^ bei SilfiniS, Concilia Magnae Britanniae t. 1. ^en liber de
corpore et BaDgnine Domini ebierte ^uerft Sid^arb, ^ofel 1518, bonacft (Suillaume le IRat, 15
»ouen 1540; weitere (gbitionen: ©ofellööl; in ber Collectio Orthodoxograph. t. I, 1279 ff.,
ebb. 1555. 3^^ Siograp^ie: t>g(. Vita Lanfranci, ro^e, aber nic^t ganj mertlofe ^om«
|)Uation, Derfagt na(6 1130 t)on Wlo (Sridpin, Kantor ju See, ed. mM I, p. 281 {if.; SSRa^
biüon, ASB saec. VI, vol. 2, p. 628 ff. ; Appendix ad Anglo-Saxon Chronicle ed. 2:6or))e
unb Sarle ; (£obmer, Historia Novorum in Anglia, ed. ^u(e in Bolls Series p. 20 ^. ; ao
GuilelmuB MalmesbiriensiB, Gtesta Pootificum Anglorum ed. Hamilton in Eolls Series
p. 37 ff. ; Wilhelmus Pictaviensis, G^ta Wilhelmi ed. @^tled in SS rer. gest. Wilhelmi
p. 115ff. ; Ordejricus Vitalis, Historia ecclesiastica ed. le Pr^vost passirae ; Sigibert üon ©em^
blou^:, liber de Script, eccl. c. 150, MSL160, p. 582f. fiitteratnr: Histoire litt^raire de la
France t 8, p. 260 — 305; Antoine Charma, LanfraDc, $arid 1849; Hook, Lives of the 25
archbiihope of Canterbury vol. 2; Joseph de Crozals, Lanfrane, sa vie, sod enseigie-
ment, sa politique, $arid 1877; Pietro Moiraghi, Lanfranco di Pavia, Padona 1889. — %gl.
aufterbem für bie SBirffamfeit £.9 in $at)ia : Kobolini, Notizie appartenenti vlle storia della
sua iiadria 2, p. 112 ff.; ^i^erfrl, ©efcb bed fiangobarbenred)tg. iBerlin 1850: Soretiud in ber
praefado )um Liber Papiensis MG LL t. IV ; Sarti-Fattorini, De clarissimis archi^m- ao
nadi BononienBis professoribus 2. ed. Bononiae 1888—1896, I, P* 3ff. — ^ür £.9 Sirf«
fomfeit in ber 9?ormanbie ogl. oben 9b 2 @. 608 f.; Freeman, The Norman Conquest of
England, 9b 3, 4 ; berfelbe, William the Conqueror, in the CoUection pf Statesmen,
p. 141 ff. ; Stubbs, Gonstitutional history I, p. 281 ; Albert du Boys, UEgliso et T^tat
en Angleterre depuis la conqu^tc des Normands, $arig 1887 ; 9i)6nier, SHr^e unb @taat 85
in (jhiglanb unb in ber S^orntanbie im 11. unb 12. ga^rbunbert, Seip^ig 1899; berfelbe, ^ie
r^(f(tungen fianfranfS ))on (Santerbur^ in @tubien ^ur @)ef4i(^te ber X^eologie unb ^irc^e,
fieil^ig 1902.
3e bebeutfamcT bie SloDe ift, bie SanfranI aU Seigrer, ©elel^rter, Jtird^enfürft unb
Staatsmann in ber ©efd^id^te bed 11. ^al^rl^unbertd gef))ie(t ^at, um fo bebauerlic^er ift4o
eS, bo^ er felber lemerlei iRac^d^ten über fein beh)egted Seben binterlaffen unb erft
40 ^afyct nadf feinem ^be einen S9iogra^^en gefunben l^at. 9Bir erfahren, ba^er gerabe
über bie entfd^eibenben ^cifyct feiner @ntn>i(Ielung unb aud^ über feine 9Birifam!eit in ber
9{onnanbie fe^ toenig unb aud^ über bie legten 19 ^a\)xt feine« Seben« (1070—1089)
gerobe nur fobiel, b^ toir tool^I eine tlare iBorfteDung t)on ben ^Jlotiben unb ^klm, 45
nic^ ober ein Silb \>on bem 93erlauf feine« äBirlen« im einzelnen ju geh)innen
bctmdgcn«
1. ^eriobe 1005(?) — 1041. ©o toenig toir aud^ über bielgugenb be« großen
VUamt^ toiffen, fo fie^t bod^ feft, ba^ aud^ für feine @ntn>idEeIung ^eimat unb ^erlunft t)on
entfdktbmba SMbeutung toaren. ^n ber alten lombarbifd^en $au))tftabt $at)ia ift er n>ol^I 50
m Segtmt bcd 11. 3a^l^unbert« — ber üblid^e 3lnfa| 1005 berul^t auf einer ganj um
fieberen Berechnung SWabiDon« — geboren. ©eine@ltem, §aribalb unb SRoja (Gervasius,
Actus ponti!. Opp. ed. Stubbs II, p. 363 f.), gehörten ju bem äbel ber ©tabt. 3)er 3Jater
beKetbete, toie e« fd^eint, ein ämt in ber ftäbtifc^en Sertoaltung. Sid^er toar er ein juriftifd^
gebilbeter 9Rann. S)enn ^cdöxa toar bamal« nid^t nur bie blü^enbfte ^anbe(«ftabt ber 55
£ombarbet, fonbem oud^ Sleftben^ be« !aiferlid^en ^falggerid^t« unb al« folc^e liugleid^ ber
©if^ einer beruhten 9led^t«fd^ule unb bie ^ert)onagenbfte ^flanjftötte juriftifd^er Silbung
in gon^ 3^^^- S)em mt^pxidftnh geftaltete ftd^ aui} bie Sr^iel^ung be« jungen S. @r
erhielt oen Ablief Unterrid^t in ©rammatil unb 9ll^etori!, aber mit bem Unterrid^t in
ber Slbetoril {ugleic^ eme elementare Untertoeifung im römifd^en SRed^te (bgl. Vita c. 13. eo
3>ie berül^mten 38orte flammen t)on äBUI^elm t)on $oitier«, t>gl. ^ölfd^ungen § 8).
9Uiät bem frfi^ Zobe be« SBater« berlie| er, toie e« ^ei^t, für einige 3eit bie ^eimat,
260 fianfranl
um au«h>ärt« ju ftubicren. 3)a^ er aud^ nai) Bologna flegangen fei, melbet jebod^ leine
ber alten DueDen. @rft SRobert bon Sorigni er^ä^It, bafe er bafelbp im Serein mit grnetiu«
bie römifdben leges toieber aufgefunben unb atebalb in Vorträgen erllärt i^oBe. aber biefe
angäbe ift fo fagen^aft, ba^ man mit il^r nic^t« redete« anfangen lann. JJeftfte^t, bafe ber^öng»
6 ling nac^ längerer 2lbh)efen^eit toieber in feine SJoterftabt jurüdtfel^rte unb bort, nad^bcm er f^
eine genaue Äenntni« be« lombarbifc^en Siedet« angeeignet ^atte, ate SJntoalt gu Jnrdhijiercn
begann, äte fold^er erntete er bie größten erfolge, fo bafe er oHmö^lid^ einer ber am
gefe^enften ^uriften ber 5ßat)efer ©d^ule hjurbe, „beffen Urteile unb ©utac^ten bie Slec^l«*
aete^rten gerne annal^men". 3 ©teilen be« liber Papiensis, in benen er namentlich onge»
10 fü^rt toirb, MG Leges IV, p. CXXXVIII, geben noc^ 3eugni« bon feinem Stumme, feinem
juriftifd^en ©c^arffinn, feiner juriftifd^en Silbung. — 3c größer ba« Slnfe^ toat, beffen
er fid^ erfreute, um fo befremblid^er ift c^ aber, ba^ er plö^Iid^ ber §eimat Solet fagtt
3lad) bem f))äteren S3eric^te be^ chronicon Beccense l^ätte il^n lebiglid^ bie Su^j^
auf noc^ größeren Stu^m unb @eh)inn in bie ^^e gelocft. 9lber bi^e Angabe flammt
16 au« fef^r ]pätzt^t\t unb Hingt ^öc^ft unglaubtoürbig. Silier SBal^rfd^einlid^feit nad^ berßej
S. t^ielme^r nid^t freitoiHig $abia, fonbem mürbe berbannt (vita c. 13 in exilio), loo^
n>eil er ak 3tnge](|öriger be« ©tabtabeld in bie fojialen unb ))olitifd^en ftämpfe DertoidEdt
loar, bie in ben ^af)xm 1035—1043 in ben lombarbifd^en ©tabten toüteten. Aber toie
lam er bagu, gerabe ju Slbranc^e« in ber 9lormanbie eine ^^f^^^^ i^ fud^en unb oB
20 Se^rer fid^ nieberjulaffen ? ^atte er Sejiel^ungen ^u 9Konts©amt*3Ktd^el, too bamote ber
Italiener ©uj)))o al« 2lbt fungierte ? ober lodfte il^n, toie fo biele Italiener, ber 9luf feine«
großen Sanb^manne« SBil^elm bon 3Sol))iano in ba« „toilbe £anb Der ©eeräuber" ? Unfere
QueQen geftatten un« nid^t, biefe t^ragen ju beantworten, nur ba« eine bürfen toir fär
au^gemad^t anfe^en, ba^ ber geleierte Sombarbe in bem abgelegenen normannifc^ 2anb«
26 ftöbtd^en aU Seigrer fe^r toenig ^nllang fanb unb bal^er fel^r balb ben @ntf(^lu^ fa|te,
nad6 ber $au))tftabt ber 92ormanbie, nad^ Stouen, überjufiebeln. älber auf bem SBege
naq Slouen tourbe er, toie e« l^ei^t, in bem äBalbe an ber Stille bon Stöubem überfallen
unb mit gefeffelten ^änben unb berbunbenen Slugen in ber 38ilbnid gurüdEgelaffen. ^n
ber fd^rcdflic^en 9lad^t, bie er l^ier jubrad^te, gelobte er, toenn ®ott il^n befreie, fein fk»
30 nere« Seben bem ^ienfte @otte« ju toibmen. ©ein ®ebet n>arb erl^ört. ®qon am
näc^ften 3Korgen toarb er burd^ toorübergie^enbe SBanberer befreit. Unb fogleic^ etffiQte a
fein ©elübbe, inbem er fid^ in bem unloeit ber ©tätte be« Überfall« gelegenen Jtlofter 2e
33ec jum Eintritt melbete. 3)a« gefd^a^ nad^ ber Scccer 3^rabition (erfter 3^^- Stöbert
t)on Xorigni) im ^a^x^ 1042.
85 2. 5ßeriobc 1042 — 10 70. 3)a« Älofter 93ec beftanb Damal« erft 5 3a^ 6« toor
noc^ fe^r arm unb fe^r fc^toac^ befe^t, e« tourbe aud^ bon feinem @rünber, bem alten
Ärieg«mann §erluin, offenbar nid^t befonber« gefd^idt geleitet. 35enn bie Sebcn^toeife
ber Wenigen Srüber tnt\pxad) teine^Wcg« ben ftrengen gorberungen be« a«!ettf(^ 3^eaä.
^aum eingelleibet, bereute ba^er Sanfran! feinen Sntfd^lug unb fa^e ben $lan, ^etmli(^
40 ju entfliegen. Slber 3lbt §erluin merfte jur redeten 3«t feine Slbfid^t, betoog tbn, fn
bleiben, ja er^ob il^n jum $rior, übertrug il^m alfo fd^on je^t tl^öc^lid^ bie fieitung
ber SKbtet. Salb barauf begann nun Sanfrant wa^rfd^einlid^ in See ai lehren. Stter
fein ©d^ülerlrei« War fw^er junäc^ft fe^r flein, unb feine ©d^ule erfreute fid^ fii^
felbft in ber 9iormanbie bi« gum ^af)xc 1050 nic^t fold^en anfeilen«, toie bie Q^t
i6bon ^our« unD bie ^omfd^ule bon Süttid^, obgleich bie framöftfd^en ©j^olofter alt
mäl^lid^ auf i^n aufmerffam tourben unb i^n al« tüd^tigen ÄoÜegen fc^fo^en lernten
(bgl. Serengar« gel^bebrief). ®rft burd^ ein untoor^ergefel^ene« Sreigni«, tvxd^ ben 3bt«bn4
be« 3lbenbmal(;l«[treite«, toarb er, man barf too^l fagen, mit einem ©daläge eine abenb»
länbifc^e Serü^mt^eit. 2Bo^I um bie Jlurie auf bie beabftd^tigte unlanonifcpe Serbinbuna
CO SBil^elm« be« gröberer« mit 5Kat^ilbe toon glanbem aufmertfam %\x machen, ^otte er ^
im ^Qi)xc 1049 ^n bem Äonj^ilc £co« IX. nad^ 9leim« begeben unb toar bonn im ®f
folge be« $aj)fte« mit nad^ SRom gejogen. 2)ort eneic^te il^n Dftem 1050 jur 3«t be«
£ateran!onjil« Serengar« gel^bebrief. SBic er bd)auput, l^ätte ba« Äomil au« biefem
Sriefe aud^ toiber i^n iJerbad^t gefd^öpft. ^ebenfaD« legte er auf Sefe^l Seo« IX. m
66 berfammeltem fionjil au«fü^rlid^ feine eigenen älnfd^auungen über ba« älltarfalrament bot
Son biefer ©tunbe batiert fein ganjer t^eologifd^er 9lu^m. 3)enn ba« ÄonjU begrüß
feine Darlegungen mit bem größten Seifalle. 3ERit ganj befonberer SQäärme ober erfläte
fid^ für il^n bie Äuric. Seo IX. behielt il^n gleich bi« jum ©ej)tember in fetner Mm
gebung, betraute i^n bann auf bem Äonxil gu Sercelli gleid^fam al« pöt^ftlid^ 2:^
60 logen mit ber SEBiberlegung Serengar« uno getoöl^rte i^m fo bie @elegeni[^ ya einem
Saitfrattl 251
jtoetten biOtgen, aber glänjenben Xriunü)l^e über ben berül^mten SRetfter ber Stalettt!. @benfo
bucd^^Iaoerb, tomn auc^ nid^t fo mül^elo^ toar ber Sieg, ben er al^balb in ber 9{ormanbie
über bte Serengorianer babontrug. 3[uf bem „Ronixl" t)on Srionne (untoeit See) getDann
er, b>te ed fd^eint, bie normännifd^en $rölaten in ber ^Jlei^rja^l für ftd^. 9(ber e^ glüd^e
t^m nid^t, Sorengar^ älnl^änger t)on i^rem Unrechte ju überzeugen, ^iefelben blieben l^ort^ 5
lUicftg bei il^er Snfid^t, fo ba^ ber lirc^Iid^e unb })olitifd^e Oberl^en bed Sanbe^, ^erjog
SBtl^ltn, fc^lte^id^ ®eh)alt gebrauchte unb fte )ur ^eube aSer kommen au^ bem Sanbe
iogte. SSUi^renb biefe drtlid^en 5täm})fe fid^ abf))ielten, ftieg bie ^af)l ber@d^olaren in See
tH>n ^äfyc )u ^afyc, ®ie borbent faum t)on älu^toärtigen befud^te ©d^ule überflügelte
binnen turjem %ovx^ unb aSe anberen berül^mten @d^ulen be^ 9(benblanbed. Tamofen 10
(3Do Don ß^rtreg), SSlamen (©uibo bon ämien«?), SDeutfd^e (SDietric^ t)on 5ßaberbom,
aSUKroin Don Sberi^erg), Italiener (9(nfelm Don Slofta) toanbten ftc^ bem neuen Sterne
}U, ber ben Slul^m l^öd^fter @e(e^rfamleit mit bem ©lanje fledtenlofer 9led^tgläubig!eit
Derbanb. Sor aJDlem aber bezeigten bem neuen ^Reifter al^ il^rem bogmatifc^en ^er«
trouendmonne bie ^ßö^fte i^re ©unft. 92itolau$ II. fd^td(te ju il^m 1059 eine ^njal^I Jlapläne, 15
imperatoris et nostros, mit beräBeifung, fie in Sll^etorif unb 3)ialeftil ju unterrid^ten,
Dgl. 3aff6 9tr. 4446; SUqranberll. betraute il^n fogar mit ber 9(u$bilbung feiner 92ef[en,
Dgl. epist. 3 unb S^ffö 3flr. 4669 ; furj ber ^rior Don See tourbe ber größte firc^lid^e
ä^rer unb bie grd^te bogmatifc^e 9(utorität be^ Slbenblanbed.
SCOein biefe frieblid^e SBirffamteit erlitt ®nbe 1058 ober Stnfang 1059 eine iä]^e20
Unterbrechung: toegen feiner @l^e mit SRatl^ilbe Don^lanbem Don ber fturie jenfuriert, Der«
bannte $enog SBil^elm ber (Eroberer ben gro|;en ^embling al^ ^au^tgegner jener SSerbinbung
oud feinen Sanben. Slber im S9egriffe, bie Statte feinet 9iu]^e^ für immer ju Derlaffen, be«
gegnete S. bem toilben ^erjog. @d gelang il^m, ben ^ümenben ju Derfö^nen, ittbem er
getiHmbt feinen bii^j^erigen Stanbf)unlt änberte. @r erbot fu^ nämlid^, in 9tom bem $er)og 25
^erjet^ng m ertotrien. @^ glüd(te i^m in ber S^l^at, tool^l )ur ^At bed berühmten
SatmnIon}i& Oftem 1059, SRifolaud II. umjuftimmen. SHefer @rfolg mad^te auf ben
gn>^ ^rften ben tiefften @inbrudE. @r erlannte, ba^ ber frembe 3Jidnd^ ein bi^loma«
tifcped unb ))olitifd^ed^ent erften 9langed fei, unb er gögerte barum nic^t, i^n in feinen
9tat )u berufen, ja, i^n )u feinem Domel^mften 9flatgeber ju erl^eben. ^amit beginnt so
eine neue ^eriobe im Seben S.«, er tritt ein in bie Sleii^e ber 5ßolitiIer. ffiie toeit fein
Sinflu^ ^unäd^ft reid^te, ift nid^t ju ermitteln. Slber aller SOSal^rfd^einlic^feit nad^ bebiente
ftc^ ber ^erjog feinet Slated Dome^mlid^ für ben Serlel^r mtt ber neuen euro))äifd^en
®tc%aiaqt, beren l^öd^fted SSertrauen ber ^önc^ al$ ^ogmatüer geno^ : für ben Sertel^r
mit ber Jturie. S)ad Sünbnid mit Sllqranber II. im ^al^re 1066 ift toal^rfd^einlid^ Don £. 86
angeregt. 3^^ Donle Dafür erl^ob il^n ber $erjog im ^uni 1066 ^um Slbte feinet neuen
grolcn gomilienllofter« St. Bttpl^an in gaen. @in ^al^r ft)äter, äuguft 1067, nad^ bem
glüdltc^ äludgange ber großen ^reujfa^rt nad^ @nglanb, bot er il^m ba$ erlebigte Srj«
bidtum Slouen an. Slber Sanfrant lehnte biefcn 9^uf ab. ^afür ging er im ^al^re
1068 old ©efonbter äBili^elmd nad^ 9tom, 1 . um bie ^ä})ftli(^e @rlaubni^ jur Sran^ 4o
fenenmg bed Sifd^ofd ^ioi^^ttn Don SlDranc(fed nad^ Slouen einjuj^olen, 2. um bie QnU
fenbung einer tKi))ftlic^en @efanbtfd^aft jur 9{euorbnung ber englifd^en Jlird^enDerl^ältniffe
}u eitomen. 3« Seginn be^ ga^re« 1070 traf biefe ©efanbtfcDaft in Snglanb ein. ^\n
Sommer erfc^en fie in ber 92ormanbie unb Der!ünbete bem Slbte Don ßaän, ba^ er an
SteOe bed abgefe^enStiganb gum Srjbifc^of Don Santerbur^ ertoö^lt toorben fei. 45
3. $ er tobe 1070—1089. Slm 29.3luguft 1070 toarb fianfrani in ßanterbur^
int^nmiftert. Slber fd^on einige ^üi barauf bat er Slle^anber II. bringenb um @nU
^fcbung Don bem neuen Slmte (epist. 3). Siefe S3itte toar ^etoi^ aufnd^tig gemeint.
2)€im ouc^ ein mutige^ ^erj mu^te too^l angeftc^td ber Sc^toterigfeiten, mit benen ein
@ribif(^of Don Sonterbur^ Damals ui ringen l^atte, Derjagen : bie jlati^ebrale unb bie so
Stcfi^) l<%^ in 3;rümmem, ber ^omflerud toar DöQig Dertoilbert, ba^ Jlirc^engut jum
cotten Xeile Don bem getoalttJ^ötigen Sifc^of Don ^a\)mjc unb bem rollen normönnifc^en
ftrieg^el mit Sefd^lag belegt. Slber nid[^t Diel beffer al^ in (Santerbur^ fa^ e^ in ben
anberen Sidtümem mi: ba$ einft fo blü^enbe jtird^en» unb Jtloftertoefen @nglanbd
toar DöQig DerfaOen. 9Ba^ jebod^ Sanfran! too^l am fc^toerften em))fanb, ba^ toar, ba^ er 66
mc^ bie 3Radfi befo^, toirtfam bem Übel ju fteuem. 3lxä)t nur toar unter feinem
Sorgänger bad Slnfeben (SanterburD^ fo tief gefunten, ba^ [id) niemanb in @nglanb mei^r
betooaen füllte, auf ben (Srjbifc^of iHüdffic^t m nehmen, gefc^toei^e benn il^m ju ge^orc^en,
ed be|tanb audji unter ben anglonormännifd^en @ro|en unb S3tfd^öfen eine Heine, aber
mächtige Partei, toelc^ ber neue ßr^bifc^of atö äKönd^ unb, toie ed fd^eint, auc^ aU eq
252 Sattfrattl
äludlänber, ein 3)oTn im äuge n>ar! 3)iefe Partei arbeitete ntd^t ol^ne @rfo(f) felSfi am $ofe
feinem Stnflu^ entgegen, ^enn i^re ^äxUptzt tooren Obo t)on SBat^eu^, ber ^albbruber mnig
9Bi(l^elmg, unb bie el^emaligen fönigltd^en ^a))Iäne ^omai^ t)on ^ort unb SBalldin tnm
SBind^efter. 35tcfe Umftänbe mad^en e« begreifltd^, bafe 2. eine 3^ ^^9 \>axan bockte,
b abjubanten. älDein bte jagi^afte Stimmung ^ielt nic^t lange bei i^m t)or. @te toid^
al^balb bem feften Sntfd^luffe, bem Srjbifd^of bon (Santevbut^ bie leitenbe Stellung in
Äirc^e unb SReid^ ju erobern, b. i. mnäd^ift bie 9Jlad^t jener ariftofratifd^en ®egner )u
bred^en. ^er älu^ang biefed Jlarn))fe^ l^ing bon ber @nt{d^eibung jtoeier ^ogen ab:
öon ber ©ntfd^eibung 1. ber ^rimatgs unb 2. ber 3)omHofterfrage. ^n ben Ie|ten
10 3al^2e](|nten bor ber Eroberung toar ba^ @r^bi^tum bon ^orf überaus m&c^tig ge»
toorben. @^ beanf})ru(^te nid^t nur eine böDig unabhängige Stellung in Slorbenglai^,
fonbem aud^ bie ^uri^biltion über bie brei bon 9led^td toegen gur '^robinj Santerbur)^ ge«
l^örenben 2)iöcefen SBorcefter, Sid^fielb, 3)ord^efter. 2. toar bon boml^erein entfd^Ioffen,
biefem gupö^be ein ®nbe ju mad^en. ®r forberte fc^on im §erbfte 1070 bon bem neuen
15 @nbifd^of ^^oma^ ba^ Obebien^gelübbe unb bie 9(nerlennung (Santerbur^^ atö ber SRetro»
))oIe unb be^ $rimatialft$e^ bon gan^@nglanb. 3;^oma^ bertoeigerte i^m ben ®el^orfam,
unb er tourbe hierin pnöc^ft bur^ Jtönig SOSUI^dm beftärit. 3(ber fc^lie^lid^ ftatuierte
ber itönig, burd^ 2anfranl umgeftimmt, ein Jtompromtg : ^omad toarb genötigt, ffir
feine ^erfon £. Dbebienj ^u leiften. 9lber in ein bauembe^ SKbl^ängigleitdberl^ältnid foDte
20 ^orf }u Santerbur^ nur bann treten, toenn eg 2. gelinge, nad^jutoeifen, ba^ ^orl bon
je^er unb bon 9{ed^t^ toegen Santerbur^ unterfteQt getoefen fei. ^axt\it fd^ien biefe 9lm
gelegen^eit für^ erfte erlebigt. Slber ald bie beiben @r)btfd^öfe in ber ^toeiten ^fte M
2|a^re^ 1071 nad^ 9lom gingen, um ftc^ ba^ ^aOium ju Idolen, mad^te ^omod bor
ber Äurie erneut Ifeine 2lnf})rüd^e geltenb. älejanber II. erllärte ftd^ HugertDeife für im
26 Iom})etent mr ©ntfd^eibung ber l^eifeln ^age. @r übertrug biefelbe einem eng[if<^
9lei4^fon;iiIe. Slber mit ber ?5ü^nmg be^ 5ßrojeffe^ betraute er, feltfam genug, ben 9e»
flagten, SJanfran!, ben er gleid^xeitig ju feinem 3SiIar ernannte, ©o tam bie Sngdegen«
^eit auf bem §oftage bon SBJinc^efter Dftem 1072 nod^mal^ jur Ser^anblung. S. fuc^^te
^ier burc^ einen umfaRenben f^iftorifc^en Setoei^ barjutl^un, bafe ßanterbun? bon jje^
w) 9Ketroj)oIe bon gam Sritannien getoefen fei unb bie gw^^biltion über bie brei fintti^en
SSi^tümer befeffen ^abe. 3" bem lei^tercn fünfte ertannte ber ßoftag, toie e^ fd^emt,
feine Semei^fü^rung ate jutreffenb an, aber in bem erfteren erllärte er fte für un»
genügenb unb erfud^te i^n, auf bem näc^ften §oftage, ^fingften 1072, betoei^Iräftigere
3)olumente borjulegen. 3)iefer Slu^ang !am einer SJlieberlage gleid^. 3)enn 2. I^atte feine
85 betoeidfräftigeren ^ofumente, aU ^aeba^ bist, ecclesiastica. ^o^u fteSten eben idtt
eine Slnjal^l Stfc^öfe unb @ro^e ben Eintrag, ba$ ^omflofter bon Santerbun^ unb oue
anberen in Snglanb beftel^enben I)om!löfter in loeltlid^e Stifter ju bertoanbeln, toeil bie
Seforgung geifütd^er ämt^efd^äfte burd^ SWöndj^e untl^unlic^ unb unge](|örig fei. 3)ie QpH^
biefeg Stntrageö richtete [xi} gegen 2. in ^erfon — benn er toar felber 3Rönd^ — mb
40 jugleid^ gegen feine l^eiligften Uebeneugungen ; benn er l^atte eine entl^uftaftifd^e Sorftettung
bon ber $o^ett unb SBürbe bed 3)(5nd^tum^. 2^ro^bem toar ed ben Slntragftellem ge<
lungen, auc^ ^önig ^il^elm für ft^f %n geh>innen. Somit mu^te ie^t 2. fürchten,
in jtoei toid^tigen Streitfragen feinen ©egnern ju unterliegen unb bamit feinen @in*
flu^ in Äird^e unb SReid^ fo gut toie ganj ju berlieren. FJn biefer 3?ottage griff er ju
46 b^m einzigen 5Kittel, toeld^c^ bie unbermeiblic^ fd^einenbe 9lieberlage nod^ in einen Sieg
bertoanbeln fonnte. @r fälfc^te ober er liefe fälfc^en, loa^ auf ba^felbe J^inau^Iommt
5Die gcfälfc^ten 2)ofumente, 10 ad hoc fabrijierte ober beruned^tete ?Paj)fibriefe, fotoie
toal^rfc^einlic^ eine ad hoc fabrizierte 2egenbe unb brei Äonjilientanone^, ))rpbujtcrte a
bann ^fingften 1072 auf bem ftongil bon aBtnbfor unb erlangte burc^ fie unfc^toer
60 einen glänjenben Sieg. ^a$ ^omtlofter bon Santerbur^ blieb erl^alten. S)er ^rimot
unb bie 3Jitetro))olitangetoaU tourbe feterlic^ anerfannt, bie mächtige, bem lombaittf<^
3Rönd^e toiberftrebenbe, ariftofratifc^e ^artei toar für immer übertounben, 2anfran! num
me^r näc^ft bem ftönig ber mäc^tigfte 5Wann in Äird^e unb Sleic^ (bgl. Böl^mer,
gälfc^ungen).
66 3tad} biefem großen, mit unehrlichen SQSaffen erfoc^tenen Siege toanbte ftd^ ber 6rj«
bifd^of mit aller Snergie ber SReform unb SReorganifation be« englifc^en Äirc^entoefend jju.
ßunäd^ft nal^m Ganterbur^ unb bie SDiöcefe 6anterbur^ feine Slufmerffamfett bomei^mlwj
in Stnfjprud^. 9ioc^ im $^a^re 1072 entrife er feinem 6au))tgegner Dbo bon ©oticus, ber
in feiner Erbitterung f^öter fogar mit S3crengar anfnüt)fte, bie toiberredbtlid^ befe^ten
60 Äirdpengüter. ©leid^jeitig, toie e^ fc^eint, begann er in großartigem 3Rafeftabe mit bem
Sottfrattl 253
9{eiibau be^ 2)omd, bed 3)otntlofter^ mit hn SBieberJ^erfteOung ber fttftifd^en ^inanj»
unb ®ütest)ertoaltung. @d folgte in gleich großem @tUe bie 9leorganifation ber älrmen-
)>flege, bie @rrid^tung eined großen Spitals unb eine^ älu^fä^igeni^eimd ; toeiter bie Sleform
bed 3>omtIoßerd, in toeld^ed biele normännifc^e unb blamifd^e ^önd^e berufen n>urben,
fo ba| ber Seftanb fc^lte^ic^ bie Qa\)l 150 erreid^te, bie Steorganifation ber ^omfc^ule, 6
ber 2)ombt61ii)t^! u. f. n>. @o er^ob fu^ Santerbur^ aud @d^utt unb Krümmern oQ«
mä^Itc^ b>i^er gu einem glönjenben ^ittel))unlte nid^t nur bc^ firc^Uc^en unb monaftifc^en,
fonbem cmi^ bed geiftigen SebemS, — man brandet nur bie 92amen Ddbem, ©o^celin t)on
6t Sertin, Sobmer m nennen.
SCOein 2.^ äBirffamteit befd^ränhe ftd^ nid^t auf feine Sleftben^ unb ^iöcefe. Sie lo
umfa^ boö ganje englifc^e Jtirdf^enn)efen. 3J2it bem Sonboner ^onjtle t)on 1075 beginnt
in großem 5Kafeftabe ^ier unter feiner Seitung -bie SReformarbeit : bie Verlegung ber I)orf»
bidtümer in fefte @täbte, bie SBieberJ^erfteQung be^ f^nobalen ^nftitutd, bie SSerfelbft»
^önbigung ber geiftlid^en ®eric^tdbar(eit, bie Sinfüi^rung bed fontinentalen, b. i. ^feubo-
ifiborifd^, llir^enrec^td (ß lä^t fu^ ein beftimmter X^pud ber decreta unb canones 15
nac^tDetfen, ber bon Sonterbur^ aud in Snglanb verbreitet n>urbe, bgl. ^ölfd^ungen, 9(n«
bong), ^onb in ^anb bamit ging bie aQmö^Iid^e 9leform be^ ^loftertpefend burd^ Sin-
tü^ng ^lrei(^er tontinentaler ^önd^e, Erneuerung be^ Sigentum^erboted, ftra^ere
^onb^abiuig ber Jtloufur, Sleorganifation ^a^lreid^er Slbteien, unter benen &t. SUband,
1^ t)on bem Aönig £. gefd^entte Jtlofter, befonberd l^erbor^u^eben ift. ®erabe biefem 20
Zeile ber Steformorbeit braqte ber Srjbifc^of naturgemäß bai^ ^ik^fte ^^tereffe entgegen.
@elbß ein älnnnilt ber Sefiegten, berälnnaiift k)on ^eterborougl^, lann böiger nid^t uml^in,
i^ ab ben awurdha muneca fader and frouer banfbar ju feiern.
3tt>ed unb ^id biefer ^ö^ft umfaffenben 9ieform toar bie größtmöglid^e 9(n|)affung
bed englifd^en Jtiic^entumd in 93erfaffung, 33ern>altung, 9tec^t unb Jtubur an bie fort« 26
gef<^rttteneren Sonbe^tird^en bed jbntinentd — alfo eine 2Bieberaufna^me ber Seftrebungen
bed X^bor bon %ax\u^, an ben S. auc^ in feinem 6^ara!ter unb in feinen @d^i(ffalen
fd^r leb^ erinnert @in rabitaler Umftur} ber beftel^enben Serl^ältniffe lag jjeboc^
nif^t in 2^ 9lbfi(^t S)a^ jeigt oufd beutlid^fte feine Haltung in ber ßölibat^frage. Ob«
tDD^l ein überjeugter älni^fänger bed Jteufd^l^eitdibeald, nötigte er boc^ nur bie ^omHeriler, so
i^ ^ouen ju entlaffen. $ie verheirateten Pfarrer lie| er bagegen unbeJ^eQigt. 9tur
forbertc er, bafe fortan jeber Äleriler bei ber ©iatonat^toei^e, — nit^^t aber fd^on bei ber
Subbialonot^toet^e (®r^or VII.)— bad ^eufc^^eit^elübbe ablege. Slber er machte biefe
^rorberung, toie ed fc^eint, nur au^nal^m^toeife ftrenge gettenb (epist. 24. 25). P^a einer
allgemeinen @infü^ng bed ßölibatd ift e^ ba^er unter feinem $ontifiIate in Snglanb 86
nii^t gdommen. S)iefer toeifen 3unldf^altung entf))ra^ burd^aud feine ^olitil gegenüber
ben (Eingeborenen. 3^^^ ^^^ ^/ ^i^ ^ fd^eint, mit bem älu^fc^luffe ber @nglänber von
^1^ Air^Kn* unb Alofterämtem einverftanben. @elbft ben ^eiligen 2Bulftan Von 2Borcefter
bat er )u ftürjen verfuc^t unb eine ätnjaf^l '^htt o^ne @nabe allmö^lic^ befeitigt.
Xbcr er ^tte n)obl ßetd fe^ triftige ®rünbe für fein Siorgel^en. ^mn er toar burc^aud 4o
!ein %vx(b unb Seröd^ter bei^ engltfd^en SSotte^. @r bezeichnete ftd^ l^äufig felbft ald
Anglus unb bad englifd^e Solt atö nostra gens. @r förberte and} an feinem Zeile, aQer«
binod nic^t o^e toeife Prüfung, bie SSeref^rung ber national^englifc^en ^eiligen unb be«
toirtte, b^ in Santerbur)^ bie nationale $agtogra))^ie me^r ge})flegt tourbe, dd je guVor (vgl.
Odbem, SoiScelin von @t Sertin). 33or aUem aber trat er mit größter Energie unnü^en 46
®etixiltmaßregeln, toie ber Einrichtung bed 6arl SBaltf^eof, entgegen, unb t^at, toad er
Iimnte, um bad leibliche unb getftli^e ßtenb ber Seftegten ju mtlbem. ^ie SSoraud-
fe^una \üx biefe großartige unb toeife Sleformpolitit toar bie mad^tvoDe Stellung be^ Erj«
biff^ofd in Jtircf^e unb Sleid^. Seit bem Zage Von SBinbfor toar er unbeftritten näc^ft
bem ilöntge ber möc^tigfte SJtann (Snglanbd. ^n lirc^lic^^en Slngelegen^eiten toar fein go
SBiOe gerabe)u oudfc^laggebenb. S)enn ed fd^eint, baß Jlönig SBill^elm, ber feit 1073 foft
immer btm^ Jtriege auf bem Jlontinent in 3lnfi)ruc^ genommen toar, il^m hierin Volle.
%t6!^ ließ. 9lber aud) in toeltlic^en fingen toar er ber vomei^mfte Statgeber bed ge»
toaUgen prften. So oft SQSil^elm über See ging, betraute er 2. mit ber SSertoefung
bed Swäfi, j)enn er toar überzeugt, baß ber lombarbifc^e 3Rönc^ aud^ biefem fc^toeren 56
Slmte getoac^fen fei, unb bie Setoältigung be^ großen äufftanbe^ von 1074 jeigte, baß
er fi(^ nid^t toufc^te. jtein (Sr^bifd^of Von Santerbur^, barf man fomit be]^au))ten, ^at
eine fo^e äRoc^tfteUung in ßnglanb eingenommen, tote ber lombarbifc^e ^embling, aber
loum einer, mu^ man ^in^ufügen, befaß aud^ in fo ^o^em 3Rai^ bie natürlichen @aben
bcd äkgenten unb Staatsmannes. eo
254 Soitfrattl
9nietn bem S^rgehe S.d genügte biefe tm))omei:enbe ©teDung nod^ nVfyt: fd^on im
^al^e 1072 erl^ob er 3in\pxui) auf ben Primat ntd^t nur über Qarn Sritomiien, fonbeni
auä) über ^rlanb, epist. 5, p. 24. @r benü^te ba^er tuol^l feinen Sinflu^ auf bie
irifd^en SJiönd^e in (Santerbur^ unb in 6t. Sllban^, um bei ben Oftmönnem Don S)ublsn
6 Santerbur^^ 9(utorität jur Slnerlennung ju bringen, unb berfäumte bann nid^t, bie neue
äierbinbung gu })f{egen unb ben irifd^en Jtönigen Jtird^enreform nad^ rümifc^em 3Rufta
an2uem))fe^Ien. 3)agegen gefd^al^ e^ n>ol^l ol^ne fein S^Ü^^n, ba^ bie jlöniain ÜRorgarete
t>on @(^ottlanb ftc^ t^n }u i^rem geiftlid^en SSater ern>ä||lte unb il^n erfudpte, ü^ einen
@e^tlfen für bie beabfid^tigte Jlird^enreform au fenben. @o erlangte unter S. Sonterburl^
10 borübergel^enb in @c^ottlanb, bauemb in ^xlan\> unb aud^ in SBaled Sinflu^. 2)er ^CUeC
eine^ $atriard^en bon gam Britannien unb ber benad^barten ^^f^^^» ^ ^^ ju jener
3eit tt>of)l ^uerft bem Srjbifc^of beilegte, ' fd^ien bamatö mirtlic^ nid^t blo^ ein ähiftrud
})^antaftifd^er Hoffnungen unb fübner l^ierard^ifd^er Iräume ^u fein.
^e me^r aber £. in bie Slotle eine^ $rima^ bon ganj Sritannien fid(f einlebte,
16 um fo lü^Ier toarb fein SSerl^ältni^ )u ber ^urie. äUesanber II. I^atte i^n ftetd befom
berd au^ejeid^net, i^n ju feinem 93ttar ernannt, ja bie älbftd^t gel^egt, i^n }um Jtorbtnol
ju ergeben, epist. 9 p. 31. @regor VII. ftanb bagegen t)on 9(nfang an bem @rjbif(^of
nid^t fo nabe, unb feine off entunbige SSorliebe für Serengar, fein anmo^enber %on, feine ^o^
fal^renben SOSeltl^errfd^aft^Iöne toaren nid^t ba^u anget^an, il^n S. nö^er ju bringen. 9Bd>er
20 ba$ @regorianifd^e Sölibat^efe^ noc^ bad ©regorianifc^e 3m)efHturt)erbot fyit 2. iemoß
k)ertünbet, — ba« (entere nic^t, toeil er fc^arfblidenb genug toar, bie 3)o)))yeIfeitigleit be^
bifc^öf lid^en 9(mte^ )u ertennen, ftreng jtoifd^en feodum unb episcopium unterfc^ieb unb
in ber feubalen @teQung ber $rälaten bad Sefe^ung^rec^t ber Jtrone au^i(^enb be»
grünbet fanb. ^toetfeUo^ nid^t ol^ne feine 3uftimmung l^at bann ca. 1080 Jldnig SBill^m
25 @regor ben Sepen^eib bertoeigert, unb jtoeifeQod aud 3(bneigung gegen ben p&p^üfca
3)ed))otidmu$ l^at er felber fo lange gezögert, @regor^ @inlabungen ober Dielme^ Sor«
labungen ^olge )u letften. SJtan gewinnt ben beftimmten (SinbrudE, ba^ er nur no^
auf einen })affenben 3ln(a^ toartete, um mit bem gregorianifd^en $ofe ju bred^. 3)er Sbilaft
tam mit ber Eroberung ^omd burd^ ^einrid^ IV. Sll^balb trat er nun mit bem %U/m
80 ber SOSibertiner, ^ugo bem SOSei^en, in SSerbinbung. 9(ber bie Unterl^anblungen beniefen
im ©anbe: Snglanb blieb neutral in bem ^mj)fe ber Parteien, — entfd^ieben bie be^e
?PoIittf, bie e« befolgen lonnte, bgl. Siebermann in Historical Review 62, p. 322 ff.—
^n ben legten ^al^ren feinet Seben^ blieb aud^ biefem ©ünftling bed ®Iüded Summa
unb ©nttäufd^ung nid^t erf^jart. ©ein großer ^eunb, 2Bil^eIm ber I., ftarb am 7. SetJ^
86 tember 1087. SBilf^elm II. aber lol^nte mit Unbanf bie 3^reue unb Snergie, mit ber ber
?Prima^ bei bem a;bronh>ec^fel für i^n eingetreten toar: er lie^ 2. beutUd^ mcdm, ba(
bie ^zxi feinet Sinfluffed Vorüber fei. ©d^toererem tourbe ber @reid rechtzeitig bun^ einen
rul^igen 2:ob entrüdt, am 24. ^ai 1089 : bie (e^te, aber nid^t geringfte ®unft, toeb^
ba^ ©lüdf tl^m nod^ getoöl^te.
40 28ürbigung:^n bem betoegten ®ange biefed Sebend, in bem jebe lritif4^ Sßem
bung bod^ fd^lie^lic^ einen ^ortfc^ritt ju l^öl^erer unb breiterer SOSirifamleit be)eid(^net, f))iec
geln ftc^ ber ßl^arafter unb bie Begabung beg SRanne«. ©r ift nad^einanber Igurift, 9Rön<^,
Se^rer, ©ele^rter, Ideologe, Äird^enfürft unb ©taat^mann getoefen, unb er ^ in lAem
biefer Berufe §erborragcnbc^, ja äu^crorbentlid^e^ geleiftet. ®tne ungetoöl^nlic^e Siel*
«feitiglcit ift fomit ein bemerfen^merter 3^9 feiner geiftigen 5ß^^fiognomie. aber biefe
Bielfeitigteit barf nic^t überfc^ä^t toerben : am bebeutenbften toar er bod^ aü l^urift vaib
^Politifer. SDic 2lnlage ^n beibem mar tl^m al^ bem ©ol^ne ber großen lombarbifc^
^uriftenftabt, aU bem ©brögling eine^ ftarf Oon ^olitifd^cn unb f oktalen ^öm))fen betoegten
©emeintoefen^ gleic^fam angeboren. 2lber nur in ber Sugenb unb in öoKem HRa^e erfl im
60 ällter l)at er biefe feine ftärfften Talente betl^ättgen fönnen. 3Sa^ ba^toifd^ liegt, feine
Sel^rti^ätigfeit, feine bogmatifc^en Äämi)fe, feine t^cologifc^e S^^riftftellerei, ifi bemgem^
mei^r ate eine 6j)ifobe in feinem Scben anjufe^en, obmo^I bereit« bie ^^tgenoffen il^
öor allem alg ®eleH^; öl^ SDogmatiter, gefc^ä^t l}abzn. — SBa« feinen t)erfönlt(^
Sl^aratter anlangt, fo befag er burc^au« bte 2^ugenben, aber auc^ bie ^l^ler bed ©taol^
66 manne«. @r toar ru^ig, )ä^, freigebig, auc^ treu, aber er fc^eute £tft unb Süge ni(^t,
toenn e« galt, grofee ^totdzjti erreichen.
©d^riftftellerei: aSie ate ßl^aralter, fo ftel^t 2. aud^ al« S^riftfieffer toeit
unter feinem großen ©d^üler unb 9{ad^folger ätnfelm. Pauca ingenii monimenta
reliqult, jagt fc^on SOSill^elm t)on ^alm«bur^, unb biefe toenigen monimenta finb
eofaft oudna^mäo« ©elegenl^eitdfd^riften. (Sr^alten fmb: 1. ber über de corpore et
Soitfrattl Sang 255
sanguine Domini contra Berengarium. ^ai SOSerl jerfäDt in ^toei $au))ttetlc,
einen t)olemif(l^ c. 1—17: SBiberlcgung bcr bon SSerengar totbcr $umbert bonüRo^cn-
numtier unb bie römifc^c Rird^e etl^iobencn S8orh>ürfe, unb einen bogmattfd^en c. 18—23 :
)>ofititoe Searünbtmg bet bulgör-lat^olifd^en 3lbenbma^(dle^re. S)te ^olemit 2,i ift flein^
Itc^, robulipifc^, une^Iid^, feine bogmatifc^e S)arlegung arm an neuen @ebanlen. 3tnx 6
infofem gel^t er über feine SSorgänger l^inaud, a(d er eine 9tie^ung be^ £eibed unb
Sluted 6$rifti aud^ feiten^ ber improbi annimmt, ^n ben ^rucfau^aben enthält bad
aSer! ©. 151 f. einen ^Paffu« über bie römifc^e ©^nobe bon 1079. aber jener 5ßaffug
iß ftc^ f^ered (Sinfc^iebfel : er fel^It in aüm mir belannten alten $anbf4iriften. ^n
SEBo^^ ift ber liber ibentifd^ mit ber epistula, bie S. nad^ feiner eigenen älngabe lo
epist 5 p. 27 ol^ Slbt bon (Säen an S9erengar richtete, b. i. er ift berfa^t jtDifd^en
^mi 1066 unb äuguft 1070, genauer 1069 ober 1070 (bgl. bie SSricfform unb
lilalmdbur)^ a. a. O.); 2. finb auf un$ gefommen £.g decretales epistulae, b. i.
ein %tiL feiner Äonef})onbenj au3 ber Qtxt feine« Primate« 1070—1089; 3. baö
scriptum de ordinatione sua, b. i. ein 9luffa$ über feine ^äm))fe mit ^l^oma« 1. 16
)Hm|)ort, berfa^t tool^l nad^ 1075 unb bor 1087, ebiert jum erftenmal unter £.«SRamen:
Sdl^mer, ^fd^ungen, Slnl^ang; 4. bie statuta ober constitutiones be« S)om{(ofter$
tyon (SonterourV, berfa^t bor 1084. ^ie« 9Berf jerföUt in jtrei Xeile; ber erfte entj^ölt
bie Sgenbe, ber jtoeite l^nbelt bon ber ^au^orbnung unb SSerfaffung be« Softer«.
£e|tercr fttmmt )um guten ^^eile to5rtIid^ mit 93em^arb« Ordo Cluniacensis überein, 30
ed. Herrgott, Vetus disciplina monastica p. 134 ff. (Sntmeber ^at aljo £. 93em^arb
bhrdt 6enu|t ober Sem^rbd DueQe au^efd^rieben. dagegen jeigt ber erfte 2:eil eine
ouffäOtge ^ertoanbtfc^ mit ber concordia regularis 9(et^elh)oIb« bon SOSind^efter.
p$r bie ^enbe l^at alfo £. tpal^rfd^einlid^ eine englifd^e DueDe benu^t. — @e^
niT) unb unbebeutenb ftnb 5. ber libellus de celanda confessione, ein Xraltat25
über bod Seic^tge^eimnid ; 6. Sermo sive Sententiae, eine Überfielt über bie SJtönc^
p^idfUn; 7. bie Annotatiuncnlae ober ©loffen ju 6afftand Ck)llationes. — 3t\6)t
kH)n 2. berfo^ finb bie in ben Slu^aben mitabgebrudte oratio in concilio habita, unb
bod Eluddarium, bgl. ben 21. ^onoriu« bon Slutun Sb. VIII ©. 330, 11. — Sejtoeifelt
tanrb 8. bie @d^t^t ber ®Ioffe m ben ^aulu^briefen. 3^^^ ^^^ ^- ^^^ f^^4^ ©loffe 90
k>etfa|t fyxt, ftebt feft. 9lber nad^ @igibert bon ©emblou^ l^ätte er bei ber Slu^legung
bie bialeiEtifc^ ^et^obe jur älntoenbung gebrad^t. S)abon finbet ftc^ nun in bem ge^
bructten Jtotnmentor teine ®f)ur. 3Jtit^in ift enttoeber @igibert« älngabe falfd^, ober ber ge^
brudte Jtommentor ift nid^t ber itommentar S.«. ÜJlabiQon entf^ieb ftd^ für bie le^tere
StdßUc^Ieit ; benn er lannte nod^ einen Jlommentar, ber @igibert« 6l^arattertftil ttit\pxa6), 86
unb ben er 2. jufd^reiben ju bürfen glaubte, älber biefe älnfic^t ift !aum jutreffenb.
^(^ fonb ben gebrudtten Jtommentor unter 2.« SRamen in einigen ^anbfd^riften, beren
3eugnid tbegen i^ äßterd unb ii^rer ^ertunft ntd^t überhört n)erben barf. ^d^ l^te
ba^ ben gebrudCten Kommentar für e^t. — SSerloren ober berfd^oDen fmb folgenbe
2. beigelegte SBerte : 1. de sacramentis excommunicatorum, $rüfeninger SSibUot^ef^ 40
fatalog bon 1347; 2. nonnulla scripta contra Berengarium (@igibert bon @em«
blmtc SReller Snon^mud, beibed nic^t burc^au^ glaubmürbige @etoä^r^männer) ; 3. laudes,
triumphi et res gestae Wilhelmi comitis (@igibert bon ®emb(ou|, Xrit^eim, SSaftle«
^eon^olb; ob nit^^t eineSertoed^dlung, bielleid^t mit bem SBcrfe ®uibo« bon Slmien« ?) ;
4. historia ecdesiastica (Sobmer, too^l ibentif^^ mit bem scriptum de ordinatione.) — 46
Xte @<^rtftfteaer ^t fomit 2. nid^t fonberlidj^ biel geictftet. 5Wa^f^aItiger l^at er aU 2e^rer
gekmrtt ^toax eine t^eologifc^e @(^ule l}at er nic^t begrünbet unb nid^t begrünben töm
nen. S)enn er ttHtr old ^ologe nod^ ju fei^r Epigone, Spigone ber Jtarolingerjeit : ed
taribcrfbrebte i^m, t^eologifc^e Probleme bialeftifc^ ju bel^anbeln. @ein bebeutenbfter t^co^^
logifd^fer QdfOkt, 9lnfe(m, bat bal^er frü^e fd^on eigene äSege eingefd^Iagen, er ift in ber 60
SRet^bc me^ Serengar gefolgt, aU 2. ©tärfer M ^' toa^rfc^einlid^ aU juriftifc^er
2e^r€r getotrft @d ift glaublid^, tocnngleic^ nic^t nad^jutoeifen, bafe er in See tano«
mfbf4^ Unterrid^t erteilte : 3bo bon G^artre« toar fein ©d^üler. 3)a« 2ob, ba« man 3;bo
f)>enbet, aebü^ bo^er bieDei^t jum guten Steile 2. Son 2. rül^rt loo^I bor attcm bie
belonnte 2dfung bed gnbeftitur^roblemd l^er, burd^ bie ^bo fo berühmt getoorben ift. 66
^« Signier«
Saug, ißtxnxxä), geft. 1876.
^föxmd) 2an^, ber feurige 93orfäm))fer ber freien Stic^tung in ber })roteftantifd^en
AbR^ bcr 6(^toet) unb (saq 2)eutfd^lanbd im britten Stertel bei^ 19. ^ol^rl^unbertd,
256 Song
n>urbe geboren ben 14. 92ot)ember 1826 ju »^ommem, etnetn ®orf auf ber \dft»äb^d^
W> (SBürttemberg) aU bad iüngfte bet ai)t Itinber bed bortigen £)rtöt)fanerd, itnb boUto
in ber ib^Difc^en Sinfad^i^eit unb gefunben äUmofpl^ eined tuo^Igeorbneten lonbliAeii
$f arrl^aufed, tute in ber t)om geinten ^al^re an befud^ten Soteinfc^ule in @ul) am 3ltttax,
6 l^ierauf in bem nieberen @eminar im el^emaligcn Jtlofter ©c^öntl^ unb t>om oc^e^nten
^o^re an im tl^eoIogif(^en Stift ber Uniberfttöt Tübingen eine glüdHic^ ^^enbgett, bte
er felbjt in ber £ei)))iger Gartenlaube (^a^rgang 1875) unter bem Xitel ,,9id ivxB^todU
be^ $fanamtd'' einläf^Iic^ befc^rieben l^at. ^urc^ ^milientrabition unb Segabung auf
bad @tubium ber Xl^eologie l^ingen>iefen, ertoarb er fic^ unter ber ftrengen Qudft ber ge>
10 nannten beiben Dorbereitenben Bd^uita bie }um SSefud^ ber ^oc^fd^ule unb %ux Xtifno^e-
ind @tift geforberte tüchtige, h)enn aud^ aD^u übern>iegenb ^umaniftif(be SSilbung, bie i^n
mirllic^ in ben @eift bed IIa(ftfd^en 9(ltertumd einfüge, nni^renb er für bie Jlemitnid Us
beutfd^en jtlafftfer unb ber jeitgendfftjd^en beutfc^en £itteratur auf feine eifrig betridbene
^ritKitleftüre angeh)iefen tuar. ^ie fo in i^m gemedte Steigung gur $oe{te unb Jtunji
16 tiKirb in X^ingen burd^ bie SSorlefungen Sifd^erd jur ^en SS^eifterung entflammt,
tDogegen ber getDö^nlid^e 5toI[egienbefud^ mit feiner langfamen 3(neignung bed t)i>rtiimeiis
n>eife jugemeffenen n>i^enfd^aftlic^en Stoffel i^m n>enig jufagte. SSon einer romontifc^
@(^n>örmerei unb ibealiftifc^en uberftiegen^eit, in bie fein ^o^fgeftimmted ®tmM fu^ ffir
eine 3^^ ^^ berirrt ^e, !am er bolb tuieber gurüd, um fu^ nun mit tiHXC^em ®e$e
30 ben emften Problemen ber $^Uofo))l^ie unb X^eologie )ujun>enben. 9lud einem in feine
^önbe geratenen @ef(^i(^t!^l^eft bed frül^eren 9tet)etenten unb fpöteren Uniberfttätdlonglert
Mmelin mar ü^m fd^on im Seminar bie ©runbibee ber ^egelfc^en ^I^Uofo^^ie, boS gonje
Uniberfum atö einen einheitlichen geiftigen Sntmicfelung^roje^ auf^ufoffen, toie ein pdM
Sid^t aufgegangen unb beftimmenb für bie ganje Slid^tung unb n)ettere @ntfattung fetncS
26 ^en!en$ getuorben. S)agegen lernte er bon Jtant tuo^l bie Solibitot, @(^ärfe, md^tem«
l^eit bed berftänbig-fritif^en 9lefleftieren^; aber auf bie ®auer tmmodfit i^ btefer mit
feinem ^ormalidmud, 2)ualidmud unb älgnofticidmud in Se^ug auf bad fiberfinnlic^ ni^ft
ut feffeln. 3(ud^ bon ^egel inbeffen entnahm er nur bie ein^eitlid^ SBeItan{<^uimg ber
^mmanen) im großen, h)ie fie in^befonbere aU bie in ber natürlidj^ @ntb>tdtduna^
80 gef(^id^te bed menjd[^lt^en @eifted ftc^ boHgie^enbe Offenbarung bed göttlichen ®eißed fi4
barfteQt, ben objettiben ^beali^mu^ im allgemeinen, bie ^^enbem, bom ®eift toxdüaf geifüg
ju beuten, ol^ne i^m in ba^ Sab^rint^ jeiner abftratten S)ialdnil ju folgen ober mit bem
ferneren Slüftjeug feiner Terminologie ftci^ in belaben.
älDein jugleic^ religiös erlogen unb geftimmt, h>ie er toar, obfcbon er bon ben am
86 gelernten {trd^ltc^en Se^rformeln ftd^ mel^r unb me^r lo^elöft l^aüt, tonnte er bo<^ nic^
fo toeit ge^en, toie bie jjung^egelfd^e @c^ule eine^ ^euerbac^, 9tuge u. a., toelc^e bamatt
auf bie ^ubierenbe ^ugenb großen ßinflu^ übte, tonnte nid^t bon ii^r jur @ntfrembung
bon Sleligion unb S^riftentum berleitet toerben. ^ierbor beh>al^rte i^n aud^ bie Sdonnt»
{c^aft mit @d^letermad^er, bon bem er lernte, bie äleligion aufjufaffen old bad S^^^ unb
40 ßrfa^ren be^ @toigen im ^erjen, aU ein @emüt^ unb Seben^er^ältnid bed 3KenJtten )tt
®ott, ba^ afö fol(|e^ unabhängig bon ben ^entformen bed ^^teHettd, bon ben S)ogmen
ber ^^eologie toie ben Srtenntniffen ber $^ilofoi)^ie, auc^ niemals bon ben leiteten yx*
ftdrt ober abgeldft h>erben tonne ali bon einer bermeintlid^ l^öl^eren Stufe ber Qrtttoxdt»
lung, eine @infu^t, bie ftc^ bei i^m mit ber bon ^egel begrünbeten äBeltanfc^auung um
46 fo frieblic^er bertrug, al^ auc^ Sc^leiermaci^er mit bem ©ebanten ber göttlich ^mmonen)
mjammentraf in feiner Se^re, bag ber ^{aturjufammenl^ang unb bie äBirIjamteit (Sottet
fic9 i^rem Umfange nai} betfen, ba^ bie SleUgion auf teinem $untte Urfad^e ^obe, ein
öugerlic^ed, tounber^afted Singreifen @otte^ in ben SGBelt^ufammenl^ng anjune^men.
S3ei btefer 9lic^tung feinet @eifted tonnte er in bem großen t^eologifd^en llam))fe,
60 ber gerabe bon Tübingen aud burc^ Strauß, Säur unb bie um le^teren gefd^rte Xübingcp
fc^ule ftc^ entfacht ^atte, über feine Stellung nic^t im ß^^^f^^ f^^^* ®^ ^^ rüdtl^luot
auf bie Seite ber freien ^orf^ung, bolljog mit Strauß alle negatiben Jtonfequenjjoi ber
))l^ilof o})l^ifc^en unb ^tftorifd^en Kritit gegenüber benSBunbem unb überbemünftigen 2)ogmcn
be^ überlieferten jttri^englaubend ; er folgte mit @ifer ben ^orfc^un^en Saurd auf bem
66 @ebiete ber urc^rtftlic^en Sttteratur unb ber c^riftlic^en ^ogmengefc^td^te old eined not«
toenbigen, nie rul^enben ^rojeffe^, in melc^em bad d^rtftlici^e Seh>u^tfetn feinen abfohlten
gnl^alt in ben ü^m gegebenen 3)entformcn ju egjlijieren unb ju erfc^öpfen fuc^t — oU
ber natürlichen @nth)icfelung^efc^tc^te be^ reltgtöfen ^rinji^y^ ber ^d^riftlic^ ®emetm
f Aaft — , ein ©eftc^t^puntt, melc^er ebenfo berftänbntdboD bie einzelnen S)ogmen noc^ t^rem
60 bleibenben äBa^r^eitdlem )u toürbigen, old eine freie Stellung )u i^nen )u geftatten ber^
ßaitfl 257
SUIetn mitten in biefec freien ^orf(^ung unb i^rer unerbUtlt(^en Jlritil betool^rte er
\>odf bod religiöfe ^ntere^e, bie religiöfe Segeifterung, unb füllte ftdb immer nod^ jum
^6^\d^ Serufe mit feiner tbealen Seftimmung i^inae^ogen unb beföl^igt. 916er toeil bie
tamrttembergifc^e Sanbedtird^e eine fo entfc^ieben freie iKic^tung ebenfo entfc^teben beläm))fte,
unb Song um leinen $reid ben Eintritt in i^ren 3)ienft mit bem Opfer feiner Überjeugung 6
erlaufen tDoDte, fo gebac^te er jtoar feinen @tubiengang in regelrechter äBeife mit bem
tl^Iogifc^en @(amen objufc^Iie^en; bann aber jic^ t>on biefer Jtirc^e ob- unb bem Sel^r*
foc^e {ujutDenben, um tpo möglich eine pl^ilologifc^e ^rofeffur jid^ ju ertoerben. @r beftcmb
beitn ouc^ im Sluguft 1848 bod @£amen rüj^mlt(^, mitten in ber politifc^en Setuegung
unb Shtfregung biefer 3;eit, bie mit ben übrigen @tubierenben auc^ i^n ergriff unb ju lo
lebhafter S^^ätigfeit inlßort unb Schrift für eine freiere, ja bemolrotifc^e ©eftaltung
3)eutf(^lanbd ^inri^ SUIein bolb betpog ibn bie ®efa^r einer ))oU5eilic^en Unterfuc^ung,
bie i^ tDegen feiner 9iebe an einer ^o(Idt)erfammlung in Steutlingen für älbberufung
bed gh^onlfurter ^^(amentd unb bie @infül^rung ber beutf c^en 9ie})ub(il brol^te, fu^ fd^Ieunig
nac^ ber @(^kDei) }u begeben, unb reifte in t^m ben (Sutfc^Iug, l^ier einen äBirlung^Irei^ i5
für ft<^ }u fuAen.
(Sx fonb biefen fc^on im 9lobember bed gleichen ^al^red in ber ®emeinbe äBartau
im Jtanton @t ©ollen, tpo eben bie ^farrfteQe knilant geworben toar, nac^ älblegung
bed lontonolen ))^UoIogi{c^en unb tl^eologifd^en @{amen^ unb erfo^tef SBc^I burc^ bie
®emetnbe. $ier verlebte er 15 ^ja^re glüdlic^er unb befriebigenber SSirtfamfeit unb grün« 20
bete 1852 feinen eigenen ^au^ftanb burc^ Serel^elic^ung mit Sonftantia @uter, berXoc^ter
eined fcüJ^eren $faner^ t>on äßilb^aud, bem Geburtsorte 3^^^0l^^f toelc^e i^m toö^renb
etned 24ia^igen S^tanbeS 5 Jtinber, 8 SOtäbc^en unb 2 jlnaben gefc^enft ^t.
^ btefem erften ))farramtli(^en ^iriungSlreiS reifte Sang unter emftlic|[en @tubien
)um t^eologtfc^{tr4f(ic^en @4^riftfteQer l^eran. ^uzt\i erfc^ien t)on il^m eine !(eine Samm« 26
lung k)on $rebigten (1853, @t. ©allen, @{^eithn unb 3<>'Ii^<>f^)r ^^^ ^^^^ SetoeiS lieferte,
bo^ ber Irttifcb freie Xl^eologe o^ne Verleugnung feinet @tanb))unfted boc^ erbaulich unb
DoU^mlic^, felbfi t)or einer länblic^en ©emeinbe ju reben Derftanb unb ber ))rattifc^s
tin^lic^ Z^ötigleit mit i^rem 3Rittel))un{te, ber ^n)el, ebenfo eifrig guget^an toar, toie
ben t^logif(^ Stubien. Se^tere aber trugen i^re erfte bebeutenbere ^ruc^t in feinem ao
^,Serfud^ einer c^fUic^en Dogmatil, allen benlenben (S^riften bargeboten", 1858, 93erlin,
(Seorg sleimer, in 2. Auflage erbeblic^ Deränbert unb erweitert 1868. $ier legt Sang
in fbceng tanffenfc^Ktftlic^er unb hoq jugleic^ jebem ©ebilbeten Derftänblic^er §orm, unter
SBeglaffung bed ^erfömmlic^en toeitföufigen gelehrten Slpparatd ber Sibel- unb Airc^en-
läfK, bie ®runb)üge feiner religiöfen Überzeugung fotoo^l nac^ i^rer pofttiüen aU nega« 35
thien @ette bor: bad Sbriftentum nic^t veraltet unb hinfällig getooroen mit ben un^alt«
baren t^Iogifdben äSorfteUungen, burc^ toelc^e fein religiöfed HSnnji)) in bad @ebiet bed
refkbtcrenben äSerflanbed )u ergeben t)erfuc^t toorben ift, nic^t übermunben t)on ber „im«
numcnten S3eltanf6auung'' ber ©egentoart, fonbem nur bebürftig einer reineren unb ric^«
tigecen bentenben Verarbeitung biefeS ^rinait)^ an ber $anb ber reichhaltigen ÜJlittel ber io
fortge(<^rittenen l^eHtigen SBiffenfc^aft. 3)iefed ^ißringi)) ift !ein anbered ald bad ber @eiftig«
tat im (Segenf^ HU ben ^eibnifc^en 92atuaeligionen unb ber ©otteSKnbfc^aft im @egenfa(
}ur iübifc^ @e{e|^religu)n. So ergiebt fic^ für bie ^ogmatif eine neue (Einteilung
unb 3Ret^be, bie man $rin2i)>almet^obe nennen tonnte: I. 'Xeil: 2)aS c^riftlic^e ^rinjip
noc^ feinem ®runb unb 3Befen, ald unmittelbar religiöfcS — unb baefelbe nac^ feinen 46
t^feor^fc^ Soraudf e^ungen ; IL 2^eil: ^aS c^riftlic^e ^rinji)) in feiner gefc^ic^tlic^en
SermitteCung, mit ben brei äObfc^nitten: über bie jtirc^e aU baS gefc^ic^tltc^e ^ebium für
bie Sertmrlw^g biefeS $ringit)d aU beS (SüangeliumS ^efu S^fti mit i^ren '})titteln
ber Stnt)flan}ung bedfelben: bem SBort ber Schrift CJteuen SeftamenteS), ber 2)arftelluna
ber ^erfon imb bed SebenS ^efu, ben f^mbolifc^en ^anblungen (Sahamenten) ; enblicp so
III. ZetI : 3>ad c^ftlic^ ^rinji]^ nac^ feinem 3^^ ^^^^ 3^^I — für baS ^nbiüibuum
bod etmge geben, für bie ©efamti^eit bad 9ieic^ (Sottet. — ^m I. Zeil melfac^ an
Si^leierma^Kr an{nü))fenb unb erinnemb, aber ben Determinismus entfc^icben able^nenb,
b>eu^t 2. t>on bem getoöl^nlid^en SSerfa^ren ber 3)ogmati{er am auffauenbften barin ab,
ba| er bie Se^ »on ber @ünbe unb Srlöfung junäc^ft obne Sejie^ung auf bie $erfon u
3cfu be^onbelt, ben SEBeg burc^ biefelben als einen SnttoicielungSprojel barfteUt Don bem
anfänglich unt)oIIIommenen unb unangemeffenen 3uftA>^i>^ ^<^ blof[en 9{atürlid^feit ober
ha unmittelbaren (Einbeit Don (Seift unb 92atur (ber natürliche 3)2enfc^) burc^ bie ÜJlittel«
^ufc ber (Snt)ta>eiung beiber unter ber (SrtenntniS beS Sittengefe^eS unb bem Setou^tfein
ha 6finbe (ber gef^ic^ üRenfc^) )u ber @tufe ber 93erfö^nung Don ®eift unb 9iatur, eo
■■■I gfgnoiimt fic xicoiotu »ib fite^ 8. ft II. 17
^8 Sang
@ott unb ^enfc^ im Seben bed ©etfte^menfd^en, bem bad göttlid^e ©efe^, bod ®ute m
h)o^nt atö ^eil. ©eift, ald bie ^aft )u ollem (Suten, ja (Sott felbft old bk fu^ mttteUenbe
äSatecßebe, tpeld^er f^ortfc^rttt unb 3(bfci^(ug be^ fUtltc^en 2Am9 borum ebenfo fe|nr ob
@r(öfung be^ ^tenfd^en burd^ ®ott t)ermö0e bec @r^ebung jut ©ottedfmbfc^foft unb %ris
6 l^eit ate bem aOein befeltgenben $rin)t)> ober Sebendt)er^!mtnvS erfd^eint. ^m II. xelle
tritt bec ©egenfo^ ju bcr ^ertömmlic^en S^ogmotit, and) bec bec SSecmittelungdt^coIogie
unb bec i^c no^efte^enben Seite bec freieren nod^ me^r m Sage in bec Qfypf^toMt, too
bie Sebeutung bec$erfon ^jefu jtoor überaus ffoä) angefcplagen toirb, infofem in t^m boS
d^riftlid^e $rin)it> t^erfönlid^e, ba^er ftetd religiöfe ^erfönlid^Ieiten nad) ftd^ bilbenbe ©eflofi
10 getoonnen f^at — toie benn bie Sebeutung be$ ©ef^idfttlid^en in bec Sletigion eben bcorin
beftel^t; celigiöfen SBol^i^eiten nxd)i Setoei^fcaft füc ben SSecftanb, ober belebenbe Araft
füc bad ^ec) unb ben SBiDen ^n t)erleil^en — , babei ober bodff feine ^ecfon bon bem
^eil^))rimi)> felbft ftceng unterf^ieben n)irb. Unb n\d)t minbec (^rotteriftifd^ ifi ffir feine
Dogmatil bie rücfl^altdlofe Jlonfequen), mit toel^er fte iebe immer mel^ ober tami^
16 miOIücIici^e bogmatifd^e Konftruttion ber $erfön(ic^Ieit unb bed Sebendbitbed gefu bertoicft
unb für bie Srtenntnid berfelben auf bie unbefangene ^iftorifd^e ^orfd^ung otö ben einjig
rid^tigen 3Beg l^inn>eift. Sei biefem II. Xeile ift übrigen^ auc^ bon fel^ no^efk^enber
@eite bei auer Übereinftimmung in ber @ac^e ber SBunf(^ laut getoorben, S. ^ätte pa
^er^ütung bon 3Rigberftänbniffen unb SRi^beutungen bie toenn auc^ nur &ugertt(^ Soram
ao fteDung ber Jürc^e t)or ber $erfon Igefu Dermieben.
^e^r über ben Jlrei^ ber 2:^eo(ogen aud^ in bie Saientoelt l^inein brong Song^
nä^fte Sd^rift: ,,@in ®ang burd^ bie cpriftUd^e 3Bdt, Stubien über bie Snttoid^ng btd
(^riftli4>en ®eifteg in Sriefen an einen Saien", 1859, Serlin, ®. Keimec — txkUft m
g^brängter Aürje unb farbenretc^ 3)arfteSung eine Snttoidtelung^efc^ic^te ber c^rißlic^
26 irleligiondlel^re unb @tl^it t)on i^ren äln fangen bid gur ©egentoart nac^ i^ren fy^
momenten bietet.
3u ber gleid^en QÄt eröffnete fw^ Sang ein reid^eS JJelb regelmäßiger ßttecactf(^
^ätigleit, inbem bie feit Siebecmannd auftreten in ben t)ier)iger 3<^$^ V^ ©dümg
gekommene liberale Stiftung in ber Xl^eologie unb Jtirc^e ber beutWen ®(^tt>ei} noc^ bem
80 ©ingel^en il^re« erften Organa, ber „Äird^e ber ©egenhmrt" ba« S3Aürfni« eine« neuen
em^fanb unb für bie al^ fol^^e^ gegrünbeten ,,3^^^^^^^^ ^^^ ^^ reformierten Stn^
ber ©c^loeij", (1859—1872) Sang bie Slebaltion übertrug, ©einer unöerjieglic^en ?Jcos
bubion^fraft unb «Suft, feiner fnfd^en unb tü^en t^ber, feiner ®abe, bie Stefultote
h)ifjenfd^aftlic^er ^orfc^ung in gemeinöerftänblid^er unb genießbarer gorm borjulegcn, tm-
86 banite neben Siebermann^ tiefgrünbigen Seitrögen bad Slatt l^au})tfä(^li(^ ben großen
9lnllang unb @tnfluß, ben ed bei ber ©eiftlid^Ieit unb in Saienireifen getonrnn, unb bini^
ben e^ ein 2Befentli^ed baju beitrug, baß biefe Slic^tung ftd^ aSmäl^li^^ bie ©leic^bece«^
tigung mit ber ort^obo^en unb t)ermittelnben, in einzelnen 5{antonen felbft bad Übecgeloic^
errang. 3Son ben größeren Sttbl^anblungcn Sang« in biefer 3^itf(^rift fei nur biejenige
40 über „bie mobeme SBcltanfc^auung" 1861 ertoäl^nt, bie n>eaen ber rücf^lt^tofen Dffai^,
n)omit fte ben burc^göngigen Unterfc^teb jtotfd^en biefer auf bem lot^emilanif^en &tßm
ru^enben unb bem bibltfd^-fird^lic^en SSeltbilb mit feinen fupranaturalen Sorftedungen
Don ^immel, $ölle, 2Bunber, ®ebet u. f. h). bttt>oxf)oi unb bie Jtonfequenjen für unfm
l^eutigen religiöfen unb ^um 'Xeil auc^ ftttlid^en Segriffe l^ierau« 30g, Dielerort« ©taub
46 aufloarf unb teilloeife fc^arfe (Srloiberungen in gegncrifd^en Äirc^enbtöttem ^ert)orrief, We
nic^t minber fd^arf, mitunter noc^ fc^ärfer abgetoel^rt tourben. gft e« aud^ utjugeben, baß
S. in feiner Seftreitung bed fu^ranaturalen SBeltbilbe« bie alte {irc^lic^e ^iorftedung tu
fe^r bei il^ren JlonfequengeU; bie fte bei i^rem betoealic^en, flüfftgen Si^aratter nid^t iie(ft,
behaftet unb ba« Steltgiöfe unb S^riftltd^e feiner auf ®runb be« neuen SBeltbilbed ftcp er>
60 gebenben ©teDung ju @ott unb SOSelt l^ier nur angebeutet, nic^t bargefteOt fyd, fo ip
bod^ bie Sefc^ulbigung grunbfalfc^ unb t)öDig ungerecht, afö fei er ober bie bon ^ be^
tretene Stid^tung in ber ©c^toeij eine 3^it long mit ben ärgften ^inben oDet Tldigion
unb 5tird^e, \a felbft einer ftttlic^en 2Beltorbnung im engften Sunbe gqionben. 93ie fe^
il^m im ®egentcil an ber^örberung d^riftlic^er SWeligiofttät auf ®runb läge feiner mobemcn
66 SSeltanfd^auung unb eine« gefunben ürc^lid^en Seben« gelegen toar, betoeifen bie „©timben
ber änbad^t" (ffiintert^ur, ®. Surfe), loeld^e er 1862 begann unb in einem 2. »anbl865
fortfe^te, unb bie auf einem fortgefd^ritteneren ©tanbpunfte t^eologifc^er 9Siffenfd(f^ unb
religiöfer ©rienntni« ba« loerbcn foHtcn, loa« 3f^^'^^ „©tunben ber Slnbac^t" für i^
^eit getoefen toaren. Unb nic^t toeniger pofttit) aufbauenbe 2;enben2 berroten bie JfiA
60 gidfen S^arattere'' 1862 (in bemfelben Serlag), in toeld^en er bie Seben^ unb fS^cmXtOf
Sang 258
bilb<r bon öter HRännem bcr toerfc^icbenften g^ten, Silbung^elemente unb Sjnbibtbualitäten
— ^ulud, 3^^0(i' S^png, ©d^Ieiermad^er — mit bcr Siebe be« f^nH)at^fc^en (SeifteS«
iKttiKmbten unb bec Unbefangenheit be^ freien jlritilerd bargefteDt i^ot.
3m ^afy[ 1863 bon ber (Semeinbe SKeilen am gütic^fee berufen, trat 2. in einen
ordneten (Kifioralen SBirfungdlreid, eine propere Sanbe^firc^e unb in einen innigeren SSer« 6
te^ mit ben t^otogifc^ unb lirc^lic^ freieren Jtreifen ber Sc^toei^ unb 2)eutf(^lanb^. ^r
bte Sa^K ^^ f^^ ^roteftanti^mud beftänbig fampfbereit, bertrat er biefelbe in SBort
unb 6(^ft nac^ aDen Seiten unb bei jebem gebotenen toic^tigen 3lnla^, fo bag er, ol^ne
nomtncQer Setter ber ^ortei )u fein, bod^ nac^ unb nac^ bie Seele ber lird^Iid^en Steform«
betDCgung in ber @(^tDei) tDurbe, bie er in il^ren fci^n>erften^äm))fen inSafel, ^em u. f. n>. lo
auc^ bun^ feine ))erf5nli(^e ©egentoart unterftüi^te. (Vortrag mit 3)id^utation in 93afel
1868, ^rebigt imTOttnfter ju Sem 1872 bei ber 3a^re«berfammlung be^ 1870 gearün^
beten, bem !ßroteftantens93erein S)eutf(^(anb^ bertoanbten „Sc^tveijorifd^en Sereind für freiet
@(^n^entum'^) ^m ^ufommenl^ang mit biefer Slu^be^nuna ber Setoegung ftanb bie äSer«
fc^eljung ber „3ettftimmen" mit ben „8emif4>en Sleformblättem" ju ber „Sleform, is
3eitfttmmen aud ber reformierten ftird^e ber Sd^mei)'', beren 9lebaItion toieberum Sang,
bi« )u feinem %ohc (1872—76), aber im Serein mit 5ßfaaer SUbert Si^iu«, bem ©ol^n
bed betomten ec^ftfieOer^ ^eremia^ (Sott^elf, gefü^ l^at.
3m 3a^ 1870 erfd^ien feine ©d^rift „SWartin Sut^er, ein religiöfe« (S^rafterbilb",
Serlin, (9. Sleimer, nic^t eine 9iogra))l^ie bed großen beutfc^en 9{cformator$, fonbem eine ao
iunfdectfc^ SorfteOuna biefed Seben^bilbe^ unter bem ©eft^t^untte, bon bem ba^felbe in
oQ feinen 9Biberf))rü(9en einl^eitlid^ burc^ft^tig unb berftönblic^ toerben fodte — Sutl^er
ald 3Rbndf, ofö Sieformator, old Jtirc^enmann — unb mit bem ))rattifd^en 3^^^^ ^^^^
an biefe I^e $^fe fid^ anfc^liegenben ort^obo^en jlirc^entum gegenüber bem beutfd^en
Soße )ur religiöfen ©elbftbefreiung mitju^elfen. ^mn biefem blieb er jeitleben^ ein 25
treuer 6ol^, aucp nad^bem bie @(^n>ei) — )ule|t nod^ burc^ Serlei^ung bed 93ürgerre<^td
fettend ber @tabt3üri(| — feine ^toeite Heimat getoorben toar, ber bie ))oIitifd^e @intgung
ttnb Stoc^tentfoltung S)eutf(^(anbd nad^ ben @iegen bon 1866 unb 1870|71 freubig be^
gTfi|te. 3^^^^ Uffntt 2. eine Berufung atö ^aftor nac^ Sremen toieber^olt ab; aber
mit großer Sefriebigung erfüQten il^n bie auf einer Steife in mel^reren ber bebeutenbften 90
etatten ))n>teftantifc^en ®cifted(ebend in 9torb« unb ©übbeutfc^IanD im ^rü^ja^r 1870
ge(itüt>ften ober erneuerten Selanntfd^aften mit bortigen @eftnnung^enoffen, unb mit reger
Zetlna^e begleitete er bie 93eftrebungen bed beutfd^en „^roteftantenbereind", toie er benn
). S. am $roteftantentage in Sei^^ig 1878 eine ^rebigt über bad X^ema „92aturgefe^
unb Sldigton" l^dt. 85
9Cm 5. SRoT} 1871 tourbe £. nac^ einem (ebl^ften 3Sa^Ifam))fe ^toifd^en ben lirc^-
üdfm ^ßotteten an bie @t $eter^emeinbe ber @tabt 3^^^ ^'^ 3)iaIon berufen, aber
f<^n furje 3^ barauf )um $faner gemä^lt an ©teile bed im Steril berftorbenen Slmtd-
geiwffen unb S. innig befreunbeten Wit{äm)9ferd ^einrid^ ^itjel. ^ier erft {am nun feine
S^cutung <ta $rebiper au il^rer boUen ©eltung unb 3Strffam!eit, tt^obon nid^t nur ber 40
aufterotbentltc^ jo^Iretc^e 5iir(^enbefuc^, aud^ bon feite bieler ber Jtirc^e bid^er (Sntfrembeter,
3eu0ntd ablegte, fonbem aui^ bie beiföQige ätufnai^me ber gebmdCtm ^rebigtm, bie er in
jtoet SMnben unter bem litel „SHeligiöfe Sieben bon §einri(^ Sang", 3ünd^, 6äfar ©c^mibt,
1873 unb 75 (in jtbeiter, ))oft^umer Auflage erfc^ienen 1896) l^erau^ab, tt^ie feine übrigen
^rebigten nac^ feiner eigenen Sejeid^nung teitö ©tanbpunft^prebigtm, toeld^e bie 3u^örer 45
mit bcr aonjen Sluffaffung ber freien religiöfm Stid^tung unb beren ©teQung ^u ben toic^«
tigften ®Yaubmdfragen bertraut mad^en foute, teitö ©timmung^))rebigten, toeld^e bie fragen
bed toglii^ Sebend, bie Setoegungen ber 3^'^ in^befonbere auf etj^ifc^^fojialem @ebiete
bc^belten, tDie fie eben bem ^rebiger burc^ feine täglid^e @rfa^mng unb Beobachtung
no^ gelegt tamrben. 00
8iu^ in feiner übrigen amtlichen Xbötigleit unb im ^ribatm Serle^r getoann S.
fietgcnbed Xnfe^en unb 3utraum, unb atö ^titglieb bed eb. Jlird^enrat^ be^ $t'antond
3firU^ (1872—76) fuc^te er, toietoo^l attem äußeren 3*^<*'^9^ abl^olb, bo(^ gu bcr 2lufs
tci^t^altung einer bemünftigen Ürc^lid^en Drbnung bad ©einige beijutragen. 3")toifd[^en
nifytt auif feine h>iffenf(^aftli(^e unb publtgiftifd^e X^ötigleit nic^t. ^on jtoei öffentlichen, 66
ruma gebrudien Sorträgm „3ur lird^Iic^en ©ituation ber ©egentoart'' 3ünd^, ©c^abe-
&(f^ Su^^Uung 1873 — beleuchtet ber erfte, beranla^t burc^ bad batifanifc^e 5{on5i(
tmb feine ^(gen, bm Jlamjpf ber mobemen ©efcQfd^aft mit ber ^ierarc^ie, ber ^toeite bie
tcIigiM>Iin^(i($e Situation inmittm ber beibm gegenfö^Iic^en @^eme ber Ort^obo^ie unb
bc0 iXatanatidmud. 9li(^t ber erfteren galt fortan fein $au))tfam))f, fonbem bem le^teren ao
17*
260 Sng
obfr allgemeiner unb genauer ausgebrücEt, ema allein ßbrifkentum femb(t4^ ober H
toentgftene tbat\ädfi\d> untergrabenbtn rabifalen Slic^tung in ba SBiffcnfc^aft, bte )u icncr
3eit fidf befonbere nihig ;u }eigen anfing, unb ba gegenüber 2. o^e Seeinträc^tiguiig
{einer ^rtnai^ien nun bte älufgabe eine« äriftlic^ 9po(oaeten übernabm. Strauß* l0ftt
6 bebeutenbe S^^rin ,,Xa alte unb neue ©taube" 1872 mit iorem matcnoltfüf (^ Sef cnntnid,
ihrer SBertoerfung bee Ghriftentumd ald einer Sleltgion ber adlett{<!^ S<^tDanncrei unb
bifitimf(^ ^umbug^, toie ihrer @eringf(^ä^ung aller Seftrebungen jur Serfö^mmg bon
Jlirc^e unb mobemer Silbung nötigte ihn, m ba ,,9tefonn'' bcs( ^(Hftti 1873 gegen ben
bid babin bon ihm btx^efeierten Slann mit f^arfen SSaffen ber Jtrttit unb ^ttmxt |u
10 ^(be }u jieben. ^te gilfeic^e ^flic^t erfüllte er 1874 unb 75 in bemfelbcn Slatte gegen»
über ber B^H bon (rb. t)on i^ortmann „Xk Selbftjerfe^^ung bed (S^rifientumd ui& bie
9ieligixm ber 3utunft'\ toobei er ben ^ilettantiemud biefed ^btlofot»^ mif bem ®ebiete
ber ^beologie, ben lünftlicben S^nhetiemud feina angeblich neuen Sldigion ebenfo f^
ind Sic^t yd fleOen bemüht tuar, ole bie Seret^tigung bed liberalen ^rotefUmtitouid auf
16 ben Flamen einer 9leligion. 9Ud britten @egner be{air4>fte er (in ber ^Steform'' k>im 1875)
ben 'Jieutantianer ällbert orange, ber in feiner ,,@ef(^i^te bed 9Raterialidmud" bte StcGgton
toie bie 3Belt ber ^h^c überhau))t für einen blo^ f4;5nen Xraum bed bic^ta^
3Renf(^engemüte^, unentbe^lid^ in ber brücfenben ^rofa ber SSiirllid^Ieit, ober oj^e i^ai
objeftiDen 3Ba^^eit6ae^t, o^ne ollen SBert für bie Srtenntnid erBart l^otte, inbcm er
20 gegenüber einem folc^en fc^roiren Xuolidmu^ gtoifcben (Semüt unb ^nteQett, einer fob^
unauefüQbaren ftluft jtoifc^ ber 2Belt ber Sinne mit i^er mec^tfc^ SbttpenMgbit
unb ber SBelt bed ©eiftee mit i^ren ^bealen auf bie Sin^eit ber SRenfc^ennotur in
i^ren beiben ^^nttionen ber SBobme^mung ber SBirllic^teit unb ber Silbung i^rer ^^eole
^intoie^ unb auf bte tl^öc^lic^e SBeltbeft^ffeni^, todd^ gerabe burc^ bie ftnnli^e
25 äl^a^ei^muna unb bie tägliche Srfa^ng bad iDlaterial uitb ben 9teu ju ben ^beolen
bee menfc^licpen @emütd abgebe — eine ©etuöl^ bafür, ba| fte me$r atö blo^ fubjet
tit)e ^Hufwnen fein muffen.
2)emfelben 3^^^/ ^^ bielangefoc^tenen 9leligion i^re gebü^renbe Stellung in ba
heutigen @efellf(^aft ju toal^ren, bienten auc^ bie Slrtifel, todd^ in ben „2)eutf4Kn 3^
80 unb Streitfragen t)on $ol|enborff unb Cnden'' erfc^ienen: „^ai Sehen ^^n unb bie
ftirt^c ber 3ufunft" 1872 unb „"I^k ^Religion im 3eitalter 35arh)in«" 1873. 3n bem
lederen tDirb gejeigt, n>ie bte Steltgton jtvar etnerfeitd ben feften SBiOen ^aben mäffe, bie
neuere SBcIt' unb 92aturertenntntg in il^em berechtigten Utitemehmen, aSed äBebgefc^e^
au^ natürlichen SBelturfad^en unb ben in btefen n>tr!enben (Sefej^ )u erllaren, in feinem
86 fünfte ju ftören, anbercrfettd aber auc!^, ftc^ in tl^rer Selhftgetpi^^ nic^t ftören lu laffen
burd^ bte SÜelttDtffenfchaft, unb tote fpe^teO ber S^artotni^mud, ber bie (Sefamt^eit oDer
3Belterfc^einungen montfttfc^ an^ einem einheitlichen bringt)) )u begreifen, if^^en gamen
9{ei(^tum aue ben einfad^ften formen unb ber natttrgemägen ^ortenttDicfdimg berielben
mit 9tuefci)lu| jebed Singriffd einer ü6erh>eltltc^en 3Kac^t, jebeS SBunberd }u erDorai
40 unternimmt, ber Steltgton i^r ^errfc^aft^ebiet nic^t entreißen lönne, ba fte felber auf
einen ^tont^mud, nämlic^ eine Sinl^eit über unb in ben beiben ätei^ ber 92atur unb
bed ®etfte6 ^tntpeife, ber fte beibe ju einer einmütigen SBelt Derbinbe. 3m übrigen i^
ii, auf eine naivere äludeinanberfe^ung mit bem ^artt)intdmud nic^t eingetreten unb bot
e^ ntd^t unternommen, bie noc(> btelfac^ ungelöften fc^h^ierigen ^agen betreffenb beffcn
46 Stellung ;;ur Steligton unb 3J}oral im einzelnen ^u be^anbeln.
!Sm Februar 1875 folgte £. noc^ einer ßtnlabung nac^ bem 9Iorben ^Deutfc^lanb^
unb nac^ .^oHanb, um auc^ bort Vortrage gegen bte mobemen Eingriffe auf bad (^fri^
tum ju l^alten. 9lbcr fc^on na^te mit fc^nellen Bd^xittm bad @nbe biefer immer me^
gefteigerten, in ben legten ^a^ren gerabeju aufreibenben 2:)^ätig{eit unb feiner gonjen
60 Sebenelaufbal^n. Sein fc^on längere 3^^ ^^^^ ^^^^^ ^^^ gefunber Jtör)>er erlog noc^
ber 9tücf reife bon einem 'l^ortrog in Safel über bie Offenbarung ^ol^tnnid ben 13. §<uniar
1876 einer ©eftc^t^rofe, bte mit einem Sungenfc^Ioge enbete. Slm 16. S^nuor foiä noc^
ber lirc^lic^en Xrauerfeter im St. $eter bie SSeerbigung auf bem ftöbtifc^en SentrolfriA^
ftott, tpo feine too^lgelungene !6üfie fein @rab jiert. 2)ie bei biefem ä(nlo| i^ gebnb«
66 meten Sieben ftnb im ^rucfe erfc^ienen ate „©ebäc^tnt^morte, ge^en bei ber 9eerbiguii({
&. £ongd'', S^^^f ^Äfor Sc^mibt 1876. 3lod^ im felben §^re erfc^ienen mdf jM
9iogro))^ien bed ^^erftorbenen bon S^^unbeei^anb : „^eiurid^ Song, bon S. @. Siebermarat,
mit bem ä3ilbnif|e Songd, 3^^# ^^f- Sc^nttbf' unb „$einric^ Song, Sebendbilb eined frei*
fmnigen ^eologen. äion Aorl @b. 'Hlcü^tt, ^ofel, (S^r. 5trüft.'' 3)er fc^n)ei)erif(^e Seron
ou für freiem S^tentum aber e^rte feinen beretuigten ^rer burc^ bie im ^o^t 1876 gc*
Sang Sauge, :3<x^<^^ "261
gdmbete Sangjltiftung, tpeld^e ben ^totd ffat, unbemittelte; junt ©tubium ber Geologie
geeignete fc^tDeijerifcpe Jünglinge )u unterftü^en, ol^ne auf il^re 9ii(^tung irgenb einen
mit ou^uüben, unb bie e^ im abgelaufenen SJiertelja^r^unbert tu einem anfe^nli(^en
Seftanbe unb manchen erfreuli(^en 9iefultaten i^rer 3Bhd(fam!eit gebra(^t l^at.
$rof. Dr. f • e^rlfl in 3üri(6. 5
2m%tf ^oad^im, Sd^ulmann unb Xl^eolog, ber $au})tborIäm))fer unb SBortfül^er
ber ^aHefi^en ©<l^ule in ben jjietiftifdjen ©treittgleiten be« 18. Sol^tl^unbert«, geft 1744. —
£itteratUT: i)ie ^auptqueOe für feine ßebendgefdjic^te ift {eine freiließ fe^r unDoQftönbtge
unb tenben^iöfe flutobiograp^ie u. b. %, Dr. 3. fiangend fiebendlauf, 5ur ^rmecfung feiner
in ber etmnaeUf(^n ^rc^e fte^enben unb e^emald gehabten üielen unb tvert^eften 3uPrer 10
Don i(m felbfl Derfagt ^aQe unb fietpjig 1744, 8^ $(ugerbein Dgl. (Sötte, ®el. (Suropa I,
6. 359 ff.; n, @. 700 ff.; 3Äofer, fiejilon; iWeubaucr, Sliadjricöten öon jefrt Iebenben®ele^rten;
Qal(4, Steligiondfireitioreiten, I, 844 ff.; göc^er II, 8. 2249, unb 9ioterinunbd Sortfe^ung,
in, 6. 1205 ff. (ncbft «craeic^niS feiner @d)riften); @d|mib, ®efd). be« ^ietiSmuS, @.320ff.;
dngelftorbt, fiöfdjer @. 131 ff.; granf, ^rot.X^eoI. II, 144; ©aß, (SJefd). ber prot. S)ogmatif, IB
ni, e. 23 ff.; t^olurf, (»efcöidjte be« mationaligmu«, ©erlin 1865, @. 12 ff.; ß. S)ieftcl,
«ef4i(6te bed «Iten Xeftament« in ber diriftl. IHrcfte, 3ena 1869, @. 418-20. 464. 477.
519; $. Zfc^cfert in ber «(b© 17 (fieip^ig 1883) @. 634 f.; ^. {»oratvi^ in (Srf4 unb
•ruber, «Ilgem. (Snc^IIopäbie ber ^iffenfd)aften unb ^nfte. 2. ©ehion. ^—% 42. Seil,
6. 29 f.; $. ©landmeifter, ®&äi[i\6)t jeir^engefdjicbte, ^redben 1899, @. 226; gr. $aulfen, 20
(9tf4i4te bed (Skle^rten Unterri^tS auf ben beutfcben @d)ulen unb UnioerritSten üom 9(u^
Sänge beft Mittelalters bis jur (S^enenmart. Mit befonberer Slücffi^t auf ben Ilaffifcben
Interricftt, 2.«ufl. »b 1 (fieipjig 1896). 6.555, 93b 2 (1897), @. 140f. 396; 3. ßattmann,
Oef4i(bte ber Met^obit bed fiateinifc^en (SIementarunterricbtd feit ber Sleforntation, (Böttingen
1896, 6. 184-196; gfr. 9(ug. (S#ein, £ateinif4er unb griediifc^r Unterriebt. Mit einem 25
Sonoott t>on fß. ©grober . . . beraudgg. uon ^.^e^ben, fieip^ig 1887, @. 108. 142f. 187;
«. 9IHtf(tI, Oef^icbte bed fßietidmuS, 1. ftt>t, ©onn 1884, @. 288— 560; ©Araber, (Sef(bi(bte
ber 9riebricb».Unit)errttat ju ^aHe. I. Seil (»erlin 1894), @. 133-135. 200-212. 307 bi«
320 tt. ö.; n. Xeil, 6. 377. 462. 550; Äranter, «. ^. gfranrfe. (£in ßebenSbilb, ^aHe a. 6.
1880-82, 2 »be; «. g. ©. Sifcfter, mrd)enIieber=fiejifon, 1. ^älfte (®otba 1878), @. 27^90
285; 2. ^Ifte ((»ot^a 1879), @. 184. 452; Supplement ((»ot^a 1886), 6. 72; ©rif^ow.
ftirc^ner, ftunt)erfabte 92o4ri4t ))on altern unb neuern Sieberuerfaffem, ^de 1771, 6. 27;
(S. S. Stodi, ®ef(bid)te bed irir(benliebe9 unb SHr^engefangd, 4.©anb, 3.^uf(., @tuttg. 1868,
8. 343-349; «. ©eftel, Analecta hymn. SBb 2, ©tücf 4, (»otba 1754, @. 453—472; 3)ie
legten Stunben einiger . . . feiig in bem ^errn oerftorbenen fßerfonen. gufammengetragen S6
oon tibmann Einrieb, ©rafen oon ^enfel, ^afle 1746, 1. SBb, 4. ^ufl. @. 100—116; 3.
(S. oon S)Tei9bau))t, ©efci^reibung be« 6aaIe«(Sre^fe9, ^aUe 1751, 2 ©be. Unaebrutfte »riefe
oon ibm an oerfci^iebenen Orten, 3. ». in ^eumannd »riefmeci^fel auf ber »ibliotbef ju ^an«
nooer, in bem ^tbmannfcben ^acblag unb anberdmo.
l^ooAtm Sänge tourbe am 26. DItober 1670 juSarbelegen in ber SHtmarl geboren, 40
too fem Soier SRori^ Sauge, SlatdbemKtnbter toor. Sa er burc^ eine ^er^brunft foft
db feine ßobe verloren, mu|te ber @obn fub in bürftiger Sage unb mit frember Unter«
flfitpmg auf ben @(^ulen }u Oftertoiel, Dueblinburg (1687) unb 3Ragbeburg (1689) auf
\M Stubtum ber ^eologte borbereiten. 9luf feine religiöfe Slic^tung übte befonber^ ein
alteret Sruba @tnfht|, ber ald ein gottfeliger studiosus theolo^ae i^n in ben studiis, 46
fonberitcl^ aber im ©^riftentum unterrichtete unb il^n antoied, mit eigenen SBorten ani
freiem ^eijen )u ®ott }u beten. Seine Unit)erfttötd{fatbien begann er im $erbfte 1689
eSciMifl — gerabe }u ber ^tit, afö bort bie j^ietiftifd^e 9en)egung ibren Slnfang na^m.
^. ^luaiit, an ben er burd^ feinen 93ruber em))fol^Ien nmr, nal^m i^n tmentgeltlid^ bei
ffa^ ouf^ f 0 bo^ et neben ben CoUegiis and) feinen tägli(^en Umgang m t)ieler Srbauung so
0010^ (St toot in bet alten $l^i(oIogie grünbUdb t)orgebilbet, ertoarb ft^ nun aud^ 5tennt=
niffe in ben otientalifd^ @)9rad^en, bi^rte tl^eologifd^e SSorlefungen bei Dleariu^ unb
Ste^cnbetOy %tandt unb @(^be, no^m teil an ben e^egetifd^en Übungen be^ fog. Collegii
phOobibUd untet SSPOftertid 3)ireItion unb fd^Io^ f^eunbfc^aft mit einer 9leil^e bon Män^
nctn, bie to&tet feine JtoDegen ober $arteigenoffen in ^aÜe, Serlin unb anbertoortd 66
timtben. Sutf gtonded @m))fe^lung n)urbe er Seigrer im ^aufe bon ^riftian ^omaftu^.
9tt btefet im ^cifyct 1690, um einer gegen il^n eingeleiteten Unterfudpung au^jutoeid^en,
iößnn t^ßftü^^ bmie^, toar Sänge ber einzige, bem er „feine borgenommene fc^neQe 9leti«
lobc tKnd^ im Sertrauen eröffnete". Stlö bann in bemfefben ^afyct in Seipjig „bie toa^
$ietdt untet bem9{amen ber ^ietifterei t)erl^a^t aema(^t tourbe" unb infolge babon ?^andte eo
ä$ SDiaSoma noc^ (Srfutt ging, fo folgte il^m Sänge babin (1690), tourbe mit anberen
Xn^fingetn beweiben öffentltd^ U\d)mp\t, )og mit nac^ ^aUe (1691) ^örte nod) bor ber
262 fiattge, Soad^im
Eröffnung bei* Unberfttöt tl^eologifc^e SSorlefungen bei 93reit^au))t unb ^ondc unb (otte
mit biefem '„<m\^ neue ju feiner t)ielfa(^en @rbauung einen oefegneten Umgona'^ Slodft
t)oDenbeten @tubien ging Sänge, ba er jur Übernahme eine^ ^forromted leine ^mtbtglett
^otte, 1693 nac^ Serlin: er n)urbe Don @ad))ar @^be, bem JtoSegen &pmtt&, ind^otf
5 genommen, erl^ielt auf beffen Smbfe^Iung eine ^auele^rerfteOe bei bem ®e^. 9lat ^. 91
t>on 6ani^ (f 1699), befjcn ©ebi^te er fpöter l^erau^ab (Serlin 1700, 8^), benfi^ beffen
reid^l^altige Sibliot^e! mx ^ortfe^ung feiner @tubien, mochte Dome^me Seihnntfcpaftcn im
Sibit unb SOtilitärftanbe, nal^m teil an einem t)on @))ener geleiteten Collegimn biUi-
cum exegetico-asceticum unb trat in naivere 33erbinbung mit bem frommen firetfe, ber
10 in Serlin um @))ener ftc^ fammelte unb )u bem u. o. bie gftau bon 6ani^, i^ ^olb*
bruber, ber f^eil^err t)on Sanftetn 2c. gel^örten. Ütoc^bem er Don ^oDe in absentia ben
gradus magistri erhalten, ging er 1696 atö 9leItor nad) (SMvn m $tntet))ommeni,
feierte aber fc^on 1698 al^ ^Reltor be^ ^ebri(^^erberf(^en ©l^mnafiumd naic^ Serlin
jurüd, übemal^m ba}u 1699 aud^ noc^ eine ^rebigerfieUe an ber ^ebrid^dfiäbter SSxdft
15 U1Ü) befleibete biefed ^o))))elamt neun ^a^e lang mit großem @ifer unb Srfolg. @r ^ing
mit ganzem ^^erjen am @c^ulamt, fo baft er m fagen ))flegte, bie @^ule fei bie mater,
bie Kirche bie filia ; cid bie brei $au})tftüae eine^ guten ©(^ulregimentd begeic^ct er
$ietät, ®elel^rfam{eit unb 3)i^2^lin; bie totere n)u^te er gut )u l^b^aben. 9m ®ele^
famleit unb Se^gabe fei^lte e^ i^m nic^t. @r berteibigte ben (Sebrauc^ J^eibnifc^erSlutoren
20 gegen {ird^lic^e (Siferer, fc^rieb für feine Schüler eine Dielgebraudbte, feit 1707 bid m be^
^erfafferd 2:obe in 26 ^[uflagen unb 100000 @|em))laren erfd^ienene loteinifc^ @kam*
matä nebft anberen ^Ufgbüc^em, für ^^ilofot)^if($e $rot)äbeutiI eine medicina mentis,
toar aber Dor aQem bemül^t, feine Schüler jur toa^en @rtenntnid unb t^ird^t Sottet
amuleiten, ba ein getoiffen^afler Schulmann lein bloßer St^rod^meifter, fonbem ein ^eifi»
26 lieber Sater feiner 3^(i*^0^ f^ muffe. @r begann bal^er feine Schularbeit in \An
SBoc^e mit einer lectio sacra et biblica, ^ielt ben äUumnen ber erften JQaffe eine e&ene
a^fettfd^e Seition, fud^te einzelne @d^olaren burd^ $riDat)urebe )u getoinnen unb bunp fie
auf anbere }u toirlen, unb l^atte babei bie ^eube, Diele ^ruc^t Don feinem SoEfol^ren )u
feigen unb indbefonbere Diele 2:|^eologen auf bie UniDerfttöt ^olle ju liefern. Xn biefe
8u UniDerfttöt n)urbe er felbft, junäc^ft ald älbjunlt Sreit]^au))td, ald biefer 9tbt Don Jttofier*
bergen getoorben, balb atö orbentlic^er $rofeffor in ber tl^eologifc^en gahiltät berufen.
gaft 35 ^af)x^ h)irlte er l^ier Don 1709 big ju feinem am 7. Sücai 1744 erfolgten lobe
— einen e^renDoHen Stuf nac^ Stopttü^Qm lel(^nte er ab — mit großem 6ifer unb an»
gcftrengtem ^leifte, ald gleic^gefmnter unb innig^ befreunbeter College Don 9. $. grcondt,
86 3. 3. Sreitl^aujjt, 5Paul änton, 3ol^. §einrid^ SKic^eli«, 3. 3). ^ermfd^mibt, 3. 3. 5Ram»
bac^ ate Se^rer unb Sc^riftfteQer, ald ^au})tftreiter, SEBort» unb 6d^ftfü]^er be^ ^aOe*
fc^en ^pietiömug. Seim Steformation^jubiläum 1717 tourbe er S)oltor ber 33^1ogie.
1721/2 unb 1731/2 belleibete er ba« Sleftorat an ber UniDerfttät. 3)a« jtoeitemal
n>urbe il^m feine un^eitige Strenge burc^ {öniglic^en @rla^ Dertoiefen. Seine Sorlefungen,
40 bie er anfangt Dor bunberten Don ^uü^öx^m, ft^öter feit 1730 meift Dor leeren Samen
^ielt, umfaßten Dorjug^toeife Dogmatil unb 3Roxal, toobei er feine in lateinifc^er unb
beutfc^er Bpxaö^z Derfa^e Oeconomia salutis aU Se^rbuc^ gu ®runbe legte, femer
exegetica über 91 unb iR^; baneben l^ielt er, toenigften« eine 3^^ I^i^d# ^^ befonberei
collegium litterarium unb lectiones asceticas. 9ltö feine $au))taufgabe betroc^tde er
46 e«, bad aequilibrium fidei et iidelitatis, bed ©lauben« unb ber ^reue, tDorauf im
S^riftentum alle« an!omme, ju erl^alten unb feinen Sd^ülem ju em))fe^len unb fo me^
nod^ bie @ottfeligfeit ald bie @ele^rfamleit feiner ^nl)'6xtt gu förbem, toie er benn mi)
ald ^meimaliger ^roreltor ber UniDerfttät eifrig unb unter fc^n>eren Itäm))f en bie h>an!enbe
^i«^i))lin h^ieber ^er}ufteQen bemüht toar. ®röf[er nod^ unb bauember al« feine otobe*
60 mifqe toar feine litterarifcbe SBirffamfeit : bei feinem langen Seben, feiner gefunben, fe^
aftiDen unb arbeitfamen 92atur, feiner gefc^toinben ^anb, ben Dielen il^m fic^ bietenben
Seranlaffungen unb 9lufforberungen, aber aud^ bei feiner großen Sreite unb pUlc^tigteit
lieferte er faft Don ^ai)x ju 3al^r eine fold^e 3Kenge ber Derfc^icbenften ©d^riften p^\lo»
logifd^en, ^^ilofo^^ifd^en, t^eologifc^en, erbaulict^en ^n^alt« auf ben Süd^ermartt, ba^ ^Jreunbe
66 unb @egner feine ^berfertigfeit ebenfo betounberten toie feine SJlängel an SJletl^obe unb ®rönb»
lic^feit beHaaten. @ine nic^t einmal DoQftänbige 9lufjä^lung feiner Schriften (bei Stoter»
munb, gortf. Don ^ödf^er, Sb III, ©. 1205 ff.) giebt 95 9Jummem: nur bie für bie
@efc^ic^te ber Xl^eologie toict^tigften fönnen ^ier genannt toerben.
1. Sänge« fc^riftfteQerifd^e Seteiligung an ben pietiftifd^en Streitigleiten begann, loic
60 e« fc^eint, erft nad^ S))ener« Xobe (f 5. ^bruar 1705), ba bie 1701 gegen bie 9Bitten»
Sauge, ^oad^tm 263
beiger erfd^enene Sd^rtft orthodoxia vapulans nt(^t fi(^er t>on i^m ^etrül^rt (f. äßold^
6. 844). 3bm ober trat in ber Stellung ber Reiben ^arteten, ber ^ietiften unb Ort^o«
bösen, eine bo))))erte SBenbung ein: jene, bie bi^i^er old bie eingegriffenen me^r in ber
3)efenftl)e ft(^ gehalten, gingen je^t aggrefftt) gegen i^re ®egner t>ox, inbem jte biefe
bcd XbfaOd t)on ber rechten Se^ie, ber ^feuboortl^obocie befd^ulbigten; anbererfeit^ trat 6
ein $er{onenn)ed^fel ein in ber ^^^li^ng ber beiben Parteien: Sofc^er übernahm bie ^üf}»
rung ber ort^obosen @ad^, SBortfül^rer ber ^ietiften aber iDurbe ber ij^m tpeber an Seift
unb ©ele^rfamleit noc^ an ftttlic^ Sauterleit unb %altt ebenbürtige, Dielme^r nic^t feiten
pbvampc, Ietbenf(i^ftli(^e, intrigante Sänge. @r eröffnete ben Streit f(^on t)on Serlin au^
1706 burc^ eine Seine Schrift unter bem 2:itel: Idea theologiae pseudorthodoxae, lo
spedatim Schdvigianae, bie er ber t)on 3iero(b t)erfa^ten Synopsis veritatis al^
Sn^ong beigab, ^m folgenben ^a^re 1707 Iie| er ni(^t blog biefelbe Schrift unter bem
Xitdi Idea et anatome theologiae pseudorth. gefonbert erfc^einen, fonbem fteOte aucb
ben Don ä^df€t feit 1702 ^erau^egebenen ^^Unfc^ulbigen ^lac^ric^ten'' ein antilritifc^ed
Sert unter bem Xitel ;,9lufric^tige Sla^^d^t t)on ber Unec^t^eit ber fog. Unfc^ulbigen i5
9ladjiKidfim'' 1707 entgegen, unb lie^ in ben folgenben ^ol^ren 1708, 9, 13, 14 t)ier
toeitere Sanbe unter gletd^em Xitel folgen. Seinen ^auptangriff richtete er 1709/11 gegen
bie Ortl^obosen unter bem injuriöfen Xitel Antibarbarus orthodoxiae dogmatico-
hermeneutious, toorin er ben „^feubort^obocen"' eine Steige Don ©runbirrtümem, in^
befonbere in ber ^eildlel^e bie Ste^erei be$ ^{eopelagiani^mud Dortoirft. 3)a^ unter ben ao
fog. $teti{len allerlei Sludartungen unb Übertreibungen Dorgelommen, leugnete er nic^t;
jte feien aber nid^t auf Siec^nung ber ^ietiftenju fe^en, toe^l^b er in feinem 1712—14
in 4 Sonben erfc^ienenen SEBerte „9iic^tige SKittelftra^e" biefe ^i^rtümer unb Errungen
oudffi^ic^ bdt&m))fte. Unterbeffen l^atte 93. & Sdfc^er (f. b. 91.), im ^abrgang 1711
feiner Unf(^. Stacbric^ten ben erften Xeil feinet Timotheus Verinus erfcpeinen laffen. 36
Sofort trat im Flamen unb ätuftrag ber tl^eologifc^en ^otultöt in $alle Sänge mit einer
(Segenf4^ l^ettor unter bem Xitel, „3)ie ®eftalt bed Jtreujreic^ S^rifti in feiner Um
fc^mb mitten unter ben falfc^en Sefd^uJ^igungen unb Säfterungen'' 2c, nebft einem älni^ng
Don ber Sünbe toiber ben bl. ®eift 1713, ioorin er feinem ®egner 33erläfterung ber um
fc^ulbigen SBal^l^eit Dortoarf. 9lld bann Sdf(^er )u ioieber^oltenmalen, erft 1716 burc^ ao
SubboiiS, b<mn 1719 burd^ ben S3orf(^lag einer ))erf5nli(^en Unterrebung, ben ^eben
mit ben ^oQenfem borjufteSen fu(^te, toar ed Dorjugdtoeife Sänge, ber homo eristicus,
an beffen ^artnödioleit bie ^ebeni^erl^anblungen fc^eiterten, ba biefer Dor allem bad
3ugeftdnbntd Don Sdf(^er Derlangte, ba| er ben ^ietiften Unred^t getrau unb biefe in
oOen $au))t))unlten Stecht Ratten, äludfprac^e unb Srieftoec^fel blieben o^ne @rf olg ; auf ss
Söfc^erd 1718 erfdbienenen „SSoDftänbigen Timotheus Verinus'' anttoortete Sänge im
9lamen ber ^oQefc^en ^lultöt mit feiner „Slbgenöt^igten DöIIigen älbfertigung be^ fog.
DoOfianbigen T. V." 1719, lie^ barauf feine „Srlöuterung ber neueften $iftorie bei ber
eD. fttrc^ Don 1698—1719" folgen unb toibmete au^ noc^ bem 1722 erfc^ienenen
pamtm Xeile be^ Timotheus Verinus ein SBort ber Srtoiberung. ^amit erlofc^ ber «o
Dtctifüfdk Streit: in Jturfad^fen tourbe bad toeitere Streiten Derboten, in ^aOe l^atte fu^
untccbeften ein toeit geföl^rlic^erer ^nb gejeigt, gegen ben je^t Sänge feine 2Baffen lehrte.
2. ajie« toar ber 5p^^ilofoD^ ©^riftian SBolff, ber feit 1706 ^ßrofeffor in ^aOe toar
unb ^er tnffyc no<i^ burd^ bie ^orm ald burc^ ben l^n^alt feiner Vorträge in ben gläubigen
Arnfen 9n&o^ erregte. SBäl^renb ^andt bad ^eneleib, ba^ i^m 2Bol|F antl^at, in c^rift« 46
li4fer ®elaffeni^eit ©ott auf ben J!nien Ragte, fül^lte ftc^ ber „alljeit fh:eitfertige" Sänge
berufen, ben Streit aufjune^men unb gegen ben $^ilofot)l^en, ber nic^t blo^ bie theo-
lo^OB bei ieber ®elegenl^eit fugiOierte, fonbem au^ Diele studiosos theologiae }ur Ser^
®otted unb feinet 9Ö3ortd Derfül^rte, mit offenem Angriffe Dorjugeben, aber and)
aigleiA ben (Einfluß, ben er bei ^f befa^, gegen i^n aufzubieten, ^en ^nla^ bot eine so
^JroreftorotÄrebe SBolff« über bie 3motal)c)^ilofü})^ie ber ßi^tnefen (12. 3uli 1721), toorin
et bie ^eibnifc^ SRorol be^ Sonfutfe prie^ unb barauf ben S(^lu^ ableitete, ba^ bte
menfc^lic^ SSomunft au^ eigner Jlraft unb ol^ne göttlid^e Offenbarung im ftanbe fei, bie
ftttUi^ SBo^rl^eiten }u finben. ^ie Stebe gereid^te ben Xl^eologen jum älnfto^, ^reit-
toi))t brac^ fie auf bie Jtamel, bie t^eologifc^e ^alultät reichte eine Jtlagfd^rift toiber bie 66
SBoIfffc^ $^ilofo))^ie bei ^ofe ein, Sänge f^rieb feine Causa Dei adversus atheis-
mum et pMudophilosophiam praes. Stoicam Spinoz. et Wolfianam 1723, feine
modesta disquisitio u. a. Sd^riften, benü^te aber pgleid^ feine ^o^en Sonnainancen
bei ^ofe, um bie SBolfffc^e ^^ilofop^ie, in^befonbere i|ren ^etermini^mud unb ältl^ei^mud
aU poot^efäl^lic^ )u benunjieren, unb Deranla^te fo bie belannte jlabinet^orbre Dom eo
264 Sänge, ^joad^im Sauge, ^o^ann $etet
8. 3lot>mhtx 1728, burd^ bte SBoIff feinet Slmte^ entf^t unb au9 ollen KnxQVxd^m Säm
bem t)erft>tefen tourbe. Sänge felbft erfc^ad über bte SKa^egel, bie biel toeiter otng, ott
er gebadet. 3)ot)))eIt unangenei^m tpar für i^n, ha% fein @o^n nu SBoIffd 92a(^Iger er^
nannt tourbe. SKuc^ femer no^ bel&m))fte er bte SBolfff(^e $l^iIofot)^te, befonberd beren
6 3Red^ntömu^, ^etemttnt^mud, Sltl^etdmud 2c. in mel^reren Schriften, namentlich einer
1725 erfc^ienenen äludfül^lic^en 9i^enfton ber toiber bie 3B.f<^e 3Reta)>l^l^ftI auf 9 Uni^
t)erfttäten unb anbertt^ärtd ebierten Sd^ften, in einer Nova anatome 1726, 134^agen
aud ber neueren nted^anifc^en ^^iIofo))l^ie 1734, ^rje S^arfteQung ber ©runbf^e oer
2B.f d^en 5ßbil. 1736, fotpie in einer ©d^rift gegen bie t)on bem SBolfianer Sareng ©d^mibt
10 1735 ^erau«gegeb. fog. aEBcrtl^eimer Sibel (j)^ilof. 3leIigion«fJ)ötter 1735; 2. «. 1736),
t)gl. 6. ®. Suboüici, $iftorie ber aBoIfftf(^en 5P^ilofoj)l^ie, Seij)jig 1737, trug auc^ 1736
bem Jtönige feine 93ebenlen münbli(^ bor. — 3Rit ollebem t)ermod^te er nic^t )u l^inbern,
ba^ 1740 SBoIff im Xrium))]^ nad^ ^olle jurüdKel^rte, ba^ i^m felbft bie Weitere $olemä
gegen 3Bolff audbrüddid^ t)erboten tpurbe unb bo^ 1743 ein SBolf^er, 6. 3* Saum»
15 garten, fogar old Orbinariud in bie ^aDefc^e X^eologenfafultot eintrat ^fjm bfteben
nur unfru^tbare Jtlagen über ben status noster pristinus penitus mutatus, über
ben „oJDlgemeinen 9luin ber jtird^e unb ber ^aOefc^en Uniberfttöt" (fiel^ ben Xrt.9BoIff
unb bie SDäolfffc^e ^eologenf(^ule).
3. 2Bie bie biiSl^er genannten Streitfd^riften, fo ^aben and) bie übrigen äfu>lo^dfm
ao Slrbeiten Sangen, fo l^od^ fte au(^ \>on einem Xeil ber 3^^0^<>f!^ Q^^öü^t h>urben, für
und nur no^ ^iftorifc^ed ^ntereffe. @o feine Iir(^en]^iftorifc^en arbeiten (©efialt bed
Äreujreid^d 1713; ©rläuterung ber neueften $iftorie 1719 ; Historia eccL vet. et novi T.
1722; Sebendbef(^reibung Sanfteind 1740; ^iftorifd^e unb bogmat Slbl^anbl. ber ^reil^
bed ®etoiffend 1744); fo bie f^ftemat. (bef. Oeconomia salutis ev. dogmatica et
2bmorali8 1728, 2. äufl. 1730; beutft^ 1738 u. ö.; bie et>. Se^re bon ber attgemeinen
®nabe 1732, gegen bie $räbeiftinationdlel^re ; Institutiones studii theol. lit., $aOe
1724; de genuina studii theol. indole 1712); fo enblid^ bie früher befonberS ge»
fd^ä|ten e^egetifc^en arbeiten, ). 3. ein Comm. bist. herm. de vita et epistolis Pauli
1718; exegesis ep. Petri 1712; Joannis 1713; Hermeneutica saora 1783; be»
80 fonberd aber feine beiben umfaffenben 93ibeItDerIe, bad größere unter bem ©efontttitd
„Stblif(^ed Sid^t unb Stec^t'^ in einzelnen Abteilungen erfd^ienen unter ben ©toegioltiteln :
aRofaifd^c« (1732), biblifd^^^iftorife^e« (1734), bai)ib.^falomonifd^c« (1737 bon Slbler), M^
J)^etif(^e« (1738), eöangelift^e« (1735), a})oftoIif(^e8 (1729), a))ofaIV»)tifc^e« (1780) Sic^
unb Siedet; fotoie eine lüqere 3ufo»"ntenfaffung biefer ©efamterllärung in feiner fog.
86 ^audbibel ober Siblia parenthetica, Seipjig 1743, 2 93be, gol.
4. äluc^ aU Jlird^enlieberbic^ter trat S. mit einigen für feine ))ietiftif(^e Siiäf*
tung d^aralteriftifd^en @rjeugniffen ^erbor. 3)ie 3^^^^ feinet !nameniS bilbet badStorgen«
lieb „D 3^u, fü^e« Sid^t, nun ift bie 3lad)i üergangen." 3" ^^^ Sebenlen ber ^eo«
(ogifd^en ^hiltöt m SBtttenberg über bad ^eiltngl^aufenf(^e ©efangbuc^ (^antfurt 1716),
40 tourbe ate nid^t ft^riftgemäfe bejcid^net, ba^ ber 5)id^ter in ©troj)l^e 2, 3- 3—6 tres
partes hominis essentiales, ®etft, @ee(e unb Seib, „statuire." 3$on bem Siebe „$err,
toann toirft 3)u 3*^" bauen?" laffen neuere ©efangbüc^er ben Don 6^r. Jteimann (t)gL
8b X ©. 202) übernommenen Äe^aeim „S^eube, greube, über greiü)e u. f. to." toeg.
S)a^ t)on 33äe|el (Hymnopoeographia II, 55) unb 3- 3- SÄöntbad^ in bem ^effensj)arm»
46 ftöbtifd^en ©efangbud^e Don 1733 3oad^im Sänge gugefd^riebene Sieb „$err 3efu, ©nabem
fonnc" ftammt nit^t t)on il^m, fonbem t)on S. ä. ©otter (SBe^el, Anal. hymn. II, 471;
gifd^er, Äirc^enlieber^ejilon I, 278). (»agemitaiiii t) «w^fg Wiaer.
Sange^ So^^nn $eter, geft. 1884. — ©orte ber (grlnnening an Dftonf..8fJttt
^rof. Dr. 3. $. Sänge, SBonn 1884; 3)Q^cim 11. ga^rg. 1875, 6. 532; 20. 3a^rg. 1884,
60 @. 715.
3. $. Sänge, geboren am 10. 3lt)ril 1802 auf einem Saueml^ofe ber Sie«, bei
©onnbom im bergifd^en Sanbe, t)on too ber Sater, ber ein einträglid^ed ^u^gefc^ft
jtoifc^en ©Iberfelb unb Grefelb beforgte, toenige gal^e nad^ ber ®eburt feine« ©o^neJ
3o^ann feinen SSo^nft^ au« bem ^l^ale nac^ bem hochgelegenen l^errlic^en 92oden Derhgte.
66 $ie fc^öne ®ebirg«natur, bie ben Jtnaben bort umgab, toedtte fc^on frü^e in i^m bie ®abe
finniger 93etract>tung unb feine lebhafte ^^antafie fegte aQe ^l^önomene in Sejie^ung )u
bem lebenbigen unb airgegentoörttgen ©d^ö^fer. ©d^on frü^e tDu^te ber ftnobe fnj^
©c^riften ju t)erfd^affen unb ba« Sefen tourbe feine größte Sieb^aberei. 35ie Selture be«
31% in einer großen unb fc^önen 93ibel, bie ber SSater einmal mit nac^ ^aufe brachte,
2an%tf Solenn ^er 265
betrieb er fo eifrig, ba^ er fxd) rine ^Ät long emftlic^ }u Den Jünbem ^^xad red^nete
unb ficl^ ber ^ben annehmen tooDte. älld er für ^elbarbeiten Dont äSater einige S^^aler
er^elt, trug fte ber Jhtabe fo fd^neO ald m5g(i(^ jum Sud^l^änbler nad) Slberfelb, um
ftti^ oud eigenen SRitteln Sucher ju t)erf (Raffen, ^d ber SBater im ^joi^re 1817 burc^
einen Unfall auger ftonbe gefe^ tpor, bad ^m>erl )u beforgen, mu^en bie @5l^ne il^ 6
vertreten unb ber iugenbli(^e ^o^nn bad ©efd^äft eine^ fog. @d^irrmeifter^ übernehmen,
alfo bie Sabungen annel^men unb abliefern. Untertoeg^ pjlt^U er beftänbig )u lefen,
atu^ feinen jtameraben bie beliebten SSolföfagen t)or}u(efen. äUd ber SSater im Igoi^re
1819 tmeber ind ©efd^äft eintreten lonnte, tpar nad^ @onnbom ein ^ilf^^rebiger RolU
^o^ gelommen, ber, bie ©aben be^ 5tnaben ertennenb, i^n im Sateinifd^en unterrid^tete lo
unb in bie Haffifc^en Schriften einfüge. Jtaltl^off überrebete ben 93ater Sänget, ben
^d(^{t beaabten Sol^n ftubieren )u Icifjen, unb er tDurbe auf bad®^mnafium na(| Düffel-
borf gefdpidtt. @(^on frül^e auf bem vloim i^otte er gebi(^tet; ju ^üffelborf erfreute er
feine 3Ritf(^ü(er burc^ mand^e^ gelungene Sieb, Don benen eind, eine^arobie be^@&ngerd
tnm ©oetl^e, nod^ nid^t bergeffen ift. 15
3m ^bfte 1822 bejog S. bie Unit)erfttät Sonn unb lonnte bort aud^ nad^ bem
Xobe bed äSoterd unter bem Seiftanbe feiner trefflid^en Butter feine @tubien fortfe^en.
6r f(^lo| fU^ gong befonberd an 9ti^fd^ unb Südfe an, bie ftc^ friner annahmen. 3)ie
&a(d, bie fte in bod jugenblic^e ®emüt geftreut, ift in reid^em ^Ra^t aufgegangen. 9lld
a im $erbft 1825 Sonn Derlieg, lub fein ©önner, $aftor 3)5ring in @lb^elb il^n ein, 30
ald Amanuensis i^m bei feinen fdf^ftlic^en arbeiten ju Reifen; babri t^rebigte er mit
beflem @rfolg. 3^ 9leuja^ 1826 forberte il^n $aftor @mil ßrummac^er in Sangenberg
auf, Ott ^Uf^ebiger bet i^m einptreten. @d itmr nur für lurje ^At, ba bie ©emeinbe
SSoIb ben beliebten $rebiger rinfttmmig toäl^lte unb Sanae f(^on im3Rai 1826 bort rim
geffibrt tourbe. @o taKtr er \pät jum @tubieren, aber frü|^e ind 9lmt gelommen. ^n 26
SBolü fing 2. feine fc^riftfteQerifd^e 2^ätig{eit an mit Seiträgen für 3ritfd^riften, auc^
tanirben rinige !ßrebigten t)on i^m gebrudft. ®d)on im Spötl^erbft 1828 ftebelte ber junge
^r^er nad^ Sangenberg über, too er neben treuem 3)ienfte im 3lmtt frine fd^riftfteQe^
nf4K 3^^^ätiglrit fortfe^te. 3)ad erfte Sänbd^en feiner „biblifd^en ^ic^tungen'' bad bort
esfc^enen, toibmete er feinen i^oc^berel^rten Se^rem 92^f(^ unb SüdCe. @d ^bet fic^ barin so
b<i^ i^erdtc^ Sieb: „33er 3luferftanbene", ba« f})äter Kird^enlieb getoorben ift: „3)er §err
ifi ottferftanben, fingt, Dfterboten fingt u. f. to" Seine ^ä^igleit tax Se^anblung toid^tiger
^agen ber cbrifUicfien ®lauben«lel^re betunbete er bereit« burd^ feine @d^rift: „^ie Se^e
ber ^. Schrift Don ber freien unb allgemeinen ®nabe ®otte«" bargefteUt mit Se^ug auf
bie €d^ bon »ootl^: 35er ^ron ber ®nabe (©Iberfelb 1831). Sie toar gegen ben 36
$a{br %t. 9Bil^. Jliummad^ in ®emarle gerid^tet, ber jene englifc^e @d[^rift frei bear-
beitet ffML Xu« ber SertoidCelung, in bie S. mit ben Xn^ängem ber ftrengen calbini^
fUfd^ $rfibeftination«lel^re geriet, ging er ungefäl^rbet ^erbor.
(Einem Stufe nod^ ^ui«burg, ber im Sommer 1832 an il^n erging, folgte er gerne
unb fyd bort faft neun ^abc^ al« $aftor ber größeren reformierten ®emeinbe in großem 40
6egen getoirlt. 9luf ber itanjel burd^ ba« SBort ber $rebigt, unter ber 5lan^el burc^
treue Seelforge, bie i^m bie Siebe aiOier Jtlaffen ber Seböllerung eintrug. 3)te Srgeb^
niffe feiner tanf[enf(^ftli(^en Stubien, bie er in ber Stille be« 9lbenb« oft bi« tief in
bie 9laä^t fjüam fortfe^te, ftnb in feinen „Sermifc^ten Schriften'' ni^ergelegt, 4 Sdnbc^en
(Sleur« 1840 unb 1841), mdft äuffö^e, bie in Derfc^iebenen gritfd^riften erfc^ienen toaren 45
unb bie bon ber Sielfeitigleit feine« feinen unb tief angelegten ®eifte«, jugleid^ aber and)
Don einem nid^t rigorofen, aber l^ol^en @mfte ftttlid^en ®efü](|le« jeugen, toie }. S. über
bie greif^re<j^unfl be« ®enie« bon bem @efe^, ober über bie Slei^ilitation be« gleifc^e«.
9u« ba 3)ui«bttrger 3rit ftammt aud^ ba« jtoeite Sänb(^en feiner „biblifd^en 3)id^tungen'',
bo« bie l^errlic^ Sieber entl^lt : „Sei bu mein f'^eunb unb fd^au in meine Sruft, ^err 60
3«fu StenMenfo^ jc", bann: „3Rein SBeg !ommt Don berSBiege, unb ge^t ber^eimat
ya, huxdf jmiottt ^ge Jtriege, jur großen $eimat«rul^ k/*
3tn Slo^e 1839 trat Sänge mit feinen Sangenberger ^eunben eine 9{eife nad^ ber
Gdfiimt an, ber toir eine erhabene Sd^ilberung ber bortigen 9latur, befonber« einiger
Saffetfaile, ta>ie be« StJ^einfaD« (Dermifd^te Sd^riften 9teue ^olge, 1. Sänbc^en) Derbanfen. 65
Sonb unb Seute gefielen bem Sleifenben Dom Ütieberrl^ein fo tool^l, ba^ er einem balb
borauf an ü^ gerid^eten 9lufe nac^ 3^^^ ^'^ ^rofeffor an bie UniDerfttät folgte. 9lm
6. 9l)nril 1841 jog er mit feiner ^amtlie bort ein. 3Ba« il^m biefen 9luf nac^ B^rid^
too^I DerjAafft yat, ba« toar eine ju 3)ui«burg im^a^re 1836 erfd^ienene Schrift : „Über
ben geft^icptTu^ @^alter ber lanonifd^en @Dangelien, in«befonbere ber j{inb^cit«gefd^i(^te go
266 Sftitge, ^ofyam $etet
S)[efu", toorin er fc^arf fle0cn bte anfid^ten Don 2)cü)ib Strauß l)oIemifiert, bet m feinem
Seben fj|efu t)om ^a^re 1835 bte eDangeßfd^e ®ef(^i(^te flic üR^ti^ <utd ber ^ett ber
evften ^tiftli(^en ©emeinbe ertlärt l^atte. Ign SBürttemberg tuar Strauß toegen biefer be^
ftrulttoen Sd^rift feiner SteOe am tl^eologtfci^en @tift )u Tübingen enthoben, oba balb
6 barauf nad^ 3^^^ berufen n>orben. äBegen biefer Berufung foax im 5tanton 3^^ ^^
fo heftige Semegung entftanben, baft bie Slegierung, tpelc^e ^obib Strauß berufen l^otte,
t)om SSolfe geftürjt unb bie Berufung Don Strauß rüdgängia gemad^t tDurbe. Sie neue
gemäßigte Ionferbatit)e Slegierung berief nun 3. $. Sänge auf ben 3). Strauß jug^ad^
Se^rftu^l, lonnte ftd^ aber auf bie 3)auer nic^t Italien. ,,^df trat/' fyd £. \päUx gefogt,
10 „in ein fmlenbe« ©dj^iff." 6« folgte eine fe^r ftürmifc^e unb betowte 3«*^ berenSBogen
fxi^ erft legten, ald na^ bem @onberbunb^triege eine frieblid^ere &ift ourt^ bte ^X!fyaltt
ber Sd^toeij^ unb über bie Serge jog. £. toir!te )u RMd) \d)x anregenb bun^ feine SSorr
lefungen. ^nd) in {ird^Ud^en SSngelegen^eiten iou^te ftd^ £. toö^renb feiner breije^niäJ^ngen
äBirIfamleit bafelbft eine gro^e 3uneigung feiner älnl^änger unter @tubierenben tDte ge>
15 reifteren SJlännem, unb felb^ bie ^o^^ac^tung feiner ®egner ju ertoerben. Unter ben
©d^riften, bie 2. ;iu 3^^^ öerfafet ^^at, ^eben n>ir feine äntritt^rebe l^erbor (bom 1.3Rat
1841): „äBeld^e ©eltung gebül^rt ber @igentüm(id^Ieit ber reformierten Jtird^e immer no(^
in ber toiffenfc^ftlid^en (Slaubenglel^re unferer R^it/'
^r feine $au))taufgabe l^ielt er ed, ein Seben^efu ju berfaffen, im ©egenfa^ )u bem
ao ^errbtlbe, bad ®at)ib Strauß enttoorfen ^atte. 2)a« ffierf erfd^ien in 3 Süc^^em : „^cS Seben
gefu mi) ben ßbangelien" (ßeibelberg 1844 — 47) unb jerföBt in folgenbe Stbf^^nitte : 1. ©m
leitung, 2. bie ein^eitlid^e f)arfte(Iung ber (Sefc^id^te be^ Sebend gefu, 3. bad Seben ^efu
nad^ ber äludbreitung feiner ^^e in ber 9(nfc^auung unb S)arfteDung ber Sbangelqien
unb bie bier Sbangelien aU bie a))oftolifc^en @runbformen ber Slnfd^uung bed Sebend
26 3efu. — 2)ie ©d^rift jog i^m in ber §eimat allerlei Änfed^tungen mi. ©0 trat gfr. fflil^.
Krummad^er ju Slberfelb in feiner 3^itfd&nft „$almblätter'' gegen S. auf ut(t> beranlo^
i^n ju „SBorten ber aibtoel^r". 2Ber ba« Seben gefu S.«, ba^ audj in« ©nglifc^ über«
fe^ toorben ift, aufmerifam lieft, toirb ftd^ überzeugen, ba| ber SSerfaffer bie ^errltc^teit
S^rifti in i^er Xiefe erfaßt ^at. ©trenge l^ielt er an bem „@m))fangen bom ^etL ®eifite,
80 geboren bon ber Jungfrau SJlaria" feft unb fteHt ben l^iftorif^en ß^aralter ber Jttnb^ettd«
gejc^it^te in« redete Sid^t. 35a« Seben, SBirfen unb Seiben be« ©rlöfer« ift in ergreifenber
SBeife gefc^ilbert unb babei treffenbe i)f^(^ologifd^e S^aralteriftilen eingeflodSften. 3n ber
bon 92i^fc^ unb ®ai ^u Sonn herausgegebenen 3Ronat«fd^ft gab $rof . ftling ein treffen«
be« Urteil ab : über bie fefte @ebunben^eit an ba« göttliche O^enbarung«« unb ^eiUtoort,
d5 über bie freie unb geiftboQe Raffung unb Deutung be« ©(briftinMte«, unb über bie auf«
rid^tige, entfd^iebene, c^riftlid^e ©läi^igleit, berbunben mit ber frifc^en unb traftigen Xeit
na^me an ber großen tl^eologifd^en Setoegung ber 3«it. — Sin jtoeite« $au^)ttoerl, bad
Sänge in 3üri4 berfafete, ift eine „Gl^riftlid^e 2)ogmati!" in 3 teilen (^eibelberg 1849
bi« 52, neue 2lu«gabe 1870), 1. ^P^ilofo^jl^ifc^e 3)ogmatif, 2. 5Pofitibe ©ogmatif, 3. an^
40 gcn>anbte 3)ogmati{ ober $olemif unb ^renif. ^n biefem SBert tyd ftc^ bad f)>ehilatibe
Talent be« Serfaffer« befonber« beioä^rt, toie bie« auc^ bon Geologen anberer Stic^tung
bezeugt ift. 3)urc^ bie« pro^artig angelegte unb au«gefül^rte 3Bert ift er ol« ein bd)eu«
tenber Vertreter ber ^oftttben unb lonfef^oneS unbefangenen X^eologie (angft anerbmni
3Rxi n>a^r^aft a))oftolif4fer f^ei^eit tritt er ber ©a^ung entgegen, too fte il^ in ©louben««
« le^re entgegentritt. — 9Jon ben Heineren ©c^riften au« 3üri<^er 3^* ^^^ ^ir ^erbor :
„Ueber bie 5Reugeftaltung be« 3Ser^ältnif[e« jtoifc^en ©taat unb Äir(^e" (^eibelberg 1848),
bie für bie Äämpfe ber (Segenloart fe^r bel^crjigen«n>erte SBinfe entl^t gemer: „5h!«
tijd^e Seleud^tung ber ©c^rift bon Subtoig ^euerbat^: 2)a« SBefen be« S^riflentinn«"
(^eibelberg 1849), bte eine bemicbtenbe Jtritif be« ^euerbad^fc^ 9leligion«begriff« ^iebt
BD 3ur §cbung be« ftrd&licben Oemeinbelcbcn« fuc^te S. einen Äirc^engefongberein lu jhften,
ber lurjtoeg „SangesSBerein" genannt lourbe unb jur ©rbauung ber ©emeinbe b\i ^eute
bient. 2)aran erinnert: Sänge« „35eutfc^e« Äirct>enlieberbuct> ober bie Se^^ bom ftix^em
gefang, praft. abteilung" (3ürid^ 1843) unb „35ie fird^lid^e §^mnoloaie ober bie Se^
bom iiirc^engcfang, tl^eorct. 3lbtcil." (cbcnbafelbft 1843). Seibe fafete S. nod^ einmal in
66 einer neuen (^itel09lu«gabe jufammen, mit einer Seleud^tung ber nam^afteflen Kn^K^en
@efanabü(^er. ©einen ^reunben in ber $eimat fanbte er bon 3üttd^ <ut« alte unb neue
geiftlicpe Sieber unter bem ^itcl: „3Som Ölberge", barin bie bebeutfamen Sieber: „^fSn^
bu bie (Slode ber 6toig!cit" unb „9iun ioeife id^ einen fidlem Ort" 2c 2C. Sie \lpml)m
e« au«, hai ber 3)ic^ter in feiner bamaligen Seben«^eriobe nic^t ol^ne Jläm))fe unb ©orgen
ao feinen „^ilgerlauf' fortgefe^t ^at, aber auc^ in freunblic^er Umgebung bon tDarmcn
ÜMitf ^o^ann $eter 267
grcunben unb ber l^lic^en Statur tDol^lt^uenbe Stnbtüde in fem erregtet ®emüt au^^
genimttncn fyxL
9tac^ 13iäl^dec t)ie(fetttger ^ötialett in 3^<^ ^^^ S- <^ ^^ ©c^toeij im ^jol^
1854 in feine ^eimat gurücf, ald $rofef(ot ber S^^eologie ju Sonn, tpo er Dor me^r atö
brei^ ^a^ren fein tl^eologifc^ed @tubtum begonnen ^atte. ^ie Sangenberger ^eunbe 5
^Kktten btefe Berufung getpünfc^t unb be^^olb ftc^ bei ber Sel^örbe für £. t)ertt>anbt. @r
ncijm ben Se^rffatl^I für f^ftematifd^e XI(|eologie ein, ben Corner bid bo^in inne gelM^t,
ber einem S^fe nac^ Berlin gefolgt toar. 3^ feiner älntritt^rebe toä^lte er n>ieber ein
e^ reformiertet Zl^ema: ,;£lber bie @rtt)ä^lung''. @eine 93onner äBirIfamleit umfaßt
bie jtDette ^fte feiner beinahe 60iäl^rigen Se^rt^ätigleit. 3Bie frül^er in 3^^^ ^^^ ^^
2. ouc^ in ISonn an bem {ird^lid^en Seben ber 9{^etn))rok)im ben regften älnteil, bei $0«
ßorotfonferenjen, $rot)in2iaIf^noben, Jtir(^entagen unb ol^ 3Jlitglieb bed ^onftßoriumd )u
JtoUen), bem er bid an fein @nbe, jule^t a(d @l^renmitgUeb angehört ^at auc^ beftieg
er niK^ 0^ bie Jtonjel unb tpurbe fel^r gerne gehört, ^m jtoeiten ^al^xt feiner Sonner
SBirffamleit begann er ein großartigem 2Ber!, fein .^t^eologifd^'^omiletifci^ed Sibeltoert'', 15
toüdft^ er in Serbinbung mit einer Steii^e na^ml^after ^l^eologen, toie bem J^oDänbifc^
X^ologen Don Oofterjee )u Utred^t, ®eneralfu})erintenbent SRoD in 5tönigdberg, $rof.
Xuberlen in Safel, üRmifL^Slat 9% in 5tar(drul^e, 2)elan JUing in SRarbac^ u. a. me^r,
^oudgab. Sß&i^enb jtoeier ^al^r^ebnte, t)om ^ai^re 1856 — 76, towc er ftetd eifrig be«
wüSfi, bie ^[ortfd^ng unb SBoDenbung }u betreiben. S. felbft l^at t)om 3(X bearbeitet: 20
SHe bier often äSüd^er SRoftd unb bie brei Reinen $roi)^eten ^aggai, Sac^arja unb
SRaboc^i: bom 31% bie StnmgeUen bed SJlott^äud, SRartud unb ^o^anned, fotoie bie
^fyctcibfpit: mit feinem @(^n)tegerfol^n %, %a\), $faaer in Jtrefelb, ben 9lömerbrief;
mit $rofe|for bon Oofterjee ben Srief bed ^a!obum. ^ad bönbereic^e äBerl, eineiS
ber brauc^borfiten, toelc^ in biefer 3(rt bie beutf^e tl^eologifd^e 2Bif(enfc^ft ^erborgebrac^t, 36
bot in tociteren Jtreifen, in ber Sd^toei), in ben 9{ieberlanben unb in 9{orbamertfä SSer»
brettimg gefunben. !ßrof. @(^aff in 9ten)'3)orI J^at eine englifd^e Bearbeitung beforgt, bie
fv^ gro^ Seliebtl^ erfreut unb and) in @ng(anb (Singang gefunben \)at,
S. ^ ber ebongelifc^stl^eol. ^{ultöt )u SBonn 30 ^^a^re angehört Seine afabemifc^e
SBtrIfamteit umfaßt bemnac^ me^ aU bier ^a^rne^nte, feine gefamte amtUd^e 2Bir!fam!eit so
bon 1826 — 84 me^ ald jtpei !D^enfc^enalter. @ie l^atte in feiner rl^einifc^en ^eimat be^
gönnen unb fyit l^er toieber geenbet.
Sbu^ in ben legten 3^^^ f^ned l^o^en ällterd gönnte fu^ 2. leine Stulpe unb fe|te
neben feinen Sorlefungen unb ätmt^efd^äften ju Noblen), befonber^ ben Jlanbibaten«
bc&fungen feine fcf^riftftdlerifd^en Slrbeiten unermüblid^ fort. (Sin im^a^re 1876 }u@lber::86
felb ge^K^tener Sortrag: „übtt bie dtiffe unb 3^^f Zungen in ber heutigen @efellf^aft''
betbeiß Songed tiefe Stoneigung gegen jebe eherne 9iid^tung, toöl^renb er für ^^b^^^ntonifc^
(Segenfä^'' einen tiefen SinblidC befaß. 9luc^ feine ,,@runbnnien ber fird^Iid^en älnftanb^«
Ufyct'' berbienen boQe Serüdfu^tigung in betreff beffen, toa^ S. über afabemifc^e Se^r^^
frti^ im ®egenfa^ gegen SeJ^iQtür unb Se^rfrec^eit bemertt Sbenfo bie emften 40
Sorte Ober bie t^logifc^en glotultätdtbtffenfc^aften. ^ad @(^rift(^en : ,,Über ben SJle«
t^idmud'' Iam))ft für bie ebangelifc^e ^eil^eit in ber @ebunben^eit an bie ebangelifd^e
Sonbedfirc^, gegen aQe lünftlic^en SJlittel d^riftlic^er ^römmigteit gu ertoecfen.
3m 3a^ 1876 feierte S. fein fünfitgiö^rtgem l^ubiläum, bei bem e^ i^m aud^ an
äußeren 9lud|ei(^nungen unb tDärmfter Xeilna^me bon na^e unb aud ber ^^e ni(bt fehlte. 45
3u Oftem 1882 bwing ber greife ^atriarc^ im Äreife feiner gamilie feinen 80. (Seburt*«
tag, tari^erum bon vla!^ unb jVem aufm i^erjKc^fte begrüßt. Seiber fe^be bei biefem fc^önen
geßc fein So^ 5Prof. Dr. Sttbert Sänge, ber 3Serfaffer ber „®efc^ic^te be« ÜKatcriali^
mud", ber bereite geftorben.
9Cm 21. 3uni 1884 l^atte £. ^ule^t gelefen, bem l^eißeften ^ge be^ l^a^re^. @m so
ergriff i^ ein Srufrtram))f, ben aber ber rröftig angelegte ^ann toieber ganj übertoanb,
fo baß fein l5fUi(^ ^urnor toieber gurüdCfei^rte. ^a machte gan^ unerwartet am 92a(^s
mittag bed 8. guli 1884 ein ©e^imfd^lag feinem Seben ein @nbe. Obne aQen 5tam))f
iß ber SoSenbete fonft heimgegangen. JBä^renb S.« ©c^toiegerfol^n, Pfarrer %a);), am
reiibgefc^mfldten Sorge im Srauerl^aufe treffliche SBorte rebete über )iic 2, 29. 30, l^ielt 66
^^oftor Itrobb, ber auc^ einft toie Sänge in Sangenberg getoefen unb bon bort nai^ Sonn
glommen, bie Irauerrebe in ber gtiebl^oföfapette über 1 Äo 3, 22. 23. — 9lac^ bem
uxMt bed Serfbrbenen tourbe fein @rabftein mit bem bejeid^nenben S^rud^e ge}iert :
,,2>er SBSeg bed Sebend gebet übertoärtd'' $r 15, 24.
Son ben nt<^t f))e)ieu angefül^en Soften 2ä feien no(^ ertoöl^nt : „^ad a))ofto« eq
268 Sauge, Sol^ann $eter Sangen
lifd^e 3eitalter", 2 »änbe (8raunf(^h)ct0 1853 unb 54). „aSermifd^te ©d^riften", neue
^olge, 2 Sänbd^cn (Sielefelb 1860). @el^t brau(^bare alobemifc^e ec^ften ^ S. be*
forgt: „®runbrife ber tl^eol. ©nc^fiopäbie", 1877. „©runbrife ber bMfdSfen ^ermeneutü",
1878. „®runbri§ ber (^riftTit^en QÜ)\V% 1878. ». «rafft f.
6 Sangen, S^f^t^^/ 0d>oren am 8. Sunt 1837 ju Mn, gefbvben old orbenißc^
^Profegot ber latJ^oL^tJ^eolog. galultöt ju Sonn am 13. 3uli 1901.
3!)er äußere Scbenigong Sangend toor ein ganj einfädlet. @r {fatbterte in Simn, em))fcng
1859 bie ^(. ^rieftertDeil^e; toirtte ein ^o^r lang aU RcCflUm in äßerbeling^oMi bei
92eu^, n>urbe bann Staplan unb 9let)etent am {atl^olifd^-tl^eologifd^en JlonDift )u Sonn.
10 3m So^re 1861 l^abilitierte er fui^ an ber lat^ottl^eolog. ^otultät für S^egefe bed 3tZ,
1864 tourbe er aufterorbentlid^er, 1867 orbentlid^er $rofef(or. 9(ud bem ®^iet ber neu^
teftamentlic^en @cegefe unb ber mit i^r Dertoanbten %äd)tt t)eröffentli(^te er b\& jum
3a^re 1870 abgefe|en t)on Untt)erfttätdf(^riften folgenbed: bon äbl^anblungen erfc^ienen in
ber Tübinger %l)QB, 1860: 3)ie beiben griec^ifc^en Xcj^t beg »uc^egeji^, 1862: bo«
isjübifc^e @^nebrium unb bie römifd^e ^robtratur in ^nbäa, 1863: 3)ie erften Sefet beiS
^ebröerbriefed, 1865 : 3)er t^eologifc^e @tanb))unlt beiS ^abiud 3ofet)l^ud. Selbfifl&nbige
Schriften fmb folgenbe: „S)ie beuterofanonifc^en ©tüdfe be« Su^e« @ft^' (1862), eine
biblifd^^!riafd^e 9lb^nb(ung, ,,3)ie (e|ten Seben^tage ^efu'' (1864), ein bibltf^^^^ifbriUber
^mmentar über 3^n le|te Seben^tooc^e, „^a^ ^ubentum in ^aläftina )ur ^eit S^nfti''
ao(1866), ein Seitrag }ur Offenbarung^ unb 9leligion^ef(^id^te afö (Stnleitung m bie 2;^
logie bed 31%^, tiefem SSerl XooüU er ein anbere^ über bie neuteftamentli(^e 3^logie
folgen laffen, ed ift hcS aber ni^t erfd[^ienen. Ser Serleger Saugend, ^erber in gfret«
bürg i. Sr., toünfd^te, Sangen foDte in Serbinbung mit feinem Sonner ^tultat^Qegen
für allteftamentltc^e @£egefe, Sleufd^, bie Searbeitung „eineiS turggefa^ten esegetifd^en ßmib«
26 bu(^e$' behauten unb ÜReuen 2:eftamented'' übernel^men (bgl. ®oe|, %taai ^einrid^ 9leuf4f,
©otl^a 1901, @. 29) ; auc^ biefer Pan gelangte nid^t )ur äudfü^rung. S)ad berbreitetfie
Su(^ Sangen^ in biefer feiner erften Seben^eriobe, bie bid jum Sotilonifd^ ilon)il 1870
reid^t, ift fein „©runbrife ber ßinleitung in ba« 5«eue leftament" (1868 I. »ufL, 1873
II. äufl.). 3)er SBert ber ,,@inlettung'' tourbe Iat^olif(^erfeitd allgemein onerldnnt, mif
80 1870 fd^rieb nod^ ber Sitterarifc^e ^onbtoeifer Ml^1am)ß (1871, 98), bie (Sinleitunjj
„}ei(^ne ftd^ aud burd^ überftd^tlid^e Suf^mmen^eOung bed Stoffel, gro^e Sertrout^
mit ber Sitteratur, lorrelte SRitteilung berfelben, gebrängte Süxü neben SoOfiänbigieit
ber Se^anblung''. ^nh^ trat bei bem erftmaligen @rfd^einen oer Einleitung f(^on ber
Bpcdi }u ^ge, ber }h)ifc^en ber aud^ t)on Sangen t)ertretenen älteren ftberolen beutfc^
86 lat^olifd^en ^^l^eologie unb ber neueren ultramontanen Stid^tung beflonb. ®d beburfte
nämlic^ Ser^anblungen, ba^ feine Sinlettung bie t)orgefd^riebene lird^lid^e 9l)>))robatiim
bom er)bif(^5flid^en @tu][^l in ^eiburg erl^ielt, toeil er in ber 3nf))iration§le^e ntc^t bie
lorrett^ultramontane ^eorie bertrat. 3lod^ bejeid^nenber für ben Umf(^n)ung, ber ftd^ 1870
in ber lati^olifd^en Ideologie boUjog, fmb aber bie Umftänbe, unter benen bie j|ft>eite Staf«
40 läge ber Einleitung in anberem Serlag erf(^ien. Ser Serleger $erber in gretburg teilte
Sangen mit, baft „angeftc^td ber 5toDifu)nen, ya benen bie Erteilung ber oberl^irtlic^
9lt)^robatton 3lnla^ geben bürfte'', er auf fein Serlag^ed^t ber)i(^te. Sangen begleitete
feinerfettd bad Erfc^etnen ber neuen Sluflage in anberem Serlag mit ben SBorten, „baft
toenigftend lein jad^lic^er ®runb für bie lird^lid^e Se^örbe bor^anben gelDefen tDöre,
46 bie ber erften Sluflage erteilte ält)t)robation ber jmeiten m t)ertoeigem, ba bod Suc^ in*
l^altlic^ völlig unt)eränbert bleiben lonnte'^ Sangen d^ralterifterte treffenb bie gonje
geiftige Sage mit ber Semerlung: „^urd^ ben 2Be(|fel bed Serlagd h>trb badSud^
aber l^offentüc^ fo toentg an Sraud^barleit berloren ^aben, \ok burc^ ben Sßed^fel, ber
ftc^ in^toifcben aud^ anbertoärtd boQ^ogen ^at.''
60 Seine Slnl^ängerfd^aft an ber t)orbati!anifd^en liberalen 9ii(^tung ber beutfc^en lat^
lifc^en 2;l^eologie betunbete Sangen aud^ burd^ eifrige SRitarbeit an beren Organ, bem
Sonner Il^eologifd^en Sitteraturblatt (l^erau^egeben t)on 9leuf(^ 1866—1877).
@o toar ed feiner ganj^en bisherigen Stellung nad^ {lar, ba^ er ftd^ ber $roteftbeh)egung
gegen ba«SatiIanum anfd^lofe (fte^e t)on ©d^uUe« ä.: aitfatl^olici«mu« Sb I ©. 416 ff.).
66 ^it feinen Sonner Jlollegen tourbe er t)on bem 5tölner Erjbifd^of ÜRelc^erd, ber fein
Serftönbnid für bie inneren 5täm))fe biefer Männer baburd^ behinbete, baft er i^en oB
ultima ratio ^ur Unterbrüdhtng i^rer getoifjen^emö^en Überjeugung geifUic^ Esarjitien
bringenb anriet, fu^enbtert unb e^ommuni}iert. 92aturgemö§ no^m er auc^ olttoen 9bi«
teil an ber altlat^olifd^en Jtird^enbilbung, er t)erfa^te ben „alttat^olifc^en jtatei^idmud'' unb
Sangen 269
ben ,,£eitfaben für ben Sieltgtonduntenici^t an ben ^ö^eren Sc^ulen^^ er gei^örte t)ecs
fc^iebenen Jlommifftonen jur Organifation ber altlot^oUfd^en ^trc^e an, it)ar SSorft^enber
bor bor ben fogen. Sonner Uniondtonferenjen eingefe^ten jtommiffton jur tl^eologif^en
(Erörterung ber Union^frage ntit ben Orientalen u. f. to. 9lte 1878 bte fünfte olt^
lot^olifc^e St^nobe ben Sölibat^toang aufhob, gab Sangen feine früi^ere geiftltd^e 5
I^gleit in ber Sonner (Semembe — er ^atte bi^ ba^in mit feinen getftlit^en
JtoQegen abtoec^jelnb (Sottedbienft unb $rebigt gel^olten — auf, ba er ©egner ber 9[uf«
^ting bed Sdltbot^itoonge^ toor. @r l^ieb ftc^ t)on bem altlat^olifc^ürc^Iid^en Seben
bon ba ab in jiemli^em Umfang fem bejto. na^m nur bei gang befonberen älnläffen an
i^m nod^ 2!eil. lo
Ser aitlat^olicidmud l^at ben feften Soben für feine Iatl^o(if(^e ©teOung gegenüber
Siom in ber ®ef(^id^te bed Jtat^olicidmud, in ber 3)arfteIIung ber @nttoid(e(ung, bie ber
fiot^olicidmud im Stbenblanb genommen ^at. @o tourbe auc^ Sangen naturgemäß aud
einem @segeten ein ^iftoriler, ber ftc^ an ber großen aIttat^olif(^en älrbeit, ber burc^
greifenben Stebijion ber bi^^er iati^otifc^erfeitg gehegten t^eologifc^en unb Iir(^lic^en 9ln« is
fc^KUumgen beteiligte.
Stuf rein l^i^rifc^ 3Beg f)ai er mit anberen ^ü^rem bed SOttat^oIicidmud bie
9Iic^tberdbtigung bed ultramontanen Sel^rf^ftemd nac^etoiefen. ^unäcbft ber5ffentli(^te
er bad Su^, bad für ben Slltfat^olicidmu^ bie n>if|enf(^aftltci^e @runblage unb juglei^
ber tmffenfc^aftlid^e Tlac^toei^ ber Sered^tigung ber tat^olifc^en Opt^ofttion gegen ba^ ao
Sotüanum getoorben ift, bad SBerl: „^a^ Datifanifc^e ^ogma Don bem Unioerfal«
(Spx\loipat ut& ber Unfe^Ibarleit bed ^a))fted in feinem Serl^ältni^ jum 9{euen Xeftament
unb )ur lirc^Uc^ Überlieferung'^ (t)ier ^eile in einen Sanb, jtoeite Stu^obe, Sonn
1876). @r bietet ba eine fortloufenbe gefd^ic^tlic^e, t)on ber )[)atriftif(^en ^eriobe bid gur
neueflen 3^ reic^nbe 3)arfte(lung t>on ber Sluffaffung, bie bie {atl^oUfc^e X^eologie t)on 26
ben Sebren bed SSotüanum^ unb ben }u il^rer Segrünbung angeführten SibelfteOen gelabt
fyd. 3)er (Sieget Derbinbet fid^ in biefem Suc^ mit bem ^iftorUer ; Sangen fuc^t urlunb^
It(^ ju i^gen, baß bie nac^ ber ^Formulierung bed ^efuiten SeQarmin Dom $a))fte auf
bem kHtttlonifc^en Itoruil feftgefteOten Seigren bon feiner eigenen (Setoalt unb Unfe^lbarleit
mdft bloß na4 ber allgemeinen menfc^lid^en unb c^riftlic^en ^enlmeife, fonbem aud) nad) ao
ben ®runb^rin)it>ten ber lat^olifc^en 2;^eologie ald ^rrle^ren )u betrad^ten feien. (Sine
tanffenfd^ftlic^e SBiberlegung ^at ba^ Sud^ nid^t gefunben, ein Setoeii^, toie unanfed^tbar
feine Stefultote fmb. Sluc^ noc^ in biefe Uebergang^geit Dom (S^egeten gum ^iftorifer fällt
fein 1874 erfc^ienened Suc^: „^k 5)^ird^enk)äter unb ba^ 92eue ^eftament, Seiträge gur
®ef(^te ber @rllärung ber toi^tigften neuteftamentlic^en Stellen'', „^nxd^ grobe Wb^ 86
toetc^gen — fc^reibt er in beffen Sortoort ©. VI — \>on ber altfirc^lic^en Se^e unb
Sroitd, tDelc^e einen bie gange 3Belt betoegenben Ramp\ l^eraufbefc^tooren, ^at bie r5mif(^e
xurie aSe unbefangenen unb too^lmeinenben ^^eologen ju einer forgfältigen Unterfu(^ung
ber ^iftorif^^ ®runblagen ber {ird^lic^en Se|ire heranlaßt, Unterfuc^ungen, toeld^e, fo
(Sott tmd, bagu beitragen toerben, langgefc^iebene, burc^ $oIitit, ^arteil^aß unb i^terard^tfcpe 40
^errf(^fu4t felbft in ^nbfc^ft gegeneinanber berfe^te Xeile ber (^riftlic^en Jlir^e ein«
onber tarieber näj^ gu bringen, bieUeic^t gar miteinanber gu berfö^nen." ^n biefem Sud^
,,bte Aird^enbäter unb bad ^leue Xeftament" ntad^te er ben Serfu(^, ber gum erftenmd
in ber totJj^olifc^ Xl^eologie gefd^a^, „an SJlitteilungen aud ber jpatriftifc^en Sitteratur gu
leigen, tarie bie bogmatif^en Sebren unb 9lnfd^auungen ber jtird^^enbäter großenteils auS 46
Der neuteßamentlic^en 3)ottrin ftc^ naturgenäß enttoidCelt ^aben", er bot alfo ein möglic^ft
onfc^aulic^ unb relatib boQftänbigeS; in feinem $un!te einfeitiged Silb bon ben auf ba^
9tX OMTünbeten SlnUauungen ber Jlirc^enbäter.
2)ad ^aut}ttoer( feiner nac^batifanifc^en Slrbeit^eriobe unb feiner l[|iftorifc^«fritifdben
Stebtfton ift feine bierbänbige „(Sefd^ic^te ber römifc^en Jtirc^e, quellenmäßig bargefteut" 60
(Sonn 1881—1893), bie bi^ auf ^nnoceng III., geft. 1216, reicht. SDa« SBerf berfolgt
ben Qlmd „toiffenf(^aftli(^ b. i. burc^au^ t|>atjä(^lic^ bie @nttoideIung ber ))ä))ftltd^en
Stallt hü }u i^rem unter ^nnoceng III. eaeic^^ten (Si))fel bor Sugen gu führen". @^ ift
ein (Segenftüdt gu fdnem SBerle über ba^ Satilanifc^e ä)ogma, ed fou in @rgängung gu
ben bort gebotenen bogmengefc^icbtlic^en 9tad^toei[en bon ber Unberec^tigtbeit ber batifo^ 66
mfc^ 2)oamen ab möglic^ft artenmäßige ^arfteUung ber römifc^en itirc^e gu biefer
bogmengefqtc^tlidS^ Snttoidtelung ben t^otfäc^ltc^en ^intergrunb liefern. Über bie %zU
lung ber gangen $eriobe in bier Sänbe ^at fu^ Sangen felbft au^efproc^en: ^er erfte
8anb reu^t m Seo I. 3)ie Slegierung 3t>[tud' III. (432—440) bilbete ba ben ))affenben
Sbfc^btß, ^tnbem bie gegen (Snbe bed beerten ^a^r^unbertd aufleimenbe ^errfd^ft be^ r
270 Sangeit
römtfd^ @tul^Ied über bie ganje c^riftUc^e 5tttd^e burd^ feinen Slod^folger Seo I. f^fle»
matifc^ begrünbet unb lonfequent au^ebilbet tpurbe, mit Seo I. alfo eine neue @pod^
in bet ©efc^ic^te ber römifd^en $ä))fte beginnt''. SDer 9lbfd^lu^ bed bü auf 92ttoIau6 I.,
alfo bi^ 858 reic^enben, jtociten Sanbed bot ftc^ Sangen baburci^, \>a%, „tok Seo I. M^
6 matifc^ ba^ geiftUc^e $a))fttum begrünbete, fo 9{ifo(aud I. ber erfte ^opft tiHtr im Gtile
bed Mittelalter«, ber »egrünber ber 5pa))ft^errf(^aft über gürflen unb 9SöIfet". 3>ie
Stoifd^enjeit bis ®regor VII. 858—1073 bejubelte ber britte 8anb, ber bierte bie 3e!t
t>on ®regor VII. bi« Ignnocenj III. 1073 — 1216. 5Dlit Snnocenj fc^Ke^t gongen feine ©nt«
toicfelung^efc^id^te be« ^apfttum«: „^a^ Softem, tt^elc^ in ber fogen. Ionjlanttnif(^
10 @(^enfung«urtunbe flij^iert, in ben ^feuboiftborifd^en Sefretalen tt^ettläu^g enttoiddt, beffen
Sertoirfli^ung t)on sSregorVII. »ergeben« angeftrebt tourbe, ift t>on S^nnocen) III., fo*
tpeit bie« über^au))t möglid^ toax, aur 9(u«fübrung gebracht toorben. @rfl im 13. So^r^
^unbert ^atte ber römifc^e Sifc^of ftc^ bie 2Belt^errfd^aft erftritten. ^og unter ^mtocenj III.
ber 3(bf(^(ug biefer @ntn>i(fe(ung faßt, jeigen bie balb nac^l^er erfolgten jtobifi^tenmgen
15 ber Se^e unb be« 9tecl^te«, toeld^e bie ^ä))fte t)ertraten. S)ie eigentlich p&p^Üxdf^ 9lera
in möglic^fter SSoHfommen^eit batiert feit jener Qc\t/' 2)arum fc^Ue^t biefe« SBerl mit
l^nnocen} III., toöl^renb in feinem „SSatifanif(^en ^ogma" Sangen bie SeJ^renttnidelung
bi« )ur ©egentoort »erfolgen mu^te.
Sangen ^at in ber $orrebe }um britten 93anbe e« al« möglich ^tngeflent, bag „nod^
ao Dielfad^ geäußerten SBünfc^en eine gebrängte Überfielt ber Vetteren ©ef^ic^te ber pa!p^
lic^ SJlad^t bi« }ur ©egentvart [xd) anf erließen toirb.'' SSermutlid^ ift ba« ÜRanuf friert
ba}u ba, e« fc^eint aber jtoeifel^aft, ob e« »eröffentUd^t toerben tpirb, nac^bem Sangen«
@rbin, feine @(^toefter, jebe ^ittoirlung ber altlat^olifc^en ©eifUic^Ieit bei Sangen« Se^
erbigung runbtoeg abgelehnt ^at unb ibn, ber faft 40 ^a^re ^oc^fd^uUe^ in Sonn ItKtr,
26nad^t« o^ne @ang unb ^ang nac^ Jt5(n überführen unb bort rein ctDil ol^e tixdflidft
aiffiftenj beerbigen Keß.
2)te Urteile über biefe« $au))ttt)erl Sangen« lauten t)erf(^ieben. @eine Xrbeit«-
genoffen unb ©enoffen in ber l^iftorifd^en Sluffaffung, toie ^öQinger (»gl. ^ebric^ ^öOingers
biogra))^ie III, 671), lobten bie Slrbeit, a(« monumentum aere perennius, ba« etat
ao (ängft em^funbene Südfe au«fünte, ba« mit {einem älteren ober neueren SBerl )u »ers
gleiten fei, unb bie ^tünd^ener ^fabemie tvä^Ite nacb älbfc^luß biefe« äBerte« Sangen
jum !orrefj)onbierenben 3RitgIieb. 2)agegen l^at fic^ Ärüger in ber 3:^S3 1885, 472
nad^ bem Srfct^einen be« jtveiten Sanbe« ba^in geäußert, baß Sangen metft nur referiere,
ba« 3)2aterial beitrage, o^ne e« ^u »erarbeiten; „toa^ bem 3uc^ l^ai^tfäd^tic^ mangle,
86 feien burd^greifenbe ®eftd^t«punfte unb organifc^e 2)arftellung", e« fei eine guberläfpge
3ufammenftcttung be« 3Katerial«, aber Sangen ^abe ben großen Stoff nic^t »crarbeitä
ju einer toirtlic^en ©efct^id^te. ^te T)t»ergen) be« Urteil« h)irb mit i^en ©runb ^aben
m ber »erf^^iebenen 9luffaffung »on bem, toa« Slufgabe eine« ^iftoriter« ber rdmtfc^en
^ird^e fei, unb in ber SSerfc^ieben^ett fat^olifd^er unb e»angelif(^er {ird^enJ^iftorifc^ älm
40 fd^auung. 3)em @ub|elti»i«mu« ber le^teren, ber fid^ ja in einer für lot^olifc^e 2)enls
tveife !aum annel^mbaren 3lrt namentli^ auf bogmengefc^tc^tlic^em ®ebiet geltenb mac^t,
t)flegt bie {at^olifd^-^iftorifd^e Stic^tung ber Slltfat^olilen »or aQem bie objettibe @niterung
ber t^atfäc^lic^en 3uf^^>^be unb SSorgänge unb überläßt c« — toie man ba« ouc^ an
anberen aItIat^olif4>s^iftorifd^en SBerlen »erfolgen lann — bem einzelnen, ben Stoff fu^
46 fubjcfti» ju geftalten.
Sie fubje{ti»'^iftonfd^e Se^anblung l^at Sangen felbft aud^ geübt unb jtvar in einer
SHeil^e »on Sluffä^en, bie er in ber Revue internationale de Th^logie über berfd^iebene
fünfte ber Snttoidelung«gefc^ict>te bc« ^apfttum« unb ber römifc^ Äird^e beröffentlic^
!}(d, unb bie mit jum heften gel^ören, toa« al« geiftboQe 3)urc^blid(e über ^olj^unberte
ange Krcblid^e @nttt)id(e[ungen gefd^rieben toorben ift. ^n feinem ^aupttoerfe tDoQte er
nac9 ber ^2luffaffung, bie er »on feiner Slufgabe ^atte, eben nur ba« ^iftorifc^ Stotmol
in möglic^ft obj[eIti»er 2)arftellimg barbieten.
6inc treitere ©d^rift Sangen«: gur 6nttrirfelung«gefd^ic^te be« 5ßat)fttum« tfi feine
9Jlonograj)^ie über „bie 6lemen«romane" (i^re (Sntfte^ung unb i^re ^enbenjen aufd
65 neue unterfuc^t, ®ot^a 1890), toeld^c nad^ Sangen ©nbe be« 2. unb ätnfang be« 3. ^cifft*
bunbert« entftanben unb Umarbeitungen, bejto. $eläm))fungen einer ni^t me^ tm*
^anbenen ©runbfd^rift fein foQen, toelc^ le^tere bie Übertragung be« tird^lid^en $rimatc«
auf 3lom nad^ 3^^!«"^^ Untergang (135) »erfochten f^ab^ (»gl. §amadf in Xl^83 1891,
145). Seine Stellung al« Slltlat^oli! unb bie bamit »erbunbenen Union«»er^blun0En
eo mit ber orientalifc^en Ort^obo^ie iourben 9(nlaß ju jtoei anberen S(^riften Sangen^. 3m
Songeit SangoBorbeit 271
3a^rcl876 crfd^ien „bte trimlarifc^c Scl^btfferenj jtpifc^cn ber abenblänbifc^en unb morflerts
lon^ifc^ Jlm^e". Sangen j^atte an ftc^ toentg l^ntereffe an ber ^Uioquefrage; aber
ba beten Söfunß bie unum0änglt(^e Sorbcbingung be« großen fird^Uci^en ^eben^toerle«,
ber Untim jtpij^en äbenblanb unb TOorgenlanb fei, „tpirb — meint Sangen — jeber
Denlenbe, toeb^er reßgiöfen Überzeugung er auc^ fein mag, in ber SBieberaufna^me ber 6
tlnterfud^gen über bad ^lioque ettvad anbered erbliden, al^ eine ißerirrung heutiger
X^Iogie }u ber @))i^ftnbigleit bl^jantinifd^er Si^))utierfu(^t''. ®lei(^fand t)on bem ©e«
fic^t^nlt ber 9Biebert)ereinigung ber latj^olifd^en Rxtd)t be^ ^torgen« unb 3(6enblanbeiS
axA \ifyAA Sangen 1879 feinen „go^anned bon ^amadtud'', eine ^arfteHung be^ Sebend unb
t>üt aOem ber Sel^ btefed Hafftfc^en ^ogmatiterd ber orientalifc^en ^ird^e bor il^rer Trennung lo
bon ber abenbUhtbifd^en (t>gl. barüber ^errmann in 3:^S3 1880, 326). Sangen l^at noc^
eine SRci^ Heinerer ©c^riften berfa^t, J)0j)uläre 35arfteDungen einzelner fünfte Der römifd^en
ftirc^gefc^^te, bie metfl anonym ofd^ienen unb t)om altfatl^oltfd^en $re^- unb Sct^riften«
toeretn t)erbreitet tourben. Sie ftnb in ber Sibliot^el be« altfat^oI.4^eoIogifc^en Seminar«
in Sonn aufbetoal^ unb atö Sangenfd^e 3(rbeit bejeid^net. i6
Sangen tocx ein fe^r anregenber Seigrer, beffen ^iftorifd^e SSorlefungen einerfeitö frei
tooren bon bem unnü^en SaQaft t)eraUeter 93ü4>ertitel unb t)ergeffener 3Reinungen, bie
fid^ ober oft bur(^ bie ^e bed l^iftorifd^en 3Rateriatö unb bie Slu^e ber 3)arfteuung )u
geifboaen Sd^ilberungen ber (Snnoitfelung ber firc^Iid^en i^nftituttonen erhoben. 9((d
aRenf(^ ItKtr er jiemli^ t)eretnfamt, ein ftcmer ^effimidmu« n>ar il^m eigen, a\i^ bem ^er» 2p
an^ er manche« ju fc^fe Urteil über ?Perfonen unb 3wpänbe fällte, ©eit 1899 toar
feine »rbeitelrott burc^ Äranf^eit ftarl geft^toäc^t. am 13. Suli 1901 9Rittag mad^te ein
©c^lagonfaD feinem Seben xa\d) ein @nbe, atö er eben im begriff toar, in bie äSorlefung
ju g^fn. £eo)iolb Statt 9oet}*
Songeiipttit ^dttt. bon f. »b VII ©. 604—607. 25
£ait0|toti ^Uptfan f. 9b IX ©. 118, 21-57.
Sangofcarbett. — Ouellen: lieber bie flnffinge bed $oIfd [itt^i einzelne ^^a^ri^ten
in gtiect)ifd)en unb römifcben @4riftfienern, tvie Strabo, ^acitu^. $toIemSud, SeQejud $Q'
terlulud, in b^jantiniftben, »ic ^rofopiuö (Corp. scriptor. hist. Byzant. II, Vol. 1—3,1833),
SDbeopb^lahod unb Zicop^anc^ (de Boor. 1885. 1887). — .^aiipt quellen in Mon. Germ, ao
HiBt: 8S.rer. Langobard. et Ital. sec. 6— 9, ed. Waitz, Hannov. 1878. 3)Qrin j.©. Origo
sent. Lang. — Hist. Langob. cod. Gothani. — Pauli Diac h. Lang. — Andreae Bergom.
Eist u. f. tD. — (Sefe^e ber S. in Mon. G. Hist. Legcs IV. ed. Bluhme unb PadeTetti,
Fontes jor. ItaL med. aevi, Xurin 1877. — Urfunbcn: Troya, (Dodice diplom. Langob.
dal 568-774, 6S3b. Napoli 1852—1855. - ©onftigc DueUennac^rocifc unb Angaben älterer 36
^arfteOungen unb Unterfuc^ungen ftet)e in 2)a6ImQnn<^ai$, duellenfunbe, 6. ^ufl. 1895;
in 3)abn, fiangob. Stubien, ©b I 1876; berf., Utflcfcb. b. aerm. u. rom. SSölfer, 93b IV c. 7
(1889) unb in ben neueren ^arfteQungen uon Th. Hodgkin, Italy and her invaders, Voll.
V— Vm, 1895—1899 unb S. 9R. ^artmann, ®cf(b. gtcl. im Mittelalter ©b II, 1, 1900
in ^nmerfungen unb Ginleitungen ber einzelnen ^bfc^nitte; unb in Atti e Memorie del con- 40
storico in Cividale 1900.
^ie Sangobarben, juerft bon ©trabo ertoä^nt, nad^ eigener unl^altbarer ©age aa^
©tanbmat)ien ftammenb, ftnb SBeftgermanen, ber ©prad^e nad^ Sägern unb Sllemannen
MliKtnbt 9ln i^ älteften ©i^e toeftlid^ t)on ber unteren @Ibe erinnern 92amen h)ie
Sarbengau unb 93arbotoi{. Über i^re Urgefc^ic^te finben ftc^ in antilen ©efc^id^tfc^reibem 45
nur färglic^ Angaben, ^urd^ Jtriegdmut tro^ geringer äSoIf^ja^l t)on möd^tigen 92ad^bam
g^tn^et unb bor i^nen gefiebert, erliegen fte bod^ ben Segionen be$ ^iberiu^ (5 n. 6l^r.).
IRit Storbob fte^n pe erft im Sunbe, bann mit ben G^eru^fem gegen i^n (17 n. 6^r).
^fju ©d^dfale in ben näc^ften ^a^r^unberten liegen im T)un{e(. (Segen @nbe bed 4. ^ai^r«
^unbertd toanbem fte, tool^I Don junger getrieben, aud, untem?egd frembe 93ölIerbrod(en 50
fu^ angHd)emb unb ben 2Beg gen ©üboften, t)teaeid^t burc^ bad frei geh)orbene 93ö^men
n^enb. Segen (Enbe bed 5. ^jal^r^unbertd fe^en fte ftc^ in 9eft^ bed Slugierlanbed,
ettoa im ^tigen 9!ieberi^fterreictf, ^ie^en ftd^ bann in bie Ebenen ber %f)^i unb T)onau,
fd^ebi bte $errfc^aft ber benachbarten ^eruier ab, Iätn))fen, t)om Jtaifer ^uftinian burc^
©(^othmgen begünftigt, gegen bie i^m gefä^rlid^en ®tpihm, t^re fübltd^en 92ad^bam, unb 55
^ iunger ftdnig SHbotn bemid^tet fte im 93unb mit ben SlDaren unb tötet i^ren ^errfcber
itutnmunb (566 ober 567).
Unter i^frem $elbent5nig jte^en fte, biellei(^t bon i^ren überlegenen abarifc^en Sunbe^*
272 Sangobarbett
aettoffen Wbxol)t ober burd^ bie 9(bberufung bed 92atfed, in bcffen $eet B^m 'üftcc
Sanb^Ieute bad fruc^itbaTe ^talxm lennen gelernt Rotten, aber nicpt burdb feine dtadfiudft
angeloA, im SSerein mit Sruc^teiten berfc^iebenfter ©ermanenftämme, ). ^. t>on ®e))tben,
befonber^ auc^i t)on @ac^{en, nac^ bem @üblanb (Oft. 568). ^n rafc^em Slnfturm, tDoj^I
5 tDegen ber ©c^ilDäc^ung ber b^jantinifcIS^en ^iegdmac^t burc^i ^erfer- unb SbHttenIriege,
erobern fte Oberitalten. $or ber Serfolgung^tout ber toilben orionifc^en Sangobotben
}ittemb, flutten ftc^ mehrere 93ifclS!öfe aud i^en @))rengeln. 9Iac^ mel^rjö^riger 9eb^e>
rung toirb $abia (3:icinum) genommen (572) unb jum Jlönigdft^ erhoben. Xuc^ %uSdm
unb einjelne @täbte, tote Sologna, lommen unter i^re ^errfcpaft Setd^ter toirb t^en
10 bie ©rünbung ber ttoÄ großen $er}ogtümer @))oIeto unb Senebent ioegen älterer Icm^^
barbifc^er unb gotiper älnftebelungen bafelbft unb toegen Sntböllerung biefer ®ebiete
burd^! $eft unb ^unger^not. SRangel^ einer ^otte aber bermod^ten fte toid^ttge itilfiau
ftric^e, toie bie bon 33enetien, 92eat)el u. a. m. ben ©rie^^n nicpt )u entre%m, eboifo^
toenig größere @täbte, toie 9iom unb Slabenna, biedeid^^t toegen unou^ebi&eter Se»
15 lagerungdlunft.
9iiele eble Slömer tourben bon ben Siegern getötet. 3)ie SReJ^rjol^I ber Seftegten
tourben ^albfreie (9(lbien, SQbionen). SBenige blieben ganj frei, ober ol^e äbtteil an
Ämtern unb ^eerbienft. Me jebod^ toaren langobarbifc^em Stecht imtertooi^en, tote aw^
bie mitgetoanberten Sunbe^enoffen, mit geringen Bpwccn t)erföTUid^en Sled^td. @r{i unter
ao Siut))ranb tourbe ben 9iömem bied teiltoeife jugeftonben. @ine Sanbteilung tDorb anfangt
nic^t borgenommen, ^ie Unterworfenen i)attm ben $erm t^rer ©ebiete, bie oft in
Stäbten toof^ntm, einen ^eil i^rer Srtröge abjuliefem. Der Jfönig erhielt bie laiferltd^en
j^IaU unb bie rebeUifd^^en ^erjögen abgenommenen ®üter. SDie 93erft>altung trug
bäurifc^en 6^ara!ter. 3)ie römtfd(ie Staate unb @tabtberfaffung tourbe befeitigt Sbi ber
25 @))i^e be^ in @b[e, |^reie, ^alb- unb Unfreie ^erfadenben SSoIfed ftanben feit ber 9Banba<
unb Jtam))f2eit Jtönige, au^ ben eblen ©efd^^ledS^tem ^erborgelbenb, ald oberfle ^eerfü^rer,
Sttd^ter, ®efe|geber, SSertoalter. Set i^rer SBa^l tourbe ber ®runbfa| ber Srblic^teit be>
rüdfid^tigt. ^ie näc^ften nad^! U)ntn toaren bie urf))rüngndS! bom SSolf ^etod^lten, in ^ta^
Ken bom 5lönig ernannten §erjöge, bie gü^rer ber einzelnen §eere«abtcilungen. Dieäio:»
30 faffung loar anfangt nämli^ eine ^eere^erfaffung. Sie toaren Seamte auf Sebendjeit,
bei gesteigerter SRad^^t mit @rblid^feit unb toie fränlifd^^e ®rafen mit militorifc^, netter«
lieber unb SSertoaltung^etDalt au^eftattet. Sie ftebelten ftd^ in ben eroberten Städten
an unb toaren bie Ferren bie{er unb ber jugel^örigen 2anbgebiete, eingelne barunter, tote
bie bon Orient, ^aul, @t)oleto unb 93enebent, faft bom Jtönig unabl^ängig. 2)urd[; 3^
85 unb Streben nad^^ @elbftftänbigfett Werben fte bem 5tönigtum gefä^rlic^. ^fjk Segtoingung
fteHen ftc^ ba^er ade fräftigeren ^err{c^er jur 9(ufgabe. 911^ ©egengeWid^t gegen fte bie«
nen ben jlönigen bie ©aftalbt, Vertreter bed föntglic^en Stec^td, ^ertimlter ber gro^
jlrongüter unb Wie laroltngtfd^e SJlifft 93eaufftc^tiger ber ^erjöge, ald ))erfönlic^ @tü^
©efolg^leute (©aftnbi).
40 @(^n)ered 33er^ängnid laftete anfangt auf ben Eroberern. Der erfte jtönig, ber l^elben^
^afte ällboin tourbe ber @age nad^ burd^ feine ge))ibifd^e ©ema^lin aud SBlutroc^ ermorbet
g72), r/i ^oi)xc barauf auc^ {ein 9lacl^f olger JÖej)^ Wegen feiner ©raufomtett (574).
Verwirrung trat ein. ^nfunbbreifeig §erjögc berWalteten ba^ Sleic^ 10 ^afyci long ju*
gleid^!. Die mttgelommenen <Sad^fen, unter aufgezwungenem langobarbtfc^en Siedet fid^ un*
45 be^agltc^ fü^lenb, jogen ftd^ unter fd^^idfaleret^en Stampfen in i^re ^eimat jurüd. %m
au^en unb innen bro^enbe ©efal^rcn, Wie bergeltenbe SinföUe ber ^anfen in ^t^^^ unb
Sünbniffe berfelben mit SS^^am, nötigten jur äSal^l bed {raftDoUen Jtönigd Xutl^, be^
@obned bon Si^l), unb }ur äudftattung bed{elben mit ©runbbeft^ feitend ber ^erjdge.
älufftänbifc^e überWanb er nad^! Wieberl^olten gefährlichen Jtäm))fen, machte ben unterWor«
60 fenen ätömern i^r ^oc^ weniger brüdtenb, fteUte bie Drbnung Wieber ^, fc^lo^ mit bot
j^anfen, totnn aud^! borüberge^enb, ^ebcn, erweiterte fein ©ebiet burd^! neue @robentngei^
befonber^ 93eft$na^me bed ganzen $ot^ale^ unb filierte biedetd^t bie erwähnten (Stofklbi
ein. Sebeutfam Würbe feine SJermä^lung mit ber fat^oltjc^en 2|beubelinbe, ber Xoc^
bed $erjog^ ©aribalb bon 93a^em, weil baburd^^ mittelbar ein Umfc^wung in bem ®Iauben
55 feinet ^olU unb in bef|en Stedung ju ben 9iömem unb ©lauben^leid^^^eit mit ben dkc«
manen 2Befteuro))a^ herbeigeführt Würbe.
Die Sangobarben, feit 'xl)xtt SSerbinbung mit ^erulem unb Svjantinem bem atiom«
jc^en Selenntni^ gewonnen, }eigten ftd^! Wä^renb i^red älufent^alted in $annomen grau«
fam gegen ^atl(|oliIen unb erft {eit ber Vermählung Sllboine mit ber fränlifc^ taüf^
^ lifc^en Sl^lobidWinba milber gegen fte geftnnt Unter ftle))^ bagegen ftieg bie 9}afo(gun0<i(
Sangobarbett 273
fuc^t iDteber, befotiberd bei bem ^eibntfc^en triebe bed SSolfö, todd)^ feine ©ötter in aller
SBetfe auf Sergen unb in Rainen ju bere^ren fortful(ir. 3)er ^a| ber äSefiegten gab bem
®Iauben unb ber 92ationalität ber Sieger guglei^l. ^iefe ^uft überbrücke bie fatl^^oUfcIS^e
itöntgin. 3^^ ^'^^ ^^ \d)iim unb bur(^ Jlrieg^erfolge unb äBaffen^ünbniffe mo^lber-
biente Xgilulf, ber ^erjog bon Xurin, ben fie t)ieIleiclS!t haft toeiblidS^en ©rbred^^tö }u tl^rem 6
jdpetten ®ema^ imb }um Jtönig ertoä^lte (590), bermutlidS! bid }u feinem Xobe (616)
Sbioner. älber fc^on toor i^m tourben einzelne Sangobarben lat^oIifcIS!, f o ba6 noc^ ä(utl(iari
ein 3$erbot gegen bie lot^oKfc^e Xaufe langobarbifd^^er jtinber erlief, unb uRifc^e^en mil^
berten bie Segenfä^. ^fym (Semai^I betpog X^eubelinbe }ur Sefc^enlung lat^oUfd^er
fitrc^ unb Suöjier, toie bed columbanifc^en Sobbio, }ur SÜiebereinfegung red^tgloubiger lo
9tf4dfe unb SBSi^erftottung ü^ed Jtird^enbermögend. Sie felbft erridS^tete ^irc^en, tpie
bie ptöä^ÜQt in SRonja, unb i^ren @o^n älbaloolb lie^ fie jur ^^eube ©regorS bed ®ro^en
lot^oUf^ taufen unb e^ie^en. ^n bem 2)reita))itelftreit aber na^m fte, nic^t o^ne StUi^
oing i^red ®ema^fö, mit melieren Sifc^öfen, toie bem bon 9(quilej|a, Stellung gegen ben
v^% toa^ man otö Streben nac^ Unob^ängigteit beuten tonnte. Qu biefem ©lauben^ 15
umfd^tmma trug J^ouptföc^Uci^ ber Sinflu^ ©regord auf ^eubelinbe unb bie langobarbi>:
\dfcn SBifc^dfe bei @r, ber Vertreter bed religiöfen unb nationalen Setou^tfeind ber Slö«
mer, imtrbe boburc^ i^r SorIam))fer unb 93ef(^ü(er. @o bermoclS|te er bie Belagerung
SRomd burc^ ^eqog äruilf bon Bpoltto unb balb barauf burc^ älgilulf felbft burd^ Kuge
SSeri^anblui^en unb ©elbjolplungen ab^utoenben, enblic^ einen SBaffenftiiDiftanb mit S^janj 20
(609) ^erbe^fü^en, bur^ toeld^en mittelbar bie Sangobarben ate 93eft$er {aiferlic^er @^
biete onerlannt iuurben.
Xro( toorüberge^enber Slüdfälle in ben 9(rianidmud; befonbetd unter ben beiben aria^
mfc^en ®ema^len ber ®unbeberga, X^eubelinbend 2:o(^ter, ben Jldnigen Slriotoalb (f 635)
unb 9lot^ (t 652), trat unter beren 92a(^folgem eine f^örberung bed fat^olifc^en ©lau« 25
bend ein. Qaifix^id^ Jlirc^en iourben gebaut, )umal in ^iabia, unb reid^! bef^entt. ^n
Stobten, in ioelc^ ein lotl^olifc^ unb ein orianifd^^er Sif^of gugleid^ toalteten, befa^ ber
ex^re ben Sorrang. Silber bei aller Pflege bed SRönc^toefenS unb gottedbienftlic^ Sffierte
leigten bie (angobarbifc^en 93if(^öfe bem $a))ft gegenüber Steigung jur Unabbängigfett.
Ibü>ererfeitd blieben fie bem Staat untergeorbnet unb o^ne @inp[u^ auf beffen ätngelegen« ao
l^en unb ®efe^ebun^. 9lu|er in rein tird^lic^ 3)ingen unterlagen bie ®etftlid^en ber
toeblic^ ®eri(^tdbartett. 93on Slribert an (653), einem Steffen 3:^eubelinbend, befteigen
nur Idt^olifdJK ^errfc^er ben X^on; nur lat^oUfc^e 93if(böfe bertoalten bie S))rengel.
9Railanb toirb lirc^lic^er aRittel))unft be^ 9leid^d.
2)ie SlMierung Stot^rid (615), toelc^er gefährliche ^erjöge rüdftc^tdlod beläm))fte unb 86
fein Sieid^ abrunbete unb befeftigte, ift befonberd burc^ bad Strafe: unb $rtt)atrec^t um^^
faffenbe unb an SteDe bed alten ungefc^riebenen }um erftenmal gefc^riebened Sled^^t fe^enbe
Edictum Rothari (643) au^egeic^net, toelc^ed, obtoobl bon barbarifd^^er $orm, bocb ^u^^
monen ®etft berrät unb ben Slrmen @c^u( gegen bie ^öc^tigen getoä^e. ^^m gefeilten
fk^ fpdter nod^i menf^lic^ere ®efe^e ju. ^acb langer 3^^^n0 nämlicb gelangte Stut: 40
pronb (712 — 744), ein Siater bed Solid, ein Orbner bed dieicb^ auf ben X^ron. ^n fei-
nen in lafyAüfta ^olt^erfammlungen feftgefteUten ®efe|en linbert er bie Sflaberei, toenbet
fic^ gegen ^bnifc^e ®ebräuc^e unb cbriftlic^e üJlt^röuc^e, gegen bor^eitige Slblegung bed
ittoftergelübbed, gegen ben Sn^^i^^^f u. a. m. @te fmb bon ©ereqtigteit^efü^l burd^-
bntngen tmb benaten einen ^ortfc^ritt gegen frühere Barbarei Seine ^ömmigfeit be- 46
!unbet fi<^ in bem Sau }a^lreicberjtirc^en, ber Übcrf übrung ber®ebetne bed ^l.9luguftinud
noc^ ^ßobui unb in feiner ^oc^ad^^tung bor bem ^a))ft. Sein ))olitijcbed S^d toax bie
Stni^ 3^^*^* ^^ ®egenfat( jtoifcpen Sangobarben unb Stömern in 9ieligton, Sitte
unb &ptaiift tbar burc^ bod kmgobarbifc^e Stecbt^^ unb ^eerloefen unb bie ©laubend-
otetc^^ bereite übertbunben. 3)er äußere äludbrudf biefer Serfc^meljung follte ein einiget 6i>
Italien fein. ^Diefem Streben traten bie $ä)>fte ^inbemb entgegen. £iut))ranb, obtoo^l
in bem Jttrd^ftrett ®regord II. (715—731) mit B^pj auf bed $a))fted Seite, bebro^t
me^rmate Slom, übertb<igt auc^ bie bom ^a)>fte aufgebe^ten ^er^öge bon Benebent unb
Stwleto, )ie^t aber, ebenfo toie unter ©regor III. (731—741), toel^^er bereite Harl ^arteO
ald Sunbcdgenoffen )u getoinnen berfuc^te, befänfttgt toteber bon 9tom ab. ^er poM\(i) 66
getaMUibte .^oc^riod erlangt bon bem frommen Itönig ^rieben (743) unb 9{üdfgabe bon
gtpei Drittetlen feiner Sroberungen unb bon beffen ^jtadS^folger, bem tapferen, aber ben
Stürmen ba 3^ «ic^* getoadj^fenen unb römerfrcunblidS^en Slatd^i« bon griaul (744—749)
bte Aufgabe ber Belagerung bon Perugia. Sein friegerifc^ed Bolf nötigt biefen ba^er
jurZl^nentfagung unb jum 3Rön^leben unb erfe^t i^n burd^^ feinen ta)>feren unb leiben- co
99aU9M€^tlopnU fflr Z^coCogie unb fiirc^c. 8. 0. XI. 18
274 Sangoborbett Sangitet
fc^iaftlic^cn Srubcr ätftulf (749—756). S)iefcr, bcn ?ßlan bcr ®ried^ent>enretbung imb
Siei^^runbung toieber aufnel^^menb, bebtest 9ftom unb bricht naä) lutjer 3^^ ^^^ ^
Bttpf}an II. ab0cf(^loffenen ^cben. '^n feiner 9lot getpinnt ber tl^atfräftigc @tet>^n.
ben e^^anfenlönig $t))))m in ))erj5nli(^er 3ufantmenlunft al$ Sunbe^enoffen. ^>^ )toci
5 ^Ibgügen (754 unb 756) übertptnbet ber ftegreic^e Jlönig $aiit)t{itabt lutb ^enfc^ unb
}tDtn9t il^n ju Tribut unb Xteueib, jur äluäieferung cined Xdfö feiner @<^e, Dor ollem
}ur ^erau^gobe bed S^or^atö 9tat)enna, ber älemilia unb $enta))oIid unb ^ur 9)öumung
ber noc^i niqt überlieferten Orte, todd)t, bem $a))ft überlaffen, ben Jleint fetner tod&^m
§errf(IS>aft bitten.
10 SJem auf ber S^gb untgelomntenen äiftulf folgte DeftberiuS (756—774), todäfct um
feiner Jtrönung tuiUen anfangt bem ^a))ft unb bem ^onfentönig gefügig tDor. SEBo^renb
mei^^rfad^en ^arteitoec^fete im SSerJ^öItni^ }u bem erfteren, bei h)el(|em er au(ij;€te|)^III.
(768—772) }um a))oftoItfc^en @tu^l t)er^alf, ^otte er feine 5tönigdma(^t befeßigt, feinen
@ol^n ä(bel(^id }um äJtitregenten angenommen, in Senebent feinen @(^i^erfol^ ob
16 $er}og eingefe|t, @))o[eto toieber abhängig gemacht unb burc^ äserm&^Iun^ feiner ^X&dfixx
mit bem ^ranfenlönig Jlarl unter heftigem 9Biberf))ru(^ Bttpfym^ unb mit bem Sotonis
l^^erjog Xafftlo einen Slücf^alt im Sterben unb Sßeften getoonnen unb feine Xu^ftdj^ten auf
bte ^errjdS^aft über Italien günftiger geftaltet Unertoartet trat ein UmUimtng ein. itorl
fd^ieb fxd) bon feiner langobarbif^en ®emal^lin. ^eftberiu^ nal^m aud 9tac^ bie flüchtige
30 ^milie feinet Sruberd ^arlmann in feinen @(^u(. $a^ft ^abrian, anftott noc^ 2)eftbes
nud' Sßunfd^! il^m bei}uftel(ien, fd^^lug fu^ toegen neuer ^nbfeugleiten unb in bem Streben
nac^ einem unabhängigen toeltlidS^en Sfteici^e auf bie @ette ^rtö unb bat i^n bnngenb um
$ilfe. 3)ie Vorgänge aud ber ^üt $i))^in$ toieberl^olten fu^. 5tarl unteriiHirf 2)e{tbenud,
beffen X^ron burc^ SSerrat unb $a^ bermutli^ erfc^üttert toar unb berbonnte i^n unb
25 feine ^amtlie in ba^ Softer. Xai f elbftftönbige Sangobarbenreic^ ^örte auf ; ed fiel an
ba^ fränÜfc^e ^errfc^er^au^. Jtarl nannte ft$ ,,itönig ber ganten unb Songoborbcn^
3)ie bem ^ßat>ft übertoiefenen ©ebiete verblieben il^m. BpoUio unb Senebent ober finb
nun Sigentum Itarl^. 3)ie langobarbifc^en $Iäne einer ^errfd^ über 9lom unb ben
$au))tteil ^talien^ ftnb nunme^ jur 9(udfül(irung gelangt, aber hwcif einen fränlifd^
so ^erm. Dem dieic^ berblieb jtoar ein Schein bon @elbftftänbigteit unb ^eimifc^em Sied^;
balb aber tourben fräntifc^e @inrici^tungen, toie Se^n^ tmb ^eertbefen unb SSernxiItung
burd^ fränüfclie ®ro^e eingefül^rt. SRipräuc^e, toie 9(udfaugung beS Sollet burd^ Seomte
tourben abgeftedt, aber auc^i bem ®ottedftaatigeban!en ilarl^ gemä^ ba$ 9(nfe^ ber 9i<
fd^ofe unb ba^ Vermögen ber ^irc^en erl(|ö^t.
86 SHIerbingd mugte 5tarl junäd^ft @m)}örungen einiger ^erjöge, toie i^^obgaubd t>on %fAcad
unb älrid^i^' bon Senebent, bed @d^toiegerfol^n$ bon Defiberiud, ben er )ur UntertDorfung
unter bemütigenben 93ebingungen }n>ang, unterbrüdfen. 92i(^t geringere 5täm^fe ^fotte RaM
@ol^n $it)1)in, @tattbalter ^talien^ mit bem Xitel eined ilönigd ber Sangoborben, mit
älrid^id' @ol^n unb Scac^folger ©rimoalb ju beftel^cn; aber bertrag^emä^ mugte btefec
40 nad^ $t))))ind 2^ob fin Jldnig Seml^arb Sribut jaulen. Seft&nbige SllbfaIIdber|u(^e unb
beftänbtged Streben nac^ Unabl^ängtgteit bon ben Raulen toaren Senebent m btefem
3eitraum eigen. Durc^ "i^ertrag mit bem Jtaifer 9(ice))^oru$ erlangte Aarl enblid^ bte
l(ncr!ennung feiner langobarbifd^en Sefi^ungen burd^! 93^2^1^)-
Die heiteren Sd^tdfale bed 1Rä6^ unter jtönigen au^ bem Itarolinger^fe, tine bte
46 bc« §crjogtum^ Sencbent, toeldj^e« 840 in bie ^^ürftentümer SSenebent, ©alemo, 3ltolfid
unb 6a;pua verfiel, unb bie bon @))olet, beffen genüge äBibo unb Sambert fic^ )u 5töntgen
bon Italien unb 891 burc^ $a))ft ^ormofu^ ju Jtaifem honen liefen, aber ber Jtrieg^
getoalt ^atfer 9(mulfd toeid^en mußten, liegen jenfeit^ ber ©renjen unferer Xufgobe.
Die @rlcbntffe feinet ^olfe^ unb beffen @agenf(^a( ^at bor^ugdtbeife $aulud S)ta$
60 lonu^ ber Slad^^toelt in feiner nac^ ber Untertoerfung feinet SSaterlanbed mit SQox^
SBal^r^eit^liebe unb äBärme berfagten, aber leiber nur bid gum Xobe Siut))ranbd (744)
reic^enben ©efc^ic^te ber Sangobarben überliefert. ^. ^tl«*
Sanguet, $ubcrt, geft. 1581. — Ouellcn unb ßittcratuf über ß.: 6ei«e
Briefe, Don benen brei unten gu befprec^enbe ©amnilungen gebrucft borliegen, unb feine
65 ®d)riften, bercn Sitcl unb Snl^alt unten bcf protzen tocrbcn. ©obonn ^MHbert belafftate,
Vita H. L., cd. Tob. Pct, Ludoviciis, Hai. 1700; ^. S^eorcuil, Hubert Langaet, II. edit,
¥ari« 1856; Xrcitfc^fe, Hub. Langueti Vindiciae contra tyrannos, ficipjig 1846; 3[. Qlafel,
^. Sanguet. ZI h ^redlau 1872; Odf. Sc^olg, ^ubert ^Üanguet ald furffi^rtf^^r tBericIlt-
erftatter unb QJcfanbtcr in grantreidj 1500-1572, ^aOc 1875. — 9lu8fü^rlit&e Äa<ftTl(^tni
Saitgitet 275
über 2, finbcn fic^ au4 in ®i(Iet, Srato üon (Erafft^cim unb feine ffreunbe, 1. u. 2. gfranf«
fürt 1860.
^ubert £., geboren 1518 ju $tteau£ beiälutun in SSurgunb, toax ein au^ejetc^ineter
(nmtefUmttfdj^er ^t^düntat unb einer ber geiftoollften ^ublijiften bed 16. ^a^r^unbert^.
6ein Soter, @mnotn, ein nic^it unbermögenber Seamter (bie SRutter l(|ie^ ^eane 3)^bo^o), 5
fydU bem begabten So^ne eine treffliche Srjie^ung geben laffen. Unter feinen Seigrem n>irb
befonbetd old ^umonifl unb Slrjt glcid^bebeutenb ^ereQu^ Saftilionenftd genannt. @r
ertDeche ta>o^I fq^on in bem ilnaben ben @inn für bie !RaturU)iffenf(|iaften, bon n^elc^em
fic^ fpoter Iriele Spuren in feinen Briefen ftnben. Um bie Steckte ju ftubieren, bejog S.
bie UitiMrfü&t $oitietd, unb n>ie grünblic^ er biefer 93ef(^äftigung obgelegen, babon legt 10
i^ feiner 9(b^Kntblungen rüJ^ntlidS^ed 3^U9"^^ ^' ^cmSBunf^e feinet SSaterd, in feinem
Soterlonbe bie einfache unb el^enboDe ^^ötigleit eine^ äSeamten aufzufüllen, bermoc^ite
$ubect nic^t )u entf))rec^; fein lebhafter @inn toar nic^t für ein ru^tged @tillleben ge^
f^Kiffen; bebmfc^t bon einem unenblidS^en 3Btffendburft (b^eid^^nenb ift feine äu^erung
Polchnun et dulce est, scire ea, quae all! Ignorant), ftubierte er X^eologie, ts
®ef(^tc^te, Slotur^ unb Staatdtoiffenfc^aft gletd^! eifrig: bie religiöf en ^agen, toelc^ie bamatö
aDe SBelt betoegten, mochten fd^on in feiner Uniberfttötd^eit getoaltig an fein Dl)x ge^
fc^togen ^aben ; tnit toa^rem ^ei^unger, belennt er, l^abe er aUe^ berfc^ilungen, toa^ i^m
bon tl^(ogif(^ Sitteratur unter bie $änbe gelommen fei, o^ne bag feine @eele bon
i^fren Qto^dn (befonberd über bie älbet&ma^tele^re) befreit tourbe. SBann er gum $ro$ 20
teßanttdimid dffentlid^ fic^ betannte, ift nic^t gu beftimmen, toie über^au))t bie Qi^xono»
bgte fetner ^uigenbjla^re eine giemli^ unfic^ere ift. @ine gewaltige Steifeluft trieb i^n
aud feinem Soterlanbe; fein glü^enber äBunfc^, bie )Berü^mtJ[|eiten ber SQelt tennen
)u fernen, i^ Urteil, il^re 9(nfi^ten ut erfahren, ift grünblid^! in Erfüllung gegangen;
benn taum giebt ed einen berühmten iRamen in jener ^üt, mit meieren er nic^t in ^er« 25
btnbung gefknben ifL @r befuc^te ^taliend Uniberfttäten $abua unb Soloana, toar auc^
eine 3^ ^% <^^ $of^ ^^ ^^ogin Stenata in ^errara (um 1545) unb lernte SSenebig
unb ^(xmien tennen. 3Reland^t^on$ Loci theologici, bie il^m ein Deutfc^er in Italien
gab, brachen eine entfc^benbe 3Benbung in feinem Seben ^erbor; ni(^t nur feinen
3tDeife(n mochten fie ein @nbe, fonbem regten in i^m ben begreiflichen 3Bunfc|i an, ben 90
fcUenen SRonn )>ei^nlic^ fennen m lernen, ^m ^a^re 1549 begcib er fid^ nac^ SBitten^^
beig, too er bon ÜJtelanc^t^on aufd 3u^(>rf<'^nt^Mi^ aufgenommen tourbe; biefer tou^te
miäjt, foBte er me^ Songuetd Sefc^eiben^eit fd^^ä^en ober feinen e^renl(iaften Sl^arafter,
ben bie frembe Sitte unb bad 3Banberleben nic^t |^abe berberben fönnen ; er belounberte
fein feinet, Kuged bon Seibenfc^ft unb Sefted^lid^Ieit freiet Urteil ; ben greifen, biel am 36
mfoc^tenen Sbmn ergd^e ed, ben frifc^en, lebendboüen @c^ilberungen bed bielgereiften
grüni)ofen mu^dren; er toar ®aft feined ^aufe^, ^ufig Segleiter auf feinen Steifen, mit
bem SReloncpt^onfc^ ^eunbedfreife eng berbunben. Sanguet bergalt bie Siebe bed
Praeeqptor Oermanie mit ber finblic^iften Sere^rung, bie er aUejeit gegen il^n ^egte
unb bcbmnte, ouc^ ba nic|it bereite, too fte i^m gum Stad^^teil gereichen mu^te. ^uxd) 40
bie Serfolgungen, ioelc^ bie Protestanten in ^ranfreid^ )u erbulben Ratten, aud feinem
Saterlanbe bertrieben, toöl^lte S. SBittenberg für eine Steige bon ^al^ren gu feinem Stuf::
ent^^ Sktod^nTtc^ mad(^te er im Sommer unb ^erbft eine größere Steife unb lehrte
för ben ffiinter )u SReland^t^on gurüdf. @o reifte er im ^al^re 1551 über Sommern
noi^ 2)an)iß unb Sc^toeben, 1553 ging er über Sre^lau nad^! äBien, 1555 mit Sm- 45
)yfe^lun0dbrtefen bon SReland^t^on berfe^en gum gtoeitenmal nad^! ^talien unb ^anfreic^,
um auf ben bortigen Sibliot^elen ©efc^id^^te gu ftubieren. Über bie 9üeberlanbe lehrte er
im ^i 1556 noqi SSittenberg gurüd. ^m ^a^re 1557 finben toir il^n in ^innlanb
tmb Bö^to^Un, ioo ®uftab SBafa xl)n auf^ ^eunblic^fte empfing ; bon bort eilte Sanguet
in bod bomol^ fo out toie unbeiannte Sa))))lanb. Jteine feiner Steifen, fc^reibt er fpöter, so
^abe i^ fo biel %fagnügen gemad^t, toie biefe in benStorben, toeil er ba bieled gefe^en,
tocA ifyn fonß niemanb ergö^len lonnte, toad er auc^ niemanb geglaubt ^ätte. @o fe^r
ei t^ ober gelüftete, Unbelcmnted gu fe^en, jo ging er boc^ nic^t auf geogra))l(|ifcl^e ^nU
bechmgen axS; ta>o^l berglid^^ erben, toeld^^er ^efi^ic^te ftubiere, o^ne ®eogra))^ie )u fennen,
einem SRonne, ber bei Stacht unb Stebel burd^^ ein frembed Sanb reife, unb noc^ in fpäter 55
3eit regte ed i^ möc^tig an, n>enn er bon ^anj ^rafed turnen Seefahrten ^örte, unb
tnfianbig bittet er um audfü^rlic^e Stad^rid^^ten barüber; aber ald ©uftab äBafa i^m ben
9ox\dfiaq madfU, eine @|))ebition ju leiten, toeld^^e bie norböftlid^e ^urd^fa^rt auffud^^en
foOte, ba k^te er «entfc^ieben ab : fein Streben ge^e ba^in, bie cibtlifterten Sänber ju
bmlttHmbem. (Rtiaoi^, ein Stann, ber fo au^ef))rodS!ened ^lent )um ^i))lomaten ^atte, go
18*
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'tnn&t TÄ TicöL Jims: :isi ^deser les 5i2!3eiB jrnuiüei, hob BL^mifiifiun. ^ äi
iissT;^ rificj M^wtTfSniC: Ci^nr s: iisrzuTiiuü 3ixq inrnnpr mm: sto^ ünog ans IRaR je^
S'vrrTäfti Jvin«ra^ z-mt IVS: Xiavr jofi ^jsSvcbl mf sne Jken laä rjaxuet nC JM^
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vr^f SosCindccT sc: 3:.:r>ni^ les iu"l:'i5agr ^c^ 3int Satm tsahtlm BMibca,
^ 33Z i^ ^.J3v^ ^.'reS :ctr Stjcc^sz yrirnr sie ^ vnnrar sisüniLznxSx S^cntoi
£3Z i(!.i?34:^c^<e::.{SL .:.rr.;a?i xcCzi fccr ;*>£ sctue r..ff.»..Ti&£ Sacie iml^ bot Uau
:r r:^f<3: c z^ :S7^ M:^^. £fcs irret: '-rmn^. ^ zcr <r 2<r ^k^wxc SRom,
y, ev^ '-:Cf < Zy^. ZiS^^'llxz : r: :c:{r J^c rc ^2 ^Laäntes ^ia|janE m^pagm imb
r; '-eS? cr:^:;^^!: lrLr«ür« ='z: £z:2K=: rcct<£: jüILmi runr. :er ök v j»<citcU€tc8c«
lr.trr4<^ r^*^. rdv e^ 'i:c sfr^i-'T^-—.^^ läfc xcr. res dia Setoi tic pitocrs
I.;^,riK: i^-cr^v, ;:;: c^clzsi, sn: :«s^ 5i=^ S«a ite fcSÄe Sazaxme für fciiie
/:<''<f'r:*-«»r-C'K: uns I:r^ i:i. $:n ?ir«EÄc l->5& 6» ;es Scbbkc 15»>5 finb bic
% >r:*^e zr. i'iztz-v:^^, ztr^Ziz, zczi icrt rs beeide« jft'^jwr ^BB itsraEften Xu^iiß uns
rr.'^uCcc:; trir^ ^i^ '^*srjt 3bafiz<si zczs: usZ vcrvääs, km, lixtfg mn mib rii^;
rr.u ui;{iT::^<tr^fr Zdvjilij/tn: itlssi a älKfrilfic: rcn sväcucaS&Kii in kme ^önbe;
a;;4 I-::^n:'d< iU-jii:^Utun nn£<n xtetei t€R cdis^äa ittc Stelle : bd aQcr 9<{^^cihais
E^,: :n .^jr^n n*^ cn cm zmcTMi Xcn fccnkbd 8<i^citMä o^ ihki^gfi gefallen.
V, /tri:4 ^u^ ^*-< Unanr.i£r!nluf:fh:m einer «cUben SrcQinu; bor er cmrfiaibcn. „Sa an
rnffii hKtt^im jqch Ufc«t ittll" — 'dreih er — «nniB kine i^eibenNbaftcn mäßigen,
c-v^ if^dlirnxen c^dluden un£ mit aller fcrficfrt Ie^m Streit i>ameibeiL'' 5teib unb
^i'}mvii '^t/kvxi '{bn rrjoaxaiz^oA axi\ un;ät(i^exnale tridexMen vA he JUagen über
f'itiinct, cenn Eei erntm Tr^ebolt Den 2*/} Ibcian sni§te a tocU einen b^eutenben
y, ^«[ leinee )oauxlutm üibti ;uie^. l^cm Aurtürnen trurte er an bte Mrfc^^en^
/>crt ^*^&,\di\ hall in er in iHori^, balt in £^ten, fSrog, ^onffuxt, Arln, ben 9Kebe^
lancm, unt je nae^ tdnem älufentbolt fdQt bas ubeiiriegenbe 9tebr feiner Mitteilungen
Q\ri J^cufüit^ten au3 cen franicnYc6en :Heü^irne£ unb Sürgerbiegen ober oud ben dürfen-
feit /en, Mer au6 ttn iL' erfoant langen bes 5laifer9 mit ben bcbmiKben Stönben oba ben
Vi nucfnbncifdm Untufien, ^^n Xeuti6(anb lelbft nabm a regen 9nteil an ben bamoligen
tird m);r.Uttic^en 3treittgfeiten. äUe ^eunb 'üJlelombtbone trat er ber immer miß \täi
'^/Ueno mad^mcen (tren.:; (uthertid^en ^l^artei entgegen ; ben ^ober ber Siberlogen tief be^
flaqenc, bietet er 6n t)eri(f>iecenen (Gelegenheiten oQee auf, bte $aneien vi Mfö^en, fo
beim /^urumtag in J^aumburg l'/;i ; ebenio fucbte er als l'midmpfa bed ^rotefUmtidmud
iL ru änatennun^ cer fran;^oftf(^en ;!pugenotten a(9 ©laubenebrüber auf bem ^yürftentage in
i^anfiurt ir,f;j butc^iujeftcn, freiüd» ebne (rrfolg.
(Se tanii nic^t unfae älufgabe fein, ^anguet auf aQen feinen Jtreu)« imb Cuerj&gen
^u begleiten; h)ir \:jzbaK ba^ niic^tiafte ^ert7or. SSom äJtai bid September 1560 blieb er
tn '\\ai\^, bann reifte er i^urüd naq Xeutfc^lanb unb befuc^ite unta anberem axä) bad
U) t)em)aifte ^JUtttenbag. tötnen ^itntrag 3)tDrbeifend, eine ^rofefjur in 3Bittenberg anju«
nei;men, Iel;nte er ah, tpie er früher einen äf^nlid^en bei Cttbeinridj; in ^eibelberg aud«
Sie|4|lagen l^atte. !iüalb joUte it^anguet nac^ ^anfreid^! jurüct ; bte religiöfe Setoegung be<
lanbee, bae im iikgriffe rpar, fic^ ^um Sürgerfriege anjufdS^icfen, erfoAerten einen juber»
läjfigen unb fc^arfen i?kobad;ter.
u (Snbe ""Max UM ging er naii ^antreicb, bie Se^tel^ungen ber beutfd^ ^Jürflen ju
ben fran;(bfi{d;en ^{itoteftanten fefter i^u fnüpfen, ^ugleicp aber auc^, um bie ^intereffen M
turfürftüd^en .^ofcd gegenüber ben iierfucben ^u bertreten, meiere bie @mefKner machten,
;^antret4i i^u getoinnen. !:lktm ^Heligtonegefpröc^ in '^oiff^ 1561 h)ar er )ugegen; ber
auebreAenbe Steligionetrieg uertrteb i^n aber au^ $arid unb ^anfeeic^; am 11. guli
«0 1562 ift er in ätntmer))en ; ba^ij^^ ^^^^ u"^ ^i^ folgenben ^0(^1^ bergingen mit b^b*
Sangnet 277
motifc^en Steifen nad^ ^anlreid^ unb jurüd nai) Sad^fen; 1565 erl^telt er aU ä^nx^
fÜrfUidj^ec ©efonbter bie toid^ttge äJtifjton, ben franjöftfd^en ^önig Staxl IX. babon ahm^
galten, mit Dem „dtävbtt" ©rumbaq in SSetbinbung gu treten ; etS gelang i^m aud^^, aber
toon Sachen iDurbe bietS nic^t aUgureid^ belol^nt, bon ©rumbac^ (Senoffen nie bergeffen.
SHe Selagerung toon ®ot^ (^^rül^ioi^r 1567) mad^^te Sanguet aud^ mit, nad^ ^anfreid^ 6
brnite er inbed nid^t me^ mrüdf, ba berjtDeite Steltgion^Sfrieg angebrochen toot, unb
mit Sbi^o^e ber htrgen ^eben^aufe (^Körg bid äluguft 1578), toelc^e er in $ari$
iitbrac^te, mu^en i^m Sie beutfd^en @täbte Strasburg, ^anffurt, @))eier, SRainj, ®a^U
freimbfd^ft bieten. 9[n ®efd^äften fel^Ite etS \l)m aud^ bamal^ ni^lt: auf bem Sletc^tage
in 6|>eier 1568 fül^rte er bie Unteri^nblungen toegen ber Jtrieg^Ioftenentfd^äbigung im lo
got^fd^ Jtriege ; boneben beforgte er bie ® efd^äfte bieler anberer $er|onen ; babei ift er
fo in Slnj^nu^ genommen, ba^ er aufruft: 0 i^r oDgu ©lüdflid^en, bie i^r eud^ beÖagt,
luDiel 3Ru|e }u l^en ! ÜRik^tet ü^ biefe 5tlage rec^t lange fortfe^en lönnen. (^ie ä(ngabe
Zrettfdj^led, b<t| Sanguet 1570 old fäd^fifd^er 9(6georbneter ben ^eben^unter^nblungen
in Stettin angetoo^t, ftimmt mit Sanguet^ Sriefen gar nid^t.) 15
3m Sbtgufl 1570 i)aüt ^anlreid; burd^ ben ^^en bon @t. ®ermain feine Stulpe
getoonnen, unb Sanguet belam bon bem Jturfürflen ben 9(uftrag, im SSerein mit ben
(Sefanbten anberer )yrote|iantif(^er ^rften ^eutfd^lanbd bem ^nig Aarl IX. bagu unb
)ur Scrmfi^Iung mit (Sltfabet^, Xod^ter ÜRa^imiliand II., ®lüi }u tbünfc^en, ^egember
1570. Sanguet, am beften bertraut mit ber frangöftfd^en @))rad^e, toar ber @^rec^er; mit 30
Mm %eimut ioied er barauf ^in, ioad in bielen anberen Sänbem möglid^ fet, ba^ beibe
itimfef^nen frieblic^ nebeneinanber leben, fei aud^ in e^^anlreic^ burd^mfü^en (bie 9tebe
fte^ M^moires d'E8tatl576, I, 82-~38). 3)ie 9(nth)ort barauf gab bie Sart^olomäu^«
nad^t Xud feiner eigenen ^er ^aben tbir über jene fd^redtlid^^e ^üt, bie ^anfreid^ um
feine Ael|ien äRdnner brad^te, leine 9Iad^rid^t (bom 26. 9[uguft 1571 h\» @nbe 9Iobember 26
1572 festen bie Sriefe), eine unerfej^bare Südfe. !Rur ein furjed @mt)fe^(ungdfd^reiben an
9BaIjtiü|6am für einen talentboDen jungen ^anjofen, ioelc^en er 1569 auf ber ^anl^
^er 9ceffe totnen gelernt unb in $arid tbenige ^age gubor Solign^ borgefteQt ^atte,
3>u|)Iefft«*3JtomaV, ift erl^ten (Calendar of State Papers. Foreign. 1572—1573).
Snbem er feine Sigenfd^ft ald (Sefanbter unb feine ^erfönlic^e Selanntfd^aft mitao
bielen (Sro|en geltenb mad^te, gelang ed il^, auc^ feinen ^au^toirt unb ^^nb SBed^el
(ber t^m bafftr bie Slu^abe ber ®efd^ic^te ber SSanbalen bon Jtran^, ^anffurt 1575,
toibmete), }u retten. Silber er felbft lief ®efa^r, bom ^öbel ermorbet ju toerben, unb
^atte fein Sdben nur ber ener^ifd^en SSertbenbung bed Hanglerd SJlorbimer^ ju banlen.
?|ene f(^erCid^en Xoge finb me me^r au$ Sanguet^ ©ebäc^tni^ gefc^tounben ; fein SSater^ 35
lanb, in bem folc^e SKenfc^en lebten, ja bie oberfte ©etbalt l^atten, tbar i^m feitbem
tmbeirtoartig; er berlie^ ed bon bort an, DItober 1572, unb i{l nur einmal, !un bor
feinem Zobe, ba^n }urüdEgete^ri 9(u(^ bie ))roteftantifc^en j^rften 3)eutfc^lanbd bitten
tocnig me^ flhp i^ ©lauben^brüber in ^anfreid^ )u hoffen; Sanguetd ^ätigleit in
$arid taxir bomit etgentlid^ überflüffig. 9(m 7. 3)e}ember 1572 (bon Sredben au^) bat 40
er fdbft, man mdd^te il^ nac^ Sien ober SSenebig fenben. ^ie 9(ngriffe ber dürfen auf
Stalten unb Ungarn, beren getbaltigften itoax bie Seefd^Iad^t bon £e))anto (1571) ge»
broc^ ^otte, bie aber bo<^ immer bro^ten, boten ^^tereffe genug jur Serid^terftattung.
SBegen ber Sleligiondfragen entfd^ieb ftd^ ber fäd^fifc^e §o| für SBien ; ber Äaifer SKajimilian II.,
oDmä^Cic^ einer ©ro^mad^t^oKtil l(iulbigenb, tbar nic^t me^r fo entfc^ieben ber ®önner 45
ber Steformotion ibie früher, unb Sanguet foQte bie ^ntereffen ber ^roteftanten bei tl^m
l9frtreten, aber auc^ über^u))t bie au^toärtigen SSerbältniffe im Sluae behalten. 3)2it bem
GdfoapUdft feiner Xl^ätigleit önberte ftd^ aud^ ba^3KateriaI feiner 93erid^terftattung. Öfter::
reii^, Ungarn, J?olen, ba^ türlif(^e Sleic^ treten in ben 3Sorbergrunb, ^anlreid^, 6nglanb
me^ lurüd. Som ÜRärj 1573—1576 blieb Sanguet am laiferlid^en ^ofe unb begleitete 60
bkfen mtf beffen betfc^ebenen Steifen nac^ Sing, $rag k., na^m aud^ teil an berfd^^iebenen
Stctc^dtogen g. 8. Siegendburg 1576. 3*^ 3^^^ befud^te er bie g^anffurter Dftermeffc;
^ia maoftt er, ioie etS fc^eint, feine ©elb« unb ^ribatgefc^äfte ab, traf bie alten f^eunbe
unb {nfit>fte neue SSerbinbungen an; ^ier tburben aucp bie Aommunilationdmittel megen
ber bomaU du^erfl fd^ioierigen Sriefbeforgung au^emad^t. k
Son t)erföttli(^en (Sriebniffen melbcn bie ©riefe jener 3^ tbenig; bon ÄranB^eitcn
taxir Sanguet oft l^mgefuc^t, unb mel^rmald brol^te ber gebred^lic^e jför^er ben 3lnftren-
gungen ber Srbeit unb ber Steifen ^u erliegen, ©inen ^eunb getbann Sanguet 1573 in
bem geiflreidj^en Kebendibürbigen $l^tli)))) @ibne^, bem %\)p\x^ ber totffenjc^aftltc^ gebtlbeten
(Sngl&iber jener QAt (geb. 1534, gefaQen 1586 in ber @c^lac^t bei 3^4>^^"f Sd^^tbieger^ eo
278 Sangtiet
\ol)n äBalftng^am^, ^tplontat, ober aud^ aU 3)ic^ter belannt); er betrachtete i^ betna^
al^ feinen @ol(in unb fanb in feiner ^eunbfc^aft einen @rfa| für bie SSaterfreuben, bie
ibnt ni(^t beraönnt tparen, ba er fic^ nie t)er^eiratete; bxi an feinen Xclb ftonb er mit
il^m im [ebl^a]pteften 93riefn)e(^fet.
6 ÜRit bem S£obe ÜRasimilian^ II. (^eitag ben 12. Oltober 1576 in Slegendbuig)
toor bad ftärffte Sanb, bad fianguet an ben Sßiener $of gefeffelt f^tU, gelöfl; in bem
jtaifer l^atte er nic^t blog ben Siegenten l^od^efd^öt^t, ber tj^m ^erföntid^ fe^ getoogen
toar, fonbem auc^i ben ^onn unb S^riften, unb ber Srief, in todd^tm er bm Jan>
fürften ben Xclb ÜRa^imiliand melbet, ift ein el^renboQed unb rül^renbed 3^flmd feinet
10 9(nl(|än9li(i^!eit (Arcana [ftej^e unten] I, @. 240). ÜRit bem fäd^ftfc^en $ofe felbfl ^atte
Sanguet bamal^ 3Ri^l^eQigteiten ; ber @turm, tueld^er ben $l(|i[i))t)iiSmud in benJlurlanben
traf, ftreifte aud^ xpn; er toar betannt aU treuer ^eunb SRelanc^tl^on^, aud^ fyxtit er
aud feinem Salbinidmu^ nie einen $el^t gemad^t ; man toarf iJ^m unel^erbietige %x^
rungen über ben t)erftorbenen ^ifer bor unb ftem))eUe i^n enbKc^i gar )u einem @piime
16 ^anfreid^d. @d tourbe £anguet nid^t allju fc^ioer, fic^ bon biefen SSerbac^ttoungen ju
reinigen, aber bitter bellagte er fic^ über ein fold^ed Sene^men gegen einen Scann, oer
im ^tenfte be^ ilurfürften alt unb grau getoorben fei, er bat um feine Sntloffimg unb
um bie @rlaubni$, in fein SSaterlanb, bai^ im SlugenblidE hieben l^e, gurüdBelSirai ya
bürfen. 3)er ilurfürft betbiOigte gnäbig ben erbetenen älbfc^ieb, lie^ i^m aber feine w
20 ^erige 93efolbung unb forgte für 9(u^a^tung ber rüdEftdnbigen ^^orberungen, 1. gebntor
1577. Sanguet fc^ieb ol)nc ©roQ. bon Sad^fen, fe^te ober freitbUlia feine Jlorreft)onben)en
fort, ^m 3Kär) 1577 berlieg er $rag unb begab ftc^ über ^anlfurt, ioo er an bem
jtonbent ber Sieformierten teil na^m, aud^ mit Sibne^ gufammentrof, nadb jtöln, um bem
ilrieg^fd^au))Ia( ber 9Ueberlanbe nä^er ju fein. Oraniend ftiQed unb erfolgretd^ed X^un {üg i^
25 an; ber 33orIäm^fer für bürgerliche unb religiöfe^eü^eit toar xi)m geiftedbertxxmbt, fc^on I^a
ftanb er in SSerbinbung mit i^m, il^m lonnte er in manc^ äSegie^ungen nüü^Rc^ fein,
unb barum blieb er fo jiemlic^ feitbem in feiner Umgebung. Sinmal (Januar 1579) bc^
gleitete er ben ^falggrafen ^ol(iann Saftmir nad^ Sonbon (fölfd^lic^ bel^oi^tet S^reitfc^b,
Sanguet fei nic^t bort getoefen; bgl. bagegen bie aud Sonbon batierten Sriefe Arama
80 1, 773), unb ein anberedmal (1580) toar i^m bergönnt, fein geliebte^ ^onlmc^ toieber
m fe^en. ^ribatgefcbäfte erforberten feine ^ntoefen^eit ; Oranien unb feine ^ou (6^
lotte bon SBourbons3)tont)}enfter) gaben xl)m il^re Sluftröge (f. ®roen ban $riitflerer,
Archives etc., VII, 335). Um gegen aJDle feinblic^ 92ad^fteQungen geftc^ m fein,
fd^lo^ er [xd) an bie ©efanbtfd^aft ber ©eneralftaaten an, toelc^e mit ^nri^ III. Sniber,
söällengon, unteifl(ianbeln foQten; ed ift nid^t unglaublich, ba^ Sanguet 3^ gefunben,
aud^ in biefer ängeleaenl^eit feinen 9lat m erteilen. O^ne Unfall ging biefe Steife ntd^
ab : bie @änfte toarf um, unb bad Sc^toert feined 9lebenft^eri^ bertounbete i^n an ber
rechten 3Bange.
3)ad le^te ^c^x feinet Sebend brad^te er in ben 9lieberlanben )u, bxi )u feinem Zobe
40 tl^ätig unb Oranien unterfiü^enb. 9lm 30. @e))tember 1581 ftarb er in 9[nttba4>cn.
^u))lefftiS'3)'{oma^ eble ®attm, 6l(iarlotte bon Slrbalefte, ftanb an feinem Totenbette.
^n ber ^angi^Ianerlird^e liegt er begraben. @in reid^ed, bielbetoegted Seben l^otte ftc^
bamit gefd^lotfen, aber ein nur annäl(iemb boQftänbtged 93ilb bedfelben )u geben, feine
äBirffamleit ^u fd^ilbem, ift febr fc^toer. Sanguet toar tein SJlann ber X^t, unb ftc^t«
46 bare Erfolge feinet^ 3:^und laffen fic^ nic^t nad^toeifen; in bem bi))lomatifdJKn ©etorn
jjener ^üt bie^ben l^eraudgufinben, toel^e Sanguet^ geübte ^anb eingetooben ^, möchte
fd^toer, j|a unmöglich fein; aber glauben lä^t ftc^, ba^ mand^^er @ntf(^lu^ jener ®eta>altigen,
benen ber $err ber SSöKer il^re ©efd^^idte anbertraut f^at, bon Sanguet getoedt, geförbert, ge«
^emmt tourbe. Sie leitenbe ^bee, toelc^er er auf bem bomenbollen $fabe ber Si))lomatie immer»
60 bar treu geblieben, ift ber ©ebanle ber religiöfen unb bürgerli^en ^ei^eit, bie fic^ unter
ben bamaltgen SSer^ältniffen gur 93efd^ü|ung unb SSerbreitung bed $roteftantidmud ober,
nad^ feinem 9ludbrudt, „ber reinen Sldiigion'' geftaltete. @ine SSereinigung ber )m>t
^irdS^en gegenüber ber gefd^^loffenen äJtac^t bed Jtat^olicidmu^ fuc^te er möglic^ftgu förbem;
nic^t^ beflagte er fd^merjlic^er ald bie Streitigleiten pifd^^en ben Sut^eranem unb Stefor*
66 mierten, mit Sefenntnid unb Xbat ftanb er auf ber Seite ber le|teren. 3tit ben
tüc^tigften, lemigften 3Rännem feiner ^ext ftanb er, felbft bon unangefo^ftener Sitten«
reinl(ieit, ein el^renfefter 6l(|ara!ter, in ben freunbfd^aftlic^ften Regierungen; Su)>leffv^
^JRomaV toibmete i^m fein 93ud^ de yeritate religionis Christianae unb bmmt
Sanguet^ Xob toie ben SSerluft eined SSater^. Ser ©efc^ic^t^fc^reiber X^uanud reifte, m
60 Sanguet 1579 in 9abens93aben toar, bort^in, auebrücHic^ nur um i^n gu fe^ unb
Sangnet 279
über mand^ )u fragen; auf feine SSeranlaffung fc^rieb Sanguet eine 9(bl^anblung über
bie beutfc(le Steid^orfaffung, bte inbed nie gebruclt mürbe; e^ ift 2h)eifell[faft, ob bog
9ta]iufht))t no4l esifttert
3)ie Jlorref))onben) mit bem jturfürften 9(uguft bon Sad^^fen (329 Sriefe bom
17. SfloDember 1565 h\& 8. @ej)tentber 1581) unb mit 3Rorbeifen (111 Sriefe t)om 3lo^ 6
tKmbtt 1559 bid )um Sommer 1565) ^t ^ob. $etr. Subobicud l(ierau^egeben unter bem
Zitd: Arcana seculi XYI. Huberti Langueti Epistolae, Hai. 1669: leiber \^l)x
unhittfc^, \>oU fmnentfteHenber 3)rudfe^ter unb 92adS!läf{tg!eiten. 3)ie Ort^inalalten,
bte SublDig nic^t benü|te, ftnb im Slrd^ib )u ^redben. @eine Sriefe, au4^ m lultur:"
^pütifc^ ^infu^t nid^t unintereffant, toerben ftet^ eine gefc^ö^te Duelle für bie ©ef^ic^te lo
ba bamoligen 3^ bleiben; nid^t mit Unred^t fagte ein S^itQttio^t, er fc^eine Oie 3^-
hmft )u erraten. Sine jioeite Sammlung bon Briefen ift: Hub. Langueti Epistolae
politicae et historicae ad Philip. Sydnaeum, ^onlfurt 1633 (befte Stu^abe Serben
1646, eiieinr). 96 Sriefebom 22. Sljjrit 1573 bi^ 28. Dftober 1580, toeniger intereffant für
bie 3^i^^>^^&^if[^# u^ f <> I^^rreid^er für bie Kenntnis toon Sanguet^ S^arafter ; benn l)\tt i6
lo^ er feinen ®ebanlen unb Saunen freien Sauf ; S^ge^neuigteiten toec^feln ab mit Se^ren,
(Smtol^nungen, Sc^erjen, unb man traut bem emften, bebäc^tigen 3Ranne bie fd^toör«
mcrif^e, f oft eiferfüc^tige ^ärtlic^Ieit laum )u, mit toelc^er er über ben „geliebteften @o^n''
taKic^, für feine ®efunb^t, felbft feinen ^umor forgt. — @ine britte Sammlung Sriefe:
Hub. Langueti epistolae ad Joach. Camerarium, Patrem et filium; juerft ^er^ao
aud0e^eben t)on St^toig Samerariud, (Srdningen 1646; 108 Sriefe entl^altenb; Saq^job
(Sti)i)t0 unb gfronlfurt 1685) fügte nod^ 22 Sriefe l^injiu, toeld^e auc^ in Arcana fi^
ftnben ; befonberd ioid^tig ift Srief 15 toegen Sangueie Silbung^ang. Snblid^ Decädes
treB epistolarum Hub. Langueti, Jo. Camerarii etc., bon 3Beber, ^anlfurt 1702,
mit 6 l)riefen Sanguetd, {iemlicp unbebeutenb. — Sanguet fc^rieb eine lurje ©efd^ic^te bed 25
go^otfd^ Jtrieged: Historica descriptio susceptae executionis — et captae urbis
Gothae 1568, öftere aufgelegt; fte^e aud^ Senkel, Historia Qothana @.808. ^\)m
2U0€f(^riebcn toirb : Apologie ou defence du trös illustre Prince Guillaume — gegen
bie ^Tof{rit)tion $^ili))))d II., 9lnth)er))en 1581 (f. auc^ Du Mont,corps diplomatique
Vy 392 sqq.). ^vbt^ fragt fu^, ob Sanguet fte berfa^t fyd ; getoö^nlid^ toirb ^erre so
Sot^eQeur, genannt beSiUierd, für ben SSerfaffer angegeben. 3)lotle^, The rise of the
dutch republicy entfd^eibet fid^ für Sanguet, ®roen ban ^rinfterer, III, 186 sq. fd^^reibt
fte Oranien felbft )u, Sanguet |abe fte n\x]f begutachtet.
DoaS $aut)tta>er{ Sanguet^ ift: Vindiciae contra tyrannos sive de Principis in
populum, Populique in Principem, legitima potestate Stephano Junio Bruto 85
Cdta Auetore, Sbinburg (Safel?) 1579, 8^ feitbem oft aufgelegt unb in alle euro=
pcä^ ©ptad^tn überfe|t. 3Stt unter bem ^feubon^m berftanben fei, ift ®egenftanb
langen unb ^^ftigen Streitet getoefen. 93e^a, ^otman, 2)ui)lefft^3Jloma^, Safatibonu^
tmtäm mit htt @^re, Serfaffer biefer ))olittfd^en @(^rift }u fein, betraut. 9lgri))))a b^älu^
bignä (Hist. univ. T. 2 II. 2) ^atte auf $ub. Sanguet ^ingetoiefen, unb feit Sa^led 40
fipaifftmiiger unb umfid^tiger Unterfud^^ung ift biefer jiemlid^ augemein al$ SSerfaffer an^
genommen (poL bef. $olen}, ©efc^ic^te bed fran)5ftfd^en Salbini^mu^, III, Setlage 6,
6. 434 ff.). 9Benn ed auffollenb erf(|eint, ba^ Sanguet in feinem feiner Sriefe, ouc^
nic^t in ben bertratili(^ften anSibne^, irgenb auf feinSBerl auffielt (benn bie bei $olem
angefü^e Stelle fc^etnt mir ftd^ nid^t barauf m be^ie^en), fo tft nid^t ju bergeffen, ba^ 45
H xämäf fein mod^e, beim @rfd^einen eined fo gefährlichen 93ud^ed ben 92amen in bod
btd^teße Siutlel ber Ungetoi^eit }u l^üDen. 3)ad ^uc^ verfällt in bier älb^anblungen,
bmn erfie bie ^age aufn)irft: @tnb bie Untertl(ianen einem ^rften ®e^orfam Wu6tg,
tDcrni er etiDOd gegen ©otted ®ebot befiehlt? ober genauer: ^ft im ftreitigen ^oue ®ott
me^ Ott bem gfürften )u ge](;ord^en ? 3)ie SntfdS^e&ung, ba^ ®ott md^ )u QÜ)oxd^zn 60
fei, tanrb bomit begrünbet, ba^ ®ott afö Ober^err ber @rbe unb ber SSölIer feine 9{ed^te
an bte i&mge (Obrigleit) nur übertrage, biefe nur feine @tattl^alter, SSafallen feien; ®ott
fei ba Sefijfer, bie %üx\Un nur Slegierer unb ^irten, ©otted SBiüe alfo ber abfolut
aeltenbe. •— 2)ie jtoeite älb^nblung toenbet [xd^ f))e}iell auf bad religiöfe ©ebiet unb
fragt : Ob man einem ^^ten, ber bad ®efe$ ® otted beriefe unb bte ftird^e bertoüfte, 66
SBiberfUutb leifkn bürfe, tooburd^, tote unb tote toett ? 9luc^ l^ier ift bte Slnttoort ein ^a,
Stdigimt imb Jtird^ ftnb bon ® Ott nic^t einem einzigen 9lugen))aar ant)ertraut, f onbem bem
gmt)en SoS, unb bei bem 93unbe, toeld^en ®ott mit König unb Untertl^anen fd^tte^t, ftnb bie
oeibcn lederen folibarifc^ für einanber t)erbinblic^ ; bie @ünbe be^ einen Xettö (be^ ^rften)
toirb )ur @<^b bed anberen (Untertl(ianen), toenn er berfelben nic^t @tn^alt t^ut unb eo
280 Sangatt
SBtberftanb letftet. 3)te Organe btefedSBiberftanbed ftnb bte SSormünbcr, Sletnräfmtanten be9
SSolfed, bte Steid^^berfammlungen, geioä^lte SDbgeorbnete u. f. \d,, bie einzeln bem Adntg
untergeben ftnb, al^ ®an)ed über, il^m ftel^en. SSorfu^t unb ÜRa^igung tft inbed hnmet
an2uem))fe]^Ien, um nid^t oII}u {d^neD mit bem Sßiberftonb^red^t borjuge^ — 3Rit ber
6 britten Slb^anbtung, ber umfangreic^iften, ge^t Songuet auf ba$ })oltttf^e ®ebtet über:
ob, tote toeit, toem, h)te unb mit toelc^ Siedete etS erlaiibt fei, einem ben Staat untere
brüdenben ober jugrunbe ric^itenben ^rften SBiberftanb ;iu leijien? ÜRan tcam \dfm
au^ bem t)or^erge^enben f(||[te|en, tote bie 9(nt1oort auiSfaDen totrb. SHe Sanguet leiten«
ben 2[been ftnb ungeföi^r folgenbe: ^er Jtdnig ift bem SSoIte bon ®ott gegeben, bom
10 SSolIe aber eingefe|t, getoö^lt, beftätigt, angenommen, unb fo befte^t itDx\qta beibcn ein
SSertrag, fei e$ au^brüdlic^, fei ed ftiüfd^toeigenb, haft beffen ber 5tdnig bad belebte ®efet
tft, bem ba^ S3o(t, fo lange er feine ^fßd^ten erfüllt, toie ®ott }u ge^orc^en fyit (st*
füllt er aber feine $flt(|iten nid^t unb toirb er baburd^ )um X^rannen, fo fte^t ber ®es
famt^eit beS SSolIetS, ntc^t bem einzelnen, bad Sted^t )u, \a ed ioirb 3ur $flic^t, btm^
16 feine Slntoölte unb 9l4>täfentanten, bie Slegierung^enoffen , bem X^amten entgegen«
jutreten, i^n im 9iotfaIle ab)ufe|en, unb einen reqtmä^igen ^(ürßen )u toäl^len. 3^
beachten ift l^^ierbei, ba^ 2anguet bie erblid^e SRonarc^ie afö oad geringere Übd bem
größeren bet SBol^tmonar^ie borjiel^t, ebenfo, ba^ man nid^t gegen jeben dürften, ber
einmal bie ®efe^ übertreten, biefe ^rin}i))ien in älntoenbung bringen bürfe, fotibem bei
20 ber @d^h)ad^l^eit ber menfd^Iid^en 92atur fic^ unter einem mittelmäßigen gfürjlen für |e^
tool^lberaten galten bürfe. 3)ie bierte ^age: ob bie92a(^barfürflen ben toon i^^ren g^üttlen
bebrüdFten Untertbanen )u $ilfe lommen Dürfen, bamald mei^rfad^ ^raltifd^, ioirb lur) be>
^anbelt imb bejal^t.
@$ ift unfere Slufgabe nid^t, auf bie 9lid^tigteit ber Sanguetfc^ ^romiffen unb
25 Sc^lüffe ncil^er eingugel^en, fonbem nur auf bie StdSung l^injutoeifen, ioelc^e bie @d^
in ber Sitteratur jener ^At einnimmt, ^ie Vindiciae ftnb bie reifße ^^ruc^t bed ^ge«
nottifc^en Staat^ec^td, ioeld^etS fonft in Reveille-Matin, Franoogallia (toon ^otmorai),
bem $olitiIer, einen berebten Sludbrudf fanb. ^ie ÜRagbeburger @(^rift (f. $olem III,
430 ff.) t)on lutl^erifd^er Seite, bie Sd^riften $o)^net$ unb Suc^an^ toon Snglano unb
80 @c^ottlanb ^er fmb @rgän^ungen baju. ®emä^ ben ^eitt>erl^ltniffen, ioelc^e ben ^ro*
teftanti^mud in ^anfreid^ tmmer gum Jhiege gegen feine ^rften itoangen, mußten biefe
et^ifc^en unb ftaat^toiffenfd^aftlid^en Unterfud^ungen toeit mel^ auf bie negatitoe Seite ber
?^age, b. \), bie bed SQiberftanbed al$ bie be^ ®e^orfamd getrieben toerben, unb ed iß
belannt, toeld^ fd^toere Sefd^ulbigungen man auf bie 6(^nftfiteller unb auf ben ^rotefion«
86 ti^mud getoölgt i)at, atö toerbe ber ^l^rannenmorb nid^t blo| entf d^ulbigt, fonbem aerobe^
gejjrebigt unb b^nftigt. 6« ift ri^tig, mand^e biefer ©djriften ge^en toeit, fe|r toeit
in il^ren rebolutionören Jtonf equehgen ; aber ed ift ungered^t, gu bergeffen, ba^ man l>on
ber 93artl^olomäu$nac^t unb i^rer blutigen Baai toopl leine anberen ^d^te ertoorten
burfte; bie Jtanjel toar ben $roteftanten verboten; fotoie nad^^er bie Siguiften fyämt fte
40 bief elbe nie gebraud^^t unb enttoei^t ^ie treffe toar ben ^roteflanten no^ gugängßd^ ;
ba^er jene 5ßamj)F;lete, bie toie Sranbfadfeln in bie ©elt gefd^leubert tourben. 9Den ©n*
brudf, ein folc^ed )u fein, mac^t aber Sanguet^ Sd^rift nic^t; bie älb^nblungen finb knel«
me^r im Xone ber rul(|igften Sludeinanberfe^ung gel^olten, lü^l, Ilar unb befonnen, nic^
leidet toirb eine ©d^toierigleit überfe^en ober umgangen, fonbem offen beft>ro(^en; bie
i6 Setf^iele ftnb gleid^mö|ig aud ber l^L Schrift toie au$ ben Sd^ö^m be$ ^P^ ^^
tum^ unb ben bamaligen Staat^berfaffungm entnommen; eine f))e3ielle 9iüd(fu^t auf
^anfreic^ lägt ftcb ntd^t berlennen, feine Staat^formen toerbm me^rfad^ angefü^ unb
mand^e ber bamalg lebenben „3:t^annen", toie §einridS> III. , Äat^na toon SRebici,
mod^ten in bm gefd^ilberten ^erfonm il^r tool^Igetroffened 93tlb erfmnen. 9lu(^ bie gonje
60 aiid^tung be« Sierfaffer« ift nidj^t bemofratifd^, fonbem — toie f^ranlreid^ SSerfafjung —
ariftofratifd^. @ntf))red^atb bem oben auf^eftelltm ®mnt)fa$e Sanguetd glaubm totr: er
berfagte ba^ 93ud^, um in eine bamal^ btel befprod^me ^age illarl^ett )u bringen: bte
©rl^ebung feiner J)roteftantif(^en ©lauben^brüber toollte er bon retigiöfm unb })olitif(^en
®mnbfä^en au$ rec^tfertigm unb bm bamal^ im Sd^toange gel^mbm unb biel befolgten
66 mac^iabeuiftifc^en ®mnbfä^en mtgegmtretm. Samit ftimmt ed auc^, bag er mit foUen
3fürften, toeld^e feinem ^rftmibeale na^e lamm, toie SBil^elm bon Dranim, in bejier
gteunbfd^aft lebm lonnte, o^ne feiner Überjeugung untreu gu toerbm. — 95gl. bie oud»
fül^rlid^e unb trefflid^e 9lbl(|anblung bon $olmj a. a. 0. 93b III, @. 289 ff., über^out^
bm gangm britten Sanb.
60 (S^esbsr Si^stt f) 9- £f^«tfett.
Saobicta, Sqttabe
Sap^iiaiibift^c SRifftan
— MHDsi, Coric, cnll, II, Flor. 1750, p. 563 ff. Son-
. öer tDidjt. alitirdil. ßoncilicn 18a6, @. XXII f. 72 ff.
eltam.Hüitiniäll, 193 ff.; aadi Sfoulteä im DCA ©b I
SdBbitca, S^nobe um 3fi0.
ftiflt Mitwtoiur bei üiiu*crt, Die »ar
197: befonlitra 3atiii, ©(f*. 6efl neu:
1880, 15. 928 f,
Die aün^anWungen tiefer ©ij»obe be§ pljr^ifd&en i?. (OgI.Äc-1, 13. I5f. cf.Fragm. 6
Murat. 64; apo( 3, U; Acta Joh. ed. Bonnet p. 179 ju 3. 6; Euseb. h. e. IV,
26, 3; Ramaay, The citiea and blshoprics ot Phrygia I, Oxf. 1895, p. 32 ff.)
finben fi^ in ben ÄonjUienfammtungeit (lateinilrfien f. SBb X @. 2, k. 3,ai, ögl. Quini-
Bextum can. 2; f^rif^e §ff. bei R. Duval, La litt, syriaque 1899, p. 171; J. R.
Harris, The Goapel of the twelve Apostles 1900, p. 10) jhjiftbcn benen bcr an= 10
tioAeml^en ©v^o^^ "on 341 (39b I, ©. 695 f.) unb bcncn ber tonftantinopDlitanifttfcn
fcpti 381. @ine tttoai enge« Befltcnjung biefe* 3^"'^'"""* ^^^^ JWfi'ift ^urd) can. 7
(tmöglit^l, hjo jiDift^en ben ^iobatianern unb Guar tob ecimanem bic SJfjolinianCT genannt
finb (beren äöegloffung in bev Jogenannten iftbotijt^ien Übtxfe^ung auffällig, aber bodj er=
Häi^ar ift) ; auc|i bie 'Btontaniften ttterben c. 8 ernannt. 5Die 2^cilne^mer werben nidjt 'a
Tingegeben, aber 0ratian fprtc^l »on 33 ©ift^ijfen unb nennt aU §aut)tutl)eber ber Se=
((^ui|fe einen Sififtof T^ecboftuö, ben man mit Steigt mit bem I^bijc^en öifrfiDf unb Sunc=
mtaner bei ^l^iloftorg im ^af^ve 363i'64 ober ©emiarianer, 8i[t^of Bon ^^ilabelpljiü, bei
epitj^iuS haer. 73, 2ß im 3a^re 359 julammcngebraiit Ijnt (^a^n 196). 3)ie Äa=
nonef finben [\4} neben benen Don ^ncVi^a unb @angi:a au^ im ät^to)]if<^en ffiri^enrei^lä: w
buc^ (Sunt, Die ovcft-^i^nftitutionen 6.246); bie Kbi^ngigfeit einiget ber o^oft. fianoned
bon Iaobtcenif(^en (ebenba 185) ift inbe^ bei Iceitem nii^t \a beutlid) mie bie Scnuf^ung
ber legieren burd) baS Quinisextum bon 692 (can. 7, 29, 28, 30, 46 = S. 20, 50,
74, 77, 78). 3)ie fianoneä Bon 2. betreffen bie Suftöertiflicfitung (1 f.), 5!otbebingungen
unb grfotbemiffe beS gcifllirften ämteä (3-6 ef.Uf. 40—44. 54—58), ba« Sßcr^ältni« 26
}u ^elifem (6—10. 31—34), golteStienftlii^e ^unttionen (13-28), inäbejonbere 3:auf'
Botbetettung unb ^^m in bn boiDfletLicden 3ett (45—52) unb baä Set^atten Der 6brifl«i=
Seit gegenüber 3"ben unb Reiben (29—39). .^erborjufieben ift bie Grtoätjnung ton '^xti'
t^terumen (c. 11. bgl. §. Si^eliä in 3eitfcbr. f. b. neuteft. gßiff. I, 1900, ©. 88) unb
iPeriobeuten (c. 57, ögl, ©ingbam, origines 1, 198 f.; fi. ^Wtt, Äirt^engeit^. I, 229). 3o
IIa fi(^ innex^lb ber Steige gerabeju Saüebeidolungen finben (31 cf, 10, 33 ct. R. 43
cf. 22, auc^ 34 ef. 9), [0 ift erfidjtüdj, bafe eine 3ufammenpenung ober ^nbalKangabe
älterer Äononc« botliegt (Boudinhon bgt. Sam^erl ©. XXII; Batiffol, Studia patri-
Btica 1890, p. 136). %u^ gfoulleö pe^t in ben etboltenen biö av.] c. 60 (5(erjei(tinig
ber fanonifc^en ©(^tiften) nur einen Sluäjua, unter ainalogieöcrtbeis auf Gteäconiud (Sb X b6
6.4, 37 ff.), ber in feinet Sammlung bae afrilanifcl)c ©(f)riftenbetäeicf)niä(«b XS. 108,58)
fya, wäfirenb eä in feinem fiompenbium fe^lt, c. 60 erfctteint jeboc^ ^äufig mit bem bott
berge^enben al§ c. 59 jufammengejä^lt. ©eit ©vittlet (flritif^e Untetfui^ung beS fed)gigften
fiaob. Ganonä, Sremen 1777) ift feine utftJtunglidje 3"9t^i'ti9feit ä""^ 'f"**- ©^""be 6c=
Eitten wotben ; bot^ fallt gegenübet bem (^e^len bei 33iDn^ftuö unb nnberen baö Slot; *o
mmen in bet älteren fog, ifiborildjen Überfe^ung f<ttoer inä ®etoicf)t (^aa^en, ®ef($.
ber CueHen u. b. gilt, beö can. fliei^tS I, ©. 106), unb toenn iai S^ttftenOcrjeidmi«
be* 9ÜS in c. 60 mit bem beö gleicjijeitigen Gltrill bon ^^"'f*''*'" (catech. IV) übeteim
ftimmt, fo pellt man fic^ entfj^ieben lu ber Vermutung gebrängt, bafe jene« fpater fcrt^
Aclaffen hjurbe. Weit bie eigenen ©t^riftenüerjeic^niffe fonft inä Unrecht gefegt Itjären. 55iefc iß
gottlaffung ertläTt fit^ loenigftenä (eic^ter al& bie umgelebrle Slnna^me (3<t&n ©■ 200 f.)
einer festeren Sintragung. Eä War eine ungefc^irftc itermutung Spittlerä, anjunefimen,
man t)a,bt ben Äanon au^ bem legten (85) apoftol. Äanon fupplietl (a. a. D. 40, 84).
aSill man für ben Wegfall ber Stbofndjbfe, beren Unbeliebtheit im Orient feit ber ^itte
iti 3. 3a^runberl« ja notorifd; ift, not^ nat^ einer gcfonbetten Gttlärung fut^en, fo märe w
biefe tveniger in '^ot 3, 14 ff. aB in can. 36 ju finben, Wo bic GngelBerefjrung »et:
beten Wirb. &. ^cnneift.
Sa ^Inrc f. ^laceuö.
liUlIVlnnbtfl^e ajiiffipn. — Sinei olur: P. HöRström, IlmlirifniDg iifwer de tili
Bweriges krooa lyrlaade Lapmaiker, €loi11|olm 1747; J. Vahl, LHoperoe og den lapske t>S
. Uisaion, ßDlJenbagen lä6ti; £. Ealler, äveneka kyi'kans mission i I^ppmarken nnder tri-
hetfltiden, Stodtiulm 1896,
282 So^ianbifiile äRifftoit
3)ic Sctppta ftrcifen fett unbenllid^en 3^^^ i" ^^ nörWtd^fien ©egenben t>cn !Bor=
tDegen, Sc^itoeben, ^nlanb unb diu^lanb umpet. ^nSlortoegea begann man in ber Slttte
betS 13. ^aJ^J^unbertö bad S^rifientum unter bie 2appm audjubteiten. Sei ber 5tolonU
fierung t)on ber ^tnmarf (be^ nörbfidj^ften Steile« SJortoegeng) in ben legten Sa^unbertin
6 be^ Sitittelalterd tarnen bie 2apptn in eine lebl^ftere Serü^rung mit ben Sofien, unb
einige 2cCppm liefen [\d) taufen, ton ben äußeren S^orteilen gelodt, bie fte bat)on jogen,
fte bel^ielten aber im allgemeinen il^re l^eibnif(|en Sitten. 3laA Sinfül^rung ber Steformo'
tion bauerte ed noc^ mel^r ali ein ^al(^^unbert, e^e mel^ b)irfffame Snftolten )um Zoufm
ber ZciUßpm getroffen tourben. 3)ie ^^itiatibe ba^u tourbe ton (Sril Srebal ergriffen, SBi^
10 fc^of in Ironb^iem (1643—1672), au beffen ©ttft bie gange ginmarl gehörte, gm Sfa«
fang bed 18. ^a^rl^unbert^ n)urbe bie la)>))länbifc^ ÜRiffion ton bem bänifc^en Jtönige
^iebric|iIV. Iräftig beförbert. ®r ridS^tete 1714 ein SKiffion^IoIIegium in Jto))enl^agen ein,
bad über bie la))})lanbifci^e unb bie oftinbtfc^e ÜRiffwn Sluffid^t laben foOte. Unter ben
SRönnem, bie ftcp ie|t ber Ia||)))[önbif(9en SRiffton mibmete, nimmt ^omod bon SBeftai
16 (geft. 1727) ben erften $Ia^ ein. t. SBeften n)urbe 33orfte^er einer Scpule in ^onb^em,
bie gur 9(ufgabe l)atU, la))))länbifclS!e ÜRiffwnöre au^gubilben. @elbft reifte t. SSeften floftig
um^er unb terlünbete ben Sjcippm ha& Sbangelium. ©eine Slrbeit tnm reiche ^cuiftt,
unb mit Siecht fü^rt er ben 9iamen ber ^oftel ber Sa))t)en. ^nid) b. SBeßen eri^telt bie
nortoegifc^e ^ifjion eine georbnete Organisation, unb ©eiftlid^e unb ©c^ulle^rer tourben
20 überau in ben Sa))))be3irlen berorbnet. 3)ie icü^pm toaxm \elfi im allgemeinen getauft,
biele ful^ren aber mit i^rem 9lberglauben unb ibren l^eibnifd^en ©itten fort. ®egen Snbe
bed 18. ^a^r^unbert^ ging bie Ia))t)Iänbif(|ie !Dtiffion gurütf, unb bie 9)egierung jteigte
toenig ^ntereffe für fte. Sin neue^ ^ntereffe tourbe burc^ bie ^^ätigteit %tö ©todßet^
(geft 1866) em)e(It. @r toar ton 1825 an $aftor in ber nörblic^iften grinmarl unb totb»
26 mete ftc^i mit biel @ifer bem Unterrid^t ber Sa))^en. 3lai) bem Seif^iel ©toiipietl^ fingen
bie ©eiftlid^en allgemein an, bie Ia))))länbif(^e ©jprac^ gu lernen. ©tocEßet^ überfe|te bod
neue Xeftament in bie Ia))t)Iönbif(l^e Bpxai)^ (1840). 2)er religiöfe unb ftttlid^ S^tß^
ber 2aj)j)en ift bon biefer 3^it an fe^r berbeffert toorben.
9lu(|i in ©d^toeben ioaren bieSa))))en in ben le|ten ^^^r^unberten beg 3KitteIattei^
80 in einige Serü^ng mit bem S^riftentum gelommen. 3)ie Jlönige (Suflob I. unb ^
^ann III. fanbten mel^rere SRifftonäre nad^ ber Saüppmaxt, aber ed tbar boc^ erfl itorl IX,
ber ben ®runb )u etner lirc^lid^en Organifation bafelbft legte. ®uftab II. 9lboIf bolt
fül^rte bad 3BerI feined Saterd, unb unter feiner Stegierung n)urbe bie ©fi^tteanifc^ @<^e
gu S^d^ele eingerid^tet (1631), fo genannt nac^ bem Sleid^^at ^o^nn ©fi^tte, fodiftt
86 ber ©d^ule eine größere ©elbfumme fcbenite. ^n ber ÜRitte bed 17. ^a^^unbertd ent<
ftanb ein lebhafter ^üttenbetrieb in ber £a))^marl, unb biefer gab aud^ ber SRifftondt^otig«
leit einen neuen 9(uffd^b)ung. Unter ©eiftlid^en in bem 17. ^a^rl^unbert ragen befonberd
^o^annetS ^onä Xomäug (geft. 1681) unb Olau^ ©tet)^ani ®raan (geft. 1690) ^or.
Jtarl XI., ber für bie ilolonifation unb Kultur ber Sa))t)mart ein regeS ^ntereffe geigte
40 unb bon bem ©u))erintenbenten ju ^emöfanb ÜRattl^iad ©teud^iud häftig unterfU^t tourbe,
errid^tete mehrere neue ®emeinben unb berfal^ fte mit ©eiftlid^en, bie angeben tourben,
ftd^ bem Unterrid^t ber äaUßptn genau gu n)ibmen. 9lod^ am @nbe bed 17. 3<^unbectd
^atte bod^ bad ^eibentum tiefe SBurgeln an mehreren ©teilen, obgleich ftd^ bie Sdfipm
feit @nbe be^ 16. ^al^^r^unbert^ ber äußeren Krd^lic^en ©itte unb Drbnung oDgemetn
46 unterwarfen, infolge ber ^ättgteit 3:l^omag b. äBeftend in 9lortoeaen em)adj;te um 1720
ein regere^ ^intereffe aud^ für bie fd^toebifd^en äaüppcn. 9luf ben ^eic^tagen bimen oft
Beratungen über bie la))))länbif(^e SRiffton bor. ^urd^ bie töniglic^ SSerorbnung bom
3. Oftober 1723 erhielt biefe SJirIfamfeit eine neue Organifation. @d h)urbe borgefc^ric*
ben, ba^ aUe (Seiftli^e in ber £ai)))marf ber (a))))[änbifd^en ©^rad^ tunbig fein foQten;
tobei ieber $au})tfirc^e in ber £at)t)marl foQte eine @(^ule errid^tet Werben; (c^öifd^eSüd^
foQten auf öffentlid^e iloften gebrudft Werben; SSifttationen foQten fleißig gelten toerben.
9lm 12. Siönuar 1739 Würbe eine befonbere Se^örbe erricbtet, bie ^ireftion über We
getftltd^en unb Unterrid^tgangelegenl^eiten ber 2aj)J)marI. 3)er 35ireItion lag e^ ob, na<^
Beratung mit bem gcbül^renben 2anbeö^au^)tmann unb Äonftftorium, bie Seitung ba Uü^
66 ptfd^en ^Riffton gu l^aben. ^wcd) freigebige Slnfd^Iä^e be^ 9fteid^dtage$ unb enueme ©oben
erhielt bie fird^^lid^e Xl^ätigfeit in ber £a))))marl etnen feften 5lonomif(^en ^runb. ^e
©uj)erintenbentengu§emöfanb9?itö©temea(1728— 1744)unbOIoffliöming(1746~-1778)
förberten eifrig biefe 3:^ätigfeit. SKel^rere ber gu grofeen ©emeinben Würben in fletnere
geteilt. 2)ur^ @ti))enbien Würben ©tubierenbe auf ber Uniberfttät gu U^fala aufgemuntert,
60 fu^ ber Ia))^tf(^en ©))ra(^e gu Wibmen, unb um 1740 l)'6xtt ber®ebrau(^ eined S)o(metf (^
Sa^ianbifdle 9Rtfftott Lapsi 283
tDo^renb bcd ©otte^bienftetS auf. 3^ berfelben ^^it t)erorbncte man meiere Snifftonäre,
bte befonbetd bamit beauftragt tourben, unt^ergureifcn unb bte Sa))))en in t^ren Käufern
|u untemd^ten. @met ber erften SJliffwnäte toax $er ^öoftröm (geft. 1784), ber ftc^
feinet Su^obe mit flrofecm ®ifet toibmetc. 5Per gi^ßfttöm, H^öftot inS^cIeCgcft. 1764),
legte benSrunb )u einer (a))))i{clS!en ilitc^enf))rad^e, inbem er unter anberen aufSa))))Iänbtfd^ 5
Stotcc^idmuS (1738), Jttrc^enl^ianbbud^ unb ©efangbud^ (1744) unb bad neue ^eflament
(1755) ^^erou^ob. @c^on 1735 tDurbe eine befonbere @d^uIorbnung für bte S(4)))maidt
fefigefe^. 3^ ^^^ 3^^ tourben fieben neue Sd^ulen errichtet. @te tuurben ald boQ^
fUtfürige Internate georbnet, too bie Schüler, gen)öl^nli(^ fed^^ an ber ^af)l, auf öffentlt(|ie
ftoften unta^alten mürben, ^ie eifrige 3}iifru>ndt^ätigleit be^ 18. ^a^l^unbertd in ber lo
2a(ipipmad trug gute ^d^te in einem er^ö^ten religiöfen unb ftttliclien 3uf^<^nbe tmb in
tDOf^enber Solf^bilbung. Unter ben ©eiftUc^en, bie mö^renb bed 19. ^a^r^unbert^ in ber
£att>marl getoirft l^en, fxnh bie Srtiber $etrud Säftabiui^ (geft. 1841) unb 2ax^ Set)i
2aftabiud (geft 1861) am meiften begannt. 2)ie fieitung ber geiftlid^en Xl^igfeit in ber
2ajpipmad ging 1835 t)on ber ^ireftion )u ber @ffleftafti{eE))ebition (bem ilultu^minifterium) 15
fibcr. 9Ieue ^eglementd für bie geiftlic^en unb Unterric^t^ngelegen^eiten ber Sc4)))marl
finb aai 14. Storni 1846 unb 31. Januar 1896 erfc^ienen. 3)ie ganje 93ibel erfc^ien auf
Sat)|>Ianbtf(^ 1811.
Sßod bie finnifc^en Zap^tn betrifft, gilt bon i^nen in adem 3BefentIid^en, ioad
Don ben fc^toebtfc^en oben gefagt toorben ift. 3)ie ilemi Sa))))mart geleerte nömlid^ bid 20
1809 unter 6(^h)eben. ^er Sieg bed Sl^riftentumd in biefer Sa))))marl batiert {t(|i bon
ba eifrigen 3;^gteit bed ©abriel Xuberud (geft. 1705). Sefonberd bei ben 2(ippta in
Snaie toor ber religiöfe unb ftttlic^e 3#^i^^ bon Einfang betS 18. ^al^^r^unbertd an
j«^ gut
Unter ben S^,^ int ndrblid^en 9lu^Ianb fing in bem 16. ^^r^unbert eine 25
giriec^fc^tatl^olifd^e 3Riffu>n an. Sinige Jtird^^en unb illöfter iourben in biefen nörblic^en
®egei^en oufgefü^, unb biete £a))})en liefen fic^ taufen, ^er ärd^imanbrit jteoborit
unb ber V&nö^ XrVfon toaren befonbetd t^ötig, ba$ Sl^riftentum ju berlünben. 9u(^ in
ben folgenben 3<^unberten tourben mehrere Jtird^en unb ltat>e(Ien in ber rufftfd^en Sa))))«
morf aebout, tmb bie meiften £a))t)en nahmen ben gried^ifd^-Iatl^olifc^en (Slauben an. ao
Xbctalaube unb Untoiffen^eit ^errfd^t aber no(^ bei il^nen, unb i^r S^riftentum befte^t in
numd^ Ställen in einer nur äußeren 93eobad^tung ber Zeremonien ber ruffifd^^en Hirc^e.
(S(0f Malier.
Lapsi. — Morinns, de disdplina in administr. s. poenit 1651 fol.; Orsi, Diss., qua
oetenditiur, cath. ecclesiam tribus prioribus saeculis capitalium crimiDum reis pacem et 35
abfioliitionem neutiquam denegaflse, 1730; ^(ee, ^ie$eid)te 1827; Routh, Beliq. S. 2. edit.
T. rv, p.2l8q. 115 sq. 255 sq.; iRitfdjI, ©ntftet b. oltfot^ol. Äir^c, 1857; Stei^, S)a« rö*
mif4e Buftfaframent 1854; f. au4 bedf. ^b^anblnng in benga^rbb. f. beutfd)eS6eoI. 18631;
^anf, ^e Ougbiddpltn berlHrc^e bid 5. 7.3a^r§. 1868; ^efele, 6;onciIiengef(t)i4te, 2. 9lufl.,
1. 9b, 1873; bie Specialarbeiten über (St)prtan, ben ^Roüattanidmud unb Sonattdmud. 40
3m toeiteren ©inne begriff bie alte Äird^e feit bem 3. 3al^rl(|unbert unter biefem 3:itel
folc^ lot^olifc^ Soften, n)el(^e in eine Xobfünbe gefallen toaren unb bed^ enttoeber
bem Sonne ober ber i^ffentIid(Kn Su^bi^jiplin unterlagen ; im engeren @inne — unb ^ier
allein ift bad 9Bort mm terminus technicus geworben — Oerftanb man unter ,,lapsi"
getaufte totl^oltfc^ Soften, unter Umftänben aud^ ^ated^umenen, n)eld^e in ber SSerf olgung 46
gefallen toaren (f. b. ä. „G^^riftenberfolgungen" 93b III ©. 823), fei e« burc^ auÄrüdt«
üdft öffentlich Verleugnung ibred ©lattben^, fei ed burd^! älntoenbung ftttlic^ unftattl^fter
SRittd, burdb bte fte ftd^ ber Sefenntnt^flic^t entgogen. ©otoo^I über bie Xl^atfrage aU
fibcr bte 9le(9t^age unb ©traf au^mcffung mar man in berilird^e felbft jeittoeife unftc^cr:
eiS Id^ m in biefer ^infu^t eine Snttoidtelung Verfölgen, bie in i^rem Snbpunfte nocb so
toeit fiber bte 3^ 3)iotIetiani^ l^tnaudreid^t, fofem partielle SSerfolgungen au(^ no(^ nacp
ber 3^ AonfUmtind (burd^ l^eibnifc^e ^ac^tj^ober, aucb burc^ arianifc^e) fortbauerten.
J>odf ifit bad 3. Sal^^unbert bie ^üt ber brennenben ^ontrooerfe, namentlid^ aber bie
noi^en ^cäpct na^ ber becianifd^en unb Oalerianifd^^en SSerfolgung.
SHe utib^ingte Selenntnid^fiic^t ift in ben Soangelien geboten unb ba^ ©erid^t über 66
bie aSerleugner Oerlünbet toorben (Sült 10, 33; 9Wc 8, 38; £c 9, 26; 12, 9); auf fold^e
blidt bereit« bie edi^ologifc^e 9tcbc 5Kt 24, 9 f. Rur ©tanbl^ftigleit gegenüber ben
Setben ba äkrfolgung ermobnen namentlid^ ber ^ebräerorief unb ber erfte 93rief bed $etru^ ;
mdf bie fieben (ipoMifpi\\qcn ©enbfdS^reiben blidfen auf ^rüfung^geiten ber ©emeinben
284 Lapsi
jurüd, btc jum %dl burd^ SSejotionen j^crbetgefü^rt ftnb unb ermaj^nen gum gejl^olten
unb )ur 9(u^auer. So(^ toax bie äBcItlage im 1. ^a^tl^unbert für bie jungen ©emehtbcn
nod^ relattb günftig, bie ©efo^r ber Verleugnung unb betS Slbfad^ gering. SlüdfaO ind
^[ubentum ift aud^ in ber älteften Qüt toal^rfd^einlid^ feiten gen>efen — am toentgften f oDte
5 man fic|i \)m auf ben ^ebräer^: unb SJamaba^brief berufen — , totnn ouc^ folc^c 5toni9er«
fionen 6i^ m^ 3. ^a^r^unbert hinein bereingelt nac^itDei^bar ftnb unb ^ie unb ba bun^
befonbere lolale 3uftänbe in größerer ^af}l beronla^t tourben (f. @))i))^an. de pond. et
mens. 15. 18 über 9(quUa unb 3^eobotion, @era))ion bei Euseb. h. e. VI, 12, 1,
TOart^r. ^ionii). aö bie Äird^e in ba« trajanifd^e 3ritalter eintrat, toufeten römifc^ Se«
10 amte, bie ftd^ mit il^r befaffen mußten, ba^ tein focä^ Sl^rift fid^ }iDingen Cajfe, bot
l(ieibnifc^en P))ferbienft mitgumac^en ober eine @(^mö^ung 6l(|ri{li au^)uf))rec^en („quorum
nihil posse cogi dicuntur, qui sunt revera Christiani" : Plinii ep. ad Traj.),
obgleid^ ba$ bur^ Xraian fanttionierte ))oIi)eiIi(^e SSerfa^ren gegen bie S^rt^en eine {loife
SSerfud^ung jum Abfall bebeutete.
15 ^ie d^nftUd^en älpologeten feit ^uftin lonftatieren im allgemeinen, ba| bie Sl^flen
ftanbl^aft bleiben, unb biefe @tanb^aftigleit ^aben jene römifd^en unb gried^ifd^en Sitteraten
bed 2. ^a^^unbert^ Bezeugt, toeld^e benS^riften fanatifd^e *Xobe^erad^tung begto. $runten
mit bem lobe^mute t)orh)erfen (^arc Slurel, Sucian, ßelfu^ u. a.), fotoie jene ^nifc^
9tid^ter, toeld^e ftd^ ber gum Xobe brängenben d^riftlid^en ÜJlaffen nid^t ertpe^ren tonnten
20 (Stellen }. 9. bei ^ert. unb aud^ bei ^uftin). Sine ÜJlart^riumdfud^t ertoac^te tuirRif^
jeittoeilig, an mannen Orten berbunben mit ^emonfhationen unb rief ben 3;abel nüchtern
gefmnter 6l(irtften perbor (f. epp. Ignatii, bef. ad Rom. ; Martyr. Poly«. 4). SMe
ä$ert)flid^tung jum ÜJlart^rium tourbe oQerfeit^ in ber 5tird^e anerlannt (eine 9htdna^me
bilben einzelne gnoftifd^e Jlultbereinc, f. j. S. lertuHian« ©d^rift Scorpiace c. gnosti-
26 cos ; Clem. Alex. Strom. IV, 4, 16, boc^ nid^t bie 3Dlarcioniten, f. Euseb. h. e. V,
16 fin.), aber fe^r balb tourbe Iontrober§, too biefe ${Iid^t anfange, ref^. ob bie ^bxS/t
bor unb in ber SSerfoIgung geftattet fei. ^ene Stid^tung in ber Itird^e, toddft bie altm
ent^uftaftifd^en ÜJlagftöbe geltenb mad^te unb nac^mald ald „3Jlontaniften'' ^at au^d^eiben
muffen, beftanb auf ber gorberung, bafe ba« 5!Jlartvrium bon jebem Sl^fken )u erjireben
80 fei, mä^renb bie (Gegenpartei, bie me^r unb me^r bom Jtleru« felbft unterflü^t tourbe, bie
^ud^t bor ber Verfolgung gutl^ie^ (f. XertuD. de fuga in persec.; 9litfd^i, @nt{le$. b.
altfatl^ol. Ä., 2. »ufl., ©. 495 f. ; bie ®efd^. be« 5|Jol^farb, 6^})rian, ©ion^fiu« «lej. ;
biele Seifjjiele in ber biofletianifd^cn 5?erfolgung). 2)iefe ftü^te fid^ feit bem (gnbe beg
2. 3al(|rl(|unbert« namentlich auf Sit 10, 23, jene bor allem auf 5IKa^nunpen be« ^dHet,
86 beibe nal^men aud^ bie Xrabition in 9lnf))rud^. 2)ie SRontaniften fairen tn ben ^te^enben
bereit« lapsi, bie Sßeltlird^e umgefel^rt erlannte feit bem älnfang be« 3. ^a^l^unbertd
bie montanipifdj^en aRart^rien ni^t mel^r afö 9Jlart^rien an (Euseb. V, 16 fin., Cy-
prian. De unitate eccl. et al. II).
@ine Sinftd^t in bie faltifd^^en 3uftänbe getoäl^ren inbe« nur bie nid^t polemifc^ ober
40 a))ologeti{c^ intereffierten Schriften be« 2. unb 3. ^ai^rl^unbert«. @ie {eigen un«, ba^ }u
allen Serfolgung^jetten nic^t nur bie ©efal^r be« älbfaU« eine gro^e toar, fonbem ba|
t)iele toirllidS! abfielen. Xrügt nid^t alle«, fo ift aud^ bie relatibe 3^1 ^^ SlbgefoIIenen
bei jeber neuen Verfolgung ftet« toac^fenb getoefen, namentlich toenn eine längere griAen««
jeit unmittelbar bor^ergeaangen toar. ^ür bie SEBirlungen ber älteften Verfolgungen unter
46 xraian unb §abrian auf bie römifd&e ©emeinbe ^aben toir an bem „$irten be« ^ermo«"
eine unfc^ä^bare Urfunbe. 3)er Verfaffer l^at biele Verleugnungen ju beßagen, unb er
todfe bereit« über fe^r t)erfd^iebene 3Wotit)e ju berid^ten (bie friüole Vla«t)^emie, ber tücRfc^
Verrat, bie JJeig^cit, ber Sleic^tum, bie SBcltfreunbJd^aft unb ber toeltlic^e Seruf, bie innere
Unfid^erl^cit über bie ^flid^t bc« Ve!ennen« u. f. to., f. Vis. I, 4. II, 2. 3. III, 6.
60 Mand. IV, 1. Sim. I, VI, 2. VIII, 3. 6. 8. IX, 19. 21. 26. 28 etc., f. 3al^n, ßirt
b. §.331, 338 f.). SKan erfennt aud^, bafe äbfatt bom ©lauben felbft in ruhigen Seiten
um toeltlid^er Vorteile toiHen nid^t gefcblt ^at. Über älbfaH nir 3eit be« äntonimi« ^tu«
f. Martyr. Polyc; intereffante SWitteilungen über traurige folgen ber SRarc Sbtrelfc^
Verfolgung f. bei Dionys. Cor. in Euseb. h. e. IV, 23, 2 ; Ep. Lugdun. bei Eu-
65 seb., h. e. V, 1 sq. unb fonft. 3)ie ©d^riften lertullian« de fuga in persec^, de
Corona u. a. bejie^en fic^ auf bie fe))timianifc^e Verfolgung. SEBeig er au^ nid^t bon
bielen Verleugnungen ju erjä^len, fo Ragt er bod^ über bte 2Rartt^um«fd^ ber ^irfc^
fügigen Jllerifer unb bie Seiben«fc^eu ber gemeinen (Sl^riften („Mussitant tam bonam
et longam sibi pacem periclitari'^ de cor. 1). 3!)ie gelungenen Verfiu^ gomer
60 ©emeinben, burdj^ Veftec^ung ber Ve^örben bie Verfolgung abjutoenben — Veifud^, bie
L^si 285
ber ^eofc^be Stonb in ber ilirc^e gebilligt )u ^aben fd^eint — beurteilt er al$ SSerleug«
mmgen (de fuga 11 — 13). @eit bem älnfang bed 3. ^^^^^nbevt^ beginnt bereite jene
abf^^id^ 3Rep^obe, nic^t genehmen lirdS^lidS^en ^erfonen neben anberen äiortoürfen aud^
ben ber 9Ser(eugnung }u mooen. ^n ben ^^m ber becianifdS^en 93erf olgung ift er jtotd^
ben 3$ertretem berfd^i&ener nrc^ilic^er @tanbi>untte faft fte^enb geworben (t)iele S3eif))ie[e 6
bei e^Tlman; au(^ ber Sifc^of Someliu^ fudpte, freiließ mit menig ©efdS^tc!, bem 9{ot>atian
fo ettooS omu^gen). SBie bedorganifterenb btefe 33erfolgung unb bie nädS^fte unter SSa«
(erian getotrn fyü, [&^ fu| namentlich au2 ben Sriefen 6V)>^^n^ unb bed ale^anbrinifc^en
9Dion);^ (Euseb. h. e. VI, 41), fotote au$ bem Xrattat bed erfteren de lapsis er«
lennen. S)ie 3^^ ^^ SSerleugnenben fyit ol)nt ^totx^d bie ber SRärtt^rer unb ber tovA- lo
Tvä^ oba nur möblierten ilonfefforen n>eit übertroffen. 3lxd}t onberd toat ed im ^fang
ber biotletianifc^en äSerfoIgung. Sie traf bie orientalifd^en Jtirc^en bereite in einem gan}
toertodtlic^ten 3uftanbe traurigfter 9rt. Sufebiud i)at (h. e. YIII, 1) ben @(^Ieter, ben
er barüber beot, ein toenig gelüftet; bad toenige genügt, um einen ungebeuren älbfaU }u
a^dfixt^m (f. ouc^ Petr. Alex. ep. de poenit.). 3)o(^ toöl^e bie le|te Verfolgung lange u
genug, um bie S^fien^ett einigermaßen fax Sefmnung unb jum @nt]^ufia^mu$ jurütf*
jurufen. S)ie le^te „SSerfolgung^' unter emem bv^antinijc^en Jlaifer, ^^i^i^f toxttt^ aud^
noc^, tote Soboted unb namentlich Slfteriu^ berid^^ten, t)erti)üftenb. ^oc^ tonnten bie feigen
92amenc^riften, „bumm getoorbened @al}'', balb toieber in bie ilird^e »trücfftrömen. 2)ie
brei f^fkmottfd^ 9le))reffion^erfudj;e unter 3)eciwS, SSalerian unb ^iotletian f)atitn aber »t
ntc^t nur offeimmbige SSerleugnungen, fonbem auc^ trügerifd^^e äSorf^i^elungen )ur $olge.
6ett bfm ^oÜft^ 250 tmterf4iieb man terfc^iebene Klaffen bon „lapsi''. 1. Sacri-
ficati unb 2. Thurüicati, toeld^e ben ®öttem mirllic^ geot)fert, re|t). \>ox i^ren 93ilbem
9lauc^ectx>erl Derbrannt botten, 3. Libellatici. Über bad SSerge^en biefer ^errfd^^t ÜRei«
nun0^k>erf(^teben^ett (f. Stigaltiu^ [not. ad ep. 30 Cypr. in edit. Oxford, p. 57J, t^ell 26
[L c. not. ad üb. de laps. p. 133], SKaranu« [Vita Cypr. § VI, p. L sq.], Sitte*
mimt [M^UL T. III sur la pers^c. de D^ce n. 3, p. 327], äJto^^eim [Oomment.
de reb. Christ a. C. M. p. 482 sq.], 9lettberg [SV))rian @. 362 f.], ^efele [Itirc^enles.
2. ItafL, e. 88 f.], $etet« [&\fpxxan ©. 159 f.], gec^trup [ß^prian I, ©. 66 f.]). 3Rit
SRod^etm, Slettberg unb f^tru^ ift anjunel^men, ba^ unter libeUatici lebiglid^ folc^e so
S^rißen )u berfte^ ftnb, bie toon ber unter ber $anb bon ben Se^orben gebotenen ®es
Ugesi^ ®ebrau(^ machten unb ftd^^ für (Selb, fei ed in $er{on, fei t^, borftd^tiger, burd^
einen S)ritten, einen libellus au^ftetten liefen, ba^ fte ft^ bem faiferlic^en ©ebot gefügt
unb geo|)fert Ratten (f. namentlich Cypr. ep. 55 aud^ ep. 30). ^^re Flamen tourben
notürlid^ ouc^ in bie $rotototte ber Sebörben eingezeichnet, ja ed ift möglid^, ba^ mand^^e, 86
um i^r ®etotffen )u folbieren, nid^t einmal ben @d^ein nahmen, fonbern ed bei ber amt*
lic^ Slegifteierung betoenben liefen. 3)oc^ ift le^tered nic^t ftd^er. 3^^ größten Über*
rofc^una pnb bor ein paax ^a^ren jioei libelli bon libellatici mit ber Sefd^einigung ber
Ortdbepöi^ im Original in äg^))ten gum SSorfd^^ein gefommen, f. Sxcb^ i. b. Si^ung^b.
b. it. $reu^ aUab. b. 9Biff. 1893, 30. @e^t. unb äBeffel^ in b. 93eridS!ten b. äBiener ältab. 40
1894 l^an. Serfc^iebene Unterarten bon libellatici anzunehmen (^efele )ä^lt beren fünf),
liegt lern 0runb bor, mag auc^ 9lot unb ©etoiflen nod^ mand^^e befonbere Umgebungen
^^cAwrgebroc^t ^oben ; namentlich ift ed nic^t geboten, eine befonbere Jtlaffe bon acta f acientes
oba bon x^oyo^fV^^^^^ (Petr. Alex. 1. c. can. 5) gu ftatuieren; benn acta fa-
dentes finb aKe libellatici, fofem für fte ein ^rotoIoQ au^eftettt tourbe; fofem fte bad 45
$rotoloQ in bielen ^(ötten gu unterfdj^reiben Ratten, ftnb fie x^iQoyQa<pi^aavTeg. Sliefen
btc eigentümlichen Slca^regeln ber bectanifd^^en ilird^en))o(ttif bie Vergebungen ber libella-
tici ^erbor, fo entftanb eine neue Jtlaffe bon SSerleugnem burd^^ bad @bilt 3)iocletiand,
toddfei bie Xudlieferung ber d^riftlic^en ÄuUu^eräte unb 93üd^er berlangte : bie traditores.
^fju ^l (namentlich unb faft au^fd^^lie^id^ toaren ed jtleriter) toar eine fe^r groge, so
unb man unterfc^ieb gtoifc^en folc^en, toeld^^e mirflid^! bad äSerlangte angeliefert, unb fold^^en,
btc ftott bed »erlangten trügerifc^ äSertlofed ^in^egeben Ratten. 2Ba^ für 3)littel fonft
noäf bomoliS au^efonnen tourben, um ben @c^etn bor Sb^ften unb Reiben }ug(eid(! ju
retten, barüber belehrt ber über de poenit. bed $etrud ällq^. am beften (Routh, Reliq.
S. 2. edit T. IV, p. 22 sq.). @r toeig bon fold^^en }u erjö^len, bie if;re l^eibnifd^^en 66
Gflobcn, \a felbfl ti^re c^ftlid^^en, für ftd^ felbft an ben 0))feraltar gefd^idft Ratten, bon
anberen, bte Reiben für ©elbfummen betoogen, ftd^^ fubftituieren ju laffen unb unter an^
genimimenem 9tamen )u o})fem, bon fold^^en, bie in flagranti ben 93ebörben @anb in
bie Xugen ftreuten unb nur fo traten, atö o))ferten fie, u. f. to. 2Ba^ bie bid2t))(tnäre
9e^anb(ung ber lapsi feiten^ ber Jtirc^e betrifft, fo ftanb im 2. ^^(^vljiunbert feft, [a noc^ eo
286 L^si
bxi mx 3ctt bed römifd^en Stfd^of^ JtaDtft, bag ber gut idololatria abgefaOene 6^
ü6er|au))t nic^t mel^r, tro| oufrid^tiger 93uge, in bte Jtird^engemetnfdbaft oufaenomtnen
toetben lönne. SertuIItan^ i^^eftige ^otemtt gegen hai @bilt bed römtfcpen Sifc^ofi^ (Aen
bed itaniftud, f. Philosoph. IX, 12, p. 458 edit. Duncker; ouc^ ^ter {mb bieffiorte:
6 kfywv näoiv vn avrov ä(pUa&ai äjuagrlag nt^t auf äße lobfünben, fonbem auf
bte ^(etfd^edfünben ju bejtei^^en) betreffe bet fixd^ltd^en 93etgebung ber moechia unb for-
nicatio fe^t übetau beraub, ba^ jene Siegel in Seaug auf bte }um ©ö^enbienft SCbge«
foUenen auc^i bei ben „^f^ttem'' nod^ }u Siedet beftel^e (f. c. 5 fin. 12 fin. 19 fin.
22 fin., aud^ de monog. 15). ÜRiti^m ift aud^ ber Stotfd^Iag beS 3)tmt^ftu^ 6or. an
10 bie ))ontifd^e ©emetnbe ju Slntaftri^ aud ber ^üt SRorc 9(uretö (Euseb. h. a IV, 23, 6),
fte foQe biejenigen tpieber aufnehmen, tueld^e bon irgenb einem %aSit ^urüdKe^en, auf
bie beiben bort genannten SSerge^en ber groben UnftUlidS^feit unb bed ^äretifc^en ^J[rrtumd
)u befc^änten.
$Die ^altung, toeld^e ber $irte bed ^emtai^ in ber ^nd^i^taQt einnimmt, fc^t bie
16 äUIgemeingtItigteit bed eben aui^ef))ro(^enen Urteile ju beeinträchtigen. SDa biefer rdm^
S^rift um bad 2!^^^ ^^0 aEen Sünbem, au(^ ben !SerIeugnem, bie SRöglic^Ieit einet
jtoeiten Sufee eröffnet — bie auf immer Serloorfenen, toelc^e ber SJerf. lennt, juib CAigs
lic^ bie 33erfto(ften; f. ^al)n a. a. D. ©. 331, 338 f. — , fo fd^eint bie unnac^fuj^tliije
Strenge ber ilird^e gegen bie älbgefoDenen eine Steuerung gu fein. äUIein biefed Ur^
30 ift barum falfd^, toeil 1. $erma$ bie Eröffnung ber ÜJlöglic^Ieit einer }h>eiten 9u^ bun^
eine au^brüdlic^e, göttliche Offenbarung ad hoc begrünbet unb toeil er 2. bie ä^ergebung
bon feiten ©otted bel(|ufd 9(ufna^me in bie ©emeinbe ber Snbjeit aEein im äuge fyd,
fxd^ ober mit ber t^age nad^ ber Krc^lid^en Slu^fc^lie^ung, re^. Siieberaufna^me, b. ^. ber
5tir(^en3ud^t, nic^t befaßt, ^n beiben fünften ref^räfentiert er fomit einen on^ifttfd^
26 @tanb))unlt, ber ftc^ gu bem tatl^oUfc^en ber ^olgejeit gan2^bi^))arat beri^ölt Sofern ober
^ermad für bie SBergebung^mögltc^feit auf eine befonbere Offenbarung r^rriert, geigt a,
ba^ bie Strenge gegen bie SlbgefaJDlenen aud^! in ber älteften 3^^^ ^^^ "Si^^tl toor; bte
Siegel, bie freiließ )ur jlonferbierung ber ©emeinben bereiti^ Sludna^men notto)enbig machte
3)ie toerbenbe tat^oKfd^ Jtird^e übernahm gunäd^ft in i^rer ©efamt^eit jene ftrenge 2)ide
80 giplin, aber behielt toal^dS^einlic^ ben Steturd atrf S^ialoffenbarungen, fotoie av^ UA
Eintreten ber SRärt^rer für bie ©efatlenen (in ben ^ärt^rem \px\^t Sj^rifiud) bei; im
$rin)i)) traten ba^ auc^ bie 3Rontaniften, ja — nad^! ber 9e^au))tung i^ (Segner —
mad^ten i^e JQävcipttt bon i^m untereinanber einen fräftigen ©ebraudb. ^n ber groge
nac^ ber Se^anblung ber älbgefaüenen ift ed gtoifc^en äBelttird^e unb ÜJtontonidmud nodf
86 )u feiner grunbfä^IidS^en Itontroberfe getommen. ^nbem bie ^riefterltrc^ ober an ber
alten Strenge gegenüber ben ©efoÜenen guerft feft^iett, gugleic^ aber me^r unb me^ bad
gutünftige ^eil für ben Singeinen \)on feiner 3ugeli;öngl;eit gu i^rem Serbanbe ob^^
mad^te unb bie Prärogative ©otted, Sünben gu bergeben, ufur))ierte, geriet fte in etne
l^öcMt fatale Sage, bie notloenbig gur Srtoeic^ung jjener Strenge führen mu^te. 2)er
40 3tad)la^ begann bei eingelnen ©ru))^en bon Xobfünben unb gmar mit ber Jlongeffum einer
einmaltgen ©eneralbu^e nad^ ber 2:aufe fc^on im legten SSiertel bed 2. ^ai^^unbertd (Stom^f.
6or., 1. c. SKud ber Sc^ft XertuDian^ de poenit. c. 7 sq. tonnte man fc^Iie^en iooOen,
bag bie äJtöglid^teit einer gtoeiten 9u^e für aQe Sünben bamald fd^on beftanb, oOetn ber
Sd^rift de pudicit. ift ba^ ©egenteil gu entnei^men; bie ^Ibololatrie im ftrengen Stmt
46 toar iebenfaUd au^gefc^Ioffen). 2)er $irt be^ ^ermad — ben man bereite, abftcf^tlic^ ober
unabfic^tlic^, migbtcftanb — \)at bie ^ongeffton betfen muffen unb fo ift feine SUitorität
in ber ftird^ie berftärlt toorben. ItaUift bel^nte ben Stad^^la^ guerft auf fämtltc^ groben
^leifc^e^fünben au^. Ser äJtontanift XertuQtan ift bemgegenüber borüberge^eitb felbfi
älntoolt ber in ber SSerfolgung Slbgefaüenen, unter Oualen ^^erleugnenben, getooi^ (f.
GO de pudic. 22 fin.). 3)te Vergeltungen Homicidium unb Idololatria ^tten no<^ imma
beftnitiben älu^fd^lu^ au^ ber Jtird^e gur t^olge; nur bad unumtounbene Selenntnid bei
erneuter ^nquifttion unb ber ^ärt^rertob tilgten auf Srben bie Sc^ulb (f. Ep. Lugd.
bei Euseb. h. e. V, 1, 26. 45. 46. 48. 49. 3tux auf fold^e ©efaOene, toeb^ toä^renb
ber SSerfolgung felbft nod^ ®elegenl(ieit Ratten, il^e ^Verleugnung gu ioiberrufen unb ju
66 belennen, begießt ftc^ bte fürbittenbe unb unterftü^enbe Sorge ber gadifd^en Aonfefforen.
Sufebiu^ f)at bied 1. c. c. 2 berbecft; er fud^^t bem Sriefe B^^S^^ff^ i^ entne^en, boft
bie Jlonfefforen bie SBieberaufna^me beftnttib © efaHener betrieben unb erreicht l^ättcn [§ 8],
aber bie bon il^m beigebrad^ten SteQen reben babon ntd^^t). @^ ift fein fu^ered 8«^^
betannt aud ber 3^ bor ^eciud, ba^ bie ^onfefforen, benen bie SBelttird^e bod 3Mi/t }u
60 litterae pacis eingeräumt, x^p. gugeftanben fyii, biefed Stecht auc^ in Segug auf Impsi
Lapsi 287
ausgeübt ^6cn. XertuQian beläm))ft btefe^ Siedet (de pudic. 22) überl^au^t (anberd ad
mart 1), obglet^ ed getabe bem 3Rontantömud tertDanbt toax, fagt ober ntc^t, ba^ bie
ftonftfforen ed oud^ gegenübet foU^en ongetDenbet l^oben, bie jum ©ö^enbtenft abgefallen
tooxtn. ^vbt^m tft tool^I anjune^men, ba^ biefe m man^^en Kirchen t>on biefem 9le(^te
bo(^ Vorteil ge||abt ^en. 6
^^ man in ber Rtt6^ etft lurj bor ber 3}2ttte be^ 3. ^[al^rl^unbertö mit bem ftrengen
Secfa^ren gegen bie 9lbgefaIIenen brac^, l^at ol^ne 3^^M ^ud^ barin feinen ©runb, ba^
bie 3^ )t9tf$en @e))timiud unb S)eciud eine faft ununtetbrod^ene gtiebendjeit getoefen ift.
6oi$ ^e fid^ jener ®runbfa$ nid^t fo lange galten lönnen, tpö^renb boc^ felbft ein
ZertuDian )ugrftel^t, ,,ba^ man bei er))re^ter SSerletignung bod^ im S^tt^m ben ©lauben lo
unbffledb betoopren Idnne''. Übrigen^ i)at felbft nt>i^ 6^))rian unb ein Zeil be^ römifc^en
Abnid um 250 gefd^hnmlt, ob ben lapsis bie SRögltc^Iett ber SBieberaufnal^me ju eröffnen
fcL 2)te ftroigere Sluffaffung bertrat auc^ ^abiu^ \)on 9(ntio(^ien (f. Euseb. h. e. IV,
43. 44). 2)ie9riefe bed ole^anbrinifc^en S)ion^ftu$ jeigen, toie tief bie alten rigoriftifc^en
äbifc^imngen aud^ nod^ jtoifc^en 250 unb 260 tourjelten (Euseb. h. e. VI, 42 fin. i6
44 — 46). Sa einjelne Sanbeettr^^en l)abtn biefelben noc^ bid gum 9(nfang be^ 4. ga^r^
^mbectd für bie grj^bften ^^e ber ^bololatrie betoal^rt, toie bie Jtanone^ 1—4, 6 ber
©^obc toon eiöira (im Saläre 306) betoeifen (f. §efelc, 6onciliengef4>.,2.aufl.I,©. 151.
155—158). 3n ben Sirenen )u ^artl^ago, 9{om, ällesanbrien, 9(ntiod^ien ftegte f^^Iiepd^
cme mtlbere ^xag&, ber in Sde^anbrien unb Jtart^ago ber größere Zeil ber Jtonfefforen ao
fdbfl bod ffiort rebete; in le^terer @tabt l^aben biefe fogar, um il^r eigenem älnfe^en )u
€c^^, in f<^nmmer SBeife getoirtfc^aftet unb bon i^rem ä^ed^te, litterae pacis au^ju^
Pdlen, ben tDettge^bften unb bertoerflid^ften ®ebraud^ gemad^t. ^xcc toie in 9{om tourbe
ber Jlampf vm bie ©runbfä^e ber Jlirc^enjud^t barum ein fo erbitterter, toeil ftd^ l^inter
t^ ein Streit um $erfonen unb um bie ßompeten}en be^ S3ifc^of$, ber ^re^b^ter unb as
ber Jlmtfefforenorifblratie berfted(te. ^n 9{om f^^ieb fc^lie^ic^ bie ftrengere Partei unter
ber gfü^rung bed 9lot)atian au^ ber ©emeinbe aud. 3^if4^" ^^^ ^"^ ^^^ f)abm bie
Sifcpöfe bod 3^^^' un^ Su^erfal^ren gegenüber ben lapsis au^ebilbet. ^a^felbe tourbe
fn einem Eom))ltjierten Softem, ba man bie religiöfe Betrachtung ber Jtird^e unb ber ^.^er«
genügen, loeld^ bie 9lot)atianer an biefem ^untte no^! folgten, mit einer moraliftifc^en, so
barum aud;i bie inbibibueDen SSerfc^ieben^eiten berücf ftc^tigenben bertaufc^te unb, menigften^
anfalle^, eine 3Ritte )u l^ten fud^te gtoifd^en nobatianif^^em Sligoridmud unb jener Sa^^
ffA, bte bie Partei b«S ^elicifftmud in Karthago gejeigt ^atte. 3u^^^f^ mürbe bon 6^-
pAan sujgeftoi^en, ba^ in casu mortis nac^ abgelegter @£l^omologefe bie SBieberaufna^me
in bie Jtircpe jebem getoä^rt toerben foQe (f. Cypr. epp. unb de lapsis); bie Sel^anblung 86
ber übrigen %äüz — borüber lie^ er ^ Don ben SRömem belel^ren — foHte nid^t ©ac^e
ber einsdnen ^robinj, fonbem ber allgemeinen Kirche fein. 9luf ben @^nobcn gu Jtar«
im ^aSjU 251 f. in Überein
eine ^VidfitH^wxit feftgefteOt (
c
timmung mit ber römifd^en ßirc^e mürbe niqt o^ne
. namentlid^ ep. 55): bie SRöglic^teit, 2Bieberaufnal[fme
in bie Jtirc^ jm erlangen, tourbe allen lapsis eröffnet, aber unter fe^r berfc^iebenen 93e« 4o
binguiigen. viid^t nur toirb }toif4!en sacrificati unb libellatici ein Unterfd^ieb gemalt,
fonbem au(^ bie k)erfd^iebenen Umftänbe, unter meldten fxd) jemanb jum o))fem ^at belegen
(offen, feilten berüdEfu^tigt toerben; ^iemac^ foU fotoobl bie 93u^^eit ald bie ^u^übung
eine t>erf(^ebene fein, bo$ fc^eint bie älu^meffung berf elben bamald noc^ nic^t fc^ematiftert,
fonbem bem @rmef|en bed Sif^^of^ überlaff en toorben ^u fein ; benjenigen aber, mel^^e erft 46
auf bem Zotenbette 9u^e }eigen, foQ bie Vergebung übcr^au))t ni^t getoöl^frt merben ; ge«
faOene SUeriler foHen i^er äBürbe berluftig ge^en. (Über anbere S^noben in ber S^^^
fcoge f. Euseb. h. e. VI.) ©eit jener ^^i nun beginnen bie $önitentialt>erorbnungen
wk i^rer itafuijtU ; bie älteften unb mic^tigften ftnb ber liber de poenitentia bed ^etrud
ÄUj. (bie Seftimmungen in ben App. Constit. II, 14, 38—41), bie Äanonc« 1—4 ber 60
Qljflitibt bon (&b>\xa im 3al^re 306, bie Äanone« 1—9. 12 ber ©^nobe bon anc^ra im
3a^ 314, ba Jtanon 13 ber ©^nobe bon 9(rled im ga^re 314, bie Jldnoned 10—14
ber @l^be bon iRicfia im ^obre 325 (f. auc^ Can. ap. 62 unb Gregorii Neocaes.
ep. can.). S>ie bioQetianifd^e Sserfolgung unb ber gro^e SlbfaQ in beweiben betoirlte
abermatt eine {^erabfe^ung ber lir^^lic^en 9lnft)rü(^e an bie ©laubigen (fie^e aud^ ben 66
6tait in Slom jtoifd^en ®ufebiu« unb §erafliu«). S)ie Äontroterfe f})i^te pc^ bie^mal —
unb poax faft lebiglid^ in 9lorbafriIa — ^u einem Kampfe um bie mtlbere ober ^örtere
Se^onUung ber aefaUenen Aleriter ^u : ein Semei^, ba^ man bereite in biefen allein bie
twObürtigen 6^ri^ erlannte. 93eftimmungen über lapsi fmb auf ber ©^nobe gu älrle^
(443?) c 10, juSlom im ^al^re 487 unb auf einigen anberen nod^ erfolgt Hbolf $ar«aff. eo
288 Sarbner
Sorbner^ Slatbaniel, gcft. 1768. — The works of N. L. with a life by Dr. Eöppb
10 Vol. 1838; A. Gordon in Dict. of nat. Biogr. XXXII S. 147.
92atl^cmiel Sarbner, ein geleierter S)tf[entertieeoto0e, tDurbe am 6. Sunt 1684 )u
^atpll^urft in fient geboren. Seine äSorbtlbung erl^ieb er unter Dr. Olbftelb in Sonbon
6 unb befud^te hierauf bic Unit)erfitäten Utre^^t unbSel^ben 1699—1703. ©t)äterl713— J721
toax erSriiieper bedSol^ned ber fiab^ Xreb^, mit bem er f^onfreid^, Selgien unb^oPanb
bereifte. Ülad) Snglanb jurücfgelel^rt tooQte er fic^ bem ^rebigerberufe toibmen, fanb
aber tpenig Seifall, ba fein äSortrag ju nü^^tem unb (eblotS tamr. ®r toartete ^aiftt bmg
bergeblic^ auf einen iRuf bon einer S)if(entergemeinbe unb tourbe erft 1729 aU fiilfd*
10 prebiger an einer Jta))eQe in Sonbon angefteDt, nac^bem er fic^ fd^on burd^ feine imffem
fd^aftli^^en Seiftungen einen 92amen gema^^t l^atte. @r blieb in jener untergeorbneten
©teQung bid 1751, too il^n böOige ^ub^eit jum Slüdtritt nötigte, fortan lebte er in
ftiQer SurüdEgejogenl^eit gang feinen n>iffenfc^aftlic^en Slrbeiten. 92ur mit ®ele^rten bed
^n- unb äludlanbe^ blieb er in lebhaftem brieflichen SSerle^r, allgemein geachtet um fetner
16 ©ele^amteit n>ie um feiner 93ieberleit unb 9lnf))rud^0lofig!eit tDiSen. @r ftorb in feinem
85. Sebendja^e ben 8. 3uli 1768.
Sarbner ^el in bie ^t\t ber S3lüte bed S)eidmud unb toax einer ber tüc^tigften Sop
Iämt)fer für bte äBaJ^rl^eit ber geoffenbarten Sieligion. Seine tl^eologifc^e Slic^tung tonn
toie bie feinet ß^^^^ff^'^ Samuel Slarte atö rationaliftifd^er Su^onoturolidmitd be>
ao geid^net toerben. @r erlennt beibe^ an, bie äSered^tigung ber SSemunft, toie bie iRottoenbie*
teit ber Offenbarung. Jtlar^eit tmb (Sinfa^^^eit fmb bie ®rforbemif|e einer ^öc^en unb
allgemeinen, bie Jtenmeic^en ber geo^enbarten unb toal^en Sieligion. 2)te etKutgdtft^
Se^re n>ar anfänglich Ilar, ift aber burc^ nu^ofe S))e{ulationen t>erbuntelt toorben, wA
mu^ bedl^alb auf bie urf^rüngli^^en einfa^en unb getoiffen Sßa^l^eiten gurüdtgefü^ toecben.
26 ^iefe finbet Sarbner in ber neuteftamentlic^en Sittenlehre unb ben SSerl^eiJ^imgen bed
Sol^ned für bie Xugenb. Sej^ren, bie nid^t tlar betoiefen n>erben lönnen, toUl er offen
laf[en. Sarbner fielet fomit im toefentli^^en auf bemfelben Stanbpunit toie Slarle, toäSf
renb aber biefer ben ^ni)oit ber Offenbarung al^ Demunftmä^ig ju bemonftrieren fiu^,
tooQte Sarbner auf ^iftorifd^^Iritifd^em SBege bie SBa^rl^eit bed 6|nftentumd bart^un. ZM
80 ift ber ©runbgebante feinet $aii))tn)erfed „The Credibilit^ of the Gk)8pel History^
in 17 93änben 1727—1757, toogu er bic Umriffe fc^on in einer SBorlefung über bie
®laubn>ürbig!eit ber ebangelifd^en ©efc^i^^te, bie er 1723 in Sonbon ^ielt, entn)orfen fyit
S)ied äßerl fanb großen 93eifatl unb tourbe ind ^oQänbif^e, Sateinifc^ unb 2)eutf(^
(t)on 93ra^n mit ^orrebe Don S. ®. Saumgarten) überfe^t. @^ ift ein bebeuteiü)er
86 SSerfu^! einer l^^iftorif^^^IritifC^en Einleitung in bad 31%, eine Slrbeit, bie mit ebenfotnd
^lei^ unb ©rünbli^Ieit al^ Unbefangcnl^eit unb Sd^arfftnn burc^gefü^ ift. 3)ad SBeti
gerfmlt in jtoei Seile, tooju ein Su))t)lcment aU britter lommt. ^n bem erften Xeil
toerben bie im 31% gelegentlich em)ä^nten Xl^atfad^en, n>eld^e burc^ Selege aud gleich
^eitigen Sd^riftfteQem beftätigt toerben, aufge^äl^^lt, um )u jeigen, ba^ fic^ im 91X nid^td
40 finbe, toad mit ber t)orau^efe^en 3eit unb 9lbfaf(ung burcp bie ^l. Sc^riftfte&er nic^t
überetnftimmte, unb ba^ ba^ ungefuc^te ^ufammentreffen unabhängiger Duellen für bte
(Sc^tl^eit jener Schriften jeuge. ^n bem j^toetten bei n>eitem grölen SCetl toerben bie^eug«
niffe ber Jlir^^enbäter ber erften t)ier ^al^r^unberte aufgeführt unb forgfoltig ertoogen,
babci bie Schriften ber 9!}äter felbft einer genauen ^ritil unterworfen, il^re Sc^t^ unte^
46 fu^^t unb bie 3eit i^rer älbfaffung feftgefteUt. So merben ). 93. bte a^ofiolif<^en iton^
tutionen an bad @nbe bed 4. ^i^^^i^^unbert^ Dertoiefen, ber türgeren Slebottion ber igna*
tianifc^en 93riefe ber SSor^ug gegeben, für ben $ebräerbrief bie fonft überfel^enen 3^^^fi^
be^ S^eognoft unb SJlet^obiui;^ angefül^rt. hierauf folgt eine lurje Überfielt Der 3W
niffe bid ind 12. ^a^rl^^unbert. S)ad ^rgebnid biefed Seilet ift, ba^ bad übereinfttmmenbe
60 3eugnid aller ^i^^^^unberte unb Sänber, ber frü^e ©ebrau^! unb bie ^ol^e ©eltuitg ber
neuteftamentli^^en Sd^riften für beren @c^t^eit {))rec^e. äluc^ bie a)>oIr9i)l^tfc^en Sc^viften
f^red^en bafür, ba fte bie ^o^e SBürbe ber ^erfon ßl^rifti unb bad älnfe^ ber fipe^
beren Flamen fte annel^men, Dorau^fe^cn. ^er britte Seil ^anbelt Dom Staxwn bei
3iZ^. S)iefer ift nac^ Sarbner ntc^t oft burc^ bie S^nobe Don Saobicea abaefc^lo^
66tDorben, fonbem ftanb guDor fc^on burdf; ba^ aOgemeine Urteil ber Sofien feß. 2>ie
@Dangelien famt ber 91® muffen Dor 70 p. C. abgefaßt fein, ba fid^ in ü^nen nic^t bie
leifefte 9lnf))ielung auf bie 3^^^^^d ^entfalemd finbet 3)a femer in ben (^tfkbt
leine audbrücflic^e Sejiel^^ung anf btefeloen Dorlommt, fo müf[en fte Der^ältittdmö|ig
ft>ät gefc^rieben toorben fein, nac^bem bad @Dangelium fc^on toeit^in g^^igt loar
60 unb ein Sebürfnid ber äluf jeic^nung für bie }al^lreic^en S^riften ftc^ jeigte. S)afftr
Sarbner £ad Safad 289
Itnrui^t mi^ bet $roIog bed Sufad, toonai) ed bis bal^in fein e^^ted Slxingelium gab. ^te
SMnÄeltftm fd^rieben unobl^ängtg boneinanber, unb ol^ne anbete Duellen ju ^oben, ald
load ^e felbft gefe^ ober bon Slugenjeugen (^el^ört. 3)ad ^^^^^^^^^^'^0^'^^^^ if^ i^^^
cmc ubetf e|ung be^ griec^ifd^en SRattbäud. — Sarbnerd SSorftdIung über bte (Sntftel^ung
bcr (Sloangelten aud ber münbli^en Mitteilung erinnert am meiften an ©iefeler^ ^^o- 6
t^, obtDoljl er ben ®ebanten nic^t toeiter au^fü^rt. @r nimmt ali ^üt ber Slbfaffung
f&r bte {Vni>)>ttf(^en @t>angelien unb Slpoftelgefd^ic^te bed ga^re^ 64, für ba$ jo^anneifc^e
bad 3a^r 68 an. 2)ie f^tefte Schrift ift ti^m bie 9l)}otal^)}fe, bie er in ba^ ^a^r 96
\d(L Son ben 3$erfaf[em ber neuteftamentüd^enSd^rift giebt Sarbner einen lur^ Seben^
mn^, imb ed mag l^ier bemerft tperben, ba^ er Don ber in @ngtanb beliebten Slnna^me lo
bcr Steife bed 9l))oftel^ ^u(u$ nad^ @ngtanb nid^td toiffen miU. 9(n bad obige SBerl
f(|iie^ ft(^ bie Streitfcbrift an ,,A Vindication of three of our blessed Salviours
Mirades in answer to the Objections of Mr. Woolstons üfth discourse etc.",
bie bfße unter ben jai^trei^^en ©egenfc^riften. @ine anbere S^^rift The Circumstances
of the Jewish people, an argument for the truth of the Christian religion 16
1743, tDorin bad ^riftentum nur afö beffere unb reinere ^orm ber ätcltgion bargefteOt
toiib, namentlich aber bie 9(b^anb(ung „A Letter on the Logos", gefc^rieben 1780,
ober eijl 1760 publiziert, l^at Sarbner ben 93orn>urf be^ Soctniani^mud jugegogen. @r
tritt mit biefer Schrift gegen äßl^ifton auf, ber bie £c^re, ba^ ber fiogod bei e^riftud an
bicSteSe ber menfd^Iid^en @eele getreten fei, toieber aufgemärmt f^atte. @eine $au))tgrünbe 20
belegen ftnb, boj^ ein fo DoQtommener ©eift tote ber Sogo^ unmögli^! [x^ fo erniebrigen
Smie, bo^ er ftc^ felbft Dergeffe, feine SSoQtommenl^eit abfc^tpäqe. (Sin folc^er ®eift
tofixbe bielme^ aOed SRenf^^Iic^e Derjel^ren, tonne atö tör})erlic^en Sc^tvac^l^eiten untere
toorfcn gar ntc^t gebac^t toerben, S^riftu^ ift magrer SRenfc^ unb nur Don ®ott nacb
febiem unerforfd^Iic^en Siatfd^lu^ jum SRefftaiS getoä^lt unb mit befonberen ®aben au^ 26
gcrfipet 3lvx tpenn er toal^^rer uRenfc^ mar, tann er SSorbilb für un^ fein, nur fo fann
feine Suf ertoeihmg und bie Hoffnung geben, ju gleicher ^enlic^teit ut gelangen. @inen
anberen Segriff t)on bem ÜKeffuid l^atten auq^ bie ^uben nicbt. ^ie SSorfteUung bon
einer untergeorbneten ®ottl^eit unb einem präe^iftierenben fiogod tam erft burc^ bie Reiben«
d^V^ ^^ilofopl^te herein. @d berftel^t [\d) nacb bem @efagten faft t>on felbft, ba^ ber so
^ Sktft nur bie, öftere )}erfonifi}ierte ^IRad^t, ®abe ober ®nabe ®otted be^eic^nct. — @o
reii^te £arbner auf bem bogmatifd^en ©ebiete feinen ©egnern faft bie $anb, toäl^renb er
fto feine £ebendaufgabe anfol^f, alle 9(ngriffe gegen bie geoffenbarte Sleltgion auf bem ^ifto-
rih^ %dU )urttd^uf(^tagen. d. ec^att f.
Sa 9l9d^Ht, 8efenntnt0 tion f. 9b VI @. 230 ff. 35
£«fnlle^ 3. C. be f. ggnorantind 93b IX @. 58 ff.
iM§ a^ü», %xa\) Sartotomö, ber „9[j)ofW (2Beft>9inbien«", geft. 1566. —
So# dafa« fKit, nad)bem fein fieben fd)on metjrfad) bearbeitet luorben luar (italienijd) oon
Hidielc ^io, Bologna 1618; franj^öfi^ uon filorente ald (Sinleitunii gu ben Oeuvres de
B. de las Cmm, $arid 1822 ; ogi. oud) : Voyage k la TriDidad et au Veuezuela, ^arid 40
1812), in ber neueren 3eit nod)maid tDicbert)olt üöiograpben gefunben. 1867 Deröffentlid)te
IC. ^ip^, f4on befannt burd) „The Spanish conqucst in Ameriea'S eine ^iograp^ie unter
bem Sitel: ,,The life of Las Casas the Apoetle of the Indies'* ('2. ^ufl. 1868); 1878 ^ab
Sbon ^oilod üutierreA ^eroud: „Fray B. de las Casas, sus tiempos y su apostolado'^ *, enb«
HA folgte 1879: „Vida del P. Fray B. de las Casas", uon ?lntonio ^Rario ^abi^, roelcöe 46
in 9b liXX f. ber Coleccion de DocumeDtos iDeditos mit einem 9(n^ang uon meift ungebrucften
ettriftftaden t^erSffentüciit roorben ift (1879— 1880). IBgL IBaumftarf, ^. be lad (Safad,
dreibnrg 1879.
(Bebocen ab @ol^n eine^ ^^anci^co be lad Safa^ (Safau^), toelc^er toal^rfc^einlic^ bem
Sbd tMm 6ck>iSa ongel^drte unb nicbt mit bem glei^namigen 93egleiter be^ Sorten }u 5o
MUm^febi i^, fUibierte Sartolom^ $umaniora unb gura auf ben Unit)erfitäten @et?tUa
unb 6alamanca unb begleitete im^^bruar 1502 ben Somenbabor §ra^ 9itcoIä^ beOt^anbo
naäf ^j;iü>vm, ald biefer abgefc^icft toar, um bie Übergriffe 93obabtUa^ gegen Golon ^u
nntcr^u^ Xcfit 2l<^re blieb er bort, ba^ repartimiento bertoaltenb, Ivelc^e^ feinem
Softer ouf SftKtnoIa gugefaBen toar, bi« er 1510 in ben ^rieftcrftanb eintrat ~ er toar ss
ber crilc, tDelcper in ber neuen fficlt bie ^riefterhjei^e erhielt — unb an bem 2:agc, wo
bte erften Sominilaner anlangten, in Soncepcion be la Sega feine erfte ^{effe la^. Sie
mcr^drtc ^dxU ber oonquistadores gegenüber ben Eingeborenen lernte er nod^ nol^fer
nMU9m!$n9pikU f§K X^IogU mb IHr^e. 8. V. xi. ^9
290 2a» Safad
lennen, aU er 1512 einer @tnlabung bed 3)te90 SSela^quej nac^ 6uBa folgte unb baim
9{art>ae) auf einer @£pebition nad^ Samague^ begleitete — fc^on bier feigen mir t^ eifrig
bad älmt eined 93ef4!ü|et^ ber ^nbianer führen. Um biefe 9!Birin<^I^' ^^ f^ QcawA
2tbtn auffüllen foQte, in größerem 3Ra^e üben ju tonnen, befd^lo^ er in @banten fu^
5 äSoQmac^ten )u erbitten unb lel^re (Snbe 1515 bortl^in jurüct. 3la(if bieten SJlü^en gelang
ed i^m, eine im Flamen ber ^errfc^er erlaffene ^nftruftion ju befommen, toeU^ i^ be^
auftragte, in SSerbinbung mit ben ^teron^miten über aDem }u tpad^en, „1a>cS bte gfreU
^eit; bie gute Se^anblung, fotoie bad leiblid^e ober Seelenheil ber ^nbianer ange^
(17. @e)}tember 1516; äBortlout bei ^abi^, Vida etc. p. 58 sq.) unb au^erbem ben
10 Xitel eined ^^protector universal de todos los Indios" mit einem Sal^re^e^alt bon
100 ©olb^efod. älber Sad (Sxi\a» fanb auf allen Seiten SBiberftanb: bei ben ^ieronl^
miten, bie fein Slmt ate Eingriff in i^re Sefugniffe betrad^teten — bei ben fjHimfii^
^erren, bie er bor ©ertc^t )u jiel^en fu^^te — fogar am $ofe, too einflutetet 9R&mer
bie SReinung bertraten, bie ^nbianer bürfe man toie Xiere bel^anbeln, ba fie hodf „beS
16 ©laubend nic^t fällig feien''. S)iefer bielfac^e SBiberftonb nötigte i^n ^u me^ad^en Sldfen
nac^ @t)anien : fo fc^on im f olgenben ga^re, al^ eben ber iunge Jtönig Karl in SSiSabidofa
gelanbet toar. ®eftü|t auf ein ®uta$ten ber Uniberfttät Salamonca, tpelc^ed bieienigen
für tobe^toürbige Jte^er erllärte, ioel^^e ben ^[nbianern bie ^l^igleit abf^nrec^en tofirben,
fic^ )u belehren, erlangte £a^ Safad 93eftätigung feiner SSoQmac^ten unb lehrte nac^ Slmerita
20 ^urüa. Unermüblic^ ti^ötig auf SRifftonen in Sumona, @. Domingo — too er 1523
in ben Drben ber S)ominitaner eintrat — , in 92icaragua, in (Guatemala unb an anberen
Drten getoann er bad SSertrauen ber ^nbianer in fo l^ol^em ®rabe, bag fie nid^t fetten
freimiQig auf fein SBort l^tn [xd) ju bem berftanben, toai ©etoalt feiten^ ber fiKmtfd^
Ferren bon ü^ntn ni^^t }u erlangen bermoc^te. Ign ö^nlid^em ©eifte unb mit @rfolg
26 toirfoe er feit ben brei^iger ^Qi}xtn in äRe^ilo. 3)a^ reiche 93i^tum Sujco in $eru, toelc^
Jtarl V. i|^m anbot, f d^lug er aud, bad ärmfte, S^ia))a, nal^m er an, otö er bad 70. Scben^
jal^r errei^^t l^atte. ^ei feiner fünften Steife nac^ @i)anien l^atte er eine SuOe ^(ktub IIL,
ioel^^e bie ^nbianer für Slnnaj^me bed @laubend föl^fig erHärte unb im ^inblict borauf
berbot, fte ju Sllaben ju mad^en ober ^u berauben, überfe^t unb bra^^te fte mit Xuf
80 biefe ^uQe berief er ftc^ nun aU @rgän)ung ber belannten Sülle äde^anberd VI. über
bie Verteilung ber neuen SBelt. 3)a aber feine 3Ra^nal[fmen, bie er, tpenn erforberlu^,
burc^ bie ftrengften Krc^lid^en Senfuren, burd^ Sntjiel^ung bon Saframent unb 9(bfolution,
ftü^te, gar ju tief in bie SSerl^öltniffe, n>ie bie conquistadores fie gebilbet Ratten, eim
fc^nitten, fo n>udbd ber SBiberftanb gegen i^n nur immer mel^r. Obtool^I am ftHmtfi!^
86^ofe, auc^ bomjtaifer fclbft, l^oc^ gefc^ö^t, jtoang i^n boc^ bie SSerleumbung feiner ^nbe,
fein 93i^tum aufzugeben unb 1507 jum fiebentenmal na4| @uro^ }u reifen unb, vm fUb
gegen bie fc^ioerften SSerbäc^tigungen, auc^ feiner So^alitöt, m berteibigen. 3)ted gef(^
öffentlich in SSallabolib, bomel;mlic^ gegen ben g^lel^en ^iftoriograp^ @e)mlbd)a, mit
folc^em ßrfolgc, bafe burc^ ben lönigli^en 9lat unb ben bon 3**^^ ^^ 3)ru(f bon ©e*
40 j)ulbebad abfq^eulid^er @d^rift De iustis belli causis in Spanien berboten tourbe. Sie
erfd^ien jebo^ in 9lom. @egen fte ri^^tete £ad 6afa$ bie .,Breyisiina Relaoion de
la Destrucion de las Indias" 1552, 50 91. in 4^, toeld^e mel^rfad^ ^ou^egeben,
auc^ in ba« 2ateinif4>e, granjöfifc^c unb Deutfc^e (bon änbreäl790) überfe^t toorben i^
9leuerbing« tft fte in ber Coleceion de Doeumentos ineditos para la Histo-
45 ria de Espana, t. LXXI abgcbrudt toorben. ^ort finben ftd^ auc^ anbere belangrcti^
auf ben Streit mit Sepulbeba bejüglic^e @4^riftftü(fe, fotoie einige bi^l^er nic^t gebrudtte
S)o!umente unb ©utad^ten bon £a« 6afa«. Sein i^^^^^^/ ^ ft)äterer Seben^jctt ge^
fd^rieben, tft bie Historia de las Indias, toelc^e bon Venera unb anberen bemi^ wib
ie^t enbltc^ in 93b LXII bi« LXVI ber obigen Colleccion gebrudCt toorben tft 9)t<^
50 bebeutfamc SBerf ift nic^t, tote Quintana unb 2^ichtor tootten, fc^on 1527, fonbem «P
1552 begonnen unb 1561 boQenbet toorben. @« umfaßt in brei ^doben tutb eben fo
bielenSänben bie ©efc^^id^te bi« 1520. ä^anl^^ang finben ftc^ (SSbLXVI S. 237—655)
Algunos Capitulos de la Apologetica Historia bcdfelben Slutord abgebrudtt
93i« an fein @nbe, n>eld^e« 1566 erfolgte, lanntt er nur bad eine 3^el : )u ®impen
55 ber mi^^anbelten unb berfolgten ^nbianer einzutreten. Seine 9emü$ungen, btefeÖoi
gegen bie Sfloberei }u f^^ü^en, ftnb jum Xeil erfolgreid^ getoefen ; ba^ er felbfl bannif
pingetoiefen l^abe, man möge ftatt ber fc^toöd^Iic^en ^nbianer lieber bie ftorl gd)atttcn ofrifo«
nifd^en 9leger l^erbeil^olen, unb ba^ i^m fomit bie SSeranth^ortli^^Ieit für bte GinfO^vung
be« 9ieger^anbel« jufalle, ift nic^t erioei^bar; t^atfäc^Ii^! ift längft bor feiner ^tü bte
en „f(^ta)ar}e SBare'' aud Slfrita berl^anbelt toorben. äSgl. Apologie de B. de las Gasts
Sa9 eafad £aficiitd 291
in : M^moires de la classe des sciences morales et politiques de Tlnstitut, t. IV.
@€m U^ SBoTt an bie ^eunbe im 5!lofter ju Sltoc^a, too er ftorb, ging ba^in, ba^
fte bod 3Bed fortfei^en follten, n>e(c^ed fein fieben erfüDt ^atte. Btntatf^.
2a^in§, ^o^anne^ (^an Saftdi), ))o(mfc^er @belmcmn unb Sd^riftftetler, geft.
nadf 1599. — ^lotijen über {ein fieben ftnben ficg bei Begenvolscius (Wengierski), Hist. 6
eocL SUyod« (1652) 452; ®erbed, Scrin. antiq. VI, 649 f.; Genebrard. ChroDolog. IV.
a.a.1582. 786; @im(er, Bibliotheca389; Söc^er, ©ele^rtenle^ifon II, 2283; ©alig, ^tftorie
b. augdb. Sonf. n, 715ff.; 3. ^ula^i^etoici, ®ef4. b. reform. $irAe in Sitauen II, 182 ff.;
Hxb^tt, Oef4. b. alten SrüberHrc^e II, 100 ff.; ®oII, OueOen unb Unter {ud)ungen )ur (g)ef4.
b. bö^m. Araber I, 74 ff. — ©eine ©erfe: 1. De origine et institutis Fratrum Christia- lo
Donim, qui snnt in Prassia, Polonia, Boemia et Moravia, Johannis Lasicii Poloni Oom-
mentarinB 1568. — 2. Johannis Lasicii Poloni De origine et rebus gestis Fratrum Bohe-
morom, quos ignaii remm Waldenses, mali autem Picardos vocant, ubri octo multa veri-
taXe referd (oerf. ca. 1575—1599). — ®eibe SSerfe ftnb nur ^anbfcfiriftli^ unb unDoOftänbig
ooT^anben. ^n ^errn^ut beftnben fi4 2 ^anbfc^riften (A unb B), beren jebe üon iRr. 1 is
§ 1—33 unb t)on 9ir. 2 lib. I-V (tjalb, bl« 1549 reidjcnb) enthält. A ift 1741 bort^in
gelangt aud betn 9{a4(ag Don 3. be ^eaufobre, ber bie ^anbfc^rift uon S). <^. SablondfQ
erhalten (atte. B ftamnit gleic^faUd qu9 Soblondf^d Seft^, nad) beffen Sobe (1741) fie ®.
3. Sauntgarten ertoarb, ber fie in feinen ^^adiridjten Don merfioürbigen 99nd)ern VI, 139
bii^ 148 bef(4rei5t. 1812 tourbe pe Don ^errn^ut angefauft. A ift eine im 17. Sa^r^. an« 20
rertigte inforrehe Vbfc^rift eined toa^rfc^einlic^ aud bed 2. 3cit ftammenben ^{emplard.
urfprüngU4 mit A gleic^Iautenb ift Don S^^^^ndf^ nac^ ber feitbem üerloren gegangenen
alten Vorlage forrigiert toorben. (Sine Don 3- 2. ^o^^eim 1734 beforgte ^bfc^rift Don B
bcfitot bie iidttinger eibliot^ef, eine 1812 gefertigte Don A bie Sibliotbef bed bö^m. ^ufeumg
in $Tag. — IBon 9{r. 2 gab 3. %. (Someniud 1649 bad VIII. Sud) mit furj^en 3nbalt3' 26
angaben ber übrigen Sü4er ^eraud (2. ^udg. 1660). — 3. De Bussorum, Moscovitarum
et Tartarorom reUgione, sacrificiis, nuptianim et funerum ritu e diversis scriptoribus,
Sptitx 1582, 4. ^en $au))tteil bed Sucbed (p. 1—169) bilbet eine Sefprec^ung bed 3ar
30^. SaftUud mit bem Srübergeifttic^en 3o^. ^Jtof^ta, ber eine 1570 üon @igidmunb 9luguft
an btn 3<^r gefd^idte ®efanbtfd)af t begleitete. — 4. Briefe bed fi. bei (S^erbed a. a. O. ; 9ceue ao
9fitTffge t)on alten unb neuen tbeoL @a(^en 1759, 158; @)inbel^, Oueflen ^ur ®ef4i4te ber
hbim. Bruber in Fontes rer. Austr. 2 %bt. XIX, 325 ff. 379 ff. ^ie Sitel uon nod) 5 flei^
neren Schriften bed S. teild gef4id)tlid)en, teild polemifcben Sn^altd nennt SSagenmann in
bem betr. «rt. ber 1. «ufl. bicfer SRealenc^flopäbie XIX, 770-777.
Son bem Seben bed S. ift tpenig betannt. @r ift geboren 1534 in ©ro^olen ober 36
in Sitauen. @etne S^genb föllt in bie 3^tt ber älu^brettung bed reformierten Selennt^
mffcd unb ber Xnftebluna ber bdl^m. 93rüber (1548) in $olen. Um bad 3a^r 1557
tKffcn totr i^n in ber @<9h)ei) (93afel^ 9em, 3ün(i^)/ ^0 er aud ber römifc^en ^ird^e in
bie tffonmerte übertrat Um jene ^txi geno^ er too^l au^ ben Unterricht ^ol). @turmd
in @tsa|bitts, ben er feinen $rä3e))tor nennt. 3)ann toar er Seigrer im $aufe bed SBoi- 40
toobcn motokndfi unb begleitete beffen @obn in^ äludlanb (1558 ff.), toie er benn über-
ffoaipt einen groften %6l feinet 2Atn^ auf Steifen ^ubrac^te, tetl^ )u feiner eigenen älud-
bttbimg, tettt a& Segleiter junger t)oInif4!er üRagnatenfö^ne, teild in t)oIitif4!en SRifftonen.
60 toax et toteberi^ort in f^anfretc^, 3^^ten, 2)eutf4lanb, ber ©c^toci} u. f. to. ^önig
@tt^pfyai Sot^orl^ (1575—86) ernannte il^n gum tönigltc^en @nbo^ unb brauchte i^n 46
1^ )>oItti{cffen unb firc^Iid^en ©efc^äften. @t)äter fc^eint er fu^ in feine ^eimat jurüd-
oqogen ai ^en, too er teil^ mit Srtctiung bon Unterricht (im ^au\^ bed SQoitooben
SttüicMu )u Sorcin, ft)äter gu äBtlna, ^ule^t ^u ^aüan in Sitauen), teild mit littera^
n{(^ Xibeiten fic^ befd^äftigte. Salb nac^ 1599 muf; er geftorben fein. — 3^iid^no{f^
fd^ibem ibn ab vir plus et eruditus, qui multa audivit, legit, expertus est. to
(b naijm leb^ften Xnteil an ben religiöfen )Beh)egungen feiner 3^tt unb fetned )}olnifc^en
Soterbmbe^, an ber Sludbreitung ber ebangelifc^en Üt^x^, an ber Union ^totfc^en l'ut^e-
tönern, ätefotmietten unb Stübem, an ber Seläm))fung be^ in $olen ftc^ einniftenben
3efitttidmud unb Unitatidmu^. Obtno^I SJtttglieb ber reformierten jlirc^e unb mit Sabin,
foWL, SuOtnget u. a. befreunbet, f)}rici^t er bod^ aud^ bon ^utl^er mit gröfiter ^oc^ac^tung, 66
^ocnäftt mit ben $^ili))))iften Samerariud, 9lübinger u. a., ift bagegen bem ©neuolut^ertum
abgeneigt unb tnilnfc^t ni^td fe^nlid^er atö eine (Sinf^eit be^ ebangelifc^en Selenntniffe^.
Sefonbmd 3>^eteffe btacpte er ben böl^mifc^en Srübem entgegen, beren äe^ren, (Sinric^-
lititgen unb ®efc^td^te et teitö in ©ro^olen, teiU in Si)l^men unb ^ö^ren, n>o er (feit
1567) dftetiS i^re ^auptbettreter unb i^au))tgemetnben befuc^te, nö^er tennen lernte, älu^ eo
eigenem Sbitrieb entfd^(o^ er ftc^, eine turje ©ef^^i^^te ber bö^m. Srüber m fd^reiben
(Commeiitarias 1568), bie er bann )u einem gröfieren SBerfe (f. oben vlx, 2) um-
19*
2»2 Sa{iriitd Sa««
arbeitete. 9U^ DueDe biente il^m au^er bet Historica narratio bed ^oad^. Sametariiid
(1573 l^eraugg. 1605) aBer^cmb Don ben Stüberfemoren il^m jur aSerfügung gcftetttc«
SWaterioI (j. feinen Srieftoe^fel mit benfelben bei ©inbel^, Fontes). S)e«^b goß, fo
lange bie böbmifc^en OriginalqueQen unbelannt ober un}ugäng(i(^ tooren, fein fH&cd aü
6 $aiH)tqueae für bie ©efcbic^te ber böl^m. «ruber (fo beurteUt e« noc^ t>. 3«jf*toi^» 3>ie
Äate^i^men ber SOBolbenfer unb bö^m. SSrüber 136). Slud^ l^eute no^ ift cd nid^t o^
aüm aSert; fofem manc^ed t>on bem il^m }u ®ebote fte^enben 3Rateria( t>er[oren gegangen
ift. 3)er SBert be« SBerle« toirb aber ftar! beeinträd^tigt burt^ bie panegi^rifc^ gorm ba
5Darfteflung, bie aSorliebe für tounberbare Segenben, bie JlritiBoftgleit unb ben SDlongel an
10 gefd^ic^tli^^em ©inn. S)ie Srüber l^aben feine toieber^olten Sitten, ha» SBerl bruden ju
laffen, ftet« abgelehnt (f. ©inbel^, ©^nobalbefc^Iüffe ber Srüberunitot [bö^mitt] 256).
(aSBagettinann f) S^im WMtx.
üa^U, 3 Ölkanne« (fo ber Familienname. 3)ie ©d^btoeife £a«co ift nur unter
Seifügung bon a gulöffig. SadK felbft unterjeid^net ftd^ in feinen lateinifc^ gefd^nebencn
16 äBerten unb Briefen meift Joannes a Lasco, ab unb )u auc^ in le^teren de Lasco),
geft. 1560, md) ben ©^nobalt)rotoIotten im 61. S^j^re. — Sitteratur (oon öfteren bei
S)aIton angegebenen @cf)riften abgefe^en): ^oebel, ®ef(6. bed 4rtftl. geben« in ber xtf^n.'-
meftfäl. Äircfte, ©obl. 1862, I», 324-58; «artclS, 3of). a S., giberf. 1860, 72 ©.: jhi^per,
Jo. a Lasco opera tarn edita quam inedita, Amstelodami 1866, 2 Sbe: ^alton, ^o^. a f^,
20®otba 1881, 578 ©.; S)alton, 3o^. o. S. tn ber Sf^cucn e^rlftotcrpe 1891, 44 ©.; ^afcal
Jean de Lasco, $arid 1894. 304 @.; Ballon, Lasoiana nebft ben filteften ©^nobolprotofoden
$olend 1551—61, Serltn 1898, 576®.; ^u^per, Disquisitio historico-theol. exliibens Qdviiii
et a Lasco de ecclesia sententianim inter se oompositionem, Hagae 1862; ftawerau* 9btx
mclnigung^cib beS Solj. fiadfi (^t3 X, 43U— 41); Stxum, 3o^. a ßa«co unb ber 6acra.-
26 mentdftreit. fietpjig 1901, 216 8. @tne Beurteilung ber beiben legten @4riften, bie mir
erft nac^ f^eritgfteUung biefed ^rtiYeld ju Q)eftd)t gelommen, begatte t4 mir für ben4.t3an^
meiner ,,Beiträge )ur ®ef(^- ber eoang. ^rcbe in ^uglanb'' oor.
^o^anned SadK tourbe 1499 toal^frfc^einlic^ in bem ber ^milie gel^örigen, Don tl^
ben 9camen tragenben ©töbtc^en 2a^t (®oub. ^etrilau) ui^ bafelbft in ber ^eu^utoge
80 bi^ auf einen lümmerlic^en ^auerreft jerftörten ©tammburg geboren, ^er Urf^ntng ber
in 5ßolen einft ^od^angef eigenen gamilie mit bem 3!ia!ppm Äorab— toeifet, toie 2adfi 1648
bem Könige ©igi^munb 9(uguft fc^reibt (Lasciana @. 296), auf (Snglanb ^tn. 3Rit SBit
l^elm bem (Sroberer foD ein ^nbilbert fiadli in$ fianb gelommen fein unb fu^ in ba
©c^lacbt t)on ^aftingd (1066) au^ejeic^net l^aben. ©c^on imSlnfang bed }n)5(ften3a^
S6|^unbertd ftebelte bie ^milie nac^ $oten über, ^n ber itralauer 93if(^of^et^e fte^tll43
ein Stöbert mit bem Seinamen ber ^orabite berjeic^net, beffen SSater bereite atö Jlafidlan
t)on ©ierab) genannt toirb. ^m älnfang bed 15. 2la^rl^unbertd h>ar ein ^ol^ann £adt
in ber ^ol^en ©tellung bed 93annertrögerd \)on ©ierabg. 93on feinen ©dienen erlangte ber
eine, ^J^b^nned, bie l^öc^fte geiftlic^e &ürbe in $olen; er tourbe Srjbifc^of bon (Snefen.
40 ©ein trüber 3^^i>^^^ ^c^^ @rb^en auf SadI, an^äa^lüf ^XxVbiin, gule^ $alatin bon
©ierabj. älud feiner @b^ mit ©ufanna t)on SSalotoa^Sora entf))rangen neben t>ier Zd(^
tem brei ©ö^ne; ber mittlere unter i^nen unfer ^o^^nne^. ^ie ^ai)vt feiner Jtinb^
Derbrad^te ber Jtnabe in ber elterlid^en ©tammburg; toaij^rfc^einlic^ t>on 1510 an no^ ber
Dl^eim feine Steffen ju fic^^ in bie erjbijt^öflid^e SHefibcnj in Äralau, n>o er ben gut tm*
46 anlagten ©ö^nen feinet Stuberd eine üor^üglic^e ©^ulung in ben in ^ralau bu^^nben
^umaniftif^en ©tubien bieten tonnte. 911^ ber D^eim 1513 gu mel^rid^rigem Xufenl^
nad^ 9lom }um j^on^il aufbrach, na^m er bie beiben ölteften Steffen, ^ieron^mud unb
^[oi^anne^, ncbft einem Srgie^er mit; ber jüngere, ©tanidlaud nebft ein \>(ulx tDcitetcn
©tubiengenoffen aud befreunbeten Familien, unter i^nen ein ätabjimil, trafen f))äter ein.
60 ©c^on na6) ^a^re^frift ftebelte bie fleine ©tubentenjd^ar au^ $oIen nad^ Sologna über,
toäl^renb ber (Sr^bifc^of in 9lom gurücfblieb. 3)rei ^a^re toöl^rte ber älufenti^ an ber
berühmten ^o^fc^ule; ^ieron^mud bereitete ftc^ für bie Saufbal^n eined ©taattoanne^
bor, 3<>^anned toar t)on früher ^^genb an für ben geiftli^^en ©tanb beftimmt. 3)er toarm
an feiner ^amilie l^öngenbe O^eim mochte IdoI^I in biefem feinem Siebling ben 9tac^
66 lommen einft auf bem er^bifd^öfltc^en ©tu^le im ©eifte feigen unb auc^ erfe^nen. Xä
S3ologna t)erlautet bad öltefte ^^^B^i^ ^^ ^^^^^^i^^ ^^^ ^^^ SRunbe feinet (Sqtc^
^ranijtt: er fei il^m ber Itebfte; nie nod^ ^abe er einen folc^en Jüngling t)on fMfta
Xugenb^aftigfeit gefe^en. ältö ber junge ©tubent 1518 l^eimle^rte, mar er berettd rdc^l«^
mit ^frünben au^cftattet ; in bem bamaligcn 5ßalatinat be^ 3Jater«, in 2ec§^c, ferner in
61) jtralau unb Pojf ^atte man i^m bie einträgliche SCBürbe eined ^oml^erm bedi^^ 1521
SadK 293
et^ieb btr Dtelfa^^e Somj^en bie $rieftertt)eil^ unb tpurbe ^efan an ber ^Rtttopoliian?
tti«^ in ©nffen, gletc^ieittg oud^ f^^on unter bie Sefretöre bed fö^nigd aufgenommen.
901' biefe SBürben- unb Stdlenl^äufung fonnte ben jungen 3Rann nid^t feffeln; fie toaren
t^ neben fo tndtm anbeten ein fd^menlic^ed 3^4^ ^^ ©ebred^en, an benen bie Rixd^i
ikk, au(^ t^ @orgIo{tgteit, tpäl^renb oereitö brüben im äBefien bie 3^^^^ ^^ i^^ ^
^cxauftmnmenben Za^td fic^ me^en. @r fel^e fic^ toeg aud $olen, nac^ ber @title in
^unumtflifc^en @tubien. @o folgte er gern ber 9(ufforberung bed S3ruberd, il^ auf einer
bit>Iimiattf(^ Senbung ju begleiten (1523). 2)er 9Beg füi^rte junäc^ft für fürjere ^eit
noi^ Safel, bann ffir ein paax 3Ronate nad^ $ari^; @nbe 1524 te^e go^anned aUein
SU längerem älufent^alt nad^ Safel jurücf, in jenen %aqm eine audertodl^flte ^eimftätte lo
oed ^umaniSmud, }umal feitbem Sra^mud bal^in übergeftebelt n>ar, auf bem (Sebiete bed
SBiffend unb ber $umanität^ftubien allüberall bamald ak ^nig gefeiert, ^er bome^me
$ole trat Je^t au^ ald Ttfc^ unb ^au^enoffe @ra$mud befonberd nal^e. ^er SReifter
iß feined Sobed t)oll. ®r rüj^met ibn ald einen Jüngling Don altrömifc^er Unbefd^olten^eit
bcd S^orotterd ; er, ber ©reid, ^e \>on ü^m gelemet, toa^ f onft n>o^l bie gugenb Dom i5
SUtcr pi en4)fangen bobe, bie ÜRüc^teml^eit, 3Rä^igIeit, Sl^rfur^^t, SJlä^igun^ ber ß^nge,
Sefc^e&en^eit, fieufc^peit, Sauterleit bed S^atterd. 9lid^t auf Sradmud aQem befc^ränlte
S) ber 3$erlel^. Saä(i trat auc^ l^ier toie bereite früher unb auc^ in $arid mit ben
ännem in }>erfönli(^e Serüj^rung, bie Don ber neuen ©eifte^ftrömung ergriffen, frül^er
ober \pätn ^ ber Sieformation anfd^loffen, in i^r )um Xeil eine füi^renbe Stellung er? 20
^tdtcn. Setne äbtfic^ten bedten fxi^ bamal^ unb für eine Steil^e Don ^afycm nod^ mit
bcncn bed Srodmud imb einer nun bod^ nic^t geringen Qcä^l ^erDorragenber unb aud^
tieffrommer Jtfanl^männer. @r toar ein begeifterter ^umanift. älU folc^er auc^ l^at er
ein f^Ktvfed Suge für bie tiefen Schoben ber ^ird^e unb ba^ fie einer burc^eifenben
{^eilung an fywSpt unb ©liebem bebürfe ; aber mie Sra^mud l^offte er, ba^ bie Teilung 26
niMl^ Don ber Jtin^ felbft ^efd^e^en tdnne, ed leiner So^rei^ung Don i^r bebürfe. (Sra^mu^
^ictt an btefer ^offnung bt^ jule^t feft, felber freilid^ ju l^oltlod unb aud^ f^e, eine
fromme, t^Kitlrä^ge $anb an bie .^eilung )u legen, entjtoeit mit bem beutf4[en 9tef orma^
tot unb ben Seften bed SSolIed in feinem ©efolge, Derbroffen über ben @ieged}ug ber
ätefotmation. Sodti mag eine Sßeile nod^ in bem falfd^en Urteil übet bie Sieformation ao
unb t^^ten $aut)tttöget in ^eutfc^lanb befangen geblieben, Diellei^^t lebendlang biefe etften
getrübten unb ungmcfften SinbrüdEe überSutl^er, mit bem er nie in D^önlicpe 93erü^rung
gdommen, mifi DdOig loiSgetoorben fein. SebenfaQd ^ielt er in treuer Siebe ju feiner
mdft nod^ ja^long an ber Übeneugung feft, ba^ eine Teilung ber immer bebrol^lic^er
(yeowtttctenben Seiten Don ber nircpe aud gefd^e|en lönne. 86
grübet ob Sadli gen)ünfd^t, riefen i^n brängenbe Sriefe Don bal^eim nac^ $olen
anfid. 5ben bortigen Jtirc^m&nnem toar bange geioorben Dor ber toeit im Sanbe um
1^ gtetfenben „$eft'' ber mobemen Steformation^ebanlen. Slafc^ l^intereinanber maren
1526 Knigltc^fe Sefe^le ergangen, in firatau $audfu(^ungen nad^ Sut^erd Schriften an^u?
{kOen unb fie tDegjune^en ; gleicbieitig n>eitere, in ©ro^olen olle bie )u ergreifen, toelc^e tm 40
Secboc^ fUSnben, lutl(^erifd^ed ©ift eimufüi^ren unb felbft bereite baDon angeftetft nu fein.
Der in Safel ioeilenbe 2cäR toar in foldben SSerbac^t geraten, ber Ol^eim für bieAufunft
bc# 92effen beforgt 2)a)u lam eine mädptige feinbfelige Partei toiber ben Srjbif^of, an
'ifjfm @|)i^ ber einflu^^e Sifd^of Don jlratau. 2)edl^alb beftanb ber O^dm nid^t nur
Alf befc^lcuntgter ^eimte^, fonbem brang barauf, ba^ fein Derbäd^tigter Sleffe Dor il^m 46
nrib bem Arantuer Sifc^of füb Don bem au^ef))rengten SSerbad^t burd^ einen @ib reinige.
((M bleibe einer onberen @teue Dorbel^alten, bie Don ^rof. Itatoerau Dorgebrac^ten, fc^mer?
toicBenben ©rünbe, ben im SBortlaut, aber ol^ne ^Ätan^abi Dorliegenben Steinigungdeib
in ba^ ^afyc 1542 ju Derlegen, ald bennoc^ nt^^t überjeugenb na^^jutoeifen.) 3)ad @im
leben in bie ^etmifd^en Krt^lic^en SSer^ältntffe fiel bem emftgeftnnten, ftttenftrengen jungen go
SoSfi ^ei^id^ fd^toer; ein toeitered äluffteigen auf ber Stufenleiter tird^lid^er SBürben
bnnte femer 9iatur leine @rleic^terung bieten, ^a^u !amen bie gen)altig aufregenben
3ciletci0mf(e, in beren Strubel unfer Sadti für ein D^ar Igal^re toibertoilltg l^ineinge^ogen
tombc ^ Lasdana teilen ben reichen ^unb an Briefen mit, bie geigen, in tote ^ol^em
Sfobe £aMi au& Siebe j|u feinem 93ruber ^teron^mud, in jenen ^agen einer ber l^erDor» 66
toaenbßen Staatdmonnet, in bie )}olittf(^en SQSinen jumal am ^ofe 3a)}ol^ad einzugreifen
jiqf gcnotut fo^. ®ad toar für bie l^ö^ere r5mifd^e ©eiftltd^teit tein ungetool^nted, mit
t^ fitc^lu^ Stellung ald unDereinbar ge^altened X^un. ^a}u lam in ber l^adtifc^en
%miUie toie ein (Srbgut eine ^olitifd^e älber, bie ju Derfd^iebenen '])lalen auc^ bei unferem
Sotfi fü^ geltenb mochte. S)a^ er toegen feinet eifrigen Eintretend für bie angetafteten eo
294 SadK
Siedete feinet Sruberd \>on ^(ü)olba bte „Btaai^\an^" emed Sifd^ofed Don 93ed))rfan m
Ungarn erl^telt, l^ot toeber Itrd^Itd^ nod) )3olittf(l^ trgenb toelc^e S^eutung. 2)ec $at)fl am
erlannte bie t)on ^^^^^^ ernannten 93tf^&fe nic^t; nid^t einmal bie @mtünfte bÄ 9td<
tumd lamen Sa^K ju gute. Sie foQten geh)if[erma^en eine ßntfd^bigung für bie l^ol^
5 Summen fein, toeldpe 3^oI^ bem fo fd^nöbe )oon il^m bel^anbe(ten trüber SaSR» \6JuU
bete, ^on biefen (Sinrünften fal^ feiner ber beiben 93rüber ettoad. @o berging ein 3«^
}el^nt unb me^r in aufreibenber 3^^^ung, in erfolglofen Semül^ungen auf tixdjlxifm
©ebtete. 9(uc^ ber reid^e ^nb bon Saditbriefen av^ biefer ^üt lä^t und im @tid^,
Schritt für @4^ritt bie innere @ntn>i(lelung }u berfolgen, bid ed enblid^ ju einem ents
10 fc^iebenen 9ru4 mit ber römifd^en jlird^e, jur Stieberlegung ber lirc^Kc^en ^mter unb
toeiter jum SSerlaffen bed SSaterlanbed lam.
^er um feinet et)angelifc^en ©laubend toiUen eine glämenbe SebendfteQtmg unb auidf
fein 3$aterlanb brangegeben, tritt junäd^ft in unferen ©eftd^tdfreid in Sötpen, too er in
ben abfeitd gelegenen, ftiUen Greifen lebte, aud ioel^^en bie erften S3lut}eugen ber dränge»
16 lifd^en Sirene in ben Stieberlanben l^ert)orgingen. 93on ba ftebelte S. naq @mben über,
too i^n bie Stegentin bed £anbed, ©räfin ^nna, bat, bieSeitung oder Jtirc^en bedSonbed
ju übemel^men. ^em britten brängenben Stuf glaubte er leinen SBiberftonb me^ ent»
gegenfe^en ju bürfen (1542). 3)ie paar Igal^^re ber g^nlftung in tiefer 3urüdFge)ogen^
Ratten S. in feiner ebangelifd^en Überzeugung }um SRanne au^ereift; bon i^ bcfmt, in
20 t^rem ^ienfte l^at er feine l^o^e @abe bed nird^enregimentd mit ber itraft eined Stefor«
matord aldbalb in ber feiner £eitung ant)ertrauten iRirc^e na^! j/mA Seiten l^in behmbet:
in ber einen $anb bad @c^h)ert, entfd^ieben unb feft bad nod^ Dor^nbene römifc^ Um
tiefen }u entfernen unb ben fic^ l^eranbrängenben feltiererifd^en Umtrieben }u begegnen;
in ber anberen ^aii^ bie fieDe, bie feiner Seitung anbertraute, einer feften Drbmmg nix^
25 entbel^renbe Jtirc^e rein unb lauter auf bem ®runbe bed (Sbangeliumd oufjuerbouen. 2.
I^at ber oftfrieftfd^en Jtirc^e unb il^en ©emeinben ein auc^ in ber ftirc^ennud^t fo fe^
gefügte^, bamold im ebangelifc^en 3!)eutfc^lanb fo eigengearteted ®e))röge aufgebrüdrt, ba|
lange ^t\t l^inburc^ ^edlanb aU norbifd^ed ®enf ge))riefen tourbe, baft fdbfi btd auf ben
l^eutigen Sag bie legten Spuren biefed ebangelifd^en ©epräged bortguumbe nid^t DcrtDifc^
80 ftnb. ^n ber Xl^at eine ref ormatorifd^e Seiftung, unberlennbar aud ber 9tad|ffo(ge 6at
bind unb bennod^ mit felbftftänbigen, Dorjügli^! ben befonberen Sanbedberl^ltniffen ange>
paßten 3^9^^ ^^^^ ^^t gerabe in unferen 3^agen aufmerifam geprüft unb atui^ berütf*
fic^tigt ju ioerben. äluc^ auf einzelne 9lac^bargebiete ging bon bem, toadSadli in@mbcn
gefc^affen, fegendreid^e SQSirlung aud, nad^ SBefel l^in unb bon ba bem 9l^ein entlang
86 |o(^ l^tnauf bid nac^ $eibelberg l^in. S)er Jtenner toirb mand^e l^eutige £ebendäu|erung
in ber ebangeltf^^en Jtird^e ber St^einlanbe auf Slnregungen unb Sinflüj^e ber bamoligen
jlir^^e ^edlanbd jurü^i^ren. Seicht tourbe fi. bie SSrbeit nid^t gemad^t, toeber bon ben
„SBeltlinbem'', bie fic^ in il^rem Sebendgenug aufgeftört fallen, nod^ aud^ bon einer fU^
immer l^cftiger unb tro^iger geltenb mad^enben lut^erifd^en ®egenftr5mung. S. fomite
40 um bed ©etoiffend toiQen toeber bon ben einen nod(^ ben anberen fu^ tttixA bon bem
abbingen laffen, toai er atö bie 3Bal^rl^eit bed Sbangeliumd erlannt unb in bem ®Iaubcn
„an bie ©emeinbe ber ^Älx^m" treu m koal^ren ftd^ berpflid^itet füllte. @^er fein Wxd
nicberlegen, ald ben fjorberungen -bed Slmted, für i^n gorberungen feined ^erm
etn>ad aud nachgiebiger 3Renfc^enfurc^t )u bergeben. @r ^t in ber %fyii einmal für
46 3eit (1546) ben ßirtenftab eined ©uperintenbenten ber friefifc^en Äird^e ni^ergele^
i^n erft toieber aufgenommen, ald il^m btc Slegierung jufic^erte, ber bon i^m aufgehellten
Jtirc^enorbnung fid^ ju fügen. (Sin paar ^al^re fpöter (1548) l^at bem glaubenifiU^en,
unbeugfamen ^ann bad berl^ängnidbolle ,;^nterim'' ftatt bed $irtenftabed ben SBonb^iittb
in bie $anb gebrüdEt. S. toar ber latferli^en SSergetoaltigung bed ^erimd gegenüber
60 bon ber gleichen ©efinnung befeelt, koie 3Jlartgraf 2lo^ann bon Sranbenburg, ber feine
Unterfc^rift mit ben glaubendftarfen SUorten berioeigertc: „lieber Seil ci^ %^, lieber
Slut als 3^inte." gür 2. toar in ben un^olben 2:agen bed Snterimd lein SIetben me^
in ^edlanb. 3lad^ einem mel^rmonatigen Urlaub ^unöc^ft (1548—49) ftebelte er noc^
Snglanb über, tool^l in ber Hoffnung, ba^ bie jlraft bed !^nterimd über lur) ober long
66 gebrochen fein toerbe; benn toeber l^at i^n bie ©räfin bed 3)ienfted entlaffen, nc^ <mcf
|at er fclbft förmlid^ fein ämt in ber Äirc^e ^edlanbd niebergelegt.
92ic^t ald ein ^embling ben lird^lic^en Jtreifen unb nid^t jum erftenmal traf S. im
3Hai 1550 in ©nglanb ein. 3lad) bem SEobe §einri(^ VIII. (1547), toäl^b ber ^eit
ber Unmünbigteit bed Xl^ronerben (Sbuarb VI., lag bie ^auptgetoalt in ber ^anb M
60 3um Sorb^^roteltor bed Steid^ ertocil^flten Ol^eimd bed 5tdntgd, bed ^erjogd bon Somesfet,
SodK 296
unb in ber bed $rimad ber fitrd^e Don @nglanb, be$ (Srjbifd^ofd Sranmet; ber bie SRid^te
Oftonbnö gel^atet Seibe 3Ränner ftcmben entfc^ieben auf fetten ber Slefonnation unb
mm mu^ entfd^ieben, ü^ offnen, freien ßudong imSonbe unb in berJtirc^e ju t)erf4!affen.
(Sranmer erbot ftd^ ffir feine 9teform))Iäne ben 93eitat l^ert)0Tra9enber Jtirc^enmänner in
2)eutf(^lanb ; )u bm gdobenen (Säften gehörte in erfter £inte £., ber bolb im en« 6
bifc^oflic^ Sombet^sSc^lo^; mit Sranmer auf bem t^ertrauteften unb liebet)oQften ^fe
ßanb. @(^on nac^ lurjer RÄt mad^te fid^ ber bebeutfame (Sinflu^ be^ {raftt)oIIen S. auf
(Sromner unb bobtm^ mittobar auf bie et)angelif(^e 9(u^eftaltunQ ber Jtird^e t)on @ngs
lonb geltenb. Salb nac^ feiner 9(breife fagte ber berül^mte ^5^99 fiatimer in einer bor
bem jungen frommen Jtönig gel^altenen ^räigt: ,,^6) toünfd^te, ba^ 3Ränner toie Sa^Kio
in unferem fionbe toören; bad Sanb toürbe gebei^en, toemt ed fie fef[elte. ^er Jtönig
foDte feine @^e barein fe^en, fol^^e SRänner aufgunei^en unb toarm in l^alten/' S)em
SBunfcpe feinet $rebigerd toiSfuI^ ber Jtöntg unb toanbte fic^ n>egen ttberlaf[ung an ben
Jtenig Don $oIen. 9QiS erbetene^ älrbeit^felb n>urben £. fämtUd^e ^roteftanten frember
3unge, bie ba unb bort bal^eim um il^ed (Slaubend toiUen t)erfoIgt in Sonbon eine ge« i5
ra^e Verberge gefunben, jugetoiefen, um ald i^r Superintenbent fle ju einem feften
Kn^Iic^ Serbanbe jufammenjufügen. ^ie 9(ufgabe ftanb an Umfang ber in ^^e^lanb
gefönten noc^, aber ni6t an @4!toierigIeit ber Söfung. @d^on utoei 3Ronate nad^ 2ä
Sbibmft tmtrben burd^ königlichen Srlog bie ^eutfd^en unb anbere ^emblinge ald eine
felb^anbMe, t)on bem 9legimente ber Atrd^e t)on (Snglanb unabhängige (Semeinbe anerlannt; ao
an i^ @1pi^e S. ald @u))erintet^ent; i^m jur Seite bier ©eiftlic^e nac^ ben Derfc^iebe^
nen ^mu^Iic^en 3^^g^ ^^ ©emeinbe. 9(uc^ eine Sirene tourbe bem @u))erintenbenten für
fein ija orbnenbed ©emeintoefen atö (Sigentum jugeioiefen. 3Rit betounberndtoertem, nun
001^^ bereite o^robtem ®efd^i^ legte £. $anb an ba^ äBerl. Seine f^embling^emeinbe l^atte
fid^ afö eine 93elenntni^emeinbe anjufel^en. S. fteUte ein Setenntnid (Confessio Lon- 26
dinensis) auf, in toel^er ed galt einen ftarten Samm toiber [id) ge(tenb mad^enbe
fdtttercnfi^ Strömungen unter ben %remblingen aufzurichten, unb ba$ jeber bei feiner
Shifno^e )u unterjeid^nen l^atte. £ie belannte fiel^e foDte Dertieft toerben, einmal burd^
ftü^jeitige unb jal^relange llntertoeifung ber gugenb in bem in @mben bereite auf«
aefUDtcn Jtoted^tdmu^, ber auf ben ^eibelberger Jtatec^idmud nic^t o^ne Sintoirlung so
Uteb, unb bann burc^ bie umfangreic^fte, ^öc^ft bebeutfame Schrift über bie Salramente
(brevis et dilucida de sacramentis ecclesiae Christi tractatio), bie aud ber ,;$ro«
jpfftöt" ^ext>orgegangen, biefer Dortrefflid^en Sinric^tung \>on regelmäßigen 93ibelbef^rec^ungen,
in iodc^en iebed ®emeinbeglieb 3^^M ober Sebenlen in ber Sc^riftau^legung vorbringen
tonnte unb t>on ben ©eifUic^^en unb aud^ ben jlirc^enälteften belehrt unb beri^^tigt tourDe. 86
SBte Sobrni feine Institutio bem jlönig t)on ^anlrei^! getoibmet, fo 2. biefe feine Safra«
mcnidU^, bie entfc^eibung^oDen Einfluß auf bie englifc^e Jlird^e ausübte, bem jlönige
inm Sn0lanb. 9(uf folc^er Unterlage baute nun £. feine ©emeinbe auf; ein muftergU>
ti^er 93mi, ben bie und nod^ erl^altene, mitten unter ben älnfed^tungen unb SSerfolgungen
femer auA Snglonb Vertriebenen ©emeinbe niebergefd^riebene Forma ac ratio eingel^enb lo
barpcOt, tDO^I eine ber bebeutfamften 9leformationd{d^riften, bie gerabe in unferen ^gen
neu ediKU^ten ©emeinbelebeniS ganj befonbere 93ead^tung berbient. S)ie größere Seben^
(cfc^retbung 1^ bad loflbare Suc^ einge^enb berüdfftc^ttgt (S. 376—410). So müf[en
tmr eboifote in biefem htrjen Slbriß — leiber — unter $inn>eid auf bad 93uc^ an ber
nof^^oltigen Sintoirnmg £.d auf bie ©eftaltung ber ftird^e von (Snglanb, auf bie t)olitif4!^ «6
Xfiöti^eit, bie er im 3>^teref[e ber evangelifd^en fiird^e in S)eutf4!lanb am englif^^en ^of
pi treiben veranlag n>urbe, Vorübergel^en, um nur noc^ ju ertoä^nen, baß mit bem frül^«
K^igen 2^be @buarbd VI. (1553) bad ganje gefegnete SBert jufammenbrac^. S)ie /^blutige
sRona'^ (öjle bie J^rembling^emeinbe auf; i^re Slieber mußten beim anl^ebenben SBinter
hm untmrtlij^ geworbenen Soben verlaffen. @ine edd^üttembe grrfa^rt bricht bamtt für 60
bie armen ^uUptlinge an; il^r Seric^t ift eind ber fcpmer^lic^ften 93lätter bed fic^ erl^eben«
ben ^oberaeifted unter ben Söl^nen ber Sieformation, )}einlid(^er noc^ }u lefen, aU toa^
bod rdmif($e Stegiment ber blutigen Wloxxa ben SSerbannten anget^an, verl^ängnidVoQer
nodf für ben ^or^ang ber Sieformation, n>eil biefer Itampf ber einen toiber bie anberen
unter ben etKin^elipen Steligion^ertoanbten ber ftc^ aDüberaQ regenben ©egenreformation 66
t^ortrefflid^ in bte ^anb arbeitete. Selbft in @mben fanb £. leine ^eimijc^e Stätte ber
9BtrIfamIeit mel^. @r ^og nad^ ^antfurt am 3Jlain, n>o ein %nl ber ^lüdptling^emeinbe
Sufnol^e gefunben, aldbalb auc^ ba in l^ervorragenber äBeife bemüht, bad traurige 2o^
ba ^c^tlmge bid nad^ Safel ^in ju linbem, bad Selenntnid feiner ©lauben^enoffen
toie t^ren Sted^tdbeftanb innerl^^olb ber 9{ef ormationdÜrd^e )u toa^ren unb atö $ro^](^et unb eo
296 Sadft
$erolb einer flöteten befferen 3^ Jut Stntrac^t ber Srüber oud bem gleid^en ^oufe gegem
über bem gemeinfamen ©egner, ber römifd^en jttrd^e, )u mahnen, ^etlt^l bomald tKtQAl\d) !
3la(if ^al^re^frift feit fetner älnlunft in ^anlfurt tarnen bie ebenfo lange ertporteten
n>ie erfel^nten Sriefe axi^ $olen; bie il^n bringenb gurüdriefen unb gugleic^ melbeten, bog
5 ber i^m n>ol^Igeneigte jlöntg feine SRücRel^ nid^t berl^inbem n>erbe. @nbe ^ejembei
1556 traf £. in ber alten ^^mat tpieber ein, bereit, feine (e^te, fd^ier aufgebrauchte
Seben^fraft in ben 3)ienft ber ebangetifc^ Jlird^e feinet SSaterlanbed ju fteQen. ^e Sie»
formation f)(üti in ben 18 ^al^en feiner Slbtpefen^eit ftarie ^ortfd^ritte unter bem Sbd
holend gemacht; bie SJlei^rjal^l ber Sleic^at^mitglieber unb bon i^nenbie l^ert)orragenbfien
lotparen i^ offen beigetreten. 3Rtfyc \ük einmal fc^ien ed, old ob ber Jlönig felbfi
ben legten entfc^eibenben Schritt mm 9lnfd^(u^ an bie etHingelifc^e ffird^ t|^un tooDe.
SSerl^ängnidDoD für ben ^^ortgang ber Steformation toar ba$ ^len eined (röft^en, felb^
ftönbigen Sürger^ unb aud^ ^auemftanbe^ in $olen ; bie n>iUenIofen porigen tooren t)önig
in ber §anb i^irer §erm, fc^lofjen ftd^ ungefragt i^nen an, ate biefe ber Scef ormation bei«
15 traten, folgten il^nen bann n>ieber ebenfo ungefragt unb unfelbftftönbig, ald biefelbcn ber
SSergetoaltigung ber ©egenreformation erlagen. 9[ud me^ toie einem ©runbe l^e ber
bon @enf au^el(^enbe (Sinflu^ befonberd in Jtlein)}olen, bem ^er)))tmlt bed Sonbed, unb
in Sitauen ben t>on SBtttenberg überholt; gumal in gemeinbebilbenber, fir(^enregimentlid[fei
Sejie^ung tam er ^en eigengearteten SSer^oltniffen in $olen beffer entgegen. (Sabine
ao ©laubendlebre tourbe t)on ben abltgen ^milien bed Sanbed, ben 3Rännem fotoo^l toie
^auen, eifrig gelefen, totOig angenommen, älber e^ gebrad^ biefen Stnmgelif^len an
einem ^ert)orragenben Il^eologen unb geiftli^en Serater, ber felber ein 2anbe«!tnb unb
ben einzelnen abiigen ^^rem ebenbürtig bie noc^ ungeorbneten, auf lein reformatorifc^
Sefenntni^ fid^ grünbenben ©emeintoefen mit ftarter, jielbetou^ter ^onb )u leiten im
26 ftanbe getoefen toäre. S)ie toie bon ®ott gegebene, berufenfte ^erfönli^Ieit, unfer 2., toor
nod^ in bie ^embe gebannt. 3)te im Sanbe toeitberbreiteten bö^mifc^en Srüber boten
@rfa$: fie l^atten ein Sefenntnid, feftgefügte ©emeinbeorbnung, eine emft gel^bl^te
jlird^enju^^t. 93ei ber immer fül^Ibarer fu^ geltenb mac^enben 9lotlage lam auf einer ae>
meinfam befd^idten S^nobe gu Jto}minet 1555 eine SSereinigung }u ftanbe, in tDelc^er
80 bie @))angelifc^en Jtlein))olend ba$ Setenntni^, bie ^ir^enorbnung, h<a ganje itin^
toefen ber bdj^mifc^en 93rüber annal^men, mit il^nen fup t)ereinigten. ^od ^afyc hm
auf traf £. in $olen ein. @r ertannte aldbalb, ba^ bie SSereinigtmg übereilt gefc^ei^
unb ba« 93anb gelocfert toerben muffe. 3)a« Selenntni« enthielt in feiner teiltoeife un«
beftimmten ^ffung gar manchen fragtoürbigen $untt : in berDrbnung bed ©emeintoefend
86 toaren römif^^e Überrefte, bie für eine rein ebangelifd^e ©emeinbe tmpaltbar ; aU bdktiU
lic^fter $unft mu^te bem er))robten fftrc^enmann unb $olen erfc^einen, ba^ bie obcc^
Seitung ber et)angelifc^en j^ird^e Jllein^olen^ fortan au^er fianbed liegen toürbe. äßod 2.
t)orfanb, toar teine Union, t)telme^r ein t)erfu4!ted älufgel^en ber ebangelifc^en Jtirdj^ $olen8
in bie benn boc^ fremblänbifc^e SBrüberunitöt. Dem beugte 2. mit feper ßonb t)or unb
40 machte ftc^ mit bem Slufgebot feiner lej^ten, fc^toinbenben jlraft, bie ftd^ in %nedlanb unb
2onbon fo glän^enb betoäl^rt, baran, bie et?angelif4>e Äirc^e feine« engeren SBaterlonbed in
fefter, f^nobalcr Orbnung felbftftänbig au^jugcftalten unb ate eine Äir^^e ber Steformotion
mac^tt)oD ber römifd^en Jttrd^e im 2anbe gegenüber ju fteQen. 2. tann nid^t (d& 9tefor»
mator ^olend bejetc^net toerben, bafür ift er auc^ }u \pät in bie et)angelifd^e Strömung bed
45 2anbe« eingetreten : aber er l^at mit reformatorif^em ©efc^icf bie noc^ ungeorbneten, teit
toeife verfahrenen Itr^^ltd^en Ser^öltniffe in fefte, e^t et)angeltfd^e Salinen geleitet 2)eft finb
bie nun in ben Lasciana mitgeteilten S^nobal-^rotoIoDe überjeugenber Seleg. 3W^
aber aud^ ber unüberftetgltc^en @(^toterigfeiten, mit benen er bi« jule^t nad^ jtoei Seilen
l^in ^u föm)}fen i)atU, einmal ben i^n bt« in bie Slrbeit feiner $eimat{ird^e Derfolgenben
60 Eingriffen ber i^m feinbfeltg gefmnten Partei innerl^alb ber 9lef ormationdtirc^e gu begegnen,
bie nid^t mübe tourbe, alle feine aufreibenben 93erfuc^e ju burc^treujen, um bie @t>ang^
lifc^cn ©robotend unb ^reu^en« )u einträchtigem Sorgel^en toiber ben fid^ eben oufra^oi*
ben gemeinfamen römifd^en ©cgner im Sanbe ^u t)eranlaffen. 3)ann aber mit aller 6nt»
fdl^iebenl^eit miber bie ftd^ im 2anbe t)erbreitcnben Unitarier anjuge^en unb ü^nen bo«
66 beanft)ruc^te unb auc^ angemaßte ^eimatrec^t in ber et>angelifd^en Jtird^e ftreitig )u mac^
@o lange er noc^ lebte, ^at er mtt ftarter, unerbittlicher ^^ft biefe Seite in inetn))o(en
nieberge|alten. @d toar ein fc^toerer, für $olen unerfe^lic^er SSerluft, ald mitten in fob^
arbeit 2. in 5pincjoto am 8. S^nuar 1560 mit ben ©orten „9Jlein ßen unb mein
©Ott" „aud biefem forgenfc^toeren Seben in bie l^immlifd^e §eimat überftebelte", toie fein
60 ^eunb S^lt)iu« in ber 2eid^enrcbe fein Sterben umfc^reibt. D. ^alt^n.
Sotean Sattmcr 297
Saiiün, Sntfe f. b. äl. Stigmatifation.
£atrintf4e 8ttelftberff^nngen f. 93b III @. 24—58.
SatcnrnfUttobeit : 1. t)on 1123 f. b. 3(. (Solist II. S3b III @. 642, soff. 3)ie 9e^
fc^Iüffe MG CI I e. 574 5Rr. 401. — 2. bon 1139 f. b. a. ^nnoccnj II. 8b IX
S. 111, 16 ff. 3)ic »cfc^Iüffe Mansi XXI ©. 525 f. — 3. bon 1179 f. b. Sl. aiejam 6
bcr III. »b I e. 343,6off. ^ie »cfc^Iüjfe Mansi XXII ©. 210ff. — 4. t>on 1215
f. b. a. gnnocenj IIL »b IX ©. 120, 52 ff. 3)ic »efc^Iüffc Mansi XXII ©. 953 ff.—
5. bon 1512—1517 f. bie ärt. Suliu« II. 93b IX ©. 624,i8ff. unb 2co X. alten
Hardouin Conc. Coli. 95b IX ©.1570 ff. Labbei etCossart. coli, concil. 93b XIV.
Satintr, $ugl^, gefL 1555. — iGotimerd ^erfe, herausgegeben x>on &. (S. (Sorrie. 10
28be, (Sambribge 1844 f.; $rebi(tten mit fieben^brig ed. 9)ernf)er 1570 unb ^othnd 1824.
Parker Society 1844. (£ine ^udmol)! l^erauSgeg. üon ber Eel. Tract See. 16gl. gfojer
3lartyrologiiim ; Stt^pe, Memorialfl III. ; 3)cmQu8, Life of H.Latimer, 1869, 2. 31ufl. 1881 ;
Dictionaiy of National Biographie IBb 32 ^rt. D. 3. (S^airbner.
$ug^ Sottmer, geboten um^ ^al^r 1480 }u Xl^urcafton in Seicefterfl^ire, unb in bem 15
Christ's College in Sambribge gebilbet, trat guerft al^ ](^eftiaer ©egnet ber Steformotion
auf. 2)te „neue £e^'', bie ©taforb bortrug, empörte i^n fo, ba| er Demfelben nid^t
nur m& ®efu^t toVb^pxaä^, fonbem aud^ feine ©c^üIer mit SBort unb ©etoolt )u ent«
)ie^ Juckte. @r gelvann bo^ 93accalaureat ber Xl^eologie burc^ eine fcborfe 3)id)>utation
gegen Stelonc^t^ond Sd^re. 2^. 93i(nel;, ber uigegen toar, fal^ tool^I, bo^ Satimer ed el^rlid^ 20
meinte, fuc^ ü^n auf unb bat i^n, feine Seichte angulören. S)iefe mad^te einen folc^en
(Einbnidt auf Sotimer, ba^ er ftd^ bem @t>angelium gutoanbte, t>\d mit 93i(ne^ auf bem
Jidfc^ü^A" jufammenlam unb mit il^m Aran!e unb ©efangene befuc^te. 3Rit gleichem
(Sifct nne früher flir ho& ^a))fttum trat er jej^t gegen ba^felbe auf. ®ro^ed auffeilen
emgten feine „ilarten))rebigten'', bie er an Sßei^naq^ten 1529 l(^ielt. 93on ber böfen ®e- 26
too^n^, bie ^^^ mit Jtartenf)}ielen )u Derbringen, na^ er na^ bem ©efc^macfe ber
S/dt anbt^, (fynfdxd^ Jtarten audjugeben, loobei $er) Xrum))f fein foQte. ©c^on in
btefen $rAigten [teilte er bie Se^re t)on ber gän}(ic^en Serborben^eit bed SRenfc^en unb
ber Sridfung burc^ ben 2;ob S^rifti auf, beläm)>fte bie ®ott(ofig!eit ber ^[nbulgenjen
unb bie Unfic^l^ ber 3^rabition unb geigte bie 9{ottoenbig!eit ber 93ibelüberfe$ung. ao
Dr. Suden^amd „Sl^rifltagdtoürfel'' toar eine fc^^lvad^e Sntgegnung. fiatimer brachte
t^ burc^ ferne toit^ige tmb berbe @rtüiberung auf immer }um ©c^toeigen. ©eine ®eaner
bKmbten fic^ nun an ben 93ifcbof t)on db), Dr. SBeft, ber i^m bad ^rebigen in ber^tö«
ceje iKibot SUIein ber auguftiner $rior 93ame3, beffen Älofter ejemj)t toar, öffnete il^m
ferne Kxift. Sine gro^e SJcenge lam nun bortl^in, um il^n }u ^ören, barunter auc^ ber 86
Sifcbof t>im @Ü). 5Die $a))iften af)peaierten an SBoIfeV, ber bedl^alb einen ®eri(^td^of in
^m ^ielt, ober mit Satimer, toeld^er nid^t blo^ ftc^ felbft n>o^l t)erteibigte, fonbem auc^
feinen Stiftern il^re ®eta>ä]^mdnner citieren l)all fo gufrieben loar, ba^ er il^m bie (Sr^
laubntd gab, überaO in Sngtanb gu ))rebigen. ^m ^a!f)xt 1580 bi^t er Dor bem Jlönige
bie ^ofmitnrebigten, Ivoburc^ er yvS) beffen gro|e ®unft txtoaxh ; balb barauf belam er 40
bie $fairet SBeWington in Sßiltf^ire. ©eine rcformatorif^^en ^rebigten riefen in feiner
Pfarrei p)^ Xufregung ^ert)or. @r tourbe nac^ Bonbon citiert, mit 93ann bebro^t
imb entona ba ©träfe nur auf ®runb ni^^t gang Karer Srllärungen bur^ be^ Aönia^
3)a)tmfMibmft, ber an bem unerfd^rodenen mann unb begabten Siebner feine ^l^euoe
^atte. Sbif SiDonmerd @m))fe^Iung tourbe er Raiplan ber ^nna 93oIen unb 1535 Sifd^of 45
twn Sßorccfler, too er bie ©ad^e ber Sieformation eifrig förberte. 3lber nac^ t)ier ^af)xtn
legte er fein imt nieber, toei( er bie fec^ „93IutartiteI'' ni^^t unterzeichnen tooQte. @r
lebte nun in fKQer 3u^d^e)O0en^eit, bid ein UnfaD il^n nötigte, ^xl^^ bei einem 2on=
boner Xrjt )u fu(^ ®arbmerd ©pione fanben il^n auf. @r tourbe n>egen äStber»
ftonbed gegen bie fed^ Srtilel in ben Xotoer gefül^^rt, too er bid gu @bn)arbd 'Xl)xon^ 60
bepetgung bReb.
SMe (Stnlabung, in fein 93idtum gurüdfgule^ren, lel^nte er ab unb fdblug feinen
ffio^ftf) in bem ergbif^^öflic^en $alafte auf. $ier eröffnete ftc^ i^m ein grofie^^lb ber
Z^fitijäeii Sr toar Sranmerd 93erater unb l^alf ibm bei älbfaffung bed ^omilienbud^^.
SDcn Xrmen toor er ein SSater, ben 93ebrängten ein 93efc^ü6er unb für aOe ungered^t 55
(Berichtete ein toormer $ürf)}red^. ^n einer ^^it, too bod 9led^t auf bad äSiOtürlic^fte
298 Satimer Sotititktttarier
ge^nb^abt tpurbe, lann ed nic^t l^ixl^ genug angefc^Iagen n>erben, bog ed toemgftend
einen Ott gab, tpo bie Jtlagen gel^ört tperben mu^en, unb einen 3Rann, ber ed tDOote,
ol^ne älnfel^en ber ^erfon ©etDaltt^ätigleit unb Habgier ju jüd^tigen unb bie @ac^ oet
Unterbrücften }u filieren. Satimer^ ^anjel toax ber l^o^e Slic^tftu^l, bor ben bie dttä^üs
5 Verlegungen unb gel^eimen 93ebrüc!ungen gejogen tDurben fo gut tpie bie @ünben unb
Unfttten ber Reit. 3Rit ber ®eige( be^ @^otted unb bem ©d^tpert bed ©eifted )ü(^ttgte
er bie ungere^ten Slic^ter unb bie ,;t)rebigfaulen^' Prälaten, ^^rannei unb Stufru^ bep
bammte er gleichermaßen. 3Jl\i übenaf^^enber @etpanbt^ett ttmßte er ben etHingeßfc^
^e£t auf bie öffentlichen ßuftänbe tDie auf bad ^ribatleNh anjuivenben. ^ie Serle^
10 l^eit bed $a)}fttumd tonnte niemonb fo an ben oranger fteOen, toie er. 2)ie et>angdif(^
SBal^r^eit toußte er and) bem Ungebilbetften na^e }u bringen. Seine $rebigten unter»
l^ielten, inbem fte belel^^rten. @r fonnte 2—3 @tunben fortfsrebigen, o^e bie $öter ju
ermüben. 3)er ^nj^alt feiner ^rebigten tpar burd^aud ebangelifc^. @r fd^öpfte unmittelbar
aud ber 1^1. ©c^rift unb banb fic^ an lein Softem. $ie ebongeltfd^en ®ntnble^
16 ftanben t^m fd^on frül^e feft. 9iur in ber älbenbma^ldle^re tpurbe er erft f))äter (1548)
burd^ Sranmer auf ben calbiniftifd^en @tanbt)unlt gefü^; bagegen berhoorf er bie ^rö«
beftinationdlel^re unb bd^axüpuU bie Sltlgemeinl^eit ber @rl5fung. ®r ))rebigte fe^ bid in
SbtDarbd ^^\t, gen>öl^nlic^ jeben @onntag jitueimal, teil^ bor bem Jtönige, teiliS an anbeten
Orten. Unb gen>iß ^at Seiner ber Sieformation fo ben Eingang in bie $er}en b<r>
ao fd^afft, aU ber bolföbeliebte Satimer. 9htr ju frü^ tpurbe feiner fegendreic^en X^otigteit
burd^ SRariad Xl^ronbefteigung ein 3^^ defekt. @r n>ar eben auf einer ^rebtgttetfe bei
SobenttV, o,U et bot ben ©ebeimtat gelaben tputbe. ®t tonnte fliegen, obet et tooOte
nid^t 911$ et auf feinet 9tüdEteife übet @mit^fielb lam, fagte et: „Diefer $la| ^
lange na^ mit gefeufj^.'' 9lm 13. @e))tembet 1553 n>utbe et in ben %otott abgeffi^,
25 n>o et mit Stanmet, Stible^ unb Stabfotb in ein Ri^"^^ I^^- .3"! 3Jlät) 1554 tmnbe
et mit ben beiben etften na^! Oifotb gebtad^t. iJ^ad^bem fte bie Untetfo^tift bon btd
ftteng tatl^olifd^en 9(ttiteln übet bad älbenbma^l bettoeigett, toutben fte einzeln bet^dtt,
Satimet am 18. Slptil. 3)et n>ütbige ®teid etfd^ien im ©efangenende^ mit einet tx>et|en
untet bem Kinn gebunbenen SRü^e, bad neue Xeftament untet bem Xtme, auf feinen
80 @tab gelel^nt. Qux Setteibigung aufgef otbett, fagte et : „^i^ tarnt nid^t bi^utieten. 34
toiQ meinen ©tauben betennen unb bann mögt i^t tl^un ganj toie ibt tooQt'' @t )og ein
S3latt i^etau^, bad man i^n abet nic^t lefen lie|. 9Qd bet ^tolotutot mit ^ogen auf
i^n einftütmte, ettlärte er, baß er nur au^ ber 1^1. Schrift anth)orten tooDe. 3lad^ fafi
anbertj^albjäl^^riger toeiterer ^a\i tourben Satimer unb Stible^ am 1. Oltober 1555 toi^
86 t)orgelaben unb jum Xobe Verurteilt, ^er 16. Ottober toar ber Xag ber Einrichtung.
93eibe toutben mit betreiben Jlette an ben Sd^eitetl^aufen gebunben. 9Qd ein angejftnbeter
SReiftgbünbet an SRiblei« S?üße gelegt toutbe, ttöftete i^n Satimet mit ben Sotten: ,,Seib
guted 3flutö, ^Reiftet 9{ible^, unb jeigt @uc^ aU 3Ram\ 3ä\x tooOen l^eute mit ©otte«
§ilfe in ©nglanb ein Sic^t anjünben, bag nimmetmel^ betlöfd^en toitb." Sotimet gab
40 in toenig 9(ugenblicten ben ©eift auf, ipöl^tenb Slibl^ unfäglid^e 3Jlattetn ju (eiben l^äit,
„^\t flammen, bie fte umj^üHten, toaten ü^ S^tenrleib, unb bet ^oljftoß bet Sitiuin^^
Jvagen, auf bem fie ien ^immel, füllten."
SQSa^i^eitdftnn, 9te^tltc^tett, Übetjeugung^tteue unb Unetfd^octenl^t ftnb bie ^eibot*
ftec^enben 3üge in Satimetd ei^atattet. SRenfd^enfutd^t tannU et nid^t. S^etj unb
46 @igenfu4!t n>aten il^m böDtg ftemb. 93ei bet entfd^iebenften Sln^önglid^teit cat bie etxm^
gelifc^en ©tunblel^ten gab er, h)ie Sranmer, in nic^ttoefentli^^en S)ingen nad^, nm m^
bie Bad)^ ber Sieformatton felbft auf^ @))iel ju fej^en. @r toar nic^t gäel^, nic^t einmal
©riec^if^! berftanb er. 3lber feine 93ibel l^atte er im jlo^f unb ^erjen. Unter ben t>oIb«
tümltdben ^tebigetn in (Snglanb nimmt et eine bet etften Stellen ein. 3lm botf man
50 feine ^etbl^eiten unb 2Bt|e, ba$ oft ©efuc^te unb ©ejtoungene in feinet $r^igtioetfe
nic^t nac^ bem 3Jlaßftab bet @egenn>att beurteilen. d. ®i|0cS f*
Satttnbinarier. — SB. 3. (5oni)beQre, Church parties, beutf* in Oclaet» ^rot. 3Ron.-
®(., %pril 1854. ttgl. auc^ @cf)aff. 3uft. unb $artl)eien ber engl. 8tQat^SHrd)e in ber S)f4.
SeitWr 1856, 9?r. 17 ff.; (Jf)urtün Latitudinarians from 1671 to 1787, fionbon 1861;
g5 3- ivLÜodi, Rational theology and Christian philosophy in England in the Beyenteenth
Century, 2 »be, 2. 5lufl., (Sbinburg 1873.
Satitubinarier ^ie|en bie 3)2önner ber toiffenfc^aftlic^sfreiftnnigen unb titt^fic^abulb*
famen 9li4>tung, bie in bet 5Kitte be« 17. gal^ti^unbert« in Snglanb ouflatn. 3;l^
^ntfte^ung l^ängt mit ben tird^lic^en ©ärungen bed tarolinifc^en 3^i^^^ unb mit bem
Satttttbtnarter 299
tlntfd^tamng ber ^^ofopl^ie gufammen. Sd^on bie bottrineDen Puritaner nal^men eme
t>enntttelnbe Stellung jtptfc^en ben jivei (Sternen ber Saubifc^en @c^ule unb ber fana»
ttfc^ Puritaner ein. W)bot, Sarlton, ^aü u. a. tuaren bie $au))tt)ertreter biefer Slid^«
tung. ^ad ^^erlid^e toat il^en gleid^gtlttg, ^ömmigleit ftanb t^nen ^öi^er afö formen«
toefnt. Sei aDer Slrü^änglid^Ieit an bie @^ifto))aI{irc^e (te^en fte 9(nberdben!enbe getpöl^ren. 6
3n ber Sel^ gelten fte an bem milberen Sabinidmu^ ber 39 ä(rtilel feft. älber ald bie
®ein&^tat gingen fie in bem ^arteifturm unter, ©teic^ bulbfam, aber in ber Seigre
abta>eif^mb tooren 3Jlönner, bie ft>ie $ated, otoo^l ©egner bed Saubifc^en ^oc^tird^en^
tum&, m ber Seigre arminianifd^ tparen, tpte bie Saubianer, ober, tote (S^iQinglDortl^, ba$
S^riflentum auf toenige tiefen tlid^e unb l^au))tföd^ltc^ praltifd^e (Srunblel^ren jurücffül^en lo
tDoDten. 2)te ftttlid^e 9(uffaf[ung be$ Sl^riftentumd mad^te fxd) übttf)avcpi in bem ^ampf
unb rofd^ SBed^fel ber religiöfen Änfld^ten unb ©^fteme immer mel^r geltenb. 9lnberer=
feitd tonnte ftd^ bie Geologie gegen ben (Sinflug ber $l^iIo{o^^ie nidg^t abfd^tie^en. Die
9teugeftaltung ber lederen burd^ Saco unb Sarteftud nötigte aud^ bie Geologie, ü^
®nntblage aufd neue gu t>rüfen unb ftdb mit ber Seiftet unb 9{atur))^iIofoi)^ie n>ie mit is
ber ®ef(9ic^te au^einanberjufe^en. @o lam in Sambribge bie ))latonifierenbe ^l^ilofo^l^ie
unb I^Iogie auf, beren ©rünber 6ubh)ortl^ (f. b. ä. 93b IV ©. 346) unb SWore tooren.
äRomter biefer Slid^tung unb bie (Semö^igten über^au))t tpurben bon ben ufurt)ierenben
®etoatten ber Sleil^e nac^ old ®efmnung«lofe berbäc^tigt, unb toeil fte fid^ in ben eng*
l^igen ©eifk ber 3rit nid^t finben fonnten, „Latitude-men" genannt. 3^^ 3^ ^^ ^
ifltpilbliS toorf man i^nen 9(rminianidmu$ unb ^rölati^mud bor. SUd ober mit ber
StefHauration \xa ^od^ftrc^entum toieber jur $errf^aft lam unb eine 3Raf[e ©eftnnung^-
lofer in bie Jtirc^e ^ineinftrdmte, bie burc^ übergroßen @ifer ^ut }u mad^en fuc^ten, toad
fte an ber 6}>ifIo|oaHtr4e juöor gefünbigt, tourben bie ®emäßigten aU ^Ilo^ale unb Um
fin^Kd^ t>ecbäd^tigt S3er ftd^ bem ^oc^Ürd^entum nic^t beugte nod^ aud^ mit ben, balb 26
(1662) au^geftofeenen, ftrengen ?ßuritanem gegen bagfelbe fön^fte, tourbe al« Satitu*
binarier gAranbmarlt. „S)iefer 9lame," fagt ein Seitgenoffe, „ift ber Strohmann, ben
man, um ettoad )u be!ätn))fen )u j^aben, in Srmangetung eine^ toirflic^en ^inbed auf-
hellt •— ein bequemer SRame, um jeben, bem man übel toill, ja öerunglimljfen." Unb
ba man biefen 9lamen auf Diele übertrug, bie in gar leiner Sejiel^ung gu jener toiffen* so
fc^oftlic^freien unb bulbfamen Sichtung ftanben ober in religiöfer i^infic^t inbifferent
tDoren, fo gaß Satitubinarier balb für gleic^bebeutenb mit ©ociniancr, 3)eift unb Ät^^eift.
SBoÄ nun bte eigentlid^en Satitubinarier betrifft, fo l^ielten fte an ber fiiturgie, bem
SKtu^ tmb ber aSwfaffung ber engli|c^en ®j)iffo})alfirc^e feft. Sine allgemeine Siturgie ift
noc^ t^ Snftdbt nottoenbig gegenüber ben ju fubjeltiben, oft fanatifd^en ®ebeten ber sb
Puritaner, bie bepe Siturgie aber ift bie englifd^e, bie fic^ burd^ feierlichen ®mft unb
tnnmttt)>e ginfalt auöjei^^net. ®ie ©otte^bienftorbnun^ l^ält bie redj>te 3Witte jtoifc^en 9lom
unb ben Ä0itt>entiIeIn. 3)ie ßeremonien ftnb für bie ©rbauung förberlic^. S)ie bifd^öf^
Vtdft Serfaffung ift bie befte unb ed^t o^joftolifd^e, gleidb Jveit entfernt bon ber 3^'*^0'
benMoft be« fc^ottifc^en ?ßre«b^teriani«mug unb ber 2lnard^ie be« ^nbejjenbenti^mu«. io
9itt9 tn ber Sd^e tootten pe an ben Sclenntni^fc^riften ber englifd^en Äir^e feft^alten,
ba Wefe mit ber ^I. ©(^rift im SinHong ftel^en. 4)ie ©c^riftauglegung ber älteften Äird^e,
Wefe« „golbenen Zeitalter«", ift ber Äoml)a|, nad^ bem ftc^ bie Semunft richtet. ®enn
lef^ere tp bie ®rfenntni«quette für bie geoffenbarte unb natürlid^e SReligion, bie beibe in
fc^iynfier Harmonie finb. ®ie ©runble^ren ber toa^ren Sleligion ftnb : 2Bitten«fretl(^cit, 46
aDgemetn^ ber Srlöfung bur^ ben ^ob ei^rifti, SSoOgenüge ber göttlid^ien ®nabe. Unb
bteft finben Singang in ba« ßcrj ber 9Kenjd^en, bei ben einen burc^ ben ©c^riftbetoet«,
bei oitberen btm^ ba« übereinftimmenbe 3^9"^^ ^^ t)rimitiben Äirc^e, bei anberen burd^
t^nfe Semfinftigleii Überall in ber Xl^eologic jeigt e« ftc^, bafe ba« ältefte ba« SSer«
nfinftigjle ifL 92id^t« ip toa^r in ber Xl^eologie, ba« falfd^ ip in ber $^iIofo))l^te, unb go
umgeleprt. SBa« aber ®ott jufammengefügt, fott ber 5Dlenfc^ ni^^t fd^eiben. 2)ie 5Ratur-
ttnnenfdH^en ^en einen ungel^euren §ort|d^ritt gemacht unb bie 5p](^tIofo})^ie unb Il^eo-
logte Knnen nid^t jurüdEbleiben. 3Bal^re 3Btffenfc^aft läßt pc^ ni^t bämmen, fo toenig
oI« ba« ©mtnenn^^t unb bie 3Jleere«n>ogen. ©ie ip ba« befte !Dtittel gegen 9lt^ei«mu«
unb Slbaglauben. Ignbem nun bie Satitubinarier auf ber ^ö^e ber 3S}iffenfd^aft unb ^u- 56
gleich otif bem breiten Soben ber Dulbung Pelzen, pnb pe m ber ^at „SBagen 3«^^^!«
tmb feine Sletter". S)urc^ il^r untabelige« Seben leieren pe bie Äird^e achten, burd^ i^re
Sele^rfornleit tmb ^ätig!eit t)erteibigen pe biejelbe, burc^ tl^re Mäßigung lönnen pe bie
Stff enter geftmmen, burc^äccomobation ba« größtenteil« })rc«b^terianifc^ gcfinnte aSolI in
bie ittxi^ gttrficfbringen, bie fonp eine ®efeD{c^aft t)on ^irten ol^e ^erbe werben n>ürbe. oo
300 Sotititbinarttr Satornn«, 9artl^o(omaud
3&oUk man bie Satihtbinarier oudfto^en, fo tpürbe nur ein ßöufletn bleiben, bad ben
5ßa))iften ober 5ßre^b^terianem jum SRaube toerben mü^te. — @o fc^ilbert ein S^i^^noffe
ben S^ratter unb bie Stellung ber Satitubinarier in ber@<l^rift: „A brief account of
the New Sect of Latitudinarians 1662. @d ift merltoürbig, tpie biefe @(^ule au|er
6 ben ^^ilofo^l^if^^en Slnfd^auungen ber ^Ät nod^ biele Saubifc^e ^been in ftcy aufgenommen
l^at. 3luf einer fo breiten ©runblage toar 9laum für bie Derfd^iebenften Snfic^ten.
3Bä]^enb bei Subtoortl^, SBI^ic^cot; äßort^ington unb SBiltind bie )>l^ilofo))l^tf(l^e Stuffoffung
borl^errfc^te, f^^loffen fi^ 93umet, XiQotfoh, SB^ifton unb @)>encer mel^ an bie jtird^
leiere an. Sur^ (the naket Gospel 1690) ertlärte alle c^ftlid^en Se^en au^er ben
10 gkoei t)on ber 9u^e unb bem ©lauben für unlDefentlid^, unb bedl^b Don gurien (la
Religion du Latitudinaire) angegriffen, berfud^te er t^ergeblic^ in feinem Latitudi-
narius orthodoxus 1697 feine ^ec^tgläubigteit f^u, beiveifen. ^ie Serfuc^e ber iBatitu*
binarier (1689—1699), bie ?ßre^b^terianer unb @})ifIot)alen ^u bereinigen, f erlügen fe^L
^er Satitubinoridmu^ n>urbe ft)äter immer mel^r gum gnbtfferentidmud, unb trat nur
16 t)erein)elt in tl^eologifc^en 3Berten l^erbor. (Srft in ber 3Ritte bed neunjel^nten ^dfu
l^unbertd ift l^au^tfäd^lid(| burd^ ben @influ^ ber beutfc^en Geologie eine ö^ic^e freiere
Sichtung toieber aufgelommen — bie Broad Church Party — old beren Se^rfinber,
unb Sßertreter @. Solertbge unb Xl^omad Slmolb, ^are, ^Batl^lel^, 3Raurice, ftmgdlel;,
Stanley, Son^beare unb ßolenfo )u nennen ftnb. H, &di9ttL f«
20 Sotomnd^ Sartl^olomäu^, tatl^olifd^er i^umanift, aefi 1570. — fi. 9loerf4
Barth. L , le premier professeur d'<^loquence latine au coll^ royal de France, in Bulletin
de TAcadtoie royale de Belgique, 3. s^rie. Tom. XIV 1887, p. 132—176; bcrf. in Bio-
graphie nationale de Belgique, Tom. XI, Brux. 1890/91, @p. 424— 434; %. 3. oon berVa,
Biographisch Woordenboek der Nederlanden XI fHaarlem 1865), 191 ff. (3n blefen ^Irbctten
25 ftnbet man aud) bie öltere fiitteratur uerj^etdjnet.) ^er 9lrti(el üon gf. 3E. ftraud in 9b9
XVIII, 14 giebr nur mieber, tuaS bei ben Q^efc^ic^tfc^reibern beS (Sr^ftiftd $rier 93rou)er, ^ont*
^eimimb a.WarjJRicfttigcg unb Salf^c« über fi. berietet ift. .&. Sdjrciber, ®ef(6. b. «Ibert»
fiubmigS'Uniuerfität ju grciburfl II (1859), @. 194 ff. ©ein ©rief an aRelandjt^on Mm
24. 3uni 1533 ift oon ®. Äaipcrau in @tS? 1902, 140 ff. Dcröffcntlicftt. «Rotigen au» ben
80 gfreiburger UniuerfttätSs^lften, und mitgeteilt burd) $rof. Dr. ^. SRa^er bafelbfi.
Sartl^olomöud S^inrici, etned @teinme^en @ol^n, bal^er im ^^reiburger $romotion^
buc^ ber Slrtiftenfalultät 1516 aU Henrici Lapicide, 1517 aber Sart^. Satomud ge»
nannt, tourbe c. 1485 in älrlon im Su^emburgifd^en geboren (ba^er oft Arlunensis ge»
nannt). @r n>ar ein Sanb^mann unb S^genbfreunb bed f))äteren laiferlicben 3$i}elan)letd
86 ^att^iad $elb. 9Bo er nac^ bem 9efu^ ber Schule ber Sßoterftabt feine Stubien begann,
ift unbelannt (in Iricr?); na(^bem er am 10. 3Kärj 1516 (nid^t fc^on 1514 ober 15,
toie SRoerfc^ annimmt) in greiburg immatrifuliert morben mar, tourbe er bereit« in an-
garia Crucis [28. @e))tember] b. % Baccalaureus, unb in vigilia Omnium SS.
1517 Magister. 3lm 13. S^^nuar 1518 tourbe er Mag. legens, betrieb aber auc^ bo^
40 neben 9le(5t«ftubien unter Ulric^ 3^Pwö- 1^20 mürbe er conventor einer greiburger
Surfe, 1521 begleitete er @radmu« auf einer Steife in« ßlfaft. gm ©e^jtember 1522 ift
er in Xrier unb l^ilft bie @tabt gegen Sidingen berteibigen. @c^on l^atte er [t^ äü
$oet betannt gemad^t: ijunä^ft burd^i eine (Slegie auf Itaifer 3Ra£imilian« %oh
bürg 1519; neugebrudft in ®im. Sc^arbiu«, Oratt. funebres, Friincof. 1567 I, 59ff.),
45 bann burc^ feine Epistola Austriae ad Carolum Imperatorem (bom 1. ganuor
1520, gebru(ft Strasburg 1521), mit ber Sitte an ben Äaifer, fc^leunigft in« Sonb feiner
Säter 5u fommen, unb lebl^aften SlnRagen gegen ben £u£u« unb bie ©elbgier 9u>m«.
92un befc^rieb er auc^ ben 5trteg«5ug unb ba« @nbe Sidingen« (Mn 1528, au(^ bei
©d^arbiu«, Scriptores rerum Germ. 1574 II, 1019—1030). ®in Srief an feinen
60 Seigrer 3^r^"^ (^^^ SRi^Öfl^/ Epistolae Zasii p. 509 ff.) — h)ol^l t?om 28. Dejember
1525, nic^t 1530, h)ie Woerfd^ annimmt, ba bie ©d^rift be« S^fm^, beren (Srfc^einen 2.
ertoartet, bie erfte (nic^t bie jtoeite) 9(u«gabe ber Intelleetus singulares (1526) getuefen
fein h)irb — geigt un«, toie il^n ber Sciebergang ber Uniüerfttöten toölf^renb ber erfien
3a^re ber religiöfen (Srregung in 35eutfcblanb beunruhigte. 3^^^^ ertoarb ftd^ ba« 3Ser»
66 bienft um S., i^n bem gelehrten Serufe mieber ju gehjinnen, bem er fc^on ben 9tüdEen
Ul)xm toollte. Semunbemb l;atte £. feit 1521 Don fem ^er auf ^elanc^t^on geblUIt,
junäc^^ft ol^ne ben 3Jlut p brieflicher 3lnnä](^erung ju finben; bann fyittc er 1527 ge«
fdbtieben, aber leine 9lntn)ort erhalten, DteOeic^t l^atte ber Srief jenen gar nic^t erreUj^
(©tÄ 1902, 142). 3instoif(^en toar er bon Irier nac^ Äöln al« Selber ber ©iolettf
Satomnd, Sart^otomäud 301
unb Sfl^etml gqogen; er gaB l^iet bad 2d)xh\xd) Summa totius rationis disserendi,
Goloniae 1527 u. b., I^aud, begann and) mit ber (Sbitton lommentiertet älui^aben
dcetomonifd^er @<^ften (pro Milone, Colon. 1528). 9(m Sl.l^uK 1530 n>urbe er in
SötDcn tnfb^iert ofö Se^rer am CoUegium trium linguarum ; balb aber folgte er einem
9hif an bte Trierer ^oc^fc^ule, n>o er bie Krönung ^binanbd jum römifd^icn Jtönig be= 5
fang unb auf ben %c>t) bed (Srjbifc^of^ Slic^rb t?on ©reifentlau bie ©ebäd^tnidrebe l^ielt,
bie auc^ ben ^L Stml }u Xrier l^od^ )}reifi (1531, bei ©ci^arbiud, Oratt. funebr. XU,
117 bff.)- 3lw 28. 3uni 1531 h)ar er auf ber Steife nad^ granlreidSi — feine Trierer
X^ättglett toar alfo nur Don lurjer S)auer getoefen. 2Bir finben ji^n nun in $ari^ am
CoUegium S. Barbarae, beffenfieiter bamald 9[nbread ®ot)eanud n>ar, bem er 17. @eps 10
tentber 1533 eine neue älu^abe ber 3)ialefoil bed Siubolf 9(gricola toibmete. Sin
€c|fretben, ba^ er l^ier am 24. ^ni 1533 an SRelanc^t^on nd^tete, mit toarmem ^unb«
fd^afttengebot unb ^{acl^ricl^ten über momentane @rfo(ge (Serarbd 9louf[eld, bed Seid^t^
kMterd ber itönigin 3Rargarete D. Stabarra, jeigt, toie lebl^aft er ftcb ]e^ für bie ebange«
lifc^ @a(^e intereffterte. Seabftd^tigte boc^ bie Sfönigin felbft, i^n fomie ^o^<um Sturm 15
an bie bon il^ gei)Iante ^öl^^ere <^ule in ^^m ju berufen (bgl. fRiaUQnCt)tV IX, 304).
3tt Beginn bed ^afyc^ 1534 erhielt er ben £e^rftul(^I ber (Sloquenj an bem bon ^an^ I.
gegtünbeten CoU^ge royal. ^e^t erfd^^ien feine Oratio de studiis humanitatis, $arid
1534, unb feine Oratio de laudibus Eloquentiae, $arid 1535 ; in rafc^er §oIge gab
er )a^Irei<^e @<^ften Sicerod mit feinen älnnotationen l^eraud (fi)äter bereinigt in ber ao
(StcerO'Xuägabe bed Igol^. O))orinud, Basileae 1553 unb i^on 1574. (Sebic^te anf^anjl.
(mit bem äBunfd^, ba^ er f\d) mit bem ^ifcr audfdl^ne, unb bann betbe bereint ben
Surfen bertreiben mik^ten) unb an Jtarbinal bu 93etla^ gehören gleic^fafö biefer ^At an.
9ui^ mit ^off. Sleiban fc^Io^ er in ^rid l)ttiVLd)t ^reunbfc^ft. 1539 nal^m er Urlaub
ju einer Steife nac^ Italien, boQ Verlangend, 9lom rennen ju lernen ; über SSenebig jog 25
er nac^ Sologna, too er tba^rfc^einlic^ Dr. jur. tourbe. SSon |ier fcbrieb er am 2. ^ruar
1540 an 3o|. @turm in Stra^urg, ber einft in fiötven fein Sdpüler gen>efen unb in
$and \fyan fceunbf^^aftlid^ naift geftanben l^atte, de dissidio periculoque (^ermaniae:
Setlegung ber lir^flid^en @trettig!eiten ift nötig, um einträd^^tig ber Xürfengefal^ begegnen
}u I&nnen. @turm antn>ortete unb beröffentlic^te ben 93riefn)e^fel in ben Epistolae duae ao
duorum amicorum, B. L. et Jo. Sturmii, Strasburg 1540 (unb mieber 1567).
Sim 9o(ogna reifte er im ^l^ial^r n>eiter nad^i 9tom. ^ie ^c^t feinet römifc^en
Sufent^teS fa^e er l^emad^ in $arid in bad bürftige ©laubendbetenntnid jufammen:
humana omnia mortalia atque caduca esse, sola recte facta mauere nosque
immortales effioere (f. feinen Steifeberid^t in %, @d^ott, Itinerarii Italiae Germa- 35
niaeque libri IV, Coloniae 1620 im 2. S3ud^, bef. @. 148). ^ad ertlärt auc^,
taNmtm er tro^ borübergel^enben gntereffeS für bie St^ormation il^r fid) nic^t angefd^^loffen ^t.
9uf ber Slüdreife bertoeilte £. etlid^e ^ge in Strasburg in freunbfc^ftlic^em SSerlel^ mit
9u^ unb bef[en %tunben, toar aud^ mit i^nen in i^^S^^^^u ^^^^ äteligion^efbröc^
oidDefenb, bgL S. $afU>r, 9leuniondbeftrebungen, ^eiburg 1879, 6. 238. 1542 rief il^n 40
fein alier ®önner, 2ubn>ig bon $agen, je^t Sr^btfc^of bon Xrier, ju ftc^ unb machte ü^n
|inn furffirftfic^ 9lat mit bem Sol^nft^ in Noblen}. $ier bermö^lte er fic^ mit 3lnna
l^ugltnd. Der Jtölner Steformationdberfud^i beranla|te i^n }ur Stontroberfe mit 93u^er.
tiefer ^e fic^ 15. ^uni 1543 brieflich an. i^n gemenbet, um fein Urteil über 3Jleland^s
i(|ond Schrift gegen ben Kölner Jllerud ju )}rob03ieren. £. anth)ortete 12. ^uli 1543 : er 45
fei nidft X^ologe, aber gu ben feit ^a^ren 3)eutfd^lanb erregenben Streitfragen bürfe er
tooljl ouc^ feine S^einung öu^ern. 3)^tt Unred^t n>erfe 93u|er i^m bor, atö toenn er ie^t
feine Sleinun^ geönbert ^abe: er ^abe niemals lut^erifc^ gelehrt. Übrigend möge Su^er
biK^ lieber mit 2;i^eologen ftreiten, nid^^t totber einen in alio campo versautem, darauf
ertoiberte biefer erft für» (11. Sluguft 1543), bann in auöfü^rlic^er ©treitf^^rift (aJlärj 50
1544). Sgl. Respousio B. L. ad epistolam quaudam M. Buceri, Colouiae 1544,
unb 9u(erd Scripta duo adversaria, Argeut. 1544. 9lun relativierte 2. in audfül^r«
Dc^ ®egenrebe: B. L. adversus M. Bucerum de coutroversiis quibusdam . . .
altera plenaque defeusio, Colon. 1545. ^n ben Streit über Slbenbma^l, ^eiligen»
oimifiing unb (Sölibat ift nun aud^i bie ^nbamentalfrage de autoritate ecclesiae \)\n> 66
toigejogen. 3iad)htm er fd^on 1544 unb 45 feinen Jturfürften auf bie 9teic^^tage nac^
Eier unb ffiormd begleitet ^atte, tourbe er ald tat^olifc^er ® ele^rter au^! jum äteligion^^
in Slegen^burg berufen. 2Ba](^rfc^einlid^ mar er ber SBerfaffer ber anonymen
Actorum coUoquii Ratisboueusis uarratio, ^ngolftabt 1546, bie Soc^löud
bann tnd 3>eutf^ überfe^te (bgl. % $aulu^, 30^. ^offmeifter, Jreiburg 1891, @. 211f.; eo
302 2atomM, Sartl^olontäuS Satomtti», Sacobud
3W. Bpaf)n, 3. Sod^läu«, Serlin 1898, ©. 313). 1548 fott i^n Äaifer ftorl jum Slot m
ffammergerid^t in @}}eier gemad^t ^aben. 1557 finben h)ir il^n tDteber auf bem Sldigtond»
gef}}räcl^ in 98orm^. 3Man(fytf)on nennt i^n je^ ben Ao^^oda^doiloc sui agminis,
quem existimo in prooemiis magis disertum fuissei quam erit in dogmatibus
6 (CR IX, 374). 3)cn SSottoürfen öon reformierter Seite, bafe bie Äat^olifen ba« ®e=
fpräd^ d^f^^d^ Ratten, anttoortete er mit einem Dialog ,;@}}altun0 ber älug^burgifc^
jtonfeffton burd^ bie neuen unb ftrettigen X^eologen'^ S)er $aftor ber fkmanbtf^en
©emeinbe gu granffurt a. 3Sl,, ^etru« 3)at^enu^ (bgC. Sb IV 495), griff il^n barauf an.
@r antwortete in feiner Responsio ad impudentissima convitia et calumnias
10 P. Datheni, 1558, unb abermals Ad furiosas P. Datheni criminationes et absurdas
eiusdem de Verbo De! et Scriptura . . . sententias, 1560. 2in)^if4^ ^i'^ <^
aud^ ber Sutl^eraner ^atob 9(nbreae, bamol^ @tabt}}farrer in &'6ppmQm, ber in äBorm^
ben ©öangelifd^en al« ©d^riftfü^rer gebient l^atte (CR IX, 394), mit il^m in Äonflilt
gefommen. @r batte ein 3Qort bed £. aud ber Responsio gegen 9u|er aufgegriffen
15 unb gebranbmartt, in bem jener fagt : bie öltefte Stird^e, cum adhuc rudis esset, ^|abe
ängftlid^ an beiberlei @eftalt feftgel^alten, bid fie, docta a Patribus, erlannt l^abe, bo^
für bie Saien auc^ eine ©eftalt genüge, darauf fd^rieb £. gu feiner Slec^tfertigung De
docta simplicitate primae Ecclesiae, Colon. 1559, unb fud^te nun bad „cum adhuc
rudis esset" abfd^tDöc^enb gu erläutern: ed fei ja boc^ bie ftinbl^ett^geit ber ftird^e, bie
20 3^t ber incunabula unb rudimenta, getoefen. — Jlurfürft ^atob t)on ®1$ machte ben
^od^betagten nod^ 1569 gum erften Seifiger feinet ©eric^t^^ofed, aber am 3. gan. 1570
ftarb er gu Jtoblenj. — SSon nid^tt^eologifc^en $ubliIationen aud ber ^zxt feiner ÜberfiebeUmg
nac^ ^eutfc^lanb j^nb feine älu^gabe ber ^ialelttl be^ Georgius Trapesuntius (Colon.
1544 u. ö.) unb bie Notae in Comoedias Terentii ($arid 1552) ju nennen, beibe
25 entftammen toobl aber aud ber 3^^^ f^^er £e^rt^ätigleit in $arid. @in ftoSea^eft fetner
$arifer ^oraj^^orlefungen t)on 1534 betoa^rt bie Seibener Uniberfitöt^Sibliot^.
9. ftawttmu
2atomu», gflcobu«, fat^olifc^er Ideologe, geft. 1544. — Opera, Lovanii 1550 fol;
F^Iix N^ve in Biographie nationale de Belgique, Tom. XI 434^. (Bruxelles ISQOjQl);
sofiut^erg $B^, $Beimarer ^udgabe VIII, 36 ff.; an beiben Orten ift bie filtere fiitteratur
Derjeic^net.
^alob 3Raffon, gräciftert Satomu^, c. 1475 in Sambron im ^ennegau geboren,
ftubierte in $arid, too er Mag. artium tourbe; barauf nac^ Sötoen berufen, knurbe er
1505 Seiter be^ t)on äSan StanbondC gearünbeten $aufe^ für arme @tubenten (Domus
85 Standonica). ^n bie bortige Slrtiftenfatubät tDurbe er 1510 xt^ipitü, am 19. äCugu^
1519 tourbe er Dr. ber X^eologie. 6ine ber orbentUc^en $rofeffuren ber X^Iogie
tDurbe t^m jebod^ erft 1535 übertragen, mit i^r jugkid^ erhielt er ein ftanonilat cax ber
$eterdlird^e bafelbft. 1537 beteibete er bad Steltorat; am 29. 3Rai 1544 ftorb er unb
fanb feine 9lu^eftätte hinter bem ^oc^altar ber genannten Stift^Ürc^e. Selonnt getoorben
40 ift er t)or aQem burd^ feine Stampfe mit Sra^mu^ unb Sut^er. 1519 ^e er t)on ber
&d[»rift bed £ei))^iger ^umaniften $etru^ 9)iofeIIanu^ I>e variarum linguarum oog-
nitione paranda (1518) 9ln(a^ genommen, formeQ gegen biefen, fad^Iid^ gegen Srodmud
unb ba^ unter beffen tJürforge in Sötoen errid^tete Collegium trilingue einen SEBomruf
ergeben ^u (äffen: De trium linguarum et studii theologici ratione dialogus
45 (9lntmer))en 1519, in ben Opp. Sl. 157^ ff.). (Sra^mu^ ^atte umge^enb geanttnortet in
feiner Apologia refellens suspiciones quorundam dictitantium dialogum D. J.
Lat. . . conscriptum fuisse adversus ipsum (Opp. Erasmi, ed. Lugd. Bai
IX, 79 ff.), ©ein 9lame toar bamit für ben großen Ärei^ ber SSerel^rer be« ©radnuiä
ald ber eined ^inbe^ ber neu aufblü^enben ^iffenfd^aften gebranbmorlt, toenngleic^ biefa
60 bid ba^in über bei^ neuen ©egnerd ©aben nid^t ungünftig geurteiU ^atte. ^je^t f(^üttete
ber junge 2Bi(^e(m ?2efen in feiner Epistola de magistris nostris Lovaniensibus
(in Opp. Zwinglii ed. ©d^uler unb Sc^ult^ VII, 36 ff.) ein reid^lid^e« 9Rafe fj)dttif4fer
9Serac|^tung über i^n au^ ; Dgl. auc^ ^^elanc^t^ond Bpoti über 2. Corp. Ref. I, 316f.
^ngtoifd^en l^atten bie Sömener X^eo(ogen ftc^ )um Jtam))f gegen Sut^er gerüftet uiü> im
55 ^unbe mit ben Jlö(nem i^re Condemnatio doctrinalis, qua condemnatur doctrina
M. Lutheri im gebruar 1520 erfc^einen lajfen (SutM 20338 ffl» VI, 176 ff.) ©ibe
SKärj beöfelben ^a^re^ l}attc Sut^er f(^^lagfertig barauf geantwortet (ebenb. VI, 181 ff.).
£atomud befc^lo^, ie6t in t)oIIer tl^eo(ogifd^er Lüftung bie @^re ber Sötoener X^logen
)u tpai^ren; am 8. mai 1521 erf^ien in 3lntto?er)>en feine ©egenfc^rift : Artioulonun
Satomttd, Socobud Sattt^fittttiftß 303
doctrinae fratris M. Lutheri per theologos Lovanienses damnatorum Ratio ex
sacris liteiis et veteribus tractatoribus (in feinen Opp. S3I. 1 ff.)- Sut^er ^otte
bcreitd bor fetner älbreife nad^ 38ormd t)on bem fßoxf)abm bed £. ftunbe erl^olten; fd^on
am 26. 3Rax fyüit er ein ®}ctmplax ber fertigen Sd^rift in ^änben unb befc^(o^, ol^bolb
px onltDorten. Xuf ber SEBartburg fehlte i^m größerer litterarifd^er 9l))))arat; um fo ener- 6
gifc^ bertiefte er fic^ in bte Sibelle^re t)on Sünbe unb ©nabe unb t)oQenbete bereite
im ^S^nx bte für feine Sted^tfertigungdlel^re bebeutfame Entgegnung, bie jeboc^ erft im
September fertig gebrudCt toar: Rationis Latomianae pro incendiariis Lovaniensis
Scholae Sophistis redditae Lutheriana Confutatio (989(VIII, 43 ff.) — ,,m^^^'
diarii'^ nannte er bie Sötoener mit 9lnf))ielung auf bie bort gefc^e^ene ö^entli^e SSer» lo
bremiung feiner Schriften. Sotomud fc^tDieg junäd^ft. @rft im Snörj 1525 t)oIIenbete er
eine 6<9nft De primatu pontificis adv. Lutherum (Opp. S3l. 56ff.). ^m 3Rai be^
felben Igal^red ging feine @treitfc^rift gegen Oetolam))ab unb Seotud SR^enanud De con-
ifessione secreta (Opp. 9(. 98^ ff.) au^. (Srfterer antwortete in feinem Elleboron
pro Jacobo Latomo, Safel, Sluguft 1525, unb erinnerte ii^n ^ier an bie Slbfertigung, i6
bie er bon Sra^mud unb t)on Sut^er erhalten b<t^^* 3)<^ trieb i^n bann no^l gu einer
Jm^paUtm Responsio ad Lutherum (Opp. S3l. 54 ff.), bon ber felbft 92^t)e urteilt,
ba| fie bebeutungdlod fei, unb )u ber nic^t minber t)erfpäteten Apologia pro dialogo
de tribus Unguis (Opp. S3l. 169 ff.). Sutl^er l\^ jene Responsio ebenfo toie ft)(itere
Angriffe unbeonttportet. UnboQenbet blieb eine @treitfc^rift gegen bed @radmu^ De sar- 20
denda Ecdesiae concordia. @d folgte nod^ eine Streitfd^rift gegen ben englifc^en
9tbelüberfe$er unb Steformator 9B. ^^nbol, fotoie älb^anblungen über einzelne Aontro«
bcrde^ren (®(auben unb 98erte, ^dn^^gelübbe, ^^ürbitte für SSerftorbene, ^eiltgenanrufung,
äteliquten, Silber u. cl). ^m ^cd^^ feinet Xobed beröffentli^te er noc^ Duae epistolae,
una in libellum de ecclesia, Philippo Melanchthoni adscripta ; altera contra 26
orationem factiosorum in comitiis Ratisbonensibus habitam (ä(nth)er)>en 1544).
Sine ©(^rift, bie Ttüand^ti^on 1523 gegen i^n plante, ift nid^t erf^ienen (t)gl. Epp.
Schwebelii p. 43). Sut^er gebadete feiner noc^ einmal in ber unt)oQenbet gebliebenen
Streilfc^ift gegen bie Sdtoener ; er nennt i^n in älnfpielung cca ein befannted äBort bed
$ora) ben magnus maximo promissor hiatu (f. ®. Suc^tDolb, Sut^erd le^te Streit« so
fc^rift, Setpjig 1893, 6. 9). 3)ie Sluffc^rift auf feinem ®rabe rü^mt i^n ald emen pro-
fessor clarissimus, qui haereses contra catholicam fidem suo tempore grassantes
doctrina et libris editis profligavit: vir sane multae eruditionis, pietatis ac
modeetiae. dagegen loar er ben ebangelifc^ ©efmnten ber %\fpu^ ber „älserblenbung,
Unvernunft unb ©ottloftgleit'^ ^atte i^n bo^ ber gel^a^te laiferltd^e Jle^erric^ter in ben 86
9tteberlanben, ^an) bon ber $ul^, 1522 aldbolb ald t^eologif d^en Berater an feine &äit
berufen (ber ^oo))^d^effer, @efc^. ber Steformation in ben 92i^erlanben. 3)eutfd^e älui^abe,
£ci)>}i0 1886, 6. 136 f.) unb bi$ an fein @nbe toirhe er bei S^e^erprojeffen mit, t)gl. bie
abf(^ige Sborolteriftit, bie ^and^o be @n^inad in feinen ^enttoürbigleiten (beutfd^
t>€n ^ebtarig Sd^mer 1893, @. 18 ff.) in biefer Sejie^ung t)on i^m entworfen f^al ^n 40
elKtngelif^ Jlreifen tooSte man auc^ bon ben ®en)iffeniSqualen unb ber ^er^toeiflung
loiffen, bie ilj^n angeftd^td bed Xobed befallen i)ättm (ebenb. @. 19, unbSlaubiud @enar«
dcaa, Hist. de morte J. Diazü 1546, p. 12 ff.). &. ftameratt.
SmbUttenfeft. — 8ur ßittcratur »gl. «b VII @. 19, 4—15 ; ^oju g. ©. a)a(^«,
Talmndifl rabylonid codex Succa 1726; iiunbiud, ^ie alten jübifc^en Heiligtümer, 5.Su(^, 45
Stop. 24.
9><a goubl^tenfeft l^eifet im ai s^^2?n ^ri 2t 23, 34; 3)t 16, 13. 16; 31, 10;
ead^ 14, 16. 18; ©«r 3, 4; 2 6^ 8, 13; femer q"?«v ^H. 6x23, 16; 34, 22 ober
{nfiginant :»nn bo« geft 1 Äg 8, 2; (gg 45, 23; 2 (S^r 7, 8 ob. riin^ 5n £e 23, 39 ;
3bc 21, 19. S)en erften 5lamen geben bie LXX burd^ ^ iogirj (xcov) oxtjvcov ober so
Tfjg axfivoTtriytag, ben gtoeiten burc^ ^ eoQzrj ovvreXeiag ober awaycoyfjg. 5Die Säe«
nennung ij tcüv axnvojv Ioqtt^ finbet ftd^ auc^ 2 ÜJII 10, 6, toä^renb ^ofejj^u« (2lrd^.
4, 209, ijgL 3, 247) unb bae 31% (^o^ 7, 2) bie gorm oxrjvonrjyia benu^en. SU«
ij axnyij toitb bod geft bon ^lutarc^ (Symp. 4, 6, 2 erh>ä^nt).
5btc gefc^ic^tlid^e (SnttoidCelung ber altteftamentlic^en $efte über^au))t ift in bem 9(rtilel 66
„SotteAiCTifMi^fe 3eiten im äl" (33b VII ©. 19 ff.) beft)roc^en toorben. ffia« ba«
Sotbl^fittenfeft im befonberen betrifft, fo toeift bie me^rmald t)ortommenbe furge 33e«
nenmtng „bad gefk" barauf ^in, bafe biefe geier einft ein befonberen $auj)tfeft ber^ifrae*
fiten g^bcfen fein mu^ gn ben @efe$en ift ed freiließ ben beiben anberen ^auptfeften
301 Sattt^üttettftß
loorbiniert unb \)ß^kU auf bie Obftlefe im ^erbfte belogen tDorben. SSettn ed aber (Sc
23, 16 l^eifet, bafe bie« geft gefeiert toerben fott, toenn bie erjeugntffe „be8 gfclbe«" ein?
gel^eimft n)orben finb, unb toenn 3)t 16, 13 bie 3^itbeftimmung lautet: tDenn bu ben
@rtrag t)on beiner Xenne unb beiner ftelter fammelft, fo fc^intntert no(^ burc^, ba^ badSoub«
6 büttenfeft einft al« 3)an{feft für ben ganjen Sobenertrag bed Derfloffenen ^^^ gegolten
^at. ^em entf}}ric^t e« au^, ba^ ed nac^ 1 @a 1, 3 ff. (bgl. befonber« $. 20) in oben
3eiten an einem ^au))t^ettigtume gefeiert tourbe, toä^renb man ftd^ tDo^l fonft mit ben
Heineren Solal^eißgtümem begnügte.
SSon bem möglichen lanaanäifc^en SSorbilbe biefe« %^t^ (^bc 9, 27) toor fc^on in
lobem ertoäl^nten älrtilel bie Siebe. 9(tö i^raelitifc^e« ^eft treffen toir e« )uerft!3bc21, 19ff.;
e« tDirb l^ier al« ein iö^rlid^ed ^jal^redfeft in @(^t(o ertoä^nt, bei toelcpem bie jungen
ÜRöbd^en in ben benachbarten 98einbergen Sleigentönje aufführten. 38ie e« in alter 3^
gefeiert tourbe, n)irb femer in ber fc^on ermähnten Srjäl^Iung 1 @a 1, 3 ff. bef daneben,
^n ber älteren ftönig^jeit {(^eint man ed im 8. 3Ronat (f))öterer Sled^nung) gefeiert gu
16 l^aben. SHIerbing« l^eifet e« 1 Äg 8, 2, bafe ba« $üttenfeft, mit bem ©alomo bie %atipdß
toeil^e t)erbanb, im 7. 3Ronat ftattfanb. ^a aber ber ZmpAbau naäf 1 Jtg 6, 38 im
8. SRonat fertig toar unb e« toenig toal^rf^einlic^ ift, ba^ @aIomo 11 SRonote mit ber
Sintoeil^ung bed fertigen ©eboube« foQte gekartet ^aben, fo l^at bie Don Stabe unb am
beren au^eft)roc^ene SSermutung eine grofte 98al^rfc^einlid^leit, toonad^ jjene QüUm^abt
20 1 ^g 8, 2 erft nad^tröglic^ mit 9lü(ff4t auf bie in ber ft^oteren JtdnigiSjeit üblich g^
toorbene @itte, ba« %t\t im 7. 3Dtonat gu feiern, eingefügt ft)orben ift, ta>äi(^enb ber 3^
urft)rünglicl^ ben 8. SDtonat meinte. Sine Seftötigung finbet biefe 9(nnaJ^me 1 Jlg 12, 32,
benn bie SBäorte: S^oboam feierte ein geft im 8. SBonat, ba« bem in guba gefeierten
^te mi^pxad), bebeuten ungtoeifel^ft, ba^ er fic^ bei ber Sinorbnung be« %i^^ nac^ bem
25 jübäifd^en 9Sorbi(be richtete, unb nic^t, ba^ er e« auf eine anbere 3^ Dertegte. Die
älteften @efe$e geben gar teine beftimmte S)atierung für bie ?^eier, fonbem e« ^ei^ ®s
23, 16 (bgl.34, 22) gang aQgemein, ba^ ba« Asiph.(£efeOeMt amätu^ange be^go^
(b. f). im §erbfte) beim ©infammein ber JJrüc^te ftattfinben foute. 6« gebort ^ier )u ben
brei großen 3a|re«feften, an benen atte 3J(änner t)or 3<^^be erfd^einen {outen.
^ ^m 3)euteronomium fel^(t ebenfaQ« eine genaue 3)atierung. Da« %^ f^a^ ffxtx
ba« Sukkot-(^ütten')^ft, unb e« toerben bie neuen Seftimmungen angeorbnet, ba^ ed
nur an bem einzig legitimen ^ciligtume gefeiert toerben bürfte, unb ba^ bie ^er 7 SCoge
bauem foHte (t)gl. 1 Äg 8, 66, h)o biefe ©itte t)orau«gefe§t toirb). @ine toeitere 9e^
ftimmung fügt 3)t 31, 9 ff. ^inju, toonad^ äße 7 3^^^^^/ ^^ Srlafeial^re, ba« ®efe| an
85 biefem gefte t)orgelefen toerben follte. Slu^erbem l^at Sertl^olet bie toa^rfc^einlid^e 3Se^
mutung au^ef))roci^en, ba^ bie Slblieferung be« beuteronomifc^en 3^^^^^^ V^ 3^ ^^^
geier ftattfanb.
2)ie beuteronomifc^en Seftimmungen toerben ergänzt burc^ ba« ältere ®efe^, boS in
ba« 23. Jla^itel bed £et)iticud aufgenommen unb bearbeitet toorben ift. I^n biefem älteren
40 ®efc(e, ba« 9S. 39 (mit älu^na^me be« älnfange« unb be« ©c^luffed be« 93erfed) unb
SB. 40. 42 f. vorliegt, ift ba^ geft ebenfalls nod^ nic^t beftimmt batiert („toenn i^ ben
(Srtrag beö Sanbe« einl^cimfet"). @^ bauert tote im 3)euteronomium 7 Sage unb ^ toie
bort ben au^efproc^enen ß^araftcr eined ^reubenfefted. 3^9^^'^ ^^^ ^^1^ ^f ^i ^^'^
fid^ am erften iage bc« gefte^ prächtige Saumfrüd^tc, ^^5almcntocbel unb 3^^i0^ ^^^ "^^^
46 belaubten )8öumen unb ''Arab-'Sdumen (populus Euphratica) nehmen foQte, unb
femer, ba^ man alle 7 3iage in fiaubl^üttm (Sukkot) too^nen follte, unb jloar jum Am
bmfm an bie 3^»^ ber SBüftentoanberung, in toclc^er bie S^raelitm in §üttcn unb md/t
in Käufern n^ol^nten. Sa^ bie 3^^^0^ gefammelt toerben foQtm, um baraud bie ^ütten )u
bauen, toirb nid^t au^brüctlid^ g^fagt, menn ed aud^ eine fel^r nal^eliegenbe Sermutuna
50 ift. 5Rac^ bem oorlicgenben iejte burften nur bie ec^tm S^^fl^Ii^«^ on biefem gefte tetC
nel^mm unb in ben §ütten too^nen, aber Sertl^olet (®ie Stellung ber S^^ö^liten u. b.
Suben gu bm^embenl71f.) I^at mit bcad^ten^toerten ©rünbm bie Urft)rünglic^feit biefe«
2^ejte« be^toeifelt unb ben äu^fall ber® orte: unb bie Gerim t)ermutet Durc^ biefe 9e«
ftimmungen toirb nur ber fc^on im 2)euteronomium öorfommenbe 5lame „Sukkot-gefl"
55 erltärt. 2lber toenn auc^ bie ©itte bc^ §üttmbauen« o^ne 3*^^^f^ ^^^ ^P» f^ *P ^
bie gegebme Srflämng biefer @itte aller ^a^d^einlic^feit nac^ eine f))ätere SBertiefunj^
Sd^on ber Umftanb, ba^ im @efe$e t)on ))räc^tigen Saumfrüc^ten bie Siebe ift, beioerft
beutlic^, ba^ biefe eigentümlid^e ^orm ber ^eftfeier mit bem Sufent^alt in ber SBSüfle
nic^t^ gu t^un f)cd, fonbem mit ber Obftlefe ^ufammm^ängt. ^a« SBo^nen in ben
Go ^ütten erflört [xd) bann einfach baburd^, ba^ bad ^eft anfänglich in ben SSieinbergen imb
Sattt^ftttenfeft 305
Obflgoxten gefeiert tDurbe, h>o man toö^renb ber ^ter in Saubl^ütten übemad^tete (t)g(.
bte angeführte Stelle l^bc 21, 20 ff.), ^iefelbe Sitte finbet auc^ ^eutguta^e in $aläftina
ftott, too n)a^enb ber SBeinIcfe ber grö^e 3^eil ber Seböllerung in bie SBetnberge l^inau^
)te^ „Sßer leinen eigenen SBieinberg befi|t, ))a(^tet ftd^ ein Stüdd^en, unb ber t)omebnte
Stobter {c^d|t ftc^ glüdlid^, toenn er mit Sßetb unb Jlinb unter einem ^dt ober in einer 6
2aub^e einige SS3o<i^ in einem äSeinberge tam))ieren fann'' (ZDPV 4, 80, bgl. 9lo«
btnfon, ^aUfüna 2, 717).
Stac^bem bad 2)euteronomium bad ^üttenfeft in ein oQgemeined Xem))elfeft bertoan«
belt ^otte, ergab fi^ t)on felbft bie ^iottoenbigleit einer beftimmten Datierung ber ^ier.
(Sine folc^ treffen toir nun )um erftenma( in bem ftultu^enttourf bed $ro))^eten Sgcd^iel lo
(45, 25). 2)er Anfang be^ ^erbftfefted, bod l^ier toie im 3)euteronomium unb ^etligfett^
gef^ eine ftebentägige ^auer l^at, toirb auf ben 15. bed 7. 3Ronatd filtert. 3)er
iRonat ift alfo ein anberer, aU in ber älteren Jtdnig^^eit, aber ber $ro))l^et l^at getoi^
nic^t btefe iReuerung eingefü^, fonbem er folgt, toie eben aud ber oben erh>äl^nten ^nter^
))okitimt 1 fig 8, 2 ]^ert)orge^t, ber in ber f}}äteren ^^xt in ^^nifalem übliche geworbenen i5
Sitte. Xu^erbem giebt &e(^iel genaue Seftimmungen in betreff ber an biefem ^efte
barnubringenben Opfer. Seforbert toerben tägKd^ 7 ^rren unb 7 3Qibber, ein Epha
SDt^I för i^en ^anen unb ieben SBibber unb ein Hin £)( für jjebed Epha ; au^erbem
ab Sfinbi^fer em %conm am erften unb ein ßx^mboi an jebem ber folgenben ^ge.
2)oc^ beruht, toie j&ö^fc^mar bermutet, bie %kftimmung über bie @ünbo})fer bieüeid^t 20
auf eine fehmbäre Kombination berfc^iebener ^estformen.
SHe le^ Stufe bejeic^net bie £e c. 23 borliegenbe Bearbeitung bed oben befproc^enen
^eiligleitdgqe^. 3)ie ^eftimmung ift biefelbe toie bei Sgec^iel : ber 15. be^ 7. 3RonaM,
ober )u ben 7 f^efittagen toirb nocp ein 8. I^injugefügt, ber ben 9iamen Asereth (n^:i:r
feierlid^ äkrfommlung) trägt. 3UIe 8 ^ge toerben burc^ Dp\ct au^egeid^net, ber 1. unb 25
8. au|acbem burc^ ^tberfammlung pnp N'np») unb Stulpe öon ber arbeit. 3)ie näheren
9eßimmunaen über bie an biefen ^gen baraubringenben Dp\tt treffen toir 9lu 29, 12 ff.
9n ben odßen 7 Xagen finb täglid^ gu ot)fem: aU Sünbo))fer 1 ßi^genbodC unb atö
9ranbo))fer 2 SSibber unb 14 einjährige Sämmer, au^erbem bon jungen Stieren am
1. Xoge 13 unb bann tägßd^ einer n)eniaer. dagegen am 8. ^ge: 1 Stier, 1 SBibber so
unb 7 Sommer afö 9ranbo}}fer unb 1 ^odC ald Sünbo))fer. ^n aQen S3ranbot)fem finb
bie boiu ge^örenben S})eifeo))fer ^injujufügen.
Sßie bod ^üttenfeft i\xm erftenmol nac^ bem neuen ©efe^e gefeiert tourbe, befd^reibt
bann 92e^ 8, 14 ff. 3Ran fanb im ®efe|e gefd^rieben, ba^ bie ^^raeliten toä^renb bed
^ed im 7. üRonate in Saub^ütten too^nen foQten, unb begab ftd^ bed^alb l^inau^ auf 86
me Setge, um QtoAQt bom toilben unb ebeln Clbaum, 3R^rt^en, Dolmen unb bic^t^
belaubten Säumen )u fammeln unb baraud ^üttm ju bauen, ^ie ^ütten mürben auf
ben 2)ä(^em unb in ben ^öfen ^^^f^I^n^^^ in ben 2em))el^ofen unb auf ben freien
$[a|en bor bem ' SEBaffertpore unb bem @))^raimtl^ore aufgeführt. 3Ran beging bod
^ 7 S^oge lang unb am 8. Xage fanb nac^ ber S3e|limmung bed ©efe^ed bie 40
Asereth ftck
Son bem {)>äteren ©efe^e ift natürlid^ auc^ bie S^onil abl^ängig, unb fo (ä^t ber
G^nifl Salomo nac^ ben 7 ^ttagen nod^ bie Asereth feiern unb erft am 23. bte
^[draelitcn entlaffen (2 6^r 7, 8 f.), mä^renb nad^ ber 3)arfteaung bed König^buc^ed bie
S^oditcn {{^on am 2age nac^ bem 7. ijfefttage ^jerufalem berlie^en (1 Jlg 8, 66) — 46
eine \At le^eic^e älbtoeic^ung, bie ftd^ ntdj^t burd[^ bie ätnnal^me Jteild, ber 9[{erfaffer
bcd Kdntgdbu^ied ^e fic^ einer ungenauen Stebetoeife bei einer betannten Sac^e bebient,
erlebtgen lä^
SBeb^e S^eutung man in nac^e^tlifd^er 3^^^ bem ^üttenfefte beilegte, ge^t aud
Sod^ 14, 16 ff. ^ert)or. 3)er 9Serfa{fer lä|t nämlid^ bei feiner 93efd^reibung ber meffta» 60
nH<9€n ßtit bie übrig gebliebenen SSölfer jä^rUd^ nac^ ^erufalem jte^en, um ba^ füttern
fcß 2U feieni; koer bied unterlägt, begebt eine fc^toere Sünbe, bie mit 91egenmange( (in
ber noc^ ber 3^ biefed ^ted beginnenben Slegenperiobe) bebrol^t toirb.
^b(a 3ntcref[e für bad $üttenfeft, beffen Stiftung bad ^ud^ ber Jubiläen 16, 20 f.
\paitt Sbro^om üifc^reibt, jeigte fic^ aud^ barin, bag man bie Seremonten btefer ^eter 55
auf tHS^djiAmt SBeife erweiterte. So ft)urbe e^ Sitte, an biefem ^efte 3^^i0^ bon £aub«
unb ObttUtumen in ben Rauben ju tragen, alfo infolge einer anberen 9luffaf{ung ber
SBorte 2t 2S, 40 al$ bie oben ermahnte, faß« nic^t bie ganje Geremonie einfach auf ber
Siebcroufno^e einer uralten Sitte beruht, ^ie jum 2^ragen bermenbeten 3^^i9^ tverben
berfcfft^en angegeben. 2 3)21 10, 7 f))ri(^t bon mit :^aub umtounbenen Stäben, ^alm« <^
tMU«BC%flaHMc fir tHolo«lc anb iHrAc 8. «. xi. 20
306 Saitt^fitteitfff) Sank
tocbcin unb anbcren fc^öncn S^^^^f ^o\tpf)\xi einmal (ärd^ 3, 245) t>on SJh^rt^en«,
aBeiben=, ^Palmen^ unb ^fitfi^gtoet^en, ein anbere« 3Kal (ätd^ 13, 372) t)on ^men*
unb gittonenjtoei^en. ©^jäter entfd^ieb man [xäf, tote ber 3Kifc^natraItat Sukka jetgt,
für eine älu^Iegung, toonac^ man in ber rechten $anb einen t)on SBeiben« unb 9R)^rt^
6 jtoeigen umgebenen ^almgioeig (Lulab), in ber rechten einen ^arabie^fel )u tragen
|atte. 9luf biefe Sßeifc umjog man toä^renb ber ^eftfeier unter $ofiannarufen ben
93ranbo))fera(tar täglid^ einmal unb am 7. ^age ftebenmal. ^n biefer ©eftalt tDurbc bad
§üttenfeft aSorbilb fotoo^l be« lemt^eltoei^fefte« (2 W 10, 6 f., t>gl. 5ßf 118, 25) afe aw^
be^ @mpfanged (S^rifti bei feinem Sinnige in ^erufalem. ferner fül^rte man bie Sitte
10 ein, toö^renb ber 7 gefttage eine 2ßafferft)enbe ju bringen. (Sin 5ßricfter ^olte aug ber
DueQe @iIoal^ 3 Sog 98affer, ba^ ein anberer $riefter in @m))fang na^m, too^n^enb
5ßriefter unb Saien bie Sßorte 3^12, 3 recitierten; e« tourbe bann mit bem iranfot)fer»
tocine gemifc^t unb unter $falmengefang ber fiebiten unb Iroml^eten ber 5Priejler an
ber Sübtoeftecfe bed äUtar^ au^egoffen (b. Sukka IV, 9. 10). 9e!anntli(^ fyd man
16 biefe ©itte ate SSeranlaffung ber öon G^riftu^ gebraud^ten SBenbung 3*>^- 7, 37 f. be»
trachtet. Ob fie auf uraltem ^erlommen berul^t ober eine Steuerung ift, lä^t fic^ nic^
ftc^er enlfd^eiben. dagegen erinnert bie gefteigerte ^ftfreube, bie am Soub^üttenfefte
^errfc^te, unjtoeifel^aft an bie 9lrt unb SBeife, toie man in alten geiten bie« %^ ber
^efte begangen l^atte. @ie eneic^te il^ren $d^e))unft in ber 3laä)t ^toifcl^en bem erjien
20 unb gleiten ^fttage. S3eim älnbruc^ be« älbenb^ errichteten bie ^riefter unb Seknten im
3Beibert)or^ofe eine bot)t)ette ©aßerie für bie ^u^d^autt, Ign bie 3Kitte be«- äJor^ofe«
fteQte man gro^e Jtanbelaber, ft)ot)on jeber t)ier golbene ©egalen trug, bie ald OeUamtJen
bienten. 9iacl^bem fie angejünbet toaren, na^m ber t)on ben t)ome^mften Setoo^nem ^e^
rufalem« au^efü^rte ^cteltang feinen älnfang. 3)ie ^deln tDurben bon ben Zängeni
26 in bie ^ö^e getoorfen unb toieber ergriffen. Sluf ben ©tufen jum inneren Sor^ofe ftonben
bie geölten mit il^ren g^f*^'"^«*^ w"b fangen 5ßfatmen. ^er jjubelnbe 2arm flieg fort*
toä^renb, bxi beim erften ^a^nengefc^rei ein breifac^ed Xrom))etenfignal bon )ta>et am
9{ifanortl^ore ftel^enben $rieftem ba« näc^tlid^e ^eft unterbrad^. 3)ie $falmen, bie too^renb
be« §üttenfefte« gefungen tourben, h)aren5ßf29; 50, 16ff;94,16ff.; 94, 8 ff.; 81, 7 ff.;
30 82, 5 ff. unb $f 05. 113—118, ba« fog. ^attel, (b. Sukka 53» bgl. LXX ju ?Jf 29).
Xro^ be« ftrengen firc^lid^en S^aratterd, ben bie f))äteren ®ef^e ben ^en auf«
ge}}rägt Ratten, tourbe ba« Saub^üttenfeft noc^ in ben \päittm galten auf eine fob^
Siäeife gefeiert, bafe man e« öerftel^t, toenn ber geftjubel unb bie SE^V^ueftäbe bei ober*
fläd^lic^er Setrad^tung ^lutard^ auf ben ©ebanlen bringen tonnten, ed toerbe bem ^Dio*
86 n^fo« gu @^ren gefeiert. 8fr. IB«^!.
fiaub, Srgbifc^of öonganterbur^, geft. 1645. — S)lc erftc ©iograp^le fdjrleb
ber Kaplan bedfelben ^-^eter ^ei^li^n unter bem kitel Cyprianus Anglicus 1668. S)aneben ift bie
lüicötigfte Cluellc The Works of the most reverend father in God William Laud, Oirforb
1847 — 60 (ein Jeil ber Library of Anglo-Catholic Theology). ©iograpftien au« neuerer
40 Seit ^. ^. ^utlon, StQiam fiaub, 2. cd. fionbon 1896; 91. 6:. iBenfon, William Land, aome
time Archbishop of Canterbury, fionbon 1897. Sonft ju Deraletd^en Stanfe, (fngl. (Skfct.
II. ©b; 3R. ©roW, ©efd). oon ©nglanb, 83b 7; «. @tcm, ®ef(^. ber SJeooIution In dng*
lanb, Berlin 1891; 3 5ll?öftlin, ^ie fc^ottif^e ßirc^e, Hamburg unb (ä^ot^a 1852; ^. fSein-
garten, ^ie 9{cuolutiond!ird)en ^ngtanbS, ^eip^ig 1868; @. 9{. (S^orbiner, History of Eng-
46 land from the accession of James I to the outbreak of the Civil War 1613 — 1642, 10 vob.
New edition 1894; berf., A History of the Great War. 4 vols., SonDon 1897 f.; birf.. Art
ßoub in ber Dictionary of National Biography vol. XXXII.
äBiQiam Saub tourbe geboren ju Sieobing am 7. Oft. 1573 ald @ol^ etne^ tDO^l«
l^abenben ^ud^mac^erd. ^JRit 1 6 ^a^ren tam er in bad SoQege t)on @t ^ofjn in Osfoib
60 unb tourbc mit 20 Sauren geDoh). 5lacl^bem er ftd^ im ^af)xt 1598 bie 3Bürbe eine«
M. A. ertoorben, tourbe er 1600 jum $riefter getoei^t, unb ^atte, too^renb er bo<^ im
Uniöerfttät^berbanb blieb unb 1608 Dr. theol. tourbe, in biefen 3ja^ren mel^rere fiic^Ii«^
©teilen inne, bie er mmeift feinem ®önner, Dr. 5leile, bem bamaligen S3ij(^of Don 9lo*
c^efter öerbanfte. Obtool^l er im ^al)x^ 1610, um feine $farrftelle in Suc^fione (Äent)
66 ju t)erh>alten, bie er nod^ in bemfelben ^ai)u mit ber in 5lorton öertaufd^te, ferne ©tet
lung al^^elloto aufgegeben l^atte, ft)urbe er 1611 )um $räfibenten feinet frühen SoKcge
fietoöl^lt, aQerbing^ unter gro|em, jum Xeil ftürmifd^en 2Biberf}}rud^ einer ^rtet, bie, ott
ie bie 9Ba^l felbft nic^t t)erl;inbem tonnte, beim Könige, toenn auc^ Vergebend, bie 8u^
l^ebung ber Sßa^l toegen t)orgefommener Unregelmä^igleiten t)erlangte. S)ie tool^ren (Stfinbc
eaub 307
taKoren anbete. Ign Ojfotb l^ertfc^te unter ^Jül^run^ öon W)hot, bcm f^jäteren ©rjbifc^of
bon SonterbuiV, ein ou^efproc^ener Salbini^u^, ber lebigKc^ btblifd^ gerid^tel fein tDoQte,
ober ouc^ manchen rationaltfüfc^en Suffaffungen 9{aum lie^ unb feine ^orteltl^eit \)ox ödem
bim^ feinen Sbfd^eu aegen oQe^ 6eremonienn)efen im Jtultud botumentierte. Unter Sin-
fUtffen, bie fic^ nici^t nor nad^toeifen laffen, tDal^rfd^einlic^ aber auf feinen Xutor SudCerä)9e, 6
ber f))äter <d9 9tf<^of bon SRix^efter, bann bon @I^ gleiche ^klt ft)ie £aub t)erfol0te, ju»
rfiii^fü^ren fein tDerben, jeigte ftc^ bei Saub fd^on frü^ eine entfc^iebene ^(bneigung gegen
bcn Sabnnitoud unb ft)ejieQ gegen feine liturgtfd^en 3(nfc^auungen unb bamit gegen ben
immer me^ um ftc^ greifenben $uritanidmu$. )8ei bem (enteren mu^te e^ natürli^ 9(n«
f^i erregen, ol^ er fd^on bei ber Setoerbung um bie 98ürbe eine^ SBaccalaureu^ ber X^eologie lo
bie iRottDenbtgteit ber ^ufe, burd^ toelc^e bie @nabe ber 3Biebergeburt t)erlie^en merbe,
be^mi))tete, unb )ugleic^ ben @a( auffteOte, ba^ ed oi^ne Sifd^öfe teine ma^re ftircbe geben
Kmite. SEBie bie eckten anglifaner bon l^eute, — nur ein SSierlcIja^rtaufenb )u frü^ —
fo^ er, Üon bamald ber^ältni^mö^ig gleid^iltig gegenüber ber Se^re, ben Seftanb ber
tDO^ren Ktrc^ oEein gefu^ert burd^ ba$ göttliche Stecht be$ @^tfIot)at^ unb feiner \)ttmxU i6
tdft ber a))ofU)lifc^en Succeffion gen^ä^rleifteten 9Serbinbung mit berUrlir^e. @^on 1606
botte man il^m borgetoorfen, ))a^iftifd^e SReinungen in ber $rebigt borgetragen )u ^aben.
9Ran P^jgf'^ fogor g^en ti^n. @r fc^toieg baju. 3)a ift tein 3^<^f^^/ ^<^ft ^ f^^ \^^^
frft^ mit 9uformgebanten trug, aber ein SRann bon Iül^(er Serec^nung unb 3Jteifter in
ber SdbfAe^Kcrfd^ung, tpartete er, bid feine Qtit lam. 20
Xaam fyfttz er aÜ ^räftbent feinet Sottege bie 3Rac^t baju, al^ er baran ging, ftd^
mit Stuten fetner ©eftnnung ju umgeben. @o touc^d feine ^rtei an ber Uniberfitat unb
balb borüber l^inaud, ober and) feine ©egnerfc^aft. 2!n^^^>^ ^^ ^ f^on 1611, burc^
9tetle em)>fo^Ien, )um fto^an bed Jtönig^ ernannt n)orben. ^atob I. ^atte für feine $erfon
lemalei Steigung. 5Da^ er atö jjunger $riefter, toa^ er fbäter bitter bereute, im ^ntereffe, 36
einen etnfht|rei($en ®önner gu getoinnen, ben Sari bon ^et^onf^ire mit einer gef^tebenen
grau, feiner SRaitreffe, gegen bie Jlir(^engefe|[e getraut l^atte, fonnte er i^m nid^t t)er)ei^en.
Siuc^ fe^ ed ni6t cot äutgeic^en, bag er bt^eilen ein bunKe^ @efü^l babon ^atte, ber
gebKmbte SRonn fönnte i^n m Krc^Iic^en Wa^na^men berleiten, bie ber^ängntdt)oQ Serben
mM^jOL Xber er erlannte feine S3raud^barteit unb fanb in il^m einen ^ann, ber nic^t ^
nur auf feine t^Iogifc^en Sieb^abereien einging, fonbem für biefelben ttr(^ent)oltttfd^en
3iele ev^ü^te, unb ber ben 3Rut l^atte, bon ber lönigKc^en ®en)alt gefd^ü^t, feine unb
bed StSnvgß äteformg^nten aud^ burc^mfül^ren.
Sd b^orf nic^t geringer @infd^änfung, toenn Slanle meint, „t)or aQem bod^ al^ eine
Sttdbreitung ber in Sc^ottlanb entfbrungenen tird^ßc^en formen unb ^h^m l^at man ben 35
engltfc^ $üritani$mud anmfe^en'' (@ngl. @efd^. II, @. 34), aber ba^ ift feine ^rage, ba^
bwcc^ bie Serbinbung bon @nglanb unb @d^ott(anb, burd^ bad @inftrömen catointftifc^er
0d>anten in bod Sleic^ ber @lifabet^ ber $uritani$mu^ in feiner ))re^b^terianifd^en ^orm
befiärlt toexben mu|te unb ba^ bie englifc^en Puritaner fi^ ben größten Hoffnungen ^in«
gaben. SBod man ertoartete, geigt „bie taufenbftimmige S3ittf(^rift'' (Millenary petition, 40
f. b. 9L Puritaner), in ber bie Puritaner um Erleichterung in ber tirc^üc^en ^uri^biltion,
unb um Me Serec^ti^ung, gen^iffe anftö^ige Zeremonien abguf^affen, anbered nac^ bem
9Borte 0otted ein)un4ften, baten unb toünfc^ten, ba^ bie englifc^en Sifc^öfe teine anbere
Stellung ^en foQten ate bie fd^ottifd^en. 2Bie n>enig tannte man bo^l biefen König, ber
tndme^ borouf audgina, bie fd^ottifd^e Jtird^e nac^ englifc^em üJlufter gu reformieren, ber 46
gang \m ®egenf(^ gu frül^eren älud(af(ungen, je^t feinen $el^{ baraud machte, ba^ für
t^ bie englifc^ ifird^))erfaffung unb i^re tultifc^en formen ba^ ^aOabium be^ ^eid^^
feien, unb bä in ber @rinnerung baran, ba^ in @(^ott(anb mit ber Sufl^ebung ber Si^^
tfimer om^ bie 6c^mälerung ber 3Dtad^t ber 5trone eingetreten fei, in ber ^erbinbung einer
Warfen ilöiugdnuu^t unb eined ber ^one ergebenen ftarfen Spiftobat^, — no bishop 50
no king — , bod $eil fa^. @eine erften lirc^lic^en ÜRa^nal^men, bie ^orberung bed @ibe^
auf bcn Gi^nremat bed itönig^, unb bie aOen ®eift(id^en aufd fd^ärffte auferlegte 93er«
bod Sommonbra^erbuc^ gu beobad^ten, liefen barüber feinen 3^^^f^^- ^'^
fbnnen jAoc^ ^ier nid^t berfolgt merben. @d ift belannt, toie ed „bem Sinne
bei SÜmgß fo rec^t eiäf^nrac^, $roteftant gu fein, toa^ für feine 9(utorität in ßnglanb unb 66
SAottiaiib unbebmgt nottoenbig toar, unb boc^ aud^ bie Jtat^oliten nid^t miber ftd^ gu
ifdm, bcn römif(^ ^(^^ gu feinen ^eunben geübten gu tonnen'' (dianU II, 46). Sa^
mu^ )U einer BdfouldpoMt führen, bie je nac| ben Umftänben ober auö) ben ben
iföntg gerabe bel^errfd^ben ))erfön(i(^en ßinflüfien balb bad eine ba(b ba^ anbere Moment
^cowrireten lte|. 9lur in bem Streben, bie alten tirc^üc^en @inri(^tungen feftgu^alten 00
20*
308 Saub
be}h). fte lieber etn^ufüj^ren, lö^ ftc^ eine getDiffe ^eftigleit ertennen, unb einer berSRonner,
bef[en Xl^athraft ber ^önig ba)u befonberd benu^te, toax £aub.
^m ^al^re 1616 ^um 3)elan \)on ©loucefter erl^oben, erl^ielt er ben beftimmten 9u^
trag, bie fc^lec^t gehaltene borttge ftat](;ebrale toieber in Orbnung ju bringen. Unb a
5 begann atebolb mit Steformen, bie gmar rein äu^erlic^e ^inge betrafen, ober bei bem
Sßerte, ben beibe ^arteten i^nen beilegten, ba(b t)on großer ^ebeutung toerben foDten.
^it bem äluffommen bed $uritanidmud l^atte in ben meiften Aird^en ber äUtor aufge^,
älltar gu fein. 3Ran brad^te ben „X\\d)*' haffxn, h)0 e^, um bie 9Dbenbma^l^&{ite bobor
^u t)er{ammeln, am bequemften fc^ien, gemdl^nlicl^ in bie ^itte ber ftirc^e. @o toor ed otu^
10 m ©(oucefter unb barin \al} Saub ein ®reuel. ^a^ biefe Stellung b«^ äUtard bie Riv^^
befud^er baut k)erfü^rte, $üte unb StödEe barauf )u legen unb il^n fonfi )u oUerlet un«
tDürbtgen fingen gu benu^en, Vorüber bie ftrengen Kirc^enmänner {tagten, mag ric^
fein. tJür Saub toar aber, toie er \pätn in feinem ^rogefe gur S3egrünbung feine« Sot*
geltend in biefem ^untte angiebt: the altar the greatest place of God's residence
löupon earthy greater than the pulpit, for these 'tisHoc est Corpus meum,
this is My Body; but in the other it is atmost but Hoc est Verbum
Meum, this is My Word; and a greater reverence is due to the Body, than
the Word, of the Lord (Works IV, , 284). 3lte 3)elan, bem nac^ englifdj^en Ritd^
red^t überi^aupt bie 9(ufftd^t über ba« ätu^ere ber 3)u)cefan{ird^e unb namentlich ber Ra^
ao tl^ebrale unb ben ganzen Jtultud jufommt, lie^ er fofort ben SUtar am Oftenb bed S^ord
auffteQen unb t^erorbnete, ba^ aue fiirc^enbiener beim @intritt in bie Jlirc^e unb beim
SSerlaffen berfelben ftd^ gegen ben äUtar ^in t^erbeugen foQten, toorin 5t(eru« unb Soll
nur $a))i^mud fa^en, unb toa^ jur ^olge j^atte, ba^ ber ä3ifd^of feine ftat^ebrole ^afyct
lang ni^t betrat. SSergeben« beriefen fid^ bie ®egner auf bie t^eil^eit, bie baiS Common
26 prayer book in biefem $unlt gemalerte ; ber Jiönig entfd^ieb, ba^ bad Siecht, babon ®tf
bland) )u mad^en, nur bem Orbinariat mlöme, biefe« ju befttmmen ^obe. S3ie fe^ ber
S^önig in i^m feinen 3Rann gefunben )u ^aben glaubte, jeigt, ba^ Saub il^ im ^afjitt 1616
auf ber Steife nac^ &4»ottlanb )u begleiten l^atte, bie ni(|t am toenigften bie Snba^mmg
t)oQtommener Konformität mit ber anglitanifd^en Jtird^e begtoecfte unb auf ta>el(^er ^(ooh I.
soburc^ feine fc^arfe Betonung ber fdniglic^en ^rärogatit)e unb feine SRa^nol^men bie Schotten
fo tief unb nac^l^altig t^erl^te. @^ mag fein, ba^ Saub, toie '\d^ angenommen toirb,
nic^t unmittelbar bei bem @rla^ ber ätrtilel k)on $ert^ beteiligt toar (p^l über fte Neal,
History of Puritans I, 469), ebenfotoenig toie bei bem in bemfelben ga^r 1618 au#»
gegebenen fogenannten Book of Sports (A declaration to encourage recreations
86 and Sports on the Lords day), bad im ®egenfa( }u ber t)on ben $uritanem onge*
ftrcbten ftrengen ©abbat^^feier, getoiffe 5}ergnügungen pir biejenigen, toelc^e bem ganzen
©otteigbienft in ber ^farrlird^e bcigctoo^nt l^ätten (ebenba ©. 472 f.), geftattet ; glei^too^l
toai man überzeugt, ba^ gerabe er feine $anb babei im @))iele ^e. ^m 3a|re 1621
n)urbe er Sifd^of Don @t. ^ak)ibd unb gdb t)on neuem baburc^ älnftoft, ba| er fu^ in
40 feinem $alaft ju 9lbergmill^ eine eigene Jta))e(le baute, ©eine ürc^ltc^e ©teQung, na<
mentlic^ gegenüber ben Slömem, auc^ tl^eoretif(t> im 3wfammenl^ang florgulegen, gab i^m
ber Jtönig ©elegenl^eit, al^ er il^n 1622 k)or ber ^um Kat^olici^mud neigenben ®räftn
öon Sudting^am ju einer 2)iö))utation mit bem ^efuitcn go^n ^if^er öeranla^e, über
bie er \päUx in feiner „Relation of the Conference" (Works II. S3b) berichtet 1^
46 ^a ift er junäc^ft tocit entfernt baDon, bie römifd^e ftird^e fc^lec^tl^in ju t>em)erfen. @r
erlennt fte al^ eine treue 5lirc^e an, meil fte bie ©d^rift, toenn auc^ nid^t ald oEeinige
unb t)oUfommene ©lauben^regcl unb bie beiben ©aframente ald 9Sermittler unb Siegel
ber ©nabe fcftl^ielte. 2lber bie fat^olifc^e Äirc^e ßl^rifti ift fte nid^t, ba^ ift bie „jmmitiDe"
Äirc^e ber erften t)ier 3^'[?'^^?"nbertc, ber bie engltfd^e am näd^ften fte^t, nä^er ald bie ber
60 gleichen SBurjel cntftammenbe römifc^e, mit ber fic ber ©ubftanj nad^ biefelbe ift, bie aber
ein Derberbter ^^«g f^i. 2)iefe^ ^i5erberben fa^ er einmal in bem gu toeit getriebenen 6er«»
monientoefen, jum anberen, unb baö c^aralteriftcrt feine ©tellung aud^ für bie f^ätere 3«^/
in i^rem SogmatiiSmu^. 2Ba^ er anftrebt, ift möglic^fte 2Beit^er^ig!eit in bogmotifc^
^agen. „The church does not require assent unto particulars." 3)ie 99^^au))tuiig,
66 alle Don ber 5lirc^e befinterten $unlte finb gleich funbamental, betäm))ft er. ^nbamental
ift nur, tüai gur©elig!eit nottoenbtg ift (the soul saving faith). ^ie ©runblagen beJ
©lauben^ ftnb bie ^eilige ©c^rift unb bie ©^mbole. SBenn ftd^ 3^^'^ ^^ ^ SrtiW
ergeben, bann ift ba^ auf ®runb ber ©d^rift entfd^eibenbe Äonjtl ber befte Slic^ter (Works
II, 428).
GQ ^ei ber Slnfc^auung, ba| in ber iRirc^e ber erften ^^a^ri^unberte, ber ))nmitit)en, ber
Saitb 309
Vta^UA für bie h>al^e fttrdje fet, begreift e« ft(^, bafe er über bie Raffung ber Slrttfel
unter @Ufabet^, bie i^m )u catoiniftifd^ ft)aren, auf ben @bn)arbfd^en @ntn)urf jurüdgel^en
tDoOte, ber ber Se^re ber alten ftirc^e biel naiver ftanb. 9(n bie Stelle be^ Decretum
absolutum fe|te er bie Sel^ bon ber allgemeinen ®nabe unb erllärte bie guten 3BerIe
fifar ein toefeimtc^ 9Roment in ber Siec^tfertigung. 3)ie ^ufe teilt bie ^iebergeburt 6
mit, bie ober t)er[oren ge^en lann. 3)ie Xrandfubftantiation im ftreng fd^oloftifd^en ©inne
leugnet er unb tooüU bieOeic^t nur bie 9leal))räfen) belennen (II, 364 f.), aber feine SCu^^
laffungen ftnb unflor, ebenjo feine bem Common prayer book entf))red^enben 3)ars
legungen über bod älbenbma^l aU Dp^n, in benen er bad sacriücium propitiatorium
abtoeift, ober boc^ ein sacrifice commemorative and gratulatory made by the lo
priests and people annimmt (II, 340 f.). 9(uc^ barin tommt fc^on fein t)on il^m f))äter
befonberd betonter @tanb}}un{t ju 3^ge, ba^ er ben ®runb für bie S3em)irrung in ber
anglt!ant{<^en ftird^ tDefenttic^ m bem ÜRan^el an Uniformitöt fielet, ^ie innere ®otted«
bere^rung fei freiließ bie $aut)tfac^e, aber bte äußere (Sinl^eit fei ein getoic^tiged 3^0^^^
ber ffielt gegenüber, unb bie Zeremonien l^ben @influ^ auf ba^ innere. %xx müf[e i6
babet bie rechte 9Ritte eingehalten toerben, Stom unb bie @eltierer ge|en )u toeit.
@ettbem tourben feine Sejie^ungen jum $ofe immer enger, benn er ^atte bie ^eunb^
f(^ be§ mächtigen ©ünftlingd Sutfingpam, ber i^n ju feinem Seid^tbater machte unb
ftd^ bun^ i^n in religiöfen unb tirc^Iic^en ^agen beraten lie^. @ein @influ^ auf bte
itinl^en)>olttÜ tamr aber bislang nod^ ein inbirelter. @eine erfte @taat^ftellung erhielt er, ao
QU er 1622 in bie commission of grievances berufen tourbe. 3)a^ tourbe aOeiS ans
bei« mit bem Stegierung^antritt Sl^arled I. (27. ÜRörj 1625). @e^r balb tonnte man
bemerbn, tote i^ ber Jtönia beborjugte. @r l^atte anftatt bed toegen feinet $uritanidmud
in üngnabe gefallenen Sifipof^ 38iDiamd oon Sincoln bei ber Jtrönung al^ ^ilan oon
SSeffamnfter )u fungieren. Sßenige ^ge nad^ bem 9legierung$antritt erbat ftc^ ber Jtönig 26
bon i^ eine Sifte ber )u Seförberung geeigneten ©eiftlid^en, toobei er fte atö OrtJ^obo^e
btfio, Puritaner morlierte. S3alb barauf tourbe er jum Sifc^of oon Satl^ unb äSelld,
^doai ber $ofgeiftti(^teit unb ^Dtitglieb beiS ael^eimen ^at^ ernannt. 3)ie oon i^m bei
Eröffnung bed erften ^arlamentd gehaltene offigieDe $rebigt, in ber er bie oon ©ott ge^
fd^eidte (Setoalt beiS R&nvgi in (Staat unb ^ird^e betonte unb ben ftönig al^ @tellt)ers ao
treter (Sottet bqeic^nete, lie^ bie Puritaner ertennen, toad t)on bem@influ^ biefed ^anned,
ber tl^nen (fingft ol^ ^ß^^'ift berbäd^tig toar, )u ertoarten toar, unb anbere^, toa^ folgte,
berf(^ärfte ben ®egenfa^ ber {ird^Iid^en Parteien. 9iod^ toar bie @ad^e nic^t fo ft)eit ge^
bie^, bag man bon fetten ber Puritaner ba$ tird^lid^^e ©runbgefe^, bad Common prayer
bo^ im gonjen bertoorfen l^ätte unb eine burc^bringenbe 9leform ber lirc^lic^en Sinric^^ ss
tmigen onßrebte, — in biefem @inne toar ber $uritani^mu^ bamatö nur bie @ac^e einer
iMr^ältmdm&^ig Keinen 3Rinorität, aber bei f^r t)ielen in ben ^itte(Haf[en toar bie ^rä-
beftinotton im Sinne Satoin^ jum toid^tigften ®lauben^rtilel getoorben. ^ebe älbtoeic^ung
b^Hm galt al^ eine Hinneigung jum $aj)i^mu^. 3Jlan fönnte ben lird^Uc^en ®egenfa^,
tone er am Xnfong ber Slegierung RaxÜ I. ^erbortrat, faft auf bie ^ormel bringen, bort lo
nmformität im ftultud, ^ier bei' ben Puritanern im 3)ogma, nur ba| ^ier fe^r balb au^
bem S)ogma ouA bie Jtonfequenjen l^tnjid^tüd^ be^ Sittu^ g^ogen tourben, je me^ bie
anbere ^[Sortei ft(9 barauf fteifte. ftirc^hc^e Uniformität galt jebenfaQd bei beiben Parteien
aü ber Sdftein bed 9teic^e^, toorau^ fid^ bie gleiche ^ntoleranj auf beiben Seiten ergab.
'ibdf fyüit bie ätegierung birelt nic^t oie( get^an, toad ben SSortourf ber romanifterenben 46
Zei^enien fc^led^tl^in rechtfertigte, fyati^ boc| ber ^önig fogar, um ben latl^oltfc^en Sinflu^
p bteoen, gegen bie &ftpmm ben fran^bftfdb'tatl^olifd^en household ber fiöniain Oer=:
jagt Sber fc^on bad ^afein ber lat^olifc^en Königin, bann bte ft)anifd^en unb fran^öfi-
\iftn Sqiel^ungen ersten bie toac^fenbe ^urd^t oor ben t)a))ifttf4en Xenben^en. ^a^n
tarn, bop ber König Scanner toie S^id^arb SRontague, ber gegen ben Safotnt^mu^ auf^ 50
getreten toar, unb gegen ben bad Parlament Jtlage führte, unter bem @inf(ug einer ^om^
mtffton, beren Seele Saub toar, offen begünftigte, ja fo rec^t im ©egenfaj jum 9Solfö-
toiDen ju ^0^ tin^Ii^fen Stellen beförberte (^ubbon S. 29 f.), Seute ber entgegengefe^ten
ätii^ng bei|ette fc^ob ober auc^ unterbrüdte. @benfo toar nic^t ^u Oerlennen, ba6 bte^
feCben ift&mer, ouf bie ber Äönia ftd^ bei feiner Oerfafjungötotbrigen inneren $oIttiI 55
ftÜlfU, jugleic^ bie Rubrer ber l^od^tirqHc^en Sltd^tung toaren, bie bad t)on ben Puritanern
be^errfcpte f^mtd ber Gemeinen fd^on mit bem ^a^t^mud ibenttfijierte. So beftörlte ba^
üme bod Sbibere. 3)ie O))t)ofition gegen bte 9legterung§t)oIttiI bei ben einen, ber i^amp^
ffo bie 9lec^ bed Jtönigd bei ben anbeten, OerqutdEte ftd^ mit rcKgtöfen Xenben^en, bad
^ob ilj^m bie ©c^e, ba^ toar e«, toa« il^n für beibe Sßarteien jur ©etoifjcn^jjfltcpt, einen go
310 Sank
älu^gkid^ unmöglich machte. Unb Saub toar ed, ber immer me^r @mf[u^ auf ben Jtdntg
geft)ann, bad SetDu^tfein t)on feinem gdttßc^en Siechte fteigerte, aud^ bie J^eraudforbemben
Sieben be^ Jlönigd t)or bem Parlamente t)on 1626 auffegte (Works IV, 354). Shtnme^
(2!uli 1628) )um Stfd^of t)on Sonbon beförbert, begann er feine Steformt^otigtett. Sein
5 Sßerl tft bie noc^ l^eute ju Siedet befte^enbe unb im Common prayer book ftc^ ftnbenbe
3)etIaration t)om 3lo\). 1628, toeU^e bie t)oQe toirKtc^e Snna^me ber 9(rtilel ,,m the
literal and grammatical sense'' t)orf(l^reibt unb jebe eigene 3Reinung über i^ren Sinn
)u äußern Verbietet. @$ ift richtig, ba^ ^rin, h)ie man, um Saubd fatl^oKfterenben Stonb«
t)unlt ju leugnen, betont ^at, ftc^ aud^ eine getpiffe 9Bett^er)igf eit gegen anbere 3Retmtngen
10 jeigt, mie benn in ber Xl^at £aub {eben, ber gegen bie ätrtilel ni^t ))oIemifterte, acctp^
tierte, aud^ toenn er i^nen bie (ibera(fte 9(uäegung gab. älber bad betoeift nur bon
neuem, tok toenig ^E^tereffe er an ber Seigre ^atte. %xdf fein @ifer gegen ben Satointd^
mud berul^t nur barauf, ba^ er in i^m eine Untergrabung bed Jtultud fab. Unb bie in
ber Uniformität be^ ftultud )ur Srfd^einung tretenbe @in^it ber ftird^e fiel il^m mit bem
16 2Bef en ber Sirene jufammen, I laboured, fagte er f))äter ;iu feiner SSerteibigung, nothing
more, than that the exterual public worship of God — too much slighted in most
parties of this kingdom — might be preserved, and that with as much de-
cency and uniformity as might be; being still of opinion that unity cannot
long continue in the Church, when uniformity is shut out at Church door.
ao Unb nur eine fol^e uniforme ^ird^e ft)ar nad^ il^m im ftanbe, bie toal^, gottgewollte
@tü$e bed Staat^toefen^ ju fein: He who ever he be, that will not conununicate
in public prayers with a national Church, which serves Gk>d as she ouriit,
is a Separatist ($ubbon @. 63). Solche Su^erungen geben ben Sc^Iüffel )um Ber«
ftänbni^ feiner ganjen Haltung.
25 911^ bad $ar(ament bon 1629 jufammentrat, geigte ftc^ ber {ird^Iid^e ®egenf^ fd^on
in feiner gangen &d[»ärfe. ÜRel^rere ^ü^rer ber l^od^^tirc^li^en gartet, &tbt^ort>e, SKantoa«
ring (t)gl. Stanle II, 196), Ratten bie Puritaner burc^ i^re abfolutifüfc^en Xudlaffungen,
tDonac^ für aQe Sefe^Ie be^ Jtönig^, toenn fte ni^t mit bem göttlich ®efe^ in SEBiber«
ft)ru4 ftünben, aud^ toenn e^ ft^ um Sntric^tun^ unbetoiQigter @teuem banbäte u. f. to.,
80 unbebingter ©el^orfam t)erlangt tourbe, fd^toer gereigt. 3)ie 9(uä)rüdCe „$riefter^' unb „9dto"
erfc^ienen il^nen bereite unerträglid^ unb lieferten ben SetoeiiS, ba^ bie Seute, bie fte ge«
braucht, fic^ auf tat^olifc^er Sinie betoegten. ^Rcm, forberte il^re Seftrafung, ober bod^^ar»
lament tourbe aufgelöft, ed begann bie ))arlamentlofe, abfolutiftifc^e Slegierung. Unb Soub,
ber aUerbingd jene 3Ränntt fcpä^te, unb bon bem man fagte: Like a busie and an
86 angry waspe, his sting is in the tail of every thing (Senfon @. 69), tourbe
immer mebr auf bie ©egenfeite gebrängt, je mei^r ftd^ ber $a| ber ^uritamf(^ Dppo^
tion auf i^n rid^tete. Unb in firc^lid^er 93e)iel^ung glaubte er bei femer 9d^m)>fung bied
$uritani^mu^ lebtglic^ bad nac^ feiner 3Jteinung ftr^lic^ ni Siecht Seftel^be ju tx>ai^,
felbft (einerlei Steuerung eimufül^ren. Obtoobl in feiner ^eife ein frommer SRonn, fein
40 3:agebuc^ lä^t fein ©ebet^leben erlennen, — freilid^ beilegte ed fic^ burc^ud in tin^rupen
^formen unb gormein — , aud^ auf SBürbe unb $|JrunI legte er feinen fflert, in biefer Se»
jie^ung tonnten bie@egner nic^td an il^m audfe^en, au^er ettoa eine getoiffe ^otmlofigkit
tm äSerfe^r, aber gang ber 3Rann be^ ^i^telleftd unb bed $rin)it)d, fehlte '^ ieglic^
^l^erftänbni^ für jebe ou^erl^lb be^ l^ergebrac^ten ®eleifei^ ftd^ betoegenbe gfcömmigiett (Sr
46 bermoc^te aud^ leinen Unterf c^ieb in ber Beurteilung ber tjerfd^iebenen Parteien )u mac^, —
e^ mar aQed ^uflel^nung gegen bie befte^enbe Drbnung unb gegen ba^ gotigekooDte Sle^
giment, ®runb genug, um jebe ba^ingei^enbe Siegung, ft)o fte immer in bie Srfc^etmutg
trat, mit ber i^m eigenen @(^ärfe entgegengutreten.
^n ben nöd^ften ^al^xtn toax er e^, ber neben bem unbebeutenben, ttntl^ttgen Sorb«
60 fd^a^meifter SBefton, in enger SJerbinbung mit SBenttoort^, bem f^Kiteren ©orl of Straf«
forb im ^tarnen Jtarl^ @nglanb regierte. Sd^^on im 3)e)ember 1629 ging man )u einem
fc^n)eren Slngriff gegen bad immer beutlid^er m S^age tretenbe Überwuchern oer neuen
religiöfen Strömung über, inbem man bie Il^ätigfeit ber fog. „lecturers" einft^onlte. S)aÄ
ft)aren Seute, bie entmeber bon einer Kongregation, ober aud^ einem etnjelnen 3RttgIt^
66 lebiglic^ a(d ^rebiger aufgefteKt tourben, unb i^re Übung toar nic^t feiten bie, bag fte
nac^ @c^lu^ bed offi^ieUen @ottedbienfted, an bem fte felbft nid^t tetlnal^men, bie itonjel
beftiegen. Unb man (onnte fd^on beobad^tcn, tok fte in ben Slugen ber 3Jlenge bei toei^
tem ^öber ftanben, al^ bie ©eiftlid^en, bie t>orl^er i^re gebrudCten ®tb^t obgelefen ^K^tten
(©arbiner, hist. of England VII, 131 f.) Offenbar bebeutete il^ anpettung bu«^
60 bie ©cmcinbe eine bdllige ^urc^brcc^ung bce l^terarc^tfd^en ^rinji))^. ^arum galten fte
Saub 311
für 2atib mit Sle^t atö bie $au))ttTäger bed ^uritanidmud. 9iun ft)urbe burc^ eine t)on
bcm fidniae an bie Sifc^dfe erlaffene ^nftru!tton beftimmt, ba^ tote in Sudlern fo aud^
auf ben mnjeln iebe ^olemil t)erboten fein foKte. ^ie l^ergebrac^ten ^iad^mittag^rebigten
tDUtben in Jtated^len für bie ^ugenb umgetoanbclt, bie ^tebigt im ^Rorgengottedbienft
burfte )toar befleißen bleiben, ober niemanb bütfe bie Mangel befteigen, ber nic^t t)or^er 6
im S^ortod (in his surplice) bie t)orgefc^riebenen ©ebete gelefen ^ätte. Hein lecturer
foDte in einer Stabt angefteQt toerben, tomn er ni^t gugleidb bie Seelforge übemel^me,
imb bie Sifc^dfe ^tten barauf ju ad^ten, ba^ nur bie gefe^Iic^ berechtigten @beUeute fid^
Xaplcati l^ielten, unb bann {o(d[!e, bie qualifiziert a({o t)on ber ürc^Kd^en SBel^örbe aner«
laimt tDorben {eien. @d begreift fic^, toelc^en ^a^ Saub burd^ fo(c^e 3Jta^rege(n auf ftd^ lo
herauf befc^toören mu|^te, unb man ^atte nid^t fo unred^t, toenn man in i^m ft^ejieQ bad
bcclöii)ect fab, toa^ bie O))))ofition in @taat unb förc^e befäm))fte. 3Rtt großer 9(ufs
mcrifamlett beobad^tete man iebe feiner ^anblungen. Unb bei feinem großen @influ^, —
fnt 12. abril 1630 toar er aud^ Aanjier ber Unit)erfttät O^forb, unb atö 3RitgIteb bed
g'^itnen vtcdi, ber @temlammer unb ber l^ol^en Jlommiffton, toelc^e bie eine al^ toeltlic^e i6
mmiffton, bie anbere al^ geiftlic^e, über bie 3)urd^fü^rung ber je^t o^ne $ar(ament
[^igliC9 Dom gel^men 9late aui^e^enben ©efe^e übertoad^en foQten unb unter 3^^^ng
ber Sonbe^efe^e unb Sanbei^etooi^nl^eiten eine graufame SBiQlürl^errfc^aft ausübten, gab
er äinla^ genug baju, fic^ immer größere ^einbfd^aft jujujiel^en. ^n ber Xl^at toar ed
lein SBunber, ba^ man e^ nic^t t)er^anb, ba^ er jtoar unter SSertoeid auf bad SSerbot, 20
ftontroDerfen )u be^bebt, jebe ftontrot)erfe über Sel^rfragen mit fc^en ©trafen a^nbete,
bogegen bie9dämt)fung t)on Slngriff en gegen ben @))tpo))aIidmud unb [ein Seremonientoefen
torotegierte, toüi ed fi^ babei um bie Slufrec^terl^altung gefe^Ud^ )u Siecht beftel^enber 3u«
ßanbe ^onble. 9lber furc^tlod, obtoo^l im ä3en)u^t[ein, überaQ \)on f^inben umringt ju
fein, unb of^nt t)oSe Hoffnung, bie t)on i|^m fo fe^nlic^ erftrebte Untformitöt unb bamit 26
bie9ht^ tDiroic^ errei^en )u tonnen, aber in ber Ueberjeugung, bamit bie @ac^e @otted ju
füllten, ging er feinen 2Beg (Si his artibus peream, factus inter litigantes victori,
ut Bolet, praeda, merces mea mecum, nee extra me, nisi in Deo, solatium
quaeram. Interim, quae spero pauciora sunt, quae timeo multa, t)g[. ben für
^e »mten fe^r inftruftiöen ©rief an aSolfm« (Works VI, 265 f.). ÜRit biefem 9e« so
tant|tfein tourbe er immer fanatifc^er, jjeber Angriff auf fein @^ftem toar ein 9(ngriff auf
(Botted Oi^nung, feine f^einbe, bie ^einbe @otted, bie er mit furchtbarer ©raufamleit, toie
im %äOt 90. Se^^tond (b^I. barüber ©arbiner, VII, 143 ff.), )u t)emic^ten für feine
$ffi$t ^ielt ©ein bif^dfltd^ed 9(uftreten n)urbe immer römifc^er, man bemerfte, ba^ er
^ nidft nur beim betreten ber ^irc^e nac^ Dften l^in t)erbeugte, fonbem ebenfo bei 9len« 85
mmg bed Stamen^ ^iefu. 9(tö einen toeiteren ^ortfd^ritt auf ber tat^olifc^en Sinie mn^tt
man bod ftd^ic^ r>on i^m inf}}irierte ^^aftengebot k)om 12. 3lot>. 1630 auffaffen, toeldpe^
ben €knu^ bon ^leifc^ am t^eitag t^erbot, obtool^l bie 9legierung ed mit ber öf onomifc^en
Sage begiAnbete unb auf ä^nlic^e @bilte aud ben ^Äim Sbtoarbd VI. unb ber @Ufabet^
^ berief (^ubbon @. 67). ^m ^al^re 1633 begleitete Saub ben jfönig auf feiner Steife 40
jiir ilnhnmg nac^ ©c^ottlanb, too ber frül^ere t)on ^atob unternommene SSerfud^ ber SSer::
cinigung bo: fc^ottifc^en unb englifd^en Jtirc^e toieber aufgenommen tourbe. Jlonnte auc^
icin $(an, etnfa^ber fc^ottifc^en Hirc^e bte englifc^eSiturgie au octro^iren, nic^t burc^bringen,
0 tamrbe bo<^, bie böfe Baat f))äteren ^rrfal^, bie ä(bfaffung einer neuen, ftd^ möglid^ft
an bie englifc^e anlel(^nenbe ^ird^enorbnung in älngriff genommen (t)gl. Jlöftlin ©.150 ff.). 45
Unmittelbar nac^ feiner StüdKe^r aud ©c^ottlanb tourbe er am 6. Sluguft 1633 t)omJlönig,
bem er immer unentbe^rKAer getoorben, unb für ben er bie todrmfte 3ui^^i0ung ^atte,
jttm Sribifc^of bon Santerburl^ ernannt. 3^^ ^9^ t^or^er ^atte man i^m römifc^erfeitd
ben Jtomnoldl^ut angetragen, ^n feinem ^gebud^ bemerlt er einige ^^t ft)äter, am
17. Xuguft, ok boS 9(nerbieten erneuert toorben toar: But my answer again was 60
that Bomewhat dwelt within me, which would not suffer that, tili Rome were
other than it is. ©0 gab ed aOerbingd noc^ eine ©d^anle, bie i^n t)on ber römifc^en
ilird^ trennte, ta>o^( bad $a))fttum felb^. Sa^ er ben ®ebanlen einer Stont^erfton mit
ftttlii^ (Sntrüffaing ^urüdCgetoiefen ^ätte, l^ören toir nid^t. 3Jlan fte^t, tote er burc^ ben
SUcaXp^ mit bem ^untani^mu^ ftc^ immer toeiter auf bie römifd^e ©eite l^atte bröngen 55
(offen. 2)ie ßoffnung, i^n toirRic^ )u gewinnen ober toenigftend burd^ feinen (Sinflu^ für
bie römtfcl^ ^ro^Htganba größere ^eil^eiten )u erhalten, gab man bort noc^ nic^t auf. @ie
tamxbe gen&^ buri^ bad im ^a^re 1634 )u beobad^tenbe t)ertrautere SSer^dltnid jur fa^
t^tf<^ Jldnigin unb feinen ^erlel^r mit bem ))ö))ftlic^en @miffär ^on^ani, ber freilid^
nur ben @rfoIg ^atte, Saub noc^ mel^r in ben äugen bed ))uritanifc^ gefmnten SSoIIed co
312 Saub
ju btefrebitieren (Senfon S. 73 f.). SJK Stjbifd^of bon EonterbutV/ Äönjler bon Ojfwb
unb 3)ublin unb int Seft^e feiner anbeten Erntet übte er je^t einen foft unbefd^räntten
(Sinfluft in @taat unb jtirc^e, ben er ol^balb baju benu^te, nunme^ im gongen Saxibt
feine firc^lic^en Sieformotion^ ober SRe^rtftinotion^ebanfen burd^gufü^ren. Zimmer me^r
6 befeftigte ftc^ in ii^m ba$ S3eft)u^tfein, ba^ auf bie ^(ufrec^terl^alUtng beffen, ta>ad er ok
iwcd) bie lirc^lic^en ^anoned 0efe|licl^ feftgefteSt anfal^, bad ^eil nid^t nur ber Ricift,
fonbem bed Staate^ berul^e, jebe Slbtoeid^ung burc^ ^(bfc^reclung^mittel ber^inbert toerben
ntü^te. 3)al^er feine, bie aOer anberen SRid^ter übertreffenbe Strenge in aQen Suritanere
))ro)effen gegen ^r^nn, ber in feinem ^iftriomaftis ba$ ^ierard^ifc^e @bftem be^ Snbifd^ofd
10 gegeißelt $atte, gegen Safttoid, Surton u. f. h). (bgl. Srofc^ @. 152 ff.). 3)ie erfien bon
i^m atö Srjbif^of bei bem ^öniae beranla^ten Slnorbnungen belegten fid^f auf ber fc^on
frül^er eingefc^Iagenen 9lic^tung: leine Orbination o^ne totrtlic^ed 9(mt (title), tDa^ einen
neuen 9(ngriff auf bie lecturers bebeutete, unb bie erneute offuieüe ^ubltlotiim bed
books of Sports, toomit fic^ ber 5{am))f gegen ben }}uritanif^en @abbat^ berbonb.
16 @d^on tiefer griffen anbere ben Jlultud unif ormierenbe ÜRa^regeln ein. SUIent^Iben tourbe
j|e|t bie 9(uffteIIung eined 9(Itard im Oftc^or unb bie @rric^tung einer @c^rante bor bem*
felben geforbert. 9$ifttationen, bie 1634 begannen unb mehrere ^al^re toi^er^olt tourben,
forgten für bie Sludfü^rung unb bie aenaue (Sinl^altung beffen, toad bad Common
prayer book nad^ feiner 3Keinung borfc^rieb, aud^ für bie äSie^ereinfül^ng ber alt«
ao ürc^lic^en geiftlid^en ©etoänber, bergen, gemalter Jlir^enfenfter unb bed gon^ tin^Kc^
$om))eiS, ber unter bem (Sinflu^ calbiniftifc^er S^enbengen too^renb ber l^ten ®eneration
in älbgang gefommen toar. 3)ane6en barf nic^t t)ergeffen toerben, ba^ er nic^t tDeniged
t^at für bie ^ebunq ber materieOen SSerl^<niffe bed Jtlerud, Osforb mit reichen S^enben
bebad^te unb ben ®influ^ ber ftird^e, t)or adem ber Sifc^öfe auf iebe äSeife }u förbem
35 fud^te. ^^m toar ed p banlen, ba^ 1636 l^u^on, ber Sifc^of bon Sonbon, ber erfte
®eiftlid^e feit ben 3^^^ ^einric^ VII., Sorbf^a^meifter tourbe. ^a^n bemerlt er in
feinem ^gebuc^e : „unb nun, toenn bie Jiirc^e ftc^ je^t nic^t mit ®otted $Ufe oben ^ält,
ic^ fann niAt me^r tl^un" (Works IV, 226).
9iur fd^einbar ift ^ ein 98iberf))ru^ )u feiner fonftigen Haltung, toenn toir ^ören
90 ba| er im ^af)xz 1637, ali mel^rere Jlonberfbnen im 9[be( borgdommen iooren, bie
gleiche Strenge toie ge^en bie Puritaner auc^ gegen bie ^atl^olifen angetoenbet toiffen
tooQte unb bie @d^ulbtgen bor bie l^o^e ^ommifjton forberte. @d toor einerfeitd ba
ftärfer toerbenbe @inf[u^ ber Jtönigin, ben er fürd^tete, anbererfeitd bad il^n bei aüm feinen
Sna^nal^men befeelenbe ä3eftreben, um jeben $retd bie Sinigfeit ber Jlirc^e bon @ng(anb
86 gu erl^alten. „I am between two great factions, very like com between two
mill-stones", fc^rieb er bamal^ an äßenttoort^ (ebb. VII, 378), unb bei feiner SBoc^
famteit, toobon feine aQiöl^rlic^ bem ftönige überfanbten ^ifttation^berid^te Jtunbe geben
(ebb. VI, 317 ff.), fc^ien e« il^m gu gelingen, ftein 5ßarlament nal^m ftd^ me^ ber 9lon»
lonformiften an, bie eine 3^^^ ^^i f^^^ unbequeme 0})})ofition burc^ bie treffe tourbe
40 burd^ ein fc^arfe^ 6enfurgefe| bon 1637 faft gam unterbrüdEt. 3lux 2taU feiner iRic^tung
tourben angefteiOit unb tonnten ftc^ im ürc^üc^en ^ienfte galten. @o gelang ed aEerbingd,
toö^renb im ©el^eimen ber ^uritani^mud immer mel^r antou^^ unb feftere ^rmen at»
toann, im eigentlichen @nglanb eine toeitge^enbe äußere Konformität burc^jufe^en. um
fo geringer toaren bie@rfolge bei ber beabftd^tigten 9(nglilanifterung ber fd^ottifd^en Jtin^.
46 ^m 3Ra\ 1635 tourbe ba^ bon fd^ottifc^en $rölaten au^earbeitete unb bon Saub rebi«
bierte book of canons angegeben, bad nid^t nur eine t^öQige Unterbrüd(ung ber pxtd»
b^terianifd^en Jlird^e Sc^ottlanb^ unb il^ire @rfe6ung burd^ ben englifd^en @))iflo})alidmud
bebeutete, fonbem, unb ba^ toar ed, toa^ ba^ S3u^ auc^ für bie englifd^e i^ird^e bebeutung^oQ
toerben Ke^, bad in Snglanb längft befolgte Softem bed @taat$fird^entumd unb be^ fentg«
60 lid^en älbfoluti^mu^ mit einer bi^^er nie bagetoefenen (Schärfe unb Offenheit )um Sud*
brudE brad^^te, e^tommuni^terte boc^ fog(eic^ ber erfte ftanon jeben, ber leugne, ba| bem
itönige biefelbe unumfd^ränfte 3Jtac^t gutomme, toie ben 5!dnigen ^uba^ (bgL HdfUm
©. 152 ff.). üJlu^te fc^on bie^ ben Untoillen ber ©d^otten ^erborrufen, fo no^l mebr bie
toieberum bon Saub reDibierte unb möglic^ft ben römifc^cn JiultuiSformen fxd^ onnäpembe
66 Stturgie, mit ber am 23. ^uli 1637 begonnen toerben foOte. @$ fam jum Xumult in
ber St. Giles church in @binburg, bann )um fc^ottifd^cn Sobenant 2Bie toeit ber @r}<
bifc^of für bie barauffolgenben ))olitifd^en iD{a|regeln im einzelnen beranttoortlid^ )u mod^
ift, ift nic^t fidler, tool^l aber, ba^ er ben ^önig brängte, in ber fird^lid^en ^oge nic^
;iurüdE)utoeid^en, unb ba^ man i^m an ben fd^ottifd^en SBirren unb allem, tood borouf
60 folgte, im 9[$ol{c bie $au)^tjd^ulb beimaß. 9luc^ ift nid^t gu leugnen, ba^ er nac^ Shif*
Saub 313
Idfung bcd btrjm $at(amentö im ^ntereffc be$ t)on i^m für nottDenbig gel^altenen Jtriegcd
au(^ )u inlonftituttoneSen 3Ra^nal^men riet. Unb ft)a^ man i^m f^öter nic^t am tDentg^en
bortoorf, tDar, ba^ er entgegen ber btdl^erigen fiBung, unb tro^bem, ba^ er felbft 93ebenfen
bogegen l^otte (®arbiner IX, 142), auc^ nad^ bem 9(u$etnanberge^en bed ^arlamentd
luu^ bem SBtHen be^ ftönigd bie Hont)ofatton breiter tagen unb ju fünften be^ JtriegeiS 6
bte Sefteuerung bed Jl(eru$ um je 20000 $funb t)otteren Ite^ unb enblic^ bie Slnno^me
iHm 17 neuen Jtanoned t)eranla|te. 3)iefe umfangreid^en ^anoned t)om 29. 3Ra\ 1640
(Works Y, 613 ff.), ein Seitenftüd )u bem fd^ottifc^en book of canons, ))rotIamierten bie
unbefc^rönlte 3Rad^t ber Jtrone über (Staat unb Stirere aU m @otte$ ®ebot unb burd^
)M 92aftune(^t begrünbet, bejeid^nete jebe Slnna^me einer independent coactive power, lo
dther, papal or populär, al$ einen Ham^f gegen ®ott unb bie t)on il^m eingef^ten
(BetDotten unb befc^loffen fdJKxrfe Strafbeftimmungen gegen aQe lird^Iid^en unb reliaiöfen
Xtoetc^ungen. 3)a^u lom, bag j[ebermann t)er))flic^tet mürbe, gu befcf^toören, ba^ Seigre,
2)td}t))Iin unb Stegierung, ft)ie ^e in ber Jlirc^e t)on @nglanb befiele, )ur @e(igleit not«
b>€nibg fei, unb niemals einjutoUIigen in ben SSerfuc^, to alter the government of 15
this äurch by archbishops deans and archdeacons etc. — bal^er ber Stcätera^
e& genannt. S)er @r(a^ biefer JlanoneiS — ed gefc^a^ gum erftenmal feit 1604, ba^
bte Stontoolatton t)on i^rem Siedete, folc^e ^nonei^ au^e^en )u laffen, ®ebrauc^ mad^te —
foOte oDed, tDa& in ben legten ^o^rae^nten in tird^ß^er SBegiel^ung gefd^e^en, legalifteren,
bcn @(^ht^ftetn )u bem gangen lirc^li^en ®eböube abgeben. @^ geigt, toie toenig ))oIis 20
ü^ f^tgleiten Saub b^a^, h)ie toenig er bie gange Sage überfd^aute, ba^ er in biefem
SRimiente, too bie 9(meid^en ber allgemeinen ©ärung immer beutKc^er ft)urben, einen
\eUi)m Schritt tDagen fonnte. ®r beftegelte feinen @turg. 3)er lang gel^egte $a^ gegen
t^ loberte in ^eUen »flammen auf, unb toenn bie Bd^otim bei ii^rer Ueberf^reitung ber
englifc^ ®renge in i^rem ^Jlanifeft aU eine il^rer Slufgaben neben ber Seftrafung @tra^orbd 26
bie Smibd unb feiner „^a^iftifd^en'' 3(n^änger begeid^neten, fo ftanben bie meiften im eng^
Gfc^ Soße auf i^er @eite. ®ine %l\jd k)on $amt)^(eten, ^lalaten, @))ottt)erfen, bie
fti^ felbfit in feinem @d^(afgema4 fanben, ergo^ ftd^ über Saub. (Sd tarn fd^on t)or, ba|
tM SoK fu^ bro^enb bor feinem ^alaft gufammenrottete. @in $aufe t)on 2000 brang
in bte ^[ktulkird^, ta>o bie ^0^ ftommiffwn tagte, unb gertrümmerte bie S3änte mit bem Stufe : so
5»id>er mit ben »ifc^öfen, nieber mit ber ^ol^en Äommiffwn (Works III, 237). ©ie
9ttfrcgun0 tamc^ berartig, bo^ ber Jtdnig ben @tcäteraeib bid fax nöd^ften ftont)oIation
fuf^yeiwierte, — ed ioor bod erfte^Jlal, baf ber ®rgbifd^of mit emer feiner 9(norbnungen
nti^ burc^brang. 9(m 3. 9lot>ember 1640 begann ba^ lange Parlament. 9(m 11. tourbe
Strafforb in Smtlageguftanb t)erfe^t. 9lm 18. ^egember traf Saub ba^felbe Sc^idfal, nad^- 86
bem bereite am 16. 9lo))ember bie neuen ftanone^ t)on bem Parlament t)erbammt unb
i^ Ur^^eber mit bem 9Iamen eined „3Rorbbrennerd'' gebranbmartt toorben toar. @r
tmirbe t)er^et. 9(uf ©runb t)on 24 fünften, bie fein gangeiS iBerl^alten in ©taatd«
unb ftirc^angelegen^eiten einer k)on $a^ erfüQtcn Jlritit unterzogen, tourbe er am
26. gebruar 1641 bed ^od^t^errat^ begi(|tigt unb am 1. ^ärg na^ bem Xotoer gebracht. 40
&i^ am 11. 9Rai tourbe @trafforb gerichtet, bem er auf feinem legten @ange auf
feine Sitte t)om ^fter aui ben @egen erteilte. Stber ba bad Parlament mit anberen
2)tngen boDauf befd^äftigt toar, bauerte ed brei ^al^re, bi^ fein $roge^ toirllid^ begann.
^nglDifd^ f(^eb er an feiner History of the troubles, in ber er auf ®runb beffen,
tocA er tmi ben Vorgängen im Parlament erful^r, eine 3(rt SSerteibigung beffen, toad er 45
aet^, unb an bef|en 3^^^n0 ^<^^ Parlament unter forttoö^enben 9(nflagen gegen
feine $erfon arbeitete, niederlegte unb f))äter Xag für ^g Slnllage unb SSer^dr toie
feine Serteibigungdreben nac^ bem ©ebäd^tni^ bid gum ^ge t)or feinem ^obe notierte.
09 \oax eine bonge 3^^/ ^^4 ^^ *fortn)äl^renben Demütigungen unb ©raufamleiten, bte
'Ali ober nid/t boigten. Xn ben $falmen ftc^ erbaucnb litt er im 9en)u^etn, bie Bad^^ 60
Wut» |u vertreten. 9(m 12. SJtörg^ 1644 beoann ba^ 'Serl^ör t)or ben Sorb^, im 92o«
Mnber nn £aufe ber ®emeinen. 3DRit großer Stulpe, unterftüj^t burd^ fein trefflichem ©c^
bfii^tntd, ffi^ er ^g für Sag feine SSerteibigung, ol^ne irgenD toelc^en (Sinbruct auf
feine 9nH&ger unb Slicpter gu ma^en, bie laum bie ^orm einem orbentlic^en ©erid^tm-
beifo^rend innehielten. @m toar bie 9^ad^e bem in feinen Siechten gefräniten SSoltem, bie 66
fibet ibm gu ®erid^t fa^. 3)ie Wenigen Sorbm, bie noc^ tagten, trugen gmar Sebenfen, ob
fciB Serbrec^, ber SSerfuc^, bie bcftel^cnbe Sleligion gu änbem unb bie Siechte bem ^ar-
lomentj ga untergraben, bam fie alm erft)iefen anertannten, unter ben burd^ ein Statut
8b»cnM ni. fef^efd^en ^Begriff bem ^oc^t^erratm falle, aoben aber unter bem Druct bem
\dfcn fifinnif4f bte Verurteilung bem t)erl^a^ten 3Rannem forbemben $öbelm nac^, alm bie eo
314 2anh Sanater
©emeinen erllärten, ba^ bad ^rlament bad Siedet ^obe, jebed SSeribrec^en ate ^od^toenot
ju ftem))e(n. @o erfolgte eben tvegen biefed SSerbred^en^ am 4. 3<^nuar 1645 feine Set»
urtetlung. 9(uf feine Sitte tourbe bte ente^renbe Strafe bed $o(^t)erräteTd (Xob burc^ ben
Strang, Sd^Ieifung unb Sierteilung bed Seic^nam^) auf @nt^ut)tung ermäßigt, ©ott^
5 ergeben fal^ er bem "Xobe entgegen, älngeftcl^td be^felben, t)or bem Sd^ffot, erHärte a
noc^ einmal, h)ie oft bei feiner SSerteibigung, ftc^ nic^t betonet )u fein, gegen trgenb
toelc^ed belannte ®ef e$ be^ Jtönigtum^ ge^anbelt m l^aben, unb proteftierte energif (^ gegen
ben SortDurf, ba^ er bie Jlirc^e jum $a^i^mud $abe führen tDoDen. äSonac^ er gefirebt
l^abe, fei to keep an uniformity in the external Services of* God acoording to
10 the doctrine and discipllne of the church. 9(m 10. Januar 1645 tDurbe bod
Urteil auf To^er Hill t)oII|^en. Seine Seid^e, bie man anfangt in ber na!^
gelegenen 9Hler^eiligentirc^e in 93arting, beren Sieltor ein 9leffe 2auhk tocac, beife^
tourbe 1668 nod^ ber Jiird^e bed St. Johns College inO^orb, bad i^m fo))iel ))erban{te,
berbrac^t
16 Selten l^at ein üJlann mit geringerem äSeitblid, ber boc^ in alle tragen bed dffent»
li^en Sebend miteingreifen )u foQen glaubte, cot einem fo berantti)ortungdt)onem $la^
geftanben, aü Saub. 3Jtan mu^ in feinem Siagebud^ lefen, toa^ i^m toic^tig erfc^ten
unb toorauf er äßert legte, um )u eriennen, toie eng fein^orijont toox. @r kDoQte ffir
bie Jiirc^e S^rifti täm))fen, ober nur feiten fpürt man bei i^m einen ^am^ dpAfÜx^
20 SBörme, unb old Geologe jeigt er eine Unllarl^eit, bie eriennen lägt, bag er bod nul^t
98enige, tt)a$ er namentli^ t)on ben alten Sätem unb ber Jtontroberdlitterotur fetner 3^
gelefen ^at unb toa^ er auc^ in feinen $rebtgten borjubringen liebte, nur unter bem &t»
ftc^t^untte aufgenommen ^at, toie ft)eit ei^ feine X^eorie, beren Umfe^ung in bte^rosid
er mit ber rüdE^c^tdlofen @nergie bed f^nati^mu^ aiUteebte, ju ftü^en bermoc^te. @r tyd
26 immer ben einen al^ Verräter, ben anberen al$ uRört^rer gegolten. ®r toor leinet
bon beiben. 3Ran barf il^m glauben, bag er bie S^^cW^^S ^^ engltfc^ Jlin^
)um dlomanidmud nid^t getooUt l^at, aber fidler ift, bag er burc^ feine Betonung beJ
ius divinum ber Sifd^öfe (Works IV, 309 ff.), burd^ bie ße^e bon ber jur Soipleit
nottoenbtgen Unterorbnung unter ben @))iffo))at, burc^ feine Sahamentdle^re tmb fernen
80 Stituali^mu^ ac. [\d) auf einer Sinie betoegte, bie le^tlic^ gum Slomonidmud führen nut^e
unb in neue ober bod^ t)on ber anglilanifc^en jftrc^e feit ber Steformotion bedoffene
Sahnen jurüdElenIte. Unb eben bied lögt ed begreifen, bag er ^eute, koo bie fü^renbe
Partei ber englifd^en Staat^tirc^e biefelben ^kk anftrebt, i^ $ero^ gen^orben iß.
XfitoUx mibe.
Satnrentittd b. $• f. S i s t u ^ I., $a))fi
85 Sottrentind, ®egen^a^ft f. S^mmac^ud, $a^fi
Saurentittd SaOa f. SS all a.
Sanfanne, ^einrif^ bon f. 9b YII S. 606.
Sanater, 3- @v d^t. 1801. — Sitteratur: £at)aterd fieben »urbe bolb noife feinem
^obe üon feinem 8(^roie()erfol)n, bem nachmaligen 9(ntifte8 @^e6ner in 3 S9Snben befc^rieben,
40 1802—3; bad ^erf entt)ält Diel Cur aenmaterial, aber feine ^rttit. ^erbft, SaDoter na4
feinem fieben, fiepten unb ^irfen, Sln^bac^ 1832 unb grr. ^il^. Sobemann, Saoater k.^
1856 unb 77 ftnb ju audfc^Heglicft Don (Gegner abhängig. 3. (S. ^öntofer bat in feiner
fc^mei^ertfc^en fiitteratur beS ac^t^e^nten ga^r^unbertd 1861 6. 332—406 bie erfte mobemra
9lnforbcrungen einigermaßen entfprecbenbe ^arfteüung üon fiaDater a(8 Scbriftfteller mib
46 ^en{(6 gegeben, ^ie befte bid je^t über fi. erf^ienene ©c^rift bat Srranj ü^uncfer ^um fStx»
faffer: 3- (5. fiaüatcr, eine ©fijje feine» fiebenö unb ?Birfcn«, Stuttgart 1883. 3n «orbc*
reitung ift augenbticfHc^ eine Senffc^rift jur ^unbertften Sieberte^r feined Sobedtageft, in
loelcber bie Derfcbiebenen Seiten ber Sirffamteit unb ^erfönlic^feit £.9 Don gfacbgelebrtcit
bearbeitet roeiben foQen, fie wirb 1902 in Sürid) erfc^cinen. S3on SeÜgenojfen b<^ben ju«
60 fammen^fingenb über fi. gefc^rieben : ^eifter unb ^eaner (Beiträge jur nfiberen StenntniS
unb magren ^arfteQung Sauaterd). ^er befannte ^^ilologe 3- ^- Oretti gab eine tlud'
roa^l feiner Schriften in 8 ^änbc^en ^eraud. @al. ^ir^el ebierte Q^oet^ed ^Briefe an £.;
5)ünicr fi.8 53riefn)e(6fel mit ©erber (im 2. ©anb üon ©crber» nacbgclaffencn Sßerfen); §|*
mann feinen ©riefmec^fel mit ©afencamp. ^er überaus umfangreicbe banbfcbriftlictie ^adilai
66 £.9 finbet ftcb auf ber jürc^erifd^en ©tabtbibliot^e!. Vereinzelte ^(bbanbtungen über fi. tmb
t)erf(biebene Seiten feiner fBirtfamfeit, toelc^e in geitfc^riften ^erftreut erfc^ienen ftnb, t5nnen
Sanatet 315
(ier felb{h)erft8nbli4 ntc^t aufgeführt toerben, ebenfoiventg bie i^n betreffenben Tlbfc^nitte in
ilTO^ren ^iftorifd^en Werfen ober in ben Biographien (^oett)ed, ^erberS 2C. unb in ^eitgenöf'
tfc^en 9{eifebef4Tei6ungen.
Sotooter, Sodann 6af})ar ft)urbe am 15. 3lo\)mhtt 1741 ald ba$ jtDöIfte Jtinb bed
Sbjted ^einrid^ 2. unb ber ^legula @fc^er in S^xii) geboren. Seibe @(tem entftammten 6
ongcfel^en altjürd^etifd^m ©efd^Iec^tem. Xüd^ttged, t^ötiged Sßefen, ©emeinfinn unb
pm»x\d^ Sldigiöfität bei fd^lic^ter iebod^ uneingef^ränfter Seben^toetfe bilbeten bie 9(tmo<
f)>^äre, in toelc^er bet begabte Jtnabe auftoud^. SSermöae eined feltfam gufammengefe^ten
fRaiuxdU, toclc^ed @d^ü(^tem^eit unb SE^attraft, Sanftmut unb ^eftigleit, ^lüd^tigteit
unb Srnft in ftc^ ))ereinigte, fotoie einer augergetDöl^Uc^en Smpfinbfamleit unb ®emüt^« lo
tiefe, tDelc^ bie Unbefangenl^eit in ber ^Rttteilung l^inberten, toar er ein unberftanbene^
ficnb. Selbft feine ÜRutter, mit tpelc^er er regei^ $^antafte(eben unb einen ftarfen 3)rang
2ur äRUbtl^gteit gemein ^atte, bermod^te nid^t, fein boOed SSertrauen ju gewinnen. 3)a
tDonbte fu^ ber innerlid^ @infame an ®ott unb geno^ in einem naiben, bon tinbifc^er
Selbflfud^t ntc^t freien ©ebet^berle^r ein gel^eimed @lüä, @inem augenblidlic^en ^mpufö i6
folgenb l^e ^ ber ^e^njä^rige für ben geiftlic^en S3eruf erHärt, n)a§ mit ben 3(bftd^ten
ber (SItent nic^t überem lam, aber boc^ nic^t auf il^ren SBiberftanb ftie^. ^er toenig
fc^ulgered^te ®eift bed Jlnaben getoann erft auf ben l^o^eren Unterrid^t^ftufen, tooSobmer
unb Stetttnaer, bie belannten SSorlämpfcr einer frei ani @m}}finbung unb $^antafie
queOenben ^4^n0 unb 9Sermitt(er au^Iönbifc^er Sitteroturfd^ö^e an bie beutfd^e S3i(bung 20
fenie Se^er unb böterlic^en ^eunbe tourben, £uft an geiftiger Slrbeit. SSon feinen t^eo«
logtfd^ Sehern toirb am meiften @teinbrüc^el, ein @d^üler SQoIff^ unb Saumgorten^
genannt, toelc^er ffKiter in fc^roffen ®eaenfa( ju £. geriet; auc^ l^at ^, % ^mmztmann,
ber 1756 geftorbene, freigefmnte älntDoIt ber ^ereinfaAung be^ t^eologifd^en @Vftem$, auf
0ntnb ber pt(d6]äftn 9(b)tDedhtng ber gi^ttlid^en Offenbarung, ol^ne ^toÄ^d ^ia^toirlungen 25
auf t^ ou^eübt
2)ie Sriefe axA S.^ @tubentenja^ren berfe^en und in einen gärtlic^ berbunbenen bom
Streben nac^ ^genb unb ©lüdfeligleit getragenen f^eunbedhreid, in toeld^em bie Iittera<
lifAen Anregungen unb frei^eitlid^en })olitifc^en ^b^aU Sobmer«, indbefonbere bie S3e=
geifterung für Juo))|[odC unb bie ^eroen bed tlaffifd^en äUtertumd ben ©runbton bilben, so
boneben über Seibni^ unb äSoIff bid})utiert toirb unb bie tl^eologifc^en g^iter^eugniffe, be«
fonberS bie Seiften englifd^er ©egner bed ^eidmud toie ^Butler, Slarl unb i^rer beutfd^en
9ttAta tme @|)a(bing gelefen unb erörtert toerben. ©leic^jeitig öffnen fte und ben 9lid(
in fcptoere religiöfe unb ftttlid^e Rämp^t, toeld^e £.d tiefemfted unb energifd^ed ®emüt, bem
ein blog inteUeftuelled unb äft^etifc^ee äSerl^ältnid jum göttlid^en nic^t genügen tonnte, in 86
ber Verborgenheit befielt. @r befc^toört feine äSertrauten, für il^n m beten, ba^ bie ®nabe
®otted, bie er burd^ Selbftfuc^t, ^efttgfeit, @innUd|^Ieit unb befonberd burd^ ^i^^^
loUe feCbft in ben ^eiligften SRomenten bon ftd^ gefto|en ^e, bo(^ nod^ ben Sjeg gu
feiner gottberlaffenen Seele finben möge. @r lieft fi(| bad ©erid^t aud ber Sibel, aud
Oflertoalbd jlatec^idmud, aud ^oungd 92ac^tgebanten, an^ ftlopftodCd 3Refftad, au^ ©eHertd 40
Sii^em, aud ber „3lac^folge 6^ti", a\i^ jeber emften ©d^rift unb an^ jebem lleinen
dreignid feiner befc^benen Sßelt. 3^ 3^^ ^^^^ ^^^ f^n S^nerfted betoegt, )um
Btaunm oer Xnberen ^or, toie g.®. in einigen ftubentifc^en Uebungdt)rebigten, toeld^e
bttK^ t^ren ergreif enben @mft ben 3u^örem unbcrgepd^ blieben, ^m ^|ling 1762
^aiU 2. feine Stubien beenbigt unb tourbe ind 3üt^erifd^e ÜRinifterium aufgenommen. 45
2)emfelben !^a^ gel^örte eine Se^eben^eit an, toeldj^e ben Flamen bed 21j|äl^rigen
SfinglingS mit einem @d^(age in toette Jtreife trug. Sin gürc^erifd^er Sanbbogt, ^elic
QMbd, fyitit jid^ geaen feine Untergebenen arge SBebrücfungen ju Sc^ulbcn lommen (äffen,
tfyM pja 9le(9enf(^ gejogen m toerbcn. ^a fc^rieb i^m S. im Sinberftänbnid mit
cinieen gh^eunben einen bom tiefjten ftttUd^en 6mft burd^brungenen S3ricf mit ber 9luf= w
forbentng, feine ®etoa(ttl^en burd^ SBiebererftattung gut nu mad^en unb reid^te, atö nid^td
cxfolgte, bei ben einjelnen SRitgliebem bed 9tated eine ^(agefc^rift gegen ben Sanbbogt
ein. 2>er (Erfolg ioor ein boQftänbiger, ©rebel flo^, bie ©efc^äbiaten erhielten Vergütungen,
freiließ belamen auc^ bie iugenbßc^en @iferer toegen bed „iUegalen SBcgcd'^ einen Vertoeid.
{Da gro^ ftttti^K @tnfi, bad ^Ritgefü^l mit ben unfc^ulbig Seibenben, bie eble Unab« 56
Ungigfät bon ber öffentlid^en ^Jleinung toie bon ben eigenen ^ntereffen, enbltc^ bad
Sotemten x^m )>erfön(id^ SBirfen, — bad aUed ift d^arafteriftifc^ für £.
Um na<^ Statte^ unb Sitte feine Vilbung im 9(ud(anb ju bereid^em, ^ugleic^ aber
um fid^ für einige 3^^ b^ni Bö^axtpla^ bed aufregenben Sreigniffed ^u entgiel^en, berlie^
8. mit j»»ei greunben im aWörj be« f olgenben ^a^re« 3ürid^. 3^r 3iel toar ba« Stäbtd^en gq
316 Sonater
Sortis in Sd^tDebifd^^^ornntem, tDO ber $rät)o{ttu^ ®}}albm0, nad^mal^ Jtonftflorialrat unb
$to))fi in ä3erKn tohttt, ft)e((^en bie jjungen gürd^er aud feinen Bd)n^m bereite ol^ ,,etnen
ber aufgetlärteften unb fc^önften ©elfter unb jugleid^ atö einen ber tDürbigften Wiener
6l^fti'' lannten unb t)erel^rten. Untermeg^ lernten fie unter Suljerd ^ül^rung eineSlet^
6 ber angefel^enften Sd^^riftfteQer unb ®elei^rten 3)eutf(^(anbiS fennen. ^. tyttbxai^U neun
überaus ^(üdHic^e SKonate in SBartl^. @inma[ tpor ed bie $erfönli(^leit be^ fiteren,
feinen, lieben^tDürbigen unb frommen äBeifen, toeld^e i^n amog, bann aber toar ber Xm
l^änger unb Überfe^er ber ©efü^I^t^ifer Sl^aftedbun^ unb Butler ganj ber 3Rann, in S.
bie natürliche Slbnetgung gegen alle ,,@{^o(afticität'' bei SBoIffianem unb Drt^obocen ju
10 ft)eden unb m beftärlen. SKn ber l^t. @d^rift atö religiöfer Autorität ^ielt 2. bagegen
unbebingt fejt, )n)mn er fie aud^ bamald fo toenig toie f)>äter mit ben 3(ugen bed noc^
Sel^rfol^ungen fud^enben ^ogmatiler^, f onbem mit ber Intuition bed nacp ben liefen
®otted unb ber SRenfd^^eit trac^tenben ©emüte^ (ad. @r na^m ba^er an @t)a&iitg9
//fd^riftgemäfeer Äeterobojie" leinen 9lnftofe ; ja er toibmete einem nix^ um jiemlid^eg l^ete»
16 robo^reren @d^riftfteQer eine nic^t geringere SSerebrung, nämlid^ Srügot, bem 93erf(^a
eined 9(nba^tdbu(^ed ,,^er S^rift in ber Sinfamfeit" unb $erau^eber einer ^rebtgt«
fammlung. 3)ie eble @pxad)t, bie (ic^tboQe ®ebanfen))rägung unb bie rei(^ unb tiefe
moralifd^e Intuition biefed g^ürftU^^garoIat^fd^en ^ofprebigerd bilbeten nod^ \p6t ben
©egenftanb bon £.d Setounberung unb t)eran[a^ten tl^n bamald, bur^ eine in ben Sin»
20 bauer 9lad^d^ten berdffentlid^te ^fefprec^ung feiner $rebigten gegenüber ben 93erle^erungen
jürc^erifc^er X^eologen für il^n einzutreten. 3)en9(nfto^ bilbete feine ,,ungefä^ ariamfc^
S^riftologie'' unb feine ,Jo)inianifc^e'' SDble^nung ber Se^re t)om @ü^ntobe 6^f&
Srügot toar aber einem nod^ jubringlid^eren Jtrititer in bie $änbe gefallen, bem bomaU
ort^obo^ren, \pcdtt extrem rationaliftifd^en 93a^rbt, toeld^er bie Unberfd^mt^eit ^otte,
25 fein älnbad^tdbuc^ mit fritifd^en, ja berbäd^tigenben unb t)erbre^enben 3^ff^^ bon fid^
aud neu l^eraudju^eben. ^a fd^neb il^m S. einen emft )urec^ttt)eifenben^rief unb ^ema^f,
ald Sa^rbt ftc^ ntc^t beirren lie^, einen jtDeiten, in toelc^ er bed ®egnerd Singriffe auf
feine $erfon burjc^ 3)ar(egung feinet ©laubend abtoe^rte; enblic^ beförberte er oDed }uin
3)rudC. 3Jlan toirb an fein U$orgel(^en gegen ©rebel erinnert.
80 ®egen @nbe ^Härj 1764 trafen bie jungen 3^^4^ lieber in i^er IBaterftobt ein,
nac^bem fie auc^ auf bem $eimn)ege jaj^Ireid^e tt)ertt)oQe Selanntfd^aften gemacht Rotten.
£. ^atte in Sartl^ bie Stulpe ber Seele nid^t gefunben, feine inneren itäm))fe bauerten fort,
ja fte l^aben il^n in getoifter SBeife fein ganjed Seben l^inburc^ begleitet, tnbem ^ neben ber
f^dc^ften 6^riftud2ut)erft(^t bad @efül^I ber inneren 9(rmut unb ©ottedleere immer tpieber
85 bei il^m einfteQt. (Sbenfotoenig t)ermo(^te i^m @))albing bie religiöfen unb tl^^eologifc^
^ofttionen ju k)ermitte(n, in benen er fid^ bauemb genügen tonnte, bielmel^r ^t er fi(^
im SSerlauf, je fröfttger feine ^tgentümlic^feit l^erbortrat, t)on bem t)äterlid^ pieunbe
entfernt, an todd^tn iipn nac^mold nur banibare (Erinnerungen feffelten. SSieOei^t tocx
bod^ bie ener^ifd^e 9{i(|tung auf }}raltifd^e S3etl^ättgung, toelc^e an bem jungen Jlanbibaten
40 g(eid^ nac^ femer SiüdEIe^r in bie ^eimat auffällt, eine ^ruc^t bed t)ommerfc^en ^farr^fed.
3unäc^ft fanb ftd^ freiließ für 2. fein amt. @x befcbritt bal^er ben litterartfd^en SBReg,
um auf bie @emeinbe ju toirfen unb gab, anfänglid^ faft ol^ne ^Mitarbeiter, fpened fta
feine Saterftabt eine moralifd^e SBoc^enfc^rift, ben „ßrinnerer" l^eraud. Seine Seitr^
befte^en tei(d in ^raftifd^-moraüfd^en älb^anblungen, ^agebudbaudjügen, Sl^^oridmen, teitt
45 in reUgiöfen @ebid^ten, meift jtird^enliebem. $ie ^rofaftüdfe frap|t}ieren bun^ ^^1^
feelifd^er S9eobad^tung unb Sftetc^tum ftttltc^er änfAauung. @d fäQt biefem 3Rotaliften
nid^^t fd^mer, bie älQgemeinbeiten ju bermeiben, ft)eld^e bie größte @efa^r bed morolifd^
Unterrid^td fmb; jene felbe intuitive Äraft, jener SRealidmu«, bie frü^ feine ©dbjfc
))rüfung leiteten, befähigten ii^n aud^, 9(nbere gu toirffamer Selbftertenntnid m führen. 2)ie
60 ©^id^te ftnb nur t)ereimelte groben einer au^ebe^nten ))oetifd^en ^robujfttbität, todi^
bor^ercfd^enb geiftlid^er vtaiux mar. 1768 famen „auderlefene ^falmen 3)abibd )um oO^
gemeinen ©ebraud^ in SRetme gebracht" l^erau« unb feit 1771 erfc^ienen mehrere @amm«
lungen geiftUc^er Steber. £. befa^ unftretttg geft)iffe Siequifite bed Sid^terd, reid^e $^am
tafte, geft)anbte unb beft)eglic^e äu0bru(tdft)etfe, ungetoö^nlic^e ^ertigleit in ber ^anb^obung
65 be« Sleimcd unb ber ©tro^jl^e, aber e« f el^lt i^m bie ^^laftifd^e Äraft ; ber leidste glufe ber SBorte
ift oft genug mäd^tiger aU ber gcftaltenbe ©ebante. @r badete gro^ t)on ber Slufgobe
bcd religiöfen 2)ic^ter« unb ^iclt f^ie^ictt bad Äirc^cnlieb für eine« ber ebelflen „333etle*
bed 3)lenfd^en. ^abei bominierte ber ))aftoralc ©efic^td}}unft, hai Sieb ift old 3RitteI ber
6eelen))flege gebac^t; ift boc^ S. überhaupt fein Seben lang in ber aufQarerifcben Sot^
60 fteQung befangen geblieben, ba^ bie moralifd^e äSirhtng ben 9Q3ert ber $oefte DefUmme.
2iü>aitt 317
^emgemäfii forbert er bon bem d^riftltd^en Steberbtd^ter in erfter Stnie ,;®emetnnü$tgIeU''
unb )u biefem 93e^ufe 3)eutltc^Iett unb Sinfolt, ferner Sm^ftnbung unb 93tbellenntntd.
6r ))laniert eine Sieberfamm(ung, in tpeld^er aQe möglichen ©ituationen unb @ttmmungen
bed 3Renf(^en ))oeti{(^ beleuchtet unb beurteilt tperben foQen, eine älrt d^riftlid^ed Vade-
mecum in Siebem, unb erlöst in ber (Smpfinbung, ba^ biefe Slufgabe feine ftraft über« 6
Peige, an alle emften 3)icl^ter beutfc^er 3'-*"0^ ^^^^ ^ilufforberung pr SKitarbeit. ©iegöi^I
fetner geiftli(^en Sieber beläuft ftd^ auf ettpa 700 ; il^re äSorjüge fmb bie Xugenben t^red
Ur^eberiS, inbioibuede SDTenfc^licl^Ieit, j^erjgetDinnenbe 3)tilbe unb ^eunblid^feit unb innige
Sinaobe an S^riffaid unb ben l^immlifc^en äSater. Sinige l^aben fic^ bid l^eute in ben
ircpengefongbüd^ er^H^en. ^n teiltpeifer äSerbinbung mit feiner geiftlid^en S)i(l^tung lo
^üftn bie borfc^iebenen ^^d^ftlicpen ^anbbüc^Iein'', an^ S3ibelf))rüc^en, Sieberberfen, auc^
tDO^I titrjen Erläuterungen unb ®ebeten jufammengeftellt für SrtDoc^fene unb für ^inber.
Sin Sefd^lu^ ber ^.i^elbetifcben ®efe(lfc(^aft", ein ))atriotif(l^ed äüolfölieberbuc^ J^erfteQen
}u loffen, in tt>el^em burc^ 3)ariteD[ung ber beften Saaten ber SSäter unb burc^ moralifc^e
€<^ilbenmg bed (Kitriotifc^en Sqtpeijerd in aden möglichen Seben^fteQungen bie ^ugenb i6
ut gro^ütiger unb tugenb^fter ©eftnnung ern^ecft tt>erben foQte, tpar gu fel^r im @inne
2ä, aU bo^ er bem äBettbemerb l^ätte fem bleiben lönnen; fo entftanben 1767 feine
,,&^ti>et}erUeber'^ bie i^em 3^^ <^uf^ ^^f^^ entf})racl^en unb bie über bie 9lebo(ution
^tnaud m aUer SRunbe haaren.
am 7. Sl))ri( 1769 öffnete ftd^ für S. enblic^ bie Saufba^n be$ })ra!tifcl^en ®eift« ao
üifyn, tnbem er gum Sialon am 9Q3aifenl^aufe berufen tpurbe. 28ar fein 28irtungd{reiiS
^er ein befc^onber, {o trat er 1778 burc^ feine 3&af)l gum S)iafon an ber @t. $eterds
hxdft m ben Sienft einer großen ©emeinbe unb erhielt ein geräumige^ ®ottedbienft«
gebäube, in toddftm fic^ nun 3^rici^ @intt)o^ner allfonntäglic^ unter ber Mangel beiS
beräumten Slanned unb ertDedlid^en ^rebiger^ brängten. äBieberl^olte Berufungen nac^ 26
Scutfc^Ionb, unter benen biejenige an bie @t. äln^argemeinbe in S3remen bie bemer«
tendtoertefte toar, fc^lug er aud, um feiner ijS^n über aUed liebenben unb oerel^renben ®^
meinbe treu )u bleiben. Sluc^ bon ber ^rebigt forbert S. in erfter Sinie, ba| fie ^^gemein*
nü^'', tmr toürben fagen: mobem ober artueiOl fei. älQe blo| formell^aften äludbrücfe
unb SBSenbungen, tt>ären fie aud^ burc^ Siturgie unb ©efangbud^ fantttoniert, finb mao
mciben, unb tmter ben biblifc^en Xermini biejenigen in ben äSorbergrunb )u fteUen, meldte
ben 3Renf4ien ber ®egentt)art am fa^ic^ften fmb. 2)er $rebiger foU femer an bie ^m
taeffen fdner 3^1^^^ anlnüpfen, med^alb £. nic^t )?erfäumte erfd^üttembe 3eitereigntf[e
ober brcmtenbe t^agm beiS öffentlid^en Sebmd auf ber Jtanjel gu beleud^ten. Hüa^ iebod(^
bli^ ben ®eifUi^n interefftert, tpie bogmatifc^e @treitfragm u. bgl. gel^ört nid^t in bm 86
dffentlii^ ®ott^ienft S)ie i^eil^frage foQ bm 3Rittel^unIt ber 93erfünbigung bilbm.
2)er SnfaO ift lein aRa^ab für bm Srfolg ber ^rebigt. £.d 93ortrag tt)ar natürlic^,
,,eiiifm belebten utib oertraulid^m @ef))räc^e gleid^''. @eine Jtraft lag in ber Sinl^eit
fdncd SBScfend mit feinem ©egmftanbe, unb bie 9legfamfeit unb ber 9leid^tum feinet
tnncrm Sebend bilbetm bie unberfteglic^e DueQe ftetd ftc^ gleid^ bleibenber t^fc^e unb lo
Xn)tc^ungdtraft 2)a mieberl^olt ^rebigtm Don i^m ol)nt fein 9Bif[en unb Podien ab-
SbnidEt tamrben, mtf(^lo^ er fic^, felbft Sammlungm l^eraudjugebm ; biejenigm über bad
ucb 3onad (1773), toeld^e burc^ i^re äBa^r^eit unb 9{atürlic^feit @oetl^e^ ^SeifaQ er«
liKirDm unb bieimigen über bm 93rief be^ $aulud an $^ilemon (1785 86) finb bie be«
lonnteflcn. 46
3n feltmer äBeife tt>ar S. burd^ ®aben ber 92atur unb ^ugenben bed ^erjmd gum
Sedforger au^erüftet Sin ungetpö^inli^^ed, \>on feiner )}l;^ftognomtfd^m @abe unterftüi^teS
3^eitt, bie 9tmf(^ )u burd^fc^uen, eine inbit^ibueQe ikuffa^ung, tpeld^e jebm in feiner
bcfonbam ou^erm unb innerm Situation gu )?erfte^m tpufi^te, eine intime 5lmntni^ bed
menfc(^(t4Kn $er)md, burc^ ftete Selbfterf orfc^ung gebilbet, ein unerbittlid^er 2Bal;rl^eitdftnn 6o
unb ^0^ Srnft fanbm ftd^ ^ier Derfd^moljen mit bem 3)rang eined ma^rl^aft gutm
Stenfc^ too^lgut^un unb einer Siebe, meiere um bed @eelmfriebm^ unb @[üded anberer
tDiDen lein 0))fer fc^mte. ^a^u tarn feine ^erel^mng für bie 3)lenfc^mnatur, bie in
iebcm bod (Sbenbilb ®otted anerfannte. äUae 2i$unber, ba^ @inl;eimifd^e unb ^embe,
todäft dam bertrautm Berater, einen ebeln mitteilfamm @eelmfreunb beburftm, fid^ an 66
i^ taHmbten, mit Briefm unb Befud^m bei il^m einfel^rtm, bid fein 2A^n \>oü Unruhe
toutbc unb eine unge^re Slrbeit^Iaft auf feinen @d^ultern lag. Unb boc^ toat gerabe
Mefe pts^indidfiU Z^tigleit il^m bie Itebfte; felbft franf (ie^ er ftd^ etma gu folc^en in
ber Stifte trogm, tuelc^e feinet 3uft'^^ed ^^ bringmbften beburftm ober er erfreute fte
bon feinem 9ette aud mit Briefm ober 3)mff))rüc^m. Slber auc^ für äußere 3lot ^atte eo
318 Sfttmter
er ein $er}, unb an xi)n, ber tt)te tDentge ^erjien unb ^önbe fürd SBol^It^n )u gettrinnen
tpu^te, übngend auc^ felbft oft über feine SKittel ju geben ))flegte, toanbten fi^l @tn«
l^eimifc^e unb ^embe mit SSorHebe bei öffentlichem Unglücf unb ))rit>atem ®Ienb.
SaDater^ ener^ifd^e ^ingabe an eine ^o))uIöre geiftlid^e ^ätigieit l^inberte leinet
5tt)egd feine gleid^jettige $erfentung in groge Probleme unb ftiQe ©c^uungen. Sbie
3)ame l^atte ü^n um ein ®ebi^t über bie @eligfett ber Sertlärten gebeten. 2)cr
®egenftanb tpud^ il^m ind gro^e, eine üJIenge bon ^agen bejüglic^ bed 2!<^^alted unb
ber angemeffenften $orm beiS @ebtc^teS tPoQten jubor bereinigt fein, ^a beriet fü^ 2.
nad^ feiner ®en)ol^nl^eit mit %:eunben, am audfü^rlic^ften mit ^. ®. 3i>nmermann cM
10 93rugg, gro|brittannif(^em Seibarjt in ^annoDer, unb gab, um ben RtÄ9 fetner Stot»
geber möglic^ft au^jube^nen unb überzeugt, ba^ toai i^n eben befc^äftigte, bie Sn*
gelegen^eit aQer emften ®eifter fei, feine IsBriefe an jenen im ^rucf ^eraud. 2)ad fnd)
bie ,,3ludft(^ten in bie Stpigteit'', burd^ meldte 2. bie Stufmerffamleit ber (itteronfc^
tpie ber religiös geftimmten Jtreife auf fic^ jog unb [xd^ feinen $(a$ in ber jettgenöfftf^en
16 Sitteratur ^^erte. 3)ad (Sebid^t ift nie jiu ftanbe gelommen, bagegen erfc^ienen t)on ben
©riefen mit ben ^aJ^xtti 3 ©anbeten (1769—73). ©ie enthalten nic^t Offenbarungen
eineiS @eifterfel^er^ in ber 28eife @n)ebenborgd, aber aud^ nic^t blo^ Setoeife für bie Un^
fterblid^teit ber 6eele nad^ ber 9(rt f)oungd unb SRenbelfol^nd, fonbem Stu^Ktfe in bie
3uftönbe unb 5lröfte bed 3Renfd^en nad) bem Xobe, in ber älbfid^t ftc^ barin bie übe^
20 irbifc^e ^ol^eit unb 28ürbe ber menfc^lic^en 9latur, bie ©ottebenbilblic^teit bed menf(^K(^
äBefend ju bergegentpärtigen, bie ^uftibee auf bie menfd^lic^e Ütatur angeta>enbet i^
Dielmel^r bie ^bee bed aud ber 9{iebrigleit )ur ©öttlic^Ieit erhobenen S^ffaid auf feine
S9rüber übertragen. Unb tpad ba^ menfd^Iid^e SBefen tperben fann, bad mup ed ie^t \dfon
fein, bie menfd^lic^e Statur beft^t eine unenblid^ Xiefe unb einen unerme^tc^en Steic^tum,
35 tDelc^e in ben Steigerungen unb Sr^öl^ungen, bie ü^r gugebac^t finb, )ur Snf(^mumg
lommen. ^ad \üax ret^t nac^ bem ^erjen ber jungen ®enied, ber „Stürmer unb 2)tfinper^,
tDelc^e eine überqueQenbe ^nnerlid^ieit bed ®efü^(^ unb ber ^l^antafte einer reflecum^
mäßigen Segrengung unb 9legulierung beS menfc^lic^en 28efend unb ^afeind entgegen*
festen. Sei S. fte^t ber religiö^et^ifd^e @eftd^te))unft obenan unb feine lebenbige, rtu^
80 unb aro|e Intuition, fein „®efü^l be^ ®eifted unb ber Jtraft^' tt)ie iperber e$ in fmibi^er
Slnerlennung nennt, erzeugt l^ier möd^tige SBirtungen. ß^arafteriftifd^ für feine t>oftoe
Sebendauffajfung unb fem in ber t^ötigen Siebe bad &IM fuc^enbeiS $erg ift bie Sefüim
mung h^ Segriff^ ber ®lüd(feligleit. Unfere DoQIommene ®lüdfeligleit foO barin befiel,
ba^ aUe äußeren unb inneren ^inbemiffe bed ®utedtl^und aufgehoben fein toerben; einen
86 größeren Sd^merj lann eS nic^t geben old bie brüdfenbe @m))ftnbung, ba^ ber gute SEBiOe
unt)erm5genb ift, bie Statur feinen ^to^tti DöQig ju untertDerfen. @d fei g(dd^ ertpo^, ba(
S. bie älnbal^nung jened 2lbeal}uftanbed, too bem (Serec^ten „olle Singe m5gli(^'' frin tperben,
in ben \>on 6E;riftu^ bem ®lauben unb bem gläubigen ®ebete gefc^enhen SBerl^i^gen fie^;
bied ift ber etl^ifd^e OueS^unft feinet )?ielberufenen „S3unberglaubend'^ 9lun ^ aber 2. feine
40 „älu^fic^ten'' nid^t blo^ ald religiöfe SSiftonen, fonbem atö tt>iffenf(^ft(id^e Stefultate m\*
gefaxt toiffen tooQen unb l^at bemgemä^ bie ))^t;ftologifc^en unb meta))l^^ftf(^ Sfutoritfitcn
feiner ^cxt toie bie ant(^roj)ologifd^en unb e^atologifc^en Segriffe bcd neuen ZeffatmenteS
m ^tVLQtn für feine tran^cenbenten ftonftruttionen angerufen. 9Benn hierbei bie Unbe«
fangenl^eit in ber S^egefe be^ 9iX^ anerfannt ju tperben Derbient, inbem nämlic^ ber
46 9{ea(t^mud ber biblifc^en S^orfteQung^melt £.d ^cnlmeife meit Dermanbter tpor aß ben
älbftraltionen ber tonangebenben inteQettualiftifd^en Slufflörung, fo tt>irb bo<^ bie tmffen*
fdl^aftlic^e Segrünbung ber „äludftc^ten'' t^re f^tpad^e @eite bleiben. Jlrittt, totffenfc^aft»
lid^e 3RetE;obe überhaupt lag nic^t in £.d äirt, Intuition, nämlid^ eine rxad^ hm l^ödMcn
^raftifc^en ^ntereffen geregelte Intuition toar i^m aQed unb bie Slnalogie toor badJDtittd
60 über aOe Klüfte Srüden ju fc^lagen.
@in anbered 3)enfmal ber „9)tenfd^l^eit'', tpelc^ed bie Überlieferung noc^ unlödbotcr mit
bem 9Jamen 23 toerfnüjjft l)ai, fmb bie „p^^fiognomifd^en g'^agmente", in ben go^
1775—1778 in 4 Duartbänben mnäc^ft beutfd(^, \pcdtt in neuer Bearbeitung fron)!!^
unb englifc^ erfd^ienen. älud^ biefed SOSerf ift au^ ber gel^obenen genialif^ien Stimmiing
66 unb 9(nfc^auung ber ®enieftrömung ^erau^eboren, n)elc^e Sapater mit ^ber, ®o«U^,
Senji u. a. l;erbei}ufül^ren berufen mar. @^ ift biedmal bie Stannigfaltiglett unb inbim'
bueue Sefonber^eit bc^ menfd^lid^en SBefend, in bie ber Sefer angeführt toirb, iiAem
er bur^ 28ort unb 93ilb Einleitung empfängt, in ber leibltd^en Srfc^ung bie Sigen«
fc^aften ber @eele ^u lefen. 3)ie te^nifd^en @runbfä$e, meldten 2. folgte, unb bie 9UUU
eo täte, tpelc^e er feftfteUte, toieberum me^ Intuition atö äBiffenfc^aft, bürfen un^ ^ier
Satiater 319
fliegt befdfKiftiden ; bagegen fein t)etfönlt(l^ed SSerl^öltnte ju feinem ©egenftanbe. @eI6ft$
fionbiger ald fonft tritt ^ier bod öftl^etij^^e ^ntereffe E;ert)or, bad äft^etifd^e in jenem l^ö^eren
@tnn, toddfn bie ^orm ald Symbol eined inneren ©e^alted beutet. 2)amit )?erbinbet ftc^
bie Ttligiöfe Snertennung bet 3Beiel^eit be^ @(l^5))fetd unb bie äl^nung feinet befonberen
SStrtend in jenen l^dl^eren genialen 3)tenf eben, tpeld^e bie audern^ö^Iten 3^ugen feiner ®rö|e 6
ftnb; biefe oilben bot er^enften ©egenftanb ))^Vf^ognomifcl^er SBctrad^tung. S)ad unber«
f/Lndfix^ 2lbealbilb müf^e ba^jenige Sl^rifti fein, unb S. tt)irb nic^t mübe, jeine funfi^
geübten ^reunbe aufzumuntern, i^r SRenfd^l^eitgibeal in einem S^riftudbilbe bar^ufteQen.
9m oudbtfldlic^ften tovch iebod^^ ber fittlic^e 3Bert ber ^l^ognomil betont, trägt bod^ ber
Htd bed ffieidbd ben S^fol ' „ivix Seförberung ber SKenfcl^enlenntnid unb ÜRenfd^en? lo
liebe.'' S. toax t>on ber ^nftcpt burd^brungen, ba^ ber Sinjelne nur burd^ Sßec^fetoerlel^
mit anberen pxx fittlid^en 9Ieife unb äSoQenbung gelangen tonne, toobei bie Seiblic^Ieit
tiic^t fUrenbe Sc^anle, fonbem (ebenbiged Sanb fein foQte. 3BeIc^en ©etoinn mu^te ed
ba brinaen, loenn man avid bem erften 93Ii(t auf bie öu^ere @rf c^einung bie 9(ntnü)}fungds
tmntte für ben feelifc^en SSerlel^, bie 3)tapöbe für ba^ ber ^nbiDibualität angemeffene i6
Scr^atten erraten tonnte! S)a| bie $^^fiognomit bem f))(ttterricl^terifcl^en @inn bienen
tdmite, fürd^tete S. nic^t, meint er boc^, bon bem eigenen ßebeioollen ^erjen bele^, ba|
bod SBo^tooden eine notft)enbige Sebingung be^ ^l^^fiognomifc^en @inned fei.
lieber bem Seftreben Snbere ju ertennen, berf öumte S. bie ^flic^t ber @eU>fterf orfc^ung
nid^ &^cn ber „(Srinnerer'' l^atte älu^jüge an^ einem moralifc^en ^gebud^f gebracht ; ao
im ^jafyc 1771 erfdj^ien in Sei)nig anonym ein „©el^eimed S^agebucp )?on einem äSeobac^ter
feiner fdbft''. @d timren S.d liuheid^nungen, meldte er einem vertrauten ^eunbe mit«
aeteilt ^otte, ber fte o^e fein SBiffen burc^ 3^IIi'<'f^ ^^ S^^ig ^^^ ^nid( übergab.
wx Scrfaffer f(^ilbert einen emften SRenfc^en, toeld^er ftd^ eine ben religiöfen unb mora«
lifü^ Sbiforbenmgen entf^nrec^enbe £ebengn)eife Vorgenommen l^at unb nun fein tägKd^eiS ss
mi^crcS unb innere^ Serbalten, bid in bie feinften Stegungen bed @efü^ldlebend pinein,
unter ben berfc^iebenen SSerl^öltniffen unb 3ufällen bed Sebend cined ^ribatmanned, im
jenem 9Ra|fiabe mi|t. 93ei £.d ®mft mugte folc^e Selbftfd^au jur 6elbftt)erurteUung
toetben. 2)ie 3Renf^^eit erfd^eint bier in i^rer 93lö|[e, ba$ homo sum ift jum Jtlagelieb
über bie Sd^tiKid^l^eit ber menfd^licpen 92atur, über bie Unfä^igteit auf ber ^'6bt ber reinen ao
{tttli<^ Jforberung )u bleiben, getoorben. S)ie Schrift enegte nic^t geringered äluffel^en
ob bte ^^Sfudfid^ten'' unb bie „^agmente'' ; f^e ift bie erfte bebeutenbe unter jenen em))finb<
famen Seichten, toelc^ Don @nglanb au^e^enb in S)eutfc^lanb burd^ ©oet^ed 28ert^er
(1774), in gh^anlreic^ burd^ 9iouffeaud Confessions (1781) jur l^5d(fften litterarifc^en
SoOenbung gelangten. 2Bir tt)iffen au^ ben ^^ugenbbrief en unb ben 9luff ä^en bed Srin» 86
nercrt, tme unerbtttliA S. bie l^5d(fften ftttlic^en ^Ibeale gegen ftd^ felbft ju ^nb^aben t)flegte,
aitt^ bad Zogebuc^ ift ein 3)entmal biefer ©efmnung ; aber gerabe biefen l^öd^ften älccenten
gegenüber ertoed(en bie einläßlichen unb breiten S3eurteilungen jebed Keinen SSerföumniffed,
i^ leifeftcn fe^lerl^ften Stegung nid^t feiten ben @inbrud( bed ^leinlid^en unb ©emad^ten.
Sad Zägebuc^ erlebte xa\^ mehrere äluflagen unb tDurbe in anbere @^rac^en überfe^t. 40
(Sine 3^ 1^0 tmtrbe ed 3Robe, moralifd^e 3:agebüc^er ju fül^ren, mie eS infolge ber p^^«
fiognontifc^ Fragmente 9Robe nnir, Silhouetten ju jeic^nen. ^m ^a^r 1773 ließ S. einen
jtDettcn %fXL ofc^en unb betannte ftc^ in ber :tBorrebe ali ^^etfaffer bed erften.
Sfo^Am 1782 unb 85 beröffentlic^te er bie Sd^rift: „^ontiud $tlatud ober bie
9ibel im xlrinen unb ber SRenfd^ im ®roßen'', mieberum eine ^arfteUung ber ^Dtenfd^l^eit 45
unb fixa toxt fte fu^ in ber Setben^efd^ic^te S^rifti, bem einjigartigen unit)erfalen 3)rama
m otten i^ren ®efitalten, in i^rer $ö^e unb Xiefe, i^rer (S^re unb @c^nbe mx @c^au
fttUt, ein ,,llni))erfal«Ecce homo''. S. ^at biefe^ äBert bei )?erfd^iebenen @elegenl;eiten
für fein eigentümlic^fted, für ben f^rec^enbften Sludbrudf feinet eigenen 9Bef end ertlärt. @r tann
babet ntcbt bie ®runbgebanten im Sinne l^aben, toeld^e und avai^ fonft au^ feinen @d^riften m
bdaimt raib, e^ ben ®efamt}>lan, meld^er toal^r unb großartig genug ift, ober bie ^orm,
iDcfa^ auabmgd fo fubjettit) ald möglich ift. älud^ @oet^e ^at ed nic^t vermocht, bad 3Renfc^«
^eitttiama in eine gefd(^loffene ^orm ju gießen, aber bei S.d „$ontiud >ßilatiud'' fej^lt fogar
j^ Seifiu^ baju unb ed legt ftc^ förmlich ber @inbrud( na^e, ber SSerfaffer ^be frine inbi^
tribncOe Unob^ängigteit ber i^ aÖejeit auffä^igen Kritit gegenüber burc^ bie äußerften 55
SScOeitfitcn in ber DarfteEung botumentieren tooQen. älucp feinen SSere^rem muß ed
\d/loa gefallen fein, fic^ in ben 3)tangel jeber @inl^eit unb bad toeitaudfd^ftoeifenbe tDieber-
^oüe Slbge^ bom ®egenflanbe ju finben. Xro^bem meinte £., baß bad Urteil über
bieftt 9m^ in ber ^ot^tfac^e bad Urtril über Sl^riftud fei. @d fel;lt bem 9Berte freiließ
01^ m^ an großot @d^önl^eiten unb äBa^r^eiten, bie et^ifd^e Intuition bed Seelen- eo
320 Satiater
lennetd förbett feine äSeobac^tungen unb Sid^tbli^e in großer üJIenge ju %a^t unb bad
3)ramati{(^e ber SSorgönge tt)irb mit fef(e(nber älnfc^aulid^teit Dergegentoärtigt.
3)0^ 9Ri|lingen bed ^.^ontiud ^ißilatud'' ald ©anjem l^ing jum Xeil auc^ bomit ju«
fammen, ba^ £. mit ber ©c^ilberung ber im Spiegel ber Seiben^efd^ic^te fic^ bor^en^
6 ben 3)tenfc^|eit eine 9t))olDgie ber 93ibel DerbanD. Salb nad^ bem ätbfc^luft biefer
©d^rift gab er (1786) eine anbere ^erauö, toeld^e ben legieren 3^edf für ba^ 91^ bireft
in^ Sluge fa|t unb in ber älnlage Diel glüdHid^er ift. ^er Xitel bringt 9lb{t(^t unb
(Srunbgebanlen beftend ^nm 9(udbrudE: ,,9tatlSKtnael ober bie ebenfo geb)if{e old unertoeid«
lid^e ®5ttli(^Ieit bed S^nftentumd für 9tatl^anaele b. i. für SRenfc^en mit gerabem ru^gem
10 äQa^r^eit^r^nn/' S)ie äSal^rl^eit bed S^riftentumd lä^ [xi^ nid^t bemonftrieren, fie la|t
fid^ toie ba$ f^tlic^e unb bad fc^öne nur empfinben; folc^e ®m))finbung ift iebo<^ an
bie SSoraudfe^ung gelnüpft, ba^ ber angeborene SBa^r^eitdfmn, bie natürliche Stnfolt
bed ^er}end nid^t gefliffentlic^ unterbrüdEt merbe. 3)ie tDenigften äSerteibigungen bed
Sl^riftentumd toenben ftc^ an biefed Organ, bad boc^ allein eine lebenbige unb fro^
16 mad^enbe ®etoi|^eit )u Vermitteln vermag. £. tl^ut ed unb fioca in ber äÖeife, hak er
eine Sflei^e bon ß^arafterf li^^en neuteftamentlid^er SJlänner Vorfii^ unb ietoeilen ben Sefer
mit toenigen SQäorten auf bte reine, eble, gehobene ÜRenjc^lic^Ieit biefer ®eftalten, in beren
2Befen f4 bie @öttlid^Ieit S^rifti f})iegelt, l^inmeift. @r t^ut eS fc^lic^t unb fc^n, mir
ba^ er burd^gängig ben @inbrud( religiöser unb ftttlidber 28alj^l^eit, tt>el(^en biefe Silber
ao ertoedEen, aud^ für bie Xl^atfäc^lid^Ieit ber gefc^id^tlid^en Xestet^ö^lung mit ollen i^
@in}ell^eiten in Slnfpruc^ nimmt; fo toürbe umgefel^rt l^iftorifd^e itritit mit bem Stongel
an religiö^-'ftttlic^er @rgriffen^eit jufammenfallen. $ier haltet ein SRi^VerftanbniiS.
3)ie genannten fünf Schriften bürfen al^ S.d ^au^ttoerle be)eid(^et toerben; n ffot
aber noc^ eine gro^e ^af)l anberer herausgegeben, teils in $rofa teils in $oefte, Von
26 meldten emige ertoö^nt tperben muffen, ^em p^ilofop^ifd^en ®ebiete gehört bie ttberf^ung
Von SonnetS „^alingenefte ober ®ebanten über ben vergangenen unb lünftigen 3u|Minb
lebenber ffiefen" (1769 unb 70) an, beren erfter leil ß. für bie ^^SluSf^ten" toefciUKc^
3)ienfte leiftete. 3)er jtveite, Unterfuc^ungen über baS 6l;riftentum ent^tenb, tvurbe Von
£. an 3RofeS ÜRenbelfol^n gefanbt, mit ber älufforberung, bie barin enthaltenen Setvetfe
80 }u toiberlegen ober }um S^riftentum überzutreten. S)iefer Schritt S.S, feinem liebevollen
$enen aber auc^ jenem im))ulftven unbebad^tfamen @ifer entfpringenb, ber t^n ben 9bi»
griffen ÜbeltooQenber fo leidet unb oft preisgab, jog i^m ben Serba^^t ber ^[ntoleram yd,
toelc^er boc^ niemals toeniger gered^tfertigt mar, als biefem ^Inbivibualiften an9 vlßiux
unb ^^ilofopl^ie gegenüber. S. jal^ ben Wi^griff alSbalb ein unb bie beiben ebeln SRrnmer
86 gelangten ju perfönlic^er Serftänbigung, toä^renb britte eS fid^ nid^t nehmen liefen, tvetter
Siortoürfe unb Spottreben auf £. ju Raufen u. a. Sid^tenberg in ©öttingen. ©benfoOS
aus bem granjöpfd^en überfe^t fmb bie fünf (Sefpräc^e beS „Slinben Vom Serge", toelc^
£. brei eigene (Scfpräc^e über „3Bal^r^eit unb^^Hrtum, ©ein unb Schein" beifügte (1791),
in benen er eine inbivibualiftifc^«{ritifc^e (SrlenntniSt^eorie auffteQte.
40 SSon tl^eologifc^en ©d^riften f^b bebeutfam feine brei ^agen über bie „itraft
beS Glaubens, bcS ®ebeteS unb ber ®aben beS ^eiliaen ®etfteS'' Von 1769, bie er
an il^m perfönlic^ ober litterarifc^ betannte X^eologen richtete, um il^re 9lnfi((t über einen
il^m überaus toid^tigen, ber religiöfen 2)enln)eife feiner ^dt }utt)iberlaufenben esegettfc^
Sefunb ju erbitten. @r n)ar nömlic^ ^u ber (Sinftc^t gelangt, bag baS neue Zeftamcnt
46 burc^göngig einen in birelten äBirfungen, ßraftmitteilungen, Offenbarungen Verlaufenben
SJerfebr ©otteS ober E^rifti mit ben SKenfc^en unb ben Seft$ übematürlic^^er Stnfic^ten
unb Jcröfte feitenS ber S^riften vermöge @ebetcS unb ®laubenS VorauSfe^e, fokvie hak in
jenen ©d^^riften nichts auf eine örtlid^e ober zeitliche Segrenjung folc^er göttlich SuS^
ftattung ber E^riftengemeinbe l^inbeute. ^te einlaufenben älntn)orten midien )umei|i ber
60^age auS unb entl^ielten ©pott ober fromme ©eufjer über feine ©dj^toärmeret; fte mußten
ba^er S. in ber Slid^tigfeit feiner Stnfc^auung beftärfen, n)elc^e bei feiner SorauSfejpmg
unbebingter Serbinblic^Ieit ber ^1. @^rift in allen religiöfen 3)ingen für feine pecfönltc^
©enlmeife ma^gebenb werben mufete. — ®in Seitrag für bie „allgemeine tbeo(o^if(^
Sibliotl^ef'', Worin er über einige ^üxd)tx ©elel^rte in anertennenber 2Beife Stttteilur^
66 mad^te, gab bem ^l^ilologen ^. 3. ^ottinger älnlag ju einem anonymen „@enbf(^retbcn'',
toorin er S. unter Sertoertung untoal^rer unb ^albma^rer ®erüd^te ^eftig angriff. £. ^
eS unter feiner SBürbe ju antworten unb bat and) feine ^eunbe, bie, tetltveife unge*
fc^idCt, für il;n eintraten, von allen ©c^ritten ju feinen (fünften abgufe^en, i^ mit über*
triebenen £obeSerl^ebungen ju verfc^onen unb [xd) ber unautorifterten 2)rudlegun0 Von
eo^rebigten, äluffö^en unb Sriefen auS feiner ^ber ju entl^olten. Sin toltlofen unb fd^iofo»
Sotiatcr 321
menfc^en ^unben l^e S. fein Seben lang fd^tperer ju tragen aU an ben erbtttertften
gchtben. $ottm0er ift fjjäter obermate gegen 2. unb feine ^eunbe — auc^ gegen ®oetl^e —
aufgetreten. S. noj^m bergleid^en ru^ig, er })flegte ju fagen : „xd) mag tDopl harten'' unb
toar bemüht, ben i^n SSerfennenben fein perfönlid^ee SBo^tooQen ju erhalten, ^olemifc^en
ei^olter trug feine Siecenfion Don @teinbartd ^^S^ftem ber reinen $l^iIofD))E;ie unb ©lüd^ 6
feligleitdle^e bed ß^ftentumd'^ eined aud^ in ^üüif ju älnfel^cn gelangten (Srjeugniffed
ber inttOrftiialiftif(^ unb moraliftifd^en älufHörung, gegen todd)^ jid^ ^. anö^ münblic^
in ber ©etfUic^feitdf^nobe t>on 1779 audf))rad^. @r fü^rt ben®ebanfen an^, badej^riften-
tum fei unter ben Sleligionen ein ^nbiDibuum tote bad @c^tt)ei}ert)oII unter ben Stationen
unb e^ fei ba^ unftattl^aft, jetoeilen bad bem @efc^madE eined g^^^''^^^ angemeffene für lo
G^rifkentum )u erllören; bad toid^tigfte fei, ba^ bie c^riftlid^e 28ürbtaung ber ^erfon
^efu bei Steinbort fel^^Ie, benn S^riftud fei Objeft ber ©lüdfeligteit für ben S^riften
tDie bad ®e(b für ben @ei}igen, h)ä^renb @teinbart S^ftud blo^ ald SBegtueifer jur
®tü(ffeCigIeit onertenne; fein @tanb^unft fei ber eined ^.feinen ^ei^mud''.
2., toelc^er in leinet ber feinen geitgenoffen geläufigen ^arteiföd^er ^a^te, tourbe in 15
ganj bit>ergenten Stiftungen Derbäd^tigt. 9lld er 1772 mit ^eunben ein Stealrcgifter
ber u>i(^tigßen biblifd^en 8egri^e )ur neu burc^efe^enen jürd^erifc^en Sibelüberfefeung \>tt'
fa^e, toorf man il^m aufllärerifc^e ^been k)or. Bpättt lam er in ben SRuf, ba| er ftc^
)um Jtat^oGcidmud l^inneige unb 9ltfoIai, 93iefter u. a. Gitterten Sejie^ungen jum ^t^
futtenorben. Sein S^ntereffe für Somnambulismus unb ö^nlid^c @rfd^einungen jog i^m ao
ben Sottourf ber Sbf onberlid^Ieit unb Seic^tglöubigteit gu. (ix ertlärte ftc^ feinen ^eunben
gegenüber 1786 in )toei ^^Slättem'', bon benen baS erfte feine SteOung jum neu ent^
beoten animalif(^en SRagnetidmuS !DleSmerS, ju Saglioftro unb geheimen ©efeUfd^aften,
bad }tDeite fein Set^tniS )um Jtatl^oHciSmuS barlegte, ^er ®runbgebanle ift, ba^ aQe
Se^ren, Xnfc^ungen unb JtuItuSbröud^e SRebia für ben ®enu^ beS lebenbigen tDirt- 25
famen ®otted feien; i^ren äBert für biefen ^to^d fönne nur bie Srfa^rung beftimmen,
toddft )ebo<j(f nottoenbig inbiDtbueQ berfd^ieben fei. ^ierard^ie unb S)ogma, baS f))ejififd^e
bed Sta^oliddmuS, fei feiner 9[nbit>ibualttät burcf)auS unangemeffen, toelc^e ^reil^ett beS
Senlend unb ®ett)iffend ebenfo nottoenbig forbem muffe b)ie ein unmittelbares ©otteS-
tKT^Kiltnid. 2ln biefem Sinn fonnte S. ju frommen 5latE;oliten tote Sailer in freunDf^aft^ ao
lic^ Seiie^gen fteben unb nod^ auf bem Sterbebette feinem jum JtatE^oItciSmuS über«
tretenben^eunbe Stolberg )urufen: ,,9ßerbe bte @^re ber lat^oltjd^en Stxxö^t/'
9bi|er einem rl^etorifd^en SebenSbilbe beS älntifteS 93reitinger ^at 2. tetne E^iftorifd^en
Sbbeiten Derfa^; gefd^ic^tlid^e Betrachtung entf))ra(^ feinem ®eifte, toelc^er aUeS auf baS
Seburfntd beS Idbeii^igen SubjefteS bejte^en mu^te, ntd^t ; E;ier liegt feine größte Sier- 86
{(^tcben^ bon $erbn. 3)o(^ fe|te er bem frü^)?erftorbenen 2lugenbfreunbe ^lt£ $e^
unb ebenfo feinem intimften Seelenöertoanbten ber f})äteren gal^re 3- 6- ?$fenninger je
ein )>ietatboueS 3)enlmal.
Xm ja^lreic^ßen finb feine religiös unb ftttlid^ erbaulichen Schriften. @S feien nur
einige Xttd erto&i^t: ^fcbenbüd^lein für S)ienftboten ; Senbfd^reiben an Derfd^iebene 40
Jünglinge; un^^ftognomifcpe Siegeln jur Selbft- unb ^enfd^enf enntniS ; Salomo ober
&^ren ber SEBeiS^, eine ßitatenfammlung ; eigene ^eiSl^eitSregeln, State, t)ermtfcf)te
®cbanlen entl^ u.a. bie Sdbrtftälnad^arftS; femer: 93etrac^tungen über toid^ttge Stellen
ber (Sbange&en; ^onbbibel für Setbenbe u. f. to. SSerfd^iebene ^eriobtfc^e ^ublifationen,
unter toMfm bie „^anbbibliot^ef für ^reunbe^' am längften erfc^ten (4 ^a^rgänge in je 45
6 Sonbc^), entft^ongen bem SebürfntS, bie tnS Unerme^lid^e angetoac^fene ^rit^atforre-
f|M)nben) 2.S )u entlaften.
Son fetner Jtirt^liebbic^tung toar bereits bte Stebe ; er ^at aber auc^ fonft unb in
ber numntgfac^fiten Seife feine ^oetifc^e @abe bertoenbet. ^nSbefonbere nal^men berein^
)eUe ®^anbn ober Sinnfiprüdi^e, an benen ber SebenSfunbige unb 3Renfc^enfenner fo retd^ 50
toar, für t^ untDiUtürlic^ r^i^t^mtfd^e $orm an. 3)ie ^ixxö^tt Stabtbtbliotl^ef betoal^rt
feine „®Aati{enbib(iotl^eI'' in brei SSuSgaben, beftel^enb auS über 100000 nad^ Sc^lagtoorten
ailfffcAtü^ ßeorbneten 3ettelc^en mit ^e^ametrtfd^^ )?erfagten Sentenzen, tote fte ftd^ ber un«
abläf(ig i^^e, toann unb too immer ein n)ertt>olIer ®ebante i^m einfiel, ju notieren
tofimte. @eme teilte er auc^, ftetS auf )}erf5nltd^e 3tnfnü))fung unb 3tnregung bebac^t, 55
fobpe QttM ob Xnbenlen auS. äSerf^iebene Sammlungen )?on @ebtc^ten, in benen er
mm Zeil JtIo|>ftodS Oben nad^al^mt, fogar ein )}oettfd^eS SlUod^enblatt, traten im Sauf ber
^oäftt an bie Seite berÄircf^enlieberfammlungen. 3lod) l^öl^ercn ßielen ftrebte £. 311, inbcm
er ein Hbßfc^ 2)rama „Xbra^m unb ^faaf '' t^erfa^te, toeld^em @oetl;e feinen Setfall unb
fdne Stitorbeit He^, unb einige biblifc^e üpm: über bie Offenbarung ^o^anniS, über^ojep^co
IttiUtaOgoXMt fir Xlcolofic mb »ixdtt. 8. «. zi. 21
322 £atiater
Don ätrimatl^äa unb bad Setben Sl^fti unb, bo^ drohte, Don bem 2)t(^ter am j^dc^ften
geftettte, eine SKefjtabe: ,,!3efu« ber SReffwö ober bic ©jangelien unb bte Slj)oftcIflef4^te
in ©efängen" 4 Sänbe 1783—86. Sei flrö|ter S3eh)unberunfl für JHo^todte ®enie fyd
Sabater an beffen Wefftabe SludfteQungen ju mad^en, benen er hcS mtd^t entnimmt,
6 fein jugeftanbenerma^en fc^toäc^ered ^robult bem Jtbpftodfdben 9Q3er{ an bie Seite |u
fteOen. 3)iefer E;atte nämtic^ ben biblifc^en %^ blo| atö $oIie be^bdlt, um m
eigener Jtom^eten) erl^abene ^toifc^en @rbe unb Fimmel fc^toebenbe Silber )u entroOen;
S. erfc^eint ed old eine ebenfo gro^e älufgobe, ben neuteftamentlic^en Xe^t möglidbfl un«
Dertürjt in rtotl^mifc^ gel^obener @|)racl^e toiebergugeben. ^n SBo^rl^eit lonn feine ^eiffamg
10 toeber ^oetifc^ noc^ religiös befriebtgen. freier tonnte ft$ S.d ^l^antafte in ben 6 ®t>
fangen über ,,bad menf^Iic^e ^erj" ergel^en, bef(en @rö|e, Srbobenl^eit unb 9iei(^tum mit
ber unferem ^id^ter eigentümlichen ^Intenfttöt unb @|tenfität gefc^ilbert toirb. ®lüdli(^ $
er in einigen 5Profabi^tungen, unter benen bie „SBorte gefu" (1792), ©J)rü<^e im ®eip
unb XonfaQ ber 9(u^f))rü(9e bed $erm, tpal^re perlen entl^alten. Sied nur ein 8tu(^ted
16 bon S.d litterorifd^er ^robuttion.
@oetl^e äußert einmal. ba| er leinen fo ununterbrod^en tl^ötigen 9Renfd^en gelannt
l^abe b)ie Sabater; angefic^td feiner umfaffenben Sc^riftfteQerei, feiner oud^ für jjened
fd^reibielige g^^^"^^ erftounlic^ au^ebel^nten ftorref))onben) unb ber treuen Seforguna
einer großen )}aftoralen Slufgabe toürbe i^enttann auiif o^ne bed ^eunbed Sudf^tuqf mif
ao ö^nßd^e ®cbanfen tommen. Sad (ag in feinem angeborenen Xemt)eramente, ed toor
aber auc^ bie ^olge einer überfc^öumenben Sebenbigfeit, einer gärenben unb fbitenben
^Qe unb Rxa^t ber Seele, toie fie einjelnen SRönnem ber @entee|)0(^e gulom. S. toax
xl)x etl^ifc^er unb religidfer — ü^r ^riftli^er (Senium. SBad i^n erfüllte, (ö^t fi^l in einer
eng gefc^loffenen ®ru))|pe bon Igbeen audbrüdCen, bie er gpte fein Softem nannte. 9>fx
35 grunblegenbe @ebanle ift bie menfc^lic^e 9iatur ober bie äflenfc^l^eit, jebo(^ nic^t im Sinn
eined abftralten @attungdbegriffed, fonbem atö ^beal, ald bie in fittlic^er @mt)finbun9
unb religidfer 3u^nft^nung jebem innetDol^nenbe 3Bürbe unb i^ol^eit Sie 9Renf(^^
lebt, bad ift ber leitenbe etl^ifc^e ©eftc^t^unlt, in lauter ^nbibibualitöten, beren befcmbeie
Sludftattung gottgewollt ift unb toeld^e ftd^ gegenfeitig }u förbem l^aben. @d i}i nic^t mi^
80 jufagen, toad ein ÜJtenfd^ bem anberen fein lann, ed giebt leine f^eube tote ÜRenfc^
freube unb nic^tiS grö^ered aU ÜJtenfd^en, bie einanber „genie^ar'' unb ,/genu|fä^ig'' )ur
Seite gelten. Siefe gro^e älnft^t, toeld^e ben SSertel^r ber jungen ©eifter in £.d Xogen
bel^errf^t, erfc^eint bei ifmaQejeit in etl^ifd^e unb religtöfe Smbnnbung getaucht; er befaft
feine ^reunbe aU @benbilber ®otted, ald Srüber ^efu S^nfti, oliS Srben bed etmgcn
86 Sebend. Unb wenn einzelne bon biefen fold^ed ntd^t berftanben, über „Seiel^rung^
eifer'' Ragten unb [xi^ bon i^m jurüd^gen, fo trifft il^n bedl^alb lein SSortottrf, beim bim
großen Stil in ber ^eunbfd^aft, bie ^a^rl^ett unb bie 9Q3eit^er}igIeit 1^ i^m leiner ob»
f)}red^en lönnen, im übrigen aber burfte er für feine 9lrt badfelbe Stecht beanf))ruil^ tme
bte anberen für bie irrige. @in tiefer älbfd^eu gegen alle Jte^erric^terei log aOqeit in feiner
40 Seele unb energifc^e ^rotefte gegen ^ietiftifc^e @ngl^iglett, toelc^e ieben, ber ni^t in
trabitioneüen Formeln fbrid^t, mitleibig befeufjt, h)ie gegen bie intolerante, immecbor
Xoleran) l^eud^elnbe älufflörung begleiten ben bon jener SSerlannten bon biefer SSerfobten
burc^d ganje Seben. 2. ^at feinem ^nbibibualtdmud aud^ einen erfenntnidtl^eoreti^en m^
brud( gegeben. Stlled Srfennen ift relattb jum ÜRenfc^en unb inbibibueQ bariabel. „Slbfobite
46 äSal^r^eit ift ein 2Biberf})rud^.'' Unb bad bebeutet nic^t ^ttoa einen Serlufi für ben
^enfc^en, benn bad, worauf ed in ber SBelt allein antommt, ift bie inbibibueQe Sede, i^
@rl;ebung unb SoUenbung ; „toa^ l^ötte tc^mtt einer abfolutenäSa^rl^ )u fdfKiffen, bie bo(^
eben nic^t für mid^ toäre?" @r fd^ridtt nid^t bor bem @ebanten )urüd(, bog jeber feinen
®ott unb feinen S^riftud l;abe, unb ba^ man genau genommen nic^t fogen fönne, tiHi^
50 ©Ott abgefe^en bon ben Variationen feinet Silben in ^^^i^i^^^ M \ ^^^r ttB&rt 2.
Weiter, bte Objelte finb nur Wad unb Wie fie auf Subjefte Wirlen. ®ott ifl Sater fOr
ben, ber i^m fein Seelenorgan öffnet, ber glaubt; toa^ ®ott, Wad (^ffatd, Wod ber
^l. ®eift fei abgefel^en bom Serl^öltntd ju benen, weld^e bie entft)re(^enben @rfa^rmigen
mad^en, ben Sl^riften, „bad gel^t und niq^td an, babon fagt aud^ oie S(^rift lein SEBovt^.
65 Sd ift wal(irfd^einli4 ba^ %. $. ^afobi an btefen ^been S.d Xeil ^; in jebem ^
War ed S. wie biefem unmögltd^, fold^en fubjettiben ^bealidmud an ben f^inojtfttfd^ltb«
folutidmud ju bertaufd^en Wie ^erber unb ®oetl^e traten. Unb toc^ ift ed benn enbGi^r
toai ein ^nbibibuum bem anberen im 2Be(^felbertel;r ber Siebe )u bieten bermog? &
ioQ „bie fd^lummemben ober löfftgen Gräfte ber ÜRenfc^^eit in il^m anregen unb ent«
lammen'', ed foQ il^m l^elfen „lebenbiger, freier, e^iftenter, genießbarer unb gemi|fä^tger^
Satiater 323
)u toccben. (S^ fyaihdk ft^ um eine er^ebenbe Seetnflufjung in ber @efü^töf^^öre, in
emem t>on 2. t>orau^efe^ lebenbigen QueII))unft ber inbibibueUen Sleolität, in einem
toirtfamen met(d9^{if<$en Zentrum bed ÜRenfc^en.
SMefer ®ejt(^tö|ninlt iß im oDgemeinen ouc^ ma^gebenb für ba^ Sierl^ältni^ @otted
jum Slenfd^. 3Sie ber SRenfc^ feiner SRitmenfd^en bebarf, um ju Serben tpa^ er toerben 5
laim unb foD, fo bebarf er in unenblid^ ^ö^erem @inne ©otted. „^a^ ift mein @oit, ber
oKen meinen Sebürfniffen obl^ilft/' tflan erinnere fid^ an S.d @eelenlöm))fe, an ben
tiagtfc^ 993tberf^ruc^ )tt>if(^en bem ^beol unb ber eigenen 28irflic^feit, toeld^er auf feiner
6ode laflet, an bie @e^nfuc^t nad^ Befreiung, Jtraft, @ieg in feinem ßerjen; ba^ f^nb
bte grofien tiefen Sebllrffniffe, \üA6fz @ott ftiQt. 60 ift für S. bie Religion Srlöfung, 10
toä^reno fte für bie 9htff(örung SBettanfc^auung ift; fie ift ein tiefet 93egeE;ren unb
ghratgen beS inneren 9Renf(^ nad^ ^ilfe, bie )6erl^ei|ung unb (Srfa^rung folc^er $ilfe
unb bte „gemole'^ rea(iftt{d[fe Sergegentoärtigung ber geiftigen 3Rac^te, )?on toeld^en bie
$tlfe bmmt, buxc^ todä^ fte ftd^er gefteQt ift Unb too ift biefe $ilfe ju finben? b)ie
mai^ fic^ und ®ott genießbar? @d lönn nur burc^ ^enfc^en gcfc^el^en, nur ÜRenfd^en 15
Kimm bie 3Renf(^j^t erl^ö^. 2)a lommt nun bie d^riftlic^e Offenbarung bem S3ebürf^
nid ciüg^en mit i^ Serfünbigung bon ß^iftud old bem Ur^Sbenbilbe @otted, toeld^ed
auf ber 6fala ber SQSefen ®ott am näc^ften fte^t, inbem er bie äSobrl^eit, ba^ Seben,
ber it5nig bed ©ottedreu^ed unb )uglei(^ ci^ ^^menfc^lic^er ®ott'' aQen ^Renfc^en genießbar
iß, aß ^^gdttltc^er 9Renf(^'' aOe geniest, aber aud^ ,,berül^rt'' unb ,,be[ebt''. ^e @onne 20
tß für und nur im @tral^( genie^ar, bad unenblic^e nur im enblid^en, in 2|efud ,,^umanifiert
f«^ ®ott". (Sr iß ®ott für und, obne 'ü^n giebt ed leinen glaubbaren, genießbaren @ott,
„toerai e^rifhid nic^t to)&re, n>äre ic^ Sltl^eift''. @r ift bad „Slut unb Seben ber 9Be(t'',
bie DtteDe bed Sebendgeifted, burc^ \üdd)cn oOein bie Steinigung, Serl^enlid^ung, 93ergottung
unfeccr Statur )u ßanbc lommt. SRenfc^en tperben burd^ ^Dtenfc^en, S^riften b. i. erl^öl^te, 25
erneute 9tenf(^en burd^ Sl^riftud, er ift unmittelbar burc^ ®ott. 3)ad SBilb, toelc^cd ber
SirtuiiQdloeife (S^rtßi entf^ric^t, iß bad bom Slrjt unb ber ^eilun^ ; ed l^at an Stelle
bed pmbißben bom 9li(^ter unb bon ber @ü^ne }u treten; bte @ünbent)crgebung
bedeutet Stcßituienmg berlorener Jlraft Slber fold^ 3Sndtungen boQjie^en ßc^ nic^t außer
bem SRenj^m unb ol^ne il^n; £. ßeQt ßd^ bie fubjeltit^e 3tntnü)}ßtng ber Sinßüffeao
®ottcd hixiif S^rißud nad^ 9Irt ber ^rD))l^etifc^en @inf))rac^e unb ber ®eißedh)irlungen
im 9{X bor. XOer ®Iaube im UrArißentum entf))rang „ßnnlid^en @rfa^ngen''; unb
iticmanb giebt und bad Stecht au be9au)}ten, baß S^riftud nid^t l^eute unb aQejeit in biefer
9rt in feiner ®emeinbe toirten tonne unb tPoQe. ^eilic^ h)eiß bad gegenn)drtige
(Bcfc^lec^ bobon nic^, S. nimmt gerne an, ed merbe junäc^ß ein einzelner fold^e (Sr^ 86
fa^rungcn mod^ müßen, bamit barauf^in auc^ bie anberen ße mad^en fönnen, toenn
fic nur tooOen. Sin foUer Seborjugter mürbe aber feinen übernatürlichen S3eß$ auf
fiberjeugenbe Sßeife ben anoem tunbgeben müßen; bad innere SBunber, an tDelc^em i^m
iNn: aOem gelegen iß, toirb infofem auc^ }um äußeren SQSunber führen; baju fommt bad
bcrcüd crto&^nte, boft unferer @r^ö^ung auc^ eine Befreiung Don ben natürlid^en ^em^ 40
mungen bed ®utedt9und entf^rec^en muß. £. l)ai ba^er fel^nfüc^ttg nac^ Biegungen über^
BOtfixIic^ Itififte audgefd^aut; für beren ®rfd^einung er ßc^ t)erfd^iebene ^öglic^Ieiten
bod^ 2)er neuenfteäte uRagnetidmud SRedmerd, ber @omnambulidmud, bie @£orctdmen bed
fot^. $farverd ®aßner unb ci|nlic^e Srfd^inungen fal^ er barauf an, ob ße nic^t erße älnlün^
bigimgcn grofter SRanifeßationen bed „fd^toeigenben ®Dtted" feien ; auc^ bie älnfd^auung, baß 45
bcrCtNOigelffllSo^anned no<^ aufSrben toeile unb bie @m>artung, baß er ju iJ^m tommen
unb i^ htidf ^^onbaußeguna mit 33olltraß an^ ber $ö^e erfüllen merbe, gehört ^ierl^er.
Kur lofe ^fingen ed^Kttologifc^e Srtoartungen bamit }ufammen: S)ie Se^re Dom SJtiQen'
Blum, toclc^ 2. in ber Sibel begrünbet fanb unb bie @m)artung bed balbigen SBelt-
cnbcd, tod/bt hmd) bie ))olitifc^en Sreigniße feiner legten ^a^re begünftigt mürbe, äluf 60
a)H)la&}|rttf(9e @))etuIationen ober gar Berechnungen l^at er fic^ jeboc^ nie eingelaßen. @r
toor fUf ber 0efa^ feiner ent^ußaftifc^en Steigungen mo^l beh)ußt unb ^at ßc^ eine
focgf&Iiige fjrfifimg aän imStamen ^ö^erer 3Räc^te auftretenber @rfc^einungen jur ^j^ßid^t
aaiiaf^; mic^ f)ai n ßetdfort eine fd^ltc^te ^ömmigfeit bed ®ottt)ertrauend unb ber
iRcnfcpciiItebe bet^ätigt, toelc^ ßc^ in fc^toeren ätnfec^tungen unb großen Seiben ^errltd^ 55
UioäSfttt, 2H( fufmmoturale Stimmung, au^ toeld^er er lein^e^l mad^te, h)enn er auc^
feiner Qkmeinbe gegenüber bamit borßc^tig mar unb feinen 3Renfc^en je jur Sc^märmerei
bcrfft^ ^ — genügte, baß i^n bie ätufflärer in S^xxd) unb audmörtd }um bor^üg«
fii^ Segenjlanb il^ @))otted machten. @r an feinem Orte toarf ber jtirc^e feiner 3^it
Srangd an mncrem Seben unb Sebürfnid bor, bie Sleligion iß „feelenlofed ©efd^mö^'', eo
91 *
324 Sonatcr
bie 3:i^eolo0tc „äufeerc ^Partetung", nid^tö ,,t>on innen ^erau«", atte« „negotto" ; unb au<^
für bie Smennung bcr Sibclh)al;rl;cit fuc^t er ben (Srunb in bem mangelnben ©eelen«
bebürfni« ber gorjc^er. 3)arin tou^U er pc^ im aügemeinen ein« mit ^erber, ®oet^e, goloK
unb aü ben genialen ©egnem ber inteÖe&ualiftifc^en unb formoliftifc^ HuffUbiutg, bie
6 {ömtlic^ ben oben Bpott ber ®egner }u tragen Ratten, fßtm l^ier oud fällt oud^ £t^
auf ben @inn, tpeld^en feine Seprgebanlen beanjbruc^en. ®r meint, bie t^eologtfc^
Segriffe Ratten nid^t ben SQäert toiffenfcl^aftlic^er S3efunbe, fonbem benjenigen t>on ©l^*
bolen für bie @rfal^rungen bed $er}end, er \ü\ü bie ,,£e^e'' bo^in gefteQt fein laffen, ba
ade« am ,,®lauben'' liege, ^ad ^inbert il^n freiließ niqt, bie trabitioneKe Sel^ ba )u
10 hitifteren, b)o fte bie SdDürfniff e bed ^erjend gu burc^htujen fd^etnt ; bobei mu^ er fu^
ieboc^ auf bie 93ibel berufen tonnen. @o ift ber at^anaftfd^e Sl^riftud nic^t bibltf(^ unb
nid^t religio« toa^r, benn er ift ebenfotoenig unmittelbar genie^arb)ie ®ott; glei(^ertt>eife
unb au« benfelben ®rünben ift bie älnfefmfc^e @ati«famon«le^re objule^nen. S. tooOte
©d^riftt^eologe im ftrengften Sinne fein, er h^agt leine tl^eologifc^e 9ei^au))tung o^e f^m
15 länQlic^e Segrünbung in ber ©c^rift ; e« ift ober boc^ nic^t eine emt)trifc^e ^nab^fe ber
bibltfc^en @ebanfen, tpa« il^n )u feinen eigenartigen Ueberjeugungen fü^, fonbem
bie genialijd^sent^uftaftifc^en Sebürfniffe feine« ^ergen« ertennen fic^ toieber unb finben
il^re göttliche 93eftätigung in ber entl^ufiaftifc^en ©eite ber neuteftamentlic^en Serfitnbigung.
S. ift ber c^riftlic^e unter ben !IJtenfc^l^eit«entl^ufiaften ber ®enieei)o<^e, ba« ijft bie J^iftorifcpe
ao $orme}, nad^ h)eld^er fein äSefen gebeutet tpercen mu|; bom ^ieti«mu« ift er in leincr
^eife abl^ängig, feine Rumäne 9Beitl^er]\igIeit, feine älbneigung gegen olle SRonier, feine
SSblel^nung aller 9[«Iefe bringen il^n bon aSem Slnfang an in et^ifc^ ®egenfa| ju bot
)}ietiftifc^en Jtreifen unb in religidfer äSejie^ung tabett er an il^nen ben Sitoigel an
Siro^en unb Itaren ®ertc^t«)}untten. Ueber^aut)t lonnte S. toa^l^eit«gem&| fagen, ba^ er
eine« ^enfc^en ©c^üler fei, er l^at ftc^ ebenfo bagegen berft>a^rt, irgenb jemonbe« üä/m
ju fein.
©ein äußerer £eben«gang bietet bi« in feine legten Seben«ia^re toenig Semerlen««
tperte«. ©eine ®emeinbe, feine ©c^riftfteQerei, feine gal^lreid^en ^eunbe unb jo^Uofen
Sefud^er, feine ^nbe unb bor allem feine ^^milie, ba« toax feine 3Belt unb fein ©c^
80 fal. 92ur einige 9ieifen teil« um ber ®efunb^eit toiKen, teil« auf Sinlobung bon greunben
unternommen, unterbrachen bie ®leic^mä^igteit be« Ä^rd^^ Seben«. ^m ©ommer 1774
fuc^te er ^eilung bon einem d^ronifc^en Ruften in @m«, too er ®oet9e«, Safeboto« unb
2|ung ©tiuing« ^erfönlic^e Selanntfc^aft mad^te, 1786 begleitete er feinen ©ol^n noc^
Sremen, 1793 reifte er auf ßinlabung be« ®rafen 93em«borf naA Äojjen^gen. 3n
35 feinen f^öteren 2lal;ren litt er l^äufig an ©c^toinbel, fo ba| er ftc^ oft taum aufredet polten
tonnte, ©ein Familienleben toar überau« glüdHic^. ©c^on 1766, brei ^afyct bor feiner
erften 9lmt«ftellung, l^atte er ftd^ mit 9lnna©c^in}, ber burc^ Serftänbigleit, $er)en«mibe
unb fd^licf)te ^ömmigteit au«ge2eid^neten 3!od^ter eme« jürd^erifd^en Jtaufmann« berl^atä;
fie bereitete bem SWaftlofen unb biel Umgetriebenen einen ^äu«lid^en ^eben, beffen fonften
40 Sauber aud^ bie ^eunbe ju fcf)ä$en tou^ten. SSon ac^t Jlinbern, toelc^e fie ü^m fd^entte,
überlebten il;n nur brei, ein ©ol;n, melc^er älrjt tourbe unb gtoei 34^d^ter.
S.« Seben«enbe ift in bie großen @reignif[e berfloc^ten, toelc^e ben Untergang be«
alten @uro)}a unb ber alten @ibgenoffenfd^aft herbeiführten. @r begrüßte erft ben 9lu«e
brud^ ber franjöfifc^en Slebolution al« ba« Morgenrot einer neuen 33öllerfrei^eit 3*"
45 eigenen Sanbc toar er, bon aller ^arteilcibenfd^aft frei, mit 6rfolg bemüht, eine friebli(^
£öfung innerer ^onflitte ^erbeijufüi^ren. 311« aber bie fran^öftfc^en t^i^eit«manner felbfi
S)ef))oten tourben, il;ren fföntg l^inrid^teten, bie 9iac^barlänber mit Jtrieg übmogen, um
unter ber 3Ra«le ber Solt«beglüdEung ®etoalttl^aten au«2uüben unb bie ^igften Siedete
mit §ü6en ju treten, ba erl;ob er auf ber ßanjel aber auc^ ben ®eh>aIt^K(bem in'«
60 älngefid^t feine ©timme für bie Unterbrüdften unb fein mi^^nbelte« Saterlanb. ©ne
^at t)on ungel;eurer ftül^nl^eit toar in«befonbere fein „28ort eine« freien 6d^ta)ei)et« an
bie grofee Station", tDorin er bie Slnllagen aufammenfa^tc, bie er al« ^Sotriot imb ol«
Wiener ber 3Bal^rl;eit gegen bie franjöfifc^e Sftegierung erbeben mufete, um fie am 10.9Rai
1798 an ben ^irettor iHeübeQ ^u fenben. @r toar fic^ ber großen ®efal^, toe^er er
söfid^ bamit au«fe$te, boUtommen betonet. @« gefc^al; jeboc^ einfttoeilen nid^t« gegen
i^n. 311« er jeboc^ im folgenben ^a1)x gegen bie toiberret^tlic^e 3)e)}ortaüon k>on Wm
gliebcm be« jürc^erifd^en SWate« j)roteftierte, tourbe er in 33aben, tt)o er fi<^ eben ju«
iRurgebraud^ aufl^ielt, gefangen genommen unb nac^ Safel gebracht 3lad^ einigen 9Bod^
frei gelaffen, erreid^te er ^imd) toegen be« ba« £anb burc^tobenben Jtriege« erft noi^
eo langen Äreuj» unb Querfugen. 3lm 26. ©e})tember 1799 fanb bie )ta>eUe ©c^Iod^t bei
£atiatcr Sajaritdritter 325
3uri(^ Patt, in toeU^er bie granjofen pegten; franjöpfc^c Ärteger lamen in bie ©tabt,
einer begebe Dot S^ 9Imtdh)D^nung 9Bein, ben biefer iE;m fpenbete; balb aber
brong fener, Don f^I^^lidber 3But erfaßt; auf i^n ein unb fc^o^ i^m eine Jtugel burc^
bie SrufL !Run begann für £. eine R^t ber fc^tperften, j^eroifd^ ertragenen Seiben^ toeld^e
bid }u feinem Xobe bauerte. @o balb e^ feine Jträfte erlaubten, na^m er lieber aUerlei 6
arbeiten t>or, befuc^te feine Manien, beftieg auc^ einigemal bie ^anjel, unb Derfa^te
t)erf(^iebene ©c^riften, befonberd bie „freimütigen ©riefe über ba« 3)eiportation3toefen."
9lit feiner ®emeinbe blieb er burc^ Slnf^rac^en, toeld^e feine Slmt^brüber jetpeilen auf
ber Jlanjel borlafen, in geiftiger SSerbinbung. 3lo6) begrüßte er bad neue ^al^rl^unbert
mit einigen äSerfen, bann ftarb er am 2. g^^war 1801 in ben armen ber ©einen, ©ein lo
Xüb erregte toeit über bie ®ren^n feinet SSaterlanbed l^inaud fc^merjlic^e Xeilnal^me.
©eine ^fretmbe erl^elten nac^ toentgen Sagen jeber einen ©ebenfoerd, ben er aU legten
®ru^ i|nen juaebod^t ^tte.
2.^ 6^(mad&ilb ip fd^tDer )u jeic^nen. ©d^on ju feinen Sebgeiten nmrbe er mag«
[od bereif unb jugleic^ ma|lod Derf^ottet unb l^erabgefe^t, unb auc^ biejenigen, toelc^e is
empiid^ toiUend toaren, i^m jQ^cd^t ju toerben, brad^ten ed laum ju einem einbeutigen
unb lonfionten Urteil. @in uRiniatur))orträt feinper Slrt l^at ®oetl^e in ;,3Bal^rl^eit unb
^ic^tung'' III, 14 gejeid^et. ^ie meipen Sitterar^iporiler giel^en ed aber Dor, pd^
an einige feiner Dereinjelt l^ingetoorfenen berberen ^infelftric^e ju l^ten, um bann regeU
moftig ein unrid^tigeS Silb )u getoinnen, gegen bad man nun fc^toer ankommt. Unb ao
bocp rft^t fu^ bie neuefte ©egentoart ni^t mit Unrecht, ba^ pe ber ®eniee))oc^e ge^
u^izt ut toerben vermöge ald bie l^inter und liegenbe Generation. Wöge fol6ed
oudb balb S. )u gute fommen. S. ip pc^ felbp ald eine ©umme Don ^iberf^rüc^en
erfd^ienen. @r ^ pc^ gelegentlich eine toeiblic^e 9latur genannt; er mag an bie ^e^
tot^xdflat unb ben ©efül^Uent^upadmud ober an bad Witteilungdbebürfnid ($erber26
nennt i^ einen „lieben ©ottedfc^toä^er'O gebadet l^aben, and) ber iperoidmud im Seiben
ip ber %tau eigen. 2)0(^, toer toirb beftreiten, ba^ fein 9Rut, fein ^atriotidmud, fein
$fli<^tbetmt^ein, bie pete ©leid^l^eit unb unenttoegte ^reue auc^ gegen folc^e, bie il^m
gegenüber onbere tourben, männlid^e (Sigenfd^aften pnb. @nbli(^ toürbe man unfd^toer
oiid^ bod Ainb in i^ toieberpnben, in bem naiDen SSertrauen ^u ben Wenfd^en, in ber so
3uDerpc^, burc^ f^erfönlic^ed Eintreten aQed audrid^ten }u tdnnen, in ber S3erfennung
ber obiettben £>rbnungen unb ÜJtöd^te, mit benen man red^nen mu^, um in ber engeren
unb toetteren SBelt ettoad bleibenbed audjurid^ten. @r l^at gelegentlid) geöuftert, £iebe
üben unb ®ott fiu^en fei ü^m Ütaturbebürfnid unb ba^er Don feiner ©eite eben tein
Seibtenp, er fyix aber ben Sgoidmud unb bie Wad^t bed SSieltlidben and) getannt; 35
loib toenn nun bod^ fein Seben Don einer großen, reinen, unermüblidpcn Siebe unb Don
einem peg^en ^immlifd^en ©inne jeugt toie weniger ^enfcf)en Seben, fo toerben toir
rbie banlbore Snerlenntmg nid^t Derfagen, bag er ein tüai)xtt jünger ^efu getoefen
— unb eben bad )u fein toar fein l^öc^per, im @runbe fein einziger 28unfc^.
&, D« ®c^u(t^e§>9{ec^bevg. 40
£«}tr HOK ^or^i f. 9b 11 ©. 71, 51p.
£a}inriptit (armenifc^e), f. Wec^itl^ar.
£«iaripe« ($rieper ber ÜRiffion) f. SSincentiud be $aulo.
£«iini8ritter. — SWalmbourg, Histoire desCroisades (Par. 1682), III, 254; .£)ch)üt,
Hist de« Ordies mon. etc. I, 32 u. 54; ©iucci, Iconografia storica degli Ordini etc., I, 45
10—16; SRoroui, Dizionario etc. t. 37, p. 2508q.; U^l^orn, 2)ic c^rlftl. iJicbeSttjätigfeit im
«tttelalter (Stuttgart 1884), @. 272— 274 unb 493 f.; ©röffcl, ^rt. ^^SojaruSorbcn" in
(Irf* unb ©ruber, (gnc, IL 6e!t., 93b 42, 6. 317 f.; ^eimbucfier, Orben unb ^onarea.
I. 227. 502; U, 32.
Ate eine ©enoffenfdjfap gur ^Pege Don Uranien, inöbcfonbere Don Äu^fä^igen, fc^eint 50
ber 9litterorben Dom 1^1. Sajaru« (fo benannt nad^ Sc 16, 20 unb jugleid^ nad^ Jio 11, 1 p.)
gegen bie 3Ritte be« 12. gal^l^unbert« in S^tufalem enftanben gu fein. 3)ie ©agen,
toeh^ t^n enttpeber fc^on im ^al^re 72 (jum ©d^u^e berßl^ripcn ^aläftina^ gegen ©ab=
bit)to unb $^riföer!), ober 300 ^a^rc fpäter burc^ Sifcbof Sapliu« b. ©r. Don
Qäforea in Pc^^Hibojien ^eftipet toerben laffen, pnb ju beurteilen toie bie farnielitifd^cn 65
Oibendlegenben Don ä^lu^er Xenbenj. älud^ baft fd^on ©ruber ©erl^arb, ber ©tiper be«
326 £ajmmi»nttcr £eabe
2iol^anmterorben^ ({. b. 9(. 9b IX, 331, 28 ff.), burdb 9(6tretuna emed audfc^isenf^ttoß
feiner ©enoffenfd^aft an einen ÜReifler 93ot^ant Stöbert ben ©runb )ur feDbflßanbtgen
@^ftenj bed OrbeniS ber Sajaru^ritter gelegt ^be, ift ungefc^ic^tlu^ Sage. Sagegen
fc^eint bie auf ben am Sludfa^ erhanften 5t5mg Salbuin IV. (1174) aü ©rttnber M
6 Drbend lautenbe ^iad^ric^t einen toa^ren Rem in ftc^ }u fd^Iie^en, befte^enb ettoa bann,
ba^ biefer ^rft bad fc^on feit einiger 3^^ (bielleic^t feit 1150) in 2[^<^^i>< befle^enbe
S^rofenl^aud befonberd förberte unb ju biefem 3^^ ^^^ ^ bebienenben Srüber )u
Slittem ernannte (f. Ul^I^om, ©. 272). — ©eit bem 13. 3«^^«^^ breitete fU^ ber
Drben, an beffen @^i$e anfangt ftetd ein audfö^iger bejtt). audfä^ig aetpefener Magister
10 generalis ftanb, aud^^ in melieren Sönbem @uro))ad aud ; f o unter ^ifer ^Ari^ II.
befonberem ©d^u^e in ©ijilien, Unteritalien unb S)eutf(l^lanb (namentlich in Xl^ihnngen).
9Rittel))unIt feiner euro^äifc^en Xl^ätigleit tourbe jeboc^ ^anlreic^; unb fioat ffitt ha&
älu^fö^igenbaud )u Soigni, tpo, auc^ nad^ 9(ufl^ebung jener bie Drbenäeitung auf auSfäl[ige
^erfonen befc^räntenben 93eftimmung (feit 1253), ber @i^ bed ©ro^meifter^ k>erblt^.
16 ^er gegen ®nbe bed 3Jl9l.d infolge Slufgebend feiner Jtrament>flegert^&tigleit melj^ unb
mel^r Dertoeltlid^te Drben tDurbe für Italien burd; ^nnocen) VIII. (ca. 1490) aufgehoben,
aber fd^on bon Seo X. tt)ieber l^ergeßeQt. Surc^ bte bon iperjog Smanuel $^tIioert bon
©a)}OVen 1572 Vorgenommene 9$erfd^mel}ung ber italienifc^en Sajarudrttter mit ber feit
1434 in feinem Sauberen beftejg^enben (nac^ Senebiltinerregel lebenben) ®enoffenf(^ beö
ao 1^1. 3Rauritiud )u einem lombinierten „^auritiu^ unb Sajarudorben'' (befÜitigt butd^ $a))ft
®regor XIII. im genannten ga^e) erful^r ber italifc^e 3^eig eine gonjlic^e Umbilbung.
@tatt bed einftigen ßranlen))flegerberufd tourbe nun „SSerteibigung bed Iat^oltf(^
(glaubend'', in^befonbere ^egen ben (genfer ^roteftanti^mud, $aut)taufgabe biefeiS Orbend^
jtoeigd, ber — burd^ Jtöntg SSittor (Smanuel I. 1816 unter jenem 9(amen neu beftötigt
25 — ^c^ bid in bie jroeite i^älfte bed 19. ^^^tl^unbertd er^en ffat Sbibere S^jidfale
erlebte ber frangöfifc^e S^^^fl- 5Kit il^m bereinigte 5lönig $enri IV. 1607 einen bor^jer
burd^ il;n geftifteten 9litterorben „U. S. %t. bom Serge Jtarmel''. Sleic^ ®unftbeta>eife
erful^r er bann unter Souid XIV., toeldj^er 1672 bie ®äter fämtlid^ dü oudgeftorben
ober aufgel^oben geltenben franjöftfc^en Slitterorben ibm übertoieiS unb bamit bie ettam
sojtoei Slo^rjel^nte tDö^enbe ®})odjfe feinet l^5d(ffteti ©lanjed unb Snfel^en^ unter bem
©eneralbilariat be« 5roarqui« be Souboi« (1673—1691) einleitete. a)er Drben johlte
bamal^ in feinen fünf ^rioraten (9iormanbie, 93retagne, Surgunb, gflanbem, San^eboc)
145 ßommenben. 3lad^ Souboid' Xobe betoirtten bie Jtlagen ber burdH^^ tlmondalt
)?on 1672 gefd^äbigten 3)litglieber unb (Srben ber älteren Orben bie Sieber^erau^abe
86 ber il^nen entzogenen @üter. 93on nun an gin^ e^ mit bem ®ebei^ beiS Orbend
langfam abh)ärtd. 3)en fd^on burd^ bie 9iebolutton bon 1789 fo gut toie bemic^teten
^ob ein ©taatdbehet im ^aÜ^xt 1830 förmlid^ auf. — äte bem italif<^en toie bem fran«
^öftfc^en Orben gemeinfamed Snftgne trugen bie Sajarudritter ein a<^tf))i^iged grüned
^rcuj. 3^^ befonberen Bä^mud bedfelben bei ben franjöftfd^en Stittem gel^örten in bie
40 SBinifel jtoifc^en ben Jtreuje^armen etngejeid^nete Silien, fotoie SRiniaturbilber ber ^l. SRaria
öon Äarmcl unb be« au« bem ®rabe crtoedften Sajaru«, beren erftere« auf ber Soi^er«
feite, ba« anbere auf ber Slüdtfeite be« Drben«}eic^en« getragen tourbe. S^ditt.
£eo f. Salob 55b VIII ©. 544, i7ff.
geabe ober Seob, 3« ^^ ^^ 0^*- 1704. — filtteratur : «utobiogra^^te ber 3. S. In »©ecb« 019=
46 ftif*e Xractötlein", «mfterbam 1696, @. 413-423; Walton, Materials for Biogr. of Law,
printed privately, 1854; Jaeger, Hist. eccles. II, pars II 90 — 117, Hamb. 1717; Gichtd, Theo-
Sophia practica 4. ser. VI. 529, Leyden 1722; «rnolb. Äirtftenaefcb. n, Sud) XVII, vo
bie in ^eutfcblanb befonnten Schriften mit beutf^en Titeln aufgeführt ftnb; SMtifdbe OefA.
be« (S^iHaSmu« SBblll 8. 403—421 (Don (Sorrobi); 93iograp^ie ber 3. S. im 6. ^ft: ^&
60 wirb QÜe« neu toerben", ©trafeburg 1807; gcit^rift f. ^iftor. J^eologie 1865, ©.171—290.
%rt. D. ^oc^^ut^. ®efc^. u. Sntroicflung ber pt)i(abelpö. ©emeinben, I. 3ane fieobe; Brit
Quart. Review, July 1873, p. 181—187 (5(rt. ö. Senün«) ; National Biograohy ©b XXXII
V. n., iDo Quc^ tjanbfc^rifti. fiitteratur angegeben ift; ^aborn, (S^efcb. bed ^i^tidmuS in ber
edjtoeia. 1901, @. 138f. u. me^rfo*.
66 3anc £eabe tourbe 1623 in ber ©raffd^aft 5RorfolI geboren. SKit il^rem aRäbc^
namen l^ie^ fte SQ3arb unb gel^örte einer namhaften ^amilie ber ®egenb an. ^ijftt (Srjie^ung
toar biejentge il^rer R^xi unb iE;re^ Staubet, ^n i|rem 16. gal^re bemal^ fte mitten in
ben fröl^Iicben ^tli^teiten, toomit 3Beil^nacf)ten in il^red SSater^ $aufe gefeiert tmirbe, eine
tounberbare Stimme, bie auf fte einen fold^en (Sinbrucf machte, ba^ fte Don ba aa aOen
£eabf 327
Scrgidiguneen entfogte, ein emfteiS gurüdgqoßened Seben filierte unb [xi^ ber Setrad^tung
t^red inneren 3uft<tnbeiS bribmete. $te äSemül^ungen ü^rer ^miltenangel^örigen, fte tDteber
mtf anbete ®«banfen au bringen unb für bte 28eltfreuben jurüdfjugetotnnen, fc^lugen fel^I.
Sefimberd ]d^tott beloftete i^®eb)tffen bte Unh)al^rl^ett, beten fte ftc^ einft beim Snd^Ien
fc^ulbig oemoc^t, unb fte l^tte borum einen bteijä^tigen futd^tbaten Su^Iam^f au befte^en, 6
biiS t^ ä5etgebung )U teil b)utbe, bie fte iogat in ftnncnföltiget ^orm, nämlidp in ®eftalt
eined mit Siegel Detf ebenen ®nabenbtiefed etlangt ^oben foll. 3)ltt 2l3a|^ten t)etl^eitatete
fic ftc^ mit einem SSettDonbten : äBiQiam Seob. liefet ftatb 1670 mit $intet(affung
jioeter ettoad^enet S^ki^tet. 3tad^ feinem Xobe enfc^Io^ [xd^ ^, 2, in Sonbon in bet
0tö|tat .^oücfgejogen^eit )u leben unb „ha^ Seil bet ^anno^ ju ettDö^len'^ inbem fie lo
aud b«r ^t eine Xugenb mad^te ; benn butd^ bie Untteue eine^ übetf eeifc^en SSetn^altetd
tannbe t^ mä^td bon bem 9Setm5gen il^ted ®atten jutüdfgegeben. @ie toax abet auf biefeiS
SRi^efil^id J^on butc^ eine Sifton bom go^te 1668 Dotbeteitet, bie füt il^t HlnftigeiS
2eben unb Sßitlen entfc^enb tDutbe.
31^ angebotene Steigung )um SR^ftici^mud etl^ielt 9{a^tung butd^ bad @tubium Don 16
Solob Sdi^ed Sd^ften, bie Don 1645 — 61 in einet englifd^en Übetfe^ung etfd^tenen. SHd fte
um 1652 bteSelonntfd^ft beiS Dr.l^ol^n ^otbage, eined nt^ftifd^ angelegten anglilanifc^en ®eift«
Iic(icn,bed%reunbeiS k)onXI^.93tomIe9,mad^te,fanb fte in il^ einen )toat fd^toetHc^ juDetldfftgen,
aber jAeitfalfö begeifietten 3ntet))teten be^ beutfd^en ii)co\opf)m. ^em ))tanifc^en Seben
faß t>öQig abgetoanbt unb mit einet lebl^aften ^^ntafte begabt, lonnte fte ftc^ nic^t bamit ao
Uaxäqm, an ben Siftonen anbetet @efallen ju ^nben, ü^t teget @eift toat balb im ftanbe,
feiier \oUift )u ))robu)ieren. Sieft man i^te SRtttetlungen übet bie etften bet il^t gemot«
benen Srfd^ungen, fo lamt man nic^t um^tn, an bie äSiftonen im oltc^riftlic^en Ritten
bed ßermed erinnert )u toetben. Sie äBei^^eit etfc^eint il^t in ^erfon al^ eine t>on @oü
unb ^tc^t umfloffene ^ettlic^e ^iungftau unb fte gelobt il^t ®el^otfam. äSon ba an ^atte 26
fte faß cSlnodfÜxd) SBiftonen, bie fte feit 91t)ttl 1670 in t^tem getftltc^en Xagebuc^e, be«
titelt: A Fonntain of Oardens niebetfc^tieb. 1681 unb 1683 lam fie baju, jtoei Schriften
)u t)eröffentlii^ : „Die l^mmlifc^e 3Bolte'', Don Dielen füt ü^t befted SQ3etf gel^alten, too«
rin ifyct ©ebonlen über %cb unb Sluferftel^ung }um älu^brudC lommen, unb ,,bie Dffem
banmg ber Offenbarungen'', toorin Don il^ren SSifionen 93eric^t erftattet toitb. Jteined bet so
beiben 9üc^ machte bei feinem Stfd^einen gto|ed äluffe^en. älbet ald um 1693 ^ifd^et
Don äftotterbam mit einem berfelben belannt tourbe unb er ed tn^ ^oUänbifc^e üb^ej^te,
ba änberte ftd^ bie Sachlage: mit einem Schlage tourbe bie äonbonet Sel^etin }u einet
aefäerten .$erfönli<^Ieit. ?^fd^et ttat mit i^t in Jlottef)}onben2. Unb atö bet junge Oc«
forber ®ele^e fjranci« See (1661—1719), ein SKebiginer unb Drientalift, um feiner 86
^orfc^gen toiUen htrjtoeg 9iabbi See genannt, auf oer 9tüdtreife butd^ ^oQanb lam,
tinn^ er Der(mla|t, ^. 2. in Sonbon aufjufuc^en unb fte ju toetteren ^ublifationen ju
ocwCgtn.
See lonnte ftd^ bei näherer 93elanntfd^aft bem ®influ^ il^rer ^etfönlic^Ieit unb il;tet
mmi^eit nic^t en^ie^en unb genog balb ben äSotjug, Don i^r ald Slbo^tiDfol^n unb 10
amtenfid angenommen }u toetben; \a ald ein Diftonätet 93efel^l bet 3. S ed i$m gebot,
gdgerte er ntc^t, ber Dertotttoeten Xod^ter ber ^ro^^ettn, einer 3Rtd. fßalton, bte $anb
ri e^ic^ Sunbe )u tei(^en. 9llle ^ottef^onbenj unb olle littetatifd^e Xl^ätigleit Don
S. ging nun butd^ SeeiS ßänbe, inbem et nieberfcptteb, toad fte il^m biftiette, baju bad
tMtffenbe SBortoort Derfa|te, ISerfe einftteute, toie bet gemeinfame ^eunb 9ltd^atb Sloac^ 46
(1662—1730) fie gebicptet, tutj ba« @anit in bte i^m geeignet fd^einenbe gotm go^.
Sin att^efener Jtreid tl^eofo^j^ifd^^m^ftifd^et ©etftct fammelte fid^ oalb nm bie @el;etin
unb i^ren gelten f$teunb, beffen ^n^änget ftd^ bie ^l^ilabel^l^tet nannten unb and) mit
^oOanb tmb 3)etitfd^lanb intime SSejiel^ungen untetl^ielten. 1696 gab ^. S. eine befon«
bete 9otf(^ an bie ))l^ilabel))l^ifc^e @ocietät l^etau«, bie ftc^ übet bte ganje 28elt }et= so
ffapcut finbe. Denfelben 3^^^ ^i^ ^^eunbe ju fammeln, Detfolgte bte im folgenben 3<^te
etfc^enene „Honfiitution''. 93alb genügte ba« bi^l^etige 93erfammlung«IoIal ntd^t me^t,
€0 muHtt mä) äßeftmotelonb $oufe Detlegt toetben. S3on ben 1697 ^d^ienenen „Xtan««
aftionen'' ber (BefeQfc^ lam freiltd^ nur ein einjtget Sanb jut 9lu«gabe.
3n i^ten lej^ten Seben^jal^ten l^atte ^. S. mand^etlei Un^emac^ au^juftel^en, inbem 66
fie tetfe in Xtmut ein lümmetlt^e« Seben fül^tte, teil« butd^ bte Stferfüd^teleien il;te« äln«
fym^ unb namentlich bie 9lnma|lid^fett @ic^tel« |^u leiben ^atte. @ogat ba« ^tmen^au«
ber Sabt^ 9Rico mu|te fte auffud^^en, toäl^tenb fte ^intoieberum in Deutfd^lanb fo Diel 9ln«
crfeimuna fanb, ba^ Saton i^n^aufen tl^t ein ^a^rgej^alt Don 400 fl. au«fe^te. 1702
Deroffentlu^te \\t etn 3^ni^ 'd)x^ eigenen Seic^enbegängntffe«. 3lad) Oftetn 1704 et- eo
328 £eabf Scanker
langte ftc nur feiten noi) bod t)oIIe 93en)u|tfetn tDteber unb flotb am 19. 9lugufl 1704
in il^rem 81. Seben^jal^Te, bem 65. ü^er inneren Berufung. See blieb i^ treu ergeben
bid jule^t unb fanbte nac^ il^rem Xobe eine gan}e Slngal^l t>on Sriefen an i^re gfreunbe
in Seutfd^lanb unb ^anlreid^, u. a. auc^ an bie Saronin Jtni))l^aufen, bie ol^balb ^ou^
6 gegeben unb ind ^eutfd^e überfe^ h)urben, tt)ä^renb bad englifc^e Original ft^ Der«
loren l^at.
Son ber Slealitöt ber i^r geworbenen Offenbarungen ift 3. S. fo über^gt, ba^ fie
jid^ aU blo^ed 28erl}eug betrachtete. @ie begeic^net al^ il^re ,,gen)öl^nlic^e $ofltur bod
tntoenbige ftUIe ©^^toeigen". 3)ie 1^1. ©c^rift ift für fie ma^ebenb, toad fie aber nid^t
10 l^inbert, in il^en d^iliaftif c^en 93ifu)nen juberftc^tlid^ Die SBieberbringung aller Singe )u leieren.
@o gering auc^ bie Originalität ber ®ebanlen ber 3. S. tpar, unb fo unboOtommen
ber älu^brucf berfelben in (Srammatil unb 6til, fo ift boc^ ber Sinflu^ ber enalif^fen
©el^erin ein toeitreid^enber getoefen, toenn er fi^ freiließ nur auf Heinere Äreife erjtredte;
and) in ber ©Atoeig fanb g. 2. unter ben ®m>edften eifrige Sefer. 3)ie fjrommen ^en
16 genug bed tl^eologif^en ©ejänfö unb fel^nten ftd^ nad^ einer @emeinfd[faft, bie ni^t bur^f
bie engen ®remen ber lonfeffioneQen Sonbedtirc^en eingefd^räntt toar. SDad ©omenlom,
bad burc^ ^alob Söl^me au^eftreut toar, bermod^te feine fiebendiraft auc^ in ber m)^
ftifd^^bertporrenen Einengung burd^ 3* £• i^ bel^au^ten unb in ben ©))enerf(^en unb 3^)^-
borffc^en ©emeinfdj^aft^freifen auf^ neue SBurjel ju faffen unb %md^t )u bringen.
ao ^ie 9lrt ber ^ant Seabfc^en ^nf^i^^^^n^ ift jum Xeil fd^on c^oralterifiert bun^
bie genaue angäbe ber litel i^rer SBerle: 1. The Heavenly Cloud now brea-
king. The Lord Christ's Ascension -Ladder sent down, Sonbon 1681. 2. The
Revdation of Revelations etc., £onbon 1683* 3. The Enochian Walks with
God, found out by a Spiritual Traveller, whose Face towards Mount Sion above
26 was set. With an Experimental Account of what was known, seen, and met
withal there, Sonbon 1694. 4. The Laws of Paradise, given forth byWisdom
to a Translated Spirit 1695. 5. The Wonders of Ood's Creation manifested in
the variety of Eight Worlds as they were made known experimentally unto the
Author, iSonbon 1695. 6. A Message to the Philadelphian Society, whither-
80 soever dispersed over the whole Earth, Sonbon 1696. 7. The Tree of Faith er
the Tree of Life springing up in the Paradise of God, from which all the
Wonders of the New Creation must proceed, 1696. 8. The Ark of Faith, a
Supplement to the Tree of Faith, 1696. 9. A Fountain of Gardens watered
by the Rivers of Divine Pleasure & springing up in all the variety of Spi-
86 ritual Plauts, blown up by the Pure Breath into a Paradise, sending forth
their Sweet Savours & Strong Odours for Soul Refreshing, 4 vols., Sonbon
1696 — 1701 (viermal neu aufgelegt). 10. A Revelation of the Everlasting Gospel
Message, 1697. 11. The Ascent to the Mount of Vision (1698?). 12. The Signs
of the Times : forerunning the Kingdom of Christ and evidencing, when it is
40 to come, 1699. 13. The Wars of David and the Peaceable Reign of Solo-
mon . . . containing: 1. An Alarm to the Holy Warriors to Fight the Battle
of the Lamb. 2. The Glory of Sharon in the Renovation of Nature, intro-
ducing the Kingdom of Christ (mit einem 35ortr)ort, bag autobiogra))l^ifcl^ ÜfJotigen
entl^ält), 1700. 14. A Second and a Third Message to the Philadelphian So-
46 ciety. 15. A Living Funeral Testimony, or Death overcome and drowned in
the Life of Christ., 1702. 16. The first Resurrection in Christ, biftiert hirj bor
3. S.d %oU unb faft unmittelbar nac^l^er in ^mfterbam l^erau^egeben.
«ymU Megg.
Seattber, ber § eilige, 3Ketroj}olit bon ©etoiDa (geft. um 600). — So^. D.SBidaro,
60 Chron. ad an. 585 ff. (MG t. XI, p. 217 sq.); 3ftbor ö. (SeüiHo, De viria illustribtiB, c 41;
3f. 5(reüaIo, Isidoriana, in (Opp. Isid. Hisp., SRom 1797, II, 123 sq.); ^. ©. ®om«, O.S.B.,
Ä.®efd). ü. Spanien II. 2, 6. 37 ff. 66 ff.; granj ®örre«, fieoDiflUbS ?lnfönge jc (in b. gor-
f (jungen j. beutf*. ®efd). 1872 u. 73); beöfeiben „^ermenegilb" unb »^fieoütgllb»" StcUung
j. ÄattjoIiciömuS (3t)3:e) 1873, I u. IV); beSf. ^Beiträge jur fpan. Äirt^engcfctj. bcÄ 6. 3a*r=
ööi^unbcrtö iSroZl) 1885. III); begf. fieonber, ©ifc^of ü. ©eüifla u. SKetropolit ber IKrdjen»
proöinj ^dtica (ebb. 1886, I, 36—50); ©uftoö 0. S)aiaIott)§fi, Sfibor u. gibefon« ol« Sitte-
raturbiftorifer (in Änöpfler je. JHrdjenbift. @tubien IV, 2, 3Künfter 1898), @. 72-76. -
«gl. b. «. „Sfibor u. ©evifla'' in 93b IX, @. 447 ff.
9[^on 2,^ 6d)riften ftnb erbalten: 1. Regula Bancttmonialium s. Libellus de institatioDe
60 virgiDum et contemptu muDdi ad Florentinam sororem; 2. Homilia de triumpho eocle
Seanber 329
siae ob ooDverBioDem Qotliorum (habita in concil. Tolct. III, 589), f<e!bc bei MSL t. 72,
p. 873-898; b. crfterc aud) bei fioIf!en-53rocfic, Cod. Regularum III, p. 405—418.
Seanber, ber ältere 93ruber unb äSorgönger ^ftbor^, tDurbe gegen bie !Dtitte bed
6. l^o^nc^nbertö )U Sartagena geboren. 3)a^ fein ^ater @eberianu^ bort taiferl. $räfett
ober S)iij geloefen fei, totrb erft burc^ fpäterc unb toenig glaubtoürbige 3cu0^ überliefert 6
(f. ®örre«, ^to^ 1886, 87 f.). äufeer xf)m felbft Serben no<^ brei feiner ©efd^toifter olö
^eilige ber ^nifc^ Jtird^e berel^rt: feine Srüber ^f^borud ^i^^alenftd unb ^ulgentiu^,
Sifc^of txm 6dia (Slftigig), f otoic feine ©d^toefter glorentina, Sie Sorftel^erin eine« S^ng»
frauenIonl)entd, ber er bie oben genannte Drben^regel toibmete. $or ä3efteigung bed ^u
jc^ofdffai^Id k>on SebiUa toar er längere ^di ÜJtönc^, ungetoi^ too unb toie (ange. i^öc^ft lo
toal^d^lid^ übte er fd^on in biefer Seben^fteOung jenen bebeutenben @influ| auf ben
toejigot^d^en $rin)en i^ermenegilb, Seobigilb^ @ol^n, aud, tooburd^ biefer bem älrianidmud
atooibtg gemacht unb ^um fatl^olifd^en 93elenntniffe belehrt tourbe. SeoDigilb beftrafte
SeonberS SRittotrtung )u btefem ©laubendtoe^fel bed balb barauf in offene 9iebeIIion gegen
i^ etntretenben ^rinjen mit feiner (S^ilierung an^ @))anien. 3)er 3(u^etoiefene begab 15
fu^ — unb jtoor nadp ber übern^iegenb toal^rf^einlic^en SarfteQung t)on ©örred noc^ ald
einfach SRi^nc^, gtoif^en ben ^lal^ren 579 unb 582 — nac^ SSVianj, um toomöglic^ bon
ftatfer Xiberiud II. bie Slbfenbung Don ^ilfdtn4)))en jur Unterftü^ung ber bon ^ermene«
gilb gefallen latl^oüfd^en Partei m ertoirten. 9(uf biefen b^^antinifd^en Stufen^alt Se«
onberd '^IS!^ f^ ®regord b. @x. SBorte im 33ortt)ort ju feinem bem f))äteren ^id^a^ 20
(enfifd^ SDtetro))oliten gett)ibmeten ^iob^ftommentar, h)0 er baran erinnert, ba| er in
ftonflanttno))el feine Selanntfc^aft gemad^t l^abe, bamal^ ,,cum me illic sedis aposto-
licae responsa constringerent, et te illuc iniuncta pro causis fidel Wisigotho-
mm legatio perduxisBet". Xro^ ber ^^rf^rac^e eineS fo einflußreichen ^eunbed tt)ie
Sregor f<^eint 2eanberd SRiffton am b^jantinifd^en $ofe erfolglos geblieben ju fein, ^er 25
Aoifer loar tool^l bon longobarbifd^en unb ^erftfc^en älngelegen^eiten ^u fe^r in Slnfpruc^
genommen, old baß er ju einer Xru))t>enfenbung nad^ Spanien ju betpegen getoefen toöre.—
6tmge R^ na(^ feiner 9tüdHel^ bon Jtonftantino})el, tttoa bamald, atö i^^^^^^B^^ bon
feinem SSotcr beftegt unb nad^ 93alencia Derbannt h)orben \t>ax (584), tourbe Seanber jum
Stfc^of ober 9Retro))oliten bon @ebilla erl^oben. ^m folgenben ^al^re fiel bad ^avOßt bed 30
ungUunic^en ^ermenegilb m ^rragona unter bem Seile bed i^enlerd. Saß ber fanatifc^
oriamfc^ gefilmte Seobigilo biefe Slutt^at an feinem @ol;ne fd^ließlid^ noc^ bereut unb,
toenige Zage bor feinem Xobe, ftd^ bem tat^olifd^en @lauben jugetpenbet, auc^ feinem
X^nmfolger Stelareb ben Seanber atö Se^rmeifter in biefem ©lauben unb fird^lic|ien 3iaU
geber fleroenb em^fo^len ^abe, ift eine römifd(ie Xenbenjfabel, ausgiebig toiberlegt fc^on 86
bim^ ^ItOUffxt, am grünblic^ften neuerbingd burd^ ^anj ©örred (f. u.). 9te!arebd lieber-
tritt )um jtot^olicidmud erfolgte o^ne eine fold^e )?äterlid^e 28eifung, auf ®runb felbftftän«
bigen (Entfc^htjed, unb itoca erft ^ttoa 9 — 10 Monate nad^ feinem Slegierungdantritte, im
^bruor ober Slär) 587. Saß feine i^altung anfänglid^ eine leinedtoegd gam juDerläffige
^"^^t 0^^ beutli(^ aud einem @d^reiben @regord b. ®r., bamald römifc^en Sibted, an fei^ 40
nen ^romb Seanber ^or (Ep. I, 43), tDorin biefer le^tere ermahnt tt)irb, barüber ju
tooc^, baß ber burc^ ®otted @nabe auf ben redeten 2Beg gebrad^te Aönig nic^t burc^
€<^et4Kl€ien toieber )um Söfen gelentt toerbe. 9ln tluger unb geh)iffenl^a^er Befolgung
biefed 9latd fc^nt Seanber ed nid^t l^aben -fehlen ju laffen ; jebenfalld l^at er um bie aܫ
md^lic^ Übertoinbung bed SBiberftanbed ber arianifd^en Sifdpi^fe unb um bie Herbeiführung is
bed enblic^ ®efamtübertrittd ber toeftgotif d^en 9{ation imb ®eiftlid^feit }um Jtatl^olicidmud,
toeb^ fü^ auf bem britten 9IationalIon}il }u Xolebo im ÜJtai 589 boU^og, toefentltd^e
Serbieime ertoorben. ®r führte ben SBorft^ auf biefer berühmten ©^nobe; unter feiner
Sttttmxnmg bomel^mlic^ toxxi iened ^od^toid^tige, im älrtilel t)om ^eil. ®eift burd^ @in-
ffigung eined filioque bad Jtonftantino))olitanum ergän^enbe unb bamit bie Sc^rformel einer so
^täfitm toletonifc^ ©^obe (Don 447) emeuembc ©^mbol formuliert toorben fein, loelcf^ed
bamold )um ®runbbelenntnid ber toeftgotifd^^fatl^olifd^en ^ir^e erhoben tourbe. — Saß
er aud^ b>etter^in für engen 9(nfd^luß biefer ßird^e in 9{om eifrig tl^ätig blieb, crl^eUt aud
feiner Jlorref))onben) mit ®regor b. @r., j. 9. feinem ®ratulationdfc^reiben an biefen
fki)^ axA bem l^a^re 590, toorin er bemfelben jugleid^ mehrere ürd^lid^e ^agen jur 56
6ntf(^etbung borlegt. ®regor ertoibert biefe ©d^reiben bed f)}anifcf)en ^^rimaten mit ent^
f^nre^enber äufmerffomleit unb ^erjlic^feit, fenbet i^m fpäter (im '^al}x^ 590), um feine
Serbinbung mit bem a))oftolifd^en ©tul^l ^u Derfmnbilblid(^en unb ju ftärfen, bad er^bifc^of^
lic^ ^SoOium, toibmet i^m bie fd^on ermäl^nten Moralia in Jobum, fd^idt i^m burd^
einen ^riefter $robinud ben Liber regulae pastoralis u. f. f. (Dgl. Gregorii £p. V, oo
330 Seaitber &titn, etoigei»
49; IX, 121 etc.). 3)er 3cttt)unlt feine« lobe« etmartflclt pc^erer SejHmmung. gepfd^
für ben %a^ be«felbcn ein 13. 5IKärg ju fielen — ob ber be« gal^e« 600, ober erfl ber
bc« folgenben ^af)x^, fo bafe Seanber toenige SKonote bor bem am 31. 3Rax 601 erfolgten
«bieben be« Äönig« SRelareb geftorben toäre, ift gtoeifel^ft (f. ®örre«, 31033^ 1886,
6 6. 46 f.).
®er auf un« gelommcne litterarifd^e 9la(^Ia| Seanber« befd^ränft ftd^ auf bie betben
oben genannten Keinen Schriften. SBerloren finb jtoei toiber ben ariani«mu« gerid^tete
SBerfe, beren fein ©ruber 3f*or in c. 41 feine« ©c^riftftetterlatalog« gebenft unb tDOk>on
ba« eine im Xone fc^orfer $olemit gel^alten toar, koäbrenb ba« anbere einen in ^ag<
10 unb «nttoortform gelleibeten Jtated^i«mu« latl^olifd^er Sied^tgläubigteit aebilbet )u j^oben
fc^eint (®gialoto«!i a. a. D., ©. 75). — 3n ber ft)anif(^en firc^li^en Äunft erfc^ieint 8e«
anber ftet« jufammen mit feinem 93ruber ^ftbor abgebilbet; fo auf einem ®emäQ>e k>on
fjranj ßerreöa (f 1656), too bie beiben al« öor bem ?Jrinjen $ermenegilb {nr^tgenb
bargefteut ftnb; aud^ auf bem @tabttt)a^))en bon ©ebiUa, ba« bie beiben al« am 'Sfytvm
16 be« 1^1. gerbinanb ftel^enb jeigt. Sltfler.
ßebeii, etoiige«. — ßtttcratur f. b. «rt. (£«4atoIogic ©b V S. 490; ^. ©rcmcr, ölbL
t^eol. fiej 8. V. ZwjJ.
^ie beiben lirc^lic^ fan{tionierten formen be« uralten S^ufbelenntniffe«, bo« 9b>o^
licum unb ba« N. C, fügen an ba« Id^te ®lieb „9luferfte^ung be« gfleifd^e«'' noq ba«
20 erlöutembe „unb ein etoige« Seben''. ©etoi^ toax in biefem gufammen^nge )unäc^{i
iene« ba« inl^altreid^ere, benn e« \>tt\pxad) bie 28ieberl^erftellung ber Seiber im ®egenf(4^
)u ben Srtoartungen, ia% allein bie Seele ein ©c^attenbafein fül^ren ober ber vovg {na^
Ttx6g nai) älriftotele«) [xd) in feiner überftnnlic^en S^ötigleit ungerftörbar ertoeifen tomt,
S)od^ lonnte bie nactte ^^ormel S^^f^I ^^^^ I^ff^r o^ bi^^ @meuerung ber irbifd^
26 Seiblid^teit ba« toirllic^ enbgiltige 3^^ füt bie 9Renfd(^en bringe; unb eben bie Sergetanffe«
rung hierüber entl^ölt ber Sufa$ (Jlattenbuf^, 3). aj). 6^mb. 2 ©. 950 f.). ©o ifk e«
benn — unb ^toar nic^t bloff au« bem $la|e in bem 9luf bau ber ©l^mbola — Oor, ba|
ber älu«brudE m feiner toeiteften lird^lic^en Verbreitung e«d^atologifd^e Sebeutung fyA, tme
ba« bte f^nont^e t^affung Ccorj rov /jlüIovzoq al&vog (N. C. $al^n, 9ibL 3. äbtfl.
80 @. 165) jum Überfluffe belegt, ©c^on frü^ erfc^eint vita beata ol« SBed^felbegrtff )u
vita aeterna (5laitenb. 1 ©. 109). 2)arau« entft)idEelt ftc^ bie Serbinbung „Seben unb
©eligleit", h)ie in Suti^er« Äate(^i«mu«ft)rud^. S)ie gormel „feiige« geben" legt ben SM^
brudC auf bie Sefc^ffenl^eit biefe« 3)afein« nad^ einer anberen ©eite al« ber feiner 3)auer;
e« beutet auf feinen ?;nl^alt unb bie in il^m bargebotene 93efriebigung. S^folge biefer
86 93erfc^toifterung ber SBegriffe im lird^ltc^en ©^rad^gebrauc^e lann ber Geologe bei jjebem
biefer 9lu«brüdEe aOe ^^^agen be^anbeln, toelc^e ben enbgiltigen ©tanb ber @rlöften be«
treffen. äBenn aber jh^ei gefonberte älbl^anblungen Dorgefel^en fmb, fo bürfte e« ri(^
fein, bie inl^altlid^e ©d^ilberung be« 3iollenbung«ftanbe« bem Slrtifel „©eligleit'' t>or)ube*
balten. ^ann erübrigen für biefe Erörterung toefentlid^ jtDei tragen. 3^^ '^ f^u-
40 ftellen, toarum ba« ^öd^fte $offnung«gut bie l^errfc^enbe SSegeic^nung Seben erlangt pot,
unb h)a« un« eben bamit gefagt fei? ©obann erl^ebt ftc^ bie toeitere f^age, ob biefe«
etoige Seben lebiglic^ ein tünftige« fei ober, anber« getoenbet, in h)eld^ b>ef entließen Ser*
l^ältniffe jum mtlic^en Seben e« ftel^e?
S)ie SeKtd^nung be« $eil«gute« al« Seben l^at bie Jtirc^e VLöxVxif oxi^ ber ^igen
46 ©c^rift ; bie Sudler be« 9IX« bringen ba« ©tic^toort faft au«na^m«lo« entgegen, nament«
lic^ aber bie jol^anneifc^en ©d^riften. SQSenn ber ©d^riftaele^rte 3efu mit ber ^ge ent*
gegentritt xl nonfjoag t<oi]v alcoviov xkrjQovojurjo(o; ißc 10, 25, fo erinnert bo« boron,
bafe ba« 913: ^ier an ba« 213: anlnüj)ft. 2)arum ift e« toic^tig, bie gnttoidEeluna ber
änfd^auung bort ju bead^tcn. ©ie tourjelt nic^t in bem ©innen über bie 3^^^ *>^
60 9Benfd^en mö) feinem lobe. SBie bie mciften enttoidtelteren aSölIer beulen bie 3^^^^
burc^f^nittlic^ nid^t an eine SSemid^tung ber ©eele, fonbem an ein leiblofe« S>afein nai^
bem SCobe, ba« fi« \^^^^ (f- ^- 31. $abe« S3b VII ©. 295). eben be«l^alb ifk il^en
ba« leiblic^'irbifc^e Seben, feine Setoa^rung unb möglic^fte Befreiung t)on Übeln ber ®egem
ftanb il^rer Sitt^ unb ©anlgebete, Dealer, 3:^. b. «3 § 89. 243; ß. ©d^ulft, «tL 3:^.
66 R, 24, 1. 3)abei toiffen fte t)on einer Sntbinbung )?om 3obe«gef(^i(ie über^ai4)t nur in
bereinjelten «u«na^mefällen, Senoc^, @lia«. Slud^ al« fbäter bie 33oa«^offmmg biefen
Sann brad^ unb mit ber @rfüllung ber 93erbei^ung bie älufem)edHing ber ^Jrommen pa
3eilna^me an ber ^errlic^en @meuerung ber 3^eoIratie erwartete, fteute fte bie C<^ ^ov
Seten, mi^t» 331
fiiUarTog aldfvog atö ein geftetgerted leiMtc^-ttbifd^eS Z)afetn bor, %, 33eber, SDltfl^n. 3^1.
6. 351. 383 f. 9(n biefe anfc^ungcn Inü)>ft ftd^ bie {))Ottenbe @f€t)ftd bei J^eOenifte*
renbeti eobbucäer 3Rt 22, 23 f. S)ad ober ift freUtc^ für bie 3eU ©M^ feftjufieaen,
bog bad Seben ci» erl^offted ®ut erft ienfeit bed 24)beS ertoortet tt)trb. Xro^em ift nic^t
bie SbifdfK^uimg^ ber tlnfterblic^Ieit ber @edie für bie betS DoQen 3Renfcl^enIebend eingetoufcbt, 6
beim biefed mnftige Seben ift burc^ bie älufertoedhing bebingt, \otld)t ftc^ immer junäc^ft
auf ben 2eib bejidg^t, 3Rt 27, 51. 52. 22, 28; 3o 11, 24; 1 Äo 15, 35. Unb biefer
3u0 bleibt ta)ie tm 31X fo in bem urd^ftlic^en Belenntniffe betDo^rt ; bafür bürgt eben
ber 9nf(^Iu| biefed SrtUeliS an oagxdg ävdataaig.
äUd ®nmbanf(^auung t>om (ett)igen) Seben ergibt ftd^ : SSoQbefi^ unb «genu| bed lo
2)afetnd, iu bem ber SRenfc^ erfc^affen ift, tDöl^renb tm ®egen{a$e baju ber Xob il^n ber
toefentlid^en Sebingungen bafür beraubt, ol^ne il^n ju t>emid^ten. 3)er btbUfd^en @runb«
anfc^auung in dien i^ren äBonblungen ift olo^miftifd^er 3)ualidmud unb inbiDibualiftifd^er
Sptrituali^mud burc^auiS fremb. %xif bie nähere Seftimmung „etpig'' entftammt auf
biefem Soben ni(^t ber bioleltifc^en SSemeinung ber Snblic^Ieit, toie benn bad 9(bftraltum i6
aetemitas ^nif<^en Urft^runged ift. äSielmel^r brücfen bie biblif(^ SBorte für ®tt)ig«
teit eigentlich nur ben beiS Xobed f^ottenben fortlaufenben 93eftanb an^.
$ie 3uberft(^t l^ierju ertoöc^ft inbetS nic^t aud ber Selbft^ unb äBeltbetrad^tung, tpie
ettoa bei bem ))Iatonij(^ Solrated. Ser gube erwartet bie 9en>al^ng ober (Smeuerung
bed £ebeniS in ieber borgefteQten ®efta(t t)on einetfi Eingreifen ®otte§, unb au|erl^alb bed ao
t^Irotif^ien Sejirled tot^ er nic^tiS Don bergleic^en. ^emgem&^ gel^ört ba$ @ein „l^or
i&üt!U& äuigefui^t'' )um SBoUbegriffe beiS Sebend, unb ed fteQt ftc^ aud^ bie 3ut>erft(l^t ein,
ba| ed nac^ bem Eintritt in bod Xotenreid^ ein 3)afein im $arabi^e b. f. Dor ®otted
Xngeftt^ gtebt, todi^ tomn auc^ noc^ nid^t boQed Seben, fo boc^ aud^ nic^t lebiglid^
Snäe^ ber £ebenä»ebingungen ift, ^. @d^ul^ St, 24, 1. 36, 4; 33eber @. 330 f.; 26
2c 23, 43 t)gL 16, 22 f. ^ier liegen bie 9(nlnüt)füngen bafür, toie gefud bie Hoffnung
auf bod etoige Seben ben ©obbucaem gegenüber begrünbet, inbem er fte eben baburd^ )u«
gkic^ kKm k>erbunlelnben SBorfteQungen lo^ldft. 2)te ©emeinfc^aft mit ®ott ift nic^t nur
eine ber S^ingungen für ein boQed 3Renfc^enleben neben ben anbem, fonbem fte ift fo
bun^oud feine ®runbbebingung, ba^ i^ SSorl^anbenfein bad feiner übrigen Sebingtmgen ao
mit fic^ l^nn^, fold^ 3^^ ^^f ^^^ ^^f^^ ^^^^ unentbel^rlidp fti^, in ber 93oQenbung
au«f<9lie^, m 22, 29—32. ^n bem t)ierten (gtoangelium betoal^e Sieben 3efu fül^ren
biefe Sbifi^auung auf iJ^ tiefften SQSurjeln )urüd( unb beuten an, tDeld^e Sebeutung feiner
eigenen $erfon unb feinem Erleben bafür julomme; f. unten.
^ k>oDen JUörung bringt bad bann bad Ofterereignid, unb in feinem Sic^t entfaltet 36
fU^ bte twm ^araOeten beftimmte a))oftolifc^e $rebigt, bemgemä^ ba^ bie 9}erlünbigung
ber Suferfle^g (S^fti i^ ®runbt^ema ift 9® 2, 24 f. 3,15. 4, 10 f. 5, 29 f. 10, 40 f.
13, 32f. 17, 31; 1 Äo 15, 3. 4; m 1, 1—4. 10, 9f.; 2 %\ 2, 8; 1 3o 1, 1—3.
^banadf entfc^eibet ftc^ auc^ bie gtpeite f^age nac^ bem SSerl^ältniffe bed lünfttgen Sebend
mm h^ifc^. Die Sl^notti^mil gtoifd^en C(ofj, ßaodeia unb xltjgovofjUa unter bem 40
9cil9ort ak&rtog unb bie Sednl^fung aQer mit ocoxrjgla toeift l^ter bem SSerftänbniffe
ben aaaeg, t)gL 2 $t 1, 11; $br 9, 15. 5, 9; 3Rt 19, 29. 25, 34; lÄo 6, 9. 15,50;
1 $t 1, 3—9. 3n ber 3Uiferh>edung bed ®efreu}igten ift bie aRoc^t bed Xobed mn&if^
für i^ aebrod^, bamit aber beffen Sefeitigung überl^au^t nur eine ^age ber ^txi für
aOe, tpei^e in t)oQe ®emeinfd^aft mit bem lebenbigen ®elreu2igten treten, 1 Jto 15, 23. 45
Dem $aulud tritt bie ganje ®efc^ic^te unter bie jtoei gegenfö^id^en ÜJtöc^te: @ünbe unb
Zob twn 9bam l^er, ®ered9tigleit (fomit ^ebe mit ®ott unb %:eube im l^ieiligen ®eifte)
unb 2e6en »on 3efu (^frifto |er, SRö 5, 12 f. ; 1 Äo 15. SBö^renb nun aber im »lidE
auf bie aOed S^ifcpe burc^bringenbe (p&ogd ed nur l^eigen f ann : iXnidi iody&rj/jiev, 9ld
8, 24, tiHUibett fu^ bad boc^ nid^t eth)a unter ber i^anb in ein aco^odjLLe^a, fonbem 60
cd bUbt bei aeocDo/xiroi lati, Sfl^ 2, 5. 7. Die äSerbtnbung liegt m S^rifto, toeld^er
ber (E^riften Seben tft, toie in i^er eigenen @c^ä^ng, $^i 1, 21, fo auc^ ber Qad^t nad^,
flol 3, 4 bgl. (Sp^ 2, 5 f. t)g(. ®al 2, 20. @eme (Sintool^nung burd^ ben ^eil. ®eift
bringt unjerm ®eifte ein Seben, toeld^ed ber totbringenben @ünbenlne(^tfc^aft tro^t, aber
aui^ bie Sürgfc^ft für bie (Erneuerung bed SeibeS in ftc^ birgt, 9iö 8, 10. 11. Der 65
®(aubenbe trögt mit^n ein tobedfreied Seben in fu^; h)enn bad mit S^rifti ^arufie in
bie (Erf(^nung treten toirb, bann toirb ftd^ J^eigen, toie ed ein mit Sl^rifto in ®ott t^er»
boraened toar, alfo feinen eigentlichen ^eftanb in bem ^[neinanberfein mit @ott burc^
(S^nfbim ^e, M 3, 2—4.
S3enn mm $auIuiS tro$ biefer 3ufctmmenfc^au bed irbifd^en Seben^S ber S^rifto 3»^ ^
332 Seien, emiged
geJ^örenben mit il^rem Klnfttgen boDenbeten SeBen ben ge))rägten SbiiSbrud Ccotj alwvioq
nur t)on bem erl^offten ^eil^ute broud^t, fo tfi bei ^[ol^anned ber Su^brud l^iori unb bie
ftd^ baron tnü))fenbe 3(nfd^auung unter bem ®inbrude ber Dftert^atfad^ ju boufler ou^
begrifflid^er älbrunbung gebiel^en. 3)em SSater unb bem @ol^ne burd^ ben SSoter tfi ed
5 eigen, Seben gu l^aben in i^nen felber, 5, 26 t)g[. 6, 57. 3)iefed etoige Seben ©otted iß
^leifd^ geh)orben, in bie finftere 28elt eingetreten unb ju i^rem Sid^te unb i^endbrote
burd^ feine Eingabe bi^ in ben fül^nenben Seben^u^ang in ^ob unb Shtferfb^ung ge«
toorben 1,4—18 (1,1, 1—3) 6,33—35. 47—63. 3, 14 f. 11,25. 14,6. 1,5,20; toer
biefe^ Srot im ©tauben i^t, bem eignet bad bed Xobed f))ottenbe eh)tge Seben unb nur
10 bie @rfc^einung unb boQe @ntfaltung biefe^ Sebend l^at noc^ eine SBanblung im ^i^am^
menl^ange mit einer gefteigerten 3(rt ber®emeinfc^aft mit bem@ol^ne ju erfa^en, 3,16.36.
4, 14. 5, 24. 10, 28. 17, 2. 3. 20, 31. I, 5, 11. 13. 3, 14. 15. ®aran, bofe e« erfl
in ber nod^ audfte^enben 9lufem)ed(ung ber Seiber jur l)oDen Su^eftottung lomme, ifi
ouc^ bei 3ol^anne« fein gtoeifel, 6, 39. 40. 54. 4, 14. 12, 25. I, 2, 25. 3, 2. 3. 3n
16 biefem e^otologifd^en 3^0^ ^'^^ ^ jutage, ba^ ftd^ l^ier nid^t ein t)on bem 92&^boben
ber gefc^id^tlid^en Offenbarung gelöfter 3){^ftictdmud in ber älrt bed 9leu))latonidmud ^
l)orbrängt.
2)iefe lum @{i)je mu^ genügen, um bie Sebeutung ber Xl^atfad^e HarjufteOen, ba|
bie Sibel bie ^ejeid^nung für bod jenfeitige ^eil^ut \>tm bem gegenhmrtigen 2)afein in
20 feinem ©egenfo^e )u bem oQen beDorftel^enben Xobe entlel^nt, k)gl. 1 %x 4, 8. Shtrc^ bie
®inl^eitlid^leit ber Sejetd^nung h)irb bem 9ludb(id( in bie S^ntnft bie @{^enl^aftigleit
eine^ ber älnfd^aulic^leit entbel^enben Säegriffe^ genommen, unb jugleid^ einer buolifttfc^
®nth)ertung bed ^S^^^f^^" geh)el^rt. ^ft aud^ erft bad enbgiltig bem brol^ben 3^be ent^
nommene 2)afein ff övzcog C(o^ Ui6, 19, fo ift bod^ ba« je^ige fd^on, unb icS lünftige
26 eben nod^ „Seben". S^arin ift bie @inbeit }h)ifd^en ber fd^öpferifcpen Snlage unb i^
l)ölligen ©ntfoltung innerl^olb i^red J^oQbeftanbed (ouc^ letbl^aftiger) ^erfdnlic^Iett ge«
h)al^rt.
3)amit ift mel^r au^efagt ald bie blo^e @inerlei^eit be$ ^d^ in übrigen^ burAaud
berfd^iebener Sage unb Seftimmt^eit. Kann bo^ fc^on bod bienieben erlangbare ßeitögut
80 gerabeju eh)iged Seben l^ei^en unb ber Übergang l)on bem SSetfaOenfein an ben %cb )u
i^m fo Dortoeggenommen erfd^einen, ba^ ba^ älbfd^eiben ju einem in getoiffem @tnne
gleid^giltigen Vorgänge loirb, So 5,24. 11, 26 I, 3, 14. ®iefe (ginfu^t fUefet nic^t oud
f))iritualiftifc^ einfeitiger @c^ä$ung ber ^nnerlid^Ieit. ^ene ©etoi^^t ift n&mlic^ nu^t in
ber fad^Iid^en Seftänbigteit menf^lid^en äBefend begrünbet, fonbem fKe^t nur ou^ bem
86 ©tauben an Sl^riftum unb ftü|t ftd^ mitl^in auf ein gefd^i^tlid^ begrünbeted SSer^oltni^
jebed einzelnen. @^ifto aber lommt biefe Jtraft, Seben mitzuteilen nrlb gu betool^, nur
au, toeil bie ©emeinfd^aft mit i^m bie ©emeinfd^aft mit bem lebenbiaen ®ott in ftc^
fc^lie^t; biefe aber toieber trägt bie @h)igleit in fid^. Unfer 3)afein ift in bem 3Ra^e
Seben atö e^ biefer ©emeinfd^aft geniest. Sedl^alb ift fc^on bad 3)afetn in biefer ®otte^
40 toelt Seben ; bedl^alb fd^lie^t bie @d^eibung l)on ®ott burd^ bie @ünbe ben %oh in feinen
Derfd^iebenen $l^afen ein, ^ofmann, Sd^riftbeh). 2. SlufL @. 487 f. ; be^l^b bringt bie
neue unl)erlierbare ©emeinf^aft mit @ott auc^ ätp^agoia 2 %x 1, 10, bem Xobe ent^
nommene^ etoiged Seben mit fid^. ^nbed biefe @elbftmittei(ung ©otted burd^ S^riffatm in
feinem ©eifte leiftet bem ed^ten 3Jlenfc^enleben nid^t nur ©etoäl^r für feinen etoigen Se^
46 ftanb, fonbem ba^ gefd^iel^t nur, inbem fte jugleid^ mel^r ^etoöl^rt. @ben burd^ fte {tnb
biefem Seben auc^ fein ^xüiciX unb feine Sefd^ffen^eit beftimmt, loie fie im ©louben an
ben auferftonbenen S^riftud aud^ lunb tourben. @benfo toie Sl^riftud fic^ ald Seben be*
ieic^net, toeil er und bed Sebend ©runb toirb, ebenfo gilt bad l)on ber burc^ il^ borge*
»otenen ßrlenntni« be« allein toa^ren ©otte«, go 17, 1. 2. ®a^ ift fo, toeil bei ber
60 ä3egrünbung bed toefen^aften Sebend nid^t allein unb juerft an eine fc^affenbe ^anblung
ber 2Ulmad?t g^bac^t ift, öiclme^r an ben Seben^el^ait für bie Sebendform ber $erföm
lid^Ieit; unb biefer ©el^alt lann nur in ber l)ertrauenben Eingabe be^ ©laubend an bad
gefd^ic^tlid^ bargebotene SBort ©otte« aufgenommen toerben. — SJenuufolge finben oDe
toeiteren Öeftimmungen über ben Segriff be« etoigen Seben^, foloie alle ä$eranfd^ulic^unaen
65 feiner l)onenbenben 3(u^eftaltung Slu^ang unb üJlaPab an ber (Srienntnid bed aufor^
ttanbenen ©efreu^igten. 93gl. S. V S. 492, h^ f. 495, 3 f.
äJorne^mlid^ too^I burd^ bie SSerfünbigung ber ihüg l^wfjg aloDvlov %\i 1, 2. 3, 7
lourbe bie alte SBelt bem dgxrjydg rfjg Co)fjg 31© 3, 15 gu güfeen gelegt. ®a« Seib
um bie Sergänglic^Iett ertvad^t unb toäc^ft überall mit ber fteigenben (Entfaltung bed pts^
60 fönlid(fen Sebend, toä^renb ^ einer eingreifenben Sr^iel^ung bebarf, um ©efd^Iec^ter unb
Seien, emiged 333
einzelne )u ber Sinftd^t )u füllten, bie tieffte Sd^äbigung bed Sebend liege m ber @ünbe
unb i^rer @d^b. 3)et anbete 9lbam l^t mit feiner @ottl^eit ber Statur feinet ©efd^led^ted
UntDonbelbarleit unb Unbertoe^lic^Ieit einget)f[angt ; biefe @eh)i|l^eit trögt ben tobe^
mutiaen Xro| d^riftlic^er Hoffnung auc^ in ben 3Jlärtbrem. äluf bie audfül^renbe 3^f[ui^0
bed xünftigen etoigen Sebend l^at bann in ber Xl^eologie ber ^nteQeftuali^mud ber l^eib^^ 6
ntf^en $9t(ofo))^e einen bebentlid^en @influ^ gcl^abt, h)äl^renb bie 93ibel unb bie $rebigt
bie an(4^i(^en Silber h)eiter gab, an h)e(c^e fu^ bie Sorgen unb träume be^ irbifd^
gcrid^teten ©nrneg anfci^Iie|en lonnten. ®er alo^mtftifc^e SK^ftici^mud mit feiner ©ering«
f(^ä|img ber inbit)ibuellen ^erfönlic^Ieit bot nur eine t)ertt)irrenbe iDtal^nung an bie ©egen«
toort bed etoigen Sebend in jol^neifd^em @inne. ^r bie boQe 3lu^fd^ö))fung biefed unb lo
bed )>auUmf4fen S^B^^fl^ ^^^ ^^^^ Sutl^erd 6l^ri[tocentri^mud aOe SSorau^fe^ungen bar.
SHe freubige ®eta)i^t: ,,3Bo SSergebung ber @ünben i[t, ba ift aud^ Seben unb ©eltg«
leit'' ^elt inbed )imädb|t ni^t ol^ne Sinfeitigleit bei ber ^eil^etpi^l^eit in ber ©egentoart
fefi, unb biefer ©ubjeRiöi^mug be^ ©etoiffen^ebend öerfiel bei ben 6j)igonen Don neuem
einem 2|ntelleltualidmud ber aud^ bie @^toIogie t)er{ümmem lie^. 3)iefem ®ange ber i6
£e^rfttffung entflammt bad !Dli^l)erftänbnid, in bem man ftc^ getoöl^nt l^at, bad ^eben,
nomlic^ bie ftttltc^ Set^ätigung, Dem ©lauben aU einem bloßen @ebanlenbinge an bie
@ette unb gegenüber m fteQen. 3)ie einfeitige Sefd^röntung ber Segnabigung auf eine
^^omenologie ber ©etoiffen^orgänge, ju toeld^er ber ^roteftantiiSmud neigt, t^ut jebod^
bem biblif^fen 3^0>^iff^ "^d^^ genug, ^emgemög erl^ob £)tingerd ^l^eofo))l^ie in feiner ao
philosophia sacra ex idea vitae deducta (9luberlen 1847), gum Xeil auf Sengetö
Siblicidmud geftü^t, gegen folc^e @infeitigleit SSertoa^rung. ^unöqfft umfonft; benn ber
Stotionolidmud jog borerfit bie abftralten Folgerungen bed @ttbieltil)idmud, inbem er bie
SleligtofUät an bie @teDe be$ gefd^ic^tlic^ b^ogenen ^eildgloubend fe^te unb folgerecht bie
Suferfte^gd^offnung um bie ^latonifc^e ^emei^fül^rung für bie Unbergänglt^leit bed 25
®eißed pm^ab. @ein fetc^ter Ot^timi^mud ertoartete Don bem ÜtaturDorgange ber @nts
Ieibli(^g bie ))erf5nlid^e SSoQenbung tmb Seglücfung. @o toar ed ein tief berechtigter
(Stn^lpmä^ m gunfien bed ))erf5nlid^en Sebend unb feinet @igentoerted, toenn ber ))ant|eis
^erenbe ÜR^j^cidmu^ in ^d^te (Sntoeifung j. fei. Seben 1806) unb @d^Ieiermad^er bie
mbiDtbueOe 3ulunft binter bem fd^on gegentoärtigen etoigen Seben jurüdfteQte. Sobalb ao
bomt Sd^Ieiermad^etd Sl^rifiocentridmuiS bei feinen 9Iad^f olgem Don ber ))anti^eiftifc^en ^effe»
lung befreit toar, eröffnete ftc^ bad SSerftönbnid für bie Oftertl^atfac^e unb Don btefem
3RitteIf)untte oud erfd^Io^ ftd^ ber Xl^eologie bie d^riftlid^e SSerbürgung ber inbiDibueQen
SoQ)>eTf5nIic^Ieit im gufammenl^ange mit il^rer burc^ bie ^eildoffenbarung gefc^id^tlid^ be-
bingien religid^fittlid^en @nth)i(f elung unb @elbftbilbung. t)er SubjeltiDi^mud, meld^er nur 86
^nltionen bed }>erf5nlic^en Sebend lennt, Dertaufc^t gern ben Säegriff be^ Sebend mit bem
ber Setoegung unb ben Segriff ber @h)igleit mit bem ber bloßen Überfmnlid^Ieit ; auf fte
feien bie Xnfd^uungen bed @innenbeh)ugtfein^ Don 3eit (unb SRaum) nid^t antoenbbor,
unb bed^b bte Vorgänge unb Slbfd^nitte irbifd^er SBäl^rung für ein etoige^ Seben oj^ne
Scbeutung. 3)iefem ^erf(ie|en be^ Scgriffed Dom ewigen Seben in ben ber ^bealitöt 40
todftt bie^orberung emed abfd^lie^enben ^xtl^ ber ))erfönlid^en @nth)idelung ber einzelnen
unb ber Sefamt^ in ü^er toed^felfeitigen Säebingt^eit unb bie ^erbürgung i^rer (Sr»
füOung in bem auferftanbenen ^eilanbe.
6<^on bem 91X mac^t bie Sebenbigleit einen (ärunbjug an ber il^m eigentümlid^en
Srienntnid ®otted im ©egenfa^e gu ben toten @ö$en aud. ^m 31% toirb e^ offenbar, 45
bag tooijitfyiftt^ Seben ber SRenfd^en nur aud ©otte^ eigenem Seben ftammen unb Don
jbnen nur burd^ G^rifti $erfon unb äBerl erlangt toerben !ann. 2Benn ftc^ bie d^riftlid^e
Serlünbigung im SSnfc^Iuffe an biefe ^nfc^auung in ber Sejeic^nung bed Sl^riftenftanbed
nt<^ mit ben abfkrotten Seftimmungen „©otte^emeinfc^aft" ober gar „religiöfe Seftimmt^
ffoi" begnügt, fo ^t bad feine tiefe Sebeutung. S)ad ^oUbetou^tfein bed in ftd^ ^ufam- go
mengefoBten @eIbftbefUxnbed l^t feinen 9{aturlaut in ber @c^ä|ung bed Sebend gefunben.
Seine Semid^tung tmberf))rid^t bem allgemeinen menfc^lic^en @mt)finben; aber noc^ pm»
lidtct toirb bie SSorfteOung eined bem Seben entgegengefe^ten ^ortbeftanbed, be^ S^obe^^
jufianbed, emt)funben, loeil in i^m bie SDSefen^ftörung bauemb erfc^eint. 35e«^alb gilt ber
lob neben unb mit bem 83öfen ate ba« SBibematürlid^e. Sin biefen loeit^in ^errfc^enben 55
(Sinbnuf Mkf ft bie biblifd^^c^ftlid^e SRebe an unb fteUt ba« menfc^lid^ äBibemotürlic^e
audf aü tmbergöttlid^ bar unb Der @otte«gabe Don @ered^tig!eit unb Seben gegenüber.
3n ®ott unb feinem mdpanifc^en Seben^fürften bürfen toir ba« DoUfommene Seben in
feinet tobübertoinbenben SKad^t anfd[»auen, unb gugleid^ toirb un« bie befriebigenbe ©r^
l^ung unfetd erften unb legten älnliegen«, ber @r^altung ober äBiebergetoinnung be« go
334 Seien, emiged Setoiit
gebend (SRi 16, 25 f. $ataD.) burd^ ben @Iauben unb bie i^mgabe an ben eingeborenen
@ol^n Derbürgt. 3)araud folgt freiließ, ba^ niemanb beretnft emiged Seben int @c^en
Sl^rtftt m ertoarten l^ot, ber ed nic^t Jd^on jut)or burc^ ben ®lauben an i^ in ber ®oJbt
ber SReqtfertigung unb ®ottedIinbfd^aft getoann. Vt. M|Ier.
6 Sebrtia, Slntonio, {))anifd^er ^umonifi, gefl 1522. — 2 itteratur: Nicolai
Antonii Bibliotheca Hispana, >Kom 1672, p. 104, A bid 109B; ®utl. (iat}t, Scriptor. eod.
hist. litteraria, Geneva, el 694 appendix p. 116 B bid 118A; ^u $tn, Nouvelle biblioth.
des auteuis eccL 14, 120^123; Elogio de Antonio de Lebrija por D. Juan BautiBta
Mu&oz, inMemorias de la real academia de la historia 3,1—30; ^efele, Slarbinal XimeneS,
10 Tübingen 1844, 8. 116 f., 124. 379. 458.
äleliud Sntoniud, vulgo 9lebrif[enftd, b. |^. aud Sebrija, bem alten 9lebrif[a am ®ua«
balquit)tr untoeit Sevilla, geboren toal^rfc^einlid^er 1442 ald 1444, toirb bonSRuiio^ ab
^umanift erften Slonged bejeic^net. @r toor einer ber erften Bpanxtt, bie bad SBieber«
aufblühen ber Ilafftfd^en @tubten, toie ed bamold aud ^Udxtn l^erüberbrang, bmü|ten
16 unb ftd^ )u eigen mad^ten. 3lai^ einem lOiöl^rigen 9(ufentl^alte bafelbft jurüdgefe^ in
fein äSaterUmb, l^atte er ben $lan, l^ier auf ber neuen ©runbloge bie @tubien gu r^or«
mieren. älld Se^rer in @alamanca fel[;lte il^m auc^ ein merhoürbig rafc^ ®rfolg nic^
Sbenfo auf bem fc^riftftellerifc^en @ebiete: gleich feine erfte @<^rift Introductiones in
latinam grammaticam 1481 ging rei^enb ab tro( bem ^ol^ greife ; fte i{l nac^^
20 )u öfterenmalen aufgelegt toorben. Sefonberd befd^ftigte er fic^ mit Jtritit unb ^nUs*
ptttaüon ber JKafftler, auc^ lateinif c^er c^riftl. S)i(^ter, auf bem Sel^rftul^l unb bun^ littera«
rif Ae SStrIfamleit. Ueber ganj @))anien toaren feine @<^üler unb feine Sletl^obe t>erbreitet : er
l^ielt (ein SBirffamleit an ber Unitoerfttöt niqt me^ für nottoenbig, bie ÜRunificen) b<d
nachmaligen Jlarbinald S^^^^^ f^^^ ^^^ ^^^^ ^^^ getoöl^rte Slu^e in @tanb, im Saufe
26 Don 8—10 Sa^en fein latetnif^e« ficjüon ju tooUenben, ju einer geit, too biefe SBiffen«
fc^aft faft fo gut tote unangebaut toar: bie ganje gelehrte SBelt na^m ed mit SäfoD
auf, ed tourbe in ben Schulen eingefül^rt. Sluc^ arc^öologifc^e Strbeiten, eine ©rammotü
ber gried^ifd^en unb eine ber laftiltfc^en @)pxai)t gingen aud feinen ^änben l^or, unb
berfcpiebene im ®ottedbienft bertoenbete Sucher berlie^en fein @tubieraimmer in t>erbefferter
80 ©eftalt. ä(u(^ in bie t^ologifd^e SBiffenfd^aft l^t er bom ))l^ilofo))^if(^en @tanb))untt
aud in bebeutenber SBeife eingegriffen, ^u befferer ^erfteHung bed ^Eected ber SSuIgata
berglic^ er bie alten Xegte, bie l^ebräifc^en unb grie(^ifd^en Originale, unb toarb einer ber
$au))tarbeiter an ber ^ol^Iotte bon äUcalä, toelc^e ^rbinal Ximened t)eranftaltete. Se<
greiflid^, ba^ er ben $a^ ber alten fc^olaftifd^en Seigrer auf fic^ lub, beren Stet^obe
__ idl^er unbeftritten gel^mf^t ^atte, unb itarbtnal Ximened mu^te i^n bor ber ^^nquifUion
in @d^u$ nel^men. ^n feiner legten ^cxt leierte unfer ^umanift an ber 9(t(&emie bon
äUcalä (Complutum), in inniger ^eunbfc^aft mit Ximene^, feinem ®dnner unb bem
aSater biefer ^nftatt, unb ftarb ^ier im ^ol^en »Iter 2. Suli 1522. S)ie meiften fein«
SBerle ftnb und erl^alten, barunter aud^ bad ©efc^ic^tdtoer! über bie Slegierung f^erbinanbd
40 bed itat^olifd^en, ber i^m felbft ben 3(uftrag bagu erteilte (Decades duae etc., opus
poßthum. etc. 1545). 3. »eisf&ifer f (»emwtW.
Sebnin (aglf. Siaftoin; lat. Lebuinus ober Libuinus) 8. ^aM.— Veltefte unb
einzig ec^te OueOe für fein fieben unb ^irfen ift 91Itfribi$ (i^ifc^of« oon fünfter, aeft. 849)
Vita S. Liudgeri in MG 8cr. II, 405 sq. O^nc öiftonWen SBert ift bie imgcfö^ ein 3aftr*
46 tunbert jüngere Vita Lebuini oon ^ucbalb bon ®t. ^manb (ooOftönbig bei 8uriud, Vitae
SS VI, 227 sq. unb im MSL t 132, p. 875—894; auS^ugÄtoeife mitgeteilt in MG 1. c.
360—364, unb bana4 beutfd) bei ^. ^rnbt, 9). ®ef4i4tdid)rciber ber beutf^en Sor^eit,
8. Sa^rftunbert, SBb 2. @. 101—111 [©crlin 18631). iRcuere SJarfteOungen: TOobiOon, Acta
SS O.S.B. V, p. 21, 36; Hist. litt^raire de la France VI (1742 p. 210—221; «ettberg,
60 IHr^engef^i^te ^eutfc^lanbd, II, 405. 536 f.; ^oU, ^ie oorrefor.ß® ber9{ieberlanbe (beutfd)
burdj 3uppfe, fieipjig 1895), 6. 178—182; 3. % oan fioren, Lebuinus en zijne stichtuig
te Deventer gedurende den eerste tijd van haar bestaan, Zwolle 1885 ; %. ^ucf in f. M
9)eutf4Ianbd, 2. 9(uf(., II, 348 f. (^ier bie fritif4 präjifefte ^arfteOung). 3ur CueUenfritit
ogl. au4 SSattenbac^, ^eutf^Ianbd (S^efc^ic^tgqueUen im ^^", 1/234. 246. 408.
66 S)er to%enb ber erften Stegierungü^jal^re Jlarld bed (9ro^en atö SDtifftondgelt^ilfe bed
®regor bon Utred^t (f. b. a. 83b VII ©. 155) t^ätige angelföc^fifd^e $riefter giaftoin
b. 1^. Siebfreunb) ober Sebuin, Jlird^engrünber t)on ^ebenter unb „3l))ofiel bon Ober*
^el'' (Apostolus Transisalanus), l)erlie^ auf @runb toieberl^olter göttlich ähtffor»
berung (angeblich burd^ brei äSifionen) feine englifd^e Heimat um bad ga^ B70, um
Seittht Se Sötte S^otled 335
bent Sbte unb ^rießer ©regor ju Utrecht, bem einfügen @efä^rten beS Säonifottu^, feine
3)ten{te onjubieten. 3)iefec fanbte il^n gufammen mit einem anberen ^(ngelfac^fen, bem
mx^ unter äBiÜebrorb gebilbeten 3Rax6^dm ober 3JiarceQin, atö ^rebiger bed ®t)angeliumd
)u ben SetDol^nem ber regio Transisalana, be^ je^igen Ober^^ffel. Jturj \>ox Su^
bmdf ber Sac^fenhiege Aortö begann er l^ier, t)on einer frommen SJlatrone älberl^ilba 6
iiofUu^ aufgenommen, fein SBirlen unter einer, toie e$ fc^eint großenteils fd^on dbrift^
tc^ Sebdltenmg. 3)ie (Srbauung jtoeier fiird^en : einer ju 2Bul))en (i&uUt)a) am SBeft^
ufer tmb einer gu 3)et>enter (3)at)entria) am Dftufer ber ^ffel, bezeugte ben anfänglichen
guten (Srfolg feiner $rebigt. 9lQein ein Einfall räuberif^er Soc^fen, toeld^e bie Jlirc^e
ya 2>etoenter berbronnten, nötigte il^n gum Slufgeben biefer Wiffton. 3ta(S^ ber älteren, lo
too^I oHetn out^tifc^en Stngabe in ber Vita Liudgeri leierte Siaftoin gunäd^ft m @regor
nai^ Utrecht juriUt, um erft ft)äter, nac^ erfolgtem Slbgug ber @ad^fen, feine X^ätigifeit
an ber J)ffel toieber aufzunehmen, älnberd jener jüngere äSiogra))]^ i^ucbalb. 3lai^ i^m
begiebt ber burdj^ jenen ÜberfaO aud 3)et)enter Vertriebene ftd^ (ül^n in baS igierj bed
fmb(t(^ ©oc^fenlanbed, nad^ äJlarflo an ber unteren SBefer, too bamald aOjäl^lid^ eine is
gn>^ Serfammhmg ber fäd^fifc^en @au-3)et>utierten (12 aud jebem ©au unb au^ jebem
ber biet @tänbe ber @belinge, ^inge unb Safft) unter i^ren @augrafen gur Beratung
über Jtrieg unb ^eben unb gum 3)arbringen t)on 0))fem ftattjufinben ))flegte. ^ro| ber
SBocmtna feinet ©aftfreunbeS ^olbert, toeld^er il^m bis nac^ Seenbigung biefer 9SoII^
tjofontmuing berborgen ju bleiben rät, erfd^eint Sebuin in berfelben, ein Jlreuj in ber 20
einen unb ein Stxmgelienbuc^ in ber anberen $anb l^altenb, um 3^0*^^ bom aQein
tDO^cen ®otte abjulegen unb bie Reiben gum äluf geben i^red @ö(enbienfted gu malten.
„ffieiui ü^^^ fo foS er nac^ i^ucbalbS Serid^t bro^enb feine ^rebigt befd^Ioffen l^aben,
„^artnädtg in eurem ^Irrtume be^arrt, fo toerbet i^r eS bolb fd^toer ju büßen l^aben;
bom in hirgem toirb ein ta))ferer, toeifer unb ftrenger Jtönig aud ber 9läl^e gleid^ einem 26
reilenben Strome über eud^ l^ereinftürgen, aOeS mit ^er unb @dbtoert t)ertoüften, ,3lot
unb Sertoirrung über eud^ bringen, euere SSeiber unb Jlinber mx ^ned^tfd^aft verurteilen,
unb Itxid bon eud^ übrig bleibt, feiner i^errfc^aft untertoerfen!'' Qqon fluiden bie
entrftpeten ©oc^fen fu^ an, ben „berräterif^en ^inb i^rer Sieligion unb i^ed Sanbed''
mit fl»i|en $fä^len gu burd^bol^ren, als ein getoiffer Säuto mit getoinnenber Siebe für i^ so
eintritt: fc^on manchen ®efanbten ber Slormannen, ^^^iefen, @lal)en l^abe man frieblic^
aufaeiwmmen itnb e^renboQ entlaffen, biefen Slbgefanbten beS l^ik^ften @otteS ober be«
bro^e man mit bem Xobe; an ber SRac^t feines ©otteS, baS t)on i^m ©etoeisfagte toal^rs
mmai^, fei fc^toerlic^ gu gtoeifeln, benn erft jüngft l^abe berfelbe i^n au^ brol^enber
Xobedgefal^ tounberbar gerettet ! ^iefe S^orfteQungen t^un bem SBüten ber 33erfammelten ss
Sin^KiU. 3Ran geftattet Sebuin ungefä^bete dtüdt^x inS 93iStum Utrecht, too er bie
gerßörte ftird^fe gu 2)ebenter toieber aufbaut, u. f. h). — S^iefer gange SSorgang fc^eint
einem teiltoe^ äJ^nli^fen @rlebniffe SSiOebabS unter ben l^eibnifc^en f^efen (Vita WiUeh.
e. 3, bgL ßmtd a. a. D. &. 349). lünftlic^ nad^ebilbet gu fein, ^iftorifc^ too^toerbürgt
iß nur SiaftDinS Slüdlel^r nad^ bem Don ben räuberifd^en @ac^fen toieber t)erlaffenen ^e^ 40
Denter, Ido er bie bon jenen erbaute jtird^e neu aufbaute unb noc^ einige ^dt ungeftört
als ^riefler tanrhe. @ein XobeSjal^r ift unbelannt; boc^ ift baSfelbe mol^l \)ox jenen
gtoeiten t)ertt>üflenben (SinfaO ber @ac^fen in 3)et)enter (um 777) gu fe^en, tooburc^ bie
bortige Sfixdft abermals in flammen aufging. „S^ie 3^[^^>^0 ^^ bieSmal eine fo
tH)nftänbige, baß man (nad^ Vit. Liudg. 14) bie ©ruft, in toeld^er S. begraben toar, 45
nic^t me^ gu entbeden t)ermod^te'' ($aud @. 348).
Sebuin, olS beffen ©ebenftag ber 12. 92ot)ember ober aud^ ber 25. ^iuli betrachtet
tt^iib, gilt nodf je^t als Sc^u^atron \)ox\ 3)et)enter. @r erfc^eint auf ^JJtüngen biefer
@tabt aü $riefter obgebilbet, anget^an mit ber Safula unb mit einer JlreugeSfal^ne in
ber ;^anb. — Stit einem flanbrifc^en Sl))oftel £it)inuS, bem @<^u|)>atron l)on ©ent (am so
geUi^ britifd^er Sbtunft unb burd^ @t. Sluguftin t)on Santerbur^ gum 3Jliffionar gebilbet),
ber fclK^n ca. 660 geftorben fein foQ, unb gtoar gleid^foUS am 12. 9lot)ember, ift Sebuin
taKi^rf(^inli(^ ibentifc^, ober bielmel^r er ift boS eSd^te gefd^iAtlic^e Urbilb, bem biefe mt^«
M^tjjtf^K ^figur burd^ einen ^IfariuS beS ll.^abr^unbertS (93erf affer einer bem ^l. ä3onu:
fotiud betgdegten Vita Livini, ca. 1050) nac^gebilbet toorben. 3^gl. i^olber^Sgger in 55
ben SBat|*ahtffä^(1886), @. 623— 665 unb im9lSl 93b XVI 6. 623 ff., fotoie 9Uatten:>
b«^ a. 0. 0. (6. aup.), I, 132. 386; II, 493; auc^ bie bei 5Pottlgfaft* II, 1423 ber»
gei^nete £ttrinuS«Sitteratur. äiifler.
Se SdM (S^aried f. Sibelüberfe^ungen 93b III S. 137, 15—32.
336 Scf^Ier
Scfi^Ier^ Dr. theol. unb phil. ©ottl^arb SSictor, entflammte einer alten ((^toa^
bifd^en ^amilte, bte il^em ^eimatlonbe unb tDeileren Greifen l)iele tüchtige jtröfte auf bot
berjc^iebenften Ocbieten augefüi^rt l^ot. 6r tourbe am 18. ^xxl 1811 gu Älofter SteU^en*
bad^ bei ^eubenftabt im @d^h)ar2tt)a(bfreife geboren old ber ältefte @o^ bed bortigen
5 ^farrer^ SJictor ^einrid^ £. 3!)ur^ biefen tourbe er für ba« fogenannte ntebere ©eminar,
ein für lünftige X^eologen beftimmted ®^mnafium, in Slaubeuren borbereitet, tDO er
1825—1829 bertoeilte. ©c^on ^ier jeid^nete er fic^ burd^ feinen Semeifer fo au^, bo|
er ben erften ^la$ in ber Steige ber Slbgel^enben erl^ielt. 9Ud ©tubent bqog er
nun bad t^eologifd^e ©tift gu Tübingen, bem er bid 1834 angel^örte. Unter ben bortigen
10 Sfrofefforen tooren e« befonber« ©teubel unb ©c^mib, benen er tiefere (Sinbrüde Derbanne,
daneben l^örte er mit großem 3«*^^^ I>r. ßl^riftian Säur, beflen Iritifc^er ©tanb^junlt
il^m freiltd^ je länger befto toeniger genügte, ^on älteren Kommilitonen gog il^n am
meiften ber nachmalige berliner $rofc|for 3)omer an, mit bem er lebendlang freunb*
fd^ftlic^ berbunben blieb. Öftere l^oft)itierte er aud^ bei bem Jlat^olilen 3R5^ler, beffen an«
15 jd^aultc^e SSortragdtoeife er gu rül^men fanb. 3la6^ rübmlid^ft beftanbener Jlanbibaten))rttfung
trat er im i^erbft 1834 bad il^m übertragene SSitariat in 3)ettingen an, tourbe ober
bereite nac^ einem falben ^ci^t Don ba toieber abberufen, um bie ^nhionen eined Sie»
petmUn an ber ©tätte feiner frül^eren ätudbilbung am ©eminar ju Slaubeuren )u über«
nehmen, ^n gleid^er ®igen{d^aft toarb er nad^ 3 ^al^ren an bad 3;übinger ©tift berfef^
20 älud^ l^ier toar feine $ati))taufgabe bie Untertoeifung ber ©tubierenben. S>aneben be*
fd^ä^igte il^n borjugdtoeife bie t^eologifc^e Sitteratur @nglanbd avS ber geit bed f ogenannten
3)eidmud, toobei er bie bereite auf bem ©eminar ertoorbcne Kenntnis ber englif ($en Bpxodf^
trefflic^ bertoerten lonnte. 3^ toeiteren ©tubien in biefer Slic^tung gab i^m eineSnfang
1840 unternommene Steife, bie i^n junäc^ft nac^ @nglanb führte, ertoünfc^te ©elegen^
25 äluc^ nac^ anberen ©eiten l^in ift ber bortige älufent^alt Don nic^t geringer S^beutung
für feine innere @nth)id(elung getoorben. ^ad rege c^riftlic^e Seben, bad i^m entgegentrat,
btente, toie er felbft oft mit hänfen 6e!annt |^at, gur SSertiefung feiner eigenen d^rtftltc^
Srfenntni« unb ßrfal^mng. — Über ^anfreid^ in bie i&eimat jurüdfgele^rt, DoDenbete er
fein ßrftlingdtoerl, „®ie ©efd^id^te bc« englifc^en ®ei«mu«" (©tuttgart unb SÄbingen,
80 Sottafc^er Verlag 1841), ba^ nod^ immer gu ben toid^tigften beutfd^en Duellen für boS
SSerftänbni^ jener $eriobe gel^ört. $atte ber nun ^rei^igjäl^rige al^ näc^fted 3^^ ^^^
Srlangung eined Sel^ramte^ ind Sluge gefaxt, fo foQte i^m nac^ bem State eined ^öl^eren
bie erreid^ung biefe^ 3^^^^ für fj)äter Vorbehalten bleiben. 3)ie folgenben ^afyct fanben
i^n in )3farramtlic^er Xl^ätig!eit : }uerft al^ Reifer (^ialonu^) in 3Baiblingen, tDO er fti^
35 mit aibel^eib geb. §uber, Derl^eiratete, — bann Don 1853—1858 afö SDelan in 5lmtts
lingen. $ier erl^ielt er ben SRuf nad^ fiet)))ig, bad 30 ^afyct l^inburc^ ber Bd^aapUäi
feine« Seben« unb SBirfen« loerben foUte. mit bem Slmte eine« ©u))erintenbenten unb
HJaftor« ju ©t. 3^l^omä toar nac^ altem §erfommen eine orbentlic^e ^Profeffur an ber
UniDerfttät Derbunben. äBaren feine ebenfo toarmen toie fd^lic^ten unb Ilaren ^rebigten
40 too^l geeignet, ber ©emeinbe jur @rbauung gu bienen, fo trug bie freunblic^e unb ju«
gleich entfd^iebene 2lrt, in ber er ate (Sj)l^oru« toaltete, nid^t menig gur ^rberung be«
lirc^lid^en SBcfen« in ber immer mcl^r ftd^ auebe^nenben ©ro^ftabt bei. 6benfo eifrig unb
erf))rie^lid^ toar feine SRtttoirlung bei ben SSerl^anblungen ber £anbe«f^nobe unb be« Sanb-
tag«. Sil« SKitglieb ber erfteren gumal l^at er burd^ bie l^armonifd^e Sereinigung Don un-
45 erfd^ütterltc^er ß^arafterfeftigfeit unb mafeDoUer Sefonnen^eit bie lirc^lid^en gntereffen
auf« bcftc Dertreten. 3" f^ner t^eologifd^en unb firc^lic^en ©tellung Derbanb fic^ mit
bem treuen ^eftl^alten an ber geoffenbarten ©c^rifttoal^rl^eit unb bem barauf gegrünbeten
lutl^^erifc^en Sefenntni« eine getoiffe SKilbe unb SBeit^ergigfeit, loie fte i^m Don feiner
SBürttemberger §eimat l^er eigen blieb. 35aju tam eine toa^rl^aft rübrenbe Sefc^^ben«
60 l^eit tmb eine Dorurteit«freie ObjeltiDität be« Urteil« über toiffenfc^aftlicpe unb ))ratttf(^
gragen.
SlH ba« ßrtoä^nte mad^te M nun auc^ in £.« afabemifd^er unb fd^riftfiellerifc^
3^l^ätigfeit geltenb. ^n feinen SSorlefungen bel^anbelte er aufeer ber Äird^engefd^i^fte, bie
fein eigentliche« §au})tfad^ toar, ©^mbolif, Äirc^enrec^t unb Äird^enDerfaffung. ^)aneben
56 crflärte er einzelne Öüd^er be« Si.I«, bcfonber« bie Sllpoftclgefd^id[)te unb ben ^aIobu«brief.
3n betreff ber erftgenannten toar i^m ber 5lac^toci« ber ©laubtoürbigteit eine tDtrllictfe
$erjen«fad^e. 3"^ ßl^arafterifierung feine« ftrd^engefd^id^tlid^en ÄoDeg« fei l^ier onoefü^,
toa« einer feiner 3w^örer in ber einem £ci})jiger 5tird^cnblatte mitgeteilten turjen iceben«*
f^M^ fcejeugt l^at. „2)er 3^*"^^^^ bcfonbercr ^Bercbfamfcit toar il^m Derfagt; )ögemb unb
60 abtoägenb geftaltete er feine fd^lic^tcn©ä$e ; toem e« aber barum )u t^un toar, ein re(^te«
Sed^Ier Sector 337
®<f(^t(i^töbUb )u getDtnncn, ber erlannte, ba^ biefe fd^mudlofe ^arfteQung ben ©egenftanb
crf<^ö})^nb befc^rieb." S*"*"^ behielt ber ^ßrofcffor ate ein toefentlic^e« ©tüd feiner ätuf«
gäbe bie ^eranbUbung lünttiger Wiener ber fiird^e im äluge. äiielen Stubenten erlDie^ er
fvif überbied ald ein böterlid^er ^eunb unb ä3erater, olfo ba^ fte noc^ al^ reife 3Ränner
babon unb t>on ber in feinem $aufe gefunbenen liebeboQen 9lufna][^me gu rühmen miffen. 2Bar 5
bo<^ and) biefed $aud bon d^riftlid^em ©eifte bur(i^n)e^t unb eine Stätte reichen @(ücted.
greUü^- erlitt badfelbe bereite im 2[al[^rel873 burc^ ben Heimgang ber treuen @attin unb
Stuttcr einen tieff(l^mer)Ii(^en äietluft. SSon ben fteben S^öc^tent; bie \\c bem bereinfamten
SBUtoer ^terlie^, ^aben fic^ im Saufe ber S^xt bier an fäc^ftfc^e @eiftlic^e berl[^eiratet.
2)cr 93ater felbft blieb ben Seinigen jur ^eube unb )um @egen noc^ (önger erhalten. 10
3m ^afyct 1883 burfte biefer, bem fc^on borl^er bie äiSürbe eined ®el^. 5lird^enrated ber«
liel^ tDorben toax, unter jol^Ireic^en SSetpeifen ber Siebe unb ^ere^rung fein 25iäl^riged
Snü^iubilaum feiern, ^m ^erbfte be^felben ^affxe^ legte er bad ®pJ^oxal^ unb Pfarramt
ni^er, um bie no6 übrige ^^t unb Jlraft fortan nur noc^ feinem atabemifd^en Serufe
unb litterorifc^en Slrbeiten )u toibmen. 3R\t einer ^rifc^e unb Slüftigteit feltener älrt 16
burfte er barin fortfal^, bi^ er nac^ {urger jtranll^eit am 26. 3)e2ember 1888 fanft
entfi^ttef.
Suger ber früher ertoöl^nten ,,®e|c^ic^te bed englifd^en ^Aimui" ftnb folgenbe größere
SBerte bed ^eimgegonaenen gu berjeid^nen. 1. ©efc^ic^te ber ^re^b^terial» unb S^nobal^
bofoffung feit ber Sieformation (erfd^ienen 1854). 2. ^o^^nne^ bon SBicIif unb bie äSor^ 20
gefj^te ber Steformation in 2 ä3änben bei ^r.^Ieifc^er in £ei)>2ig erfd^ienen (1873), —
eine ooif langjährigen unb grünblic^en ^orfd^ungen berul^enbe Wonogra))l^ie, bie allgemeine
Sbierlennung gefunben unb bie älnregung gu toeiteren ^Arbeiten gegeben l^at. 3)ie barin
niebergdegte Derbienftli^K Stiftung eined l^erborragenben $iftori!erd beranla^te aud^ bie
im ^aifct 1887 erfolgte Ernennung )um SRitgliebe ber 3Rünc^ener äUabemie ber äBiffen» 26
fc^ften. — Überfe|ungen in^ ®ngltjc^e lieferten Sorimer 1878 unb Dr. ©reen 1884.
3. 2)0« o^ofitolifc^e unb nad^a))oftolif(^e Zeitalter (3.^J(ufl. im 33erlag bon Sleutl^er 1885).
4. Set 9li>ofteI ©efd^ic^ten, im SSereine mit ®ero! e^egetifd^, bogmattfc^ unb ^omiletifd^
bearbeitet (4. XufL 9$erl. bon äSel^agen imbJllafing 1881), auc^ in einer englif d^en unb
omerilttnifc^ Slu^abe. so
kleinere toertboQe ^ublitationen fmbj|.9. in ben erften äluf lagen biefer SRealenc^flo-
pobie, in ben Seiträgen ber Säc^f^fcben Jtird^engefd^ic^te unb in ■ mel^reren Uniberfttät^-
Programmen entölten, ^n ber le^teren fmb be^anbelt: Xl^oma^ bon S3rabtoarbina
(1862), — ber Jtirc^enftaat unb bie O))t)ofttion gegen ben ))äi)ftlic^en älbfolutii^mu^ im
«nfang b<« 14. Sa^r^unbert« (1870), Sflat)erci unb Gl^riftentum, in 2 Seilen (1877 86
unb 1878), — Urhinbenfunbe bed c^riftlic^^en ältertum«, cbenfaU« in 2 Seilen (1885,
1886). eifi nad^ bem Sobe bed SSerfafferö erfc^icn ate 9lr. 28 ber Schriften bc^ herein«
für 9teformation^ef((^id^te ein Sebenebilb bon Siol^Anned $ud, beffen ^JJlanuffript ber un^
ennübli(^ ®reid unmittelbar bor feiner legten jtranf^eit fertig gefteQt l^atte. (Sine bö^^
mtf(^ Überfe^ung ift im ^ial^re 1891 nachgefolgt. ^f^. %idtx. 40
8e ©m f. Clericu« «b IV ©.179.
Sectiomrinm, Sectiotteti f. $eriIot>en.
£cct0r« — Ä. ^rnacf, Ucbcr ben Uifprung beS Seftorat« unb ber anbeten niebercn
Qet^n = XU II 5 8. 57 ff. 3)ic ältere Sitteratur ift bort onflCflcbcn. — gr-SBicIonb, ^ic
(lenetifdK dntnidiung ber fog. ordinee minores in ben brei erften Sa^r^unberten. 9^om 1892 46
(= 9iOS @ttpplement^eft 7) ift im einzelnen gefd)icft, in ber ^auptfa^e oerfct^U.
3n bot <^fUi(^en ©ottedbienften na^m bie äSerlefung ber ^eiligen @d^rtften bon
Xnfong an einen breiten Slaum ein;'fie toar lange 3eit bad einzige, ober boc^ ba^ f}aupU
fäc^Iic^ äRittcI, ber ®emeinbe Sibeltenntnid ju bermitteln. ^ie Slu^toa^l eine^ SL^orlefer^
iDor haifa eined ber bringenbften (Srforbemiffe bei ber @rünbung einer ©emeinbe. ^a 60
fu^ UA S^ftcntum in ben beiben erften ^a^r^unberten befonber^ unter ben ärmeren
iOoffcn ausbreitete, unb bie ©emeinben ^äufig fe^r Hein toaren, toirb e^ nic^t immer
leicht getoefen fein, jemanben gu finben, ber bie, ol^ne äBortabteilung gef4)riebenen, (^eiligen
9u4^ flüffig )u lefen unb gut bor^utracjcn berftanb; unb e^ ift ^u oermuten, bag, toer
bad einmal übernommen b<^tte, bie ^^ätigteit regelmäßig aueübte, bi^ er ci);üa burc^ einen 65
gareren erfe|t iDurbe. 3Jlan nannte i^n in ber älteften ^<\t dvayivojoxwv (*iD2t24, 15
unb ^Jor.; apf 1, 3; II Clem. 19, l; Justin. Apol. I, 67), fpäter dvayvioartjg, in
338 Srctor
ber Äirc^c latetnifd^cr ©})rac^c lector. ©eine Unentbel^rlic^feit unb ba« fletotffe HRaJ
Ktterarifci^er 93tlbung fieberte tl^m eine angefel^ene Stellung in bec @emetnbe, unb ed ergab
ftc^ Don felbft, ba^ er öfter auc^ gut äludlegung ber berlefenen ©d^riftabf^nitte bod SBort
ergriff, jumal bie ^rebigt in ber ölteften ^Ät no(^ nid^t an ein 3[mt gebunben toar. @o
6 ift ber fogenannte jtDeite Slemen^bricf eine bon einem Sector berfagte unb im ©otte^enfl
t)erlefene ^rebigt (bgl. 19, 1). 3)ur(i^ feine SBirtfam{eit im ©otte^ienft !am ber Sector
nid^t unter bie geh)äl^Iten Beamten ber ®emeinbe, bie Sif^öfe (^re^b^ter) unb ^iotonen
)u ftel^en, Dielmel^r unter bie geifte^begabten $du))ter ber Jtin^e, bie $ro))l^eten unb @ban«
geliften, toelc^e bie Seitung ber ©otte^bienfte, too möglid^, in ber $anb ^K^tten. ©ein
10 Seruf galt toeniger aU älmt, tvk atö Sl^aridma. ^n einigen fe^ c^alteriftifc^en %x^
rungen ber RDD, toenn auc^ ft)äterer ^üt, tritt bie l^o^e iiBörbe bed Sector^ nodj^ ^erbor.
3n ber 9l})oftolifd^en AD c» 19 loirb gefagt, Sxi evayyeXiaxov tötiov IgyäCezai; bog
ffiei^egebet ber 2l})oftoItfc^en Äonftitutionen VIII 22 bittet ®ott: dög airtp TtvevfM
äyiov, TiQoqrrjTixöv ; bie Statuta ecdesiae antiqua c. 8 bemerlen bon bem fünftigen
16 Sector : habiturus paiiiem cum eis qui verbum Dei ministraverint ; unb (Spipfytf
niud tritt biefer äuffaffung entgegen mit ben SQSorten: xal yäg ovx firnv leQevg 6
ävayivcooxwv, äkX^ (bg yQafXfjLoxevg xov X6yov (De fide 21, MSG 42, 824). —
92a4 bem @rlöfc^en bed @eifted unb ber (Sntftel^ung be^ monard^ifd^en @))tfIo)>atd tourbe
ber Sectorat ein ©emeinbeamt, gunäd^ft ein angefe^ened, ba ed aOein ndben benen bfd
»Sifc^of«, ber $re«b^ter, 3)iofonen unb Söittoen beftonb (3H)oft.ÄO; ©^rifc^^c ©iba^dio;
S^ertuDian, De praescr. haer. 41). ®ie 3"f^^f* ^^ Favor lector in ber Äotalombe
©. älgnefe bei ^om, bie nod^ bem }h)eiten S^'^^'^- angel^ören h)irb (be Slofft, Bullettino
di archeol. crist. 1871, 32 f.) ift auffaDenb o})uIent — 3)ie toeitere Snttoidtelung ber
SSerfaffung in ber Iatl[^olifd^en Jtirc^e n>ar bemXnfel^en be^ Sectoratd ungünftig. ©d^on bei
26 ber ©c^eibung }h)ifd^en 5{Ierud unb Saien tourbe ber Sector junäc^ft )u lederen gerettet,
feit bem britten ^iöi^^^unbert ju ben erft bamate gefd^affenen Clerici minores. SBie fe^
er bamit l^erabgefe^t tourbe, fielet man, toenn man ertoägt, bag er ben Wienern unb S^^ör»
lautem, fotoie ben berufsmäßigen ^ämonenbefd^toörem gleic^efteSt tourbe, unb unter i^en
gar ben jtoeitlelten $Ia^ befam. ^ie ©emeinben toaren größter getoorben unb ^en
30 ftd^ gerabe unter ben ©eoilbeten ausgebreitet, fo baß bie ^ertigleit im SSorlefen vxi^i me^
als ettoaS 93efonbereS angefe^en tourbe (nad^ ber SSöIIertoanberung tourben bie elementaren
Äenntniffe loicber feiten unb infolgebeffen l^ö^er tariert; bgl. Isidor. Hisp. De div.off.
II 8). 3!)ie Seitung ber ©otteSbienfte, unb fj)ejieK bie $rebigt, gel^örte gu ben Steckten
beS SBifc^ofS unb ber ^reSb^ter. 3)a red^nete man bie SSerlefung ber 1^1. ©elften )u
86 ben mcd^anifc^en 3)ienftcn, bie t)on ben nieberen Äirc^enbienem boUjogen hmrbeit 3«
Girta gab cS im 3a^re 303 neben 4 ^ßreSb^tern, 3 SJiafonen unb 4 ©ubbialonen : 7 See«
toren(Gesta apud Zenophilum bei Optatus CSEL 26, 187 ff.). SBenn fu^ ebenbort
bie 1^1. ©c^riften in ben ^rit)atn)o^nungen ber Sectoren berteilt finben, fo 1^ man mit
Unrecht barauS gefc^lof[en, baß auc^ fonft unb allgemein bie Sufbetoal^ng ber SobiceS
40 jum ^mte ber Sectoren gehört l^ätte. üRan ^atte fie il^nen nur jur ©ic^erl^eit toa^renb
ber S[$erfolgung übergeben. 2)er getoöl^nlid^e Slufbetoal^rungSort toar bie bibliotheca ber
Sirene; bort fud^t bie Sc^örbe juerft, finbet aber beren armaria leer (a. a. D. 187, 15).
SBie bie anbcrcn ordines minores, tourbe ber Sector nic^t feierlid^ orbiniert, fonbem ein«
gefegt; ben SRituS geben bie Canones Hippolyti VII § 48, bie ägVt>tifc^ ÄO c. 35
45 (betbc XU VI, 4 ©. 70), bie Statuta ecclesiae antiqua c. 8 an : ed mürbe i^^m ber
^obej übcncic^t; für bie Äirc^en be^ Oriente tgl. ©enjinger, Ritus Orientalium II
2 ff. 06 f. 78 f. Hoff. 227. 262. 279; toenn f})äter bem Sector bie ^anbouflegung }U
teil tourbe (bgl. aui^ 2H)oft. Äonft. VIII, 22, 1), fo bebeutete ba« leine Stongei^unfl.
S)ic §eirat toar i^m erlaubt (Can. apost. 26; 3tj)oft. Äonft. VI, 17, 2). ©eine litur»
60 gifc^en Sefugniffe tourben immer me^r eingefc^ränft unb berloren an Sebeutimg (Hippo
a. 393 c. 1; Carthago III a. 397 c. 4); fclbft ba« JRec^t borjulefen tourbt i^m be»
fc^nitten: feit bem 4. ^al^r^unbert ift bie Sefung be« (Stoangelium« bem Diatonen begto.
5Pre«bVter refett^iert (ügl. apoft. Äonft. II, 57, 5 unb bie Siturgien, a. 8. bd JJoniel
Codex liturgicus Sb IV; ©ogomenu« h. e. VII, 19, 6 i&uffel^). aJcan ließ bo^ in
65 loeiten «reifen ber Äirc^e Sinber (bgl. Siricius a. 385 MSL 56, 560 : Victor Vitensis
III 34 ^etfc^entg; anbere )Set{))tcle bei Säingl^am Origines II, 84 f.), in äOesonbricn
fclbft Äatcc^umenen jum Sectorat ju (©ofrate« h. e. V 22, 49 ßuffei?); ^^uflinian, No-
vella 123, 13 fuc^te bicfem SRt^anb gu fteuem, inbem er ba« acptge^e ^oi^ ob untecße
3llter«gren)e feftfe^te. 2)amal« toar bie Slnjal^l ber Sectoren bei ben großen Jlirc^ fei^
Go angeioad^fen. Nov. 3 toiQ nic^t me^r al« 110 bei ber „großen ftirdjie" in Aonfiaiitino|)el
Sector £eettl|of 339
aepel^en, eine Sa% bie aber 6alb barauf auf 160 antouc^« (MSG 104, 556). 3n
uiAemä toaren gur felben 3«it 20. 3Ran erftel^t barau« femer, bafe in f))äterer Rrit
e iBectoren, toie auc^ fonft bie Äleriler in ben größeren ©täbten, ben einzelnen Äir^en
geteilt 'tooren. Slömifc^e 3njd5^riften nennen einen Sector t)om SScIabrum (Marangoni,
5ta Victorini p. 130) unb einen anberen a. 384 bon ^ßubeniiana (be SRolp, Inscr. I 5
847). — 933ie ober leine fönttoicfelungöftufc öorübenuge^en tjflegt, ol^ne SRubimente ju
«kriaffen, fo ift bem Sectorat in f))äterer 3«it nod^ ^ie unb ba anjufeben, ba^ e« einft
009 anbere^ in ber Äirc^e bebeutete ate bie borleftte ©))roffe auf ber tlerifolen Stufen»
Icr. 3" bw äjjoftoüfc^en ÄD c. 19 fielet ber Sector t)or bem3)iafon, in benCanones
Ippolyti, ber SgV))tifc^en ÄO (bcibe %\1 VI 4 ©. 70) unb bem Testamentum Jesu lo
tirißti I 23 (Rahmani ©. 37. 47) t)or bem ©ubbiafon. ®ie Canones Hippolyti
o. D. verlangen bon bem Sector biefelbe Dualifitation h)ie t)on bem 3)iaIon ; ein SRufuö
t bodttfc^en X^eben ift jugletc^ älnagnoft unb 3)iafon (Inscr. Graeciae septentr. I
;92), ebenfo rtetteic^t ber SKärt^rer ^vüpM in Gatana a. 304 (Sluinart ' 437 ff.). Q\)pxx<m
tteniit einige Jtonfefforen, bie er befonber^ au^geic^nen tvxü, ju Sectoren unD befigniert i6
: ^leicJ^ ju ^redb^tem (ep. 39, 5; bgl. Vaison II. a. 539 c. 1). 3Rit ber ßeit ber^
itoinbet biefe Erinnerung, unb ber Sectorat h)irb immer md)x aU bie gtoeitle^te be^h).
n JDrient) Ie§te ©tufe be^ ftleru« angefel^en. ^n ber Iatl(^oHjd^en itird^e ejiftiert ber
-do nur no<i^ ol^ ^orm ; ben Stitud |. im Pontificale Romanum. 3)ad Tridentinum
23 de reform. c. 17 toottte 'xl)n toieber^erfteüen. — Stielet immer ftnb unter Sectorenao
e derici minores ju berfte^en. 3^ ß^riand geit ftanben in ßartl^ago lectores doc-
»mm andientinm ben presbyteri doctores jur ©eite beim Jtate^umenenuntcrrid^t
p. 29). „3m SKittelolter l^tefeen lectores aud^ bie fie^rer an Drben^fc^ulen, lectores
ignitarii Seamte an ^ati^ebrallirc^en, (Deiche bie fämttic^en Jllofterleftionen ju regeln
ittcn, unb lectores mensae bie bei 2:ifd^ in Itlöftem unb geiftlic^en ©enoffenfci^aften 36
Mflierenben Sorlefer" {%. 9?i|fc^ in ber 2. »ufl. biefer 9lg.); über eine ö^nlid^e ein=
:^hmg im ^roteftantidmud bgl. @. 9. (Stfenfd^mib, ©efc^. ber ^ird^enbiener I. @rfurt
m. ©. 86. «. «djell«.
2ee^ «• f. ©I^aler«.
2tc, JJcffe f. aRetl^obi^mu« in ämerila. bo
£ctll4of, greberil Dan, geft. 1712. — ®. g. Scnidien. Historia Spinozismi Leen-
ifiani, Läpe. 1707; Ypey en Dermout, Geschicdenis der Ned. Ilerv. Kerk III, 240 enz
cfonberd bie j^aoteekeningen") ; 6. 3- ^ieft fiorflion, De Nederl. Herv. Kerk in Friesland
dert hare vestiging tot het jaar 1795, Gron. 1848, blz. 210—223-, fi. %. x>an fiangcraab,
e Ned.Ambas8ade-Kapel teParijs, 2dln. 's Grav. 1893. 94, I, 238—245 (wo aud^ roeilcrc 86
itferafur unb CueÜen ^n finben ftnb).
gt&erit ban Seenl^of tourbe im Sluguft 1647 in ÜRibbelburg geboren, ©c^on im
anuar 1668 tourbe er jiräparatoir examiniert, unb im 3"^ 1670 erl^ielt er eine $farrs
Ae an ber flamifc^^en ©emeinbe in SlbbeöiUe in ber $icarbic. 35er traurige 3wftönb
X ©emetnbe, burc^ ben il^ völliger Untergang einzutreten brol^te, t)erurfad(;te, ba^ er 40
)m im folgenben ^a\)x um feine ßntlaffung bat. ^m iJcjembcr 1672 tourbe er nad^
fcitlDt>Uet berufen. $ier lourben fd^on bann unb loann Sebcnfen gegen feine Seigre laut,
m benen er \x6) h)o|l gu reinigen toufete, loa« aber boc^ gur §oIge ^atte, bafe bie
laBsis toon SBald^eren t^n t)or Steuerungen toamte. ^n ben ^al^ren 1678 unb 1679
CK er ^Prebiger bei ber aufeerorbentlic^en ©cfanbtfc^aft ber ©eneralftaaten am §ofe £ub- 45
ig^ XIV., unb nac^bem er im le^tgenanntcn ^al)xt ^um §of))rebiger ber SUbertina Signet
noimt toorben toor, ber JBittoe beö frierifc^en Statthalter«, bie fid^ mit i^rem öofftaat
i J><utfc(^Ianb befanb, lehrte er in fein SSaterlanb jurücf unb tourbe 1680 ^rebiger in
«ben unb 1681 in ßtooDe. $ter traf il^n ba« 3Mi|gef(^icf, ba« feinen 9lamen in ber
leß^te ber nieberlänbifd^en reformierten ^xxd^c be!annt gemacht ^at. so
San Seen^of toar ein cartefianifc^er Gocccjaner. 33et)or ber ©türm ber Verfolgung
sgpi i^ fu^ er^^ob, l^atte er fc^on in t)erfci^iebenen ©c^riftcn ben 93ett)ei« feiner cocce=
nifi^ ©efmnung geliefert. Sefannt ftnb t)or allem fein „Kort onderwijs in de
ir. religie volgens d'ordre van de H. Schrift" (4'^*^ druk, Middelburg 1680),
De keten der bijbelsehe godgeleerdheid" (2 dln., Middelburg 1678) unb „De 66
Best en conscientie des menschen in haar eygen wezen en werkingen een-
mdigüjk verklaart" (3^" druk, Amst. 1683) unb anbcre.
22*
340 Seeit^of Segaten ttttb Shtntieti
Qm 3a^rc 1703 gab er in 3h)oDc eine ©c^rift l^erau« mit bem litel „Den Hemel op
aarden; of een körte en klaare beschrijving van de waare en stantvastige
blydschap". SDer ^to^ biefer ©c^rift tüor bie S3eläm))fun0 berjcnigen, bie in einem
franll^aften SCrübfmn ba« Äcnngeic^en be« ßl^riftentum« fuc^ten. dagegen toerfid^erte ban
öSeenl^of: „De wäre godsdienst moet den mensch opleiden tot een rein genot
van waar geluk en in het uitzieht op zulk een genot tot wäre en zuivere
blydschap/' Dbfc^on biefed SBerl fitd^lid^ a))^robiert h)orben tpar, fanb e$ bod^ bei Dielen,
fotDo^I bei nic^t carteftanifc^en Soccejanem al^ aa6^ bei 33oettanem, l^eftigen SBiberf^c^.
3)ie SKeinung, ein SKenfc^ fönne immer fröJ^Ud^ unb l^eiter fein, jelbft beim grölen 3Ri|*
10 gefc^id, unb aI[o ben ^immel auf @rben genießen, erregte älnfto^. 3Rm befc^ulbigte
ban Seen^of be« ©t)inogi«mug unb i&attemi«mu^ (f. b. ä. §attem 33b VII ©. 475). 9Rit
mei^r ober Weniger §eftigfeit tourbe er befämjjft t)on ben ^ßrebigem glor. S3omblc (ämfia^
bam), ^0^, Gre^g^ton (Jyraneler), ^o\). b'Dutrein (3)orbreci^t), ^cltic. S3urman (6nf^uigen)
unb ben 5ßrofefforen %. §. Dan ben §onert (Seiben) unb SKelc^ior Sei^beller (Utrecht).
16 SSan Seen^of toax ftd^ betDu^t, {eine ite^ei berlünbigt gu l^oben unb tötest mit 9tec^t jebe
93efd^ulbigung t)on ©l^inoji^mu« jurüdf. aJlel^rmafe bezeugte er feine botte Übereinftinunung
mit ber !ßel(^re ber Äird^e. ®er äBibcrftanb, ben fein SOäerf gefunben l^atte, »craniale i^^,
im ^af}x^ 1704 eine naivere Srtlärung gu beröffentlic^en in bemäBerfe „Den hemel op
aarden, opgehelderd van de nevelen van misverstand en vooroordeelen''
20(3h)olIe 1704). 9[ud^ bicfe ©c^rift erfd^ien mit firc^lic^er 9l))))robation unb tuar h>ürbig unb
ni^ig gefd^rieben. @^ ift unmöglid^, f)m ade ©d|^riften ju nennen, bie mit Se^ug l^ierauf
berö^entlid^t tDurben. SDie gan^e Jtird^e f^ien in SSertoirrung ^u geraten, ©eine getnbe
fc^alten i^n, unb feine ^eunbe fc^abeten il^m burd^ il^re ungefd|^idte SSerteibigung me^,
ate ba^ fte i^m nü^ten. 33alb jeboc^ mürbe au^ bem tl^eologifc^en ^i0))ut ein tir(^Ii(^
26 ^roje^berfal^ren gemad^t. S^ie ©^noben bon Ütorbl^ollanb, ©üb^oUanb unb ^edlanb
traten aüti, tpad [ie tonnten, um ban Seenl^of gu berte^ern unb aud ber itird^e au^u«
fd^lie^en. 3)ie ©taaten bon ^oQanb unb SÖSeftfriedlanb berboten ben äSerlmtf feiner
©c^^riften. 6nblid^ fe^tc il^n bie ©^nobc bon Dber^ffel, unter beren Sleffort er gehörte,
im 2lal^re 1708 ab. ^ber je^t fanb ber unred|^tmä^ig t)erurteilie 3Jiann Unterftü^ung.
80 2)a« Äonfiftorium unb ber ^agiftrat bon 3*^*^^^ j*^^'^ ^i^ ©taaten toon Dber^ffä er«
griffen Partei für i^n. ©ie erlannten bie ©efefcmäfeigleit feiner älbfe^ung nid^t an unb
betrachteten i^n aud? ioeiter ate ^rebiger. 6nblid^ legte \>an Seenl^of, um ben grieben
gu erhalten, freiwillig fein Slmt nieber (1. ^^n. 1711) unb im folgenben 3^^^ f^'^^ ^•
Sänge 3^i^ f^i^r man nod|^ auf ben nieberlänbifc^en ©^noben fort, bor bem Seen^
86 l^obiani^mu^ ju toamcn, obfc^on ei8 cigcntlid^ feine Seenl^oöianer gab, ba e^ nie in ber
Slbfic^t bon t)an Seenl^of gelegen ^atte, eine bcfonbere ?ßartei ju grünben. 3)oc^ l^atte er,
t)or allem unter ben Slngefel^eneren unb ©ebilbeteren biele, bie i^n l^oc^ad^teten. 3Bel4^ grims
migen §a^ man gegen i^n ^egte, ge^t auö ber H^atfad|^e l^erbor, ba^ %. ©joerb^ (Ge-
schiedenissen der Kerk des N. T. Leeuw. 1759, 2^®druk 1771 blz. 657, 659)
40 i^n ein „ondier", ein „heilloos Atheistisch wanschepsel" nennt. 3)a^ ©ebeimnid
ber SJerfolgung ban £ecnl(^ofö lag barin, bafe er (Sarteftaner toar unb bon ber Sieligion
eine toeitere, milbere unb l[^eiterere äluffaffung l^atte, al^ man ed in feinen ^gen ertragen
fonnte. ®* t>* tiam See«.
2e ^ht>xt f. gaber ©ta))ulenfi^ Sb V ©. 714.
46 lliegoten unb Slunticu ber römifd^en Äird^e. — Sittcratur: Petr. de Marca
de concord. sacerdotii et imperii IIb. 5, c. 19 sqq.; X^omafftn, Vetus ac nova discipL eccL
P. 1, lib. 2, c. 107 sq., 117sq.; $)iftor. canon. ^tbl)anbl. Don b. ficgatcn unb 9?untien 1786;
äJtnterim, SDenftuürbigteiten, %L 'd, @. 162 fg.; ^J^iUipö, Äir^enrcdjt, 6, 684f.; ^inf^iu»,
^Qttiol. Äircl)enrecf)t, 1, 498 f.; ». Scöulte, 5)ie etenung ber Äonjilicn. ^äpfte unb «ifdjöfe,
60 $rgg 1871, 6. 64 ff.; Tractatus de officio atque auctoritate legati de latere per Petr. Andr.
Gambarum iu X. libros digestus, denuo ab Augustino Ferentillo recognitus. Venetiis
1571, fol.; S. F. de Ja Torre, De auctoritate, gradu et terminis legati a latere, Eom.
1656, 4«; ÖJQbr. ^äagcnfeil, Diss. de legato a latere, ?Utborf 1696, 4^.
Slbgefaubte be^ römifc^en Sifc^ofö finben ftc^ ate beffen Vertreter auf ben öbimern«
66 fdl^en ©l;nobcn bc^ Dricnt^^ mit 3luöfc^(u$ ber 5. (553 ju Äonftantino))el)r i^abcn aber to^cr
ben eigentlichen 9?orfi^ auf benfclbcn gehabt, noc^ eine toirflid^ ma^gebenbe ©tdlung ein»
genommen. 3)ie®rö6e t^re^ (Sinfluffeö fte^t im engften 3ufammcn^ange mit ber©teBung,
h)clc^e ber römtfc^e 33ifc^of überl^aupt jur 3cit, inebcfonbere gegenüber bem 5laifer ein»
Segatett ttttb 9Itttttteti 341
no^. ^tefe 9lB()efanbten ftnb aber l)telfad^ jugletd^ feiere ber römifd^en @^noben, l)et>
treten bol^ bic römtfd^c Ätrc^e. 3lzbm bicfen Scgaten für einen bcfttmmten 3*^^* l^atten
We ^üäjjfte feit Seo I. (440—461) iebenfatt« bi« an« ©nbe be« 7. ^a^r^unbert« ßerabefo
tone bie übrigen ^atriard^en ftänbige SSertreter beim $ofe, tDeld^e apocrisiaril, an6^
responsales l^ie^en (Nov. Just. 6, c. 2). SJiefe Vertraten ba« S'^^^^^ t>^ $äj)fte 6
beim Jtaifer, )>ermtttelten, beaufftd^tigten, l^atten aber {einerlei Slegierung^red^te im f))äteren
Siime. 5)ie Äonone« Don ©arbila (343) f)atittt bem ^Q!p\k eine l^öl^ere Suri^biftion
juge^iK^en, n>elc^e in ber Jlonftitution S^alentiniand III. \)on 445 ftaatlic^erfeitd boD
anertannt tourbe bid jur tird^lic^en Dber^o^eit. ^arin kg ber @runb, ba^ bie $ät)fte
t>cm @n^e bed 4. ^apr^nbert^ an einzelnen Sifd^öfen (). S. bem bon ^l^effalonic^ unb lo
Sricd) bie ^onb^abung biefer ^uri^btftton ftönbig übertruaen, fte mürben bejeid^net aU
vicarii apostolici. Sieben il^nen erfc^etnen and^ in ben folgenben ^al^rl^unberten t^öt^ft^:
Iti^ äCbgefanbte ju einzelnen ©efd^äften (@ntfd^eibungen u. bgl.), nid^t minber aud^ folc^e
ftt SSomoJ^e ))oHtifd^er 9lngelegenl(^eiten (fte^e Liber pontific. vita Zachariae [ed.
Fabrot 2, 75], vita St^phani III, p. 81, Steph. IV, p. 99 u. a.). ©ie toerben i6
balb fd^Iec^ttoeg old missi, missi apostolicae sedis, legati bejetcbnet, auc^ legati
aedis apostolicae unb ganj t)erein}elt e latere. 33on felb^ ergab fxq, bag bie pä!p\U
üifm Segoten eine h)efentlic^ bebeutenbere Stellung erl^alten mußten, feit ©regord VII.
X^rie \)(m ber Stellung bed $a))fttumd felber )ur ©eltung !am, unb jene Segaten SSer-
tretet ber nunmel^r bemfelben l)inbi}ierten üKa^tbefugnifle tourben: \oa^ $a))ft ®regor2o
ben Sifc^dfen gegenüber baburc^ ju formeller 3(ner{ennung brachte, ba^ er fte in il^rem
Sc^en^ibe aulbrüdlic^ t)erf))red^en lie^: Legatum Romanum eundo et redeundo
honorifice tractabo et in neccessitatibus adjuvabo (Saff6, Monumenta Gregor.
p. 355, Ep. rv, 17). ®iefe^ 2Jerf})redS>en ift im Sifd^ofdeibe bi« l^eute entl^alten ge=
Hieben, dni^pttä^mh biefem Umfc^tounge finben ftd^ l)on $a))ft @regor an bie Segaten 26
häufiger, toerben je^t gelegentlid^ auc^ für gan^e Sänber bet)olImä(^tigt, erl^alten burd^
ihre SoOmo^^ten nid^t blo| überl^au))t größere ©etpalt, fonbem aud^ bie, 9{amend becl
^o^^fted mit ben Sifc^öfen ald Orbinarien m lonhirrieren; enblid^ beginnt @regor VII.
juerfl einen Unterfd^ieb pi mad^en )h)ifd|^en Segaten, benen er einzelne beftimmte (aliquam
k^tionem) unb fold^en, benen er umfaffenbe Slufträge giebt (vicem suam indiüget). so
(gine feflere ©eflalt unb ©^ftematif gewinnen biefe Ser^öltntffe, h)ie bie burd^
®tegor VII. angeregte Sntlpitfelung über^au))t, erft im ^etretalenrec^te. @d^on bie
Compilatio I tyit einen eigenen SCitel de officio et potestate iudicis delegati (1,21)
m^ einen de officio legati (I, 22) h)orauf ber de off. et pot. praelati et iudicis
ordinarii (I, 23) folgt. (Sbenfo in ber Comp. II (Xitel I, 12, 13, 14). 9lur lautet S6
bo lefttere fd^Ied^tlpeg de officio iudicis ordinarii, genau n)ie in ber Comp. II fmb
bie Irtel in ber Comp. III (I, 18, 19, 20), bie IV. unb V. ^aben ben SCitel de officio
legati ni(^t, toeil lein neuer Stoff für il^n borlag. ^ie 3)efretaten ©regord IX. I^aben
bie brei 2:itel gerabefo toie bie II. unb III. in I, 29, 30 de off. legati, 31. @rft burc^
S)dretalen (Sregord IX. (c. 8. X. de off. leg. unb c. 20 X. de sent. excom. V, 39) 40
tmixbe fd[^ ber Unterfc^t^ ber legati e latere l)on anberen beftimmt, feit biefer 3^t
bmn man olfo fheng brei Jtlaffen unterfd^eiben. ^abei ift überflüfftg, auf bie für eine
einzelne Sac^e abgeorbneten, bie delegati, judices delegati, nä^er ein^uge^en, bie
in ber ®eric^t«barfeit (f. Äirc^lic^e ®erid^t«bar!ett 83b VI ©. 585) il^re ©tette finben. 2)ie
brei JOaffen ber Segaten ftnb bie folgenben. 45
1. Natus l^ei^ ber Segat, fobalb bie Stellung für immer an einen beftimmten ßrj«
Bifc^Dfdfi^ getnü)>ft ifi ©eine SRed^te toaren anfangt im ganjen btefelben, meiere pöHß^U
lid^ Segaten überl^au))t befi^en. ^aju gehörte l)or5ügli(^ tonhtrrierenbe ©eric^t^barfeit
mit oflen Stfc^öfen innerl^lb ber Airc^enf^robing : benn bie ^luridbtltion ber geborenen
Segaten ^ ben Spalter ber jurisdictio ordinaria (f. b. ^. itirc^Kd^e ©ertd^t^barleit 50
StoV®. 591,60), fie erfc^einen ate ordinarii ordinariorum unb fönnen fd^on in erfter
Snfitan) eine ©ntfd^eibung treffen, fobalb fic^ bic Parteien mit Sefd^toerben an fie toenben
(f. c. 1. X. h. t. Derb. c. 2 eod. in VI), ©ctt bem 16. JjßiS^r^wnbert erfolgten tnbcffen
9ef(^an{ungen, unb ba überbie^ ber legatus natus, ebenfo mie ieber anbere älbgeorbnete
befonbere ^^äultäten bebarf, auc^ bei ber 3(nn)efenl)eit eine^ legatus a latere eine ©u^s 5.5
penftim bcrfelben eintritt (c. 8. X. h. t. Gregor. IX.), fo baf ber 3)lctro})olit [xd) ntc^t
einmal bad Areu} bortragen laffen barf (c. 28. X. de privilegiis V. 33. Innocent. III.
in c. 5. Conc. Lateran, a. 1215), fo fc^toanb bie 3Rad&t be^ legatus natus faft
^finjjRd^ unb ed blieb eigentltd^ nur ber @l^rentitel (m. f. ©d;ott. De legatis natis,
»amberg 1788, 4^ t). ©artori, ©eiftKd^e« unb loeltlic^e^ latl^olifc^c^ ©taat^recbt, 33b I,6i
342 £egateit mh 9Ittittien
11. I, aiümberfl 1788, ©. 266 f.). ai« legatus natus bcjctc^nct fid^ anäf ber Äönig
l)on Ungarn. @. barüber bie Sitteratur bei ^infd^iud a. a. 0. @. 518, t)or aOem ober
noi^m ber 5t5nig l)on SigiUen ba^ SRed^t ctneS Segoten in 3(nf))ru(l^, bal^er bie fog. Mo-
narchia Sicula. 3)arüber abf(^lte|enb ^.@enti^, 3)ie Monarchia Sicula, ^eib. 1869.
6 2. Legati missi nad^ bem @))ra^9ebrau(i^e beS 3)efretalenred^ted, bidU>eiIen bo
Sd^riftfteQern be^ 13. ^i^^^unbertd, bann im 14. oft in ben ))ä))fttic(^en Briefen, \paifx
regelmäßig bejeid^net ol^ nuncii apostolici, SSoQjie^er ber i)äi)ftlid^en auftrage na(^
bem il^nen gegebenen SRanbate. ^m allgemeinen befi^en fte für ben ^nen jugeu>iefenen
@))renget eine orbentlid^e ©erid^töbarleit mit bem Siedete ber Delegation, bi^ jum 16. ^c^
10 l^unbert aud^ Äonlurreng neben ben Drbinarien. Um über getDijfe Sieferbatfcme entfc^eiben
m bürfen, ift für fte ein mandatum speciale erforberli(|, toä^renb bie getDd^nlic^
Sleferöationen i^nen generaliter juftel(^en (f. bie ßitate sub 3). ©ie bürfen ^nbulgen^en
öon mel^r ald l^unbert 3^agen, aber nid^t über ein ganje^ ^oi}x, erteilen (Ferraris, Biblio-
theca canonica s. v. legatus nro. 46). @te ^aben 9rnft)rud^ auf ^rohtrationen, t)on
löberen @ntrid^tung nur biejenigen Drbinarien frei ftnb, toeld^en barüber ein befonbertd
))ä))ftlic^e^ $rit)ilegium erteilt ift, toäl^renb fonft burc^ {eine SSeriöl^ng eine folc^ Se^
freiung erlangt toerben lann (c. 11. X. de praeseriptionibus [11.26.] Innocent. III.
a. 1199). 3" t^^ 3i"P9wi^ ber 3luntien gel^ören rote Äleibung, ein toeiße^ Stoß, txr*
gotbete S))oren (Oonjalej 3^elleg jum c. 1. X. h. t. nro. 6).
20 3. Legati a latere, l)on ber Seite bed ^at>fted abgefenbete Segaten, collaterales, late-
rales, b. 1^. itarbinäle. Diefe erfd^einen ald toirflid^eSle^räfentanten bed $a))fted unb auf fte be>
}iel^en ftd^ bie mannigfad^en l^5c|ften $rärogatil)e, beren bie 3)efretalen gebenlen. gl^re aO<
gemeine SSoQmad^t : Nostra vice, quae corrigenda sunt corrlgat, quae statuenda oon-
stituat« (Gregor. VII. Epist. lib. IV. ep. 26). „Cui nos vices nostras commisimus,
25 ut juxta verbum propheticum evellat et destruat, aedilicet et plantet, quae se-
cundum Deum evellenda et destruenda necnon aedifieanda cognoverit et plan-
tanda. (Innoc. III. Epist. lib. XVI. ep. 104). Dad äSorbilb t)on Senatoren, n>el4e bie
jtatfer ald Segaten abfenbeten (f. c. 8. G. ad L. Julian, majestatis [IX. 5] Arcad.
et Honor. a. 397, in c. 22. G. VI. qu. I.) fd^toebte babei ben ^&p\im t)Ot, unb
80 in biefem @inne erilärte (Element IV. : „Legatos, quibus in certis provinciis com-
mittitur legationis officium, ut ibidem evellant et dissipent, aedificent atque
plantent, provinciarum sibi commissarum ad instar proconsulum ceteroromque
praesidum, quibus certae sunt decretae provinciae moderandae, ordlnarios
reputantes, praesenti declaramus edicto, commissum tibi a praedecessore
36 nostro legationis officium nequaquam per ipsius obitum expirasse'' (c. 2. h. t
in VI.). 3tad) bem 9ied^t ber 3)e{retalen gebül^rt il^nen in ber ^robinj eine jurisdictio
ordinaria, fraft beren fte alle Stutorität ber Sijd^öfe fugjjenbieren lonnten. ®iefc Siirig*
bittion umfaßt aud^ bie ^öc^ften §Re{ert)attonen, fo ba^ bie Segaten unter (utberen baiS
älbfolution^rec^t ber toegen Rötung eine^ 5tleriferd @£lommuni}ierten beft|en tmb gtoor
4ofelbft aufeer^alb il^rer ^ßrobinj für jeben, ber fid^ an fie toenbet (c. 4. 9. X. h.t., e.20.
X. de sententia excommunicat. V. 39). ^en ßarbina^Segaten ift geftattet, Sene»
fixten ür^lic^en $atronatd )u l)ergeben unb ftd^ biefelben fdbon t)or eingetretener äSalon)
gu referbieren (c. 6. X. h. t. c. 28. X. de jure patronatus III, 38, t)gl. c. 1. h. t.
in VI^ 93cifj)iele unb barüber entftanbene ©treitigleiten loeift I^omafftn P. II. lib. I.
46 cap. LH. nac^). ©^ ftel^t il^nen auc^ ju, bie SBai^len ber (Srjbifd^öfe, Sifd^öfe unb ber
6jem})ten ju beftätigen (c. 36. § 1 de electione in VI° [I, 6.]), überlSKni))t auc^ über
©Eemjjte ju erfennen (c. 1. de V. S. in VI^ [V, 12J Innocent. IV.) unb }u genel^
migen, bag ein ecem^ter 9lbt ^um Sifc^of getoöl^lt merbe unb fid^ jju fetner Sttr^e begebe
(c. 36. pr. de electione in VF), ätö Vertreter be« 5Pa})fted inter})retieren fte au((
60 bie SKanbate be^fclben (m. f. c. 1. X. de postulatione praelatorum I. 5. „et Car-
dinalis nostrum mandatum interpretatus")* S^r 9tnf))rud^ auf ^rolurottonen ge^
aud^ über i^re $rot)tn5 ^tnau^ (c. 17. 23. X. de censibus. III. 39). ©ie l^aben bot
3Sorrang bor allen Sijc^öfen. ©c^on in ben befannten dictatus Gregoril VII. ^eijt
e^ be^^alb nro. 4: Quod legatus (Romani Pontificis) omnibus episcopis prae-
66 Sit in concilio, etiam inferioris gradus, et adversus eos sententiam deposi-
tionis possit dare; ba^er l^at auö^ bie t)om $a))fte ober einem Segaten au^^otbe
ÄoDation eine^ Senefiuum^ „propter conferentis ampliorem praerogativam" ben
SSorjug öor ber bijc^öfUc^en (j. c. 31 de praebendis in VI". III. 4). ©ie fmb beredjf»
tigt, ftd^ in ber $rot)tn|^ ein ^reu^ t)ortragen pi laffen, unb toenn fte in eine ©tobt
60 fommen, unter einem X^ron^tmmel gu fi|en ; über^au))t btlbete ftc^ mit ber 3^^ ^
Segaien mh 9IttnHeit 343
|)>e)tdled unb folenned ScremonieD m bem SSerl^ältntffe ber Segaten ju bem gefamten
S&ctu^. Sine Sefd^vdnhtng für bie legati a latere beftanb nad^ au^brücStc^en %t\U
jetungen hmn, ba| il^nen o^ne f))e^iellc^ 3Jlanbat bie SSerfe^una t)on )Sifd^öfen, btc Union
uüSb 3:eilun9 ber Slidtümer, bie äSerfügung über bie burc^ SBal^f gu befei^enben 3)ignitäten
in ben Sti^efirc^ unb einiget anbere, f. ^infd^iu^ o. a. 0. @. 514 nid^t ^ufte^en {oQte 6
(c. 3. 4. X. h. t. c. 4. eod. in W),
Son ben mit ber gangen ^üDe bon Slutoritöt abgefenbeten legati a latere ordinarii
imterfc^eibet man bie extraordinarii, toelc^e a\i^ 3(nla^ befonberer fd^tDieriger %ätlt ab^
georbnet toerben, h)ie gur Berufung eined ^ongitö, ©efanbtfc^aft an einen 5t5nig u. f. h).
(Ferraris, Biblioth. cit. nro. 6). 3(u(^ 9luntien h)erben mitunter cum potestate legati lo
a latere gefenbet.
9)ie t)ielen burd^ Segaten beranla^ten Alagen nötigten ben römifd^en @tul^I, ba^ bi^-
j^crige @vf^em in einzelnen fünften ju önbem. 92ac^bem feiten^ t)erfd^iebener Staate
gctpolten Xb^^fe bereite berlangt unb mittelft Singelfongefftonen an biefelben teiltpeife
aiK^ getDä^ toorben tvar (^infd^iu^ 6. 523), lie^ £eo X. auf bem Saterantonjil 1515 is
boi SBef4fIu^ faffen, ed foQten bie 5tarbinatSegaten Sleftbeng polten ,,ut opportuna le-
gatorum praesentia populis esset salutaris, non ut ipsi laborum et curarum
penituB expertes, lucro tantum suaeque legationis titulo inhiarenf' (f. Tit. de
officio l^ti in VII. I, 8). S)a^ tribentinifc^e Jlon}t( befreite a\xd^ bie bifd|^5flid&e ®e^
ric^tdbarteit bon ber l^ergebrac^ten^eeintröd^tigung: ,,Legati quoque, etiam de latere, 20
nnnciiy gubematores ecclesiastici aut alii, quarumcumque facnltatum vigore
non solnm episcopos in praedictis causis impedire, aut aliquo modo eorum
imisdlciionem iis praecipere aut turbare non praesumant, sed nee etiam
eontra dericos aliasve personas ecclesiasticas, nisi episcopo prius requisito
eoque negligente, procedant'' (sess. XXIV. cap. 20 de reform.). 3)arauf grüns25
UU bie Gongregatio Card. Conc. Trid. Interpr. Derfc^iebene Sntfd^eibungen m
Simßen ber SifdjK^fe gegen bie £egaten (f. %mattö a. a. 0., 3lx. 35. 36 ; Slic^ter u. @d^ulte
Concii. Trident a. a. D. 9lr. 4, ©. 390). S)a« SCribentinum überträgt übrigen« ben
Scgoten unb 92untien neben ben Orbtnarien bie Sefugnid gur Prüfung ber tanonifd^en
(foforbemiffe berjenigen, h)el(^e )u Jlat^ebralfirc^en beförbert tperben foUen (sess. XXII. 30
cap. 2. de reform.), foh)ie unter @meuerung bed c. 3 de appellat. in VI. (2, 45),
hcA Stecht bie 3l))t)eaation«inftan) ju bilben (Trid. cit. cap. 7).
5E)ie Soge, toelc^ burc^ bie beiitfd^e Sieformation l^ert)orgerufen toarb, fül[^rte jur Sin»
ric^tung ft&nbiger 92tmtiaturen. ^toax am faifertid^en $ofe ju 2Bien l^atte e« fd^on feit
Xnfong bed 16. ^o^r^nbertd eine gegeben, unb ebenfo ift bte am i^ofe gu äBarfd^au alt, 86
tiba ffängt in i^rem Urfk)runge boc^ gleid^foU« nid^t mit ber Sieformation jufammen, \)kU
mc^ tiHiren beibe an erfter @teQe ))o[itifd^e, h>ie e« bergleic^en auc^ an anberen totl^O'
tifcpm $öfen gab. alte aber bann ba« beiitfc^e Steid|^ im Slug^burger Sleligion^frieben
tMm 1555 ben 3)ienft bed toeltlid^en Slrme« jur Unterbrüdhtng be« ^roteftantidmud auf-
geiünbigt ^otte unb bemgemä^ bamit gered^net toerben mu^te, ba^ in Slorb^ unb in SBeft^ 40
boitfdblmtb etHmgelif^fe ^Eerritorien e^iftierten, in benen ber ^ortbeftanb fati^olifd^er Sifi^of^^
unb Srjbifc^ofdfti^e, ober aucb ba« ftrc^Iic^e ^ineinregieren ber benad^barten Sifd^öfe in
bod £anb regierungdfeitig nicpt gebulbet tourbe, unb ol« {))öter ftd(^ nid^t l)erfennen lie^,
ba| in ben n^bliipen Seilen be« burgunbifd|^en Sleic^^heife«, b. i. ber f))anifd^en Slieber^
bo^, bie etHmgelijd^e Sel^e gleidbfall« nid^t )u unterbrütfen fei, ba begrünbete man für 45
Mcfe ®ebiete ftänbtge ))ät)ftlid^e Scuntiaturen : für ben tractus Rheni in Slorbbeutfc^lanb
fä Jtobi 1582, für bie ))roteftantifd^e Sc^toeij unb ben beutfd^en @übh)eften ju Supern
1686, für bie SRieberlanbe )u Srüfjel um 1600. ®a in jenen })roteftantifd|?en ©ebietcn
Me Stootd^ilfe gegen ben $roteftanti«mu« entbehrt toerben mu^te, fo toar man bort auf
SRtffum bef(^r&n!t: bie bifd^öflic^e Seitung biefer SRiffton an Stelle bc^ ^at)fte^ toar bie go
^au))taufgabe ber brei SRuntien, toelc^e bai^er auq mit SRiffiondfalultöten audgeftattet
Imtiben; ta>enngletd^ bied 9lmt nic^t tl^re einzige älufgabe toar, t)ielme^r bie @orge für
ttitnlic^ Durc^^rung ber tribenttnifc^en @d^lüffe unb über^au))t bie S^ertretung ber
9lec^ unb gi^^^^ ^^ ))ät)ftlid^en Stul^le^ tl^nen gleicl^faQd aufgetragen tourbe. 93gl.
SDteier, SHe $ro})aganba, 1, 180. 323; 2, 184 fg., unb bie bafelbft gegebenen titterarifd^en 66
tmb anberen Slac^toeifungen. %ixx S3öl^men unb bie £auft| erl^ielt ber äBiener 92unttu^,
ffir $o{en unb DfU unb 28eft))reugen ber äBarfd^auer ä^nlic^e 3Rif fton^ufträge ; fte biU
beten ober nic^t bie $au))taufgabe, fonbem nur einen 92eben))un!t i^rer 6tcQung. @ämtlt(
Rotten biefe Sluntien facultates ordinariae unb barunter bie ^oQmac^t, bte fte au(
gelegentlich ausübten, mit ben Sanbeebifd^öf en ber latl^olifd^ gebliebenen Xeilc il^red Q>pxcn^ eo
344 Scgate« ttttb Shtntie«
gel^ in ber SiöcefanbertDaltung ju lonlurtteren ; ebenfo mad^ten fte \)xn unb toteber ben
h)eltlid^en ®€h)a(ten gegenüber bte rihntfd^en 9lnf))rüd^e geltenb. 9lud einem tote au& bem
anbeten ®runbe gingen ballet Streitigletten unb 93e{d^h)erben l^erDor, bie SBa^IIo^ttuIatiim
9lrt. 14 k)erfuci^te, ben 5laifer jur 3(bl^ilfe ju t)ert)f[ic^ten (f. $äberlin, ^rogntat. ®ef4.
ober neueften laiferl. aQ3al^lfcH)itulation [1792], ©. 198 f., namentlich gu § 3), bie Äur»
fürften grabaminierten in einem 5toUegiaIfd^retben an il^n t)on 1764 über Eingriffe römi«
fc^er 93e|^örben, bie bret geiftlid^en Kurfür[ten befc^Ioffen 1769 formulierte ^orbentngen in
biefer 9iic^tung (Jlobtenger Slrtilel) mit ^tlfe be^ jlaiferd burd^Aufe^en, unb obtDol^l bied
gule^t faOen gelaffen tourbe, fo toaren bod^ indbefonbere gtoifc^en bem Jlölner 9htnttud
10 unb ben rl^eintfc^en @r;ibifc^5fen eine Sleil^e einfc^Iagenber Differenzen im ®ange, atö gegen
6nbe vorigen gö^^^u^bert^ bei ©elegenl^eit ber Stiftung ber ÜRünc^ner SRtmtiatur (1785)
ber ©treit l^od^ aufloberte. ©. borüber SKejer, 3"^ ©efd^id^te ber römifc^^beutfc^en groge,
It. 1 (1871), ©. 83 f., 89 f. Äur))fal5'-g3aiem, feit 1777, h)o bie baierifc^e Stnie auä«
ftarb, ein ni(^t unbebeutenbed Sleid^glanb, toelc^ed bamald auc^ bie nieberrl^eintfc^ ^'
16 gogtümer Igülid^ unb Serg noc^ einbegriff unb bejfen berfd^iebene Xeile bon nod^ t>ei|^ie>
beneren 35iöcefen berül^rt tourben, benn Sanbe^bifd^öfe befa^ eg leine, fonbem tourbe fin^
lic^ burc^au^ Oon au^tn l^er regiert, l^atte feit lange ben territorialiftifcp motivierten äfiunfc^
gel^abt, \iaii biefer Slegierung t)on audtoört^, Sanbeebifd^öfe, bie ed bielmel^ fetnerfeitS
leiten tonne, gu befi^en. S^iefen SBunfd^ bei ber Aurie burd^gufe^en, toor ed inbed mM
20 mächtig genug. älQem man lomtte ftd^ entgegenlommen ; benn toenigften^ ber tJ^otföd^licpe
3lu^fc^lu| ber bi^l^erigen Sifd^öfe lie^ ftd^ erreid^en, toenn einem für ben Umfang beS
)3fahbaterif(^en @ebiete^ beftellten 9luntiu^ t)ö))ftlici^erfeitd bie mit ben Sifc^öfen, bqb).
@r^bifd^öfen lonhtrrierenbe orbentlid^e Aird^enregierung übertragen unb bann regiertmg^
feittg ben Untertl^anen geboten tourbe, ftc^ il^rerfeitd nid^t an bie Sifcböfe, fonbem an ben
25 92untiu^ gu toenben. @ine fold^e @inrid^tung l^atte in jenem älugenblide Sebeutung ffii
bie Äurie. ®enn feit bem (grfd(;einen bon ^ont^eim« (f. b. % 8b VIII ©. 340) pebroniu«,
1763, in toeld^em bie Säefugnid bed $a))fted, jene^ mit ben Sik^öfen lonmrrierenbc
5{irc^enregiment gu üben, mit galli!ani|d^en @rünben in 9lbrebe gefteut toorben toar, ^otte
biefer nunmel^r fog. ^ebroniani^mu^ bte größte Verbreitung unb Slnerfennung, bon fetten
80 ber ^Regierungen aber faft allgemeine görberung erfal^ren, unb bie römifd^e Äurie toar
überl^au))t an Oielen fünften jurüdgebrängt. @d toar i^ alfo t)on größer Sßic^ttglett,
in 93atem eine ^Regierung gu finben, toel^e bie htrialen älnfprüd^e Otelmel^r m unter«
ftü^en bereit toar unb mit beren §ilfe fie fo mächtigen febronianifc^en SQäiberfac^em, toie
bie beutfc^en Srjbifc^öfe, mit einem em)3finbli(^en ©dEilage begegnen lonnte. Stid biefen
85 @eftc^t^un!ten ging gtoifc^en Slurpfalg-Saiem unb 9lom ein gur ®rünbung ber ÜRünc^er
mit ben obenertoö^nten S^oQmac^ten audgerüfteten 9luntiatur unb gu ben entf^rec^eitben
3Jlagreaeln ber baierifc^en 9ftegierung fül^renbe^ Sünbnid l^ert)or, toäl[^renb bagegen bie
©rjbifcpöfe ftd^ über ba« batoiber SSorjunel^menbe burc^ SetJoUmäc^tigte in @m« oeretnigten
unb ftc^ um Unterftü|ung an ben Kaifer toanbten. Die auf folc^e 9lrt entftonbenen
40 ©trcitigfeiten ftnb c«, Sie man fJ)ejieD unter ben „9luntiaturftrettigleiten" beS od^tjel^nten
^a^r^.^ ju Ocrfte^en J)flegt. Über il^re toeitere ©nttoidfelung ift ber Slrt. @mfer icongrej
^b V ©. 342 ju Oergleidl^en. Sitteratur bei SDRejcr a. a. D. unb bei Älüber, gortfe^ung ber
Sitteratur bc« beutfc^en ©taat^red^te« t)on $ütter (1791), ©. 556 f. ©ie pnb in i|rem
Serlaufe gefreujt toorben burd^ ben bie beiberfeitigen 5löm})fer t)ertoel^enben ©türm ber fran«
46 göftfc^en Devolution, toelc^er ber Sldlner 9{untiatur überl^aiq)t ein @nbe gemacht ^t, obtoo^l
römifd^erfeit^ ber ©tanb))unlt feftge^alten toirb, fie fei nur ,,nod^ nid^t" toieber aufgerichtet
Ueber^au))t betrachtet bte römi{d|^e 5turte unb bie auf i^re ®eftd^tdt)un{te eingel^be
firc^lic^e ©enoffenfc^aft ba^ ältere Siedet in betreff ber l3ät)ftlid^en Segaten unb Stuntien,
tote e^ oben aud ben Defretalen bargefteQt toorben ift, noc^ aU giltig. @d ift blo^
60 ©itte, bafe ber ^ajjft l^cutjutage nid^t fotoo^l mel^r Legaten a latere (ober de latere,
toa^ ebenba^felbc bebeutet), atö tjielme^r 9luntien m fenben i)flegt. 9Joc^ giebt ed eine
nic^t geringe Sln^al^l ftänbtger ^Nuntiaturen; bie SKüncpner ift aud^ noc^ Slifftondobrigtett
unb gtoar für Sln^alt (^Rejer, $ro})aganba, 2, 506 f.). — Söirb nir SSertoaltung einer
jolc^cn ^Nuntiatur jcittocilig ein Rarbinal tjertoenbet, fo I^eifet er ^rontmtiu^. Ate an
66 Sang ©ertngcre aber toerben in neuerer 3^'^ ^^^ ^^ ^Runtien nod^ bie Internuntien
unterfd&tcbcn, bcnn bie Segaten unb 9?untien ^oben nac^ bem auf bem äBiener Jtongreffe
befc^loffenen ^Reglement über ben 2)i})lomatenrang ben Jlang ber erften ÄIaf[e (ambassa-
deurs) ; ob bie Internuntien ben ber j^toetten ober ber britten ^aben, toirb geftntten (ogL
filüber, ä^ölferrccbt, § 180 f.; $effter, l^ölfcrrec^t ©. 357; 9)lirufe, guro^KÜfc^e« ®efanbt*
60 fc^aftercd^t, 2, 35 f., auc^i 1, 101. 112. 115; 2, 281).
Legaten nnb 9Iunticn
£eQfRbc
345
^ai bic ©laat^egicnmgcn fccm ^afi\lt (clc^crgeflall boS ®E(anbtJi5aftörc(^t «ti:
läuinen, borin liegt, otlcot)! [k ii}n babci iinjlDcifcl^aft nit^t blog ali ÖbcT^aut)t beä
flird^cnPaatci, (clangc er baö lunr, im Muge Ratten, [cnbent cbenjoloD^I iinb met»t ats
CbcrfcauiJt bet tatboli(cb'tit(^liiicn ©enoffenfcliaft, boc^ teine Slncrfennuiig ber bon i^m in
It^ter eigcn|ttiaft ntjobcnoi ©ouBctänität^anilJtüiie, (onbcm bieg eine ainertennung feinet b
t^fäc^Iicpen [ojialen 5!Ja(^t. 6S finb i?tet biejelben ®eft(ljtö)3unltc, Isic beim Stbl^HuRe
Bon Jtonlotbolen enHdieibenb, 2Benn aber bet Slaal ben (jöpftli^en ScöoHmattitialcn
bcmgemäg als SMijlomaien gelten läfet, )o be&anbelt et i^n aU foltfien aut^ in betreff
(ein« SulüRwö c^«^ Sficbtjulafjung, lÄfet a\\o benjeiiiflen nit^it ju, bet tjctfönlit^ nidjt
accebtabtl ift, bcilangt Segitimation butd) ©otlage bet a^oHmac^t, fotbett, bafe bet 58etiolI> in
mäqtigte [id} in ^inge, bie übet feinen 3Iufttag ^inau^e^en, nic^t mifctie, fc^iift i^m,
toie n«t) bie belgifcben aSotgiingc «Ö bet^Ötigt Ijaben, ebentueÜ (eine ^äf|e. i;ic|c ©ou=
WrönitötfibefugniS be^ ©tnateS etfeiint üUcibingS bie tömiftfie Äurie, ba fie brt fiivcbe
gegenfibet bie 6taatäfDuberänitnt [eugnet, im @tunbe libertiai^t nit^t, jebenfadä ober nur
[Dtveit an, atö b« 9iuntiuö bei ber ©taatötegicvung acctebitictt ift, nic^t bingegen, in(o= 15
fem er in tnntrtiti^Iit^en fingen Si'Kmat^ten bcfift; benn in ber Diatut bet fitdjlicben
^ieran^te Hege ci, ba| bet 'Ißapft mit ben Scfalbectcaltctn bed tatt^olifi^en ^itcfienregis
ments (Otbinotien) auch but($ bctgleit^en SieOoClmättjtigtc müfie beliebten liSnnen. §ierbon
ift fo Biel tidtlig, bafi et mit i^jnen fo gut buvdj Soten, wie butd) ©riefe »ertebwn, aud)
i^i iSinjetgefcbdfte Äonimifforien benufttagen lann: bie ©taatätegiening ^t gegenüber :>ii
feilten geniitingen, wenn nidjt baä t)pfitiBe Sanbefirei^l ij^t giijfiere Sefugniffe beilegt, bloft,
foUa fie auSlänber ftnb, ba^ auättieifungatecbt. 9Sibet bie Strit^tiing einet jWnbigen
Shintiatur o^ne biplpmatifc^cn Slufttag, Bon ber bisweilen bie 3iebe geWefen ift unb beten
Sbee leitfet iBicbet auftaut^en fönnte. Würbe fie aber anA nct^ anbete Sedjte ^oben: nic^t
nur reo bie Snnbe^gefepe fie i^ geben (|. bariibet ^inftpiuS a. a. D. S. 535 f.), (onbetn 26
in 33eutftblanb nQjjemein. 2}cnn bnä beutf(^e latbolifdfe Äitc^entetijt lennl nut bie Si=
fi^ofe als Otbinatien, unb giebt, unb jlBat untet Suft^nmifl beä vömif^en ^ofeS, bei
beten Slnfledung oUent&alben ben ©taatSKgietungen ein äRillDitlungätc^t, mag baäfelbe
in einem 3!otfcbIagätet^te, mag eS in bem Steckte bet Mble^nung Don personae minus
gratae btftefjen. Crbinaticn, ju benen jie nicfit eingewilligt ^at, btaut^t baljet feine Iflc; 30
giening im Sanbe ju bulben, 3tun bat leine ben Slnfpiiic^ beä^obfteö auf fonfurtieten'
Be* flitt^enregiment neben ben Sifcböfen unb (Sigbilrfiöfen, mit anbeten ©otten ben Stn«
ftmi^, feinerfeilS aHenlbalben DtbinatiuS ju fein, nnettannt, Bielme^t finb bie SHuffaffungen,
aud benen folcbe Stnf^tücbe folgen, in Stnla^ beS ^(atifanumS, bon allen in 33ctta(^t
tommenben beulft^cn Staalötegitrungen me^t obtt tocniger auöbtücflii^ abgelehnt wotben. 35
€ie btaudirn fii^ alfo aud? ^erttclet biefeä )!ä))ftli(^en OtbinatiatS nii^t gefallen ju (äffen,
unb ba nadi bein bon bet fit^lii^en @enDffen|(baft in bicfet ^infit^t no($ als gillig bt'
^anbellen tancnififien iRei^te flänbige Nuntien regelmäßig ^ollmaditen befi^en, benen ju>
folge fie betgleit^en OtbinatialSBctlietet fmb, [o ift fcbe beutft^e Snnbeätegietung befugt,
fte nitbl ;u bulben, folangt fie i^t nidjt (Satautie geben, bafe i^e 2>pllmai^ten leine bie m
Dtbentiictie regietungSfeilig anerfannle, fiti^Iicbe .^ietatt^ie beS Sanbeö nlterietenbc feien.
($■ S- 3acob(Dn t) ». Si^ttlte.
Legen ila i
i f. Sb VIII S, 561, 6ff.
fifflenbe. — aitieraiur: gerbet, lieber bie Segenbe, SSS fitg. nun ®iip6an, XVI,
387— 390. u. ilegenbeii, XXVni, 167—346, beibeS tn Oe'il>cl8öibllDl6eI "274; fi.ffl. Bügel, I6
Werfutii einer ©efdiiditc unb 5Bürbigung bet Ccgenbe, in Qllflenä $lft.=lfiepl. fflbtifli'b langen,
Ijr, 1824, 141—179; B. ^Kauri), Eludes aur ies Icgendeg pieusea du nioyeu-Age ia4:j,
»Oroyanccfl et legendes du m.-d. 1896; «. ScftulBe in (Srfcb u. ©ruberä SSSS n Ser. 42,
366f.i 5t. »iitres. ®ie m- Äritil unb bie Stgcnbc $»3 ü7. 1887, 212-221; 3. ^bttinger,
Bfab. SüTttflge, l\ 180 ff. ; $. u, Sitten, ®efcb. u. Softem b. mittelalterl. ^eltanft^auiing, 1887. 60
656ff. 6S0|f.317ff.389ff. 440 ff. 62&1.; Ä. ^ornad, Cegenben M ©efdiitötSqueBen, ¥3 65,
1890,249—265; e.»tm£icim. Seftrb. b. öift. ^el^Dbe, '1894, 266, 276, 383; S. a. iöernuuQi,
S)l( ^eiligen ber ^eroninger, 1900, bef. 149ff-; Wigne (^Ilouliel), Dictionnaire des liegendes
18ÖÜ unb D. des apocryphea 1856. — Sgl bie A. Acta martyrum I, 146, .^eilige VII,
554, ». ßSuibuniä VII, 230, SalübuS non aüroggio VIII, 561. baju IX. 811, MenaeeD ts
(MeuologieQ), $erilo;ien, @Qiiieon 9Jtfla))t)TnfteS, Sunbet; ouc^ ben Sl.üegenbe Don g-Slielifi
in ber »oriaen Auflage m VIII. 527. - Sammlungen: $. ?ii|)er, Sie geiftl. 3)id|.
tung beS 3KfI. (n Snrfdmere beutfdier ^aL-i^ilt. 3; j^otftmann, «Iteugiifdie Segciiben, 1875,
SBfltbüUtÄ ilegcnbenfornmliing. 1881; Early englJBli texta Society 1887 u. o. SBitbe ; Nova
Ä
346 Segenbe
legenda Angllae, as collected by John of Tynemouth, John Capgrave and othere 1901;
(S. (&, be $ooQd, Middelnederlandsche Legenden en Exempelen, 1900 *, E forn-svenskt Legen-
darium ed. ®. ©tep^enS, ©lorf^olm 1847/58/74; 3anibrini, Collezione di Leggende
inedite scritte ncl buon seculo della lingua toscana, Bologna 1855; Sceltä di coriositä
6 letteraria XXXI, LH, LIII, LVII ; Material finbct p* acrftreiit u. a. in «Wonn^arbt« Stfdjr.
f. b. "^D^^titologie unb@ittenrunbe; S^itfc^r. f. beutfc^e $6itologie, 3^% Germania; Bomania,
Bulletin de la soci^t^ des anciens textes fran9ai8; ®. ^ariS, La po^ie du moyen-ftge,
M895 ; ®. 3Ke^cr, Notices et extraits 34 I, 35 II, 36 I ; Hist. litt de la France XXXII,
1898. 78—108; Gaidoz' Melusine (Scilfdjrift 1877 ff.): ^Borb, Catalogue of Romances in
10 the British Museum, II, 1393; @. ß. JHodj^oIj, ©anbcrlegenben au« ber obcrbeutf(ftcn
«eftjeit üon 1348—1350, ?lrgouia XVII, 1886.— gür bic Äunftqeft^idjtc f. 3Rr«. 3ame(on,
Sacred and legendary art, Sonbon 1848 ; Legends the of monastic ordere 1850, L. of the
Madonna 1852, *1857; S.X.^erou«, OJefdöi^tc ber (ftrlftl. Äunft,II, 1898, 424 ff.; fim. Male,
L'art religieux du XIII« sifecle en France, ^ari« 1898, 265 ff.
16 Legendarius vocatur liber iUe, ubi agitur de vita et obitu confessorum,
qiii legitur in eorum festis, martyrum autem in passionariis, befmiert um
1180 go^.ScIct^, de div. off. 60, MSL 202, 66, banad^ aOStU^dm 3)uranbu^, ration.
VI, 1, 29 (bgl. ^u Sänge, ®Ioffarium s. v.). ^a« fe^t ben Terminus legenda
boraud, ber fonft für btefe RÄt laum nad^)uh)eifen tft; erfl im 13. ^o^l^unbert trifft
ao man i^n öftere, im 15. I^äu^. 3)te je^t üblid^e oQgemetne 93erh)enbung ift erft mobern,
ebenfo ber ©ebraud^ in S^umi^matil, ^erolbil, ^artograt)^ie unb SIonogr(tt)^ie, too man
unter S. aOe Um«, ä3ei^ unb Sluffc^riften berftel^t. 3u0kic( erweitert ftcp ber Seoriff:
urf))rünglic^ befd^ränlt auf eine bon ben passiones oer äJlärtbrer unterfd^iebene Klaffe
bon ^eUigenleben in ber }ur Eird^Uc^en SSorlefung bei ber ^apre^feier bed betreffenben
26 geeigneten ^orm (f. AASS Apr. I, 34 b), bel^nt er ftc^ au^ auf aQe ^eiligen« unb
äBunbergefc^id^ten unb erfd^eint in Legenda aurea aU %xtd ber gonjen ©ammluim,
bie man frül^er vitae et passiones sanctorum genannt ^aben toürbe. 3)ie Slüdtfupt
auf ben lultifd^en ©ebrau^, anfangt fo borl^errfc^enb, ba^ legenda gelegentlich bon ber
©efamt^eit ber jur gotte^bienftltd^en SSorlefung ober Slbfmgung beftimmten Xeste gebrauch
80 toirb (MSL 72, 207 u. ö. ; auc^ bad Xeftament 9lubo^nd a. 1363 bei ®u Sänge), tritt jurücf ;
$rit)aterbauung tritt ald 3*^^ l^erbor. ^n neuerer RÄt ift bie Segriffdertoeiterung fietig
fortgefc^ritten. 3Ran berftel^t unter Segenbe bielfac^ fd^led^t^in ettoa^ untoo^red, iebe er»
bic^tete @r}ä]^Iung au^ alter unb neuer 3^it. ^ür bie Ilaffifd^e ^l^ilologie ^ot äBelder,
®r. @(^tterlel^re I, 95 ff., £egenbe al^ Sejeid^nung ber 33oIföfagen lo!aler 3(rt im Unter«
36 fd^icb bon bem SK^t^uö eingeführt (bgl. 6. SRol^be, ©r. SRoman 24 ff.). ÜKan rebet toon
9{a))oleondlegenbe, ^arteilegenben u. ä., unb benit babei an „SSerllärung gefc^ic^tlic^
X^atfad^en burd^ bie ^^antafte'' (^etnrici, (SncVtlo)). 238 f.). ^amatf toiO unter Segenbe
iebe jubieltib gefärbte, d^arafterifterte ©efd^id^t^barfteQung berfiel^en: „Sie Segenbe iji
Beurteilung ber ®efc^id|^te in gorm ber ©efd^ic^t^erjöl^tung", eine gtoeite ©efc^ic^te, bie
40 neben ber ©efd^ic^te ber Xl^atfac^en ^ergel^t, eine ©efd^ic^te ber ©ebanlen über bie UfaU
fad^en. @^ bürfte fid^ aber em))fe^len, ben begriff auf bad religii^fe ©ebiet gu befc^otäen
(SSeml^eim), tote e^ aud|^ in ben neueren Sitteraturgefd^id^ten üblic^ ift. 3)ie Segenbe ^e»
|ört gu ben ^eiligen, toie ein ^eiliger nid^t fein lann o^ne Segenbe. SRur fofem ontife
tote mobeme ^eroen unter ben ©efic^it^punh eined ^eiltgenlulte^ gerüdEt toerben, tarnt
46 man aud^ bei i^nen bon Segenbe f))re(^en ; unb nur toeil ^eiligenbere^rung nic^td fi>^)ifif<^
c^riftüd^-mtttelatterlid^e« ift, red^tfcrtigt fid^ bie Übertragung be« Segriffd auf onbere Ste*
ligion^ebicte Cil. SBcber, Segenbenbuc^ ber S^inöfelte, 3lbl^anbl. f. Äunbe be« SDlorgens
lanbe« I, 4, 1854 ; SSinfon, Legendes bouddhistes 1900 ; Segenbe = Haggada,
Äau^fd^).
50 Sie d^riftlic^e Segenbe ift fo alt tote ba« Si^riftentum felbft. 911« toilbe 9tanle um«
fd^lingt fte al«balb ba« Sbangelium oon S^riftu«; fie fd^afft, an ben antilen älriferoman
an!nüi)fenb, feinen 9lj)ofteln eine aj)ofrVpl(^e ®efd^td9te. 3l«Ietenibeal unb geugentob, ^ier
mfammengefd^aut, fäQt j^äter au«etnanber: neben ben acta, passiones martyrum
fte^en bie vitae patrum ; bie 5Wart^rien ber erften 3 ga^r^unberte, bie 9Jlön(^beDictriPiI
66 be« 4. unb 5. gal^r^unbert« fmb bie bciben DueDen aller §agiogra})^ie ; fte bilben ben
©emeinbepfe ber griec^tfc^en unb ber ocdbentalen Gl^riftenl^eit. äfber too immer ft>ata
^erborragcnoe 9l«Ietengcftalten ftc^ jetgen, too ftd^ ©elegen^eit finbet jur ©rtoeifun^ be«
Sefennertum«, ba fe^t fofort auc^ bie Segenbe ein. ^z\)n neu in ben G^or ber ^eiligen
eintretenbe bebeutet einen 3^^^^^ ^^ Segenbe; jeber Jtalenbereintrag beranloft aud^
60 neue fd^riftfteHerifdf^e Segenbenfijierung. daneben finb e« bie Sletiquien ber ^eiligen,
^eld^e burd^ i^r Sluftauc^en, i^re Überführungen, il^re äßunber bie Segenbe forttoä^
Segenbe 347
tenb befc^^ftigcn. So lommt ftet« iDteber eine gehjtffe Sofalfatbe in ben 2egenbenfc^a§
^incin.
Sitterorifc^ ber Slobette bettüanbt, toiH bie Segenbe untetl^alten, boc^ juglcic^ erbauen.
©ie tjfrfolgt ftetö beftimmte reltoiöfe unb moralifc^e lenbenjen. ©^ gilt nic^t nur ben
amt2en ©inbrud einer ^erjönlid^feit in einem SBort, in einer I^at jufammenfafjenb ju 6
filteren, tood nic^t ol^ne übertreibenbe SSerftärfung bed (Sigenartigen fein tann : ba^ Seben
bc« ^eiligen foH borbilblid) toirlen, ein ÜRufter ber Sl^fefe, ber SRilbtl^ätigfeit, ber ©tanb-
^oftiglett im SWartl^rium, ber fteg^aften äbhjel^r be« S^eufefö. 3)a« geftaltlofe mö^te fie
in fdftc gormcn fafjen: bafe ®ott fid^ feiner ^^Kß^ annimmt, ba| er aud^ i^re iHirbitte
erhört, ba^ er in bergeltenber ®erec^tig!eit bem grommen mit j^immlifd^er ^errlic^teit, ju« lo
tDdlen oud^ fc^on mit irbifd^em ©lüde lo^nt, ben ©ottlofen aber ^eitlic^ unb en^ig [traft,
mu% überall ind ^eQfte Sid^t treten. ®otted @ingreifen h?irb ftc^tbar im SSunber: liber
miraculorum finb biele fiegenbenfammlungen betitelt (f. b. 91. Säfariud bon $eifterba(^,
Sblll, 628); bie Vergeltung offenbart ftd^ im ^^f^t«' visiones nac^ ärt ber ^etru«*
aH)of oI^t)f e ($auli, SWariä, Srenban«, ^atril«, Sunbate u. a.) bilben einen nid^t unbetröd^t^ i6
I^en %td. Oft f)(d bie Segenbe mehrere, meift jloei ©]pi^en. 3)abei befinbet fte jtc^,
Qlet(^t)td[ ob münblic^ ober fc^riftlic^ überliefert, in ftetiger Umbilbung: fte ^rä}ifiert i^re
ibigoben, fü^ neue 9?amen ein (nur berfürjenbe ©ammler toie ^obu^ bon 3Sarajje
0cben umgrfe^rt, in rid^tigem äft^etijc^en %att, einige nebenfäc^Iic^e %amen t)rei^). @^ tft
ein forttoälSnfenber $roje^ ber ©elbftoerteibigung, in bem bie Segenbe begriffen ift. ®er 20
J&erud erfd(^int gern aU fle))tifd^, toa^ bie ©laubtoürbigteit er^öl^t SBirHic^e 9[nfä(e mx
itritit ^b feiten. Öfter aber begegnet eine rationalifierenbe Xenbenj, bie bad SBunoer
bmreiflic^er machen möchte, ol^ne ed boc^ aufjul^eben, ober eine f))iritualifierenbe, bie bad
oliju 9(nft5^ige burc^ SlDegorie )u berflüc^tigen fuc^t. ^ier f^ielt ber S^aralter ber ^^
unb bfd ©c^rtftfteQerd hinein. 35
Site Swenbe entnimmt il^re ©toffe junäc^ft ber gefd^idbtlic^en ©rinnerung. Slber fte
fc^müdtt nic^ft nur biefe ani: i^r tool^nt bie fc^ö^ferifd^e Jlraft ber SSolföbid^tung inne.
,;8e8enben fmb haS uferlo« Putenbe 2Bei«tum ber SSoIföfeele" (Semouüi). 3)ie ^^antafte,
m bat alteren Segenben unb anberen ©agenftoffen genäl^rt, fc^afft immer neue ©ebilbe,
inbem fte bie einzelnen 3ü9^ bon Ort ju Ort, t)on ^erfon auf ^ecfon überträgt. „Segenben 90
flottem'' (^amad), fte gehören ju ben SBanberfagen (Seml^eim), bie mit beränberter ©jenerie,
mit neuen Flamen taufenbfac^ er^ä^lte^ immer al^ neu barbieten, ^er Srforfc^ung biefer
Seite iDibmet man neuerbingd befonberen f^tei^; ed ^at ftc^ gezeigt, ba§ t)iel intemotio«
noled in ben Segenben ftedtt. 3)ie ÜRtotl^enforfc^ung ber ®rimmfc^en ©c^ule fanb l^ier
ttrinbogermanifc^ed ®ut Senfeto (^antfcpatantra 1859), Siebred^t (®ert>aftud bon Silbur^sa
1856) u. a. jeigten, ba^ bielmel^r litterarifd^e SBanberungen nac^toei^bar feien. 93on
^nbien 1^ ))erbreitet ftc^ j. S. eine 93ubbbalegenbe in bem neuerbing^ burc^ bie Striftibed-
atoologie toi(^tig getoorbenen Sloman 93arlaam unb ^oafa^^ (f. b. % II, 405) über alle
atteroturen be« Dften« unb SBeften^ (Ru^n in 3t9R2l p^xl 61. XX, 1893, 1 —88, Ärumbad^er,
8i^ S® ', 886). 3)em S^förnmen^ang mit ÜR^tl^ologie unb ®ötterhiltu« ber au^gel^enben 40
Sbttife ift befonber« Ufener nad^gegangen (f. S3b VII, 554 f.). Unter ben ®ermaniften
twrfolgen u. a. ©d^önbac^ (©tubien j. ©rjäl^lung^litteratur be« 2R31 unb ÜRitteiluitgen
ma oübeutfc^ §anbfc^riften ©31303 139-143) unb 903. SRe^er au« ©peier 3150121
Jpiß. 61. VI, 1882, 101—166), unter ben SRomaniften üKuffafia (©30331 J)^il.«^ift. 61.
113, 26; 115, 1; 119, 9; 124, 8; 129, 9, 139, 8), ®. «jjarid, 5p. ÜRe^er, bie 46
tmmberbore Verbreitung unb 33erjtoeigung biefer ©toffe in ben Sttteraturen be« äbenb=
lonbed.
©d^on frül^ erlangt bie Segenbe (unter Berufung auf 9lo 12, 13 S3l juvslaig tcov
AyUov) Sürgerreci^t im Jtultu«. 3)ie SKart^rien, bon Slnfang an in ber eigenen ®emeinbe
an bem betieffenben ^^^^tage beriefen (bgl. Sinleitung unb ©c^lu| ber passio Per- so
petiiae et Felicitatis, be« martyrium Pionii u. a., toerben auc^ anberen ©emeinben
mitgeteilt (j. 9. bad beö ^Polt^farj) unb ba« ber ß^riften bon St^on unb Sienne). Som
4. 3öW"w*>^ ö" if* ^>^« 3Sorlefung allgemein Verbreitet (f. 3. 95. für 3lfrifa ©^n. üon
ßiW)0 393 c. 36 = 6art^. III, 47, ^Kanft III, 891); MSL 38, 1249, 1426; für
Oottien CSEL 39, 70, 8; MSL 39, 2319; 72, 132. 208; MG SS rer. merov. 1,55
646, 36; 620,2; 626,17; für ©panien MSL 80, 701b). 9lur bie römifc^e Äirc^e be«
4./6. Sol^^unbertd bertoal^rt fi(^ gegen ben ®ebrauc^ anonymer, in i^rem Urfprung un=
fidler aRärtJ^reraften (decr. Gelas., f. Sb I, 145, 51). 3)er liturgifc^en SJerlefung,
bei ber SBJefie folgt bie UJertoenbung aU ^rebigttqt (f. 5. S. Slüitu« MG Aa VI,
2, 145): sermones de sanctis. gq
348 Sfgenbe
Stu« bcn älteren ©ammlungen be« ßufebiu« für bte SRort^rien, beö^ttabtu«, 13^
boret, SRufin, ßafftan u. a. für bie SRönd^^legenben hjerben bann größere ©ammeltoetle
Iom)}tItert ; ed genügt auf ^eobor Don @tubion, S^meon ^eta))|rafted, ©regor t)on
lour^, bie ja^Iretc^en lolalen SKtrafelfammlungen u. ä. ^ingutoeifen. 3)te 51RartVroIogien,
6 immer me^r bie Äalenbernotigen ju lesbaren Seiten au^toeitenb (Seba, an6^ noc^ SEBoIf»
gang üon Verrieben) tourben im 12. 3«^^^wnbcrt gu Segenborien (f. Anal. Boll. XVII,
24—122). ®ie ^eiligen toerben immer gal^lreid^er ; bod^ ^at eö bi« in^ 14. ^al^rl^unbert
gebauert, bi« jeber lag feinen ^eiligen unb feine Segenbe ^atte OPetru« a 9latalibug).
9)ad $au))ttDerI bleibt bie je^t meift unterfc^äJ^te Legenda aurea bed l^acobud be 9Saragtne
10 (geft. 1298), tDeld^e bie neuerbingd aU Intimer Vorgezogenen Sammlungen eined ®ui$
boni^, ^ombritiu^ u.a. an@influ^ U^eit übertrifft ; fie bat, in aUe @^rac^en überfe^, im
14. unb 15. ^al^rl^unbert fotoo^l bie $rebigt, für toeid^e eigene exempla boraud gu»
fammengefteDt tourben, atö aud^ bie 9tationalIitieraturen bel^errfc^t ; fie ^at gegenüber ben
au^einanberftrebenben Sofaltrabitionen bie Sinl^eitlic^Ieit bed Segenbenfd^led für bie obenb«
15 lönbifc^e S^riften^eit gefiebert.
3)er ©ic^tung innerlich bertoanbt, l^at bie Segenbe ju ber i^r für bie lulttfc^e Ser^
toenbung gulommenben ^orm ergö^Ienber $rofa balb aud^ ))oetifd^ed ©etoanb angenommen,
gunöc^ft lateinifd^: um 400 ^rubentiud (Peristephanon), ^aulin Don 9Iola (carmina
natalicia auf ben ^I. gelij) ; bgl. toeiter ©röber, ®runbr. b.rom. ^I^il. II 1, 173. 392 ff. ; gbcrt
20 I* 301 ff., 449, 571 ff.; II, 99 ff., 102 f., 330 ff.; III, 184 ff., 287, 446 ff. Sj>äter trägt
man Dielerortö bie Segenben bem 9SoH in feiner Bpxai^z öerfifigiert üor (toeniger in b«
51Reffe ate bei ber 33eft}er) : loir l^aben SRefte eine^ beutfd^en Segenbar« auS bem 12. ^äfyc^
^unbert (Sufd^ g. f. b. $^. X. XI), engltfd^e unb frangöfifc^e (f. bie beutfd^e S® Don Äette
II, 196 ff.; ^auU ®runbr. II, 1, 251. 273. 421; engl. ebb. 618. 624; tcn »rinfc
26Sranbl I», 307—319; frang. ©uc^ier^^irfc^felb 157, 166, 207 f.; ®röber« ®runbr.II,l,
443, 478 ff. ; 640 ff. ; II, 2, 39 ff., ital. ebb. II, 3, 84 ä. 5. JRur feiten lennen toir bei
ben älteren toie bem ^l. ®eorg be« 9., Slegibiu«, 2tlejiu«, SKargarete, Seronica be« 12. 3a^
l^unbert« bie 3)ic^ter: „pe nennen il^re 9Jamen nid^t, i^r Sichten ift ^ingebenber ®ottede
bienft" (©euerer). 3)en geiftli(^;=mönc^ifc^en 3)ic^tem (SBem^er, SKorienläen; Sof. M
80 älnnoliebe«) fc^lie^en ftc^ i^öfifc^e Sänger an, fo um 1200 ^artmann bon 9(ue (®regoriu«
ouf bem Stein), SRubolf Don @m« (guter ®erl^arb, Sarlaam unb 3offli>^ÄtX 9l«nbot
Don 3)um (1^1. ®eorg), Äonrab Don SBürgburg (Sillejiu«, St^lDefter). ®rft ber alten gelbem
bic^tung al« geiftlid^e @)}if gegenübertretenb, fteßt jtd^ bie Segenbe ^ier in offenlunbigen
®egenfa^ gur l^öfifc^en $oefie: ftatt ritterlid^er älbenteuer unb ÜRinnegefang« tmrb bie
86 feufc^e ®otte«mutter unb ber $eroi«mu« ber ©ntfagung Der^errlid^t. Sj}äter ^at man bie
gange Legenda aurea in beutfc^e unb englifc^e S^erfe gebrad^t
3lu(^ auf bie Sül^ne lommt bie Segenbe : fd^on um 970 bearbeitet $rot«Dit^ Don
®anber«l^eim 6 Segenben bramatifc^ ate ®egenftüdfe gu ben Äomöbien be« Serenj. 3^
14./ 15. ^a^rbunbert geben ÜRirafelfjjiele, 2t})oftelfj)iele u. f. to., meift in ben Sanbe«»
40 f})rac^en, Slnlafe gu immer regerer Beteiligung breiter Sßolföfc^ic^ten, gu immer lonireterer
®eftaltung ber Segenbe fclbft. 3toä) ^an^ Sa(^« benu|t fte für feine Sc^toänfe.
3)afe auc^ bie barftellenbe Runft be«ÜR3l il^ren Stoff gum größten leil ber Segenbe
Derbanft, ift bei il^rem firc^lic^en G^arafter felbftDerftänblid^ : fte toill ja gar nic^t« anbete«
al« ber geiftlic^en Erbauung burc^ 93eranfc^aulid^ung ju $tlfe tommen : fte fte^t i^re toic^
46 tigfte Slufgabe in ber sM^^^^ion ber Segenbe.
So umfaßt bie Segenbe ba« gange geiftige Seben be« 3R91«. 3" älterer 3^* w^
gelegentlich Dom Siblici«mu« balanciert {§arnadf, lU 31% IV, 3 b, 34), getoinnt jie immer
mel^r ba« Übergetoic^t, fo fe^r aud^ ber Äleru«, bcfonber« 9lom«, bem gu toel^^ren fuc^t
Si« gum 12. ^a^r^unbcrt me^r gebulbct im Sc^^atten ber Äirc^e, toäc^ft fte Don ba ab
60 über biefe |^inau«, felbft ba« gDangelium DöUig überfc^attenb. 3)ie biblifc^c ©efc^ic^U,
ber erfte leil ber bamaligen SBcltgcfc^ic^te, ift nicf^t minber Don ber Segenbe umranft ttne
ber gtücite Ml, bie Äirc^engefc^ic^te (f. g. S3. bie historia scolastica be« ^etru«
ßomeftor unb ba« speculum historiale be« Sinceng Don SeauDai«). So totrb e« be*
greif lid5), toie bei ben erften Siegungen ber Äritif im 15. gal^rl^unbert mit ber übertoucbem«
66 ben Segenbe ba« ©Dangclium felbft in ^age geftcUt toerben fonnte (Dgl. ba« berüc^^tigte,
toenn erfunbene, bod^ bcgeic^ncnbe SQäort Seo'« X. Don bem aJJärlein Don G^rifto).
3m mobemen Äatbolici«mu« \}at bie Segenbe, toenn aud^ cingcfd^ränlt, i^re ®eltung
behalten. 6in grofee« 3Rafe geiftiger Kraft toirb befonber« Don ben SBoHanbiften auf i^
©tforfd^ung Dcrtoanbt Dom Stanbpunite ber bie 3lu«n)üd^fe Dertoerfenben, bie Sac^ aber
Go l^od^^altenbcn frommen 2Ba^r^eit«liebc (f. auc^ ©rifar« Siebe auf bem lat^olifc^en ®e*
Sfgettbe Sfger 34i)
te^enlongreg in 3Rünc^en 1900). 3Robcmi{tert bient bie Segenbe nod^ Dtelfac^ ber @r«
inmung. &e^r ))erbrettet ift 9. Stol^, Segenbe ober ber c^rtftltc^e Sternhimmel (^iburg,
^o^er, '® 1894/95 4 S3be). 3loc^ ^eute lann man ^Prebigten ^ören, bie auf eine moralif^
))aräneüf(^e SSertoenbung ber betreffenben Segenbe hinauslaufen.
2)te ^Reformation nimmt eine ablel^nenbe Haltung ein. Q'tüax Sutl^er ^t in feiner 6
fonfen)ati))en 9lrt ben Segenben, n^enn er fie auc^ bidtDeilen Sügenben fd^ilt (2B9Q3 @9(
25, 202. 215 ff. ; 65, 198 ; bgl. 62, 40, Simulationen ed. Sreto« 82), i^ren SBäert
beigelegt, fonberlic^ ben SRort^rergefc^ic^ten (62, 36), unb burc^ aUegorifd^e S)eutung fte
für e))angeltf(^ed 33erftönbnid nu^bar ^u machen gefuc^t (62, 38 f.) @r verlangt nur, bag
fte gereinigt toürben (28, 101 f., 63, 329 f.), unb l^at fo @. @^alatinS consolatoria lo
exempla unb ®. ^RajonS Vitae patrum (beibe iÜBittenberg 1544) beranla^t unb be^
bortoortet (opp. lat. VII, 565—572). Sluc^ l^at er burc^ fein Sieb bon ben jtoeen
SRorterem ß^^fti (56, 340) unb bie §iftorie bon Sruber §einri(^ (26, 313—337) ben
(Sxunb ju einer ebangelifd^en ÜRört^ergefd^ic^te gelegt, toie fie in neuerer 3^ 2.9- ^Keb«
nei^ 9u(^ berSRärt^er (^atferdtDert^ 1859) in gufammenl^ang mit $ie^erS 99emü|^ungen i5
um einen eDangelifc^en ftalenber gegeben ^at. 3^^"0li ^^^ Sabin ftanben abu^eifenber.
aber aud^ in lutl^erifc^en Sanben ging ber Sinn für btefe 9(rt religiöfer @rbauungäitteratur
t>erli>ren. 3)ie 9lufllärung bel^anbelte fie aU „ungereimte ^eln, bie nichts als 9lber«
olouben entölten'', bis ^erber baS äftl^etifc^e ©efüi^I für bte Schönheiten ber barin ent^
poUenen 93o(IS))oerte neu belebte unb bie an^iel^enbften berfelben burd^ Umbic^tung bem 30
mobenten 9etou|tfein nahebrachte. S)ie Slomantit umarmte bann mit ^[nbrunft bieS
SteblingSfinb beS Mittelalters. 9Q3ie man bie 93olfSfagen fammelte, fo bieteten 91. 3B.
Gijllt^d, Äo|egarten, fj)äter SRüdtert, ©c^toab, Äemer, ©imrodt „Segenben". 3)ie mobeme
IMd^tung fuc^t mit ber naik)en SBunbergläubigleit ber Segenbe Sffette ju erzielen (Slic^.
SoB) ober fd^afft „toeltlic^e Segenben" (@. (Slaar 1899). Sie ©c^ö^e, bie romantifc^« 25
o^betifc^ @ifer gefammelt ^atte, mürben bann bon ber ^Jt^tl^enforfc^ung tritifc^ geftc^tet ;
nicpt aOeS ertmeS ftc^ babei als ®olb, tvenn auc^ mobem foltloriftifc^e Stimmung fin^t:
&geiiben ftnb Sergtoerlen gleid^, Don an^zn fc^tvarj, Don innen rei^. Sie '^^ilologie tft,
\m tmr fa^en, eifrig an ber älrbeit, biefe SergU^erfe im l^ntereffe ber @))rad^tunbe, ber
Sitterotur^ifiorie, Dor allem ber ^Iturgefc^ic^te aa^nbtuttn, ju fammeln unb ju fiepten, so
äBac^fen unb äSanbem, SSerfc^melgen unb Umbilben ju beoba^ten. Sie Jtirc^engefc^id^te,
ba t>omebmlid^ 6. ^afe baS äfti^etifc^e 93erftänbniS ^erfür eröffnet ^at ($ro))l^eten unb
^tge, 9898 5, 1892), nimmt in ^eigenbem ÜRa^e barauf 9lüd(ftc^t (befonberS ^ani
in fetner Jt® Seutfc^lanbS). Sie älnft^t ber älufHärung, als j^anble eS fic^ bei ben
Segenben um $riefterbetrug jur Einbürgerung neuer Sogmen, ift übertounben. Tlan 86
fie^t barin mit Stecht ben ^o^ulären äluSbrud, ben bie im Sogma t^eologifc^ fixierte 9ln»
{^^^^^0 f^ 0|^^ben ^at: toöl^renb bie (gelehrten ficb über XranSfubftantiatio unb Aon-
bmtiton) bie Kö})fe jerbrad^en, entl^üllte ftd^ baS ©e^eimniS bem gläubigen 33olf in an«
fc^aulic^er $orm in ben Segenben Don bem Ungläubigen, bem an @teue ber $oftie ein
iRnb erfd^ien ; Don ben J&eujen unb SSeronifen, bie Derfc^ütteter 9lbenbma^lsn)ein auf ber 40
Sboxbede bilbete. Sie Segenbe ift neben JtultuS unb @itte eine S3erlöri)erung ber ^0«
t)u(art^eologie, toelc^e bie offizielle SnttDtcfelung beS SogmaS als Unterftrömung begleitet
unb als folc^e getoürbigt fein n)Ul. Sie mobemfte (Sinfettigfeit, toelc^e fic^ Dome^m^
lii^ fftr boS })ftK9o)Kit^if$e an ber Sieligion unb in ber Segenbe intereffiert, barf ntd^t
abgalten, bie ^ai^ felbft richtig p teerten. 9ItrgenbS tann man fo leidet bie toefentlid^e 46
Cin^t ber religiöfen ©efamtauffoffung innerl^alb Dieler 5;al^r^unberte, ben SBec^^fel ber
frmnmen Stimmung im einzelnen barlegen als an ber im gangen fic^ immer gleichbleiben-
ben, im einzelnen ftetig fid^ umbilbenben Segenbe (f. Don SobfdS^ü^, (S^riftuSbilber 1899).
Scr (Semeinbeft^ ber c^riftlic^en Jlirc^en an biefer SrbauungSlitteratur ift Di'eQeic^t toirt-
fnnet getoefen als bie Sc^ranlen, tDelc^e Sogmatif unb ^irc^en))olitif aufgerichtet l^aben. 60
Cine in biefem ®etft gehaltene ©efd^ic^te ber Segenbe bleibt noc^ ein Seftberat. Soc^ fragt
eS ftc^, ob bie 3^^^ ^f^t fd^on gelommen ift. tion ^obfd^fl^;.
ßcger, go^ann, geft. nac^ 1665. — fiittcratur: 3)ie „OJefc^i^te" tjon fieger ^at in
(higlanb einen treuen Interpreten in ber $er(on üon Sir ^orlanb, unb in ^eutjc^ianb üon
6. 9- ©aumgorten gehabt. 93gl. einige ©albenfer ©cfc^idjtSfcftrcibcr, wie ^ufton unb 3Ko= 55
naftier unb bie fritifdjen ©erfc über ben Urjprung ber ©albenfcr üon C>erjog, 9tcu6, (Suni^ 2c.
i)fe ©efttireibung ber ®reuelt^aten beS 3Qf)reS 1655 ift im tat^olifcöen Sinne beftanbclt uon
Vltiia (Origin, persecutJons and doctrines of the Waldenses, London 1870), unb üon Col-
letta (Storia delRegno e dei tempi di Carlo Emanuclo II. duca dl Savoia, Gcnova 1877).
OL Oombo, Histoire des Vaudois, nouvelle ^ition iilustr^, 2me partic. 60
350 Seger
3>ol^ann Scget, ber Ocfc^ic^tgfd&retber unb STOoberatcur ber SBalbenfer Äirc^e m bew
^^älcm bed $temont, h)urbe in äSida @ecca in bem ^l^ole @t. SRartin geboten ben
2. ^bruar 1615; feine 6Item toaxtn S^lob Seger, ein angefe^ener ÜRann in ben ^Xifi^
lern, unb 5{at^arina Seger, geb. Sauren^. 3(1^ er bad 14. ^ai)x erreicht ^atte, begab er
B ftc^ nac^ ®enf, um bort ^xx ftubieren. Ungefähr im 9. Iga^re Jetne« ätufent^olted fol^ er
eined %aQ^, {ufällig am 9{anbe bed @eed te^enb, ba^ ein ^ann na^ am Srtrinleit
fei — er l^atte bie ©enugt^uung, i^n mit Oefa^r feinet eigenen Seben« ju erretten. &
toax ber ^prinj bon 3^^^^^*^"^ ^^ f})ätere Äönig bon ©cptoeben.
^ie ^rotettion bed ^rinjen ent}og i^n beinal^e feinem Seruf, ba iener i^n um iä>en
10 5ptei« um feine ^erfon l^aben unb an feinen 3)ienft fnüt)fen tooBte. 3)o<^ biefe ®efa^
tDurbe glüctlid^ übern^unben, unb jtDar burc^ feinen Se^rer, $rof. @)Hin^eim, fotDie bun^
ba^ Singreifen feinet SSoterd unb Dnletö älnton, meldte i^m befohlen, ®enf nod^ bor
®nbe feiner ©tubien ju berlaffen im 3uli 1639. Sei feiner ätnfunft in lurin fonb et
bie ganje @tabt in ^öc^fter Slufregung, meil ganj ^iemont Don ^anpfen unb @)>anieni
15 überfc^tDemmt toar. @r fam in gro^e @efa^r, ba er ftc^ })Iö$lici^ jtoifc^en beiben 9(rmeen
befanb, er lourbe fogar ergriffen unb feftgenommen; boc^ entlam er glüdlic^ bem getoiffen
2iobe burc^ feine Oeifte^egenloart unb feinen großen J)erfönlici^en 9Kut. — S)en 27. 6e|>s
tember biefed ^a^re^ tDurbe er burc^ ein 9)elret ber @lgfnobe bon @. ©ermano jum $afto
ber beiben Jtir^en $rali unb Sloboreto ernannt. @r Derl^eiratete fic^ balb barouf mit
20 3)laria $oQent, 2:o(^ter eine^ $au))tmann$ ber SJlilij. @r l^atte in feiner @^e ll^tnber;
hoä) ftarb i^m feine treue Seben^efäl;rtin im '^cä^t 1662, ald fie fid^ gerabe rüftetc,
i^rem SKanne in bie SSerbannung ju folgen. — '^m 3>al^re 1643 folgte Seger feinem Dnlel
ainton ate ^Pfarrer ju ©t. Oiobanni, im S^ale Sufema. — ^ier lam er mit ben Stönc^
in manc^fac^e ^olemifc^e Berührungen. <Sr n^urbe )}0^ulär, aber in bemfelben ®rabe ge«
26 fürd^tet, unb jn^ar fo fe^r, ba^ feine SQSiberfac^er (mübe ber falfc^en Argumente) i^n ju
gen^innen fud^ten burc^ glänjenbe Slnerbietungen. @nblid^ nal^men fie i^re 3uflu(^t )ur
3>erf olgung : mit einem Schlag touc^d eine toilbe i^orbe fanatifc^er @olbaten toie oud bem
SSoben, gufammengetpürfelt au^ allen Stationen, angefül^rt bon jenem t>erfiben ^Dtorquid
k)on ^iane^a. @ie toarfen ftc^ in ba^ 2:i^al t)on Sufema, t)erfolgten bie ^lie^enben bt^
80 auf bie ^öl^en bon älngrogna, unb lieferten i^re armen D))fer ber Sd^anbe, Qualen unb
©d^merjen aller 9lrt aud. 9)iefe Sage fmb mit blutiger Schrift in bie Slnnalen ber
äBolbenfer ©efd^ic^te eingetragen unb erinnern in i^ren Sraufamteiten faft an eine neue
äartl^olomöudnac^t ! — Seger entlam mit ®otte« $ilfe audi; bie^mal unb t>erfammelte,
in feiner ©igenfc^aft afö 3J?oberateur ber Äirc^e, feine üomel^mften Olauben^enoffen um
85 fic^, ermal^nt fte, ftanb^aft unb treu i^rem ©lauben unb ^aterlanb }u bleiben, emt)fte^lt
ie ber Dbl^ut be« toadteren unb unermüblic^en ^o^ann gjanabel, unb berlä^t bann ba«
Sanb, mit bem 3luftrag, bei fremben $öfen ^ilfe unb Seiftanb für feine verfolgten SrOber
)u fuc^en. @r ^ielt fi^ aber nur in $arid auf, bon too aud er ein an alle 9Räd^te ge^
ric^teted ^JJianifeft beröffentlic^te. Wan tann leidet erraten, n^elc^en @inbrud( ed mo^
40 mu^te, toenn e^ fogar einen Subn^ig XIV. nic^t falt lie^. Seger toünfc^te, felbfi na<^
@nglanb ju ge^en, um bort bie $ilfe SromtDeQd gu erflehen; bod^ mu^te er ftc^ bamit
begnügen, i^m ju fd^reiben. 9)er ^roteftor machte il^m juerft ba^ Slnerbieten, bie SBat
benfer nac^ ^rlanb lommen gu laffen auf bie Seft^ungen ber vertriebenen $a)>iften; ober
nac^bem er bie (Sintoenbungen Seger« reiflid^ ertoogen, gab er nac^ unb änberte feine ^läne.
46 6r fanbte Sir ©amuel 3Worlanb aU Sebollmäc^ttgtcn an ben $of bon S^urin, beauftragt,
bort energifd^ ju rcmonftrieren. Um biefelbe 3eit feierte auc^; Seger in bie SBalbenfer I^oler
jurüdt. ©in ^eben^bertrag (bejeic^net afe Patentes de gräce) tourbe ju ?Pinerolo unter*
geic^net ben 18. 2luguft 1655. 6« tourbe barin erflärt: bie äßalbenfer feien toieber in
alle i^re Siedete cingefc^t, bod^ mad^te man einige j}erfil)e aSorbe^lte, toelc^e ben äJortoonb
60 JU neuen Verfolgungen boten. Sefonber« toar e« ein $unft, ber ben 9leligiongunterri(^t
m ©t. ©iobanni unterfagte; offenbar ging ba« auf Seger felbft; fein ^arifer SRonifeß
batte nämlid^; ben^crjog erzürnt unb ane3)littel tourben berfud^t, fic^ feiner ju entlebtgen:
ätufforberungen, 2)ro^ungen, läd^erlic^e unb infame ^Projeffe, 3}errätereien, toürbig einer
Släuberbanbe. (Snblid^ berurteilte man i^n gum lobe ben 12. 3>^«wö^ 1661. 9Bie toenn
65 ba« nur eine geringe ©ac^e toäre, tourbe er nac^ biefem Urteil nac^ 2urin citiert, um
fic^ JU beranthjorten toegen feine« Äriege« gegen ben §erjog unb ber be«^lb mit ben
Potentaten getoec^^felten ©riefe 2c.; e« ^anbelte ftc^ um einen förmlichen $roje^ toegen
3laieftät«berbrec^en. 2)arauf^in tourbc er jum jtocitenmal jum 2:ob berurteilt ben 17. ©^
tember 1661, fein §au« foUte jerftört, feine ®üter eingebogen toerben. ®e^e|t toie ein
60 (Sbeltoilb, unb ftet« errettet bur^ bie treue 2)urc^^ilfe feine« ®otte« unb feiner ©lauben^
Sfger Se^ninf^e äSetdfagnttg 351
brüber, mu^te er ftd^ entfc^Ite|en, für immer fein geliebte^ SSaterlanb ju Derlaffen. @r
mad^it feinen erften ^te))un!t in ®enf unb entfcl^(o| ftd^, tro^ ber Sintoenbungen ber
toHklbenftfc^en Stireren, ftc^ in Serben nieber)ulaf{en old ^farrer ber SaQoner jtirdbe. ^ort
ME^atete er ftd^ toieber ben 19. Ohober 1665 mit Hat^arina be ^aire, toeld^e \i)on
langer mit i^m Derlobt toax unb totlifz bem vertriebenen einfamen SDtanne unb feiner ^a- 5
mute eine ©tü|e unb 2iroft tourbe. — Seger l^örte bi^ an ba^ 6nbe feiner löge nie ouf,
Me &ad^ feiner jtirc^ )u t)ertreten, unb p biefem ^foti beröffentlic^te er gam befonberd
,,bte ®efci^i(^te ber ebangelifd^en 5{irc^en ^iemont^'^ U^elc^e mit einem lurjen ^bri^ feinet
toDegten S^end {c^Iie^t. @ie erfc^ien in Serben im '^Q!i)xt 1669, mit einer geograj)l^ifc^en
Starte ber äSalbenfer ^äler; fte jerföUt in jtDei ^ixä)tt, Don benen bad erfte, \ok fcbon lo
ber 3:itel angiebt, jeigt, toie gu aßen 3^tten il^re Seigre unb 3)i^jit)lin geiüefen ift, unb hjie
fte fte beflänbig in i^rer Steinzeit beipal^rt Don ba an, Wo ®ott fte au^ ben ^nftemiffen
bcd ^eibentumd ri^, ol^ne Unterbrechung unb ol^ne bie 9{otn)enbigteit einer Sieformation;
boiS gtDette borgüglic^ bie l^au))tfäcl^lic^ften 33erfoIgungen bel^anbelt, bie fte erlitten, be»
fonbocd feit Segtnn ber ^^nquifttion unb il^rer ^errfc^aft über bie Sl^riften bi^ gum 15
So^e 1664.
^er erfle ^eil enthält gum Xeil bereite Veröffentlichte ^agmente, älbl^anblungen bon
SBoIbenfem, jerftreut in ben Sibliotl^elen von ßambribge (ioo Sir üRorlanb fte im ^a^re
1658 bet)onierte, unb U)o man fie au^ ben 9(ugen Verlor bi^ auf unfere S^^^^^)t bon
Xiibltn imb von ®enf , tt)o fte nod^ ^eute ioenn nic^t einer Slngeige fo boc^ einer {ritifd^en ao
Sctöffentlic^ung tvarten. ©ereijt burc^ bie ^Verfolgungen, Verkoöl^nt burc^ bie tvorme
S^n^ot^e unb Setounberung ber ^roteftanten, überlädt fi^ ber älutor gu fel(^r bem Sn-
t^ftodmu^, ber il^n befeelt, unb tl^ut ed barin noc^ Herrin unb ®illed juVor. Slufrid^tig,
aber o^e tritifc^ed Urteil, ift er oft gang ungenau, fo bag man mit Sttec^t annimmt, er
^abe ftt^ gu fei[|r nur auf fein ©eböc^tnt^ verlaf{en, befonberd ioenn er bad 3^9"'^ '^' ^^
t^ttfc^ Sd^riftfteller anfüJ(^rt. Suc^ Verbient er nid^t, in jeber ^inftc^t „bieUntoften für
bod SStffen feiner 92ac^folger gu becfen'^ tvie bie ironifc^e 9emer{ung eined firitiler^ lautet.
96er ed ift geredet, unferen ©lauben^enoffen im Slu^lanb gu fagen, ba^ bie l^eutigen SÜBol-
bcnfer bem (SiUed me^r Sebeutung gufd^eiben unb ba^ bie ^age über i^re Sntftel^ung
mi^t nur offen, fonbem an ber ^ge^orbnung ift, unb ben ©egenftanb neuer @tubien so
bilbet 9Bad nun haS gtt)eite 9uc^ betrifft, toenn ed bie römifc^e ^irc^e unb bie Plegie-
tiing unb bod $au^ @aVo^en in^ $erg getroffen l^at burc^ bie Sefd^reibung ber ©reuel-
ÜfoUn von 1655, fo ift ed unnü^, barüber m flagen; benn ioenn auc^ bie dürften unb
^fi^rtr bie SSeranttuortung abgelehnt l^aben, fo finb fie boc^ nidj^t gerechtfertigt, eine {olc^e
^orbe gegen bie SQolbenfer gebungen unb gefc^idEt m l^aben. Von ber man überbied nic^t 35
lini^, ob fte me^ Von t^nen ober von ben dßöncpen angeführt n^urbe. 3Ran ioirb ftcb
S\% umfonft bie ^ü^e geben, un^ biefe ®reuel al^ unmöglich VorgufteDen, koenn e^ boc^
flatiert ift, ba^ @cenen biefer 9lrt fic^ in unferen 2:agen ioieber^olt l^aben gu gunften
bc9 ^ßa)>jittumd, tvo ed nic^t galt, Jtrieg gu fül^ren gegen bie^ärefte, fonbern bie ))olitifd^e
Xt^ronnet eined Sourbon aufrecht gu l^alten. 3)a^ l^inbert tind aber nic^t, gugugeben, 40
ba| tro^ ber ®laubn>ürbigleit be^ Serfafferd, bennod^ einige Übertreibungen vorfommen
mdgen. — ^m gangen unb großen bleibt aber bied 3)ud^ toie ba^ Seben von Seger bad
eine^ gelben ber j)iemonteftfc^;en Sieformation: feine geber toar toie ein ©d^toert, toelc^e«
mc^ md einen @ieg für bie ^eil^eit unb ben ©lauben baVongetragen ^at. @r ^ötte ed
VtcOetc^t beffer geführt, toenn er ^ötte italienifc^ fc^reiben bürfen, tvelc^e^ feine Siebling^- 45
finKu^e getvefen gu fein fc^eint.
UiÄer ®efc^^tc^tf<^retber Seger l^atte feine unbelannte SSertoanbtfd^aft. ©ein Dnfel,
Sntim Seger, toar ^farrer in Jtonftantino^el unb ftanb bem Patriarchen S^riQ Su-
Idrid nol^e; fpäter lelj^rte er atö Pfarrer in bie SBalbenfer X^öler gurüdt, Von too au^
er nof^ ®enf Jio^, too er frangöftfc^er unb italienifc^er ^Prebiger unb ^JJrofeffor ber 3^^eo= w
(ogie tourbe. 6r arbeitete an bebeutenben ejegetifd^en 393erfen, ba er mit ben orientalifd^en
ej^oc^ vertraut toar. gemer ertoä^nt no^ ©aliffe (Refuge Italien, ®cnf 1881,©. 120)
itoeier Settern, ©ö^ne Von Slnton, gleic^^fall^ ^rebiger, unb mel^rere in bem Slegifter ber
(iknfer Igmmatrifulierten, bie ben 9lamcn Seger führten. Cf. Ch. Borgeaud, Hist. de
rAcad^mie de Calvin, Gen^ve 1900, passim. (fnttlto domha. {^
£c0tpen nnb 2)elretiflett f. ®loffen unb ©loffatoren Sb VI ©. 715.
S^nhlfd^e SBetdfagnng. — Vaticinium B. Fratris Hermanni Monachi in Lchnin
(in 9. % edjulj „ökle^rteö ^^reiifien'' II, 1722 (cd. princeps). Seife (^^Jaftor gu Se^jnin),
352 St^mnfii^e 9Setdfagnng
Vaticiniuin metricum D. F. HermaDni, monachi in Lenyn, ober trüber ^ermannS 2C üor«
gegebene ^eiiSfagung, burd) unb burc^ aud ben C^efdjtctjten erläutert unb mit nottoenbigen
mnmerfungen, woraus offenbar tuirb, bai eS eine 53rut neuer 3^iten fei, ©erlln 1746; Sa=
lent. $. @(t)mibt, ^ie ^eidfagung beS ^önc^S $. D. fie^nin, ISerlin 1820; @tu^r unbStl«
Bfen«, in b. %ngem. gtfc^r. f. ©efcftitfite 1846, ^. lu.II; "&, ©iefebrecöt. ebenb. ^. V ; «arl
fiubn). Riefelet, SDie fie^ninf^e Beidfagung alS ein O^ebi^t beS S^ifoloud o. 3i(en)i( na^'
gemiefen, Erfurt 1849; (S^u^rauer, ^ie ^eidfagung u. Sennin, iBredlau 1850; O. SEBoIff, $ie
berühmte Se^ninf^e ^eidfagung, ©rünberg 1850; deffter, S)ie ^efc^ic^te bed ßlofterd fie^nin,
S3ranbenburg 1851; berf., Ucber bic ^bff. be8 Vatic. Ldminense (©eropeum 1853, 9ir. 13);
10 ^b. ^ilgenfelb, ^ie fie^ninifc^e ^eidfagung über bie SBtaxi ^ranbenburg, nebft ber S&ti^
fagung oon ©enebittbeuern über ©a^ern, fieipjig 1875; ©abell, 3)ie Siteratur ber fog. fiei»
ninfcben 3Sei8fagung, ©cilbronn 1879; ®. SeUo, Sennin, Beiträge »ur ©efd^icftte üon Älofler
unb ?lmt, Jöerlin 1881; 3. ©(^rammen. S)e« fei. ©ruber ^, au8 &6nin ^rop^ejeiung über
bie 64ic!fa(e unb bad @nbe ber ^oben^oUern, Itöln 1887; ^ermenS, iltofter £e^nin unb
iB feine SBeiöfagung, ©armen 1888; % ©^ruarj, «rt. „fie^nin u. fie^ninf^e 3B.* in C^rfdi unb
©ruber ©nc, IL @ect., ©b 42, @. 381—385.
(3Begen ber für bie (Scftt^eit beS Vatic. eintretenben ultramontanen unb fonftigen ©ro»
fcftürenlitteratur ber Qa^re 1806—8 unb 1846—50 f. unten im Xejte.)
®ie 1180 unter bem ÜRorlgrafen Dtto I. gegrünbete ßtftercienferobtet SeJ^nin (Lenyn)
20 im ^etfe Seljtg (15 km Jüböftl. D. Sranbenburg, lunftgefd^id^tlic^ berül^mt toegen t^rer
großen roman. Jtirc^e) foU im 13. ober 14. gja^rl^unbert einen grater ^ermonnu«
unter il^ren 5IJlönd^en gehabt l^aben, bem ein bie ©^idfale be« branbenburgifc^en $errfc^»
baufed bid nac^ 1700 Dorl^erfagenbed ^e^ametrifc^e^ $oem Don 100 SSerfen beigelegt totrb.
93on ben toäl^renb jener beiben 3<*^^^w^berte ba« Älofter regierenben äbten namens $er*
26 mann Knuten ^ermann II. (1257—1272) ober $. III. (1335—1342) ate eventuelle
SBerfaffer ber ®i(^tung in Setrac^t lommen, tocnn nic^^t ba« Satein ber 35erfe auf na<^
mittelalterliche ^^t ^intoiefe unb obenbrein i^r ^nl^alt ftd^ beutlic^ ald vaticinium ex
eventu, b^te^enb in einem SRüdblid auf bie Sleil^e ber J^o^emoHemfc^en Se^errfc^er bet
51Rarf SJranbenburg bi« gegen b. 3- 1700, ju erlennen gäbe, ^ag in j)rofobifci^ fd^lec^iten
so ^^ametem, fog. versus leonini, abgefaßte ®ebic^t, ^anbfc^riftlic^ erl^en in SerFm,
Sredlau, ^re^en, ©öttingen, ©reif^toalb unb nod^ an einigen anberen Orten unb }um
erftenmal gebrudt 1722 (f. o.), I^ebt an mit einer Älage über ba« frü^e Stu^fterben be^
a^Ianifc^en ^errfd^erl^auje«; f. bcf. 3S. 10 f.
Et nunc absque mora propinquat flebills hora,
35 Qua stirps Ottonis, nostrae decus regionis,
Magno ruit fato, nullo superstite nato.
e« berührt bann flüchtig bie itoifc^^en 1320 unb 1415 bie 3»arl bel^errfc^enben SBit«
tel^bad^er unb Sujemburger, erjä^lt ben Übergang be« Sanbc^ an bie 9tümberger SSutg»
grafen, folgt ber Slei^e ber bier erftcn bicjer J^o^enpIIcmfc^en 3Karfgrafen mit flüchtigen
40 aber l^inreid^enb beftimmten ©trieben, unb oertoeilt beim fünften unb fedj^ften betfelbcn,
b. 1^. bei Sofl^^"^ I- wnb II., mit einer ©c^ilberung (35. 47 ff.), bic bem gjngrimm juap
über ba^ ©inbringen be^ lutl^erifc^en ®ift« burc^; be« erftcren Oema^lin (Slifobetb bon
^änemarf, bie femina serpentis tabe contacta recentis), bann über bie ^tulatifas
tion Se^nin^ burc^ ben le^teren (1542) beutltc^en 3lu^brucf lei^t, bef. in 33. 50 f.:
46 Et nunc is prodit, qui te. Lehnin, nimis odit,
Dividit ut culter, atheus, scortator, adulter,
Ecclesiam västat, bona religiosa subhastat.
3)ie fünf folgenben Jturfürften — babei 3o^. ©igidmunb, bcffen Übertritt jum Sle^
formiertentum nic^t ungerügt bleibt — finb in ber 35. 53 ff. fic^ aufd^lie^cnben Schübe»
50 rung nod^ Har ^u erlennen. 2lber beim ©ol^n unb JJac^foIger bed Orofeen JturfürfÜen
^ört bie ^orträtä^nlic^Ieit ber ffijjierten Figuren mit einem 3WaIe auf. 3)er ^{ator
verliert ben fieberen S3oben unter feinen "^ü^tn. @r lä^t griebrid^ I. nic^t ettoa eine
Äönig^frone geioinnen, fonbcrn ein tiefet ©infen feinet Staate erleben; ben ©olbaten«
lönig ^. SBil^elm I. läfet er ebenbce^alb ben ©ntfc^lufe Men, in ein Älofter )u gelten;
66 bon gnebric^ ben ©ro^en, einem ber unglüdlic^ften unb ber fc^lcc^teften in ber SRei^^ (!)
ioei^gt er (35. 88):
Et perlt in undis, dum miseet summa profundis!
ÜRit bem jioeitnäd^ftcn 9Jac^folger bicjeg Ic^tgenannten, alfo mit gr. SBil^elm III.,
erlifc^^t ba^ ©cfc^lcd^t ber ^oJ^cn^oHern* bic bcutfc^c Sleic^^cin^eit toirb toieber ^ergefteUt,
eo aber unter einem ba^ ^Regiment be^ ^}a})ftc^ über ©crmanien^ 2?olf emcuemben lat^o«
lifd^cn Jpcrrfdf^cr (35.95: Et pastor gregera recipit, Germania regem), unter toelc^em
Se^mnf^e äßetdfagnng Setbttt^ 353
folDO^l Se^ntnd tote Sl^ortnd verfallene 3Ranztn ju neuer ^rad^t erfte^en unb ;,tetn SBoIf
^te $erbe mel^ feinblid^ umfcpleic^en barf'^
Die )>reu|enfetnblt(^e unb ultramontane Xenbenj ber 9)i(l^tung ift mit ^änben ju
den. 3)o<^ ift ed bid je^t nid^t geglücft, unter ben ^erfönlid^teiten, toeld^e )ur3(it bed
gen Jturfürften bejtt). feinet Sol^ned ol^ Vertreter einer feieren Xenbem belannt ioaren, 5
bteienige mit ©ic^erl^eit m ermitteln, ber ba« ^alfiftlot gur Soft fällt. 9cad^bem ber erfte
(SiUlart>er bed Setrug^, ^aftor Stßet^ (1746; {. 0.), bei ber allgemeinen Slnna^me ftel^en
gdßeben tDor, bag irgenb ein ,,^at)tfti|c^ gefmnter 3!IV5nd) ober Seiftltd^er'' gtotfc^en 1688
unb 1700 bteje ,,8rut neuer Qtxtm'' bem ad hoc erbic^teten g^ater $ermannu« unter*
gef(^o6en ^obe, ift ber Sleil^e nad^ auf ntc^t Weniger aU fünf ^erfonen jener @))od^e atö 10
ntunna^ic^e SSerfaffer geraten toorben. @o
1. auf ben el(^emaltgen lutl^erifd^en $ro})ft Slnbrea« ?5^omm ju Äöln a. b. Bpxzt, ber,
nac^bem er unter betn ®r. Äurfürften 1666 toegen antireformicrter Jtanjelt)olemif feine«
9bntti entfe^ toorben, 1668 in $rag mm Jtatl^oltci^mu« übertrat unb 1685 ftarb (fo
SaL $. @(^mibt 1820, unb noc^ ^ilgenfelb, Schrammen, ^ermen« u. a.). ferner is
2. auf ben Serliner Äammergericptörat unb Äonftftorialaffeffor griebrid^ ©eibel, geft.
1693 (fo SBiBen« in ber ©c^mibtfc^en „SUlg. 3. f. ®efc^." 1846);
3. auf ben abenteuerlichen $arabo£ogra)))^en unb tatl^olifierenben $feubo))ro))l^eten
De^cn, gejt 1725 (fo SD3. Oiefebrec^t a. a. D., 1846);
4. auf ben Sefuiten^HXter %t. äBolf, |eittoeiligen ^a))lan bei ber öfterreid^ifc^en ©t- 20
fanbtfc^ft m »erlin, toärenb ber l^en ^afyct be« ®r. Äurfürften (1685—86); enblid^
5. auf ben gum ^ti^olicidmud übergetretenen ))ommerfc^en älbeligen ^Jtitolau« b. 3i$^
to^, abt bon ^u^dburg bei ßalberftabt 1692—1704 (fo ©iefeler in f. »rofdf^üre t>, 1849;
t^L aR. \>. ©tojentin, ©efd^idjte be« ©efd^lec^t« 3i$eh)i|, Stettin 1900, II, ©. 173).
Xkid Sd^nftflüd ift, aud^ nac^bem längft fein untergefc^obener G^aratter ertannt toar, as
im ^enfte anti))reugifc^er ^arteipolemif ioieberl^olt gu benu^en Derfuc^t toorben. @o im
legten S^^unbert gunöc^ft toäl^renb ber fc^ioeren Ärift«, bie ber ))reu6ifc^e Staat nad^
b<m 92iebertagen t)on l^ena unb Sluerftäbt gu befte^en j^atte. Der nape Untergang be«
$o^)oOem$aufed tourbe ba unter ^tntoei« auf ba« Se^ninfd^e 93aticinium in mel^reren
omm^en ^lugfd^riften Derlünbigt, j. S.: „^ermann Don Sennin, ber ^ro))l^et be« ^aufe^so
Sronbenburg; bearbeitet bon einem ©cfd^id^tdfreunbe", granifurt unb 2ei))jig 1806—1808;
„^$rater §ermann bon ben ©c^idtfalen ber SKarl Sranbenburg" ; Sei^jjig 1807 (bgl. ^er«
mend a. o. O., @. 21). Seim ^erannal^en ber Slebolution bed ^a^re« 1848 fokoie in
ber mufften 3^ ^^^ berfelben tauchten berfc^iebene $am))l^lete ä^nlid^en ^nl^alt« auf,
namentlich bie bed »elgierd Soui« be Souberot : Extrait d'un manuscrit r^latif ä la 85
proph^tie du fr^re H. de Lehnin. Avec des notes explicatives, Srüffel 1846 (bgl.
6tii|r in Sc^ibtd ^iftor. 3^^$5v 1- ^-X tooran ftd^ meiere beutfc^e ^ublifationen ä^n-
lidfec ^tenben) anfd^loffen, bef. 9B. b. @c^ü(, S)ie äBeiff. be« »ruber« $. k)on Sennin nac^
ber belgifc^ SCnftc^t, 3Bür)burg 1847; 3. 91. »ooft, ^ie ®efd^i(^te unb bie ^ro))l^eten,
oba bie tpa^en S^lüj^el ju ben $ro))^eten ber 3u{unft, 3. 9lu^., älug«burg 1848, foioie 40
ein r^einlonbif Aer Snon^mu« : „Boü ®lixd unb 9^ol^lftanb in 9)eutfc^lanb toieberl^ergeftellt
toccben, fo muffen bie $roteftanten }u ber lat^olifc^en Äirc^e jurüdlel^ren ; au« ben ^ro^
^bejetungen be« Später ^ermann nac^geioiefen bon S. be »ouk>erot'', ^üffelborf 1849.
SUid^ ^ lut^- I^loge unb 9flobcaift SBil^. 2Rein^olb (Cerfaffer ber „Sernftein^e")
beteiligte fic^ an ben bamaligen »erfuc^cn ju gunften ber angeblichen ^ro^^etie, in feiner 46
Schrift: ^)a« Vaticdnium Lehninense gegen alle, auc^ bie neueften Sintoürfe gerettet,
8^101849; 2. aufl. 1853. »gl. noc^ bie »rofc^üren bon ÄoUberg, ©ie aBci«fagungen
ß.« t>. 2e^in, 2. äufL, Stuttgart 1861 unb bon gimftein, 3)e« ä. b. 2. aQ3ei«fagung,
^egendburg, fotoie ben (mit einiger 3urüc!^altung unb befc^eibenen Kritif immer noci^ für
mtttelalterltc^ Urf)}rung ber $ro))^etie eintretenben) äluff. ber ^ift-^ol. »lätter 1884, 50
OBb 94, e. 457 ff. 555 ff.): 3)ie SBei«fagung be« fei. »ruber« $. b. Sel^nin, bon 3. 91. ©.
(€€)))>.). S^ältx.
itüM» unb £eben«fitrafen bei ben Hebräern f. ©erid^t unb Siedet bei ben
Hebräern »b VI @. 579,3ff.
£ctbni4, ®ottfrieb 3Bill^elm, — 9^o(6 immer giebt e« feine (S(efamtau«aa6c 66
ber letbni|^ifd)en Schriften, ^ie p^ilofop^ifc^en ^auptiDette finb am letc^tcften jugängli^ in
ber Vuftgabe oon 3. ^. (Srbmann (L. opera philosophica 1840); bte umfaffenbe Samm«
IteMsc^nolMiMc fir ZHotoaic unb SNr^c. 8. 0. XI 23
354 2ühn^^
lung \)on ©erwarbt, 7 »bc 1875-1890, erfüllt M moiKficm SScrbienft nitftt oHc berechtigten
SBünfd^e.
£.i» beutfc^e Schriften ^ot @)u6rauer ^ufammengefteOt (2 Sbe 1838 unb 1840). 2)eT:
felbe f^rteb eine fc^d^bare ^tograp^ie fi.d (2 9Snbe 1846). $on neueren @(^riften fei neben
5 bem grogen ^erfe üon ^uno gfifdjer genannt (Sbni. $fleiberer, ®. ^. iSetbni) ald ^triot,
6lQQtömann unb ©ilbiin(i«träger 1870; aRcrj, Seibnij, au8 bem ©nglif^en 1886, eine flor
unb fri(d) gef^riebene 3)bnogrQp^te, bie au^ bad 9}aturn)tjfenf4QftIt4e unb 9Rat§emattf4e
üoll 5ur Geltung bringt. (£ine neue ^uffoffung ber Sfd^en ^onabenle^re Derfuc^t in einem
einbringenben ^erte @b. ^iOinonn, @ine neue S)arftenurg ber S.f4en SJ^onabenle^re, auf
10 @)runb ber Cuellen 1891. @ine üorjüglic^e Orientierung über fi. bietet (S. S^^^^» ®ef4ic6te
ber beutftben ^^lofop^ie feit 2.
S9ib(iograp^if(^ed jur fieibni^litteratur f. Uebermeg-^inje, ®runbri6 ber (lkf(^i(4te ber
$^iIofop^ie ber ißeujeit § 24. Xro( aller auf S. üerroanbten gelehrten Arbeit bleibt bei
i^m no4 immer Diel ju t^un übrig.
16 ®. 9B. Seibni^ (ober aud^ Setbnij), h)ie neuerbingd im ©egenfo^ ifxm 18. go^
l^unbert Dorgejogen to'tth), geboren ju Setjpjtg 1646, geftorben ju^annoDer 1716, b^vcptd
unter ben ^^tlofo^l^en bur$ UniDerfoIität unb ©ebanlenfüQe, ^etüeglid^feit unb Bd^-^
ftnn einen ^o^en Slang unb ^at h)te auf bie meiften SBtffenfc^aften unb Seben^ebtete, fo
aud^ auf bie X^eologte unb bie Sleltgton einen großen (Sinflu^ geübt. SSiffendburftig fx--
ao 0teift er oQed irgenb @rretcl^bare unb freut ftc^ befonberd bed Jtleinen unb jtlemjien, ober
jugleic^ ift er bemül^t, ba^ SDtanntgfac^e in f^ftemattfc^en ^uf^mmen^ng gu bringen unb
ben erften 93efunb ber S)inge burd^ ©ebanlenarbeit urnjutoanbeln. älDed 3leu|ere t>ertiHmbcIt
ftc^ i^m in ein l^nnered, oUe Stulpe in Sekoegung. Srfimt Don bem ©lauben an eine Sldgegen:
toart ber SSemunft, Vermutet er einen guten Kern in oÜem \ocS ba ift, unb möchte er }u btefem
26 ^cm burc^ ade SSerl^üIIung ^inburc^bringen. SUern @ctremen unb parteimäßigen oBgenogt,
ftrebt er burc^göngig nad^ 93ermittlung unb SSerföl^nung. @t pflegt feine ®^anlen inftu
!nü)}fung an anbere }u enttDtdteln unb ift baburc^ nid^t jur reinen $erautobeitung unb beui^
(id^en älbgrenjung ber eigenen Seiftung gelangt, älber er ^ot t^atfäc^lid^ oDed, toad er ergriff,
fortgebilbet unb umgen)anbe(t, er l^ot bie ganje SQSeite bed ©ebantenreic^ed burc^ neueXn^
80 regungen belebt unb bie einzelnen ©ebiete untereinanber in fruchtbare SBed^feltmriung
gefixt; auc^ f^at er bad Sßiffen, bei Doder älufret^ter^altung feinet @elbfth>erted, oufi
engfte mit bem Seben Derbunben unb ein raftlofed äBtrten jur Sinfü^rung bon Semunft
in bie menfc^^lic^en Serl^öltniffe aufgenommen.
9)en9(u^angd))un{t fetner $l^iIofo^^ie bilbet bie Überzeugung bon ber Unjulänglic^Ieit
85 be^ ^ed^ani^mud für bie le^te @rf(ärung ber 9iatur. S)ie ^inge lönnen unmögUc^ tum
außen l^er aufeinanber tptrien, noc^ U)eniger lann ein ^ing barin fein 3Befen ^aben, noc^
außen ju geben unb ))on braußen m em)}fangen. Sin erfter Stelle muß aOed bei ftc^ felb^
fein unb für ftd^ felbft leben, muffen urf>)rüngli(^;e Äräfte bie SDSirflid^Ieit bilben. »o«
fü^rt ju ber lÜnna^me \)on ,3onaben'', b. l), unteilbaren lebenbigen (Sin^eiten, bei ftc^
io felbft beftnblic^en, au^ ftc^ felbft beioegten, bie Unenblic^Ieit ber 3Belt in fic^ tragenben
SQBefen. 3Rit fold^en lebenbigen @in^eiten getDtnnt bad ®ame ber 3Sdt Belebung imb 3nnc^
lic^Icit.
^e ftärfer aber ba^ Seifid^felbftfein ber ^onaben betont toirb, befto unmöglich tmxb
eine btre!te äBec^felmirfung jkotfc^en i^nen. 2!)ie SDtonaben l^aben feine f^ftec, bun^
45 bie (Sinbrüdte Don braußen ^er ju il^nen gelangen tonnten. @o toirb eine eingretfenbe
Ummanblung bed gemö^nlid^en SBeltbilbed unabweisbar. 3)ie ^onaben bleiben in 9Bah>
^eit immer bei ftc^ felbft, aber göttlid^e SBeiS^eit unb SRa^t l^ot bie 3Belt t>on Dom^Noetn
fo etngerid^tet, baß baS innere ^orge^en in ben einzelnen ^onaben genau i^rer Sage im
älU entf^ric^t ; tva^ Don außen ^er burc^ 3J2itteilung ber ^inge an fte ju gelangen f^eint,
60 baS entmidelt fic^ in äBa^r^eit auS i^rem eigenen ©runbe unb ftimmt babei genau {u
bem, maS an^ bem SQSeltmfammen^ange für biefed Sinjetoefen folgt, ^ad ^ bie htf
rühmte Se^re Don ber ^räftabitierten Harmonie, nac^ Seibni^enS Meinung bie größattigße
unb koürbigfte S^orfteDung Dom 31(1 unb Dom äSirten ©otteS. S^Q^^^^ erfd^etnt bad ote ein
befonberS jjoingenber SetoeiS für baS 3)afein ©otte«, baß o^ne fein SDäirlen oller 3ufammen<
66 i^cmg ber 2)inge aufgehoben Würbe.
^n ber näheren ©eftaltung bei^ SBeltbilbeS begegnen unb berbinben {U^ jtDei SU<^
tungen. @inmal Dertritt £. bie Wcfcntli^e ©leic^l^eit alteS ©efc^el^enS (c'est tout comme
ici), nur auS i^r giebt eS uniDerfale ©efe^e unb Weltumf^annenbe Segriffe. 3^0^^
aber ift er überzeugt Don ber burd^gängigen @igentümlid^feit unb 33erUteben^eU berSim
Go jelkoefen, nirgenbS gleid^en fic^ ^Wei ^nbiDibuen DöQig, alle ^^nlic^Ieit ifl nur ein geringerer
©rob ber Sierfc^ieben^ett. @ine Bereinigung beiber ©ebanlenrei^en erfolgt burt^ ben
Sribtti^ 355
Segriff bed Duantitatit)en. S)te unenbltd^e SteD^ett ertDeift fu^ aU eine Stufenfolge
be^eUen Setn^, bie t)arttlularen @efe^e ftnb nur SSariationen emed untberfalen. S)te
cncrgtfc^ ^uK^fO^ng biefer quantitattoen SSetrac^tungdtDetfe tji für £. befonberd ä^xaU
tecißtfi^, fte ^, tote boiS ®ame feinet Sffieltbilbed, fo namentltd^ feine @t^tl unb feine
®ef(^ubtd))^tIofo]^^ie eigentümlich geftaltet. Unermüblid^ ift er in bem Streben, fd^einbar 5
f|)e}t^{(9e Untö^c^ebe in grabuede ju Dertoanbeln, au^ ber 9Q3c(tbetrac^tung aDe ©egen-
fä(^, oDe @))rünge unb getodtfamen UmtDöIjungen ju entfernen, üUeraß entbecft fein
änbrinaenber Slia eine Kontinuität ber 5*>tmen unb ber Säetoegungen. 3)er Segriff ber
(Enttoiaelung erl^t ^ier ben @inn einer ru^ig unb ftc^er fortfd^reitenben Steigerung
etiied fan fieim fd^on Dor^anbenen SQSefen^. @o giebt ed ^ier lein rabilaied 93öfed, feine 10
9lottDenbigtett einer t)dlligen Umtoäljung, bad ftttlid^e Seben beftel^t in admö^Iic^er Seffe^
tuno, einem (ongfamen ftc^ SSerboUtommnen (se perfectionner). äluc^ eine eigentümliche
$^fo))l^e ber Sefd^id^te enttoidelt fid^ aud biefen ©ebanlen, bie erfte $l^ilofo))^ie ber®e^
f((m^te, bie in SBo^r^eit biefen 92amen berbient. Qu oQen S^im toaltet biefelbe SSer^
mmft, aber fte ift bon innen f)tt burc^ ben Xrieb fortfc^reitenber SUärung in unablöffiger 15
6tetgentng begriffen. @o baut fu^ bngfam Stein für Stein ba^ SQSerf ber @ef($i($te
auf, aber feine Arbeit in i^ ift berloren ; bie ©egentoart ift ,,belaben mit ber äSergangen»
Ifttt ttnb fc^toanger mit ber 3ufunft''.
Über bod SSer^tnid bon Jtött)erli(^em unb ®eifttgem toqr für S. burc^ bie HRonaben-
Uftt entfc^ieben, in feinem le^en ©runbe mu^ i^m alled 3Befen geiftiger 9lrt fein, auc^ 20
Mc f(etnflen (Elemente ftnb lebenbme, feelenartige Jträf te. Soweit ba^ Seelenleben au^be^nen
Idimen toir nic^t, o^ne feinen begriff aud^ innerlic^ ju erweitern. S)a^ Seelenleben ift
mc^ befc^onft auf bad Setougtfein, fonbem toie bei und felbft bie betou^te 93orfteQung
nur ba 55^untt eined Weiteren ind Unterbewußte unb Unmettlic^e ^inabretc^enben SSor^
pdhitd ift, fo ^inbert nic^td, ein berartiged Seelenleben nieberer unb nieberfter 9(rt bid 25
in bie erften Anfänge jurüd^uberlegen. ^ei fonfequenter Surd^fü^nmg biefed ©ebanten-
oan^ed ))ertaHinbeIt jt^^ bie ftnnlic^e SBelt in eine bloße Srfc^einung, freiließ eine tDol^l^
Mgrfinbete (Srfc^einung (phaenomenon bene fundatum) bed geiftigen Sllld für enblid^e
(Mfler. Unfer Kbtptt ift ein Aggregat bon ^onaben, bie Seele bie bominierenbe Sen-
txalmonobe. 3^ ^^^ 9%aum fmb ürbnungen ber Srfc^einungen. Übrigen^ ^at S. nic^t 30
fdten bem K&tptt, namentlid^ bem organifc^en, in aÖ3iberf))ru(^ mit jener SC^eorie eine
gcdßere Steolität juertannt.
2)en Snbolt bed ©eijiedlebend faßt S. burd^aud inteOeftualiftifd^. 9)ie Seele beftcl^t
iAi^Ii^ oud lliorfiellungen unb i^ren 3$er^ältnif{en. Sm^ftnben ift t)ern)onened Siorfteßen,
Stieben ber $ang einer SSorfteUung )u einer anberen. ^ie ÜJlonabcn fmb ba^er t)orftellcnbe 86
Acfifte, fie toerben mit einem auf bie 9{eu))latoniter }urücfgel(^enben 9ludbrudE gern aU
Stnegel bed äBettaDd bejeic^net. 9iac^ bem ®rabe ber Klarheit unb ^eutlic^feit bed 93or«
ßciknd bemißt ftc^ i^re Stufenfolge, DoDfommen beutli^ ift bad SiorfteDen allein bei
Sott Den SRenfc^en ergebt über bie nieberen SBefen bad ^^ermögen, nic^t bloß SSop
gedungen Cßercet)tionen), fonbem bekoußte äSorfteHungen (Jl))^erce))tionen) ju ^aben. Darin 40
üt^ eine froftigere Seaie^ung ber SSorfteDungen auf einen be^etrfc^enben ^JD}ittel})untt, ju-
gleich ein engerer ^^W^t^fc^Iuß bed Sebend, eine SBenbung )ur ^erfönlidj^feit unb
)widnlt(^ Unfterblu^feit. Denn fo gen^iß aud ber Sinfac^^eit ber Subftanj bie Un=:
{Cißdrbarleit einer jAen SRonabe folgt, Unfterblic^feit in ftrengerem Sinne beginnt erft ba,
IDO ed eine moralifc^e ^bentität giebt, bie ioieberum Don bem SSermögen bemußten ^^^or- 45
fUSend ab^ngt So jeigt jene 9(bftufung innerhalb bed 93orftellend einen 9Beg, bem ^JDflenjd^en
cme ou^egeic^nete Stellung gujuertennen, o^ne ben 9la^men ber SSeltbegriffe ju burc^brec^en.
Shid fol^ 6(^ung bed Srfennend ergeben fid^ beutlic^e ^lic^tlinien für unfer ^an-
bebt ttnb unfer ®lüd(. Die Slufgabe bed Sebend beftel^t barin, bie in ber Seele Don
otid bor^onbenen, aber in einem benoorrenen 3uf^<tnbe befinblic^en SSorfteDungen so
)u enttoideln; bie Xugenb ift „eine ^tigfeit, mit SSerftanb ju ^anbeln'', ber
j{am))f ein 3ufammenftoß ber aud DertDonenen unb ber aud beutlic^en ^or-
jen entfprtngenben Säeftrebungen. äuc^ in ben allgemeinen SJerl^ciltntf|cn toirb aUed
fieil bon einem energifd^en Durc^benfen unb völligen Durc^fic^tigmac^en ertvartet ; fo entfaltet
f«^ in biefer Slic^ttmg eine unermüblid^e Slrbett, eine ftaunendtoerte ©efc^öftigteit unb SSetrieb- 66
tanleit fbfä) unfer ®IM ^önat am @rfennen, ba ed in ber @m))finbung unferer X^ätig^
Irit unb t^ SBac^^md beftel(^t, alle ec^te Xl^ätigteit aber aud bem (Srfennen ^er<
bocgdbt.
0et foU^ Sertoanblung bed Seelenlebend in ein ©etriebe t)on SSorfteQungen unb
Socftdlungdmaffen finbet fu^ augenid^einlic^ fein ^la^ für eine äBiQendfreil^eit. Die ^ei^eit eo
23*
356 Seibtit«
befielet für S. lebtglic^ in bem SSermögen, o^ne ^^anq ))on au|en gemä^ bem @efc|[
etned eigenen unb eigentümlichen SBefend )u l^nbeln. 3)ad aber l^ei^ bie gröberen formen
bed 3)etemiinidmud nur bdänip^tn, um fte burd^ eine feinere ju erfc^en (t^gl. üSer bod
ganje Problem 6la|: bie meta))l^^fifcl^en SSorauiSfe^ungen bed Seibn. ^eterminidmuS
6 1874).
3)iefer ^nteüehuali^mud be^errfd^t auc^ S.d religiöfe Stnfc^uungen. @r ^ fü^
über religiöfe ^agen fe^r oft geäußert, hai $au))tbo{ument bilbet bie ^^obicee (ber Xtid^
brucf ift bon £. felbft ge))rägt). ^er $lan einer folc^en 9(rbeit befc^ftigte i^n fdj^on
lange, ben älnfto^ jur äludfü^rung gab ber )>^iIofo)>^ifd^e SSerlel^ mit ber ilönigin @o))^e
10 g^arlotte. 2)iefe hochbegabte ^au, bie nad^ i.i 9(u^rud auf bem ,,9Barum bed SBorum"
beftanb, toar lebhaft ergriffen bon ber 9(ufreaung, toeld^e hai berül^mte S)ilttonnatre Don
93a^le namentlid^ auf ber $öl^e ber ©efellfd^aft ^ert)orgerufen ^atte. SSemunft unb ©loube
tüaxm ^ier al^ unberfö[;nlic^e ©egner bargefteUt, bor aEem toar bie Unerlldrbarleit bc0
93öfen in bie greUfte 93eleud^tung gerüdtt. Über jene ^agen ber^anbelten @o})^ie @^
15 lotte unb £. juerft münblid^, aud fd^riftlid^en äluheid^nungen entftanben einzelne Btädt
bed 3BerIed, bid ed erl^eblid^ \paitr: (1710) ald ©anjed unter bem Xitel: Essais de
theodic^ sur la bont6 de Dieu, la libert^ de l'homme et l'origine du mal erfc^en.
2)er orientierenben SSorrebe folgt junäc^ft ein discours de la conformit^ de la M
avec la raison, bann be^anbeln brei $au||)tabfc^nitte bie angegebenen Probleme. Set
ao großer ©ebanfenfüQe erftrebt bai^ 2Ber{ jugleid^ eine SBirlung auf toettere Jlreife unb ^
fte mit ber Jllar^eit unb ^^ifd^e feiner ^arftellung in ber ^at rafd^ gefunben. Sud i^
t)ome^mli(i^ f(^ö)>ft bie folgenbe 3)ar[egung ber religiöfen Slnfc^uungen S.d.
äUd Rttn aÖer Steligion gilt i^m bie Siebe )u @ott. Sie mu| axS bem Srleratcn
fliegen, auf eigene Überzeugung aegrünbet fein, toenn fte unfer ganjed innere burc^bringm
25 unb ftc^ in uneigennü^tgeiS SBirfen für unfere 9lä(j^ften umfe^en foQ. 92ie tonnen Sm^
monien ober ©laubendformeln bie tl^ätig lebenbige ©eftnnung erfe^en, nie tonn ein
ftürmifc^er 9luffc^h)ung bed ©efü^led bo^ ganje Seben erleud^ten unD erttKirmen, kuie M
bie aufgeflärte Siebe (ramour ^lair4) t)ermag. Sei fold^em Streben fü^It £. ^
mit bem Sl^riftentum in boQem @intlang. 3)enn bad Sl^jtentum gilt ibm ald bie ,,teinPe
80 unb aufgenärtefte'' Steligion : burd^ Sl^riftud tourbe bie Sieligion ber 9Beifen bie SteKgion
ber 3Sölfer, er er^ob bie natürlid^e 9{eligion jum ®efe$e, er tooUte, bc^ bie ©otti^ nic^
nur @egenftanb unferer ^rd^t un^ SSerel^rung, fonbem aud^ unferer Siebe unb ^erjlii^
Eingebung fei.
3)ie Sd^toierigfeiten, mit fold^er Überzeugung eine Offenbarungäel^ ju bereinigen,
85 l^at S. nic^t berfannt, aber er ^at feinen ganjen Sd^arfftnn ju i^rer übertoinbttng ouf^
geboten, ^^näc^ft ruft er 2)iftinftionen )ur ^ilfe. 93ei ber X^eologie fei unterfc^tebm
jtoifc^en einer natürlichen unb einer geoffenbarten, bei ben SSemunfttoal^r^eiten jtDifd^en etoigen
unb i)ofitiben. 3l\m ift oft ber angeblickte Streit jtoifc^en ber SSemunft unb bem ®Iauben nur
ein Streit jtoifc^en ben toa^ren ©rünben ber natürlichen X^eologie unb ben folfc^
«0 Sc^eingrünben ber 3)lenfc^en, unb ber Xrium^l^ bed ©laubend, bon bem ^b<A)U fo biet
^efend machte, bebeutet nic^td anbered afö ben Xrium)>l^ ber bemonftrotiben Sermmft
über nur fc^etnbare unb trügerifc^e ©rünbe.
So berftanben, l}ätu ber ©laube ald Xrabition nur bie Slufgabe, bie nxd^t i^en
älugenblicf unb jebem ^nbibibuum etnleud^tenbe SBemunfttoa^r^eit im gefd^id^tlic^ Seben
45 ^u bertreten, bor Sc^tüanfungen gu betüa^ren, ben SRenfd^en px il^r }u er}iel{^ 3ebo<^
erfennt S. auc^ felbftftänbige Offenbarungdtüa^rl^eiten an, aber aud^ bei i^nen fuc^ er
ber 33emunft möglic^ft biel S^aum gu fc^affen unb ben ^iftorifd^en Sefunb möglich
ind SRationale gu menben. 3u"^4f^ ^<^^ ^^^ SSemunft bie ^flid^t, bie Segitimation ber
Offenbarung gu ))rüfen, bamtt nic^t etmad falfc^eiS für göttlid^ angegeben h>erbe. Ser
60 ^nbalt ber legitimierten Offenbarung h)ill bann freilid^ einfad^ angenommen fein. Snbd
tonnen biefe Offenbarungdma^r^eiten ben etoigen SBol^r^eiten ber äSemunft nie totba^
f))rec^en, ba aud^ bie äSemunft ani @ott ftammt unb unfere äSemunft nur traft bei 9e>
grünbung in ber abfoluten ^JJemunft 3Ba^r^eit erlennt. ^ad aber ftnb en)ige SBol^t^ettoi,
toelc^e unfer @rfennen böQig burc^fc^aut, bei benen ed bal^er ber übereinftimmung mit
65 bem göttli^en ©rtennen getoife fein barf. ©inen 3Biberf}>rud^ mit ben etoigen SBo^r *
l^ulaflen, ^ie^e qljo einen ^onfUft in ®ott felbft fe^en. 9lber mit bem SBibecbemänf
fällt nic^t bad Überbemünftige. @d fann SBa^rl^eiten geben, toeld^e ber Semun^
bing« ntc^t h)iberf>>red^cn, fic^ aber ntc^t aui i^r ableiten lafjen, SBlvHerien, bie Iwr
a priori, fonbem nur a posteriori bart^un tonnen, bon benen tüir nur bie TÜ^ai^adft {t6
60 5xi), nic^t bad 3Barum (t6 dtöu) eingufe^en bermögen. ^ür biefed ttberbemünftige fann
SetBtit« 357
kne ^orfc^ng ntd^t mel^ (etilen old bie Sintpenbungen a\x§ bem SBege räumen; nur bie
SRöglid^tett ber ©laubendtoo^^etten bermag fte borjut^un. @emä^ folc^er Überzeugung
^ £. fämtlic^e ®(aubendfä|e ber ßirc^e angenommen, er ^ot fte burc^ ben SluftDetd
i^rer 9R5gli(^Ieit gegen Sin^ffe bertetbtgt, ed erfüllt tl^n mit ftc^tU^er ^eube, fetd^te
6iiiti>enbungen au^ulöfen unb au6) bem fc^etnbar 9Btbert)emünfligen einen Sinn ab^u^s s
gctamtnen. Slber er ^ot bei fold^er Se^anblung burc^gängig ben ^n^olt ber Seigren, toenn
aud^ oft letfe unb laam mertli4, ind Stotionale t)erf($oben (über bie Geologie S.d f. toei^
tefcd bei $i(^Ier : bie Geologie beiS S. 1869 ; f. and) £ülmann, 3)a$ 9Ub beiS e^riften»
tmnd bei ben großen beutfd^en gbealiften, 1901, ©. 4—26).
%&c £. ))erfönli(|^ bebeuten toeit me^r old aEe )>ofitiben ©lauben^fö^e bie SBal^r^eiten, lo
tDcU^ er )ur natürli^ Geologie red^net. SSor oQem bel^errfc^t bie ©otte^ibee mit über«
toötttgenber SRoc^t fein Genien unb @m)>finben. 9lur mit i^rer $ilfe gelangt unfer
Seilten über aUe 9{e(atit)itcit unb ^^^ic^^^^t l^au^ m abfoluten unb etoigen SBal^r^eiten,
nut huxd) ©Ott getoinnt bie 9Belt einen gufammenpang, unb Vermögen toir bie Unenb«
b^leit ber2)inge mitzuerleben. Sted^t berftonben ift@ott bem 3)2enfd^en ganj na^e; ,,®otti6
iß bad £ei(^teße unb Sd^toerfte, fo zu erfennen; bod @rfte unb Seic^tefte in bem Sic^t^
locg, boiS @d^ta>erfte unb Se^te in bem 9Beg bed @c^attend'^ ^ai SJerlangen einer um
mittelbaren ©egentoort ®otted in ber Seele bringt ben 2)enfer oft ben SDi^ftifem nal^e,
toie hai namentlich bie @d^rift t)on ber toa^ren theologia mystica jeigt. Slber bem
S>ciiler bed tl^ätigen Sebend unb ber ^ibibualitöt bebeutet bie Einigung bed SRenfd^en 20
mit @ott tein DöUiged äiufge^en unb äSerfd^toinben in bie Unenblic^fett. S)er SRenfd^ ift
„iiii^ ein Zeil, fonbem ein @benbilb ber ©öttUc^teit, eine 2)arftellung bed älQiS, ein
SibB^ ^ ®otte«ftaate«". „3n unferem ©elbftoefen ftecft eine Unenblic^Ieit, ein SwfePf*! .
cm Sbenbilb ber äUltoiffenl^eit unb älQmad^t @otted.'' @o foQ ieber Singeine an feiner
@lcDe mitarbeiten )ur SSoUfommeni^eit bed Unit)erfumd, toie Seine @ötter mögen bie 25
Vltx^dfm in i^rem Jlreife ben großen SBeltbaumeifter nad^a^men. @rfenntnid unb Siebe
finb nüft leibenbe ßuflänbe, fonbem ^ötigfeiten beiS ©eifteiS, ^mmigleit ift nic^t ftumme
(Ssigebung in eine übermäd^tige ^lottoenbigteit, fonbem 3)antbarleit unb 3ufneben]^eit aud
CinfU^t in bie SSemünftigfeit be^Sangm. 3)amit toirb bie Seigre bon ber beften SBelt gu
dacm $aut>tfitüd( ber religidfen ttbergeugung. ao
5Dad Seftreben, bie t)or^anbene 9Belt old bie befte gu ertoeifm, herleitet S. nid^t
iofa, ha^ 9öfe gu bloßem @d^ein ^erobgufe^m, er l^offt ober burd^ eine energifd^ ein^
brmgenbe unb rulpig abtoägmbe Se^anblung erhörten gu lönnm, ba^ biefe SBelt mit bem
9dfcn beffer ift atö eineSBelt o^ne Söfed fein Mrbe. 3unöc^ft finbet er bie@(^ilbemngm
bc0 Sdfen unb bed SlenbS oft ftarl übertriebm. S)en ÜRmfclen ftedCt tief im $ergen ein 35
Uiiglaube an bad ®ute unb eine Steigung, aud^ bm ebelften ^anblungm gemeine ÜJlotibe
ws£am\iiiAm. Sobann ift bad und beiannte @tüd( ber SBelt biel gu flein, um banac^
bm SBert bed ®(mgen m beurteilen. Sei bem ^roblem ber SSemünftigteit ber SBelt ift
iwr ollem bie ^age auf boiS ®^W )u rid^ten, nid^t barf ber unmittelbare Sinbrucf bed
tia%m 3nbit)ibuumd mtfd^eibm. äJSie ftc^ ber älftronomie unfer @onnenf^ftem oud einem 40
totsten Xhtrd^einanber in fd^önfte Orbnung t)ern)anbelt ^at, feit fie burc^ Ao)>emifud
Icntte, ben Stanbort ber Betrachtung in ber Sonne gu nehmen, fo toirb ftc^ h)o^l auc^
hec ^l}ifäo\opff\t bad SBeltaD in ein 9leid^ ber Vernunft bermanbeln, toenn fte nur lernt,
JM Xuge in bie Sonne gu ftellm''.
SHe Srt aber, toie S. bie SBelt aU ein Softem ber SSemunft bargutj^un fud^t, ber- 45
Knbct unb t)erfc^ilgt SllteiS unb 9leueiS unb lö^t ba^er bai^ @igmtümlic^e nid(jt mit t)oller
iiload^ ^ert>ortreten. ^^näc^ft bimt gur Söfung bed ^roblemd bie gried^tfd^e ^f|ung
ber SBelt atö eineiS jtunfnoerled, bad niqft ge^altt)oll unb tröftig fein fönnte, o^ne ®egcn'
{fi|c )u tmifaffen unb ju übertoinben; bie 3)if|onangen, toelc^e ber unmittelbare 9[nblicf
MnKeten mag, t)erfd^totnbm bei ber Betrachtung bed ®angen. @ine mobemere $orm er» so
hSfi ber ®ebmite in ber SEBenbung, ba| ed ftc$ in ber SBirQic^teit t)erl^ltm mag toie
in ber $erf))eltit>e, too ber rid^tige ®efamteinbmcf nic^t mögltd^ ift, o^ne ^e^ler im ein«
jAicn. ~ (E^alteriftifd^er ift eine btonamifc^e Söfung bed $roblemd burc^ bie ^bee ber
gidfltmdalic^ Jtraftentfaltung ; ed ift ber Begriff beiS Sebmd unb ber ^ötigfeit, ber
oll 9Ra|fiab aDer Seiftungm bient, bem aller befonbere ^n^alt, felbft ber moralifc^e, 55
wtageotbnet toirb. Bon ^öc^fter Bebeutung ift babei ber ®eftd^t^untt, ba^ bie mblic^en
Scfcn nic^t kiereinjelt unb gerftreut, fonbem nur miteinanber ba ftnb unb fo betrachtet
tocsbcn muffen; tote bei einem Brettf))iel ftc^ iebe ^gur nur fo toeit enttotcfeln fann, ald
ber $(an bed ®angen geftattet, fo mu| ftc^ auc^ im 9111 bad @tngelne nac^ bem ®angm
Sßemt bemnacp bie ^age nid^t f otoo^l auf bad an ber eingelnen Stelle ^JOiög- go
358 Seibtit«
Uc^e Qe possible), fonbem auf \>a^ gufammen 3)2ögHd^e (le compossible) Qtt^t, fo fann
e^ fel^r tpol^l gefd^e^en, ba^ ©eringered mitetnanber einen größeren Sffett ^eTt)orbnngt ab
bie SSerbtnbung bon ©röterem. „(&\n geringeiS 3)ing ju einem geringen gefe^et, larai
oft ettDad beffered jutoeg bringen ald bie ^ufammenfe^ung jijveier anberer, boen jebeS
b an ftd^ felbft ebler ali jebed bon jenen, hierin fiedt bad ©el^eimnid ber ©nabentoa^
unb 9(uflöfung be^ Anotend. Duo irregularia possunt aliquando facere aliquid regu-
läre/' älud^ badSöfe toitb inbiefe Betrachtung eingefc^loffen, fofem oud i^m ein grö^ercd
®ut, fei e^ für ben ^anbelnben felbft, fei ed für anbere, l^orgel^ lonn unb fo bie
Summe bed @uten er|ö^t toirb. ^n t)ermeiben toor bad Söfe nid^t, ba ein enbRc^
10 unb ba^er unboQfommened SBefen ftd^ nid^t )um ®uten ober S95fen entfd^eiben lomi, o^
bie SJldglid^feit einer ^^^^^0 ^^^ 93erirrung ; bai^ 93öfe t)on bom^erein ou^jd^Ke^en, bod
bie^e alfo bie ^ei^eit läl^men unb bie SelbfUl^ätigfeit unterbrüden. 9(u(^ bte Statur tKt^
folgt baiS S^id ber ^öd^ften Jlraftentfaltung, inbem ftd^ aQe ®ef^e i^red ÜRed^nidmud
auf \>a& ^ringif) jurüdfü^en laffen, ben größten Sffett mit bem ueinften JlraftouftDanbe
16 ^ert)onubringen, in aQem 3Bir!en bie leid^teften ober fürjeften 9Beae einjufd^Iogen. S>irfe
Sinrid^tung ift teine^tDegd felbftt)erftänbliq, fie ertüeift bielmel^r beutlid^ bod überhgene
SBalten einer göttlichen Vernunft (f. barüber namentlich bie tiefgrünbige 6d^ft de rerum
originatione radicali).
3)a| in bem aQen me^r 3RögIid^feiten entworfen ate äBirtlidbteiten ertoiefen ^,
20 tann 2. felbft nid^t entgelten, aber aud^ bie 3R5gli^teiten gelten i^m old ein ®enmm,
unb toenn tro^ aQer @m>ögungen uniS 3Jlenfd^en t)ieled bunlel unb un))erftänb(id^ bleib,
fo mögen toir auf bad SBeltau antoenben, \t>a& Solrated t)on ben Schriften bed ^era^
tlit fagte: „fläa^ ic^ berftel^e; gefällt mir; id^ glaube, ha& übrige tDürbe mir ni<^
minber gefallen, toenn ic^ ed berftünbe." Soldpe Uebergeu^ung bon ber SSemünftigfett bei
25 3Beltalld herleitet S. nic^t m träger Stulpe, fonbem fte tft nur ein toeiterer Xititeieb ^
raftlofer unb frobt^ätiger 3Jtitarbett am großen SBerle ®otted.
@d entft)rac^ S.d uniberfaler unb b^öl^lic^er 9lrt, bad Sl^ri^tum über bie einjebien
^iftorifd^en $^fen unb über bie $arteiungen l^inaud ald ein (Sanje^ }u b^gräfoi unb
ut bere^ren. ®r fü^lt ftd^ felber aU @lieb ber toal^rl^ft lat^olifd^en Jlird^e, bie bun^ bie
ao Siebe ©otted l^ergefteQt toerbe, er toiberftrebt allem @eftentoefen imb t)erfu^t mit gro^
SBärme Xoleranj unb gegenfeitige Sichtung. 3)ad9Bort9luguftind 1^ feinen DoDenSeifoQ:
^ fei beffer über Verborgene 3)tnge ju jtüeifeln, atö über ungetoiffe )u jonten. s!)em*
nad^ finben tüir ü^n eifrig beftrebt, ben berfd^iä)enen ®eftaltungen ber d^riftlid^en Jlin^
in Se^re unb Drganifation gleichmäßig gerecht ju tperben. Unter ben Jlird^em>&tem \6^
86 er t)ome^mlid^ äluguftin tro^ feinet ungeftümd unb feiner leibenfc^ftlid^en Slu^bnufötoeife;
bon ben Sd^olaftifem, namentlid^ bem ^^omad t)on Slquino, bem er biel Derbanit, rdbd
er mit ^od^ac^tung ; toie biel \i)m bie SR^fti! bebeutet, bad jeigen namentlich feine beutfd^
et^ifc^^religiöfen Sd^riften, bie man nur amufe^en braucht, um bie 3)2einung, ed fei 2. bie
Serteibigung ber S^eligion !eine ^erjen^facpe getoefen, ald falfd^ ju erfennen. 9bui^ bie
40 berfc^iebenen SRic^tungen feiner ^eit, bie S^nfeniften, ^Pietiften u. f. to., fuc^t er um
befangen px toürbigen, auc^ bet ben @ocinianem möchte er etUntd bere^tigted am
erfennen, obtoo^l i^m im allgemeinen ü^re Segriffe ^u eng fmb unb i^r tritifd^ed See»
fal^ren ^u Saftig bünh.
Solche Überzeugungen ^ufammen mit ber })erfönlic^en Stellung 2.^ mußten i^n |tt
46 Icbl^after S3eteiligung an ben bamaligen Union^beftrebungen ber itonfefftonen führen; ja
er ift bei aller perfönlic^en 3uriidC^altung jtoei ^a^rje^nte ^inburd^ ber 9Rittel))un{t biefer
SSerfuc^e getoefen. 3)ie allgemeine Stimmung nac^ bem breigigjä^rigen Jtrie^e ttHtr fob^
S3eftrebungcn günftig, man^e )>olitifc^e ^ntereffen ber^rften lamen ^in}u, m ^lu^ geriet
bad Problem burc^ ^offuetd ^uerft 1671 erfd(^ienene exposition de la foi de l'^lise
60 catholique, ti>elc|e in t)erfö^nlic^er »^orm eine ^Rechtfertigung ber lat^olifc^ Sel^fre mit
befonberer SRüdEfiAt auf bie 3)rau6cnfte^enben untemol^m. gn Deutfd^lonb toirfte fftc
ben Union^ebanien t)ome^mlic^ Stojad bon Spinola, ein f})anifd^er f^angidfoner, todc^
ald 93etc^t)>ater am faiferlid^en ^ofe bad befonberc SSertrauen bed Jlaiferd Seo^olb geno|,
rin ^ann t)on me^r @tfer afö getftiger S3egabung. @r toar in !aiferlid^ tCuftrage
56 h)iebcr^oU in $annot)er, am h)tc^tigften tvax fein Sluf enthalt im ^a^re 1683. Sr bracf^
bamald f e^r tveitge^enbe älnerbietungen ; am auffaQenbften tüar ber Sorfc^lag, bad tribou
tinifc^e ^on^il bi^ auf ein fünftiged allgemeine^ jlon^il einfttveilen au^u^en unb ber
3)eurieilung bed le^tcren ^u untertverfen. 3)er $enog @mft äluguft ging auf bie Unter»
^anblung ein unb ernannte berfc^iebene pxotc^i. ^I^eologen ju i^rer ^^ü^ng; bie Seele
Go ber jtonferen) toax 3Jtolanud, aU 3lbt ju Soccum ber erfte ©eiftli^^e bed Sonbed, ein
Seibtii« 359
Schüler b€d (Salt|tuiS, ein milber unb tDeitbentenber SRonn, ii. ncäft befreunbet. 2)tefer fel6ft
Hieb ))eifdnltc^ im ßintergrunb, ftonb aber tntt feinen Sttpögungen unb Siotfc^Iägen gut
Seite. S)ie t^otfäd^lic^e Bereinigung ber Jltrd^en toax bad näd^fte ^iel, J^infu^tUd^ ber
Siäjftt foIUe ein \pöin abut^aIteiü>eiS öhimenifd^e^ ^onjil eine SSexftänbigung bringen. 3)te
ibmferenjen berßefen günftig, unb ha Spmola mit bem (Srgebnid nid^t nur beim Jlaifer, 6
fonbcm (1684) aaif in Sflom gute Stufnol^me fanb, fd^ien ein boQer 9lu^(eid^ auf bem
befien Sßege. Sber nun eben, tpo man allgemein auf bie @ad^e aufmerffamer tpurbe,
ecpob m in S)eutf(i^Ianb Don beiben Seiten mannigfad^er Sßiberfpruc^, unb bie älngelegen-
Iftxk mu^e t)orerft )urüd(geftellt Serben.
£. aber b^xdt fie forttpöl^renb im Sluge unb befd^äftigte feine ©ebanfen (ebl^aft lo
botirit Um bie 3^^ 1686—1690 fcbeint er jenen merfhjürbigen Snttourf berfafet gu
^aben, toelc^ unter bem (nid^t t)on &, l^errül^renben) Flamen systema theologicum
bclaimt ifL Sodfelbe ift nid^td anbered afö eine )>^ilofo))^if(^e 33erteibigung be^ itat^oli-
dtenid, ed ijt \>oü bebeutenber (Sebanten unb einfc^meid^elnb gefd^eben. Sei ber älb^
faftmg \dftowU ber $Ian bor, ed unter SSerl^eimlic^ung be^ älutord unb feiner ^artei^ i6
ßetumg gelegen unb gemäßigten Sifd^öfen borgulegen unb biefelbe )ur ä())t)robation )u
beftimmen, bamit aber ein toic^tiged 3Jlittel für bie 9(udglei(^unter^nblungen jm ge^^
tmnnen. 2)ad ^Ranuftript tourbe oft 1819 l^erau^egeben unb tonnte ol^ne eine @rlöus
tenmg burd^ bie 93riefe unb Snttoürfe S.8 feine innere g^neigung uim Jlat^olici^mu^ gu
betoetfen fd^nen. ^n ber Xl^at betoeift ed nid^t mel^, ald ba| ftd^ Seibni^ in merl« ao
tofixbmer Sßeife auf ben Stanb)>un{t ber ®egner )u beriefen bermod^te.
xBad i^ ^ ben Sinigungdberfud^en trieb, toar nid^t ein 3)rang feinet bergend. ^l)m
fdbec genügte bie geiftige Aufammenae^örigteit bed @otteiSreid^ed, ald beffen @Ueb er fu^
ffi^; ein leb^fted l\xQ)lxqti Sebürfnid ^at er nie bejeigt. @ben be^toegen galt i^m
bod Unterfd^enbe nid^t ate toef entlid^ unb enbgiltig trennenb ; ein 9lu^Iei$ bünhe 25
mdgßc^, toenn man bie 9)ifferen)en nic^t fo fel^r befeitigte ald bor bem Sinigenben gurüd::
treten He^ ^eber begatte bad Seine, in bem Sntfc^eibenben aber finbe man ftd^ lufammen.
3>em Aat^oItcidmuiS im befonberen mußte £. toegen ber Kontinuität ber ©efdpicfite unb
bo (ikdße ber Drganifation l^o^ SU^tung entgegenbringen. So ift ein toetted t^eore«
tifi^ Sntgegenlommen leidet gu erflären. älber f obalb bie Sa^e ind $erf önlid^e getoanbt 30
unb il^m ber übertritt )ugemutet tourbe, |^at er feinen )>roteftantif(^en Stanb^juntt mit
Gat^eben^eit unb SBürbe berteibigt unb in feinen äludfül^ngen beutlic^ belunbet, baß
er bie ®üter bed ^roteftanti^mu^ fd^r tool^I !annte unb )u fd^ä^en toußte. 2)adfe(be geigt
fk^ bei einer tx>eiteren $bafe ber SinigungiSberfud^e. S)urd^ berfc^iebene Sermtttelung ent«
toidette fOf übet ieneiS Problem feit 1691 ein Sriefn>ed^fel gtoif d^en Soffuet einerfeitd, 86
Stolamtd unb 2eibni| anbererfeitd. S. tritt babei me^r unb mel^r bor 3Rolanu^ in ben
Smbergrunb. 3Ran ftritt namentlid^ über bie ))rin2i)>telle 9(nerfennung ber tribentintfd^en
Sd^fcen, bie Soffuet, unter manchen fonftigen ^uo^f^^^^^iff^r ebenfo entfc^ieben berlangte,
toie 2eibni| fte betäm))fte. 3)ie Sac^e toar bon 3lnfang an audftd^t^Iod, bie 33er^nb=
bnigen entfrembeten bie beiben 3Ränner me^r unb me^r, befc^äftigten fte bei längeren 40
UnterbreAungen aber bid 1702.
9Ui(9 Serfu^ )ur @inigung ber beiben )>roteftantifd^en Kird^en ftanb Seibni^ nal^e.
3)ie Ser^anbltmgen fanben gtoifd^en 93erlin unb $annober ftatt; bort regierte ber reform.
gri^rii^ III. dpäitt atö ilönig ^ebrid^ I.), @emal^l ber l^annob. (übrigem^ reformiert
onfinnierten) $rin)ef{tn Sof^bie Sl^arlotte, l^ier ber lut^. @mft äluguft unb fett 1698 45
0eotg Subtmg. 3)ie Sad^e fam feit 1697 in Setoegung. Seibni^ toirhe für fte burc^
JtmEiefponbengen mit einflußreichen berliner ^erfönltc^feiten, \pQin bome^mltd^ mit bem
bdamiten ^of^nrebiger ^ablondli, fein Streben befc^ränhe ftd^ }unäd^ft auf ben @etotnn
Milifyx Xokran). @ine Jlird^e {oQte bie berfd^iebenen Setenntniffe umfaffen. Stö aber
gfibrtc^ III. ftd^ bordber l^inau^ für eine toinlic^e @in^eit ber Sel(^e unb für bie äluf- 50
l^ebung ber „t)arteiK(^" 5Ramen „Sutl^erifc^" unb „3leformiert" ju gunften be« (Sefamt-
namend „ßbongelifd^" ertoärmte, toarb biei^ ^id toiDig ergriffen, gm auftrage be^ Äur«
ffiiKen berfoßte gablon^ti afö @runblage für SSer^anblungen bie Sd^rift: ,,Kurge SSor-
pdtung ber @inigleit unb bed Unterfc^tebd im @lauben bei ben ^roteftterenben, nämlid^
ilbamäi\dfm unb Sieformierten.'' 93on ^annoberfc^er Seite tourben 2. unb SRolanu^ gu 55
ben Ser^miblungen beauftragt, fotoie $e(mftebter ^^eologen gur 93eratung l^erangegogen.
1698 erfolgte eine ber Sad^e günftige älnttoort. darauf tourbe ^^lon^ti gu einer per-
{9n&<^ Jtonferen) mit 3)2olanud unb 2. nad^ $annober gefanbt. Sic Einigung fam
m Umriß glüdHicp )u ftanbe, aud^ ber 3lamt „Sbangelifc^'' toarb aU gemeinfamer an^
genommen. @ben [dfi aber erfaltete infolge ))olitif(^er Seränberungen ber 6tf er ber Staate- ^^
360 Sribtii^ Setktit
mannet. ®rft 1703 ftefd^ ein toeiterer ©d^rttt öortoärtö, mbem ^ebrid^ in Scdin
ein aud lutl^erifd^en unb reformierten ^eologen (eftel^enbed coUe^um irenicum ober
charitativum unter bem äJorft^ bed bei b(nr Jlrönung jum reformierten Sifc^of ernannten
Urfmug bon 93är einfefete. Unter ben SWitgliebem befanb fid^ 3<*^Iö"^S- 3la4 berfc^i^
6 nen 5ßl^afen, in bie ou^ S. mit eingriff, berlief \>ai (Sonje im ©anbe. ©eit 1706 Jwr*
loren bie Surften bad ^ntereffe an ber ©ad^e, unb aud^ S. jog ftd^ nun )urü(f, getrüftet
burc^ bie Srtoögung ipsa se res aliquando conficiet.
S.d SSer^alten bei biefen @inigungdberfudben jeigt i^n nid^t im ®ebiet fetner ©torle.
©eine ))^ilofo))l^ifd^e Setrad^tung^meife entft^rad^ babei nid^t bem, toa& baS Seimt^ein ber
10 3JlitIebenben unb 9läd^ftbeteiligten erfüllte. 3)ad Problem erfd^ien i^m Diel ju fe^r old ein
blog inteQettuelle^ ba^ bie einjelnen greifbaren 3)ifferen}en in @inrid^tungen unb Sdbren,
namentlid^ beim SSer^öItnid bed Jtat^olici^mud unb ^roteftantidmud, nur einen tieferen
unb unberföbnlid^en @egenfa| jur @rfd^einung bringen, gelangt nic^t jur 9(nerlenmmg.
Unb ba er, bei aQer SSärme für bad ©anje, l^inftd^tltd^ ber näheren ©eftaltung teine fe^
16 Übeneugung eimufe^en l^atte, fo geriet er in eine Slbl^ängigfeit bon anberen unb berfid
ber Sef a^r, bie ©ad^e nid^t f otool^l ald eine religiöfe, fonbem afö eine ))o(ittfd^ unb btt)b>
matifc^e ju bel^anbeln.
£.8 ® efamtfteHung jur Sieligion unb jum Sl^riftentum ift rid^tig m toürbigen nur bei Ser^
gegentoärtigung ber bamaligen ^üt 3lad^ älbf^lu| be^ SOjäl^rigen 5trieged ^errfc^te, noment^
ao lic^ in 3)eutfc^ranb, eine augemeine @rmübung an religiöfen ^agen unb ©treitfrogen, me^
unb me^r erfüQten bie Probleme ber ))oIitif^en ^ad^t unb ber allgemeinen Jtubur Ue
®emüter. ^vktm toar feit 93eginn beiS ga^rl^unbert« eine neue ©enftoeife aufgeftiegen,
toelc^e avi& bem eignen SSermögen ber menfd^lid^en Semunft, burc^ reine Serftanbedorbeit
aQe SBirQid^feit enttoideln tooQte, bamit in einen fc^roffen 2Biberf))rud^ )ur übertommenen
26 gefc^i^tlic^en Seben^fübrung geriet unb baiS Silb ber 9BeIt bielmel^r t)on ber 9tatur ob
bom @eift l^er enttoarf. ©c^toere Jtäm^fe unb Srfd^ütterunght toaren ^ier in beutTu^
äSorbereitung begriffen. S. ^at bagegen in großem ©inne jur SRilberung unb SSerfd^mmg
gemirtt. mit boQer Suft unb l^ik^fter Begabung an ber älrbeit ber neuen ^orfc^ung be<
teiligt, \a ein ^^er ber geiftigen SSetoegung, ^at er ungleich mit aufrid^tigfter ©efbmuna
80 bad Sl^ftentum feftgel^alten unb berteibigt. ©ein $au))tbeftreben ging bol^n, bod „9teic9
ber 9latur" ol^ne ©törung feiner eigenen Drbnung bem „Sleid^ ber®nabe" unterguorbnen.
©ac^lid^ ift il^m bad infofem nid^t gelungen, aü bie 9latur, toelc^e bem ®eifle bienen
foQ, burc^ il^re quantitativen unb mec^anifdben Segriffe in fein innere^ ®etoebe einbringt
unb ^ gemö| i^rer 9lrt geftaltet; bad Silo be^ ®etjtedlebend felbft l^at ^ier bon innen
86 l^er eine ftarfe 9laturalifterung erf al^ren. Sw^^^^J^i*^ Mi^l^ lc)ie }>rinjil)ieiD[e Stnerfennung b«
Ueberlegen^eit ber geiftigen äBelt, toie auc^ toeit über bad $roblematifd^e ber Segriffe
^inaud eine reiche ^örberung bur^l neue Slnfd^auungen unb älnregun^en. 3Benn femet
bie ®eftaltung bed ®eiftedlebend burc^ ben 2intelle!tualidmud 2.€ in etne )u enge Sal^n
geriet, fo fei nic^t berlannt, ba^ er in bem @rlennen t)omel^mlid^ bad SRittel boKer innerer
40 Aneignung fa^, unb ba^ er bal^er mit ber ^larl^eit be^ 3)en!eniS eine gro^e äBärme ur^
^nniglett bed ®efü^ld t)erbinben fonnte. £. erf^eint in bem allen ald ber $au))tt>ertreter
be^ älteren 9{ationaIidmud, ber nic^t fotoo^I eine ^ritil am überfommenen Se^be ber
Steltgion übte ald in i^m bie rationalen Elemente ftärfer l^erborgufebren unb träftiger
gu t)erh)erten bemül^t toar, beffen ©treben nac^ 9(ufllärung ben gangen SJtenfc^en umfaffen
46 unb förbem moQte. fi. I^at t)ome^mlid^ bagu gemirft, ba| ber 3ufammenfU>g ber neuen
3)en!art mit ber überlommenen ^Religion bei ben Deutfd^en nid^t bie ahite gorm onna^,
toie bei anberen Sölfem, am meiften ben^angofen; ba^^beal einer inneren älu^lei^^
unb geaenfeitigen ^örberung bon 9^eligion unb ^Itur, bon Sl^eologie unb $^iIofo)>^ ift
namentlich burd^ i^n aufgeftellt unb burd^ feine groge Seiftung toirffam getDorben. JM
60 beutfd^e 5ß^iIofop^ie aber ^at erft in ii^m il^re bolle ©elbftftänbigleit erlangt unb eine SRac^
für bad gefamte Kulturleben getoonnen. 9inUlf CNifcm.
Seii^ettrebtn f. Äafualien Sb X ©. 116, iff.
Seibtn (ÜbeO- 6« ift eine ber grofeartigften ^arabojien be« ß^riftentum«, he^
md) d^riftlid^er £cben«betra(^tung bie Seiben in bie ®üterle^e gehören. ^\i na^ bun^
K gängiger älnfc^auung ein Übel bad , \va^ ben ©elbfterl^altungdtrieb beeinträchtigt , ein
®ut bad, h>ad i^n begünftigt, unb ift nac^ ber c^riftlic^en älnf^auung Dom Sleid^ ®otte^
atö bem ^öc^ften ®ut ein Uebel im c^riftlic^en ©inne bad, toad bie ©elbfterl^altung gum
etoigen Seben fd^äbigt (3Rc 8, 36), ein @ut im c^riftlid^en ©inne bad, ftxa ber ©dbfb
Setbtn 361
eil(Kdtimg jum etoigen Seben btent (Sc 10, 42), fo tft bte d^riftltd^e Setrad^tung gegen bte
notädic^e m mancper ßinftd^t gerab^u umgefe^rt: tpad nad) natürltd^er Seben^nftc^t ein
®ui ifl, lann für bte d^riftlic^e aU etn Übel erfd^etnen, tpte für btele ber Stetd^tum (3)lt
19, 23 f.); unb hKtd jener ein Übel ift, tann biefer ein ®ut toerben, tvie in mand^en
gaien Slranl^t (3o 9, 3). 3)tefer Unterfd^teb ift bei bem Segriff be« Seiben« })rinjij)iea, 6
tnbem bte SBelt bie Setben al« Übel em))ftnbet, \>ai S^riftentum fte bagegen unter bie gott^
gefegten unb gottgehjottten Sebingungen ber ©rreic^ung beö ßtoigf eitöjieU einrechnet (SRö 8, 1 7 f . ;
2 Jio 4, 17). 3"* neuteftamentlit^en S^^^^lter pxäQU fid^ biefer Oegenfa^ barin ou«, ba^
Me iübtfd^e ffieltonfc^uung Seiben für ®otte«ftrafe über bie ©ünbe erflärte (Sc 13, 1 ff. ;
3o 9, 2; ®a 3, 13; 2 Si 1, 8), Sefu« unb bie 2l>)oftel bagegen im Seiben ben gott= lo
gctoiefenen SBeg jur $errlid^!eit fallen (Sc 24, 26; 3io 17, Iff.; 2 Sti 1, 12).
©eilen ober Seiben ber SBelt al« Übel, fo tann bod^ auf meltlid^em 93oben bie rüdE«
fc^enbe Setrad^tung in Seiben bie S3ilbunp bon Srfal^rung unb S^araher tDertfc^ö^en.
ttab toieberum Uebel rufen burt^au« nid^t tmmer Seiben (= Seeinträt^tigungen be^Sufts
oefü^tö) l^eit)ov, toie ). 93. ber Arieg, an ftc^ getoi^ ein Übel, mand^en 9(nla^ ju erl^öl^ter i6
5Dafetn^freube giebt; unb biele üJlenfd^en leiben fc^mer unter 9Serl^ältnif(en, bie an ftd^
itii^t Übel ftnb, ). S3. 3^^^ ^^ S^g^b, ^ömmigfeit ber Umgebung u. f. h). Se^tere«
itfäüfxt ft(^ mit bem Unterfc^ieb bed Objeftik^en unb Subjlettiben im 93cgriff beiS Uebel«.
Senn ber @elbfter^altung«trieb fann fel^r 3Serf(^iebene« ergreifen unb bie ©rcnjen be«
jur Seiften} für nottpenbig @rad^teten fel^r berfd^ieben ftecfen. ^inftc^tlic^ be« Übel« toaltet 20
olfo ber Unterfd^iA ob, od toirflid^e Seben«l^emmungen bie Selbfter^altung ftören, ober ob
bie tnbit>buelle H^d^if^^ 9^^^ ^^ ®elbfterl^altung«triebe« bie fubjeftibe @m))finbung ber
£c6en«^mung 1^.
3nbem nun ba« Sl^riftentum bem @elbfterj^altung«triebe bie Slid^tung auf ben Stoig^
lettdtDert unb ba« Stoigteitgjtel ber ^erfönlid^feit giebt 0Rt 6, 33), getoinnt e« bermdge 25
bed ^{ien ®ut«, ba« in getoiffer 3Beife aOe @üter unb Übel für ben (SJlöubigen ent^
teertet (3Kt 13, 44 ff. 19, 29), eine ftt^ere äbgrenjung bon (Sütttn unb Übeln: ein ®ut
iß, tDO» bie (Sneid^ung be« ^öd^ften ®nt^ begünfttgt, ein Übel, loa« i^r entgegentoirft.
Ha übet bie Setben burd^ Sntgie^ung ber ©egenftänbe ober 9(nläf|e be« Suftgefü^l« unb
5Däin))fung ober älufl^ebung be« irbif Aen SOBo^lbel^agen« ben S^riften leieren auf irbifc^e« ao
Sbidt }u t^eraic^ten unb ftd^ ba« 9{ei(^ ®otte« toirtlic^ ba« ^öc^fte (9ut fein ju laffcn (Sc
14, 33), fo ftnb fie bie einfd^neibenbften 83ilbung«mittel religiöfer (Sefinnung unb ftttlic^er
6^ara{terbilbung unb barum sub specie aeternitatis ®üter. Sollen bie ©laubigen e«
bmum für lauter ^eube ad^ten, toenn fte in mancherlei älnfed^tungen fallen (^a 1, 2),
!o liegt ber (Sintoanb nol^, ba^ bie Seiben bann für bie ©laubigen aufl^ören, Setben gu 86
ein. Ilber ber ©intoanb toäre falfd^. Denn ben 2Bert, ben bie Seiben für ben ß^riften
^oben, ^en fte ja eben al« Seeintröc^tigungen irbifc^er Seben«freube.
(S« toore ungefunb unb ))^antaftifd^ leugnen }u sollen, ba| e« für benSl^riften nod^
tmrKid^e Übel gi^t : fo lange er im 3ßeltlcben fte^t, funftioniert auc^ in i^m ber irbifc^e
6dbfler]^altung«trieb, ol^ne ben ba« $erfonenleben nid^t gcbac^t toerben fann, unb fo 40
Iaii0e giebt e« auc^ für il^n mirtlic^e Seben«^emmungen, alfo fotvo^l natürltd^e toie fogiale
ttM, mögen biefe aud^ im ed^ten S^riftenftanbe bom ©lauben gu ^örberung«mitteln um-
gehaltet toerben. Unb e« ift fc^toärmerifd^ unb gotttoibrig, in toiufürlic^er Selbftmarte^
niiia unb mdndbifd^er 9l«fefe felbftertoä^lte Seiben ber @elbft}U(^t ftc^ auflaben }u n)ollen
(im 2, 23) : ®ott fenbet jebem ba« i^m nötige Wta^ ber Seiben, unb fpejieQ ben au« 45
ber gembf(|aft ber SBelt entfte^enben (^o 15, 18 ff.) lann fein toal^rl^aft ©laubiger ent=
ge^ (9Rt 5, 10 ff.; 1 5ßt 3, 14. 4, 14); e« ift alfo nit^t nötig, fünftlic^ Seiben ^eröor--
iimfen, toobet ))ra^lerifd^e @elbftgeretd^tigfeit gar nic^t t)ermteben toerben fann. Sonbem
oarin befielet bie Aufgabe be« 6l[>riften, bie toirflic^en t)on ©Ott gefanbten Seiben in i^rem
Clm0tett«toert )u betftel^en ($br 12, 11) unb fte burc^ 3)ienftbarmac^ung für bie @h)igs 60
leittotfgabe nid^t tro^ ber ^Beeinträchtigung, fonbem gerabe bermöge ber Seeintröc^tigung
bc0 irbtfc^ SEBol^lergel^en« ftd^ in ber (Srtötung be« äußeren unb Erneuerung be« inneren
9lenf<^ (2 Äo 4, 16) gu ©ütem toerben ju laffen. ^m toa^rl^aften ß^riftenftanbe
mftffen alle no<^ fo fc^toeren Srlebniffe ber (Sneid^ung be« |öd^ften ©ut« bienftbar toerben,
atfo aum ©uten au«f(^lagen (9tö 8, 26). 55
mtürlid^ tonnen Seiben and^ ben entgegengefe^ten ßrfolg l^aben. SBenn SBelt-
mcnfc^ oft unter Seiben bergagenb unb t)cr||toeifclnb gufammenbred^en, fo fann e« bei
l^friflen gefc^ben, ba| fte in Setben an ©Ott ine tverben ober ftatt bei ©Ott bei fünbiger
SettfiWfe ^uflud^t fud^en unb fo am ©lauben ©d^iffbrut^ leiben (3)it 13, 21). ©elbft-
berfUtnblii^ tft ber S^ft nid^t nur ftttlic^ bered^tigt, fonbem burd^ feine Stellung in ber 60
362 Setbeti
2BeIt aenötigt, ben il^n bebtängenben Setben burd^ Sinfctung ber ^at entgegenjutoirfen.
9)um)>te Steftanotton tft fo tpenig c^riftltd^ tpte müßiger ^taßiSmud. Slber mit ber 3^
traft mu^ [xq t)erbtnben bie Übung ber @ebulb, bie nt^t blo^ bte Ergebung in ®otted
SOBiiDien, fonbem ani) bte Hoffnung auf ben lebenbtgen $erm bed äBeltlaufd in fic^ f(^lte^,
6 unb bad @ebet, bad @otted Sc^tdungen, mag er bte Xrübfal tpenben ober in no(^ tiefm
Xrübfale l^ineinfüi^ren, für bte SSertiefung be^ @laubendlebend unb ben ^ortfdtKitt ber
Heiligung fruchtbar mad^t.
3laS) ber ^erftörenben tote nad^ ber erbauenben Seite ^in tonnen fotoo^I bie notfir«
Itd^en toie bie ft>e)ien c^riftltc^en Seiben toirtfam toerben. Sei ben natürlichen Seiben ftnb
10 )u unterfc^eiben tör^erlic^e unb feelifc^e. (^d^ bemerte, bag bie Einteilung ^ier eine onbere
fein mu^ toie bei ben Übeln, ^m ©egenfa^ ber ®üter unb Übel ^anbelt ed ft(^ um
^örberung unb Hemmung ber Selbfter^oltung ; bte getoö^nlid^e Unterfd^btmg ^^t^^c^
unb fojider Übel ift alfo fac^emö^. älber bei bem 93egrtff bed Setbend Rubelt ed ^
um ben ©egenfal^bon Suft unb Unluft; ^ter entfc^eibet olfo, ob Seeinträd^tigung bed
16 Suftgefübld ober SQSedhtng be^ Unluftgefü^fö aud tör^erltc^en 3^1^^^ entf^ringt ober
in feelifdpen älffettionen befte^t.) Bpukü d^riftlid^ ftnb bte Setben, bie ben ^^0^ 3^
toegen feinet Sl^riftenftanbe^ treffen. Sermöge bed @egen{a|ed bon Sieid^ ®otted uttb
2Bät treffen biefe ben Sl^riften fo unbermeibli^, mte S^ftum bad Jlreuj traf {3Rt 10, 38.
16, 24). (S^rifti Seruf bleiben fe^en ftd^ fort in bem bom ®laubendleben unabtrennbaren
ao Seiben (S^rifti. 3)ie ©t^mad^ (S^rifti (Ä® 5, 41; $br 11, 26. 13, 13) gehört fo fe^
)ur ©ottedlinbfd^aft, ba| Jlrein bad Seichen aOed ed^ten (S^riftentumd ift ($ebr 12, 2).
3lad) bem gottgetooQten @rfolg ober bem bon ®ott beabftd(^tigten Qtotd ftnb )u unter«
fd^eiben @traf leiben, Srjie^ung^leiben unb Ser^enlic^ung^leiben. 1. Straf leiben bejeic^nen
bie ®egentoirtung ber göttlt^en $eiligteit unb ®ered^tigteit gegen bie @ünbe in ^rm
26 ber Sier^öngung bon Übeln Cßf 38, 5), gel^ören alfo eigentlid^ bem @ünbenftanbe an
(Jtlagel. 1, 14); fte tonnen ober aud^ im ®nabenftanbe, obgleich bie @(^ulb bergeben ift,
noc^ Slaum l^aben: ber S^rtft tann an ®ebred^en, in benen ®ott bie @(^ulb ber äSoter
l^eimfud^t (ßi 20, 5), toetterjutragen ^aben, er tann an Stad^toirlungen früher begangener
©ünben tränten ($br 12, 5), ober e^ tonnen auf ü^m Sl^nbungen über ©ünben laften,
80 bie aud ber ^orttotrtung bed t^Ieifc^e^ bermöge Untreue ober Sd^löfrigteit no(^ ^cttyox*
bre^en (5Kt 23, 12; 1 Äo 11, 30; 1 $t 1, 5; ^a 4, 6). ©old^e Seiben, bie ber
®lcUibige cii ©trafen feiner ©ünbe anfeilen mufe, fott er auf ftd^ ne^^men in bemütwer
Scugung unter ®otte« $anb (1 5pt 5, 10), mit ^ingebenber SBerel^ng ber göttlicpim
3Waieftät (3a 4, 9. 10), befonber« mit »e^erjigung ber3Ka^nung i\xx3iox[x6)t{(^p\b,llf{.).
86 Vermöge biefe« in ii^nen liegenben tl^atfäc^ltc^en ßintoeife« auf erneuerte S3u|e nimmt ber
Sl^rift bie ©trafen au« ber $anb ber Siebe ®ottc« (Dff. 3, 19). ®ie über ein «oll
ober Sanb, eine 9leltgion«gemeinf(^aft ober ®emeinbe ergel^enben göttlid^en ©trafen nimmt
ber Singeine al« S^eilnel^mer an ber ®cfamtf(^ulb auf. 2. ?$äbagogiper ^rt ($br 12,
7—11) ftnb bie 8äuterung«leiben, $rüfung«leiben unb Setoö^ng^letben. a) Sermöge
40 be« Unterfc^teb« felbftberfc^ulbeter unb unberfc^ulbeter Seiben legt alle«, hKi« ben S^ftat
betrifft, bem getoiflen^aften (Smft bie g;rage bor, toie toeit e« burd& eigene gel^ler boWent
fei. ©0 biele Sdben nun auc^ ben ÜKenfc^en nid^t al« ©trafen treffen mögen, fo toenige
bürfte e« geben, in benen ntc^t toenigften« ein 3Koment ber SSerfd&ulbung läge, bo« )ur
©elbftantlage unb barum jur ©elbftreintgung (3ef 48, 10 ; 5Pf 66, 10) «nlafe böte, ^n«
46 fofem alfo bie Seiben in bie 93eftnnung führen, tvk toeit ^e in eigener SRangeO^oftigfeit
begrünbct ftnb, betotrlen fte Säuterung (§br 12, 5 ff.), b) Sft ber ®ebanle ber Prüfung
burc^ ®ott aud) toefentltd^ altteftamentltd(^ (t>gl. ^ud^ ^tob), fo ^at bte gbee be« $rüfimgd<
leiben« boc^ auc^ auf ba« d^riftltc^e ®lauben«leben älntoenbung, infofem jebe neue Seiben«<
erfa^rung ben ®läubigen t>ox bte ^age ber ^efttgleit feine« ®lauben«s unb Siebe«leben«
50 ftellt. ®en)ö^nlt(^ nämltc^ galten pcb bie ß^rtften für gefeftigter, al« fte fmb, unb muffen
ftd^ bte ©icgertraft, bte fte fc^on gctoonncn ju ^aben glailbten, in jeber neuen Sebot«»
erfal^ng neu eningen. ©c^toere Seiben führen ben natürlichen ÜÄenfc^ baju, fic^ mit
allen 3Jlitteln ber ©elbfterl^altung, guten ober fc^lec^ten, m Reifen, berleiten cdfo iüf\^
gu ungerabcn SBegen, religio« gu ©ottloftgleit. 35en ß^riften ftellen fd^loere Seiben auf
65 bie ^robe, ob er im ®ottt)ertrauen genügenb erftartt unb in ber ®ebunben^ an feinen
SBJiflen feft getoorben ift (2 Äo 13, 5). gür bie jünger, bie ftc^ eine ©tanb^aftigleit be«
®lauben« zutrauten, bie fie noc^ nic^t befafeen (?Wt 20, 22. 26, 33) tourbe 3efu Äreuj
m einem $rüfung«leiben, ba« il^nen bie Ungulänglic^teit ifycn ®lauben«ftufe jeigte. $rüs
]fung«letben, in benen ftc^ ber ®laube ec^t geigt, führen gu einer ^öl^eren ©tufe ber jbaf<
60 tigteit. c) 2)a ber natürliche 3)tenfc^ getoo^nt ift, jeben ©to^ mit einem ®egen^
Seibeti Seifijigfr ftoOoqtiiittii 363
beanÜDortenb, ben fXbdn mit ben Eingebungen ber ©elbftfud^t entgegenjulDirlen, im d^rifU
lic^ ®Iau6en ober ber 93er}icl^t auf biefe SteSungnol^me liegt, bieten Seiben immer neue
Serfud^ungen )ur älbirrung t)on ber Sal^n ber Siebe, bamit aber aud^ bie 9lnläf(e religidd«
fittlic^ gortld^rittd. Sie SctiKü^runggleiben (3a 1, 12) [tnb barum bie SWittel (3lö8,17)
ber atuöreifung jur SSoDIommenl^eit (1 ^t 1, 17), pno alfo in l^orragenber SBeife 6
Äußerungen ber göttK(^ Siebe (lob 12, 13 ; ®i 2, 5). 2Bie 9iefug felbft burd^ Seiben
DoQenbet tDcrben mu^e, um am Jlreuj ben @ieg über bie @ünbe )u k)onenben, fo ift
(mä^ ben ©einen bad Xxa^tn bed Jlreujed baiS ÜKittel ber SSoQenbung jur Ä^nlid^feit mit
i^ 3. 2)ad Seiben bed Slinbgeborenen ^o 9, 3 unb bed Sa^aru^ 11, 4 unterftanb
bem 3^^ ^ SSerJ^errlid^ung ®otteB. Gegenüber ber menfd^lid^en Sinbilbung, bie toelt« lo
l\^ ^lid^teit {d^ä|t unb erl^ebt, ift ed göttlid^e $arabo£ie (Sc 16, 15), ftd^ baburd^ )u
ber^errlic^en, ba| er aud nid^t^ etnmd mad^t (1 Ao 1, 28), olfo bod 92id^tige ber^enlid^t.
etar!e, Sleid^tum, ^o^eit unb 9Bei^^eit bertoerfenb (ger 9, 23 f.) bilbet ®ott fi4 burd^
ec^tDod^e, armut, 'Jliebrigleit, Xl^or^eit bie ®etö|e feiner Jenlid^teit (9Rt 11, 25; ^o
5, 44). 3efu8 1^ borum bie Armen, ^ungemben unb SSeinenben felig geiriefen (Sc i5
6, 21. 26). 5)ie Irübfal ber Seiben toirb ber 9ßebrigleit (3Jlt 5, 4) jum Seti^ätigung«*
ütt ber SBer^enKd^g ®otted. ^n menfd^lid^er S^toad^l^eit trium))l^iert ®otted Jlroft
(2 5lo 12, 9. 4, 7).
2)ie Seiben finb fftr ben ®Iaubigen bie gottgeorbneten SRittel, il^m SEBeltluft unb
@titnenfreube )u entwerten unb il^n an bad 9ieid^ ®otted )u binben. 3Beit entfernt bie 20
®emetnf(^ft mit ®ott )u lodern, muffen 93efd^toerben uno ^^rübfale ba^u bienen, bie
rdtgidfe ®ebunben^eit an ®ott fefter m {nü))fen, old an ben, bef|en ®ememfd^aft einzigen
SBot i^ unb einen abfoluten ^erfönlic^teit^toert fu^erfteUt, aud^ toenn aQed^tbifd^e t>tt^
fagt ober enttoeid^t (1 $t 1, 6^.; 9id 8, 6 ff.). 3n ben Seiben fu(^t bie Siebe ®otted
feine Stinber. Serfelbe ®ott, ber Seiben fenbet, giebt bie Jlraft, in älnle^nung an ihn 25
unb@tärlung burcp ihn, fie nid^t nur m ertragen, fonbem ftd^ über fte }u erl^eben (2Jto
1, 3—8. 4, 8. 9). ®em (S^riften bürfen bie Seiben, in benen er lernt, auf irbifd&e«
SBol^Ifein unb SBol^Ierge^en ju berjid^ten unb ®ott allein feine ^eube fein gu (äffen,
nic^ fehlen: benn mit i$nen fehlten il^m bie einfd^neibenbften 93ilbungdmittel für bie reli«
gtiyfe ®eftnnung bed {^immelreic^ (3a 1, 4) unb bamit bie toirlung^DoQften Srjiel^ungds bo
mittel für bie ftttlic^e ®efmnung ber Siebe. £• Sewme.
£ei|isiger Sidfratattun f. Sutl^er.
i^mtt Sniaim f. Interim Sb IX ©. 211,58ff.
£e{)i)iger ftoOoqnittnt k)on 1631. — S)ad ^rotofoD bed Seip^iger ftoDoquiumd ift
me^rfoct gebntdCt, ). )B. bei Augusti, Corpus libr. symb. Elbf. 1827, p. 386 sqq., unb bei 85
Niemeyer, Ck>llectio coDf. in eecl. reform, publicat., Lipe. 1840, p. 653 sqq.; So$. ©crgiu«,
9{eIatton ber ^rioat-Sonferenj, meiere bei roö^renbem donoent ber $rotefttrenben eoange«
lifd^n (£4ur«gfürften unb @tönbe ju Seip^tg 1631 gehalten toorben, nebenft einer Sorrebe,
barin auf badjenige, koad ^err ^att^iad ^oe oon ^oenegg in feiner 9{ettung fürgebra(!^t,
Aebü^rlic^ geantroortet toirb, $erl. 1635; @. $3. C>cring, Q^efd^ic^te ber fird^I. Untoni^oerfud^e, 40
©b 1, 2t\pk. 1836, 6. 327 ff.; «. ©. SRubcIbocft, 9?efoTmation, Sutl^ertum unb Union, Seipj.
1839, 6. 407 ff.; 91. ©(j^roeljer, 3)ie proteftantifcften (Jentralbogmen, 2. pifle, 6. 525 ff.;
Sgl. bie Sltt..Ängobcn bei bem «. ßöe 0. ^öcncgg SBb VIII 6. 172.
2)ad Sei})»ger JloQoquium, ein ^cligion^efpröc^ jtoifc^en lut^erifd^en unb reformierten
Z^logen, fd^log ftd^ an eine im ^bruar unb SJtörj 1631 in Seifjgig ftattfinbenbe ^u^ 45
fammentunft ))rote{lantifd^er @tänbe an. ^ie le^tere mar veranlagt burd^ bie9(bftd^t, ctne
Seretnigung ber $rote{ianten be^ 9{eid^ed ^erbei^ufü^ren, um bie Sudfül^rung bed 9{eftitutton^
^tfted )u ^inbern, ol^ne bod^ genötigt ju fein, fid^ mit ®uftat) Sbolf gegen ben Äaifer
pi Mcbünben. ©emgemäft erneuerte man ben ^roteft gegen ba« Sbilt, unb beft^Iofe \n ruften,
toie« ieboc^ ba3 Stnfinnen ®uftat) abolf«, mit i^m in einen Sunb ju treten, gurüdE, f. SBinter, w
(Sefc^ic^ bed breiligj. Jtrieged @. 363 f. SDie prften tourben nad^ Seif^jig t>on i^ren
Zbeologcn begleitet, "^m ®ef olge be« Äurfürften ®eorg SQSili^elm bon Sranbenburg befanb
fidp fein $oft>rebiger 3«>l^ann Sergiu«, mit Dem Sanbgrafen SBill^elm t)on Reffen toaren
fem $i>ft)rä)tger 33^}>l^ilu« 5Reubcrgcr unb ber ^rofcffor gol^ann ßrociu« gclommen. 9?on
fetten biefer reformierten S^eologen gefd^a^ ber erftc ©(^ritt ju einer SScrl^anblung über 65
bie 6trettinmfte gtoifc^en beiben Sirenen. I)abei berlannten fte nic^t, ba^ eine Bereinigung
iaum mj^lic^ fein toerbe, aber fte l^offten toenigftcn« eine 3)?ilberung unb SKinberung
ber 6trettt0teilen' )u erjielen. ®er einflu^reid^fte i^cologe in Äurfat^fen toar ber Ober«
364 Seifijigfr ftofloqnimn
l^oft)rebt0cr $öc bon ^öencgg, bclaititt aU ber J^efttgfte ® egner ber 9lcf ormterten ; iodf ber
gtoang ber t)olitifc^cn Scr^ältntfle, tpeld^er bte gürften jufammengefüis^ ^e, behntöe,
bag bie lutj^erifc^en Xl^eologen bad älnfinnen ber 9ief ormterten nid^t bon ber $anb tDtefen.
3lte btefe bei ben fieijjjtger ^Profefloren ^JJoI^farj) Sc^fer unb ^einrtd^ ^öjjffner anfragten,
6 ob fte mit bem Dber^of^rcbiger unb ii^nen gu einem 3leli0ton^ef}>räci^ jufammentreten
toürben, toelc^eiS iebo4 nur ben S^arafter einer $rit)atfonferen2 l^aben foQe, l^ntm bie
Sac^fen bie 9(nfrage nid^t gerabegu ob, obh)o^( fte i^re 93ebenlen gegen bad Unternehmen
nic^t berl^el^lten, aud^ o^ne bie guf^inniung i^red Sanbe^l^erm auf ben 93orf(^(ag nid^
cin^uge^en toagten ; auf ben SBunfc^, bafe $öe fic^^ ber ^eftigleit, bie er in feinen ©c^riften
10 geige; in ber Untenebung enthalten möge, t)erftd^erten fte feine fonberbore Humanität in
conversatione. 3)er Äurf ürft 3<>^önn ®eorg erteilte bie ©ene^migung ju bem ®^pxäif,
nic^t o^ne aud^ feinerfeitd aud2uf})rec^en, ba^ ed nur bie Sebeutung einer ^rttKttlonferen)
^e; gugleid^ beftimmte er ben ©egenftanb ber SSer^anblung bol^in, „px Demel^^men, an-
jit^ören unb gu ertüägen, ob unb miefeme man in ber Slug^burgfc^en Jlonfeffton einig
16 fei, ober ob unb toie man auf beiben ©eiten nä^er jufammenrücfen möchte".
®ie Untenebungen begannen am 3. 3Wärg 1631 in bem „fiofament" ^öed. 5i)lan
berftd^erte ftd^ eine^ gemeinsamen 93obeng, inbem bie reformierten 3^eoIogen bte SrHdnmg
abgaben, bag ft^ ftc^ gu ber 9(ugdburgfd^en ^onfeffton bon 1530 belönnten, aud^ bereit
feien, fte in ber JJorm, toie fie ber lurfäc^fifd^e äugajjfel (1628 auf Sefe^I be« Jlirrfürfien
ao ^erau^egeben) enthalte, gu unterfd^reiben ; fte erinnerten an bie red^tlic^e ©eltung ber Jtom
effton in Sranbenburg unb Reffen; tt>ai bie Sebeutung ber SSariata anlange, fo begogen
te fic^ auf bie @rtlärung ber ©tänbe auf bem 92aumburger ^onbent, toogegen bie fä(^
tfd^en X^eologen ftd^ auf bie @rllärung in ber SSorrebe gum Jbnlorbienbuc^ beriefen.
darauf na^m man bie ^onf effion in ben eingelnen 9(rtifeln burd^; man fanb fid^ einig in
26ben2lrt.l— 2; 5—9; 11—28. SRe^r ©d^toierigleiten bereitete ber 3. artilel. 3h)ar gu bem
SBortlaut bed 9lrtifeld befannte man ftd^ auf beiben Seiten, aQein man Derbarg ft$ nic^t,
ba^ man il^n berfc^ieben t)erfte^e; bie Suti^eraner legten in il^n bie lutl^erifd^e Raffung
ber communicatio idiomatum, h)ö^renb bie Steformierten biefelbe t)emeinten; man bt»
gnügte ftc^ alfo in gtoölf fünften gufammengufaffen, Vorüber man in ber d^riftologie
30 einig toar, unb baneben fefhufteHen, toorüber man berfc^ieben badete. 3^*" ^- Slrtttel
gaben bie Sieformierten bie ©rflärung ab, bafe fte bie SWgemein^eit beS göttlid&en ©nobem
toiDen« leierten. 3lm 7. SKarg lam man gum 10. Slrtilel bom Slbenbma^I. $ier trat
Ipieber bie SSerfd&ieben^eit ber Se^re tro^ beiS Selenntnifle« jur gleid^en gformel an ben
Sag. 3Kan t)erfu^r h)ie beim 3. 2lrtifel, man fteHte feft, tote toeit man einig hntr, unb
86 begeic^nete flar bie 3)iffereng})un{te, bie manducatio oralis unb manducatio indigao-
rum. 2)ie ©rinnerung an ben 2^g gu 3Rarburg lag na^e; bie Sieformierten hofften,
man merbe je^t Leiter fommen atö bamald, toenigftenS bagu, „ba^ man für einen SRamt
toiber ba« 5ßa))fttum ftel^en lönntc", aDetn bie Sut^eraner trugen Sebenlen, irgenb toelc^
gufagen gu madjfen. Slac^bem man bie Sluggburgfc^e Äonfeffton burd^efjjrod^en IfOtU,
40 erfannte man mit Siedet, ba^ nod^ nic^t fömtlic^e gh)ief})ältige Seigren berül^rt feien ; man
l^anbelte bedj^alb nod^ eigene t>on ber ^röbeftination^le^re. Sud^ ^ier lie^ man ed fu^
angelegen fein, bad beiben ^irc^en ©emeinfame möglicMt J^erborutl^eben, aQein ed blieb
bo$ bie SSerfc^ieben^eit, ba| bie branbenburgifc^en unb ^efftfd^en ^l^eologen bie SrtDO^Iung
einer beftimmten ^Qi)l gur Seligleit an bie Bpi^t ftellten unb bie götüid^e 5ßräfcteng bon
46 ber @rh)ä^lung audfd^lof|en, bie fäc^ftfc^en X^eologen bagegen bie Srtoä^lung bringt fein
liefen burc^ ben gut)orgefe^enen (glauben.
3)er ©d^lu| ber Äonferengen erfolgte am 23. ÜKärg. 6« toar öerabrebet, ben^n^
be^ @ef})rä(^d nic^t gur Ungebül^r gu f})argieren ; be^^alb tourben nur bier @semt)licre bed
$roto!oUd abgefaßt, für bie brei ^rften unb bie t^eologifc^e t^btltöt gu £ei)))ig. Salb
60 aber tvax bad ®ef))rä(^ feinem ^n^alt nacb in @nglanb, ^anfretc^, ber ©(^toeig, ^ollanb
unb ©(^h)eben belannt, ja in ben beiben gule^t aenannten Sänbem tonnte man bie 9les
lation bon bem £ei))giger Jlolloquium gebntcft befommen.
ÜKan lann fagen, bie S8er(^anblungen blieben refultatlo«: bie alten Se^rbifferengen
traten fofort ^erbor, unb in tetnem fünfte t)ereinigte man jtc^; baö ®ntßegenfommen
66 beftanb, abgefe^en t>on ber frieblic^en, ruhigen äSSeife bed @ef))rä(^, nur barm, ba| man
tc^ gerne berfelben 3SoxU bebiente. äUlein bad lag in ber 92atur ber ©ac^e; bmn ed
tanben einanber gh)et t)5nig burc^gebilbete bogmatifc^e älnfd^auungen gegenüber: fob^
afjen ftc^^ nit^t t)ereinigen; unb man toax betberfeit« t)on ber Slic^^tigleit bed eigenen
©tanb)}untte^ gu fe^r burd^brungcn, atö ba^ man in irgenb ettoad SSefentlicbem ^otte
Go nad^geben fönnen. ^ie Sebeutung bed £eif)giger Kolloquiums liegt bemnad^ ntd^t in bem,
SeMijtger ftonoqitiitm Se Vlaittt 365
\ocA huxd) ba^felbe «reid^t hjurbe, fie lieöt barin, bafe eine Jolc^e Äonferenj über^am)t
moglu^ toax, @d bämmerte bte @rfenntntö, ba^ man bei auer ^teue gegen bte eigene
2e^re bie S^toeflerlircl^c nic^t nur aug bem ®efid^t«punft ber ^Polemif betrachten bürfe.
{Stl9\t t) $aiti(.
fie äRoitre^ ^tan $enri, geft. 1774. — Oucßen: D. ©ranbc«, 3. ^. fie gWaiire, 5
iDeilanb fran^. $aftor ju Satreut^, 93ücfeberg unb Erlangen (in Dr. ^id^. ^6ringnierd 3eit«
Wdft ^5)le franj. Äolonic'*, So^irfl. 1895, ^r. 10—12); D. SBranbcS, S)ie franj. fiolonie in
9ucfeberg (in Dr. XottinS @)e{4td^tdblöttern bed beut{4en ^ugenottenoeretnd, III, 7 u. 8);
SItenftüde ber 3üri(6er ©tabtbibliot^et, 3. ^. fie ^. betr.; ^te ^irc^enbü^er ber fran^.
Kolonie ju IBücfeberg unb bad %xd^xx> bed reform. $Tedbt)teriumd bafelbft. 10
£e SRattre, ber ben grölen %üi feinet Seben« im Dienfte ber §ugenottenIird^e
2)eutfdblanbd tytAxai^t l^at, toax bon $aud aud fein Hugenotte. @r l^ieg eigentlich 3Reifter,
aud^ SRaifier gefd^^eben, unb tpar in 3^^^ B^S^^ ^^^ ®^^^ ^^ 17. ^al^r^unbertd ge^
boren. Seine ©tubien mac^^te er in ber SSatcrftabt unb berbanb mit ber Ideologie aud^
^oejte, 5P^ilofot)bie unb ©>>rad^enlunbe. Sr t)erle^rte in bem Greife ber SJobmer unb u
Sreitinger unb ftanb ^ier tpegen feiner 93egabung unb feinet ^lei^eiS in gutem 9lnfe^en.
%üt bte @ac^e ber- Hugenotten tourbe er burd^ einen SSertoanbten getoonnen, X^eobalb,
ber bereite im Dienfte ber Slefuge ftanb, unb lernte in fel^r furger 3^it — e« l^ei^t innere
^alb breter SRonate — ftd^ in t|rer @)>rad^e lorreft unb flie^enb au^brüden. @o trat er
junoc^ atö ^rebiger bei ber frang. Jtolonie in bem bamald nod^ ^ol^engoQemfd^en Sai- ao
teut^ ein, bid er im ^fa^re 1733 nac^ 93üd(eberg berufen tourbe, guerft a(d ©e^ilfe be^
»of^rebiger^ unb S)irettor^ ber bortigen Jblonie, $ierre ßr^ut, an ©teile bed 3^^^^
[0^. ®eorg $irjel, ber loieber in feine §eimat jurüdEIe^rte. * Srögut toar früher reformierter
jaftor m SSnnona^ im Sangueboc getoefen unb gum Xobe oerurteilt toorben, toeil er
einige „StüdCfoDige'', b. 1^. fold^e Sieformierte, bie gemaltfamertoeife gum $a^idmu^ „be^ 25
tdjitt'' tootben toaren, gum älbenbma^Ie jugelaffen ^atte. 9tur mit genauer 92ot, unb gtoar
mit ^ilfe einer J^od^efteQten 3)ame, toar er noc^ in le^ter ©tunbe bem Jlerter gu ^ou-
loufe entronnen unb i^aüi ftc^ mit einer Slnjal^I t)on Seiben^efö^rten gunöc^ft nac^ SRorgeiS
am ®enfer ©ee, bann aber nad^ bem gaftliq^en Srlangen getoanbt, t)on too er famt feinen
®efä]^en im l^al^re 1692 burc^ ben @rafen ^^ebric^ S^riftian gu @c^aumburg'fiif)))e so
nac^ SüdEebm berufen tourbe, um l^ier eine bauembe greiftabt gu finben. 6r^ut ftanb,
atö er noc^ Südteberg !am, fd^on in oorgerücttem äUter, unb a(d Se Wattre i|m beige^
orbnet tourbe, ^tte er bereite fein 87. fieben^jal^r eneic^t. ©ein lob erfolgte am 8. ÜRai
1738, un^ jeftt tourbe ber (Se^ilfe fein 5Rac|folger al^ frang. §oft>rebiger unb Direltor
ber ilolonie, nod^bem il^m bie l^ier gu t^uenbe Slrbeit längft gum aüergrö^en Xeile ob^ 35
gelegen ^e. ®d toaren nid^t geringe ^^orberungen, bie on t^n gefteUt tourben, unb gtoar
nic^t gum Oeinften Xeile bon ber gräflichen ^milie. 2)er ©tammoater be^ ^aufed, (^raf
©imon VI. gur 2ipp^, toar ein ^od^bcgabter $err, man barf fagen, ein (Sele^rter, ber
auf t)erf<^iebenen ®ebieten bed bamaligen 2Bif[end too^l betoanbert toar, unb biefer ©inn
fyütt fiiif nomentlid^ aud^ in ber jüngeren Sinie feiner 9{ac^tommenfd^aft, bie in S3ücfeberg 40
regierte, t)ererbt @d ^ercfd^te am $ofe gu S3ücfeberg ein emft toiffenfc^aftlic^e^ ©treben,
unto befonber« ber ©ruber be^ bamol« regierenben ®rafen atbrec^t ÜBolfgang, ®raf
^riebrid^ Subtoig ilarl l^atte ein überaus gro^e^ 3"*^^fl^ fü'^ <^^^ ^tagen ber SBiffen«
fc^ft, befonber^ ber ^^ilofop^ie, toie fte bamald im ©c^toange ging. 2)ie beiben SBrüber,
©d^e bed ®rafen ^^ebrid^ G^riftian, toaren in ^annooer t)on bem ^aftor bei ber bor« 45
tigen beutfd^^reformierten Äirc^e, 9Jolteniu«, bem ft)äteren ^rofeffor ber X^eologie gu ^ant
fürt 0. D. unb Se^rer griebric^ be« ®r., unterrichtet toorben unb t)erbanlten gerabe bie«
fem rtele Anregungen. ©0 mu|te benn nun aber 2e3)iaitre ^ier mit feinem SBiffen unb
Rennen bienftbor fein unb bie ®rafen auf bem Saufenben erhalten. Sr beforgte i^nen
bie nötigen ©dbriften, bie bamald auf bem ®ebiete ber $^iIofop^ie in älnfe^en ftanben, so
SRolebrancbe, ^ierre Sa^le, 6l&r. SBolff, ©jjinoga u. a., unb ^atte i^nen Vorträge über
|ie gur Srtlärung gu ^ten. Über bie $^iIofo})^ie ©))inogad liegt noc^ ein fe^r audfü^r-
linier Stbri^ k)or, ben Se 3K. für ben ®rafen griebric^^ berfafet ^at. gbenfo tourbe ii^m
bte rdigidfe unb gcfamte toiffenfc^aftUc^e ©rgie^ung ber beiben ©ö^ne bei8 ®rafen Sllbr.
SBolfgong, bed fp^er berühmt genug getoorbenen @rafen 3Bill^eIm unb feinet SSruberd 66
(Ski>rg anvertraut, unb toenn ber ®raf äöil^elm nic^t btofe auf bem ®ebietc ber Ärieg^
totffenfi^aften ^erbonagenbe^ geleiftet ^at, fonbem auc|> für bie übrigen 3h>eige beiS 95Jiffeng
einen ftetd lebenbigen Stnteil an ben %a^ legte, fo toar ed Se SIR., ber gu bem allen ben
(Skunb gelegt ffcd. 3)er t^eunb eineiS X^omad älbbt unb eined ^erber toar eben ein 3ög^
366 Sc Wlatitt Settfcmt
Ung be^ ^ugenotten))aftord au$ 3^^^^ ^"^ ^'^ f^^^ ^^^ ^^" ^^ Sd^üler aud^ onerloimt
tporben ift, ge^t baraud l^ert)or; ba| biefer btö an£e3R/d@nbe(1774) in ftetö regem äScr*
te^r mit feinem Sekret geftanben unb beffen 9{at aud^ ju einer ^txt nod^ gefuc^t ^t, al^
£e 3R. feine Stellung in 93ä(feberg löngft aufgegeben ^atte unb in feine ^eimat jurüdE^
6 gefe^rt h)ar. ^n Sücfeberg litt ^ il^n boc^ auf bie 2)auer nic^t, unb ed tDar h)o^l nid^
b(o^ baiS ,,$eimti>e^ bed S^tDeij^er^'^ bad i^n, tpie ja auc^ 9(I6redE^t t). {^aQer, au0 2)eutf(^s
lanb for^og, fonbem allerlei 3Ki|l^dIigfeiten, bie \i)tn in nic^t fd^öner äBeife Don onberen
Itreifen in 93ü(Ieberg bereitet n^urben. ®ie kirc^enorbnung ber reformierten Jtirc^ Stanl^
reic^, bie aud^ in Sädteberg für bie ^ugenottenfolonie eingeführt toar, orbnet betonndidji
10 eine emfle Ainl^enmc^t an, unb unter bem 93orfi6e be^ $aftor$ h)urbe biefe auc^ Don
bem Jtonfiftorium ber Jlolonie getoiffen^aft gel^anbpabt. 9l6er ba erfolgten bann Angriffe
aü2 bem ^interl^alte gegen ben ^ofprebiger. ^n einer 3^d^nft, bie in Südeberg ^aui^
!am, erfd^ienen @t>ottgebi(^te, beren @})i(e unDerfennbar gegen Se 3R. gerichtet toor, unb
anäf fonft fal^ fic^ biefer ^erleumbungen au^efe^t, bie aber im 93erborgenen f(^li(^en, bid
16 bann ein Siegierungdrat Sd^n^ar) auf bem Totenbette, um fein ®en)iffen )u erleichtern,
ftc^ ali ben Urheber jener Sd^möl^ungen befannte unb anbeutete, ba§ auc^ ber Jtmijleis
^räftbent Sel^enner feine ^anb babei im BpkU gel^t f}ab^. 3)a^ nun ber 9ef(^m))fte
nd^ bei bem ®rafen über Sel^enner befd^h)erte, toar i^m nic^t )u Derbenfen, aber nun erJ^ob
biefer eine SeleibigungiSHage gegen i^n, bie {tc^ lange l^injog unb too Se 3R. benn freiließ
20 fein anbereiS 93etoeidmtttel ^atte, ald bad 3^ugniiS eined ^erftorbenen. @d tourbe bem
Serleumbeten ber Slufentl^alt in 93üdeberg je^ berart Verleibet, ba| er einem SRufe noi^
Erlangen folgte unb bann auc^ eine 9(nftellung in ber ^eimat jeber anberen k)or)og, ob
i^m biefe geboten h^urbe. S^t^t toar er Pfarrer in ftüdnad^t unb ftarb bort gingen Snbe
be^ ^a^red 1774 ^od^betagt, nur bag fein S3er^ältnii$ ju bem balb nac^ feinem äBeggonge
36 t)on S3ü(feberg ^ur Slegierung ge!ommenen @rafen SEBil^elm (1747) nad^ h)ie k>or ein um
getrübteiS unb überaus ^erglid^e^ geblieben ift: ®raf 9Btl^elm tou^te }u fd^ö^, toai er
feinem erften Se^rer ju öerbanten l^atte. I>. ©r««be*.
Senfant^ S^caue«, geft. 1728. — Sic^c: Haag, France protestante, ob VI; Bibl.
germ., $b XVI; Cn. Dardier, Lenfant (Jacques) in ber Encyclop^die des sciences reli-
80 gieuses, SBb VIII.
^acqued Senfant, einer ber bebeutenbften Xl^eologen ber franj.^^ugenottifc^en Jtolonie
in Berlin, tourbe geboren )u 93a^o(^eiS (in ber Seaucc) ben 13. ält>ril 1661. @r ftubierte
31^eologic, juerft in ©aumur, bann in ®enf. gn le^terer ©tabt h)arb er beg ©ocinios
ni^mud an^ellagt, toe^toegen i^m bie Orbinatton t)erh)eigert h)urbe; er erhielt biefelbe
86 ol^ne ©c^toierigfeit in ^eibelberg (1684), toofelbft er t)ier ^a^re lang ate?ßrebiger an ber
franj. ftirc^e unb Jla^lan ber oermitmeten ^urfürftin oerh)eilte. 2im Iga^re 1688 )og er
nac^ SJerlin; ber Äurfürft ^riebric^ bon 93ranbenburg (ber erftc Äönig t)on ?ßreuften) er«
nannte i^n gum Pfarrer ber f rang, ^irc^e, an h)el(^er er nal^e an 40 ^aÜ^xi tmrite. ©ein
Seben in 93erlin berlief in 9{u^e unb in @^ren unb ift h)ä^renb btefed langen 3^i^umd
4onid^td m erh)äl^nen, ald einige Steifen, bie er unternahm: 1707 na6 ^ollanb unb @ng<
lanb; femer, um be^uf^ feiner ©tubien 9)2anuf friste unb h)ertt)olle Sucher aufjugufuc^:
1712 nad^ ^elmftebt, 1715 nac^ Sei})5ig, 1725 nac^ 93re^lau. @r mar ein beli^ter
^rebiger, unb ber $rebtgtbanb, ben er l^txan^ab (Seize sermons sur divers textes),
n)urbe t)on Stambac^ ind 2)eutfd^e übertragen C&aQe 1742). äluc^ fehlte ed i^m ntd^t an
ttäludgeic^nungen; er n^ar ^itglieb be^ Ober!onftftoriumd, fotoie auc^ bed Slated, ber bie
Angelegenheiten ber franj. Stu^toanberung m t)ertoalten ^atte; 1710 tourbe er tonefpom
bierenbe^ 3Ritglteb ber englifc^en @efeQf($aft gur ^Verbreitung i^ @laubend; 1724 9Rit<
glieb ber Slfabemic ber aBifJenfc^aften in Serlin. @r ftarb ben 7. äuguft 1728 unb
tourbe in ber frang. SBerberf^en Äirt^e am %\xi ber Äanjel beftattet.
60 Senfant f^ai btcl geschrieben, ift aber ^au))tfä(^li(^ aliS Jtirc^en^tfiorifer rü^lid^ be^
lannt. ^erborgu^eben finb folgenbe SBerte: Histoire de la papesse Jeanne fid^e-
ment tir^ de la dissertation latine de M. Spanheim (mehrere 3Dlale ^erau^ege^
ben). — Histoire du Concile de Constance, tir^e principalement d'auieurs qui
ont assist^ au Concile, enrichie de portraits, Amst. 1714, bad bebeutenb^ toad
66 er gef(^eben, ^eute noc^ bon SBert ; ein ®egner fällt f olgenbeiS Urteil über badfelbe : „&
giebt toenig ®efc^ic^t«toerle, bie mit folc^er ®enautgleit unb folc^er SBeidl^eit berfo^ finb";
Hist. du Concile de Pise et de ce qui s'est pass6 de plus m^morable depois
ce Concile jusqu'au Concile de Constance, enrichie de portraits, Amst 1724.—
Histoire de la Querre des Hussites et du Concile de Basle, enrichie de por-
Stnfant Seo I. 367
traits, 1731. — Äud^ in b« ©jcgefe unb in ber Äontrobcrfe l^t er nid^t Unbebeutenbcg
gelciftet ®r i)crfa^e mit Scaufobre einen Äommentar be« 5R. 3;eftamente«, ben 5ßrof. 9leufe
ben ,,befien unb berül^ntteften" be« 18. galj^l^unbert« nennt: Le N. Testament de
notre Seigneur J. C. traduit en fran^ois sur Toriginal grec, avec des notes
lit^rales pour ^lairer le texte, Amst. 1718. SSon i^m ift ber erfte 93anb, ber bie 6
rter (Stoongdien unb eine umfangreich (Sinleitung entl^ält. — 9toc^ eine ©treitft^rift ift
!,u ertDö^en: Pr^seryatif eontre la r^union avec le Si^ge de Rome, ou Apo-
ogie de notre Separation d'avec ce Si^ge, eontre le livre de M^^« de B. (eau-
mont) dame pros^yte de TEglise rom. et eontre les autres controversistes
andens et modernes 1723^ 4 ^be. Senfant ift einer ber @rünber ber Bibl. germ., lo
)u toddfct er bie SSonebe fd^eb. C. ^feiiber.
£fttlitlitd f. e^rißudbilber 9b IV @. 65,32ff.
Sc» I.^ ber®ro|e,440 — 461. — ©eine ©Triften finb öcrQuSgegcbcn oon Oue«neI,
2 ©be, ¥ari« 1675 unb am bcften üon % unb ^. SBaUcrini, 3 99bc, «cncbig 1753—1757,
bereu Hudaabe aud) ^igne SL54— 56 abgebrucft j^at; ^ier oucf) 54 ©.59—114 aud (Schöne« 16
mann, Bibl. bist litt patr. lat. II bie Ueberfi^t über bie ^udgaben unb £>Qnbf(briften. $on
(Sriedbac^ (Oposcola I, ^alle 1768) finb Loci communes tbeologici coilecti e Leone M.
ebiert morben. IBei ^urter, S. patr. opusc sei. ftnben p4 14. 25. 26 audgetüä^lte $rebigten
unb Briefe Seod aud ber lludgabe ber Saüerini abgebrucft; eine beutfd)e Ueberfe^ung ader
^rebigten unb ©riefe oon Silben unb von ^enjlomdfQ in ber ©ibi. ber ^irc^enuäter, eine ao
englifd^e üon geltoe in ben Nicene and Post-Nicene Fatbers, Ser. II, 12, yieto'^oxt 1896.
Sbie ©riefe Don unb an Seo über bie Ofterbere^nung ^at ©r. ^rufd), Stubien jur d^riftlic^«
mittelolterlicften (S^ronologie, Seipjig 1880, 247—278 uorjüglic^ ^erau^egeben. ^toti neue
©riefe an Seo oon 3flat)ian unb oon @u{ebiud oon S)0T^15um ebierte ^. 9(. 9lmeUi, S. Leone
M. e rOriente, 92om 1882, Wontefaff. 1890; biefelben Zf). SDlommfen, m% XI (1886), 25
361—368. £eod ©riefe in ber Avellana Collectio (Epist. imper. etc. CSEL 35) ed.® untrer
@. 117 — 124. S)ie Capitula sive auctoritates sedis apostolicae etc. finb uned^t. @benfo ge«
^ren Seo bie Scbrift De vocatione gentium unb bie Epistola ad sacram virginem Deme-
triadem seu de bumilitate tractatuB nicf)t an. ^ad Sacramentarium Leonianum (neuefte
flu^abe oon S^Itoe, (Sambribge 1897) ober ber Liber sacramentonim Bomanae ecclesiae, ao
bie frü^fle Sammlung ber oom $riefter adein )u fprec^enben ^eggebete, ift oon ben ^aUe*
Ttni a(9 eine ^rioatarbeit römifc^en Urfprungd noc^ bem 5. Sabr^unbert jugeioiefen roorben;
caxd^ ^robft, S)ie filteften römifd^en Saframentarien unb Orbined ertlärt, fünfter 1892,
6. 50 ff., üertetbigt bied unb, bag bie (lebete u. ä. auf Seo jurücfge^en ; bagegen ^at 2. ^U'
4e«ne. OrigiDes du culte cbr^tien, $arid 1889, @. 132 ff. (2 ^. 1898) bie @ntftebung bed 35
6aframentard erft in ber SRitte bed 6. Sa^r^. gezeigt, ^ad Breviarium adv. Arianos ift
iDoQI aud 2toi Umgebung ^eroorgegangen. lieber bie ©riefe jum eutQcf)ianif(6cn ©treit in
Monac. 14540 berietet Sf. 0. 9{oftij«9tienecf in ^3® 1897, 117 ff.; berfelbe oerteibigt bie
d^tfteit ber fog. Ck>llectio Thessalonicensis, ber ©riefe über ben pfipftlic^en ©ifariat ju
X^ffalonidj, in 8ß:§ 1897. 3)ie ©riefe fieod aud) bei ^anfi ©b V. VI. ^
3)ie tu>r^ugU(^ften Ouellen für bie ®ef(6id)tc ßeoS finb feine ©riefe — ibre 3)ru(forte
au4 bei 3of^ I, 58—75 9lv. 398 ff. — unb ^rebigteu. ©on ben lefteren in ber ^TuSgabe
ber ©aOerini 116, barunter 20 uned)te ober unverbürgte. Unecbt finb bie oon Saillau ebierten
(M8L 56, 1131 ff.)« unb ber Sermo de ascensione bei fiioerani, Spicil. Liberianum, glorenj
1863, 121 ff. ^ertooS ßnb auc^ bie j^on^ildaften. ^a^u fommen no4 einzelne 9{acbricf)ten 45
in Dcrfdiiebenen ({broniten. S)ie ©ita im Liber pontificalis (ed. ^JDlommfen MG Gesta Pont.
Bom. I, 101 ff.) ift }iemli(6 inhaltlos.
filtteratur: ©gl. bie ?(u«gabcn; ferner Jiüemont, Mömoires etc. ©b 15 8.414— 832,
unb bie «erfe im 1. ©b ©. 237,14 oon ^alcft « @. 104 ff.; ©oroer II, 129 ff.; (ÖregovooiuS
I, 193 ff.; «eumont EL, 24 f.; ßangen II, 1 ff.; ^efele II*, 302—564, befonber« ©orocr, ^e- 50
feie unb Sangen; nur turj $. ®rifar, (S^efd^. IRomd unb ber ^öpjte im "^1% greiburg 1898,
6. 70 ff.; «. «renbt, ßeo b. ®r. u. f. 3eit, SWainj 1825; 6. ^crtbel, ^apft ßeo« L Seben
tmb fie^ren, 3ena 1843; grr. u. $. ©öbringer, ^ie ©öter bed $apfttumd: Seo I. u. Tregor I.
(S)te ftircbe ({^rifti unb ibre 3eugen, ©b 12). Stuttgart 1879; $^. llu^n. ^ie Sbriftologie
Heo« L b. «r. in f^ftematifcber ^arfteQung, ^ür^burg 1894; (£. (S^ore in Dcbr B UI, 652 ff. 55
(fet^r einge^nb); ©arbenbemer, $atrologie^ gfreiburg 1901, @. 460 ff. lieber ben $rimat
oon «ded f. h. Ü. ©b II, 56.
Seo I. ift noc^ bem $a})ftbud^ in Xu^cien geboren; Quednete SSermutung auf 9tom
(ta feine ^eimot (megen ep. 31, 4. Prosp., Chron. ad a. 439) ift un^ureid^enb be^
gcftnM; gan) unfu^er ift aud^ bie älnna^me, er fei ber t)on Sluguftin ep. 104 im S. 418 eo
ectoä^nte Leo aoolutbus, ben ber römif^e $redbbter @i^u$ nac^ Jtart^ago fenbet. 9(ber
f(^im an ben Diaton Seo fyd fu^ (um 43 1) S^riU bon äde^anbrien getpanbt, bamit diow
368 Sfo I.
ben 9(n{)>rüd^en ^ubenold bon ^erufalem auf ein ^atnard^ot über ^oläftina entaegentrete
(Leon. ep. 119, 4); foQd ntd^t btefer 93rief t)telme^r $a^ft Söleftin gegolten ^t (übris
gen^ toar Seo beiS ©ried^tfc^en untunbig, ep. 130, 3. 113, 4). @6en bamold ffcd 'üpn
^o^anned Safftanud feine butd^ ü^n beranla^te @d^rift gegen SZeftotiu^ getoibmet (GSEL
5 17, 235 f.). 3)cn Semü^ungen 3^iand bon (SHanum um lirc^Iid^e 3lece|)tion foB et
entgegengetüirtt l^aben (f. 93b IX, ©. 603, 57 f.). giid^t« aber belunbct beutlidj^er bo« 9Ser*
trauen, bad er geno|, ali ba^ i^m balb barauf ber ^ifer bie 3Rifjton übertrug, j^toifc^
äletiud unb ällbinud, ben betben ^öc^ften 93eamten in Pallien, )u t)ermttteln. SBä^enb
er noc^ — di 3)ia!on — in (Sallien toeilte, ftarb ©ijtu^ III. am ll.Sluguft 440, unb
10 Sei) toarb einmütig bom 3Solf getoöl^lt. 9lm 29. @e))tember empfing er mit S)anl gegen
@ott unb feine SBöl^Ier bie SBei^e. äSon i^m ift bie Sentralifation bed itirc^enregimentd
in e))ocl^ema(^enber SBeife unternommen, unb i^re ^^eorie )um erftenmal Qar, beßtmmt,
beinahe abfc^Iie^enb aufgefteQt toorben.
9Jad^ allen Seiten entfaltet er binnen lurgem eine eifrige S^ätigleit. ®er ^ärefie
16 begegnet er mit rüdfic^t^lofer Energie, ^m @r}btdtum älquileja haaren ^elagtoner tDtdft
in bie Air^engemeinfc^aft aufgenommen h)orben, ol^ne ba^ eine förmlich äSerbammung
i^red bi^l^erigen ^rrtumd \)on ü^nen Verlangt n^orben toar. £eo fanb barin eine fträflu^
9{acl^läfftg!eit, fd^rieb einen bro(;enben 93rief (ep. 1, toal^rfd^einlid^ oud bem ^afytt 442)
unb berlangte bie nachträgliche feierliche Sei
hing biefed Siberrufd bor einer ©l^nobe. —
ao 9luf ber ^lud^t bor ben SSanbalen h)aren 439 auc^ ^anic^öer nad^ 9lom gelommen unb
l^atten l^ier ^eimlic^ eine (Semeinbe begrünbet. Seo toarb auf fte aufmerffam unb fc^
fofort gegen fie ein (um 443). 3Kit Sifd^öfen, ^ßre^b^tem unb Senatoren beranjialtetc
er ein SSer^ör mit ben mantc^äifc^en SluiSertoä^lten beiberlei (äefd^led^td (bgl. feine Sd^
berung in serm. 16, 4 unb ep. 15, 16), bad bie fc^limmften SRefultate für biefe @me
25 l^atte. 2)ie ja^lreic^en 93üc^er berfelben h^urben t)erbrannt. 3)ie Studrottung ber @dte
elbft, too fte noc^ beftel^e, tourbe befc^loffen, bie römifd^e ©emeinbe mit bem 28efen ber»
elben be!annt gemacht, t)or i^rem fc^ein^eiligen ^un getoamt unb jur 9(uff)>ürung ioei«
;erer aJlitglieber aufgeforbert (serm. 9, 4. 16, 4 f. 24, 4. 34, 4 f. 42, 4 f. 76, 6). Si^^
lic^e 93ef e|le ergingen an bie Stfd^öfe be« übrigen Stalien^ (ep. 7). Slud^ SBalcntinian III.,
80 burd^ Seo ba}u beftimmt, erlieg fein @bitt bom 19. guni 445 (auc^ unter Seod Sriefen,
ep. 8).
^it ben 3Jlanic^äem fc^ienen Seo bie ^ri^cillianiften auf^ engfte t)erhKinbt }u fein.
93tfc^of Xurrubiud bon älftorga ^atte bei feiner Slüdfe^r bon bem 93efud^ jal^lreid^er rec^t«
gläubiger ^irc^en mit Staunen bie 93lüte be^ ^ri^ciQianiMud in @t>anien bemerlt unb
86 feine f)>anifc^en SRitbifc^öfe über biefe Seite aufjuflären gefuc^t (l^inter ep. 15 ber Sriefe
Seod) unb auc^ an Seo ein Qi^mplax gefanbt. Seo lieg ftc^ bie ©elegen^eit, in bie \pa*
nifc^e Äirc^e einjugreifen, nic^t entgegen. 3" ^^"^"^ au^fül^rlid^en Schreiben (ep. 15, bom
21. ^uli 447) fc^ilbert er biefe t)erberblic^e Sehe, gegen bie n)ie bie Später, fo auc^ fc^on
h>eltlic^e dürften t)orgegangen. 2)enn bie ÜJlilbe ber ßirc^e etsi sacerdotali contenta
40 iudicio cruentas refugit ultiones, severis tarnen christianorum principum con-
stitutionibus adiuvatur, dum ad spiritale nonnumquam recurrunt remedium,
qui timent corporale supplicium. 2)ie fetnblic^e ^nDafton l^abe bie ^onb^ung
biefer (Sefe^e unb bie l^äufigeren SSerfammlungen ber 93ifc^^öfe unmöglid^ gemocht Da«
burc^ ^abe fic^^ jener Verborgene Unglaube au^cbreitet unb felbft Sifd^öfe ergriffen. Sn
46 17 Äaj)itcln ftellt er barauf bie Se^rc ber ^riöältianiften, fte toiberlegenb, bar. Sin \pa'
nifc^e^ (Seneralfonjil foHc auf (Srunb feinet ©riefet unterfuc^^en, ob bie Seite Än^oiwer
im @piftotoat l^abe; er f^abi bee^alb fdpon an bie f)>anijc^en SRUbifc^öfe gefd^rieben. ixt
))olitifc^e iSage St>anicnd lieg ^ nur ju jtoei Xeilf^nobcn tommen, bie eine toal^c^etnli«^
m Xolebo 447, bie anbere eine $rot)injialf^nobe ber ©alijier in muncipio CelensL
60 ^en Xobe^ftog f)ai ber ^ridciUiani^mud baburc^ nic^t erhalten.
3Rit älle^anbrien ^atte Seo ^unöc^ft eine ^u^einanberfe^ung toegen ber Serec^nung
be« Dfterfrfte« (t)gl. baju Ärufd^ S. 98 ff. 129 ff. 245 ff.), gür ba« Sal^ir 444 foBte
Oftem nacp römif^erStec^nung auf ben 26. 3)2är^, nac^ ale^anbrinifc^er auf ben 23.9()mt
fallen; babei galt in 9tom ali bon ^etru^ überlommene ^rabition, bag ber OfietfonivU^
66 ben 21. älpril nic^t überfc^reiten bürfe. Seo manbte ftc^ an S^riU bon SUesonbrien. 2)tc
älnttoort Spring ift berloren ; ber 93rief, toelc^er aU feine älnttoort beurteilt mirb (fo ouc^
Sangen nac^ ben ^SaQerini), ift uned^t, h)ie Jlrufc^ überjeugenb beh>iefen l^at (S. 101 ff./
ber Srief ^at u. a. (Sennabiug, De vir. 111. c. 7 benu^t). 3*^^ m^ f^^, bag Spill
nidj^t geneigt h^ar nachzugeben, fonbern burc^aud für bie ale^anbrinifd^e 93ereid^nung eintEOt
60 2Btr n)iffen bieiS aud einem Srief be^ 93if^of^ ^a^cafmud bon Sil^böum bom ^oi/tt 443,
Seo I. 369
an bot {t(^ Seo nad^ bem bon ß^nll erl^altenen Sefd^etb getoanbt l^atte. 2)a aud^ $ad=
caftmid luu^ forgfoltiger Srtoögung S^riQ jufttmmte unb barauf Bintoied, ba^ iDentgftend
bcr S^orfreitag bed ^ol^ed 444 nod^ auf ben 21. ä())ril faQe; fügte ftc^ Seo ($roä^er,
Chron. a. 444) angeftc^tö ber in ber Ofterfrage bem alesanbrinifd^en Stfc^of erteilten
Beauftragung unb acce^tierte biefe 93egrünbung (ep. 121, 1 f.). 9lber gegen ben 9ifcl^of 6
ZHodnir ttnterlie^ er ni^t, bie 9lutorität be^ römifc^en Stupid fofort geltenb gu ma^en.
3tn einem ,,t>oterK(^en unb brüberlid^en" Srief (ep. 9 b. 21. Sjwni 445) erflörte er, baft
bte hrc^lic^e Orbnung SUe^anbrieniS fid^ nac^ ber äfomd px richten l)abt, ba bem 9l))oftel
^ßetrud ber ^rinji^Ktt unter ben 9l))ofteln übertragen unb ed ung(aub(id^ fei, ba| beffen
&dfiitt SRortud, ber Stifter jener itird^e, eine anbere ^rabition aU fein SReifter l^inter» lo
(offen ^obe. @r erteilt bo^er Sorfc^riften (volumus) über bie ^^it ber Drbination unb
Q^ SBieber^oIung bed euc^iariftifd^en Dp\^ bei ju fleiner Airc^e. 3)er Überbringer be^
Sriefed loerbe über bie römifd^e ^ra^id unterrichten. SBie äUesanbrien bie 3umutung auf«
Ro^, ift unbelonnt
SebenfoD« größeren Srfolg ^atte Seo« Eingreifen in 3lfrila. 3la^ bem SSanbalen^ i6
emfoU tDor nur nod^ Mauretania Caesariensis bem Sleic^ unb bamit bem nicänifc^en
Scicnntnid erl(^en geblieben. 3)iefe tiefte be« ortl^obo^en ©laubend toaren in il^ ^fo-
(toung auf oudtoMige @tü|en ongetoief en, ba^er je^ 9(udfi(^t, mit mej^r @rf olg aU bi^b^
bie römifd^e @u))rematie über bie« Airc^entoefen au^ube^nen. äluf bie ^unbe t)on fird^«
lt<^ SRt^ftänben ^atte er einen ^reiSb^ter bortl^in ju genauerer 9{ac^forf(^ung gefanbt. ao
Siefer bend^tete, ba^ untoürbige, unreife ober (öngft abgefegte ©eiftlic^e felbft jum @pifIo)>at
gelangt feien, ba§ man bie ürc^lic^en SSorf c^riften über ben ^milienftanb ber 93ifd^dfe um«
gmtgen, ober erft lür^Iid^ ®etaufte, noc^ o^ne bie nieberen Sßei^en, getoö^It ^abe. SBeil
mit ber Sorge für bte ganje Jtird^e betraut, ftel^t Seo ftd^ genötigt mit fd^arf er Slüge ein«
mf(^reiten (ep. 12, t). 10. äluguft, 445?). ^ene ^irc^e unb i^re 93ifc^öfe berbienten ein 35
preitged ®eru^t, ober er toiO noc^ 3Rilbe toalten (äffen; biejenigen 93ifc^öfe jebod^ feien
ab|ufe|en, beren äSer^eiratung nicbt ben firc^lic^en ^orberungen entfbrä^en. 9(ud^ aQe
toetteren 9(norbnungen (Sangen @. 17) giebt er in ber §orm beiS Sefe^te. SBaren nod^
bor toentgen Igal^en tmb ^al^rjei^nten in älfrifa bie 9l)))>eIIationen nad^ 9lom ftrcng ber«
boten, fo erhielt je^t ber 9^)))eUant, Su))ictnu«, feine Stelle jurücf. Sogar bie SSorlegung 30
aller ferneren 93efc^(üffe ber afrilanifc^en Jtirc^e jur 93eftätigung in Stom tourbe je^t furj»
kDcg »erlangt (über bie berfd^iebene ©eftalt biefe« ©riefe«, in beffen lür^erem 2:ejt bie
ajji^aation fe^flt, Dgl. bie »aDerini I, 646 f. MSL 54, 639 ff.). SSon einem SBiberftanb
ha Sifrüaner gegen biefe SSorfd^riften ift nic^t« be!annt.
3n einem Srief (ep. 4, t). 10. Oft. 443) an bie Sijc^öfe 6am})anien«, ^ßicenum«, 35
Xitdcien« unb „afler ^roöingen" forbert er unbebingte Beobachtung feiner Sorfc^riften,
toie aller berer, bie feine SBorgänger erfoffen. Sd^arf tabelt er (ep. 16, ö. 21. Oft. 447)
bte Sifc^fe Si)ilien« toegen t^rer älbtoeid^ung t>on ber römifd^en Sitte im ^ouftermin.
2>itn^ @ntfet^ung k)on ^georbneten ju ber römifc^en S^nobe foQen fte bie römifd^e
2)ä)i)>lin fortan forgföltiger beobad^ten lernen. 40
3^ ^o^eitdre^te über ^Q^rien gu toal^ren, toar ein befonbere« älnliegen ber rö-
mtfc^ Jlird^ Ignnocen) I. ^atte bem 3)ietro)>oliten t)on ^^effalomc^ ben ^ifariat über
biefe $rot)in) übertragen, namentlich um boburc^ ber ftet« toac^fenben älu«bel^nung ber
(Sdoalt be« ^triarc^en bon Jtonftantino^el gu begegnen. @tn 3Biberf))ruc^ t)on feiten be«
SRefaropoKten toar nid^t erfolgt, älber balb fuc^ten bie iübrifc^en 93tfc^öfe einen 9tüct^alt 45
toie frü^ an Slom, fo nun an ^onftantino^el, unb bie H$ö)>fte Ratten ^ü^e, jene älrt
bcr Serbinbung mit ^Q^rien burd^ 2)ro^en unb Ermahnen aufredet gu erhalten, ©leic^-
leiäg mit bem Brief, ber bem neuen SJletro^oliten bon X^effatonic^, Slnaftaftu«, ben t)on
itat erbetenen SSiloriat übertrug unb älnorbnungen über bie Orbination ber Bijc^öfe unb
9letol|)oIiten traf (ep. 6, b. 12. I^an. 444), enttotcfelt Seo in einem Schreiben an bie 50
tlbpnfcpen Sifd^öfe feine ©runbfö^e: $etru« ^abe gur Belol^nung feine« ©tauben« ben
^^nmat überfommen, bie gange Jlirc^e fei auf i^n gegrünbet unb iJ|;m bamit bie Sorge
fta bie gonge ßirc^e auferlegt, ^n toic^tigen fallen fei ba^er (ep. 5, 6. 6, 5) nac^ 9)om
}u berichten unb ber bö^ftlic^e @ntfc^eib eingu^olen ; ade ^Ue ber älp})eJi(ation bleiben
bem fiot>ft refeit)iert. Seo griff auc^ toeiter in bie älngelegenl^eiten ^Q^rien« ein; in ep. 13 56
(t>. 6. 3on. 446) t)erbot er bem SJletrotJoliten u. o. o^ne äBol^l be« ^leru« unb be« '^olf«
iemonb )um Bifc^of gu toei^en. Sbenjo j^atte er balb älnlag (ep. 14; im ^a^r 446 ?)
bem eigenmächtigen ©erfahren be« älnaftafiu« gegen feine Bifc^öfe entgegengutreten. ^cben-
foU ^e er gu feinem ^jiorge^en erft bie römijc^e (Sntfc^eibung einholen muffen, benn er
fä nur in partem vocatus sollicitudinis, non in plenitudinem potestatis (I, 686 eo
mti0%ma$tüpähk fis Z^logtc mb ttM^ 8. E. XI. 24
370 Stü I.
ed. Beil.), Beft^c alfo fein felbftftänbigc« Siedet. 3"0'^^ nimmt l^ter 2eo cbenfo bte
3Jletro))oltten h)te bie 93t{(^5fe gegen biefe in &S)n^; bei 9{om foU bie f<^Iie^i(^e Snt^
fd^eibung bleiben, bie^ aU bie le|te gufl^^tdf^^^ ^^^ f^^ borfteUen. ^n bem römif(^
»tft^of, bem 5Rac^fol0er be« 3l})ofteIfürften, flijjfelt bie ©tufenfolge ber Sifd^öfe, aJletrot>o«
6 fiten, ^Primaten; er ifat bie Dbforge für bie ganje Äird^e (ep. 14, 11). — SBie füf bie
@ad^e nt Seod 3^ t^eiter enttpidelt l^ot, ift nid^t befannt. ^ebenfolld gelang ed nic^
ba^ SSitariot^erpöItnid )u einem bleibenben m mad^^. Seit ben legten ^o^rge^nten beS
5. ^cüS^rl^unbertd übertpiegt tpieber ber @influ| bon ^onftantino)>eI.
3l\d^t obne emftfid^en SBiberftanb gelang e^, bie 9(utorität 9iom$ über bie goOTtfc^
10 Jtirc^e jur Geltung ^u bringen. 3)er 93i{d^of ^atrollud bon 9(rled (f 426) ^e bom
römifc^en 93i{d^of goftmud bie 3ueriennung eined $rimatd über bie gaUifd^e Jtird^e erlangt,
freiUd^ in gemiffer älbl^ängigleit t)on 9{om, ba Xro))l^imud bon 9lom cax^ bie Jlin^e gu
ärle« geftiftet l^abe (f. Sb II ©. 57, 28 ff.). SJorläufig gefd^eitert, toaren bie «Primotd:
anfprüd^e bon feinem Slat^folger, ^ilariu« (f. b. a. 55b VIII 6. 57, i9 ff.), 429—449,
15 toi^er aufgenommen tporben, unb bie Sage ber gaQifd^en Jlird^e toie namentlid^ bie $er:
fönlic^teit bed ^ilariud berf)>ra(^en ie^t @rfoIg. 9lber eine ä())))eIIation bed 9Retrot>oItten
Seliboniud bon Sefan^on beranla^te Seo gegen ^ilariud aufzutreten. Diefer lom felbfi
nad^ 9tom, mad^te aber l^ier fein Siedet geltenb, o^ne Seod 9tic^terfteIIung anjuerlennen
(HonoratuSy Vita Hilar. 16 se ad officia, non ad causam venissey praestandi
20 ordine non accusandi, quae sunt acta suggerere). Seo ttKtr barüber oufö äu^erfle
entrüftet; ^ilariud jei fo ftolj aufgetreten unb ^(S)e SBorte audgefto|en, bie tein Saie in
reben unb !ein ^riefter )u ^ören getüagt (ep. 10, 3. 7). 9)en SSSad^en Seod, bie i^n
umftettt l^ielten (Vita Hü. 17), enhog ftc^ ^ilariu« burc^ bie glud^t aber 2eo repituterte
burd^ eine römifd^e @^nobe ben SeliboniuS unb er^ob eine Stelle t>on 93efd^ußngungen
35 gegen ^ilariud. ^ie ^au))tanHage bilbete, ba| er ftc^ jum alleinigen SRetro^oliten über
Pallien l^abe machen tpoQen unb {tc^ ber Untertverfung unter ben apoftelfürften endogen
^abe (ep. 10, 2). 3)ie ©efc^ic^te ber gallifc^en Jlirc^e fei S^^^t ^1 ^ud^ ®allten f^
unter bem Primat Siomd geftanben ^abe. ^ilariud felbft tourbe auf fein Si^tum btf
fd^räntt; au^ biefed bUeb i|m nur „aud @naben''. 3)ie Siechte bed 9Retro^oliten in ber
80 $rot)in2 SSienne tpurben i^m aberlannt, iebed Streben nad^ einem $rimat fireng unter»
fagt, bie 93erufung einer gaQifd^en S^nobe bem älteften Sifd^of jugef^rod^en.
gn bem feine ganje Slegierung bel^errfc^enben @ebanfen ber römifd^en Unit)erfat
getpalt fu^ bebrol^t fü^lenb unb boc^ felbft bie @(^n)ierig!eit em))finbenb, feine anf)>rü(^
burd^mfe^en, h)anbte ftc^ fieo aber auo) an bie $ilfe ber Staat^etoalt. ^n ber 13}<d
86 ertoirtte er Dom Äaifer 3Salentinian III. burd^ bie Sermittelung beg Sötiu« bod bcrü^^nü«,
offenbar t)on i^m felbft inf}>irierte, ®efe§ bom 6. Suni 445 (Novell. Valent. III, tit. 16,
172. SKirbt, Duetten j. Oefc^. b. ^ajjftt.', ©. 65 f.). 35er Äatfer erteilte ^ier nid^t nur
bem Sefc^lufe ber römift^cn S^nobe, befjen ©Utigleit auc^ ol^nebieiS f«ftftel(5C, ben Soll*
jie^ung^befe^l, fonbem t)erfügte auc^: 35a« SSerbienft be« Slpoftete ^ßetrud, bie SBürbe ber
40 ©tabt S»om unb bie 93ef(^lüf[e bon 9Kcäa (bie gefälft^te gorm be^Äanon«, aRirbt©.43«.)
geben bem römifc^en Sifd^of ben Primat über bie Äird^e: tunc enim demum ecclesla-
rum pax ubique servabitur, si rectorem suum agnoscat universitas. Sin
Serfuc^, bem römifc^en Sifc^of ftc^ gu toiberfe^en, foQe ba^er lünftig ci^ 3!Ha\t^i6^
berbrec^en angefe^en tperben, Serfügungen be« Zapfte« aU aQgemeineiS Sefe^ gelten (hoc
45 . . pro lege sit, quidquid sanxit vel sanxerit apostolicae sedis auctoritas), bem
9lic^terfc^einen eine« t)or ba« römifc^e Sifc^of^eric^t @elabenen gtpang^ttmfe 9(udßeferuiig
burd^ ben $rot)ingialftatt^alter folgen. @in ®efe| bon tpeittragenbfter Sebeutung, auf boS
fic^ jeboc^ bie $ä^fte nur au«na^m«h)eife berufen ^aben. ®ie UntertDerfung bed ^ilonud
giebt fein Siogra))^ beutlic^ gu erlennen (c. 17 in civitatem regressus . . totum se
60 ad placandum tunc animum s. Leonis inclinata humilitete convertit). 9iom
l^atte geftegt. Unter Stabenniu«, feit 449 bed $ilariu« 9{ad^f olger, berteilte £eo ta>enig{tei^ bie
aJletrot)olitanred^te gmifc^en älrle« unb Sienne (ep. 66, b. 9. 3)2ai 450), unb bod erflcre
bel^ut)tete auc^ femer ben Sorrang (f. o. Sb II ©. 58). ^n bem ©treit 2cod mit ber
orientalifd^en ^irc^e [tanben ©^nobcn unter Stabenniud t^m gur ©eite.
55 @ine fe^r günftige Gelegenheit )ur @m>eiterung ber älutoritöt Stomd otic^ über bie
Jlird^e be« Orient« fc^ien ftd^ nämlic^ gu bieten burd^ bie Erneuerung ber c^riftologifc^
©treitigleiten in ben äu^einanberfejungen über bie Se^re be« Sut^c^e« (f.b. a.9b V ©. 635 ff.).
(Steid^ in ben erften Slnfängen bc« ÄamjjfeiS h)anbte ftc^ btefer an Seo (f.ebb.©.639,i4ff.,
unb Seod ep. 20, b. 1. ^uni), gu il^m na^m er auc^ feine B^f^^^^ "^ f^i^^ ^^^
60 teilung bur^ ^labian (unter Seod Sriefen ep. 21) unb unterttnnrf ftc^ Seod @ntf(^eibung
geo I. 371
(Seo ep. 33, 2, t). 13. guni 449); an jene Dertmed i^n aud^ bte 9{nth)ort be^ $etru^ S^r^fo^
bgud t)im 9iat)enna, ep. 25 unter £eod Briefen). 9lber au6) %lat)ian fc^rieb an £eo
(ep. 22) mit ber Sitte, bie älbfe^ung bed (Suti^cf^ed anjuerlennen, unb überfanbte bte ällten
ba @^nobe (ep. 26). S)a]^er trat nun £eo auf ^laDiand @ette (ep. 27, b. 21. 3Rax
449). @(^on ^tte er au^ bte @inlabung jur ötumenifcfien @^nobe )u @})l^efu^ erl^alten 6
(ep. 31, 4) unb tDor nun burc^ jol^lretd^e Srtefe (ep. 28—38) eifrig borum bemül^t, bad
geta>thif(^te SRefuUat )u erreichen, befonberd inbem er aOed für burcfi bie (nac^ ep. 33, 1
tnmt Äaifer erbetene: hanc reverentiam divinis detulit institutis, ut . . auctorita-
tem apostolicae sedis adhiberet, tanquam ab ipso Petro cuperet declarari,
quid in eius confessione laudatiun sit) ben @inn bed $etrudbelenntniffe^ beutenbe lo
feflorung bed römifcfien Stu^Ied bereite entfcfiieben (ep. 33), ein itonjU ald im @runbe
fiberflüfftg (ep. 37) l^infteUte. Seinen SSertretem auf biefer @^nobe ^ab er feinen be^
Türmten, noc^ ©emtobiud. De vir. 111. c. 88 (epistolae quoque papae Leonis adv.
Eutychen de vera Christi incarnatione . . ab ipso dictatae dicuntur) bon $ro^))er
t)crfa^tat, Se^brief an ^labian (ep. 28, \>. 13. ^uni 449) mit, auf ben er aud^ bie S^^ is
ndbt bertvicd (ep. 33, 2).
2)iefer Srief tDieber^olt, junöc^ft im 9(nfci^lu^ an älußuftin bie ^ormeln ber abenb^
Unbtf^en S^ftologie (f. 93b IV @. 40 ff.), o^ne in bad burc^ bie cfiriftologifcfien SJer«
^onbbmgen bed Oriente gegebene Problem tDirllic^ einzutreten unD ein anfc^aulicfie^ unb
cin^ettltd^ Silb Don Sl^rifti $erfon aud^ nur emftlicfi anjuftreben. ^urd^ bad Sauf- 20
\lfitibol mit feinem Selenntnid )u Sl^rifti ©ottl^eit unb SJtenfcfipeit fei fd^on aKed Kargetegt,
bciin (c. 3) salva . . . proprietate utriusque naturae et substantiae et in unam
ooSonie personam suscepta est a maiestate humilitas, a virtute infirmitas, ab
aetemitate mortalitas et . . . natura inviolabilis naturae est unita passibili, ut . . .
unoB atque idem mediator Dei et hominum, homo lesus Christus et mori 35
poBset ex uno et mori non posset ex altero. in integra ergo veri hominis
perfectaque natura verus natus est Dens, totus in suis, totus in nostris . . .
humana augens, divina non minuens. ^al^er (c. 4) agit utraque forma cum
alterius oommunione quod proprium est, verbo scilicet operante quod verbi
est, et came exequente quod carnis est; unum horum coruscat miraculis, 30
aliud succumbit iniuriis . . . unus enim idemque est . . . vere Dei filius et vere
hominis fOius. — £eo fal^ in biefen äludfü^rungen bad rechte 93elenntni^ t)on bem ©e-
ffmxnt^ ber ÜRenfc^tDerbung mit boÜer ^ar^eit au!^ef))ro(^en (ep. 93, 2).
3ur Sertefung ift Seod Srief auf ber @^nobe ntcbt gelangt (ep. 44, 1), aucfi h)ar
bort txm bem Sorfi| feiner Segaten leine Siebe, unb i^re $rotefte blieben unbeacfitet (f. 35
9b V @. 642, 52 ff.). Som ftonjil abgefegt, a))))ellierten t^lat)ian unb @ufebiu^ fofort
naä) ffUm (9Rommfen 5R31 XI, 2, 1886, ©. 361 ff.). Suc^ noi) anbere Hilferufe (3. 8.
Ml 5B^bwet ep. geo« 52 unb MSG 83, 1311 ff. 1323 f. 1327, boH »etounberung
für ben rdmifcfien Stul^l unb Seo« c^riftologifd^e 9ludeinanberfefeung) ergingen bortl^in, \>on
tDO oOetn rwA toirtfame Unterftü^ung )u erhoffen toax. @« pötte biefer 93itten nic^t be^ 40
bttcft ^onbette ed fic^ bod^ um See« eigene @a((ie unb 9lutorität, obtoo^l erft biel f^äter
2)todbir ben Sonn über il^n berl^ängt l^at (f. 93b V @. 645, 26 ff.). Seo begehrte bom
flotfa ein allgemeine^ Jtonjil in ^talien (ep. 43, im ^erbft 449). 3u>^Äd^f^ bertoarf er
auf einer t)orläufigen @^nobe ju 0iom (Dttober 449) alle 93efd^lüffe bed ,,latrocinium''
(fo juerfi 2eo ep. 95, 2, b. 20. 3ult 451). Überaü^in fanbte er »riefe, äud^ Salen^ 46
6mm III. t>eranla^e er an S^eoboftu« )u fd^retben (ep. Leon. 55), bamit ein Iton^il
in 3to(i^ wttter Seo, bem bie Ugoavvtj xam ndvxwv anvertraut fei, unb an ben gla*
tNon mit Stecht o^i^elliert ^e, bie ©acpe nod^matö bomel^me. Ol^ne f^c^ auf eine ^ritit
ber bogmotifc^ Sdd^lüjfe bon @))^efu« einjulaffen, forberte Seo bie SSerurteilung be«
Cnt^^ cSA eine« ^anic^erd un^ 2)oteten. 2)ie Slugufta ^uld^eria tou^te er ^u ge« 60
imncn (ep. 60). ®egen ben neuen ^atriard^en t)on jtonftantino^el Slnatoliu«, bon ber
^^ortci beS 3>iodtur, beff en Slnerlennung ber ^aifer Verlangte, berl^ielt er ftd^ jurütf^altenb ;
bcrfcCbe foSe erß ferne Ortl^^obo^ie bet^ätigen, aucfi Seo« Se^rbrief acce^tieren (ep. 69, b.
16. 3uli 450.
ate mit bem 24>be i^bopu«' II. ft^f ber jjlö^li^fe Söec^fel boUjog (f. 93b V ©. 644, 2:j ff.), 55
trat bad neue Jtaifer))aar mit Seo fofort in lebhafte itorreft^onben). 9lnatoliu« entf)}rac^
ben )>ät)fSi(^ ^orberungen, unb Seo« Se^rbrief toarb allertoärt« anerlannt unb gerühmt.
Sbcr ]e|^ toönfd^te Seo lern Jtonjil me^r (ep. 82 ff. ; bgl. u. a. ^amatf, 2)ogmengefcb.' II,
365). |uma( ba e« nic^t in Italien gei^alten toerben foQte. @« tourbe bennocfi nad^ 9licöa
bcn^pm, bann nod^ S^cebon Derlegt, Seo tonnte nur nacfi ÜJlöglicf^Ieit borforgen, ba^ bie eo
24*
372 ßco I.
aiutorität bc« römifd^en ©tul^te, ^unäd^ft fein £cl^rbricf, ;\ur ©eltung lommc (ep. 89 ff.).
@d h)arb benn auc^ auf ber ®^nobe ju Sl^akebon (f. SBb V @. 645 f.) tDenigftend ha&
®^ren)}räfibtum ben rdmtfd^en Segaten )u teil, toöl^renb freilid^ bie t^atföd^Iic^e Seitung
burcfi bie faiferlic^en Jbmmiffare erfolgte. 3Jlit ben ^ommiffaren jufammen ^aben bie Se«
5 gaten bie Slbfe^ung ^io^hir^ burd^gef^t, mit ^ilfe be^ energifd^en @ingceifend bed 5laiferd
ed and) erreid^t, ba^ bie orientalifc^en ^ifc^öfe i^ren SBiberf))rud^ gegen ben il^nen tetltoetfe
neftorianifc^ erfd^einenben Se^rbrief Seo^ aufgaben unb biefen ald bie ®runb(age ber
©laubendbeftimmungen acce))tierten (iDlanfi VII, 101 ff.), ^tnt Sifd^öfe l^aben barat ouc^
Seo ate ben 2)o(metfd^er ber Stimme $etri (vocis beati Petri omnibus constitutus
10 interpres) unb atö bad ^avOpt il^rer ^erfammlung (sicut membris caput praeeras)
belannt (ep. 98, 1) unb bie Seftätigung i^er 93ef((i(ü|fe Don il^m erbeten (ep. 98, 4>
S)em Setou^tfein be« Siegel giebt in^befonbere ber 35nef 2eo« an 2:^eoboret (ep. 120)
^ui^brucf.
3lxd)t umfonft aber l^atte £eo feinen Segaten fd^on im Doraud eingefd^ärft, fte fodten
16 feften SBiberftanb (eiften, si qui forte civitatum suarum splendore confisi aliquid
sibi tentaverint usurpare (ÜKanfi VII, 443). ©eine 35eforgnig toor nxd^t o^nc Onmb.
2)er 9. ßanon geftottete ^))))enationen an ben Patriarchen bon ^onftantinopel. ^m 17. jtonon
tourbe beftimmt, ba^ bie ))o(itif(^e Stellung eine^ Orted aucfi für f^ne tircfilic^e beftimmenb
fein fode, toä^renb ber römifc^e Stui^l feine älutoritöt auf bie Stiftung bed 9l))0^elfürflen
20 5u grünben fud^te. 2)er 28. fianon aber \pxad^ unter 93erufung auf ben 3. Jtonon \>cn
381 bem ^atriard^en bon 5{onftantino))eI gleiche Steckte (ja laa ngsaßeia) mit bem bon
älUrom ju, biefem nur ben 6^rem)0CTang einröumenb, unb be^nte ben St^rengd bcd
erfteren über 5ßontu«, äften unb Il^racien au« (auc^ bei SKirbt' ©. 66 f.). 3)er 5ßrotefl ber
römifd^en Segaten toar bergeblid^. 9lber aucfi bie Semü^ungen ber Orientalen, bie ^
26 ftimmung Seo« ju getoinnen, blieben erfolglos. Umfonft berfucfite bie St^nobe (ep. 98, 4)
i^m bie (SintoiUigung abjufc^meic^eln, inbem fie jugleic^ bad Sebürfni« ber Jtirc^ unb
alten 93raud^ geltenb mad^te, umfonft legte e« il^m 9(natoliud in bringenber SBttte oxA
^er^ (ep. 101, 4. 5; ber Stul^l bon 5{onftantinoi)el ^abe ja ben a))oftolif((ien t)on 9tmn
Htm ^ater) unb bemül^te ftc^ ber fiaifer felbft barum (ep. 100). Seo be^^orrte bei feiner
80 3lble^nung (ep. 104—107), unb felbft bie Seftotigung ber bogmatifc(ien Sefümmungen
(ep. 114) t)er25gerte er anfangt. 2le$t erinnert er an bie fuf})e{te Orbination bed 9na*
toliu« (3. 93. ep. 106. 111) unb tritt }u bem antioc^enifc^en Sifd^of (ep. 119) unb )U
^roteriu« bon älle^anbrien (ep. 129) in Se^iel^ungen. ^n ber 3;l^at erreichte er ed, ba|
ber Kaifer (L. 13, C. 1, 2 De sacros. eccl.) unb Slnatoliud (ep. 132) nachgaben. ®o(^
86 blieb bem ^atriard^en faltifc^ ba« il^m ya S^alcebon übertoiefene ^uridbittion^ebiet
9(n ber 2)urd^fü^rung ber bogmatifd^en S3eftimmungen biefe« Konjil« im Orient \fiX
ftd^ Seo aber lebhaft beteiligt. @r ^ielt fortan einen ftönbigen ^cuntiud gegen bie ^äretiJEer
in jtonftantino^el. ^ie ftete, biefem ^öd^ft läftige (ep. 163), Übertoad^ung bed Xnotoliud
(ep. 135. 143. 151. 155. 157) bürfte freiließ me^ burc^ ben Äan. 28 l^eröorgerufen
40 fein, älber auc^ fonft lie^ e« £eo an @ifer }ur älufrec^ter^oltung bed S^cebonenfe nic^
fehlen. Sein 93riefn>ec^fel legt babon 3^u0^i^ ^- 9Iamentlic^ al« man feit Jtaifer Seo L
457 einem gemiffen 9lu«gleid^ mit ben (Sut^c^ianem toieber juneigte, toirfte Seo bem un«
ermüblic^ entgegen, unb er erreid^tet^atfäd^lic^, ba^ nac^ ber @rmorbung bcd ^roteriul
nic^t ber ^JJJonop^^ftt 3;imot^eu« 3(luru«, fonbcm ein ort^oboj^er ^atriard^ in äUesom
46 brien folgte.
Wxi $roteriu« ^atte Seo toieber eine älu^einanberfe^ung über ben Oftertermtn wifcÜ
(Ärufc^ S. 129 ff.). 3m ^a^r 454 foCte ba« Dfterfeft nad^ alejanbrinifd^er »ere^mm«
fogar auf ben 24. 3t))nl fallen, mö^renb bie römifc^e Stec^nung ed auf ben 17. Slfml am
fe^te. äBieber aber fprac^ fi(^ ber bon Seo befragte 93ifc^of ^iadcaftnud für äUesonbricn
60 au«. 2)a toanbte fid^ Seo bireft an ^roteriu«; jugleid^ aber fucfite er au(^ ben Jtoifd
burd^ einen 93nef (ep. 121) toie mit ^ilfe feine« 92untiu« Julian (ep. 122) bagu )u be^
ftimmen, ba^ er bem SUe^anbriner 91ac^giebigleit jur ^flid^it macfie. $roteriud t)afu^
jeboc^ mnöc^ft bilatorifc^, erflärte bann aber bei ber ale^anbrinifcfien Sered^nung beharren
in muffen. Seo blieb nic^t« übrig al« nachzugeben (ep. 137), studio unitatis et pacis
66 (ep. 138), freilid^ toibertoiQig genug, toie bie S^ronit $ro«))er« jeigt (ad a. 455, bei
Ärufc^ S. 137 f.).
2)ie 3*^it be« ^ontifilat« Seo« toar bie be« beginnenben g^f^ntmenbruc^ be« toeß*
römifd^en iKeic^« auc^ in Italien felbft. 3)aburc^ aber toarb Seo @elegenl^eit oucfi nai(
biefer Seite ben römifc^^en Sifcf^of al« l)en eigentlichen 3lej)räfentanten ber regierend ®e»
00 loalt 3U ertoeifen. So gegenüber älttila. 9U« biefer 452 in Italien einbrong \xvib 9m
Seo I. 373
b^rol^te, tourbc £co nebft jtoet l^ol^cn ©taat^beamten mit ber Ocfanbtfd^aft an i^n be=
ttaut. Shtrdl^ bm (Sinbrud feiner $erfon unb feiner S3erebfamleit fod SlttUa jum älbuta
bcfttmmt tootben fein. So erjä^It ^ro^er (ad a. 452 ©. 482 ed. SWommfen), ber \\c^
brnnold in ber ))äi)ftli(^en Jtanjiei befunben ju ^aben fd^eint, unb nad^ il^m Saffiobor (ad
a. 452), Siltor t)on Slunnuna (ad a. 449) unb 2lorbanid c. 42 @. 115 f. 9(ber aud 6
gwrbani^, ber ftd^ auf £eo« 3^^*0^öffen ^pri^fu« beruft (c. 42), ge^t ^ert)or, bafe auc^
anbcrc ®rünbe jum «bjug attila« mittoirtten (Sotoer ©. 261 f., $ert^el ©. 90 ff.), fo
ber 3"Pön^ ]Änt^ ^eereö, brol^enbe §ilfgtru})t)en üJlarcian«, bie fjurd^t ber ^unnen für
Xtttia t)or Sllarid^« (S<|ii(l^al unb bie äu^ftd^t auf einen 3^ribut. — 9Jid^tjiu ber^inbem
bcnniK^te Seod $ürf)>ra(fie eine bierje^ntägige ^(ünberung Siomd burcfi ben Slianbalentönig lo
&ä\mA 455, nur bor 3Rorb unb S3ranb foU er iRom betoabrt ^aben. ®d ift tDa^r«
fc^emlicp, obfcfion umfiritten, ba^ ftd^ auf S^om^ ©efd^icf burcp ©eifertcfi bie Sutorebigt
Bcod (sermo 84) an ber Oltabe bed 29. ^uni bejie^t. ^e$t tDol^I ^at Seo bie 5tird^en
an ber Via Appia unb ber Via Latina erbaut. SBal^d^einlid^ am 10. 3lot), 461 (über
anbete angaben bgl. bie SaQerini II, 586) ift Seo geftorben. i6
Seod Sebeutung beruht barauf, ba| er tl(^eoretifc^ unb ^raltifd^ ben ©tul^I $etri }um
gfutibament ber Jtirc^e )U machen beftrebt getoefen ift. 92id^t nur ben Primat be^ römi^
\d^ Sifd^ofd l^at er toie fcfion anbere bor i^m, nur noc^ energifd^er aU fie, Vertreten,
fonbent i^ ofö ben uniberfalen Sifc^of bebai4)tet; er lann fomit aU ber erfte $a))ft be^
leitet toerben. ^n feinen Briefen unb nocfi mel^r in feinen Sieben ^t Seo feine ^l^orie 20
Dargelegt. 92ad^ berfelben ift bie Rvcd^t erbaut auf ^etrud, ben Sl^ftud in SBa^r^eit )u
etncm greifen gemad^t, auf bem feine iRirc^e grünben fod. ^n i^ gi))feb berart bad
a)>offa>lif(^ ^mt, er ift fo in bie unteilbare ®in](^eit Sl^rifti aufgenommen, ba| ftd^ bon
i^ old bem QaMpt aud aDe (Saben in ben Seib ergiej^en, unb ficfi bon S^rifti ©emein^
\ä^ trennt, toer bon ^ßetru« (ep. 10, 1). 3)en ©d^rifibetoei« liefert i^m a)ltl6,16— 19 25
(t^gL befonberd sermo 4). ^ft jtoor S^riftuö ber Qi- unb ©runbftein, fo boc^ auc^
$«tru^ ber^d beriRird^e, benn er l^at teil an aQem toa^ S^rifti ift (tu quoque petra
eSy quia mea virtute solidaris, ut quae mihi potestate sunt propria, sint tibi
mecum partieipatione communia). ^a^er ift ber eine $etru^ aQen 9())ofte(n boran-
gcßedt, bamit aucfi er beteiligt fei an ber Seitung aller !ßriefter unb Wirten burc^ Sl^riftud 30
(de toto mundo unus Petrus eligitur, qui . . omnibus apostoÜs . . praeponatur,
at quamvis . . multi sacerdotes sint multlque pastores, omnes tamen proprie
regat Petrus, quos principaliter regit et Christus). %xdf toa^ bie anberen mit
t^ gemeinfam ^aben, baben fie nur burc^ jeine 93ermitt(ung (4, 2). ©el^ört auc^ ben
anbeten Spofteln unb Seitem ber iRirc^e bte Sinbe- unb Söfegetoalt, fo toirb fte bod^ 35
9Rt 16, 19 bem $etrud allein am)ertraut, um fein iBonec^^t bor aQen anberen bor^uti^un
(4,3). (Sbenfo betet ber ^err aQein für ben ©tauben be^^etrud, tro^ ber aQen 9())ofteln
fato^enben ®(fal^, toeil feine ^eftigleit aud^ bie anberen ftd^ert (ebb.). @ein borüberge^enber
^bO toorb jugdaffen, ut in ecclesiae principe remedium poenitentiae conderetur,
vcab um jeben bor Sid^er^eit }u betoa^ren (sermo 60, 4). — Sad aber bon $etru^ gilt, 4o
and^ bon feinem Sla^folger. SBä^renb jeber anbere 93ifc(|of mit ber ^ürforge für feine
)telle $etbe betraut ift, fo ber römifd^e mit ber für bie ganje fiircfie, bie Arbeit jebe^
' >fd, ift ein Zeil feiner (Seod) Slrbeit (quamvis enim singuli quique pastores
speciali sollicitudine gregibus suis praesint, . . nobis tamen cum omnibus cura
oommunlB est, neque cuiusquam administratio, non nostri laboris est portio, . . 45
ad beati apostoli sedem ex toto orbe concurritur, sermo 5, 2). äln bem etoigen
Sticftettum unb ber ^Ifenart Sl^rifti nimmt ^etrud unb burcfi biefen fein 92ad^folger teil
(floliditas enim lila quam de petra Christo etiam ipse petra factus accepit, in
aaos quoque transf udit haeredes ; 5, 4) ; burd^ feine ^rf orge toirb bie gan^e 5^ird^e
tigtctt (ebb.). 3)ie übrigen Sifd^öfe fmb nur feine Oel^ilfen (f.o. ©.369,«^ im ©(^reiben anbo
ben 3Jlettoj)oKten bon Il^effalonic^). 2)a« ©bftem bon »ifcf^öfen, üjletrojjoliten, Patriarchen
finbct feinen Slbfc^lu^ in bem Sifd^of bon rRorn (ep. 14, 1. 11). 2)urc^ ben ©tul^l be^
ffL $etrud ift bo^er Slom jum ^avißt be^ (Srbfreife« getoorben unb ^errfdfjt je^l iociter
bun^ ben djiriftlic^en ^eben aH burd^ bie ^errfd^aft bed 5triegd. 2)e^^alb toarb bei ber
Zeibing ber 2BeIt unter bie Slpoftel bem ^etru« bie ^aujjtftabt ber Söelt beftimmt, bamit 65
l^et im Stittebunb ber entfd^eibenbe ©ieg über bie irbifc^e SBei^^eit ber ^^ilofopbic ioie
fibet ben ^ienft ber Nomonen errungen toerbe, unb bamit bon bem ^auüßt an^ ba^ Sid^t
bet aSBo^^t ftt^ burd^ ben ganzen Seib ber Söelt berbreite (ep. 82, 2. 3). 2)ie öe^
WUffe M Jtonjild bon S^cebon getoinnen in Seod Slugen erft burcf^ bie ))ä))ftltd^e äSe«
Pfiiigung i^ tottOid^e ®eltung. eo
374 Seo I. £eo m.
SBefentUcfi old Siegenten jetgt ftd^ Seo auc^ in feinem S9rieftoe^fe(. %afk buxc^toea
l^anbelt ed ftcfi ndben bem Jtani))f gegen bie $ärefte nm tragen ber ^idj|it)lin. 9tameittlu|
bringt Seo auf fhenge älufrecf^terl^ltung ber t^orberungen über ben Sdlibat ref^. bie ®nU
^altfamleit ber Sifcpöfe unb ber Jtleriter bid jum Subbiolon l^erob. ^r bie @üt^,
6 burdSf h)e((^e bie regenerationis dona berieft finb, l^ölt er eine t)riefter(i((ie ißermittlung fär
nottoenbig (ep. 108, 2. 3). @r toill aber nidjit, ba^ bei freitDidig belannten @ünben ein
öffentUd^ed Setenntnid geforbert toerbe; ed ift eine plenitudo fidei laudabilis, tt)enn
ein folc^e^ auiS freien Stücfen gefcfiie^t (ep. 168).
9Son ben Sieben Seo^ finb un^ 96 erholten. Slamentlid^ ben 3<^^i^ f^^ ®^
10 Hebung auf ben @tu^I $etri liebt er mit einer ©eböc^tni^rebigt }u feiern. „3f^ gro^
itlarl^eit, in jierlicfier unb ^o^ulärer »^orm benü^t er bie ^ft^rebiaten )ur SeJ^t&buig
ber 3^i^^on^i>berfen (Sleftoriu^, ®utV($e^, SRanic^äer u. a.), freiließ oft )u fe^ auf Sto^
ber erbaulichen S)ar(egung bed ^etl^inl^altd ber ^ftibee'' (Sl^riftlieb in ber 2. Slufl. ber
$St@, 93b 18 @. 484). ^^örmlicfie ©c^rifterKörung bietet er nic^t. 91. »ottivetf^.
15 geo n., 682—683. — OucHen unb fiitteratur: 3)lc Urfunben bei 3a|f«
@. 240 9{r. 2116 ff. ^qju bie l^onjilienfatnlungen oon ^anft unb ^arbouin. Seine Sita
im Liber pontificaliB I, @. 200 ff. ed. ^ommfen. gferner bie fiitteratur bei ^onoriu9 I,
f. »b VIII, 313, bef. ©cfele, Äonäilicngef*. 3* @. 287 ff.; SR. öojmonn. S)ie ^olitif ber
$äpfte, I, 185 ff j 3. fianaen, (^efd). ber röm. ^ixdit, U, 568 ff.; O^rifar im fat^ol. fitr^en*
20 lejifon ö 7b. SSgL ouc^ AS jum 28. 3uni.
ä(uf ber fecfiften ötumenifc^en @^nobe l^atte ^af)ft Sgatl^o burd^ bie Serbommuira
be^ SRonotl^eletidmud (f. b. 31.) einen glänjenben 2riumt)b emmgen. äOlerbingd ^atte fi«!
bad itonjil ber (Sntfd^etbung älgatl^o^ unb feiner römifdpen @^nobe nicfit einfach untere
toorfen, fonbern bad römifd^e Sd^reiben junäd^ft einer Prüfung unterzogen. ^!Oj<ä^ä^V\A
36 aber n>ar bann bocfi bie römifc^e ^ei^re böQig burd^ebrungen, ber toiberftrebenbe ißatrunq
t)on itonftantino))eI burc^ einen anberen, toiuföl^rigeren erf^t toorben. SBol^l um fii^ eine
getoiffe ©enugtl^uung für biefe 9tieberlage )u berfd^affen, l^en bie Orientalen, toidleii^
auf bie Jtunbe bon Slgati^o^ 2:ob ^in (Sangen @. 573 f.), ben berurteilten ^[a^rent hk
3Ronotl^eletidmud auc^ ben $at)ft $onoriud (f. b. 31. Sb VIII @. 313 ff.) betgefügt,
80 d>g htelvoig h rovrotg äxolov^aavza. Über bag SSerl^alten ber p&p^xd^ Ägoten
gegen bied SSorgel^en ber @^nobe unb über ettoaige SSer^blungen barüber toiffen hrir
ni^td S3eftimmted; ebenfo nic^t, toarum ftc^ bie SSei^e Seod fo long berjdgerte. 2lAeits
falld aber l^at Seo bad Jlonjil anerlannt, feine @ntfd^eibungen bestätigt tmb bie 9to»
bammung ber ^verurteilten ^äretiler toieberl^olt. 3lu(^ ^onoriud toar barin eingef^Ioffen
86 atö berjenige, qui hanc apostolicam sedem non apostolicae traditionis doctrina
lustravit sed profana proditione immaculatam fidem subvertere oonatus est
3)er 93rief (3Jlanft 11, 725) toar lateinifcb unb griec^ifcfi abgefaßt; bie loteinifc^e ®ef)alt
aber natürlid^ ber @nttourf unb nid^t erft Überfe^ung au$ bem ©riec^ifcfien (fo $efe(e
III % 294 unb ©rifar I.e.). 3ln ben ^aifer ging berSrief griec^ifc^, unb ^ier fmbet M
40 ftatt bed subvertere eonatus est nur TzagevcAgriaev. 2)em entf)mc^t eS, n>enn Seo
bei Überfenbung ber Jtomil^Iten an bie f^antfd^en S9if((|5fe (SRanfi 11, 1050) ^onoriui
ald ben bezeichnet, qui ilammam haeretici dogmatis non, ut deouit apostolicam
autoritatem, incipientem exünxit, sed negligendo confovit. @bei^ ^^ e9
in einem Srief an ben SQeftgotenlönig $enoig (9Jtan^ 11, 1055 ; bon einigen Senebät IL
46 jugefc^eben) maculari consensit. — ^atariud bon 3lntioc^ien unb feine monot^e»
tif^en ^eunbe toaren nad^ Siom gefanbt Sorben (3Jtanft 11, 711); fte tourben nod^ bem
5ßaj)ftbud^ au^er jloeien, bie fic^ befe^rten, in berfc^iebene Älöfter. eingef))errt
3la6) bem ^ßofvftbudb toar Seo f^rifthinbig, berebt, geübt im Jtirc^engefang, cmd^ beS
©rieAifcben mäd^tig, too^lt^ätig. 2)ie ©elbftftänbigleit bed Srjbidtumd Siabennad (f. b. X«
60 Slgatl^o 99b I @. 241) tourbe unter i^m nocfi t)ollftänbiger t)emic^tet ^er ©rjbifdH
foute fünftig feine SBeil^e in 9lom empfangen. 3luc^ ^at Seo ben 93er)id[^t ®regov8 L
auf alle ©ebü^ren bei SJerlei^img bed ^alliumd toieber^olt (ebenbaf.). Rfon tdmif(^
Äird^en berbanlen i^m i^re ©rbauung. — ©ein SegräbniStag ift ber 3. guli 683.
66 8co III., 5Pa})ft, 795—816. — Soff^ I, ©. 307ff.; bie ©riefe an ftorl b. «r in
ben Monumenta Carolina bei 3off^» ßibl. rer. GermaD. IV, 6. 307 ff. unb MG 1^. V,
©.85 ff. einjelneS qu* in ber ©rief fommlung «Ifiiin« bei Saff^, Bibl. VI. unb MG I^IV.
©iograp^ie im Lib. pontific. ed.^uc^e^ne II, 8.1 ff. ^ie frönf. Slnnolen in ben MG SSI
Seo m. 375
aefammelt. — ^arftellutigen in ben SBerfen über bie ^efAi^te bed ^apfituntS, ber @tQbt
mom, ber pofitif^en unb Iird)Uc^en Q)ef4i(6te ^eutfcQIanbd, bie oor bem ^rtitel ^abrian
I. ©b Vn @. 302 f, üerjeicftnet finb. 6citbem ift crfcfticnen bie 2. Stuff. meine« SScrfeS
über bie St& ^eutjc^Ianbd, 2. Sanb 1900 unb 3. ^. fetterer, ^arl ber ®roge unb bie
Stixöic, V^ün^ien 1898, über welche ©c^rift meine S^ejenfton in ber ^3 h^ Derglei^en ift. 6
«5 49 6. 78.
Seo III., ein geborener 9i5mer, tourbe am 26. ^ejember 795 getoöl^It unb am ^ge
bonac^ tonfelnert. 3lad) bem Sendet bed Lib. pontif. erfolgte feine SBal^l einftimmig.
3ebo<^ fianben bem neuen $a))ft bie römifcfien Obtimaten bon älnfang an feinbfelig gegen«
über. Um fo me^r Snlofi ^e er, fufi einen 9tücfl^alt an Siaxl b. ®r. )u ftc^em. @r lo
machte bemgemä^ unter S^orlage bed SBal^lt)rotofon^ bem ^nig SRitteilung bon feiner Sr«
^ebimg, berju^erte feine 2^reue unb f orberte ibn auf, burc^ einen jtönig^boten bem römifcfien
Soll ben Xreueib abnehmen m laffen. Jtar(^ älnttoort mt^pxad^ ben SBünfc^en bed
$a)){Ud, ii^em fte bon feiner ^ereiüoiUi^Ieit Jtunbe gab, ben fränüfd^-bö^^ftlic^en S3unb
m erneuern, jugleic^ aber lie^ fte Seo lernen 3^^^M darüber, toie ^rl bad SBer^cÜtnid i5
ber beiben ©etoolten )u einanber bad^ite: Nostrum est, fc^rieb er, s. undique Christi
ecclesiam ab incursu paganorum et infidelium devastatione armis defendere
foris et intus catholicae fidei agnitione munire. Vestrum est, elevatis ad
Deam . . manibus nostram adiuvare militiam, quatenus . . populus christianus
super inimioos sui sancti nominis ubique semper habeat victoriam, Alo. ep. 93 30
©. 137 f.
2)er in biefer SBeife beginnenbe ^ontifilat Seod tooi^rte länger ald jtoei ^al^e^nte.
@r iß nic^t boburc^ bebeutenb getoorben, ba^ Seo ftc^ ald 3Slann bon l^erbonagenber Se»
^ung belool^e, beffen ^anbmngen in bie Snttoidelung ber jtird^e unb ber SBelt tief
eingegriffen l^ätten. 3Dtan l^ot eine einjelne $anblung )u ertoäl^nen, bie toeltl^iftorifdbe Se« 36
beiUung f^t, bie Jtrönung RaxÜ )um Jtaifer. Slber ed ift einleu^tenb, ba^ burcp baiS,
taKuS Seo bobei ifyit, ba$ llaifertum nic^t gefd^affen, fonbem ^öd^ftend benannt tourbe.
aSote ber ÜRonn, ber an SBeibnad^ten 800 bor bem $a))fte ftanb, nid^t iRarl b. @r. ge«
tocfen, fo ^fitte bie p&p\&\d)t Jtrönung nimmermel^r bie ®^d)id^tt eine^ neuen !3mt)eriumd
eingeleitet Slbaefe^en bon biefer einen $anblung Seod liegt bie Sebeutung feiner 9(mt^ 90
fül^ncimg (^iglicp barin, ba^ fte bad SSerJ^öttnid, in bem bad ^a)}fttum jum fränüf d^en Steic^e
ßräib, flot erlennen löfit.
SBir l^oben ^ermtt )u beginnen. 3^^^!^ ^^ ^^^ ^^ fränlif4fe @c^u^ )u gute.
(Er ectDied ftd^ bolb genug ai& nottoenbig. ^enn nicfit nur tourbe Italien burd^ baiS 9(m
bringen ba Sorajenen bebrol^t, eine größere ®efal^ lag für ben ^a!p\i in ber ^einbfdigs 86
lett feiner römifc^ @egner. @o l^eftig fte toar, fo toar fte bocfi toeber in ben firc^lic^en
lUK^ in ben ))olitif(^en Überjeugungen begrünbet, fonbem fte toar rein ))erfönli(^ : burcfi
bie SAebtmg Seod toaren bie 3Känner, bie unter ^abrian an ber ®^t^e geftanben toaren,
t^tcd Stnflulfed berattbt toorben. ^ad ber^iel^en ^e bem $a))fte nidbt. ^m 2S<^re 799
tarn ed bei ba l^ömmlid^ien $ro}effton am SRartudtage ju einer Stebolte : ber ^ßa))ft 4o
tDincbe überfallen unb mi^l^belt ; man brad^te t^n nacfi bem naiven Sradmudllofter. ^ann
fanb, toie ed fd^eint, eine tumultuarifcfie SSerl^anblung ftatt, in ber er feiner SSerbreAen
falber (Ale. ep. 179 @. 297 : Grimina adulterii vel periurii) abgefegt tourbe. äluein
bie SRi^becgnügten überfc^ö^ten i^re ^Jtad^t ; ber älnl^ang bed ^(^fted fammelte ftcfi f of ort
unb ed getota il^m nod^ in ber 3lad)t, xf^n )u befreien. @r \U>lf naq 2)eutf((ilanb. 46
Sei itorfo Stellung berftanb ed ftcfi bon felbft, ba^ bad römiUe Slbfe^ung^urteil
fär i^ nid^t bor^ben toar. @r em))fing ben SSertriebenen ald $a))ft, er lieg i^n burd^
fränlifc^ ®ro^ nod^ 9lom jurütffüJ^ren, 9tobember 799. älber nun ertoted ftc^, bag bie
OdfuHgp^t naäf StatU 3Reinung ein Sluffic^t^rec^t in fu^ fd^lo|. 2)enn für erlebigt be^
trottete er mit ber Stücffü^n^ be^ $a))fted bie ©ad^e nicfit. ^ielmebr erteilte er feinen so
9etH)Ilma(^ten ben Suftrag, tn 9lom eine Unterfuc^ung ju beranftalten, bie ftd^ ebenfo
auf bie (Smt>tomg, toie auf bie Seo fc^ulbgegebenen Serbrec^en gu erftreden l^atte. @te
fanb Sbifong 2)e2ember 799 ftatt, unb man lann taum bqtoeifeln, bag fte bie @c^ulb
Seod er^ (bgL b. 184. Sf. Sllhiind @. 309).
2)amit ober ftanb man bor einer fo großen @d^toierigteit, bag nur Jtarl felbft fte 66
lofen )u fönnen fqien. 2)ie ^age toar: Konnte ber fc^iilbige $a)}ft gertd^tet toerben,
tonnte er ungerichtet im Slmte bleiben? Sluf ber einen Seite ftanb ber @a(, bag ber
römif Ae Sifcfiof bon niemanb gerid^tel toerben lönne, für toette Greife feft ; in ber nä^ften
Umgeottng bed Aönigd bertrat i^n Slltuin. ^uf ber anberen Seite toar man biedfeit^
ba 9Qt>en nid^t gleic^iltig genug gegen Siecht unb Unredf^t, bag man e^ für juläfftg ^ielt, eo
376 Seo III.
bo^ ein mit bem fd^tDerften SSerbacfit belofteter ÜJlann bet erfte Sifd^of ber S^riftenl^
bleibe ; ed toucbe ber $orf d^Iag getnad^t, Seo foSte ^urüdFtreten unb ben Steft feined SebenS
in irgenb einem Älofter i^ubringen, Ale. ep. 179 ®. 297. aber lonnte ein SDlonn toie
er bam bermoc^t h)erben? jtarl trat im ig^bft 800 ben 3^9 tiai) Italien an; er tDOC
6 entfc^Ioffen, bie Slnllagen gegen Seo }u untetjud^en. 2)a^ gffd^^ aud^. 9(ber bie Unterfuc^ung
enbete toeber mit ber ^reif^rec^ung nod^ mit ber SSerurteilung be^ $at){led, fonbem bamit,
ba^ er fic^ burc^ einen bor allem Sßoll in ber ^ßeterdftrc^e geleisteten ®ib t)on ben
il^m fd^ulbgegebenen SSerbred^en reinigte, ^er @ib l^atte folgenben SQortlout: Audi-
tum fratres karissimi et divulgatum est per multa loca, qualiter homines
10 mall adversus me insurrexerunt et debilitare voluerunt et miserunt super
me gravia crimina. Propter quam causam audiendam . . rex Carolus una
cum sacerdotibus et optimatibus suis istam pervenit ad urbem. Quam ob
rem ego Leo pontifex sanctae Rom. ecclesiae, a nemine iudicatus neque
coactus sed spontanea mea voluntate purifico et purgo me in conspectu
15 vestro coram Deo et angelis eius, qui conscientiam meam novit, et b. Petro..
quia istas criminosas et sceleratas res quas illi mihi obiciunt nee perpe-
travi nee perpetrari iussi. Testis mihi est Dens, in euius iudicium venturi
sumus et in euius conspectu eonsistimus. Et hoc propter suspitiones tollen-
das mea spontanea voluntate facio ; non quasi in eanonibus in ventum est aut
20 quasi ego haue eonsuetudinem aut deeretum in s. eeelesia sueeessoribus meis
et fratribus et coepiseopis inponam» MG Ep. V @. 63 f. 92a((|bem Seo bun^
biefen @ib feine Unfcfiulb betoiefen f)aü^, tourben feine älnKöger afö Siebellen )um Xobe
verurteilt. SBad aber jtarl bon bem ®ibe bed$a)}fted ^ielt, bad jeigte er babuni^, ba^ er
fte jur SSerbannung begnabigte, Ann. reg. Franc, j. 801 @. 114. @d ift Hör, bog
26 biefer Sludgang ein J{om))romi^ toar jtoifcf^en ber Überzeugung, ba^ ber $apft bon nie»
manb gerietet toerben bürfe, unb ber anberen, ba^ ein SSerbred^er nicfit ^M>ft fein tömte.
SSoSjogen tourbe bad itom))romi^ auf Soften bon Seod ©etoiffen. ^ad 0^(^ ant 23. ^
jember 800.
3toei Sage banad^ erfolgte bie Jtrönung unb Sludrufung RaxU )um Jtaifer. ^ie
30 %:age lann unerörtert bleiben, ob ber $a)pft unb bie Slömer }U bem, toQ& fte traten,
bered^tigt toaren. ^enn ed ift ebenfo getoi^, ba^ fte ein formelle^ Siecht ba)u niSft
befa^en, loie ba^ bie SKöglic^leit für i^r a:|un burdfi bie SKac^tftellung, bie 5larl ein«
nal^m, gegeben toar. Slber auc^ aboefei^en babon ge^en bie ÜReinun^en über bied
(Sreignid toeit audeinanber: 2Bar bie 5?r5nung bon ^arl erftrebt unb mtt bem ^ßat^fie
86 berabrebet ober ^anbelte biefer ol^ne 9Som)iffen bed fiönigd ? SBar bie Srlongung ber
fiaifertoürbe bon lange ^er ba^ le^te Rxd feiner ^olitil unb lam ed burc^ ba§ jufo^enbe
eingreifen be« ^a^jfte^ baju, ba^ er fein ^M nur fydh erreichte? Söurbe Äorl überraf(^
ober tou^te nid^t nur er, toai gefc^e^en toürbe, fonbem loaren bie fränlifd^en ©rogen, ja
ba^ römifc^e SSolI „in ba^ ©e^eimni^ eingetoeil^t" ? ®ie Seanttoortung biefer grogen
40 toirb baburd^ erfc^toert, ba^ bie 93eri((|te ftcfi begnügen, lurj unb fc^lic^t ia§ Sreignid )u
ertoä^nen, o^ne über feine SSeranlaffung ober feine 93ebeutung ein SQ3ort )u Jagen. QinU
fd^eibenb ift be^^alb, toie mic^ bünit, bie @rn)ägung, ob bad Haifertum tofacflidp hcS ffidfit
j)olitifc^e ^i^ci loar, bem bie beutfd^en SJiad^ti^aber feit ga^rl^unberten juftrebten ®w»
mulierung bon ©iefebred^t Jtaif.®!, 123, 3. 9lufl. Segrünbet ift bie ä(nfc^auung fyaajäßU
46 fäc^lid^ burd^ 2)öllinger). ^enn nur toenn bie^ ber %aü toax, toenn toenigftend Aorl im
jtaifertum längft fein ))olitifc^e^ ^beal erfannte, ift bie ätnnol^me möglid^, bag er bie
Ärönung in^cl^eim borbereitete, freilid^ bleibt bann „ba§ ©el^eimnid" ebenfo unerHörlii^,
toie bie Sinftlbigleit ber Sieid^^nnalen. 3l\m aber lä^t ftd^ pgen, ba^ Jtarl leinedtoec^
SSere^rung gegen bie Äaiferibee unb ba^ Äaifertum emjjfanb (f. bie il® 3).« II, ©. 105
60 ^nm. 1 {ufammengefteUten S3elege aud ben Libri Carolini), bann aber \ptxd^t oQed bafttr,
ba^ bie bon (Sin^arb bezeugte äleu^erung RaxU, bie t^eatralifd^e Sjene am SSetlj^nac^td'
feft fei ol^ne fein SBiffen unb gegen feinen SBiHen beranftaltet loorben, vita Kar. 28, too^
unb aufrid^tig geloefen ift. Söäre fte e^ nid^t geloefen, toie toürbe e« ftd^ erflören, ba|
Äarl ben Äaifertitel nidfjt fofort annal^m? ©r nannte fid^ nodfj im SJlär^ 801 rexFran-
66 corum et Romanorum atque Langobardorum (95. 3JI. 363). 9Zic(|t Äorl, fonbem
nur Seo fonnte burc^ ben SBorgang in ber ?ßetergfirc^>e einen SSorteil ju erlangen glauben.
3)enn toie erl^ob ftdj! ber SWann, beffen gan^c ©jiftenj jloci 2:age borl^er auf ber
©d^neibe be^ 3Keffcr« ftanb, au« feinet 6miebrigimg, tocnn er jefet an ber ©pi^e bei
römifd^en ^olfe« einen neuen ^i^^t'^^^*'^'^ })ronamierte, toie einftmaö bie ftegrei(^
60 Segionen !
Seo in. Sco IV. 377
@r tnod^te auf RatU ^ant red^nen. Slber er fa^ T^c^ getäufc^t. ^enn Jtorl jog
oud bem neuen Z\tü tebtglu^ bte Folgerung, ba^ Siom nunmel^r gönjlid^ ol^ Seftanbtetf
feinet Stetc^ be^nbelt toerben lönne ; ein tDefentlid^er Unterfd^ieb jh^ifcf^en bem römifd^en
St^of unb ben übrigen 3Retro})oliten bed Sieid^^ tvax laum mel^ ju bemerfen : in feinem
2!efkmettte jä^lte 5larl 9tom einfach }u ben 3Jletrobo(itanfi|en be^Sleid^, Einh.V.Ear. 33, 6
in ber Stetd^tetlung \pxad) er an^, ba^ ber @c^u$, ber ber römifc^en itirc^e gebührt,
similiter et caeteris ecclesiis gebül^re, 92r. 15MSL97 ®. 301. 2)er $a))ft h)urbe ein
Untert^an bc« Äoiferd (MG Ep. V ©. 103 5Rr. 10; Datierung ber ^)ä^)ftIi4en »uHen:
Imperante domino nostro Carolo). 2Bad noc^ £eod Meinung ein Xitel l^atte fein
foQen, tourbe burc^ Jtarl )u einer X^atfac^e. lo
SBie tDenig Seo bebeutete, jeigt fid^ am fc^ärfften in ber geringfügigen SioEe, bie il^m
in ben Kr^fUd^en Streitigleiten jugetDiefen tourbe. 2)ie Sriebigung bed abo^tionifc^^en
Streitet na^m t)on Slnfang an Staxl in bie $anb ; Seo l^atte (ebiglic^ nad^ feinem SSefei^I
auf einer römifdben St^nobe am 23. Oltober 798 bad noc^ einmal ju berbammen, toa^
in a)eutf(^Ianb bereit« berbammt toar, aRanfiXIII, ©. 1031, bgl. Ale. ep. 199 ®. 829. i6
^ ben Ser^blungen über bie älufna^me bed filioque ind Symbol, toagte er, ftcfi bon
bem Urteil ber fränfifc^en Jtirc^e )u trennen : tpieber tourbe eine t^eatrolifc^e Sjene ber«
anftattet, er lie^ ben alten %^ be« @t^mboU in jtoei gro^e filbeme ^feln einoraben
unb biefe in ber ^eter^Iirc^e feierlich auffteHen, Vita Leon. 84 @. 26. 9lber aa] Roxi
unb feine Xl^eologen mahlten bie ftlbemen ^feln nid^t ben minbeften Sinbrucf : baiS 30
filioque blieb tn ben S^mbolformeln ber fränlif^en Airdf^e erhalten, unb tro^ ber ftlbemen
Xafebi re2i))ierte man ed in ber Stille aucfi in iRom.
@elb|l in feiner Stellung ju ben ©ried^en tourbe er burc^ bie 9lü(fftd^t auf iRarl ge«
feffeli Unter Jtonftantin VI. unb bann toieber unter 3lxttppotn9 fünften etlid^e griec^ifc^e
9Rdnd^, bie bon ben Jtaifem bebrängt tourben, an il^rer @t)i|e X^eobor Stubita (f. b. 91.), 25
Seod $ilfe. @r toar fel^ bereit, bie gegen bie römifc^en ^Jrimatialanf})rüd^e gefügigen
SrHorungen Sl^eobor« mit ^^rofttoorten }u belohnen ; aber bie lonjiliante $oIitif , bie itarl
bem ^i(^ 9lei(^ gegenüber befolgte, l^mberte i^n, irgenb ettoa« für il^n m ti)\xn.
9m 28. Sfanuar 814 ftarb itarl b. (Sr. Seo unterließ e«, bie römif^e Seböllerung
feinem SRoc^lger Subtoig b. %t, l^ulbigen ju laffen. @r glaubte, ba^ i^m nun bie ^Jtög« so
licf^ gegeben fei, ftc^ an feinen alten ^inben ju rä^en ; aU Unruhen au^brac^^en, lie|
er eine grd|ere älnjo^l bon ibnen berl^aften unb ^inric^ten. 2)a« toar ein fo offenbarer
Singriff in bie taiferlic^en Sleqte, ba^ felbft Subtoi^ i^n nicf^t f cf^toeigenb bulben f onnte : er
fonbte feinen Steffen Seml^arb nac^ Stom, um bie älngelegen^eit )u unterfud^en. Neffen
Seriell toar bem |k4}fte nic^t günftig. 2)iefem aber gelang e^ burd^ eine ©efanbtfd^aft 86
ben ^fer )u bendj^igen. @d toar ber le^te, ^mn ni($t ber einzige Srfolg feinet Sebend.
Am 12. 3uni 816 ifk er geftorben.
£eo toar ein Heiner 3Kenf((i, toal^rfd^einlic^ belaftet mit einem 3J2eineib unb and} fonft
befledt bun^ fcfitoere ißerbrec^en. älber feitbem man ficfi getoöl^nt l^atte, in bem Sreignid
am SEBei^nod^feft 800 bie burc^ ben $a))ft boQ^ogene Uebertragung bed 2l>^^u^^ ^
bom 9torgeiuanb auf bad Slbenblanb m fe^en, gehörte er ^u ben $ä^ften, beren $anb«
Itmgen bie aanft SRacfitfülle bed Sacerbotiumd betoeifen. Jtein SQunber, ba^ bie römifcfie
Jtir^ bie ^one, bie m erteilen fte ftc^ bered^ttgt glaubt, i^m nid^t berfagte : bie Con-
gregatio ritnum befcplo^ im ^al^re 1678, bci^ fein 92ame in bad Martyrologium Ro-
manum aufgenommen toerben foQe; feitbem gel^ört Seo III. )u ben ^eiligen. Sieferent 46
toar ba Jlarbinal Sona, AS ^uni II, S. 572. ^mä.
8ep IV., ?Paj)ft 847—855. — goff^ I, @. 329. MG Ep. V. 6. 585 ff. «iDgrap^ie
im Lib. pontif. ed. 3)u4eÄiie II, e. 106 ff. S)ie frönfif^cn «nnalen MG SS I. 3)ie 3)ar.
fteUungen in ben Werfen Ü6er bie @)e{(^id)te bed $apfttumi^, ber Stabt 9?om, ber firc^lic^en
unb politif^en (Bef4i(6te S)eutfc4Ianb§ finb üor b. ^rt. (Tregor lY. genannt, ^lugerbem ift 60
oninfu^n (Stoalb 9^9 V, 6. 375.
®er ^ontifilat 2toi fällt in bie geit, in toeld^er bie Unterorbnung be« ^aj)fttum^
unter bod Jlaifertum ftc^ lodferte. 3)aburd^ ift fein G^arafter beftimmt. 3)ic« geigte ftd^
f(^on bei ber (Sr^bung Seo§. @r tourbe in ben legten 3^agen be^ 3^""^^ 847 getoä^lt
unb am 10. 3lpril b. Iga^reg fonfcfriert, o^ne bafe t)ie laiferlic^e Seftätigung ber ffia^l »
eingeholt toorben toöre. 3)ie 3?ömer cntfc^ulbigten i^r 3Serfa^ren mit ber Sarazenen«
aefoi^; bie lange grift jtoifd^en SBa^l unb SBeil^e tourbe inbe^ bie ßin^olung ber Se«
{mtigung möglich gemalt ^aben, toenn fte fie emftlic^^ getooQt Ratten: offenbar fd^ufen
fie abfä^tii^ einen $räceben)fan. 2)ie äSer^anblungen barüber muffen ftd^i ^a^re lang
378 Seo IV. Seo VH.
I^tn9ef(i^le))))t ^Ben ; bad )etat ba9 ^agment ^a^6 2652, b<tö nid^t t)ar 850 ae[(^rieBen
fein lann. ®d beh)eift jugleic^, boi^ ed ntc^t ju runber 9(nerlennun0 bed foiferltc^
Siedete« fam.
ätucf^ bie t)on !i!eo mit großem @ifer betriebene ^teubefeftigung bon 9lom, bie bun^ bte
6 Sebro^ung ber @tabt burd^ bie Sarazenen nottvenbig getoocben tvax, biente jugleic^ bosu,
bie felbftftänbige Wad^t be^ $a))fted )u berftärlen. SBie ein tveltlic^ ^err umgab er ^
mit einem bewaffneten ©efolge, Leon. ep. 23 ©. 599. SBurbe ber ©orajenenfteg im
^a^e 849 ani) nic^t unter feiner Seitung errungen, fo fiel fein ©lanj bod^ auf feine
9t^ierung. l^ebenfoild füllte er ftc^ al§ $err ber römifc^ Streitmacht, bgl. ^aff^ 2620.
10 2Bie Siom fo fud^te er aud^ $ortud, $orta unb 9(meria burc^ 92eubefcfHgung unb 9}eus
beftebelung ju berftärlen.
^ur$ biefe ^ortfc^ritte ))ä))ft(id^er @elbftftänbialeit tourbe, toie taum bemerlt }u
h)erben brandet, bad 9tec^t^er^öltm$, bad jtotfd^en 9tom unb bem itaifertum beflanb, aa
[xd) md)i geönbert. ^er Jlaifer toar Sanbe^l^err, bad laiferlic^e (Sericfit ba^ f^bd^ftt ®e»
16 rid^t in ber @tabt. Seo ^at bem nic^t h)iberf))rod^en : er erlannte ebenfo bie Volitifc^,
h)ie bie lirc^lic^en 9led[^te ber Jtarolinger an, t>a^ betoied er einerfeitd bei ber Sefefügimg
ber Seoftabt unb ber Stnftebelung ber jtorfen in $ortud, vita Leon. 69 unb 80,
@. 123 unb 126, anbererfeit^ bei ber römifc^en @^nobe t)om ^ejember 853 bei bot
SRomreifen, 3aff^ 2621 unb befonber« bei ber Äonfefcation bon 8if(^öfen, 3aff6 2613
20 unb 2615. ä(ud^ unterließ er nic^t, ben Jtaifem gegenüber gelegentlid^ aui^\pttd^,
ba^ er jur Seobadfjtung i^rer SSorf^riften berbunben fei, 3<^ff^ 2643. 2646. QDroj^bem
(ä^ fxdf nic^t berlennen, ba^ er beftrebt toax, bie Erinnerung cot biefe Xb^ongt^lett
»t bertDtfc^. ®r fül^rte unter ber $anb bie SSorfteQung j}ä))ftli((ier, bem Jlaifer erteilter
93efel^Ie ein, inbem er bem ^ifer Sotl^ar borl^ielt, baft bie frül^eren Jtaifer bie Sefe^,
36 berbeffemb fügt er l^inju, bielmel^r bie Sitten ber $ä))fte bemütm erfüOten, gaff^ 2622.
^attt Seo III. ben 92amen be^ itönigd in ben älbreffen feiner Sriefe bem feinen boram
geftedt, fo gebrauchte er, h)ie ed fc^eint, bie umgelei^rte Sieü^enfolge, f. 2iaff^ 2626.
^n rein tird^Kc^en t^^agen ^anbelte er ald ber oberfte Siegent ber Sl^ften^^ 3)a(
bie römifcfie Jlird^e caput principiumque omnium, ober magisträ et caput om-
80 nium ecclesiarum ift Qa^^ 2625. 2647), ftanb il^m jtoeifeQo^ fdt, bemgemä| cnu^
fein Siecht ali oberfter Siimter in bie 93erl^(tntf|e ber einzelnen Sanbe^Iird^en eingugreifen.
er machte babon ©ebraud^, inbem er ben Sefc^lüffen oer ©^ttobe bon Soiffond 853
feine Seftätigung berfagte unb eine neue ©^nobalentMieibung in ©egenioart eined Segaten
forberte, 3ajf6 2632, jur Bai)^ f. b. % §infmar Sb VIII ©. 87, 46 ff., unb inbem «
85 bem Patriarchen ^gnatiu^ bon 5!onftantino})eI einen SSortourf baraud mad^te, ba| a
ol^ne 3Sortotffen ber 5ßcij)fte eine ©^nobe gel^alten unb einige ^Prälaten abgefe^ l^e, 3affi§
2629, »ericbt über bie Bai)z bon i^m forberte, 3aff§ 2654, fc^Iieftlic^ bie beiben ^
teien nad^ Slom borlub, 3aff6 2661, jur ©ad^e bgl. b. %, ?ß^otiu«.
3n aßen biefen Ser^ältniffen beloie« ftc(i Seo ate ein t^tlräftiger, feiner Übet»
40 jeugungen ftc^er 3Rann, entfd^loffen, nic^td bon feinen Siechten )u o))fem, ol^e boc^
frembe 9lec(|te birett tu trönlen. @r ftarb am 17. ^uli 855. ^ie rdmifc^ Stuart tSSjÜ
auä} i^n ju ben ^eiligen. ^«Ut.
Seo V, $a})ft, 903. — Soff^I, 6.444: ©attedt^, Pontif. Boman. Vitae I, 6.32;
Liber pontif. II, 6. 234 ; 3)ümmler, Slujiliu§ unb »ul0ariu8. Scipjig 1866.
45 Seo V. tourbe imätuguft 903 tonfelriert, nad^ einer Slmt^fül^rung bon nur30 3^en.
toieber geftürjt unb gefangen gelegt. @r ift ba(b banad^ geftorben. ^aait
Seo VI., ^ap\i, 928—929. — goffö I, 6. 453; SBottcricö I, 6. 33; Liber pontil
II, 6. 242.
3ladf bem ©turje ^ol^ann« X. im 3uni 928 tourbe Seo VI. 5ßat>P/ *>« ©o^ W
60 römifd^en !ßrimiceriu^ 6|riftop^oru^. Sßeber über feine ^erfon no^ über feine Xnit^
fül^rung ift ettoa^ überliefert. @r ftarb nad^ einem ^ontifüat bon 7^« SRonoten, olfo
toal^rfci^einlid^ im ^bruar 929. ^aaiL
Seo VII., S^ap\i, 936—939. — 3aff^I. 6. 455 f.; mtteri« I, 6. 33 ; Liber pontü
II, 6. 244. 3)ic ^arfteDunöcn finb üor b. «rt. Sotjann XI. angeführt 53b IX 6.262. ^in*
66aujufÜ9en ift: @arfur, 3)ic ßluniaccnfer I, 1892, 6. 99 ff.
Seo VII. tourbe $apft, toäl^renb ber jüngere 9l(beric^ ald ^ürfl unb ©enotor oder
zRömer in 9tom toattete. Wlan fann taum bejtDeifeln, ba^ er t^m bie ))ä^ftli(l^ SBitibc
Seo VII. Seo IX. 379
txxbanite. @r tourbe Anfang ^Januar 936 lonfelriert. ällbertd^ l^tte leinen untvürbtgen
SRorni getüäl^U. £eo, ein geborener Slömer, toar ein frommer ÜRönc^ ; er l^tte Sejiel^ungen
)u ben Eluniacenfem ; baburd[f toirb er ftc^ SUberic^ emj)f o^Ien ^aben ; benn e^ ift belannt,
bflfe ber getooUt^ge gürft ber Slömer ein ®önner ber framöftfc(ien SReformmönc^e ge«
toefen ifi. Seo fyd il^n benn ani) gerül^mt a(d {einen geliebten geiftlid^en So^n, ber 6
bun^boqtt t)on göttlicher Sieue benen, bie ®ott an ^eiliger Btattz bienen, felbft biene,
Utl f. SuKoco, ©acfur I, ©. 100 9lnm. 3. Seine eigene I^ötigfeit befcf^ränfte fic^ faft
nur auf bie ^rberung ber Jtlofterreform. SSon ben 18 Urfunben, bie bon i^m er^lten
finb, ftnb 11 fita: Sluni ober onbere mit biefem Jtlofter berbunbene ätbteien au^efteQt.
@i pa^ bojiu, bo^ er in ^eutfcfilanb ^ebrid^ bon SRain) begünftigte; er ernannte il^n lo
)u feinem Silar mit fe^r audgebel^nten Siedeten. @r ftarb im ^[uli 939. ^auä.
2tü YTU., 5ßabfi, 963—965. — 3aff6 I, 6. 467 f.; ©attcri* I, 6. 42 f.; Liber
pontif. II, @. 250; liudprand Hist Ottonis; Contin. Begionis; t)gl. bie Sitteratur bei
^okann XH. »b IX 6. 262, 46 ff. «ufeerbcm »crn^eim in ben 3fb® XV, @. 618 ff.; ®c-
ncün, 3)le Cntfte^ung ber angebl. $riüilefl. ficoS VIII. für Otto L, 1879. 15
ZH( Srl^ebung £eo^ )um $a|p{it am 4. S^e^ember 963 imd^ Otto I. unb feine SSer«
trdbung au« SRom im ^lebruar 964 fmb im 3lrt. Sodann XII. Sb IX ©. 263, 45 ff.
crjo^lt 3Uid) bem Xobe ^[ol^annd führte ber Aaifer Seo toieber nad^ 9lom jurücf, too
tn)ti>tf(^ 93enebilt V. Don ben Siömem ium $at)fte gehml^lt toar. ^uf einer in®egen«
bMitt Ottod im ^uni 964 ael^oltenen @^nobe tourbe Senebüt ab^efe^t unb au« bem 30
$ricßcrfUmbe audgefbgen. xm l^atte nun leinen Slibolen mel^, ferne Sage blieb gleid^
iDO^ unfki^. S)od^ ftarb er, el^e ed ju neuen Sertoicfelungen fam, im ^rül^ja^r 965.
Scod 92amen tragen brei berül^te ^fcfiungen: bie Sftücfgabe ber ^i))))intf(^en unb
lotolintfc^ @(^!ung an Otto I., unb ba« bemfelben unb feinen Stacfifolgem getoo^rte
$tttrilegium, fu^ einen Stac^folger im italienifd^en Äönigreic^ }u ertoäl^len, bie $ä))fte )u 26
bcfidlen, ebenfo bie @r}bifc^öfe unb Sifc^öfe, bie bom Köni^ )u im)eftieren unb bon bem
iebcdmol Serec^tigten }u lonfelrieren feien. 3)ad le^tere ^nDilegium ift in einer längeren
unb Ifineren ^ffung borl^anben (utle^ gebrudEt in ben MG Gl I, @. 663 ff. 3h. 448
btd 450). 2)a^ bie brei Urtunben ^ölfc^ungen fmb, toirb gegentoärtig too^I bon niemanb
BcalDcifelt; aaq ift man einig darüber, ba^ fte to>%enb be« 2S>^beftiturftreitd t)on italie^ao
iiij«^ äbii^gem ^einric^d IV. I^ergeftellt toorben ftnb. 9(uf ben ®ang ber Qjittoxät»
lung getoonnen fte feinen Sinflu^. ^ouc!.
gea IX., $aj)ft 1048—1054. — ©Triften: Diplomata, epistolae, decreta:
M8L 143 6. 583-794- »crscidini« ber e^riftcn bei öruder, fi'SlIfoce u. f. w. (ogl. unten)
t. II @. 432— 437; n. $otl^Qft, Bibliotheca historica medii aevi 2. 9[uf(age, SBerlin 86
1896, 1. 8b 6. 719; $(. 3aff6, Eegesta pontif icum Bomanorum Ed. II, Lipeiae 1885,
iom. I 6. 529-549, t. 11 @. 749; Tabularium Casinense tom. I, Monte Casino 1887,
p. 378 ff.; % STe^r, 9^a4ri4ten t)on ber ^öni^I. @)efeafd)Qft ber Siffenfc^aften gu mu
fingen, WiL-^lfi ftloffe, 1898 ^. 1 @. 311; bcrfelbc, cbenb. 1899 ^. 1 @. 216—218;
berf., ebenb. 1900 ©. 2 S. 142-146; $. 3 6. 309 f.; bcrf., cbenb. 1901 «>. 1 @. 83f. — 40
Sitteratur: LeoniB IX. vitae: g. ^. ^Qtterid), PontificuiD Bomanorum yitae tom. I,
lipdae 1862 S. 93— 177; (S. ^ill. Acta et scripta quae de controversiis ecclesiae Graecae
et Latiiuie saec. XL compoeitae extant, Harburg 1861 ; 3- ^at^» 3ur l^ritif mittelalter«
lieber (Befctic^t^queOen. 1. Ueber SBibertd vita Leonie IX., $rogr. Offenbura 1889; $ott«
baft 0. a. O. 2. tBb 8. 1424; grr. Serroti, Bibliografia dl Boma medievale e modema, 45
VoL I, Boma 1893 p. 353 ff; Ul^ffe (S^eOQlier, B^pcrtoire des sources historiques du moyen
Age, ^JoriÄ 1877 ff. @. 1373; bcrf., Supplement, $ari§ 1888, @. 2708; 3B. tBattcnbadj,
Dcutf*Ianb8 (8kf*i(ftt8queUcn im TOttclaltcr 6. 9lufl. 2. ©b, »crlin 1894, ©. 128. 216;
«. ^öffer, 3)ie beutf^en ^äpftc 2.?lbt., JRcgcnSbiirg 1839, @. If.; gf. X. ^unflcr, fico ber
»fUttte unb feine Seit, 3Kainj 1851 ; «. gr. ®frörer, ^o^ft ©rcgoriu« VII. 7 ©bc, ©cboff- 60
^ttfen 1859f[.; C. ©ifl, S)ie 2lnffinge ber SReftauration ber SHrc^e im 11. ga^rft. 1. «bt.,
V^arburg 1859; 2. Spa&i, Saint Leon IX., Ic pape alsacien, ©tragbg. 1864; %. ¥id)(er,
Qk\^. ber fircftl. Trennung jioifcften b. Drient u. Cccibent, 1.93b. ÜÄünc^en 1864, @. 258 ff.
tt. a.; «. D. aUeumont, ®cf^. ber Stabt Sflom 2. ©b, ©erlin 1867, @. 345-350; (3oi. &.)
Souter, a)cr Dpfcrtob ber 700 Schwaben für bie 6ad)e be« ftl. ©tu^Ie» unter Seo IX. bei Siüi* 55
tcflo, 6c6»ftbift6.0münb 1863; S-^crgenrbtfier, ^^otiuS, ^atriar^ üon ^onfiantitiopcl 3. 53b,
ÄegeuÄburg 1869, @. 735 ff.; 8R. »ajmatin, 5)ic ^olitif ber ?äpfie üoti Tregor I. biS auf
Qhregor VÜ. 2 ZI, (glberfclb 1869, 6. 213 ff.; gifdjer. Becherches sur le lieu de la nais-
sanoe du pi^ eaint L6on IX., 9?anc9 1873; 0. SDelarc, Un pape Alsacien, ^ariö 1876;
8. •regorootuö, ®ef4 b. ©tobt SRom im 3KittcIaItcr 4. 93b 3. «ufl., Stuttg. 1877, ©.71ff.;60
«. 3. t». J&efele, (lonc.*®ef(b 4. 93b 2.9(ufl.. grcib. i.93. 1879, @. 716ff.; t. SKüDcr, fieo IX.:
9te Vin.»b 2.«ufl. 1881 6.574 ff.; berf., Äir(^|cngcf(^. 1.93b, 5rcib.iJ3r. 1892, ©.403 ff.;
380 Seo IX.
e. etcinbDtff, 3Q^rbüc6er be8 beutfcften 8Rci48 unter ^cinri« IIL 2. ©b. fiei^^lg 1881
i= 3Q]^rbudjcr bcr bcutjdicn ®cf(ftid)te) ; ?(. ©cftultc, ^QpftficoIX. unb bic eIfäffif*enÄir(6cn:
©trolburger @tubien. 3^^^*^^- f- ©efcfticftle, ©pra^c unb Sittcrotur bcS ©rlaffe« 6^^. t)on
e. "iWartin unb ©. ©ieganb, II 53b, gtrafeburg 1883, 8. 78—91; bcrf, ©tubien jur öltc^
6 ftcn unb öltcrcn ©cfcfticötc ber ^oböburgcr unb il)rcr SBcR^ungen, üor ollem Im ^Ifafe: 3Rt
b. 3nftitutg für öfterr. ®ef4i*t8forf4ung VII. »b, 3nn8brucl 1886, @. 3 f.; $. ^inf*iu«,
^Q« Äircftenred)! ber ^at^olifen unb <Protcftanten 3. ©b, ©erlin 1883, @. 5 17 f.; $. 3)ejen,
Oü est n^ le pape s. L^on IX.? ©trafeburg 1884; ß. ©intcrer, Saint L^n IX, le pape
Alsacien, d^i^^eim 1886: 'B. kartend, ^ie ©eje^ung bed pfipftlid)en Stu^Ied unter ben
lO^oifern ^cinric^ IIL unb ^einricö IV., greiburfl i. 93. 1887, 6.25 ff. (@.9I. au« 8cM*tlft
für Äirc^enre(ftt XX. XXI. XXII); ?^ierre«^ouI©ru(fer S.J., L'Alsace et F^glise au tempe
du pape Saint L^n IX. (Bruno d'Egisheim) 1002—1054, 2 53be, Strassbourg et Paris
1889; ^Innolen beö bcutfcften SReic^S Im 3citatter bcrOttonen u. Salier 1.93b üon ®. 9li(f)teT
unb ^. Äo^I (= ^Innalcn ber beutf^en ©efcftic^te im ?DattcIaIter Don ®. SRicöter III. «bt.)
16 ^atte a. @. 1890 @. 385-405; 3. grellen, fieo IX.: Äirtfteniejtfon üon SEBe^er unb Seite
7. ©b 2. «ufl. 1891 6. 1787-1795; 3B. ©rbding, 3)ie fran^ibfif^e ^oUtif $apft Sco« IX.,
©tuttgart 1891 ; berf., 3ur franjöfifdjen ^olitif «ßapft fieoS IX : 3)eutf*e 8citf*r. für Qk*
f4ic6t«n)iffenf*aft XI 1893, 93b I S. 290ff.; berf., 3)ie franjörifcfie ^olitit «Papft ßeoÄ IX.
®rgänj(ung«4eft. Siedbaben 1899; S. ®. ©(öcfler, (Geburtsort bed (Slfäffer $apfted Santt
20 Seo IX., üormalS 93runü, ®raf oon 3)agSibura, Strasburg 1892; 3- Sangen, ®ef(ii4te
ber römifdien ^irdje üon S^^ifolau« I. biS ©regor XH., 93onn 1892, @. 445-485;
S. Socfur, 3)ie ßluniacenfer in i^rer fircbli^en unb aIIgemeingefd)i4tnc6en9EBirffamfelt 2.8b,
SaUe 1894: ©.«Wirbt, 5)ie tpublijiftif im 3eita(ter ®regor XII., Seipjig 1894; ©.««arten«,
regor VII., fein fiebcn unb 3Sirfen, 2 93be, Seipjig 1894; 8. o. ©eiuemann, ®efdjid)te ber
36 9?ormannen in Unteritalien unb ©icilien, Seipjig 1894, @. 121 ff.; %. ^aucf, Öir^engef^itte
^eutfc^IanbS 3. %l, Seip^ig 1896; @.$. ®raf o. ^acfe, ^ie ^aUiumoerlei^ungen bU 1143,
Harburg 1898, ©. 22. 25. 48 f. 82; ^. ©erbe«, ®efdj. ber ©allfdicn Äalfer unb i^re Stit
(ÖJef*. be« beutfc^en SBoIfe« unb feiner Kultur im 'äKittelalter 2. ©b), fieipiig 1898, @. 100
bi« 111; 93. ®igal«!i, 93runo, 93if(i)of üon 6egni, «bt üon ÜÄonte eafpno (1049-1123).
80 ©ein fieben unb feine ©(^riften, fünfter i. 9®. 1878; ^.Äe^r, 3u ^umbert oon 6iba (Xam
biba: 9?a4ricbten üon ber ^gt. @)efeaf(baft ber ^QSifTenf haften ^u (S^öttingen, pMI.-^ift. 5^(affe,
1900 @. 103 ff.; berf., 3)a« ^Srioileg Seo« IX. für Slbalbert oon 93remen: 8rcftfc6rift bem
£)anftf^en ©ef^i^tSoerein u. f. m. bargebrad)t ^u ilirer 3<^^i^^^i's^fo^in^ung in ®5ttingen
^fingftcn 1900, ©öttingen 1900 ©. 73ff.; 3- o. ^flugf.^arttung, ^ie 93unen ber ^fipfte
86bl§ jum enbe bc8 12.3a^r^unbert«, ®otba 1901. @. 160ff.; ogl. b. «rt. 93erengar oon
2:our« «b II ©. 607 ff.; ßaerulartu« 93b III @. 620 ff.
aifö md) bem pIö^Kd^en 3:obe 3)amafu^' II. (bgl. ben a. S5b IV ©. 431) am
9. STuguft 1048 (Srjbifc^of §alinarb bon S^on (über tl^n bgl. ©tcinborff I ©. 303f.
II ®. 53) bie Übemal^me ber ^jätjftltdf^en SBürbe abgelehnt l^atte (Chronicon S. Benign!,
40 MG SS VII ©. 237), tüurbe in ben erften SJc^embertagen be^felben ^al^reö auf bem
9letcl5>«tag ju SBorm« burdf^ Sefel^I §einrict>« III. unb auf Sitten ber römifc^en ®e(anbten
Stfd^of Sruno bon 3:ouI ^um Siadfjf olger beftcDt (SBibert, vita Leonis IX. lib. II cap. 2,
SDBatterid^ I ®. 149 f.). Sßöl^renb nac^ ^ermann bon SWeid^enau (chron. a. 1048 MG
SS V @. 128f.) unb nad) Sonijo (über ad amicum, libelli de lite imperatorum
46 ac pontificum I @. 587, 21) bie 9{eubefe$ung burc^ latferKd^e Ernennung eif o(gte, 0^
ba^ ber ©mannte trgenb tüeld^e SSorbel^alte mad^te, erjöl^len Söibert (II 2 1. c. ©. 149)
unb Sruno bon ©egni (SBatteric^ I ©. 96), ba^ er bte SBa^I nur unter ber Sebmgung
annoi^m, ba^ Äleru« unb SSoIf bon 9lom i^r juftimmen würben. 3ladf Soni^o ift ber
6ntfd(>Iu^ be« ^a^jfte«, einer 5Jac^h)al^l in SRom ftd^ ju unterstellen, crp burdj^ hai ©in«
CO greifen §ilbebranb« l^erbeigefü^rt hjorben (I.e. ©.587, 2 7 ff.; bgl. ©teinborff II ©.481).
^Kngefid^t^ ber gegen bie $)arftettung jener 93iogra^)l^en ^eltenb gemad^tcn 93ebenlen (3Rar«
ten«, Sefe^ung ©. 16 ff.) ift bte Ernennung burdf^ $einric^ III. anjunel^men, ober jic
ipurbe erft perfeft burc^ bie nac^folgenbe lanonifdf^e 3&ai}l (ßaucf ©. 595 Slmn. 5). —
Stfc^of Sruno hjar für ba^ i^m übertragene 2tmt in l^ol^em SJJafec qualifiziert. SltöSo^
66 beö ®rafen §ugo bon ßgi^^eim im ßlfa^, cinc^ Setter^ Äonrab« II., mit ber Iatferlt(^
gamtlie berhjanbt (SBibert I 1 1. c. ©. 128), begabt unb ftrebfam (SBibert 1 13, U 12
I. c. ©. 144. 166); ein tl^atlräftiger, burdfjgretfenber 9Kann bon felbftftänbtgem Urteä
OPetrug 2)amiant epist. I 4), babei um feiner Siebenöhjürbigfett ipiHen gefc^ä^t, man
nannte i^n am §ofe Äonrabö „bonus Bruno" (ffiibert I 6 1. c. ©. 133); in feinem
60 auftreten eine ftattlidfje ßrfc^etnung (©teinborff II ©. 55), in langjäl^ifler mufterl^fter
3SerlpaItung be« Siötumö louf betDä^rt (int^ronificrt am 20. SKai 1026, böl. 2öibcrt I
II. 12 1. c. ©. 140 f.) unb ntd^t o^ne b«>Jitifc^e« (Sefdf^icf, ipie bie SSermittelung jtoif(^
fionrab II. unb Rönig §einrid(^ bon granlreid^ (©tcinborff II ©. 43. 45) betoiefen ^ottt,
))erfönlici^ gan) intaft unb in enger ^lung mit ber auf ^Deformation be^ lirc^lic^ 2e6cn^
Seo JX. 381
abitelmben SRic^tung, bie in 6lun^ \fycm mäd^tigften @tü^^unlt l^atte, aud^ a(^ 9lom::
t)ilger bcr Statte feiner juRlnftigen ffitrffamicit ntd^t unbclannt (ffiibctt II 1 1. c. S. 147).
@d ^e ftc^ in ber ^ot nidbt leicht eine ^erfönlic^Ieit ftnben (äffen, bie für bie fd^tpie«
rigen ähifgoben bed römifd^ ^ontifü(ate^ beffer au^gcrüftet getpefen tpäre, old ber bamold
47iäi^rjae 8if(^of bon ^^oul. — 9Jac^bem er noc^ in 2^ouI ba^ SBei^nac^t^feft gefeiert 6
l^e (aBibert n 2 1. c. ©. 150), trat er, begleitet u. a. bon feinem bidl^erigen 3Retros
poßten Si^bifd^of @berl^arb bon ^rier, am 27. 2)e3ember (Anselmi Remensis historia
dedicationis ecclesiae s. Remigii, SBatterid^ I @. 114) bie Steife nad^ ^talien an,
^n SefanQon traf er ftc^ mit ^ugo, bem bamoligen $rior t)on 6lun^, ber tuenige äBod^en
fpoter boS Xmt bed Sbted ObUo übernahm. 3ta6) bem SUpenüber^ang am großen @t. lo
Som^i^ tDurbe er burcfi eine Überfdf^toemmung in ber Sombarbet aufgel^alten (SBibert
II 2); erP nac^ ettoa 6toö(^iger SReife erreid^te er fein 3^^'- 3" ^^^ h^'^ Sruno, ber
ote ^ilger g^eip toax (SBibert 1. c. ; anber^ Sonijo Dgl. SJiarten^ I ©. 44 f.), einen glön«
genben @mt>fang, tDurbe bon ben Stömern einftimmig getpäl^lt unb übemal^m, am 12. ^
bruor 1049 iiü^roniftert, al^ Seo IX. bie Siegierung ber fiirc^e Qa^6, Reg. Pont. i6
©. 529. 530).
3n feiner Segleitung ioar auc^ ^ilbebranb nad^ 9lom jurütfgefe^rt, ber 1046 @res
gor VI. nac^ ©eutfc^lanb l^atte begleiten muffen. 3^ h)i^^ ^ i" '^^^ ^rei^ ber Aar«
binalHerBer aufgenommen (t)gl. b. ärt. ®regor VII. 93b VII S. 100, 23 ff.) unb fanb
bomtt bad älrbeitdfelb, bad bie t)oSe (Entfaltung feiner großen diente ermöglid^te. @ine 20
fül^renbe 9lolIe an ber iturie }u f))ielen, toar i^m freiließ in ber ^eit Seod IX. noc^ nid^t
bef[^iebat. %üx biefe h)ar t)on ungleid^ größerer 33ebeutung bte ^eranjiei^ung anberer
ifcfäftc. 3)er 9leubeftätigung be« Äarbinate So^anne« al^ Sifc^of t>on ^ßorto (22. ä^jril
1049, 3a^6 Reg. Pont. 4163) folgte bie @mennung bed Sljelinu^ auS @om))i^e ium
»ifc^f tum ©utri (SOSibert II 4 1. c. ©. 154; Soni^o 1. c. ©. 588,22). Sorjug^^as
tDeife berü(fftd(ftigte aber Seo IX. SRönner, bie i^m in feinem bi^^erigen StBirlung^
treid belannt getoorben toaren (äSonijo 588, 1 8 ff.), ^em SRöncfi ^umbert aud bem
ÄloPer SRo^en^Woutier in Sotl^ringen (bgl. ben Slrt. 35b VIII ©. 445 ff.) tourbe ber
Stf^ofd^I t)on ©itoa (Sanbiba übertragen; $ugo ber Sßei^e (t)g(. b. Slrt. 93b VIII
©.431 ff.) ^otte in bem jtlofter 9lemirement in ber ^iöcefe tloul gelebt, el^e er jum so
itaibtnal))rießer an ber Stxxd^t @t. Siemens in Siom beförbert n)urbe; ber Sot^ringer
Qttpfym erhielt bie@teOung eine^ Slbted inSlom; enblid^ tourbe ber älrqibiaf on ^riebric^,
ber Sruber bed $enogd ©ottfrieb bon Sotl^ringen, aud Süttic^ berufen (bgl. ©teinborff II
©. 78; fyaxi 607 ff.).
9{ail^bem bie finan}ienen ©c^h)ierigleiten, bie am 9lnfang be^ ^ontifilatd ftc^ in 86
pmäid^ Sßeife geltenb mad^ten, burc^ bad (Singreifen bed 93enebentanifd^en 9lbete gehoben
toorben tontren, bat Seo IX. junöc^ft bunb eine hirje Sieife, bie i^n unter anberen nad^
SRonte (Saffino führte, eine erfte ))erfönlid^e ^^lung mit Unteritalien getoonnen. SJom
9.— 12. S^ril 1049 ^elt er feine erfte römifc^e ©^nobe im Sateran ab (ba« ^rotofoH
tfl nic^t er^Kdten; DueQen: $etrud 2)amiani, über gratissimus c. 37, MG Ldbelli de lO
lite I ©. 70, t)fll. iu bief er ©d^rift b. »rt. 93b IV S. 438, 4 ff.; SBibert II, 4 1. c. S. 154;
vita des codex Vat. I.e. p. 103; 93oni50 I.e. p. 588, uff.; bie S^oniften ^ermann t)on
SWi^au unb 93emolb j. 3. 1049, MG SS V p. 128.426 ; Chronicon S. Benigni Divio-
nensis MG SS VII 237; gaffe Reg. Nr. 4158. 4163; $efele IV ©. 719 f.; Sangen
©.449 ff.; $au(t599ff.), bie für feine gefamte Slmtdfü^rung grunblegenb unb (^rogramma- 46
tifc^ oetDefen ift, inbem er l^ier ben Äam})f um bie Sleform be^ fircblicf^en Seben« eröffnet
fyit 3)et erfte 93orftofe galt ber 9Semic^tung ber Simonie (über i^rcn 93egriff unb i^re 9Scr«
bretatng ögl. SRirbt, 5ßubliaiftil ©. 843—371). a)er »bfefeung ftmoniftifcf^er 93if(^öfe
fltmmte bie ©^nobe bei — ber 93ifd^of bon ©utri, im 93cgrin, burd^ einen SKeineib fic^
)u reinigen, iDurbe bom ©c^lage getroffen (SBibert 1. c.) — , bagegen lehnte fte bie gor« w
benoig bed $a)}fted, aDe Orbinationen bon ©imoniften )u taffieren, burc^ ^intoeid auf
bie )mlttf(^e Unburc^fül^rbarleit in tumultuarifd^em $roteft ab ($. 2)am. 1. c. ; 3Rtrbt,
$ubL ©. 433) unb ber $at)ft mu^te ftd^ bamit aufrieben geben, ba^ auf ba^ 2)e{ret Slemend' II.
yirädgegrtffen tourbe, bemjufolge ber bon einem ©imoniften orbinierte ^riefter, loenn i^m
)ur 3^ ^^ Orbination bad ftmoniftifc^e SSerge^en be^ Orbinatord nic^t befannt h7ar, 66
na^ einer 40tägigen 93u^e bad empfangene ä(mt ausüben burfte. ferner tourbe ein
(Sefe^f über ben t^riefterlicfien 3)t>ang^cöltbat erlaffen, ba^ jmar materiell nid^td neued ent«
Welt, obgefel^ bon ber ©trafanbrol^ung gegen bie römifd^en Äleriler, beren ^auen bie
grei^ Mrheren foSten, aber baburc^ groge 93ebeutung er(;ielt, bag ed ben l^amp^ bed
reformierten ^fttumd gegen bie ^rieftere^e eingeleitet i)ai OJJiirbt, ^ubli^iftil ©. 263). eo
382 Seo IX.
9(u^erbem h)urbe bte 93et))fltci^htn9 gut 3^^Iu^9 ^^ 3^'^'^^^ in (Erinnerung gelkac^t, bte
venditio altarium b. ^. bte Srl^ebung bon %aicm bur^ ben Sifc^of bei bev Sn^cbung
t)on ^frünben ($efele @. 720 9(nm. 2) unterfagt, and) bte Sefthnmungen bed S^erec^tö
über ben 9(bf((|lu^ bon @l^en unter SSertpanbten h)urben etngefcfiärft. dnbKd^ imnrbe bie
6 @r^ebung bed Srgbtfc^of^ @berl^arb bon Xrier gum $rima$ bon Oallia Belgica fettend
ber S^nobe am 13. ä^jril feierlt# bcftärtgt (gaff^ 4158; togl. ©tcinborff II 6.81).
Salb barauf trat Seo IX. bte Steife na^ ^eutfcfilanb an. ^ ber !ßfitigftn)0(^ (14. btd
20. 3){ai) h)ar er in $abta, \^ai ^ier eine S^nobe abgel^alten (i^^^^^^ bon Stetc^enou
j. 3S. 1049; amulf, gesta archiepisc. Mediol. IIb. III 4 c. 4, SS VIII p. 18;
10 Sanbolf, historia Mediolanensis IIb. III c. 4, SS VIII p. 75), beren »efd^Iöffe iw^t
erhalten finb, gog über ben @t. Sem^arb, erreid^te ben iRaifer in Sac^fen unb begleitete
i^n über jtöln (29. ^nm), tt)o er bem Srgbifd^of ^ermann bad älmt eined JlanjlerS ber
römifc^en Äirc^e berlie^ (SBibert II c. 4 1. c. ©. 155; bgl. ©teinborff II ©. 140) unb
oudb burcfi anbere Slu^gei^nungen fein SBo^ltDoQen gegen fföln betunbete (Sangen @. 451)
15 nacp 3la((^en, too fie 9lnfang ^uli eintrafen. $ier gelang ed bem $a))fit, ®ottfrieb bon
Sot^ringen, ben er gugleid^ mit 33albuin bon f^lanbem cu^ @mpörer gegen ^eiitric^ IIL
tuxi gubor gebannt l^atte, mit biefem tpieber au^fö^nen (©teinborff II ©. 83 f.). 9m
3. ©e^tember ift ber 9lufent]^alt bed $a))fte^ in UKaing bezeugt, am 14. ©e|)tember toor
Seo in feiner alten Sifd^of^ftabt 3^oul, am 19. ©et)tember erreid^te er Sl^eim«.
20 ^ier ^at er am 3. bid 6. Oltober bie gro^e ©^nobe abgei^alten (Duelle: Ansel-
mus Remensis, SlBatteric^ I p. 113 ff., MSL 142 ©. 1415 ff., aWanft XIX p. 727 ff.;
t)gl. »rödRng ©.18 ff.; $efele ©. 722 ff.; ©teinborff II ©. 88 ff.; Sangen ©. 452 ff.;
3aff6 p. 532), bie burq il^re 3Sorgefc(|ic(|tc toie burc(i ibre 35efqilüffe befonbered 3n«
tereffe erregt. 9lud ^antreic^ toax ber Sefuc^ freilicfi fe^r gering, ba Jtönig ^eimu^
26 bem itonjil ftarte^ 9)li|trauen entgegenbracfite unb ein großer Seil ber ^r&loten
burc^ eine bon bem Jlöntg au^gefd^rtebene ^eerfal^rt fem gei^aften h)urbe. SRit SificE»
fufit auf bie fc^toierigen SJer^ältniffe, unter benen bie @^nobe tagte, l^t Seo IX
gro^e 3u^^<^^>^9 0^^^* ^'^ Sölibatdfrage ift über^aui)t nic^t jur äSer^anbbn^
gelangt unb über biefed altueUe Xl^ema ftnb leinerlei Sefd^lüffe gefaxt toorben. JÄt
80 ©imonie nabm allerbing^ in ben Srörterungen bed Jtonjild etnen breiten Staum ein, aber
bie Unterfud^ung ber Derbäc^tigen 93ifc^öfe h7urbe lau betrieben, nur rin Sifd^of, ^ubicud
bon 9tante^, tourbe abgefegt unb Seo unterließ ed, feinen rigorofen &tanb))un{t in
Sejug auf bie fimoniftifd^en Sßei^en l^ert)onutebren. Um fo energifcfier berfolgte er ba-
gegen ba^ ^kl, bie SlutoritätdfteQung be^ ißa))fttum^ }U tlarem Sludbrucf }u bringen.
86 3)er Srjbif^of toon ©t ^aQO in ©attiden im SJorben ©Jjanien« ^otte fic^ ben 5ßtel
„Apostolicus" beigelegt, er tourbe be^^alb in ber britten ©i^ung e^Iommiinidert, noc^
bem Seo bereite in ber erften, h)o^l um biefe ©entenj borjttbereiten, bie @r!läruhg obgcgeboi
l^tte: quod solus Romanae sedis pontifex universalis ecclesiae primas esset
et apostolicus (3)tanfi XIX col. 738). ^a^lreic^e franjöftfd^e Sifcfiöfe unb Gilbte, bie ber
40 ©t^nobe ferngeblieben toaren, tourben ebenfaQd mit bem SBanne belegt, anbere tourben auf
bie näc^fte ^^jal^r^f^nobe in Siom citiert. 9ln ber ©))i^e ber 12 canones, bie am
©cfllu^ ber @^nobe aufgefteQt tourben {Tlan[x col. 741) ftanb bie ^rberung: ne qiiis
sine electione cleri et populi ad regimen ecclesiasticum proveheretur. Siefer
Sefdf^lu^ n>ar t)on h^eittragenber 93ebeutung, benn ed toar hai ct\U 2[nbcftiturgefe| M
46 reformierten ^a))fttumd (Sröcting ©. 81), ber älnfang einer umfangreicfien ©efe^gebung
(3Rirbt, 5ßubligiftil ©. 575 ff.). 3)ie übrigen Äanone« toanbten ftd^ gegen bie Simonie,
betrafen ba« Rrd^lic^^e 2lbgabenh)efcn, ba« (S^erec^t u. f. h). — 3)a« ©egenftüd ^u biefa
©^nobe in 9ll^eimd toar auf beutfc^em S3oben bie jtoei SBocfien f))äter, c. 19. Ottober,
bon Seo IX. eröffnete, im S3eifein 5!aifer ^einric^« III. abgehaltene glänjenbe ©^nobe
60 Ml ÜRain) (SEBibert II c. 5 1. o. ©. 156; ^ermann bon 9lei((ienau a. 1049, äbam bon
SSremen, gesta IIb. III c. 29, SS VII ©.346; Sambert bon ^er^felb, Annales ). 3.
1050; Annal. Altahenses a. 1049; $efele S. 734 ff.; ©teinborff II ©.94ff.; Sangen
@. 456; ^a^6 4188). 2)er Ramp\ gegen bie ©imonie ftanb auc^ l^ier im SSorbergrmib,
au^erbem tourbe bie ^rieftere^e unterfagt. 2)er 93ifc^of ©ibic^o bon ©peier mu|te fic^
66 bon bem SSerbadf^t be« @l^ebrud^ burd^ ba« ®otte«geri(^t ber 9lbenbmal^ld))robe reinigen.
Über 9leidf|enau, 2)onauh7örtl^ unb Slugdburg ift ber $ai)ft nacfi Italien jttrfidtgde^; jn
38eil^na((|ten toar er in 3}erona.
2)ad ^^ja^r 1050 fül^rt Seo junäd^ft nad^ Unteritalien, h)o er eine ©^liobe in
©alemo nad^ bem 93eri(f|t bed älmatud bon ^onte (Saftno (IIb. III c. 15, bgL ßefde
«0 @. 740, Sangen ©. 466) gegen ©imonie, unerlaubte ®^en unb SReineib Sefc^lüffe foffcn
Seo IX. 383
Ite^, tmb auf bem Jtomil ju @t))onto, {übUd^ bom 3Ronte (Sargano, jtDei Srjbtfd^öfe toegen
ftmom^ctKt Secge^ t^ 9(mted entfette (2Btbert II c. 7 ; @teinborff II @. 129; ^efele
e. 740). — 3)ie brni 55 etjbifcdöfcn unb Sifc^öf m bcfud^te römtjc^c SVno*>« (§«tek ©. 740 ff. ;
©teinborff II ©. 1 19 ff. ; Saitflen ©. 457 ff. ; 3aff§, Reg. ©. 536 f.), bie unter fctnm 9Sorftfeam
29. 3l))a QttOQt fyd, fe^te btefe X^ätigfeit fort. 2)er Sann traf bie Sifd^öfe ber äSre» 5
iagnt (Srödtng @. 49) unb ben @rafen ©aufreb t)on 9lnjou, beffen £anb jugleic^ mit
hm gntetbilt belegt tourbe, aucfi Serengar t)on Xourd h)urbe esfommunijiert (bgl. ben
91 93b II ©. 608,(0); (Srjbifcf^of äBibo bon SJlailanb mu^te ftc^^, tDa^rfc^einlic^ tt>egen
ba XnOoße ber ©imonie, DeranttDorten. Slu^erbem erful^r bie 6o(i6atdgefe|gebung eine
toii^tige ®rta>eiterung, benn nac^ Sonijo (1. c. ©. 589) tourbe bef((|Iof|en : tarn clerici lo
quam laid abstinerunt se a fornicatorum sacerdotum et levitarum communione
(Wirbt, ^ublijtfSI ©. 263). — 3)er aiufentl^alt Seo« in 9lom n>ar aber furj bemeffen.
^ ben folgenben 2Bo(^en toeilt er bereit« toieber in Unteritalien, Ido ba« SSorbringen ber
9tormamien neue ))o(itif((ie Jtombinationen borbereitete ($ermann bon 9lei(fienau, Sl^ronil
g.3- 1050; ©teinborff II ©. 123—130). 3)ann rief i^nbie auf 2lnfang©et)tember einberufene i6
©Vnobc )u aSercelR ($efele ®. 749 ff ; Sangen ©. 460 ff. ; 3iaff6, Reg. ©. 538.) toieber nac^ bem
Slorben. ©ie gehört ju ben bogmengefc^id^tticfi toid^tigften SSerfammlungen unf ere« $c4)fte«.
3)enn l^er ift Serengar t)on Xour« auf« neue Verurteilt toorben (t)gl. b. 9(. Sb II @. 609, u ff.)
imb ou^erbem geUmgte l^ier jene fdSftoierige t^age ^ur Se^anblung, toie e« mit ben bon
©imimt^ ertetiten Orbinationen ju galten fei. ^atte Seo für ba« Sorge^en gegen 20
Serengar bie ©^nobalen ganj auf feiner Seite, fo ftie^ er ^ier auf eine ftarte Op))ofttion,
imb e« gelang ü^m nic^t, ben \>on i^m eingenommenen ©tanb))untt, ba^ bie Aonftatierung
bc« X^otbeflonbe« einer ftmoniftifd^en Drbination bie äßieber^olung biefe« ©oiramente«
erforbcre (über bie Steorbinationen Seo« bg(. ^irbt, $ubli#it @. 434), jur 9lnerlennung
)it bringen, hinter biefen großen Problemen traten bie ^i«2iplinarfaci^en jurüd, bo(^ tourbe 26
ciii ©treit be« $a))fte« mit @r}bif((|of $unfrieb bon 9lat)enna über Siermögen«« unb
^o^^ettdrec^te (©teinborff II @. 131) burc^ @u«^enfton (^ermann Don 9leic^enau D. 3.
1050) ober (^lommunifation (SBibert II c. 7) btefe« Äircbenfürften Vorläufig ertebigt. —
Secf olpte Seo befUmmte Stbftcfiten in Sejug auf bie franjöftfd^e itin^e (Sröd ing @. 59 f.)
o^cr ncfen il^n bie !ßfli((iten feine« Si«tum« ober fud^te er 3lnfnü))fungen jum @(^u^e so
gegen bte9lonnannen(Amatus üb. III c. 23), iebenfaU« }og er tDieberum über bie SUi)en.
Som 20. Dttober ab ift fein 9(ufentl^(t in ^oul bezeugt.
älnfong 1051 erfc^ien Seo IX. in 2)eutfc^(anb. ©eine ^ufammentünfte mit $einri((i III.
in Jtdin, in Xrier unb bann nocfi einmal an ^ariä Steinigung (2.^bruar) in 9lug«burg
(3aff6 ©.540)— f)xn untertoarf fic^ il^m erjbifd^of ^unfrieb oonSRatoenna (geft. 23. ober 86
24. aiu^uft be«felben gal^e«, bgl. SBibert II c. 7 ; ©teinborff II ©. 138) — toaren po--
lid\d) mdft untoicfitig, benn er ^ bann in ben nä^ften Monaten im^ntereffe be«Jtaifer«
bun^ ®e{anbte auf eine SBieber^erfteSung be« ^eben« jtDifc^en ^eutfcf^lanb unb Ungarn
^jutmrlen gefuc^t (©teinborff 11,160). — 9ta^ Siom jürücf gelehrt, b<^t Seo enblicfi ba«
Si«tum Zorn au« ber $anb gegeben (25. 3Jtär), ^l^ff^ 4255) ; er mochte ftc^ in feinem 3lmt 40
tdft fo gefeftigt füllen, ba^ ba« Offenl^lten einer 91ücf5ug«linie nid^t mel^r nötig fd^ien, aucfi
ba« 3ntereff( be« Si«tum« felbft mu^te ben Slbfc^lu^ be« $robiforium« emt)fel^len. 9tad^folger
iDuzbe fein Aangler, ber ^rimiceriu« Ubo (SBibert IIb. II c. 8); Oesta episcoporum
TuUensium c.41, MG SS VIII ©.645). 9tad^ Dftern, im älpril, tagte bie britte ber
tMmSeo berufenen römifc^en ©^noben (^ermann bon 9teic^enau, S^ronil g. 3-1051; $efele46
©.768 f.; ©teinborff II ©. 161 f.; gaff^ ©.540); Sifd^of ©regor bon Siercefli tourbc l^ier
uMid^ f&r ^toere Serge^en e^tommuni^iert, frciliqi balb barauf nac^ Setoeifen t)on dteue
toi^cr in fein 3lmt einoefe^t (^ermann bon Sleid^enau, S^ronit a. 1051). 2)ann gelangte
toi^cr ba« X^a ber Sem)altung ber ©aframente burc^ ©imoniften )ur Ser^anblung,
ober oucb ]ei|^ iourbe leine Serftönbigung erjielt, fo ba^, mie ^etru« 2)amiani in feinem 60
1052 oefc^ebenen liber gratissimus (Dgl. ben S. ^amiani Sb IV ©. 438, 4 ff.) er^
^SSjtt, i^eo fcfiliefilid^ fic^ bamit begnügen mu^te, bie ©^nobalen ju bitten, ©Ott um @r»
Utt^rtung onjufie^en. — Sie folgenben SRonate toar bie gante itraft be« $a))fte« burd^
et ui^ieritalifdSfe ^olitil in Slnfprud^ genommen. %ixx feine älbftcbten auf Senet)ent ge«
teten fic^ infolge Vertreibung be« l^ürften ^anbul))!^ bie Ser^öltniff e anf ang« f 0 günftig, 66
baft er burd^ t)orau«gefanbte Segaten ben Senet)entanem ben Xreueib abnehmen laffen
IcmU (9l))ril), fift et fvif felbft auf ben 2Beg machte (Annales Beneventani a. 1051,
MG SS m p. 179 ; ©teinborff II ©. 126 f.). 9lber nun galt c«, ben ©efa^ren ber
nonnonnifd^ 3*^r^n }u begegnen. 3^^^^ W ^^0 t>erfud^t, burc^ ätnfcfilu^ an ben
gfttrficn äBeimor bon ©alemo unb ®raf Srogo, ba« ^aupt ber a))ultfdf|en 9tormannen, eo
384 Seo IX.
bie SrtDerbung Senebentö auf ftieblic^em SBege [xif )u ftd^ern. 9l6et biefer 33erfu<^
(fieiterte; ^rogo h)urbe am 9. Sluguft ermocbet. t^ortan tpar ed üor, ba^ bie Sm
prüd^e auf Senebent nuc auf bem äSege ber ©etualt buc((i}ufe^en toaten. Selbft nu^
gerüftet, fudbte er ^ilfe bei ^nig ^einrid^ I. bon %xanhtxd) unb Jlaifer ^einru^ III.
6 \>on 3)eutfc(|lanb (3lmatu« üb. III c. 23). — 3m ^^fommer 1052 f^at freilicd 2eo bann
bod^ berfucfit, felbft ben iRam^f mit ben 9{onnannen aufjunel^men. @x erl^ielt oucfi bon
berfc^iebenen Seiten Bl^jug (älmotud lib. III c. 24), aber bermoc^te nid^t fein Qwc yu^
fammenjul^alten ald Sieimar t>on @alemo \>on bem Unternehmen ftcfi audfd^Io^ unb bem
Jtrieg entgegentpirlte (Stmatu^ lib. c. 25). ^iefe 9{ieberlage tourbe baburc^ no(^ em«
10 ))finblidf|er, ba^ bie auf bie (Srmorbung SOBeimard (9lnfang ^unx) folgenben Sertoidebmgen
ber ängriff«J)oKtiI feiner (Segner ju \iaütn famen (Steinborff II ©. 176 ff.). SDli^te
f(flon biefe Sachlage i^m eine ))erfönlic^e SSerftänbigung mit bem beutfd^en Itaifer nai^
legen, folam nod^ ^inju, ba^Stdnig Slnbrea^ bon Ungarn tbn eben je^t ate Vermittler in
bem ^rieg mit ^einric^ III. anrief (^ermann bon 9leid^enau, S^ronil a. 1052). Sofort \f(d
16 Seo biefem 9luf ^olge geleiftet unb eilte in bad laif erliefe Sager bon ^re^urg (3aff6 @. 543).
6ein @ingreifen l^at bem beutfd^en 9leic^ leinen Vorteil gebracht, ^enn cid ^etnric^ auf
feinen 91at bie Belagerung ißre^burgd aufgel^oben l^atte, bracfi ^nig ätnbreod Die bon i^ ge»
(eifteten Verf))red^ungen, o^ne ftd^ burd^ bie 9lnbro^ung bed Sanned burc^ ben $a)>ft ein«
fc^üd^tem ju lafjen (©teinborff II S. 180 ff.). — 3)a^ gute (ginbemel^men jtoifd^en $ein*
2ort((i unb Seo tourbe aber burc^ biefen ungünftigen 9(udgang bed ungorifcpen Unteme^
meng nicf^t getrübt, bielmei^r lehrten beibe jufammen nac^ ^eutfcfilanb jurücf. Xnfong
Obober mad^ten fte in Siegendburg ©tation, too ber $a)}ft bie 2^rand(ation ber Sie»
liquien bed ^eiligen SEBoIfgang (geft. 995) in eine neue jtr^pta boQjog (DueDen bei ©tetm
borff II ©.183 Slnm. 4) unb ben©treit jtoifd^en bem bortigen Älofter mit ©iSmmeron
26 unb bem 5!(ofter ©t. 2)enid in f^antreid^ über bie (Sebeine bed ^l. ^ion^ftud Xreo^Kigittt
auffaHenbertoeife ju ®unften be« erfteren entfd^ieb (©teinborff II ©. 184ff.;3aff6 4290).
^er älufentl^lt in Bamberg am 18. Ott. gab i^m (Selegenl^eit, in bem ^roge^ )ti^(^
^arttoig, bem Bifcfiof biefer ©tabt, unb Bifcfiof 3(balbert txm 9Bür}burg hai& lUtetl ju
\pud)m; Bamberg blieb ©ieger unb tourbe au^erbem burc^ gro^e (Snabenertoeife oud«
80 gejeid^net (3aff6 4283. 4287). 2)ie 9(nna^me, ba^ Seo noc^ am @nbe biefed 3Ronal<
eine gro^e ©^nobe in SJlainj abgehalten l^at (fo ©teinborff II ©. 180), ift obgule^en,
t)gl. ^efele ©. 762, 3!«ff^ p. 543. — Über bie (Smeuerung ber Segation unb bcö aj)oflof
(ifd^en Bitariatd für (Srjbifd^of älbalbert bon Bremen unter bem 6. 3<^u^^ ^^^ (3<^
4290), bgl. ben a. Slbalbert Bb I ©. 149 ff. unb Äel^r, 3)a« ^ribileg Seo« IX. für
86 Slbalbert b. Bremen (f. o.) .
3l(d ^a^ft unb 5!aifer in SQormd bad SOBei^nac^tdfeft jufammen feierten, fam cd
jtoifd^en beiben ju ber toic^tigen ^bmad^ung, ba^ ^etnridf^ an ben $a))ft Benebent unb
anbered Sleic^dgut in Unteritalien abtrat, toogegen Seo ben Slecfiten ber römifd^en ^xcäft
auf eine Steige bon ©tiftem unb ^löftem in ^eutf(^lanb, Bidtum Bamberg, Sbtei ^ulba u. a.,
40 entfagte (bie Quellen bei ©teinborff II ©. 2 14 ff.). 3)er fflert biefe« 2:aufc^bertrage« für
Seo ^ing babon ab, ob ber beutfc^e itaifer i^m jugleid^ bie $ilfe bed Steige« gehm^
toollte, biefe Territorien gegenüber ben 92ormannen ju be^au^ten. Slnfänglic^ toor $einri(^
baju entfd^loflen (^ermann b. Sleid^enau, S^ronif a. 1053; Annales Romani MO SSV
p. 473). älber Bifd^of ©eb^arb bon (Sic^ftäbt erreid^te ed, fo berichtet Seo bon Wonte Safmo
46 (Hb. II c. 81, SS VIII p. 184), bafe bad bereit« auf bem 9Rarjc(i nac^ Italien befmb*
lid^e $eer ^urütfberufen tourbe. 2lmmer^in befanb fidE^ ja^lreid^e beutfc^e ÜKonnfd^aft, hf
fonber« au^ ©(^toaben, in ber Umgebung be« $a))fte«, al« biefer im ^ruar 1053 mif
^ialxzn jurüdRe^rte.
3)ie 3^t f^"w (Srfolge toar borüber. 311« er in 3Jlantua am 21. gebruor ben lom*
fiobarbif^en (Spifto))at, ber feinen 9leformbeftrebungen fid^ toenig jugänglic^ ertoiefen ^atlt,
ju einer ©^nobe bereiniate (SBibert lib. 2 c. 8 ; §efele ©. 768), fam e« )u tumultuari«
fd(ien ©cenen, bie jebe Sler^anblung unmöglid^ matten unb fogar ba« Seben be« $a))^
bebro^ten. 3lai) ber (bierten) römtfc^cn Dfterf^nobe im älpril (3Ranft XIX p. 657;
©teinborff II ©. 285 f. ; ^efele ©. 763), bon ber nur belannt ift, ba| auf i^ ber
66 $atriar((i 2)ominicu« bon ©rabo (^)leu'9lquileia) mit feinen 9lnf))rü((ien auf ^fttxm unb
Benetien gegen ben 9$atriarc^en ©otebolb bon ^aul (ällt^^älquileja) burc^brong, rü^
[xi) Seo ju bem entfcpeibenben ©^lag gegen bie Slormannen. 2Bo^l fanben in ben fofr
genben SBoc^en noi) Ber^anblungen ftatt, aber fie fd^eiterten. ©4on bie Qdflaä^t bei
Sibitate in bem normannifc^en 9li)ulien (über ben Ort ber ©d^lad^t ^einemann a. o. 0.
60 ©. 140 f. unb 9(nm. 21 ©. 366) am 18. ^uni brachte bie @ntf($eibung, ba« p&f^
Seo IX. 386
lic^ ^cer toutbe no^u aufgerieben, £eo IX. felbft fiel in bie §änbe ber geinbe (Steine
borff II ©. 236 ff. ; gangen ©. 470 f.). ?5aft 9 SKonate ift er al« il^r Äriegggefangenet
in SBenebent feftgel^ten toorben, aber o^ne 33erfe^r«bef(i^rän!ungen unterworfen ju fein.
Ungebeugt burc^ bad „©otte^erid^f' bon Sibitate, l^at er ftd^ h)eiter bemüht, ba^ griec^ifc^e
Jtotferrei^ unb 2)eutf(f|lanb ^u einer großen 9lftion geaen bie 9lormannen aufzubieten 6
(Steinborff II ©. 252 ff.), fretlic(i ol^ne fein ^xA gu erreichen. — 2)ie Sorgen ber großen
^olttil ^ben t^ nid^t obgel^alten, t)on 93enet)ent aui am 17. ^ejember 1053 in bie
inneren Ängelegenl^eiten ber norbafrifanifc^en Äird^e einzugreifen. ®r t^at e^ gum ©c^u§
ber 9Retro))ole Sart^go, beren Steckte bon bem Sifd^of bon @ummita toiberred^tlic^ be^
eintroc^tigt tourben unb erreid^te, ba^ in feinem 9(uftrag ein ^robinjiadonjil jufammentrat, lo
bog ßart^go« Siechte anerlannte (Söjf^ 4304. 4305). — Über ben burcf^ ben bulgarifcf^en ©rj*
btf(^of Seo bon 9tc(^riba eröffneten Ram!p\ jtoifd^en ©riechen unb Dccientalen unb ben baraud
fid^ ergebenben S3ru(^ jtoifd^en Siom unb ^i)mii bg(. ben 9lrtifel (Saerulariuig 93b III
©. 620. — ffiibert toeife (lib. II c. 12, SBatterid^ ©. 166) ju berid^ten, bafe Seo
toa^renb feinet benebentanifcfien Slufent^alt^ emften ©tubien unb intenfU)en a^fe- 16
tif(^ Übungen [\i) l^ingegeben ^ai. 911^ er gefä^rlic^ erfranite, tourbe feiner ^ixiUf^x
nadf 9lom lein ^inbemid in ben 2Beg gelegt. 9lm 12. ^ärj berlie^ er 93enet)ent,
am 19. aipril ift er in SRom berfcf^ieben (©teinborff II ©. 267 änm. 5; 3aff6
©. 548).
fficr ?ßontifiIat Seo« IX. umfaßt nur toenige ^af^x^, Slbcr inncrl^alb biefer furjen 20
epaxvnt 3«t ^Kit er e« berftanben, bem römifd^en Primat in ber abenblänbifd^en ßl^riftens
^it eine Xcfitung gebietenbe ^ofition )u erobern, ^at il^m neue unb uniberfole aufgaben
gqet^ unb bur^ bie (Sinfü^rung bed ^feubo-iftborifd^en 9lec^td in ba« )}raltifd^e Seben
ber Äirc^ bie fjJätere SDäeltmac^tfteHung be« $aj)fttumg unter ®regor VII. vorbereitet.
©eine oudgebe^en Sleifen toaren ein loo^Iertoogene« SKittel, mit ben toerfd^iebenen 2^eilen 25
ber Jltxc^e in )9erfönlt(^en Jbntatt ju treten, unb bie ^Ret^obe, mit feinen ^efud^en ßird^«
toalfym unb a;ran«Iationen ju berbinben, ^at baburc^, ba^ biefe jWie ber großen 3Raffe
(Selegen^it boten, bad Qauüpt ber itircbe }u fe^en, nid^t nur bie Popularität btefed einen
$<4>fted geftetgert, fonbem jugleicfi ba« ^reftige be« $c4)fttum« al« ^nftitution. SSon nid^t
geringerer Sebeutung toar bie Sleubelebung unb au«gefta(tung be« ©^nobaltoefenö. 3)enn 30
unter feiner Seitung fmb bie ©^noben toieber a:räger unb 3Jlittel})unfte be« lird^lid^en
Seben« getoorben, fie ertoiefen ftd^ jugleit^ ate braud^bare« SDlittel, ben gufammen^ang
be« (gl)tffo}>atd mit bem ©tu^Ie $etri ju feäftigen bcgtt). neu ju beleben ; bor allem gilt
bieg t>on ben burd^ il^n in« Seben gerufenen Ofterf^noben in SWom. 3luc^ bie mannig*
fac^ 9u«}et((inungen, bie Seo bei feinen 9{eifen ju getoö^ren ))flegte, übten biefe 2Birlung 35
ou«, nii^ mtnber bie ©elool^n^eit, \>on ergebenen ?ßrälaten, toie j. 8. ßrjbifc^of ^altnarb
bon S^on, erjbifc(|of $ugo bon Sefangon, 2lbt §ugo toon ßlun^, fid^ begleiten ju laffen.
2)0^ totr in biefen ÜRa^nal^men ein planmäßige« SSorge^en be« ^apfte« ju erblitfen ^aben,
tonn letnem Rtoeifel unterliegen. Sluf bie geitaenoffen ^at biefe 2:enbem jur ßentrali*
fotiim ber fird^lid^ SSertoaltung jebod^ nic^t aufregenb gemirft. ^enn fte kombinierte fxi) 40
mit einem energifc(ien auftreten gegen ba« Safter ber©imonie unb bie ©itte ber $riefter=
d^, in benen bie Äreife ber lluniacenftfc^en SRcformpartei bie größten ©efa^ren be« firc^«
fiAm Seben« erblidten. Seo roax ber 3Sertrauen«mann biefer ©ruppe, al« er ben pap\U
Kcptn ©tu^I befdeg, unb l^at bie auf i^n t)on i^rerSeite gefegten Hoffnungen in t)ollem
Umfang erfüllt, ^enn in il^m ^aben itluniacenfertum unb ^opfttum ftd^ al« auf einanber 45
ongenriefene ©rößen erfannt unb berbünbct. — SKuc^ lonnte bon einer toirtlid^en Se«
broi^ung ber ©elbftftänbigleit be« Spiflopat« unter Seo IX. nod^ nid^t bie 9{ebe fein —
a(« er am 2. 3Beid(inad^t«tag be« l^a^re« 1052 in 3Raxm einen ^ialonen abfegte, meil er
xüift in römifc^ lonart fang, ^at ber bortige 6ribifd9of biefen eingriff enctgifd^ unb
mit Srfolg §urüd(geh)iefen — , ebenfotoenig bon einer aggreffioen SRic^tung gegen ben 50
toeUIic^ ©toot ®« laffen ftd^ too^l Slnfä^e baju fonftatieren unb bie 5letme bon
Sectmtfetungen, aber fie tamen nodfi nic^t }ur Entfaltung unb ba« 9}er^ältni« ^u
$einn(^ III. toar nid^t getrübt burc(i bie (Srienntni« eine« grunbfä^lid^en ©egenfa^e«. —
^reilid^ bnefponbiert biefen Seiftungen eine ju ftarle Eingabe an bie italicnifd^e 2:erri*
toriolpolitil unb bie @inleitung be« großen @c^i«ma«. Slber e« barf nid^t über- 55
fe^ loecben, boft ber eintritt biefer Äataftrop^e ba« grgebni« einer 3[fl^^^"nberte um-
faffenben SnttDidelung getoefen ift unb fotveit überhaupt bie bamal« ^anbelnben ^erjönltc^^
teiten t>erantSi>ortli((i gemacfit toerben tonnen, ni^t fo fe^r Seo IX. )ur Saft fällt, al« feinen
Vertretern. — ©<^on $ermann bon Seic^enau (S^ronif a. 1034) tociß bon 5öunbem, bie
an feinem (Srabe gefc^en, unb 2)eftberiu« t)on 3RonU Saftno fd^reibt (Dialogi lib. III, go
flMMactOoMMt fir Z^IoaU imb ttM^ 8. 0. II. 25
386 Seo IX. Seo X.
SBatterid^ I p. 95) : A quo omnia ecclesiastica studia renovata et restaurata no-
vaque lux mundo visa est exoriri. ttrnrl VülthU
Seo X., $at)[t Don 1513—1521. — ßittcratur: «gl. bic Angaben ju 3uliu« IL
unb ^abrian VI. ^ugcrbcm: Leonis X. P. M. Regesta ed. ^crgcnröt^cr, ghcbg. 1884—91
6 (Fase. 1—8), rcid&t nur big 16. Oft. 1515, tolrb nicöt fortgcfcft; ®q^, Documenti riguar-
danti öiuliano de Medici ed ü Papa Leone X. 1844; 3ot)iu8, De vita Leonis X. 1. IV,
1548 u. ö.; gabroniu«, Vita Leonis X. 1797; SRoScoe, The life and pontificate of Leo X.
2. SluSg. 1806 u. ö. (beutf* 1818); ?lubin, Histde I^onX, 1844 (bcutf* 1845); S)aiiboIo,
II secolo di Leone X., 3 SBbc, 1861 ; ^Immirato, Ritratti di uomini illustri dl casa Medici,
I0(0pu8c. III, [1642]); g-abronl, Leonis X Vita, ^ifo 1797; (©cmbo) Epistolarum Leo-
nis X. P. M. nomine scriptarum U. XVI, ©afcl 1539, »cn. 1729.
OioDanni be' 5roebid, jtoeiter ©ol^n bc« Sorenjo il 5roa0mfico, tourbe am 11. ^e^
jembcr 1475 in gloreng geboren. 3n frül^efter S^ßcnb bem geiftlic^en ©tonbe befttmmt,
erl^ielt er 1482 bie Sonfur, 1488 unb 1484 Don Subtoig XI. bon granlreid^ unb ©tj«
16 tug IV. bie Slbteien Fönte dolce unb 5ßafftgnano unb anbere 5ßfrünbcn, todl^renb ber
$a))ft bie Ernennung bed 8iä^ngen Knaben ^um Sr^bifd^of Don 9lts ^u DoD^te^en bo(^
SBAenlen trug, dagegen gelang e« bem SJoter, ju eaeid^en, boj 3"«^ceni VIII. unta
bem 7. ^}J{är^ 1489 ben im 14. Seben^ia^re ©tel^enben in petto jum 5tarbinaIbiaIon
ernannte, mit ber Sefc^ränhmg, ba^ il^m bie Slbjeic^en feiner SBürbe anzulegen erft vKxSf
ao brei ^Qi)xm geftottet fein foHe. gnjtoifd^en tourbe feine ®rjtel^ung DoDenbct — toie ^otte
fte anberd als burd^au^ auf l^umamftifc^er ©runblage gefü^ toerben fönnen? 2)er
g(än;enbfte unter ben Kennern ber Kaffifd^en Sitteratur, 9lngelo ^oßjtano, bad ^^^ ^
))Iatontfd^en ällabemte 3){arftIio ^cino, ber p^Uof opl^tfc^ unb tl^eo(ogtf^ gebtibete H^tco bcDa
SRtranboIa bejetd^nen nebft bem fpöteren Jlarbinal ^emarbo SoDtjjt, genannt Sibbieno,
25 ben Jlrei^, in toeld^em ber begabte ©pro^ bed mebtceifc^en $aufed feine SUbung eni)>fing.
3n ben ^a\)xm 1489 big 1491 Re^ berSJater il^n bann tn^ßtfa bem©tubtum bcrSi^
logie unb bed lanonifc^en Sled^ted obliegen unter ^t^o unb Sartolomeo ©ojjini — eine
3ett, auf toeld^e $ergenr5t^er bad £ob begtel^t, toelc^e^ ®regor Sortefe i^m in einem an
xi)n felbft gerid^teten S3riefe erteilt: castissime superata adolescentia, Juventus acta
80 gravissime atque sanctissime (Epist., Venet. 1573, p. 249).
9}on 5pifa jurürf, trat ©ioDanni mit bem nun in giefole im SKorj 1492 erfolgten
einlegen ber Jlarbinatötnftgnten aud^ in eine öffentliche ^^ötigleit ein. 3u^^^f^ ^^ ^
nac^ Sflom; feinen 333eg über ^ßaffignano, ©tena, 9lcquaj)enbente, SSiterbo unb Sracciono,
übrigen« bie getoö^nlidbe ©tra^e, Verfolgen toir an ber $anb ber Slegeften (f. o.) — am
85 22. üRär^ traf er in 9^om ein unb fd^on unter bem 25. fc^reibt er an ben 33ater loon
feiner Slufnal^me unb erften Slubienj bei gnnocenj VIII. ®ie emfte unb bebeutfome
Slnttoort, lurj bor Sorenjo« 3^obe öerfa^t, giebt Slo^coe, Appendix LXVI. 2)er 9^#
übertoie« t^m ben Xitel t)on S. Maria in Domnica unb übertrug i^m noc^ im ifyvi
eine Segation im Patrimonium, ^n ^miltenangelegenl^etten nac^ ^loren^ gereift, er^elt
40 er im ^uli bie 9lad^ric^t k)om Xobe ^nnocen^' VIII., lehrte nac^ Stom ^urüd ux(b no^m
an bem 5{onIlak)e teil, au« toel^em nad^ htr^er 3^^ — freiließ fel^r gegen ben SBun((^
bc« 5!Kebici — älesanbcr VI. al« ^ajjft l^erborgmg. SSom äuguft 1492 bi« jur 3Je^
treibung ber SJlebici au« ^lorenj 1494 befanb er fid^ in ber SSaterftabt (Slmmiroto, Ri-
tratti p. 64)- in ben näd^ften gai^ren toec^felt fein 2luf enthalt: überSSenebtg reifte ernoi^
46 2)eutj(^Ianb, glanbem unb granfrcic^, bi« er 1500 nac^ Slom gurürf^ulel^ren für geboten
fanb. gjlit bem ^Regierungsantritt ^uliu«' II. (1503) fteigt be« aRebici ®Iüdt unb »m
fe^en bei ber jturie. @« traf ftd^ dünftig für tl^n, ba^ be« $a))fte« angelegentKc^^
©treben, fein eigene« @efd^lec^t )u l(^eben unb ben Jlird^enftaat ju t)ergrö^em, ftc^ jugletd^
mit ben Sntereffen ber3Rcbici inglorenj förbem liej^; fo fteigen biefe, toä^renb bie übrigen
50 mittelitalienifd^en ©efd^lcd^ter, Drfini, ßolonna, 33itetti, Saglioni, SRalatefta ftnfen, JDoju
fam, ba^ im fjeiligen ÄoHegium leiner fa^, ben fc^on 9lame unb $erlunft f o fe^ )u einem
^Pfleger unb Sefc^ü^er ber Äunft unb Sitteratur präbeftimert \)atitn toie i^n, fo ba^ er
fic^ aud^ barin mit bem ianu«föpftgen 2luliu« II. begegnete. Sßenn aQerbing« erft ber me^
btceifd^e $a))ft Seo X. bem 3^italter ben 9^amen gegeben l^at, fo ftnb bo^ oUe mo^geben^
55 ben Seben«öu^erungen ber l^umaniftifd^en Stid^tung bereit« t)on bem mebicetfd^en fiorbtnalc
geförbert unb getoiRerma^en berföri)ert toorben. 3" bemerfen«toertem ^ertoortreten ml}
aufeen l^in fam e« in ben erften ^a\)xm bei bem jungen Äarbinale auA unter ^uliu«!!.
nid^t. @rft mit bem 3al;re 1509, al« ber $at)ft i^m bie Segation in 9o(oana übertntgi
fd^ien bie @elegenl^eit p na^en, bag ber ffarbinal, an bie ©))i(e ber ©4lüffeIfoIbatm
60 gefteQt, mit biefen aud^ in ber ^eimat ba« mebiceifc^e Stegiment toieber aufrichten Kraie.
Seo X. 387
96a boiS (Gegenteil foKte erfolgen: bte ®cl^(acl^t Don Siabenna, am 11. 9())n( 1512,
brod^te ber ))äipftltc^en @treitmac^t eine )D'6UxQt Stteberlage — ber Aarbinol ^Hebtet felbft
tourbe gefangen genommen unb nad^ ^Railanb gebracht $ier tpar il^m t)on neuem ba$
®Iüdf günftig: ntc^t aDetn lonnte er feinem pötjftlid^en §erm, gegenüber ben toentg ga^t
reichen Xetlnd^mem an bem nad^ SRailonb übergeführten einft in $ifa eröffneten ^eformlongil 5
bte &fnipaä^\m ber S3ebölterung tpa^ren, toö^renb bad ßongil je^n ^ge nac^ ber @d^laq^t
bei Slabenna beffen !Kbfet»ing betretiert l^atte, fonbem e^ ge(ang i^m aud^, bei bem lieber«
f(^teiten bed $0 untoeit iBafftgnano ben ^angof en ut entnommen unb ^loreng ju erreid^en,
too eben mit $ilfe be^ 5Paj)fte« bie ^errfd^aft ber 9Kebici lieber eiugerid^tet Sorben tvax,
@d kiKtr bad tur) nac^ ber ^zxt, afö ^u^iu^ Hv um einen töblid^en @c^Iag gegen bad 10
t>erl^^e Pfaner 5lonju gu führen, feinerfeit« imüRai 1512 ein ,,9leformIonjiI" im fiateran
eröffnet ^e (f. b.ä.3uliugII.»bIX©.624,is). 3n glorenj trafen ber 5ßa»)ft unb ber
jtorbinal im @et>tember 1512 jufammen — ber (entere fte^t nunmehr auf bem ®i})fel
bed Srfolged na^ ungeai^nter SBenbung feine« Sc^iqal« unb be«®efc^ide« feiner «^mtlie.
Unb noc^ ^öl^er foDte eine fd^on nal^e 3"'"«!^ ^^ fteigen fe^en. am 21. §ebruar 15
1513 flarb ^[utiu« II. 9(u« bem fel^r htnen, nur bom 4. bi« 11. ^drj bauemben
Jlonflabe ging ber jtarbinal ^Rebici, bod^ nad^ l^artem ^amp^e, al« ®eh}äi;lter berbor: er
tmirbe $a))|i mit 38 3^^* 3^ ^^ ^gen, aU er jum J{ontIat)e nac^ Stom eilte,
batte man in ^ren) ben Seiter einer SSerfc^mörung gegen ba« $au« ^Rebici, $ietro $aoIo
äodcoU, Eingerüstet — fo ftanb bie Steftauration ber ^milie bop))e(t gefeftigt ba, geftü^t 20
ie^ auf bie SRac^t unb ba« ftaatdmännifd^e ®efd^id( be« erften mebiceifd^en $a))fte«. ^n
9lom unb too immer bie ^arte ^uft feine« 93orgänger« em)}funben tporben tpar, na^m
man bte äBa^I mit ^ubA auf. ^ejeid^nenb ift, ba^ bie bon i^m befd^toorene 3Ba]^lfc4)i«
tulatton bie äSerpflicStung m einer Steform ber Jlurie (nic^t: ber Jtirdj^e) an ^avüpt unb
©liAem in fic^ fc^lofe (ögl. fte bei $öfler, 3ur Rritil ic. Äarfe V. in ben 3)enlfc^r. ber 35
SBtener Sttob. $^U. ^ifi 61. XXVII, 215). 3)ocS fanb borläufig, toa« man öon bem
neuen $a)>fte erjöi^lte, bielfacS®lauben: „Godiamoci 11 papato", foKte er gefagt ^aben,
„pieh^ Dio ce l'ha dato" — fo berid^tet ber SSenetianer 5Dlarino ®iorgio in feiner
pyRelazione" bei SOberi, Ser. II, vol. III, 51 ; $rato in ber Storia Milanese p. 405
giebt bod SBort in ber t^fjung : „Attendiamo a godere e facciamo bene alli nostri." ao
SHe Jtrbnung fanb mit au^erorbentlic^em $om))e ftatt; eine genaue S3efd^reibung,
audf bte ,,motti" auf ben Slriumpl^bogen unb fonfttpo auf ben ©trafen angebrad^t, giebt
ein ®leid|^)eitiger Cßenni, Narrazione delle Pompe etc., $tfa 1846; bgl. 9^o«coe,
Appendix LXX). Sofort fal^ ber neue $a))ft fic^ in ba$ t^m unliebfame aber unum^
gängTu^ (Srbteil ))olitifd^er SRad^inationen berftridt. 9Qie fe^r aud^ bie Webici frül^er 85
gcUgentüc^ ben ^anjofen ju 2)anf k)er))flicStet toaren, fo fd^lug Seo bod^ ein iSünbnids
anerbieten Subtpigd XI., beffen @bi$^ fic^ S^9^ ^^^ $^og SRafftmiliano ©forja in
SRatlonb richtete, aud: er faJ^, ba^ fof ortige ^efe^ung bon $arma unb^iacenja bie^olge
fein tofirbe unb tooQte biefe @täbte einer })ä))ftlicl^en Seft^nal^me borbe^alten. ^eboc^ lehnte
€t ed au^f ob, in bie ,,l^eUige'' Sigue einzutreten, toeld^e bamald ^einric^ VIII. t)on Sng« 40
bmb mit f^erbinanb bem JtatJ^oIifc^en unb SRafftmiliano Sforza abfd^lo^ (t)gl. 93retoer,
Calendar of State Papers I, 3766; 3807; 3863; 3876) unb beren erfter ©rfolg in
ha t>5Qigen Slieberlage berf^an^ofen burc^ bie Sc^toei^er Xru))))en bc^^erjog^ bet9lot)ara
am 6. 3uni 1513 beftanb.
3n)tpif(^ f^te auc^ bie burd^ Seod 93orgänger ind 2BerI gefcfete groge 9{Ition auf 45
bem ttn^Ititet ®ebiete — bie Jötberung ber „Sleform" burd^ bag Sateranfonjil — i^ren
SB<B \^ *w 26. 3l))ril fanb bie fec^fte ©i^ung ftatt — frettid^ über allgemeine ?pi^raf en
tNm ber Serberbt^eit ber 3^ten rc. tarn man nid^t ^inau^. SUd beantragt tourbe, bte
„obtDefenbcn'', b. ^. bie franjöfifc^cn (fd^i^matifd^en), Äarbinäle ju citieren unb bei 3l\d)U
esf^^inen ftreng gqjen fte borjugel^en, gab bie Jlurie barauf feine ä(nth)ort, unb al^ gar so
bc^ Setlangen bmt tpurbe, ben ^ranjofen bie $ragmatifd^e Sanftion ju fünbigen, toeigerte
ha $i4^ pc^ «ttfc^ieben : er looUe, fo fagte er feinem (Sercmonienmeifter $art« be ©rafft«,
gegen ^fnmlreid^ keinerlei Schritte tl[^un. Übrigem^ maren im ®e^eimen löngft S^er^anb^
Ittttgcn mit ben fc^idmatifd^en Jtarbinölen im ®ange — al« bie 7. @i(ung am 17. ^uni
mfosnmentrat, tonnte bie Untertoerfung eine« 6art)aial unb @anfek)erino mitgeteilt h)erben. 66
2>tefe bciben ^ü^er ber Op})ofttion mürben nac^ befonberem S3ugaft h)ieber unter bie
3a^( ha Jtarbinole aufgenommen, toie fel^r aud^ ber fbanifd^e unb ber beutfd^c Orator
beim ^Mptc bagegen remonftrierten. Sembo jeigte in fc^tDülftigem Satein ber 3BcIt an,
ba| hau Sc^idma fein (Snbe gefunben l^abe (Epist. Leonis X., III, 21 an ^la^tmilian,
27. Siuxd). S>ad toar unleugbar ein bebeutenber @rfolg be« kon^il«, jumal auc^ Sub^^ er
25*
388 fieo X.
tptg XI. ftd^ k)Dn bem „Conciliabulum" (o^fagte. Über einen jtpeiten, auf gan^ onberem
®ebiete liegenben, SSefc^lu^ l)at gelegentlid^ £ut^er ftc^ abtöutg au^efproc^, nämlu^
über bie ilonftitution au« bem 2)ejember 1513 gegen bie Seugnung ber Unfterblic^Ieit ber
©eele („apostolici Regiminis" im Bull. Rom. ed. Taur. V, p. 601 f.). 9JatürKc^ fyd
5 Sut^er gegen ben ^nf)(dt ni^tö einptoenben, aber ^ erfd^eint i^m al« bejetc^nenb, bo^
man auf bem Ronjil bie 3^ 't>am\i berfc^toenbet l(^abe, folc^e felbjtoerftönbli^e SDefini»
tionen gu geben, h)o boc^ jal^Uofe ^i^änbe in ber Jtirc^e gebieterifc^ SKb^Ufe forberten
(gütiger an ben d^riftl. äbel, ^erau«geg. öon Senratl^, $atte 1883, ©. 36, baju anm. 60).
Unb bod^ fnnnte eine berartige 2)e^nition in Slnbetrac^t ber Q^a^t aU toic^ttg unb noU
lotoenbig erfc^einen: in ber 3:l^at \)at biefelbe ben l^umaniftifc^en 5Paj)ft entlaftet bon jebcr
Seranttportung für antid^rifUid^e @£trat)agamen berer, beren SUbungdgrunb unb beren
^ntereffen er fonft teilte unb in tpeitem Umfang förberte. @o ^at e« auc^ $tco beOa
^iranbola t)erftanben (t)gl. beffen Examen vanitatis doctr. gentium I, p. 514).
Übrigen« ge^t ba« Konjil tpeit über ben 93ereic^ jener einen ^age l^inau«; bert^ unb
15 georbnet toirb nid^t aOein ber fpejietle Unterricht in ber $f^c^ologie, fonbem e« tptrb u. o.
feftgefe^t, bag für bie Xl^eologie ba« gefamte ))l^iIofop^ifc^e unb Utterarifc^e ))ro)>äbeutif(^e
@tubium nid^t (önger al« fünf 2la^re bauem unb bann ba« t)on 2)ogmatif unb taxum^
fd^em Siechte folgen foU (bgl. Sla^nalbu« Annales ad a. 1513, §§ 72. 72; §efele, ßonc»
®efd^. VIII, ©. 586 f.). 9lun aber bie SReformfrage. 3n ben »efc^lüjfen bed Sateron*
20 lonjil« be)h). ben auf fie geftü^en ober bei ®elegenl[^eit be« ^onjitö ergangenen SuQcn
begegnet bie Sleform ber jturie gtpeimal, unb gtpar gur ad^ten unb neunten ©i^ung. S)ie
33efc|lüjfe ber erften (ögl. $efele, a. a. D. ©. 588 f.) befd^ränlen ftc^ auf Slegeümg ber
Xa^en, 9(bfte(Iung t)on älmtdmigbrduc^en unb tpenben ftd^ befonberd gegen Srpreffungen,
tpie bie oberen unb unteren Beamten fte ju üben pflegten, ^ie anberen gej^en t)ieltDetta:
25 })kx ^anbelt e« ftc^ um bie 93ef^ung ber ^ö^eren Jlird^enämter, um SRittel unb 9Bege,
bie SUal[^len, $oftulationen unb ^robifionen bem ^Ri^brauc^ . unb ©c^ad^er ^u enljie^,
um bie Sntfe^ung unb Granulation t)on 93ifd^öfen unb äbten, um ^efert>attonen unb
2)i«})enfationen ; für bie Slmtdfü^rung unb ba« Seben unb äluftreten ber Jtorbinäle toeiten
im }h)eiten, über ba« ber ^erifer unb ©laubigen in^emein im britten 2^e ftrenge Sor<
30 fd^riften gegeben. 9lud^ bei ben f olgenben ©i^ungen tamen fo jal^lreic^e Stef ormDorWläge
gur Srlebigung unb teilh)eife jur befinitiben ^eftfteUung in SuQenform, ba^ man £eo X.
ba« B^^d^^i^ 9^^^^ ^^if f^^^^ SBal[^lfa))itulation l^at er formell geJ^alten. Ilnberd freiließ
toürbe bie StnttDort auf bie e^age lauten, intoietpeit benn nun ba« SSerlangen ber S^riftem
^eit nad^ grünblid^er Sleform ber Äird^e baburc^ befriebigt toorben fei, toel^en (Srfolg biefe
85 äemül^ungen gelobt f)ahtn. ^öfler meint, menn bie 9leformt)orfc^läge imb Snorbnungen
be^ Sateranlonjik nur burd^g^l^rt toorben toären, fo ^ötte e« feiner toeiteren Steformo»
tion beburft unb Sutl^erd äluftreten tpäre gegenftanb^lod getporben. äBenn ed fic^ bei
biefem lebiglid^ um Slbftellung getDiffer 3Ri^bräud^e ael^anbelt ^ätte, fo möchte $öfler ntc^t
Unred^t ^aben. älber t)on bem, h)ad ben Mittelpunkt ber Sieformation Sut^erd au^moc^t
40 unb toa^ i^r i^re 93ered^tigung unb ^lottoenbigfeit felbft in jenem ^aQe noc^ gegebot ^oüe
— bon tiefgreifenber religiöfer SrtoedEung, bon ^infü^rung ber ©eelen ju (Sott — tft in
all ben Vorlagen, Ronfiitutionen unb SSullen leine Siebe; nur ^ier unb ba, 3. 9. in ber
©d^lu^ft^ung am 16. Mör^ 1517, beutet einmal ein Stebner barauf l^in, too aDein bie
ClueQe aller ^JBei^^eit unb Sefferung }u {ud^en fei: in ber Eingabe an bad StHmgelium,
45 toeil au^ i^m alle ©rfenntniffe unb aUe Xugcnbcn crflie^en.
ätld £eo X. bad ^on^il feierlid^ befd^log, mochte e^ i^m jelbft ntc^t verborgen fein,
h)ic h?enig all bie ©efc^e bem Seformbebürfnijfe ber G^riftenl^eit genügen tdnnten unb
genügen n^ürben. 3luf etn^ freilid^ fonnte er l^intpeifen: ba^ ©c^idma tDor befinttik) unb
öffentlid^ befeitigt — aber ba« h?ar fc^on t)orl(^er burd^ unl((eilbare innere 5lranl^eit bem
öoXobe gur 93eute gefallen, ^er $apft {c^log ba^^on^il in einer 3^^^ politifc^er Erregung:
t^ance^co Waria bella Stöbere fammelte bon ^antua au« Gruppen, um bo« ^etjogtum
Urbino h)ieber ju erobern, unb auc^ ber $erjog bon genara begünftigte fein Untemel^men.
3lad) langem ^in- unb $er^ic^en fanb ber ^^Japft im ©eptember 1517 einen frtebfu^en
9lu«gleic^ biefe« läd^erlid^ geworbenen Kriege« um Urbino, jai^lte ben ©ölbnem Slobmd
56 ben rücfftänbigen 2ol}n unb ftd^erte bem jungen Sorenjo be' SKebici bon neuem bie ^etr«
fd^aft. Siobere freilid^ glaubte feinen äln^öngem im ^erjogtum bie SSerfic^erung geben )tt
fönnen, bag er nac^ bemGobe be«$apfte« h)ieber tommen unb bie ^errfc^aft übemdbmen
Iberbe — ba^u l^abe Äönig ^anj I. bon ^anfreid^ ii^m feine $ilfe gugefagt (bgL De Sebo,
Storia di Carlo V. ... I, 253 nad^ ©anuto). 211« biefer untemei^mung«luftige ^en>
t»o fetter am 1. Januar 1515 ben X^ron beftiegen ^atte, toar i^m bon 2eo X. einSöi&nid
Seo X. 389
angeboten tootben imter ber Sebingung, bafe er ctntoiHige, 9fJeaJ)eI unter ba§ §au§ ÜKebici
}u bringen, ©eine 38eigerung ^atte ben $a))ft t)eran(a|t, ber antifranjöftjd^en Stga beis
antreten. 2)er ©ieg be^ Äönig« bei SKorignano im ©ejjtember b. 3- brachte jebo^ einen
Ser^Ieic^ bei ))erfönlicl^er Sefpred^ung ber beiben in 93ologna )u 3Bege, mit bem bem
Stdntge günftigen Siefubate, bag bie $auptfä|^e ber $ragmatifc^en ©qnftion (f. b.) au^ 5
gehoben, bem Jlönige Die Ernennung aller ^r^bifd^öfe, 93ifc^öfe unb äJibte in ^anfreid^
jugefianben, bagegen bie 9(nnaten unb öi^nlic^e @efäÖe ber ^urie überh)iefen tourben. @o
toarb bog erfte Itonlorbat mit einem franjöfifc^en ^errfd^er abgefd^Ioffen — ein Überein^
brnmen, fo>el(^ed ben alten ^eil^eiten ber bortigen ßirc^e ein @nbe machte unb ben l^öd^ften
UntoiQen im Sanbe l^ert)orrief. lo
Sine fernere, für ben 5ßaj)ft aud^ })erfönfid^ gefäl^rlid^e SScrtoidfelung löfte biefe Slltion
ob: unter feinem ©d^u^e l^atte SRaffaele ^ßetrucci ben Sorgl^efe ^etrucci au« ©tena ber*
trieben unb ftc^ felbft an bie ©pi^e gebrad^t. 35er Vertriebene [tiftete eine SSerfd^toörung
an j fein Sruber, Jtorbinal ädfonfo $etrucä, na^m e« auf ftd^, ben $a))ft ermorben ju
loffen — fo fyiütn 2fö»nilieninterief[en bie ©tellung biefe« SKanne«, ber einft befonber« ib
toarm für bie 38a^l be« SRebici ^um $a))fte eingetreten toar, in i^ (Gegenteil t)erfe^rt.
®er 3Rorbanfc^Iag tourbe berraten, ^ßetrucd l^ingerid^tet, einige anbere Äarbinöle, ©auR,
©oberini, 9liario, bie mit l^inein Dertuidelt baren, lie^ ber $a))ft nad^ S^^^^d ^^8^
teurer ©elbfummen — Sliario jal^lte 150000 3)ufaten — lieber frei (3JuR 1517). .Um
fidf eine ergebenere ©d^r im ^eiligen JtoKegium }u fd^affen, ernannte er mit einem ©d^(age ao
31 5larbinäle — 500000 3)ulaten fotten baburc^ ber pöjjftlid^en Äaffe jugefloffen fein.
2eo X. füllte fid^, nacbbem bie beiben bunfeln 333otfen jerftreut toaren, auf ber §öl^e
fetner Stacht 9Q3te fo manche feiner SSorgänger fa^te er je^t aud^ Jtreu}}ug«))(äne, freiließ
in bem mobifijierten Umfange, toie bie gortfd^ritte ber Spürten in Suropa fie an bie ©anb
gaben. @in augemeine« Sünbni« foDte bem ©ultan ©elim entgegengefteDt, eine 9umee 26
unter bem ilaifer unb bem Jtönige Don ^anfreid^ gefammeh, Snglanb, ©))anien unb
Portugal — SSenebig lie^ er au« bem ©piele, loeil mit JJranlrei^ )u fe^r Derfeinbet —
foDte bie )ur Sroberung Jtonftantino})e(« nötige ^(otte fteuen. ^an^ I. jeigte fic^ nidbt
abgeneigt, toünjc^te ober borl^er ben $apft unb fein ipau« bauemb in ba« fran^öftfcpe
SnUreffe pi «e^ burc^ eine §eirat Wifd^en ÜKabeleine be la a;our, einer 5JJrinjeffm ao
föniglic^ ©dblüte«, unb bem $er}og menjo Don Urbino. 93on ben beiben ^rojetten
lom h(k eine, ber ftreugjug, niq^t ju ftanbe; ba« anbere tourbe Dertoirllid^te, aber ber
^eirot folgte fc^on 1519 ber 2ob ber beiben Sl^egatten — bie l^interlaffene iod^ter be«
fo balb i)erflorbenen 5ßaare« toar Äatl^arina be' TOcbici, Jlönigin bon granlreid^, unl^eitooHen
(9ebenten«. 85
SEBoJS^renb bie Agitation unb bie ©elbfammlungen für ben 3ug gegen bie a;ürfen (ob
bad $roieIt emfUid^ gemeint fei, tourbe ftart bejmeifelt) begonnen Ratten, trat in^eutfd^-
(onb ein Sreigni« ein, toe(d^e«, ol^ne ba^ Seo X. e« al^nte, bie gefamte ©teKung be«
$a)>fitum« önbem fottte — bie bon 5roartln Sutl^er erhobene D))})ofttion. Siafe Seo X.
tetn Serfiänbni« für bie Xragtoeite berfelben gel^abt, totrb ben nid^t tounbem, toelc^er 4o
beobo^ftet, loie fid^ alle ^ereffen be« $a))fte« unb ber ^urie um fragen breiten, bie mit
ber bon Sutl^ in ben SSorbergrunb gefteHten religiöfen grage nid^t« gu tl^un l^aben.
IfyüSädflidf aber begeic^net be« 9teformator« Sluftreten in feiner Siüdtoirfung auf ba«
$a)>fitum ben $unft, too auc^ beffen ©d^toer))unft ftc^ toieber berlegt, t)on Sßinfetgügen
unb Kombinationen im Stallen ber italientfc^en ober aud^ ber europäifd^en $o(itiI auf 46
bo« lin^lic^ ®ebiet im engeren ©inne, too Sted^enfc^aft geforbert totrb barüber, tote ba«
ant>ertraute religidfe $funb bom $a))fttum DertoaUet toorben fei.
Über ba« antilutj^erifd^e SJorge^cn Seo« X. toirb ber 2lrt. Sut^er 2lu«Iunft geben,
toie über feine SKtion in bem ^eud^Knfd^en $anbel ber 9(rt. 9ieud^(in. $ier mag noc^
btr) ba« SBeiterjc^reiten be« $a))fte« auf ber 93al^n gejeid^net toerben, auf toelc^er toir 60
t^ bi«^er begleitet l^en. 31m 12. S^ttwör 1519 ftarb Äaifer 5roajimilian, ol^ne bafe e«
lim oebmgen toar, feinen @nlel Karl bon ©))anien gum beutfd^^en 5laifer toä^Ien gu Iaf[en.
3)ie ^fürften naiven ju i^er Steigerung ben 93ortoanb, einem nid^t gehonten {onbem
nur „ertoä^Iten römifd^en Äaifer" — ba« toar ber Sitcl, ben 5!KajimUtan ftd^ beigelegt
^tte — lönne ju Sebaeiten ein ?Rad^foIger nid^t beftimmt toerben. Unb al« nun uKajis 66
milton bie Jlrönung nacptrögßd^ nad^fuc^te, toetgerte fid^ Seo, fie in 3)eutfd^(anb pi OoOgieben
oba einen ÄriJnung«Iegaten ju fcnben, toä^renb ^ang I. ben 333eg nad^ Italien i)erlegte.
©0 f^floanlte nun bie SBaI;l gtoifd^en %tani unb Staxl — beibe bem $c^fte nid^t genehm,
toeil be^ fc^on )u mächtig. 2)a er aber mannte, ba^ bie 2Bal^l 5larl« ftd^er toax, fd^Io^
er fc^on unter bem 17. Januar eine ge][^eime Slbmad^ung mit il^m gegen ^anfreid^ — oo
390 £eo X. £eo XU.
eine äJeretnBarung, bie il^n jtDor nid^t l^inberte, tpteber bop))elted ®))tel 3U Derfud^, bte
aber bod^ fd^Ite^Iid^ p einem umfajfenben SBunbe^ unb ^ilf^ectrage füJ^e (29. 3Rai
1521, olfo tpäl^renb ber 3Bonn{er Steic^tag^Derl^anblungen). 3$erfc^Iagenl^eit unb hinter«
Italien gel^örte eben jum bi))lomatifd^en ^anbtpert; nod^ lange nac^ Seod Xobe berichtet
6 ber benetianifd^e Drator 9(ntonto Suriono ein baeid^nenbed Ißort über i^ : $a))ft £eo
))flegte m fagen, toenn man mit bem @inen ein ^ünbnid gefc^loffen l^abe, fo brandet man
barum boc^ ntc^t baDon ab)u(af[en, mit bemSlnbem entgegengefe|te g^tereffen SSecfolgen^
ben aud^ ju ber^anbeln (Sllberi, Relazioni ser. II, III, p. 290). ,,@ine fo gtpeijüngige
?PoKtiI/' fagt Slanle (5Pät)[te I, 6. äufl. [1874] ©. 56), „entfrrana i^m au« ber ©teOung,
10 in ber er fid^ befanb.'' @r tpar nid^t fo unbebeutenb, bei bem Aam))fe ber beiben über^
(egenen ©etoalten neutral bleiben ju bürfen; er toar aud^ nic^t mächtig genug, ein ent^
fcfeibenbe« ©etoic^t in bie SBagfc^ole ju toerfen. ©ein Siebling^lan blieb, bem Rvcdfm*
ftaot $arma unb ^tacenja, toomöglid^ auc^ ^^ara ^ingujufügen ; bad le^tere 3U über»
rumpeln toöre i^m betna^Snbe 1519, afö $er)og Sllfonfo Iranf lag, gelungen, ^njtoifc^
15 na^m Seo mit Perugia borlieb, beffen „X^rann'' ®ian))olo S3aglioni einem geJ^mni^oDen
^ro^effe in Äom gum Djjfer pel (®regorot)iud, a. a. D. VIII [1872] ©. 243 f.). Senen
Siebling$))lan l^at Seo nid^t au^gufübren Dermoc^t. D^nel^in gab bad ^^ortfc^etten ber
reformatorifd^en S3etoegung in 2)eutfc9lanb feinen legten ^Ra^a^men eine anbere Stic^tung.
3lad^ ben betannten erfolglos gebliebenen SSermittelung^berfuc^en \pxa6^ er am 15. ^unt
20 1520 ben 93ann über Sutl^er au^ — am 3. Januar 1521 bot er i^n in ber toenia be»
ad^teten S3uÜe Cum sicut erneuert, ^ngtoifd^en l^atten bie SSerl^ältniffe ben äBittenberger
3R5nd^ unb fein 3BerI gu einem geh)id(^tigen ^attor in ber ^olitil j^ifc^en Äaifer unb
$a))ft ^erantoac^fen laffen : bemd^nenb ift, ba| unter bem nämlichen &atum, toelcped bad
SBormfer @bi{t trögt (3. 3Rax 1521), ber neue Sünbnidenttourf jtoifc^en Seo unb tUxd
25 bel^ufi^ ber £o^rei^ung 3Railanbd unb ®enua^ untergetc^net tourbe — ba fte^t aud^ bie
93eftimmung, ba^ $arma unb ^iacenga „ber Jlirc^e'' jufaDen unb ber Jtaifer bem ^Mie
bei ber ©roberung gerrara^ bel^ilflic^ fein fott (Oregoroöiu^, a. a. O. ©. 255 f.). xAt
älftion begann fdpon im ^uni; Don il^ren langfam reifenben ^d^ten — ber Srobenmg
t)on 3Railanb, bem ^^e ^iacenga^, bann $armad — l^at Seo noc^ iRac^ric^t erl^en,
80 aber fein @nbe toar nal^e: am 1. Segember fd^on ereilte tl^n ber ^b. 3Ran \pxadf toie
fo oft t)on ®ift. ©eine ©laubiger jammerten; aber feine ^nbe jubelten unb riefen ü^m
bad Epigramm nac^, toelc^ed einft auf Sonifatiu^ VIII. geprägt toorben toor: toie ein
%u(!^ bift bu l^ereingefd^lid^en, toie ein Sötoe l^aft bu regiert, toie ein ^unb ^aft bu ge^
enbet. „92id^t nur aU ber glanjDoOfte, aud^ old ber glüdflic^fte ber ^ßöpfte ift Seo X. ber
85 ^ittoelt toie ^tad^toelt erfd^ienen. Unb boc^ toagte fd^on ein 3^i^8^(^ff^ (SSalerianud, De
litteratorum infellcitate I, 13) in il^m bad Silb eined ©terblic^en )u fe^, ber in
SQBal^rl^eit tief unglüdflic^ getoefen fei. (Sine unj^eilbare Äranl^eit, 6jil, ®efangenf<^
^einbfd^aften, SJerfd^toörung öon Äarbinälen, Äriege, enblic^ ber SJerluft foft oller feiner
^äc^ften unb ^eunbe k)erbun{elten bie genu^reid^en ^ge biefe^ ^apfte^ . . . 3)ie P&tdft
40 felbft lie^ Seo X. am 2lbgrunb be« JJerberben^ ftel^en. ©eine d^riftlic^e 9lufgabe begnff
er nid^t, toeil er toie aQe Stenaiffancepöpfte bie @r5ge be^ $abfttum$ mit jener ber SMft
felbft k)ertoe(^felte, unb biefe römifd^e SSerfölfd^ung bed d^riftlidt^en ^beal^, ber längfte wib
fc^rcdElic^fte aDer Sertürner ber ^äpfte, erzeugte bie beutfd^e Sieformation" (Oregorortu«,
a. a. D. VIII, XIV, 3). »e«wrt|*
46 fieo XI., ^Papft, gctoä^lt 1. Spril, geft. 27. april 1605. — @. af^anfc, «apflea
©. 210 (6.?lufl. 1874): SBrofcft, ®cf(^. b. J^irc^enftaateö; ^etrucettl beOa ©attina, Histdipl.
des Conclaves IL ©. 404 ff. (1864).
9lad^ bem 2;obe Stemen«' VIII., b. 5. 3Wärj 1605, berbanb ftc^ im ÄonHabe ber Äorbinol
ätbobranbini ate gül^rer ber Italiener mit ben franjöfifd^en Äarbinölen unb fe^e fo gegen
50 ben au^brüdElic^cn 3Bunfd^ bed ^önigd bon ©k)anien einen SRebici, Srjbifc^of t)on ^lorenL
SSertoanbten ber Königin bon granfrcid^, burcp, toeld^er im ^inblirf auf ben erfien^p
ani feinem ©efd^led^te ben 92amen Seo XI. toäl^lte. ^er fo balbige 3;ob biefed ^^i^
liefe bod^ beffen Söa^l, für bie ©einrieb IV. 300000 ^us geobfert baben fott, äU r«^
teuer ertauft erfd^cinen. „3Ran be^aui)tet," fagt SRanlc, „ber ©ebanfe feiner Sßürbe, bä
66 Oefü^l ber ©c^toierigfeit feine« 2lmte« l^abe feine alteröfd^toac^en Seben^Iräfte bottenb«
erbrüd^t.'' »enrtt|.
Seo XII., 5Pat)ft bon 1823—1829. — Sittcratur: «[rtaub be SWontor, Hietoiie
du Pape I^on XII., 2 93be, ^ari« 1843 (^erf. mx @efret«r ber franjöf. ©cfanbtf^aft in
Üipni); ©euerer, ^ißapft £eu XII. 1844 (bcutfdje ^arbeitung be« oor.); Äöberle, Seo XIL
£eo Xn. 391
unb b. (S^ift ber röm. ^ierarcgie, 1846 (1. Sab eined bilettantifd^en ,,9}om unter ben legten
3 ^fipften" betitelten SBerfed ; enthält u. q. eine oud nl^i^ä^itigen iBericbten jufammengefteate
G^ronif ber einzelnen diegierungSja^re uon bent bur4 ben ^itel bejet^neten ©efttbtdioinfel
aud); Gipoletta, Memorie polit. sui CoDclavi . . . Milano 1663; SBunfen, ^enffc^rift üom
13. 3)ea. 1823 über bie Solgen bcS St^ronme^JclS in: ^\ppo% ©unfenl, @. 507— 523 (ügl. 6
baju 9JlppoIb, 9leuefte Ä.®ef*i(6te II, @. 768 ff.), meldje« 3BerI überhaupt ju ücrgleidjen ift ;
(Sbateaubrianb, Mdmoires d^outre-tombe, 1850, VIII; ^iobari, Vitae Pontiff. Rom. PüVI.,
Pii Vn., Leonis XII. etc., 1840; SBifeman (^arb.), (Erinnerungen an bie 4 legten ^äpfte
(beutf(ft tjon 9ieuf(ft) 3. «ufloge 1864; S^ielfen, S)ie römif(^e 5fir(^e im 19. Saör^unbert
(bcutj* t)on Wltftelfen) 1878 (i); '?fl\p\>oib, ^anbbudj ber i^eueften Ä.®ef(6i4te 93b II (1883) lo
©• 70—79; fftanh, 4&ift. biogr. ©tubien (öef. 5B. XL) 1877, @. 143-157; t). 9leumont,
(»ef*. b. 6tabt «om III, 2 (1870) @. 679 ff.; ©rof«, ®efc^. bc8 Äirc^enftaateg, II (1881)
S. 308 ff.
2eo XII. — fein SRame toor ännibole bella ©enga — Ipurbe am 28. ©ct)tember
1823, nad^bem bad ftonüabe fünf 38oc^en gebauert l^atte, getpäl^b. Sofort nad) ber 15
2^nbefteigung übertrug er bad Staat^fetretariot, \Ddd)^ btd ba^tn ber il^m perfönlic^
fetnblidjie ßonfoltn (f. ben ärt. S3b IV ©. 269 ff.) inne gehabt, an ben ac^tjtgiöi^rigen
Äotbinol bcttaSomaglia — bie „3^^^"**" triumj)l^ierten, fie l^atten fid^ in bem burc^
fte in ber SBo^I Siegreichen ntd(^t getäufd^t. ^n ber %\)at, nod) \)attt Sonfolbi bie 9lugen
ntc^t gefd^IoÄen, ol^ tief eingreifenbe ^nberungen in ber SSertoaltung be^ ^irc^enftaated 20
eingefü^ tottrben. Seine ^a^geln tragen aUe ben Sl^aralter, ben ber „^tUmü^mn^"
übtä^ccipt trug: Jttrd^Iid^ed unb SBeltltc^ed im Seben ber Bürger, in ber ^urtöbiltton
unb wo immer in ber 9lrt gu berbinben begtt?. inetnanber ju tpirren, ba| ftrc^lid^e
®runbfd^e ouc^ im anberen ®ebiet ftetd )ur @eltung lommen. ^^Unglüdlid^enueife/'
fogt 9Tof(^ 0. a. D. S. 808 ,,trug er tirc^Iic^e ^ntereffen überaD l^inein, aud^ ^0 fte 25
ni^t ^ingebi^rten. ^I^m tpar ber Staat nur bie ^orm, in bie geiftüc^en @el^a(t ya
bringen aufgäbe ber Slegierung fei." So erweiterte £eo bie bifti^öflicpe Suridbiltion in
Sit^iljac^, erfe^te bie JtoDegialtribunale burc^ SingeMc^ter, befd^rönhe bie $rok)in2a(räte,
^ob fte bann auf, befd^ränhe bad Srbrec^t ber ^auen, machte einen äSerfud^ gur SBieberJ^er-
ßeOung bed Se^ndtoefend unb ber Saronialgeric^tdbarteit, l^ob bie obUgatorifd^e Sc^u^^ so
6(attemimt)fung toieber auf unb fe^e bel^ufd Sittenreform eine befonbere Jtommiffton gur
Seaufftc^tigung ein. Sold^e 3)la^nal^men, an ftc^ fd^on in Weiten Greifen 3Biberf^ruc^
^auiforbemb, litten, ba Seo nid^t aKed überf e^en unb f ontroKieren fonnte, nod^ bie üble
^Ige, ba| jk^ eine förmlit^e 9tebenregierung bilbete, bie i^n bon ftd^ abl^öngig mad^te
unb bie toopl tou^te, ba^ bad ftd^erfte SRittel eine Sad^e burd^gufe^en, barin beftanb, fte 35
in ber ,,ge^örigen geiftlitpen ^üDe" borjubringen. Slnbererfeitd l^at biefer 5Pa))ft in feiner
mit fünfi&l^gen Slegierung boc^ eine älnga^l tpol^ltl^ätig Wirtenber 3RagregeIn getroffen.
2)en überjo^lreic^en Seamtenftanb im ßirc^enftaat berminberte er, lontroQierte i^n auc^
fAoifa bun^ eine fog. 93igiIangsJtommiffu>n (^Rottiproprio bom 27. ^bruar 1826), ber
oOe Seomten bid gum Segaten l^inauf Sled^enfd^aft fc^ulbig Waren — Woburd^ freilid^ in 40
beten 9lei^ Ungufrieben^eit erregt tpurbe. ^ie bon feinem SSorgdnger begonnene Ste«
oiqganifatiim bed Stubientoefend ber 93eamten führte er weiter; bie römifc^en äBoJ^It^ötig-
teittoiftalten fuc^te er neu gu orbnen. ^er ^nangtage bedStaated Wibmete er perfönlid^
Sorgfalt — aber boc^ War nur bie« ber ©rfolg, ba^ er ba« einft burd^ ßonfalbi georb-
nete Jinongtoejen in Wieber f el^r berWirrtem 3u[tanbe l^interlaffen l^at. 3)elrete ju Ounftcn 45
ba ^oQen*, äeinen^ unb Seibeninbuftrie t)on })ä))ftlic^er Seite geigen gute 9(bftd^ten,
imiten ober gong fonberbar an, Weil fonft nid^t« Q^^clI), um bem großen ©eWerbebetrieb
ober bem ^onbel bie S3a^n gu eröffnen, gm ©egenteil, 2eo« 3Wa^regeIn gegen bie guben
tantiten ^ier fe^ ftörenb. ®ie Slbfperrung betfelben in befonbere Quartiere (©^etti) fe^te
et tmebet in j&aft, nad^bem fte unter ber frangöftfd^en $errfd^aft befeitigt Worben War. so
J>ai füt ben Umfang be« Äird^enftaatc« mit ©iltigleit bom 20. 5Robember 1826 ab er=
laffene 2)elret Wie« bie Quben an, bon Sonnenuntergang big «Slufgang fid^ in il^rem
CUiottiete gu ^ten; ba« SRed^t, Eigentum gu erwerben, Würbe i^nen abgef})roc^en; Se^
(e^tun8«))r&igten beiguWol^nen, wie fte inStom in einer bem füblid^en Eingang be«(l)^etto
gegenübet liegenben Deinen ßird^e gel^alten Würben, gWang er fte; aQe gal^re mußten fte 66
am etfiten Jtcmtebafötage bot bem Senator bonStom erfd^emen unb für ein Weitere« gal^r
2)tt{bung etfle^. 2)ie Steteren unter ben ^uben wanberten barauf^in au«, gogen nac^
TMtana, ber Somborbei, JJenebig ober S^rieft — bie Slrmen mad^ten bie SBer^äUniffe im
ititc^fiaat nodf btüdenber.
@tne befotü)ere Sßtion fe^te ber $apft in ber Slomagna in Scene, um bort bie eo
GdUn, b. ff. bie rabtialen ))otitif d^en Parteien, gu bemid^ten. @r fanbte (bgl. 93rofc^,
392 £eo XU.
a. a. D. ®. 309 f.) 1825 ben Jtarbmal 9itt>oroIa old Segaten a latere nad^ 9labenna
unb rüftete ü^n mit foiU)eräner ^a^tt)oIIIommenl^ett aud: ol^ne aerid^tltd^e SSeri^anblung
nad^ @utbünlm unb gel^eimer Unterfud^ung foK er [trafen. 3la£ breimonatlul^em 9lut<
enthalt l^at er 608 5ßerfonen berurteÜt, 7 jur 3:obegftrafe, 13 ju lebenglonglic^ S^ong^
5 arbeit, 41 ju [old^er in S)auer Don 3—20 ^c^xm u. f. to. 229 tourben jtoar enttaffen,
aber unter bie ftrengfte älufftd^t geftedt: fte burften ftd^ nid^t Don bem angeh)iefenen äLuf«
ent^olt^orte (domicilio coatto) entfernen; aOe 14 Xage mußten fte ftd^ Dor bem^olijei^
inf))e!tor fteKen, aUe 3)2onate beid^ten u. bgl. 2)er Segat lie^ baneben auc^ auf öffent^:
liefen $(ä|en ^u^rebtgten l^alten, ftiftete heiraten jtoifc^en ben 9lnge^örigen bo: ftc^ be»
10 fel^benben ©eften, befonberg ben ©onfebiften unb ben ßarbonori in ^föenjo. 35ag ^f oDeS
nid^t — ein SKorbDerfud^ auf Slibarola beranlafete biefen felber jur ^ni^t ©a fc^idtte
2eo XII. eine aufecrorbentlid^e Äommiffion unter 3Konfignor Sttbemijji in bie SRomagna. 3)cr
Jud^te burd^ ein loeitberjloeigte« 2)enunjiationgfbftem bem Übel beuulommen — bolb über?
füllten ftdb bie Äerler, fo bafe in Älöftem unb 5ßaläften eine Unteminft für bie SJcrbäc^fs
15 tigen gefcpaffen toerben mu^te : fieben tourben in 9lat)enna gel^öngt ; bie Seichen Iie| man
afö abtc^redfenbe« Seifpiel ^toölf ©tunben am Oalgen. S)ann änberte 3nt)emiai fein
©Vftem: er \>^pxai) äSerjeilung ben 9leuigen, toenn fie nur freitpiQig befennen tooDten.
3:aufenbe Don Garbonari mad^ten babon ©ebraud^ — um fo unberföl^nlid^er foDte bie
Äad^e ber ©anfebiften fie fpöter Verfolgen.
20 Sin abfonberlid^er aber bejeid^nenber SKifegriff J)affierte bem ?Pat)fte mit einem 3ÖÖ'
Knge ber ^ßropaganba, bem aug Sägfcjjten ftammenben ßaf^iur. 2)erfdbe tou^e ©louben
baran ju ertoedfen, ba^ SKel^met Slli il^n afö Sijd^of eineg neuen ©i§e« im Sereic^ be«
alten ^em))l^id l^aben tooKe unb ba^ eine toettreid^enbe Unterwerfung unter 9{om bie
golge babon fein loerbe. Seo toeil^te ben Setrüger jum SSifd^of . Auf ber SReiJe jeboc^ tourbe
25 ber SSetrug bem mitgegebenen ©elretär ber ?Propaganba et)ibent — ßafl^iur toorb jurüct
gefü^, begrabiert, m leben^Iänglid^er §aft im Äerfer be« ©ant' Uffi^io Verurteilt unb
erft 1849 gelegentlich ber geloaltfamen SRäumung biefe« Äerferö in grei^eit gefefet.
Seo^ ^erl^aßen ^u bem toa^ nid^t ben Jtird^enftaat ober bie lat^olifd^eftird^ angebt,
läfet fid^ au« ber erften ©nc^Htla, toeld^e am 3.5Kai 1824, getoifjermaften al« Programm
80 erlafjen tourbe, erlennen. SJerbammt iüirb ba junöd^ft bie ftd^ bie „})I^UofoJ)]^ifc^" nem
nenbe ©elte, b. 1^. toer ^nbifferem in lird^Iid^en fingen Verlangt ober joleranj; ber«
bammt bie SSibelgefeßfc^aften, toeld^e ftd^ fred^ über bie ganje ®rbe verbreiten unb bie 1)1
©c^rift fo entfteUen, ba^ in il^ren Slu^gaben nid^t ßl^rifti, fonbem ber SKenfc^en, [a be«
3:eufete Sbangelium gu finben fet. Salb nac^ Sriafe biefe« Shmbfd^reiben« erging eine
35 SSuIIe, toelc^e gu bem mit bem 24. Siegember 1824 beginnenben gübeliai^ einüib. 3luf
btefe« erfte ^wbelja^r nac^ ber SReftauration fongentrierte ftd^ 2eo« ganje« 3"^^^^- ^^
befonberen 6inlabungen mx leilnal^me ergingen an bie latlj^olifc^en Slegierungen äuffop
berungen, ba« Kommen ber ^Pilger m begünftigen — bie ganje latl^olifq^e SBelt foDte in
Slom ftd^ einfinben. Slber ber (Irfolg entfpradp bem ntd^t, obtoo]^! man fic^ bemü^,
40 toenigften« ba« S3anbitentum im Äir<|enftaat ju unterbrürfen, bamit nic^t bie Unfic^er^
ber ffiege bie $ilger abl^alte. San großen fird^Iid^en ^tm, an ben üblichen ©elig*
j)red^ungen (u. a. be« fpanifd^en ^angigfaner« 3;uIiano, ber l^albgebratene am &pv^
terfenbe aSögel toieber lebenbig mad^te) fehlte e« nid^t.
33tel tüic^tiger, obgleid^ nic^t fo geräufd^DoII, toar ba«, toa« Seo« 5ßontifiIat anberen
45 aiegierungen gegenüber eaeid^te. 35a« Äonforbat mit Hannover lam enblid^ jum Slbfc^Iu^
bie oben|einifc^e Äird^enj)rot)in5 tpurbe neu georbnet, babei ba« S3i«tum Äonftanj unb b«
läftige Söeffenberg (f. b. ärt.) befeitigt. %\xx S3afel tpurbe ein neue« 95i«tum gegrünbeL
gn ben ?RieberIanben legte ein Äonforbat ben legten SReft ber 9legierung«^o^it in ben
fird^lid^en Angelegenheiten ber ©übjjrobinjen niebcr. ©nblid^ tpurbe in ben fübomerüa^
60 nifc^en SlejjubKfen burd^ befonbere Äonlorbate alle lir^Iid^e ©elbftftänbigleit unterbunben
— gerabe bort, h?o in pofitifd^en Sinken ein ungezügelter greil^eit«brang oft toec^ifelnbe
©ebilbe fd^uf, tvurbe ba« ^opal^ringt)) unbebingt $en in aOen lirc^lic^en Sngelegem
l^eiten.
Sefonbere Sead^tung t)crbienen bie 95ejiel^ungen jtoifd^en bem ?ßaj)fte unb ^onkeic^,
56 tpeil ^ier ^been in ber enttvidfelung toaren, bie auf 3!fli^^S^^'^t« l^au« im Äirc^entoefen
eine unJ^eilboHe 333irlfamfeit entfalten foHten. 3lod) bor bem Sw^elja^r lam SrnneraioÖ
(f. ob. ©. 232, 8) nad^ 3flom. ©ein eintreten für bie abfolute ©etvalt be« 5ßaj)fttum« berfc^fte
il^m gtänjenbc 3(ufna]^mc. 3)er $a))ft lie^ i^n im Collegio Romano unterbringen unb
hielt t)ertraute Sefpred^ungen mit ij;m, ber, tvie SIBifeman fagt, „für einen ber geniolflen
60 Vertreter be« Olauben« galt". aWit ber franjöfifd^en SRegierung freiließ fonb Seo XÜ,
£co XU. Seott 393
ftd& toon Dom^erein in 3)iffen«. 2)a§ Jtonforbat Don 1817 fd^ien il^m nicfet rici^ttg au«*
gcfü^ }u tocrbcn, Wc bon bem 3Rint[ter be« g^^^^f" ^w^^ Slunbjc^reibcn an bie Sifd^öfc
emj)fo^Ime S^P^nmung ju ben 4 ärtileln bc« ©aHilantömu«, tote fie 1682 fcrmuKcrt
toorben tooren (ügl. bcn mt, ©attilaniemu« S5b VI ©. 355), lonnte er nur perl^orre^jieren.
SDte nun gor hn Diario Romano ein bie gwi^w^^ng be« 5Kini[terd abtoeifenber S3rief s
bed (gr^c^of^ bon 2:ouIoufe erfd^ien, unb ber franjöfifd^c ©efc^äftöträger (bcr afö 9}er=
faffer emer S3io0rat)^ie 2eo« oben genannte be 5Kontor) eine au^toeid^enbe Slnttoort auf
feine begfaartge *3nter})eaation be« ©taat«fefretär« erl^ielt, toic« ber Äönig Subtoig XVIII.
in einem loom 5Kinifterium rebigterten Schreiben bom 20. ^ulx 1 524 ade 33ortoürf e jurücf ,
(dÄ auf ungenauen imb bon unt)erftänbigem @ifer geleiteten SSerid^ten berul^enb. 3ion ha lo
ab geftolteten ftd^ bie Sejiel^ungen freunbfd^aftlid^er. Unter Äarl X. erllärte fogar ber
©taatöfefretär SSemetti: man bermöge bie bom ßpiffobat ^anlreid^« beanftanbeten Dx-
bonnonjen nic^^t ju billigen, bod^ foHe ber @j)iffoj)at auf bie ®efü^Ie unb bie ^ömmigfeit
be« fidnig« bertrauen unb mit bem Xl^one ge^en.
33«w^tung berbient aud^ 2eo« SSerl^alten )u ben SRieberlanben, bie bamafö ber %xm^ is
mmg ber tat^olifc^ Süb^robingen entgegen gingen. ®egen bie bon Jlönig 2Bi(^eIm I.
berfügte ©(^lie^ung ber flerilatagitatorif^en ©eminarien unb bie Sröffnung eine« Colle-
giam philosophicum in Sötoen erl^ob Seo ^roteft unb toie« bie 93ifd^öfe ju })afftbem
SBiberftonbe an. 3)ie traftlofe 9flegierung gab nad^ unb eröffnete fogar SSerl^anblungen
toegen eine« llonlorbate«; toeldj^e« bie ^age ber 95ifd^of«emennungen unb bie ber ©emi« 20
nare t)erquid(te. @« lol^nt nic^t, auf bie 9^erl;anb(ungen, bie 3lbmad^ungen, toelc^e nid^t
gegolten tourben, bie jtlagen ber l^oOanbifd^en Stegierung u. f. to. ein)ugel[^en (bie ja freiließ
tm^er ®oetl^ SBort ittuftrieren, ba^ im SSatifan jeber 3)ii)Iomat feinen SKeifter finbet),
toeil fc^Ge^tc^ bie 9lebo(ution in S3elgien unb bie Söfung bon ben nörbUc^en Stieber-
lonben olle bief e 93erl^anblungen für bie nieberlänbifc^e Stegierung jieKo« gemad^t l^at ; toa« 25
bie Rurie bobei babontrug, jeigt SWejcr, 3)ie 5ßropaganba II ©.98 ff.; bgl. Slippolb, 3)ie
röm.*Iatl^. Äirt^e im Ädnigr. b. 5RieberIanbe, 1877, ©. 149—151.
Segfiglid^ be« SSerl^alten« ber iturie unter Seo XII. m 2)eutf(^(anb ift ber 9lrt. Ron^
lorbote unb 6irIumfIrit)tion«buaen ju bergleid^en 93b X @. 722, so. laenrat^.
Seo ti. a^riba f. Särulariu« ä3b III ©. 620. so
geo«, gra^ £ui« be, fj)anifc^er S)id^ter unb 3:i^eoIog, geft. 1591. — ^aupt*
quellen für fein ficbcn unb 2eJ)rcn finb bie 1847 ju 3Kabrib öcrbffentlidjlen ^rojefeaften
Prooeso oridnal que la Inquisicion . . . hizo al Maestro Fr. Luis de Leon (Coleccion de
Doc ined. X unb XI, 1 — 358), fomlc bie in Vida de Fray Luis de Leon por D. Jos^
Gonzales de Tejada (^obrib 1863) ob(tebru(ften ^ftenftücfe. 3u ber burc6 hörnte ber ^ar' 86
fteüung au^grgei^neten, aber in i^ren ^(uffteflungen unb @d)ilberungen nic^t immer juoer»
l&fftaen ^Ronograp^ie t)on Dr. ^. ^. ^Silfen«: f^ra^ fiui« be Seon; eine iBiograpl)te auS ber
Oef($i(6te ber fpan. Snquif. unb Äirdic im 16. Saftrö. (^aOc 1866) ügl. im 2:^233, ©onn
1867, 6p. 478 ff., bie «naeige oon ^. SReuf^, melier (93onn 1873) felbft eine hirjc »io*
grop^ie nebft umfaffenben Iitter.«^iftor. ^Jodjmeifen unb Unterfucbungen über 2. unb feine 40
3cit t)eröffenlli(ftt ^at. Ueber ß. al« S)i(6tcr Oßl. Xidnor, History of Spanieh Literature
(2 ed »ofton 1864, II, p. 75-87). ©eine fpanifcften ©djriften finb in 6 ©önbcn (bie
poet{f(^n Im 6.J unter bem ^itcl: Obras del M. Fr. Luis de Leon . . . reconocidas y co-
tejadaa con vanoe manuscritos burd^ bcn ?luguftincr §lnt. 3Rcrino l)erQU«gegebcn ttjorben,
Wabrib 1804—1816. ©ine beutfdje Ueberfc^ung feiner ^Originalgebid&te" geben ©cftlüter 45
unb 6torc!, 9Rünfter 1853. Sgl. Xicfnor, Hist. of Spanish Literature, I. g3b; 3». ®u-
tierre). Fr. L. de Leon y la filosofia espanola del siglo XVI (1885); berf., El raisti-
ctsmo ortodoxo en sus relaciones con la filosofia (1886); SSÜfen^, (^efc^. b. {pan. ^roteft.,
«üter«lo4 1888, Kap. 3.
8oui« be Seon, 1527 }u Selmonte geboren, trat mit 16 ^al^ren in ben älugufttner« 50
otben ein, nac^bem er berett« 1541 ba« ©tubium ber 2^eo(ogie in ©alamanca unter
Vlddfxcx Sono begonnen l^atte. 9ln ber nämlichen Uniberfttät erhielt er 1561 eine $ro^
fefjitr ber fi^fiemattfc^en 3:l^eoIogie, unb gu bem l^ol^en ©lange ber „Sendete ©panien«
III* ber (S(^njlen]^eit" (Doc. ined. X, 259) ^at er felbft nid^t loenig beigetragen, ©eine
äRet^obe, pet« auf bie Duetten, nämlid^ bie ^I. ©dbrift unb bie aSöter, gurüdfguge^en, bot 6b
feinen (Segnem, barunter gtoei Äottegen, bie mit SJeib ii.« ßinflufe auf bie ©tubterenbcn
anfo^, ertoünfc^te SSeranlaffung, i^n fälfd^Iid^ ber Hinneigung ju ben reformatortfd>en
Xoibengen )u befc^ulbigen, beren SSorl^anbenfein ftd^ in ©panien befonber« mö^renb ber
ffinfjiger ^oi/tt be« 16. !^a^l^unbert« bemerfbar gemacht l^atte. @o fam e«, ba^ S.
394 Seon ZtoniiM Hon S^jatij
1572 bcrl^aftet unb in ba§ OefängnU bcr ^nquifttton ju 38aHaboKb abgeführt tourbe.
^ie älnflage ging bal^tn: er l^obe Diele le^erifc^e« anftögige unb übelRingenbe @ä^e \)ox*
getragen, unb jtoar nid^t nur in feiner alabemifd^en il[^ätigfeit, fonbem auc^ bei bcr ibm
aufgetragenen 3Ritarbeit an ber 3Serbefferung ber Satablu^fd^en Slu^abe ber Sulgcia,
6 foh)ie in feinem Äommentar gum Äol^en Siebe, ^ft fünf ^ai}xt jog man ben ^rojej
^in — am 15. 2)ejember 1576 enbigte er, ba S. ftd^ allen Slnllagen gegenüber erfolg^
reid^ berteibigt l^atte, mit ^reifjjred^ung, freiließ leiner unbebingten. ^tto^ ^at 2. feine
Selj^rtl^ätigfeit toieber aufnehmen unb bi« ju feinem 3:obe, 23. 2lugu[t 1591, toeitcrfü^ren
bürfen; über bie gange 3jit feiner ©efangenfd^aft ging er bei ber crften SJorlefung na<^
10 jener ßbifobe mit ber aSenbung : „Heri dicebamus . . ." I^intoeg. ©eine Ueberfe^ung
beg ^o^en Siebe« fam auf ben Siff aboner gnbej bon 1624. »eiirnt^.
ficotltitt« tiott JBtijotlj, geft. um 543. — ©aS bic ältere pQtriftifdjc 3rorf<ftuna über
Seontiud mugte, ift am bcften aud [^eglerd iDstitutiones Patrologiae 11, 1851, @. 934f. (ab»
gebrudt MSG 86, 1 col. 1187 ff.) ju erleben. — g. fioof«, Scontiug oo« ©^aanj unb ble aleicj-
15 namiaen Sc^rtftfteQer bcr griec^ifti^en i^irc^e I: ^ad Seben unb bie polemtfc^en SBerte M
Seontui« öon SJ^janj, Seipjig 1887 (5:11 III, 1 u. 2; im folflenben Slrtifel: „ßeont."; üoL
bic lücrtüoücn ÖefprcAungcn üon %f). Qa^n X6S53 1887, @p. 89—92, ©. ^Köttcr Xf^^S
1887, ©. 336—39 unb ?t. d^r^arb, ßitterarifcfter ^anbrocifcr XXVII, «fünfter 1888,
©. 505—08); 5- Soofg, Stubicn über bie bem Softanncö oon S)omQSfuÄ gugeft^riebcnen
20 ¥aroIIeIen, ^alle 1892 (be^anbelt einen 2:eil bcS 6toffc8, bcr für ben — jeft aufgegebenen
— jmeitcn 5Janb be« SeontiuS oorbcftaltcn mar); $ö. Sfiügomer, SeontiuÄ \)on ©^janj, ein
«Polcmifcr au« bcr 8eit SuftinianS, ^Bürjburg 1894 (ügl. g. fioof«, ötjjant. 3eitf4. V„
185 — 191); Ermoni, De Leontio Byzantino et de ejus doctriua christolodca, $arid 1895
(ugl. 5. Soof«. 339a- S^f*- VI' 417—419); Ä. ^oU, 3)ie Sacra Parallela be« So^annc«
26 2)amaöcenu8, Scipjiö 1896 (XU XVI, 1 = i«g 1. 1 ; ogl. % fficnblanb £^33 1897, 6p. 9-14;
g. fiüüfS, %fiBt^ 1898, @. 366—372; gegen beibe B. ^oH. 2U XX, 2 = SR2f V, 2
p. Xlisqq.; ügl. aud) ?l. (£§r^arb, ©^j. Seitfrf). X, 394—415); 3- Segler, Institutiones
Patrologiae, recens. SB. Sungmann EI, 2, gnnSbrucf 1896; Ä. i^rumbad^er (für ben betr.
9lbWnitt : 91. ß^r^arb), ©cfdiic^te bcr btjjontinifcftcn Sittcrotur, 2. ?lufl. unter Witmirfung
30t)on Ä. S^r^arb unb ^. ©eljcr, g^üncftcn 1897; fj. S)iefamp, 3)ie origenlftif(ften Streitig»
feiten im 6. Sa^r^unbcrt unb baS fünfte allgemeine ©ondl, 3Künftcr i. ©. 1899 ; O. IBarben*
t)eiocr, «Patrologie, greiburg i. 53. (l.aufl. 1894), 2. ?lufl. 1901.
1. „Seontiug bon S^jang" ift jtoar gegentoärtig aU einer ber beDeutenbften 3^eoIogen
ber erften §älfte be« 6. S^^^^wnbertg allgemein anerlannt; bod^ bleiben in Sejug auf
85 fein Seben unb feine SQSerle nod) fo biele ^^^9^*^ *>ff^' '^^i ^ f^^ em})fiel^It, an ©teBe
einer biograt)^ifc^en ©ligje, bie ©ic^ere« mit §^t)ot^etifcl^em mifc^en mü^te, eine Überftc^
unfere^ SBiffen^ ui geben, bie beibe^ fd^arf au^einanberl^ält.
Unter ben 9Berten, Ipelc^e MSG 86 fl u. 2] col. 1185—2100 unter bem SRamen
be^ Leontius Byzantinus seu Hierosolymitanus nad) älteren (gumeift nur lateinifc^)
40 unb neueren 2)ru(fen — 31. 3Kai erft l^at bei ben meiften gried^ifd^en 3:ejten bie eiditio
princeps geliefert — jufammengefteHt finb, fmb bier lateinifd^ längft belannte, ret^t um
gleid^ lange ©d^riften, bie l^anbfc^riftlid^ (Vatic. 2195, Laudian. 92 B unb ein n«^
nid^t ibentifijierter cod. Turriani) fd^on bor bem ^af)xt 1000 in einer ©ommlung tnm
Söerlen hti Aeovtiog juovaxdg ober iQtj/LLhm bereinigt toaren: 1. bie breiteilige ©c^rift
46 adv. Nestorianos et Eutychianos (a. a. D. 1268—1396: inS3ejug auf ii^ royoeig,
bie 3Sätercitate, im 2)rucf unb aud^ in ben il^m ju Orunbe liegenben §ff. unbou^tcmbig;
eine §f. mit ©cbolien jh)ifc^en ben xQ^^^^'^ ^^^ $itra, Analecta sacra et class. V
1888 ©. 46 in ®enua nad^geh?iefen : Januensis 27 saec. XI), 2. bie *E7tü.vmg xm
vnb ZevriQov nQoßeßXruxevcDv ovkkoytojLLCüv (1916 — 1946), 3. bie XQidxovxa xetpä"
wkaia xara Zevr]Qov (1901—1946), 4. bie ©c^rift adv. fraudes Apollinaristamm
(1947—1076). ^son biefen ©cbriften gefrören ?Rr. 1 unb 2 fic^er einem SJerfaffer an,
unb jh)ar bie Epilysis (bgl. 1916 0 unb 1936 C) afö ba« fpätere, an ba« öltete
anfnüj)fenbe SBerf. 2)er 93erfaffer bon ?Rr. 1 fc^reibt in ber 3eit jtpifc^ 529
unb 544; er ift felbft in feiner 3>W9J"^ ^"P „92eftorianer" getoefen (1357 C)r «^
u in einem Äreife bon x^xa boc^berel^rter Männer, in ben ®otte« ®nabe i^n geführt ^,
JU befferer ©infic^t gefommen: al« eifriger ®egner folbol^I ber SKonoJjl^^fUcn tote aller
„l^eimüd^en 9Jeftorianer", b. ^. ber 3Seref)rer 3)^eobor« bon 5IJlopfuefte (bgl. b. 31.) unb
2)iobor« bon SCarfu« (bgl. »b IV, 672—75), ift er in einer geit, bie fd^on jiemTtt^ tpeit
prüdElag, al« er bie @^rift adv. Nest, et Eut. publizierte, in häufigen 2)td))utattonen
60 ifür ba« 6l[^aIcebonenfc eingetreten (1268 B) unb greift gur fc^riftlic^en Sijierung feiner
®ebanlen nur, toeil ®önner unb ^eunbe il^n baju aufgeforbert ^en. 3)te „tri-
SroittittiS Hon Slfjaiij 395
^nta capita" rühren offenbar Don bem gletd^cn SSerfafJer l^er, feigen aber ntd^t auö toie
ein fax ftd^ )ntbli)terted 98ert. Sei ber @cl^rift adv. fräudes Apollinaristarum, bie ein
9ReijierftücI alter jHxtrijttf^er ©elei^rfamleit ift (bgl. S5b I, 673, 4off.), I^abe id) (Seontiu«
©. 90 ff.)r obtool^I gar manche« für $erfunft bon bem gleid^en SJerfajfer \)ßxxi)t, 95ebenfen
gegen biefe SSnnal^e nic^t unterbrücfen lönnen, bie 9lügamer (@. 15 f.) m. @. nid^t ge« 6
Ijiohm, fonfi m. SQ3. nientanb ald belanglos begeid^net f)at; bod^ l^aUe id^ ^eute toie früher
bie 9ii(^tiglett ber ^nbfc^ftlid^en Überlieferung bennoc^ für mögßc^.
Sei jtoeien biefer ©d^riften, ber Epilysis unb ben triginta capita, lann bie
Überlieferung, ba| fie bon einem 5!Jlönd^ Seontiuö l^errül^ren, toeit über bie grit ber ölteften
Codices ^urüdberfolgt toerben. SBir beft^en nämlid^ in minbefteng brei $ff. (Seont. lo
©. 94 — 105) eine lateinifc^ au3 ben ÄoHeltoneen be^ 3^witen Surrianu« unb grie^ifc^
bun^ 3Rai teilb^eife befannte ©ammlung ))atriftifd^er @|€er))te, toeld^e in ber ©eftolt be^ Don
9Rai Doripiegenb benu^en cod. Vatic. Golumn. in ber 3^ jtoifd^en 662 unb 679
jufommengejteDt fein mu|. Siefe ,,Doctrina antiquorum patrum de verbi incar-
natione" (ÜRai, Script, vet. nova coli. VII 1833 ©. 1—73) ätiert ©. 40—45 bie is
xgtdxovra xeffiXaia lov jLuzxaglov Aeovtlov mit einer Surfe (©. 41 3lnm.) DoH«
ftönbig unb ©. 57 oui^ ber Epüysis ba« MSG 86, 2013 A, 1 — B, 2 afö 5Rr. III
unter ben Fragmenta Leontii g^rurfte ©türf mit bem Semma : ix rojv Aeovriov uo-
vaxov xov Bv^avriov. Slu^er biefen beiben ßitaten bietet bie Doctrina nodj^ fünf
anbere ix tc5v aroikov Aeovxiov: 1. ©. 53 f. = MSG 86, 2009 D, 4 — 2012 C, 9 ao
(Fragm. II ; — 2012 C, 10 — D, 13 ift = B, 1 — C, 4) , 2. ©. 62 f. = MSG, Fragm.
IV (2013 B, 7 — 2016 B, 5), 3. ©. 64 f. = MSG, Fragm. V (2016 B, 8— D, 2),
4. ©. 48 (t)gL »nm. 1) — 49 b unb (bgl. Seont. ©. 121 u. 153—161)©. 38 b— 39 a
ein Sruc^d einer 3(t)oIogie bed Sl^alcebonenfe, 5. ein old Doctrina-Sitat noc^ ungebrurfted,
aber oud 2|o^anned bon ^amadnid unb @ut^^miud K\V^^^ti}x^ befannte^ ©türf über 25
gußamftoi unb ©ajaniten (bgl. Seont. ©. 124 u. 150 f.). — 3)iefe fünf Sitote l^aben
engfie SBe^te^ng )u Slbfc^nitten bed ölteftbelannten unter ben MSG 86 gebrurften 3B3B
bed Stontntd, ber ©c^rift de sectis ober, toie ber gricd^ifd^e S^itel lautet, ber Aeovxiov
axoiaaxocov BvCavxtov oydXia dno q)(ovfjg Oeodcogov xov '^eoq^iXeaxdxov äßßä
xxL (1193—1268). 3)iefe ©c^rift de sectis l^ielt man früber für ein bon Seonttu« ao
nof^ SbtdfOl^gen bed Slbted ^eobor lonji^nerted SBert (bgl. ). 93. ^(er MSG 86,
1190 I); fie toar ber ®runb bafür, bafe man Seontiuö mel^rfacp auf ca. 600 batierte.
SRetn !R(4toei« (©. 140—144), bafe biefe «uffaffung ber ©^rift de sectis fotool^I
bun^ bad dnd qxav^g Seodcbgov, toie burd^ bie Sntftel^ungdjeit ber ©d^irift (^toifd^en
579 u. 607) aulgefc^loffen ift, ba^ t)ielmel^r in de sectis unjtoeifell^afted Seontianifc^e^ 85
Slaterial in Jt)ätCTer Bearbeitung borliegt, ift allgemein angenommen toorben. ^Reine
Vetteren Shidfü^rungen in S3e)ug auf bie üy^Xia Aeovxiov ftnb jtoar bon ^ungmann
accc)»tiert unb bon Sarbenl^etoer unb Jtrumbad^ers@^rl^arb ol^ne birelte ä^ertoerfung re»
gifbriert toorben, l^en aber bei 3|^l^n, SRöQer unb 9lügamer mel^r ober minber toeit«
gretfenben 9EBiberfi)ruc^ erfa^en. ^eine S3etoeidfül^rung ift an biefem SBiberf}}rud^ nid^t 40
unfc^ulbig : toie mein 9u(^ mel^rfac^ unnötige ^nber-^eube }etgt (3. S. ©. 4 9{nm. u.
©. 94f.), fo leiben auc^ bie Sluöfü^rungen über bie Zx6ha barunter, bafe fie mit fiege^
getmf|er Umfiänblic^Ieit mel^r betoeifen tooQen, aU bor einbringenben ^anbfc^riftli^en
©tubten betoiefen toerben lann. 2)od^ l^alte i^ bie $aut)trefultate meiner 2)arlegungen
no6 ^te teiß für fieser, teifö für mel^r ober toeniger toa^rfd^einlid^. ^ür ftd^er fe^e id^ ^u- 46
noc^flbadan, bofe ben ^;u<5^a Jlcovr/ov ä7id(p(ovrjg Oeodcogov ein 2öerf bc!^ Seontiu^
e®nmbe liegt, ni^t ettoa nur ein 5lurfud bon Sel^rborträgen be^ Seontiud, bie ^eoboru^
tcrorifc^ aufarbeitete (fo ^öQer) ober bie nad^ ber SSiebergabe be^ Seontiu^d^üler^
X^obor ein {Dritter lomijjierte (fo Qa!l)n ; noc^ ®efd^. be« neuteft. Äanon II, 293 9lnm.).
SDitt bem dnd q>Q)rqg fimn l^ier m. ®. gar nid^t argumentiert toerben (gegen S^\}n). w
SldDerd unb 3^^ ©rllörungen biefe« Segriff« fmb möglid^; aber ba« öjiö (pwvrjg
finbet fic^ aud^ bei toörtlic^en, mit Sleferaten burd^fe^ten 6jcerj)ten (bgl. inixo/ur] ix xojv
ixxL Unowov ^doaxom^lov änb q)(ovrjg ^onlov MSG 65, 459 unb anbere S3ctfj)icle
im Seimt S. 141), unb pnb bie Sjtreme möglid^, fo aud^ alle«, too« jtoifd^en il^ncn
It^. (Sntfc^eibenb ig m. @. folgenbe«. 1. ^te prä^ife unb gerabe in biefer il;rer ^ra- 55
jifwn m ben SJerfaffer ber ©c^rift adv. Nest, et Eut. erinnembc 2)iItton ber au^
bun^ bie Doctrina geberften <S>i^m, bon de sectis erfd^eint nur bann ertlärlid^, toenn
bcin9Q»teX^borfd^riftIid^e3lu«fül^rungenbe«fieonttu« borlagen. 2. ^erSconttu« ber
Epilysis beruft fic^^ 1936 C auf 2lu«fü]^rungen über G^rifti ovolai unb vjiooxaoig fo«
toie über bad nic^t äwnöaxaxov elvai ber erfteren in adv. Nest, et Eut. (1276Cff.)6Q
396 Senittmd Hott Susans
unb h TCO TigcüTcp xecpaXaUo tcwv ägrlcog fjjioQrj/LLivcov ; Slu^fü^ttgen betört abec
tnbcn [xq in de sectis (1240 Äff., ^. %. = Fragm. II). 3. ©crmonug t)on Jlom
'tantmoi)el ^püd)t um 730 t)on einem 93uc^e bed Seontiu^ ju gunften bed S^olcebonenfe,
hai biete SJätercitate entl^alte unb rd Aeövria genannt toerbe. 3)iefe^ S5ud^ in bcr ©Arift
6 adv. Nest, et Eut. h)ieber ju pnben (fo TlHÜitt), ift getoi^ an fid^ möglic^. ©oc^ wnn
eine, toenn aud^ breiteilige, ©d^rift „rd ^eorrta" l^eifeen? Siegt, ba in de sectis ein
aud^ burc^ bie Doctrina gebedfter Slbfc^nitt Dortommt, ber gerabeju eine 9(t)ologie bed
SMcebonenfe bietet (col. 1233 ff., Seont. ©. 153 ff.), nic^t bie Annahme n^er, ba| ju
ben opera Leontii (rd Aeövxia) and) eine ©c^rift gehört ^ot, tpeld^e in de sectis Der«
10 arbeitet ift? 4. „gfragment" I in MSG 86, 2003 C — 2009 D bietet unter bem litel
ix rwv Ä£ovTla)v(2tont, ©. 119) neben unboftänbig gufammengeleimten Sitaten aud adv.
Nest, et Eut. (Seont. ©.110 ff.) einen Slbfd^nitt über bie Segriffe v^vo?, eUog unb diatpcoa
(2009 C, 5 — D, 1), ber m. SOS. in adv. Nest, et Eut., ja über^aujjt in ben gebrudtei
SBerten bed Seontiud jtd^ nid^t finbet, aber burd^au^ feine 9lrt jeigt, fpejieD an bie ter»
15 minologifd^en 9(udfül^rungen in de sectis (1240 ff.) erinnert, ^olgt boraud nic^t, ba^ bie
AeövTia au^er adv. Nest, et Eut. ein 3BerI entl^ielten, in bem Seontiu^ u. a. ouc^ loon
feinen terminologifd^en SSoraudfe^ungen ge^anbelt l^at? 9(udfül^rungen berart fe^ aba
de sectis k)oraud. 5. ^er cod. Laudian., ber bie Aeovna nur t>erftümmelt ttnb gegen
ben ©d^Iufe l^in in offenbarfter 38erh)itrung bietet — an adv. fraudes erinnert mir bec
30 uned^te gwKu^f^nef — , entl^ält ein nod^ ungebrudfted, nur brei S3Iätter umfaffenbeg ©tüi
rov avxov [Aeovtiov] xecpdkata xaxä dia(p6Q(ov algenxaw, had mit einem QaUjt über
9(riud beginnt, beffen ^ormuHerung auf ben ©abeQiani^mu^ old bie Iorref))onbterenbe
Äärefie l^intoeift. äugfül^rungen berart fe^t de sectis borau^ (1197 D). 6. Sin Stt^od«
fobej, auf ben Slügamer (©. 4) nad^ bem 1888 erfd^ienenen Äatalog l^ingetoiefen fyd,
25 bietet anfd^einenb badfelbe ©tüd( h)ie ber Laudianus o^ne Slutomamen unter ber Über»
fd^rift Keqxikaia dexa tisqI rcbv ovo wvoeoDv rov xvgiov fj/ubv 'Irjaov Xpmov^
barauf xov avxov x€q)dlaia dexa negl ovoiag xal (pvoemg^ vnoaidoeoyg ok xal
7iQoo(bnov. 3(ud^ Sludfü^rungen berart fe^t de sectis borau^. — Sntfc^eibenb für bie
Weiteren ^Vermutungen über ben ^n^alt ber bon de sectis t)orau^efe|ten ©c^rrift ifl bie
80 Jtritil ber t)on 3)lai au$ bem cod. Pal. 342 (Seont. ©. 164) ^ubltjierten ©^^riften eine^
Leontius Hierosolymitanus contra Nestorianos (MSG 86, 1396—1768) «nb contra
Monophysitas (^Anoglai Jigog xovg /Liiav qwoiv Xeyovrag xxX, 1769 — 1901). 5)ö|
biefe beiben ©duften Bearbeitungen unjtoeifell^aft Seontianifdj^en SKoteriafö ftnb, glaube
id^ ertoiefen ^u l^aben. 3(ud^ ben 3lad))mz% ba^ in contra Monophys. berfelbe ©toff
85 bearbeitet ift, ber de sectis actio VI — IX gu ®runbe liegt, ^alte i^ tro| feiner Um«
ftänblic^feit nod^ ^eute für jtoingenb. 3ft bie« rid^tig, fo gilt ba^felbe für contra
Nestorianos. Contra Nest, ift nur unöoHftänbig erhalten (Seont. ©. 165) unb contra
Monophys. bietet fo biele XQ^^^^^i ^^fe ^^^ ^^ ^^^pü^^t, e^ liege in contra
Nest, unb contra Monophys. eine Bearbeitung bon Steilen ber (Srunbfc^rift t)wi de
40 sectis t)or, ber (Sermanu^fteKe burd^aud il^r 9le$t mirb. BieQeid^t ift bod eine Seftd^
tigung biefer ^^pot^efe, ba^ unter ben 3:rümmem bed ©d^Iu^abfc^nittd bed cod. Lau-
dianus bie Briefe Gt^riH« an ben ©uccenfu« fid^ finben (bgl. Seont ©.14 unb contra
Mon. 1876 B). — Xa^ bie Doctrina nid^t ani de sectis, fonbem aui ber ®runbs
fd^rift citicrt, fd^eint mir allein burc^ ba^ oben ©. 395,23 unter 9lr. 4 genannte Fragment
45 (Seont. ©. 153—161) beloiefen ju loerben : l^ier fel^lt in ber Doctrina atted, toai in
de sectis über bie 3^^^ ^^ Seontiu« ^inaugtoeift. 3^ ^'" überzeugt, bafe in ber
Doctrina k)tel mel^r ©toff aud ber (Sninbfd^rift t>on de sectis ftedEt, atö bie erhaltenen
Gitate angeben, detailliertere Slu^fü^rungen über bie ©runbfd^rift bon de sectis fwb
t)or toeiteren b^^nbfc^rtftKd^en ©tubien (}u benen id^ bei längerem Seben no(^ einma{ 3^
60 gu finben l^offe) unt^unlid^ ; bie $^))ot]^e{e, bag aud^ bie Epilysis unb bie triginta
capita in jener ®runbfc^rift i^re urfj)rünglid^e ©teile ^aben, erfd^eint mir noc^ feilte
too^rfd^einlid^, bod^ toürbe id^ fte öor Weiteren ^anbfc^riftlic^en ©tubien nic^t me^r \>n*
fed^ten. ^c^ Denfe mir bie (Srunbfd^rift t)on de sectis atö eine bogmatif(^)>oIemif(^
©^rift bomel^mlid^ gegen 2lrianer unb ©abettianer, 9leftorianer unb ÜRonot)toftten. Di
56 fie einen ®efamttitel gehabt ^at, ba« ift — in Bejug auf biefe S'^age benle ic^ jc^^
anber« aU bor 15 3^^^^^*^ — "i^* au^jumad^en. Bielleic^t beftanb fte ou« einjefaten
xexpdXaia xaxä dia(p6gcnv algerixcbv (cod. Land., bgl. cod. Athous), benen SSdtercitate
mit erläutemben bogmatif^en, j)oIemifc^cn unb l^iftorifc^en „©d^olien" eingefügt tooren (t)fljL
oben ©. 394,47 bie Slotij über ben cod. Januensis). 3lu« biefen „©d^olien" h>erben we
eo Gitate ix xöjv axoUiov Aeovxlov ftammen; i^r 3Rateria( toerben bie 2';|rdJUa ^aorrfotf
Sentttittd tiott 9mani 397
äjio qxüvfjg Seodd>^ov bearbeiten. 3)te m. ®. jtoeifeUofe Unabl^än0tgIeit ber Doctrina
bon de sectis unb bie ^ixk be« Sbeoboni« ©tubita: xatä Aeövriov, ov rd ax6lta
vTKQxcLXkfj (ficont. ©. 128 f.); öeftatten m. 6. feine anbere 2lnnal^me.
2. ®er ©d^ftfteHer Seontiu« — 6 BvCävriog nennt xf)n fc^on bie Doctrina —
iji nid^ nur, toie feine SBerfe betoeifen, ein bcbeutenbcrS^^eoIoge gehjefen; —er mu^ 6
auäf ein in feiner 3«t einflu^reid^er SWann getoefen fein. S)ie $roj)ofition „eva
Ttjg äyiag xQiddog jiejtov&evai oaQxi", bie guftinian oI« ort^oboj burc^fe^te, l^at offen*
bar an i^^m einen SSerteibiger gelabt (Seont. ©. 228 f.) ; 3:i^eobor bon 9Ko})f uefte [unb
3)iob0r loon 3^udJ, gegen bie er eiferte, l^ot bog 3)rei^apitet6bilt Verurteilt ; guftinian«
ftir(^ent>orttiI ^ot fic^ in ben Sahnen ber c^riUifc^-d^alcebonenftfc^en Ort^obo^te gel^alten, lo
bie ouc^ fieontiu« bertrat (Seont. ©. 303 ff.) ; bie fpötcre Drtl(^obojie ift in bielem Seon*
tianifc^ ©ebanlen gefolgt; ber Slriftotelidmud bed Seontiud inauguriert bie ©d^olaftil.
Um fo auffälliger ift, ba^ biefer SWann faft trabition^Io^ ift. 3)ie Doctrina-Gitate
^obcn tuK^ bei Sut^^miud ^x^ah^M^ fein ©ebäd^tnid betoa^rt ; ^ol^anned SDama^enu^
Irnnt bie Epilysis, adv. Nest, et Eut., bie triginta capita unb bie Sitate ber Doc- 16
trina, nennt aber ben Seontiu^ laum je (bad „nie" Seont. ©. 296 ift irrig; bgl. de
fide orth. 3, 11 ed. Lequien I, 221 B); @ermanud unb X^eoborud ©tubita ertoöl^nen
in fc^on berufen ©orten furj unb rül^menb ben ©d^riftft eller Scontiuig; — bon
feinem Seben berichtet bie Überlieferung fc^led^terbing^ nic^tg. ^c^ l^abe nun ben SSe*
toctd bafür «ju führen gefuc^t, ba^ ber ©(^riftfteder Seontiud ibentifc^ ift mit bter in 20
^uftiniond 3^^ bebeutfam ^erbortretenben Prägern bicjeö Siamen^. 9iämlicl^ erften^
mit bem bem einflu^rei^en comes SSitaltan bertoanbten Seontiu^, ber 519 in jtonftan»
Aao'pü im Äreife ber bon gol^anne« 3Kajentiu« geführten „ff^t^ifd^en SDlönd^c" auftritt,
mit i^nen Den „neftorianifierenben" Senbenjen ber römifc^en Segaten fic^ loiberfe^t, bie
bamold bei^ufd Sefeitigung be^ ©c^i^mad in 5lonftantino))el toeilten, enblic^ mit einigen 25
anberen au^ bem Äreife naä^ SRom reifte, um bom ^JJabfte bie Slnerfennung ber ^ßro«
))ofttion „ft'a xflg äyiag rgiddog nenov&evai oaQxi" unb eine 2)c^abouierung be«
%aaiftud bon 9leji )u erlangen, ^m Sluguft 520, ald bie ©efanbtfc^aft ber ft^t^ifd^en
^fÜndf^ 9lom berlä^, berliert fid^ beffen ©J)ur. 3*^^^^^*^^ ^^^ ^^"^ „Leontius, vir
venerabilis, monachus et apocrisiarius patrum in sancta civitate constitutorum'' 30
(Mansi VIII, 818), ber 531 (ober 533) neben §^patiu« bon ßp^w^ ""b einem vir
venerabilis Eusebius, presbyter et cimeliarcha majoris eeclesiae (Mansi VIII,
817 bßL Seont ©. 281 Slnm. 2), aU ort^obojer ÄoBofutor an bem bon ^iuftinian ber«
onftobeten Steligion^efpröc^ mit ben ©eberianem teilnal^m. S ritten d mit bem Aeov-
Tiog fjiovaxbg xal ^yov/xevog xal roJioTrjgrjrrjg Jidorjg rrjg igrjiLiov (Mansi VIII, 85
911), ber 536 neben S)omitian, bem fpöteren Sifd^of bon3(nc^ra, unb Xl^eoborud Sl^fibad
in ber Steige ber ierufalemifc^en 3Rönc^e bor bem Äon^il bed ^tennad in Jtonftantino^el
auftrat, um eine Verurteilung bed monopl^^fitifd^ gefmnten ätnt^imud unb einiger @e«
ftnnung^enoffen bon i^m ^u ertoirten (Seont. ©.269 ff.). SSierten^ enblid^ mit bem
,^£>rigen$en" Seontiud, BvCdvriog xcß yevei, bon bem ß^ritlu« ©f^tl^o})olitanu« in feiner 40
Tita Sabae eraö^It, ba^ er jtoif d^en @nbe 519 unb 9(nfang521 in bie via kavga aa\:
genommen toaro, 531 mit ©oba^ nad) jtonftantinopel reifte (mo ©abad bon ^i^^atiud
bon <£))^efu!S unb bem „ndnag^* @ufebiu^ eingeholt tourbe), in itonftantinopel atö ürigenift
enKorbt toarb, bort blieb unb „fid^ ben älnfc^etn einei^ eifrigen äierfec^terd be^ S^alce^
bonenfe gab" (Seont. ©. 284), fj)äter in bie ©icbelcien be« ©aba^ jurüdflel^rte, einer ber 45
gfi^er ber „Origeniften" unb ein §auptgegner i^rer ®egenj)artei, ber SJerel^rer be«
Zj^bor bon SKopfuefte, tourbe, enblic^ 542 im gnt^cffc feiner 3'^^^ nad^ Äonftantinoj)el
retfle unb bort offenbar bolb nad^l^er ftarb. Von biefen @leic^fe^ungen ift nur bie bierte
em^ften Sebenfen, \a, bei Slügamer (ber auc^ bie erfte bel^utfam an^toeifelt) ent«
fAidnenfter Sertoerfung begegnet, äldein bie ^toeite, britte unb bierte laffen ftc^ m. @. so
abfohlt nii^ trennen, unb bie jtoeite ^ängt mieberum mit ber, toie xi^ glaube, rec^t
ffa^mn erfien eng jufammen. 3)ie brei erften ))affen jur t^eologifd^en Stellung bed
©d^ftfteQerd Seontiu^ borjüglid^ ; aud^ bie bierte negatib , b. ^. fofern ber „Drigenift"
ein ®cgner ber „^eimlic^en 9teftorianer'' toar. ^ag pofUib bie bierte ©leic^fe^ung ©d^toierig^
leiten ^, ift freUic^ unleugbar ; bod^, ba^ ber ©c^rif tfteHer Seontiui^ tein „Drigeniff' 65
bernrt tt>ar, toie bie vita Sabae bie Drigeniften fc^ilbert, ift m. 6. — unb bem l^aben
bide jugeftimmt. — fein untoiberleglid^cr ©egcngrunb (bgl. Seont. ©. 289ff.; S^j.
3tfc^. V, 190 f.), unb bie 3:rabition^lortgfeit be« Seontiu^ erHärt ftd^ am beften, toenn
Sa)ntiud irgenbtoie fid^ fom))romittiert b^tte. $ält man an biefen bier @leid^fe^ungen
feft, fo VCäbi im Seben bed Seontiud nur bie 3^^^ Vi^ ^^^ buntel; bad fxovaxog eo
398 Scottttttd tiott S^jattj Ztüntin» Hon 9lttCpoU9
BvCdvTiog ber Doctrina erhält an bcm BvCdvtiog reo ySvei bcr vita Sabae feine
Scftötigung.
3. ^n meinen ,,@tubien über bie . . . parallelen'' l^obe ic^ in 3(ntnu))fung an bod
MSG 86, 2017—2100 nad^ aWai aU Appendix gu ben SBerlen be« Seontiu« gebruAe
6 AeovTiov TiQBoßvxiQov xal Ucodwov Töjv leg&y ßißXlov devregoVf in bem id^ eine
Sle^enfton ber urfprünglici^en brei Xeile ber fog. Sacra Parailela nad^tDied, aadf bie
^araÜelen-Sitteratur auf Seontiu^ k)on S^^anj utrüdsufü^ren (jefud^t $oD fyd im ^«
fammenl^ang mit feinen t)iel einbringenberen $aralmen::@tubien bem toiberfbrod^en, bie
Sacra Parailela für ^o^anned 2)ama^cenu^ retlamiert (t)gl. 93b IX, 294 ff-)- SKefer
10 2Biberf))rud^ &oÜ^ gegen meine $^))ot^efe l^at, fobiel ic^ fel^e, aUgemetnen SeifaU ge<
funben; ba^ 33erfel^lte mand^er meiner ätrgumente l^abe id^ felbft lugegeben, SBenn t^
tro^bem auc^ je|t nod^ nad^ ^oQd 9{ep(i! (%Vi XX, 2) ben ©ebanten, ba^ Seontiud bon
äS^^ang für Die Anfänge ber ^araKelen^Sitterotur eine StoQe f^iele, nic^t aufgeben lonn,
fo lommt hai nic^t ha\)ct, ba^ id^ ,,noc^ ^u fel^r unter bem S^^^'^^ii^ meinet fieontitid
15 ftel^e" (ßl^r^b, »Vi- 3tfd^- X, 398), erflärt fic^ Dielme^r barauö, bafe i(^ öor befferer
$ubIifation ber Aeovtia mit \\)xtn bielen SSätercitaten unb ©d^olien bie 3^it nrx^ ni^
für gelommen erad^te, bie ®rünbe, toelc^e für meine $^))ot]^efe fprec^en, gänglid^ beifett?
jufc^ieben. — 3)ie beiben MSG 86, 1976—2004 unter ben SBerlen be« Seontiuö ge*
brudtten ©ermone rül^rcn m. ®. bon einem anberen fieontiu^ l^er, „l^arren ober noc^ einet
20 erften Unterfuc^ung'' (ßrumbad^er-Sl^rl^arb @. 55). Bttf».
£eontittd ti. 3ltitpül\», geft. nac^ 642. — ^udgaben'.LeontiusNeapolitanusepisco-
pusMSG. 93,1559— 1748; ifeonliod* üon iReapoIig ßebcn beS ftl.SobanneS be« ©ann^eraigen,
(Srjbifc^ofg üon ?llcjanbnciu ^erauSg. u. ^. ®elgcr, grciburg l. SB. 1893 (5. ^cft ber Samra^
lung QuSgem. lirc^en* unb bogmengefc^. OueQenfc^riften üon Q). ^üger). fittteratur : ^. ®tl^x,
26@in griecftifcöer «oIfdf*riftfteIIcr bcd 7. SaWunbertS, ^3 9J. g. XXV, 1 ff.; «. (Sftr§arb bei
Ä. ^umba(^er, ®ef^. b. b^j. fiitteratur 6. 190-191.
3Bir n)iffen Don Seontiud Don 92ea))oKd nur, ba^ er geborener Syrier taKtr unb
bon feinem 2anb«mann, bem ßrjbifc^of gol^nne« bon SUejanbrien (611—619), na<^
Sllejanbrien in ben bortigen Äirc^enbicnft gejogen tourbe. ®r fagt felbft, bafe er Slugem
80 }euge ber ©ro^tl^aten be^ ^eiligen geh)ef en fei ; aud^ mit ben beiben Seratem unb
greunbcn be« ©rjbifd^ofg, S«^'^^'^"^ ÜKofc^u^ unb ©o})^roniu«, bem f))äteten ^Mrion^
bon 3>^öl^^/ fc^cint er in naivem SBerl^ältnig geftanben ju l^ben. @j)dter tDorb er
SSifd^of bon 5Reapolig auf Supern unb lebte nod^ unter Äaifer Äonftan« (642—668).
SSon feinem greunbe unb 5!Kcifter, bem ®rgbifd^of S^lj^nne^, tourbe er jur fc^rift«
85 ftetlerifd^en X^ötigfeit ermuntert, unb biefelbe ift au^ re^t umfangreich audgefmlen. 9uf
bem VII. Äonjil (787) rü^mt il^n fein fianb^mann SSifd^of Äonftantinu« bon Äonftontia
al« 33erfaffer bielcr gciftlid^er Sobrcben, er ertbäl^nt eine auf ß^rifti SSerlläntng. SSer»
öffentlid^t fmb jtoei folc^er §omiIien: 1. auf ß^rifti 3)arbringung im 3;emtoel, 2. auf bad
gfeft ber 5IJlefoj)enteIofte. §ier foh)ol^I, toie bei ben jal^Ireid^en nur l^anbf(^rittlid& erhobenen
40 geiftlid^en Sieben ftel^t Scontiu^' 2lutorfd^aft Ieine«h)cg« feft, ba bie ©d^reiber i^n oft mit
^omon^mcn geiftlid^cn ©d^riftfteHcm (Seontiu« ^ßre^b^tcr, bonS3^janj, bon gerufolem) bec«
h)C(^fcIn. Die gebrudEtcn Sieben ftnb nid^t fcl;r erfreuliche 5ßroben fc^ablonen^ec ge^
lieber 2)urd^fd^nitt^berebfamleit.
Sntereffanter ift fein 2Berf gegen bie guben in fünf Suchern. 3^^' Sruc^ftücfe fmb
46gebrudft, p>^\ Weitere ^anbfc^riftltc^ erl^alten. 614 tbar ^erufalem burd^ Serrat ber^^uben«
gemeinbe in perfifc^e ^änbe gefallen unb bad ffreu^e^^ol^ tbeggefc^l^))t toorben. 92i(^
nur im römif^en Sfeicp, fonbem in ber gefamten d^riftenl^eit entftanb eine ungeheure
langanbauembe ätufregung, bie ftc^ aud^ in ^ubenberfolgungen £uft machte. Sud bie^
©timmung erilört ft^ bie @ntftel^ung ber bamaligen j[ubenfeinblid(^en Sitteratur. Xu^ in
60 2llejanbrien ^atte ein geleierter 3»^clufu^ Ro^maiS gegen bie gwben gefc^rieben imb ^o»
Joanne« üJlofd^u^ gegen fie bi^putieri äluf bie Anregung biefer Greife ifi too^I fieontiud'
aBerljurüdEjufül^ren.
SBeitau^ ber bebeutenbfte 3:eil feiner titterariteen 3;^ätigleit ift bagegen feine bolfr
tümlic^e ©d^riftftellerei ; eine 9leil[^e erbaulid^er SBiograjj^ien, Ibeld^e il^ einen gro|en
66Sefertreid ern^orben l^aben. @r l^at eneic^t, toa^ W)m borfc^toebte: „in fc^udSofem unb
einfad^em ©tile ^u berichten, bamit aud^ ber Ungebilbete unb Ungele^e fid^ an ben @p
jö^lungen erbauen lann.''
6r berfafetc:
1. 2)ag 2Atn be^ 1^1. ©(j^nbon bon Srimitl^ud. 2)iefe auf 9lnregung bed @r)bif(^of<
SeotttittiS tion 3ltapülx» Se Ouiett 399
^o^omted loon Stiejanbrim bcrfofete ©d^rift ift Verloren gegangen. 2ötr beft^en nur bte
beitDöflembe Seorbettung bed 3)leta^^rafted. 2)anac^ fear ed eine Sammtung Don (el^
nabm unb braftifc^en SlSunberlegenben.
2. 3)a8 Sebcn beö ßrgbifd^of^ gol^anned be« 5IJlitIeibigen t)on 2Uejanbrien. $ier
toirb toon einem ^eitgenoffen ein fd^öner 3:^j)u« altd^rtfllid^er, oDerbing« fel^r überfd^tüängs 5
Fu^er SRilbtl^ätigfeit gefc^ilbert. S3ereitö 3ol(^anne^ SRofd^u^ unb Sopl^roniu^ l^atten bem
&^bif(^of ein ©enftnol gefegt, oHetn Dabei mcl^r ben Äirc^enfürften unb SSorfämpfer ber
Dtt^obope in^ Sluge gefaxt. Seontiu^, ber fein SBerf befd^eibenertpeife nur ate einen
92acl^trag begeic^net, {ud^te Dor adem erbaulid^ ^u toirten. ^mmerl^in giebt ed und ein
toertDoOed jtulturbilb bed gried^ifd^en SHe^anbria unmittelbar Dor ber arabifd^en Eroberung. 10
Sod Süc^Iein erfreute ftd^ balb au|erorbentIid^er Popularität unb toarb auf SSeranlaffung
$a)>ft Slilolaud I. Don Snaftaftud ind Sateinifd^e überfe^t.
3. 2)ad Seben ©^meond Don ©mefa, be« Starren um G^rifti toiHen, ^iftorifd^ Don
mir bebtngtem, aber htlturgefd^id^tlid^ Don um fo ^öl^erem äBerte. 2)ie orientalifc^e SSor«
fleQung, oa| ber SBal^nftnnige ein gottbegnabeted SBefen fei, galt aud^ im d^riftlic^en 15
@^en unb fanb mit burc^ bicfc Dielgelefene ©c^rift toeite SJerbreitung bei Oried^en unb
SRuffen, beren Rtoftergemeinfd^aften in ben folgenben So^^^wnberten jal^treid^e Seifpiele
ä^nli<^ l^eißger Slarren bieten. 3)ie Dielen Dolföttimlid^en ©d^h)änfe l^aben, obh?o^l ber
Serfaffer fu^ gegen jebe friDole Sludbeutung feinet äSerid^ted toel^rt, jur ^oDularitöt ber
Srjä^umg mächtig beigetragen. $• Weiser, ao
2tpmn9 f. 9teftoriantdmud.
£e CUtteit, aWid^ael, O. Pr. — au^tif u. d^avb. Scriptore8Ord.Praed.II,808 8q.;
Jonrn. des Sav. Nr. 101; 3ö(6er, ©cle^rtenlcjif., 33b VI ber gurtf., @. 1140 f.; EJ^irfiaub,
Biographie univ., XXIV, p. 241 f.; ^ocfcr, Nouv. biogr. g^n^rale, t. 30, p. 860; ^urtcr,
Nomenclat litt II, 1064—1066; Streber Im Ä^ä.^ VII, @p. 1827. 26
^efer ^Üftoloat, Don ben bominifanifd^en Oelel^rtcn ber nad^reformatorifc^en 3^'^
ein« ber bebeutenbften, lourbe juSSoulogne s, m. geboren am 8.00.1661, trat 20iä|rig
in ben $rebigerorben unb nü^te al^ junget ^itglieb bedfelben feine ©tubienjeit ju grünb-
liil^ @rlemung nic^t nur be^ flafftfc^en unb fird^lid^en @ried^ifd^, fonbem aud^ be^ ätra»
lA^dfm unb ^ebräifc^en, in loeld^er lefetcren Sj)rad^e ber geleierte $ater 3Warfollier fein so
2e^ tourbe. SBö^enb ber längften 3^ 1^"^ geleierten gorfd^en« unb ©c^^affen« h?ar
er S3ibIiotteIar be« ?Parifer 3)ominiIanerIonDent« in ber SRue ©t. $onor6. $ier ftarb er
am 12. 3Kärj 1733. — ©eine SBerf e ))olemifc^en 3;«^fllt^ ftnb Don geringerem S3elang
unb jje^ grdfltenteU^ Dergeffen. @d gehörten ba^u befonberd: eine Defense du texte
H^breu et de la version vxilgate{$arigl690), famt einigen anbercn gegen benGifter^ss
denfer ^ejron (f 1706) gerid^teten ©treitfd^riften betreff enb ba« JJer^ältni^ ber ©ejjtua*
gmtasS^nmoIogie ju ber bed maforettfc^en 5Cejteö (Dgl. $urter, I.e., p. 771); femer eine
äkrtetbtaung ber @ut)remat^nfprü(^e be^$a^fttumS gegen bieSlngriffe bed jerufalemifc^en
^otrionpen Slectariud, ))feubonVm erfd^ienen ^ari^ 1718 unter bem Xitel: Stephani de
Altimara Ponticensis panoplia contra schisma Graecum, aber Don toenig Iritifc^er 40
^ötomfl (^L ^ic^Ier, ®ef^. ber fird^l. Trennung jloifc^en Orient unb Occibent, 1, 1864,
©. 474), fobann jtoei gegen be^ änglifaner« 2e Soura^er ^taibo^er für bie ©iltigleit
ber geifttic^en SBei^en ber englifd^en Äird^e j)olemificrenbe 3)raftate : La Nullit^ des Or-
dinations Anglicanes (1725, 2 vols) unb La Nullit^ des Ord. Anglicc. d^mon-
tr^ de nouveau etc. (1730, 2 t. in 12°). 33on erl[^eblic^erem 2Bert ift feine gtoei« 45
bänbige gr&colatine Slu^abe ber 9Berfe bcd 3o^anned^amafcenud(^aridl712, 2 1. fol.;
obgebrudS, mit Seifügung einiger in il^r fel^lenben teild eckten, teil^ unechten ©d^riften be^
2)amafcenerd, in MSG t. 94—96), bie fotoo^l für bie a^ejtbearbeitung biefeö fiird^en«
twterd toie für bie ©inleitung in feine einzelnen ©d^riftcn ßrfjeblid^e^ leiftete (f. Sangen,
3o^>. D. S)am., ®ot^al879, ©.29—33, unb Rattenbufd^ im betr.a.,S5blX©.286,r,off.), so
fotme Dor oQem fein Oriens christianus, ein auf orünblid^em DueUenftubium fu^enbed,
ber Gallia christiana ©te. 5KartlS^e^ nad^gebilbete« Sliefentoerf, mit beffen 2lu^rbettung
für ben 2)nidt er 1722 begann (f. feinen barauf begügli(I;en SJertrag mit bem ^ßarifer
9uc^^bler 9Kcot. ©imart, Dom 27. gebr. jene^ ^al)xt^, Deröff entließt burc^ $. Dmont
tn ber Revue de TOrient latin 1894, p. 190 sq.), ba« aber erft fiebcn ^al^re nad^ 66
feinem Xobe DoDftänbig erfc^ien (Oriens christianus in quatuor patriarchatus dl-
gestus, in quo exhibentur Ecdesiae patriarchae ceterique praesules Orientis,
3 1. fol.). 3^ ^^^ ^w k^^i ftarlen Sänbe finb bie 3)iöcef en ^onto^, Slfta unb 3)l(^racia
400 £e Cuttett Scriititiit
be^ ^nftanttno})(er ^atriard^otd bel^anbelt, in Sb II hai ^Qbrtcum ol^ bierte htt Sbw^
ftanttnopler ^iöcefen, fotoie btc Patriarchate SHesanbria unb Slntiod^ia; in 9b III bie
^iöcefcn ber d^albäifd^en unb ber ialobitifd^en ^tr^e (mit 9luf}ä^Iung ouc^ ber 3RcO(>fytiaxit
ber lei^teren). Einige k)on Se jQuien unüoKenbet l^inter(af[ene Staqträge, betreffenb bie
5 Alrica christiana, bie Notitiae episcopatuum Orientis (graec. et lat.) unb bie
Monasteria Orientis, blieben bon biefer $ubUtation t)on 1740 au^efc^lojfen. Sejüglü^
biefer bon il^m ju bearbeiten bzQonntntn, aber unboHftänbiö gelöften Probleme jtiÄ ftmter
teite ^Rorcetti (in f. Africa christiana, 3 voll., Brixiae 1816—1818 ; logl. ben Sfa.
;,9Jorbafrifanifc^e Äirc^e"), teilö einige Steuere (bef. §. ©eljer in f. bie morgenlonbifc^
10 Notitiae episcopatuum betreffenben @tubien feit 1886) feine Sftoc^eiferer getoorben.
fierittttm» — OueQen imb fittteratur: Hilarii Arelatensis sermo de vita S. Honorati,
MSL. ^b. 50, 1249 sq.; Baymond-Feraud, La vida de sant HoDorat, lägende en ven
proveD9aux, publice pour la premi^re fois cd son entier par les eoins et aux frais de la
15 soci^tä des lettre«, sciences et arts des Alpes-Maritimes avec des nombreases notes expli-
catives par M. A. L. Sardou, Nizza 1875, baju @. ^of4, Unterfuc^ung über bie Ouellen
unb baS ^er^öltntd ber prooenjal. unb lateinifc^en Sebendbefc^reibung beS ^eil. ^onoratu^r
berliner S)oftorbiffcrtQtion 1877; grfl. ^Irnolö, döfariu« üon «relate unb bie gcD. Äircfte
feiner Seit, ficipa- 1894, 6. 94 ff. unb «nljang IV bie ficrinenfcr SRcflel 8. 509—523; A. Mai-
20 Dory, 8t. C^saire, $arid 1894 <B. 5 ff. ; Vinc. Barralis Salemus, Chronologia Sanctomm et
aliorum . . sacrae insulae Lerinensis, Lyon 1613; AUiez, Histoire du monast^re de Lärius,
$arid 1662, 2$be; @tlferdberg, Historia monasterii Lerinensis usque ad annum 731 enar-
rata, Kopen^a()en 1834; Bärengier, Les lies de Lärins, Bev. de l'art chrätien 1870,
6. 176 ff.; 3Köacr $1. öerlnum SH®*; uon größeren Werfen \nx ^ef^i^te be« ^Kön^tum»
25 MabilloD, Annales unb Acta O. S. B. passim; Tiliemont, Mämoires Tom. XII; Hdyol,
Hist. des ordres eccl. V, 116 ff.
3ln ber ^üfte bed narbonnenftfc^en (Sadieng, bem l^eutigen Sännet gegenüber, liegt bie
®nH)pe ber Serinifd^en ^"f^f'^/ '^^^ größte bie ^n]d Sero (l^eute ©t. SKorguerite) unb
beren berü^mtefte bie 3 Kilometer im Umfang meffenbe ^n\d Serinum (au<^ £erina, 2is
80 rinud, l^eute @t. ^onorat) ift. 9(U in ben ftebjtger ^a^ren bed 4. ^aj^rl^unbertd bo^
orientalifc^e ^önc^^Ieben fid^ aud^ im Occibent verbreitete, mürben bie einfamen ^n]dn
SübgaUiend ebenfo tote bie ^nfetn an ber Küfte Italiens unb ^olmatiend befonberd be»
liebte Statten bed adtetifd^en Sebend, bie ben abenblänbifc^en 93ü^em bie SBüfte erfj^cn
foOten. 3(ud^ Serinum tüax, bet)or ftd^ ^onoratu^ bort nieberlie^, unbetpo^nt, mit SBoIb
86 bebest unb toegen ber ungefunben 2)ünfte unb giftigen ©erlangen gemieben. ^onorotud
toar romifc^sgatlifc^er älbftammung, k)ielleid^t aud bem ni^rblid^en ®aQien ober Selgien.
©einen (Seburt^ort berfc^toeigt und fein Sanbdmann $ilariud; ber SSerfaffer ber pcotKO^
gaüfd^en SSita l^at i^n aud burd^fid^tigem @runbe )u einem Ungarn gemad^t, tpeU er feine
jßüa einer ungarifc^en Jiönigin toibmete. ^onoratud fc^eint einer t)omel^men ^milie am
40 gel^ört }u ^aben, ba er Sonfulare ^u feinen 33orfa^ren jä^lte. ^n früher 3^0^ bon
bem 2:neb jum adfetifd^en Seben ergriffen, begann er mit feinem älteren ©ruber Senom
tm^, ben er bafür gewonnen l^atte, unter ber Seitung eined ©reifet Sa))raftud auf einer
Snfel in ber 9ici]^e aJlarfeitted ein mönc^ifd^e« geben. ©j)äter brad^ er in bie ^eme auf
unb reifte nac^ Dften, h?al[^rfd^einUd^ um rxad) bem Orient gu pilgern unb bort bie ber»
46 texten 3)lönd^dbäter lennen ju lernen. 3n 5IJlet^one in 5roeffenien ftarb SSenantiud, unb
baburd^ tpurbe h?o^( ^onoratud ^ur ^Mtd)x in ben Occibent belogen. ä(uf ber ^eim^
reife befud^te er S^ölien unb fd^Iofe mit ^aulin bon 9loIa greunbfc^aft. 3n ©übgoDien
l^ielt er ftd^ barauf längere 3^i^ b^ ^^nt i^m befreunbeten )9ifc^of Seontiud bon gorum
Sulii (^eute 5^6jud) auf unb lie^ ftd^ bann auf ber ^n\d Serinum nieber, um ein cätt»
60 tifd^ed Seben nad) bem SJlufter ber äg^ptifc^en 3)lön(^dk)äter ju führen. 3)ad ^o^ fetner
Slnfiebelung läfet \id) ni^t me^r fcftftellen, toir h?erben ben 3^^^"*" bon 400 b\i 410
bafür offen laffen muffen (f. auc^ Sarben^etoer, 31. $onoratud ÄS*). S3alb me^ ftdj
bie ^ai)l feiner ©enoffen, bod^ beftanb anfangt eine grofee ^ei^eit unb 3Rannigfalttgfcit
in ben Seben«geh)o^n(^eiten ber W6nd)c, ©ie tool(^nten unb fc^Iiefen in getrennten 3^1^
56 unb berfammelten ftd^ nur }u ben @ottedbienften, ob aud^ ju ben SRol^ljeiten bleibt um
gemi^ (SnabUIon, Annal. I, 13). 2Bal^r|d^einIid^ l^olte ftd^ jeber ©peife unb XranI cad
bem Älofter unb ber SeUerariud teilte bie Stationen aud. äluger Den eigentlichen SRi^nc^
bie auf ber 9Jorbfeite ber S^fcl jufammentoobnten, gab e« auf Serinum toie bem benoc^
barten Sero Sinftebler, bie fid^ ftrenger lafteiten unb im Ij^ijc^ften Slnfei^en ftanben (Sbnoft
60©. 521). ^onoratud blieb aber für aQe bad ^aupt. ^ol^anned Saffumud, ber gefeierte
Sertmtm 401
Stifter hzt n>ent0 lungeren SRönd^emeinfc^aft in ÜRarfeiQe toibmet i^m einen Xeit feiner
Ck>llationes patrum (f. äl. III, 747) unb nennt il^n in biefer @d^tift ingenti fatrum
ooenobio praesidens (Coli. patr. XI praefat.)» unb Suc^eriud Don S^on bejeid^net
il^fn (üi Se^rer ber l^nfeln (epistola seu libellus de laude eremi § 42, Bibl. Patr.
Max. IV, 862 ff.), ^onorotud übte aU ^re^b^ter aud^ bie geiftlic^en ^^unftionen. 6
Strittig ift, iDelcpe JUofterregel in Serinum bid jur Sinfül^^rung ber Senebiftinerreget
um 661 ©eltung ^e. SUferdoerg badete an bie Don Sflufin frei überf^te Siegel beiS
SRoconud Xleranbrinui^, bie 9lbt ^ol^^onned, ein frül[^erer ÜRönd^ Serinumd, in bad Alofter
SRoutier« = ©t 3ean um 620 einführte (Vita S. Johannis, A. SS. O. B. I, 614).
2i(lemont bel^au))tete, ba^ ^onoratuiS felbft eine fdbriftlic^e Siegel gegeben l^abe. 9(molb f}at lo
übmeugenb no^getoiefen, ba^ ber Stifter teine 9tegel Derfa^e, fonbem ba^ bie Don t^m
in 9[nl^nung an äg^))tif(^e SSorbilber l^ergefteQte Seben^orbnung burc^ tebenbige Xrabition
weitergegeben tourbe. äBä^enb ber erflen ^Ät beiS l[^errfd^enben adletifd^en Sntl^uftadmud
mod^ fui^ ouc^ boS ^len Don fd^riftlid^ aufgejeid^neten Seben^eiool^n^eiten nid^t fühlbar,
man t>ertraute ber SRadpt bed äBorteiS unb bem Sinflu^ ber ^erfönlic^feit, erft \pcdet er« is
ftarrte bie adletifd^e Segeifterung ju Sa^ungen. ^ereitd Säfariu^ Don älrleiS (f 543)
beruft fiäf in feiner 9lonnenregel (A. SS. Jan. I, 735) auf bie Siegel bed Jllofterd Seri«
num, ber er feine Orbnung bed ^falmengefanged entlehnt l^at. 2Bir h}erben annel^men
b&rfen, birf; bomate bereite fd^riftlid^e 9luf)eid^nungen Dorlagen.
^e 3Stönd^t trieben neben ben geiftlid^en Ülbungen, ^ften, ^^mnvttß^axiQ, ®ebet gu 20
be^mten ®ebetdftunben, auc^ Sobentultur. Sie legten äBeinberge, ^er, SBiefen an
mtb t)ertoanbe(ten fo bie ©eftalt ber unh}irtli(^en ^nfel. 9(ud^ mit ber Anfertigung Don
Sieben unb mit ^fc^fang bef d^Kiftigte man [vi), daneben t)f[egte man bie^ugenberjiel^^ung.
SHe beiben Sö^ne bed Sifd^ofd @ud^eriud Don S^on, Saloniud unb SSeraniud h}urben in
Serinum er)ogen. 9Bie ber Unterrid^t im ftlofter geregelt toax, ob eine ftufenmö^ige ^^ort« 25
bilbung flatt^otte, ift gonj ungetoi^. äBa^rfd^einlid^ beftanben bie studia monachialia
tDefentlic^ in ber @infül^ng in bie Hilfsmittel gum 33erftänbniiS ber Sibel. Über baS
£efim ber 9ibel tmb adletifd^ @rbauungd(itteratur, 9ludh}enbiglemen Don $falmen unb
^l^mnen gin^ ed fc^toerlic^ ^inoud (Kaufmann, StJ^^etoren« unb ^(ofterfd^ulen S. 72 ff.).
^e Stiftung beS ^onorotud erlangte fd^neQ großen Stuf, fte h}urbe ber ^erb für 90
bie Scqüngung ber Dertoeltlic^ten gallif^en jtird^e unb erfüQte bie Sifd^öfe mit einem
ernfkren aäetifd^ ®rift. %iJx bie Geologie bed fogenamtten Semif^elagianidmud h}urbe
bie Snfel Serinum bie eigentliche »ßflangfd^ule. Sud^eriu« Don S^on (f. b. 91. »b. V S. 572 ff.),
Stncentiud (f. b. 91) unb SalDianuS (f. b. 91.) toaren geittoeilig ÜRönd^e in Serinum, aud^
ber talentvolle unb häftige ^iloriuS, ber 93iogra))^ unb 92ad^foIger bed ^onoratuS im S5
Stdtum SMeS, ber im Rcmtp^ mit bem römifd^en Sifd^of Seo bem ©ro^en bei bem 'l^erfud^
ber (Srric^tung eines gaSifd^en Primats unterlag. Sluc^ ber l^eilige Su))uS auS Xoul,
ber mit ber Sd^floefter beS ^ilariuS $imeniola Derl^eiratet toar, gog ftd^ um 426 nad^
Serinum pxxM, um Don ^ier 427 mm Sifc^of Don Xro^eS erl[^oben ut toerben. .^ono«
rotuS felbft tDurbe 426 Sifd^of Don SlrieS, fitarb aber fd^on 429. ^n SRa^muS, Slbt beS 40
Älofter« Serinum Don 426—433, ]pättt »if^of Don Sfleji (l^eute SRiej in ber DbetjjroDence),
unbgou|iw«r Sttt Don 433— 460, bann ebenfalls »ifd^of Don JRcji (f c. 495, f.g5bV,782),
einem ber ffesDorragenbften SSertreter beS Semi))eIagianiSmuS, fanb ^onoratuS tüchtige
9lac^ bem 24)be beS Sifd^ofS SeontiuS Don gorum guKi i»" S^lj^te 432, ju beffen 46
StNPengel &rinum gehörte, foUte 9lbt 3Ra|imuS fein ^{a^folger h}erben, eS h}urbe aber
^ femer Z^bor biS^ 9(bt ber 3Rönd^e auf ben ftöd^abifd^en ^nfeln gum ä3if(^of
ei^ben. 9ltt biefem geriet t^auftuS als 3lbt Don Serinum in l^^eftige 3^iftig{riten, bie
i^ fogor jeittoeilig nötigten fein Softer gu Dertaffen. 9luf bem britten Aongtl gu 9lrleS
455 (ober 458) unter SlaDenniuS h}urbe ber Streit beigelegt, ^em 9(bt tourbe bie äSer^ 60
tDoltung beS iltofterDermögenS gugeft)rod^en, er \)ai über bie laica multitudo b. ^. über
oDe Swnc^, bie nichts anbereS ftnb, gu gebieten. 3)ie 3J2önc^t)fli(^ten gelten nodi als
rdigtdfe ni^ft lirc^lic^e äSerbinblic^feiten. 9tur auf SSiunfd^ beS 9(bteS barf ber Sifcbof
3Röiid^ )u ftlerilem mad^. ^ie bifd^öflid^en Siechte ber Orbination ber Jlleriter, ber
Sei^ beS G^moS, ber ^rmung ber 92eopl^^ten ftel^en bem Sifd^of Don ^orum ^ulti 55
jtt. 9bir in biefen t^en fd^eint biefer baS Siecht gel^abt gu ^aben, baS Jtlofter gu be»
treten, »e StttShHX^l blribt ber SWöndS^enoffenfc^aft (Mansi VII, 907; §efele II, 583 ;
Sdmno, ®ef(^te beS beutfc^en Jtird^enre^tS II, 382).
gntDietoeit Serinum burd^ bie SSölferbetoegungen unb Äämjjfe beS 5. S^^^^wJ^^^^f
inSbefonbere bun^ boS Einbringen ber äBeftgoten unter @urid^ in bie $roDence in 3R\U et
ntäi^itntntlopähU tat Zt^oloqlt unb flirdbe. 3. ». XI. 26
402 Serittttm
teibenfc^aft ae^ogen h^urbe, barüber fel^Ien beftimmte 9lad^(^ten. @^ blieb ein gefeierter
©i$ bcr aiwcfe. ßäforiu« ber fjjätcrc 95if(^of bon SlrleiS brad^te unter 3lbt ^orceriud —
feine ß^ronologie fte^t nic^t feft — längere 3^^ tn Serinum erft ald ©j)eifemeifter, bann
aU älnac^oret gu. !D2tt großer $ietöt ^ing er an ben @eh}ol^n]9eiten Serinum^ tmb griff
6 auc^ auf biefe bei ber Slbfaffung feiner 9lonnenregel }uräd. 3^^ f^^" 3^^^ Verlebte Sbito^
niud Don ^annonien, ein@c^üler be^ ^eiligen Seherin, bie legten 2h}ei2|a^re feinet Sebend
im Älofter Serinum (Ennodius de vita beati Antonii c. 40, ed. Sogel ©. 190). Unter
ben ©türmen beiS 6. 3<^^^wnt>^^ — 537 fam bie 5ßrobence in bie ^änbe ber ^^anlen —
fan! bie3uc^t im jtlofter. 9lbt ÜRarinud \ooüU bie milbere 9lgaunenftf(^e 9legel einführen,
10 bie geringere änforberungen an bie ©elbftöerleugnung ftellte. 3loi) ft)äter unter Sbt
©tep^anud, ber ben $rot)ft äluguftin auf feinem 2Bege ju ben 9lngel{a(^fen beherbergte,
trat ein gänglic^er SSerfaQ ber ^idgi^Iin ein. ©regor ber ®ro^e ermahnte ben Sloc^folger
Bttp\)an^, ßonon (Sonon), ju energifd^en Sieformen (Gregor Mag. ep. V, 56 u. IX, 8),
boc^ h}aren feine ä3emül^ungen ol^ne Srfolg. 3)er Suraunber 9(ttala Derlie^ Serinum, toKiI
15 er fid^ über ben gud^tlofen Seift ber 3Rond^e ärgerte, fcplo^ ftd^ in Su|ot>ium (Su^eutO bem
^ren Solumban an unb tourbe fein 92a(|folger im Hlofter Sobbio (Jonas Bobb. vita
Attalae, Mabillon A. SS. O. B. II, 123). Um 661 reformierte ber SRönc^ Sigulf
au^ bem Alofter ^leur^ (St. Benoit sur Loire), ber ani bem burd^ bie Songobo^
bertoüfteten 3l2onte Saffino bie ©ebeine be^ ^^^k^" Senebitt üon 92urfia entführt ^tte,
20 nad^ ber Siegel ä3enebift^ Serinum, in bem bie SRönc^e gum Seil regellos um^erfhetften.
3)er eifrige ^enebihiner erlag aber einer ®egen))artei, toeld^e U^n mit 30 Sln^ängem naSf
ber ^nfel älmatuna 3h}ifd^en Jlorft!a unb ©arbinien f ortfc^affen unb nac^l^ bort umbringen
(ie^ (Aldecraldi vita Aigulfi, MabUlon A. SS. O. B. II, 629). 3ur 3eit aU SC^
bad ^lofter regierte, bertoeilte bort ber 9(ngelfad^fe Senebitt ^J3i^o)), ber noc^^er ofö Xbt
26 gu SQiremouti^ ein tl^ätiger ä3eförberer ber 93enebiltinerregel in Sngtanb tourbe. Um 690
^tte aber Serinum h}ieber eine folc^e 93Iüte erreid^t, ba^ ber ^^ige Slmanbud ofö 9bt
3700 SKönc^e unter [xi) gel^^abt ^aben fott.
Um 730 (nad^ MabiUon, Annal. O. S.B. II, 82 im ^al^e 732) tDurbe bo« reii|ie
Jllofter t)on ben ©arajenen ge^Iünbert, h}obei 9lbt $ord^riud mit 50 SRönd^ ben %f^
80 gefunben l^aben foQ. ^ie ^erfteQung be^ ßlofterd toirb einem 9lbt @leut^eriu^ jugefc^eben,
aOerbingd im 3uf<^n^ntenl^ang mit einer fobell^^aften ©d^enlung $i))))ind, bte biefer )u
Cuierc^ 754 angefertigt ^aben foH (alliier I, 415). (Sin ©rief SlIcuinS geigt, bö^ bie
!Dlönd^e an ben lird^lic^en ^agen ber 3^t Slnteil nal^^men (Monum. Alcuin. ep. 93,
©. 392). 3la(fy Äartö be« Orofeen Sobe lebte ber SKönd^ 95emariu«, Der Sruber Äbat
86 l^arb^ unb 93ala^, eine 3^'^ '^"9 ^^^ ßjilierter in Serinum. Stuf einen gefuntenen ^
ftanb h}eift e^ ^in, toenn 964 ber neuburgunbifc^e Slönig jtonrab gttr ^erfleuung ber DA*
nung in Serinum toie in bem bon biefem abhängigen, 661 gegrünbeten ^RrnmenSoßei
2lrluc bcibc Älöfter an ben abt bon aJJont^aJJajeur bergabte (Gall. Christ. III, 1210).
Salb barauf berlie^ aber $a))ft Senebtft VII. Serinum mit jener Xoc^terfUftuna bem
10 Slbte ÜRa^olud bon eiunt (Jaffa ' 3796), unb au^ Obilo bon (Sluni erfc^eint )ug(eu^ att
2tbt bon Serinum, bag er 1022 befud^te. Dann folgen loieber eigene äbte, aber feit jener
33erbinbung mit ber an ber ©t)i$e ber tirc^Uc^en ä3eh}egung fte^enben Jtongregatum be^
ainnt aud^ für Serinum eine neue ^eriobe be^ 3luffd^h}ung$ unb (Slanjed. Unter ben &ten
Slmalric^, Slbalbert I. unb 2tbalbert II. (f 1101) mehren fid^ bie ©c^enlungen. 9M
45 einer neuen 95erh)üftung burd^ bie ©ara jenen 1107 baut ba« reiche Älofter gegen bte6ce>
räuber einen fcften lurm. Unter 3lbaibert II. loirb auc^ toieber bie SBiffenfc^ in it*
rinum gepflegt, in feine 3^^^ f^^ ^^^ bon bem 3)tönd^ 3)aniet berfa^e ^folmenlommentar
in lateinifd^cn SScrfen, ber Don tüd^tiger Silbung jeugt. ^n biefer 3rit erhalt Serinum
aud^ >)äj)ftlid^e Segünftigungen, ^ribilcgien unb SJlbläffe. 3)ie §onoriu^ II. 1124—1130
60 jugefc^riebene SuQe Caritas gemini, toorin aQe ©laubigen utr UnterfbU^ung M iSoperS
aufgeforbert toerben, ift aber eine gälfc^ung (Jaffö * 7352). Dabei gerät aber bod Xtoflcr
aud^ n)egen feiner äSeft^rec^te auf Jtircben in fortgelegte ^änbel mit ben benaf^bodten
^ifd^öfen unb ^rälaten. @^ gehört je^t unb i^oax n)a^rfd^einlid^ fc^on feit bem 6.^0^
^unbert jum Si^tum 3lntij)oli« (äntibe^), ba hai 95i«tum ^Jorum ^ulii auf ?[al^unberte
55 jur Sebeutungdloftgteit l^erabfan!. 3(Id le^tered im burgunbifd^en Sleid^ fi$ Ivt^er ge»
Iräftigt l^atte, bemühte ed ftd^ um 'IBiebergetoinnung bed jttofterd, aber bergeblic^. M
Jllofter blieb unter 9lntibe^, toeld^e^ Si^tum aber 1244 nad^ ©raffe berlegt tDurbe. ^m
jtoifc^en toar bie SScrlücltlic^ung bc^ Älofterg fotoeit fortgefd^ritten, ba^ ^nnocen) III.
(Potthast 281) ben Sifd^of bon Slrled mit ^erfteOung ber böOia in SerfaD geratenen
00 ^egel, toenn erforberlid^ burd^ ^erbeijiel^ung ber Siftercienfer beauftragte. 9Rtt t/HU/m
Strittttm 403
Srfolgc, ftel^t boJ^in. ^ebenfaQd toud^d Sletc^tum unb Sinflu^ t)on Serinum nod^ im
13. 3<>^unbert. 1255 tarn ed burc^ %avi\i} in ben 9eft$ ber Itirc^e unb be^ ^off^itatö
b^ ^toen Xntomud bei @enua, bei toeld^em ftd^ nun ano) ein ßlofter be^ ^. Sintoniu^
ed^ob. ^ 14. ^al^^r^unbert tDoQten bie ^Jlönd^e nid^t mef^r fratres, fonbern domini
fem unb befc^loffen 1319 auf einem @eneralla))itel, bag ed jebem ^nd^e, $rior unb 6
itom>entualen fceiftel^en foQe, mit legitim erlangtem ©elbe Sefi^ungen p erh}erben unb
borüber }u beifügen. Urban IV. unb bie at)ignonenftfd^en $ä})fte ^o^ann XXII. unb
6(emend VI. betgaben bie reid^e $frünbe in commendam, h)ogegen einige Steformt^erfud^e
im 3ufammenl^ang mit SenebiltiS XII. Semü^ungen bem eigentlichen ^lofterleben n)enig
ouf^fen lonnten. @in 9flefonnta))itel bon 1353 {eigt bie beträd^tlid^e 3^1(^1 ber t?on Se- lo
rimtm ab^gigen ^rioreien, jtird^en unb anbeten ^e))enben2en in t)ielen Bistümern (SlUie^
II, 216 ff.). 1358 treten aucb bie Don bem Senefd^al ber $rot)ence ©antelmi ^u Xar^
ttt^on gefKfteten ftlöfter, bad ^onnenflofter @t. ^onorat unb ba^ SRönd^^ftoftcr ®t. 3tu
lolaud unter bie Seitung ber 2erinen|er SKön^e (Gall. Christ. I, 890 ff.). 1366—1368
lam Serinum an (St. ^ictot )u 9)larfeille. ^ie angeblichen 9leliquten bed l[^eiltgen $o- 15
nototud tDutben 1391 auf Umh}egen bon Sltled nac^ Serinum gebrad^t (Hist. translat.
bei Barral. I, 79 ff.) unb erl(^öl(^ten nid^t toenig ba« 2lnfel(^en be« Älofter«, beffen Äoft^
barlettm um 1400 genueftfd^e Seeräuber )u einem Überfall reiften.
3m großen ©c^i^ma ftanb ba^ ftlofter auf Seite ber römifd^en Dböbienj, erft unter
bem twm aRocrtin V. ernannten unb tro^ SBiberftreben ber ÜRönc^e eingefeftten 3lbt ©au^ 20
ft^ud be SRonte @Iecto (3Jlont &\)ox[x) nal)m ed h}ieber einen getoiffen älu|fd^n)ung. 2Bir
fiiiben ®auftebud im 9(ufttage f^ned Sanbe^^erm Subtoig III. bon Sizilien auf bem
fiongil \>on Sofel unb bann atö SJlitglieb ber ©efanbtfd^aft biefed Jtonjttö an @ugeniud IV.
fRai^Um in bet {toeiten ^älfte bed 15. S^^vl^unbett^ bie Slbtei toieber al^ reiche $frünbe
an ftommenbotar&bte bergeben toorben toax, trat mit 1515 eine neue, bie le^te $eriobe 25
fär fie ein. 2)et bcnnalige ^ni^bet Sluguftud Don @timalbi, Slbminiftrator, f))äter 93tfd^of
bon ®raffe, rief be^uf« Sfleform be<^ Älofter« juerft 3)tönd^e Don ßluni ^erbei, Derftanb
fii^ aber barni baju auf feine Slbtdtoürbe, freiließ unter S^orbc^alt aSer @tnlünfte unb
^tdftt betfelben auf Sebendgeit )u Dergid^ten unb ben Slnfd^lu^ Serinum^ an bie italie-
iiifc^ Senebittinetlongtegation Don @t. ^uftina Don $abua (fpäter Jlongregation Don 90
SRontc Gofftno genannt) berbeigufü^ren, toeld^e Seo X. beftätigte. Um [\ä) für bie ^^olgegeit
ber Aommenbotar&bte gu ertoel[^ren, tourbe bie SSerfaffung entgegen ber Siegel 35enebittfS
gednbert unb ftott ber lebendlönglid^en 9(bte alle 3 ^al^^re gu toäl[^lenbe Slegularäbte ein^
gcfc^ Salb barauf erfolgte ber SSlbfd^lu^ bed ^ontorbat^ gtoifd^en Seo unb ^rang I.,
iDc^ed bie SBo^l gu ben Krcblid^en ^frünben h}efentlid^ in bie $anb be^ Königes legte. 35
Sbid biefen bdben @reignif[en ergab ftc^ ein gtoei ^ai^ri^unberte lang bei ieber Gelegenheit
ftt^ emeuetnbet älntagoni^mud. 3u>^^^f^ ^^^ fteilid^ bie t)erfönli^e Stellung ätuguftind
tum ©rimolbi in Setrac^t, ber gugleid^ $en Don !D2onaco im Jtamt)fe gtoifd^en ^rang I.
unb Jtarl V. ed mit teuerem l[^ie(t unb bed^alb aller feiner äBürben in ^antreic^ Derluftig
erfl&rt tmttbe. Die Anbetung bed ^lofterd i'erinum burc^ bie ft^anifd^ flotte bei ber 40
^mxifion beS Sonnetoble Don iBourbon 1524 l^tng bamit gufammen. dlad) bem ^rieben
tum SRobrib tmttbe äluguftin gh}at tel[^abilitiert, nad^ feinem 2obe aber Derlie^ ^ranj I.
bie Xbtet tariebet oU ftommenbe, unb alle auf jene Serbinbung mit ber iialienifd^cn äon^
gtcgation fic^ flü^enbe $roteftattonen l^alfen ni^t^. Du SeUa^ erl[^ielt fte guerft, im fol-
gpben galM^nbert ^ben fie bie Jtarbinöle SaDalette unb 3)lagarin befefjen. Sedieret 45
Ite^ fie 1^ Dom itonDent gegen eine 2lal^re^rente Don 9000 SiDre^ ablaufen. SBieberi^olt
moi^tcn ftan&dftfc^ iKhiige älnftalt, jene UnterfteUung untet bie ttaltenifd^e 5tongrcgation,
toddft ber pnmgbfifc^en 9(udbeutung ^inoerlid^ toar, rüdtgöngig gu machen, ^nbeffen
f^ciimc^ rv., tDelc^ bie $frünbe nad^ feinem @rmef|en Deraab unb biefem ftlofter \o gut
tmc onberen bie @mdl^ng einer Slnga^l Don ^nDaliben atö l^ienmönd^e auferlegte, be^ 50
ftätigte bo(^ naiäf feiner JbnDerfton bie Union mit jener Kongregation unter ber übrigen^
ni(^t dngftltc^ feftgel^ltenen Sebingung, ba^ bie Seitung ber ^önd^e immer in frangöftfcben
^dnben fein follte. @in SSerfud^ ber Sodtrennung unter Subtoig XIII. tourbe balb toieber
«ifgcgcben unb felbft gur R^t ber gaUitanifd^en Spannung, too Subtotg XIV. fid^ Don
einfr $artei ber SRöncpe fdbft um Befreiung Don ben Italienern bitten lie^, tnu^te man bb
Me @aä^ tmebet faSen Iaf|en. 31U aber bie ^])lönd^e nac^ bem Xobe ^i^ilipt)^ Don äicn^
bomc 1727 ben »ifc^^of Don Orafje in i^r 3"teref|e gogen unb il^m eine ^enfion Don
4000 SiDted Detft)tac^en, toenn er beim Äarbinal Don gleur^ bie ^erftcUung freier äbt^
toa^ bctoitle, Aojg biefer ed Dor, bie älbtei lieber gang gu Derfd^lucfen, inbem er [xd) einen
(itan0(tc|fcnSnet(1732) gu Derfc^affen h}u^te, toonad|^ unter ber )9ebingung, ba^ ber )äijcbof go
26*
404 Setittttm Seg
bte Seftötigung Dom $a))fte ertDtrIe, bie 9lbtet tl^m unb feinen ^no^folgem beftonbig jp
geh}iefen h}erben foOte. Obh}ol^l jene ))ä))ftli(^e Seftötigung nie beigebracht tDurbe, bficb
e^ bod^ babei, ja ber ftonig lieg ^d^ oQe bie SSereinigung mit ben Stontecofftnem betreff
fenben 3)otumente ausliefern unb laffterte biefelben. t^freUid^ tourbe 1752 üon bem jtönig
6 bie $frünbe h}ieber einem 93ifd^of Don Signe Derliel^^en. 1788 Verfiel fte ber @älu(ari<
fation, 1791 tourbe bie ^nfel be« ^eiligen §onoratu« für 37000 2x\yM berftcigert, btente
jeittoeilig einer alten @(^auft)ielerin Don ber com^e fran^aise )um ähtfentl^ mA
ging burd^ Derfd^iebene ^änbe. 1853 taufte ber Sifc^of Don ^^uiS bie ^nfel )urüdl, unb
1859 tourbe bie Jtird^e bem @otteiSbienft toiebergegeben unb 3)cdn(^e oud ®t $«ter in
10 9)larfeille bort angefiebelt. 2le|t ift bie ^nfel h}ieber mit ©emüfegdrten unb (Setreibefelbeni
bebecft, bie Don ben ÜRönd^en beiS ^anjidlanerorbenS befteQt toerben.
^m ÜRittelalter unb in ber neueren 3^ W Serinum tt)iffenf(i^|aftli(^ nu^t Diel ^
Dorragenbe $erf önlid^Ieiten auf 2uh}eif en. 3)er bebeutenbfte ift nod^ S)ionVfiuS ,S^^ ^^
älrleS am Stnfang beS 16. ^o^rl^^unbertS, ber gebilbet in einem Jtlofter bei lllantua mü»
16 @d^üler beS ©regoriuS Sortl^eftud ald ÜRönd^, bann ald 5tlofter})rior in Serimim fftr ben
Setrieb biblifd^er unb l^umaniftifd^er (Stubien, foh}ie für ^erfteQung ber Jttofter}U(^ em^
tl^^ätig h)ar (f. feine erbaulichen ©d^riften, 95riefe unb (Sebic^te bei Barral. 11,222—4660.
fiefcr f. ©äuge, 8b VII @. 478 ff.
20 Seft, (Sottfrieb, geft. 1797. — ©eine ©cbriftcn f. unten. Ueber fein Seben f. We
SKonograp^ic (oon ^olf^cr): ®. Scg, @in biogr. gragmcnt, ^annoöer 1797, 8': ferner
©c^er, «(ttg. aRagajin f. «Preblgcr, I, 112; Üi^cue« gel. Europa, ©b 20; @*lid»tegroa, ^tefrolog
für 1797. II, 219 ff. ; pttcr-Salfelb, ®ött. ®cl. ©ef«. I, 187; H, 115; ni, 60; mxina.
^anaelrebner, @. 204 ff. Ueber feine ©d^rtften unb t^eologif^e IBebeutung ogl. <iki|, (0ef4|.
25 ber 3)oömatif IV, 170 f.; ®. granf, ®c|4i4tc ber proteft. X^cologie HI, 100 ff.; «anbertr,
^. 3)®., S. 100.
®ottfrieb £eg, luti^erifd^er X^eolog bed 18. 2|al^^unbertd, nimmt ote ernfkr unb
toal^^r^aft frommer, babei ober milber unb fd^üd^temer, )u aSerlei ftonjefftonen gmeigter
SSertreter einer immer mebr ermattenben Sled^tglöubigleit in ber $eriobe ber Sb^Iäntng
80 eine el^renh}erte unb jugleid^ für bie t^eologifd^e Snttoidelung jener ^At fe^ d^caatktf
riftifd^e Stellung ein. — ©eboren ben 31. ^amax 1736 gu Äoni| in 3Befitrreu|en,
So^n eined )9ürgermeifterd, genog er ald fd^h}ö^lid^ed ftinb eine forgfame eltedid^e $fkge
unb Srgie^ung, befud^te 1750^- bad CoUegium Friedericianum gu jldnigdberg, ffaibierte
1752 ff. 5u Sena, befonber« bei SBald^, bann gu ©alle al« ©. 3. Saumgarten« treuer
86 ©c^üler, ©au^s unb iifd^genoffe, Ideologie, unb e« ift unDerlennbar, toie er einerfeitt
Don be^ Solfianerd Saumgarten ^larl[^eit unb foliber ©elel^amleit, anbererfeitd Don ber
))raftifd^en ^ömmigleit be^ ^allifd^en $ietidmuiS beeinflußt h}irb. Mitarbeiten an ^Raxaan^
garten^ „92ad^rid^ten Don merfh)ürbigen Sudlern'' unb an jfrafftd t^eologifc^ Sibüot^
tparen feine erften litterarifc^en Slrbeiten. ^a er in ©aOe leine bauernbe Stellung fanb,
40 ging er 1757 nad^ Gängig, \oo er 1761 aU prof. theol. extraord. am atobemifc^
©^mnaftum angefteQt tourbe. (Sine toiffenfd^aftlic^e Sleije nac^ ^ollanb unb Snglonb,
bie er 1762 unternahm, fül^rte it^n nad^ ^annoDer. $ier h}urbe er mit bem Aammer*
t)räfibcnten ®. 21. Don aJlünd^^aufen befannt, ber i^n fofort für feine junge Stebltng^
fd^öjjfuna, bie UniDerfität ©öttingen, gu gewinnen toufete. 9lad^ Sottenbung feiner eng«
46 lifd^en Steife trat er gu9)lid^aeli 1763 feinSlmt in@5ttingen an, gunöc^ft ofö UniDerfität^
Drebiger unb prof. theol. extraord. ; 1765 tourbe er orb. ^rofeffor unb Z)ireItor be^
^rebiger!oacgium^, 1766 Dr. theol., 1770 3Kitglieb ber f^toebifd^en OefeDfdboft pro
fide et christianismo, 1784 Jtonftftorialrat. Seine ^rebigten, bie „ben ®«|l be^
eckten Sl^riftentumd atmeten unb babei ein ©epröge Don Originalität trugen'', toie feine
60 Sorlefungen (über 2)ogmatif, ^olemif, aJloral, Slntibeiftil, ^omiletü 2c) unb )mi!ttf(^
Übungen toaren gefc^ä^t unb Dielbefud^t, obtoobl fein Sortrag auf Jtangcl unb itatl^eber
tro^ feiner feuerigen Seb^aftigteit gar feine äußere 9lnnel[^ntlid[^teit I^Kitte, Dielme^r butc^
einen ,,tlagenben Kammerton'' unb eine auffadenbe ®eberbenft)rac(^e abftie^ (fö ^otte
ba^ feinen @runb ^um Xeil in tör))erltd^en Reiben, bie i^n oft in feinen älrbeiten unter»
66brad^en, ^i^poc^onbnfc^e Stimmungen bei il^m Deranla^ten unb il^nl774gu einer langem
Urlaubsreife nad^ ber Sc^lDeig unb bem füblic^en ^anlreid|^ nötigten, um fo me^ toor
e« i(^m SebürfniS, mit feinen gelehrten Stubien regelmäßige SWorgenanbaiten cani bem
3IX gu Derbinben, auS benen er „in feinen feligften Stunben unb unter fd^toeren 2eibcn
baS Sefte fc^öpfte, toaS er befaß'', ^ene äietfe braute ü^m nic^t blo6 mfnVtäfi Acäf»
Seg 405
%m0, fonbem ouc^ reichen geifügen (Seh^imt burd^ @rh)eiterung feiner 3ätlU unb
JKenfc^Ienntnid, folgte burc^ h}iffenf(^ftli(^e @tubien über ben frangöftfd^en ^roteftan«
tidmud (in fBMdfi 31 Sleligion^efc^., %l 5 u. 6) unb über $arifer Sibell^anbfc^ften
(f. 3Ri(^elid, OrientoL 9ib(., 21. 9). S^od^ toieberl^olte ftd^ \p&t^ fein Seiben unb nötigte
i^ guerfi fein Xmt al$ Uniberfitöt^ebiger abzugeben, gul^t aber, ald er bie fc^mer}- 6
lic^ (Srfa^ntng mod^ mu^e, fein afabemifd^ed 9(nfel^en fmlen, fein früher fo DoQed
Sbibitonum leer ^u fd^en, 1791 einem Stuf nad^ ^onnoDer gu folgen, h}0 er aU erfter
tofs unb @(^Io|))r^ieer, Jtonftftoria(rat unb ®eneralfu))erintenbent, aud^ Streftor ber
ofs unb Zik^terfcM^f unter Dielen Seiben unb ^rübfalen, mit unermüblid^em @ifer unb
unb gef^etem @rfolg b\& gu feinem ben 28. Sluguft 1797 erfolgten 2obe h}irUe. lo
Seine go^lrei^en Schriften (74 größere unb Ileinere gä^lt fein Siogro^j^^, 82 bie
Sdttinger ®el.s®ef^id^te) gehören meift bem (Sebiete ber 9l))ologeti{, Dogmatil!, 3Jloral
unb tnroltifc^ Xl^eologie an. — 1. ©ein a))ologetifd^e$ ^ou^ttoerf, baiS il^n faft fein
gonjÄ Seben ^iti^irrc^ befc^ftigte, ifi fein 93eh}eid ber äBal^r^eit ber c^riftlid^en Sieligion
(Cremen 1768; 5. »ufL 1786). ©ie 6. Auflage, 1786 erfd^ienen, fottte gugleid^ ben i6
iloeiten Zeil eined ^ö^eren, unboQenbet gebliebenen äBerfe^, eined 9fle|)ertoriumd ber ge^
fimten 9l))oIoget3 btlben u. b. X.: Über bie Sieligion, i(^re ©efd^ic^te, SBa^l unb Seflö«
tigung, tDObon jtDei Sänbe in gtoei Auflagen ^d^ienen finb (1783 unb 1786). ^ie
Si^oloaetit teilt er in gtoei Zeile, einen biblifd^nfagogifc^en unb einen boltrinalen: bie
Soweit ber d^tlic^ Sfteligion folgt baraud, ba^ fie ©otted h}ürbig, ber menfdblic^en 20
Senntnft unerreid^bor ift; b(ä äl unb 92Z ertoeift fi^<tld toai^x^, unmittelbare, ftufen-
toeife fortfd^reitenbe Offenbarung ©otted. Sefonberer SQSert h}irb auf äBunber unb SSeid»
faguimen gelegt, bie äSol^^it ber 9(uferftel^ung^efd^td^te nac^ ben Dier @t)angelien gegen
ben SSolfmbütteler ^agmentiften in einer befonberen (Sd^rift berteibigt 1779; anbere
a)H>logetifd^ ^agen fixib bef))rod^ in ben Opuscula theol. 178Q, unb in ben äSer^ 35
mtfd^ten @(^nften 1782. — 2. ^ad gloeite ^au^tgebiet ber litterarif^en h}ie afabemifd^en
Z^tigbit bon Se| unb baä|jenige, auf bem er tool^l am meiften bie Slnerfennung feiner
3^eiu>ffen gefunben 1^, ift bad ber ÜRoral. Sinen Slbri^ ber ti^eologifd^en 3Jloral gab
er }uerfi 1767, bann in neuen, Dermel^en unb umgearbeiteten Auflagen 1781 unb 1787
^crmtd; ein oudfü^lid^ ^anbbud^ ber d^ftlic^en 3Roral unb aOgemeinen Seben^t^eologie so
1777, in 4. Auflage 1787. @r liebte biefe @tubien Dor2ugh}eife unb trug bie c^riftli^e
Stttcnlc^ mit folq^r Seioegung bed ^ergend bor, ba| er oftmals Z^^ränen babei Der^
oa^ go^onn bon äRüller nennt il^n emen unbergleic^lid^en ÜRoraliften, bei bem man bie
Swrol nt^t blo| ^u ^ören, fonbem auc^ gu feigen belam. 33iele eingelne etl[^ifd^e ^agen
bc^Kinbdt er teild m befonberen S^b^anblungen (g. 93. bie Sel^e Dom ©ebet unb ber ^e» 86
Ic^ntno, JHnn ©elbfimorb 1777; 2. Suff. 1778; 3. »ufl. 1786; bie ^age „über bie
Stttltc^ett ber l^^eutigen @d^aubül^ne'' in einem Don bem Hamburger $au))t))aftor
9t(Boqe erbetenen, bon Se^ Derfa^ten, gu Hamburg 1769 gebruoten ©öttinger ^ahtltöt^
fliitffl^tcn bgl 91®. VI, @. 759, 21), teik aber bef onberd in gal[^lreid^en ^rebigten unb ben
boju ge^Mgen Xn^öngen (g. 9. Sd^re bon ber 9Jlö^ig!eit unb jteufd^l[^eit in 12 ^rebigten 40
1772, 2. S(ufL 1780; Seigre Dom inneren ©otte^bienft in 10 $rebigten nebft Slnbang,
1781. 1786; Don ber «rbeitfamleit unb ©ebulb 1773. 1782; Don ben gefeCfd^afttic^^en
^bigenben 1785; über bie @buren ber göttlid^en ©üte in ben gal^llofen ©efal^ren unferer
SEngenb 1784 u. f. to.). — Saran fd^lie^en fid^ ald h}eitere Slrbeiten gur b^alttfc^en
Z^Iogic unb Im^lid^en $ra|id : eine Setrad^tung über neuere ^^ler im ^rebigen, 45
todd^ bod Stü^renbe b«S 5langelDortrageg Der^inbem 1765. 1767; Srllärung ber Sonn-
tagMHmgeRen, S.Sufl. 1781; $affion«brebigten mit änl^^ängen 1776—1780; Sflcfor=
mationd^bigten, Derfd^ebene ©elegenl^eit^rebigten, ÜRitarbeit an einem neuen ©efang»
bui^ fOx bie ©öttinger Uniberfttöt^emeinbe, toofür Se^ bie moralifd^en, fein AoQcge
$. SRiDer bie bogmotifd^en Sieber bearbeitete 1779, eine Slb^anblung über Slbfd^affung 50
ber Zobedprafe ffinr Jtinbdmorb 1785; über c^riftlid^e^ Se^ramt, beffen toürbige pl^rung
ttnb Sorberettung 1790 ic. — 4. aber aud^ feine bogmatif(^en arbeiten tragen, gang
cntftnKc^enb ber Stic^tung bed ÜRanned unb feiner gangen 3eit; ^nen übcrh}tegenb ))ralttfd^s
a)>oIogetif(^ (Spötter: fo feine 1779 erfc^ienene Sl^ftlicbe Sleligiondt^eorte für^ gc^
mciiic Sdben ober Serfuc^ einer b^^^^fc^^ 3)ogmatif (britte, umgearbeitete 9luf(. 1789 55
u. b. Z.: {^anbbud^ ber d|^riftlid^en 9leligion^t^eorie für Slufgeflärtere) unb fein Snttourf
etned p^il0fo))^ifd^ fturfud ber c^riftlid^en Sleligion, l^au^tfäcplic^ für ^tc^tt^^eologcn unter
ben Stubierenben 1790. 6« foH bie Dogmatil ben Sebürfniffen ber ^At ange^a^t, eine
gemeinfo^u^e unb nü^lic^e 9luc(legung ber ä3ibel aegeben, bad S^riftentum ald bie mit ber
reinen morolifc^ 9{atuneligion ibentifd^e, h}a^rl^ft b^ilof o))^ifd^e Sieligton ertoiefen toerben, eo
406 Seg Sefftng
n^elc^e aüm ^orberungen ber t^emünftig freien ntenfc^ßc^en 3latax ein ®enüge t^ut unb bie
ebelfte £e6en^n)ei^(^eit allgemein fa^lic^ unb oQgemein tpirifam naä) unb na^ über ben Srb^
fret^ t)erbreitet. ^ad Sl^nftentunt, ald Sfleßgion ber Siebe unb ber ^eube, le^ bie Jbmß
ftetö frol^ }u fein: benn ed mti^ölt bie SSerftc^erung @ott^ bon ber Segnc^igung beS
5 ftd^ beflemben Sünbcrd unb bon ber SSaterliebe @otted gu ben ©ebefferten. S^jfanS,
beffen entgüdenbe Xugenb nie ftörler glängt ald in feinem Seiben, imrb für feine menfc^
freunblid^e älrbeit unb Seiben Don @ott gum ^nig ber 2BeIt befteDt. SDie etmge S3irt
famleit feinet SSerbienfted, ba$ er fu^ um bie gange !Dlenfcl^l[^eit, ja um ben gangen
@eifte^ftaat @otted ertparb, fotoie feine götUic^e 3latax fteQt bad 912; und bar, fo h>eit
10 it)ir e^ l^ienieben m faffen bermögen. Unb nid^t bie Sl^riften aSein, fonbem mul^ ^vibm,
9Rul^amebaner uno Reiben l^at gefud erlöft, aud^ biefe toerben toir beretnft im i&tmmel
finben, h^enn anberd biefe S^td^td^riften bod il^nen gegebene 9Ra| bon Jtenntniffen treu
gebraud^cn. 2Bir bürfen und ba^er ber entgüdenben ^offnung überlaffen, ba| bie 3^
ber Seligen fe^r biet größer fein h)erbe, aU man ed ftc(^ \Dof)l nad^ engl^ergigen @^ftemen
16 )u mutmaßen getraut ^at.
@o ift fein @tanb))untt ber einer h}eit]^ergigen, aber auc^ toantenben, bem 3^^9
immer me^r foncebierenben, auf ber fd^iefen Sbene, bie bon ber Ort^obo^ie burc^ $iettds
mud unb SBoIfianidmud ](|inburd^ gum 9tationaIidmud fül^rt, immer toeiter fortrüdEenben
aufgeflärten unb fentimentalen @Iöubig!eit, bie ein @tüd bed t)ofitiDen Jtird^engloubend
20 um bad anbere ))reidgiebt, immer in bem guten (glauben, burd^ äi[ufgebung ber 3hx^*
n)erle bie ^au^jtfad^e gu retten — „bad ß^riftentum ate bie moralifc^e SRaturrefioion".
^n ber 9)lttte ftel^enb gh}ifd^en WX- unb 9(eugläubigen ^at er borum ouc^ bie Suifec^
tungen beiber erfal^ren: Dr. Senner in ®ie|en fd^rieb bier eigene 3U)^nbIungen „über
bad ©onberbare in ben Sefeifc^en ©d^riften", 1779-1782; ÜR. ©oeje UHwf i^ SBiber»
25 \pxü6)t gegen bie f^mbolifd^en Sucher unb aUgu gro^e Xoterang gegen Softer bor ; Oetinger
meint, er fel^e aud 2lngft üor ben Soumaliften gu biet auf bie r^it)ierte Serliner SWe^
t^obe, t)on 2lefu gu fc^reiben; bie Sluftlörer bermif|en an i^m ))^Uo))l^f(^en ®eift unb
^ret^^eit Don bogmatifd^en SSorurteilen. $atte er frül[^er ben Slec^tgldubigen ald ^teroboi
gegolten, fo fa^ bie jüngere ©eneration, befonberd feit bem äluffommen ber Itttifc^
30 $9iIofo))l^ie, in i^m nid^td atd ben SSertreter einer beratteten Sfled^tglaubigleit @€tt bie
tantif^e SSemunftfritif auf bie tl^eologifd^en äBiffenfd^aften unb befonberd beren ptci^
tifd^en Xeil ßinflu^ getoann, erfc^ien ein l^^albortl^obo^er, j^albrationaliftift^er Stonb^nmlt
toic ber feinige ald unhaltbar: jüngere Sogmatiter, 3RoraIiften, S^egeten unb 5tanid<
rebner t)erbun!elten ben 9lu](|m, ben er bidl^er hd^aiüpttt: aber aud^ folc^e, benen fein
36 toiffcnfd^aftltd^er ®tanbt)unft ald ein übertounbener erfd^ien, lonnten boc^ bem aufrichtigen
Streben, bem mUben unb bemütigen Si^arafter bed ÜRanned il^re Sichtung nic^t berfagen
unb anerfannten, ba^ ed i^m um 9Ba^rl[^eit unb nid^td ald bie äBoi^^rl^eit gu tl^ fei
Sin 8e^ unb feinem ÄoHegen ßl^r. 2Ö. J^ang SBiJald^ fann man ben Starter ber bo^
maligen tl^eologifc^en gafultät ber Uniüerfttät (Söttingen ertennen; nac^ bem lobe
40 3Salä)i unb bem SSeggange bon Se^ lenfte fte unter ^afob $land( entfc^iebener in
rationaliftifd^e 9al[^nen ein, an^ benen fie erft burd^ Sude toieber auf ))ofttibe SBege ge^
leitet tourbe. (IGBagettmatttt t) V* ^\^^ättt.
Seffing, ©ott^olb Qpf)xaim, geft. 1781. — STu« ber fiitteratur über Sefpng
fann ^ier nur meniged genannt n^erben ; ügl. Q^oebefe, ©runbrig, 2. 9[ufl., 4. SBb (1891).
46 @. 129—154, unb für^leltcrcö and) Sorben«, Scjtfon, 3. 93b, ©.234jf., 6. ©b, 6. 487 ff. —
S.i8 tljeoIoQifc^c unb p^ilofopfjif^c @d)riflcn liegen am bequcmften im 14. — 18. ^nbe ber
tempelfi^en ^uSgabc feiner ^erte oor, bie aud) eingeln abgegeben werben (ogl. X^SB ^878,
p. 540f.) S.S ©riefe unb bie an {ungerichteten ftnb oortreffli(^ in benbeiben iSbteilungeii
be§ 20. $3anbc<^ ber genannten ^u^gabe uon dar! (l\)r. 97ebli(^ oeröffentli^t ; ^^ac^trfige unb
60 ©eridjtigungcn ^iergu 1886. Unter ben Sebenöbefc^retbungen ß.S ift gu nennen: Xft. S.
2)angcl, ©ott^olb (Spftraim ficffing, 1. 93b, fieipgig 1850; 2. 53b oon (S. 6. ©u^rauer in
gwci C>^^ften, ebenba 1853 u. 1854; jmcite ?luflage oon ©. o. SRalfa^n unb 8J. feojbcrget
tjcrauögcgebcn, SBerlin 1880f., in 2 ©ftnbcn; ©ri* ©*mibt, fiefftng, ®ef*l4te feine« Seben«
unb feiner @*riften, 2 ©önbe, ©crlin 1884 ff.; 2. Slufl., 1899; ©arl (J(|r. «ebli* in «b»,
65 19. 93b. ©. 756—802. Ucber S.§ ©ebeutung für bie bcutf^c fiitteratur ogl. aufeer ben be^
fannten 5öerfcn üon SBilmar, ®elger, ^obcrftein unb Äoenig befonber« 3o^. ®ilb. fioebctt.
&. @. fiefftng; au« ©onner ©orlefungen ^eraudg. oon ^oberftein, ©raunf^wetg 1865 (3. ©b
ber (Sntwicfehing ber beutfcftcn ^oepe uon Älopftocf biS ®oet^)e). Serner finb beroorju^eben:
e. gebier, fiefftngftubien, Sern 1H62; ©einrieb SHitter, lieber fi.8 p^iIofop^if(ftc unb religiSf«
i]i) (»runbfäöe, in ben ®öttinger Stubien 1847, 2. 9lbt., @. 151—221, unb in einem Sepanih
abbrurf, ©öttingen 1847 ; g. 91. 3)omer, ©ef^ic^te ber proteftanttfd^en 3:^oIogte, «uni^en
Sefftttg 407
1867, 6. 721 ff.; ^. g. SKüIIer, ®ott^oIb ©p^raim Scffing unb feine ©teffung jum e^riften^
tum. in ben Beitfragen beS Ariftlic^en ^olldlebend, 36. ^eft, ^etlbronn 1881. — Ueber ben
Sflatian ogl. SBiOibalb S3eQf4(ag, fiefftngd 92Qt^an ber SBetfe unb bad ))ofttbe a^riftent^um,
»etlin (1863), unb ©ö^nc im »eroei« beS OJIanbcn«, 16. ®b, 1880, @.64ff.
©ott^Ib @t)^ratm Sefftng h}urbe gu tarnen) in ber Dberlauft^ am 22. Januar 1729 6
geboren unb ftorb, 52 Sa^re alt, am 15. ^bruar 1781 gu Sraunjd^tpetg. Sein SSater,
2|o^n ©ottfrieb S., toctx ein geachteter unb geleierter lutJ^erifd^er ©eiftlid^er, ber ftd^ burd^
meiere ^iftorifd^ unb ti^eologifc^e 3Ber{e be!annt gemacht l^at (t)gl. SJleufel, Sqrifon, 9b 8,
6. 198; 3lotermunb jum göd^er, 95b 3, ep. 1687; 2lb95 18, ©. 448 f.). SBegen eine«
k>on il^m fftr Jlamen} ^erau^egebenen ©efangbuc^e« (jtamenj 1729; 2. Slufl. 1732; ber lo
Scrleger toor fein 95ruber, ber Sud^binber gnebrid^ ©ottlieb Seffing) tourbe ^of). Oottfr.
E l9on ben SEBittenberger X^eologen angegriffen; er l[^atte nämlic^ t)ietiftifdee Sieber unb
fogor fold^, in benen 9)alt^len toaren, in bad ©efangbud^ aufgenommen (t)gl. ^bUmt,
S)ad beutfd^e Jtirc^enliä) in ber Dberlauft^, 3)redben 1871, @. 71); unter ben bier (in
ber )ta)etten ähtflage fünf) eignen Siebem be« ^erau^eberd in biefem (Sefangbud^e ift 15
m6^ bod im ^cify:t 1719 )ur ^Ät einer Steuerung auf ba« Speifung^tounber gebtc^tete
8iA: „SKein Reber (Sott foH toalten" mit bem befannten 6. 9Serfe: „Slnbrea« \)at ge=
fehlet, $^tti))))ud falfd^ gegantet, toir [alias: fte] red^nen al« ein ftinb; mein ^efud fann
obbiercn unb lann mtiltit)li)ieren, aud^ ba, too lauter 92ullen ftnb." 3)ie SSorfal^ren
tmnen in gerc^er Sinie bv^ in bie Sleformation^eit gurüd immer ®elel[^rte getoefen ; auf 20
jtoei ®etf|itii^, bon toeld^en ber ältere, Slemend Sefftgt, ald^ftor in ber @u))erintenbentur
6^emnt^ im ^cifyct 1580 ba« Jbnlorbienbud^ unterf^rieb (ogl. Soncorbia, 3)re«ben 1580,
%pL, ffmUn bei ben Unterfc^^riften, 7. ©eite, te^te ©))alte, 7. 3eile), folgten brei fünften;
ber Ie|te biefer, ^eo))l[^ilu« £., unfere« £. (Sro^t)ater, toar im ^al^re 1728 al« SSürger^
meißer in Kamen) gefbrben ; er foQ im ^al^re 1670 mit einer 3)iffertation „t)on ber 25
Zoleran) bo: Sieligionen'' ^romobiert ^aben. ^ie 33erl[^ältniffe in £.« @lteml[^aufe h}aren,
fo lange er im ^aufe toar, bei aller Sinfac^l^eit glüdtlid^; bie h}adefenbe ^a\)l ber 5tinber
aber, bie il^rer jtoölf tourben, jel^n ©öl^ne unb )h}ei S^dd^ter, unter h}eldeen unfer S. ba«
)|i>ette unb ber öltefteSol^n toar, unb bie böfen ^rieg«)eiten nötigten nic^t nur ju immer
größerer Sinfc^änlung, )umal al« f))äter immer md)x ©öl^ne auf ©deuten unb Unioer« so
fitjtoi erl^en toerben foQten, fonbem brachten oud^ ©orgen, ÜRangel unb ©c^ulben.
SDer aSoter, feit bem gai^re 1718 in feiner SSalerftabt im ^mte, feit 1733 al« $aftor
Primarius 9{ad^folger feine« ©d^toiegert>ater« geller, leitete unfere« 2.« (Srjtel^ung in
gUubtgem @inne; au^er biefem noU^m S. eine entfd^iä)ene 92eigung jur Sefd^äftigung mit
^üi^em unb jur ©elel^rfamleit Dom SSqter mit. ©ein älbgang oon ber ^amenjer 35
6tabtf(^ule toarb befd^leuni^t infolge be« Strgemtffe«, bo« ber 9Sater an bem Programm
be« 9lettor $emi|, „ba^ bte ©d^aubü^ne eine ©d^ule ber 93erebfam!ett fei'', genommen
l^otte. 3tad^ einer bierteliöl^rtgen toeiteren ^Vorbereitung baju im ^aufe be« $aftor Sinbner
in ^uOm trat S. am 21. ^uni 1741 in bie prftenfd^ule ©t. ^fra ju ^Reigen ein;
fjkt bqc^ftigte er fid^ namentlid^ mit ben alten ©t^rad^en unb la« für ftd^ ben ^eo^ 40
|»^ftu«, Poutu« unb ^£erentiu«; burd^ ben Seigrer ^ol^^ann Stlbert ^imm getoann er
bann ein leb^fte« Si^tereffe an mati^ematifd^en ©tubien; folgenreid^er toar aber, ba^
biefer ^ribatim jur %fef(^äfttgung mit beutfc^er Sitteratur älnleitung gab: @leim, ^age^
born tmb Malier tourben gelefen, unb £. oerfuc^te ftd^ felbft in 92ad^a](|mungen be« llna«
beon unb anberen ®ebi(|ten unb begann fogar ba« £uftft)iel „^er junge (Selel^rte". 45
SSSeil er fu^ burd^ ^^leig unb geiftige iRegfamleit ^ert)ort]^at unb bie Jlrteg«)eiten ben Slufent^alt
erfc^lDerten, tourbe er fd^on nad^ fünf, ftatt nad^ ben übltd^en fec^ ^aü^xm entlaffen unb
Stielt am 30. I^uni 1746 feine 3lbfd^ieb«rebe: de mathematica barbarorum, älm
20. @et)tember 1746 toarb er }u Set)))ig inftribiert, um nad) bem SBunfd^e feiner ßltem
2^loaie pi jiubieren. X)od^ Oermod^ten bie bamaligen trodhten ti^eologifd^en SSorlefungen 60
feisien oer £itteratur unb bem Seben ^ugetoanbten ©inn nid^t }u feffeln; nur ba« pf)'xlo'
fo|>l^t{<^ 2)«^utatorium be« $rof. 3lbral[^am @otti)A\ 5töftner befud^te er fleißig; auger-
bcin getoannen unter ben ^rofefforen bie ^bilologen Smefti unb Sl^rift, le^terer burd^
feine ^[orf^ungen in ber Slrd^äologie ber ^unft, auf i^n @influ^. Sefonber« aber toarb
ber Umgang mit bem fteben 3a|re älteren, toegen feiner £eben«toeife oerrufenen, aber 55
getftbonen S^ftlob ÜR^liu« unb bie genaue ä3efanntfd^aft mit bem X^eater, ba« fic^
oamold unter ber 5Reuber einer lurjenStüte erfreute, für il^n entfc^eibenb. SBo^l ftubierte
er füte ftd^ Peinig SBolfffd^e ^l[^tlofot)l^ie, 92aturtoiffenfc^aften, ^E^tlologie unb namentlid^
aui^ oOed, tiHtö ft^ auf ba« 2l[^eater begog, aber er lernte and) tanjen, t)oltigieren unb
fcd^, um im Umgang mit ber feinen 3Belt ni(^t anjufto^en, unb im $er!e^r mit ©d^au- eo
408 Seffttts
foielem unb f^eigeiftem tote Tbßv^ toanbte {tc^ fein Sinn immer entfc^iebener t>on bem
@eban!en, Xl^eologie }u ftubieren, ab; et toirb t)ielme^ fd^on je^t, toad er imma
Dor^üglic^ geblieben ift, @(|rtftfteller, unb gtoar junäc^ft auf bem öft^etifc^en ©dbiete mtb
aU bramatifc^er 3)td^ter. 9lld feine @ltem, benen über fein treiben unb feinen Umgang
6 beunru^igenbe Ütad^rid^ten zugegangen tooren, il^n nad^ ^aufe gerufen l^otten, too er bcom
k>om Januar bi^ Oftem 1748 blieb, ging er nad^ einer Sludfö^nung mit benfelben unb
mit beren Sinftimmung ^toar aU @tubent ber ÜRebijin unb ^^^Uologie toieber mu^
^^W^f befd^&fttgte ftd^ aber aud^ l^ier toieber bortpiegenb mit bem X^eoter unb ber
Sitteratur. Slacpbem bie 9leuber, bie fd^on im gönuar 1748 feinen „jungen ® eieren''
10 f)aüt auffüllen laffen, \ücS il^m ben Stuf eined tl^^eatrolifd^en @enied eintrug, Sei^jig ^afite
berlaffen muffen unb aud^ ÜR^liud nad^ Berlin gegangen toar, fa^te 8., ben Sürgf^o^
bie er für @c|auft)ieler übernommen batte, in ©elbnöte brad^ten, aud^ ben ®ntfd^lu|i, naii
93erltn ju gelten; untertoegd aber errranfte er in Wittenberg unb lie^ ftc^ batm ^er am
13. äluguft mit SintpiKigung feinet SSaterd inftribieren. ^0(^ ftnben tt)ir i^ am Snbe
15 be^ ^al^red 1748 fd^on in 93erlin, too er bid @nbe 1751 blieb. Seiner äußeren Stellung
nad^ noc^ immer studiosus medicinae, toax er, ba er fein Sti))enbium feinen ©laubigem
überlaffen mu^te, um leben ju lömten, faft allein aufd Sd^reiben angetotefen, totfd
^liud, ber einjige, ber ftd^ feiner gunäc^ft annai^m, bie®elegenl^ fc^^^fft^; ert>erferti^
Überfe^ungen unb begann feine Ititifd^en unb geleierten arbeiten, bie ebenfofe^ mif
20 tüd^tigen Stubien berul^ten, al^ fie bon feiner eigenen geiftigen Sebeutung jeuoten, unb
namentlid^, feitbem er im ^bruar 1751 bie Sflebaftion bed geleiten %M^ ber SSofftfc^
Reitung (unb balb barauf bie eine^ monatlichen SeiblatteiS berfelben) übernommen ^olte,
^uffel^en mad^ten. ^em äBunfc^e feinet SSaterd folgenb unb um nod^ 3^ V^ grüitb«
lid^eren Stubien ju gewinnen, begab er jtc^ gegen bod @nbe bed ^afjvt^ 1751 toi^ott
26 nad^ SBittenberg, too fein 93ruber Xieeo))^tlud bamald ftubierte. ^n Berlin tDor S. oui^
mit 33oltatre in SSerbinbung getreten; er j^atte bie äSerteibigung^fc^ften bedfelben in bem
be!annten ^rojeffe mit älbra^am ^irfd^ ind S^eutfd^e }u überfe|en gel^t fBkoc fd^on
burd^ bie Sinftd^t, bie er babei in bad treiben 33oltaired belam, feine Sb^tung t>or h\6m
gefeierten SJlanne fel^r gering geworben, fo fc^toanb fte boQenbd, ald er nad^ feiner 9b*
80 reife Don Berlin, toenn auc^ infolge eigener Unborftc^tigfeit in einen unongene^en 9rief<
toed^fel mit SSoltaire geriet, in toelc^em er biefen bon feiner toa^ren Seite lennen lernte,
^n äBtttenberg befd^öftigte ftd^ £. gunäd^ft l[^au))tfädeii(^ mit ber ©eleJ^rten^ unb ba:
SReformationJgefd^id^tej au^erbem ftubierte er Sa^led @nc^Ilo))äbie unb ^emad^ befonbetS
^orag unb ^Kartial; tmälnfd^lu^ an biefe Stubien entftanben einerfeitd feine „SRettungen^,
36 anbererfeit^ feine Äritif ber jur Dftermeffe 1752 erfc^ienenen Slu^obe ber Ob«i unb ber
ars poetica be^ ^^^^i bon Samuel (Sott^olb Sänge, älrbeiten, bte £. erft in ben betben
folgenben ^o^ren beröffentlid^te. ^n Wittenberg toarb aud^ am 29. ij^ril 1752 cad
bem bi^^^erigen studiosus medicinae ein SKagifter. ^m Dftober 1752 fd^e er Iviätr
nad^ Berlin gurüdt, too er nun brei ^al^^re blieb. @d folgen je^t tool^l bie glücflt^ffkn
40 ^a^re feinet Sebend. @r arbeitete nun toieber an ber Ssofftfd^en 3^^9 ^^ 9lnenfent
unb gab Don 1753—1755 feine Sd^riften in fed^g Sänben unb au^erbem bie t^eotro»
lifc^c 33ibliot](|cf j^erau«; im go^re 1754 erfd^ienen ba^ Vademecum für $erm Som.
®ott^. Sänge unb im 3. leil feiner Schriften bie Slettungen ; im 6. 3)eil ber Schriften
erfd^ien 1755 bie ÜRife Sara Sam>)fon, gu beren äu^rbeitung 2. ft^ in ben erjptai
46 ^Jtonaten be^ ^a^re^ 1755 auf fteben Wochen nad^ $otdbam gurüdFgegogen l^atte unb in
ber er, 26 ^a^re alt, ettoad ^ang neue^, bie erfte bürgerlid^e Xragöbie in 2)eutf(^lanb,
lieferte, ^ie Slnerfennung, bte er fanb, unb ber @mft feiner älrbeiten, namentlid^ ber
fritifd^en, föi^nten um biefe 3^^ ^ud^ feinen SSater mit i^m an^, gumal biefer felbfl für
gelehrte JJorfd^ungen 9?erftänbni« unb 5Reigung bötte; 2.« Sd^rififteitterei berfefete i^ bo»
60 bei nun aud^ in bie 2age, bie jüngeren @efdeh}ifter unterftü^en gu tonnen ; in ber ^reunb«
fd^aft mit 92icolat unb SRenbeldfo^n, bie burd^ bie Don il^m geh}onnene SSlnregung Deram
la^t, ftc^ nun auc^ balb auf bem (Gebiete ber 2itteratur l^erDort^aten, unb im äSerfe^
mit anberen fanb er felbft toieberum reiche Slnregung ; berül^mte ©ele^rte tourben auf i^
aufmerifam; ein ^o^ann 3)abib ^Kid^aelie, ber einige feiner Sd^riften in ben ©öttiimer
55 geleierten Singeigen befprod^en I^Atte, erfunbigte ftc^ nad^ feinen i)erfönli(^en SSerie^lItninen
(Dftober 1754); fo lam i^m ba« (Sefü^l, bafe bod^ h)obl ettoa« au^ ü^m getoorbai fei —
^m Dftober 1755 ftebelte 2. barauf tpieber nad^ 2ei))gig über; tDal^^deeinlic^ tovitt er
bagu mit baburd^ Deranla^t, ba^ bte ftod^fd^e Sd^auft^ielergefeUfd^aft, Don ber er fi<4
^rberung in feinen arbeiten für ba^ ^l^^^ter Derfi^red^en fonnte, bamate bort f^ielte; er
60 befd^äftigte [\6) bort gunäd^ft faft au^fc^lie^lide mit bem Stubium bramatifc^ ^ic^tungen.
Sefthtfl 409
Q^en am 8. 3)qtmbti; fd^ef) n jebo^ an 3Renbe[efo()n, bag er bemnä^ft mit ttncm
gcfrilbctm jungen äRanne namenä Smfler auf btei ^aiftt eine gri^ece 91eife infi
iutflanb antreten tcerbe. SDie näc^ften äJionate galten ber ^oibeieitung auf biefe Steife.
^ Sicäben, baä ei ber ®aClerie Megen befuc^te, lam er mit feinen (SItem jujammen,
bte a auf IuTge3eit na^ Aameng begleitete. 3Im lO.^Jtai 1756 tial er fobonn bte Steife 6
mit SKidlei an; ilbei Hamburg unb (Smben gingen fie nai^ ^oQanb; gerabe ali fie
Ü na^ @n(|Ianb einf<^iffen tcoQten, erhielten fie bie Stac^ri^t Dom beginne be$ 7 jä^^en
Rncgcd; focgen ber Sefegung :^et)]jigä butt^ bie SJreugen ging SSinllet junäc^ft fi^leuntgft
tuH^ Sctfijtg guTütl, IDD fte fc^on boi bem 1. Oitober toieber eintrafen. Süie Steife io^
binm im ^tü^iafrr 1757 befmiti» aufgegeben; ScffingS ißarteino^e fttr ben pttaii\ä)m lo
jtönjs trennte i^ DoQenb^ bon ^;iBintler, fo baft biefei erft bui^ einen [angtvierigen ^^voje^
(Afeiten Seffinfl« Benno^t Würbe, fdnen a?crpfli(ttungen gegen i^n noi^julommen. S. War
mm toid« gonj ouf ben grWcrb bur^ SdtrtftflcQerct geWtefen; er feWe babei feine
etubien über bot ^E^tr unb bte btamalifcfje lioefic fort unb erfreute fit^ eine« leb'
^fttn unb freunbft^ftlic^en Umgangs mit bem '^lifUx Swolb g^riftian bon Aletft, ber u
oll ptmf^^ WaJOT in Seipjiß ftonb. SJorn 3lai 1758 biä (gnbe 1760 lebte er bann
inäfa in Säerlin^ in biefer 3"t tarn er in nähere Serü^ng mit Siamler, mit welt^em
$Une )u [ttteronfc^ Unteme^ungcn gemotzt tuurben; bor oDem ober toor £. feit
^jonuat 1759 für bie ,,9riefe, bie neuefte Sitteratur betreffeub", t_^ätig, ju beroißerau«»
gabt ei fti^ mit Stieolai unb Snenbel^fo^n berbunben ^atte unb in benen er anfängli^ ao
atmci^ fclbfi bie jlingften litteronfc^en Srft^etnungen einer fc^arfen unb oft tiemic^tenben
wittl unttrjog. San Urteil über Sramer unb SafebuW, bau und ^ier befonber^ inteieffiert,
yatft, ÜM unhaltbar unb unWo^ ber Stanbpuidt biefer aufgeHörten Ideologen fei ; bgl,
wmmtlii^. Wie f^ £. über bie tDIet^cbe, einem Äinbe juerft nur bie ffiJo^&eiten ber
wttfirlic^ Religion unb erft \phitx bie ©e^eimniffe beö (^lUidien @[aubenä 6ei|ubringen, »
im 48. u. 110. »ri^ äufiert, in ber $embeEf(tten2lue^abe feiner SBJerle 8b 9, ©.180u.321,
ODtcft Su^ibc totrb im folgenben immer nur mit $. dtiert.) 3)eiglei4ien älufterungcn
Ndgoi fc^pn bamaU einem Slicolat, ber fi^ immer me^i folder feierten äluftlärung fdbß
vmäfftt, unb onberen ni^t aefaSen ^aben ; tS ift ntc^t unWaprfi^einlic^, ba| 2. aai biefem
Wtunb« fi(^ ollmä^Iic^ bon ber 3Ritarbett an ben Sitteraturbriefen juiüdjog; onbereS lam so
^inyi, il^ ben älufentboU in Serltn ju berleiben ; er feinte fii^ aui^ na^ einer du^erlii^
fsiBcnfrctercn Stellung, unb fo folgte er im Slobember 1760 einem SRufe, bei unter
dtaßigcn Vcbmgunaen an i^ erging, ald @rfretär in bie S)tenfte be« @eneral bon
itaim^m 'm SBitdlou gu treten. Saß) na<^ feiner ätbreife bon Seilin ernannte i^n bie
boctige SBobemte ber äßtffenfc^en ju i^em SAitgliebe. @ein 3lmt, baä i^n in i^m b5
MHGg neue Sei^iUtniffe fteUte, in bie er fi^ leicht unb gern fanb, jumal eä i^m in ben
milltänfi^ itmfen mä) mani^erlei auf^ehembe ^n^reuung bot, lie| i^m bo^ gu emfttn
Stnbitn Qät; befonberd beft^&ftiaten i^ S^iinoja unb bie fiir^enbäler, aber <mi) ber
Sodbxm unb bie 3Rinna bon ^am^elm würben begonnen. 9Iac^ bem $ubcrtu^urger
biäwn, ben er in !Bre«Iau üffentltc| ju bertünbigen ^otte, belam er noq me^r 3^>*>
mft^e Bon überanprengimg Warb er im Sommer 1764 gefä^rlii^ trani an emem
^i^en $td»r, bod i^m eine leitete nerböfe Sieigbarfeit ^interltep. (Sinen Stuf ali ^rofeffor
bei Sloquenj niu^ Jtünigdberg lehnte er ab; aber im anfange beä ^afycti 1765 legte er
feine €mlung in Srcdlau bi»^ niebei, ol^e eine fixere SluSfu^t für bie 3"Iu"ft gu ^aben.
Semen $Ian, noc^ Italien unb @rie^enlanb gu ^efien, gab er Wieber auf unb über 4g
Aoneni unb Süfm lam er im Sitai 1765 gum bierlenmol nac^ Berlin. $ier Vsax ber
BiUiotpdar (unb vorder beä Sflüngfabinetg unb ber !änti!enfammlung) ©aultier be
la ßiDge flcftoi&cn, unb £.a ^^eunbe ^offten, ba^ ber Jtünig in biefe für itm fo fiaffenbe
^dlung S. berufen teerb*. £. f{^rieb ^ier junai^fl ben Si^tufi ber Sitteraturbriefe unb
twOtnbcte ben erpen Teil feine« fiaoloon, ben er um Dftem 1766, Wo^I in ber Mbrit^t, so
fii^ für bie genannte, noc^ nii^t befe^te ©teile gu embfe^len, Verausgab (bgl. (riergu
ee^ftw« ajoifidlung biefer Angelegenheit §. 13, 2. 2Ibt., ©.XII ff.). 3m ©ommer
17G6 teifle 8. nac^ IjJvrmont; bie mcheife machte er über Hattingen, Wo ec ^o^. S)ab.
Wi^aeli^ bie Anregung gu feiner Überfefiung be« 9lTä mit üünm^ngen gegeben iiioben
foO, unb $a(becßabt, wo er @letm befu(|te. n& f^ f>ai''> "<^ i«ner Stütfte^i bie ^off= u
rang, bte Stdie bce Sibliotbetarä gu erholten, bbllig gerfi^Ittg (ber Jtöntg wählte einen
gnnuDfcn Semetlf, ber fit^ balb ali gang unbrau<^bar ertcieö), War 2. ber fernere ätufs
cnl^ in veriin berleibet, unb fo tarn i^m im ^iobember 1766 ber älntrog ^o^n
gritbric^ Sotb>t8, atö ^Dramaturg an ba« ^eater, hai er in Hamburg giünben wollle,
jn trttat, [^ eiWünft^L ^Jtai^bem £. ft^ ><i Hamburg bie 3)inge felbft angefe^ (S^eg. co
410 Seffing
1766 unb ^an. 1767) unb ftc^ über bie bon il^m cingune^menbe ©tenung mit goetw
omntgt \)atU, jog er im 9l))ril 1767 nad^ ^amburg. Um biefe R^t boDenbete er bie
ÜJlinna bon 93am^elm, bie gang turj nad^ feiner Überftebelung erf$ten. 3todf im Sl[))ril
fünbigte er feine „Dramaturgie" an, bie bann aud^ balb in einzelnen Stummem )u et*
6 fd^einen begann. 3)er $Ian SoeiDed, ein beutfd^ed 92attonaltl[^eater ju errid^ten, fc^eiterte
aber balb, unb bamit h)arb aud^ £.d Stellung unftd^er; bie^erou^abe ber Dramaturgie
mu^te mel[^rfad^ unterbrod^en h^erben, unb ebenfo migglücfte eine laufmonntfc^ 93erbiti^
bung, in toelc^^e £. mit ^ol^ann 6l^rifto))l[^ 93obe gur @rric^tung einer Druderei unb Suc^
l^anblung getreten h}ar. Diefe 3Ri|erfolge trübten i^m ben Slufent^t in Hamburg, bec
10 i^m fonft h}egen bed angenehmen gefeQigen SSerfel^rd in befreunbeten f^iiien unb hd
gufammenleben^ mit Jtlot^ftod, ^agebom, Slaubiud unb bieten anberen b^eutenben
aJlännem fe^r uifagte. 9lad^bem £. im ©ommer 1768 in ben ontiquarif«^ Sriefen
gegen ben ißrofeffor Sl^riftian Slbol^^ ftlo^ in ^aUe, bon bem er auf eine unberfc^dmte
SBeife öffentlid^ angegriffen toar, eine l^efttge $olemiI eröffnet ^atte (ber erfte XetI ber
16 93riefe erfd^ien 9Jii^aeIi« 1768), fa^te er im ©ejjtember 1768, fobiel toir fe^, gon)
t)löpd^, ben @ntfc^lu|, bauemb nad^ ^Italien gu gelten (bgl. ©d^öne a. a O. tmb $. 20, 1,
©. 285). Dbh}ol[^l £. lange an biefem $lane feft^^ielt, fam eiS bamald nic^t jur Sud*
fü^rung be^felben; £. blieb bielmel^r no(| bad ^aH)x 1769 in $ambtu^ unb gab ben
gleiten Xeil ber antiquarifd^en Sriefe unb bie 9lbl[^anblung: „SQSie bie 9uten benXob ge^
20 bilbet'^ ^eraud ; beibe fmb aud^ gegen kloi^ gerid^tet unb erfc^ienen SRid^i^ 1769. Sme
älu^fid^t, nad^ Sßien gu lommen, ^atte fid^ tngh}ifd^en aud^ old betrügerifc^ ertDtefen. Sba
fragte im Dftober 1769 ober bieDeid^t fc^on ettoa^ frül^er (©d^öne a. a. D. ©. XLIX)
Sbert, ber ben @rb))ringen bon 93raunfd^h}eig für £. gu intereffteren getou^ ^otte unb £i
Sabftd^t, fic^ nad^ Italien gu begeben, rannte, bei W^m an, ob er bie ©tdle cined
36 93ibliot^etard in äßolfenbüttel, bie in biefem ^Ue für i^n frei gemacht tDerben foSte
($. 20, 1, ©. 362), gu übernehmen bereit fei £. reifte im 9{obember nad^ Sraunfc^Äoeig
unb ^atte, oli er im Degember nad^ i5amburg gurüdSe^rte, ftd^ gur älmto^me entfd^den.
Da^ [i^ feine Überfteblung nad^ SBolfenbüttel h}egen feiner ))e{uniären Sebrängniffe M
in ben 9lt>ril 1770 bergog ($. 20, 1, ©. 579), trug il^m noc^ bie Sefanttitfc^t ^ei^
80 ein. £. na^m bon Hamburg nad^ äBolfenbüttel bor allem jtoeierlet mit : in feinem
^ergen bie Steigung gu feiner ft)öteren ^an unb unter feinen $a))teren bie ^emac^ bon
i|m teilmeife unter bem 92amen „^agmente eined Ungenannten'' veröffentlichten Stb^onb«
lungen. ^n bem $aufe bed Jiaufmanne^ unb ©eibenfabrilanten Engelbert 5t5nig ^atte
£. in Hamburg biel unb gern berle^rt; ate biefer ©nbe Degember 1769 auf einer ®ef(^fttaife
86Ut%enebig t)U>^lic^ geftorben toar, nal^m fid^ £. ber .^Hinterbliebenen treulic^ an; noc^ feiner
älbreife bon Hamburg blieb er in beftönbigem Srieftoed^fel mit ber 9Bitft>e fidni^^, @ba
jlatl^arina, geb. f^a^n, aud ^eibelberg, unb berlobte ftd^ bann mit i^r im Sluguft 1771 bei
einem Sefuc^e in Hamburg ; bie Briefe beiber bor unb nad^ ber 33erlobung btd gur 3)raitung,
bie erft am 8. Dftober 1776 erfolgte, unterfd^eiben fic^ burc(^ il^re einfädle SBo^r^eit borteil^
40 bon anberen ö^nlid^er 3lrt in jener ^eit ; fie geigen und, toie innig unb uneigemtü^ig beibe etm
anber guget^an toaren, unb h}ie ©letd^l^eit ber ©efmnung unb SSerftänbnid für eincmber fte be»
fäl[^igte, einanber glüdtlid^ gu mad^en ; ed gehörte jja £.d traurigften Srlebniffen, ba^ biefe 6^
fc^on nad^ ber turgen Dauer bon nur fünf ge^n 3){onaten am 10. Januar 1778 buni^ (SM
2ob h)ieber gelöft tourbe. Den ^rofeffor §ermann ©amuel Sleimarud, ben äSerfaffer ber
46 fogen. ^agmente, ^atte £. nid^t ))erfönlid^ fennen gelernt, obfdbon er foft ein ^afyc nodf
mit 'il)m in Hamburg gufammen lebte; nad^ SReimaru« am l.SKärg 1768 erfolgtem 2obe
ift £. mit ben Äinbern bedfelben, bem Dr. ^o\), Sllb. .^einrid^ SReimorud unb beffen
©d^toefter Glife, ))erfönlid^ befannt getoorben (t)gl. ^iergu unb über^au))t gu bem mm f(vi^
genbcnbie ä. „^agmente, toolfenbüttelfc^e", unb „®oege, 3o(^. SRelc^ior", »bVI ©. 136 jf.
60 unb ©. 757 ff., beren ^nl^ait l?ier nic^t toieber^olt toirb) ; bon bem jüngeren äteimontd
ober mit beffen guftimmung bon Slifc SReimaru« ^at £. nod^ in i&amburg bie rrSw0*
mente" erhalten (bgl. Sb VI ©. 140, 65 ff.). 3n SßJotfenbüttel \)at fl. fid^ ntc^t Umge
too^l gef ül^lt ; nur au« ber crften 3^^* "^^^^ Ixe^m 3lu^erungen ber 3^^^>i^ bot (m
©riefen an ßbert unb an feinen i^ater, §. 20, 1, ©. 354 unb 368), bie fAr bolb
66 gegenteiligen toeid^en. ^n ben erften ^gen fanb er unter ben 3Ranuftri))ten ber Dortigen
Sibliot^ef eine ©d^rift bed ©erengariud Xuronenftd, bie für bie 9(benbma^ld{ireitigfeiteii
be« 11. 3^^^^""^^^^ w"^ fii^ 93erengard eigene £el(^re bom äbenbmabl uon gro|o 8e»
beutung toax\ eine Slntünbigung berfelben, in toeld^er er audfü^rlid^ fiep auf bie®efd^i«^
biefer ©treitigleiten einliefe unb Serengard £el^re barlegte, gab er noi^ im ^cäftt 1770
60 l^eraud (9raunfd^h}eig, 4**). Da nac^ £.'d äluffaffung, bie too^I nic^t rid^ttg i^ (bgl
fieffhij 411
t. 14, ©.91), Serettflar in ber Se^re Dom Slbcnbma^I mit Sut^cr tibereinfttmmte, tourbe
ta>egen biefa ^l^ft toon ben 2lnl(^ängem ber lutl^erifd^cn Seigre ebcnfofe^r 0e|)ricfcn,
ald Don feinen freijinnißen fjreunben getabelt ; tl^m [elbft Wax bie Sefd^äftigung mit biefer
Xtbett Won toäi^enb berfelben toertcibet, unb er gefte^t offen, ba^ er fie nur, toeil er in
Slot ttxtt, Vorgenommen (§. 20, 1, @. 381 ff.). Unter biefem 2)rudte brad^te er aud^ bie 5
f olgenben ^afyc^ gu ; feine Sage t^erfd^limmerte fic^ nod^, aU er nad) bem Sobe feine«
Sater« (am 22. »uguft 1770) bie ©d^ulben berfelben übemalj^m ; babei fülj^lte er fid^
t)eretnfamt, unb fo toarb er mißmutig unb t)erftimmt. 911« er Don einer Ileinen Steife im
fyA^ 1771 nad^ Hamburg, h)o er fid^ Verlobte unb in bie Soge trat, unb nac^ Serlin,
too er fc^on bie gfragmente herausgeben tooBte, gurüdtfel^rte, füllte er fid^ freier unb nalj^m lo
bie „6mUte ®aIotti", bie 'il^n fdjion Diele 3al^re befc^äftigt l^atte, loieber Dor, unb beenbete
fie bte jum gebruar 1772; fte ift unter feinen 3!ragöbien bie DoHenbetfte, eine 5ßrobc auf
Me Don i^ in ber l^amburgifc^en Dramaturgie enttoidelten ®eban!en über bie an eine
folc^ 2)i(i|ftung ju fteHenben ^^orberungen. ^%enb feiner Arbeit an il^r ftarb ftlo^
(6i^e 1771), toa« einen tiefen ©inbrurf auf i^n mad^te. ^m übrigen fe](|lte e« il^m i6
m größeren, felbftjlänbigen arbeiten in biefer 3«t, bie bie traurigfte feine« Seben« ift, an
3Stut unb 5traft ; feine Sefc^äftigungen auf ber ^ibliot^ef Deranta|ten if^n ^u Derfd^iebenen
©tubten, bie feit bem 3al(^re 1773 teiltoeife in ben Seiträgen „gur (Sefd^ic^te unb 2itte=
tatur" orfc^enen; in biefen gab er auc^ im Sa^re 1774 juerft ein ©ttidf an^ ben„^ag*
menten'^ l^ou«; er f elbft fagt Don biefer ganzen X|>ättgleit, ba^ er im eigentlichen 20
€hme um Orot fc^reibe (Dgl. feine ^u^erungen in feinen Briefen an^ biefer 3^ wnb
Die Sufammenftettung berfelben bei ©ta^r, 2e|fmg« geben, 8. aiufl., Serlin 1877, 95b 2,
©.63 ff., befonber« ©.67, unb bei mpt, 3o^an SWeld^ior (Soeje, ©.153 ff.). 5Rad5>bem
er ^^on am 30. 8lt)ril 1774 (©. 20, 1, ©. 579) feinem Sruber gef (^rieben, ba| er lein
\cdpc meSft in SBolfenbüttel au«l^alten tooDe, reifte er im ^ebruar 1775 plbi^lii) über 25
n^)tg tmb Serlin nad^ 3)re«ben unb SSien ; in Sßien h}eilte bamal« feine Sraut ; ^ier
er au(^ ben ^rinjen Seot)olb Don Sraunfd^h}eig, ber ij^n aufforberte, i^n auf einer
Steife burc^ ^Italien m begleiten. Sluc^ Don biefer Steif c, bie il^m unter anberen Umftönben
Die (StfüOung eine« lange gehegten SQSunfd^e« gebrad^t ^ätte, l^atte S. nid^t ben gel^offten
@ftimm; im gebruar 1776 lam er unbefriebigt toieber jurüdf. 5lad^ feiner §o^jeit im 90
Cttober 1776 machte er fid^ an bie §erau«gabe ber fünf Weiteren ^agmente, bie im
^amiat 1777 im Dierten Seitrag jur ©efd^id^te unb Sitteratur erfd^iencn (§. 20, 1,
6. 692), unb nun begannen für i^n bie belannten t^eologifc^en ©treitigteiten (Dgl. Sb VI
©. 759, 6s ff.), bie xf^n fortan bi« jum Snbe feine« Seben« fo in Slnfjjrud^ nal^men, ba^
mit geringen 9lu«na^en aud^ feine ganje fd^riftfteQerifc^e ^l^ätigteit burd^ fte beftimmt 86
tDirb. 3*^^^ ^ 3^^ 1777 Derlief nod^ grö^tenteil« xn^iQ: e« toar ba« '^al)x feine«
tur)en ff&aSHi^tti ©lüde«; bie älu«ftd^t auf eine SlnfteUung in ^ann^eim, bie ftd^ bann
aber |erf<^g, i^attt i^n im ^^jal^re ju einer Steife bort^in Dermod^t. Ütur bie beiben
CTJien feiner ti^ologifd^en ©treitfdS^riften, m toeld^cn S. auf bie Singriffe, h)eld^e ber 3)ireItor
go^n S)amcl ©^umann in ^annoDer (Dgl. über il^n ^. 20, 2, ©. 909) gegen ba« 40
Dritte Fragment gerid^tet l^atte, anttoortet, „Ueber ben Setoei« be« ©eifte« unb ber Jtraft'^
unb ,,©0« a:efiament gol^anni«" (§. 16, ©. 9 ff. unb ©. 15ff.) fmb nod^ au« bem
^iafyct 1777; fte geid^nen ftc^ Derl^ältni«mä^ig, abgefeben Don bem ©d^lu^ ber jtoeiten,
nod^ burc^ ^ilbe an^. 9tad^ bem lobe feiner ^au (Januar 1778), ber i^n tn jeber
^infic^t fo fc^toer al« bentbar traf unb fc^on an [x^ auf feine Stimmung einen bleiben^ 45
ben @inf{u^ ^tte, toarb feine ^Polemif Diel rüdtfic^^t«lofer. 2)ie ^Qi)l feiner ®egner toud^«,
Dmc aDem, feigem er imSt^jril 1778 ba«^agment „33om 3toedfe 3«fu unb feiner jünger"
^erau«gegeben batte ; fein Sruber gäl^lt in ber 9lu«gabe feine« tbeologifc^en 9{ad^laffe«
CBerlin 1784, ©.9—17) mel^r al« 30©d^riftcn auf, bie in ben 3ja(^rcn 1778 unb 1779
gegen S. unb ben Ungenannten erfd^ienen, unb ba« ^[^er^eic^ni« ift nod^ ni^t DoQftönbig ; 60
ba}u lom, ba| feine Stellung jur braunfd^toeigifc^en Stcgierung burd^ bie $erau«gabe ber
progmente fd^toierig getoorben, ba^ feine ®efunbl>eit crfc^üttert toar, ba| auc^^ feine pt^
ntniären Ser^tniffe toieber fe^r brüdfenb tourben; ba« aUc« Derftimmte il^n immer mclj^r
unb brachte i^n bapin, baft er nur in ber ^^polcmif noc^ feine geiftigc Äraft unb ©df^lag*
fertigleit entfalten lonnte, erflärt aber auc^ bie §eftigleit unb Sitterleit berfelben. 5Rac9= 66
bem er im Sflljnfe 1778 fic^ in ber „2)uplif" junäc^ft gegen ben Sujjerintcnbcnten 3^=
^orni ßeinri^ 3te^ in SBolfenbüttel, feinen „9iac^^bar", getoanbt hatu, ber anonDm bie
Xngriffe be« Ungenannten gegen bie 31uferfte^ung«gefd^id^tc im fcc^ften ^agment beläm>)ft
l/Mt, folgten bie ja^lreic^en ©c^riften gegen 3io(^an 9)iel(^ior ®oeje (Dgl. Sb VI ©. 760, off.)
tmb oud^ nod^ im ^a^re 1778 bie Slnlünbigung be« „SRat^an" ($. 11, 2, ©. 782) ;(»
412 Seffbig
bicfcr, „bet ©o^n fetne^^ emtretcnben 3Ktet«, ben bie 5PoIemiI entbinbcn Reifen", tote er
x^n fclbft nennt (§. 20, 1, ©. 793), toarb im Sl>)ril 1779 beenbet; ßleid^ieittg befd^f«
tiaten S. bie oUerbing^ me^r friebUc^en, ober bod^ aud^ au^ biefen t^eologifcpen ©treitig«
leiten entftanbenen ©d^riften ,,(gmft unb gall", erfte ^älfte 1778, gortfeftunfl 1780, unb
6 bie „Srjiel^ung be« SKenfd^engefd^Iec^te«", j^erau^gegeben 1780. S)afe biefe« Ie|tere SBert,
beffen erfte ^älfte fd^on im gal^re 1777 bei 2.« Semerfungen gum fünften gfrogment
erfc^ienen War, nid^t feinen $aut)tgebanten nad^ Don SUbrec^t ^aer ^errüi^rt, tote 9Btt<
\)dm Äörte im fieben %l)a^ (2eit)jig 1839, ©. 25 ff.) toa^rfd^einlid^ ju mad^ fuc^te,
barf l^eute troft be« Seifott«, ben biefe ^nfid^t bei ^üam (äeitfd^rift fOr bie W'totif^c
10 3:^eoIogie 1839, @. 99 ff.) unb, toie ed fd^eint, oud^ bei S)at)ib f^riebrid^ ©trau| (SHc
d^riftlid^e @(aubendte^re, ^b 1, ©.260) fanb, ak allgemein gugegeben ongefe^en toerben;
bgl. ®. @. ©ul^rauer, £.d Srgie^ung bcd 3Renfd^engef$tec^teiS, 93erlin 1841, unb (^rif&m
©rofe in §. 18, ©. 188 ff. äu|er ben genannten ©d^riften 8.^ fatten in biefe 3o^^
nod^ )al[^Ireid^e @nth}ürfe unb 3(nfänge anberer, gumeift au(^ ^otemifc^ev arbeiten, bie fein
löSruber aud feinem 3lai}la^ im ^a^re 1784 belannt gemocht f^at (bgL oben €.411,48).
§ier ift al« erfte« ©türf (©. 45—72; §. 17, ©. 112—134) eine Slrbeit ou« bemSo^
1778 beröff entlid^t : „92eue &\}poti)^t über bie SDangeliften al« b(o| menf(^(id^e ®efc^i(^
fd^reiber betrac^tet'^ in toel^er £. fid^ ba« 33erl[^&Itni« ber ©Vno))tt{er gu einanber bun^
bie 9lnnal[^me eine« aramöifc^en Urmattl[^äu«, ber oud^ @t)angelium ber 92a)arener unb
ao @DangeIium ber Hebräer genannt fei, ertlört. Siefe« Urebongeiium l^e bann ÜRottl^fiu«
juerft gu feinem griec^ifc^en @t)angelium überarbeitet (Derlürgt), unb ^emod^ fei cd auc^
bon 3)carcu« unb Suta« gugleid^ mit anberen fd^riftlic^en 9(u^eid^nungen benuj^ Ivorbcn.
S^eobor S<^^^ (ßinleitung in ba« SKE, 93b 2, 1899, ©. 184 f. unb ©. 195 f.) fyiX neuer«
bing« au«brüdlid^ baran erinnert, ba^ biefer Sefftngfd^e ©ebanfe ber betcmnten &dfy€itn^
26 fc^en $^t)ot^efe über ben Urf))rung ber @t)angelien gu ®runbe liege unb ba« etnji4c in
il^r fei, toa« fortgelebt ^abe (bgl. ®rid^ ©c^^mibt a. a. D. II *, ©. 320 ; ßol^momt,
bu(^ ber ©nl. in« SKE, 2. äufl., 1886, ©. 352). — Unter biefen arbeiten Mten 2.«
Seiben immer gugenommen; feine I5rt)erli(^e ©^h}ä(^e geigte fi^ namentlid^ in großer
©(^laffud^t. 3)ur^ Keine 9lu«f[üge, bie il[^n im $erbft 1778 unb 1780 no^ gtoeimal
80 nai) Hamburg brachten, fud^te er fic^ gu erfrifd^en, unb namentlich im 9leimant«f(^
jtreife in Hamburg fü^^Ite er ftd^ geittoeilig h}ol[^ler; aber bauembe ©tärtung brad^ten fte
nid^t. ^n ben legten SBod^en na^m au^ bie Jtraft feiner Slugen bebeutenb ab. Sei
einem Sfufenti^alte in SSraunfd^toeig, h}ol[^in er ftd^ in ben legten Sagen be« ^lonuar
1781 begeben ^atte, ftarb er gang unern)artet ))tö^id^ am ^onner«tage, ben 15. %t^
35bruar 1781.
£.« 99ebeutung für bie beutfd^e Sitteratur unb fein Sinflu^ auf bie Snttoiddung ber*
felben tonnen l^ier nur angebeutet h}erben ; h}ä^renb Jt(ot)ftoct, äBielanb unb ^erber bon
ben (Sebilbeten taum me^r gelefen unb immer me^r nur t)on ben Sitteratur^ftonton
ftubiert h}erben, bleibt £. neben ©d^iHer unb @oet^e au« ber ^a^ ber gro^ beuifc^
40 jtlaffifer in ungefd^toäc^tem Slnfel^en. @r banft ba« o(^ne ^<^Q^ ber äBo^^Ktftiglett unb
ÜRannl^aftigteit feine« äBefen« ebenfofe^r, h}ie ber relativen %folIenbung feiner ^ai^tioerk,
namentlich feiner Dramen, ©eine größte ©tärfe liegt auf bem ©ebiete ber ilrUil unb
!toar nid^t nur ber urteilenben, fonbem ber t)orh)ärt« fülj^renben, ber j)robuftit>en, toie man
ie genannt l^at. Sin ftet« reger §orfc^ung«trieb unb eine ungeh}öl[^nlic^e geiftige Itraft,
45 bie xfyii fc^on frü^e haH^xn brad^ten, über aQe« felbftftänbi^ beuten gu tooQen, berbunben
mit einer ftaunen«h)erten S3elefen(^eit unb Oele^rfamteit, liefen il^n bie berfd^iebenen ®t»
biete ber ^unft unb Sitteratur, namentUd^ ber t)oettfd^en, betreten unb auf aDen ba« Ser*
tel[^rte in ben (^errfd^enben Slic^tungen ertennen unb neue 2Bege h}eifen ober auc^ felb^
einfd^lagen. §ier ift fein größte« Serbienft bie Befreiung ber beutfd^en 3)ic^tung bon b«
60 älbl^ngigteit Don ben ^angofen. ©eine ^ritit ift babei nid^t nur fd^arf, fonbem tofa^ in
ber $i|e be« ©treite« aud^ mitunter ungered^t ; ba« gilt nid^t nur Don feinen ©c^riftcn
gegen Sänge unb Jtto^, fonbem auc^ Don benen gegen (Soege (ügl. §. 13, 2, ©. LV);
aber feine !D2eiftertoerte biefer Wct feffeln burd^ i^re fd^öne Bpxaift, i^re JQor^ unb
^fd^e unb i^re feine bialettifc^e ÜRet^obe aud^ l^eute nod^ bann, tpenn ber ®^enfianb
56 berfelben felbft aud^ bebeutung«lo« geworben.
^r bie älrt, \ük er arbeitete, ftnb feine bramatifd^en $au))th)erte ein merltoütbigel
93eif))iel; bie brei bebeutenbften, bie ÜRig, bie 3Rinna unb bie Smilie (benn ber 9lat$an
lommt al« ^rama toeniger in Setrad^t, toie S. il^n \a auä) nur ein bramattfc^ ®e»
bid^t nannte), bebeuten älbfd^nitte in feiner tritifd^en @rf orfd^ung be« äBefen« be« 3>rama«
60 unb fmb 93eif))iele gu ben k>on i^m oor^er aufgefteUten Siegeln ; bon biefer ©ette ftnb fte
Sefftng 413
tDenigßend ebenfo bebeutenb, aü Don ber Seite i^rer bid^terifd^en Jton2et)tton. SBad S.$
&ptoAt anlangt, um berenttotHen auc^ feine ))ro{aif(i^en Schriften il^m ben Slang eined
ftlaffw»^ ftd^em, fo 1^ man h>o^( bed@uten ju Diel get^an, toenn man feinen @influ^
auf bte beutfd^e @<^riftf))rad^e bem Sutl^eriS gleiq^fteHte ; aber bebeutenb unb bemerlen^
tont bleibt er jebenfaQd; l^at S. bod^ aud^ nad^ feinem eigenen 3^ugnid auf feine @t)rad^ 6
gro|en ^ei^ ßetDanbt, toie er benn auc^ bie (Sefd^id^te ber beutfd^en @t)rad^e ftubiert unb
auf fie bejüglul^e arbeiten begonnen l^at. Unter ben ©eftd^t^unlt Iritifd^er ^orfd^ungen
fallen nun atu^ feine tl^otogifc^en arbeiten. Über £.$ (Stellung jum Sl^riftentum unb
fax Z^logie ifl fe^r Derfc^ieben geurteilt h}orben ; teiliS ber eigene @tanbt)unlt beffen,
ber urteilt, teild ober aud^ ber Umftanb, ba^ £. felbft ftd^ Derf^ieben geäußert l^at unb lo
mand^ nur yvjuyaanxökt nic^t doy/iarixcog (bgl. $. 20, 1, ®. 736) fagte unb nad^
feiner tritifd^ Sßeife oft nur negative Urteile au^ft^rid^t, toeti er feine $ofition enttoeber
nt^t oudf^N^en ober aud^ leine Sntfc^eibung treffen tvoDlte, l^aben 33ertoirrung in biefe
Srdrterung gebrod^t. 9lamentlid^ bad erftere. diejenigen, bie nod^ f)mU bie Sieligion
Q^rifti ber c^fUic^en SReligion gegenüberfteQen, eine Unterfd^eibung, bie k. ($. 17, @. 248) 15
bon 9letmanid annahm, unb bie erftere feftl[^alten, bie le^tere Dertoerfen h}oIlen, ^aben
o^e ^roge ein Stecht, fu^ auf S. }u beru en unb i(^n, namentlich aud^ bem Rationalis-
mus vulgaris gegenüber, ald ben Vorläufer, h}enn nic^t Segrünber einer neuen Q^t für
btc Z^logie ju feiern ; if| biefe fogenannte Sieligion S^rifti bad h}a^re S^riftentum, bann
ift S. getoig ein elfter S^rift unb ein voller $roteftant getoefen unb f^ai Sut^erd 2BerI 20
toeitergefü^ aU „ber einjige, ber [im ^a^l^^unbert ber älufflörung] bie äSemunft h}irtlid^
}u &ftm gebracht, bad leud^tenbe SSorbilb bed [eckten] Slationali^mud für alle ^^m'*
(6<^lu|n)orte ber Schrift bon jtarl @d^toara, £. atö ^^eologe, ^aUe 1854). {»alten toir
aber an ber feit @d^leiermac^ ber ebangelifc^en Atrd^e tt)iebergeh}onnenen @rtenntnid feft,
ba| bod äßefentlid^ im (S^ftentum bie SteQung }ur $erfon bed ^eilanbed ift, fo ba^ 35
biefer bo^ Obielt ber (^fäid^en Sleligion h}irb unb nid^t nur x^x Se^rer, fo fann 2.^
rdtgidfe fiberjeugung, tro^ aSer feiner Sl^rfurd^t gegen bie $erfon 2|efu, bie fein Däter«
Jidflk (Stbtetl toor unb bie er unfered äBiffen^ nie verleugnet l^at, nic^t gut eine c^rifUic^e
toerben, mag man il^ auc^ gern mit gebier (a. a. 0. @. 103) einen „d^ftlid^en
/riflen'' nennen. S)enn baft feine etbifd^en Sinfc^ungen, fein reger ^orfd^ungdtrieb ao
SBo^^eit, \a felbft feine religidfen Überzeugungen boc^ bem d^riftlid^en ^oben ent-
nommen, foD bamit nic^t geleugnet h}erben; ift bod^ felbft ber „Slati^an'' tro^ ber be»
tmtgten gutüdfteKung bed S^riftentumd gegen bad ^ubentum unb ben ^dlam nur al^
$robutt einer urf^niglic^ bom 6l[»riftentum au^el^enben ii^ebendauffoffung benibar, eine
Xnerlennung, bie freiließ feinem ))oetifd^en 2Bert nid^t Dorteill^ft ift. uRan h}irb in Sejug 86
auf bie $au))tfad^ auc^ nid^t Don einer Derfd^iebenen Stellung fi.^ gum Sbrtftentum in
ben berfd^iebenen Reiten feinet Sebend reben lönnen; toirtlid^e iE3iberft)rü(9e in feinen
Alterungen, bie ft$ aSerbing^ ftnben, ](|aben enttoeber il^ren ®runb in feiner ))olemifd^en
Sterbe, bon ber fdfon bie Siebe toar, ober in bem Unfertigen feiner Stellung, bad i^m
ja anbtrerfeitd )um Slul^e gereid^t; feitbem er angefangen, ftd^ über d^riftlid^e unb t^eo« 40
bgtfc^ fragen )u äußern, finb getoiffe (Srunbgüge feiner Überzeugung Dor^anben unb bie
Snttmddfung berfelben ift eine ftetigc, h}enn ed aud^ gu bebauem bleibt, ba^ fie in ben
Icf^en S^^ren feinet Sebend in ber ^i^e be$ 5tam))fe^, in ben i^n bie ^erau^abe ber
gnigmente brad^te, eine immer einfeitigere h}arb. Slur bad h}irb ntgugeben fein, ba^ S.
in ber Srt, toie er feine 3lnftc(^ten äußert, nad) bem 2:obe feinet SJaterd h}eniger gurüct^ 45
l^enb erfc^eint, aü ju beffen Sebgeiten, toa^ burd(i feine ^tetät gegen benfelben DöQig
erKMii^ totrb. 93on jtoei entgegengef^ten Seiten l^at man geglaubt, eine böQige Um«
toonblitng ber Überzeugungen Sef^gd in feiner legten Seben^jeit annel^men ju muffen;
SnAricb ^tvmdf ^acobi Deröffentlid^te ein @eft)räd^, bad er am 6. unb 7. ^uli 1780 ju
aBolfenbüttel mit S. I^te, um na^jutoeifen, bag S. fd^Ue^lid^ beim entfd^iebenen Spino- 60
}itouiS ongeZommen fei; anbere, toie S3. 3Badtemagel unb @tirm(Dgl.i@ebIera. a. 0. ®. 1)
toorcn ber Slnfu^t, ba^ S. in ber ©rgie^ung bed Wenfd^engefd^Iec^ted einen bebeutenben
Schritt Dom 3laÜ^n aud bortoörtd )u einer bem Sl^riftentum freunblid^eren älnfd^auung
gct^ ^abe. Sd^on ba^ biefe beiben Slnjid^ten einanber Döllig toibed^red^cn, h}irb gegen
pe mt|trauif(^ mad^. fi. f^ai toeber in ber X^eologie noc^ in ber ißl^^ilofo^l^ie ein an^^ 66
gebtibcted Softem gehabt; nod^ toeniger aber ^at er bad Softem eined anberen ftd^ an-
iieetgnet; einerfeitd f diente er ftd^ ju fe^r, mit feinen ^orfd^ungen abgufd^Iie^en, anberer«
eitt tiKir er )u felbftftänbig unb fritifc^. ^acobi^ 93eric^t mag innerhalb ber Don i^m
felbß angegebenen ©rengen rid^tig fein, unb bod^ toar £. !ein @))ino2ift; £. ^at einen
fibertDcItltc^en (Bott, bem er S9etou|tfein beilegt unb ber mit ä3etougtfein l^anbelt (über eo
414 Sefftng Sefftttd
^acobtö Urteil Dg(. 9lttter a. a. D.), unb leugnet bie 3$orfel^ung (Sotted nt(^t. (Sin
^iberf))rucl^ gtoifd^en 92atl[^an unb ber @rjiel[^ung be^ ^enfd^engefd^Iec^td tft aber {c^on
bedl^aU) nid^t amunel^men, h}eil ber 92at^an }eitUd^ gh}tfd^en bie beiben ^eile ber Srjte^^
bed ^Dtenfci^engefcpled^ted fäQt ; bag im 9{at^an bem 6l;riftentum nid^t feine SteDuna über
6 bem ^ubentum unb ^dlam gegeben h}irb, ^at in ber ^enbenj bed (Sebid^ted feinen Srunb,
bad eben ben 6l[^riften eine fie befd^ämenbe Se^re geben foQte; bag£.tro^bem bemS^riften»
tum unter ben geoffenbarten Sieligionen bie erftc ©teile gutoie«, betoeifen, faßd bad übei*
l^upt nod^ erft gu betoeifen toäre, gal^Ireid^e ätu^erungen. Slber in ben geoffenbarten
Sieligionen ftel[^t er nur Srjiel^ungdftufen, auf benen h}ir gur redeten @rforfd^ung ber ä3er<
10 nunfttoa^rl^etten, ber 28al[^rl^eiten ber natürlichen Sleligion, angeleitet toerben foUten. 2)ie
Offenbarung giebt bem SRenfc^en nid^td, toorauf bie menfc(^lic^e 9}emunft nic^t ouc^ tommen
toürbe, aber fte giebt e^ i^m frülf^er. Stuf bad ^ubentum unb ba« ß^ftentum (ber ^jjiüam
tritt in ber @rgie^ung be^ Sflenfc^engefd^Iec^t^ gang gurüdt), ertoartet S. nod^ eine britte
Dffenbarungdftufe; bie ^^t eine^ neuen etoigen @bangcliumi^, bie ^Ät ber SoDenbung,
16 ba ber SWenfd^ baö Oute t^un toirb, toeil e« bad®ute ift (ßrgie^ung § 3 f. 85 f.; $. 18,
@. 199 unb 216); unb er h}agt bie ^^))ot^efe, ba^ ieber an biefer SSoUenbung tDO^
auf bem SBege einer ©eelentoanberung älnteil nel^^men tonnte (ebenba § 94 ff. ; ©. 218).
^ad finb bie ©ebanfen, in benen er fein (Slaubendbefenntnid gule|t auefpric^t; eine ^tn^
lel^r ober dlüdki^x gum c^riftlid^en ©lauben h}erben h}ir in il^nm nic^t fmben ; aber oui^
20 nid^t bie Se^re bed ©t^inoga. ©oll ber $l^i(ofot)l[^ genannt toerben, ber auf i^n ben grö^
Sinflu^ gehabt l^at, fo ift Seibnt^ gu nennen. 3^ ^^ tl[^eologifd^en Slid^tungen fetner
3eit berl[^ielt er ftd^ burd^aud abtoe^^renb ; über bie ^lac^^eit unb gtbolität ber auf«
geflärten unb l^albaufgeflärten Xf^tolo^m, bie ftd^ mit einer lieblid^en Duinteffeng aud bem
@(^riftentume begnügen (^. 9, ©. 182), \)at er mel^rfac^ ftd^ ungh}eibeutig au^ef))ro(^;
26 aber aud^ bie ortl^^obo^en X^eologen h}aren nac^ feiner 3Reinung nic^t bie ä^ertreter bed
toal^ren S^riftentumd. Sßenn £. auc^ bie Jtonfequeng bed ürc^lid^en Se^rgebmibed am
erfannte unb ein getoiffed Siedet, an il^m feftgul[^alten, bi^ beffered gefunben fpi, gugab, fo
fül[^lte er fic^ bod^ bon toefentlid^ien Selben bedfelben abgefto^en. ©ein Stampf gegen
®oege führte i^n bann bagu, ben äJertretem ber tird^lid^en Se^e faft aSc futlicbe m>
80 rec^ttgung abguft)red^en, \oa^ feiner untoürbig unb f))egiell ©oege gegenüber ungerecht \xm
(pal 8b VI ©. 760, 64 ff.). 2) er ©treit f elbft lonnte jeboc^, auc^^ toenn er anber« ge»
fü^rt toäre, gu {einem befriebigenben @nbe fül[^ren, h}eil einerfeitd ®oege barin toie 2. ein
Äinb feiner 3^^ toar, ba^ er bie 9öal;rl;eit, bie er berteibigte, rein erlenntniÄmäfeig bor*
fteQen tooUte, toai nun einmal bei ber c^riftlid^en ääal^rl^eit nid^t möglich ift, unb an*
36 bererfeit^ £. auf feinem ©tanb>)unfte für bie ijjegififd^ c^ftlid^en SBaJ^r^eiten lein SJer=
ftänbni^ ^atte; bie ^griffe ©ünbe unb @rlofung finb für fein Genien atö i^n ))erf5nlif(
angel^enbe nic^t t)orl[^anben, unb barum ift auc^ für i^n eine übernatürliche Offenbarung
toertlod. 3)a^ aber 2. burc^ feinen ©treit mit ®oege, unb gh}ar md)x burc^ bie Srt,
toie er i^n fül^rtc, aU burd^ bie bon i^m berteibigten ©ö^e, ber 3Dlenge ber bem Sanftem
40 tum falt ober feinblid^ gegenüberftel^enben bie 3)leinung beibrad^te, für jeben ©ebilbeten
fei ed fortan au^emad^t, ba^ bie ©ad^e bed d^riftlid^en (Staubend unhaltbar fei, ift eine
golge bedfelben, bie leiber nod^ immer nac^toirft. C«rt fbtttfit§M,
fieffittö, Seon^^arb, geft. 1623, berühmter icfuitifd^er Ideologe. — Ucber iönftc^e
^urtcr, Nomenciator I, 245 ff. ; JJelbmann im kid VII, lö44ff.; 8(t)neemann, Sntftc^ung u.
45 ^ntroicfclung ber tt)omiftl((ö=nioIiniftiic6en Äontroücrfe, greiburg t. 33. 187H/80; ©(^neemami,
Controversiarum de divina gratia liberique arbitrii concordia, Friburg. Brisg. 1881 ; SinfeU'
mann, 3}2id)acl ©Qju§. Üübingen 1867, 8. 69 ff.; i^altenborn, S)ic Vorläufer be« ^ugo
(S)rottud auf bem (ä)ebiet be§ ius naturae et gentium, Ü^eipgig 1848, @. 142 ff.
1. fieon^arb Seffiu« (Se^d) tourbe am 1. Dftober 1554 gu ©rechten bei 9ntb>er))en
60 geboren. @r ftubterte in Sömen unb tourbe l^ier, faum 17 ^al^^r alt, S)oftor ber $^ilo*
fopl^^ie. ^m ^a\)xt 1572 trat er in ben S^fuitenorben ein unb tourbe bom Orben aU
iProfeffor ber ^^J^ilofojjl^ie nad^ 2)ouaV gefanbt. $ier bogierte er 7 ^af^xt, 1574—1581.
^ann toibmete er ftc^ 4 ^a^re in 9lom unter ^rang ©uareg Seitung bem t^logt^^
©tubium (1581—1585). ^m ^a^re 1585 übernahm er eine t^eologifc(^e ^rofeffur am
66 SefuitenfoUegium gu Sötoen. 3)ie^ amt beflcibetc er bi^ gu feinem lobe., ^m ^oift
1587 griff bie t^cologifc^e ^^fultöt gu Sötoen fotool^l Seffiu^ ate feinen ©enoffen ^nnel
an, inbem fie 34 au^ ben Sorlefungen beiber SKänner gegogene ©öfte cenfurierte. ®abei
l^anbelte ^ ftd^ auger um bie Snf))irationglel^re t?or aQem um bie Seigren bon ber®nabe
Sefftttd 415
unb g^rei^eU. Sefftud Derteibigte ftd^ in ben Sex antitheses {otoie in ber Responsio
ad Antapologiam (abgcbrurft bei ©d^neentann, Controversiarum etc. p. 371 ff.). ®er
p6!pfü\d^ ÜbuUiud t)erfu(^te in Söh}en f^eben ^u ftiften unb fanbte ben Sd^riftentoec^fel
}li)tf(^ ber f$(duUöt unb ben beiben ^efuiten nadf 9{om. Sefftud ftarb am 15. Januar
1623 )u £dh>en. 6
2. 2eHuiÄ toor ein getoanbter unb frud^tbarer t^eologifd^er ©c^riftfteller, ber pc^ be«
fonber^ auf ben ©ebieten ber 3)oamattI; ber @tl^il unb ber $oIemtI betoegte. Obgleid^
1567 76 auguftinifd^e ©ä|e bc« Sötoener ^Profejfor« Tl. Saju^ üerbammt toorben toaren
Q. ben a. »aju« 95b II, 364. 367), öertrat bie %aMtäi ju Sötoen aud^ nod^ ft)äter bie
ougufltntfd^ Onabenle^. Segen biefe Seigre toanbte fic^ ber 3«fuitenorben (9KoKna f. lo
bm 9L), in Sötoen bie beiben ^rofefforen ^amel unb £effiu^. Sie äUIetntpirtfamteit ber
@nab€ toirb in 9[brebe gefteOt. 2Benn bie ^enfd^en getl^an ^aben quod in ipsis est,
fo Ivtrb (Sott fte erleuchten unb belel^ren. @d ift eine insania haereticorum ju be^aut)ten :
per peccatum amissum liberum arbitrium (@afe 22 ber Don ber ^alultät cenfurierten
23Sfefen). S)ie ®nabe befäl^^igt gloar bie ©eele )um Übematürtid^en, aber nid^t fte h}irtt bie i6
Sntfc^ung, fonbem ber 9QiIle DoQae^t fte. 3)ie ©nabe unb ber SQiiQe \oxmn alfo ju-
fammen pan ®uten. @d Rubelt ftdgi Dor aSem um ^tl^altung ber menfd^Iic^en ^eil^eit.
Sententia quae didt eos qui salvantur non efficaciter electos ad gloriam ante
praevisionem bonorum operum vel applicationis meriti contra peccatum videtur
maxime probabilis (@a$ 23). Seffiud formuliert ben ©egenfa^ fotgenberma^en: Itaque 20
principalis controversia est constituta in hac antithesi: illi affirmant ad con-
Tersionem peccatoris, ad omne opus bonum, imo ad omnem actionem voluntatis
requiri motionem dei praeviam qua liberum arbitrium praedeterminatur ad con-
sensum ; qua motiohe posita non potest dissentire. Nos dicimus, talem motionem
nee ad conversionem nee ad opus bonum et multo minus opus non bonum re- 25
quirl; nee facile posse intelligi, qua ratione non evertat libertatem (degratia
efficaci c 2, 12, in ben Opuscula p. 273). Ser ^efuiti^mud Dertrat anä) \)m, h}ie
fo oft, \xi& „Vernünftige" gegenüber ber älteren religiöfen Irabition ; bie Äunft beftanb
nur bortn, bie Irabition nad^ ber eigenen Stuffaffung gu beuten. — 9Jod^ ein Weiterer
®egenfa^ ift bon grö|tem ^ntereffe. @d ^anbelte ftd^ um bie ^agen nad^ jtanonicitöt ao
unb 3'*R)iration ber ^ibel. 35rei ©ä|e Don Seffui^ — bie gafultät üerloarf fte — jeigen
feinen @tanb))unlt: 1. Ut aliquid sit scriptura sacra, non est necessarium, sin-
gula eius verba inspirata esse a spiritu sancto. 2. Non est necessarium, ut
singolae veritates et sententiae sint immediate a spiritu sancto ipsi scriptori
inspiratae. 3. über aliquis (qualis forte est secundus Machabaeorum) humana 86
industria sine assistentia Spiritus sancti scriptus, si spiritu sancto postea
testetur ibi nihil esse falsum, efücitur scriptura sacra. Semnad^ f}at Sefftud
nid^ nur bie 93erbalinft)iration fonbem bie Snf))riration überl[^au))t aufgegeben, bie ^ano^
nicitot ber Sucher aber ftatt auf fte, auf bad nad^folgenbe 3^9"^^ ^^ (Seiftet begrünbet.
Sr ^t biefe ©äJ^e felbft freilid^ ft)äter ein^ufc^ränten unb umjubeuten Derfuc^t, aber bie 40
lot^lifd^ ©d^ftfteKer geben fte, t)om ©tanb))untt i^rer ^trd^enle^re aud mit Siedet, pxÄ^
(togl. 5tteutgen in Schneemann, Controversiarum etc., p. 465 ff.; ®aufd^, SJieSd^rift^
>iration, ©. 146 ff.). — ©0 frei fieffiu« in ber 3"fi>iwtiongfraae ftanb, fo fd^roff ab*
lenb t>er^ielt er ftc^ ju cum au^er!atl^olifd^en 9iid^tungen unb Atrien. 3)ad ^eigt in^«
bcfimbere bie intereffante ©c^rift: quae fides et religio sit capessenda consultatio 46
(m ben Opuscula). $ier toirb bie tati^olifc^e ^irc^e aUjeitig atö bie toa^re erh}tefen unb
ed toerben bie übrigen Äonfefjtoncn eingc^enb toiberlegt. Stupendum esse errorem
quomndam plebeiorum existimantium satis esse ad salutem, si credas in
Christum et ipsum mortuum esse pro peccatis nostris, quamvis multa alia
▼. g. quae ad sacramenta, ad sacrificium ecclesiae et similia fidei capita per- oo
tinent non credas. Sic enim omnes paene sectae hereticorum salvarentur, omnes
enim retinent Christum, beif))teldtoetfe toerben bann genannt : üßontaniften, 92ot)attaner,
S>imatiftai, äbioner, @ut^(^taner, 3)tonotl^eIeten et similes ecclesiae pestes (Opuscula
p. 709). ^ätte Sutl^er mit ber «eugnung aDe« SSerbienfte« SRed^t, fo bättc S^riftu«,
tto^ oO femer älnftrengungen, nur eine „fterile Sleligion'' }u ftanbe gebrad^t. Sluc^ fel^It 66
C0 htm ^rotefkmtidmud an einer fidleren regula fidei.
Semen ^au))tru^m erloarb fid^ Sefftud aber burd^ fein gro^e^ etl^ifc^e^ SBerl de iure
et iustitla etc. ^n bem ©d^ema ber Dier Jtarbinaltugenben tommen in biefem 2äert
(dk gfcogen ber @t|il, ber SSoIfötoirtfd^aft, bed 3latnxx^t^ 2c. jur ^arfteQung. SDtefe ^ält
ft(^ in ben belannten ©eleifen ber icfuitif(^en ÜJloral. 3R\t ))fvd^oIogifd^em :nafftnement er
416 Stfffat» Seitdbeit
tDtrb burc^ Jlafutfttl unb iRatunecl^t bte SRoroI für bte 9Selttmba: ^ötKiriert. S>ad 3iatm
rec^t ^at oe^errfd^enbe Sebeutung für btefe @t^tl.
3. 3um ©ö^lni ein äSerjeic^ntö ber Schriften bed Sefftud (©enouered bei gurtet unb
^elbmaitn): De iure et iustitia ceterisque virtutibus cardinalibus U. 4, Lovan.
5 1605. — Defensio potestatis summi pontiücis, Gaesaraug. 1611. — Discussio
decreti magni consilii Lateranensis et (fuarundam rationum annexamm de
potestate ecclesiae in temporalibus, Albini 1613. — Hygiasticon sen de vera
ratione valetudinis bonae et vitae una cum sensuum iudicii et memoriae in-
tegritate ad extremam senectutem conservandae, Antverp. 1613. ©efammett
10 in ben Opuscuia quibus pleraque sacrae theoiogiae mysteria ezplicantur et
vitae recte iustituendae praecepta traduntur (Antverp. 1623fol.) ftnb folgenbc
). %. }iemli(^ umfängliche Slrbeiten: De perfectionibus moribusque divinis. — De
gratia efücaci, decretis divinis, libero arbitrio et praescientia divina oondido-
nata (neue äluigoben ^eiburg i. 93. 1861, $arid 1881). — - De praedestinatione et
15 reprobatione angelorum et hominum (neu ebiett ^rid 1878). — De praedesti-
natione Christi. — De summo bono et aetema beatitudine hominis U. 4 (neue
älu^obe ^eiburg i. 93. 1869). — De Providentia numinis et animi immortalitate
(neue 9lu^. $arid 1880). — Quae fides et religio sit capessenda consultatio. — De
Antichristo et eins praecursoribus. — I^ vitae statu diligendo et religioniB
ao ingressu. — De bono statu eorum qui vovent et colunt castitatem in secolo.
3la6) feinem 3;obe erfd^ienen noc^: De quinquaginta nominibus dei, Bruzell.
1640 (au(^ ^reiburg i. 93. 1862). — - Praelectipnes de beatitudine, de actibus
humanis, de incamatione, de sacramentis, de censuris, Lovan. 1645.
93on ben äBerfen bed Seffut^ urteilte ^uftud Si))futd in einem feinem ©ebäc^tnid ge^
25 toibmeten ©ebic^t :
Philosophus esse qui voles, lege hos libros,
Theologus esse qui voles, lege hos libros.
tt. @celer|.
SefKned^ S^nobe n. f. Liftinae.
80 Sctttttr f. Äirc^enbau S3b X ©. 788,4iff.
Se^te 2)tttge f. (Sdc^atologie 9b V @. 490 ff.
fiepte DInttg f. £)lung.
fiend^ter, ber fiebenarmtge f. Xem^elgeräte.
fiend^ter, fttni^engerSte f. Siebter im ©ottedbienft.
85 genciit» f. S3b I ©. 664, 24 ff.
Sendben, ^ol^anneg, geb. 1624; gefi 1699. -- C. Burmannus, Trajectum eni-
ditum virorum doctrina iDluetrium. Traj. ad Rh. 1738 p. 185 sq.; Jod. Heringa EELy
Oratio de auditorio Academiae Rheno-Trajectioae etc. Traj. ad'Bh 1826 p. 1378q.;
B. Glaaius, Godgeleerd Nederland, 3 dln. s' Hertogenboech 1851—56, II, 365—367;
40 Chr. Sepp, Het Godgeleerd ODderwijs in Nederland gäurende de 16« an 17« eenw. 2 dln.
Leiden 1873, 74, II, 172—174.
^ol^anned Seu^ben tnurbe am 26. 9l))ril 1624 ju Utrecht geboren. ä(n ber bortigen
Unit)erfität ftubierte er $^iIofo})^ie unb 2;^eoIogie. %or aQem )og i^ bod Stubium ber
orientalifc^en Bpxai^tn an. Stac^bem er im ^al^re 1647 Magister artium unb 1649
45 Proponent getoorben toar, ging er nac^ Stmfterbam, um bort burc^ ben äkrle^ mit ben
^uben noc^ mel^ mit i^rer @|)rac^e unb i^ren ©ebräuc^en betonnt m toerben, toä^renb
er )ugleid^ ©elegen^eit ^otte, fic^ mit bem Xa(mub unb ber robbinifc^ Sitterotur M>
trauter )u machen, ^m ^oi^re 1650 tourbe i^m bie au^erorbentlic^e ^rofeffur in ben
. orientalifc^en Qpxa6)m }u Utrecht übertragen, unb 1653 tourbe er, ald i^m eine $fanp>
60 fteKe in @Iui^ angeboten tourbe, jum Orbinariu^ beförbert. Sid ju feinem XoH a»
30. @e))tember 1699, toirtte er aU $rofef(or linguae sanctae. 9lud feiner df^ mit 6&
fabet^ ban ber 9^t>oort gingen t)iele ^inber ^ert)or, t)on benen 9lubol))^ud \p&tfx ^M*
feffor ber SJtebijin in Utre^t unb SSiili^elmud Sürgermeifter bafelbft tourben, lo&^cenb
^acobud in frühem Stlter atö $faner in be ^Jteem ftarb.
SettiSbeit Sctfi, 2t»iitu, Soittettftäbte 417
SeuÄcn gel^örte in feiner Qtxt ju ben bebeutenbjlen 5Wännem auf feinem ®e6iet
Bor aOem old alobemifc^er Seigrer tourbe er ^od^f geachtet, befonberd aud^ bon ben aud-
finbiff^ @tubenten, bie nac^ Utred^t lamen, um i^n ju l^ören. @e]^ ge))riefen tDurbe
eine „singularis in istis philoio^ae sacraeprincipiis docendadexteritas'' (Vriemoet^
ith. Fris. p. 526). @eine „Körte Hebreusche en Ghaideusche taalkonsf' (Utr. 1686) 6
wirbe ind engßfcle, gfranjöfifc^e imb 3!)eutfd(fe überfe^t. ©eine „Clavis Hebraica V. T."
[Lngd. Bat. 1673) toar ebenfo toie feine „Clavis Graeca N. T." (Lugd. B. 1672)
mt taxiere pons asinorum. 9luf bem ®ebiet ber (Einleitung liegt fein „Philologus
Elebraeus" (Traj. 1652 ed. 5. 1696) unb fein „Philolog^s Hebraeo-mixtus (Traj.
1663 ed. 4 Safel 1739). ^ni (Sebiet ber (Sjegefe gehören fein „Jonas illustratus etc." lo
Traj. 1656 et 1692), fein „Joel explicatus . . . Adjunctus Obadja illustratus" (Traj.
1657), fein „Psalterium Hebraeum" (Amst. 1666) unb anbere Schriften. Senden
)at fe^r t)ie( gefd^eben (f. ®lafiu^ a. a. O.), ober bei meitem bod meifte, n)enn nic^t
dled fyd bur^ ben ^ortfc^ritt ber Sßiffenfc^aft feinen 3Bert t)er(oren. ^eboc^ ^at er fid(f
^ Derbient gemacht burc^ feine ätu^abe bed 31% bie er jufammen mit bem Slmfter^ ifi
xmtt Sflobbiner unb SSuc^bruder ^ofe))!^ ält^iad beforgte. ©omo^I bie erfte (älmjt. 1660)
me bte jtoeite 9lu£|gabe (9[mft. 1667) tourben „fe^r gefd(fä^t megen ibrer üonelt^eit unb
Hx @^dn^eit bed 2)ru(ted''. ^fyc Seit liegt ben meiften fpäteren 9(u^aben (Slobiu^,
^tondli, t>. b. ^oog^t, DpHi, 3!H\d^^ltö, Simonis, $a^n u. a.) birett ober inbirelt )u
Sntnbe. — Seine älu^abe bed Novum Testamentum Graecum (Traj. 1675, unb 20
pöiBfx t)erfd(fiebene 3RaIe neu gebrud^) nxxr menig me^r ol^ ba$ 3Rit^elfen an einer Suc^^
j|dnblerf)»mtIation unb l^otte nic^t ben geringften miffenfc^aftßd^en 2Bert.
®. ^. oait Seen.
£OieOerd* — »gl. «Bcingorten, a)ie 3flcüolutlon8lircl)en (Snölanb«, 1868.
5)ie Sebeller«, b. i. Slabifale, toaren eine fanatifdbe })olitif(^^eligiöfe Slic^tung, bie 26
jU^ in 6romn)elId ätrmee jur 3^i^ ^^ 3^i^fM^ )n)ifc9en ben 3nbe))enbenten unb bem
langen Parlament (1647) bilbete unb t)olltommenfte büraertid^e unb religiöf e fjfrei^eit Der^
ionate. Sie tourben nic^t blo^ t)on bem Jlönig at^ ipoc^Derräter bejeic^net, fonbem bolb
nup toon SromtoeQ al$ ©taat^efö^rlic^e verfolgt. @iner ber irrigen fd(filbert in bem
S(^ft(^en : „The Leveller or the Principles and Maximes concerning Gouvern- w
ment and Religion of those commonly called Levellers, Lond. 1658, i^reSrunb-
[ä(e f olgenberm^en : ^m 5ßolitif(^en tooUen jte 1. bie unjjarteiifd^e fouüeräne ß^c^öft
bed (Sefe^ed, 2. bie gefe^ebenbe ®en)alt bed ^arlamentd, 3. bie t>oll!ommene Sleid^^eit
aDer toor bem ®efe^e unb 4. bie SSolt^bemaffnung, bamit bad äSolt bie älc^tung t)or bem
9cfe|e eritDingen unb feine t^ei^eiten t)erteibigen tonne, ^m Sleligiöfen verlangen fie86
1. tootte ®eh)iffendfrei^eit, ba bie toa^re ^Religion auf innerer 3wftinimung ju ber ge*
offenbarten Sieligion beruhe, 2. bafe jeber na^ feiner beften ®rfenntni^ — felbft toenn
btife t)crle^ fei, Rubeln folle. 9luf bie (Srfenntni^ unb ba^ ©etoiffen f)aht bie Slegie«
nmg burc^ angefteDte ^rebiger einjumirfen. 3. 2)ie Steligion ^abe jmei Seiten, bie eine
[et bod rechte ^Berftänbnig ber Offenbarung unb bie« fei gang ^riöotfac^e, benn jjeber ftei^e 40
mb faOe feinem $erm; bie anbere begieße ftd^ auf bie 3Ber!e ber ©erec^tigleit unb
Itarmbergigleit, unb biefe Seite falle ber ^Beurteilung ber ^enfcben unb befonber« ber
OMgleit anlernt ; 4. n)irb aller Streit über ©lauben unb Rultu^form Derbammt, ba nac^
ben t>erfc^iebenen (graben ber Erleuchtung burc^ ben ®eift ®otte« aud^ ba« ^ugere Der«
\diiAm fein möffe. 45
2>ie Sette t^erfc^ioinbet mit t)ielen anberen gur 3^^ t>^ Sieftauration.
2t»Xf itbxtin, SeHitetijläbte. — 3S.9Satfe, 3)ic 3fleUgion be« eilten 2:cft.a, 33erlinl835,
[, 6.343ff.; »a^r, @^mboUl bed mofalfd)cn Äuitu« U, 1839, @.3ff.; e.Slic^m, 3)le ®cfcj.
ßing ^0)1« im fianbe ^oab 1854, @. 31 ff.; 3. 3. Stä^elin, ^erfu^ einer (^e{d)id)te ber 60
Wltniffe be» Stamme» ficüi 3bm® IX, 1855. @. 708 ff.; $). (gioalb, Altertümer beä
Bolfe« 3«rael, 3. «. 1866, @. 345 ff. ; J. Orth, La tribu de L^vi in Nouvelle Revue de
Ehffologie m, 1859, S. 384 ff.; ®raf in ^JWerj ^^(rdiio I, 68 ff.; 208 ff. unb in ©cfienfcU
Bibellqr. «. ßeoi; Äucncn. Godsdienst van Israel, 1869. 70. II, 104 ff.; %. Äöt)Ier. ficftvb.
^ bibl. ®ef(b. bc« a. %. 1875—93; S. J. Curtiss, The levitical priests, 1877; bcrfelbc, 66
De AATODitici sacerdotii atque thorae cloh. origine 1878; 3- ^eUt)aufen, äef4id)te ^^i^acU,
i, 1878, Ol« ^rolcgomcna jur ÖJefcf). 3«r. me^rfac^ neu ^craudgegeben ; 3). ©offmann im
Olagoain ffir iSiffenf^aft bed SubentumS 1879, 8. 209 ff.; gfrana ^e(i^fd), $entateucl)fritif4e
Studien in gnSS 1880; 8. ^a^baum, ^ic Q^nimicfelung bed a(iidraeUtif(^en $rieftertumd,
«Hl •■ctpCotWc fir Z^tofllc imb ftictbe. 8. S. XI. 27
418 Sent, Senttett, Senitettfiabte
1880; ©rebcnfam^), Ocfc^ unb ^ropftctcn, (Srlangcn 1881; mittel, ^\t ncucftc ^nbiing her
pcntQtcuc^. grage in J^col. @tubicn au« Württemberg 11 u. III, 1881. 82 ; 91- ©menb, 3)ic
fiiftcn bcr ©üc^er ©Sra unb Sfltf^tmia, Unlü.=«ßroar. SBa|eI 1881 ; @. Äönig, Offenbarung^*
begriff II, 1882, @. 321 ff.; 33. ©tabe, ©efcft. beS S. gSrael, bcf. I (1887) @. 152 ff.; 468«.;
5 Mittel, ®efc^. ber Hebräer, bef. I (1888) @. 106 ff. ; 2B. SB. ©oubifftn, a)le ®cf(^l(6le be*
altteftamentU^en ^rieftcrtumS, fieipjig 1889; (£. Äaubfc^ in XftStft 1890, @. 767 ff. unb
in erfdj unb ©ruber, 9tUg. enctjll. ©cct. n, 43 unter fieui, fieuitcn (1889) unb unter ÄoraJ
(@ect. II, 39); A. vao Hoonacker, Le Sacerdoce L^vitique dans la loi et dans lliistoiie
des H^breux, Londres et Louvain 1899; 3- Äöbcrle, 3)ie 3:empelffinger im 21%, d^longen
10 1899 ; mib. Woütr, ^iftorifc^^fritif^e IBebenfen gegen bie ©raf'SBeQ^aufenfc^e ^^pot^e,
O^üterdlo^ 1899. ^gl. bie betr. ^bfdinitte in ben ^anbbb. ber ^ebr. «r^SoIogie von i)e Skttc,
Saalfc^ü^. ^eil, ^omacf, ^enjinger u. q. unb bie ^rt. fie&i. fie))iten, iBeoitenftäbte in ben
SRealroörterbücftern; v 33. üon öaubiffin in Hastings, Dictionary of the Bible IV, 67 jf.
(1901): Priests and Levites.
16 £et)i crfc^eint in allen Duellen al« einer ber ©ö^ne 3afolH8. SRadjf ®en29,34;35,23
toar er ber britte ©ol^n ber Sea. 3lu(^®en49 ift bteSteü^enfolge: Stoiben, ©hneon, Äön,
^uba. ^erfönlic^e^ tDtrb bon Sebi laum ettoad erjö^lt, al^ bag er mit ©imeon bie (SriU
tfycuxiQ feiner @4^h)efter S)ina orgtiftig unb graufam an ben ©ic^emiten rächte unb jur
©träfe bafür feine SRac^Iommen bon ^alob in feinem teftamentarifd^en ©egen gur 3«*
20 ftreuung im Sanbe berurteilt tDurben, @en 34, 25 ff. ; 49, 5 ff. äSirtlic^ l^at ber ©tomm
Sebi nie ein Srblanb befeffen. ^od) ^ing bied mit feinem })riefterli(^en Beruf jufammen,
ben er ati^ l^o^e älu^jeic^nung unter ältofe erlangte. (Sd fragt fic^, ob Sebi überhaupt
urfprünglic^ inbibibueuer $erf onenname tpar (bgl. bie Deutung ®m 29, 34). 9{euere ^cn
i^n jtDar nic^t ioie bie ber übrigen ^afob^fö^ne für einen ©tamm^ ober Sanbc^amen,
26 aber für einen Seruf^namen, toel^er ben ^ßriefter begeid^net f)ättt (bgl. ®j 4, 14: bein
Sruber Slaron, „ber Sebit'O. SlHein burd^fid^tig ift eine folc^e Sebeutung jebenfoQ^ ni(^
^an ertlärt ettt)a: ber einem Heiligtum ober einem ®ott Slngefc^lojfene, S^ge^drige.
$ommel (3luff% unb »b^anblungen 1892 ©.30 f.; atti^r. Überl. 1897 ©.278) erinnert
an bie minäifd^en ^nfc^riften bon ei-Oela, tDO iawi'u, fem. lawi'at mit bem Stamen bcd
80 @otted 3Babb in ber 93ebeutung $riefter, ^riefterin bortomme. 9(Qein biefe f^oc^ic^
Serbinbung (Sebit ^af}t>tiß) ift bem ^ebräifc^en ©ebrauc^ gang fremb. Xuc^ ts\d;imm
bie Sebiten ber ölteften ^txt nid^t immer in äSerbinbung mit einem Slltar ober ^eÜtgtm
©ie ftnb auc^ o^ne ba^ bon (Geburt fc^on Sebiten. äSgt. ban^oonacfer ©.311 ff. Übobte^
tDürbe burc^ eine folc^e Slbteitung bed Dtamen^ bon einer arabifc^en ^riefterbenemuiiM
86 berfelbe bei bem red^t })rofanen ©tamm ®en 34 unb 49 um fo rätfel^^er. ©e^ meit
toürbig ift, ba^ ber })ro})l(;etifc^e ©c^idtfaldf^ruc^ ®en 49, 5 ff. nur Unfegen audffmd^t unb
nic^t einmal eine 9tnf))ielung auf ben fjpäteren e^renboQen Beruf bed ©tammed ent^
S)ie ätu^funft, ba^ e^ fic^ ^ter um einen toirflic^en ©tamm Raubte, ber aber frül^e untere
gegangen fei, tDö^renb S)t 33, 8 ff. ber ^riefterftanb gefegnet toerbe (äBeQ^oufen), tonn (oxSf
40 abgefe^en bon ber unerflärten Benennung jenei^ })rofanen ©tammed nid^t befriebi^en, ba
ber 3aIobi^s unb ber SRofefegen ju na^e miteinanber bertoanbt fmb, afö bafe pe unter
bemfelben 3lamtn bon ganj berfc^iebenen @rdgen ^anbetn fönnten. S)a^ 9iätfel tütsb noc^
toefentlic^ erfc^toert burd^ bie Stnna^me, @en 34 unb 49 bejiel^en [xd) auf Begeben^eitoi
ber nad^mofaifc^en ^^xt, n)0 bie ©tamme ©imeon unb Sebi bor ben anbeten ©t&mmen
46 in Jlanaan eingebrungen toären unb einen erfolglofen Überfall auf bie ©ic^emiten genuK^
bätten, ol(;ne bag bie anberen i^nen }u iptlfe tommen tDollten (©tabe, ®ut^ u. o.). Sann
begriffe man boUenb^ nic^t, toie ber berrufene ©tamm Sebi Jjlö^id^ )u feinet befonbetcn
^eiligleit gefommen fein follte 0R\ 17, 7 ff.). Bielme^r l^belt e« fi^l in bet ®enefä
um bormo^aifd^e Borfommniffc, toelc^e einen tiefen ©d^atten auf ben ©tamm toetfen unb
60 feine Slui^bilbung ju einem felbftftänbigen ®an2en ge^inbert ^aben mi^en, fo ba^ feine
älnge^örigen unter bie übrigen ©tämme jerftreut leben mod^ten. 9lu(^ mit ben ä^^lltem
motten ffe infolgebeffen in bcfonberd nal^e Bejiei^ungen getreten fein unb ft(^ bo^ biin(
l^5l(;ere Bilbung au^jeic^nen, ol(;ne bag natürli^ ber 92ame Sebi, n)ie Sagarb« (OttcntoGa
^eft II, 1880, ©. 20) einmal bermutung^toeife au^\pxad), ben äg^ptifd^en ^n^ang bAcuten
66fönnte, ber ftc^ beim Studjug unter ^ofe an ^drael anfc^log. S^gl. ban^oonadetS.SCHlf.
3n ber mojaifc^en 3«t trat ber ©tamm Sebi jebenfall« fc^on baburd^ in ein ffdln^
Sic^t, bag 3)iofe (f. b. 31.) \l)m angehörte, unb noc^ mel^r baburd^, ba^ et ta)&^tenb btf
äBüftenjuged ber })riefterli^e ©tamm getoorben ift. (Sd fü^rt jtc^ bied auf jtDei Um^finbe
gurüdt, erften^ barauf, bafe aJlofe feinen Bruber äaron (f. b. Sl. Bb I ©. 13) gum ^^wpct
CO am Bunbe^^eiligtum ernannte; jtoeiten^ barauf, bag er bem gangen ©tamm Sebi bei
einem 9lnla|, too biefer fic^ bur^ feine Bunbedtreue befonberd anzeichnete, eine pti^tcc»
Belli, Selittett, Senitenftabte 419
Kc^ aSei^e Derael^, @i 32, 29. S)a6 bad ^rieftertum 9(aron^ a(d ein erBUd^e^ in au^ftd^t
genommen toax, gel^t nic^t nur baraud ^ert)or, ba| feine ®ö^ne nac^ ben ^riefterge{e|en
feine jletigen ©el^Ufen toaren unb ]ptixdi bem (SIeafar jum So^n für eine äl(;nltc^e %\}at
ioie bie, ivelc^e ber Stamm (@c 82) t)erri(^tete, bod etoige ^rieftertum jugefagt tourbe
0td 25, llJf.X fonbem ed fielet auc^ mit ber fonft ju beobac^tenben femitif^en ©etpol^ns 6
^ im Sinliang, tDonad^ bei ben einzelnen Heiligtümern getpiffe ^amilien ba^ ^rieftertum
ablxd^ inne^tten. 3)a6et ift ftet^ ba$ ^axopt ber ^milie ber Obetpriefter. äSon einer
Sleif^berec^tigung ber ©lieber eined ganzen Stammet tonnte DoQenb^ nie bie SRebe fein.
P befc^reibt benn auc^ ben ^ienft ber Semiten tDöi^renb bed SBüftenjuge^ ol^ einen unter-
geiyrbneten: Ser Stamm bilbet bie $ut bed ipeiligtumd, um badfelbe gelagert, unb tran^ lo
{wrtiert bod ^eilige 3e(t, toobei bie l^eiligften Seräte t)on ber ^riefterlic^en ^amilie getragen
ta>erben. J^r biefe le^tere bleibt ber eigentliche älltarbienft refert)iert unb ^rad^, be^
Sel>iten, Stäuc^eropfer toirb aU fa!rilege Slufle^nung geftraft 9tu 16.
3l\6)i )u bergeffen ift, ba| bem ganzen äSolte ^al^De^^ @£ 19, 6 ein })riefterlid^er 6^0^
ralter jugefc^eben ift, hmd natürlich eme älbftufung ber ;^eiligleit innerl^alb be^felben i5
m^t au^lie^, fonbern gerabeju forbert. @o ftnb auc^ bie SeDiten im SSer^öltni^ )um
fibngen SSoKe bem ^a^bel^ geheiligt, aber biefe let)itifd^e ^eiligleit ift nur eine relatit)e.
^Da^ eigentlich bod ganje äSolf 3a^t>el^ gej^öre, \ptad) ftc^ barin aud, ba^ t)on 9(nfang an
bie äSorftellung ^fc^te, ^ol^be^ ^be ein befonbered Siedet auf bie Srftgeborenen (bgl.
SSb V ©. 749 f.). ©0 ^ei|t ed im Sunbe^buc^^ (Sj 22, 28 : „3)en Srftgeborenen beiner 20
€d^ne foKft bu mir geben, bgl. @s 13, 2 (P). 2)a t)on l!inbero)3fer nic^t bie Siebe fein
lamt, ift bobei borau^efe^, ba^ toenn nid^t fonfttoie eine SBei^e bed @rftgeborenen ftatt-
finben lönne, berfelbe bur^ ein O^fer ober eine ®abe au^julöf en fei, bgl. @£ 34, 19 f. ;
(^ 13, 13 ; 9lu 18, 15. Übrigen« ift fttittig, toeld^e ©rftgeborenen au^julöfen toaren.
SXe 9tabbinen (SRif^a Sec^orot^ c. 8 unb 3Waimon. 5. b. ©t., bgl. ©elben. De suc- 25
eessu in bona def. p.27; ©aalfc^ü^, SRof. fRtd)t ©. 349. 815) unterfc^ieben }h)eierlei
Acßgdborene : 3?« familienrw^tlic^^en ©mn gilt ate Srftgeborener (?^^^:b 'nn^n)^ Don bem
5Dt21,17 bie ^d>e, ber öltefte ©o^n be« Sater«; bagegen im fultifd^en (ate insb -nDn)
ber itnabe, ber „juerft bie 3Rutter brid^t'', alfo jebe« erfte männliche Jlinb einer ^au, im
äbifd^bt^ an %x 3, 12 f.; 18, 15. dagegen fprec^en ßj 22, 28 ; 5Ru 8, 17 me^r bafür, 30
ba^ bie Srfigeborenen im erfteren ©inn au^julöfen toaren. 3^0^^^^ ^^^ ^^^ ^^ ^^'
fcliauung, bo^ eine Söfung ber @rftgeborenen erforberltc^ fei, mar bie '^^orfteQung geltenb,
ba^ biefe buxi^ bie 2ebiten bertreten toürben, n)eld^e ben 2)ienft am Heiligtum beforgten
(Ku 3, 12. 41) unb bom äJolfe al« ein D))fer ^a^öe^ bargeboten hmrben 3?u 8, 10 ff.
90« bo« ^ienftalter ber Sebiten, n)äl^renb beffen fie am Heiligtum ^anbreic^ung ju 35
Ü/un ^oben, toirb 3l\x 4, 23. 30 bie ^Ät t>om 30. bi« 50. £eben«ja|r angegeben, bagegen
8, 24 ff. bie Dom 25. bi« 50., mit toeld^em toenigften« bie ftrengere arbeit aufhören foH.
9ta(b ber Clberlieferung (Sl^olin f. 25 a) foQ ftd^ biefe Stlterdgrenje nur auf bie ^zxt be«
SHiüftemuge« begieß, toö^renb fd^on in ©ilo ba« l(;ö^ere Sllter nid^t bom 3)ienfte au«^
g^fc^ffen ^be, ou^er toegen ußangel« an ©timme. 3)ie au«fü^rlic^en Sefttmmungen 40
bcS P über bie SHenftleiffcungen ber Sebiten l^anbeln über^au))t nur t)on jener äBanberjeit.
(KnUftlii^ toirb bagegen bort ba« SeremonieQ ber Sebitenmei^e 3lu 8, 5—22 angegeben,
toddft ber $rieftertoet](^ analog ift, aber einen geringeren ®rab bon ^eiligleit t)erleil(;t.
S)er alt bQloeat i^e Steinigung unb SBei^e an ^af)\)el) unb beftel^t in erfterer ^inftd^t
in 9ef|)rengttna mit @ntfünbigung«n)affer, älbfc^erung aQer $aare be« Jlör))er«, äBafc^ung 45
ber fileiber. 2)en jtoeiten $unlt Derfte^t 93% mit älu«fc^lu^ be« $au))tl(;aare«, ba eine
SlolM foloie @ntf ermmg be« 93arte« nad^ Se 2 1 , 5 e^er entmei^enb gen)ef en toöre ; allein bie
Snologie ber Steinigung be« 9lu«f öligen £e 14, 8 f^ric^t für t>5llige Stbfc^erung, bie na^
tfidi^i eine einmalige toar, ioöi^renb ber ög^^tif^e ^riefter, an toelc^en ber 93rau(| erinnert,
WM^ ^erob. 2, 37 fi(^ aQe brei 'üEage f^eren mu^te. ^urc^ biefe brei älfte gereinigt, 50
toiixben bann bie Sebiten ^al^De^ übergeben burc^ ^anbauflegung ber ätlteften be« äSolf«
(SS. 8) unb SoQiiej^ung be« 2Bebeo})fer« (thenOpha) burd^ ben ^ol(;enpriefter Cl^. 11.21),
hai tooffi burc^ $in« unb $erfül^ren ber ©etoeil^ten bargeftedt tourbe. 3lai) SSed^aufen
tobe ed bie ^onbbetoegung be« in« ^euer SSerfen«. !i$or^er i^atten fte ein ©ünb^ unb
m 9mnbot)fer )u ilf^er ©ü^nung barjubringen 08, 12). ©d^lie^lic^^ tourben fte ben 55
$rie{tom ütogeben unb burften barauf ben Dienft bei ber §ütte antreten. Sei bem
aOem tritt majit bie Steinigung ^ert)or al« bie ^eiligung. @ine @in!leibung ber Seüiten,
toic fie bei ben ^rieftem ftattfanb, ift nid^t ertoä^nt, ba bie Sebiten für getoö(;nIic^ feine
fNefonbere Xrac^t boben. 93gl. ieboc^ 1 e^r 15, 27; 2 S^r 5, 12 unb Dan .^^oonader
6. 86. 91. Sbenfo fehlen näi^ttt ^jjorfd^riften über i^re )3erfönlid^e 93efc^affenl^eit unb go
07*
420 Seilt, Soitttn, Sentteiifilbte
Seben^orbnung (f. bagegen betr. bte ^rieftet £e 21). 9htr {tnb fie ber getoo^nten SeBen^
arBeit boburc^ enhogen, bag fte leinen Sanbbeft| erJ^oUen. 2)affir ift il^nen 9lu 18, 24 jf.
ber 3^^^^ ^^ @rtraged ber ^Iber bed 33oIIed aU @mIommen jugetoiefen, to)ot>on ju
tDteberum ben ^^ntm an bte ?ßriefter abgeben foQen. @te bürfen biefed @tnIommen an
5 jebem Orte genießen. 2)arüber unb über bte abtoeid^enben Sefttmmungen beiS D {ie^
b. 91. 3^nten. 9(u(i^ t)on ber ^eg^beute erhielten bie Sd)tten gett>t|ie ^rojente n»^
SRu 31, 30.
äUd äBo^nft^e für bte Set)tten ftnb 3ln 35, 1 ff. (P) 48 @täbte in 9(udfu^t genoim
men, unb beren äUmenben (2000 @Uen Sänge nac^ jeber ^immeldgegenb unb 1000 (SDen
10 Sreite, t)on ber Stabtmauer an gemeffen) JoQten ilf^em Siie^ jum Unter^tte bienen. ®ii
äßtberf^rud^ mit bem ®eban!en, ba^ SeDi lein @rbtei( l^en foQ, (ag barin nic^t, ba bkfe
Stäbte boc^ i^^^ @tämmen t)erbneben unb bie SReinung nic^t hmr, ba^ audf(^Ke^id^
Set)iten barin tpol^nen foQten. 2)ad ©egenteil f^t Se 25, 32 f. (®efe^ über Sertmtf bon
Sd)itenl^äufem) t)oraud. ^ie ätudfü^rung biefer SSerorbnung erjä^It ^of 21 (P), tDO bte
16 @töbte mit 9tamen genannt finb unb jugleic^ 13 berfelben für bie $riefter oiägefonbctt
toerben ; baDon f ollen f ed^iS jugleic^ bie für ben Sotfc^läger, ber unDorf ä|Itc^ jenutnb er«
{d^(agen, geöffiteten 3uf[uc^tdorte fein, t>gl. VI, 581, 2 ff. S)ad 1 S^r 6, 46 ff. gegebene
äSergeid^nid ioeid^t t)ielf ac^ bat)on ab. @in über aQe Stämme f^ftematifc^ jerflreutet Stamm
Set)i mu^e ein fc^ä^bare^ 93anb bilben, todd)^ bie ^eolratie jufammen^ielt unb U|t
20 fi^l ald ibealer ®ä)anle (eic^ter benn aU lontreter 3:]^atbeftanb beuten. SKe Sbidfu^rung
fc^eint benn auc^ ftetd eine ^öc^ft unDoUCommene getoefen )u jein. S)iefe Stöbte fiiib jmn
3;eil (ange nid^t t)on ben ^draeliten erobert toorben. ^a^er mochte ed lommen, ba^ jpx
teit ber Siid^ter bie SeDiten an mand^en Orten als ^^remblinge unb (Säfte lebten oba tm
inb umbei^gen. 92ad^ bem ®cU aber, too^in neuere Jlrititer bie @ntftel^un^ ber gonjen
26 S^ee, naq SBeK^aufen einer müßigen ^iltion, verlegen, toaren bie Ser^ältntffe noq totf
niger baju anget^an al$ t)or bem @£il unb ift au^ bie Studfüi^rung itic^t tuu^toeUbat
^aaegen, ba| biefe jerftreuten @täbte eine ^ortbilbung bed ejec^ielfc^ ®efeM über
äBet^e eined Stücted Sanb um bad Heiligtum an ^aJ^Del^ bqto). SeDi fei (®raf, SMb
fyin\m), ftel^e Saubifftn, ®e{d^. be^ altteftam. ^rieftertumd @. 122 f. ; txm ^omiäa
80 ®. 423 ff.
2Bad ben SSeftanb bed Stammet Set)i betrifft, fo jerfäüt er rtaä^ ®en 46, 11;
ei 6, 16 ff. (ögl. SRu 3, 17 ff.) in brei ^autotgefc^Ie^ter: bie S'ne ®erfon, ». Jte^,
93. 3Rerari, bie auf bret @ö^ne Set)t$ biefed vlamtn^ jurücfgefü^rt ftnb. Xud btefen br«
®ef(^Ie(^tem toerben ac^t ^to^xQt abgeleitet: 3^^ ^^^ ®erfon: 1. Sibni, ftatt beffcn
86 16^r 23, 7 Sa^'ban erfc^eint; 2. @imet. 33ier Donüe^atl^;: 1. älmram, )u Xodd^em Stonm
unb aWofe gehörten; 2. ^iii)ax] 3. Hebron: 4. Uffiel. 3h)ei Don 3Dlerari: 1. 9Rac^;
2. 9Ku{c^i. 3n 5Ru 26, 58 ift bie llufaä^lung unDoOftänbig. S)ort fel^Ien ©imei unb
Ufftel ; für ^ij^ar fte^t bie ^amilte Jlorad^, ber nac^ @£ 6, 21 ^ijjM (Srftgeborencr
toar. 2)te ®efamt2al^( ber männlichen SeDiten toar }u 3Rof ed 3eit na$ vln 3, 39 : 22,000;
40 nac^ SRu 26, 62 : 23,000.
(Sine neue Organifation ber SeDiten fül^rt ber @^onift auf Jtöntg ^oknb ^oöd
92ad^bem er fd^on 1 (S^r 13, 2 unb Rccp, 15. 16 bei ber Überfiebelung ber Sabe mSi
^erufalem t)on einzelnen Sebitengefd^lec^tem Q^pxo6)tn, bie babei beteiligt getoefen feten,
toobei jum erftenmal aud^ Don ber SSermenbung ber SeDiten für bie 1^1. SRufit bie 9töe
46 ift, erjä^It er 1 6^r 23—27 auöfü^rlid^ bie neue ®Iieberung unb SSertoenbiing ber 8*ne Sc»
ol^ eine (Einrichtung, bte ^aDib im S3ltcf auf ben !ünfttgen Xem))el l^in getroffen ^obc;
unb jtoar, toie ftc^ benfen lägt, nic^t o^ne ®ut^ei|ung ber ^xopf}ttm, toad 2 6^29,25
in äSejug auf einen ^untt (bie neue SSefteQung ber 3;emf)e(mu^ audbrüdlic^ bemcdt
toirb. 3^^^ i)abzn feit be SBette manche ^rititer biefen Slngaben aHm 3Bert abgef)nnx|en;
fioffiea^aufen nennt (?ßroIeg.* ©. 179) ben äbfd^nitt 1 (S^r 22—29 ein obfc^redfaibe« 8*
\pid ber ftatiftifd^en $^antafte ber ^uben; aQein ed ift nic^t abjufel^en, toarum ber(S^
nift biefe 9leugeftaltung be^ @tamme^ !^eDi gerabe auf Jlönig 3)aDib, n\(S)i auf 9Ri>fe ober
Salomo ^urüdfü^rte, toenn er nic^t in feinen Quellen 3^u0^^ff^ f^^^^ iDeld^ feinet S)a(«
ftettung al^ an^alt^unlte bienten, Dgl. Stoalb, ®efc^.III, 181. 337 f.; Äo^^Ier, (Sefdft.II,
66 331 ff.; Öttli ^. b. ©t.; Äloftermann, ®cfc^. ©. 161 f. 3)afe SiaDib unb ©otano, bei
@rbauer bed %tm!pzU, toclc^e ^uerft eine 9teidft^orbnung in ^drael burd^fü^^rten, boR
Stamm SeDi befonbere ä(ufmer{famfeit fc^enfen mußten, liegt auf ber $anb. ^ter erfä^
man auc^ jum erftenmale 9läl(;ered über bie äSertoenbung bed leDitifc^en $erfonaI^ lod^
renb bie Don SRofe abgeleiteten ^ilnorbnungcn fic^ faft nur auf ben iran8))ort be«
60 tumd be)ie]^en. ©eiftr too^l möglich ift, ba^ bei biefer neuen Orgonifatton ber ScDitai
Seiri, Soittett, Soiiieitftlbte 421
nif^ Blog bte SEBflommung ma^ebenb ft>ar, fonbem bag geeignete unb h)tUige Seute aud^
aus anbeten @t&nnnen ftd^ in ben lebitifd^en 3unftt)erbanb eingliebem liefen. Slber bie
(Sabred lieferte boc^ ber leloitifc^e Stamm unb ber 3unftt)er6anb tourbe immer toieber ©e^
^lec^t^Derbanb, inbem bie @rb(i4lteit bed SSerufed am Heiligtum bie Sflegel toar. 3ta6)
1 6^ 23, 3 toar bie gal^I ber bienftfä^igen (b. f). über 30 Saläre alten) fiebiten unter 5
S)atnb 38000 SRann; bo<l^ n)urbe ie^t ber Anfang bed 3)ienftalterd auf 20 ^a^re feft^
gefe^, to>ie er feitbem geblieben ifi 93on jenen 38000 beftimmte 3)at)ib 24000 3Rann
)um ^enft am ^eilightm, 6000 )u Bd^otmm unb Stid^tem, 4000 m 3Bäc^tem bed
^igtumd, 4000 )u SRuftlem beim ©ottedbienfte. 3)ie erfte ülaffe t^at ben $rieftem
^onbreic^una bei ben 23, 28 f. unb 31 f. (t)g(. 9, 29 ff.) aufgejöi^lten Verrichtungen; fte 10
ffoUm bie Steinigung bed %tn(pd^ )u beforgen, ebenfo bie Ö^fert)onäte ^erbeijufd^affen
unb bod Sadhoerl, befonberd bie Sd^^aubrote )u bereiten. 2)a^ biefe 24000 ©el^ilfen toeiter
in 24 ftloffen eingeteilt toaren, entf^ed^enb ben 24 ^riefterHaf^en (24, 1—19), toxt ^o-
^epffvi^, Ant. 7, 14, 7 angiebt, unb ftd^ ebenfo ablöften tote biefe, ift i^ik^Jt hm^c^Iid^f,
toerai aud^ bad SSerjdd^fnid biefer 24 Orbnungen toeber in 23, 6—23, nocp in 24,20—31 15
iwllfßnbig unb beutlid^f t)orIiegt. 3^ ^^^^ ^^ ^^^ fc^einen , auc^ bie 26, 20—28
oufgcgä^tot Sertoalter ber @d[^c^e bed @ottt2fym^tS tu ^ei^ören. Über bie jtoeite Jllaffe,
bte ber @(^oterim unb 9lid^ter, i^ 1 S^r 26, 29 ff. nid^t t)tel gefagt Sie toaren caxS bem
Oef4^Ic(^e Jte^at^, cca^ ben Sinien ^xi^ca unb $ebron genommen unb tourben tote 93d
30. 32 fu^ oudbradCen, fotool^I für älngelegen^eiten ^a^oe^ ald für fold^e beiS JtönigiS Der« 20
toenbet Sie l^en i^ ^ienfttl^ätigleit au^erl^alb beiS Heiligtums unb too^l grösstenteils
oit^esi^ ^erufalemS }u Derri(^ten(26,29). 3)ie britte0af[e, bie ber Sanger unb3RuftIer,
tDor nad^ 25, 9 ff., toie Don ber erften anjune^men, in 24 S^öre geteilt, beren jeber einen
Sorfle^ mit 11 SReifiem auS ber deinen ^^ilie an ber S^i^e ^atte. Sie tourben
too^l ebenfalls glei(^ä|ig abgelöfi 93on ben ©^orfül^rem toaren t)ier Sö^ne 9lfa))^ 35
aus bem ®efc^(ed^te (SerfonS (bg(. 6, 24—28), f^ Sö^ne ^ebut^unS (ioo^I ibentifc^
mit (Säm), <dfo aus 3Rerari(6,29), 14 Sö^ne ^emanS, beS Rorad^iten, alfo auSüel^at^
(6, 18 ff.). S)ie tnerte Älaffe, bie ber Zi^oxf^üXti, umfaßte brei ^milien, eine forad^itifd^e
(olfo aus St^fyxäf), bie an ber 9lorbs unb Oftfeite beS Xem))els äBad^e l^alten foDte unb
{tDci aus SRerari für bie Süb« unb Sßef^eite. 2)enn baS Sefte^en beS Sem))eIS toirb ao
1 6^ 26, 12 ff. DorauSgefe^t unb bie einjelnen Solalitdten nac^ ben Benennungen beS
stoeäen Xen^S beftimmt 9(ber 1 Qfyc 9, 19 giebt an, ba^ bie ^amilie Jtorad^ fogar
}ä^m )ur ^6t SRofeS unb ^ofuaS mit ber äBacpe am Eingang ber StiftSI(;ütte betraut
odoefen fei. S)iefe brei ^milien Ratten ringS um baS Heiligtum 24 Soften at befe^en.
Sie 30^1 ber ^miIienl^Ktu)9ter, bie fid^ ^ier abjulöfen Ratten, betrug 93 nad^ 16^r26,8ff. ss
(gfir bie 3eit furj üor bem Ss« nennt 1 (Sf)x 9, 22: 212- Dgl. Öttli j. b.St.; für bie
Äit ^Aif mif bem (gjil @Sr 2, 42: 139; für bie 3eU 3le^emiaS 3lä) 11, 19: 172),
Sot %üijmn taKtren natürlich an jjebem Soften 3Rannfd^aften betgegeben auS ben 4000
bofür bejHmmten Sebiten. SBenn in fj)äterer 3eit 2 Äg 25, 18; 3|er 52, 24 brei $üter
ber Sd^toeKe als l^od^efteüte Beamte ertoä^nt finb, fo toerben bamit bie ^&u!ptn jener 40
bcei SBoc^terfaminen gemeint fein, t)g(. aud^ ^er 35, 4.
Sie 92 et 1^ in im enbKd^ finb t)on ben SeDiten ju unterfd^etbenbe Siener am ^eilig«
tum, todäft biefem, bejto. ben $rieftem unb £et)tten für bie gertngften Sienfte übergeben
toaren, tot ben ^tarnen, ber eigentlid^ traditi bebeutet, unb @Sr 8, 20, foioie 31x1 8, 19,
too bte £ek)iten felber „fibergebene'' ^ei^en. 9let^inim ift in nad^e^ilifc^en S^^riften ber 45
9tame ber Xen^^ieOnec^te {kQodovXoi, ^ofe))l(;uS, Ant. 11, 5, 1; 3 @Sr 1, 3), ioe((^e
fd^ in Doresilifc^er 3^t ben Sebtten bte befc^toerltc^ften Sienftleiftungen abaenommen
Ratten, ^fft ttrf))rung fc^eint fel^ alt. Sd^on ^u ^ofuaS 3^^ erhielten bie Stbeoniten
eine &^i(^ Stellung als ^oü^uer unb SBafferfd^o^fer für bie @emeinbe ^0] 9, 21 ff. ;
boS ^et^ tool(^l nac^ SB. 27 : Sie J^atten, toenn bie BoltSgemetnbe auf ber na^en großen 60
9ania jufammenlam, ben Sdtar mit bem nötigen ipoh unb bie ©emetnbe mit 3äa\\n ju
iMcfe^, toeld^ fie mübfam l^inauffd^afften (9lb. Sd^Iatter, 3ur Xo))ogr. u. ®efc^. $a»
UfHiioS,1893,S.64f.). Siefe ©ibeoniten bütften ben Orunbftode ju biefer Älaffe gebilbet
ffttbtn (Dgl 3bn SSra ju @Sr 2, 43). S})äter tourben fold^e porige m Stenftletftungen
am 2an))el in ^erufalem angehalten. Slber auc^ Kriegsgefangene u. bgl. tourben t>on ben 55
JBnigen feit Satnb öfter bem Heiligtum als 2:em^clf!lat)en getoei^t ; f. @Sr 8, 20. Salomo
fc^etnt beren am neuerbauten Tempel befonberS Diele eingeftellt ju f)Qbm, too^l auS jenen
bmaonitifd^ SanbeSbetool^nem, bte er jur Setbetgenfd^aft t>erurtetlte, 1 Äg 9, 21; ba^er
bte „Sö^e ber Äned^te SalomoS" esr2, 58; 9ie^ 7, 60; 11,3. ^mmcr mel^r tourben
in ber tootesiüfc^ 3^ ix^m Steuern, bte großenteils nid^t einmal befc^nttten toaren, eo
422 Selii, 2t»iUn, SoiUeitftabte
aQe mü^fameren ^anbretc^ungen ü6er(af[en, \üüdft ^ractö ®) 44, 7 f. ald fd^ndben Simbeds
brud^ Deturtetlt.
Sei ber Sletd^f^xiltung ^ot nad^ 2 S^t 11, 13 ff.; bgl. 13, 9 eine äludtDonberung
mand^er Sebtten nad^ ^erufalem = ^uba ftottgeftmben. 3)er Sl^onift ertDä^nt bie Sebiten
6 toetter^in befonbet« unter 3ofa})^at bei einem fiegreid^ Ö^etjug 2 6l^r 20, 19 ff. unb bei
beffen (Sinrid^tungen für ®erid^töft>e{en (2 6^r 19, 8) unb Untertoeifung \>t^ SoUd im
®efe$ (2 S^r 17, 8 f.). ©ie^e bortiber Sb IX ©. 353 f. (gr läfet bie 2et>iten befonbeö
beteiftgt fein beim ©turje mffal\a^ (2 6^r 23, 1—11), tx)%enb im Jlönig^buc^ bie 9btd>
fü^rung bed 9(nfd^Iagg ^ojaba^ ber IgL Seibn)ad^e jugef (^rieben ift, 2 flg 11,4—12. @id||e
10 über biefen 9Siberf})rud^, ber im toefentlic^en burd^ bie älnnal^me, ba| bie QueKen fu^
ergänjen, ftd^ ^eben läfet, SBem^iaufen, ^Prolegomena*©. 195 ff.; ©tabe,3atgB 1885, ©.279 ff.,
unb befonberd Jlloftermann m 2Jlg 11, 4; itö^Ier, ®efd^. III, 211 ff. 9ludfu^i<^
ent^äU biefelbe DueQe über oie £et)iten jur Q^t ^idfiod bei 9(nla6 ber t>on biefem S&m%t
unternommenen Sieformation beg Äultu« 2 61^ 29, 3 ff., too SB. 12 ff. SSertreter ber 2i
16 t)itengef(^Ie^ter in eigenartiger ®ru))})ierung erfd^einen. Sei ber Otoferfeier im neu^eioet^
Xtmüßd ioirb 93. 34 notiert, bag bie Se))iten ben ^rieftem, bie nic^t go^Iretd^ gemig
n)aren, beim älbjiel^en ber ^aut ber 0))fertiere feien bd^ilflic^ getoefen. Sbenfo tonb beim
^te ber ungefäuerten 93rote l^ert)orge^oben (30, 16 f.), ba| bie Sd)iten bad ©c^lad^ten ber
$afja^Iämmer für fold^e 3^rae(iten beforgten, bie nid^t rein tooren; bagegen beim $affa^
ao unter ^ofta ift ed 2 6^r 35, 1 1 fd^on als allgemein giltiger S3rau(^ genannt, bo^ bie
SeDtten bie Sämmer fd^Iac^teten unb bie $aut abjogen, toäl^enb bie SDorbnngunp bc^
Sluted ftetd ben $rieftem t)orbe^alten blieb, ^infid^tßc^ ber (Sintünfte ber Setnten tfl ju
bead^ten, ba| Jtönig ^xitia bie @inlieferung bed S^nten, bie feit (angem unterblieben
toar, n)ieber anbefohlen unb georbnet ^abe 31, 4 ff. Unter ^idlia toirb übrigen^ ben
26 !^et>iten 2 6^r 29, 34 ein beffered Reu^nid gegeben ald ben ^rieftem in S^ug auf ben
eifer, fid^ für ben ©ienft goi^öel^^ ^eiligen )u laffen. ©})äter erfd^einen fxe in toeniger
günftigem £id^te. @) 44, 9 ff. fd^lie^t fte t)om eigentlich ^riefterlic^ SMenft in c&a
^orm aud unb motibiert bieiS bamit, ba| fte ^9tatl jum @ö^enbienfte gel^ülfen unb bod
^ol! barin beftärft Ratten, ©ie foDen bo^er im Zm!pd ber 3^^^^?^ '^^ ^^^ niebrigcn
80 ^ienfte t)errid^ten, toöi^renb ber l^ö^ere ädtarbienft ben ©öl^nen ^aboU audfc^liep«^ tm^
behalten bleibe. 3)iefer ^bel bejog ftc^ offenbar barauf, ba^ biele Seloiten an foU^
j!ultudftätten, bie Sjed^iel nid^t für legitim anfa^, unb too auc^ biel ^eibnifc^ Untoefen
mitunterlief, fid^ jur Slu^übung bed $riefterbienfte$ l^ergegeben unb fo biefe unreinen Jtulte
unterftü^t Ratten. 3l\d)t berücfftc^tigt n)irb bei bem ©trafurteil, ba^ i^ Unterorbnung
86 unter bte ^riefter fd^on altmofaifc^ toar. Sjec^iel orbnet \a über^u))t bie Ser^oßniffe
neu, al^ l^ötte er tabula rasa t)or ftc^.
Sag bie Set)iten ftarl an ben ^dl(;enbienften ^ubad unb ^^raeld interefftert geioefen
toaren, bürfte aud^ barauf l^ert)orge|en, ba| fie bei ber Stüdßei^r ber Verbannten jum
SQSieberaufbau be« 3:emt)efe — benn bie« h)ar ja bie Slbpd^t be« J!önia« 5lorefd& ®«r 1, 1 ff. —
40 fid^ nur fel^r toenig jal^lreid^ etnfanben (S^r 2, 40. Sieben 4289 ^rieftem, bie mit ©e»
rubbabel l(;eim!e^rten, fmb bie 74 £et)iten eine Derfc^minbenbe ^ai)l SUlerbingd erf^feinen
aufeerbem 128 ©änger unb 139 I^ortoäd^ter, ober nad^ Sle^ 7, 44 f.: 148 ©onger unb
138 %f)Oxto&d)tn. Unb aui^ biefer Slrt ber Sluf^^äl^^lung ift nic^t mit mand^en steueren au
fc^lie^en, baf; bie beiben legten klaffen nid^t let)itif(^en ©tammed getoefen feien. SBielmd^
46 tft l^ier „£et)it'' im engeren ©inne gebrandet t)on ben %m:pd> unb SUtarbienem, ba bitf
ba« ältefte unb n)ic^ttgfte 9lmt ber £et?iten toar. Sie ©änger unb ^or^üter Rotten \ifm
t)or ber 3^i>ning ^erufolemi^ }um eigentlid^en $erfonal beiS %mißd^ qdfM unb cm>
})fanben oa^cr auc^ ein naivere« 3"tercffe, ba^in jurüdt jufe^ren, ate fol(^ Set>iten, tM
too^l mit anderen Heiligtümern in Sejie^ung geftanben l^atten. Sie ni^rigeren 91tat»
60 unb 3;em})elbtenfte toaren ja o^nel^in Don ben Slet^inim t>erri(^tet toorben. 93et &tai
^eimlc^r erneuerte ftc^ biefelbe ®rfd^einung 6«r 7, 7 ; 8, 15 ff. äu(^ biedmol toaren bie
:^et)iten am toenigften jur ^eimte^r bereittoiUig unb liefen ftd^ erft ivttm. 3lad^ einer
jübifc^en 2rabition l)ättt Q^xa bie ©aumfeligfeit ber Set)iten bamit beftroft, bag er t^en
ben ^e^nten entzog unb ü^n ben ^rieftem übertoie« (^ebamotl^ 86 b), toelc^e in fpsixm
55 ^Äi m ber ^^at allein ben @enug be^felben Ratten, tote au2 2[ofe))$ud l^orge|rt, fie^
aber Slel^ 10, 38; 13, 10. Übrigem^ mehrten fic^ bod^ in SRe|emia« 3eit bie aetjitm
aQmäl^Iid^. ©o fmb i^rer Sle^ 11, 15 ff. aU in ^erufalem tool^nenb 284 gejol^lt, bo^
Xl^orl^üter 172. Sie anberen toaren in Sanbftäbten angeftebelt, befonberd im beniamini'
ttfc^en ©ebiet, tjgl. aud^ SJe^ 12, 27—29. Sie alten Sebitenftäbte toerben nic^t me^
60 em^ä^nt. — Sludp bie Sleti^inim fmb, al« beftimmt Don ben £et)iten unterfd^ieBene 5lape,
Seni, Soitteti, Soiitettfiabte 423
oud htm @ctl gurüdaelel^. ^^re 3<^l^( Betrug nad) ber erften ipeimlel^r, bie Söl^ne ber
ftnec^te ©olomo« mbegriffen, 392 (@gr 2, 58 ; 31^ 7, 60). aWit (g^ra famen il^er 220
(e«r 7, 7 ; 8, 20). Sic tool^nten fortan metft in Serufalem (nad^ e«r 2, 70 ; \>qI 5Re^
3, 26. 31 ou^ in anberen Stäbten mit ben SeDiten) unb jtoar auf bem Dpi)d, bem füb-
5^i(^ äludlöufer bed Xemf)e(berged. @ie ftanben unter j^toei aud ü^rer ^itte genom- 6
menen Sorfie^em (bgl. 9le|^ll,21 mit g^r2,43; 5Re^7, 46). 3n bem föniglid^en ßbift
6dr 7, 24 toirb i^nen toie bem übrigen j{ultud})erfonaI ätbgabenfreii^eit jugeftd^ert. 06
gegcnfeitige Verheiratungen jtDifd^en Israeliten unb 92et|^inim geftattet toaren, ift aud bem
$i% ntc^t )u erfel^en. Ur{})rünglid^ bürften bie Stetl^inim unter baS SSerbot 3)t 7, 3 ge«
faOen fein, gn ber SRifcpna (3ebamot^2, 4; Jlibbufc^im 4, 1) toirb baS Konnubium mit lo
t^en tKttodftt, iBg(. aud^ Sert^olet, Stellung ber S^^^^K^^ unb ^uben ju ben ^emben
1896, 6. 342.
3n betreff ber (d)itifd^en Orbnimgen jur R6t beS jtoeiten Xembeld fhiben fic^ jer«
jireute 9{oti)en in ber SRifd^na, bie aber toenig iKudbeute getoö^ren. SSgl. bie 15 itmlpd»
mnter Sk^eraßm 5, 1, tx)0 übrigen^ leine Unterfd^eibung jmifc^en briefterlic^en unb toi« i5
tifc^ getroffen iji äSon ber ^emtoeltoad^e l^anbelt 3Rtbbot^ 1, 1 ff. 3lad) biefer SteDe
tmabt tm )to>etten Xem^el an 24 Orten 3Bad^e gehalten (Dgl. ^amib 1, 1), t)on benen
21 Don SeDiten, 3 bon ^rieflem befe^t toaren. 3)ie 3Bad^t})often ftanben unter bem^rö^
fcftcn beg a^enn>el6ergei8 (rr^an nr: td-^»)^ ber nad^t« bei benjelben bie 9lunbe mad^te, jcben
SBoAter, ber fi^Iofeitb getroffen tourbe, fd^Iug, ja i^m bie Leiber anjünben burfte. lieber go
bie let)Uifc^e a:eml)elmuril ögl. ©rad^in 2, 3—6; X^amib 7, 3. 4; ©utta 5, 4; SiHurin
3, 4 u. f. to. f. b. ä. aRufil b. ben $ebr. — 5Wad^ ^of. Ant. 20, 9, 6 ertoirften bie toi^
ttfc^ 9RuftIer unter Ifönig 9lgrit)})a II. einen S^nebrialbefc^Iug, burc^ ben i^nen baS Siecht
(meßerltc^ JQeibung ju tragen )ugef))rod^en tourbe. — 3Rit ber 3^^ntng beS XtvxptU
\Kdox ba^ Selritentiim toie bad ^rieftertum feine Sebeutung; bie Synagoge bebcurf beS'26
Mben ntd^ Dod^ finben fic^ unter oen ^uben bis auf ben l^eutigen ^:ag fold^e, bie a(S
9lb(dmmltnge SeloiS betrachtet ioerben unb beSl^alb im ®Vnagogenru(tuS geioiffe Sionec^te
genieß 2)er 3lamz „2^x'' felbft freilid^ ift fein SeioeiS für (eloitifd^e Slbftammung;
toax er bod^ äü ^erfonenname auc^ bei Slnge^örigen anberer Stämme nic^t feiten, bg(.
). 9. im 9IX Sc 3, 24. 29. Sid^erer foQ für biefe Slbftammung ber 3lamz $atoi ein ao
^näfm fein.
SHe flrittl f^at in neuerer ^üi tief greif enbe ^agen in Sejug auf bie @nttoide(ung
bcd Stammet Sebi aufgetoorfen unb bie trabitioneden älnfc^auungen t)on ®runb auS
umjugeftolten gefuc^t. $)a^ im S)euteronomium ber im ))riefterli^en @efe$ (P) fo fc^arf
ooogene Unterfcpieb gtoifc^en ^rieftem unb SeDiten taum ^ert)ortritt, ^at fc^on frül^er ss
mdtt^ gegeben, baS D in eine bebeutenb fvötere ^At, als bie übrigen Duellen beS $enta«
tcuc^ ^inab)ufd^ieben, ba jener Unterfd^ieb fic^ unterbef[en t)erioi{(^t ^abe (Sliel^m). Um^:
gdeirrt l^oben bte an fRmi ftd^ anfc^lie^enben 5lriti!er, unter benen befonberS SQSeK^aufenS
pla^d^ DorfieSung burdffd^flagenb toirlte, Dome^mlic^ t)on ben gefe^lic^en SSeftimmungen
über bod ^rieftert^erfonal unb beren äSerl^ältniS jur @d[c^id^te auSge^enb 3lnla| genommen, 40
bm P bem D nac^guorbnen: ber ganje Unterfd^ieb eines aaronibifc^en ^rie^ertumS unb
eined liturgtfc^en £d)itentumS gehöre erft ber nad^))ro})^etifc^en 3eit an. ^n ber ^eit ber
$ro)>l^eten fei )toifd^ ^rieftem unb Set)iten lein Unterfcpieb, fo aud^ no^ nid^t in bem
unter 3ofia eirtftmibenen D. 3!)ie „Seöiten", Don toeld(>en biefeS rebe, feien bie 5ßriefter
ber bid in bie beuteronomifd^e ßeit nic^t angefod^tenen länblic^en ^ö^enlulte getoefen. ^er 46
neue ®efe^eber (D), toeldber biefe aufl^eben tooUe, um nur noc^ ben ^Xemt)el in ^erufalem
fottbeftepen ju laffen, treffe in toeifer ^ilbe bie äluSlunft, ba| er jene beim (Singe^en
tl^ Ot^erftotten brotlos geworbenen £ek)iten ber ^ilbt^ätiglcit em))fel^le unb i^nen au^er«
bem t>olIberec^tigte älufnapme in bie jerufalemifc^e ^riefterfc^aft ertoirten iooQe burc^ bie
SefKmmung S)t 18, 6 ff. 2)iefe Vergünftigung fei aber an bem SBiberftanb ber le^teren 60
g '«^eitert, tme ouS 2 Ag 23, 8 f. erneue, tiefer X^atfac^e, ba^ bie i5ö^ent)riefter auf f olc^e
eife i^reS Stec^teS berluftig gingen, „^änge bann Sjec^iel ein moralifc^eS SRöntelc^en
um*' (äBeÜ^fen), inbem er fie ju bienenbcn £et)iten begrabiere, ioeil fte baS SSoIt mx
abgdtterei öerfüi^ Ratten (Sj 44, 10 ff.). So fei Sgec^iel (573 ö. (S^r.) ber erfte, ber
innerhalb beS $riefierftammeS einen dlec^tSunterfd^ieb einführe : Sie Söl^ne 3^^^^^^. ^- j^* ^
bte letufolemifc^ ^riefter ^aben allein beS älltarS )u toarten, bie übrigen Semiten in
btenenber Stdlun^ bie bisherigen 9{et^inim ui erfe^en. Sänge nac^ Sjec^ielS 3^ora erft
fd P in 99ab)^Iomen entftanben, unb Don ©Sra nad^ ^erufalem gebracht (444 ö. 6^r.)
unb bort ^omulgiert toorben. $ier erfc^eine nun jener Unterfd^ieb ^toifd^cn ^rieftcm unb
toiten bis in bie mofaifc^e ^At jurüdbatiert, inbem 9laron mit feinen Söhnen allein beS oo
424 Soii, Sdritett, Soittettfiabte
^rieftertum^ toaltt unb bie 9lnf))rüd^e ber totttfd^en 9iotte üotad^ aurüclgetmefen tDctbnt
^e^t erft, tDO ber ^en ber lebenbigen Srinnerung ganj abgebro^en toat, loimte man
e^ aud^ tpa^en, jenen 3<iboI, ber gor nlc^t aud ))riefterKd^er ^mUte ft>ar, oud bem Stamm
£et)t db^uletten unb jum !Rad^Iommen Sharons ju flemf)eln. @nb(t(^ ^obe ber S^nm$
6 nod^ tpettere ^l^antaften in Betreff ber ©lieberung bed @tannned 2et)i unb feiner Sebeu?
tung in ber ©efd^id^te enttpidCelt, inbem er ftc^ bobei an bad @(i^ema bed P ^dt
^ie meiften neueren Jlritiler feigen biefen Hergang ffir fo einleud^tenb an, ba^ fie
bartn ben f^Iagenbften SSetoeid für bie litterarifc^e 9ieti^enfoIge D, €)., P, ^fycim finben.
@o SBelll^aufen, Jluenen, itau^fc^ unb Diele neuere. Slnbere bagegen je^en biefe Seipei^
10 fül^rung ft>eber e^egetifd^ nod^ )3ragmatif(l^ für überjeugenb an. @o ^iUmonn, 2)eli|f(^,
Ritttl, \>an ^oonaoer, jum 3:eil aud^ 93aubifftn u. m. a. SRel^r, d^ gelDö^nlic^ 0^c^^
foQte bon Beiben Seiten jugeftanben toerben, ba^ t)ieled in ber ©efcpid^te bed Stammet
unb ber @nttt)i(fe(un^ feiner @inricl^tungen buntel B(eiBt. ^nmal für bie ältere 3^ &^
bied. SBenn man bte ))riefter(i(^en Sa^ungen ber mittleren Sudler bed $entateud^ (?)
16 in nad^e^ilifc^e 3^ ^inabrücft, bem @^oni{ten aQe gefd^id^tlid^e @lauBtt)ürbigIeit äb^paä^t
audf inSejug auf fold^e Mitteilungen tt)ie 2 61^r 17, 8 ((et)itif(|ed Sel^rtoDegium bedftönigS
^ofa))l^at), 19, 8 (ric^terlid^ed Jlouegium bedfelben Jtönig^), 20, 19 ff. (lebitifd^e Söngo»
d^öre beiSfelBen), 23, 1 ff. (3Rith)irIung ber Set)iten bei ber @d(fiIberl^eBung gegen Wfyd\a)
unb bie audfü^rlid^en Sr^l^lungen über bie £et)iten jur 3^ ^at)ibd unb ^i^nad — tperai
20 man enblic^ in ben ©efc^tc^t^Büc^em fold^e SteQen, n)ie 1 @a 6, 15; 2 @a 15, 24 fcitifc^
befeitigt ober toie 1 Äg 8, 4 (t)gl. LXX) emenbiert (f. bagqjen \>(m ^oonader ©. 79 ff.
unb 147 ff.), fo lä^t fic^ über bie £e))iten in Dorqnlifc^er 3^ über^au))t nid^t biel fogen.
Unb bod^ Bleiben auc^ bann nod^ 3^0^iff^ ^^0' toelc^e gegen bie ^eute Beliebte Sar«
[teDung ber (Snttoicfelung bed Stammet ind ©etoic^t fallen. 3laä) SQSelD^fen l^ätte cd
26 m ber älteren 3^t einen f^riefterlid^en Stamm £et)i überl^au))t nid^ft gegeben, ^n ba
Siic^ters unb älteren jfönig^jeit mac^e ftd^ üBer^au))t eine Sd^eibung jioifc^en ^eilig imb
profan in $inful^t auf bad itultud))erfonal nic^t bemerllid^: ©ibeon unb SRonoal^ o|)feni
f eiber, ebenfo Saul; Sat^ib unb Salomo Dolljiel^en f^riefterlic^e ^anblungen. S)er (S))^it)ai?
mite Samuel toirb )um ^riefteramt getoeil^t. 2)abibd Sö^ne hKtren noc^ 2 Sa 8, 18
ao ^riefter u. f. ft>. Sin gal^lreid^ed liturgifc^ed $erfonal, toie ed nad^ P ber Stamm Setn
^ätte ftellen muffen, ift in ber älteren 3^t überoH nid^t Dorl^anben. „Setoiten" l^efe man
Dielme^r bie einzelnen 3nbit)ibuen, bie ftd^ t)on SSerufötoegen bem ©otte^bienfte tuibmeten.
Seit ober im Saufe ber üönig^jeit bad f^riefterlic^e ^erfonal jai^lreic^er tourbe, Bilbete fi^
badfelbe ju einem angefel(;enen Stanb l^^eraud, ber aU folc^er S)t 33 jogar neben bie
86 Stämme ^grael^ geftellt ioerben tonnte. Unb au^ biefem ^riefterftanbe tft erft f^Kiter^
ba bie Smter mit ber 3^^^ erblich tourben, ein ©efd^led^tgjujammenl^ang ertoacpfen. —
9lllein gerabe 2)t 33 ergebt gegen biefe SluffteDungen Sinf^radpe toie fc^on ®en 49 (bgL
oben S. 418, 33 ff.).
©er aSertrauen«mann ^a^bel^, öon bem If^ier (3)t 33, 8) bie Siebe, ifl ntc^t HRoff,
40 ber nie bie Urim unb ^ummim geführt l^at, fonbem ber einl^eitlid^ ^ufammengefi^ite
Stamm £et)i, auf beffen @efamt^eit alfo in mofaifd^er 3^ ^ttoad Don f^nefierlic^ SSeti^
übergegangen ift; unb bie SSejiel^ungen auf ben SBüftenjug äSd. 8 f. I^aben nur einen
Sinn, toenn ber f})ätere Jjriefterli^e Stamm mit feinen SSertretem in ber mofaifd^ 3*
fid^ in einem (Srbjufammen^ang tougte. 3BeIl^aufen felbft f})rid^t S. 142 bie 33ermutung aud,
46 ^ofe möchte au^ jenem alten (na^ i^m untergegangenen) Stamm £et)i (®en 49) ^
vorgegangen fein (toobei übrigem^ nad^mofaifd^er Urf})rung Don @en 49, 5 ff. unerflorii^
toürbe) ; ber äuöbrudf SeDiten fei too^I guerft auf bie Sertoanbten 2Rofe« angetoonbt tDorben.
^amit giebt er aber bereite }u, bag fd^on in ber älteften 3^ ^^ ^^^^ ))riefterlid^
5tor))oration auf ^amilienjufammen^ang ©etoic^t gelegt tourbe. Um fo toemger ift feine
60 (grflärung Don 2)t 33, 9 ftattl^aft S. 132 f. : 2)en ^priefter mac^e nid^t ber 3ufammem
^ng be^Sluted, fonbem bie SSerleugnung bedfelben. @r muffe äl^nlid^ toie bielßro^l^etcm
föl^ne, SRed^abitcn (?) unb Slafiräer pd^ Don ben SSanben ber ^milie lodreiften, @ltcni,
Srüber 2Beib unb Äinber (!) bai^intcnlaffen, um in bie $riefterfd^aft einjutreten. 3**^
auf ßölibat ber ^riefter bürfe man barau^ nid^t fc^lie^en, fonbem bie SBorte beuteten
66 nur an, ba^ bad ^rieftertum ^äufig faum ben Ttann, gefd^toeige benn eine ^omilie a>
näi^rte.— ®aDon ift boc^ ber Don feiner ^milie bem Heiligtum getoeü^te Samuel nod^
lange fein 93ctoeid; feinen 5tinbem tourbe er burc^ fein 9lmt nic^t entjogm. Sielme^
foQte er an 6lig Sd^idFfal ein toamenbe^ S3eif))iel nehmen, ba| er ful^ ate ^riefter ber
SSeranttoortlic^feit für fie nic^t mtfc^lagm bürfe. Sluc^ laffm jme @r}ä^lungen eidtennen,
60 ba| im ©egenteil bai^ ^rieftertum, toelc^e^ freiließ mit bem bloßen £eDitentum nic^ Der^
2ta»if Selitttn, Soiitenftabte 425
\D^üt toerbcn borf, fogor rcd^t einträflltc^ toar. Senc Stelle be« 3Kofefe0eng über Seöi
ge|^ alfo nid^t mif öu^erfid^e äudfc^eibung aud ber ^amilie, fonbem fteJDlt old ^beol jene
innere UnoblfKinöiöfeit bon ben SKldtfic^ten bcr Sertoanbtf^oft l^in, toeld^e ber Wiener
(S^etU^ unb Bpxta^tt bed göttUd^en Sled^ted ftd^ betpol^en mu|, unb ber @tamm Set)t
bei einem beruhten SorfoB, auf ben öielleic^t angefjjtelt toirb, 6j 32, 26—29, betoiefen 6
^ S8aL oudj ©ellin, Seitroae jur i^raelü. unb jüb. SReligtonggefd^itd^te II (1896),
©.110 ff. SebenfoH« ift olfo in oiefem ©egengfjjrud^ etn©tantm borau^gefe^, auf toeld^en
bie ))riejierlid^e äSürbe in mofaifd^er ^Ät übertragen n)urbe, unb bon toAd)tm bie f^ötere
$ci^erfd^aft fiti) l^eitete. ©elbjtberftänbßd^ l^at aber nid^t ber ganje ©tamm ba$ ^riefter-
tum ausüben fönnen, toenn oudp eine getoiffe SBei^e auf aQe feine ©lieber übergegangen lo
iJL SBic^^tig iflinbiefer^inftc^tiener einjeIne(Iritij(^nic^tangefo^tene)2ebit9lil7. 3)erfelbe
ijl fd^on bon &m9 aud SeDit, o^ne $riefter )u fein, toa^ er erft burc^ jene 9(nftellung
im ^aufe bedlRic^ toirb. SSeibed ift olfo )tt)eter(ei. @r lann nur nad^ feiner älbftammnng
Sdnt fein, toie ou^ 18, 30 beftätigt, too er t)on ÜJtofe abgeleitet ft>irb ; ober nic^t bon
Ul^xtm Umftanb rül^ feine Dualififation jum ^riefter ^er, fonft l^iepe er bem ent« is
^»cd^enb ©0^ ober ÜRad^Iomme SRofed, fonbem bon feiner Bugel^öriglett jum t^riefter«
Gd^ ©tttmm Setri.
3)a^ ed bamold nur fel^r toenige Set)iten gegeben ^obe, fd^Iie^t man freilid^ an^ ber
%cube, bieSRid^ barüber em))finbet, einen fold^en für fein ^eiligtum gewonnen nu l^aben
^17, 13). 3R(m lann aber auc^ ben @d^(u^ boraud }te^en, ba| bie Sebiten jioar 20
bicnfUi^e SBe)ie^ungen jum nationalen ^aud ^al^bel^ Ratten, ober fid^ nid^t jur Sebienung
t)oa jmJKüen ©onbertulten l^ergeben fottten (bgl. 18,3). ©0 üan ^oonadter ©. 230 f., ber
für bie ottere 3^ ^4 S^ijc^en erlaubtem Sotallult ber ^milien unb ©efd^led^ter unb
bcm 3)ienfle bed Sunbk^eiligtumd in bem ©inne unterfd^eibet, ba^ für ben erfteren, für
tod^ bie SSorfc^riften @c 20, 24 ff. galten, ))riefterltd^e SSermittelung nic^t geboten ge^ 26
iDcfen fei, toäl^renb ber 9lltarbienft am Sunbe^^eiligtum ben lebitifqen ^rieftem t)or«
bellten toor. Sa lie^e fid^ leidet beulen, ba| bie £et)iten in 33erfud^ung lommen tonnten,
Ott ienen onberen Drten ein förmlid^ed ^rieftertum eingurid^ten. 9ltö Slrgument, toelc^eö
fen bad SSorJ^onbenfein einer gai^lreid^en, bon SRofe aum ^ienft am centralen ^eiligtum
Plenen, ©tommed Sebi ]px^t, ioeift man barauf l^tn, ba| @li auf bie 93coienung ao
ben einzigen ©omuel ongeioiefen fei 1 ©a 3, 1 unb au^ feine ©ö^ne nur über
einen Jtnec^t verfügten (1 ©a 2, 13). älUein toenn ©amuel ber bertraute ^amulu^ @li$
toor, fo ift bamit nic^t gefagt, ba| ed an bem t)ielbe{ud^ten Heiligtum , gu ©ilo tein
gao%ttti 2)ienfl))erfonal gegeben l^abe, toad auc^ aud 2, 13 nid^t folgt. Übrigen^ toirb
ia auc^ bom S^oniften erft bem S)at)ib bad ^erangie^en einer größeren SRenge t)on Se^ 35
t>iten pxm Zem^elbienft jugefd^rieben. @$ berträgt fic^ alfo mit ber biblifd^en ^arftellung
taM>^I, bo^ bie mofaif^ ^bee erft bamolg bollere SSertoiriElid[^ung fanb. Seid^t möglid^ ift,
ba^ bamald ). 9. für bie 2^em))elmufi! geeignete £eute in bie SeDitenjunft eingefteÖt
tmnbcn (J&oftermonn glaubt, bag bie 9tabit)erbinbungen bem ©tamm eingegliebert toorben
feien), beren Sobred ober burd^ bie älbftammung t)on Sebi gegeben toaren. SRerhoürbig 40
bleibt, bog P t>on ber gottedbienftlid^en üRuftt ber Sebiten gang fd^toeigt, ioad bei junger,
htjfn. nac^esilifc^ @ntftel^ung laum benibar toäre, ba fd^on bor bem@^ bieSDtuftI einen
imi^tiaen Xeil bed itultu^ bilbete. Sa^ biefelbe toenigften^ bie Set)iten nid^td anging,
U^ ftt^ oud^ nic^t oud bem Umftanb folgern, ba| in @^ra unb 9{el^emia bie ^^^orpüter
lod^Sönger getoö^nlic^ Don ben „Sebiten'' unterfd^ieben ioerben. Sie^ berul^t nid^t barauf, 45
baft fte nod^ nac^ biefen Quellen (im Unterfd^ieb bon ber 6l(^roniI unb ben c^roniftifc^en
3ufä(en in (S9t unb 9te^) nid^t }um ©tammc Sebi gerechnet toürben, fonbem barauf,
ho% Sort ber äbt^mdC „Sebif' in mgerem ©inne bon bm beim eigmtlic^en %tn\!pd' unb
XbaiMenft 3ubimenbm gebrandet toirb. Safür, ba^ ber S^ronift nid^t einfad^ bie SSer^öltniffe
feiner 3^ <utf bie S3ergangenl(^eit jurücftrage, mac^t t)an ^oonacfcr ©. 26 ff. aud^ bie ei^en- so
tfimlid^ @rfd^ung geltenb, ba| berfelbe gerabe in fetnm Srjöi^lungm über Dore^iltfc^e
^eit bie Sebiten eine Derl^öltnidmä^ig l^o^e, berjenigen ber ^riefter angenäherte ©teQung
cmnc^en loffe, toö^rmb fte na^l bem @£tl hinter biefm ftarf jurüdftreten. Um fo e^er
lonnte fid^ für ben fonft bie Ungleichheiten au^leic^mbm (Sged^iel fragen, ob bie©d^rante
jloifd^ i^en unb bm ^rieftem ni^t aufge^obm toerbm foQte. @r Demeint ed unter 65
{nnft>eid auf i^re SSerfd^ulbungen an bm gö^enbimerifd^m 93amot^. älllerbing^ fagt er
m^ft au8brüdDi(b, ba^ i|ire Unterorbnung fc^on altmofaifc^ fei (ögl. obm ©.422, 31 ff.), aber
cbenfotomig entueibet er ,fie förmlid^ einer SBürbc, bie fte biö^er gehabt Ratten, in toeld^em
%(dl SS«. 13 ein Tü^ fi<'- ju ertoarten toäre. Unb tomn er 44, 7 e« gerabegu ate einen
„9unb«Sbntd^'' bejeid^net, ba| bie ^draelitm bid^er burd^ ^emblinge bie niebrigerm eo
426 £dii, Soittett, SoiUetiftSbfe
3;cttH)elbienfte Derric^ten liefen, fo jejt et bamtt eine Sunbe^tl^ora borau«, MUfyt Wefe
SKenfte anbeten }ugetotefen l^abe. ^tefe anbeten lönnen boc^ \Dof)l nut bie Seilten ge»
toefen fein.
©0 fommen toit füt« Stfte m bem ©d^Iu^, bem ft(^ eine befonnene Äritil, toie toir
6 glauben, nic^t enijiel^en !ann, ba| bet Stamm Set)i Don ben Anfängen bed idtaelitif(^
3ioIfötum^, b. ^. t>on bet mofaifd^en ^etiobe an (Dgl. aud^ 9ii 18) atö bet )um ®otted>
bienft befonbetd getoeil^te gegolten ^abe. 3^^^^^*^^ ^^ if^ unbenfbat, ba^ betfelbe jemofö
ol^ne Untetfc^ieb bem ^tieftettum follte obgelegen l^aben. Sei bet Sinl^eit bed 33olIe§
unb feinet ®otteg, toeld^^e und in unantaftbaten 2)otumenten bet ftü^eften 3^ entgegen«
10 ttitt (t)gl. ). S3. @£ 15 ; 9li 5), ift bie t)on bet gefc^ic^tlid^en Übetliefetung etn^tp be^
jeugte einl^eitlid^e 3ufammenf affung bed Jlu(tud an @inem Heiligtum unb in @inet ^efto^
familie in bet älteften 3^it dnli^ bad einzig 92atütli(i^e. 3Rxi bem ^entateuc^ ift ongune^en,
ba^ biefed ^tieftettum utf!|)tüng(tc^ bon bet familie, nid^t bom gangen Stamm ausging,
ba^ abet bon jenet auf biefen, bet fid^ fd^on in bet 3^^ ^^ äBanbetung butd^ feine
16 SSunbedtteue audgeid^nete, ettoad t)on })tieftetlid^et 3Bet^e übetging unb er bem ^eUigtum
ben näc^ften @d^u$ unb 3)ienft bot. S)ad fc^lie^ nid^t av^, bo^ bie bon SRofe enttoor^
fene ©tunbotbnimg, ioel^e bei P gu @tunbe Kegt, im Saufe bet ga^tl^unbette bei fo
toec^felboQen äSet^ältniffen mand^^e @tötungen etlitt. @d ^ötte tounbetbar guge^en muffen,
toenn bad genealogifd^e Siecht ft^ immet mit bem Sebütfnid bet ^ta^id gebecft ^ötte.
20 2Bie übetaQ toitb bei gu ftotlet ^a!^l bet Setec^tigten ein Seil betreiben gutüdg^tongt
tootben fein unb ^intoiebet toetben bie minbet Setec^tigten ftc^ befttebt J^oben, in bot
Jlteid bet Set)ottec^teten eimubtingen. (Sinen Slnlauf leitetet 9(tt etgä|^U bie Übetliefetung
fc^on aud bet 3^^^ ^Rofed (9tu 16). @in äSottücfen bet Sebiten in f^tieftetlic^e ^unftionen
begegnete und oben meptfad^, bad (Sinbtingen bet Xemtodbienet ^eibnifc^en Urff)rungd in
25 bie lebitifd^en Oblieaenl^eiten begeugt @gec^iä. 9luf fold^e SSetoegungen folgten ober caxSi
je unb je toiebet tefotmatotifd^e 9Ra|tegeln im entgegengefe^en ©imt.
@(|manlenb toat in bet ölteten 3^t fd^on bet Untetfc^ieb gioifc^ ^igem unb pt^-
fanem ^etfonal, n)eil bie ^Ibee bed augemeinen ^tieftettumd nad^to>itlte ; bamtt iß j^o4f
. nid^t gefagt, ba| jenet Untetfd^ieb gat nic^t gemacht ioutbe. 3)ad ©egenteil betamft ^on
80 9ii 17, too ein beftimmted «^milienglieb im Untetfd^ieb bon ben anbeten gum ^xvijta
getoei^t toitb, bet ^atton biefed itultud abet folang lein guted ©etoiffen l^at, bid ed ij^
gelingt, einen gebotenen Sebiten an beffen SteÖe tteten m (äffen. ^amaU mi^en man<^
^ulte mit obet o^ne Sebiten entftanben fein. ÜJtit bet f^ftematifc^eten Drbmmg be^
©ottedbienfted im töniglid^en ^etufalem toutbe ienetUntetfc^ieb gtoifc^en l^eilig unb ))tofan
86 fttenget butd^gefü^tt. S)ic „lebitifd^en ^ßtieftet" galten ate bie Don 2Rofe 1^ mit bem
eigentlichen SKltatbienfte bettauten, unb aud^ bie niebtigeten Dtgane bed Jtultud toutbat
bem Stamme Sebi eingegliebett, toad in bet älteten ^eit noc^ leiertet na(S) 8d>ärfnid gf
fc^el^en mod^te aU \päiti, too bieStbfotge allein entf^ieb. (Sbenfo fdjitoanften bie®ten)m
bet Sefugniffe innetl^alb bed Stamme« 2ebi. 3" ^^ SBolIdanfd^auung lüftete [Am
40 Sebiten eine Slntoattfd^aft auf bad ^tieftettum an unb aud^ im Jtöntgteic^ guba gelcnigtai
mand^e Sebiten gu ))tieftetlid^en Smtctn an 9tebenlulten. 9lud^ am 6enttal|eiligtiun
toaten bie Sebiten um fo angefel^enet, ba bie gemeineten ^antietungen nic^tidtaelitifc^
9{etl^inim übetbunben toaten. ^m ©egenfafe gu biefen ioie gum getoöpnlid^^en SSolte gaten
bie Sebiten atö SStübet bet ^tieftet, ängc|ötige bed ^ßtieftetftammed. So l^t oud^ boÄ
46 füt bad Solt gefd^tiebene D bie näbeten 9ianguntetf(^iebe, bie natütlid(f ftetd innet^
biefed Stamme« beftanben If^aben, nid^t ^etbot., SSöllig unftatti^aft ift aber, in S)t 18, 6f.
eine SKafetegel finbcn gu toollen, tocld^e bie Übetftebelung bet §ö^enj)tiefter nac^ Igeni«
falem einleiten foHte. SKit jenem Set)iten, bet, toie e« befc^eiben l^ei^, itgenbtoo in ben
3^^oten 3^^oel« gu ®af*e too^nt, fann unmöglid^ ein fold^ gemeint fein, bet bott dn
60 ^prieftettum befleibet. Sie abfielt bicfeö ®efe^e« ge^t nut boi^in, ba| bet 2tt>\t buwj
feinen audtoättigen 3Bo^nott ntd^t bed Sienftted^te« am Senttal^eiligtum mit entf))tec^
bem ®enu| bet ©nlünfte bedfclbcn betluftig ge^en foll. 3!)a|; et bott nid(ft jebe beliebige
1^1. §anblung öotgunel^men betec^tigt fein, fonbctn bet botttgen Dtbnung ftd(f einfügen
foll, t)etflcl^t fid^ babci bon felbft. 2Benn nun Äönig ^o[xa bei feinet Sfleformotion olle
66 ^tieftet bet jubäifc^en Samotl^ nad^ 3l^^f«I^"^ einbta^te, fo etflätt ftd^ ba« leicht botoitf,
bafe fie let)itifc^et äbftammung, alfo bem %m:pd gu Dienft t)et))fli(^tet tooren unb boÄ
ätufböten be« Samot^Iultu« butc^ i^te 33cttoflangung am fic^etflen getoöl^rleifict f<^en.
S)afe babei bet SBottlaut bon 5Dt 18,6 f. nid^t eingel^alten tootben fei (Rittcl, ®ef<^i(^
II, 324), ift fd^on bedl^alb ungutteffenb, toeil bief et 2ßottlaut, too e« fi^l um ni^t« toeniger
60 al« fteitoiHige (Singiei^ung öon „^JJtieftetn" ^anbelte, gat nid^t pa^tt. Äittel meint femer,
ScbE, Setiittti, SctPilcnfiaMe
Sr^fft
427
Qojia \}abt jene §öt)eni)ticfter ju üoHberec^tiflteii llrieftetn in ^cn'folon machen iBollen,
bte borliac 5l!iieftev|d)afl ^abc bieS jrto«^ ni^it jugcgcben. Jlon einem foli^en @egenfa^
toeife ber lejt nidSiie. @ö fjeiftt 2 Kg 23, 9 cinfadi: „bo(^ butften bic ^rieftcr ber
fibben nit^t fieranftcigen jum SHtar Qabbef^ in 3«ufalcm, jonbetn nitt ungeläuertc Ru$en
enen inmitten ibret Sriiber". 2). ff. man bat fic nad; iljrcr SäbEunft nlä Seoiten aner; 6
lannt, aÜ '^^nefter aai guten ©ntnben nii^t. @an) ent|))rec(icnb entfc^etbet über fte f))ätei
Sgti^iel, bet eben bie|en dte^löunleridfieb ni^t neu ge|[^affen, tonbrni i^n fdion vor:
gcfunben b°t- 6'"* reinliiibe ©(Reibung gtoilcben ^rieflcm unb Scuiten gegen bie Seit
be« Siite wirb aud) burc^ baö beftotigt, nai Don ber 9Iüc(Iebr beiber AEa^en gemelbet
ift. iBgl. granj Ilelifjrf), 3KffiS 1880, ©. 286 f. ^er gefe;|Iii^e Seift beö ^ubentumS lo
in ber nQ^ejiliitfccn 3eit bratf)te eä mit fiel), bafi bie Orunbiinien biefeö JRetlitöunlerff^iebeä
nit^t mcfir Oenri((^t, (unbcm im ©cgenteil Betjqärft löutben, ». DrtBi.
i'rniotliim f. Sb V ©. 8, 33—10,2.
£cBirnt8ef)t t- Sb V S. 745, »] ff.
£etiiticii€ j. ^entalcud). is
Se^berffT, aJieI(()ii)t, gcft. 1721.— Sodgcjeßte ©ntiimluna von Hltcn iinb 9!cuen
Z^eobglfc^en eadjeii, SefPilg, Satirgang 1721, ®. 10l2fF.: Unpart^e^ifdjc ßird)eii>^iftDrie,
3enü 1735. fflb II, S. 625; «. 3. pon ber «o, Biogr. Woordenboek, ob XI, S. 387ff.;
Sog, &i\ib. ber piot. Dogmatil, Sblll, €.290.
3R. Se^beier, 1642 ju SJtibbetburg geboren, Würbe no^» fünfje^nj^igEn $farr= 20
bienflen in [eelänbif^en DrEfctiaften ^rofeffor ber 3:{)eD!Dgie in Utrecht 1679 unb tuirlte
bort biö ju feinem iobe, 1721. (£r toax ein nai^geborener SÖoetioner, Wob' ber le^tc
SBettreter einer gänjlij^ nnerhieii^ten reformierten DrtboboEie. 93on biefem Stanbpunttc
aui polemifierte er nii^it nur lüiber bie 9(euerungen beö XeufelSleugnetÖ Salt^afar Seder,
befien bejauberte3öe(t 1G90 erf(^ienen mar, (onbem mii^ loiber bie cartefianift^c ^S^itofopbie as
unb felbft toiber ^ermann Sffiitfiuö, ber bie rcformicrle ße^re Bon ber ^^aufc ber lutbe.
rif<^en anjunäbem fd^iien. Die meinen feiner jaljl'^ei'^e" poEemiff^en ©t^riften fmb nbet
toiber bie göberaltbeoEogic ber Gocceianer gerii^tel, unb führen bie ftreitigeu jungen mit
otßger fliarbeil Bor. Übrigen« (jal gerobe ^\tx aud} bicler ^olemifcr bem me^r auf bie
biflotift^c Gnlwidelung gcridjletcn 3citgeifte einen tieinen Xribut joÜen muffen. Se^beder so
tonnte bie (SnttDideEung ber ^eiligefi^ii^te nat^ bem ^b*'"«'!^!'«'" nid()l Biättig beifeite
ft^ieben : fo überbot er fie buro) emen „öIonDmift^en" SnttBurf, Welcher bie ®e[amttbätigi
feit ®oHeö auf bie SieEt nadj bem ltinitarif(^en Si^ema orbnetc (De oeconomia trium
personarum in negotio salutis humanae, Traj. 1682). Unter ben fonftigen onti;
coeeejanift^en ©{giften ift bie toiditigfte : Synopsis controversiarum de foedere et 36
testamento Dei, Traj. 1690. ©ein f^ftematifdjeä gaubttDerl ift: Comment. in Cateeh.
Heidelberg, sive de veritate et sanctitate (idei Reformatae, Traj. 1694. ®anj
frei Bon ))oEemifctiem S^nralter ift nur bie groge ®ef(^id)te unb äErdiaoEogie beä %1ä :
De republica Hebraeorum, Slrnft. 1794; ein jtoeiter Sanb, mit lueEc^em baä SBerf
ober not^ immer unBoEEenbet bleibt, erfi^ien 1710. to
91. Si^weljer + (<S: g. Surl aRüner).
gelben, ^otjann Bon f. aRünfter, ffiäiebertäufer.
Seqfer (£ci|er, iJijfer), lutberifdic3:beoEogen= unb ©elebrtenfamilie, ouä ©db'"'«^'"
flammcnb, im 16. ^a^r^unbert nää) ^iotbbeuif^Eanb übetgefiebeEt unb bort in einer
dbeligen unb bürgerlichen Einie nodj je^t an Berfdiiebenen Orten bEübenb. 4s
1. 3)er ältefte auä ber aSiirttembergift^en fiiw^engefi^it^te bctannte ©tammuater ift
Äafjjar Se^fer, gcft. 1554 ober 55.
aitlerotuf. Ebr. gr. ©oltler, Bcldjlrtite bcä ^eTjogtum ^ürllembcrgfl IV, S, 74
unb öeta. n. 29 u, 30; iinTtitiann unb 3fiqev, »renä II, ©.285 ff.; 6b. Sr. ©ctiuitrrer,
(ErHuterungtn JC, S. 234 ff.; ?!refiel. Anecdota Brentiann ©. 385 ff. ; ßbt. 3ir. 0. ®l<ilin, 50
fflüritembergljtbc ©efildUe IV, e. 738 f.
Gfeboren ca. 1527 ),u Söinnenben im gerjogtum aBürttemberg, lö41 in Tübingen
immatrihiEiert, ^i^eunb unO ©^teager Don ^atob SEnbreti, ca. 1550 ^faner in (einer
5Kalerft«bt, bann ©tabltjfnner in 3!üttingen, befannt burd) feinen ben 6. ©eptemba 1564
428 Üt^a
in ©emetnfd^aft mit 3. älnbrea, bamatö @u))erintenbenten in ®'6ppmam, an ^erjog
e^to))^ t)on äBürttemberg gefteQten Eintrag auf @infü^ng einer befferen Aird^jud^t
md) colbinifc^em SSorbilb unb auf Sinfe^ung bon ^redb^terien, b. f), eined oud 6 btd
8 SRännem, ^rebigem unb Säten, befle^enben ®emeinbeIoIIegiumi8, bai8 toik^entlic^ ju«
5 fammenlommen, bie rollen ©ünber öorforbem, jur Sefferung enna^nen, ebent bie 1^
näcügen t)om 9lbenbma^( au^fd^Iiegen foDte. 2)er ^ergog nal^m ben SSorfd^Iag ta>ol^Ita>oQenb
auf, Srenjober unb bie toeltlid^en Släte toaren fel^ entfd^ieben bagegen. S)te bot»
ne^mften Geologen bed Sanbed, worunter befonberd Slnbreö, tourben auf ben 24. 9los
bember nac^ ©tuUgart berufen unb i^ntn in ©egentoart be$ ^erjogiS unb fämtlic^
10 Oberräte ber ^erjogUd^e SSefc^eib })ub(ijiert : „ed gebühre Sofern nidpt, ein eigene^ Jbm
ftftorium in feiner ©emeinbe aufjurid^ten, auc^ fei eiS bebentlic^ jä)em ©eifflid^ eine
fol^e ©etoalt einzuräumen; nur bie Slbma^nung bom @alrament ftel^ bt^em ju,
toeitere SKaferegeln ber ^u(i)t feien teite bem l^erjoglid^en Äonfiftorium, teite ber todt^
liefen Obrigleit )u überlaffen.'' Se^fer ftarb bolb barauf; 9(nbreä frnib ein anbered
16 ^Ib für feinen ref ormatorifc^en 6if er ; bennod^ batte ber Se^f erfdbe äntrag feine 3***nft
unb tourbe im 17. ^ai^rl^unbert in beränberter ©eftalt bon ^o^. 93al. ätnbreä tbi^er auf<
genommen.
2. ©ein einziger ©ol^n toar ^ol^farj) Se^fer (ber ^ere), gefl. 1610. —
fittteratur: lüeic^enreben uon Seont). |)UtteT, $3ittenberg 1610 (benu^t oon iR. ftbam,
20 vitae theologor. ed. 3, 1706, @. 379—381), ^. ^ö^jfner, Scipsig 1610 unb % Senlf*.
fieipjig 1610. Zf). (Bpi^l, Templum honoris reseratum 1673, @. 9—16; ©. ®. Xen|cl, ein
Urenfef Se))ferd, gab ^ur Verteidigung fie^ferd gegen bie Eingriffe &ott\xith ftmolbd einen
Sraltat fie^ferg r>on 1605, ber für fein fieben {e^r roertDoQ tft, mit einigen einleitenben
S3einerlunaen neu ^erauS : IRettung ber (S^ren unb Unf Aulb D. P. L. in Curieuse bibliot^
26 1705 II, 675—735. Um p* gegen bie grcunbe be8 9iicl. Ärell jju ücrteibigen, aiebt S. ^ier
eine Autobiographie oon 1585 an; befonberd 6e^anbelt er feine loejie^ungen ^u @ad^fen unb
©raunmoeig. — @ln onberer Urcntcl, % fie^fcr HI, oertcibigte i^n ebenfoll« gegen Slmolb
in einer @4rift u. b. %, Officium pietatis etc., fieipjig 1706 (®Iei4, 6. 582ff.). t>ajfli
ogl. bie Sorrebe bed oon bem{. ^erauSgeg. i^ommentarS in prophetas minores; ^. ^fifeliii,
80 Memor. Theol. Wirtemberg. 1710, pars I, 281 ff. ; $ö. 3. *Jte^tmet)er, ©rounfc^w. ftir^en«
^iftorie 1715 IV, 23 ff. 55—149 auf ®runb urhinblicber Cuellen mit mertooOen Beilagen in
^eil V. Unter ©enu^ung aQer früheren OueQen lieferte 3o^* Anbr. (<iib in ben annales
ecclesiastici I, 439—609 eine forgffiltige fiebenöbefc^rcibung (mit Silb); eine lurme d. g.
@. ©ierfing in feiner 92euaudgabe oon fie))fer3 (Sotec^idmudprebigten 1752. ^a^u og(.
85 gö^ersaflotermunb, ®eIc^rtcnIcjifon II, 2630; IV, 271 ; «. t^olud, 'J)er ®ctft ber lutj.
J^cologen ©ittenbcrg«, 1852, 6. 4—14 unb passim (unter ©cnu^ung oon SSWefen);
(5J. grranf, ®cf4i(btc ber protcftontifdicn 2§eoIogie, I, 1862, 6.243 ff. »ielc ©riefe oon i^
befol fein Urenfel % fic^fcr III in (Scfle (f. u.) unb gab eine Äuöma^I berfelben beraud
u. b. i, Sylloge epistolarum Leyseri 1706; anbete finb gebrucft bei die^tme^er, QIIei4f
40 f^cbt, supplem. histor. ecclesiast. unb in ben Unfd^ulb. 92ad)r. 1708 ff. (ogl. bie 9^a(bn>eife
bei ®Iei(b/ @. 609); onbere ungcbrurft auf ber Hamburger S3ibIiot^cf.
@r iburbe geboren ben 18. 3!flQX%lbb2 )u äBinnenben. 3la6) feined SSoterd frül^
2^obe berl^^eiratete ftd^ feine 3Rutter (ÜRargarete, geb. Sntringer aa^ ^lübingen, @d[^ti>eficr
ber JVrau 3- Stnbreä«) in jtoeiter 6^e mit bem 2;^eologen &\xla^ Dfionber (einem ©o^^
46 bed nönigdberger älnbrea^ O., geb. 1584 in 9{ümberg, bamafö ^iolonu^ in ®ö)))Nngen,
f))äter ^of))rebiger unb itonftftorialrat in ©tuttgart, geft. 1604). .Rein 3Bunber, ba| ccaii
iBeijfer bie geiftlid^e Saufba^n unb bie ftreng lut^erifc^e Slid^tung feine« ©tiefbotcr« D.
toie feine« O^eim« Slnbreä einfd^Iug. ^n ber JUofterfc^ule ju 93laubeuren unb auf bem
©tuttgarter ^äbagogium borgebilbet, tourbe er 1566 ©tubent unb l^erjoglic^ ©ti)>enbiat,
60 1570, faum 18 ^af)xt alt, 5Wagifter unb 9lej)etent in S^übingen. $eerbranb uiü> SCnbreä,
ber jüngere ©c^ne)[>f unb SSrenj toaren feine Se^rer; eine innige, mel^r al« btübfrlif^
^eunbfc^aft berbanb i^n toä^reno feiner ©tubienjeit mit feinem um }n)ei3<^te ölteren Sonb««
mann Slegibiu« $unn (geb. 1550 in SSiinnenben). £. felbft bergleid^t i^ SSerl^Kiltnid mit
bem fjfreunbfd^aft^bunb jtoifc^en Saftliu« unb @regor bon ^{auan). ©c^on 1573 tofa^
66 2. ^ßrebiger ju ©efleröborf in 9Jieberöfteneid^ bei bem (Srbtruo^fe^ 9R. S. bon Suc^^cim.
9$on bort au« ^atte er al« beliebter itan^elrebner öfter« auc^ in 3Bien )u ^rebigen unb
tourbe bem Äaifcr 5WajimiIian II. belannt. 3»" 2:obe«ial^r be« lefeteren (1576) ertoorb er
in 3^übingen jugleid^ mit :Jigib. §unn bieSBürbe eine« Dr. Theol. Sinen Sluf jum^rebigt»
amt in ®rä^ Uf)nU er ab, folgte aber 1577 nad^ längerem SSebenlen auf Sefe^l feine«
60 ßerjoa«, ber i^n al« fürftlid^en @ti))enbiaten mnäc^ft auf p)tx ^af}u bem 5lurf&iicn
^uguft liel^, einem Stufe nad^ äBittenberg al« Pfarrer, ©u^erintenbent unb t^eologifi^
^rofeffor. Sion feinem O^eim 3- Stnbreä introbujiert unb al« 3Rann bon fc^nftmä|iger
reiner Sclfre, ehrbarem Syanbel, ftiHem unb friebliebenbem Gb^raflct aufS tuärrnfte em=
tfo^Un, Itnl er im j^btuat 1577 (ein ^fortamt, etloaS (pätet fein alabcmtftteö Sie^ramt
an. Uma (einen etftcn äu^öt«^ HJ*"^ 3"^- ämbl. S" Süitlenberg ^atte £. bie nit^t
eben banlbore Sliifgabc, bie (eit bem Stuii ber fitvVf>^a'''i"'ftf" 1^74 bcn^c^nbc 3luf=
tcgung )u befdjiuit^iigcn iinb bei ber Sinfübrung ber fionfoibienfortnet Wie bei ber SRe= &
organijaticn ber Uiiiöerfitiil mitju^Ifen. Daft ti bierbei nidjt ebne Äonflill unb aöibcr=
hMitigieiten abging, läjit [\ä) leii^t bmfen. Seine Sni5rm^Io(i0(cit aber, (eine natttr=
l\d)t £iebenätiiiirbigtcit unb rebneviff^e Begabung (er nar au) ber Aanjel „nie ein ßngel
onjujeben" — „ein jloeiter Dr. angelicua" SHe^tme^er l. a. S. 14-i) erluarben iljin
bolb bie ätcblung unb Siebe (einet @emeinbe, ber Unit]er(ität unb beö Rurfürften. Seim lo
^f(^(u6 beö flonlorbientoerlS 1577 — 8Ü würbe er ju Betriebenen Beratungen unb ®e:
ft^äften jugejugen, ei toor neben älnbreä unb Selnettei ^Ritglieb ber ßDmini(fion, toeli^e
bie Unter(i4nft ber flonforbia in Jiur(acbfen ju betreiben botte, no^m leiE an JtonDenten
Si iH.'ittenberg, Sit^tenburg, JDieifeen, ^erjberg, lorgou ic, batte mtl SInbreä eine neue
niDerfilälöotbnung ju baatcn, Kurbe mit einer XcjtreBiftDn ber Iutberi({^en SÜibeliiber; is
(e^ung beauftragt, roobn'e 1582 bem ÄoÜDiinium ju Oueblinburg, 1583 einer ©»nobc ju
SDresiben, 1684 unb 1585 fionbenten ju iRagbcburg, üeipjig, §erjberg bei. flurj bor
Slnbreäö SHbff^ieb a»S Äur(acb(en batte ii. (ic^ nocb feffer an bie neue J^eimat gebunben
bun^ (eine a!erbetratung mit (Slifabetl? firanncb, ber 3;ocbter beä ^Jlalerö unb Sürget=
meifterä oon Siittenberg, üucaö Ä. beä jüngeren (^Karj 1580); bie Sb« War gtüdlidb 20
unb mit 13 Äinbem ge(egnet, olfo „ba| er aucb in (einem ©beftanb ein recbter ^ßolpfarpuä
oeniejen". 2H# aber natb Surfürfl Mugiiftä iob 1.586 ber ^Cbilipptömu« fein ^aiept m
Rur(acbfen aufä neue ert^ob unb gleitbjeitig ein ^uf auä 33Taun(d)lDeig an ibn gelangte
}u ber Stelle eineä AoabiutorS ober ^ije(upeiintenbenten, }o glaubte er bie lSnt({bcibung
feinem Sanbe^b^^^r bem Jturfürflen Sbriftion, itberlaffen |;u foUen. ^ei ealbtnifterenbe 2g
^of erteilte ibnt bereitluiUig bie Sntlaffung (äluguft 1587), unb (0 jog er Don bannen
gum 6(bmerj feiner grcunbe unb Sln^änger bei Uniuerfität unb föemeinbe, bon feinen
©egnem mit gob'^i^en Satiren unb ^ISaÄ^uillen »erfolgt. Siuc^ in SBraun((^toeig
toortelen feiner neue Sämpfc: ber bortige ©uverinlenbent §eibenrei(^ beftritt bie Ubi=
quitätäle^e ber Sonlorbienformel, bie er nur bebingungßtoeifc unter(i^rieben ; fieijfer Der= so
teibigte beibeä — bie fie^re unb bie Stei^tägiltigieit ber F. C, unb batte bamit bie Mti/x-.
beil ber '£raunf(^n)eiger Qlemeinbe unb ^rebigcr auf (einer Seite, ^eibenreti^, obf^^'^
unbeliebt, Würbe feines 2Jmted entlaffen unb Sc^fer Superintenbent 1589 (f. SHeblmeier
©. 55 ff.). 3Iun aber luarf fu^ ber ftreitjütttige §elmftäbtet ^rofeffor 33. ^offmonn ju
^eibenretc^ 'Betteibiger auf : eä (am ju beftigen ßrörterungen, .^erjog .^einrii^ 3iiIiuS »
tDOÜte ben Streit burtlj ein ÄoBoqutum ju SßJolfenbüttel (^ilic^ten (6. aJIai 1591). ©er
9iaun[(^n)eiger 9iat ober BcrWarf biefe tent(d)eibung alö einen (Eingriff in feine fin^üt^e
^uriSbiftion. 9Iucb im St^ofe ber Siirgerfi^aft [am cS gu beftigen .^foiftigtei'en, benn im
State faften moni^te ©egner be« ent(riebenen Vertreters ber fiontorbienformel. 33a lourbe
Sevfer nacb bem l;obe beö Äurfürften Gbnf'ian I. (geft. 25. September 1591) unb bem 10
roft^en Stwrj beö (ur(äcbri(*en finjptocalbiniSmuS naä} üöittenberg juriictberufeTi. ®rft
nacb langen sßerbanblungen erljielt er ferne Sntlaffung unb jtcar juerft nur auf ibei
3abre, unter ber Sebingung batbiger ^tüdtebr (26. Sljjril 1593). Saum in SSJittenberg
angctommen, Würbe er in ben ^uberftben Streit Berwiiielt (f. Sb VIII, 409 ff.), folgte aber
ff^on 1594 einem 9tufe naib 3>reSben als 0ofbrebiger unb ßonftftoriatrat an bie Stelle t&
beä 1693 Berftorbenen ÜDI. ffltirua. 3(un erft (2. ^uni 1594) gab er, taum erft »on einer
gefäbrlii^en ßrantbeit genefcn, (eine S3rQun((^Weiger Superinlenbentur bcftnittD auf, unb
trat fein neueö mü^e: unb bomenBoHeS 3lmt in iDreSben an. HJfit Wel(^ geWiffenbaftem
Emft er (eine Stellung oni §ofe auffaßte, geigen insbefonbete (eine Bier 2anbtagä=
prebigten, gebalten ju 2:orgau über $( 101, üun i^m (elbft ^ccaniQtztbm unter bem so
^itel: Segentenfpiegel, fieipjig 1605, 6. 8 (neue SluSgabc Bon 5. grieberi^ §aQe 1859).
^ier t«it er in ber Sorrebe „ficlf felbft einen ^cfprcbigerfpiegcl Borgebalten, Wonat^ er in
feinem befcbweilicben unb forglicben 3Imt fid) balten will: @otteS SBort unBerfälj^t nac^
ätnleitung ber Aug. Invariata unb Form. Conc. ju lebren, (ein Setjramt mit i^rift
liebem iBanbel ju jieren, aber aUeä ungebofmeiftert ju loffen, WaS nic^t @DtteS äicrt w
ftraft" (f. ©leicb ©. 534^44). Unter Bieten (Sefcbäften, jeitraubcnben Steifen, auclf
fi^Weien Mrant^eilen, unter Bielerlei ilämpfen unb ^iberwärtigfeiten, bie il)m Bon ben
geinben ber göttlicben SÜabrbeil ober Bon falfdjen Srilbem bereitet Würben, — unter
böfen unb guten ©eriitfelen, bon ben einen ber §errfdf(udft, con ben anberen beS ©eijeS
unb anbcrer %ti)la be(^ulbigt, aber m (anftmütiger ®cbulb unb bemütigem ©ottuertrauen üo
430 Sdifer
aDed @d^tt)ere tragenb unb übertotnbenb, geehrt burd^ bod 3^^^^^ f^^^^ t^tften tüie
burc^ bte ®unft bc^ Äaijerg Slubolfll. (bet t^n 1607 in $raa Jjrcbigm üc^ unb ein
alte« 3lbetebi|)lom feiner gamilie erneuerte), üerbrad^te er ben furjen Steft fjine« Seben«.
@r ftarb, nad^ längeren Setben, 58 ^a^re alt, ben 22. ^ebruar 1610 )u S)re^en, t>im
6 bier Uniberfttdten betrauert atö Phosphorus theologorum nostri secuH omnium,
al« theologus sincerus, orthodoxus, animi candore, morum suavitate, do-
quentia rara insignis. SSon bem bamal« gleid^lieitig in iturfac^fen to>irfenben fd^tDO^
bifc^en ^eologenlleeblatt l^ie^ ^\mn ber ©elel^rte, ^^liu« ber93erebte, Sei^fer ber Schöne
— Hunnius doctissimus, Mylius eloquentissimus, Leyserus formosissimus. —
10 SBon 5p. fie^ferg gal^Ireid^en ©d^riften (f. baö SSerjeid^ni« bei ^ifc^Kn, Si^^'S'^*^""«**
@U\äf) ftnb bie beiben mid^tigften, bie fein älnbenlen am meiften erl^alten ^oben, feine
älu^abe ber loci theologici t)on ÜRartin Sl^emni^, ^anffurt 1592, unb feine %üttr
fe^ung ber 6^emni|if(^en @t)angelien^armonie (Harmonia ev. a Ghemnitio inchoata,
granffurt 1593, fj)äter mit ber gortje^ung 3. ©erwarb« 1652. 73. 1703); femer Äom^
ifi mentare jur ©enefid, Daniel, ben Ileinen $ro))^eten k. ; bie berüd^tigfte aber ( — ou«
ber bamaligen Situation, bem Jtam})fe beiS Sut^ertumd mit bem fog. JtrV))to€aItnntdmud,
)u erflären, aber nic^t }u entfd^ulbigen — ) ift bie Slb^anblung u. b. %, : Ob, tüte unb
toarum man lieber mit ben $a))iften (NB. angenommen bie ^efuiten!) ®emetnf^
^aben, unb g(eid^fam mel^r SSertrauen ju il^nen tragen foQ, benn mit unb )u ben 6al<
20biniften; urf})runglid^ aU Siorrebe ju bem 3BerIe: Ghristianismus, Papismus et Gal-
vinismus, ba« iftbret; unterfc^ieblid^e Sluölegungen be« Sated^idmi Sut^eri k. 1595,1602.
an S^riftian II. gerid^tet, \pättt t)on feinem ^ac^folger, bem $oft)rebiger $oe toon ^oenegg
1620 neu ^eraulgegeben (über biefe @d^rift Dgl. X^olucf 1. c, @. 115f[.). 9lld ©egenftüd
mu^ man baneben galten fein relatit) ma^boDe« SSer^alten gegen feinen iurtftif(^en AoDegen
25 38efenbedf, einen Satoiniften, ber auf bem Sterbebette bon S. ba« älbenbmcü^l bege^
äUder, aufgeforbert, fic^jur lutl^erifd^en älbenbma^Mel^e ju betennen, nur ertoiberte, „bog
er nod^ fc^toac^ fei, ber ^err toerbe aber ben glimmenben ^od^t nid^t au«Idf(^ ^cn'',
reichte t2 il(^m £. in bem 93enmgtfein, ba| manche [\df bamit nic^t tDürben jufrteben ge»
geben l^aben (t)g(. ^oludt @. 124 ff.)- 9(ugerbem ^interlie^ er gal^lreic^e $rebigten, be^
80 fonberg Seid^en« unb anbere Äafuallprebigten, Sieben, 3)i«J)utationen, ©treitfc^riften gegen
Hatl^olifen, toie (Sretfer, Äle^I 2c., gegen Ealbiniften (j. 8. de exorcismo 1691), gegen
©am. ^uber (1594. 98. 1604), methodus concionandi 1595, passio Ghrisü 1597 u.a.
3. aSon feinen ©öl^nen toar ber ältere, ^ol^farj) Se^fer II (geb. 20. 5Rot)emb<r
1586 JU Wittenberg), «JJrofeffor unb Dr. th. ju SBittenberg 1610, ft)äter ^rofeffor in
86£eit)jig 1613, Äanonifu^ öon 3ri3# 3)om^err l>on ?Keifeen, ^ro})ft inSBurjen, Ronfiftoriafc
rat tn SKerfeburg, ©u})erintenbent in Seij)jig, geft. 15. ^^nuar 1633. @r beteiligte ^
an terfd^iebenen t^eologifd^en Sierl^anblungen unb ©treitigleiten (3. S3. an ben 93er^aiib<
lungen mit ^alob 95öl(|me juS)re«ben 1624, f. SlS.Sblll, ©.274,1» an ben Ideologen--
tontenten ju ^ma, 2tipm 1621. 24. 28. 30, an bem Seit))iger UnionäbDoquium
40 1631 K.), fc^rieb eine @rflärung bed @alaterbriefed, üommentar jur Gonf. Aug. unb
F. G., ©treitfc^riften, ^rebigten unb 3)i^utationen, ftanb aber an toiffenfc^aftlic^ SJe«
beutung unb geiftiger ^eil^eit l(;inter feinem Spater jurüct, f. Seid^enrebe bon &, S^bp^tt,
£ei))jig 1833 bei SBitten, Mem. theol. Decas III, 369—91; 3iki^er*9lotetmunb,
£^olu(t a. a. O.
46 4. ©ein jüngerer ©ruber toar SBilbelm Se^fer, geb. 1592 in ©reiben, Qxtpa*
intenbent in iorgau, Dr. th. unb ^rofeffor in Wittenberg, geft. 8. gfebruar 1649, S8er*
faffer eined Summarium locorum theol., eine^ Systema thetico-exegeticum, etncJ
trifolium verae religionis vet. lest. (f. ^öc^er 1. c.) Adamiticae, Abrahamiticae,
Israeliticae unb anberer ©d^riften.
60 5. @in©o^n t)on ^ol^faü) Se^ferll toar ^ol^annedSe^fer, geb. 30. @et>temb(r
1631 in Sei^jjig, eine ^txt lang $aftor unb 3inf})eftor in ©d^ull^forta, ein gelehrter
©onberling, ber bie 5Warotte ^atte, in mehreren anonymen ober j)feubon^men Schriften
(u. b. Flamen 2;^eo})^ilu« 2llet^iu^ ober ©inceruö SEBa^renberg 1671 ff.) oö Serteibigcr
ber ^ol^gamie aufzutreten. Ste ©ac^e mad^te groged äluffel^en ; jai^lreid^e Wiberlegung^
66 fd^riften erfc^ienen öon ben 2^l(ieologen GJefeniu^, 5Wufäu^, Diecmann u. a. ; bie ©dpriften
tourben Dom genfer üerbrannt; ber SJerf affer üerlor feine ©teile, tourbe bänifc^ g^
))rebiger, irrte in l^alb @uro})a ^erum unb tourbe jule^t jtoifd^en $ariiS unb SerfoiSc^
auf ber ©tra^e tot gefunben. 9}gl. $. ©a^le, Nouvelles de la republique des lettres
1685; (Si)x. ®. Slugiud, Diatribe de J. Lyseriad suadendam polygamiam editis,
60 SJBittenberg 1748; Nouv. Biogr. g^nörale, 8b 31, ©.59.
Senfer
S'^pf^ital
C. Sin altem Sinber Bon itjm War ^x'itixii} ^il^clm Se^fer, geb. in
Stqijid 1622, gefl. ali Somtirrtiaei ju ÜJtagbebutg 1691; bcfi«i ©o^" enbli(^ luar
7. ^pljlaTV Seijict III, ^eb. 1. 3uU 1656 ju|)alle, Sinefior b« pljllo(o;jM*fn
goiultät in Snjjjig, fjjätcr "(iaftDr m 3)iagbeburg, Superinttiibcnt in 3öunftorf, jule^t feil
1708 ®en«a^©mierintfnbent in Gelle, geft. 11. Ottober 1725. 6r mai^te [\A) be[onberf &
um baä 2tnben!en (eineö Urgrofeüaterö oetbient ((. b. Sitteratut 6ei 2). Si^iifttn üon ibm
(. bei 3b^et'9totcnnunb. ßbenba finb auct) tioc^ anbae (äcle&ite, 3uriftcn, 2;i)«clpgcn,
^tiiloCogcn beä|etbcn ^larnenS Deigeid^nct. (JffiaBtntnann f) Qto^BncB Snnit.
ß'^of^iUol (SBic^el be) geb. um 1505; wi^. 1573.— Eiileiatur: Petri Bunelli
familiäres cpietolite, Luteüae, 1551; B&ze (Theodore de) Les vrais pourtraita des hommes n>
illuetres, Gen^ve lü81 ; Fasquier (Estioime), Lettree. ^riS 161U ; J. A. De Thou Uieto-
riorum libri CXX. SoriS l&lOi Boissard, Thesaurus virtuti», Francofordi 1628; BranWme,
Vies des capitaincs illustres [Vie du Conn^table do Montmorency], ^axii 1666; Bayle,
DictioDDaire hielorique et critique, art. Hospital (Michel de L') 1695/1667; Coudoreet,
Gnibert, Elogea de M. do L'Hoapilal, ^orifl 1777/1778; Duprö-Laaalie, Etudea aur M. "
de L'H. in tev ^titunfl ,J* Droit", Mara et Juin 1858; A. H. Taillandier, Nouvellea
recherches hiHtoriques aur la vie de M. de L'H., ^ariB 1861; Villemain, Etüde«
d'hjstoire moderne. Vie de L'H. 1862; P. D, L., EclaJrciaaement hiatorique et g^nfalogique
Bur L'H. et aa famille. Clenuont-Ferrand IWZ; ©euer, Sie gtrd|oH)oliIif S'^olpitalä,
fieipjig 1877; J. Delaborde: art. L'Huapital |M. de) in 6er EncyclopÄiie des Sc. relig. öon »
lichtenberger, Adrien Seilte, Un apötre de la lolfrance, gjlonioubon 1891; Aniphous, M.
de L'H. et la Ubert^ de conacieuce au XVIe aifede, Soriö ISKX); Bulletin d'Hiatoiro du
Prolcutaiilisme francaia. III, 3G3. XVI, 114, 234. XXII, 243. XXIV, 109. XXXI, 50.
XXXVIIl, 9.
,,S'$ofpitQl mar ber größte, gelel&itefte, loiiibigfte, bielfcitiflfte ÄanjEer, toelt^ 55«»"^ *»
Tet<^ je gehabt ^at. (£r inor ein jtoeiter dato, ä^iiltd) bem rbmifc^en Senfoi, unb Wuitt
ie<^t Iro^l bic Oerborbene SÜelt ju rügen. Ör gli(^ ilim auc^ äufeeriic^, mit feinem langen,
hieiBen ©arte, feinem blaffen (Sefidjle, lein« emft^aften Haltung; er War baiä (Sbenbilb
aud) beö ift ^icronvniuß. 2115 er ftarb, lonnten i^m fclbfl feine geinbe ben Stu^m nic^t
tauben, bafi er bcr bcbeulenbfte SRann ber SJlagiftratur gcftcfen fei, luelc^et je gelebt ^at, so
nod) leben mirb. 3!iennocf) Betleumbeten [ie ibn ftetö, inbem fie i^n einen ^ugenott
fi^alten." — SJiefeä, über ibn »ort Srantöme, Bor btei 5!i^''f'i"i^^fn gefällte Urteil,
iDurbe burd; beinahe alle Sd^riftfteller bcftötigt. Cbfd)on ber Bäterlii^en ;Tleligion tieu,
tootlte et bic tattjcliftte fiirdjc bcn allen yJiifebrnui^en reinigen; gleic^ieilig toar « ein
©et(^ü|cr ber SHeformierten unb blieb fletö gereift unb bulbfam, mitten unter einer ©i^Kit es
Von ^natilcm ; turj, er loar ein cbler Sierfec^ter bet Serei^ligfeil unb ber ©eiDi^enä'
ftei()etl. äuä einer abeligen Samilie ber Stubergne ernfprcRen, lourbe 3Kii$eI um 1505,
im 6(^[ofje £a Jftoi^e, nalje Sigueperfe geboten. Sein Siater ^obann ftanb aW Slrjt im
SJienfle be« ßonnetabelS Äarl Bon Sotitbon. 3llö biefet feinen Äönig »ettiet unb auS
gtontteit^ fliegen muftte, hjar HJtii^el ein acdtje^njä^rig« Studiosus juris in louloufe *o
unb hmrbe juerft inS ©efangniS geWotfen. ©o lernte bet fünftige Kanilei Don ^ufl"'''
auf bie Unftäligteit fceö irbif^en ®lücfö fennen. 9Ia^ jWei 3o^rcn entlaffen, folgte et
feinem 2!atet nai} ^tal\m unb ftubierte fet^ 3«^« t"'« Stetste auf bet berühmten Uni'
Betfität $abua. ^m legten ^atjte (1531) bocierte er (elbft im ^iöilrcdjte als Profesaor
extraordinarius. 'Jifltbtem er nott» ein ^a^r in SHom, in SBerbinbung mit bem foge= ts
nannten ©erirfile Della Rota »erbracht balte, fanb er im fiatbinal Bon Orammont einen
(Sonnet, loetcbet i^n na^ ^'^anftcid? jurüttfübrte. ®r fam nat$ ^ariS, mo er brei '^aifit
hn älbbofatenftanbc tüchtig arbeitete, fid? babei jebDi^ immer nad) bem Stii^tetamte feEmte.
3)0 aber bie älmtet tauflit^ Waten, unb er, infolge be§ geljleril fetneö SJaterö arm gc:
toorben toar, (jntte er faum bie geringftc ^offnung barauf; olä feine Sliertobung mitSWario»
SOiorin, ber ^oc^tei öc# ^oliiet=!DirettotS, i^m eine gute iäebenSgefä^rtin itnb jugleii^ einen
eig im Parlamente Bcrf^affte (1537), loar er 32 ga^re qÜ.
aSon nun an tourbe feine Saufba^n immer glängenbet: 3m ^ai}xt 1547 toutbe
er alö Slbgcotbneter jur 3;ribentiniic(ien ©^nobe gefanbt, hjeU^e bamals nac^ SBd=
iogna oertegt TOorben loat, ÜÖälitcnb eineä IGmonatUt^en aiufent^altä bott, toat et ent^ a
ruftet über bic Siüenlofigteit unb bie Kabalen ber ©eiftüi^en unb fanb bie römift^e Surie
Boller Softer. 1553 lourbe er Bon ÜJtargareta, ber lünftigen ^erjogin bon ©aBo^jen,
|um ftanjiet ernannt, bann jum ^tnfibenlen ber jlfinanj'ßamera unb ©eljeimrat „(15.^4
bis 1559); cnblii^ jum 5lijnigli^en Jfanjlet unb ©iegelbetoalirer. 3" ^^ erften ämtem
^atte et f\i} aU geteilter unb unbefte^lit^er 9iii$ter bewahrt; alä iianjler ober (1560 go
432 . S'$of)iUaI
Bid 1568); mitten in ber t)ei1t)oirenften (Spo6)t t)on ^antxÄiß ©efd^id^te, entfaltete er bie
Einlagen eined Staatsmannes. @r tt>urbe baS ^vO^t ber 3RttteI)>artei, bie bomolS fe^
Hein tt>ar, unb ging feinen geraben töniglid^en Sieg, ol^ne ftd^ um ben 3>ant unb Unbont
ju fümmem, ober nad^ rechts ober (infS }u toenben. ^n biefem Sinne fe^te er bie Berufung
6 ber 3loiabdn nad^ f^ontainebleau burd^ (21.— 26. äuguft 1560), leitete bie Stänbeber-
fammlung in Drl^nS (^enember 1560) unb t)eranftaltete baS SleligionSgefbröc^ tn$oiff9
(äuguft 1561), beffen gortfe^ung bie ©t. ®ermain-Äonferenj bilbete (28. Sönuor 1562).
@r t)erfa^e baS ^anuar-Sbitt (17. Januar 1562), tveld^ed jtvar ben $roteftanten bie
Erlaubnis t)erfagte, ^ird^en ju Bauen, aber tl^re gottedbienfuid^en äSerfammlungen auf
10 freiem §elbe unter ben @d^u$ beS ®efe^ed fteQte unb fo bie ©runblage aQer Roteren,
bie rec^Uid^e @teQung ber ^roteftanten tval^renben Sbifte tourbe.
^en 9(uSbrud^ beS SürgerfoiegeS (burd^ baS Slutbab in 3}af[9, 1562) tonnte er nid^
t)erl^inbem, aber in ben toieberl^olten ^ermitteIungSt)erfud^en, ). S3. im ^eben bon älmboife
(19. aJlärj 1563), erlennen toir feinen ginflufe. 2)erfelbe blieb mäd^äg. Bis bie »ef(^Iüife
15 beS XribentinumS ben 3^i^f^I^ ^^ ^onfeffionen }u einem Bleibenben mochten. 3^^'^^
tourben biefelBen auf feinen mat in ^ranlretd^ nidj^t angenommen (^^ebruar 1564), unb
£'$. geriet beStoegen in emfte 3^i^ürfniffe mit bem Karbinal t)on Sot^ringen, feinem
el^emaligen ®5nner, ber ganj auf bie Seite ber Jturie übergetreten toar, aber bod^ Ut^
fid^, {eit @nbe 1564, eine älbnai^me feines @infIujfeS nid^t t)er!ennen. 3^^ ^ofyct t>tnifK
20 tvar er fd^on in Ungnabe gefallen, bod^ l^atte il^n Jtat^arina t)on SRebici Balb }urüdgenifen.
älber nad^ ber 3ufammen{unft berfelben mit ^ergog t)on ällba in Sabonne, too man btf
fd^lo^, ben ^roteftantiSmuS, burc^ 9{örgeleien unb enblid^ burd^ baS Stieberme^eln fetner
^äu))ter auszurotten, entfrembete er fid^ gan} ber inneren $oliti!. 3lo6) einmal jetgte ^
bie 3Rad^t fetneS t)erföl^nlid^en ®eifteS in bem ^eben }u Songjumeau (23. SRärg 1568).
26 ^anad^ aber tvurbe S'^.S @tur^ berbeigefül^rt burd^ bie offene äSertoa^ng, todd^ a
gegen bie ))ä))ft(td^e SuUe bom 1. 9tuau^ 1568 einlegte. 3taäf berfelben tooOte ncUnTu^
ber ^apft eine äSetöu^erung ber Jtir($engüter burd^ ben jfönig nur unter ber Sebingung
ber SniuSrottung ber $roteftanten, geftatten.
äSon nun an jog er fidj^ t)on feiner Stellung als @el^eimer 9iat juriUl unb bertoufd^
80 ben $of (ß^t 1568) mit feinem Sanbl^auS in 93igna^ bei @tam))eS. 3)ort, im Sd^oge fetner
^muie, tDeld^e ))roteftantifdj^ getDorben toar, mit feinen SieblingSftubien: griei^ifc^ ^j^
fo))l^ie unb lateinifd^er ^oefte befd^äftigt, brad^te er feine le^en SebenSja^re }u. 3ln bem
^uftanbelommen beS f^ebenS t)on St. ©ermain (8. Sluguft 1570) l^at er nid^t mitgetoirtt
$ie Sd^reden ber Sartl^olomäuSnadj^t ftreiften il^n nur; fein Seben banfte er ber %tai
86 f^rad^e feiner frül^eren $errin, 3){argareta t)on Sai^o^en. ^ie ^niginsjRutter fcrntte
eine Sd^u^tvad^e für il^n, bie ü^m äSergei^ung anfünbigte. ^er alte Aanjler, mit tulfigem
®ett)i{fen, anttoortete ftol;i: „@r tviffe nidj^t, ba^ er ben Xob ober bie äSerjei^ung ber»
bient l^abe.'' ^er ^er^oom-SSittoe bon ®uife banfte er in gerührten 3Borten, boj^ pe
feiner einzigen Xodj^ter, ^arie $üraut t)on SeDeSbat, tvö^renb beS SlutBabeS in $an9
40 rettenbe S^f^^dj^t getDäl^rt ^atte. ^m ^a^re 1573 (6. f^ebruar) tourbe er fdrmli^ feinet
Kanzleramtes entfe^t, bodj^ lieg man il^m alle feine iitel mit bem ®el^alt; benn er taxn
arm geblieben. 3)aS fdj^dnfte RmQn\^ feines eblen S^arafterS unb feiner Sieberfeit tfl fein
93rief an Jlönig Jtarl IX., beffen ätul^m unb (Sl^re er ftetS im ^erjen trug (12. ^wma
1573). 3)en 13. 3Räxi ftarb er, o^ne fein 33aterlanb nod^ im ^rieben gefe^en ju ^oben,
46 aber mit bem Setougtfein, bie ©runbfö^e ber ©eredj^tigteit unb religidfen ^rei^eit noi)
feinen Itröften gel^anbl^abt m l^aben.
S'^.S SSäerle laffen ftd^ in brei Älaffen einteilen: 1. »)olitifd^e, 2. jurijüjd^e, 3. fitte»
rarifd^e. 1. ^ie erfte befte^t auS ben ^bitten beaüglid^ ber SleligionSftreittgreiten, todi/t
er meiftenteilS t)erfagt l^at, auS Stuffä^en, in tvelcpen er bem 5tdnige feine 9Retnung eingä
60 unb aus feierlid^en älnreben, bie er t)or bem Parlamente ober ben ®eneralftaaten ^elt,
um biefe (Sbifte gu red^tfertigen unb ju em))fe^len. 3)ie le^teren ^bet man in ben
Sämtlid^en äBerfen. 2. Sein großes juriftifd^eS ^erbienft ftnb bie Drbonnangen bon ^ufinl
(^br. 1566), bie, bis gur 9let)olution bon 1789, bie®runblage ber franjöftfd^en ®eri(^
t)erfc^ung geblieben, ^n ben Sämtl. SSerlen giebt eS audj^ ein auSfü^li^eS Xraltat über
66 bie dteformation beS @erid^tSmefenS. 3. 3)ie ütterarifc^en SBerfe befte^ auS feinem
Testamentum, tvelc^eS olS 3lutobiogra))^ie unentbel^rlic^ ift unb auS lateinifd^ ®e>
bidj^ten, meiftenteilS Sriefen an ^eunbe gerid^tet, tveldj^e feine religiöfen ®efü^le unb feine
eble ®eftnnung offenbaren. 93emer{enStpert ftnb De sana Francisci II. regis ini-
tiatione, regnique ipsius administratione Providentia unb Ad Glaudium Espen-
Gocium (über ben toa^ren ®otteSbienft). — SSon feinen Epistolae giebt eS gkoetShiSgoben:
S'^ofvilal
CtbanDR
9JnriS 1585, in i", unb aiin[tcrbain 1732; ftc tuurben mä ^anjü|i[c[)e übetfc^t unb Bct=
öffentlK^l tion 2)e 3iaI6<t)e {^riö 1857). 6äinüiit»e iÜJette mürben pon 3)ufe^ (de l'Yonne)
^tauSgegtben, unter bem 3:itel: Oeuvres de Michel de L'Höpital, *pniiS 1834 brö
1825, 5 Sbe in 8". ®. »oHet=aK(mrs.
Stafniiit f. Scbuin oben €. 334. g
ßibanon. — Sitleralur; SHflter, Erblunbe XVII, 1 unb 2 (1854f.); Z: i>iaaä,
iTti monoK am Sibanon {18761; bcrfetbe, «iiä bcm Ciicnl II (1878); (Ü. töbcrS unb
^. eul^c, $aIS{tiiia in Stilb nnb Boil 11 (1884), Iff.; S. Xiitner, iiibanon (SSien lä8i:);
9t. SBIancfenborn, iSnliDirfelung be« Srcibcfqttemä in Wittt(< unb 9?avb{qTien 1890; bcrfetbr,
Hie errultutlinien ©^rienfl unb b(9 Muten ■ffieeie« (1893, a«(H(&ri[t |üt ^rnfeffor 0. £Hi{^t= lO
Iioftn): £eo anberUnO, ^ie gebetn auf bem Sibanon in 3b$Sj X. 1887. S9ff.; fi. Vpn
t^ritlQ, Pu^i^ff^"^ ^i)l)lcnfu;it)e im Sibanoii {^aUe 1893, aud Ubbanblungtn ber 3Iaiuf
for(4enben ©eienffflajl ju ^aüt S9b XIX); ffloebcfcr, ^Jalfiftina unb Sqrien' (1900).
%a £ibanon tft bei ffieftlic^e ^eil \>tS (Sebiigditiftentä uon ^Itittell^en, baS fic^ bon
©. üuä (Saliläa, ^oibanqueHen) fa^etartig in nÖibUtfiet Stit^tung ausbreitet, 'jlai^ 0. i6
^n ^e^t bem S. gegenübei; ber äintilibanuä, beffen Ic^te 3(uä(äufer noiboftiuärtä Uba
^olm^ta |)inauS borbringen. 3'ö'ft^'" briben ift eine breite ©c()DlIe in bie Xiefe ge=
funten; fie bilbet nun ben gleii^fijrmigen ^obcn bct Bikä', be^ alten SDelef^ticml im
eigentlit^en ©inne.
33er dgentümlii^e (S^arafter bcä Sibonon — ein mächtig« CSebirgölonCI jhjiidien bcr zo
flüfte unb bem ^interlanbe, ein tanggettreiftcr, borf) emtionageitber flamm jreiit^en tiefen
EenlungSgebieten — beginnt nörblif^ bon bem jiurt^brurft^ibal beS Nähr el-Li Sni mit
bem fteilen Oipjel, bet baö alte fireujjo^rerfc^lof; Setfort trägt, ^eute Kal'at esch-Scha-
kil genannt (715 m). 6eine fübli(^e §ä[fte erfttetft [\ä) b\i ju bem^affe, Ben |cit 1862
bie l^o^trafie unb (eit 1895 aui^ bie llifenbabn bon 93eirut naii} liamaituä benu^tzE
(1487 m); bcr ^aupttamm fteKt einen fafl ungeglieberten toaüartigen Süden bar, bet
feine giüllc Grt^ung in bem Dsehebel el-Barük (2222 m) erreicht. SJie nörblidjc
^älfle beä Stücfenö be^nt ^\ä) biö ju bem tiefen Kraben be* Nähr el-Kebir nuä, bet in
bem Senlungäfelbe bon Höms (eine Urftiriinge Ijat unb jtoift^en Sibanon im S. unb
bem ^Jlufairiergebitge (Dsehebel el-Anpänje) im 91. auf bie flad&e Sai Oon Dschün ao
'AkkSr juläuft. 5Die gefamte Sänge beö Bon S©3ß. nat^ 3taiü. ftreidjenben ^lorfte«
bctiögt ungefdIjT 170 km.
aiie növblie^e §älft« beä ©ebirgeä jeigt eine gtöfecrc ©ntloictetung unb 9)iQnnig=
falttgfeil. ^n bie SteQe bet gerablinigen Jtdmme treten ju wieber^Dlten 3)talcn au^e^
be^nte ^lateauftöde, beten Oipfdflät^e Wo^l einen Staum bon metjreren DuabratfilDmetcrn m
einnimmt, unb- beten @efta(t an bie großen ^plateaumaffen ber nörblic^en ÄaltallJen crin»
nett, obgieii^ bie JJormen bet tibanongipfct tocitauä Janfter ftnb. iDiefe 'plateauftöie ftnb
bet Dsehebel Sannin (2608 m), bet Dsehebel el-Muneitira (2807 m), bet Dsehebel
el-HaswEini (2911 m) unb ber Arz Libnan, b. Ij, baS 6«berngebiet be« Sibamm (f. unten)
®te le^te ©tufe tti Libanon gegen % liegt ctloa 800 m tiefet; eä ift bet Dsehebel «
'Akkar (2139 m), ber [\d) no^ 40 Kilometer loeit fDtlfe|t unb ju ber 510 m ^ofjen, wenig
^erDottretenben ^aderfdteibe jroiji^en bemNabr el-Keblr unb bemiDronteö ^inabfinlt.
2)er Arz Libnan ift eine ^ot^fldc^e bon 100 Duabrattilometer. Jjljre .^au^tgipfel,
bie freiließ riidjt biet übet bie Duri^fc^nittsticljc beä ^laleauä ^inauäragen, fmb tn jlbci
jwrailel ftreit^enbe flamme gcorbnet. 3" t"«"^ bftlit^en SReibe gehören, Bon ©. na^ 9i. is
gejö^It; Ras Dahr el-Kadib, Dsehebel Neb'a esch- Schemall, Dseh. Makmal,
Dsch. 'UJün Arghiiacb unb Dach. Kerüsjfi. 3" ^" Weftlitticn Sflei&e gefjöten, Bon
91.nac^©. gcjä^tt: Dseh. Musklje, Dahr ed-Dabäb, Tumel-Kille, Tum el-Mizrab
unb Tum el-Kandil oberhalb beö iotfeß SJft^ette. 2)er auf Harten unb in Suchern
oft genannte Dsch. 'rismärün (autf) 'I'imarüm) ift nicfjtg anbeteö alä bie bon einem '•Slai' so
limen |um §o^n auf bie 5Dtatonilen erfunbenc Sejeii^nung beö Dahr ed-Dubab (Wiener,
Stbonon 153f.). SJiefe ©ipfel beä Arz Libnan tjaben eine bur(tifttnittli(^e §b|je Don
3000 m, für ben Dahr ed-Dubab, bcn l^o^ftcn @i)]fel, ift bie tba^rfc^cinii^fte ^leffung
3066 m ; fidjete 9Jtef(ungen liegen fiit bie (Sipfet beä Sibanon überljaujit nit^it Bot. 9tn(|
3)ien(tä Beobachtungen reiben biefe ^bbcn an bie 2i^nt beä etvigen ©c^neeä nit^t ^ttan ; u
er Bcrlegt biefe nai* ben bottigen Himalijdien SBetljältniffen in bie Sage 3100— 3200 m.
i^atfadje ift eö, bafe eigentlictje ©letfctjctbilbungen in SHittetf^rien überhaupt fehlen. gteili(((
giebt eä IBO^t am Dach. Sannin {2G0« m) unb am Dsch. el-Muneitira (280, m) in jebem
n Xtuloiii wü Rtntc S. >. XI. 2g
434 £t(attiitt
^ai)x einzelne Sd)nzzfl^dm, bte ftd^ nur in t)erfte(tten 3RuIben unb Sd^Iud^tm erleben itnb
jtDtfd^en ben ^ö^en bed Arz Libnän, befonbenS an ben t^Ianfen bed Dahr ed-Dub&b
unb be^ Dsch. Makmal, finben fu^ ntd^t oQem audgebel^nte Streifen etoigen @<l^need (ger
18, 14), fonbem and) ed^te ^imfelber, benen bie Wf^a^t ju fleinen, jebod^ beutltc^ aui'
6 0e))rägten Stimmoränen nic^t fel^len. %üx bie Si^jeit fe|t audj^ ^ener größere ®Ietf(^
bilbungen in @^rien t)orau^. ^oc^ t)erl^ält er ftc^ gegen bie in neuerer 3^^ ^KtufHl
namentlich t)on ^aai^ aud0ef))ro(i^ene 9(nnal^me; ba^ ber bo^ü^mte Sebeml^in bei Sfdpie
auf SRoränen fte|e, fel^r t)orfidj^tig unb betont, ba^ bie einjia überjeuaenben Seta>etdmtttd,
nämli^ gefri^te unb gefd^rammte ©ejc^iebe, fo gut tvie t)Ou{tänbig fehlen (a. a. 0. 198).
10 3)agegen giebt er ju, bag ber l^albfreidförmige Sirhid bed DueDgebietd bed Nähr Ka-
discha, ben bie fallen ^änge be^ Tum el-Kandil, Tum el-Mizrftb, Ras Dahr d-
Kadib unb Dsch. el-Ha^wAni umral^men, bie auf biefe SBeife l^ufeifenfdrmig ben bunlet
grünen $ain ber Gebern einfc^lie^en, burd^au^ bem d^aralteriftifc^en ^S!i/pu& etnjebicr
3:^äler ber9n))en unb^^renäen entf))rid^t, bie old bie ertoeiterten SBurjelpunJEte d^emoligcc
15 Sidftrome begeid^net Serben.
3>er Sebem^ain bei Sfdj^erre beftodt einen Xeil eined l^eligen, nur nad^ SB. in ber
Slic^tung auf Sfd^erre offenen ©ebirg^teffetö (f. oben), beffen Soben ettoHi 2000 m über
bem 3Reere liegt. @r ift balb nad^ bem legten Sefuc^e bon %tao& 1875 im Sbiftrogc
be^ Sibanongout)emeur$ Sluftem $afd^a mit einer l^ol^en 3Rauer umgeben tootben, Mc
20 jtoei X^ore |at. (&^ foDlte babur^ ber junge SRac^toud^ bor bem äBeibetne^, iebo<^ mif
t)or ben Sauem ber Umgegenb gefd^ü^t toerben, bie l^ier aUjäl^rlid^ im älugufi ein gro^
%^i feiern. 3)a jeboc^ bie Sl^ore ftet^ offen [teilen, fo toirb ber 3^^ ^^ SRo^egd
nic^t erreid^t. £eo 9(nberlinb ^Ite am 23. Dftober 1884 397 @tamme, ad^t babon
[teilen ou^erl^alb ber 3Rauer. ^ie Stämme fmb nid^t fel^r fd^Ianl, toetl ^e f^ ftad,
26 nic^t aber fel^r l^od^ toerben. 3)ie meiften erreid^^en eine ^öl^e bon 14 — 22 m ; über 25 m
bürfte feiner l^od^ fein, ^ie ftäriften Sebem finben fid^ m ber Ütä^e ber Keinen manmi«
tifdj^en Jla)}eQe, barunter eine, bie in Sruft^ö^e einen Umfang t)on 14,56 m bot (t^
$f 80, 11; 104, 16). Solche alte, befonberiB ftarle Säume giebt ed fieben. i>tc (Sa^
brudE auf ben Sefd^auer toirb baburd^ beeinträd^tigt, ba^ ftd^ bie &i&mm^ fd^on 4--5 m
80 über bemSoben t)eräfteln. ^er9(r)t unbSotaniferSlautoolf jäl^lte 1573 nur 24 Stämme,
ber 9leifenbe SurdE^arbt 1810 im gamen 375; biefed Sebemtoälbc^ fyd ftc^ bo^ in
ben legten 300 9;a^en burd^ yiad^tonq^ nid^t untoefentlid^ toermel^rt äluger an biefer
Stätte giebt ed no^^ Gebern ettoa 30 Jtilometer ndrblid^ t)on Sfdj^erre unb bei Barak,
etloa 30 Jtilometer füböftlic^ t)on Beirut, ^ai ^ol) ber Sebem ift nad^ neueren Unte^
86fu(^ungen toeber befonbcr^ bauer^aft noc^ befonberd too^lriec^enb; t& galt ]ebo<^ o^
3h)eifel im aitertum ate befonber« gut unb loftbar (bgl. 3ef 44, 14 ; @j 27, 24). miß
nur Solomo lie^ ftd^ SebemJ^oI^ t)om Sibanon für feine Sauten tommen 1 5tg 5, 20 ff.
(bgl. @^r 3, 7), fonbern aud^ bte ^errfdj^er t)on 9{init>e unb Säbel liefen für ftc^ Sebcm
bort fätten Sef 14,8; 37, 24 (t>gl. bie 9?ad^rid^ten ber Äeilinfd^riften). greifid^ borfmoii
40 nic^t überfeinen, bag unter bem alten äBort für Seber too^l nic^t nur bie Cedrus Libani
un{erer Sotaniler, fonbem aud^ t)erft)anbte Slrten t)on Slaben^öhem toerftanben toorben ftnb.
Über ben älufbau unb bie geologifd^en Seri^ältniffe bed Si, eigene )u reben, geffatttct
ber bier jur Serfügung fte^enbe Sflaum nic^t. ^an t)gl. barüber bie an ber@t)t^ biefd
älrtiletö genannten Schriften t)on Wiener unb Slanf en^om. Über bie Slbl^nge be^ £.
46 mu^ ieboc^ noc^ in möglidj^fter Jtüne gel^anbelt toerben. 3>er oben befd^riebene Staxm
\>tü ©ebirge« ift gugleic^ bie SBafferfc^eibe nac^ SS3. unb D., abgefe^ r>on bem Nähr
el-LitanI, ber füblid^ bon Karatesch-Schakif bie ^ammric^tung in einem engen Shm^
brudj^^t^ale {reu^t unb toeftlic^ unter bem 9{amen Nähr el-Kasimije bem 3Rttte(niccie
jufliegt (ber i^äufig gebrauchte 9{ame £eonted ift ganj unbeglaubigt; f. S&tpttt, Se|«btt4
60 ber ällten ®eogra))^te § 144). Dbgleic^ bie geologifd^en Serl^ältniffe an fetner 9lorb*
unb @übf eite bie gleidj^en ftnb, fo ))pgt er boc^ in Stücfftd^t auf bie ©eftaltung bcd Sog*
lanbed (f. oben), fotoie für bie (äetoäffer ald bie Sübgrenje be^ £.«®ebiraed ongefe^ )>
toerben. ^ie Sreite be^ toeftlic^en ©e^änged nimmt t)on Süben nad^ ftorben gu. ^
ber Sreite t)on Saidä (Sibon) beträgt bie Suftlinie t)on ber Jtüfte bid an ben JDffaon^
66 bed ^ammed 29 km, in ber Sreite t)on Seirut 31 km, in ber Sreite l)on Tarabnlof
(Xri))olid) 45 km. 3)ie^ ^ängt bamit jufammen, bag tttoa bem Sorgebirge Ras eadi*
Schakka gegenüber (Oeov ngöacoTiov ber ällten, ettoa 30 km füblid^ t>on l'arabuhis)
bie Srudj^linien bed ^orfte^ nad^ O. abfc^toenlen. ^ie ^a^lreid^en ^u^t^er, bie M
bem ilamme ber ^üfte }ueilen, geigen im @. unb % eine berfdj^iebene Silbung. %i Üb
60 füblic^en Seil bed ®ebirge^ ift ber Unterlauf meiftend ein quer auf bod Streiken b«
S(()i(^ten gericEftetcr eiofiDnäfanal, bcr Oberlauf bagcgcn eine SiingSrinne, bie bet Sn»^;
linie eina ©tiiffelfenlung Pon 9(. naH) ©. folgt. So ifl ti bei bcni Nähr ez-Zahe-
ranl, bem Nähr el-'Awali unb bem Nähr Dämür. ^m nörbltiltcn Teil [Dininm
Sängörinncn »on gd^^eter tintbidelung nic^t bot. Ter Nähr Beirut, Nähr el-Kelb,
Nähr Ibrahim unb Nähr ed-Dschöze laufen im aßgtmeineu ^uet im Siettiälmis jum 5
©trcif^m beö flamme*. Iiagegcn jeigen bie glüffe niJibU^ Dom Ras esoh-Schakka,
bft Nähr Kadischa unb Nähr el BSrid, einen gröfecten Üße^fcl in ber SRic^tung iljrc«
£flut§, ba im allgemeinen ton SD. nat^ 9MB. jie^t. Gnge Ec&lurfjten, in bcncn baö
^aifei jtcifc^cn fcntret^t aufiagcnben, glatten flaltmaumi abtoäitä biauft, finb ni(^t [elien.
häufig treten bie Stränge nat? oben auöeinanbcT unb geben einer mannigfaltigen %tx-- 10
rafficrung ;Kaum, bie burd? bcn reiben ffiei^fel oon tit&nen öanbfteinbilbungcn, buri^ bie
Äarbenptac^l be* ©cfteiuä (»om ^ot^tol hii jum ft^loarjblau) unb butc() baö eingeftreute
©rün ber ^flanjen (3ef 33, 9; %il,4) einen iibetauö pratfitigcn SlnHirf getoä^ren. ffie;
fonberen Slu^m genieß in biefer ^linfidjl bor obere leil tti KadiBcha=^b't'^- Singeln«
Äüftenflüfle b^ben auf lurje Siteilen einen unterirbi((^en Sauf, gn beit ©rotten beä 15
Nähr el-Eelb ^ot man ben untcriibifc^en i^luglauf auf eine Strcde Von 120(i m
berfolgl.
Xie Senlun^ beö ©ebirgeä bom Snmm jut flüfte boüjiebi ftt^ in großen, biäroeileu
feb^ Ifo^en Terrarien ober Stufen. 3Jer Slnblirf beä Ü. Bom 3)ieere aus ^at batjer etlonö
IDiaieftätifcbed an fii^, toäbrcnb in ber 9tät)e bie ftelS loieberfel^renbeti gleichen {formen bon 20
StTitoniglett nic^t frei finb. 9iai^ ben Tcnafjen b"' '«"'^ ber SSoltömunb ben roeffc
lidien abrang beö OebirgeS eingeteilt. S^ie unter^e Stufe ift es-Sahil, bie Sbene, ber
f^male M'üftenfaum. Slie jloeite Stufe Wirb genannt el-Wast, bie 5Rilte; fic umfafet
bie mittleren lenaffcn, bie namentlich ba, ico it)re Dbcrflät^e nittt meljr au» ber unteren
Äieibe (Arflja=flallftein), fonbem auS bem cenomanen Irigonienfanbftein beftebt, Heifeig is
unb [orgföltig angebaut fmb. Tie oberfte Stufe Reifet ed-Dschurd, bie ta^le §oi^fläc(ie,
too fi6} ber iibanonlaltftcin (SRubiftentalte) üba ber Sanbftcin^one ergebt unb jum Ramm
ke* ®ebirge3 cmpotfleigL Tiefe gtofeen Jlaltfleinma)fcn finb bie eigentlii^en Sammler
folDD^l iti JHegenloaflerö aii auc^ ber Sdjneetoäffcr, in. bie wä^renb ber Karmen iMionatc
ber iSK^iiee aufgelöfl loirb. 2Bo ber unburc^Iäffige Sanbftein lagert, treten biefe fflaffer: 30
maffen in jabUojcn OueUen ju Tage, (Sä giebt batuntei folije, bie nodj ben SSeoba(^>
tunken Bon graaö eine 3Baffermenge »on 40 Äubilfufe in ber Setunbe ju liefern wt=
mögen. Iiiefer Sleiditum an aSaffer, baö burdj eine grofee anjatil Don iBät^en unb
glüffen (§2 4, ih) über bie meftli(^en Slbbänge beä S. Berteilt wirb, mat^t bercnSSoben
mt^tbor unb jur Biel^etüEimtcn ^eimat einet jaljlreid)en, fleißigen Scbölterung. Taä %
ajiittel be« jäljrlif^en Stiebctfi^tageö ift ^d6}, bie öeTOiJltung ber ©itjfel Biet beträt^tlictier
Ol« in bem Serglanbe _?JaläftinaS, bie regenbfe gett fiirjcr afö bort, ©(^nee fällt in
grölen 3Kengen auf bie §i)^en beS ©ebirgeä. ajie ^^ften ©ipfel beö Arz Libnan
mieten felbft 3uni u"^ September no(^ julnetlen im ftift^en ©lanjc beö 9ieuf(^neeS. Die
untere (Srenje be« ©t^neefaae« liegt jtoifi^en 500— 600 m. «
©ei ben günfligcn Sebingungen, bie Soben unb Älima fleQen, ifl ber ^flanjcnnjudjä
ein aufeerorbcntlicf) reidjer (^ef 36, *2; 60, 13). S, fie^n ift baber geneigt, ben i;. alä
bie öeimot ber meiflen unferer flulturgetoät^fe unb mehrerer ^auöliere anäufeben. 3'" "1=
gemeinen berrfc^t auf bem Uöeflabljang bes 2. unter bem ®infl«fe beö Scetlimaä bie Jlotö
ber HRittelmeerlänber, mä^renb in ben ©egenbcn, bie butc^ ben b"^*^" ©ebirgSttiaD gegen is
bie rcgenbringenben üöinbe abge[4>Iofien finb, befonberä in bem nörblit^cn Teile bet Bikft'
(f. unten) unb im änttlibanuS, bereits bie gtora beä StepüengebieteÄ auftritt. 9SaS ben
(<^malen Rüftenfaum betrifft, ogl. ben Irtifel ^^bnijien. ^n ber mittleren Mcgion fte^en
olS flultutgelüäc^fe SDlautbeetbaum (Stiller, ßrbtunbe XVII, 481 ff,), Dlibe unb geigeni
Büum Boran ; naä} i&nen fuib 9iu|6äume, Stprifofen, ^firficdc, tÜlanbelbäume, iBim= unb bo
3ll)fe[bäume, ©ranoten, Duttten unb ^iflajien ju nennen. Tie Umgebungen uon Ha^rün
(1493 m), S8f*erte (1520 m) unb IS^ben (1527 m) fuib burc^ ben ^leife i^jrer Scmo^ner
m üvi>ige ©artenlanbfc^aften Bermanbelt. Ter SSeinbau Wirb namentlit^ in ber §ö^cii=
läge Bon 1000— 1500 m betrieben, mehrere Sejirfe fmb but^l il?ten Botjfiglit^en %abat
berulimt. Ter ©etreibebnu tritt binter ber Seibengui^t unb ber OÜBenemte an Sebeutung 6G
guriid. To(^ liegt feine obere ©renje in gef(^ü^teten ^tiälern erft bei 1900 m, b. Ij, fo
^t»^, ba^ bort 9]ljaulbeers unb Ülbäume nit^t me^r gebogen Werben (iinnen. Turi$ ben
Slnbou biefer flulturpflanjen ift bie uripriinglic^c ^lora felir jurütfgebrängt Worten, befon»
berö finb bie früt»et großen SßSälber an Linien (Pihub pinea, Pinaa halepensia,
Pinus brutia) unb 6i;preffen (Cypressus horizontalis, C. sempervirens) feljr ftatf 60
J
436 Sibanott
aefc^tDunben. 9(n Soubbäumen toad^fen btö juv ^öl^e t)on 1500 m $latanen, 9[l^orn,
Stnben; Arbutus unb gtoei Stc^enarten, Quercus Aegilops unb Quercus Libanl
3n ben oberen ©egenben, bem 3)jci^urb, tritt an bie ©tette be« Saume«, obgcfe^ tnm
ben Sebem, Sufd^tverf bon Sid^en, ^erebintl^en, ^agebom, tmlben Sint' tmb SRonbet
5 bäumen, ^öl^er noc^ ald bie Sebem fteigen Juniperus excelsa, Tragacanthus-Strouc^
unb bie niebrige Äitjc^e. ^n einer §öl^e bon 2400 m beginnt bie ec^^te SUpmflora, bie
im ©ommer jo^Ireicpen ©$afen unb S^^Qm ffieibe giebt. 3" ber Äone ber 3)caulbeers,
Öt unb geigenbäume ift ber 93oben mit aJl^rtl^e, a^^mian, ßabenSel, ©olbet, ßiftroje
unb ©t^ras bebe<it, buftigen ©träud^em unb Jträutem, bie bie Suft mit 3Bo^(ger^en
10 erfüllen, befonber« toenn ber gu^ be« ffianberer« fte ftreift 5Kan beult bobet untollt
fürlic^ an bie ©teOen be« äS, bie bon bem ,,2)uft be« 2." reben (§o 14, 7 ; §24, lU
S)odj^ ^aben unter ben Srjeugniffen be« 2. fo biete bie fdj^öne Sigenfd^ft be« SBo^l^
geruc^d an ftd^, bag ftd^ ber äluebrudE aud^ auf anbere ^inge be^ie^en (ä^ 3)a: Solt
ftänbigleit tt>egen foQ jebod^ nid^t berfd^tt>iegen Serben, ba^ audj^ ©teintoüften im S. bor«
16 tommen.
3)a« äSorbringen ber Jtultur, noc^ me^r aber bie unbemünftige SSertDüffamg ber äBoIb^
beftänbe, bie je^t fd^on ^al^rtaufenbe bauert, l^at ben ^ohreidj^tum bed S. fe^ gef(^älett
2)ag ai rebet ^äufig bon ben mächtigen SBälbem bed £. (3ej 40, 6; (gj 31, 15; ?f
72, 16 2c.), bon feinen gewaltigen Säumen, bie gern als Silb menfd^Iiqer (9röge unb
3o3Kad^t gebraucht toerben föef 2, 13; 10, 34; ©^ 17, 3; 31, 16). »ber gegentoortig
giebt e« nur Wenig SBälber im eigentlichen ©inne bed 28ort«, am e^eften no(^ in ben
nörblidj^ften Seilen be« ® ebirged. infolge babon ift au^ ba« SBUb be« £. (2 % 14, 9)
je|^r gurüf gegangen, biele SKrten gan^ audgeftorben. ©egentoärtig jinben fid^ noc^ $ant^,
Sären, ©(|dale unb $^änen, S^ilbfc^toeine unb ©ajeuen. S)ie ^öl^Ienfunbe ber neueren
26 S^t liefern und j|ebod^ einen böQig anberen Seftanb an SSSilb. ^ort l^en fUb, ber»
mifd^t mit Sranbio^le unb älfd^e, berfd^iebene Jtnod^enrefte t)om @bel^irfd^, 3>am^(9, Ste^,
SSSifent, 3laS^om, ©teinbod, ^on ^ilb»egen unb ^öJ^IenlöWen gefunben, alfo )um %ü
bon Vieren, bie SSSalbbeWol^ner ftnb. >Die unterfudj^ten $ö^Ien liegen nid^t ta>ett ))on ber
Äüfte ; ba^er mu^ fic^ jur Q^xi ber 3Kenf(^en, bie bief e liere gejagt unb in ben $öHm
80 berje^rt l)cbm, ber biq^te äBalb bid in bie 3täl)t ber Itüfte l^erab erftredt ^oben. xein
3Bunber, ba^ in ben ^zxttn ber aff^rifd^en unb bab^lonifdj^en Jfönige ber S. ein biet
begel^rte« ^^Ö^Ö^^i«^ bjar, toie §ab 2, 17 berrät unb bie Äeilinfdj^riften ou^brücfiru^ fc
jeugen. SBeiläufig fei ertoäl^nt, ba^ bie unterfud^ten ^öl^len auc^ t^erfteinf))litter, $feit
]pii^m unb ^Keffer, foWie gef))altene SRenfd^entnod^en unb eine bearbeitete Jtnf>d^ent)latte
86 geliefert l^aben. ß^moffen unb bon ^^tfc^ l^aben barau^ ben ©c^lu^ g^ogen, ba| bie
Urmenfd^en, bie einft biefe ^öl^len betool^nten, audj^ gelegentlid^ gefangene ober erfc^lagene
geinbe berge^rt l^aben — eine merltoürbige Jlunbe über bie älteften 93etoo^ner bed Sibonmi
©alomo foQ nic^t nur ja^lreid^e älrbeiter toegen feinet Sebarfd an $ol) nac^ bem
2. gefdj^idt (1 Äg 5, 27 f.), fonbem aud^ 93auten bort au«gefü^rt l^en 1 Äg 9, 19.
4o2eiber toifjen toir nic^t^ 9Jä^ere^ barüber; boc^ mag eine in LXX 3 Äg2,28 (gagorbe)
= 46^ (©toete) erhaltene SRac^ridj^t baneben geftellt toerben, nadji ber ©olomo ^^foro
ävolyeiv dvvaoxevjuara {dvvamevovia) tov Aißdvov. §. SEBindHer (SQtteftl. Untcrf»
175) öermutet, ba^ bamit ber Setrieb öon 93ergh)erfen gemeint fei. SBirflid^ finben fi4
alte ©ifengruben an einigen ©teDen be« ©ebirgc^ (Slitter, erbfunbe XVII, 682). 8Ber
46 im gangen liefert ber ©oben beg 2. feine ©c^ä^e. 2)ie 33raunIo^le enthält einen Porfen
Seifa^ bon ©c^tvefelfie^ unb ift ba^er unbrauchbar, ber ä3emftetn fd^eint fic^ nic^t gut
t)erarbetten gu laffen, bteHeid^t lol^nt ftc^ ber älbbau ber Situmenlager.
2)er l^ol^e unb fteile Slufbau ber ©ebirgi^majfen, fotoie bie gro^e RaJfi ber tief«
^alf^lud^ten machen ben 2. fd^toer jugänglid^, fie berlei^en il^m bte ^beutung eintf
60 ^uflud^ti^orte^, einer fd^toer gu belagemben, taum einne^mboren ^ftung. ^amtt ifi bie
Stolle, bte ber 2. in ber @efd^id^te be^ 2anbe^ gef))ielt ^at, gegeben. ®inerfeitd flüd^cn
td^ auf feine §öl^en unb in feine natürlid^en 93urgen alle, bie einem gröberer ober 88cr»
olger au^toidj^en; fie fanben bort ©i^erl^eit unb g'^ei^eit. Slnbererfeit« gogen bte Irieg^
uftigen Seiüol^ner, toenn bie tieferen leile be^ 2anbc^ ben ©dj^u^ eine« b&ftigen i^
66 fdjier« entbel^rten, gern (namentlich fübtoärtS) auS ben 2^oren Ü^rer gefkung ^inoud, um
brausen Eroberungen gu mad^en unb felbftftänbige neue äteid^e gu grünben. SEBir tmfiai
über bie S3eh)o^ner be« 2. ju h)enig, aU bag mir bie äSorgänge biefer Xrt boOfUtiÄig
überblidEen fonnten. 3)a« erjte Sergbolf, bon bem iüir in ber ©efd^ic^^te ^ören, ftnb too^
fd^einli^ bie älmoriter. 92ac^ ben äg^^tif^en 3)en{mälem umfaßt bod 2anb Xmor bk
eo beiben Ufer be« oberen Oronte« einfc^lie^lic^ be« ©ebirged, unb auf ben 'Amdma-Sofcb
Cibflnan
437
' ^ ämuri (91nium) baS §mtot!nnb »du ©ij'''''^ *(■ ©(f"tO, bct ,tiaupttei( beä Stbonon'
«btctö. 3)cr 3"f<"'"""if"in9 "''' bcn aimotitcm beä 91X läfet fict hum berfoinen.
Jeiete tampftcn f^on im 14. QatirE). ficflcn bie 2tgvfln unb btangen im 13. ^a&r^. fieg^
leid) gegen ©üben Bor. 9tlö ^öracl Stanaon fiff^cn luolltc, ^tt«n fic fi^ ju ^erren bcÄ
Berglanbeö gmiat^t unb im Dftiorbaiilanbe gtüd 9f«^e gcgrünbet (|. MmDriterSbl©, 459) i
' (Btgen ben Anfang un|nei 3nt>:c<^ung fo^^n «im Libanon bie Situräer (f. 9b IX ©. 5 13),
mi4 fie brangen eine 3^' '""9 fi«gr«t^ g^gen ©aliläa Bor. S)aö Sfifpifl beä ^ru(en=
^ten Fachr ed-Din, ber 1595—1634 über ein Bon ben Surfen unabhängige« 9lei(^
in Slorbpaläftina £)err(4te, ift ber iüngfte Beleg für bie erlBÖlmte (Srji^einung. Da6 iBe=
brängte unb Verfolgte auf ben 2. fit^ juriitfjogen, fe^en h)ir an ben 3JtarDniten (f. biefen ii
Ätt.) fohjie an ber fc^i'itifcben ©ettc bet Metäwile am Snbe Beö 18. ^atlt^unbcrlä. Unb
üiie fetter eä ben iürfcn Würbe, fu^ ju §enen beS S. ju machen, ge^t barauS ^ctBor,
bafi fic bie Slrufen (f. Sb V ©. 38) erft gegen ßnbe beö 16. 3af>r^. untenoarfen unb
mt^ fBätei iBiebcr^oIt ibren 2)rang nat^ ^ei^eit bejabtien mußten. — 25ie gegemoortigen
Ser&äitniffe beS 2. finb buri^ baä (Sinf^ieiten ber Wcftlit^cn Oioßmät^te, inäbefonberc if
jteonfrei^rö, baä 1860 buri^ bie ^iiebmnegclung einer gioßcn Stma^l Ben Gfjriften in
vamaAtüi unb im @eE)irge Beranlafit tturbe, unb bui$ ben baburq herbeigeführten Sßa:
tag Bom "^a^K 1862 geregelt borben. Haä ©ebirg^ebiet ftc^t unter einem c^riftli^en
CyouBemeur, ber unmittelbar mit ber Spforte in Sonftantinotiel Beife^ unb an fic einen
, iA^riidien Xribut entiif^tet, ^er ©i^ feiner Regierung ift in Ba'abde füblit^ Bon Scirut, at
feine ©ommerrefibenj ift ber ^alaft in Beteddln (gefürjt Bleddfn). Unter biefer 35er=
fcxiltung ^at bie diriftlit^e SöeBölterung baS Übergeioit^t erhalten gegenüber ben 3>tufen
unb ben Met&wile.
aSerfen loir nun no(^ einen lurjen SUiI auf bie hinter, b. i. ijftlii$ uon bem ®e»
bttgälcaK gelegenen ®egenben, bie, rate fc^on ju Slnfang beä StrtifelS gefagt Mürbe, 21
mit bem Sibanon ju bcni ®cbirg§fl)ft«m Bon HJIittelf^rien getjören. ^er Ramm bed 2.
fetit^t faft in ber ganjen Sänge feiner Dflgtenje ;u einem Xiefianbe ab, bai fid). Hon bem
^6 in ber Sialie bed ßebem^ainö gefe^en, in einer liefe Bon 1500—2000 m ju ben
gü^en be^ Sefc^auerg auäbe^nt. Qi beginnt im % bei bem ©ee Bon Höin{i (500 m)
itnb bel)nt fid) fubtoärtä biä Dschubb Dschenin (1160 m) aul; feine Sänge betrügt ac
cttoa 120 km. 9Bie eä im 33. Bon bem Ramme beö £. begrenjt ift, fo im D. Bon ben
fielen beä 9tnti[ibanuä. ^em Arz LJbnan fte^t ber nijrbiic^e (£c())fei[er beö SlntilibanuS
ßn D. gegenüber, ein ©ipfel Bon giccfennttiger §orm, ber ficf) an ^iSfie fieilit^ nic^t mit
btm Ramme beä 2. meffen fann, S'O'fi^«" ^''^l*" t'^ibcn getoattigen dämmen im 2B.
Vnb 0. be^nt [\ä) baö iieflanb, gegenraärtig el-Bika' genannt, Inie ein ©raben Bon k
tset^ftlnber SBrcitc (8—14 km) auä, o^ne Bon einer ßügettette ober einer auffaDenben
Änft^meaung beS ©oben« unterbrochen ju fein. 3m tz Ifcigt fte |i:3\n p^tR ^of 11,
17; 12, 7, bei ben ©riedien ij KoiXtj ^voia lötu>q XEyoftevri ober bie Ebene be3
aBafftiaä (TOarf^oä) ©trabo XVI, 2, 10. 18. 21. ^an ^at auc^ (i« nrpa 9tm 1, 5
auf tiefe Oegcrtb bejietjen tooQen unb 2lBen(='ßv LXX) Bon bem fbrif^en öeliopoliä, «
bem heutigen ©a^afbef, Berftanben. Sübpftlir^ unb füblic^ Born Arz Libnan ce^int fit^
aetBöibeartig eine breite Sorftufe, ber Dahr el-Chera'ib, jmifdfen bem 2.=Ramm unb Der
fecne ouä, bie burc^ baö 2äng^tba[ Bon Jammüne Bon bem ®ii)fetriiden beä 2. ge=
jt^eben ift. 9Beitet füblit^ tritt bie Gbene unmittelbar an ben (^^ beä 2. ^eran. 33er
wlii^e unb mittlere ^eil bet Gbene ^ot fd^ioeren Soben Bon rotbrauner %axhi, er ift «
M^er ein fe^t fnu^tbareä Rulturlonb, toenn auc^ baä Rlima unglei<^ rauftet ift alä auf
bem Sßjeftflbijang beä 2. 3" '''"' nÖibUc^en Seil ber Gbene treten bie narften RongIo=
meratbänte ju läge unb engen boä anbaufähige ®ebiet auf einen f[^maten Streifen am
Oionteä ein. ^ic gbene wirb noi^ *Ji. une nac^ ©. ^in enttuäffert, bie ffiafferfc^eibe
Begt untoeit Ba'albek (clba 1170 m). ^ai) 91. ^iu fammetn fii^ bie ffiSaffer in bem 5t
»«t beä Drontcö ober Nähr el-'A^il, ber fübtoärtä eilenbe %hx% ift bet Nähr el-Iitani,
bet fit^ fein 9eti burt^ bie abbänge beä £. gebahnt ^at unb baä Setgtanb bei KaFat
«Bch-Schakif in icefttit^er Sticptung buri^brii^t. Übet ben JRtitfen iWifi^en bem Nähr
d-Litani unb §ennon f. ^Paläftina.
33et (Sebiigäftüd beä Sntilibanuä fjnl feine SJurjcIn in bem gewaltigen $etmon b(
fl. »b VII ©. 768). 35a ti>o beffen nbtbli($e ütb^änge Bon ber 5poftftta6c 9eirut=3)am(iäfuä
< orfteujt Wetbtn, teilt fit^ baä Gebirge fäi^etfürmig in mehrere Retten, ©ie Werben Bon ben
Xnwo^nem nac^ lißtx 2age benannt, nämtid) Dschebel el-Gharbf, Dsch. el-Waatanl
' unb Dach. esch-Scherkl, baä WeftUdie, baä mittlere unb baä öfllic^e @ebirge. "^it mitt:
lew $ü^e Wirb auf 1790 m, 1200 ra unb 1850 m gcff^öft. JJer mittlere ®ebitgäjug a
438 £t(attott Liber dinmus Romanomm pontificiim
berül^rt mit feinen SSorl^ö^en bie ®egenb öon 3)amaSlu«; er ijl e« bol^cr too^I, b«
älmana l^ie^ unb bem ^luffe bon ^ama^Iu^ 2 Rq b, 12, bem j^jeutigen Barada, bcn
3lamm gegeben l^otte. S)ocl^ fd^eint ber 3lamt aud^ für ben SlnttlibanuiS Übztfyxvipt ge«
braucht h)orben ju fein, toie aui ben Jleilinfd^riften ju fd^lie^en ifi Xud^ ber 9lame
6 @entr @} 27,5, tvietDoi^l ^t 3, 9 bem $ermon gegeben, toirb in ben Jtetltnfd^ften unb
bei ben Arabern für nörblidS^ere leile be« änttlibanu« gebrandet (f. 93b VII ©. 758, si).
«at^c.
Libelli pacis, libeUatici f. Lapsi oben @. 283 ff.
Liber censmn Cencii camerarii f. ^onortud III. 93b VIII @. 319, 47 ff.
10 Liber dinrnus Romanomm pontificiim ift eine Sammlung bon ^Jformulaccn
für bie bei ber römifd^en Jtird^e bortommenben toic^tigen Sllte, toie j.93. bie SefleKung
bed ^opfted, bie Drbination ber fuburbicarifd^en 93if(^öfe, bie Srteilung bed ^Mlntmd, btc
©etoäl^rung bon $rit)ilegien u. f. to., toelc^e }um ©ebraud^e ber päap^Üi^m Jtan)Iei be^
ftimmt toar. @ntftanben ift bad 93ud^, beffen ^^ormulorien namentlidb 93riefe bom $a)>fic
16 ®elaftu^ I. unb ®regor I. ju ®runbe liegen, in bem 3^^^>n utoifd^en ben ^ol^ren 685
unb 751. @^ f)at fic^ bi^ in ba^ 11. ^ai^rl^unbert l^tnein in ©ebroud^ ersten, ja cd
finben ftc^ fogar nod^ einzelne Formulare an^ bemfelben in ben Jlanonenfammbmgen
be$ 12. ^o^rl^unbert^, ). 93. bet ©ratian c. 8 Dist. XVI toieber. @eitbem geriet bie
Sammlung, toeld^e bei ber beränberten SteQung bed römifd^en Stu^led ntd^t me^
2o^raItifd^ ju brauchen toar, in äSergeffenl^eit. @rfi Sucad ^olfteniud entbedte fte in
einem 3Ranuf{ri))t ber 93ibliotl^ef ber Siftercienfer bon S. Croce in Gerusaleme }u
9%om toieber unb bereitete unter 93enu$ung einer anberen, i^m bon Sirmonb fiberfonbten
$anbfdj^rift be^ ^oQegd bon Slermont eine älu^abe bor. älU er biefelbe im ^o^ 1650
^d^einen laffen tooDte, tourbe i^m inbeffen bie @rlaubni$ baju bon ber römifc^en 3^1^
26 t)ertoeigert unb er ftarb i.^. 1661, ol^ne ba^ er bie ®enel^migung jur ^eroudgabe erpoUen
lonnte, toä^renb bie fc^on gebrud^en @£em))lare j^urüdgel^alten tourben. Ser ®runb bicjed
l^arten 9}erfal^rend feiten^ ber ^urie lag in bem in bem liber diurnus enthaltenen ^
mulare ber bon jebem ^opfte abjulegenben professio fidei (nr. 84). !Rad^ bemfdicn
erflärt biefer u. a. auc^ bie @d^lüffe be^ 6. allgemeinen ^njUid anjund^men unb bie
90 Seigren ber ^on biefem t)erurteilten Jte^er ju bertoerfen. Unter ben le^teren tüirb au4l bet
^ap\i ^onoriu^ I. („auctores vere novi haeretici dogmatis — bed SRonot^iiSmud,
— Sergium . . . una cum Honorio , qui pravis eorum assertionibus fomentom
impendit . . . nexu perpetui anathematis devinxerunt") ertoä^ unb biefed S^^'S^
be$ alten ^angleibud^e^ für bie ^l^lbarteit be$ ^apfted unb bie @u))rematte bed aOgt'
86 meinen jlonjttö toar ben ^urialiften f o unbequem, ba^ man bie Sammlung nic^t in bie
ßffentlic^feit gelangen laffen tooDte.
^n ^anfreic^, too man burd^ ben SSerfud^ ig^^Iff^^ toieber auf ben liber diurnus '
aufmerffam gemad^t toar, gab il^n inbeffen ber 3^"'^ ®amier (f. 93b VI, ©. 368) f^im
im ^a^re 1680 gu $arid l^eraud unb SRabiQon, toeld^er iniRom bie toieber oufgefunbem
40 ^anbfd^rift ^olftend benu^en lonnte, teilte bann aud berfelben in feinem Museum
Italicum t. II, p. 2, p. 32 sqq. 9{adj^träge mit. 93on ber ®amierfd^en 9ludgabe lie^
im öorigen ^l^^^^^wnbert ®. §offmann in feiner nova coUectio scriptorum et monu-
mentor., Lipsiae 1733, Tom. II, unb 9tieager, 2Bien 1762, neue 9(bbrüdEe erfd^eincn.
@ine ben älnforberungen ber l^eutigen äBiffenfd^aft entf^rec^enbe neue Sudgabe ^t txäXdi
46 @ug^ue be 9{o}i^re unter bem Xitel : „liber diurnus ou recueil des formules usitta
par la chancellerie pontificale du V. au XI si^de, ^rid 1869" (suppldment
bam $arid 1869) beranftaltet. ^n ber Einleitung ftnb aDe einfd^lägigen Iritifc^ %tagfn
be^anbelt, unb ber 9lu^abe au|er bem erforberlid^en l^^anbfdj^riftlic^ 9()))}arat aud^ bie
auf ben liber diurnus bejüglic^en @d^riften unb 3toUn ®amierd, 93ahi)ed unb 3^
60 cariad beigegeben. Dad einzige noc^ erhaltene 3)tanuftri))t ift bad bon ^olften benüftc;
toeldj^ed ft$ iefet in ber batifanifd^en 93ibliotl^et (Hbbbb 97 ex Capsula X) befinbd
3)iefe« ift nao) einer 5loHation bon 2)aremberg unb Sl^nan — Slojiöre felbfi 1^ WP
geblidj^ bie ©infic^t ber ^anbfd^rift nad^gefud^t — ber Slu^abe gu ®runbe ^degt 3)<*
felbe gel^ört nad^ ^abiQon in bie jtoeite $älfte bed 9. 2|a^r^unbertd, unb bte Sc^riftjöge
K bed ^Iftmiled, toeldj^ed bie genannten frangöftfd^en ®elel(^rten in ben Archivee des
missions scientifiques, $artd 1850, 1, 245, mitgeteilt l^ben, laffen biefe Xltci^
beftimmung afö }utreffenb erfc^einen, toenngleid^ i^ie le^teren felbft bie ^nbf(^^ bon
@nbe bed 7. ober älnfang bed 8. ^a^rl^unbertd gutoeifen.
Liber diarnas Rfliimnomiu pontificam
Ober pontificaliä 439
3;icfe naij SHoji&rt bcn .öinjt^iuö geiimt^tt ^arfteHunß ift nii^t mtfjr (janj jutwffenb.
%p. \}. 'aidtl iat in fca Sfu^abe Liber diurnus Romanorum Pontificum ex untco
codice Vaticaoo. Vindobonae 1889, eann in ben Prolegomena jum Liber diurnus
I u. II S®at p^il, |iift. fllafie 33t 117 9tt. VII unb XIII uielfa(^ neue 3)c|u[tQte ju
2afle geförbcrt, bie (Sin^eitlit^Ieit beö SBudjrö entträftct unb auä) beiiiglitii ber^etl ctlüoö e
abmeittvenbe Ülnfic^tcn aufgeft'Ql' Tiatauf nä^et einjugt^en tcürbe einen Stoum foibem,
bei nic^t ju beanf)<nic^en ij't; eä mu{i alfo biefe 9iotij genügen. £eiber abet ift ®i(fel,
toic a fpätnr felbft bcCannl gemacht ^at, entgangen, ba^ bie 3Imbiofianif(^e ^ibliotM
ju 3)taiianb noä) einen Jtobeg beä Liber diurnus enthält, ben id^ felbft lenne, \o bag
olfo @i(fel4 ÜSert feine abj^liefienbe Unterfui^ung bietet. id
3n Hjätcrer 3^t ^o' '"'>'' jui" Öi^i? teä nit^t me^ brnudi&aten liber diurnus
(benfoQä ä[)nli(^e (^omtelbü^er abgelöst, bon benen noc^ mandje, \d literae quae in
curia domini papae dari consueverunt, formulsrium et etylus scriptorum
curiae Romanae (Bon ^c^onn XXIL an bis auf ©tegot XII. unb ^io^ann XXIII.)
im 3JJanu(lript t)ot^anben finb (DgL 3(o(finget, ttber 3ormeIbü($ct com 13.— IG. 3a[)v= ij
^unbert, 3Iiünd)en 1865, ©, 64. 126. 173. 183).
3(u(f) jinb naä) bcm ißtufter be« pöjjjtlif^en liber diurnus bcrgleic^en ©ümni=
lungen jiit Sij^iJf«, äbte u. f. io. angelegt luptben (ogt. floctinget a. a. 0. S. 47.
168). {¥. ©infi^lne f) "■ ®i^»IIe.
Liber pontificalis. — Uebeifdiriflen: 3n ben älleflen iinb bejlcn ©anb^riflen 30
o6ne lleberfd)tift obei a(S : Epiwnpale trfp. Liber epist'opaliB, in quo cootiiicntur acta
bcatonim pontificum urbis Bomae, In einigen jüngeren ^anbfdii'ifien nlä: ileeta pontificum ober
Chronica pontificum; Bun Scba, g!i(Dlau8 L, ^incmar Don fflbctmä u. 0. diicttolS: Geata
poDtificali&j in alten 33ibliatt)etifalalDgen aI3: Gesta pontificum Romanorum; i>om
13. ^cbttlunbeTt an (feil ITtaitinuä ^ulonuS) auif) aii: Damoaus de geatia pontificum ober iij
CÜronica Dnman de geatiH Rümanorum pontificum; unicr bem Qlufiug bed Onnfrlo
(aniiinlo (Commentorii ad faMorum libroe V, Venetiis 15D8 u. a.) in ben erflen Etüden
als : AuMtaeius bibliotbccarius de vjtis Roraanonini poutificum ; feit ber SluSgobe bc3 So^anneS
Visnolt (1724 ff.) a!9: Liber ponCificalia.
^anbf AtifKn: üufjä^iung unb au#füt)tliil)e Sefpiecbunä bei: 2)u((cene: Le Libor so
pontificaU», I pag. CLXIV— CCVI; II pag. I-II; pag. IX-XX; pag. XXIV— XXX;
n'.XXXVn— XXXIX; pag. SLV— XLVII. ©ommjcn in ben Monumonla Gcrraaniae
torica, Gestoruni Pontificum Romanorum Vol. I pag. LXXIV — CV. Bafelbfl üud)
I Hngabe bei' fciigeren Ctttecatut über bie {lanbfc^rifien. Hußerbeni finb biet jii uergleidien
bie Stcifebeildite, bie in beni ,9Ir(^l» ber OtefcQfc^aft für ältere beutfc^e älcFt^idil^tunbe-' Mr- 8G
Bffenlli^t finb unb f'A fpej^eQ mit ben $anb|d|ri)ten beS LilwT pontificalis unb feinet gott'
I (epungenbefoffcn: 1. 3)er SBeijeberit^I Don Sl. .&. ^erp im Slten SrAiu. ©bV. 6.68—86. 97,
2. aier pnn ^. '!ßat\t im Weuen ?(t<^lo, Sb II (1877), S. 29—46. 3, Don Sl. aBüif
I a. a. O. Sb X (1885), S. 453—465. 4. Don H. »radniann a. 0. O. Sb XXVI (1901),
S. 308—322. Uebet bie ^lanblt^rifren beö fugen. Catalogus Felicianus: Sutfieäne, Le Liber u
pootificaliB, I, pag. XLIXff. ; SRumnifen, GcRtonim Pontificum Bomaoorum VoL I,
pag, LXXf- Ueber bie .£ionbf(ötiflen be8 fogen. Catalcgns CouonianuB: SludieSne, Le Liber
pontificalis, I, pag. LIVff.; SRommfcn, Qestorum Poutificum Romanorum Vul.i, pag. LXXIff,
«uöflobeu: 2. Imcfieänf, Lc Liber Pontificalis. Paris, Thorin, Tom. I, 1886; Tom.
II, 1892 in bet Biblloth^qae des äcoles frangatsea d'Alhbnes et de Rome, 2>6ärie;45
Z^. äRommfen In ben Mouumcnta Oermaniae hietorica, Gestonun Pontificum Bomauorum
Vol. I. IJbri PoDtificaüa Pars prior (—715) Berolini, SBeibmann. 1898. Sgl. ju biefec
Kudgabc bie flrilil 3?uii)eSneö „La nouveüe ^ition du Liber pontifiräliB" in ben Monges
d'arch^logie et d'hiütoire 18. ann^ (1898), pag. 381 — 417. Uebet bie filieren HuBgabcn
»gl. »utfieane o. q. O. I, pag. LV— LXIV; SHommfen fl. a. D. pag. CVU— CX. ffluS- 60
gaben bei fogen. Cotalogua Fclicianns: Sut^eBnc a. a. 0. I, pag. 46^108; Wommfen a. a. C
pag. 239—263 (SKommfen bat augerbem bie Se^lfornt biefeä Catalogus im ttp beS Liber
pontificalis burd) befonbete 3ei[4en anflcbeulet). üuSgaben beB fogen. Catalogus Cononianua
Don: 3)u(iit§ne a. ü. O. I, pag. 48—113; ^oinmfcn a. o, O. pag. 23!)— 263 (mit bem
Catalogus Felicisnus jufanimen unb babec nut biä Sel'f TV. abgcbtudt ; au&erbent tft aber 51
feine Se^ftttm, mle beim Catalogus Fclicianns, im 3^e{le bcB 'Liber pontificalia burd) be*
onbetc geilen angebeulei).
Ijilleratur: Stn Xeil ift gufammengefteQl bei Sug. i^oll^aft, Bibliotheca Hietorica
I Medii Aevi, a.DTuH, Serlin 1896, ©b I. ®.738i. lue elnjelnen ^luffäpe übet bie gtage
nadi Ber ßniftcfiunfl beS Hlteflen Liber pontificalia finb jufamniengeftelll bei: SJutfeeänc ü. a.D. e
I, Pr^faire. 3)ie Eitleralur über bie fugen. „Wömifdie Jtage", bie mit bet ßtilil über bie
Biten bei ?äpfte Slepbonäll. unb $iabtianäl. im Liber pontificalis im engfien 3ufammen'
^ong ftetit, ift jufonimenge|teQI in bicS« ent^doplibie, «riiftl „^abrian I." (SJb VII ©. 30af.).
440 Über pontificalis
iRad^s^trogen bleiben bann no(!6 folgenbe ©Triften : $. Sfabre, Les vies des papes dans les
manuscrits du Liber censuum in ben M^anges d'arch^ologie et dliistoire pabL par
r£cole fraD9. de Borne Tom. VI (1886) ; $. ^ahxt, !&tude sur le über censaum de TJ^^ue
Eomaine, ^ariS 1892 (= Biblioth^ue des l^les fran;. d' Äthanes et de Borne Fase 62) ;
6 3. (S^iorgi, Appunti intorno ad alcuni manoscritti del über pontificalis, im Archivio deÜa
societä Bomana di storia patria vol. XX (1897), pag. 247^.; gfr. ^. ®(agf(6röber, %ti
SucQd ^olfteniuS Sammlung t7on $apft(eben, in ber 9iO@ für ^[Itertumdhtnbe lY, 8. 125 ff.;
berf., Vitae aliquot pontificum saeculi XV, cbcnbort 93bV, 8. 178 ff.; berf., ßur Ouelleii'
funbe ber $Qpftgefd)ic6te bei» 14. ga^r^unbertS, ^3® XI (1890) @. 240—266; «b. {>ama(f,
10 Uebcr bic „ordmationes" im ^apftbud). in bcn @©« 1897, @. 761— 778; St. junger, 3ur
®efc^i*te beS «apfteS 3o^ann8 XXIII., S)iffert. Jöonn 1876, ©. 19 ff.; 3. ©. ßig^tfoot,
The apostolic fathers. Part I. S. Clement of Borne. Vol. I (Sonbon 1890), @. 201—345;
£^. Sinbner, Ueber einige Duellen mix $Qpftgefd)i4te im 14. 3a^^6unbert, in: ^<B XII
(1872), ©. 285-250. 656 ff.; 2^. afeommfen, 2)ie Historia Brittommi unb ftönig fiudu«
16 t)on Britannien, im 92?l XIX (1894), ©.285—293: berf., Ordo et spatia episcoporum
Bomanorum in libro pontificali, ebenbort XXI (1896), @. 333 — 357. brrf., S)a«
9ionncnaItcr, ebenbort XXtl (1897), @. 545--547; berf., 8ur 3BeIt(^ronif t)om So^re 741,
ebenbort XXII (1897), ©.548—553; (S. x>, Ottent^al, 3)ie Duellen jur erften Äomfaftrt
Ottog I., in ben ^itteil. bed 3nftitutd f. Oefterrei«. (^efc^i^tdforfd). (SrgSnAungdbonb IV
20(1893), ©. 32 ff.; g. @). dtofenfelb, Ueber bie itomporttion bed über pontificalia bid gu
itonftantin, Harburg, ^iffert. 1896; ©ägmüUer, ^ietric^ Don 9{iem unb ber über pontifi-
calis, 4)3® XV (1894), ©. 802—810.
^er über pontificalis entl^ölt bte ©efd^td^te ber $ä))fte t>tm ^etrud an in ^orm
bon 9togra)}l^ien. 3)er öltefte unb etgentltdbe über pontificalis reul^t btd @tct>^ V.
26 (885—891), ioi) f eitlen bte Siten ber brei Sorgänger btefe« ^opfte«, bie Sol^n« vni.,
3Jtarinu^' II., ^abriand III., unb femer fd^Iie^t ber Xe^t ber und erhaltenen fyaib^
fd^rtften mitten in ber äSita Bitpf)and V., fo ba^ tt>ir bad @nbe biefed alten über pon-
tificalis nid^t fennen.
3Rit ber ^age nad^ ber @ntftel^ung biefed SBerleiS l^ot ftd^ bie gelehrte Sßelt aKer
80 ^Ätm befd^äftigt. @eit bem 13. 3<i^^u>^^^ ^^x^ ^^^ ^^ älnfui^t, ba^ ber ältefte Xcil
bom $a)}fte ^amafud auf Sitten be$ ^ieron^mud ^efd^rieben unb bann auf Sefe^l M
jebedmaligen $a))fted bbn äSita p äSita fortgefe^t fei. Siefeälnfu^t ftü^e [vi^ bor aDem
auf bie in ben meiften ^anbfdj^nften mit bem Liber pontificalis berbunbenen Sriefe M
3)amafud unb $ieron^mu^, beren Unec^tl^eit man nidbt }u erlennen bermix^te, tourbe ober
86 fd^on im 15. ^a\)x^, in 3^^f^ 0^3ogen. Dnofrio ^anbinio brad^te bann im 16. ^cift^
^nbert bie ^nfd^auung auf, bag älnaftaftud, ber einfhi^reid^e unb geld^frte SRini^
9ii{oIaud I., ber ^erfaffer getvefen fei. 3^^^ fd^loffen fup bie erften Herausgeber an, \M
gegen @nbe beS 17. S^^^^^unbertd ber geleierte Sibliotl^elar ber Bibliotheca Vaticana
Smanuel @d^elftrate („Dissertatio de antiquis Romanorum Pontificum cata-
40 logis etc.''y Romae 1692) unb ^oanned 6iam))im (,,Examen libri pontificalis etc.'',
Romae 1688) fotoie %x, ^iand^im in feiner älu^abe bed Liber pontificalis (Romae
17 18 ff.) mit fc^lagenben ®rünben bie Unl^altbartett biefer Slnftd^t beriefen, ^eutnito^c
|itt>eifelt nad^ ben glänjenben Unterfud^ungen S)ud^e$neS niemanb mel^ baran, ba| bic
SSiten aQmöi^Iic^ entftanben fmb. ^er Strei^unft ift ie^ ld>iglid^ noc^ ber, in tDebfK
45 R^xt bic erfte Slebaftton biefe^ Sud^e« jju fe^en ift. Über biefe^age tourbe ctnp eine
lange Jtontroberfe gtoifd^en 28ai| unb ^udpeSne au^efod^ten. Sceuerbingd ifl fte bun^
bie bon langer $anb l^er borbereitete ^ublilation bei^ erften S^eiled bed Liber pontifi-
calis burc^ 3Rommfen für bie MG toieber aufgelebt; il^re Sntfc^eibung l^gt bon bet
^age nac^ ben JQueÜen bed äBerfed ab.
60 ^er Liber pontificalis ift fic^erlic^ nid^t bie ältefte Slufjetd^nung über bie Sl^nmo<
logie unb ©efc^ic^te ber $ä))fte. Slömifd^e Sifc^of^Iiften mit ifirc^engefd^id^tlid^ 9b>ti)(n
fyii e^ toal^rfd^cinlic^ feit bem änfang be« 2. 3ö^4unbertg gegeben. [SJflL fiigbtfoot, The
apostolic fathers, Clement vol. I p. 201 f.; Slb.^amad, ^ie älteften c^ftlic^ S)a>
tierungen unb bie Slnfänge einer blfc^öflid^en @|ronogra)}l^te in Stom, in ben WB91 1892,
65 @. 617—658; auc^ ^arbinal ^anc. Segna, De succesione Romanorum pontificum,
SRom 1897.] ßufebiuö, §ieron^muS u. a. I^aben in il^re 6l^oni!en Jold^e 2i|ien auf*
genommen, ^udj^ ftnbet ftc^ eine Sammlung bon $c^ftbiten öl^nlicp ber beS Libär
pontificalis aud alter ^tit, bie leiber nur fragmentarif^ überliefert i% au^er einem Steße
einer Vita Anastasii III. eine au^fül^rlid^e äSita bed S^mmad^uS enthält tmb, tme
60 3)ud^e«ne erlannt ^at, »ur S^xt be^ §ormigba« (geft. 523) gefd^rieben toorben ifl [3n einer
^anbfd^rift be« 6. 3;a^r^unbert^ in ber Äo^itelbibliot^ef gu SBerona SRr. XXII (20). -
@ebru(ft bon $ian($int in {einer älu^abe bed Liber pontificalis Tom. III, p. 209;
über pontificalis 441
IV, p. LXIX. 3Ü& ,,Fragmentum Laurentianum" bon 3)u(i^e$ne, Le Liber
pontificalis, I, p. 4:3—46. SJgl- P- XXX. Sltö „Corpus vitarum Symma-
chianum" bon 9Rommjen in feiner Slui^abe bed Liber pontific, p. IX — XI. J
SQe iene Xu^eid^mmgen ftnb burc^awS unabhängig bom Liber pontificalis; biefer
gicbt^ bie älnf angdgefd^id^te ber^öpfte feine befonberen 9{ad^rid^ten. SBol^erftammen fie? 6
gür bte 3lamm unb ^aten ftnb ebibent jtvei DueDen nac^getbiefen. 3)ie eine ift
bet Catalogus Liberianus, fogenannt, tveil biefe $a))ftlifte mit bem $a))[te SiberiuiS
mbet (352—366). @ie ift ein Xeil bed Ghronographus anni 354, eine^ römifd^en
©toatäolenbard [l^au^egeben bon ^. SDtommfen ;,Über ben Sl^ronograpi^en bom ^a^re
354'' in ben Xb^anblunaen ber ^l^ilolog.sl^iftotifd^en Jtlaffe ber jtgl. fädj^ftfc^en ©efeUfd^aft lo
ber SBiff cnf d^aften Sb I, £ei))gig 1850, ©. 547—668; unb abermal« bon 3Kommfen in ben
MG Auct. antiquiss. IX (1892), p. 37—77; bie $a»3ftlifte attein bon a)ud^e«ne, Le
Liber pontificalis, I, p. 2—8 unb bon X S. Sigl^tfoot, The apostolic faüiers. Part.
I. S. Clement of Rome vol I (1890), ©. 253—258], ber in jenem Sa^re in Stern
ougenfc^inltc^ für einen d^riftlid^en Seniler jufammengefteQt ift, bieQeid^t bon bem RcHu vs
m0pf^ bed ^fted 3>amafud, ^uriud 3)ionbfut« ^localu«, ber ben Menber mit
^Ott^ationen fd^müdEte. 3)iefe Sifte berul^t nad^ ben Unterfud^ngen 3)ud^edned bi« jum
^jaS^ 235 ($<^t ^ontionu«) auf ben Slu^d^nungen bed $^))ol9tu« in feinem Liber
cenerationis (92amen, 9$ontiftfatdbauer, 5taifers unb Jtonfulat^f^nd^ronidmu«), für bie
plaenben brei $ä))fte toaprfd^einlid^ auf ^^ortfe^ungen be« ^i))))ol^tu«, toirb bann fel^Ier» 20
^ für Suctud, Btepi^axua, @ic^ II. unb fügt im I^en Seile augenfd^einlid^ auf
®nmb tird^Hd^er Jtolenber [93eif))iel eine« foldj^en: ^e ^offt, Roma sotteranea I,
p. 113] )u ben bid bol^ gegebenen 3)aten bie Slngabe ber Xage ber ordinatio unb
depcfiitio ber$ät)fie ^in}u. SeiSiberiu« ftnbet fuj^ nur berXag ber ordinatio; augem
\dfmix^ lebte ber ^^ft nod^ jur 3^t ber Slebaltion ber Sifte. — 3)ie ^toeite Sifte, bie as
ffia in 9etra(^t lommt, ift und jtoar in berfd^iebenen formen bon berfd^iebener Sänge
übcdtcfert [SRommfen in feiner Slu^abe bed Liber pontificalis p. XXX ff. }ä^(t gtoölf
foUa Stfien oud bem 6.-9. 9|al(^l^unbert], jebod^ betoeift bie Übereinftimmung ber Ütamen,
ßo^bn unb getmffer Sefonber^eiten, aud^ bie ftetd ftdj^ finbenbe äSerbinbung mit ^onjUien«
ober })fi))Pi($en 3)elretalfammlungen für eine gemeinfame @runblage (= SJlommfendao
^^libq^O- 3^ ^^ X^^ ftimmt bie Sifte, fobalb man getoiffe pe|ler bed Siberianud
brrigiert, mit biefem in \ifttn ^aifltn unb fonftigen eingaben burc^aud überein, fo ba^
eine 9ein^(ung ber einen burd^ bie anbere ftattgefunben l^aben mu|. Sigl^tfoot meint
ba^ [The apostolic fathers, Clement vol. I, p. 267], ba^ ber ^erfaffer bed ^jnbes
hm Catalogus Liberianus au^d^rieben l^abe, unb bringt bie Sntftel^ung in Bufammen^ 86
^g mit ben fogenannten 3<^^ jüftertafeln, beren 9(nfertigung ind ^afyc 447 fällt, [äluc^
Shidpedne, Le Liber pontificalis, I, p. XXI f^rid^t fid^ bafür aud, bal ber ^nbec unb
bie S^iMx Oficrtaf ein benf elben 93erf äff er l^aben, bieQeidj^t ben S^roniften $rod))er. — ^gl.
Utommfen, SHe 3ei|er Dpertafel bom 3a^re 447, in SlSa 1862 @. 537 sq. unb 3. 8.
Sig^oot, The apostolic Fathers, Clement vol. I, p. 311 sqq.] SDtommfen l^oÜ im 40
(Bcgenteil ein ffiiftxt& äUter bed ^nhtjc für nid^t au^gef d^loff en, toeU ber ^e^t bed ^f^bec bon
ben gfe^lem bed Siberianud frei ift. ^r bie DueQenfrage bed Liber pontificalis ift bie
Sntfc^etbung o^e 9elang. 9lld ber älutor bei^ Liber pontificalis fein SBert tom«
^Hmierte, tiHiren bie beiben Siften bereite fo berfdj^ieben, ba^ er fte aU jtoei berfd^iebene
bcmif^ 3^ toefentlid^en fc^lo^ er fid^ babei bem Catalogus Liberianus an, ber il^m 45
ffir bte filtqle 3^ ^i^ au^fü^lic^eren 3la6)xx^Un bot. älber im SSerlaufe feiner älrbeit
brrigierte er bte eingaben be^ Siberianud nad^ benen be$ ^vb^, bieQeidj^t toeil biefer burd^
feine SSerbtnbttna mit Jtonjiliens unb $a))ftbe{retalfammlungen grö^ered äSertrauen gu ber-
bienen fc^ien. Son Siberiud an ift ber^nbq: bann bie alleinige Duelle für bie S^l)lm bed
Über pontificalis getoorben, i\^ @i^d III. (geft. 440) lontroüierbar an ber Si^ronit 50
bcd fSro^HT, mit ber er burd^aui^ übereinftimmt. ^ür bie Sl^ronologie ber älteften ^ä))fte
barf fomit ber Liber pontificalis nur ba benu|t toerben, too er Süden bed Sibcrianud
audffiOt; im übrigen i^ er in biefer ^infic^t nur abgeleitete DueQe.
(Segenüber btefen beiben Siften |at nun aber ber Liber pontificalis nod^ ein be«
bctttciAed 3RtSjft. i)ied 3Rel^r l^at ber älutor aud allen möglichen JQueDen genommen, 55
bcmt ffi^it^iftt äBert pm Seil äugerft gering ift (^ieron^mu^, De viris illustribus ;
älufind ^eiibo«Jtlementtnifd^en Slefognitionen ; ^ärt^rertegenben ). 9. Passio s. Cae-
eiliaey s. Comelii papae, Sixti II papae, Silvestri papae, Felicis II papae u. a. ;
bte jo^Ireif^ f^fUic^en ^elrete größtenteils an^ ben fogenannten falfd^en S^mmadj^ianen
[bgL Coustant Epist. pontif . I, p. LXXXIVJ, einer Sammlung bon @rjä^lungen unb eo
442 Ltber pontificaUs
©^nobalberid^ten, bie unter ber Slegierung be$ $a))fted ©^mmad^u^ jufommengeiidlt
Sorben ift). Mtorifd^ \Dtti^>oü ftnb feine 3la6)ni)tm nur ^inftd^tlic^ ber aufjo^lung
ber ^ci)}ftli(|en ISouten unb ber ©efd^enHiften, bie tool^l auf Ürlunben bed p&p^iäfm
Wcd)i\>i berul^en. ferner in ben äStten bon 9(naftafiu^ II. (496—498) an ouc^ ^infu^tlic^
6 ber Sendete über bie ))olitif(l^e ©efd^id^te ber ^cüp^it, bie bid bo^in ebenfalls t)on ber
fd^toerften l^iftorifd^en 3^^^»"^ ftedfen.
S)iefe (entere Seobad^tung giebt gugleid^ ben Snl^t^unlt für bie (Sntf d^eibmm ber
^age nad^ oem ällter ber erften Slebaftion bed Liber pontificalis. @tnb bie vtaiSf*
rid^ten ber äSiten t)on älnaftaftud II. an gut, bie ber früheren fd^Iec^t, fo liegt ed no^,
10 in bie 3^ ^^ anfongenben 6. ^o^rl^unbertd oud^ bie erfte Xu^obe bed Über pon-
tificalis gu bcriegen. ©o urteilen, toie früher ©d^elftrate, Jo neuerbing« be Steffi unb
befonberd S)ud^e^ne unb ftütot ü^re 9(nftd^t mit gewichtigen ^rünben, le^terer namentlich
burd^ i^^i^^^i^ Auf einen ^u^ug be$ alten Liber pontificalis, ber mit ^i; IV.
(526—530) enbigt [ben fogen. Gatalogus Felicianus, in ben xmS erzenen ^anb<
15 fc^riften mit einer in ©aJDtien umd ^afyc 549 jufammengefteHten Sammlung t)on flmumed
(Sylloge Sanctimauriana) berbunben. 2\p[xu^ („6|ronologie ber römifc^ 9tf(^fe
bi« 5ur SDlitte be« 4. Sa^rl^nbert«", Äiel 1869, 6. 269 ff.) betrad^tete biefen Catalogus
einft al^ bie $au))tquelle bed Liber pontificalis, bi^ 3)ud^edne in feiner „£tude bot le
Liber pontificalis" ($arid 1877) unb nad^ il^m 28ai| il^n et)ibent otö einen tbiSm
20 ertoiefen]. 2Benn SBafa^ unb nad^ il^m SJlommfen fu| fel^ energifd^ gegen biefe Sm
nal^me erHären unb bie erfte 3teba{tion auf ben Slnfang bed 7. ^al^rl^unbertd feiife|ai
tDoIlen, fo ftnb il^re @rünbe jtvar in mand^er Segiel^ung beac^ten^toert unb iOuftriercn bie
©d^iüierigfeit einer öötligen Söfung biefer g^age, ergeben aber bie immerhin bcbenflic^
SRottoenbigleit, bie trefflid^en 5Ra(^rid^ten ber SBiten bon Slnaftafui« II. an auf We 8e»
26 nu^ung einer fc^riftlid^en, un^ unbelannten QueQe jurüd(fü^ren gu muffen unb bie Z^
fadpe eines 9lu^}uge$ aud bem Liber pontificalis, ber mit %dxi IV. enbigt, bunl^ bie
älnnal^me einer Jtürjung }u erllären, bie burd^ bie mit i^m Derbunbene3>elretalfaminlung
beranlafet fei; babei ift aber, toie 3)ud^eSne in feiner Äritil ber Slu^abe SWonwifen« ffo»
öorl^ebt, nid^t rec^t eingufe^en, toarum bie Äürjung gerabe bei gelij IV. ftattgefunben
80 l^aben foHte, tväl^renb bie genannte ^dretalfammlung 3>etretale bon ©iridud btd 2eo L
entl^ölt, femer ein öereinjelte« 3)elretal be« Q\}mmad)Vi9 (498—514) unb jum ©c^loj
eine« bon 93onifatiu« IL (530—532). 3)ud^e«ne bleibt bal^er aud^ nod^ ben SUidfü^rungen
SKommfen« bei feiner alten 2lnnal^me, bafe bie erfte Slebaftion beS Liber pontificalis
nad^ bem 2^obe gelij' IV. unter Sonifatiu« II. ftattgefunben l^abe.
85 9flad^ biefer erften Slebaltion ift bann ber Liber pontificalis twm t)erfd^iAenen Jlutowi
ju öecfd^iebenen 3^^^ fortgefefet. Db bie gtoeite Slebaftion erft in bie 3^ ^^ Äonon
(geft. 687) ju fe^en ift, toie TOommfen toill, ober öorl^er nod^ jtoei onoere an)jtne^mcn
fmb, toie 3)ud^e«ne toill, ift im ®runbe gleid^iltig. Slud^ SDlommfen befireitet nic^t, ba|
bie SSiten be« 7. S^l^rlj^unbertg nac^etnanber bon 3««^0«noffen öerfafet feien. Sfaif jeben %oH
40 aber l^at eine ^ortfe^ung bed Liber pontificalis mit ^onon georibet; benn tt>ir bef^
einen »ugjug be« Liber pontificalis, ber mit ber Sita biefe« ^fte« obfc^Iiefet [= bet
fogen. Catalogus Cononianus]. ferner l^at bie einft bon $er$ in 3l^d oufgetunbaic
ganbfd^rift be« Liber pontificalis au« bem @nbe be« 7. SlA^I^unbert« )u Anfang ein
$at)ftber^eid^ni«, ba« ntd^t über ^onon binau«gel^t, unb bie äSorlage ber jtDettältelicii
45 ^anbfd^rift au« bem ®nbe be« 8. gal^rl^unbert« in ber 3)ombibliot^ef )u 2ucca, bie bon
wfter §anb bi« Äonftantinu« (geft. 715) gef daneben ift, fd^eint nad^ einer Sanbnotij eben*
faJDt« nur bi« ftonon ftc^ erftredt ju ^aben.
SBeitere gortfe^ungen laffen ftd^ l^anbfc^riftlid^ abgrertjen: bei Äonflantimt« (gejl
715); fotoeit reicht ber erfte SEeil ber §anbfd^rift ^u Succa; bei ®tet)l^n IL (gcji 757);
60 bei ©tep^an III. (geft. 772); bei §abrian I. (geft. 795), mit beffen Sita ber jjtoette %ä
ber §anbf(^rift JU Succa abbricht unb nad^ i$r biele anbere ^nbfd^riften. 33on ba an
laffen fid^ bie Siebaltionen nic^t mel^r lontroQieren.
ß^aralteriftifc^ für bie 2lrt ber ßntftel^ung be« Liber pontificalis ftnb folgenbe
Seobac^tungcn : 311« einft 93eba ^oc^ im 9?orben bon ©nglanb feine S^onit im 3a^
66 726 abfc^lo^, gefc^al^ bie« nocb unter ber SRegierung be« $a^3fte« ®regor« IL (715 W
731); tro^bem benu^t er al« Duette bereit« bie SSita be« ®regor avi^ bem liber pon-
tificalis unb erjä^lt ganje Partien mit ben SBorten ber Sita, g. 33. bie liberüberf^^toem«
muna be« ^af}x^ 717 u. a. 6tne ^ilgerfd^or l^atte il^m ben Liber pontificalis oB
Oef^en! ©t. ^eter« mitgebrad^t, in il^m bie unöottenbete Sita be« regierenben Satyfie«. —
60 ^nlxif ift e« mit ber Sita be« ^apfte« Salentinu« (827) ; fxt }eigt audffi^riic^ 91«^
über pontüicalis 443
ruften über ®e6urt, Srgtel^ng, äßal^l unb Xugenben bed $a)}fte^; fte Itefl ftd^ tote bte
(Sinlettuna m einer langen unb glän^enben ©ef^td^te. 9lBer ber $a))ft ftarb fcpon toeniae
%CLQt nad9 oer äBol^I; bte 3i\ta fonnte ntd^t Leiter gefül^rt tt>erben. — ^eutlid^ fte^t
man in betben ^öQen bte Srt ber Sntftei^ung ber SStten. Selbe ftnb fofort nad^ ber
SBo^I begonnen, bte be^ ®regor tft ju Sebjetten bed $a)}fte$ fortgefül^rt; bte äSerfaffer 6
Iden am t>a)){Utc^ $ofe, fd^reiben im offtjieDen $offttle. Sei einer ^affenben belegen-
ff6t tmrb bte SStta jufammen mit ben bi^er borl^anbenen in ein corpus vitarum
utfornmengefagt unb m bie 28elt gefanbt, bamit bie Srjä^lung bon ben ^ugenben unb
Xpoten ber $ät)fte ober t)on ben Sebrängniffen ber Jtird^e @. $etri bie ^erjen ber
®Uiubtgen entflamme unb neue ^erjen getoinne. — ^tid^t immer ^a^te ju biefem R\D^i^ lo
ber päp^Üiä^ ^opi. (Sin Stferer toar e^, ber bie Sita bed $at)fted @te)}^and II. f$rieb ;
We gembe 3lom« unb ©t. ^ßeterg belegt er mit ben gröbften ®(i^imt)fh)orten, er nennt bie
Songobarben unb il^ ftönig Sliftulf Söfetotd^ter, ®ottloje, ©ottedläfterer, ^ippin ben
oOcsi^jUic^ften, aOergütigften, bortrefflid^ften Jlönig. Stotürlid^ lomtte man bie Settüre biefer
Sita feinem Songobarben mmuten ; fte l^ätte ben 3^^ ^^ $ro))aganba grünblid^ ber« is
fc^Ü 993ie l^f ntan ftd^? @tn gefd^ifter Stebaltor nai^m ftd^ ü^rer an, ftrid^ bie ber^
Ictotben äludbrüde unb isolierte folange, btd fte für ben longobarbifdj^en ®e(d^madE jured^t
oeßu^ toar. Sine Steige bon ^anbfc^ften bed über pontüicalis }eigt bal^er biefe
Stttt m ber longobarbtifd^en SRecenfbn [bgl. 3)u(^e«ne a. a. D. I, p. CCXXV f.]. —
S>er umgdCe^e gfoll geigt ftd^ bei ber Sita be$ ^at)fled @ergiud II. (844—847). S)ie 20
Ste^rio^I ber i^anbfd^ften giebt eine ^orm ber Sita, bte im offigieUften $offtU gel^alten
iß. mr eine einzige, leiber le^t t)erIorene i^onbfc^rift [ein Codex Farnesianus be$
9. Sa^^berid, betannt l^u))tfa^li(^ burd^ bte 9(uMge bed £. $oIfte im Ck)dex Bibl.
Yaticaii. Reginae 2081] jetgt und eine anbere ®e)talt, inbem mitten in ber Sita ein
aam onberer %m angefdj^Iagen totrb. ^er foeben no(b burd^ glöngenbe Sigenfd^ften 35
Seibed unb ber 6eele auiSgegeid^nete Dberl^irt toirb ))l5|Iid^ )u einem burc^ äCudf^toei-
fangen unb Safter aller äirt torrum))ierten, an $obagra letbenben, iä|^)omigen ®reife,
unter bem 3ltpoi\Smuü unb Simonie im ©d^toange gelten, älugenfc^einlic^ l^aben toir
biefe @rgüffe bem S^obe bed $at)fted )u berbanfen, ber ed bem Serfaffer ber Sita ge^
Rottete, feinem i^ergen Suft gu mad^en. so
Siber bted tfl bie etngige äludna^me bon ber fonftigen ®etool^nl^ett. 9QIe anberen
Siten ftnb bon Seamten bed ))ci))ft(id^en ^offtaatd im offigieEen etile berfa|^. @d ift
beiffrieldtoetfe fel^ tool^rfd^einlic^; ba^ bie Sita bed 9{itoIaud I. bon feinem geringeren ald
bem oOmäd^tigen äRintfter biefed $at)fted, bem Sibliot^efar Slnaftaftud, rebigtert toorben
i|L 3>^foIge btefer ftänbigen ^öftf^en Slebaltion l^at ftd^ namentlid^ für bie f^&teren Siten 85
em getofffet Sc^atidmud l^auigebilbet, ber ftdj^ bor allem in ben @inleitung^ unb
€(^bi|fonneIn fotote in ftereot^pen $^afen für bie @d^ilberung ber $erf5nlid^teit bed
$a)>fm geltenb moc^t. Tlan totrb bai^er ben über pontificalis atö l^iftorifd^e Duelle
päd mit einer geloiffen Sorpd^t benujen muffen; feinem Urf))rung nad^ l^et ilj^m eine
getDiffe (Sinfeitigteit an * aber gerabe in biefer @infeitigleit beruht aud^ toieber fein äBert ; 40
Min teine otibere DueUe ber 3eit fül^rt fo unmittelbar in bie Sorjlellungdtoelt ber
Sturie ein, toie. biefed ad maiorem papae gloriam gefd^^riebene 3BerI. (Sd ift barum
oudf^ nic^t genug gu bebauem, ba^ biefe toid^tige DueQe mit bem @nbe bed 9. ^a^r«
^miEberid für lange ßeit aufhört.
3m lO.unbll.^oi^^l^.fd^toeigt bie ))ö))ftli(^e $iftoriogra))^ie. 3lux $at)fttataloge mit 46
me^ ober minber bürftigen 9?otigen fmb au« biefer Seit erhalten [bgl. 2)uc^cgne, Le über
pontif., II, p. IX— XX; 5Rä XXVI, 1901, ©. 320—322]. ßrft bie gregorianifd^e 3ett brad^te
eine (grneuerung alter 2:rabitionen : @« entftel^en bie großen Siten £eo« IX. unb ®regor« VII.
9>ie gro^ Jtanontften ^eu^bebit unb Slnfelm bon fiucca toenben bie Slide gurüdf auf
ben alten über pontificalis. Sontgo bon @utri fd^reibt feinen „über ad amicum'' so
mit langen Snai^lungen über bie ©efd^ic^te ber ^cop\U oon £eo IX. bi« ®regor VII.
im ©tile bcJ alten über pontificalis, refumtert im 4. Sudj^c fetner 3)elretalen bie ^m)fts
af^m^t hü ©te))l^n V. unb giebt eine ©ligge big Urban II. Son entgegengefe^tem
mferlu^ @tanb))untte au« fc^reiben Jlarbinal Seno bte ®efc^id^te ®regorg VII., ge^
m&^er ber ober bie Serfaffer ber fegen. Annales Romani bte ©efc^ic^te ber ^al^re 1044 66
M 1073, 1111, 1116—1121 [Ex Codice Vaticano 1984 herausgegeben bon $erft in
ben MQ Scriptores V p. 468—480 ; SDuc^eene, Le über pontificalis, II, p. 329—350,
bgL p. XXIIJ. aber atte biefe ©c^ri^en ftnb nur ®elegenl^eitgf(^riften, t)erbanfen il^r 6nts
tf^en bem Xngriff ober ber Sertetbigung unb ftel^en gum alten über pontificalis in
" ' ober nur fe^ oberfläd^lid^er Segie^ung. eq
444 Über pontütcalis
(Srft nad^ 1133 erftanb an ber ^ät>ftli(i^en iturie ein Tlaxm, ber auf ben alten Liber
pontificalis jurüdgriff unb i^n mit einer ^^ortfe^ung bid auf feine 3^ berfal^. 2)iefe
gortfe^ung l^at 2)uc^e«ne [Le Liber pontificaHs II, p. XXIV— XXXVII : gAnuft
ebenba p. 199—328] afö ben Liber pontificalis be^ Ißeter SBU^elm be^eicpnet noc^
6 einer 9toti) in ber $au))tl^anbf(l^rift [Codex Vaticanus 3762], aud ber ^en)orgd^t, ba^
ein Sibliot^etar $etru^ ©uiUermud biefe ^anbfd^rift im ^al^e 1142 ju Saint^StOed (in
ber ^iöcefe 9tl^eim^) gefd^^eben l^at. älu^erbem fyit biefer ^eter äßil^elm in einet 9lei^
bon äSiten Ru{ä|e gemalt, auf bad ftlofter @t. ®iQe^ bejüglid^, femer, ta>ie 3)u(l^e
tt)al^r{(l^einli$ mad^t, bie äSita Honorii II. bebeutenb gdCürjt, fo ba^ biefer neue Liber
10 pontificalis oQerbingd in gen^ifjer Sejiel^ung ben Atomen jjene^ Tamofen t)erbtent. SDber
ber eigentlid^e älutor tvar er xAqt tiefer nennt fic^ mit boQem 9camen in ber Sita
Oelasü II. unb in ber 93Ua CaHxti II. : $anbulfud. ^nbulf ift rihnifd^er JUeriter,
9{effe be^ ^arbinald $ugo bon ällatri, tvirb unter Slnaclet II. ilarbinalbialon unb iß ein
enragierter Parteigänger biefer ®egen))a))fted unb ber römifd^en 9(beld)}artei ber ^tedeom.
16 3lx6)t mit Unrecht bermutet 2)ud^e$ne, ba^ ba^ 2BerI be$ $anbulf einft nix^ toeiter reic^
ci^ bi^ )ur äSita Honorii II., mit ber ed in ber nn^ belannten ?^orm fd^Iie|t, bo^ $eter
äßill^elm aber ben Sleft ftrid^, tbeil bie @(^ilberung ber Sreigniffe aud bem @nbe ber
)tt>an)iger unb 9(nfang ber brei^iger 3<^re einem flnl^änger ^innocen}' II. nid^t besagen
mo(bte. -— $anbutf bat nad^ augemein mittelalterlichem Srauc^ nid^t bad gonje 9Bed
20 felbft berfa^t. äSon $etru^ bid ^abrian II. tbieberl^olt er mit ftarlen ilürjunaen ber
SSiten bed 8. 9;a^rl^unbert^ ben alten Liber pontificalis ; bon 9;ol^anned VIII. Btd mm
(Snbe bed 11. ^[a^rl^unbertd einen aUmä^lid^ entftanbenen, meift fel^ funen Jtatolog, ber
aud^ au^erl^alb biefed äßeried in bieten @£emf)laren erl^alten ift [bgl. S^uqedne, Le liber
pontif., II, p. XVII]. @d^on bei £eo IX., toeiterl^in aud^ bei »enebift X. unb aOe*
26 sanber II. finben toir bann aber B^fö^e, bie in ben fonftigen @£emt)laren bed llatalogd
nid^t borl^anben finb unb auf Sled^nung bed $anbulf gefegt toerben muffen. 93on ®regor VII.
an ertbeitem fic^ biefe Rn^äi^t )u atüSfü^rliäen SSiten. S)ie äSita Gregorii VII. ifi fa^
SSSort für SBort ax^ Slu^jügen aud bem belannten Sle^iftrum biefed $a))fied gufammem
gefegt, ba^ biefer im ^afyct 1081 anfertigen lie^; nur etnige^ SBeniae ftommt \>on $an*
80 bulf. @enau fo jptel^t e$ mit ber 93ita Urbani II. @rft bon $af($aKd II. m beginnt
bie lebenbige (Srjä^lung eined 3^i^d^^ff^ ^"^ ^ ^^ ^^ i^^ ^lu^ Suc^edne i^
ber älnfid^t, ba^ biefe Sitten famtlic^ bon $anbulf berfa^ feien ; allein mit Bü^cä^ ^
er ben Setoeid nur für bie brei le|ten äSiten be^ ©elafiud IL, Salict IL, ^onoriud II.
erbrad^t. S)er @til ber äSita bed $afd^ali^ II. ift ein fo abtveu^enber, au^^d^et naa>
86 mentlic^ burd^ ben eigentümlid^en ^onfaQ ber ))ä))ftlid^en Nullen, ben fogen. Cursus leo-
ninus, ben bie anberen äSiten ni^t geigen, ba^ mit ber SRöglidj^teit eined onberen 3kf
fafferd gered^net tberben muft. [@iefebre^t in ber allgemeinen 3Ronat^fd^rift, ^oQe 1852,
@. 264 unb nad^ i^m ^atteri^, Romanorum pontificum vitae, I prolegom.
p. XLVII— LXXI galten ben Äarbinol ^Petruö bon $ifa für ben »erfaffer; le|tem
40 tveift il^m audj^ bie 3ufä|e m ben SSiten £eo^ IX., Senebittd X. unb SUesonberd IL }u.]
Rubem ftammt bie %tta ni^t aud berfelben ^zit tvie bie brei anberen * fte ifi no<^ ju
Sebgeiten $afd^atö IL berf a|t unb geigt leine &pwc bon bem erregten Xone iener Stten.
@in eigentümlid^e^ @(^id(fal l^at über biefer ^ortfe^ung bed alten Liber pontificalis
getoaltet. ©ie toar eine offenbare ^arteifc^rift für Slnaclet IL, berfa^ etloa hn Sähe
46 1137, fie enthielt ©efc^id^t^fölfc^ungen im ?[ntere{fe biefer ®eger4>a))fted, tpo^d^einli^ ijai
fie beffen äSita umfaßt. @ein %oi befiegelte Darum aud^ il^r @(^i(tjal. 3bxc in ber tet»
lürgten unb gereinigten ^orm, bie ber Sibliotl^efar bon @t. ®illed '^^QOb, iß fte im9
erhalten, unb aud^ bon biefer ^orm l^aben mir nur bad bon $eter SBiO^m fdbß ge>
fc^riebene @£em))lar. @rft eine f))atere ^^i entriß ba^ 2BerI ber äSergeffen^; gracn
60 @nbe be^ 14. ^al^rl^unbertd gloffterte e^ am $ofe }u älbignon ber ^angofe $etet So^ifr
unb überreidj^te bad ®ange mit einer SSSibmung bem Jlönig ^arl V. bon f^anlret<^, um
i^n an feine ^flic^ten gegen ba^ 9lbignone{tjd^e $a)}fttum }u erinnern. — Jtut} ttaif ibm
trug eine anbere i^^anh in bie alte $anbfd(^rift be^ $eter äBil^elm eine ^ortfe^ung w
3KartinIV. (1130—1281) ein [gebrudft SDudj^e^ne, Le Liber pontificalis, II, p. 449— 462],
65 tbörtlic^ au^ ber Sl^ronil be^ ^artinu^ $olonud unb einer feiner ^ortfe^ungen übenunm
men unb bal^er ol^ne 2Bert.
Sin äl^nlid^ed Sd^idEfol tvurbe einer anberen ^ortfe^ung bed alten Liber pontificalis
)u teil. 3)rei^ig ^a^re nac^ ^anbulf fc^rieb am ))ä))ftftc^en ^ofe ber Jtarbinal Sofo eimn
neuen Liber pontificalis bid ^um 2!<^re 1178, obne bad &er{ bed ^onbulf )u tenneR.
60 ^er äSerfaffer mar eine ber bebeutenbften ^erfönlid^Ieiten fetner 3^ * ber Serteauendmom
Liber pontificalis 445
bcd ^ßa)){^ed ^obrion^ IV., fein camerarius unb Scgat in Snglanb, bieHetd^t ein @ngs
lonber tote biefet; ber ^^borit ädeionbepS III., mit biefem im (S^ m ^onlreid^ \ixü>
ft)ater an ben anbeten ^leftbenjen biefed $a)}ft«^, Xeilnel^mer an ben ^eben^erl^anb«
lungert )i>on SJenebig, ^ox^t feiner SiüdEte^r nac^ 9lom. @ein 28ert ift, tt)ie e^ fc^eint,
erffanoltg abgefd^Ioffen tm ^ci^xt 1165 nad^ ber WiHt^x aa^ ^anlreid^, ber Sleft ju 6
tpieber^olten BRoIen nad^gejrügt. 3^^^ Slbfc^lu^ ift e$ nid^t gelangt; bie aanje §orm ber
Sita SDecanberS III. trägt einen ^rot)iforif4en S^aralter, ba^ le^te erjö^lte @reignid ift
bie 9lü(Be^ bed $a))fte^ nac^ 9lom unb bie ^eier bed Dfterfefte^ im ^al^re 1178. äSer^
mutlic^ ffot ber Xob ben Jlarbinal am 9(6f(I^Iu^ ge^inbert; benn mit bem 10. ^uU 1178
berfd^ftütnbet er ald 3^^ ^^ ^^ SuQen älle^anber^ III., Wenige SRonate nac^ ben legten lo
)i>tm üfm er^lten @reigniffen. 3)ad SBerl beginnt ba, h)0 ber alte Liber pontificalis
auf^e, mtt @te|)^nV. unb giebt fu^ babur^ al^ birette f^ortfe^ung gu ertennen. 911^
Stnleitung Dertoenbet 93ofo bie !urge Stiege ber $a))ftgefdj^i(i^te, bie Sonigo t)on @utri mit
bem 4. 93u(^ feiner S)dEretalen berbunben l^at. S)en etften Xeil t)on ^iol^anned XII. bid
©regor VII. 1^ er toörtlid^ aud bem Liber ad amicum bedjelben Sutord genommen. 15
Urbon II. unb Sictor III. läfet er fort. %üx ^afc^li« IL fc^ö^ft er au3 aitenfiüdEcn
bed 9b(^, meift ax^ bem Siegiftrum, ol^ne jebe d^ronologifc^e Drbnung. 93on ®e«
lafhiS U. an erjäl^lt er felbft unter Senu^ung jallreid^er Urtunben, bie ü^ atö 6^ef ber
at>offa>U|(i^en Aammert>ertoaltung leidet gugönglicp tvaren.
2)te SSerbmbung biefer ^ortfe^ung mit bem alten Liber pontificalis ift nid^t gu 90
^onbe grfommen, tveil 93ofo feine 3lu«$gabe nic^t m @nbe führen lonnte. äluc^ fie rul^te
nad) bem Xobe bed äluton^ unbelannt in ben 9lr(ptt)en bed Sateran, tvie ber Liber pon-
tificalis bed $eter SBil^elm in ber mofterbibliot^et t)on @t. ©iUed. @rft 80 ^afyct noc^
bem Xobe bed ilarbtnatö tvurbe fie ber äiergeffenl^eit entriffen, inbem fie mit bem Liber
censaum ber römifd^en Jtirdj^e, ben Senciud ber camerarius bed $c4)fted Söleftind III. 35
im ^aüjitt 1193 gufammengefteQt l^e, gu einem ©angen t)ereinigt tvurbe. S)iefe SSer«
btnbung toor eine anbere, ald bie, tveld^e Sofo einft ge)>lant l^atte. Sßenn e^ tooi^r ift,
tDa& neuerbingiS mit guten ®rünben bel^au))tet tvurbe, ba^ Sofo aud^ einen Liber cen-
suoin um^oDenbet ^erlaffen l^e, ben Senciud bann jur ®runblage bed feinigen machte,
fo peOt iene Sereinigung ber Siten mit bem Über Censuum eine 9trt ©efamtau^abe so
ber 9Ber!e bed Sofo bar. 3)er ^an einer 9teuaudgabe unb ^^ortfe^ung bed alten Liber
pontificalis toot auf biefe SBeife abermals gefd^eitert. — ^mmer^in toar bie Verbreitung
biefet Sammlung eine fe^r gro^e; nod^ um bie 3Ritte be^ 14. ^al^rl^unbertd lie^ ber
Jtotbinal 9li€olauS Slofelli, ber fogenannte Jlarbinal t)on älragon, fie abermals avS bem
bomote im Slr^ ber a))oftolifd^en Jtammer befinblidj^en Codex Riccardianus 228, ber 86
älteflen ßonbfd^ft biefer Sammlung, abfd^reiben unb ret)ibieren, unb in biefen beiben
Sotmen finb bie Siten bed Sofo ber 3la6)\Dtlt überliefert.
SBiebet ttitt mit bem ^obe be^ Sofo eine lange $aufe für bie ))ö))ftlid^e ^iftorio»
gta^^e ein. itataloge treten im 13. ^al^rl^unbert an i^re Stelle toie im 10. unb 11.,
unb bie G^nSen bed 3Jtartinud $olonu^ mit i^rem bürftigen ^nfydt tvaren ebenfalls 40
tein äipiitolentet ®tfa|. SCrefflid^e 92ad^rid^ten bieten aQerbingd bie Singelbiograpl^ien einer
9let^ )»mi ^[ki))ften, bie eined 2l>^<><^^3' m» @regord IX., ^nnocenj' IV., ®regor$ X.,
Sdleffctnd V, ober niemanb l^at baran gebadet, fte gu einer neuen ^^ortfe^ung bed Liber
pontificalis )u bereinigen. — ^m 14. ^a^rl^unbert toerben go^lreic^e $a)}ftd^roniIen ge*
\dfnAm [Sematbud ©uibonid, $tolemäud bon Succa, älmalricud älugeriud be Siterrid, 45
fSettud be^etental^ u.a.]. älber erft bad 15. ^a^rl^unbert brad^te enblid^ eine t^ortfe^ung
bed alten Liber pontificalis. 3)ie Safid biefer t^ortfe^ung h)urbe bie alte ^anbfdj^ri^
bcd $dct SEBil^elm mit ben in fie eingetragenen Seiten bid 3Rartin IV. (1281). 3)a bie
Sita biefed (e^ $at>fted unboQftänbig toar, fo begann ber Slnon^mu^, ber bie neue
^ottfdumg f(9neb, no(^ald mit einer anbeten 3$ita ÜRartind IV., fo ba^ biefe ^ortfe^ung oo
£1 SBiten biefe« ?lkH)fte« entl^ölt, unb fe^te bann feinSBerl fort bi« Sodann XIL (1328).
T biete aonje ^ottfe^jung [§auj)tl?anbfc^tift: Rom Bibl. Vallicelliana C. 79. ©e»
brudt: S)ud9edne, Le Liber pontificalis, II, p. 462—485] ift unfelbftftänbig ; fte ift
ffiott ffit Sott QxS Setnarbud ©uiboni^ übernommen.
@tfl um bie 3Ritte be^ 15. ^a^rl^unbertd fanb ftd^ ein felbftftänbiger ^ortfe^er. 56
IDui^edne Btteic^net biefe ^ortfe^ung aU bie 9tecenfton au« ber 3^^ @ugen« IV.]. @r
fc^ticb junäcml bie foeben genannte ^ortfe^ung bi« gum ^ai^re 1328 ab, gab bann ba«
(gnbe ber »tto ^ol^ann« XXII. unb bie ber brei folgenben $äj)fte (»enebift XII., 6le*
men« VI., ^^mocen) VI.) au« einer ^ortfe^ung be« Semarbu« ©uiboni« unb fdj^rieb eine
felbftßänbtge gottf^ng t>on Utban V. bi« SRattin V. (1362—1431). ^m ®tunbe ^en üo
446 Über pontificalis Liber yitae
tDtv l^ter ntd^tö anbereS ali eine au^fübvltd^e ©efd^td^te be^ grogen ©d^idmad bor ttnd,
unb e^ bebarf nod^ ber Unterfud^ung, ob nic^t ber SSerfaffer junöc^ft eine ®efd^tc^te btefed
@(^i^ma^ gefc^rieben fyd, bie bann enttoeber bon t^m ober bon einem onberen in einer
^ortfe^ung be^B Liber pontificalis jurec^tgeftu^t ifi ^^ebenfoH^ e^ftieren ^onbfc^nftcn,
5 bie bire!t mit ber ©d^ilberung bcd @(^idma^ beginnen, b. 1^. mit bem bon ^uc^e^e, Le
Liber pontificalis, II, p. 496 ff. gebrucften Stüd „Defuncto igitur Gregorio unde-
cimo . ♦ .".
93on biefer 3[u^abe tourbe bann balb barauf eine !Reuau^abe beranftoltet, in ber
bie SSiten bon ^innocenj II. bid ^^^^"^ XXII. burd^^ toeitere Su^jüge au^ Slarttmid
10 $oIonu^ unb Semarbud @uiboni^ bergr5|ert tourben [bgl. bie bon 2)ud^edne a. a. 0.,
II, p. 449—485 al^ ,.Compl6ments" gebrühten älbfc^nitte], eine Su^abe, bie tote bie
urf))rünglid^e in einer Steü^e bon ^anbfd^riften überliefert ift [bgl. 2)ud^edne a. a. O. II,
p. XLVIf.].-
9(nl^angdtoeife fmb nod^ jtoei äBerle ju ertoäl^nen, bie ebenfaQ^ aU ^ttfe|ungen beS
16 Liber pontificalis ge))lant toaren, ebenfalls nod^ im 15. ^a^rl^unbert gef(^rieben tmixben,
aber nid^t mit bem alten Liber pontificalis bereinigt finb.
3)ie erfte ift bon 3)u(^e^ne a. a. D. II, p. 527—545 au^ bem Codex Vaticanas
5623 abaebrudtt, reicht bon Senebift XII. bid 3Rartin V. (1334—1431) unb ent^
namentlid^ für bie ©efd^id^te SSonifag' IX., ^nnocenj' VI. unb ©regor^ XII. oudffi^«
ao liefere 3lad)ud^tm ali bie bor^in genannte Stecenfton aud ber ^^t (Sugend IV., fotoie
freimütigere Urteile über bie $erf önlid^Ieiten unb ^anblungen ber gef(^ilberten ^[}ä))^e. ^
Codex Vaticanus 3758 [bgl. 5Rä XXVI (1901) p. 320 «nm. 8], ben SJuc^e lÄer
nid^t gelannt l^at, finbet fid^ ba^felbe 2BerI, um bie S^ita (Sugend IV. berme^ri
$a^ anbere ^ier in 93etrad^t fommenbe 2Bert beginnt mit Urban VI. unb TetAt iü
aö^Piu« II. (1378—1464). [SebrudEt: S)uc^e«ne a. a. 0. II, p. 546—560.] ©Ä tp toie
ba^ borige bon einem ^eitgenöfftfc^en Jturialiften, mac^t jebod^ einen unfertigen StiUnnid;
ber älutor l^at toeber bte Unebenheiten torrigieren nod^ bie obfd^lie^enbe Sextinbung mit
ben bid^gen ^ortfe^ungen bed Liber pontificalis ^erfteUen tonnen.
Seibe (Sortierungen ^aben leine ^Verbreitung gefunben. 93on litterorifc^ Sebeutmig
80 toaren gegen @nbe be^ üJtittelalterd nur bie Slecen^on aud ber ^tit @ugen^ IV., bie ben
alten Liber pontificalis, bie t$ort{e|ung be^ $eter 9Bil^elm unb bad Sßerl bed Sbu)«
n^mud au^ ber 3^^ @ugend IV. umfaßte unb mit 3Rartin V. fc^lo^, unb b<mAen no((
ba^ ^agment be^ Liber pontificalis in ben Slu^aben bed Liber censuum t)on ber
3eit ©tej)^an« V. bi« älejanbcr« III.
85 älber auc^ fte tourben am @nbe bed 15. ^a^l^unbertd erfe|t burc^ ha& SBerl be^
$lattna, be^B 93ibliotl^etard @i£tu^ IV., ber ben alten Liber pontificalis unb feine ^titU
fe^ungen m einem aud^ für ^umaniften ledbaren Suc^e umformte unb bid ißoul IL
(t 1471) fortfe^te. [,,Liber de vita Christi ac de vitis summorum pontificum
Romanorum.'' @ebrudEt Venetiis, Joh. de Colonia, 1479 unb bann unenblt<^ oft
40 neu aufgelegt.] Siefed 93u(^ ^at ben alten Liber pontificalis für lange ^eit t)om litte«
rarifc^en SRartte berbrängt. ©ele^rte toie Onofrio ^ßanbinio, Sarlo @igonu), Sofio, 8a>
roniud l^aben aQerbingd ftetd auf ben alten Liber pontificalis unb feine ^ortfe^ungcn
jurüdfgegriffen, größere Partien aud il^m gebrud(t unb i^n litterarifd^ bertoertet 9ber eifi
am ämfang bed 17. ^i^^^^unbertd tourbe er ald @amed jum erftenmal bur(^ ben 2)nttt
45 toeiteren Jtreifen jugänglidb gemad^t, unb bon ba an begann nacp 200|&l^ger ^ufe eine
$eriobe erneuter litterarifcper 93ebeutung, bie nod^ l^eute ni^ft abgefd^loffen ifi
über sextas f. Jtanonen^ unb Selretalenfammlungen 93b X @. 15,3.
über vitae (St^lt^cl^en). — @)ort, Thesaurus diptychorum veterom, 3 9finbe,
60 i^Iorenj 1759; (i^arrucci, Storia della arte eristiana VI; ^and (S^raeoen, ^rü^c^tiftl. uid
ntittelolterli^e (Slfenbeinmerfc in p^otogrop^ifdjev Ü^ocöbilbunj, SRom 1898 ff. ; 3. O. fM»
toooh, A description of the ivorics ancient and mediaeval m the South Eensington Mor
seum with an account of the Continental collections, Bonbon 1876; @atig. De diptjdus
veterum tarn profanis quam sacris 1731 ; Smitb u. &t|cet^am, Dict. of Christ, antiquities I,
65 560 ff. (bcfonberS für bie liturgifcfte «Seite); fj. X. ^ouS, Steolenc^fl. b. c^riftl. «llertfimer
1,364 ff.; SRo^QuIt bc grleur^, La messe VI, 115 ff.; ®. ©tu^Ifout^, S)te altc^dftl. dlfettWii*
plaftil, grciburg, ficipsig 1896.
3Rit ber Sntftel^ung lirc^lid^er Organifation toar bie ^erfteSung etned amtlich Sct^
jeid^niffed ber. ®emeinbeglieber {dbnvxoVf diXroi, xavcov, xcndXoyog, album, matri-
über yitae 447
cula) afö felbfü)erflänblid^ aegeben. Sie ^aufe, tDcId^e ben (Eintritt in bie ©emeinbe
t)oQenbä, begtünbete jugleid^ bad Sted^t unb bie SbttDenbigtett ber @intragung in biefe
Slegifler, toclc^e einen leil be^g Äirt^enorc^ib« bilbcten (ß^rill toon S^^fv Procatech.
1.4.13; Catech. 3, 2; ©tegor toon 5R^Ra, De baptMSa 46 p.417; Concil. Arel. I
c. 13 ; Ambros. in Luc. IV, 76 MSL 15 p. 1634). lob, freitoifliger aSergid^t auf 6
bie ®emetnbeiugd^5rigleit unb Stu^fto^ng auf bi^ji^Iinarem SBege fül^rten bie 3[u^
lof^ung beö 3lomend herbei (S3eif})iele Singl^am, Origines VII p. 170 ff.), daneben
b^a^ man befonbece SSergeid^niffe beS JQenid {äyiog xavcov, xatöloyog legarixög, ta-
bula, togL Conc. Nie. c. 16. 17.19; Cono. Agath. c. 2; äluguftin Sermo 356 MSL
39 p. 1580: delebo eum de tabula clericorum) unb fonft im Sienfte unb in ber lo
Pflege bec Jtirc^ ftel^enber ^etfonen (togl. U^I^otn, 2)ie d^riftl. Siebe^tl^ätigleit in ber
aben Jltxdl^e, Stuttgart 1882, ®. 158. 175. 241 f.). ^e umfaffenber im SJerlaufe ber
S/at ber pp^ai ber lirc^Iic^en Slegierung unb SSertoaltung tDurbe, befto mel^r tDud^fen
btcfe Stegifter an Rai^l unb Umfang.
@tne eigene ®ru))t)e bilbeten bie Siften, toeld^e h)ä^renb beS ©otte^bienfteS in ber i6
%irbttte gur SSerlefung lamen, mit ben 9tamen ber betreffenben geiftlid^en unb t^eltlid^
ubrigfdten, femer ber an ben euc^riftifc^en Siebei^oben beteiligten ober aud fonftigen
@rüii^ auf^fü^;renben ^erfonen {%. @. 93rigl^tman, Liturgies Eastern and Western,
Oiforb 1896, Glossary s. v. diptychs ; $rob[t, Sie Siturgie be^ 4. ^al^rl^nbert^ unb
beren »efarm, SRünfier 1893, ©.50. 97. 111. 249. 290 unb fonft; 5ßrobft, S)ie obenb*»
lonbif^e SReffe toom 5. bi« gum 8. Sol^rl^unbert, SKünfter 1896, ©. 184 ff. ; 244 ff. ; 305 u. f. ;
bam SRietfc^, Se^uc^ ber£iturgit, 93erlin 1900, @. 231 ff.). Siefe einzelnen ©attungen
faffen ftc^ unter ber®efamtbe}eid^nung liber vitae, liber vivorum (viventium), dlji'
Tvxor ^(bvtcov )ufammen, in toelc^er älntnü)}fungen an bie biblifc^e religiöfe 93ilber{))rad^e
(togl. 3bfl 3, 5 : ov fii] iialelwo) xö Svojbia avrov ix ttjg ßißXov rtjg Coitjg, ebenfo 26
13, 8 unb fonft: $^tl 4, 3 ; $f 69, 29) toorliegen, ol^ne bag jebod^ ber ^n^alt aui^
f^lie|Ii(^ boburcp beftimmt h)ürbe. @ine rein öugerlic^e 93etrad^tung ^at unter Stbfe^en
toon jener S^eutung bie gegenfö^id^e Sejeic^ng liber mortuorum, dbttvxov vsxqcov,
dtn. xwv h XQtat(p xexoifnf}fxivo>v ^ertoorgerufen, bie urf))rüngli(^ fu^ nur auf bie?
jjenigen Serftorbenen oejie^t, beren in ber eud^ariftifd^en $ürbitte gebadet tourbe (f. bie so
oben angefüi^ Sitteratur) unb erft f))äter aud^ für bie eigentlid^en @terberegiftcr in ©e«
brauch tarn. 3)te SBanbelungen be^ Hultu^ im SSerlaufe ber 3^^ fotDol^I in ber öftlid^en
tme m ber toeiUid^en jtirc^e filierten im ^ufammen^nge mit bem 9lnh)ad^fen ber Siften
2U einer Xudfc^ung ober ftorten ätebuttion be^ älteren 93rauc^ unb fc^ufen aud^ für
ben au^erlultif(^ liber vitae neue, burc^ bie allgemeine ürc^Itc^e @nttDid(eIung gefor* 86
berte Sonnen (togl. »interim, S)enItoürbigfeiten ber d^rift-^Iat^. Äird^e IV, 2 ansang @. 60 ff.).
tBod bie Öef(^ffen^ ber SRegifter anbetrifft, fo toeift ber 9lame öbixvxov auf bie
fan ai«ttlett Sd^retbtDefen für Slec^nungen, SSerträge, iRotijen, @nttt)ürfe, Siften u. f. to.
gebrauchten SEBod^tafeln (cerae, tabulae) l^in, toeld^e, ju jtoei (dljrtvxa, duplices) ober
in me^oc^ go^I (xglmvxa, jioJLvTrtvya, multiplices) toerbunben, bie ^orm eine^ lo
99u(^ getto&l^en, für toel^le^ bie aud f eftem 3RateriaI ^ergefteSte 9lu|enlage ben 3)edfel
btibete (Saumeifier, 2)enlmäler be^ tlafftfc^en äUtertum^, III, @. 1583 ff.; Dtoer«
htd, fmf^x, 4. «up., SejH)aig 1884, 6. 489 ff.; CLL. p. 921 ff.). S)a jeboc^ ha»
iApmfon ttoo^I für ben lultifcpen ®ebraud^, in ber Siegel aber nid^t für bie Slegiftrierung
ber dkmeinbe oudreic^te, jo h)irb baneben toon ber ^aptorudroQe ober bem ^(kp^ru^tobe^, 46
bie OAu^ für bie ^. Soften bienten (äSictor Sc^ul^e, Slolle unb Jtobe; in ®reif^h>alber
6tubien, ^ermann Sremer bargebrac^t, ©üter^lol^ 1895, ®. 149 ff.), @ebraud^ gemad^t
fein, toeretn^elt ouc^ tool^l toon bem Pergament, unb bie ^e^eic^nungen rd legd dlmvxa,
cd legal diXxoi ttourben barauf übertragen. @^ ift aud^ etne Kombination ber älrt toer«
fui^, baft ^ßctlpiifüxi* ober ^ergamentblätter in ^if)t^enform gefc^nitten unb jtoifd^en ^b^ 60
t^i^aibtad gelegt tourben.
SMefe 2)edel toerben in ben meiften $äQen toon $oh getoefen fein. Sod^ mad^te ftd^
iebenfolld bereite im 4. ^alj^rl^unbert, tt)a^rf(^etnlid^ jeboc^ fc^on frül^er bie anttfe Sitte
gcüenb, bofür @lfenbein }u toä^len unb biefed, gleid^faQ^ nac^ antifem SSorbilbe, mit
9le(teff(^mua aud)uftatten. 3)ie älntnüpfung ift eine bot)))elte, nämlid^ an bie ))ntoaten 66
unb an bie Aonfularbi))t^eit ; le^terc ))flegten gelegentlid^ be^ Slntrittd bed Jtonfulatd an
%rettnbe, Odtonnte unb an bad 93ol! toerteilt ju t^erben, eine Sitte, bie fu^ bid tief in bie
qi^väf€ 3eit hinein ersten l^at.
aSicOeu^t bod ältefte (4.-5. ^a^r^unbert?) un« er^tene unb ate fold^e« feftjuftettenbe
^\aidft @|^lar ift bad Sananbfc^e ^i))t^on (ie^t in ^loxmi, &axx. 451, 3) mit eo
im D[ten
448 liber yitae
bem 9(Ite ber 93enennung ber ^iece burd^ Sbarn. ^n DoDer ^{adtl^ett rul^t ber ^err bcr
@(^öt)fung bt nod^Iäfftger Haltung unter ben Säumen J^tngeftredFt, h)ö^renb ringsum ja^
unb tDtlbe ^iere in too^I obgetDogener 9(norbnung unb in einer auf bortreffltc^ vtcAux-'
Beobachtung ru^enben ätuffaffung ftc^ berteilen, ^od^ toalten neuteftamentlid^e Stoffe bor.
6 (Sin ®i))t^(l^on beiB SomeiB ju iDlaiUmb (®arr. 450) aud ettoad f)>äterer 3^ (num ^
eS neuerbingd fogar al^ lorolingifd^ bejeic^nen tooQen) entfaltete eine Stetige Don 6cenen
oud bem neuen ^eftamente bon ber t^u|tt)af(^ung bid )ur ®xoi>^toa^t (1. Xafd) unb
bon ber äluferftel^^ung 6i^ }ur (Srfd^einung bor Sl^oma^ (2. XafeO. ®in t>oppfiüd Sanb
ftilifterter 93l&tter umjiel^^t bie SorfteUung. Mit ber Sarranbfc^en Xafel ift Derbunben,
10 obtool^l über bie jeitlid^e unb lünftlerif d^e gufammengel^öriafeit Sebenten borliegen (@tu^b
faut^ @. 37) eine 2::afel mit @cenen oud bem£eben bed 9l})ofteld ^ßoulud (®air. 452, 3).
@^ lommt auc^ bor, ba| ein einziger SSorgang ober eine einzige ^gur in gro|er ix^
fül^rung bie ganje ^^löd^e einnehmen. $ier mögen bie antilen SSorbilber btrelt emgeimA
l^aben. ®o geigen ^toei Xafeln bed 93erliner SKufeum^ aud bem 6. S^^unbett (@arr.
15 451, 1, 2) in giemltc^ rol^er Sludfül^ng ben tj^ronenben Sl^riftuiS unb Staria mit bem
S^ftu^Iinbe ; bort fte^en ^aulud unb $etrud, ^ier jtoei @ngel im ^intergrunbe, toä^ro^
oben in äBieberl^olung bie ^erfonifitationen bon @onne unb 3Ronh angebracht fmb.
@in fd^öneS (Srjeugnid b^gantinifcyer (Slfenbeinfd^ni^erei auiS ber 3^ ^u^ianiS be{t|t bol
britifd^e SRufeum (®an. 457, 1): in einer 3lx\i)t fteBt bie tönigli^ ©eflalt bed (b^
ao engeld 3Rid^ael mit @ce))ter unb äBeltlugel, borgefteUt afö ^^ü^ }um fßorabtcfe.
Senn ein ^feld^en in ber ^'6f)t trögt bie ^nfd^rift: dixov nagörta xal fia&tbv r^
ahiav (ahla = äjuagud). äBenig jünger ift ein b^}antinifd^e^ Xdfelc^en mit ber So^
lünbigung (@arr. 453, 1) : SRaria toirb beim @))innen bom ®ruge bed @ngeld ®abnel
überraf d^t ; ben ^intergrunb bilbet eine reiche ^em))elfront ®in britted @£em))lar (®raeben
26 II, 71), toal^rfd^einlic^ au^ bem 10. ^a^r^unbert, füJ^rt in c^aratterißifc^er älud)npagung
bie majeftötifc^e ®eftalt be^B ^eilanbed bor, ber bie Siechte rebenb ergebt, too^renb bie
Sinle ein loftbared 93ud^ trägt.
2Bir fe](^en ^ierau^, toie tief in ba^ SRittelalter l^inein ber ®ebrauc^ bed S^it^tl^ond
ftc^ fortgefe^ ^at ^m Slbenblanbe beobad^ten toir ba^felbe, )una(^fl in ber
80 larolingifd^en Äunft, bie fid^ barin gern an altd^riftlid^e SSorlagen anlehnte, ja fte etnfat^
tot)ierte. Sa^ il^r bad oft nur un^efc^idEt gelang unb bag ÜRi^berftänbniffe mit unter*
liefen, bezeugt u. a. eine langobarbtfc^e ^fel be^B 8. ^al^r^unbertd in Bologna (®raeben
II, 6). @ine Xafel bed 7. ^al^r^unbertd in Xongem ift baburd[^ bemerteni^toert, bo^ auf
ber leeren ^^läd^e im 10. ^al^^^unbert 93ifc^ofdnamen gefd^rieben toorben ftnb (S^nn^,
86 La Messe VI ^fel 437 unb @. 102 ; baju ©tul^lfaut^ @. 120, tDofelbft toeitere
£itteratur).
@in Xeil ber 3)i))t^c^entafeln ift und baburd^ erl^alten, ba^ fte in bie Suc^bedel aß
ein @tüä bed 3'^^^^ aufgenommen tourben, ja man barf fagen, ba^ ber tfinfUerifi^
Sud^einbanb ber alten unb ber mittelalterlid^en ^irc^e bon ben ^ipiifd^m ^er axiQcttg^ unb
40 im einzelnen beeinflußt ift. (Sin SSergleic^ läßt barüber leinen 3^^if^
äSon biefen too^l meiftend in tirc^lic^em S3rauc^ befinblic^ ^iptgi^ mit religidfcn
3)arftellungen finb bieienigen ju unterfd^^eiben, toelc^e bem toeltlid^en ®ebiete onge^tin,
bie Seamten- unb ^tferbi))t^c^en fotoie bie $ribatbif)t^c^en (bgl. 3Bil^. SOtel^er, 3^
antite (Slfenbeintafeln ber @taatdbibliot^et in SRünc^en mim t>^iloL W>t 1879, XY, 1).
46 @ie bürfen j|eboc^ nic^t unertoäl^nt bleiben, toeil einige berfelben c^riftlid^e SRerhnale tr<men,
anbere in tird^lid^en ®ebraud^ genommen unb ju biefem 3^^^ torrigiert toorben fmb.
3)en erften $la^ nimmt in biefer ®ru))pe ein bad 3)i))t^d^on bed Jlonfuld älntdud $robitf
aud bem ^a^re 406 im SSeft^e ber Hat^ebrale gu Slofta, ein ®efd^enl bedfelben an ben
Staifer ^onoriud (®arr. 449, 3). Sie eine ^fel jeiat ben Jtaifer ganj in ber SBeifc
60 römifd^er jtaiferftatuen, in ber £inlen ben 3izx6^\d mit einer fc^toebenben fRXU ^
tenb, in ber 5Hec^;ten bod Sabarum, beffen %ud) bie SBorte trägt IN NOMINE
XPI-VINCAS-SEMPER. TOd^t feftjuftetten ift bagegen bie «JJerfönlu^Ieit eine«, toie
bie Xrac^t au^eift, bome^men Beamten auf einem 3)ipt^c^on in 93ologna ((9arr. 448,9)^
bejfen ^igur ft^ auf einem (E^riftudmonogramm bon auffälliger ®röße abbebt. 9uf bem
6B ®ij)t^(bon bed Jtonfuld §lat?iud ^^aurud Slementinud bom ^al^e 513 fc^toebt jtDtfc^ ben
SKebaiUon« be« Äaifer« unb ber Äaijerin ein Äreuj (®ori I, 260, bgl. ©. 228 ; H, 185,
266). 3lod^ mel^r ift biefed baburc^ merftoürbig, ba| ed im ^nnem eine Sufmuntmnq
ium ®ebet unb @ebete für bcrfc^iebene ^erfonen entl^ält, tooburc^ ber nachträglich
irc^lic^e ®ebraud^ feftgefteUt ift. (Sin ^erborragenbed @£em^ar ift femer bcA Jiif
60 tid^on Sarberini im fioubre mit ber Sleiterfigur S^ftiniand (^ie^l, Justtnien, $asrf
Liber yitae 2xbttatu» 449
1901, ZUelbilb), eigenartig bo^ beS Jtonfuld 9[reo6tnbud bom ^ol^ve 506 (ebenbafelBfl
©. 556).
Unter ben lorrigierten @|em))laren (bgl. barüber ©raeben, SntfteUte 5tonfularbi))t^ci^en
in 9»iti b. Äoif. betUjc^. orc^öol. Snft. in SRom 1892, ©.204 ff.) bcanft>ruc^t ein befon*
bered ^ntereffe ein 3)i))tV(^(m in ^^onjo. 9(uf ber einen ^fel ift bie @ett)anbung bed 6
jlonfuld jiu i)riefier(i4fer ^roc^t unb ber 5to))f ju einem tonfurierten ^avCpU umgeftoltet
tmb bie 2)o})))eIinf(^rift l^injugefügt : Sanctus Gregoriua • — Gregorius praesul me-
litis et nomine ^gnus, unde genus ducit, summum conscendit honorem, äluf
ber onberen Xafel bagegen ift bie urf})rüng(ic^e ^gur unangetaftet geblieben unb i^ nur
biirc^ bie Snfc^rift David rex eine anbere ^ebeutung gegeben (®ori II, 204 tf.; Xafelio
S6. 218: %. I. Ärau«, SRealenc^H. b. c^riftl. SOtertümer I, 371). ©in S)i»)t^ci^on in .
ologna (®xatöm II, 1) bietet ben %aSl, ba| ein $n))atbi))^(^on d^riftionifiert tDurbe,
tnbem bie ^au))tfigur old $etru^ unb ein barüber befinbli^fed SSruftbilb ald SRorcud in«
\djßA\üxd^ fmgefe^ tourben. ^n ^o^ent ®rabe lel^neid^ ift ouc^ bad SI3oet^iu^®it)t)^on in
Sreicia (^leur^ 3;afel 486), beffen ^nnenfeiten im 8. S^^^^^^unbert mit einer ^orfteQung i6
ber SlufertDedung bed Sajorud unb ber Hird^enböter ^ieron^mu^, Stuguftin tmb ®regor
farbia oudgefc^müdt unb mit einer, Quos deo of ferimus on^ebenben liturgifd^en ^bitte
t)erfe9en fmb.
3)ie 2)atierung ber 3)i))t)^en unterliegt manchen ©d^tDierigteiten, noc^ me^ bie
iQantfi)ierung berfdben toie ber frü^c^riftlid^en @If enbeinfd^ni^ereien überbauet nad^ be« 20
Pimmten ©cpulen (bie bon ©tul^Ifaut^ in biefer Stid^tung unternommenen Sierfud^e ftnb
mir teiltoeife geglüdt).
3loä) fei bemerft, ba^ ber ord^öologifc^e ©(»rad^ebrauc^ mit ®if)t^en, ^ri)>t^(^en
u. f. n>. aaäf bie berf(^iebenen f^ormen ber ^lügeloltöre unt^d^eibet Victor ^ifful^e.
26
fiibcnrtiiÄ. S)iaIon in Äartl^ago, um 560. — 3)q8 Breviarium ^erauSgcg. uon
3. (^rneriud, ^ortd 1675, »ieberabgebrucft bei Q^aOanbi, Bibliotheca 12, 119-188 unb un«
genau bei Manri, Coli. Oonc. 9, 659—700; M8L 68, 963-1052. ©in »crjeidjniS ber üon
£. genannten Sc^riftfleller bei 3. %. gabriciad, Bibl. Graeca ed. ^arled 12, Hamburg 1809,
685—92. «gl. ©.Äriigcr. «Ronop^^fitifcfte 6treitißfcitcn im Sufammenljangc mit ber aicicft»* 30
politif, Seno 1884, 32 ff.; ©. ^olc in DchrB 3, 716 f. ; Änöpficr in ÄS 7, 1944; ^iitt-^
Sungmann, Izifititotiones Patrologiae II, 2, Oenip. 1896, 542 u.
3u ben toid^tigen DueKen für bie ©efd^id^te ber fird^lid^en ©treitigleiten im 5. unb
6. 2i<^^^<>^^^ ge^5rt ba^ Breviarium Gausae Nestorianorum et Eulychianorum
bed tdr^oginien^fc^en 2)iaIonen Siberotud. 3)er SSerfaffer, ber un^ bereite 535 aU WlxU 35
glteb einer bmt afmonifc^en Sifd^i^fen nad^ ^om gefd^ioten ©efanbtfc^aft begegnet, ntoxt^
f^ \p6Ux ofö einer ber eifrigften SSerteibiger ber fog. 3)rei Stalpxtd (f. b. ^. 3)reila))itel::
ftetit 9b V 6. 21) unb tourbe in biefer 9(ngelegenl^eit bielfad^ bi^Iomatifd^ bertDenbet.
©eine 3Ru|qeit (t)gl. Breviar. prooem. : peregrinationis necessitatibus def atigatus et
aliqnatenus feriatus animo a curis temporaübus) benu^te er jur SSerorbettung be^40
iwn i^ jelbfl gefammelten 3RateriaIe^, bod er unter 93enu|ung guter DueQen fiir bie
ältere 3^ V^ ^^^ Süc^lein au^eftaltete mit bem au^ef))rod^enen 3^ede, burc^ bie
Oefc^^e bed bergongenen ^al^rl^unbert^ ju ertDetfen, ba| ^^f^^^^i^"^ ^erbammung ber
5Drei RetpxiA eine folfd^e unb bertperflid^e 3Jlagregel geh)efen fei. ^ie ©d^rift, bie mit
bem Serit^ über bie Orbinotion bed 9{eftoriud in Jtonftantinot)eI (428) einfe^t, ift nad^ 45
in i^ felbft ent^tenen Angaben nad^ ber 5. ötumenifd^en ©ij^nobe bon 553 unb nad^
bem Xobe bed ^^t^ Sigiliud (f ^iuni 555), jtoifc^en 560 unb 566, iebenfaOd bor bem
Zobe bed X^eobofutd bon äUe^anbrten, beffen am ©d^Iuffe bon Jtop. 20 ol^ lebenb ge«
bittet tmrb (t 22. ^uni 567 ober 566), berfagt. 9(tö DueKen ertoä^nt £. im Eingang
bie eodesiastica historia nuper de graeco in latinum translata, b. i. bie historia go
tripartita (f. b. 9. Safjtoboriu^ 93b III, ©. 750, 4"^); gesta synodalia, bon beren ge«
trnnen^ofter Senu^ung ). 9. ber Kare Seric^t über S^allebon 3^0^^^ ablegt; epistolae
sanctorom patrom, )u benen man aud^ bie bon 2. nic^t genannten, aber jtoeifello^
bott^ten gesta de nomine Acacii vel breviculus historiae Eutychianistarum bed
${^|M (Seloftud I (f. b. 9. 9b 6, ©. 475, b2) }u rechnen l^at ; enblt^ ein nic^t nä^er 66
bqeii^eted ffiraecum Alexandriae scriptum, m toeld^em bie fog. 5ttrd^engefd^id^te be^
3ac^cariad Stbetor (f. b. 9.) erlennen }u tooQen (fo ©arneriu^; f. auc^ Jtrüger a. a. O.)
auf ®runb bed ]e|t belannten Xq^e^ bebenüid^ ift. 3)a^ 9üd^lein ift nic^t fd^lec^t ge»
{daneben, fdbr txuöfip im 9[u^brud(, ber nid^t immer beutltd^ bleibt, unb ma^boQ im 'lone.
^Din^leuung ift, obtoo^l bie ^arteinal^me beiB 9erfafferd gegen bie 3Jlono))^^r^en beut^ 60
muMkMfiUlßKbU ftr Ztcologtc mb fftMtt. 8. K. ZI. 29
450 2\bttatu»
Itd^ genug l^erbortritt, im großen unb ganzen juDerläfftg. Ser le^te ^etl bed IS.Sttipitäi
(MSL 1012 D — 1014 B) ift toon unbefannter $anb in bic jtoeitc Slttenfion bet Ex-
cerptiones de gestis Ghalcedonensis concilii be^ SSifd^ofd SSeretunoud t>on ^unlo,
bie Pitra (SpicU. Solesm. 4, $ar. 1858, 186. 191) beröffentlic^t ffoi, emgeffi^ toor»
6 bcn (188 f.). •♦ Ärlger»
Sibttia. — Slttcratur: ©ieücrS^^a^n, «frifalGOl; (Brunbcmann, Äldne ^Riffion«.
geograp^ie, 1901; berf., ^ifftondatlaS 1896; @tobeI, ^Tlftuterungen ^u ^nbreed ^nbatlo«
1899; ^ouuermann, Histoire de la fondation d'un Etat libre 1885.
Siberia, gteiftaat an ber „^JJfefferlüfte", b. i. am Übergang bon Oberguinea not^
10 ©enegambien, umfaßt 85300qkm, tDeld^e bon ettoa 1 3JliSion ©eelen betDO^nt fmb.
Sie SeböUerung befielet faft bottftönbig au^ älngel^örigen ber !Regenaffe (Subonnegcr), bon
toeld^er l^auptfä^Iic^ biet Stämme l^erborge^oben h)erben. Ru t^en gehören im 9loib«
toeften bie 93e^, unter t^eld^en ber 3^lam in ben legten ^al^rjel^nten bemerlbare 9hid*
breitung fanb, toäl^renb bie übrigen im gamen bem ^eibentum an^öngig blieben. Sie
15 t)oIitif(^e Sel^errfd^ung bor aQem be^ JtüftengebieteiB liegt in ben ^önben ber fogenannten
Americo-Liberians. @d lam n&mlid^ jur ©rünbung. beS @taated burd^ bie Snfi^lung
bormaliger 9{egerfllaben, toelc^e im ®ebiet ber norbamerilanifd^en Union bon einer (^ori^
tatiben ©efeUf^aft lo^etauft unb nac^ älfrita berbrad^t tourben. ^m ^afyct 1821 richtete
man eine 9lrt Jtolonie ein, toeld^e unter bem Sd^u^e ber norbamerilaniUen Union ftAm
»foQte. Sa le^tered nic^t burd^efü^rt tourbe, orftanD 1847 bie unabhängige SieptwBS
Siberia, geleitet bon einem ^räfibenten unb einer ^olldbertretung, biefe aud jtoei Jtonmem
beftel^enb. Sie 9lad^fommen ber amerifanifd^en 9leger jtnb ettoa 20000 Rbp^, toelc^
jebod^ einen erjiel^enben @tnflu| auf bie (Eingeborenen audguüben nid^t für i^re Slufgabe
l^alten, obtool^I Re fid^ old S^riften bejeic^nen, bon toel^en freilid^ biele [xdf ganj ii^iffe«
26 rent berl^alten. @d h)ären jebod^ tird^lid^e ©emeinfd^aften in au^retd^enber ^a^l bori^onben,
um ben berfd^iebenften SRic^tungen älnfd^lu| )u getoäl(^ren. 9{aturgemä^ flammen {ie f&mt«
lid^ au^ ber ^eimat ber Americo-Liberians, aud^ bie tatl^olifd^e SRifjion, toel^e tn brd
Stationen tl^ötig ift. 2Bir finben abgefeilten bon berfelben bor: 1. Sie Methodist-Epi-
scopal-Church, toeld^e 41 Stationen unter^It, faft lebiglid^ in Aüftenorten, too fte )u^
80 meift liberianijd^en ©emeinben bienen, to)äl(^renb fie nur brei SRiffwndftatimten becfe^ ;
fte Jaulen toabrfd^einlic^ über 5000 »nae^örige (toeil 2670 „botte aRitglid>er"). 2. Sic
Protestant-Episcopal-Church (Slnglitaner) arbeitet in 27 Stationen, in tpeU^en iAo<^
bie (Eingeborenen bie SJlel^rja^I bilben, tDobei nur t^^rbige ald (Seiftlic^e t^ätig jtnb, au4f
in ber Stürbe be^B Sifc^of^. — S.Sie $re&b^terianer ^aben jtoei Stationen, kDoj^l nur
86 für Siberianer (ettoa 800 Seelen). Unter biefen ^aben aud^ 4. bie „Süblid^en93a})tißen''
Stationen, jeboc^ ebenfo al^ Baptist-Foreign-Mission-Gonvention of Un. Stat unta
ben Reiben. 5. Sieüjut^eraner 'J2orbameritad f taufen unter ben SSe^ im Sinnenlonb eine
©emeinbe, t^eld^e eth)a 400 Seelen umfaßt — ^m ganzen toirb man gegen 10000(S^rt{icn
unter ben 9{egerftämmen borfinben, toel^e ftd^ bon btefen ^iffion^efedfc^ften bete^
40 liefen. — %üx ben (Elementarunterricht befte^t in jeber größeren Ortf(^ft an ber Säljtt
eine gemeinblic^e Schule; bie $au))tftabt 3Ronrobia (4000 @.) beft^ al^ ^ö^ere Se^ronffailt
ba^ Liberia College, natürli(| auc^ nur mit farbigen ald ftanbigen Se^rem, jumal (ein
9Bei|er im £anbe bad 93ürgerred^t erlangen lann. XB. 0M.
fiiberittd, 5ßat)ft 352—366. — 9luS ber älteren filtteratur ift berDorju^eben:
46 3ac. Q^ot^of rebus, Dissertationes in Philostorgium im ^n^ang ju feiner Üudgabe beft 9^.,
0. D., 1642, 200-206 (ju Philost 4, 3); ^attt fiarroquanu«, Dissertatio (IL) de liberio,
Pontifice Bomano, Genev. 1670, 117—252; 3oa. fiaplacctc, Observationes Hiatorioo-Ecd»-
siasticae, Amstelod. 1695, 137—150 (Obs. IV); @. 2c Sßain bc 2:iacmont, M^m. pour flcr-
vir ä rhist. eccl^. etc. Tom. 6, Venise 1732, 380 ff. 414 ff. (baju bie ißoten 53—55. 56.
GO 60. 82. 83), Tom. 8, 138 ff. (^f^ote 68) 240 (9iotc 100); 3- @tilting in AS 23/IX Seot 6,
Antv. 1757, 572-632, bef. 598-615. 9ieuere fiitteratur: 3. 3. ü. S)öainger. 5)ie ^^
fabeln bf« 3JiittcIaIter8, anüntften 1863, 106—123 (neue ^lufl. oon 3. aricbri*, ebb. 1890,
126-145); a. 3- 0. ^efele, eoncilicnacfcfti^tc l^ greib. 1873, 647 ff. 681 ff.; ». ©Jffer,
«rt. fiiberiuS in ber 2. ?lufl. unfercr (Snci)!Iopäbie 8, fieipaig 1881, 647—651 (ber »ortloit
66 biefeS ^rt. ift im foloenben, »0 id) bamit einuerftanben toar, benu^t); Q. 3unginann, JDlflBe^
tationes selectae in Historiam Ecclesiasticam 2, Eatisb. 1881, 31—83; 3- «anoen, OefA*
ber röm. Äircfte biö aum ^ontififate fieoS L, 93onnl881, 460-494; 3. ©ormbl), Wrt. £. i«
DchrB 3, ßonbon 1882, 717-724; ^. 'm. ©»atün, Studies of Arianism, (Jambr. 1882,
188 ff. (2.«uf(. 1900, 192 ff.); <P§. 3aff^, Regesta Pontif. Eomanor. 1«, lipa. 1885,32-35;
BiBeriitd 461
«. Shuger, Sudfer \>on (Sülortd, Seip^ig 1886, 12 ff.; ^. Ufener, 9?eItgiondgefc6. Unterff. 1,
©Win 1889, 266—293; ^. ©rifar, «rt. 8. im Ä8. 7. gfrclb. 1891, 1945—59 (f. au4 be«f.
Okfdi. 8lom« it b. ^(ip\tt im W^. 1, greib. 1901, 255 f.); @. be gfeid, Storia di liberio
Papa e dello sdsma dei Semiariani, diom 1894; iti, ^ommfen, i)ie röm. ^ift^öfe S. unb
geltf n., in i)eutf(^ Seitfc^r. f. dkf«. ®iff. 1. 1897, 167—179 Ueber baS unten @. 13, 6
29 ff. enofi^nte dloaium ogl. ®. S3. be SRofft, Elogio anonimo d'un papa etc. im Bulletino
di Archeol. Crist 4.@er. 2, 9?om 1883, 5—59 unD fj. 3B. gunf, Äirdjengcf*. «Ib^onblungen
unb Unterf Übungen 1, ^aberb. 1897, 391—420 (gufammenfaffung mehrerer früherer Unter«
Innungen; bad S^bi^t ge^t auf $apft Martin L, »enn nid^t auf biefen, überhaupt nic^t auf
einen rbmif^en 9if4of). lO
Ouellen: 2)ie ©riefe bed Siberiud bei $. (Souftant, Epp. Born. Pontif., $arid 1721,
421—464, App. 87—99 (bie Gesta Liberii 89-93); MSL 8, 1349-1410; beutfrf) in ber
©iW. b. Ä«ü., S)ie ©riefe ber ppfte überf. x>, @. 3»enalow8f^ 2, Äemptenl876, 197—253.
i)te SHnffen^i^orifer unb C^^roniften @o(rateS, ©ojomenuS, S^eoboret, $^iIoftorgiud, Sluftn,
6ulpidud 6et>erud. S^oti^en bei ^(t^anafiud, ^iiariud, ^ieron^mud. ^ie Praefatio j^um i6
üb. Precom bed gfauftinud (f. b. 9(. ©b V, 781) unb Siarceflinud (MSL 13, 81 f.). über
Pontificalia ed. ß. S)u(^e«ne 1, Par. 1886, CXX-CXXVn. CCL. 207-210; ed. 2§.
^ommfen Gesta Pontif. Boman. Vol. 1 (MG), Berol. 1898, 77—79.
Sim ber fßüt^^dfxä^U bed ^\M Siberiud tft ntd^t^ Betannt ; nur hai ^Q!p\tbndf
mdttt, hai er 9ldmer getoefen unb fein 93ater Sluguftu^ gel^eiften ^abe. Stud^ ber %aQ, an ao
bem er im l^o^ 352 fem ^ontifitat angetreten ^at, tft nidpt mit @tc^erl^ett feftjufteSen.
3>ad hn Gatalo^s Liberianas (ed. SRommfen in Ghron. Min. 1, Berol. 1892, 76)
fiberlieferte 2)atum XI Kai. Jun, b. l ber 22. 3Rax, unterliegt Sebenten, ba biefer Xag
auf einen SBo^fentag fiel, toä^renb bie Drbinatton beS $a))fte^ f^on bamold rege(mä|tg
an einem Sonntag biyrgenommen imtrbe. 2)ad je|t gelDöl^nlic^ angenommene 2)atum, ber 26
17. 9Rai, ifi bocp erft burd^ Jtonjrftur getoonnen, fofem ba^ Martyrologinm Hiero-
nymfanum biefen 3;ag — jtoeifelloiS unrichtig — al^ ben Xag ber depositio angtebt,
iDoffir ber Orbinationdtag ein^ufe^en toäre (bgl. be Slofft 57 31. 2 ; 3)u(^eSne, Lib. Pont.
CCL). auf Siberiud, bem !Ra(^fo(ger be^ treu ju St^narmd ftel^enben ^uliud I. (f. b. 31.
9b IX 6. 619), nnmbten fidb fofott bie SSIide ber im arianifd^en Streite ringenben ^ar» ao
teicn, toie caidf bed SMkt^ Konftantiud. 3iU biefer nad^ bem Xobe feinet Sruber^ Aon-
fian^ fi^ bie ^errf(^ im älbenblanbe burd^ Ü6erh)tnbung bed 3Ragnenttu^ erftritten
Batte (353), fud^ er ben Hirc^frieben burc^ allgemeine So^fagung bon at^nafiud unb
SSefeit^ung ber ^^ormel bon 9ttcäa ju erreid^en (f. I^ierju unb mm folgenben b. 91. Stria«
rndmuiS 9b II 6. 29, 63 ff.). Orientalifd^e unb ög^ptifcbe Stfc^öf e fud^ten fof ort ben $a))ft ss
geßen St^afiuiS einzunehmen, inbem fie i^m bie alten Jtlagen gegen ben äHqranbriner
bnefli^ bortrugen ; aber aud^ 80 Sifd^öfe bon ber Partei bed St^anaftud bertraten bei S.
beffen Goc^e. 8. erjä^It felbft (Ep. ad Constantium MSL 8, 1352), bag er bie Schreiben
feiner rdmtfc^ S^nobe borgetragen l^abe (legisse concilio) unb bag bie ÜRel^r^eit ftd^
fOr ben SU^ofiud erKört ^e. 9alb borauf, ^erbft 353, entfanbte er bie Sifd^öfe lo
StncentiuS bon 5tat)ua unb 3RarceQud, g(eid^fatld einen Jtam))aner, an bm taiferüd^en
^of nac^ 9LxU9, um 5lonf)antiud )ur (Einberufung eined allgemeinen Jtonjile^ nad^ aquileja
ju betoegen. S)er Jtaifer jog ti bor, in 9[r(«B felbft eine SSerfammlung ju galten, auf
toelc^ bem Serlangen ber ortl^obo^en Partei, junöc^ft über ben toa^ren ®lauben )u berl^an»
bebt unb bann erft bie 9(nllagen gegen ^Itbanaftud ju unterfud^en, au^etoid^en unb burd^ 46
bie 9(utorit&t bed Jtaiferd ein folc^er S>rud( au^eübt tourbe, ba^ aud^ bie ©efanbten be^
tdmifdben 9if(^ofd nachgaben : an^ Slüdftd^t auf ben Jtird^nfrieben berftanben fte ftc^ baju,
bem urteil ber Orientalen gegen ältl^anafiud beizutreten, oj^ne ba^ fte bie bagegen gefor«
berte auSbrfidlii^e SSertoerfung be^B älriud erlangten. Siberiud, unjufrieben mit bem ^jjer«
^en feiner Vertreter (Ep. ad Osium MSL 8, 1349 ; ^affä 9tr. 209), toanbte ftd^ mit so
brinoenben. briefli(^ SBorfteDungen (Ep. ad Constantium 1351—54; 3jaff6 212), bie
ber »tfd^f gucifer bon Salari^ (f. b. a.), ber 5ßre«b^ter 5ßanfcatiu« unb ber Dtalon Qu
Uama (f. »b. VIII 6. 67, 26) Überbrad^ten, an ben in 3Kailanb toeilenben Äaifer (fflinter
354), inbem er gleic^jeitig ben Sifd^of ©ufebiu^ bon Sercettä (f. b. ä. 9b V ©. 622)
mit (Erfolg aufforberte, ibn bei feinen 9emül^ungen )u unterftü^en (Epp. ad Eusebium 66
1849 f. 1866 f.; Soff^ 5*«. 211. 213. 215). «ber bie SKailänber ©^nobe (^ü^jal^r 355;
f. 9b II, ©. 30,60) boDenbete nur ben ©ieg über 8tl^anaftu«; bie ftanbl^aft gebliebenen
9tf(^fe nnnben eciliert. Siberiud tougte fte brteflid^ ju tröften, inbem er für ftc^ bad
M^ ©{^ol ertoortete (Ep. ad Eus. Dionys., Lucif. 1356 ff.; 3aff6 216). 3n ber
X^ iDUfi^ man am $ofe rec^t gut, toeld^e 9ebeutung ber Haltung be^ römifc^en 9tfd^ofd eo
bct)ulegen fei, unb fe|te aDed boran, il^n umjuftimmen. ^un^^f^ berfuc^te i^n ber latfer»
29*
452 Süerittd
lid^e @unuci^ (Sufebiu^ )ut Unterfd^rift gegen ält^onaftud unb }ur jtird^engemetnfc^ft mit
bereit @egnem gütlich )u betoegen. £. toiberfiel^t (bgl. feine Unterrebung bei 9(t^n. Hist
Ar. 36 MSa25,733 ff., auc^ MSL 1357—60) unb h)irb, toeil man bie grofee Aufregung b«
@tabt fürchtet (älmmionud SJtarceQinud 15, 7, 10 bezeugt audbtücflic^, ba^ bie öffentTu^
6 3Jleinung ben taiferlid^en 93eftrebungen entgegen toax unb ba^ bie römif^ 9ek>5lleiung
eius [seil. Liberii] amore flagrabat), ^eimlid^ bei näd^tlic^ 9Beile burt^ ben Prae-
fectus urbis Seontiu^ (f. 91mm. Tlaxc. 15, 7, 6) aufgel^oben unb an ben ^of gebrockt
3[uci^ ^ter aber bleibt er in einem SSerl^ör bor Honftantiud feft. Xl^eoboret (2, 13 [16] ;
aud^ MSL 1359— 1366) ^at, angeblich nac^ bamal^ gemachten Stuf^d^nungen (2, 12 [15]),
loben Dialog jtDifdben jtatfer unb Sifd^of in lebenbigen SQorten aa\bttoQfyct: Siberiud t>ec*
langt allgemeine Slnnal^me bed nicänifc^en @Iauben^, g^^^^^^fung ber SSerbannten ui^
eine gro^e SSerfammlung in Sllesanbrien, bie an Ort unb ©teile bie Auflagen gegen 3U^
naftu^ f)rüfen foSe. 9(1^ i^m Vorgehalten h)irb, ba| baburc^ ba^ @taatdfu^rb>efen über«
laftet h)erbe, erilärt er, biejtird^en bermi^d^ten fe^ tool^l aud eigenen ^Kitteln il^e 9tf(^fe
16 toenig[ten^ b\& jum 30teere ju fc^ffen. ^ä^lxd)^ 93efc^ulbigungen blieben ni(^t oud. &o
toarf tl^m einer ber ^öfifd^en 93ifd^öfe, @))ittet bon SentumceQä, bor, ed fei il^^m bei feinem
SBiberftanb nid^t um ben ®Iauben ober bie Unab^angigteit tirdffK^er @ntfd^ung }u
t^un, fonbem barum, bei ben römifc^en Senatoren ft$ rül^men )u lönnen, ba| er im
^i^))ut mit bem Haifer feinen Wlann geftanben ^abe. 3)ad ®nbe toor feine äSerbonromg
30 nac^ Seröa in 2)l^acien. Sad il^m bon (Sufebiu^ im 9tamen bed Jtaifecd gemachte Xn*
gebot ber Seftreitung feinet Sebendunter^ted tox^ er ftol) iuxüi; man mdge ed für
@))iltet unb ©enoffen bem)enben. (^eob. 1. c.)
9(n feiner ©teile lieg Jlonftantiud nod^ bor Slblauf bed ^al^ed 355 ben tomifcben
9(rd^ibiaIon ^^lis in (Segentbart ber laiferlid^en @unud^en jum römifc^en 9if<^of toei^en
36 (bal. I^ier}u unb )um f olgenben ben älrt. ^i^ II. 93b VI @. 24 f., unb ben oben am
geführten ätuffa^ bon 30tommfen). ^^eli^ galt ben Ortl^obo^en für jperfönlic^ rechtgläubig
(fo nad^ I^eob. 2, 14 [17] unb ©ojom. 4, 11; aber SRufin 1, 22 unb ©olr. 2, 37 b. f.
mad^en i^n }um „9lrianer'', unb «B ift in ber X^at auffaUenb, bag jlonfiantiud einen
DrtJ^obosen burc^ einen anberen erfe|t unb äl!aäud bon Säfarea imb @})i!tet bon Senium«
80 ceQä einen fold^en getoei^t ^aben fouen), aber ald burc^ biefe Orbination unb bie Stinfiens
gemeinfd^aft mit ber ©egen^rtei befled^ (aud^ Slufin unb ©otrdted tragen biefer 9(nfi4ft
burc^ einen 3^!^ Slec^nung), fo bag er in 9iom bcm größten SBiberfianb begegnde. Xb
Äonftantiuö im aJlai 357 (bgl. «mm. 3Rarc. 16, 10, 20) in 9lom toeilte, baten il[w bie
römifd^en Samen inftänbig um bie 9lüdEberufuna be^B £iberiud (^eob. 2, 14 [17]). 3)er
86 Jtaifer fd^lug bie Sitte nicpt ab, inbem er barauf j^inbeutete, bag bie mit bem Verbannten
geführten Ser^anblungen ju ertoünfc^tem (Srgebnid gelommen feien (Praef. üb. Prec
MSL 13, 81: habe(bi)tis Liberium, qui qualis a vobis profectus est melior
revertetur; bgl. ©ojom. 4, 1 1). ^^eilid^ berging nod^ über ein ^aÜ^x, bid (@ommer358)
SiberiwS bie (Srlaubnid jur 3iMk^x erl^ielt mit ber 3)laggabe, ba^ er unb ^i^ gemeinfom
40 ber Äird^e borfte^en foUten (2^eob. 1. c; ©ojom. 4, 15; bei Sulp, Sev. Chron. 2,39
lieft man nur bie9totij: sed L. paulo post urbi redditus ob seditiones Romanas;
ä^nlid^ ©otr. 2, 37). Slld bad betreffenbe !aiferlic^e ©c^reiben ben 9{5mem im ^v^
beriefen tburbe, f))otteten fte: bad ))affe [a trcfflic^, im ^xxhx^ gebe e^ ja ou^ jtoei ^ar^
teien, ba fönne Öiberiu^ SSifc^of ber einen, gelij ber anberen fein. 3n ber 2^t iam ber
46 Sefe^l nic^t jur Sludfü^rung. 5Der }urüdEte^renbe 2. iDurbe bon ben 9lömem feierlich ein*
geholt, %i{xi toax genötigt, i^m ju toetc^en (f. ba^ 92ä^ere im Slrt. t^eli^).
2Ba^ toar gefc^e^en? SBoburd^ tbar ber5^ifer umgeftimmt toorben? Um biefe ^ogen
beanttborten }u rönnen, gilt ed eine genaue Unterfud^ung anjufteQen, bie freiließ bpx ma
in befd^eibenen ©renken bargelegt tberben !ann. vlad^ ©ojomenu^ (4, 15) lieft Konfians
50 tiud ben Stberiud, tbo^l im ^^tü^fommer 358, bon S3eröa nac^ ©irmium berufen. 2)oTt
gab S. feine guftimmung ^u ber bon S3aftliud bon Slnc^ra unb anberen ^omduftonem
mit ber Bpü^z gegen bie Slnomöer ^ufammengefteQten fogen. britten firmtf^Kn ^rmd,
b. 1^. (bgl. Sb II ©. 34, 37 ff.) er lie| ba^ öfioovoiog fallen, nac^bem man ü^n — mir
fo rann bie betreffenbe 9lotij be^ ©oj. im ^wf^mtnen^ange berftanben tberben — bon ber
66 3)tiftberftänblic^leit ber ^ormel unb ibrem 3)itftbraud^ burc^ ^äretiler ($aul bon ©omofoto,
$^otin bon ©irmium, bieSeid^t aud^ 3JlarceU bon Slnc^ra) überjeugt ^tte. ^ einem
befonberen 3)oIumente erllärte er aber, baft er biejenigen, bie nid^t lehrten, boft bet 6o^
bem äJater xax' ovolav xal xard jidvra Sfioiog fei, bertoerfe. ©ojomenud fügt fftn^
er ^abe ba^ getrau, toeil @ubo£iu^ bon @ermaniäa (f. b. 91. 93b V ©.577 ff.) unb feaie
60 ^eunbe unter ^intoeii^ auf „ben SSrief' be^ ^ofiud, b. 1^. feine 3uftimmung )ur jtoeitcn
Bittriitd 453
ftnrnfd^ ^nnel (f. b. a. igoftu^Sb Vin ©. 380, 2 7 ff.), bog ®crüd^t au^cfprengt f^attm,
(mäf Siberiud ^obe ben Stu^brud öfioavoiog bertDorfen {dneioxlfiaoe) unb e^ gebilligt,
bog man ben @ol^ beut Spater unä^nli^f {ävdfioiog) nenne. 9{aci^ biefen SSovgängen fei
bie StefHtution bed S. btm^ ben ftaifer erfolgt liefen SSerid^t ju lontroDieren ftnb toir
mangels anbetet DiteUen leibet nid^t in bet Sage. @^ ift obet tetn ®tunb botl^anben, an s
feinet Sltd^ttglett in allem 9Befentltd^en }u jtoeifeln, unb {elbft bie 9l))ologeten bed ^ai)fieS
^oben ba)u eigentlid^ leine Utfad^e. 2Bte bie ^inge bamold lagen, brandete lein einiget«
ma^en toeitbliaenbet ÜRann an bem S^fammengel^en mit ben ^omöuftanetn 9lnfto| }u
nc^en. @tn Slid in bed Sltl^anaftud unbMatiu^ ^v^m de synodis jeigt ed. %tÄ^
Xvif toitb ed nut ein 9Iüd(fd^lu| aud bed lltl^anaftud balb öffentlich begeugtet (f. Sb II 10
@. 39,25) Stimmung fein, toenn @o)omenud aud^ ben 3ltl^anafiud, Xoxt ben Sibetiud, m
bem 5ton^omt§botfd9lag feine ßuftimmung geben läfiit. Slbet S. befinbet ftd^ iebenfaud
in gutet ®efellf(^ft Stbägt man boDenbd, ba^ Sibetiud ald 3lbenblönbet bem öfioovouog
ftü$ft getm^ nut „naib'' gegenübet geftanben l^tte, inbem et ed einfach a\% bad ©Aibbolet
betOt^obo^e bettad^tete, o|ne ftd^ butd^ feine ben Orientalen beutlid^e t^eologifd^e@d$tt)ietigs is
lett bebtüdFt )u fül^len, fo l^at man fid^et leine Setanlaffung, an feinet £)ttl(;obo£ie )u
üoeifeln obct bon einem t^fall bed Siberiud )u teben, tDeil et jeittoeilig unb um ©tö^eted
outdJQufej^ bad öfwovmog fallen Iie|.
69 ftagt fic^ nut, ob man ftd^ angefic^td bed fonft 93erid^teten bei biefem @d^luffe
bmt^igen batf . 2lfi nämlic^ toeitet nid^td gefd^e^en, fo toitb bie fd^otfe @))tad^e, bie WÜ^ 20
nafiiä unb ^teton^mud übet S. gefül^ l^aben, um)etftänbli(^. 2ln bet Historia Aria-
norum cp. 41 MSG 25, 741 ($etbfi 358; f. batübet 8b II,©. 199, 53 ff. 58 ff.) fd^teibt
jenet: „Sibettud toutbe betbannt; ft)ötet, nad^ gtoei^o^en, toutbe et matt (&xXaoe) imb
untetf^eb oud %vcci)i bot bem '^m angebtol^ten Xobe" (Dgl. aud^ Apol. ctr. Arianos
CD. 89 MSG 409 [ettoa pleid^aeitig, f. baju 8b II, @. 199, 41]: S. fei, toenn et aud^ bie 26
SRü^e bed ®g[i nic^t bid }um @nbe etttug, gtoei ^al^e in bet SSetbannung geblid^en).
^teton^mud betteltet in feinem um 380 abgefaßten Sl^tonilon (MSL27, 685): Liberius
teedio yictus exilii in haereticam pravitatem subscribens Romam quasi victor
intravit. 3n feinen 392 gefd^ebenen viri illustres cp. 97 (MSL 23, 697) toettät et
no(^ n&^ Jlenntnid, toemt et fd^eibt: bet 8if(^of ^ottunatian bon Stquileja toetbe fütso
detestabilis gead^tet, toeil et ben Siberiu^, ald et füt ben ®\a\xhtn in bie SSetbannung
tDonbette ^ro fide in enlium pergentem), ald bet etfle beotbeitet, gebtod^en unb )um
Untetfd^teiben bet ^ätefte gejtoungen ^be (soUicitavit et f regit et ad subscriptionem
haereseos comptdit). 3^ biefen geioid^tigen ^ugetungen gefeQen jtd^ ald 8ela{fatng^
jcugmffe einige in ben fogen. fragmenta ex opere historico be^ ^ilatiud Don ^oitietd 86
(9te.4 unb 6 MSL 10, 678—81. 686—91; t)gl. ben Sltt. $ilariu^ 8b VIII ©. 65, 63 ff., too aud^
unfete ^toge ^eßteift toitb) etl^altene 8riefe beiB $a))fted, bie, toenn fte ed^t finb, \>a%
(Siaebmd m fernen Ungun^en betfd^ieben toütben. ^anad^ ftimmte S., butdb bie orienta«
Itfc^en 8if(^5fe beleih, il^ 8etutteilung be^ Stl^anaftud )u, fanbte butc^ 8if(^of ^ottu«
notion bon SquUeia eine Srilötung batübet an Jtonflantiud, lie^ ftd^ bon 8ifc^of %t^ «o
xatfififSxM bon 8et6a übet ben ©tauben bet Orientalen, bet )u ©itmium bon ben
obenbl&nbifc^ 9if(^öfen angenommen tootben ( . . Demophilus qui dignatus est pro
8ua benevolentia fidem nostram [ndmlid^ bet Orientalen] et catliolicam exponere,
quae Sirmio a pluribus fratribus et coepiscopis nostris [b. i. bet Occibentalen]
tractata, exposita et suscepta est; ^iet lann nut bie jtoeite fttmifd^e ^otmel bom 45
©ommet 357 gemeint fein), aufflöten, nal^m il^n an unb bat bie orientalifd^en 8ifd^öfe
um i^ Settoenbung beim Äaifet (Ep. ad Orientales MSL 8, 1365 ff.; 3aff6 9lt. 217).
^ gleiAem Sinne fufjblijiette et bei ben ^oftl^eologen Utfaciu^, 8alen^ unb ©etminiud,
gab auc9 i^nen g^enübet ben Sltl^naftu^ })teid, be^au))tete fogat, betfelbe fei, tote bad
lömtfc^ Stedb^tetium bezeugen lönne, löngft aud bet ©emeinfc^aft bet tömifd^en Jtitd^e so
au80cf(^lof[en (l^ietübet f. toeitet unten) unb ettlätte, aud^ mit Susentiud (f. übet i^n
Äthan. Hist Arian. cp. 75. MSG 25, 784) unb @))tltet (bon eitcumceKä f. 0.) in
5Rn^engemetnf(^ft jp fiei^en (Ep. adUrsacium etc. p. 1368—71; 3iaff6218). enblid^
tMb et oud^ ben 8incentiu$ bon Jtapua, übet beffen 9{ad^gtebigteit gegen bie ^oftl^eologie
et fifil^ jeKfi JQage gefül^tt l^atte(f.o.©.451,49), baju an, mit ben !amt)antfd^en 8ifd^öf en 56
fttt feine 9Wdftetunmg ju bitten (Ep. ad Vinc. p. 1371 f.; Saffö 219).
©tnb biefe 8riefe unecht? %\t tatl^oltfd^en $otfd^et bejal^en bie^age einmütig, unb
c9 ifl iebenfolld nic^t angängig, gegenübet einet fo tul^igen unb fotgfältig abtoägenben
UntetfudMß tote bet igefele« (a. a. 0. 686 ff.), mit 3Röaet (a. a. 0. 650 5Wote) bon leidet«
fettiget Xcnbenjititü )u teben. 3^^ @ntfd^eibung ift noc^ ein biettet (obet etftet) glei^^ eo
454 Süerto»
foSd bei ^ilariud überlieferter, Don Siberiud angeblich fc^on in ber erflen 3^ feincd $imti*
fitoteS gefc^riebener 93rief l^eronmie^en (Ep. qua Athanasius etc. [Slnfang^orte Stu-
dens paci]MSL8,1395; ^affä 207). ^amS^ f)ääm bie orientalifdben Sifäöfe noc^ bei
Sebjeiten bed $at)fted ^uliud neue JQoaen gegen ^tl^anaftu^ borgebrocpt, toed^olb £. gleich
6 nadp feinem Stmtöontritt ©efanbte nacj SUeianbrien gefd^i^ ^obe, um ben 9t. )ur 93a>
onttDortung nad^ 9lom gu forbem, unter Snbro^ung beS 9(udfd^btf[ed aud ber rdmifc^
Aird^engemeinfc^aft im ^oUe ber Steigerung; ba Stt^anafiud nid^t gelommen, {o erfl&tc
£. ben Orientalen, ba| er lünftig nicpt me^r mit Sltl^anajtud, tool^l aber mit t^en (Se>
meinfd^oft l^alten h)erbe. SiefeS Sd^reiben tt)iberf))ri(^t ber beglaubigten (Scfd^te (f. o.
xo 6.451,38) fo fe^, ba^ an feiner Uned^t^eit füglic^ nid^t gejtDeifelt toerben icam (f. f^im
®ti(ting; Souftant bertDeift ed, nid^t aber bie anberen brei, in bie 9l[)))>enbic). SHe 9e>
merlung aRöQerd. ber, h)ie ^iUemont (8, 695 f.) an ber Sc^t^eit fefil^öa, ber Srief be>
jieid[|ne in ber Xl^at eine fingierte Situation, aber eine bon £. felb^ fmgierte, ifi gnmblod.
%m fielet bie@ad^e freilid^ nid^t fo, bag, toeil bieferSrief uned^t ih, ed aud^ bie onboen
15 fein müjfen; ©toatlin (@. 193) ffot nid[|t Übel ^ejeigt, ba| man iebem einjelnen Selpeid*
grunb^eled einen anberen entgegenfe^en ober t^ toenigftend enthaften Icum. Unb bo((
fc^eint mi unb ^n^alt ber Sriefe, in^befonbere bie mit fold^em iRiu^bnuI betonte Sei»
toerfung ber ©emeinfd^aft mit Sltl^anafiud, um bie ed fu^ bamald gar nid^t mel^ bonbelte
(f. aud^ £oof^ 9(rt. ^ofpS 9b VIII @. 380, 47) unb beren Srtoäl^ung beriemaen im
20 S3rief e Studens paci berbäd^tig öl^nlic^ ift, mit bem, tocS toir f on{l erfolgen ober fc^Gcboi
bürf en, nid^t in SinOang }u ftel^en. 93or aSem bleibt ber oft gel^örte Sintoonb getDtd^tig :
toenn S. fd^on im ©ommer 357 fic^ in aSer t^orm unb unter boDftönbiger Sedeuanung
aQer bi^l^er bon il^m befolgten ®runbfä^e untertoorfen ^atte, toarum berging noq ein
)>oQe!B ^al^r, el^e berHaifer, il^n, toie er boc^ berft)ro4en l^atte, benStdmem toi^er {iirödEi
26 gab? Erinnert man fiep nunmel^r ber Semerlung bed SojomemuS (f. 0. 6. 452, 58), in
beffen eintoanb^freien Serid^t ber ^nl^lt ber Briefe jlc^ foum einreil^ la^, ha% Ue
@egner bi^toillige ®erüd^te über S. au^e^eut Rotten, fo fyd man auc^ eine audreU^enbe
Segrünbung ettvaiger f$&(fd[|ung, bie bann nod^ im %lui ber @reignif[e ^vorgenommen
toorben h)äre (anbenS $efele 691, ber toegen ber Srtoäfnung ^ortunotiond [f. bcoüba
80 unten®. 454,60] ol^neSlot annimmt, bie ^^älfc^img l^abe ben Seric^t bed ^terom|mud )ur
Sorau^fe|ung ; toer foDte nac^ 392 fie unternommen l^aben?). äBirb bem bie Sentfung
auf bie Überlieferung ber Sriefe bei ^ilariud entgegengel^alten, fo ift )u fagen, ba| bie
f^age, ob ^agment 4 unb 6 ^t finb, bon ber nad^ ber @(^t^eit ber Sriefe )u fcfleiben
tft; ,,felbft bad toäre benibar, ba| ||ilariu^ ^agment 4 (Studens paci) otö ^fd^g
86 jur SIolfteDung ber »(cilfd^er mitgeteilt l^ötte" (fo nad^ (Souftant rid^tig Soofd ^rt ^ila<
riud 93b V ®. 66, 24 f.). Stber bie 9lrt, toie in ben Stanbbemerlungen b^ ^aamenttPoi
S. gefd^ma^t unb berftud^t h)irb, erfd^eint im Stammen be^ ©anjien ^ödbfi berbad^tig. S>ie
einzige gtoeifeHod ec^te ^u^erung beS ^ilariud jur @ad^e, feine äSemermng über Konfiaii'
tiu^ au$ bem ^al^re 360 (ad Constantium cp. 11 MSL 10, 589): nescio, utnun
40 majore impietieite relegaveris (seil. Liberium) quam remiseris, entl^ jtDor einen
jd[|arfen Xabel bed laiferlid^en S^erfal^ren^, nid^t aber be^B S., ber bamald oljfne^in ab boiB
anerlannte ^avcpt ber Drti^obosen ju 9iom fa^. Sad äßerl, au^ bem bie gr^ogmente
{lammen, ift aber no6^ f))äter gefd[|rieben, enbgiUig rebigiert fogar erfl nad^ bem XobebeS
Siberiu^ (f. 93b VIII @. 65, 58), ald i^n )u berung(im))fen jumal für ^ilariud gar leine
45 äSeranlajfung mel^r borlag.
^etlid^ reid^en alle biefe (Erörterungen nid^t ju, bie Sriefe aud ber äBelt pi fdbaffen.
älber aud^ toenn fie unecht fmb, toad aU^ in aSem genommen bad Sßa^c^nliclr^ ip,
muffen fte be^B^alb o^ne jebe ©runblage fein? @inb fie nid^t bieKeid^t nur ber ge^ffige,
berfölfc^te älu^brud bon X^fad^en? 3)a^ Siberiu^ in ber SSerbannung fortgef^ hm»
60 beitet toorben ift, ba^ ^ortunotian, beffen (Srtoöl^nung bei ;gieronbmud bocp fd^iDedi^
blo^ auf bie 93riefe gurüdjufü^ren ift unb Semo^j^ilud babei i^re Stolle gef})ieU ^abel^
bad toirb alles richtig fein. SSlu^erbem beft^en toir ba^ beftimmte 3^0^^^ ^ $^
ftorgiu« (H. E. 4, 3 MSG 65, 517), bafe Sib. jur^ felben geit toie ^ofiu« xord tov
öfxoovalov xai uhv xai xaxd ye xov ^A&avaoiov vnoyQdyjai (ber ben Xtl^. betreffenbe
66 3ufa^ giebt freilid^ ju 93eben!en älnlag [f. 0. @. 454, is]). @nbli(^ finbet jene SemoAine
be^ Satl^anartu^, toie bereite bemerlt tourbe(f.o.®.453,2i) in ber Situation bon 358 fcine
genügenbe (Srilärung. stimmt man feine „jtoei ^a^re^' aenau, fo toirb man o^e^
toeiter jurüdaefü^rt unb mu^ bo^ ,;3Jlatttoerben'' beS 2. fcpon auf frühere Sorgfinge be»
jie^en. äluc^ toürbe ein ruhiger S3etrad^ter £. fo toenig toie ^oflud einen SSortoiuf iaxtad
60 mad^en bürfen, toenn er mürbe getoorben toäre, fo lange bamit nxifi bie oben gefaim
Stitriitd 455
gnd^ete Verleugnung feiner (töl^ertgen i5<^tung loerbunben toax, toad tDtebemm nuv auf
®tunb fragtpfirbiger S)ohtmente U^\j!ptti tDerben fonn. ®o [teilen h)iv auf loöSig un^^
fu^erem Soben, unb eine beftimmte @ntfd^eibung berbietet fid^ Don felbft.
Sn ber @Vnobe )U Criminum im ^aifxt 359 (f. 93b II @. 35, es ff.) 1^ Siberiud
ni^t teilgenommen; na^ 3)amafud (f. fein S^nobolfd^eiben Bei S^l^eobov. 2, 17 [22]) 6
toax er gor ntc^t baju oufgeforbert toorben. Ü6erl^uf)t tritt er mehrere ^al^re l^inburd^
in ber £)]|entli(^Ieit nic^t ^erbor. 363 erlief er ein ©d^eiben (Ep. ad catholicos epi-
soopoB Italiae MSL 8, 1372 f. ; ^affä 223), in todc^em nac^ bem Seif))iel ber aleionbri»
nifcpen @Vnobe Don 362 jene ©runbfä^e ber SSerfö^nung geltenb gemad^t tourben, nac^
benen alle, toelc^e i^r SSer^olten )u Striminum bereuten unb fid^ Don orianifc^er Seigre lo^ lo
fagten, Serjei^g erl^ielten unb nur bie eigentlid^en Parteiführer aud ber Itird^engemeim
f(^ oudgefc^loffen n>erben foSten. hiermit toar aud^ in 9lom eine fd^roffere Stid^tung
nic^ etnDorftanben (auc^ im ^inbliä auf beS Siberiud' eigenes SSer^ten ; bgl. biePraef.
lib. Prec.), unb ber ^ auf biefe SBeife anbalSi>nenbe ®egenf(^ f%te ut @nt)toeiungen,
benen ^er nic^t nad^)uge^en ift (bgl. bie 9(. ^ilariud, röm. ^ialon, 93b VIII @. 67, i6
unb Sucifer Don Salarid). 3üi fobann bie toeitere @ntn)id(elung, indbefonbere bie Don
Aaifer JSoknd audge^enbe Verfolgung aller !Rid^tarianer, bie Stnnäi^erung ber ^omoiuftaner
an bie nicfinif<^e $artei Derftörne unb erftere an ben Slbenblönbem unter SSalentinian
ßalt fuc^ten, fe^^en toir ben Siberiu^ 366 ali Vertreter ber Drtl^obo|ie bie ©efanbten ber
Deinaftatif^en SDlac^onianer (f. b. 9[rt) auf ®runb eined VelenntniffeS jur nicönifc^en 3o
gformel aU bem redeten VoOtoerl gegen aQe 9(ngriffe aU 93rüber aufnel^men unb i^nen
auf biefer ®runblage ^eben^erOörungen an ibre 9tuftraggeber mitgeben (f. bie Ep. ad
uniTersos orientis orthodoxos episcopos bei@o!r.4, 12; MSL 8, 1381—86; ^aff^
228), ein ®Iieb in ber llette Don Ver^anblungen, bie nod^ lange )toifd[|en SRorgen« unb
Xboiblonb gefül^ tourben. 26
9lac^ bem 34)be bed gelis (22. SRoDember 365) l^e £. bie JQeriler Don beffen
$artei )u i^ren (graben toiAtt gugelaffen. 3)enno(^ gab fein ^ob (24. ©e^t 366; fo
noc^ üb. Free. Praef. 2 [VIII. Kai. Okt.], to%enb Martyrol. Hieronym. IX
KaL Okt. fyd) bad 3^^^ V^ toilben $arteiläm))fen mit furchtbarem 93lutDergie|en,
iDorüber bod 9läl^ere im Slrtilel Urftnud, ®^en))a))ft (nämlid^ beS 3)amafud), namvi^ so
lefcn ifL 92ad^ bem $at)ftbud^ tourbe S. im Koimeterium ber^ridcilla an ber falarifd^en
Strafe beigef^t. 2)e Sloffi l^cd in bem gelben eines Don i^m aufgefunbenen, }u einer
®n44)e Don Slogien unb @))ita))l^ien, bie ftc^ auf bie Jtoimeterien ber beiben falarifd^en
Strafen bniel^en, gehörigen Sobg^id^teS auf einen ungenannten Vifd^of ben £iberiud er»
lernten toouen. 2)ad ®eft)i(^t feiner ml^lreid^en ®rünbe toirb aber baburd^ aufgel^^oben, 86
bo^ ber im ®ebi((t ®efeierte in ber Verbannung geftorben ifl (insuper exilio decedis
martyr ad astra), toeld^e Stngabe 91. nur burc^ getoaltfame unb unbegrünbete ^nbenmg
bed Zested 2U entträften Dermag. ^n 9lom l^at &. fid^ ein guted unb bauembeS Sin«
benlen burdgi bie ®rünbung ber Basilica Liberiana (®. 30taria 30taggiore) geftiftet, bie
,,in bem ®otte%ienfl ber ®eburt Sl^rifti unb ber SlbDentSgeit bie fii^renbe iRoSe l^tte «o
unb btd auf ben l^eutigen Xag f^at" (Üfener 292). ^m ^äfyct 354 tourbe l^ier unfereiS
SBiffend yaxn erflenmal bie ®eburt Sl^rifti am 25. S)e)ember gefeiert, nad^bem nod^ im
Voqa^ Siberiud bie ©djftoefter beS SHmbrofiu^, 3)tarcellina, am 6. ^ianuar ald am ®e<
bux^tag (Sbrifli jur !Ronne getoeil^t l^atte. Sie Don il^m bei biefer ^eü^e gel^altene 9{ebe
^ Snwrofiud (de virg. 3, 1 ff.) in freier äBiebergabe aufbetoa^rt (abgebrudft MSL 8, 45
1346—60).
iSB&btenb bad Martyrologium Hieronymianum ben 2. )um 23. ®e))tember unter
eine ^eiitgen aufgenommen ^at unb in ben orientalifc^en SRenolojgien ber Velenner ge^
eiert tmrb (f. be Sloffi 57), finb bie mittelalterlid^en 30tart^rologien fd^led^t auf il^n )u
ftnm^, unb bod gegentoortige Martyrologium Romanum entl^dlt feinen 3tamm nicpt 5o
S>ai8 b&ngt nid^t Jotoo^l mit ber gefcpidjitlic^en @rinnerung an feinen „%(i!Si" ald mit ber
Serfälf(^img buro ccpotti^pfft Überlieferung utfammen, unter ber bad älnbenlen bed $a))fteS
feit bem 6. ^a^^unbert )u leiben l^atte. ^ie im ®efolge ber Jtäm))fe nac^ feinem ^obe
(f. 0. 466, 27 ff.) )u feinen Ungunften unb ju ®unften ber Stuffaffung Don ^eli^ old bem
rec^&|iaen Vifc^of entftanbene Überlieferung tft feit bem Anfang bed 6. ^al^rl^unbertd 55
Don ber 6age fo au^ebilbet toorben, ba^ £. im Verein mit jtonftantiud ald blutiger
Verfolger bed too^ren ®lauben^, gelt^ aber ald l^eiliger SRärt^rer erfd^eint (f. b. 9{ä^ere
im «rt gelij »b VI 6. 25, 20 ff.). Vomel^mlic^ burc^> ben Liber Pontificalis ift biefe
£egenbe Derbreitet toorben (f. bagu unb über bie litterarifd[|e Vorgefd[|i(^te Sud^eSne in ber
(Einleitung ; ber Verfuc^ 3Rommfend, bie ®laubtoürbtgIeit ber SRärtt^reraften bed angeblid[| eo
466 Siberiitd Süertiiier
bon S. burd^ i&ungev getöteten $ve^6^terd Sufebtud [Gtesta Eusebii Presbyter! bei
Soluje, Miscell. 2, 1679, 141 f.] aufrecht )u erholten, ift nic^t überjeugenb). 3^ ^^ ^
genborifd^en (Srjeugniffen gel^öten aud^ bie Gesta liberii (MSL 8, 1388 — 93), „ot
renthousiasme pour la memoire de Lib^re est concili^ tant bien que mal avee
6 un certain sentiment de sa f aiblesse momentan^" (2)u(^edne p. GXXII). 2)ie (SnU
ft^ung biefer ©c^rift fte^t in SSerbtnbung mit ben Jtöm))fen jtotfc^ Sourenttud unb
@^mma(^u^ (501). ^elis tt)ivb barin nid^t ertpöl^nt. @ine o|fenfi(^t(t^e ^fd^ttng ifl
enblid^ ber Srieftoec^fel jtoifd^en Siberiud unb ättl^anafut^ (MSL 1395 ff. gaff^ 229;
1406 ff. ^affä 222) unb bie Epistula ad omnes generaliter episoopos (MSL
10 1399—1403; 3aff6 224). ». ftriger*
Sibertiner I. — ^gt. SBtnerS 9lealn).; ^auSratl^ in @(^nteld IBibel^S.; e^Srer
in dtie^md ^anbloöTterbu^.
Sibertiner {AißxQxTvoi) toerben 81® 6, 9 bie SRitgfieber einer jübifc^en Synagogen«
gemeinfd^aft in ^erufolem genannt, va tt)e(^en ein ^eil bec ®egner beS Colonen Ste^
16 tol^anu^ gel^örte. Streitig ift, ob biefelben mit ben bort neben t^nen genannten J&^renäem,
älleiranbrinem, Siliciem unb Slfiaten (Salbin u. a.), ober nur mit ben Jtl^aem mb
SUe^anbrinem gemeinfam (äBiner, äBenbt in SRe^erd Jtommentar, j&ol^mann L ^onbbuc^
bed ^5Ül), ober ebenfo toie jebe ber anberen iUaffen für ftd^ auein (Steiger, ^oudrot^,
@d^ürer) eine ©^nagoge in ^erujalem befa^en. 2)ie le^te Slnna^me iüürbe am meificn
20 baju ftimmen, ba| e^ in S^<^l^nt, toenn aud^ nid^t gerabe 480 6l;nagogen, ta)ie ber
a:almub in f^mbolifd^er 3^1 (4 x 12 x 10) angiebt (MegiU. 73, 4 ; Ketuvoth 105, 1),
fo bod^ ftd^er eine gro|e SKenge berfelben un^ barunter na^ bem ^Calmub (Megill. 73, 4)
eine Synagoge ber Slleianbriner gab. ^ie mittlere Snnal^me entft)rid^t ober mebr bem
%^t, nämlid^ bem Umftanbe, ba^ bor KvQi]va((ov unb 'AXe^avdoiü}v lein Xrtäd,
25 bagegen reov bor äjid Kdix. fte^t. Sie Sebeutung bed 92amen^ Sibertiner ifl nic^
ganj jtDeifello^ ju ertoeifen. 93on bome^erein abgutoeifen finb bie toilRürltd^ Jton«
jefturen, nad^ benen Aißvatlvojv in ber 93ebeutung Sibl^er (Slrmenif^e Überfe^ung
Oecumen., Glericus, valckenaer) ober Aißvvcov rcov xaxd Kvq, (@<^ult6e^ De
Charism. Spir. S. 1, 162 sqq.) gelefen toerben foQte, ebenfo toie bie SPbleitung bed vlmM
90 CLUi bem ^ebräifd^en ($arbuin, f. bagegen Se^ling, Observ. 11, 437 sqq.) unb anbete
aud ber Suft gegnffene SSermutungen (K. 3)öring, Ep. qua synagogam Liberünomm
scholam latinam fuisse coniicit. 1755). — Sie 3ufammenftmung ber Sibertiner mit
Jt^renäem unb älle^anbrinem toürbe junäc^ft barauf ^^ren, aud^ in bem erften 9Iamen
bie äSejeid^nung bon SetooJ^nem einer Stobt ober Sanbfc^aft, unb }toar befonberd einer
86 gleid^fall^ afrilanifd^en, mit bem 3lamtn Libertum )u feigen (®erbed. De sjoasoga
Libert., Gron. 1736; 3. Ä. ©euerer, Diss. de synag. Liberi., Arg. 1754). Su«
bon einer fold^en finben ftd^ feine ftd^eren gefd^id^tlid^en @^uren. 9uf bie unft^ere (Sv
toä^nung eines an ber @^nobe bon Hartl^ago bom ^a^re 411 teilnel^menben episoopus
Libertinensis barf man fid^ um fo toeniger berufen, ba fid^ Libertinus unb Liber-
40 tinensis nid^t gut bon bemfelben Ortsnamen (Gleiten laffen. Unb bie laijfU 9ngabe M
©uiba« „Aißemivoi' ^&vog" erfdbeint ate blofee au^ 8® 6, 9 gefc^Ioffene SSermutung.
— 3Kan toirb bal^er unter ben Sibertinem, ber SSebeutung be« lateinifc^en SBorted ent»
f})re(^enb, greigelaffene berftel^en muffen, unb ba^ ä® 6, 19 ju AißeQtivoyv l^injuaefügte
Xeyo/nh^cov fc^eint la auc^ anjubeuten, ba| biefed SBort nic^t, tote bie übriaen Flamen,
46 eine einfache Ortdbejeic^nung entl^ält. ^ebenfaH^ barf man ober toeber an freigelaffene,
)um ^ubentum übergetretene 9{ömer (®rotiud, SSitringa), nod^ an freigelaffene Sflobcn
})aläfttnifc^cr Ferren (Sigl^tfoot) benfen, fonbem nur an 9?ad^Iommen ber ^uben, bie
befonberd bon $om))eiud nad^ dlom al^ Arieg^efangene gebrad^t toorben toaren unb boit
f})äter, ba man fte toegen il^re^ jö^en ^efti^alten^ an ü^ren nationalen Sitten ate Sflaben
6onid(jt braud^en lonnte, toieber frei ge(affen toorben toaren ($^ilo. Leg. adCaj., p. 1014C).
9Bäl(^renb nun bie SJie^rja^l berfeOben in 9{om blieb unb in ber regio Transtiberina
ftd^ anfiebelte (Sueton. Tiber. 36; Tacit. Ann. 2, 85; Phüo. L c), f^einen anbeie
nad^ i^em SSaterlanbe jurüdCgelel^rt ju fein unb Jt(^ in ^erufalem }u einer @l^nagogem
gemeinbe bereinigt }u l^aben, in toelcper fid^ ber 9came Sibertiner, römifc^e gftetgelaf^e,
66 aud^ auf ff)ätere ®enerationen forterbte. 9* Gteffcrt
Sibertiner II., ^olitifd^e Partei in ®enf. — fRoget, Hist. du peuple deGe-
nfeve, tll— IV; (Jorneliu«, ^iftorif die arbeiten ; ©tä^eltn, S-lJaloin, 1,5, 382 f.; Eocyckf.
des scieDces religieuses, t. VIII, 244 — 269.
Sibertnter 457
gab pr 3^ SolDutS in ®enf eine t)o(itifci^e gartet, tDeU^er man f))äter ben
Atomen Sibertmer (ober ,yPerrinistes'Ö beilegte. @ie bilbete ftd^ aud einem großen ^£eile
ber alten einl^mifc^en Sürgetfci^ft, beren 93öter unb ©lieber fd^on feit länger für bie
Sefrciung ber Stobt )>on ber ^errfd^aft beS Sifd^ofd unb beS ^erjog^ bon SaDo^en ge«
ISmt^, oiefelbe mit £))>fem errungen unb gleic^fam ol^ Sd^Iufftem bed äBerld bie ^e< 6
formotion burd^efe^t j^^^en. SRonc^e bon i^nen toaren anfangt toarme ^eunbe unb
9ef<^ü^ ber ^rebtger, indbefonbere Satoin^, beffen Slüdberufung \>nxdf il^re Semül^ungen
erfobte. 9Ud aber bie Dom SSolIe angenommenen Ordonnances ecd^siastiques in
Sßixffomleit traten unb aud^ mit ber ©ittenreform @mft gemacht tourbe, ba füllten ftd^
tndt in i^en (Setool^n^eiten, in il^rem ungebunbenen, aud ber tatl^olifd^en ^Äi berrül^ren« lo
ben Seben beengt, toie i^en fd^on 9onit>arb borl^ergefagt ^atte, unb ^ trat aSmäl^lid^
eine immer f^ere D))))ofttion l^erbor, bie ftc^ in @d^mäl^ungen unb ^einbfeligleiten gegen
bie $rebiger, in Jtlagen über bie fogenannte neue bifd^öflic^e ^^rannei, in Übertretung
ber fbengen Sitten» unb Sup^efe^e, in ^ro^ gegen bie 3^fu^^n ^"^ @l^ommunis
totionen bed 5lonftfioriumd, in ärgerlid^en Sluftritten unb bemonftratiüen Sudfc^toeifungen, is
tme fte in getanffen Greifen unb gamilien bodtamen, Suft mad^te. ^u ben fojialen unb
antil^erard^if^ SRotiben gefeilten fic^ aber aud^ ^»olitifd^e: bie 3Jlt|ftimmung über bie
go^lreid^en Xufnd^en frangöfifc^ert^lüd^tlinge ind Bürgerrecht, bie^rd^t bor bem baraud
erfolgei^en Uebergetoid^t berfelben über bie alten ®enfer „Patrioten'' unb bem baburd^
berfUfartten Sinfluffe ber ^r^iger; ber abftd^tlicb genährte Sierbad^t berräterifd^er SSerbin- ao
bumen ber neuen Sürger mit ^antreid^. @ine 3^^^ ^^^Q erhielt biefe D^))ofttion
toirfitc^ in ben Släten bie Ober^nb unb berfuc^te, ba^ Siedet ber (S^ommunilation bem
ftonftftotium au^ ber $anb )u toinben, bi^ enblid^, ba il^r bied burcb Salbind ^tigleit
mt^uma unb bad Statt ftd^ neuerbing^ umtoanbte, im 9Rai 1555 infolge eines gefd^ei«
tertcn tSufflanbc«, ber borjüglid^ ben ,,^an3ofen'' galt, bie $öu))tcr teild flüd^tig, teild 25
btngcnd^tet tDurben unb bie Partei ganjIiA jerfiel. 9tad^ trabitioneQer 9luffaf|ung l^ötten
bei bcmSQIem aud) bie Selben ber eigentlichen Sibertiner mitgetoirlt; allein bied iftneulid^,
unb im allgemeinen tool^l nid^t mit Unredjit, ftari bestritten toorben ; bie empörenben Söfte<
runßen eined Staoul 9)?onnet unb ^aque^ ©ruet l^aben mit ber 9lrt unb 9Beife eineS
Dutntin unb $ocquet nic^tiS gemein, unb ed finben fid^ barin fo toenig 9lntlänge an bie so
f))qtfifi^ Sel^ berfelben, toie in ben leichtfertigen Bpott- unb Xro^reben unb äu|es
rungen bed Unglauben^, toelc^e bor bem Jtonftftorium unb f onft bon ^anc^en laut tourben.
Stnjjg bie frechen 9el^au))tungen, mit benen bie f^au bed Slat^l^erm älmeau^ il^re Sitten»
toft^pkit tnrin)i))iell )u begrünben fud^te („que la communion des saints signilie la
commnnaufe des personnes et qu'apr^s avoir donn^ son coeur ä Dieu, toutes 86
les aetioDS sont permises et legitimes'') legen ben ©ebanlen nal^e, e^ fei l^ier toirllid^
ein Samentorn ber bon ^ocquet au^eftreuten @aat aufgegangen, ol^e ba| man jeboc^
bon einer $a^on auf bie gange Partei )u fc^lie^en berechtigt toäre (Sloget, II, p. 207 sq.)
(S. übrigen« l^erju ben 91. Salbin Sb III @. 669,i6ff.). (^reifffel f) ^¥^^^
£ttcrttncf m., $antl^eiftifd^»antinomtftifd^e Partei. — üuellen für Meto
Oef4i(4te unb Sebre ber @elte: Ck)Dtrc la Secte phantastiaue et furieuse des Libertins aui
se nommeDt Spirituelz par J. Calvin, 1545, unb beffen: Epistre contre un certain corde-
lier snppoat de la secte des Libertins lequcl est prisonnier ä Roan. 1547 (Calv. Opp. [CR]
Vol. VII, p. 145 sq. 341 sq. unb Proleg.). Äufecrbcm Institutio rel. christ. III, 3. 14;
Äennj, £fben (Jalüin«, n, @. 402f.; Jrecftfel: «[ntitrin.,I, @.177f.; ®iefcler, m. b. Ä.-®., 46
Ut i, 6. 385f.; ^unbe«(agen in ben S^(Et5l 1845, 8. 866ff.; SSiret, De auctoritate . . .
mmisterii Verb! I)eL1554; 91. Sunbt, Hist. du panth^isme populaire au moyen &ge et au
16* aikrle, 1875; (l(. Saujarb, Essai sur les Libertins, spirituels de Gen^ve (?), $artd 1890.
Stbcrttner (6})iritualen) ^ie^ eine pantl^eiftifcb-antinomiftifc^e Partei ber 9lef ormation^
icit, toeU^ juerft in ben 92ieberlanben auftrat, ftc^ bon bort über %:an{reic^ berbreitete. 50
lieber ibren eigentlichen llrf))rung \^cA man leine beftimmten 9tacbric$ten. Stuf ber einen
Seite ip e9 lemei^eg^ unmdglidp, bag ein getotffer ^ufammenl^ang jtoifd^en i^r unb ber
mittdalterlidben @d(te bed freien ©etfte^ ftattfanb, toeld^e jtoar ^art berfolgt, ober nie
berttigt, nixp am Snbe be^ 15. ^al^rl^unbert^ am 9{ieberrl^ein unb in ben 9{ieberlanben
berborgen fortlebte unb bom ^^ling^toel^en ber neuen M>i, bon ben großen, aber mi^ 66
berftonbenen l^en bon d^riftlic^er ^rei^eit, ©efe^ unb @bangelium, 9tec^tfertigung aud
bem ©louben u. j. to. erioedEt, gleic^fam neue 5teime unb @d^o{fe ju treiben anfing. Jtaum
td^ finb biejentgen balj^in )u red^nen, bor toeld^en Sutl^er fd^on 1525 bie (S^riften ^u
Sbitt9crt)en toamen )u muffen glaubte, beren Seigre aber mel^r bulgär-rationaliftifd^ cild
468 Sttertfaier
bant^eifHfc^ getoefen )u fein fd^eint (Sutl^erd Briefe Don be 9Bette III, 6. 60 ff. ; Sitt^
ms, m LIII, e. 341 f., ^l ©tefder, Se^rb. ber Ä.^., III, 1 ©. 567). — anb«a>
feitö möchte tool^l au6^ an eine SSerioanbtfd^aft ber Sibertiner mit bem 9bui6a)>ttdimid
)u benlen fein, tDeld^er belanntlic^ in benfelben ©egenben fo vcppx^ unb t>ie^ejiabig fyx»
6 bortrat. 9(ud^ bie ©efd^ic^te ber Partei in il^rer inneren Snttoidelung ifl un^ nid^t flar;
aüt^, toa^ man babon toei^, befd^ränh ftd^ ^au))tfäd^li(^ auf bie fragmentarif«^ Angaben,
h)eU^e und SalDin in feinen @treitfci^riften gegen biefelbe gelegentlich mitteilt. 2)miuKt
toaren bie ^robinjen $ollanb, Srabant, ^lanbem unb ^ennegau bie ^aut)tft4e, bon bencn
bie libertinifd^e Se^re anfing, unb ein geh)iffer Sot)t)in ber erfte, ber fte f(^on um 1629
10 in feiner 9[{aterftabt Sille bertünbigte. Salb aber tourbe er burc^ einen anberen, Slomeni
Quintin aud ^ennegau, berbuntelt, ber mit feinen 93egleitem Sertram bes( SRoultniS uid)
Staube ^erfebal benfelben ^ibeen aud^ in »Vrantreid^ Eingang }u berfc^ffen tmt|te. ^
il^m gefeilte ftd^ fein £anbdmann Sntoine $ocquet ober $ocqueiS, ol^ne ba| biefcr USffoIb
feinen jpriefterlid^en @tanb aufzugeben für nötig ^ielt.
16 3ta6^ Sudfage ßalbind tourbe Duintin 1546 in ^ourno^ toegen Unjtttlu^Iett unb
^nle^re jum Xob berurteilt unb l^ingerid^tet. ^ocquet ftammte au& @na^ien in Sdgicn.
@r toar bon 1540—1549 Sllmofenier ber jtönigin bon 9{abana, er^eu feitbem eineii
9lu|^ege^alt unb ftarb )u ^an nac^ 1560. ^ft jtoei ^o^re lang, 1548—1544, tociUe
er im ^aufe Sucerd gu Strasburg. 3Rit $ierre SruH^ unterhielt er Sejie^gen, iodd^
2ono(^ nid^t böttig aufgeUärt ftnb (ftel^e ^aillarb, Procäs de Pierre BruUy; SR. 9leii|,
Pierre Brully @. 52 unb sq.). 2Bie ed fd^eint, toar $ocquet toeit toenkcr entfc^Acn
in feinem Sibertinidmud aU Duintin. @r berfa^te im ^^re 1548 eine Sntgegmtng an
Salbin, bie noc^ nid^t gebrudt ju fein f^eint. Seibe toerben und old ungebilbete, tocntg*
ftend ungelebrte, aber fd[|laue äJlänner bon fe^ jtoeibeutiger Sittlic^Ieit gef^Ubeit, bic,
26 um ftd^ älnl^ng unb ein bequemet Seben ut berfc^affen, burc^ bunlle unb ^oc^fTttaenbe
9ieben, in toeld^en ber „®eift'' eine gro^e moQe \p\dtt, bieSeute an fu^ lodten, tDfi|reiib
fie il^ren toa^en @inn nur ben bereite bon i^nen ©etoonnenen htnb tl^ten. 3^ bem
@nbe, h)irb berftd^ert, l^ötten fte mit Berufung auf Sl^riftum unb bie 9l)>oftel bad^[ini«b
ber äccomobation, ber pia fraus, ber „fittlid^en Sift unb Süge'' gerobqu fi^flemaiqfv
80 audgebilbet unb ald ebangelifc^e JUugl^eit unb Xugenb em))fol^len, tote fie benn auiä^ wn
Sebenten trugen, ftd^ unter Jtat^oliten lat^olifd^, unter (Sbangelifd^en ebangelif(^ )u ^dlcn.
9luf biefe äßeife foUen fte in ^antreid^ allein bei 4000 $^onen an fidg» gejoaen ^aben.
älber nx6^t nur unter ben geringeren Stäuben, auc^ bei ^od^ebilbeten unb iBom^mten,
felbft an ^rften^öfen gelang ed il^nen, fu^ @e|^ör unb ®unft ju ertoerben. @o lte| fid^
86 bie @d^tt)efter ^ang I., 3Jlarguerite bon SSaloid, 5lönigin bon !Rabarra, bergefidit bon
il^nen einnehmen, ba^ fte il^nen nic^t nur an if)xtm .^ofe ju 3l6tac S^^^^^ gekoä^
fonbern aud^ an il^rem Umgange, toie an bem eined Sef^bre b'@tat)IeiS unb (Sei^. Slmtffd,
©efallen fanb, tDa^ um fo begreifli^er ift, ba bie geiftreic^e äßeltbame jtDar in numd^
fax ebangelifc^en Seigre hinneigte, aber boc^ nur bei einem bergeiftigten Jtall^olicidmuS uid>
40 tn ben äußeren formen ber alten jttrdf^e fte^en blieb (@4fmtbt, Roussel, p. 123 sq.;
Sefranc, Id^s religieuses de Marguerite de Navarre, p. 24, 112 sq., ISOsq.;
3)oumergue, Salbin I, p. 404 sq.). ^nber^ Salbin, al^ er 1534 in !ßand mit Duintin
gufammentraf unb il^n bor einer großen SSerfammlung )u toiberlegen fud^te: auf bie 8i»
toenbung bed le^teren, Salbin f)abz '^n nur nic^t red^t berftanben, gab biefer uirSnttooct:
46 bielme^r ein tvenig beff er atö er, ber ftc^ felbft nid[|t berfte^e ; fo biel toenigßend fei i^
tiar getborben, ba| D. bie Seute mit gefährlichem Unftnn betJ^ören tooDe. JDie 2ei^ bei
Sibertiner lennen toir gleid^faQd nur au^ ben eingaben unb einigen Slu^ügen bei (Scdbin,
unb man möchte beuten; er ^abe mand^e^ beutlid^er unb tonfequenter au^ef^nrod^, ott
ed bon il^nen felbft in ber Siegel gefc^el^en fei; inbeffen toerben bod^ bielfac^ ü^ eigenen
60 98orte unb 9lu^brüd(e angeführt, au^ benen ftc^ il^re 3Jleinung unb S^enben} nur genug
ergiebt. ^^re Sprad^e lautet gloar fel^ biblif c^ unb ift l^äufig au& biblif(^en 9id^eiidartai
jufammengefe^t ; aber bon echter S^egefe unb 93egrünbung aud ber Schrift ift leine 3^;
bie einzelnen Bptäd)^ toerben enttoeber gebre^t ober „geiftlic^'' unb ganj tmber ben At^
fammenl^ang gebeutet, fogar abftc^tlic^ berfälfc^t unb erbic^tet; toie toenig man fU^ tanm^
65 an ben „S3uc^ftaben'' unb über^au))t an bie ©runblage bed biblifc^en S^riflmtuntf gei
bunben glaubte, ge^t auc^ barau^ ^erbor, ba| Duintin bor SSertrauteren ]d)m 9^o^ nit
einem befonberen @t)i(namen be^eic^net ^aben foQ. 2Bir l^ben hai ®;f\Um fsixtüi ein
(»anti^eiftifd^ed genannt, unb jtbar ift ed ber entfc^iebenfte, t^eoretifd^ toie )n:atti^ bun^
geführte ^ant^ei^mu^ (Slto^mi^mud), ben man nad^ ^^orm unb Stnlage f^ixituoIiPt
60 nennen möchte, tbenn er nid^t jule^t auf ettbad ganj anbere^B l^inaudliefe. S)er %mlMx»
I
Süertitter 459
tttlfo^, Don bem allcd ou^el^, ift nämlid^ bec: @d gtebt überall nur einen ®eift, ber in
cOm ftreotuten Übt unb ift — ber etoige ®eift ®otted. 3)tefer eine ®etft unb ®ott
imterf^feibet fU^ freilid^ bon ftc^ felbft, fofem er ein anberer ift in ber 9Be(t <di im
Qimmd ( — que Dieu est divers ä soy, entant qu'il est tout autre en ce monde
qu'au deL (Sabin: Contre les Libertins, G. 11). Mt ®efci^ö))fe, @nge( u. f.to. ftnb 5
an unb für fi(^ nid^td, ^en leine reale Stiften} au^er ®ott; ber ÜRenfc^ namentlid^
toirb bur^ ben ®eift ®otteiS, ber in il^m ift, erl^ten, b\& biefer j^ toieber Don il^m
ludU^td^t: er trägt unb belebt unfere Seiber; aber aud^ aUe X^ätigteiten unb ^anb-
hingen, über^au))t mied, toad irgenb in ber äBeit gefd^ie^t, ge^t birelt Don il^m axi^, ift
unmittelbar ®otted SBerl ( — mais que tout ce qui se faiet au monde, doit Stre r^- 10
Dilta directement son oeuvre. — C. 13: ®o ^abe ftd^ u. a. Duintin bei gegebenem
Ibdoffe in feinem ^ßatoid geäußert: Ouy, chet [c'est] ty, chet my, chet Dieu. Car
che que ty ou my foisons, chet Dieu qui le foit; et che que Dieu foit, nous
le foisons, pourche qu'il est en nous. 91. a. O. Raup. 13). älu^erbem aber fäSt
olled anbere, Sßelt, Xeufel, ^lA\df, Seele u. f. to. in bie jlategorie ber SSorfteUung ober 15
SinbUbuna (le cuider, opinatio), ift 9Bal^n unb 9{i(^td. älud^ bie @ünbe beftd^t nic^t
ettixt im äRangel beS ®uten, fonbem fte ift, ba ®ott jelbft aQed in allen toirft, ein
leerer Skäpn, itt bergest, fobalb er ald folcper ertannt ton:b unb man nid^t mel^r barauf
od^tct CTouchant du p^h^, ils ne disent pas seulement que ce soit une pri-
▼ation du bien, mais ce leur est un cuider qui s'esvanouist et est aboly, go
quand on n'en faict plus de cas. G. 12). @d giebt ba^er nur ein toirllic^ 935feiS,
n&nlid^ bad SStöl^en felbft, bie 3){einung unb Unterfd^eibung bed Söfen Dom ®uten, aÜ
ob ber beilige ®ott, ber aQed tl^ut, ettoad 93ö(ed t^un lönnte; ber SünbenfaS unb bie
6änbe fdDbß ift in ber Xl^ nid^td anbered, ald bie Sd^eibung unb ber älbfaO bed 3Ren«
f^en Don ®ott m ber ÜReinung, ettoaiS für fu^ }u fein ober fein }u tooDen, unb folange 25
er in bichr SorfteKung, biefem ®egenfa|e befangen bleibt, ift er felbft nur 3Ba^n unb
ein 9lauc9, bor Dorüberfä^ ($ocquet: £t pour ce est il ^rit: Celuy qui voit
p^h^ ß], pMi6 luy demeure [Jehan. 9. 41] et värit^ n'est point en luy —
Unb fe^ un)tDeibeutig: Mais quand vous regarderez en Dieu, vous ne voyez
point toutes ces ohoses. Car en Dieu n'habite point de p^h6 : et toutesfois ao
il tsh toutes ohoses, et ce qu'il faict, tout est bon, et la science de Thomme
est follie devant Dieu. C. 23). 3)ie @rldfung tatm bemnad^ auc^ nur in ber 93efreiung
Don biefem 9Bal^ ber @ünbe, in ber @rtenntnid, ba| fte md^i^ ift, in ber ®r]^ebung aud
ber SorflcOung jum Segriffe, jum abf oluten äBiffen Don ®ott beftd^en, unb biefem SBiffen,
bod fii^ eben nur bei ben ®})iritualen ^nbet, tourbe unb toirb nid^t fotool^l burc^ bie 86
2cbie, ab Dielmel^ buxd^ ben Xob Sl^fti Dermittelt. SHQem nac^ toar il^nen S^riftud
ni<9t lDefentIi(( Don und Derfd^i^en; er beftanb, toie toir, au^ bem göttlichen ®eifte, ber
in oOen ifi, tmb bem, toad |te 9Ba$n ober äßelt l^ie^en, unb nur ber le^tere ftorb am
Jlreiae. 6ei bied nun botetifc^ ober toie immer ju Derftel^en, fo Diel ift getoi|, ba^ bie
(Sefdj^te unb jumal bie Jlreujigung, ber Xob unb bie Sluferftel^ung S^fti für biefe «o
Rostet funfii^ nur eine fVmbolif(^stV})ifd[|e Sebeutung l^atte ; fein Seiben u. f. to. toar
ittM^ Smin^ oOerbingd ftaidtem äludf))ru(^e nur „une farce ou moralit^ jou^ sur
an eBchafäut pour nous fi^rer le mystdre de notre salut'', nur ein %\fipu& ber
3bee, ba^ bie 6ünbe getilgt unb aufgel^oben, in SBa^rl^eit unb Dor ®ott nid^tS fei; an
i|m tmb bun( i^ lommt ed und jum 93etou^tfein, ba^ bie @ünbe für und tot ift unb 45
fein foO mib toir für fte (lt. 17). gi^bem nunS^riftud bie ganje SRenfc^l^eit angenommen
unb toir buR^ ben ®eifl mit il^m eind ftnb, fo ift auc^ für und in i^m aUed „DoQbrac^t''
unb teine SBieber^ohing me^ Donnöten ; bie @ünbe ^at für und ^ebeutung Derloren ;
Aam))f toiber biefdbe, Su^e, Stbtötung bed ?^leif(^ed, Übemal^me bed Jtreujed um feinet«
IniDcn finbet nicfit mel^ fUitt ; aud^ leiben lann unb foQ ber „®eiftlid^e" nxi^i me^r, ba so
6^ri^ oDed gelitten urib jur @eligteit eingegangen, — toobei benn fretlid^ gar oft bie
3bee mit ber 9BirIli(^Ieit in l^erben äBiberftreit geriet (Car il est ^rit [?]: J'ai est^
faiet tout homme. Puis qu'il a est^ faict tout homme — man bemerte ben
2)oHl^ftnn: totos ober omnis — prendant nature humaine, et qu'il est mort,
peut-il encor mourir cy bas ? Ce seroit grand erreur d'ainsi le croire etc. 66
Itocquet Jt. 28). Sßol^l mu| ber 97}enfd^ toiebergeboren toerben unb er totrb ed, inbem
er fax Unfc^ulb SD^amd, )ur linblid^en (Einfalt unb (Sinl^eit mit ®ott jurüdEle^rt, bie
Gfinbe niipt mifyc fie^t noc^ tennt, nic^t mel^rtoä^nt unb unterfd^eibet, ban ®ctfte ®otted
in ben natürlich trieben folgt, o^ne ftd[| barüber ein ®etoiffen gu machen unb in ber
%w!fyüt bed ®et|}ed bem ®efe|e abftirbt (Mslis si nous commettons cncores Toffense eq
460 Sttertiiier
et entrons au jardin de volupt^, lequel nous est encore d^fendu, de vouloir
rien faire [ne quid velimus facere], mais nous laisser mener selon le vouldr
de Dieu ; autrement nous ne seriesmes point desv^tus du viel serpent, leqnel
est nostre premier p^re Adam, et verriesmes pech^ comme luy et sa femme eCe.
6 $oquet a. a. D. t)gl. 5t. 18). (Sin fo 2Bieberge6omer ift ©^ftud, ift (Sott ]db% )u
tDeld^em er aud^ im ^obe jurüdEe^rt, um in i^m aufzugellen (ff. 3 unb 22). Z)ie ptäU
tifc^en Jtonfequengen biefer Se^re ftnb tei(d fd^on angebeutet, teite leidet )u erraten, ^ocquct
gel^t itoax fei^r fonft unb borftc^tig bon bem (Srunbfa^e aud, ba^ toir einonber ni^
tabeln, rid^ten unb berbammen fouen, aber um i^n fobann babin au^ube^en, boft man
10 überl^au))t nic^t^ tabeln^tDert unb berbammlid^ ftnben bürf e ; ift bod^ ber 9laturtricb bon
boml^erein ®otte^ 2:rte6 unb beiB ©eifted Stimme (Jt. 20) unb fyd hodf (Sott oOed bec»
geben unb bie@ünbe abgetl^on. ^^er folgt nad^ ü^nen aud ber (Semeinfc^oft ber®(äii<
igen, ba^ feiner ettDad für ftd^ ^abe unb ba^ Eigentum gemein fein foQe ; freilu^, tote (ScJsam
fte Befd^ulbigt, borjug^toeife mit 9(nh)enbung jum eigenen 9{u^en, toeiSl^ er fie hMa
16 docteurs de la Charit^ passive nennt (H. 21). $ie gefe^tc^e (Sl^e gilt für fletft^ttf
unb unberbinblid^; bie toa^re c^nftlid^e @l^e ift bie, in ber bie®ei{ler überetnfttmmen unb
e^ beiben jufammen too^I ift (Jt. 20). ä(ud^ auf bie Seiber erftrecft fic^ bie ®emeinf(^
ber ^eiligen, unb t^ ift Unrecht, ^ ftreitet toiber ®ott unb bie Siebe, iemanben tigoib
ein Sege|ren ju bertDeigem (Jt. 13 unb 15). — Jturj, ber anfc^einenbe @))iritualitattf
30 toirb ^um offenbaren ©enfuoli^mu^ unb ^aterialidmui^, unb bie Sel^ aeßaltct fi4
fd^lte^hc^, naif einer treffenben Sejeid^nung, }u einem ,r@^ftctn genialer Seoendtoeid^,
toie e^ ftd^ bie au^fd[|toeifenbfte @innlt^teit )u i^rer Stec^tfertigung taum beffer )u toftnf^
bermag".
I^eilic^ lauteten bie $äu))ter ber Partei, tote gefagt, fid^ fel^ tool^I, ben Stern t^
36 ätnftd^ten bor Ungetoet^ten )u berraten. ^n Strasburg gelang «B $ocquet, bem ebrüd^
Su^er fogar ein fd^riftUc^e^ B^^d^i^ ^^ ^(aubenägemeinfd^aft )u entloden. %xq mi
ber (entere über ben toa^ren @tanb ber 2)inge am jgofe }u 9t^ac getäuf(^t toorbm fein,
ba er 1538 in einem Sriefe an bie Jlönigin il^ren @ifer um bie Serl^tnberung einer fo
berberbKc^en 3)oftrin bantbar belobte unb fie bartn mit aSen straften fortjufo^ tf
80 mahnte (Calvini, Op. [CR] VII, Proleg. p. XXI. s.). 3n ®enf bagegen touAc
^ocquet bon bem fd^örfer bliaenben Salbin in ^urjem burd^fc^aut, ber i^m audf bie ge*
nngfte ^cxh bertoeigerte unb il^n mel^rmal^ in ben äBod^en-ftongregationen )ure(^(&
^aburd(^ aufmerifam gemacht, baju noc^ bon mancher Seite, felbft burc^ Seute audXrtoit
unb ^ennegau perfönlid^ aufgeforbert (^erminjarb, IX 247, 329, 341), t)erfa6te SoWn
86 feine ©treitfc^rift toiber bie ©efte ber Sibertiner, bie 1545 erfc^ien unb toorin er bal
game Softem unb ben Sl^arafter feiner Urheber fc^onung^lo^ aufbecfte unb totberlegtt
S)iefe ©d^rift tourbe jebod^ bon ber Königin bon Stebara fe^ übel aufgenommen; |tc
lie^ il^m il^r SOtigfaSen unb i^re @ntrüftung barüber au^brüden, ba^ er t^ Werter,
Cuintin unb ^ocquet namentlich, unb bamit auc^ fte felbft in il^rer @^ angegriffen tmb
40 öffentlich blofiaefteut; toogegen Salbin in einer eben fo ehrerbietigen ol^ toürbigen tmb
emften 3ufc^# 2^^^ bebauerte, toenn er toiber 9Billen unb Sbftd^t fie geIrMtt, ober ot«^
au^fü^te, toarum er angeftd^t^ bed jc^on angerichteten unb noid^ )u beforgenben gro^
Übel^ nad^ ^flid^t unb ®etoi{fen nid^t anberd getonnt l^abe ($enrV, Seben 6abmtd, 11,
Seil. 14, ©. 112 f.; Sonnet, Lettres de Calvin, I, 111 sq.; Calvini Opp. Xu,
46 64 sq. ; öcrminiarb, t. V, 38 sq.). gtoei ^a^re fj)äter fanb er fvSf beronlafet, bte ®I&i»
bigen ju ^louen brieflid^ bor einem ungenannten ^anji^taner ju toamen, ber bad 2)ogina
bon ber ^röbeftination in libertinifc^em ©inne benu^te, groge ®unft befonberd unter ben
j^auen genog, einen feiner Se^re entfprec^enben Seben^toanbel fül^rte uitb bomoU, angck*
Itd^ um bed @bangelium^ toiOen, gefangen \a%
60 ^er ^anjidtaner ertoiberte auf (Salbind Srief mit feinem Boudier de d^fenea
©eine Slnttoort fanb eine Entgegnung burc^ ^areld ©d^rift : Glaive de la parole veri-
table, tir^ c^ntre le Boudier de defense, duquel un (K)rdelier libertin s'est
voulu servir pour approuver de fausses et damnables opinions, ®enf 1550. %CBal
toirft in biefer umfänglichen ©c^rift (488 ©.) bem ^ami^taner bor, ba^ er ben wnU»
66 f^ieb bon (gut unb ©c^lec^t ^erftöre, inbem er leiere, ba| bie ®rtoä^Uen ntc^ t|«en oll
@niid, toa^ \x^ auc^ t^un, ba fte felbft nid^t^ tl^un, fonbem ®ott olled in il^ncn toid
(©. 4. 5), unb ba| ®ott aüein aOe« t^ut unb alled ift (©. 17). Xuc^ bertrot %cßsi
bad Stecht be^Xabäd unb ber ©träfe ber ©ünben unb bie 9{ottoenbigteit fc«r {toei Santax
bed älmted be^ 2Borte^ unb bed 3lmted bed ©c^toerte^ (@. 21). (Sr ftä^te ftd^ bobet osf
60 bie 9[utorität ber l^eiligen ©c^rift, unb fteQte ben SSerbre^ungen bed 9Rdnd^ gegenöhr
Siaertittcr Sii^teitbetget 461
bm tDo^ren Sinn ber biblifd^ 6teQen unb S3eif})iele feft, bie jener aUegi)rifcl[| unb ft?UIs
füiCi^ gebeutet l^tte. @r ft?ibetlegt bie bon i^m aud bet$räbeftinationdIel(^e gewgenen
ontinomiftifc^en Folgerungen (6. 187), belennt in ben beftimmteften äßorten feinen Glauben
an Sefud G^ftud, ben einzigen ^eilanb, unb befielet auf ber ^Sfyil^ad^z, ba^ ®ott nic^t
ber Urheber t)on @ünbe unb Ungered^tigteit ifi ^tad^bem er fobann audfü^Iicl[l auf bte 5
2dfn Don bem erflen unb bem gtoeitcn 3(bam eingegangen ift, fd^Iie^t er, inbem er bem
^rangidtoner Dor^, er mod^e ftd^ ein biabolifd[ied ©ö^enbilb, inbem er über ®ott ur«
teile cfynt gefud unb ha&, toa^ er geboten f)at (@. 465), unb inbem er t)erfu^ert, bo^
bieientgen oOetn bad, tood }um ^eile notn>mbig ift, Idpctn, toeld^e reben nad^ benSRegeln
bed Stoangdiumd unb auf ©runb ber in ber 1^1. @d^rift enthaltenen @rfenntni^ (@. 486). lo
Sor feiner balb barauf erfolgten ^inrid^tung foQ ber ^an^idlaner nic^t f otooj^I feinen
Sntum, atö bad ek)ange{ifd[|e S3etenntnid t)erleugnet ^ben. 33on ba an berfd^toinbet bie
6dte gong aui ber ©efc^i^^te, h)0)u getoi^ nid[|t am toenigften bad träftige Sluftreten
Sabmid tmber biefelbe beigetragen ffcd,
SEBte fc^on bemerft, bilben bie Duintiniften nur eine t)erein)e(te @rfd[|einung ber großen i6
UbextimfHfdJfen Seioegung. Ig^re äSergtoeigungen in ^oQanb, Trabant unb ben übrigen nieber^
bcutfc^ l^ibfd^ften ftnb noc^ niqft DoUftönbig belannt. )SieIIeid^t fül^ren bon i^r 93er«
btnbungdßnien gu ben 93eftrebungen bed ^einri^ 92iclaed unb ber ^miliften (f. 93b V
6. 751 unb bgL 3lifpott> in b. 31^2:^ 1862 unb 3)ta| Stoofed, ChriBtophe Plantin)
unb }u benen ber 2>at)ib ^oxä^, f. 9b IX @. 349. ^ebenfoll^ ift )u em>äl^nen, ba^ 20
3- gh^^cric^ einen ^oQönbifc^en 3^^ ^^ Stbertiner nad^getoiefen l^at (De Secte der
Lotsten och Antwerpische Libertinen 1525—1545, @ent 1891, unb Bullet, du
prot franc t 41, 1892 @. 250f.).
Sabin ertoäl^nt gtoei anonyme frangöfifc^e @d^riften, toelc^e er toeber Duintin noc^
$ocquet ^f(^eibt, unb toelc^e in birmer SSegie^ung gu ben m^ftifc^en Sibertinem }u 25
fie^ f(|feuien. 6. Les Libeiüns spirituds. (8) Traitäs mystiques ^rits dans
les ann^es 1547 ä 1549; publi^s d'apr6s le manuscrit original par Charles
Schmidt, ®enf 1876; Th^tre mystique de Pierre Du Val et des Libertins
spirituels de Rouen au 16^ si^e, publik avec une introd. par Emile Picot,
$aiid 1882. ao
2)te oben 6. 457, 48 ertoäl^nte Slb^nblung bon ®. ^^^jarb, Essai sur les
Libertins spirituels de Gten^ye(?), ^axi& 1890, mad^t 3)titteUungen über t)ier bid^er
unbdannte m^ftifc^ Xraltate. (itrei^fel t) C^4oif9.
Libri Carolini f. jlarolinifc^e »üc^er »b X 6. 88.
2Ulif hm. Segriff f. »b V @. 457,18—458, 10. 86
£iif|t mib Medjft f. Urim unb Xummim.
£ii|tc«icrger, gfriebrid^Sluguft, franjöftfc^er ^roteftantifd^er X^eologe, geft. 1899. —
tL Sabatier, Paroles proDonc^es aux obs^ques de F. Lichtenberger, Revue Chri^tienDe 1899,
ly 122^127; 9la(t)rufe im Temp t)om 9. 3<^nuar 1899, im Journal d'Alsace uom 10. unb
12. Sanuar 1899, im CSiristianisme an XIX. ßi^clc uom 13. Januar 1899; £ncyclop<Sdio 40
des adenoes religienses XIII, 120.
gnebric^ Xuguft Sid^tenberger ift aü Bpxoi einer altelfäffifd^en ^milie am 21. SRärj
1832 in Strasburg geboren. @r befühlte bad bortige ))roteftantif(^e ©^mnaftum unb
ßubtctte in Strasburg unb auf t)erf(^iebenen beutfc^en Unit)erfitäten 3;^eologie. !Rad^
einem (fingeren Sbtfent^ in $ari^ ertoarb er fu^ 1854 in feiner S^oterftabt bad t^eo» 45
bgtf4f€ Soccaloureat burc^ eine ^iffertation über La th^logie de Lessing unb 1857
bie Siccn) bun^ gtoei SIrbeiten über ,,Le principe du protestantisme d'aprds la th^-
logie aUemande contemporaine" unb „De apostolorum praeceptis redemptoriam
C&iflti mortem spectantibus". ^m ^ai)X 1860 trug i^m eine @d^rift über ,,Les
^iäments oonstitutüs de la seience dogmatique" bie an ben framöftfc^en tl^eolo^i- so
\d)m golult&ten auf ©runb einer ^iffertation erreid[|bare t^eologifd^e 2)oltortoürbe etn.
Seit 1858 ^atte er ci^ ^Ufd^rebiger an ber bleuen Rxxd^z unb Steligion^Iel^rer am ^ro-
tc^ontih^ (Svmnafium ^ftelDiung gefunben. 1864 erfolgte feine Smennung ^um $ro«
feffor fftr f9{tematif(^e unb ^raltifd^e X^eologie am })roteftantifd[|en Seminar unb an ber
t^coIogtf^Kn ^oliibät @tra^urgd, too er neben Steug, 93rud[|, @d^mibt, äSaum, (Solani 55
tmb Sabotier eine beglüdenbe äBir!fam{eit fanb.
462 Sti^tenbcrger
•
^tüxdf toat fte nid^t bon langer ^auer. ^te Sretgntffe bed ^afyct» 1870 berettden
i^ ein jä^ed @nbe. Sic^tenberger, beffen 6^m))at^ien mit oUer @ntf(9teben^ auf \6kn
^tarütüdfi toQxm, machte atö 5hanlen))fle9er oie Sc^reden ber Sekigerung fetner Satct*
\icä)t burd^. 9(uf bad ^ac^ feinet $aufed am 2)^omad^la$ fielen bie beutfd^en ©ronoten.
6 ^ad) bem ilrieg unb ber Slnnesion bed @Ifaf[ed trat an il^n bie ^o^e ^on: ge^
ober bleiben? ^ie @ntfcl[|eibung ift il^m \d)\o^ gefallen. ,,®el^en? bad ^^ bie Setban*
nung ft?&]^(en mit aU i^rem Sntbe^ren unb Sn^agen unb bred^en mit aOen Sanben, Sc
too^n^eiten unb @rinnerungen ber SSergangenl^eit; bad l^ei^t feine Saufbo^n brongeben
unb bad Seben ft?ieber bon bome anfangen muffen, bon ben 6tötten \6fvbm, n>o un^
10 SBiege geftanben unb unfere Sieben im ©rabe j^(ummem, ta)o toit i\& ^eute ^Aadft, ge*
liebt, gel^anbelt l^aben, ta)o bie 6tätten, beren 93i[b, mit unferem Seben unjertromltd^ ber^
bunben, auf bem tiefften ©runb unferer 6eele eingegraben ift. 9(eiben? 5Dad ^et^ p
el^ muffen, ft?ie ed jeben Xag (eerer um und ft?irb unb auf \t>M^ äSeife bte Södoi
t^ füllen, ft?ie aQed um und l^er ein anbered ©eftc^t befommt; bad ^t ftc^ ^ehnotlol
16 fül^Ien in ber ^eimat unb unter einem trudle (eben, ben jeber Schritt, ben txnr i^m,
iebed ®efid[|t, bem ft?ir begegnen, bon neuem bitter mac^t. ^ad ift bie SEBa^I, t>üt Hr
ft?ir gefteut fmb'' (rAlsace en deuil, p. 6). ^ie beutf^e ^eriooltung fud^te i^m bie
@ntf$eibung }u er(eid^tem, inbem fte i^m, ta)ie ben übrigen Regenten ber t^eologtMen
^^ahiltät unter el^renboQen Sebingungen bie 3BieberanfteQung an ber neuorgont^ertcn ujtt«
ao berfttät 6tra^urg antrug. 9lber ft?ä^renb bie übrigen bem @lfa^ entftammten $rofefforen
il^ Sebrtl^g!eit unter ben beränberten SSer^ältniffen ft?ieber aufnahmen, tipüttit Stiftern
berger für ^ontt^d), trat mit ben beiben ^angofen Solani unb Sabotier aud ber 9c^
lultät an^ unb ging nad^ $arid. 3^^^^ beftieg er noc^ einmal bie Jtamel ber 96!Uui^
lirc^e unb ^ielt im 9(nf(^(u^ an $fa(m 137, 1—6 („an ben 3Baffem m 9abel fa|en toit
26 unb toeineten'' u. f. ft?.) feine berübmt geworbene unb rafc^ in }el^n Auflagen btcdfettd uA
ienfeitd ber SSogefen berbreitete 9lbf(^iebdt)rebigt „rAlsace en deuil" (10. SCufL, $ariS,
^fd^bac^er 1873), in ber bie @))annung gtoifd^en ber leibenfc^aftlic^en Srregtl^ beS ftan*
}öftfd[|en Patrioten unb ber SSet^flic^tung bed d^riftlic^en ^rebiaerd }u mofboDer 3^1^
i^oltung gu ergreifenbem Sludbrudt lommt, bod^ fo, ba| bie d^rißlid^e Stimmung ben Sita
80 bel^ält. „^ad ®efe^, ft?elc^ed und ei^riften regiert, ift [im ©egenfo^ }u ben am Bdm
bed 137. $falmd audgef))rod^enen ©ebonlenj bad @efe^ ber Siebe, nid^t bod iübtfd(^ ®ef((
ber 9Bieberberge(tung. ^^e fei bon und jeber ©ebante an Stadj^e! 2)ie beutf(^ WAa
l^aben bad gleiche Stecht auf Erbarmen toie bie fran^öftfd[|en ÜRütter. Ser Sbrifl, ber bie
@rbe nod) feud[|t fielet bon fo bie(em bergoffenem 93lut, feuf)t bei bem ®ebaitten an eine
86 ä^ergeltung (revanche), felbft ft?enn biefe feine })atriotifc^ SBünfd^e erfüDen tüürbe. (b
ft?ürbe glauben, feine ^Befreiung )u teuer gu begasten, ft?enn er fie um ben $reid ncua
0))fer erlaufen mü^te. @r ruft n\d)t nai) ber@eft?alt, um fein3lec^ iDieber aufjuric^ . .
@o fage ic^ aa^ boQfter Übergeugung : ft?enn ed lein anbered 3Jtitte( giebt ald ben Atica
um und unfer Stecht )u berfc^affen, bann ft?erben n>ir e(fafftf(^e S^riften ed ntc^t iurö£
10 f orbern : lieber @{laben bleiben ald @uro))a gu neuem Slutbergie^en aufjintijen''. (L'Al-
sace en deuil p. 9.)
2in $arid ft?urbe Sic^tenberger anfangd bom lutl^erifd[ien 5lonftftorium old $tlfd|ncAiecc
an ber 9{ebem))tiondItrd^e bertpenbet, bann arbeitete er fed^ ^afyct lang mit großer ^
gäbe im ^ienft ber Eglise libre an ber Chapelle Taitbout. 2!"^ Stillen aber n%t(
46 er bie Hoffnung, bie Stegterung ber 9tepublit toerbe enblid|| mit i^rem Sertored^ dmp
mad^m unb bie Stra^urger tl^eologifc^e ^fultät in $arid neu erfte^ Utffen. Sk^tcii>
bergerd unb 9luguft Sabatterd unabläfftgen 93emübungen ift ed bome|m(id^ {ujufc^reibcR,
tüenn ©ambetta im ^a^re 1877 jened 3^erf))r(xi^en einlofte. Slud ben ^ottben fetned greunM
SBabbington, bed bamaligen Unterrid[|tdminifterd em))fing Sid[|tenberger bad 3>ebet bon
60 27. 3Jtar) 1877, bad bie elfäfftfc^e ^ultät nac^ $arid berlegte unb Stc^enberger mit
ber Sleorganifation berfelben betraute.
2En ber SSSartemt gtoifc^en 1871 unb 1877 fanb Sid^tenberger retd^Itc^e 9ht|e ji
litterarifc^er unb ft?iffenfd^aftli^er 9ltbett. 3Bar er bor bem 5lrieg au|er mit feinen
tationdfc^riften unbjo^lretdjien in 3^^^riften jerftreuten äuffä^en nur mit ben f^ ,
66 feiner ^raltifi^en ^ötiglett ald $rebiger unb ^omiletiter an bie Öffentlt(^!ett gcMcn
(Sermons, ^arid unb Stra^urg 1867), fo fafte er nun ben @rtrag feiner t^logifii^i
Stubien gufammen in ber breibönbigen ,,Histoire des sciences rdigieuses en AOe-
magne depuis le milieu du 18. si^le".
^iefed aSerl füllte eine toitflidSie Südfe in ber tl^eologifd^en Sitteratur bed fron)djtf(^
eo ^roteftantidmud aud. 3lxd)t ald ob ed Sid[|tenberger }um erfienmol unternommen 1^
St^tettBcrgcr 463
bte SReti^oben unb bie Srgebntffe bet beutfcl[|en tl^eologifc^en ärbett ber frangdftfd^ Sie«
fomiattondlinl^ ^u vermitteln, ^te Stra^burger Uniberfttät l^atte auf tl^eologifd^em ®e«
biet t>im ie^ otö Sinbeglieb }ta)tf(^en ^eutfcl[|lanb unb ^anfreid^ gebient ; auetn bie 9e«
mü^ungen ber elföfftfd^en Xl^eologen, i^e frangöftfdSien Sanbdleute mit ber ^enforbeit bed
beutfd^ ^roteflantidmud bdannt )u machen, toaren tvenig t)on @rfolg begleitet ^ie 5
Z^Iome ber reformierten ^atultöt in 3Jtontauban orientiert ftc^ bid gum l^eutigen ^g,
fotoeit ]^e nid^t am ortl^otocen SoltnniiSmud f^ft^ölt, \>oxiügfxi) an bem aud ber frangd«
fifc^ Sc^toet), Snglonb unb Sd^ottlanb ftammenben Se^rt^^u^ bed R^veiL
SSenn nun Sid^tenberger baron ging, für einen frangöftfdSien Seferlrei^ bie ©efd^id^te
ber neueren beutfd^ X^eologie gu fc^reiben, fo boten bei il^m Slbftammung unb Silbung^ 10
gong bie für bod (gelingen bd$ 3Berted nötigen SSorau^f^ungen: eine grünblid^e äSer-
tnn^^ mit bem 6toff, eine gro^e ®eft?anbt^eit, frembe Sebanfen fu^ }u afftmilieren,
eine DdDige ftenntnid beiber Qpxad^m, bur(i^ficl[|tige Jtlar^eit unb Seic^tigteit beS fd^riftlidjien
XudbnuK.
XDe biefe Sigenfd^aften lamen il^m in noc^ j^öl^erem 3Ra^e gu flatten, ald 2id)tms 15
boger ben (Sntf4flu| fa^te, in ^erbinbung mit einer 9teil^e franjöfifdiier X^eologen aller
9tid^tungen unter bem ^itel ,,Eiicyclop6die des sciences religieuses" ein ®egenftü(t
)u unferer ,,9lealend;(lo}>äbie für 2i|eologie unb Jtirc^e'' in^ Seben )u rufen. 2!^ ^afyc
1877 erfc^ien ber eme Sanb, ber breigel^nte unb le^e berlie^ 1882 bie treffe (^ax\&,
^tfc^bac^). S)ad 9BerI fanb in ^antreid^i banfbare älufno^me, ft?enn auc^ nid^t unge« ao
teiucn Seifall. 2En {ir(^lid^sfonfert)atit)en Jtreifen erregten befonber^ bie liberalen STm
Mammgen Slnfto^, bie Sluguft @abatier in bem ätrtitel ,,J6su8-Christ" nieberlegte(1880):
fk begeii^eten ben t)ölligen Umfd^tpung im 3)enlen biefed Geologen, ber 1868 aü Rm^
bibat ber Ort^bocen ben Sel^rftul^l in Strasburg erl^alten f)attt unb nun bie ^ofttionen
ber mobemen hittfc^ Schule in ber Ztbm^^^n^^taQt unb in ber Duellenforfci^ung }u 35
ben feintgen mocffte.
SSte in feinen @<l^riften, fo lag aud^ in feiner Sel^rtl^ätigleit an ber $arifer ^^ultöt
Sif^tcnBerBerd Storle in feinem ^ert)orragenben ^£alent gum biiSfurftt)en Genien, }um 9le«
pfobuxiam frember ©ebontenrei^ ; jum intuitiven, fcl[|ö))ferif(^en Renten toax er tveniger
tWEttntoftt. 80
She gt^en Serbienfte ^at er [\df ertoorben ald Organifator unb 9lbminiftrator ber
$arifcr ^tultdt, bie er mitgegrünbet unb al^ il^ erfter 3)elan 17 ^al^re lang geleitet
^ ?ht biefer iDic^tigen unb ^eillen @teQung ift e^ i^m nic^t nur gelungen, bad 33anb
bet ^[anittfit mit bem ®atnm ber Univerfttöt feft gu mü})fen, ft?obei i^m feine ^erfönlid^e
Gtcuung im „Gonscil g^n^ral des Facultas" unb feine langjäl^rige 3Ritgliebfcl[iaft bed 86
(fConsäl supi^rieur de Tinstruction publique" fe^r m ftatten {amen, fonbem aud^
banl fetner bi)>lomatif(^en Begabung mit bem frangöftfqen Unterricl[|tdminifterium folc^e
9^td^imgen m unterhalten, ba^ bie in ber 5lammer ober in ber Subgetlommiffton immer
bri^er gemachten SSerfud^e, bie (»roteftantifc^en tl^eologifc^en ^atultäten aud bem ßufammen«
bong mit ber Uniberfität audgufd^eiben ober ganj gu unterDrüden, erfolglos blieben. 3)ie 40
^orifer^alultät, bie burcb l^ervorragenbe Seigrer, toie f äluguft @abatier, f Samuel Serger,
Sugen St^n^o), @bmuiw ®ta))fer eine ^eimftätte tüd^tiger toiffenfc^aftlid^er 9lrbeit ge»
iDOibcn i|l, gilt mit Stecht ate ber @tol) ber frangöftfd^en ^roteftanten calbinifd^ien unb
Int^c^ Sidenntniffed.
Sic^bergerd ^öfönlic^e t^eologifc^e unb firc^lic^e Slic^tung ftanb unter bem ®influ^ 45
Uesonber Sinetd. 6r bulbigte freilirc^lic^en Steigungen, „^nbivibualift burd^ unb burdd,
auf bem (Bebiet bed 5lultu^ unb ber jtird^e fo gut toie auf bem ber X^eoloaie, ft?ar er
fflx bie Urt|)rfingli(^feit aegen bie ©etoo^n^eit, für bie ^rei^eit gegen bie Überlieferung,
für toi allgemeine ^riejtertum ber Sbrtften gegen ba^ SRonof^ol eined Jtlerud. @r prebigte
unb Derfo^ mit ^euben bad 9lmt be^ ^farrerd, aber er \\xdfU alle tonventioneUen co
ten im Serle^r mit ben ^nf^bxtm gu unterbrüdfen, um von $er) gu $er) reben }u
leiL Sein SEBort Hang me^r toie ba« eine« Saien." 60 fc^ilbert i^n ©abatier, fem
9taäfiülitt im 9)efanat ber ^tultöt (a. a. 0. 125). 3Rit biefer allem firc^lic^en 3toang
ttnb gfmneboefen ab^olben Stimmung ^tng feine gro^e SSorliebe für bie Jtinbcrfonntag^
fluide (ufammen. @r l^atte einft in Strasburg mit Sabatier eine gegrünbet. ^er freie, 55
ffafii^ Serle^ mit ben 5lleinen erfc^ien i^m al^ @r^olung von ber SBoc^enarbeit. 92oc^
oli 3)etan ber ^abiltät Vereinigte er Sonntag um Sonntag auf bem Soulevarb Slrago
bie iSnbet bed Ssierteld um fic^. tiefer ^ienft toar ber le|te, auf ben er ver)id[|ten mugte.
Jbtn Scr}ic^t ift i^m fd^tverer gefallen al^ biefer. ^m ^afyc 1895 tourbe er burd^ an»
bancmbe Arännid^Ieit gejtvungen, feine ^mter niebergulegen. ^ie ^^alultöt, ber er fo go
464 Siifitnittitt Siil^ter mtb Senilster
laxiQt unb erff^rie^ic^ gebient ^atte, ernannte il^n jum ,,Doyen honoraire". @r goa ^
nac^ 33er{aiIIe^ gurüct mit ber ^offnung, im Sflul^eftanb nodji allerlei (itterortfd^ $Iäne
t)erh)irflicl(ien gu lönnen. ®ine fortfcl[|reitenbe Söl^mung l^inberte i^n baran. QqUiäft unb
gottergeben trug er fein Seiben, k>on bem er am 7. ^^nuar 1899 imdf ben Xob tdS^
5 ft?urbe. (Ittgcit Sai^nmtmuu
Stfi^ter nnb Sturster. — ^u^Ibauer, ©efc^ic^te unb Sebeutung ber ^acbdüAter bei
ben tirc^Iic^en t^unftionen, ^ugdburg 1874; X^al^ofer, ^anbbuc^ ber !at^oüf(6en Stturgif,
gfrciburg 1887,1, ©.666 ff.; ©mit^ unb e&cctiam, Diction. of Christian antiqu. I, 6. 939 ff.;
Äat^oIif4e8 Äircftenlefifon » VII, @. 395 ff. (Äetje) ; @. 1964 ff. (ßijftter). — «. «arrucci,
lOStoria della arte crist. VI, Xaf. 468 ff.; a^o^ault bc gfleur^. La Messe VI, 8. 1—58,
2:afel 436 — 460 (blc bcftc iHatcrialicnfammlung für bic öltcre 3ci0; ©abier, Nouveaux
m^langes d'arch^logie. D^coration d'^glises, ^^SariS 1875, @. 188 — 228 (bcf. rontanififee
$eriobe); JDtte, J!tr41i4c ^unftarc^fiologie, 5. %. 1, ®. 156 ff. (genaue Ortdnac^roeife). S)a)tt
bie prot)tn5ialen ^ublifationen ber iBaU' unb ^nftbenfmäler, bie reid^lic^ed unb mannlg:
16 faltige^ Material bieten.
3m 4. ^i^^^^unbert erfc^eint bie @itte, bem 5lultud, fei ed bei feierlichen Sbiloffen,
fei ed im SSerlauf e einzelner SUte be^felben burd^i Sid^terglang eine befonbere Slu^eiciNnmg
iu berlei^en, toeit Verbreitet. 3)ie 33erlefung beö ßbangelium« ($ieron., Adv. Vigil. 7),
bie S^ufe (ambrof., De lapsu virginis V, 19 ; Qtno t)on Serona, Tract. XIV, 4;
ao ©regor t). 9ta)., In sanct. Pasch, c. 2 MSG 36 p. 624), bie älbenbmai^Ufeter ($aulin.
b. Ütola, Poem. XIV, 99 : (dara coronantur densis altaria lyehnis MSL 61 p. 467),
^fttage, n>ie Oftem unb $fingften, 5lircl[|tt)eil^e, 2!nt^ronifation bed Sifd^ofd u. f. to). gcdKOi
regelmäßig ober au^ergen^ö^nlicb 9lnla^ bam. 93efonberd bie äSigilien boten tDiSIommene ®es
(egen^eit (@ufeb., Vita Const. IV, 22). ^a fc^on frül^ lommt auc^ bie Sinrid^tung ber „etmgen"
26 Sam^e'' auf ($aulin. bon ^ola, Poem. XIX, 467 : continuum scyphus est argen-
teus aptus ad usum MSL 61 p. 539; ®regor b. ®r., Dial. III, 29). ^iefeSD^t»
\adf^ gtpingt bagu, bie Slnfänge ft?eiter 2urüdE3ut)erIegen. ^ie ))raltif(6en Seb&rfntffe bed
^rü^gotte^bienfted (^liniu^-Srief: ante lucem convenire; XertuU., De oorona 3:
antelucanis coetibus), bie anfönglid^e @itte ber abenblic^en @ud^nftiefeier, bie So^
80 ft?enbung ber Samf^en bei ben fe))ullralen ^eierlic^teiten in ben Jtatatomben (Sict Sc^ul^
3)ie Äatalomben, 2eij)3ig 1882, ©. 48 ff.; bgl. 6^n. \>. gfeira can. 34) mögen in 8er*
binbung mit ber alt^ unb neuteftamentlid^en religiöfen @^mbo(iI bed Sic^ted unb unter
SBiriung bed SSorganged bed ftebenarmigen 2md)tcc^ n^o^l fc^on im 3. 5];al^rbuiü)at bad
Sic^t )u einem f^mboUfcl[|en 93eftanbteil bed Jlultud Qtmaa^t ^aben. ^n erfter Sinie tmnbe
86 ber äUtar bamit bebad^t unb jn^ar in ber 3Beife, ba^ @tanb(eu(^ter unb ^ongebmqKn
il^n umgaben (bie 2lbb. bei pleur^ 2:afcl 454; I 2:afel 19. 20. 22); erft im 12. 3a^
^unbert fanben bie Sicl[|ter STufftellung auf bem äUtare fetbft. ^ad 2!nk)entar ber Jtir^ )u
Sirta bom ^a\)xt 303 (SRorceQi, Africa Christ. II p. 183) gö^lt bereite 27 l^ttro^cr
auf; übenafc^enb retc^ ift aud) ber 93eft^ an Sam))en einer Sanbgemeinbe bei Xit^oK nn
40 ^ai)xt 471 (nac^ ber fog. Charta Cornutiana, t)g(. SSictor @d^ul|e, 9lr((fäologie ber
alt^rtftl. Jlunft @. 133 f.), unb im 2int)entar ber römifd^^en 5tircben b^anben ftd^ Seuii^ta
mannigfacher ^orm unb ^o^en materieQen unb Iünftlerifd[|en Sffierted in großer Xnyi^
(Liber pontificalis mit ben Erläuterungen be^ ^eraudgeberd ^uc^edne; baju ^too^
@. 5ff., tt)0 ba^ Material jufammengeorbnet ift; @t.ä3eiffel, Silber aud ber alt^riftTu^
46Äunft unD ßiturgie in Italien, greiburg 1899, ©. 247 ff.). SWit begeifterten Sieben
fd^ilbert bie n^unberbare äUirlung be^ Sid^terglanje^ ber $agia Bopf)xa )ur 3^ Suftimani
$aulu^ @ilenttariu^ (ed. 93eder, 93onn 1837). 3iud) bei ber Xotenbeftattung bfiim^te
ftd^ fd^on frül^ in biefer ober jener ^orm ber @ebrau(^ ber Sid^ter ein (Sufeb., Vita
Const. IV, 66; Cypriani Acta procons. 5).
60 ^ie mittelalterlid^e Jtirc^e l)at einmal ben ftrei^ bebeutenb ertoeitert, bann bie^rostf
beftimmter normiert (t>gl. barüber ^^al^ofer a. a. O. ; @mit^ unb Sbeet^^om a. a. 0.).
Sabin gel^ören bie £id[|ter bor äSilbem unb Sleliquien, eine ®e))fIogen9eit, bie fd^on im
c^riftlid^en SUtertum anhebt, bie Ofterlerje, bie fogenannten ^eberli^iter in ber 6^
toodjie, bie SCotenleuc^te (f. b. 21. Äirc^i^of 8b X ©.495,i9). 3n 3Kariä Sic^tmeft (festum
66 candelarum) am 2. ^ebruar n^urbe ein eigene^ ^ft ber JtergentDei^e gefc^ffen.
Sie in ben ^atafomben ga^lreic^ gefunbenen £am))en entftammen bem $ri))atgebrou(^;
fte ftnb faft audnabm^lo^ aai %l)on ^ergefteUt unb l^aben feit bem 4. gol^^unbert eine
lönglid^ie @eftalt. Ser Sidtud trögt ^lelieffd^^mudf ft?eltli(^en unb religiöfen ^n^ottcd
(SBict @d^ul$e, älrd^^äologie ber altc^riftlic^en ^unft, @. 292 ff.). Sie aud bem dM^
Sinter ttttb fieit^ter fiii^tfreitiibe 465
Gd^ SQtertum erhaltenen 93ron}eIam))en bagegen, bte fxd) hnxd) gefäQtgere formen
m^ {ünfOerifd^ Sluffaffung audjetd^nen, bütften )um Xeil {ird^ßc^en 3||^e(ten gebient
fyAtn (Sdbb. ©arrucci o. a. 0.). @ine böQige, burc^ ben ©ebraud^ ber Kerge beftimmte
UmiiKinblung tritt mit bem 3R% ein. 3)ie £am)>e ft?irb }tt>ar nic^t gang aufgegeben
^leitr)^, 3^fel 440 — 447), ober in ben SSorbergrunb treten bie lergentragenben 6tanbs, 6
Smibs unb $angeleud[|ter, an beren 9(udbUbung ber romanifc^e unb ber gotifc^e @tU
gleic^ertoeife beteiligt ftnb. Sefonberd ift ed bem erfteren gelungen, feine Eigenart au^^
)ut>rägen. Sen %üi beiS @tanb(eu(l^ter^ bilben SJlotibe a\i& ber ))^anta[tifd[|en Xiertpelt
unb ftUifterte ißf[mt)en, nid)t feiten in ft?unberli(^er 3}erfd[|lingung. darüber fteigt ber oma^
mcntierte Sid^tträaer auf, aud bem [xd) ber Rdd) entft?idelt, in beffen Stad^el bie Jterge lo
xu^t (gleurv, 3:afel 448. 452. 454—457 ; befonber« Sanier a. a. D.). ßinfadf^er, aber
bun^ ben ©efamteinbrud ft?ir!ungdt)olIer fmb bie @tanb(eu(^ter mit mel^reren b\i gu fteben
Xxmen @leurv @. 56. 58 ; Otte @. 165). ^wc ßrgeugung gro|er Sic(^tn)ir{ung im 2!nnem
bed ftinlj^enraumeiS k>ertt>enbete man fc^on frül^ (Liber pontificalis) Stableu^ter (phari,
ooFonae), in beren SUidfü^rung man ftd^ ft?ol^( an bie Sd^ilberung bed l^immlifc^en ^eru^ i6
folemd 3fyt 21, 10 ff. anlehnte. $ert)orragenbe Qitmplau biefer l(rt finben fuJ^ u. a. in
J5ilbedl^m, Somburg unb Stachen (t^an) 93od(, ^er JtronIeud[|ter bed ftatferd ^riebric^
Sarboroffa im 3Rünfter gu Stauen unb bie formbertDanbten Sic^ttronen gu ^ilbe^^eim
unb Simiburg, 1864). ^n ber ©otit ft?erben bie@tanb:: unb bie SRableud^ter gierlic^er unb
gelangen me^r unter ben @inf[u| ber ard^iteltonifd^en ^ormenff^rad^e. ^ie Stenaiffance \>^ ao
toddtdfU mit größerem ober geringerem Erfolge bie übertommenen j^ormen. ®egenft?ärtig
iß man in guf^ntmen^g mit ber dtüiUfyc )u ben mittelolterli^en Sauftilen gu ben
äUerm äSorlagen gurüdtgele^
Z)ie reformierte Jttrd^e bertoarf k>on SInfang an ben ©ebrauc^ ber 9lUarIeud[|ter ald
t)a)>ifKf(^, to&^renb bie lutl^erifd^e Aird^^e bie Dorgefunbene @itte fortfül^rte. 26
Victor Bd^nliit.
£tf|tfrettiibe, $roteftantifd[ie t^reunbe unb freireligiöfe ©emeinben. —
ßauptmerl: gerb. Stampt, Ql^e|4i4te bei* religiöfen IBemegung ber neueren 3ci^ ^ ^be,
&i|>iial852 — 1860. 3ufanimen^fingenbe fritifdie 9leferate über bie für ober gegen bie lic^t«
freunbitc^e IBetoegung publizierten Schriften in : iReueS SRepertorium für bie tl^eologifc^e ao
feitteratur unb firdjlicftc Statlft«, ^erauSg. üon ^.3:ö.©vun8 4. ob, SBcrlin 1845 @.26— 68,
bie protcft. greunbe, 31 e*nftcn au« be« Sauren 1844—1845; 6. ©b, 1846, @. 152-164, 3eit-
prebiflten ; 8. »b, »erlln 1846, @. 127—156, „Ob ®eift? ob Stftrif t" ® idiicenu«, 1 9 @d)riftcn auS
ben 3a^ren 1845 u- 1846; ebenb. 9.©b, 1847,©. 54—96: bie proteftant. greunbe in Äönigdbcrg ;
Dr. 9{upp unb bie freie eoangelifd)e ®emeinbe, 15@4riften; ebenb. 12. ©b, 1847, €.34—100:86
i)er Pfarrer U^H4 unb feine Sac^e, 32 Schriften. ^Ugetneined d^epertortum für bie t^eologifc^e
gltteratur SUfJ ^crauSg. oon ^. Steutcr 9. ©b, SBerlin 1847, S. 79—93, (Irbfam, a)ic pro«
teftanttf^en ^reunbe, 5 ©Triften; ^eppe, ^ie gutüdioeifung bed Dr. gulius^ SRupp oon ber
5. ^auptoerfammlung bed föuftao ^boIp^>S3ereind : ebenb. $b 10, 1847, @. 155 — 165,
6 6(tnften; 5Bb 11, @. 37—50, 12 ©Triften; 9lmcinann, ^(ngelegcntieiten ber proteftantijcben 40
greunbe, ebenb. ob 14, 1848, @. 72—76, 4 Schriften; berf., S)ie U^ütftfdjen ^Änbel be^
trcffenbe @(ftriften, ebenb. 15. 93b, 1848, @. 170— 179, 10 Schriften; ©(fttoarjtopf, fiidjtfreunb-
t^um unb 3)eutf<(fat^olicidmud in ben legten 3ügen, ebenb. 21. '^b, 1850, 8.250—258;
^ortf. 25. 9b, 1851, 9 ©Triften, ungemeine iiird)enjettung ^eraudg. oon ®. iBvetfd)neiber
unb 0. Si^^c^^^^i^n» ^armftabt 1840 ff. (^oangelifc^e S^ird)cn^eitung, herausgegeben oon 46
d. fB. ^ngftenberg, IBerlin 1840 ff. (^^unbed^agen) , ^er beutfd)e $roteftanttdmud , feine
Sergangenbeit unb feine heutigen Lebensfragen, 2. ^bbrucf, grantfurt a. ^. 1847, ©.341 bis
378; 3ob. <Sarl £ubn). ©tcfeler, fie^rbud) ber ^tr4enQef4tct)te, 5. S3b, ^erauSg. oon (S. 'Ji,
flftfbepenning, JBonn 1855, ©. 250 ff.; (£. Sc^warj, ^^r ®efd)i(bte ber neueften X^eologie,
4. Vufl., fietp^ig 1869, ©.214 ff.; ^. $rö^le, gelbgarben. IBeitrftge ^ur ^ir^engefd) , i^itte^ 60
TOturgef(öi(^te unb Äulturgeftfticftte, ficlpjig 1859, ©. 3—230; Srcireligiöfer itolenber, ^er*
angegeben oon «. ©pc^t, ®otfta 1872—1886; fi. ?Bltte, 3)a« fiebcn D. Sricbrtdj 9luguft
•otttreu Zboludd, 2.93b, ^ielefelb unb Leipzig 1886, ©.412 ff.: $)unb^aufen, ^reie &t-
useinben: iHr(^nle|ifon oon^e^er unbSBelte, 4. »b, 2.9(uf{., f^reib. i. SBr. 1886, ©.1959 bis
1966; X^. ©(tmalenba4, (S. 93. ^engftenberg. ©ein £eben unb Wirten. 3.9b (1. u. 2.9b 55
u>n 3. Sa^mann), (iuterS(oH3d2, ©.127 ff.; S^arl oon ^afe, ^ircbengefc^icbte auf ber @)runb=
läge atabemif4er »orlefungen, 3. XI, 2. ?(6t., 1. ^ftlfte, fieip^. 1892, ©. 565^.; ^. 0. 2:rettf 4fe,
&utfc^ (Skfd)i4te im neunzehnten 3a4rt)unbert 5.^1., fieip,^ig 1894. ©. 350 ff.; 9i. diodjoU,
QkWmt ber eoang. leirc^e in 2)eutf(^Ianb. fieipaig 1897 ©. 447 ; C[^r. ^i{4t)aufer. Q)ejd)icf)te
ber eoangelif(ten fttrd)e ^eutfd)(anbS in ber erftcn ^&\\U bcS 19. Sa^r^unbertS. 9afel 1900, üo
8. 632ff. 8für bie neuefte ä^it njertoott: 3)reioS, 3)ie freien rcliaiöfcn ®emcinben ber
•egenwart in 8^^Ä, 11. 3aJ)rg., 6.C)eft, 3:üblngen u.fieipaig 1901, ©. 484-527, ogl. b.«.
S)eatf(4fat^oIicidmttS 9b IV ©. 538 ff.; ^räfefe 9b V ©. 18 ff.
KaMactiaoHMc fir Z^Kogic mb Mt^ 8. K. XI. 3O
466 Stc^tfrennbe
1. ffintftel^ung ber „t)roteftantifcl^en greunbe". 3)er ^Paftor 9B. g.
Sintentö ju SJtagbeburg l^atte am 7. ^^bruar 1840 in ber SJtagbeburger 3^^^^
in ber Jtntil eined h)enige XaQt )ubor bort obgebrudften ©ebic^ted bad ®mt ju
S^riftud aU 9(berg(aube begeid^net. 2)ad aud biefem 3bila^ gegen il^n eröffnete 3)&
5 gi^^linarberfa^ren trug il^m felbft fioax nur einen SSertoeid ein, aber enegte ein
au^erorbentlidSied 9(uffel^en unb toirfte auf toette Jtreife gerabeju alormterenb (ogL
Utiunben über ba^ S^erfa^ren bed Jlönigl. Sonftftorii ju 3Jtagbeburg g^en ben ^ßoftoi
@intentd u. f. \o,, Seit>2ig 1840; ber Sifc^of 3)räfele unb fein * ac^tjo^riged SBirlen im
))reu^if(^en Staate t)on ®. Don 6. [^rebiger ^önig inälnberbed im^alberftäbttfc^en] 1840.
10 einteni« ftarb in 5Wagbeburg 23. Januar 1859 ; über il^n >?. Xfd^cfert, 3lbS 34. »b, 1892,
©. 406—408). — Sin anbcrer $aftor ber ^^Srobing ©a^fen, ber 2anb})rebiger Seberec^
Ul^Iic^ in ^ömmelte bei ©d^önebec! (geb. 27. ^ebruar 1799), einer ber b^eutenbftoi
Siebner unb ^^ül^rer ber ganjen tid^tfreunblid^en 93eft?egung, (üb „gleic^Iautenbe unb gleid^
ftrebenbe @eift(tc(^e'' {Ramptll,®. 166 ff.) nai^ ber ^erm^uterlolonie ©nabou )um ^OKi
15 ber ©rünbung eined SSereind mit \äf)xlxd) abml^altenben SSerfammlungen auf ben 29.^J|um
1841. @d erfc^ienen 16 2:^eologen, bie ftcp in ber 9(nertennung oe^ ©runbfoted, ba|
jebem ba^ Siedet freier ^orfc^ung unb @ntn)idfelung gugeftanben ft?erben muffe, jufammen*
fc^loffen. ^ie gtpeite ftonferen), bie am 20. @eptember in ^alle tagte, ^tte bereite
56 ^eilne^mer, barunter mel^rere ^tic^ttl^eologen unb na^m netm })rin2^ieQe @a^ an
ao (9. ^ir freuen und in bem 9ett)u^tfein, ba^ h)ir mit unferem ®lauben tmb Streben
ftel^en auf ter ©runblage ber })roteftantif(^en Itird^e, h)e((^er ®runb iß nac^ innen
S^riftud, 1 Ro 3,11, nac^ au^en SSertoai^rung gegen jebe geiftige Sebormunbung,
®a 5, 1. aSJir nennen und barum „jjroteftantifd^e gveunbe". Sgl. Rarmpt ©. 168. —
3)ie S3ejei(^nung „Sic^tfreunbe" fc^uf bad Soll). Slafc^ erful^r nun bie Setüegung eine
36 er^eblic^e ä(udbel^nung. 9teben ben aQgemeinen 3}erfammlungen toerben Jtretit>erfannm
lungen ind Seben gerufen; bie erfte fanb in 3Jlagbeburg fd[|on am 24. iRoMnber
1841 ftatt (Jtam))e @. 168). ^^gleic^ ft?äd^ft ber ^efuc^ ber allgemeinen SSerfamm*
lungen (bie britte in Sei))2ig $fingften 1842; bie vierte bid neunte in Rbti^ cm
27. 6e»)tember 1842, $fingften unb 26. ©ejjtember 1843, 29. ÜRai unb 24. ©^tember
90 1844, 15. 3JJai 1845) unb fie beränbem babei i^ren ßl^arafter. ©c^on in ber inerten
äSerfammlung l^atten ftc^ 3}oudfd[|une|^rer eingefunben, balb erfc(^ienen aucb anbere Soien
unb jttKxr in folc^er 3Jlenge, ba^ bie ß^f^nt^^t^^nf^^^ ^^ ^rebigerlonferengen Solb«
berfammlungen ft?urben. ^anb in $anb bamit ging eine au^ebe^nte litterarifc^ ^ro«
^aganba ; bereite auf ber britten SSerfammlung tourben bie erften 92ummem ber t)on bem
85 älrd^ibiatonud t^fd^er in Sei^^^ig l^erau^egebenen „äSlätter für c^rift(id^e (Srbauung'' tNn>
gelegt, beren Seiblatt bie „SWitteilungen für ))roteftantif(^e ^eunbe" tooren (Äarnj»
©.168. 170).
3)ie innere unb äußere ©efc^ic^te bed Sic^tfreunbtumd trat in ein neued ©tabtum
burdfi ben Vortrag be« ?Paftor« ®. a. S33i«licenu« (geb. 20. SRoöember 1803) öon ber
40 92eumarltdlir(^e in $alle a. @. auf ber ^öt^ener Tagung am 29. üRai 1844 über bie
grage, ob bie ^l ©(|rift ober ber und felbft intoo^nenbe lebenbige ®eifl aÖ 9lonn beJ
))roteftantifd^ religiöfcn Sctoufetfeind anjufel^en fei (Stampf ©. 173). gür ben fftdmtt
^atte bie ^n\pxad)^ gro|e JJolgen, aber auc^ für bie „))roteftantif(^en greunbe". 6rft ein
3ja^r barauf, am 15. uRai 1845, „bem glorreichen ^ö^e^junlt biefer ^jroteftontifc^ 9^
46 tocgung", tote Stampf (©. 175) fc^reibt, erfolgte bie (Inlfc^eibung über bie ©teDungna^
m ber SBidliccnudfc^en J^efe. S)ie gro^c, bon 2000—3000 ^erfonen befuc^te, Serfamm«
lung ertonnte Sßidlicenud ald ben irrigen an unb an 50 ®eiftli(^e unb jal^lreic^ Sotcn
berfid^erten burd^ Unterjeid^nung einer (Srflärung, „im ^rinjip" mit i^m übereinjufHmmen.
9Jad{|bem noc^ „ben freien Iatl^oli|d^en ©emeinbcn" (a^eutfc^tat^olicidmud) bie ©t^mpot^
60 ber Serfammlung audgefproc^en toorben, „befc^log ein ^ftma^l mit l^eiterem ®efdng bie
erl^ebenben ©tunben" (©. 176).
3n ben SKitteliJunlt bcd lagedintereffcd rücfte bad Sic^tfreunbtum ein SlrtiW, b«
ber ^aQefd^e ^rofeffor ber Jiirc^engefd[|i(^te ^. @. %, ®ueride in 9tr. 46 ber Süongdifc^
Äir(^en=3citung über jene Äöt^ener ^Ppngfttoerfammlung (29. 9Kai 1844) auf Sninb
65 eigener ^eobad^tungen veröffentlichte. S)iefer Seric^t madfite bie Krc^lic^Kn 5treife moW,
bon beibcn ©eiten erfolgen Icibenfdfiaftlic^e ©rflärungen unb ^rotefte, bie „SBorte btf
griebend" bon 21. Sleanbcr »erhallen.
2. Äonflilte mit lirc^lic^en Se^örben. S^^^ tourbe gegen ben X^eoloflic»
Jjrofeffor S)at)ib ©c^ulj (gcft. 17. ^bruar 1854; ögl. b. 21.) in Sredlau eingeWritten,
60 toeil er fxd^ an bem aud biefer ©tabt hervorgegangenen $rotept beteiligt ^tte. Sunt
Sifi)lfreiiiibe
467
fla&inctWorbte Dorn 26. ©e))tcmbct 184ö ging er [einer Stelle als ffonliftorialrai
Dnluftig (Jtampe II, ©. 191), — UBeit grölereä 2lufiel)en enegte baS 3.1orgel)en gegen
aötölicenu« (bie Slmtientleeung bcä *ßfoircte ö. Ä. aöiäHcenuö, oflenmäfeig tax^
äeftetll, Seivjig 1846). SeteiW am 18. I^uü 18-14 Würbe er Bor betn aJiagbeburger
ionfiflotium jur 93eric^terftiittung über [eine in Stützen aui^gefproi^enen @runbfa^e 6
unb jut @inrei(^ung [einer ^Ißrebigten am (Sbarfreitag, am 1. Oftertag, am 1. i^fingft^
tag aufgefoTbert unb, nadtbein am 3. unb 4. ^tpUmba aui ber ^Stitte [einer &t^
meinbt iBeftbreerbcn eingelaufen toaren unb er feine äbbanblung: „06 ©c^riff? Ob
®et[lt" berBffentlictit Iiatte, auf ein 9ie[lril)t be« fiuItueminifteiS ^in am 27. aipril 1845
gu einem Sottiiquium nac^ Söittenberg auf ben 5. HJai citiert. 3)a« ©rgebniS bie[er lo
etflen, buri^ eine Sinrebe üon ÜJJiälicenuö öerjögerttn, SSer^nbtung am 8, a)tai tpor bie
©Heilung eineö Urlaubs. 3" """ jttieiten Siei^ianblung Dor einet „Mö(loquial=flommif[ion"
on bem[elben Ctt Würbe tfim am 14. 3Kai na^e gelegt, fteilBiÖig [einem 91mt ju ent=
(agen, aber o^ne ßrfolg, ta et bielmeljr »erlangte, ba| baö Sirt^enregiment bie Unb«-
etnbarfeit feineö Stanbtjunlteö mit ber Rir^e auöfprec^e. ^immetit hjurbe gegen iljn baä ib
„5Ji^ä'l'''""n""*rf"*^>'"9ö''"f''^r*"" eröffnet, am 26. ^nü Derfügte bie ÜRcrfeburger 9le=
gicning auf Antrag beä itonfifloriumä feine tSuepenfmn, unb am 33. 3It)riI 1846 Würbe
CT turd? baä flonfiftorium „Wegen grober Iterierung ber fiir bie fiiturgie unb i'e[)re in ber
cbangelifc^en £anbcefirc^e befte^enben Crbnungen" [cineä 31mted entfegt. ^ie Von feinem
Xettetbiger an boä gei[tli[^c Winifterium eingereii^te SitibcUatiDn Würbe Hon ^i^üeenu^ m
om 19. 6etJtcm6er 1846 gurüdge^jjgen. ®ie 3?etöffentlt^ung beä Su(^eä „bie ißibel im
Sichle ber Sitbung unferer ^ät, iÖiagbefautg 1Ö53 trug i^m Don feiten be« ®erid)tä in
^taDe eine jWetjä^rige ©efängniäftrafe ein, ber er fittt aber burc^ tlftui^t natft ISmerila
«tljog. 18.i6 fe^rte er nad) Suro))a jurüct, um in ■jluntem bei .Sürid) [einen üBD^nfiS
JU nefjmeii. IiaSffierl: „DieSibel, für benfenbe Sefet betra^itet", üleijJäig 1863, 2.21u«g. ib
1866, unb „(Sniwebet — ober. QHoube ober 3öif[en[(^oft. gtirift ober ©eift", 1868
btweifen, bafa er an feinen früheren rabilalen überjeugungcn fcftge^alten. SQi^Iicenuä
fiarb 14. Ottober 1875.
St^on beuor SÜiälicenuö bie Sanbeötirdie Dcrtn[!i;n mufttc, (jatte bereits in Sönigsberg
btn iiiöifutnäpfarrer Julius Jtupi! (geb. 13. 2lu0u[l 1809) baS[e[be ©t^idfat errcie^t.ao
81« SKilglicb ber ®e[eüf(^aft ber ))rote[lanti[(^en ^eunbe üerbäc^lig, ^aiit er burc^ eine
gegen ben Slnfang beS ältlianarianumä gerichtete unD na^^er berüffentlidite 'Prebigt
fi<$ in eine Untnfuc^ung betWittelt, bie am 17. Septcmbn 1846 ju feinet Äbfeßung
führte „wegen Wiebct^olter SScrle^ung [einet SlmtSpflii^ten auS grober |^^rlä[^gteit"
(bad ^erfa^tcn beä Jtänigeberget AonftfloriumS gegen ben ^iuiftonSbrebiger Dr. ^ 3bi!pp. ab
9Kit erläulembcn Slnmertungen unb ä^eilagen von 3-3'ui'P- Siotfenbüttel 1846; [Ultidi],
®oS 33erfaf)rcn gegen . . . Stupp in ber SHeturSinftanj). — langer ijal fu^ U^lid) inner'
fyiib ber pteufeifdjen SanbeSIit^e betjauptet, %li er am 14. ^uni 1845 al« ^jjrebiger
on bie ©I. flat^rinenüri^e na4} 2)iagbebutg berufen Würbe, tjatte fii^ baS Sonfifiorium
mit einer Verwarnung begnügt. Slber feine Sibelftunben, [eine 21titarbeit an ben „Slältem ^^
für (^ftli(^e ßrbauung", feine Stellung jur ^auffotmel, jur Äonfirmntion unb Wgcnbe
tBie feine '^Irebigtcn erjeugten in wat^ifenbem Umfang flonfliltc mit ber tir(^li($en Sc
^b«. ^iat^bcm [ein 3!ct[ui$, burt^ einen bireften Slppett an ben flönig griebric^
^il^elm IV, als summus episcopus biefc ©rfiwicrigteiien ju Ijeben, mißlungen War
(boS ©[^reiben Wm 16. 31pril 1847 wie ber able^nenbe Sefc^eib BeS «i>mgS Bom u
30. april 1847 abgebturft: flampe II, ©.213 ff.), Würbe im September gegen i&n bie
Su^enfiBn verfängt Wegen „grober 3JerIe^ungen gegen bie J^irc^enorbnung". ^uf ®ntnb
ber Sinfit^t in bie ^rfolglofigteit aller Weiteren 'iterfui^e, bie ^i^jip linierung abjuwenbcn,
eer eS nun Bor, freiwillig aui bem 3!)ien[t ba iüanbeSIir(^e auSjufc^eiben. 2)aS ftonfiftorium,
but(^ biefen Schritt bie 3Ibfe|ungS[entenj er[part Würbe, ettlärte borauf [ein Pfarramt für aa
nrlebigt unb [dilug bie Untcr[uc^nng nieber {ÜCmtlittie Sfer^anblungen betreffenb ben ^rebiger
U^Iic^ JU 'Dfagbebutg. Mmllii^a Äbbrurf, ^JJtagbeburg 1847; aöeitere aRilteitungen in
€a<^en bcS 5JrcbigerS Ublid) in SJtagbeburg, Ijnauägegebcn oon i&m [elbft, jur 5Bert
Bodftdnbigung ber uom Äonfiftorium fjcrauSgegcbenen amtlichen ißetttanblungen, 3\jDlfen=
büttel 1847). U^itt) ftarb 23. SRärj 1872 Bgl. i.'ebcret^t Utjti^ in SUagbeburg. ©eins»
£eben »on iljm feI6[t bef^irieben, ©ero 1872. — 3n jWei anberen Bitten lam baS
boS ^Dtagbeburger Jtonfiftorium nod; fi^neUer jum ^tel. ^er XiafonuS äSil^elm Qbuarb
»al|er (geb. 24. Cftober 1814) in leli^ftti War am 15. auguft 1845 an bie ÜKoril"
Rrdf« nad; ^allc berufen aber nicf)t beftätigt Wotbcn. ^tS er Anfang Ottober beS^
leiben Sa&teS in Storbbaufen gewählt würbe, wieberbplte bie tiicblic^e Sfle^brbe ibte so
30*
468 Sii^tfratttbe
älble^nung. ^a oQe 93emül^unpen ber Ütorbl^öufer ®emetnbe, biefe tüdgängig gu mac^,
fd^eiterten, unb bte 93el^ötbe tn Sejug auf bie ^(ntpenbung bed ApostoHcum be^
ftimmte ^orberungen fteUte, Derjic^tete er am 11. Januar 1847 auf fein firc^ltc^ Smt
(Sateer, 3)eU^fcl[|s$aQe'92orbl^aufen ober mein 9Beg an^ ber Sanbe^ürc^ in bie freie
5 i)rote{tantif(^e ©emeinbe, oltenmä^ig bargefteQt, fieip^ig 1847). — 9(^nli(^ erging ed bem
Pfarrer 9(bolf Ximotl^eu^äßi^licenu^, bem ^^leibltc^en unb geiftigen Sruber" bedDben^
genannten, ^u 93ebra bei SJterfeburg. @eine 3Ba^l nac^ ^alberftabt im 6ommer 1846
tDurbe bon bem Jtonftftorium beanftanbet, ba er ftc^ aU einen fo(cl[|en ertoiefen l^abe, bem
e^ )ur ®eft?ol^nl^eit getoorben, bie ^auptbeftanbtetle bed (^riftlid[|en Selenntniffed nic^t )u
10 berüdftd^tigen (Jtam))e II, @. 210 f.). ^ni) er jog bie Jlonfquengen, nunme^ aui ha
Sanbe^Iircpe au^jufd^eiben.
3. ^ieäSegrünbung frei})roteftantif (^er@emeinben. Sief e 3ufammenfid^
mit tird^Iid^en Sel^örben l^aben baburc^ eine größere {ird^engefc^i^^tiic^e iBebeutung ei^
langt, ba^ fte ben erften Slnfto^ gaben unb ba^ Mittel tourben, au^er^alb ber Scffibe^
16 lircpen ©emeinben )u begrünben. ^n ^önig^berg i. $r. toar \d)on am 16. 2)e)emba
1845 eine foldj^e in^ Seben getreten unb patte ftc^ am 19. Januar 1846 ote „fnie
ebangelifc^e'' ©emeinbe fonftituiert. Oftem 1847 iäi)Ut fte 546 @eelen (®ef^id^ ber
6tiftung unb Snttoidelung ber freien (SDangeßfd^en ©emeinbe gu Jtönig^erg i ^
in altenmägiger ^arfteQung, ^erau^. Dom äSorftanbe, 5tönigberg 1848; Stampt n,
ao @. 221 ff.). Site eine ^ilialgemeinbe ber 5lönigdberger betrachtete fu^ bie ©emeinbe
in 9teumarlt in 6cl[|Ieften, bie, am 24. ^i^nuar 1847 geftij^et, einen Seftanb Mi
„ettoa 100 ©eelen" errei^te {üamp^ II, 6. 230). — ©ie Mn^ger be« ffliäicerai«
in ^aUe fd^^ritten nad^ bef|en StmtiSentfe^ung am 26. ®e))tember 1846 jur Silbung einer
©emeinbe. Sie erllörte 5ffentlid[| u. a.: „3Bir t)ermdgen toeber in ^euc^elet noc^ in
26 ©leic^gilti^Ieit ber bloßen §orm nad^, toie Xaufenbe , einer Sxtd^t femer onae^dren,
ber toir mnerlic^ entfrembet finb. . . . 3Bir toouen teine abgefd[|lo{fene Krc^rupe Ston^
feffion, fonbem eine freie menfd^lid[|e ©efeUfc^aft.'' Sie Q\)mpa^\m bie fte fonb, tooren
aber offenbar fel^r gering, benn big ^um SJtärg ftieg bie ^ai)l i^er 3Ritgßd>et nid^
über 100, barunter fogar nod) einige Slu^n^ärtige unb einige 2!uben (Jtanq)e II>.
80 6. 228 f.). -— Sie ©emeinbe )u Ütorb^aufen tourbe am 5. 3^^)^^ 1B47 gefiiftct inA
ftieg unter ©allerg Seitung in Wenigen SBod^en auf 500 ^«rfonen. — Sie „trete elMm
ge(ifd[ie ©emeinbe'' in ^alberftabt jöl^lte bei i^rer Jlonftituierung am 9. gunt 1847
nur 16 SRitglieber, aber erfuhr bann ebenfalls in ben näc(^ften SJlonaten einen raf(^
äluffd^ltoung, fo ba^ bei beginn be^ ^a^red 1848 91. St. Sßi^Iicenud 300 ^erfonen um
86 ftd^ gefd^art ^atte (Jtam^e II, 231). — ^agbeburg ^atte freiließ tuKJ^ gom onbere
3a^(en aufjutoeifen, atö ^ier am 29. ÜtoDember 1847 „eine neue dj^fttic^e 9teltgioiid»
aemeinfd^aft unter bem 9tamen d^riftlic^e ©emeinbe'' fid^ fonftituiert tmb U^lidjf gum
^ßrebtger getoöl^lt l^atte. 3lai) toenigen SBod^en gehörten }u i^r ca. 7000 SRi^idwf
(Äam))e II, ©. 236 ff.). — Sie Hamburger ©emeinbe, gegrünbet am 28. 3uK 1847 unb
10 toefentlid^i ein Sßert bed $rebigerg Jtarl ^einf^aul (geb. 5. äluguft 1820) unb bed j[übif(^
Jtaufmannd %i\6)ü, ift in ben erften älnfängen fteden geblieben. „Sie fogen. ©oneinbc
beftanb nur au^ erflärtcn ©otte^leugnem", urteilte ein ^reölauer Sic^tfreunb. 6te fteDtt
ftc^ nac^ i^rem Programm bie Slufgabe: „Sad rein ^enf(^Iid[|e unb 9tatürli(^ imSi^em
fa^e gegen bad S^riftentum unb gegen bie ^rätenftonen bed cf^riftlic^en Staate^ in M
46 S3olldben)ugtfein einzuführen unb äu^erlic^ in ber ©efeQfc^aft gur ©eltung ju bringen"
(Äamjje II, ©: 231 ff.). — 3ur Sertoottftänbigung beö Silbe« ^en toir noc^ 1^
mfügen, ba^ aud^ bie Sid^tfreunbe in 3)tarburg in jturl^effen am 7. t^ebruar 1847 jur
Silbung einer ©emeinbe f ortf d^ritten ; i^r 3KitteIi)unlt toar 5Profef[or Sa^r^offer.
So« äSer^alten ber berfc^iebenen Slegierungen Seutfd^Ianbi^ gegenüber ber beutf<^
60 tatl^oUfd^en toie ber freiproteftantifc^en 93en)egung bi« gum ^al^n 1848 toax jüoax tr»
gan) einheitliche«, ober trägt boc^ benfelben ©efamtd^arafter. Sa fte ald eine gxuc^ bcj
revolutionären ©eifte« betrachtet tourbe, begegneten fte i^r mit großem 3Ri^auen imb
fuc^ten burc^ bie älnn^enbung ftaatltc^er ^ad^tmittel i^rem toeiteren Umfulj^retfen uoi]»
beugen. 93on einer SarfteQung ber befte^enDen 9led^t«lage in ben Derfd^iebenen Butten
66 unb ber auf ©runb beren getroffenen SKa^nal^men (ÄanH)e III, S. 252—387) ^abcn
toir l^ier abjufe^en. älber e« barf boc^ ntc^t übergangen toerben, ba| $rot|e«,
b. 1^. ba« für ba« Std>tfreunbtum n^ic^tigfte @taat«n>efen, nidbt unterlaffm fyd, ben
3{erfud[| ju machen, auf bem SSoben be« älQgemeinen Sanbrecpt« einen Stitteboe^ )»
finben, ber fotoo^I ben ^ntereffen ber Sanbe«tird^e al« bem ^ringip ber äteTtgtcni*
eofrei^eit entf))rac^.
Si^tfrennbe 469
3)a« „ÄgI. ^tent, bie Silbung neuer SRefigion^efcHfd^aften Betreffenb" Dom 30. 3Wcirj
1847 erÜärte emerfettö, ba^ bie beborre^teten Jttrd^en, bie ebangeltfc^e unb bie römifcl[|s
lot^olifc^e, nad^ tme bor in bem ®enu^ iJ^rer befonberen ©ered^tfame verbleiben foQten,
oitbererfeitd aber foKte ben Untertl^anen bie ®(auben^ unb ®eh)iffen^frei|^eit unbertümmert
aufrecht erl^alten werben, il^nen ouc^ bie f^eil^eit ber SSereinigung ju einem gemeinfomen 5
Sefenntntffe unb ©otte^bienfte gemattet fein, ©iejenigen, toeldf^e in il^rem (Setoiffen mit
bem ®laiäen unb Selenntnid i^er Jtird^e nid^t in Üoereinftimmung ju bleiben bermögen
unb ^ bem}ufolge )u einer befonberenSleligiondgefellfd^aft Dereinigen ober einer fold^enftd^
onfc^Iie^en, foQten böiger nid^t nur t)olle ^eü^eit bed Su^trittö erholten, fonbem anä) m-
fotveit i^ SSereinigung bom Staate genehmigt ift, im @enu^ il^rer bürgerlid^en Siedete 10
unb @^ren t)erbleiben. Unter bem gleiten ^atum erging eine %l. SSerorbnimg ^^betreffenb
bie ©eburten, heiraten unb @terbefälle'^ beren bürgerliche Beglaubigung burd^ bie Ört^
Sid^te erfolgen mu^; fotoie ein Sefel^l an bad @taatdminifterium, ba^ ben angefü^en
orten bed latentes nid^t bie Stu^legung gegeben ft?erben bürfe, aü ob ber Seitritt )u
einer Dom Staate noc^ nid^t genel^migten SReligion^efeUfd^aft o^ne ft?eitered ben SSerluft 15
jener Siebte unb (Sfycttt gur ^olge l^aoe. Sefonberd tourbe noc^ barauf aufmerifam ge^
mad^, ba^ lein ÜRilitär« unb Sibilbeamter blo^ bed^alb, toeil er ftc^ bon feiner Jtirc^e
getrennt unb einer bid^er nod) nid^t genel^migten Sleligion^efellfc^aft angefd^loffen l^at, in
ben mit feinem 9lmt berbunbenen Siedeten eine @d^mälerung erleiben bürfe (ftami^e III
©. 281—288; ebenb. @. 297—302 über bie ©dfitoierigfeiten, bie ftdfi ou« ber »ean*20
ßonbung ber Don ^rebigem ber ^ifftbentengemeinben boQgogenen ^ufen unb Trauungen
ergaben).
2)er Sludbrud^ ber Slebolution im SRcir} 1848 geft?ä^rte nun enblic^ bie erf e^nte
brfle ^rei^eit (ÄanH>e IV, ©. 177—205) unb brachte ber freireligiöfen Setoegung eine
3ett großen äußeren SBad^tumd. 6d entfteben neue ©emeinben : in ber ^robinj ©ad^f en 25
CXfc^emeben, Dueblinburg, Slaumburg, ©u^l, baut eine @erie bon ©emeinben, bie fxd^
ob ^talen cax ÜRagbeburg anfii^loffen), in ber ^robinj 93ranbenburg (@onnenburg), in
Sraunfd^tDetg, in ben anl^tifc^en $erjogtümem (Semburg, 5lötl^en, 3)ef[au, 3^W ^^
@(|ftaKn:)burg*9lubol{tabt, in ©otj^a, in älltenburg, im Jlönigreic^ ©ac^fen (^ceipjig, ^e^en,
^freiburg u. a.), in Sd^leften (^irfd^berg, Siegni|), Oft- unb 3Beftt)reu^en {Xtlftt, ßlbing), so
m £übed,l in ^olßein, in Bremen, in äßeftfolen, in 92affau, in ^effen-^annftabt, aük
in ollem tooren e« me^ ate 70 neue ©rünbungen (bgl. Ranip^ TV, ©. 7—21). Seiber
iß ed nid^t mögßd^, über bie ©efamtm^l ber 3Jlitglieber freit)roteftantif(^er ©emeinben in
gom Detttfc^lanb eine ftd^ere ©tatiftiif aufjufteQen, ba bie eini^elnen ©emeinben gang ge«
tDOtttge 6(^toan!ungen il^red ÜRitglieberbqtanbed auftoeifen: Jlönigdberg gö^lte 3)e|ember86
1849 3074 ©eelen, Dfiem 1857 116 felbftftänbige gjJitglieber ; 3Kagbeburg gäl^lte «nfang
1862 an 4000 felbftftänbige 3Kitglieber, bie gieulonftituierung 1858 erfolgte mU ca. 200.
%€tntt ifi ber 3^Iungdmobud fein einl^eitlic^er, inbem balb bie ©eelengal^l angegeben
tmb, bolb bie 3^1 ^^ felbftftänbigen SRitglieber. Bor allem ertoeift [xd^ eine f^arfe
SDgrenjung ber freit)roteftantif(^en ©emeinben gegenüber ben beutfd^Iat^olifd[|en ©emeinben 40
Ott unDolhie^bar. @d mu^ bal^er bie fummarifc^e Slngabe genügen, ba^ bie ©efamt«
yaifl ber 2)eutfd^Iat^oliIen unb ber freien ^roteftanten in ^eutfc^lanb auf ber $ö^e
1^ öeftanbe« tttoa 150000 betragen M (Stampf IV, ©. 36).
4. 2)ie beutf4ien©taat^regierungen unb bie freireligiöfeS3eft?egung
1850—1858. am23.3Wail850 traten ba« britte beutfc^Iatl^olifc^e Äomil unb bie britte45
frti)9tote|lantifd^ ^gfo^ung gu berfelben Qüt unb in bemfelben $aufe in Seit>^ig )u
Serl^blunaen jjufammen. ^iefe l^atten aber laum begonnen, al« bie ^olijei eingriff unb
tt^ßc^, ®. % SBiiSlicenud, Salier 2c. be« Sanbe« Dertoiefen ft?urben. 92un tourben am
24. 3Rax bie Sef^nred^ungen naq Jtöt^en Derlegt. 9lu(^ ^ier aber gelangten jte nic^t gum
3t<I. 3)enn bie Beratungen tourben burc^ ba« @rfd^einen eine« ©elretär« be« SRinifterium« co
imtcrbnx^, ba« auf ©runb bon ^e^efc^en ber f^reu^ifd^en unb ber fäc^ftfc^en 9te«
gicrung bie Sb^altung ber Berfammlung unterfagte. $ie „Slealtion'' l^atte begonnen
(ÄttmDe IV, ©. 37 ff.).
3)en SWa^a^men ber SRegierungen in ben öerfc^iebenen Sänbem bürfen toir l^ier im
eingctnen nic^t nad^e^en. Über Öfterreidb ögl. ÄamjjcIV, ©.212 ff.; über Baiem ebenb. 66
6. 223 ff. Sn Jlur^effen forgte §affenj)flug bafür, bafe ben freien ©emeinben fogar bie
firc^lic^ 2et<^enbeftattung unta:fagt toutbe, ebenb. @. 242. Über 3Bürttemberg Dgl. ebenb.
6.243; über Baben ebenb. ©. 243 f.; über ba« ©ro^l^er;|ogtum §effen ebenb. ©.244 ff.;
über 3franlfurt a. 5K. ebenb. 248 f. ; über 5Waffau ebenb. ©. 249 f. ; über ^annoöer ebenb.
6. 250 ; ftber Bremen ebenb. ©. 250 ; über Hamburg ebenb. ©. 250 ff. ; über ^olftein 60
470 SU^tfratnbe
ebenb. ©.254; übcrän^olt cbenb. 6.254; über 3)cffau cBenb. ©.254 ff.; ttberSd^tootj^
burgsSlubolftabt ebenb. @. 258. — Sm Äönigretd^ ©adfifen ftellte fw^ bie Slegierung auf
ben ©tonb^unlt, ba^ bie freien ®emeinben gar nid^t old religidfe SSereine angufel^en feien,
benn ;;0^ne allen ®(auben, o^ne nur eine beftimmte SSorfteQung bon ®ott giebt ed feine
b Steligion, leinen religiöfen Itultu^ , feine reKgiöfe ©emeinfd^ft'' (@rla^ bed jtultud:
minifter« bom 7. gebruar 1851, ebenb. ©. 260). Sielmebr toürben, toie e« in bet
Sirfularberorbnung bom 5. ^bruar 1850 ^ei^t, ,,bie fird^Kcpen unb religiöfen ^tocd^ nur
al^ 9Sorft?anb benüftt, bie ^aupttenbeng ber Seiter fei barouf gerichtet, i^ befbut
tiben bolitifc^en 93eftrebunaen unter fold^ier SRa^fe )u t)erbreiten unb bad SoS ba<
10 burd^i für bie gefö^rHc^en Seigren ber fo)iaßftifcl[|en unb tommuniftifd^ $ro))aganba m^
^fänglicl[l gu mad^en'' (ebenb. ©. 259). älud^ bie Slegierungen anberer QtaaUn urteilten
t)k größten Jtlagen f^nb t>on feiten ber freien ®emeinben aber gegen bie Stegterung
in ^reu^en (Stampf IV, ©. 269—369) erhoben toorben, obtool^l Ij^ier burd^ Slrttld 12 ber
15 S3erfaf(ung bom 31. ^i^nuar 1850 „bie ^eil^eit ber 93ereinigung }u Steligtondgefelt
fd^aften'' garantiert toar. ^i^^i^^^^ ^^ 3BortIaut biefer ret)ibierten äSerfaffung unb bann
bie „äSerorbnung über bie ^erl^ütung eined bie gefe^ßdjie ^eil^eit unb Orbnung gefö^rben?
ben 3)tiprau(^ bed SSerfammlung^s unb SSereinigungdrec^ted bom 11. 3Rär) 1850" für
bie freien ©emeinben ungünftige ^eftimmungen entl^ielt, fann ^ier nic^t oudeinanbergefe^
ao toerben (bgl. Ranipt IV, @. 272 ff.). @ie fanben iebenfaUd eine biefen nachteilige äludl^ung
unb boten bie gef e^Iid^en 3ln^a(tdi)unfte für ein SSorge^en ber ©taatdgettHilt, bad nic^^t aii^erd
beurteilt toerben fann al^ ber Serfud^, ben freien ©emeinben bie Si^ftengbebingunaen
5u entjiel^en. ^ied ift auc^ bon feiten ber Slegierung beutlic^ gefogt toorben. &n
Sirfular bed SRinifterd bed ^nnem Dom 29. ©e})tember 1851 \pxa6) ed oud, bo^ bie
25 S^ifftbentengemeinfd^aften nxd)t fotool^( SReligion^efeQfd^ften ald k)ie(me^ ^oli^d^, ben
Umftur} ber bürgerlid[|en unb fojiolen Orbnung förbembe SSereine feien. Unb mit ber
@infi(l^t in bad eigentlid^e SBefen biefer ©efeUfc^aften fei für bie ©taat^Sregierung bie um
abtoei^bare ^flic^t ertoad^fen, benfelben mit aQen gefe^idj^en SRitteln entgegenyttretcn
(ebenb. ©. 288). ©onntäglic^e ®ottedbienfte unb beratenbe ®emetnbet>erfammlungen
80 ft?erben burc^ Militär aufgelöft (5. 93. in ^irfc^berg unb Siegni^ am 14. 9I))rU uib
5. 3Kai 1850, Stampa IV, ©. 277—286), ebenfo bie Bereinigung bon üRitaliebem frei»
religiöfer (Semeinben ju gefeUigen 3^?^^^ h 33. in 93re«lau, ebenb. ©. 286 t.), in jo^
reichen ^äQen ft?erben ©emeinben })oIi)eilid^ gefd^(offen (). 93. in ^Ufit am 17. @e)>tembe(
1851, in DuebUnburg am 3. S^nuar, ebenb. ©. 298 f., in SKagbeburg am 18. 3)igembet
85 1B54, ebenb. @. 303). Sen ^erfuc^en )ur 93egrünbung neuer ©emeinben b>erben faß
unüberfteiglid^e ^inbemiffe in ben Sfeeg gelegt (ebenb. ©. 309 ff.). Die für bod bürger»
Itd^e £eben toic^tigen 9(mtgl^anblungen fretreßgiöfer $rebiger ft?erben bon SSertoaltungdbel^ö^
tote t)on feiten ber ©eric^te nid^t anerfamtt unb ba^er bie burd^ Xrouungen \cUifn
$rebtger gefc^Ioffenen @^en aU Jlonfubinate unb bie barau^ ^ert)orgegangenen JUnber ob
40 augereJ^elt^e bel^anbelt (bie Don Stampz ©.311 angeführten ^^e be}iel^en fxdf oOerbinoS
nur auf beutfc^fatl^olifd^e ^rebiger, ober ed ift nicpt enennbar, ba^ auf biefon $unBc
regierung^feittg eine Unterfc^eibung ^toifd^en ben Deutfd^fat^olifen unb ben ^^teirdigidfcn
gemacht tDorben ifi). Slber auc^ fird^Uc^e 9lmtdl^nb(ungen, benen feine Sebeutung für
ba^ bürgerliche Seben anl^aftet, toerben unterfagt unb ed fonnte borfommen, bo^ in ber
46 frei'et)angelif4en ©emeinbe )u @^lau am 18. ^ai 1851 eine 9{benbmal^ldfeier bun^ bod
Stngretfen eine^ ©en^barmen unterbrod^en tourbe (ebenb. ©. 313). Su(& bie @rta(ung
t)on ^onfirmanbenunterrid^t tourbe unterfagt (ebenb. ©. 32 7 ff.). Sin @ria^ bed ekKmge>
Uferen Oberfirc^enrat^ in ä3erUn t)om 10. ^uxa 1851 ff^rac^ ftc^ über bod gegen bie
©lieber ber fogenannten freien ©emeinben Don feiten ber Diener ber Sanbednrd^ )»
60 beobac^tenbe SerJ^alten aud unb Verfügte ben 9lu^f(^lu| ber ©lieber ber freien ®es
meinben Dom Slbenbma^l, t)on ber ^atenfc^aft, bie SSertoeigerung ber fird^lid^en ^^rouung,
bed firc^Uc^en 93egröbntffe^, fird^lid^er ©ebäube, auc^ foQte ben Dienern ber freien ®p
meinben feinerlei amtliche ^l^ätigfeit auf ben ©otte^ädfem ber ebangelifd^en ©emänben
geftattet fein, ftirc^enämter burften i^ren 93efennem nid^t übertragen, i^re Zoufen burftcn
66 nic^t für gütige unb toirffame S^aufen erad^tet, i^rer Konfirmation burfte eine S^eutung
nid^t beigelegt tDerben unb bie ßl^en, bie biefe Diener eingefegnet l^aben, feien feine 8^
im ©inne ber Äirc^e (ebenb. ©. 316 f.).
Die freireligiöfen ©emeinben l^aben bafür geforgt, ba^ feit bem ^ciSftt 1861 in atten
©i^ung^^erioben ber Jtammem über i^re 93efd^h)erben t)er^anbelt ft?orben ift (ebenb.
60 ©. 315 ff.). 3lber erft bie Übemal^me ber 9legentfd[iaft burd^ ben ^rinjen äSSUI^^ tm
Si^tfrettttbe 471
$veu^en im Ottober 1858 hxaiftt i^nen bie gefotberte f^eil^eit ber Setl^ätigung t^rer
®nmbfä^.
pdfon bie SSerl^anblungen im Slbgeorbnetenl^au^ am 28. ^brucrr 1859 Ueferten ben
9en>eid, ba^ bie neue 9legierung naq anbeten ©runbfö^en gu l^anbeln entfc^Ioffen toax.
Der SRinifter t>. SetJ^mann^oStoeg ertlärte unter anberem (@tenogra))l^if(^e Sendete über bie 6
Ser^bhmgen bed 9(bgeorbneten^au{ed 1. 9b, 9er(in 1859, @. 274): „^i^ tarn ben 3Begfaa
aller ferneren einfc^önfenben, ^olijeilic^en 3Jta^regeln gegen ^armlofe religiöfe SSerfamm^
hingen, toek^er retigiöfen Slid^tung fte aud^ angel^ören mögen, nur ^erglic^ ft?iQf ommen l^ei^en.
2)enn folc^ SRagregeln tragen mel^r ober toeniger ben S^aratter rdigiöfer äSerfolgung an
fi<^ unb ftnb toeber ber 3Bürbe bed @taai^, noc^ ben (»reu^ifd^en Xrabitionen, noc^ unferer lo
Serfaffung gemo^, \a fte ftnb, ft?enn ic^ mic^ fo au^brüden barf, nod) t)iel toeniger im
Sntereffe ber beiben großen, religiöfen ©efeQfc^aften, in toelc^e ftd^ unfer äSolt teilt. @^
toaxt ein Srmutd)eugnid, bad biefe großen lird^lic^en ®emein{d[|aften ft^ felbft audfteDten,
toenn f^e burc^ f olc^e 3Ritte( ftc^ erl^alten ju fönnen glaubten . . . 98enn auf biefe SBeif e
ben bifftbentifc^en ©emeinben bie freiefte Snttoidelung getoäl^rt ift, fo toirb ed an i^nen i6
fein, ben Setoeii^ bed ®eifted unb ber Jtraft gu führen, ben bie ^nbamentaltoal^r^eiten
bed Sl^rißentumd im }tt>eiten Si^i^^ufenb il^e^ S3eftel^en^ tä^lidf fül^ren, [xdf }u tonfoli»
bicren, namentlich ftc^ mebr )u beftimmen u. f. toJ' Dad biefer äluffaffung entf^red^enbe
Schreiben bed Jtultudminifteriumd an ben Obertird[|enrat Dom 19.9l))nll859 ift oibgebrudt
bei ^rö^le @. 221ff. 20
5. 2)ie freireligiöfen ©emeinben k>on 1858 bid )ur ©egen^
toart. 9(m 16. unb 17.^uni 1859 l)ai ein großer Seil ber beutfc^fat^olifc^en unb frei«
)>roteftantif(^en ©emeinben [xd^ gu bem „Sunb freireligiöfer ©emeinben'' ^ufammengefdjiloffen
(Ser^blungen bei Sd^lie^ung bed 93unbed ^eireltgiöfer ©emeinben. ^m Sluftrag ber
Serfammbmg ^erau^egeben bon S. U^lic^, ^agbeburg 1859), feit 1862 nennt er fu^ 25
,^unD freip religiöfer ©emeinben" (9unbe«blätter §. 1, 8). SJie au« 11 ärtileln be*
pe^enbe 93unbedk)erfaffung bejeid^nete al« ©runbfa^ bed Sunbe«: „freie 6elbftbeftimmung
m aOen religiöfen Stngelegen^eiten", unb ctl^^toid: „^örberung unfered religiöfen Seben«".
1899 ergeben biefe beiben älrtitel bie neue^ffung: ©runbfa^ ift „^eie@elbftbeftimmung
in ollen religiöfen Xngelegenl^eiten gemä^ ber eigenen fortfc^eitenben @rlenntni«"; 3^^^
ip: ,,gdtberung be« bogmenfreien religiöfen Seben«". Seit 1877 finbet äße jioei S^^re
eine Sunbedl^rfammlung ftatt, ju ber jjebe ©emeinbe einen Slbgeorbneten entfenbet, il^re
Sefcblüffe finb, fotoeit fie nid^t bie SSerfaffung betreffen, für bie Sunbe^emeinben nur
Stotfc^löge. R^ifd^en ben einzelnen @^noben fü|rt bie ©efd^äfte ein a\n^ fünf 3J2itgliebem
beft^enber Sunbedborftanb (S>xtm a. a. O. @. 485 f.). 86
enbe 1858 ejiftierten nac^ Stampt IV @. 370 f. in 3)eutfd^lanb 100 lonftituierte
©emeinben, barunter 10 fret})roteftantifcbe, jufammen mit c. 30 ^rebigem, unb brei
6i^n0baU)erbänbe, ber fc^lefifc^e, bie föd^ftfc^e Sanbe^emeinfd^aft unb bie füb« unb toeft«
bcutfc^ ittrcM>rok>in). ^m ^a^re 1859 fc^loffen \vd} 53 ©emeinben an, 1862 lö^lte
ber »unb 110, 1874 gel^örten i^m 155 an, 1899 nur nod^ 50. Den ©runbftodt bilben 40
bie alten ©emeinben in Königsberg, Xilftt, Dangig, Stettin, »erlin, »redlau, Stegni^
©drli^, 3Ragbeburg, ^alberfUibt, ält)olba, ^türnberg, ^anffurt a. 3R., Offenbar^, 3)tanm
^etm, Siedboben, 9Rain) (Dretod @. 486 f.). — Unabl^ängtg Don ber »unbedberfaffung
beße^ )ur3^it nod^ folgenbe größere Xerritoriatoerbönbe: ber „»erbanb ber beutfd^Iatl^ol.
unb freireligtöfen ©emeinben @übbeutf erlaub«" (20 ©emeinben mit 8200 3Jtitglieber); 45
ber „Oflbeutfc^e »erbanb freier religiöfer ©emeinben" (3 ©emeinben) ; ber „5Probingiait
berbonb freiridigiöfer ©emeinben ©c^lefien«" (8 ©emeinben).
Die beutfd^Iotl^olifd^en ©emeinben bed Jlöniaretd^ @ad^fen (©emeinben in Seipjig,
Dredben mit 3ittau, 6^emni$ unb ©elenau) erhielten bie ftaatlic^e Slnerlennung fcpon
im 3a^ 1848, l^en aber bann 1859 fid^ nid^t an ben „»unb" anfd^liegen bürfen 60
unb ou^f 1868 bon feiten ber Stegierung bie@rlaubnid ntc^t erhalten. @ie bilben ba^er
no^ ^eute eine befonbere Organifatton neben bem »unb. Sin ber @^i^e ftel^t ber au«
tncr otbentlid^n unb fünf au^erorbentlic^en 3Jlitgliebem beftel^enbe£anbe«Iird^enk)orftanb in
Drcdben, ber alle brei ^al^e eine @^nobe beruft, »on feiten ber Sanbedftrc^e berben
biefe beutf(^Iat^olif(^ ©emeinben nic^t aU c^riftlic^e aner!annt, bal^er toerben Übertretenbe 66
^tauft unb SRitglieber biefer ©emeinben ntc^t atö $aten gugelaffen. Q. ©. ^inbel, Der
Deutf4f{at^olicidmud in 6ad^fen, £et))5ig 1895 ; DretoS @. 487 f.)
Ueber bie QäSjll ber SRitglieber ber bem »unb angefc^loffenen ©emeinben ^at gule^t
auf ber 18. »unbeÄ)erfammlung gu Stettin 1899 ber »orfi^enbe bc« »unbeStoorftanbeS
fii^ ba^in geäußert, ba| 24 ©emeinben, beren »er^öltniffe belannt feien, runb 17000@eelen6o
472 Sidiitfreitiibe
}dl^Ien, toeitete 24 ©emetnben fc^ölungdtoeife auf ettoa 5000 Seelen Deronfc^Iogt toeiben
bürfcn, ber gange Sunb mithin ettoa 22000 Seelen umfaffen tohfb. 3m ^äyct 1865
6ei ber legten allgemeinen 3^^^^0 h?aren ed 118 ®emetnben mit 20 000 Seelen. 3)te
größten ®emeinben fmb gegentoärtig : 93erlin mit 1 1 000 Seelen, 9Rannl(ieim mit 1396,
öDffenbad^ mit 1386, 3Wagbeburg mit 1256 (S3unbe«blätter$. 104, is; ©reto« S.488.).-
S)eutf(I^Iat^olilen im ^önigrei^ Sac^fen gab ed im ^a^re 1895 1428, injtoifd^ foD bie
3al^l auf ca. 2200 geftiegen fein. — ^a^ numerif^ie SBad^tum ber Setuegung ifl olfo
feit 1865 fel^r gering. 3m Slicf auf bie 3«"^^*"^ b« SeööHerung feit biefem 3#<
unb in 3lü(fr4t barouf, ba^ in ber 3a^l bon 22000 Seelen im 3al^ 1889 bie „gw
10 broteftanten Slj^einl^effend'' mitgered^net ftnb, bie toegen Sinfül^rung ber SonbeäRn^enfleua
ftd^ fet)arierten — e« toaren 1876 4800, 1900 3600 — toirb man fogor e^ geneigt
fein, bon einem StiQftanb )u reben (t)gl. ^reh)^ S. 489). 3tod^ h>eniger lann gefogt
ft?erben, ba^ ed ber freireligiöfen Setoegung gelungen h)&re, aQe 93eb5llerungdf(^t(^en in
i^re Äreife l^inein^iu^iel^en. Rantpt tonnte fc^on im 3^1^^ 1850 (S5b IV S. 371) ber
15 SBSal^mel^mung fxif nid^t berfd^^lie^en, bo^ bie Seamtentoelt unb „bie ^ö^ere Sürgerflaffe^
ftd^ jurüd^og, er f))ri(^t gerabegu bon „3$erarmung an gebilbeten Elementen''. Zriiefe
@ntn)idelung l^at ful^, ft?ie ed fc^eint, in ben legten ^a^rgel^ten noc^ fortgefe^ unb je^t
bilben, toenigftend in Sac^fen unb 92orbbeutfd^lanb, bte Strbettertreife icS $au))tf ontingent
ber ®emeinben (3)reh)« S. 489 f.).
ao Über bie litterarifc^e 3$ertretung ber freireligiöfen S3eft?egung bid )um ^afyct 1860
orientiert Rantpt, ^l)xt ;periobifd[|e treffe in ber SegentDort umfaßt folgenbe Organe : bie
Sunbe^blätter (feit 1862) in gtomwlofen $eften; „®« toerbe Sid^t" (feit 1870) Mfl-
Don E. Sd^oB in 9lümberg ; „bie 5B(orgenröte ber Sieformation be« 20. 3<^K]^i^|unbertd''
(Jeit 1878 ; früber unter bem litel „S)ie ÜRorgenröte") ^r«g. bon Jl Soigt m Offen»
25 bac^ a. an. ; „Sleligiöfe Sieform" (feit 1887) ^r^. öon ^errenbörfer in XUftt; „Dfr
beutfc^e Sleform" (feit 1892) ^r^. bon Sd^ul^fi^^Jlönigdberg; „Sonntagdblott ffir
freie ©emeinben unb beren f^eunbe" (feit 1896) 1^. bon ®. ^fd^tm in SrtAm;
„3)a« freie SBort" (feit 1901), ^albmonafc^fd^rift begrünbet öon ß. S&nger (gcjl 18. 9lo».
1901) in fjranffurt a. 3K.
90 ^er Snfd^auungdtreid ber heutigen freireligiöfen ®emeinben ifl auf ®ntnb btefer
Sitteratur k>on *S>xtM a. a. 0. unterfuc^t toorben. Sinig ftnb fte in ber Slblel^mmg aOa
Don ben d^riftlid^en 5lird^en get)flegten Steligion ald eined erftarrten ^ogmengloubend unb
al^ eined „$robuIte$ tird^lic^en RtDarxQtd", einig alfo in ber 92egatton, ober nur in ber
9tegation. $enn eine R^fammenfaflung beffen, ft?ad nun po^tüo bie jtreireligidfen unter
85 dleltgion Derftel^en, giebt e$ nic^t, tann aud^ laum jemals in offt}ieuer ^rm t>erfm^t
ft?erben, toeil baburd(^ bie^eil^eit ber Selbftbeftimmung beeinträd^tigt tütirbe unb ein Stwf*
faQ in ben „5lonfefftonali^mud" einträte. Unter biefen Umft&nben ift bie Unbeflimml^
unb Unllarl^eit leine gufällige Srfd^einung bei ben freireligiöfen ®emeinben, fonbem um
t>ermeiblid^ unb bie toefentiic^e Sebinpung i^rer @r^altung. tiefer X^otbeftonb totib
40 bon i^nen auc^ flar erlannt unb, toentgften^ in einzelnen {{reifen, old Sc^tDäd^e em))fnm
ben. Sie fmb auf ber einen Seite geatoungen, allen feften Seftimmungen au^utoeti^
unb ftnb boburd^ baju gelangt, ba^ „ aued in ein S^aod fubjeltiber Sinjelmtfc^auungen, bie
einanber toiberftjretlen unb ftc^ gegenfeitig aufl^eben, aufgelöft ifl" (3fnAeI, 5baitf(^
Iatl^olici«mu« S. 23, 3)reh)« S. 494), auf ber anberen Seite brängen bie ptali^dfm &tf»
45 gaben bed Sleligion^unterrid^t^, ber $rebigt, ber $ro})aganba auf fefte gformulterungen fjim.
Gegenüber btefer S(^tt)ierigleit toirb eine berfd^iebene Stellung eingenommen, ^e Of))yr€u|en,
bie „Äöniggbergcr" rcjjräf cutteren ben redeten ^lügel innerhalb ber freireligiöfen imb ^en luxj
Slefte c^ri^lic^er ®ebanlen unb ber 9teligion^unterrid[|t toivb noc^ im Xnfd^lug an bie Sibd
erteilt. 3)ie ,;5nümbcrger Slid^tung" (9?ümberg, »erlin, Stettin, £eib«g, (S^emni|) bertritt bo«
60 entgegengefei^te üpctm unb ftel^t Dollftönbig auf bem »oben bed 92aturalidmud tmb Xt^
mud. 3n berSJlitte fte^t bte „fttbbeutfc^e" ®rut)))e, bie an berd^riftlid^en^Dtoralnoc^fefipt
unb in 3^fu^ no(^ ^n ftttlid[;ed »orbilb erblidft. ^uM f^at Se^mmungen iäm b(rt
3Befen ber Steligion unb 91u$fagen über ®ott au^ ben 5heifen ber freireligiöfen gefdmmett
(S. 499—504), bie ben »etoei« liefern, bafe Ij^ier bie reine SDäillnir ^ertfd^t unb grunb*
55 fd^lic^e »erfc^iebenl^eiten nebeneinanber befte^en. 3^ ^^"^ SSergid^t auf ben ®lauben on
berfönltd^e Unfterbltc^Ieit fd^etnen freiließ toieber alle ®ru))))en übereinguflimmen. ttber bot
^er^ältni^ gum Sl^riftentum, gu 3^ud/ gur 5lird^e tann man ftarl t)on einanber abtoetd^enbe
Stimmen bemel^men, folc^e in benen noc^ alte ^rabttionen nac^totrlen oud ber ©rftnbung^
jeit ber 93en)egung, in ber man ben »oben bed ©^riftentum^ ntc^t t)erlaffen tooHtt, fonbon
60 auf biefem »oben für eine freie Xuffaffung ber d^^riftlic^en 3leligion flritt, ober auc^ onbeit,
Stc^tfrettiibe 473
benen jebc^ c^jUid^e ,,^teti{ltU'' ift. S)iefer ®egenfa| fe^t ftd^ 'aber nic^t fort in ber
Seiirteilung ber d^rifUtd^ fftrd^en. ^emt in ber Slbie^nung biefer ftird^en, unb
jtoor ber elxmgelifd^en toie ber römifcl[|::Iat^oIi{(^en, l^errfd^t t)5Si0e Sinigteit. @ie
(inb bte Statten ber ®eifled!ne(l^tung, ber ^umml^eit unb ber ^euc^elei, unb ein
getnb ber SEBa^^eü — Sei biefer ©ad^Iage lann ber Äuitu«, b. |. bie gemeinfame 5
^ottedberel^rung, nur eine fel^ untergeorbnete unb zufällige @teQung einnel^men. ^te
ollgemetn giltige itultu^orbnungen giebt ed über^au))t nid^t; bie eingelnen ©emeinben
l^aben ^er freie $anb. Sud ben 50er unb 30er ^Q!^xm ift bie SSeobac^tung ber {ird^-
Kdjfen gfejie too^I noc^ in ben nieiftcn®cmeinben — aber nic^t in allen; Äönig^berg unb
XUfit ). 93. feiern Üteuja^r, ^immelfal^rt unb 93u^tag nic^t — in Übung geblieben ; aber 10
in einer txm bem Sinn biefer ^fte toeit abliegenben Sebeutung. ©0 tourbe in SKagbe«
bürg 1862 äBeibnac^ten gefeiert al$ @rinnerung^feft an bie großen SReifter ber ÜJlenfd^^eit
unb jugleic^ cid %^t ber ^eube, bie au^ ber Siebe entff^ringt, Oftem aU ba^ Siege^feft
ber SEBoi^l^eit, ^ftngften dd ba^ ^ft, ba^ an bie äBic^tigleit ber ®emeinfd^aft erinnert,
S^orfreitag aü ber @rinnerung^tag an ben großen SJteifter ^efud, ^immelfal^rt aU ^1^« 15
Iing«feier (»unbe^blätter II, 1 bei 3)reh)« ©. 518). — 3)ag Slbenbmal^I toirb no^ an
mond^ Orten gefeiert; ^ beftel^t in ter ^arrei^ung \>on 93rot unb 3Bein unter S^er«
lefung t)on ©ebU^ten, „bie ftc^ bomel^mlic^ an ia& @emüt unb ben SßiQen ud^ttn", ^n
einer Slbenbnta^törebe 9BeIIerd ft?irb bie ^ebeutung ber ^anblung atö ,,@rinnerung an
jenen t^dc^ßd^ ober erbic^teten älbfc^ieb ^efu Don feinen Jüngern'' beftimmt ; für bie 20
ilonftnnietten bebeutet fte au^erbem „eine 3Jta^nung, felbftftönbig toeiter m beulen, \ocS
fte bid je^ unter beiSSel^rerd Seitung gebac^t'', für bie @rtt)ad^fenen ,;eine ÜJla^nung, il^rer
Slugenbibeale m }u erinnern u. f. \o." (I)reh)« ©. 520). — 3)ie 2^aufe toar fd^on in
bm 60er ^ol^ren burdd bie fogenannte „Jtinbedtoei^e'' erfe^t ft?orben, b. 1^. „eine ^ar»
bringung ber JUeinen inmitten t)on ^reunben ber @ltem, }u benen über bie ^o^e Se» 25
beu^g ber Itleinen gef))ro(^en h)irb'^ Slber biefe „93egrü^ung ber 9{eugeborenen'' iß
fettbem, toie ed fd^t, me^r unb mel^r au^er Übung gefommen. SBaffer h>irb babei nir«
genbd k)ertoanbt(^etod @. 519. 521).— Sluc^ Trauungen finben ftatt, aber o^ne be«
l^mmted (Selübbe. — $o^uIör ift bie in aQen ©emeinben abgehaltene 5lonfirmation, b. 1^.
bie SugenbtDeU^, bie ben meift im 9. Seben^ja^r beginnenbenSlxeligionSunterrid^t abfc^lie^t, ao
unb ]u Oftem gefeiert ft?irb (in ^anjig )u Himmelfahrt), ^er äußere Hergang toar in
aStedboben )u Oftem 1900: 1. 93orf})ieI. 2. 93egrü^ung burd^ SSerlefung eined lurjm
(Bebt(^. 3. ®emeinbegefang. 4. 9(nf))ra(^e bed $rebigerd. 5. ©emeinbegefang. 6. Prüfung
ber Jbnfinnanben. 7. ©emeinbegefang. 8. 9(nf))ra(^e bed ^rebiger^ an bie Jtonfirmanbm
unb (Selübbe berfelbm. 9. Slufna^me ber 5lonfirmanben burc^ ben 93orfi|enben unb bm 86
^^rdriger. 2)abet überreid^ung be^ Sud^ed: „^ie Steligion ber @rlenntni^'' Don ^ieronV«"
mid. Sanad^ SDlegung folgmbm ©elübbe^ an ben SSorft^enben burc^ jeben ftonftr::
monben: „ZHe SBal^l^eit ft?i(I ic^ \nd)m, ba^ ®ute toiQ i4 tl^un, unb ic^ ft?in ftrebm
nac^ SoOIommenl^eit''. ^er^rebiger giebt i^n bann noc^ ein 3J2a^nh)ort, }.93. eine©tro))l^e
bim Sobenflebt ober Sic^tenberg. 3)arauf ©cblu^tDort bed ^rebiger^. 10. ©emeinbegefang. 40
11. abenbma^I. 12. ©emeinbegefang. 13. ©d^lutoort (3)rch)« ©.522).— 3)a«©efang*
bud^ „©efdnge für freie religiöfe ©emeinben, l^erau^gegeben Don bm ©emeinbm }u
^Tonlfurt 0. an., Offmbac^ unb 3Biedbabm'' (1868, ju(e|t 1894), mtl^ölt noc^ Diele
pmlid^ Jlird^ieber, j. 93. „O ^avüpt Doli 93Iut unb Sßunoen'', freilid[| beftel^t gegm
bicfed ©efongbud^ eine 0))})ofttion. 45
Die fic^tfreunblic^e Setoegung rubte toefentlic^ auf bem SKittelftanb, ber feine religiöfe
Silbung in ber Slütejeit bed 9iationaIidmu^ em))fangen l^atte. @ie toax im 9(ufftetgm, fo«
lange bemgh^cttdftrebm eine ©e(egen^ett jur 93et^ötigung im ))olitif(^m Sebm Derfagtttnxr.
Xtd bod 3Wf 1848 bm SBeg baju eröffnete, ift ba« ^ntereffe Leiter Greife für bie \pt^
{ififd^ tdigidfe §rei^tdbeft?egung rafc^ erlofd^m. ^a^ e^ bm lic^tfrmnblic^m ftreifm im co
oBaemeinm an 93elennermut aefel^lt f^at, ift eine Don ^am^e II ©. 178 f. ^erDorge^obme
SrfdE^ttmtng, bie im 93Iid( auf bm Mangel an einem beftimmten äSeImntnid nid^t unDer«
flonblic^ iß unb gugleid^ bie ^^atfad^e erflärt, ba^ auc^ bie 3^^ ^^^ ^Verfolgungen nic^t
im ftmibe getoefm ifi, ber S3etoegung m neuem Sebm )u Dcrl^elfm. 9lur lurje Rüt
toat bie Setoegung eine ^otenj im Krc^lic^en Sebm 3)mtfd^lanb^, aber fte l^at biefe ^e^ 66
bctttung niemals grö^erm Seiftungm Dcrbanft, fonbem toefmtlic^ bemUmftanb, ba^ man
i^ fol^ gutraute unb Don i^r l^offte ober befürchtete, ^ie ©efc^ic^te ber freim ©emeinben
fett 1859 unb i^ l^mtigeSefd^affenl^eit lägt mit jiemlic^erSic^er^eit il;re toeitereSnttDidfelung
Doraudfel^ „Sie Sleße Don religiöfem Seft$, bm bie freireligiöfm ©emeinbm Don bm
Sotem eredt, y^m ^6) langfam ober rid[|tiger, mit giemli^ier ©qneQigleit auf. Sie jtrift^, in go
474 fitil^tfretmke Sibbott
ber ftd^ augenblicllicl[l biefe ©emeinben befinben, ft?itb t)oraudft(l^t(t(l^ mit bem t>bfrx^m9bf
fb^en alle« bcffen, 4oa« an SlcUgion erinnert, enben. 3)ie 2inle tohrb ben ©ieg b<ttHm
tragen. @ie ft?irb ed enblic^ boc^ noc^ burc^fe^en, ba^ ber S3unb ein „Setenntntd'' auf«
fteQt, b. ^. bag er bie völlige 92egatii)n, ben reinen naturtt)if(enf(^aftli(^en SRonidmud unb
b 9[tl^ei^mud auf feine ^ne fd^^reibt. ^ad ft?irb jur älbf))rengun9 ber (Elemente fü^,
bie noc^ anbere ßi^^^ verfolgen. 3)ie freireligiöfen ©emeinben, t)ielfad^ ie|t fc^on @es
meinben o^ne unb ft?iber S^eligion, ft?erben ^u freibenlerifd^^en Vereinen fiep toetter ent^
toiieln" (2)reto^ ©. 526). C«tl «irlt.
Sti^tnteffe f. SRaria.
10 girittiiid, Äöifer f. 8b. IV ©. 682,36.
Stbbon, $enrö 5ßarrV, englifd^er Äangelrebner, gefL 1890. — Tim«,
10. @ept. 1890; Guardian, @ept. 1890; Dict. of Nat. Biogr. ed. Sidney Lee, voL XXXIII,
©ü. ürdji. «Iniclger, 1890, 9h:. 40.
am 20. äluguft 1829 al^ ältefter 6o^n bed $au))tmannd 3R. Sibbon in 6tone^
16 geboren, befucl[|te S. eine @lementarf(l^u(e in 6o(^ton, ^ebonfl^ire; in einen Sogen ba
^ime^ geJ^üQt unb t)on ber ©d^ulbanl aud feinen SRitfc^üIem „^rebigten'' ^abmb, tm*
riet ber 5lnabe im @^ie( feine f^ätere Seftimmung unb machte bod @))ric^toovt, bc^ ber
^unge ber 33ater bed 3Jlanned fei, früi^ ft?a^r. ^n ber Sateinfc^ule t)Dn ä^ie Stegi«
befc(^äftigte er ftd^ mit bramatifd^^en SSerfuc^en, jugleid^i 93erfaf|er unb Spieler feiner „'J^
aogöbien''. @eit 1841 ftubierte er im King's College, Sonbon; l^ier ft?urbe^eb. ßacrifon
auf ben little priest, ben feine @tubiengenof{en fd^on bamold in Siebe unb S^rfinc^
al^ geift(i(^en ^ü^rer betrad^teten, aufmerrfam. 9Ud 17 i&l^riger ^Jüngling fe|te er in
S^rift g^urd^, D^orb feine @tubien fort, ertparb bort bie ^erlömmlid^en ®robe unb tourbe
1852 t)on Sifc^of @am. SBilberforce orbiniert. Sin ber Unit>erfität fonb er in ben tiai^
36 mald ju l^ol^en Ämtern gelangten Sorb Seaud^am^, Sorb Samart)on, Sorb @alteburv,
St. 3n. Senfon (Sotvle^) ^reunbe, mit benen er bid on^ SebeniSenbe berbunben bfieb;
nic^t minber eng ft?urbe feine ^erbinbung mit ben ^l^rem ber Oiforber 9eit>cgung,
äJlarriot, 3Jl. ^. ^o^nfon, fteble unb $ufe^, bem er eng vertraut toor. 2)ad ^J[bea( eined
})riefterli(^en, bem^ienfte (Sottet unb ber Slrmen getDei^ten Sebend na^m in ber Osforber
80 Suft t)on feiner 6eele 93eft^, unb unter ber ftttlic^en 925tigung feinet Orbination^eUlbbed
tvurbe er im Sief))un!t feinet Innenlebens t)on einem glül^enben @ifer, fu^ gegen hau
überlieferte ^ormentum ber firc^lic^en Drbnungen burd^jufe^en, ergriffen. ^. 91. 9Ra&s
noc^ie, ber infolge feinet unbeugfamen äßiberftanbed gegen Sie tird^lic^en Obern \p&ta M
betDunberte unb gefc^mä^te 9litualift t)on @t. SUban S in Sonbon, fc^ürte btefen Sifer.
86 93eibe tvaren bamalS ^ilfi^^rebiger in SBantage ; ^ier fd^on regte ber oratorif(^e@eniud in 2.
feine @(^tt)ingen. ^er junge ^ann, fagte bamali^ jemanb bon i^m, ^rebigt beffer att
äJlanning. 92iemald, tDeber auf ber Jlanjel noc^ im ®ef))rä(^e, l^ielt er mit feinen 9(m
ftd^ien l^inter bem Serge unb bertrat fie mit jener @ntfc^ieben^eit, bie bem 9Ranne @im
flufe über bie ©cmüter fiebert. S)iefer junge ^Priefter, fagte Sifct^of SBilberfotce, ber üfii
40 1854 als 3}ice ^rincit^al an fein tl^eologifc^eS SubbeSbon College berief, befU^ eine
9BillenSftär{e, einen Feuereifer, eine ^tu^eloftgteit unb eine ^^antafie, bie i^ faß loibci
SBillcn jtDingen, in bie §erjen feiner §örer ben enH)finbungSton ju legen, ber fein
eigener toar. 3luS ben balb erfolgcnbcn Übertritten ber Stubenten nac^ 3lom -— bie
fallen fc^toanfen (cttDa 8) — ergab fid^, auf tDeldf^e 9lote biefer S^on geftimmt toör.
., bejf en gefc^lof{ene ^erfönlid^feit bie jungen Seute in il^ren Sann )tt>ang, geriet infolge»
beS mit feinem i^m fonft tbo^lgeftnnten Sifd^of in grunbfä^lic^e Aonflüte; otö ®oliptd9
unb bie Duarterl^ StebieU) (1858) ben jungen ^oc^Iirc^enmann auf« ^eftigfkc angriffen,
bermoc^te 933ilberforce auS btefem @runbe ä. nxd)t grünblic^ }u fc^ü^en, unb biefer gab
1859 ßubbeSnon auf.
60 3lai) Osforb ^urüdfgele^rt, trat er in enge S<^iel^ung }u 3B. St. ^amtlton, bem
Sifc^of bon ©alisburv, bem er neben Äeble unb ^ufe^ ben tiefften @mflu| auf bie
^ormung feiner t^eologifc^en unb ftrc^lic^en 3lnf(^auungen ^ufc^reibt; bei bem Hirtenbriefe,
in bem Hamilton [xd) offen ^u ber umstrittenen Se^re t)on ber Real Presence Script
im äbenbma^l belanntc, ^atte ä. feine ^anb mit im 6))iel.
66 3Jtit feiner Ernennung ^um UniDerfitätS^rebiger (feit 1863 ; bann öfters bis 1890), auf
ber berühmten ^ngel bon @t. 3)2ar^'S, auf ber er bie eigentümlichen @aben fetner ota^
torifd[ien ftraft )u entfalten begann, gelangte er raf(^ }u öffentlichem älnf^en. 9bu^ ^
Stbbon 475
bte Dtganifation unb bte 5lir(l^en))o(ttiI bet 9(Iabemte griff er, an $ufe^ Seite, Iräftig,
ober mc^t immer erfolgreich ein. ^er Übergang Oirforb^ in neue formen ber SiertDolt
tung, bie t)on ber Uniberfitied Sommifton Don 1882 feftgefteüt tourben, erfc^ien il^m
old grunbfä|Iicl[|e Sntttrd^lid^ung ber Unit)erfttöt ; ebenfo erfolglos blieb fein fiam^f gegen
bie ßulaffung k>on flauen jum otabemifc^en @tubium. b
3n 6t. SRar^'d ^ielt er (bon 1866 an) jene berühmte Steige Don ^JJrebigten, bie er
bann oI« 9anH)ton Secture« u. b. %,: „3)ie ©ott^eit unfereö §erm unb §eilanbeg
3efu E^rifK" Veröffentlichte (juerji 1866, feitbem in 15 Sluflagen erfc^ienen, auc^ in«
^eutfc^e überfe^t); an f^elulotiber Sd^ärfe tommen fte ben ct^nlic^en älrbeiten ^anfetö
unb 3Ro3(e)^ md^t gleich, aber bie lird^Iid^e £el^re ift feiten mit gleid^er Jtraft unb SSärme lo
borgefteOt toorben; nac^ ber Sl^urd^. Xime« finb fte ba« le^te 3Bort über biefen ar-
ticulus stantis et cadentis ecciesiae, ba« auf ort^obo^ @eite geff^rod^en ifi unb
niemals Veralten toirb.
Settbem galt er al« einer ber einflu^reid^ften f^l^rer bed ^od[|tird^entumd. ^m
^(äpct 1870 ^ielt er in ber Domel^men @t. ^amed' Jtird^e (^iccabtU^) eine neue Steige i6
$rebißten (f^dter u. b. %. Some Elements of Religion gebrudt, 7. SIufL 1891), bie
tro( t^er anfjmu^oQen Sänge ein ungel^eured äluffe|en enegten unb bad gange bor«
ne^e unb gebilbete 3Beftenb unter feine kanitl gogen. ^n ber ^olge bot il^m ©labftone
ein Slanonitat an ber ^auldtird^e (Sonbon) an, bad er annahm. 3)a« toar bie Stelle,
bie tme leine onbere ber glücflid^en 9(udtt>ir!ung ber ®aben feine« ®eifte«, vor allem feiner 20
glonjenben Serebfamleit förberlid^ tourbe. 3)urd^ feine machtvollen, formVoQenbeten Sieben
^tDonn er bie toeiteften Rreife a\a Äirc^e unb — 3)iffent ; bie Slebenfangel feiner erften
$rAt0ten mu^e er mit ber Jtangel unter ber Ruüppd, von ber an^ er ben ^axcptttü ber
großen JKrc^e bel^rrfd^te, Vertoufc^en, unb ^ier laufd^ten 3J2änner unb ^auen dier 6tänbe,
Stationen unb ®lauben«belenntniffe feiner f^adfenben Stebe. @r l^atte ftd^ an ben großen 26
fran)5ftf(^en jtangebebnem, befonber« 93offuet, 93ourbaIoue unb Sacorbaire gebilbet. Seine
^rebigt fleDt fc^arf umriffen einen ganj einfad^en ®Iauben«faj^ ^in unb erörtert i^n,
eben fo fem Von fi)i$ftnbiger Xiftelei toie Von l^o^lem $at^o«, in burd^ftd^tiger jtlari^eii
Son ben verfd^iebenften Seiten fallen bie Sid^ter einer tiefen 3Jtebitation unb gereifter
Stfo^rung auf ben2)e£t, Sintoänbe, toirttid^e ober fd^einbare, werben er(;oben unb au« beraa
ßin^ einer c^afterVoQen 3BeItanf^auung f^nau^ gelöft, vie freiließ nur in ber SSer«
gangen^eit tourjelte unb bem Sid^te neuer @rlenntnifje unb @ntbedhtngen fu^ verfagte:
me^ iUar^ unb Jlraft be« Setoeife« al« 3S$ärme unb ^nnigteit, ba« @ange aber über«
goffen von bem Steige oratorifc^er Sd^önl^eit unb ^rac^t, bie an SSoffuet je unb bann
erinnert. @r toill niemal« blenben, immer betoeifen unb übeneben; nic^t burc^ geiftreic^86
(Stnf&Qe unb origineQe ^r)im, ntd^t butc^ ba« Sc^Iagn^ort ber 2:age«))l^ilofo))^ie, aucß
nid^t huxdf bie Steuer ber ©ottinnigleit — Von bem nebell^aften Seutoni«mu« ßatl^le«
tooHU er nid^t« toiflen — , aber bie 3Mittel einer fcinfmnigen ©cbanlenfül^rung, eine«
fd^en Sarla«mu« unb fatten ^umor«, Verbunben mit grünblic^er ^enntni« be« menfc^
l\d^ $er)en«, lie^ er toirfen, toobei ber 3lbe( feine« au«brud«VoD[en ©eftd^t«, feine 40
^0^ ®efiUitt unb bie JtlangfüQe feine« Organ« ben ©tnbrud auf ben $örer toefentlicß
unterfiü^^.
9hu^ auf bte ^olitifc^en SSorgänge be« Xage« na^m er in ben ^rebigten 93e^ug.
90« iunger 9Rann b^tte er in tieffter Sntrüftung bte englifd^e $oltttf im Jtrimfnege
Verbmnmt; 1876 forberte er ben türlifc^en ©rcucin in Bulgarien gegenüber im 33erein46
mit aWc. ©oB ba« ©infc^reiten ©nglanb« au« rittlicb'-religiöfen ©rünben, unb 1881 ver»
urteilte er in Vier $rebigten, bie er nod^ in bemfelben ^ci^x^ u. b. I. Thoughts on
Present Troubles brutfen Ke^, bie unfircbUcbe Haltung be« 3l))J)enbofe« gegen bie 2lu««
fC^reitungen ber Stitualiften ^ale unb @nragbt; enbltc^ er^ob er al« SRitglieb ber ro«
monifierenben Gljjurd^ Union (feit 1867) al« einer ber elften bie ^ne be« Slufru^r« 60
gegen bie Entfärbungen be« ©el^eimen 9tat« im ^ade ^urc^a«.
8i« an fein @nbe blieb er ber Sorläm^fer für ba« J^oc^firc^lid^e @lauben«= unb
2eben«ibea( unb fe^te, toöJ^renb er fxd) felbft von bem t^5rid[|ten 3J2ummenfc^ang ber
rüualt{üf(^ (Stferer fem l^ielt, gegen jcbe fic^ bcrt)otbrängenbe „))roteftantifd^e" Siegung
femm (^^u^ ein. I^n Jtonfequem biefcr Überzeugungen batte er fc^on 1871 bte Sin- 55
griffe ber liberalifterenbm ßvangelifcben auf ben tociteren lird^Iicbcn (Scbraucb bc« SltJ^ana«
nomtm« gurüdgetviefm unb ftd^ im ^I^etlauf be« Streit« bem ^rima« gegenüber bi« ^ur
S)ro^g l^nrei^m laffen, er toetbc feine fämtlicben Äitc^enämter nieberlegen, tocnn bem
Crebo feine SteÖe im 5ßra^erbooI genommen loerbe; nur auf bie Serbammung«naufcln
fei er ^ Verjic^tm bereit Salb barauf trat er in ber Xime« für bie me^r al« ^albrömifd^m er
476 Sibboit Sitte
Anglican Books of Devotion ein (1874/75) unb Verlangte ecfolgretd^ 1888 Kt
SQiiäer^erfteQung bed ongltlanifd^en Sidtum^ ^erufalem unter 9(blel^ung ber pttü^\i^
lutl^erifd^en ÜRittüirlung. 2)en orientalifd^en Jtird^en tarn er auf ber Smie biefer am
fc^uungen immer nö^er ; Don il^nen tüie Don bem 3(ltIatl^oIici$mud, beffen ^ü^rer (ßta\äi,
6 SöDinger, So^fon) il^m na^ befreunbet toaren, erhoffte er bie Snglid^ening an bie ent?
})roteftantijterte „fat^olifc^e" ©taat^fir^e.
©eit 1871 ^ttc er in Djforb eine ?Profefjur ber ®jegefe übernommen ; bort machte
er burc^ feine SSorträge in Godege unb Jtirc^e in todten tirc^lid^en jtreifen $ro)Kmaii^
für bie ritualiftifc^e ©ad^e. 9(Id einer ber erften rief er gur ©rünbung erjl bed Kdble>,
10 bann be^ $ufe^ $ou{e, in benen ber burc^ i^re !Ramen bezeichnete |^0(i(;lirc^lid^e ®eifi
feine n)if[enf(i^aft(ic^e ^eimftötte fanb, auf. 9(6er fein )ßerl^altnid )u ben fül^renben Wtanntxn
ber UniDerfität, gule^t aud^ gtt ben SSorfiönben ber eben genannten ©tubienl^fer geftoltete
ftd^ Don ^al^x gu ^a^x fd^toiertger. @d toar i^m bef^^ieben, bie öffentlid^e 9(rbeit feinet Sebend
mit einem bonnemben angriff auf — feine eigene Partei gu befc^Refeen. ®ie faji un«
15 eingefd^rönlte 9(nertennung, bie 61^. ®ore, ber SSorftanb bed $ufe^ ^oufe unb ^reunb
2,^, ben (Srgebniffen ber alttcfi Ariti! Don Steu^-SQieQl^aufen in bem 1890 erfc^ienenen
SBud^e Lux Mundi au^\pxai^, bejeid^nete er dffentlid^ al^ eine SSerirrung fetner ^ßcortd
^on einer toiffenfc^aftlid^en ^ortfd^ritt^artei bed 9(ngIoIat]^oIici^mu^, bie oDerbtngd im
^arteiral^men aU eine 9(fterbilbung erfd^eint, l^ieltS., ber SSertreter eined ma^Doflen $od^
20 firc^entumg, ebenfon^enig toie Don ben ritualcn Siferem, beren ©efic^tdlreid über Stouc^fol
unb ^rogeffton^Ireug nid^t ^inau^ing. ®$ ift ein ^rtum, il^n, toie ed gefc^el^, oSS ben
X^))u$ eined freiftnnigen ^oc^tirc^enmann^ gu begei^nen: in feiner le^en $rä>igt nodf
(am ^fingftfonntag 1890) beläm))fte er mit flammenber @ntrü{htng biefc totffenfc^a^
lid^ Xenbengen ber l^od^lirc^Iic^en jungen unb lel^nte fc^roff bie 2[nf))irationdIe^, toie
26 fte ber in ber Jtirc^e mit ann^efenbe @ore in jenem 33ud^e (8. 9uffa$ : The Holy Spirit
and Inspiration) Dertreten Tratte, ab.
$oIitifd^ liberal unb mit @Iabftone ))erf5nlic^ befreunbet, toar S. lird^ltd^ ein er«
leud^teter ^onferDatiDer ber alten ©d^ule mit ftarfer ritualifHfc^er Setmifd^ung. Wt
feinem ^ugenbfreunbe, bem Warquid of ©alidbur^, blieb er bid gum Xobe no^ Der»
80 bunben ; in ber SBa^I Krc^Iid^er SQiürbenträger foD fein 9lat im ÜRinifterium oft ent<
fc^eibenb gen^efen fein. @r felbft, ber Don frü^ an toie gum Sifd^of DorauSbeftimmt fc^en,
^at tro^ ber il^m Don ©labftone unb ©alt^bur^ gemachten Angebote ein Si^tum niemals
angenommen. SSielleid^t toar ber @runb für bie 9(b(d^nung ba^ SSerlangen nad^ 9Ru^,
bie er in ben legten Seben^ja^ren für bie il^m an^ ^erg getoad^fene 93iogra))^ie feinet
85§reunbed $ufe^ fud^te; för^^erlic^e Seiben Derl^inbertcn ben ^bfc^lujs biefer Arbeit, bie er
ald bie Hauptaufgabe feinet Seben^ gu begeid^nen gen^o^nt toar. @in Slufent^ an ber
©ee blieb toirhmg^lo^; am 9. ©ej)tember 1890 ging er b^m.
SSon S.d ©Triften (ol^ne bie obengenannten) nenne id^ bie toic^tigeren : Sermons
of God (aud^ u. b. 2;. Serm. preached before the Univers, of Oxf.), 8. SbifL
40 1884 ; gufammen mit einer 2. ©ene, Sonbon 1891 ; Evening Gommunions oontrary
to the Teaching and Practice of the Church in all Ages, Sonbon 1876; Easter
in St.Paul's, 2 voll., Sonbon 1885; Advent in St. Paulis, 2 voll., Sonbon 1888;
Christmas Tide in St. Paul's, Sonbon 1889; Passion Tide Sermons, Sonbon
1891; Sermons on Old Test. Subjects, Sonbon 1891; Serm. on some Words
46 of Christ, Sonbon 1892 ; Essays and Addresses, Sonbon 1892 ; Life of Dr. l^sey,
Don S. im ^a^re 1883 begonnen, aber bei feinem S£obe nidbt gum 9(bfc^(u^ gebrac^, i^
ingloifc^en erfc^ienen, Don 3- D. go^nftone unb 3t. 3- SSSUfö" beforgt, vol. I unb 11,
Sonbon 1893; vol. III, 1894. tRnboIf »«bbeiifiei.
fiibtoitio f. Sb III ©. 509, i3— 510, i7.
60 Siebe, einer ber toid^tigflen unb umfafjenbjtcn biblifc^-c^rifttic^en SSegriffe, ber fo«
too^I für bie 2)ogmatt! atö für bie (St^i! grunbtegenbe Sebeutung ^ot, aber aud^ bor unb
au^er bem Sl^riftenhtm in ^^iIofo))bie unb Sitterahtr aller SSöIter unb 3^^^ ^^^ ^
Donagenbe ©teile einnimmt. SSerfud^en toir ben überreichen ©toff in tl^mlid^fhr itürgc
gufammengufaffen.
66 Siebe ift ba^jenige SSei^i^ältni^ gtoifd^en $erfon tmb $erfon, in toeld^em ein 3^ i^
an ba^ anbere bingiebt, fo ba^ eine^ im anberen ftc^ finbet, eined ba^ aiü)ae f^ffic oc^td
benn fu^ fe(bft ($l^i( 2, 3). ^n ber DoDIommenen Siebe erfd^eint bod ©innen unb
Srac^ten ber @e(bftfucl^t Don bem eigenen ^ä) abgelöft unb auf bad 3<^ bed ©eTtebten
Siebe 477
9eta>enbet (ib. v. 4). Siebe ifi al\o \>id me^ aU 92etgung, tft aber gar nid^t nottüenbig
Uebemnftimmung in 3Reinungen ober 9(n{tc^ten, fonbem ein ))erfönltc^ed @indfein^ toie ed
unter SRenfd^en teild in ber ^reunbfc^aft, teild in ber @l^e, jeboc^ nur in feltenen ^^en
gong ft(^ toertoirnid^t ftnbet.
1. 5Die Siebe ate SBefen ®otteg. 1 3o 4, 16 l^eifet e3 gerabegu: „(Sott ift Siebe", s
Sine meta))l^)^{tjc^e Seftimmung beiS göttUd^en 3Befen$ n)iQ bamtt nic^t gegeben fein,
{on^em bod SBerl^olten ©otted gegen un^ toirb aü Siebe befc^rieben. ®(eic^h)o^( ift aud
btefer SteQe ein Stüdfc^Iu^ auf bad 3Befen @otted gegogen unb bie Siebe gum Slu^
gang^unlt für 93erfud^e, bad ©e^eimnid ber @ott^eit, nä^er ber immanenten 3:rinität
m a:f(^Iie|en, gemad^t toorben. Sa$ tl^at fc^on 9(uguftin. @))äter Derlie^ befonber^ lo
Slic^b toon @. SSittor bie Jtonftruftion ber 3:rinität au$ bem göttlichen @elbfts
betou^tfein unb leitete bad äSerl^ältnid ber brei göttlichen $^))oftafen aud bem ^ringi))
ber Siebe ab (de Trin. III, 11). 2)er SSater liebt ben ©o|n, ber ©o^n redamando
ben Soter, beiber Siebe Dereinigt fid^ in ber condilectio bed i^nen gemeinfamen Objett^
ber Siebe, toeU^ ber j^I. ©eift ift. ^n neuerer 3<^it f)(ä)cti Siebner (S^riftl. Dogmatil 15
aud bem d^ftolog. $rimip 1849) unb Sartoriud (3)ie ^t. Siebe I, 1851) biefe auf ben
erfien 9Iid {Ic^ fe||r em))fe^Ienbe Slbleitung toieber aufgenommen unb tueiter au^ebilbet,
oDerbing^ o^ne bie il^r an^aftenbe Ungulänglic^teit überh)inben gu fönnen, tuetc^e barin
liegt, bog bie ^^))oftafen bed SSaterd unb bed ©o^ned nic^t genug au^nanbertreten unb
bie bed ^I. ©eifted me^r aU ^robutt benn cdi %ditox bed göttlid^en Siebe^rogef[ed er« 20
{(^eini ^mmerl^in ^ebt biefe @d^h)ierigleit, mit toelc^er h>ir und ^ier nic^t einge^enber
)u befaffen ^aben, ben ©en^inn nid^t auf, ber ani ber S3etrac^tung bed göttlid^en äBefend
unter bem ©efu^t^untt ber Siebe für bie religiöfe @rtenntnid ein für ademal ftc^ er«
geben fyd, tuie benn aud^ bie neueften Erörterungen bed trinitarifc^en ^roblemd bon
JDomer (©Vfiew *>« d^ftlidben ©laubenäe^re I, ©. 395 ff., 427, 437) unb öon grani 25
(©Vf^^nt ber d^riftlid^en äBa^r^eit I) in il^ren Jtonftruhionen bem ^ringi)) ber Siebe
einen tuefentlic^en ^Ia$ einräumen. 3Ran mag ben innergöttlid^en Sebendireiäauf fo
ober fo toorfteDen, immer bleibt bie Siebe im l^ö^ften ©inne ber ovvdeauog i^g teXeiö-
xrixog (Äol 3, 14) für bie brei ^crfonen ber 3)reieiniglcit toie für bie )BieI^eit ber gött«
liefen Sigenfc^en. ao
2. 9Die Siebe ci& ©d^ö))fung^rin)i^. Entgegen aller fodmogonifd^en ^eorie, toeld^e
bie Sntfte^ung ber äBelt, fei ed avA einem SJiangel, fei ed aud einer Überfülle bed gött«
lic^ ©eind erflären toill, auc^ entgegen aQer c^riftlic^en 2)oftrin, toeld^e ben abfoluten
SBiDen ©otte« für ben ©runb unb bie ©r^ö^ung feiner (g^re für ben Stoed ber SBelt«
fc^fung erad(|tet, machen toir ald $ringip ber ©c^ö))fung bie Siebe geltenb unbss
fogen: ©ott ^ bie SBelt gefc^affen, um au^er ftc^, aber für ftd^ ein 9teic^ ber Siebe )u
l^en, bod feine Siebe bur^toaben unb in tin Ireatürlic^ed 9lbbUb feinet etoigen Siebet«
lebend berltören foQ. @r ^at fo getl^an, nid^^t toeil er o|ne fotc^e SÖSett nic^t fein, ober
ni^t feiig fein, ober nic^t fic^ felbft genügen tonnte, fonbem ba feiner äBeid^eit bie
9Röglic^Ieit eined ©eind au^er il^m betonet ift unb a\xi biefer ÜRöglici^feit bie ^bee einer 40
SBeU i^m etoig gegentoärtig ift i^x 8, 22—30), fo \^ai feine Siebe, bie Suft jum Seben
I^it (ib. V. 31 ; 3)t 33, 3), bie Sbee öertoirflic^t ju feinem SBoblgcfatten (©en 1, 31).
©eine Siebe teilt fic^ biefer SBelt mit bid ya bem ^o 3, 16 angegebenen 3Ra^e; aber gu»
gleich tool^ in ©otted Siebe eine Kraft ber ^I. ©elbftbe^aut)tung, bie e« ju einer SSer*
toifc^ung bed Unterfc^ieDd, gu einem ^netnanberfliej^en ©otteS unb ber äBelt nic^t45
lommen lägt, ©ein abfoluted ©ein teilt er nici^t mit. 9luc^ bie Ireatürlic^e ^ei^eit, bie
ber gefc^ffenen äöelt burd^ ©otteö Siebe gegeben ift, begrünbet feine abfolute, fonbem
nur eine bebingte ©elbftmäc^tigleit, toirb aber in biefcn i^ren ©darauf m bon ber
Siebe ©otted geachtet 3)enn um 9lbbitb bed göttlichen )u fein, mu^ bad Seben ber
fflelt ein fittlid{> bcftimmted, b. i. freie« Seben fein, nid^t blo^ SRatur toie auf ben unterften so
lodmifc^ ©tufen, fonbem in i^rm ^ö^eren unb l;öc^ftm 93lütm, in Engeln unb
9Renf(^, ©eifL
3. ^ie Siebe ciA ErlöfungS^ringi)). SBir laffm bie alte t$tage: ob, si Adam non
peccasset, 6 köyog non incarnandus fuisset ? ^ier beifeite, ^omer t^ertrat jule^t mit
anertennendtoertem ©d^rfftnn bie 9lnftc^t, ba^ bie DoQIommene Offenbamng ber gött« 66
Itc^ Siebe and^ im ^aUe einer ungeftörten normalm Enttoidelung ber 3Belt ju einer
SRenfc^tDerbung ©otte« be« ©o^ne« geführt ^aben toürbe (E^riftl. ©lauben^le^re I,
6.642 ff.), allein er fc^eint ju Diel ^u betoeifen, tomn er bem®ebanfm ber 33oBenbung
ber 3Dtenfd(|l^eit t)or bem ber Erlöfung eine fei ^ audji nur logifc^e Priorität in ©Ott gu»
fimd^, unb an einem faltbaren ©^riftgrunb mangelt ^ feinm ^ebuttionen gännlic^. eo
478 Siebe
ÜJltt ber 3)löglt(i^!eit etned anbeten au^er @ott unb mit ber Se^ung biefed anbeten, bo
3ädt, in bet bot^in befc^tiebenen SBeife, aU eines fittlid^ befÜmmten, xdaüö fteien Sdbend,
ift ja aud^ bie ÜRöglic^Ieit einet toibetgöttlic^en @elbftbeftimmung bet Jtteotut gegeben,
unb biefet leiteten 3R5gIid^feit ftel^t bet SiebeStatfc^Iu^ bet @tldfung, nac^ bem auöbtüd*
6 Itc^ften 3^g^i^ bet Sc^tift, t)on @toig!ett gegenübet, fo ba^ jene t>etmeinte logifc^
^tiotitöt eines äSoQenbungStoillenS auSgefc^Ioffen fc^eint (t)g(. t^^ant, @)^ftem bet c^ttfU.
SBJol^t^eit II, ©. 79 ff.). SBit bleiben ba^et bei bet fc^tiftgemä^en äluisfage, ba^ bie
Siebe ©otteS unfetem gefaDehen @ef(^Iec^te, um il^tcn etoigen Sßillen an tJ^m gum ^xdt
l^inauSjufü^en, ben etngebotnen @o^n gum @t(öfet betotbnet (^o 3, 16), ba^ bet 6obn
10 aus fteiet göttlic^et Siebe (3Rt 20, 28) [xd^ füt unS gegeben , ba^ ©Ott in (Sfy^
toat, bie SBelt öeijö^nenb mtt i^m felbft (2 Äo 6, 19), unb bafe biefe Siebe ©otte« in
S^tifto bet etngige unb auSfd^tie^lid^e ©tunb unfeteS ^eileS unb unfetet @eligleit ifi
(a® 4, 12).
4. 2)ie Siebe als 3:ugenb))tin^i)). @S foD )h)at, nad^ bet 3Jleinung neuetet Steiler,
16 leine d^tiftlic^e ungeübteste, otfo auc^ fein 3:ugenbf}tin)i^ aufgefteQt toetben, um ben
Untetf^ieb c^tiftlid^et \)on antilet SittUc^feit beutlic^et auS)u]^tägen unb bimi^jufü^
(ögl. Seftmann, 2)ie ftttl. ©tabien, ©. 435 ff.). Sbet fo getoi| bet ©loube eS ift, ber
ben neuen ÜRenfc^en mac^t, fo geh^i^ bleibt bie Siebe bet ein^eittid^e DueQ unb gufammem
faffenbe 9)littel))unft bet Entfaltung beS neuen gottgen^itlten SebenS. SQteS unb 9(eued
20 ^eftament, ^aiUuS, $ettuS, ^o^anneS unb ^af obuS befinben ftc^ l^ietübet im auSgeftJtoc^encn
@inflang mit bem, n^oS ^uS felbft gelel^tt unb bet SRenÜ^ett t^otgelebt l^at. äluS 3)t
6, 6 unb Se 19, 18 (cf. m 6, 8) entnimmt bet $ett aJlt 22, 37 ff. bie anttoott auf
bie t$^age, n^elc^eS ©ebot im ©efe^ gto^ t)ot anbetn fei; unb feinen Jüngern giebt et
)ut Slid^tfc^nut i^teS gefamten äSet^altenS in feinet ©emeinfc^aft unb 92ac^fo^e bie
»xaivh ivToXij ^o 13,34 cf. 15, 9 f., fic^ unteteinanbet gu lieben in ©emo^eit vatSb
auf ©tunb beffen (xa^cog), iai et [xt geliebet ^oi ©o nennt benn $auIuS bie Siebe
Stö 13, 10 7iXriQ(Dfm vofwv, bie ^^c beS ©efe^eS, bie ©umme bet gdttlid^en ^otbe«
tung an ben Sänften; IXx 1, 5 rüog t^c naQayyeXlag^ baS ^xzl uiü> ben Snbgtoed
beS ©el^ei^eS, baS an unS etge^t. ©o (ä^t $ettuS in feinem etften (1, 22) unb in
80 feinem gtoeiten Stief (1, 8) bie Stma^nung )u toütbigem äBonbel in bem ©ebot bet
Siebe git)feln; Sol^anneS (1 3o 2, 5; 4, 7. 8) feftt bie Setoa^tung beS SBotteS 3efu(^ftif«
gleich mit bet äJoUtommen^eit bet Siebe ©otteS in unS; ^atobuS (2, 5. 8) tiüip^ bie
ä^et^ei^ung beS Steic^eS an bie Siebe gu ©Ott, unb bie t)om ^ettn fd(|on betonte ©teile
beS SeDtticuS ift i^m bet vofiog ßaaiXixög.
85 2luf biefen ©c^tiftauSfagen tu^en bann bie ©ä^e bon Äatle^ (St^il § 19): „bet
toaste ©laube ift in fic^ felbft Siebe; bie toaste Siebe in fup felbft ©taube" . . . „bet
©taube ift bet itbifc^e unb boc^ gottgetoitite Seib bet Siebe ; bie Siebe ift bie ©eele biefeS
SeibeS" (i^ niang dl äyduirig hegyovfievrj, ©a 5, 6) ; bon SButtfe (^anbbuc^ bet c^tiftt.
©ittenle^te I, 436): „eS ift fein fittlic^eS Xffun itgenb einet ätt benttot, toaS nii^t
40 SluSbtudt bet Siebe toäte" (jidvia vjülwv h dydjifj yivea^co 1 So 16, 14); toon 3lot^
(%\)wl et^il, 2. aiufl., § 156): „j[cbe motatifqe gunftion beS menfc^Iid^en ©imeltoefenS
ift eine notmalc nut fofetn fie, toaS fte auc^ aufeetbem fein miJge, ein äft bet Siebe, ein
Sieben ift", obct (§ 617) : „nic^t ct\Da ift bie Siebe eine einjelne befonbete Jugenb,
fonbctn fie ift bie lugenb felbft. gn allen befonbetcn Slugenben ift bie Siebe, unb fie
46 alle ftnb Xugenben toefentlic^ mit babutc^, ba^ bie Siebe in i^nen ift. Sie üoQenbete
Siebe ift bie DoHenbete lugenb felbft unb umgefe^tt"; öon 2Rattenfen (ß^fkl. 6t^
fj)ej. leil, I, ©. 188): ,,untet ben d^tifttic^en Siugenben nennen tott bie Siebe als bie
c^tiftlid^e §auj)ttugcnb" ; unb toenn bet testete bet Siebe bie Jtei^eit an bie Seite peDt,
fo bleibt i|m bo^ „bie Siebe, bie in bem ©tauben an bie ©nabe toutgelnbe, bie )u
60 ©tunbe liegenbc iugenb".
@S toitb biefet 9lufftellung bet Siebe otS d^tiftlid^en 2:;ugenb))tin)i))eS bei)u))fru^
fein, ©oü bie (St^il baS auS bet SBiebetgebutt fic^ enttoicfetnbe neue Seben, boS ein öon
©Ott gej)flanjtes, göttliches Seben in bet ©d^tift ^ei^t (2 fio 3, 18 ; @p 4, 13 ; 2 ^t 1,4),
befc^teiben, fo mufe fte öon bem ^unft auSgej^en, too bie SBiebetbetftellung beS glöttlic^
56 ebenbilbeS in bem ÜKenfc^en (Qp\) 4, 24) beginnt unb biefet 5ßunlt ift bie 6ingie|ung bet
göttlichen Siebe in baS §etj butc^ ben l;t. ©eift, 3lö5,5.
5. ©tfd^einungSfotmen bet Siebe, ©c^on bie S^'^^'^^^^Ö ^^ ©efe^eSfotbenm^
in Siebe gu ©ott unb ju bem SRäc^ften, ebenfo baS SBotbilb 3cfu ©^tifti fü^tt auf jtDO
$au))tfotmen obet SRic^tungen, in benen bie Siebe M bet^ötigt. ©ie ift, mit Stottoifen
60 }u teben, teils aneignenbe, teils ^taltifc^e Siebe, ^ene toitb tt^^ifd^ tet)täfentiett hm)
SteBe Stebtter 479
SRoria, biefe bun^ üRortl^ Don Set^anien (Sc 10, 38—42), h>omtt )uglei(i(i ber SSorrong
fma t>or biefer oüä^^od^m ift.
Sie oneignenbe Siebe l^at il^re 9(u^erung in ber Betrachtung unb Slnbetung @otted,
in ber SefdJKiftigung mit feinem 9Borte, in ber ^eilno^me am ®otteä)ienft ber @e«
mctnbe, unb il^ ^öl^et)unft im @n^fang Ded 1^1. 9l6enbmal^Id. Ser ))rahifd^en Siebe 5
eidffnet flc^ ein tuette^ ^Ib ber X^ätigfeit in ben mannigfaltigen Seben^emeinfc^aften,
in tDelc^e ber S^rift jtc^ aufgenommen ^nbet: @^e unb ^amilie, ^irc^e unb SSatertanb,
SEBdt unb SRenfc^bett. Sei ber Übung unb @rtoeifung ber Siebe ^at ber S^rift bie
Slei^enfolge biefer Greife einerfeitd gu beobachten, inbem ed nic^t ftatt^aft ift, bem ferner«
Gegenben )u bienen mit 93erab{öumung bed näc^ftgelegenen, anberetfeitd fte unbebentlic^ ju 10
fibeif^nnngen, toenn ber %aB, eintritt, ben bad ©leic^ntö t)om barml^er^igen Samariter (Sc
10, soff.) bejeid^net unb Dad SSerfa^ren ^efu mit bem lananäifc^en uBeibe (üRt 15,21)
bcranfcboulic^t.
3)ie fc^toierigfke Slufgabe, toeld^e ber $err feinen Sängern ftellt, ift bie gcinbe^Uebe
&Ht 5, 44). 3)en oberften Slang nimmt, auc^ nac^ ber @^rift, unter ben Don ber Siebe 16
befUnratten menfc^lic^en 93er|^ältnif(en bie @^e ein (@))^ 5, 21 ff.). @^ ift bemerten^n^ert,
tme berfelbe 91))ofteI, ber bie e^elic^e Siebe mit bem /hvgti^qiov juiya ber Siebe 6l^fti
unb ber ®emeinbe in bie engfte parallele fe^t, 1 fto 7 Dom e^elid^en Seben fo fe^
nfic^tem unb reolijUfc^ Rubelt. 3Jian n)irb untoiQfiurlic^ baran gemannt, ba^ ^aulud
felbfl nic^t verheiratet tuar. 20
6. Aborten ber Siebe. 3Ba^re Siebe tann nur jtoifc^en ^erfonen Don ^c^ gu ^d^
^ottfinben. 9UIe unb jebe unDerfönlic^e, auf eine @aci^e, auc^ bie auf ^iere ge^enbe Siebe
i^ ba^ falfd^ unb Dertoerflicp. — @elbftliebe ift ein mi^Derftänblid^er, aber in ber ^at
unentbe^Ii4H»r Su^rud. Sie ift Derte^rt, toenn fte bie @eftalt ber Eigenliebe annimmt
(9tö 15, 1—3), fonft iebo<^ Don Selbftfuc^t n)o^I gu unterfc^eiben unb, genau betrad^tet, 25
eine nottpenbige 93orau$fe^ung ber Eingabe an ben anberen, bem id^ mic^ nic^t ald tttoa^
Sertlofed fc^en toiE.
9Ba« unter bem ÜRamen ber Siebe in ber Sitteratur, in Sloman, Drama, Si^ril, ge*
feiert unb in enblofen SSoriationen gefc^ilbert toirb, ift meift bie finnlid^e 92eigung ber ©e-
Siecher, bie unreine Seibenfc^aft, beren äSege^en fu^ nid^t auf bie ^erfon, fonbem auf ao
n ®enu| bed ©efd^Iec^te^ richtet, alfo falfc^e @ac^(iebe. 92a^e baran ftreift eine getoiffe
mit Sßorten unb Silbern tänbeinbe ^efudliebe. 3lxä)tö anbered aU eine 9lrt ber Qtlh\u
fiK^ ift bie fc^Ioffe unb n^ei^Iid^e Siebe, h)e(d^e @Item gegen i^re Jtinber, @efc^n)ifter, 93er«
iDotibte, f^reunbe untereinonber ^egen, ba man fid^ Dorgebtic^ fc^eut, bem ®e(iebten toe^e
)u t^n, in SBol^r^eit aber ben &^merg fürd^tet, ben man burd^ toa^rl^aftiged Urteil unb 35
aufrichtige^ Strafen ftc^ felbft gufügen toürbe. ©elbUebe cpdaQyvgia 1 %x 6, 10 cf. 3, 3
iwddgyvQog) unb äBeltliebe (1 ^0 2, 15) finb fittlic^e SSennungen, in beren Benennung
fcpon ein uneigentlid^er ober SJliprauc^ bed äBorted „Siebe" liegt. ftarlOnrger.
StcMmi^Ie f. 9lga))en Bb I @. 234ff.
Siebner^ Äarl Il^eobor albert, geft. 1871. — e. 6*tüarj, 3ur ®ef4l4tc ber40
neueften X^eologie, 1864 @. 371 ff.; \M.^i)iücfc, S)ie 3)ogmati! bcS 19. Saftr^., 1867 6. 280 ff.;
VI. V. Sanberer, 9{euefte S)ogmengef4id)te 1881 6. 356.
5t ^. 91. Siebner tourbe am 3. Tläx^ 1806 gu @c^lölen bei Üftaumburg geboren.
Son bem gelehrten unb ftrengen SSater tool^lDorbereitet, fam ber ISja^rige Jtnabe auf bie
2d))gi0er Z^omana, bie er unter @taUbaum^ Settung in rafc^em Saufe burci^fd^ritt, fo ba^ 45
er bereite im 17. ^^^^ bie UniDerfität Sei))gig begiel^en lonnte. $ier n^ibmete er fic^ ein
3a(rr long auöfd^lie^lic^ ben ))^ilologifc^en (Stubien unter @ottfrieb ^ermann. Dad folgenbe
bsttia^e Stubium ber Geologie brachte i^n mit Steile, t^^i^fc^e, 9{iebner unb Xgfc^imer,
Ifüiäfk atu^ mit ^a^n in nähere SSerbinbung, toö^renb er fici^ für bie ))raftifc^e @eite Dor^^
nd^ic^ an 9Bolf anfc^log. Daneben gingen umfaffenbe unb grünblic^e ))^ilofo))^if4^e so
Gtobien ^er, namentlid^ einge^enbe S3ef4^äftigung mit Rani. 3lad) „gang Dorgüglic^'' be«
Ebenem @samen (bem bie>^tlofo})^ifc^e Promotion Dorau^ing) toanhu er ftci^ nac^
Scritn, too er Sc^leiermad^er, ^egel, S^eanber, 3)lar^einete l^örte unb mit bem bort ge^
botcnen gn^t bie in Seipgig em))fangene, Dorgug^toeife ))^ilol.s|^iftor.stnt. S3ilbung ergängte.
Cr ^ oft betannt, ba^ t^m gerabe biefe SSerbinbung ber Sinbrüde Don beiben fo Der^ 55
fi^id)enen @<^ulen unenblic^ beDeutenb unb für feinen f))äteren @ang entfci^eibenb geh)efen
fet hierauf in bad 3Bittenberger ^rebigerfeminar aufgenommen, tourbe er burc^ ^eubner
itnb Slic^b 9tot^e in bad Seben ber itirc^e eingeführt, ^eubner übU burc^ feine geift^
480 SteBiter
lic^e ^erfönlic^Ieit einen mächtigen @influ^ auf il^n; unb SteBner 1^ i^n oft feinen
tua^ren geiftltd^en SSater genannt. $iet fd^rieb er fein erfied 9uc^ : ^ugo toon @t Wltot
unb bie t^eolo^ifc^en Slicptungen feiner 3^^, 1831. ®r fü^e l^ier, mit afö einer bc(
erften, in bie ttefere Srtenntnid ber mittelalterlid^en ©d^olaftit unb 3R)pftiI unb beren Ses^
6 einigung bei ben SSiltorinem unb beren Sta^^folgem ein. ^i^fo^d^ ^M^ @<^rtft tam^
er fel^ ba(b in$ geiftlic^e 9(mt berufen, nad^ ^eidfelb bei Sidleben, 1832. 3)te (t^
fa^rungen tiefet ä(mte^ gehörten ju ben lieblic^ften Erinnerungen feinet Sebend. ^icr
fd^rieb er u. a. bie älb^anblung in ben XI^@tJl: Über ©erfond m^ftifd^e X^eologie. ^
2[a^re 1835 tüurbe er aU $rofef[or ber X^eologie unb Unit)erfität^rebiger nac^ (Sötttngen
10 berufen. SUd UniDerfitötdle^rer getoann er einen umfaf[enben unb tiefgreifenben (Sinp^
auf bie ftubierenbe ^[ugenb, bie i^m mit ungeteilter, oft faft f(^n)ärmerifc^er Siebe on^tng.
@r begann mit SSorlefungen über bie gefamte ))rattif(^e ^li^eologie unb ber Seitung bä
^omiletifc^en Seminar«; \pättx lamen bap auc^ bogmatifc^c SSorlefungen. gn Wefe 3*
faOen feine älbl^anblungen über bie })raftif(^e 2:l;eologie, 1843 unb 1844, feine in 2. SlufL
16 erfc^ienenen ^rebigten 1841, 1855, unb bie atabemifd^^e Schrift: Richard! a St Tic-
tore de contemplatione doctrina (I, II), eine ^ortfe^ung ber mit bem „^ugo" be*
gonnenen t^orfc^ungen. 1844 tüurbe er an bie @teQe 3)omerd ald ^rofeffor ber {^
matifc^en Geologie nad^ ^iel berufen. $ier trat er in naiven 93erte^ mit bem „3kiUx
$armd'^ ber il^m „h)ie einer ber großen äSifdj^öfe t>er alten Jtird^e'' erfd(|ten; tDO^renb
20 tuieberum $arm« Siebner befonber« toegen bef[en ^rebigten „ben SdEenner'' )u nennen
))f[egte. 1849 erfd^ien Siebnerd bogmatifd^e« ^au))th>erl: 3)ie d^riftlid^e ^Dogmatil ouS
bem d^riftoIogifd(ien $rimi)) bargefteSt, I. 93ebeutenbe Vertreter ber neueren tifwloa^äfm
^enlorbeit ffobm an biefer 2)ogmatit bie gro^e Jton)e))tion, ben Steic^tum an treffoiben
Urteilen unb @ebanten, feine Jtritit unb ftrenge h}if(enfc^aftli(^e 9(rt betounbert
36 Berufungen nad^ ÜRarburg, $eibe(berg u. f. to. tonnte Siebner, gebunben bun^ bie
ertoünfc^ten Jtieler SSer^öItnijf e, ftd^ nic^t entfc^Iie^en anjune^men, bi« ein 9luf nad^ S«)>yg
ü^n gewann, 1851. @r toirlte ol« $rofef(or ber Dogmatil, Stl^il unb ber (nnilUfc^
Geologie, balb auc^ aU erfter UniDerfitöt^^rebiger unb 3)ireItor bed ^omiletifd^ 6emi<
nard. 3)er S^ubtt, ben S.« ä3or(efungen übten, lag nic^t allein in ber h>ei^oDen, gei^
80 aefalbten ^erfönlic^feit be« Se^rer«, in bem ftc^ ^atl^o« unb Stl^od, ©eift unb ©crnüt in
{ebener Harmonie Dereinigten, auc^ nid^t allein in ber Energie, mit toelc^ ber SReificr
feine Schüler in bie tieffte unb innerfte tl[;eoIogifd^e ^entarbeit ber ganjen 3^ ^eingu«
gießen fuc^te, fonDem Dor aQem in ber et^ifd^en 3Jla(^t, bie überall old bie innerfte @me
biefer 3:i^eoIogie ^erDortrat. ^ft boc^ bie{e gange X^eotogie erfüQt unb getragen toon bem
35 93eh)u|tfein, ba^ bad Et^ifc^e mit ben ^been ber toa^r^aft et^ifc^en $erfonli(^Ieit, ber
^ei^eit unb ber Siebe ba« eigentliche, innerfte unb tieffte äBefen bed S^riftentumd iß, ber
abfolut tieffte unb reic^fte ^n^alt be^jelben, ja ber Rzm aller göttlichen unb menfc^Kc^
^inge, unb ba^ e« barum in unferer 3^ ^^^ ^^^ B^be, ba^in gu arbeiten, bo^ biefa
gro^e unb gu innerft entfc^eibenbe ett^ifc^e ^aftor be« S^riftentumd fic^ \>oU oudtmrlen
40 tonne unb nac^ {einer gangen SBürbe unb ^ac^t an bie Stelle im gegentoortigen Kn^
liefen unb toiffenfc^aftlic^en S3ett)u^tfetn trete, bie er im S^riftentum an fxdf einne^t
9Ba^ aber biefer et^ifc^e ^attor ift unb toa^ er bebeutet, bürfte am beutlic^ften gu et«
lennen fein aa^ Siebnerd afabemifc^er @d^rift: Indroductio in dogmaticam christia-
näm I unb II. ^n biefer @d[^rift ge^t er Dor aQem barauf au^, ben organifc^ 3^
46 fammen^ang ber 93egriffe bargutegen, in n^eld^^em baiS ett^ifc^e 3Befen ber Sieligion csfi
Ilar erfennbar totrb, in einer ^beenrei^e, bie eth)a in folgenbem ftc^ gufammenf äffen la|t:
©Ott, bie abfotute etl^ifdf^e ^erfönlid^feit (Siebe), fd^afft bie üRenfd^^eit, bafe er ftd^ i^ aÖ
feiner Jjerfönlic^en Kreatur (ßbenbitb) felbft mitteile, ober real offenbare (Offenbarung =
toefentlic^ göttliche Sebendmitteilung) unb i^r f omit bie t^oQtommene ©emeinfc^ft mit M,
60 b. ^. bie obfolute 9{eligton Vermittle. Siefe reale @elbftmitteilung ©otted an bie SRenfc^
^eit t)oQenbet ftc^ nur unb genügt fic^ DoQtommen nur in ber centralen unb untMfahn
^erfon bed ©ottmenfc^en, toelci^er fomit auc^ Einfang, 3)litte unb @nbe ber SRenf^d^ ip.
dr ift ebenfo bie Offenbarung fc^lec^t^in, aU er bie ))erfonlic^^abfolute Sieligton ifl, unb
bie SRenfd^^eit Der^dlt fic^ barum gu il^m toie ba^ Softem gu feinem $ringtb, unb jcbct
66 @ingelne lann nur burc^ $artigi))ation an S^rifto bie äBa^r^eit unb bad Seben ^abcn,
toie alle SDlomente be^ S^ftem^ nur Dom $ringi)) aud unb burd(f badfelbe too^r toeiben.
tiefer ©ottmenfci^ ift aU ba^ $rtngi)) in bie ^iftorifc^e 3Jlenf(^^eit ^iftorifc^ etntretenb,
toeil il^n bie ÜRcnfci^^eit nic^t ani fic^ felbft })robugieren lann, ein Sleued, neue @(&S|)fun0,
SEBunber. älber bod^ ebenfofel^r Don ber 9Renf(^^eit, bie nottoenbig i^r ^ringip fuc^t, oba
60 bie abfolute SSertoirllic^ung i^rer ^bee, bie Erfüllung bed ©efe^eS, ift er ernKOtct (olttcß.
üiAntt • 481
SBctdfdgung) atö nad^bem er eingetreten, ben aanjen l^iftorif c^en ^roje^ ber Stenfc^l^ett bid
axa &ibt ber Xage beftimmenb unb burc^ ftc^ mit bem toal^en ^[nbalt erfüUenb (neuteft.
ffietdfa^ng). tiefer (Sottmenfc^, nad^bem er erfc^ienen, mu^ ftc^ l^iftorifc^ unb burc^
menfd^Itc^ 3Dtttte( an bte !Dlenf(i(|6eit bringen. @o nimmt er ba$ menf^Uc^e SBort an oli
boÄ ®efä|, in h>el<i{>em er ftd^ ofe bie SBa^rl^eit an bic 9Jlenfc^^eit bringt. — ^nitm fo 5
na4netDiefen h>irb, h>ie ber SReligiondbegriff mit bem @ottedbegriff (unb gugleic^ bem ber
Offenbarung, 2Bei«fagung, SBunber, ^I. ©<^rift, Statur jc.) Ioneft)onbiert, toirb auf ber
einen Seite gejeiat, h)ie ber Steligiondbegriff im ^ufammenl^nge mit bem t>oQen et^ifd^en
Sottcdbegriffe gefaxt iDerben muffe, h>enn bie Sleligion in i^er ganjen et^ifd^en SEBefen»
ff6t unb güOe (bed Seben^ in unb mit @ott bur^ S^riftum, bi$ gur unio mystica) 10
begriffen tocrben foBe, auf ber anbem aufgeberft, toie ba, h>o man ben 9leIigion*egriff
tMmi et^d^en ©ottedbegriffe lo^ret^e, auc^ ber Sleligiondbegriff toefentlid^ atteriert tuerbe.
ffia^|renb aud biefem ^ufammeni^ange nac^etüiefen tuirb, h>ie jene untergeorbneten unb
einfettigen ®ottedbegriffe au(^ nur untergeorbnete unb einfeitige Sleligiondbegriffe erzeugen
ßnnen, ber ^^Vf^c^^ ®otte«begriff (®ott = ©ein, fiaufaßtat) auc^ nur einen tJ^^fifqen 15
»eligionöbegriff (= ®efü^l ber äb|cingig!eit, be« Unenblij^^en im enblic^en 2c.), ber
logtfc^ ®otte«begriff (= ®eifi) aud^ nur einen logifc^en 9leIigion«begriff (= @r!enntni«,
»iflen be« ®öttli(^en ic), ber einfeitig etbifc^e ®otte«begriff (= äBille) aud^ nur einen
einfetttg et^ifc^ 9{eligion$begriff (äußerer $ofttit)igmu^ unb 3Rora(idmud, Ortl^oboin^mu^
unb Stottonolidmu^): toirb gugleic^ tlargefteOit, tote 9leligion unb 3Befen be^ e^riftentumd 20
nif^t blo| burc^ fold^e einfeitige unb untergeorbnete Seftimmunaen oerbünnt unb entleert
tofsben, fonbem aud^, toie biefelben gerabeju ba jerfe^t unb aufgelöft toerben muffen, too
man — meifi unter bem ©d^eine ber 38orau3fe§ungwofigfeit — anbertoeitig gebilbete SSe«
griffe an bad S^flentum l^eranbringt, um e^ mit btefen frembartigen Segriff^^ebeln in
bad tonffenf^Kxftli^e 93eh>u|tfein gu ^eben. 2)a^er lomme ed, ba^ man Oon fo bieten bad 2Bort 35
^dre : meine SSemunft ndtigt mic^, biefe^ unb ba^ Dom Sbriftentume gu t^ertoerf en — unb
ed iß hodf niäft il^e, ald göttlid^er @benbi(ber, SSemunft, fonbem nur eine ben au^en
t^en eingetnr>e am unb eingefe^te, ein @tüdt ober fe(bft oft nur eine fe^r getrübte Zxa^
bition unb entfernte 9(bf(^ttung Sßolfifc^er, Jtantifd^er, Segelfc^er, ©pinogifc^erSSemunft, bem
natürlich SRenfc^ möglid^ft gerecht unb bequem gemacht. Salier fei ed getommen, ba| „bie 80
mobeme ffliffenf^aft" eine S^t lang gefc^ienen i^obt, ba« flpegififd^ c^riftli(^fe SBiffen aufs
Idfen unb gteid^fam Don bem geiftigen !8oben ber ®egentoart oertitgen gu Idnnen — mit
ber )ule^ offen au^ef))ro<^enen Xenbeng, auc^ bie f))egififd^ d^ftlic^e itirc^e ani bem
^ergen ber mobemen 9Jlenf(^ISieit ^erauSgureifeen, unb biefe« nur ^e gefc^e^ien lönnen
))eimd0e etned folfd^en, falben, unfertigen, mit einem SQiort unet^ifd^en SBiffen« bom ss
ffUj/fUn SBiffen.
3Kefem ®otte«be^ff unb feinen Jtonfequengen gegenüber fielet nun Siebner a(« bie
Sitfgobe ber Z^logte an, ben bem S^riftentum felbft immanenten @otte«begriff bon
neuem im d^tlid(ien 2)enlen angubauen. ^n bemSSortrag auf ber beutf(^en eDangelifc^en
ittn^Knlonfereng im ga^re 1859, „"Der ©tanb ber c^riftltc^en (Srfenntni« in ber beutfc^en 40
ctKDig. Stiid^", fyxt er eine S^aratterifierung ber X^eotogie gegeben, toie er fte trieb. 9(u«
i^ fei in türgeftem ein 3[u«gug gegeben: Diefe Ideologie l^at in i^rem tiefften unb
eigenften Seben, ba, too ü^e ^eiligften 3"*wlf^/ i^^^ entfc^eibenften unb folgcreic^ften Äon«
gc)^tionen liegen, jene f))egififd^e ®ang^eit unb (Sin^eit be« SBorte« ®otte«, ol« be« größten
geiftiaen unb allein toa^l^aft uniDerfoI toelterleuc^tenben unb rettenben ®angen, ba« aUein 45
bte Kin^ ®otted unb e^rifti grünben, erneuern unb erl^atten lann, mit ber lebenbigen
unb betennenben Äirdjfe aller Reiten erfannt, burc^ ba« 3^0"'^ ^^ ^'- ®rifte« !ongi<)iert ;
fie lebt unb toebt in biefem @rtennen unb ^etougtfein unb in bem äSetou^tfein ber 9lufs
gäbe, jenen unenblic^ gn^att immer ooOer, aüfeitiger, reicher, Karer unb einheitlicher
benknb — erlennenb für ba« äSebürfni« be« gegentoärtigen ©tabium« ber Jtirc^e im gangen so
ber fin^Iic^ (Snttoidelung — ^erau«mfe^en. ^^r le^ter unb l^öc^fter ®egenftanb unb
lugletc^ ®runb unb immertoä^renber ^m))ul« gu i^ felbft gerabe öl« 9S$iffenfc^aft fmb
bte ®AanIen ®otte«, bie $eil«gebanten. Der Slatfc^lu^ ®otte« gur @rlöfung ber 2Belt in
S^rifto, etang im göttlichen ®eifte ur^ unb guoorgeba^t unb in ber §üQe ber ^Ät Ü^aU
^Siijlv^ aottmenfc^lid^ k)ertt)irllid[^t, niebergelegt unb au«gef))rod(ien in ber neuen ©c^ö})fung 66
m e^rifto unb in ber 1^1. ©c^rift, unb bie X^eologie toiU eben nur btefen ^n^alt im
Slauben nad(|benten, o^e einen Xitel baoon gu verlieren unb ba^tnten m laffen, unb
oj^e aud^ bon innerften SBefen nac^ grembe« l^incingutragen. Die ©ebanten, mit bcnen
bte Z^Iogie gu tl^un l^at, ftnb bte bem Seben ber neuen ©c^ö})fung felbft immanenten,
ed ftnb bte geistigen 9taturgefe(e beefelben unb urfprünglic^ göttlich fd^ö})ferifc^e ®ebanten, eo
fHtiU9M9ÜopäbU fOr X^eotoflie unb Air^e. 3. «. XI. 31
482
Sicbnrr
aMliii}<t 9lat[ct)[ug, güttlid^e SSeiS^eit, anabe loic bic @e[c^e bn äugertn ^IoIut, lixtc^
leitete ebenfo buic^auä ein gbttlic^ f[^ö))fcrif4 bun^bai^te^ (Sonjfd tft ^ie ^tn^til boBm
— baft mit fo fjaf"- 'l'etnunft — ru^t ur[priingli<^ im (Seifte Oolteä. Unb unfoc, bit
tnenfi^Iif^e, |u&je!ttSe Vernunft ifl nit^lä anbetet, ali bic geiftige, uifvriinglid) (ttoi bn
G i5ünbe) bte{ein ^n^alte jitgeorbnelc 3)iüolii$tei(, nac^ ber ®(^rtft iai geiftige @efä{t bt§
Gmufflngcns be^Jclben, loeldje 50iijfllii^(cit, Wenn fw toitttit^ toiib, toiTCtidrcä Snitjfangen
burii^ bie Onabe ®oüeß, naä^ ber ©djrift ®laube fjeifet. ^n» ©lauten — Welc^i« in bet
tnnetftcn 3Jiitte imb Xiefc unjerer gamcn perlen (Sott in Öf^rifto butc^ ben ^t. ©eift
flnpfänflt flia 2e&cn in Üöat»rf)«t — ge^t nun beibrf in unä über unb ift in unö bat
10 Un(erige. ^ie (Srlüiungd', bie Sfäli-- unb Offenbarungätl7atfac()en meiben unftre eigene
fiebenäfubpanj, unb bie i^nen immanenten unb gugleidj im Offenbaiung^oite ou^
gef))riK|enen au^elegten igeil^wabifieiten werben unjere 3)en!fubftanj. SSii ^ben ütn^
^au))t in äßa^i^eit ni^tS gu benten unb gu ertcnnen, feine SBa^tbeit, alä n>aä Oon @otl
üt' unb jubort^ebadit ift („i<^ njerbe erfenncn, wie tä) erfannt bin") — tvie idii aii4
u fein ©uteä (unfere Äirc^e fogt ^ier : fein ^^erbienft Don unö felber) ^ben, al« tttoä ut
|)}iünglid^ @otteä unb un^ götlü^i mitgeteilt, gegeben unb bainit aufgegeben ifl (onli;
t)elagianifi$ unb antiiationali^ifcb ; capacitas paesiva £ut^erä). 3Iber jebe gi>tt[i(f»e @ah
unb @nabe an baä v^fi^^lH^ @ef<^ö|)f ift eben bamit jugleid) Stufgabc an unforc eigene
I^tigteit ju eigena StuStoirtung, Stoüäie^ung. ISJir tonnen alfo nii^t nur, nnr foütn
ao ou^i jenen ©ebanteninliait unter fteler normatiuer Stitung beß 5üorl«i ©otted unb bunt
benfelben jueignenbcn ©rift, ber in alle Saljr^eit leitet, ali unjcren eigenen nadjbmlnt,
außloirfen unb nuöfijrett'en; unb taä ift ber ttjCDretifi^e ^projefe, ben bie ibeolcgie }u OoH^
tiefen ^ot. Sßftrtigtpieren toir burt^ ben ©tauben im Ijl. ©eifte an bem göttlit^ oericitt
i.id)ten $eiBIeben, }o t)artiji()ieren Irir eben bamit au^i an bem ti bur^bringenben gÖU-
3s litten ^eiläbenCen. 2)ei lebenbtge ®laube ift niemals gebanfenloä, fo Wenig R>ie @ctt
gebantenloä ift, fonft wäre er geiftloi^, t^eoretift^ tot unb ftum)}f, Icie er o^nc bo^ Stbif^t,
bie guten SSerfe, (tralttfc^ tot ift. ^rber lebenbig ©laubige DDlljicljt baä in irgenb rtncm
3)Eo^e. t&i ift bie« ba« l^eorelifd^e 'Bert beä ©taubenl, baä er \o gut foiberl, tote bie
})rattif(^ opera bona im engeren Sinne. ~ ^-Uon ^iei auä Wirb hai 33er^ä[tniä birfcr
BD lljeologie jum Sefenntniä ber Äiri^e, ju ben ©nben, Slufgaben unb ©egenfä|cn bei
©egenWart bcjeii^nel unb bann ftc felbft ^bi^ft bea(^tenäwerl gefennjeii^inet olö juglei^
reot unb ibeal, t)ofitib unb fpetulatiu, objeftit} unb fubjeCtit) eDDlutionär (gegenitbcr bn
Stagnation unb Sleuolution, gegenüber bem rejiriftinierenben On^obo^i^mud unb rotio^
nali^erenben Siberaltämu«) unb htlifdi, ei^t latEioIifi^ unb )jrciteftantit(^:lut^en|d). — '^m
86 Pflege unb t^ürberung einer foldjen X^cotogie unlema^m ^iebner bie ©rünbung bn
Jlaljrbüdier für beutfife Üfieologie in (S)emein|i*aft mit ^ipmer, iS^renfeu^ter, 2Üange^
mann, fianbeter, ^almer unb 32eijfäder, brten im I. Sanb cntljaltenbeö ^ro^ramra bie
im Siorflelienben gejeii^nele 'Aufgabe unb airt ber 3;()eobgie auf* einge^enbfte lenn^
40 Sllitten unter *]ilänen jur äluöfii^rung ber im I. %e\i ber 33ogmati( niebcrgelegloi
Fermenta cognitionie erging an i^n im $erbft 1855 bie SSerufung in bie ©leflung
ali über^ofvrebiger unb Sijetiräfibent im Obcrlonüftorium nat^ 23reöben, 2ßar tiefe Sp
rufung augenfc^einlii^ geleitet oon ber Intention, bei ben lirt^lidicn äfer^ältniffen, wie fie
fic^ in üac^fen geftaltct Ratten unb wie fie in einem Haren äuffa^e ber (äelgerfclfen piS'
46 teftanttfcfjen ^Jtonatäblötter (SeiJtember 1855) „Über bie Siic^itungen in ber fäctifijrben eo.^
lut^. SanbeSfirt^e" bon bem an ber S))i$e beä K([({)enteginicnle) fte^enben Slaatäbcamtcn
getennjetttnet Werben fmb, ben Segen unb ben ISrfoIg, ben bie Bon Siebner »erttelene
liieolrgie an bet UniDetftlal gewonnen ^aitc, für bie ganje Sanbeätitt^e ju ernmlcm,
fo War cö audf allein bicfer ifijunff^, ber fiiebner bcflimmen tonnte, bieftm SHufe ju folgen.
60 33ie inneren Vorgänge babei unb bie 3luffaffung ber grofien Stufgabe btä jä^lifebot
Cber^ofprebigeramte« leif^en bie 9lbi(^iebev"^i9t '" Setejig unb bie 31nlTittäl)rebigt in
SJre^ben 1855 in [e^r bebeutfamer 9Seife. ^r 2.3 firdjenregimenllictic ffleftrebungtn
legen 3'^"8"'ä ob junäc^ft brei ©i^riften : 1. BaS Kefen ber flirt^enbifttation. SJcnlft^nfl
an bie 3itritatDren ic. 2. Sler ©tanb ber ^riftüi^en ßrlenntniö u, f. w, f. oben. 3. ^
u ^at^fen ber Hir^ie ju i^et Selbftbejferung. Sleformationet^rebigt 1861, fobonn ober aaä;
ein 2. ©b ^rebigten: „Seürägc jur giJrberung ber GrtenntniS ß^rifti in ber ©emeinbe",
bie in i^rem bebeutenben, in bie ^liefen be^ (Suangeliumä einfi^ienbcn Se^rgei^alte «fl
bei SerüctfidiHgung jener Slufgabe, bie ^^een ber oben be[<^riebenen Z^eologie in bie oO'
gemeinen ^nlereffen ber ftirc^e ein= unb ^initberäufiiljren, bie rectite SGJürbigung i^ta Sf
f mtung erlangen. 50!it fo Dielen Sd^Wierigleiten aui^ feine SBirlfamteit in biefer Stellung
Siefinct 48S
jMtbunben Wat, fo iefjt bütfte für bie X«uc, mit ber er (icfe bct Erfüllung feiner aiuf«
flabe Eingab, Bretten, ba|i ei 1861 eint Bon bem 3)e(an bei; Strliner t^eologifc^en gaMiät
an i^ gefteHte anfrage, ob er einen 3tuf in beten ÜDIitte annehmen icetbe, Bemcincnb bc'
«ntwottete, unb balb barauf 1862 einen in jeber Sejie^ung glänäcnben Suf nat^ ©ötlingcn
au6|4[ug. SÜon feiten bev Sanbedsetftlidifeit tcurbe ilim bufür in ber niannigfat^ften i
Sieife oufrii^tigei ^ant bqetgt. 3Jon feinem ft^mierigen, ober bon nat^^altigem «Segen
S^önten ^irfen tonnte i^n nur ein ^äl^erer 9{uf trennen, ber itjn bei einem Slufenl^alte
MIT SrltDlung in bct St^ireiä am 24. 3uni 1871 traf, Ko er an einem Silage ftatb,
«i boS §et3 plö^Iit^ traf, baS fo ^eife für (einen §erm unb beffen flirc^e gcfc^Ingen
^atte. IC
„35ieffr jünger ftirbt nit^t!" fo burbe i^m bei feinem SöegräbniS im Stamcn feiner
Girier nactigcrufen. ^ai foUtc ni*t b[o6 ben nnoergefeüc^en unb «nauölöf(tilic^en (Sin'
bind bejeictinen, ben fiebnerä ^BetfUnlicttcit auf feine ©^üler madjte, fonbern foüte
flui^ auöfpret^en, ba^ feine Itieologifc^e Henfarbeit üon unBetgänglidjem 'Bert unb 2)fluer
}a. 3n ber l^at nimmt fte ni<^l btofe eine SteKe in bet ©cfdfit^te ber Theologie ein u
«nb bcjei^net barin einen ^löbepunh {f. o.), fonbern bebeutet einen 3öenbepunft für alle
tontere t^eologifdie Dentarbeit. 9Im aUerirenigften barf man, oljne itir Unre(^t ;u l^un,
mit iE)t fertig ju toerben hiä^nen, toenn man fie ber üt^ftit unb S^ermittelungöllieologie
guneifen unb in beren ätnnaten tegifttieien rein.
3)enn fo Wenig einerfeitö bet 3"f'"H'n«"t'«no b« Siebnerfi^en I&eologie mil ber SJet; a
mtttelungöt^eologie geleugnet tcetben fann, beren Intention unb ^rinjipien, luSgangö^ unb
Ateitjunn fie teilt, fo menig barf anbererfeitä »ettannl tvetben, ba^ fte biefelben Don
(o mant^en Sinfeitigfeitcn unb Unfertigleiten befreit unb toefentli«^ Bertieft, bamit aber
au(^ über bie Sfermittelunaät^eolDgie Weiler fjinauägefü^rt t»at, S)ie ißermittclung^t^coi
loflic ift baöon ausgegangen, bie {lulberifcfje) SJiljftif jur ©eltung ju bringen unb bamit ai
btn ber ^nnerlidjleit jugetuanblen JRicptungen unb Sebitifniffen ju i^tem ^ed^t unb ®tU
bmg ju Ber Reifen.
Snbem nun bie S.fc^e I^ieotogie biefe centrale Stellung teilt, mad^t fic in ber 3)urc^:
M^ng bamit Bollen (Srnfl unb ge&t in bie liefe, inbem fie, ber bie Irinttäl ber Hopf,
bie d^riftologie baä ^erj i^rcr fontemplatiben unb f^etulatiDen ^entarbeit ift, oufweift, m
tpie bie gonje SBa^jrljeil unb güDe ber Steligion nur ba fei, too bie ganje giillc beö
©öttlic^en im 21tenfi$li(^en na^ bet Sdjrift leibhaftig too^ne, b. b- Wo bie Religion natt»
gorm unb ^n\}alt (terfönln^ in (Siner ipetfon erfc^eint, alfo nac^i (briftlit^em ®laubcn in
S^fto bem @ottmenfcben ober ber Offenboiung fdjletttbin, fo bafe man fagen lönne:
^©^ri^i«, (Sbtiftuä ifl bie ganw, Bolle religiöfe Vernunft unb ^^«'(fci'-" «
aSenn bie Sermittelungölb^BlBßie barauf auegegangen ift, (Staube unb aßiffenfi^aft,
C^ftentum unb mobente '^eltanfd)auung, @t;riflentum unb ^ilbung, nni^bem ^e in
gfgenfeitige &)Kinnung, S^ifferenj unb @egenfa^ geraten, ju Verfö^nen unb jloifi^en t^en
ft vermitteln, fo teilt bie S..\ii)t %i)i:Dloffii bur^auä biete Xenbent.
älber nKnn bie ^IjermittelungSt^eologte nt<$t immer ber (äefa^r entgangen tft, bie «
Snf^bnung auf Soften beä ungefc^mälerten unb unBerhlmmerten cbnftlic^en ^n^altö ber^
fceigufü^en, fo ift bie 2.f(^e a;beologie Bon ber Überzeugung ausgegangen, ba| bie lieo--
bgie al« bau reiffenfc^aftli^e Selbftberou&tfein bc^ CEjriftentumö auäf bie loiffenfittoftlit^en
^njipien in feinem felbfteigenen ^ntwlte, bem ISBangcIium, ^nben muffe, unb T« ift buit^^
gängig getragen Don ber (Selpifiljeit, bafe baö 4irifllid;e SJiffen tein anbertceiteö Söiffen ii
otö ein foltfied anerlennen [bnne, iai an fcientififc^er ^ignitai über ibm ftünbe unb bon
Wdc^em ti erft betija(itl)eitei tcerbcn miifete; fic traut bem tebenbigen diriftlittten ®laubenS=
m^oEle unbebingt ju, bag n fic^ ru(^ luiffenft^aftlidr entfalten laffe, ja in feiner nHit;v'
baft abäquaten Entfaltung buic^ (^rtftlii^eä Renten bie t;b(i;fte SUa^r^eit unb Vernunft
boifleae.
Warn bie S^ermittelungSt^eDlogie bielfad^ bo^ nii^t über ein blo^ fubjeftibeä SQjiffen
jUnaufigelDmmen (c^riftL SelbftbeWugifein) unb, inbem fte fid) Biel unb reic^licb mit ber
fitage über "tiaS ^er^altniä jmifihen @lauben unb Riffen betDegt i)at, \>od) einem objeftiBen
(metop^^ftfi^en) 3Biffen gegenüber fleplifc^ unb fritifc^ flehen geblieben ift, ^at bie ^.fc^e
Ü^eoiogie baS 3ier^ältniä Bon (glauben unb SUiffen in einer ^eife bargelegt, ba^ tai gi
ftwjififtpe 2Se[en fotoobl beö ©laubenö Wie beS ÜÖiffeni iinalterieit bleibt unb jugleidj
wuijgeniefen wirb, wie eins baS anbere fc$e unb üorauSfe^e, inbem fie jeigt, wie im
01auben, biefet ticfflen, centralen, nerfönlicben 3Öenbung ober UtWenbung bes 9Jienfc()en
|U @ott biefer {®ott) ben SOienfi^en jum löliituiffen feineä Sii^iciffen« ober feiner 3b«
iwn fii^ ergebt, fii^ glei(^fam inä ^nwxe beö ÜJtenft^cn ^incinWiffe loie in bem 3Komente s
31*
484 fitebtter liftiiiae, S^itobe
ber göttlichen Setbfhnitteilung, mit tüelc^em ber@Iau6e old menfd^Itd^ed ®m))fan9en (analog
bem leiblichen @m))fan0e ber Speife, bed Sid^t^ k.) ^ufammen ift, unb foddft ma fü
ben @Iauben ift, ber @(au6e felbft fc^on forth)ä^renb einen lebenbigen, in^otooD {prägnanten
Jteim o6ie!til)en SBiffend bon @ott^ ein t^eoret. punctum saliens, entl^ölt, toddft» Am
öburc^ bie 9lrbeit bed SBiffend nur immer me^r au^n^ac^fen foQ.
äBä^renb e^ ber Sßermittelunadtl^eologie nid^t immer gelungen ift, hcS Ser^äUnid bc^
^beolen unb 9lea(en, bed Centralen unb ^erip^erifc^en fonett gu tuol^ren, um ber 2ds
tung ber centri))etalen, ber Überh)inbung ber centrifugolen Setoegung ber R6t rec^t ^
bienen, 6e^au))tet bie 2,\i^t ^^eologie, bag bad c^riftfic^e 3Bif(en, in fid^ felbft ru^,
10 ftd^ gutrauen muffe, Vermöge feines eingeborenen ÜRajeftätSrec^tS oOeS anbete äBiffen M
auf ben @runb burc^fc^auen unb aQem anberen SQiffen feinen Ort unb äBo^r^dtoot
ankeifen ju tonnen, ^n biefem 9en)u^tfein l^at fie bie SSorurteUe gegen ben ®(auB(n
einerfeitS, gegen boS SQiffen onbererfeitS jurücfgen^iefen, nid^t b(o^ einleitungdtDeife im alt
gemeinen unb })ringi))iea, fonbern burc^gängig in ber Surd(ifül^rung, inbem fie bei bem
16 ^erl^ältnid pifc^en @ott unb 3Belt, {totfc^en @d^ö))fer unb Qi^d^öpl ©Ott unb aRen{4,
(Seift unb SJotur, greibeit unb SRottoenbigfeit u. f. to. geigte, toie ber otomifiifc^ So*
ftanb über bem Unterfcpiebe nic^t bie @in^eit gu erfennen unb gu erfaffen t>ennag, fonbctn
fte gertrennt unb gerftüdelt (unb gul^t ein SSerftanb bed3:obed unb ber SSerioefung tmA),
ber moniftifci^e SSerftanb bagegen über ber @in^eit bie Unterfc^iebe toerliert unb tm
30 funbiert, toäl^renb ber ©laube in feiner lebenbigen äBa^r^eit unb 2:iefe erfaßt, ftd^i ob ba
tieffte (Srunb unb Iricb für ein toa^rl^aft organifc^eS 35enfen ertoeift, bei bem fotöo^
bie Unterfci^iebe als auc^ bie (Sin^eit gu i^rem^ec^te fommen. SBie fic^ ober babei bi(fc
Sentarbeit fortge^enb atö eine 9leinigung^rbeit unb )ug(eic^ ald eine Jtritit ber Unfertig«
leiten unb ^olbfertigteiten ern^eift, lönnte, fon^eit eS nic^t aai ben gen. Unik)erjttat^
25^ogrammen erfel^en n)irb, nur aud ber Dollen äluSfül^rung erlannt toerben, tote fie in ben
^orlefungen gegeben n^orben ift. Ob biefelben noc^ gur Veröffentlichung bun!^ ben ^Dnrf
gelangen n^erben, toirb bat^on abhängen, ob man erwarten barf, ba| ber@trom berjmit
tifc^en ä3en)egung toieber äSoben n)irb gewinnen (äffen für Pflege f^ftematifc^ t^ologtfi^
3)entarbeit, unb ber Untergeid^nete gum Slu^eftanb gelangt, nad(i ben äbt^rengtmgen eim^
80 an Arbeit überreid^en SlmteS noc^ 5{raft unb SRut finben toirb.
®e^. Hir^enrat $rof. iRii|ie(.
Liltinae, ©V^^be, 743. — S)ie ©efcftlüffc MG Cap.reg. Franc. I 6. 26 «r. 11.-
Siettberg, ^irctiengefc^. 2)eutf(4I. I 8.306; ^ai^, S)eutf(t)e ^erfaflungi»gef((i(4te UI« S. 3öff.;
^ai^, Ueber ben Urfpruug ber ^affalität, "äO^^ VU,1856; ^ai^, $ie «(nffinge bedfie^nl*
85 loefend, in e^beU $3 1865, XIII, 90; $aut dtot^, ©efct). bed ^enefigialmefeni» oon bei
älteften gelten bid inS geinte 3at)r^unbert, Erlangen 1850 ; $. 9lot^, geubalitöt unb Unter«
tl)anenoerbanb, 1863; $.9^oti S)ie Söfutarifation beS ßirc^engutiS unter ben fiarolingem, im
SKüncftncr ^ift. 3a^rbu(tj 1865, I, 275; ^efcle, Äongiaengefd). III, 2.«ufl., 6.525; ^etnrl*
^afin, 3oÖrbüci)er be« grönfifdicn mim, 741—752, »erlin 1863, mit bem (gyfur« XIV.
40 über bad Äongil oon Scftine«, bog er in« 3a^r 745 fcfcn toitt; bcrf., gb® XV S. 59fi.;
Kaufmann in ^ilbcbranb« 3© XXII S. 73 ff.; SRibbecf, S)ic fog. Divisio be« frfinl. IHrtdcn»
gut« 1883; fiocnlmi, ©efctjicftte be« bcutfcften mrcftcnrccftt«, II, 705 ff., 1878.; Soof#, 3«
(S^ronologie ber auf bie fränt. S^noben be« 6- »onif. beg. »riefe, fieipgig 1881 ; aRüi)lba4ier,
2)ie ^{egeften be« j^aiferreic^« unter b. ^arol. I, @. 20 3lx. 45; 3)ümmler gu Bonif. ep. 56
46 6. 312; ^Qud, Ä(4) 2)cuti(ftlanbg I, 2. ^ufl., 6. 514.
Liftinae toax eine !önigltc^e äStUa ber alten ^Ät, unn^eit 9ind(ie unb bed Jtb^
Sobbe« im §ennegau, im 16. 3ö^^^""bert erfc^eint ber Ort unter bem Slamen Lestines,
gegenwärtig ift ber 92ame in Estinnes umgeftaltet, f. 3)ümmler a.a.O. 6. 312 Slntn.!.
t)ie bafelbft gehaltene S^nobe ift bie gleite auftrafifc^e unter ^arlmann; fie foQt toci/^
60 f^einlid^ in ba« 3^^ 743. 3)en 2lften berfelbcn finb Oerfc^iebene ®inge beigemij<H ^
eiaentliclf nxd^i gu benfelben ge^i^ren. 9(nbere« l^at toenigften« leine felbftftänbige Sdleutimg,
fofem barin bie ^ftfe^ungcn ber erften auftrafifc^en ©^nobe i>om 3^^^^ 742 einfo«^ ü"
ftötigt h^erben: bie 9lege( be« \)l, ^enebift ift abermal« eingefd^örft, unb bie ©trafen füt
@£geffe be« Jtleru« ftnb erneuert. 9lber e« ift 743 boc^, gegenüber toon 742, ein nk^
66 unh)id^tiger e^ortfc^ritt baburd^ gefc^e^en, ba^ bie bort begonnene ^erung ber ©runbffl^
lirc^UcJ^er Orbnung im auftrafifd^en Sleic^e nä^er beftimmt n)irb ol« 9n{nü))fen an bte
alttirc^lic^en3uftänbe: bcnn e« ift au«brüdHtc^ bie ^er))flic^tung auf bieJlanoned beraltoi
Siöter, b. 1^. ber öfumenifc^en Synoben au«gefproc^en, unb bie 93e^nb[ung ungüc^tigcr
unb inceftuofer @^en in einem Sinne gefaxt, ba^ baburc^ ben römifdben @^egefe|^, bi(
60 gerabe jei^t bebeutenb Derfc^ärft tourben, ber @ingang in« fränftfd(ie vltv^ eröffnet Hhb.
Liftinap. Sqniibc
485
iCoc^ ift bo« nit^l ba* S9ebeutuiifl§coIIflc on bicjer Sijnobe. T>ie|c^ (iegt bielmefjr in i^m
tedjtflgefAittitlidjcn Seite, gletcti loiditig für ben Qtaat \v\t für bte Sirttte. ®ö ^anbelt
(m^ babei um bie ftrittige ^rtige bet gto&cn eäfulaiiiation beä 8. ^a^^unbertä. 3)te
ältere Slnfidjl 1% b<i€ flintengut [ei ^QUlJtjäiijUi^ unlcr fiati 5!Karle[[ ongegtiffen TOorben,
^PiVljin unb flarlinann Mtlen bngegen ba€ Sßorge^en be* itatcrö bitrcl) möglic^fte Sfieflitu; i.
tion triebet gut jit mai^en gefucf)!, abei baä ''Serfa^ien JTatlä ^be boc^ auf einem aQi
gemeinen @iunb|at$ derart, Dermdge beffen ber 5tÜnig über flirt^engut Dnfitgen tonnte
tienn&ge be« Sc^mfuct^tS, unb ei fei btefer ©runbiafi bamatS nur in ouffoHenber aSeifc
lur MuSübuiig gcbrarfit Wotben. ©d gidjbom, «ptiinHJ«, ffiai^, Irland, Settbcrg, ^per^,
»irnbaum, Dioubei, ^JorbifluS, ^auriel, 9)tlle. Sejorbiete. Slnbete fucfeten ben SHetlet beö lo
Sbenblanbeä unb ber abenblänbifctjm flinke, ben ©ieger Bon 5ioiiiere unb ffle(c()ü?er bt«
Sonifattuj, üon biefer ©cbulb ;u cntlaften: er fei butd^ bie 9tot baju gebrängt tDwben,
obei au^ gerabeju, er l?abe leine (ole^e Sinjie^wng Bon Rin^engut üorgenommen. Olfnt
(olt^ aj)ologetif(^e ^mtit bat foDonn *(Jaul SHotb ben (Scbnnlen entlciäelt, ba^ bie ©ä=
hilarifation tbatfaclilicf) eift unter fiarl 'SiarteUd ©Btjnen, natnentlii^ ^tp^in, erfolgt ift, is
unb bafe r« c^ne SUciijtSbcbcn tnar, ein neuer Sit ber SQiifltür, bcm fid; bie flirt^e fügte,
tDtil fie mußte. 5ßJurbe Don ben 5Kerobingem bie flirc^e im gonjen rürffii^täbott, teil'
toeife [oflor freigebig befjnnbelt, Waren beren Singriffe in baä Äirdjcngut nur tjnrticil unb
ni<^t tjon Sebeulung, nirgcnbö Bon einem allgemeinen ©efe^gebungSoft begleitet, fo befinte
fict bagegen bie (arolingiic^e eätularijotion bc^ 8. ^a^ir^unbertö gld(tmä|ig auf alle »
flinken bcÄ SHei((i« quo, fie traf ben gtöfettn ^Tetl ilirer Sefi^ungen, fie hjar eine förmliche
Irilung jloildien fiirdfe unb Staat, bal^er ber gegebene ^ame 35iBifto, unb ber Staat
tDöt c*, bot cnt((^icb, luaS ber Äitfde noi^ bleiben foflle: bai ganje toar eine fle(ehgebe:
rift^e 9Jta6regel. iWotti gegenüber, ber bei 3- 9Beij(äc(et in bet 2. Slufl. biefc€ ®er(eä
uneingeftbrönfle ^uftiiTwuna li"b, i}at enbli^ SHibbed burget^an, ba^ bie ^auptmaife bcä ^^
flitt^engutä nitfjt erft butt^ flarlmann unb $iti|)in in Söien^Önbe lam, unb bafe jwijtiien
ben 3Jergnbungen fiarl fflarteQ^ unb feiner ©b^me (ein Unterfdjieb ju matten ift: f^cu
bot bet Sönobe Bon Sflinne^ Würbe flirt^engiit ali Senefijtum »etteill. ÜberbieS verlief
Aar[ Si^tümer an ^aien unb betcirtte boburd), bafi ber $cft|^ ber 3)iälümet geitlDeije in
fiaienbänbe (am. 2)ie 9teftitution begann naii feinem Tobe jurrft in 9tufter, tnbcm bie so
neu ernannten Bifiiöfe in hai 2,'ermDgen ber Sirenen tcieba eingelegt trurben, Wobei freis
li(^ ber gröfete Teil in ber ^orm bet precariae verbo regis im SJefifc Bon £aien
blieb. 3n *Reuftet luutbcn Botctft bie ^n^bet be^S ititc^engutS in i^tem unreti&tmä|igcn
Seftf belaffen; ctft [eit feiner Erhebung jum König mai^te 'JJiplJin na^ unb nad) bie|em
Suftanb ein dnbe, teiW burdf t^tfäi^Itt^e SHcflitution, teilö burt^ <Ctelartenf($reibung. aa
atibbetl lenlte bemna^ im iBcfentlic^en ju bet ölteten SJnji^auung jutficE, Wonac^ bie ©D:
neben Bon 742 unb 743 ^Hafetegeln jut Steftitution beä flirdjengutä brachten. ©eineStnü^t
untfcf^ieb [\ä} aber Bon i&t, inbem er befttitt, bafe bie Ginjie^ungen mit bem ZoU Hatl
3)tintcuä ein ISnbe erreichten unb inbem er betonte, bag Jlarlmann unb ^i)}t>in nii^t gicid)'
mä^ig Rubelten, ^n beibem ift et ber alleren 3Infd)auung gegenüber im ^iltecbt, wie ^ot^ lo
gegenübet in bet äluSlegung ber fla)}itularien unb in ber älble^nung bet ©ätulatifation
butt^ bie ©b^ne Äatl ^Dlattetlä, 9tut barin Bermo^ ii^ iljm nii^t jujuftimmcn, bafe bie
Stimmungen Bon 742 unb 743 im Weientlicben ibentif^ leien. 53er aBortlaul nötigt,
wie m\d} bünit, ju bet Mnna^me, baß bie Stepitution im ^ai)Xi 742 umfaffenber gebadjl
loor als im Sa^iie 743. ^ntx^t ^ieß ti: Fraudatas pecunias eccleaiarum ecclesiia *ö
restituimuB et reddidimus (Cap. v. 742, 1 ©. 25); batauS Wirb im ^a}}xt bamai}:
Statuimus cum consilio servonim Dei et populi chrietiant propter inmineDtia
bella et persecutiones ceterarum gentium quae in circuitu nostro sunt, at
Bub precario et ceneu aliquam partem ecclesialis pecuniae in adiutorium exer-
citus nostri aliquanto tempore retineamus ea conditione, ut annis singulia de m
unaquaque casata solidus i. e. duodeoim denarii ad ecclesiam vel ad mona-
sterium reddatur; eo modo, ut ei moriatur ille cui pecunia commodata fuit,
ecciesia cum propria pecunia reveatita ait (Cap. v. 743, 2 ©. 28). 33ie gtofee
:Sebeutung, bie jNot^ ben Seftimmungen Bon 742 unb 743 jufi^rieb, tann man i^nen
bcmnat^ nii$t beilegen. 3'""'"'?'" bleiben fie Widitig, 1. Weil mit il)nen eine wenn auä} ari
befilftänfte Steftitution einfette, unb 2, Weil butt^ [xt ein geotbneteä Setfabien garantiert
toat. fiatlmann Bcrftfinbigtc \id) auf ber ©ynobe mit bem SpijIiJljat; et ^onbelte mit
(einer Selcinigung, unb bie ^Jtaferegcl foDtc feine bleiSenbe |ein. SJiejenigen nämlic^, Welt^e
mit tin^Iii^em Oute burcfe ben flönig beliehen Waten, bebalten baäfelbc nur auf Sebenä;
jeit, na(i} i^rem lobe fäHt eö ber Äiri^e Wiebet (jeim, fie jaijlen Genfuö unb ^aben fiit »
486 Liftinae, S^itobe Sig^tfool, 3o^n
Srl^Itung ber lirc^Iic^en Saulic^Ieiten ju forgen ; bet Qiai fc^etnt fogor gtemlic^ ^ixl^ )U
fein. älnbererfeU^ fretlid^ foQte ber ^nig bte Sefugntö l^ben, bod btml ben Zob Mt
Selie^enen erlebtgte J{ir(^engut im ^De ber 3lot toieber au t)ergeben, auf bem SBe^e bct
$relane tüie hcS erfte 3Rcd, fo ba| bte ntnöd^ft Dorfic^tig M bIo| t)orüberge^enb bejeu^
6 SRa^regel boc^ einen bleibenben S^araner annehmen tonnte, ja mugte. 9btd^ toor bie
3uftimmun^ ber ©eiftUc^Ieit fe^r toeitfc^id^tig gehalten, bem 5tlerud blieb bie ®ene|(^migung
nic^t für bte einjelnen ^e vorbehalten, ber jfönig loar in ber älu^ebnung ber Ser»
leil^ung nid^t befqirSnIt, nur foDte er barin nic^t fo toeit ge^en, ba^ bod rird^Iic^ !^ftt^
SRan^el litte, ba^ im ein^ielnen baDon betroffen tottrbe. Soc^ fyxt bte @)^nobe bon Sfttnitd
10 für bte beutf(i(ie Jttrd^e beffere Sebingungen erlangt, ald fte in SReufier t>on ber toddviim
ÜRac^t gugeftanben tourben. 2)er @t)ifto))at toel^rte fid^ gegen bie tl^m ongefonnenen ^
Sieftänbniffe nic^t, er befc^toerte ftc^ nid^t einmal, felbft Don bem mutigen Sonifottud ftsM
id^ leine @))ur eined ^rotefte^, unb $a))ft ^aa^maii ertlörte bie SetxnQigung bon 9k
gaben an^ ben Dergabten @ütem für genügenb, er ^offte, bag fu^ bei ni^geren 3^
16 mel^r toerbe erreid^en laffen: für ben SiugenblidE fa^ tool^l jebermann bie ^oltäf^ Unbo*
meiblid^feit bed SSerfa^ren^ ein. ^m legten ^(ä)xz feinet Sebend gab ^'tppm bie 3^f^
rung, baft in 3ulunft bie 3Belt« unb bie nloftergeiftlic^en, toeld(ie beU)e gleid^mä^ia beMfm
toaren, i^re ©üter in SRu^e beft^en foQten, natürlid^, fotoeit fte überl[Kiu)>t no<^ f ou^ fj^siÄm.
2)oc^ tourben aud^ baburc^ bie äSer^ältniffe nic^t toefentlic^ ge&nbert : bod bereite So»
30 Helene blieb hergeben* bie JUaufel über ben ^eimfaQ tourbe nid^t beobachtet, mx^ in
ber SRitte unb )u Snoe bed 9. 2la^^unbert$ befanb ftc^ ein großer Zeil b«S 51««^'
gutiS in ben ^önben bed jfönig^, unb feit Anfang biefed ^al^l^unbertd tourbe ed im
toefentlic^en al$ fein Eigentum betracfitet. Slud^ toar f))äter ber )u Sftinned aufgeßeDte
l^ol^e 3^^^ ni^^ ine^r getoö^nlic^, uttb felbft über bie @d^toierigIeit ber Sr^ung bei
26 3lonm unb 3)ecimen, toelc^e in ber §olge größtenteils an bie Stelle bed ScnfuS getretm
}u fein fd^einen, unb über förmliche S^^lungiSbertoeiaerung ber 93eneft}iare l^en bie®etß*
lid^en öftere ju Hagen. Sticht toentg l^at bie gu @ftinned feftgefe^te 9lrt ber Sertoenbung
bed eingejogenen Jtirc^engutS gur äluSbreitung ber 93eneft)ienberlei]^ung übed^aupt bdat>
tragen. 2!>^M^^ ^^^ ^i^f^ ©V^obe Don ben gröftten t^olgen für bie Serfaffungdcnttmoe*
80 lung bed mittelalterlichen Sel^nSftaatiS, toaS toir fier nur gu ertoäl^nen, nic^^t gu erdrtem
fyä>tn. (9* »eisffttfevt) ^«itf.
Si(|W00t,3ol^n,geft.l675. — duellen: Vita amÄnfange tJonSo^. filgbtfoot« Open
Omnia, ed.g. ßeugbcn (1699); »iograp^le in fiigbtfootd Work8,ed.3. $R. ^itman, I (1822) (ni*
aei.]; 2). 3R. SScIton, 3oftn ßig^tfoot, The EngUsh Hebraist (S)iff.), ficipgig 1878; 6. 2tt,
86 Dicüonary of National Biography XXVIII (1893) 229 ff.; ^rcffcl, «rtlfcl fiigfttfoot, >
^anned, in $(uf{. 2 biefer di.^.
©efamtaudgaben ber $Betfe: A. ßateinifc^ (mit Ueberfe^ung ber engl. Originale in bol
fiat.) 1. ed.3o^.XejeIiu8 1686; 2. ed. 3o^. fieuSben, 5rane(!erl699; B. «ngltfj^ (mit UeBer*
fe^ung ber Tat. Originale in ha^ @ngl.) 1. ed. ®. IBrig^t, ßonbon 1684; 2. ed. 3. ft. fit'
40 man, ßonbon 1822/23. 3n ^eutf(!^Ianb tourbe t)on 3* ^- Sarpgoo gefonbert gebrucft: Hone
Hebraicae et Talmudicae in IV Evangelistas, 1. ^., ßei^jig 1675, 2. 9[. 1684, unb Bor.
Hebr. et Talm. in Acta Apost., partem aliquem £p. ad Rom. et I. ad Cor., fieip^ig 1679.
Sin Porträt fi.'S befinbet ftci) an ber ©pi^e oon fieudbend ®efanitau8gabe feiner Öcrfe,
ein Originalqemälbe in ber ^alle oon ^t Sat^erine'd College in Sambribge.
46 911^ @o^n be^ ^farrerd %\)oma^ Sigl^tfoot unb beffen ^au @lifabetl{^ Sagnall toiiib<
3o^n Sig^tfoot am 29. üRärj 1602 in ©tote upon Srent, ©tafforbfljfire, geboren, ft
befuc^te bte ©c^ule be^ Se^rerd SBI^tte^eab in Horton ®reen, Songleton, S^ef^ire unb M
1617 ab S^rift'd (SoOege in Sambribge, unterftü|te bann gmei ^af^xt feinen frül^eren Se^
SB^ite^eab, ber je^t eine ©c^ule in Slepton, ^erb^fl^ire leitete, trat in ben geifffi^o
60 ©tanb ein, unb h^urbe Surat Don 92orton4n^aled, ©^ropf^ire. ^n biefer Stellung lenite
il^n @ir ^otolanb Sotton, ein für ^ebräifc^e ©tubien begeifterter ^ritKttmann, lernten unb
mad^te i^n ju feinem ^au^Iaplan in SSeuoport. @rft in biefer ©teQung mad^te a, bunt
bad S3eifpiel feinet @önnerd angeregt, emftlic^en 9(nfang mit ^ebrätfc^ unb rabbinifc^
©tubien. 9lld ©ir 91. Sotton nac^ Sonbon jog, folgte er i^m erft, tourbe aber bann $farm
66 in ©tone, ©tafforbfl^ire, unb betratete ^ter 1628 bie äBittoe ^o\fct Soptooob, %A. (SjotH^
ton. 1630 erhielt er bie 5ßfarre 2lf^le^, ©tafforbf^tre, Don ber er 1642 nad^ 2onbon
überftebelte, too er 1648 bte ^fane Oon ©t. 93artl^olemeto übernahm. äUd WitglU
ber SBJeftminfterf^nobe griff er in bie fragen nac^ ben S3efugniffen ber Soienfltd^
ber SBo^l ber @eiftlt(^en burd^ bie @emetnbe, ber itinbertaufe, ber Seffnrengung bei bff
60 ^ufe, ber 3ufanimenfe^ung ber ©^nobe, mit ben 3Ritteln fetner t^eologifd^ tmb robbi*
Stg^ol, ^olfti Stg^tfool, 3ofe))l^ Sotbet 487
täfä^ ®e(e^amIeU ein, ftet^ )u ©unflen bed in ber englifd^en Jtirc^e ^tdömmlid^tn
«gen bte bon ben l^be^enbenten getuünfc^ten Steuerungen. 9ln ber @eite ber fogen.
Cm^ianer Utmt>fte er für bie @ut)rematie be^ Staate^ über bie Riti^, 1644 erl^ielt er
Me Pforte t>on @reat SRunben; ^erfortf^ire, bie er bid an fein Sebendenbe bel^ielt. fßon
^cr aud beforgte er bad i^m 1650 übertragene Slmt eined „3Jlafter" bon @t. Satl^rine'^ 6
^oD in (Sambribge unb tuurbe 1654 äSijerangler ber Unit)erfttät Sambribge, todi^t ibn
1652 ium 2)o€tor ber Geologie gemad^t l^atte. 2)urc^ Snnal^me ber Uniformität^rte
twn 1662 unterwarf er {td^ ben ^rberungen bed toieberbergeftedten jfönigtum^. 1667
cs^tdt er eine ^räbenbe ju (S% auf ber er am 5. 3)e}ember 1675 ftarb. @ein ®rab
erhielt er }u ®reat 3Runben. — S. toax nie alabemifc^er Se^rer unb barum nic^t in ber lo
Soge, im eigentli^en Sinne bed SQiorted Sd^ule gu mad^en. ©etoiffen^afte 93efi>rgung fetned
$fanamtd tuirb i|m nac^erüi^mt. Seine ^ötigfeit auf ber SBefhninfterf^nobe^eigt ü^n
dü einen fe^ belefenen, ober nid^t eben aU genialen toeitblidtenben, über bie maä^t ber
Xcobttion eri^enen 3Rann. Sebeutenb tuar er nur ald emftg orbeitenber @ele|^rter. Se^
fimberS in brei 9lid(|tungen ift er felbflftönbig tl^ätig getuefen. (Srftlic^ f^at er bie biblifd^e i6
(Befc^ic^te auf ®runb ber eigenen SKngaben bed älben unb 92euen ^tamentö d^ronologifd^
}u orbnen Derfud^t. tiefem 3^^^ ixmtt feine Harmonia, Chronica et Ordo Veteris
Test., guerft 1647, unb Harmonia etc. Novi Test., juerft 1655. 3^^^^ M ^
eine ,,^armonie'' ber Seric^te ber @bangelien ^ergefteOt in Harmonia Qaataor Evan-
gdistarum, )uerft 1644. 47. 50. SSä^renb feine biblifd^e S^ronologie unb bie ^armo« ao
mfterung ber Sixingeliften nur für jene 3^^ bebeutfam fein tonnten, barf bie mit ber
Ic^en äCrbeit l^erbunbene @rläuterung ber Sbangelien bef onber^ be^^alb al$ nod^ immer
iiqintitib gelten, tueil ber SSerf. bon feinem rabbinifc^en SQiiffen babei häufigen ®Axcaxi^
mac^ 9luf biefem ®ebiete lag bie eigentliche Stärfe £ig^tfootd, bie um fo rüi^men^erter
ip, aü )u |einer 3^t au|er Su^torfd 3Börterbud^ yoentg brauchbare ^ttfdmittel für rabbi» 26
nifc^ @tubten t)or(Kmben toaren, unb er leine (Gelegenheit fydU, bei ^uben Unterrid(|t gu
nd^en (f. bafür SBelton a. a. O. @. 15 ff.). %ik biefe britte Slid^tung feiner Arbeit
iß befonberd gu nennen: Descriptio Templi Hierosolymitani (guerft 1650), Ministe-
rium TempÜ quäle erat tempore nostri Salvatoris (guerß 1649), unb befonber^
Wne Horae Hebraicae et Talmudicae gu ben bier @bangelten, ber 3fyo\idQt\ä)xi^it, ao
ocm Stdmerbrief unb erften Äorintl^erbrief (guerft 1658—78). 9Jlit ben Horae gu ben
biet StKtngeliften tooren berlnü))ft S^turfe gur t>aläftinifd^en ©eogra^^ie. 92te boroer h>ar
ber Sfkd^ oud ber jübifd^en Sitteratur ein fo reid^l^altiged ÜRatertal für t>a& SSerftänbnid
btf Steuen Zeftamentd bargeboten toorben. @d fel^lt nic^t an ^Irrtümern im eingelnen,
aw^ go^Ireic^e Srgdngungen bleiben m5glic^ ; aber £. überragt aud^ feine 92ac^folger auf 86
bcm gleich ®ebiet, ^dttgen, 3Reufc^en, äBünfd^e, in rationeller äSerarbeitung be^ Stoffel,
ber nid^t nur in 2)arbietung fogenannter „^araSelen'^ befte^t. Seine ^efd^eibung bed
(^^ Xembete unb feinet ^ienfteS nac^ jjübifc^en BueSen ift noc^ immer, fofem e^ ftd^
um 2)arfieuung ber jübi|c^en ^rabition l^anbelt, burc^ nid^tiS Seffered erfe^t toorben. %üx
2. tiHir bad ^ebrdUc^e bte Urf))rac^e ber 9S$elt unb bie SSoIale galten ibm al^ ber Aom 40
fonmttenfd^ft gleic^ixltrig (Erubim Cap. XXIX, XXXI). @d ^e ipm na^e gelegen,
tMitigftend für b^ ÜRatt^^ebangelium eine ^ebräifc^e Urfc^rift angunebmen. 9ber er
mftäft geltenb, ba| ha& $ebräifd(ie gu jener 3^it bei ben ^uben gu toenig mannt getoefen
fei, bie fVrifc^ 3Rutterf))rac^e ber bamaligen ^uben aber toegen ber il^nen beborfte^enben
dingen Sertoerfimg nicpt bertoenbbar. Sa^ @k)angelium l^abe griec^ifc^ fein muffen toegen 46
feiner Seftinratung für bie äSerufung aÖer Söller mm ^eil (f. Horae Hebr. et Talm.
tt SRatt^ 1, 23). Semitifd^e^ SBiflen bet^öttgte £. bei ber 9let)tfu)n bed famaritanifdben
Sentateuc^tested in äBaltond $ol^gIottenbibe(, gu ber er eine ©eograb^ie $aläftinad bei«
^erte, imb burd^ Seratung @bmunb SafteQd bei feinem Lexicon Heptaglotton.
®nftaf ^altttan. 50
ÄiflWwt, Sofe})]^ Sarber, geb. 13. 3lJ)ril 1828, gefi 21. 3)e|ember 1889. —
Sal. 9* 3- ^' ^oxi, Dictionary of national biography, $b 33. fionbon 1893, @. 232b bis
2m) a, unb ^. ^. fBatfin«, Bishop Lightfoot (au« ber Quarterly Beview, Sonbon 1893,
6. 73— lOft), ßonbon 1894.
Sig^tfoot, nur 10 ^age älter atö $ort, ftarb ald erfter bed 3)reiblatted 3Beftcott< 66
Sg^oot^^ort (f. oben S3b VIII ©. 368, 23—31), l^atte aber früher al« bie beiben anbcren
bie ^^eren SBürben in ber Untt^erfitöt unb in ber Jtirc^e erreid^t. ^n ber ^anbel^ftabt
fSbctpool aId@o^ eined Suc^^alterd geboren, tourbe boS Iränllid^e Jlinb btd gum 13. ^a^e
|tt ^oufe unterrid^tet, bann ein ^a^ in ber Stber^ooler ,,Royal-Institution", unb
488 Sigl^tfool, 3ofe))l^ Sorbet
fc^Kefeltc^ 1844—1847 in „King Edward's School" m Strmmfll^m. gm ©erBjie 1847
tüurbe er ^ensioner'' im Xrinit^ SoOege^ Sambribge, unb am ®nbe bed erften 2la^
bort )um ^rit^atfd^üler bed brei So^re älteren äBeftcptt^. ®$ tuirb ft(^ em))fd^[en, feine
oft fd^toer ^u überfe^enben Steuungen, @rabe, ^mter tmb äBfirben )uerfl b») auf«
6 jugäl^len.
3m 3al^re 1849 „scholar" be« Sirinitb GoIIege ; — 1851 baccalaureos artiiun,
„wrangler", „senior classic", unb erfter „chancellor's medallisf' ; — 1852
„fellow'' bed ^rinit^ SoQege; — 1854 magister artium, auc^ ol^ 3>iaIonu$ or*
biniert; — 1854 ÜRitgrünber bed Sambribger „Journal of classical and sacred
lophilology" (erfc^ien 1854—1859); — 1857 „tutor" im IrinitJ; Sottege; 1858 ob
$riefter orbiniert, ebenfalls 1858 ,,select preacher" in ßambribge; 1861 „Hulsean''
$rofef[or ber Geologie in Sambribge, ^enfoDd 1861 RapUm bed ^rinjgemo^ä; —
1862 esaminierenber ita^Ian bed Sifd^ofd t)on £onbon (Xait), oud^ 1862 ^onoradaf>latt
„in ordinary" ber Äönigin; — 1864 doctor divinitatis ßambribge; — 1866 imb
16 1867 „Whitehall".$rebiger ; 1867 bertoeigerte ©mcnnung gum »ifd^of bonSic^fidb,-
1869—1879 ejaminierenber äcöplan be« Srjbifc^ofd bon ßonterburl^ (latt jum ©rjbifc^of
beförbert); — 1870 3uU bi« 1880 SRoöember einer ber Kebiforen be« englifc^ 9fU
(man arbeitete gufammen biergig Sage im 3^1^^) \ — 1871—1879 refibierenber %tm
berr ber ^aufölotl^ebrale inSonoon; 1874 unb 1875 „select preacher" in Dsforb; —
ao 1875 gab „Hulsean'' ^rofeffur auf unb tourbe „Lady Margaret professor of di-
vinity" in Sambribge, unb afö folc^er audd Sieftor ber ^irc^e t)on Xerrington @i Sb»
xMx^i^ inSJorfoII;— 1875 „deputy derk of the doset" gur Königin; — 1877 bu»^
ben Oiforber unb Sambribger 3[ntrag Cßarlamentdantrag) gu einem ber ftdben Sebolt
mäc^tigten für ßambribge nominiert;— 1879 am 15. SRärg gum Sifd^of bon ®ur^
26 (ba^er feine Unterfc^rift fortan J^of^^ Sarber Dunelm[ensisj) ertaKi^lt, am 10. S^
beft&tigt, am 25. 9[))nl in ber SSeftminfterabtei burc^ ben Srgbifd^of bon f)orI unb ftdKn
anbere Sifc^öfe fonfelriert, toobei fein ^eunb Doml^err 5ßrofef|or SBefteott bie ^rdiigt
l^ielt. ®r heiratete nic^i
^iefe Ina))))e Slufgö^Iung la^ fd^on ben reid^en ^nl^alt bed Sebend Sig^tfootd al^nen.
80 J{e^ren toir gum 9(nfang feiner ^ätigleit gurüdt. 9D[d ange^enber Sogent, etta>a einem
9lcj)etenten ober ^ribatbogenten entf))re$enb, geigte er fc^on bad grö^e ^nlereffe f&r feim
Schüler, toenn er auc^, unb gtoar big ut feinem Seben^enbe, gurüdCpaltenb unb fc^üc^tem
blieb, big man ü^n anging. 9lld ^rofeffor gog er bie @tubenten in @(^en gu ^ unb
feuerte fie an, fotool^I burc^ bad \oqA er bot, burc^ bie a^e feiner Aenntniffe, bwnd^ ben
86 9{ei(^tum feiner @ebanlen, ald auc^ burc^ bie SQetfe, auf toeld^e er ed bot, burc^ bie teil"
na^mboQe, günbenbe 3lrt feinet Ilaren SSortraged. Sie @igenfc^aften, bie i^n ald ob«
bemifc^er Se^rer au^geid^neten, liefen il^n um fo me^r al^ ^rebiger, unb gtDor an ba
großen ^autelird^e, glängen, unb feine öier Sönbc 5ßrebigten finb ebenfogut gu lefen, tote
gu boren, ©eine SSoriiebe für Äird^engefd^ic^te beti^ötigte fid^ im ^al^c 1870 bun^ b«
40 Stiftung breier @ti))enbia (scholarships) ^ufammen 4500 £ ober 90 000 M für itirc^
gefd^ic^te „an fid^" unb „in Scrbinbung mtt allgemeiner (Sefd^id^te". 6« hnir eine fc^e
2öerbinbung feiner Siebe für bie SBiffcnfd^aft toie für bie 5ßrajig, unb feiner tJreigebig«
feit, ald er in feinem Sifd^of^palaft in Stfl^o)) Sluddanb (bieQeicbt 15 Kilometer bim
Surgam) ftanbibaten um ftc^, um feinen ^ifd^, fammelte* fec^d bid ad^t auf einmal
46 n)ol^nten frei bei i^m unb tourben burd^ feine (Srgbelane unb Jta^Iöne unterliefen ; mat
ad^tgig ^aben biefe SBo^Iti^at genoffen. 911^ Sifc^of ging er barauf oyx^, in feber Jcitt^
in {einem @))renge( gu ))rebtgen. SBenn ic^ nic^t ine, trat er in £iber})0ol im Igo^
1879 in öffentti^er Siebe für ba« „University College" unb für bie Xcilnal^me b«
^auen baran ein.
60 ©eine I^ätialeit at« „refibierenber 3)oml^err" gu St. ?PauI unb feine SBerbinbung mit
3:ait, bem Sifc^of unb (Srgbijd^of, Ratten i^n auf bie SBertoaltung einer 3)iöcefe bor»
bereitet, ^abei ift aber gu bemerfen, ba^ 2)ur^am eine befonberd toic^tige 2)idcefe ijl
Sigl^tfoot toar ber erfte 9tfd[^of feit Sofm im ^[a^re 1660, ber auf biefen ^ol^ @^
gelangte, ol^ne frül^er anber^too Sijd^of getoefen gu fein. 21K SSifc^of betriÄ er eifrig bie
66 fe^r nottoenbige, feit mehreren gal^ren borbereitete i^eilung be« ©t)rengefö. S)ai8 lÄtige
Selb für bie neue ^iöcefe ^tetocaftte )t)urbe fd[^lie^(ic^ gufammengebra(^t, toobei bemerlto
ift, bafe ein Quäfer, % SB. ^eaje, ba« grofee Oefd^enf be« ©(^lojfe« SentoeB 2oW
ate SBo^nung für ben gu emennenben Sijd^of Don 9Jetocaftle ma^te; ber neue 9if<W
tourbe 1882 fonfefriert. Diefe Teilung fertig, legte er ftd^ barauf, bie fel^Ieiü>en Äin^en
60 in feinem ©^rengel gu befd^affen. 6r berief eine Serfammlung in 2)ur^m, geigte, b4
fiigf|ffDDf, ^D\tpi Satbct Sigiton nnb ker StgaoriatterarticR 489
fünfunbitranjig {{irc^eti unb 5IIi|rion^räuinE nötig lüäwn, itnb ytiflcte (jlbft eine aroftc
eumme ; gegen 30 000 £ ober 600 000 M hjutben in ber Sjerfanimlung ju(Qinmfn=
flebtactit. Üla^ |ünf ^ai^xm hmren (c&pn fünfunbuierjig Äirc^en ober tOtiiriPn^tapetlcn
fettig ober no^icju ferlig. 3i"" ^«"'e für boö je^nte ^a^r (eiiieö 31inteÖ ftiftete ei felbft
(ine flirt^c in ber Stabt ©unbetlanb. Ör intcrcjfiette fid) [e^t für eine ^ibcefunftiftuiia, 6
bie ade bie Stiftungen für (irt^Ut^e S*""^* '" t« Diöcefe üereinigen (oUte, für Äin^en,
Eckten, 35erli((ierun9, ^enjionögetber für ©eiftlit^e unb ä^nlii^eS; [ein eigener Seitrag
bfl^u tcor 50Of ober lOOOO M jä^rlii^; biefcr Stiftung tjinterliefe er au^t ben größten
3:eil feineö Seftgc«. @S gefiörtc mit ber ^ertnefjrung ber Äir^en julammen, bafe er für
bie 5ßenne[)Tung ber fianbbetane (orgte, unb bafe im 3Ra\ 1882 ein jtueiter @rjbe[an an= lo
(jeftellt ttiurbe. aßie er als 3ieItor öon lerrington, ©t. Glemenlö, in ben ga^ren 1878
unb 1879 jener Äiw^e 2140 S ober 42800 M gejpenbet Ijatte, um ba« S^or (chan-
oel) jii erneuern, ga6 er ali Sift^of biel l)ecmi, um ben [)if{^()fli<$en ^alaft ju ber^
fi^önem. Unter ben oielen 3Jingen, bie er mit 35ßrliebe f&tbertc, Waren bie Setuegung ju
@unften ber S^emjjeren; unb baä ^i\%e ßreuj. is
2öenn toir unö ju feiner (djiiftfleHerilrfjen ^Ijattgleit toenben, finben mir im erften
Slugenblid ein ^nd^m feiner ©etoinentiaftigfeit ^m ^a^re 1853 Würbe itjm ein $reia
für eine Slibeit, ^aui)t(ddjUi$ über $^iIo, juerlonnt. SJotö toar bie SluS^änbigung beä
^teifeö bon ber Seröffenllit^ung ba 2lrbeit ab^ngig, unb er beroffentli^te fie nicbt, tneil
er mit ibr nii^t jufrieben War ; §ort meinte, er ^abe boä 3Jtanu[tript Ocmii^tel. @r 20
fc^rieb manche ^b^anbtung [otoo^l über flaffile^e tvie ouc^ über t^eologifd^e @egenftanbe für
bog obenerwähnte „Journal" (f. ©. 488, »). — Xai ^a^r 1865 eröffnete bie SRei^c feiner
Jjrät^tigen, »on ber gonjen Ifjeologifdjen aiett gejdjäfiten Kommentare, mit ber 8cl)anb(ung
beö ©flloterbriefeö (^ieubt. b. 10. SJuäg. 1892) ; ber ^[(UiiJijeTbrief erf(^ien 1868 (8. 9Uieg.
J 885) ; Äoloffer unb 'ptiilemon 1 875 u. f. w. 3EeubT. 1892). 2)iefe Kommentare boten ben grie= 2B
d^ft^ 2)ejt, einen aufierorbentlidj reidjen flommentar, unb großartige aSiälurfe. — iDie fo=
genannten „apüftoüfc^en 95ater"— Wann loirb man mit bief er Sejeic^inung aufräumen? —
bilbeten einen ^auptgcgenftanb feiner gorft^ungen. Sein SIemenä Bon 3tom erfi^ien im
Satire 1869, ber ^ppenbif baju mit bcm Srtjennioömaterial 1877 (toieber 1890 in
gtoei Sänben). Iroe ber 3Küt)en beS SifdiofSamteS (e^te er biefe Strbeiten fort, unb ber so
jweite leil ber „apoftDlifc^en 3iläter", nämlit^ ^gnatiuS unb iCoI^carp, erft^ien 1885 in
jWei Sänben, bot^ ber jWette leil Wieber in ä^ei leile gcfc^ieben (2. Stuög. 1889 in
brti Sönben). Si^t"^}*^"** '""9 toerben bie gorfi^er not^ »u biefen monumentalen 3tuS=
gaben greifen. 3- ^- Öarmer beforgle eine ^anbauSgabe biefer Sig^tfootft^en „apoftolif(^en
äiäter" 1893.— a(I«3iebi|or fi^rieb er 1871: „On a fresh revision of the EnglishsB
NT" (2. Äuäg. 1872, 3icn)=f)ort 1873; mit einem toeiteren In^ang, fionbon 1891).
6r woÖte (eine ^otbe Steöifionäarbeit, unb er trat mit aßet Äraft gegen bie SJertoenbung
be« jüngeren griec^ift^en %eff,ti ein.— 6in namenlofer iierfaffer (ßafleT«?) Berijffentli(^te
1874 ein Sud): „Supematural Religion", Jagen Wir Xiibinget Si^ule, ober mobemi=
fiert Sig^tfoot befprai^ unb Wiberlegtc manche ber Bebauftungen biefeS Serfaffträ in w
ber „ßonlemporarp SHeBieW" jWift^en 5>ejember 1874 unb ÜRai 1877, unb bie wertooHen
Sb^anblungen erfdiieneii in Sut^form 1889 turj bor feinem 2:Dbe. 9ia(^ feinem 2;obc
brachte hai ^{ti)x 1B90 baS S9u(^ „Leadere in the northern cburch", unb ben Sanb
Don „Ordination addreases and couiisels to theclergy"; — ba5 3lat)r 1893„BiblicaI
Essays" ethw ein Sirittel aui ^ät\ii}ü^Un, bae übrige auö ^oUegienl^eften ; — baö ^alir «
1895 „Historlcal Essays" unb „Notes on epistles of St. Paul from unpubtished
commentaries". — Unter ben bieten SIrbeiten, bie er auf fii$ na^m, barf feine @t:
lemung ber foptifc^en ©prai^e nii^t unetloältnt bleiben, dr trieb toptijd) tjauplfäci&lict im
^ntereffe ber neuteftamentlidien 2:ertfritit unb befpra$ bie loptifc^en Überjei^ungen in bem
großen teft[ritif[|en SBerl »on ©critiener. — Sr War ein gtofeer 'Jü^rer in 2:i)Co[o8ie, 00
®cfi$ii$te unb prattift^em Gliriftentum. fiofliat ffleni- ©reßorij.
Stgnori, gefl. 1787, nnb ber Signoriatitrorben. I. Seben u.S4riftenb. Stift er ä.
1. »iograp^itn. a) uon talholildicu ajfvfofjtrn tgrolenieill iHebtmptoriflen): ?Inlonio
aKaria SannPia (unmittdb. Scbüler £8); Ddla vil* ed insötuto di S. Alf. Maria de Li-
guori . . , L. quattro, Napoli 1798 — 1802 {3 voll.; aud] franjB[. : M^moires sur la vio et
hl congrSg. de 3. Alf. etc., Par. 1842; t!al. in neuer ?lu«g.: edizione riveduta e corretta
dal P. Äflt. M. Chiletti, Torino 1857); $. Sine. SInl. ültatttni, Vita del b. A.M.deLig.,
«om 1815 u. B., j. S. glorenj 1818. aRonja 1819; aut^ beull*, 9Bltn 183& (lürjtr gtfafil
aU b. uor. 93(rt. aber Wlc^lfg gtlourben für bie 18:i9 erfolgte ^eillgfpret^ung S.i [etiattini
J
490 Sigttoti »Hb bcr Signortaitcrorbeit
betrieb ben fianonifationdprojeg als „Postulatore della causa'']). 9(nbfre fat(. Vitae in
tne^T ober weniger fur^er gfaffung lieferten: Seancarb (fionoatn 1829; au4 beutfcb burtt
^orinoer, SRegenSburg 184U): m^poli (Napoli 1834), Älot^ (Äatfien 1853), ^ugue», C.aß.R
(3Hünftcr 1879), ©aintrain, C. ss. R (Xourno^ 1879; au* beutfcb b. ©cfteperS, aiegenÄburg
6 1883); 0. ©iSIer rSinftebcIn 1887); @4eper«, «. 3^. ü. Sig. in f. Wlffion a\9 ^eiliger,
Orbendftifter itnb ^ir^enle^rer (SJ^ain^ 1887). S)urc6 queQenmägiae ^rünbli^feit sumeift
QUdgejeic^net, Don ben ga^IreicJ^en @öfu(arf(!^nften aud b. g. 1887 fiber^au^t bie befte: Start
^ilgdtron, C. ss. R, fieben beS t). ^ifd)ofd unb ^ird)en(e^rer« 9(. Vt. be Sig., 2 9be, 9{egeiid-
bürg 1887. ^ie neueften umffinglit^n 9(rbeiten Don l^arbinal (S^i^ecelatro (Vita diS. A.M.
10 d. Ug., 3 voll., Borna 1893; franjöfifcft burcft fie 3Ronnier 2 vols., fiille 1895 f.) unb öon
SBert^e, C. ss. B. (Saint Alf. de Lig., 2 vols., $arid 1900) fönnen gegenüber biefem ^avü^U
werfe faum felbftftänbigen Sert beanfpriicben. SBgl. noc^ ald Heinere l&ebenSbilber unb (^^
rafterifHfen au« ncueftcr Seit: ^eflba*, C. ss. R., «rt. „Siguori" k. im Äftß« VII, 2023
bl« 2052; Xer ^oar, 3). b. 51. ü. fiig. unb feine 3Jiiffion in ber Äirtfte: „ÄatboUI* 1896;
16 3f. SWeffert, 3). b- ^- »• ßi9-r J^ird|cnlebrer unb^lpologet be8 18.3abrbunbcrtÄ, ^ain^ 1900
(ein nicbt gerabe fcbroff ultramontaner 9}ettung«Derfu(b, ben ^l ^Ifon« ald @4riftfteller unb
ald tbeol. @)elebrten ber ^itit niebr ober weniger preidgebenb, aud) ^uge^ebenb, bog im
$unfte ber ^afuiftit oon ibm al« ^oraliften „moncJ^mal oiel ju oiel gefd^b^n fei", übrigen^
eifrig bemübt um ^erüorbebung „feine« tief religiöfen ®eifte«, ber größer fei ald feine 9^
20 wei«fübrungen'' 2C. ^g(. unten).
b) 93on attlatbol. unb eoang. ißerfaffern: 3. 0. 3)öaingeT unb S-$. S^eufdb. <S^
fd|i(ftte ber gjioralftreitigfciten in ber röm.«!atb. Sfirdje, i«örblingen 1889, I, 356—476 (\>%l
unten); ffi. &. Sittlebale, Art. „ißiguori" in ber Encyclop. Britannica, XIV, 634—639. -
5BaI. b. «uffaf (oon P. Xrebc): «.^.bi ßiguori; einSSlatt au« bem relia.-fircftli^en ßeben
25 ©lib^gtalien«: 5l(lfiÄ3 1887, ?«r. 42. 48; ®raf ^oen«broecb, a.3Rar. t>, Siguorl : *3 1901,
6. 432 ff.; be«felben größere @(brift: 3)a« ^opfttum in f. fojiaUfuIturetten »Irffomfelt, H
fowie bie unten, bei Slefprecbung ber moraltbeologifc^en Schriften 2.9, angegebene ftontrooeri*
fiitteratur.
2. Schriften unb Briefe Siguori«. a) ®efamtau«gaben ber ^er(e (o^ne b.Sdefe).
sogtalieniftbc: 3Jlonaa 1819 ff. (1828 ff.), SScnebig 1830, 9?eapel 1840ff., 2urln 1824, fowle in
neuer oerb. ?lu«g, (tbh. 1887 ff.), granjöfifcbc : Oeuvres complötes du S. Alph. M. de lig.,
traduites par les PP. Dujardin et Jacques, Toumai 1855 ff.; (nouv. 6ddt 1895 ff.), fo»ie
bie unuonftänbig gebliebene $arif er ^u«g. oon $.$IabQ« (1880 ff.). S)eutf((e 9(u«gabe: ^ie
9Ber!e be« b* ^- ^- ^' Si9- ^c.. au« b. Sfran^. burcb P. ^ugue« u. P. ^aringer, 42 9be, 8*,
86 SRcgen«burg 1842—1847. — (®egen ber ^auptwerfe im einzelnen f. unten im 2ejt).
b) SSriefe: Baccolta di Lettere . . . del b. Alph. M. d. Li^. 2 voll., Monza 1831.
SSoÜftänbiger : Lettere di S. A. M. d. Lag. . . . pubblicafe nel pnmo centenario della soa
beata morte, 3 voll., Borna 1887 ff.; au4 beutfcb: ^Briefe be« f^l 5^ir(benlebrer« «[. VL oon
fiig., 3 S3bc, 9ficgcn«burg 1893 f. (ogl. baju mp^. m. 0. ßig. na* feinen »riefen: ^..?oL
40 »l. CXVI, 313ff., 404ff.). 8ur Beurteilung fi.« al« (Scbriftfieüer überhaupt ügl. 3)öningef
SRcuf* 1. c, @. 392 ff. unb ®r. ^oen«broecb in ^3 a. a. D.
9U))^on« 3Jlaria be Stguori; ber je^t beliebtefte unb einfht^reu^fle lot^olifc^ 3fiütci^
tj^eologe unb @rbauung«fc^riftfteDer be« 18.3<^t^unbert«, tuurbe oud ottberü^tet neat^o*
litanif^er $atri)terfamUte geboren am 27. (September 1696 guSRononeDa, emec Sorfiobt
46 92ea))el« (bie Slngabe, ba^ er )u $agant bei 92ocera, tuo er jule^t lebte unb fiodb, oik^
geboren fei [fo ber t^n betr. auffa^ in mSStR 1886, ©. 188], ifi irrig), ©ein »otcr,
@iufe))))e ba Siguori, toar ein burc^ ^dmmigfett au«geui(i^neter Offijier. 2)ie 3katba,
3(nna Jtatl(farina Sabalieri, Xod^ter be« f})äter )um äSifc^of bon Ztoyi oeförberten unb im
9lufe ber ^eiligfeit geftorbenen @mil 3ct!ob Sobalieri, übertraf i^en ®ema^l ttod^ in
60 ^infic^t auf reugiöfen ßifer. 3^^^^^"! SrnPuffe toar bie begcifterte Eingabe an bie ©«J«
Der {{ird^e, toelci^^e 9[())^on« 3Jlaria, ber britte i^rer ©i^l^ne, bon früher Sttgmb an bet^
tigte, ^ai4)tfäc^(ici[^ ju banfen. Sr^ogen bei ben Oratorianer))riefiem be« ^^ifip)) 3m,
b. 1^. feit feinem jel^^nten !^eben«ia^re uKitglieb einer bon benfelben geleiteten Kongregation
junger älbeliger, toibmete berfetbe fu^ bem ©tubium ber $l^ilofo))]^ie unb ätecbt^hnffof
66 fd^aft mit foid^em @rfo(ge, ba^ er fd^on in feinem 17. ^al^re bie juriftifc^ So!tortoibb<
erlangte unb bamit in ben Slbbolatenftanb eintrat. (Stän^enbe 9u«ftd^ten t^en fu( iN
für ben %qü toeitcrcr Verfolgung biefer Saufbal^n auf; allein ein beim ^piobieren f
einen bome^men Äfienten bon il^m begangener S^^Ier, bcfte^enb im überfel^ ein« SSff*
neinung«t>artifel in einer an^ ben Slften citierten ©tcDe, infolge toobon ber betreffenb«
60 ^ro^eg berloren ging, erfüllte t^n mit bem unübertoinblic^ften 3BibertoiQen gegen bot
!'urijtifd{>en Seruf, ben er bal^er ungead{>tet ber eifrigen älbma^nungen frine« Satei« oB«
)alb quittierte (1723), um fic^ bem ?Priefterftanbe ju toibmen. SRa^ dner no<^ in feine«
@Item^uf e angebrachten Qüt längerer Surüdgejogen^eit unb Eingabe an geifUic^e Sebcoi^
tungen em))ftng er (1725) bie ©ubbiaIonat«toet^e unb trat mr) barauf oUSlo^ in tn^
St{«ori ttitk ber Sisttoriotterorbeit 491
itongtegotion ber $ro})aganba ber @rjbi5cefe 3l^Qpd, um aU üniffbn^riefter im 3)ten{le
bed $o))fhumd )u tDtrIen. 1726 erlangte er bie 3)taIonatdn)et]^e (6. 9ltml), foh>te Snbe
bedfelben ^o^red (21. 3)e)ember) bie ^rieftertDei^e. Sinige ^al^re fpöter löfte er, burd^
tkfeerftebelung in bad f og. d^ineftfc^e ffoDegtum ber $ro))aQanba, bie SSerbinbung mit feinem
Soter^fe DdDig (1729). @ein befonberd ber geiftlic^en $f;ege unb Untertoeifung ber 6
armen ftd^ toibmenbed ÜBirlen, mittelft be^ fog. Jta)>eaenunterri(^td, beftel^enb in Silbung
deiner SBereine ju Snbac^ten unter Seitung bon burd^ i^n Befteüten Jlatecbeten, führte il^n
balb bon 3lta!pd mdf berf^iebenen Orten Unteritaliend. ^u t^oggia in älpulien tDor e$,
too i^, tDol^frenb feined bortigen 93erh>eilend aU 9uf|))rebiger )u 9(nfang bed X 1731,
bte erfite jener Snijüdungen )u teil Xoaxt, beren er fpöter h>ieber^oIte erlebte. $em bor lo
einem SRorienbübe Jlnieenben erfc^ien bie ^I. Jungfrau in i^rer gongen @(^5ne; ein bon
t^rem ^caipU ou^el^er Sic^tftrol^I lie^ fic^ berllärenb auf feine ^time nieber. @ine
gcfä^lä^e Jtront^eit nötigte i^n Balb borouf ^u einem Sufentlpalte in ^molfi, um &iQX*
haiQ gu fu(^. 2B%enb ber toieber ®enefene )u ©coIa unh>eit ^malfi geiftlid^e Übungen
mit ben bortigen Alofterfrauen obl^ielt, erHärte il^m eine berfelben, bie @(i(>h>efter SRoria i6
(Selefie Sroftorofa, im Seic^tftu^Ie: ber ^eilanb h>oDe nic^t feine Studie!^ nad^ 9{eat)el,
fonbem fein Sertoeilen an Drt unb @teue, be^ufd ®rünbung eine^ neuen SSereind bon
SlKffton»})rieftem, um „ben berlaf[enen ©eelen $ilfe gu bringen". 2)a feine geiftlic^en 95or«
g'e|ten, indbefonbere Sifc^of %f}omai ^koja bon (Safteüamare, bie hierin liegenbe SRal^ung
eine göttlid^ertoeife berurfac^te erllörten, toeld^er ^olge gegeben toerben muffe, fc^ritt ao
2i0uori, bamafö 36jöl^g, am 9. 92obember 1732 jur Sttftung ber betreff enben neuen
Aongregation, genannt „®enoffenf((faft unfere^ aDerl^eiligften @ri5ferd" (Oongregatio S.
N. Redemptoris) unb nad^ ä^nlic^en ®runbfä|en bo^a^t h>ie f. 3* ^^^ Kongregation
bo 3Rifftond)mefter be$ SSinceng bon $aula (bgl. ben f. 9(rtile0. 3)ie ®rünbung erfolgte
utn&c^ im Heinften 3Ra^ftabe, unter Beteiligung einiger toeniger $riefter unb Saien, 26
bcren Serein toäl^^renb ber )h>ei näc^ften ^al^re auf jene^ @täbt^en @cala befc^ränlt blieb.
Sd^toere 9(nfeinbungen bon berfc^iebener @eite ^er brol^ten, h>ie geh>5|nli(^ beim
Sntfie^en neuer Orben^genoffenfc^aften, ben SSerein n>ä^renb ber erften ^al^re feiner ®j:i«
ftoi} »t unterbrüden. t)ie ^ropaganba fc^Io^ Siguori old unrubigen ^teuerer bon ftd^
ma, Aorbinalenbifc^of ^ianateQi bon ^l^cüptl äußerte ftd^ mi^Qigenb über fein Unter« ao
nc^cn. SHe sRe^r^o^I oer bem Drben m @ca(a Seigetretenen tourbe infolge biefer
Sc^mtDirlungen toieoer untreu ; bolb fal^ ber Stifter ftdp bon aDen ®ef öl^en bid auf
^DCi, Sefore @))orteIIi unb ben Saienbruber SSitud Surtiud berlaffen. SlOein feine Se^arr»
ui^teit löm^fte ftc^ ftegreic^ burd^ aße biefe Anfechtungen ^inburd^. Salb tonnte er ein
paitüt^ fyiis feinet Orbend, gu SiDa Sc^iabi in ber 3)iöcefe Sajauo, fotoie 1735 ein 86
TOtted,ju Ciorani in ber 3)iöcefe ©alemo, auftl^un. 6« folgte bie leftere 2lu«geftaltung
eer 9(egd, fotoie bie erfte ©eülbbeablegung (21. ^uK 1742), toorauf Siguori burd^ ein*
tmige SSSo^l ber Kongregation gu beren ®eneraIfu^erior ober Rector maior auf
Sebend)eit erl^oben tourbe. S3alb barauf erfolgte aud^ bie erfte ))ät)ftli(^e Seftätigung
biird^ ein Srebe Senebilt^S XIV. bom 25. ^bruar 1749, betn freilid^ bie neat)oIitanif(^e «o
Slmierung i^ Xnerlennung berfagte. — ®ie toeitere Ausbreitung ber ©enoffenf^aft
twfyn nun rafd^ ^ortgang, gunä^ft innerl^alb bed Sleid^ beiber @i)ilien, h>o ber Stifter
tmouf^öriic^ mifftonterenb unb bifttierenb bon Drt gu Drt um^eneifte, in elenbefter Älei*
bung, unter Xudttbung ber ftrengften Aufteritöten (Sd^Iafen auf hartem @trobfadt, ftetd
tmr fünf @unben long ; fragen bon ©tac^elgürtel unb Su^emb ; tägli^e Selbftgei^e« 46
btng K» auf« Slut, l^arte ^aftenadlefe k. — bgl. ©öllinger^Sleufc^, ©. 370 f.). ®ie
*«tfcl^ritte, toeld^e fein rafUofer gifer feit Anfang ber fünfziger 3a|re nid^t Mofe im
Qkünben immer neuer Käufer feine« Drben«, fonbern auc^ mittelft ^erangiei^ung beStoelt*
Qi^ unb r^ulierten Jlleru«, femer be« Abel«, be« ^anbtoerferftanbe«, ber Armen unb
Mbft ber (befangenen jur S^eilna^me an feinen geiftlicf en Übungen erjielte, toaren reiben« 6o
ber Art unb enegten allgemeine« ßrftaunen. 6in Dfpjier urteilte barüber: „®ie anberen
ailifftimen ftrib »elagerungen, bie be« Alj)l^on« aber ©rftürmungen." ^u ben 9Kitteln,
tmri^un^ er biefe (Srfolge )u erzielen ton^U, gehörte bor allem eine mögltd^ft gelinbe 93e^
^onblung feiner Seic^ttinoer im Seid^tftul^l, berbunben mit bringenber Aufmunterung ber«
fdben ut ^äufi^em Abenbma^l«genu^ (beibe« im ©egenfa^ jur rigoroferen $ra^« be« 66
jonfeniftif^f gen^fteten Seil« ber bamaligen italienifc^en Klenler) ; be«gletd^en eine gefc^idfte
Zaftit in ber ©inrid^tung ber SKifftonen unter bem Sanbboll einerfeit« unb ber ftäbtifd^en
Sttffumen anbererfeit«. SQSäl^renb er jur Abl^altung ber erfteren metft nur 3—4 feiner
$rtefter entfonbte, umgab er ftc^ in größeren ©tobten iebe«mal mit einem @tab bon min«
befleii« 10—15 ober gar 20 tool^lgefdSfulten priefterlidS^en ©el^ilfen. ©otoo^l bie lanb«
492 Sigttori nnb ber Sigtunriostambeit
Itd^en tote bte jläbttfd^en SRifftonen lie^ er tegelmä^ig ntinbeftend 10—12 %a^t bmtem
an 4—5 biefer Jage tourben aud^ ©elfeftgei^elutigen öon ben an ben SRifftoncn teit
ncl^menben SKännem (Slbenb^, bei au^elöfc^ten Siebtem in ber Äird^e) öoraenommen, —
SSon befonberer 99ebeutunQ tourbe bad ^nftitut ber „9ienot)attünen'^ barin befitel^enb, ba|
6 er bie 3)lifftonare etlid^e Monate nad^ abgel^altener 3Rif fion ben betreffenben Ort a6ermal§
befud^en (ie^, um fo „hai getoirite ®ute ya befeftigen unb bie, toeld^e bem Stufe bec
®nabe noc^ nid^t gefolgt toaren, aud i^rem Sünbenfc^lafe auf2urütteIn'^ — ^r^eßer,
tl^eologifd^e Jlanbibaten unb @tubenten, @beUeute Jtlofterfrauen 2c tourbe obenbrein bod
Snittelber geiftlic^en Übungen nac^ bem Schema So^ola^ fleißig in äbttoenbung gebrac^
10 3;rofe feine« SBiberftreben« er^ob i^n 1762 ber jelontifd^e 5ßaj)ft (Element xni., in
richtiger äBürbigung feiner ^ol^en Sebeutung, auf ben Sifd^of^ft^ t)on @t. Sgota ber
®oten (de' Goti) }u 92ea^el. @d begann bamit bie fc^on an feiner SSiege in 9e)ug auf
i^n gefproc^ene SSSetdfagun^ eine« ^eunbe« feiner @[tem ftc^ )u erfüQen, bie il^m etnec^
feit« bad Gelangen jur 99tf(^ofdh>ürbe, anbererfeitd ein lange« Seben t>on über 90 2|a^ren
16 t)er^ei^en ^aben foQ, unb in ber Xl^at auc^ in il^rem jtoeiten Zeile ^ur 3ßa^^eit tourbe,
ba Siguori erft am 1. 9(uguft 1787, in einem Sßter bon 90 ^afycta 10 ältmutten unb
5 ^gen ju Stocera ftarb. @eit feiner ®idbebung jum ®))i{!o))at übertoie« er bieSertoaI<
tung feiner Jtongregation jum Zeil einem ^enerabitar, bem $ater 9(nbrea SiDom. 2)ie
burd^ ben nömlic^en raftlojen @ifer, ber fein orben«grünbenbe« SBirlen (^orotterifiert, aaS^
20 gezeichnete, überaä auf Sleform ber {lerilalen ^nftitute, ^ebung ber Seelforge unb bed
reli^iöfen ^ugenbunterrid^td unb ^5rberung be« 9(nbad^t«leben«, indbefonbere be« marto«
latnfd^en, pinarbeitenbe Sfü^rung feine« 93ifd^of«amte« (in toeld^er bejonber« öftere, cot bor<
^erige SRifftonen ftc^ anfc^He^enbe ©emeinbe^äiifttationen eine toic^ttge Stode hielten) fe^te
er nur 13 ^al^re l^inburc^ fort. 21m 15. 3uli 1775 enthob i|n ^iu« VI. ber »ürbe
25 be« ®})ifIo})at«, um beren 3[bna^me er toegen an^altenber jtrönHic^teit fd^on beffen Sot^
gönger Giemen« XIV., toietoo^l bergeblid(^, gebeten ^atte. 3)er ^^i^^O^ner (SlemenS
h)u|te nömlidb bie 93eftrebungen unb Seiftungen unfere« ^eilioen 90^ gu f(^ä^: fx
foD gelegentlid^ einer Sitte bedfelben um 9lmt«ent^ebung toegen Jtranl^eit geäußert ^en:
„@« genügt, ba^ ^Ronftgnore Siguori bie 3)i5cefe bon feinem Sette cai^ regiert; ein ein»
80 )ige« ®ebet, ba« er bon bort au« ju ®ott em))orfenbet, ift mel^ toert oI« j^nbert Sift>
tationen \" — 92a(^bem $iu« VI. fein 9(bfd^ieb«gefud^ genei^migt, lebte S. in a^U^djfx
Surüdtgejogenl^eit unb ^rmut — eine bifd^dflid^e ^enfwn ^atte er ftc^ nic^t au«bd»ungett
— in bem $aufe feine« Drben« San Michele dei Pagani bei SRocera. 3" ^«^ fonftigen
93ef(^h>erben feine« ©reifenalter«, beftel^enb in großer jlör))erfd(^n)ä(^e unb ganglicper So»
86 Irümmung be« Siüdtgrat«, traten noc^ fd^toere Jtümmemiffe ^inju, ioelc^e i^m eine SfKiItung
in feinem Drben, au«gebrod^en infolge be« 3c^ürfniffe« jtoifd^en ber liberalen nea|)olitamfc^
Slegierung unb bem $at)fte $iu« VI., bereiteten. @r erlebte bie SQieberberemigung ba
beiben Parteien, in toelc^e bie 9lebem))toriften'Jtongregation bamal« au«einanber broqen, eine
römifd^spä))ftlic^e unb eine löniglic^ nea^olitanifqe (f. unten II), nid^t me^r, foQ aberfiet»
40 benb fte beibe, „bie SSäter, bie im Jtönigreic^ 92ea^el fmb, unb bie im jtirc^enftaate lebem
ben", gefegnet ^aben. — ©d^on neim 3^^^^ ^^^ feinem 2obe, am 4. ÜRai 1796, tmirkc
Siguori burd^ ?piu« VI. für ei^rtoürbig erllärt, bann am 15. ©ej)tember 1816 bunj
$iu« VII. feltg gefprod^en, enblid^ am 26. 3Rai 1839 burd^ bie SSuEe »Sanctitas et
doctrina" ©regor« XVI. lanoniftert. ^iu« IX. I^at biefen öon feinen SSorgängem ge»
46 fpenbeten S3eiträgen jur gloria posthuma Siguori« bie l^öd^fte benfbore nu«)ei(^nung
S zugefügt, bur^ feine 3[ufnal^me unter bie Doctores ecclesiae, im älnfc^luffe an bie
9er nac^ unb nad^ ju biefem l^öd^ften Siange erhobenen ^l^eologen be« Krd^liqfen SQtet^
tum« unb 3){ittelalter«, tote Xl^oma« Slquina«, 93onabentura, 99em^b b. (SlairtKms unb
jule^t nod^ (1852) ^ilariu« bon $oitier«. „2Bir tooQen unb befd(^lie^en'', fo fogt bot
60 betr. $romotion«beIret t^om 7. ^uli 1871, „ba^ bie 93üd^er, Jlommentare, äÖ^onblungoi
(opuscula), lurj bie SQerle biefe« ^oftor« gleich benen ber übrigen 3)oItoren hct ftin^
citiert, angefül^rt unb erforberlic^en ^^e« benu^t toerben, unb )h>ar nid^t blog im $ribat«
gebraud^e, fonbem öffentlid^ in aQen @^mnafien, Slfabemien, ©c^ulen, StoD^en, 2e^'
borträgen, Äontroberfen, ©d^riftau«legungen, ^rebigten. Sieben unb allen fönten
66 lid^en ©tubien unb c^riftlid^en Übungen." 3)en Srunb für biefe au^erorbentlic^
äBertfct^ä^ung ber ©d^riften Siguori« giebt ba«felbe 3)elret au«brümi(^ unb auf unmi|'
berftönblic^e SBeife an. 92ic^t blo^ toeil biefe ©d^riften im allgemeinen „boD ©ete^rjam)
feit unb grömmigleit" fmb, fonbem fj)ejiell be«^alb fte^en fte f od^, toeil „bie SBäa^r^eiten,
betreffenb bie unbe^edte @m))fängnt« ber ^1. ®otte«mutter unb bie Unfe^lborteit be« ex
60 cathedra le^renben r5mifd(^en $at)fte«, biefe bon Un« unter bem 3^1^^)^ ^^ <^
i unb ber fitguDttanerptben
litten 'BoKS unb mit ^ufiiimuig ttr 'praloten ber latfioliff^eii 5ßell in grofeet ^a^
^ttionierteit SÜa^tbeitcn, [\d) batiti aufö trefflit^i'te (avec la plus grande nettetg) bat=
aelegt unb burc^ bie ttäftigflcn ®tünbe erlüicten finbeii" (»gl. ben franj. lejt beä iCfc
hm, {Mäm^ißt\\t mitgcleilt bei griebrii^, @cf(^i*te be« 3ialit. Äcnjilö I, 568). ÜBeientlic^
btefElbai Sotjüge b« x.^d)m ©djriften i}ai 2cd XIII. in ctntm ©riefe Vom 28. Stuguft (
1879 rü^mcnb fymoTai^obm, nur barin »on (einem ^^otgänger ublDEM^imb, bafe et baö
jeinet Geologie im «Ögemeincn gebü^renbe 2ob ba^in nä^n beftimmt : S. jolge bejonba«
„bem Sngel bet 6t^ule", b. fj. bem ^I. 3^Dmaö {(. 3;i)Kin9er=iHEuf(ti, a. a. 0„ S. 467).
aifo brcifrlei ©igenft^aften »erbontt bie Se^p unb ©c^riftflcHett^atigfett il.3 i^re un=
gemein fio^e Sebeutung für bie ©adje beö mnbemen UUramontaniömu«: l. itn aUge: i<
meinen i^er „®ele&ijamfeit unb ^ömmigleit" — toomit obne RWeifel i^ bet jefuitift^en
Sbibac^läfitleratur unb )>robabilifti{[^en Woral benuanblcr ß^aroftei gemeint ift; 2. il^rcm
Sintieten |ür bie immaculata conceptio unb S. i^rem 1|.A[äbieren für bie Unfe^Ibarteit
b«^ i|iavfteä. @ä ift ber (Seiflceberloanbte ^o^olad übei^au)it unb eä ift nä^cr bcc ^mmo'
lulift unb ber ^nfaUibilift Siguori, bcn man jum Doctor ecclesiae piomDbiert f;at. i(
hieraus ftiürbe fn^ ali naturgemäße ßinleilung feiner SiJerle bieSSilbung breier ©nippen:
fläfetif(l)=niPralt^eotogifc^e, maviologifti)« unb Innoniftiic^nnfaHibitiftifi^e Ectjriften ergeben.
$)Ddf burc^jbringen bie genannten ©runbeigentiimücjjteiten jiemlic^ gleictimäfeiß feine fämts
litten arbeiten ; bieiclben bilben Bon Anfang biö ju (Snbe „baö fonberbarfte Oemiji^ Bon
WaiBctöt, iieic^tgläubigfcit unb tuiflenfc^aftlii^er ^gnoranj, baö ober tro^bem Bon 9iDm a
aaä approbiert unb eifrigft empfoblen toitb" (^cbric^ a. a. D., S. ö39). Sc^on ber
SRangei einer grünbüi^cn t^cologif^triffenfc^a|tiic^en äluäbilbung (bie er ja, ali utfprün9=
Hd) nur für bcn juriftift^n Semf Seflimmtcr unb <di feit dmpfang ber ^riefterTOeitje
fofoit aufä (Stfrigfte ber praftifc^en Seelforge unb Wiffionät^ätigteit Obliegenber, niemals
erlangen (onnle) mad^t fiii) in ben meiften Bon i^nen oufä Stärtfte bemcrfli^. ^abei 2l
leugen fie nai^ ^orm niie ^n^lt Bon ^üi^fl flüt^tiger 3Ibfaffung. <Sntftanben innerhalb
M# tnoppen 3f'"iut"^ Mn clloa brei ^aiitjetinten (1745—77) toimmeln biefe über ade
möglich SHalerien fit^ Unbreitenben Slabotate, ttjcli^e in ber bculfi^en ®efamtau«gabe
42 9änbe füllen, Bon Siat^itäffigfeiten fcbtinimfter SSrt. 9tamcntlit() entijattcn f« eine
SHenge .falfdjer 6itate auä JiirdjenBätem, $apftur(unben, ©(^otaftitem k. 23er in feiner»;
S^fefe, Seelforgert^ätigteit unb bif^Öflidien älmtäfübrung überma^ia fErupulüfe ^onn
gemattet fti^ als Si^riftftellei unglaublii^e groben Bon ©elciffenlo^gteil. 3In betonet
pilft^bEö iBerfaljren ift babei Biefleii^t hienigcr ju benfen alö an Iceitgebenbe £eicbtfettig=
feit im ^innebTtiE" trabitioneller Irrtümer unb an einen gerabeju blinben Süberglau&en,
befcnbera im ^unlt ber Hiarienbere^rung (f. unten, bei ben SBJerten aSIelif{^=mariologif(^en be
Sn^oItS). ©^on ^atucci unb anbete ftrenglat^olifc^e Ärititer £.ä im 18. 3Q&i^W'ib«t
taKttfen i^ni biefe Seif^tfertigleitcn bor. ©egenWortig Isirb bie in l}Di}tm ®rabe oitiöfc
«efii&affen^eit ber IRebrja^l feiner Söerlc fetbft oon ben befonncneren ©c^riftfteaem feineö
Dtbenä, j. S. auc^ feinem Siogiop^en lilgefion, jugeftanbcn. l!a& ein füngfl erft^ieneneä
SebenSbilb oeä ^eiligen über biefe partie honteuse feinet äijirienä mit Stidfi^tDeigen k
^innegiuge^en berfu^te, erfuhr fd^atfen ^abel auc^ in ftrengfall^olifc^en Organen (ficb^
9t. flotipö KriliE jener jteeibänbigen Vie de St. Alphonse bon äJerlEie, in ber £<t. dlunbs
fc^au 1901, 6. 44, unb Bgt. über&nupl !Iiömn3Ct=3leuf(^, iöiotalftt. I, 392—412). Sür
ben Sinbrnd, roeit^en bet Bon $iuö IX. bolljogene 'lironiotionöatt feinerjeit auf bie l»ifien=
Sc^afllic^ gebilbeten Steife beS beutfdjen Äattjoticiämu« übte, ift bejei(^ncnb ba« öun 2)bl= «
inget bamaU gefällte Urteil: biefe ^ottorierung i'.S fei „baö iDtonfttiSfefte, roaä Je auf
bem ©ebiete bet tbeologifi^en fie^re »otgelommcn !" „*Dtir ift in ber ganjen fiird)en'
gefi^id^te !ein SBeifpiel einer fo fur^tborcn, (o octbetblicten ffierlüitiung bctonnt", toie biefe
^rollamaticn Ü.i jum Doctor eccl, — S.ä „beä SRanneg, beffen folft^ie iDiotal, Bet:
Icj^et Snorienhilt, beffen beftänbiger @ebrau(^ ber Fraffeften gabeln unb ^lf{^ungen (
föne ©(^riften ju einem ^Ragajin Bon Irrtümern unb Sügen mat^t" (f. gtiebrict), %
H. aJMinger III, 587 f.).
3Jcn ben einjelnen Otuppen Siguotifi^er ©c^riften geniefeen ein Botjugäloeife ^oljeÄ
Xnfe^en unb ^aben ben bcbeutenbften ©influfe erlangt:
I. 35ie moralt^eologifttien ^iüerte. 3;aä ^auptluert, bie fog. gtofie ^Kotot, 6
trat in erfter 3tu% anö Üt^t unter bem titel: Medulla Theologiae moralis R. P.
Hermaoni Busenbaum S.J,, cum adnotationibus per R. P. D. Älph. de Ligorio
adjunctis, Napoli 1748, Srft bie btttäi)Ü\d^ cttoeiterte unb umgearbeitete 2. aiuflage
neimt äiguoii aiä eigentitdren 'iUerfaffa : Theologia moralis, coacinoata a R. P. Alph.
de Ligorio . . . per appendices in Medullam R. P. H. Busenbaum. Ed, altera, o
494 Si{«iiri nitb ber Signoriatterorkni
in pluribus melius explicata, uberius locupletata, 2 voll., Nap. 1753 — 55) gcs
toibmet bem ?Paj)ft Senebilt XIV). ©tcben toeitere äuflaflcn — bie brittc, toon 1757,
berettö 3 9be ^olto ftatl — erfolgten bid ju S.d Xobe; al^ Ort be^ Srfc^etnend trat
mit 2lup. 6 (1767) Slom an bie ©tette 5Reaj)ete; bon äufl. 7 an (1773) no^m er feine
6 h>efentlid^en Umgeftaltungen mit bem äBerte mel^r bor. 3)ie nac^ feinim Xobe cm& 2i(^
getretenen Slu^aben (feit ben 20er 3^^^ be« 19. Sai^tl^unbertd meift in 8 — lOSänbcn
Uttob) auf)U)ä|(en ift überflüfftg. @ie liegen bor in faft allen neueren Jtutturfprac^;
t^r Se^ge^alt, bielfad^ auc^ in ®eftalt gebrängterer Sui^jüge ober freier 9Iac^a^mungcn
bargeboten unb in mand^en biefer abfürjenben Bearbeitungen mel^r ober minber ibealiftert,
10 b. ^. bom f(l(^limmften ©d^mu^ il^er anftö^igen Jlafuiftif bei 99e^anblung gefc^lec^lidiia
3)inge einigermaßen gereinigt (t)gl. unten), bilbet bermalen infolge jened ^»romotion^drdd
$iug' IX. bie ®runblage be^ moralt^eologifc^en Unterrichte faft fämttic^er tat^oKfc^
SBilbungdanftalten. — SSerfc^iebene Heinere ^ublilattonen moralt^eol. ^[n^K^ltd begleiteten
ben hwci) brei ^[a^rjel^nte fic^ erftredenben @ntn)ictelung^ang bed größeren äBerled. 6o
16 ber für ben praltifd^en @ebrauc^ t)on 93ei(i^tt>(itern beftimmte 3ue}ug, todd^ }uerfi ttoL
in 3 Sänben (Istruzione e pratica per un confessore, Napoli 1757), bcmn (atein.
unter bem berönberten Xitel „Homo apostolicus, instructus ad audiendas oon-
fessiones" (Nap. 1759; 2. öerb. 2lugg. 1763 u. ö.) erfdf^ien. @o femer berfd^iebene
polemif(i^'a))ologetif(^e S^rattate jur SSerteibigung feiner mor. Sel^rmetl^obe, toelc^e btö jum
20 ^ai^re 1762 bie be^ einfad^en ^robabili^mud toar (fo in ber Diss. soholastico-moralis
pro usu moderato probabilis opinionis in concursu probabilioris, 1749, unb in
einer ebenfo betitelten neuen t)on 1755), feit jenem ^a^re ober }um fog. 9lequt))rDbabiG^
mud fortgebilbet erfc^eint (fo in ber Breve dissertatione dell' uso moderato dell'
opinione probabUe, 1762; in ber gegen $atucci gerichteten Risposta apologetiea
26 1764; in einer toiber eben biefen ©egner polemifterenben Apologia 1765; in einer Apo-
logia della theologia morale tacciata da taluri per lassa etc. 1769 u. o. m.).
®enaueree über biefe — meift atö 3[n^önge in bie fpöteren erweiterten Slui^g. h^ großen
3)loralh>erId aufgenommenen — Jtontrober^fc^riften, fotoie über bie gonje ^er in 9)ebe
ftel^enbe ©(^ftengru))))e f. bei ^öHinger^Sleufc^, I, 412—436. SBegen ber bid in bte
30 ®egenh>art ftc^ fortfe^enben @treittg!eiten )h)if4en ^robabiliften (^efuiten) unb Xequi)nro>
babiliften (9ln^ängem Siguortd) f. ben 3[rt. „^robobili^mud'' unb bie bafelbft Mrjenc^ete
Sitteratur. — SSon ben freieren 92ac^bilbungen bed S.f(^en 3)loralf^ftemd in Stom^oibien«
form erlangten befonberen SRul^m bie be« granjofen 3:i^oma« ©ouffet (f 1866 old Jteb.«
enbifd^of b. SReim«, Serfaffer einer Tiiöologie morale, Par. 1844, toeld^ bi« 1880
86 nici^t toeniger old 17 älu^agen erlebte) unb 3. $iene @ur^ ($rof. am Gollegium Ro-
manum in 9lom, f 1866, beffen Compendium tlieol. moralis, Lugdun. et Paris.
1850, berüchtigt burd^ bie @d^amloftg!eiten feiner Aafuifti! in Se^nblung gefc^Iec^tli^er
®inge, eine nod^ beträc^tlid^ere SSerbrettung gefunben 1^); femer feit 9Ritte bed legten
^a^^unbert^ ©cabini (Theol. moralis ad mentem S. Alph. M. de Lig., 3 yoU.,
40 ed. 9, Mediolani 1862); Slemend SRarc (Institutiones morales Alphonsianae, sea
Doctoris Eccl. A. M. de Ligorio Doctrina moralis ad usum scholarum acoo-
modata, 2 voll, Rom. 1880 u. ö.); ^of. Slerta^^ (Theol. moralis iuxta doctrinam
S. Alphonsi, 2 voll., ed. alt., Paderb. 1890). 9lu(^ bte gegentoärtig in ben $neftep
jeminarien jumeift berbreitete Theologia moralis be« 3^?"^^^ Se^mhi^^l (7. ed. 1890)
46 fu^t toefentlic^ auf äiguorifd^er ©runblage. 93gl. Slnt. Rod), 3)ie @nttoidtelung bed Storot
f#em« be« ^l. W^\). 3JJ. be £ig. auf ®runb feiner »riefe bargeftettt, in 313:^ 1897, L
— 3ur feit. SBürbigung be« ©eifte« ber Siguorifd^en 3JJoral f. aufeer 2)öa.«3leuf<(f (6cf.
437—476) nod^ 6^r. Q. Sut^arbt, 3ur &t\)xt, 2pi. 1888, ©. 66—80, unb (BefcW*«
ber c^^riftl. etl^il II, 142—151; »e^f^lag in ben beutfc^^eD. 351. 1899, ©.794; ©.Äett»
60 mann, Stömifc^-fat^olifc^e unb ebangel. ©ittlic^feit, SRarburg 1899; ^. ©ragmonn, w*
)üge au« ber bon ben ^öjpften $iu« IX. unb £eo XIII. ex cathedra atö 9torm jß
bie röm.4atl^. Jtirc^e fanftionierten ^oralt^eologie be« ^l. Dr. 9U))^onfu« ÜRoona be &
guori, ©tettin 1899 (binnen ^a^re^frift ca. 50mal neu aufgelegt, !at^olif(^erfettd inelfot^
ober mit Unrecht al« fälfc^enbe 2)arftellung benunjiert, bgl. %, ^ppoli, „$rin) Stos
66 b. ©ac^fen unb ^rölat JleQer in 2Bie«baben al« SSerteibiger ber £iauorif(^en SRorol" unb:
„®cr relig. triebe ber ä^Iunft Jc, mit einem 3ln^ang über bie Sor« unb 3laifipviit ber
Siguorifd^en Äontroberfe", 2pi. 1901); Ä. SBeife, 33eid^tgebot unb »eit^tmorol ber röm.«
fati^. Jlird^e; mit 9lu«)ügen au« ben li^e^rbb. ber 3Jloralt^eol. bon Siguori, ®wtif, 2e^
lui^l unb äertnv«, ©t. ®aüm 1901; 0. Rödler, gur Siguori^aRorol : ei>ang. StS^
eo 1901, 9te. 36.
Sigitmrt nitb ber Sigtumnerorbeit 495
IL $ajloralt^eo(oQif(l^e unb adtettfc^e äBerle (nad^ f^omt unb ^enbeng
wtt bcn ©{i^riften ber borigen ®nH)j)e eng öcrtoanbt). äcltefte ©c^rift btefer SRdl^e tft bie
btrje Slntodfung für 99et(^Ü)äter: Pratica del confessore per ben esercitare il suo
ministero, Napoli 1748. ^1^ folgten tDeiterl^n (au^er j|enem ,,Homo apostolicus" etc.
f. 0.): Instructio ordinandorum (1758); Institutio catechistica (1768); La vera 6
sposa di Qesü Christo, 2 voll., Venez. 1781 u. 5. (aud^ beutfc^: ®te tüo^e S3raut
3. 61^ ober bie ^l. JUofterfrau, äug*. -1808; SBien 1830— eine fpejieB für9tonnen
gcfi^ebene älntoeifung )u odletifc^er Sebendfü^ng, mit öu^erft rigoriftif(|en S^orf^riften
unb Statfd^lögen betreffenb Geißelungen, fragen bon Sußfemben u. bgl. [^'6ü.'fnm\6),
6. 372]). ^ferner t)erfd^iebene Übung^büd^Iein h)ie : ,,9lnba(|tiSübun0en )um oller^eiligften 10
fyxim S^u unb Stariä für ben töglid^en ©ebrauc^''; .^Sefuc^ungen bed allerl^. ©atro^
menid bä äOtard unb ber oüejeit unbefle<ften Jungfrau'' * „Waiai^t be^ 1^1. Jtreu}h)egd'' ;
^Staintogifle SlnbadSft )u ®l^ren ber 1^1. 3;erefia"; „Siebe ber ©eelen, b. i. geiftreic^e ®es
banlen über bod Seiben ©^rifti'' ; ^.©rünblic^e Untertoeifung für älDe, bie nad^ ber d^riftl.
SBotttommen^^eit tradj^ten" ; „S)a^ große ©nabenmittel be« (3A^", u. f. f. — S)iefe oBe 15
folDoU im ital. Original h)ie in berf^iebenen Überfe^ungen bid in bie neuefte3^ hinein
ctmdn neu aufgelegt (fo ba^ gule^t erft)ä^nte ©d^d^en überd ®ebet erft iüngft toieber
m ofutfc^ Bearbeitung burd^ 3)1. ^elbling, @inftebeln 1901), auc^ mel^ac^ in ©amm«
bmgen ixreinigt, toie: Opuscula spiritualia D. Alf . M. de L., Yenetiae 1788 (2yo11.);
Oeuvres ascetiques d' A. M. d. L., traduites et mises en ordre par L^p. ao
Dajardin, 9 voll. 12®, Tournai 1856—64 (in ber ^uiarbin^Söcquarbfd^en ®efamt«
au^ i>on 1895 bie erfte Slbteilung bilbenb, t. I— YL: Partie asc^tique); ©c^ule ber
(^rifa. SoOIommen^eit für 3ädU unb Orbenäeute, a\n» ben äBerlen be^ 1^1. Wipf). ju-
fammengeßeDt bon ^ul Seidt, SRegendburg 1886, u. f. f. — 3)ad ^au^ttoerl biefer
(8nip))e — ®egenftanb ber ^öd^ften S3ett)unberung für bie Slnl^ngerfd^aft be$ ^eiligen, 26
aber ouc^ ber fd^ärfjten älngriffe bon fritifc^er ©eite — ift ber $aneg^rilud auf bie ^l.
Jungfrau: Le glorie di Maria, 2 voll., Nap. 1750; Yenez. 1784 u.ö. (aud^ ftanjöf.:
Lee gloires de M., 1884 u. ö.- beutfc^: „®ie ^enlic^Ieiten ÜRariä", g. S. augdburg
1809; (Sinfiebeln 1862 u. ö.). (tx beatpedft l^aup^äd^lic^ bie 93erbreitung unb 93erteibi^
oung bed Se^a^ed, ba^ alle göttlichen ®naben nur burc^ 3Raxxa au^eteilt h)erben, fo bag so
Irin 9Renf(^ onberd ald burd^ i^re SSermittelung bie ©elialeit m erlanaen vermag unb
awb hin Rutritt }ur ®nabe ©^ti anberd aU burd^ i^re ^Kittlerfd^aft erreichbar ift.
Sti^t S^rijtud, fonbem SRaria t[t bie ^ür jum ^immelreid^; auf bie Slnbac^t )u i^r
bQtf^t ^ toad bie göttliche äBet^^eit fagt (Prov. 8, 34): Beatus homo, qui audit
me et qui vigilat ad fores meas quotidie et observat ad postes ostii mei ! 86
Sc^eifter £.9 bei äludbilbung biefe^ 3)ogma bon ber abfoluten Unentbel^rlic^Ieit ber
(Bnobenl^fe ber SRabonna, ober h)ad ba^felbe ift, bon bem ©a^e „®d ift fd(^h)er burd^
fi^iiffaim, aber leidet burd^ 3Raria feiig )u h)erben'', h)ar ^au^tfäd^lic^ ber ^uit $ef)e
gcbefen. 9(uf feine älnr^ng l^in l^tte S. fd^on feit ettoa 1734 angeblid^e 2:9atfad^en«
tBdege in gr5|ter Qcäfl, unb t)ielfac^ bon ber abfurbeften unb fabell^afteften 9lrt, für 40
aRanad aOein rettenbe Jtraft ju fammeln begonnen {^'6UM,, ©. 392 ; bgl. ^afe, $rot.
$oIemit^ 318). 3^ ben fc^on balb nac^ bem erften Srfd^einen be^äBerld gegen badfelbe
aufgetretenen Äritifem gel^örte be« gelehrten 2lnton 3Jluratori 5Reffe ®. gr. Soli, Serfaffer
bo ^feubonl^men ©treitfd^rift „Lamindi Pritanii redivivi epistola paraenetica ad P.
Beneidictum Piazza" (1 755), gegen tocld^e S. ftd^ in einer befonberen, ben fjKiteren 45
Sitteg. feiner „Glorie di M." afe änl^ana beigegebenen „Risposta" öerteibigen mufete
(S)mi.<91., 41 7 f.). Steuere Seiträge jur Äritif ber Ueberfc^toenglidSf leiten unb albernen Nabeln
bc8 Sudled, bem bie „3Rarianifterung'' bed mobemen röm. 9lnbad(^tdlebend unb Kultur
toefend 9au))tfad^lid(^ }u banlen ift, f. bei b. $oendbroed^, ®er Ultramontanidmud (93erlin
1897), ©. 142—145, unb: 3)a« ^jj^pfttum k. I (1900), ©. 219 ff. — ©elbft 3Keffert 50
(f. 0. bie Sitt., I, a) rebet bon ber ejtrcmen SSBunberfuc^t unb Unfeitil ber adlettfc^^en unb
tw|)uIdrsat)ologetif^en 3Berte S.d nur in borft^tig entfd^ulbigenbem Xone: „ällfond ift
WMDt bad (nrobultibe ®enie, bad bie äBiffenfc^aft auf eine neue $öl^e ^ebt; er ift ber
SoiEbfc^ftfieDer, ber in populären, leid^tfapc^en Slb^anblungen bie SBirfung ber gegne^
Ti|c^, ungläubigen Sitteratur auf bie SRaffen be^ SSolfö pardbfteren toiH. SQenn er biefe 65
ferne SoRMc^ften mit äBunberberid^ten au^eftattet ^at, fo ftnb biefe ßrjä^lun^en )u^
näi^ im Sfobmen bed Silbungdftanbed be^ 18. 3^^4u>i^^^ in Italien, fpejieQ tm nta»
pMtax^^ Sfleid^e, ya beurteilen.'' @d erfd^eine nun einmal . . . „nic^t gered^tfertigt,
oOcf tutb jebed }u berteibigen, n>ad ber 1^1. Sllfond in feine ©d^riften aufgenommen l^at,
oiM^ toam ed fd^lec^tl^ unhaltbar getoorben'' ; bielme^r gelte ed, „bie fd^timd^en ^oft- eo
496 Sigitinrt mtb ber Signtriattombeit
tionen im 3«tcreffe bcr totrifamen Sertetbigung bcö SBcfentlid^cn felbji aufjugcBcn" k.
(a. 0. D., ©. 269 f.).
^I^re Siet^^ eröffnet bad h)tber bem f))ino}tftif(l^en ^ant^eidmuiS unb bte ^Uofop^ien9a>
6 feiend, Seibnijd, äBolfd 2C. gerid^tete @(l(^nft(i^en: Breve dissertazione contro ^li er-
ror! dei moderni increduli, 1756, bem im näd^ften ^affxt eine ettmid oudfü^ic^
$olemiI gegen biefelben ^^Ungläubigen'' folgte, unter bem S^itel: Evidenza della fede
ossia veritä della fede. 3^^" Sa^re fpöter beröffentlid^te er feine Veritä della fede
in 3 S393., h)orin au^er bem 3Raterialidmud unb englifd^en ^eidmud au(^ bie franjdf.
10 $o})ulart)^ilofo})l^en ^elbetiu^ unb SSoltaire 6efäm)}ft toerben (feit 1772 ertoeitert btm^
ein bierted, „6^^ bi^ @inh)enbungen ber 3)eiften'' gerichtetem Suc^, h>orin u. a. bie fan)
jubor in 92ea))el ftattgel^abte tDunberbare Sluffinbung geraubter ^oftien old träftiged Sbgu^
ment ind ^Ib gefül^rt h>irb; in franjöf. Überfe^ung aufgenommen in 9b XII baSRigne«
fc^en Dömonstrations ^vang61iques, ^ßarid 1848). — 3« rafdjfer Jolß« erfc^ienen feit
15 @nbe ber 60er ^a^re be^ äBeiteren : ^ie pfeubon^me lat. (Schrift gegen 91. t>. ^ont^
Yindiciae pro suprema R. Pontificis potestate contra Justinum Febronium.
Opeüa ab Honorio de Honorio elucubrata (Neapoli 1768 — mit einer SSexteün?
gung fotpo^l bed^rimatd lt>ie ber Unfel^Ibarleit bed$a))fted); Opera dommatica oontro
gli eretici pretesi reformatori (1769 — eine ^ologie ber Sei^rbelrete Don Xrient,
20 ergönjt burc^ einen gegen 93erti gerid^teten antijanfeniftifc^en ^rahat); Trionfo della
Ghiesay ossia istoria delle eresie colle loro confutazioni (1772 — eine breibonbtge
©efc^id^te unb 5tritil ber ^örefien, merttoürbigertoeife bem liberalen nea))olit. SRiniPcr
Xanucci bebijiert mittelft einem in fd^meid^ell^^en äBorten abgefallen Sortpottm, todc^
reilic^ in ben neueren beutfd^en Sludgg. bem SBerfem toeggelaffen ift), enblic^ oU lekte
25 feiner Schriften über^au))t ein 1777 erf^ienener Siegentenfpiegel für lotl^. ^Srurften : La fe-
deltä de' vassalli verso Dio 11 rende fedeli anche al loro principe (mit toarma:
®m))fel^lung bem ^bealm böQiger S3e(enntnimein^eit lat^olifd^er Sänber, unter ^impeim ouf
bam gloneic^e äSorbilb, toeld^em Souim XIV. in biefer ^inftd^t 1685 burc^ SUif^ebung M
ebiftm t)on Slantem gegeben l^abe). Sgl. S)öa.»9l., ©. 394—403; oudSf gurtet, Nomen-
80 clator lit. III, 469—470).
IV. $rebigth>erle unb geiftlid^e S)i(i{ftungen. Sine gu 4 Sanben ^etan«
getoad^fene ^oftiUe, entl^altenb ^rebigten für aQe Sonntage (2 Sbe) unb für oOe S^ßtoge
bem lat^ol. Äird^cnja^rem begann 2. 1769 ju beröffentlidS^en (©ött.--«. 397). a)em itolieni»
fc^en Original folgten auc^ ^ier balb Übertragungen in anbere @prad^en, fo eine 2S%
86 burger beutfd^e Slumgabe Don 2B. ^iQinger in 4 93änben, unter bem Zitel : ,,Sobs unb
©ittenreben bem ^l. ä. SR. t). 2. für alle Sonntage unb gef^age" (1776 f.). 3SgL bie
Heineren ?prebigtfammlungen toie: „Sobrcben auf bie SDlutter 3Jlaria" (beutfc^ bun^ D6*
laben, 2lugmb. 1772. 1779); ,,5Prebigten unb ^nftrultionen" (juerft itol., »enebia 1772
bim 1779 in2 8ben, bann auc^ beutfc^jc); ,,Äurje ®onntagm})rebigten" nebft einer Seben««
4oaefc^id^te £.m bon ®. ^lot^, älad^en 1835) u. {.f. — 9lud^ alm geiftl. £ieberbic^ter unb
Kom)}onift geno^ 2. 93eifaQ bei feiner lat^olifc^en Umgebung; bgl. bam ^nttt einer 6ce((
mit ßj^rifto, todc^^em P. 3«>f^^ $eibenretdS> \>ox lurjem aum einer ^bf. bem Sri! SDhif.
beraumgab: Recitatlvo e Duetto tra TAnima e (^esü-Cristo (Stimmen oum 9)tam<
2aac^, 33b 49, 441 ff.), fotoie bam jüngft ital. unb franjöf. in ^arim öeröffenilic^te ?af»
i5ftonmlieb: Chant de passion. Paroles et musique de St. Alph. de lAg. Texte
orig. ital. et texte frangais, Paris 1900, fotoie überhaupt ^, Sogaertm, St. Alph.
de L. musicien, et la Re forme du chant sacr^ (ebb. 1900); ouc^ bie beuMc
£ieberfammlung bon 91. $aff^, SSoQftönbige Sammlung geiftlid^er Sieber bem fd. X. aK-
b. 2., a. b. Stal. metrifc^ überfefet, SBien 1827.
50 Söegen ber »riefe f. o. b. 2itt., 5Rr. 2.
II. 3)ie 2iguorianer (Slebemjjtoriften), inmbef. feit 2iguorim lob. —
9(uger ben unter I genannten Sonographien anfe^nlic^eren Umfangm (bcf. 2^annoia«<ni'
letti unb ^ilgdfron) t^gl. a) alm rebemptoriftenfreunblidie ^arftellungen: bie Sio*
grapsten (£1. m. ^opauerm t)on $. $öml (SRegendburg 1844); @ebafHan IBntnner (Sks
66 1858); SJl. ©aringer, C. Ss. R. (3öien 1858, 2.91. 1880); ÖJ. TOiüer O&itn 1877);
®. ©cftepcrm (8alaburg 1887); »aucftingcr (®ien 1889, 3. 2!uf[. 1894); ®. greunb (»ien
1890); bcmglci^en bie ©Triften über 3ofcp^ ^afferot oon p. ©irouillc (bcutfcft bur* »rtM,
C. Sa. R., Dülmen 1894) unb anbere, fotoie bie allgemeiner gehaltenen ^arfteOungen 0011
^. SRatte, C. Ss. K., ^er ^I. ^Ip^onf um unb ber 9lebemptoriftenorben, 2u;emburg 1887;
CO Harl Saber C. Ss. K, ^ie ^Kongregation bem ^eiligften ^rlöferm in Cefterreic^, ein d^rosi'
Stgitiyri rntb feer Sigttptiatterorbeit 497
Ial6eTi(!6t über i^re (Sinfü^rung, Ausbreitung, ^irtfamfeit unb i^re Derftorbenen ^itglieber,
Sien 1887; idxüd, ®ef(^. ber fat^. Stirdit in 2)eutfcblanb im 19. ga^r^unbert 0lRain)1887)
n, S. 193 f.; ^eimbucftcr, Orben u. Äongreg., II (1897), @. 288—305.
b) ftritifc^e 2)arfte0ungen (Don proteftant. ober liberaI«fatf)oI. (S^egnern ber ^ongre'
gationen): 3. 9iorbmann, ^ie fiiguorianer! ^f^xe ^onftitution unb ^orrefponben^, ^ien 5
1849 (mit Äbbrud be« @tQtut» ber mebemptoriften : @. 67ff. 291ff.); ?lnt. SRuIanb, 3)er
frftnlifd)« ftlentd unb bie fRebemptoriften; ^enff^rift 2C., mit gefd)i(i)tl. Beilagen, "^üri^burg
1846: (». C^ader, Ser ha? Ober bie SRifftonen ber mebemptoriften, Erlangen 1852; ^. $.
Mettf4. 9iebemptori{ten unb ^efuiten ($reug. 3$SB. 1890, fjebr.) ; o. 6täbelen, 9iebempto«
riften unb Sefuiten {mS I, 1890, ©.138-156); ^. ÄrQuffoIb, ßiguori unb bie SRebcmpto- lO
rifien, in b. C^riftl. 3Belt 1890, @. 510 ff. 558 ff.; fi. St. ®oc&, SRebemptoriftcn unb ^rote*
ftonten, (biegen 1899. — $gl. ben (anonymen) $(uffa^: ^qS c^riftl. ^oOfornmen^eitdibeal
naäi htm Seben eined 9lebemptoriften^eiligen (bed fiaienbruberS ®er^. ^ajefla, f ^7^6, feiig
aefinrocften 1892) gejeicönet: «(£CÄ8 1895, S?r. 17—20; qu(ö 3. &riebricö, 3gn; t).3)öninger,
Cb II unb ni (an ben unten angef. ©teflen), ^ünd). 1899 f. 16
lieber ben norbamert fani f4en B^^c^S ^^^ C.Ss. B., bie l^ongreg. ber $auliften:
SSueft. Annales Congreg. Ss. E. provindae Americanae, llchester, 1888; %BaIter @Oiott,
llie life of Father Hecler, 4. edit. New York 1898 ; ®6. SRaignen, Le p^re Hecker est-
il HD saiDt? iStudes sur rAm^ricanisme, Borne 1898; A. 3- ^elattre, B.J., Un Catholi-
(üme Am^ricain, Namur 1896 ; giomingo, ^ad relig. Ameritanertum unb ber ^atifan 20
(Vreug. 3^9. 1898, <3ept6r.) ; Regier, 2)er SlmeriraniSmud (S^riftl. $3elt 1899. @. 536 bid
542). «gl. $.@4anj, 8um@tubium ber J^eologie in«merifa: 5:t)a@ 1899, IV, 507—512;
«. ©. ^Jenjmon im Ämer. 3ourn. f. $^eoI., (S^icago 1899, IV, 81 6 ff.; 3of. 'iflüntx, 5)er
«cform!at^oHci8mu8, XI II (8üri(ö 1899), @. 130—132.
lieber htn meib liefen S^^^d ^^^ SRebemptoriften: ^. 2)umortier, Les premi^res 25
B^emptoristioes. Avec une notice sur leur Institut, Sitte 1884; SHojjaotra, Vita della
Madre Maria Baffaella, Ck)operatrice con 8. Alfonso nella fondazione etc., Napoli 1884;
Vie de la M^ Marie-Alphonse de la Volonte de Dieu . . . publice par des K^empto-
ristines. Malines (s. a.) ; ^ugued, C. Ss. B., ^ie ftlofterfrauen ^aria Victoria unb SXarianne,
•rfifinnen r)on %BeIferbeimb, nebft Mitteilungen über @ntftef)ung, Verbreitung unb (Sinri^« 80
tung beft Orbend ber SRebemptoriften, ^reiburg 1883. Vgl. (ä)uirouiae«ihebd in ber oben (a)
genannten flSiograp^ie ^{feratd.
3)ie odletifd^en SSorfc^riften bed bon Stguori urfprüngKd^ für feine jtongregatton tnU
toorfenen Statute fiditen an bie @eIbftt)erleugnunQ unb ben mortifitatorifd^en Stfer ber
SRitglieber ungemein l^rte ^orberungen : S^lafen auf fd^led^ten @tro^fö(ten, fd^arf ge^ as
tDfir^ Bvüpipt nebft ^c^ten unb äu^erft l^arted S3rot aU täQlxdfi Jtoft, toeld^e fniemb
ctii0eiu>mmen tDerben mu|te; breimal tögltd^e^ ^orenlefen, aQnöc^tltd^e längere Xnbad^t
tHn bem @anlti{fimum, breimalig tDöc^entlid^e (äei^elung, prebtgenbe unb mtffionierenbe
Z^otigteit nur unter bem ärmften unb geringften äiolte. 93on biefen gärten tDurbe burc^
bie bonSig. f)>ater (nad^ 1742) au^earbeiteten Jlonftituttonen mand^ed gemilbert; anbered40
bUcb &et6e^en. 9Rit ber (SefeQfc^ft 3^u, aud beren (Einrichtungen 2. überl^aupt man-
<^ entlel^nte, teilt feine Jtongregatton tn^befonbere bie ßinjufügung eined bierten (Se-
Ifibbed )u ben brei geh>5^nlid^en Selübben ber 3(rmut, ber HeufcJ^^eit unb be$ ©e^orfamd.
3)tefcd trierte ®elübbe bert)flt(^tet ben Siebemptoriften baju: leine äBürbe ober $frünbe
ait|er^alb feiner 5tongregation, aufgenommen auf audbrüdlid^en 99efel^l be^ ^abfted ober 46
bcd ®eneralfu))erionS, anjuneij^men, f otoie femer : bid jum Xobe in ber @ef eDf^aft m ber«
fairen, ed fei benn, ba^ ber $apft bon beren @a$ungen bidpenftere (f. ^eimbud^er II,
303). ^en nömlid^en unbebingten ©e^orfam gegen ben $apft, toelc^er ftd^ Ibterin au^-
bnuft unb ben bie infaQibtliftifc^e 3)oItrin ber moral-'t^eologifd^en Schriften £.^ prebigt,
bd^otigte ber greife Orbendftifter toä^renb jener ber^ängnidboQen @))altung im @d^o^e go
femer ©enoffenfc^ft, bie ü^m ben äbcnb feine« Seben« berbittertc unb bor beren aBieber^
betlegung er ftarb. S)er neobolitantfd^e Xeil bed Orben«, ju tt^elc^em £. felbft, al« ju
Kocera too^enb, gel^örte, foute auf ben SBunfd^ be« $ofc« bon 5Weaj)el geioiffe 33eränbe=
rangen mit ber Sleael, ttjie fic 1742 formuliert unb 1749 burd^ 33enebilt XIV. beftättgt
toorben toox, bome^men; man fe^te biefer ^orberung leinen unbebingten äBiberfbruc^ ^t- 56
jen, fügte M ibr bielme^r — einige toenige 33äter aufgenommen, bie il^r Älofter ju
licetto in !Rea))el berlie^en unb nac^ bem Stirc^enftaate au«h>anberten — in )}a|ftbem
le^orfam. $o^ft $iu« VI. bagegen forberte genaue« 99el^anen bei ben Jtonftitutionen,
tarie iener fein 38orgänger fie at)j)robiert ^abe, unb ging fo toeit, ju erllären: 1. bie Sie-
bemptoriftenl^fer im Jtönigreic^ 92eapel bilbeten leinen Seil ber Kongregation me^r unb eo
feien i^^rer 5ßribU^ien berluftig ; 2. auc^> Siguori fei bon ber Kongregation au«gefd^loffen
unb hä äBürbe eine« ©eneralfupcrior« entl^oben; ftatt fetner folle ^{ieter ^ranj be $aula
bo« oberfle Steltorat erhalten, ^m Kirc^enftaat fotoie auf ber ^nfel Sizilien fügte man
SMbfcdlOopAMt fit X^cologic vah fttr^e. 8. K. II. 32
498 Sigttori ttnb ber Stgtinriatterorbett
ft(^ biefer fd^toffen ))ä^ftlt(i^en @ntf(^eibung, h>&l^enb bte neat)oIUant{(l^m Sngd^oriaen
ber Jtongregation gtö^^tenteild ftc^ tDtberfe^ten. Siguori felbft untecn>arf fu^ bem fBivm
be« Statthalter^ ßl^rtfti mit berfelben ®emut , bte ' er ftetg nad} biefer ©eite ^
betl^ötigt kttte. @o oft bie aufd äu|;erfte t)erh)irrten unb bon fd^tDerer ®eloiffetidnot be»
6 brängten SSäter feiner biöl^erigen Dbebienj il^n um 9lat fragten : fie erhielten nur bte eine
Slnttoort: „©cJ^ord^et bcm $aj)fte!" 3)ie ©t)altung tourbe erft brei gai^re nadjf 2.ö34>b{;
burc^ äludfö^nung bed $apfte^ unb ber nea))oIitamfd^en Slegierung toteber ou^d^oben;
bie (entere erlannte, laut ®bilt t)om 29. Dftober 1790, bie 93eftätigungdbuUe Seno
bito XIV., t)on ber fie früher nic^t« ^atte toiffen tootten, au^brürfU^ an, toorauf $iud VI.
10 1791 bie Söieberbereinigung ber beiben getrennt getoefenen ®enoffenfc(Kiften genel^igtt
@c^on tpöl^renb ber legten Seben^jabre S.^ tpar bem bid^er auf SRttteU unb Un^
italien befd^ränlt gebliebenen Drben ber 2Beg in nörbßcbere Sänber gebahnt, ja ^te S(r>
[egung bed @d^h)er))unftc^ feiner SQirffamfeit bort^in t)orbereitet tDoroen. 3)ad Sßetl^cug
l^ierju tDurbe ein OrbenSmitglieb beutfc^^öfteneid^ifd^er ä(btunft, bad mit gutem ®nmbe
16 ald ber jtpeite Stifter ber Jtongregation, jebenfaOid aU beren einflu^ei(^j3ter ^örberer imb
^ortbilbner feit S. betradbtet toerben barf. ßlemenö SKaria ^offbauer, ber 35aler bd
öfteneid^ifd^en unb beutfcpen Siebemptoriftcnjtpeiged, tourbe geboren ju SCa^tot^ inSRä^
am 26. ^ejember 1751, begab ftd^, 16iäl^rig, atö äBaife )ur @rlemung bed Söder^^
toerf^ nad^^ ^naxm, h)urbe juerft 93äd(erge^ilfe in ber Södterei bed ^rämonftrotenferflo^
20 S3rudf, bann ^afelbeder beim $ro))ft biefe^ Älofter^, unb erhielt burd^ btefen Prälaten \k
erfte 9(nregung unb (Gelegenheit jum @rlemen ber t^eologifc^en 9Biffenf(^aft. 3tadf tm»
jährigem erfolgreid^em 93efuc^ ber Jtlofterfc^ule )u 99rudf begab ber Don glül^enbem Sb
bac^t^eifer befeelte Jüngling 1776 ftc^ )u ben frommen @tnfteblem bed SBoQfa^rtdorte^
SRüi^lfrauen, too er ^toei ^a^re jubrac^te, bid bief ed Üöfterlid^e ^^nftitut aufgel^oben tov^.
25 Seite toiebcr ate 9äd(er arbeitend, teitö ftubierenb, lebte er bann einige R6t in SBien,
fd^lo^ l^ter mit feinen fpöteren Crben^enoffen unb ©e^ilfen $et. @man. .^m^mann imb
^ol). S^^abb. ^ibel innige ^eunbfd^aft unb unternahm juerft mit jenem, bann mit btefem
Sieifen nad^ Sfom, h)ot)on bie jtoeite, im ^cä^x^ 1782 aufgeführte, i^n famt feinem 9t^
fäbrten ber 9iebem))toriftenIongregation jufü^rte. (Sin gdttli^erfeitiS i^nen getDo^rted Omen
80 f oQ hierbei toirffam getoef en fein : fie Ratten t)erabrebet, biejenige Jlird^e }uerfl )u befu(^,
beren (äeläute fie am borgen nac^ il^rer Slntunft }uerft l^örten; ed toar aber bad(S«tte^
^au^ bed ^lebemptoriftenflofter^, burd^ beffen @lode bie erfte @in[abung an fte erging uA
beffen Slettor bie beiben älnlömmlinge au^ al^balb, fogar unaufgeforbert, in feine Sm
gregation aufi^une^men fic^ bereit erflärte. 3)er Sc^arfblid biefe^ Sorgefe^ten erlannte fd|foii
35 balb in ben beiben glaubcn^eifrigen £)fterreid^em bie geeigneten äBertjeuge ^ur 9ln))flan)uiia
feinet Drben^inftitute^ auf beutf^em ä3oben unb gleid^^eitig jur ätudfüJUung ber bafelbfl bimp
bie äluf^ebung bed ^efuitenorben^ entftanbenen £ücte. S)a^ er fid^ in ber SrtDartung ni^
täufc^te, foQte balb offenbar toerben. 3tad) SioUenbung xfycid 9iot7i)iated unb @m))fang ba
$rieftem)eil^e 1785 f ehrten $offbauer unb $ibel, ber erftere atö ©uperior ber )u gröJi^
40 ben neuen 92ieberlaffung, nac^ äBien jurüdf, ftebelten aber balb t)on ba, bie j|ofe))i^inif4fci
Jtultur!am))f^5uftänbe fd^euenb, nad^ ä^arfc^au über, h)o ber a)}of{oIifd^e Stuntiud i^oi
eine, bem ^I. 93enno gemeinte 5tirc^e nebft baran anfto^enbem $aufe old &it[ onrnc^
(bal^er Sennoniten). ©ie eröffneten in biefer 33ennoIir^e ba^ ®c^ufj)iel einer b^ionbigai
3){iifton: aUfonntäglid) H^urben }tt)ei ^rebigten für bie ^olen, jtoei für Die ^tui^(^
46 f))ater auc^ eine franjöfifc^e für bie in äBarfc^au toeilenben ^anjofen gegolten. ^
Srfolge in feelforgerifc^er ^infic^t toaren, ban! ber 3Jlith)ir!ung ber bamold über M
^IJolentJolf crgei^enben fc^toercn §cimfuc^ungen, beträc^tlid^er ärt. ^m ^afytt 1796 foltai
an 1900Ö ^erfonen in il^rer Äirc^^e fommunijiert ^aben. ©ie erhielten um Wefe M
eine jtoeite ^ird^e in äBarfc^au, t?erme^rtcn bie ^titglieberja^l i^rer Kongregation bofdbp
60 bi^ }um ©c^luffe be^ ^a^r^unberld auf 25 unb entfanbten auc^ nac^ audft)artd etfo^
reiche ^Uffionen, n)o^u ^offbauer burc^ feine fcbon 1792 erfolgte Smennung ^um ®ai(ia^
öilar ber Kongregation für bie Sänber polnifd^er unb beulfd^er S^nQt outor^tot toortc»
toar. ©c^^on 1894 tourbe burd^ brei nad^ -Ölitau entfanbte ?Priefter eine ^iffton ffe
«urianb begrünbet; 1802 entftanb ju^eftetten, füW. ©c^aff Raufen bie erfte Slebemiltoripai»
65 92ieber(affung auf beutfc^em $3obcn (unter $ater ^afferat ate 93orfte^), anbere bemn&^P
in ben ©üblantonen ber ©c^mei^ (SBaQid, (äraubünbten). 2)od^ tooQten ^er, tme on^
)u Sr^berg im ©c^toar^malb unb ^u $3aben^aufen auf gräfL t^ggerfc^em ®ebiete is
©c^toaBen, bie Sln^flan^ungen ber @enoffenfc^aft nic^t red^t gebei^en. Über^aut>t ecginaa
toäl^renb ber erften ^a^re unfere^ Sa(;rl^unbert^ fernere ©d^idfaldfc^läge übn btefeut
60 3)ie Dtfu))ation ^^ßolen^ burc^ !iRapoleon, ben ©ieger über ^reugen unb Stu^bmb, i*
Signori unb feer Stgnomnerorbett 499
3a^ 1807 bctotrfte bie böKige göi^örung ber SBorfc^auer 9lcbemj)toriftcns9lieberlaffun0.
ik mit @ebHilt bon bort toeggefü^rten SSöter tDurbm einen 3)lonat lang in ber ^[tung
itfißrin gefangen gehalten unb bon ba bann je jtoet unb ^h)ei nac^ i^ren ^eimat^orten entlaffen.
Xiu^ $off6auer befanb fic^ unter ben bamaligen Jlonfefforen bedOrbend (t)gl. bteSd^rift:
J8^r&tgntf[e bed 6(. 3)tar. ^offbauer tDäl^enb ber preu^. Slegierung in iffiarfdt^au 2c., 6
Sien 1883). Salb nad^ feiner Siüdtel^r in bie öfteneic^tfd^e ^etmat begann für tl^n, ber
fi^ noc^ 3Bien begeben J^atte, bafelbft eine S^t neuer Unteme|mungen^ bie feinem Orben
locnigftend mittelbarertoeife gu gut lamen. (Sr nal^m, ba bie !aiferlt(^e 9legierung bie
(Smfft^rung ber Jlongreaation ^unöd^ft bertDeigerte, bie @teQe eine^ Seid^tbaterd unb
flixfj^birrftord bei ben urfulinerinnen ju 2Bien an (1813) unb gelangte ^ier, atö einer lo
ber beliebteften $rebiger feiner QÄi, m bebeutenbem (Sinflug. äBöi^renb bed äBiener
itimgreffed fommeUen fu^ um il^n bie 93orIäm))fer be^ tpieberertoac^enben Jtatl^oKci^mu^.
Stemme Übertritte bon namhaften SSertretem ber Sitteratur jum tat^olifc^en Selenntnid
erfolgten unter feiner ®inh)iriEung ; ^ebr. b. ©c^Iegel, iJriebr. ©c^Iof|er, gr. b. Älinloto-
^m, bie Srüber $l^Ui)))) unb ^^^^i^i^ 3}eit u. a. gehören uim Jlreid ber burc^ i^n ge- 16
tiHmnenen 5tonbertiten. Sa^ boS auf ^erfteUung einer boniHom unabl^öngigen beutfd^en
Stottimolfirc^e gerid^tete Streben 2Bef(enbergd unb feiner ^^eunbe bereitelt h)urbe (bg(.
$81«% XVI, e. 817 f.), fü^ ft^ jw»n ^^¥ geringen Seil auf bie ©egentoirfungen
j^offbauer^ otö eined $au))tmittel))unlted ber bamaligen ultramontanen Sleftaurationd«
MÖegung jurüd. @r fyxX burd^ bied aQed toenigftend inbirelt unb borbereitenber äBeife bad 20
^0^ Snfelen unb bie au^ebe^nte ÜBirtfamfeit, tooju feine Orbendbrüber ba(b gelangten,
bcgrünbet.
@€^on einen 3Ronat nac^ feinem am 15. SRärj 1820 erfolgten Sobe tourbe bie bon
il^ tmeber^olt beantragte unb betriebene @rrid^tung eine^ Siguorianer^oQegiumd inSBien
g^e^igt ; am Sd^Iuff e bedf elben ^ofyc^ erhielt ber Drben auf laiferlic^en Sef e^l bie 25
SGn^ }u Stariaftiegen in äBien. ^nm Seiter bed mit berfelben berbunbenen ^ofter^S
tow^ ^offbauerd begabtefter Schüler befteQt: ber au& ^oinbiQe in ^anlreic^ ftammenbe
P- 3*>fet>^ Äonftantin ^ßaff erat (9RitgIieb ber 9lebemj)tonftenIongregation feit 1 796, too er
fii^ in aSorfc^u berfelben anfc^lo^, nac^l^er ald $rior berfelben in ^eftetten unb in
Soben^fen t^g — toegen feinet innigen Slnbad^t^lebend bon feinen Orben^enoffen ao
«Ö ffber grofee Seter" gerühmt). Unter feiner Seitung fanb feit SRitte ber 20 er Safere
ein ftetiged SBad^tum ber Kongregation im £)fterreic^if(^en ftatt, junäd^ft bi^ )um Stebo-
bitiimdjla^e 1848, ba^ fte inbe^en nur borübergel^enb berbröngte. 3)e^ ^id^ter^S ^ai^aüa^
Semer Eintritt in ben Orben, einige 3rit nac^ feiner Jlonberfion, biente ^ur $ebung beiS
Sbife^end ber ®enof[enfd^ft; auc^ bermac^te ber f))öter aud berfelben toieber angetretene 35
jk ftcrbenb (1823) ben größten Seil feine« Vermögen«, hieben ja^lrcid^en männlid(^en
Jodftem — toie au^er jenem ^auptl^aufe SRaria Stiegen in äBten nod^ f^rol^nleiten in
Stctcrmorl (gegr. 1826), @ggenburg unb Jtirc^^eim in ber 3)i5cefe @t. gölten, ^onau-
bo0 in ber Stöcefe Srijren, ^nndbrud, Seoben, SRarburg unb äJtautem in ber ^iöcefe
6^au — t^ten [xdf auc^ einige ^öufer für 9tebem))toriftinnen auf. tiefer 40
toüblxd^ 3l^rig bed Drben« tonnte feine Stiften) bi« auf bie ßeit be« ^Siguori felbft
polfEfü^ren, ba bie oben ertoöl^nte ©d^toefter uftar. Selefte Sroftarofa (f. I, ). ätnfang)
t^ Jttofterfrauens^nftitut )u @cala bei S^malfi ber beic^tböterlic^en Leitung be« Siguori
tmterftellt unb, bon biefem unterftü^t unb bei SuffteQuna il^rer Siegel beraten, bereit«
1750 eine ))ä))ftli(^e Seftätigung, ^unöd^ft für ben bortigen ^^erein, erlangt l^atte. Siguoii 45
botte 1766 in feiner 9ifc^of«ftabt @.älgata ein ^toeite« italifc^e« Jllofter für folc^e nac^
ferner Siegel lebenbe 9{onnen angelegt. Seit ^afferat« Eingreifen, ba« mit @infü^rung
ber 9lebem))toriftenregel im „$aufe ber 3uPu<|t" ju SBien 1823 begann, na^m biefe
Oeiwffenfc^ft (beren ^auptjtoed laut il^rer- Siegel barin befte^t „in allem ben göttlichen
Sc^nneißer fidb ium Sorbilb ju nehmen unb i^m möglidjfft öl^nlid^ }u toerben") einen go
fKti&Midfm äuffc^toung. älu|er in Öfterretd^, h)o in äBien (1831), in Stein a. b. ®onau
imb SRieb Slieberlaffungen bon i^nen entftanben, toirfte ^afferat für il^re älu«breitung
befonber« in Selgien, too er aud^ (1858 ju Xoumai) ftarb. 2:eil« ^ier, teil« in ^oQanb
Bn^ ^coibwif (j. ®. (ärenoble) l^aben biefe Siguorianerinnen — mit beren überau« ftrenger
(x SL regelma|tge (Geißelungen bi« auf« SSIut, bgl. oben) forbember ^i«5i))lin i^re bunte 55
Oibendtrac^t, beftebenb au« rotem Stleib mit blauem @Ia^ulier unb bergolbetem ^erj^^efu-
ÖUb auf ber Äruft, feltfam lontraftiert — neuerbing« fid(^ au«gebreitet.
3)er männlidj^e 3tebemt)toriftenorben faßte gegen üRitte be« 19. S^^^'^^wibert« auc^ in
Boi^eni feften guß. @r l^atte l^ier nic^t bloß türjere 3eit (toie in Oefterreic^ bor 1836),
fonbem bi« jum ^<^re 1848 unb barüber ^inau«, bie ©teile be« nic^t gebulbeten ^e« eo
32*
500 Sigtturi nttb ber Sigtturiaiterorbeit
fuitenorbend ju erfe^en. ^ier entftanb 1841 il^r erfte^ ^aud ju äUtötting, 2)u>cefe $af|au,
bem [xdf nad) unb r\ai) biet anbere Mufer mit männlichen Pfaffen unb 17 mit toeü«
liefen J^injugcfcUten {\)qI gricbric^^« ©öninger^Siogr. II, 20. 254. 256 ff. 265 ff. 312.
414 u. ö.). 3" ^IJrcu^en, too ber Drbm nid^t bad Alter Ego be« 3H"^*^<>'f^^ J«
6 re))räfentierm ^atte, Blieb er junöc^ft ber^öltni^mö^ig fd^tvöd^er, immerhin brad^te er cd
aui) ^ier bid lurj \>ox bem äludbrud^e be^ Jtulturlam)}fed auf fünf Käufer (in 5t5ln, Zricr,
3Jlünfter, ^aberbom, Simburg) mit 69 männitd&en 33eh)0^em. 2ludSf Saben bulbete bie
9lebem)}toriften eine ^txt lang. SSefonberiS aber getiHxnnen biefelben, abgefe^ tHnn
itolienifc^en 3Jlutterlanbe, feit Slnfang unfere^ ^a^rbunbertd erij^eblid^ ^toad^ in bcr
10 ©d^toeij, h)0 bie aufgel^obene Äart^aufe ber 3:ra^^)iften m ©t.s3Sal im Kanton ^^^eiburg
1814 t^re erfte SWieberlaffung tourbe. gemer in ^oufanb (SDSittem), Selgien (gütticj,
©t. Ironb, Srügge, SSrüflel, Joma^ k.), in fjranfreici^ (SSifd^enberg, 3)iöcefe ©tra^urg,
itoax aufgehoben 1820, aber balb toieber J^ergefteQt unb feitbem ^um 3Ruttertloftec f£
mehrere anbere franjöfifcbe Käufer getoorben), in @nglanb (^Imout^ u. m. o.) unb gumol
16 9JorbameriIa (f. u.).
aOäegen i^rer bem gefuiti^muö bertoanbten SSier^Oelübbe^^ßrajid, fotoie toegen i^
Übereinftimmung mit mand^en fonftigen Einrichtungen ber ©efeQfc^aft 2iefu, befonbei^
aud^ i^rer ä^nlic^en Orben^trac^t, l^at man bie Siguorianer öftere mit ben ^efuttoi
gerabeju ibentifijiert, toelcf^e äiertoec^lung natürlich auf Uniritit berul^t. Sber ba| fie eine
20 ber ©efellfc^aft ^efu ä^nlic^e unb geiftedt^ertoanbte ©enoffenfc^aft feien, ertannte bcr
©d^arfblid be^ SJlinifter^S Xanucci gan^ richtig fc^on balb nad^ il^em erften $ert)ortreten.
Unb toä^renb ber ^^xttn ber ©ußjjenfton be« S^f^^^^*^^^^^ (1773—1814) foh)icmeW«4
nod^ barüber l^inaud l^aben fie tl^atföd^lic^ in t^erfd^iebenen Sönbem, fo {eitlpetlig in Zeilen
3talieng, in Öfterreid^, 33a^em 2C. bie SloDe eineö ©ubftitutd für jenen Drben gef|>ielt
2b äluc^ gleicht bie 9lrt i^red mifftonierenben 93orge^en^ im ^ienfte ber ultramontanen Se^
ftrebungen, burc^ ^olldmifftonen, S^erjitien, 93ef5rberung be^ Immaculata- unb $er)s3#
5tultu$i ic, im aQgemetnen fe^r berjenigen ber ^efuiten. älQerbingd beftel^t }ta>if(^en i^
j^ongregation unb ber ber So^oliten tein öu^ere^ älbl^ängigleitdberl^ältnid ; aud^ ift bcr
äSilbung^ang i^rer ^riefter ein toeniger grünblic^er ald ber ben ^efuiten Dorgefc^ebene;
80 bad 3)urc^fc^nttt$ma^ t^rer tJ^eologifc^-toiffenfc^aftlic^en Seiftungen fte^t toeit ^inter bem bicfer
le^teren ^urüct (t^gl. ba^ faft nur mittelmäßige 92amen auf}ä^lenbe SSerjeic^nid r^einttfo>
riftifd^er ©ele^rten bei $eimbuc^er, ©. 299—302). 2lber toenn auc^ fein „Starben''
erften Stange^ toie berjenige So^olad, finb fie bod^ ein ^Jttffton^orben, ber in feinen puS^
tifc^en Qidzn genau bie gleid^e 91ict^tung toie jener einl^ält. S)ie ^lum))e unb bid ;um
86 Übermaß braftifc^e 3iUt\)oU il^re^ äSetriebe^ Der 9SolIdmifftonen mag jene Sejeic^mmg all
,,6rftürmungen" (f. o. I), ober ben noc^ berberen SJergleic^ mit „Sto^Iuren" jur ©«tage
red^tfertigen. 2^^atfäc^lic^ beforgen fie mit bem aQem bie ©efd^äfte berfelben fanotifc^
Äirc^en>)olitif, in beren Sienft aud^ bie ^efuiten arbeiten. 3)ie 2ludrottung ber protejto
tifcben Äe^erei ift bad gemeinjame ^kl, toorauf fte beibe, bie S^wi^^ ^ öomel^mmt
40 Haltung unb mit gelehrteren 3)tttteln, fie felbft äbnli^ toie aud^ ber Sagariftenorben M
^incenj bon $aul (f. b.) me^r auf jjraftifc^sbolfelümlic^e SBeife, Einarbeiten.
3)urcE ben Äulturlamj)f erful^r ba^ aiUrlen ber 9lebemJ)toriften auf beutfc^m 8obe»
eine borüberge^enbe Unterbrechung; al^ ber ©efeUjc^aft gefu affiliiert tourbe i^re Äongie^
gation burc^ 33unbe^rat^befcElu^ oom 13. 3}la\ 1873 (^ufammen mit ben Sanften, ben
46 ^l>rieftern oom ^l ©cift unb ber ©ejeUfc^aft oom ^l. ^erjen 3^fw) ^^^ ©ebiete bd
beutfc^en SHeic^ö auögcfd^loffen. 2lber fd^on unterm 13. 3iuli 1894 erflärte ein, b««i
einen 2tntrag ber ba^erifc^en S^egierung l^erbeigefül^rter neuer ßrlafe berfelben SJeWrte:
„ba6 ba^ ©efc^ betr. Den Drben ber ©efeüfc^aft ^z\\i auf bie Kongregation ber 3t^Ua^
toriften unb bie ber ^ricfter Dom ^l. ©eifte fortan feine äntoenbung )u finben ffok"-
60 Die ©uö)}enfion be^ bcutfc^en 3^^^0^ ^^^^^ ^'|o "wr 21 S^l^re getoä^rt, bcr fortg^ejftoi
Ausbreitung ber ©enoffenfd^aft, fotool^l in (Suro)}a toie in ben übrigen Erbteilen toor
baraud lein loefentlic^ee ^inbemiS erloac^fen. 2)en betr. SunbeSratbefc^lufe ^^atte bie fxüift
^Regierung auf ©runb eines ©utac^tcnS Don DöIIinger erioirft, toorin ber Dom SWinifte
£u5 über baS SJertoanbtfc^aftSDerl^ältniS ^itoifc^en ^cfuiten unb Siguorianem befragte gieii«
65 ©ele](|rte (unterm 21.©eptember 1889) crhärt ^atte: eS befiele fein organifc^ S^f^""*"^
l^ang jtoifcl^en beibcn Drben, fonbem ,,nur eine gen)iffe Sl^nlic^^teit uiä ©eifte^Dertoonbt»
fc^aft", berubenb auf DJac^al^mung beS älteren DrbenS burc^> ben jüngeren imb auf 6nt'
le^nung mancher Statuten unb ©nrid^tungen Don jenem ; bemnad^ fei „lein ©runb wt»
banben, ben Siguorianerorben überhaupt ober fpc^ieß be^üglid^ Deutfc^lanbS, für flaotf«
60 gefä^rlic^ ^u erUären'' ; bie ben ^efuitenocben )u einem für Deutfc^lanbd ^eben unb
Signaii utib brr SiguoHontrtfrbnt
SimÜpri^
501
©tbd^eit gefflf)tli(^en ^nftihit morficnben 3"3* (mätfitige internationale Drgani(ation u. [. lu.)
jeitn „SJinge, bie (id) bei ben iliguorianem tcilä gar nid)t, teil« in oicl gerinaeKin SRafee
unb in ^ormloleter ®efta[t finben" (bgl. Jriebtic^ HI., S. 67Hf., Der über bie auffattcnbe
SRilbe beä llrteitä ri*tig bemerh : „Qi tadre befjer gelccten, Icenn ^öfltnger ber iftm Bon
^erm Oon Suf bereiteten 5!erfu(^ung auä bem ^ege gegangen rodre unb i^n einfat^ auf i
mc im gifcffetnen begriffenen „^Koralftreitigteiten", wo auäfüiiTli^ über 31. i'ifliiori unb
fön äSer^öltniä ju ben ^efuiten ge^anbctt Wirb, Mrtaiefen ifättt"). — Die C. Sa. R.
^h jc^t gegen 150 5lti5fter, Iretdje über 12 'SroDinjen »erteilt finb, nämlic^ : 3 italienifi^e
(eine rdmifc^e, eine nea))olit. unb eine fijiltfi^e) mit jufammen eltoa SO j?(i5iiem ; 2 beiitf4c
'wne obetbeutf(i^e ober baöerifcfje, unb eine nieberbeutfr^e ober rbeinifi^tueftfälifi^e — ic
kjftere mit ^tieberlaf^ungcn auc^ in äirgentinten, Uruga^ unb SJraftlien); 1 bflerreid^ifdie ;
1 belgtfi^e (mit ^iebnlnffungcn in Sanaba unb auf St. ^boniaä in 3Qeftinbien) ;
1 IroUänbifc^e (mit 'ffiebeii. in Surinam); 1 franjöfifie (mit Spanien unb ben 3Beft'
nftubliten aimerila« ald ^Jiebengcbieten), 1 engüfdic (mit ©t^ottlanb, !JrIanb unb SIU'
^iolien) fotoie enblic^ 2 norbameritanifdie (ogl. $eimbu4>er 11, 297f.; auc^ SH@fiR3 "
1896, ©. 904).
53crnorbQmeri(amfc()e3toeig ber flongregation — in feinen älteren fliöftcm (3to(^efter,
^ittäburg, Sleinvorl) bcgrünbet roäljrenb ber ^abre 1 836— 42, fpäter(1875) infolge feinet
^nlen 3Ba(fcätumS jerlegl in bie beiben ^iroüinjen Sallimore unb 6t. Souiö — nimmt feit
(Enbe bct ober 31?« unter bem Siamcn ber „*lJau[ifte«rSäter" eine i)äpftlii$ ge=a:
nc^migte @onberfteEung im Orben Siguori« ein. '^fyc ^cittreiliger ^auytlü^rer tpurbe
gfaof ^eder, Bon mct^obiftiftfjen ©Item geboren 1820, m feiner 3u0™l' bem Sädet'
rerbe oblicgenb unb eine 3^'^ lang {ojialiftifdier 3Igitator, fpäter ßatbolif getoorben unb
einem belgitdien SHebemüloriftenflcfter mit einiger [freilii^ mangelhafter] tljieologitc^cr
Sudbilbung Berfe^en, (eit 1851 ^priefter unb eifriger ßrtoeifung^TebigcT auf B eifttii ebenen at
Stationen be« nmerit. Orbenäjmeigcä unb feit 1859 buT($ *Ciuä IX. jur Silbung eineä
liffonberen amerilanifi^en S^^'S*^ ^" C. Ss. R. unter jenem 3)nmen autorifiert, geftorben
1888. 3)ie Bon biefem reit^begabten, aber ettonS CEcentrift^en ^Wanne Bertreten« unb in
Iveitem Umheis üetbreitete teligiöö^tbeologifc^e Sonberri(^tung, ber fogen 3lmeritani€mu§,
1^ lebhafte öeWegungen unb ^iituffionen foloo^il jenfeitä wie bieöfeitö beiS DceanS ^cr' «
bDMenifen. Reifer brang, im ©egenfa^e jur mehr liufecrlic^, ben ©ebraut^ ber fntt)o=
Iif(9=!ir(ili(()en 5Itittel bauptföc^licf) betonenben, $rebigt= unb Selebnmgöprnjiä ber übrigen
Drben, unb babei aud) ber ^iebemptoriften GutobaS), auf ein innerli^eä G^ftentum, für
loelc^e« ber im §erjen WoEmenbe ^I. Seift bie alleinige Duelle unb 9torm iu bilben bobe.
3Rittelft einer in biefem Sinne, alfo gemäfe bem ßljriftcntum ipauli, umgebilbeten Wettjobe s«
bcB Sniffumieren« unb mittelft fonfliger älnpaffung ber Selirtceife unb ^ro^ä feiner
.Dlbenäbrüber an bie fpejififii amerifanifdj;(tr^lid)en Sebürfnif^e ber Cteujeit (im Segen«
fa(e |iim älteren römiftfien jrabitionali^muöt ma^te er [\d) anljeifdjig binnen hirjem
gonj Siorbamerita ju retöt&olifieren. 3)ie bemnac^ Bon i^ angeftreble ©Vitttjefe eineä
eifrigen antieBangelifdicn ^ropaganbiämuS mit nmerilaniff^'nationattir^tlii^em Selbftftän^ «
bigteiieftreben gegenüber ^om fanb — jumal ba er peifönlirf) famt mehreren feiner ain:
(länger, 3. S. bem ^iater Älein, bem 'ütltox bet SJaftjingtoner Uniöeifität D. Keane, m6)
feinem tpätereniBiograpV"2ynlter6lliott (Bgl. oben), ni^t uncrbeblit^e praEtifc^e ^Itiffion*'
erfolge aufjuWeifcn batte — ben Seifafl einflufireic^er iPerlreter bcö ameril.:tatl)plif(^en
epiffopatä, namentlid) beS ganj auf bie Jp^i^^ft^en gbecn unb Seflre^ungen einge^enben «
ffirjbift^ofe 3^^'""'' ö"" ®1- 'C""' in 9Kinnefola (f. befjen empfe^lenbeS SSorWort ju EUiottä
Life of P. Hecker). Slber ft^on balb nai^ bem jEobe §.ö erging a»i SRom eine ben
„ämeritaniömuä" entft^ieben unb unbebingt Berurteilenbe ©enlenj in ©eftalt eines an
ben flarbinal ©ibbonS (Baltimore) gerii^teten ©((ireiben« Seo« XIII., bem @rjb. Swlanb
Irie bie übrigen Sefcbü^et unb Vertretet ber ^^auliften^Äongregation (a«<^ beren ©enernl: k
fuperior P. ©eorge ^Jef^on) fii$ riidbaltlc«, unter 2)arbringimg bcS Opfer« be« Sntetlehö
unterworfen (laben. 3!gt. atifeer ben oben angef. ©t^riften notf) &). (Sgtemontä Annße
de I'figlise 1898, p. 100—108 unb 4(iOsq. 3äiller.
gtltt f. gelbgeifter Sb VI S. 5, w.
Simbort^, *C^i(ifl>u6 Ben, geft, 1712. — 3.5lcrleu8, Oratio funebris in objtum si
viri dar. Ph, a Limborch, Slrait. 17iJ; Wbv. bcö SImorie uan ber öucnen, Diasertatio do
Phil, a Limborch th., Mmft. 184.i; 9?iceton, Mdmoires pour servir ä l'liistoite des hommea
ill. T. XI, ©. 39ff.; Stflublin, ®ef*i*le ber ttieol. ©iffenfftnftcn XL l. ©.297 ff. II,87ff.
502 iimhotii
@{n üonftanbiged Serjetcl^nid feiner Scj^riften bei Stogge, Sibliot^eet ber remonftr. aef^riffrn,
Slmft. 1863, @. 52-56.
SxxtAoxif, @ol^n bed tüchtigen Siec^tögelel^Tten ^and t)an SimBorc^ unb ber ®ea<
truiba S3ifc^o)), einer 3l\d)tz bed $rofeffor^ @tmon Spifcopiud, h>urbe )u Smftetbom am
6 IQ.^uni 1633 geboren. @r erl^ielt ben erften Unterrid^t in Utred^t unb äetben unb foOte
äled^t^elel^rter h)erben, entfd^lo^ ftc^ aber im 9(Iter bon 19 ^ol^en für ben Seruf eines
remonftrantifd^en ^rebigerd, ^u tDeld^er ©emeinbe feine @(tem gel^drten. (Sx ftubierte am
ältl^enäum unb am remonftrantifc^en Seminar ju ä(mfterbam ^j^ilologie unb Geologie
unter SSoffuid, Sarlöud unb SurceQäud, bem 9{a(^f olger bed @)}ifcot)tud; bonac^ begab
10 er ftd^ 1652 nac^ Utrecht, um ben berühmten SSoetiud )U l^ören. @d jetgte fU^ olfo in
feiner ^ugenb, ba^ man in i^m einen freien X^eologen ertoorten burfte, ber bie 93al^r^
über aUed fteQte. ®r ober ^ielt fui^ 1655 noc^ i^ jung, um einen S^f nac^ XOnnaar
anjune^men; erft jtüei ^a^e f))äter berbonb er ftd^ an bie ©emeinbe px ®ouba, bon tDo
er nac^ ^e^n ^a^ren noqf älmfterbam jog. ®od^ blieb er nur etliche SRonote ^cr aU
i6$rebiger t^ötig* auf @mpfe^lung t)on ^faac $ontanud, ber t)orübergel^b nad^ bem 2ob
be^ $rofeffor^ H$oeIenburg bie t^eologif^en SSorlefungen übernommen i^otte, tourbe Stm«
borc^ am 19. 9())rU 1668 bon ber remonftrantifd^en Srüberfc^aft )um ^rofeffor getoä^
45 ^ai^xt lang ftanb er an ber @pi|e il^red Seminar^ unb entf)>ra(^ nad^ allen @eäesi
ben großen Srtoartungen, bie man auf il^n gef e^ l^atte. Unter il^m erreichte bod @eminar
ao feine ^ö^fte S3Iüte. ®r bel^errfcf^te bad ganjie ©ebiet ber ^l^eologte, er}og eine 9tet^ tä<^
tiger ^rebiger unb ftanb mit bieten inlönbifc^en unb audldnbifd^en ©elel^rten in 9rkf<
toed^fel. ®r blieb unermüblid^ tl^ätig bid }um 3[Iter bon beinai^ 79 ^cäpxa unb ifi am
30. aipril 1712 geftorben.
Unter ben remonftrantifd^en Xl^eologen bed 17. ^al^l^unbertd fielet er in ber erfien
26 Sieil^e. ^uger ba^ er ben jtoeiten 2^eil ber tl^eologif^en ©elften feinet Oi^^etnid @)ytfcos
pm^ unb auc^ bie Opera theologica feinet Sel^rerd SurceQöud beforgte, gab er fdifi
eine Theologia christiana ad praxin pietatis ac promotionem pads christianae
unice directa ^eraud, bie @töublin mit ^ed^t „\>a^ t)oDftänbigfte unb berü^mtefte S^fiai
ber remonftrantifd^en Sel^begriffe'' nannte. @d(>on ber Xitel beutet an, in toebpem ®eiß
80 unb @inn bad S3ud^ berfa^t ift. 92id^t auf Jlenntnid einer ^eil^Ie^re, fonbem auf boS
S3efolgen ber SSorfd^riften bed S^riftentumd h>irb aller Ütac^brudt gelegt X^e @eligteit iß
jeboc^ nid^t burc^ gute äBerfe ju t)erbienen, fonbem burd^ ben ©lauben, b. l eine t)dffige
Eingabe an S^rtftud. Fides non tantum est cognitio et acsensus, quo credimus
Jesum esse Christum, uDicumque a Deo Salvatorem constitutum onminm,
86 qui ex Evangelii praescripto vitam instituunt; sed etiam fiducia, qua in ipsum
ut Prophetam, Sacerdotem et Regem nobis a Deo datum recumbimus, plene
persuasi nos, si doctrinae ejus obtemperayerimus, remissionem peccatorum
etiamque vitam aeternam per ipsum esse consecuturos ; ex se produoens se-
rium et efficax propositum, obedientiam, qualem a nobis exegit, ipsi prae-
40 standi. 3)ad ganje Sert mit trefflicher JUar^eit in elegantem Satein gef^riebm, iii in
7 93üd^er geteilt : de sacra scriptura, Deo et operibus divinis, redemtione, prae-
destinatione Dei, praeceptis n. foederis, promissis et minis n. foederis, ecde-
sia J. Christi. Simbord^, ber beutlid(^ jeigt, toorin bie Stemonftranten unb &t(bintfitcn
unb (Socinianer t)on etnanber abtoeid^en, totQ einen Unterfc^ieb gemalt tuiffen gtoifd^
46 grunblegenben unb nidbt grunblegenben ®lauben^rttleln. 3^ ben erfleren gehören bie,
toelc^e in ber i^(. Sd^rift old nötig }ur @eliglett bejeic^net ftnb. 3)o(^ ftnb folqer Dogmen
toenige. Se^rfö^e, bie nic^t beutlic^ in ber Schrift [teilen, bie auf meta^l^i^ftfd^en 6)xlu<
lationen berufen ober auf Umtoegen, burc^ f))t$ftnbige Folgerungen l^ergeleitet toerben, ftnb
nic^t aU grunblegenbe )u befc^auen. 3)arum toar anc^ fein @a(, bem er in ollen feinen
60®c^riften toie in feiner ^rebigt treu blieb: in tradendis fidei articulis neoessario
credendis utendum esse verbis ipsis sacrae Scripturae. ^ie Theologia Chri-
stiana erfc^ien 1686 unb tourbe banad^ nod^ fünfmal aufgelegt (Slmft. 1695, 1700,
1715, 1730, 1735), lool^I ein »etoei^, tote fel^r bie« SBerl gefc^ö^t tourbe unb 3a^
lang nac^ Simborc^« lob ben Seilfaben für ben tl^eologifd^^en Scl^rgang ber Slemon^rmiten
66 blieb. 9Iod^ bei feinem Seben tourbe ba« gan^e 2BerI burc^ ben ^rebiger ^andertd in^
9JicberIänbifd^e überfc^t, toä^renb ber leil, ber bom 6tb ^anbelte. f})äter befonber« aitf«
aegeben tourbe. 9lud^ eine englifd^e Überfe^ung erfd^ien. SlQein S^rifto))]^ ^ande in itiel
^at bie Theologia Christiana angegriffen in feinen Exercitationes Anti-Limborchia-
nae (Col. 1694), toäl^renb Simborc^« ^ac^folger älbrianu« bon Sattenburgl^ 1726 ein
60 Spicilegium theologiae Christ. Phil, a Limborch l^erau^ab.
Sbnbor^ Sinbfc^ 503
Sticht aOein afö Sogmattler, fonbetn auc^ old 9l))o[oQet fotoo^l be^ (Sl^riftcntumd h)te
bcr temonftronttfc^ Se^e ^at et ftc^ mit berfelben ®cle^amlctt, Slu^e unb 3JlUbe bc«
jcugt 3Rit ^^aci DrobiO; einem f^anifc^en 3wben, ber olö ^rofejfor in ©etoitta \>ox ber
^quifition ge^üc^tet hxtr unb ftc^ in 9(mfterbam ald 9(r)t niebergelaffen ^atte, l^atte er
eine merttoüringe Untenebung über bie d^riftlid^e Offenbarung. Drobio (egte i^m aßerlei 6
^ogen über ben ©lauben an ben SRefftad bor, auf toeld^e Simborc^ bie Slnttport nic^t
f4^ilbt0 blieb. O^ne ftc^ auf befonbere Sel^treitigleiten einmiaffen, beh>ied er, ba^ bie»
felben ©rünbe, bie bie ^uben in SRofe^ einen göttlichen @efe^geber erlennen liefen, noä)
tAd me^ für bie göttli^e @enbung bon ^efud fprad^en. ältö er bad ®ef)>rä(^ beröffent^^
tiefte (De veritate religionis ohrist. ; amica coUatio cum erudito Judaeo. Gou- lo
dae 1687, überf. 1723), h)iberlegte er aud^ Uriel älcofta^ Eingriffe auf bie c^riftlic^e
Offenbarung. ®egen bie ffotl^olilen berteibigte er bie freie ^orfc^ung u. a. burc^ ben ^rud
bed ®ef|)rä$«, bad @))ifcot)iud einft mit einem Sti^mifc^ über bie Unfe^IbarleU gel^obt
^fotte. ®egen ben ^aneler ^rofeffor ban ber 35ki^m (Defensio contra Joannis
▼. d. Waeyen iniquam criminationem, ^mft. 1699), ber ibn bed Sociniani^mud i6
befc^ulbigte, unb gegen bie calbiniftif^en ^rebiger @€e)}erud in ©ouba unb ^^tier in
älotterbam bel^auptete er tüürbig feine Überjeugung.
Xß @^et ^ er ftc^ h)enig bet^ötigt; erft ein ^a^r bor feinem Xobe gab er ben
mei^ fad^lic^en old ))l^iIoIogifd^en Commentarius in acta apostolorum et in epistolas
ad Romanos et Hebraeos l^eraud, h)el(^er le^tere auc^ in nieberlänbifd^er @))ra(^e er^ ao
fd^ien. Seine (Gebauten über ^ermeneutil laffen ftdb in ber SSonebe aud ben @ä$en über
bte oO^orifc^e Sd^fterllärung ber 6occej[aner eriennen. Su^er einer Seic^enrebe auf
feinen ®oubdd^en AoQegen Oun)end befi^en n>ir bon i^m aud^ leine ^rebigten, obtpol^t
er felbfi bie ^rebigten bed @))ifco)}iud ^erau^ab. @r bereitete ftd^ forgfam bor, ))f[egte
aber toenig ntebenufc^eiben. ^ud ben äBinten, bie er anberen gab, lönnen h)ir fd^^ße^en, 26
ba^ er auf bibßfcpen Spalter unb ^(arbeit be^ @titö ©etoic^t legte. Sine 3Ronogra))l^ie
übtx bie ^^e, toie man Jtranle burc^ ^[nfnü^fung an il)x frü^ered Seben auf ben iob
boibereiten foDe, toobei er mgleicb feinen @lauben an bie Unfterblic^Ieit barlegt, lä^t und
über feinen feelforgerlic^en unterrid^t urteilen.
ätmborc^ 1^ fid^ mit ber $^ilofopl^ie feiner 3^ nur h)enig eingelaffen. Sarteftud so
unb Spinoja mi^bte er fd^en, bod^ ^ogen fte il^n nid^t an, SDlel^r feffelte il^n Sodte, mit
bem er toic^tigeSnefe toet^felte (Works of John Locke, Sonbon 172 7,Vol. III ©.593—668).
Dagegen ^ er aÜ ^iftoriler gro^e 'Serbienfte. B^näd^ft bauten toir i^m bie älu^abe
bcr Praestantium ac eruditorum virorum epistolae theol. et eccles. (3lmft. 1660.
Edit 2» altera parte auctior 1684. Edit. 3» 1704), bie für bie Äird^en= unb 3)og*36
mengef(^te fo toidj^tg fmb. Der 4. äluflage feiner Theologia Ghristiana fügte er eine
Relatio historica de origine et progressu controversiarum in foederato Belgio
de praedesünatione ju, bie aud^ in nieberlänbifc^er Sprache erfd^ien. SQßir banlen il^m
eine borgügli^fe 9iogra))l^ie feinet O^eimd, bie er aud^ loteinifd^ brudfen lie^. ^n nieber-
lanbi{(^ @ptad^ f(^eb er bann eine turje ©efc^id^te ber Dorbred^ter S^nobe, im 3[n« ^
{(^Iu| an bie Sriefe ber englifd^en älbgeorbneten ^aled unb ^alcanqual; boraud ging bie
Uebcrfel^ung eined Suc^ed bed $rofefford Säur. Sjomac^iud in Sambribge über benfelben
(ikgenftonb. Snblic^ beft^en toir bon feiner $anb eine Historia inquisitionis (älmft.
1692), bie bon ber ^n^fuifuion berurteilt n)urbe. $. G. 9iogge.
2imbn» f. Fegefeuer 93b V @. 791, lo. 46
Umina apostolomm f. Visitatio limin. apostol.
Sisbfdl, Ibeojj^ilu«, geft. 1808. — Th.Bel8ham, Memoirs of Th. Lindsey 1812.
A. Nicholson in Dict. of oat. Biogr. S3b 33 @. 317.
I^^fOu« 2inbfd^, geb. ben 20. 3uni 1723 in üRibbleloic^, ß^efl^ire, unb erlogen
in ber gretfc^ule gu Seeb«, trat 1741 in ba« ©t. 3io^n« ßollege in ßambribge ein. ^ierso
t^ er T«^ burc^ feine Hafftfc^^e 33ilbung l^erbor, toe^l^alb i^n Sifd^of Sle^nolbg jum Qx--
gebet feine« ffinlelfo^ne« tollte. 6r j)romobierte mit äu^eid^nung unb tourbe 1747
*^')to in feinem GoUege, nal^m aber lur^ nad^^er eine ^ßrebigerfteße in ©j)italfielb«,
^,„Jon, an, überjeugt, bafe i^m ba« gciftlid^e 2lmt am meiften ©elegenl^eit gebe, „(Sott
gbienen unb ben Wenfc^en ;^u nü^en". 3lxd)t lange barauf machte i^n ber §er^og bon 65
omerfet pi feinem Roüplan unb ßrjicl^er feinet ßnleU, be« neunjäl^rtgcn $erjog« bon
Jtort^Himberlanb, mit bem er 1754—56 ben Kontinent bereifte. 9lac^ feiner iRüdfle^r
al^ er bie 5ßfanei Äirfb^^SBi^I, ioo er mit bem tl^eologifd^ freibenlenben ärdSfibialonu«
504 Sittbfeli
99IacfBume Belonnt toutbe, beffen Xod^ter er nadff^tt heiratete. Set Umgang mit Slact-
bume fd^eint auf feine tl^eologifc^e 9it(|tung einen bebeutenben Sinfbtg ge^t )u ^en.
@r begann an ber lird^ltd^en S^rinität^Ie^re )u )h)eifeln, unb ein genauere^ Stubium bec
^ibel, bad er auf feiner jtDeiten $farrei $ibbIetoh)n trieb, beftärtte i^n nur in ber Über^
6 jeuoung, ba^ bie Iir(^li(|e Seigre ber neuteftamentlic^en gerabe}u ta>iberf))re(i^. @d mag
auffaüenb erfc^einen, ba^ er, obtDol^l im 3^^P<^ ntit feiner Strxdft, eine neue Pfarrei,
Satterid inJ)orIfbire, annai^m (1763), h>obei er bie 39 9(rtifel )u unterfd^reiben ^atte.
SQlein ein Stu^tt aud ber Jtirc^e h)egen Sel^rbifferen^en h)ar feit 100 ^afycm ettood fofi
Unerl^örte^. ®r fuc^te feine fobeQianifc^e 9(uffaffung mit ben trinttartfcben Formeln bec
10 Siturgie, fo gut ed ging, in Sinllang in bringen unb ^ob in feinen ^r^igten bortoiegaib
bie pratttf(l(^e @eite be$ S^riftentumd pertor. SUlein eine gefäl^rlic^e Jtranl^eit toedte fein
©etüiffen. 3)ie Überjeugung^treue unb OpfertoiHigleit ber alten 9tonIonformtften befc^omte
feine @opl^iftiI unb ^alb^eit @r füllte, ba^ er in ber Jlird^e nic^t mel^ oletbai fönne.
9(u(^ anberen feiner ©efmnung^enoffen h>urbe ed ju enge in ber Jlirc^ Statt aber
15 an ^u^tritt )u beulen, t)erfu(^ten fte, mit $ilf e bed $arlamentd, bie ©d^ranlen ber jtir^e
iu ertoeitem. 99Iacfbumed „Confessionar' gab bad@ignal. @ine 9(n)al(fl ^h^eibenlenber,
»arunter Dr. ^ebb, 2B^t)iQ, Satt) unb Sinbfe)^, berieten mit Sladbume in ber „Three
Feathers Tavern", 1771, eine 99ittf(i^rift an bad Parlament, bed 3^}^^/ ^ bie
®eiftli(l^en, ftatt auf bie 39 älrtilel t)er})f[i(^tet gu n>erben, nur il^e 3^^^^ }u ^
ao I^L @(l^rift ertlären f oQten. Wt 250 Unterfc^riften bebe<ft, h)urbe bie Petition am 6. ^$ebruar
1772 bem Unterband t)orgeIegt, aber nad^ längerer 93er ^b(ung mit 217 Stimmen gegen
71 ab^etüiefen. Sinbfe^ 9(udtritt aud ber Rwift toar bamit entfc^ieben. @etn Sifd^f
fuc^te tl^n 5U l^alten, feine ^eunbe mi^biDigten feinen äludtritt. SQIein umfon^ ^m
3)e)emberl773 Derabfd^iebete er fu^ t)on feiner überrafd^ten unb tiefbdCümmerten ®emeti^,
26 beren ^d^tung unb Siebe er fic^ burc^ fein untabeliged Seben, h)ie burd^ feinen unermübeten
Sifer für t^ geiftlid^ed unb (eiblic^ed äBo^l in böigem ®rabe ertoorben ^e. @r rec^t«
fertigte feinen ^u^tritt in einem gebrudten 9lbfd$ieb^ort an bie ®emeinbe unb in fecna
Sinologie (1774), bie für toeitere Äreife beftimmt toar.
StnbfeV^ $(an n>ar, aud SRitgliebem ber Btaai^^Rxift eine ®emeinbe unitoriff^
so Sl^riften gu fammeln. ®r ging be^l^alb nad^ Sonbon, n>o $riefUe)^ unb $rice feine Soc^
eifrig förderten. 9(m 17. 3S:pm 1774t n>urbe ein unitarifd^er ®otte%ienft inEssex street,
Strand, eröffnet unb babei bie t)on Sinbfe^ unb feinen ^eunben nac^ &am, (SiadH
$Ian in unitarifc^em Sinne umgearbeitete englifc^e Siturgie gebrandet, ^n feiner Sbt^
tritt$))rebigt über ®))^ 4, 3 erllärte Sinbfe^, ba^ @ott unb bad ®en)if[en bie einj^igen
86 3(utorttäten in ©lauben^fad^en feien, unb t)erf)}rad^, aße ^olemif ferne ju galten. 2)o(^
bad tDar unmöalic^. ^af)lxtxd)z (äegner traten gegen i^n auf (9urg, Stngl^, 9lans
bol))]^ 2c.), unb Sinbfe^ mu^te ftc^ mit SBort unb Sd^rift berteibigen. @r f(^eb gunadjfß
al^ ^ortfe^ung feiner 3ipoloQk ein Sequel, 1776, eine feiner beften @(^riften; borai
jtoei ^iffertationen über ben pl^anneifc^en ^rolog- unb bad S3eten )u ^efu, 1779; eine
40 gemetnfapc^e Darlegung ber unitarifc^en Seigre „The Gateohist", 1781; eine ®ef(^e
berfelben „An Historical view of the State of the Unitarian doctrine and Wor-
ship from the Reformation to our own times", 1783, toorin er SB^^it^cote, Sumet,
a:iIIotfon, eml^n, SBI^irton, Dr. ©. ßlarfe, Sifc^of ^oable^ unb Sir g. 5Retoton unter
bie Unitarier rec^fnet. ®ie Singriffe be^ Saj)tiften Slobinfon (a Plea for the divinity
46 of Christ, 1776) fud^tc er in bcrSd^rift „An examination of Mr. Robinson 's Plea",
1785, pi toiberlegen. ^rieftlet; l^atte ben Unitarianigmug in Sriefen an bie Unit>erfttäta!
t)erteibigt unb ^eftige angriffe crfal^iren. Sinbfe^ nal^m ben Stanip^ auf imb anttoortet«
mit jtoei Schriften : „Vindiciae Priestleianae", 1788, unb „A Second Adress to
the Students", 1790, tooran eine Sifte falfc^^er Se^arten unb Überfe^ngen angelangt
60 ift, burc^ beren Seric^tigung bie falfdj^e Se^re t)on ber (äott^eit G^rifti befeitigt t»etben
fott. 3^ bialogifc^er gorm toirb in ben „Conversations upon Christian Idolatry",
1792, ber ©laube an bie ©reieinigfeit ate (äöfeenbienft bargeftettt. SlUe biefe 6(W^
breben pc^ um einen $unlt, „bie toa^re SKenf^beit G^rifti". 3)ie ©ott^eit ßbtifii toi*
tößig geleugnet, bamit auc^ bad SSerföi^nungi^tper! unb bie Sünbl^aftigleit bed SRenf«^;
66 3leue ift t)önig genug, um ©otteö Onobe toieber ju erlangen. — ^n femer legten Sot
„Conversations on the Divino Government", 1802, giebt Smbfd^ feine Sbiftc^
über bie toid^tigften religiöfcn ^agen in gebrängtcr Überfd^au.
SinbfeV blieb ^rebiger ber ©emeinbe in (Sffejftreet bid in fein 70. SebenSja^ unb
gog ft(^ bann jurücf. S)odSf ftanb er mit bcrjelben in ftetem SSerle^r bi^ m feinem 2obe
60 am 3. 5Wot)ember 1808. Ä. ®i!>0e« f.
Singarb Stttl 505
Sutflötb, 3o^n, flcft. 1861. — 9?otijcn über fein ficBcn: The Times d. 25. guU
1851; (S^entlemond Magazine t>. @ept. 1851. (^ine ^togrop^ie in b. 6. ^uf(. feiner History.
Xhamd, Manual of Historical Idterature, @. 440 f. ; %f). (Sooper, Dict. of n. Biogr. IBb XXXIII,
6. 320.
^o^n Stngorb, emer ber bebeutenberen englifc^cn ©efd^ic^tfc^teiber ber neueren ^txt, 6
Imtrbe am 5. ^bruatl??! in SBtnc^efter geboren unb in bem engUf(l()»en SoQege ju 3)ouai
erlogen, 1782—93. 3Son ba bcfuc^te er 5ßarid jur S^t ber SReboIution unb entging mit
biiXpptt 3lot ber ®efa^, an bie Soteme gel^ängt ^u toerben. @r befud^te 9tapoleon, atö
er erfter ftonfui hKtr, unb erl^ielt burc^ il^n ^utritt ju ben 3(r(i^it)en. ^n bie ^eimat ju-
rüifgele^, tourbe er 1795 gum 5ßriefter orbiniert unb nad^^er ?Profeflor an bem ©t.ßiU^s lo
bertsßoBege inUfl^to bei 2)ur^am. 1817 befud^te erSRom, um bie batüanifd^e Sibliot^ef
ut bnifi^en unb tDo^nte in bem otalifc^en JtoQegium bafelbft. Seo XII. tooQte il^n ^um
ftarbtnoC $roteItor ber englifd^en ^iffion mad^en. Singarb aber fd^Iug e^ aui, teitö tüeil
er ftd^ ntd^t tüd^tig fül^Ite für einen folc^en $often, teil^ um feine gefc^ic^tlic^en Stubien
nic^t unterbred^en m muffen. 3)em anfprudE^lofen SRanne fagte ein Seben in ftiUer, Qu^ is
tüdgejogen^ in itm (leinen ®orfe $omb^ bei Sancafter beffer gu, ald bie l^o^en ^mter
feiner Ritdft, ^ier berbrad^te er ald !atl(;o(ifd^er ^plan bie gtDeite $älfte feinet Seben^
in freunbfc^ftlid^em SSerle^r mit ^roteftanten h)ie Jlat^olilen, t^on allen toegen feinet
e^ren^ten ©^raberd, feinet befc^eibenen unb jut)ortommenben iffiefen^, feiner ©elel^am«
teit mib Stä^igung geartet unb geliebt. @r ftarb in feinem 82. ^a!^xt, ben 13. ^uli 20
1851, unb tmtrbe in bem Sutl^bert^SoSege begraben.
Stngorbd @<^ften fmb l^iftorifc^en, polemifd^en unb praltifd^en ^nl^altd. @r be»
grünbete feinen 9luf old ^iftorifer burd^ feine History and Antiquities of the Anglo-
saxon Church (1. SufL 1806; 3. Sht^. bebeutenb t)erme^rt 1845), in h>eld^er er bie
%>rf(^ungen feiner SSorgönger mit Umftd^t unb Jtlar^eit verarbeitet unb teiltoeife berichtigt 25
^ S)abet ^ er ouerbingd einen großen 2:eil bed reid^en ^anbfd^riftlid^en 3){ateria[i^
auf ber Seite liegen (äffen. 95iefe Slirc^engefd^ic^te n>ar Ver SSorläufer feinet großen SSerfed
über bie englif(^ ®efc^i(^te: History of England from the first Invasion of the
Romans to the year 1688, 1819—1825 (6. 2lufl. 1854). 3)iefe« SBerl geugt t)on
großer ®ele^am(eit unb einer befonberen ®abe gu flarer, bünbiger unb tDo^tgeorbneter so
S)arfldlung. S)ie &pxad^t ift fliegenb, einfach unb Iräftig. Singarb fyit manche neue
DueQen geöf^et unb toic^tige X^atfac^en in bad redete Sid^t gefteut. @$ berfte^t ftd^ bon
felbft, ba| fein lati^olifc^er @tanbpunlt ftc^ nic^t verleugnet unb befonberd t)on ber 9lefor«
mation an entfd^i^ener l^erbortritt. ^obei aber ift aiuuerlennen, ba^ er mit h>eit mei^r
9ht^ unb 9Rägigung berfäljrt, aU bie meiften feiner ©lauben^genoffen. 86
©eine J)oIemifd(^ ©d^riften fmb: Catholic Loyalty vindicated. 1805; Remarks
on a Charge ddivered to the Clergy of the Diocese of Durham by Bishop
Shut, 1807, unb bie SSerteibigung biefer ©c^rift: A general vindication etc., 1808;
Documentfl to ascertain the sentiments of British Catholics in former ages
respecting the power of Popes, 1812; A review of certain Anticatholic Publi- 40
eationSy 1813; Strictures on Dr. Marsh's comparative view of the Ghurches
of En^nd and Rome, 1815; Controversial Tracts etc., 1813—25. ®nblid^ fmb
ya nennen bie in meieren 9(uflagen erfd^ienenen Catechetical Instructions on the
doctrines and worship of the Catholic Church unb bie 1836 o^ne feinen 9tamen
erfc^enene Überfe^ung be^ 3ltvim S^eftamente^, bie burd^ ©enauigleit unb @eh)anbtl^eit 45
bed 3(udbrudEd \>cx ber 3)ouaibibeI ftd^ au^^eid^net. (S. ^diotUf.
iM ober Sindt, SBenjeöIauÖ, geft. 1547. — Verpoortennius, Sacra superioris
acvi analecta etc., Coburgi 1708; dofelman«, ^SenjeSlauS fiinf« fiebcn (teurer, i]eben ber
«ItDfttcr ber lut^crifcben ftircfte), «eipatg unb ^reöben 1863; Dr. ?BiIt). 9fteinbeU, 3)oftor
fknaeftfaud Sind t>on (Solbi^ 1483-1547, I. Steil. iBiS ^Htenbura- ^it !6ilbnid unb ^n* 60
^ng, ent^altenb bie zugehörigen Documenta Linckiana 1485—1522; Harburg, ^brbarbt
1892 (»gl. Äawerau in Zt^^S 1Ö93, 9ir. 7). fiincfd ^Benjel, SBerfc. gefamtnelt uub br^g.
mit (Einleitungen unb 9(nmertungen Don Dr. ^il^. ^Ketnbell. (^rfte^älfte: (Eigene @d)riften
bi» )urj»eitenSi2ümbcrgcr©irIfQm!eit. üJJarburg. (Sijrbarbt 1894 (ugl. ®. »offen in X^ßß
1894, 9fr. 23; baju D. Änoofe in %fiW J895, kr. 36). — Äolbe». Xic bculfdjc «ußuftiner- 66
Kongregation unb So^öun uon €tQUpit, ®olt)Q 1879; 5RotI}, Ginfü^rung ber ^Reformation
in SSfümberg 1517— 1528, ©ürjburg 1885; JlnQQ!c=8obcn, Srfjeurlä 53riefbud), ^otöbam
1867 ff.; Äawerau, 99riefwed^fel be« 3uftud Qonaö, .^aOe 1884; ©enbitcn, ^in 53üd)lcin
©enceÄlau« ßin!« Don SCrbcit unb S3ctlern, 3!Sfi 1885. 6. 584 ff.; Äolbe^ Beiträge j^ur
9Refonnation*gef4i4te (^irc^enviefc^tc^tlicbe 8tubien. {)ermann 9)euter ^um 70. (Geburtstage ^
genibmet, 6. 195—263), ficipjig, ^inrid)ä 1887; Äaipcrau, De Digamia Episcoporum.
506 Sittl
din Beitrag jur ßut^erforftfiung, Äicl 1889; fRcpertorium für Äunftwiffcnfcftaft, 1897,
@. 493 ff. — ©citräße jur batjerifcften Äircftengefcfticfttc IV (1898), (3. 186 ff.; Suder,
91. 3)ürer. 6. 143 ff. («crein für SRcformatioiiöQefdjicfttc), ^aüc 1900; 3. unb €. fiöbe,
®ef(6t(6te ber ^ircÄen unb @4u(en bed ^er^ogtumd @a(6fen«VItcnburg. ®rfter Saiib
6 ttitenburg 1886; 3* Si>^e » Mitteilungen über ben Anfang unb (Fortgang ber ^t-
formation in ^(tenburg (Mitteilungen ber Q^ef^ic^tS' unb Hltertumdforf^enben (8e*
feflfcftaft be8 Dfterlanbe«, ^(Itenburg, 93b VI); SScftermctjer, 3)ie branbcnburgif*«nürn*
bergifcfte JHrc6ent)lfitQtion unb Äird)enorbnung, Erlangen, gfr. Sunge, 1894. — Sürttem»
bergifdje S^irdjcngefcftiAtc (©tuttgort unb (Solro 1893), (3. 360 ff. unb bie ju @. 360 an-
10 gegebene fiitteratur. ^. ^olftetn, ^ie 9{efonn. im Spiegelbilbe ber bramatifc^en £itteratur,
^QÜc 1886, 6. 163. 3ur fiin(f-53ibIiograp^ie ügl. ben Änbang ^nm betreffenben «rtifel im
Supplementbanb ber peiten ^Tuflagc biefer SRealenc^üopäbie (XVIII, @. 174—75). Sm
^eidarc^iD 92ümberg ift belangreiche^ Material über bie ißerfönlic^feit unb bie reforntQtonf(tie
!£bätig!eit bed ^enjedlauS Sind niöbrenb feinet ^weiten ifJürnberger ^ufenl^alted oor*
16 banben. Spe^ialalten über Sincf fanben fic^ vorläufig nicbt, bagegen roirb er in ben Elften
über bie firc^lidje Sieformation in 92ürnberg fe^r ^fiufig genannt; in ben Sriefbüt^ern unb
SflatSoerläffen ber 3eit oon 1525—1547 gefcftie^t feiner üielfac^Srtoä^inung. S)a8 ©taat^rdjtt)
JJöntgSberg, ^erjogl. öriefard^iö A.4(nt 36. 139 u. 143) eiitbält jmet ©riefe ©. fiincf« an
©erjog ^Ibrecftt üon Preußen (15. Äpril 1545 unb 6. gebruar 1546) nebft ben Vntmorten
ao beg (enteren (23. Mai 1545 unb 19. ^pri( 1546). @d ^anbelt fi(( um Sufenbung unb
Empfang Don fiindd Annotationen jum %£.
Sind (h)te er fid^ fe(b[t fd^rieb) ober Sinl (tt)ie er onbertoeitig metfiend gefc^riebcn
iDtrb), mit bem SSomamen SOSen^e^laud (and) SSenj^el ober SStnciloud) l^eigt bei feinen
^eitgenoffen unb nennt fid^ fe(b[t gern Sind t)on 6oIbi$, nad^ ber ÜJluIbenflabt, too er
26 am 8. Slanuar 1483 afö @ol^n eined Slat^l^erm geboren tourbe, toeldj^er mit bem im
ölteften ©tabtbud^ 1464 aU S^an^ Sinfe erh)äl^nten Sürgermeifter für ibentifd^ gu galten
ift.— 6« h)ar am ®eorgientage, 23. Slpril 1498, al« „Wentzeslaus Linck de Colditz"
t)on bem Slettor ^lobolu^ @ngerer t)on Seuterdl^ufen unter bie @tubierenben ber 2dpmn
Uniberfität aufgenommen tourbe. 9(tö Sind im ^a^re 1503 )u SQittenBerg mfmmect
80 tüurbe, foax er bereit« 2luguftinerbruber (Alb. Viteb. p. 10). Seibe« toor för fein
fernere« fflirlen bebeutung^bott, r\fi^ SBittenberg ju lommen unb aiuguftiner gu fein. —
SQal^c^einlid^ h)urbe @tau)}i^ fc^on bamal« auf tl^n oufmerlfam, l^örte oud^ bermutiic^
burc^ 3(m«borf t)on il^m. Wxt festerem auf obenteuerlid^er ?^l^rt in Seben«gefa^, \oat
Sind no(^ geneigt, bie Stettung feinem Sc^u^patron 9UtoIau« ^oDentinu«, einem ^eiTtgen
85 be« äluguftinerorben« jujufc^reiben, h)oran il^n ber 92aumburger 93if(^of in alten Zogen
fc^erjenb erinnert. — Sindt tüirb in ben SHBittenberger Unit)erfität««Urlunben (im über
Decanorum facultatis theologicae) al« Jtont)entua(e t)on SBalbl^eim begeid^et Ser<
mutlid^ l^atte er in SS^albi^eim $rofe^ get^an. 9(ber h)ie lange unb gu toüd^tai ^^
punft er fic^ bort aufgeholten, |ot ftc^ biöl^er nic^t feftftetten loffen. — ©leid^geitig mit
40 Sut^er (1508) tüurbe Sind unter bem 2)e!onot bc« 2luguftiners®eneraltrilör« ©tou|)i^ in
bie t^eologifc^e Slrbeit ber §oc^fc^uIe ju äöittenberg berufen, junäc^ft um gu lernen; 1509
biblifc^er Soccoloureu«, tüurbe er im §erbfte be«felben ^o^e« ©ententioriu« mit ber 9c*
fugni«, über bie ©entengen be« $etru« Somborbu« gu lefen; 1511 Sicentiot unb mx^ im
gleichen ^q!^xz S)oftor ber ^I. ©dj^rift, toor er bei Sutl^er« ^Promotion (DItober 1512)
46 bereit« S)e!on ber gofultöt. 3n ben näc^ften ^af^xzn tyü bo« SBittenberger Süiguftiner«
Softer geittoeilig on Sutl^er feinen ©ubprior, on Sind feinen ^rior. Sind Jjrebigte bomott
in ber olten, üon ^K^iEoniu« fo l^eil«gefc^ic^tli(^ gebeuteten üopette. 6« ift belonnt, ba|
Sut^er bie $rebigth)etfe feine« ^eunbe« um il^rer 9}olf«tümßc^Ieit unb il^re« ä9ilbetrei(^'
tum« tüißcn in ß^ren ^ielt; unb ^om^ fd^ö^te nodj^ im ^^i^te 1539 bie l^eÜKgen unb
60 eüongelifc^en ^rebigten, bie er üor 28 ^a^xm bon Sind ol« feinem geifUicjw So*cf
nomentlic^ on ^efttogen gel^ört l^otte.
3Kit bem go^re 1516 ging Sind« SBittenberger SBirIfomfeit gu @nbe; im fyd^
biefe« 3<»^re« befonb er ftcf> ouf !ur^e ^txt oI« Sluguftinerprebiger in SDtünc^ ©IciJ
nod^ aBei(inoc^ten nol^m i^n fein ®önner ©toupi^ auf 3Sifitation«reifen mtt fic^. 3«
66 5^i<*^'^ 1517 l^ertücilte Sind mnäc^ft üorübergel^enb in SRümberg unb fol^ fid^ borai im
toeiteren 33er(auf be« ^oifx^ \ixx längere geit in biefen i^erborrogenben SBirfungÄwB
berfe^t. Sind tom ber sodalitas Staupitiana in gleichen ätnfd^uungen entg^en, toie
er in biefem Rreife fc^on ol« greunb be« berel^rten ©enerolbifor« SSnflang fanb. ©<J«bÖ
83riefbu(^ bringt bie ©timmung be« löge« treffenb gum 3[u«brud. 3)er 9lümberga
60 Gicero freut ftc^, im neuen Sluguftinerprebiger einen 3Konn m feigen, ber auf ben SB^
t)on ©toupi^ einlSiergel^t. 3" Sind« ftönbigen 3"^örem red^net er u. o. Sbner, ^tm
unb ^olgfc^ul^er, \pättt and) @)}engler unb £ürer. @r fd^eibt: Sind ift ein tH>igfi0rtt$c(
8ml 507
$r^iger. Ober er Derjtc^ert : fflir leben ^ier ru^ig unb l^aben ^ gut; benn aud^ fflenjel
jÄtbtQt bem Sott )u S)anl (Slbbent 1518). — fflenjel berleugnet ben Sutber nid^t
(Lutherum non mentiens. — ätuc^ fd^tlbert @c^eurl ben Sertel^r ber ®blen im
äuöuftinertlofler, biefjteube ber SRümberger am Umgang mit SindE; h)ie fie ftd^ bei i^
S; @)>etfe unb 2;ranf berfammeln, h)ie über lijc^e faft nur nocf; t>on SRartin allein bie 6
ebe ifk (a. a. D. II, 36). So luurbe jeftt namentlich burd^ SindE „ba« 2lugu[tiner*
fioftcr in 9?toiberg gu einer ber frü^eften ^flanjftatten be^ Sut^ertumg". — %üx bie
Serbreitung ber 3:Men unb Slefolutionen fud^te Sindt nad^ Äräften ju tüirlen. Slud^
überfonbte er im 3!fl&ti 1518 @d^ Übeltaten an Sutl^er. tiefer fd^tdEte i^m h)ol^( um«
ge^enb, unb el^e er an @^It>iu^ @granud (24. ^Jtärj) {c^rieb, feine Asteris^i ober @temc^en lo
(ögL 2ut^ SBerle, feit. ®efamtau«gabe I, 279). ^n ber Sufc^rift (bgl. gnber« I,
215 ff.) überliefe er e« feinem ^eunbe, ob er biefelben an Dr. @df fc^idfen tooHte. Sindf
t^ ed, unb Sutl^er fc^eint ti nic^t anberg ertoartet ju fyAtn, ^m ^nlx 1518 berid^tete
£ut^ bem ^eunbe 9leue« über ben &m\i ber Sage, ©r fc^üttete fein ganje« $erj bor
i^ axiS, kDeil er fu^ ganj Don i^m berftanben toufete. 9l(^ er bann nad^ ätug^burg ge- 16
laben tourbe, tel^e er im äuguftinerflofter ju SWümberg ein. SEBie Sindf il^m treue« ®e»
lett, ba)u feine 9luguftinerla))))e gegeben, ba« f}at Sut^er felbft tur) bor feinem Xobe in
einleben erjo^It {m LXX, 361 ff.; bgl. Söfc^er, »leform. ä!t.II, 451). — £tndt toar e«,
ber ben Aorbind fofort bon Sutl^erd 9(ntunft in itenntni« fe|^te. Bpcdtt fanbte i^
Sutl^er )u ilaietan mit ber Sitte, „bie Sad^e noc^mald gnäbiglic^ unb boterlid^ l[|in)u« 20
legen." — S^jalatin berid^tet, ber Äarbinal fei bei biefer ©elegen^eit fe^ freunbK^ ge«
toefen; er ^e u. a. erOärt, er l^alte Dr. SJlartin nid^t mel^r für einen Jte^er. @r tooQe
iba audf bie^mal nxd^t bannen, i^m lomme benn toeiterer Sefei^l bon 9lom. 3Benn Dr.
SRorttn aQein ben Slrtifel bom aOblafe ioiberrufen toode, fo fei e« genug k. — @tau^i$
l^abe nac^l^er bebauert, bafe Dr. fflengel leinen SWotar bei fic^ gel^abt k, — 3)enn ed26
toörbe b«i Stömem merHid^en 9la^teil bringen, toenn folc^ gümemen toeiter föme. —
3)afe 6taut)i|^unb Sind ben ^anbel gütlid^ beijulegen fuc^ten, bertd^tet Sut^er felbft an
Aaietan (be SBette I, 161 ff.), ©r fc^rieb biefen bemütigen Srief auf ben Slat ber beiben
gh^ömbe, ber^rac^ )u fd^ft)eigen, ioenn auc^ feine ®egner fci^toeigen toürben, blieb jebod^
in ber &ad^ unbetoegt. Übrigen« tougten @tau)}i^ unb Sind, toie toenig fie in Slug«« so
bürg t^re« Seben« ftc^er toaren; fte lehrten m glctd[»er ß^it, „ein jeber auf einer fonber«
lic^ Strafte", nod^ 5Rümberg jurüdE. Slodp bor il^rer^breife befd^äftigten fte ftc^ mit
bem $lan, für Sut^ einen ^u^toeg nad) ^anfeeic^ anjubal^en, — ein ©ebanfe, ber
fu^ bamol« aud finanziellen ©rünben ;ierfd^lug, ben Sut^er aber ju @nbe be« ^al^re«
borüberge^enb toieber aufnahm (bgl. @c^eur« Sriefbud^, auc^ Jlöftlm, SJlartin Sutl^er 1, 35
226ff.). ~
»damit ifk bie u. a. in ßafelmann« S)arfteaung (9)leurer, ältböter III, 342 ff.) ob*
g^rudte 6Jel«|>rebigt Sindte : „SBie ber grobe 3Benfd[^ unfer« $erm ©fei fein foH, il^n tragen
unb mit ipm eingeen gen $ierufalem, )u befc^auen fruc^tbarlic^ ba« Seiben S^rifti; nad^
Serebe« l^l.Sem^arbi ge})rebiaet." Sie ift^Palmarum 1518 über ba« Sonntag«ebangelium 40
gehalten. Sie bejiebt \id^ auf ben alten Srauc^, nac^ toelc^em bie Safeamentaliften ober
Safeament«lnaben (SKeftjungen) an ben Äirc^en ^u St. Sorenj unb St. Sebalb in 9lüms
berg am $almjonntag in bie Käufer gingen unb „mit bem ®fel fangen". 3" ^i«f<^
$r^t ift nid^t ol^ne m^ftifd^e Färbung bie bierte SBeife ber Seligung bei bem @fel
imfer« ^erm figuriert, toelc^er anzeigt bie bußfertigen SKenfc^en, bie ß^riftum ^erfönlid^ 45
tragen ; bie 9u|fertigen ftnb in ber ^aufjtfac^e gefaßt al« bie groben Sünber, bod^ l^eißt
c« )ul^: SBirb aud^ laum ein frommer ÜRenfd^ erfunben, ben nid^t S^riftu« al« feinen @fel
reite. — 3« bie Slbbent«;ieit be«felben ^af}x^ fallen bie ^rebigten über bie Selig^reifungen :
„(Ein l^fam Sere, toie ba« §erj ober ©etoiffen burc^ bie fieben Seligfcit, ol« fteben
Sculen be« geifUic^en Saue«, auf ba« 2Bort ©otte« gebaut ioirb, toiber bie Btnüpd unb 50
Unru^, Srgemu« unb Slnfec^tung, J^leifc^ligfeit unb Segierbe ber ©etoiffen." — 3)a«
®etoiffen, auf ba« bie SReformation ftd^ fteßt, tritt in biefen breißig Sermonen, bie too^l
grdfttenteil« al« S5Jod^en})rebigten gcIS^alten tourben, erfreulich in ben 33orbergrunb. ©benfo
iwrb ha» fflort ®otte« betont. ®« ift ba« 9Je$, tooburt^ bie Seelen im a)leere biefer
9kU gefangen loerben. 2)urc^ ©rünbung auf ®otte« SBort erhält ba« ©etoiffen SWu^e. 55
^nn SBort lommt ber ®laube unb richtet ftd^ auf G^ftu«. Süer fic^ auf ßbriftum
aäi^Ii4i grünbet,* be«felbigen ©eloiffen reißt nid^t. — 9Jod^ ift bie Sieben^a^l ber Sa^
mmente feftje^jalten. äfucf; loirb no(^ gefagt, bie 9)iutter ®otte« haU fein anber SSer«
bicnfk benn bie S)emut; ober: 6« ift !ein beffer Serbienft ber ^1. 3Kenf(^en ^u ertoerben
bie ®nabe ®otte«, benn ein feufgenbe« ©ebet ober fe^nlic^ trauern be« ©emüt«. Un« (
508 Stttl
Vermittelt tritt im 24. ©ermon neben ben ®lauben an bie fö^nenbc ®nabe hei &xmat^
Kum^ bie Überfc^ä|ung eigener Sarm^erjigfeit, h)ie and) im 25. ©ermon gefogt ift, nij^td
fei bem ^SKenfd^en |eilfamer jur Steinigung be« ©etoiffen^, oI« bafe er Sorm^erjigfeit übe.
^ier i[t bie ©intüirfung ber SDl^ftifer unt)er!ennbar, fofem biefe bem SRenfd^en nur bie
5 negatibe Slufgabe [teQen, bad jlreatürltd^e abjutl^un. ätnbererfettd fogt Sind : bad ®en)iff en
i[t glei(i;fam ein bünne^ $a))ier, h)enn bie f(|tt)ar)e Xinte barin ijt; fo man'd toiQ ab^
fc^aben, gerfc^neibet man e^er bad $a))ier, benn man bte @c^rift abtUget ^orum tilget bie
@ünben ani bem ©ebäc^tni^ allein ber ®Iaube be^ göttlid^en SQorte^, fo er \pxid9t: 2)ir
toerben S)eine Sünben berjie^en. Unfer eigen 33erbienft ober Vertrauen auf un« felbfl ift
10 unbeftdnbig al^ ber ©d^nee. 9lQein t)on S^fto unb nid^t bon ben ^eiligen lommt aUe
@nabe. SlOein Sl^riftud ift für ade 3}tenf(i;en geftorben, nid^t $aulud, nicf^t $etrud, nic^t
äi^oQo. SBirb aud^ bie ätnrufung ber ^eiligen no(^ geftattet unb il^re ^rbitte Dorou^
gefegt, fo foD man bod^ allezeit bon S^rifto SBal^rl^eit unb ®nabe ertüarten, emt)fangt
bie ®nabe in feinem anberen 92amen unter bem ^immel. 92od^ tourbe ti bem XugufUner
15 fc^toer, überall ba^ redete 3}ta^ unb ba^ rechte 3Bort )u finben. älber toa^ er gelegentlich
au^fbric^t: 3&mn eine Slnfec^tung rül^ret an ba^ linbe fanftmütige $er), g^ibt'd eine
liebliche Slefonanj: ba^ gilt auc^ üon biefen finnigen, gebanfenbollen, bilberreid^en ^xf
bigten felbfi
3m ©ommer 1519 trafen ©tau^)i^ unb Sind auf einer il^rer SSifttationöreifen in
20 ®rimma mit Sut^er jufammen. @^ toar ibm bie 3^t ber Setfjjiger ^i^utation bor«
über, ^m 3uli be« näc^ften ^afyc^ jeigte Sutl^cr feinem fjreunbe an, boft er bie ©<^
„an ben 2lbel beutfd^er 9lation" au^e^en laffe. Sind toar bamit nid^t einberftanbcn,
unb toirb il^m SSortoürfe gemad^t l^aben, auf bie fic^ Sut^er in einer 9[ntft)ort Dom älugufi
(be 2Bette I, 479) bejie^t, tüenn er berfid^ert, baft er mit feinen ©elften feinen Stu^m fud^;
25 aud^ auf ben bon i|^m angefc^lagenen Xon fommt er ju reben.
Sereit« toar bie Rtxt gefommen, too Sind in ein l^öl^ere« Slmt einrüden foDte. S^am
berfu(i;te ber 9lat ju mmberg bie^ abjutoenben. @r richtete unterm 23. Slugufl 1520
an ©taut)i^ unb an ba^ RopM )u @i^leben bie Sitte, ben l^öc^ft beliebten unb etnfbt^
reid^en Sluguftinerprebiger in feinem bidl^erigen SBirfung^freife )u belaffen, aber auf bem
8oJ{at)itel jiu @i^leben legte ©taufji^ am 28. Sluguft 1520 bad ©eneralbifariat nieber.
fflol^l auf feinen SBunfd^ gefc^a^ e«, baft Sind bon ben Srübem ber beutfc^^en «ugufHner«
Kongregation jum ©eneralbifar ertoäl^lt tourbe. 2)en §erbft brad^te Sind auf Sifttotion^
reifen meiften« in 2^üringen unb ©at^fen ju. 3)en SBinter berlebte Sind in Siümberg,
Wo man Sut^er« ©ac^e mit grofeer ©^annung berfolgte. Die Kongregation pellte fi^
36 fc^on baburd^, baft fie bon ber Sannbulle feine SRotij nal^m, auf Sutl^erd ©ette. Sind
blieb auc^ ate ©eneralbifor bon §er^en SKartinianer, fo fc^toer e« natürlidj^ gerabe auf
feinem ^ßoften toar, biefer ^erjen^ftellung unter tüiberftrebenben 3Ser^ältniffen unb toiber*
fjored^enben ^flic^ten immer einen unumtDunbenen Slu^brud ju geben.
©tau))i^ fam um Dftem 1521 jum le^tenmal mit \l)m in ^Ründ^m jufammen.
40 ©tauj)i$ fd^üttete and) nad) feinem Drbengtoe(|f el fein $en bor Sind au« ; feine noc^
gelaffene ©(i;rift „bon bem l^eiligen redeten d^riftlid^en ®lauben'' fd^eint Sind ^erau^egeboi
ju ISiaben (Äolbe^ a. a. D.).
3n Segleitung bon 9Jifolau« Segler, ben ©tauj)i$ il^m bei ber legten Segegnung
emjjfol^len l^atte, trat Sind im Sljjril 1521 bon 3Künd^en au8 eine größere Sifitationdreife
45 an unb fuc^^te überall für ftrcnge Drbnung ^u tbirfen. ®r jog über SKinbel^m ui^
Ulm naci; (Solingen unb Sannftatt, bon ^ter nad^ ©tra^burg, ©d^lettftabt unb 9la)>))olt^
toeiler; bann um ^fingften nad^ §eibelbcrg; bon Ij^ier über ^anffurt r^einabtoort« noc^
3Dlül^llj^eim unb Köln unb tociter nac^ 5I<*"*>^^ ""*> §ollanb. Sind hmgte e« in jener
fritif(f;cn ^eit, bie faiferlid^cn (grblanbe ^u betreten, ^n ©ent toar längerer Slufenäalt.
60 3in 3tnth)crj)en trafen, loie ÄaHoff richtig crfannt l^at, Sllbrec^t 3)ürer unb Säenjedlau« Sind
miteinanber gufammen (bgl. Sänge u. 5vul^fc, SDürer« fc^riftlic^er 5Rac^la|, ^aUe 1893 ; Äalbff,
9let)ertorium für Äunftloiffenfc^aft XX : 3ur Seben^gefc^ic^te S)ürerd). 3)er bi«^er namem
lo^ gebliebene „vicarius" be^ nicberlänbifd^en 2^gebu^e^, bem Dürer bor feinem SBeg»
gange bon Slnttoeri^en eine ganje -iReil^e bon ©egenftänben übergiebt, um fie nad^ 9löm*
56 berg mitzunehmen, fann fein geringerer getoefen fein, al^ ber ©eneralbifor SBenieäoud
Sind. „Da« (Srfuc^en um einen folc^en gi^cunbfc^aftgbienft fefet jebenfaH« fel^ na|e SJe*
jiei^ungen ^u biefcm Screl^rer Sut^er« borauö"; aud^ ber Serfel^r Dürer« mit bem Snt*
loerpener Sluguftinerlloftcr gctoinnt eine neue Sebeutung. — Sind toeilte noc^ einige 3<^
in ßng^ien. Dann ging e« über Sötoen unb 3^ongem nac^ Äöln jurüd. gn $>e|f<n
60 tourbe ba« jllofter @fc^toege befud^t. Die tl^üringifc^en unb fäc^ftfcpen Jllöfter tovcäm
Sittt 509
auf bem StücftDege ncu^ 92ürnBerg, too Sind am 15. Sluguft ehtttaf, nur nod^ tut; berül^rt.
^oc^ SBittenberg fd^eint il^n biefe Steife nid^t geführt )u l^aben ; Don ben im bortigen ^loftet
au^ebroc^enen Unruhen, i^orgenommenen Slu^tritten unb beobftc^tigten Steuerungen h)irb
er toermutlic^ erft im Slümberger Äonbent in Kenntnis gefegt. — Bpät^im^ bamafö toirb
SRelonc^t^ond freubig erregte uRitteilung Don Sut^erd dtettung in Sincf^ ^önbe gelangt 5
fein. SSieKeid^t be!am er ba(b nac^^er Don berfe(ben Seite noc^ me^r )u l^ören. JlatDerau
Ifot gelegentlich (1^23 1893, 9lr. 7) ber Vermutung Slaum gegeben, ber rid^tige Srief
Sugen^gend ober rid^tiger 3JleIand^t^on^ an SindF, ben CR I, 894 unbegreiflid^ertoeife
in« ^afyc 1527 gefegt l^abe, gel^öre in^ ^a^x 1521, in ben Beginn ber Sleformbetoe*
gungen unter ben äßittenberger ^uguftinem, unb fei für bie (Ermittelung ber inneren 10
Stellung Sind« )u ben ^fage^fragen Don Sebeutung; Dgl. ben ^uxu^ an Sind: aliquando
assuesce, Deum plus quam homines timere, Dgl. auc^ Dörfer: sine has cogi-
tationes et ad te redi. ©0 geneigt Sind einerfeit^ fein muftte, gegen bie unbot«
madigen 92euerer mit aQer Strenge Dorjuge^en, fo ba(i;te er bod^ fd^on )u eDangelifc^ Da-
für; au(^ toax er über bie 93orgänge nocb nicbt genau genug unterrid^tet. @r fc^rieb ba« 15
^ für bie äßeii^ac^tdjeit ein HaDitel nac^ SBittenberg au^, ^njtoifc^en iDoQte er bie
gonje Angelegenheit in ftd^ Derarbeiten. ^n toeiterer jtlörung toanbte er ftc^ in ber
erften#S)e2ember^älfte brieflid^ an Sut^er. — Sutl^er anttDortete fel^r balb fc^on am
20. ©ejember (be SBette III, 116). ©r toie« i^n auf bie SCragtoeite biefe« ©nDerftänb»
niffe« ^tn ; bie Alöfter feien fo gut tote bie @))eifeDerbote gegen ba« @Dangelium. 9lud^ 20
tonne Sind niemanben jum ®el^orfam {toingen, feinen ber älu«getretenen jurüdFrufen.
SSenn er aber bie«mal milbe Derfal^re, bann tonne er aUerbing« aud^ in 2Bieberl^olung«fällen
niemanben al« 9(Doftaten antlagen. Übrigen« tabelte Sut^er ba« unrul^ige unb tumul«
tuarifc^e Serl^lten ber SRönc^e burd^au«. ^m allgemeinen ging fein Urteil bal^in: Petis
forte a me consilium ; dico, me consule non eges. Certus enim sum, nil te 26
facturum aut passurum adversus evangelium, etiamsi omnia coenobia sunt
perdenda.
Um @)>it)i^nia«, Dor bem 8. Januar 1522 tarn ba« Stapitd in SQittenberg ju^
fammen ; e« koar nur fc^toad^ befud^t. Salier tourben nur bie toic^tigften ^untte erlebigt.
Ueber bie beiben, il^em ^Inl^alt naci; nic^t toefentlid^ Derfc^iebenen iRecenfionen ber Be« so
fc^lüjfe (bei SKenden, Scriptores rer. germ. II, 610; baju CR I, 456) Dgl. Äolbe*,
0. o. £)., auc^ äteinbeQ« 93iogra))l^ie (documenta Linckiana). Sut^er« Stanbjounlt fam
l^ier DdUig jur ©eltung: „äßeil toir ber Schrift folgen, tDoQentoir un« nid^t burd^irgenb^
eine menfc^lic^e Autorität ober menf(i;li(^e Xrabition brüden laffen.'' ^ie Sierfammlung
ftedte fe^f« fünfte auf, toonac^ e« jebem geftattet toar, ba« jUofter }u Derlaffen ober in 86
bemfelben )u bleiben; ein ®elübbe toiber ba« @Dangelium fei ein unc^riftlic^ ^ing (1).
Sie im jltofler bleiben, mögen ba« ^5nc^«tleib unb bie l^ergebrad(|ten ©etoo^nl^eiten bei=
bebten (2), boc^ fo, ba^ toeber ber ®laube nod^ bie Siebe Derle^t toerbe (3). ' 3)er
Settel iDtrb oI« f((>rifttt)ibrig (1 %f} 4, 11) ganj Derboten; auc^ bie 3SotiDmeffen (4). 3)ie
l^ier^ ©eeigneten foQen ba« äBort ®otte« lehren, bie anberen burc^ ^anbarbeit bie 40
Srüber ernähren (5). Sie Srüber foQm nunmel^r an^ freier Siebe ben Oberen ge^ord^en
unb o^ne älrgemi« toanbeln, auf ba^ ba« ^l. @Dangelium nic^t Derläftert tverbe (6).
Sie Unru^ nal^men inbe« in 3Bittenberg noc^ teiltoeifen Fortgang, bi« SutJ^er bei
feiner Slüdfe^r ben ©c^toarmgeiftem toe^rte. 3"ä*^*W^ Ö^^^^ ^ ^^ anberen Älöftem.
^erjog ®eorg na^m älnfto| an ben äBitlenberger i6efc^lüffen, unb Derbot ben Stuguftinem 46
ferne« Sonbe« ba« auf ^fingften 1522 nad^ ©rimma au«gef(^riebene Jla))itel }u befuc^en;
ebenfo Derfid^ ber Äaifer in ben 9Jicberlanben (be SBette II, 206).
So« ^rimmaer StQ!pM fuc^te bie SS^ittenberger 93efc^lüffe toieber einjufc^ränlen.
9Ran tooSte ein eDangelifc^e« Klofterleben l^erftellen unb aufre(i;t erhalten; ba« unbefonnene
SCudtreten jo Dieler Srüber tourbe in fc^atfen 9lu«brüden Derurteilt. Sber e« toar bereit« 60
&\pät &aait JlonDente toaren in ber 3luflöfung begriffen. Ser Srang, be« Älofter«
ig )u tperben, lag im guge ber S^t. Sind Dermoc^te ba« nic^t ju ^inbem. 3^m
gab man Sc^ulb, bie äßittenberger ^efc^lüffe Deranla^t )u ^aben. ^j^^rn legte man auc^
i^ Steigen jur Saft. @o tourbe feine Stellung täglich unl^altbarer. Sut^er riet il^m toteber«
I^olt, feinem „ruhmreichen SSitariat" ein 6nbe ju machen. 51^urfürft griebrid(| bcftimmte il^n 66
cm 26. 9|uni 1522 Don äBeimar au« ^um eDangelifd^en ^rebtger in älltenburg (Dgl.
Sobe a. a. O. S. 33). 9lad^ längerem B^Ö^^^ entfd(|loft er ftd{), fo jjclnlic^ i^n 3*»ißi"9^
Xbfet^tng beruhe, bef[en 92ad^f olger ju toerben. 9lm 28. Januar 1523 begann er al«
eornigelifd^er ^rebiger m älltenburg, too fic^ bie Dorau«gelS^enbe äBartejeit für i^n abft)ann,
troftig unb lebenbig ju toirfen. älm 22. Februar fanbte er ba« ®eneralDitariat«fiegel an 60
510 Stnl
ba^ gefc^öftöfül^renbe ^tffinitortum, ha^ in 3}teIc^ior ÜJl^rüfd^ feinen ©enicr l^te, mM,
legte alfo ba^ ©eneratoitariot förmKd^ nieber, it)ie fein 9eg(eitfci^m6en bied noq aui^
brüdlid^ befunbete.
3lod^ })attc bad römtfd^e iffiefen in Sldenburg bie Dberl^nb. 3)a^ Sergex&ofter Be*
5 fa^ ben gangen öftKd^en ^eil ber @tabt. 2Befent(tc^ erl^öl^t h)urbe fein @influg buidSf bcd
Rccpxtd am @t. ©eorg^ftift auf bem Sd^lo^. 3Ba^ fic^ fonft nod^ in 9[ltenburg, in feinem
Jtlerud unb in feinen JUöftem tpiber bA^ (StHtngelium fträubte, ^atte in bem Sec^onten
®erl[iarb unb ©enoffen feine Bpii^t unb &d(|u| unb Xru^. — 9Kd Sind 1523 feine
Sffiirlfam!eit begann, toax äBinter^jeit; atö er 1525 Slbfd^ieb nal^m, toax @ommer. 3)ie
10 3^it/ bie er ^ier berlebte, toax ein geiftlic^er ^l^ßng, too ba^ neue Seben bie alte gotm
gerft)rengt, unb Sid^t unb äBärme )u neuer ©eftaltung treiben, unb bie Hoffnung beffecer
3eiten fici; ^ufelS)»enb^ t)erh)irllic^t. ^n ber SUtenburger 9{eformation$bett)egung jener go^
laffen ftc^ etne äußere unb eine innere Seite unterfc^eiben. Um bie ®otte^äufer unb bie
^faneien für ben^ienft am @t>angelium gu getpinnen, nal^m ber@tabtrat bem rdmifc^
15 ^(erud gegenüber berfc^iebene reformatorifcf^e Sci^ritte \>ox, and} bie Sürgerfc^ft rührte fU^,
teiltDeifegri^aud^ber^öbel getoaltfam ein. ^er JUerud befc^toerte fi^ bei bem fturffirften,
ed lam gu SSerl^anblungen, and) Sutl^er^ 9{at tpurbe in S3etra(i;t gegogen, fd^liegli^^ ent^
fd^ieb ba^ h)eltlic^e Slegiment gu ®unften ber @t)ange(ifc^ ; Statuten unb ^ntAlegien
tDurben nid^t tpieber lonfirmiert, Zeremonien unb 3Reffen im öffentlichen Jlultud abgefleDt
20 -— Slnnerlid^ angefel^en l^at namentlich Sind bem @t>angelium in äUtenburg mm Stege
berl^olfen, Wxz Söbe gufammenfaffenb bemerlt: ^urc^ ben Stüd^alt an bem Sonbed^erm
unb baburd^, ba^ er in feinen ^rebigten nic^t allein gegen bie Tlxübx&nd^ ber alten
Jtird^e ^olemifierte, fonbem aud^ in bibltfc^er, ))raftifc^er unb erbaulicher 98ei|e bem Solle
„ben geiftlic^en Sierftanb bed @t)angeliumd barfteQte", getoann er bolb Snfe^ unb
25 toefentlic^en @influ^ auf bie @infü^ng ber Sieformation.
älld er am 28. 2lanuar 1523 ba^ geiftlic^e älmt an ber ©emeinbe übernahm, tDar
er nid^t ald $faner bagu berufen, ba bie jofanamtlid^en Sier^öltniffe erft Dom tömifcl^
93oben lo^elöft toerben mußten; er \vax nid(|t ^faner, fonbem ^rebiger. X^atfä^ltc^
muffen bie ®t)angelifc^en bereite feit Sindd eintritt ober boc^ toenige SBoc^en f)>äter mim
80 beftend teiltoeife ein ätnrec^t auf bie Sart^olomäu^firc^e ge|^abt ober ft^ bie SRitbenu^ung
au^etoirlt l^aben. ^n ber ^aftengeit 1523 mürbe in biefer Jtird^e gum erftenmal bie
Kommunion in betberlei ©eftalt gehalten. ®er Dberftabtfd^reiber Seon^b $afe, ein um
bie ^örberung ber Steformation t)erbtenter SJtann, l^atte [xli) mit feinem SBeibe unb einem
anberen Sürger gu jener Kommunion eingefunben. ^m folgenben ^al^re tonnte in ba-
35 felben äSartJ^^olomäu^tirc^e bie erfte ^uf^anblung in beutfci;er Sprache unb nad) lut^
rifc^em Slitud an Urfula Sldmud boQgogen toerben. 93et ber Trauung, bie am 15. 1b(itd
1523 in biefer Jiirc^e [tattfanb, \vax £incf felbft am aUemäc^ften beteiligt. @r Dermä^lte
fidS^ mit ber älteften Xoc^ter be^ Stec^t^gcle^rten Suicer aud älltenburg. £ut^ melbete
fic^ auf gefd(|e^ene @tnlabung l^in bereite unterm 8. ^px'xl mit ben toittenberger ^eunben
40 3}teland^t|on, S3ugen^agen, Schürf, Sridger, Jtranad^ u. a. gur ^oc^geit an. SBtrflic^
!amen bie äBittenberger am 13. älj^ril. Sutber felbft t)ollgog bie t^rauung unb )>rebigte
ba^ „£ob" ber e^e. Die ß^or^erren unb mönd}z toaren aufeer fi^ unb trieben e^ mit
ibrem Tumult fo arg, ba^ bett)affnete 93ürger einfd(|reiten unb bad »iunge $aar in bod
$aud bed äSürgerd äUolf gurücfbegleiten mußten.
45 ^r bie ©eltenbmad^ung ber neuen Seigre fe^te Sind feine gange itraft ein (kygl. u. o.
ben 1523 entftanbenen Sermon über bad äBort @otted ald ben allein beftönbigen geld
bed c^rtfllic^en SSertrauend ; ferner bie Überf e|ung unb äludlegung ber legten brei $falmen
(1523); auc^ bie l?crfc^iebenen Ij^omiletifc^en Sctrac^tungen üom ^af)xz 1524 unb ben
gleic^geitig ald Dialog erfc^ienenen „ausgelaufenen ^ön^'O- ^<^I^ kDurbe auc^ bie^ron-
60 iidfaner!ird(|e ben £utberifd(|en eingeräumt. 3tud(| St. 92iIolaud blieb nic^t me^ lange in
ben $änben ber 5Pä})ftlic^en. 9Jocf; üor feiner Abberufung im ^aifxt 1525 tonnte mit
ber S3ilbung einer loirflid^en ^JJarod^ie begonnen tüerben. 2eb^afte gürforge totbmete er
bem Sc^ultüefen. ©benfo nal^m er \xd} ber Slrmenl^flege an unb toebrte bemSetteltoefcn;
in biefer älbftd^t fd(|rieb er nodf im 2|a^re 1523 bad geiftboQe unb geitgemö^e Sc^riftc^:
55 „äSon älrbeit unb, betteln, tt)ie man foQe ber ^aul^eit Dorfommen unb iebermonn gur
Slrbeit gielj^en." Übrigen^ loirb bie neue Siümberger älmofenorbnung toon 1522 ni<^ nur
für fiindd 3Jla^regeln mitbeftimmenb getoefen fein, fonbem auc^ in i^er Sntfte^ung unb
in il^rer aSJirfung mit feinm ©cbanfenireifen unb SlnfdJ^auungen in 3ufammen^ng jte^
Die ^rebigtm StndS foaxtn gang bagu angei^an, bad ^olt t)om älberglouben frei }u
60 machen unb für baS lautere (St)angeltum gu gewinnen. @elegentlic^ beleuchtete er bie w
Sin! 511
•
rufung ber ^eiligen, um bem erbtd^teten ®otte^bien[t ber Saud^J^etltgen entgegenjutteteit
unb ben Säfterm&ulem ^u begegnen. 33on S3ürgermetfter 3}tül^lpforbt baju beronla^t,
^ielt Sind oud^ in 3^<^u ^olemtfd^e ^rebigten, namentlich ,,t)on bem ^u^ang ber
«inber ®otteg oud be« «ntic^riftö ©efängni«" k. — ®er ^ier hjoltenbe ©mft tritt im
fairjen @(^Iu^ort Derftörb ^ert)or. — 9ltc^t minber Iraf tt)otI i[t bei Sind bo^ unmittelbar 6
erbaulid^ glement toertreten. Soffert ^at 9le(f;t, hjenn er aufruft: SBelc^ ein älb*
{ianb )tanf(^en ber aUegorifc^en @fetö))rebigt t)on 1518 unb ber fc^lic^ten 9[ud(egung bon
3Rott^ 18 im ^af^t 1525! — Sioc^ im Sa^re 1523 fafete SinI ben Sn^olt feiner
bte^erigen SSerfiinbigung in ben „2lrttfeln unb ^ofitionen" fummarifd^ jufammen. —
3todf monc^ed koeitere 9ü(^(ein l^at Sind in Slltenburg au^e^en laffen. ©elegentlid^ lo
furc^ete er, bed ®uten ju Diel ju ti^un, gab auc^ äl^nlic^ it)ie Sut^er ber 93eforgnid älu^-
bntd, ba| bie 93erbie(fältigung ber Sucher mel^r Stadtteil ol^ kommen bei ben Seuten
^ert)orbrtngen unb bie ^erjen Don bem (auteren einfältigen SBorte ®otte^ abtoenben
mdc^te. ^od^, meinte er,, feien Die ©d^riften, bie )ur Slu^legung ber 93ibel bienten, nic^t
tu l^erad^ten. Sein 9ü(i;(ein ,,t)om äteiiÄe @otted'' [teilte er aui äßorten unb Se^ren i6
Sut^erd unb SRelanc^tbond jufammen. SBie er mit großer Setoeglid^feit ben mand^erlei
3eitfragen na^ing, kDu^e er aud^ mit ber glüdltd^en ®qbe ^ranifd^er @c^riftaudlegung
in ber tnelfcitigften SBeife )u toud^em. — 3)ie einheitliche Überzeugung, Don ber er befeefi
iß, )tel^t ftc^ burd^ bie mancherlei ®aben h)ie ein golbener ^en ^inburc^. @r h)ill
überall bie Sd^rift gur ®eltung bringen, aud ber 3Ba^l^eit ec^t bibßfc^ )ur ^eil^eit filmen. 2o
@oU^e gtei^eit Der^e^t er innerlid^. ^oc^ ift feine entfc^iebene Siebe aud^ ^raftifd^ erfin«
berifc^. äluc^ Derbeutfc^te er Heinere @d^riften bon $ud, ben 93rief Slabbi Samueln Don
ber Xnbmft bed 9Reffiad, bie ®efc^ic^te ^einrid^ Don 3^^^^ unb einen @enbbrief biefed
eDongelifc^^en SRört^rerd. — ®en Brief be^ f^anifc^en ^abbrneri^ Samuel Derbeutfd^te er,
um auf bod erfc^redlic^e Seif))iel ber ^ergen^l^arten ^uben l^tnjutoeifen unb i^nen felbft 25
pim ©e^orfom bed ®laubend }u l^elfen. @d lag i^m fem, bie Sd^rift Samueln gu über^
fc^o^. @r Doftanb, ®eifter ju unterfd^eiben. 3Ran ^ielt i^n für einen guten Kritifer,
bne man jeittoeilig über bie S^riften ber Sc^n^armgeifter, nac^ einer gelegentltd^en ätu^e»
ntng bed i^ befreunbeten 3^i^Auer ^au^mann, fein Urteil begehrt px fyxbm fd^eint.
Unterm 26. ^bpiüL 1525 ft)urbe Sind burd^ ben Stabtrat )u 92ümberg aufgeforbert, ao
ein $rebigtamt in ber il^m fo n^erten 9leid^[tabt }u übemebmen unb ftd^ in jtoei Monaten
mit feinem Sntoefen bortl^in )u begeben. Sind na^m bie 93erufung an, tooQte aber Dor
feinem älbgana bie älltenburger ^aroc^ialDer^ältniffe orbnen. ^urc^ ben 93auemaufftanb
etittt bie Sudfül^ng manche Sergögerung. 9[u^ bem bidl^erigen Slmte tourben gtoei geifU
lic^ SteQen gebilbet ; in bie erfte berf elben rüdCte S^alatin ein, für bie gtoeite tourbe 86
Sberl^ Sridger gewonnen. 9lm 18. 9lugu[t l^ielt Sind feine 9[bfc^ieb^t)rebigt, an bie
fu^ Spolotind Sntritt^^rebigt foglei(^ anfc^Io^; ber Slat gab beiben )u @^ren ein %^
effen. Aurfürft ^o^n Dere^rte bem fd^^eibenben $rebiger einen loftbaren 93ed^er. 9{at
unb 93üi^erf(^ft gaben il^m ba^ ®eleite. Sind^ 9Iame behielt bei ben 9Utenburgem einen
guten ftumg. 40
Sindte gtoeite 9lürnberger SBirIfamleit, bie längfte fa[t gtociunbjtoanjigjjäl^rige ^eriobe
femed Sebend ifl noc^ nic^t l^inreic^enb an^ Sic^t gebogen unb toartet be^ queUenfunbigen
SBiogro))^. ®inen toertDoQen @imelbeitrag bietet Jtatoerau in feinem lic^tDoQen Sd^rtft-
(^ de digamia Episcoporum (Jtiel 1889). ^m ^xxl 1528 lie^ Sutl^er in äBttten«
berg eine Steige Don 139 X^efen „de digamia Episcoporum" erfc^einen. 9lm 12. 3Jlax 45
bedfelben ^o^re^ fc^rieb er an Sind nad^ ^J2ümberg: „Antischwermerum meum (näml.
bad gro^e 9efenntnid Dom Slbenbma^l) vidisse te puto ac themata de digamia Epi-
sooponim.'^ — Am 10. 3Rära 1529 berichtete Äod^läu« au« 3)re«ben an ^^Jirfl^eimer:
de Bigamia vidi atroces vestrorum Apostatarum propositiones. — ®emeint ift
bie Sc^ft: de Ministrorum Ecclesiasticorum Digamia etc., bie offenbar in 92üm: 50
bog entftonben ift; Dgl. ^^efe 89 ber erften SReibe: cum Respublica Norinber-
gensis magistratus habeat integres. — 9tm 15. 3Rai 1529 fc^eibt ^irf^eimer
an St><^latin: 9Ud Dor längerer 3^^^ allerlei Xl^efen über bie gnmte (£^e angegangen
tDorcn, — — liefen SBengel unb Dftanber anbere Sl^^efen au^e^en, in benen — —
oQ i^ bitteren Sc^mö^reben ftc^ gegen mic^ richten k. — ^£^öd^ltc^ ging e« fo 66
}u: $ro))ft 2)ominiIu« Sc^leupner an St. Sebalb toar )u einer jn^eiten 93ere^eltd^ung
gefcfnntten. Sein SBorgel^en i^attz einige« Sluffel^en erregt, ^n 9lümberg taud^ten
bie 28 onont^men X^efen auf. ^ie 92ümberger Xl^^eoloaen fanbten eine älbfd^rift an
Sutter unb boten i^n, ben Slngriff be« mutma^lid(|en SSerfaffer« jurüd^utoeifen, h)a« aud^
gefcpo^. Seine Sc^ft unb ein 9lac^brud lamen befonber« in 9lümberg }ur ^J[$erbreitung eo
512 Sint
nebft einer befonberen ©egenfc^rift, bte. Don Oftanbet unb Smd Derfa^ fein toirb, obei
etft naö) Sut^erd SJorgong ; benn Sut^erd ä(udfü^rungen toetben Don ben Stümbergem
bielfac^ benu^t. ^ie jtpette ber angel^öngten X||efenret]^en, türjer unb mo^oOer ali bie
erfte, bütfte toon Sind l?erfaftt {ein. ©eine ätu^fü^ngen finb bun^u« jutreffcnb „mit
6 ber Haren unb fc^arfen Betonung bed 2Bejen$ bed geiftlid^en 9(mted nac^ ekHmgelifc^
äluffaffung: ed giebt leine ^aftorenfittlid^Ieit unb ^aftoren^eiligleit im Unterfc^iebe t>on
ber ber übrigen ©lieber ber ci)ri[tli(i;en ®emeinbe; e^ giebt tool^l ein 9(mt bed gdttCid^
^orted, aber leinen t)on ben Säten unterfc^iebenen Jtlerud. ^n ber %f^ liegt l^ier bie
ljrinji))ielle SutfciJ^eibung für üorliegenbe grage".
10 ^m Saläre 1524 ^atte 9Jümberg bem ^a))fte ben „Urlaub" gegeben, gm 3Rar}
1525 folgte bad entfc^eibenbe SRetigion^ebrä^ ber e))angelij(^ ©efinnten. ^aron {(^b|
ftc^ bie äluflöfung ber Jtlöfter an. ®er 9tat btl)idt fu^ bie Seitung ber neugeorbneten'
93er^ältniff e Dor, aud^ bie ^Berufung ber ^rebiger ; man backte junäc^ft an Sind, ber feiner«
^eit gerabe bie tonangebenben ^erfönltd^teiten fo möd^tig angerpgt ^atte. — Snfong^ txrs
16 fal^ er ba$ ']ßrebigtamt am Hatj^arinentlofter, aber bereite ju @nbe bed ga^te^ 1525
tourbe i^m bie erfte ^rebigerfteQe an ber @))italtir(i;e )um l^eitigen ®eift mit bem bomoU
felbft nac^ 9{ümberger Segriffen anfe^nK(i;en gal^rgej^olt l^on ^tDei^unbert ©ulben über«
tragen; bie beiben äBod^enjorebiger Ißolpxcd^t unb ^enatoriud erl^ielten nur ^b fo \Ad.
%ixx ben Aufbau auf e))angelif^em ©runbe entfaltete Sind eine rege X^gteit; ouc^
ao tourbe feinen fird^lic^en 9}erbe{ferungdt)orf(^lägen alebalb ^olge gegeben. @o tourben bie
itinber))rebigten in ber Bpxtalhxd^t tt)iebereingefü^rt, ber 9iac^mittag^otte%ienft tom^
auf bie le^te SSormittagdftunbe t)erlegt. S)ie 9täume bed SlugufttnerKofterd tou^en
in eine ^ö^ere @c^ule t)em)anbelt. 9ln ben @d(|riften gegen bie äßiebertäufer unb gegen
9Rodl^eim beteiligte ftd^ Sind; bie erftere (©runbtlid^e Unterrid^tung eined erbam fim
25 ber etatt 9{ümberg ; t)gl. 9{ot^ a. a. 0. @. 260 ff.) fa^te er Dermutlid^^ ab. Sbenfo
erlief er (ogl. ^au^borf, Sebendbefc^reibung Sa^aru^ Spengler^, 92ümberg 1741) in
ber älbenbma^ld^age gegen ben 9Ii>rblinger )8illilan bad ®uta(^ten: 2)a^ aber in ba
einje^ung be« ©aftamentö ßlS^riftug gerebet l^abe toon bem Seibe feiner jonbem ^ßerfon,
ift flar au^ bem, ba^ er fprid(|t: n)el(i;er für euc^ bargeben koirt. !Run ifl jja ba
80 SV^tptt S^rifti bie ©emeine (fo man mysticum corpus nennt, tarnen verum) ntt für
und bargeben, toie &t. $aulud anzeigt: ift benn $aulud für euc^ freu^iget? hierum
gar nic^t l^erftanben fönnen toerben bie 2Bort bed 9lbenbma^ld Sl^rifti Don bem Seibe
ßl^rifti, toetc^er bie ©emeine ift Jc. — Sind geriet tüieberl^olt in §änbel mit bem xtd^U
l^aberijc^en unb ftreitjüc^tigen Dfwnber, fo bei ber Prüfung ber SRümberger Äin^enorbnung.
85 ^artnädiger toar ber ^meimalige Streit über bie t)on Sind aufgefteQte oQgemetne älbfo«
lutiondformel, ber ftci; Oftanber tviberfc^te. 92euerbingd ift biefer $untt Don (£. (Sngel^orbt
befj)ro(f;en unb Ilargelegt (3t3BS 1880 unb 1881).
©elanntlidf) toaren ed bie ^JJadfc^en §änbel, in beren SBerfolge Sind mit einem Sriefe
Sutl^erd ju menig oorfic^tig umging unb bem bamald {c^on bebenllic^ fte^enbenS.S^eud
40 gegenüber allju forglod mar. $ie <Sac^e erljtelt burc^ bad 3ier^alten bed ^erjogd ®eoig
ein berbrie^liq^ed 92ac^f))iel. Sindd ^l^er^öltnid )u ben alten ^eunben blieb unt>eranbe(t
3Kit Sutlj^er ftanb er namentlich anfangt in regem Srieftoed^jel, ber ol^ne inneren ®runb
floäter abnabm. äln Sutl;er fanbte Sind ^rüc^te unb Sämereien ober Srgeugniffe M
geförberten ÄunftlS^anbtoerfö ; Sut^erd „©enbbrief l?om 2)olmetfd(|en" lam juerft in feine
45 $änbe. Sind gab i^n mit einem SBortoort ^craud unter äudbrud be« SBunfc^, „ein
jeber Sicb^aber ber äöal^r^eit loolle i^m folc^ 2Berf im beften lafeen befol^len fein" x.
SBie jel^r Sutl^er« SRat nadj^ ioie üor ma^gebenb für il^n blieb, jeigte fic^ namentlich 1539
bei feiner Berufung nac^ Seijj^ig ; ügl. Sindd Srief an Sutl^er üom ^o^annidtage in:
Hummel, epistolarum — semicenturia, Halae 1778, p. 31 sq. ; ba^u Sindd StnttDOit an
60 SRelancbt^on Dom gleichen ^age (CR ed. Bretschn. III, 718 sq.) : Ego hactenus in bis et
similibus negotiis arduis D. Martini, quem ut praesentem patrem et praeoep-
torem semper eolui, sum amplexus consilia. Sind blieb in 9iümberg, ongefe^
unb mit Ofianber im ^rieben. — Sind unb Dfianber, ©c^leupner, SJenatoriu« uidi Seit
3)ietrici5[ ftel(>en in fragen ber fird;ltci(|cn Crbnung jujammen, unb toiffen ftd[f l^ierin mit
65 ben SBittenbergem ein^. S)ie beiben (Srftgenannten beteiligen fic^ 1540 unb im folgenbcn
Saläre an ben SReligion^efpräc^cn ju §agenau unb äüorm«. Sind fc^reibt toon SBonn^
au^ \d)x mifetoergnügt an 3«^naiJ: ,,2Öit ft^en ^ier mitten unter ©totpionm unb lernen
braftifc^ ben ©inn i?ieler Sc^riftftcllen, aU: SJlit i^ren 3""0^ ^anbeln fie trüglic^; ollf
aJlenfc^en fmb Sügner. Man toenbete gegen un^ nur Äünfte, 3län!e unb 3Ädcn an, unb
60 toiQ aQe^ anbere lieber, aliS ba^ ein toal^r^aft c^riftlic^ed ©efpröc^ geilten totrb." —
Siitt Smjer gfrtcbc 513
3)a^ Dfionber unb Sind unter folc^en Umftönben ftreng an bem fürSBormd aufgefteSten
Programm fefl^ietten, hxxr gekDt^ in ber Orbnung ; nur ba^ Oftanber in feiner ^eftialeit
unb @<^arfe toieber j|u toeit ging. S3eibe ^rebiger tourben t)on bem Mmbcrger fnat^
bertreter @bner jur ilKä^igung ermal^nt unb tDoUten ftd^ Don il^m nid^t bebeuten laffen,
iDed^alb fie ber Slot über i^re ,,groben unfc^icIKd^en ^anblungen" jurec^tfe^e, Oftanber 6
fogleic^ abrief, aber an Sind ba^ Slnjtnnen [teOte, ftdb nad^ Sbncr )u richten; aud^ er-
Jfieücn beibe bei ij^er Slüdlel^ nadj^ 5Wümberg einen Serhjei«, unb tüurben angel(^alten, in
i^^ren ^rebigten niemanben ju fd^möi^en ober )u läftem''. Sind erhielt Sefe^l, mit bem
^rud feiner 9ludlegung lum 9(Iten 2^tamente ju n^arten, bid ba^ SBerl bie 3^fur ber
SBiUenberger unb 9{ümberger Geologen beftanben l^abe. 9(ud^ in feiner ^milie erful^r lo
Sind in ben n&dj^ften ^lal^ren Sd^imerjlid^ed. @ein @o^n @aIomo toor aU ©c^iUer über
feine ^jafyct fjmax^ btobenl^ft unb unfertig; aU äßittenberger @tubent toar er auf 9(b-
toege geraten, Don benen er fid^ f))äter jurec^tgefunben l^aben foQ.
€o fel^ Sind fid^ in 9lürnber^ nad) tl^eologifci^er älnregung fel^nte unb ftc^ in toiffen«
fi^oftlic^er $infi(^t (t>gl. $untt 4 tm obenertoä|nten Briefe an Sut^er) mit einer Dom 15
%tütt entfernten Jtoble bergKd^, fo beioie^ er bod^ burcb feine fortgef^te @c^riftfteQerei,
boft er no(^ ein redpter S^eologe n^ar (Dgt. u. a. bad älDe ÜJtaria, toie man$ d^riftlic^
gebrauchen unb bieJtinber (e^ren foQ, 1581. — 93a))ft^e))reng; au^ bem Seremonien-Sud^,
Strasburg 1539). — ^od 92ümberger $aut)th)ert ift bie breiteißge ä(udlegung bed äUten
Xeflomentd, 1543—45 erfc^ienen. Sem erften Xeil berfelben l^at Sutl^er ein fd^öned Sob 20
DorongeflelU. Sind felbfl bemertt ol^nlic^ toie ^u ben fd^on 1527 erf^ienenen ^falmen-
Summarien, ba^ er feine 9(rbeit ou^ ))rattifc^en ©rünben vorgenommen l^abe; er ^abe
biefe feine Annotation in ben lieben 3Jlofen Dor etlichen ^afyctn jufammengetragen unb
ben ^rieflem ber Äirc^en jum l^eiligen ®eift bei bem neuen ©jjital öorgefc^eben jc. —
Xu^bem lommt namentlid^ in 93etrad^t bie ,,Unterrid^tung ber Kinber, fo ju @otted 25
artf<|ie tooOen gel^'', 1528.
üur) bor Sutl^ geboren, ftarb Sind aud^ ba(b nad^ il^m, am 12. War) 1547. Sein
(Brabmal auf bem 9iümberger ^o^anni^tirc^l^of ift mit ber ^nfc^rift Derfel^en: Autorem
▼itae, dum viveret, atque salutis asseruit, docuit, gloriticavit, habet.
Unter bem ®inbrud be^ legten Sutl^eriubiläum^ ift ifm in ber @gibien(irc^e feiner 90
Skiterftabt eine ©ebenttafel errichtet. tR. »enbisen.
iixM^ Si|)ftud, 9)ie ^apftoer^eic^nifie bed (Sufebiud unb ber t^on i^m ab^ngigen 6:^ro'
ntften, 1868; berf., C^^ronologie ber römifc^en »ifc^öfe, 1869, befonberd 8. 146; Sigt)tfoot,
S. Clement of Borne, I, 1890, @. 201 ff.: Early BomaD Succeesion; ^arnacf, ^ie älteften
Datierungen unb bie ?(nf. einer bifc^. (S^ronologie in Stotn, 8^% 1892; berf., (S^efc^. ber 35
altcftr. ßitterotur ü, 1, 1897, 8. 70 ff.
S)ie SSerjet^niffe ber römifdj^en Sifd^öfe fteßen fämtKd^ ben 5Ramen Sinu« an bie
@|)t|e. Iren. adv. omn. haer. 3,3,3; Catal. Lib. bei 3JJommfen, Über ben ß^rono^
graj)b<n Don 354 (»©O, l.Sanb, 1850, ©.634); Euseb. h.e. 3, 2 unb 13; Chron.
ed. Bdfim, p. 156; August, ep. 53; Optat. de schism. Donat. 2, 3. ^ie 9lmt^40
bouer toirb Derf (Rieben angegeben; @ufebiud jä^lt in ber itird^engefd^id^te 12 2lal^re, in
ber S^onil 14, ber Üb. Jtatalog 12 2la^re 4 Monate 12 ^age, ^ieron^mud in feiner
SSearbeitung ber eufeb. ßl^ronif (1. c. ©. 157) 11 ^al)xz, Slu^ ber Beginn be« ^onti«
ftlotd bed Sinud toirb Derfc^ieben beftimmt, je nad) ber Derfd^tebenen 93ere(i;nung bed ^obe^
bed ^Mnid. 46
2)a bie rdmifd^e ©emeinbe noc^ im 9(nfange bed 2. 2lal^rl^unbert$ bie bifd(|5f(tc^e
Setfaffung n\dtt lannte, fo l^at man in Sinu^, Dorau^efe^t, ba^ in ber Stamen^angabe
fiber^ut)t ein l^iftorifd^er Jtem ftedt, einen $redb^ter an^ ben Slnfangd^eiten ber rdmifc^en
Sixcbe au fe^ ®r toarb jum S3ifc^of im f))äteren ©inne, aU man begann, im anti«
^äxtö^Cftn 2|ntereffe [xi) auf bie ununterbrochene ©ucceffton ber römifc^en Sifcböfe gu be^ &o
rufen, unb t>tS>fyib Sifd^ofäiften jufammenfteQte, bie bid auf bie 3^^^^^ ^^ ^poftel gu-
tüdceic^ten. SBenn babei Sinu^ ald ber unmittelbare 3^ad^folger bed ^etrue be^eid^net
tamrbe, fo lag ber @runb barin, ba^ man i^n mit bem 2 Xi 4, 21 genannten Sinu^
ibcnti^ierte. S)a^ tlj^at fc^on ^renäud, ob mit Stecht, Dermögen toir nic^t ^u fe^en.
2)ad angebli^e @t)itai)l^ bed Sinu^ ift je^t beinal[^e allgemein in feiner SBertloftgleit 65
onerlonni (Sgl. ftrau^, Roma sotteranea, 2. 9lufl., ©. 69 unb 532). ^aud.
£t^cr triebe Don 1645. — 8tep^. ilatona, Historia critica rcgum HuDgariconim,
T. XXII, p. 232 sqq.; 3)umont, Corps universel diplomatique du droit des geus., T. VI^
514 Shticr Sfriebe
p. I, lüo @. 3B1 bie fönlglii^e Urfunbc über bie unflarifcftc Äir^cnfrciöcit obgebrudt ifl;
fiünig, S)eutfd)e8 KcicftöQrdjio Part. spec. cont. I, ^ht. 1, @. 492; 3. a. ^^Itr, 3)ie Qk-^
fdjicöte bcr Ungarn, Sfl. ^, üon (£. filein, ©b IV, 6, 249; ®raf So^onn 3RaiIatö, 3)ie »e»
Hgion^wirrcn in Ungarn. SRcgcnSb. 1845, %l I, @. 30ff.; (»cfdjidjtc bcr eoangcl. Äircfte t»
6 Ungarn, ^Berlin 1854, 6. 199 ff.; 8jtlag)9t, Actes et documents pour servir ä lliistoire de
l'aliiance de G. Kacoczi avec les Fran^ais et les Su^ois, $eft 1874; fiinberger, (^{4). M
©üang. in Ungarn, ^eft 1880, S. 57 ff.
2)er Sinjcr ^tcbe tüurbe am 16. 3)cjember 1645 ju Sinj in Dberöftetrcu^ )tt>if(^en
bcm ^rftcn bon Siebenbürgen, Oeorg Slalocj^, einerfeit« unb bem Jtaifer f^binanb IIL,
10 aU Römq bon Ungarn, onbererfeit« obgefd^Ioffen, unb bilbet eine ber ©nmblogen bcd
red^tKc^en S3eftel^en« für bie ebangeKfc^e ^irc^e in Ungarn. Slalocg^, Yoddytt noiif bcm
XlS^rone be« fiönigreid^ Ungarn tra(i;tcte unb ftd^ babei ^au^tfäd^lid^ auf bie ^ilfe feiner
))roteftantif(i^en ®lauben^enoffen ftü^te, fc^Io^ im 'Stpx'd 1643 mit @<i^ft)eben unb f^anf^
reid^, bie i^m Hoffnung gur ungarif(i;en Arone gemacht l^atten, ein @<^u|: unb SBoffen^
löbünbni« gegen Äönig ^erbinanb unb ertoirlte ftc^.aud^ bon ber Pforte, unter beren Dba»
^o^eit er ftanb, @inh)iQigung }um ^rieg gegen Öfterreic^. ^n einem 3Rantfeft an bie
Ungarn, h)orin er i^re 93ef4;tt)erben ^ufammenfa^te, |[|ob er befonbev« bie Sebrüdhmgen
ber (Sbangelifc^en l^erbor. @« gelang t^m, ein anfel^nlid^ed ^eer jufammenjubrtngen, mSf
getuann er an ^lol^anne« Jtemen^i einen friegderfal^renen 9^U)l^erm, ©d^tueben ]i^xiit i^m
20 ^ilf«tru^t)en unter ^l^iung be« tafjferen 3)uglo^, ^anlreid^ geto&^e nam^fte ®elbs
unterftü|ungen. Slatoc^V ^treic^te befonber« burc^ Aemen^i nid^t unbebeutenbe Sorteile
über bie taiferlid^en Xru))))en, bie aud^ bon ben ©d^toeben au« mel^reren Stäbten Ungomd
bertrieben tvurben. Socb blieb am @nbe Slafoq^ @rfoIg unter feiner Srtoartung; er
fanb e« ratfam, im Oftober 1644 Unterl^anblungen mit Jtönig ^binonb an}utnfit)fen,
25 unb al« e« im SBinter btefem gelang, auci; bie „Pforte auf feine @eite ju )ie^, unb
biefe 3lafoq^ gerabeju befahl, bom Kriege gegen öfterreic^ abjufte^en unb bie gfinbfeßg«
feiten ein^ufteHen, tourben bie ^eben«berl^anblungen mit aOem @mfte aufgenommen unb
bie 93ebingungen Stafoq^, bie ^au))tföc^lid^ auf unbefc^ränfte Jtirc^enfrei^t Ungantf
gingen, tourben fd^on am 8. Sluguft 1645 ju SBien bon Jfönig ^binanb angenommen,
80 unb am 16. ^ejember 1645 iourbe bon ben Unter^önblem beiber 3Räd)tt ber gfnebend«
bertrag )u Sinj unter^eid^net, aber erft am 20. Oftober be« folgenben ^lo^ed 1646 )u
SBeiffenburg bon SRafoq^ beftätigt. Äraft biefe« SBertrag« mad9te er ftc^ berbinbUd^, bem
franjöftfd^sf^toebifc^en Sünbni« }u entfagen, feine '£ru))^en an^ bem töniglic^ ®ebiet(
toegjufül^ren unb bie eroberten Sänbereien unb @täbte jurüdjugeben. ^Dagegen hmrben
86 i^m unb feinen ©öi^nen jtüei ©efi^anfd^aften erblid^ unb fünf anbere auf fieben^jeit bet»
Uelzen, ^ie $aut)tfac^e aber Wax bie ben Sbangelifc^en in Ungarn getoö^rte SticdfOi^
frei^eit, über mld)t Äonig gerbinanb eine befonbere Urfunbe a(« ^eil be« griebendtrafc
täte« auefteHen lieft, beren loefentKdf^er ^nffalt folgenber ift: 3)er erfte ärtilel be« Ätö»
nung«bertrage« bom 2la^re 1608 unb bie fec^fte S9ebingung be« föniglid^en SBa^lbertroged
40 foQen tro^ berfd^iebener, biel^er beanftanbeter ^inbemiffe unb au«h)ei(^enber Deutungen
in boßer Äraft bleiben unb alle ©tänbe be« SReic^e«, auc^ bie greiftäbte unb bie Jjribi«
legierten SJlarftflerfen, fotoie bie ungarifc^en ©olbaten an ber ©renje be« 9iei(^ eine
freie äu«übung i^rer SHeligion unb freien ©ebraucf; i^rer Äirc^en, ilj^rer Oloden unb i^
Segräbniffe« Ij^aben. ßbenfo loie bie 9leic^^«ftänbe folle auc^ ba«Sanbbolf auf ben®ren)>
46 l^lä^en in TOarftflecfen unb Dörfern unb auf ben ®ütem ber ©runbl^erren unb be« gi«lu^
bcr Äirc^cnfreil^eit teilhaftig fein unb im ©cnuffe berfclben toeber bon bem ffdnige, nocj
beffen ©taatebienem, noc^ bon ben ©runbl^enen geftört ober gel^inbert toerben. )bm K«»
^er ©eftörten ober jur ännalj^me einer anberen Äonfeffton ©cjtoungenen foB e« freifk^,
§ur äu«übung i^rer frül^eren Äonfeffion tüieber jurücf jufel^ren. Sliemanb jott geftottel fein,
60 in ben ertüä^nten SDlarftflecfen ober 2)i)rfem bie $aftoren unb ^rebiger bon i^^ $faneicn
ju bertreiben ; ba tüo e« gefc^el^en ift, foB ber ©emeinbe freifte^en, bie 93ertrie6enen toiAet
jurüdtjurufen ober an il^re ©teile anbere einjufe^en. 2)ie Sefc^toerben ber SWic^ot^oRI«
foQen auf bem näd^ften Sanbtage erlebigt n^erben, namentlid^ foQen i^nen bie ®otte^^&ifer
unb bie einfünfte ber ^Pfarreien, tüelc^e früher in i^rem Sefti^ getoefen toaren, jugetoiefcn
65 toerben, auc^^ bürfe in S^^f^^f* ^^'"^ getoaltfame SJcft^na^me ber ilir^^cn me^r pattjinben,
unb biejenigen Äird^en, toelc^e ben früheren Sefi^em getüaltfam entriflen toorben feien,
muffen foglcic^ nac^^ 3lu«tüe(^«lung ber Urfunben benfelben jurüdEgefteHt toerben. ©egen
bie Übertreter ber ©tatutcn ber 9lcligion«frei^eit foH ber 8. ärtifel be« 6. S^dtet« bei
Äönig« 2Blabi«lau« VI. tüieber in Äraft treten ober jonft eine ongem^ene ©träfe auf
eo bem nä^ften Sanbtage befd(|loffen tverben. @nblid(| ift biefe« föniglid^e Diplom über bie
Sittjer gfriebe £t)Mic-SettttoIb 515
Steltgiondfrei^t auf bem näd^ften Sleid^^tage ju beftättgcn unb in bte 9letci^[tatuten ein«
uifdjialten. S)iefe Seftöttgung bcr Dom ^atfer ben ^roteftanten jugeftonbenen SRec^te unb
^M^en jKefe übrigen« infolge ber D^})ofttion ber ^^witen bei bem SReid^tag in ^refe«
bürg t)cmt ^ol^re 1647 auf bebeutenbe ^inbemiffe, namentlich iDoQten bte ^at^olifen bie
ben ^rotefUmten 2ugef))ro(i^enen itird^en nid^t jurüdgeben; man unterl^anbelte lange, bid 5
enblic^ bte StHingdifd^en, bed Streitet unb Sranged mübe, ftc^ ftatt ber 400 entriffenen
Hingen mit 90 begnügten, bie il^nen burc^ einen töniglic^en ©riafe l?om 10. gcbruar 1647
jugetoiefen tmtrben. 2)te übrigen S3eftimmungen be^ Sinjer ^eben^ mürben angenommen
unb be^igt unb burd^ eine Steige Don ßufa^rtiteln ergänzt, toelc^e bie 90 Aird^en na^:
mentlic^ aufführten, über einzelne befonbere Seftimmungen trafen unb gegen bie, hjelc^e 10
[vif unterfle^en toürben, itirqen ober anbere ©ebäube toegjunel^men unb $roteftanten in
Xudübung \fyc^ ©ottedbienfted )u l^inbem, unb bann, bom S3i5egef))an gur Drbnung ber^
mo^nt, fi(^ ungel^orfam geigen toürben, dne Strafe bon 600 p. feftfe^ten. ®er für bie
^rotefianten Ungarn« fo toic^tige Sanbtag enbete am 17. Suli 1647. müp^tl f-
2ippt. 1. 2i})})es3)etmoIb. — £).$reu6unb?r.gfal!mnnn,fiippif(6e9fle9eften,5»bc; I6
t. ^Ihnann, ^Beiträ^c gut (S^efc^ic^te bed gürftentumd 2.; ^.^reoed, ®ef4. ber ^irdien k.
M lipptfc^n fianbed; berf., ^ie dieformation in fi. bid gum Interim ; berf., (ä^raf 8imonVI.,
ttrfifin ((a^mire, f^rftin $auline (in Ihino'd (S^ebödätntdbuc^e ber ref. dürften k.); ^- (Giemen,
(IHnf Urning ber ^Reformation in fiemgo; berf., Seitröc^e gar ^ircf)enfle{(^. in £.; ^. r>, @öOn,
dkn-'^up., Urfunbl. Säeitr. gur (^efc^. ber 2ipp. ilO.' oon 1684; iib. Z^topoih, 2)ie [Reform 20
mation in £.; D. fjr. IBranbed, ^ie ^ugenotten«^olonie im gürftentum Sippe.
3)te (S^ftianifterung be« f^rftentum« gel^t bid auf bie 3^ ^^^^ b* ®^* gurütf,
unb ba tooren e« bemt bad S3idtum ^aberbom unb bie SKbtei gur Sorbe^ a. b. SB., bon
too bie ©rünbungen aui^ingen. ^iei^ befunben fc^on bie Stamen ber ^eiligen, toeld^en
bie olteften fliic^en bed Sanbe« getoei^t toorben fmb, be« itilian unb be« SSitu«, unb ba^ 25
bie itirdi^, tDelc^e ben 92amen be« erftgenannten tragen, toie bie gu @(^ötmar, fd^on bor
bem 3a^ 836 erbaut toorben feien, barf tool^l au^ bem Umftanbe gefcbloffen loerben,
bag in btefem ^lal^e ^aberbom felbft einen anberen @d(|u$patron betam, ben Siboriu«,
ber au« 2e SRond berübergebrai^t tourbe. Sa« (ippifc^e £anb bietet aber in lirc^Iic^er
^infic^t bo« gange Mittelalter ^inburc^ teinen anberen Slnblid bar, al« ben ber bom ^ßapft^ ao
tum be^errfc^ten fiänber Seutfc^lanb« überl^u^t, gule^t immer me^r gunel[|menbe SSeräu^er^
Gf^ung, unb befonberer Srtpäl^nung berbient too^l nur jener ®raf Seml^arb %ur 2tppt,
bcr noc^ allerlei triegerifc^en ®ro|t^aten geiftlic^ unb ein eifrig toirfenber Sifcpof tourbe
unb toel4fem ein @oefter Siebter in frinem Sippiflorium ein poetifc^e« Sentmal geje^t ^at.
3>ie Steformation fanb in einigen @täbten be« Sanbe« frü^geitig großen älnllang, S5
bor oQen in Semgo, einem Witgliebe be« ^anfabunbe«, fotoie aucp in Sippftabt, 93(om<:
bog unb Salgußen. 3tammHxd) in ber ei^tgenannten @tabt entftanb fd^on im Slnfange
ber itDongiger 9|al^re be« 16. ^^l^^'S^unbert« eine Setoegung, bie mä(i;tig auf ba« Slbt^un
pat>tftif(^ 3Ri^dud^ l^inaudging, unb ba toar e« ber 9teformator bon^erforb, Dr.^ol^.
S)mer, ber, ein fiemgoer Jtinb, ' auc^ auf feine Saterftabt einen großen (Sinflu^ ausübte. 40
Stur 9lat unb Sürgermeifter tooQten bon ben „Steuerungen'' nic^td miffen, unb toer na^
mcntlt4i ouc^ ber 9leformation entgegen mar, freilici; me^r au^ politifc^en, al^ religiöfen
9d>enlen, bo« Hhw ber Sanbe^^err, ®raf Simon V. ©r erliefe ba^er bro^enbe 3Kanbate
gegen bie Stabt, boc^ ol^ne bamit bie 93ürgerf(i;aft eingufc^üc^tem, unb nad(|bem bie beiben
regiertnben Süi^ermrifter, toeil boc^ „aQed berloren fei'', i^r älmt niebergelegt i^aittn, ge^ 45
toannen bie (Sbangelifc^en, unter ^ü^rung bed el^^emald etfrigften ^apiften, be^ $aftord
SRori^ $iberit, unb be^ au^ Soeft berufenen ^iag. ®er^. Oemeten, befonberd auc^ nac^«
bem itoet gleic^efinnte SDlänner, Subolf SReier unb @mft b. b. 9Bi))per gu 93ürgermetftem
getDoplt kborben toaren, über ade Stnftrengungen ber @egner ben Sieg. Sluci; Sanbgraf
$^t)^ bon Reffen nol^m [xd} feiner @tauben^enof|en in ber Stabt an unb brachte ed so
bei bem ®rafen Simon bal^in, bafe biefer bon ®etoaltmaferegeln Slbftanb nal^m. 3Ragtftrat
unb 9ürgerf(^ft nahmen im ^a^re 1533 bie braunfc^toeigifc^e Jtird(|enorbnung an, unb
bon ba an bürfte Semgo ald eine ebangelifd^e Stabt begei(i;net Serben. 92ur in ben Sanb«
gemetnben tourben aQe ebangelifd^en Stegungen, too fte fic| ja geigen mod^Un, im Jleime
ecfUdt, bid bann auc^ l^ier naö) Simons V. Xobe (1536) eine äBenbung eintrat. 55
Simond Sobn, SemlS^arb VIII., toar noc^^ fel^r jung, unb bie SJormünber Sanbgraf
$^li)>p unb ®raf ^obft bon §o^a, auc^ Ic^tercr ber Sieformation gugct^an, liefen il^ren
Stfinbel ni(^t blofe ebangelifc^ ergießen, fonbem beriefen auc^ gtoet entf(i;ieben ber Slefor^
motton jugd^ane ©riftlicpe nac^ Sippe, um l^^ier il^r äBert gu t^un, ^o^ann Ximann bon
516 St)Mie-2)etmolb
Sternen unD SRog. ätbrian 93ucfc^oten an^ ^ot^a. Sie Ke|en Don bi^fen eine Sxcd^-
orbnung aufarbeiten, bie, bon äßittenberg gebilligt, auf einem Sage nt S9rale im ^oifa
1588 Don SRittetfc^aft unb ©tobten angenommen toutbe. Überall, too fie irgenb p ^aben
toaren, tourben je^t im Sanbe eDangelifc^e ^rebiger an^efiteQt, unb bie Stefocmotton f^
5 je^t ald burd^efü^t angefel^en ft)erben fönnen, toenn nic^t xiad^ bem unglüdKic^ fc^ot
talbifc^en jtriege, ju toeU^em aud^ ®raf 93eml^arb auf Sonbgraf $l^ili^t>d Seronlaffund
Gleiter gefanbt ^atte, bad laiferlid^e Interim mit großer @etoalt aud^^ in ber ®raff(^
2\ppt toäre eingeführt toorben. ^aburd^ entftanb benn freiließ ein groger Slüdfc^lag, fo
ba|, toie u. a. in ber @tabt Salzuflen, too man l^ngfi aud^ eDangelifc^e Sel^ unb ekxim
10 gelifc^en 93rauc^ eingefü^ l^atte, naJ^em ber ganje ^i}a)>idmud toieber J^ergefteOt tmnbe,
unb bag auc^ feObft bie @tabt Semgo 3Rttl^e l^atte, fi^; bei^ ^nterim^ }u ertoe^ren. @ift
nac^bem 3}tori| Don @ad^fen fid^ toieber auf bie @eite be$ Sbangelnimd gejteHt ^otte
unb burc^ ben 9tümbetger Sleligion^frieben ben t)roteftierenben Stäuben freie Steligion^
Übung gugeftc^ert toorben ioar, tonnten bie @oangeIif(^en ouc^ in 2xppt fid) toieber rühren.
16 ®raf Sem^arb toar fc^on 1553 geftorben, unb für feinen unmünbigen @ol^n Simon VI.
führte beffen Ol^^eim, ©raf ^ermann Simon Don S^iegelberg unb $^rmont, bie Dormunb^
fd^aftKd^e ^Regierung, ein ebangelifc^ gefinnter $err, ber bann oud^ burc^ ben ®enerat
jt^^erintenbenten 3Icag. ^ol^. b. ^er unb ben 93ater ber itonlorbienformel, äbibteä, eine
neue Jtirc^enorbnung aufarbeiten lieg, bie fogen. Si))t)es@)>iegelbergif(^e, bie, im ^o^ 1571
20 t>eröffentli(^t, benn aQerbmgd ba^ Sut^ertum in ber Si))^i{(^en Hin^e einffli^. 3)ie
9(uguftana bon 1530, beren Sinologie, bie @(^mallalbifd[^en Slrtifel unb £ut^erd Jtotec^
men iourben l^ier ald binbenbe S3e(enntnidfc^riften aufgefteUt, nur nic^t bie Aontotbcen^
formel, bie ti \a hamaU noc^ nid^t gab, unb nur bag mit mand^ Sigentftmlid^Ieitoi
bed fl^egififc^en Sutl^ertumd 3Rag. b. @^er bod^ leme^toeg^ einberftanben toar, tote u. a.
25 mit ber Ubiquität, gegen toelc^e er fic^ entfd^ieben au^efprod^ 1^. 9(u(^ t>ün ber Stobt
Semgo barf gefagt toerben, bag fte bid bo^in boc^ feine^toeg^ eine SCn^ongetin bed
ftr engen Suti^ertumd toar, toenn auc^ ber in i^r angenommene %tjfpu& atö ber SBittcn«
bergifc|le begeid^net ft)erben mu6. @inen $rebiger, ber bie Seigre bon ber SQIgegoitoait
bed Seibed ei^rifti bertünoigt, ^e man be^l^b in Semgo fdned Sienfted entloffen.
80 älber je^t foQte gerabe um ha^ Sutl^ertum in Si))))e ein Streit entbrennen, ber —
bie Stabt Semgo abgerechnet — bem anberen %\^pvii, ben man ie|t ben reformiecten
nannte, im Sanbe ;um Siege berl^alf. @d toar bie Qtit, too burd^ bie 9htffteOung b((
jtonforbienforme( eine S(^eibung, toeil @ntfc^eibung in bie ebangelifc^e Rvtd^ ^beutfc^IaiM
lam. ^atte man bid ba^tn ben 93rud^ }totfd^en ben beiben Siic^tungen inner^b ber Ste«
85 formation^tird^e fo lange unb fo gut, toie möglid^, l^intangu^lten gejuckt, fo trat ben
maggebenben 3Bäd^ten jeftt ba^ (Suttoeber-Dber entg^en, unb oa entfc^ieb fu^ Simon VI.,
tote eine gange Slnjal^l feiner Stanbe^genoffen namentlid^ im toeftli^^en ^eutf^lanb, ffit
bie reformierte Stic^tung ober, tote man bieUeic^t fagen barf, bafür, ftc^ unb ber SSxift
feinet Sanbed eine un^artetifc^e Stellung gu geben. 3)ie noc^ aud bem ^ßa)){}tum noc^
40 gebliebenen ^tgbräuc^e foQten in feinen ^irc^en boQenbd abg^an toerben, benn ba fodte
ntc^td gelten, ate bad Urfbrünglic^e, nämltc^ bad SBort ®otted in ber 1^ S(^ft unb
bie brei alten fird^lic^en ®lauben^be(enntniffe. @d mug audbrü(Ili(^ betont toerben, ba|
er teind bon ben je^t aU „reformiert'' bezeichneten ©laubendbefenntniffen atö binbenb
aufftellte, nur bag er in bem Sutl^ertum noci; manc^ed aU alten ))a^ifti{d^ Sauerteig
45 begeid^nete, ber in ben Aird^en abgetl[|an toerben muffe, mie ben ®£orcidmud bei ber Zaufc,
bie Siebter beim älbenbma^l, bie ^oftien, bie er mit bem )u bred^enben Srote bertoufc^
lieg, Silber, Arugifi^e u. bgl. m. @d feilte eben eine Steinigung bon ben nodb bor^onbencn
?(eften bed ^{$at)fttum$ fein, toad er boma^m, toe^^alb er benn auc^ bie Jlird^enoi^ming
bon 1571 befte^en lieg unb aud^ feinedtoeg^ barauf ^inau^ing, ben lut^erifc^ Jtdtec^
60 mud au^ bem ^ugenbunterrid^te ju befeitigen, unb bag aDed nac^ ber Sc^ft auigelf^
merben foQte. $ag er freiließ bamit nun nic^t überall im Sanbe Slntlang unb Serftftnbntf
fanb, ift nxd^t ju bertounbem, befonber« al^ nun auc^ unter ben (Seiftlic^, bie er mit
ber Studfüi^rung feiner ^läne beauftragte, fic^ einige Äeigfjjome befanben, bie mit \ifa^
ätücfftc^t^loftgteit gegen ba^ bid^er noc^ 93efte|^engebliebene borginaen. ^n S)etmo&, in
55 $om, in Slomberg, in Salzuflen tam ed gu 2Biberft)rud^ unb SBibetftanb, ber bann fccib^
nid^t immer mit fanften 3Ritteln befeitigt tourbe nac^ bem ©runbfo^e ber ^6t, bog bem
Sanbe^^erm bie oberfte @ntfd^eibung and} in SReligiondfa^en gubmme, bod jus re-
formandi.
93efonberd toar e^ l^ier bie Stabt Semgo, bie je^t mel^ unb mel^ ft^ jum jtacngCR
bo unb audfc^liegenben Sut^ertum toanbte unb bte^ mit allen 9Ritteln bed Sßiberftanbed }b
Sitit^e-Setmolb 517
Derteibigen fuc^te. Sin $e^ereten fel^Ite e^ natürlich au(^ ntd^t, tote bie^ bei fold^en ®e«
legen^etten ja mm einmal ber %aü ift, unb toa^ toof^l aU bad eigentlich ;u ®runbe
liegenbe 3Rotib bei ben äSertretem ber @tabt bejeic^net toerben barf, toat me^r t)oIitifc^er,
aU rdigtöfer äirt 2)ie @tabt fül^Ite ftd^ old unabJ^ängige ^leid^tabt unb machte aud^
auf hxößdftm ®ebiete Slnf^rucb barauf, ba^ i^r biet ba$ SSeftimmung^ec^t julomme unb 5
nid^t bem Sanbed^erm. @ie l^atte ein eigene^ 5tonftftorium errichtet, ba$ bie jura circa
Sacra in i^m 3lamta foQte )u bertoolten ^oben, h)ie fie benn ja aad) eine eigene ®e«
ric^tdbarleit befo^, unb ba ergaben ftcb bie ®egenfä$e bon felbft. 9Ba$ ber ®raf bon il^
t><dangtf, erfc^ien i^ ald ein @inbru(b in i^re ftöbtifd(^en ®ered(^tfame, unb fo erl^ob fte
{t(^ )um äßiberflanbe, ber bann freiließ auc^ ben @rfoIg l^atte, ba^ ber ®raf fte fc^Iie^lid^ lo
bei ^em Sut^ertum ungeftört belaffen mu^te, aber auc^, ba^ fte nun aud^ leinen refor^
miert ®eftnnten in il^en !IJtauem bulben tooÜU, ba^ jjeber Sujiel^enbe fic^ ber))f{icl^ten
mu|te, ftc^ )um (utl^erifc^en SSelemttniffe ju l^alten, toenn er übttfyixipt aufgenommen
toeiben tpoOte. 2)ie ilird(»e )u @t. ^fol^ann bor Semgo l^atte ftc^ auf bie Seite bed ®rafen
gefieQt unb bid bo^in an6^ ^Ißarod^ialrec^te in ber @tabt gehabt, ja toar eigentlich bie 15
fyaipthxd^ bort getoefen, bon je^t an — tourbe fie auf il^e £anbgemeinbe befd^ränlt unb
wre Steckte in ber @tabt ü^r mit großem @ifer beftritten. ^n ben übrigen @täbten unb
Ottf^Ktften bed Sanbed fe|te ftc^ bagegen bie ,,9leformation'' bed ®rafen burc^, auc^ lam
ber (ut^fc^ Jtatec^idmud bolb in Slbgang, unb an feiner ©teile fü^en bie ^aftoren
einer nod^ bem anberen ben ^eibelberger ein, bid bann im ^fai^re 1684 ®raf Simon ao
^einric^ eine neue Jlirc^enorbnung anarbeiten lie^ unb einfllbrte, bie ganj ben Sbaralter
biet reformierten jtird^e trägt unb bad Setenntnid ber beutfc^en reformierten Jtircpe, ben
ßeibelberger 5tate(^idmu$, old bie binbenbe Se^morm auffteUte, ;u toelc^er ftc^ jeber anju«
^enbe (ikifUid^e ber))flic^ten mu^te.
gm le^tberfloffenen ^a^l^unbert l^aben fic^ bie lonfefftoneSen Sierl^ältniffe im großen 25
unb ganjen ottc^ in Si^^e nid^t geönbert. ^n ber 3^ bed Slationali^mud tourbe in ben
reformierten jtird^ bed Sanbe^ an Stelle be^ ^eibelberger JtoteAi^mu^ ein anbered 9le«
ligiondbuc^ eingeführt, ber fogen. SBeertl^f^e Seitfaoen, ber ober mepr einen milben @u^ra::
naturalidmud b(n:ftellte, je^t iebod^ nac^ längerem 5tamt)fe bem ^eibelberger toieber l^at
toeif^ muffen, unb auc^ bad in ben Sxtd)m gebrauchte ®efangbudj^ ift berfd^iebentlic^ so
geönbert toorben, je nad) ber toed^felnben Slid^tung ma^gebenber Parteien, ^u ben beiben
Iitf^f^fen Xxt^ in Semgo lam fc^on im 18. ^[al^rl^unbert auc^ eine folc^e in 3)etmoIb
mit boden ^3<^oc^alred^ten unb in ber 2. ^älfte bed 19. noc^ atoei anbere in S3ei^(trd^en
unb )u Solguflen, toäl^enb eine britte in Semgo, bie bort burc^ einen ^aftor @teffan aU
freie (ut^fc^e ®emeinbe eingefül^rt tourbe, ft^ toieber aufgeUft l^ot, il^r Hird^engebäube 35
ben Steformierten überlaffenb, bie fic^ in ber @tabt Semgo fo au^ebreitet l^aben, ba^ fte
ie|t minbeflend bie ßälfte ber @intool^ner bort bilben. $ie lutl^erifc^en Hirc^en finb auc^
unter bod knbed^lic^e jtonfiftorium m 3)etmo(b gefteUt toorben, in toeld^em fte einen
eigenen itonftflorialrat atö SSertreter ^aben, unb bilben aud^ einen eigenen @^nobalbe)irI
im Sanbe. ^en Steformierten ift aud^ eine @^nobalberfaffung nac^ mobemem !IJtufter ge» 40
geben tDorben, unb ben römifc^en Jtatl^olifen, bie frül^er nur jtoei Jtird^en im Sanbe be»
fa^, fyA man berflottet, noc^ an ac^t anberen Orten ©emeinben }u grünben, bie unter bem
S^c^ofe bon $aberbom fte^en. ^m Sanbe l^errfd(^t biel lird^^licper @inn unb namentlid^
aad^ bod gntereffe für innere unb au^toärtige ußiffion ift bort ein überaus lebl^afte^.
SSo^It^ättge 6tifhmgen giebt e^ au$ alter unb neuer ^Ät eine ganje Slnja^l im Sanbe. 45
%t nennen ift ba befonberd bie 5tinberl^eilanftalt unb bie Slnftalt für Teilung bereite fon^
fffmterter 9RäbAen, bad fogen. @ot)^ien^u^ ju @ahuflen, fotoie bad 9lettungdl^aud )u
9rfinau bei Gd^ötmar, unb bie bor turjem ;iu ^etmoib gegrünbete Sanbe^ialoniffenanftalt,
bie, entftnrec^enb ben tonfeffioneUen äSer^ältniffen im Sanbe, ^au))tfäc^licb für ben ^ienft
an ber reformierten 5tird^e beftimmt ift, ober aud^ frembe !IJtäbd^en lur Slu^bilbung für so
ben Stalbniffenbienft aufnimmt, ^m ganzen befte^en 47 gcmeinnü^ige 9lnftalten im Sanbe,
folüie auc^ HRiffton^ereine unb ein 3*^«0ö^^itt i"^ ®uftab-3lbolfs©tiftung. S)ie rcfor«
mterte Jtirc^ )ä^lt 41 ®emeinben mit 46 ^aftoren unb 8 ^ilf^^rebigem, bie lut^erifd^e
5 ®emeinben mit 1 ^liole unb 5 @eiftlid(^en, bie römifd^e 10 ®emeinben mit 10 ®eifts
lic^ 3)te ^ugenottenlolonien, bie in ^etmolb unb Semgo beftanben, finb nad^ nid^^t 55
fe^ langer 2)auer toieber eingegangen, ibre "iUlitglicber jum 3^eil an bie reformierten Äirc^en
bed SonbeiS abgebenb. 2)ad @d(^uUoefen im Sanbe barf aU blül^enb bejeicbnct toerben.
8« befte^ jtoei ®VmnaRen inS)ctmolb unb Semgo, eine SRealfd^ule ^u Salzuflen unb ein
S^rerfeminor in ®etmoIb, fotoic in mehreren ©täbten l^ö^ere Stöcbterfc^ulen. Sin eüan^
gettfd^ SJoUdfc^en giebt ed 123 im Sanbe mit 230 Se^rem, baju 1 1 röm.^fat^. unb eo
518 Stti^e-Setmolb £itl)»^6l^otttltBlurg
eine @tmu(tanfd^ule. 2Bad bte ®el^a(töberl^ältntffe betrifft, fo ift für bte ©etfUic^en, tote
auc^ für bte Se^rer eine auffteigenbe ©lala ie nad^ bem ^ienftolter eingeführt, beren @a|e
je^t ben in anberen beutfc^en Staaten, namentlid^ ouc^ in $reu^en feftgefe^en, no^u
gleic^fommen. D. »wmbe».
6 ütppt, 2. @(i^aumbur0s£ij)j)e. — (5. «T. S)oac, ®ef4. ber Oraff^aft eaaum-
bürg; ber f., Bibliotheca Historica Schavenburgensis; ^ouber, Primi tiae SchJaTenbnrgenfles;
(S^v. 2)QffeI, ^abeQartfc^e Überfid)t ber iRegenten DonSc^aumburg; ^eibffiniper, f)ie fdyaumb.*
lipp. Stix&ie; %[. 2)reDed, (^rof Wl^PP (in (Sunod O^ebä^tnigbuc^ ber ref. Surften tc);
S3ranbed, Xie ref. ^irc^e in ©tabt^agen; berf., ^ie |>ugenotten!oIonie in IBüdeberg (in
10 Fölling ®eMi(6tdbI(. bed beutfc^en ^ugenottent)ereinS ; berf., dwü fürftl. ®Iaubendbetennt:
nifje; ^ammann, G^cfc^ic^te ber 9iefonnation in Sc^aumburg «Sippe.
S)a^ ^rftentum ©c^aumburg^Sippe befte^t, feinem ie|igen Umfange nac^, erß feit
bem ^afyct 1640, too mit DttoV. ber SRannedftamm ber ©d^aumburger erlofc(^ unb bad
jüngere ^aud Sippe aU ©c^umburg toeiblic^e Sinie in ber $älfte ber alten ®raff(^
15 mx Slegierung tarn, ^n biefer ftammten bte erften d^riftlic^en ©iebelungen, tDte über»
paupt in biefen ©egenben , fd^on aud ber 3rit RaxU b. ®r. unb gingen bon bem fc^
bamatö gegrünbeten Si^tume SRinben au$. ©o bie ^fter ni Dberltr6m, )u %i^bti,
)u SRöQenbetf, unb bon ^ier au$ h)urbe bann bad Sanb aumöl^Iic^ (priftianiftert, unb
jtoar in ber Slb^ängigleit bon 9lom unb bedl^ aud^ allen ben äRiibilbungen unte^
20 toorfen, bie bon ba anfingen. S>ie Sieformation aber fanb berl^<nidmä|ig fpat in bec
©raffc^aft Eingang, erft in ben fed^jiger ^ai^ren be^ 16. ^a^l^unbertd, unb bod 1^
bamit jufammen, ba^ bie ®rafen aud bem $aufe ©c^umburg faft fämtlic^ ^o^ geifi<
lid^e ©teilen innehatten. Ser eine, Stbolpl^ XI., toar 2)om^en unb bann Srjbtfc^of Don
5t5ln al^ 9{ac^fo[ger ^ermann^ t>on SBieb unb l^tte l^ier tool^I ben grö|ten Snteil an
26 ber Unterbrücfung ber 9leformationdp(äne, toeld^fe fein33orgänger l^eate, unb auf i^n folgte
fein S3ruber älnton auf bem er;bifd{f5ftic^en ©tu^Ie. 3>a toar ed oenn nid^t onbetd, oU
ba^ reformatorifc^e Setoegungen, bie auc^ in ber ®raffc^aft berbortraten, tote gu Sinb^
l^orft unb DbemKrd^en burd^ bie $Iebanen Sl^fobe unb SBefcp, fd^on im Jtetme er^
tourben. ®rft nac^bem Srjbifc^of älnton (1558) geftorben toar unb Otto IV. bobun^
80 freie ^anb belam, getoann and) bie Sieformation im fianbe Siaum.
(§raf Otto toar anfänglid(^ aud^ für ben geiftlic^en ©tanb erjogen unb bereite mm
S3ifc^ofe bon $i(be^^eim beftgniert toorben, aber um ba^ $aud nic^t anwerben ya la\\m,
befd(^[offen bie 93rüber, ba| er auf ^ilbed^eim berjic^ten unb bie Slegierung ber ®ca^
fc^aft antreten foQe. ^r bie Sieformation tourbe er jeboc^ erft fpöter ^etoonnen, noc^bem
86 er mit einer S^od^ter bed $erjogd @mft, bed SSefennerd, bon Sraunfc^toetg^Sünebiug, (Sfifa^
btü) Urfula, ber^eiratet toorben toar, unb auc^ je^t nod^ ging ed im Steformieren nur
langfam bortoörtd, mel^r gefc^oben, al$ au^ freiem llntriebe. 2)en äBeltgetftiic^ $oppel^
bäum ju Olbenburg, ber für ba^ Slbtl^un ber papifäfc^en 3Ri^bräu(^e eintrat, na^ er
in feinen @d{fu(, unb berief bann ben S^l^eologen ^ammann, anfänglich nur jum $of»
40 prebiger für feine ^rau, nad^ ©tabtl^agen, ber bamaßgen Slefiben), gab il^m bann aber
bad $Ber{ ber itiri$enreinigung in bie ^änbe, toad biefer benn au^ mit allem (Stfer be«
betrieb. (Segen bie 3Ritte ber fecbjiger 2i<^te fonnte bie (äraffdbaft atö ein ebongelifc^
Sanb bejeic^net toerben, unb aU Hird^enorbnung tourbe bie ^ecflenburgifc^ bon 1952
angenommen.
45 (Sroge 93erbienfte um bie nac^ bem äBittenberger X^pud eingerichtete jtitc^ bed
Sanbed em)arb ftd^ ber ^rft (Smft, ber aud^ für bad ©d^ultoefen eine treue Sorgfalt an
ben Sag legte unb aud^, jur ©tü^e ber Sieformation, bie fpöter nac^ Slinte(n berlegte
Uniberfttät )u ©tabtl^agen grünbete, ber (Semeinbe ju SSücfeberg aber bie gro^e imb
fd^öne Äird^e baute, ber fte ftd^ noc^ je^t erfreut, nebft einer noc^ j^t befie^enben ^id^iercn
60 ©d^ule. 9(uc^ fteQte er (1614) eine neue 5tird^enorbnung auf, bie ftc^ aü milb Iut^erif(^
ertpeift. 2)ie itonforbienformel toirb in il^r nic^t atö S3e!enntnid aufgefü^ unb ou^ bie
9(uguftana nic^t mit audbrüdHid^er äSe^eid^^nung atö ber „ungeänberten''. ^ürfl Smfl, ber
mit einer ©d^toefter beg Sanbgrafen SKori^ bon §eff en berl^eiratet toar unb beffen ©c^toe^er
Slifabet^ (9raf ©imon VI. jur Stppe geel^elic^t l^atte, ^ing fc^toerßc^ bem esQufiben 2ut^
55 tume an, toie ba$ aud^ feine jRird^enorbnung jeigt.
Siad^ il^m, ber im '^aifxt 1622 tinberlo« ftarb, folgte bann freUid^ ein ri)mif(^
Stat^olil, ^ob\i ^ermann, in ber Slegierung, ber aber auc^ ol^ne Jtinber toar, unb ba
je^t bad ^avL^ ©c^aumburg nur nod^ auf jtoei 9lugen ftanb, auf benen bed im 3a^
1612 geborenen (trafen Otto V., fo tourben 3(nftrengungen gemad^t, biefen im ^op^tum
Si^^f^i^ottmbitrg 519
ofid^m ju Men. Slbcr ba flüchtete t^n feine reformiert gejtnnte ?Kutter — ber SSater
toor bereite geftorben — eineloc^ter be«®rafen ©imonVI. jur Sij)))e, ju i^rem SSruber,
bem ®rafen Simon VII., nad^ S)etmoIb, too er im reformierten SSefenntnid erjogen tourbe,
toad bann Mir ^olge l^e, ba^ er, al^ er nac^ ^obft ^ermannd Xobe im ^af^xt 1636
in ber ©roffcM^ m Stegierung tarn, in feiner @c^Io^i&^eI[e ju Südeberg reformierten 6
®otte^tenft einrichtete unb ben anl^a[tinifd(^en Xl^eologen 2i0^ann 9())t)eliu^ ju feinem ^of«
(fftbiger berief, greilic^ ftarb nun Otto fd^on im ^^^^^^ 1^40, ober nun trat ba^ refor^
miertc §au^ 8i})))e in ber ?ßerfon be« ©rafen $l^ilii>t) in bem Seile ber ©raffd^aft bie
ätegierung an, ber übrig blieb, nac^bem ber anbere aU l^ejfifc^e^ Se^en bon bem ßaffeler
Sonbgrafen eingebogen Sorben toar, unb bon ber 3^^ ^^ ^ft ba^ ju 9üd(eberg regierenbe lo
fiaud bem reformierten SSefenntniffe ^ugetl^an unb beftel^t eine reformierte ©emeinbe )u
dücf eberg, }u ber im ^a^re 1 733 etne jtoeite )u ©tabtl^agen ^in;ulam, bie ®raf ällbredpt
SBoIfgang flu: feine bort reftbierenbe SJcutter einrid(^tete, toA^renb ba^ Sanb bei feinem
lut^fc^ Selenntniffe ungeftört belaffen tourbe. @d mu^ anerlannt toerben, ba^ bad
^oud 2i^)>e bon 3lnfang an bie auc^ burc^ bie Umftönbe gebotene Rarität beiber Stonfefftonen i5
in bem t>on il^m regierten Sanbe el^rlic^ aufrecht erhalten unb für beibe Jtirc^en mit gleid^er
3äctat geforgt, aucp berftanben l^at, ben ^eben ;toifd^en beiben Jtirc^en, too er bebrol^t
toax, ftetd tpieber ^erutftellen.
3)ad tpar benn freilid^ toieber^olentlid^ nödg, benn an ärgerlid^em Streite fehlte ed
aad^ ffitt in ben ^gen tonfeffioneUer @t)annung nid^t. 9(u(9 fd^on unter bem erften 20
Stb^fc^en ®rafen, $l^ilü)^, regte fic^ ba$ 0euer unter ber 9lfd(^e, tourbe aber bon biefem
nq^ gebam))ft. Sld aber bann ®raf priebrid^ S^riftian bie Hugenotten in fein Sanb
berief unb auc^ il^en t)oI[e Steligion^freipeit einräumte, tourbe lut^erifd^erfeitd geltenb ge«
mad^t, ba^ bie lutl^erifd^e Hird^e bie l^errfc^enbe im Sanbe fei unb be^l^alb au$ auf (§e^
bü^en bon feiten ber 9leformierten Slnf^ruc^ l^abe. ®raf ^ebric^ Sl^riftian lie^ jjeboc^ 25
btefen Snf^ruc^ nid^t gelten, unb ebenfo auc^ ®raf 9llbrec^t äBoIfgang nid^t, aU er im
Xnfange ber bierjiger ^aS^xz bed 18. ^^^^^^^^^^^ ^^^ neuem erhoben tourbe. ^n einer
Scmbnung aud bem ^al^xt 1746, in toelc^er er ben Streit um bie ©ebül^ren aU „un-
ottfianbig'' bejeid^net, fteQte er bie beiberfeitigen Siedete auf ber ©runblage böQiger Rarität
fcfl, unb fo gefc^ ed auc^, aU noc^ einmal im S3eginne ber neunjiger ^aS^xt bedfelben so
^Jio^unbertd biefer Streit, unb jtoar in überaus l^eftiger äBeife, entbrannte. ®d toar
^f^len bem lutl^erifd^en Honfiftorium unb bem reformierten ^redb^terium m Südteberg
auf Setreiben bed ©rafen ^^ili))^ @mft ein Slbtommen bal^in getroffen, ba| beibe ^le
\fyct Zotm auf bemfelben Hird^^ofe beerbtgen foQten, unb bamit bie Steformierten bied
Xed^ getDännen, l^atte ber ©raf p bem betr. Jtirc^^ofe nod^f ein Stücf Sanb l^injugeti^an. 85
Vba ba folgte ber milb gefinnte ifutl^erifd^e Su^erintenbent ©ru))en einem Stufe nac^92ien=
\m^ feinem ©eburt^orte, unb e$ fam an feine Stelle ein ehemaliger Srfurter ^rofeffor,
^nmet), ber [Ufy atö einen toenig t)erträglid^en Tlann fc^on in Srfurt gezeigt l^atte, unb
Uefcr beanf)>rud^te nun, aU bie erfte reformierte Seiche auf bem [M gemeinsamen ^Xoten-
bofie beerbigt toerben foQte, ©ebü^ren für biefe, trieb bann aber, aü er bamit nid^t burc^^ 10
fam, ben Streit fo toeit, ba^ er auf offener Jtanjel bie gröbften Sefc^ulbigungen gegen
bk reformierte Sonbedl^errfd^ft berübte, al& ob biefe barauf ^inau^e^e, ben Sut^eranem
1^ Selenntnid getoaltfam m nehmen, unb ba^ er bie lutl^erifd^en Äonfiftorialräte, toeld^e
lenen SSertrag mit ben Sieformierten eingegangen, gerabeju ak SSerröter am lutl^erifd^en
©louben berf(^e. Sefd^ftoic^tigungdberfudpe, bie aufzuregen ber f^tin Juliane, berSior-is
BtfinberinsSlegentin für i^ren Keinen Sol^n ©eorg äBil^elm, angefteQt tourben, blieben o^ne
Itgjüi^m @rfolg, ^orie)) unb fein 92ebenpaftor Slaufcpenbufd^ festen ii^re Hexereien fort,
inb t& blieb ni(btd anbere^ übria, afö bie Sac^e bor ©eric^t fu bringen, toorauf bann
He beiben bod^ leine^toeg« im SKufe einer $arteilid^feit für bte Sieformierten ftel^enben
^otuU&ten )u Sei}))ig unb Sloftod ba^in entfd^ieben, ba^ bie beiben lutl^erifc^en ^rebiger, 50
locil fte Shtfrul^r gegen bie Sanbedl^errfc^aft ge^rebigt Rotten, abgefegt unb be^ Sanbe^
bcctmefen toerben mü^en, toa^ benn auc^, ba eine Slt^feHation an oad Sleid^erid^t p
Bef^Iar bergeblic^ toar, in äludfül^rung gebrad^t tourbe. Seit ber 3^ ~ ^"^ ^ if^ ^^^
\mIM ^(ifycfjunh^ barüber berfloffen — leben beibe Äonfefponen in brüberlic^em grieben
nibeneinanber, unb ed ift bon $er^en p toünfc^en, ba^ e^ fo bleiben möge. 55
2)ie Sutj^eraner ^en 18 ©emetnben, toelc^e unter einem Sanbedfu))erintenbenten
unb jtoei 9e)Mdfu))erintenbenten fte^en, unb in ben legten 3^^^^^ if^ ^^^^ Jtonftftorial«
iMrfaifung auc^ baburc^ ergänjt toorben, ba^ man i^nen na($^mobemem3nufter itird^en»
tNNEfiänbe unb eine St^nobalorbnung gegeben l^at. ®ie reformierte 5tirc^e bed Sanbe^ ba*
gegen ift ber ))redbvtenanifd[^ berfa^ten äonföberation reformierter Kirchen in ^{ieberfad^fen 00
520 2ipptc&iimtxAux% Sififlttd
fd^on feit 200 ^a^ren angefd^loffen, unb auc^ bie römtfdben 5tatl^oItIen fyä>tn je^t jtixi
®emetnben im Sanbe mit boQen $aroc^ia(rec^ten. Semerlt fei noc^, bag ebenfotool^l bie
Sut^eraner, toie bie Sieformierten gut berfe^ene SBaifenteffen beft^en, bie burd^ bie SonbeÄs
l^errfd^aft für fte geftiftet toorben finb, bie für bie Sieformierten burc^ ben ®rafen ^^s
5 Ixppf ben ©tammbater beä jeftigen gürftenl^aufe^, bie für bie Sutl^eroner burc^ bie SDluttcr
bed @rafen Sllbred^t äBolfgang, eine geborene ®räfin bon $ol^enlol^es®let(^en.
D. Brttttked.
Si^iflitd, Slid^arb 9(belbert, geft. 1892. — 91. «T. fi. 3toet «ebfic^tnidreben;
I. ®. 92i4tet, fi.d fiebendbilb, IL gr. 92ippoIb, fi.d §iftor. ^J^etbobe, geno, 93 (6.^9. aud
10 8. f. IbÜT. ®ef(6. IL SlltcrtumSfunbe, 93b XVII); «. iWcumann, (Brunblogen unb ®runb«
5Üge ber ^eltonfc^auung t). SU. ^. S.. SBraunfc^meig 96; (S. ^fennig^borf, SSergleid) ber
bogmat. ©Qfteme \). SR.Sl. ß. u. 51. 9litf(ftl, ®ott)a 96; U. Slclfcft, S)ic crfenntniÄtljeoret. uni
metopl^^f. @)runblagen b. bogm. (5t}fteme t)on 9(. (I. SBiebermann unb 91. 9(. £., 93erUn 01;
^. fiübenionn, SR. «. ß., ©ctlogc jut SKünt^. «rngem. 8tg. 92, 9?. 200; berf., (grfcnntnt^
löt^eorie u. 2:^coIog{c IX, X, $rot. 3Ronot8öcftc 98, ©. 17—29, 51-65; ddc. 91. «. &,
ÄtrcftUcftc 9Konat«fcftrift 94, @. 798—817; Ä. o. ^ofc, Ä.-®c(*. ouf ber ®runbl. afab. «oi-
lefungen, fieipjig 93, III, 2, 2, @. 551-52; gr. 92ippoIb, |>anbb. ber neueften St.*(Bt\^
*III 1, SBcrIin 90, S. 465-80; S. ©. 91. ö. gronf, ®c((6. unb ftrltif ber neucjten Jbeo-
logic», erlangen 98. 6. 192—96; Ö. ?Jünjer, ®cfdi. ber cftriftl. 9lcHglon«p]6iI. feit ber 9lef.,
20 SBraunfdjrocig 83, II, @. 329—39; O. ißfleibcrcr, ®cf*. b. 9lcIigionÄp]6iI.. »erlin 93, 6.493
bis 497; 91. ©e^bcl, 9leliflion8pöiI. im Umrife, eJretb. 93, ©.73—110; «T. S)rctD«, 3)ie beutfdje
Spcfulation feit Äont, II, ©crlin 1893, @. 118—143. dln üoDftänbtgcÄ djronolog. «er-
^eic^nid t)on £.d litterar. Veröffentlichungen ^ot O. SBoumgarten ber 3. 9(uf[. feiner ^ogmatit
beigegeben.
25 Slic^arb Slbelbert Si^md entftammt einer fäd^f. ^^eologenfamilie. Sd^on ber Up
gro^bater, ber M. S^r. Gottlob S., toor Pfarrer )u ®ie^mann^orf in ber 9lteberlauftt,
ber ©ro^bater M. 9(boIf ©ottfr. 98i(^. S. unb beffen älterer @obn M. ©ufüob ^cm,
Sul. S. bertvalteten nadS^einanber ba$ 9lmt eine^ Ober))farrerd )u SSemftabt fat beruber«
lauft^ (bgl. über bie beiben jule^t genannten : Steuer Slelrolog, S^i^rg. XIX, S. 509—12
80 unb @. 1160—62). äuc^ ber jüngere ©o^n bon äbolf 8., Äorl ^einr. 8D>eIbcrt pu*
bierte X^eologie unb $l^iIoIogie unb l^abilitierte ftc^ 1827 in Seibiig für bibl. Scegefe.
^eilic^ jtoang il^n balb feine SRittelloftgleit bie JtonreltorfteQe am SRut^eneum )u ®era )u
übernehmen. §ier toar e«, too i^m feine ©ottin Juliane STOoD^, eine lod^ter ®l^renfrid
Sloft«, be« Sleftor« ber £ei))jiger il^omaSfd^uIe, am 14. ^bruar 1830 einen ©o^ f(^enfte
36 — unfern 2. 3*^^ ^a\}xc \pättt bon feinem ©d^toiegerDater M Se^er ber Fleligioitf»
toiffenfd^aften an bie 5C^omana berufen, l^at er biefer Smftalt bi« ju feinem frO^ lobe,
jule^t als i^r Sleftor, angehört, feinen ©dj^ülem unb©ö^nen ein äSorbilb in treuer $ffi(^'
erfüuung felbft unter ben fd^toerften Seiben. 2)er öltefte ©ol^n l^t il^m ein Uöned3)eitt
mal in ber Seben^befd^reibung gefegt, bie er ber bon il^m beranftalteten 3(u^abe ber
40 „©d^ulreben" feine« Sater« boranfteßte (Setejig, ^irjel 1862).
S)ie Äinber be« £et})jiger ©^mnaftalle^er« — neben 9li(^b Slbelbert tu>df jtod
©ö^ne unb eine S^od^ter — toud^fen l^eran bei l^armlofen ©^iel unb früJ^jeitiger enifte
älrbeit. ^m §aufe l^errfd^te biefelbe fd^Iid^te grömmigfeit, bie fd^on in ber JBemfiabter
Pfarre ju finben toar unb ^ter einen befonber« toarmen ^on burc^ ben Sinfd^Iag {!errem
46 ^utifd^en @eifte« erl^alten l^atte, ben bie in ber 93rübergemeinbe cnogene bod^ oiDIer Bci^
bung unb ©entimentalitöt abgeneigte $farrfrau ^in;ubra^te. Ser @influ^ ber retc^b^abten
©ro^mutter, einer ©d^toefter be« geifüid^en S)id^ter« Äarl SSeml^rb ®arbe, ift am 6nfe(
beutlid^ ^u berfpüren ; bod^ toarb nic^t minber bie berftänbig t)rüfenbe 9(rt bed ©ro^bderj,
bie biefen fd^on ju einer freieren ©teHung gegenüber ber fird^lidj^en Überlieferung fü^,
60 ein @rbteil be« fjjäteren ©ogmatifer«.
2)en gro^fmn bon Slbelbert« erfter gugenbjeit trübten balb fd^merjlid^e Sinbrüde: b«
%o\> be« O^etmd ©uftab unb bor adem ba« fc^neDe 2)a^inftec^en ber SRutter übten auf M
toeid^e ©emüt bed bamaliS 12iäl^rigen Knaben eine tiefgel^enbe SSirlung, bie ftd^ in ben
bon il^m geführten 2^agebüd^em beutlid^ n)iberft)iegelt unb too^t ju feinem Sntf^Iuffe, ^
66 ebenfaHiS.ber Ideologie ju toibmen, beigetragen ^at. 2)a« 3"tereffe für bie tl^eoLSSifrn»
fd^aft bei i^m gemedCt m ^aben, ift inbeffen Serbienft be« bäter(id(^en Unterrid^td. Xber
aud^ au ber getoiffenl^aften ©orgfalt be« arbeiten«, in^befonbere ju ber J)I^UoIogtf<^ ®e»
nauigteit, bie ben f))äteren @e(e|rten au^cid^nct, ^aben @rjie^ung unb Seifpiel b«S $ateif
ben ©runb gelegt, unb enblid^ ift bie logifd^e ^(ar^eit feine« Renten« bor oOem in beffen
60 ©tunben geübt Sorben. Xeil« burc^ ben ©ro^bater in 93emftabt, teil« in Sei)>)ig auf
einer ^ribatfc^ule borgebilbet, l^at unfer S. bie X^oma«fd[^ule bon Ouarta an befuc^
SiffiuS
521
^tft Würbe CT in bei „©ibclfuntic", bic fein ^Sata erteilte, nid)t nur mit bcm ^nlStoltc
b«« UtX Bertraut gctita^t, foubem aud) jt^on iw bie fragen nai^ Dit, ^t'ii utib ^Kid
ber jlbfaffimg famtlic^ec (jaulin. :ötiefc eingeführt. SJon tirrfjcngctc^if^tlicticn ^ricntftubien,
>u bcnen il>n b« Untetticf)t ontcgle, lejit ein Vortrag 3*"9"'* "^' ^^"^ " "^'^ lö^ofiren
in einem Sc^ületbetein über bie {r^)jlDca[t)iniftifct)cn StrettigEeiten ^ielt. äSeitere j^örbeiung e
im aierftönbni^ bn dirtftlidjen Urtunben brauten i^m bann bie „ejegeiifi^en iöorträge"
in ^xxrna unbSefunba, auf bie berSSater, ^ier \^on me^t biegorm be« «oKegö lüät)Ienb,
befonbere Siebe öetwanbte,
aöarb in it»nen boS Srbaulit^e binler bem roiffenffijaftUc^cn ^iviif iiuriidgefteUt, fo
lam bie ©ilbung bon .^erj unb ©ebijfeii im gaitjen bc« lUcligionäunlerriditeö gleii^luo^I lo
fu i^em üDÜen Stetste, unb namentlich bie Vorbereitung auf bie Ronfirmolion, bie eben=
aS.i ber aSater leitete, fcfeenfte bcm So^ne „Stunben tjeiliger SSei^e".
Sc für feinen 33cruf irefflidj »orbereitct, bejog Sit^iarb 9tbelbert im ©turmia^t 48
bie Unieerftlöt feiner Saterftabt ; ein begeiftetter Öutfi^enft^aftet unb grofebeutfc^er ^Patriot
na^m er lebl^aftcn inneren ülnteit nn ben geitereigniffen. ©einer bamaligen Stimmung 15
^1 er in meieren ©ebic^ten (j. 3^. abgebr. bei SHii^ter a. a. 0.) flammcnben SluSbiud
Verlieljen. liai ®tubium fam iod) barüber nit^t ju furj. Wit 9tuö;ei(^nung beftanb er
18Ö1 bie tlieol. ©taatötrüfung unb ctbarb jtDet ^oljre fpäter ben p^ilofop^. g>oItMtitc[.
Über ferne tljeolDgifc^ (gntroirfelung Ejat er felbfl in ben „9ü{^er(itinDbcn eöangelift^er
^ßftolo^m" (Soibo 1888) folgcnbeö beri^ilet: Sluf ben ^üngting gewann g^t^teö filt; 30
tii^er gbealiämuä, toie er i^in in Sürfertä „G^irtfllii^er Sp^ibfDvSie" entgegentrat, ent»
(i^enbcn Ginflufe, iJann jog i&n Segel in feine Hteife (»ome^mlii^ burc^) bie ;Heli=
giondv^ilofof^ie), auc^ in i[;m iaä ftofje 99elvugtfein bed obgefc^loffenen ^at)T!)eitäbefi^eä
erjeugenb. 9!ßä^renb aber bie Sctjriften ^egelö unb ber ftiefuiatiBen S^ule nur feinen
äierftanb beft^ftigten, nit^t fein @emüt befriebigten, eröffnete ibm Sc^Ieiermot^erä ©lauben8= 35
le^ baä 3)erftnnbnie für Mi eigentümlich dleligiüfe im Unterfc^icb bon aller ']3^i[ofop^ie.
9Iur atot^eö Qti}\t unb GEjr. ©. ÜBeifeeö pEjilof. 3)i)gmatil blieben ii)m bauemb toertDoD,
nic^t jule^t ali S^u^tDel^r gegen bie ^erlotfungen bed 1|}anlE)eiäinuä. 'SöClig Don ben
teeluIotiBen ^l^'f'""'^ befreite itjn Jlant ; jugleic^ führte ifm ber emftc et^ifi^e ^ug feiner
SeligiofitoJ ju einer aiuffaffung bes Gfjtiftentum« jurlid, luic er fte äiiniiiij fdjon in feiner so
Sugenb befeffen. iäluc^ yiüdert wirtte, bie^mal mit fetner „^^eologie", erneut auf i^jn ein.
Sc^Ieiermadier, SRot^e unb Bor aütm bie „Sofungen" ber Srübergemeinbe tjoben iljn aber
^etö üox einfeiligem WoraliömuS bemabrt unb ibn gcmafint, „ber religiöfen 5K^ftit einen
$la5 im Heiligtum beä ^erjenä ju erhalten".
©eine perfönlic^en üebrer in JiieilJäig Waren älnger, 9iiebner, 3;beile, ^^ui^, SBiner bb
unb fiiebner. 25er te^tgcnannte, beffcn ^tjanlafien über ba« innertrinitatifttje Beben ber
@Dttbeit i^ eine i^txt lang anzogen, fc^rieb i^>m audj ein 3!orWoTt ju feiner bem Sätet
geWibmeten erftlingäftftrift : „2)ie ijaulin. Sett)tfatigung«[cbTe"(l853). Sie BerrÖt beutlit^
bie bamaligc bogmatifc^e Stellung i^reä 3!erfaflerS: @inleitung#wcife Werben bic S^eanber,
IWeften, Bti^fd) u. f. w. ali ^ycrtreter einer neuen julunftrcic^cn itjcologic gepriefcn, bic a
baÄ Born Siationoliömu^ ^'^'f' '^'^^ '" ^^' reformatorift^em (Seifte Wiebcr aufbaue, tüä^renb
ber $au)>tinl)alt be^ Suc^eä ben SeWeiä abringen foH, bag bie fnnalotoi:; im ®)}raclis
gebrauche be^^aulu^ nic^t blof; einen actus declaratorius, fonbern jugleid) einen actus
effici«ns bebcute. Ibm ©tanb)jun!t ber ÜfermittelungötljcDlDgic Ijat 2. balb na(^ Slbfc^lufi
feiner ©tubienjeit mit bem ber biforift^^triltfc^en 9ti($tung oertaufi^t, 35er freie gotf^et= ii
finn be« SJaterö unb namentlii^ bie 'Beff^nftigung mit ben St^riften Saurä übten iljten
unWiberfle^lid)en ßinfluft, 3}abei ift « freilid? ben S.fcben SRefuItaten, Wie baS bie ju=
nä^ft folgenben ouSna^mäloä ber @ef(^idite be^ Urc^tiftentumd unb feiner Sitteratur ges
wibmeten Slrbeiten beö fpätcren ^ogmatitet« jeigen, im einjelnen Bicifacl) entgegengetreten.
1855 ^bilitierte fid) &. an ber Seitsjiger .^odjfctiulc mit einer lat. SIbtianblung über k
ben (fog. I.) SIemenäbrief. 3)on ben ber jDiffertation angetjängten liefen bebauptet bie
let^e ff^on bie Urfprünglic^teit beä f^riftiien ^e^e# ber ignalianifi^en Briefe. 6in 3Iuffa|
in 91iebnerÄ 3^^Ö bom ^aljre 1856 unb eine umfaffenb angelegte Unterfut^ung in ben
ab&anbl. ber 33. morgenlänb. ©efeUfctißft (I. »b 1859, ^Jit. 5) fut^en bann im 3lnf*lu6
on bie g:orftJfungen duretonö, Sunfenä unb Stitfc^Iö, aber im SBiberfpruc^ mit fflaur, bie w
ainficfet, bafi Wir in ber fürjcren, nur *CoI?farl)=, ßp^ffcr^ unb Stömerbricf umfaffenben,
f^rifcben Xejtgeftalt ben eisten ©runbftod ber ^gn^'ianfn ju fc^en ^oben, notier ju be>
nünben. ^ic ^eliauptung ber ISc^tbeit ^at i. fpäter jurüdgejogcn, bagegen bie fl^r.
Stecenfion baitemb ber gricc^. BorongcfteUt (»gl. „Über ben Urfp. unb ben ältcft. @cbrau(^
bcS ß^riftennamenö", 3«na 73, S. 7 %nm.).
522 Si^ftitd
3)ic 1860 in ©rfd^ unb ©ruber« enc^Ilo})äbte (I. Sect. 71.S5b) beröffentlid^teUnto
fud^ung über SBefen, Urfprung unb SnttDtdEelung^ang be« @noftict«mu« f e^t ftd^ ebenfoU« in
teiltpeifen 2Biberf))ruc^ f^n 93aur. äBä^renb nämlic^ ber gro^e Xübinger bod f^'f^^
SRertmal be« ©noftici^mu« aQgemein in feinem 2)uali«mu« jtptfc^en ®eifl unb SKoterie
6 fanb, eine Umgremung, bie fc^on §ilgenfelb Verengerte, toenn er lebigRc^ bie Unterfc^
bung be« J^öd^ften Sottet bom 2BeI^c^ö))fer jum itriterium er^ob, ge^t £. in ber @rtenntnid,
ba^ bamit nic^t« bon ber @noft« au^efagt fei, too« ftd(^ nid^t ani) im fpöteren ^vä>m
tum fänbe, unb in SBeiterfül^rung SRiebnerfc^er ©ebanfen bon bem ®egenfa^e ber yvcooti;
unb TiloTig felbft au«, ber in feiner ftarfen Überf))annung ben l^äretifd^en S^aratter ber
10 @rftgenannten bebinge unb ben meta))^^f. 2)uali«mu« tpie bie f^ntretiftifc^en @rf(!(feinungen
erft im ©efolge ^abe. S^qUO) bietet il^m bie allmähliche äSerfc^chrfung unb Sßieber^
abfd^mäc^ung be« ©egenfa^e« ben Sinteilung^grunb für bie berfc^iebenen @tabien be« ®nos
ftici«mu«.
Sereit« bor bem ©rfd^einen biefer größeren SSrbeiten, benen bie SSbf affung einer SRei^
16 Heinerer Slrtifel für @. unb ®. unb )a|lreic^er Slecenftonen für ba« Sitt Sentrolbl. jui
©eite ging, l^atte bie ^tnatt gafultät jur 300iä^rigen Jubelfeier ber ^oc^fc^ule ben
28iä]^rigen ^ribatbojenten mit bem t^eologifd^en 3)oftorl^ute gefc^müdtt, für tpeb^e Sprung
er nai)maU mit feiner queQenlritifc^en Unterfud^ung be« @t)i))l^aniu« banite. ^m J^
1859 tpar bem bie Ernennung jum S^traorbinariu« gefolgt ^oi) mugte ftd^ ber oho
ao au^gejeid^nete ©elel^e nebenher immer nod[^ burc^ Unterrid^ten eine Sinna^mequcOc
fc^affen.
S)a« Jo^r 1861 brachte il^m einen Stuf nad^ äBien unb raubte il^m ben SSoter, an
beffen @arge er ba« ®elöbni« ablegte, bem milben meland[^t]^onifd[^en ®eifte be« SSeretoigten
treu m bleiben, ^m ^erbfte trat er fein neue« 9(mt al« orbentl. ^rofeffor ber ft^ftemot
25 S^l^eologie mit einer Steoe über ba« $rinji)) be« $roteftanti«mu« an. 9teben jo^Irei«^
S^orlefungen, bie i^m ben 9{uf eine« ^eigeifte« berfc^fften, unb mel^rmoligen $rebigH
bie \i)n umgelel^rt al« Sn^ftiler erfd^einen liefen, beteiligte er ftd^ in l^erbotragen^ Sßeife
an ber Söfung ^raltifd^er 9(ufgaben. @eit 1863 toar er SRitglieb be« dfterr. Unterrk^td*
rate« ; 1864 bon ber ^lultöt in bie erfte ®eneralf^nobe abgeorbnet, toirtte er mit an bem
30 älufbau einer liberalen 5tird(^enberfaffung, toäl^enb bie ^atultät felbft unter fetner Sei^ilfe
na4 beutfd^em SSorbilb umgeftaltet unb bon bem tl^öri^ten ©tubienjtiHmg befreit Imtrbe.
SSon litterarifd^en 9lrbeiten fällt in bie äBtener ^tit bor allem ba« ertüäl^te 9uil
über @))i))l^aniu« (Sei^ug, S3artl^ 1865), ba« für bie brei ^ärefiologen ^feubotertuDion,
$^ilaftrtu« unb Sl^ip^antu« in bem l^äreftolog. ©V^tagma $i^t)olt^t« bie gemeinfain<
86 DueQenfd^rift nad^h^etft. $i^))olt;t feinerfeit« foU bann, ebenfo toie ^^^näu« in bem SO'
fd^nitt adv. haer. I, 22—27, ba« Äe^erberjeid^ni« be« üJlärtorer« Juftin benu^t l^aben.
S)er teiltoeife SBiberfjjruc^, ben biefe 3lu«fül^rungen bon^amadc erfuhren, ^t 2. 10 3«^
f))äter in Jena ju einer nod^maligen äSel^anblung berfelben Probleme beranla^, bie gegem
über bem erften fü^nen äBurfe jtoar mand^e 9lbfc^toäc^ungen jeigt, aber im allgemeinst
40 bie bargelegten queQenfritifd^en ^^^otl^efen be« SSerfaffer« beftättgt (S)ie Duellen b. ältefien
Äe^ergefd^., £ei})jig 1875).
®er 9BirIung«frei«, in ben er mit ben fc^önften Hoffnungen für bie ^^^^^f^ ^
ebangel.4^eologifd^en ©tubium« in Öfterreic^ l^atte eintreten fönnen, umfd^lo^ bo(^ Quij
man^^e« 3Bibertbärtige. 93or aDem n^ar e« ber ^artnädCige äBiberftonb, ben bie gerechten
46 äBünfc^e ber bon ber Uniberfttät au«gefd^loffenen ^fultät bei ber Slegierung fonben, ba
i^n fd^lie^lid(^ au« Öfterreid^ bertrieb, ^a« ©d^eiben tourbe i^m bennod^ nic^t lei(^t, ol^
er im $erbfte 1865 einer Berufung nad^ Äiel folgte. 3)ort anfang« ber Sad^if be« fyt-
jog« ^riebrid^ ^uget^an unb bem ^reu^ifd(^en SBefen abgeneigt, l^at er ber äInnc(ion ^d^
ftein« fd^toeren ^erjen« entgegengefe^en, bann aber berföl^nenb ju toirten gefuc^t unb
60 in Berlin al« ^ül^rer ber Uniberfität«b^utation in biefem ©inne bie älnfbroäe an bot
jtonig gel^alten. äluf bem Jlieler ^irc^entag bon 1867 jeigte ftd^ £. al« 9iorIäm))fer ba
^reu^if(|en Union, fretlid^ aud^ al« entfd^iebener SSertreter ber fird^lic^en Sinten, bem gegen«
über ^ro))ft 93er«mann unb ^au))tt)aftor ^i^f^ bie äSermittelung übemai^men. Xr^jM
erregte fein 35erl^alten in SSerlin nod^ feinen Slnftofe. gm ©egenteil, bem guSlot^SM*
66 folger 9lu«erfe^enen gab ber 3)ltnifter bon 3)lül^ler ju er!ennen, ba^ er auf fein Sleiben
®etoic^t lege. @r fd^lug ba« berlotfenbe 9(nerbieten au«, belol^nt bon einem gldnjenben
^dEeljug ber ©tubentenfd^aft. 911« er ftcb aber 1868 am S3remer ^roteftantentage be^
teiligt l^atte, tourbe er au« ber h^iffenfd^aftlid^en $rüfung«fommiffion au«gefc^loffen, unb
in ^aftorenfreifen bemül^te man ftc^, oHerbing« bergdblic^, einen ftubentifc^en SBo^Iott gegen
60 i^n in« £eben }u rufen. 3lodf mißliebiger machte i^n feine litterarifd^e ^^be mit bem
Si^d 523
Btfc^of Äoot)n!ann, betn ^avCpit ber l^olftein. Sutl^eraner. Dbtool^I £. ben Streit nid^t
aÄffhct, unb folonge bt« e« i^m bc« Stfc^of« änflagen auf „^fd^münjerei" unb ^^ti^eo«
i^gtf^J^ auf9e))u$ten ^Dtaterialtömud'' unmögltd^ mad^ten, eine äSerftönbigung gefud^t l^atte
pgjL ®laube unb Se^re, t^eol. ©treitfd^ri^en bon SR. ». S. Äiel, ©c^toer« 71), bebad^te
ffn ber üRiniftev toegen ungel^öriger ^^ägitation" gegen bie fonfeffioneße ^Partei mit einer 6
nfinblid^en SorJ^oItung. Jtetn äSunber, ba^ er nai) 9iüd(ertd 2:obe nun bod^ ftc^ entfc^Ioft
)€n J)Ptc^tmäftig folange toie möglich berteibigten „SBad^tjjoften" — cid fold^en d^orat
lerifterte ^afe feine Äieler Stellung — aufjugeben unb im §erbft 1871 nad^ ^tna, ber
,alten laiferlid^ Sleic^uniberfttät bed ^roteftanti^mu^'' überjufiebeln.
2)te Kieler ftam))fedieit toar aleic^tpol^l nic^t o^ne ft)if|enfd[^aftlid^e ^rüd^te geblieben, lo
Die >,6^onologie ber röm. Sifc^bfe" (1869) jie^t aud einer genauen änol^fe unb Äritif
)er grio:^. unb latein. $a))ftIataIoge, bon benen bie £ifte ber eufebiamfc^en ilirc^em
^cfd^tc^te ben relatib urf))rünglic^ften Ze^t biete, bie gefc^id[^tU(^en Folgerungen: ^iemad^
»eft^ toir erft ettoa t>on ^. Xt^ftud an toirflic^ braud^fbare Säten; bie bi^ auf bie
H))o{iel^eit l^inouffül^enben Jtata(ogteiIe finb im latJ^olifc^-fird^Iid^en ^^tereffe fonftruiert. is
@me onbere mit ber borgenannten fid^ nal^e berüi^renbe älrbeit über bie Duellen ber
c0m. $etrudfage (abgefd[^Ioffen Ott. 71) ertoeift beren Urf^rung and ber Srjöl^Iung bom
Dtttgter Simon, bem jubend^nnfU. 3^^^^^ ^^ $aulu$. ^^m mu^ $etrud ind ^eiben^
[onb nod^jie^en, um ben falfd^en 9())ofteI in ber SBelt^u^tftabt enbgiltig ;u überminben.
Erß bie toerbenbe lotl^ol. ilird^e tilgte bie Segie^ung bed 3^^^^^ ^^f ^^ $eibena)}ofteI ao
itnb {leOte beibe ^äu))ter ber (Sl^ften^eit in Seben unb Sterben brüberlic^ nebeneinanber
[teL auc^» „?5etrud nic^t in Slom"; ^yfSf) II, S. 561—646). enblid(^ fättt noc^ in bie
Riaec 3^ ^^ Unterfud^ung ber „^ilatu^ften", bie ald ©efd^id^t^ueUe tpertlod, i^rem
Ibme nac^ erft aud ber JRitte bed 4. ^a^r^. ftammen. Sod^ entl^ält ber 2. Xeil einen
iteen onofi SeridEft Ober bie ^öQenfa^rt (S^rifti. 25
9btf bem nämlichen ®ebiete ber toeitfc^ic^tigen urd[^riftl. „Acta^-Sitteratur betoegt fic^
tiM^ bo« 1883—90 erfd^ienene, brei Sänbe umfaffenbe SBerl: „3)ie a!poh\)pl)m a^oftel«
tMii^ten unb 9())ofteQegenben'', bod be^l^alb glei^ ^ier eine SteQe finben mag. Sie bort
Nfanbeben burd^oud fagen^aften unb an SBunbergefd^ic^ten überreichen Srjö^lungen bon
^m Sd^idfolen unb iü^atm ber 9[t)oftel berbanten il^ren Urft)rung jumeift gnoftifd^fen ao
Rcdfen. SDa jebod^ il^ir ^nl^alt tief in had äSoII einbrong, tourben jte bon !at^oIif(^er
Seite einer remigenben Überarbeitung unterzogen. Sie bon £. gelöfte Sliefenaufgabe toar
nun, einmal bie tanonortigen Sammlungen jener Srjeugniffe a))o(rvi)l^ifd^er Sd(^riftfteQerei
ffieuctud S^orinud, älbbiad k.) im ganzen, fobann bie ädten jjebe^ einzelnen 9())ofteId
mifd^ )u erörtern, bie ®runbfd^rift m5gltd(^ft perau^jufc^cUen unb bie betretfenbe Sage in 85
idk t^e Serjtoeigungen ju berfolaen. Obioo^l [Ufy \>ad 9Bert nur aU„3i^\xi) einer gu»
fontmenfaffenben Sarftellung" einführt, f^t ber SSerfaffer einen großen S^eil be^ l^anb«
Ic^riftUd^ SRaterial^ felbft erft l^erbeigefd^afft unb ))l^iIo[og. bearbeitet, fo bag man biel«
Bi^ einer in tbeitem Umfange ba^nbrec^enben gorfd^ung gegenüberfte^t. (Sin Urtoalb
ift nac^ Sübemannd Urteil burd^ fie gelid[^tet. 40
3m Xnfd^^Iug baran untemaJ^m £. gemeinfam mit 3R, S3onnet bie ^erau^abe ber
jR«^. unb lat. legte. Ser I. 2:eil (£ei))jig, ?IRenbetefol^n 91) ift bon £. allein beforgt
unb entl^ umfaffenbe tegtgefc^id^tlic^e Unterfud^ungen in ben $rolegomenen, fotoie einen
Ibigfältigen trit Wppaxat äSon Heineren Stubien auf bem ©ebiete ber älteren Stird^en^
getrabte fei nur ertoä^nt „bie ebenen, älbgarfage'' (1880). 46
Senn nid^t <dd $iftorifer fonbem afö S^ftematifer ift £. ber anerlannte ^^rer ber
Stf^ien ^eologie getoorben. Obtoo^l er fc^on in 3Bien Sogmatil lehrte unb feinen
er Streitfcbriften ein in fidS> gefc^loffeneä t^eol. Sbftem gu ®runbe liegt, l^at er bod^
oft in ^tna flc^ entfc^lof|en, bie tnapp formulierten ^aragra))^en, bie er feinen ^örem )u
Mttieren pflegte, mit ben längeren @rtlärungen, bie er baran fnü))fte, in ^orm etned fiei^r^ so
bm^ ju beröffentlic^en (Sraunfc^toetg, S^toetfd^fe ; 1. »ufl. 1876, 2. toentg beränbert
1879, 8. nac^ be« SSerfaffer« Sobe ^erau^eg. b. SSaumgarten 93). £. ge^t barin au«
twm Stanb})unlt ber tritifd^en (bod^ nid^t oi^ne h)eitere« lantifd^en) @rtenntni«lel^re. Qd
toisb gugeftanben, ba^ unfer 98a^mel^mung«ftoff buxi) unb burd^ fubjettib bebtngt fei,
ober oer lisntifc^e Sualidmu« bon @rfd^etnung unb Sing an ftd^ totrb abgelel^nt. Ol^ne ba^ u
toiv natürlich im ftanbe toären, bie Singe anber« borjuftellen, ate totr eben ju biefer
SoifieDung organifiert finb, erfaffen toir mit unferm Scnfen eine objeftibe ©cfe^mäfeigfeit.
Betreten ta>ir ober \>a9 ®ebiet ber 9leliaion0))^ilo{o))^te, fo finbet nai) £. bie borl^in ber^
liwrfene Unterfd[^eibung il^re bered^ttgte ^ntoenbung auf ben ®egenfa^ bon enblicbem unb
obfolutem Sein. Siefed le^tere, für unfere 93erftanbeiSer!enntnid ein bloger Srenjbegriff, go
524 Si)i{md Sitmiei
getomnt lebiglid^ burd^ bad religiöfe (Stieben einen ^oftttben ^ni^It (t>gl. ouc^ $]^i(of0|>^
unb Sleligton, neue Setträge mx totffenfc^oftl. ©runblegun^ ber Dogmatil, &^m, 9ait^
1885). Sterin tourjelt bte SDtffereng ^mifd^en S. unb Stebermonn. Sie 9Ba|i^ett ber
religiöfen SSorfteQung ift t)^ilofot)l^i{(i^ ntd^t bemonftrierbor, ober bie @tn^t ht& nienf(^
5 lid^en (Seifte« forbert — unb bamit fc^eibet fid^ 2. bon Slitfc^I — bie 3ufammenarbeitung
ber tDiflenfd^afÜicI^^en unb ber religiöfen (Srfenntniffe ^n einem toiberf^rud^äofen ©efamt--
bilbe. 2)te !IJteta|)^^fif aU ^.äBeltonfc^auung'' ertoeift an biefem fünfte ü^ Unen^te^
lid^Ieit. 2)er Slu^leic^ beiber Steil^en bon ^u^fagen lann \d>od^ nur onnäl^enmgdtoetfe
gelingen, tpa« bcfonber« an ber (Sottedibee ju %aM tritt: bie ft)iffenf(l^ftli($en SefUim
10 mungen bleiben ^ier immer negatib, bie religiöfen \ittö bilblic^. Seutliil^ offenbart fid^ in
biefen ©ebanlen bie Schule ©d^Ieiermad^er«. Slber bie Sinfeitigleit feined ,,f(l^(ed^tbtnigen
äbl^ängigfeit«gefü^le«" toirb forrigiert bur* ben Segriff ber g^eij^eit toon ber SEBeu, unb
beibe« fafet ft^ jufammen in ben ^^Jjraftifcpen 9?ötigungen", ber tiefften äBurjel ber Slelis
gion. Jtein übernatürlicher (Singriff burc^bric^t ben gefcl[^(of[enen 3ufammen^ng ber2Belt>
15 enttoicfdung, unb toa« auf (Srunb jene« inneren 3^^0^ ^^^ rdigidfen 9Renfc^ gut
göttlid^fen Offenbarung tpirb, toorin er unmittelbar ba« Sieben ber ®ott^ t>ermmntt,
fteUt für bie 3Bi{fenfc^aft nic^t« bar al« ein ^ft^c^ifc^e« ^l^änomen. 3)ie SegieJ^ung )tmf(^
®ott unb SRenfd^ bleibt ein ^eilige« ,,3J{Vfterium''. ^ierau« erl^eUt, ba^ bie SDogmotü
teine borau^fe^ungdlofe äBiffenfd^aft fein, fonbem nur ben ®lauben bom @tanb}mntt beS
ao ®lauben« au«, toennglei^ in geläuterter ^orm, barfteUen tantu hinter biefem c^tTu^
^ofitiben Sl^arafter ift bie aSgemein-b^tlofo^l^ifcle @eite ber S.f(i^en ®lauben«(el^ in bct
3. 9(uflage ftarl jurüdgetreten. älu^er in biefem ^au))ttx)erle unb ben ertiKil^ten „Sei»
trägen'' ^t £. feine Slnfc^auungen in einer Steige bon Vorträgen unb äluffö|en (unter
bem litel „®lauben unb SBiffen" ^erau«geg. bon g. 91. 2it)fm«, »erlin, ©<^to«tfc^fc 97),
36 fotoie in ben „$au^t))unlten ber d^riftl. ®lai&en«lel^re'' (ebenbaf. 2. SufL 91) mebergelegi
SBäl^renb bie tl^eologifd^e SSnnä^erung an dl\i^i)l eine fteigenbe ^erfdnlic^e ®ntfrembung
gtoifd^en ben feit S.« £ei));iger 3^it befreunbeten unb in toiffenfc^oftlictfen 93erle^ fie^
ben ®ele^rten nid^t au«fc^lo^, tft bie fonferbatit)ere Haltung feine« f))äteren bognurtifc^
2)enfen« gerabe burc^ bie S3erü]^rung mit 33ertretem ber lird^il. Siechten l(|ert>orgen(fen
80 toorben, toie fie bie ^eilnal^me am @bang. ^unbe, )u beffen ®rünbem S. gel^5rt, mit
[xi) brachte. 2)ie ^Dtitarbeit an biefem SBerfe toie am SUlgem. eb.s^rot. ÜRtfftondbereiii
— beiben jeid(^nete er in Vorträgen ein Hafftfd^e« ^Programm — unb nidjit ||ule^ feine
Xl^ätigleit m ber toeimarifd^en £anbe«tird^e, in @^nobe unb 5tird^enrat, betoeijt, ba| fein
^ntereffe an ben ^raftifd^en ^agen auc^ in ^ma nic^t erlahmte. Sod^ ^oben bie mit
35 aQebem berbunbenen Slnftrengungen feine Jträfte frül^jeitig aufgegel^ Sie j5erau«gabe
be« „X^eol. ^Gi^t^bmd)t^'' unb bie ;ule|t ganj in feinen ipänben liegenbe iSeitung ber
„^a^rb. f. ))rot. Xf^toV brad^ten ebenfau« eine ^^e bon Arbeit. ®Iei(^tooj^I ftnb aui
feinen beiben legten £eben«j|a^ren nod^ gtoei größere äSeröffentlic^ungen )u berjeic^nen : 3>ie
Bearbeitung be« ®alaters, Slömer« unb $^ilit)))erbriefe« für ben „^anbfommentar", unb
40 „£ut^er« £e^re bon ber Sufee" (BM. au« ben „^ai^rbüc^em'O/ toorin er bte Slitf#
$errmannfd^e 2!l^efe, bafe fid^ in £utl^er« Urteil über ben SBert ber ®efe^e«t)rebigt eine
28anblung bollgogen ^abe, an ber $anb ber Duellen jurüdCtoeift. 9(m 19. Sluguft 1892
ift £. an ben folgen einer D))eration au« feinem arbeit«reid{fen £eben gefc^ieben, no^f auf
bem Jtranlenbette mit ber britten äluflage feiner Dogmatil befd^äftigt.
45 Lic. %. W. £iti|btl.
Sitanei. — ßitterotur: ^rt. fiitonei d. Scjfd^wiö in ber 2. «up. ber «« ©b 8,
694-700; @uiccr, Thesaurus, ed. 2 (1728) II, 1630; ®Dor, Euchologion. ^ari« 1647,
p. 770; @bm. 3Jiartene, De antiquis ecclesiae ritibus libri tres. Editio novissima, Äntwerp.
1763; ^IRort. ®crbcrtu«, Vetus liturgia Alemannica, Pars II et III, San-Blas. 1776; berf.,
60 MoDumenta vet. liturgiae Alem. Pars II, San-Blas. 1779; 9ing4am«(ä)rifd)0üiu«. Oiiginei
sive antiquit. eccl. vol. V, p. 21 ff. ; ©Interim, 3)ie \)orjüflIic6ftcn ^enftoürbißfetlen ber dp?»
fatö. mrdjc, ©b IV, Xeil I (^JKainj 1827), @. 555 ff.; dtix. 3BtIl|. «ugufti, 3)entwürblfildte«
au« ber cftriftl. «rcDäüIogic 83b 10 (üeip^ig 1829), bcf. @.26ff.; Ällefott), 3ur (»efdyiibte bet
Sitonei in: S^eue« ^ecflcnburgifcbe« ^tr^enblatt (6erau«g. ü. ^olftorff u. ftarften), 2. 3o^^
66®üftrom 1861, 9ir. 11-16; bevf.. Siturgifc^e «b^anblungen* SBb 5 [2], @. 301 ff., 373B..
398ff.; SBb 6 [3], 6. 152ff., 155ff., 225ff., 298ff.; »b 8 [5], @. 66ff., 243, 369; Xiol-
liofcr, ©onbbud) ber fotf). fliturgif, II (greiburg i. ©r. 1890) 6. 498 ff.; 3(öBberleitt, 6<ftat
be« Itturg. e^or= unb ®cmeinbcgc(ang« I (©öttingcn 1865), 6. 521 u. 725 ff.; SKimmerle,
^nc^flop. ber cöongl. ^rcbenmufif, li (®üter«lof) 1890), 6. 64 f.; «Icftcli«, fie^rb. b.ptalt
60 X^eol.« I, 296 ff., 387 f.; «ietfc^cl, fie^rbuc^ b. fiiturgif I, 200 f., 294, 358, 360f., 431, 444,
fiitautl
825
5Uä, bU. &36. 538f.; Siniond. Sic ilHanü <n: Vlonatldir. t KutlcSbieiift unb ItTd|lid)e
Jhinit 5 (1900), e. 321ff.; &pi\\a. Sie fiird|eiilitatiei bcT SrübeiQemeinbc, cbcnba 6 (1901),
S. 375ff. — lUitr bit Sau ittonifdie Sllanei ugl.: gourtn, Sie lour. £it. na« tlt-
tprung, ffleti, u. 3til)0ll, ftetnplen 1895; Wiiflelo beSanii. Le Litanie Lanretane, iHonil897,
bditt« D. 3. M&rpel. ^abcrbcrn lÜflO; 3- Sraun, Ur(prnng ber fiaur. Sil. in: Stimmen i
am aSoria Eaa* 58. »b. 1900. S. 4lß— ^37, — lieber bie ffleldjlifaic bei SiTdjtnllmnti In
ber »rnberfltmeinbt ift ein Hrtitel doti %Zii. WiiQer in ber OTonotf^T. f. ©DKcSbienft unb
firftl. fiunft tut 1902 in «iiäfitf»! ijeftfQt.
1. ©le Sttanei in ber moigentänbili^en Hirc^e. — 33ei ben ©neiijcn 6e=
beutelt Anore/a im tutttfc^en Sprac^gebraui^ (im Sinne Don dnbrtnglic^em @ebete u
i^ eä, analog brm antuen Sptai}Qibraud}, verlnenbet j^. 9. bei ^lernend ^tc^., qule
dives salv. MSG 9, 648; (Suieb, vita Const. IV, 41 MSG 20, I2I2) fntWebet
Yiai feierliche ^rojeffion^ebet, bejW, einen mit einer 'ijJro^iion bcrbnnbencn Otbctöolt,
ober bie ^rogeifion felbfl. 3" nftwem ©tnnc ift ti gebtouti)! i. ©. bei IS^tVJDftomuä,
hom. contra ludos etc. MSG 56, 265 ; bei euftratiuä (6. gatir^.), vita Eutychii u
c. 10, 96 MSG 86, 11, 2381; bei Slmeon Don Itjtfialonx^ (f 1429), de sacra
precatione c. 339, 352 unb 353, MSG 155, G13, 653 unb 656; unb bei Soblnu«,
de ottic. eccl. c. 15 MSG 157, 96. 5)lc qjroie|(ion ielbft bebeulct eS j. S.
im Chronicon Paschale MSG 92, 812; bei 3)fa[alaä, Chronographia I. XVIII
MSG 97, 712; ©eorgioö flrebenrf, Synopsis bei 3)obfd)üg, e&tiftuöbttber 222*g;a(
3!H\ä). ®b)tai, Annalen, ebenba 226' d; Simeon b. ^deffoEoni^, de sacra prec. 353
MSG 156, 656. 3[n ni^t toenigen Stellen tann man aud) fc^luanfen, in Inelc^em
ehme hai ^ort ju neEimen ift, |o j. S. bei Saftliu^ ep. 63 ad Neocaes. MSG 32,
764 (bßl. a. Sittgänge Sb III ©. 248,'jiff.), ber ötteflen biö&cr betannten eteDe, bie
un« Don ben IJjrojeifionen Im Often 3<^3"i^ 0>^i!'' 3>"^ 3^^' ^^ S^r^foftomuä toar 3i
biefe Sitte Donfornmen eingebürgert, tute folgenbe Stehen betoeifen: sermo antequam
iret in exillum MSG 62, 430; hom. de Lazaro VI, 1 MSG 48, 1027; bgl. aud)
hom. in ep. ad Coloss. 3 MSG 62, 322, unb oben 3, 15, MSG 56, 265. — aioa=
tommen parallel ge^t nebentjer ber (Sebraui^ beä 9Borteö Xin'/, ber mit iiitavela abloei^:
(elt. 9lamentli($ ift mit inij bie ^rojejfion bejeltfinet irorten ; fo bei Eufttatiuö, k
vita Eutychii 9, 84 MSG 86, II, 2369; im Chronicon Pasch. MSG 92, 812;
984; Justiniani Novellae, ed. Zachariae a Lingenthal II const. CLV 31 u. 32
(p. 317f.); aRoft^uä, prat. spir. c. 210 MSG 87, 3, 3101; 3;^eD))l?ane«, chonogr.
A.M. 6949; 5999; 6030; 6055. MSG 108, 280; 353; 480; 517; 520; ßobinuÄ,
de oHic eccl, 1 unb 11 MSG 157, 28 unb 85; ©eovgioä fitebenoä, Synopsis bei bj
33obfc^ü(, e^riftuäbilbet 222* g. 3)agegen bejeic^net ti ben @cbetäaft bei ber ^tojcfrion
in ber aot. 5 beä Konjilä uon J^onftantinopel (sub Mena a. 536, ^orbuin, acta
concetc. II, ^atiä 1714, p. 1361); Dgl. aut^ ^^Ibltieud, ordo sacri minist. MSG.
154, 753; 757; ©tmeon toon 3f?effal., de sacra prec. e. 339 MSG 155, 613A; t)on
einer foli^en Ln'j auf bem xdnitoi bei Konflantino))el berichtet u. a. aaä) "t^eobor ficttot, te.
bist. eccl. I, 6 unb 7 MSG 86, I, 169 (»gl. ©u dang«, Constantinopolis Christ.,
^fltl« 1680, II, p. 141). ®« aCuöbtucf ^roj^lfiDn ift fwilii^ hierbei in mciterem Sinne
|u nehmen : nit^t nur ift barunter ber Siltgang aufeev&alb ber flirc^e ober bcö Orteö
«1 berfte^en, (onbem aucd jener 2lu6jug in bie Sicr^totle (Narthex) beä 3:empelä, an bem
fid) Sii^tträger, *Jiiieftcr, 5)iolDit unb Sänger beieiligen, v.m bort bie Sllanei ju beten, «
3!ie|er Sraui$ ift \i)an bezeugt burt^ bie MEten bcä flonjilS Don Ronftantinotiel 0, 3a()te
536 (Bgl. oben 3. 37) unb butt^ (Sufhatluä (Bgt. oben 3. 30). gr befielt ^euU mij,
unb jWar Wirb bei biefer Keinen ^rogeifion bie Sitanei am Sdjlu^ ber großen Sßeöper
\>ox ben [)o^en tieften gehalten, ebenfo bei ben ^ro;ieffionen, ju benen aut^ baä Segrobniä
ge^ijrt. SDiefe Litanei ober Sitie ift im toefentlit^en nit^lö anbereä oM \>ai Rirdiengcbet, s
baä in ben alten orientalifi^en Siturgien (apoftoi. fionftit. VIII, ^iar!uä= unb äatobuä=
lit.) in ))roe()t)onetif(^er %tixm, unb jtnar Vom ^laEon borgeffTodien, auftritt, unb bad burt^
ben ©ebetöruf ber ®emeinbe: xvqu iXenoov unterbrodjen Wirb. Illan nennt bieä Oebet
out^ bie ßttenie. ^ebenfallö ift auä^ blejeä in ber 9)iefie gebrauchte ®ebet mit Inaveia
bejeii^net werben (ogl.ben Spradjgebtauct) im SBeften unb j. 93. bei 2liartene p. B5a), abcisi
ber 3lamc s;itanei, bejW. Sitie fjaftet an ber bei ^ßrojcffionen gebraudjten Stlenle. SJon
ber gewöhnlichen 5Üie6=Ö£tenle untetfcijeibEt fiel! biefe Sitanei burc() bie Siniufung ber 3J!arla,
beö lauferä, ber Slpoflel, ber grofeen ^oftEnjiricfter unb aller ßeiligcn unb burc^ befonber*
häufige 9Bi«berIfolung beS SHufeä: „.§etr, erbarme bii$". S^d bie grWcilcrung burc^ bie
äinrufung ber ^eiligen auf (linwlrtung be^ älbenbinnbeä juriidge^tV W\x will baä nii^t »
unwa&rf^emü^ erj^einen. SJie Wtanei f priest ber Siiafon, baS Siefponfum fingt bei;
526 Sitmiei
6^or (ßaitMh), eud^alogion ber ort^.^Iat^. ftirdS^c I, ffiten 1861, ©. LXV unb 21 ff.;
@oIolotp, ^atfteOung be^ @otte^tenfted ber ovÜ).4aH), 5ttvc^e, beutfd^ bon äRorofoto,
»erlm 1893, ©. 44 f. unb 168 ff.; SDlaltjeto, 3)ic 5«ac^ttoadS>c, »erltn 1892, ©. 86 ff.).
2. 3)ie Sitanei in ber röm.^Iat^. Hirc^e. — 2Ba^ bebeutete hn Stbenblanb
sbad 2Bort litania (letanla, laetania)? $ier lommt e^ in folgenben Sebeutungen t)or:
1. Litania toirb ber S3ittruf: Kyrie eleison, Christe eleison genannt: can. 9, 12, 13
unb 17 ber Siegel be^ ^I. 93enebt!t; ordo Romanus I, 9 bei !IJtabiOon, Museum
ital. II (1689), p. 9; ffialaf. ©trabo, de exordiis c. 23 (ed. Änö»)fler 1899, p. 56);
3J?artene I, 66b : „letania oantantes, hoc est Kyrie eleison" ; (Serbert, Monum. lit
10 Alem. II, 291 : „Post introitum praecedunt laetaniae", 328 ; bon biefer ^unbertmol
bei einer ^rojeffton gefungenen formet n)irb litania aud^ in einem (Sobqr bon ^onte Sofino
gebraucht (bie ©teOe bei 3KabtUon a. a. D. p. XXXIV). — 2. Litania bebeutet M
im ©ottedbtenft gebetete t)ro§))l^onettf(i^e 5ttrc^engebet, bie griec^ifd^e Sftenie, bie litania
diaconalis: Cod. ber Ambrosiana nad^ @bner, Missale Romanum @. 74 (biefe
löSitanei abgebrüht bei Sud(^e^ne, origines du culte chr6tien* @. 189 unb bei Säumer,
®efd^. be^ SSrebierd ©. 611) unb bad @ebet, bad Bona, rer. Ut. II, 4 § 3 u. 3>anid,
Cod. Liturg. I, 118 nad^ einem gulbaer Codex mitteilen, an biefe« ®e6ft benft
tbol^I auc^ älmolortu« bon 3)le^ (f c. 850), toenn er in feiner ©c^rift de eccl. offidis
(MSL 105, 985 ff.) bon ber litania ft)ric^t unb erüärt: litaniae graece, laüne de-
20 precationes (I, 28 unb 37). Deprecatio toax nämlic^ ouc^ ber terminus teoh-
nicus für bad ber @{tente entf^red^enbe 5tird^engebet (bgl. g. SB. im Stowe-Missale b<i
iSBorren, Liturgy and Ritual of the Celtic Church p. 229, unb bei 6art^,
The Stowe Missal p. 199 unb bei ^xop% äbenbl. SWeffen, ©. 47). — 3. »erfke^ man
unter litania bie $ro)effion; fo befonberd in ben termini technici litania maior (bie
26 ^rojeffion am SRarfu^tag, b. 25. ^fyxd) unb litaniae minores (bie ^rojeffioncn, 9b
gationen, an ben brei ber §immelfal^rt borau^el^enben lagen) ; fo im Cod. Theodo-
sianus, XVI, Y, 30 ; fo in bielen SSefc^lüffen abenblönbifdE^er ©^oben bed 6. u. 7. ^(äff
^unbert« (S5run« II, 165; 18 f.; 42; I, 246 unb 249; 251), fo an bielen ©teOen hti
liber pontificalis (ed. S)ud(^e«ne I, 303 II; 323 IV; 347 V; 376 XIV; 399 VI;
30 406 XX; 429, XI; 443, XI; II, 8 XXV; 12 XLIII; 110 XVII; 4 XI); fo
bei ®regor b. ®r. (Registr. ep. lib. V, ep. 11; lib. VI, ep. 34 unb 61; sermo
de mortal., unb bei ©regor bon %oux^ (bist. Franc. X, 1 MG Scr, rer. Merov. I,
1 p. 408); fo im liber diurnus (ed. @id(el p. 78); fo bei ^ip)ßxn (ep. ad LuUam
MG epist. III, Merov. et Karol. aevi I p. 408); fo in einer um 800 gefc^ebenen
86 Snailönber ^anbfc^rift (@bner, a. a. 0. 76) unb an vielen anberen ©teilen. 3)abei tmib
litania aui) für bie S^anfprojeffton gebrandet. — @nb(id^ 4. hxani)t man litania uir
ä3ejeid(^nung be^ mit Kyrie eleison beginnenben äBed^felgebete^, bad toir l^eute mit £ü
tanei ju be^eid^nen pflegen; biefer ©ebraud^ ift fel^r l^öufig, bgl. ). )8. bie bon S)u(^<,
origines du culte chr^tien, 2. 3lufl. (1898), mitgeteilten ordines (p. 452 • 453;
10 457; 458; 461; 462; 463; 466; 467; 469; 470) ober bie lejte bei SRarten«
a. a. O. passim, ober bei (Serbert a. a. D. passim. tiefer le^tere ©prac^ebrou^
trug ben ©ieg babon. ©eit ungeföl^r bem 12. ^al^r^unbert ^ot bad SBort processio
ben 9lu^brud( litania für Sittgang faft gän^lid^ berbröngt @o braucht ^ i). Shifxtt
bon SDcu^i (t 1135) in feiner ©c^rift de divinis ofliciis (MSL 170, 12 ff.) litanii
46 nie mel^r in biefem ©inne, fonbem immer nur, um ba^ ®^btt ju bejeic^nen (III, 5 ; VII,
10 ; VIII, 2 unb 3). 92ur in ben S3ejeid^nungen litania maior imb litaniae minores
lebt ber alte ©jjrac^gebraud^ toeiter. — 3)afe bei biefer ganjen SJertoenbung be« SBottei
litania ber grt^tf(^e ©))rad^gebrauc^ etngetoirft f^at, liegt auf ber $anb. vlvx bo^ caxli
bad Kyrie mit biefem SBort bejeid^net totrb, l^at im Dften m. SB. leine ^Parallele.
Go Über bie litaniae aU ^rojefftonen f. ben % »ittgänge Sb III, 248. J)o<^ f«
l^ier hinzugefügt, ba^ nid^t erft ©regor b. ®r. bie litania maior (25. 9lt)nl) eingerüstet
bot, fonbem ba^ fte d^ @rfa( ber ^eibnifd^en robigalia biel früher, tDa^rfc^nlu^ bon
HJat)ft Siberiu« (352—366), beranftaltet toorben ift (bgl. Ufener, ba« SBei^o^tÄfcfl
1889, 293 ff.) ; iebenfadd fmb aud^ bie ^Rogationen um Himmelfahrt nic^td ald ber boc>
66 d^riftlid^e ^urgang, bie altl^etbnif^en ambarvalia. 3Jlamertu^ l^t nur bod äSetbicnfIr
bie faft eingefd^lafene ©itte c. 470 neubelebt m ^aben (Sidonius Apoll, ep. V, 14
unb VII, 1 ed. aJlo^r, p. 118 unb 139), unb Seo III. (795—816), ber biefc aoffif*«
rogationes in 9lom eingefül^rt l^oben foQ, l^at jebenfall^ bie löngft in 9iom bq^e^enbcR
^bja^rSbittgänge nad^ gaUifd^em Sraud^ georbnet unb fie für bie gefamte römif«^
60 HixQft eingefüJ^rt. Ser 9lame litania maior für bie eintägige unb litania minor für
Sttoitei 527
bic brettägtge ^rojef^on^feter erllärt ftc^ ba^er, ba^ bte erftere bte ältere, bie le^te bte
\p&Utz ifi
Ungelöft ift nod^ bie^a^e, tote bad ol^Sitanei aud^ nod^ bon un^ begetd^nete ®ebet
(SDer^eUigensSU.) entflanben tft ^ft e^ eine toeitere Slu^bilbung unb Umgeftaltung ber
atten &tmxt, toie man getDdl^nltc^ annimmt? ober l^at ed feinen Urf^^rung in einer alt^ 6
^etbnifd^en ®ebet«formel? 35ie« meint Ufener (a. a. D. ©.296); er jagt: ,,bte Sitaneien
mit innren langen Siften ber ^eiligen unb bem ftel^enben Stefrain ora ober intercede
pro nobis finb nad^ i^rer ganjen Einlage eine ^{ad^bilbung be$ ^ormular^, bad ber ^on«
tif^ nac^ feinen indigitamenta borbetete (praeibat); il^re ^orm lann nidjft ft)citer aU
im 4. gol^unbert auggebilbet fein." 3l^m ftimmt äc^eli« (a. a. D. I, 297) «j. ©o lo
foa^cl[^einli4 bie @rtlärung Ufener^ ift, fo l^t er hoi) einen 93etoeid für feine S3e^au))'
titng nic^t beigegeben. Sin entft)reci^enbe$ ^ormular aud ben indigitamenta lägt [\d)
aa^ nic^t beibringen (über Ind. bgl. Stofc^er, 3R\)tf^ol Se^ifon II, 129 ff., b. äBiffotoa,
Stdigion unb jtultu« ber Slömer 1902, ©. 333 unb 441 [$anbb. ber flaff. älltertum^
tmffenfd^., I^erau^. bon S^an STOüDer V, 4]). Entgegen ber l^errfd^ben 5Reinung bin ib
11^ ber Ueberjeugung, ba| bad abenblänbifd^e ^rogeffton^ebet (im tlnterfd(^ieb bom mor«
goilonbifc^en) nic^t aud bem aU litania bem^neten 5tirc^engebet entftanben ift, fonbem
{im&d^ eine felbftftänbige @ntftel^ung l^at, oie toaj^rfd^einlic^ auf alt^eibnifd^e 33orbiIber
iitiüdge^t. 3Ran bergleid^e nur einmal bie litania im Stowe Missal mit ber unmittelbar
fo^enben deprecatio, ber litania diaconalis, um ju feigen, bag beibe ®ebete nic^td ao
mtleinanber gemein l^ben, fie finb aud^ feine^toegd atö Soubletten emf)funben toorben.
Crfl ^ter l^at bie ^rojeffioni^litanei ß^f^^ ^^^ ^^^^ ^^- diaconalis erhalten unb l^at
fi<^ bon ber $ro}effton lo^eldft, obtoo^l h)ir (f. unten) nod^ beutlid[^ fe^en lönnen, bag
bt^e Sitanei ba am jäi^eften l^aftet, too urft)rünglid^ toirtlid^ eine ^rojeffton ftattfanb.
SMefed Sitoneigebet begann in ber Siegel mit bem Stufe: Kyrie eleison, Christe elei- 36
son ober Christe audi nos; barauf folgten bie älnrufunaen ber ^eiligen, toobei
noi^ iebem Flamen bad äSolI ora (orate) pro nobis fang; barauf tourben einzelne ©efa^ren
unb Sidten genannt, ). 93. ira perpetua, pestis, cladis etc., um beren älbtoenbung bad
SBoD mit libera nos Domine flehte ; barauf folgte eine ®ru^^e, in ber um t)ofttit)e ®üter
gebeten tourbe, mit bem 9left)onfum te rogamus, audi nos; enblid^ tourbe bad Agnus Dei so
unb nodf einmal bad Kyrie jum ©d^lug gefungen. Siefe^ ©c^ema tourbe in ber mannig-
folügfien 9Beife au^eftoltet. 9{amentlid(f toec^felten bie 92amen ber angerufenen ^eiligen
ie nod^ Ort unb ©elegen^eit (bgl. j. 85. 5Wartene II, 255; 308; 379; in ber Sitanei
an legerer ©teile finben faft 300 älnrufungen ber ^eiligen mit bem Sief^onfum ora
pro nobis ftott). ^fe nac^bem man bic einzelnen Stufe brei^, fünf- ober ftebenmal toie- 85
bcs^olte, l^ie^ bie Sitanei litania terna, quina ober septena. dagegen trägt bie litania
sqytiformis bei ®regor b. ®r. i^ren Stamen bal^er, ba^ biefe ^rojeffion (litania J^eifl
^ $ro}ejfton) bon fteben berfd^iebenen fünften aui^ing. ^ad Sitaneigebet trug bon Qan^
axA Su|(9aratter, unb ed l^at i^n auc^ nie gan) berloren, bal^er erf(|eint e^ oft mit ben
7 9u|))falmen berbunben. Sie Sitanei erfreute ftd^ offenbar au^erorbentlic^er ®unfl. 40
Sei ben berfc^iebenften ®elegenl^eiten tourbe
te gebrandet : nic^t allein bei ä3ittt)ro)efftonen.
fonbem bor aOem au(^ bei ben 9llten, mit benen bon $au$ au^ ein $ro)effton^ang ber«
oimben toar, fo bei ber 3kxufn)affertoei^e am ^arfamiStag, ober bei einer ilird^toeii^e, ober
bd ber Orbinotion (3ug ber ^leriter in bie Stirere), ober bei ber itönig^trönung, ober bei
bct Xrandlotion bon Sleliquien ; aber auc^ fonft toirb fte bertoenbet, fo bei ber 3kxufe, 45
bei ber Seid^te, bei ber Sletonciliation ber äSü^er (bgl. ©d^mi$, Sie 93u^büd^er u. f. to.,
iRain) 1883, 1, 78), beim 5&anlenbefuc^ unb bei ber legten Delung, bei ber @infegnung bon
Gicrbenben unb Xoten, beim ®otte^erid^t. Siefed ®ebet eröffnete aber bor aQem ur^
fifitSmqfxäf ouc^ bie SReffe. „Maiorem missam in privatis diebus solet iterum
letania praevenire" fc^reiben bie Sluniacenfer Honftitutionen (Ubalricud, Antiqu. Con- so
tuet Clun, I, 6); unb nad^ bem Stowe Missal (ßartl^V P- 192, bgl. $robft, Slbenbl.
Weffe 6. 20, 43 unb 103) jog ber Sifd^of mit bem Äleru« unter Sitaneigefang jur Äird^e ;
hoB ®lei(^e berichtet für 3Railanb, unb gtoar für ben erften Xag ber Duabrageftma, 9e<
rolbu« (nac^ ^robft a,a.!D. ©. 20); aJlatt^. glaciu« gab femer 1567 eine SDleffe ^erau«,
hl ber ed gbic^ im älnfang ^ei|t : „Mox antequam sacerdotalibus induatur 65
▼estibnSy si locus acciderit, vel tempus permiserit, flexis genibus coram al-
tare eantet VII. psalmos poenitentiales cum litania, qua finita dicat Pater
lUMter'' (bei aWartene I, 176b); toenn fobann ®regor b. ®r. fagt (ep. IX, 12 [26]):
,^ quotidianis missis aliqua quae dici solent tacemus, tantummodo Kyrie
ddson et Christe eleison dicimus, ut in bis deprecationis vocibus paulo diu- go
528 Sitaitd
tius occupemur", fo toor offenbar (bgl. ffiuc^e^ne, a. a. O. p. 156) mit bem Kyrie
eine me^r ober tpeniger lange Sitanet berbunben. 3)lan bergleid^e enblid^ bie bei $robfi
a. a. 0. @. 103 mitgeteilte Stelle au^ bem Codex Mutinensis. ^xibtm tmirbe h(k
folgenbe Kyrie \pätzt u. U, au^elaf|en, toenn bie Sitanei borl^ergegongen tuar. Slud aE
5 biefen S^d^iff^ ^^^ ^^^ ^o^^l b^n fidlem @c^lu^ toagen, ba^ boe Kyrie ber SReff^
bad l^eute auf ben Introitus folgt, ber Steft einer Sitanei ift, unb )tDar ber ^ro^effUmd«
litanei, trögt ed boc^ eine QÄt lang f ogar biefen 92amen (f. oben). — 2)er retc^ (Sebrou^
brad^te e^ mit Jtc^, ba^ immer neue Sitaneien, fogar in metrifd^itr $orm, entßanben, bie
3. X, bon ber nrd[^lic^en äSbrlage unb bem firc^lid^en ©eifte fid^ bebenilicb entfernten.
10 ^[nfolgebeffen tourbe ber öffentlid^e ©ebrauc^ neuer Sitaneien an bie fircplic^ ^bpapfco^
bation gebunben (bgl. SReufd^, ber 3"^^ H, 1, ©. 75 ff.). §eute finb in ber to^o«
lifd^fen Hird^e nur folgenbe bier Sitaneien aüppxobxztt: 1. bie SUler^eiligen^Sitonei {oSffptA.
1601); 2. bie Sauretanifd^e Sitanei {c(ppxob, 1587); 3. bie Sitanei bom oQerl^igfiai
5Ramen 3efu {cippxob. 1862) unb 4. bie ^erj^Sefu^Sitanei (a})j)rob. 2, 8lj)ril 1899). SÄ
16 älllerl^eiligensSitanei, tbie fie je^t im ©ebraucp ift, ift bie eigentlich liturgifd^ Sitanei imb
toirb ). S3. bei ber @rteilung ber l^öl^eren 9Bei^en, bei ber S^auftbaffermei^ am Jlarfamdlag
unb am ^fingftfam^tag unb an ben Sitaneitagen (25. ^xxl unb Jtreujtbod^e) gebroudf^t, unb
)tbar tbirb bie 1596 ^erte, f^Hiter (1683 unb 1847) um toeniae d^föt^e ertbeiterte g[onn
gebrandet; fte enthält allein 63 Slnrufungen an ^eilige, auf bie bcä 9lef))on^ on
20 (orate) pro nobis folgt. ®ie Sauretanifc^e Sitanei gilt ber 93erel^ng ber ^ungf^Qi
3Raria ; fie tbirb feit J^a^rl^unberten in ber Ralpdlt )u Soreto an ben Samstagen gefungen
unb l^at bal^er il^ren mmen. @ie ift jebenfaQd erft im SSudgang bed 16. ^o^r^ninbeitS
entftanben ; ber ältefte bid je^t nad^getbiefene 2)rud( gel^ört ind ^afyc 1576. ^fjxt tm
mutige Slbbetung bringt jebedmal einen Slbla^ bon 300 Xagen, bagegen boIKmnmena
25 älbla^ an fünf beftimmten SRarienfeften. Sie Sitanei bom aOerl^eiligften ^erjen Sefu, bie
nac^ tatl^olifc^er älnfc^auung im 15. ^al^rl^unbert entftanben fein foO, ift ebenfolU mit
einem Slbla^ bon 300 Xagen au^eftattet. Sie brei oben )ule^ genannten Sitaneien
toerben auc^ bei liturgifd^en ®ottedbienften unb bei $ro^ftonen, aber nur loteintfd^, ge»
braud(^t. daneben giebt ed eine iRei^e bon Sitaneien, bte nur bijc^dflic^ at))>robiert ftrb,
80 ). S. 93ruberfc^aft^sSitaneien, eine Sitanei jum aQer^eiligften Slltarfarrament, für bie ffii^
bereini^ung Seutfd(^lanbd im toa^ren ©lauben u. f. to., bie auc^ bei öffentlid^ Slnbod^,
aber ntd[^t bei eigentlich liturgifc^en ^em, unb jtbar in beutfd^er &pxadft, gebraud^t toaten
bürfen.
3. 35ie Sitanei in ben Steformation^Iird^en. — 3^ ber erflen 3^ ^
86 SBittenberger Sieformation blieben ^ro^efftonen unb Sitaneien im ©ebrauc^. %Qx ffiittem
berg bgl. Sutl^er« ©ermon bon bem ®ebet unb $rojeffion in ber Äreujtood^ 1519, &
16% 67ff. = 3Ba II, 172 ff. = 631 opp. lat. v. a. III, 442 ff. 3Jlit ben Äulö*
reformen in SBittenberg 1521 ff. lamen fte too^l au^er ©ebrauc^. äBenigftend tboren {ie
1525 abgefc^afft (bgl. 631 12% 155). 3^re 3lbfd^affung in SRümberg ift au^brüdKc^ be»
40 aeugt (©menb, Seutfd^e SKeffen ©. 173). Safe bie ©t)ott*Sitanei bon 1521, bie ftäf oucj
m Sut^er« SBerfe (SBaldSf XV, 2174) berirrt f^ai, toeber bon Suti^er ftammt, noc^i ubei«
fyiviUßt in lird^lic^em ©ebraud^ toar (Stccpp, 92ad^lefe II, 500 ; ©trobel, opusc. satyr.
1784; S3ö(fing, opp. Hutteni II, 52), brandet laum gefagt ju toerben. @rf) w
fang 1529 tbirb ein Sitaneigebet in äBittenberg toieber in ben ebangelifd^en ©otte^
46 bienft eingeführt, unb jtoar bon Sut^er fclbft, natürlich in neuer gorm. ©ir finb borüBer
junöd^ft burd^ Sut^erd S3rief an ^au^mann bom 13. ^ebruar 1529 unterrichtet, too d
Reifet: „Litanias nos in iemplo canimus Latine et vemacule; forte utriusque
nota seu tenor edetur" (be SBette 3, 423 = gnber« 7, 53). ffia« Sut^ )U bicfer
tultifd^en ^euorbnung beranlafet l^at, erbeut aud feiner ©c^rift „93om Jtri^ tbtber bie
60 Xürlen'', bie fd^on im ©ommer 1528 fertig borlag, beren Srucf aber bid ind 0rü^i#
1529 ber^ögert tourbe (Äöftlin, Sutl^er« Seben * II, ©. 122). 3n biefer ©d^ft füW
Sut^er gelegentlid^ au$, bafe ^ro^effionen gegen bie bro^enbe Xürfengefa^ tbirbuigw
bleiben tbürben. „Sa« mod^t aber ettoa« t^un", fä^rt er bann fort, „fo man, e^ too«
unter ber SWeffe, Se«})er, ober nad^ ber ^rcbigt, in ber Äird^en bie Sitanei, fonberlic^ ^(rf
66iunge aSolI, fmaen ober lefen liefee'' (@3l 31, 45). 2Ba« Sut^er ^ier bot^c^läot, ^ er
tl^atföc^lic^ burc^gefü^rt, unb offenbar ^atte er bie ^bftd^t, bie Sitanei über aBit^mbcq
I[|inau3 gu berbreiten. Sie oben angeführte S3rief ftclle unb eine anbere bom 13. 3Raxi 1529
(fte^e unten) f^rec^en au^brüdltd^ bon beabftd^tigter unb j. %. bereit« erfolgter Seäffent;
lid^ung ber beutfc^en unb ber lateinifd^en Sitanei mit 92oten. 9tun ^ot Sut^ bici
ao SBege gur 93eröffentlid^ung unb 'Verbreitung befd[^ritten. @r l^at 1., tbenigften« bon ber
fiitoiKf n29
fceutft^n Sitanei, einen Sonberbtuii etfdjeinen laflm, ben er am 13. TOärj 1529 |einem
greunbe ^ouämann (be ffietle 3, 340 = Snbo:« 7, 70), unb ben SiJter am 16. 3Rcni
1529 leinem gteunbe 9iot& {Sudjbalb, Sntfte&ung bet Äotec^iämen Sul^erö S. Xllb,
Mnm. i) 3u((i)iAe; et loftete 7 $fge. Iiarauf beäietjcn fit^ bie fclgcnben SBoitc bei
Bflienbag=®ötttnget ,fiO 1542: „ßö foQ aba bie Letania . . auf SBeije unb Tta^t, b
Wie fte üu SJittemberg gebnidt unb nuögangen ift, gctwlten Werben" (Sictiter I, 36Ö'').
Db wir folc^ einen Sonbabruct nod^ befi^en, ja ob wir aud; nur ben ^ilel be^felbcn
lennen, termag \ä} n\d)t w. fngen. ©oWo^l in bet ßrlnnger ^u^abe bet äSctte ßut^etfi
(56, 369), Q(ä aut^ bei Sfcademagel (ftirtlfecnUrt 1,391) fmb 2, bejlD. ift 1 Sonbabtu*
dnet beutf^en Sitanei bem %Hä naä} angegeben. Sut^crd Ütamc hiirb in (einem genannt, lo
3Kii \d}tint auä) leinet biejer Iiructe ein Sut6etifcl>er Ütbtud gu fein, öietme^r ^aben Kit
ce TOo^t mit 9tac^btu(Ien ju t^un ; unb jmat ift bet eine ton i^nen bei S^bf ©uttnei^t
in 31ütnbcrg et(c()ienen. SDte bie|em Drude beigegebene Sietfitel unb flofleftc ftimmen nii^t
mit benen, bie iUit^et auf (eine beutfcfie Sitanei fo[gen Infjt. Ob Sut^et bie latcinifilje
Eitanei ubettjauiJt im Sonberbtucf öeröffentlic^t ^at. Wie er beabfitbtigte, löfet fid? "i^' '^
(agen. — 3;cr 2. ÜBeg, bm üulljer jur Süetbreitung feiner beutfdjen Sitanei einf(^lug,
War bet, bafe et fte bet btitlen Sluägabe feine« (leinen flatei^iSmuS 1529 onbing (Sä
21, 3; cgi. auc^. Wie Sutljet bei Qnberä 7, 255 bei ber ^ufja^Iung ber .(Catc<)?i#muä;
ftüde bie „üitaneien" ctwä^nl; Xf). §atna((, Der (leine fiated)iämuä Sut^erö, 1856,
@. XLVIII). 6t i?at [w fpäter Wieb« fortgetajfcn. 3)ann unc Wann ift aber bot^ »
no^ bie Sitanei mit bem Ratc<^iämuö uetbunben werben; fo in bet grie^ifc^en Über=
fe^ung Don 3o^. ÜJhjIiu« ^afel 1568 unb 1564 Bgl. ^ebr. griife, SutEjerö (leinet Äate»
i^iämud in feiner ISinwirfung u. f. w. @. Iti) unb in bet älteflen belannten ^DlEänbif<^en
[1531?] (ebenba ©. 21). — aßutbe bie Sitanei aud) nii^l ju einem feften Scftanbteil bcö
Jtatei^t^ud, fo bürgerte fie fic^ bod) in bcn(^eiangbü(^ern ein, unb eä ifl fit^cr, ba| 2b
f(^on Sut^er felbft fit auä) auf biefe 5Iöeife ju Betbteiten Betfut^jte. 3)oä fogen. Ätugfclte
©efangbui^ Bon 1529, baä un« »etloien ift, ^at — baä (ann man faft mit abfolulct
©ii^b'*' be^upten ~ beteitä bie lateiniff^e Sitanei enttfalten. Denn bie ^ommetfi^e
ÄD ton 1635 beftimmt: „Salbe Bp be lectioneö fc^ölen bree ebber oeetc jungen, wo be
©(^olmeiftev« iciH, be Satinife^e Sctonv« lefen Bt^ bem Sandbötelen Doctori^ 5)iartini so
fiutiwr, SÖnbc bat E^or f^al ftebeö entwetben. Wo ^m fandbötclen Botuatct \}i" (ifttt^tcr,
ADD I, 258a}, Stanb abet in biefcm (Sefangbutft bie lateiniji^c Sitanei, fo ift alö gewifi
angunet)men, bafi aud) bie beutfdje nidjt gefc^ilt bat, eine a?ctmutimg, bie fc^on ^i). illiaders
nagel (SiHiegt. jur ®efi^. be« beuift^en Äirdjentitbeä im 16. ^a^rb. 1855 109 unta9) ge=
äulcitljat. Snttjaltcn boc^ bie fpäteren filugfd^en äluigaben Bon 1535 u. 1543 (äL'ademagel, ij5
Sibliogr. %. 328, %. 462 u. 463) beibe Sitaneien. gemet ^atte aud) ein 9Iiimberget
j)iu* (®ulbenmunbt) oon 1539 (ebenba 9ir. 1085 S. 472), fotoie baä iBabftfdje ®e=
fongbuii, Seipjig 1545, 1547, 1548 (ebenba ^t. 479, 523 u. 569), enblii^ aud? bad
Slumf^e, Seipjig 1546 (ebenba 9it. 497) beibe Sitaneien. 5ISJie tafc^ unb wie weit fii^
aber in ^Jltttel- unb ^otbbeutfc^Ianb bie beutfd)e butc^ bie @efangbüi^et Berbreitete, 4o
mögen folgenbe eingaben beWeifen. (Sie fte[)t unter ben Siebetn bet äJigaift^en „Dtb=
nung beö Sitt^cnbienftö" (®ademagel, ßiti^enlieb I, 5Rr. 35), in bem ©cfangbu^ Bon
Meufc^er, dtfutt 1531 (ebenba I, %. 39); Bon Die(j, gioftod, niebetbeulft^, 1531 (ba«
„Slütetfc^e Oefangbuc^" ebenba Sit. 50); in bem Bon aSattber, 5Kagbcbutg, nicbctbeutfi^,
1534, 1538, 1540, 1541, 1543 (aSod., fflibl. 3h. 325, 370, 410, fiircbenl. I, 'Jit. 68,46
»ibi. 9it. 454 unb %. 1088, ©.475); Bon ©dfubmann, Seipjig, 1539 {'Bai.. SibL
9(r. 1084); Bon Sottber, ^Jiagbeburg, 1540 (aöarf., S9ibl. 3(t. 408); oon iBiJbingei, 1II[agbe>
6urg[1542]{9öad., Kit^ent. I, i)ir. 70); BonSaÜiDm, üübed, nieberbeutfd), 1545 (ffiad.,
Sibl. ^Kr. 475); Bon SRic^olff, Sübed, niebctbeutfc^ für bie ®emeinbe ju Ütiga, 1549
(ißjarf., »ibl. Dir. 1094); Bon Sat^ffen, (Stfutt, 1550 (ißjad., Sibl. 9ir. 585). ©anj w
bereingelt etfc^eint bie Sitanei in ben fübs unb fübWeflbeutfc^en (Sefangbü^iern. ©o Biet
H^ fe^, (inbet fie ftc^ &iet juetft, aufe« ben oben erwälfnten 'JJütnberger Sonbcrbrud Bon
1529, in einem Wiebettäufetif(tien ®efangbu(^ Bon 1538, Dai nat^ iBJarfemagel Wa^x--
I(^nU(^ in Mugöbutg gebtudt ift (öibl. 9ir. 366). Stft ©ttafeburg i)at bie Sitanei im
©üben t)eimif<^ gema{^t, bcnn feit 1545 fte^t [w m oHen üni belanntcn Strafibutger 65
©efangbüitiEm ($ubet, Die Strafeb. liturg. Drbnungcn 1900, S. XXXIff.). Daä erfte
Slümberger ©efangbucEi, baS fi« enthält, ift bo« Bon 9ieuber 1549 (StÖad., fiirc&enl. I,
3U. 93). Sei biefer weiten Setbreitung, auf bie man auö biefer, geWift nod) nit^t boB=
ftonbi^en übetfic^lt fc^liegen (ann, Witt ti nid)t ^unber nehmen, wenn Wir bie Sitanei
ouc^ in Aiti^enotbnungen abgebtudt finben. ^iet f(^eint ber ©üben unb ©übWeften es
Kcai'ifiKqnoiiabit fiii tt)u\Bef' unb niiAc. :i. «I. xr. 34
I
530 Sttanri
t)or aQem vorgegangen ju fein, ^enn gerabe l^ier fanb bte Sitanei toarme ^eunbe. So ^
fie S3renj in $rebigt unb ©d^rifterflärung em^fo^len (opp. I, 1, 614 ; VI, 656). 9i4
93u$er mu| il^r freunblid^ gefinnt getoefen fein. Sßirb fte aud^ in ^Ivfyn JtOO, tüie in
ber Hanauer unb ber iBinbauer 1573, gar nid^t ertpäl^nt, fo l^ot fte iod^ m ollen be>
5 beutenberen fttb^ unb fübtoeftbeutfd^en ^0 älufnal^me gefunben. @o in ber itO bon
5PfaIj*9leuburg 1543 (JRic^ter, ADD II, 29); in ber Äölnifc^ Sleformotion 1543
(^id^ter II, 51b); in ben 9(u^a6en Don 93eit 3)ietrid^ 9(genb6üd^Iein feit 1545; in ber
©dSnoöbifd^-'^aHer 1543 (Oe^er, ®ie 5Rörblinger ebang. RDD, ©. 34); in ber aSürttan«
berger ÄD 1553 (Slid^ter II, 139) ; in ber ÄD Dtt^einrid^g Don ber ^ßfalj 1556 (9L
10 SR II); in ber ÄD ber SKorlgraffd^aft »aben 1556 (»l. SR 3 b); in ber Don ^fdj^
(toeibrüdten 1557 (3lid&terII,197); l)on Strasburg 1598 (SJrudt Don 1670, ©.118).-
lenn aber Äliefot^ (3RedEl. Äird^enbl. ©. 104) fagt: ,,SIKan lann breift Ufycaspttn, boS
oQe 9(genben bed 16. ^^i^^^unbert^ ba$ Singen ber Sitanei anorbnen'', fo ift bad f«^
eine Übertreibung, benn fd^on bie t?or bem ^al^re 1529 liegenben ^D lennen bie
16 Sitanei nid^t älber aud^ nad^ 1529 bürgert fte ft(^ erft aUmä^lid^ ein. @o ftnbe ic^ fie
j. 9. nid^t ertoä^nt in ber Sranbenburg^SRümberger RD l)on 1533 (SRid^ter 1, 176 ff.), ob«
ut ber \>on Sremen 1534 (^erau^. t>on Men im SSremifd^en 3a^bud^ 1891) ober in ber
Si})i)efd^en 1538, um Don ben fübtoeftbeutf^en ju fd^toeigen. ®ie erfte ÄD, bie fie bietet, ijlbie
SBittenberger Don 1533 unb gleid^jeitig ertoäl^nen fte bie @äd^f. 33ifttation^3(rtiIeL g|ör
20 bie toeite Verbreitung unb für bie Solfötümlid^teit ber Sitanei f))nd^t e^ au(^, ba| fie
atebolb (erfter ^rud( 1545), unb jtoar imSRorben, in Siebform gebrad^t tourbe; ob bie eine
biefer formen Don ^o^.geber ftammt, ift nid^t ftd^er )u ertoeifen (DgLSBatfemageI,Sltn^.
III, %:. 230—232 ; gifd^er, Äird^enL^Sejilon, ©. 237).
3)od^ e^ toirb Qüt, ba^ toir enblid^ auf bie @eftalt ber Sitaneten, toie fte oxä
26 Stttl^erd f^ber ^erDorgegangen finb, einen 93lid( toerfen. @ie finben flc^ obgebniA in
ber genaer ausgäbe ber SBerle Sut^er« VIII, 368 a unb in ber SBSoU^fd^ ^bii^ii^
X, 1758; bana^ m 56, 360 unb bei Äliefotl^ a. a. D. 99. Die Sitanei, unb jtoot
trögt bie lateinifd^e bie Überfd^rift ,,Latina Litania correcta", ift in ^rm ttnb Stua^e
ber latl^olifd^en älQer^eiligenlitanei fel^r äl^nlid^; nur aQe Stnrufungen ber ^eiligen, bte
90 jjürbitten für ben 5Pa))ft unb für bie 3Serftorbenen ftnb geftrid^en. Dafür aber ftnb bie
Dinge, um toeld^e @ott angefleht toirb. Diel genauer ft)egialiftert; aUef ift lonheter gc»
ftaltet. ©0 toirb gebetet um gute ^Pforr^erm, gegen alle SRotten unb Srgemiffe, für m
3rrigen unb SSerfül^rte, gegen ben ©atan, um treue Arbeiter in ®otte^ @mte, für aBe
aSetrübten unb »loben, für aQe Könige unb ^rften, für ben Äaifer unb Sanbe«^«ni,
85 für SRat unb ©emeinbe, für alle ©efä^rbeten, für ©c^toangere unb ©äugenbe, für Äinber
unb Äranfe, für ©efangene, für aSittoen unb SBaifen, für geinbe unb Säfterer : caiiif bie
gelbfrüd^te ftnb m6)t Dergeffen. Die lat. Sitanei ift reid[>er (bie il^r eigentümlichen 6tu&
ftnb : Per sanctam nativitatem tuam ; per baptismum, ieiunium et tentationes
tuas . . . per crucem et passionem tuam ; per mortem et septilturam tuam . . .
40 per adventum Spiritus sancti paracleti ; in omni tempore tribulationis nostrae;
in omni tempore felicitatis nostrae . . . Ut lapsos erigere et stantes confortare
digneris). 9(n bie Sitanei fd()lo^ \x6) faft regelmäßig ^i^tonation mit Slef^onfortum unb
RoUcftc an. ©c^on bie lat^. ©itte fügte ber Sitanei bcftimmte ®ebete an. SuH^ gab
ber beutfd^^en 5 Intonationen unb 3 ftoHelten jur Sludtoa^l mit auf ben SEßeg; tnefe
46 ©tüdfe finben ftd^ aber nid^t, toic Sejft^toi^ (im ». Sitanei ber 2. äup. ©. 699) angiebt,
in ®3l 56, 362, fonbem Dielme^r in ber 3. ausgäbe be« Keinen Äatec^i^mu« (bei ^onuuf,
Der fl. RaUö). Sutl^er«, ©. XLIX 3lnm.). ©te lehren aud^ toieber j. 33. bei Sofftitf,
Psalmodia, 2. äufl. 1561 nad^ ber Sitanei 81. 285 a; fte fte^en auc^ in bem ©lötet»
fc^n ©efangbud^ Don 1531, 331. C, Da u. b (^eraugg. D. SSied^mann^iloboto, ©4ftoeti«
60 1858). 3Rit ben 631 56, 362 mitgeteilten 3u|ä^en aber ^at e« feine eigene 93etoanbtiii«:
1. ift offenbar ein ®ebet (ba^ jtoeite) angefallen; 2. finben ftd^ ^'^ j^ ^ ©tüdteDonbe«
Don Sut^er in feinem Äated^i^mu^ beigegebenen toieber, allein bie 3. gntonation unb M
3. ®ebet ftnb offenbar anberen Urfi^rung^. 3<^ möö)U barauf l^intoeifen, bofe ft^f W«
ältefte mir befannte gorm ber 631 in bem 93abftfd^en ©efangbud^ Don 1545 finbet ®<
65 ge^t fd[>toerlidS> auf Sutl^er jurüdE. Da^ bagegen bie ber lat. Sitanei beige^ebenen 3«^*
nationen unb ©ebete, toie fte 63156, 365 f. fte^en, aufSut^er jurütfge^en, rft h>aW4Ki"*
lid^, aber nid^t ftc^er; fie finben ftd^ übrigen«, um 2 Intonationen unb ®ebete Derme^r
auc^ bei So|ftu« a. a. D. 931. 283 f. unb im Sabftfd^en ©efangbud^ toieber. Da« olle« f
toifjen ift be«^alb r\\6)t toertlo«, toeil, toie aud) 3^jfd[>toi$ get^an l^t, au« btefcn 3»!^
Go auf 33ebeutung unb ©inn jurüd^ufc^lie^en ift, bte in Sut^er« äluge bie Sitanei ^otte.
Sitottei 531
äBonn tourbe bie Sttanei gebraud^t? 3^^^^^^ ^'^ pnäd^ft nur bie lutJ^ertfd^^en ®c*
ikU \>cn Tl'xttzU unb Storbbeutfd^Ianb in Setrad^t, fo finbet ftd^ ^ter eine gro|e
äRatmigfoItigleit bed ©ebraud^d. 3)a lommen junöd^ft bie alten ^afttoge, ünitttpod^ unb
gfccttog, in ^eirad^t. Sutl^er l^atte bie ÜRette an ber 3Jlitth>od^, bie 95e^^er am Sonn^
obenb (be 5Wette 3, 340 = ©nber« 7, 70) bafür beftintml ; aber l)iel 3?a^a^mun0 f}at ba« 6
mäjit gefunben. dagegen l^en mand^^e JtOO bie 2Ba^l ^U^ifd^^en 3Jlitttood[! unb ^eitag
Bcfaffen (namentlid^ in ben ©tobten), fo ©ad^fen 1539 (SRid^ter I, 313 b); Sranbenburg
1640 (SRic^ter I, 328a); «Pommern 1563 (auf ben Dörfern; SRit^ter II, 235a). »n
beiben Xogen foQ {te gehalten toerben nad^ ber RD bon Jtalenberg-^öttingen 1542
(SKc^ter I, 364 a u. 366 b), l)on 3oad[>im«tl^I 1561 (Soefd^e, 5D?at]^eftu«, I, 280 f.), bon lo
SRcdHenburg 1552 (3li*ter II, 123 b); nac^ ©d^öberlein a. a. D. I, 726 befümmen bai3«
[dbe au(^ bie Jtölnfd^e Steformation 1543 unb bie RDD bon Süneburg 1564, Don Siegni^
1694 unb bie be« Äurfürften gol^ann Äafimir l)on ©ad^fen 1626. 3?ur ben greitag
bc^mt bie Jtirc^en« unb ©d^ulorbnung t?on 92aumburg 1538 [1537]: „Me ^eitag
nachmittag um jtDöIf hora fmget man ba« Tenebrae unb ^ält bie Sitanei barauf '' (92eue 15
SRitteiL au3 b. ®ebiete ^iftor-^antiquar. goyft^u^Ö«« XIX, 529); aud^ ift ^ier geftattet
ton greitag frü^, „fo man nid^t j)rebigt", bie Sitanei „bi^toeilen", „toenn man toiö" ju
galten; fogor „am 3)ien«tag mag man nad^ ber $rebigt, fo ni(^t ^od^jeiten t?or^anben
fem, au4 bie Sitanei l^ten''; ben ^eitag „ober toie e« jebe« Ort« @e(egenl^eit (eiben
mag'' bejHmmt bie ©äd^fifd[>e «D bon 1580 (5Rid[>ter II, 442 b); nad^ Angabe bonao
löiefot^ (3Redtt. Äirc^bl. a. a. D. 121) unb ©d^öberlein (a. a. D. I, 726) orbnen ben
Äwitag an bieÄOO DonÄurlanb 1570, ber ®raffd[>aft ^o^a 1581, bon Sauenburg 1585;
»icfot^ nennt au(^ noc^ bie bon fabeln 1544, ©c^bberlein bie 5Pommerfd[>e 1535 (?),
bte Olbenburger 1573. ®ar leinen feften %aQ beftimmt Seit 3)ietrid^ 3(genbbüd^lein
(3>ni(I bon 1548 931. 1^ 2a). älu^erbem tourben aber aud^ anbere Xage no(| beftimmt: 35
60 tDin fte (lateinifd^) bie ffiittenberger ÄD 1533 (SRic^ter I, 223 a) unb bie ^ßommerfd^e
ftO 1535 (9li(^fter I, 258 a) in ber ©onnabenb«s85e«j)er ftngen laffen (in ber "Sit&ptx
km einem ^^fefttag fällt fte au«), ebenfo bie ©äd^f. 93ifitation«arttfel 1533, bie fte au|er«
bem für bie @onntag«s^e«^er „unb bie Sßod^^e ein Xag, toenn ba« ißoH am meiften ba^
bei fein lann" (Slid^ter I, 229 b) ijerorbnet; naö) ©d^öberlein (a. a. D. I, 726) beftimmt »
aiu^ bie StD bon Srauufd^^toeig-SBoIfenbüttel 1543 für bie Sitanei bie ©onnobenb« unb
&mntag«s3Se«t)er. Die rebibierte ^ßreufe. RD 1558 giebt an, ba^ in Äönig«berg am
SRttttoo^ in ber SBe«t)er nad^ ber Seftion bie Sitanei gefungen toirb. — 3luf ben Dörfern
bKir ber Sitaneitag t^ortoiegenb ber ©onntag ober au^ ber t^fttag (meift ^ur 93e«))er):
[0 berorbnet e« bie ©äd[>ftf(^e ÄD 1539 (9lid[>ter I, 313 b), ber aReiM«^S>« 3Sirita=85
tion^fc^ieb 1540 (SRid^ter I, 321b), bie 8ranbenburger RD 1540 (3li(|ter I, 328 a)
unb (na^ «liefotJ^ unb ©Aöberlein) bie Äurlönbifd^e SD 1570; an^ ber ^reu^. RD er*
fahren toir, ba| in Jtönig^berg bie Sitanei am ©onntag nad^ ber ^rebigt gefungen tourbe
9&^er II, 67 a); bgl. aud^ bie ©äd[>f. 3Sirttation«artiIeI 1533 (Slic^^ter I, 229 b). 3u
bicfcr Sitte bergleic^ man ba« oben angeführte Sitat a\i^ Sut^er. 9Sielfad[! \o\xr> bie Sitanei 40
bann borgef(^eben, toenft [xd^ leine Jtommunifanten eingefunben ^aben. Die« gefd^iel^t in
folgcnben RDD: Hamburg 1539 (9lid[>terl,319a); 95ranbenburg 1540 (5Rid^terI,327b):
Bitoiet ober SJoterunfer (gefungen) ober : SWitten toir im Seben ftnb, ober : 6« tootte ® Ott
vM gnäbig fein; $ommem 1542 unb 1563 (Stid^ter II, 4a unb 235a), ^edtlenburg
1662 (Slic^ter II, 123 b); nad^ Rliefotl^ unb ©d^öber(ein ebenfo in ber Jturlänbifd^en 45
RO 1570; in ber Saumburger 1585; in ber Süneburger 1598; nad^ ©c^^öberlein enb^
ü^ auc^ in ber Siegni^er 1534 unb in ber Olbenburger 1573. 3(uffa(Ienb ift e«, bag
^ffiu« (Psalmodia 9(u«g. 1561 931. 284 b) ben ®efang ber Sitanei an ©teüe be« aQ^
gemeinen Jtirc^engebet« anorbnet, a(fo a(« Übergang jur Kommunion ; ba« finbet fid^ m. 2B.
nur noA in ber JtO bon ^antfurt a. 3R. 1644. (Sin Unicum ift e« aud^, ft)enn bie 60
DtoHenburger RD 1552 fagt: „9Iud^ tann bi«toei[en bie Litania bor ober unter ber
Itimmmnion gefungen Serben.'' häufiger erfd^^eint ber 93raud[!, ber ftc^ fogar bi« )u ©eb.
Badfi ^6tm erhalten ^at, bag man bie Sitanei na(^ ber @^iftelt)orlejung im ^au^t-
iotlefttenft fang; fo toill e« ba« 9Igenbbüd[!(ein 93eit Dietrich für bie „tleinen ^^leden'',
p bie fturl&nbif^ RD 1570, bie ber ©raffd^^aft ^o^a 1581 unb bie Süneburger RD 66
1698 u. 1643. — 9lu|erbem giebt e« bie mannigfaltigften, auf örtlichen 93raud^ ru^enben
Serorbnungen. ©0 berorbnete bie RD bon 9ii^ebüttel 1544, ba^ bie Sitanei ge jungen
koerbe: Reminiscere, 12. ©onntag nac^ Irinitati« unb bei ijorfte^enber 5Rot unb gä^r«
Bcbfoit an anberen ©onntagen (SRid^ter II, 79 a), bie ©äc^^fifd^e RD 1539 orbnet an,
ba| fte — neben bem geh)ö|nlid^en ®ebraud^ ~ auc^ an ben 4 Quatembem eine äBod^e eo
34*
532 Sitaitet
lanfl gej^olten toerbe (Sltd^ter I, 313 a); nad^ bcr SRorbl^eimer ÄO 1539 (fol. E 4b) foE
jte nur in 3^^^ öffentlicher %>t ^itüDod^ unb %mtaQ^ gefungen toerben ; bie SranboM
burger PID 1540 t?erorbnet fte für einen gelegenen Xag in ber JtreujtDOC^ (Stierer I,
333 b); ben ®ebrau(^ in ber JtreujU^od^e beftimmen aud^ bie Jtalenberg^Söttinger 1542
6 (SRid^ter I, 366b), bie ^ßornmerfd^e 1535 unb bie Äalenberger S(D 1569 (nac^f Schöbet»
lein a. a. 0. II, 1, ©. 953). ®ie Sauenburgifd^e ÄD 1585 orbnet p« fi« fe« 6%^
feier (ebenba). 2)ie ^oad^im^ti^^cüler RD 1551 lä|t bie Sitonei ni(!^t nur regelmö^
üröitttpod^ unb ?^eitag^ fmgen, fonbem „n^enn fonberlid^e 3lot t?orl^anDen'' foQ fte mu$
am Sonntag gefungen n^erben (Soefc^e, SRotl^eftu^ I, 281). @e^ unbeftimmt UsM
10 bie Eingabe ber ^oUifd^en JID 1541 : an irgenb einem ^ge in ber SBoc^e )ur 93ed))a
ober SRittag^, h)0 über ben ^ated^i^mu^ ge^rebigt toirb (Stifter I, 340 a), unb bie bo
^ommerfd^en j^ 1542, bie für bie äBod^en^rebi^tgottei^ienfte in ber @tabt „imter Reiten"
andf bie Sitanei t?or ober nod^ bem @ermon befttmmt, unb für bo^ £anb borf(!^reibt, ba|
fte toenigften^ einmal in ber äBod^e gehalten toerbe (9li(^ter II, 4 a u. b), unb o^nlu^
16 toieberl^olt in ber JID 1563 (Slid^ter II, 234 b); aud^ ©d^leStoig^olftein. RD 1542, bie
Wobeier JtO 1544 unb bie Sd^toeinfurter JID 1543 fagen im augemeinen, ba^ bieSitono
toenigften^ einmal in DerSBod^e gefungen werben foQ (Stic^ter I, 355 b; II, 73 a; 23 a);
tDenigftend oEe 14 ^ge einmal in ber SBoc^e unb jutoeilen Sonntag^ bormittog, fo
beftimmt bie 93raunfd^tt)eig»®ruben^agenfd[!e RD 1581 (Slid^ter II, 453 a). beigefügt ^
ao aud^, ba^ 3l\t Selnecfer, latl^olifd^^em 93rauc^e folgenb, bie JUagelieber ^eremia litingif(^
bearbeitet l^at, unb ^ier finbet aud^ bie Sitanei Sertoenbung: fte foQ mit bem 2. unb
8. Jtat>itel fo Derbunben toerben, ba^ je nad^ einem ober mehreren Sierfen ein Sbfo^ ber
Sitanei ber Steige nac^ gefungen toirb. 93eftimmt toar biefe Bearbeitung für bm
10. Sonntag nad^ Srinitati« (@<^öberlein a. a. D. II, 1, ©. 444). Ob fte toirflic^ in
26 (Sebraud^ tam, tt)ei| id^ nid^^t. 3Ran f)cd enblid^ bie Sitanei, toenn au(^ nid^t ^fig, bei
ber Orbination gebraucht. @o fd^reiben ed bie Sratmfc^toeiger StD 1543 tmb i^ folgenb
bie ßilbeg^eimer 1544 unb bie ÜJledElenburger 1552 \>ox (SRic^terll, 60b; 80b; 119b).
93ei £offtu^ (Psalmodia, 9lu^g. 1561, 91. 282) finbet ftd^ ebenfaEd ein ^intoeid auf
biefen @ebraud^. @^ toar ni^td anbered atö bie ^^ortfef^ng t(itl^olif(^en ^ertornmen^
80 Siefe Überfielt jeigt und, toie augerorbentltc^ mannigfaläg in ben lut^f^en ®ebieten
9Iorb< unb 3Jtittelbeutf^lanbd ber ®ebraud^ ber Sitanei toar. (Sin etttnid anbered Silb
jeigt ber@üben unb @übtoeften. Sotoeit t?ortoiegenb lut^erifd^e @inflüffe fu!^ geltenb
machten, treffen toir au^ l^ier bie lutl^. Slnorbnungen toieber. ©onft aber jeigt ^ ber
@üben felbftftänbig. ©an^ befonberd audfü^rlid[! ftnb bie Slnorbnungen ber Qd)la)ab\^
86 ^aEer 5^ 1543. 3!)ana(^ foQ bie Sitanei gegolten toerben in ber @tabt am Sonntoa no^
ber 95e^erj)rebigt „jur 3^it einer gemeinen gegentoärtigen 9lot"; femer foD am flarfteüag
eine ^rebigt „t?om gemeinen ®ebet getl^n unb bie Sitanei für aQed Slnliegen ber (^
lid^en Ätrc^e gel^alten toerben"; femer an jebem ®onnerdtag im ffiod^engotteÄimfi; auf
bemSJorfe aber, „fo eine gemeine 9?ot tjorl^anben", jurSSe^er an Sonn= unb geiertagen,
40 ober bei bem „Gatec^idmo" ober „^um SKorgmamt, tjorab, fo jur felbm Qoi nW
^mmunilantm tjor^anom" ; er^eift^t ed eine „gegentoärtige 9lot", fo foD auc^ in ber
Äirc^e bie Sitanei ge^altm toerbm (SRid[>ter II, 20 a u. b). ßbmfo giebt bie ftreng
lutlS^erifd^e ^falg-SJeuburger RD 1543 fei^r gmaue 8eftimmungen ; au^ fie fte^t bie
Sitanei für bm %aü t)or, bafe leine Jlommunilantm tjor^anbm finb, aufeerbem aber foB
46 fte gel^alten toerben bei bm ©ottedbienften „an ©t. aJlarjrtag [25. Slpril], unb bie brci
Xag \>ox bem 2luffal^rttag, in ber Rx^fioo^m, ha man gutjor mit ben Äreujen, öon einer
Rir^m in bie anbem, über gelb gangm ift", alfo an bm altm ^ßrojefftondtogm; bann
l^ei^t ed toeiter : „Unb toann fid^ fo gefährliche QÄt . . . jutragm toürbm, bafe bie Sitanei
and) ju anbem ^^xUn . . . gehalten toerbm folt . . ., fo U^irb man iebed 3SUd jeitlic^
6o8efe^iE unb gmugfamm Unterrid^t empfal^m" (SRit^tcr II, 29 b). 3)ie Äolnifd^e Äefor»
mation 1543 t)erorbnet für bie Stäbte unb grö^erm ©emetnbm bie Sitanei „aJDle SEBod^
auf einen gelegenen lag" (SRic^^ter II, 51b). 35ad 9lgenbbüd[>lein ber Stobt SBwtn*
1560 Derorbnet fte für einen beftimmtm 2;ag in ber SSod[>e nac^i ber 5ßrebigt (83L scöb);
bie JID t)on ^o^enlo^e 1577 für bengreitag. 5Die 9lörblingerfiD 1579 la^ fte im ß«*^
66 gottedbienft Dor ber Jtommunion unb am greitag t)ormittag fingen (®e)^er o. o. t). 76
unb 83). Sor allem aber toirb fte an ben monatlidben S3et« unb Su^gm gebraud^
Diefe orbnet fc^on bie Köln. Sieformation 1543 an, aJlitttood^g ober greitag^, |d>engt<i*
tag imSRmmonb beftimmt bie SBalbedtfc^ie RD 1556 (SRic^^ter II, 173 a); bie$effif(^ÄD
1566 unb bie 3lgenbe 1574 (9lid^ter II, 294 b; t)gl. 3)te^l, gur ®ef4 beö Sott««»
eo bimfte« u. f. to. 1899, ©. 197 ff.). a)ie SQSürttemb. JID 1553 öerorbnet, ba| „in ber
Siianet 633
So^en, fo bte Jtml^ auf einen fonberltd^en (eftimniten Sag bei emonber berfammeß x^",
mt Sugjfnrebigt unb borauf bte SUanei gegolten toerben foQ (2)ru(!bon 1574 p. 172 ff.).
SBMltd^ toieber^oU totrb biefe Sefümmung in ber ^fäljifci^en unb in ber SBobenfd^en
SSD t)on 1556 (bgl. Sajfermonn, ©efd^. ber et). ®ottedbienftorbnuug in Sabifd^en Sanben
[1891], ©. 45 ff.); ebenfo in ber ^ßfäljifd^en ÄD bon 1570. »efonber« j^äuftg aber toirb in 6
ber Stra^urger jtO bon 1598 ber Sitanei gebadet, ßu'^^^^f^ orbnet fte todd^entlid^e Set«
ioi^ am 3)iendtaQ ;,in ber äld^ter))rebi0t'' im SRttnfter unb monatlid^^e ,;gro|e'' Settoge
an unb für beibe bie Sitanei; augerbem finbet jte iBertpenbung j^en @onntag uii^
Siendtag ober SRitttood^ im f^rül^gebet unb jtoar nad^ ber ^rebigt, nac^ ber 93eid^te unb
»foluttmi (S. 110; 114- 214). ®ie rebibierte ÄD bon 5Raifau bon 1576 fte^t für lo
jd^ 3Ronat SRitttood^ ooer ^eita^d eine ,,@rinnerung unb 93erme^rung jur d^rijuid^^en
9uge unb Sete^rung nu ®ott'' t?or; naö) Seichte unb 9(bfolution folgten enttpeber ®t^
bete ober bie SUanei (»I. 3 IVa; \>%l 3Rllb u. aKllla); bieJlD bon 1618 toieber»
^olt biefe »eftimmungen im toefentli(|en (gerudft gbftein 1752, ©. 19; 22 ff.).
3)iefe Üoerfid^t ^eigt un^, ba| ed rid^tig ift, n^enn man gefagt l^at, ba^ im ©üben 16
unb ©übtoeften bie Sitanei Dortoiegenb al$ 9u|ge6et t?erh)enbet toorben fei. tiefer 6^a«
ralter fe^It aber ber Sitanei bon &au^ aud burdpau^ nid^t. ^m ©egenteti, inbem Sutl^er
fte )ur SDbtoenbtmg ber Xürleng^a^r emfjfiel^It (t?g[. oben), leitet er bie ganje Setrai:^«
tuna mit bem ©a^ ein: „$)ie ^ßfarrl^en unb ^Prebiger foHen, ein jeglid^er fein
Sou, aufd allerflei|tgfte bermal^en )ur 9u|e unb ®ebet'^ unb nac^bem er über biefe 20
9tt^ermal^nung au^fül^Kc^er gef))rö(^en l^at, föl^rt er fort: ,,^amad^, toenn fte alfo ge»
k^ unb bermal^net ftnb, i^e ©ünbe ju belennen unb fid^ )u bejfem, foE man fte ald>
bann auc^ mit l^ol^em gld| jum ®ebet bermal^nen" u. f. to. ((SSI 31, 43 f.). 3)ie« ®ebet
iß i^ bie Sitanei. 3)araud toirb o^e R'^A^^l Hat, ba^ fte für Sutl^er ein 93u|gebet
toor, b. 1^. ein ®ebet, bad er an bie 93u]3))rebigt unb icS Seic^tbelenntnid ongefc^Iojfen 26
Mm tDoDte. ®anj baju ftimmen nun aao) bie 3^f^^' ^'^ Sutl^er ber beutfc^en unb
lateinifd^en Sitanei mit auf bem 2Beg gegeben l^at unb t?on benen oben fd^on bie
fHAt toar. ©omit ift erliefen, ba| ben eigentlichen Slbftd^ten unb®ebanlen Sutl^erd nx^t
bie StDD bed mittleren unb ndrblid^eren ^eutfd^^Ianbd geredet tourben, bie bie Sitanei in
ber anert)erf(^ebenften äBeife brandeten unb auffaßten (Sofftud ). 9. fte^t in i^r einen so
Sifo^ für bad 93aterunfer, Psalmodia 93(. 281), fonbem t^ielmel^r bie fübbeutfd^en, h)enn
fte bte Sitanei bor aQem für bie S3u^bettage beftimmten. S)a$ ift um fo fd^örfer )u be«
tonen, cd^ burc!^ Jtliefotl^ bie 3Reinung (verbreitet Uvorben ift, atö Ratten in un(ut^fd^er
SBeife bie ©übbeutfc^en ber Sitanei „einfeitig^^ einen 93u|d^aralter aufgebrüdft. @^ x%
tta f^m iene 28orte Sut^erd unmittelbar tvorgel^en, toenn ed in ber Sßürttemberger JtO 86
1563 (9li(!^ter II, 138 a) l^ei^: „'Darum foKen bte Hirc^enbiener bad gemeine ®ebet (al^ beren
{toette ätrt bie Sitanei galt) alfo üben unb treiben, ba| fie barbei bad SioH jurSu^e er«
ma^en unb i^nen tool^I etnbilben, ba| leiner fönnte ein red^ter 93eter fein, er fei benn
juDor ein (^fUid^er Sü|er'' (ebenfo in ber $fäl;ifd^en JtO 1556, in ber 93abenfd^en 1556
isnb in ber ©tra^urger 1598). @d toar ganj im ©inne Suti^^erd, toenn man nac^ ber «o
Gtra^urger JtO bie Sitanei auf bie öffentlid^e 93eid^te unb Slbfolution folgen lieg, unb
iDcnn bie ©d^h)äbif(^«$aQefd^e jtO 1543 fagt, bag bie ®emeinbe „burdb bie öffentliche
Sitanei erinnert toerbe, ft)a$ man in gegentoärtiger 9!ot o^n Unterlag bitten foQ, aud^
tone not eS fei, red^tfd^affene c^riftlid^e Suge ju t^un" (Mtdbter II, 16 b). SQBenn ober in
Gübbeutfd^lanb bie Sitanei niemals am ©onntag bei Slu^fau ber Jtommunilanten gefungen «6
tmnbe, fo erllort ftd^ bad bal^er, bag man ^ter überl^au|)t nid^t barauf red^nete, bag jeben
€kmntag fic^ Jtommunilanten einftnben toürben. ©d^lteglid^ ift aud; ber ®ebraud^ ber
Sitanei in culen lutl^erifci^en 9lgenben auf bie Sag- unb Settage befd^ränlt toorben. 93elege
brför au« bem 17. ober 18. ^al^^. anjufül^ren ip überfKtfftg. — 3m Saufe ber3«t ^«ben
fkp rebaltionelleätnberungen etngefteUt, Don benen Diele bebeutungtio« fmb. äBid^tigfio
bo^cs^ fwik folgenbe: SBä^renb Sut^er gebetet l^atte: „Unferem Äaifer fteten ©ieg totber
feine gfeiiibe jönnen", änberte man f^äter aix^ begreiflichen ®rünben ba«: „feine geinbe"
in „3)eine (®otte«) ^inbe" (ilOD bon SBürttembcrg 1553, Dttl^einrid^«, Don »aben,
SReiflenburg, Äurfad^fen) • anbere Slgenbcn laffen eine befonbere Sitte für ben 5laifer ganj
iDcg unb fci^ieben ben Jtaijer in bie allgemeine Sitte für aQe 5t5nige unb dürften ein »
(Adtc^ent^alfci^e« ®efangbuc9; ®otl^atfd[!e SSgenbe 1682) unb anbere formulieren noc^ anber«.
Oefter erfc^nt eine befonbere gürbitte für ben Sanbe^^erm eingefügt, fo in ber 5!D bon
SBürttemberg 1553, DonSaben, 3Kedlenburg, 5PfaU; au4©tra|burg lägt für aHeprften
«nb für SRat unb ®emeinbe beten. ®ie Don Sut^er gebraud^te gorm: „3Sor Ärieg unb
Sbtt be^üt und'', ^en balb mehrere JtOO in : „Sor 5lrieg unb SlutDergiegen'' geän« eo
534 Sitimet
bert, eine Slnberung, bte enbltd^ gan) allgemein getoorben ifl. @benfo tDurbe allgemein bie
%itte: „3iox ^euer^- unb SBaffer^not Beirut un^'' eingefügt u. a. m. ^ertoot^e^oben mul
bie (Sinfd^^iebung ber Sitte U^iber ben $^ft unb bie ^rlen tperben. @ie ge^t auf
93ugenl^agen^ Snorbnung, junäd^^ft für Kurfad^fen, jurüdt (t?gl. bef[en @d^rift: ,,93on ber
B Ärieggrüftung", Wittenberg 1546) unb lautete für bie beutfd^e Sitanei: //2)<A^ bu un^
t>ox beiner t^^inbe, bed dürfen unb $a))fte^ ®otte^Iäfterung unb graufamen ^orb unb
Unjud^t gnöbigßci^ behüten tooKeft/' @ie fanb aQgemeine Verbreitung, oüerbingd ba unb
bort (i. S. in ber ^Pommerfd^en ägenbe) in anberer gorm.
@^e h)ir ba^ n^eitere @c^id(fal ber Sitanei t?erfoIgen, toenben tuir und ber ^oge ut,
10 in n^elc^er äBeife fte gebetet n^urbe. 3Qie bied juerft in SBittenber^ g^f^^AJ^/ (^ «ut^er
fte eben eingeführt ^atte, barüber giebt und Sutl^er felbft 93erid^t in etnem Srief an $au^
mann Dom 13. 3Jlär^ 1529. S)a ^eigt ed: ,,Litania vernacula venlt ad vos, quae
nobis videtur valde utilis et salutaris. Denique melodia praecinentibus pueris
in medio templi post sermonem feria 4. nobiscum cantari solita mire afficit
15 plebem. Nam latinam in choro canimus sabbatho post sermonem alia me-
lodia, quae nondum est excusa" (be SBBette 3, 340 = Snber« 7, 70). SJanojJ
tourbe bie beutfd^e Sitanei a(d äBec^felgefang gtoifd^^en ben Sl^orlnaben, bie ftd^ mitten in
ber Jtird^e befanben, unb ber @emeinbe gefungen, unb jtoar fo, ba| bie ^intonotionen bem
^abend^or (ober einem XeU bedfelben), bie 9lef))onfen ber (Semeinbe (unb eben! bem
^ anberen ^EeU bed Jlnabend^ord) )ufte(en. ©anj entf^red^enb ^ei|t ed in ber SBittenbeigcr
JID 1533, ald fte Dom ÜJlitttood^dgottedbienft rebet : „'üXsmaq (naif ber $rebigt) )um
®ebet Dermal^nen u. f. to. 2)ama4 ^ngen bie @d^üler mitten in ber Kirchen mit ber Se»
mein bie beutfd^en ,,Setanien'' (dixd^izt 1, 221 a). 2)ie lateinifd^e Sitanei aber tourbe nur
bon ben ©c^ülem im 6^or b. 1^. im aBed[>feIgefang fo gefungen, ba| ein ieil bie 3»-'
26 tonationen, ber anbere bie Stef^onfen fang. ®enau fo Derorbnet ed auA bie 3Bittenbetger
ÄD (SRid^ter I, 223 a). gn biefen »räumen fe|te Sut^er mobifijiert tot^olifc^en Srout^
fort. 2)ie lateinifc^e Sitanei lie^ [xö) natürlidp nur ba fmgen, tDO ftd^ ein fang^ unb
f^rad^funbiger Jtnobenc^or befanb, i^r ®ebrau(^ toar alfo Don Doml^erein fel^ eingefd^ränb,
unb ba bie lateinifd^^e ^^orm Dor aQem für bie Siedpem beftimmt toar, fo Derlor fte ^
so mit biefen. ^m 17. ^ai^rl^unbert fommt bie lateinifc^e Sitanei ganj auger ®ebrau(^.
2)ie beutfd^e bagegen ^ielt ftd^ unb tourbe meift nac^ ber ^[ntoeifung Sttt^erd gefimgen. 2)o
aber ein geübter @d^ü(erd^or fe^(te, alfo Dor aQem auf ben Dörfern, intonierte ber ^ßc^,
am älltar fte^enb ober Inieenb unb gegen benfelben getoenbet, bie Sitten, toorauf bie
©cmeinbe, Dom 6^or geführt, refponbierte (nac^ ©c^öberlein a. a. D., I 728 : ÄD m
35 Äurlanb 1570, Seit 5Dietrid£^« ägenbbüd[>Iein, RD Don SBa&ed 1550, Süneburg 1564,
5Pfaljneuburg 1543, »raunfd^^toeig^SBoIfenbüttel 1543, DIbenburg 1573, DgL für Reifen
auc^ 5Diel^l, 3ur ©efd^ic^^te be« ©otte^bienfte« u. f. to. ©. 198). SBar ba« Singen b«r
Sitanei a\i^ irgenb toeld^^en @rünben unbur^fül^rbar ober nid^^t genehm, fo tourbe bie
Sitanei auc^ gefJ)rod^en, bcjto. gelefen. B6)on Sut^er l^atte biefe SWöglidjiIeit in« attge ^
40 fa^t (Dgl. oben), ©o crlaiibt bie ^effifc^e ÄD Don 1566 ®efang unb SSerlefung, foäftaii
bie Slgenbe Don 1574 nur Dom ©efang rebet (3)ie^l a. a. D., ©. 203 ff. ; ebenba
genaue angaben über bie ^raji«). 3)ie ^ommerfc|e IKD 1535 benft ftc!^ bte latetnif(^
Sitanei Don brei ober Dier jungen gelefen, bie 9lefj)onfa Dom ßl^or gefungen (tJgL
oben; SRit^ter I, 258a); bie ^Pommofd^e ^ 1548 Derorbnet ba« Sefen ber Sitanei
45 an lommunifantenlof cn ©onn- unb ^ttagen (SRic^ter II, 4 a). ®ie SOBürttembetger
KD 1553 fagt : „too nidE^t ©d^üler finb, fo lefe fte ber Äird[>enbiener", eine fjormel, bie
in bie ^Pfäljifi^e unb in bie 93abenfd[>e ÄD 1556 übergegangen ift; al« Siegel gilt ober
anö) ^ier, ba^ bie Sitanei gefungen toirb. 35ie ©tra^burger 51D 1598 ift bte erfle, bie
Dom ©ingen gän^lid[> abfielt. 5IKit ben Sffiorten : „©riebet eure $erjen, unb \pvtitd mit
60 mir alfo" toirb bie 2?erlefung, bie burc^i fein 5lefj)onfum unterbrochen toirb, eingeleitet
3m 17. S^^^^unbert toirb ba« Sefen immer me^r ©itte, j. 35. geftattet bie 3Ragbäutger
unb ^alberftäbtcr ÄD ®uftaD 2lbolf« Don 1632 (ÜJlonat«f(^r. f. ®otte«bienfi unb m-
Äunft IV, 348) ba« ©ingen unb Sefen; nac^ ber ägenbe Don granifurt a. SR. 1644
(©. 29) toirb bie Sitanei enttoeber Don ber Äanjel Derief en, ober Don ber ©emeinbe ge»
ööfungen; bie 5Raffauer ÄD 1617 (5DrudE 1752, ©. 23), ebenfo bie SQBeimarifc^ »aenbe
1664 unb bte S^an^iger 1708 (nad) ©d[>öberlein a. a. D. I, 727) fennt nur bo« &fen,
ebenfo bie griebbergerÄD 1704 („Setet bemnad[> mit anbäc^tigcn, gläubigen $erjen alle alfo
mit mir"). 3^ ^^^^ ^^ Äird^^engefang Derfiel, befto me^r lam ba« ©Jjrec^en auf ob« ber
®ebraud[> ber Sitanei lam gan^ ab. ßinen ©rfafe bafür fanb man in Äird^engebeten, bie ^
Go ber Sitanei mögUd[>ft annöi^^erten (Dgl. §öfling, Siturg. Urfunbenbuc^ ©, 233 ff.). Ober «wn
manu 535
«mg Sitanetiteber (t)ßl. oben), tote m $ef[en ba^ Don Sttlolou^ $ül^, bad S)iel^I
[0. 0. O. @. 201) mitteilt. SOiad bod 17. ^ol^r^unbert t?on ber Sitanei noc^ übrig ge^
kiffen Mt^/ bad entfernte bod ^al^r^unbert ber ^ufflärung t^oQenb^, fei ed ou^brüdlic^,
|d eg ftiHf^toeigenb. — 3)ie SKelobie, nad^ ber nac^ Sut^er bie Sitanei gefungen tourbe,
iKtr eine anbere für bie beutfd^e, eine anoere für bie lateinijd^e (bgl. oben). ®ie ,,ges 6
Tfi^renbe SBeife" ber beutfdben Sitanei ift abgebrudt bei ©d^öberlein a. a, 0. 1, 731 ff.
^ie reformierte ftird^e l^at t?on ^au^ aud ber Sitanei feinen ©efd^madt obge^«
srninen fönnen unb U^r ben älbfd^ieb gegeben. 911^ Slu^nai^me mu| man bie „SitUm^^^
iHtolam^b^ t?on 1520 bejeid^nen, bie ber @eeIforge an 5tranlen ur^ @terbenben biente
;©menb, Deutfd^e SKeffen ©. 50, 60). Da« ®lei^e gilt üon ber „Setanei?", bie ftc^ in lo
)en Safeler ©otte^ienftorbnun^en t)on 1525 unb 1526 finbet; l^ier fte^t fte unter ber
Cbberfc^rift: „Sraud^ in ber ^etmfud^ung ber Jlranlen'^ f)>^ieu in ber Drbnung für bie
Itrantei^mmunion (ebenba @. 61 unb 226). Sine ^raDele ju biefer SSerioenbung ber
Ktonei bietet ba« @(!^rift(^en t?on Ra\pax Jlan^: „2Bie man ben honlen unb fterbenben
9lenf(!^en ermal^en, tröften unb ®ott befehlen foQ'^ u. f. to. (Dgl. 93e(f, @rbauung«litterat. i6
5. 170; ®ever in Seitr. f. ba^r. RSefd^i. V, 1899, ©. 108 ff. unb »rt. Ranii 53b X
S. 24, 4 ff.). $ier finben ftc^ jtoei t>on iJ^m felbft Derfa^te Sitaneien, bie ftc^ leidet al«
Eiberarbeitungen latl^olifd^er SSorlagen ertennen laffen. tiefer ®ebrau(!^ ber Sitanei beim
Rtanlenbefud^! ift nur eine t^ortfe^ung be« latJ^olifd^en ä3rau(^. 3)ie Sitanei in ber &-
^ouungdlitteratur )u t^ertoenben, toar fd^on bur^au« t?or ber Sieformation üblic^ (t)gl. ätie^ 20
)ccer, 3lai^x\d)im II, 421). ällfo bie reformierte Jtird^^e ^at au^nal^m^lo« bie Sitanei für
^cn gottedbienfUid^en ©ebraud^ abgelehnt. Sabin orbnet auc^ einen Sufatag an (Forme
les priores et chants eccl^siastiques G. R. 34, 180 ff.), aber bie Sitanei ertoö^nt
7 nid^t 2Bo ber 6alt)ini«mud ba« Suti^^ertum t?erbrängte, f^affte er jugleid^ bie Sitanei
ib; fo ift e« j. 8. in Reffen gefd^e^en {\>qI ®ie^l. a.a.D. ©.198 ff. 205), fo in 95abena6
JBafjermann, a. a. 0. ©. 83). — ®ie anglilanifd^e Äird^e l^at bie Sitanei beibe=
^en. 9lad^ bem Common Prayer Book fd^liefet bie Sitanei ben $IRorgengotte*ienft
ib (Daniel, Cod.ütt. III, 364 ff.). — 3lud^ l^at bie 95rübergemeinbe ©ebraud^ Don
)er Sitoneiform gemad^t. @ie l^at ^toei Sitaneien im gottedbienftlid^en ©ebrau(!^: Die
^irdJKnlitanei" unb bie „Sitanei \>om Scben, Seiben unb ©terben 3^f« ß^fti". Die ao
öftere toirb in bo))belter §orm gebrandet; aud ber urf^rünglid^en umfangreichen, ber
ygrolen", ift nämlic^ 1873 eine „Heine" Äird^enliianei au^e^ogen toorben. Die jtoeite
.^ aud ber fogen. „SBunbenlitanei", bie 3i"J^*>otf 1744 öerfa^t ^at (Granj, Sllte unb
icue Srüber^iftorie, 1771, ©. 405), entftanben. SSgl. Siturgienbud^ ber eDangel. Srüber-
(cmeinbe, ©nabau 1873, ®. 3ff. S6
4. Die Sitanei in ben neuenägenDen. — 3n faft alle neueren ägenben lut^e*
^äftt Jtonfeffton f)at bie Sitanei älufno^me gefunben, nur bie 3lgenben t?on Steu^^rei),
9oa ^annot>er (U^l^om 1889), t?on Sii)))e«Detmolb unb ber baierifd^e älgenben!em t?on
1856 ^oben fte nic^t Überall liegt ber lutl^erifc^e beutfc^e Xe^ )u ©runbe, \>od) ift er
nttitnter fe^r t)eränbert, toie ). S3. in ber 93abenfd^en Slgenbe Don 1836 unb bem ^raEel« 40
[ormular t>on 1877, bem äBürttemberger jtird^^enbud^ t)on 1842. Da^ ÜKedlenburger (^an^
lumale f)at eine au^fü^ltc^e unb eine für ©onn« unb ^efttage aU gebräud^lid^ed Jtir^en-
jebet beftimmte gelürjte ^orm. Die älbtoeid^ungen t)om Sut^erte^ fmb fel^r mannigfaltig
imb ). ^. aud ber lanbeitirc^Ud^en ©itte ertlörli^. äSergegentoörtigen totr und bie ^axtpU
j&^tqfften. SBie fd^on im 16. ^al^rl^unbert }eigt aud[! I^eute bie ^rbitte für „aQe ^u 45
gdfe" u. f. tD. mand^e Umgeftaltung : Saffel (lut^., ref. unb uniert) bittet um: „toa^re
Bifd&öfe"; Saben unb SSeimar ^aben: „äße Diener ber Rird^e"; Sraunfci^toeia: „SlHe
i^ Diener, ffiöc^ter unb §irten" ; Sägern unb ©d^toarjburg^SRubolftabt : „alle ^pforr^erm
inib Diener ber [beiner] Rird^e" ; ©ac^fen unb SBürttemberg : „Sitte ^irten unb Diener beiner
ttwöfc'^ ; bie liU^erifd^e $orm l^aben nur ^reu^en unb SJtedtlenburg beibehalten. — Die so
Msbitte für ben ftaifer |at and) ^eute noc^ il^re ©efcbid^te. ©an) toeggefaQen ift fte in
&l^tDar}burg'9lubolftabt unb in 9)tecflenburg. Dafür fdpiebt aber 3Jled(lenburg t)or ber %ixx^
MtU: „SlHen Äönigen unb gw^^^ S^^b unb ©intrad^t geben" nod^ ein: „3Ule gürften er=
[em^ten tmb i^nen fteten©ieg toiber bie ^etnbe S^rifti gönnen." ©obann folgt noc^ f^äter:
^Unfern gnäbigften (!) Sanbed^erm mit aQen feinen l^o^en Slnge^örigen, ©etoaltigen unb 66
ÖAienten leiten unb fc^ü^en". — 3Kan fottte glauben, ba^ bie fpäter eingefügte
,,3)ürfenbitte" attertoärt« toieber geftrid^en fei; bem ift aber nic^t fo; 3RedElenburg betet
lUK^: „bem graufamen gf^inb ber ß^riftcn^eit, bem 2^ürfen, unb atten Ibrannen fteuem
unb hjt^en". — ©tatt „atte ©efangcne" UUn atte Slgenben (au|er Saoen, bad biefc
g^ürbitte gon) toeglä^t) : „atte unfc^ulbig ©efangene". — Der ^ürbitte für „atte äBittoen go
536 Sitaitet literae formatae
unb SQäaifm" fügt aBürttemberg fel^r ^ut btc für „dSlt Armen unb SSerloffencn" bei. -
3)er 9{eifenben gebenlen mond^e äCgenben, fo $reu|en, äBetmor unb SBüxttemberg; 9le(t
lenburg bittet: „®en feefoi^renben unb reifenben aWonn bor oKem Unglüd betoaJjwfen''.
SSerrdt ftd^ fd^on in biefer Sitte bie 93efd^äftigung ber Sonbedbetoo^ner, fo erfl red^t in ben
6 toeiteren : ,,@in frud^tbared, gefunbed ©etoitter unb einen gnäbigen Siegen (6onnenf(^)
und gönnen unb geben, ^ie ^d^te unb 93ie^ auf bem Sanbe unb ^f^e im 2Baf|a
Jegnen unb betoal^ren". — ©tatt be« Kyrie eleison ftel^ft beutfc!^: „§err, erbarme hid}'^ in
SSaben, ßaffel (ref . unb uniert), Sad^fen 0,$err, $err'0 unb SBürttember^. gafultatitj tp
ed in @d^tt)ar)burg'9luboIftabt. ^eift ift toed^felfeitiged @)n:ed^en ober @mgen tnncgefe^
10 3)od^ lann in ^reu^en unb in Saben bie Sitanei aud^ Dom ©eiftlid^en gelefen tperben.
9Rur gelefen toirb fte in SBürttemberg unb ßaffel (ref. unb uniert).
^ie Siebe ber ©emeinben l^at fi$ bie Sitanei mit i^rem monotonen ®efang nirgend
erobert. ®a| fid^ biefe @ebetdform aber, U^enn i^r bie rid^tige ®e{laltung gegeben timb,
fe^r too^I bie $er)en ber ©emeinbe getoinnen lann, betoeift ^eirnl^ut. @o ^ oud^ in
16 neuefter Q^At ©imon« (a. a. D.) für bie SSerbefferung ber Sitanei feine Stimme erhoben,
unb t>on i^m angeregt, ^at @^itta (a. a. D.), mit bem 93Iid auf bie ^erm^er Sttanei,
noc^ toeiterge^enbe SSorfc^läge gemalt. SSieQeic^t getoinnt bie Sitanei, entf))red^enb ge&m
bert, toieber einen größeren 9laum in unferem gottedbienjUid^en Seben. ^reM.
Litterae dimissoriales f. 93b IV @. 669, 1 7.
20 Literae formatae (,yformatae", ^^literae canonicae")* ^uger S)u grredne unb
Suicer f. noc^ ®.«rnolb, ©al^rc «bbllbung ber crften ©Triften, 6.493—506; F.RFernmi,
De antiquo epp. eccles. genere, Mediol. 1613 unb edid. (&. %^. ^eier, Helmstadt 1678;
Phil. Priorii, De lit. canonicis diss. cum appendice de tractoriis et synodicis, $and 1675;
3* 9t. ftiedling, De stabUi primitivae ecclesiae ope literanim commonicat connubio, lip-
25 siae 1745; ©on^ale^ Xellej imüommentar 5. Decretall. 1. 11, t. 22, c. 3 St^einmalb, ftirct«
Ii(^e Archäologie, Berlin 1830, § 40.
^ur @rllärung il^rer (Sntfte^ung unb 93ebeutung ift auf bie ältefte 3^ )uxüdhuge^
3)er Srau^ \>on @mf)fe^lung^f(^eiben für reifenbe d^rijUic^e Srüber unb Sc^tüettem ifi
uralt (f. 9lö 16, If.; a® 18, 27; 2 «0 3, 1: avorartxal buaxoXal, aud(| ?ßoB^te|)
90 an bie $^i 14) unb ergab fid^ natürlich avA bem regen 3ierte|c ber ®emeinben mit«
einanber unb ber reid^^en Übung ber ®aftfreunbfd^aft (f. ^oiin, SBetoerlel^ unb Jtin^
1877, S. 22 f.). aber fd[>on ber 33erf. oe« 2. 9jol^nne«briefe« C^. 10) gebietet, man
foQe niemanben aufnehmen, ber nid^^t bie rechte Se^e ^e. ^er Sleifenbe foDte ftc^ alfo
über biefe au^toeifen fönnen (cf. Didache 12, 1). ®ie^ 9^^'^ i" ^^ ^^t\ bur^ ein
86 Smpfe^lung^fd^reiben bed ©emeinbeborftanbed, toeldbed bie 6^rift(id£fleit bed reifenben 9ru'
ber^ bezeugte; benn nur auf @runb be^felben ®lauben^ foQte bie c^rifUic^e ®aftfreunb>
(c^aft geübt toerben (Symbolum = (Srfennung^jeid^en ; f. aud^ XertuQ. de praescripi
20 unb 36: „contesseratio bospitalitatis" — ir^l^^ ecclesia Romana cum Afri-
canis quoque ecclesiis contesserarit")* ®o erjä^U und @))i))^aniud (h. 42, 2), too^
40 fc^ein(id[! nac^ $ip))oI^t, bag bie römifd^en ^redb^ter ft(!^ Weigerten, ben ÜRorcion auf<
^une^mcn, ba er fein ©d[>reiben Ci\x% feiner ©emeinbe mitbrad^te. ®iefe Sriefe Reiften
literae communicatoriae. Sleifenben ©Triften foHen nur fold^e au^efteDt toerben. ^
jlonjil Don @toira a. 306, c. 25 (verbietet ed, ba^ temanb in bem i^ mitgegebenen
offtgteQen ©^reiben a(d Confessor bejeid^net toirb. ^on biefen @m^fe^(ungdbriefen finb
46 bie offiziellen @d^reiben }u unterfc^eiben, in toeld^en bie ®emeinben miteinanber berte^rten;
eine gan^e 9teil(;e folc^er fmb und aud bem t?orirenäifd^en ^AiciX^ aufbel^oUen ober bem
^itel nad^ betannt. @tne brittc Jtlafje, bie toir bid ind 3. ^al^rpunbert hinauf t>erfo(gcn
lönnen, bilben bie literae pacis (eiQtjvixal biiorokaC)] ed finb Slbfoluttondfd^reiben,
toelc^e bie SQieberaufnal^me audgef(^(offener ©emeinbeglteber audf))red^en (f. bafür bie epp.
60 Cypriani u. a.). 3Son biefen fmb bie fpäteren literae pacis (buGxoXal elgnvixal bauj/j-
oiaoTixai) ju unterfc^eiben, U^eld^e fird^lid^^e SSorgefe^te benen audfteUten, todd^e gum Jtoifer
ober )u anberen ^o^en Jtleritem fid^ begaben; fte bienen )um Setoeife, ba^ mit ®en(^
migung bed ©d^reiberd ber 6mj)fänger bie 5leife unternommen fyd (Conc. Gbalc. a. 451
c. 1 1 ; ©uicer, Thesaur. sub. vv. elQtjvixdg, f. aaö) äjiolvrixal huatokaC). I)ic|<
66 Sriefe unterfd^eiben fw^ feit bem 4. ^a^rl^unbcrt t)on ben avorarixal, bie nur angefe^ot
$erfonen audgeftcHt toerben foüten; f. ©regor t)on9la5., Orat. III; ©ojom.h.e. VI,16;
Julian, ep. ad. Arsac. : avv&ij/buxm rcbv ygajtiudTcov, ®ie SSifd^öfe jeigten jic^ too^
jci^on fett bem @nbe bed 2. ober Slnfang bed 3. 3<^^^'^unbertd tl^re fS&aJfl gegenfettig an
IJterae formatae 537
(y^dfiuara h^goviortxd unb toci^Ielten literae communicatoriae (f. bic beiben Sri;
pete bei Sufeb., h. e. VII, 30). Die Slnjeige üb« Segcljung eineö ^trö, nanienltic&
beS Dftafefteö (üon aiejanbrien auä) erfolgte butc^ ygä/ifiaia ioQzaozaed, Troo^o^a
(epp. festales, paschales), [. u. a. Concil. Arelat. I, a. 314 c. 1 ; Mtttanai., epp.
featales; Carthag. VI, a. 401, c. 8; Bracar, II, a. 572, c. 9 ; bei ©ratian. De b
consecr. dist. III, c. 24—26. Stuftcrbem gab t§ ©i^eiben, oQgemeine a^erorbnungen
ent^oltenb = epp. tractoriae, circulares, iyxiJicitoi. ©(jejteüe 3{erorbnungen in
Sejug auf bie tommunttatorifc^en unb f^ftatifi^en Sdjieiben, ic|t). über bie jui ätuäftcllung
Seiei^tiglen, übet bie @in)>fängeT, über bic ^orm, über 9tetjenbe ofynt formata, über bic
communio peregrina ii. f. hj. finbeit fic^: Conc. Elvir. a, 306, c. 25, 58. Arelat, n
a. 314, c. 9. Antioch. a. 341, c. 7 (f. baju Can. apoat. 34. 13. Const. App. II, 58)
unb c. 8 (^ict juerft xavovtxai Imarokal etWaljnt = literae pacis) Conc. Laodic.
c. 41 ((. Conc. Clialced. a. 45J, c, 13). Conc. Nematia. a, 394, c.l ((»iet juerft
apostolia erhJÄbnt = epistolia = lit. pacis) unb c. 6. Conc. Carthag. XI. a.407,
e. 12. („Säet nn baö taiferlitfje ^oflager reifen Will, ra-a.% gucift literae formatae an is
ben Sift^of Don Stom unb bon btefem eben[ßl<^e formatae an baä ^ofloger ertialten . . .
2:ie formatae tnüKen aber ben ®ninb bcr Seife unb iai 2>atum beS Ofterfefteö ent^
galten"). Ep. aynod. ep. Afric. ad Bonifac. a. 419 (epietolia). S)aö ßmpfe^lung*'
fc^teiben bcö ©alBian (ep. 1 ed. 91iltetiI)ufmS p. 311 sq.). Conc. Chalced. a. 451,
c. 11 unb c. 13. 23. Concil. Araus. a. 533, c. 13 (apostolia). Conc. Turon. ao
a. 461, c. 12. Conc. Venet. a. 465, c. 7 unb e. 8. Conc. Agath. a. 506, c. 38.
Cone. Turon. a. 567, c. 6 (f. ju oQen biefen St, §efete, 6onciIienge|c&i^te). Sc^liefii
lief) |ei ouf bie Stelle bei Dptatuö, De schism. II, 3 ^ingelniefen : Totua orbia
commercio formatarum in una communionis societate concordat".
Über bie iöerfälfctiung feiner eigenen SBitefe ^ot fi^on 53ion^fiuä üon fiorint^ (j. 3. 35
UHoic Surel«) ju flagen (IV, 23 bei (Sufeb. h. e.). eeljr intereffant ift, tuie ^lä) ß^prian
über einen i^m feiner (Sc^l^cit na^ Cerbdc^tigen Stief auä 91t>m auSJtirii^t (ep. 9 ed.
gartet: „legi etlam literaa, in quibus nee qui scripserint nee adquos scriptum
ait significanter expressum est. et quoniam me in isdem literis et scriptura
et sensuB et chartae Ipsae quoque raoverunt, ne quid ex vero vel subtractum bü
Sit vel immutatum, eandem ad vos epistolam authenticam remisi, ut recog-
noscatis an ipsa eit quam Crementio hypodiacono perferendam dediatiB. per-
quam etenim grave est, ai epistulae clericae veritas mendacio aliquo et fraude
corrupta eat. lioc igitur ut scire possimus, et scripturam et aubscriptionem
an vestra sit, recognoseite"). SHfo ft^on bamotS tonnte fit^ in SBcjug auf cffijietle 86
Schreiben bet Iterbac^t ergeben, bafe f" flcfälft^l feien ; oixi bev '^i\X ber großen fionjilien
(4. bis 7. ga^r^unbert) laffen fic^ eine ganje iHeiEje Bon gälfijungen na^meifen. Um bem
ttOTjubcugen, feilten bie Briefe eine fefle, »orgcfi^ricbene Äorm ^aben — fc^on ß^prion
ma^t auf 5 fünfte aufmertfam, bie i^m in bem Derbä($tigen Briefe ni^t in Orbnung
ju fein f^iencn — , um biefer JJorm btllen ^eifeen bie ©(tjreiben „formatae" ober 40
„literae canonicae". Unfidicr ift, ob bie Sejeic^nung „formata" toegen beä babei an'
gewenbeten 3Kufterö öffentlii^er 3nftrumente unb (lbi(te üblidj geTOotben fei (f. ben %vA--
brud „formalis" Sueton., Domit. 13), ober ob boS 2Sort bon forma =^ limog,
©icgel (formata = tsiimo>nEvrj = sigillata) Ejcrjuleiten, ober ob bic gebrausten fo=
lenncn SluSbiürfe unb genau beftimmten Jlennjeiiien 3ln(a§ jum Diomen gegeben fjabcn v,
(f. 2)u gteäne, Glossar, lat. s. v. formata). aöa^rf(^eiiüit^ ift eä bie buri^ Äanoncä
beftimmte goim, um beren toiUcn man biefelben juerft xavavixai, fpöter (4. ^a^r^unbert)
„formatae" genannt ^t.
9Ia[^ einem bem ^ifi^of äCiticuS Don ^onftanliiiopel (auf bem Soniil ju (F^alce-
bon 451) beigelegten Scrid)t foU boä jtonjil bon ^iicäa eine tJeftfe^ung über formatae 5q
erlaffen ^aben, bie oftmals Utiebei^olt toorben ift, f. ©rolion, Decret. dist. 73. 3)er
99cn(^l ift nif^tS weniger a[ä unberbäc^tig (©arbl^aufen, Vönti/. ^aläogr., ©. 240 f.,
f. 392. 424, fi^enft bemfelbcn ©lauben ; biellcirfit ift et niii&t toiet älter a\i (ßfeuboiftbor ;
f. ftnufl. De fönt, et cona. Pseudo-Isidorianae, coli. 1832, p. 3). Qx loutet: „Qua-
liter debeat epistola formata fieri exemplar. Graeca eleraenta literarum nu- as
meros etiam exprimere, nullus qui vel tenuiter graeci sermonis notitiam
habet ignorat. Ne igitur in faciendis epistolis canonicis, quos mos latinus
tormatas vocat, atiqua fraus falsitatts temere agi praesumeretur, hoc a patri-
bus 318 Nicaeae constitutis saluterrime inventum est et constitutum, ut for-
matae epistolae hanc caiculationis aeu suppulationis habeant rationem ; id est,
Ä
538 litterae formatae Sitmrgie
ut assumantur in supputationem prima graeca elementa patris et filii ^
Spiritus sancti, hoc est /7. Y, A,y quae elementa 80. 400. 1 significant nn-
meros. Petri quoque apostoli prima litera id est 77» quae numerus 80 signi-
fieat (eg ijerftel^t ftd^ l)on felbft, bafe btc^ 77 ntc^t = tlkgog, {onbcm = UvevfM
6 ift), ejus qui scribit epistolam prima litera, ejus cui scribitur secunda, acd-
pientis tertia litera, civitatis quoque, de qua scribitur quarta, et indictionis,
quaecumque est id temporis, id est si decem 10, si undecima 11, si duode-
cima 12 qui fuerit numerus assumatur. Atque ita bis omnibus literis graecis,
quae ut diximus numeros exprimunt, in unum ductis, unam quaecumque
10 coUecta fuerit summam epistola teneat. Hanc qui suscipit omni cum cautela
requirat expressam. Addat praeterea separatim in epistola etiam 99 numeros,
qui secundum graeca elementa significant Amen, ^tefe frü^ mittelalterlich Sm
toetfung tft au^ ben älteren JtoKeltionen in fpötere übergegangen, namentlid^ in bie ger^
manifd^en gormelbüd^er (m. f. j. 33. Formulae Lindenbergii 184, Baluzii 29—43,
16 üb. diurnus tit. 10, u. a. in ©alter, Corp. jur. germ. III, p. 456, 481 sq., f . ö.
SQ3V|/ ätaemann. gormein unb ©riefe au« bem 9. ga^r^unbert 1850, 9te. 7, ©. 30 f.;
^loainger, Über gormelbüd^er, 1855 ; 2)ümmler, gormelbud^ bed SSifd^^of^ @alomo UL
bon Jtonftan), 92r.24; Rozidre, E. de Recueil gän^ral des formules usit^es dans
l'empire des Francs du V. au X. siöcle. II. Part. p. 909, nr. 643).
20 Vbolf ^tmatf.
fiititrgie* — 3m Unterfc^ieb Don ber übenoiegenb pefAic^tli^en ®e^anblung bitfrtf
®egenftanbed bun^ ben Deretotgten \>. ^e^fc^toi^ in ber 2. ihufl. toirb ber folgenbe 9rti(el
na4 bem ^unf 4e be$ ^errn ^eraudgeberd i\6) auf bie prinzipiellen (defi^tdpuntte bef c^rfinfdi.
^ie gefc^icbtlic^e ©ntioidfelung in ber fot^olifc^en ^ird^e luirb bem einen ber beiben 9rtifel
26 über bie Weffe jufallen unb tft für bie et)angeltf(^e Üirc^e in ben ^rtt. ^r^enagenbe SBb X
®. 344 ff. unb Slbenbrna^Idfeier in ben ^irc^en ber Sieformation ^b I ®. 68 ff. gegeben. 6o
liegt Quc6 fein (SJrunb t)or, bie fe^r umfongrei(6e fiittcrotur, webcr bie großen, 3)cnfmÄler kt
Iiturgi{4en (Snttoicfelung Dorfü^renben ©ammelmerfe, noc^ bie biftorifc^« unb lomparatiD'
fritifc^en ^orfteQungen ^ter aufzuführen ; unb für bie prinzipiellen Erörterungen fann ed ge»
80 nügen, auf bie fie^rbüc^er ber praftifcben X^eologie in bem betr. 2(bf(bnitt über fiiturgif, m
auf bie ße^rbücfter ber fiiturgif zu ueriueifen.
^ie ^ier in ^elracbt fommenben t^ragen toerben au4 in ber ®treitf(j^riftenlitteratur, bie
burc^ liturgifcbe 9?eDifionS« unb Stefovmaroeiten beutfcber iilanbeSf treten hervorgerufen toorben
ift, immer aufd neue bidfutiert. (SS fei an bie zoblrei^en tnlereffanten, z^^ "^^il f^^^ ^^'
86 giebigen fiibefle erinnert, ujelcbe bie neue preugifcbc ?lgenbe feit 1816 angefodbtcn ober per»
teibigt l^aben; femer an ben litterarifc^en WeinungSfampf unb =oudtaufÄ im babif^en
9(gcnbenftreit ; cnblitb and) an bie 3)i8fu(fton über ben ©ntiourf „ber Ägcnbc für bie dwn»
gelifcbe fianbeSürcbe in Preußen" (SBerlin 1894) unb über bicfe ?lgenbc fclbft (1895). «u«
ber ®efcbi(btc liturgifc^cr ^Reformen in ber ©cbrociz ift beS 9ieferat8 oon Ä. 8(bnjcizer: Sie-
40 fern bie liturgifcben ®ef)ttc binbenb fein f ollen (Süric^ 1836), au^z^icbnenb zu gebenfen. ^tx--
felbe @^ele^rte ^at in ber Einleitung z^ fetner ^omiletif bie $rinzipienfragen etnge^enb unb
f(ftarffinnig im freien Slnf4I«6 on ©^leiermacbcr bebanbelt.
ißeuere (Sinzelftubien fiitben M im S^l^eol. 9lnzeiger aufgeführt ncbft funer ©efpretjung.
tiüx bie {prac^gefcbi^tlicbe @eite fommen znnö(^ft bie grogen ^örterbüciqer, Stephanoe
46 thesaurus, du CaDge, Forcellini auf, nur laffen fie bie 3)arftcflung be« gortfd^rittc« unb ber
^Ibtoaitbelungen bc8 3öortgebrau(b« oermiffen; unb ^ier ift faft alle« etft zu Iciften. — gür
bie 3öiebergabc be« öebräifd)en 'aboda burc^ kaioela ^thtn bie lejifograpbifcften ^oupttDcrfe,
tJ. fiancfifcb'« Concordantiae etc.; 3. g. 8d)Icu§ner. Novus thesaurus, Lps. 1820/21; Wr.
^br. 3Ba^l, Clavis libr. V. T. philologica, Lps. 1853 bc§ ®enoueren «uSfunft. Ueber ben
60 neuteftamentlicben ®ebraud^ ber Sortgruppc bietet ^. dremer im „bibl. tbeol. ©örtcrbtt(4'
eine Ueberftc^t.
3)a^ ber ©emeinbe Sl^rtfti ba^ Sbangelium geprebigt, bie $rebtgt burc^ Semfung
unb 9(uftrag, foh)ett ed mögltd^ tft, ft^er gefteUt, bie @a{ramente ftiftung^mä^tg t)estDaItet
n^erben, ba| ber hieran genöl^rte @(aube feinen ^n^alt burd^ Selenntnid unb ®ebet b^
66 lunbe, in ^d^t be« ©etfte« betoä^re, gehört zum Söefen unb Seftonb ber Xxd^ SM
ber ®otte«btenft al« einrtcl[>tung (f. b. a. 95b VII S. 1 ff.), in bem bie ®Iaubei^emcin«
f(^aft ate ©emetnfd^aft bed SBorte^ unb @aframent^ \\i^ ebenfo einen feierlicben Sbtdbnti
fc^afft tote bo^ toacl[^tümUd^e Seben ber ©emeinfdbaft ju i^rem ^Xoti, bod Sietc^ ®ott(d
tu bertotrf Itd^en, förbert, befte^t h^efentlid^ au^ SSerrünbigung be^ @bangeltumd, S)acreu^
60 oe« ©aframente«, Übung be^ ©ebete«. 2öeil biefe ©tnric^tung JM mit bem ^nnerficlipoi»
nämltd^ mit ben gottgegebenen Mitteln für ba^ Jtommen unb SBirfen bed i^igen ®eipei
befaßt, bebarf fte, um t|^rer Slufgobe, ber Erbauung bed Seibed S^rifti, ger^t }u tpeitov
fiilutgii
539
fort uiib fort fbeit bicieä ®eiftee, feintr 6c(cc[enbcn unt ^crbDiörinambeii ISluäft für bie
Senoallcr brö Slmtcö, bie Wiener am Söort, ebcnfo Icie für baä ®anje bet »crjammeltEn
©«neinbe unb oHe if»re einjetnen Ölicbfr. Unb bie* Stni;, bafi üotn Seifte agriffene unb
((cifte«mQd)ti(ie *]JetfiJnlii^Ieiten ba feien, fte^l für ba« ^erbotbtingen be* ^n^altS bcä ®olteö=
bicnftcä roic für beffen innerlii^e aiufnaliine aXä grfte« Boran. 2)ie Srt unb SBcife ater, g
toie bie SBtfenäelemente, bie ^auittftüife beä ©ottcäbicnfte«, unteteinanber Berbunben finb,
ibre Mufeinanberfolge, ber Slnftttufi ber einen gotteäbienfllit^en Slfte an bie anbeien, i^r
äufbau ju einem gottcöbienftlit^cn ®anjcn, i^ve 35etteilung jiDifc^en Mmt unb (Scmembe,
bie formen unb 3)iittet beä teligiijfen 3tu#bruc[^, biei alle« ift nidjl unmittetbat mit jenen
!Be|enöftücfen gegeben, ift aud} felbft nicbt fonftituierenb für ben Seftanb bre Siri^e, fons m
bem gebt aU ^Wntei, ©etunbäreä aiiä jenem (Srften unb Sunbamentalen ^cmor. 9tn
bet ^erBoibringung ift aufeet ber Überlegung [irt^liifiei SBeiö^eit, bie inncrlii^ 3"f«i''"*"=
geb>^<^i8^ }ufammcnod)n{t unb ^fUgl, unb auger bem 9Sa()rb^l^finn be« ©(aubenä, ber
nur baö bem ®lauben^inljalt (Snlfprccljenbe unb ber tjrbauung j^rberlitbe aufnimmt, ein
©inn für ben 5ESert bcbarrenber tonftantet Xti^^cn unb bittet beä ©laubenöjeugniffeä ib
tnirtfam, beffen Siei^t einerfeitö auf bem SebürfntS eina jeben ©emeinfc^aft nai^ fefter
änurbnunfl gemeinfamer ein ©anjeS bilbenbcr 91(te, nnbcretfeitä auf einer auc^ o^ne Mm
orbnung ftiß unb energift^ in allein ©emeinfctiaftölcben tnirtfamen Wlad^t gefi^ic^tlii^er
Irabition aU feinen beiben §au;)tpfcilem rubt. So entfielt bie ©otlesbienflorbnung (iri^=
littet ®«meinf(bQften, ftir bie ber 9iame „Situtgie" ali äejei(f)nung ausgeprägt unb in 30
filteren berfd^'«^^^ SelenntniffeS rejiziert ift. 3Jian tann i^n auä) in engerem ©inne
berftebcn, fo bafe er jur Unterft^eibung »cn ber frei petfiJnlii^en Xlfat ber ^ßrebigt ben
ftomtjle^ ber religii^fen €tü(fe bejeic^net, bie Bon ber .^trc^ für ben gotte^ienfllitben @e=
brau(^ ou^clcfcn unb fixiert, in eine beftimmte 3lbfo(gc nad) ben ©runbfä|en leligic^fer
Sogif gcorbnet, in einem amtlichen Jtiri^enbudj, ber 9Igcnbe, für ben fird^Iii^en @ebraud^ 25
Beröffcntltf^t unb ben 2)icnem am Söort befoblen finb. ^n biefcm ©inne Bertritt bie
Liturgie ein ftabileä (Siement neben bem betoegiic^en ber ^rebigt, bie fefte Oibnung neben
ber freien Setljätigung, ein gegebenes DbieltiBeä neben bem ^lerfijntii^en unb inbiBibuettcn
3nigniö, hJö^renb fie mit ber ^Ötebigl \)mä} bie (Sinbeit beö 5S"Ö<i''^ ""^ ^** betennenbcn
©laubenS, wie buref; bie glei(^e Slbfid)'/ bie ©enieinbe ju erbauen, uerbunben bleibt. (Sine bo
toeitere j^ffung beö Segriffö ber Silurgie liegt ba Bor, Idd bo* ©anje ber ©olteäbienft:
orbnung mit (linft^tufe ber ^iwbigt jo bejeidinet Wirb. Der Unterfi^ieb biefeä ©inneä Om
jenem crften engeren ift nii^t grofe ; benn er nimmt für bie Siturgie nii^t ben 3n^a[t bn
!lJrebigt, ja nidji einmal bie ©eite an iiir, Wcittie burf^ liri^lic^e Sitte beftimmt ift, in
änfprucb, fonbem nur i^ire ©teßung im ©anjen be* ®DtteSbienfteä, tuäbtenb i^r 3n^att, as
bie Srage, WaS unb Wie getJiebigt »erben fode, ficb ber gip^ung notwenbig entjie^t.
Siner äi?nli4)en 91bgrenjung bebarf eS aui^ für bie jjeier ber 3luäf)>enbung bed b^i^'Q^
SDta^le*. tia% eä gefeiert, bol bie jjciet in Wefentli^en Dingen fic^i Bon berabfii^t unb
bem fflort ber Einfeßung burcf) ben ^icrm niAt entferne, bafe ber lob beS §errn Ber'
Kinbigt, beffen ^rucbt in ber ilergcbungägnabe bargeboten Werbe, bafe eine Sicrfammhing 10
fitt» in ßinbeit beS (ircbli^en Orleö unb ber fircblii^en ^t\t j|u i^m finbe, ift eine Über
bem Siturgift^en fteboibcr, e« normierenber fönmbfa^; aber fdion bie ^i^age, ob bie Ein=
fe(jungetrorle feierlitb rejiticrt, eine ©penbef ormel gcftirot^en, ob 3lltor ober %i\ä} gebraucht,
bie eiemente Bom ajettoalter beS ©atramentö gegeben ober Born GnU^fänger mit feiner
eigenen ^anb genommen Werben, ift eine litucgift^e, fiiturgiftb aui^ ^orm unb 2lnorb= u
nung ber Oebete, ber feierticben SnnabnungölDorte unb Segenäfprüi^e, bie auf bie ^^eier
^infiib'^*^! fie bie ^täfotion, in i^irem Stamm einö ber älteften ©tiitte beö t^riftlit^en
fiultu^, unb baä ffiaterunfer. Selbft bie Honfefration ift integrierenber Seflanbtcit erft
bun^i (iturgtff^e ^eftfefung geworben, unb wie Berfdjieben bie SiorfteHungen über i^re Scs
beutung unb 32irtung geti^efen |inb unb noä) fmb, jeigt bie @efcf)ic^te ber 3Ibenbmab[ä= u
feiet. Wie eine Sergleicbung beö Srauc^ö unb Sebrbegriffö ber Rirf^engemeinfiaften unb
Denominationen bet ©egenWart. Siiie Biel (JUcfenbeö aber auc^ ^xtx anjuertennen fei,
fo b^' ^^ gerabe baä b'ilige ^abl foWoEjC burtb bie feften, mit feiner Stiftung gege:
benen SIemente, wie butd) feine befonbere Dignität für bie Sntftefmng eine« Äemä unb
Äriftanifationöpunfteä gotteöbienftlicfeer, liturgift^et Orbnung bie gröfete 93ebeutung für bie 66
(Snlfle^ung einer Siturgie gebabt. Wie beren @ej4>i4>te jeigt. ^arin ift e« autt) begrünbet,
ba| in ber jjolge baß iffioTt „ilitutgie" Bom firc^lic^en Sptat^gebrautb Bor ottem auf ben
Äomplej ber gotteSbienftlif^en formen ber %ätx beä SahamentS SIntoenbung gefunben
bot Sä ift nicbt Wie im gegenwärtigen proteftantifcben Spracbgebrnu^ baä gotteäbicnfllif^
@eorbnete an fii^, obneM^fii^t auf baä ^eilige tJla^I, waä ben ^Jlamen „Liturgie" Ber^ aj
640 £ihtrgte
anlaßt l^at, fonbem ber J^eUtge 3)icnft, befonber« ba« SlIIerl^ciKgjie bcS Krd^Itd^en S)ien|te,
fretlid^ mit Slüdftci^t auf bae fefte ®efüge fetner Seftanbtetle unb ber ))rtefierlt(^ 9k(s
rtd^tungen.
9lt(^t unmittelbar in ber Offenbarung, nid^t ))rä3e}}tit) burd^ ein Offenbontngtooit,
6 am aUertpenigften auf gefe^Kd^em SBege, ift ed ju einer Siturgie gelommen. SHe rdmif(^
Siturgiler ^o£en [xö) t)ergeblid^ bemül^t, toenigftend ben Jtem i^red 3Re|Idnon auf bte
äluftorität bed ^errn unb feiner 9l))oftel ^urüdt^ufü^ren. 3)ie ®otte^ienftübung ber Ib
gemeinbe, toie fte fid^, obgleid^ unt^oQftönbig, namentlid^ auf ©runb ber a))oftoIif(|^ ISi»
ma^nung 1 Rot 14 un^ entwirft, jeigt nod^ aQed flie^enb. @ine reid^e SRannigfaltigfoit
10 ber S^ari^men mu^ gegen bie Ü6erfq>ä|ung ber ^ert>orragenben unb auffaQenben l>ertoai^
ber @nb)tDed ber Erbauung ber ©emeinbe, in bem aUt ®aben jufammentreffen, fhnt
l^erau^el^oben, 93orbring(id^!eit unb Unorbnung abgetoel^rt toerben. @o tpar bad Sd^luft»
toort Tzdvra de evo%rm6v(x}(; xal xaxä td^iv yivea&co nur eim etl^ifd^er SBinI, fem
für gotte^bienftlid^ed Silben fd^^on tpirifamed ^nn^. 2i^^^ äBinle folgenb ^e an
16 ftc^ bad gottedbienft(id[!e Seben ftd^ in bem freien äBalten ber SRannigfoItigteit tpetter be>
tpegen fönnen. 3)a^ formfc^affenbe $rin;i)) lag aber in ber unau^eid^lid^en 3Rad^t bed
gef^id^tlic^en 93e^arren^ für @emeinf(^ft toie ®efellf(i^aft 3)a| biefe SRac^t oud^ in ber
a))ofti)lifd^en 3rit, ber ^Ät ber Urf prünge, nid^t ganj tjerfagte, betoeift ali eine jtoor Deine,
aber fel^ fenntlid^e Bpnx jjened S^men, mit bem nad^ ber @rn>artimg be^ 9i))o{leId auf
90 S)anfgebete geanttoortet tourbe. ®eb)i^ ein f^nagogaler 93rau(^, ber felbft in ^etbenc^p^
lid^e @emeinben fo frü^ @ingang gefunben l^at. ^an fte^t baraud, tote ftati bod Se«
bürfnid gotte^bienftlid^er Sitte ftc^ fc^on in ber älnfang^jeit regte. ÜRon fc^log fic^ an
93räud^e eined Jtultu^ an, mit bem man ba^ altteftamentli($e SBort gemeinfam fyxX(t,
mod^te man fonft burd^ ben ^nl^alt ber neuteftamentlid^^en Offenbarung noc^ fo tief )m
26 U^m gefc^ieben fein.
3)ad Sebürfni^, ein 93e^arrenbed für bad gotte^bienftlid^e Seben ju fd^Kiffen, in ban
röumlid^ getrennte (linjelgemeinben ben älu^brudf il^rer Sini^eit befi^en, ein Se^onenbe^,
bad ald ein l^eiliged @rbe Don einem ©efc^led^t ürd^lid^er ©emeinfc^ft auf bod onbere
übergebe unb fpöte Reiten mit früheren S^^tl^unberten unter §injutritt ber ^ßietot W
80 binbe, ift tief im Sßefen gefd^ic^tlid^er @emeinfd^aft unb gemeinfc^aftlic^ (Sefc^ic^te le^
grünbet @o fenft fid^ in ba^ ^Balten bed ))neumatif(^en Sebend eine ou^ ber Bpffbt
be^ 9latürlid^5©ittlid[>en ^erftammenbe JJunItion geftaltenb unb orbnenb ein, nur baj^ bie*
Orbnen, obfc^on ed bie @in}e(inbit?tbualttät nötigt, ftd^ um bed ©anjen toiQen gu fugen,
bod^ nie ben G^aralter eined ©efe^ed erhält. 9lud^ ift ba^ @inri(^tung^mä|ige, bod bon
86 einem gefd^id^^tlid^en @an)en berfommenb in feinem @o^ein auf eine beftimmte, gefi^i^fts
lid^ geworbene, organifierte Hirc^e mit feinem SBerte befd^ränft ift, nid^t toie ettoa ein
©tatut fo un^erfönlid[>, ba^ e« nic^t in ben ©ebeten, bie jur ©ubftanj ber Siturgie gc«
^ören, perfönlid^ entftanbene Seftanbteile fic^ affimilierte. ?freili(^ toerben biefe meifl in
ber äbftd^t, bem ©emeinbegottedbienft bamit )u bienen, entftanben fein. @in ö^fu^
40 ^ro^efe, toie bei ber ©ntfte^un^ be« Iird^lid[>en ©efangbud^e«, nur bafj l^ier ba« %tdt fo«
too^l in ber 3lrt ber $ert)orbnngung atö auc^ ber au^toö^lenben fird^lid^en 93enu|tmg
fid& ftärfer be^aujjtct, afe in ber Siturgie, unb bafe bie d^arafteriftifd^en bie^fterifd^ 3"*
bioibualitäten unOer^üHt ^erOortreten, toä^renb bie ©c^öpfer einzelner liturgtfd^er ®ebube
jurüdftreten unb jurüdftreten foüen.
46 SSerlöfd^en bemnad^ bie ^üqz bed inbit?ibuell'))erfönlid^en hervorbringend ober bep
toifc^en fie fid^ toenigften«: bennod^ entfte^t in unb mit ber Siturgie felbft ein tnbirtbueD
unb d^arafteriftifd^ bargeftellteö S5ilb ber beftimmten Äirc^e, ber fte angel^ört, itad^ ber Seite
i^red gotte^bienftltd^en Seben^, nur ba^, um einen trollen unb richtigen ©efamteinbnut
biefed Seben^ ju getoinnen, aud^ auf bie ^rebigt nad^ il^rem eOangelifd^en ®el^ unb
60 il^rer geiftigcn Äraft toie i^rer formalen ©eftalt SlüdtfidE^t genommen toerben mufe. SM
^at auf bie Uturgifd^en Sinien jene« Silbe« bie fird^lid^e SSerfünbigung infofem eingelwxft,
ate bei ber jä^rtid^en geicr ber ^eilbegrünbenben Offenbarunggt^aten nicpt Mo| bcö Se»
bürfni« beteiligt ift, in ber ©emeinbe @ott ju pxÄ\m, il^n ju bitten, i^m ju banlen, fon*
bem aud^ in beftimmten 3lbfd^nitten au^ ber ©d^rift unb einer l^ierau« §u fd^öjjfatben
66 $rcbigt jene Ti)aUn Dor bo« Siluge ber ©emeinbe ju ftellen unb fte lu erbauen. Sott«
barbietung alfo ift mit ein galtor für ba« liturgifd^e (äeftalten. Ste oaö Stin^enjo^ ben
einjelnen ©onntagen gctoiffe liturgifc^e SSorte unb ®ebete guerteilte, toie in ben ^ntroiten
unb ÄoDelten ber römifc^en Äird^e gefd^c^en ift, ftimmte fie biefe auf ben 2^on ber ©c^
lefung ein. ©o l^at bie Darbietung be« SBortc« befonber« jur Silbung tnirtabler gönnen
60 ber Siturgie mitgetoirlt.
Sttmrgie 541
3n bod Don ber @ttte gefc^affene ^tgetoanb gotte^btenfUic^ Übung l^at bann ber
tief hn SEiefen bed menfd^I^en ©eifte^ begrünbete R\xq, ÜberftnnKd^^ed butd^ @innlid^ed
ongubeuten in natürlid^er Sefreunbung mit bent bur$d äleligiöfe erzeugten ober bod^ an-
geregten KtnjUenfd^en triebe mand^e ^ben l^tneingetooben. S^mbolit unb f^mboHjterenbe
ober audfii^ntüdenbe Jtunft lonn nic^t unter ^tntoetd auf bie fd^^Uc^te unb funft(ofe @in« 6
fad^l^ ber ©otte^bienfte ber a))ofto(tf(^en 3^ ^^ unebangelifc^ ober toeltltc^ t)erbannt
iDe^en, fotoenig tote bod oltteftamentlic^e 93Ubert)erbot einer leufd^en barfteQenben ihinft
ben Soböi )u en^iel^ Dermog. SSielmel^r ragt mä) ^ier im fünft(erifd^en ^anbeln nid^^t
mtiiber atö im orbnenben ein ber @d^ö})fungdorbnung ©otted entftammenber Seben^n^ert
in bie $fteae ber Offenbarung^üter unb «toerte hinein, nic^t grunblegenb jtoar, l^Üxö) lo
fogor eiübeorlid^, ober burc^ ben ge^eimnidt^oQen ßufammen^ong bed geijligen Sebend mit
bem ftnnlid^ ben 3ßten ber (Sr^ebung bed ©emüted ju ®ott förberltc^ unb bienenb.
9uf biefe SEBeife ift innerl^b ber toeiteren Bpf)äxt ber tirc^Iic^en Jtunft ein eigentümlid^
Etingifc^ lünfuerifc^ed ®e^en entftanben, ^at äOtar, Jtonjel unb gotte^ienftlid^e ©eräte
eformt unb gefc^müdt, ftd^ aud^ beftimmter ^rben für bie @^mboliI bebient, um bie i6
~ lenort ber ^eftjeiten bem ©inn einbrüd({i(!^ )u machen. %xo^ ber älnalogie altteftament«
toie ^nifd^^tultifd^er S^mbolil unb Aunft ifl bieg toeber ald )übifd[! noc^ d^ ^eib«
nifd^ anjufel^, fonbem nur aud gleichen 38ur)eln, ati^ Sebürfniffen bed geiftigen Sebend
ent^nnmgen, bte bad S^ftentum nid^t ya Verleugnen brandet. @rft toenn bie Überfülle
biefer bienenben ÜRittel unter SSerföumung bed für ben Jtultud äBefentlic^en, bed äBorted, 20
M borbröngt, toenn bie £iturgte, h)ie ed in ber orientalifd^en jtirc^e gefd^ie^t, ju einem
jl^mbolifd^en ^roma mit ftnnlidpen @ffetten toirb, ober toenn, toie in ber römifd^en SReffe,
bod St^mbolifd^e ju einem SeremonieU oertrodEnet, bad fic^ mit m^ftagogifd^en unb tl^eur«
gi|(^ ^rötenfbnen Oerbinbet, toerben jene fünfUerifd^en unb ft^mbolifterenben 3ut^^^
eine ®^afyc unb @(^igung. Unb in reid^Iid^er Srfo^rung einer @ntgeiftigung unb @nt« 26
koung, bie mit biefen Überlabungen Oerbunben toar, ^at bie Sieformation aud^ ^ier )ur
Cinfai$^eit gurüdgelenit, bie fd^toeijerifc^e f))röber unb abtoeifenber ald bie beutfd^e; benn
bicr t)ertoe^eSut^erd unbefangene unb gemütliche @(!^ä^ung bed Silblid^en unb fein Sinn
i&t Sitte ben @l;mboIen unb ber ^nft nid^t i^r befc^eibened bienenbed Sßalten. SBrfent*
iü^ ^ er i^en nie jugeftanben. Unterfd^iebe jtoifd^en ben beiben et^angelifc^en Kon« ao
feffionen auf btefem ©ebiet bürfen barum oon einer f^öteren Betrachtung in U^rer 2Bic^«
tigleit nic^t überfd^ä|t toerben. Sie bleiben l^öd^ftend d^aralteriftijc^e 93egleit^c^einungen
tieferer Unterfc^iebe unb l^aben ald f olc^e für bie Seftimmung lonf effwneuer @igenart auer-
biiigd noc^ einige Sebeutung.
SEitd^tiger aber tmb für bie @nttoidelung ber Siturgie beftimmenber ift traft be^ 3^^ ^
fommenl^ngd, ber )toifd^en bent Selenntnid ber Aird^e unb i^rem innerften Seben befte^t,
bie SBec^felbegiel^ng jtoifd^en ber £iturgie unb ber Ür^Uc^en Se^re. 2Bie ftetig liturgifcj^e
ftonnen, Srouc^, St^mbole fid^ b^av^im, fo emofönglic^ bleiben fie ho6) für Umbiegungen,
guttaten, Sudlaffungen, bie il^ren ©runb in ^eränberungen bed ürd^^ßc^en Se^rbegriffd,
in f^rtfc^tten ober SUidtgängen religiöfer SSorftellungen unb SlnfcJ^auungen l^aben. So 40
bnnte, oU bie ^eildbebeutung bed Xobed bed (Sriöferd in i^rer bibl^d^en ^iefe nic^t mel^r
erfa^ tourbe, ber ^x(S)oit ber eud^ariftifc^en ©ebete ^vi^ t)erallgemeinem unb t?erflad^en,
\ok ed fd^on in ber 3)ibad[!e ber ^aQ ift. So gefc^a^ ed, ba^ bie alte SorfteQung t)on
dner SBet^ung ber (Elemente Ibuxö) ben ©eift, bie nod[! ältere ^e^Iiturgien ber frönttfd^en
Stinte beeinfluß, in ber römifc^en 3Jlefie }u einem rubimentären Sleft ol^ne erl^eblid^e ^e« 45
beuütng ^erabgefe^t tourbe (Rubr. XIII : Veni sanctificator Spiritus etc.). So ent«
*>en §u ©unfien be^ Di)fergebanlen^ in ber römifd^en aJlefJe jene ^Partien, burd^ bie
ber römifc^fe 5lanon fotoo^l t>on ben altürd^lid^en ©ebeten, toie oon benen be^ frühen
telolterd ak Derbilbete SBeiterfü^runa unterfd^^eibet. ^ ftörtften 3Sla^t mu^te bal^er
ber gro^e reltgidfe Umjc^toung in ber Steformation, ber ^üdgang auf bie S3ibel unb bie 60
SUft^t beS ®rlöferd bei ber Stiftung bed 9(benbma^(^ ctuf bie 92eugeftaltung et)angelifc^er
Ootte^enftorbnungen einen @influ^ ausüben; unb o^ne in eine gefd^^id^tlic^e 2)arfteuung
eiiqugel(fen, barf ald t)rin)i))iell toic^tig l^ier ertoä^nt toerben, ba^ bie Steformation in i^rem
Stmip^ g^en bie 3Reffe junäd^^ft t?on ben religiöfen ©eftd^^t^^unften angegangen ift.
a^oL XXII. 66
Snberccfeitg bat ber im Siturgifd^en feftgclegte unb eben baburd^ ben ©emütem im
«»tteiSbienftlid^en ©ebraud^ tief eingefprägte religiöfe ©e^alt gotte^bienftlid^er Sitte für bie
Ihiffoffung unb Sc^ung ber @igenart einer tird^lid^^en ©emeinfd^^aft eine ben f^mbolifc^
ouiSgetrrägten £ej^rb^nff ergön^enbe S3ebeutung. Selbft ba, n^o bie 3uf))i^ungen be^ le^»
teren ba Siturgie i^e c^ara!teriftifc^en 3^0^ geben, n^ie ed bie Seigre t)on ber unblutigen eo
542 Sümrgie
SBieber^oIung bed 0))ferd Sl^rifti unb bie Seigre t>on ber Xran^fubftantiotton hn tdmtfc^
3Re^fanon get^an \)ai, toirb ber ^urc^fd^^nitt ber titd^^ltc^en ^mmtateit, befonberd bte
93u(0ärfr5mmt0leit, t?on ben ®inbrüd(en ber iultifd^en, ntd^t ber biboftifc^en älu^ögung
ber Seigre beftimmt 3Ba^ toöre eine Xran^fubftanttotion^Iel^re o^ne bte 9te|t>raj^id? So
6 gel^ören benn (iturgtfd^^e formen fraft biefer i^rer äSebeutung )u ben S^otter^ügen bd
^ilbed einer ^irc^e, unb ed n^irb ein ^ortfd^ritt ber t^eolo^ifd^en ^idjit^Hn ber @t^mboIit
barin ju begrüben fein, ba| fte nid^^t blo^ auf bie 93elenntntf{e, f onbem unter Sefc^ronlun^
freiließ auf SBefentlid^ed unb 6^ara!teriftif(^e^ aud^ auf iene formen bed gottedbienfUic^
Sebend Stüdfid^t nimmt, ^iefe Sebeutung liturgifdi^er @tüd(e für bie ®rlenntmd bed Sigeits
10 tümlid^^en einer lird^^Ud^^en ©emeinfd^aft n^irb fic^ freiließ in bem !Dla|e ^obminbem, in
toelc^em; U^ie bei tmd @t?angelif(^en, ber ®runbfa^ Don ber aQein normierenben Sebeutung
ber @<^rift in einem tiefen imb reichen ©laubendleben ber ©emeinben totrltic^ lebenbig
ift. SBol^l toerben aud^ bie Jtonfeffion^unterfd^iebe @t)angelifd^er, befonberd in ber 9m
fd^auung Don ber S3ebeutung bed ^benbma^ld, in ben liturgifd^en ^rmen ber ^er irgaib
16 berbortreten, toie ed bie äSergleid^^ung ber lutl(ferifd^en 3lbenbma^töliturgie mit benen ber
Steformierten jeigt. 3)er Streit um bie ^reuftifd^^e 9(genbe in ben oflen ^ol^rje^nta
bed 19. ^al^^unbertiS ^ot fattfam gezeigt, toie jtart, toenn SRi^auen aufgeregt ifl, unb
3:enben2en getoittert toerben ober t?or|anben fmb, geringe Slbtoeidbungen tyom ^Ca/pu^ ber
jtonfeffion, toie Heine äCbfc^liffe, toie toirflid^e ober Dermeintlid^e Stnnä^erungen an Istu>
ao gifd^e 93räuc^e ber anberen ftonfeffion fogar ^^^ent einer Separation tt>erben tonnten;
ober bieg aUed toar bod^ im Äreife toirQic^ bibelgläubiger lutl^erifd^er S^rifiten nur um
be^toiÜen möglid^, toeil fte bie liturgifd^^en Säuberungen old @^mf)tome einer il^nen toibrigen
tird^lid^en ä3e{trebung auffa^en. £a^ @nbe bed 2i<^rl^unbert^, in beffen Snfang jeno
fd^merjlid^e Streit fiel, l^t burd^ bie Arbeit ber ä(genbenret)iftonen ein pietätDoQed %f^
26 galten an gefc^ic^tlic^ ererbten gottedbienftlid^en formen gezeigt, bem eine Überfc^ä^Amg
ber 93ebeutung unb bed äBerted berfe(ben formen, ald toären fte toefentlid^e Stüde bo
fird[!lid[!en ®emeinfd[!aft, fernblieb. SQSie l^od^ man in eDangelifc^en Jtirci^engemeinfc^en
bie 93ebeutung bed @inbrud^ tirc^lic^er Sin^eit, ber bei ®Iei(^l^eit gef(!^td^tltc^ betoo^
Liturgie entftel^t unb bie @rbauung förbert, au^ fc^ä|e, toir toerben barüber ntdjft über»
80 fe^en, ba^ bie eüangelifd^e SBaj^r^eit ba^ Übergeorbnete ift, unb ba| fie le$t(t(!^ jened
Unterftü^enben nic^t bebarf. Sie allein ift im tiefften Z)tenen bie fout>eräne @rö^e ^
gotte^bienftlici^en 2eben^.
älud^ ber 2Beg ber ©efd^ic^te felbft, ber jur SSerfd^ieben^eit ber etnmgelifc^ Se^
lenntniffe unb Jtird^engemeinfd^aften geführt ^at, ift in feinem toeiteren äSerlauf ber 9n$
86 ertennung, jum 3:eil ber Slneignung ber ®aben ber anberen Jtonfeffton günftig getoefen.
?{eformierte ©ottedbienfte ^aben ben 3(ltar unb ba^ 3Jlittoirten ber bilbenben 5tunft ^
gelaffen; lut^erifc^e ben SSorjug ber liturgifd^en älnn^enbung bed ^uff^mbol^ im @otte^ienfie
t?or bem 92icänofonftantinopolitanum anerfannt. Unb e^ toar bod^ S^'^fi^^ ^ V^^
bem in ber aJlefje üblid[>en „Nicenum" fubftituierte. 3lu(^ Die gruc^t reformierter Äiutt*
40 reform, ba^ bie Siturgie be^ ©emeinbegotteebienfted o^ne bie Slbenbma^l^eier fd^on felb^
ftänbig unb DoQftänbig fei, toirb, toie fte benn ber reichten S4lä|ung be^ 3Borted ®ott(J
unb fomit gemeineDangelifd^^en ®runbfä|en gemä^ ift, Don entfd^ieben hiti^erifd^en Sitm»
gifem gebilligt.
®ie grage, toeld[>e StüdEe eine eDangelifc^e Siturgie be^ ©emeinbegotte^bienfteö loefent«
46 lid^ lonftituieren, ift au$ bloßen ^rin^ipien o^ne jebed ^inüberfe^en auf bie ®^dfvifit
nid^t )u beanttoorten. äll^ toefentlic^ toerben @ebet unb Sd^riftlefung in 9lnf))ruc^ ge«
nommen toerben fönnen, bod^ nid^^t o^ne ba$ 3^9^^^"^^'^/ ^^i f^f^ ^^ äBegfaQ einer
liturgifc^en S(^ftlefung nocb nicbt ba^ @nbe oQer Siturgie bebeute. 3Ran Knnte ja,
toenn man Dom SIBege gefc^ic^tlic^er Sitte abträte unb fid^ in^ ganj freie unb neue 9i&<n
60 l^ineinbegäbe, aud) mit ber Serlefung be^ biblifc^en Slbfd^^nittd, toeld^er ber $rebigt oU
%c]^ m @runbe liegt, au^lommen; man tonnte ba bie 3JlannigfaltigIeit ber ©ebete ein«
fd^ränten ober aud^ fteigem, Sünbenbetenntnid imb ^ürbitte, ^rbitte unb Santfagnng
Doneinanber fonbem ober miteinanber gu einheitlichen ®ebeten Derbinben; man mdc^
DoQenb^ in anberer liturgifc^er Sogtt bie ein^lnen ^eile abtoeic^enb Don ber Sitte {u
66 orbnen im ftanbe fein, bem 93aterunfer g. ^., ba$ je|t atö consummatio am &^
aller ©ebete ftel^t, bie 93ebeutung beimeffen, ba^ ed ah gemeinc^riftlid^er Sudbrud ber
toeiteften unb tiefften @inl^eit unb ®ebet^))ra|i$ gu Stnfang gef))ro(^en toerbe. 9Kt oib
bem bleibt man fotoo^l im Slal^men bed liturgifd^en Orbnend toie bed eDangdifc^ 3^'
niffed. 3lber aud^ fo entftanbene neue @ebilbe bürften bann bod^ bie Xenben) baben, ni^^
60 aEjä^lid^ toieber anberen ©ebilben unb jtonftruttionen gu toeic^n, fonbem fup u^otbtrie
Sttitrgte 543
ol^ fidnbiß )u h^vtpttn. 3)enn ber ©efd^td^te tft ntd^t )u entßie^en; unb Stturgten be«
{onbnd fmb, um einen Sludbrud ®au^))^ ju braud^en, tetne @ommerbIumen. @teQt bem«
nac^ bog ©tänbige, bad ©efd^tc^tlid^^e, auq ba h)0 e^ einmal t?erleugnet toirb, ftd^ bon
Mbß tariebet ein, fo bütfte ber @d^lu| \xd^ red^tfertigen, ba| bie ^age nac^ bem äBefent^:
itc^ einer et^ongelifd^en Siturgie über^auj^t nid^t abftralt, fonbem au^ ber ))ietätboQen 6
Sh^tung bor ben gefd^id^tlid^ geworbenen unb bi^^er für Srbauung betoäl^rten formen,
bal^er mierbingd aud^ nur mit relati))er 93e[timmtl(^eit au beanttoorten ift. S)enn aud[! p\^
t&töoU Setaml^ed lann eben burd^ ben gef(^i(^tli(|en ^rojeft, ber ed fd^uf, trug, fronte,
fic^ einmal aufleben, an SBert t?erlieren unb @rfa^ burc^ !Reued l^eifc^en.
Z)er gegentoärtige Seftanb ebangelifc^er @ottedbienftorbnungen, namentßd^ bon lutbe^ lo
riMem X^ud, giebt ju biefen ®runbfä|en fonferbatit)er 9teform, beren SSorgänger Sut^er
fcibft toar, bie beftötigenbe (Erläuterung. 3Mum Xeil j^at bie @nttt)id(elung über Sut^etd
iDciterge^enbe Sänbenmgen in ber beutfc^en'Sneffe jur älteren §orm toieber jurüdgelentt.
6te ^ bem ?|ntroitud nid^t immer ein beutfd^ed Sieb fubftituiert, fonbem einen S^ed^fel«
^ang aud S$rifttoorten unter befonberer Senu^ung bed 9(Xd aU feierlid^en liturgifc^ i6
^tfierten $ortmt^ Dor ben Sau ber Siturgie gelegt, um in (Srunblauten bie ©igen»
tfimßc^Ieit bed ^^efted ober ber fejUid^en 3^ ausbeuten unb gleid^ ju älnfang ba$ Sie-
ment ber Snbetung mit Sorten biblifc^en ß^dntffe^ )u t?ertreten. Z)ad Sonfiteor ift aai
einem {»neuerlichen äSorbereitung^It )um Sünbenbefenntni^ ber ®emeinbe getoorben unb
^ ätrnim für ®ebete gelaffen, in benen [\6) ebangelifd^^er S3u^ unb ©lauben^finn tiefer 20
rnib f(!^5ner au%ri(^t, aU im alten römifd^en Formular; ebenfalls eine StüdEbilbung
über Sut^er l^inau^. ^ad ^rie, ben alten ä3ittruf ex miseria hujus vitae, mit (Stn^
f(^Iu^ ber @ünbe, hod^ nic^t mit Sefd^ränlung auf fie, ^at bie lutl^erifc^e Liturgie nebft
bon ©loria übernommen, teitö in bem fd^^einbar l^arten Aontraft, ber ft)ie in ber 3Jleffe,
bad Slenb bed ^eitlid^en 2Am^ im 93ittruf unb bie nal^ angrenjenbe ^enlid^Ieit be^ 35
etotgen Sebend im £ob))rcid ber @ngel (Sc 2, 14) )um 9(u^brud( bringt, äfud^ bie sälu-
tatio: Dominus vobiscum, mit Der Slnttoort ber @emeine: Et cum spiritu tuo, ein
&iM, ha^ Sutber geftrid^en batte unb ba^ in ber Xl)at fid^ !aum red^tfertiat, mag man
tu mit älteren &:Ilärem ber 3Ref[e al^ @rma^nung jur 9lnbad[!t toegen bed folgenben ®t^
hM unb bie bann ftattfinbenbe Sefung ber 1^1. Schrift motit)ieren, ift fd^on bon ber 93ran« ao
bcnb.s9tümberger Rv b. 1533 toi^er aufgenommen Sorben unb ^at fid^ in ebangelifd^en
Liturgien, ). 9. in ber neueften ))reu^ifd^en Slgenbe, an biefer Stelle be^au})tet. ^urjel-
^öfteren etHingelif(!^en Sebürfniffen bient bann bie Sdbriftlefung, toenn fte auc^ nic^t me^r
m ber Slbftc^t gefd^iebt, Sl^riften, toelc^e bie beutfd^e 93ibel aud Suti^^erd ^änben em=
(^fangen l^ben, in bie @<^rift einzuführen, fonbem bie ®efamt^eit ber ©emeinbe feiemb 35
bicfed Sc^K^ed in })ietätt>oll betoa^rter, übrigen^ Srgänjung julaffenber älu^lefe ju er«
uuicrn.
9bt(!^ bie 9tecitation bed @^mbol^, bed nid^^t nur um feinet ällterd, fonbem feinet
^[n^abd unb feiner mächtigen ^orm toillen el^ürbigftm, be^ fogenamtten äl^oftolintm^,
ttwb nac^ ber ©d^riftlefung ü^ Sledfat be^altm. 3)er vox scripturae folgt bie vox ec- 40
desiae, toie ]d}on Xl^omad ba^ äSer^ältni^ fa|t. 3)abei barf bie ebangelifd^e ^eil^eit
nk^t verleugnet toerbm, bie Sutl^er mit feinem: „2Bir glauben Slll an einm @ott'' fic^
genommen fyd. Siefe Umbid^tung bed 92icänO'5bnftantino^olitanum ift aUerbing^ feinem
btc^tenf(^n 38erte nad} gleid^en Sebenlen au^efe^t, tote ba^ Sieb „^ejoia bem $ro^
p^ten bog gefd^ad^''/ toenn man ed mit bem althrd^^lid^m Original, ber ^ßräfation, t^er^ 45
gleidit Sefreite man aber ho6) ba$ burc^ 3^i^d'^^ Vorgang bem et)angdif(^en ®otte^
btenft jurüdgegebme „9l))oftolifum'' t?on bem 9lnftö|igm in ber "Se^eugung ber älufer«
jÄ^offnung, inbem man „Sluferfte^una ber Sotm" nod^ lieber ol^ „beg Seibe«,,
! ©bangelifd^e Jfrei^eit trägt burt^u^ foloeit. 3Kan bebenfe bie freien mittelalter-
^en ^ormm, bie 3Dtüllenl^off unb @c|erer in ben 3)enfmälem altbeutfc^er $oefte unb 60
^wfo (9h:. XCVI) mitgeteilt ^abm!
SHe ^er bed ^eiligen Slbmbmai^tö trägt ebenfalls reid^^lid^e @))uren bed altfird^lic^
Ctagifd^en @rbguted. Sffiie tief ba^ fritifd^e ^JJkffer bed 9leformator^ in aEe bie uneban^
aciif(^ SefUmbteile bed rdmifc^en Aanon l^ineingefa^ren ift, ^at er boc^ mit glüdHic^em
%m bie oltlird^lic^e $räfation gefc^ont, ebenfo bad l^errlic^e agnus de! aufgenommen. 66
Sbcr ouc^ l(^er fa^ f))äter ein (verfeinerter liturgifc^er @inn [x6) jur SRetafritif gebrängt,
iDcnn bie ^aaz mr @ntfd^eibung ftanb, ob man bie ^omiletifc^^iturgifcbm @tüde, bie
2uÜfa^ beut|($e uRefje barbot, nid^t gegen eingelebte an^ altfird^^lic^er Öbfertvanj in bie
tfonfc^ Steffe übergegangme gurüdftauf^m folle. ^er biblifd^e 3Uortlaut be^ Saterunfer
toat bod^ leinetoegd burcp jene „$ara))l^raftö unb Sermal^nung'' ber beutfc^en 3Reffe, bie eo
544 Sititrsie
Sutl^er nod^ ba}u conceptis seu praescriptis verbis gefteQt tüiffen tooütt, )u ecfeben.
3Bo^I blieb bte Sitte ber älbenbma^l^erma^nungen, obfd^^on monntafac^ ai&eren ^
f)aü^ ; aber bo^ Saterunf er f elbft trat hod^ toteber in fein Stecht. @r{tend burd^ ben um
erfe^ltc^en ®ebraud^ feinet äBortlaut^ ; bann aud^ burcp Slücfaen^innung feinet alten Sttt
6 lung. 3)enn, toie fd^on Söl^e unter ^Berufung auf Slubelbac^ ^ert)orgel^Dben fyd (Slgenbc
f. c^rifü. (Sem. lut^. 95el., 2. äufl., 1853, ©. 47 anm.), ift „bie ontile" ©teOung be«
äSaterunfer bte t?or ber Pax unb ber Distribution. 2)ie alt{ir(!^It(!^en Siturgien, bie bod
Saterunfer überl^aujjt l^aben, — eg fe^lt befanntlid^ in ben aj)oft. Äonftitutionen lib. VIII —
taffen eS \>ox bem ®m))fan9e beten; unb bei 9(u0ufün jeigt befonberd bie 5. Sitte, bie
10 il^m äluSbrud ber täglid^^en Sl^riftenbu^e toar, als eine geift(i(^e SBafc^ung no^ bie be»
fonbere äSebeutung beS ^aterunfer als ber ^Vorbereitung auf ben @mf)fang ber Sud^aripie:
ut bis verbis Iota facie ad altare accedamus, et bis verbis Iota facie corpore
Christi et sanguine communicemus. Serm. 17, V. 90, 9. Über ben SBert ber
$ara))^rafe, ja, ber „beutfc^en 3Jlef{e'' Sut^erS l^at ftd^ fd^on Sö^e mit 3urüdE^a(tung
16 jtoeifelnb geäußert. 3lgenbe @. 335 änm.
SSor aQem toirb man eS billigen, bag bie ber beutfd^en 3Ref{e eigentümlid^, \päkt
befonberS ä3ugen^agenS älbenbmal^lSorbnungen beeinfluffenbe äB^Iaffung einer @t)enbe«
• formel fic^ nidpt burc^gefe^t, ba^ bie alttird^Iid^e, im römifc^en ÜKe^onon nid^t treu itt
toabrte @itte ftc^ in ber et)angelifd^en älbenbmal^lsfeier toieber ^auSrec^t tttooAm IfoL
20 Sofern freilid^ i^re Formulierung gegenüber ben 9leformierten burd^ eine auS{d^Iie|enb(
^onfeffbnalität i^r (Gepräge erl^alten l^at, toirb ein ©laubenSftnn, ber a\xd) o^ne Uniond«
tenbem aufS @emeinet)ange[if(^e Sßert legt, barin nid^t bie gef^id^tlic^e ^rm fdj^, bie
ber älbfid^t beS $erm ein 3Rci)l für bie ^üngergemeinfd^aft ju fUftm, obäouat fei.
@o jeigt in aQen toid^tigeren Seilen ebangelifc^^liturgif^en SilbenS ftd^ bie 9Xa(^
25 eines pietätvollen Setoa^renS gefd^id^^tlid^er ßufammen^önge bei t)roteftantifd^er S&dfyifü
unb ^ei^eit S)ieS ein Sb^ieren ber römifd^en ^ef{e nennen l^ei|t Dertennen, ba^ tcA
Sigentümßc^e biefeS ^od^ft entarteten @otteSbienfteS in unfere Siturgien eben nvift auf«
genommen tft.
3)er d^riftlid^e @))rad^gebraud^ ^at baS 2Bort „Siturgie'^ in feiner SntDenbung auf
80 bie gotteSbienft(i(^e Bpb&xt nid^t bireft auS bem ontilen @^rad^f(^a^ entlehnt, too cd
einen bem @taat unb SSolfe öffentlid^^, meift freitoiUig geleifteten Dienft be^eic^etc. Sr
le^nt fic^ vielmehr an bie Se^tuaginta an, bie baS ^ebröifc^e 'aboda, toenn eS tm
Sem^elbienft gebraud^^t toirb, mit leiTovgyla überfe^t. Diefe SSertoenbung für boS 9l(&
giöfe bleibt bem äBorte fortan auSfd[!lie|lt(^ eigen, ^od) tritt im 9{euen Zefiament bie
36 ^e^iel^ung auf htltifd^eS ^anbeln nur in fold^en Stellen auf, bie t?on altteftamentlt(^
D})erbienft ^anbeln (Sc 1,23; §br9,21), to^^renb XeirovQyeTv, JLeirovgyög, Xetxovgyui
fonft t?erinnerli(^enb unb Dergeiftigenb bie ^erjenS^ unb £ebenSbe}ie^ung auf einen im
Glauben unb im @el^orfam gegen ®ott geübten 3)ienft auSbrüdten. ®o toirb eS ai4
auf G^riftuS angetoenbet, ber als l^immlifd^er §o^erj)riefter x&v äyicov l€ixovQy6g ben
40 anti^j)uS beS altteftamentlid^en $o^en^3ricftertumS barftetit (§br 8, 2. 6), fo baft ^ier W
gefliffentlid^^er 9(nle^nung an baS 9(lte Xeftament mit um fo ftörlerer 9(bft(!^tli(^teit bie
^immeltoeite @r^abenl^eit unb grunbfä|li^e ä^erfd^iebenl^eit beS bur^l Sl^riftuS geleijieteit
l^o^epriefterlid^en ^ienfteS gegen ben alttcftamentlic^en ftd^ abliebt, ^iefelbe SSergeiftigung
unb ©nt^ebung beS 8egriftS aus ber ©p^äre beS altteftamentlic^^ Äultifd^en in baS neu*
46 teftamentlic^ religiöfe ä^er^ältniS finbet in ber älntoenbung ber 9Sortgru))))e auf a))oftolif(^
3)ienftftellung unb Übung ftott: ^^^i 2, 17 in ber tiefen unb feinen 3ufammenfie(lung
ber &uola unb leitovgyla auS Dora^nenber @m)ägung beS ^ört^rertobeS ; femer SU
15, 16, too fid^ ber Slpoftd toegeu feiner ©enbung an bie §ett)cn, toegen beS 3biftrci0i
miffioniercnber ^rcbigt XeirovQyög Xqioxov 'Irjoov nennt; enblic^ aud^ in ber 9Qei<^
ßonung brüberlidE^cr 5Dienftleiftung unb Unterftü^ung, toie SRö 15, 27; ^^i 2, 25. 30; be«
JonberS 2 Ro 9, 12 f. t) diaxovia rrjg XeiTovgyiag ravrrjg t)on ber StoQette oIS eine«
gotteSbienftlid^en 9lh. 3lud^ too bie obrigleitlic^en ^erjonen JLeiTovgyol tov ^eov je*
nannt toerben (5Rö 13, 6), geigt ber ©cnetit), ba^ bie antile SSorftellung burc^ bie eiw*
gotteSbienftUd^en ^anbelnS abgelöft ift, unb man ^at nic^t nötig, l^ier mit älc^iS bie up
66 f^rünglic^e 93ebeutung beS öffentlid^en ftaatlic^en 2)ienfteS unter bem bem SUten Zefiamenie
entlehnten t^eohotifc^en ®eftd^tS^un!te als burc^fd^etnenb angune^men. Xue^ toare mit
biefer 9(nna^me e^er eine älb^toöd^ung beS bem 9[))oftel am ^ergen liegenben ®eban!end
t)erbunben, ba| bie Dbrigfeit in ber 3(uSübung il^rer bon ®ott übertragenen 99efuamf{(
einen gottgetoeil^ten 3)ienft auSrid^^tet. 9Im nä^ften fte^t unter ben neuteftomentui^
60 Stellen Act. 13, 2 ber ^egiel^ung auf gotteSbienftlic^e Übimgen ber c^riftlic^ Gemeine,
Stturgic
Stturgift^c (jrDrinflii
Mri
btnn man bat (lici an (Sebct unb gcgenfcitige (Snna^nuiig, ^roijfjctie unb £e^rc lu benleit,
liiä^renb jcbei ©cbante an ein »crorbnete« unb geovbneteS iiturgif(^eä .^anbtln fernju:
l^tnt ift.
^cr livc^Iictje Sl)racf)gstiaudj boUjic^t nun nitfit einen Siiictgang niif ben ncuteftO'
ntentlic^en, jonbem auf bcn altteftamcntlit^en; «ine (Sr[(^emung, Vit im 3i'Ii^'''wfn^'"i9 6
mit b«n Ginflufe btgriffen fein ictQ, beii alltcftamentlii^e ©inric^jtungen : baS ^ticflcrlum,
in: Cpfcrgebante, bie binglidjc §eiUgfeit ber Stiltuöftätle, =gci;ÄI([t)afttn, '^tiUn auf bic
IiTd)lict)'tu[tif(l)en 3"f'''u'i^"^ ausgeübt ^aben. So begünftigtc eine bci^rifllii^te @c-
fe^iic^feit, eine mi S^riftli^e ubet|e(te 31iiftaCtIi4>teit baä iffiiebciaufnc^men bei in ber
gned^ifc^en Sibel für IcVili|i^eä unb ^nefterlic^el ^anbeln ge&räui^Iicirni äluäbiiicCe für bie lo
nTC^(i(^=gotleäbienft[i(^e $ia^ä, am meiften um ben (SenttolaCt, ber fidf fleigenb gegen bte
anbeten burd? feine ^eiligteit ^croor^ob unb al« Dpferaft oon ben ©t^uem eine* bcfon^
beten OefüijB ber ©olteönä^c umgeben mar, »jrägnflnt ju bejeii^nen. ^ic SDortgrupjje
XeiTovoyia, Xsnovgye'v U- \- to. hJirb ba^er Kiebcr für t|Jejifif((f gotteätienfllif^e SSor^
flänge gebraucht, [omot»! in meiterem «sinne, in ben and} bie tüglit^e (itt^Iit^e ©ebetäübnng is
mit einbegriffen milb: t^c ia7tf.ptyr]v Isaovgyinv avvi^&uj^ tntiEXiang. Theod. hist,
eecl. i bei Stephanos thes, V, 172; aii auäj befonberä Dom auSgeftalteten eu(^rifti=
ft^en Kultus, 'iim ben ©tiee^rn cnttefmien früb bic Slbenblänber bal SJott für bie iBe--
)iei(^nun9 ber aibenbmnblöfeiet ; bod) ift ber geft^itbtlitte gortfttiri» beS ©ebtam^ beS
XerminuS liturgia auä bu Gange nirfjt befciebigenb ju erfe^en. f^ctcellini (HI, 78i) so
toeifl cö ((^on bei ämbrofiuä (ep. 33 ad Maroell.) unb bei aiuguftin (serm. 251 de
temp.) nac^. Sot^ jeigen bie älteren unb ituc^ noc^ bie mittelaltertidien lateinifc^cn
jtultueuifunben ben ©ebraud) anberer Xermini : missa, ordo de officio miBsae, ordo
sacramentonim u. f. n>. Xaiauä erflärt fic^, bag bic et)angetif(^en SSetenntniffe mtl
bem 3äott nic^t cigentlt^i umgeEjen. (Sie geben beni StuSbruif ceremoniae ben ^^^Drjug, 26
bei tbnen bun^ bie (Sigentümliditeiten ber rümifi^en SlÜefiUturgie unb ber rümijdien jlultuäs
^nbEungen übeibnubt na^e lag; unb an ber 'BltÜt, tco [k bailSiott lEiiofQyia braucht
(Act. 24. B. 273), beutet bie äpologie, barin bie buminiftifc^e BUbung i^rc« SBeifafferä
befunbenb, juerft auf ben Sinn beä SJorleä bei ben Ätaffifem fjtn unb bejie^t fii$ bann
auf bie Jtiri^enttjradie ber ©riechen ; ein ^t\ä)m, bafe neben „miasa" unb „SJtefje" baö m
gräjifierenbe ^ort im rbmifc^^fircblii^en Spradigebraui^ ber ^üt nic^l eben tjcimifd) ge;
Wölben tpnr. ®ö ift iDufil bem (Sinftup be^ §umaniömuS jujuft^rciben, ba| Oomlfi. ^a^r:
(»unbert an ber @cbrau(^ bei 31totlgru)>)>e in [atinifierler 0orm bei Jtat^olifen fic^ ein?
bürgert, Wie Öfler« fi^on bie ^itel ber 'Jöerfe bejeugeu. 3- *C'ii"*I'"^( Liturgica Lati-
norum (lö71); '])turataii, Liturgia Romana vetus; ^StabiQon, De liturgia galli- 35
cana etc. ßbenfo i^aim bie ^lirotcftanten ba« ÜSort rejiziert; unb jlDar [;at fu^ bei
i^nen berÄrei« ber 'älnluenbung erweitert, fo baß loit im geWöljnli^ien, wie im l^eDlogifi^
h)iffenfd)aftli(tien ©ijtac^gebra««^ ie?t auä) Don Iauf=, 3;rau=, Äonfitmationö=, 9Jegräbniä=
(iturgie ebenfo unbefangen fprct^en, luic bpu ber Siturgie beS §aW3tgi>tte«bienftea unb ijia
wieber baä SBort D^ne Untcrft^ieb mit ©ejieljnng auf ben ©otteäbienft anWenben, in beni *o
bie 5|Jrebigt bcn ^Jiittelpuntl bi[bel, wie auf ben, ber Bon ba jur geier beä SafranientS
fortfi^reitet unb fic mitumfafit. D. ^ermami gering.
Sitnrfli! (. ©otteäbienft, Segtiff ic. Sb VII ©. 1 ff.
fiiturgift^c Formeln. — 1. amen, üiltetaiur: (Snloör, Rituale ecel.I{3eno 1705),
477 ff.; Iftalljuier, öan&bmli Ber tail). i-'ilurgil I (1883), S. &12ff.; u. b. ©olp, Saä öcbet ib
in ber älieflen (S^riflenöeil (1901), ä. 160.
9Qenn in ber ^ebräifc^en 93ibel baß "?» abeerbiol gebrau((»l Wirb, fo ^at ti ben
©inn behäftigenber 3uftimmung(LXX: yevono, J.«.9iu5,22; 1)127,15; ißf 40,14).
Sfl ift alfo bie Antwort auf bie Mebe eine« anbeten. 2lO(() lonn t§ aud) am 2tnfang
ber eigenen Stebe als Sehäftigungöformel ftebcn; fo f>oufig bei ben SBortcn ^cfu. 3'" w
Situtgtf^en finbet fi{^ ba« amen nur in erfterem Sinne, unb jtoor bereits in ber Üiturgie
bec 3uben. .^iet ift eS bie Slncignungöformel, burdj bie fidj bie ©emeinbe jum Oebet
belannle. Sie c^riftlii^e @emeinbe Iiat biefen @cbrauc{) angenommen, unb jWat ^at fie
iai ^ebr. SQott felbfl wie über^upt, fo auc^ in ber Liturgie unüberfe^t beibehalten. ^Dttt
bem griei^if^en 9il biingt baä äÖott in bie eerfc^iebenften iSpradicn. $Dei Sinn beä 66
äSotted ift ben ^^eologen nie berloren gegangen. Sluguflin fagt: „Amen nostra
Buscriptio est, coDseusio est, adstipulatio est"; in ber pfeubo^ambrofianif^en
©^rift de sacramentis Wirb baö 3lmcn aXi „verum" gebeutet (IV, 5 n, 25);
llcai-ihugliov3*'> itti XtulDil' »IIb iMicbe. a. B. ii ^5
646 Süitrgtfi^e t^otmelit
älmbroftud, de iis qui initiantur mysteriis I, 9 fagt: Amen, hoc estverum esse,
quod OS loquitur, mens interna fateatur; \>qI au^erbem ^ierotti^mtid ep. 137 ad
Marc. ; in cap. I ep. ad Oalat. ; DrigeneS tract. 35 in Matth. unb le^ted Xcäpktd
in ep. ad Rom.; ^fbor Hisp., orig. 1. VI, 19; Seml^arb txmSl. serm. 7 tncoena
6 Dom. (quod ro^s Dominum, hoc optamus). 3lu(^ in ben Sbt^Iegungen ber Stcffe
begegnet man @ruänmgen beS SSSorted j. 93. Amen conürmatio orationis est a po-
piijo et in nostra lingua intelligi potest, quasi omnes dicant, ut ita fiat, sieat
sacerdos oravit (@erbert, Monum. lit. Alem. II, 276^). Ob aber bie ®emeiiibc
olljeit ßetDu^ 1^, toa^ fte mit bem SBörtc^en 9lmen audf}>rid^t? Sid^er bann, ta>enn i^
10 felbft eine Überfe^ung bor ober nac^ bem Slmen in ben ^nb gelegt toirb, tote in lo^
tifd^en Siturgien (bgl. j. 93. 3flenaubot, liturg. orient. coUectio I, 15 un^ 30) unb im
testamentum Jesu (ed. Rahmani p. 125). @o fe^ gel^ört ber®emeinbe am Xnfoig
ba^ Slmen, baMidS^ f^^on im 31% beobachten läftt, ba^ nac^ einem ®ebet, bei bem Idnc
gotte^bienftlic^e Semeinbe borau^efe^t ift, aud^ bad 9lmen fe^lt. 3)agegen fyd luu^
16 1 Jlo 14, 16 bie ©emeinbe badSebet jebed 3Ritgliebed ftd^ burc^ biefe^ormel angeeignä
(toeitere Selege aud altc^riftl. 3eit bei t), b. @ol$ o. a. 0. @. 160). 3)tefe Sitte blieb
md), old bad ®d)ü Bad^t ber fileriler tourbe. S)ad jeigen faft aQe öfUic^en Siturgicn,
toenn ed aud^ l^ier nid^t an ©ebeten fel^lt, bie bom Jtleriter mitSmen gefc^loffen toexbcn.
!Rur bie Siturgie im 8. 93u(^ ber a^oft. fionftitutionen mac^t eine Slu^no^me: ^ier lUbt
ao ber ©emeinbe ba^ Slmen nur in brei SteQen, nömlic^ nac^ bem 3;rid^iim, noc^ bem
^nterceffion^ebet unb nac^ ber @t>enbeformeI (93rig^tman, Liturgies I, 19, 3; 23, 6;
25, 9. 13; bgl. bagegen folgenbe Stellen, too bad Slmen bem Jlleriler »ifällt: 5, 27;
6, 32; 7, 24; 9, 19; 13, 3; 24, 15; 26, 18; 27, 12). Sluc^ in aUen ©etojnon«»
gebeten ift bad Slmen offenbar bem fileriler gugetoiefen (%ü 3i% II $eft 3 ^). Slu^er no^
26 ben ©ebeten \pxa6f ber Saie ein Slmen auc^ nad^ ber @t>enbeformel (bgl. Slri Sui^oti^
93b V @. 568, 5 ff.), aud) beftätigte bie @emeinbe nac^ ben Sinfe^ung^toorten i^ren ®(au6a
baran burd^ Slmen (g. 8. in ber aRarfudlit. ©rig^tman I, 132, 32 unb 133, 15), mib
bie @))illefe toirb an ber entf(^eibenben@teQe: xal jioiyofj xdv fikv äQjoy o&fia bim^
bad Slmen ber ©emeinbe unterbrod^en, ein Setoeid, toie oeutlic^ ber ®emembe bie 9e>
80 beutung beS SBorted gegentoörtig toar (k)gl. ^o))t>e, S)ie @))il(e{td @. 244 ff.), ^eute i|i
in ber ^ried^ifc^en Jltrd^e ber @emeinbe bad Sfmen genommen unb bem 6^or, fretlsc^ mir
an toenigen ©teDen, in ben SKunb gelegt. 3" ^^ "Sit^A foric^t e« ber 5ßnefler felbfl —
@igentümli(^ ift ber ©ebraud^ beS Slmen in ber Xaufe. @d fcbeint m einigen itm^
t>robin}en übltd^ getoefen gu fein, ba^ auf bie jebe^molige Xaufformel (9|(^ taufe bi^ i>R
86 9tamen bed äSatenS — be^ @ol(;ne^ — be^ l^eil. ©eifteS) bie Slntoefenben mit Simen
antworteten. @o ift e^ noc^ bei ben iReftorianem (bgl. S)en)inger, ritus orient. I, 374;
k>gl. 2)aniel, cod. liturg. IV, 505 Slnm. 1). dagegen ft>rul^t in ber ortl^oboien fiin^
biefed Slmen iebedmal ber ^riefter felbft (2)aniel a. a. 0.), ein S^^^^^ ^ ^ ^^^
\^m reine Sdplu^formel ift.
10 ^mSlbenblanb baben totr bie beutlid^fte ^^ortfe^ung ber alten @itte, bo^ bie®e>
meinbe bad Slmen ft^rid^t, in ber mojarobtfd^en Siturgie (MSL 85, 109 ff.). ^\sm ifi
^ter ein ^eil ber ?lef))onfa @a(^e bed S^or^, aber baneben l^at ccaii bie ©emeinbe no(^
}u antworten, namentlid^ mit unferer ^ormel. 93iel f))ärli(^er toerben bie @}>uren in ber
gallifanifdj^en Siturgie. §ier finbe idj^ fie nodj^ in ber Benedictio populi, auf beren ein«
46)elne &ä$e nur bie @emeinbe bad Slmen ge{))rod^cn l^aben tann (Missale Oothicom
MSL 72, 225 ff.; berlümmert audb im Missale OaUicanum vetus ebenba, @. 339 ff.)-
2)iefe (Segnung beftanb urf))rünglic9 m% brei ©liebem, toie man aud ber ^oynabif(tim
Siturgie fe^en lann (bgl. Daniel, cod. lit. I, 99*>). ^xa ^eute geltenben römif^en
?litud ift bo^ Slmen enttoeber an ben 3Jliniftranten ober an ben 6^or ober an ben $n(per
60 übergegangen, ^a^ Slmen nac^ ber Xaufformel ift au^brüdlic^ ald ftnnlod berboten. Sei
ber @))enbeformel f))nd^t ber S^enbenbe felbft bad Slmen. S)ad Slmen nac^ bem Pater-
noster in ber 3Jleffe ift ebenfaQd au^brüdltd^ bem ^riefter borbel^alten, unb jtiHit Hegt
nad^ bem Gatech. Romanus (pars IV, cap. XVII quaest. III) barin bie Sbittooit
©oUeg an bad 93olf, ®ott i^obe bod ®ebet erhört. S)iefe Sebeutung bed Slmen fei ober
66 allein bem ©ebet bed ^errn eigen, toöl^renb e^ fonft „nur eine 3uftimmung unb ein Sfl>
langen'^ bebeute. — Sut^er ^at in bad Slmen feinen ©lauben^b^jriff l^ineingelegt; i^
ift ed am @d^lu^ bed SSaterunferd „ein SBort be^ feften, |^ergli(^en Sloubend, aU ffyräiH'
bu : 0 @ott äSoter ! bief e ^ing, bie ic^ gebeten l(;ab, gtoeifel i(^ nit, fte feien getoi^ \o<äft, m
unb toerben gefdS^ej^en" (gSl 21, 226 = SQ3SI II, 127 bgl. au|erbem bie ertlärung beÄSmen
60 im Deinen Jlated^idmud ; bor biefem bgl. bie Srtlärungen bei So^cd, S). ebangeL Jtalc((i^
Sitorgifd^ Sformelit 547
«uÄccfuAc u. f. h). I, 231=223; U, 44. 224; III, 28. 116). Sie Slef ormation M
oiui^ ber ©emeinbe, toeim md^ nur in Befd^än{ter SBeife, bod Slmen jutüdg^eben, nämlid^
nur ob 9ie|bonfum auf bie JtoQehen unb auf ben Segen, bagegen t)erBIeibt bem ©eift«
Gd^ bad Slmen na^ bem ^^engebet, nad^ bem äSaterunfer (nur in ber Slbenbrnol^I^
fcter fingt bie ©emeinbe mit ber S)o£ologie auc^ bad Smen), nac^ ber @))enbeformel, 6
nac^ ber Xestt>erlefung unb nad^ ber $rebigt. ^n ben beiben legten %öHm l)ai t>ai
Smcn in ber Tfyd fel^r oft nur bie Sebeutung einer Schlußformel. SSenn ?liet{(^el,
Sitiixgil I, 529 forbert, baß nad^ ber Xectk)erlefung nur bann ba^ Slmen gebraucht toerben
bftxfe, „toenn ed tofadSi^ ald 3^9^^ )}erf5nlid^er glöuBiger Slnna^me ober glöubiger 93e«
fbStigpta bed foeben Serlefenen gelten lann'', fo ift bad {toar berechtigt, aber ed toirb lo
f<^ta)erlid^ allgemeinere Seodi^tung ßnben.
2. Nosologie. — a) ^lllgemelne«: ßitteratur: ©. ermellu», Diasertatio
hift. de vet. Christ do^oXoyla 1684; ü. Stec^enbrrg, Dissertatio de vet Christ, doxologia
in: Syntagma Dissert. 1690: 3. 91. ©c^mibt, De insignibus vet. Christ, formulis 1696;
«tt. 3)ojoloaic In ber 2. «ufl. ©b III, 683—685; (S^ofe, The Lord's Prayer in the early i5
dimch in: Texte and Studies I, Nr. 3 ((Sambribge 1891). p. 168ff.; o. b ®oI^, S>aS®ebet
in ber filteften (J§riften^elt, fieltoia 1901, @. 157 ff.; %^t\% ße&rbucft ber pratt. S^eologle,»
I, 394.
3n Sfortfe^ung fj^nogogalen Srauc^ed f(^lof[en bie alten Sl^riften iebed gottedbienftlic^e @e«
bd mit einer 3)osologie (Origened, TieQl BixfjQ c. 33). ^iefe @itte tourbe auä^ auf bie $rebigt 20
übertragen. ®ie einfa^pe gormel lautete: ool (oovicß) ioriv^ dö^a dg xovg alcavag
(bgL (Sebet aRanajfe« in Const. Ap. II, 22, 11; Slö 11,36; W 4,20; Did.9,2. 3;
10, 2. 4; acta Theclae c.42; ep. adDiogn. 12). Sie tourbe aber mannigfach bariiert,
fo bog im Saufe ber 3eit eine ^e bon t^ormeln entftanb (über bie ältefte c^riftlid^e 3^
k)0L e^ofe unb t). b. ®ol$). 92id^t allein, bag ba^ einfädle döSa burdji anbere begriffe 25
<^^)t, bqie^entlid^ erfe|t tourbe, auc^ bad elg lovg alövag genügte ber religiöfen ^nnig-
lett nxSii ; fo tourbe ed burdji ben S^f^ft ndvxag ober x(ov alcovcov ober xal vvv ober
vvr xal del unb bgl. t>erftärlt. ^d^ t)ermute, ba^ eine genauere Unterfud^ung biefer
€(^bt^osologien ergeben tourbe, ba^ bie t)erf (^iebenen Jlird^engebiete immer aud^ eine eigene
tOmlic^e Nosologie beborjugen. So ift j. 8. bie gormel do^a xal xgdrog (1 5pt 4, 1 1 ; so
9pl 1, 6) bortoiegenb in Siturgien t)on ägVJJtiJc^em Xsfpix^ ju finben (t)gl. ©tÄ 1901,
158 unb Srig^tman, Journal of theol. studies 1899, 108), toö^renb }. 93. bie
fl^(^ SoIobu^Siturgie bie gormel liebt: „ju^e^' ov [Irjaov Xqujtov] evXoyrjTÖg el
abv T(p Tiavayüp xal äya&<p xal Ccoonoup oov Jivevfian vvv xal äel xal dg rovg
at&vag xtbv al(i)vwv*\ bie ftdj^ au^ in ber G^r^foftomu^^Siturgie toieberfinbet. Sluc^ 36
bicfe @(^lu^osologien ^en i^re ®efdS^i(^te. 93or aÜem l^at bad trinitarifd^e ^ogma auf
fie eingetoirlt. fflä^enb t)om 2. SaJ^rlj^unbert bi« gum Slnfang be« 4. Sa^rlj^unbert« —
entf))r(^enb bem Softe be« Drigene^ a. a. D.: „ijzlnäoiv Trjv eixv^, .«ff. io^okoylav
peov dtd Xqujxov h äytq> jtvev/üuzxi xaxanavoiiov*^ — ber trinitarif(^e @ebanfe
in ber ^rmel erfd^eint: ,,d«* ov [Tiyaov Xqioxov] oov fj dö^a h äykp Ttvevfian", 40
tmirbe, ba ft(^ hinter biefe ^ormel arianif^e Jlefterei t)erfteden lonnte (So)omenod,
bist eccL III, 20 MSG 67, 1101), bie gormel fo umgej)rägt, baft 93ater, So^n unb
(Beiß barin gang loorbiniert fte^en: dö^a reo nargl xal to5 vlcp xal reo äyico Ttvev-
ßjum. 3)iefe ^orm mu^ fid^ fe^r raf(^ eingebürgert \)abm, imn ald Saftliu^ einmal im
(Bottedbienft bie früheren Formeln (au^er ber oben genannten bie ^^ormel : xcp &€cp 45
Ttatgl fittä xov vlov ovv xco jtvev/uari reo äylcp) aU S(^lu^bojologien braudj^te,
emt^fonben bad etlid^e ^5rer aU eine Steuerung (de spiritu s. I, 3 MSG 32, 72).
SXcfe ^rmel t)erbient eine befonbere 95el^anblung, benn fie ift, neben anberen Schluß-
formeln, )u einem felbftftänbigen liturgifd^en Stüdt getoorben unb l^ot al^ folc^e^ eine
nif^t geringe StoQe gef))ielt. so
b) Gloria patri (Doxologia minor). — fiitteratur: So. $. a Seelen, Comment.
ad doxologiae soiemnis gloria patri verba: sicut erat in principio, in Miscellanea, 1732;
8ona, rer. liturg. libri duo, (Coloniae 1674) II, c. 3 p. 471; ^in()^am=(S)ri{4ot)iud, ori-
^ee eccl. VI, 29 ff.; S^ol^ofcr, ^anbbu* ber fot^. ßiturgif I, 490 ff.; SRictfcbcI, iJc^rbu*
IcT ßiturgif I, 355 f. 66
SHe 3)0£0logie: dö^a nargl xal vico xal äyico nvevfxaxi xai vvv xal äd xal
dg xovg alwvag xwv alcovojv djuijv — lateinifc^: bloria patri et filio et spiritui
sancto, sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum,
Amen — trägt ben Flamen ber fleinen Nosologie ober bed fleinen ®loxxa jum Unter-
leg Don bem Gloria in excelsis. 2Bie biefe trinitarifd^e ^ormel entftanben ift, ift eo
35*
548 Siiitrgtfi^e gfotmeln
oben bargelegt toorben. Sie ffai aber ol^ felbftftänbtgeS Stüd löngft ntd^t in ollen i^
liefen Siturgien ätufnal^me gefunben. @o fteBt fte j. 93. nid^t in ber Ilementimfc^ Sito
gic be^ VIII. Sudj^e« ber Const. Ap., nicpt in ber 3Äfobu«*£iturgie, Ja Jelbjt bie G^
foftomu^ unb SafUiu^Siturgie be^ 9. ^ai^r^. fennt fte noc^ nic^t. Sleicpe SerlDet^ung
6 ^at fte in ber neftorianifd^en, ber armenifd^en unb in ber heutigen S^fo{bmud*Situigie
gefunben, auc^ bie t)erfd^iebenen Siturgien ber 2|a!obiten mad^en t)erein}elten ®ebrau(^ \m
'\i)x. S)abei ift nic^t feÜen bie jtDeite ^ölfte (xal vvr etc.) anbenS formuliert; ccoA tooben
beibe leile burdj^ einen S>^ift^^fö| getrennt (j. 8. Srig^tnton I, 354, 7 unb ll ; 564,
18 unb 20; 365, 29 unb 31 u. ö.). S)abei erfc^eint bie formet in ben loerfc^^enen
10 Siturgien an gam berfc^iebenen ©teilen, ^ie ©d^Iu^formel : me ed tDor im9lnfaiigu.f.tD.
finbet ftd^ im Often nid^t unb ift and; fd^toerlid^ im Often entfUmben, obtoo^t fu^ eine
ganj ä^nlic^e gormel fc^on in ber äqigpt RD (311 VI, 4, 56) finbet ; ^ik^ft tmil^c^ri^
ift bie^ einer ber ja^lreid^en römifc^en @inflüffe, bie gerabe nad^ äi[g)^t>ten ^in ju bcmeden
finb. 2)ie @ried^en nahmen Dielmel^r an biefer 3uf^fonnel ber Stbenblonber Xnfb^
16 (SBalafr. @trabo, de reb. eccl. c. 25). 2)aran tonn auc^ bie ätngobe im 5. Jtaium
ber @^nobe bon äSaifon i. 3. 529 (Srund II, 184) nic^td änbem, ba^ nämlid^ jener
3ufa$ per totum orientem gebraust toerbe. 9tid^tig toirb ober bie älngobe fein, ba|
fte in ^frifa unb in Italien augemein Verbreitet toar. ^ener ilanon toiQ fte ottc^ in
©allien eingefül(;rt feigen. 3(u(^ bie mojarabifc^e Siturgie fennt fie nic^t (l^ter lautet bie
20 ^ormel : Gloria et honor patri et f iUo et spirittii sancto in saecula saeculomm
MSL 85, 109; 119; 121 u. ö.). Me 5E3a^rfc^einIi(^!eit f))ri(^t bemnoc^ bafür, ba|
biefe Schlußformel in ?lom, unb gttmr im 4. ^ai^f)., get)rägt toorben ift tmb baß fte t^on
bort il(;ren Sinjug in bie abenblönbifc^en Siturgien ge|(;alten fyti. t>n (Sebrouc^ bc^
Gloria patri ift, im Unterfc^ieb t>om Often, in ber römifc^en Siturgie bun^^ fefigebgt
25 Qi erfc^eint nämlic^ in ber Siegel am ©d^luß ber $falmen, f obann (l^ier o^ne bot &ijbair
)ufaj^) in ben 9tef))onforien im officium nocturnum unb diurnum. ^n ber ^tigen
r5mi)(^en 3Reffe erfd^etnt eS bal^er im 93orbereitungda!te, nad^ bem ^ntroitu^ uti^ mi
ben $falmen beim ^änbetoafd^en. S)iefer Srau^ ald S9bf(^lu| ber im ©otteftienfi Mr«
toenbeten $falmen ober $falmftüde ift juerft burd^ ^oi). Safran bezeugt (de ooenob.
BOinst. II, 8 MSL 49, 94; k)erfaßt bor 426); ber nöc^fte 3euge ift ^ft StgSiu^
(t 555) in ep. I, 2 (MSL 69, 17). 5)ie »ngabe ber mittelalterlich Siturgifer, baS
$a))ft ^amafud biefen Sraud^ eingeführt l^abe, ift bieQeid^t ni(^t unrichtig. — Da bo^
Gloria patri benS^arafter ber^eube trägt (toirb e^ bod^ ald hymnus glorificatioiiis
bejeic^net), fo fällt eS an allen ^rauertagen balb ganj, balb toenigftend teilnmfe axiS. ^
86 ber öfterlid^en ^ftenjeit ift fein @ebraud^ befc^ränft ; in ben brei le^en Zogen ber S^-
tood^e berftummt eS gänjlic^ ; ebenfo ift bied ber %aS, bei ben Xotenmeffen, too^renb (^
bie ©ried^en and; bei biefer @elegen^eit fingen.
Db Sut^er ba^ Gloria patri nac^ bem ^ntroitu^ — benn nur ^ier lonnte e« übet^
S}aupt in ber ebangelifc^en 3Jleffe nod^ borfommen — tooQte gefungen fe^ ober ntc^
ägt ftd^ mit boller Seftimmtl^eit ntd^t fagen. Denn er ertoäl^nt ed toeber in ber Formola
missae, nodj^ in ber „beutfc^en 3Reffe". 3" ^^ Formula m. toill er ben gntroitu^ bei»
behalten (Opp. lat. v. a. 7, 5), alfo \)at er aud^ ^öc^ft toal^rfc^einlic^ bod @loria nit^
geftric^cn. ^n ber „bcutfc^en 3Weffe" aber erfe^t er ben ^ntroitu« burc^^ ein „geiftßc^ SA
ober einen beutfc^en 5Pfalm", unb barauf foU ba« R\fm folgen (ßä 22, 237). »fo ifJ
45 ^ier J^öd^ft toa^rfd^einlid^ bad @loria atö getilgt }u betrad^ten. DaiSfelbe gilt auc^ bon
ben JtDO: etlidpe laffen ben ^ntroitud fte^en, etlid^e erfe^en i^n burc^ ein Sieb (t)gl
SRietfdbel 1, 425). SBeld^e et)angelif4»cn ©otte^bienftorbnungen bor Sutl^ „beutfc^HReffe*
ba« ©loria beibehalten ^aben, ift an^ ©menb, (gbangel. beutfc^en 9Reffen ©. 256 ju <t*
feigen. Die neueren lut^erifc^en älgenben l^aben ba^ Gloria patri nad^ bem Sntmtul
50 c) Gloria in excelsis (Doxologia maior; Hymnus angelicus). — Sitteratur:
©ono, rer. liturg. libri duo, (Coloniae 1674) II, c. 2. p. 491 ff. ; X^al^ofcr, ^anbbud^ b<r
fat^. fiiturgit II, 77ff.; JRielfdjel, Se^rbudi ber Siturgir I, 361 ff.; 426; 520ff.; ^vi^K
origines du culte chr^tien', 1898, 158; äing^am*@(ri{(f)üt)iud, origines eod. VI, 35, v^l
V, 324.
65 Der @ebraud^ bon Sc 2, 14, bem Sobgefang ber @ngel, ift bei ben ®rie(^ oh
bo))j)elter : 1 . lommt ber Sobgefang in ber 5Keffe toor, aber in ben berfc^i^enen Sttutgi«
an ganj berfc^iebenen Stellen unb in ganj berfd^iebener 9Beife (Srigl^tmon, liturgiesl,
24, 25; 45, 3^ 64, 12; 227, 17; 248, 19; 252, 11; 361, 33); eine f efk Übet»
lieferung beftel^t alfo hierin bei ben ®rie(^en nid^t. 2. bilbet biefer Sobgefang ben Xnfong
eo eine« 9Korgengebeti^ (jiQooevxrj kio&ivrj), bad fid^ in ben Const. Ap. VII, 47 (bgL be«
Siltitrgtfi^e Sfonnelit 649
Hst Itm^nlteb I 9b X @. 402, 49 ff.), in ber }>feubo«at^an. @<i^rift de virgmitate unb
im Codex Alezandrinus ald ölteften DueQen finbet (bgl. Sl^r^foftomttd, hom. 69 in
Matth.). See SSecfaffet ifl unBelonnt. 2)iefei; ^l^mnud tft in bte römifc^e ÜReffe auf«
gmomnten toorben, ho^ fyd er mit ber lateinifd^ ÜBerfe^ung (t)on ^ilariu^ b.^oitierd?)
einige Snberungen erfa^en. 3lai^ bem liber pontificalis (1, 129 unb 263) f)aht $a]pft 6
Xdk^fynu& (t ca. 138) ben etnfad^en Hymnus angelicus au^ Sc 2, 14 für bie (ä^\U
Rod^ttoeffe, $a^ft @^mma(^ud (f 514) ben ertpeiterten $bmnud für aQe @onntage unb
ric l^al^edtage ber SRcirti^rer t>erorbnet, allein nur für^bie Sifcpof^meffen ; unb jtDar fielet bied
Bloria nac^ ^ntrottuiS unblt^rie. Sie $riefter burften ed nur ju Dftem unb am %aQt
3ker S^fMotton fingen (Sacr. Oregorianum; äßalafr. ©trabo c. 22 MSL 114, 945; 10
Bcmo r>. Steic^enau MSL 142, 1059; ordo bei Suc^eSne p. 460). 9lm ®nbe bed
11. Sa^^nbertö tDor t^ ben $rieftem gonj freigegeben (Micrologus c. 2). 9(Id l^öd^fter
Jnbell^nud tmrb bad gro|e @Ioria l^eute in ber rdmifdben ÜRetfe an aQen %i\U unb
Iraibentagen, tooju aucp bie Marien- unb 9())ofteltage gehören, gefungen, fäQt ober an
oDcn Zogen emften Sl^afterd au^, alfo in ber älbDentöjeit, t>on @et)tuagertma h\& Oftcm 16
unb am Xage ber unfd^ulbigen Jlinber (28. Sejember), natürlich aud^ bei ben Zoten«
Dicffen.
Siuüfct fyd in ber Formula missae bad ®Ioria fielen gelaffen, bod^ fügt er ^inju:
Jn arbitrio stabit episcopi, quoties iUum omitti voluerit" (opp. lat. v. a. 7, 6).
3n ber „beutfd^ ÜReffe'' ertuöl^nt er eS gar nic^t. Sod^ ift bamit nid^t gefogt, ba^ er 2)
tf befetttgt toiffen toodte, benn i^m — unb nic^t i^m allein — galt bad Gloria ald
iitm Dorou^e^enben Jti^rie gel^örig (t)gl. a. a. 0. u. Slietfc^el 400, 9lnm. 3). ^öc^ft toa^r-
|^i^einlt(^ ^aben bte 3eitgenof[en iShttl^er fo berftanben, benn faft alle lut^erifcben JIDO be«
galten bod (Sloria bei; etlid^e f^en eS in einem Siebe („9111' @^' unb $ret^ foO ®otted
öon Sutl^er ober „allein ®ott in ber ßö^' fei g^r*" bon 35eciu«) fort. (SMbere« bei 25
}d l, 426 unb bei ©menb, ©eutfc^e ?WeJfen 9; 10; 101; 127; 164.) md) bie
Rcfimnierten belfiielten bad Oloria in exe. bei. S^i^G'^i I^^ ^ beutfc^ t)om Pfarrer
im^tmmen unb tt)e(^feln)eife t)on ben 3Rännern unb SBeibem f)}red^en (9l!tion ober 9rud^
M 9taüj^tmald u. f. to. bei @menb a. a. 0. @. 197). ^n ber neueren 3^ if^ ^^
jn^ (Alma nac^ bem SSorgdng ber t>reugif(^en Slgenbe t>on 1821 in biele 9lgenben über«80
Sangen, balb mit bem S^f^ ^^ ^/SBir loben bi(^ u. f. to/', balb o^ne benfelben,
b mit bem folgenben Si^ : „SlOein ®ott in ber $ö^' fei @^r"'.
3. ^alleluia. — Sitteratur: S3ing(am:®nfc^ot)iud, Orirines sive antiqu. eccl. VI,
41 ff. ; 36ona, De divina psalmodia c. XVI, 7 unb rer. liturg. übri duo, 1. II, p. 533 ff. ;
Baroniud, Annales ad ann. 384 9{r. 28 u. 29; 2:^aI^ofer» ^anbbudb ber tat^ol. Siturgif I, 86
M5ff. n, 100 ff.; «ietfctiel, Scfirb. ber fiiturgit I, 322. 366 f.
3)ie l^äifd^ gormel t^'^^'Än ^^obet ga^be" ift unüberfeftt in« ®rie(^if(^e (unb in
niberc &pxad^m) übergegangen, unb jtoar in ber ^^orm: ^AlütjJiovCa (LXX). ^m jü»
bitten ®otte^ienfite l^e btefe^^ormel mit ben $falmen unb o^ne biefelben einen reichen
Bmouc^ gefunben, namentlid^ tourbe fte j^öufig beim $affal^ im großen ^allel ($f 112 bi« 40
117) geftmgen. @angen nun bie S^riften bon 9lnfang an in i^ren ©otteftienften
^falmen unb ^\fnmm, unb jtoar jübifc^e unb neugebic^tete, fo toerben fte bamit }uglei(^
boS ^oOeluia in i^ren ©ottedbienft aufgenommen ^aben. S)a« erfte 3^0*^^^' ^^^ '^^^
loir auf ben ®ebrauc^ biefer t^ormel im c^riftlid^en Jlultu« f^liegen fönnen, ift ^I 19,
1 — 8. 93on ben ba gebotenen Oben fagt b. b. @ol$ (ba« ®ebet in ber ölteften Spriften^ 46
bcit e. 238) mit Siecht, ba^ fte mie „^anllobgefönge nai^ bem ©enug ber ^l. ÜRa^ljeif'
Dingen. 3)arin lommt biermal bie ^ormel äXXrjkoma bor, unb gtoar fte^t fte je einmal
am Slnfong eine« Keinen Siebe« (v. 1 u. v. 6), toä^renb fte einmal (v. 3) nur al« ®in^
Idtung bed @(^luffe« unb einmal (in ber ^orm äjLiijv d. v. 4) al« 9lbf(^lug be$ gamen
Silbe«, unb {toar al« 9left>onfum erfd(^eint. 3Jlan fte^t alfo, ba^ bie ^ormel in oer 60
monnrnfoc^ften SBeife bertoenbet tourbe, ein Setoei«, toie eingebürgt fte getoefen fein mu|.
Sleiben toir bei ben öftlid^en Jlird^en ftel^en, fo l^aben toir oüerbing« für bie
nSc^en l^a^unberte lein unmittelbare« Sfugnt« für ben @ebraud^ be« ^aOeluia im
00tte«bienfL SUletn man barf too^l mit iRe(^t aui ber 9lngabe be« ipieron^mu«, bag
ber Sonbmonn auf ben ^^luren Set^le^em« hinter bem Pfluge l^er ba« ^alleluia ftnge 66
(qp. ad MaroeU. 43,12 MSL 22,491), ben @c^lug auf gotte«bienftltAen ©ebraud^
bcfßoQ. jte^en. SBie ber ^falmcngefang, fo ^at audf^ ba« ^ou. bon alter«l^er bor allem
im ®otte«bienfit an jtoei SteÖen ^ertoenbung gefunben : beim ^ommunion«af t unb nac^ ber
S|KfteIberlefung. Seim Jtommunion«a!t finbet e« ftc^ in ber b^jantinifc^en Sit. be« 7. u.
550 Sitmrgifi^e Sformdit
9. ^ol^rl^unbertd (Srigj^tman 537, 6 unb 342, 9); in ber Sl^i^foftomu^Stt. (9r. 393,20);
in ber SU. ber 5Reftorianer (Sr. 299, 4ff.); in ber ber «rmenier (»r. 449 u. 450), in
ber ber Io))tif(^en unb fv^f^^ S^'^'^ii^ (^^* 13^1 102 ff.; Stenaubot, Liturg. Orient
collectio II, 40 u. 41). ^f^ ed {ufällig, ba| bie äa\fpti{d)m Situraien (bte lo|)tif(^
6 3<t{i>Biten finb iebenfaQd bon ben f);[rif(^en Beeinfluß) fehlen? — 3la^ berSerlefiutg beS
„9l)}oftolod'' ober bor bem @bangelium (über ben ^falmengefang an biefer Stdle bgl.
9[. ©robuole Sb VII, 57) h)trb bad $aQ. jtoei ober mebrere Scale gefungen in aDcn
Siturgten, nur nic^t in ber abeffinifc^en. S)ie ©ried^en Behalten bad J^aÖ. fotoo^l in ber
9u^)eit (böiger aud^ in ber missa praesanctificatorum), ald auc^ in ber Xotenfitutgie
10 bei (®oar, Euchologion, 1647, p.l87 u. 205). — ^m äßeften ift ber erfte 3eugc
für bad ^oQ. XertuÜian. De orat. c. 27 (ed. Dealer I, 582) fagt er, ba| bte eifngeroi
S^riften t^en (t>ribaten) ®ebeten Oßfalmen) bad ^aO. an^ubängen ))Regten, unb gtoar imst,
ba^ bie ätntoefenben bamit reft>onbierten (^amad, Ser d^^rtftt. ®emeinbegotte0btenfl &.359f.),
offenbar ein aud bem ©otte^ienft ftommenber ä3rau(9. Sei ber biel parieren Setoromg
16 bed ftird^enial^, bie totr im äßeften finben, !ann cd nic^t auffallen, ba^ man \ifon
früj^ angefangen ^at, bad ^aQ. ate mit bem ®mft ber ^ftenieit unberträgKc^ in bie^
3eit berftummen )u laf[en. 9lud Suguftin n)if[en toir, ba^ in oer afrilanifd^ Jtirc^ in
ber Duabragefima fein^aO. gefungen tourbe (enarr. in ps. 110 u. 148). Siner anbeten
®teQe bei SSuguftin (ep. ad Jan. 55) tonnen h)ir entnel^men, ba^ au feiner 3^ überoD
20 jtoifc^en Oftem unb ^fmgften bad Qaü, gefungen tourbe, ba unb bort fogar twdf m
anberen SCagen. ^r bie afritanifc^e ftirc^e Beengt femer ^^üt ^\\p. (de off. 1, 13),
ba^ bad ^ou. nur in jener R6t unb an ben Sonntagen ,,pro significatione futurae
resurrectionis et laetitiae'^ in Übung toax. 9)er SBeften toar alfo o^ne 3^^ S"^
^altenber im (Sebrauc^ bed $aQ., ald ber Often. über Stom liegt ein Rmgmi bc§
26 @0)omenod (bist. eccl. VII, 19 MSO 67, 1476) t>or, ba^ bort t6 'AiXrjlovtä nur
einmal im ^^l^r, nämlic^ am erften Oftertag gefungen toerbe. Saffbbor (um 570) ^
in ber bist, tripart. (IX, 39 MSL 69, 1156) biefer Stoti) aufnähme gegönnt, unb
ebenfo l^at SSigiumtiud (um 400) bief e Sitte nicbt nur gelaunt, f onbem fte ouc^ im Dflen
einjufül^ren berfuc^t (bgl. ^ieron^mud, contra Vigil. c. 1). 3^f^ ^ ^^^ Xngoie
80 finb alfo laum bered^tigt. SQIerbingd fte^en bamit anbere S^fl^iff^ ^ SBiberffmu^.
3lai^ SSoJ^amted ^ialonud toar bad ^aO. ju feiner ^At (5. ?|a|ir^bert) in 9iom in ba
$ente!ofte (alfo jtoifc^en Oftem unb ^fingften) im ©ebraudg», unb jtuar nur in biefer
3eit (MSL 59, 406). 9Joc^ bertoonmer toirb ba« Silb burd^ eine SrieffWIe Oregor« I.
9luf bm SSortourf, er l^obe bad ^aQ. nac^ bem äSorgang Jlonflantino))eId in ber Sleffe
86 auc^ au^er ber ^enteloftaljeit ftngm (affm, antwortet er: „Nam ut AUeluja hie
[non?] diceretur, de Jerosolymarum ecclesia ex beati Hieronymi traditione
tempore beatae memoriae Damasi papae traditur tractum, et ideo magis in
liac re illam consuetudinem amputavi, quae bie a Graecis fuerat tradita'' (MSL
77, 956). ^iefe ©teOe giebt nur einen ©inn, tomn man mit etlid^m ^anbfc^riften bo^
40 non tilgt. 2)mn bon bm (Sriedbm, bie bad ^aQ. hcS gonge ^ol^ pinburd^ fangen,
lonnte eine (Stnfd^ränfung unmöglich fommm. @re^or fagt: sBon^emfalem f^, unb pcx
burc^ ^ieron^mu^, foll m bed ^amafu^ 3^^^ ^^^ ®i^^ ^^^ ^^^ gelommm fein, M
^aü. Inxö) ba^ ganje ^alfx l^in gu ftngm. ©regor leugnet ntAt, ba^ er bod ^oll. au(^
augerl^alb ber öfterltc^m 3^^^ fingm laffe (k)gl. bie bor^erge^bm SBorte: „Gui ego
46 respondi, quia in nullo eorum [ber bon ®regor getro|fmm @inri(^tungm] aliam
ecelesiam secuti sumus''), aber er bel^au))tet, ba| bied im SSergleid^ mit bem bon ben
©riec^m etngefü^rtm Sraud^ nur eine Sinfc^rötuung B^mte. Sied fle^t alfo fefi:
@regor lie^ )u feiner ^At bad Qaü. auc^ nod^ ni anberm 3^^^ ^Id bon JDfiem K^
^fingften fmam, aber nic^t bad game ^al^r j^tnourdji. Sa^ er biefm le^term Sra«^
60 k)orgefunben pabe, fte^t nid^t ba. dx fteUt leinen äSergleic^ an mit bem, tiKid er wt^
gefunbm, unb bem, toa^ er eingefül^rt, fonbem er fteUt bie angeblid^ unter 2)amafud vb^
lic^e, auf bie @riec^m gurüdgel^enbe ©itte (illam consuetudinem, quae bio a Oraeeis
fuerat tradita) feiner 92euorbnung gegmüber, um ftc^ gegm bm äSortourf, bm ®rie«^
nachgegeben m ^abm, gu k)ertetbtgm. 3BeI(^e ©itte gtoifc^m S)amafud unb feiner 3^
66 beftanben ^aoe, giebt er nic^t an. 3" biefem 3^0«»" — n^ön bebenle, bo^ ed f«^ um
über jtoei ga^r^unberte l^anbelt — fann aber fel^r too^I in SRom ber Srouc^ bejtanben
l^abm, ben ^oi^anne^ Siafonu^ im 5. ^a^ri^unbert begmgt, ba^ nämlid^ bod ^oSL nur i>
berOflerjeit gefungen tourbc. 5la(^ ber angäbe Oregord ^ättm toir in 9lom äfo folgenbe
enttoicfelung : 3ur ^eit bcd 35amafu« (366—884) bringt bon Semfolem 1^ in ben
60 romtfc^m @otte^bim|t bie öftlic^e ©itte ein, ba^ ^aS. bad gange ^fft ^inburd^ unb cati)
Sitorgif^e gfontidit 651
M SegräBmffen (^tertmi^mud ep. 30 1 k>gl. ep. 7 u. 27) )u fingen ; barouf Beginnt man
im 5. ^a^^unbert bad ^oQ. auf bte öfterltc^e 3^^ ju befd^r^en (k>gl bte Ütotij Bei
ingufttn ep. ad Jan. 55, bte bon folc^en Übergängen ^onbelt), Bid enblid^ ®regor
koidber einen reicheren ©ebtauc^ julä^ SBie ift ober bantit jene !Roti) beS ©ojomenud
imb feinet Stad^folgerd, ba^ nur ju Dftem rä ^AXXrjlovia gefungen tDorben fei, in Sim 6
Hang lu bringen? gebe @(^n)ierig!eit fäQt, toenn man ftd^ gegentDörtig f^äü, ba^ rd
'.^iJUi/Xavia für bie ^ried^en ein ganj Beftimmted Sieb Bebeutet, unb nic^t ettoa ben
mqdnen ^olleluiaruf. 9Ran k>gl. bei Sogomenod o. a. 0. bie Segeic^nung: romov rdv
Ef/<yav ober Bei @imeon t)on ^effal. (gefi 1429) de sacro templo c. III (x6 *A,,
S jtQotpriTixov laziv foua, t>gl. de sacram. c. 63; expos. de div templo MSG lo
155, 316. 225. 724). SQfo Sojomenod toill gor nid^t barüBer Berichten, }u toeU^
bAnd^ 3^ ^^ ^oQeluiaruf im römifc^en ®otteftienft erfc^oO unb ju toeU^er nic^t,
nr bcrid^ nur, bag ber bem (Sried^en al^ rd 'AXXrjXovta Belamtte $)^mnud in 9tom
mr einmal im 3a|r, ndmlid^ )u Oftem gefungen tDorben fei; haS fd^lie^ leinedtoegd
ni8, ba^ )u anberen 3^^ ^er ^aOeluiaruf gefungen tourbe. — $eute toirb bad $aQ. 15
in ber römifd^en ÜReffe nac^ ber @))iftel, mit Slu^nal^e ber 9lbt)ent!^ unb ^tenjeit,
Ringer anberer ben S^a!ter bed (Smfted tragenben ^gen unb ber ^otenmeffe, burc^
gan}e2|a^ ^in gefungen, unb jtoar breimal; jtDifc^en bem jtoeiten unb britten^oS. h)irb
ein Serd eingefügt 3n ^er dfterlic^en 3^ ^^^^ ^^ größerer ^aQeluial^gefang am
gcf&nmt — t)idlei(^t eine SBeiterBUbung bed griec^ifc^en ^aQeluiatomnud, t)on bem ao
ekn bie Siebe toar. Süperbem erfd^eint ba^ ^aO. in ber r5mifc^en ^effe im Offertorium,
enblid^ nix^ einmal am Sc^lu^, nad^ bem ite, missa est, jebo^ nur in ber Ofterjeit. —
IHe mo)araBif(^e 3Reffe i}at bad ^aQ. merttoürbigertpeife nac^ bem (Sbangelium (MSL
B5, 112; 4. @bnobe t)on Xolebo 633 c. 12 bei Srund I, 227). Stugerbem erllingt ed
okr noc^ mel^ad^ in ber ÜReffe (MSL 85, 113 A. u. B; 119 B u. D; 120 A u. G). 25
Xuf^ tourbe ed burd^ ganje ^afyc gefungen (c. 1 1 ber obengenannten S^^^obe bei SBrund
I, 2f26), bie ^ftenjeit aufgenommen.
Sutl^ fjai hcS ^aO. in ber Formula missae mit bem @rabuale BeiBel^en (opp.
lat. y. a. 7, 6), in Ser „beutfc^en ÜReffe'' bogegen l^at er ed nic^t mel^r ertoäl^nt, bafür
über ein beutfd^ed Sieb eingefe^t. Sie lut^erifdpen JIDD bed 16. 9|oü^l^unbertd l^abenso
Ubigfl nic^t aiOle hcS ^aH.; toenn fie eS ^aben, fo t)erbinben fte e^ mit einem beutfc^en
BefÄng ($reu^en 1525, 1558; Sraunfc^toetg 1528; Sraunf(^n)eig^9Bo[fenbüttel 1543).
^ bm neueren lutl^. Sigenben ift bod ^oS. faft überoQ nad^ ber @t>iftel angeorbnet.
Sboc^ f(^toeigt ed in ber $affton^eit, oBtool^l Sut^er (opp. lat. v. a. 7, 7) ts^ auc^ in
riefet 3^ tooOte gefungen toiffen. 86
4. $ofanna. — ßitteratur: S^al^er, ^anbbuc^ ber fat§. filturgll II, 185;
RictfctKlf Se^rbu4 ber Siturgit I, @. 380.
^cS ^ofanna lommt in ben Siturgien nur in bem S3enebiltu^ genannten Sobgefang
m 21, 9 (J>gl.^fll8,26f. unba»cll,9f.) öor. ättein biefer finb.et [x^ löngft nic^t in
oDcn Siturgien. ©0 fe^It er junäd^ft in aJSen Siturgien, bie }um äg^j^tifd^en SC^fud g^ ^
^dfcn, unb )toar fd^on t)on ben @era^ioni^®ebeten unb ber ägqpt JtO an. @benfo fennen
1^ triele fVrifc^ Siturgien nid^t; ). 93. fte^t er in feiner ber ja^Ireic^en Siturgien, bie
p^ bei Slenaubot, lit. Orient coUectio II finben; er toax unbelannt in älntiod^ien jur
got bed S^foftomud, in 3^<xl^nt jur 3^ ^^ &\fv!H, in ber bi^jantinifc^en Siturgie
M 5.-8. Solj^l^nbertd, tote fte S3rig^tman (Liturgies I, 481) relonftruiert l^at. Sa« 45
gen fte^t ba^ Senä^ittu^ in ber ^ibac^e 10, 6 unb banac^ Const. Ap. VII, 26, 1;
ler Ck>nst. Ap. VIII, 13, 3; in ber b^^antinifd^en Saftliu^:: unb S^r^foftomu^Situr«
gie; in ber ^alobu^Siturgie: in ber 9lrmenifc^en Siturgie; in ber Siturgie ber 9{eftorianer
[pctftfc^ "Xifpu»; k>gl. Srig^tman 284); in ber b^jantinifd^en Siturgie bed 9. ^a^l^un»
ytM flSrig^tman 324). ^n biefen Siturgien fte^t bad Senebiltud überall mit einer so
Kttdna^me an ber gleid^en SteQe. Selben toir t)on ber ^ibad^e unb i^er ^aUele in
Ml Const. Ap. ab, fo finbet ed ftd^ nämlid^ immer nac^ bem Xri^i^agion (Ogl. ben9(rt
iw^ariftie 93b y, @. 565,29), in ba^ bad ^räfation^ebet audtlingt, nur Const. Ap. VIII,
LS, 3 ße^t ed oor bem @))cnbea!t unb tmmtttelbar nac^ ber ^ormel: rä äyta xdig
fyÜHg, fe^It aber natürlid^ nad^ bem ^rid^agton. ^ier antwortet ba^ äSoIf auf jenen 56
^nnif f olgenberma^en : Elg äyiog, elg xvgiog Irjaovg XQiaxdg, elg d6^av &eov na-
igdc, evloyrp[6g elg rovg alwvag. ä/nnv, d6^a h vwlmoig ^eco xal bil yrjg el-
pirrj, iv Av&Qilmoig evdoxia, cooawa T<p vlco Aaßid, evXoyrjf-ievog 6 ig^o^evog
h ir6/jum xvgiöv, &€dg xvQiog xal biitpavev fifuv^ (baawd h xdlg {nplatoig, alff
552 Sititrgtfi^e t^onttelit
eine Jlombmation ou^ 3Jlt 21,9 unb $f 118, 26 nad^ LXX. Ston toitb nic^t leugnen
fönnen, ba^ fi(^ ^ter biefer 8ob{))rucl^ bortreffltd^ an{c^Ite§t an bod elc äyiog unb ba| a
aud^ unmittelbar bor ber 3(udf)}enbun0 fe^r Qui t>a^. SRöglid^ertueife betoa^ j^et bie
tlementinifd^e Siturgie einen älteren Itturgifc^en 93rq^(^. l^ebenfaQ^ i|i ed mir au^cr
6 S^^^^^f '^^i ^^ Senebittud nur giemlid^ ]p€d feinen $Ia| nad^ bem Xn^^ion erholten
^aben !ann. ^enn bad ^räfation^ebet bor h)ie nac^ bem Xri^^gion tornbet fic^ aOein
an ©Ott ben SSater, bagegen tann ftc^ bad ^/gelobt fei, ber ba tommt im Atomen hti
^^xm" nur auf @l(;riftu^ bejie^en. 3Ujo pa^t biefed @tüd gar nid^t in ben ^ufornmen«
l^ang. f^er tnijip\t bie barauf folgenbe ^ortfe^ung beS @e6eted in allen Siturgien an
10 bad äyiog an, niemals aber an ba^ evkoyrifievog. 2)al^er J^alte i(^ ba$ Senebinu^ an
biefer Stelle für einen \pdiza (Sinbringling. !Ro(^ erübrigt ein SBort über 3)iba4^e 10, 6.
9{ad^ b. b. ®tA%, $Da^ @ebet in ber ölteften Si^rifteni^eit @. 212 f., 218 unb 222 finb
bie an ber genannten Stelle ftc^ finbenben iurjen @ä$e nic^t ju bem bor^gen ®e6et
gehörig, über^u))t nid^t untereinanber im Suf^^^^^^^B ftel(;enb, fonbem teild Sbtfonge
16 bon ^l^mnen, fo ber erfte ©a^ : iX&h(o fj x^Q^ ^«^ Tmgel&hw 6 x6o/wg ovxog
unb gleichfalls ber gtoeite, eben baS cboawd rcp ^ecß Aaßld, teils hirge 3lufe,
bie uns aber l^ier nid^t naiver befc^öftigen. S)iefe 9luffaffung l^at fe^ biel für ftc^. Sir
fönnen alfo ber ^ibad^e entnehmen, ba^ bei ber @u(^ariftiefeier u. o. ouc^ ber Sobgefong
$f 118, 25 ff. gefungen toorben ift. ^ie ^age ift nur, ob man anne^en foQ, ba( er
20 unmittelbar bor ber ^uSf))enbung gefungen tourbe, ober na(^ ber ganjen ^er. 3la6f ba
äluffaffung, bie t). b. ®ol| Übctf^anpt t>on ben jtoei le^en Slbenbmol^lSgebeten ber 3)i<
bac^e ^at, ba^ fte nämlic^ ^ie eigentlid^e „$röfation'' feten, fd^lie|t ftd^ an ben ©efong
ber genannten i^^mnen bie 9{ie|ung an. Urf))rünglid^ ^abe freili^ 10, 6 gor nic^t im
%z}ct geftanben, fonbem erft eine \pätm $anb ^abe, als man bereits ben ®enu^ ber ge*
26 fegneten Elemente k)on ber bor^erge^enben ^Jtol^lgeit gefonbert l^abe, biefe htnen @^
hinzugefügt. S)agegen f))rid(^t aber auf baS Seftimmtefte ber eSc^atologifd^e SJ^ratter biefer
@ä(e. Serabe barin berrät ftc^ il^r ^ol^eS 3(lter. 9Iun imtrbe aber bei ben^uben naii
bem $affal[^ma^l $f 118, 25 ff. gefungen. Siegt eS nid^t nal^e, anjune^men, bo^ aoäi
etlid^e S^ftengemeinben biefen 93rau(^ auf baS älbenbmal^l übertrugen, inbem fie bie
80 ^falmfteQe auf bie nal^e SBieberfunft beS ^erm beuteten? SSieQeic^t )eigen einige Situr«
gien @))uren biefeS alten ®ebrau(^. ^n ber armenifd^en Siturgie (Srig^tmon 458)
fmgen nömlid^ bie ^riefter nac^ ber 9luSf))enbung: „Unfer @ott unb unfer ^err ifi und
erf^ienen. ®elobt fei, ber ba fommt im 92amen beS i^erm''; bie !o)}tif(^en ^alobiten
laffen ben 2)iaIon nac^ Der Jlommunion beräßeiber fagen: „®elobt fei, ber ba fommt
86 im 5lamen beS §erm" (Srig^tman 186), unb enblic^ fei ertoäl^nt, bafe nac^ ber 6^0=
ftomuSsfiiturgie ber 6^or unmittelbar bor ober ioä^renb ber Austeilung: cvXoytjfimK
6 igxi/uevog h övöuari xvgiov, '&edg xvgiog xal hiE(pavev fnuv (^f 118, 26 f.
nadj^ LXX) ftngt, toäprenb bei ben 5Reftorianem noc^ nad^ berfelben ber 117. $falm,
alfo ein @tüd beS jübifc^en ^allelS, gefungen toirb (Srig^tman 303).
40 SBenben toir unS nun bem SBeften in ! $ier treffen toir ben Sobgefang in oQm
3eugniffen ber berfd^iebenen liturgifd^en X^))en h)ieber, unb p>ax auSnal^mloS in Serbin«
bung mit bem ^riS^agion. ^ür bie mojarobifd^e Siturgie bergleid^e man MSL 85, 116;
für bie teltifd^e baS Stowe-Missale (bei äBarren, The Liturgy and Ritual of the
Celtic Church p. 234 • für bie mailänbifc^e TOeffe ßeriani, Notitia lit. Ambros.
46 (1895) p. 6. ^n ber gauifanifc^en Siturgie finbet ft(^ bie abtoeid^enbe Srfc^einung, bo^
ber Sobgefang nidj^t bom ßl^or gefungen toirb, loie baS 2:riS^agion, fonbem öfter b«
älnfang einer collectio post Sanctus bilbet, fo im Missale Qothicum MSL 72,
233. 253. 259. 304. 317; Missale Oallicanum vetus ebenba, 342; ober t)iellct(^t
h)irb au(^ nur ber Sobgefang k)om $riefter toieberl(;olt, um baran baS folgenbe ®ebet am
60 }ufd^lie|en. ^ebenfalls nimmt bie collectio post Sanctus aud^ fonft beutltd^en Sejug
auf ben Sobgefang (bgl. a. a. D. 311. 315). @o verraten aud^ jtoei ber in ben 9lime>
fd^en 9Beffen bepnblid^en Äolleften burd^ i^re Slnfänge, ba| baS ßofanna in ber $ö^e u. f. tt.
bor^er gefungen ioorben ift (bgl. 3Wone, Satein. unb griet^. SJleffen ©.18 unb 29). SKc
ftel^t eS in ber römifc^en 3Jteffe? ^aS Sacramentarium Leonianum bleibt unS jebc
65 9luSfunft fd^ulbig. dagegen l^at baS Oelasianum in feinem canon actionis bot Sob*
gefang (bgl. SBilfon, The Oelasian Sacramentary p. 234) ; ebenfo feiert er im Gre-
gorianum unb im ordo Romanus II bon 9)iabiUon (Museum ital. II, 47 f. tjRl.
ordo I p. 12) toieber. ©o fte^t bis ^eute baS SenebittuS hinter bem IriS^gion in ber SKefte.
Sut^er ^at in ber Formula missae (Opp. lat. v. a. 7, 9) beS SanlhiS unb ^^
60 fanna beibehalten^ aber er ^at biefe @tüde nac^ ben Sinfe^ungStoorten unb bor ba
Siturgif^c t^ornttln
553
Jlommunion Vom ß^cr finden lafleit. Qn bei „beut|i^en ÜOiefie" gcknft Sut^cr beöSBent-
i Mlhiö überhaupt nit^t. ^e^ folgen \d)on einige bn; ältefien fiCO fOiiimbctg 1524,
$r(ugen 1535, gtiga 1530) bem Sotbilb ber Formula misHae. $eule hjirb meift ganfs
, tiid, .fio(anna unb SenebitluS an ba« ^räfotionlflebet angefctjlcfjeii. 5Kan ^at bagcgen
Siebenten erljoben (SliuetbeL, SHictjctjel), ob biefc ©teDung üPt ber Äonjeltalion bie re^te s
fei, lueil baniit bem ßSebanren bet SÜanblung burd) bie flonjefration i8Dr((^ub geleiftet Werbe,
unb 91ieli$el (djEägt iciifaib »or, baö ©anftuö jtoat an btc ^ßräfation onäuit^iUelen,
taS ^Djanna unb Senebiftiiä aber vox bie StustcUung ju ftcUen, Iüo eä in bet Formula
missae fte^L
5. KvpiE iXinoov. — aillerolur. Slrt. Kyrie eleison in bet 2. «uf! berffle. to
»b VIII, 333 f.; «ono. Her. liture. libri duo (Coloniae 1674), II, c. 4, p. 482 ff.; IbaU
Jofer, ©anbbuc^ ber Mb. Siturgit I, 49.'i— EiOO: Tl. 7bf.; Wfetldiel, £e6tbudi ber Sitiirgil I,
358ff.; 425; ^iclov giöulpe, in ffllunoiftbrifl für Botleeb. unb lirdil. ftunfl H' 65-; g, gtfT.
adielie. ebenba fV, lötR. unb 211ff.; ludieSne. Origiiies du culte chr^tiea, 1898,
p. l&6f. 16
Sm ä unb 5R3; begegnet une (»äufig ber 9tuf: xt'ßie ^d^cHt)- /le ober j)/*«?-
^öt^fl Wa&rfi^einlidi ift bie grie^ifdic Formel (»gl. LXX j. S. $1 6, 3 ; 9, 14 ; 122, 3 ;
3ef 33, 2 u. f. ro.) bereits im jübift^en Kultuö gebräudjli^ gctoejen. 3)af!er lann eä unS
nii^t Wunber nehmen, bafj er auc^i in bie i^riftlictje Siturgic einbrang, ift er bo(^ bet unmittel'
boiiie äluebrucf beS @(fü[;Iä bei ^iEflofigleit unb ber Untcürbigfcit vor @ott. 28ann biefeao
^ormel in abgetüteter (^eftalt al€ xvgie iXitjoov in ben <^ifttic^en ^otteöbienft auf:
genommen teorben ift, ift ni(^t ju fagen. 3)ie ^^ibat^e, ^uftin (ober foKte fit^ Dial. c.
Tryph. 96 ein 3(nil(ing an bie (jormel finben?), bie ©era)3ionS=®ebrte, bie cänoneB
Hippolyti unb bie 2ig^t. ÄO, ettoä^nen fte ni(6t. SDamit ift nii^t gefagt, bo^ fic ni(^t
lu ibrtrReit bo(^ fttjon gcbtäut^üi tcar, SBenn 2^. ga^in (SJerStoiler gpiltet unb fein 25
aäctböüni« jum Gtjriftenlum'- [1895], ©. 20) meint, bofe bereit« ßpiftet bai K. L
ctaä (^tifllii^em SJtunbc (enne, je ift baä ein ^rrtum. Die erfte Sßejeugung für Serien
unb 3eiu|alem, unb %\oox für bie 2. .^älfte bcä 4. ^afji^^unbertä, bur(^ bie conat. Ap.
(VIII, 6, 1.2; 8,3), burc^ bie Sd;rif ten beö (SfjtljiDftomuö unb burt^ bie SReifebefc^teibung
bet ©ilbia jeigt unä biefen ©ebetäruf fci^on fefl im ©otte^bienft eingebürgert unb im bo
rcic^flen ©ebraucti- Söenn bie ©ilDin erjötjtt : „uqus es diaconibus fapit comme-
morationem singulorum, sicut solet esse consuetudo. Et diacono dicente
eingulorum oomina, semper pisinni [parvuli = nmöia] plurimi staut,
respondentes semper: Kyrie eleyson, quod dicimus nos: Miserere domine,
quorum vocea iofinitae sunt" (peregr. Silviae ed. Gamurrini p. 78) — fo 36
pimmt bamit BDÜftänbig bie Seftimmung in bcn const. Äp. VIII, 6, 1 uberein : ,jidnEi;
ol Tziarol xara dtävoiav vnkq afirätv [rrijv xaT7i)rovfiivoiv] TiQoaEvj^ea&to-
aav MyovTEi; 'xvqie iXetjaov'" unb 6, 2: ,^Etp exäinci) rovitov, i'iv 6
SSoIt reii)onbiett alfo mit jenem Sitttuf auf jeben futjen ©ebetafa|, ben ber SJialDU «
SDrfprif^t. ©0 entfielen litaneiattige ®cbcle, bie meift nur bet SJiaton, bejlo. ber 9ttc^i=
biaion (in bet alejanbrin. ®regotiuö=Slituigie ber ffgeiV, SHenaubot, Liturg. orient. coli.
I, 99. 102) bortpridit. 3)uri$ baö SHciponfum eignet fidj bte ©emeinbe bie betreffenbe
cmjelne Sitte an. ©oEdie litanciartige ©ebete finb bor allem bie gürbittgebete für bie
Kolet^umenen, für bie Sefeffenen unb für bie SBüfeer unb baS grofee Stirt^engebet, bocfe ift 45
bamit bie ©ruppe ber Sitaneigebete butdiauä nid)t etft^üpft. %ai gilt fcfion bon ben
conat. Ap. £enn nif^t allein Inirb ^ier t^atfäc^Iid) ba« x. l. ani) für bie Sugei gebetet
(VIII, 8, 3), fonbem ^ödjftma^rft^einlict ^at jene oben mitgeteilte Seftimmung ani c. 8,2
ou^ auf bie ©ebetc 9, 2 ff. unb 23 (Srigbtman 9 ff,, 23 f.) antoenbung, toorauf ft^ion
bet Umftanb ^intoei^, bafi bie @emeinbe bei biefen @ebeten baS Jlnie beugt (bgl. ^U' i
ertöne p. 68), @ine (Snthiictelung beö ©ebroudiS biefer gormel Wirb ft<^ fe^t ft^Wet Der>
folgen loffen. 9Iur bog [ägt fittl WoEiI jagen, ba^ im Dften bo« x. L äunücfift nur 3Wif(^en=
ruf loar, unb erft fvätet erft^ieint eä olö felbflftanbigeß (Sebet. @o Wirb j. S. baä x, i.
in bet 3aIobu«'üit. {Srig^tman 62) äWölfmal, in ber 3)iarfiiä= unb in ber atejanbrinijcben
SaftliuSigit. (Srig^tman 138, 8 unb iKenaubot I, 79) bteimal bot bem fiommunionäatt ge= w
tufen ; auc& im Vorbereitung«: unb im Gntlaffung^tt fomml c« Bot. SiamentUtti fmb
ti bie fbtift^en unb bnianliniftfien Siilurgien, in benen baö Kyrie fefit ^äufig BerWcnbet
toirb. au^ Würbe eä bei ^rojeffionen auSgiebig gebraui^t. ^ie jjormel finbet fii^
ßbrigenä griec^ift^ in ben toptifdien, abefiljni((^en unb ftjrifiiten ülurgien. — ^aS alte[t!
664 Sttttrgif^e Sformebi
Reugntö für bad St. im SSeften tjl bte oben mitgeteilte ©teOe avS bem 9eru|ite ber
äiquitamerin ©ttoia. ^oraud gel^t ^ert)or, bog man in i^ ^eimot (SoHien ta>o^
ben Stuf miserere domine tennt, aber nid^t ben griec^ifci^en 9luf : x. i.; fetna
ba^ man bort jenen Stuf nid^t ald ^to\\i^mtn^, am toenigften im ÜRunbe ber Jtinber mi^
6 in biefer Häufung (voces infinitae) lennt. S)amit {Ummt bad nöc^ftältefie, etotfolb
®allien angel^drenbe 3^9^^^ üBerein. Jtanon 3 ber jtoeiten @^nobe t)on Saifon 529
(Srund, Gan. ap. et conc. II, 184) Beftimmt naä^ bem SSorBilb bed Orienld, Storni
unb Sitaliend üBerl^au))t, ba^ aud^ in ©ollien bed x. l „frequentius" Bei bem gfrfl^
gotte^ienft, bei ben 9Ref[en unb Bei ber äSed}>er gebraucht toerbe. ^n ben itUjhxn
to@aIIien$ toor ober ba^ x, i, belannt, toie bie regula ad monachos bed 9if(^^
älurelian t). atrleS (gefi 550) betoeift; l^ier toirb ed für ben ®otteä)ienfl ad tertiam
am Ofterfonntag t)orgef(^rieben (MSL 68, 393) ; aber ed erfc^eint bürdend felbfifiänbig,
nxäfi ate ^fDx\^mm\ bei einem @d>it, fonbem in parallele ju $falmen unb 9lntt))Jbonen ;
ed h)irb breimal nac^einanber gefungen. ^enfelben felbftftänbigen (Sebrauc^ beS H. fte^
16 Senebitt t). 9{urfta in feiner regula monachorum t)or ; l^ier tDirb ed fogor suppli-
catio letaniae (t)gl. 92ad^n)eife im 3lrt. Sitanei) genannt, ed toirb olfo bur^^
ate ein felbftftänbiged ®ebet emt)funben. äßöl^renb alfo im Dften ia» x, l erfl f^
©elbftftänbigleit gewinnt, erfd^eint ed im äßeften juerfl im ®otteftien{l aerobe ob
felbftftänbigeS @ebet. Unter Umftänben beruht fogar ber ft>ätere dfUic^e ©ebroud^ mtf
ao n)efi(i(^em ®in{lu^, h)%enb ber toeftlid^e ®ebrau(^ ein !Rieberf(^lag oud bem ^ro^
jeffiondgebet ift (t)gl. Srt. Sitanei). 2)enn toarum fmgt man gerabe am Ofterf imntag unb fmtß
ni(^t nac^ ber Siegel bed älurelian bad Jt.? ^d^ erinnere baran, ba^ ber Ofterfomtabcnb
burc^ eine gro^e ^rojeffton au^ejeic^net toax (k)gl. 9[rt. Sitanei). &at bad ettoa ®mflu|
auf bie ®eftaltung bed Sottedbienfted am Ofterfonntag gelobt? — äCuf eine t)on ben ®ri((^
36 unobl^öngige @nttoid(eIung in ?lom toeift aucb bie oft citierte ©teile au§ einem Siicf
®regor^ I. an ^oi^anned t>on ©i^rohid (ep. IX 12 MSL 77, 956) ffin : ,,Eyrie eldsmi
autem nos neque diximus neque dicimus sicut a Oraecis didtur, qaia in
Graecis simul omnes dicunt, apud nos autem a dericis didtur et a popolo
respondetur, et totidem vidbus etiam Christe eleison didtur, quod apud
80 Graecos niülo modo didtur. In quotidianis missis aliqua quae did solent
tacemus, tantummodo Kyrie eleison et Christe eldson didmus, ut in bis de-
precationis vocibus paulo diutius occupemur". 9lu^ biefer ©teQe ge^ gunoüi
|ert)or, ba^ bie Sateiner, im Unterfd^ieb \>on ben ©riechen, mi^ ben Stuf Cbriste eld-
son ^aben; 2. ift beutlic^, bag ®regor nid^t an bad biafonifd^e @ebet benit, toeil er bon
85 einer genau bemeffenen — aber nic^t angegebenen — ^Qi)l ber Sittrufe fjjric^t, alfo aud^ ffin
erfc^etnt bad R, old felbftftänbiged ®ebet; 3. um möglic^ft lang biefed jbriegebet ceai^
be^nen ju fönnen, toerben in ber täglid^en 3Reffe lieber fonft üblic^ ©tüdre toeggelofien,
©tüde, bie mit bem lt. organifc^ berbunben toaren; aber ob fie fon^ in 9lom ober obfie
k)on ben ©riechen gebrandet }u toerben t>flegten, gel^t aa^ ber ©teJDle ntc^t l^erDor. 4. Sie
40 ober ift bo^ K. gebetet toorben? ©oll man bem @regor nid^t gutrauen, ba^ er ^ie 6ätc
beSOftend falfc^ toiebergegeben ^e, fo lann er nur ein ref))onforif(^ ober toed^feltoeiffS
Seten btfio. ©mgen meinen, fo ba^ alfo ber ^riefterd^or ein ober mehrere WUdt M
R, fmgt, toorauf bie ©emeinbe einfe^t (berfel^lt ift bie @rtlärung ber ©teOe bei $ro6fi,
älbenbl. 3Reffe, @. 123 f.). ^ebenfaCd ^aben toir aucb ^ier bad 5t ald ein feIB{tfl&ibi0(«
45@ebet Dor un^. Slud bem Ordo Romanus I (ed. SRabiQon, museum itied. n, p.9)
erfahren toir, ba^ e^ t)on ber schola folange gefungen tourbe, bid ber Pontifex ein 3<i4^
gab mutare numerum letaniae. SBod bieg bebeutet, toirb am beften oud einem tNm
^uc^edne (a. a. O. ©. 442) mitgeteilten ordo Ilar: „Et dum compleverlt soola
antiphonam, annuit pontifex ut dicatur Kyrie eleison. Et didt scola, et
60 repetunt regionarii qui stant subtus ambone. Dum repetierunt tertio, iternm
annuit pontifex ut dicatur Christae eleison. Et dicto tertio, iterum annuit
ut dicatur Kyrie eleison. Et dum compleverint novem yidbus, annuit ut
finiantur.'' %x^ biefer ©teile gebt jualeic^ ^ert)or, ba^ f(^on im 9. ^lo^^unbert (beim
au^ biefer 3^i^ ^^^ ftammt bie ipanbfc^rift) bad R. fogar neunmal, unb nid^t, ime man
66 getoö^nlid^ annimmt, nur breimal (Slmalariud, de div. off. III, 6) gefungen tmobc.
3)er öltefte 3^0^ neunmaligen ©efanged toar bi^i^er iponoriud \>on 9htüm (gefi 1120).
9lod^ ^eute befte^t biefer Sraudj^ in ber röm. 3Refjc. ^m Mittelalter erfuhren biefe Oett*
rufe mannigfache ©rtoeiterungen (Sona p. 486 f.). äu^ biefem „9hif" ^oben ftc^ «
3)cutf(^lanb fur^e Siebftroj)^en, religiöfe Solfölieber, Seifen genannt, gebilbet, bie in unb
60 au^er ber jlirc^e iDom $olIe gefungen tourben. — ^n ben fonfUgen toefSic^ Sitmgicn
Sttnrgifi^e gfonneln 555
crfd^eint bad St. bqto. bod miserere domine in ber matlönbtfc^en £Uurgte naä^ bem
Oloria in exoelsis, nac^ bem @t)angelium unb am ©c^Iu^, unb jtDor grtec^ifc^, je btet^
mol (6ertani, Notitia lit. Ambr. [1895], p. 3; 4; 13 unb 43). S)te mogarabtfd^
Stturgie fennt ben 3luf nid^t ; nur in einer SKeffe (MSL 85, 1014) tommt Kyrieleison,
Ghristeleisony Kyrieleison \>ox — offenbar römifc^er @tnflu^ 93on ®allien l^aBen 6
toir gehört; in ber expositio bed @ermanu^ bon $arid (aefL 576) ifl bte gried^^fd^e
gfmrmel bed Jt. beldnnt (MSL 72, 90), unb jtoar tDa^rfd^einli^ al^ felbftftänbigeS ®ebet ;
ettooiS näheres erfal^ren h)ir nid^t, au6 nid^t au^ ben gaQitanifc^en @aframentarien. ^m
Missale bon Stotoe treffen toir bod St. atö felbftftänbigen ®ebetdruf nur am 9(nfang ber
(Stngangdlitanei (cyrie elezion, t)gl. SBarren, The Liturgy and Ritual of the Celtic lo
ehuroh p. 226). ^efe geringe 3(udbeute ift aUerbing^ no(^ lein abf(^lie|enber 93eh)eid
baffir, ba| icS Jt nic^t boc^ nod^ l^aufiger gebraucht tDorben ift. 9(ber ben @(^Iu^ borf
man too^I luagen, ba^ 9lom ed getoefen ift, tDO ber ^öufiae (Sebraud^ bed St. entftanben
ifl unb fic^ eingÄür^ert fytt. — 2U« S^^^f^^^^f ^^ biatonifc^en ®ebet finben toir ba^
miserere domine m ber afrÜanifc^en Siturgie (iRac^tDeife bei Slietfc^el, @. 300), im u>
Stowe-Missale (in ber ^rm : domine, exaudi et miserere, domine, miserere, bei
SBarren a. a. O. 229), m einem in ben ^ften in ÜJlailanb gebröuc^lid^en Sitaneigebet
(SBarren a. a. 0. 252 ff., h)o nod^ etßd^e btefer @ebete angefilbrt finb).
SBBä^renb bie Sieformierten bad K. e. gang bertoerf en, l^at eS Sutl^er nad^ bem Introitus
beibe^ten, unb )toar in ber Formula missae (1523, Opp. lat. v. a. 7, 6) neunmal, in ber 30
„beutfc^ 5[Reffe" (1526, 6ä 22, 237) nur breimal. ©o finben toir e« anäf in ben meifien
httl^. JtbO bed 16.3al^r^unbertd toieber, in etlichen beutfd^, in etlichen gried^ifc^, lateinifc^ unb
beutfc^ (92ä^ere9 bei Stietfd^el, @. 425), unb anäf l^eute ^aben eiS faft olle Slaenben bon
httl^. Z)^. 9)od^ ift mit Siecht t)on t)erfd^iebenen SiturgUem (aule^t \>on Slietfd^el @. 51 7 f.)
betont toorben, ba^ im beutfd^en (Sotte^bienft bie griec^ifc^e ^ormel lein 9i^t ^at, unb 25
bag femer ber 93u^f, h)ie er ie^t auf ben Introitus folgt, jjeber SSermittelung entbehrt,
ba|er muffe il^ ein Gonüteor borau^el^en, ba^ ftc^ bie @emeinbe in bem beutf^en
Su^ruf: „$err erbarme bic^'' aneignet S)iefen 9iuf, toeil für bie gläubige @emetnbe
üibafyaapi un^Kiffenb, gan) )u bertoerfen, toie 9l(^elid t^ut, fc^etnt mir lein @runb bor^
juliegen. ao
6. 2)te®aIutation:Pax vobis[vobiscum] — Dominus vobiscunL
Sitteratur: $etru9 ^amiani, Liber qui appellatur Dominus vobiscum c. Ill MSL
145, 233 f.: «lnrtam.(»rif(t)oi)iu«, Origines eccl. V, 273; VI, 76 ff.; 154 ff.; 294 ff. (Pax);
((aloör, Bitaale eocL I, 468 ff. (Dominus); S^al^ofer, ^anbbu(6 ber fat^. Siturgie I, 503 ff.;
n, 82. 85. 422; «^eli«, ße^rbu* ber praft. X^col.* I, 396 f.; 587 f.; SRictfc^el, fie^rbu« ber 86
«iturail I, 321; 362 f.; 426; 523; Älicfot^, «iturgifc^e «b^anblungen V[IP], @. 297;
yipai«], @. 304.
3)er jübifAe ®ru^: fjriebe mit bir (mit eud^) V- ^*^ ober ö?> 0*®, beffen f«^
auc^ ber Auftrug bebtent Qo 20, 19. 21. 26; bgl. Sc 24, 36), ift in ben gotte«^
bicitftttc^ ®maudf übergegangen ci^ Segrügung^formel bed ^ifd^of^ an bie @emeinbe 10
beim SjMtnn bed ©ottefttenfted (bgl. (SI(;rVfoftomug bei 93rig^tman, Liturgies I, 470,22).
S>tefer Srouc^ ift i^enfaQd fe^r alt. ^te formet toanbelte ftd^ aber in elQrjvi] näaiv,
unb in btefer (Seftalt ift fie in ade Siturgien eingebrungen. Sl^ttofoftomud fennt beibe
^rormeln ober ric^ftiger gefagt, er tennt auc^ noc^ bie urf))rünglid^e. vtax ^öc^ft feiten fel^It
borouf bod Setoonhim oer ©emeinbe, bejjo. bc^ ßlj^ore« : xal reo jivevjuan oov [et cum 45
spiritu tuo]. ä)ie Stc/pim gebrauchen bie l^ormel in grie(^. Raffung, ^iefe ®ru^f ormel toirb
3U Xnfong eined ieben neuen (Sebeted bejto. 9l!te^ im ©otteftienft gebrandet; fo fte^t fie
t 9. in ber ÜRanudliturgie je^nmal. äluc^ Dor ber^rebigt toar fte üblic^ (6l(;rVfoftomud,
om. III in ep. ad Coloss. n. 4). ^a^ ftc^ ba^ 9tef))onfum m^ 2 ^i 4, 22 gebilbet
l^abe (9lietf(^el, Siturgil I, 363), lann man nic^t bel^aupten, benn bie ^ormel ßiezä 60
zov Ttpevfjuxtog ijucbv fte^t au4 ®a 6, 18; 5P^i 4,23; ^ßlS^il 25 (fämtlidje ))aulinifd^e
Scgendformeln {ufammengeftedt bei b. b. @o% bad @ebet in ber älteften Si^riftcni^^eit
©. 115). SÄenfatt« ift biefe gormcl aber gar nic^t allein auf eine ntl. ©teile ober
auf $aulud )urüd()ufü^en, fonbem fte ift toa^rfd^einlid^ auc^ fonft gang unb gäbe getoefen.
3m SBefien ^fielt man junäd^ft toeitl^tn nodS^ an ber urf^jrüngli^en gormel feft: Pax 66
Yobis. 3^^ öw^ bw Seftimmung ber ©^nobe ju §ij)j)0 393, can. 1, „ut leetores
populum non salutent" (33run«, Canones I, 136), erfahren toir ntc^t, toie bie ©rufe«
formel gelautet ^t, toobi aber totffen toir an^ 3luguftin (de civit. Dei 22, c. 3 n. 23)
unb caa Dpiam b. ^Jltlebe (de schism. Donat. III, 10), bafe ^u i^ ßeit bie
Qhulfonnd pax vobiscum gelautet ^at. 2)ad pax vobis bejeugt auc^ ^mbro)tud (de
556 SUitrgif^e Bfmitdit
dignit. sacerd. § 2). 9(u(i^ ba^ ft>öter toenigfienS ber Sifc^of noc^ am Sinaong b<tf
pax vobis f))red^en barf (f. unten), tft ein SetDeid, ba^ urfptüngltc^ ouc^ in 9tom biefe
%oxmd in ®ebrau(^ mar. 3lun tft i^r aber, l^öc^ft maj^rfd^einlic^ im SBeften, eine Jlmu
mrrentin entftanben in berigormel: 6 xvgiog fuxä ndvtwv vfubv (2 ^ 3, 16), toorauf
6 na(^ tDie ))or mit xai jueiä rov nvev^atog oov geantwortet tDurbe. S)iefe^ormd enterte
ftd^ gunäd^ft bie ©teile am Eingang ber ^räfotion t)or bem sursum corda. 06 man biefe
^ormel für ))af[enber unb für bem t^olgenben entft>re(^enber l^ielt old bie frühere? ©leid^knd,
oxK biefer ©teile ftel^t fte fdbon in ben canones Hippolyti (lU VI, 4 ©. 48 u. Sietel,
ftirc^enrec^t^ueHen ©. 202), unb )h)ar griec^ifd^, im Sacr. Oelasianum (ed. Wi\tm,
10 p. 71 : Dominus vobiscum) unb ebenfo im Gregorianum unb im ordo Rom. I
(3Jlabiaon, Mus. ital. II, 25). ^ie ältefte mailänbifc^e Siturgie ^ biefe ^ormel ebenfalb
fd^on unb }toar nur biefe (Seriani, Notitia lit. Ambrosianae, p. 6 n. 22). SBod ober
bad 3Rerth)ürbigfte ift, biefe ^ormel finbet fid^ ou^nai^m^Iod aerobe an biefer ©tdle toiebcr
in ben ög^t>tif(9en unb ben ätl^iot>ifc^en Formularen; t)gl.ä3rig|tman, Liturgies I, 125,7:
16 164, 15; 228, 4; 463, 19; aeg^t)t.ÄD 311 VI, 4, @. 48; testam. Jesu ed. SM^mam
p. 39 u. 183 (bgl. ©tÄr 1901, 149); 3lenaubot, Lit. Orient, coli. I, 13; 39; 131.
@^ lann nid^t jtoeifel^aft fein, bag bieg fein nufäQiged 3^1^*^^^^^^ ^t fot^em ba|$
bieg auf Seeinfluf[ung beruht, benn bie ^rifd^en unb b^jantinifc^en Formulare jetgcn tnm
biefer ©alutation jfeine ©t>ur. Ob ber äBeften bobei gebenb ober umgelel^rt em)>fanaenb
ao tDar, mag l^ier uner5rtert Bleiben. 2)a^ aber gerabe im SBeften biefe gf^rmd ben tiqrfien
unb breiteften S3oben gefunben l^at, ba^ betoeift bie mojarabifc^e Siturgte, in ber |k(
burd^toeg bie ^ormel: Dominus sit semper vobiscum finbet, bie übngend an ber
einjigen ©teOe, too ®ermanud t)on $arig überl^au))t t)on ber ©alutation ftmc^t, oud^ bei
il^m toieberfe^rt (MSL 77, 89 B). S)a^ bie formet in biefer ertoeiterten ©eflolt aber auf
26 ber einfad^en: Dominus vobiscum beruht, ergiebt ein Jtanon ber ©i^nobe Don Sroga
563, auf ben Xoxx fofort ju f))re(^en fommen müf[en. ®r lautet: „De salutatione:
Dominus vobiscum. Item placuit, ut non aliter episcopi et aliter presbyteri
populum, sed uno modo salutent dicentes : Dominus sit vobiscum, siout in übro
legitur Ruth, ut respondeatur a populo : Et cum spiritu tuo, sicut et ipsis apostolis
80 traditum omnis retinet Oriens et non sicut Priscilliana pravitas permutavit"
(93run^ a. a. 0. II, 34). tiefer 5lanon giebt und alfo toeiter bat>on Jlunbe, ba| offenbar bie
alte formet : pax vobis toiebcr aufleben tooQte, nac^ bem äSorgang ber ^ri^iQianiflen, unb
jtoar in ber SJeije, ba^ bie eine gormel ben Sijc^öfen, bie anbere ben $redb^tem ju*
getoiefen tourbe. ^abei ift l^öd^ft toal^rfc^einlid^, mit Berufung auf ben ö^id^en Srow^,
86 bad 9llter unb bamit bie 2Bürbe ber ^ormel: pax vobis in gel^örigeiS Sic^t gerüdCt h>orben,
um fte ben Sifd^öfen gujufc^reiben. %\z ©^nobe bleibt bem gegenüber bei ber l(feimif(^
^ormel unb i^rem @ebrauc^ unb fü^rt bafür i^re (Segeninftanjen an. Über ben 9rau4
in 9{om )ur bamaligen ^Äi lä^t ftd^ aud biefem Jlonon nid^td entfc^eiben. ®id^ '^
\>a% 9{om ben ®ruj^ pax vobiscum nid^t ganj ))rei^egeben l^at, toäl^enb er in bet
40 mailänbifc^en unb in ber mojarabifc^en Siturgie gänjli^ k)erf(^tounben ifL 2)al^ loim
man taum annehmen, ba^ bie neue ^ormel dominus vobiscum t)on 9lom oudge^angen
ift. ^ier Ifdi nämlid^ ber 93raud^ ©efe^edfraft erlangt, ba^ nur ber Sifc^of am @mgang
ber 3Kef(e, unb jtoar nur ax{ ben Sagen, an benen bad Gloria in ezcelsis gefungen
toirb, ald (Singang^nig pax vobiscum gebraud^en barf, toäl^renb er an anberen Xogo
46 unb ftetd auc^ an allen anberen ©teilen ber 37{ef[e, too eine ©ru^formel ftel^t, mit domioos
vobiscum }u grüben l(;at. ^er äiriefter barf fu^ überbau))t nur biefer (enteren gönnet
bebienen. 2Bann biefer Srauc^ aufgefommen ift, ift nid^t feft)u[teQen. (Sin ordo, ben
2)u(^e«ne (orig. du culte chr^t.', p. 439 ff.) mitteilt, l^t berettd biefe Drbnung (»gl.
©. 442). Slber toie alt mag biefer ordo fein? 3)uc^e«ne fdj^toanlt jjtoifc^ ber 3*
60 um 800 unb f))äter ; bie §anb|c^f t ftammt au^ bem 9. göl^'^^unbert. (gin SJtief
Seo« VII. Don 936 (bei §lartönc. De ant. eccl. ritibus II, 4. art. 3) bQeugt
un^, einmal, ba^ um biefe ^z\i in 9lom ber beft>roc^ene 93raud^ otö fejl eingelour)dt
galt — bag alfo $etru^ ^amiani a. a. O. eine salutatio episcopalis unb eine sial.
sacerdotis unterfc^eibet, fann un^ nic^t tounbem, ba^ @Ieid^e finbet ft(^ miif bei AI-
66 cuin, de div. offic. c. XL (opp. Alcuini ed. Proben tom. II, p. 498b) —
fobann, ba^ in @allien unb ^eutf(|lanb um biefe 3^ bie römifc^e ©itte no(^ nic^
burd^gebrungen toar. dagegen finbet ftd^ in einer expositio missae ox& einer $anb<
fc^rift be« Klofter^ ginfiebel a\x^ bem 10.(?) ^a^r^unbert folgenbe intereffonte Stelle:
„Post introitum praecedunt laetaniae salutationem presbyteri ad populum;
60 cui et populus pacis respondet verbum'' (©erbert, Monum. lit. Alem. II, 291 b).
Stttttgif^e gfonneltt Sinbgentd 557
SSä^renb fonfi in bem Bett. aiBjd^nitte nur bom sacerdos bie Siebe tft, erfd^eint ^ier
bfc terminus technicus : salutatio presbyteri b. f). eS ift beutlid^ bamtt bie ^ormel
dominus vobiscum Beneid^net; bag btefe ^ormel aber nod^ ol^ ungemö^nlic^ gilt, ge^t
aitd bem ^olgenben l^or: bad äSoIt foU barauf mit bem verbum pacis antworten,
b. ^. mit berfelben f^rmel, toie auf bem betannten ®ru^: pax vobiscum, nämlid^: 6
et cum spiritu tuo. S)en S^f^^i^^ ^^ Übergang^, in toeld^ent bie %xa^t, ob pax
Yobiscum ober dominus vobiscum t)om $rte[ter gebraucht toerben bürf e , jetgen beutlid^
bie SudfO^ngen bed Smalariu^ bon SRe^ (geft. c. 850), de offic. eccl. III, 9 (MSL
105, 1115 f.).— 3)ie SReformation ^at bie übliche ©alutotion: „5)er §err fei mit euc^"
iidbfl 9lef})onfum beibehalten. 2aÜ)tt\)at fie freiließ in ber Formuiamissae(1523)(Opp. lo
lat. V. a. 7, 8) nur bor ber $räfation, nid^t na(^ bem Oloria ertoäl^nt, in ber „beutf^en
SReffe" (1526) bot er fie gang übergangen. 3^i"dl^ bagegen l^at in feiner „9lhion ober
Srottd^ bed 3iaa^ttn(äfl9" (1525) ben @ruft am Eingang nac^ bem Gloria, nic^t aber
Dor bem SDbenbmal^l beibehalten. 2)iefer le|tere S3rau(^ finbet fid^ auc^ in ben meiften
lutl^enfc^ AOO bed 16. ^al^rl^unbertd. SDie ^ilbe^^eimer HD bon 1544 erKärt bie u>
Solutotion an biefer ©teue für unnötig. 9U^ ^uriofum fei ertoöl^nt, ba^ in einer
Sui^obe ber ©tro^burger RD bon 1526 ber ^riefter oQein fmgt: „^er ^err fei mit
euc^ unb mit feinem ®eifte". 9Iad^ ber 9tigaer 9^ bon 1537 ref))onbiert bie (Semeinbe:
„Und gefd^e nac^ beinem SBort''. äßenn bie neueren lutl^. Sgenben bie ©alutation nac^
bem Oloria unb bor ber itoUelte beibel^alten ^aben, alfo mitten im @ottedbienft, fo ift ao
bad nic^t )u red^tfertigen, aud^ bamit nid^t, ba^ baburd^ ber @emeinbe gum Setou^tfein
gebrockt toerbe, ba^ nun ein neuer ^eil bed ©ottedbienfteiS, nämlic^ ber ^rebigtteil be*
ginne. Ser ®ru^ leiftet eben bad nid^t. äSiele neuere Siturgüer (älc^elid, Saf[ermann,
httj^laQ, ©menb, @p\iia) finb ber SReinung, ba^ er gu befeitigen fei. darüber mag
man flretten, bagegen foUte barüber unter ben Siturgüem fein ©treit me^r fein, ba^ ber 26
Sru^ nur berßonblic^ ift am Anfang bed ©ottedbienfted. ^retoi».
Sfaibgentd, ber ^eilige, geft 809. — ßitteratur: Dr. ®il^. a)iefamp, S)ie Vitae
& liudgeri in ben (^fd)ic4t9qiieaen beS Sidt. fünfter. IV. »b. fünfter 1882; ^üftng,
5Der ^I. fiiubger, fünfter 1878; SingSmann, 2)er ^I. Siubgeru«, ^(poftel ber ^riefen unb
6ac6fen, gfreiburg i. ®r. 1879 1 @mtl ßnobt , ßtr4engefct)i(f)tt. Stiggen. Sturm, ^n^gar, so
£iubger, mttx^lol 1900; 9iettberg, ^irc^engef^. ^eutfdilanbd, II, 421; ^aud. ^irc^enflefc^.
3)eutf(^lanb*, 11, 317 ff. 369 ff.; SRlcftt^ofen, Unlertudiungcn über griefifdje SRccftldgcf*., 11,1,
Serlin 1882, @. 376 ff. 398 ff. ^ie GueSen für bie SebenSge{(f)ict)te j^^iubgerd fjat neuerbingS
Dr. fBil^elm ^ietatni) ooüftänbig unb mit groger ©orgfalt herausgegeben, ^auptqueüe ift
bie l3iograp(ie, meiere ein 9{effe Stubgeri», ^Itfrieb, ber britte $i{(6of Don fünfter (889 bid 86
849), auf ärunb oon d^a^ric^ten. bie er bei Slugenj^eugen, namentltd) in bem ^ertoQnbten«
fretfe £iubgerd, eini^og, f^rieb (abgebrucft AA. SS. Boll. Mart. III. 642 ; fieibni^, Scriptores
1,85; $er(, MG. Sa II, 405, am beften bei 2)iefQmp a. a. O. p. Iff.). 9(u6erbem befi^en
wir noib eine II. unb HI. Vita, bie belbe ©eorbeitungen jener älteren finb. JJür bie
Vita II finb, nacbbem 2)tetamp nac^getoiefen, bag ba^ biöl^er )U i^r gered^nete II. ^u^ oieU lo
ne^r }ur Vita III gehört unb bamit ber @)runb toegföat, fie, nie bis je^t angenommen,
nac^ bem Sa^r 864 ju legen, mo^I bie erften Sa^re nac^ 850 als (Sntfte^ungS^eit an^une^men.
6te ift DoQftfinbiger, bietet bereits mancfteS Sagenhafte unb Srrige, aber au4 ^ie unb ba
nod) ein bea^tenSroerteS 2)atum. ^ie Vita III ift uon ben ^öndjen beS S^lofterS $Berben,
einer Stiftung StubgerS, )ur $ert)errlic^ung i^reS Stifters na(6 864 Derfagt unb bereits ein 45
gut %til fagen^ofter, Don einer r^^t^mifdien Bearbeitung Ratten bie SoQanbiften (a. a. £).
p. 660) bereits Qruc^ftücfe mitgeteilt, ^iefamp giebt fie gan^. Sie ift t)on einem ^önd)e
in fBerben c 1141 oerfa|t unb ent^ölt bie in Serben fortgepflanzte ^rabition überfiiubger
mit bem maS ftci fpfiter ber Sage, namentlich über bie Bedienungen fiiubger« ^um Bistum
^Iberftabt, angelegt §at, unb ^at nur ^ert, fofem eS uon ^ntereffe ift, biefen SagenfreiS so
|it überbliden. Se^r mertooU ift bagegen baS oor^anbene Urfunbenmaterial, namcntli(6 bie
urfunben beS ftlofterS Sterben bei iOacomblet, Urfiinbenbuc^ für bie ®ef4id)te beS iRieber«
r^tn« (3)uffelborf 1840), ogl. auc^ (£rt)arbt, Regesta Westphaliae, I. ©b,
Siubger, über beffen ^amilienber^ältniffe älltfrieb auSfü^lid^e 3lai^ni)itn giebt, mar
bon Seburt ein ^efe. ©ein @rogt)ater, SQurftng, in ber @egenb t)on Utrecht begütert, 66
toor, bun^ Aihiig 9tabbob bertrieben, inS fräntif(|e ?leid^ übergeftebelt unb bort S^rift
gekoorben. Xud^ nac^ ^eSlanb jurüdEgefe^rt, blieb bie ^milie bem S^riftentume treu,
namentlid^ loaren SiubgerS @Item, fein SSater X^iabgrim unb feine 3Jtutter !^iafburg,
eifrige (^nrißen, ben griefen=SlpofteIn SQäiHebrorb unb 33onifatiuS befreunbet. 2)aS ©e«
burt^ja^ Siubgerd (a|t ftd^ nur annöl^emb beftimmen, er felbft erjö^It in ber bon i^m
berfa|ten Vita feinet Sel^rerS @regor (c. 14), er ^be ben SonifatiuS „candidui
558 Siitbgent»
canitie et decrepitum senectute" nod^ gefe^en. ^onad^ mu^ Stut^erd ®eBttrt ettoa
in bie 40 er ^cä^xt bed 8. ^al^rl^unbert^ faQen. ©eine Silbung erfielt er auf ber
(Schule in Utrecht, tDO bamold nod^ ®regor tDirfte. 9}on bort ging er Mm 767 (mu^
biefed ^ol^r ift noc^ nic^t ftd^er) auf ein Sf^r nod^ Dort, geno^ bort ben Unterrk^
6 9Qcuind unb tourbe jum S)iaIon getoeil^t ^ad^bem er f})äter no^ einmal bort bertoeilt
l^tte, tourbe er nad^ feiner Slüdle^r bon bem iRad^foIger besi ingtoifd^ k)er{ior6enen
®regor, äOberic^, jum aRiffu)n^bienfte in ^e^lanb bertoenbet. W& 9Ubertc^ 777 in itöln
uun Sifc^of bon Utrecht gemeint tourbe, erl^ielt Siubger (too^rfc^einlic^ gleichzeitig) bie
äBeil^e ald ^reiSB^ter unb toirlte nun faft 7 3^re ald ^riefter an ber Xobeiftotte bcd
10 Sonifatiu^ in S)o(Ium, jeboc^ jo, ba^ er in jebem ^a^e bie 3 ^erbftmonate in Utrcc^
atö Seigrer an ber bortigen ©c^ule jubrac^te. @in SinfaQ ber ^c^en unter SBSibidinb
gerftörte (784, nid^t toie 9li(^tl^ofen II, 1, 386 annimmt 782 t)gl. ^oud II, 318 anm.)
biefen SBirfung^freid, Siubger tourbe t)ertrieben unb Begab ftd^ xuia^ 9iom unb SRonte^
caffino, too er 2Vi ^ol^re, ol^ne felbft 9R5nd^ gu toerben, bad Jttofterleben lennen lernte,
16 too^l fc^on felbft mit bem (Sebanlen einer Höfterlid^en Stiftung Befc^äftiat ^uxüdQMftt,
tourben i^m Don Jlarl b. ®r., bem er burc^ Sllcuin em)}fol^ren toar, oie fünf friefif«^
®avi^ $ugmer(^i, $unu^a, ^ibilga, ®mi^a unb ^iritga unb bie Qpäitt untergegangene)
l^nfel Sant aU neuer SBii^ungdfrei^ angetoiefen, in toeUbem er, ber frieftfc^ S^rac^
möd^tig, mit Befonberem @egen arbeitete, feine äßirlfamxeit aud^ nod; barüber ^inaud
20 nad^ ^ofetedlanb ($elgolanb) au^el^nenb. SBie öbnlic^e Einrichtungen öfter Dorlommen,
l^tte tl^m Jlarl aU geftd^erten ?lüdE^alt für feine SKiffiondtl^Kitigfeit bie Slbtei Sotufa (u»
toö^nlid^ berftel^t man barunter Seuge bei Xoumav im ^ennegau, bieZrabition iniSoper
SQSerben nimmt aber 3^^ Bei Xermonbe an, unb ba^ biqe^ ba^ rid^tige ift, borauf fc^ont
ber Umftanb ^ingubeuten, ba^ äßerben bort im 10. ^iai^r^unbert no$ ®runbBe{t|( ^olte)
26 angetoiefen. iRaäbem bad @a(^fenlanb fotoeit Beruhigt toar, ba^ an bie Srric^tim^ inm
SiMmem gebacpt toerben lonnte, tourbe Siubger für ba^ füblic^e SEBeftfalen beßnnmt,
unb i^m ate Bifd^öflid^er @i$ ÜJlimigemaforb (ober üRimigarbeborb, bie crftere gform ip
bie ältefte) angetoiefen, ba^ nad^Berige 9Rünfter. ^ie jtoeite Vita erjö^lt (I, 17), bor^
fei i^m bad 93Utum ^rier angeboten, er ^abe ed aber mit Sefd^eiben^eit abgelehnt, eine
80 iRoti}, bie tool^l richtig fein tann, ba in biefe 3^ ^^^^ SSalang t)on Xrier jtoifd^ SBio^
mab 791 unb 9lic^bob 794) föQt. 2)em ^avüpMU ber S)iöcefe SRünfier im ffibG^
SBeftfalen tourben, obtool^l örtlich babon getrennt (ein feltened Seift>iel örüic^ Xremntng
einer S)i(>cefe), jene fünf friefifd^en @ant, in benen Siubger früher getoirh ^otte, beigelegt
(t>gl. S. b. Sebebur, 3)ie fünf münfterfd^en ®aue, Serlin 1836). 3)a« 3a^ ber SKW^f*
36 toei^e SiubgenS unb bamit bad ber eigentlichen (Stiftung t)on SRünfter la|t fic^ nic^
genau beftimmen. ^m Januar 802 (t)gl. bie Urhmbe Bei Sacomblet I, 23) ^^ er
nad^ älbbo^, in einer Ununbe t)om 23. 9l))ril 805 (Sacomblet I, 27), jum erfienmal
episcopus. 93on ber bifc^öfltd^en S^ätigteit Siubger^ toif[en toir toenig. Xn feinem
Stfc^of^ft^e erbaute er ein SRünfter für ftc^ unb feine JUerüer („honestum monasterium
40 sub regula canonica Domino famulantium'', fagt SUtfriä), toal^c^einKc^ auc^ Me
9)?arientird^e }u Übertoaf[er (trans aquas). @eine $aut)tftiftung ifi ia9 Jttojter SEBesben
an ber 9tul^r. @d^on balb nad^ feiner diüM^\)x fammelte er bagu ©c^et^ngen, bie er auf
t)on 9lom mitgebrad^te Sleltquien au^fteQen lieg, bxi er bann \>cS itlofter felbft fiiftctt
äBann bied gefd^ei^en, ift nid^t mit @ic^er^eit ju fagen. @ine UiriEunbe t)om 1. 3Rai 801
46(bgl. Sacomblet I, 19) ift batiert in 2)ia)>anbeci (ber frül^ere 9lame bedOrted, ben Siubger
bann SBereti^tnum nannte) in ripa Rurae ad reliquias s. Salvatoris et S. Mariae.
^amal^ fd^einen bie Sleltquien alfo bereite eine fefte @tätte gef unben )u ^en. äßir be«
ft^en oon Siubger nur bie fd^on oben ertoälj^nte Vita feine« Se^rer« ®regor (AA. SS. BdL
Aug. V, 254). 9{ad^bem er nod^ an bemjelben 3^ge in SiüerbedE eine 3Reffe getefen,
60 ftarb er bort am 26. 9Rär;^ 809. @eine Seiche tourbe guerft in ber äJlarienlm^ »
Uebertoaf[er in37lünfter beigefe^t, bann nad^SBerben gebrad^t, too fie balb badg^bieur
^Pilger tourbe.
^ie f))atere ^At \)ai bad Seben Siubger« mannigfad^ mit @agen umflochten. Um
i^n für ben 93enebifttnerorben gu getoinnen, ift er, tro^ ber beftimmten Sngabe SUtfricb^
66 er f)aht ba« 3Jlönd(^elübbe nie abgelegt, jum ^enebiltiner gemacht (AA. SS. o. a. £X
@. 640). @r f od äBibutinb getauft unb biefer bon il^m ben vUmm Siubger angenonmiei
l^aben. @ine Bpux bobon finbet fic^ noc^ im 9Iibelungenltebe, too ber Sac^en^ery^g in
ber III. aventiure „LiudegSr" l^eigt. @nblid^ \)at bie @cige Siubger Didfac^ m kie
ältefte @e{dbic^te be« Si«tum« ^alberftabt hineingezogen. @ein iBruber ^ilb^gtim foO bei
CO erfte Sifc^of bon ^alberftabt, er felbft ber ©rünbcr be« Siubgeriftift« in ^mßäbt fe».
S)aö aüti ift Sage, lui« benn auä} aitfricb nti^tö baoon tiicife. ©egentuärtig borf olä
au^emactit gelten, bag Siubgei mit ^al&eiftnbt in gar (einet ^cjie^ung ftcE)t. @r ift
äii« 3Jiinbcn unb ben ^eilflou nit^t (jinauggEfoinmen unb ^at ebentoWenig baS £iubgen=
IHft in ^elmftäbt gegtünbet, als |ein Sniber ^itbegtim, bcti \m nur alä ©ififtof B""
G^bnä unb ali Slettor bon !:!ltei;ben lennen, ^J3i{i$i>f ucm ^albeiftabt geKeftn ift ^aö e
Siubgeriftift mag etloa im älnfange beä 10. l^i^t^unbeitä entflanben {ein, bieUeic^t aii
Aotonie von Serben, jebenfoUä ^atte ti £iubgei jum Patron. 3Iuä bem ^atron tonnte
bann tn biejem ^aüt um \o leidster bei ©tiflec merben, aU 0iIbegiim, ber ^nibet
SubgeiÄ, in btt ^Iiobition jum erflen Sift^of Bon ^olfeerftabt getoorben loar. 2lui^ 3)ie=
lam}) (Q, a. 0. p. CXV) Bertbirft bie Itabilion otg ungegiünbet. ®. U^l^gin f. lo
ßiubV'onb, gcft. um 970. — Liudpraudi opp. ed. ¥«»& MG BS 3. 264—363; in
asum scholarum 1»39, neue HuSgabe Don :Cüinnilei: 1877, 8°. lleberfeßt (ble f(nta))ubp|i3
tn SuSjug) Dom Sr^rn. Karl bon bec Cften^Saden. mit Sinleilung uoii Satienbac^, in
btn (»ejc^iitlldireibeTn bei beuijdien Sjorjtil 10. 3al|rl|unbtrt, 2. Sb, 1853', Stöplt, De vitiL
et scriptjs Liudprandi, 1842; ftöt)l«. »dtrflac jur lejthitit S.fl im 3i« VIII ©. 49Ff-;i6
a D. «flnre, aöellflefdiicfttc, VIII ©. 634f(. äBtilere Uttleralur |. bei 9Balltnboil), lleuii^e
•(((^Ic^tlqueDen, 6. Slufl., 1, 423— «8, »cilin 1893.
Siubliranb, be|{en Streiften ju ben etften ®c!c^ic^t*iuenen beä 10. Safir^junbertS gei
^Tcn, »or ein Italiener auä »ome^mein langobarbij^ein ®^ä}lid}t. 31m §o| lu *ßabio
aaä^ibiüitt, ^og er bort früt) bie 2lufmerf|Qmfeit beS fiönigS §ugo auf Tittl- 3ijir finben 20
i^n bann im ^ienfte beä fionig* SBerengar, alä beflen Aan^Ier. Sm ^ai}K 949 ging er
im äluftrag beS Jlbnigä nad; Jtonflantino))^:. ©päter tarn tS ju iDii^^enigEeiten jlcifc^cn
i^m unb bem Äünig; er ging nun nadf ^Jeutf^tanb an ben §01 Dltoa I., ber itjn im
So^re 962 jum Sifc^bfe bon Grcmcna erljob. ^m ©cmmer 968 unternahm er [eine jlbeite
®e|anbtfc^ftäreife nac^ jfonftanlino))«!, um im äluftrage bti Ra\\ni für Otto II. um bie as
ßanb einer griet^iit^cn ^Piinjeiiin ju toerben. Seine brei übrigenä unoollenbeten SBerle
JMib: 1. Antapodosis, eine @ef^ii^läerjä^[ung mit bem ^^be^, bai i^m Ibiberfaijrene
fflöfe unb ©Ute ju bcrgeltcn, fpejiett gegen Serengar untefflilla geritzt«, bon 887—949,
2. Liber de rebus gestis Ottoiiis magni imperatoris, (Srjä^Iung nur aai ben
3a^en %0— Ö64, 3. Relatio de legatione Constantinopolitana, »0 ber ißerfaffer so
Sioutteeiber um I^eop^ano toar, 968—969. Siubpianbö St^riften jie^en burc^ baö
ftaife fubjehibe dlemenl an, baä i^nen eignet; aber barin liegt auf^ bie Sd^tanle ifycti
SEßerteä ulö gelc^ic^tlid)«; Duellen. Sc^on ber 3:itel beä $aul>tffierfä jeigt, bag er ni6t
bie Slbfu^t beglc, einen nur buri^ bie ^orbetung bet SKia^r^aftigteit be^enic^ten SBetic^f
gu geben. Ueterbie* erjÖ^Ue er V'Kl\aä) nac^i miinblitlfct Runbc unb ^ielt et für not= b6
toenbig bie ©efc^ii^te nobelliftifd) i|U)uftu|en. 3Ja« atte« beWirtie, bafe bieSt^tiften biefefi
«tteiläfo^igen unb in Diele Sier^öltnfle eingcWei^iten ^Eitgenoffen für bie ©efc^ic^te (einet
3eit nut [ehinbären Siiett ^aben. 3. ffitiftfarfcr f ($aud).
£tOing^cinc, Slabib, gcft. 1873. — Eitleratur; L. Missionary Travela and
BeBearchefl in SJouth Afriea, ijonbon 1857; Espedition to the Zaniliesi, Sonbon 1865; *0
I^tat Journala in Central Airita, Sonbou 18^0; $. SIR. Stanlei), How I fouad L, fionbon
1672. Son ben jab(rddien Siograpliien £.0 iei nur bie bcbeiitcnbfle genannt: Slaitie,
Pereonal life of David L., Sonbun 1880, beutit^ oon 3)ent, ©ülerälot) 1881.
^abib Sibingftone mürbe geboren am 19. War; 1813 ju Slant^re, nid)t toeit Bon
©laSgoh). ©ein SJater, 3teil S., ber einen tleinen §anbel betrieb, loar ein emfter, flrenger u,
äßann, ber ftc^ nict)l fi^eute alö 9JiäftigteitSbefötberer, 5DJifrion*f«unb, Sonntagöji^ulte^ter
unb in (Sebetäberfammlungcn öffentlid? ju loitlen, obgleit^ bergleidien bamalä au^ in
©i^otttanb noc^ Bietfad) berfpDtlel Würbe. Seine ®attin, 31gneö, geb. Runter, Beieinigte
mit beiälii^ti grommigteit ein (to^eü, ^eitereö aSejen, SBei ben bef^eibenen Jter^äHniljen,
in benen bie Sltem lebten, lonnlen fie nidttt biel jut 2tu*bilbung ititet Äinber t^n, unter 6»
benen 5Daöib bet jtbeite Änabe toar. SJon einem allen obgebanlten Solbaten etletnte et
mit anbeten Hinbem beö 3)oifeS bie nbtigften Äcnntniffc unb ^ertigleiten. lud) au«=
Sebe^nte Stbfdfnitte ber Sibel Jjtngte er mit (Stfolg [einem ®«bäctitni6 ein. ©0 j. S.
jnnte et [c^on im 9. Stbenöjatjte ben 119. ilifalm au([agen.
3e^n 3a^e alt fam 2. in eine SaumtDoll[l)inneici alä ain[tüdler. Einige ^at
yp&tn jum ©))innet aufgetüdt, fing et an bon feinem regelmäßigen ißioi^enlo^n SSUcpo:
ju faufen ~ eine Iateini[d)c ©raminatit, fobann nntuilBi[[enf4>aftIi{^e ffierle. äJlit
gioftcm ßifer [tubierle er biö tief in bie ^(ad)t jjinein, jum Äummet ber SWutter, ber boS
560 StutttgfKone
berfd^lDenbete Oel leib t\)at S)er 93ater f)ciü^ i^n lieber bei Srbauungdbüc^em gefe^,
bie er tl^m fogar einmal mit bem @toct auhubrängen berfud^te.
£. ma4te mit feiner autobibaftifd^fen Spötigfeit erftaunlidjfe ^ortfd^ritte. 2)er ^rit
junge h>urbe m, ))erf elter Sateiner unb la^ mit 16 ^al^ren feinen SSirgil unb ^orag o^e
5 @c^tt)ierigfeit. @r geh>5l^nte fid^f felbft bei ber 9(rbeit an^ bem auf bem 9la|^men bet
Wafc^ine liegenben ä3uc^e )u ftubieren, iDöl^renb feine $änbe med^nifc^ tbotig toaten
unb bad ®efc^h>in bon Xaufenb @))inbeln i^n h>ie baiS Staufd^ eined 9Baf|crfaQd um^
tofte. 92ur an iDiffenfc^aftlid^fen Suchern l^atte er ©efoOen; 9iomane tooren nie nac^
feinem ©efc^mad. 9(n freien Xagen fuc^te er feine Äenntniffe aud ber Sotonit, &^
10 togie u. f. h>. burc^ ))raitifc^ed @tubium ju ergänjen ; felbft bem @)}ort bed Xngebid
h>ar er nic^t obl^olb — toobei bie ®renjen be« gifc^ereigefc^e« nidf^t immer beobachtet
tourben.
^m 9Binter 1880 bejog £. bie Uniberfttöt @(a^oh>, um 3Rebi)in )u ffatbteren.
^n ben (Sommermonaten ertoarb er ftd^ bie baju ndtigen 3Rittel. ®o lonnte er in
15 mel^reren ^ofycm ol^ne frembe Seibilfe fein ©tubium abfotoieren. 3" ^M^ 3^* ^'jM'
er eine tiefe Umloanblung. ^ie £e^re bed SJ^riftentum^S toar i^m aud bem elterlich
$aufe geläufig; aber je^t erft fam er }ur ))erfönlic^en Slneignung ber c^riftlid^ SEBoJ^-
^eit. @r fagt barüber (Miss. Travels p. 4) ^^bie SSeränberung toar etloa berjenigen
ä^nlic^, bie eintreten loürbe, loenn ein ^aU bon ^rbenblinb^eit geseilt toerben fömtte''.
20 ^nnige Siebe )u bem $eilanbe ertoedte in il^m ba^S äSeftreben feinem Steid^e ju btencn.
^unödjfft tl^at er bie^ mit anfel^nlic^en S3eitrdgen jur ÜRiffton; f))äter burd^ einen Xiifnif
Sü^laffd angeregt, entfc^lo| er ftc^, fdbft 3Riffionar )u loerben. @r looUte auf eigene
$anb unter bie Reiben ge^en. ^}2eben ber ^Kebijin ftubierte er Geologie. Slid^t o^e
Selbftübertoinbung gab er fd^lie^lidjf ben 3Ra^nungen feiner ^eunbe nac^, ftc^ eina
26 organifterten 3Riffton anjufc^lie^en, unb fteOte ftc^ 1838 ber Sonboner SRiffton^efeOfc^
jur SSerfügung. ^nx loeiteren SSorbereitung unb Prüfung lourbe er einem inbet^enben-
tifc^en ^rebiger auf 3 üJlonate jugetoiefen. Sei feiner erften ^tebigt blieb 2. ftecfen.
(Sin ^erbonagenber Stebner ift er nie geloorben. äitud^f feine freien ®ebete toaren nic^
flie^enb genug, fo ba| il^m faft bie älufna^me berfagt loorben toore. ^ennod^ tourbe ^e
80 i^m fc^liepc^ ju teil unb er burfte auf Soften ber ©efeOfc^ft fein @tubium in Sonbtm
fortfe^en.
S^ina, \)a^ er bi^ bal^in in^ äluge gefaxt ^atte, toar burc^ ben Suebrud^f bed C^pvm*
friege^ ganj unzugänglich geloorben. 3)ie Selanntfd^aft mit bem gerabe in ber ^eimot
loeilenbcn SRifftonar ^offat brachte i^n jur (Sutfc^feibung für @übafri!a. 2)a^in tmixbe
86 er am 8. 3)ejember 1840 abgeorbnet.
2)er genannte SKiffton^ionier l^atte bereite 20 Sjal^re lang tief im S'^"«« ^^
ben S3etfc^uanen gearbeitet. ^o6^ toar fein @influ| noc^ auf ein ber^ältni^mö^ deinem
@ebiet befc^ränft geblieben. SSuf feiner Station 5turuman foDte £. junädj^ft bie Optoäit
lernen, fobann aber bie 9lrbeit ^u ben ferneren Stämmen au^be^nen. Süd biefer mii
40 balbjäl^riger befc^loerlic^er SReife feinen Seftimmung^ort eneid^te, ftaunte er über bie fe
folge ber SRiffton, ^atte aber auc^ mand^e Seranlaffung feine bii^l^erigen SSorfleOungeB
bon berfelben ju torrigieren. älud^ mit ber 3Rifrton$))rasid toar er in mand^en Stüden mS^
einberftanben. ©em ^dtte er ein Seminar jur 9(udbilbung eingebomer ®el^ilfen ge^
3)iefer ffiunfdff ift i^m loäl^renb feiner SKiffton^t^ätigfeit, trofe me^rfac^er Anregung bei b«
46 ©efellfc^aft, nidf^t erfüllt loorben — erft nac^ einigen SöP^jebnten tourbe bo^ SRoffot«
ßoDeg in Jluruman gegrünbet. SSon boml^erein aber jeigte fid^ S.d c^alteriftifc^ Drang
ju entfernten SSölferf^aften borjubringen unb bei il^nen äSejie^ungen an)ulnü))fen unb
ben S3oben für toeitere Slrbeiten bon ^{ationalge^ilfen borjubereiten. äBenige 3Ronate mu^
feiner Stnfunft machte er eine SHeife bon me^r ah 1200 km. 3" Äuruman, too ein onberer
60 ^Olifftonar ben noc^ abtoefcnben üKoffat bertrat, getoann er burdff feine äntlic|>e ^fxapi
bei Sl^riften unb Reiben balb boHe« ßw^'^^^wen. 2)ie Äunbe bon feinen $euungen bträg
b\^ )u fernen Stämmen bor unb bon toeit^er famen $ilfefuc^enbe.
aJloffat lehrte mit einen jungen SKiffionar ©loarb« jurütf. 3)iefer foHte mit £. p
fammen eine neue Station grünben. 2)er Se^tere l^atte ben Stamm ber SaC^otla, b«:
66biel Sntgegenlommen betoied, aU ^Ib ber ^ätigfeit geloä^lt. 3tad) Stabotfa, be»
$äut)tling«fifte, fiebelten bie beiben ©efäj^rten 1843 über, begleitet bon einigen 3latioiiaI'
ge^ilfen. 93ei ben äußeren Slnfang^rbeiten jeigte S. ein gro|ed ®efd[fict. Skmen, Xnloge
bon SSecfem unb ©arten, S^^Qd\ixti6)m, Sc^miebearbeit, SeifeIod9en, Sebergtrben w^
S^u^madS^erarbeit — alle« ging il^m glatt bon ber $anb. ®iefe &u|ae X^ätisW
60 fc^ä^te er toegen ber borbereitenben 5(ultureinflüffe, bie ber 3Riffton bie ISege bahnen.
SUiingfiotte 561
3ladf einem ^äfyc toax bie Station foh>eit eingerid^ftet, ba^ S. iDagte einen ^ani^
ftonb )u grünben, unb 3Roffatd %od)tzt, mit ber er bereite in ^urumon ftd^f berlobt l^atte,
^mjufiHf^^- ®i^ tDurbe i^m eine treue ©ebilfin audf^ in ber üKiffton^arbeit. 3)er
älufmt^alt )u SRobotfa bauerte nic^t lange. Seiber h>ar ba^ SSer^öltni^ @h>arb^ )u S.
nidl^t toie man ed jlDifc^en SJlifftonaren erh^arten foDte. ^ener ik^ an ben SSorftanb 6
ber ^Dtiffton^efeEfc^ft jc^mere älnllagen gegen £. gelangen. 9Bie ed fc^eint h>aren
Se aud getränlter ditelleit entf))rungen. Um nid^ft einen @!anbal l^er))or2urufen; ber bie
RifftondfadSfe em))finbli(^ fd^fäbigen mu|te, ^ielt 2., tro^ feinet reinen @etoif|en^ in biefer
&ai^, e^ für bad 93efte, feinen äBanberftob h>eiter ju fe^en, unb fein mül^fam erbautet
fyixa unb bie $flan)ungen im @ti(^ }u (äffen. lo
@^on früi^er toax er mit Setf^ele, bem $äu))tlinge ber Leiter nörblid^f h>o^nenben
Saltpena, befannt gelDorben, ber bamald in Xf^onuane feinen @i^ l^atte. ^af)m ftebelte
er 1846 mit feiner ^^au über, unb fing auf^ neue an m bauen unb )u ))flani|en. älber
bie Sanbfc^ft toor olljubürr. £. k)eran(a^te ben ^äu^tling feine ^tefibenj 60 km Leiter
nörblid^ nadj^ ^olobeng m berlegen, h>ad biefer gern tf^at. ^er tt)ei|e Se^rer ^atte fd^on i6
einen tiefen @inbrud auf ben fcplDarjen dürften gemacht. 3la6) breiiö^rigem Untenic^te
lonnte berfelbe getauft h>erben, ba er aui^ bad fd^tverfte $inbernid, bad t^ft überaQ bie
ofrilanifd^en ÜRac^tldaber t)om @DangeIio fem l^ält, bie $o(^gamie, übertDunben l^atte.
^terburc^ luurbe bem 9J2ifftonar bie mübfeUge britte @tation^grünbung erleidjftert. Seiber
pigten nur toenige Untertl^anen bem ^orbilbe be^ ^äu^tlingd. 3^^^^ ^^^ Stegen« 20
ma(^ hielten bad äSolI im Sann, fo ba^ bie !(eine c^riftlid^e ©emeinbe felbft allerlei
Sorfolgung gu erbulben l^atte. — SBie £. I^ier arbeitete, barüber erföl^rt man fe^r toenig,
iDeil feine 2!agebüd[fer (tt)ie tpir balb ^ören h>erben) k)erloren gegangen ftnb. @r backte
übrigen^ über bie äSelel^rung ber Salh>ena nid[ft^ tveniger ald fanguinifdjf. @eine au^
gef))ro(^e Sbftc^t eine (Semeinbe k)on nur aufrichtig ©laubigen )u fammeln lie| feine 25
Xrbeit teine oudgebel^nten Erfolge finben. @eine birette üRiffton^tldätigleit l^ätte il^n nie
)u einem berühmten 3Ranne gemacht.
Seine großartig angelegte Statur aber trieb i^n immer h>eiter unb Leiter }u neuen
SSöQeifc^aften, ebenfo tt)ie ber älpoftel ber @übfee, ^ol^n äBiUiamd, ftc^ nicl^t auf ein
!gnfel^en befd^ränten fonnte, fonbem t)on Slrc^i))el ju 9lrc^i))el jog, um bie fro^e :8otfd[faft so
}u bringen. @o ^e aud^ S. in Jlolobeng !eine Stu^e. Zimmer tvieber ging er auf bie
befd^toerlid^e Steife um neue Wolter be^ no^ unerforfd^ten ^nnem auf^ufuc^en. 3lud bem
SRifftonor tourbe ber (Sntbeder unb Pionier c^riftltc^er itultur, beffen 92ame nun auf ber
gangen SBelt bon ben (Sebilbeten mit Sichtung genannt h>irb, unb Don ben SSölfem älfrifa^
noc^ nad^ 3<*^^w*^^^^" ge))riefen toerben h)irb. 3)ie ©ntbedung bc« 3Jgami-©ce^ (1849)35
nad^fel^r befc^tperlic^ 2)urc^querung beräBüfteJlala^ari unb eine h>eitere Steife bi^ an ben
Sambeft (1852) tourben in biefer ^inftc^t entfc^eibenb, gumal feine Station Jlolobeng in
biefer 3^ ö<>w ^^^ Iran^tjaalburen gerftört h>urbe. 2)ie^ traurige (Sreigni« ift meiften«
tetld nur in einfeitiger SJBeife jur ©arfteHung gefommen. 2)ie (Serec^tigfeit erforbert e«,
baft beibe 3Wle gehört toerben. 3)ie Suren toarcn unter fc^toeren Di)fem ber cnglifdffen 40
ßerrfc^ im Jla))lanbe getoic^en unb l^atten ftd; unter ben größten 3Jtü^falen in ben
Süfleneien bed ^^nem eine neue ^eimat gefuc^t. (^I^re Stieberlajfung im Xran^Daallanbe
tiKir nt^t blo^ ein rec^tlofed Sic^feftfe^en in frembem @ebiete; burd^ bie Vertreibung be^
Zk^annen SRofUitotfe l^atten fte ben bort anfäfftgen, bid^er unterbrüdten Stämmen einen
S^^cn 3)ienft geleiftet unb fic^ too^l ein Stecht auf (Srunb unb S3oben erworben.) Sie 45
ten in beftanbigem Jlam))|e umd ^afein gegen bie tvilben Xiere unb gegen bie noc^
tmlberen (Singeborenen, bie il^nen ^unbertfac^ an 3a^l überlegen tvaren. Unter biefen Ver-
^altniffen lonn man td il^nen nid^t Derbenfen, tvenn fic mit älrgtoo^n toac^ten über jebe ^linte
unb kM $funb $ult)er, ba^ in i^r @ebtet gebracht tDurbe. Sie h)aren erbitterte @egner
bed greiJ^onbeld. £it)ingftone aber toax ein ^rei^änbler Dom Rop^ bi^ ^ur 3^^^- ^^^ ^
(SDongelium toar il^m folibarifc^ mit ben ^4irin2i))ien bei^ politifc^en Siberali^mu^ Dcrbunben.
®e(egent(i(b l^t er ed einmal gerabe^u au^ef^roc^en, ba^ ber Sc^u^^anbel nur ein
Überbleibjel be« $eibentum« fei (Slaifie, S)a« ficben 2)aD. 2. I, 271). (Sr fa^ e« ate
einen Xeü ftined Serufe^ an, ben englifcl^en ^änblem be^Uflic^ )u fein unb tDurbe ba-
bim^ ben ^uren ein 2)om im 2luge. §ier ftanben ^rinjipien fc^roff einanber gegen- 00
über, auf ber einen Seite Dertreten Don fc^ottifc^er 3ä^i9l^it, auf ber anberen Don ^ollän«
btfc^ S3«^nlidS>!eit. — ®ie Suren Ratten Setfcbele mel^rfac^ o^ne (Jrfolg aufgeforbert,
bin $anbel mit $ulDer unb Slei in feinem @ebiete )u unterbrücfen. 3luc^ foUen Siäu-
bereten ber S^tDarjen begrünbete Veranlaf|ung gu einem Jlrieg^guge gegeben l^aben (Christ.
Express, Lovedale 1885, p. 119). 3)urd^ ein betDaffneted 5tommanbo iDurbe ber 00
562 SiHitigfKoite
93aftt)ena'$äu})tnn9 gejüd^ttgt, toobet auc^ bie leer ftel^enbe ÜRtffbni^fiation jerfidrt imirbe.
S3et btefer ©elegenl^eit gingen 2ä ^gebüc^er berieten.
06 2., abgefel^en bon ber ^nbfeligleit ber Suren, nad^fbem er ben !Rgami«@ee
entbedt l^att^, femerJ^in gur üRiffton^arbeit auf einer feften Station 9lu^ gel^t ^otte,
efann fraglid^f erfc^einen. (Sine großartige SKufgobe l^otte ftc^ i^m eröffnet, nämlic^ boS
bisher ber{c^Iof{ene ^nncre älfrilad ber d^ftlid^fen ftultur ju erfc^lieien. 9Rtt tmmber»
barer (Snergie ^at er ber £dfung berfelben fein ganjed Seben jum Opfer gebradj^t &
begann ein neuer 9(bfd^nitt feinet i^eben^, ber i^n jum berül^mten 9Ranne madj^te. Sßäre
er nur Setfc^uanen^SJiifftonar geblieben, fo n)ürbe fein 9Iame f(i[fh>erli(i[f nod^ jje^ \>xd ge«
10 nanni toerben. — 93on feiner ^eife, auf ber i^n ^^au unb Jtinber begleitet litten, begadb
er ftd^ mit benfelben nad^f ftapftabt unb \6^xdtz fte nac^ @nglanb loetter. @r feOMI ober
brac^, nac^ einer überjknbenen O))eration, aufd neue nad^ bem ^^nem auf, )unft(9ft um
bie (Srünbung einer SKiffton im SReic^e ber 3Jlafololo borjubereiten.
^iefed ^e ber füi^ne $äu))tling Sebittoane, mit feinen Setfd^uonenlriegent bon
16 @üben tommenb, im mittleren @ambefigebiete burd^ Unterwerfung bieler iBöItn:fc^aften
gebilbet, bei benen bie @^rac^e ber Eroberer [\df einbürgerte. $amit h>ar ein toilt
lommened üJlittel für bie 3Kiffion borl^anben, benn burc^ uRoffat n>ar bereite bie gonje
93tbel in @etfd[fuana überfe^. ©ebittoane, mit bem S. fd[fon ^eunbf(^ft gefc^loffen ^otte,
toar balb barauf geftorben, aber fein @ol^n unb !Rad^folger @eleletu na|m ben toetj^
20 S)oItor mit gleicher $reunblid[fleit auf, al^ er im 3Rai 1858 in Sinbanti am ^dj^obefbiffe,
ber $au))tftabt ber ^alololo, eintraf. @r bi^ann @(^ule unb ©otte^ienft ju polten;
balb aber tourbe er bom ^ieber niebergeh>orfen. S)ie ungünfKge @umt)flanbf(^ft ber^
anlaste il^n, fobalb er ft6 einigermaßen erholt ^tte, nai^ einem befferen ^lo^ ju fu(^.
@ein föniglic^er ^eunb begleitete il^n auf ber 9ieife mit einer großen 5trieg(Tfd^. 9tac^
25 einigen ^gereifen lam S. aU ber erfte @uro})äer an ben mächtigen Samb^^Stroin.
^ie in ü^))tger ^c^tbarteit })rangenbe Sanbfc^aft ftadj^ aufd fc^örffte ab gegen bie bun^
querten fübafrilanifc^en SBüfteneien. £. em))fing einen tiefen @inbruct Don bem Sonbe,
bad SJliDionen l^ötte ernähren lönnen. %xn aber jeigte ftc^ nur l^ier unb ba ein ber>
lommene« ^örflein ber unterbrüdften S3arotfe, auf benen ber Sann be« §eibentum« in feiner
80 erfc^redenbften ©eftalt laftete. $ier eröffneten ftd^ 9lufgaben loic^tigfter SKrt für (^rtjUu^
itulturarbeiten.
iBon @üben toar ba^ @ebiet ^umal für englifd^e SRifftonare, bie nid^t bloß bim^
bie 9Büfte, fonbem auc^ burd^ bie Suren gel^inbert tourben, na^eju un^ugönglid^. 2. be^
fd^loß ben 3"Ö^"fl ^*>" ^^^ SBeftfüftc )u erforfd^en. ©efeletu, ber an ber ®ren)e feinet
85 Sleid^ed umtel^rte, gab i(;m eine @d^ar feiner Seute mit, bie burc^ bie liebreidjfe Se^nb<
lung i^re^ toeißen $erm feine getreuen Segleiter tourben. O^ne fold^e loürbe bie @nt>
bedfung^reifc jd^loerlic^ gelungen fein.
^m iSRax 1854 traf 2. böllig erfc^ö))ft in ber $au))tftabt ber })ortugieftfd^en fiolome,
@an ^^aolo be Soanba ein. 3QS%enb er fic^ bort langfam erl^olte, )>erbreitete fic^ bet
40 9lu^m be^ (Sntbeder^ burc^ gan^ @uro))a. (Sine unmittelbare Stüdhreife lel^nte er ab, cad
Slürffic^t auf feine Segleiter, bie er in il^re^eimat jurüdtfü^ren mußte. SDol^in finben toir
i^n nac^ 6 2Jlonaten auf bem SBege. ^n Sinbanti enegte bie Slüdffel^r be^ toeißcn
^oltor^ große ^reube, um fo me^r, ald er reic^li^fe ©efc^cnfe an euro))äifd^en äBaren für
ben 5tönig unb bie $äu))tlinge mitbrachte. Seinem (Sinfluf{e folgenb, befdj^loß Seteleta
45 jeinc $auj)tftabt an ba^ 3Jorbufer be^ ©ambefi ju berlegen, h)o bie Sage jebenfalö
günftiger tt)ar, aU in ber fumpfigen 2fc^obeebene. 2)ie Segrünbung einer SRiffton in
biejem ©ebiete ftanb nodff immer unter 2.^ planen in ber erften 3?ei^e. 9lad^ me^
monatlid^en älufentl^alt brac^ er mit feinen ©etreuen loieber auf, um }u berfitd^, tb
bon Often l^er ber fc^iffbare ©trom eine bequemere Serfel^r^ftraße barbtete. 3[i^ bicfff
60 SReife entbetfte er bie S^ittoriafötte, bie größten aBafJcrfölle ber ©rbe. OlücHid^ etreic^
er 2^ete, bie erfte, freiließ fe^r ^cruntergefommene j)ortugiefifdS>e Äolonie auf ber Dflfeilt
S)ort ließ er feine Segleiter gurüdf. ©ie looKten loarten, bi^ er toi^erlomme unb fottte
e^ auc^ über ^a^r unb Xag bauem. @r felbft begab ^c^ über Stilimone auf bie ^mß
reife unb errei^te Sonbon im 2)ejember 1856.
55 3Rit Segeifterung tourbe ber @ntbeder in ber ^eimat gefeiert. S. ließ ftd^ bun^ bo
geftreuten äBei^rauc^ nic^t t)iel beeinfluffen. (Sr toollte nac^ (urjer (Srl^olung old fc^Gc^
^JRifftonar auf fein Slrbctt^felb ^urüdtel^ren. ^o6^ bröngte man i^n p löngerem Slufoit'
^alt, bamit er bie @rgebniffe feiner ^orfc^ungen beröffentlic^e. 9lld bte 9tegierung für Mc
in icte jurüdtgebliebenen 3Rafololo gu forgen berfpra4>, toiüigte er ein.
60 SQiälrenb er fein Suc^ Missionary Travels and Researches in South Afriea
SieJngflDnf
563
; J^cEi, bilbeten fic^ Bei ifim unter anbcrjeitig«! Ginflufyen neue iDCittragenbe ^täne, (Sine
'] wiffion im großartigen ©til in Jterbinbung mit Äolonifaticn unb ^anbeföunleme^mungen
j tDu^e (ein 3"'- Slamentlic^ Würbe er in bie 9lpKe eine« (SiDtlifotor* beö Jdiloarjm Grb=
teilö ^ineinge((^D&en. Seine SSer&inbung mit ber Sonbonct ■D[tf|ionögc[eU|ii)aft löfte et in
I fteunbEic^eT SBcite, nactbem bie 2)ivettion bie ©tünfcung einet SÖlatoIomilfton jugefngt i
: falte. @t felbfi »erftitac^ (einer ^äi bort mit ben au*ge(enbeten 5Riifionaten ju(ammen=
I |utic((eiL gu^^i^f' "^'^ übemalfm er ali briti(i^et Äonjul bie fieitung einet ©ambc(i=
; cjpebition jitt (Stöffnung oon $anbrfäücr6inbungen. 5)abei beteiligte (td) bie 3)ii((ion bcr
, Htti(c^ Unioeifitäten jur QJiünbung einer loloni(ierenben 3Ki((!on nadj einem Sieblingö:
giianicn 2.i. 3^te (loc^titc^lid^e ^Hii^timg bie|et @e(eU((^aft ftötte i(m, ben St((cnter, k
rnäft (Sr ^atte au( tem Wt((icnä(clbe mam^e ^otutteile abgelegt unb (a^ aüt frommen
SRännei aÜ gute $rUbcr an. ^m W&xi läöB bra^ S. mit feinet @aUin unb feinem
ifing(ten Solme tciebcr nad) ^ftita au|.
3)ie leiteten in Ma))ftabt jurüctlallenb, if^ab er [lä} mit bcr iooi)l au^erüfteten S^^
btbition na^ bem Sambe(i, Wo er balb bie gut ju bc(ftbrenbe .^ongonemünbung auf= ii
fanb, bie tion ben ^liorlugiefen im 3ntete((c beö Sttaüenbanbefö bi3 bn^in Wetfjcimlit^t
iBorben mar. 5)ie(er, bort nodj fd»tuungba(t betrieben, Berur[a(^le ber gjpebition Oiel §inbet=
ni((e. atbct qu(^ an 3H''(t'flffil«'* u"'" ben ^itgliebctn fehlte eö nic^t Sin mit;
Sbrot^tct Reinerer ^'ufebannjfet crroieö fit^ aU ganj unbtauqbat. Übet Icle Ij'maüi
rnte man tocgen Sttomf^fnellen nft öotiubtingen ^offen, wenn ein anbetet ©(^iff quo a
ber ^eimat an!ommcn mütbe. 33ie jutiiagelaffenen 5)tatotolo fanbcn [id) in ttautig(tet
Soge Voi. ^r(otge (eitenä ber 91egieiung tvat ibnen nid)t ju teil gelDOiben. StÜ^tenb
toctt ibte äln^ngCic^feit an £., bei (c^merjüd) bebmiette, fie aud) je^t noi^ nii^t in i^re
^eimot (übten ju fännen.
33ie 2J!arlejeit benujte £. jur 6r(otf{tmng bcS ©c^ire, an be((cn Ufern bie tuitben 21
^anganbf(^a ib» auf bie 9jer(icbetung, baß et fein $Drtugte(e fei, (teunblid) begtü(;len.
€t entbedle ben ©c^itWafee unb etieidile bei einem roeiletcn Siotftofe ben 3iija^, ber !utj
ju»or on feinet Cfttiifte Bon bem bcutft^cn Jotfdiet 9to(cl)et, bet leibet balb batauf er«
morbet toutte, entbetfl Worben luat, 21n ben Ufern beS mädjtigen aHafferbectenS
leigten (ic^ überall bie 2?etti>ü{lungen beä ©Ilasen^anbelö. ^'"'""^ beutlidjer empfanb »
y. (einen Seruf, (eine ganjc firafl jur §eilung biefcr *lJe(tbeute bcr tDIenf<^^eit mit ein=
guff^en.
"Sia fxif bie 3InEunft beä erwarteten neuen Xamp(etg berjügerte, unternahm S. über
Sanb bie Sö(e ju ben ^Bialololo. 35ort Waten injtDifdjen bie Sonbonei 2)ii(fionate unter
ben gtöftten 3lnfttengungen Don ©üben ^cr eingetroffen. Setelelu, ber übrigens tro? feinet»
3ier(pte[^end noi^ immer in bem unge(unben Sinvanti wohnte, war nif^t freunbli^ gegen
fie, aber (ie butftcn legten unb »rebigen. Dloo) fangen bie fe^Watjen finaben bie bon
i^en gelernten Siebet. S. febot^ fanb nut eine ^iä^t Bon ÖJrabetn, 33aa J^fiebet f?alte
bte SOIifftonare (aml grauen uib Jtinbetn babingernfft. 35eä fiönigö uneifattü^e .§abgier
^atte if)ncn biä juieft iai fieben (cbi"« gemattit. — aia« 3Jolf bct ^faloloto toutbe balb «
barau( in einem Slufftanbe bct untetbtüdtcn Stamme auägetottct. ülQe 5))ännet unb
Anaben Wutben getötet. Gä cntftanb baä Sarolfe^aJtabunba^Sfei^, in weltbem jegt bie
^Jcrifer 3Rif fton eine erfoEgrctibe ätrbcil treibt.
ä. tonnte nicbt lange in Sin^anti bctWeilen. ^ai^ einigen fd)meri|Ii($en ijQoc^eii, in
benen et ben franien ©eteivtu bedte, rief ibn bie Sotfcbaft Don bet ^nfunfl beä neuen u
©t^iffed jurüd. 6S batte ben ©i(ttof ^latfenjie nebft *J)ii(fionarcn unb fioloniften niit=
getttaf^t (ISßl). Sie SluSfif^ten für bie {oloniftetenbe ^tiffton in bem ge(unben 0O(^s
lonbe bet üJianganbfc^a (c^ienen febr günftig. Sber auc^ b'^ flab ti (d)merj(i(^c @nt:
täu(<^ngen. Su^f^i^tt J^igle fid), ba| bie Stlaoentianbler ben Sputen iJ-ö in bie(eä ibnen
fiü^ Berfdfloifenc ©cbiet gefolgt waren. 84 »on ben feigen arabifdien §änblem im «
Sti(^ gclaffene Sflaben fielen bet (SEpebition in bie §änbe. Sie (odten ber ®runb(lod
bti gu ÜJtagomero ju gtünbenben aRiffujnölotonie Werben. 2)et S0if{^of mit feinen ieuten
madjie fi^ (o(ort an bie Srbcit. 2. ging Weiter, um bie Stfotj^ung beä %)aia fort»
ju(e|en. 3tl8 er im 5)län 18(i2 nac^ bem ©ambefi jiirüdtebrte, um 3let(tättung abju«
bolen, fanb et bie junge Kolonie unter ben fliiegäjügen bet witben 91li((batra, neb(t glitte 6(
unb §ungerlnot im Äeime ju ©tunSe gegangen. 2)etöi(cbof War geftorben; bie anberen
Rotten bie Station an ben Sd)ire t>erlegt, Wo (ie ebenfaQä biä auf Wenige, bie fi^ no(^
retten fonnten, umtamen. äud) bieä War für 2. ein großer Stblag. 3n bicfet ÄotDuie
(oute fein Sieblingäplan »etwitfüi^t Werben. St mu^e befürdjten, baß man i^n für baä ^Iltiß:
linaen »crantwortli^ machte. Hlo^ fi^Werer aber Wutbe et ^eimgcfuc^t bur^i ben lob a
36*
564 SbittgfKotie
feiner ©attin. 2)tefe l^otte fid^ entfd^Iojfen, fortan mit i^m hai Steifeleben )u teilen, unb
toax mit ber erh>&^nten Serftärlung eingetroffen, bie übrigeniS auc^ einen auf 2.^ Jtofien
(120000 3JII. au^ bem Honorar für fein ä3u(^) gebauten jerlegbaren 2)ami)fer bro^
@ie loar nur loenige 9Bo^en mit bem (Satten t)eretnt unb erlag balb bem f^eber in bcr
6 92ä]^e bon @c^ui)anga. Xief gebeugt, boc^ boQ (i[friftli(i[fer Ergebung, machte fic^ £. auf!
ntm an bie älrbeit. @$ galt, einen anberen S^gang jum 9t^a|a^@ee unb ind ^j;mm
ju finben, ba e^ immer flarer tourbe, tote bie })ortugieftf(9en Sel^örben bei aQer fdj^einbarcn
^reunblid^fleit ber @£^ebition möglic^ft Diel @(^toierigIeiten in ben 9Beg legten. Son Ofiai
^er lourbe t)ergeblic^ berfuc^t, auf bem 9liok)uma borjubringen. Üb^au))t brachten bie
10 legten ^toei ^a^re immer loieber (Snttaufci^ungen. @^ h>ar Ilar, ba^ bie ^iele ber (^
))ebition noc^; nid^t ^u eneic^en feien. 3)iefelbe h>urbe 1864 t)on ber Siegterung jurfid*
gerufen. — Sitoingftone machte bie SRüdfreife in feinem eigenen Heinen ®anH)fer über Smns
ba^ — ein getoagte^ Unternehmen.
3lux ein ^a^r blieb £. in ber ^eimat. 92eben järtlid^er t^rforge für feine fo lange
15 bon i^m getrennten ßinber beilegte tl^n nur ber eine ©ebante : „$ilfe für bie fc^anbßd^
jertretenen Söller Slfrila^." Sefonber« fe^te er alle ßebel ju ernftlidS^en SKaferegeln gegen
ben @Ilabenl^anbel in Seh>egung. @))ätere englifc^e Serl^anblungen mit bem Sultan brni
@anftbar in biefer @ac^e h>aren eine %x\xd^i feiner Semül^ungen. äBomöglic^ no(^ me^
ald bei bem borigen älufentl^alt in (Snglanb beloegte er ftd^f in ben bome^mften fireifen,
30 in benen einflußreiche ^crfonen für feine Weiteren $läne intereffiert toaren.
3la6ft>^m er in feinem „©ambefi unb feine Slebenflüffe" bie ©rgebniffe feiner legten
t^orfd^ungen niebergelegt ^atte, leierte er nad^f Somba^ jurüi, um bort eine neue Q^
))ebition )u organifieren. ^ie^mal toollte er ed mit @i]po^, inbifd[fen Solbaten berfuc^
^aju famen junge, in einer inbifc^en SJiifftondfc^ule erlogene 9lfritaner, barunter %\djmci
25 unb ©uft, feine treuen 2)iener, beren erfteren er am ©i^irtoasSee felbft befreit fyi:^ SK
Präger tourben Eingeborene ber ^nfel ^o^anna angeloorben; auc^ Jtamele, Süffel, 3R(aiU
tiere unb @fel h>urben mitgenommen. Xro| ber t)erl^ältniiSmäßig geringen ^Dtittel, toelc^
bie 9{egierung unb bie geograpl^ifd^fe @efellfc|aft l^ergegeben, toar bie @ct>^bition gro|attig
angelegt. £. fül^rte fie über @anfibar nac^ ber 9lobumamünbung. Seine älbfid^t toor,
80 mit Umael^ung ber ))ortugieftf^en Jlolonien eine Straße für ben r^tli^en ^anbeldberle^
unb c^riftlid^e 6inflüffe nac^ bem Snnem beg Äontinent^ ^u eröffnen. 3)oju fam ba^9e=
ftreben gcograpl^ifqer T^orfc^ung, t)omel^mli4; follte ba^ gegenfeitige Ser^oltnid ber biei
großen Stromgebiete, 9lil, Äongo unb Sambeft, entl^üDt toerben. ^^ toar für 2. ate ben
einzigen @uro))öer leine leichte Slufgabe, bie (Sip^ition )u leiten. Salb traten bie fc^toerfien
85 SBibertoärtigfeiten ein.
^ie Si))o^d ^^.^^ ^^^ biermonatlidjfer $robe oli gan) ungeeignet gurüdgefc^
toerben, ein Stüct Sie^ nac^ bem anberen ging ju @runbe, bieDetd^ft infolge ber ro^
Se^anblung feiten« ber SBärter. 9Ran erreichte ben Si^ößa^ee — ober e« fel^lten 8oot<,
um j^inüberju|d[fiffen. äluf loeitem Umtoege tourbe ba« jenfeit« gelegene Sanb ber toilbcn
40 ^ajitu erreid^t, too bie feigen ^loJ^anna^^önner flogen, um, in i^re ^eimot gurücfk^renb,
baS @erüc^t au«2uf))rengen, £. fei erfc^lagen. 2)ie Xrauerfunbe fliegt balb burd^ gmq
@uro))a ; er felbft aber entaie^t fic^ mit ber jufammengefc^mol^enen Jtaraloane in @il;
märfd^en ben öerfolgenben SBilben. 3)a lommt neue Slot, Slod^mal« befertieren pd
Irägcr mit ber 3KebijinIifte unb bem SKe^^toorrat. 2)em 33oItor ift e«, aö fei i^ ^
45 iobe^urteil gcfj^rod^en. Salb ftellt fid^ bei il^m gieber unb SR^eumatidmirö ein. 3Kt
eifemer ©nergie fud^t er bie Jtranl^eit nieberjuläm^jf en ; aber enblidf^ ift er fo f(^lw4,
baß er ftc^ in einer Hängematte tragen laffen muß. 2)ennoc^ mai^t er geloiffen^ btc
geogra^^ifd^en Seoba(|tungen unb trägt fie forgfältig in fein ^gebuc^ ein. Unter ben
größten SKü^falen loirb ber langan^ifa^See erreid^t. 3*^ ^^ gefunberen 2uft erholt W
60 ber firanfe balb — aber bie bebrol^lic^e Haltung eine« $äuj)tling« treibt ben Äeifenben
loeiter. ^m älnfc^luß an eine arabifc^e Jtaratoane lommt er in bo« Sanb bed fl^
fürchteten $errfc(;er« Äafembe, entbecft barauf ben 9Roero-See unb fiufilobasgfluß, toßi
abermal«, böQig erfc^öpft, jum Xangan^ila ^urüd unb erreicht Ubfdj^ibfdj^i am Ofiufa,
tool^in injtoifc^en Sorräte au« 6uro))a birtgtert fein mußten. Slber ber arabif(^
55 Sigent ^at biefelben bereit« für einen S))ott))rei« t)erfc^leubert unb bo« ©elb imtec»
fc^lagen.
Xro^ olle« Ungemad^« erholt ftd^ £. in ber gefunben Suft am See, unb obgleich foP
ganj bon 3Jlitteln entblößt, ift er fc^on nac^ einigen 3Jtonaten (1869) toieber mit feinen
loenigen (Setreuen auf ber ^orfc^ung«reife nac^ 9Beften ju. S)ur^ bo« ®ebiet ber
00 ^ani^uema, h>ilber SDtenfc^enfreffer, gelangt er nad^ tR^angtoe, bem großen ^onbdi^
Stutngftotte 565
am Suäloba. @r brennt barauf, bm l^ier fc^on brci Kilometer breiten Strom ju toer*
folgen, m ber Meinung, ben oberen Sauf be« 5Rife entbecft ju f)Qbm — aber tro§ alle«
SBortend gelingt ed il^m nid^ft, ein ^^^rjeug }u erwerben. @r mu| bort immer h>ieber
bie fd^änblic^en ®reue( bed SHaben^anbel« mit anfe^en. ßnblid^; ba feine Hoffnung,
nadj^ 9{orben t)onubringen, übrig bleibt, fc^Iägt er ftc^ mit feinen brei S3eg(eitem h>ieber 6
buni^ boS gefä^li(^e 3Ran^uemagebiet unb erreicht abermalig Ubfd^ibfd^i, {rani unb jum
SIelett abgemagert, o^ne aQe ^if^Smittel.
$ter erfc^eint il^m ber Kl^ne 9lmerifaner Stanley h>ie ein barmherziger (Samariter.
6r 1^ bie befd^toerlidS^e 3?eife unternommen, um £.« ©c^^idffal )u erfunben. ^n feiner
®emeinf(^ft unb unter feiner 5ßflege toirb ber matte ©nftecfer toieber jung unb lebenbig lo
toie eine koelfe ^flanje, h>enn fte geträntt h>irb. @ine gemeinfame Unterfuc^ung^reife nacp
bem 9torbenbe be« @eed lonftatiert, bag berfelbe mit bem 92ilf^ftem nic^t in äierbinbung
ftc^t 3m Woi 1872 tritt Stanley feine Slüdfreife an, ©r bittet £. bringenb mitju»
fommen. Sber bie geogra))^if(i[fe älu^abe ift nod^ nid^ft gelöft. Xk DueDen be« Suä-
loba muffen noc^ erforfd(ft h>erben. S. ^offt bamit ba« 9{ät{e( ber 92ilquellen für immer is
aerlebi^en. ©elbjl bie toe^mütige Erinnerung an feine Äinber vermag ben altemben
onn nui^t t)on feinem $Iane abjubrin^en. vtad^ bem beilegten 9(bfci^iebe bon feinem
neuen gf^reunbe in Un^n^embe, bi« h>ol^m er i^n begleitet l^atte, mu^ er bort auf bie
rädte^renben Xröger bi« jum äluguft h>arten. S)ann bricht er nod^mal« nai^ SBeften
auf. @r fü^lt e«, ba| er feine legte Steife antritt unb benft emft an fein @nbe. 3lodf 20
einmal ge^t e« in bie ®egenb be« ^oero^See« ; £. entbedt ben fübli^er gelegenen 93angs
toeoto. S)ie ganje Steife ift toieber eine Stette t)on Ungemad^ unb Seiben. Dft ftd|t man
auf überfd^ftoemmte« ©ebiet. S)ie getreuen 2)iener ^fdjfuma unb @uft tragen il^ren $erm
Xag für Xag burc^ gro|e Streden 9Baffer«. (Snblid^ loirb im Süben be« leftgenannten
Gtä ^lala, ba« S)orf be« 2:fd^itambo erreicht, ba« au« ber überfluteten @bene toie auf 25
einer ^fel fu^ ergebt. SBeiter gel^t e« nic^t. 3Kan baut bem Äranlen eine $ütte. 2tuf
bem mit rü^frenber Sorgfalt bon Xfd^uma bereiteten Sager bringt er nod^ ben nöc^ften ^g
}um Zeil in ^ieber))l^ntaften m. 9lm anberen 3Jtorgen finbet man S. al« Seid^^e, Inieenb,
bo« ^axtpt auf bie gefalteten ^önbe geftü^t. Setenb l^atte er feine Seele au«gel^aud^t.
e« toor am 1. ober 4. ÜRai 1873. so
3n einem 3BarenbaDen t)er))adt, fül^rten Zfd^uma unb Suft ben einbalfamierten
Setc^nom i^re« ^erm nac^ Sanftbar: ein tounberbarer Seid^enjug, ben felbft Sadjflunbige
loum für mdgti^ l^ielten — ein ^tag;nxi bon ber Jtraft banfbarer Siebe ber 9lfrilaner
Si bem ^uten ©oltor, ber für fie lebte unb für fte ftarb. am 18. Slt)ril 1874 tourben
e fterbltd^en Stefte be« großen Slieifenben mit l^ol^en (S^ren in ber 9Beftminfterabtei be« 86
fiottet 3)ie SnfdSfrift feine« ©rabftein«, bie i^n al« SRiffwnar, Sleifenben unb $^ilan«
Üfytüpm bejeic^net, c^arafteriftert il^n f olgenbermaften : „3)reiftig ^al}xz feine« Seben« tourben
bem imermüblid^en Streben geh>ibmet, bie eingeborenen SSölIer ju ebangelifteren, bie nn*
cittbedEten ®e^etmniffe )u erforfd^en unb ein @nbe ju machen bem bertoüftenben Sllaben»
^onbel ßentrolafrifa«, too er mit feinen legten SBorten fd^rieb: ällle«, h>a« id^ in meiner 40
Sinfomleit fagen lann, ift bie« : SKöge be« §immel« reidf^er Segen auf jeben — Stmeri*
laner, Snglänber ober 2^ürfen — berabfommen, ber biefe offene SBunbe ber SBelt
^en ^ilft."
3)a« ioar ba« QaiüptÜ^^ma alle« feine« Renten«, feitbem er ben SHabenl^nbel,
namentlich auf ber ^mberte£))ebition, fennen gelernt ^atte, eigentliche 9lrbeit an ber älb- 45
fUDtmg btefe« gottlofen ^anbel« l^at er freilid^ bei feinem britten Slufent^alt in älfrita
nid^t me^ leiften lönnen. SJieDeic^t toöre e« in ^ö^erem ^üla^^ ntdglic^ getoefen, l^ätte er
retd^lid^ jtr&fte unb ÜRittel jur äSerfügung gel^abt.
6« kjfen fic^ bie brei ^erioben feiner SBirIfamfeit unterfd^eiben. ^uerft ift S.
Stifftonor, bomt 5tuItur})ionier unb julefet geogra])^ifd^er @ntbeder. @« ift ^ter nic^t ber so
Ort, feine Seiffamgen m le^terer Sejiel^ung au«fül^rlic^er gu toürbigen. §ier ift nur ju
ertDo^nen^ toie er feine« üKiffion«beruf« nie bcrgeffen ^at. Selbft auf ben legten SHeifen
unter ben ungünfkigften 33er^ältniffen i)ai er e« nic^t berfäumt, ben Eingeborenen bon ber
Siebe ®otte« )u erjä^len unb in i^nen namentlich einen tiefen Slbfd^eu gegen ben Stlaben«
l^bel 3u toeden. 3Rit feinen Seutcn l^ielt er regelmäßige älnbad^ten unb ©otte«bienfte, 66
unb toenn bie TOattigleit i^m toeitcr ni^t« geftattete, jeigte er il^ncn biblifc^e Silber.
Seine lefcten la^ebüc^er (Last Journals, Sonbon 1874) jeugen bon tiefer berfönlid^er
ffaömmigreit Ste toaren nid^t für bie 9Jeröffentlid^ung beftimmt; S. ^aftte alle religiöfe
Oflentotion. G^aralteriftifc^ ift c«, baß er in ber ffiartcjeit ju 9lvangtoe bie S3ibel bicr*
mal burd^la«. eo
566 Stotngflotte Slorente
2ä älrbetten fmb nur bte SluiSfaat gelDefen. S)iefeI6e ift aelebnt unb tounberto
getpac^fen. S)er Iül^ne@ntbecier@tanle^, ber fein$el^I barauiS ma^t, ba| er bte Anregung
)u feinem SBerfe i^m oOetn t)erbantt, ^at mit ber ©ntbedung bed itongo bod tmbelmmte
S^nnere bed fc^h>ar)en SrbteiliS eröffnet. 9Bä^renb bon SBeften ber Strom ber euro)>atf(^
6 Jtultur einbrang, lourbe bon Often bie Xl^ür h>eit oufget^an burd^ bie (Srnc^tung bed
beutfd^en Sc^u^gebieted, neben bem f^c^ bolb bie englifd^e Jtonturren) einftedte. 3lo6f
eifriger arbeitet eine erl^i^te englifc^e fioloniolpolitil bon Silben J^er mit ber älbfü^t, bie
fämtUd^fen innerafritanif^en Sönber bom Jtc4>Ianbe bid nad) äg^))ten bem 9Rutterianbc
bienftbar )u mad^en. Rum 5£eil betoegen fid^f biefe Seftrebungen gan) in S.d Sollen unb
10 fein fel^nltd[ffter SQSunfq, bie böDige ^bfteUung bed afrüonifd^en Slloben^beld ift unter
bem Einbringen ber euro))äifc^en i^ultur no^eju erfüllt.
I^eiber aber finb biefe SBeftrebungen nic^t, ta)ie er toünfdjfte, Trägerinnen bcd (Stxm^
gelium^, aU bed rechten 9)iitteld jur Erneuerung Der ^eibenbdlter Slfritod. SSielfad^ ^^^^
fte ben Eingeborenen fogar red[ft berberbli(^e Einflüjfe. 9lu|er ben mand^lei eurotKÜfipen
15 £aftem, bie mit einfd^leic^en, koirft bad liberale h>irtf(^ftli(||e ^ringi}) unter ben 3laiaa^
böllem, bie )U einem 9Bettbeh>erb mit @uro))äem nid[ft beföl^igt fmb, unb bie i^nen n«^
langer be^otifc^er Jlned^tung unbermittelt geloö^rte ^^eil^eit nid^t gebrauchen lörnien,
leine^toegiS fegen^reidjf. Sejfered loäre bon einem })atriard[falifd[fen Stegiment gu ertaHtrten.
®« h)irb immer mel^r anerlannt, toie bie Suren in ber Se^anblung ber ©^tDorjen —
20 abgefe^en bon allerlei älu^fd^reitungen — bad 9tid[ftige getroffen ^aben. 2)er unfeTtge
jlrieg, beffen Enbe noc^ nii^t abjufelen, ift nxi^tö anbered, ald eine toeitere Snttmdebmg
be^ einftigen ÄonfliltiS ber Suren mit S. 3R5d^ten aud bemfelben bie 3R&dfU, todift
afrilanifc^e Söller )u leiten l^aben, äBamungen unb Seigren für bie rechte Se^onb«
lung ber Eingeborenen entnel^men unb in biefem Stüde ^6^ nic^t burd^ S.d tK>litif(^
25 Stid^tung, gefc^toeige benn burd^ bie feiner mobemen d^aubiniftifc^en iRa^ffolger irreleiten
laffen.
3Bad aber S. al^ bie i^au))tfad^e für bie berlommenen Söller Sfrilod bon Xnfong
an betonte, ba^ Ebangelium loirb il^nen in immer fteigenbem 9Ra|e burd^ bie Stifftonen
ber berfc^iebenen Stationen unb ^Denominationen gebradjft. 3Bo er einft unter fe^ geringen
80 älnfängen arbeitete, fmb unter Setfc^uanen unb bertoanbten SöUerfc^ften ie|t an 100000
E^riften gefammelt. älm ^a^a, ju bem er bie ^üx öffnete, l^aben feine Sonbäeute cas^
gebel^nte c^rifjtlic^e ©emeinben. S)ie bon il^m angeregte Uniberfitätenmiffton fyd naii
fc^toeren Se^r]a^ren ben 9Beg erfolgreidj^er 9lrbeit gefunben unb Srübergemetnbe unb 9e^
liner SKiffton fte^en in ^offnung^botten jüngeren Untemel^mungen. ^n Uganba ifi eine
85 toeitgreifenbe Setoegung jum S^riftentum borl^anben unb me^r aK 28 000 Seelen jtnb
ber^irc^e einberleibt. ^m Jtongoftaate unb ben benachbarten ©ebieten ftnb neun SRiffüm^
gefeUfdjfaften eifrig an ber 9lrbeit mit me^r aU 170 SRifftonaren, unb fdj^on )dgt fi^
|ier unb ba na^ fd[fh>erer Saatzeit bie Ernte. 9llle biefe 9lrbeiten geben unmittelbar
ober mittelbar auf S. jurücf. Überall loirb in benfelben bed großen ^ionierd bonlbar
«0 gebac^t, unb h>o immer Söllerfd^aften ^nnerafrifad bom Sänne \fyc^ ^eibentumd befreit
toerben, toirb unaudlöfc^lid^f unter il^nen fortleben bad @ebäd[ftnid bed großen So^nbret^
®abib Sibingftone. 9i. «f««be««w.
Siblanb, S^rifttaniftentng f. 91 1 b e r t b. 9) i g a Sb I 6. 295 ff.
Slorente (fj)r. Sjorente), ®on 3uan Antonio, geft. 1823. — fiitteratur: ^ic
46 Kenntnis feiner Sebendgefdjidjtc beruht auf ben 3)ürftcnungen, loeldje er felbft (Notice bio-
graphique, ^ariS 1818) unb fein 8freunb ^Q^)ul gegeben ftnt (Revue Encyd. 1823, tXVIlI,
)i)o au(b fein S3ilbnid nebft ^lutograp^). Ein ^erjeic^ni^ feiner ^a^Irei^en ©cbriften {inbet
fxd) in Revue Encycl. q. q. D. 6. 45 ff. ; eS fehlen bie Uebcrfdiriftcn ber in ber Revue fflbft
ueröffentlicfttcn Sluffötje. ^cfclc (ogl. ben 9lrt. Äat^). i^fi. Vm, 56-59, foroie »3)er ftor»
5obinal Ximcnej", ^pft. XVIII: 3)ie fponiftfee Sntluifition unb Slorente» geringe ©loub«
mürbigfeit) unb nat^ i^m ®amd (ßur ©efc^ic^te ber fpan. ©taatdinquif., SRegendburg 1878;
^irc^engefi. üon Spanien III, 2 [1879]) u. q. beanftonben S.8 SwöP^^ÄfPgWt aucQ beifiglid)
ber queüenmäSigen eingaben; ^offmonn (®cf(^. ber 3nquif. 1878) unb Orti ^ Saro (U
Inquisicion, 1877) treten bafiir ein. S)er ooüftänbige ^itcl be« ^ouptmerteÄ lautet : Histoire
55 critique de rinquisition d'Espagne, depuis T^poque de son Etablissement par Ferdinand V
jusqu'au r^gnc de Ferdinand VII, tiröe des pi^s originales du conseil de la Supr^me et
de Celles des tribunaux subalternes du Saint Office (übcrfe^t von %. tßeQter). 5S)adf . fpanif^.
^Qbrib (¥ori«l 1822.
Slorente ift loie $efele i^n rid^tig nennt (Äatl^. ÄS. VIII, 56) ber „9le|)r&fentant
60 ber 3lufllärung unter bem f^janifc^cn Äleru«" gegen (Jnbe be« 18. g^l^tl^unbertd. ©cboren
Sloretite 567
am 30. SWon 1756 px SlinconsbetSoto in Aragon, ftubierte er feit 1773 in ©aragoffa
(anoni{(^ Stecht, toarb Saccalaureu^ bedfelben 1776, im nöc^ften ^abre äSeneftjiot ju
Solo^orra, 1779 ^riefter, nod^ el^e er bad fanonifd^fe SUter ganj erreicht l^atte, balb borauf
aiu^ 3)oltor. 92eben feinen ^eruf^rbeiten befd^fäftigte fid^ 2., ber fd^on mit 19 ^a^ren
ein Su{itf))iel t)erfa|t l^atte, mit bramatifc^en $robuItionen, unb k)erbanlt in^befonbere „ber 5
gali)if(^ 993erber'' ber QÄt, in tpelc^er er ®eneralt)ifar bed 93ifd^ofg t)on Salo^ona tiHtr
(feit 1782), feine Sntfte^ung ; nod) nad^^af^x^ l^ot er ein ^iftorifc^e« ©(^auf})iel („Suric^,
ber ©ot^enlönig'O tJerfafet, in toeld^em er bie SfBec^felfätte unb ^^triguen ber eigenen 3«t
ftd^ abfj)iegeln lie|. gn ba« ^a^r 1784 l}at er felbft ben bebeutfamen Umfd^h>ung feiner
Snfübten berlegt, ber iJ^n ya emem entfdjfiebenen @egner ber ^olitif ber römifc^en Äurte, lo
ja ber Ürd^flic^en Sutoritöt ald fold^er über^au))t gemad^t l^at. „@^ giebf' — bat)on l^atte
il^n bamate „ein tool^Iunterric^teter unb urteitefäl^iger 5Kann" überjeugt — „leine Sluto^
rität au^erl^lb unfer, h>elc^e bad ditd)i i}äü^, bie SSemunft in und ^u unterjod^en.''
Zro^bem mad^te man iJ^n 1785 in SogroiTo }um itommiffar, 1789 m 3Jlabrtb jum
©eneralfefcetär ber S^^wif^io*^- 2)»« f^ gebotene Oelegenl^eit, ftdff mit bem SBefen unb i6
ben 9(r(^iben biefer iBe^örbe betannt gu machen, f)at er reic^Iid^ au^enü^t. Seine äSe«
ntü^ungen, bad 3*^flwifttionSh)efen gu beffem, junäd^ft ein öffentlid^e« Oeric^t^berfol^ren
einmfü|ren, fd^eiterten infolge bed @turKd feiner beiben gleic^gefmnten, ebenfalls um eine
))OUtif(^e unb {ird^Iidjfe 9leugefta(tung Bpanxm^ bemül^ten @önner, bed ®ro|inquifttord
HJlanud Slbab V la ©ierra unb be« TOinifter« 3*>^^n^"^- 2)^6 ^ ^cn lefeteren, ate er bereit« 20
gefiör)t toar, auf ber ^urc^reife in Sola^orra begrübe, gab feinen Segnem erh)ünfd^ten
Snla|, gegen i^ felbft k)or)ugel^en unb einen $ro)e^ einzuleiten, ber mit (Sntl^ebung k)on
feinem $oßen enbigte(1801), aber nid[ft l^inberte, ba§ man i^m 1805 ein^anonilat über-
trug unb feine ber ßentralifationdibee günftigen „Noticias historicas sobre las tres pro-
yincias bascongadas'' (ÜRabrib 1806 f., 5 S3be) burd[f einträgliche Stebenämter belohnte. 26
Sa erfolgte ber @tur) be« fpanifdjfen 9{egimentd. Slorente, ber ^c^ ben ^ofeftno^S offen an^
fc^lo^, ift bedl^alb k)on $efele al« SSenöter gebranbmarlt toorben (f. ben 31. im lati^o»
lifd^en S&.). Um il^n geredet gu beurteilen, barf man jeboc^ nxi^t au^er 9ld^t laffen, ba|
er nur unter ber neuen Stegierung bie 3Jt5glic^!eit ber 2)urc^fü^rung berjenigen Steformen
ertoarten lonnte, bie i^m im g^tereffe ber Sieligion felbft geboten fdffienen. ©eit 1808 w
SRttglieb be« BtaatSxai^, übernahm er im folgenben ^a^re ben äluftrag, bie älufl^ebung
ber JUdfter gu übem>ad[fen unb neben einigen Heineren ätrbeiten (Coleccion diplomatica
de varios papeles u. a. f. Revue Eneyel. 1823, t. XVIII, p. 46) bie @efc^ic^te
ber l^nquifition in Bpanxtn ju fc^reiben. ^er erfte lurge @nth>urf biefed umfangretd^en
unb tro( mancher Ungenauigteiten l}'66^\i toic^tigen SBer!ed erfc^ien in f))amfd^er @))rad^e;35
in feiner ie^igen ®eftalt ift ed guerft frangöfifc^ erfd^ienen unb gh>ar 1817 f. in $arid,
taH>9in S. fui^ nac^ ßönig ^o\^^ SSertreibung begeben l^atte. SBöl^renb aber biefe« 9BerI,
olSbalb in bad ^tiü\6^t (®münb 1819 ff.), @nglifc^e, ^ollänbifc^e unb ^talienifc^e über»
fe^t, in gang @uro))a ba« größte Sluffel^en erregte, tou^te bie 9{eaItion i^n ))erf5nlic^ gu
treffen, inbem i^m ha& Seic^te^ören fotoie bad 3Reffelefen in ©t. @uftact;e k)erboten unb ^
barni ouc^ nod^ burdff ein toon ber Unitoerfitöt evlaffene« SSerbot, Unterrid^t in feiner
9Rutterf))ra(^ an einer $rit)atle]^ranftalt gu erteilen, fein !örglict;ed @intommen genommen
tourbe. 911« nun gar bie Portraits politiques des Papes (^arid 1822; beutfc^ Sei))-
}ig 1823; ^oll. ämft. 1828) erfd^ienen, befd^loj man noc^ fd^ärfer gegen i^n toorguge^en:
tra Segember 1822 tourbe il^m t)lö^li(^ befohlen, ^ari« binnen brei Xagen unb bann ba« 45
frangöfifc^ ®ebiet gu berlaffen. SDa er in bie 1820 crlafjene Slmneftie eingefd^loffen h>ar,
fo toonbte er fic^ nadff ©j^anien ; aber laum in 3)Jabrib angelangt, ftarb er — 5. gebruar
1823 — an ben folgen ber ©tra})agen ber ergloungenen 9Binterreife, toie feine greunbe
be^au))teten.
Seaüglic^ feiner toiffenfc^aftlid^en Sebeutung ift ^ leicht, loie bie« §efelc im Äarb. so
Xtmeneg unb in bem Strt. £. im Ä£. tl^ut (togl. bagu $oen«broed^, 2)a« ^ai)fttum [1900]
S. 131 f.), an t)ielen ©teilen befonber« feine« legten größeren SBerfe« ju fonftatieren, ba^
feine Äenntni« toenigften« ber älteren unb mittelalterlichen Äirc^engefc^ic^tc fcl^r ungenau
ifl S)ie« tljiut jeboqf ber Sebeutung feine« §au^)tloerfe« nur in bebingter SSJeife Slbbrud^,
ba er bi^ meift Duellenau«güge bietet au« Ur!unben, bie nur Don il^m benu^t unb bann 55
Demid^tet toorben fmb. ®egen feine J^erfönlic^c S^renl^aftigfeit ift burc^ §einbe fdt^on
Dor feiner ^udf^t au« ©panien ^Jlifetrauen ertoecft toorben; allein für bie Slnflage auf
Unter|d[flaaung einer bebeutenben ©umme gelegentlich ber ^lofterauf^ebung i}ah^ fte ben
Setoet« fcpulbig bleiben muffen.
^enrat^. go
568 Sobtoaffer
SoBtoaffet, 9(mbrofiud, geft. 1585, lommt l^ier nur in Settad^t atö ber Ut^^eba
bed ^^SoStDanerfc^en ^falter^'^ ti)e(d^er )h>et ^ol^r^unberte J^inburdSf im ®emeinbef|efang
ber beutfc^en reformierten Äir^en bie ^errfc^aft be^aiH)tet unb befien eifemen Scftonb
gebilbet l^at. — fittteratur: 3ö(6er II, @p. 2483; SRolcrmunb jum 3öd)er III, @p.1993;
^ §. (£. %Be(eI, Hymnopoeographia II (1721) @. 79^.; Melchioris Adami vitae germani-
corum jureconsultorum . . . ©eibelberg 1620 6. 267 ff. (morauS Freheri theatram vironmi
erud. dar. Norib. 1688 @. 896. roo Jt* ni*tö neue«, aber Üobiuaffer« S3ilbni« pnbft, nad)
bem gebrucften 9^efroIog, Königsberg 1585; ^artfnod), $reugtfd)e ftir^en^iftoria (1686)
8. 498 ff.; $^. ^Qcfernagel, ^Bibliographie ^ur (S^efd)i4te bed beulten ßirc^enliebd . . . .
10 gronffurt unb Erlangen 1855, ©. 329 unb 380; berf., 3)q8 beutfdjc ftircbenlieb üon ber
älteften 3cit . . . ficipjig 1863-1876 I, 6. 509ff. IV, @. 844 ff.; S)öring, ©öotolfunbe,
3)Qnjig 1865, @. 52- 57 unb 8. 234; d, C>öpfncr, SReformbeftrcbungen auf htm Oebict ber
beutfc^en ^ic^tung beg 16. unb 17. Sa^r^., Programm bed 5tönig fBil^elmdg^^mnartumd,
Berlin 1866; ©. Hodj, ®efdjid)tc be« ÄirdjenliebeS ... 93b II, Stuttgart 1867, (S. 594 bid
16 597; e^r. g. IRißpenbod), 3)cr Äirtfeenflefang in ©afcl, ©ofel 1870; fjelijöoüct, Histoire du
PsautJer des ögjises reform^es, Neuchatei-Paris 1872; O. ^ouen, Clement Marot et le
psautier huguenot, Paris 1872; ^eber, ®ef4id)te beS itirdiengefongd in ber beutfc^-refor'
mierten 6*njcia feit b. ^Reformation, 8üric^ 1876; ?lb93 93b XIX 8.56—58 (fieipjlg 1884}.
($Iugerbem ogl. über ben ref. ^falmengefang in ^erjogd 9{@ 2. 9(. 93b 12 im ^Irt. J^\aU
20 menmelobien oon 9?iggenbad) ) $b. ^olfrum, ^ie ^ntfte^ung unb erfte (Sntwicfelung bed
beutfdjen eoangelifdjen KirtftenlicbeS in mufifalifc^cr ©exie^img. Seipjlg 1890, @. 134ff.;
8.ÄümmcrIe, encijflopäbie ber etjang. ^rdjenmufif, 93b 11, ®üter8lo6 1890, 8.85; 3. 3o^n,
^ie Gelobten ber beutfc^en eoangelifc^en ^irc^enlieber, aud ben Cuellen geft^öpft unb mit«
geteilt, 93b VI, ®üter8lo§ 1893, 8. 56 ff.
25 SBlmbrofm« Sobh>affer tourbe ben 4. Wpxxl 1515 ju ©df^neeberg im fäc^ftfd^en ©rj«
gebirge geboren, h>o fein 93ater 93ergh>erIdinfpeItor h>ar, befuqte bom 12. Sebendjal^re an
bie ©c^ule in Seip^iig, ftubierte bafelbft bie ä^ec^t^toiffenfc^aft (unter Seitung feinet älteren
Sruber« ^aul, ber 5profeffor ber ^uriöprubenj toar), unb toirfte, nad^bem er mit 20 ^äfym
jum TOagifter t)romot)iert tüorben, ate ©ojent bxi 1550. 3n biefem 3^^^ begleitete er
aojtoei toome^me junge 5Känner cii §ofmeijter auf einer Sleife, bie i^ nai^Zbtom (1550),
nad^ 5Pari« (1551), fpöter gu längerem Slufentl^alt nac^ Serr^ fäJ^rte. 1557 tDurbe er
fürftli^er Slat unb ^anjler in 3Kei|en. 1562 ertoorb er ftd^ inSoIogna ben juriflifc^
S)of torgrab. 1563—1580 toirfte er, t)on ^er^og Sllbrec^t bon ^ßreufeen berufen, aföi&ofs
geric^t^Slffeffor unb ^ßrofeffor ber SRe^te m ilönig^berg, trat 1580 in ben ShiW^tonb,
85 unb ftarb ben 27. 9Rot)ember 1585 bafelbft. Qx galt atö tüd^tiger ©ete^ter, toax toiel*
fettig gebilbet, ^atte me^reremal baö SReftorat begleitet, unb blieb unl>erl^eiratet. Ueber
feine fonfeffionefle Stellung fagt bie Seic^enrebe au^brüdlid^: „er f)ab^ allein gel^alten mit
®otte^ SBort unb ber Formula Concordiae, bie er nic^t allein mit ber $anb, fonbem
auc^ mit bem ßerjen unterfd^rieben unb l^ergegen allen Äorruptelen unb ©c^toärmereien,
40 loie fie mögen ^amen ^aben unb bie mit Sottet SfBort unb unferer Formula Concor-
diae nid^t übereinftimmen, toon §erj\en feinb geloefen." 3)ie« l^inberte nidf^t, ba| ber93ei«
fall, ben feine SRac^bid^tung beg SKarot^Sejafc^en ^Pfalter« in ben reformierten JSrd^
beutfc^er R^^Ö^ f^"^/ ^'"^ Sle^tgläubigfeit ben ftrengen Sutl^eranem toerbäc^tig mac^,
bie bor aflem barin eine ju tücitgc^enbe SRad^giebigfeit gegen bie Sieformierten fa^, ba§
45 er feiner Überfe^ung nid^t ben Urtcjt, fonbem bie franjöftfc^en Siebformen beg ^faltet«
JU ®runbe gelegt l^atte. ©elbfttoerftänblid^ ^atte S. babei fein 2lrg gehabt. Denn i^
h>ar e^ barum ju tl^un geU^efen, bie 3Kelobien be« franjöfifdS^en ^falter«, bon beren er«
bauli(^er SEBirfung er tüä^renb feinet Slufentl^alt« in Serr^ einen tiefen (Sinbrucf empfangen
l^atte, feinen beutfc^en ®lauben«genoffen jugänglid^ ju mad^en. SJed^alb fc^lo^ er fu^
60 unmittelbar ben lejtcn an, toel^e bie 3;räger biefer 5Kelobien bilbeten. @r barfuß um
gefäl^r fo, h>ie l^eutjutagc ber Überfe|er eine« Dp^viii ober Siebertejte«, bem e« junät^
eben barum }u tl^un ift, bie Äompofttion in bem betreffenben SSolfe, bem bie Überfe^ung
bienen foll, emjubürgem. 6« lam bor allem barauf an, baft ©ilbenjial^l unb 3^oif(tlu|
ftc^ genau mit bem franjöfifc^en SSorbilb, bejh). mit ber 5Kelobie bedrten. Überhaupt tiwr
55 feine 2lrbeit, loie fte ber perfönlic^en ^eube an ben ^Pfalmmelobien entftammte, junoc^fl
für bie ^ribaterbauuna beftimmt. ^n ber bom 15. ^^bruar 1565 batierten SBibmung
an ben $erjog Sllbrec^t bon ^Preu^en erjä^lt SobU^affer, tote er ju feiner fturjtoeil he-
gönnen l^aU, ben franjöftfd^en ^falter „mit gleichen SSerfen in ba« ©eutfd^e gu gtoingcn''.
5)a« fei tl^m nac^ feinem SBebünfen nic^t übel geglüdt. Die gettumftänbe, jumal em<
60 ^JJeftjeit, baben i^m ba^u ^JJufee geloäl^rt, ein „ebler granjofe", S^*^'^ (Saurier, ^wbe i^
aufgemuntert, unb fo fei ber injloifc^en (1562) bollftänbig erfc^ienene $f alter aud^ boDflänbig
in« Deutfd^e berarbeitet Iborben. Der §crjog, auf beffen Unterftü^ung 2, tool^l bei ^
Sobtoaffer 569
l^u^obe gerechnet ^atte, ftatb 1568. So !am c« ju btcfcr crft 1573. 33er Xitel lautete:
,,®er $ faltet bcd Kniglic^cn 5Prc})^etcn Xatoibö, 3»^ beutfd^e re^me berftenbiglid^ t>nb
bnitltdj^ gebracht; mit botge^enbet anjetgung ber reimen h>eife, au6) eined ieben $fa[med
ii^folt: ®ur(^ ben S^rbeften ^oc^gclarten ^erm Ambrosium Lobwasser, ber Stedf^ten
3)octom unb gürftltd^er SJurc^Iau^tigfett in ^Preufeen 'SRaÜ^t. 3Snb l^ierüber bei^ einem 5
jeben $falmen feine juge^önge bier ftimmen: 93nb laut ber $falmen anbec^tige fd^föne
®ebet. 2eit)jig 1573. SKm Sc^lufe: ©etrudtt ju Sei))jig bei ^an^ ©teinmann. Typis
Voegelians Anno MDLXXIII."
2)ie jebem 5ßfalm angejdSfloffenen ©ebete fmb Überfe^ungen ber oraisons t)on äuguftin
üRorlorat, ^rebiger ju SRouen. 3)ie Sinfaffung in bie bcm ^!>^alm jebegmal borau^e|;cnbe lo
@ummarie unb ba^S i^m angefd^loffene ©ebet c^arafteriftert ba^ 9BerI al^ (Srbauung^merf,
ote eine Art bon ,,2ieber=^S!lnba(|ten". ^eunb unb %^nh ftimmten barin ^ufammen, ba^
eS in fpradSflit^er unb t)raftif(^er §infi(^t nur eine mittelmäßige Seiftung fei ; unb greunb
unb ffeinb fo^en fofort ba^ SBudSf auf einem ©iege^gang burc^ bie beutfd^-refors
mterten ©emeinben begriffen, ber l^inter bem ßrfolg be^ §ugenotten))falter^ felbft nic^t fo i5
ti>ett jurücfftanb. SBö^renb man bon bem le^teren aDerbing^ gegen 1400 Sluflagen jöi^lt,
beft^t bod^ aud^ bon Sobtoaffer eine einzige ä3ibliotl^e! toie bie Stuttgarter (öffentlid^e)
oegen 60 SluPagen, Worunter bie Ed. princeps. Seina^e 200 Sjai^re lang l^enfc^te
SobtoKtffer unumfd^önlt, unb bi^ auf biefen %% ift er nod^ nic^t gänjlidjf beraltet.
©einen ®rfolg berbanite er ber f})rad^lid^ genauen ain})ajfung an bie franjöfift^en 20
SRelobien, benn ,,ol^ne baiS toören e^ gleid^ al^ tote ©efäng, bie bad ^erj toenig betoeg»
ten". 3)iefe bilbeten bie gemeinfame %on]pxad)c ber SHeformierten aller Bingen, bie ben
^folter, i^r ©emeingut, erft jum loirtlid^en, lultifc^en ©emeinbeft^ mad^te.
2)ie 5ßolemif gegen bie Sobtoafferfc^en ^Pfalmen bon feiten einzelner Sieformierten,
toie bed poeta laureatus $aul ©d^ebe, genannt ^JReliffu^, noc^ mel^r t)on feiten ber SutJ^e» 25
roner, tonnte ben ©iege^lauf berfelben nid^t aufbolten. ©njelne 5Kelobien, toie bon
^folm 134, 140, 42, 84, 106, 8, felbft manche« ^falmlieb (20, 42, 91), \a ber ganje
$falter Sobtoafferö brangen in bie lutl^erifc^en ©emeinben , j. S3. in (Slbing bt«
1655, ein.
Sittereffont ifi e^, Sobtoaffer auf feiner S3a^n auf reformiertem ©ebiete ju begleiten, 90
toie er g. 8. 1603—1626 in Sem, 1605—1636 in güric^, 1606 in »afel, 1617 in
©c^ff^fen, 1618 in Wppmidl, 1619—1627 in ©t. ©aHen, noc^ bälber in ben beut^
fc^ Sänbem äufnal^me gefunben ^at. ®er §ö^et)unlt feine« Sinfluffe« fteHt fid^ ol^ne
3h)cifel in ber 3^tfac^e bar, ba| er felbft toieber aU Original be^anbelt tourbe.
6r erfährt muftlalifc^e Bearbeitung burc^ Sanbgraf SJlorift t)on Reffen 1607, ber 36
9Relobie uvlb ©a^ bem beutfc^en Se^te im ©inne be« bamatö auftommenben betlamato-
rifdj^en ©efangdftiU amut)affen fud^te; burd^ ©amucl 'JRarfc^all in S3afel 1606, Srüger
in Berlin 1656, ©ul^oerger in Sem 1675 u. a. ; er toirb in anbere Bpxad^cn übertragen,
jo in« £ateinif4>e burdff ^nbrea« ©t)etl^e 1596, in« 3)änif(^e 1662, in« 3talienifd(>e burd^
Slanta 1740, toie fdf^on 1608 burc^ bie ^^od^ter be« Sanbgraf m -iRorift bon^effm, burc^ 40
(Sofimir 1753, Slicolai 1762 u.a.; in ©raubünbtm fangm fte il^n in SBpxad^m, r^äto^
nmtomfdjf, itatienifc^ unb beutfc^. ^m 18. 3^^^^""^^^^ begannen bie SSerfuc^e, bm Sob«
kDofferfd^m ^Pfolter ju berbeffem unb ju ergänzen, bie ollmä^lid^ju feiner 3?erbrängung
fü^en. 2Bir fül^ren nur einzelne« an. ^n ßüric^ trat ba« änbem ein burd^ §arbs
mc^ 1701, ^olj^alb 1704, ßicgler 1763 unb 2Bolf 1787; in Safel bur^ ©J)rmg 45
1741, in Siel burd^ SBilbermett 1747, in SKeberfa^fm burc^ aOBoUeb 17^1; in mi}m
1764, in Sem burd^ ©ta^jfer 1775, in 3ülic^=6lebe=g3erg burc^ Soriffen 1798, beffen
älrbeit, tomn au^ bebeutmb geänbert, nod^ im ©ebrau^ ift. Oft toar bie SSerbeffemng«^
arbeit nic^t biel glänjmber, bielleid^t nod^ fd^toäcl^er al« ber originale Sobloaff er; bi^ unb
ba fangen fie audff jtoei ^Bearbeitungen in bemfelbm ©otte«bienft — in 33afel fang w
ba« Soft bm Sobtoaffer, bie 2lriftofratie bm ©preng — ; ba« gemeinfame Sanb h>ar
bann bie SRelobie. ©nblic^ tourbe ber ^nbang am ^falter Sobtoaffer«, ber urf})rünglidS>
nur ba« Sieb bon bm 10 ©eboten („(Srl^eb' bein $erj, t^u' auf bein Dl^rm") unb ba«
6imeon«s2ieb mtl^ltm, unb bm man mit bmtfcbm, toielfad^ lutberifcbm Siebem fcbon
ntmlxdf frül^e em)eitert l}aiU, immer groger unb fd^toerer, bi« jule^t ber älnl^ang bm ^
$falter berfc^long unb ©efangbüd^er auffamm, in loeld^m nur einzelne $falmm fid^ er^
^m fyAtn,
2)m SKelobim toar mit bem c^arafterbollm JWb^tl^mu« ber ^Hei; i)erlorm gegangm,
ber bie Sobtoafferfc^m ^ejte tro^ i^rer ungelmfm unb tomig poetifc^m ©jjrad^e gcbaltm
unb mit \fynm bem $falter bie Slllein^enfc^aft im reformierten ©emeinbegefang gefiebert eo
570 Sobtooffer Loci theologid
l^atte. 92unme^r btängte ftd^f neben biefen bad beutfc^e Sieb, bad fdjfon im 16. So^r^tim
bert fräftige ä3lüten getrieben l^atte, aber bem formalen SiblijidmuiS gemä^ unb bonl
bem Sleije ber franjöftfdS^en ^falmsSKelobien biefen getoidSfen toar (f. b. ä. fifolmen^
3ReIobien).
6 9(u^er bem $falter fei nod^ ertoö^nt eine Sammlung bon ^^mnen: ,,Smbrofti Sob«
toaffer« betoä^rte Hymni Patrum unb anberer gottfeliger SDlänner, toeld^e burd^ gonje
^ofyc in ben Hxxi^m gefungen derben, au^ bem Satein m^ 3)eutf(i[f mit gleict^en 9teimen
gebraut. £ei})jig 1578/79", fofem einzelne ber barin entljialtenen Überfe^ungen in ba
lut^erifd^en Jtir(|e Eingang gefunben ^aben. (92ifi^arb fiaustittiin f) $• 9. ftifHiu.
10 Loci theologici. — $. ^^PP^, ^ogmatif bed beutfd^en $roteftanttdntud im 16.3a§r«
^unbert, S3anb i, 1857; @. ^Bd^tüaxx, ^elanc^t^ond ©nttourf ju ben ^^pot^pofen, Z^Stft
1855, S. 75 ff. ; ^att-5lo(be, a)ie loci communes ^§. 3KeIan(ftt^on» in ißrcr Uracftalt,
2. ?[ufl. 1890.
Loci theologici ift ber burd^f ÜRelanc^tl^on eingeführte, bon bieten bt^ in bod
16 17. 2E<^^^^unbert beibel^altene 9{ame für bie S3earbeitungen ber ebangeltfc^ 3)ogmatiI.
ÜRelanc^tl^on l^at ftd^ bamit, tt^ie er felbft fagt, an ben @))ra(i[f gebraut ber antuen 9i^
toren angef(i[f(of|en, über beren Stunftlel^re er teifö birett, teifö an^ Stub. Slgricola (de for-
mando studio epistola), unb @radmu^ (de duplici copia verborum ac rerum
commentarii duo) unterrid^tet h>ar. S)ie xönot ober loci erfd^nen bort bei ber £e^
20 bon ber Stofffinbung unb bejeic^nen bie $lä^e ober £)rter, bon benen l^er man Setoeife
entnehmen lann. Itaque licet definire locum esse argumenti sedem (Cicero to-
pica II, 8). %üx biefelben tourben nun feit älrtftoteled in mannigfaltiger SBeife met^o^
bifc^e ätegifter aufgefteÖt (t)gl. 92ä^ere^ bei 9). Sioltmann, 3)ie Stl^oril ber ®ried^ unb
SUmer, 2. 9(ufl., 1885, @. 199 ff.). 9(te fold^e loci erfd^nen bemgem&B formale itote^
36 gorien, bloge ^itel (j. 9i. persona, natura, fortuna u. a., totnn ed fid^ um eine $a:fon
^anbelt). 9Iun aber galt ed atö befonbere Slufgabe bed Stebnerd, ben einjelnen lonfceten
^oQ auf einen allgemeinen, bie befonbere inMeoig auf eine Movq jurüd^ufül^en unb
baburd^ in ein l^eUereg Sid^t gu rücfen. hierfür lommen bie loci communes inSe^
trac^t, ba^ fmb argumenta, quae transferri in multas causas possunt (Cic. de
80 invent. II, 15, 48. orat. cc. 14. 15. 36). ®iJ ift aber nidf^t ganj richtig m be*
^au^ten, ba^ biefe „@emein))lä^e'' atö ett^a^ an ftd^ ^^eftfte^enbed, als abfolute ©runb«
toal^r^etten angeje^en toorben feten. 3*^^^ mu|te fie ber SRebner gegebenenfalls fo toenben,
aber Sicero bemerlt au^brüdlic^, ba^ man l^ier bielfad^ je baS ©egenteil geltenb moc^
lönne, g. S3. ®erüd^ten fei ju glauben ober nic^t )u glauben (de invent. II, 16). Sei
86 ben ^umaniftifc^en St^etoren tt)trb aber ber äSegriff loci communes bielfad^ nur in bem
Sinne bon loci fc^lec^t^in b. i. toon allgemeinen (Srunbbcgriffen unb Orunbfd^aten gc»
braucht, gnöbefonbere berfte^t i^n fo 3Kelan(^t^on, beffen de Rhetorica libri III, Äöln
1519, l^ier mafegebenb fmb. @r fu^t in biefem SBerle bie ©tubiofen für bie 3^^^ ^
S^iS^utationen tüd^tig gu machen. 2)am em})fiel^lt er i^nen (nac^ SSorgang ber genannten
40 (Setoä^rSmönner), ft^ t)or allem Stegi^er bon allen möglichen loci communes angul^en
unb in bie betreffenben 9{ubrifen (capita) aQeS ba^inSel^örige auS ber £e{türe (Seifpvde,
Sergleid^e, SluSfjirüc^e) einzutragen, um fo einerfcit^ Überfielt über ben ©toff gu getoimten,
anbercrfeitS il^n bei ber §anb ju l^aben (bgl. fc^on epist. nuncupat.). 3)ie« ^erfa^
lotll er auf alle sSBiflenfc^aften anget^enbet totffen. @o bejeidjfnet er als loci communes
46 für bad ius civile : aequitas, summum ius, servitus, poena, maleficia etc. ^
bieXl^cologie ertDöl^nt er als fold^e loci communes gelegentlich unb beif))ielSh)eife fides,
carnis interitus, bann ecclesia, verbum dei, patientia, peccatum, lex, gratia,
ein anoermal fides, Caritas, peccatum, enblic^ an ber ©teile, too er ouSbrüdSic^ de
locis communibus l^anbelt fides, ceremonia, peccatum; naAl^er quid afiectus,
60 quid virtus, quid vitium (sit) (biefe ©teile abgebrucft bei $litt4lolbe, ©. 84 SCrnn. 1)l
an einer fpätaen ©teile bagegen befiniert er toieber loci communes ald regulae
quaedam vivendi generales, natura hominibus persuasae, quas non temere
leges naturae vocaverim, h>ic 5. 8. ®utcg mu| man mit Outem bergdten; We
eitern mufe man e^rcn 2c. ©inb im erfteren gaUe bie loci communes blo^e Segrifff
65 unb formen, bie für ein bcftimmte« ßcbeng« ober ffiiffen^ebiet in Setrac^t lommen (the-
mata simplicia), fo im anberen galle inl^altlic^ beftimmte, innerhalb getoiffer ®ren|en alt
gemeingiltige ©ä^e (themata complexa bgl. lib. I a. @. de sacris concionibus). 3"
biefem ©inne ^ei|t e« in ber fj)äteren aufläge ber SH^etoril, bafe faft in iebem ©d^i*
bie maior avi^ einem ©emein})la^ entfte^e (C. R. XIII, 452). S)a| aber SWeton^^t^
Loci theologici 571
beibe Sebeutungen ntd^ft mt^nanberl^lt, diebt bem Segriffe bei i^m ettDod Sd^Ulenibed.
^ted geigt fid^ aud^ bei feinem belannten 2Ber!e, bad i^m au^ tritifc^en Säemerhtngen gu
ben @enten|en bed Sombarben entftanb, tvä^renb er gleichzeitig ben Stömerbrief lommen«
tiertc (togl. Äolbe, 1. c, ©. 32 f.). 3n Sejug auf erftere Arbeit bcmerlt 9R. 1520 in
einem Sriefe, ba| fie anh>ac^fe, benn er befc^ranle fid^ nic^t blog auf 9(nmerlungen, sed 5
locos communes scripturus sum de legibus, de peccato, de gratia, de sacra-
mentis deque aliis mysteriis. Secutus sum rhetorum consilium, qui locis com-
munibus comprehendere artes iubent (Corp. Ref. I, 158 f.). @d^on ^ieraud iDtrb
erfid^tlic^, toad 3R. nac^^er beutlidjf au^f^rid^t, ba| bie jtoeite Slrbeit auf bie erfte @influ^
getDonn, inbem er bei ber SluffteDung unb äludfüHung ber loci ben ätömerbrief gu S^ate lo
)og old bie $au))tfd^rift ber divinae litterae, in qua (Paulus) communissimos
et quos maxiine retiüit christianae philosophiae locos excussit (C. R. I, 276,
t>gl. XXI, 49). 3)ie unmittelbare SJorarbeit für bie loci, bie fogen. lucubratiuncula
(C. R. XXI, 11 ff.), beginnt fc^on faft ganj fo, toie ba« augfül^rlid^ere SBerl, ba« ben
^ut>ttitel loci communes rerum theologicarum trug. Loci theologici ftnb aui) is
in btefem nic^t )unöd[fft @ä|e, SBa^rl^eiten, fonbem leitenbe ©runbbegriffe, nömlic^ bie,
toeldj^e gerabe in ber SBiffenfc^aft ber S^beologie t)orfommen, unb auf bie aQed in i^r be«
}ogen toerben mu^ 3)emgemö^ fteUt 3R. an ben Slnfang bie k)on i^m beliebte fiifte
(nomenclatura) ber tl^eologifd^en loci, bie mit deus, unus, trinus, creatio beginnt
unb mit comdemnatio unb beatitudo fd^lie^t. 3^ie i)ai er biefe £ifte gewonnen? 3l\6^t ao
ettpa einfac^ oud bem Ütömerbriefe, ft)ie \i^on bie ^uSt^a^l unb älnorbnung geigt. Sbenfo»
tpenig enttpidelt er fte in metl^obifd[fer 9Beife bon irgenb totli^m $ringit)ien an^, fonbem
er fdj^Ke^ jtc^ bobei au^ef^rodjfenermagen an bie @d^olaftifer unb i^re burd[f ben Som«
barben beftimmte Sel^rtro^ition an, @agt er bied an ber genannten ©teile fd^on beutlic^
genug (et quanquam nolim immorari studiosos — hoc genus summis, tarnen 25
prope necessarium duco, indicare saltim, e quibus locis rerum summa pen-
deat), fo tritt ed ouc^ nod[f ein anbermal ^ert)or. 9lm @c^luffe ber (Erörterungen über bad
Sefe^i unmittelbar k)or bem locus de signis, bemerft nämlidjf 3Relanc^tl^on : solet hie
de litera et spiritu disputari. 3)ad entf})rid^t genau bem @d^luffe bed britten 93ud[fed
ber Sombarben: quid sit litera occidens (MSL 192, 839 f.). Sllfo nic^t erft in benao
\paUtm, fonbem gleich in ber erftm älu^gabe ber loci l^at 3Rtl bm Sombarbm ju ®runbe
gelegt. 2)ie @igenart feinet SBerle^ aber befte^t erften^ in ber t)ereinfad[ften, überftd^tlic^en
Snorbnung ber loci, jkoeitend barin, bag er jene Schemata nic^t nad^ älrt be^ Sombarbm
mit ©entenjm ber Söter, fonbem mit ©teilen au« ben „fanonifd^en ©c^riften" au^fiiHen
toill, britteni^ barin, ba| er unter bem (Sinfluffe be« ^aulu«, fonberlic^ be« Slömerbriefe« 35
jjme loci communes t)erfc^ieben beh>ertet unb unter i^nm noc^ gelDiffe loci commu-
nissimi l^erauiJ^ebt, an^ benen ßl^riftu« rcc^t eigmtlic^ enannt toerbe, über bie ba^er ein
6^ toor allem unterrichtet fein muffe. 2lfö fold^e be^eic^net er bie loci : peccatum,
lex, gratia. Slllerbing« nimmt aud^ er bei ber Stu^fü^mng bie einfad^en Hilfsmittel ber
35ialeftil ju $ilfe, aber er l^at nic^t bie Slbft^t, mit ben fc^olaftifd^en ffierfen ju fon« 40
furrieren, fonbem toiB fein SBerl nur als einen SBegloeifer für bie S^genb angefel^en
tmffm, mittelft beffm fie fic^ in bie ©c^rift hinein« unb in il^r jure^tfinbm foÖ (t>gl.
epist dedicat. unb @(^lu|, fotoie de lege a. 31., de peccato mortali a. @.). S)er ®e<
{u^tS)>unIt, bon bem auS er bie l^eilige ©c^rift an ©tctte ber mmfc^lid^cn Kommentare ju
befrogm rät, ift lein einbeitlic^er; balb beruft er fid^ auf baS (lat^olifd^e) ^nfl^i^ö^ionSs 45
bogma, balb (^umaniftifcp) auf i^ren ß^arafter als Quelle (de lege a. St.). 'äRangel^aft
toar an biefer erften jufammen^ängenben SeJ^ranlüeijung toor allem bieS, baj bie Slufftel«
lung ber loci-Slei^e nic^t metbobif^ begrünbet tüirb. 3n ben fj)äteren 2luSgaben bemerlt
3ReL oDerbingS, ba| feine Steige burc^ bie ^eilige ©cl^rift felbft emjjfo^len U^erbe, bie i^rer*
feitd bie 2)ogmen in ^iftorifc^er golge barbiete (togl. C. R. XXI, 254), bod^ genügt baS 60
\a audf nic^t 3)ie golge ift, bafe bie lut^erifc^c Dogmatil bei bem großen unb lange
bouembm ®inPufe jener loci erft ]pät innnere ©efc^loffenl^eit erlangte. 5Der Segriff ber
loci theoloffici tourbe in ber golge me^r auf ben ^n^alt unb bamit auf bie §auj)tftellen
ber ^etl. ©^ft belogen, bie je ben bctreffenben locus auSfüDien, togl. bie beutfc^e Über^
je^fung ber loci burc^ ®eorg ©t)atatin 1521 unter bem 2itel: 2)ie b^ubtartidfel unb 66
fumemeftm t)unct ber ganzen b^^Iig^ fd^^ift (C. R. XXII, 3. 4) ober „2lnh>ei[ung
in bie toa^r^fftig ^a^lig gefd^rifft ©otteS" (1. c. ©. 7. 8). ^n bem ©inne einer elemen*
torm biblifc^en OlaubenSle^re öerfte^t auc^ Sutl^er ben litel, U^enn er fagt: „Daju follt
man auA bie $)[ugenb unterloeifen unb üben, ba^ fie ©prüc^e auS ber ©d^rift jufammen
iünnten faffen bon biefem unb anbern Slrtifeln. — ©olc^e locos communes ooer ge^ 6q
Ö72 Loci theologici Sobenftriit
meine ^äu^tjUtd be^ ®IauBen^ foSt man ben Stinbem furlegen unb tüo^I dnBIäuen, ha%,
\ümn ffe e« fo gefoffet l^ötten, bomad^ bte Schrift felbft lefen fiinnten, unb jene toeitcr
fUirfen unb fjjtdfen" (ilirdSfenj)üftiae S. a. 15^ 254). 2)iefe unmittelbare »eaiel(^unö bed
Segriffe« auf bie J^cUige Schrift tritt ]pättt jurüdf, ate 2Ji. [tarier bie firdbltc^e 2d^
6 enttDtdelung l^eran^og. S)a^er tt)trb auc^ nunme^ ber Xitel mit ,,bie fumemeften 9bti!e{
e^riftlid^er lere" überfe^t (1- c. 6. 13. 14). 3u0lei(i(> fü^e jje^t SR. au(^ biejenigcn
loci au^, toon benen er früher nur bie litel genannt l^atte, toeit er fie nic^t för com-
munissimi l^telt. ^amit bürfte ed jufammenl^ängen, ba^ ber lateinifd^e Xitel feit 1542
in loci praecipui theologici etc. geönbert h)irb (C. R. XXI, 601. 602), ja monc^
10 älu^gaben ^aben baju nod^ ben einfa^en Untertitel loci theologici collecti a Ph. M.
(1. c. ®. 603 f.). ©omit h)ar nun ate einfacher ©inn be^ SBegriffeS ber bon „®UaAm^
artileln" erreid^t, für tveld^e bie testimonia au^ ber ©d^ift gebammelt luerben (k>gL fc^on
bie lel^neid^e brevis discendae theologiae ratio Wl.^ \>on 1530, C. R. 11, 457
IDO er t)on einem anjulegenben libellus articulorum fidei fagt: hie libellus paene
15 similis erit locis communibus).
3Relanc^tl^on^ 93ud^ erlangte junäc^ft für bie lutl^erifc^e Xl^eolo^ie bie Sebeutung,
tDelc^e ber Sombarbe für bie f^olaftifd^e gehabt ^atte. ^RcfXi fommentterte feine loci bid
auf Seon^arb i^utter; bod^ etfd^ienen auc^ felbftftänbige 93earbeitungen. 3)er dtamt loci
communes h)trb einfach ate Xitel eined 9Beried t)erftanben, \od6^t^ bie summa doc-
ao trinae christianae umfaßt (ßl^emni^, loci p. 11*). SSber man fuc^t— fo 9lic ©dnerfer,
9R. 6^emni§, SKelanc^tbon« bebeutenbfter Kommentator, unb 3Rattl^. §afcnrcffer (f. bie
betr. Slrtilel) — bie J^erlömmlidf^e Drbnung ber loci teite meti^obifd^ ju rechtfertigen, teiö
}u k)erbef[em unb gu ergönjen (k)gl. au^ ^^^^ SSortoort ^u feinem Jtom^bium). Sluf
oiefe SfBeife entloidfelt ft^ bie j^nt^etifd^e ?Wetl^obe, toelc^e in ben loci S^b. ®er^rb« i^
26 Rafftfc^e^ 3Jtufter finbet. Unter ben 9{eformierten l^aben ben 3lamtn loci theologici
2Bfg. SRugculu« (Safel 1560), ?Jetr. SRart^r (Sonbon 1676), 3. 9»accot> ®rander 1639)
unb 3)an. ß^amier (®enf 1653) übernommen. Slud^ ^ier finben toir ba« Seftreben, bie
loci metl^obifd^ ju gru^j^ieren, ögl. $etr. TOartl^r. ©eitbem nad^ ÜJlitte be« 17. S^r«
l^unbertiS bie SSerfucpe einer me^r f^ftematif^en S3el^anblung ber S)ogmatiI ouflonraien,
80 berfc^tDinbet ber 92ame loci theologici. ^en Übergang bilbet 9lbr. Qxdot>i sjstema
locorum theologicorum 1655 ff. ^p^omieÄ Shmse.
Socfe, 3., f. 2)ei«mu« Sb IV ©. 538, 35—539, 61.
Sobeuftetii, ^obocu« \>an, geft. am 6.2lug. 1677. — ¥• San ^rooft, 3obocu8 twm
fiobenftein. ?(cab. $roef|4rift, Wmfterbam 1880; ©cppe, ®efd|idjte be« ?ictt8mu8 unb bei
86 3W^ftit In ber reformierten fircl)c, namentli* ber 9?icbcrlanbe, Selben 1879, 6. 185 ff.:
mt\di\, (^efd)i4te be§ $ietii»inu«. S3onn 1880, 1, @. 152 ff.; ^a^&othtl, ®ef4i(^te bed c^riiU
fieben« in ber r^einii^-roeftf. eoang. Äircöe. (Joblenj 1852, II, @. 160—180.
3obocu^ \)an Sobenftein tourbe am 6. fjebruar 1620 m 3)elft geboren. ®r ent^
ftammte einem alten unb anfel^nlid^en (Sefd^lec^t. SJon feinen Sltcm erl^ielt er eine ftonbe^
40 gemäße, t)or allem aber aud^ eine fromme Srjiel^ung. ^n feinem elterlid^en ^aufe kourbe
fd^on ber ©runb gelegt für feine fjjqtere fel^r emfte SebenSric^tung. Dbtool^l er ebenfo
h)ie feine Sertoanbten anfe^nlic^e ämtcr l)Mt befleiben fönnen, ftanb fein ©inn txm
gugenb auf bamad^, ^rcbiger jm tüerben. 6r ftubierte in Utred^t unter ®i«b. SSoetiu^,
3Kein. ©c^otanu« unb 6ar. be Wa^t^ unb begab ftd^ 1642 nad^ ^aneler, um fi<^ unter
46 Anleitung t>on ßocceju^ in^befonbere auf \>ai ©tubium ber Drientalia ju toerfen. 3^^
Salute lang loar er §au^enoffe beg ßocceiu«. Dbtoo^l SSoetiu« ben größten ©influft auf
il^n au^eübt l^atte, fo ba| er fj)äter mit ßntfd^iebenl^ett Partei für i^n ergriff im Streit
gegen ßocceju^, fo l^at er boc^ für le^teren immer bie größte Siebe unb Sichtung betoo^
aJlit großem ßifer i)at er fic^ in fetner SSorbereitung^jeit auf alt« unb neuteptomenflic^
60 Sjegefe, SDogmatif, fotoic auf ba« ©tubium ber Äird^ent)ater unb aud^ i^bnifc^ $j^ilo=
foj)l^en getoorfen. Salb ^at er [xi) befonber« au^e^eic^net burc^ einen ftrengen jtttlic^
Seben^tüanbel, toorauf er fjjäter auc^ bei anberen befonberen 5Rac^bru4 legte, ©einen $lön,
na^ feinem jtoeiiä^rigen Slufent^alt in ^anefer, audSf noc^ anbere englifd^e unb fd^ottifAe
Unitoerfttäten ju befugen, mufete er aufgeben, ba er 1644 einen 9luf afö ^PrÄiger in
66 goetermeer bei 2)elft annahm, gm ^a^x^ 1650 toerjog er nac^ ©Iuii8 in glonbern unb
1653 (nic^t 1652) nac^ Utrcd^t, loo er mit t)iel ©egen, aber au(^ nic^t ol^ne toiel Streit,
bi^ JU feinem 3;obe loirfte, ben 6. 2tuguft 1677. Sr l^at ein Seben gefü^ t>on auf«
richtiger ^ömmigteit, unermüblic^er Arbeit unb treuer Pflichterfüllung. Setbßc^ ff(A tt
Sobenfiritt 573
\>xtl gelitten, ober ftet^ geigte er gro^e @ebulb unb feften ®lauben. @eme Seben^h>eife
toax in mand^ferlei ^infic^t ftreng a^tetifc^. @r )t>ar unt)CTl^etratet unb l^ielt bte @^elofiateit
ffir l^ö^er ftel^enb, befonberö für einen $faner, ben nic^tg in feinem 3Serfel^r mit ®ott
^inbem bürfe. ObtDO^l er k)ermö0enb \üax, lebte er mä^ig. @r na^m faft nie %Ui]d) unb
Sein, fonbem meiften^ nur ^flan^enloft. SSiel äSert legte er auf^ ^^aften unb bie Slb- 6
fc^offung ber Älöfter bebauerte er. 6r toax bemütig, fanftmülig, freunblic^, felbftöerleug-
nenb, immer emft, in ber (Sinfamfeit meiften« in tiefet Slac^benfen t)erfunfen über ®otte^
SQlgenügfamleit unb bed 3Jten|c^en Stic^tigleit. 3luc^ für ^eunbfc^aft toax er jugänglidjf.
Sein Utrec^ter Kollege S^f^ ^^^ ^^ ^ogaert (f 1663) toax fein Sufenfreunb, fein
,,3onatl^n". 9Kit Ssoetiu« toax er bi^ m bef|en iob eng toerbunben, ebenfo mit beffen lo
Ämt^enoffen, bem Uniberfitöt^rofeffor (Sjf eniu«. 3« \^^n^ beften unb getreueften greunben
gehörte ouc^ ber belannte ^^^o^ud Jtoelman (t)gi. Dr. 91. ^. ^ruQ, Jacobus Koelman.
Eene kerkhistorische Studie, ©neel 1901). dagegen toax bie greunbfc^aft mit ber be^
rühmten Snna SRoria tntn Sd^furman, feitbem biefe ftcp ganj mit ben Sababiften k)erbunben
botte, ftarf abgefüllt. SSBar and) fein Sterben für toiele ein ®runb tiefer Trauer, fo ib
freuten [\6) aud^ anbererfeitd feine @egner, bie fic^ burd^ feine @traf))rebigten unb burc^ ben
Smft feinet gonjen ä(uftreten^ in i^rem @eh>iffen getroffen fül^Iten (t)g(. Proost, t. a. p.
blz. 76 vv.). ^r il^n felbft jebod^ toax fein Sterben ®eh)inn.
Sobenftein toax ber Urheber einer 9{eformation bed Sebend unb ber Sitte ober
ber (Smeuerer bed c^riftlic^en Seben^ in ber nieberlänbifc^en unb beutfc^en reformierten ao
IKn^e, unb ift i^r baburc^ ba^ geloorben, toa^ bolb naö) ii}m in ber beutfd^en et)angelifc^«
lut^erifdjfen Jlirc^e Steuer getoorben ift. Unb tote k)on S))ener bie ^ietiften, fo ftammen
bon Sobenftein bie fogenannten „Sobenfteiner" ober „%txmn" unb „(Smftigen", bie fidf^
t)on bem äußeren tvcißd^m Seben jurücf^ielten, o^ne fxi) boc^ eigentlidjf ^u fe))arieren,
too^renb bie au^ übertriebener ^ömmigfeit t)on ber großen Kirche ft($ gön^tic^ abfonbemben 26
Seporotiften ftd[f an feinen QÄU unb @efmnung^enoffen Sababie angefd^lof|en l^aben (f. b.
ärt. oben S. 191).
Ku fetner 3«^ l^atten bie fieben t)ereinigten ^JJrotoinjen ber Slieberlanbe (^oKanb) in
ieber ^e^iel^ung il^re l^öd^fte 93lüte enei(^t, loaren baburd^ aber aud) in 2Beltlid^{eit unb
Ue))ptgfeit berfunlen unb ed ^atte bemnad^ aud) bie reformierte SSoIföftrd^e t)on i^rem alten so
^eiligen @mft unb @ifer im Seben unb in ber 3uc^t bebeutenb nac^gelaffen. 2)arum
jeugte Sobenftein, in ©emeinfd^aft mit feinem ilollegen t)an ber Sogaert „^onner^finber"
genannt, mit rüdfid^tdlofem @mfte gegen ba^ ausgeartete „loeltlid^ getoorbene, k)erfallene
ß^jientum", unb Verlangte, bafe „ba« beformierte ß^riftentum", bon toeldf^em ber ®eift
gen^idj^en unb nur bie t^orm geblieben fei, \>uxd) eine ^yo^f^ung ber Steformation aufd ss
nm^ reformiert toerbe. Scfonber^ getoaltig er^ob er feine Stimme, nac^bem fein Sater«
lonb burc^ ben ßinfatt Subtoig XIV. 1672 an ben Slanb be« 3Serberben« geraten toar,
unb biefe ^eimfuc^ung be« $erm, fotoie beffen lounberbare (Snettung ba^ §erj be^ 93olIe«
ertoeic^t unb für bie $rebigt ber Su^e unb ber 93efe^rung em))fänglic^ gemacht ^atte.
Setner emftlid[fen Su^rebigt tnt^pxad) burc^au^, toie gefagt, fein eigener erbaulid^er SBanbel «o
in einem entfagung^boDen Seben, toonac^ er nid^t nur freubig feine ^ab^, fonbem auc^,
al« ®eifel ber Sfr^njofen für Seja^lung ber 33ranbf(^a§ung, in IRee« am Sliebenl^ein feine
^ferfon für fein Soll unb jeine ©emeinbe aufojjferte.
938eil er mit SRed^t mel^r ®eh)id^t auf ba« reine Seben, ald auf bie reine Se^re legte,
fo !onnte i^m aud^ nic^t ba^ blog äu^erlic^e S3efenntni^ be^ rechten @lauben$ bei ben 46
%au^i unb Sbenbma^l^enoffen genügen, beren Seben nur 3U offenbar i^rem 93elenntniffe
ttnberfüradSf. S)arum fül^lte er fic^ in feinem ®eh>ifjen gebrungen, ba^ reformierte 2^ufs
formulor: „9e(ennet ii^r, ba^ biefe 5^inber in S^rifto gel^eiligt finb? unb „al^ ®otte^
ilutber unb ofö ©lieber feiner Äird^e" getauft toerben, bei ben Äinbcm „ber unl^eiligften
Stenfc^en ti. f. to. in: h) erben abjuänbem, unb fic^ — ba er nidf^t toie Sababie eine w
im ®runbe nur feige unb felbftfüd^tige Se))aration ber toa^ren S^riften t)on ben bloßen
Slomenc^ften billigen lonnte, aber and) nic^t bie S^eranttoortung be^ untoürbigen ©enuffed
be« Seibe« unb Slute« ß^rifti bei Unbef ehrten übernehmen tooflte — feit 1665 feinerfeit^
ber Sludteilung bed ^eiligen älbenbmal^l^ }u enthalten unb bei biefem feierlichen @elübbe
unerfc^ütterlic^ ju behauen, obfc^on er baburc^ in ©efa^r geriet, jein älmt )u t)erlieren. 66
Sflotürlic^^ertoeife machte biefer Schritt bad größte äluffe^en unb betoirfte bie @ntl^altung
t)ieler ber emfteften unb getoiffenl^afteften G^riften („Sobenfteiner") t)om ^eiligen 2lbenbma^le,
o^ne ba| fte [xd) barum, toie bie Sababiften, k)on ber firc^lid^en ©emeinfc^aft felbft trennten.
Sßo bogegen biefe @ntl(|altung Don ber älbenbma^l^u^teilung nid^t geftattet tourbe unb
toerben tonnte, ba gingen biefe $rebiger natürlic^ertoeife }u ben entfc^iebeneren Sababiften eo
574 SobettfKeiit 2iht
über. Sobenftein toirltc auf feine in ganj SRieberlanb unb am 5Rieberr^eitt l>cr6reitete $artei
nid^t nur burd^f feine getDaltigen münbltct^en ^rebigten, fonbem aud^ buni^ berm 2)tud(.
2)ie 93ebeutung Soben^ein^ atö eined ^rebiger^, bon bem groge ftraft anfing, tfl erftc^t^
1x6) ani ben bielen ^rebigten, bie nai) feinem ^ob in berfc^iebenen ©ammhmgen aud^
6 gegeben unb öfter toieber aufgelegt toorben finb, fo : „Geestelyke Opwekker
X Predicatien", 3lmfi 1701 ; „VervaUe Christendom", Utr. 1711 („aSerfoDene« 6^flen^
tum" bon 2^erfteegen« gfreunb unb Seigrer 3- $ofmann ^erau^egeben) ; ,,Heerli]kheid
van een waar Christelijk leven", Stmft. 1711 ; Boet-predikatien over Jerem. XLV,
Utr. 1779; u. a. SSon feinen toid^tigen a^fetifc^en SBerien, bie htö auf unfere Q6t mit
10 (Sifer gelefen toerben, muffen bor allem genannt toerben: „Weegschale der onvol-
maacktheden", Utr. 1664; unb ,,Beschouwinge vanZion: Ofte Aandagten en Op-
merckingen over den tegenwoordigen toestand van 't Gereformeerde Christen
Volck", Utr. 1674—76. «eibe SBerfe fmb toieber^olt gebrudft. »ud^ afö ©id^ter fya
Sobenftein fid^ berbienftlid^ gemacht burc^ feine ,,U3rt-spanningen en andere Oedigten^,
16 Utr. 1676 unb feitbem un^ä^lige SJlale erfc^ienen. din groger ^ic^ter toar er nid^t @r
fang nur jur @r^olung unb feine Sieber u^aren beftimntt, um im Jtreid bon fjrrommen
gelungen gu h>erben. @r fünbigte öfter gegen ben guten @efd[fmad[, aber feine ©e^
bidjfte )eid[fnen Jtc^ au^ burd^ innige ^rommbeit, burd^ feinen ®eift unb bic^terifc^ ©e^
fü^L ^n berfd^iebenen Iird[flid^en ©efangbüd^em, in 92ieberlanb unb in ^eutfd^Ianb, tom^
20 men Sieber bon i^m bor. — Seit lange unb nod^ immer fte^t Sater Sobenftein in ha
nieberlänbifd^en 5(irc^e in gefegnetem 3inbenfen, benn ,,er toar ein lebenbiged Silb einer
ungefärbten ©ottfeligfeit, ein gienat ber Äirc^e ©otteö, ein ^Pflanjer fo bieler guter
Übungen, ein Jtäm))fer im ®ebet, ein Ibunberbar begabter '^rebiger, ein Kuger unb be^
ftänbiger $elb im ©lauben geto^en". SR. (»oebcl t (®. 2>. »«« »een),
25 S8be, auguft ^uliu«, geft. 1900. — ©ine nuSfül^rll^e »iogra^j^ie meine» «atcr«
gab td) im Äirdjlic^cn ga^rbud) für boä ©ergogtum @..?lltcnburg 1900, 2. ^cft, 6. 18ff.
3uliui8 Söbe toar einer ber gelehrten 8anbt)farrer ber Haffift^en ^eriobe be« borigen
^a^r^unbert^ nac^ Stie^IiS ^beal, beren Qaf)l, inen loir ni(^t, im jäl^en 9tiebergang be<
griffen ift. Seinal^e brei 9)ienfc^enalter b^t er fein nennen bürfen unb, bid i^u feinem
80 lobe bon tounberbarer S'^fc^e be^ ®eifte«, in jebem berfelben einem befonberen (Sebiete
ber SOBiffenfc^aft unb be« SBiffen« mit Srfolg ft^ getoibmet.
©eboren ben 8. Januar 1805 in Slltenburg (©ac^fen), ber 6o^n eine» SJMitärorjtc«,
auf bem ^ebric^^g^mnaftum bafelbft unter ben ®rammati{em älug. SRattJ^id ut^ Subto.
SHam^^orn borgebilbet, begog er 1825 bie Uniberfttät ^tna, h)0 neben Saumgarten be«
85 fonberö bie ^^ilologen Oöttling unb ©ic^ftäbt auf il^n toirften, tbanbte fic^ 1827 noc^
£«i<>giö/ ^in ©c^tiler be« begeiftemben ©ottfr. ^ermann, abfolbierte 1828 fein tl^eologif<^
gjamen, j^romobierte 1831 in gena auf ®runb ber Slbbanblung de correptione
diphthongorum ante cousonas )um Dr. philos. unb errid^tete, h>egen einer getfUi^Kn
äinftellung auf längere« SSBarten bertoiefen, in feiner SSaterftabt eine ^PribatsOl^mnafiat
40 borfd^ule. ^nxd) hai ©tubium be« ^elänbifd^en jum @otifd[fen geführt unb beran(a|t
burc^ bie, toenn auc^ geniale, @infeitigteit @rimm«, ber feine gorfc^ungen auf ben materiellen
3:eil ber ©prac^c bej^ränfte, unb unbefriebigt bon 9Rafemann« Se^anblung ber gotif^wi
lejte, berbanb er ftc^ mit feinem ^ugenbfreunb, bem grofeen ®t)ra(bforf^er §. Gonon
b. b. @abelen^ auf $ofcbtot^ bei ä(ltenburg, ju ber erften fritifd^en ©efamtau^obe ber
46 Sibelüberfe^ung be« UlfUa«. ^nx $ergletc|ung bed berühmten Codex Argenteus reifte
Dr. Söbe 1834 nac^ ber alten Sifd^of^ftabt Upfala, loo er bie ©ntbedhing moc^^te, bofe
bon bem Äobej, ttjelc^er bon ben urfjjrünglicb 320 Slättem beren nur nod^ 188 gä^te,
feit 1822 je^n Slätter fehlten, (©ie tüurben 1857 bon bem S)iebe auf bem ^^otenlogcr
gurücfgegeben.) S)a« ^a^r 1835 führte ibn mit b. b. ©abelenft nac^ SBäolfenbüttel jur
60 @inftcbtnal[ime be« Codex Carolinas unb in einen Srieftpet^fel mit ©rof Softigfione
unb Äarbinal 9t. üJlai, ben glücflid^en ßntbecfem ber gotifc^en ^alimjjfefte ber Ambro«
fianifc^en Sibliot^ef ju 3)laitanb; bereit« ein ^al)x fpöter begann ber 2)rud( be« brei»
teiligen, Weitere je^n ^a^re in 3tnf))ruc^ ne^menben äBerte«, h>eld^ unter bon ^ilel
erfc^ien: Ulfilas. Veteris et Novi Testamenti versionis Gothicae f ragmenta quae
65supersunt, ad fidem codd. castigata, latinitate donata, adnotatione critiea
instrueta, cum glossario et grammatica linguae Gothicae, conjunctis curis
ediderunt H. C. de Gabelen tz et Jul. Loebe. Lips. et Altenb. 1836 — 46 (ab*
gebruit bei MSL 18, ^ari« 1848). S)em in boller ®eifte«gemeinf(^ft gearbeiteten
SBerf e, h>eld^ed ben 92amen ber beiben SSerfaffer einen bauemben $la$ in ber gemumifc^
SBie 575
@t)tad^toiffenfc^ft evtootben l^at, liefen fte 1860 ol^ Entgegnung auf bie mbolenten Slu^«
laffungen bed U))falaev ^rofeffor 9(. U))))fir5m eine „^adf\dfx'\\t ju bev Slu^abe bed
UlfUo^" folgen, änjtoifd^en öeröffentlid^te Söbe ,,8eiträge jur ic^beric^tigung unb Qx-
Banmg ber SIeiretnd 1839 unb, in ben Slöttem für litterarifd^e Unterhaltung 1843
eine ^eute nod^ h)ertt)oUe 9(b^anb(ung über bie gotifc^e Sttteratur, befonberd über Ulfilad 6
unb ben Ckxlex Argenteus, fotoie gal^Ireic^e jpra(^U)tffenjc^aft(ic^e Stecenfionen in ber
t>on @i(^ftäbt rebigierten ^enatfc^en Sitteratut^eitung, auc^ femer](;in teilne^menb an ben
@tubien jetned fc^on 1874 ^eimgerufenen großen ©enoffen, beffen Bi^l)nm 9(l6ert unb @eorg
(bem 1893 t)erp4)rbenen ^ßrofeffor ber oftaftatifc^en ©Jjrac^en in Serlin) er fein Sateinijc^e^
Slementarbud^ 1845 toibmete. lo
3ta(S) lljä^iger 5tanbibaten)eit im $erbft 1839 mit ber S3erft)altung bed ^farramt^
9lafej>^ad bei ältenburg betraut, öertoenbete Dr. Söbe bie reiche SKufee, bie i^m fein
ämt lie^ neben bem Unterricht feiner jo^Ireic^en Äinber, öon benen er fünf Sö^ne jur
Unit)erfität fc^idte, toefentlid^ auf bie lUiitarbeit am ^iererfc^en Unit>erfaü£e£iIon bi^ )u
ber ^üt, too badfelbe au« bem Seftb ber gamilie jeineö S3egrünber« in anbere §änbe 15
überging. 92eben ber ä(bfaffung unjä|Hger gefc^ic^tlic^er, ]pxaö^liAn, arc^öologifc^er, geo^
grat)|if^er ärtilel in biefemSBwIe beforgte er faft attein bieSlebaftion ber 4. (1857— 64),
ber fafk gänjlid^ umgearbeiteten 5. Sluflage nebft ben ©uJ)J)lementen (1867 — 72), fotoie ber
1865—73 mit bem Seirilon ijereinigten brei S3änbe ^a^rbüc^er ber SBiffenfc^ften, Äünfte
unb Oetoerbe. 3n biefe 3^* f^ö^ ^"^ ^^^ i" uajftjc^em Satein abgefaßten brei 20
2|ubtl^mdfd(friften de origine vocabuli Kirche; memorabilia quaedam parochiae
Menoviensis; narratio de juris spolii in terris principum Wettinensium abo-
litione, fotoie bie Übernai^me ber öon bem Serliner 5Prit)atbocenten Dr. $reuß geplanten
neuen Stu^obe t>on Jo. Oerhardi loci theologici IX Tom BeroL et Ldps. 1863—85,
toel(^e, obgleid^ bi« jum 6. S3anbe mit bem Slamen be« anfänglichen ^erau^eber« t^er^ 36
fe^, einf^Iie|lic^ ber muffeligen ^nbice«, t](;atfäc^licl^ t?on Dr. fidbe fo gut toie ganj
oKein befolgt toorben ift.
5Dad britte t>cn i^m gef)fleate älrbeit^ebiet toar bie älltenburger SanbeS- unb Jlirc^en-
gefc^idj^te. 9(ud^ auf biefem ©ebiete fc^on in ben 3iwgenbia^ren t^ätig — 1841 erfd^ien
feine ©efd^id^tlid^e SBefd^reibung ber 9leftbenjftabt Slltenburg unb i^rer Umgebung, 3. Slufl. 90
1881 — ift ber Unermüblid^e, toäl^renb einer 60iä]^rigen 5Pfarramt«fü^rung, ate gorfc^er
bei biefen ^iftorifc^en Stubien bi« jule^t t?erblieben, faft ac^tjigiöl^rig, ebenfalls „con-
junctis curis'', noc^ einmal ben $lan faf[enb ju einem größeren äBerfe. ^n ©emein^:
fc^H^ft mit feinem ölteften So^n, ©uj)erint. Äird^enrat Smft 6onon Söbe in Sloba, arbeitete
er bie 1840 ff. J)om §ofj)rebiger SaAfc begrünbete, untooDenbet gebliebene älltenburger 35
ftirc^golerie um jur ®efc^ic^te ber ^ird^en unb Schulen bed ^erjogtum^ S.'älltenburg
mit befonberer Serücffid^tigung ber Drti^gcfc^icl^te, 3 95be 1886—91. SDie hierbei benufeten
neuen, reid^en CUteKen, an beren @rfc^lie|ung unb teiltoeifen SSeröffentlic^ung in ben mxU
teilungen ber k)aterlänbifc^en ©efc^id^t^^ unb Slltertum^ejellfc^aften Dr. Söbe bereite ben
Sötoenanteil ^tte, fotoie ber ertoeiterte $lan ließen bad t)on Jtunbigen al^ muftergiltig 10
onerlonnte SBerf ald ein gang neued erfte^en. t)adjelbe ift ber t^eologifc^en ^fultät in
l^ena jugeeignet für bie am 8. Januar 1881, jetnem 76. @eburtdtag, gleichseitig mit ber
Smeueruna bed i)^ilofo))l^ifc^en $ottor^, i^m t)erlie^ene äBürbe eines ^oltorS ber 2^^eos
logie, toelc^er Sudjeic^nung, neben ben t)iel früheren feiten^ ^a^lreic^er gelehrter @e|ells
fc^ften, bereite 1879, auS älnla^ ber 40 jährigen älmtst^ätigtett bie als Jtird[;enrat t^or- 45
audg^angen toor, nacb 10 ^a^ren bie als @e^eimer S^irc^enrat folgte.
§[uS ber langen Steige jener firc^engefc^ic^tlic^en älb^anblungen feien ^ier nur genannt
bie über bie Slei|nijd[;en 9(rc^iDiatonen unb 3)ec^anten, über baS @t. (Seorgenftift, baS
Scrger- unb 9?onnenIloftcr, bie Soreng- unb ^^^^^'^i^^i'^^^ *" Slltenburg, über Ätrc^en«
DifUationen, ben Slnfang unb Fortgang ber -Heformation, über Sut^erbefuc^e bafelbft, 50
BpaUäm, eber^b SJrieSger, über bie älbjc^affung beS ©jpolienrec^tS in ben §erjoglic^
Söc^ftfc^ Sanben, über bie un^uberläfftge ^ai)UnanQahz bei ben ®efc^ic^tSjc^reibern ber
alten unb mittleren >^Ät äluc^ auStoörtigen SSereinen biente er gern mit feiner
fletligen f^ber unb blieb bem @tubium ber alten Jllaffiter ergeben bis an fein (Snbe.
als ®efc$M^tSforfc^er ein fc^arfer Äritilcr, als 2:^eolog t)on au^crorbentlic^er üKilbe, ein 65
feiner Äofuolrebner, toar er als SKenjc^ üon großer Slnfpruc^lofigleit unb einer toa^r^aft
juaenblid^^ freubigen 3Ritteilfamfeit gegen ©tei^ftrebenbe. 9ion unDergletc^lic^er Stüftigfeit,
rajUoS t^otig bis jule^t entfd[;lief er, einige 3äodftti nad) bem Eintritt in baS 96. SebenS-
ioijx, am 27. ÜRarj 1900 an ber langjährigen BtäiU feines äBirlenS.
mnbolf Sdbe. 60
576 £Bi|e
Sö^e, aBil^clm, geft. 1872. — 3. 3)cinaer, SB. Söfteä ficbcn 3 «be (^^ürnberg)
©ülctiJlo^ 1873— 92 ff., 3. Slufl. (SiüterSlo^ 1901; C)- ©crf, 3)ic innere SWiffion in »o^rn
r. b.SR^)., Hamburg 1880, 6. 18ff. — ©djriften: 1834 Sieben ^rebigten, 2. «ufl. 1836; 1835
^rcbigtcn übet ba^ ^U., 5. Slufl. 1890; 1836 (ginfältiaer ©ei(fttunterricl)t, 3. «ufl. 1881;
5 1837 58eid)t* unb ^ommunionbücblein, 6. Slufl. 1888. SSon bem göttlichen fBorlc al« bem
Siebte bog jum Sricben fübrt, 8. ?lufl. 1895. 1840 ©amcnrörner be8 ®ebetÄ, 33. «ufl. 1884.
SRaudjopfeT. .©Qnbbucb an Äranfen* unb ©lerbebctten, 4. Äufl. 1881. 1843 3]iitnon unter ben
Reiben. 1844 «genbe für cbriftl. ®cm. lutb. ©ef., 3. «ufl. 1884. 1845 S)rei ©ücfter Don b.
Äircbe, 3. S(ufl. 1883. 4)au«», 6d)uU unb Äirdjenbud), 5. «ufl. 1901. 1847 erinnerunoen
10 Qud ber SReformationSgefd). in granfen. 1848 (^Dangelienpoftiae, 5. Stuft. 1886. 1849 mt
beider, ©eneralfi^nobe Don 1849 unb bad lutber. ^efenntniS. Sipboridmen über bie 9^X1
^lemter. 1850 Unfere lirdjUcbe Sage. 1851 Äircfte unb «mt. 1852 3)er eoang. ®eiftli(be,
4. 9(ufl. 1872. 1853 @tne proteftantifd)e ^iffionSprebigt oon ber ^benbmabldiucibt. 1854
17 fie!tionen für bie «paffiongjcit, 2. «lufl. 1877. 1858 Äurjcr Unterricht Don ber »ibeL
16 SSom ?tu«tt)enbiglernen. ©piftelpoftine, 3. Stuft. 1897. 1859 Äteine ©aframentale. ßeftio*
narium für bod j^ircbenja^r. Sieben Vortrage über bie ^orte 3efu Dom Stxtui, 3. fLufi
1891. 1860 SBon ber SBarmberaigfeit, 2. Stuft. 1877. SRofenntonate beiliger grauen. Xraftate
für bie Seetforge. 1862 ^eine SuSpenfion im ^af^xt 1860. IRapbaet. 1863 Outacbten in
Sacben ber SlbenbrnabUgemeinfcbaft. 1868 ^ortprotogium. ^on illeinfinberfcbulen. 1870
20 (Stwad Qud ber ®efcbid^te bed ^ioloniffenbaufe^ 3l'S>., 2. Stuft. 1901. 1895 ^aoib unb
Satomo, betaudgegeben Don feiner Xoc^ter. 1899 $rebigten für bie feftl. $ätfte bei^ IHrc^en:
jabred bedgt.
Sodann Äonrab SBUI^elm Sö^c gebort unter bcnen, iDeU^e in biejem 3a]^rl^unbert
auf prahifc^em ®ebiet fd^öpfcrifc^ getDtrft ^oben, ju ben geiftig bebeutenbften unb tnel-
26 fettigften ; fein 3larm ift in bie ©efc^ic^te ber (ut^erifc^en ^irc^e SSol^emd, 3)eutf(^Ianbd,
^mertlad, bie @efc^tc^te ber inneren ^if fton unferer ^ge, bie ©ef^ic^te d^fUic^er Sorm^
l^erjigleit überhaupt tief berfloc^ten. (Sr ift am 21. gebruar 1808 in ^rtJ^, ber 9Jo<^
barftabt 5lümberg«, geboren; er entflammte einem d^riftUc^ frommen SBürger^oufe. Se=
beutfam tDurbe für i^n ber ®^mnaftalunterric^t in 92ürnberg unter bem bamoligen ätettor
80 6. 2. Slotl^. ^\)m trat ßö^e fcl^ na^e; er fei tl^m, fagte er felbft, ©aitf jc^fulbig
bid tnd ett)ige Seben. ^m ^abre 1826 be^og er gum Stubtum ber X^eologie bie
Unibcrfität ©rlangen. §attc ba^ is^riftentum &^e fc^on immer erfaßt, fo eifafete er cd
je^t in unbebingter perfönlic^fter Eingebung. @^ geifc^^l^ bied borjugdtDcife unter bem
ßinflufe be« reformierten $farrerg unb 5ßrofeffor^ Ärafft, beffen S3ilb in ber Sede
86 Si^^e^ nie berblic^. 3Rit ber c^riftlic^en @rtt)ecfung berbanb fid^ tt)ie bon felbft ber
®eU)inn fidlerer lut^erifc^er Üeberjeugung. '^m 3a^rc 1836 \ä)mb Sö^^e an ^ufc^Ie:
„DbtooJ^l bei (Sottet SBort aufgewogen, bon ®otte« ®nabe nie berlaffen, banfe vd^ bo<t,
menfd^lic^ ya reben, mein gei[tlid[;e^ Scben einem reformierten 2ti)xn, $erm 5ßrof. ilrojft
in Erlangen. @ben berfelbe, bem id^ annoc^ in J^^er^Iic^er Siebe anfange, bot, o^ne cd
40 }u toiffen, meine Siebe gur lut^erifc^en 5lirc^e gro^ gebogen, ba \d) fte bon Rinbe^beinen
an in mir trug." 3)ie ®runblage feiner luti^erifd^en SRic^tung ttmr bie Xrobititm fetner
fränlifd[;en ^eimat, bie im ®eifte bed elterlichen ^aufed fic^ fpiegelte. ^tefe tDarb belebt
burd^ baö ertDectcnbe SBort eine^ reformierten Se^rer^, ber eine fe^r irenifc^e @teQung jur
lut^erifc^en Äirc^e einnahm, ßierju fam aU britte^ bie Sefc^äftigung mit ber Se^re ber
46 lut^erifc^en ^irc^e. Sö^e erjölj^lt nn^ in ben firc^lic^en ä3rief en (paftoralt^eologifc^ Slotter
bon aSilmar 1861, IL Sb, ©. 109 f.), er fei in ber bamaligen 6ntlt)icfelung6})eriobe ^ocj
erfreut getDefen über ben ^unb ber ^oUa^ifc^en 3)ogmatit; bon ba fei er ^u ben @vnt'
bolen ber lut^erif^en 5lirc^e geführt tDorben; er f;}(Ae aber bie pofttibe Se^re, bie t^ fo
fel^r befriebigte, nic^t felbft au« ber ©c^rift gefunben: „3)ie Srabition loar mir e^ Dar
60 olö bie Schrift, ba« Sic^t ber ftirc^e leitete mic^ jum Srunnen ber SDäai^r^cit." 6ip
fpäter fanb 2ö^e in tieferem ©tubium ber ^l. ©d^rift, ba^ „bie f^mbolifc^en Sntfc^'
bungen ber lut^erifc^en jtirc^e biefer entfprac|>en''. @« ift jebenfall« mertmürbtg, ba| bie
näc^ften ^mpulfe für Sö^e« gefamte c^riftlic^ firc^li^e Seben^rid^tung bie lanbedftn^ic^
2^rabition unb ba« 2Bort eine« reformierten Se^rer« bilbeten. 3m ©ommerfemefter 1828
66 toeilte er inS3erlin; bon tieferem t^eologtfc^en @influ^ tDar biefer älufenti^t nic^t, koiebenn
überl^aupt bie Sffiürbigung ber Xl^eologie nac^ i^rer fpe^ififc^en Sebeutung für bie letDeilige
®egentt)art ni^t feine ©ac^e tDar. dagegen jogen i^n bie bamaligen bebeutenben
5ßrebiger Serlin«, ©c^leiermac^er nic^t au«gefd[;loff en, fel^r an ; bon befonberem SOäett twr
ibm ba« l^omiletifc^e ©eminar bon ©trau^. ^m ^af)xt 1830 beftanb er bie t^logif(^
60 Prüfung, ^m folgenben ^af)xt bxad} für i^n al« ^ribatbilar in Stird^enlami^ in Ober^
franlen bie 3^i^ ^i"^ reic^gefegneten pafloralen SBirffamleit an. ©ie fiel iii bie fc^c
^eriobe geiftlic^er @rtDecfung, tDelc^e auc^ für SBa^em längft angebrochen toar. Sine ge>
Sa^e 577
tooUtge Setoegung ging t)on tl^m aud; t)on h)ettl^er [trömte il^m ba^ $olI ju. 92eben
unermübltc^er antuiqer 2^l^öttglett in Ritdfc unb @c^ule ging bamatö fc^on; bie nadbs
^abigfte Strbett bev ©ammlung ber ©laubigen in bev ®emeinbe nun 3)ienft an i^r
räi^. ^totx ^olfytt tonnte er im boUen ^eben toirlen, bid ber SBibertDiQe nid^t ber
@emeinbe, fonbem bed bortigen Sonbrid^terd gegen i^n lodbrad^. Staatliche unb.Iirci^lic^e 5
Sureaulratie h)ir!ten jufammen, um i^n bon einer Stätte; too er nac^ eigener ^u^erung
bie fc^önfte QAt feinet Sebend berbrac^t, }u entfernen.
2ö^ tantrbe nun ^farrbertoefer bet @t. ^ibien in Slümberg. @ein bortiger Slut-
adfydt iß o^e S^tx^tl bie ^eriobe feiner glönjenbften unb mäc^tigften SBirffamfeit auf
ber Stamü; feine ^rebigtgabe entfaltete ftd^ in il^rer ganjen %üüt unb tam ben l^d^eren 10
unb nid^eren Stauben in gleicher äBeife ^u gute. 3)ie bebeutenbften 3Jtänner, Sleftor
9lo^, SBürgermeifter SRertel unb anbere fd^loffen ftd^ an ben jugenblic^en SSilar an unb
nahmen ouc^ an feinen SBibelftunben teil. @inmal befuc^ten ®^mnaftaften eine ber
$rebtgten Sö^ed, um fte i^er Jlritil ni unterjie^en; f^e tourben t)on ilj^rer 3Radift
tief getroffen unb gingen nac^ bem (9ottedbien{i lautlos au^einanber. SBie ein 15
^rojjpet ftrafte 2ö^ bie ©tinbe ol^ne 3lnfe^en ber 5ßerfon; ber ©tabtmagiftrat trug
bed^Kilb auf älbberufung Sö^e^ an; bad ^nftftorium Slndbac^ toie^ biefeS Slnfinnen
aber ofö böUig Iom))eten)h)ibrig mit aller Sntfd^iebenl^eit jurüct; aud^ ber Slürnberger
S)elan, obioo^ler ber älteren Sd^ule angehörte, na^m ftc^ Sd^e^ mit bäterlic^em 3&of)U
tooOen an. ao
äOd £d^ 3eit in 92ümberg ju @nbe ging, am 80. SRärj 1835; fc^rieb ber ba*
malige $rofeffor unb @))^orud Dr. Höfling an ben ^röftbenten t)on Stot^: ;,93on ganj
befonberd ioic^tigem @influ^ auf bie Stubierenben toürbe ed fein, toenn ed möglich toäre,
an bie ^ieftge StabtKrc^e einen luti^erifc^en ^rebiger toie fiöl^e gu bringen. 3)at)on ber^
\pt&d^ i(^ mir für bie pxcd^dft SBilbung ber jungen Sl^eologen me^r ald t?on allem, 25
tood fonft gefd^e^en lann. @r fyd geftem l^ier gef)rebigt unb icp mu| fagen, ba^ ic^ noc^
{einen fold^ $rebiger gel^ört ^abe. 3)a^ l^ieftge Airc^entum ift fo verfallen, bad ed ge«
tan^ nur ein fo eminent begabter ^rebiger h)id)er ^eben !ann.'' 3)iefenSrief fanbtejRot^
an ben Sorfianb bed Jbnfiftoriumd in Sln^bac^ mit ber Semerlung, ba^ i^m bie ^u^e«
rung {)5flingd über ben 5tanbibaten 2bi)t fe^r beac^ten^toert erfc^eine. Xa^ 5tonftftorium 30
befttmmte Sdl^e jjum SSilar Straffte, ber bamald leibenb toar ; bief er ^atte aber bereite eine
anbere älu^^ilfe angenommen. @^ fc^lug i^n bann für eine 9le)}etentenftelle t)or, toobei
i^ eine beftimmte ^af^l bon ^rebigten übertragen toerben foQte. ^ie @rlebigung einer
foh^ Stelle berjögerte fid^ aber. So mu^te Söl^e noc^ t)on Ort ^u Ort M ^farr-
bertuefer toanbem, bi^ er burc^ eine eigentümliche SSerfettung t)on Umftänben im ^a^re 85
1837 ofö $farrer in Sleuenbettel^u faft toiber feine eigene innerfte 3i«^^^io^ angeftettt
tmtrbe. @r fanb f]päter ben Ort, ben anbere t)on allen Steigen ber Statur berlaffen fanben,
f<^, obtoo^l er einige ber ^enlic^ften @egenben ber @rbe gefe^en i)aitt, unb tou^te in
bod bortiae Seben einen reichen ^xan^ gef(i[;ic^tlic^er @rinnerungen, an belegen e^ ber
gamen @egenb nid^t fe^lt, )u t^ertoeben. Sö^e eignete bie @abe lieben^toürbigfter, man 40
md4te fagen, ©oetj^efc^er ^bealifterung. Wlan f^at ed bi^meilen tragifc^ gefunben, ba^
eine fo au|erorbentlic^e 5traft in folc^e @infam!eit berfc^Iagen erfc^ien ; 2öi)z ftrebte längere
3eit felbft noc^ größerer 3BirIfam!eit; t?iermal l^at er ft^ um ftäbtifc^e SteÖen gemelbet;
ed tmtrbe i^ ^^^^Jjf^ ^^- @^ren toir aud^ ^terinnen eine ^ö^ere ))rot)tbemielIe ^ül^rung !
(Eine in fo ^0^ 3Ra^e felbftftänbia angelegte, ^um ^errfc^en berufene vlatux toie bie 45
feine ^te fic^ !aum ju einer SBirffamfeit neben anberen geeignet. ®erabe an biefem
einfornen, abgefd^iebenen Orte follte er feine fc^öjjferifc^en Kräfte in ftauncn^toerter 2ßeife
ms (Entfaltung bringen. 3)ad geringe 3)orf ift bur(^ H)n eine Serü^mt^eit getoorben im
stetig (Sotted; in eine großartige c^riftlic^c Kolonie, in eine Stabt auf bem Serge toarb
ed burcb i^ umgeioanbelt, bon ber bie fegnenben Bixai^lm barmherziger Siebe auf ^toei so
SBeltteile au^egangen ftnb.
Sl^e ed aber baju lam, toar ein fc^merer äugerer unb innerer Siamp\ i\i !äm)9fen.
80m äo^e 1848—1852 betoegtc Sö^e ber ©ebanfe be« Stu^tritt« au« ber ba^erifd^en
Sanbemn^e mit einer Stärfe, baß bie Sejjaration me^r benn einmal befc^loffene Sad^c
toar; ber Jlonflift mit bem Kirc^enregimente \)atu ^ule^t eine^ö^e erreicht, baß an n\6)t^ 55
(mbered me^ ju beulen toar. ^agen h)ir, h)ic c« ^icrgu gcfommcn, fo ift ^u ertoibem,
nif^t burc^ bie befonberen ©ebrec^cn ber Sanbe^firc^e, toenigften« burc^ biefe nic^t allein
Sie litt an ben Sdbäben be« Sanbe^Iirc^entum« über^au))t, manche« in ij^rer 9ierfaffung
rnib ber fir^flid^en ^ro^i« toar nac^ ber !onfefftonelIen Seite fe^r ref ormbebürftig ; fte ^atte
fii^ aber frülj^er al« bie meiften beutfd^en Sanbe^fird^en ber ^errfc^aft be« Stationalidmu« go
Kcalfünc^riopabic fttr 2:^coro0ic unb fiirc^c. 3. ». xi. 37
578 £9i|e
enttounben; ba$ lutl^ertfd^e Selenntntö, toelc^ed redS^tlid^ nie abrogiert tDi>rben toax, tax»
me^r unb ntel^ ju tl^atfäc^ltc^er ©eltung gelangt.
3)et ®runb jum Ramp\ gegen bie Sanbe^tirc^e lag tiefer; er lag in bem ®egen{a|f
gegen ba^ Sanbe^Iitd^entum überl^au))t 3Rxt biefem h)ar £d^ jerfaQen; ed tDor ber
öiftonfitft jtDtfd^en ^bee unb 28irfltc^Ieit; ber tl^m oUentl^ben in ben fohtfc^ 3^
[tänben entgegentrat, unter toeld^em er unfäglid^ (ttt. S5$e fyit tiefer ol^ onbm in ote
Sd^äben bed SSoH^lebend unb ber ^irc^e geblidt; er ttmr aber auc^ me^r old onbere bon
ber ^errlic^Ieit ber Stirere erfüllt; ed loberte in i^m eine ^L flamme bed Siferd fOr ben
$erm unb fein ^a\x^\ bie Sel^nfuc^t nac^ befferen 3uftänben ioor fein innerfler fyxy
10 f(^lag. 31U nun bad ^jal^r 1848 mit feinen Stürmen hereinbrach, für^ftete er nic^t tme
fo biele ben gufammenbruc^ bed alten SJerl^ältniffe^ jtDifc^en 5tir(^e unb Qtaat, fonbon
hoffte unb tDünfd^te i^n, toetl er glaubte, ba| über biefem Sturze iad beffere 3ltnt erbUt^
toerbe. @r toar nic^t blo^ gegen bad ))roteftantif(^e Sanbe^tir^fentum, fonbem über^aiit»t
gegen aQed, toa$ man 93olfös unb Staat^tirc^tum nennt ; er ttKtr geneigt, in ber Sxdfniß
16 gefc^ic^tlic^en @nttoicfelung feit 5tonftantin unb feit ber Sieformation einen gr^Igong ber
iRird^e ju erlennen. @d ^at fi^ in ben bamaligen itäm))fen tDirUid^ um einen tiefen
93rinii))tenftreit, um einen berfc^iebenen ^Begriff ber Jtirc^e gejubelt. S)arum ^ben btefe
Jiäm^e aud^ aQgemeinered ^ntereffe. Sö^e fa^te bad 28efen ber 5tir4fe ald einer ®emeim
fd^aft ber ©laubigen aUmfelJ^r mit i^rer (Srfc^einung, mit beren fu^tbarem Organidmud in
20 eind jufammen. ,,28ir {ebnen und/' fagt er in feinem SSorfd^lag jur Siereinigunp bitb.
S^riften für af)oftolifd[;ed Seben bom ^al^^re 1848, „nac^ einer hxilr^aftigen (9ememf(^
ber ©laubigen, bie fiirc^e foD, fo toünfc^en toir, nic^t blo^ ein ®laubendart3e( fein,
fonbem ind Seben eintreten unb erfc^einen." 3n ber ©d^rift: „Unfere tird^Itd^e Soge",
äußert er ftdb: „@toig im ganjen, toec^felnb in betreff ber einlebten 9e{iUinbtrile, gdciei^
36 bie 5tirc^e fcptoerlid^ rec^t, toenn nid^t bie SRöglic^Ieit freieften älb« unb S^i^fl^' t^ ^<
9{oth)enbigIeit biefer ^ei^eit erlannt unb jur Snerlennung gebracht toirb"; im ^joiftt
1848 fc^reibt er an 6. bon Slaumer: „SBenn bie 5tird^e in unfererg^ if^^ Hkiö fie fein
lann unb }um $eile ber 28elt fein foQ, fo ift fie eine fel^ Heine !9cinoritat. Sie tmtb
leine SRac^t, toenn fte nic^t dein toirb. SBad nid^t intenftb ift, ift nic^t ectenjib.'' 3^
80 Jlorref))onben)blatt ber ©^eUfc^aft für innere SRiffwn nad^ bem Sinne ber hit^erifc^
Jlirc^e, 1853, @. 111 ff. tvirb be^au))tet, ba| S^ftud bie @id^tbarleit ber Jtird^, tme fte
im %% beftanben, nic^t l^at aufl^eben, fonbem über aQe SSölIer ^at erfireden, ein Sleu^
@otted nic^t blo^ im ®eift, fonbem in ber SBa^rl^eit, too ^u^ered bem gimertn ent>
]pxäd)z, U)o burc^ ben in ben ©liebem toaltenben @etft biefelben )u einem Seib üu^
85 f ammengefügt toürben, ein ftc^tbared 9leid^, eine ©emeinbe ber ^eiligen fyd ftiften tooOen:
„bie ^irc^e ift eine ftr^tbare, eine äußere ©emeinfc^aft ber burt^ einen ©lauben unb Se»
lenntnid berbunbenen ^inber ©otted''. ^emer lefen toir l^ier: ,,@o toie bie Jlirc^S^nPi
nxä)t ol^ne 9lmt befte^t, fo auc^ nic^t oi)m Jlirc^enregiment, h?eil bied ta>efentfi(^ in bem
bon G^riftud gefegten ämte begriffen ifi — ®ie ftirc^e barf atö folc^ fein Steghnent ou^
40 bem älmte bulben.'' ^iefe SBorte ftammen allerbingd nid^t t?on Sofft \db\t f^; fmb
aber feinen ©ebanlen unmittelbar entnommen. 3Ran toirb nid^t leugnen tonnen; ba| in
biefem Jtirr^enbegriff bonatifttfc^'inbibibualiftifd[;e Slnfc^auungen mit einem leife romanifimm
ben 3^9^ t^^ berül^rten. fie^teren ^aben SRönner h?ie ^ofmann unb Höfling in 2d^
älmtdbegriff, tote er i^n in ben Sd^riften „9l))^oridmen über bie neuteftomentlic^ Simtei
46 unb i^r S^erl^öltnid jur ©emeinbe (1849)'' unb „Airc^e unb 9lmt, neue Sl^^ori^mcn
(1851)" enttoidelt ^at, t)on Slnfang gcfunben.
£5l^e l^at nun in erfter Sinie au6) burc^aud eine tirc^lid^e 9leubilbung im ®egenfa(
)ur Sanbe^Krc^e erftrebt 3)er ))rin5t))ielle ä3ruc^ mit bem fianbedtirc^entum trat oOent^
i^lben ^ert)or, fc^on in ber erften, übrigen^ t?iel 2^reffenbed entl^altenben @<^nft: Soc»
60 fr^lag k., too bie B^axatxon nur aU ^age ber 3^t unb fc^on ie|t old ba^ eigcntlii(
Sered^tigte unb 92ottoenbtge angefe^en toirb. 3lad} ben 9l))l(^oridmen ift bie be^be^enbe
^irc^e eigentlich feine ^irc^e mel^r. 9(u(^ bie an bie ©eneralf^nobe t)om ^cäftt 1849
gerid^tete, mit 330 Unterfc^riften berfel^ene Petition, in toelc^er älbtbun bed @ummc^to)Mt^
boQftänbige fonfefftoneUe ^urififation, ftrengfte 93er))flic^tung auf bad Setenntntd k. gc>
56 forbert tourbe, ging bon feiten Sö^ed im ©mnbe genommen bon berfelben Sorau8fetmig
aud. @ie toar me^r ein Ultimatum atö ein 9leformgefuc^. Sö^e fc^rieb bomote: „94
^offe „bon ber ©encralf^nobe toenig toer bie Petition unterfc^^reibt, mot^t f«^ fl4
bad äu^erfte gefaxt unb ift bed @inned, im SSemeinungdfaQ ber Sitten bon ber Stai^
fird^e abjutreten — ic^ meinerfeitd finbe bie firc^lic^en 3uftänbe aÖentl^KKlben foul, oBcnt'
eo l^albm brid^ftd — ic^ meinedteili^ toiiOi, tomn bie ©enerolf^nobe fid^ tDiber gerechte gosbc
£9i|e 579
rungen fträubt, tbun, tood, tote mir bämmert, fd^on längft bad Steckte getoefen toöre/'
DhtoofjH nun bte ttn^Kd^ ®eftnnten f onft unb aud^ bie metften, toelc^e jene Petition unter«
fd^eben ^en, Don bem Srgebntö ber @^nobe nid^t unbefriebigt toaren, SRänner tote
2^mnafiud, {)öflina, ber äleferent in ber 3^4^^?^ .^^roteftanti^muiS unb ^irc^e'' über«
oud anerletmenb über fte urteilten, obtool^l unmittelbar nac^ ber @Vn<>^^ ^i^ ftrengften 6
%maÜK £d^ unb £d^ felbfi auf ben Sludtritt junäc^ft berjic^teten, fo lie^ Sd^e
gleic^tool^I, <iü bie SSerl^blungen ber @^nobe Deröffentlid^t toorben toaren, bie @d^rift:
„2)te bo^erifd^e ©eneralf^nobe bom ^l^jal^ 1849 unb bad (uti^erifc^e S3elenntnii^''
oudge^. 6te entbielt bie fd^ärffte, t^ielfad^ unbiUige Jlritil einer S^nobe, toeld^e,
um mit Höfling auf ber £ei)))i9er Jtonferenj be^ ^al^red 1849 nt reben, einen fe^r lo
bd)€utenböi f^ortfd^ritt gegen früher befunbete unb nac^ X^omaftud eine Sleü^e bon
Sefd^Iüffen fa|te, bie bem tirdtflid^en Setouf^ein einen beftimmteren unb boDeren Slu^
bnut geben folben; biefe @d^rift lief in einen förmlichen älbfagebrief an bie Sanbe^
Kn^ aud.
(Ed foOte aber nid^t jur @e|)aration lommen. Söl^e tooDte anbeten , aber er i6
lomite nicpt. @ein gefdbic^tlid^er @inn, ein unaustilgbarer 3^0 bon Siebe unb ^tetöt
gegen bad übertommene Jtirc^entum; auS bem er felbft ^ert)orgegangen toar, unb in bem
er me^ tour}elte, ald er fic^ felbft oft geftanb, feine 9Iü(^tem^ett unb ©eifteSllar^eit; bie
i^n felbft toteber mi^auifd^ machten in Se^ug auf bie SluSfü^rbarleit feiner lirc^lid^en
2|bcale, befonbere äußere S^gungen l^aben ed nic^t ba^u lommen laffen, obtool^l ber Sd^ritt ao
me^ benn einmal innerltd^ bereite gefd^el^en toar. Seine innerften Slnfc^auungen forberten
bcn Shidtritt, ruhige @rtoägung für ftd^ unb mit anberen legte immer toieber ben SSerfuc^
ber 9teform nol^. 9{ad^bem bie Seleud^tung ber Sefd^lüffe ber (Seneralf^nobe crfc^ienen,
tarn ed )unädbft )u einer SSer^anblung jtoifd^en Sö^e einer«, $ofmann unb ^l^omaftud
anbercrfeitd. Sd^e jeiate ftc^ f ebr nac^iebtg ; bie t^eologifd^e ^ultöt in Erlangen unter« 26
breitete bem Oberlonfiftorium, Sd^ed ©ac^e bis ju einem gemiffen @rab nt ber i^ren
mac^enb, Sorfc^läge, um too möglich bem brol^enben 9lt^ t?orjubeugen ; ber Siermittlung^
k>erfu(^ fü^e ober )u feinem Qxdt, jonbern enbete mit gegenseitiger ^tfrembung. SRan
toanbte fid^ nun bireft an bad Dberfonftftorium, junäd^ft in @a(^en beS 93etenntniffeS;
man äußerte [läf banibar für ben erfolgten 93ef^eib. @d tourbe aber mit biefer ^anl« ao
fogung ber Xntrag auf DoDe Trennung ber ^irt^en« unb Slbenbmai^l^emeinfc^ft jtoifc^en
ber mlfm\d^ unb reformierten 5tirc^e, toelc^ Ic^tere in 93a^em nur toenige @emeinben
umfa|t, ^efbdlt. Stuf biefeit $unlt tonjentrierte ftc^ je^t bie gan^e 93etoegung. 3Ran
erlUrte bte fogenannte gemifc^te Slbenbmai^l^emeinjc^aft, bie ^ie unb ba, namentlich in
2)taf))oragemetnben t?orIam, für ben fd^toörjeften ^led( ber SanbeSlir^e unb unbebtngtas
für @ünbe. 3lad) längerem 3^0^^ anttoortete baS Jtird^enregiment in einem überaus
ertoogenen ®rta| bom 19. @ef>tember 1851, ber auc^ auf Sö^e feinet @inbructd nic^t
bcrfc^Ite ; in i^m tourbe ber lut^f c|^c ß^aralter ber ba^erifc^en Sanbedf irc^e bieSf . b. fRlf,,
iHm ben toenigen reformierten (Semeinben abgefe^en, bad 92ic^tbor^anbenfein einer rec^t«
üdicn ober tpotfod^lid^ Union mit @ntfc^teben^eit be^u))tet unb bie bereinjelt ftatt« 40
ftnbenbeXbenbmojjfli^emeinfc^aft jtotfc^ett Sutl^eranem unb Steformierten atö ein burc^ un«
bcmetblid^ Serl^ältniffe ^ert>orgerufener 92otftanb be^eic^net. SöDig befriebigt toar man
Uerburd^ aber nic^t, man tooQte rabilale lonfefftoneKe @c^eibung nac^ allen Seiten.
SBo^renb man aber feitl^er ftetig t)on einer Trennung bon ber Sanbedtirc^e geb)roc^en
^otte, na^m Söl^e gegen bai^ Atrd^enregiment f^einbar ganj unvermittelt, in !£i5a^r^cit 46
ober bon bem State audtoärliger ^eunbe bcftimmt, plöüxd) infofem eine anbere ©teiOlung
ein, aU er mit feinen ^cunben innerhalb ber Jltrc^e bleiben ju tooQen ertlärte, aber mit
eina Xtt ^oteft, mit bem SSorbel^alt, ba| er biejenigen @etftlid^en unb ©emeinbeglieber
ntc^t für lutl^erifc^ ^ten lönne, toelc^e trgenbtote in gemifc^te 9lbenbmal(^l^emeinfc^aft
betttricMt feien. 3laäf ber 3Reinung bieler, auc^ ber in ber 3^iff<^nft $roteftantidmud 60
unb fitid^, in toelc^ bie obfc^toebenben fragen fort unb fort mit großer Sic^er^eit unb
Scl^ätfe bor^belt tourben, bon ^ofmann vertretenen, unb namentlich nad^ ber Über«
leugung beS ftirc^regimentd toar ^ierburd^ auS ber btojeftierten Separation üon ber
Sanbednrc^ eine Srt @£lommunifatton aller anberi^ 3)enfenben bon feiten eimelner @eift«
lid^ ber £anbedtir(^ getoorben, obtoo^l Sö^e bieS von Slnfang afö SRigberftänbniS be« 66
lochet ^otte. 3)er ®egenfa$ jtoifcben Sdl^e unb bem 5tirc^enregiment erlj^ielt l^ierburc^
oie ftu^erfle Suffi^^nfi* ^^^ Obertonftftorium ertoiberte bie le^te Jtunbgebung mit ber
Xufforbenmg, ba| bie Unteneic^ner ber SanbeStirc^e ftc^ treu unb ge^orfam anjc^lie|en
ober i^ 9imt nieberlegen fouten. Söl^e unb feine ^eunbe erilörten aber, le^tereS nid^t
Vi/m ia lönnen, unb hielten babei i^ren früher be^au))teten @tanb))unlt feft; Sö^e unb gt
37*
580 SB^e
einer feinet ^eunbe traten bied mit 0ro|er ÜRö^igung unb nid^t o^ne toefentßc^e SRilbe«
rung ber @ac^e. 3)ad Jtirc^enregiment [teQte ober einem obftratten $nn}tt) bod Steigt ber
Aird^e ebenfo obftratt gegenüber, unb ging auf ber einmal betretenen Soi^n toeiter. 2)er
3Rann, ber bie gonje älngelegen^eit längere ^<At mit t?iel Xatt, Umfu^t unb mögltc^fiem
6 2Bol^lh)oUen für Sö^e id)ax(t>dt IJ^atte, Dr. Söd^, trat mel^r unb me^ gurüd, caibm
Elemente machten ftc^ geltenb. @d erfolgte bie @ud])enru)ndbebro^ung gegen übf^ unb
ac^t onbere ©eiftlic^e, unb bann, jebod^ nur mit einer Stimme ÜRaiorität, ber &v^
^enfu)n^ntrag.
@o ftanb bie Sanbedfirc^e \>ox einem fc^toeren 9liffe. 3)ie totrllic^ @ud|)enfimi
10 ^ätte bie h)irfli(i^e Separation ol^ne 3^^f^ ^^^ f^^ gfjogen. 3)ie Jtunbe t)on 3Ro^
ndf)rMn gegen Sö^e toirfte ))einlid(^ auc^ auf ©eiftliqfe, bie tJ^m femer ftonben; in @im
gaben an bad ^irc^enregiment ]pxaä) man t?on bem unabfe^baren Unglüd einer Otpa^
ration. @d foQte aber aud^ je$t ntd[!t }u biefer lommen. 3)er d)le Jtönig SRa^II. ^otte
o^ne 3*^^^f^^ ^^^" tieferen ©inblicf in bie Sage ber 35inge ; bem $of über^oujjt toor bie
lelirc^lid^e ^etoegung nic^t fremb geblieben; jldnig Subh)tg I. foQ bie @(^ft Sd^:
,,Unfere lird^lic^e Sage'', felbft gelefen l^aben. ^er regierenbe Jtönig toor mit fyoif^
bem er bereite atö Jlron))rin2 nä^er getreten toar, auc^ nadj^ beffen äBegjug t>on ^<üftm
immer in SSerbinbung geblieben unb ^atte ba$ lebhafte ^ntere^e, bod Unrecht, bad unter
älbel an ij(^m begangen toorben toar, ju fül^nen. 3Ran tou^te, bo^ ouc^ in tamtecen
ao jtreifen lein fonberlic^ed SSertrauen ju ber bamaligen Seitung bed Obertonftftortumd bor»
Rauben fei. @o tourbe am 29. &e))tember 1852 $arle| an bie @)>i|e bed leiteten b^
rufen unb bie Sö^c^e t^age erlebigte ftc^ baburc^ t?on felbft, obtoo^l erft unter bem
7. 2!uli 1853 befc^ieben tourbe, ba^ ber @u$^))enfu)n^ntrag bii^ auf toeitered )u berul^
l^abe. 3)urc^ ^arle^ tourbe bor allem eine reinliche tmb frieblic^e @onberung ber
26 lut^erifc^en unb reformierten Kirche gu ftanbe gebracht ; ein felbftftänbiger hsä^i^
5lirc^enf5r))er tourbe gefc^affen, neben toelc^em auc^ bie reformierte fiirc^ erft )U i^
boQen Selbftftänbigleit gelangte. Slnbere ^eilfame 9leformen tourben fofort in Slngriff
genommen unb aUmä^li^ burc^gefü^rt. älQbied unb badunbebingte93ertrauen,bad$ar{e|'
ißerfönlic^Ieit genof^, toirrten pfammen, ben SölJ^efd^en Itreid ju beruhigen. @d toor ein
80 gro^ed ©lud für bie Sanbe^ftrc^^e, bag i^r ber fd^mere 9lig erf))art unb eine Jtroft toie
bie Söl^ed erl^olten blieb, aber auc^ ein unbertennbarer @eaen für Sö^e, bo^ er mäfi in
bie @nge ber @e)}aration gebrängt h?urbe. 9Ule äBünfc^e Sö^e^ tourben freiltd^^ ni<^ be«
friebigt, unb lonnten ed nic^t toerben ; bied toäre bem Slufgeben ber SanbedKrc^e gleich
gefommen. äluc^ ber ^unft, um beffen 3Billen ber Aonflift feinen ^d^unh e^
£5 reid^t l^atte, lonnte nic^t im Sinne Sö^ed bereinigt toerben. ^m $rin)i)) blieb Sö^
Stellung jum Sanbe^lirc^entum biefelbe. Site $arle^ fd^on eingetreten toar, unter bem
13. 3)ejembcr 1852, fc^rieb er an bie Separierten in 9?affau imb Saben: „9Ba^ bie
ai^en, franfen, fterbenben, bon ben 3Jtaffen ber äBelt gelähmtem unb faft getöteten Sonbe^
fir(^en l^eutjutage n\d)i mel^r fönnen, bad gel^t auf euc^ unb eure^ gleichen über." 3)er
40 9(u^tritt^ebanfe tauchte noc^ einigemal auf, aber nie mel^r mit ber Storfe tote
früher. Einige ^ai^re fpätcr fc^rieb einer ber näcbften ?freunbe Sö^e«: „5)a6 2ö^
eine ^eilirdbe bilbe, babor barf niemanb eine 9tngft i)Cibtn, bad gel^t nid^^t me^; ti
märe fc^on früher fc^lec^t genug gegangen unb @ott f)at un^ bor großem :^<<nimer unb
Schaben behütet."
46 3)tan barf auc^ gerabeju fagen, bag allein bie Sanbedfirc^e Sö^e 9iaum bot m^
blo| für bie boQc Entfaltung feiner 5lräfte, fonbern auc^ für eine eigentümliche 3Rannig>
faltigteit unb einen oft auffaUenben äBedl^fel feiner 9(nfd^auungen. Sö^ eignete noxMi
bei oller tiefen, ß^rfurt^^t gebietenben Slu^e feinet SBefen« inälmt unb SSerfel^ im 3imerflen
eine gro^e ^etoeglic^teit, ein Xrieb, immer bon anberen, bon befonberen SOSa^e^munaen
60 unb Erfahrungen ^u lernen, auc^ eine getoiffe Slb^ängigteit bon momentanen (Sinbrüm.
@r blieb lut^erifc^er @runbanf(^auung treu ; im einzelnen ^at er aber feine Xnfif^ oft»
bi^toeilen in baö gerabc (Segenteil gcänbert. unfeiner ^enlic^en S(^ft über bie Äir^(^
ä3ü(^er bon ber Jtir^e, 1845), einem toai)x^n Soblieb auf fte in fc^öner, erlj^^bener 2)arficOitii0
— fic tourbc auc^ xn^ englifc^c überfe^t — bertrat Sö^e bie ftrengfte lutl^erifd^ Ort^obo^it
66 3)ie lutl^erifc^e ^trc^e ift i^m bie ^trc^e fc^lec^t^in, in einem Sinne, toie ed 3^^
©erwarb faum gugeftanben (>ätle: „S)ie Sleformation ift bottenbet in ber Se^e, bie 2c^
unb ba^ Setenntni^ ift fertig.'' ^n ber Stellung jur tati^olifc^en itirc^ tritt bun^
ber altproteftantifc^e @egenfa( ^erbor. ^n ber Sq^rift : äSorf^lag )ur SSeretntgung k.
S. 10 h)irb gcrabeju behauptet, ba^ falfc^e Se^re nic^t geringer an^uf erlagen fei cB
60 futenlofer äSianbel. Sc^on im ^al^re 1850 fprac^ aber Söl^e bon ber Slottooibigldt b(t
mt 681
^ortHßmng tnand^ev f^mbolifc^en Seigren, namentlich ber bom Sntte, nad^bem feine eigenen
@(^er tn Slntenta ^;tm ^onoti^mud fird^Iid^er SReinungen unb beS Unbanfed'', toteSdl^e
H^ fagt, tDegen feiner ^nfd^ouung bom Ktc^Iid^en älmt ftc^ bon il^m lo^efagt Ij^otten.
@t)äter gefd^ bied aud^ ta>egen bed ßl^Uia^mud, ben Söl^e früher bertoorfen, bann aber
im ^äfyct 1857 in einer getooltigen ^rebigt über $^i 3, 7— 11 öffentlich berfünbigt ^atte. 6
®an) fc^ön jagt Si^^e in ben lirc^Iid^en SBriefen, tbie er bon ben Symbolen jur @i^rift
gdommen fei unb gefunben l^abe, ba| bie 1^1. Sd^rift reicher, tiefer, tba^rer fei atö bie
Sl^mbole^ unb ba^ bie Jtirc^e ba^er nic^t blo| auf ben Sorberen ber SSäter rul^en bürfe,
fimbent immer mel^ j|u tbac^fen tmb böQig )u tberben, aQe älufforberung unb allen
Xnlog babe, bie 6c^rift fei lid^ter unb Ilarer, billiger unb gerechter ald bad 28ort ber SDlenfd^en ; lo
2ö^ bttlaai ftd^, ba| mand^e mit ben f^mboUfc^en Suchern Slbgötterei trieben, unb unterfd^eibet
au!8brüdSi($ Setenntnid unb Geologie. 9{oc^ toeiter ift l^ierinnen bad ^orref^^onbenjblatt
(1859, ©. 23 ff., 29 ff., 37 ffOifgangen. §ier toirb „ba« berj^öltni^mä^ig reinfte Selenntni«
ber göttlid^en, feligmac^enben äBaJ^^eif' bad Aleinob ber luti^. Itirc^e genannt unb bon
einem 2ut^ertum gef))roc^en, bad bie28al^rl^eit überall anerlennt, ibo e^ fte finbet, unb ®e< 16
re^tigteit übt unb 3Rilbe im Urteil über anbere 5tonfefftonen, bad fic^ neben ben Unter»
fc^eben oud^ ber bor^anbenen @inigfeit, bie über ben 5tonfefftonen fte^t, betbu^ ift unb
berfelben bon i&erjen freut. 3" bedagen toar e^ aber, ba^ biefe freiere unb ioeitere
Xnfc^auung in Beurteilung ber anberen Jlonfeffionen faft nur ber latl^olifc^en llird^ie ju«
gute tam unb nac^ biefer @eite über bad richtige 3Ra| ^inaudfül^rte. ^ie im ^ai^x^ 1860 20
erfc^enenen „älofenmonate ^eiliger ^auen'' erregten iai größte Sluffe^en, jum 2:eil aud^
unter ben nöd^ften ^eunben Sd^ed, unb riefen fc^örfften 28iberf))ruc^ jtoeter bebeutenber
btt^fc^ Geologen Ij^erbor. Sö^e ^at in biefem SBerl, ba$ im einj|e(nen Xrefflid^ed
enthält, im ganjen eine in ber Airc^e frül^ aufgelommene 3Berf« unb (Sntfagung^le^re ber«
l^lic^t, todd^e mit (jroteftantifc^er ©runbanf^auung fid^ ))rin2i))ieQ unb auf bie Stauer»
nic^t berträgt. SRan mu^ fagen, ba^ Si^^e eine äBeile aud^ nad^ anberen @eiten, j. 93.
in ber grage über bad ©elübbe ber @l^e(oftgleit, auf einer bebenllic^en @d^neibe einiger»
ging, allein Sö^e iourjelte bon frü^ an unb ftetig fo tief unb unerfc^üttert in ber Se^re
bon ber älec^tferttgung, ba^ bon einer betou^ten Hinneigung }ur lat^olifc^en Jtirc^e leine
Siebe fein tonnte ; er öu^erte offen, ba| bie 5tat^o(iIen feinen Übertritt ertoarteten, ba| ao
er foft alle Sage bon ba ©riefe in biefem Sinne erl^olte, aber ebcnfo entfd&ieben fagt er
in hm KrAIicIfen ^Briefen : ,,^d) ^abe leinen Umgang mit 9lömifc^Iat^olifc^en, ic^ habt
nie einer i^rer Selben beigeftimmt, ic^ bin gar lein 9(nl^änger bed $a))tdmu^, ic^ ^abe
teine etngige ri^mifd^Iat^olifc^e ä3efonber^eit ju ber meinen gemacht, i^ ^änge tote el^ebem
an ben ft^mbolifd^en ©ä^en unb Seigren ber lut^erifdjien Äirc^e." Sö^e iooBte aber Un« 86
beretnbored miteinanber bereinigen ; er berfud^te, in einer 9lrt 9leformati^mu$, toie il^n
8. @. £öfc^ nac^f anberer Seite l^in an ben ^ietiften tabelte, bie ref ormatorifc^en ©runb«
fof^, benen er bürdend treu bleiben tooDte, ju bereichern mit frül^ aufgefommenen etl^ifd^en
Sbifc^ungen, bie in i^rer toeiteren Jlonfequen^ gerabe bie Sieformation ^erau^eforbert
^tten. 5Da^ „Stimmung unb gärbung feine« Urteil«" ber römifdjien Äird^e gegenüber 10
onber« getoorben, giebt S5^e ju (bgl. aud^ bie iBorrebe mm 3Rart^roIogium bom ^a^xt
1868), bie« telo^ aber nid^t au^, bafe er auf ba« Sc^ärjffte gegen ba« neue Dogma ftd^
coi^adf. Icetber fyd nun aber So^e in feinem ©utac^ten in Sachen ber älbenbmal^l«^
gemeinfc^(1863) ber reformierten Ritä^i, bie ber lut^erifc^en bod^ unenblid^ nä^er ftel^t
tta bie römifd^e, gleid^e ^iQigf eit nid^t |\uf ommen laff en ; er l^at bie f el^ ungerechten 46
Urteile £ut^er« in bem (leinen Selenntni« bom ^I. älbenbmal^l l^ier ftc^ angeeignet unb
Itt 3, 10 ol^e toeitere« auf Slcformicrte unb Unierte angcmenbet. ©leidjitool^I l^at er
md^ in biefer Sd^rift feiner frül^eren Slnftdjit über SS[benbmal^l«gemeinfd{iaft im ©runbe
bie S)>t^ abaebroc^en unb ift im einzelnen, toie tl^atfäd^lic^ borliegt, nocp |\u toeiteren
Jtongefftonen fortgegangen. Sr l^at in ber Sc^meij mit Sieformierten brüberlid^ berlel^rt, eo
tme folc^ oud^ öfter längere ^txt in 9leuenbettel«au fxd) aufhielten unb nad^^er offen
crBort, er iDürbe jebem gläubigen reformierten ^Pfarrer feine Äanjcl einräumen.
3« einer ber fc^önften Stellen in bem Su^e bon ber Äirc^e l^at Söl^e gefagt: „®«
iß aOe« )u ^offen, toenn ba« SBort unb bie Seigre malten. Darum bor aOem um« 2Bort
la^ un« beten. SSerfaffung, Drbnung, Siturgie unb 3"^* fönnen mangeln unb bennod^ 66
Zaufenbe feßg toerben, toenn nur ba« SBort ba ift. SÄmSÖäorte liegt« gar. SJBir lönnen
e« triebt enttel^en." ©etüi^ ift Söf^c biefem ©runbfa^ fjjäter nic^t me^r ganj treu ge«
Uteben. iKrdj^lid^e Drganifation toar feine Stäric, er l^at fie aber auc^ oft in einfeitiger
SBeife geltenb gemad^t. (Sr l^at auf bie Serfaffung oft mcl^r in reformierter al« lut|e*
rifc^ SBeife Sbid^bruct gelegt, fd^on in ber Petition an bie ©eneralf^nobe bom ^a^re eo
582 es^e
1849 gefd^a^ le^tered. Slud^ leugnen lä^t ftd^ nid^t; ba^ Söl^ im Setgletd^^ mit bem
©nabenmittel bed äBorted; bo^ er in bem bei aQer Sinfad^^eit großartigen, t>on tief g^
funben feelforgerKc^en SRa^imen jeugenben 2;ra!tat : „3ifm bem göttlichen SBorte, old bem
Sichte, bad jum ^eben füi^rt (1837)'', ber aud^ in^ ^onjöftfcpe überfe^ tourbe, fo um
6 t?ergleid^lid^ h)ürbigte, f))äter bad @aframent faft über ©eoül^r er^ob. ^ad @ahament
be^ Sltard festen bi^toetlen oQe^ gu fein, „^a^ Sotrament bilbet, bod Sdroment er^
bod ©aframent förbert unb t)oDenbet bie ©emeinbe, toenn ed erfaßt, borgetegt, gereicht
unb gebrandet h)irb, tote ed fein foQ/'
@ine ganj fu^ete, in fid^ gefd^loffene, ftetige fird^Iid^s^eologif(^ ®runbanf(^aiiung
10 l^atte Sö^e nic^i @r toax nie befriebigt, er h)oUte immer beffem, önbem unb erg&njen.
3)iefer ©runbgug l^te ütDa^ @^rh)ürbiged unb ©roßartiged, toar aber bix^ auc^ äSeMou
laffung )u manchem älbgleiten t)om richtigen $fabe, um fo mt\)x, aldlBö^ geneigt tDor, bod
momentan für toal^r ©el^altene aü t)on feinem Sebendberuf iljim getoiefen angufe^ unb
jum @d^iboIet^ aud^ für onbere )u mad^en. S3or allem möd^ten ioir aber \tljX in biefer
15 ßigentümlid^Ieit bad Streben Söl^ed erlennen, ftd^ ftetd aa^ jeber Snge }u 5ntmemfd^
äBette gu ergeben ; barauf jielt boc^ aud^ fein 28ort : „SBenn fünf 3Rinuten t>ox metnein
Xobe ic^ ^öre, baß irgenbtoo eine beffere Jtirc^e entfteljit, aU bie lut^erifd^e, berfc^retbe üi
mic^ fterbenb noc^ ber neuen jtird^e, nod^ fünf SRinuten \>t>x meinem Xobe.'^ 9ätr eini
müjlen ioir ebenfo beftimmt be^au))ten, ein 3Rann bon biefer, in feiner Originalität tmirs
20 geinben ©eneigtl^eit, aud^ ©egenfö^lid^ed in fvä^ gu t?ereinigen ober )u t>erfd^ieb€nen Seiten
)u t)ertreten, ein 3Rcmn t?on biefem ibealen ^^lug ^ötte in einer beutfd^en ober omerib«
nifd^en ^eifirdjfe feine Stätte nxd)i gefunben. £5l^e ^ätte fet)ariert nur auf fid^ Mbcr
ftei^en fönnen ; bied ^ätte aber für il^n unb anbere o^ne 3^fel ouc^ feine befonberen
@efal^en gel^abt. Slud^ in bem fleinen Sö^efc^en Jtreife \pxad^ man g. 9. jur ^6t ber
26 ^ofenmonate bon einem brol^enben Stiffe. Söl^e ift und gerabe in ber nic^t immer 1^
monifc^ gearteten SSielgeftaltigleit feiner 9lic^tung unb Slnfd^auung, feined Strebend unb
28irlend, fo eigentümlich ed lauten mag, ein großer 9())oIoget bed Sonbedfird^tumd, beffen
Sd^toäc^e, beffen Stärle aber aud^ eine getoijfe SBeite ift.
3)ie Siebe gur fianbedtird^e fd^Iug bei S5^e aud^ immer toieber überrofc^enb bun|.
90 S)ad SRerttoürbigfte ift, baß Sdl^e no^l mitten im brennenbfien Jtam))fe fein trefflichem
auc^: „5Der etKingel. ©eiftlid^e" (I. »b 1852, II. 93b 1858), fc^eb, in beffen Sortoott
er fagt: „3)er@tanb))unlt, bon toeld^em aud gefd^^rieben tourbe, ift tynüpi^äi^lx^ ber einem
2anb))fanerd in ber Sanbedfirc^e'' ; Söl^e ^at ^ier tl^atfäc^Iid^ g^eigt, baß eine txdßii
ibeale 9lic^tung ftc^ gar tool^l mit bem Stellen auf bem realen Soben bed Sanbedlirc^
86 tumd berträgt.
Übrigens toar bad SSerl^äUnid Söl^ed gur SanbedMe feit ber Jtriftö im ^afyct 1852
im gangen ein frieblic^ed. Söl^e l^at gioar bie ^age ber Sbenbma^Idgemetnfc^ noc^
breimal angereat, im ^al^e 1853, 1857 unb 1861. ©ein auftreten im^ai^ 1857 toä^
renb ber burc^ bie Liturgie unb anbere Slnorbnungen beranlaßten Stürme toor unl
40 immer am toenigften berftönblic^ ; Söl^e tooUte bamald unter SodCerung bed ^3<<roc^
berbanbed aQe mit ber SBetoegung unmfriebenen, il^m gleic^geftnnten (Elemente bttrc^ Xuf<
na^me in bie älbenbmajj^tegemeinfd^ajrt tirc^lic^ organifteren ; ed toar eine Strt lin^Gc^
@egenagitation gur Slbtoel^ bed toiberürd^lic^en Siturgiefturmed. ^n ber bamoligen &xu
gäbe an bad Dbertonftftorium trat Sdl^e fc^roffer unb gebieterifd^er auf ald je ; er gog fte
45 aber felbft toieber gurüi ; einer feiner el^rtoürbigen ^eunbe toar infolge iened @(^ntt(m
aud ber ®efeDfc^aft für innere SRiffton ausgetreten. @inen Weiteren @rfoIg Rotten biefe
neuen SSerfuc^e ntc^t. 3)er einzige Jtonflitt bon Sebeutung in jener ^eriobe toar nicj^
tirc^lid^ geiftlid^er, fonbem lird^ltcb ftaatdgefe^lic^er 9{atur. Sö^e ^tte fic^ getoetgert, ein
@emeinbeglieb, bad toegcn böslicher SSerlaffung ber ^au red^tdträftig gefd^ieben tonir unb
60 bie Erlaubnis ^ur Sffiieberbere^eli^ung erhalten ^atte, toogu Sö^e felbft old SBorflanb ber
älrmen))fle9e mttgetoirtt, gu trauen, auc^ bad 3)imifforiale, bamit ein anberer traue, aud^
gufteUen. @d lam auf biefe SBeife gu einer borüberge^enben 6ud))enfu>n bom Xmtt
^ie altenmäßige S)arftellung biefed Konfliltd finbet ftc^ in ^roteftantidmud unb itin^
^a^rgang 1860, II, @. 263 f. 3Bir urteilen ^ier nid^t über bie materieOe Seite ber
65§rage; auc^ na^e greunbe Sö^ed, toie g. S3. Dr. SBeber, ^aben ahtx fein Serfa^ fw*
meQ infonelt gefunben, meinten auc^, Söl^e ^ätte o^ne ©etoiffendberletong toenig^
bad 3)imifforiale audfteQen tonnen. 3)amak toar ed bad le^te 9Ral, baß Wfft bie Sul*
trittdfrage emftlid^ ertoog ; fie tourbe auf einer engeren ^nfereng bef^rod^ ; nur eine
Stimme foQ bafür getoefen fein; eine anbere aud ber 3ßitte ber Se^Hnration mo^
60 btingenb ab. 9Iac^ einiger 3^^^^8 übemal^m Söl^e mit einer Selbftberleugnung, bie
£94e 583
t^n e^rt, ba^ Smt totebev. 93on geringerem Gelang \oax bte Jlcliffton toegen äSomal^me
einer firanlenölung ; ol^ bte Sac^e mit ber für bte ig^nblung berfa^ten Stturgie beröffent«
Kc^t tDorben tixtr, unterfagie bod Oberlonftftorium, getotg mit Stecht, bie toeitere Soma^me.
pn @a(^ ber Jttnberbeic^te, einer befonberen ftird^enjud^torbnuitg, toeld^e fiöl^e gan) felbft«
pnbig eingefül^rt fyiiU, unb in fo manchem anberen ift bad jtirc^enregiment Söl^e, tro^ 6
oeou^er Sebenlen, möglic^ft entg^engetommen. 2Benn h)tr bon ben SSorgongen in
Rm^enlamil abfe|^en, i{i uni^ lein 5fonßitt mit ber @emeinbe belannt, h)o Sö^e beim
ftirc^regiment nid^t @<i^u| gefunben ^ötte. ®r felb[t fc^reibt 1836 an ^ufd^Ie: „3Reine
Oberen ^aben mid^ bid^er gefc^ü^t/' 3)ie brei 3)elane, unter benen Söl^e ftonb, ©lieber
bed Oberlonjtftoriumd unb 5tonfiftoriumd, toaren Söl^ed ))erf5nli(^e ^eunbe, bie immer, lo
too ed not iifai, toieber SSerftänbigung unb Su^letc^ ^erbeijufül^ren fud^ten. 2Benn
£d^ einmal fagt: „@^ gehört geh)i| aud^ jur äBei^l^eit berjenigen, toeld^e im Slegiment
ber Jlir^fe ft|en, ben ®eift ber ^ettDiUigfett ni^ft in ^eln )u bannen, an benen er
{terben ma^, fonbem i^ bielme^r ju toeäen unb i^m bte jur @nttoid(elung feiner Straft
nottoenbige SBeitfd^aft )u (äffen, ju getDäl^en unb m fc^ü^en'^ fo ^at er bied felbft reic^Iic^ft is
erfahren. @in emsiger Sefuc^ in Sceuenbettel^u ifonnte bied leieren. @d bilbete mit feinen
Xnfiolten eine ecdesiola in ecdesia im fd^önften Sinne bed äBorteS. @eine ^ol^en
®aben unb äeifhtngen tourben ftetd auf bad SereittviUigfte anerlannt.
5Do(^ £ö^e barf nid^t nac^ biefem ober jenem, fonbem mu| nad^ feiner ganjen ^er»
fdnlid^Ieit beurteilt toerben. SS[te fold^e toar er eine ®r5^e in ®otted Stetd^. 3)erfelbe ao
SRaim, ber fo getoaltig unb oft auc^ einfeitig für ®laube unb Seigre eiferte, toar pgleid^
bon mäd^tig f(^5))ferif(9er Jtraft auf bem ©ebiete barm^erjiger Siebe, ^uf bie ^[apre bed
6tretteiS folgte unmittelbar, toie ein berfö^nenber Slbfd^lu^, bie ^eriobe eined grogartigen
@<^ffend auf biefem ©ebiete.
Übrigen^ ioar Sd^e fc^on bom ^(ä)xt 1840 an in le^terer Slic^tung tl^ätig getoefen 26
unb )toar für ^eranbilbung bon geiftltc^en Slrbeitdlräften unter ben in ^orbamenfa eim
aetoonberten S)eutfdSien. @r grünbete burd^ ^Bereinigung mit ben au^etoanberten f äd^ftfd^en
Sut^anem bie SRiffourif^nobe, bie fränlifc^en Jtolonien in 3Rid^igan unb ]päUx bie ^fotoa^
ft^be. 3^^ W^^^ 3Rifftond^äufer ftel^en je^t in 92euenbettel^au, in toeld^en künftige
2)iener ber lut^erifd^en Stirere unter ben 3)eutf(^en 92orbameriIad unb Sluftraliend ^eran- 3o
gebilbet n^erben. ^m ^al)xt 1849 rief Söl^e bie ®efellfd^ft für innere SRiffton im Sinne
ber lut^fd^en Itir^fe ind Seben, toelc^e unter i^ren bier älrbeitdlreifen ganj befonberd
bem angegebenen ^toede bienen toiH. ^m ^a^re 1853, turj nac^bem ^arleg eingetreten,
tourbe nun ober ein SBerein für toeiblidSie 3)iaIonie gegrünbet, toelc^er übertäubt „@rtoed(ung
unb Silbung be$ Sinnet für ben 3)ienft ber leibenben ^enfäl^eit in ber lutl^erifc^en 86
QeböKerung Sabemd, namentlid^ in bem toeiblic^en ^^eile berfelben'', ftd^ jum Rxd^ fe^te.
2)tefer Serein ift ber Stutterboben, aui toelc^em bie ^iafoniffen^ unb bie atiberen S9[n«
ftotoi ^erborgingen, mit toelc^en 92euenbettel^u bebedft ift. 9lm 15. Oltober 1854
iDuxbe bad S)iaIoniffenlj|aud eingetoei^t; nun enttoicfelte fu^ aQe^ mit ftaunen^toerter
Sc^eSigleii „9(uf no^eju 140 ^gtoerten eigenen Seft^ed ftel^en jur 3^it (1880) 40
ocme^n ®eb&^e, toelc^e bon ^a^r )u ^al^r angetoad^fen ftnb ; über breipunbert ^erfonen
umfaßt bie Xnftolt^emeinbe unb aud berDueue barmherzigen ^ienfted, toelc^e 26\)t l^ier
dffnete, ftnb bie Säd^lein in alle Sanbe l^inaudgefIof|en, bid ferne überd SReer. Um bad
SRutterl^ud ^er, burd^ lieblid^e unb nu^reid[;e ®artenanlagen berbunben, ergeben fic^ bie
£>Icnomiegeb&ube, bie Slöbenl^äufer, bie ^frünbe, ber benlic^ au^efü^rte Setfat, bad 46
Settungd^uiS, bad SRonner^ unb ^auen^ofbital, ba^ ^Kagbalenium, bie ^nbuftriefc^ule,
bog geierabenb^u«, ba« Sleltorat" (Sei ©. 27). 3m ^a^re 1865 tourbe in ©c|ilog
$olfmgen bei Oettingen eine ^^liale ber 3)iaIonijfenanftalt in Sleuenbettel^u, beftel^enb
in ber männlichen Slbteilung ber Slöbenanftalt, in einem 3)iftriItdl^ofbital, in einem
9lettungd^aud unb einer jtleinlinberbetoal^anftalt, gegrünbet. £ö^e ^at ftd^ über feine 60
Srfol^tigen bei ®rünbung aü biefer älnftalten fo geäußert : „^df lann mic^ nic^t rül^men,
ein Slod^fober 91. ^, ^andEed ober eined anberen ettoa nod^ größeren ®elbfammlerd für
bod 9teic^ ®otted ^u fein, ^d^ toerbe tt>ol)l au^fagen bürfen urU) muffen, bag meine
SBaffer im SSergleid^ mit benen anberer ber ftiden uueUe ©iloai^ gleichen, ober inSBaJ^r«
^, ed ift mir iod^ fo biel burc^ ®ott gelungen, bag id^ e^ nic^t )ö|^len noc^ toägen lann, 66
unb xdf bin iod^ auc^ eined bon ben bieten Seifbielen, an benen ®ott betoiefen l^at, toad
3efu 9tutter fogte: ^ie hungrigen füllt er mit ®ütem unb läffet bie 9lei(^en leer. 2lc^
btn ia lein ftröfud unb überl^aubt fein ®elbmenfc^, aber bie Unterftü^ung bed großen
®otted l^be ic^ bennod^ oft genug m fc^auett betommen. ^c^ möchte jebermann auf bem
SBege ber 9arm^er}igleit bor Seid^tftnn unb Übermut toamen, aber au^ feinen }üd^tigen, ap
584 üfft
ber m feiner Stebe^rbett feine Hoffnung unb fein 93ertrauen auf ben reid^ (Sott gu
fe^en toagt. @^ lebt nod^ immer ber alte ®ott, ber bie {^ungri^en mit feinen ®ütem
füllt unb bie 9lei(^en leer lä^t/' Unter ben 3)iaIoniffenanftalten, bte ^egentoartig befte^,
toar bie bon Söl^e gegrünbete bie 18., auf bie ^(ä)l berSd^toeftem ^tn angefe^en, nimmt
6 fte bie britte ober bierte ©teOe ein, ögl. »b IV 6. 610 ff.
Slbgefel^en bon bem reid^en ©egen, ber bon biefen @(i^ö))fungen au^ittg unb nodf
au^el^t, toaren fte infofem ^r Söl^e bon ber größten Sebeutung, old burc( biefelben feine
lird^lid^^en ^[beale eine annö^embe SSertoirflid^ung fanben unb fein fd^ffenber ®etfi in
il^nen über^au))t jur Slu^e lam. 3)ie ^üUe feiner ®aben lie^ er inmitten biefer flm
10 ftalten ungel^emmt audftrömen ; namentltd^ erblül^te aud^ ein gotte^bienftlic^ed Seben in
einjigartiger ©d^önl^eit unb fiieblic^Ieit.
@))rec^en toir nod^ bon ber $erf5nlid^Ieit Söl^e^ im engeren Sinne, fo toar bod Sigcm
tümlid^e an il^m ber innige Sunb eined fl^ejififc^ religiöfen 2tbm^ttfpuS mit einer genialen
9{aturanlage ; bie 5tel^eite babon, ba| Sd^e ungead^tet feiner au^erorbentlic^en S^abung
u toeniger aU anbere burd^ bie ©d^ule ber Sleflecion unb ber t^eologifd^en Sermtttehmg
l^inburc^gegangen toar, gab ftd^ in ber ungebrochenen 5traft, ber frifdpen Urf})rüngltc^eit,
ber Xiefe unb %üüt funb, in ber bie d^riftlid^e SBal^r^eit fd^on in bem Süngltng ftd^
f))iegelte unb aud i^m oft übertoältigenb entgegentrat ; jene Segabung Derlie^ )ugTei(^ bem,
toad er fagte, ben@tem))el bed Originalen unb bed in ber $orm SSoOenbeten. Söl^e eignete
30 eine ungetoö^nlic^e 9Rac|t ber Bpxai^z ; eine eigentümliche $ol^eit, ein ebled $at^od, ein
))oetifc^er $auc^ ioar über bad, toad er fd^rieb, au^egoffen. SSilmar fagte, fett ®oet^
labe niemanb mel^r ein fo fc^öned 3)eutfc^ gefc^eben, ioie Sd^e. 3Bie fd^iön, tote er^ebenb
finb bod^ bie SBri^e, bie er fd^on ald junger SSilar fd^rieb ! Unb toelc^ eine Stumem
lefe reicher unb reifer c^riftlic^er unb {»aftoraler @rfal^rung bieten fte in dfterd gerabeju
26 Hafftfc^er ^^orm ! ®ünbe unb ®nabe, S^ec^tfertigung unb Heiligung in ec^t etKingelifc^em
Sunbe ftnb bie 9lngel))unlte, um toeld^e bon Snfang aQe^ bei i^m ftc^ beioegte; ergreif
fenb ift babei ein tief eleaifd^er 3ug fc^on in früi^er Sugenb, bie ©e^nfttc^t nad^ bem
etoigen Seben, bie lebenbigfte SBejiel^ung aadf be^Sin^elnen unb itleinen auf ben ^Mfiim
Seben^jtoect, bad unbebingte ©iqifteDen in bad fiid^t oer ®h?igleit.
80 ®ro| ift Sa^e al^ ^rebiger, erjäl^lt ju ben größten beS Sol^^unbertd. @d tritt ou«
feinen ^rebigten ebenfo bie unmittelbar queUenbe Straft einer tief in ®otted SBort eim
getauchten originalen ^erfönlic^Ieit, atö bialettif^e Slbrunbtmg, erlj^abener ©d^toung unb
fiturgifc^e ^ier entgegen. 3Rit Stecht ^at fta^ni^ in i^m im ®egenfa| gu S. pccmi,
ber t)ortoiegenb äBiue toar, mel^r burc^ bie ®nabe bertiarte 92atur gefunben. & toax
85 betounbem^toürbig unb ift aud^ bon Jlal^nid anerlannt, toie aud biefer geiftlid^^en 9{atu^
fülle, audji too bie ^rcbigt ©ac|e be^ SDfloment« toar, ber ©trom ber Siebe fii^ oft fcvflatt»
^tü im ftdjierftcn Sette ergofe. Ä. oon Slaumer fanb in feinen 5Prebigten um bed Haren
bialeftifd^en %ln^t^ loitten eine S^nlid(>Ieit mit ©d^leiermac^er« Sßrebigttoeife. Urtoüc^fige
^raft, blül^enbe ^l^ntafte, ))ro))l^etifc^en Seben^emft atmen feine erften ^omiletifd^ @r}eug<
4oniffe: Sieben «ßrebigten (1836) unb «ßrebigten über ba^ Saterunfer (1837). 3)0« »ollem
betfte bietet er in feiner ebangelicn))oftille (1848, bereit« in bierter aufli. erfc^ienen):
tiefe SSerfenlung in ben lejl, albgellärte, ebenmäßige gorm, jjlaftifd^e ©c^önl^eit, teiltoeife,
namentli^ in ben ^ftt)rebigten ein liturgifc^'I^V^nifc^er Xon geid^^nen fte Ott«, ^efge^enbc
©d[;riftau«legung, großen Stcic^tum ber SKnloenbung bietet bie (5j)iftelj)oftille (1858). SJor»
46 trefflidj; fmb auc| bie „ficben Vorträge über bie SBorte 3efu am Äreuje" (1859, 1868 in
2. aufläge).
©roß ift Sö^e femer al« Si^tg ; wön l^at mit Siecht t)on einer liturgifd^en Stajefi&t ge*
fjjroc^cn, bie i^m eigne ; er toar ein^Dtann be« ®ebet« unb Dj)fer«: „er toar eine tmefterlid^
Seele, er fonntc auf ber Sanjel unb auf bem 3lltar nidjit toalten, ol^e baß fein iJbem
60 au«ftrömte ioie eine flamme ; ba« toar leine SKanier, leine angenommene Art bei i^,
e« toar bie glammc ber ©celc, bie ftd^ ®ott ojjferte im älmte", fagt S^W^^ f^ ^
toal^r. Söl^e f)aiU auf liturgifd^em @ebiete aud^ bie au«gebreitetfte Selel^amleit; feine
ägenbc für c^riftlic^c ©emeinben (1848 in 1. aufläge, 1853 unb 1859 in gtoeiter f<^
crtoeitcrter Sluflage erfc^ienen) ru^t too^l auf grünblid^eren ©tubien, al« irgenb ein«
56 anbere be« ^al^^rl^unbert« ; fte tourbe in ba« ^ottentotifd^e für ®emeinben am jta)) flbci^
fej^t. SRiemanb toar für bie Stturgie fo begeiftert al« er: „id^ toeiß ntd^t« ^d^ere^
nic^t« ©c^önere« ju nennen, al« bie ®otte«bienftc meine« ß^ftu«; ba toerben aOe Äta^e
be« ÜJlenfc^en einig jur Slnbetung, ba t)erllärt [xä) i^r Slngeftc^t, ba toirb neu i^re ©cflolt
unb Stimme, ba geben fte ®ott bie ©jj^re bie ^ilige Siturgie in ber Äta^
60 übertrifft aße ^oefte ber SBelt" (ei)iftel>)oftiBe I, S. 134). SiJ^e ift für loeitc Äreife «in
£9i|e 585
SßedCer unb SBieberl^erfitellev Itturgifd^en Sinnet unb liturgifc^er Drbnung geh)orben. 3)en
unmitteGboT )n:altifd^en SBert ber Siturgte überfc^ä^te er übrigen^ nic^t unb einer gef e^lid^en
Sßetfe il^ Smfüi^rung unb xfyctd ©ebroud^d h)ar er obl^olb.
9m grölen ttmr Sd^e ol^e 3^^H aI^ @ee(forger; gerobe nad^ biefer @ette mu^
man tl^ eine d^oridmotifd^e SBegabung nac^rül^men. 6r l^e t)onSaud aud eine feltene 6
9Rad^t über bie ©emüter ; noc^ in jüngeren ^al^ren äußerte er h)o|l, ba^ er t?or biefer
Stockt bidlueilen Jelbft ftdp fürd^te. 3n feelforgerlidjiem Umgang toor biefe (Setoalt feiner
$erf5nli4lleit übrigen^ mit väterlicher 3RiIbe, mit ber ®abt, auf bie 5)[nbibibua(ität unb
bod befon^erfte SBebürfnid einjugel^en, gebart. 3Bie t)iele f^b in ber langen ^dt feiner
SBidfamleit in 92euenbettel^au mit ben t)erf(^tebenften Slnliegen bort ein^ unb a\x^ lo
gegangen unb ^aben Serul^igung unb ^iebe ftc^ gel^olt! ^it einer 9lrt fouberöner
SRoi^tDoIIIommenl^eit trat Söl^e bidh)eilen fd^toerftem ^jammer ber @rbe unb auc^ ben
bunlelften 9lad^tfeiten bed menfd^lic^en Sebend entgegen, ^n ber ^ribatbeic^te, bie er mit
großer SBeid^eit l^bl^abte, ^ er für t)iele eine reiche Quelle feelforgerlic^er Beratung
unb 2)röf)ung geöffnet. Unermüblic^ toar er an Jtranlen^ unb Sterbebetten ; er f elbjt us
fogt, bo^ er pier bie feligften @tunben beriebt l^abe. ^ie SRac^t bed ®ebet^ unb ber
§&:bttte burften er unb anbere babei reic^lic^ft eifal^ren.
Sö^e toar oud^ einer ber bebeutenbften firc^lid^en Sd^riftfteDer be^ ^al^rl^unbertd. ^d)
Sie bei 60 größere unb Heinere Schriften bci^felben. Sie finb aud ben Erfahrungen
geiftlic^ Samten ^erborgeivad^fen, bienen ))raltifd^en SBebürfniffen unb ftnb babei faft ao
immer t>tm einem größeren tird^lic^-ibealen ^intergrunb getragen. Slu^er ben bereite ge^
nannten fü^en toir ba$ ^au^, Sd^ul^ unb Kirc^enbud^ für ßl^riften lut^erifd^en Selennt«
niffed in brei 2^eilen an, tn toeld^ed Sö^e unter anberem feine fel^r gefunben latec^etifc^en
®ntnbf&|e niebergelegt ^at unb bon bem er felbft fagt: „^a^ ^au^bud^ ift bie %xud)i
meinet )^ebend unb SJeben« im Slmtc; ic^ ^e nic^t« beffere« na^julaffen." ^m ^ai^xt25
1847 erfd^ienen feine Erinnerungen aud ber Sleformation^efd^ic^te t)on Raulen, auf
®nmb beren 2. bon Slanle fagte, Sö^e jeige Seruf uim §iftortfcr. 3*^^ befonber«
f^öne, onregenbe unb finnige ©Triften finb oie bon ber ^arml^erjigleit unb bon ber h)eibs
lid^en Einfalt. Slu^erbem rüi^ren bon il^m eine 5Kenge Ileinerer liturgifdjier ©d^riften,
®ebetbü(^er, unter biefen bie hjeit berbreiteten „©amenlömer", unb Iraltate ^er. S)er80
erfle tmter biefen toax: 3)ina ober toiber bie ^ugenbluft. SRan barf nur biefen einen
Xraltat mit feinem erfd^üttemben Ernft, feinem Eingreifen in bie tl^atföc^lic^en SSerl^ält«
niffe unb feinem gleid(ftool^l bon allem Uneblen fernen 2^on lefen, um ftd^ babon )u
überjeugen, ba^ Söl^e auc^ auf biefem ®ebiete Ungetoö^nlid^ed leiftete.
®ro^ toar enblid^ £5^e^ fc^ö))ferifd^ed unb organifatorifc^e^ Xalent ; biefe ®aben 36
liegen ja Rar bor aller Sugen. ®ro^e unb immer neue Aonj^^tionen begegneten fid^ in
i^m mit einem belounbem^toürbigen ÜberblidE über ba^ ®an5e unb ber ^ürforge für bad
Einjelne unb aud^ jtleine. Son allen Seiten tou^te er ju lernen unb aufjunel^men. 9lld
er im ^otel be 3)ieu in S^on toeilte, erl^ielt er EinbrüdEe, bie p fr^önen 3laö)^
j(^5)>fungen in 9leuenbetteteau führten, Sieligion unb 5tunft Ratten in tl^m einen feltenen 4o
^rmonifd^en 9unb gefc^loffen. Sein au^erorbentlic^er Sc^önbeitdfmn lie^ bem, n^a^ er
fd^f, ftetd bie eble t^orm, meldte auc^ femer Stel^enbe angog unb mit Setounberung
etfüOte.
3Rit boDem ®runb redf^net Aal^ni^ Söl^e ^n ben großen 3Rännem im 9leic^e ®otted
(3)er innere ®ang be« beutfc^en ^roteftanti^mu«, II, S. 231). ßd^e toar eine firdblic^e 46
5Perfönli4fIeit im großen Stil • ba« mufe man anerfennen, toenn marf in bielcn 35ingen
caxdf feine Snfd^ung unb ^id^tung ntd(^t teilt. Ein fledCen» unb irrtumlofer ^eiliger
toar £5^e nid^t unb toollte er felbft nid^t fein. Stet« toar e« un« aber merltoürbtg, ba^
m einer QAt, ba Sd^e in ber ^ßolemif gegen ba« ©eftel^enbe aHjufc^r aufging, ber I^o*
lu(ff(|^ Slnjeiger über il^n ftc^ äu|;erte: „Unter bem |^arten ^anjer lut^erif^er Ort^obo^ie 60
f<^l> bem 3Ranne ein boQe« d^riftltc^e« unb a))oftolifcbe« $erj.'' 2)ie geiftige Sebeutung
£5l^e« lünbete fid^ aud^ in feiner äußeren Erfr^einung an. S)ie mächtige Silbung feine«
&aupM, bie auf feinen Steifen too^l auc^ ^emben auffaDen lonnte, bie l^o^e Stirn, ber
Slunb mit bem 9lu«bru(te großer 93eftimmtl^ett, bie getoaltige Stimme in ben 2^agen
fetner Straft — alle« toar ungetoö^nlic^. Sein grofee« 2lnge toar bon lichter Släue unb 66
lonnte fel^ berf^fieben bliien, fej^r milb, aber auc^ burd^bol^renb. 2luf ben cblen Rüatti
feine« 3lntli|e« lag ein tiefer triebe, ber oft gum §eimtoel^ nac^ einer anberen SBelt fid^
berllärte. 3" großer Selbflberleugnung unb 2lufot)ferung bleute Sö^e bem §erm unb
feiner Jtir^fe. Sein Vermögen f)at er im 3)ienft be« Sleic^e« ®otte« geopfert. 35ie
Summen, bie er mit feinen litterarifc^en Slrbeiten berbiente, gingen benfelben äÜeg. ^i
586 £94e £otit
treue ojjfertJoBe, btö in ®tnjelnfte fi(^ crftrcdtenbe ^mflebung an bie eigene ®emeinbe
ftanb gerabe im umgelel^rten SSerJ^ältniffe ju ber Slbneigung gegen bie Sanbeätrc^, bie
il^n mand^mal übermannen h)oQte. 3)er ^euben ber @rbe b(ü|ten i^m toenige. 25^
toar überauiS olücflid^ t)erl^eiratet mit igelene Slnbreä $ebenftreit oud ^antfurt a. ^
6 ^iefe geiftlic^ ttef getoei^te @^e h)urbe burd^ ben frül^en Xob ber (Sotlin ge(dfL £ö^
tDurbe ^ierburc^ eine unfäglic^ tiefe SBunbe gefd^logen; er l^at feiner @atttn in bem
^^Seben^lauf einer l^eiligen 3Ragb @otted aud bem $farrftanbe'' ein ^enlid^ 2)enhna(
gefegt. 3m 3a^re 1857 \d)mh 2ö^e : ,,©eit 14 ^oi^ren ift mir mein jjerfdnlic^ ®ang
ein trüber, mein irbifc^ed Seben eine abgebrochene Säule; aber meine ig&Ifte ift in ber
10 ^errlic^leit be^ $erm unb mir ift auf meinen Jtummer bie Sonne bed Sebend ^^ ge^
ftieaen unb fiic^t unb 5t(arl^eit ift mir in mand^ ®ebiet gefallen^ bad mir DormaU
näcptlic^ toar/' Seine an ftd^ ftarle ©efunb^eit tourbe Derl^äUnidmd^ig frü^ gebrod^;
bei bem 3Range( aQer @r^oIung, an ben er lange 3^ T^ getoö^nt l^tte, ben tndm
Slad^ttoad^en; barf bied nic^t tounbemel^men. Sc^on in Jlin^enlami^ fc^rieb er: „^ bin
u bon frül^ 3Rorgen bid jtoölf ober ein Ul^r in ber 9{ad^t bef(i[;äftigt, borum Uam ic^ ba<
|itoif4en auc^ ettoa^ ftubieren/' St)äter ftiegen feine 9lmt£;Iaften bei ber Bereinigung btf
!ßfarramtd mit bem Sleltorat über fämtlic^e SKnftoIten bon ^afyc ju ^aifx, oft ind ^ntmenfe.
Sd^on feit Seginn ber fec^giger ^(^xt überfielen il^n för))erli(|ie S^tood^^eiten ; kDetter^
tourbe er mei^ald bon Sc^laganfciUen ^eimgefuc^t ; bie le^en ^af^ toacm fe^ f^^.
20 9lm 2. S^nuar 1872 entfc^lief er im ^eben. ä(m 5. 3<niuar tourbe er unter einem
enblof en 3uge jur @rbe beftottet ; SRänner ber SBiff enfd^aft, geiftlid^e unb hoeUKc^ SBKbpbeiu
träger erjeigten il^m bie Ie|te @^re. 3^^ f^^^ SBort am ®rabe ^e Söfft fÜj^ ou^
brüdRüd^ berbeten. ®d fanb nur eine liturgif^e Segräbni^feier ftott.
Dr. «bp(f eift^aii t («M')«
36 Soen, geft. 1776. — 3qc. SSrudfer, Pinacotheca scriptorum nostra aetate liteiis Ola-
strium, Decas VUI., Augustae Vindelicorum 1750; 3of. ^^r. ©trobtmann, ^« neue gc*
lehrte (guropa, IL XL, Solfenbüttel 1753, 6. 520-570; X. 21. 1756, 6. 428-439; 3.«.
XrlniuS, JJrcijbenfcr-ficjlfon, Seipjia unb a3cm6ur9 1759, @. 545—575; (3. fB. ö. r>. fipm-
men), Se^tr&ge )u ber junftifc^en Sitterotur in ben preugifc^en Staaten, fünfte Sammlung,
80 ©crlln 1780, @. 257—286 (S. 270 ff. ©riefe Socn8 au« SBefcI unb ßlngcn in ben Saötc«
1761—1764) ; 3. ®. SDfleufel, ficjlfon ber Dom 3a^rc 1750—1800 ocrftorbenen teutfc^cn
@*riftftcacr, Vm. ©b, fieipsig 1808, 6. 324-329; 3. VI. fiappcnbcrg. »Reliquien ber
Sröu(ein ©ufanna l^at^arina uon ^lettenberg, ^ambura 1849, @. 190 f.; ®. Sranf, 9k'
f4i((te ber proteftantifc^en S^eologie, II. ZI, Seip^ig 1865, @. 337; ^, .^e^ben, SoM«
86 fl^ic^Qel Don fioen, &otthtb ©rogo^eim : $[rd)it) für granffurtd O^ef^i^te unb Shinft. 9^. g.
III. ©b, gfranffurt a. 3Ä. 1865, @. 534-562; ©oct^e, 3)t4tung unb ©a^r^it, I, 2. »b,
®.« 3Bcrfe, ^erauög. oon ®. oonfioepcr, XX. %l @. 69 f. 285 ff.; SB. Stridfer, 3.aR.t).£.:
«b« 19. ©b,fieipaig 1884, @. 86 f.
3ol^ann ÜJlic^ael bon Soen, beutfc^er @belmann, Staatsmann unb Sd^riftfhller be^
40 18. 3^J^^^unbertd, t^eologifc^ intereffant ald l^erborragenber Vertreter ber ^itm ber re&
gidfen ^ulbung unb Iird^en))olitifd^en Union im ß^talter ^ebri(^ bed @ro^en, ift g^
boren ben 21.^ejember 1694 ju ^anlfurt a. 3R., ftammt aber au« einer nieberlänbifc^
^milie t)on altem 9(bel; feine 3Rutter toar eine geborene $affa)Kint. Stuf ben S^iulen
)u ^anlfurt unb Sirftein (im 3f^^wrgifd{ien) trefflid{> borgebilbet, begann er 1711
46 )u 3D^arburg bad Stubium ber 9led|;te, ftebelte aber fc^on 1712 nac^ ^aUe über, too
S^riftian ^omafki^ unb @unbling feine Seigrer n^aren unb too er uigleid^ ®e[^en^
fanb, in ben freien 9Bif|enfc^aften unb fünften bielfeitig ftd^ audjububen. !Rad^ turjer
Sefc^äftiaung am Steic^Iammergerid^t inäBe^lar 1715/16 trat er längere Steifen an bioc^
Süb» uno 9{orbbeutfc^lanb, bie 9{teber(anbe, Sc^toei}, ^anlreid^, Dberitalien tc, Iie| ^,
60 nac^ älble^nung Derf(^iebener 3(nträge )ur 9(nfteQung im ^reu^ifd(ien ober fä(^fifc^)>o(mfd^
Staat^bienft, feit 1723 in ^anffurt niebcr unb trat mit einer Sc^toägerin b^ Sta^
fd^ult^eilen Xejtor, einer ©ro^tante ©oet^ed (geb. fimb^eimer ou^ SQieflar), in bie (^
3m ^ef^ eine^ großen Vermögend, einer reid^en Sibliot^el unb Jtunftfammhtng, äÜ md«
feitig gebilbeter SSelt« unb Staatsmann, aU fruchtbarer unb freimütiger Sc^riftßeiler,
55 S)ic^ter unb ®ffa^tft in beutf^er, franjöftfd^er unb lateinifd^er Sprache mad^te er in ba
litterarif^en SSelt toie in ber ^anlfurter ©efeUfc^aft jiemlid^ed 9(uffe^, bilbete ben
^ittelpunft eines jal^lreic^en, bielfeitig angeregten unb anregenben Streifes unb „erbngtt
baburd^ einen 9{amen, ba^ er in bie t?erfd^iebenen Biegungen unb Stid^tungen, bie vn&aai
unb Jlird^e t?or!amen, einzugreifen ben 3Rut l^atte (®oeli^e)'^ RaJ^lxü^t @d(^nften i«^
60 Suffä^e iurtftif(^en, f)olitif(^en, gefc^ic^tUc^en, moralifc^en, t^logifd^ Snl^tS, bie ^
Sotit 587
teild anonym ober ))feubon^m, teitö mit feinem 9lamen l^erau^ob unb in benen er eine
ou^ebreitete, toenn and) bilettantifc^e ©elel^amteit, indbefonbeve ober eine feltene ^orm«
getomibt^, SBelts unb SDRenfc^enlenntnid jeigt; tourben gut aufgenommen, brad^ten i^m
tnd SeifaQ unb 9(nfel^en, unb erregten namentlich audS; bie 9(ufmerlfamleit %nebri(i^ be^
®To^en unb feinet ©ro^anjlerd Socceji. tiefer fud^te i^n in breu^ifc^e ^ienfte )u )ie^en. 6
SBteberl^oIte Slnerbietungen, in^befonbere bad i^m 1747 angebotene $rafibtum be^ Ser»
Itner Dberfonftftorium«, lel^nte er ab. ate il^m bann aber fein im 3^^^^ 1750 erfd^ie*
nened 9ud^ „^k einjige toa^re Sleltgion'' 2c. (f. u.) unb bie baburd^ (veranlagten leiben«
f^Kiftlid^en Streitigleiten ben älufent^alt in ^antfurt berleibeten, entfc^Iog er ftc^ jule^t
iodf ntkfy im ^afycz 1753, bie il^m t)on ^ebric^ b. ®r. anaebotene Stelle eined ptmix» lo
\dj/m ®e^eimrated unb 9l^ierung0]E)räfibenten ber ©raffc^aft Singen unb XeQenburg an«
gune^en. Obgleich er fi^ l^ier nid^t fe^r be^aglid^ füllte unb h)%enb bed ftebenjä^gen
Jtrteged tnd S^toere^ bur<|mmac^en l^atte, blieb er bod^ bafelbft bid ju feinem ben 26. ^uli
1776 na4^ längerer firctnat^Ieit unb jul^t fafi tvöDiger @rblinbung im 83. £ebend]al^
erfolgten SEobe. i6
Son feinen joi^Ireidjien (im gamen 37) ©d^riften l^ifiorifdfien, äftl^etifd^en; litterar«
aef(^i(^tli(|^, ^olitif^fen, moralifc^^reltgiöfen ^nl^altd (u. a. ©efammelte Heine Sd^riften,
lecoudgegeben Don ^. @. Sc^neiber, ^antfurt unb 2ei)))ig 1749 ff., 4 93be ; f^eie ®e«
banlen mx Serbefferung ber menfd^li^en ©efeUfd^aft, 4 ^eile, gfrantfurt 1746. 1747;
ber biboltifd^e 9toman : S)er reblic^e 3Rann am ^of e, Überf^ungen bon @d^f ten %mt» 20
lond; Snttourf einer Staat^tunft ebenb. 1747, moralifd^e ©ebid^te tc. SSerjeid^nid ber
Seiften S.'«: Strobtmann ebenb. ©. 538 ff., §Vwmen @. 263 ff.; SWeufel @. 325 ff.)
lomnten ^ier nur biejenigen inSBetra^t, in benen feine eigentümlid^en reKgiöfen Slnfic^ten
(bon einem ,,t]^eologifd^en B\)\i«m" lann laum bie Stebe fein) ftd^ aaSl\pxtdfm. Sein
€tanb)mtA ift im toefentlic^en berjenige ber (offenbar aud ber Sd^ule be^ ^omaftud 26
pammenben) Sufllorung ober auf^jetlärten Xoleranj be^ 18. ^al^rl^unbertd, nur ba| bei
2oen mit bem lonfeffionenen 3iwbifferenti«mu« ein hjarme« unb aufrid^tige« ftttlid^-reli«
gntereffe fid^ tverbinbet, au^ bem feine jebenfaDd hvol^lgemeinten, ioenn aud^ utü)ral«
SSorfd^Iäge m einer aQe d^ftlic^en Jtirc^en unb Selten umfaffenben, bun^ bie
€taatdomnit>oten) berbeijufül^enben Union unb 9leform l^ert)orgegangen finb. ao
?|n feiner jo^lreic^en unb ioertt)oDen SBiblioti^el, Don ber er 1733/34 einen f^fte«
motif^en Jtatalog ^erau^ugeben begann (Bibliotheca Loeniana selecta), fud^te er be«
fonber^ ouc^ biejenigen 93ü$er )u fammeln, „bie Don ben 3^ten ber SSöter bid auf bie
fogenannte Itin^enDerbefferung ^erau^etommen finb unb Don bem n^al^^ren Sl^riftentum
^beln, o^e fid^ mit Streitfragen unb SRenfc^enfa^ungen aufjul^alten'^ ®d toar feine 36
SBftdbt, bie älid^tung biefer SRänner fortjufe^en unb für bie Sad^e ber Jtird^enDereinigung
unb für ein hjettl^erjige« ßl^riftentum ju toirfen. SDie« ift fc^on ber 3*Dedt feiner erften
S<^nft, bie er unter bem ^feubon^m S^riftian ©ottlob Don ^eben^eim ^erau^ab:
(gDongelifc^ ghneben^tem))el, nad^ 9lrt ber erften 5tir^e enttvorfen, ^antfurt 1724, 8^
Sine %)rtfe^ng baDon ift bie eine lirc^lic^e Union jUvifd^en Sutl^eranem unb Sieformierten 40
begtaKdtnbe Sd^rift : igbd^ft beben! lid^e Urfadfien, toarum Sutl^erifd^e unb ^Reformierte in
^eb unb Sinigleit foDen jufammen^alten unb mit einanber einerlei ©ottedbienft
))flegen, 1727 tc 3)enfe(ben Union^ebanlen Derfolaen bann toeiter nod^ bie Sd^ften :
Sebenten Don Sej)aratiften unb ^Bereinigung ber Steligionen, granifurt 1737, 8^ unb
8on Sereinigung ber ^Proteftanten, 1748. Unterbeffen \)<dt^ er mit ben Sd^ften ^elon« 46
fu^ nöl^ befd^äftigt, Don beffen geiftlic^en Schriften er 1737/43 eine beutf($e Über«
feftung l^ou^ob mit Sebilation an ben Jlurfürften Don 3Rain) unb mit ber guten 91b«
fidjit, aud^ auf beütfd^e Jtatl^oliten ju h)ir!en. 9(u(^ n^ar er feit 1737 mit bem ©rafen
^injenborf befonnt getoorben, ber um jene 3«t in granifurt einen ÄreiS um ftdji fammclte.
2oen teilte bem ©rafen feine SBebenlen gegen feine Se^ren unb Untemelj^mungen juerft 60
jnnDatim fd^ftli^ mit unb tvublijterte fte fobann in einer mit Diel Seifall aufaenommenen,
m tarieber^olten Auflagen erfc^ienenen Schrift unter bem Xitel : 3)er Demünftige ©otte^
bienft nac^ ber leidsten Sel^rart be^ ^eilanbed k., ^anlfurt 1738, 8^ @d werben ^ier
fteböi bem ©rafen Dorgelegte ^agen nebft beffen au^toeid^enben Snttoorten mitgeteilt unb
boran ein htrjed Sebenlen angetnü))ft Don ber (Sinfalt bed ©laubend in einem einzigen 66
©laubenitortila : „ed mu| eine beutlic^e, aQgemeine unb aSgemeinDerftänblic^e religiöfe
©runbtoa^^ geben, unb biefe lann leine anbere fein, atö ber — nic^t b^ftorifc^e, fon<
bem lebenbioe — ©laube, ba| ^^fu^ ber ß^rift: baran ift feftjuM^en mit äu^fd^lufe oller
menfc^lid^en SReinungen, fiel^rfä^e, Sffiörtertriege, f^mbolifc^en Sudler, gelehrten itritil, anti«
quorifc^ 9Biffenfd[faft sc, benn aQe biefe 3)inge bienen nic^t }ur Sefferung k/' ^iefelbe eo
688 Soett
UmonStbw njicberl^olt bann cm Äuffa^ in be« 33erfaffer« freien ®eban{en lur Seffening
ber tttenfc^Kc^en ©efeUfc^aft, SCeil I, granifurt 1746: „®ie bon ftdji fettft ftc^ jetgenbe
SSeveinigtmg bec d^^riftlic^en Steligion'', toä^renb in bem ,,@nttDurf einer Staotölunft, ein
Sanb mächtig, reid^ unb glüdlu^ ju mad^en, ^anlfurt 1747'', neben onberen „^rei^
6 l^eiten'' audb bie ,,®ett)ifYen^fret^eit'' em))folj|len h)irb „\^oö) folc^ergeftolt, bog ber Staat
boburd^ nic^t in ©^aben unb ©efa^r gerate''. @inige toeitere tl^ologifd^e 9ruffö|e ^e^ in
ben ®efammdten Meinen ©d^riften, ^anlfurt 1749/52, ). 8. bon ber S^Io^, bon
^ffton^oratorien, t>t>m Sl^arc^cr eined ßl^riften, SSorfc^Iag )ur äu^erlid^en Steligtondbers
einigung 2c.
10 3)ie $au))t{d^rift aber, bie Don Soend 3lamtn am meiften betannt gemad^t, i^ aber
auc^ bie jaj^Ireic^ften imb l^eftigfien Singriffe jugejogen fyd, ift bad 1750 }u gtanifurt
in jtoei Xeilen mit einer ^ebilation an ^ebrid^ b. ®r. unb ben Sanbgrafen bon ßeffen
erfcpienene SBert: „3)te einuge toal^re Sieligion, allgemein in i|ren ®ntnbfä^,
bertoirret burd^ bie 3änlereien ber Sd^ftgelel^rten, {erteilet in aUer^anb Qdtm, l»eretntget
u in S^riflo." ®d erlebte in lurjer ^At brei Auflagen, h)urbe in^ gfranjdfifc^ überfe^t
(^of 1750), unb rief jal^lreid^e Entgegnungen, aber aud^ einige SSerteibigungen unb 3u<
fttmmungen l^erbor (äSerjeic^nid bei ^riniud a. a. D. 6. 558 |f.)- 3Bir geben eine hirje
älnalvfe bed ^au))ttoerle^. @d jecfollt in )toei Xeile : ber erfte Rubelt bon ber einjigen
toal^en Sieligton überl^au))t unb bon ber Übereinftimmung il^rer ©runbtDol^r^en; ber
30 jtoeite t?on bem öu^erlid^en 5tird^enh)efen unb ben ÜRitteln, badfelbe nad^ bem @inne bed
(Sbangelii jumSBeften ber menfd^lic^en ©efeQfd^aft einjurid^ten. 3)ie nnt^re Sldigion befielt
allein im @lauben an ®ott burd^ ß^riftum unb m einem biefem ©louben gemä|en
frommen unb tugenb^aften äBanbel nad^ bem etoigen ®efe^ ber Siebe. 2)tefe ®runb«
toal^^eiten ftnb aDe 3Jlenfc^en fä^ig, ju D^tel^en ; au^er biefen lommen aUerbin^ in ben
26 bl. @d^riften, ben einjig toal^ren uno t^oQgiltigen Urhtnben ber (^ftlic^ Sieligion, Diele
^inge Dor, bie toeit über bie Segriffe unfere^ SSerftat^ed gelten, toeil fie bie Xtefen ber
®ott^eit unb bie verborgenen SBege ber göttlid^en ^au^^altung betreffen. 3)iefe aber
tonnen xA^t )u ben ®runbh?al^r^eiten gerechnet toerben; bielmel^ ift nid^td ber Steligion
fd^äblid[;er, aU bad ärgerlid^e ®ejönl unferer ®eiftlic^en über Singe, bie fie bix^ nic^
80 Derftel^en. Sllle Se^büc^er, ®laubendformeln, @l|^mbole, 5tonfeffionen, Jtonforbien unb
ti^eologifd^en @^fteme gelten nic^t toeiter, al^ fte mit ben SBorten ber i^l. Schrift reben
unb mit bem ©inne be« ©Dangelii übcreinftimmen. 3!m übrigen gehören fie unter bie
SDflenfc^cnfa^ungcn, bie toeiter feine 3Rad^t l^abcn, bie ®eh)iffen ber 2Renfd^en )u binben.
Sloc^ Diel tventger ift ed erlaubt, jemanb barüber )u Derfe^em unb ju Derbammen. 2)ie
85 einfältigen Scbren be« §eilanbe« ftnb pm ®lauben genug : foBte i^ in Segriffen unb
©(^lüf^en mid9 inen, fo lann mic^ btefer ^rrtum be« SSerftanbe« nic^t f^^eiben Don ber
Siebe ®otte« ; benn ®ott ftelj^t allein auf ba« $erj, nid&t auf 3Dleinungen unb SBiffen*
fdjiaften ; er ift fein fo graufamer I^rann, ba| er feine ®efd{iö>)fe barüber ftrafe unb Der»
bamme, toenn fte unrichtig benfen unb falfd[;e Sd^lüffe mad^en. — ^tne ®runbtx>a^rl^eitm
40 ber ^Religion aber ftnb — toie bie jtoeite unb britte Setra^tung be« erften 2WI« jeigt —
ju aßen ^^xttti biefelbcn getDefcn : in il^nen ftimmen geoffenbarte unb natürliche SÜeligion
jufammen. G^riftu^ ftiftete feinen neuen ®lauben, fonbem fteHte nur bie einjtge, too^
imb unDeränberte Sieligion nac^ tl^ren etoigen ®runbfä(en ioieber ^er. Surc^ig^^vn^ ^^
unnüftc Sel^rftreitigfeiten, überftrömenbe^ Gcremonientoefen, blinben Sleligion^eifer ifl aber
45 ba« ß^riftentum frül^e in SJcrfatt gefommen, obgleich e^ ju allen geiten einzelne todftt
ainbeter ®otte« gegeben l^at, red^tfc^affcne unb gotte^fürc^tige SRänner, bie ben gri*en
unb bie 3&ai}xi)z\i liebten, äuc^ bie Sleformatoren, obtool^l fte auf ba« toafyct SSefen beÄ
ß^riftentum^ brangcn, l^aben feine Bereinigung ju ftanbe gebradjit, Dielme^r ftnb ber
©eften unb Trennungen nod^ immer mel^r geworben, aber tro^ ber 3^Ifud^^ ber ©e«
50 k\)xtm, trofe be« unbarmherzigen Seftengeifte« befte^t bod^ bie Äird^e g^rifti überall ba,
too toa^re ©laubige ftnb, bei benen Steigung jum grieben, ®ifer ber Siebe, Sa totr be»
merfen in unferen ^txtm feinen geringen SSorjug gegen frül^er: bie ftnnlofen fte|erma(^
reien ^aben ein 6nbe, ober boc^ i^rc gefährliche 5Ölac^t Derloren, man ^ält nid^t« me^ auf
^Prebiger, bie Don nic^t« al« ÄontroDerfen reben, man lieft bergleidjien Südj^ mit 6fd,
65 man fu^t ben Duellen ber SDäa^r^eit fic^ toieber ju nähern. 3llle 6^en fmb alfo im
®runbe i^reö ®lauben^ miteinanber einig, ber gtoief^jalt haftet nur an i^ Derfc^iebenoi
Auflegungen unb Sel^rbegriffen. Xa aber bicfe Derfc^iebenen Stuäegungen ntc^t )u b<n
®runbtoa|r^eiten gehören, ba Übereinftimmung in ben Segriffen unmöglich, ober aadf jur
Sereinigung nic^t erforberlic^, fo ift nic^t ab^ufcl^en, toe«l^lb man fidf nid^t im ®laubcn
60 unb in ber Siebe in ber äußerlichen Äirc^e Dereinigen fottte. Son ben ©etfUic^ allein
Sotit SSner 589
iß ftetlid^^ eine fold^e Äird^enJ^ereinigung ntd&t )u l^offen, biclmel^ tji c8 ©ac^e ber Stegte»
not^, ber nad) göttlichen unb bürgerltd^en ®e|e$en befteDten ^rften unb Dbrigleiten; mit
3u)te^ung toeifer unb (^riftlid^ev 3iäU, aud^ in Steligionefac^en bad äBefentlic^e unb 3loU
ipenbtge ein)ufe|en, ben öffentlid^en ®ottedbienft einjurid^ten, ben hieben ut ^anblj^aben
unb bte ^änlcc^m ju t?erbieten, — ja ol^ne toeitere Umftanbe, aaq oUenfaui^ ol^ne Sint^ 5
tDiDigung ber t^eologifc^en ^lultäten, eine allgemeine gebend- unb SSereinigtmgdKrc^e
in i^en Staaten unb Sänbem einzuführen. 3)er Unterfd^ieb unter ben ^roteftanten l^ei^t
'\a bereite fobiel ol^ 3lxAt^ : fte berl^eiraten fic^ untereinanber, ge^en in eine 5tird^; unb
Mm ber einzige Slrtilel bom Sbenbma^l nic^t tDäre, toürbe biefe SSereinigung ber et)an«
«Itfd^ Itir^fe ftd^ t?on felbft machen. ®r5^er ift freiließ immer noc^ bie Sifferen^ jtoijd^en 10
^toteflonten unb Itati^olilen ; bennoc^ l^at S^ftud feinen ©amen aud^ in biefer Jtird^e,
\a ti giebt befonber« in ^talim unb granftreic^ vortreffliche Seutc, beren tiefe Sinfic^t
unb ©del^rfamleit in göttUdben S)ingen aud^ ^Protejtanten behjunbem muffen. — SBpn
ber Bereinigung im äu^erlid^en 5tird^entoefen IJ^anbelt ber 2h)eite 2;eiL ^ier h)irb juerft
geteigt, ba^ ein äußerlicher ©otte^bienft über^au))t nötig, unb ba^ ein folc^er nid^t 16
gan} o^ne Seremomen fein fann. Sluc^ S^riftud l^t tmd %tt>at \>tm aQem 3^ang
beS ceremonteKen @ottedbienfted befreit, aber Zeremonien über^u))t nid^t t^erooten;
ober oQed gel^t bei i^ auf ben lebenbigen %tmpd @otted, ben intoenbigen üRenf^en.
SiD man ba^er äußere Zeremonien, fo bürfen fie m feinen falf^en Segriffen
Xnla| geben, bürfen ben toai^xtn innerlid^en 3)ienft bed ©eifted niAt DertDirren. äsor ao
oQem mü^e ba^er bie ^eilige ©d[;rift, bie Duelle unb Urhtnbe ber dpriftlid^en 9leligion,
in tl^rem älnfd^en, i^em eäten ^e^t unb richtigen Sludlegung J^ergefteQt, bie tated^etifc^e
£e^rart toie in ber alten Jtirc^e toieber mel^r angeh)anbt, bogmatifc^e unb Jlontrot?erd«
)n:ebigten befeitigt, bie je^n ®ebote, ba$ SSaterunfer, bad af)oftoIifd^e @Iaubendbefenntnid
bei ber Untertoeifung ju ®runbe gelegt, bai^ ^rebigttoefen berbeffert toerben ; bie ^rebiger 26
foDen in geifUic^en ©eminaren borgebilbet, bon ben ©emeinben getoöi^lt, bon ben ^Iteften
ober bem Itirc^enrat beftätigt toerben k. 3)ie ©alramente ftnb Zeremonien unb nid^td
toetter ; bie Jtmbertaufe ift \päi entftanben unb l^at ju manc^n 3)ti|bräud^en älnla^
gegeben, foDe aber ald Sintoei^ung vam Z^riftentum beibehalten, nur t?on un))affenben
^^en gereinigt toerben. i)a^ älbenbmal^l, über beffen ®ebraud^ immer noc^ fo so
tnel 3^ift unb Sani, h)äre am beften bid auf eine naivere Übereinlunft aud bem
id^en ®ottedbienfte )u entfernen unb ber f^eil^eit ber Zinjelnen ju überlaffen.
tfegnung ber Z^en unb ^riefter, freiU)iIIige ä3eic^te, %t\U unb gfetertage, ^^irmung unb
)Iung fönnen nad^ Umftönben beibehalten unb naä) bem ^auf^t^toedEe be$ ®laubend unb
ber ®otdeligIeit eingeri^tet toerben. ^n Slnfel^ung bed Hird^enregimented mögen nid^tss
blo^ Sifcpöfe, Prälaten unb anbere l^o^e SSertreter bed geiftlid^en ©tanbed, fonbem fogar ber
$a))ft, 1 ofem fie jur Zrl^ung ber 3uc^t unb Z^re bed geiftltc^en ©tanbe^ bienen, in il^ren
Sürben belaffen toerben, nur ol^ne 3^<ui0dmittel unb toeltlic^e Sel^errfc^ung ber ®eifts
Ii(^. älud^ bie Z^oftgleit toenigftend eined ^eile^ ber ®eiftli(^en, unb fold^e Jtlöfter,
bie )um Seften ber ilirc^e, jur Sugenbunterrid[;tung, Slrmen» unb 5tranlen))flege, auc^ jur 10
®elegen]^eit eined ftiQen, befc^auli^^en Sebend bienen, foQen beibel^alten unb neuerric^tet
tDcrben, nur o^ne lebenslänglichem ®elübbe tc. 2$or allem aber toäre Rieben, Zinigfeit
unb d^riftli^e Xoleran) forgfältig ju unterl^alten unb barauf ju fe^en, baß baS toal^e
Äeic^ Zi^ifti fortgepflanzt, erneuert unb feftgegrünbet toerbc. — So mifc^en fic^ in
btefem merltoürbigen, bamalS t)ielbef))rod^enen, nac^^er faft t)ergeffenen Su^e aufflärerifc^e 46
®ebanlen mit latlj^olifc^sl^ierarc^tfc^cn, rattonaliftifd[;e mit ))iettftifd^en }u bem fc^önen Xraum«
bilbe einer einigen unb allgemeinen c^riftlic^en Airc^e, eines „^ebenStem))etö, toorin bie
Giften aller ycationen unb Konfefftonen i^re Sobgefänge, Si^er unb ®ebete in ^eiliger
«nbad^t unb Siebe bereinigen follen". S9Sageninann t (Zart SRtrbt).
sauer, Äafl^ar, gcft. 1546. — Zafp. SönerS S8ricf6u4, mitgct. 0. D. Snb. Znber« w
in ©ctträgc jur ba^erifctjcn Äirc^engefcijicijte, ^etauSgcg. 0. ilolbe, ©b I— III, Zrlangcn 1895
bi« 1897; Philippi Melanthonis Epistolae in CR ed. «retfdjneibcr, Vol. V, @. 162f., 182f.,
231, 238, 281, i534, 339, 347. Vol VI, @. 24, 34 f.; fiutfter« ©tiefe gef. oon 3)c ©ctte,
4. Seil, 6. 263 f., 5.2., ©.203.206; fiutt)er« öriefioecftfel, öerauögeg. oon ©urf^arbt,
Sclpjig 1866, ©. 330; 3oiua fioner, Methodicae Dispositiones, Zrfurt 1586, ©orrebc; ?Bib. 65
mann, Ordo eorum etc. 1592, ^anuffr. ber Äirdjenblbl. in $of; bcrjclbc, Libellus continens
antiphoDa u. f. to., ^of 1605; berf., Z^ronif ber 6tQbt ©of, l^erauSaeg. o. Z^r. SKe^cr,
^o^enjoflerifdic gorWungcn, II. 3at)rgang, SDUindjen 1893, ©. 125 ff., 230, 237, 239, 242 ff.;
Secfenborf, Historia Lutheranismi, granff. unb Seipjig 1692, I, 241, III, 186, 219, 221;
^olp, (S^rünblic^er ©eric^t oon bem alten ^uftanb unb erfolgter 8f{e|ormation ber i^trc^en in 6Q
590 satter
be« 61. iReic^S @tQbt 9}örblingen, i^örbünaen 1738.8. 74 ff.; ®. 9R. @(6ttiaer, ^er ftircten'
Sibliot^el iu i^euftobt o. b. ^tf4 sn'eite ftnaeige @. 3—14, britte ^(naeige 8. 3—23, 9{eu*
ftabt 1783 unb 1784; ®. ®. «. gifcnfc^er, öJclc^rtc« fjürftcntum »oireut, V, 8.305—316.
9{ürnbera 1808; IRotermunb (^belung). gfortfe^uitg ^u Söc^erd aQg. ®eIe(rteii«Sc;ico III,
6 1038 f.. S>eIinen6orft (©reinen) 1810; Sacfcrnogel, ^a8 beutfcfte Äircftenlieb, Qcipiiq 1864 ff.,
I, 386ff.. 892, 408f.. 421 f. III, 618-643; berf.. ©ibItograpDie gur ®ef(6. bed beutf^en
ftirc^enliebd, gfranff. 1855. 8. 96, 449, 452: 3Rat)er. ^ie 8tabt 9^örblingen, 9}5rblingen
1876. 8. 249f.; ©ert^eau in «b© ©b 19, 8. 152ff., Seip^ig 1884; »ubbe. $aul 8^ram8
ofö Sicberblditer in ßcltfc^r. f. proft. X^cologie XIV (1892), 1-12; 9licft. ©^mibt, fiöner.
10 Seben unb 8(6ri jten, ^onuffr., (Eigentum bed firc^en^ift. 8eminard )U Erlangen ; ftatDerau,
fiiturgif^e 8tubien ju fiut^erd Xaufbüdilein Don 1523 in fiut^arbtd S^r Seip|i(( 1889,
8. 467 ff., 519—525; ©e^er, ^ie ^^örblinger ev. ßir^enorbnungen bed 1 6. ga^r^., Wunden
1896, 8. 23—38, 45 ff.; berf., ^ie ^ofer (Sefongbüc^er bed 16. unb 17. ^a^r^. in IBeitTfige
JUT ba^cr. Älrc^engefdii^tc, ^«gb. o. Äolbe, ©b IV, 8. 63—94. 102—123, ührlonpcn 1898;
15 SiPöfter unb ^Ibrec^t. ^te iRaumburger !^ird)en« unb 84uIorbnung t)on ^. 9{ic. SOfebler au8
bem Sa^re 1537 in 9{eue 3RitteiIungen bed S6ÜTingifd)«8fic6f. ©ereind, ©b XIX, ^ft 4,
$aae1898, m^n ^u Dgl. 9(Ibred)t, (Sin btd^er unbeac^teted fiiebSut^erd, 2:68t5ri89d, 3.^t,
unb bie ^rtifel Don ®et)er unb 9(Ibre4t in 8tona 1898, ^eft 3 unb 4. ^onatf^rift für
®otteSbienft unb fircftl. ftunft 1898 8. 57 ff. 81 ff., 139 ff. ^ 220 ff., 333 ff.; «oftr«, 3>ic eoan.
20 geltfdjen ^atec^idmudoerfuc^e Dor i^ut^erd ^nd)iribion, MoDum. Germ. Paedagog. 9b XXII.
8. 463-480, ©erlin 1901; ^offmann. 9{aumburg o. 8. im geitalter b. Sl^efonnatioit, 2ei|)|.
1901, 8. 134 unb 139; ^e^er. «ud ber Steformotiondgefc^i^te 9^örblinaend, 9{5rbUngeii
1901, 8. 18-23.
Jtafpar Söner ift eine originelle unb Iraftt)otIe ^erfönltd^Iett ber Steformotumdgeit unb
26 ein bebeutenber Steberbi6ter. Über feine Igugenb bringt Sd^mjer (a. o. O. II, 4 ff.)
3lad^xxAttn, für bie er fiep auf Urtunben ber SReuftabter Superintenbentur^Slegiflratur be«
ruft, tamdf ift er 1493 in maxti (Srlbad^ (Sa^reut^er Unterlanb) ate Sftrgerdfo^
geboren, ^m JUofter ^eil^bronn borgebilbet befuc^te er, bom älbt D. Sebdib Sombecger
mit einem Stipenbium bebad^t, bie Uniberfitdt @rfurt, in beren SRotrilel fxdf fein 92mne
ao (Caspar Lener de Margkerbach) unter ben solventes totum bed S.S. 1508
(äBeipenbom, ällten ber Erfurter Uniberfttät II, 1884, 6. 257). 2)ie fernere STjäblung
Sd^nijer^, ba^ £. )ule^t einlgal^r in Sittenberg ftubiert, unb burd^ ben3:ob feinet ffio^t
t^äterd Samberaer (9. ^uli 1518) genötigt, in bie^eimat ^urüd^ide^ren, ben n<u^ Sbig^
bürg reifenben ^ut^er über (Sulmbad^ big 9tümberg begleitet ^obe, la^t fi(( ni^t queOen^
86mäfig belegen, infonber^eit \t^t £.$ 9tame in ber Sittenberger SRatriM biefer ^ÜL
S(ug Dem Seinamen „ber ©d^üler'', ber£.bamald beigelegt toar, borf man laum fc^Ii«
bag er gerabe Sut^erd Sd^üler mü^e getoefen fein (Sc^nijer II, 5). 2)agegen befte^t
lein ®runb, feine nad^ Sd^nijer 1520 erfolgte SlnfteQung atö $farrbilariud unb gtü^
meffer in 9lef{elbad^, alg ber er ^ugleic^ bag eifterjienferflofter Sirtenfelb bei 9leufiabtan
40 ber älifc^ ^u jpaftorieren ^otte, )u be^toeifeln. 9(u(9 ba^ er ^ier bereite im Sinne ber
äBittenberger Steformation, toenn auc^ mit Se^utfamfeit, t^ätig getoefen fei, inbem er Xaufe
unb älbenbma^l beutfc^ ^idt unb beutfc^en (Sefang einführte, ift 3um minbeften ^tnftc^tli^
beg erften $unlteg tool^l glaublich ; benn bie beiben Ionferbatit)en 9{a(^al^mungen bed Zauf'
büdl^leing Sut^erd „Orbnung ber ^uff nad^ toir^burgifd^er Slubriden bon toort ju toort
46 berteutfc^f' unb .„Orbnung ber ^uff nad^ Sambergifc^er Siubritfen bon ft)ort )u toort
berteutfc^t'' (nid^t bor 1523 berfagt) toerben mit großer äBa^rfd^einlid^teit Soner juge«
fc^rieben ; Sd^nher bezeugt au^brüdlic^, bag bad i^^^ genannte toa^rfc^lic^ aber jüngere
Formular mit Sonera 92amen in ber 9leuftabter ^ird^enbibliot^el aufbema^rt ft)urbe (II, 7 ;
bgl. namentlich ßatoerau a. a. 0. @. 467 ff. 9lbbrutf bed ^fbüd^leind, bon bem ^
60 ein @|em))lar, aber ol^^ne Sönerd 9{ame, auc^ in ber 9teuftabter Äird^enbibL ftnbet, o. o. 0.
S. 519—525). 3Rarfgraf ^ebric^ bon SSranbenburg, ßaftmir« unb ®eorgd jungem
93ruber, 3)om^ro})ft in SBürjburg unb Bamberg, toar ber ^ßfrünbein^aber ber ?Pfarrei 3lef[el»
bad^. 3)iefer berfcftte 1524 feinen SBilariu« na^ $of, too ber $ro})ft bie Pfarre St SDKcJiad
innehatte. Sd^ni^er berichtet (II, 8), bag ben älnla^ ^ierju eine SSifttotion bed JUofiad
66 Sirlenfelb burd^ ben W>t ^o^ann Sauterbad^ in Qbxad) gegeben ^abe, ber auf (Entfernung
bed ebangelifd^ geftnnten 3)tanned gebrungen ^abe. älQem bei ber reformotiondfetnblu^
©efwnung be« 3Rarfgrafen griebrid^ (Äolbe, änbrea« ältlj^amer, erlangen 1895, S. 66 u, 71)
ift nid^t an^une^men, bag biefer einen ^riefter, ben er aU 3lnl(Kinger Sut^er^ erlamü, an
einen fo totd^tigen Soften beförbert ^ätte. Salb genug aUerbingd fo^ er, ^u toeb^ Rottet
60 Si^ner gehörte. Unb nun, al^ beffen reformatnrif^e ©efmnung aud feinen ^rebiaten offen*
{unbig getoorben toar, beeilte er fic^, ü^n bon ber HRic^ael^Iird^e in $of ^u entfernen (bie
Xrabition übertrug, toad ^ebric^ t^at, auf ben Samberger Sifd^of (SBibmonnd (SfymvXt,
Sdner 591
@. 280), obtoo^I er ftd^ gerabe bamald in bem unrul^tgen ^abre 1525 ol^ eine @tü^e
bet Otbnung in ber burc^ ben Stoxiavitt $ro))^eten Stord^ aufgeregten Sürgerfd^ft bt^
toa^e. @inige 3^ t)rebigte £öner noc^ in ber JKofterfird^e ber ^an^idtaner, imter benen
t9, ta)ie faft allerorten, ^eunbe ber ebangelifd^en Se^re gab, bann aber mu^te er „hnxd^
^£^nnet gejtoungen tpiber 2BiQen'' $of berlaffen (^rief an 9lb. SBeig in Srail^^eim b. 6
14. gonuar 1527 au« SWarlt drlbac^. I^eol. ©tubien au« SSBürttemberg 1883, ©.32).
(Sr tmmbte ftd^ nad^ SBittenberg; bie SRatrtfel t)om ©.©. 1526 enthält feinen SRamen
görftemonn, Alb. Acad. Viteberg. 1841, ®. 128). ©ein äufent^alt in ber $eimat
Starft^Srlbad^ Januar 1527 fd^eint borüberge^enb getpefen ju fein. @r fyittt tpieber ein
ätmt erholten unb )tt>ar in Oel«ni|. 2)a^ er bort nic^t nur einen 3ufIud^t«ort gefunben lo
1^, toie bie trabitioneOe @r)ä^(ung berichtet, gelS^t barau« ^erbor, ba^ i^n bie Oel«ni|er
fi)ät«r^in oI« i^ren „früheren $rebiger" toid)er begel^en (6nber« a. a. D. 5Rr. 1). 3)od^
toax biefe Oel^ni^er äBirIfamleit bon turjer 2)auer. ^it bem 2^obe be« SOtarügrafen
Softmir (21. @e))t. 1527) ^atte ftd^ bie lird^en^^olitifd^e Sage in ben Sranbenburgifd^en
gürftentümem burc^au« geönbert. HRarlgraf ®eorg ermögli^te um bie 9Benbe ber ^o^e 15
1527 unb 1528 (©treitberger, Oratio inauguralis 1548 ©. 30: toto quadriennio
hanc ecclesiam gubernavit) auf bie Sitte ber $öfer ©emeinbe Sdnem bie SiücKe^
an bie 3Rid^eI«{ir^e in $of. $ier en^altete nun Sner, unterftü^t bon 9tiIolau« SRebler
(f. b. St.), eine großartige äBirIfamleit, inbem er nic^t nur auf aOgemeine Krd^lic^e 3Ra|«
regeln @influ^ erhielt (SorfteQung toegen ber Sefam))fung ber äBiebertäufer, bgl. bon ber 20
2tt^, griäuterung ber Stef.^^iftorie, ©d^toabad^ 1733, ©. 231), fonbem bor allem in$of
felbft ben ebangelifd^en ®otte«bienft einfül[frte (5. ©ept. 1529 erfte beutfc^e 3)lef[e bei
@t. 3R\ä^d, 3Bibmann a. a. O. ®. 237) unb feiner ©emeinbe eine ®otte«bienftorbnung,
ein ®efangbu^ imD einen Jtated^idmu« gab. 2)ie $ofer ®otte«bienftorbnung „Sanon ober
Slubrica aUer Jltrc^en^Orbnung oQ^ie utm $of )u ©t. HRid^ael, angefangen im 29 ^a^re 25
ber minberen ^dfi, burd^ 3R. Qo^pax Sö^ner. 3)itfc))t. in 4'', bi« in bie ^{eugeit erhalten
(^frec^t, Uiber bie $öfer ©c(^u(bibIiot^ef 1795 ff., ©. 47) aber ie^t unaufftnbbar, ift in
i^en ®runb)ügen unb bieten Singel^eiten au« 2Bibmann«Ordo 1592 (eine $robebaraud
in Siona XXII, $eft 12, 1897, bgl. aud^ ^ibmann« Libellus continens antiph.
u. f. to. nebft Ofücia Missae, $of 1605) )u erlennen unb offenbar ba« SSorbilb bon ao
SRmer« 9laumburger 5lird^enorbnung 1537/38 getoefen. Söner« anbertoärt« bejeugte
gfteube an Seremonien (CR V, 347) unb SBorliebe für bie Bpxad^m (®e^er, S)ie 5KörbI.
et>. Jttrd^enorbnungen ©. 27), be«gteid^en ba« Seftreben, biete ®otte«bienfte eimurid^ten
unb jlofuol^blungen in bie ®otte«bienfte ein^ugliebem, treten ^ier bereit« beutliql l)ttt>ox.
dm (S^oItenfHfum ift bie ©teQung be« Confiteor unb ber älbfolution nad^ bem ^jn« 86
troitu«, bieQeid^t in Slnlei^nung an 3)öber« HReffe (©menb, 3)ie eb. beutfc^en 3)lef[en,
©dttingen 1896, ©. 163 f.). ©0 felbftftänbig toie in ber ®eftaltung ber ®otte«bienft«
orbmtng ging £. bei ber älbfaffung feine« ®efangbud^e« bor. @r lann hierin nur mit
Sut^er Dergli^fen toerben, inbem er feiner ®emeinbe eine aQe Sebürfniffe benkfftc^tigenbe
Sammlung bon fremben unb eigenen Siebem barbot (bgl. namentlid^ Subbe a. a. O.). 40
@(^on 1527 tooren o^ne SIennung be« Sierfaffer« 26 Sönerfc^e Sieber im 3)ru(I erfd^ienen
unter bem Xitel „®an| netoe ge^ftlic^e teütfd^e $^mnu« bnb gefang'' u. f. h). Sm Snbe :
ffSobft ®utbted^t", bie mit einer einzigen Si[u«na(;me al«balb in itönig«berg nac^ebrudt
tmtrben (Selege f. bei äBademagel a. a. 0.) unb bon benen toieber 11 in bie SRigaifd^e
Xin^orbnung 1530 aufgenommen tourben. 2)ag nic^t $aul ©))eratu«, fonbem Söner46
beren Serfaffer ift, fte^t feft (bgl. namentlid^ Subbe a. a. 0.). ti^t legte Söner, untere
ftä^ bun^ 9Rebler, eine offenbar giemlic^j umfangreid^e Sieberfammlung an, au« ber no^
\päx (1561 burd^ ©treitberger. ®e^er, 2)ie $ofer ®efangbüc^er a,a.D. ©.70 ff.) einzelne
bt«ber ungebrudte Sdnerfd^e Sieber beröffentlid^t toerben tonnten, fo ba^ fu^ bie 3<^t ber
bid^er mit ©ic^^eit i^m 3ugefc^riebenen 37 Sieber um einige 9{ummem er^ö^t. 9(ud^ 60
ber ilated^i«mu«, ber unter bem Xitel „SSnterrid^t be« glauben« ober Sl^riftlid^er Ünber^
uu^t in. LXXII. %:agen bnb Slnttoortt berfaft. ®ebrucft ^u Slürmberg burc^ ^beric^en
$e)^)nä'' im 2)ru(! erfc^ien unb 3lt)ril/aJlai 1529 berfaft toorben toor (So^ a. a. 0.
@. 463 ff.), jeugt tro| ber älnle^nung an Sllt^amer« Äate(^i«mu« unb Sut^er« frühere
UdtdftA^d^ @d(;riften bon ^eube an felbftftänbiger ®eftaltung. 2)a| S. Anteil genommen 66
^ an ben Ser^anblungen über bie Sranbenburgifc^^^tümbergifd^e Jtirc^enorbnung erfahren
tDtr ou« ber @u))))liIatton ber obergebirgifc^en Pfarrer bom 4.tl^ruar 1531 ($eerft)agen,
®ef(^. ber Sulmbac^. ®eiftlic^Ieit, ßulmba^ 1773/77, ©. 13; ©einiger III, ©. 3f.)unb
buri^ 93ren), beffen ^eunbfc^aft mit S. bon bem 3ufammen{ein in 9[n«ba(^ (8. ^bruar
1631) batiert (©nber« a, a. D. 5Wr. 14; CR V, 368, bgl. SBeftermaver, S)ie SJranbenb.« eo
592 sauer
9{ümb.^Jttr(l^em)irttatton 1894, @. 82). Sönet 1^ bomold bte eBen on^efü^rte, hxsdf
Snf einbungen ber obetdebirgifd^en et). $rebtger beronlo^te, Sittfd^rift um @$u| an 3RaA
graf ®eorg übergeben. äUIein bie^etnbfeligtetten em^^reid^er 3Räitner bouerten fort,
namentlich ^atte £öner unter ben SSebrüdungen burd^ ben $ofer i^u))tmann S^rtflo))^
6 b. SeuItPt^ 2U leiben (über i^n bgl. Sang, 9{euere ®efd^. bed ^rjlent Saireutl^, ®5ttbtgen
1798 I, 80. 164. 175. II, 2. 45. 62. 65. 75. 77. 109. 123). dnbe 3Rai loar feine
Sage fd^on unerträglich^ fSrief be$ äBunrtebler SObinud bom 26.9Rat bei@<^t)er in,6U
unb ed ifi tpo^l nur Sut^erd 3uf))ru4 jujufc^reiben (7. Sunt, 2)e äBette IV, 263 f.),
ba^ er unD HRebler bem ,,tt>ütenben ©atan'' nic|t freiwillig toic^en. Xm 13. ^^ 1531
10 tpurben fie, tt>eil fte bad $a))fttum gar 3U heftig angegriffen unb boburc^ bm Sonbe^
fürften allerlei Ungemac^ bereitet Rotten, au^ ber @tabt bertt)iefen (SBibmomtd S^^nmil
6. 243). 3Ran toirb annehmen müf[en, ba^ Sönerd energifc^ed äluftreten (über feine
$eftig!eit bgl. CR V, 334, 339, 347 f., 368 f., »ur!^bt a. a. D.), ba« p^ in ®e*
n>iffendfad^en burd^ teine Stüctfid^ten ^emmen lie^, gur SSerfd^ärfung bed Stonflmd beige^
16 tragen ^at, allein berftänblic^ n>irb ba^ SSorge^en bed 3eultt>i| nur, n>enn man bed 9tot
grofen ^ebrid^ $anb babei im @))iele fte^t, eine SSermutung, bie burd^ bod unmittdboc
nad^^er bon ®eorg biefem gegenüber an ben %aa gelegte ^Ki^trauen in Sleligtondfac^
(Snftrultion bom 26. äluguft 1531, Sang a. a. D. II, 59) geftü^t tpirb. Sdner mu^
bie SSertreibung au^ $of um fo fc^merjlid^er em))finben, al^ er fi^ bort mit ber XoAter
20 be^ Sürgermeifterd Jtonrab geiltfc^er, 3Rargareta (@nbecd a. a. O. 9tr. 57), einer Sec^
toanbten HReblerd, ber ein gebomer $ofer toar, bere^elid^t ^atte unb er ie|t feine %tou,
bie 2B5c^nerin n>ar, berlaffen mu^te (äBibmann a. a. O. 243). äBä^renb SRebler not^
äBittenberg ging, toanbte ftd^ Söner nad^ Detöni^, too er anfangt mit ^au unb Jlinbem
in %>t toax (^ef an ällt^amer bom 10. Sluguft, ©c^nijer III, 9 unb ftolbe, SQt^mer
25 @. 121), balb aber auf bie bon HReland^t^on befüm)orteten Sitten ber ©emeinbe bie
^farrftelle erhielt (@nberd a. a. D. 3lx. 1). ^n bie Oel^ni^er Reit fällt bie 2)rudHegun9
be^ 20 feiner Sieber (barunter brei neue) entbaltenben ®efangbu$d „®eifUi^e gefong, aud
l(^eiliger ©d^fft mit bleid ju famen gebrad^t, ^nb auffd neto ju gerieft. äBittemberg. 1538
(SSatfemagel, itirc^enlteb I, 408 f.). ältö 1539 bie Sieformation bed ^erjogtumd ©ac^en
so burc^gefü^rt tourbe, ))rebigte Söner gafttoeife in Sei^gig (Srief bed ^onad bom 7. guni
bei ©eclenborff a. a. O. III, @. 221), feine Berufung bort^in tourbe aber auf eine i^n
tief Eränienbe äBeife ruf gängig gemad^t (@))alatin an Sut^er unb ^onad bom 19. €e))t
1539; Surl^arbt, Srieftoec^fel ©. 330). 2)ie trabitionette dr^ä^lung bon einer Seit)aiflcr
äBirffamleit Sönerd (noc^ bei 93ert^eau a. a. 0. ©. 153) ift unhaltbar (Sonera 60^
85 ^ofua in Method. Dispos. a. a. 0. : „Praefuit autem ecclesiis Guriensi Naris-
corum et Oelsnicensi, postea Cathedrali Numbergensi ac tandem Nordlingensi
in Suevia." 25gl. auc^^ CR V, 162 ; 2)ol)) a. a. 0. «eilage XL VIII unb nomenüic^
§offmann a. a. D. ©. 134 änm. 2). 3"^ Unmut backte er baran, fic^ bom ^rAigt*
amt gänjlid^ jurütf^u^iel^en, bie Berufung nad^ Ofd^a^ lehnte er ab (2)e 3Bette V, 203.
40 206 ; Surt^arbt a. a. 0.), na^tn aber einige ^abre f))äter bie $rebtgerfteOe am 3lawn^
burger 3)om an, too er feit Oftem 1542 n>irfenb (©(^reiben SReblerd an Stm&orf bom
14. 3)iärj, $offmann a. a. D. ©. 134, 21. 2) bei bem nod^ anbauemben ©tnflu^ ber
Äanoniter lein allju grofee« SBirlung^felb ^atte (CR V, 163 unb 164. Über eine 8f
fc^toerbe be« 2)omfat)itelg über angriffe Sonera auf ber Äanjel f. $offmann a. a. D.
45 ©. 139 31. 1). $ier toar er toieber mit feinem ^eunbe 3Kebler bcreint, ber an ber
Sffienjel^Iirc^e in ber bom ©ebiete ber 3)omfreibeit gefd^iebenen ©tabt 9laumburg toirbt
3)ur^ bie SSermittelung bc^ SBittenberger ^rofeffor^ genb, eine^ geborenen Jlörblingei«,
unb auf bie @m))fel^lung Welanc^t^ond erhielt Söner, ber fc^on länger baran backte, bon
SRaumburg fortzugeben (ßnberd o. a. D. 9lr. 4), bie 5ßfarr- unb ^rebigcrfteHe an ber
60 ©t. ©eorggfird^e in SRörblingen, bie big^er Rarü^ (f. b. ä. 93b X ©. 22 ff.) innegc^t
^atte (CR a. a. 0.; 2)olj) a. a. D.). 2lm 14. 9lobember 1543 bom 9lat, ber ftc^^ iw*
anbertoärtd über i^n ertunbigt {^ohp ©. 74) unb i^n burd^ ))erfönlic^e SorfteDung (CR
V, 183) lennen gelernt ^atte, berufen, trat er im Januar 1544 (CR V, 281) fein neuej
2lmt an. 3" 9Jörbltngen entfaltete er nun atö erfter ©u^jerintenbent eine cot bie J^ofer
55 3eit gema^nenbe burc^greifcnbe organifatorifc^e I^ätigleit, inbem er ben offenen unb 0^
Reimen ffiiberftanb feiner ÄoUegen unb be« SRat^ ((gnber« a. a. D. SRr. 25 u. 27; ^d^
©. 75 ff.; ©e^er, 3)ie 5Rörbl. ÄD, ©. 37) manc^e«mal aüffi energifd^ (CR V, 334, 339,
347, 368 f.) übertoinbenb ba^ Äir^cntocfen nac^ feinem SEBiDen orbnete unb feiner Se^
meinbe h^ieberum Jtirc^enorbnung, Jlated^i^mud unb ©efangbud^ gab. 2)ie 9ldrblinger
60 Jtirc^enorbnung ftimmt, foh^eit fxd) bied au^ ben @ntn)ürfen unb avA ben im ©efangfruc^
sauer Saferer 593
ott^enen 9lott)en erfe^en lä^t, in ben tpefentlid^en fünften mit ber feinerjeit für $of
aufgearbeiteten überein unb lebte nad^ ben äBirren bed ^i^^^^^^ ^^ ^^ Stun^lerfd^en Dti^
mtng bon 1555 tpieber auf. 2)er Heine Jtatet^i^mud (befd^rieben in äBad^emagel^ Jtird^en«
CA I, 421), offenbar bor bem ®efanabü^(ein bon 1545 (^intoeife auf ben Jtated^i^mud
bafelbp ©. 46, 47, 49) für bie 5Rörbrinfler ®emcinbe gebruit, ift bei atter fad^Iiien Sin« 6
le^nung an Sut^erd @nc^iribion burd^ bie Orbnung be^ Stoffel in fed^^ ®ef))räc9en mit
128 ^aaen unb Slnttoorten, bie Seijie^ung reid^Iid^en 9(nfd^auungdmateriatö unb burc^
bie eingefügten fieben £5nerfd^en ^atec^idmu^lieber ein fe^r beac^tendtoerte^ Stütf ber lote-
d^fcben Sitteratur. 3)ad ©efangbüd^Iein ber d^riftli(|en Jlird^en }u 92örblingen (1545)
enblicp (befc^eben in 2Bad(emageI, Jtird^enlieb I, 422) ift namentlich Itturgifc^ t)on ^nter^ lo
effe, ba ed f))e)ieQe SSorfd^riften für bie SSetteilung ber Sieber auf bie einzelnen ©otte^
btenfte unb bie Seiten bed ßird^enja^rd enti^ött.
9lur jtoei go^re bauerte Söner« SQSirRamleit in SRörblingen. ©d^on am 6. ga«
nuor 1546 ftarb er an ber Rolxl (2)oI;p^ Angabe @. 78 toirb burc^ bie Slcc^nungen
ber @tit)enbien))fleg in 92örblingen beftötigt). ©eine 3Bittt>e heiratete ben ©d^ulrettor i5
S. ?Piftori« (SedEer) in 3laumburg (dnber« a. a. 0. 3lr. 57), eine Soc^ter (?) SBlargarete
tanrb 1550 aU bie Seiterin ber 9)aumburger SRäbc^enfc^uIe ertoöi^nt (©c^ö))^e, ^ux ®efd^.
ber Slef. in 9laumbiufg. 9Ieue HRitteilungen be^ 2;^ünngifc^^äc^rtfcben äSereind XX,
ßeft 3/4 ©. 422). SSon feinen übrigen fiinbem (Snber« a. a. D. 9lr. 5. 6. 47) ift
§ofua betannt getoorben, ber 1595 ald @u))erintenbent in älltcnburg geftorben ift (über ao
fein toe^felreid^ed Seben giebt ©c^ni^er a. a. O. III, 22 f. Sluffc^Iüjfe; bgt. auc^ ^öd^er
II, 2494 unb SRotermunb III, 2039). äßelc^e 2Bertfc^ä$ung Ra\pax Söner bei feinen
3eitgenof[en gefunben ^at, fte^t man avi& ben Sobf))rüc^en, bie ilS^m SRelanc^t^on erteilte
(CR V, 182, 238, 281, 339); nad^ feinem Sobe fc^rieb er an 3ona« (CR VI, 34 f.):
„intra duos menses amisimus Lutherum, Cordatum, Loenerum''« 26
Dr. (S^r. (S^e^er.
S0f4er, äJalentin (Srnft, le^ter bebeutenber SSertreter ber lutl^erifd^en Ort^obo^ie
unb aSorläm^fer gegen ben $ßieti«mud, geft. 1749. — Ou eilen: %t). (Srüger, fieben
Söj^erd, ^re<(5en 1751 ; ^m. \>. (Sngell)arbt, $. (£. Softer nacd feinem Seben unb Sirfen,
5>orpat 1853, 2. «bbriid ©luttgart 1856; ®. Sect)Ier in ber «lb93 19 (Seipjig 1884). 209 30
bi« 213: Teufel, Äir(<|lidjc8 C)on^I«£i'on» ®l> 4, 6.323—325; ©cfjröbl, in «Befer unb SBelte,
ft.'Se^ifön, VIII*, 85; Srortgefet^te ©ommlung uon Alten unb ^eucn ^^eoIogtfd)en Socken.
«uf bad 3a^r 1749, @. 987, 742—754; V. E. Loescheri coDatus literarius in Feustelii
Mifloellaoea sacra p. 678—685; ®. ^. (^ötte, 'S>a^ je^t lebenbe gelehrte (Suropa, ^raun--
fdjroeig 1736. 11, 169-233; 3. 3. 3Rofer, Beitrag ju einem Sejico lut^erlfcfter unb refor* 86
mierter S^eologen, SüQi^au 1740, @. 415—439; (£. g. @4merfabl, SuDevläffiae ^Mri^ten
oon jiingftoerftorbenen ©ele^rten, 3^0^ 1750, I, 579; Uuparteiifc^e Äirt^en-jpiftorie eilten
unb »euen XeftamentÄ, 3cna 1754, III, 995 f.; St, g. 3Jlofer, ^atriotifc^e« «rcftiu V (1786),
518 ff. ; tl. $. i^re^gig, ^Iburn ber eDangeUf(^«lut^ertfd)en (S)ciftlid)en im Königreiche Sadjfen.
5)Te»ben 1883, ®. 571, 102; X^SR® 93b VI, S. 157, 39-42; ob X, ©. 263; g. «lancf- lo
meifter, 91ud bem Seben D. $. @. Söfc^erd in ben Beiträgen jur ffic^ftfc^en Kirc^engefc^icbte,
a ^eff, Seipiig 1893, 6. 330-344; berf., @öd)fif*e mrcticngeWic^te, 3)rc8ben 1899. @. 193,
195, 224—254, 281—285, 304-331; @d|rabcr, ®cf*i*te ber griebric6ö«Uniüerrität au^aüe,
1. Xeil (»erlin 1894), 6. 227, «. 13, 203; g. 3E. uon SBegele, ®ef«i*te ber beutfctien
^iftoriograp^ie feit bem 9[uftreten bed ^umanii^mud, i^jünc^en unb ^eip^ig 1885, @. 488; 46
®. Äramcr, «uguft ©ermann grancfe, 2.2;eil, itaUt o. 8. 1882, 6.72—84, 272-319, 343;
©. @4m{b, ^ie Q)ef4i4te bed $ietidmud, iRörblingen 1863; 9^itfd)l, ®efd)ic6te bed $ietid«
mu«, 3. »b, 2. «bt. (»onn 1886), 6. 71, 204, 408; g. S. ©art, 5)er Seonflift ber furfa«-
ftfdien Slegierung mit ©errn^ut unb bem ©rofen üon 8i"i^"borf 1733—1738, im ^euen
9(rd)io für bie @ä(^fifd)e ©efdjic^te unb ^ItertumSfunbe, »b 3 (^redben 1882), 8. 9, 18, 60
24 f., 27, 33—40, 43; 3- 2:^. Wüner, ginjenborf olS Erneuerer ber alten «rüberllrt^e,
Seipalg 1900, @. 56; $aul Sc^ulje, 8«^ 9?eubegrünbung ber ®re«bener «ollSfc^ule im ©e=
ainn bed 18. 3a^r^uubertd in „gran^ SBil^elm Slodel, 91ud bem Seben eined ffic^ftfdjen
fecftulmanne*", 3)re8ben 1900, geftgabe, 8. 151—176; Stftolucf, 5)er ®eift ber lutfterif^en
Zoologen SSittenbergd 1852, 6. 297 ff.; &, granf, ®efd)i(^te ber ^roteftantifc^en :£6eologie, 66
2. Xeil (Selpalg 1865), ©.167-171, 308, 347; ©.®a6, (Öcjc^ic^te ber «ßroteftontifctien ^og*
matif in i^rem Sufammen^onge mit ber Xl)eologie überhaupt, 93b 3 (Berlin 1862), 6. 12
bift 69, 84, 161 f.; 3- «[. Corner, ^efcftid^te ber $roteftantif*en Xbeologic, befonbcrS in
löfutf^Ionb, 2. «bbrud, 3Jlün*en 1867, 8. 629-633; S. 5)ieftel, ®efd)iditc beö ^Utentefto-
ment» in ber (6riftli*en j^ircftc, Scna 1869, @. 332, 334, 338, 341, 367, 454; g. ©lecf, eo
Einleitung in bod tllte ^eftament. ©gg. oon 3i>6onne0 8leef unb ^bolf 5^ampt)Qufen, 3. 91.,
beforgt oon «bolf Äampftaufcn, Serlin 1870, 6. 139, 736. 744; d. ©ciel, Hymoopoio-
grapfioa, ^mpabt 1721, ob II; 6.©ejel, Anal, hymn., QJotfta 1756, »b 2, 8.563—569;
llMl«0HCtao^bic fft« Xl^Mloaic ntb fHr^c. R. V. XI. 3g
594 saferer
^. 5. 3B. gif*er, Äirc^enlieber.ßeflfon, 1. ©älfte, ®ol^a 1878, 6.128, 142, 245; 2.^älftf,
©ot^a 1879, ®. 167, 53, 73, 77, 187, 207, 247> 252, 344, 410, 454; @up^)Icinent, Oot^a
1886, e. 33 f. 38, 64. — Solcher« 93ricftt)c*fel befinbet p* öuf bcr Hamburger ©tabtbibllo-
tf^tt, banbfdjriftlid^ed Material über i^n in bem ^redbner ^auplftaat^rd^io, 9fatd« unb dpbo^
6 ralarc^lo, auc^ im $(rd^iD ber t^eologif^en gfahtltät ^u ^alle (ogL Ihamer, a. a. £)., U,
289, «. 2).
SSolentin @mft fiöfd^er flammte aud einer toeitberjtoeigten ^farrfamilie, oud ber eine
Steige angefe^ener ©eiftttd^en, unb ^obolud £., Sut^erd Sd^Üler unb ^au^enoffe, auc^
älbrol^am £. (9(bS 19, 208 f.), ^erDorgingen. @r tourbe am 29.3)eiember 1673 )u6on<
10 ber^^aufen geboren, tt>o fein SSater, Relpax 2,, bad 9lmt eined @u))erintenbenten Betleibete.
HRit biefem ftebelte er 1676 nad) Srfurt, 1679 nad^ gtpitfau über, tt>o er ben Unterricht
bed SRagtfterd ^ftel unb be^ 9leftor^ ^aum geno^. Slac^bem fein Soter 1687 oB
®eneralfui)erintenbent unb $rofeffor ber Geologie nad^ SBittenberg berufen iDorben toor,
b(^og er 1690 bie bortige Uniberfität. Um biefe ^üt begannen bie ))ietifüf(^en Streitig«
16 leiten. 2)te t^eologifd^e ^lultöt in äBittenberg nal^^m bon t>oml^etn fei^r entfc^iebot
SteQung gegen ben ^iett^mud. Söfc^er jetgte nur geringe^ ^nterefle für bie faißi^
unb tbeologifd^enj^agen. @r ftubierte audfc^Ue^lic^ $^iIologie unb ^ef^ic^te unb träumte
bon rünftigem ©ele^rtenru^m. Unjoi^ßge ^rojelte ju litterar^iftorifc^en äirbeiten unb
tptffenfd^aftlid^en Unternehmungen aQer Srt heulten ftd^ in feinem Jto1f>fe. Seinem 93ater
ao ju Siebe be^anbelte er in feiner HRagifterbiffertatton ein t^eologifc^e^ X^ema unb eine
gettfrage: „2)ie redj^te Se^re bon ben Sifionen unb Offenbarungen" gegen ben ^ietiftoi
$eterfen. @in längerer älufent^alt in ^iena unb ber SSerfebr mit Soier unb Sagtttoriu«
toecften bad l^ntereffe für Jtirc^engefd^id^te. i^iftorifd^ed SSerftönbni^ ber „natura(ifiif(^"
unb „fc^toärmerifc^en" (b. l), extrem ))tetifttjc^en) ^enlart erfc^ien i^m nunmehr oU bie
36 erfte ^ebingung einer erfolgreid^en 93etämt?fung ber antiltrd^lic^en 3^i^^^*]V^* ^^^^
unternahm er bie alabemifcpe Steife, ^n Hamburg berfe^rte er mit bem fanotifc^en ®egner
©j)ener«, bem ort^obojen ^aftor ^0^. gtiebr. SKa^er. Ign $oHanb befud^te er bie refor«
mierten $od^fd^u(en unb bie arminianifd^en X^eologen Simbor^ unbSIericud. ÜbttRdpcn^
'^agen ging er nad^ Sloftod^ unb befreunbete ftd^ bort mit bem ®eftnnungl|genof[en Vtccqa^f
80 bem ^rof . f^ed^t, toeld^er e^ nad^mal^ für geboten ^ielt, &pmct bie Seligteit a63uf)>re(|en.
Sa bie t^eologifd^e ^atultät }u SBittenberg eben bamafö (1695) i^re „c^riftlut^erifc^
3Sorftettung" gegen ©})ener beröffentlid^t ^attt, fo bcrmieb Söfd^er e^ in Serlin, ©Jjenei
aufpfud^cn. 1696 eröffnete er in 28tttenberg feine atabemif(^ SSorlefungen über bie
älnfänge be^2)ei^mu^ unb^ietiMu^. @r finbet bie erftenjteime ))ietiftifd^ »nfdJKiuungen
85 bei ben ))(atontfterenben äUeianbrinem unb beim 3lreo))agiten.
1698 tourbe Söfd^er 5ßaftor unb ©uperintenbent in Jüterbog, 1701 ging er aö
©u})erintenbent nad^ 2)eK|fd^; bon 1707—9 loar er ^ßrofeffor in SEBittenberg. 1709
tourbe er aU Pfarrer an bie Jlreu}!ird^e nad^Sre^ben berufen unb jum @u))ertntenbenten
ber 2)re^bener 3!nf})eftion, toie jum äffeffor im Dberfonftftorium ernannt. 3^ biefet eim
40 flu^reid^en ©teDunp berblieb er bi^ ju feinem S^obe 1749.
2)er @intritt md ))ra!tifd^e ätmt gab feinem ®etfte eine anbere Slid^tung. Sen Se«
bürfniffen ber Äircbe toanbte er fortan feine 3lufmerlfamleit ju. ©eine umfoffenben Äerait*
niffe unb feine toiffenfc^aftlid^en gotfd^ungen ftettte er bon nun an in i^ren 3)ienfL Db*
gleid^ bon ^erjen ber ort^obo^en Stid^tung jugett^an, toar er unbefangen genug, bie bon
46 allen emften S^riften beflagten unb bon ©))ener gerügten 92otftänbe in ber jurd^ an)»«
erlennen unb bie SStugerlid^fctt be^ c^riftlic^en Sebcn^ in ben ®cmeinben auf bie Serf&um«
niffe ber ort^obojen ^ßaftorenjurüdfjufü^ren. @r nal^m feinen änftanb, fi(^ ber SKittd
)u bebienen, bie @))ener ^ur Belebung bed ©laubend in 9[iorfc^Iag gebrad^t l^e. VÜ
©u))erintenbent brang er auf (Sinfül^rung ber ^atec^i^mu^e^amina unb em))fal^I unter ^
60 toiffen Jtautelen collegia pietatis.
^mmer ober blieb fein ^M auf bie JÜrd^e aU ®an}c^ gerichtet, ©d^on in S^eibog
reifte fein 5ßlan, eine beutfd^e t^eologifd^e Rjitfd^rift ju grünben. SWit bem Seginne bc^
^a^re^ 1701 erfc^ienen bie ,,Unfc^uIbigen iKad^ric^ten bon alten unb neuen ^eologif«^
©ac^en", im erften 3iö^^9<*n0^ unter bem 2iitel „9Kte^ unb 5Reue§ au« bem ©d^e t^
66 SCBiffenfc^aft", bon 1721—31 unter bem 2:itel „^Jortgcfefete ©ammlung bon alten unb
neuen t^eologifd^en ©ac^en" unb unter ber Slebaftion oe« SKag. SlemlSfarb, feit 1731
toieber unter Söfc^erg Seitung. @« ift bie erfte tl^eologifAe 3«i^^nft ©ie eiferen alt
monatlid^, bi^toeilen auc^ aUtoöc^entlid^ unb brachte Siejenftonen unb 9[rtiIeL 2)te9{eu^
be« Unternehmen«, bie 2^üd^tigteit bc« Herausgeber«, ber aDe bebeutenberen litterorif^en
60 (Srfd^einungen berücffic^tigte unb ben Setoegungen in ber lat^olifd^ unb reformiotm
saferer «95
fiin&e, foiDte ollen SBetlen in fronjdftfc^cr, englifd^er, itolienifd^et Bptadft ferne Slufmert
fornreit jutoonbie^ aud^ bte im ganjen toürbige Gattung in ber^olemil goB ber ^eitfd^rift
eine gom au^erorbentlid^e Sebeutung. @te mu^te naa^ einigen Iga^en in jtpetter Stuf«
läge erfd^einen. Söfc^er ^atte f^d^ butci[^ fte )um ^ü^rer ber or^obo^en Partei in ber
lutJ^erifc^ Jtird^ unb )um SSertretet ber lut^erifd^en tpiffenfc^ofUid^en Geologie auf^ 6
gefd^tDungen. ^er Jtamf)f, ben bie 3^^f<^^fi führte, galt ben ;,naturali{ttf(^en unb fano«
tifi^en 3mel^".
3n bem Seftreben, bie berechtigten ^orberungen bed ^ieti^mud jur Stnertennung )u
bringen, Deröffmtlid^te er in Jüterbog ferne ,,®blen Slnbac^t^früc^te'' jur ®m))fe^tung ber
tbeologia mystica orthodoxa, rügte bie ^^gro^e SSerberbung'' aQer brei @tänbe ber lo
itin^e unb forberte ben ..innerlichen ®ottedbienft" : ^eilige Snbad^t, SSerleugnung bed
ffiiHend, Xdtung bed t^teifd^ed. @r tpiU bie .,$erjendt^(ogie'' (e^ren unb geigen, ba^ ed
au|er ber äBiffenfc^ft unb bem Selenntnid ber ©toubendarttfel unb bem &u{;erli(^en
ZugenbbKmbel nod^ et1t>ad ^nnerlic^ed giebt, barin man tpac^fen mug. Slber er tt>iQ oud^
(Srengen gießen )ta)if(^en ber in ben ©d^ranlen ber reinen Se^re bteibenben ,,tt>al^ren 9(m u
ba^t" unb bem gegen bie Jtird^ unb i(;reSe^re gleic^tltigen ..fanatifd^en Sutj^ufta^mud''.
S>en eingelnen 9tbf($nitten biefed äBerIed fügte er einige ))on i^m felbft gebid^tete geift«
lic^ Si^et bei, ))on benen nic^t li'enige in bie tircplid^en ©efangbüc^ übergegangen
ftnb. 2)ad Su^iA „O Jtönig, beffen SKajeftät'' brauet ben Sergleic^ mit benen feiner
t^Iogif4^ ®egner nid^t )u Weuen. 20
ybiz Überftebelung nad^ ^eli^fd^ (1701) getoö^e i^m bie 3Ru^e ju grünblid^em
@tubtum ber ^räifc^ Qpxai^ unb gu e^egetifd^en unb biblifc^^tl^eologtfd^en arbeiten,
^n bot Unf(^ulbigen SRad^ric^ten veröffentlichte er „pia desideria", bie barauf au^el^,
in gleich SBeife ber Yeritas tüie ber Pietas bie $errfc^aft ju fu^em. SSorjug^toeife an
feine älmtdbrüber manbte er fxä^, tpamte fte bor ber „^(^toürbigen ©elbgier'' unb ber 26
ma^fen @^u(^t, Xitelfud^t, ^enfd^fud^t unb erinnerte fie boran, ba| i^nen bie ^ergen
unb nUft bie O^ren anvertraut feien. 2)ie Stubierenben ber S^eologie unb bie Ranhu
betten fa|te er ind 9(uge unb em))fa^l SSeretne ber ©leic^gefmnten. SSom Jtirc^enregimente
forberte er 9Btebereinfü^rung ber ^ir^ent)ifttationen. 3)ie ^emeinben fud^te er bun^ @in«
rk^tung bon Saienbialonaten )u beleben, benen bie 3(rmen)>flege übertragen toerben foßte. so
Sefonbered ©etoic^t legte er auf bie ^eiligung bed <5onntagd.
3n bie 3ät feinet ^eli^fc^er Sufent^lted fiel fein Ravxp^ gegen bie Uniondtenbenjen
bed berliner $ofe^ unb ber biefen Seftrebun^en entgegentommenben ))ietiftifc^en X^eo«
logen. 5l5nig ^ebrid^ I. berief 1703 ein Umon^fiollegium unter bem ^räftbtum bed
j^ofprebigerd Senjamin Urfinud. @))ener, aufgeforbert ^c^ an bemfelben ^u beteiligen, 86
le^te ab, loer^e^lte auc^ nid^t feine 93eben!en gegen bad Unternehmen. Ser lut^ertfd^e
^xtpft 3tiL Sütten« fd^ieb balb aud. 3)er ))ietiftifc^e ^aftor 2Btndfler bagegen, ebenfaQ^
StitgltA bed itoUegiumd, Veröffentlichte fein „arc^anum regium", in toel^em er bem
itönige atö summus episcopus ba^ Stecht ber Union iu\pxai^ unb bie Pflege bed
StetidmiiS ob bad befte SRittel gur ^örberung ber itir^eneinigung emf)fa^L 2)iefen m
vlac^inationen trat Söfc^er anonym mit feiner ,.9Uleruntert^änigften 9(breffe .... bie
Steligiondvereinigung betreff enb" entgegen (1703). @r betonte bte burd[^ge^enben S^^
untofc^i^e ber beiben evangelifd^en Kirchen, unb fanb in ber Segünftigung ber Union
kNm fetten ber ^iettften ben fc^logenbften Setoeid für i^ren ^nbifferenti^mud ber Jlirc^
unb ber reinen Se^ gegenüber. @o toeit lomme man, meinte er, n)enn bie „allgemeine i6
2)et>enben) bed 93erfitanbed Von bem 9BiQen unb ber Ort^obojrie von bem frommen Seben
ae^frt toirb". Snfolge be« burc^ bie „Slbreffe" erregten ©treiteö liefe Söfc^r feine „Qu
^otie ber erften Steltgiond^motuum jtoifc^en benen Svangelifd^-Sut^erifc^en unb 9lefor«
miecten'' erfc^einen (1704) unb im ^a^re 1707 unb 1708 bie „äludfü^lic^ Historia
motuum'' in jtoei Zeilen, eine h)ertvoQe 3ufctmmenftellung ber auf ben Streit beiber so
ftir«^ be)üglid^ Zl^atfa^en. 2)en britten Zeil ber Historia (»ubli^ierte er erft 1724
mit einem Voränetifc^en älnl^ange „(Srmal^nuitg an bie reformierten ©emeinben in 3)eutfd^«
lonb'^ nof^bem bie Union^orfd^läge ber äBürttemberger Z^eologen Qift. Jtlemm unb
SR. $faff bd ben evangelifc^en @tänben in ätegendburg 3(ntlang gefunben Ratten.
SBSdJ^renb biefer Streitigfeiten erfd^ien fein 3ud^ ,,de c^ausis linguae Ebraeae'' 66
unb feine „historia meretricii imperii'', femer „gel^eime ©erid^te @otted über bad
$a|)fittum'' unb „Jon, sive origines Graeciae restauratae'' eine Unterfud^ung über
bie i^crtunft ber Ueinaftatifc^en ©riechen, ^wc Belebung bed ©laubend ober „)u iSx:
toedung H>a^^ietät" gab er 1704—10 feine „ßv. 3^««ben gottge^eiligter ämt^f orgen"
i/tfaM, bie aUgemetn mit 93eifall aufgenommen h)urben. eo
596 Sdf4er
3um @tteit mit ben ^ietifien tarn ed erft, <d^ S^ener geftorben unb 1706 ^oo«!^
Sänge al$ Sorfömt)fer ber $allenfer aufgetreten mar; unb jnHir burc^ 93er5ffent(u^iing
ber ,,äufri(l^tigen Slad^ric^ten bon ber Unridf^tigfeit ber Unf^. Slac^rid^ten". 3Rit biefer
©d^rift ging ber ^ietidmu^ )ur OffenftDe über, gn berfelben mirb bie 9e^au))tung auf-
6 gefteQt, bie fog. Ortl^obo^ie fei ^rrte^ unb bie Ort^obosen feien @pitwc&tt, Stt^en unb
indbefonbere $elagianer, (e^tered tpegen i^rer Se^re bon ber theologia irregenitorum
ober tpegen bed @a$e$, ben Sc^eltpig berfod^ten ^otte, ein gottlofer Drtl^obocer fei lein
natürlicher SRenfd^ me^r, fonbem erleuchtet unb tihtne ein red^tfc^ffener $räiger fein.
3. Sänge be^aui)tete, bie tpfadElid^e Drt^obojrie fönbe fu^ nur bei ben ^ietiften. Samit
10 toax ber bisherige Streit )u einem Se^rftreit geftem))elt, bie ))ietiftifci^e Se^etfe ofö bie
allein bered^tigte ^ingefteQt unb ber OrtJ^obo^e bie ^be angdünbigt Überall unb be»
fonberd in ben Se^ren bon ber @rleud^tung, \)on ber Seid^te unb Slbfolution bon ber ^.
@d^, bom ©lauben, bon ber Siec^tfertiaung unb Heiligung, ))on ben SRtttelbingen
tPoQte Sänge ben £)rt^obi>j:en bie bebenUid^ften ^rrle^ren nad^mdifen. ^aya ffÜftU ^0.
15 Sänge ben ©treit in ber leibenfc^ftlid^ften äßeife, mit einer Sto^eit unb ©elbftuber^bung,
bie nur in ber $olemiI eined SRe^er imb ©d^eltoig i^r äSorbilb fyitU.
Söfd^er übernahm bie SSerteibigung ber Ort^obojrie unb bie 93eläm))fung bed fo trD|ig
auftretenben ©egnerd. ©eine Berufung atö $rofeffor nac^ SSSittenberg an Seutfc^mann^
©teUe (1707) lam i^m unter fold^en Umftänben ermünfc^t. @r fonb 3eit, ®ffc^td^te unb
20 2Befen bed ^ietidmu^ )u ftubieren. 9(1^ erfte ^c^t biefer Arbeit erfc^tenen feine „P^^^^
notiones et notiones theologicae'', eine Unterfuc^ung ber t^eologif^en Srariffe, beren
äluffaftung )tt>ifd^en beiben Parteien ftreitig tt>ar (^id)ergeburt, Heiligung, Snteuenmg,
®rleu^tung). 9lu(^ berteibigte er ^ier ben ©a^: dootores orthodoxos impioB esse
illuminatos.
35 9{ad^bem er 1709 unter großen Sl^renbejeugungen fein 3)re§bener Slmt angetreten
^tte, entfaltete er in biefem eine bielfeitige, überaus fegendreic^e Zl^gleit. ^ebeneomt«
tag unb 2)onnerdtag ^at er ge))rebigt, 924 ©eiftlid^e in ber Jtreu)Itrd^e orbtniert, bteSoEok
bifttationen tüieber eingeführt, ©ec^^ 3)redbener ^ird^en, barunter bie ^auen» unb 2)rci^
fönig^Iirc^e (in ber 9teuftabt), ^at er getpeij^t, bie Xetlung ber großen ^ßonx^ien inStngriff
80 genommen, bie Segrünbung bon bier geiftlid^en ©teilen bur^efe^t 2)ie äiotberettung
ber Jlanbibaten ber XlS^eologie na^m er träftig unb erfolgreich in bie $anb. ©eine befom
bere e^rforge galt ber SSolföfd^ule unb ber Silbung ber Sej^rer. fiur) nac^ feinem Xmtö«
antritte, am 1.3)ejember 1710, trat bie erfte Slrmenfc^ule in« Seben, balb folgten ftcben
anbere. @r forgte nic^t nur für bie Unterhaltung, fonbem aud^ für ben ätudbau M
85 Unterricht« unb eine ftraffere ^anbl^abung ber ©c^uljud^t. 9lm 12. ©e))tember 1713
^ielt er bie erfte Äonferenj ber Se^rer feine« ©})rengel« ab. ^n ben j{ätn))fen ber 3«^
geigte er ftc^ al« furc^tlofen S^araher, ber mit feinem äBorte unb feiner ^erfönlic^Ieit bie
©emüter beruhigte, fo bei ber (Srmorbung be« ^ßrebiger« 3W. $al^n 1726, bei ber Ser»
legung ber §ofgotteebienfte au« ber ©c^lofelajjelle in bie ©o})^ienIird^ 1737, bei bemSr-
iü fc^einen be« dürften £eo))olb bon 3)ef(au bor ben 2;^oren bon S)re«ben nac^ ber Bdflaift
bon Äcjfeteborf 1745. ©eine ^rebigt am 10. ©onntag nad^ 3:rinitati« 1748 über bie
ajliflftänbe be« »rül^lfc^cn 9legiment« beranlafete Ä. %. 3Rofer )u ben ©orten : „3»an
fagt, unfere 3^*^ Ratten feine 5ßrot)^eten me^r, ^ier fte^t einer!"
^ro^ biefer ungel^euren 9lrbeit«laft unterhielt er einen tt>eitau«gebe^nten Srieftoec^fel
46 im Sintereff e ber Äirc^e unb jur äufred^ter^altung ber reinen Sd^re. Unterftüftt bur«^ feine
ungetoö^nlic^ foftbare unb reid^e 93iblioll^et fc^te er feine ©tubien fort, angeregt bun^ bie
angriffe ^0. Sänge«, ber feine idea theologiae pseudorthodoxae, ben Antibarbarus
orthodoxiae unb bie ,,aRittelftrafee" \)atU erfc^einen laffen. ©nblic^^ trat Söf<^ mit
einer umfaffenben Äritil be« 5pieti«mu« l^erbor. ®« gefc^o^ in einer ©erie bon äluffd^
60 in ben Unfc^ulbigen SJac^ric^ten unter bem S^itel „Timotheus Verinus". ©iefer Irtel
fottte anbeutcn, bafe Söfc^er ol« Timotheus bie ®otte«furd^t, al« Verinus bie SSBo^ü
berteibigen unb fotooljjl für bie ^ömmigfeit, toie für bie reine Seigre eintreten tooBe. &
ftettt ben 9lu«bruc^ eine« bie toic^tigften Se^ren be« Gl^riftentum« berü^enben Streite«
feft, unterfuc^t fobann bie ©runbanfc^auungen be« ©egner«, namentlid^ feine äbiffoffung
66 bc« SBer^ältniffe« bon ^ietät unb Sneligion, unb jeigt, ba| ber ^ieti«mu« ba«felbe \0I
beftimme, unter grömmigfcit ettoa« ganj älbfonberlic^e« berfte^e unb im 6ifer für bi<
grömmigfeit ba« toal^re (S^riftentum unb bie Äird^e gefö^rbe, ja foaar mit ber Se^ bon
ber Sfled^tfertigung burc^ ben ©lauben in SBiberftreit gerate. ©erSTngriff toar fo ge|<^A
bafe bie ^aüenfer fofort ein 3)iitglicb ber ga!ultät unb leiber abermol« go. Songe mit
60 einer Srtoiberung beauftragten. 2ln feiner „@eftalt be« ^reu)rei(^e«" fu4»t er Sdfd^ oU
saferer 597
einen SRenfc^en Don botfollic^er So^l^eit m flem))eln, ber ol^ne einen f^nlen foafynx
©ottcdfurc^t mit fd^amlofer Sügenftim teuflifc^e Säfterungen gegen ba^ Jtreuj^Sleid^ QfyA^
au^o^e; ber Xeufet au^ ber ^öQe lönne ed nid^t gröber t^un. fiöfd^er anttt)ortete ju»
noc^ft gar nid^t, fud^te ))ielme^r burc^ 93ubbeu$ in ^ma ^ebendunter^onblungen mit ben
^oOenfem an)ulnü)>fen unb überfanbte il^m forgföltig abgetpogene Seitfä|e. ^ubbeud er« 6
ndrte fie für unannel(^mbar, bie 93er^nblungen gerfd^lugen fid^, unb nun Derüffentlid^te
£df(^ j|ur 200jäl^gen Jubelfeier ber Sieformation feinen ,,33oHjiänbigen Timotheus Ve-
rinuB'' (erper SeU, SBittenb. 1718).
2)ad ift Söfd^erd $au))ttt)ert. Jn 16 Jtat)iteln l^anbelt er bon ben (9eneraI4tenn:>
geilen bed Mali pietistici, bon ben Anfängen bief er Stid^tung in ben 3^^^ bor @))ener, lo
bom 9(udbrud^ berfelben burc^ &ptntt unb bon bem rei^enb fd^neHen $ot%mge ber Se*
tpegung in ben legten Jol^je^nten unb enblid^ bon ben d^arolteriftifd^en !Eterrma(en be$
Sieti^ud. 9(fö fold^e göl^lt er auf ben frommfd^einenben Ignbifferentidmud gegen bie reine
itfytt, bie ©eringfd^ä^ung ber ®nabenmittel, namentlich bed äBorted ®otted, oie @ntfräf«
tung bed ministerii unb bie 93er{))ottung ber 9(mt|gnabe, bie SSermengung ber ®lauben^ is
gerec^tigleit mit ben äßerlen, bie Hinneigung jum 6|iliadmud, ben Xermini^ud ober bie
Stnfd^rönhmg ber Su^geit^ ben ^räjiftdmud ober bie SSerbammung aQer natürlid^en Suft
unb beg ®ebraud^ ber fog. 3RitteB)inge (©))iel, %ani, Äomöbie), ben 5IK^ftici«mu« ober
bie SSermif^ung bon Statur unb ®nabe, bad Sieben bon ber SSergottung ber kommen,
fotane bie Ueber{(^a|ung ber ,,@m))finbung geiftlid^er 2)inge''. ferner rügt er ,,bie äSer» 20
nic^tung ber subsidia religionis'', b. ^. ber 2)inge, bie mm ^eftonbe ber toa^lren 3ldU
gion erforberlid^ fmb, ald namentlid^ ber äußeren unb ftd^tbaren Jtirc^e, bed Slen^ud gegen
bie S^'^^i ber f^mbolifd^en Sudler, ber t^eologifc^en Se^art, ber rwelmäfeigen S3er«
fammtung ber ©emeinbe in ber Jtird^e, ber Jtirc^fnorbnungen, ber Jtirc9enbid)i))Iin unb
ber Ort^obo^ie. @d ift bebeutfam, bag Söfd^er bie Ort^obojrie ^ier gu ben subsidiis re- 35
ligionis redtet 2)enn ba$ f^b fold^e 2)inge, ,,tt>eld^e bie SBürbe ber ©nabenmittel
ni^t ^oben", fonbem ,,i^r 9lbfe^en auf ber Sl^ften allgemeinen 3uf^<^ u*^^ ^f ^'^
Sri^alümg ber tpa^en S^eligion ^aben''. ^nm SSortourf mad^t er bem ^ietidmud femer
,,bte Regung unb @ntfd^ulbigung ber @c^tt>ärmer" tt>ie ber 9(nl^änger @(^toentfelbd, ber
ißbffmt, Coburg, Sredling, ja felbft ber Quäter. Sl^aralteriftifd^ für ben ^ieti^mud ift ao
aadf ber $erferti$mud, b. ^. eine Überf))annung ber f^orberung, boQIommen ju fein, ober
bie SlufpeOung eine« falfc^en 3Rafeftabe« für ba« fog. „toa^re ß^tentum". 3)aöl2.3RerI*
mal ift ber SReformatigmu«, b. 1^. bie bonatiftifc^e ärt unb bie toiebertäuferifd^e SBeife,
auf Steformation ber Jtird^e bon ®runb aud )u bringen, unb bie geringfd^ö|ige Seur«
teilung ber äleformation £utl(^erd im SSergleic^ mit ber bon Bpmzt begonnenen (Sxntat^ 86
rung bed (^ftlic^ Sebend. 3)ad 13. ^Kerbnal ift bie Steigung )um ©d^idma ober ber
SetHtratidmuiS, n)eld^er auf (Srric^tung bon ecclesiolae in ecclesia au^e^t unb bie
^mmen in ber ©emeinbe ju einem befonberen §äuflein berbinben toiD.
SDlag man biefe 9(u^ä|lung ber SOterlmate bed ^ieti^mu« ))ebantifd^ nennen unb
Softer« äludfteQungen ^ier unb bort beanftanben ; im großen unb ganjen l^t er richtig 10
beobachtet unb mit Sorgfalt unb äSorftc^t aQed ^ufammengefteQt, tt>ad bei ber Beurteilung
bed petidmud in Betraft tommt. @r ift beftrebt, bie ))ietiftifd^e Sieform ^iftorifc^ ju be«
greifen, unb er ^at bie reblic^e Slbftc^t, ba« berechtigte in ber ganzen Setoegung anuter»
tennen. „SBir fmb ja einig, fogt er, in bem 3^^*^/ ^^ §^/ ^^ SQäanbel ju beffem
unb ba« red^tfd^affene SBefen ju förbem. ®eF^t e« benn nic^t aud^ in 'ben 3RitteIn?" 45
S)emioc^ bermtK^te er toeber ba« ftegreid^e SSorbringen ber ))tetiftifd^en ^enltoeife ju ^emmen,
noc^ ouc^ )u einer bödig gered^^ten unb fachgemäßen Beurteilung ber e^od(^emad^enben Be*
ta>egung burc^jubringen. — ^0, Songe antwortete mit feiner „abgenötigten bölligen ab«
fcrfigung be« fog. bottftänb. Tim. Verini" unb beröffentlid^te bie ©c^rift im Flamen feiner
JloOegen 1719. Söfc^er bagegen erbat fic^ eincÄonferem mit feinen ©egnem. 3""^ S^eilw
burc^ 3'wjenborf« Sermittelung !am fte ^u ftanbe. ätm 10. 3Rai 1719 traf man in
SDlerfeburg gufammen; bon ^alle toaren §ermfd^mibt unb 31. §. gfrandfe erfd^lenen. SWon
t>er^anbebe im ®runbe nur bie SeF^rc bon ber Srleuc^tung ber ®ottIofen unb bie 2cl^re
Mm ben 9RitteIbinaen. Sine 35erftänbigung tourbe nic^t erjielt. 31. $. granrfe übergab
rtcline^ jum ©c^^fuß feinem ®egner eine berfiegelte Schrift, in ber jebe« 3wfl^f*^"^"^*^ »
baß bie ^aQenfer in etnem fünfte geirrt l^ättcn, auf« entfd^iebenfte abgelehnt unb Söfd^er
erma^ nmrbe, in S^Iunft ba« ®erebe bom 3)afetn eine« malum pietisticum einju«
^en unb fid^ )u befel^ren. ^amit mar jebe Slucfftc^t auf einen Slu^leic^ gefcbtounben.
30. 2ange gab nod^ einmal eine ,,(£rläuterung ber neueften §iftorie bon 1689 bi«1719"
$craud, benun^ierte auc^ feinen ®egner bei ber fäc^ftfd^en Slegierung unb betoirhe bo« eo
598 SSfi^cr
S3erbot bn Unf ewigen Slad^rid^ten. Söfd^er mdffentlic^te 1722 im )tt>etteit XeU M
Tim. Verinus einen Slad^trog ju ben j^ftorifd^en unb fad^li^en Vorlegungen feined
$au))ttt>erled unb fd^toieg feitbem. Ver ))ietiftif(|je Streit ^5rte bomit auf, ber ®egenfa(
ober jtoifd^en orti^ob^jrer unb ))ietiftifd^er Venttoeife Dermifcpte ftd^ je länger ie me^, old
6 ber Siationoli^mud bie ^errfd^aft gelDonn unb eben badjeni^e in %rage {leUte, tood Ort^o»
bo^en unb $ietiften gleid^ teuer tt>ar unb bon beiben 2!etlen m iDefentli^t ®ntnblage
bed S^iftentumd ))erteibig^ iDurbe. @rft im 19. ^a^r^unbert, nad^ bem SBieberertoac^
be$ ©lauben^ unb bem Sieberaufleben ber alten ®egenf<^e, namentlid^ [eifern baS lin^
lic^e Setou^tjein tpteber erftorlte, erinnerte man fid^ bed frommen unb ^len 93ortamt)ferd
10 ber Ort^oboEte unb erlannte, ba^ iebe befonnene Beurteilung bed ^ietidmud an feine
Unterfud^ungen unb an feine Jtrittl antnü))fen muffe.
9(ud^ AU bem ®raf en ^injenborf unb p ber ^rübergemeinbe ift Söfc^er in S»iel^ung
getreten, ^njenborf ^atte einen tiefen fR^pth ))or ber gh^ömmigteit unb ®ele^
famleit bed ^redbener @u))erintenbenten. @r Vermittelte )tt>ifd^en i^m unb ben ^oUenfem.
15 @r fragte Söfd^er um 9tat tpegen feinet @intrittd ind geifüic^ 9(mt. Sie Unfc^ulbigen
92ad9ri$ten tpteberum befd^äftigten fid^ vielfach mit berSrübergemeinbe unb 1736 ge^e
Softer ju ber Unterfud^ung^Iommiffton, bie Se^e unb Seben ber ®emeinbe in ^errn^
: )rüfen f oQte. £5f d^er unterfd^rieb ben günftig angefallenen Jtommifjton^eric^t Sie £e^
(bien i^m torreb, bie Orbnungen ber ®emeinbe foE er betounbert paben. 9Rtt ber 3^
20 fc^eint ftd^ Söfd^erd Stellung geänbert ju ^aben, bod^ ifl ©enauered barüber nic^t )u tt*
mittein (bgL g. ©. $arl, a. a. D., ©. 9, 18, 39 f.).
äln ber $olemiI gegen bie römifd^^Iatl^olifd^e Jtird^e, bie in 3)re0ben immer me^
S3oben getpann, beteiligte fic^ Softer in emfter unb toürbiger äBeife. 9lbgefe^ bon ben
fc^on genannten ^tftorifd^en Unterfud^ungen über bie ©efd^id^te bed ^m)fttumd unb einer
26 9lb^anblung ,,de periodis et conversionlbus hierarchiae eocleeiasticae'^ lommt
^ier in Setrad^t fein ,,9lbgeh)iefener Demas" (1713), ein S)ialog, toelc^er bor ätbfoll jur
römifd^en fiird^e toamen foO, ,,3flömif(^*Iatl^olifd^e S)idlurfe" (1717) unb bie „§iflorie ber
mittleren ^titm aU ein Sid^t aud ber ^nftemi^ bargefteHt^'. SbenfaSd burdb poUa^ift
SÜitfftd^ten Deranla^ ift fein gro^ed unb tpertt)oQed, leiber unt^oUenbeted äßeri „SoQfi&m
ao bige 9leformation«s9lfta unb Documenta" (3 3:eile au« ben^a^ 1720, 1723 u. 1729),
ba« bi« gum ^a^re 1519 bie DueQen gufammenfteOt.
@e^r bcmerlen^toert tt>ar enblic^ Söfc^erd Sluftreten gegen bie SBolfffc^e $^iti>fo))^te.
93on ^ugenb auf batte er fid^ mit ber Siid^tung befd^fti^, tpeld^e fafi gletd^geitt^ mit
bem $ieti«mu« Dom ®tanb))unite einer rein Vernünftigen ajjeltbetrad^tung au0 flrittl )u
85 üben begann an ber Ort^obo^e unb an bem ©tauben ber d^ftlic^en Jtird^e oDer ^n<
fejftonen. ©eit bem ^a^v^ 1722 toanbte er biejer rationalifierenben ©enitoeife ob« „ber
freieren 3lrt gu benlen" feine ganje Slufmerlfamleit ju • benn in bem „})^ilofo})^tfc|ien 3«*
biff erenti^mu«", toie er fic^ au^brüdtte, erlannte er bte 3Wac^t, toeld^e bisher unerhörte Um«
toäluungen in ber S^riftenlS^eit ^erbeifül^ren tperbe. 2)ie £eibni^9BoIfff(^e $^ilofo))^ie toor
40 in Söfc^er« älugen, tro| i^rer Ionfert)atiben Haltung, gan) baju anget^an, bem p^io^
fo))btfd^en ^nbi^erentidmu« bie SB^e gu bahnen. Seit bem ^al^re 1723 toatntt er in
äluffö^en unb ^rebigten bor ben ®efa^ren ber neuen $^ilofo))l^ie. 1724 erf^ienen fein
Stromateus unb fein Antilatitudinarius. ^a« le^tereäBerl befc^äftigte ftq bor^äglit^
mit ber fratuöfifd^en unb englifd^en freibenlerifc^en Sitteratur. Snblidp (1735) trat er
46 birelt gegen 9BoIff auf mit einer Steige bon äb^anblun^en unter bem3;itel „Quo ruitis?*
@r toanbte ftd^ an bie ftubierenbe ^ugenb unb bedEte m Ilarer unb über^eu^enber SSeife
ben 2Biberf))rud^ auf, ber )toifd^en ber äBolfffd^en $^ilofot)^ie unb bem S^^nftentume be>
ftel^e. @r be!äm))fte 3. 9. bie Se^re bom gureid^enben ©runbe. Sie ift unbereinbor mit
bem ©lauben an bie Offenbarung unb ^ängt ^ufammen mit bem Sege^en nac^ dner
60 $^ilofoj)^ie a priori; „toir aber muffen jufrieben fein mit bem äBiffen a posteriori".
@d(^arffinnig fritifierte er bie Se^ren bon ber beften 2Belt, bon ber @b)igteit ber 9B(Ü,
bom ©etoiffen, bom ®ebet unb bon ben SBäunbem u. f. Ib.
©0 ftanb Söfc^er in jeber Sejie^ung mitten in ben Setoegungen feiner 3«*- *^
gejd^loffen für bie äBa^rl^eit^momente aOer 9lid^tungen blieb er bodp fefl unb unerfc^W
66 bet ber lut^erifc^en Airc^enle^re unb hzf)au}ßttt^ bad gute SRet^t be« ebangelifc^lut^en^
Sefenntniffe« gegen aDc feine ®egner.
3m ^afyct 1748 feierte er fein SOjä^rige« aimt^jubiläum unter großer S3eteiligung
jal^Ireic^er SSere^rer. Er ftarb am 12. 3)ejember 1749. ©eine bon i|m felbft biftiette
©robfc^rift lautet: „V. E. Loescheri inquieta in laboribus peractavita, perynlnera
eo Christi lenita tandem in quiete mortis finita." (i'* d^ngel^arbt f) Oeivg Wiler.
Sagod 599
£ogO0. — 3- ^- SotpjoD, De Xoyfp PhiloDis non Johanneo adv. Thomam Mangey
1749; C^. (&. $engel, Observationum de io^«^ Joanneo Part. I. Opusc. academ. ed. Pressel
1834; 8fr. ßüdc, eommcntar über b. eüQnfl. bc8 SobanncS r, 249 ff.; 3- ®^t. Ä. o. ^of*
mann, Scbriftbewci« P, 102 ff. unb 33ibl. 2:beol. b. i«5:, ^erouSgea. ü. SSoId 317 ff.; (5:§r.
S. Sut^arbt, 3)Qd jobann. (Soang, 2. 9t., 255 ff.; g. @(r. ^aur, ^orlefungen über neuteft. 6
tbeol., 6. 851 ff.; 93. 2Bei6, 53iM. X^eol. bc» 9'J3:., 6. 31., § 145 unb ©omm. jum gobann.*
eoang., 8. ^, @. 46 ff.; ^. Bremer, ©örtcrb. bcr neulcft. ®räcitöt, 6. Ä., ©. 551 ff.; ^.
g. ^olfmann, i^eutcftam. Xbcol. II, 368 ff. unb ^onbcomm. IV, 32 ff.; O. ^fleibercr, 3)q«
Ur^riftcntum 1887; Ä. ©cijfäcfer, 9(|>oftoI. 3citaltcr, 2.«., 530 ff. unb bic jobQnn. fiogo«»
lebrc äbXb 1862; ^. ®. ^ölemQun, De evang. Joannis introitu 1855; &rj. ©cUtfd), 3o* lo
^anned unb $bi^o 81^^^ 1863; 3. 9f^Di0e, La doctrine du Logos dans le quatri^me
evangile et dans les oeuvres de Philon 1881 ; ^. ^. gfrante, ^ad 9& bei 3o§<inned 1885 ;
%, ^axmd, S)09inengef4t4te I', @. 92 ff. unb lieber bad 93er^. bed $roIogd bed 4. Q^oang.
ium ganzen ^erl, B^lbS^ 1892; 3- Loftan, ^ad 93er^öltnt8 bed eoangel. glaubend ^ur iio*
goÄlebte S^^^ ^897; 2B. ©albenfperger, 2)er Prolog bed 4. ^oang. 1898; Zf^, 3abn, din- «
leitung in ba« 9^2:, II, 535 ff.; ©. ß. SBcnbt, 3)a8 3o^anne8eüangeIiuni, 1900; 91. 9?. 3an.
narid, 8t JoWs gospel and tLe Logos 3"^^ ^^^^ » 3* ©riU, Unterfuc^ungen über bie
(Smfte^ung bed 4. (fuang. I, 1902 ; ®. 93äumlein, Serfucb bie 93ebeutung bed jo^. fiogod
aud ben S^eligiondf^ftemen beS Oriente ju enttoideln, 1828, unb Kommentar )um 3o6ann.'
(^üang. 1863. ao
3uT fiogodle^re $^iIod: (S. (S). fi. ^rogmann, De Logo Philonis 1829; ^. ^ein^e, S)ie
fie^re Dom fiogoS in ber gried). $biIofop^ie, 1872; ®b. SeQer, $^tIofopbie ber ®rie((en III,
2« ©. 338 ff.; St. ©iegfrieb, $biIo uon «llejanbrien al8 9lu«Ieger be8 91$, 1875; 3- ^t^üitte,
Le Logos d'aprfes Philon 1877; 3. 3)rummonb, Philo Judaeus II, 1888; 91. 9laa, Oefcft.
b<T fiogoÄibee in ber griec^. ¥§ilofop]§ie unb ber c^riftl. Sitteratur, 2 ©be, 1896—99. ^
^er @mflug, tpeld^en bie Sogo^Iel^re auf bie Snttpidelung ber S^riftologie geübt 1^,
tji fd^on in bem biefer getoibmeten Slrtilel 8b IV, ©. 16—57 bej^onbelt toorben. ®arum
bleibt cax biefer @teQe nur^n^lt, Urf))rung unb Sebeutung be^Segriffed in ber biblifd^en
Sitterotur, indbefonbere in ben jo^anneifd^en ©d^riften )u b^pxtd^m.
1. 2)er gn^alt be^ Sogodbegriffd. ^er Prolog be$ 4. @t?angetium^ fteOt ^efu äßefen 80
unb Sßirten bon boml^erein unter ben ©eftc^t^unlt ber (Srfdpeinung bed Sogod. 3)ie
Sleinung bed (StKmgeliften ift unt^erlennbar, bag bie ®röge unb 2:ragtpeite ber ®efd^i(^te
^efu nur bann rid^tig berftanben tüirb, tpenn man in i^m ben Sogod erfennt. 3^ biefem
^toetf legt er bar 1. ba^ äBefen bei^ Sogod in feinem SSer^öltnid ju ®ott, ^elt unb
9lenf(^^eit. 3^m eignet uranfönglid^ @ein bor aQer äßelt, ein 9Beilen bei (Sott, bad 86
txrfönlic^ »erle^ einfc^liefet (jigög x6v ^eöv; man bgl. j. 8. m 13, 56; 2Äo 5, 8)
unb gdtäic^e^ äBefen. 93. 1. 2. 9Qed ®ef(^affene ift burd^ t^n getporben: o^ne i^n giebt
t& lein £eben unb obne biefed lein Sid^t ber @rtenntnid unb bed $eiU, 95. 3. 4. 2. @ein
Ser^öltnid }um 2^fer. 2)iefer ift im Unterfc^ieb bom Sogod in ber 3^ oetDorben
(iyiyeTo), eme menfc^lid^e $ro)}^etengeftalt mit bem Seruf Dom Sid^t }u geugen, 93. 6—8. 40
Sr felbjt, ber Sogod bagegen ift tro| aQer 93erfennung, ber er begegnet, ber HRittler eined
tmtnberboren neuen Sebend für aUe, bie ibn aufnehmen, 93. 10—13. 3. Seine ^bentität
mit 3^ud S^ftud. Ser Sogod tparb f^leifd^ unb gab eine $errlid^teitju flauen, tpie
fie nur ein einiger ©o^n bom 93ater emt)fängt, befte^enb in ®nabe unb Sboi^rpeit, 93. 14.
g^m berbontt ed bie®emeinbe, ba^ fte nic^t melS^r am mofaifd^en ®efe( ftd^ mu^ genügen 46
ffen, fonbem bun^ 3^um S^riftum in bad Clement ber ®nabe unb SBo^r^eit erhoben
tji, 93. 16. 17. 2)er einige ©o^n, toie ber im %lÄ\d) erfd^ienene Soao« l^eiftt, — bie
S^ort uoyoyevfjg ^eög mug tro| il^rer fe^r ftarfen 93e^eugung afd bie entfc^ieben
untDO^rfc^einlu^e gelten — bermag allein ©ejc^auted bon Sott m berlünbigen, tpeil er
(ane}eit) )um ^ufen bed 9Saterd ^ingetoanbt ift, 93. 18. 2)amit ifel^rt ber $rolog )u fei« 60
nem Xnfang )urütf, inbem er ben ))erfönlid^en 93erle^ mit ®ott bon 9lngeftd^t )u äln«
geftc^ au ben unbergleid^lid^en 93or)ug bed Sogod l^erbor^ebt, einen 93or}ug, ber nunme^
auf Sefum S^riftum, ben einigen ©ol^n übertragen ift. 3)er an bie @))i|e geftellte Sogo^
begriff fyit in biefer älu^fül^ng fortfd^reitenb an 93eftimmt^eit getponnen unb )toar in
boqpt)€lter äBeife. Sinerfeit^ ift fein ^n^olt burc^ eigenfc^^aftlidbe ^röbilate berbeutlid^t 65
toorben: Stmateit, 93erle^r mit ®ott, göttlic^e^ äBefen, Seben, Sid^t, ®nabe unb äBa^r«
1^. S)iefe $räbilate tommen il^m in fo abfoluter Sßeife m, ba^ fte, tt>ie bied 93. 9 mit
t6 (ffbg gef^ie^t, ba^ ©ubjelt felbft bertreten tonnen. Sutbererfeitd tpirb ber Sogod auf
bem SBeg ber ))erfi5ntic^en ®Iei(^ung näl^^er beftimmt. @r erfd^eint in ber ^Äi atö ein
einiger ©o^n, mit bem ber 93ater aOe^ gemein \iai, er ift ber, bon toeld^em ber Käufer 60
imgt unb bon bem bie ®emetnbe i^ren ^eft^ an ®nabe unb äUabr^eit emt)fängt, ^efu^
@^rt{faid, „ber" einige ©o^n, ber }um 93ufen be^ 93aterd j^ingetpanbt ift, Unb nad^bem
600 Sagoi»
biefe t)erfönli(l^c ©leid^ung : „ber Sogo« tp ber ©ol^, 3efu« (S^riftu«" boagogen \% totrb
ou^ i^re abfolute ®eltung boburd^ ffaü>titQtf)ohm, ba^ nunme^ be( @ol^ Subfät tmcb
unb bie ^nüion bed Sogo^, bie Jtunbma^ung ®otted t^m old $r&btlat betgelegt totrb:
ixsTvog i^rjyi^aaTO.
5 3)arin liegt bereite, tpod ber gange übrige @))ra%ebrau(^ ber jol^netfc^ Schriften
beftötigt, ba^ rf AcJyo^ ba« ^^SBort", nid^t bie ^^SBentunft" bebeutet (in Itifimm Sinn
ftnbet ftc^ bod @ubft. Xoyog im 91X über^u^t nid^t, too^I ober Aoyix(ic 9ld 12, 1 ;
1 $t 2, 2). 9{ur ^en tt>ir bobei nic^t an bie abftealte %(mn bed äBorted )u beiden,
tponac^ ed bie lautliche S^orfteDung eined Segriffed ift, fonbem an bie tontr^ Sebeu«
10 tung, bie e$ für ben geiftigen SSetxe^ l^ot, inbem ed bie ilunbmad^ung etned ®^anlens
ober aSiaen^in^oItö bermittelt. 3)ad 9Bort, bad bei ®ott ift unb in bie SBelt tommt,
f)at bie ^nltion feine ©ebanlen unb (Sntfd^Iüffe )u o^enboren, fie in bie SSdt ^tnou^
gutragen, bamit fte bon ben ba)u befähigten 9Befen erlonnt unb angeeignet toerben. 3R<m
tpirb aber nid^t mit ^ofmann Dabei {teilen bleiben lömten, SogoiS fei bod 9Bort, toüd^
16 ber 3Be(t geprebigt tpirb unb bon ü^ geglaubt fein tpill, bie at)oflo(ifd^e Sertünbtguna,
beren Sn^alt S^ftu« ip (©d^riftbeto. 2. »., I, 109 f., »ibl. Sl^eol. b. 312, 321 ff.). JHe
in ber 3&dt erge^enbe ^etl^erfünbigung lömtte bie $räbilate nid^t empfangen, todäft
ber $roIog mit bem Sogo^ berbinbet. 3luf jjene pa^t toeber baiS ^v ngog riv ^tiv
SS. 1, nod^ ndvxa dC avxov hivexo 38. 3. Slamentud^ toürbe 35. 14 bei biefer 5^""Ö
20 gerabegu tribial ; er befagte, ba^ bie a))oftoIifd^e 3SerIünbtgung in bie ftd^tbore Srfqeimmg
i getreten fei, tpä^renb bo$ ^ier offenbar eine Srfd^einung bejeugt toirb, toelc^e bie ebange«
ifd^e 3Serfünbigung erft möglid^ mad^t. $ofmann felbft lamt feine S)eutung nur fo burd^
führen, bag er, too bied nötig erfc^eint, bon ber a))oftolifd^en 3SerIünbigung ut i^rem )^*
fönlid^en ®egenftanb überf))ringt, bamit berlä^t er bann aber attd^ bie Snologie ber
26 biblifd^en ^Jormeln X6yog rov ^eov, Xöyog rrjg äXtj^etag u. f. to., benn biefe bqeii^en
bad 9Bort bon (S^riftud, nic^t (S^riftu« felbft. Suc^ ber erweiterte äSegriff bed fc^Ite^ic^
unb barum in aller Jtunbmad^ung ®otted bon 9lnfang an entlM^^^ Offenbonmg^ortd
genügt nic^t, um ben Sinn be$ Sogo^namend audgubrüden (Sut^bt, ^od jo^. @bang.,
2. 31., S. 255 ff.). 2)em 33erfajfer bon 33. 14 liegt nid^t fotoo^l boran, bie Summe ber
80 göttlid^en Offenbarungen, in ber $erfon Sl^rifti toie in einem 33remtt)unlt jufammem
gufaf[cn — biefer ®ebanle iji gtoar in 35. 4 u. 9 mit entl^alten, bleibt aber unbetont — ;
er toitt bielme^r kövog unb adg^, alfo Steiget unb ßri^Kt^^i §immlifd^ unb SjWf^ied
gur Sinl^eit berlnü))ten. 3)arum ift i^m ber Sogod nid^t bie bon je^er an bie SSelt er^
gangcne Offenbarung fonbem eine tranSfcenbente, ber St)^äre be« göttlid^en Sebend an«
86 gehörige ©röfee. ©enauer ift er eine $erfon, bie mit ®ott al^ i^m toefendbertoanbt ber»
le^rt, bann in ^leifd^e^eftalt eingeigt unb ol^ne 33erluft i^rer übertoeltlic^en äirt unb i^
unbergleic^Iic^en ©otte^bertel^rd ba^ beim 33ater ©efd^aute audfagt tmb feinen 9latf(^lu|
boOgic^t. Stic^tig an ber $ofmannfd^en 9luffaf[ung ift aQerbtn^iS bied, ba^ ber £ogo^
begriff nic^t ba^ bortoeltlic^e 3Befen ©^rifti im ®egenfa|^ }u femer irbif^en Srf^ietnung
40 unb ^nftion begeic^nct, bielmel^r biefe mit umfaßt, ja in t^nen erji feinen Flamen rec^t*
fertigt. 2)enn bag SBort ift erft bann gong, toa« fein Slame fagt, toenn e8 au(^ für ben
$örer ba ift. ^er ))erfönlt(^e Sl^aralter bed Sogod toürbe an [xd^ attd ber ^bentiftlotion
mit bem Sof^n, ^efu^ Sl^riftu^ nod^ nid^t folgen; ed lönnte ja bamit and^ bie ^edung
einer 5ßcrfon unb einer allgemeinen j^nltion aufgelegt fein ; too^l aber gei^t er ou« S. 1
46 unb 3 unb ber SSerloertung biefeö ©ebanleng in 35. 18 ^erbor. derjenige, ber fo W
®ott toar, bag er i^n gefc^aut ^at unb immerbar fd^aut, mug in aSen Stabien feinet
2)afeing atö $erfon gebac^t fein. 3)ieg beftätigt fic^, toenn toir bie anberen ©rtoö^mmgm
be^ Sogo^ im f)3ejifif^en Sinn in ben jol^anneifd^en Schriften in« äuge faffen 1 go 1, 1
ift ber loyog rfjg ^corjg toie bie Ccorj, bie i^m nac^^er fubftituiert toirb, gteid^fall« Irin<
60 blo^ fad^ltc^e ®rö^e, fonbem ber })crfönli(^e, erft übertoeltlic^e, bann innertoeltlic^e Irfiga
be« Seben«, beffen 5lame Sogo«, „Offmbarer" l^eifet. Unb nod^ beutlid^er toirb a[j)fl9,13
ber SReiter auf toeifeem 5Pferb, ber ®otte« ®erid^te auf ßrben ftegreid^ boHftredt, oB
5Perfon gebac^t; 6 koyog rov '&eov ift im Sinne be« 3?erfaf[er« eine ebenfo )>erfönrtt^
Sejeic^nung toie bie beiben onberm 9iamen, bie er trägt, „Äönig ber Äönige" unb „§cn
56 ber §erren", 35. 17. Sogo« ift bemnac^ in ben jöl^anneifd^m Schriften bie al« ^etfjm
an^ejc^aute Dffmbamng ®otte« in §eil unb ®eric|)t, ber ein bortoeltlic^eg unb nac^
irbifd^e« Sein beim 33ater toie eine ©rfd^cinung in ber 3^* unb im %\v\i^ juloinnrt.
3toifc^en bem übertoeltlid^en unb bem innertoeltlic^en Sein be« £ogo«5 — bofür geugt bie
ganje äbftc^t be« ^ßrolog« — beftel[|t eine 3)iffermj nic^t bem SBefen fonbem nur ba
60 @rf^einung nac^.
Sagai» 601
2. aSol^ l^t ber aSerfaffer btcfen ©egriff gefd^öjjft? a) ®tefe ^age beantlDortct fid^
bei ber ^ofmannfd^en ^ffung einfad^; aud bem ©{»rad^ebroud^ ber neuteßamenttid^en
®mehtbe (tJgL aai) 50^. 3al^, ßmleitunö in bog 913:. II, 539). 5Dtefe t)fleöte mit
6 iUS/og Tot; ^eov ober aud^ mit d Xöyog aSein bie et^angelifd^e ^eil^botfd^aft ju be»
meinen, bie i^ren ^eildftonb begrünbete unb nöl^e. ^axan fc^Iie^t ftc^ ber SSerfaffer 6
bed 4. @t)angeliumd an, nur fo, ba^ il^m bobei ber (»erfönlic^e ^n^alt biefer Sotfc^aft
t)0rf(^ft)ebt äBedl^Ib biefe äluffaffung nid^t }ureid^t, ift oben gezeigt toorben. 9(1^ ein
Slittelglieb für bie Übertragung bed Sogo^begriff^ auf bie $erfon ^efu ift bie Don ^of-
mann gebenb gemad^te 9(n{nü))fung bon SBei}föd(er (9()}. Seitalt., 2. 9(ufl., 532 f.) unb
^ol^mann (9{euteft. ^eol. II, 373) anerlannt toorben, toö^renb &axnai (RX^R II, lo
223, Xnm. 2) einen genügenben Setoei^ an^ ben jo^anneifc^en S^riften fdbft bafür
k)enni^.
b. ätnbere betrachten ald Duelle bed Sogo^begriffed bie altteflamentlid^en 9(udfagen
t>tm aSBorte ®oüe« (fo namentlich 9. SBeife, Äomm. ju ^o^anne^, S.S., ©.46 ff.;
9{euteft. 33^eol., 6. 9(., 611). 3)afür fann geltenb gemacht toerben, ba^ ber iol^anneifd^e i6
$rolog un))erlennbar unb toieber^ott auf ben €d^ö))fungdberid^t ber ©eneftd anf))ielt, fo
SB. 1. 3. 4. 10 unb ba^ namentlid^ in ben^falmen unb bei ben $ro))^eten eine ))oetifc^e
Serfelbfiftänbigung bed SBorted ga^bed aU ber in bie äßelt au^efanbten fc^affenben
unb errettenben a»ad^t jtc^ finbet. ?}f33, 6. 9; 107,20; 147,15; 3ef9, 7; 55,10f.
SCDetn bamit toerben toir boc^ nid^t über bie SSorftetlung ^inau^efül^rt, bag ®otted SBirt» ao
famteit in ber SBelt burc^ bad unfinnlid^e ^Otittel feinet SBorted b. ^. feinet befd^Io^enen
unb audgefproc^enen SBiQen^ {tc^ boO}iel^e. ®otted ©eiftigleit unb SlÜmac^t fmb bie
Elemente biefed ©ebanlend, unb feine unbebingte @in^eit lägt für bie SSorfteQung eined
))erf5nlic^en ^rinji))^ neben i^m, bad feine aSelttoirlfamleit Vermittelte, leinen 9laum. 3lu^
ber STnrr; "^«bw, auf toelc^en ^engftenberg (S)a^ ©Dang, be^ ^t. ^ol^nne« P, 7 ff.) 26
rebtrriert, ift in äßirtlid^Ieit lein folcfed, fonbem eine @rfc^einungdform bed @inen ®otted.
^tm Umftänbe machen e$ untoo^rfc^einlid^, ba^ t?om altteftamentlid^en „9Bort ®otted'' aud
eme btrette Sinie jum jjo^anneifd^en Sogod Weitergeführt ^ätte. SBo auf rein ^ebröifd^em
93oben in ft>äterer ^Äi bie 2lbee einer fc^5))ferif(|en ^Otittelurfad^e erfc^eint, ba fnü))fen
^ bie entf))rec^enben Slnfc^auungen nid^t an ben Segriff bed SQSortd, fonbem an ben ber so
SBei«^ ^r 8, 22—31 ; ©i 24. Unb too bafür ober baneben ba« „ffiort" eintritt,
toie im 85ud^ ber SQ3ei 9, 1; 16, 12; 18, 15 f., ba fte^en toir nid^t me^r auf rein
idraelitif^em ®runb, fonbem im Sereic^ gried^ifd^er Sinflüffe, \pti\dl ber ftoifc^m Sogo«-
le^ ($einje a. a,D. 192 ff.), ©obann fe^lt e« gänglic^ an einer SSerbinbung be«a55orte«
[o^bed mit bem meffianifc^m, alfo bem dgmtlid^ ^eil^efd^id^tlid^ten ©ebanlenheid. 86
loOte man ftc^ tro^bem borfteOm, bag ber Serfaffer bed $rologd felbftftönbig auf bie
altteftomentlic^e Se^e Dom ®otte^ort jurütfgegangen toöre unb biefed auf ®mnb ber
Sbentifilätion mit ber 5Perfon gefu jur ^ßerfönlid^Ieit erbobm ^ätte, fo ^ätte er biefm
Don i^ fortgebilbeten Sogo^begriff lebmfaQ^ nic^t al^ einen feinen Sefem too^lbefanntm
einfügen tonnen, toie er bod^ t^ut. Semerlen^toert unb le^rreic^ ift in biefer ig^infid^t 40
ou^ bie Art, in loelc^er ber $ebräerbrtef ba« toelter^altmbe „SBort" in feiner inftm«
mentalen 93ebeutung belägt unb ed bem „@o^n'' unterorbnet (1, 3). 3)ie jo^anneifd^e
Sogodle^re fonn bamm tool^l bm altteftamentlic^en ®ebanten Don bem in ber SBelt
toinfamen ®ottedtoort in ftd^ aufgenommen ^aben, aber fte ift nid^t au^ Diefem allein
^otgeoongen. 46
c) vtoq tomiger lägt fic^ eine Slnlel^nung ber jo^anneifc^m Sogo^lel^re an ben
®ebrauc^ ertoeifm, toeld^m bie iübifc^'))aläftimfd^e X^eologie Don bem 9Bort ^la^Ded
S^Tp-^, ""n «^a-n gemad^t bat. ®er ^^"^^ bimt ol« abftratter Segriff ber 3}er«
ung bed ®ottednammd unb oer SSergeiftigung ber ®otte^orftellung ; er toirb bed^alb
überall ba an bie ©teile ®otted felbft gefe^ft, too beffm ^anbeln in ber ®efc^td^te in so
Siebe fke^t, ober too ber Xtj^t in fmnlic^m unb antl^ro))omor))^ifd^m 9(u^rüd(en Don ®ott
Rmc^t, alfo ®otte« 9Jlunb, Slngefid^t, äuge, $anb, ^üge, §erg, ®eift, ©eele nmnt. an
eine lonirete Q^)ßo\ia\t ber ®ottl[>eit ober an ein 5Kttteltoefm gtoifd^m il^m unb ber SBelt
ift bobei nic^t gebadet (Dgl. §r. SBeber, ^aläft. I^eol. 174 ff.; ®. 5Dalman, ffiorte 3efu,
I, 187 ff.; 3R. ®in«burger, ®ic änt^ro^omot))^i«mm in ben 2:^argumim. 1891). 5ür66
ben (ÜDon^eliftm beftanb lein älnlag, ftc^ biefer rabbinifd^m Siebeform an^ufc^liegm unb
ebenfolDmtg lagt ft^ ein inl^altlid^er ßufammm^ang ^totfd^en il^r unb ber jo^anneifcbm
SogoiSle^re angäm; ja ed bleibt fraglid^, ob jme rabbinifc^e ®etoo^n^eit nid^t felbft
f<^ott unter bem @influg ber gleich )u bef))rec^mben ale^anbrinift^^iübifd^m 3)enItoeife
entftanben ift (Dgl. 3. ©c^ürer, ®efd^. b. jüb. Soltek, III', 557 ; ^einje a. a. 0. 296). eo
602 S«gH
d) Sie ^oleitung ba ]c6anneif(^ 2ogod(cbrc auS ber olcranbnmf«^ Stcfigiimd:
)>btIofo|>6tc, fpqieQ aud ^btlo ift fc^on im 18. ^oM. Don eimdncn ^ot^dfenx Dcttretoi,
im 19. u. 0. Don 2üdt imb bc SSette angenommen, bann ababefonber^ bun^ bie S^ule
$. 6br. Sauz^ luu^brüifltc^ geltcnb gemoi^ tootbtn. Sie Schiebungen fbib ^cc aOcr-
6 binge fc marniigfaltid wib toeitreicbenb, bog faum bloB an felbfifianbtge ^orallden gebo^
treiben lann, bie nur einen beiben gemeinfamen [ttbif«^ Soben ^ur Soroudfef ung p&tcn.
^bUo (ca. 20 b. ßbr. geboren unb nadf bem ^obr 40 ber c^ri^ 3^^^'^<4^'^itn9 gegolten),
an ber religiöfen Üeberlieferung feine» iBoUd imb an ber beibmfc^ Silbung feina 3^
glei<^ febr interefftert, finbet im ic^o^ bos Siiti^iA gimfcben ber ^rondfcenbeni beS
10 ieraeliäfc^, insbefonbere bed fpätjübifc^ Sottesbegnffd unb ber ^mmonen^ b^ &btu
lidftn in ber 33eü, h)e((^ bie ^eitgenof^c^ ^bilpf o|>bie Dertxitt Sr tt)ei| ftd^ aü &buler
Serofiitd (Quis rer. div. haer. 43), ber im ioytK einen XuSbrud f^ bie Dcmunftige
efe^mdgigfeit M 33eb)nn>3efied gef<^en botte; ^SIoM S^eenle^ ift i^m Mrtraut;
mx^ unmittelbarer aber bot auf ibn bie Sebre ber Stoa bom Sogod old bem abteen,
u bernünftigen teleologifc^ $nn|i)> getoirtt, toelc^ bie leibenbe SRaterie gefioltet, orbnet
unb bHebt ^nbem er biefe Don ^aufe aui^ txmtbeifitfcibc äbtfc^auung mit bem idrae&
ü\dfm @ottedbegriff berbinbet, getoinnt ber l'ogod eine StittelfteOung )tinf(^ ®ott mA
ber äSeb ; er ift Augleic^ bie bem göttlicben Soifen immanente ffieb m&> ber in ber Sßdt
iDirffame @ott Sie S<beu eine unmittelbare Serü^rung ba emfad^, er^benen unb
30 unenbltc^ @ott^ mit ber enblic^ SBeb ju beulen, fubit i^ über bie SorfteDung
eina im Sogod au^ebrüdten blo^ Nidation beiber binaiid unb lo^ aud bon Sogod
eine felbftftdnbige, t?on @ott unterfcbiebene, juloeilen unDerfambor ))erfönli<^ geboc^te ®i^
toerben, bie aber ibrer 33ermittIecroQe entf)nre(^enb balb me^ }u ®ott geredet tmxb ab
devreooQ 9e6g, vlbg ngayröyov(K, eixcor lov deot\ balb mdjx jur äBelt old xooßioi
25 vonrog, äo^^hvTiog iöia unb Inbegriff ber in ber 9Beb toirtfam ioyoi unb dvrdfjui^t
bau) enbli(^ m bie !D2itte jjoifcben beiben gefteDt toirb ald äyydüog ngeaßurajog. Seutlid^
ald fein metat)bt^ftfc^ gbarofter ift feine mittlerifc^ ^unltion. " @r ift bad ÖQyavw
ber göttlichen SSeÜbtlbung, ber genfer be^ äSeltlaufd unb %vifm ba grommen, ba
ioßAfjvevg &eov unb 7to(xprfxrig, ber @otted SBiOen Derfunbigt, aber aw^ ber Aqx^Q^*^}
80 ixirrii; unb ziaqdxkrjiogt ber bie äKenf^ bei @ott Dertritt mib ibnen ®nabe"audloir&,
fur^ ber luairrjg in jebem benfbaren Sinn: lo^mologif^, moralifd^ unb religio^. Sie
3$erträgli(^teit biefer beQenifcben 9?orfteOung mit feiner Doterlic^ Sleligion ^e^t $l^o
bun^ ibre Sertoanbtfc^aft mit bem mofaifc^ S<^dpfertoort uxib mit ber f)>cü]übifd^
Gngellebre t^erbürgt. iDtoBgebenb für feinen Sogo^kghff finb freiließ biefe jäbifc^en Sie»
36 mente nicbt getoefen. Sie @runblage bilbet ber ftoif($e @ebante ber ber iEBeU immanenten
göttlich SSemunfttoirtfamleit. 9(ber in ber fc^iQemben Unbeftimmtbeit beö Sogoä>egriffed
bat aud^ bad göttliche Sc^öt^fertoort Slaum unb ber jübif^e Sinf^lag bringt ya ben
toemologifc^en ^been bie religiöfen ^nterefjen bingu (bgL bie SarfteDungen bei Sude,
Setter, |>einje).
40 SoQ bad S^erböltnid ber job. Sogoelebre jur t>biIonif(^ (bejlD. ale^anb. überj^KQifO
beftimmt b>erben, fo fmb }h>ei ^agen auseinanber m bolten: 1. 93eftebt gtoifc^ beiben inbolt?
lic^e Übereinftimmungi* unb 2. ^oben beibe biefelben begrifflii^ ScorfteDungdmittel gemein?
Sie 3$emeinung ber erften ^yrage fcblie^t bieSejabung ber ^meiten nic^t aud unb bte@e<
meinfamieit ber Segriffe unb Senfformen ift auc^ bei loettgebenber Sifferenj ber bann
46 au^ebrüdten 9lnf(^uungen für ftd^ oQein ein @runb jur ^ftfteQimg bed gef(^ic^tfi(^
3ufammenbangd. 9tun fonn oUerbing^ Don einer einfachen Uebema^me ber ))^iIonif4<n
^ogoele^re burc^ ben 4. Guangeliften nic^t bie Siebe fein. Safür gelten bie religiöfen
SRotibe unb Überzeugungen auf beiben Seiten Diel ^u n>eit audeinai&er. Sei ^^Ißo g^
^ört ber Sogoe ebenfotoobl auf bie Seite ber äBelt tote auf bie ber ®ott^, bei go^araicd
60 fle^t er über ber Kreatur. Sei ^^ßbilo giebt ed neben bem n^ßviajog idyog, bem
ein^eitlid^en göttUdben 'IBeltgebanfen unb fc^öpferifcben 3BeIt))nn)it> eine Siel^ bon
ioyoi b. ^. Don Demünftigen teleologifcben Gräften in ber SBeb, bei ^obanncd ift ber
ioyog einjig in feiner Slrt. Sei ^^bilo burc^Iäuft ber Sogod alle Stufen ^iDifc^en bei
SorfteOung eined ))erfönli(l^en SSiefend unb ber einer bloßen göttlich Sigenfc^aft ober
66 itraft (^ein)e 295), bei ^o^nned ift er burcbgongig ald $erfon gebac^t. Sei ^ß^ i9
er bad aOgemeinfte Sein, tö Yevtxanaror, bei ^obonned fonfrete ^ecfon. ^ilo ftebt in
Sinnlic^feit unb Seiblict^feit etn ber @ott^eit entgegengefe^ed ^tvayUp unb eine 2a|i für
bie Seele, bie auf aSttA\dftm 3Beg ^u übertoinben ift, ^ol^nned ^bet feinen Slnflo^ in ber
grlciff^koabung bed Sogod unb ift frei Don jeber befonberen aefetifc^ Xenben). ^^
eD imn nur eine SEBcItbilbung burc^ @ott gelten laffen, ^ol^Kmned ta>ei| Don eina e^em<
Sogoi» 603
Bd^ Qd^bp^riQ, einer xaraßoXhxdofiov (17, 24). Sei 5ßl^iIo tp aud^ eine unmittet
bore »erü^nfl Ooüeg mit ber SBelt au^efd^Ioffen, bei ^o^anne« toirtt ®ott felbfk auf
pe unb in ü^ aDejeit (5, 17) unb ni^t blofe burc^ ben So^n (14, 10), fonbem fo, bafe
et felbp bie TOenfc^en jie^t (6, 44), betoo^rt (10,29; 17, 11. 15) unb für ben ©o^n
3eu0ni« ablegt (6, 32. 37). Sei W^o ift ber ©eflenfaft bon ®ott unb ffielt ein meta:= 6
p^^dfcc, bei ^o^anne« ein religiö^^et^ifd^er (bgl. ^ierju Süie a. a. D. 291 ff. unb be»
fonber« granle a. a. D. 90—143, too bie ®ifferenj beiber änfc^auungen fd^arf ober nid^t
ol^e Übertreibung gegeid&net toirb). 3Rit aD bem ift inbeffen nur fonftatiert, bafe ber
Sögo^bwriff in unferem ßbangelium eine burc^au^ neue SBenbung emj)fängt, inbem ba«
gefc^i^tU^e §eiteh)irlen Sefu (S^rifti ju feinem tDefentlid^en Sn^alt toirb. 35ancben bleibt lo
aber bie anbere 3:^tfad^e bott befte^en, bafe ba« S3egriff«material be« ^o^.'®bang. ftd^
in h)eitem Umfang mit bem t)l^iIonijd^en berft unb in biefer aSoHfkänbialett ftd^ eben nur
in ber alejanbrinifc^en (Sebanlentoelt toieberfinbet. $ier toie bort ift ber 2ogo« ber
aRtttler gtoifd^en ®ott unb ber SBelt für ba« ®ebiet be« natürlichen toie be« religio««
Rttlid^ fieben«. ®aft im 2ogo« bie dö^a ®otte« toiberftra^It (De monarch I, 6), i6
iKi^ er ben TOenfd^enfeelcn ba« göttlid^e fiid^t bermittelt (De somn. I, 40 f.), ba«
Kanna fi>enbet (Quis rer. div. haer. 16. 29), baft er in feinem ©d^affen ba« Seift)iel
®otted bor Xugen l^ot (De confus. ling. 14), ba^ er in ber 2Belt bie ®egenfä^e ber-
bomift unb binbet (Quis rer. div. haer. 26 ff.; De profug. 20), ba| er unter ben
9lenf(^en al« naodxXmog toirft (de vlta Mos. III, 14), all ba« ^at toenigflen« ber ao
gform nad^ feine parallelen bei ^o^anne« (bgl. ©iegfrieb a. a. D. 317—321). 5Rimmt
man ba)u noc^ anbere d^arafteriftifc^e güge bed 4. Sbangeliumd : ha& ^ntüLittüm bed
$aruftegebanten«, bie Sntfinntid^ung be« ®otte$begriffed (1, 18 ; 4, 24), ha& ©d^toeigen
bon ben ®&monif(^en, bie ^erbor^ebung be« ^eil^erlangen« bei ben®rie(^en (12, 20 ff.)
ben fraglos f eftfte^enben Untberfalidmu«, bie Beleuchtung ber ebangelifd^en ^eil^botfd^ft 36
burc^ aögemetne SBegriffe toie (pcog, iXri&eia, l^corj, bie SBertung be« yiyvioaxuv, fo
toirb man ftc^ ber Srlenntni« nic^t berfd^Iie^en lönnen, ba^ ber SSerfatfer mit bem
^eOenifUfc^ ^l^bentum, fei ed in ber ^^ilonifc^en ober einer anberen ))0))ulären ®eftalt
iDO^I bertraut ift unb iebenfaQ« „unter bem formalen Sinflug ^eQeniftifd^er Senltoeife"
fte^t (^^ad, 33:]^Ä II, 229). ßben bamit em})fängt aber bie Verleitung be« 2ogo«* so
begriffe« au« biefer DueHe ein ^o^e« "^a^ bon SBa^rfc^einlid^feit.
@ine Stötigung aud^ ba« S|riftu«bilb, tote e« un« in ben Sieben ^efu unb ber ebange«
ßf^en ®efc^id^t«er)ä^Iung entgegentritt, au« ))l^iIofo))^ifd^er ©))e{uIation ^er^ulriten, ergiebt
^ borau« !eine«toeg«. ^^^^ einbringenbere Sefd^ä^gung mit bem @bangelium fü^rt auf
Öltric^ 3^0^^ ^i^ ^"^ 9(bleitung au« ber Sogo«ibee toiberftreiten, toeil fte bie gefd^id^t« 86
en SSejie^ungen ber ^ßerfon unb SQSirffamleit 3«f«# bie et^ifc^e Sebingt^it fdne« 35er»
bältniffe« pxm Sater, bie menfc^Iic^e äBa^rl^eit feine« leiblichen unb feelifc^en £eben«
pari unb boc^ ganj abfid^t«Io« ^erbortreten laffen. ^urd^ aOe ®otte«^errIidt[teit be« Sogo«
fc^einen immer bie ^üge einer menfd^Iic^sgefc^id^tlid&en 3!"bibibualität l^inburd^. 9)(an
tmib barum immer bte toirtlid^e ®ef^id^te al« bie eigentlid^e DueQe be« jol^nneifd^en ^
6bripu«bilbe« )u betrad^ten ^aben. ^arnad glaubte barau« fd^Iie^en gu foQen, ba^ ber
(Emflu^ be« Sogo«begriffe« nid^t über ben Prolog ^inau«reic^e unb bag biefem nur bie
9U)De einer (Einleitung in bie ebangelifd^e ®efd^id^te jufomme, toelc^e ^eDeniftifc^en Sefem
ba« Serftänbni« ber ^terfon ß^rifti erfd^liefeen unb %\x^\Äii falfc^e d^riftologifd^e Sor«
fteOunßen beric^tiaen folle (32:^^ II). 2)ie« bürfte fo laum aufredet )u erhalten fein, tf
S>er em^lic^, funftbolle $lan be« gan;(en 9BerIe« toiberftrebt einer berartigen ^folierung
be« Prolog« (bgl. »albenfj)erger a. a D. 165; §ot$mann, Sleuteft. 3:^eol. II, 372).
Die 2ogo«Iej^ toirft o^ne gtoeifel burc^ ba« ganje (Sbangelium ^inburd^ nac^. Slber
fie ift oUerbing« nic^t bie ftopd^e DueQe, au« toel^er ber @t)angelift fd^ö^ft. @te bient
nur bagu, bie au« ber ®efc^ici^te ftammenbe reltgiöfe Jlonje^tion be« SSerfaffer« gu be« 60
buchten. Die alqranbrinifc^e £ogo«lel^re ift bielfeitig unb biegfam genug, um bem 93ers
faffer bie Snfc^auungen bar^ubieten, bie feiner ®lauben«auffaffung gemö| finb unb biefer
{eOß ifl ein ®rift bon fold^er ©elbftftänbigfeit, bon folc^er ©tärle im Slufne^men, toie
tm Xbk^en unb ®eftalten, baft er jener nur ba« entnimmt, toa« feinem ^\oti bienen
bmite, nämlid^ bie abfolute unb uniberfale $eil«t^at ®otte« in S^riftu« }ur älnfc^auung 66
tmb )um Serftänbni« ju bringen. Die ^Beleuchtung ber et^angelifc^en ®ef^ic^te burd^ bie
2oeo«le^ IfCiX barum nic^t au« bem Weffta« ^«rael« ba« Std^t ber SBelt h)illfüriic^ ge»
miSj/i, ober fte \^i ben 9lu«brud( für ba« bargeboten, toa« er toirtlic^ toar. Da« Sted^^t
biefer Aombtnation bon ^bee unb ®efc^ic^te ertoeift ftc^ barin, baf; ber etoige, unerfd^5))flid^e
iMfciX ber @^ftu«^erfönlic^Ieit eine folc^e ^eleud^tung nid^t nur ertrögt fonbem forbert. eo
604 iwfß»
ÜBer bie ^oge, ob Me Snerlenrnrng olq^aiibrmtfc^ (Sttif&tffe nn So^atmcMangditim
bie älnnol^e femed btreft^oftolifc^ Uiftmmgd julcfffe, tfi in älterer tmb neuerer ^ed
berf(^td>en beurteilt toorben. SUäjm^ (Sut^. 2)ogm. I*, 467 f.), ^tant ^bdUfiif (3I^£Ut
1863, 210 ff.), $. a[. SB. 9le^ in ben frfii^eren Auflagen feinet Jtommentard boben
6 betbe^ vereinbar gefunben tmb mx^ neuerbingd fyd $. $. SSenbt im toefentS^en ebenfo
geurtetU. Snber^ f))Te(^ ftc^ R. aSeigfocfer (ßfy. 3eitalt S. 537) unb 9L $. gfconle
(a. a. 0. 92) oud. 2e|taer notürlid^ nur ^ot^etif^, ba er felbft ben 3^ammenl^ang
bed jo^onneifc^ mit bem ))^onifc^ Sogoö befireitet Sie @ntf(^ung liegt bier jebem
foQd nid^t blo^ in ber Seurteilung ber Sogoiäe^. 9lur tarnm man ed für oudgefc^loffm
10 ^en mü^e, bo^ in ber jo^onnetfc^ (Sefc^t^erja^bmg ein Stugenjetige fdbß r^,
bamt tpürbe mdf bie S^ertoenbung bed Sogo^begriffed mit )u ben Jterni^eicpen |u re^en
fein, bie einen blo^ inbireften 3ufammen^ang be^ StHmgelmmd mit bem 9pt^, beffen
3lamtn ed trogt, ftxi^c^einli^ madftn.
e) 3)er aSoOftonbigleit t^en fei f^Ke^id^ mx^ ertool^, boft 1828 S. Saumlein
15 berfud^t fyd, bie Duelle bed jo^onneif^len Sogo^egriffed in orientotifc^ ff^idl inbifdSien
unb )>erftf(^ Steligton^f^flemen )u finben, aber 1863 in feinem Jtommentar über \xii
Sbangelium bed ^o^onne^ feine frü^ Setoeidfü^ng teilloeife (freigegeben unb feine
9[nfi(^t bol^in mobi^giert fyd, bie jo^onneifc^ SogoiSle^ ^abe i^ CueQe lunöd^i
in ber alq:anbnnif(^übifc^ unb tueiter )urüd( in ber orientalifc^ (Snofi^ (@. 23. 27).
20 Sine genauere 3)arlegung ber entft)red^enben gefc^ic^ttic^ Q\x]ammtn!^&niic ^ er mä^
gegeben.
3. Um bie Sebeutung ba jo^anneifc^ Sogo^Ie^ 3u befHmmen, barf man i^
h>eber bie ^ereffen ber ))^iIonif(^ mx^ biejenigen ber f))ateren Krt^Itc^ Sogoäe^
unterlegen; bielme^ mu^ man ftd^ fheng cot bie (SrIUtrungen bed Sbangelt^ felbfi
26 ^Iten. 3Bie tmr gefel^ ^aben, bebarf er bed Sogod nic^t, um bie tiefe iOuft jkoifc^
@ott unb ber 3Belt ^u Überbrüden unb ein imtertoeltlid^ SBirten ®otted über^au))t aß
möglid^ erfc^nen )u laffen. ^r ii^n liegt bie S^eiüung bed Sogod gam auf bem
religiöfen ®ebiet, fofem er bie SlnttDort auf bie ^age ent^: 9Ba i^ ®ott? äSie
lomme ic^ ^u i^m unb lum Slnteil an feinem Seben unb Sic^t? @d ift borum au<^
80 nic^t rid^tig, h>enn man fagt, ber Sogo^begriff biene i^m baju bie $erf on ^efu S^rifK )u
einer to^mifc^en Sebeutung ju ergeben, in ibm ben Slittler ber 3Beltfd^dt>fung unb SBeU«
er^Itung aufzuzeigen. 3)er @a^ ber SSermtttelung ber @<^ö))fung bun^ ben Sogod ift
für i^n nur eine Station auf feinem 2Bege. @r bient baju, ben xoofxog b. ^. bie ge^
famte ÜRenfc^entoelt bem @igentum^oII ^^rael gleic^nujteOen. 2)er Sogod, burc^ ben
35 bie äBelt gefc^ffen ift, ift auc^ für bie 2BeIt ind t^^eif^ gelommen. ^e SRiffton aber,
bie er an btefem unit)erfalen Jtrei^ au^juri^ten ^, ift bie foteriologifc^, ®ott yd, offene
baren unb bamit @nabc unb SBa^^eit ju bringen. 2Bad Dem Sogod an todmologifd^
Sep^ungen anl^aftet, bad totrb ^toar nt^t ati^etilgt, aber ed toirb in ben ^enft bed
^etl^toerfe^ ßj^rifü gefteQt. 9lu(^ ber ©ebanle, ba^ ber Sogo^ bie gefamte Offenbarung
40 ®otted, bie gefd^ic^tlic^ ergangen ift, in fu^ ^ufammenfaffe, bag er olfo fc^on bie Offem
barung @otted an bad altteftamentltc^e ^unbe^oR Vermittelt ^obe, ift ni^^t ber ßielpunft
bed ^rolog^. Sem SSerfaffer liegt nic^t fotool^I baran, bie @in^eit aSer Off enbarung na(^s
mtoeifen, fo toenig er biefe natürltd^ in ^age fteUt, er betont bielme^ bie Überlegen^
Der im fleifd^geloorbencn Sogog enti^altencn Offenbarung über bie mofaifd^ ©tufe (1, 17).
45 Ser Sogod garantiert barum ntd^t fotool^I ben inneren 3ufammen^g ber (^fÜi^Htn mit
ber i^raelitif^en Offenbarung, Dielme^r ben SSorrang ber erfteren. SBeit e^er liegt in ben
®ä|en über bie aQgcmetnc Vermittlung be^ Seben^ unb bed Sid^td burc^ ben 2ogod
(1,4.9) eine (freiließ nur rcIatiDe)@leid^fteIIung ber Dorc^riftlic^en religio^ftttli^en Srtmnt^
ni^ in "^^xatl unb in ber 3Söl!ertoeIt (Dgl. 18, 37). SHBenn bemnac^^ ber SJerfaffer M
50 4. (Sbangelium^ bie ^crfon ^efu ß^rifti mit bem 2ogo^ ibentifigiert, fo toill er auf eine
allgemein, auc^ außerhalb ber ©renken be^ i^raelitifc^en SSolfötumd berftonbUd^ 3Beife
ba^ Urteil au^fpred^en, bafe ^^\x^, ber 2BcIt übergeorbnet, in ©emeinf^Kift mit ®ott ^e^le
aU uranfänglid^er 3KittIer feinet fc^öpferifd[»en unb crlöfenben SBiDenö unb bafe er eben
barum in fetner gcfd^tc^llid^en (Srfd^einung bie abfolute unb uniDerfale @elbftoffenbarung
56 ®otteö, ber au^fcbße^Iic^e Präger unb i^ermittler be« $eitö fei. Stur biefem religiojcn
Urteil gehört fein ^"tcreffe; alle metat)l^^rif(^en ^fragen, bie ftd^ baran lnüt)fen unb btc
feit 3uftin bie Sogoölc^re ju einer Duelle Don Problemen gemacht ^en, läfet er un*
berührt SQ3ir erfa^en toeber, tote er bie 5PerfönlicbIeit be« Sogo« mit ber ßinbeit ®ott««
Vermittelt, nod(^ toie er fte ju ber farüfc^en 3Renfd^ennatur ind SSerl^öltnid gefef^ ^ ; unb
eo leine nod^ fo mihofb>))if(^ S^egefe bermag i^m eine 3(nttt>ort abjuni^tigen auf fragen,
Sogod So^tt 605
bie er ftd^ nid^t gcfteUt ^ot. ^iefe fouk>etäne 9(tt Probleme aufjugeben, ober fte nid^t
fd^ulmä^ig )u löfen, fonbem bie ©egenfö^e intuitib }ufammen)ufcl^auen, d^arolteriftert bad
tditgiöfe 3^0nid im Unterfd^ieb bon ber )>I^Uofo))^if(|en @))enilation.
Som Urf)>rung be^ £ogod aui ®ott ift niemals bie Siebe; and} ber ))]^iIonifd^e ®es
bonle, baft ®ott i^n bur^ Sieben ind ^afein ruft (^einje 288), tpirb nirgenb^ ange« b
beutet ^er @o^nedname tritt im Prolog erft im @efoIge ber J[leifc^ti)erbung auf unb
ßiovoyenjg fyd nad) bem ®)>rad^gebrauc^ lebiglic^ ben @inn ber dtnjigleit (bgl. %f). Qalfn
<L (L D. 544). SRur bom gejc^i^tlic^en 3«fw^ V^ ^i« SBerben (1, 14), ber £ogo« ift
uronfängKci^ ha (1, 1). SBo« ba« äJerptnig be« £ogo« jur aJlenfc^^eit 3efu betrifft, fo
bot man ibaiS jo^anneifc^e S^riftudbilb balb entfd^ieben boletifc^ gefunben (fo nic^t nur lu
^aur, aud^ neuerbingd ^albenf))erger 171), bolb bon jebem boletifc^en 3ug freigefi)rod^en
(fo }. S. Soof« 4, 29 ^. 37 f.), beibe« nid^t o^ne eine getoiffe ejegetifc^e Berechtigung.
aOetn biefe^ )ti)ief))älttge Urteil betoeift nur, ba^ bie Sereinigung bed {cbeinbar Snt«
gegengefc^en für ben 93a:fajfer leine @d^ti)ierigleit in ftd^ fc^He^ Si^riftud ift i^m ebenfo
ein göttli(^e^ ©ubjelt toie eine menfc^Iid^e $erfon, bie^u ®ott betet unb i^m gel^or^^t u
3)ie SSnnoi^me, ba| nur ein Xeil bed Sogod in ben 9)cenfc^en ^efud eingegangen toöre
ober bo^ biefer bei ber ^(eifd^toerbung fein SBefen irgenb ))eränbert ^ötte, toiberftreitet
ber Koren Slbftc^t be^ $roIogd. 9Ran ge^t ober aud^ fc^on über bad ^inau^, toad ber
Sixmaelift fagt, toenn man ben £ogo^ bem 3Renfc^en ^^vii eintoo^nen ober i^n baiS
§(eif(9 toie ein 5t(eib anjiel^en lö|t. 3)ie^ n)ürbe er nid^t burc^ 6 Xdyog oglq^ iyiveio ao
ou^ebrüdEt l^en. @eine d^riftologifd^e älnfd^uung lautet einfad^ ba^in, ba^ ftd^ m bem
gef(^i(^tli^en $erfonIeben ^efu, biefei^ in feiner 2)otaIität ))erftanben, bad etotge über»
toeltliAe fieben be^ Sogod, biefe^ gleic^foQd in feiner 2)otalität gefa^, fortfe^t
SSon ber Sogo^lel^re ber f)>äteren Xl^eologie ift mit 9lec^t gefagt toorben, fte
orbne eine logifd^e Sluffaffung bed ^eitö ber et^ifd^en über unb fte fül^re enttoeber ju 26
betftifd^en ober )u bant^eiftifc^en Jtonfequenjen, je nad^bem bie Nennung ober bie SSer«
binbung im Segriff be^ jLuoltrjg jtoifc^en &ott unb ber SBelt betont toirb Q. Jtaftan,
33^ VII, 8 f. 17). 3ion ber jo^anneijdjen £ogo«Ie^re gilt hai nidjt, toeil ^ier ber
£ogod lein logi{c^nneta))^tfc^ed $rin)i)), fonbem eine burc^aui^ religiöfe ®rö^e ift.
S)ed^alb ift er auc^ lein ^itteltoefen, toeber @ott nod^ ^enfd^, fonbem lann ebmfo mit ao
®ott felbft (14, 9) toie mit ber menfc^Kc^m $erfon ^^efu )ufammmflie^m. 2)araud folgt
ober freilid^ auc^, ba^ und ber £ogodbegriff leine meto^^i^ftfc^e @rtenntnid bed inner«
göttlich £ebend getoä^rt. @r befagt nur, ba^ bie SSurjeln bed gefc^id^tlic^ ^erfom
lebend ^efu in bad etoige £ebm ®otted jurüdheidben. 9lmnm toir bm ^räe^iftentm bad
SEBort, fo ^abm toir baran nur ein ä3ilb für ein SSer^öItnid, bad und erft im Sla^mm ber 35
gef(^i^tli(^ Offenbanmg beutlic^ toirb. ^er £ogodbegriff ift bamm too^I geeignet, jebe
e^nftologie abjutoe^ren, bie in ^efu nur eine ))ro))^etifc^sgeniaIe ^erfönlic^Ieit fd^en
tooQte; er forbert bie älnerlennung feined SBefend}ufammm^angd mit @ott, o^ne ben bie
Xbfotut^eit feiner gefc^i^tlic^en 3Riffion nic^t gebac^t toerben fann; aber er ber^tlft und
m feinem Sinblid in bie @e^eimniffe bed innergöttlic^m £ebmd. 2Bo man biefe trand« 40
kenbente (Srtmntnid aud ber £ogodle^re meinte fc^5)>fen }u lönnen, ba f^at man bilbKc^e
SorfteQungen für meta))^yfifc^e Segriffe genommen. @o beleuchtet ber £ogodbegriff too^I
bie ©efc^iäte mit bem £ic^t ber @toigIeit, aber er lann und auc^ bie Stoigteit nur im
£i(^t ber ©efc^ic^te, nic^t in i^rem eigenm übertoeltlic^m £ic^te offenbarm. O. Stitn.
Solfn. — ©. S3ci6, 3)ic fiepte ß^rifti uom fio^n. 3). 3citfc6r. für (ftr. ©iffcnfcft. 1853 ; 46
Ji. TOe^l^om, 3)er fio^nbegriff 3efu, SprX^ 1876; 91. S^eumclftcr, ^ie neutcft. Sichre Dom
o^n, 1880; ^^eoeling, 2)ie neuteft. £e^re uom £o^n. X^eol. ^rb. aud bem r^ein. roiff. $reb.
«crein VII. 6. 57-90; D. Umfrlb, a)ic fieftre 3efu oom fio^n nadj ben S^nopt. X^eol.
6tub. aud föürtt. 1886; ^. ®d)ulg, ^ie ^etoeggrünbe )um fittl. ^anbeln im oorcbrtftlic^en
3drocI, %f)^tSt 1890 unb: a)cr filtlicöc ©egriff bed «erbicnfted ebbaf. 1894; ST. 3uncfer, 3)ad 50
3(6 unb bie ^otioütiun bed ^iOend im a^rtftentum. 1891; ^. gacobt^, Ü^euteft. @tl)it1899;
«. litiud, 3)ic neuleft. fie^rc üon ber eeligtelt I— IV, 1895-1900; ^. ^.fficnbt, 3)ie fic^rc
3efu, 2. «ufl. 1901, 6. 166 ff.; ©. e^r^orbt, 2)cr ©runbcftaraftcr ber (&m 3efu, 1895;
ß. (Eremer, 3)ic poultnifdje mc^tfertigungdle^re, 1899, 6. 359—368; 9litf*l, Slc^tf. unb
»erf. U\ 6. 33 f. UI», @. 241 f.; 5t.2^iemc, 3)ic fittlidje Xricbfroft bed ®Iaubcnd, 1895.66
S)te I^L Schrift bertombet nid^t feiten bm Segriff bed £ol^nd um bie @etoi^^eit au^
fvMUtm, bafe ®ott felbft bem, ber feiner ftttlic^m ^orberung ge^ordje, bm ©nb^folg bed
SBol^(ergd«nd unb ber perfonlic^m Sefriebigung t>erbürge. Sludfagm biejer ^rt rufm bad
\>cippdU S Arnim l^erbor: 1. ob bie 3t^<^udfic(^tftellung eined £o^nd nicpt bie 2:riebfä)er
606 S^l^tt
bed fttdtc^en ^onbeln^ berfdlfc^, bte in ber unbebtngten SBertfc^ätemg bed ®itten ob fob^
o^e ade egoiftifc^ Ste&engebonfen befte^ ntuffe, itnb 2. ob ba ®ninbfa( bcr So^n»
erteUung flä bie gtite %fyA nid^t in unauflösbarem SBibciftmu^ ^c^ mit bcr nomoidtt^
Don ^imilud fo noc^brädltc^ gelegen Segrünbung b«^ ^6U auf ®otM ®nabc Qm ein
6 fic^ereS Urteil über biefe ^agen )u geioinnen, muffen toir mtf bod ®e6tct ynfic^e^,
bem ber So^egriff urf))rüng(i(i^ angehört, nämlid^ auf boS toirtf<^afÜi^ So^nlKr^äbntd.
1. ^m $rtoatleben ift ber So^n bie Sntfc^öbigung, bie bem Xrbeto ffir feine bem
i^ntereffe eines onberen getoibmete Srbeitdtraft )u teil toirb (3. Gonrob, £eitf. |um 6tub.
ber iRationaldtonomie @. 73). SS befielt ^ier bie SorauSfe^g, ba| iebermamt nur in
10 feinem eigenen ^ntereffe t^ätig fein totQ. @oD er für fronbe toit^dja^idft ^ntm^
gewonnen toerben, fo mu^ biefer 9lrbeit burc^ bie getöol^rte Sntft^igung eine inbiridte
Sejie^ung jum eigenen ^ntereffe gegeben n)erben. ^n ber gorm b^ So^nS fe^ fo bie
%xud^t ber Slrbeit, toüd^c bireft einem anberen bient, inbireb ju i^rem Urheber jurücL C6
oer £o^ in einer bem Srbeitenben toertboQen ätealleiftung befte^t ober in ®db, ift \ux
16 baS SSer^tniS a(S foId^eS gleic^gilttg ; bo(^ erlaubt bie @(^ffung eined foU^ aDge^
meinen ,,(SntgeItS'' einen leu^teren unb auSgebe^eren JbiSgleid^ ber toirtfc^oftÜc^ ^
tereffen. 3Rit ber Snttoidelung beS Serte^ bilbet fic^ aber au(^ nottoenbig eine Siegel
beSfelben, eine 9lec^tSorbnung. Unter i^^rent (Sinfhi^ ift ber 2ofyx nid^t mel^ blo| ein
toiniürlic^ gel^anb^abteS 3Ritte( jur Srtangung k>on Slrbeitdfräften ; ed bilbet fic^ ber ®runb<
30 fa|f einer gebü^enben ä[quit)alen) bon Seiftung unb 2o^ ^n ber rec^tlid^ georbneten
©efeDfc^aft ift ber Soj^n in ber Siegel }um Voraus k>ereinbart; er fann ober au(^ bem
@nnef[en beS Sm))fängerS ber 9lrbeitS(etftung überlaffen bleiben unb bann nur tnm beffen
SiHigteit ertoartet toerben. Sßer o^ne ^fyn für anbere arbeitet, ber tl^ut bieS ouS Qk«
fö&igleit Vorauf lann ober im allgemeinen nid^t gerechnet ta)erben, ba ein foU^ um
25 entgeltlicher 3)ienft befonbere, für baS älrbeitSDerl^tniS felbft )ufäQige Se^iel^ungen bcr
betreffenben ^erfonen borouSfe^t.
(Sine ettoaS anbere SetoanbtniS ^ eS mit ber (Sntfc^igung für dffentliclK S)i(nfi'
leiftungen. ^n Jeber organifterten ©efeUfc^ft giebt eS auc^ X^ottgleiten für bie olU
gemeinen i^ntereffen, toelc^e, toeil fte einem grö|eren JtreiS )u gute tommen, in getoiffen
80 t)on ber Sillpemeinl^eit getoä^rten SSergünftigungen materieller ober ibeeOer Xrt im Snt»
fd^äbigung fmben. ^a|in gehören bie X^ätigleiten beS öffentlich Seamten, beS ätic^trcS,
beS Se^rerS, beS ^riefterS u. f. to. ^er Umftanb, ba^ ein ^Deil biefer ^nttionen cii
unbejal^lteS (S^renamt auftritt (). 93. im alten Slom), toeift barauf ^in, ba| ^ier ein toirt
fameS inneres ^otik> borauSgefc^t toirb, auf toelc^eS ber $ritHitbienft nic^t rechen tann.
8s (SS beftel^t ntc^t blo^ im @^rtrieb, fonbem bor aOem im @emeinfmn unb in bem Se«
ftreben beS Talents fid^ )ur (Geltung }u bringen, ^ier ift beS^b auc^ ber unentgeltlich
^ienft nic^t eine unberechenbare ©efäUigleit, fonbem eine gemeinnü^ige Seiftung. 38emi
bie älllgemeinl^eit ftc^ bennoc^ beranla^t fte^t, eine Sntfd^öbigung für fold^e $)ien^ ^
getoö^en, fo n)ill fie nic^t baS auSfc^lie^lic^e 3Rotik> ju ijiirer $en)orrufung fc^ffen, fom
40 bem bem für i^re Qto^it brauchbaren unb }u gemetnnü6iger Sirbeit toilligen Xolent bie
3Röglic^Ieit getoä^ren, o^ne bie Sorge um bm etgmen unter^ in ber äirbeit für baS
öffentliche ^ntereffe aufjuge^en (ogl. 9t. Q^ering, berStoed im Siedet, 2.8L, ©.93 ff.). J)er
fiol^nbegriff begegnet nni l^ter auf einer ^ö^eren @tufe. ^ier ift borat^efe^, ba| cS
$erfonm gebe, bie mit i^rem 3:alent unb i^rer Äraft bem ®anjm bimen toouen, toofem
45 il^nen bieS burc^ bie älbna^me ber Sorge um bie eigene S^iften^ ermöglicht koerbe. 2)ieS
bem^t i^ule^t barauf, ba^ bie ©efamt^eit an ben Sin^elnm einen älnf))mc^ ^at, ber bon
einem anberm @in^elnen nic^t erhoben toerben lann. flennen toir biefm So^n ^ö^erer
Orbnung 93elo^nung (ein äBort, baS im ©mnbe blo^ baS allgemeine ^ringi)) ber QnU
jc^öbigung überl^aupt be^eic^net), fo ift ju fagm, ba^ ber So^n baS auSfc^lie|li(|^ Stotit)
60 für bie Überlaffung ber eigenen ^rbeitSfraft an ^rioate, bie 93elo^nung bagegen bb^eS
SRebenmotit) für bie 3:^äti0feit im öffentlicben 3"t^^fl^ ip- ÜbrigmS lönnen aud^ im
bribatm £ol^nt)er^ältniS ibeale SJlotioe ber ^n^änglic^teit unb aufo))femben SienfttoillM'
leit i^re Stelle finbcn, namentlich toenn eS ftc^ nic^t blo^ um einen k>orüberge]^enben Str-
beitst)ertrag jonbem um ein bleibenbeS 2)ienftt)er^ältntS ^anbelt, boS eine bouembe ^tt*
56 effengemeinfc^aft einfc^lie^t.
2)ie Übertragung beS So^nbegriffS auf baS fittlic^e @ebiet f)cd fxdf fc^toerlid^ o^e
bie SRittelftufe ber 93elo^nung für öffmtlic^e ^ienfte ooQ^ogen. ^nbem bte jtttlic^e Seiftung
bon bem blo^ inbit)ibueJQ[m ^intereffe abfielt, tann fte gleichfalls als ein ber ©efonttl^
ober ber fte leitenben göttlichen 3Rac^t getoibmeter ^ienft betrachtet toerbm. @S berbinbet fid^
60 bamm auc^ mit ü^ bie Srtoartung einer @ntfc(^äbigung für bie Opfer, bie fte auferlegt
Sol^tt 607
SRon fe|t \>^avS, ba^ ia, tvo bie audaleid^enbe SRod^t ber menfd^Kd^en ©efeDfdbaft eine
@ten)e fmbet, ®otted ^Regiment emgretfen toetbe. ^et ©erec^te, ber für bad @ute auf
Srben eintritt^ gilt aU ber Präger eined göttßd^en 9luftragd unb ^ tt)irb barauf k>ertraut,
boft ©Ott i^ f^oblo^ l^ä(t, bei jträniung feiner $^n unb feined SRed^td ftd^ gu i^m
befonnt unb i^ für feine Eingebung belohnt, man mu^ ober jugeben, ba^ ftd^ in 5
ber btblifc^ SSertoertung be^ So^nbegriffd bie SSorfteDungen be^ $rit)at(ol^nd unb ber
öffentlich 93e(o^nung treujen. 9Birb eine ä^ui))alenj ))on Seiftung unb Sol^n in 9[u^
Mt genommen, fo entf)>ric^t bied ber Siegel, bie in ))rit>aten So^nberJ^ältniffen gilt. fBirb
Dagegen Dorai^efe^t, ba^ ber So^n nid^t baö eigentlid^ leitenbe 3Roti\> ber Seifhtng fei,
fo eiUf}>ricl^t bied bem ©runbfa^ ber öffentlid^en Selo^nung, bei toelAer auf eine felbf)- 10
ßonbige innere Xeilnal^me für bie Slufgabe gered^net ift. iteinenfaud toirb man bem
Zl^otbeftanb geredet, toenn man bie 9lnalogie ber bloßen So^arbeit in jebem 3^0 M^
galten toill.
93el^ält man im äluge, ba^ ber So^nbegriff urf))rünglicl^ toeber ein red^tlid^er nod^ ein
jittlid^er, f onbem ein ölonomifd^er Segriff ift, fo toirb man ftcb aud^ ^üten, i^n burc^tix^ 15
un fbrüten @inn ber SSergeltung )u ))orftel^en ober i^n mit Segriffen ftttlic^er älrt, toie
^flid^t ober SSerbienft, in birefte Korrelation )u fe|en. ^er So^nbegriff befagt gunäd^ft
nur bted, ba^ eine im Sienft eine^ anberen unternommene Seiftung ))ermittelft bei^ 38illend
biefed anberen auf bad eigene ^ntereffe bed Seiftenben jurüdtoirtt. Sie genaue Sergeltung
oilt nur für bad einfad^fte @ebiet bed So^ntoefend, bad einer ehalten rec^tlid^ Sibmeffung ao
]äSf\Q ifi Sei allen lom))li2ierteren, geiftigen Seiftungen fällt mit ber 3Rögli(^Ieit einer
genauen SEBertta^ation aud^ bie öquit)alente Sergeltung toeg. 2)er 3loxm ber mat^emati^
Men $ro}>ortionalit&t treten beä^alb ^ier @rtoägungen anberer älrt, namentlid^ bie billige
äUldftc^tna^me auf bie $erfon unb il^re Sebürfniffe ergänjenb unb mobifi)ierenb jur Seite.
Sd^on in ber Selo^nung ibealiftert unb k>erflüc^tigt ftd^ ber Sol^nbegriff unb noc^ mel^r 25
ifl bied auf bem eigentlid^ fittlid^en (Sebiet ber ^au. ^a^ ber So^n nur ba eintrete, too
bie ^flid^t überfc^tten toirb (S. SBeife a. a. D. ©. 3 19 f.), ift nid&t rid&tig. 35ie Se*
griffe Bol^n unb ^flic^t liegen nid^t auf einer @bene, fte grengen barum aud^ nid^t an«
einanber unb fc^lie^en ful^ nid^t aud. 2)iefelbe Seiftung, bie unter bem fittlid^en (SefuJ^td»
purdt $flid^t ift, lann unter bem toirtfc^ftlid^en ein 3)ienft fein, ber bem iRäd^ften ober so
bem ®an)en getoibmet toirb unb für ben barum bie Srtoartimg einei^ So^rnd ober einer
SeIo|mung befte^t (man beule j. S. an ben Seruf be^ älrgted). 2)amit ift aud^ gefaxt,
ba| bem So^ gar nid^t immer ein Serbienft lonef^onbiert, fofem man biefe^ SBort tn
bem Sinne einer über bie ^flid^t ^inau^e^enben Seiftung ))erftei^t SinSo^n toill freiließ
immer „))erbient'' fein, aber eben im toirtfd^aftlid^en Sinn unb biei^ gefd^iel^t nid^t baburdj^, 86
bo^ man bie ^flid^t überbietet, fonbem einfad^ baburd^, ba| man jemanbem bient.
9lu(^ bie in^tlid^e Segiel^ung ))on Seiftuna unb So^n dnbert ftd^ auf ben ))a:fd^iebenen
Stufen. Sem So^narbeiter im $rit)atbienft tann nid^t jugemutet toerben, feinen Sol^n
in ber Xrbeit felbft ju finben. ^ier fmb k>ielme^r Seiftung unb So^n burd^aud ))erfc^ieben.
3m dffentlicBen Sienft ift ^ bagegen gan} in ber Orbnung, ba| ber Präger eined Se« 40
ruH ben beften Xeil feiner Sefriebigung in bem gemeinnü^igen Srfolg feiner Slrbeit ers^
Uufe. Xuf eine angemeffene SBa^rung feiner eigenen totrtfc^aftlid^en ^ntereffen brandet
er barum nid^t )u Dergid^ten. Som ftmid^en ®ebiet toirb ein 9lel(^nlid^ed gelten. Sie gute
Z^ trägt ii^en So^n in ftd^ felbft; aber ber (Slaube toirb an fie bie Überjeugung
(nü))fen, hai ber SoQbringer h^ göttlid^en mtitti^ [tc^ aud^ ber g^ürforge ®otX^ für 45
feine too^ren Sebürfniffe getröften barf unb ba^ er feloft bei ber Eingabe feined ftmtlidben
Sebend bad toa^re Seben getoinnt. ©ang toirb barum ber So^n niemals mit ber 9lrbeit
ttifammenfallen ; aber er toirb auc^ mit in ber Slrbeit unb ber Oon i^r unzertrennbaren
Sefri^igung beftel^ lönnen, toofem biefe ber ^örberung eined bleibenben ®uted getoibmet
ifi Siefe Stufen unb 3RobifiIationen bed So^egrip mu^ man im Suge behalten, so
toenn man bie mannigfaltigen Sejie^ungen toürbigen toiÖ, in benen er und in ber biblifd^en
Sttterotur entgegentritt.
2. Son ber religiöfen äBeltanfd^auun^ ift ber ©ebanle unabtrennbar, ba| ®ott nic^t
nur bod ®efe^ giebt, fonbem aud^ über femer Erfüllung toad^t, inbem er ber Übertretung
bedfelben ftrafenb entgegentritt unb ben ®elj|orfam gegen feinen 9Billen mit feinem 9Bo^u 66
gefallen unb SEBoj^lt^un ertoibert. Siefe Slnfc^auung begegnet und benn aud^ im 91SC,
loenn \dfm fte ^ier nic^t in bem 3Ra^e l^eroortritt, bad man eigentlid^ ertoarten mü^te,
loenn feine Sittenlel^re eine blo^ gefe^lid^e toäre. 3lai) ben $rop^eten ift ed eine unum>
fUy^id^ Siegel, ba| Xreue gegen @ott bad Seben bringt, 9lm 5, 14 f.; ^ef 3, 10, toä^^
lenb Sbfall Don i^m unb Unx^dfi Serberben nad^ fu^ giel^en, ^0 4, 1—3; 2|ef 3, 11, eo
608 So^tt
ober ti)ie ber 93erf. h^ Sud^ed ^iob ed ou^brüdt, ba^ ber SRenfd^ erntet, txxid er gefot
^at, 4, 8. ®te @ntUetbung {tptfd^en ®efe|edtreue unb ©efe^edberod^tung bebeutet borum
eine SBo^I jtoifd&en Sebcn ober lob, ©eßen ober glu4 Sit 28, Iff. 15 ff. 30, 16—20;
£e 26, 3 ff. ; 3of 23, 14—16. 6« liegt iebod^ in ber SRotur ber ©ad^, bafe grofee Äa»
6 taftro)>^en bad menfd^Ud^e ®emüt nad^^altiger befd^fttgen old bie ^ortbauer günfüget
SSer^ältniffe; barum toirb bie ^^^atfacpe ber göttlid^en SSergeltung DortDtegenb an bim
@trafgeri(^ten ber iöraelitifc^en (Sefd^iid^te barget^an, fo gan^^befonberd im93u(i^ ber9ttc^tet
unb ber ßl^onif, 9li 2, 6—23; 2 ®^r 7, 17 ff. 2)ie Vergeltung ift ober nic^ aß
med^anifd^e SRed^t^norm fonbem ol^ erjiel^enbe 3Jla^regel gebadet. $ied gel^t boraud f^
10 bor, ba^ reuige Umlel^r bie ©träfe jum ©tiUftanb bringt, ^o 14, 4 f., 6, 1* SlilO, 15f.
unb ba| ber £o^n ber 2)reue aU ein über aü^ SSer^öltnid reid^ gefd^ibert toirb, @s 34, 6 f.
Ser @ebanle an ben £o^n be^ @uten foQ nac^ ber 9lnfd^uung ber ))rot)^etif^en SRonnet
old ftttlid^ed Wloti\) toirlen, ober er ift in ber Slütejeit ber idraelitifd^en Steligion leined^
koegd bad einzige 3Roi\\> bed guten ^anbelnd. ^rael ^at ®ott burd^ fein Ser^olten )u
ißbanlen für bie ®nabe feiner ertoä^lung, ^ef 1, 2 ff: $o 11, Iff.; ©t 6, 12; 8, 11;
11, 7 ff.; (Sotted Siebe foD in i^m (Segenliebe erloecfen a)t 6, 4 f, 10, 12; 11, 1; bod
ftttlid^e ^anbeln foQ aud einem erneuerten ^erjen fommen, bem ®otted ®efe^ gum inneren
Irieb ^etoorben ift ®j 11, 19 f.; 3er 31, 31—34. a)ie SSeröufeerlic^ung ber ftjoteren
3eit tritt barin ^erbor, ba^ nunmehr ber SSergeltuno^ebonle ifoliert ^erbortritt unb mm
ao ^au))tmotit) toirb, ba^ e^ barum ald ein ®ebot ber Klugheit erfd^eint, mit i^ gu rechnen
$r 3, 21—26 ; 4, 4, unb ba^ ber Sol^n ftd^ an t^ereinjelte (Sutt^en Inü^ft, nameiüli^
an ätlmofen ©ir 3, 33; 29, 12 ff. ^ie SSergeltung ift }unä# ald biedfeitige gebad^
^f 34, 13—17. 2)ie bei 2)aniel )uerft beftimmt auftretenbe 9ludbel[^nung berfelben auf
ein jenfeitiged Seben (12, 2 f.) fteUt eine 9Benbung bar, an toelc^ ftqf eine äSergetfUgung
25 h^ So^nbegriffd anlnü)}fen tonnte.
^efud bejeid^net in ja^lreid^en ©))rüd^en unb ©leid^niffen bie ®üter ber Stetd^olt
enbung ald einen ben ^i^ngem DerJ^ei^enen So^n. Unter ben ^ier^er ^el^drigen Xu^agen
laffen fu^ 3 ®ru^)>en unteirfcbeiben : 1. SSer um ber ©ered^tigleit iDtQen t>erfolgt ober
toegen be^ Selenntniffe^ ^u x^m gefc^mö^t unb berleumbet toirb 3Rt 5, 10 — 12; £c 6,
80 22f., toer unter 2)rübfalen aud^arrt 9Jlt 10, 22, in feiner SBac^famleit ni(^t erlahmt £c
12, 35 ff., fic^ ftanb^aftju 3efu belcnnt 3Wt 10, 32, um feine« 3lamen« toiDen $abe
unb Sertoanbte üerläfet m 19, 29 ober gar fein Seben op^nt SWt 11,39, ber empfängt
^[nertennung unb So^n im DoQenbetcn ©ottedreid^. 2. @benfo aber ift ©otted So^n benen
im ^immel bereit, toelc^e o^ne Öffnung auf menfc^lic^e Siergeltung ober menfd^lic^ 2ob
86 bem armen ju $ilfe fommen m 6, 3 t.; £c 6, 35; 12, 33: 16, 9; 3Wt 19, 21, fu^
ber SSemadJläffigten annel^mcn Sc 14, 12—14, ben geinben ^uted ertoeifen 9Rt 6, 46,
ben ©eringften in i^rcr Sebrängni« beiftel^en 3Kt 25, 40. 45, ben Änet^ten ®otte« ©r^
quirfung unb görberung toerben laffen 5Kt 10, 40 ff. 3. ©obann aber toirb ber So^m
begriff auc^ au^gebe^nt auf ade arbeit im S^ienfte ©otted Ttt 20, Iff., bie forgfome
40 »eruf^erfüHung m 24, 45fjf.; Sc 12, 42 ff., bie treue SSertoaltung anöertrouter ®üter
^t 25, 14 ff. ®er So^n, an ben babei gebac^t toirb, ift regelmäßig berälnteil am 9iei(^
©otte« m 19, 29 ; 25, 34 ober t>aä etoige Seben SWt 25, 46, al« bie »oOenbete 8e*
feligung in ber ©emeinfc^aft mit ©Ott. 3)arum lann gefagt toerben, bag ber So^ im
Fimmel bereit gefteUt ift 5Wt 5, 12; 6, 20; 19, 21; Sc 6, 23, ober ba| er in berSluf*
46 erftel^ung empfangen toirb Sc 14, 14. @ine ben @rben bed Sleic^d aud^ im bte^feitd k)et»
bürgte göttlid^e ^^ürforge fteUt ^t 6, 33 in älu^ftd^t, o^ne fte bod^ mit bem eigentlich
Sol^n ju ibenttfi}icren. Son einer bie^feitigen Srftattung ber in ^efu 9{ac^folge üolomen
©üter ftorec^en jtoar 5Kc 10, 28—30 unb Sc 18, 28—30; aber biefe fjormulierung ifi
neben vJlt 19, 29 fc^toerlic^ aU autl^entifc^e äBiebergabe bed ©pruc^ )u betrachten
60 (S. 2Beife a. a. 0. ©. 324). ?lur fofem auc^ ba« 9leid& ©otte«, beffen eigentlich Ser-
toirlli^ung erft bcöorftc^t, boc^ fc^on in bie ©cgentoart ^ereinragt (Sc 17, 21), Um
and) l)om So^n gefagt toerben, baß er fc^on gegentoärtig ift. 2)arauf beuten ©prüc^ toie
Sc 8,18: äBcr ba ^at, bem hjirb gegeben. ®oc^ toirb bie« nur anbeutungötocife gefagt;
benn al« ba« Sleid^ t^odenbeter Scfeligung, ba« aQen 2)rutf in ^eube k)erkoanbdt, ift
65 ba« SReic^ ©otte« eben in ber ©cgcntoart nod^ nic^t Dertoirllic^t.
Jlann bemnac^ nic^t bejtoeifclt toerben, baß ^efu« ben So^ngebanlen auc^ ol« SRotit;
be« 9[u«^anen« in feiner ycac^folge unb ber Siebe«ertoeifung an ben Srübem geltenb
gemad^t f)at, fo toid boc^ bead^tet fein, mit toelc^em ütac^brud er jeber auf KuoerSerec^
nung beru^enben Sol^nfud^t entgegentritt. 2Ber e« auf bie Slnertennung ober %krgeltung
60 burc^ 5Kenfc^cn anlegt, ber ^at ben ©otte«lo^n tjerfd^erjt 3Kt 6, 1. 2. 6. 16. 9lur loa
So^tt 609
beS eigenen 9Berti^ unb SSerbienfte^ unbetDu^t tft, tpte ein itinb, lann in bad ^immelreid^
etngd^en, SRt 18, Iff. ®em entf)>ricl^t ed oud^, ba^ biejenigen, bte old treue 2)ienet Don
t^ftem i&erm bebient toerben, £c 17, 7 ff. unb jene, bie imßnbgeridjt benSo^n be^etoigen
Sebend für i^re Siebe^t^aten empfangen 3Rt 26, 37, eine folc^e Ration i^re^ SSer^ltend
in leiner SBeife in ätu^d^t genommen ^oben, bielmel^r bie @ntf (Reibung bed ^erm mit 6
@tttunen Demel^en. 2)araud ift tlar, bag ^efuiS ol^ bo^ (eitenbe 3Rotx\) be^ religio^::
fittltd^en SSerl^tend feiner jünger bie (SrtDartung bed Sol^ne^ nid^t gebac^t l^aben lann.
®erabe, h>er einfod^ unb ol^ne ^intergebanlen feine ^flid^t t^ut Sc 17, 10, bem 93eif))iel
bc8 ^immlifd^en SSaterd folgt Wt 5, 45 f., bie bon ®ott empfangene ®abe ^c^t fd^affen
U^ 3Rt 25, 14 ff., ber fte^t ftc^ nad^^er in einer böQig unem)arteten SBeife belohnt. ®ott lo
bdo^nt alfo gerobe badjenige @ute, ba^ nid^t in @m>artung einei^ Sobne^ get^n n)orben
iP unb barum feinen Snjed in [xd) felbft trägt (bgl. S. Seife a. o. D. @. 322). SBSo«
bte jünger ^efu eigentlid^ }um @uten ben)egt, ift bad Streben ®ott ä^nlid^ ju toerben
SDlt 6, 9. 45; Sc 6, 35, bte Eingabe an Sefum aJlt 6, 11; 10, 39, bie banibare SBert.
fc^o^ng bed @t>angeliumd ÜRc 8,35 unb ber in i^m bargebotenen SSergebung ^t 18, 32 f. i5
S)er ®&anle an ben Sol^n, ber nid^t ausbleiben toirb, ift barum nur.$^f^^^^i^r ^^^
man [\d^ in Slugenbliden ber SebrängniS \>oxi)(dtm mag (k>gl. bie oben unter 9tr. 1 am
geffii^en Stellen), baS aber bad $au))tmotit) nid^t erfe|en lann unb nid^t berbrängen foK.
neberbied ift ber ®ebanle an ben So^n im DoQenbeten (SotteSreic^ {ein ®egenftanb ber-
ftonibedmäfeiger Sledj^nung, fonbem ein (Slauben^ebonle unb barum nur bem erreid^bar, ao
in ta>el(^em gleid^jeitig fd^on anbere aui^ bem ©tauben entf))ringenbe ftttlid^e SRotibe toitt»
fcnn finb.
^agen toxx enblid^ nod^ bem JSrin^i)) ber göttlid^en So^ngetDöi^rung, fo erfd^eint ali
fold^ed nid^t feiten bie öquibalente Siergeltung. Sol^n unb Seiftung entfi)rec^en einanber
nod^ ber etnt)irifd^en Stege! : ber älrbeiter ift feinet So^neS tpert. Sc 10, 7. ^emgemäfe as
tmrb, koer ftreng über anbere urteilt, auc^ Don ®ott ftreng beurteib toerben 3Rt 7, 2,
tDO^enb anbererfeitd bem ©ebenben gegeben toirb Sc 6, 38, ber SSarmJ^erjige Sarm^erjig^
Wt enH)fcingt SWt 5, 7, ber 35elenner Don 3^w anerlannt 3Kt 10, 32, ber fein Seben
0))fembe mit bem Seben befd^enlt toirb 3Rt 10, 39. aOein baS SSer^ättniS ber ^qui»
Daten) reid^t nid^t bin, bie ^eigebigleit ber göttlid^en Siebe aufjubrüden, ^n 9Birflic^feit so
ift ber Sobn grofe 3Rt 5, 46 ; Sc 6, 23, gehäuft 6, 38, ba« »ielfad^e ber Seiftung aJlt
19, 29; 25, 21—23; Sc 12, 43, unerfdböt)fKd& Sc 12, 33, ja über^au^t aufeer 5prot)or=
tton )ur DoQbrac^ten Srbeit, ^t 20, Iff. @r lann barum aud^ x^Q^t f^^^ ^^^^
IMfecn/ Sc 6, 32, in beffen guteilung ®ott DöUig fouDerän ift, aRt20,14f. 3)ie©HaDen,
bie i^en ^ienft in fotc^em ^JJldfee getoürbigt feigen, muffen über i^re Seiftung urteilen, 86
bofe fte i^rem $erm (burd^ i^ren Unterhalt, ber cii iRaturallo^n )u beulen ift) mel^r
9btjfh)anb Derurfad^ten, aU il^re Slrbeit i^ einbringt unb ft^ barum <d^ dovXoi &xQ^'ioi,
oldSOaDen, Don Denen i^r $err ©c^aben ^at, beurteilen, (^ie richtige Srllörung ber ©teile
— in Anlehnung an 3. 31. Sengel — bei Se^fc^lag, 9teuteft. Ideologie I, 96 änm.).
S>emnac^ ift bad eigentliche ^ringtp ber So^nerteilung an bie ®ottedIinber @otte^ freie, 40
toeit über ben 3Bert ber menfc^lid|^en Seiftung ^inau^e^enbe @üte. Slber fte erfahrt nur,
toer fie ald folc^e aufnimmt unb anerfennt. 2Ber mit bem ^immltfc^en Slrbcitd^erm
rechten n)ill, ber toirb auf feine ©ouDeränität Dem)iefen !D2t 20, 14 f. unb )uglei(b barauf
aufmertfam gemacht, bafe er felbft ben bebungenen So^n unDertürjt em))fangen ^at, SS. 13.
(Sottet SSergeltung^orbnung ent^ölt barum ein bo))))elted $rin}ip : toer ald itinb bejubelt 45
fein koin, ber erfährt feine fd^ranlenlofe @üte, toer ald ^nec^t bejubelt fein toiK, bem
tmrb fein 9lec^t.
2)er So^n für aDe arbeiten in ®otte« Dienft ift toefentlic^ ber gleid&e, aWt 20, 1 ff.
3)ad folgt aud feinem ^nl^alt. 2)ie ^ilnal^me an ®otted ®emeinfc^aft in feinem Sleid^
ift bad eine, Dou befeligenbe gi^l für alle. l)em toiberfprid^t auc^ nic^t ^t 10, 41 f., too 60
Dom Sobn bed $roJ)^eten, be« ®ered^ten, be« jünger« bie Siebe ift. 3)afe bie« eine brei^
fac^e älbftufung innerhalb ber göttlid^en 93elo^nung fein foQ, toirb nid^t gefagt; bagegen
totrb beutli^ au^eflprod^en, ba| jeber ber einen biefer ®otte«boten al« folgen förbert, i^m
im So^n gleic^efteUt fein n)erbe. 9JIit bem in ber ©eligleit befte^enben So^n ^at ed
ober gor nic^td ju t^un, toenn Don Derfd^iebenen f^unttionen im jutünftigen ®otte«reid^ 65
bie Siebe ift, Don ®rofecn 3Kt 18, 4 unb Äleinen 11, 11, Don folc^en, bie al« ^errfc^er
richten toerben 3Kt 19, 27 f. unb folc^en, bie je nac^ bem ®efd^irf, ba« fte in ber SSer«
toaltung ber ®üter i^re« $erm betoicfen ^aben, über Diel ober toenig gefefet toerben, 5Kt 25,
14 ff.; Sc 19, 11 ff. a)ie Dolle unb toefentlic^ gleiAe ©efeligung aCer bebt bie burd^Sm
btDibualität unb SCalent bebingte SSerfd^ieben^eit nicyt auf. eo
McoU^ttc^nopAbtc fftr X^eologlc ttiib INr4c. B. V. ZI. 39
610 S^^tt
(Sd tpäre ein 3)lt^t)erfiänbntd ber Seigre ^efu, Ivenn man in bem t)on i^m ber^^en
2of)n b(o^ bie äSoDenbung bed ftttltd^en Strebend felbft etbliden tooUte. 3)tefe( befiei^t
jtDeifeQod in bet SSefeßgung, bie (Sott bem ÜRenfd^en, ber i^m vertraut unb ge^orc^t, y&
teil tperben lä^t. älber er ift oQerbingd nid^t o^ne ä9e)ie^ng jum fUtlic^ Seben. 2)aS
6 ^immelreid^, in bem man .feiig ift, ift badfelbe, in Iveld^em ber SSiQe ®otted Ifidenlo^
gefc^ie^t, ÜRt 6, 10. S)ie @eligleit im ©ottedreid^ if) bod unabtrennbare, ober bo(^ nur
bon (Sott getpd^rleiftete Korrelat ber k>ollenbeten @tttlic^Ieit. Sie ift bie in ber®ere(^g<
leit ber (SottedKnber angelegte, aber in ber gegentpärtigen Sßelt^eit nod^ monnigfa^ ge^
trübte @ubamonie. ^e [tarier ber 9Biberf)>ruc^ jtpifci^en innerem S3eft^ unb äußerem idi
10 em))funben tpirb, je unberl^üllter ber gro^e Stampf ind Sluge gefaxt totrb, ben bie Ainber
®otted mit ber ®ott toiberftrebenben 903elt nod^ )u befielen ^oben, befto unabtoetdlic^
ergebt [\^ ber (Sebanle eined nod^ bek>orftel^enben Stu^leid^. ®r finbet im £o^nbegriff
feinen Slui^brud. tiefer ©ebanle ift fotoenig unet^ifd^, ba| er k>ielme^ bie einjige %om
barfteOt, in tpetc^er ber ^^eube unb bem @lücf eine 93^ie^ung gum ftttli(^en Seben gegeben
16 tperben lann. M^ toa^re @IM ift in ber @t^il ^efu bie Don (9ott berlie^ene Sefrie«
bigung, bie ber religiöfen £auterteit unb ftttlid^en mbeit nachfolgt, ^nbem ber 3Rttf^
biefe ^efriebigung (Bott an^eimfteUt, k>ergi(i^tet er eben barauf, fte auf bem SSeg Buger
Serec^nung ftd^ felbft gu k>erfcl^affen. 2)ed^alb ift ^efu £e^re fotpeit t)on ber t)ertt>erflt($cn
So^nfud^t entfernt, ba^ fte biefe auf bem einzig too^ren unb gureic^enben SBeg übertDtnbet
ao ^ai bad ftttlic^e i^anbcln felbft fd^on eine Duelle ber Sefriebigung ifi, ^ot 3^ud I^^
toegd überfeinen; beiSl^alb gilt: SBer ba l^at, bem tpirb gegeben Sc 8, 18. Sber er ffcd
barin nic^t ben ganjen ©rtrag gefe^en, ben bad ®ute für feinen 2^er abtoirft, [onbern
nur ein Slngelb auf ben t)ollen 2)rium))^ über a&ed ^emmenbe unb @miebrtgenoe M
irbifc^en 2)afeind.
25 2)ie äSertoenbung bed Sojiingebanlend in ben anberen neuteftamentlidben @<^riften auger
^aulud bietet tpeber ^inftc^tlid^ ber ^ffung bed 93egriffd noc^ feiner Sinorbnung in bie
©efamtanfd^auung ))om S^riftentum ettoad 93emertendti)erted. ^ Sio^nnedekHmgefiutn
1 ^t unb ^alobudbrief fel^It bad 3Bort gang, nic^t aber ber (Seoanle gnobenretc^ Ser»
geltung So 12,26; I5pt5,4; 4,13; 3a 1, 12; 5,7—11. a)aneben ettoo^nt ber l^ere
80 auc^ bie @eligIeU, bie bad c^rifUic^e ^anbeln felbft begleitet 1, 25. äadSRotit) jum tb^
^arren toirb ber juia&og 2 3o 8 geltenb gemadjt. 3)er $ebräerbrief t>erh>enoct unbc»
fangen bie So^ni^orfteKung, um ben ©ebanlen ber gerichtlichen 2, 2 tpie ber gnobenDoden
SSergeltung 10, 35 audgubrütfen. 2)er ©taube an ®ott aU ben fuo^ojiodorng, ben
$üter ber ftttlid^en äBeltorbnung erfd^eint 11, 6 ald ein ^nbamentalartilel bed S^ften^
86 tumd. ^er ^erfaffer ^at and) lein Sebenlen, bem ©taubend^elben Wofed ben ä9lidt auf
(Sottet lo^nenbe SUergeltung jujufd^reiben 11, 26. 3)ie Sl^jofatopfe t)erfnüj)ft mit bem
großen lag ber SSergeltung bie ßrteilung bcd So^neg an bie Änec^te ®otte«, 11, 18;
22, 12. @in Jlonflitt bed SSergeltung^ebanlend mit bem 3^^^^^^^^ ^^ c^ftlic^en
©cfmnung ober bem äBalten ber göttlichen ©nabe toirb nirgenbd ind 9luge gefa^.
40 (S^er fönnte man bied bei $aulud ertoarten. Seine ^el^re t)om $eil, bad @otte^
©nabe begrünbet unb t)erlei^t, fd^eint ben ©ebanten an einen So^n menfc^lic^er Seiftung
gänglic^ audjufc^ltegen. ^n ber Xl^at fagt $autud auc^ mit allem ^ac^brucf, bag bad
^eil ©otted ©naoengabc ift, 9lö 6, 23, unb barum nid^t unter ben ®eftc^tÄt)unft eine^
^ol)n^ geftcüt hjerben fann, für beffen ßrteilung eine 3}erbinblic^leit (d<peüir]jLux) befielt
45 9lö 4, 4. 3" i^^^ ^rei^abe biefcr ©runbtoal^r^eit m ©unften einer burc^^ ©efe^«^
beobac^lung gu erlangenben ©cred^tigfcit fic^t er eine U5emic^tung ber ©nabe unb eine
(£nth)ertung bcd lobed (S^rifti, ®a 2, 21. (gbcnfo beftimmt fc^eint au<^ bie paulinifc^
@t^if hai So^nmotit) au^ufc^ltegen. 2)ad fittlic^c ^anbeln bed Stiften ffoX feine 92onn
unb feinen Sctoeggrunb an ©otted Sarm^erjigfeit SRö 12, 1, an ber gläubigen SSerfenhmg
60 in e^rifti lob 1 Äo 7, 23 ; 9lö 6, 4, in ber ban!baren (Srlenntni« feiner Siebe 2 flo
8, 9 f.; M 3, 12 f., in ber gurd^t ©otte« SRö 11,20 unb (S^rifti 2 5lo 5, 11, am (8e«
^orfam gegen feinen SBiHen 2 5to 10, 5 f., indbefonbere aber am Seft^ bed ®etfted ®a
5, 25, ber bie ©ottedfinber innerlid^ ?um ©uten treibt, SRö 8, 13 f. 2)ie mofegebenbe
93ebeutung bed le^teren ©ebanfend in ber gangen paulintfc^en ätnlFd^auung beta>eift oOein
56 fc^on, bag ber 93litf auf ben £o^n l^öd^ftend eine untergeorbnete iRoUe im Xufbou be^
ütlic^en Sebend fpielen lann.
Snbeffen fte(;t neben ber ©nabenle^rc eine Seigre bon ber Sergeltung in fo beftimmtcr
älud^rägung, ba^ fie {einedfoUd aU ein bloßer Sleft Jübifc^er 2)en{geh)0^n^ cöifgefo^
toerben fann. ©ott tjcrgilt jebem nad^ feinen SBerfen Sftö 2, 6 ff., bor ©j^rifti SKd^terfhiM
60 trägt jeber bat)on, toa^ ber Slid^tung feiner ^^aten entffjrid^t 2 Jlo 5, 10, ber SKenf^
sofiv m
erntet beSbatb, ma^ er ßciöt ^ot, &a 6, 7. Tic Sclifltcit ift «in flaniyftjrciö, ber «=
tungen frin toid 1 Ho 9, 24 f.; *P^il 3, 13 f.; unt« Stmitbung ^(lil 2, 12 unb fieibm
2 flo 1, 17 mufe fic «ftttbt iwiben. 5)arum giebt eä out? tinm i'oljn ber atvbcit in
■ ®otteö Sienft 1 fto 3, 8. 14; 9, 18; Äol 3, 24. fir tonn oui^) alä ein £c6 beseittinet
tonbfn, baä ©ott im @eric^t erteilt, 1 Sto 4, 5 ober ali ein 9tu^m am ^age Qlinfti h
■ 2 flo 1, U betfli. mit 1 flo 9, 15 ff. 3)et ®ebanfe an bie tünftige $enli(^feit tritt
bei^alb im oben angeführten fittlic^en ÜRotiüen unlerftu^enb jur Seite, 9ti» 2, 7 ; S, 18 ;
2 Ao 3, 12; 7, 1. ^ie ^aftoralbriefe fiteren über bieje ®ebanten ber äderen Briefe nur
batin ijinauä, ba^ 1 ^i 4, S auäj Von einem fc^on bieefeitigen (Detninn ber ^rümmigtetl
Üe ^ebe ift unb 6, 19 bie 3Jebeutung beä ^Jllmofengebenä für ba€ Seil ftatt betont mirb. io
@ine auSbrücflit^e ä<ermittelun^ beiber @ebantenreiEien giebt $auluä nii^L @S ift
(4er nit^t glücifelbafi, bafe [ic (ür itin in ber ganji fetbftoerftänbli^en Überäeugung »on
ber fittlie^en Srui^lbarfeit be« ©Inuben« liegt. IJiefer ift in Siebe ibatftaflig ®a 5, 6,
cc feftigt im Äamj^f Äo! 2, 7, er reinigt burt^ bie ©ortjattung be« cer^eifeenen ^itU
2 Ro 7, 1. ©ofeni eä nun eine unb biefelbe innere SBerfaffung ift, bie religiös im (Stauben, la
j^ic^ im cl)riftli(ben 3SanbeI erfc^eint, fann bie (Snabengabe beä Gebens aud? oli gijttii^e
Sergeliung auf boä Jüertjalten beä Ghiiften belogen »erben. liabei bleibt aber ju bc=
a^tm 1. bafe bie erfte Setrat^itung bie iibergcorbnetc, bie ä^eite bie fetunbäre ift, 2. bafj
t& nii^t bie »ereinjetten Teerte fmb, wcii^e ®ott ücrgilt, fonbem baö einheitliche Siebin«=
hJttf 3tö 2, 7; 1 Äo 3, 13 f. ton i^m beurtcitt loirb, in bem fit^ bie Titlti^ie ©efamt' ao
tii^tung aud))iägt, 3. ba^ bie Vergeltung nicbt nad) ber mec^anif^en ^Jlorm ber (DIcic^<
toertigteit von Seiftung unb @egenteiftung gefctiie(;t, fonbem bei ben (Srben bei ^errlit^Ieit
bie erbulbete ^rübfal Weit überlciegt, 2 S,o 4, 17, mithin eine @nabenerh)eifung in fiä
ft^Iiefit unb 4. baß auc^ bie men|c|)Ii(^e Sciftung, afö eine öon ®ott bur$ feinen ®eift
getDirfte, in le^ter äif*'^"* f^'''!' ®nabengabe ift, ißbi 1,6; 2, i;i. Slimmt man ben Se» 25
griff beö So&neS in feiner ganjen Strenge, fo bleibt eä babei, ba| bei ®ott nietnanb %r-
f)nrui^ auf Vergeltung ijat, 3ti) II, 35. diejenige 3!erge[tung, bie er an ben 61»Tiftuö=
gläubigen übt, fäQt baium ganj in ben SRa^men bei @nabc.
^at aber *pauluö nic^t boi^, tDcnn auc^ nur in einet Reinen ätnja^t »on ©teilen fo
gef)>rD(^en, alö träre ber lioEjn notb etma« ©efonbete« neben bem ^leil, baö bie ©nabe sn
Oerlei^tV 1 flo 3, 12 ff. fefit er ben gall, bafe baä iJebeneinert eineS glrtiften am ©&>
rit^tätag bie ^robe nidjt bepe^it, feine ^erfon aber gerettet tpitb, 21. 15 f. .^ättc aui^ fein
SBerf äeftanb gcbabt, bann bätte er einen Solm empfangen 3i. 14, ber in biefem jjad
offenbar ein ^Re^ir über ben bloßen .^eilöeinijfang fjinauS geWefen toäre. UnblÄcÜ, 16f.
ecOärt er bie Scrlünbigung beß ÖDangeÜumö für feine ^ftic^l, für einen gauölialtetbienfi, bs
ben er erfüllen mufi, aber bie über bie ^flictt ^inauäge^enb« foftenlofe ^Darbietung bcä=
fdbcn für einen (Segenflanb beö fRui}mi H. IG unb einen ®tunb bcä Sotin« S. 18. älut^
^ei fcbeint ber Sol^n einen S'A"^ ^i ^'^ $'<' bebcuten ju muffen, "üai an bie VorWurfä=
freie SerufäerfüUung (1 ^o 1, 8) gefnüpft ift. Sine äluSgleic^ung biefer Sluäfagen mit
bei (änabcnle^re giebt ber Slpoftcl nic^t. 31ba man barf mit ©runb bejmcifeln, ob fte tu
lu einer le^lfof''^ 'Pcrföenbung geeignet finb. 5" ^^ erften Stelle ^at ^Jiauluö ben be=
fonberen '^aS eineä i^iftlicbcn Sebierfi im Stugc, bem er »n>ar baö pcrfönlii^e (Sbriftcntum
unb baS peifünlidje ^tü nit^t obfpritbt, beffen Sirbeitäettolg er ober für nii^tig (»alten
mu^. Söenn ber ©ciic^tölag biefc 3ti(btigteit offenbart, fo oerliert ber baoon Srtroffene
oUerbingö ettoaß, maß bem aipoftel fel^r loertooll ift (ugl. 2 fio 1, U). eine IJcbenäotbeit, »ü
auf ber fein Slicf mit ^Jefriebigung unb baä äuge ©otteß ntit anettcnnung rii&en (ann.
Kn befonbere Vergeltungen in bem tünftigcn Slon braucht man um fo weniger ju benten,
öl« bei ber Surüct^oltung, bie [\^ ber 91poftel in beffen ©djilberung auferlegt, gar nit^t
ot^ugeben ift, Worin jene befteben foflten. ^n Sejug auf bie jweite ©teUe ift ju beatftlen,
bofe jw bem äuffl'nn'fti^ang cina notgebrungenen ©elbftüertcibigung beß Stpoflelß ange; ro
^it 33ie ©eper benu^en ben ^icrjic^t beß älpoftelß auf ein Entgelt Bon feiten 6er ©et
mcinben alß einen VeWeiß, bafi biefem 3Bürbe unb dlc^rt beä %oflolatß abgelten, ^m
QtegenfaS baju Derfic^ert er, bag er gecabe barin eine freitoillige Wetirleiftung auf \id}
ne^me, für bie i^im ein bcfcnbeter ©otteßloljn gebühre. 3)iefe Formulierung ift toa^n
fc^einlic^ nur um ber fc^lagenben Stntitbefc willen gewählt unb auf ben na<^ ^ei^t€' u
begriffen urteilenben SJJenfdienBerftanb beret^net. SBaß 9|JauIuß feinen ©egnem alß ein
tKibienfllittieß iDietir öorreitinel, baß fann er fetbft ©Ott gegenüber jugleic^ in feine inbi'
tibueQe ifjflic^t eingeiedjnet tjaben, bem ßoangelium feineiiei §inbemiß ju bereiten 1 Äo
9, 11. 23. aöir baben barum an beiben Stellen fein« Setjre ton einer befonberen Söe-
[o^nung befonberer berbienftlid^er £eiftungen. @ß bleibt tiielme^r babci, bog alle gi)ttli<^e eo
39 *
612 So^tt
SSergeltung menfcl^Itcl^en 3BtrIend nur eine (Srfd^einung ber®nabe ifi unb ba^bicfedffihlen
felb^ nid^t m lo^ntpürbige einjelne Seiftungen aufgelöft toerben barf, fonbem bte etn^
tid^e Srfd^einung bed ftd^ ftttli^ ou^tpittenben ®(au6end borfteOt
3. ^ec biblifd^e ®^anle \>^ So^nd ift in ber ^olgejeit toieberl^olt jum ®egenßanb
5 bet Srötterung geworben. 3Ran f^at t^n teifö Derf(üd^tigt, teifö 6eläm))ft, teite De^beit
@rftetei^ gefd^ie^t ))on feiten ber SRl^ftil. ^nbem fte bie ^orberung ber Selbft^eugnung
bid jum 9(u[ge|en ber ^erfönlid^Ieit in @ott fteigert, tpirb i^ ber ®ebanle einer SBefne^
bigung h^ ®\xb\dt^, bie aud bem goltgentö|en Serbien ^erborgel^en \oü, cta ein Step
egoiftifd^r ©efinnung anftögig. 3^^ SSertuerfung bed Sol^nbegrip toirb nottoenbig tebe
10 ber Steligion entfrentbete 3Roxal geführt, ^f^ ^ ftttlid^e ^anbeln eine bCo^e Sngdegen^
^eit bed ÜRenfd^en, ber bon ftc^ aui^ eine ibeale Sebendorbnung aufrichtet unb burd^fü^,
{o lann ber So^ngebanle nur ald ein bie ftttlid^e ©efmnung trübenber i^intergebonle bc^
Subjeftd betrad^tet toerben. 2)ie Slnnal^me, ba^ bie t^oKIommene fitt(i(^ ©eftnmmg einen
So^n emt)fängt, ben fte gar nic^t birelt fuc^t, ift ^ier unerreidbbar. @tne Sergröbenmg
16 h^ So^nbegriffd enbUd^ begleitet bie gefe^Iid^e 9(uffaf[ung ber Steßgion. $at bie rdtgid^
ftttli^e SSerpfKd^tung i^ren ®runb blo^ in einer tpilltiirlic^en @a(ung, bann tonn auif
ber &d)ox\am gegen biefe nic^t burd^ ben 9Bert bed ®uten innerlich angeregt fein, fon-
bem nur burd^ bie mit bem ®ebot ))erhtü))tte 93elo^nung. 3)aiS Streben na4^ So^n, bod
in ber biblifd^en ^nfd^auung immer nur ^ilf^motit) ift, tpirb l^ier jum ^auptmottb unb
20 berbrängt bie eigentlid^ ftttlid^e (Sefmnung.
2!)ie ml^ftijd^e ®^anlenftr5mung bereitet in^befonbere 9(uguftin bor, ber gtoor ben
So^nbegriff nic^t bertoirft (De civ. Dei 22, 30, 2 ; 8erm. 16, 5), ober bo(^ tuu^bnidtru^
betont: praemium Dei ipse Deus est. (Enarrat. in ps. LXXn, 32; Serm. 19,5;
78, 5; 165, 4; 331, 4). 2)ed^alb fällt i^m aud^ bie Xugenb unb i^ So^n in eind ^
26fammen; adhaerere Deo ift virtus unb praemium virtutis )uglei(^. £p. 155, 12.
2)arauf baut ftd^ in ber mittelalterlichen SR^ftil bie ^orberung ber bad eigene 3(^ ba>
geffenben ®ottedliebe, toeld^er Sem^arb k>on @Iairt)au£ il^ren tlafftfd^ Slu^rud gtebt in
feiner Se^re t)on ben oier ©tufen ber Siebe (f. 35b II, ©. 631,io— ae). 9e)ägß<^ bd
So^nd gilt: non sine praemio diligitur Deus, etsi absque praemii intuita dili-
80 gendus sit (MSL 182, 984). ®ie „X^eologia beutfd^'' toiU nur k>on bem So^ toiffm,
ben ©ered^tigleit unb Xugenb in ftd^ felbft tragen (ed. Pfeiffer, 2 9(ufL, 164. 166). %iäi
Sutl^er folgt eine Qixt lang biefer ml^ftifd^en S^rabition. Slud^ icS eigene $eil foQ man
nur au @otted (S^re erftreben (93391 I, 431; II, 94) unb nid^t @oUt^ (Süter, fonbem
©Ott felbft fud^en VII, 557 ff. ätUein feiner tebenbigen ^ömmigleit genügt bad m#if<^
86 ©c^ema nic^t auf bie ^auer. ®ott ift i^m nic^t blo^ ber ©egenftanb überfuinlic^ Slm
Umplation ; man mug mit i^m olle @üter feinet ^errlic^en Sleid^ed jufammenbenlen (6. X.
51, 187). 93on ^ier an^ toürbigt er oud^ bie So^nber^ei^ungen ber ©c^rift, freiließ nic^t
ald 3Rittel }ur Sneugung be^ guten äBiUend, too^l aber aU Xröftungen in 3Rü^e, Srbeit
unb 3Biberftanb (3Ba V, 564 ; m 43, 362 ff.). 3)od& bleibt er bobei, bafe, toer bei
40 feinem ©uteötl^un nur benSol^n fud^t, i^n nimmermehr erlangen toirb (6 8113% 305— 308,
bgl. aSä VII, 559). a)ie SRögli^feit be« fittlic^en $anbeln^ o^ne bie trübenbe Sei*
mifc^ung ber Sol^nfuc^t fie^t er für ben S^riften barin begrünbet, ba^ er auf bie Offen«
barung einer ©eligfeit toartet, bie er „im ©lauben Verborgen" fd^on ^t (SÄ 7* 173 ff.
292). ^arum lann er „allerlei Sßerf frei t^un, ol^ne aQen IneAtifc^en 9Rut, ber boburt^
46 fromm fein unb t)erbienen t)ermeinet" (ib. 264). SSergteic^e hierüber bie einge^ben 9{ad(^
toetfe bei S^^ieme a. a. 0.
©egen bie SSerbunlelung ber )>aulinifd^en ©nabenle^re burc^ ben So^nbegriff toenbet
ftc^ 3Rclanc^t^on in ber äpologie. 6r bietet l^ier — genauer jugefel^en — eine hcdpip^
ßurec^tftedung be^ biblifc^en So^ngebantend. 1. ®er So^n be^iei^t ftd^ nic^t auf bie
60 ©ünbent^ergebung, bie nur im ©lauben angeeignet toerben lann, fonbem auf monc^ei
leibliche unb geiftlic^e Segnungen, mit toeld^en ©Ott bie ©efe^e^erfüllung beffen bogilt,
ber bie äted^tfertigung fc^on empfangen ^at. 2. 3)er Sol^n ^at feinen Snmb in einer
@elbftt)er))flic^tung ©otte^, nic^t in unferen Sierbienften unb beruht bed^b felbfi auf
©nabe. Unter biefem }toeiten ©eftc^t^unlt, ber offenbar ber eigentlich prinjit^teOe un^
66 burc^fc^lagenbe ift, lann bann auc^ gefagt toerben, — toad bie ^l. ©c^ft in ber 2^t
fagt — bafe ber So^n im etoigen Seben felbft befielet (Apol. R. 96 f. 136 f.). 3m Solfr
Unterricht toiH SJlelanc^t^on ben ^intoei^ auf ©otted belol^nenbe 9}ergeltitng cta 6)>oni
ju c^riftlic^er Siebe^ertoeifung nid^t miffen (CR 26, 15). S)er So^ngebanle fott ol^
tilf^motit) für bie ©c^toac^en bienen. äll^ bloged 92ebenmoti)) c^araneriftert ouc^ M
on}il t)on Orient ben 931idt auf ben etoigen So^n (Sess. VI cap. 11) neben bemfloupt*
So^tt 613
motib ber IBer^errlid^ung ®ott^. Wim bte ^nfd^ulnal^me bed So^nmottt)^ atö einei^
fittftd^ tabellofen (can. 31) ertoedt bod^ ben @cl^em, old ob ei^ auc^ für ftd^ ^inretc^enb
toore. ^n m^fttfd^ angeregten itreifen ber lat^ottfc^en ffird^e l^t man bagegen bad ^beol
bcr untntereffterten ®otted(iebe tpieber aufgenommen unb tpeiter ge))flegt. 93gl. ben ätrt.
gÄlClon 9b VI 34, 87—46. 5
Sie mobeme ))^Uofo))^ifcl^e (Stl^il fte^t bem So^ngebanlen hitifd^ unb Dtelfad^ ab(e^
nenb gegenüber. S^tnoga übarfe|^t bte ©ebanlen ber reltgiöfen SJl^ftit tnd ^nteDettualiftifd^e.
2>ad einzige ))oQtommen gute ^otto ift bte Siebe m (Sott, bie mit ber @rlenntnid (Sottet
ober, txKi^ bodfelbe tft, bed umfaffenben 9latunufammen^ang^ ibentifc^ ift. 2)er 9Betfe
^onbelt oud feiner abäquaten @rtenntntd ^eraud fd^tec^tl^ gut, o^ne ba^ ^ für i^n eined lo
®efe|ed ober einer mit btefem ))erbunbenen 93erf))rec^ung ober ^o^ung bebürfte. 92ur
für bieienigen, toeld^e bie ÜRottoenbigleit bed ®uten nid^t einjufe^en vermögen, ftnb Se«
lol^nungen unb Strafen ba. 9lber biefe erzeugen niemaß ein morolifd^ i^olibeln. S^riftud
fc^nteitet barin über Wto]^ ^inaud, baf; er nic^t mel^ ftnnKd^e, fonbem geiftige ®üter ber«
^ci^. @d bleibt no^ ber Id^te ©d^ritt gu if)\m, biefen getftigen Sol^n in icS JtttKd^e i6
^onbeln felbf) ju bertegen. Sr befte^t in ber @e(igleit, tbeld^e bie Xugenb in ftcp felbft
trägt (Tractat theol. polit. cap. 4. 5. Eth. V, prop. 41 f. Ep. 21 [olim 34], Opera
ed. yan Vloten et Land II, 275 ff.). Sefftng fte^t in ber 9(ud{td^t „auf bie glüdfeligen
folgen ber Xugenb'' nur ein Srgie^ung^mittel für bie Unreifen, \>cS ^toegfaUen mu^,
tbenn man fällig getborben ift, „bie Xugenb um i^ felbft tbi&en gu lieben^'. 9Ber auf ao
bcr Stufe ber SoQenbung angetommen ift, reflelttert bann nid^t me^r auf „tbiUtürlic^
SkCo^ungen, bie auf bad ®ute gefegt'' toären, aber er ertemtt „bie befferen Setobnungen'^
bte im ©Uten felbft liegen (Srjiel^ung b©^ 3Renfd&engefd^l. §79—85). Äant fc^Uefet bon
bcr SDtotibierung bed fittlid^en ^anbelnd jjebed eigennü^tge 9Rotib, über^au^t jj^en „tmpu
rtjd^en Slnreig^' aud; aber er erlennt an, ba^ ber rein ))raltifd^en Wloxal eine (Slüdfeligsae
lettdlel^e folgen barj, tbeld^e bie Steinzeit ber ftttlid^en (Seftnnung nic^t trübt, Ibofem nur
bte 93efo(^ung bed (Sefe^ed auf bie SSorfteQung ber ^flid^t allein gegrünbet tbirb. ^n
ber (^ftltd^en Wloxal \P^^kV, finbet er leine ^eteronomie, fonbem älutonomie ber reinen
(nmlttfc^en SSemunft, jofem jene „bie Srienntnid ®otted unb feinei^ äBiUend ntc^t jum
Orunb ber fittlid^en ^efe^e, fonbem nur ber ®elangung gum ^öd^ften ®ute unter ber ao
SAingung ber Befolgung berfelben mad^t" (Ar. b. pxalt SSem. ed. Äirdj^mann 112. 155.
182 f.). gftd^te bertoirft biefe Kombination i^ ®uten unb ber ®lüdfeliglett unb fte^t in
i^ bie ®efa|rr einei^ fd^limmen @elbftbetrugd, inbem man ftd^ einrebe, bie ®lüdfeligteit
„mtr nebetibei ju tbollen'^ toälS^renb fte bod^ ber eigmtlid^e Setoeggmnb bed 9Billend fei
Cr ge^t barum auf bie m^ftifc^e ^orbemng ber uninterefftertm ®otte^liebe mrüd, bie 85
„lAe perfönlic^e Selbftliebe austilge" (3lnto. gum fei. Sebm ©. 243—250). 2). %t. ©traufe
benü^ bie ^olernil gegen bm SSergeltung^lauben jur Sluflöfung ber c^riftli(|en @fd^a«
tologte. @r erllärt bie 3)leinung, ba^ e^ in biefem Sebm bm ®utm oft fd^lec^t, bm
©(^lec^tm gut ge^e, für bie ^Eöufd^ung eined am öu^erm ©d^ein l^ftenbm 3)mlmd unb
^t im ©trebm nad^ ber ©eligleit einen bem)erflid^m Sgoi^mud (®laubendl. II, 713 f. «o
SOter u. nmer ®laube, l.äl., ©. 124). ^ie ^örteftm aber aud^ beiftänbnidlofeflm SBorte
@b. b. $artmann gefunbm, um bie c^nftlicbe Wloxal tbegm iprer Se^re bon einem
mltfd^m So^n be^ niebrigftm Sgoi^mud gu befc^ulbtgm(3)ad ftttl. Setou^ein, 2. 91.,
. 37—44). gr ift barin freiließ bon SRte|fd^e (im „«ntid^ft" unb fonft) noc^ über*
botm h)orbm. ^agegm l^at So^e aud^ barin fein meitblidlmbed SSerftänbnid für bie 46
^bleme beö ftttlic^en unb religidfm Seben« betoiefm, bafe er über bm Sol^nbegriff fagt:
„9Btr ^tm eine 3Beltanft€^t für unboQftänbtg, bie ein unbergoltmei^ Sßerfc^toinbm \>^
Outm für möglich f)cit" unb bom Sl^riftentum urteilt : „^aburd^^ ba^ ^ bm fü^m item
ber ©eligfett old hai le|te ®e^eimni$ offmbart, um be^iDm ber ganje äluftoanb einer
6(^}>fung unb eine^ SBSettlaufd gemad^t ift, ift hcS (Sbangelium eine fro^e Sotfd^ft; so
eine er^abme Sotfd^aft, eine granbtofe ^at e^ nie fein tboQm unb ift ed bod^ getborbm,
toeU ed jme toor" (röifrofo^m. III», ©. 358. 360).
Slui^ bm @rörtemngm über bm Sol^nbegriff in bm ^arfteDungm ber d^riftlic^m
etl^I fetm ^orgel^oben: 3Rartmfm, ^x. ßt^. I, 412. 564 ff.; SK. 5la^ler, ffiiffmfc^.
b. c^. Se^, 2. aufl., 468. 610 ff.; 3. Äöftlin, 6^. (St^., 197 ff.; Sut^arbt, Vorträge 66
über bie TOoral be« ©^riftmtum«, 5.-7. äufl., 63 ff.; SR. Äübel, ^r. (gtJ^. II, 85—91.
4. Z>a^ Srgebnid lä^t ftd^ nunmehr in tbeni^e ©ö^e mfammmfaffm. @d befte^t
lein ®runb, bm Sol^ngebanfm um feinet angebltc^ juribifc^en S^aralterd tbillm bom
®ebiet bed fUtlid^m unb religtöfen ZAttii au^mfc^lie^m. @r ift au^er^alb be^ 9ledbtd«
gebtetd entftonben unb lä^t au^er bem Wa^ftab ber ®ere(^tigleit aud^ für ben ber billig? eo
614 So^tt S^tfim
tett unb ber ®üte SRaum. ^n ber reKotöfen 9Be(tanfcl^auung bient er jum Sbidbrud bei
®etDi^eit, bag bod fittlid^e $anbeln {eine b(o^e Stitgelegenl^eit bed 3Rtn\dfm \^ fonbetn
\>on ©Ott beamtet unb gelDürbigt toirb, tnbem er mit ber SSefotgung feined SBiOend bie
Xeilna^me an ben ®ütem feinet Sleic^ed jufammengeorbnet fyd. SSerftel^t bod 31% caiii
6 unter bem So^n ber Xreue nid^t blog bie SSoUenbung bed ftttlic^en Strebend felbft, fon-
bem bie t^oUbefriebigenbe ®efta(tung bed 2Aztii überpoul^t, fo fc^neibet ed bod^ befiimmt
jebe egoifttf(^e So^nfud^t ob. ^enn einmal toirb ber göttlich So^n fd^on baburi^ bei
egoifiHMen SBerec^nung entrüdt, ba^ er in eine ienfeitige Drbnung ber 3)inge t>erlegt toitb.
^ie äSemad^läfftgung bed biedfeitigen 93ortei(d um bed t^f^%^ ®eh)innd tDtHat toirb
10 fo ^u einem SBagnid bed ®(aubend, bad an ftd^ fc^on einen ^o^en ^bealidmud in fu^
fd^lte^t. Ser So^n im neuteftamentlid^en ®inn ift ober nic^t blo| jenfeitig, er ifl aii4
geiftig unb ftttlid^ geartet, fofem feine SSertpirflic^ung eine Umgeftcutung ber S3elt boraud^
fe^t, ))on bet \d\x nur tpiffen, ba^ fie bie trolle 3)ur$fü^ng bed l^igen @6ö}>fertoinend
®otted bilbet (3Rt 19, 28). ,3)iefet So^n l^at barum gar leine Slnji^ungdhaft für bod
ifi fmn(id^«egoiftif(^e Sege^ren. überbied tpirb ))on ^t]\x^ unb ^uIuS nad^brüdtlic^ betont,
boft ber ®ebante an ben So^n nid^t ber eigentlid^ ))robu)ieret^ ®nmb bed d^ri^ic^fitt«
lid^en Sebend ift, fonbem ba^ biefed an^ ber 9lneignung ber befeligenben göttlid^ ®nabc
uti^ aud ber ))on i^ getoejten ®otteds unb Slöd^ftenliebe entfi)ringt. !Rur ein ^onbeln,
icS bem ftttlid^en ^n^alt bed ©ottedtoiHend aU fold^em gilt, toirb barum So^n en^yfongen
ao unb bloft in Siücffid^ auf bie (Sraie^ungdbebürftigleit bed S^riften unb bie unaudbleiblii^en
Sd^koanlungen feinet inneren 2mn^ koirb ber 93Ii(t auf ben So^n otö i^Ufdmottb Det^
toertet. ^em entf))rid^t ed aud^, ba^ ber So^ngebanle im 9IX nid^t fotoo^l ate SRotib
ber S3e!e^rung, fonbem ald (Ermunterung jur 9luiSbauer in bem fc^on geiDorbenen c^fi^
(id^en Sebendftanbe gebrandet toirb. 3)emnad^ erfüQt bie dEiriftüd^e Se^re k)om 2o|m oOers
26 bingd bie ^orberung Ranf^, bag ber 93(i(t auf bie ®Ul(Ife(tpIeit bie funbamentalen fitt^
liefen 3)lottt)e nid^t erfe^en ober ))erbrängen bürfe, fonbem fte Dorau^iufe^m ^obe. ^it
ber eDangelifd^m ®naben(el(^e enblid^ ift ber biblifc^e Segriff bed So^nd k>eretnbar, toetl
er nid^t eine juribifd^e Sietgeltung bebeutet, ))ielme^r in ber Sßürbtgung ber um>olltoms
menm mmfd^lic^en Seiftung bie ®nabe i^rm @pxdxaum fyit 3^^ St^ü, bie ben ©e^
Bobanim einer belo^nmbm göttlid^m 93erge(tung aui^fd^flie^t, ift bamm unboDfUinbig, toeil
fie ed t)erfäumt, bie Überzeugung ))on ber be^errfd^mbm Stellung bed ®uten in ber 9M
in i^re trolle Jlonfequmj ju mtfaltm. C IHr«.
Soiftett, ^ant^eiftifd^eSelte bed 16. ^a^r^unbertd. — SoQftfinbige 8amm'
(ung ber OueUenberi^te unb einge^enbe ^orfteHung ber ©efc^i^te ber @e!te bei 3ul.
86 Steberid)8 , De secte der Lofeteo of Aiitwerpsche libertiJDen (1525 — 1545). £lidu8
Pniystinck (Loy de Schaliedecker) en zijne aannan^ers (=: Werken van den practisdieii
leergang van vaderlandsche geachiedenis van P. Fredericq, II), Gent u. 's Gravenhaffe
1891; 3» Srcberld)?, Un luth^rien franjais dcvenu libertin spirituel: Chiistophe H^raut
et Jes Loistes d'Anvers, 1490 — 1544, im: Bulletin historique et litt^raire de la eoc. de
40 l'hist. du protestÄntisme franyais, T. XLI (4. s^rie, ann^e I), 1892, ©. 250 — 269; berf.
(nebft Beiträgen oon ^. ^olinier unb 92. Seig), La moralitig des libertins spiritueU,
ebenbo S. 502 — 504 ; Ä. S^nbt, Histoire du panth^isme populaire au moyen ^ et au
16. sifecle, $Qri« 1875, 6. 122 ff.
3)ie frü^efte Äunbe i^on bem 3luftretm biefer Seltierer giebt un3 Suti^d Srief an
46 @|)alatin Dom 27. Ttäxi 1525, bem^ufolge bama(d „ntn^ ^xopl^m*^ an^ Xnttoexpen
bei il^m in SBSittenberg crfc^icnen toaren, bie ®eift unb Semunft be^ SKenfd^ bem
i)l, ®eifte gleid^fe^ten. ^ie 2)i^t>utation, bie in \mm 2^agm 3Re(and^tl^on in ®t%m
toart ifutl^erg mit bem böd^ft felbftbetoufet auftretenben SBortfübrer jener ^ontl^eiften, bem
ainttoerpener ©d^ieferbcrfer 6ligiu^ C^iot)) ^ru^ftinrf, führte, Iie| Sut^er bie ganje ©t^
60 be^ ®egenfa^e^ ^toifd^en jener ?iic^tung unb feinm eigenm rdigiöfm überjeugungen er-
lennen. Rn Slnfang ät^ril 1525 richtete er be^l^alb an feine ^n^önger }u 9lnttoeit>cn
ein ©d^reibcn, in bem er fie unter ^Darlegung iijon iPm^ftinrf^ Se^ren toor bm gefci^-
liefen „Rotier- unb SRumpclgeiftem" einbringli^ toamte. Äurj barouf, im 3«""«^ 1^26,
tourbe ^Pru^ftinrf hnxd} bie ^n^uifition in Slnttoetjjen in Unterfud^ung gejogen ; in 0^
66 meinfc^aft mit neun SRitangeflagtcn tjerftanb er ftd^ jum SBibermf ber t)on i^m befomiten
Äe^ereten unb lam fo mit ber S3erurteilung jur öffentlichen Äirc^enbu^e unb jum Irogcn
be^ Suglreu^e^ bat)on. ^a^ bie l^on ^ru^ftintf au^egangme äSetoegung bamit ni<^t jum
Stittftanb gelommen toar, jeigcn un^ Serielle oom ^af)xt 1534 unb 1544, bie über bi(
hjeite Verbreitung Älage führen, bie bamafe bie })ant^eiftif(^4ibertiniftifc^ Se^ren in b<n
60 Jiiebcrlanben erlangt i^attcn. ^n 2lntn?crj)en loaren namentlid^ bie loo^tl^abenben Ärcif^
' Satftnt SoDaTtmt
in im loiftifdjim Jliiinüentilcln ftart uertteten. ai&ft aud} au^n^alb Ülnttüerticnä entfolKte
^Tu^ftind eine eifrige ^Uroiiagnnia, ba bie »on einem (einer ^üitger — ■ptut^ftind (elbft mnt
D^ne alle ©tfiutbilbung ~ »erfaßten unb in ÜJcuKt^Ianb gebnitften iVIug|(^riften bientcn.
So platten (eine Vetren auä} im Alpiner ©ebiete, in Srabant unb glonbem Slnfiang ge=
teonnen. — Oia^bem i]JnHjftinrf faft jttiei ^ife'^ä'^f"''« lang Bor ben i^erfolgungcn bcr 6
JJnqui|ition ficfe ü" pt^em gehju|l, hiad^ im Sommer 1544 infolge beö ©eftänbnifft*
nncS in ^aft genommenen 3öiebertäufetä baS Sicr^jängniS üba i^n unb [eine Sln^nger
l^etn. ^ie bei |einem crften ^licoji:^ fuc^tc auc^ je^t Icieber ^lut^ftind burc^ iai 3In=
gebol ber 9lbl(^tDöTung {einer i'eliren fi^ ju reiten. 311^ rUttfäUiger jtc^er niurbe er je:
iod) gum (Scheiter Eiaufen ferurieilt, ben er am 25. Dttober 1544 beftieg. ^afi er in lo
b^ter Slunbe Sßibemif geleitet unb gebeid)tet, ift ni<^t erlDiefen. ^te feine ^In^änger
btlaftenben @eftänbntf|c ^atte er [pdtcr ali bur^ bie ^olter erjbungen jurücfgenommen.
£e(^ anbere Seiften, unter t^nen ber lö3i alä Sutlreraner berfolgte unb nac^ Stntnjerpen
geflüchtete ^arifer ^unietier @^rifto)^l? ^ärault, tuurben enttiaubtct, ber Xetfaffct bet loiftifc^en
ed?riften, 3Jominif ban Cucle, erhängte fitfj "" (Sefängniö, anberen gelang eS inä %ui= i&
lonb ju flüchten, 3Rit bem 3lb[auf be« ^(Ojeffeä öon 1544—45 füib alle ©(juten ber
(gpftenj bei ioiftenfefte uctfdjlounben.
über bic ©laubenSjäee ber Soiften befi^en Kir aufeer ben ^irojefeaften »on 1544/45
btri einge&enbe, im me^entUdjen eng übercinftimmenbe Seriefete, ben Srief Sutfierö „an
bie S&riften ju 2tntorf' Dom april 1525 (Sri. 53, 34! 9ir. 153; länbere V, 151), ben so
9erid)t bed ^Riibael Gamobianue an ^o^ann ^efi bon 1534 (naife ßofaif, ^auluä
©peratu^, Svaunjdjn,'. 1361, ©.404 ff, abgebrudt bei grebericfeä ©.59 ff.) unb eine auS
^nquifitioncheifen ftammenbe Stufjeicfenung, bie jueift bon ^itUinger befannt gemai^t
ttmtbe (Seiträge jur Seftengeitfeitfcte bca WS.., %. II, S. 664 |f., banai^ ^eberi«^ 6. 1 ff._).
3)er leltgiöfe ©tanb^unEt ber i'oiflen ift banai^ ali ein tonfequenl buic^gefü^rter, mit 2c>
ntionaliflifi^en 3Iuffaffungen ge))aartcr ^ant^eiämuä ju bejeii^nen. 3Säbrenb ber ^enfi^
bcjügltcf) fetner Ebr^erlicfecn 3tatur fu^ in ^iic^tä bom Üter unlerfi^eibet, ift fein getftigeä
3Sefen naclf bei Se&re ber Soiften göttlicher ©ubftanj ober, mit anbeten JBorten auä;
gebtüdl, jeber bef^t ben ^l, (Seift. Da bie beiben ©eiten beS menftfelidfeen 9ßefenö
bun^au« felbftftänbig unb obne (Sinfluf) aufcinanber fmb, fo trifft ben ©eift beä 2lienf(^en bo
leineilei ^eiantlDortung für bie ©cblDacbbeit beä ^teifi^e^. Siefe finbet buri^ irbifi^e
©trafen unb bur<^ bie Vernichtung beä Jti^rpcrä ibrc ©übne; ber @eift aU foldiei ifl
fflnblod. 33ie i'e^re bom gegfcuer, bon ber aiufcrfte^ung unb bom legten ©ericfet finbet
in biefem ©i)ftcme ebenfomentg einen i(5Ia^, tuic bie Segriffe ber ©iinbe unb bei Sufee.
SBir böten biclme^r bon ben Soiften, bafe fie biejenigen berfbolteten, loelcfee fid) um ©Ott B6
befummelten unb ©otte« ffitllcn ju tljun luünft^ten; bei 3Jtenfcl) toBe ganj frei (ein,
nidjtS aus fic^i felbft begcbien unb (o feine leeic Seftimmung eneidjen, 'Jii^tä ju fein,
b. ff. in bem gbtlUcfeen 3Befen aufüugctien. iiafj für tiefen DuietiämuS bie ©efa&t
libertintftifc^et unb antinDmifti(c^et iteriiningen na^e lag, ift augei t^roge ; boc^ liegen
beftimmte älnllagcn gegen bie Soiften njegen unfittlii^ei Sebenäfülrrung nit^t bot. *o
SlOe äirgumente für i^te Serien entnabmen bie Soiften ber Sibel, bie fie aüeibingä
in ^ü<^fl gewalttiiätiger SBeife etflärien. — @tn Hu|ammen^ang bei Soiften mit einem
Vorrefoimatori(c^en ©eItenEtei(e fcfeeint ni4)t beftanben gu I^aben; tmmcrfjtn mag ^rub'
ftincf bur^ bie gerabe in ben ^tiebcttanben meit berbreilete ))ant^eiftif{^-(|uiettflif{^
Xrabition beö 15. ^a^t^unbeitä beeinflufit morben fein. 3Iu^ bem ^täufertum fte^t u
bie [pifttff^e Seite burtttauä fetbftftänbig gegenüber; i^re {;uietifti(tt)en Äuffaffungen,
bie ibo^I nur^ in läufertreifcn tjingang gefunben b^ben nii)gen, fmb bon bem laufet'
Raupte Dabib ^oriö in einer eigenen gegen ^JJruljftind geri(feteten ©cferift übet bie Ira^re
geiftige ätmut betamvft tüoibcn (bgl. 9tippolb, ^hZ^ Sb 38, 1868, S. 501, 516ff.
unb 3t)tX^ III, 1877, ©. 286f.). .^b^ft bjabtftbeinlit^ ift eö, bap bie bon ben 3ticbet= so
lanben au& natfe ben tomanifcben l'Ünbetn betbtriteten, feit 1545 namentliift bon ßalbin
Mampften panttieiftifi^en Set;ven ber „i;ibertiner" (bgl. 3unbt a.a.O. ©.122 ff. ; ßamp=
faulte, 3. Salbin, II, 13 ff.) i^ten Sluegangäpunft in ber gerate bomaia ierfptengicn
toiftifcfeen Seite Ratten. «traan^antit.
fioDorben. — Bitterolur: Wilkins, Coac. M. Brit, Lond. 1737; Botuli Parlia- B5
menlomm; Knighton, De Event. Aagl. in TwyBden, Hist. AdkI-i Lond. I<i52; Rymer,
Foedera; Walsinghara, Hint. Ansl. hrevis in Ber. ßrit. med. aevi Script, cd- KUef , 2 voll.,
Lond. 1863 tRoUe Serie«) ; Th. Wright. Polit. Poems and Song», 2 voll. Lond. 18Ö9 (R.8.):
Faflciculi Zizan. J. Wiclif cum tritico ed. Sliirley, Lond. It^ (B.S.J; Uiat. Henrici V
d
616 Sonorben
ed. Redman (R.S.); Elmham, Lib. Metricus (RS.); Redman, Vita Henr. V, Lond.1727;
B. Pecock, Ilie Bepressor of over much Uaming of the Clergy ed. GhurchiU Babingttui,
2 voll. Lond. 1860 (R.Ö.); Th. Netter de Waiden, Doctrinale Fidei; Ordinancee of thfi
Privy Council, ed. Nicolas; A. Wood, Hist et Antiqu. Univ. Oxon., Oxf. 1674; Daviee,
6 Engl. Chronicle (1317—1461); O. Gratius, Fascic. Kenim Expet et fug. ed. E. Brown,
2 voll. Lond. 1690; — J. Foxe, Acts and Monumente ed. G. Townsend, 8 voll. Lond. 1843;
fie4ler, 3. D.38iclif, 2 S3bc, ßcipjj. 1873; KPoole, WycUffe and the Movement forBefonn,
Lond. 1889; Matthew, Engl. Works of WycL, hitherto unprinted, Lond. 1880; ^öflcT,
Anna ü. Suj., 1871; — A. M. Brown, Leaders of the LoU., 1848; Maurice, Engl. Pop. Lea-
10 dersLond. 1875; Ph. Gaspey, Life of the goodLord Cobham, 2 volL 1843; Gairdner and
Spedding. Stud. in Engl. Hist., Edinb. 1881; Halliwell, Char. of Falstaff , 1841; NewShak-
spere Soc. Public. 1879,i — Stubbs, Constit. Hist of Engl., 3d. ed. Lond., 1869; Füller,
Church Hist. unb Worthies of Engl. 1811; Bamsay, Lanc. and York, 1835; Greig^ton,
Hist. of Papacy, Lond. 1882, vol. I unb II; ^auli, ©cfcft. d. enfll., ©b. IV unb V;
15 Sidney Lee, Dict. of. Nat. Biogr., vol. XLII (Art. Oldham), London 1895.
I. ®^6f\6^Hxii be^gt treten bie SoDarben juerft )u ätnfong bed 14. ^ofyc^
l^unbert« auf, in einer 9lottj b©^ Süttidjier 3)oml^erm 3. $o^em (Qesta Pontif. Leo-
diensium, Leodii 1612, 131): eodem anno (1309) quidam ypocritae gjrovagi,
qui Lollardi sive Deum laudantes vocabantur, per Hannoniam et Brabantiam
20 quasdam mulierum . . deceperunt. 9(ud ber 93emertung ergiebt ^d^ |uglei<^ bi(
älbfunft bed 3lammi: Seute, bie (Sott loben; olfo nid^t bon einem fa^en^oftm ßetefv
ard^en 9B. SoU^arb (nad^ t^^Qer), audti nid^t bon lollium Sold^ (©c^tombeltom, äSinb»
l^fer), mit bem nad^^er ber (S^onift Jlnig^ton (ubique praedicans [Xfton, SBtdifS
^eunb] lollium cum tritico seminavit) unb aud^ S^aucer (|)is loUer here wol
25 prechen us somwhat, He wolde sowen some difficulte, Or sprenge ookkle in
our clene corn im Shipman's Prologue) bie S. in SSerbinbung bnngen, fonbem tarie
$ocfem burc^blidten (ägt, bon mnbib. ..löHen'', luQen, einlullen, bad in 3>ltttelbeutf(^lanb
nodj ^eute im ©inne bon ,,in ben ©d^laf fingen" gdbräud^lid^ ifL
@ie erfd^einen feit Slui^brud^ einer @eucl^e in |[nttoeiben (1300) old eine ben Se^
80 garben unb Seginen bermanbte 93ilbung, bie ftd^ ber $^ege ber 5lranten tmb ber Se^
ftattung ber Xoten tpibmeten, nad^ i^rem ©d^u^^eiligen and} äÖecianer genannt Son
älnfang i^rei^ äluftretend ber Rederei berbäd^tig, lebod^ feit 1347 bon ®regor XI. bebingt
gebulbet, bleiben bie 2ollbrüber unter bem Äe^ereiberbadbte ber Äird^e anrüchig. — S)ie{e
^ärctifc^e »bfd^ö^ung bringt, nad&bem SBicKf 1380/1, bie »elänn^fung ber «. Tl. 2e^
35 aufgenommen l^atte, ben SBSiclifiten ben ©emeinnamen S., ber i^nen fortan berblieb. 1382
nennen i^re ©egner, ber Sifterjienfer @rom))e unb ^omad SBalben (Fase. Ziz. 113,
296: alius quoque LoUardus de secta Wycclyff) SQBiclifö greunbe $ereforb unb
SReJjington jjuerft fo; 1387 treten 5 9leifej)rebiger nomine seu ritu Lollardorum oon-
foederati in einem gjlanbat be« »ifc^of« bon SBorce[ter (Wükins III 202), 1389
40 mehrere Slngellagte Lollardi vulgariter nuncupati in Sincolnfd^en ^rogegalten auf
(Wilkins III 208). ©eitbem ift ber SRame in (Snglanb ©emeingut (loUardia =
techings that men clepid LoUards doctrin) unb erjd^eint in ben Urhinben in fo ge^
fd^loffener Prägung, bafe bie nieberbeutjc^e ^erhinft m ben nationalenglifc^en Bpott^
namen für bie änl^änger SBiclifö in ^nglanb im 14.— 16. ^afycff, pd^ berlor. — 3n biefem
46 ©inne ift bon il^nen |icr bie Sebe.
II. Um bie ffienbe be« 14. ^ö^'^^Mnbert« gel^t eine toeite unb tiefe SSetoegung
burc^ bad englifd^e SSolI. ällte, ftiHe Sl^nungen eined lommenben bleuen, Uebertoinbung
ber ©egentoart^nöte unb Umgeftaltung bed religU^fen unb fojialen Seben^nbed uufen,
jittemb in Sangen unb hoffen, in ben §erjen ber SerüJS^en. ®er etnjdne aRonn
60 toirb noc^ nic^t aud feinen Saj^nen gerüd(t, aber in ber Xiefe ber SSolfälJeele, bie nic^t
bergi^t unb bergel^t, ringen bie ©ebanlen ber SSergangen^eit, bie ^ßicltf in fein Soll
gefät, nac^ Slu^eftaltung.
3Rac^bem biefer feit 1378 [einen SQSiberfjmjdJ audj gegen bie Seigre Storni erl^oben unb
bon feiner Uniberfität, bem ^ojt, ätbel unb ber Slitterf^aft ftd^ unterflü^ fa^, lam ed
66 für bie S)urc^fü^rung feiner in Se^re, SSerfaffung unb ffult tief einfd^neibenbcn Sbeen
barauf an, biefen auf breiterem ©runbe ©eltung ju berfc^affen. SBo^l naA bem SSorbilbe
ber Siettelmönc^e, bie ben in ber ätbenbma^l^-Jle^erei l^ingetoorfenen ^anbfc^u^ aufnahmen,
fanbte er juerft i^m na^efte^enbe ?Känner auö — afe bie erften toerben 31 ^oeforb, 3. äfHon,
S. Sebeman, SKitglieber ber Dsforber Uniberfität, 3. ^urbe^, fein $fange^Ufe in äitter»
60 toort^, SB. 3:^or))e, ^arfer, ©toinberb^ (in bem ?Kanbate b©^ Sifd^of« $einric^ twn
©orcefter bom 10. Sluguft 1387, bgl. Wilkins III 202) genannt, — begetjtarte,
SoOarbeit 617
fui^dixfe unb berebte 3Ränner t)on haftDoDem 3Birfltci^fett^mne unb ))otau$f(i^auenber
itttattoe, bie an bie Ileinen 2tut^, gelbatbeiter unb i^anbh)erlec, alf o an bte SSoIfömaf|e
i<^ toanbten. ^\xm erpenmal in ber englifc^cn ©cjc^i^tc fe^cn toir einen SWann, bet, mit
ben ätegungen ber SSolI^feele tief t)ertraut, bie S^ege ber ^erförnmlic^en äSerlünbigung ))erlä^t
8ln ba« $erg bed gemeinen SJlanne«, nid&t an ben SSerftanb ber S^'^f^Ö^^'^^^" 0^* ^- ß
3n tocniger aö einem Qa^e toirb eine ^lugfd^riftenlitteratur t)on il^m gefc^affen. ®er
inxfene ©^Qogi^muiS unb bie langatmige ^iatettif ber ®d)\xk ift auf ben turgen Slöttem
ubertDunben. 2)ad betpegte ©emüt bed 3Reifterd lommt nun in ber raupen unb oft um
bc^^olfenen, ober immer J)adenben ©auemf))racl^e, bie mit bem %xo\i unb ber 3Ser^ei|ung
ber Sibel burc^fe^t ift unb burd^ anl^eimelnben ^umor bie $er}en im @turme gewinnt, lo
)U feinem Siechte, ^er ©d^ulgelel^rte ift 2)age«fcl^riftftetter getoorben. äJon ben %^dn
bed Sogmad befreit, aber gebunben im @l)angelium, ))er!ünbet er Uner^örted: bie Sibel
oDetn ift ®(aube, SRid^tfc^nur unb Tla^ bed Sebend.
6in neuer 3:on, Der bie ©jjiegelfedjtereien unb $arlelinaben ber entarteten Settet
mmtc^rebigt überl(ang. ®enn itüot in ben ibealen ^UUn be^ f), pranj unb 2)ominicud is
ffottt für SBiclif fein ^otik> gegen beren jünger gelegen ; fein Xrattat A Short Reule
of Life jeigt, tok naü) in biefer Se^iel^ung feine ^been benen bed f). %tani (teilen. Slber
neBen bem 9(. 3)l.ds®treit tpar ed ber nid^t felbftlofe @if er, mit bem bie Settelmönd^e bie
Sod^e i^er^trone, ber beiben Sc^i^ma^öpfte, (feit 1378) in Die begel^rlid^e $anb nal^men,
unb il^ ®egenfa^ jur S3ibe(, beren (Sintpirtung auf ba^ SSolf fte }u beargtpö^nen unb ao
)U fürchten Urfacpe Ratten, bie 9BicIif Don i^nen fd^ieben. ^n feiner @c^ri^ Dom ^fon»
amU (Matthew, p. 408 ff.) greift er felbft fte erbarmungslos an, unb in feinen ^^ätrmen
^rteftem'^ ben erften £ouarben, fuc^t er i^nen fein @d^a^ )u bieten. Seren 3Riffion toar
ber jtam))f gegen bie Unterbrütfung ber freien $rebigt unb ber englifd^en Sibd, gegen
fc^nJ^eiltge SSerte^ng ber 9(rmut in Ü))))tgleit unb ©innlic^feit, ^obfuc^t unb IIeinli(|en 25
S^gei), unb il(^en ^anbel mit ©ebeten, ^nbulgenjen unb Sruberfc^aftSbriefen. @ie foQten
in boS geiftlic^e älrbeitSfelb ber 93ette(mönd^e eintreten unb in freieren formen eine Söfung
ber Don jenen ^intangefe^ten Slufgaben fuc^en. jtein ©elübbe, leine förmlid^e 3Bei^e banb
fie; arm, o^ne )u betteln, Don einem SBillen gelenit, in enger Serü^rung mit bem SSoIIe,
ouSgerüftet mit ®eift unb ®(auben, toie i^re @rfo(ge betoeifen, toanberten btefe freimütig» so
füllen S3o(föt)rebiger beS 14. ^ai^l^unbertd, barfuß, in ber $anb einen langen @tab, baS
Aeic^Kn il^eS ^irtenberufS, unb in einen langen, raupen, braunroten SRantel geKeibet, ber
mmuX unb ^rte Slrbeit anbeutete, Don 3)orf ju ^orf; in 5tird^en unb Jta))ellen, am
S>orfanger unb Jtircb^of, $5^len unb 9Begrain Dertünbigten biefe ,,precheres of Ooddis
lawe'' bie $errli(^teit beS Derborgenen ©otteSn)orteS. Sie ^rölaten unb ^fon^erm, 86
9ieItoren unb ätbte Derlad^ten unb |a^ten, baS 93olI aber liebte fte unb fammelte ft(^
van fte.
SaS toor ^er 9lnfang ber großen Sollarbenben)egung, bie @nalanb faft IV« ^ofyc^
l^unberte in feinen liefen ben)egte unb in i^ren SluSläufem ber nac^folgenben Sleformotion
im toefentlic^en bie religiöfe ©runblage gab. Senn ber (Srfolg im SSolfe toar ein unge» «0
tatter. Ser engere 5treiS ber Simple Priests, benen au^er ben genannten 2)^eologen
SB, ©mit^, 333. Srute unb SR. ©toinberl^ angehörten, ertoeiterte ftd? bur^^ ben 3wtritt
jo^lreid^er Saien, bie in Äonfequenj SOBicliffc^er gbeen (Dgl. u. a. De Veritate Script. S.
ood.Vindob. Palat. 1294 col.68^: predicado verbi dei est opus dignissimum om-
nis creature. item omnis christianus debet pre omnibus operi precipue sibi limi- 46
täte adeo diligenter intendere ; unb col. 66"^: igitur illa lex (scriptura sacra) est
Srimo ab omnibus et maxime a sacerdotibus addiscenda) baS SRec^t ber Sertünbigimg
te ft(^ in 9lnf))ruc^ nahmen — auS ben Urtunben erfahren toir fc^on aud ben erften ^äfxm
bie SRamen Don SR. Sejter, 31, Zaxlox, SR. ©criDener, 3- ^^^v, 333. ?Par(^mener unb
31. ©olbfmiti^, fämtlid^ Sürger Don Seicefter (Wilkins III 208 ff.) — unb gegen bie eo
tmberftrebenbe lirc^lid^e ©etoalt in !ü^ner Stütf ftcbt^loftgleit Dorgingen. i^^ren t^eoretifc^en
(Srunbfo^, ba^ jeber ^riefter bie gleiche SJoQmac^t ju löfen unb )u binben ^abe \dU
^^H)ft unbSifc^of, festen fte in bic^rajig um, tieften Don ben Poor Priests an anbere
We $rieftertoei^e erteilen, unb fc^on 1387 untemal^m ein ju ben SoHarben übergetretener
9luguftiner'@remit $. ^te^^uQ (Walsingham II 157 ff.) hxxx^ eine heftige $rebigt in 65
ber Sonboner 6^rifto))l^fird^e einen öffentlid^en SSorftoft gegen bie Drben, bie ju einem
ftratoall in ben Sonboner ©trafen füi^rte. 9luf ©runb ber %eitgenöjftfc^en, natürlich geg^
nerifc^en Seridjte ift feftjufteüen, baft eine SReil^e DomelSimer, ftaat^männifc^ gebilbeter unb
einfluftreid^er 3Ränner, bie bie ^iftgunft bed aUmöcbtiaen, feit 1381 ber 333iclifie t^ün-
fKgen ^er)ogd Don Sancafter nic^t fürd^teten, ber ®raf Don ©ali^burv, ^ol^n D. 3nom oo
618 SoOitrbeii
tacute, ©ir $^. Sotimer, ©tr 3. Trüffel, ©tr 8. ßlifforb, SRittcr be« i^ofenbanbotben«,
©ir 31. ©tut^, ©tr SR. ^ilton, ©ir 3B. SRcöil unb anbere bur^^ ©tettung unb »€fi| axi^
gejeid^nete 3Ränner, bie ©od^e ber S. ju ber irrigen mad^ten (Enighton col. 2661 : isti mi-
lites, dominus Ph. Latymer et R. Stury cum ducibus et comitibus . . . erant praed-
6 pue eis adhaerentes et in omnibus eis faventes promotores strenuissimi et pro-
pugnatores fortissimi). ®ad 93oIt aber, berid^tet itntg^ton, fiel i^nen in ©tobt unb
Sonb fo fel^r ju, ba^ ,,unter jtoei Snglönbem, bie auf ber ©tra^e fu^ trafen, einer ein
£. ttHir'' (Knighton col. 2664: mediam partem populi aut majorem partem seo-
tae suae adquisiyerunt; col. 2666: secta ... in tantum multiplicata fuit,
10 quod vix duos videres in via, quin alter eorum discipulus Wyclyffe fuerit).
©0 mäd^tig ergriff bie ^aft ber neuen 9Bal^rl^eit bie ®emüter, ba^ unterfd(^iebdli>d SRannet
unb grauen fidp felbft für bie neuen ^been einfetten unb „erftaunlic^ertoeife" felbft 9?eu?
getponnene bie ein^eitKd^e ^orm ber (oKarbifd^en SSerfünbigung in ©)>rad^e unb ©ac^
annahmen: et licet de novo conversi . . . unum modum statim loquelae k
16 formam concordem suae doctrinae mirabiliter habuerunt et doctores evange-
licae doctrinae tarn viri quam mulieres matemo idiomate . . . effecti sunt,
fagt Änig^ton (V 2664) t)on i^nen. 35ie S5ibel in ber üJlutterf))ra(^e toar bie SaSaffe,
bie bem SSorftog ber S. bie ^^lunft ftd^erte. Um bie 9Benbe bed 14. !^al^unbertö
ftanben fte auf ber ^ö^e, tpenn nid^t bem (Sinflu^, fo bod^ ber 3^^^ >^<^$- ^^^ ^^
ao anberer ©eite ))ielfac9 au^ebeutete S3el^au))tung, bie Setpegung ^be fu^ ,,auf $of unb
älbel befd^ränlt unb 9Bic(ifd Se^re fei mit feinem Xobe ))erraufc^t'', h)irb fd^Iogenb bun^
bie gefc^ic^tlid^en X^atfad^en tpiberlegt.
©d^on ju 3BicKfd Sebjeiten erfolgte ein ©egenfto^ ^tn 3Rqx 1382 legte Sourteno);,
ber (Srjbifd^of Don Santerbur^, bem Parlament u^a^regeln gegen bie 9leife))rebiger SBidifl,
36 bie bamald ))on Suttertoortl^ aud mit Sibelteilen unb iurgen ©d^riften SEß.d unb ^ereforbd
(quosdam libros, libellos, schedulas et quatemos per se et fautores suos fre-
quentius scribi, comunicari et publicari fecerunt, Wilkins III 204) bie 3)id€efe
Seicefter beunrul^igten, ))or, inbem er fte „htd Unge^orfamd gegen bie Jtird^enoberen, ber
SSerfeinbung ber ©tänbe untereinanber unb ber Jce|erei (!) berichtigte: böfe Seute jie^en
80 im Sanoe Don ©raffc^aft ju @raffd^aft, ^rebigen unter bem ©dj^eine großer ßeiltgleit,
bod^ ol^ne btfd^öflic^e Srlaubnid an aüm öffentlic^eit Orten, too Seute jufammeiuommen ;
fte toiffen bur^ feine, ftnnreic^e 2ßorte bad äSolt )u i^ren ^rebigten )u (ocfen, f treuen ft^
nic^t publice praedicare et secrete in aulis, cameris, hortis et gardinis . . .
fideles utriusque sexus sua perversa doctrina inficere (Wilkins III 202). 3*^
86 bie le^erifd^e SSerfünbigung mifd^en fte SSerleumbung n)iber bie Sleid^dftänbe (bie ^xa^
laten!), unb burc^ auftoieglerifc^e 93ranbreben Derl^e^en fie bad Soll, aber um Slügen,
Ermahnung unb Sorlabung ber 8ifc^öfe fümmern fie fic^ nic^t". — Slm SBiberftanbe be^
Äönigg fd^eiterte ber ©c^Iag; aber SRid^arb II. übertoie« auf ©rangen be« ^rima« bie
©ad^e (burc^ ein 3)efret Dom 26. guni) ber ^wri^biftion ber Drbinarien, bie burc^ eigene
40 bifc^öflic^e äSeamte gegen bie Strmen $riefter Dorge^en foQten. ©ie in Jtraft bed lonigl
$atentd nunmehr Don Sourtena^ eingeleitete Unterfud^ung entzog ben no^ etnienlenben
$ereforb, 9lej)ington unb ©ebemann Dorüberge^enb i^re UniDerfitätgrec^te, toöl^renb Äfton,
ber mit rütfftc^t^Iofer ©^rad^e ba^ Siedet feiner ©ac^e Dertrat, ali 5te^er au^efto^en tourbe
(Fase. Ziz. 290).
46 2lm 31. 3)ejember 1384 ftarb SBicIif, ber 33ater ber neuen (Sebonfen. S)ie Saift,
bie er Dertreten, ftarb nid^t mit i^m ; fte lebte unb erftarfte ou^ eigner Äraft. Äu^ ben
ßj^roniften toiffen toir, baj um ben beginn ber 90 er ^af)x^ in unb um Sonbon, in ben
©Jjrengeln Don Sincoln (mit Djforb, fieicefter unb ßuttertoortl^), ©aliöbur^ unb aSorcefte
bie £. in btd^ten 3)Jaffen fajen; au^ SBerfftatt unb S^enne Pog i^re ^ßrebigt auf bie
60 ©trafee, unb mit brol^enbcr ^raft })od^te fie, nun aud^ Dielfac^ über bie rdigtöfe unb
eDangelifc^e gorberung in ba^ politifd^e unb toirtfd^aftlid^e Seben überfj)ringenb, m bie
Pforten ber Äirc^en unb ^aläfte. SBcnn in biefen ^ai)x^ anä) nur m 35ritteil ber 6ng«
lönber loHarbifc^ geftnnt toar, fo toirb begreiflich, bag bie £., n)al^c^einlic^ ermutigt bun^
bie fd^roffe Slblcbnung einer bie 33emic^tung aller toiclifitifc^en Sibeltiberfeftungen forbemben
66 9in ber ^rälaten feiten^ beö Parlamenten, eö 1395 unternahmen, bemfelben 5lJartonent
burd^ Satimer unb ©tur^ eine SDenffd^rift einzureichen unb bie SWittondtung bed ^ßorlament^
gur 2)urc^fübrung ber lottarbif^cn Sleform )^u forbem. Slu^ ben 12 ©ä^en (ber fritift^-
gefic^tete 2ßortlaut bei Shirley, F. Z. 360 ff.) ergiebt fic^, bafe bie antragfteOer jum M
über i^ren befonnencren SReiftcr l^inau^eben. 2)ie SBanblung jur religiö^politifc^en, Up.
60 toirtfcboftlid^en gartet fe^t ein. @Iaube, Siebe, ipoffnung ftnb aud ber englifd^en Xoc^terfin^
S^Oatbett 619
gefd^tounben, fettbem fie [x6f burc^ i^e 33ctbinbunfl mit ber gtofeen römtfd^en ©tiefmuttcr
(novercam suam magnam) in tDcltlid^en Seft| ))er(oren f^at (I) ; bad tömifc^e ^riefler-
tum tft ntd^t bad (S^rifti (II) ; ba^ iteuf^^eit^elübbe ber Tlbndft f^at unnatürliche Safter
jur golfle (III) ; bie SBSanblung im ». 5m. ift ein gefölfd^tc« aJlirafel unb »erfü^ jum
©ö^bienft (IV); ©ebete über »rot, ©alj, SBein, fflaffer, Öl, SBac^ u. bfll. fwb un= 6
erUmbte gauberlünfte (V) ; Äönig unb SiWof , ^rölat unb SRtd^ter in einer $erfon fmb
Seßen ß^fti ©ort (m 6,24) (VI)- ebenfo bie ®ebete für bie loten (VII); bie
Inbetung öon ©ilbem unb bie aSoufa^rten fmb Sünbe (VIII) ; bie O^renbeid^te ift
lur @e(i0leit nic^t ))onnöten, bie äBurjel bed Kerilalen i^od^mutd unb bie Urfad^e {ünbiger
2up (IX) ; ber Ärieg toiberf})ric^t bem SR2., ift 9)lorb unb SRaub an ben armen (X) ; lo
9{0nnenge(übbe fmb ber @runb )u ffinbermorb unb unnotürKd^er Unguc^t (XI) unb Jtunft^
getoerbe (@o(b« unb äBaffenfc^miebetunft) fmb unnü^ unb führen }u Su|ud unb »er«
^toenbung (XII). ^ann folgen bie @d^Iu^tt)orte: haec est nostra ambassiada
(Sotfd^aft, Antrag), quam Christus praecepit nobis prosequi . . . rogamus ergo
deum de maxima sua bonitate, quod reformet nostram ecclesiam ad perfec- 16
tionem sui primi initii. — 3Bir fe^en, i^xlU unb SSedfruf }uglei(^ ; baiS SSerlangen
md^ reiner 93ertt)irl(id^ung ber urf))rünglid^en Sleid^^oite^ibee, nac^ c^ftUd^er Xugenb,
{tttltc^en £ebendformen unb einfad^er Seben^fü^ng, bad unmi^k>erftönb(i(b^ in bie gorbe«
nmg einer Sieformation nacb urd^riftlic^em SliorbUb au^Kingt @^ ift Sierlennung ber
2]^ac^en, tDenn(ber fat^oKfd^e) Singarb in bem ^uritanifd^en Untertone bed legten @a^ed, go
ber lebiglic^ bie Jtonfequen) aud ber grunbfä^Iid^en @teQung )ur Sieform einerfeitd unb
)u ben Sebendmäc^ten onbererfeitd ift, in bem Antrag nid^td tpeiter ald eine „9)2ifd^ung
»cn ganattgmu« unb SC^orl^eit" fie^t (IV 319).
aber bie £. I^en i^re itraft überfc^ö^t. 3)er Antrag toor ein @d^lag in bie Suft.
Der jtönig, ber bid bal^in bem Kerilalen SSorge^en gegen jene fic^ ))erfagt ^atte, brauchte 25
fUndEe SBorte gegen bie^etition unb il^re SSertreter, bebeutete, burd^ einen ^ifd^ofi^udfc^ug aud
^tlonb {urüdgel^olt, @ir Sl. @tur^ feiner Ungnabe unb (ie^ feine 9(n^änger mit fc^arfen
Strafen bebro^. ^erj^el^(fd^(ag tDurbe jum Slüd^c^lag; bie SoQarbie j^at in ber^olge^
)eit niemafö tpieber bie StoQe im öffentlid^en Seben Snglanbö g<^)>ielt, bie in bem Sntrag
tH)n 1395 }um äludbrud gefommen toar. @^ begann ber Slbfti^, bie $eriobe einei^ faft 80
jj^unbertjö^gen 3)2art^riumd.
^m ^a^re 1396 folgte %f), Slrunbel, ein 3Rann aud einem ber erflen ©efd^Iec^ter
bcd Sanbe^, bem @r)bifd^of (Sourtena^ im $rimat, unb 1399 tpurbe Slid^arb II., ber
Ic^ Pantagenet, burcb ^ierarc^ifc^^anftolratifc^e SSerfd^tDörer geftürjt. ^einric^ IV. (aud
bem $aufe &mcafter) aber ^atte mit biefer Jloalition, ber er bie itrone beiS Sleid^ed banite, 35
)u red(^nen. %xx mit $i(fe ber ^ierarc^ie tonnte er ba$ ©etDonnene l^alten. ^atte aber
bie Jtirc^e i^m bie ^rone in bie ^anb gelegt, fo burfte fte loniglid^en DanI ertoarten:
ben arm bed Staate toiber bie Äc^er. — Slrunbel felbft, ber erbittertfte ®egner ber 2.
(in bem SSer^ör mit 3ä. %f^otp^ f^at er erllärt, ba^ er bie ätu^rottung ber £. ald eine
9Rtffu>n ®otte^ an i^n anfe^e : God has called me againe (aud ber SSerbannung) 40
and brought me into this land for to destroye the false secte that thou art
of ; as by Gkxl, I shall pursue you so narrowly that I shall not leave a slip
of you in this land, Examin. of Thorpe bei Foxe III 281), l^atte bem neuen
J&crrn gegen bie Ru\aQ^ energifc^en Sorgebenö gegen bie Slrmen ^Jriefter bie SBJege geebnet ;
er tDurbe, jumal $einrid^ h)eber an toiclifitifc^en Steigungen noc^ an antillerilalen @elbft« 45
ßänbigleit^elüften litt, bed Jlönigi^ böfer ^ämon.
Sluf eine SSorftellung ber ©ifc^öfe, i^re SJlac^tmittel gegen bie £. feien nic^t aud»
rctc^b, erfolgte ^[anuar 1400 bie berüchtigte 9l!te De Comburendo Haeretico, unb
Won im fjebruar (Wilkins III 254; 24. gebruar 1401 nac^ Sec^ler II 62) erhoben
M^ bie ))on Jtirc^e unb Staat gefc^ürten ^^lammen über bem unk>erbefferlic^en Jte|er 60
SB. ©autreV (6^artri«). S)er Bpx^n De« Unterl^aufe« banite im Stamen ber ©emcinen
bem Äönige, ba^ er ba« „für bie äu^rottung ber Äefeerei geeignete Heilmittel" (Singarb
III 233) angctoanbt ^abe. 3ebe« ber näd^ften 10 3a|re ift burdff Dt)fer ber Snquifition
bqeid^net. 3n ben ®raf fc^aften ©üb- unb SJlittelenglanbg lol^ten bie glammen auf ; toer
t^en nid^t t)erfiel, tourbe burd^ bie golter jum SBiberruf gebracht (fo 3- ?$urt)e^) ober 56
enbete im @lenb unb ©rauen be« Jlerfer«.
?[nbe« toeit entfernt, fic^ einfd)üc^tem ju laffen, fud^ten bie S. für i^ren ÄanH)f um
bie religiöfe unb toirtfc^aftlic^e g^cil^eit Stärfung in bem ^afie, ben bie gequälte ©auem«
f4K»ft gegen ben im Überfluß Icbenben Äleru« im ^er^en trug, ^ai \Xplanh (in f. Plough*
man's CompIaint[?J), in SUcrfolg tjon 35}icliffc(^en ©ebanlen, bie biefer in feiner Ruleoo
620 SoOnrkeit
and Testament of St. Francis (Matthew 39 ff.) an^^pxoäfm, jo^ Sßdt» unb ittoftes
geiftlic^Ieit, befonbei:^ bie tfriard J^ö^nifc^ auf, ba^ fte bie ©runbföke i^ ©rüitber (ängp
Derlaffen unb tl^re eignen Srüber, bie ®})iritua(en (^otriceOen), unb bie Segorben unb i.
bet 9{ieberlanbe bi$ aufd ^lut berfolgt l^ötten, toeil biefe bad Xefiament i^^ S&ter ttcu
6 gel^olten (Matthew LXXIVu. Encycl. Brit. XIV 811); in ungelenfem, aber Itaftt>oIIem
Snglifd^ ruft er i^nen ju: Freyer, what charitie is t>is | To fain ^st whoso
live)) aftir your order | Live)) most perfectiie | And next followe)) the State
of })e Apostles | In povertie and penance: | And yet {)e wisest and greatest
Clerks of you | Wend or send or procure to ^e court of Rome | And to he
10 absoiled (entbunben) of be vow of poverty! — gn The Creed of Piers Plough-
man (juecft gebructt Sonbon 1553; ^tifd^^ älu^gobe Don ^icfering, Sonbon 1856) iß
ber äSoriourf, ba^ ein Sßal^rl^eit fuc^enber SRann nadf ber ed^ten (^ftlic^en Seigre ou^e^t
unb fid^ ber Steige nai) an bie Dier 93ettelorben toenbet, bamit fte i$n ben ®Iauben (e|rrea
9Bie einer ben onberen Derl^ö^nt unb bef(^imf)ft, toirb mit grimmem i^umor in fd^neibotber
16 Siebe gefc^ilbert ; an ^[efu SBorte benit leiner mel^r. 3)ie loQarbifd^en iBoIId)9rebiger ober
Idolen fte ^erDor unb meffen an i^nen bie Übeln $raltilen bedJUerud. 3n Setcefler ^dtten
einmal, berichtet jtnig^ton (col. 2662), jtoei SRönd^ fid^ nac^ $o^ umgrfe^en, um
bie ÜJlal^l^eit )u fo6en. „$ier/' fagt ber eine, „x\t ein 9ilb ber 1^1. Jtatl^arina;
gönnen totr i^r nod^ einmal ibr iDlart^rium.'' @r nimmt ein Seil: „Sag unS bo((
ao feigen, ob fte bluten n>irb; tomn nic^t, fo toirb fte und n>enigftend, unfern ffol^I loätm,"
— 3)ie (Erbitterung unb ber $a|, ben folc^e 3Rccnner unb foU^e Sieben in ben fuicl^
ben ^erjen n>edCten, tourben SBaffe unb Qd\^ ber £. in bem ftamf)fe, ber bomatt ni<^
augfiq^tdloig erfc^ten. —
3)en Qa\ip^iflaa aber fül^e Slrunbel ge^en O^orb, bamald no^ eine ßod^Burg bei
26 SBiclifte. @r gab ber Unit)^ttät fc^ulb, etn 3)otument, bad SBiclifd älnbenldt e^e
(Wükins III 302; Hus. et Hieron. Hist. et Mon., Slümberg 1558, Ilfol. 366 b),
Derfagt ober boc^ veranlagt ju ^aben — bie englifc^en äP^efanbten behn itoftni^ jtonjil
^aben ed aU ^Ifc^ung bejeic^net — unb erjmang 1408 Don ber JtonDofation me
Constitutiones Th. Arundel (gebrudft bei Wilkins III 314—319), bie bie Äraft ber
ao SoQarbie bred^en foQten. Sie verboten u. a. bie $rebigt ol^ne Srlaubmd bed SiMo^, bot
bon Saien bie @ünben bed JUerud geftraft mürben, unb t>erlangten bie Scmic^tung
ber ©c^riften SBiclif« unb ber 2.; baju orbnete er in Djforb J)eriobifd^ SBifttationen
fämtlic^er @tubien|^äufer auf loQarbifc^e ®runbfä|e an unb entfernte rüd(|t(^täo$ alle
SSerbäc^tigen. 3Jlit burc^fc^lagenbem Srfotge: nac^ toenigen 2la^^ren fc^on ftanb bie
B6t)om le^erifc^en ®ift befreite Unit>erfttät unter ben SSorläm^fem ber rdmifd^en Stecht'
gläubialeit. —
SJJun fc^ritten bie Verfolger auf ber ©iegedbal^n Leiter. 3)ie fletnen Seute in Stobt
unb £anb ftanben im 93anne bon ®alaen, Seil unb ^oljfc^eit; ber Uniberfitot, bie fic^
einft furd^tloiS unb felbftbetou^t jur äSenünberin ber Sl^orm gemad^t, ta>ar ber 3Runb ge>
«0 fto^ft ; bie großen Ferren aber f)\n unb l^er im Sanbe n>aren ber 93eh>egung treu gebH^en.
Unter il^nen galt @ir ^[o^n Olbcaftle, au$ bem Siechte feiner britten ®emablin Soib
Sobl^am, ein im ^rieg^btenft betuäl^rter unb am $ofe bed jtönig^ angefel^er 9ntter, oü
gül^rer ber 2.; auf feinen großen 2tcgenfd5faften in Äent ^e er ben älrbettem unb
^anbtoertem freie $anb gelafjen unb il^r religiöfed 93ebltrfnid burd^ 9leife|)rebiger be^
46 ^ebigt. Mit feinen älnfc^auungen ging er frei l^eraud ; bie SSertrauen^fteiDlung, bie et
ju feinem SBaffcnbruber^einrtd^ IV. I^atte, unb bie J)erfönlic^e greunbfd^ mit bem
bamaligen ^rinjen t>on 2Baled (nac^maU ^einric^ V.) fc^ü^ten il^n too^l auf bem fd^imerigen
93oben toor ben 3lngriffcn 3lrunbcte. — SBäann er mit ben SBicliffc^en 3jbeen belannt ge»
toorben, ift ungetoife; bie angaben 93ale« (Archaeologia Cambr. IV. Ser., VIII 125)
eofinb tenbenjiöfe @rfmbung. @benfoh)enig l^at bie älngabe, ba^ er mit bem lufUgen
„^Prinjen §al" in 2onboner Äneijjen ein toilbe^, juc^tlofe« 2eben gejfül^rt fyä>t, irgenb
n>ä(^e 93eglaubigung burc^ jettgenöfftfc^e R^Q^iff^) ^^M einmal eine Slnbeutimg ber
@a(^e fällt bei ben i^m tt>egen feiner 2ouarbte übelgefinnten Sl^oniften (^ßouli V 21).
3)ie üble ^lac^rebe, bie in tl^m ben fe^erifd^en Slitter unb ben d^nifd^en ©enoffen ber %t^
66 fc^toeifungen bed ^rinjen t>on 2Baled unb feigen 3Raulaufrei^er fiel^^t (Füller: a boon
companion, a jovial royster and yet a coward to boot), lommt auf bie Slec^mmg
ber f})äteren Sl^roniften. ^ie 3)id^tung l^at boQenbd nur fein 3^^^il^- 9lud bem Ur>
bilb, bem feften, frommen 2ottarbcn, bem SKanne toon iüeitfic^tigem Urteil unb tob«^
mutiger Überzeugung, ^at bie 3Rufe @^afef})ered, ber tute ben toeltflüc^tigen Puritanern
60 fo auc^ ben 2. abl^olb toar, in ber ^igur ^alftaffd ben feigen, fetten @d^maro|^ unb
Sonorkett «21
lüftemen Sd^ütjenjäger gemad^t, aU ber er im 3)rama ^einric^ IV. auf ber 93ül^ne ftel^^t.
3lad^ ben Unterfud^ungen igodtmeOd unb ©atrbnerd (@. 59) ^at lebigltc^ bte ^atfadjfe,
ba| Salftaff ald 3^i^^^{f^ ^einrid^ IV. tro| oder ftttltc^m ä3erlumf)t|eit einen religiöfen
Aug unb SSertrout^eit mit ber 93ibel t>errdt, oei ben 93efu(^em bed ®lobe Xl^eoterd bie
Snna^me, ba^ er ein SoQarbe mar, geh)eclt * unb bie Xrobition, ba^ Dlbcaftle ein ,,fetter 6
SRonn'' ti>ar, berftärfte ben @inbrud(, ba^ bie auf bem bamaligen Xl^eoter lange unb
tooffl betannte f^ur bed bicfen Sum)}en Dlbcaftle eben auf ben SoQorben jurüdgel^e. ^m
ümgen ti>iberf))ri4ft ber gefc^ic^tlid^e Dlbcaftle in alle 9Bege feinem bic^tenfd^en Sitac^btlb,
bem @l^a!ef))ere \päUx in Jtonnit>en^ gegen bie em))orIommenben Puritaner unter Slifabetl^
einen onberen Flamen gab, @ir ^o^n t^ftaff (nac^ einem unter ^einrid^ VI. lebenben, lo
fibrigend ebenfalls e^enh)erten @ir ^. e^ftolÖ, unb beffen S^renrettung er felbft im
S|)ilog jum 2. Xeil Don ^einric^ IV. im ^inblidf auf bie t$<^ftafffigur audbrücflic^ unter«
nimmt bun^ bie äBorte: Oldcastle died a martyr and this (t^ftaff) is not the
man. 3^^^^ ^f^ i^^ Xeilna^me Dlbcaftle^ an ben Sumf)ereien bed^rinjen bon SBaled,
gon) obgefel^en bon ber mangelnben gefd^ic^tlic^en 93e)eugung, fac^lid^ t>öllig unhaltbar ; 15
fie tDäre unerträglich mit feiner l^^erDorragenben @teOung unter ben auf emfte Seben^
ffii^rung bringenben SoQarben. @ogar aud bem (S^aucerfc^en jtreife, in bem leinäSerftönb-
nid für bie ))ofitit)en ^orberungen ber 2, toax, ^aben tovc bun^ DccleDe, S^aucerd @(^üler,
eine SBürbigung Dlbcaftle^, ben er ,,einen mann^ften Stitter^' nennt, who shoon ful
deer in famous worthinesse | Standing in the favoor of every wight. 20
@eine SSerbinbung mit ben S. ift aud bem ^ja^re 1410 gefd^i^tlic^ bezeugt; bad
tDoren bie Igal^re, h)0 er am l^ik^ften in ber ®unft bed $rinjen ftanb (Elmham, Vita
Henr. V., p. 31) * er f^at bamatö (nac^ ben Qesta Henr. V, ed. Engl. Hist. Soc,
S. 2) mit allen Jträften ftc^ bemüht, $einric^ ju feinen Slnfd^auungen berüberjiuiel^en.
^otfaHd trat er old einfiu^reic^fter unb gefürc^teter ^^ül^er ber fi. für bie SKeform 25
bed Jllerud ein unb betrieb auf äSeranlaffung Don $ud bie SSerbreitung ber SBicliffc^en
Sd^riften (Bale, Breie Chronicle etc., 3Jtarburg 1544, p. 251 ; Ooodwin, Henr. V,
p. 167).
2)en Sifd^öfen toegen feiner Ae^erei — er erllärte fu^ öffentlich gegen bie SBanb«
bmg im X. 3R., bie D^enbeic^te, bie SilberDerel^rung unb bie äBaufo^en ■— unb so
eed 9leic^tumd, ben er auf älu^rüftung unb äludfenbung ber 9leifet>rebiger bertoanbte,
ift ein 3)om im äluge, blieb er unter $einrid(^ IV., ber imter feinen b^naftifc^en 9e<
brängniffen bie $anb an ben mächtigen SSolföfü^rer, „ben guten £orb &6bl)am'\ nic^t )u
legen tinigte, unangefod^ten. Sei $einric^ V. aber fanben bie klagen älrunbeld unb ber
itmiDolotum toiber i^n eine beffere @tatt. 9ltö bed Jtönig^ ))erfönltd^e 93emü^ngen, i^ 86
umjuftimmen, fruc^tlod blieben, erteilte jener i^m nac^ einer ftürmifc^en Unterrebung in
SBmbfor einen fd^rfen SSertoeid toegen feinet @tarrftnn$, unb Dlbcaftle k>erlie^ ol^^ne Sr«
loubnid ben Qo^, um ben lommenben @turm in feinem feften @c^lojfe Sotole^ (Aent) ab^
jutoorten (Wilkins III 351). 3)ie äSorlabungen älrunbeld lie^ er jerrei^en; infolge»
bed timrbe er in fiontuma) unb Sann get^on unb (Fase. Ziz. 436) burc^ einen tgl. ^aft» 40
befe^l feßgenommen. 3)em Sifc^of^udfcbu^ (Slrunbel mit äBinc^efter unb Sonbon) über«
gab er ein Selenntnid in englifc^er @))rac^e über Dier ftrittige $unlte, 91. 9R., Su^e, Silber
unb SBaUfal^rten. 2l^ glaube, ^et|t ed bort, ba^ hau oller^eiligfte ©ahament be^ Slltard ift
(SfyA\tx £eib in ber ^orm bedSBroted (Crystisbody in fourme of bred) ; toadbie
8u|^e betrifft, fo glaube ic^, ba^ jeber, ber feltg toerben toiQ, bie Sünben abt^un unb in 46
aufrichtigem Sefenntnid, toa^rer 9teue unb l^eiligem £eben Su^e t^un mu^ fo, ti>ie (Sottet
^ SBort lel^, fonft toirb er nic^t feiig (it is nedful to every man to forsake
synne and to do dulie penance for synne before don . . . and ellis may
he not be savyd); Silber fmb nidjft @ad^e bed ®lauben$; fie finb 3^^^/ ^^^
und an bie $affion bed $erm erinnern unb an bad fromme Seben ber ^eiligen ; aber so
hoso doth worschyp them or putteth fe3rth, hope or trust in help of them,
he doth in that the grete synne of mawmetrie (®ö(enbienft); jjeber, ber ®otted
®ebote nic^t ferntt unb ^ölt, mag über bie gan^e SBelt toaUfal^en unb toirb bod^ Der«
bammt; toer aber bie ®ebote ®otted mei^ unb tl^^ut, mirb feiig: thoughhe nevyr inhys
]jff go on pilgremage as men use now to Canterbury or to Rome or to eny 66
other place, schal be savyd (Fase. Ziz. 438/39). 3)iefe — audtoeic^enben — ©r«
Oörungen aenügten Slrunbel nic^t. @d fei, fagte er, manc^ed ®ute unb gut Jtat^olifc^e barin,
aber Dlbcaj^e foQe feine runbe 91nttt>ort auf bie ^age geben, ob nac^ ber rite gefc^e^enen
SBei^ung im 9(.aR. bad materielle Srot )urüdtbleibe ober nic^t, unb ob ed jur @eligteit
ndttg fei, ba| bie @ünben bem t)on ber Jtirc^e befteOten $riefter gebeichtet toürben. hierauf go
622 Sonarken
t)em)etgerte jener bie 9(nt1t)ort, erflärte aber auf erneutet drängen, er fei bereit gu glauben
unb gu galten, toa^ bte l^^eil. Jttrc^e beftimtnt l^be, aber bem S^% Jtarbtnälen unb $rä$
laten ff^rec^e er bad 9led^t^ btefe 3)tnge gu befttmmen, ab (ad quae dominus Olde-
castle respondit, quod b^ne voluit credere et observare quicquid sancta mater
6 ecclesia determinavit . . . sed quod papa, cardinales et episcopi habereut po-
testatem talia determinandi noluit aliqualiter affirmare, Fase. Ziz. 441). Darauf«
^in h)urbe er am 25. @et>tember bor ein neued 93if(^of£|9ericbt gefteOt. 2)en gefmrberkn
9Btberruf tuied er gurüd: bie 9Banblung im 3[.3R. fei to&er oie ^l. Schrift unb vergifte
bte jtirc^e (dixit inter alia, quod sicut Christus hie in terra degens habuit in se
10 divinitatem et humanitatem, divinitatem autem velatam et invisibilem sub huma-
nitate, sie in sacr. alt. est verum corpus et verus panis, videlicet quem vide-
mus, et corpus Chr. sub eodem velatum, quod non videmus .... deter-
minatio autem ecdesiae est facta contra Scripturam sacram et postquam
ecclesia fuit dotata, est venenum effusum in ecclesia (Fase. Ziz. 444). 3)te
16 Ol^renbeic^te fei gum i^eil nic^t nötig, quia sola contritione peccatum deleri posset
et ipse peccator purgari. — 3)urd(^ häufige Berufung auf bie 93ibel rei)te er bie Stfc^fe;
im $tn unb $er ber 9lebe tt>urben biefe toarm^ unb Olbcaftle brac^ lod: ^fkipfi imb
Prälaten foQ man nur fotoett gebrauten, cd^ fte S^rifti Stac^f olger im SBanbel finb;
papa noster autem verus Antichristus est, episcopi necnon alii pradati eins
£0 membra et fratres cauda eiusdem. 3)ann toanbte er ftd^ mit toeit^tn fc^enber
Stimme unb erhobenen ^änben an bte Umftel^enben : 93ürger unb Sanbgenoffen, ^ätd
euc^ bor biefen 93etrügem, bie euc^^ in bie §ötte toerberben (Bale 264—72; Fase. Ziz.
444/451). — hierauf f anb Slrunbel ben @))ruc^, Olbcaftle ald Jte|er bem toeltltc^ 9lrm ju
übergeben. 3)er Sßunfd^ bed Jtöntg^, biefer toerbe bem 3)rucfe toeic^en unb toibernifen, f(^
26 terte an ber aufrechten ^artnacüglett bed in ®l[^ren@rgrauten (Walsingham n 296); o
tourbe n)0(^enlang in^aft geleiten.— @ine bebeutfame Stunbe für @nglanb, ba {toei gro|(
£eben^mäc{^te, in alten ^titm geeint bie SBelt erobemb, nun aber au^inonberflrebenb,
@üangeltum unb Atrc^e, um bte SSolföfeele toarben. ^ie jtunbe bon feiner 9tot flog
burc^d £anb; unb bie ^enfc^en ^oben i^re@inne unb laufc^ten bem Staunen fommenber
80 ^inae : toenn be^ Jtönigd eigener ^eunb, ein £orb au^ einem ber beften Sonbe^efd^lec^ter,
ein fül^rcnber (Seift, ber feinem SSolIe f)attz ein Seitftem fein tonnen, um feined ©Uiuben^
toiOen unter ben 93ebro^ungen be^ Xobe^ im Kerfer lag, toad l^^atte ber gemeine 3Rann
ju ermatten? 3)amate »verbreitete fic^ ba« ®erü(i^t, 100000 2. feien bereit jur Sefreiung
be« guten 2orb ßobl^am. aber eine 93eftätigung finbet fic^ in feiner (S^onif. (Jbenfo*
86 toenig laffen fic^ bie im SSolf e toerbreiteten SBiberrufe be« ©efangenen al« ^i nac^toeifen ;
e« ftnb Serleumbungen unb Slamen^fälfc^ungen, in benen felbft bie ^Regierung i^re ^nb
^atte (Ramsay, Lanc. and York I 178 not. 5); fc^on bamate tourbe i^e @d^t^
geleugnet (Maurice 266; Bale, Life of O. 41—45).
3;njh)ifc^en ioar Dlbc. unter mand^en gä^rlic^feiten au« bem lotoer entfomnten
40 (10. Oft.). @« fc^toirrten neue 3)ro^ungen burd^« Sanb — abermate o^ne SSgeugung
bei ben S^roniften, foioett H^atfad^en in gtage fommen, — bie 2. feien entfc^toffen, ben
itönig unb feine S3rüber, baju „ben ßr^biteof unb atte Prälaten unb anbere 3lei(<^
magnaten" ju ermorben, bie Äat^ebralen, Äirc^cn unb Älöfter ju jerftören unb Dlbca^«
jum SRegenten ju machen ; ob einige ioilbe 2. toirfltc^ ju folc^en au^fd^ftoeifenben §o<^t)fp
46 rätercien entfd^loffen loaren, läfet fic^ natürlid^ nic^t nad^locifen. 2I^tfa(^e ift, ba^ ettoa
^unbert (SBeber, ©efc^ic^te ber Äird^en=9leformation in ©rofebritannien I 121) gteunbe Dlb*
caftle« unter ^ü^rung t)on ©ir SRoger 3lcton in ben gelbem Don ©t. ®ile« fu^ anfammeltcn
unb bie §crau^abe i^re« (bereite entfommenen) ^eunbe« forberten. ©ie tourben toon ben
2euten be« Äönig« (11. Januar) bur^ eine 2ift aufgelj^oben. 3*^ar ol^ne S5lutbergie|en ;
60 einige §au))tfc^reier inbe^ tourben Derl^aftet unb nac^^er Eingerichtet unb jtoei ßbifte ep
laffen, üon benen ba« eine ba« 2efen ber ^t. ©c^rift bei lobe^ftrafe berbot, bag anbere ade
2. JU Äe^em erflärte (Bale 47). gür bie SBiebereinbringung Dlbcaftle« aber tourbe ben
Schergen ©teuerfrei^eit für alle Seiten (Rymer, Foed. IX 89), ben 3Serbred^em grei^ aui
bemÄerfer toer^eifeen (Redman, Hist. Henr. p. 17) ; aber bielreue feiner ^eunbe umgab
66 Sob^am mit fd^ilfeenber 3Maucr. ®rft nacl^ Dier Sal^^^/ toä^renb beren ber l^in^ unb ^ergejagte
^lüc^tling mit allen 2tnfd^lägen gegen ba« 2eben be« Äönig«, u. a. auc^ mit einem ^oc^benöteri*
fc^en Sünbni« mit ben ©d^ottcn in SSerbinbung gebracht tourbe — this however must be
considered doubtful ift bie ftelienbe SBenbung in ben neueren englifd^fen ©arfiellungen
biefer Vorgänge — tourbe er in ben älarfc^en üon SDSale« burc^ bie 2orb« 3euan oi
Go ©ruff^bb u. ^ruffvbb '^^c^an of ©art^ bingfeft gemad^t, mit ^erbrochenem ©c^entel luu^
SoOnrkett 623
2onbon gcf(^Ie))^t unb in ben Xotoer becbrac^t, am 14. ^ejember 1417 ald ^.red^tlofec
$iK^k>enäter unb überführtet jte^er^' jum Xobe verurteilt, tt>obei t^m bie äSerleumbung
{einer ^inbe abermals einen nirgenbd bezeugten SBiberruf jufc^reibt (J. Tait im Dict.
of Nat. Biogr. älrt. Oldcastle) unb am ®algen in @t. ®tled^d burc^ Strtd unb ^er grau«
|am ^«ngericftet (Rot. Pari. IV 108). aber er ftarb al« ein $elb, ein Rzuq^ für bie s
S''^ttlid^e Orbnung bed Sebend auf bem gelfengrunb ber etuigen ^a^^eit, $fabfinber unb
ilbner feinet SSoIfö, toeil er i^m eine gro|e ^[bee l^^interlaffen, in ka^ beren ed in
150 2la^ren )u ^errlic^er SBiebergeburt unb ®rd^e aufftieg. ®eti>i^, feine mächtigen
g[etiibe J^aben il^m in ber leibenfd^oftlic^en @rregung be$ Streite bie el^^rlic^e SBürbigung
feiner Überzeugungen berfagt, unb bie Serleumbung ber 3la6)toAi fyit feinen 92amen ge^ lo
f(^bet; aber im 3^9>^i^ ^^ ©efc^ic^te fd^manft fein S^afterbitb ni(bt me^ jh)if(^
^eiligem unb Hochverräter ; über ben SJtalel ber Ae^erei, ber an il^m ^aftet, ^at bie ©e»
fqic^te nic^t bad le^te Urteil.
äBenn ein furqtbared Sreigni^, nic^t ertt>artet, unter bie ÜRenfc^en tritt unb fie ti>ie
ein ftnfterer SRiefe im Eintreten mit bem Slrmel ftreift, bann juien bie bertounbeten $erjen i6
in €(^mer)en auf; bann jeigt fxd), toad im 3J!enfd^en ift, offener, bie @eele laufest unb
bie O^en toerben toac^, bie $änbe aber ber einen berinen ftc^ in jöl^e, böfe X^at, ben
anberen ftocft 93(ut unb Jtraft, unb t^atlo^ fmten fie abtoärtd. Olbcaftled %oh bejeid^net
bie SBenbung.
Sid ba|in in rafc^er ^xmai^mz unb je unb bann aud ber äSerteibigung ^um Eingriff 20
borge^enb, tourben, nac^bem ber ®ro^e gefäOt toar, bie JUeinen burc^ blutige (Setoalt-
maßregeln in bie ^ürben ber Jtirc^e jurüdgeforbert ober ben blutigen ^önben bed ^enferd
flberlaflen. 9ln bte Pforten ber berfc^üc^terten @emeinbe poi^U mit fc^toerer $anb bie
Sbtgft unb 9{ot. SBaren jemaliS ))olitif(^e ober fojiale Unterftrömungen bor^nben ge»
toefen, mit Q^bf^am^ @tur) fc^toanben fte in bem 3Jca^e, ba^ nid^t einmal bie gegnerifc^e 35
Serleumbung fte im @mft ju be^au})ten Vermag. 9{ac^bem bad Jtonftanjer Jton^il bem
$a))ftf(^idma ein @nbe gemacht unb bie (irc^lic^en ©etoalten aud ber toteberl^^ergeftellten
(Sinl^eit ber 6l[^riftenl[^eit Straft unb ^offnung auf rafc^ed ^{ieberbrecl^en te^erifc^er ®e«
meinbebilbungen gewannen, Verlor bie SoQarbie i^ren öffentlichen Rn^. @ie flo^ aud
ben Strafen unb ^Ibem in abgelegene ^orfminlel, in ®(iben unb Scheune, @anbgrubeao
unb ^Id^öl^le; an bie @teOe ber @tragen^rebigt traten bie ^au^tonVentilel, too bie
Sibel gelefen tourbe unb bie verfc^üc^terten @eelen erl^^ob. 2Bir ^aben bad 3^0*^^^ ^^
Sr^bifc^ofd S^ic^ele au^ bem Igal^re 1428, ba^ bie in bie SSerborgenl^eit gebrängte SoQar»
bie jtoar nid^t mel^^r juna^m, aber ftc^ in ber früheren ßaj^l^ftätte l^ielt (the L. seemed
as numerous as ever) unb bie gebeime $ro))aganba in 93ibelftunbe unb $rebigt in 36
ungeminberter Äraft betrieb. ®ine Slnjal^l ?Pfarrgeiftlic^e — 9t. §oIe, 3^. S)ra^ton,
SB. SEBj^ite unb 9B. I^amed finb aud ben ^fnqui^tion^Iten betannt getoorben — , Aa))läne
unb ^il^eiftlic^e fd^loffen ftd^ ^ie unb ba ber 93etoegung an, in mand^en Sanbfc^aften
fo )a^lreic$, ba^ e^ in ben iRirc|f})ielen ju ^rojefftonen unb SEBaQfal^rten nic^t mel^^r tam
unb bie ^er ber igeiligentage aümöl^lid^ verfc^toanb. — älber feit Sobl^md Xobe fel^lte io
ber ®emeinf(^aft bad fül^renbe unb mä^igenbe ^aupt Unter ber älfc^e ber Verborgen«
beit glül^te ba^ ^r^er toeiter, bad je tmb bann in ben flammen toilber, fanatifc^er Stud«
brücke fic^ ben Segnem Verriet. @in S., %f)oma^ 93agle^, erfc^eint in ben ^rotofoQen
ber Snquifition unter ber Slnllage, gefagt ju l^aben, bafe, toenn ber ^riefter im Qaha^
ment bad Srot ju ®ott toanble, er einen ®ott mad^e, ber Von blatten unb SJtäufen ge^ 45
treffen toerbe ; ba^ bie ^^arifäer be^ a:age«, SWönc^e, 9lonncn unb Settelbrüber ©lieber
bed Qatani unb bie O^renbeid^te nid^t aud bem 9BiUen ®otte^, fonbem bed Xeufeld fei ;
anbere be^u))teten, ein ^riefter, ber @elb ne^me, fei qrlommunijiert, anbere, ba^Jtnaben
nic^t minber toirifam ald ^riefter ba^ 93rot fegnen fönnten. — 3Bir felj^en, bie urfunblic^e
Sejeugung fc^lägt ber SSe^auptung @airbnerd, äBiclifd (Sinflu^ ^e i^ nic^t lange über« so
lebt, bie SoQarbie l^abe in @nglanb nic^t tiefe SSiur^el gefc^lagen unb i^re Bpuxm feien
längft vor ber ^Reformation Verfc^tounben getoefen (Studies 2; 52), in« ©efic^t. S3i«
fiber bie SJtitte be« 15. ^i^^^unbertd ^inaud treten bie @^m))tome ber befte^enben ®es
meinf(^ft in ben Einrichtungen blutig )u tage; nac^ bem an Olbcaftle« Xob fui^ am
MIie|enben Slutbabe (45 SKänner, barunter ^ad <Sf}atp) erlitten 3. ßla^bon, S- iurm^n, 66
ffi. la^lor, SR. §unbon bi« 1430, SU. 28^*« «"b fein Wiener 1440, SB. Saloto 1466
(Stubbs III 377) ben a:ob Durd^ geuer unb ©c^toert, „toirflid^e Äc^er" unb nic^t poli»
tifc^ SSerbred^er, loie felbft 321. 3i»n»n«nnann S.J., jugcben mu^. %t>it nennt einige toei*
tete Flamen. 1476 l^atte fogar bie gereinigte UniVerRtät Dsforb gegen eine älnjal^l i^rer
9titg(ieber noc^ einmal bie älnllage auf toiclifttifc^e Hexerei ju ergeben, 1485 unb 1494 60
624 SoOarkett
^oBcn 93tf(^5fe in 6ot>entt^ unb Jl^Ie gegen ,,9ibeUeute'' t)or2uge]^en, unb fo xüSftn bie
@turm)etd^en t)erborgener ©efö^rbung bed 93efte^enben btö tnd neue (16.) S^^'^^'i^^^^
^n feinem erften ^foi^rjel^nt, noc^ zf)t bie ©etanlen Sut^et^ über bod 3Reer lonten,
h)erben in tiHu^fenben S^l^Un 3Ränner h)egen bed 93eft|ed bibltfdS^er unb toiclifitifd^ec Sänften
6 in englifc^er @^rac^e, toegen 93ibeUefen^, ^ertperfung ber Se^re bon bet 3Banb(ung, 0^'
beichte, ipeiligent>erel^rung unb äSaQfa^rten, immer mieber ber gleich ®a|e, bie im Sm
trage bon 1395 bie 93ef(^h)erbe bilben, ber^ört unb k>erbrannt; fo 1506 in älmet^^,
einem $au))tft^e ber SoUarben, 30 !Dlänner; im ^. 1517 toerben Seute, bie fic^ einmal
„Srüber in S^rifto'^ bad anbere 3Ral ^^bie @rtannten" nennen, Don ben ©erid^ten in älnffmu^
10 genommen, unb e^ lann ber urlunblic^e 9{acl^toeid erbracht toerben, ba^ in ben gtDonjigei
^al^^ren, old bie neuen @trebungen bom Kontinent ^er in @nglanb eine ^eimot gefunbcn,
oltenglifc^e 93ibeIIenntnid unb toiclifitifc^e (Sefmnung ftc^ in bie neue ©enerotton fortgeerbt
Ratten. 33on ber ^JDlitte be^ 14. ^fo^r^unbertd bid an bie @d^toeOe ber Steformotion ffd
ba^ äSerlangen nac^ einer Seben^eftaltung m\ biblifd^er (Srunbloge bte Ziefen bed eng^
16 lifc^en SSolIed bem^t.
3n biefem @inne fmb bie S. aliS bie äSorläufer ber englifd^en Steformation onaufe^;
aber ^e lebten ein Verborgenem Seben. ®etoi^, e^ fel^lte ber fü^renbe ®eift, in oem bie
@e^nfuc^t ber ^ufenbe ju einem gefc^Ioffenen ^(umbrud lam, toie in bem Sö^en ^ud
unb bem größeren X^üringer, ber bie @eele be^ beutfd^en äSolIed in feiner ^anb J^^tdt,
20 unb )u ben toilben Sr^ebungen ber morbbremterifc^en ^ufftten ift ed in @nglanb nic^
gelommen. 3)ie @tärfe foU^er SSetoegungen ift inbed toeber an ^af^lm )u meffen no<^ an
ber Energie ber religiös geftimmten ^olfömaffe. 3)enn ed ift im 9(uge m beiden, bo^
bie englifc^e Steformation bid ettoa jur SRitte t>on Slifabetl^ Stegierung |u^ Diebne^ auf
ben Sinien einer ^olitifd^en aU religiöfen Umtoanblung bed Sebend bielt. Sie eine 9itf<
26 gäbe aber, bie ben mittelalterlid^en Srloedungen burc^jufe^en nic^t gelungen b>ar, iß
t)on ben S. gelöft toorben: in bem ä3ol!e Snglanbd bad äSertangen naä^ bem ®efe^®ott(d
in ber !IJlutterf})ra(^e ju toecfen unb lebenbig ju erhalten. 2ln ben £. iDetter nid^td oB
„aller Steligiofttöt bare ÜJlenfc^en ober fc^laue ^euc^ler )u erbliden, bie feiten bm 3M
Ratten, für il^re Überjeugungen einzutreten'', bad bermog nur jene fanatifc^e Serblenbung,
80 bie ftc^ ber 9{dtigung bed gefc^ic^Öid^en ß^ugniffed mit jefuitifc^er ©^i^finbigfett cntjie^
3)ie toieber^olteit SSerfuc^e, eine ledbare englifc^e 93ibel ju erlangen, bie ^nbole, Sot>e('
bale, %a)oixntt, ßranmer, bie ®cnfer JIüc^^K^Ö^ ""*> parier unternommen ^en, ru^
mit i^rcr äBur^el bei ben lollarbifd^en 93tbelleuten, toie $eco(f fte nennt, unb fmb ber Setoei^
für bie 92ottoenbtgIeit ber Erneuerung bed religiöfen Sebend auf biblifc^em ©runbe. SBer
86 aber tooOte leugnen, ba^ in biefen ^änben, bie fu^ nac^ ber 93ibel oudftredten, eine
})ofttit)c Vorbereitung bon nic^t geloö^nlic^er Äraft befc^loffen toar? — -
3Son @nglanb flogen bie ®ebanlen ber £. I^inüber nac^ ©c^ottlanb. O^orb ^
©t. änbrelod „angeftcdEt" ; bie Seigrer ber fc^ottifc^en äfabemie fmb mel^r ofe einmal loegcn
i^rer loUarbifc^en Äe^ereien in änfpruc^ genommen toorben (Encycl. Brit. XIV 812)
40 unb bie £. t)on ^"^le (Slirf^ire) ^at Jtnos audbrücflic^ ald äSorlöufer ber 9lefonnation unb
9iac^Iommen ber £. bed 15. ^al^r^unbertd bejeic^net. 93on @nglanb unb Sc^ottlonb
^aben bann in ben folgenben So^^^unbertcn bie biblifc^en ©ebanlen unb Schriften i^
SBeg in bie noc^ unerreid^te alte unb in bie neuen äBelten angetreten. —
III. ^r bie 3(nf4auungen ber 2. fommen, au^er ben oben ertoo^nten ^xoi^
46 cdten, ben jeitgenöfftfd^en 93eric^ten unb ber Petition an bad Parlament t)om ^o^
1395, in Setra^t Piers Ploughman's Creed unb Complaint, The Lanthome of
Light, the Ploughman's Prayer unb ald ein SSerfuc^, ben Se^rbegriff öon grunbfa|p
liefen ©eftc^t^punften aud feftäuftellen, ^ecocf« Repressor, fämtlic^ 3^0^iR^ ^^^ 0^^
rifd^er ©eite, bie mit SJorfid^t ju benu^en finb. 3)ie fpörlid^e SoUarbensfiitteratur fäbjl
60 toeift nirgenbiS @^uren eined ©^ftemd auf ; unb bie gefc^loffenere Snfc^uung ffiiclif^
lann nic^t o^ne toeitered ^ier herangezogen toerben, toeil bie S. j. %. über i^n ^inoud«
gegangen fmb.
Sei bem nac^folgenben SSerfud^ einer ^arfteOung ber Se^re l^abe id^ befonberd fiecod
benu^t. 2)a^ biefer im Repressor bie S. toiberlegt, fe^e \d) burc^ bie neueren Unter»
66 fuc^ungen (gegen 3- 2t. gintmermann S. J. im Slrt. 2., 2Be^er u. SB., Äirc^cj. III 34)
afö ertoiefen an (bgl. 93abington in berSSorrebe )u feiner ^ecodau^abe, XXip. $eco(f Ifoi
fein 93u(^ gefc^ricben jur Serteibigung be^ (aBelt)Jlleru« gegen bie „übertriebenen" SS«»
ilcinerungen toon feiten ber lay partie (Repressor I 5: J)e errouris whiche manie
of J)e lay partie holden); biefe Saienleutc aber fe$t er an anberer ©teile (p.28 oben)
60 mit ben UoQarben in eine (^leic^ung, bie Qto^x^d nxdfi )ulä^t: for to conuicte and
SoOnrbeit 625
ouercome t)o erring persoones of {)e lay P9ple whiche ben depid LoUardis
and forto make hem leue her errouris is a ful notable . . . remedie; aud^
bcn SoDorbennamen Bible men gebraucht er. 3Rtt ber @elte ber äBicIifiten (p. 501 :
also Jk) sect of Wiclifistis ... holden in be maners rehercid in l)is present
boke) unb mit äßtclif felbft fe^t er fu^ bielfa^ au^einanber (ibid.: as it is open in 5
)>e book of Wiclijf and of ot)ere being of his sect.; p. 63; 413: ferl)ermore
it is to wite, l)at oon derk, but verili to seie oon heretik tempere^) etc.); ba^
$ccihI unter bem clerk äBictif berfte^t, ergtebt ftd^ aud ben an biefer @teOe bon t^m
bdäm))ften @ö|en, bie ic^ aud ed^ten äEßtcIiffc^en Stüden nac^toeifen lonn, bgl. ). 93. Of
Clerks Possessioners (bei Matthew Nr. VI) p. 132 : in many casis sugetis may 10
leffly wij^holde ti]}e8 etc. unb How the Office of Curates is ordained by God
(ibid. Nr. VII) p. 146: and t)anne t)e curatis ben more cursed of God for
wi}>drawynge of techynge in word etc. @nbli(^ bebient er ftd^ faft burc^tveg bei
btbUfd^en Sitoten ber SBiclind^en äSerfion.
Slud bem oben dargelegten er^eOt, ba| bie SBurjeln ber SoQarbenlel^e in SBiclif 15
nt^. Zentrum ift bad biblifc^e $rinji)); ^ter laufen ade ^öben ber loQarbifc^en Slrgu-
mente unb ^orberungen uifammen. ^mmer toieber, fagt Jtnig^ton, ^etgt ed bei biefen
Saiten: Goddis lawe, Goddis lawe! @ie nannten fic^ bie Srfannten (Known Men,
nad^ ber mi^erftanbenen (bejh). bon SBicIif falfd^ überfe^ten] @teOe 1 Jlo 14, 38: et di
TIC äyvoei, äyvoeho): soothly, if any man unknoweth, he shall be unknown [of 20
God]; ober bie richtige £e^rt ift äyvoeixai, SBicIif alfo im Siedete) unb fragten, tt>enn
fit mit fremben Srübem jufammentamen: Art thou a known man? b. ^. einer, ber
btc Schrift tt>ei|; unb in Der Lanthern of Light, einem i^rer Sieblingdbüc^er, badburc^-
tveg auf bie Sibel jurüdgel^t, ^ei^t ed: 3)u legteft, 0 $err, <d^ bu ftarbft, in bein 2Bort
ben ®eift bed Sebend unb gabft i|m bie ^JJlac^t lebenbig )u machen, ti>ie bu f elbft fprid^ft : 25
3>te SBorte, bie ic^ rebe, finb Seben. 9[ud(^ ber ^anjidlaner 2B. 3Boobforb begeic^net ben
lejferifcben &a^: toal^r ift nur ha^, toa^ ^Sa))ft unb Jlarbinöle aud ber @(^rift flar ab-
leiten fönnen, falfd^ aQed, h)ad über fte ^inau^e^t, bie ^au))tftüj^e ber S.; lönnte man
fie t)on biefer ^irrle^re l^^eilen, fo h)ären [te leidet jur römifc^en Jtirc^e jurüd^ubringen. —
Sem entf)>ri(^t ber anbere @a|, ben xdf bem Ploughman's Prayer entnehme: brei ao
Dinge mad^en ben redeten @lauben aud: (Sott über alle 3)inge lieben, fürchten unb ber^
ttauen. Men, ^ei^ ed bort h)eiter, make^) now grete stonen housis ful of gla-
sen Windows and depij) t)ilke ))ine housis, {)ei knelen privilich (l^^eimlic^) and
apert and maken t)eir praiers and all t)is t)ey seyen is t)y worship, but,
Lordy our believe is pat Jbine house is man's soul. — SJac^ ""Jj^tcod nun fmb brei 35
@a(e bie ©runblogen il^red Slauben^: 1. 92ur bad ift ald @ebot ®otte^ anjufel^en, tuad
^auf bie Sibel grünbet; i^re t^age fei immer biefelbe: toorauf grünbeft bu ba^ im
Sli. 2. Seber ßl^rift, 3Jlann ober grau, ber bemütigen unb toitligen Seifte« ift, bie ©c^rift
)u berfte^en, bermag il^ren toal^ren ©inn ju erlennen. 3. SBer ben ©inn ber ^l. ©(^rift
ecfonnt l^ot, mug allen entgegengefe^ten ®rünben, fte mögen bon ber ©c^rift ober ber 4o
Semunft fommen, befonber« ^m SSemunftargumenten bie annähme berfagen. 6r fügt
(toju, . ba^ fte Sibelleute ^ei^en, tt>eil fte bad 912 in i^rer ^{utterfprac^e (ber äBicli^
\d^ Überfe^ung) audtt>enbig lernen unb bad )8ibellefen fo le^rreid^^ finben, ba^ bie
©elbftbelel^rung aud ber ©^rift il^nen lieber fei ald t)ie Untertoeifung burc^ ©eiftlic^e
unb oele^rte Männer. 45
Stuf ®runb biefer jjofitiben gorberungen erl^eben fie, toie toir bei $ecocf feigen, ©in«
\ptudf gegen eine 9leü^e Krdj^lic^er ©ebote, bie in ber ©d^rift nic^t begrünbet ftnb. Obgleid^
jjoiugfbm fei, ba^ ÜJli^ftänbe unter bem Jtleru« bor^anben feien, fo mad^e er ($ecod) ^
(u feiner aufgäbe, i^ren in 11 Il^efen bargeftellten (Sinfpruc^ ate unberechtigt (au« SSer^
minft unb ben SSötem) nac^^utpeifen : y shal iustifie XI gouernancis of the clergie 50
whiche summe of the common peple vnwijsely and vntreuly iugen and con-
dempnen to be yuele [evil: falfc^]. ©ie bertoerfen ben ©ebrau^^ ber Silber in ben
Stinten, bie SBaOfo^rten )u ben l^etligen ©tötten (pilgrimage to the mynde [remem-
brance: Srinnerung] placis of Seyntis), ba« Stecht be« Aleru« auf Sanbbef^ (n)obei
$. bie Argumente ^icltf« gegen ba« ^frünbenuntoefen im einzelnen betäm))ft), bie Stang« 55
^fen ber ^ierarc^ie, bie legi«latori{d^e ©en)alt be« ^apfte« unb @pi{fo))at« über bie 93tbel
^tnau«, ba« ^^nftitut ber geiftlid^en Orben unb be« priefterlid^en 3!tittleramte«, bie Sin»
ntfung ber ^eiligen, bie Derfd^toenberifc^e älu«fc^müd(ung ber Aird^en, bie ^teffe unb bie
Sohamente, bie S3er))flic^tung jum @ib, enblic^ bie ä3ered^ttgung be« Jtrieg« unb ber
Zobedftrafe. — 9(lle« älnfd^auungen, beren ©runbgebanlen ftd^ mit ben Sef^toerben ber 60
626 SoOarbett Sontan
2. t>om 2i. 1395 (tjgl. oben ©. 618, 57 fjL) beim, unb bie im tocfentltc^en auf SEBtclif gutüdge^,
ber ftc^ freiließ bon ben bielberufenen ^^Übertreibungen ber f))äteren S.'' fretgej^oltm fyit
SBir feigen, biefe Slnfc^auungen ftnb bid in il^^re legten Folgerungen be^errfc^t t)on
ben befannten @ä|en Sut^erd unb SBiclifd, bie 93ibel ift bte oQeinige QueDe ber rdigiöfen
6 äBo^r^eit. Slber Sa^ SBort ®otte^ fe^en fie im mefentlid^en im 3{X, l^inter bem boS
ä[. jurüdtritt ; irrig unb t)erberbli(^ fmb aQe ®ä^e, bie über ba$ 31% l^tnaudgel^en, b. 1^.
im Sinne ber 2., tt>a^ bort nic^t au^brüdlic^ gele^ ift, toomit fie bie fonfert)atst)e M^
tung SBicIifd bem 9tX gegenüber unb ben 93oben ber lutl^erifc^en jtirc^e jugleic^ t>er(aften.
3)ie oben berid^teten äSemeinungen ftnb bie Jtonfequenj biefed ®runbfa|e9. ^ie Se^iren
10 t)on ®ott, bem 3J!enfc^en, ber $erfon unb bem äßerle (S^rifH treten jurüd l^inter bem
2Biberf))ruc^, ben fte gegen ben falfc^en römifc^en Steoli^mu^ in ben Se^ren bon ben
®nabenmitteln unb bem Slmte erl^oben, toobei {te freilid^ bielfad^ in einen bem objettit^
biblifd^en $rin)i)) toiberftreitenben @)}irituaIidmuiS geraten, ber aQed t)om ®et{ie ertüortet,
aber bie Srücfen einreifet, auf benen ber ®eift ju un« lommt
16 3)er ÜJlangel an lel[;r^after 3)arlegung unb Vertiefung be$ Geglaubten, toie er und
in ber f))ärlic^en S.^Sitteratur entgegentritt, erfc^toert hai Urteil toefentlic^, ob eine ft^e^
matifc^e 93egrünbung il^re^ 9Biberf})ru(^^ überbau))t borl^anben getoefen; Sd^lüffe oud eim
jelnen 3^uBf"^^^f^0^^ ^"^ Sefenntniffen herleiten leicht ju fc^iefen 9luffaf(ungen. Selbfi
für bie %m.'2ii)xt, bie neben bem @(^ft))rin)i)) fd^arf unb ^laftifc^ in tl^rrem $rotefi
20 l^erau^fommt, ift nirgenb^ bie le^r^afte 93egrünbung unternommen toorben; $eco<f fommt
mit feinem SBorte auf fie jurüd. SDagegen tritt fie in ben ^ro^efeatten ber £., namentli(^
Dlbcaftle^, l^äufig auf. 3)er @infprud^ trifft inbe^ nur bie etne @eite ber Se^, boj
SBicliffc^e accidens sine subjecto, ba^ 93rot unb SBein nac^ ber ffonfefrotion fub«
ftantieÜ bleiben, al^ natürlid^e @inl[;eiten. !Dlit93rot unbäBein, in ber^orm DonSrot
26 unb SB ein, toie Olbcaftle fagt, ift i^nen nad^ ber Segnung (S^rifti Selb unb Slut im
älbenbmal^^l gegentoärtig unb toirifam, nic^t aber o^ne bie @lemente ; fte vertreten alfo bie
t>on ben Stnglilanem neuerbing^ bielfac^ gelehrte Real Presence, bie fic^ bon ber Sol«
toinfc^en äuffaffung ^er ber Sut^erfd^en nähert. -—
2inbe^ in }tt>ei ober brei fünften ift ber reformatorifc^e ®ebanle boc^ toeiter, Üba
80 SBiclif ^inaud geführt toorben. Unb jtoar t)on bem fonft toenig genannten 9Q3<dter Srute
(t)gl. oben @. 617,42), ber bie ©egentoart bed SeibeiS S^rifti im 9lbenbmal[^I fatramental,
b. f), aU f^^mbolifc^e ©egentoart faft unb ben 5IJle^o)3ferbegriff ate fc^rifttoibrig jurüdtoeiii
(I do not find in the Scripture of God, that the body of Christ ought to be
made a sacrifice for sin; the Apostles did use the same for a sacrament
86 and not for a sacrifice, Foxe, Acts III fol. 178 ff.), einen ©ebanlen, ben ffiidif
m. 3B. nirgenbd au^ric^t. @nt)lid^, toad biefer ^ie unb ba gelegentlich nur unb pc^g
anbeutet (t)gl. De Verit. Script. Sacr., Cod. Pal. Vindob. col. 59®: debet plus
cristianus abscindere ab eo omnem elacionem de bonis operibus, si que ha-
bet, considerans, quod tamquam nudum Organum dei de mera gracia habet
4oilla; unb col. 25<^: probat apostolus, quod fides sit fundamentum iustificacio-
nis hominis quoad deum), tritt ber @a$, ba^ 6l[;riftu$ fein @efe^ in bie ^erjen bec
©laubigen gefc^rieben unb burd^ @nabe bad erfüllte, toa^ bad ®efe| burd^ ®ere<^tigtdt
nic^t t)ermo^te, bafe er bie ©laubigen au^ ®nabe, nic^t au^ ben SBerten re^tfertigt
(Foxe fol. 150: Christ did not, by the works of the law, justify the believers
46 in him, but by grace justified them from sin; fol. 173: by the faith which
we have in Christ believing him to be the true son of Qod who redeemed
US from sin, we are justified), in faft Suti^erfd^er ^laftil ^erau^.
9iKbo(f »mbbevfteg.
fiomon, äbra^am SDirf, geft. 17. äpril 1897.— Jöeri*tc überfein ßcbcn finben
50 ficft: üon Dr. ^. U. ^Die^boom, De Gids 1898 II, blz. 80-117, unb „Levensberichten der
afgestorven medeleden van de Maatschappij der Nederl. Letterkunde" 1898, blz. 26—68
(baran anfcf)He6enb, blz. 69— 72 eine „Lijst der geschriften van A.D. Loman") ; Dr. 5). t
3. 5BöItcr in bem „Jaarboek van de koninklijke Akademie van Wetenechappen** 1899,
blz. 3—36 (gifte üon ßomanS Sd^riften blz. 37-41); M«". 3. «. Sittem in Der „üjd-
65 Schrift der Vereeniging voor Noord-Nederlands Muziekgeschiedenis'' Deel VI, !• stak
unb anbete.
Unter biejenigen nieberlänbif d^en Ideologen be« 19. 3öbrl[;unbertg, bercn 5Ramen
and) im Slu^lanb befannt gen^orben ift, gel^ört ber Slmjterbamer UntDerfttätd)m^
feffor 31. 3). Soman, ber 1897 ftarb. ßr üerbanft bie« oefonber« feiner ^trt)OtM<
60 über ben Urfprung be« S^riftentum«, bie er burd^ bie f^mboltfc^e äluffaffung ber eMui*
Sontott 627
geKf(^ ©efc^tc^te t>ertetbtgte. Seine tiil^nen SluffteOungen über bte $erfon ^efu, über
Sie @ntftel[^ung ber ^oultntfc^en Sttteratur unb über bte $erfon bed $aulu^ ^aben ntc^t
nur in unb au^erl^alb ber 9{ieber(anbe bte Jtrttt! I^erau^geforbert, fonbem auc^ Slnfto^ gu
neuen Unterfuc^ungen gegeben.
Sbral^m 3)trf 2oman, geboren ju g*®ratoeni^age ben 16. September 1823, it>ar ber 6
Sofyii bed borttgen lut^enf^en $farrer^, ber il^n and) jum Stubtunt ber Xl^eologte be«
fKmmte, ungeachtet feinet SBunfc^ed — ber burc^ befonbere muftlalifd^e älnlage bei tl^m
cntfUmben toar — jic^ ganj ber SKufil toibmen unb Goncertfänger toerben au bürfen. Sr
gierte in 3tm^eim unb fpäter in älmfterbam bei ben ^rofefforen ber Seminare ber
2ut^erif(^en unb ^ufgeftnnten. Sein eigentlicher tl^eologifd^er IBe^rer, ber großen Sin- lo
|bt^ auf il^n ausübte, toax ber ^ationalift $lü{c^Ie, bon ®eburt ein ^eutfc^er. 3tad)
SoQenbung feiner Stubien mad^te er eine Steife burc^ ^eutfc^lanb unb bte Sd^h)eij unb
lernte babei $au(ud in ^tibdb^Q, 3). ^. Strauß in ^etlbronn unb Säur in Tübingen
tomen. ^a^ Soman gerabe ju btefen 3J!ännem SSe^icI^ungen fud^te, fennjeic^net i^n fc^on
einigermaßen. 93auriS JtoQeg machte auf il^n fel^r tiefen @inbrudt. ^n ber 93aurf4en i6
€<^le, toelc^e ,,bie Stuf gäbe ber X^eologie präjiftert ^at baburc^, baß fte biefelbe fäfu^
lorifierte'^ 1^ Soman, ber in getoiffem Sinn immer i^r Schüler geblieben ift, nid^t allein
tbre Jtritif betounbem lernen, fonbem jugleic^ ftc^ geübt in felbftiftänbiger Slnpaffung an
i^re $rin^t))ien.
9lac^Dem fioman in fein SSaterlanb jurücfgefe^rt h>ar, it>urbc er 1846 §ilf«)3rebiger ao
bei ber lut^erifd^en ©emeinbe in SKaaftric^t, 1848 $faner bafelbft, 1849 lam er nac^
Sebenter. Seine Ittterarifc^e älrbett tt>äl^renb feinet borttgen Slufent^alte^ berührte faft
ou^fc^lief^lic^ bad ®ebiet ber lird^ltd^en !DtuftI. Stuf tl^eologifc^em ©ebiet lieferte er nur
einen Seitrag, ^odf h)urbe er 1856 jum ^rofeffor am lut^erifc^en Seminar in älmfter^
bam an SteQe bon ÜJlUlie^ ernannt, ber ald Uniberfttät^rofeffor nac^ Utrecht tam. @r 25
begann feine Xl^tigleit mit einer ,,Oratio de germani theologi humanitate" (älmfter-
bam 1856). SBeinal^e alle t^eologtfc^en gäc^er f^at er im Saufe feiner ^rofeffur bociert:
Slts unb neuteftamentlic^e @segefe, natürltd^e unb bibltfc^e X^eologie, @ncV{loi)äbie, Jtanon«
gefi^ic^te, 3)Dgmengefc^ic^te, ©efd^td^te bed Sut^ertumd, \a fogar praftifd^e X^eologie. So
erfd^eint ed auc^ boQtommen natürlich, baß Soman in ben erften ^ja^ren feinet Slmtedso
nur Heinere Strttlel unb SRecenfionen fc^rieb. @r mußte ftcl^ eben erft jum ©ele^rten
ou^bilben. 9lufmerlfam!eit berbient e^ übrigen^, baß feine bebeutenbften Stubien andSid^t
lamen, nac^bem er ba$ Sid^t feiner Slugen berloren ^atte. 1871 nal^m eine älugentrant^
Ijieit bei \f)m i^ren Slnfang, bte i^n 1874 boQftänbig erblinben ließ. ÜJlit n)unberbarer
(Sebulb unb frol^en üJluted l^ot er bie^ Rreuj getragen, unb e^ f})ric^t tl^atfäd^lic^ bon ss
großer äBtOenetraft unb einem Staunen ertoec!enben ^orfteQung^bermögen, baß Soman
ntf^t nur mit Su[t feine getool^nte älrbeit auf fid^ nal^m, fonbem fic^ auc^ nod^ mit aQerlei
manchmal fe^r etngel^enben ^etailftubien abgab.
Ste bod älmfterbamfc^e Slti^enäum burc^ bad neue ®efc$ für ba$ bollere Unterrichte«
toefen jur Uniberfitöt er^obm n)urbe, tourbe Soman an biefelbe atö ^rofeffor bemfen, 40
obtoolj^l er gleic^ijeitig Semtnar})rofcffor blieb. Sie jum 3^^^^ 1893 fonnte er biefe
£mter berfe^m, bann nötigte bad ®efe$ il^n toegm feinet älltere bon 70 ^a^en, ale
Uniberfttäte))rofeffor ab|)Utreten. Siel !onnte er \päUx nic^t mel^r ju SBege bringen. 3la6)
lurger ÄranJEjS^eit ftarb er am 17. Slpril 1897. S^^ax ^abm feine greunbe unb ©eiftee«
bertoanbtm ii^m jum 70. ©eburtetag bicle Sctoeife ber Scrc^rung unb bee ^n^ereffee 45
gegebm, aber ber Sludgabe bon „LomansNalatenschap", herausgegeben bon Dr. 28. 6.
bon 3Rcaim unb Dr. ^. U. SJlc^boom, ©roningen 1899, ift bie« ni^t ju gute gefommen.
Jhir ein erfter a:eil („De brief aan de Galatiers") ift erfd^ienm. @in toeiterer Xeil
lonnte auS Stangel an 9Iad^frage nic^t folgen.
Soman ioar ein ÜJlann bon bieten dienten unb großer 9lrbeitetraft. @igentlic^ toaren 50
jtoei SKmfd^fen in i^m, beibe ein 3)ienfc^enleben über t^ätig, ber SKuftfue unb ber
x^olog. Ueber ben erften gehört an biefe Stelle nur tbenig. Sotoo^l auf tirc^lic^em
ab auf ))rofanem ©ebiet ^at er gearbeitet. @tne Slnjal^l ß^oräle unb 6böre bearbeitete
er. @ine Stnja^I bierftimmiger S^öre l^at er !om))oniert unb bei bielm auc^ ben Xe^t ge«
liefert 1889 bic^tete er aue bem ^ol^enlieb ein Oratorium in bier Sitten, beffm 65
mufiZalifc^e Bearbeitung, bie er in Slueftc^t gefteQt l^atte, aber nid^t 3U ftanbe ge«
bmmen ift 3)ie 9{ieberlänber, bie i^re reiche Sergangm^eit lieb ^aben, banfen i^m bae
SSerbienft, ba« er ftc^l871 burc^ bie ausgäbe bon „Gedenckclanck" bon Slbr. Saleriu«
(1626) unb 1872 burc^ „Twaalf Geuzenliedjes" ermarb. 9lfö Jtenner ber 3)tufttgefc^i(^te
Ifcd er, aud^ außer^lb ber ©renjen feinet SaterlanbeS, einen tbol^lberbimten Flamen. eo
40*
628 fiontott
$ter gilt unfere Stufmerlfamleit bem Geologen Somon. SSon Snfong an g^dcte
^ }u ben Seförberem bec fogenannten mobemen Slic^tung. 9Ud foU^ec ^ et auf
bte lut^erifd^e Ittrc^e in 92iä)erlanb großen @inf[u^ ausgeübt 3^"^!^ ^^^ f^<
Schüler, h)el(^e bte 3^^I ^^ mobemen ^rebiger fe^r me^en. @obann bobtit^f, ba^
6 er nac^ unb nac^ bie @eele ber (utl^eTijd^en @^nobe tourbe, beren ^räobDtfierenbed SRit?
glieb et toat. Seine Dfter})tebigt ,,Wat zoekt gij den levende bij de dooden?''
(älmftetbam 1862) Iie| einen @tutm gegen i^n entfielen unb ben>09 ben ott^obocen
$tebiget £en^ in 9(mftetbam in einem ^.offenen Stief'^ bie SBitflic^Ieit Dim Sl^fti Sbtf«
^te^ung ju Detteibigen. ^n toeiten jlveifen i^aiU fc^on f ein ä(ttilel : ,,Een nieuw middd
10 tot verzoening van geloof en wetenschap" (De Gids, 1861) bie 9[ufmet({amleit
auf J\i) gebogen; et lam in il^m )u bem SRefuItot, ba^ bie ä(tt unb SBeife bet äluferfte^^mg^
berichte in ben ®t>angelien bielmel^t auf 93ifionen bet ©laubigen toeife, ab auf Sc^Knüob
bed ©eheujigten. ^m ^a^te 1868 fd^tieb et: ,,93on bet ftanen Ott^obosie bleibt im^
l^euhut(^e toenig mel^t ju lernen. @te bient nut afö erneutet Setoeid für bie atte
15 äBa^tl^eit, ba^ bod, toad tot ift, begtaben toetben mu^. %xi) bie f)>duIattDe Z^^eologie
l^cd, obgleich fte an fo ebelen ^eiftetn toie Slotl^e, il^te SSetttetet finbet, i^re äRtfftim er»
füQt. @ie f}at bet Geologie übet bie @in{eitigleit ftü^et 3^^ ^tntuegge^olfim, bie
fid^ butd^ ben @tteit ^toifc^en StationaliiSmud unb @u))tanatutalidmud lennjetd^nei Sa
ed aber nunmel^^r beutlid^ getoorben ift, ba^ auc^ fie an einem großen Segler litt, ben tSi
20 nic^t beffer benn d^ t)oretlige S^ntl^efe anjugeben toeift, l^at fie ben ^Rei) verloren, too^
burc^ fie noc^ bor turjer Rtxt bie ^erbonagenbften 3)enler ju feffeln tou^e. 9Ran fhibiect
in unfern ^gen bie f))elulatit)en S^fteme bon SRännem, tote BdfiAztmaii^ unb Stot^,
aud Sintereffe an ber ©efc^id^te ber 2:^eologie, nic^t ober laum noc^, toeil man etioa glaubt,
ba^ auf bem burc^ fte eingefd^lagenen 9Beg bie Sdfung ber großen Probleme auf bem
26 (Sebiet bon Sieligion unb äBiffenfc^aft gefud^t toerben mu^/' 9Rit ber Zoologie im
alten @inne bed äBorted ^atte er alfo gebrochen. 3)ie Steligiondtoiffenfd^ft l^e i^ren $[a|f
eingenommen, toed^alb auc^ mit ber j^irc^e gebrochen toerben mu^te. SHe Sldigion toor
bie bereintgenbe, aQed be^errfc^enbe Wllai)i, „tmc 9lealitat, bie nod^ l^eutjutagc fotooU
bie fd^lic^teften Seelen ald auc^ er^abenften ©eifter feffelt unb nic^t aufhört, bod Sto^"
80 beulen auf^uftac^eln bei allen, bie burc^bringen tooUen )u bem toefentlic^en ®nmb unfere^
nationalen unb internationalen Sted^te^, unferer ÜJloralität^ unb jtultttrbegriffe, unfern
})olitif(^;en unb foxialen Il^eotien". 3lm beften jeigt ftd^ feine Sluffafjung in ben SBortm,
bie er 1880 ate SSorfi^enber beg ^roteftantenbunbe^ fprac^ : „Ueber unferm Sunb jh^
ber ^roteftanti^mu^, über unferm ^roteftantidmud fte^e bad S^riftentum, über unfeiem
85 ßl^rtftentum fte^e ber ^umani^mu^/' t^ür i^n toar alfo bad f))e)ififd^ d^riftlid^e ^m^ilf
bie Humanität.
SBenngleic^ Soman einige ÜJlale altteftamentlid^e @tubien t)eröffent(i(^te, fo toibmete
er bo(^ feine boUe ^raft ber 93el^anblung neuteftamentlic^er tragen. 3)ad einjige bon i^
felbft angegebene Suc^ toar betitelt: y^Bijdragen ter inleiding op de Johanneische
40 Schriften des Nieuwen Testaments" (älmfterbam 1865). Slber aud^ ^ierbon erfc^icn
nur ein erfte^ @iixi, toorin er ^^Het getuigenis aangaande Johannes in het frag-
ment van Muratori" be^anbelte. Ülu^erbem befprac^ er in berfc^iebenen 3^^^^^
arttfeln bad bicrte (Sbangeltum. 2S^m toar ti ein äl^tom, ba^ ed jüngeren Urf})rungd fein
muffe. Später befc^äftigte er ft^ befonber« mit ben ©i^noptilem. 3^ ber „Theo-
45 logisch Tijdschrift", bie il^r ®ntftel^en befonber« 5Prof. ©. §oeIftra unb i^m )u öcr-
banfen ^at (1867), beröffentlid^te er in ben ^af)xm 1869, 70, 72, 73 unb 79 feine
„Bijdragen tot de critiek der synoptische evangelien". ^n biefen Unterfuc^ungen
jeigt fic^ fc^on ber Slnfang feiner Jpäteren j^mbolifc^en äuffaffung ber ©bangeliengefc^ic^te.
vSlxt äeftimmtl^ett bertetbigte er bie Priorität bon SRatt^äud ber neuen SRatcu^^pot^eie
60 gegenübet (bgl. fein : Het Evangelisch epos en de Markushypothese van Volk-
mar". Theol. Tijdschr. 1870). ^m attgemeinen jeigt et ftc^ l^iet noc^^ ote Tübinger
©d^ület unb ©eiftbettoanbtet bon Saut (bgl. feinen Slttifet in „De Qids" bon 1870
„getbinanb ß^tiftian Saut", tootin er biefem feine SSete^tuitg jollt). 3"* 3<J^ 1^(?
fam er auf biefem ©ebiet in ©tteit mit Dr. 31. ^ietfon. 3)iefet ^e nämlid^ eine 6<^
66 betöffentlic^t : „De bergrede en andere synoptische fragmenten" (Smfterbam 1878).
^artn untettoatf et bie mobetne @bangelienttitt! einet fc^atfen Beurteilung, bertporf i^
SWet^obe unb erflärte il^te älrbeit füt l^offnungdlo^. ®ine fefte ^iftotife^e Safte füt b<rf
Seben 3i«fu fei nid^t ju finben. 3)ie (Sbangelien geben batübet nit^jt^, toorouf man W
berlaffen !ann, benn fte ftnb Quellen füt bie (Befc^ic^te bet teligiöfen SorfleOungen
60 in ben etften jtoei ^^^^i^^^unbetten unfetet S^ittec^nung. Sie SBet0))rebi0t ifl ein ^vmi
Soman 629
b« iltbifdifn C^ohnnlilteratiir, aber nii^t Bon ^«(uä gctjaticn, ba bie üorfteöung, 3e|uä
fei ein iic^Kr gctoeitn, im ottgenKintii Bon betriit^Uicf) fpälerem Urfjjning fei. Slut^
^aulu« lann nii^l aU ^tu^t gelten für ba« Seben 3^"- ''"i" *>«'^ biftoriicbe SBcrt
feine« 3eu0niffEö ^äiigt ab bon ber (Scfet^etl beä (^alaterbriefe^, bie für ^licrion butc^auö
nittt feftftanb, b
joman trat oI« Seftteiler Don ißiftfDn auf in jtoei 9!ummem feinet Bijdragen
enz {Theol. Tijdschr. 1879). Ht Wirft i^m Bot, et fei fubjeftiö toiatürli^ in feiner
Selüeiöfiittrung. Seine Setta(^lung übet ben Oalatetbtief nennt et eine florttfatur, bie
er Btans pede in uno pi ^ccf'w gebtadtt, aber (eine ^^t etnfter Stubien. ^ietfon
iDurbe unb blieb oetle^t, febD* Wenige '-^a^xt ft)ätet itiQte e« ji(^, ba^ et füt Üoman nicf)t lo
umfonft gefi^tieben ^tte.
^m^eäembei 1881 ^ielt Soman in ber „Jteicn Oemeinbe" in Stmftetbam einen ä'orttag
über „Het oudsteChriatendom" (abgebtudfltn ben „Stemmen uit de Vrije Gemeente"
1882). §ierin cettünbigte et feine neue $Vf ft^efe übet E^rifti ^crfon unb iai Gnifte&en
be« ß^ftentumä. ^ai ß^tiftentum ift in feinem Urfpiung ntc^tö anbereö als eine is
meffianifttie SSctoeguna untet ben 3uben. 3efuS »on 9!ajaret^ ifl feine eigentli{^ (iifto=
rift^e ^etfon, fonbetn bie ^ertotpctung einet SRcibe Bon 3been, bie ©ijmbotifietuiig iinb
^Jetfonififation Bon Oebanlen unb ^ptinjipten, bie crft tm G^riftentum bri 2. ^«Ijt^unberlS
jut BoElen önttoiifelung gelangen. @t ift bet ibeale ©o^n bct iübift^en Diotion fclbfl,
mit i^tei auöbauetnben ®cbitlb, mit ii;tem itnbeugfamen ©lauben, mit i^tet 2luäbauet ao
im Ooltc^tauben, mit intern pti?pt)eti|(^cn Snt^iifiaömuS ; bet jübifi^en Sfiation, bie i^
Hieui gcttagen fiat unb bann buti^ bie 3BeIl ift niebetgetreten TOorben, nichts anbete« al§
bet [eibenbe IReffia«, al« ber Änc(()t Sotle«, ber aui^ auS (einer gmiebrigung aufetftanben
unb getrijnt ift mit ^enlit^feit, aber erft, nac^bem %tmptl unb Statt butd) bie Slümer
BetRitiftet roaten, nac^bem ^Stael xard aÖQxa untergegangen, Bon ben Xoten aufetftanben 2b
unb mit einem neuen IRamen 6I)iiftentum getauft wat. — 5Diete ^^otEjefc fang fo
tobilal alä m&glic^. Sogat Bieten ^abitalen teot fie ju rabital. 33etnal)e aügeniein icar
boä Entfejen unb Bon uetfcfeiebenen ©eiten tarn Sßibeifpiut^. Soman mufete \^ntü feine
3uS|l>ta(f)e einigctmafeen milbcm. ^ct 9Iu«bturf „nic^lö anbete«", bet befonberS Slnftoß
erregt iiatit, foDte nictjt iBöttlidj aufjufaffen fein, ^n feinem äirlüel „Ter verdediging 30
en verduidelijking" (Theol. Tijdsehr, 1682) gab et ju, „bafe einige fSigenfi^aflen
unb Sefonbnfjeiten, Welt^e Bon ben (SBangeliften 3cfu Bon Diojatrtl) jugef^toi^en würben,
mi Bereinigt ^aben auf eine banialä in ^aläflina Icbcnbe ^etfon", abet „Waö bei tiefer
^erfon mit gutem ®tunb ^iftotiM genannt itietben lann, teic^t nit^t auä, um i^n alö
Stiftet einer neuen retigiöfen fficllanfc^auung ju betrachten" (bgl. „Symbool en werke- ss
lijkheid in de evangelische geschiedenia" in „De Gids" 1884, Sonbetabbtutf
Ämpetbom 1884). -ttier füllt in getöiffem Sinn ein 3M'^(He^ten auf: ^efu« Bon ^ai<i'
ret^ i^ eine ^iftorifi^e ^etfou, aber et ift nii^t bet Stiftet beä G&riftentumö. 9Uier e#
foQte nodf anberä lommen. 3" »De Öida" »on 1888 fctrieb et einen 3lttile[ „De oor-
aprong van het gelool aan Jezus opstanding". 35on feinet Sifionötj^potfKfe Bom «
3a^te 1861 ip ^ier (eine SRebc me^t. St ^Ölt jWat an ber fBmboEift^en luffajfung
fefi- fcfnn bie 2tufctftei)ung 3efu ift füt i^n utfptüngli(^ nit^tä anbete«, al« ba« Sßjiebcti
anheben be« ß^riftentum« fetbet, b. ^. bie äKetamoqjbofe bet jübifi^en 3)ieffiaägemeinbe
gut Io«moi)o[itif(i&en ßt)tiflu«Krrfie. „©ie ift bie anft^nuiic^e aSotftellung bon bet ^etnnbej
rung, bie im ©tauben«; unb ©emül«leben ber Qtiriften ^Jta^ gegriffen Ijat, nac()bem i^jt 15
gotteSbienftlic^e« '^'otal [idj infolge Don 3«taet« @miebrigung ju ^ö^etem glug etboben
unb in teinet el[)if($er Spljäte niebergetaRen i^atU." Mber über 3efu ^ßetfon fptic^t er
nun ganj anbet«. Sie unb nu(^ ba« Bon i^t in ben @Bangelien gegebene Silb ift
in mani^et Sejie^ung biftDrift(j, 3e(uS Bon ^iajatet^ ift nun loo^t ber Stiftet be«
G^riftentumä. S"""'"«" «net „religiöfen Seinegung" in ©alilSa, bie „reformatotiftde @tunb= ko
g^nlen" ^tte.ftanb ber „Center Bon 9iajatetl)",ber ftc^ auöjeit^nete burc^ „tjö^ete potentie",
„gtöfeete Sntenfität" unb „me&t Qtenialität" at«3o^)anne« bet häufet unb ^icobu« ber (Se=
tec^e, al« einet, tpelt^er „einen Sebenäptan" Eratle, ber untrennbar mar Bon ben ^bealen
bet jübift^en tRalion unb bem ein „uniBetfaliftifi^e« (oSniDpolittfi^e« ^beat ber ^öminig:
teit" Bor feinem (Seifte ftanb. SRit bicfet flonjeffton aber ^at iioman feinet §?potbefe a
lut ßtftätung be« Urfprung« be« Gljtiftentum« i^atfäi^licti ba« Äennjci(^en bet ^3ieu=
^rit genommen, obrooljt er. Wie Wir gefe^en Ijaben, bie fvmbolifdje Muffaffung ber eBan«
geltf{$en ©efiic^te mit Sejiimmt^eit aufredit erhielt.
Soman füllte, bafe et bei feiner f^mbolifi^en aiuffaffung ber eöongetifc^eu @e|i$ii$te
nii^t flehen bleiben fonnte (Bgl. auc^ Dr. 3. (5tamet, „De jongste hypothese aan- w
630 Sontott SomBorbitd
gaande den oorsprong der Evang. geschiedverhalen nader toegelioht". Nieuwe
Bijdragen van Gramer en Lamers. IV 247—346). %xn trat eine neue %taQt auf:
über bte $erfon bed $aulu^ unb über bie Sntfte^ung ber ^aulinifc^ Sitteratur.
SBenn $auIuiS in ber 2^^at 3Serfaffer ber il^m allgemein jugefc^riebenen Sriefe taxtr unb
5 tütnn biefe 93riefe tDirflic^ im a))oftolif(^en ^^ialitt gefc^rieben flnb, bann tow^ bobim^
Somand ^Betrachtung ber $erfon ^efu ganj unb gar ^infoQig. 3)edl^alb mu^e Somon ^u
einer 93eftreitung ber Sc^tl^eit ber ^aulinijc^en Sitteratur tommen. $ierfon, bot er erji
fo be!äm)}ft ^atte, ba^ baburc^ ein 93ru4 in ber ^eunbfc^aft beiber !Dlänner entftonb,
l^^otte boc^ feinen @influg auf ü^n geltenb gemacht. @r toax burd^ $ierfond Sebenten gegen
10 bie @(^t^eit be^ ©alaterbriefe^ )u 3^^ifdn gelommen, unb bad @nbe baDon taxtr, ba^
aud^ er fc^lieglid^ bon ber Uneqtl^ett überzeugt tuurbe. SBö^renb ^ierfon befonberd auf
ben ©eifteiSinl^alt bed Sriefe^ ald ^^\ö)m ber Uned^t^eit l[^inh)ied, no^m Somon tn feinen
,,Quaestiones Paulinae" (Theol. Tijdschr. 1882, 83 unb 86) bie Sef^rei^ung ber
argumenta externa bor, nad^bem er juerft auf bie ,,noodzakelijkheid eener herziening
16 van de grondslagen onzer kennis van het oorspronkelijk Paulinisme" gekoiefen
f)aü^. @r mad^te einen Unterfc^ieb ^tt>if(^en bem Paulus historicus unb Paulus cano-
nicus. @rfterer foQ am meiften übereingeftimmt ^aben mit bem $aulud, tote tovc \ipx
im fog. ,,2Birsberi(^t^' ber Acta ge^eic^net finben. @r f)at augerl^^olb $<daftina für bie
iübifcl^e ÜÄeffiadibee ^ropaganba gemad^t, ober bon feiner (Sefd^id^te totffen h^tr nic^
20 mel^r. 3)ie antijübif^e ®noft^ ber nac^a))oftolif(^en 3^t, befonberd im 2. ^o^t^unbett,
toeld^er toir bie paulinifc^en Briefe berbanlen, bat $aulud Don Xarfud )um $rebtger bed
unit)erfaliftif(^en S^riftentumd gemad^t. @o ift ber Paulus canonicus — t^oc^lic^
eine ®eftalt ber Segenbe — entftanben. ^n y^Lomans Nalatenschap I", tDorut o^e
Umarbeitung eine @tubie beröffentlic^t ift, jel^n ^^^re nac^ ber Slbfoffung, toerben bie
26 inneren 93eben!en gegen bie Sc^tl^eit bed ©olaterbriefed befprod^en.
SSon berfd^iebenen Seiten tt>urben 93ebenlen gegen Somatid 9(uffaffung laut Xm
au^fü^rlic^ften tourbe er bon Dr. 2S- ^- @- SSaljon, in beffen ,,Exegetisch-kriti8ehe
Verhandeling over den brief van Paulus aan de Galatiers" (Setben 1889.
blz. 294—408) toiberlegt, toorin bie ©c^t^eit biefe« ©riefe« ftarl betont toirb. S)er Uni«
so t)erfttät«})rofeffor ban 3Jtanen in Seiben, ber Soman anfangt entgegentrat, ertlarte \pcdxx
(t)gl. „Tijdspiegel" 1889, blz. 322 v.v. 419 v.v.), ba| er ni%t länger ©egner ber
8oman5§^>)ot^efe fei, er fei ju il^rem 3}erteibiger getoorben. 3*" äu^Ianb l^e Soman
tt>enig @i^o(g. ^ie meiften ber tonangebenben 3)cänner f^rad^en fic^ gegen bie jüngfie
„rabifale ^ollänbifc^e Sd^ule'' au«. @inen ©eiftbertoanbten fanb er in bem uttgenonnten
86 Serfaffer t)on „Antiqua mater. A Study of Christian Origins" (1887), ber äße
neuteftamentlicl^en Sd^riften bertvarf unb bel^au))tete, ba^ ?[efu«, $aulu« unb $etru^
niemal« gelebt Ratten; ebenfo in 91. Stei („Sier (Solaterbrief nac^ feiner ®<t>t^eit unter«
fud^t", Serlin 1888), ber bie fog. jjaulinifd^en §au^)tbriefe, barunter audb ben ©alater*
brief, in« 2. ^o^r^unbert fe^te. 2lu(^ ^oel („Slidfe in bie 3fleIigion«gefc^fi(^te", 2. StbteiL
10 1883, ©. 81) fc^lofe fic^ ganj ben „Quaestiones Paulinae" an.
Soman« änfc^auung über bie Aufgabe ber Sl^eologie lernt man am befien lennen
au« feiner „Oratio pro domo" („De Gids" 1893) unb feine ganje SEBeltanfc^ommg
au« brei Slrtifeln über „Het Onuitsprekelijke" („De Gids" 1876, 78, 79).
Soman toar ein 3Jlann bon umfaffenben Äenntniffen unb großem ©d^orffinn, ein
46 fuc^enber @etft, bem e« emft barum ju tl^un Wax, bie SBa^rl^eit au^ufpüren, ber aber an
©tette ber SBal^rl^eit nur §^t)ot^efen fanb, bei benen für biele jebe« Äennjeic^^en ber
2Ba^rlj;eit fehlte, ©eine greunbe, bie il^n lannten, priefen i^n al« einen befd^eibenen 9Rann,
toott froren Ttut^, botler Sichtung gegen 3lnber«benlcnbe, beffen ^erfönlid^Ieit gelenmeid^net
h)irb burc^ „Humanität unb toarme Steligiofttät". ®. ^. •an »eet.
60 Sombarbu«, $etru«, Magister sententiarum , berül^mter Sc^olafüfer bed
12. 3al^rl^unbert«, geft. 1160 ober 1164. — eine ®cfamtau«gabc ber ©cfertften be« fiom»
barbcn MSL 191 unb 192. 3)ie ©in^ielouSgabcn finb unten bei ben bctrcffenben 6d)riften
erwähnt. Ueber ba« Seben unb bie 8(tjriften \>q\. 3)eniflc.-65atclain, Chartularium univcr-
sitatis ParisicDBi's I, $Qit« 1889 ; ^iiloeu«, Historia universitatis Parisiensis, $ari« 1665,
65 II; 3)uboi«, Historia ecclesiae Parisiensis, «ßari« 1699, II, 119 ff. 256. Histoire litt^raire
de la France, t. XII (1830), 585 — 609; ^rotoi«, Pierre Lombard, son ^poque, ea vie, 8»
ecrita, son influence, ^q vi« 1881 ; 5)entf[e, Uniücrfitätcn bc« aKittcIaltcr« I, 1885, 657.
079; beif., mm ©b I, 610 ff.; %. ^Wignon in Revue des sciences ecclös. VII. Serif
5Bb II, (1800) 524 ff.; 0. ^alfcr, ^ic ©enteitjcn be« ^etvu« Sombarbu«, i^re OueHen unb
SomBarbitd 631
i6re bogmen()efd6i4tIi(^e Sebeutung (erf^eint in 8tubien jur ©ef^ic^te ber ^^^eologte unb
Äircfec, S8b VIII, 1902). — Ucber bie $l)iIofopl)tc unb Ideologie üßl. SRittcr, ®cfcf)i4tc ber
^Wlofop^ic, 99b VII, C>amBurg 1844, 474ff.; @törfl, ©cfcfiitfttc ber ^^ilofopöic bc8 9ÄitteI=
alter« I, ^ainj 1864, 393 ff. ; Äöflel, ^ctr. fiomb. in feiner Stellung gur ^^ilofop^ie be«
TOttcIolter«, fieipgig 1897; (gfpenbcrger, SDie ^tjilofop^ie beö $ctr. fiomb. unb i^rc Stellung 6
im 12. ga^rftunbert (53eitrfige jur ®efd)i4tc ber ?biIofopl)ie be« «Mittelalter« «b III, ^eft 5),
fünfter 1901; 3. ©q*. S)ogmengef4i*tc be« 3Ä«. II, Sien 1875, 194 ff. 727 ff.; 3)orner,
Seftrc Don ber «ßerfon (J^rtfti, U\ 374 ff.; SRitfdjl, [Red)tfertigung unb «erfö^nung, P, 55 ff.;
Jünger, ^arfteQung unb ^ürbigung ber fie^re be« $etr. fiomb. oom Serfe S^rifti, 3"^^^
1902, 92 ff.; $>QrnQcf, SDogmengefcfti^tc III, passim.; ©ceberg, 2)ogmcngef(fti(^lc II (1898), lo
46 ff. 49 f. 57 f. 61 f. 63 ff.
1. $etru«, bec ben 3unamen Sombarbu« t)on feiner ^erhinft em))ftng, tourbe in ber
Stobt 9{ot)ara, bie im 12. ^^r^unbert )ur Sombarbei gel^örte (h)ol^l ju Slnfong be«
12. 2ia^rl[^unbert«), geboren. 9(nbere berichten, er flamme au« einem oppidum quod
Yulgo lumen omnium dicitur (f. 2Si>^iu«, Historiarum sui temporis 1. III, p. 93 i6
ber SSo^ler äuög.), e« toirb bie ©tabt Sumdlo gemeint fein (Hist. litt, de la France
Xlly 585). @r flammte a\x^ einer armen ^milie. äSome^me ®önner mögen ftc^ fein
fcü^ angenommen ^aben, fo ba^ er fu^ bem @lubium jutoenben lonnle. ®r lam auf
Me @(^Ie t>on Bologna. 93on bort tourbe er jur SSoQenbung feiner @lubien nac^^anf«
rei(6 gefanbt. 3)er 93ifd^of bon Succa empfal^l tl^n bem ^l. 93eml^arb. @r ftubierle ju« 20
näcpft in Sll^eimd, too 93eml^arbd Smpfel^Iung il^m ben Unterhalt berfc^affl l^alte. 3)ann
tDonble er [\i) nac^ ^arid, bem bamaligen i^aui)tft| ber SBiffenfd^aflen. 93em^arb f^rieb
in feinem ^fnlereffe einen un^ erballenen 93rtef an ^ilbuin, ben älbt bed bor nic^t langer
3«t begrünbeten Äonbenl^ ber regulierten ß^or^erren toon ©1. 33illor bei ^arig. $ier
$et^ ed: Dominus Lucensis episcopus ... commendavit mihi virum vene-25
rabilem P. Lombardum, rogans, ut ei parvo tempore quo moraretur in Francia
causa studii per amicos nostros victui necessaria providerem; quod effeci
quamdiu Remis moratus est. Nunc commorantem Parisiis vestrae dilectioni
oommendOy quia de vobis amplius praesumo, rogans, ut placeat vobis pro-
videre ei in cibo per breve tempus, quod facturus est hie usque ad nativi- so
tatem beätae virginis Mariae (ep. 160, MSL 182, 619). 3)emnadS^ foUle $etrud,
ber bamafö fc^on vir venerabilis toar, nur turge 3^1 in $arid toeilen. ®Ubuin toar 9lbt
twn 1114 — 1155. 3)er 3«i^unlt feiner änlunft läfet fic^ bemnac^ ni^t me^r genauer
bepimmen. Um 1118 fd^eint Slbölarb $ari« berlaffen ju l^en (f. Sb I ©.17, 19). aiber
tn>^ ber ftarlen @inflüffe, bie $elru$ t)on älbälarb empfing, braucht er nic^l me^r fein 85
))erf5n(id^er @(^üler gett>efen ju fein. 3)ag er Slbölarbd „Theologia" frequenter prae
manibus habebat, bezeugt ein perfi^ntic^er ©d^üler bed Sombarben aud feiner le|len
3ett (^o^nned bon Somtoaa MSL 199, 1052). ÜJlü^le man ))erfönad^e 33e3iel^ungen
)U Slbölarb annel^men, fo tt>äre ber Sombarbe ca. 1115—17 nac^^arid gelommen, bann
aber laum t)or 1090 geboren. Slber biefe 9(nnal^me ifl nic^l ju begrünben. 2ifl bie 40
SCngabe, bag feine Butter im ^al^re 1159 ii^n befuc^le (f. ju @nbe biefe^ älbfd^nitled),
gefd^ic^tlic^, fo toirb man feine ©eburt laum friilj^er ate 1105—1110 anje^en bürfen. 3)ann
toäre er laum öor 1130—1135 nac^ ^ari« gefommen. 3^*^^f^^ *P ^ ^^ ^an^ ge«
blieben. 3)ie Se)ie^uitaen ju ©1. 3SiItor enlären feine toeitgel^enbe 9(b^ängigleil bon
ßugo (f. unten). 2!^ $arid ifl er bann Se^rer ber X^eologie an ber 3)omf(9ule bon 45
^tte^^ame getoorben unb l^at bied 9(mt mit älu^jeic^nung beUeibet. $ier berfa^le er
oiu^ feine ©c^riflen, k>on benen unten toeiter ju reben ifl. ^ie berül^^mlefle unter i^nen
ftnb bie Libri quatuor sententiarum. 3Bann fte berfa^t tourben, lä^l jtc^ ungefö^
befttmmen. 1. ^m 4. S9uc^ ifl @ratiand 5Detrel au^iebig benü^t. 3)ie Slbfaffung be^
fetten toirb in bie ^a^re 1139—1142 toerlegl (f. Sb X, ©. 11, 10), 2. Sent. I dist. 50
19, 13 bemerlt ber Sombarbe anläglic^ ber @m>äl^nung be$ ^ol^anned bon 3)amadlud:
quem et papa Eugenius transferri fecit. @ugen III. regierte t)om 17. ^ruar
1145—1153. — 3)ie genaue 3)atterung (1152) t>on Suläu« (hist. universit. Paris. II, 256
Dgl. $rotoig p. 39: vers I'annö 1152) entbehrt alfo be« Orunbeö. 3Kan loirb ettoa
1147 — 1150 aU älbfaffungd^eit be^eic^nen muffen. Sluc^ bie @rn>ägung einer ettoaigen 66
Sttl^ongigfeil t)on ben ©entenjen bed @anbul^l[; fü^rt ju feinem genaueren Srgebnid, ba
tmr Don biefem nur toiffen, bag er eltt)a^ f))äter a(d ÜJlagifter Slolanb (fpäter ^cop\i
Snesonber III.) in Sologna ll^ätig toar, biefer t>oQenbete l^^ier ca. 1142 feine ©enten^en
(2>enif[e, Wcd). I, 604). ©ic^er ifl aber bad eben ermittelte 3)atum nicpt, man fönnte
mif^ tDeiter bid ca. 1155 ^inabgel^en. 92a(^ 93uläud (II, 251 f.) mag ber Sombarbe ineo
einen um bod ^^a^ 1149 unter ben ©lubierenben entftanbenen Tumult bertoidCelt unb
632 iomMM^
migellaßt toorben fem ^ tmber einen anbeten Se^ {»ergangen m fyAm, ^KtSdjitt beS
l^omborben ift fc^on gu feinen Sebjeiten angefiH^en toorben. 2)erfelbe SRaucitiud tnm
BvHh), ber fein SRad^folger auf bem bifc^öfli^ @tul^I bon $arid n>urbe: de homine
assumpto et de aliis quibusdam Magistri Petri Lombardi doctrinam falsitatis
6 arguebat, ne dicam erroris {^off. bon SomtDoU MSL 199, 1055). 9Biber ben
d^toIogif(^en ^Irrtum 1^ ftd^ ber SomBarbe, lut) bebor er Stfc^of tmirbe, in einer Sorlefiing
\)tttDQfyct, unb itoax: quod haec non esset assertio sua, sed opinio sola, quam a
magistro aeceperat. Haec enim verba subiedt ,,nec unquam deo nolente erit
assertio mea nisi quae faerit fides catholica'' (ib. 1053, tDO noc^ auf bte Semer»
10 hing bed Sombarben Sent. III dist. 7, 13 Se}ug genommen toirb). — 3)ie Sbigoben,
ba^ er ein Jlanonilat an ber ^tn^e bon S^on^tre^ er^en ^e, tmrb auf einer äSer-
toed^felung berul^ (f. bist. litt, de la France XII, 586). Unrichtig tß ccad^ bie
Stnflc^t Don aliqui, bie i^n Jlanonitud bon @t 93ittor toerben (offen unb )ta>ar
unter einer ®nt^))e bon folgen, bie nac^ bem Serg ber ©enobefa überft^ten, ba fein
i6 92ame in bem bon 2)uboi$ mitgeteilten Serjeid^id ber Setreffenben fe^b (Suläud
II, 766; ^uboi^, Hist. eccl. Paris. II, 122 f. no<^ 2)enifle, ©efd^idbte ber Uni».
1,657 f. Änm. 16). — gm übrigen fte^t nur no(^ feft axS feinem Seben, bofe er
1159 93if(^of t>on $ari$ tourbe unb bied Stmt ganj htrje 3^ i^ne ^e. Sejüglic^
bed ga^red fc^toanft bie GaUia christiana (I, 435) {toif^en 1159 unb 1160, I^tercd
20 ftü|t ftd^ auf eine Stngobe bed Chronicon Belgicum bed 9lub. Stir&ud. Sber Duboi^
ertoeift — befonber« au« ber 3tngabe be« Stöbert be Slonte — boS ^äfyc 1159 oü bo«
richtige (Hist. eccl. Par. II, 119 ff.). SBoItl^er bon et. Siltor bebtet, ba| er auf
fimoniftifc^em SBege ba^ 9(mt erlangte (episcopus licet simoniace intrusus in ecdesia
MSL 199,1140); getoö^nlic^ toirb berichtet, ba^ $rin) ^^ili)))), Sn^ibialonud ber ffir^e
25 bon $an^ unb bierter Sruber Jtönig SubtoigiS VII. getoä^lt toorben fei, ober abgele^
unb auf ben Sombarben, feinen Se^rer, aufmerifam gemacht ^e (^rotoid p. 46). 93eibed
lä^t fic^ ^ut miteinanber bereinigen; tro6 ber ^^einbfeligfeit SBalj^frd gegen ben Sont-
Barben totrb er barin Siedet ^aben, bag bei ber SBa^l Unregelmö^igleiten borgelommen
fmb. %a^ 3:obedia]^r bed Sombarben ift unft(^. 3)ie einen geben bad ^afyc 1164 an
80 (fo Suläu«), anbere nennen 1161 (fo SRobertu« be ÜRonte MG scr. VI, 511), 1162 ober
1163 (j. 93. älberid^, Ghron. trium fontium MG scr. XXIII, 843: ber Sombarbe
fei faft 3 ^al)xz SSijd^of getoefen, ioobei aber ju beachten ift, ba^ l^ier jum Igabr 1156
fein ®j)iffo>)at mit einem circa hoc tempus angegeben toirb). 9lun fte|t aber fefi, baj
bereit« 1160 gjJori^ bon ©uC^ 33if(^of bon ^ari« ift (f. benaSetoei« bei 35uboi« I.e. II,
85 122). G« mufe l^ier baran erinnert toerben, bafe biefer SDlori^ ate ^arifer ^rofeffor befonberd bie
Gl^rtftologie be« Sombarben angegriffen ^at (f. oben). ®emä^ bem angegebenen f^oftum notiert
bie ßl^ronif be« S^^'^^"^ bon ipari« ben 3^ob be« Sombarben lum ^afyc 1160. 3)a«
fel^r alte @})tta})l^tum in ber Jltrc^e be« 1^1. ÜJlarceQu« bei $ari« lautet: hie iacet Magister
Petrus Lombardus, Parisiis episcopus, qui composuit libnim Sententiarom,
40 glossas psalmorum et apostolorum, cuius obitus dies est XIII Kai. Augusti
(1164). 9Son ber eingeflammerten 2ial^re«)al^l be^au))tet aber ^boi« mit ber (^ülia
christiana, fte fei erft in neuerer Rtxt fdlfd^Iic^ i^injugefügt toorben (1. c. p. 122).
9Kan fann nun urteilen: ba ber Sombarbe 1160 einen 9la^f olger fyd, fo ift e« bo«
©infad^fte anjunel^men, ba^ er in biefem ^af)x ftarb. 9Jlan tann aber aud^ fagen: ba
46tro^ be« erften gaftum« anbere Iga^re al« 1160 al« a:obe«ial^re angenommen toerben, fo
mu^ an btcfen Stnna^men ettoa« fein, ^ie« berfud^t man bamit ju begrünben, bo|
3iol^ann bon ßomtoaH feine angriffe gegen ben Sombarben ju Sebjeiten be« lederen be^
gönnen unb bafe biefer eine äjjologie toiber il^n berfafet l^abe (^rotoi« p. 53). Sdanb
(Commentarii de scriptoribus britann. I, p. 227) bel^ai4)tet biefe 9l)>o(ogie bei
60 fu^ ui l)abcn (cuius et adhuc exstat penes me apologia) unb (^ratteriftert birj
i^re 2lrt. (Sin urfunblid^er Setoei« bafür ift m. SB. ni^t ju erbringen, ba^ 3o^n
feine Sefämpfung be« Sombarben fpäteften« 1163 begonnen l^abe (^ßrotoi« p. 53). ^er
ä3eginn be« AueignungSfd^reiben« be« @ulogtum« lautet freiließ fo, ba^ man anne^en
möchte, ba« «onjil bon 2:our« gel^öre ber jüngften 33ergangenl^eit an. Stter bie Sc
65 merlung : Guilelmus tunc Senonensis, hodie Remensis archiepiscopus (MSL
199, 1043) toeift auf ba« ^al)x 1175 al« terminus a quo. 3)ie bem Sulogium nok
bertoanbte Apologia de verbo incamato, bie unter ben @(^riften ^ugo« gel^t (MSL
177, 295 ff.), aber getoöl^nlic^ ^^^anne« bon Gomloatt beigelegt toirb, mag immerbin
bor bem ®utogium abgefaßt fein, bann aber ift fte iebenfall« nic^t burcp fafi jtöei
60 Decennien bon il^m getrennt. ?Protoi« (p. 151) meint nämlic^, bie Semerlung im 6u«
SomBotkitd 633
logium: bet SBerfaffer l^aBc eine frtil^ere ©(^rift ju turj unb bürr ^ergeftcttt propter
Romanam quod tunc temporis imminebat concilium, bejie^e {t($ ,|6yi(leniment"
auf bad Stongil ju %o\xx^ bon 1168. ä(ber ed tft natürltd^ ntc^t ju be}h)eifeln, ba^ bad
concilium Romanum bie Sateranf^nobc Don 1179 ift, too, tote toir toiffen, bie ^üQt
toieber DerJ^cmbelt h)urbe. ^emnac^ tft bie 9())ologie 1178 ober 1179, ba$ @uIogium 6
1179—1181 (%o\> älqranberd) t>erfa^. SWan lann ftc^ alfo eigentnci^ nur auf bie an-
gäbe Selanbd berufen. ®ab ed eine 9l})olo0ie be^ Sombarben h)iber S)[o^anne^ unb ftarb
ha £ombarbe f))äteftend 1164, fo mu^ ^ol^anned f))äteftend 1163 gefc^rieben baben. 3)a
nun aber le^tered ate burd^au^ untoa^rf^einlid^ bejeic^net tt>erben mug, fo fc^etnt mir bie
Xngabe Selanbd al^ irrig betrad^tet toerben ju muffen, i^ierju fommt, ba^, tt>enn ber lo
Sombarbe 1163 noc^ lebte, ed fe^r auffadenb ift, ba^ er nid^t )u Sour^ antt>efenb tt>ar.
2)emna(^ tt>irb ed al$ ba$ SBal^rfc^einlic^ere bejeic^net toerben muffen, ba^ ber Sombarbe
1160 ftarb. Slber bie 5Blöglid^Ieit, bafe er 1160 nur abbicierte — e« fönnte il^m ©imonie,
ober au<^ $ärefie öorgetoorfen fein, t)gL bie angaben S. 632, s. 23 — unb bann nod^ ein
paax ^al^re über lebte, ift offenjul^olten. 15
$er J)erfönn<^e Gl^aralter be« Sombarben fd^eint e^rtoürbig getoefen ju fein. Sluc^
ein ©(^üler, ber i^n fj)äter belämpfte, l^at mit Siebe toon il^m gerebet Qol^anne« toon
ßomhmH). 3)arf man t>om ©d^riftftetter auf ben HWenfd^en fc^Iiefeen, fo toirb man gern
glauben, bafe er ein emfter unb bemütiger 3Kann toar. ^r le^tere« toirb al« 93eleg
eine ©efc^ic^te er^lt. 911^ einige @belleute au^ 92obara ibn anläpc^ feiner @rl^ebung ao
}um Sifc^of befuc^ten, nal^men ^e feine alte !Dtutter mit, fleibeten fte aber in bome^me
®eta>dnber. 3)a l^be ber @o^n fic^ bon i^r abgeh)anbt unb erft, ate fte i^r eigene^ ein^
fac^e^ ©etoanb toieber angelegt l^atte, fte ali feine Butter ^ril^t unb geehrt. SBie ber
Sombarbe felbft, fo toerben aud^ fein äSater unb feine Butter atö SBo^ltl^^äter bon
©t. aSictor genannt (©enifle, ®ef(^. b. Unit). I, 657 f. »nm. 16). m
2. 3)ie gefdbic^tlic^e ^ebeutung bed Sombarben beruht au^fc^Iie^It^ auf feinen ©en^
temen unb ber aSertoenbung, bie biefelben in ber 3!^eoIogie be« 3KitteIaIterÄ gefunben
^en (f. ben ä. Sd^olaftif). 3)ie ältere Dogmatil be« SKittelalter« toerfud^te bie Se^e
ber Äird^e na<^ Slugfjjrüd^en ber SSibel unb ©entenjen ber Rird^ent)äter feftpftellen (f. bef.
3ftbor öon ©eöitta, ätlfuin, ^Pafc^aftu^ SRabbertu« 2c.). 3)iefe fammeinbe i^ötigleit mad^te 80
fett bem 11. 2|a^l^unbert$la^ ber bialeftifc^en unb f})elulatii)en äSerarbeitung unb 3)ur(^'
bringung ber überlommenen Se^en (bie tl^eologifc^en ©d^ulen Don Xourd unb 93ec).
Sbtfelm bon Santerbur^ untemal^m e^ ben gegebenen ©lauben^inl^alt f))e{ulatit> ju xipxo^
bu)ieren unb baburc^ aU t>emünftig ju ertoeifen. dagegen f}at Slbölarb bie ÜJleti^obe ber
bialeltifc^en unb hitifc^cn Verarbeitung ber überlommenen Se^ren aufgebracht. 6r führte 86
feine Stnfc^auungen in feinen SSorlefungen burcb, inbem er bie Xl^eologie nac^ bem ©{^ema:
fides, sacramentum, Caritas glieberte. Siefe Einteilung toie bie 9lnftd^ten bed^eifterd
fmb in einer ätn^l^I bon teil« gebrudften, teite noc^ ungebrudften ©entenjenbüd^em befolgt
(f. 3)enifle, Slrd^itj I). 3!)em gegenüber l^t $ugo bon ©t. SSiftor in feinem großen SBerf
De sacramentis unb in ber Summa sententiarum bie ganje Dogmatil auf bie40
Xutorität ber ^I. ©c^rift, unter äbfe^ung bon ber bialeftifd^en Jtunft, begrünben tooQen.
Xber tro$ biefer abfielt ift $ugo feine^toegd ein unfreier Xrabitionalift. @« fe^lt i^m
nic^t an eigenen 9(nftc^ten unb aud^ bon ben fj^etulatiben unb bialeftifc^en Elementen
^t er ftd^ toeniger freihalten fönnen, al« man nad^ fetner 9(bftd^t annel^men möchte.
3n biefe geiftige Setocgung ift ber Sombarbe eingetreten. 2)ie Älage über bie ^Irroganj 45
ber ^rofefforen unb il^r „ntüt^ ßbangelium" toar it>eit Verbreitet, ©pott unb §o^n über bie
bioldtifd^en Äünfte liefen ftc^ l^ören. änbererfeit« toar ber ßrfenntnidtrieb lebenbig. (Sin
Se^rbud^ um ba« anbere entftanb. ©ie gingen jumetft au« ber ©c^ule Slbälarb« l^ert)or,
ober verrieten boc^ feine Anregungen; überall aber toar ba« Seftreben borl^anben biefe
Anregungen in ba« Ortl^oboje px übertragen, toaren bod^ bie 5Bleinungen be« SKeifter« w
cenfuriert. Unter biefen SBäerfcn l}at ba« bc« $etru« Somborbu« bie größte 93ebeutung
erlangt. 6« toar in ber Il^at für feine ^At ein Vorjüglid^e« „Se^rbuq". 6« l^anbclte
fUb bem SBerfaffer Vor allem barum bie Vorl^anbenen SKcinungen rul^ig unb forgföltig bar«
jufteDen. Hoc volumen deo praestante compegimus ...» in quo maiorum
exempla doctrinamque reperies (f. ben Prolog). 3lber ber Serfaffcr läfet auc^ bie 66
Reitgcnoffen ju SBorte lommen, obne fte fretlid^, nac^ 2lrt ber 3«it, ju nennen. 2)ie
iReinun^en ber „aliqui" unb „quidam" iverbcn einge^enb referiert unb frittftert ober
ftittfc^toetgenb acce^jtiert. Son ben bogmatifc^en ^Problemen ber 3^^ 9^*^ t>ö« Sucl^ fo*
mit ein Silb. 6« ftnb befonber« brei Tutoren, bie auf ben Sombarben ftarf eingeloirft
^en : fein Seigrer 9(bälarb, $ugo unb ba« ^elret (Sratian«. @« lä|t ftc^ oft nic^t mel^r er
634 SotttBorbttd
audmad^en, ob er bic altfird^Iid^en Slutoren, bte et ctttert, felbft eingefel^en l^at. (Sr ifl, tpte
auc^ feine übrigen Schriften jeigen, jtc^er ein belefener Wann getoefen, aber ber Se^^off ba
Itird^enbäter tvax trabitioneÜ getporben, lange Sieiben Don @enten)en tt>aren gefornmett unb
toaren aUgenteine^ 93efi^tum. dagegen l^at ber Sombarbe bie Schriften ber ^citgenoffen genau
5 gefannt. älbälarbd @influg tft unberlennbor im ©anjen tt>ie in un^d^Itgen ®in^dff6Un.
^ber ber Sombarbe ber^ält ftd^ ju feinen ))rononcierten Slnfic^ten metft tntifc^. Sagegen
folgt er gern, oft ganj genau unb tt>örtli4, $ugo, freiließ auc^ i^kx nid^t, o^nt ben \p^
tulatiben @lementen au^ bem SBege ju gelten. Sratian enblic^ tft für feine ©afromentd^
leiere burc^ bie bon i^m gebrad^ten Sitate unb bie red^tlid^e 93^anblung bebovhmg^oO
10 geh)orben. Dh il^m bie ©entenjen bed Stöbert $uQud befannt toaren, tft, fotoeit ic^ fe^e,
nic^t ftc^er au^^umac^en. Sa^felbe gilt bon ben Sentenjen bed SRagifter Stolonb (ed.
®ietl 1891), bte aber nic^t t>iel älter aU fein SBerf fein toerben. 3)ie Don Dr. (Sd, bem
be!annten ®egner Sut^er^, an^ l^ic^t gezogene Summa theologica Magistri Bandini
(ed. S^eliboniud 1519), bie ftc^ t)ielfac9 auffoQenb mit ben @enten)en bed Somborben
16 berül^rt, ift ftd^er bon bem Sombarben abl^ängig, ; e^ giebt noc^ mel^r folc^ Xu^jüge
aud bem £omb., f. bef. Stettberg, Comparatio inter magistri Bandini libellum et
Petri Lombardi libros quatuor (©öttinger SBäei^nac^t^programm 1834) DgL ^rotoid
p. 118 f.; 3)enifle, 9lrc^. I, 438. 589. Slnberd ber^t ed ftc^ bieQeid^t mit ben @en«
teuren bed !Dtagifter ©anbulp^, bie bidl^er leiber nic^t gebrudft mürben (^anbfc^ften
20 auf ber 5Wationalbibl. ju Xurin, f. 3)enifle, 2lrd^ib I, 621 änm. 2). DenifU (Är^ I,
623 9(nm. 4) ^at barauf aufmerffam gemacht, ba^ jtt>ei ©entenjenbüd^ aud bem
13. ^al^r^unbert auf ®runb einer Sln^al^l bon ^araQelfteOen be^au))ten, bag ber £om>
barbe bad 9Bert jene^ ä3olognefer Sel^rerd faft mörtlic^ benu^t ^obe. Cod. Trec. 1206
bemerlt bom Slnfang be^ 4. 93udS^e$, bag berfelbe est Gandulphi fere verbo ad verbum
26 usque ad illud in capite tertio „signorum vero" (b. 1^. nad^ unferer Stnteilung IV
dist. 1, 1 unb ettoa ber 6. 2;eil toon n. 2, ca. 12—15 feilen). Cod. Amplon. 108 (4»)
)u Erfurt bertoeift m Dielen ©teilen be^ Sombarben auf oie ^arallelfteOen bei ®<mbuJ[))^
unb i^udi'- ^'^f^ ^ertoeifungen ftnb in ber älu^abe bed Sentenjentoerle^ Sonat)enturad
(I— IV, Quaracchi 1882 ff.) im fritifc^en ai))t)arat angefül^rt toorben (eine — unboBt
80 ftänbige — 3w[ö'"»"wpdlwng bei Sfpenberger, 2)ie ^^ilofop^ie be« ^ßetr. Somb., ©. 7
9lnm. 3). SlDein au^ biefen ^{otijen folgt einfttoeilen nur, boi^ ®anbul))l[^ tinb ber 2om
barbe in einem 9lbl^ängig!eit^t)erl^ältnid ju einanber fte^en, unb bag im 13. 3<i^^^unbett
ber Sombarbe al^ ber Slb^öngige betrad^tet Sorben ift, boc^ nur auf ®runb litterortfc^
93eobad^tung, nic^t felbftftänbiger gefc^id^tlic^er jtunbe. SBeitere^ lägt ft(^ bor SSeröffent^
86 lic^ung ber ©anbubl^fd^en Sentenjen mit @id^erl[;eit nic^t be^au)}ten. @d ift ein ^rrtum
®fi)enberger« (a. a. D. ©. 7), bag ber Slnfang be^ 4. 93ud^ed ebenf o gut toie au^ ©onbul^)^
au« ben bon bem Sombarben fo oft benü|ten Sentenzen §ugo« b. ©t. SSiltor geftoffen
fein fönne, too er ebenfo laute (IV, 1 ; an ber ©d^tl^ett ber ^ugonifc^en ©entenjen ^olte
ic^ feft, bgl. 3öcfler S3b VIII, ©. 439, 45), benn ber äBortlaut ^ier unb bort toüd^i in
«0 SBirflid^feit beutlic^ boneinanber ab. äSom ©tanbort ber S^ronologie au« fyd Sfpen^
berger „bie geringe SBa^rfc^einlic^feit, bag ber Sombarbe ©anbul})^ benu^te" btfyaipUi
(©. 7). 3)od9 toeber l^ierau«, noc^ au« ber toeiteren 93emerfung, bag faft fämtlic^ ©teilen,
bie au^ ®anbul))l^ ftammen foQen, bei $ugo, äluguftin 2c. „älnaloga ^aben'' lö|t ftd^ ein
pofttitjer ©d^lufe jiel^en. 3lud^ toenn ber Sombarbe ©anbul})^ lannte, toirb bo« Silb
46 feiner geiftigen @tgenart unb Slbl^ängigfeit nic^t beränbert.
gür bie 3lrt be« Sombarben ift t)or allem d^aralteriftifd^ bie Sorftc^t, Befc^ben^
unb 3urüdf^altung, bie er bei ber ©ntfc^eibung über bie bogmatifc^en Probleme befolgt,
). 93. I dist. 45, 1: pro sensus nostri imbecillitate ; I dist. 7,4: non est nobis
perspicuum aperire, quomodo hoc sit verum; I dist. 19, 14: maUem silens
60 alios audire quam loquendo malevolis detrahendi occasionem praestare;
I dist. 5, 10: mallem ab aliis audire quam ipse tradere; II dist. 27, 11 honim
autem iudicium diligentis lectoris relinquo examini etc. — hiermit ^gt ein
anberer — tüic^tigerer — ^unft jufammen. 6« ift bie tiefe Slbneigung, bie ber Sombarbe
gegen alle ©jjcfulation emjjfinbct. @r toitt nur bie lird^lic^c Se^re barlegen. 6r ber-
66 loa^rt fid^ gegen bie garruli ratiocinatores (I dist. 4, 2 ; 2, 3 ; 42, 1) mit bem no-
vellum sui desiderii dogma, bie SSäterle^re allein toiQ er borbringen: sie ubi vero
parum vox nostra insonuit, non a paternis discessit limitibus (proIog.). Son
ben ©ac^en unb ben ^^\d)cn fott nad^ 2luguftin bie 3^eologie ^anbeln: cumque his
intenderit theologorum speculatio studiosa atque modesta, divinam scripturam
eo formam praescriptam in doctrina teuere advertet (I dist. 1, 1). ^e „mobefi^
Sombarbiti» 635
6j>duIation" Bebutfte nun ober nicbt einer ©rtoägung ber ?Prinjii)ienfra0en, bie bie ^dt
bctoCQten. Über bie ^xa^m nad^ ©d^rift unb Semunft, Slutoritöt unb 5P^iIi)fot)^ie giebt
er leine 9(it$Iunft. @r ift Dielmel^r öngfilid^ beftrebt aQe allgemeineren t>^iIofo))l^ifci^en
Urteile feiner SJarftettung femnul^alten. S3ei Sef^jrcd^ung ber Irinitötslel^re ettoa toirb
t)on ber auffteHung ober Slnerlennung einer ber ©d^ullel^ren über bie Unit)erfalien ge^ s
flinentUd^ abgeje^en. ,,(5r toinbet fid^ öielme^r mit merltüürbigem ®efd^itf burd^ bie meiften
Parteien ^inburd^, jeber gleid^ nal^e unb gleid^ ferne, jeber freunblic^ h)inlenb unb bod^
im ®runbe leiner folgenb" (Sfjjenberger ©. 21). Mein fo toenig er })l^iIofot)l^ifd^ beulen
tooDte, fo toenig fonnte er bie })^iIofo})l^if^en Segriffe t)ermeiben. 3)ie Autoritäten alter
unb neuer 3^^, benen er folgte, arbeiteten ja bur^toeg mit fold^en Segriffen. 3"^^*" ^^ lo
Sombarbe auf (irin^ipieQe Jllärung bief er Segriffe t)er}id^tet, ^aben feine Srörterungen l^äufig
ben S^ralter bed ß^f^^B^ u^^ 6flettifc|en. älber gerabe J^ierburd^, ba^ ber Sombarbe
feiner ber bor^anbenen Sd^ulen bie $alme reid^t, tourbe fein 2BerI für alle brauchbar.
9lu(^ bem Sinflu^ ber 3)iale{til l^at ftc^ ber @entenjenmeifter nid^t en^iel^en tonnen. Xro|
ber SSertoerfung ber hochmütigen ^ialettiter unb ber ratio, befolgt er bod^ felbft oft i^re 15
SRetbobe. 3)ad fü^rt un^ auf bie 3Retl^obe be^ Sombarben. @ein Slbfel^en ift barauf
oericptet bie veritas catholica barjulegen. ^iefe toirb bargeboten \)on ben fird^Iid^en
SCutoritäten, ber 1^1. @d^rift, ben ^ir(|enk)ätern unb ben gelegentlich ertoä^nten alten
Symbolen (I dist. 4,1 9{icänum; I dist. 11, 5: Athanasius in symbolo; ib. 2:
bie concilia principalia mit i^ren Symbolen), ^er @ang ber Srörterung ift in ber 20
Siegel folgenber. 2)a^ ^Problem toirb in tl^etifd^er ober in grageform aufgeftellt. 35ie
Probleme erfd^einen getoöl^nlid^ aU gegebene (quaeri solet). @$ toirb eine Söfung
geboten geh)5l(^nlid^ burc^ eine ober mehrere patriftifd^e ©teilen, ^ann tonnen älutori»
taten angeführt toerben, bie fd^einbar gegen jene Söfung ft)red^en. tiefer 2Biberft)rud^
tDtrb trgenbtoie fortinter))rettert gemä^ ber Sorfd^rift älbölarbd: facilis autem plerumque 35
controversiarum solutio reperietur, si eadem verba in diversis significationi-
bus a diversis auctoritatibus posita defendere poterimus (Sic et non, prolog.).
SBenn bie« 5!Rittel nid^t öerfängt, fo toirb — abermals Sbölarb folgenb — bie 6nt*
fc^eibung nad^ bem ©etoic^t ber älutoritöt getroffen, toobei bie SibelfteQen unfehlbar fmb,
unter ben SSötem aber Sluguftin ))rät)aliert. Sei 3lblel^nungen toaltet ftetd bie größte 80
Sd^onung ob. 3)ad jtoeite SRittel um bie 3)idtuffton in ^lu| ju bringen ift bie äBieber^
gäbe ber Slnfd^auungen ber ß^fß^^fl^n (aliqui, quidam), bie burc^ älutoritöten geftü^t
ober betöm^ft toerben tonnen. Siie nun aber bie älutoritöten nicj^t too^l ol^ne bialettifcpe
jlunft miteinanber t)erföl^nt toerben tonnen, fo fd^iebt ftd^ in biefe Slu^nanberfe^ungen
mit ben 3^i*0^offen erft red^t bie ratio ein, ber Serfaffer folge nun frember Sogit (in 35
ber Segel ber i&ugo^), ober er bilbe felbft Argumente. 3m einzelnen ift bie Snorbnung
unb %)lge ber (SnttoidEelung nod^ nid^t fo feftgefugt loie bei ben fpäteren ©c^olaftilem.
2)er sBerfaffer betoegt ftc^ innerhalb bed getennjeid^neten @d^ema^ nod^ xdaüü) frei.
@d foQ alfo t)nn5i})iell nur bie autoritatit^e tird^lic^e SBa^l^eit au^efagt toerben.
^e ratio lommt babei nur atö Hilfsmittel in Setrad^t. Son einer inl^altlid^en Sin- 40
toiriung ber ratio auf ben @lauben toiQ ber Sombarbe nichts toiffen: illae enim et
huiusmodi argutiae in creaturis locum habent, sed fidei sacramentum a
phüosophicis argumentis est liberum. Unde Ambrosius: aufer argumenta,
ubi fides quaeritur, in ipsis gymnasiis suis iam dialectica taceat, piscatoribus
creditur, non dialecticis (III dist. 22, 1). Slber biefe älbfic^t toirb in anberem 45
^ufammenl^ng burc^ anbere @rtoägungen burc^treujt. 3^^ ^^^^^ ^^ Sombarbe, ba^
bie fides quae creditur ein ®laube fei, quia idem iubemur credere et unum
idemque est quod creditur a cunctis fidelibus (III dist. 23, 6). SSber bamit ift
teine^egS bad gefamte @ebiet beS ©laubenS auS ber Spl^äre ber SemunftertenntniS
entrüdEt, fonbem : quaedam fide creduntur quae inteUiguntur naturali ratione, 60
quaedam vero quae non inteUiguntur (ib. dist. 24, 3) ; in erfterem ^Q tritt burd^
ben ©lauben eine @rtoeiterung ber @rtenntntS ein (ipsa per fidem amplius intelligi).
S)cr natürlid^en Semunft ift nid^t nur baS ©afein ©otteS, fonbem in buntler 9Beife
felbft bie Irinität offenbar. 2lber ^icr mu^ Die Offenbarung ergänjenb eintreten: non
enim per creaturarum contemplationem sufficiens notitia trinitatis potest 55
haberi vel potuit sine doctrinae vel interioris inspirationis revelatione; unde
Uli antiqui philosophi quasi per umbram et de longinquo viderunt veritatem,
deficientes in contuitu trinitatis (I dist. 3, 6). Sluc^ bie Sd^ö^jfung ber SBclt burdjf
®ott ift, toie 2U 1 5lo 9 gefagt loirb, secundum philosophicas rationes ben Reiben
betannt (MSL 191 col. 1613); ebenfo baS 9!aturgefc^, qua (ber 9)tenfc^) inteUexU etea
636 SomiortaiS
sibi conscius est, quid sit bonum quidve malum (in Rom. 2, Mi 191, 1345). •—
3Ran lonn Don biefem @tanbt)unlt urteilen, ba^ er in nait)er SSeife bie f)Kttere fc^olqtifc^
Sluffaffung antici))iert. 3)ie i^eologie foE bie pofxüöt Jlird^enle^ borfleOen, ober bi^e
ftimmt gerabe in il^en ^^bamenten mit ben notürlid^en Semunftedenntniffen üBerein.
6 9(ber ber Sombarbe ift )u ber t)tin2i))iellen 5llar^eit ber ®päUxen auf biefem (Se&tet nid^t
borgefd^tten.
SSir muffen toeiter Don ber Einteilung ber Sentenjen l^bdn. ^m ^rolog ^ei^
ed: fidem nostram ad versus errores carnalium atque animalium hominum ...
munire ac . . . theologicarum inquisitionum abdita aperire, necnon et sacra-
10 mentorum ecclesiasticorum pro modulo intelligentiae nostrae notitiam tradere
studuimus. SSon ben res unb ben signa ift alfo jut reben (I dist. 1, 1. 2). Sber
eine Semertung )u Seginn beiS 3. Sud^eS (in onberen 3(u^aben am @nbe bed 2. 93u(^)
giebt eine anbere (Sinteuung an ober fl^ejioliftert jene erfte : 9lac^bem im 1. 93u(^ de in-
explicabili mysterio summae trinitatis, unb im 2. Suc^ conditionis rerum ordo
16 hominisque lapsus bel^nbelt ift, foQ toeiter de eius reparatione per gratiam me-
diatoris de! et hominis praestita, atque humanae redemptionis sacramentis qui-
bus contritiones hominis alligantur ac vulnera peccatorum curantor, ger^
tDerben, ut Samaritanus ad vulneratum medicus ad infirmum, gratia ad miserum
accedat. hierauf toirb ju beginn bed 4. Suc^ed toieber Sejug genommen. Dist. 43—50
30 bed 4. äSud^ed gej^ft bann mit einem ,,postremo'' )u ben legten S)ingen über. 2)iefe
Einteilung ift im ganzen toie im eimelnen bdllig berfd^ieben bon ber bon XugufHn in
bem Enchiridion befolgten (©laube, Hoffnung, Siebe). 9n^er fie betft fic^ aud^ nid^t mit
ber in 3(bälarb$ @(^ule übli^en (@laube, @atramente, Siebe). 9lud^ $ugo lann nic^
bie SSorlage bed Sombarben geioefen fein. Sagegen ift ®anbul))^ Einteilung mit
26 ber be« Sombarben ibentifc^ (f. SJenifle, »rc^ib I, 622). 3ft biefer t>tm 'Opm ah
gängig, fo toürbe bann biefdbe ^a^e in Se^ug auf ©anbul})^ erhoben toerben muffen.
iRixn ^at aber bem Sombarben eine lateinifd^e Überfdpng bon bed l^o^onned bon
Samadht^ SSerl de orthodoxa fide borgelegen. @te lann natürlid^ ebenfo bem
ettoa gletd^}eittgen ©anbul))]^ betannt getoefen fein, ^umal fte in $ifa entfionb. 3^^
80 SSerftänbnid mu^ man junäd^ft überlegen, 1. bag bte ^eit beS Sombarben eine SJtenge
fertiger $roblemgru^^en befag, 2. ba^ ber Einfluß augufttnifd^er Sentenzen unb®d)anlen
fel^r ftarl toar, 3. ba^ bie Saframent^lel^re burc^ bie bogmatifd^e Arbeit toie bad ftinben^
rec^t ftd^ ^n einem }ufammenl^ängenben ^om})le£ ^erau^ebilbet batte. ^rc^ btefe 3Ro*
mente mu|te ber ettoaige Einjlug bed Samafcenerd natürlid^ auf bie äußere Stet^fol^e
86 eingefd^räntt toerben. ^a^ aber für biefe ein fold^er Einfluß angenommen toerben mu^
lann m. E. nid^t geleugnet toerben. Einmal toeil ber $araQelidmu$ im ganjen )u auf^
fällig ift (\m 4. S3ud^ trat bie ©alrament^le^re cm bie ©teDe ber HR^fterien ta(b ber
lodEeren Sammlung öon ©nabcnmitteln bei bem Samafcener), bann aber toeil ber ®ang
ber Erörterung im 2. 93ud^ and) im einzelnen giemlid^ ^^^ übereinftimmt (Sd^fung,
40 bann En^el unb Teufel, bann bie 9!aturh)elt, bann ber ^enfd^, toobei ber freie SEBUIe ben
@d^lu^ btlbet, freilid^ ift aber aud^ ^u k)ergleid^en $uao Sent. II u. III). Ebenfo
ift bie 3ufa>nmenorbnung bon Sahamenten unb E^atologie im 4. Sud^, bie bem Som^
barben \)on feinen fonftigen Slutoritäten $ugo ober Slbölarb nid^t an bie ^onb gegeben
tourbe, bei bem Samafcener Dorgebilbet. $ie älbl^ängigleit ift aber, toie gefagt, rein
46 formal (f. ©eeberg, 35ogmengefd^id^te IT, 47, fotoie ^arbenl^etoer, ^trologie* ©. 515).
Siefe Einteilung bot aber im ganzen bie üJlöglid^Ieit ben bogmatifd(|en ©^onlenftoff in
fad^gemöftcr ?lei^enfolge bar}ulegen. ^m einzelnen aQerbing^ ift bie ätnorbnung oft rec^t
ungcfd^idft. SSor allem fei öertoiefen auf bie ©teDung, bie ©laube, Hoffnung, Siebe, bi«
antiten 5tarbinaltugenben, bie fteben ®aben be^ 1^1. ©eifte^, bie ^age noc^ bem ^'
60 fammenl^ang ber 2:ugenbcn, fotoie eine Erflärung ber jel^n ©ebote erl^ten ^aben, nämfuj
afeabfc^lufe ber E^riftologic (III dist. 23— 40), in anfnüjjfung an biegrage, ob E^riflu«
©laube, Hoffnung unb Siebe gel^abt l^abe. §ierburd^ tourbe biefe ©teile ber foleratc
?Pla$ jur S3e^anblung ber et^ifd^en Probleme bei ben ft)äteren ©c^olaftilcm. — 35ft
Steigung ^aarf^^altenben unb nid^tigen ^agen nad^jugel^en, ^at ber Somborbe im ganzen
66 toiberftanben. 35ie ©d^ultrabition nötigte i^n freilid^ berartige^ mitunter auhune^^en,
fo j. 33. in ber Engellel^re, aber im ganjen ift er ^ier el^er rebujierenb ob fortibäbenb
vorgegangen.
^ie Einteilung in k)ier 93üd^er rül^rt bon bem Sombarben felbft 1^. ^inftd^tT^
ber burd^ bie ^anbfd^hften unb Stu^aben bezeugten Einteilung ber Süid^er in ^iftinbionen
60 — ©onabentura j. 33. fannte unb bejfolgte fie fd^on — - toirb bie3 ju bemeinen fein. 3)ff
SomBorbttd 637
$rolo0 fd^lie^t mit ben SBorten : ut autem quod quaeritur f acUius occurrat, titulos
quibuB siiijgulorum librörum capitula distinguuntur praemisimus. ^orau^ folgt
1. bafe ber Serfafler fclbft bie SJiftinhioncneinteilung nicbt fonnte, fonbem nai) Äat>itcln
emteUte, 2. ba^ biefe (Sintetlung bor ben einzelnen Supern ftanb, ^ier ^abm fte aud^
bie ^anbjd&riften, bgl. bie oben S. 634, 2b, angefülSirte ©teile be^ Cod. Trec. ; 3. ba^ 6
bie fonftigen Überfd^riften, 9lanbnoten k. in ben Slu^aben ft)äteren Urf^rungd finb. Sie
neue Intif(^ 3(u^abe ber ^an^idlaner in ben SSerlen Sonabenturad giebt and) hierin
bo^ UrJ^jribtgKd^e toieber (bgl. bie 33emerfungen vol. I, p. LXXXIII).
Sie Sentenzen ftnb unjö^ligemol gebrudt tDorben unb ftnb in fel^r bielen ^anb^
fd^ften erhoben (einiget äBtc^tige f. in ber 93onabenturaau^abe I p. LXXXVIII, baju lo
JI p. XII). (Sine fritifd^e Slu^^abe mit t)ielfac^ berbeffertem Xcjct, mtifd^em 9l))parat unb
Xngobe ber benü^ten SSäterfteQen l^aben bie ^ron^i^Ianer in ber 3(u^abe be^ ©entenjem
toerfe^ Sonabenturad geliefert vol. I— IV Quaracchi 1882 ff.
SBir loffen l^ierauf eine ^n^alt^ngabe be^ SBerted folgen, toobei auf bie bogmatifd^en
^au))tanfd^auungen ©etoid^t gelegt toerben foQ. — 2im edten Sud^e berfä^rt ber £om« i6
borbe bei ben SSetoeifen fürd Safein ©otted bortoiegenb lo^mologifc^ (dist. 3). — %ik
bieXrinitöt beruft er fic^ (ebenba) auf bie feit äluguftin ^ergebrad^ten älnalogien, leugnet
i^odf, ba^ au0 ben le^teren eine eigentlid^e Srlenntni^ ber erfteren getoonnen toerben lönne,
o^e bie ))ofttibe Offenbarung unb ben ©lauben, unb ^ebt ^erbor, ba^ eigentlid^ aQe
menf(^li(^ Bpxad)^ unb Sen!formen nid^t baju ankreideten ben breietnigen ®ott nac^ ao
feinem SBefen ju beftimmen (toegen ber supereminentia divinitatis, bie usitati doquii
jfacultatem excedit, dist. 23, 4 u. 7 ; dist. 2, 1 ; dist. 8, 7 u. 8). ^eterobps ift feine
eigentlicbe Irinitätgle^e in feinem 5ßunlte. S^^^iw^ *><>« %^^^ (t 1202, f. Senile, SlSil®
I, 136 ffO M }^A^ i^ ^^^^ f^^^ Sd^riften be^au))tet, ber Sombarbe ^abe bie S^rinitöt
in eine Duoternitöt bertoanbelt, unb biefer SSortuurf tourbe auf bem Sateranlonjil bom 36
Sa^e 1215 ge))rüft. Serfelbe bejog ftd^ barauf, ba^ Sentent. I, dist. 5 geleiert toirb,
^ater, @o^n unb ©eift feien summa quaedam res, unb biefe summa res fei toeber
jMeugenb, nod^ g^i^gt, noc^ procedens. Ser Sombarbe unterfc^eibet ndmlid^ bie göttliche
äBefen^eit bon ben brei $erfonen, er!lärt jebod^ ald Sieolift and) bie biefen ^emeinfame
SB^enl^eit für real, für eine Subftanj. Siefe ^atte nun ^oad^int )u ben bret $erfonen so
obbtert. 2inbeffen ^[nnocenj III. unb \>a& ilonjU fanben mit Stec^tienen ©o^ k)ollIommen
mrt^obo; unb Derbammten nic^t ii;n, fonbem bie entgegengefe^te SKeinung be^ älnlläger^
(togl. ßefele, ßonciliengefd^., V«, 880 f.; ©eebera, S® II, 91 f.). — Suc^ bie ailgegen«
toart ®otted be^eid^net $eter ald unbegreiflich, fa^t fte übrigen^ fo, ba^ er fagt, aued fei
in ®ott, unb ®ott fei, obgleid^ unberänberlid^, ftetd in fid^ bleibenb : in omni creatura 86
essentialiter, praesentialiter et potentialiter, unb an jebem Ort, ieboc^ burc^KUid nid^t
t¨i(^ (localis non est), toeber fo, toie ein corpus circumscriptibile, b^ ank^
gebe^nt ifi unb sui interpositione facit distantiam circumstantium, nod^ toie bie
gefd^ffenen ®eifter, toeld^e gtoar nic^t au^ebel^nt ftnb (dimensionem non habent),
aber bo<^ definitione loci terminantur (in bem ©inne an einen beftimmten Ort gebum «o
ben ftnb, ba^ fte, toenn irgenbtDO gang gegentoärtig, anber^too eben nic^t jßnb, dist. 37).—
3)ad äSerJ^öltnid jtoifd^en ber ^räjcienj ®otted unb bem ®efc^e^en ber Singe fa^t er —
abgefel^en bon ben %Wim, Wo ed ftd^ um bad bon ®ott felbft ju SSetoirtenbe l^belt —
fo, ba^ er toeber bad ®efd^e^enbe ald ben eigentlichen ®runb ber ^räfctenj, noc^ bie
ledere al^ ben eigentlid^en ®runb bed @efc^el^enben betrachtet, bielmelj^r beibed lebiglic^ 45
ald bie causa sine qua non bed anberen (toir toürben fagen bie condicio s. qu. n.,
dist. 38). Sie ^röbeftination ift al^ divina electio gratiae praeparatio, bie 91e))ro«
bation ift praescientia iniquitatis quorundam et praeparatio damnationis eorun-
dem. Sie ^räbeftination ift eigentlich praescientia et praeparatio beneficiorum
deiy bur^ bie toir iustificamur (dist. 40). @in ber ©nobe borangelj^enbed mentum so
giebt ed nici^t, aud^ nic^t in bem ©inn, ba^ man ftd^ bie 9{id^tberh)erfung berbienen tonne
(dist. 41). Sie älQmad^t ©otte^ befte^t barin, quod omnia facit quae vult et nihil
omnino patitur (dist. 42). — (Snblid^ fei ^ier noc^ ertoä^nt bie Unterfd^eibung be«
ein^tlid^en eigentlid^en SSiQen^ ©otted ober be^ 2BiQen^ ©otted an ftd^ (beneplacitum
dei sive dispositio ; voluntatis dei causa nuUa est), ber ftet^ ^^l^atfad^e toirb, unb bed 65
bielföltigen uneigentlid^en SBiQend ©otted ober ber bloßen Sßillenderfd^einungen, toelc^e
(dist. 45) fu^ im ©ebieten, SSerbieten, Siaten, äBirlen unb gulaffen barfteUen (signa
benepladti ober voluntatis), benen aber leinedtoeg^ bie X^atfac^en immer entf^re^en
(praeoepit enim Abrahae immolare filium, nee tamen voluit). Sluf ben erfteren
bS^ie^ ^ Oixd) bie bad 95f€ betreffenben ©ö^e (dist. 46, 15) : deum non velle er
638 Somiarbitd
mala fieri nee tarnen velle non fieri, neque nolle fieri. Omne ergo quod vnlt
fieri fit et onrne quod vult non fieri non fit. Fiunt autem multa quae non
vult fieri, ut omnia mala. — JJm atoeitm Suc^e ift Don bcr ©d^öj>funa bie Siebe
unter etnge^enbet Slu^Iegung bed btblifcpen Sd^ö^fungeberid^teS unb genauer Se^onblung
5 ber SngeUei^e. Überall mirb $ugo^ Se|re reprobiuiert. ^er Sombt^be fa^t bie imago
unb bie similitudo, ^u benen ber SRenfd^ gefd^a^en fet, al^ ettDad SSerfd^iebened, ent«
fc^etbet ftd^ aber nic^t au^brüdEKc^ für eine ber brei mögtid^en ^{fungen biefed ©egens
ja^e^, bie er anfül^rt (dist. 16). — 3)ie trabucianifd^c Stnjic^t bon ber Sntßd^ung bor
mbiDibueDen 5!Renfd^enfeelen öertoirft er (dist. 31). — 3)en SBiDen (liberum arbitrium)
10 nennt er frei (dist. 2b, 5), infofem er sine coaetione et necessitate valet appetere
vel eligere quod ex ratione decreverit. ®en ©a^ (Slbälarb^), bafe ber morolif^fc
ß^arafter ber §anblungen einjig öon ber Intention be« SEBiUen^ oblonge, erllart er für
falfd^ (dist. 40, 3 ; 36, 10). — Som Urftanbe toirb gelehrt (dist. 24), bofe ber SKenfd^,
um fortfd^retten, getftlid^ leben unb bad etoige Seben erlangen ju lönnen, fd^on bor bm
15 @ünbenfaQ au^er ber gratia creationis (bie il^n nur in ben @tanb fe^te, resistere
malo, sed non perficere bonum) nod^ etneiS anberen gratiae adiutorium beburfte.
Surd^ ben Sünbenfaü l^abe er bann aber nid^t nur biefeiS ©nabengut Derloren, fonbem
aud^ eine vulneratio (freilid^ leine privatio) feiner naturalia bona erlitten; burd^ bie
@ünbe ift bad liberum arbitrium imminutum yel comiptum (dist. 25, 8. 15).
20 S)ie @rbfünbe ift bie S3efc^affen^eit, bie burc^ ^bam auf aQe ^enfd^en überging (d& auf
bie per eins carnem vitiatam coneupiscentialiter generatos (dist. 30, 4). @ie
toirb burc^ bad %lÄ\d) fortge)}fIan3t unb gel^t Don biefem auf bie @ede über, l^^re 11^
fad^e ift pollutio quaedam quam ex fervore coitus parentum et concupiscentia
libidinosa contrahit caro, cum coneipitur (dist. 31, 6). 93on Selong ift no<^ bie
25 ftarle 93etonung bed fd^ulb^ften S^aralterd ber ßrbfünbe: peccatum originale culpa
est quam omnes coneupiscentialiter concepti trahunt (dist. 30, 6). 93eranla|t
ift biefer@a( burd^ bie ^erbammung bed abölarbifc^en @a^e^: quod non contraximns
ex Adam culpam, sed poenam, }u @en$ 1141. ^ter muffen tnir noc^ auf bie
©ä^e be« Sombarben über bie ®nabe eingel^en, toeil biefelben für bie golgejeit Don SSe*
80 (ang getoorben ftnb, unb er l^ier relatiD felbftftänbig arbeitet. Sie gratia operans : prae-
parat voluntatem, ut velit bonum, bte gratia cooperans: adiuvat, ne frustra
velit (dist. 26, 1). Salier: bona voluntas comitatur gratiam, non gratia volun-
tatem (ib. n. 3). 9Bag ift nun bie gratia operans? 6^ ift bcr ©laube mit ber SieBc
ate bie Don oben bem SQSiDen eingeflößte Äraft, bie ben SQSiUen bereitet jum ®uten (ib.
35 4. 5). Sie ®nabc ift eine ben SBiUen bcfreienbe unb l^eUcnbe virtus. Surd^ [xt toirb
bcr SSSiße befäl^igt gute unb Derbicnftlid^e 3BerIc ^u tl^un. 3" ^'^^^ toirten alfo bie
®nabe al^ übernatürliche Äraft unb ber SBUIe ftct« jujammen, aber fo, ba^ erfierer ber
SSorrang gebül^rt. (Merita) quae cum ex sola gratia esse dicantur, non excluditnr
liberum arbitrium, quia nuUum meritum est in homine quod non sit per
40 Uberum arbitrium ; sed in bonis merendis causae principalitas gratiae attri-
buitur, quia principalis causa bonorum meritorum est ipsa gratia, qua exci-
tatur liberum arbitrium et sanatur atque iuvatur voluntas hominis, ut sit
bona (dist. 27, 4 al. 7). ©o entfielen ex fidei virtute et hominis arbitrio ober
ex caritate et libero arlJitrio bie DerbienftlidSfcn Sllte be^ ®Iauben^ unb Siebente, bie
46fonad^ folDol^I unfere merita afö dona dei finb(ib. n. 5al. 8). 3n biefem 3ufammen^8
begreift fid^ aud^ bie bcm Sombarben eigentümlid^e änfid^t, bafe ber ^eil. ®eift bie bie
©eele informierenbe göttlid^fc Siebe^fraft fei: quia Caritas est spiritus sanctus, quae
animi qualitates informat et sanctificat, ut eis anima informetur et sanctifi-
cetur, sine qua animae qualitas non dicitur virtus, quia non valet sanare
fioanimam (ib. n. 6 al. 9). äSgl. l^ierju I, dist. 17, 2: quod ipse idem spiritus sanc-
tus est amor sive Caritas, qua nos diligimus deum et proximum; ib. n. 18:
Caritas ergo spiritus sanctus est qui deus est et donum dei sive datum ; dist
18, 4; III dist. 4, 1. — 2)a« britte »ud^ bc^anbelt bie S^riftologie. 6« inerben bie
ortF^obojen gormeln reprobujiert, nic^t o^ne (Sinn)irlung abälarbifd^er 3been. S)er £ogo^
55 nal^m bie un^erfönlid^e ^^{enfd^cnnatur an. ^ie Sogo^perfon ift una eademque immu-
tata, aber bie SWenfd^toerbung Irirb burd^ bie fjormel au^gebrücft: quia est habens
hominem (dist. 5, 3 -6,6; 7,10). §ier nun finb l^erDorju^eben bie©ä$e, tnelc^ ben 2.
in ben äSerbad^t bc^ ^i^itiani^ntu^ gcbrad^t l^aben. @d brängte ftd^ i^m nömlid^ bei ber
(SntlridEIung ber Seigre Don ber 5ßerfon ßl^rifti bie ^Jrage auf (dist. 6), ob mit ©ä^entoie
OD „®ott ift 3Rm]6f getoorben'' ober „®otteiS ©o^n ift be^ 3Ren|d^en ©o^n getoorben" unb
Somimrbttd 639
,,bcr aJlenfd^ ifk ®ott, be« 3Rcn\6)m ©oJ^n ift ®otte8 ©o^n gctoorbcn" gefagt tocrbc, ®ott
fei ettoag getoorben, toa« er frtil^cr nic^t getocfcn. darüber, bcmerft er nun, gebe e^ ber-
fc^ebene ÜRetnungen. ß^^^^f^ nel^me man enttpeber toirüic^ an, ba^ ®ott ettoa^ tDurbe,
toaS er guloor nid^t toar, unb ber SRenfd^ ütoa^, \t>a^ er in'öox nid^t tt>ar (gemeint fc^etnt
bie 3(nfid^t $ugoiS gu fein). Ober man nel^me an, bie 3Renfci^h)erbung ^abe nur bad mit 5
ju^ gefü^, ba| bie }ut)or einfädle $er(on nun eine (au^ ber göttlid^en unb menfd^Iid^en
Statur) jufammengefe^te tvurbe (ba^ ift ^üoa bie älnf^auung bed 3)amafcener^, de fide
orth. III, 7, ber au^brütflid^ herangezogen toirb; toeld^e SSertreter l^ier gemeint finb, ift
nid^t ftd^er. go^ann ö. Somiran Dertoeift auf ®ilbert, MSL 199, 1050 f.). ©r felbft
^t nun gegen bie erfte Slnftd^t ba$ 93ebenlen, ü^r }ufo(ge fei ®ott nac^ ber ^Inlamation 10
ettuad, \oai er nic^t immer tt>ar (dist. 7, 1), ed h)erbe alfo t)on ®ott eine reale SSerän«
bcrung auögefagt. ®egen bie jtoeite aber, meint er, lönne unter anberen ba^ Sebenfen
obtoalten, bafe ber ©ol^n ®otte^, ber nac^ ber g^Iontation nur ein Seil ber einen 35er(on
(Sl^rifti fein foQe, t)or älnnal^me ber J!ned^t^eftalt unboQftönbig getoefen unb burcp bad
^injutreten ber 3Jienfd^l^eit getpad^fen fein mü^te (dist. 7, 9). Q9 fei nun aber britteniS 16
bte ©adjie fo angefe^en toorben (dist. 6, 6; dist. 7, 10), ba| bei ber ^ntamation toeber
bie göttlid^e ©ubftan^ ju einer menfd^Iid(>en getporben, nod^ ein aud beiben Derfd^iebenen
Staturen jufammengefe^te^ Sßefen entftanben, ja nid^t einmal homo aliquis getporben
fei, bidmel^r ber Sogo^ mit Seib unb ©eele aU mit einem ®eh)anbe belleibet tpurbe (illis
duobus velut indumento verbum dei vestiretur), unb jh)ar gu bem ^to^it, um ao
ben 9(ugen ber ©terbtid^en auf geeignete SBeife gu erfd^etnen, fo ba^ bie ^erfon bed Sogo^
toefentli^ un)?eränbert blieb unb nur ber Srfd^einung nac^ (secundum habitum) 3J2enfd^
tpurbe, bie 3Renfd^tDerbung mitl^in nur ein accidens ober accedens toar. ^a^ ift aber
bie Slnfid^t älbälarb^. $ofttiP fpric^t fu^ ber Sombarbe nid^t gerabe für biefe britte äln»
ftc^t au^. älber ba er gegen bie beiben erften ®rünbe anführt, bie Pon felbft auf bie 25
brUte füllen, unb gegen bie le^tere nic^t^ bemertt, fd^ien er boc^ eben biefe m bek)or3ugen.
@d ift ba^er begreiflich, ba^ er toegen $erabfe|ung ber 93ebeutung ber uflenfd^toerbung
beliefert tourbe. älber formell ^at nod^ me^r, atö bie mitgeteilten ©ö|e, ben SSortourf
bed „StiJ^lianidmu^'' feine angeblid^e ^el^anblung ber ^^age Peranla^t (dist. 10), ob
(S^ftud ald SRenfd^ eine $erfon ober ettoad fei. ^ie einen bejahen biefe ^^age, bad so
fü^rt ju ©d(|h)ierigteiten, ba^er Gemeinen anbere fie (quidam dicunt, Christum secun-
dum hominem non esse personam nee aliquid, nisi forte „secundum'' sit ex-
pressivum unitatis personae). ^ad le^tere ift eine ber abölarbifd^en ©d^ule eigene
tümli(^e 3Reinung, g. 93. Slolanb, Sentent. ed. ®ietl p. 179: cum secundum quod
homo non sit persona et, ut verius loquamur nee mentiamur, nee aliquid. 35
®egen bie erfte 3(uffaffung, ba^ S^riftu^ al^ ^enfd^ substantia rationalis, alfo per-
sona fei, fagt er, ba^ biefe Folgerung falfd^ fei: nam et modo anima Christi est
substantia rationalis, non tamen persona, quia non est per se sonans, imo
alii rei coniuncta. älber aud^ ber ®runb, ben man für bie erfte Slnna^me anfül^rt,
(Sl^tu^ fei al$ 3Jtenfd^ gum ©ol^n ®otte^ t)rdbeftiniert, giel^t nid^t. S^riftud ift, tooju er 40
tnräbeftiniert tourbe, nämlid^ ©ol^n ®otte^, sed secundum hominem praedestinatus
est, ut sit filius dei, quia per gratiam hoc habet secundum hominem. „Se-
cundum'' barf nun nid^t taufal gefaxt toerben, atö ob S^riftu^ burd^ feine SRenfc^^eit
®ott tourbe, tpo^l aber al^ unitatis personae expressivum, fo ba^ ber ©inn ift:
ipse qui est homo est filius dei ; ut autem ipse ens homo sit filius dei per 46
gratiam habet. 3)ie erfte äluffaffung toirb beutlic^ jurüdEgebiefen. älber auc^ bie gtoeite
toirb nid^t acceptiert, aber and^ ni^t bcfonberd tptberlegt. ^terau^ begreift ftc^ ba^ 3R\i^
Detjiänbni^, afö toenn ber Sombarbe il^r juftimmte. aber jene Il^efe lautete: Gl^riftu^ ift
cü ÜRenfd^ überl^aupt nid^t^, fall^ man nid^t bei bem 3ludbrudE „atö 3Jienfd^'' bie ferfo«
tiale @in^eit mitbenit, ber Sombarbe bagegen fagt: al^ Wenfc^ ift S^riftud Permöge ber so
^täbeftination ®otte« ©o^n, nic^t ate Ipenn feine SKenfd^^eit bie^ begrünbe, fonbem fo«
fem mit i^r bie ^ßerfonein^eit mitgebac^t Ipirb. 35a^ l^ei^t alfo nid^t: atö 9)lenfc^ ift er
ntdf^td, fonbem: aU ®ott lann biefe^ 3)lenfc^enlpefen nur gebac^t tperben, fofem bie gott«
menfc^lid^e ^erfonalität in i^m angefe^t tpirb. 3Ran mu^ bead^ten, ba^ ber Sombarbe
ia gerabe bad SKotiP ber jlpeiten änfd^auung — ber SKenfcb G^riftu^ muffe, tpenn ate 65
,,ettpa3", fo ate ^erfon gebadjft Iperben — abgelehnt l^at. 35a bie ©ntfdjfeibung fel^lt —
bad ift nid^t feiten bei bem Sombarben — fann man nur au^ bem g^f^'^^^'^^^fl
©^lüffe jieben. 3)iefer ^eigt aber, bag ber Sombarbe bie betr. Slnftd^t ni^t Pertritt. @r
1^ alfo nicpt geleugnet, Da| ß^rifti 5D{enfc^l^eit „ettpaö" tpar. Sefetere« Iparfen il;m ben»
noc^ u. 0. ^o^n Pon Somtpall (f. MSL 199, 1043 ff.) unb SBalt^er bon ©t $i{tor eo
H40
oor q". MSL i;>0, :120t., 3a;u Blomf in Den Ib2öi. I's-U. IV). ibet amb Äni=
;;tlien befoBten iub mit ^ieiet JCnfLi^e, *iuxiäcfo't ^oe ;u Zsuxä (Snüe Xml 1 1»>3 wuis
menqetretene, rseldiee ;e£od}, Die es f'dietnt, feine Snnd)e:cixn^ ^. iRadsCesi ia:^ddKn
Üleranter IIL. 3er ild IRcu^ifter ftclunfi T'eibit ^tefe JDtemunij oerrrtnm bot» tt. 3. rySd,^;),
sin '^mei Sdiresben an Den \Xr^bnd)of iL^ilbeim acn rens ill7*> u. II 77; tcnnccb Cen
'JStbilianifimuö 3em ;:ombaiDen imcuhen unfi als prara doctrina be^difinet botxe (Char-
tul. univ.'Pana. L ^. i', ^'udste oeneibe Ga&n II71> auf cer :^ateianmiio^ eine renn-
[icbe jlercammunq :;eeteiben berbeT;umbi:en. \id nt ober ^ einer fcbbes nicbt jetom:
men f. öuldus IL 4<j:]T: .ijefele, fiondlienc^efcb. \r-, 2. »516 tf. 719 f.; 5leuxcr, 0^
10 fcbtcbte JUeionDers III., St III, 7ijo ff. unc t^efcb. Der reüg. äüiflLmmg im iKzttcIaUa,
II, 3 :M2 2Cnin. ^: aqL lesccb 3- 8*"^' Xot^men^dcb. 5cs üRiarfaltetd, II. 2. 73*jf.>.—
Xie jtnflai^e auf Jleftorianiemud, Die (^erboii d. rReicbersber^ tmber Die Sbriftclcisie feiner
3eit ricbtete i9<ub, X(b Des 'JR% n, ■V.^^'j.), t^bm jtcfa oucb miber ten ^cmbattat —
^n Der xrebre som Berf (Ibrini hat Der ^omborce ebenfo Den Anregungen Wbcdatt^ ^Jclge
u» v^eleiftet, als Die übücfaen Hcbemota ^u DencenDen nernubL Sbrijtus ocrbtcnte fidf bu^
fein frommes ii:eben Die £erberrltd)ung, fein 7jD oerDiem unä Den 3uä<^ W^ iBaroMck,
Die Srlüiung son Der 2ünDe unD tbrer Strafe unfi Dem xeufeL Christas homo suf-
ficiens et perfecta foit hostia mxmiicb ;ur reconciliatLo (dist. 13, 5). Sied gefdKib
aber DaDurcb, DaB Der Zots (Sbnfti uns (.Lottes iidit offenbarte. Mors ergo Christi
30 nos iustificat, dum per eam Caritas excitatur in cordibus nostris. So k>cn ba
SünDe befreit, toerDen icir ouds oom Xeufel freL Zocb üt an^ererfeitä ouc^ Gbiiftt Jtreu;
iDiaufefade mr Den Teufel, unD f'ein 9tut JtoDer jetoejcn (dist. 19, I>, @ott mu^ SRm\df
merDen, um Den Teufel übertoincen ^u töraien üb. n. 2). Seiter exicft Sbnfhid i?on ba
en)i^en Strafe relaxando debitum tn. 3), ober oucb oon Der ^eitlid^ Strafe, todift
35 in Der Xoufe erlaiien unD Durcb Die SuBe geminDert tourDe, non enim sufficeret ilk
poena qua poenirentes lij^t ecciesia, aisi poena Christi cooperatur qui pro
nobis aolvit «n. ^). iUarbeit über Den 3ui«zinmenbang Der i^ebre tft ntc^t gettonncn.
Xie abdlarDifd^e ,'>Dee icbCöi^ Durcb — Snielm tommx xddft m Setroc^t — . aba aud^
bie objeftiöen (rrlofuni^s^eDanfen fcQen tonfermert toerDen. — S^on ber 23. StfUnttion
ao an mirD eine jln.^bl etbiicber ivrogen erörten ; es vü üerfebrt Diefe @ebanten unter ben
rT^embtst)untt Der .iQeilsaneii^nun^ *,u fteUen, toie ^ S. 'Jlc^fc^ in ber 2. Xufloge btcjce
iVJerfe^ e^ tbut 5cfem Dcn einer loUben Die iReDe fein foitn, toirb fie in ber Soha«
mentefebre c^eboten. Xer icmbarDe bonDeli ücn Qtoufce, Hoffnung unb Siebe unter bem
f>^efi(btstuni!t, ob Gbnftus jie ^ebabt bobe. (ir folgt SlboIorD, inbem er an bie äiebe bie
36t)ier .HarDinaltugenDen anfcb(ieBt (dist. 3:3), unD .^gugo, inbem er bie jteben @eiftgaben
a(s 2ugenben bebancelt ittud) ne bot Gbriftus nacb ^ef U befeffen. j^abei toerben be^
fonber«^ Die oerfcbieDenen 2lr:en Der Sü^cbt erörtert, um ju geigen, toie bie ^rc^t, bie b«^
nacb 3^cba in Der 3^*'"^^ aufboren loll, fortbefteben fann (dist. 34); femer toitb bei
Unterfcbieb oon ^apientia unD scientia eingebenD be^belt (dist. 35). Xie Zugenben
40 finb miteinanber tonner als ein tugenbbafter :^abttus. äSenn ober ber eine tugenbl^fte
jnenfd? beionbere XugenDen bem anDeren gegenüber $u befi^en fc^eint, fo k>exfte^t fü^ bie«
nid^t au^ einer Xifferen-^ Des ^Qobitu^, fonbem Der Sitte. Propter differentiam actuum
ipsa» vi rt Utes ma^ps vel minus habere dicitur. Potest et aliquam non habere,
cMTfi tamf;n simul omnes et pariter habeat quantum ad mentis habitum vd
46 ^««sf^ntiain cuiusque; in actu vero aüam magis et aliam minus habet, aliam
f;tiam n^n hat>et, ut vir iustus utens eoniugio non habet continentiam in
ficXu, ({iiam tarnen habet in habitu (dist. 3*3, 2). 9Ule Tugenben fmb {ufammen^
gefaxt in ber ^icbe. Xtefe ift (SrfüUung i>ca Cäefe^es. Xas fü^t toeiter ju einer &►
tldning Der ;^ehn ^i^ebote, toobei ber ^ombarbe toieber befonbcri^ ^ugo folgt. Xabei toii^
KO eingef^enbet gerebct bon ber iTüge (dist. 38) unb bom ÜReineib (dist. 39), 33ei bem Setbot
be^ Zui}Uni tommt auc^ bas ^i^^berbot ^ur Zpxad^t, Tl\t äluguftin unb ^ieronl^mu^
toctben bie u.Hurac bertoorfen, est enim usura, ut ait Augustinus, cum quis plus
<!xi^it in [X!cunia vel qualibet re quam acceperit (dist. 37, 3). So toerben in
biefem ^/tbf^^nitt bie toefentlic^ften etbifc^cn ißrobleme erörtert ; bie Segrenjung bed Stoffel
tA t[t für bie Sc^olaftit ma^ebenb getoorben.
Xas bicrte )Buc^ ^anbett bon ben Salramenten. älud^ ^ier ift ber i^ombarbe ni(^t
ate felbftftänbiger Xenter aufgetreten, bon fo großer Sebeutung feine Sel^ für bie (yoI^^
))eit getoorben ift. (£r folgt ^ugo unb @ratian^ Xelretum. 3lber bon Sebeutung loar
e« 1. ba^ er als erfter, fo biel toir toiffen (@anbul))^'0 \^ox^ unb beutlic^ fteben @a<
vo tramentc abgrenjte (f. Seeberg, X& II, ü3), 2. ba| er bie bogmatifcf^en fragen für
CoDibaTtinfi
641
bie ein^elnfn Satratitcnte ^erfleßle, freilief) ab^ängid Hon feinen SiorgünfieTii, 3. bag
et ben liti^ciiiKfeUii^en Stoff ber bDflniatiJt^cu i;e^re einfügte (jo auä} ®anbulv&, 53c=
nifle 2Ir[^. I, 622). — 5)iE ©aframente finb S'''*"" "'i^' """^ significandi gratia,
sed etiam sanctificandi cinflcfe^t (dist. 4, 2). — ^utf^) bie laufe wirb bem
3)lenfi^en bie ßtbflinbe erlaffen, inbein bic GcnciUiifteiij gc(dStcäc()i unb bie Si^utb t
nufgefjoben mitb (II, diät. 32, 2). 2)1« JtonRrmation beirim donatio Spiritus sancti
ad robur (IV dist. 7, 1), ^ili baS 3lbenbma^l gilt bie conversio ber einen 6ub:^
flanj in bie anbete (dist. 10, 4), o^ne bag nähere eingaben gemad;) werben tonnen
(dist. II, 3). ICie f^mbolifctie ^uffafyung toiib abgelehnt, ebenfo ober bie 3)Ieinung
„einiget", bafe bie Stot; unb 9Beinfubftani erljalten bleibe (ib. i, fo lehrten einige Be- k
rengariani <. Seeberg, 23@ 11, 59 3Inni.). wegen unferet täglii^en @ltnben wirb G^ti^ä
tägli(^ in ber 3»effe geojjfert (dist, 12, 7). ^n ber Sufele^re Ejat ber üombatbc, atbolorb
folgenb, ben Umf^roung, ber fii^ in ber äSuftpTtinä DDÜjDgen tiatte, t^eoretifc^ ju red)t:
fettigen berfuc^t. ^ie ^u^e beftetit in ber contritio unb confessio, bie nii^t nur bor
®ott, fcmbem. Wo mi^glic^, aud) Bor bem ^riefter abzulegen ifl (dist. 17, 3, 4). ^n bie it
confessio [c^Iiegl |id) bie absolutio, @ptt loft unb ber !ßriefter lüft, aber beibe allter
(dist. 18, 6). 2;iejprieftetU[|e Sofung fc^licfet Weiter in (idj bie Auflegung ber Satia=
fottion, refp. ü/xt (Erleichterung (dist. 18, 7). 5)ie Trennung ber Sufee in jWei SIEte
(ßontrition nebft Seidtte, unb ©atiöfattion) folgt Sllinlatb (Tilgung ber ewigen unb bet
jnttit^en ©träfe), bie Setbinbung oon Sei(tte unb utiefteitidiicr Slbjolution löft ein bei a
Stbälorb übrig gebliebene^ ^toblein (Wogu bie Ütc^Eictie 3lbf olution'O imlnfc^lug an^ugo.
^te le^te Ölung bient ad peccatorum remissionem et ad corporalis infirmitatiB
BÜevationem (dist. 23, 2). Iiie SJarftettung bet Drbination Wie ber ®^e bewegt ficft
in ben litdfenrei^tiictien ®eteifen. Iiie (iriefierti^e ©etDoIt (t^tiefet fi(^ an bie SaEiamente ;
consecrat enim et Banctificat (dist. 24, 9). — S""* ©t^'ufe loirb in lelatiß [elbft: 2t
Sänbiger 3Seife Con ben legten S^ingen gefproi^en. ßuetft bon bet 3Iuferfteljung, bont
Ittt unb ba (Seftalt ber (Srftanbenen, bon ben reoeptacula animaruin, bon ben suf-
fragia defunctorum, Uom 3t'ftanb ber Söfen nad) bem ^obe, bon @otteä @etc(^ligteit
unb 93arm^etäig!cit, femer »oin iüngflen ©eric^t, bet ®eftalt bcö SHic^lcrö, ben t}etf(l)iebenen
mansiones, bom Suf'ai'b bn Serbammtcn. ■■»
3)a« ift bet Wejentlidie ^n^iatt be« großen ^ßJerteS. Sr beftätigt bie 33emettungen,
bie hjit übet bie SJietljobe beö ßombarbcn gemactn Eiaben. (Sr irar ein fleißiger ©ammler
unb ein leibenfc^iaftälDler ^ornjittator, ein nücfitemer unb befc^eibcnet @ele(irter unb er bejag
ein et^eblid)eg formale^ Talent. 1ia,S befähigte i^n ein Seijtbui^ ju fc^affen, bai ^afyc=
bunberte übet ali flompenbium bram^bot biieb. (Serabe bafe i&m jebe ©put bon ®cnio= x
utät unb ftattei pertünlicliet übetjeugung abging, ermijglit^te bie 33orjitge, bie feinem Suc^
feine ©tellung alö einet Sibel neben bet JBtbel erwarben.
2;ro^ aller Siotfidjt unb Objeltibitöt ^at et boc^ 9fieinungen aufgefteHt, bie fpäteten
Seiten für irrig galten. aSon ben älnfecfetungen, bie feine Irinitätölebre unb ßljriftotogic
«fugten. War fcfion bie fflebe. Sluf bem Satetanfonjil bon 1179 foH, nac^ SSalt^et bon 41
Sl Biltot, bie 3tbfi[i&t beflanben ^aben, bie ©entenjen beä Sombarbcn ju bctbammen.
91Ö übet ein ftanji^fifc^er Sifc^of für feinen £e^ret einlteten WoDte, meinten bie fiatbinölc,
jie feien ju etnfteten jiingen jufammengetDmmen. Iiabei ^atlc ti fein SeWenbcn. ©eit ber
WlittebeS 13.3a^tt). (jabenbieMagistri Parisienses at^t ©ä|en beä Ißombatben nii^t golge
geleiftet ; ^onabentuta meint, fte [eien nic^t aufreiht ju erhallen, ne amore hominis veritati u
tiat praeiudicium. l^ä finb [olgenbe: 1. quod Caritas quae est amor dei et pro-
ximi noD est quid creatum, sed increatum, 2. quod haec nomina trinus et trini-
tas nou dtcunt positionem, sed privationem tantum, 3. quod in angelis beatis
praemium praecessit et meritum respectu substantialis preemii habet sub-
sequi, 4. quod nihil de cibis transit in veritatem humanae naturae oec per e*
generationem neo per nutritionem, ö. quod anima exuta a corpore est persona,
6. quod Christus fult homo in triduo, 7. quod baptismus loannis cum irapo-
sitione manuum aequipellebat baptismo Cbriati, ita quod baptizatus baptismate
loannis in fide trinitatis non erat rebaptiKandus, 8. quod deus potuit alii
dare (namlit^ bie potestas baptizandi interius) et quod creatura potuit susci- ^
pere, et similiter quod deus potest potestatem creandi communicare et
creare per creaturam tanquam per ministrum (Chartul. univ, Paris I, 220 f.;
Sonabentura in Sent. II dist. 41 art. 3 quaeat. 2 dub. 3 ; ebenfo in ber prae-
locut. jura 2. S9u(^). 3" ^'^1^" Sajen finl" \V^tn nod? Weitete getommen (f. (Char-
tul. I, 221, ainm. ju n. 194). ITtan bejeittincte fte alä in SUiberfpru^ pt bet oü» «
lbaI'«BC«t[ftpUic tfli Z»mUiI( UDt Sii4(. B. a. zi 41
642 2iitt(«rtaS 2^ »et kai ^Aricni
gemeinen ÜReinung ft^enb, f. $rotmd @. 108 ff. 2)ad ffcd cbn W aSiibmg bc9 9iu^
nu^t mifge^olten. &q(m Sloger Saco Ilagt {vm 1267) boxfiber, biÄ Ue Sorfcfungen
über bie Sentengen bie biblif^len SSorfefungen gam tn bm @<^en geftcDt Rotten (Char-
tul. univ. Paris. I, 473). Um 1286 betrug ber amtlich filterte $reid für cm Sroiu
6 )ßlax ber ©entengen 3 @oL (ib. I, 645). 9(uc^ noc^ ber äteformatiim fmb Stommemare
über bie Sentenjen beS Sotnborben t>erfa^ iDorben (bef. bon 2)mmmb£S 6«^ imb bem
9{id)erlanber Sfttud). £titl^ urteib üba bie Sentenaen: Rollen tmr ber Sötcr^yru^e
Dergleic^, fo la^ und Magister Sententianim für ne^en, ber ifl in bicfem SBoI
über bie Stoo^ fleißig unb und lange jubortommen. 2)enn berfelbe fyd atul^ \olSft
10 9{nfe(^tung bon ber Ungleid^^eit ber ^er gel^t unb fo(^ Soi^n ab^d^m imrflen.
Unb meined Seiend 1^ er ed beffer gemocht, beim tmrd ma^jNOt toüid)en. . . bie (Simdlia
unb SSoter j^onbeln etlid^e @tücle ber (^riftlic^en £e^, leiner aber banbeb fte oBe,
tane biefer 9)tann t^ut, ober iebo<^ bie metften. Sba bon ben reiften Sbttlebi aU Fi-
des et lustificatio rebet er }u bünne unb )u fc^toac^, ob er too^ bie ®nabe 0ottcd
15 l^o<^ genug t)reifet'' (SS 25, 258).
3. ätu^er ben Sentengen beft|en toir bom Sombarben noc^: Gommentarins in
psalmos Davidicos sive Glossa magistralis ex selectis et orthodoxis auctoribos,
)uerft gebrucft 9lämberg 1478, Safel i486, bann $arid 1537, bei Bfigne PSL 191,
31 — 1296. ©obann: (Tollectanea in omnes D. Pauli apostoli epistolas, odrudt
20 juerft $arid 1535, bei MSL 191 unb 192. Seibe 3Bede biden in ber 93«^ ber
mittelaUertidS^ Satenen 3uf^^^^{^^u^9^ bon @a|en unb Srflorungen ber itirc^
bater fotoie einiger älterer mittelalterlicher Zl^eologen: ber Somborbe bcDomtgt ben
tieferen m^ftif^Kn Sd^ftfinn. ^ie unb ba finben fup tn bem an jtoeita Smk ge^
nannten 3BerI auc^ eigene SSemerhtngen. — Sine 9{ei^ bon Seiften tmrb noc^ als mp
25 gebrucft aufgefü^: nömlic^ ©loffen über bad S3ud^ ^iob unb ein 5tommentar über bte
@t)angelien^armonie. 3)ie (Sd^t^eit bed le^teren Sßerted toirb bejtoeifelt, gebrucft tmn^ cd
1483 unb 1561. 9laci^ ber Hist. Htt. de la France XII, 603 foOten fic^ bie (Stoffen
)u ^iob in ber 3(btei <5abign^ in ber Stormanbie ober f})äter in ätoranc^ finben (p^
£elong, Bibl. sacra, $arid 1723, II) finben, aber $rotoid (p. 122. 148) bemeint bad.
80 3lad^ ^brictud»3Ranft (Biblioth. med. et infim. lat. V, 262) befinben fU^ in biblio-
thec» Lipsiensi teste Fellero p. 182, ein SSrief bed Slmolb bon 9le^ cot ben Som^
barben unb jtoei 93riefe bed Sombarben an ^^ilipb bon ät^eimd; einen (Srjbifc^of $^tli))))
\)on 9l^etmd ^at ed im 12. ^[a^^unbert freilid^ nic^t gegeben, ed mü^e eine äSertoecf^
lung angenommen toerben (Hist. litt. etc. XII, 603 n.). Son Sdanbd Sbigobe einer
35 Apologia toar fd^on bie Siebe (@. 632, 48). %>d) berichtet @anber (Bibl. belgica manu-
scriptorum, ^^nfulid 1641, II, 147) bon Petri Lombardi methodus practicae theo-
logiae, in ber Slbtei älfflig^em in Selgien, aber bie @c^ft ift nid^t belannt getooi^.
3)em Sierfuci^ 3Rignond (f. oben bie Sitteratur) bie bem ^ugo t)on ^t 9$ittor jugefc^e^
bene Summa sententiarum bem Sombarben ald SSorarbeit ju ben Sentenjen bet^tlegen,
iobermag ic^ nid^t beizutreten. Sagegen fprid^t k)or allem bie gefd^ic^tlic^e Überlieferung (j. 9.
^einrid^ k). @ent de scriptonbus eccles. 25, k)gl. 3Rignon @. 518. 522). ^xt bottlic^
Sibl^ängigteit unferer Sentenzen k)on biefem 2Bert, eiUfprid^t nur ber @igenart bed Sombarben.
@nblt(^ beft|t bie iRationalbibliot^et )u $arid jtoei ^anbfc^riften, bie eine aud bem 9m
fang bed 13., bte gtoeite aud bem 14. ^a^r^unbert (Lat. ms. 18, 170 unb lat. 3,537;
45 anbere ^anbfd^riften Hist. litt. XII, 603), bie 25 lateinifc^e ^t^rd)igten entölten (f.
^Protoid ©. 123 f.). «ßrotoid ^at aud i^nen audjtige mitgeteilt (©. 126—147). «n ber
@c^t^ett biefer Sieben ju }toetfeln liegt fein @runb \>ox. ^n n)ürbiger, bielfa^ r^rifc^
gefteigerter ®pxad^(i galten bie ^rebigten im ganjen ben ®ebanfentreid ber bomoligen
m^ftifd^en ^mmigteit in gemäßigter SBeife ein. 3)ie ollegorifd^e Sc^riftctudlegung btf
60 ^errfci^t fte, ed fe^lt nic^t an frönen t)rahtfd^en SBenbungen, bie 2)ogmati{ tritt jurfid,
bri^t aber bod^ gelegentlid^ l^erbor, g. S. in annuntiatione domini : siout igitur omni
corruptione caruit iste conceptus, ita, etsi haeretici aliter garriant, in con-
ceptu et partu integer exstitit et intemeratus Virginis uterus . . . Quod non
impossibile videtur, si quis de dei potentia non humano sensu disputet. At-
65tende enim, quod solis radius cristallum penetrans nee ingrediendo perfont
nee e^rediendo dissipat etc. (^rotoid @. 141). 3)ie ^rebigten beftätigen bod 9tlb,
bad ton: und bon bem Sombarben gebilbet ^aben. H. Seeberi.
Sod bei ben Hebräern. — Sitterat ur: Ueber bie 9ln»enbung bed Sofed imISIter«
tum überhaupt og(. (S^r^fanber, De Sortibus, HaL 1740; ^ale, Orac ethn. C. 14; fotter,
Sud bei bot ^ebrSeni 643
9[T4fiot. I, 730; SSiham, Mm, 9lltert^. I, 540; bei ben ^ebräern indbef. üg(. M. Mauritü,
Tr. de sortitioDe ap. vet Hebr., Basil. 1692; bie SHealroörterbüt^er Don ^iner, Stie^m 2C.;
bie 9[T(bAologien t>on ^e ^ette. C^malb, ^til, ^otoaä, ^enainger; bie bibl. ^^eofogien (refp.
9{eUgiondgef4i(bten) t)on Oe^Ier, @(()ul6, @menb. iRarti; @tQbe, ®ef4. Sdraeld I, 471^.;
DgL au(4 ben ^rtifel Urim unb S^ummim.
Unter ben 3)littdn, mit benen man im alten ^ael ben SßiEen ber ©ott^eit ju er«
foric^en fud^te, fielet obenan (pon ber ^ro^^etie natürltd^ abgefeilten) ba^ Sodoratel. 3)a^
feloe mag in alter QÄt in berf^ebenfad^er SSeife ge^anb^obt tDorben fein. 3Bir l^abm
6)niren, bag bad @tabIofen, St^abbomantie, ben ^draeliten nic^t fremb toax. Stäbe
(ober Pfeile), benen eine beftimmte SSebeutung beigelegt tourbe, ober bie mit irgenb einem lo
3ei(i^ berfeij^en toaren, iourben in einem Sel^ölter (ettoa in einem 5löc^er) gejc^üttelt,
btd ein @tab l^eraudft)rang unb bie getoünfci^te @ntfd(|eibung gab, ober man jog blinbUngd
einen ber @töbe. 3loi^ jur 3^ ^^ $of^ fd^eint biefe ^rt bed So^oralet^ im 9!orbreid^
toenigftend geübt toorben gu fein, t>gl. $o 4, 12 : ,,3Rein 93oII befragt fein @tücl ^ol)
unb fein @tab giebt ii^m Sefc^eib/' ^deliel (21, 26 f.) ertoä^nt bad @tab«9efragen ald i6
bab^Ionifc^ @itte: ber 5lönig Don Säbel ftel^t am Sc^eibetoeg, um ba$ Oralel ju be«
fragen : er fd^üttelt bie Pfeile, befragt ba$ ©ottedbilb .... in feiner $anb ift bad Sod
„^[enifalem''. 3). 1^. er fd^üttelt am Jtreujtoeg bie Pfeile, um ju erfahren, too^in er ftd^
toenben foO; ber $f eil, ber^erufalem bebeutet, ift ^erau^elommen, unb bamit ift i^m bie
erbetene SBeifung g<^eben. Sei ben alten 9(rabern toar ebenfalls biefed $feilorateI fe^r 20
in Übung (togl. SBeul^aufen, @{i»en III, 126 f.). @torenger (Seben unb Se^re bed SRo«
bammeb I, 259 ff,) fül^rt an, ba| in ber 5laaba )u 3ReKa fieben @täbe Don Derfc^iebener
gorbe je mit einem SSort befd^rieben fid^ befanben. Seim Sofen gab bie ^rbe ber @täbe,
ober bte ^eraui^^ringenben Sßorte ben älu^fd^Iag.
S)tefe unb anbere 3RitteI, bie ©ott^eit ju befragen (Xotenbefragung, ©eifterbefd^toö« 25
rung, ©cplongenjauber unb bergl., toa^ im alten ^wad in Übung toar), tourben im
^ol^bn^uS na(^ unb nad^ Dert)önt atö ^eibnifd^e ß^uberel ^ad SBort, ba^ im Srabifc^en
bod Sefrogen ber Sodoralet bejeid^net, istiksäm, unb bad einft too^l aud^ im $ebräifc^en
terfür in Übung toar, be}eic^net in ber un$ erl^ltenen Sitteratur immer nur bad aU
etbnifd^ 3^^^^ berf)önte Oraleltoefen, nie bie im ^a^toidmu^ geoulbete ^orm bed 90
fen« (t>gl. ffieOl^ufen, ©Kjaen III, 126 f.; SB. 91. ©mit^, Jouro. of Phü. XIII,
76 ff. • ©efeniu«, thes. 1224; ©tabe, ®efc^. 3«r. I, 505).
90^ \clUi)t legitime, im ^toi^ud suläffifie $orm bed So^oraletö tourbe nur bad
2ofen mittdft ber Urim unb 3^ummim (D"'*iw unb ü^rf) anerfannt. 35ie $anb^abung
biefed Sofed fe^t noA ben Sendeten über bie einzelnen ^^e feiner älntoenbung bad so
Sor^benfein eined @})^ob Dorait^. SBir lönnen ^ter bie ©treitfrage, toa^ ber (S^^ob
urfprüngli(9 toar, ru^ig bei feite laffen. l^ebenfaQd ftanb er in engfter Serbinbung mit
bem Sodorald. 3)aiS betoeifen ©teOen toie 1 ©a 14, 18 (too mit LXX ephod ftatt
aron dohim )u lefen ift); 23, 9; 30, 7. SBenn ©aut ober SaDib ^al^m burd^ £od
befragen tooOen, fo erteilen fie bem ^riefter ben Sefe^t : „Sring ben Spbob ^er'^ ^er «o
^rießer nimmt bann irgenb toelc^e SRani^uIationen mit bem @p^ob Dor, bie einige 3^^
in Xnfpnu^ ne^en. 98ie einmal Dor Seginn ber ©c^lac^t mit Den ^^iliftem bie
Reit brdngt, ba brid^t ©aul bie fd^on begonnene Befragung bed SofeS ab (1 ©a 14, 19).
SDa| ed fUb in biefen ^^en immer um Befragung mtttelft beiS SofeiS l^nbelt, jeigt bie
fogleic^ nä^er )u bef^rec^enbe @r}ä^Iung in 1 @a 14, 37 ff. unb bie ganje 9(rt ber ($rage< 46
^una (f. unten).
&a ber eben anpefül^en Sr^ö^Iung Don 1 ©a 14, 37 ff. erfahren toir nun, ba^
bie 2ofe felbft — jtoet an ber 309I — ben 5Ramen Urim unb I^ummim trugen, ©am
betet Dor ber Befragung be^ Dralel^: „^[al^toe, bu®ott^raefö, toe^l^ ^aft bu beinem
^^tt l^eute nic^t geanttoortet? 3Benn bte Serfd^ulbung an mir ober meinem ©o^ne 50
Sonata ^ftet, fo la^ „Urim" erfc^einen, lüftet fte aber am Sol! g^ael, fo laft „3:^ums
mim" erfc^en (fo noc^ LXX, DJgl. X^eniu^, äBeO^ufen unb 3)riDer i ©t.). (Sbenfo
erf<^einen Urim unb ^^ummim 1 ©a 28, 6 neben träumen unb $rot)9eten unter ben
orbentlidS^en 3)litteln ber göttlichen Offenbarung; Dgl. auc^ 1 3)t 33, 8: beine Urim unb
73juma&m ge^bren ben Seuten bed bir Ergebenen (ben SeDiten ; f. unten). 3Bad biefe 55
ffiorte Urim unb Zl^ummim bebeuten, ift DöQig bunlel, barüber Dgl. aud^ ben 91. Urim
unb Zl^mim.
9(uc^ toorin biefe Sofe Urim unb X^ummim beftanben, toirb un$ nirgenbd nö^er
befc^eben — begreiflic^ertoeife, benn jene alten Srjö^ler tonnten bad al^ ohgemein be<
laimt Dorau9fe|(en unb bie f))ätere mu^esilifc^e 3^ ^^ falber leine rechte Sorftdiung 00
41*
644 £od (et bat ^efettertt
me^r baDon, toa^ Urim unb ^ummim tt^oren. ^mmerl^m fönnen totr über bte Xn-
toenbung ber Urim unb ^ummtm tDenigftend bte $au))tfad^en aud unferen Serid^tm
entnel^men. ^n faft aQen Stellen ^anbelt ed ftd^ um ehte einfädle älltematibe; )tDtf<^
E' ei 3JlögIid^Ieiten foQ bad £o^ entfd^eiben. ^ad eine 3Ral {tnb ed gam tnröitd gefidite
agen, auf bie bie ©ott^eit nur mit ,, ja" ober ,,nein" antworten foD : SÖBirb ©aul geaen
gtla l^erabjiel^en ? äßerben bie S3ürger Don ^egila mid^ ausliefern (1 @a 23, 9 ff.)?
@oQ id^ bie $orbe ber 9lmale{iter Verfolgen (1 @a 30, 8)? unb bergletc^en fragen (ä^
3)abib 3al^n)e burd^ SoSoratel entfd^eiben unb ^aJ^toe anttportet i^m mit „ia" ober
,,nein" (tjgl. nod^ 2 ©a 2, 1 ; 5, 19 ; 3ub 20, 23). S)ad anbere ÜRoI foU boS 2o«
10 jkoifd^en jkoei 3JlögIid^Ieiten mäl^len ; gilt eiS aud einer 3R^xuif)l Don 3Röglt(^fetten bie
rid^tige l^eraudjufinben, fo toirb burc^ 9tudfd^(u^ einer 9R5gIid^Ieit nac^ ber anberen bie
^iUIe berfe(ben auf jtoei rebujiert. SefonberS (e^rreid^ fmb bie ^olle, too auS einer
großen SRenge ein @in}clner burd^ bod fioS beftimmt toerben foQ. äBie @aul ben @d^u(s
bigen auS bem ganjen 3$olI burd^ £od auiSfinbig mad^en toill, ba toirb erft gtoifc^ bem
16 ^eere einerfeitS unb @au( unb ^onat^an anbererfeitS ge(oft, bann toieber )tDif(^en Soul
einerfeitS unb ^onatl^an anbererfettd (1 @a 14, 38 ff.). SBie ^ofua ben 3)teb ya ep
mittetn fud^t (^of 7, 16 ff.), ober toie Samuel ben bon ^al^toe jum ftönig befHmmtcn
3Rann audlofen toill (1 Ba 10, 20 ff.), ba gefd^iel^t bad in ber SBeife, bog erß Stamm
für @tamm unter bad fioS tommt, bann toirb Don bem burd^ SoS getroffenen Stamm
90 eine ^milie nad^ ber anberen au^eloft, unb enblid^ mu^ auiS ber getroffenen ^miGe
einer nai) bem anberen l^erjutreten unb über jleben toirb bad Sod getoorfen. @benfo ^oben
n)ir und ben SSorgang ju beuten, toenn burd^d £od ber Stamm bejei^et toirb, ber im
ÄanH)f üoranjiel^en fott (SRi 1, 1; 20, 18).
9Iad^ aUebem betommt man bon bem l^eiligen £od Urim unb ^ummtm ben Sim
26brudC, ba^ ed jtoei ©egenftönbe irgenb toe(d^er 9(rt toaren, bon benen ber eine „\a", ber
anbere „nein" bebeutete, benen aber aud^ in tebem einzelnen ^aS eine beliebige anbere
S3ebeutung beigelegt toerben lonnte, toie g. S3. 1 Sa 14, 38 ff., too „^imnnim'' bad
SSoIf, „Urim" Saul unb ^onatl^an be^eid^nen foQte. Ob irgenb toeUe S3orte auf bem
Sofe ftanben, ettoa eben btefe 9Iamen „Urim" unb „Si^mmim", ob ui^ toie fte fu^
80 burd^ il^re ©eftalt unterfd^ieben, barüber erfai^ren toir gar nid^td. Sd^on S^cer (de
leg. Hebr. III, Sif[ert. 7) l^at bie Vermutung aufgeft^t, ba| bie Sofe in gioei Seinen
©otte^bilbem, Xera^^im, beftanben. Stabe (®efd^. ^dr. 1, 472) Dertoeift baju nomentTu^
aad^ auf bie 2;^aifad^e, bag @^l^ob unb %tta!pf^vm mei^rfad^ nebeneinonber genannt tx>erben
($of 3,. 4; m 17, 5). Sud^ fann man nod^ anführen, ba^ 2 Äg 23,24 bie Ierai)^im
86 neben nin^n unb S''?-7.n fte^en, alfo too^I ebenfalls irgenb toelc^ SSertoenbung beim
Dratelgeben fanben. Stabe Dermutet bann toeiter, ba^ bieUeid^t bie %na!pf)xm ald ^onen
^u faf[en feien unb hai im Urim« unb ^^ummimoralel bie Umbilbun^ eined Stanen^
orofeld gum ^a^toeorafel Vorliege. „3)er urf))rüng(id^ angerufenen ©ottl^ett ifi ^a^tüe ati
2lnttoortenber fubftituiert loorben." „ßlo^im fragen" ober „ben Jl^eraj)^im fragen" toäre
10 eine uralte ^l^afe, n)elc^e burd^ jüngere^ //^al^toel^ fragen" eine Umbeutung getoomtm
^atte." älQein fo h>a^rfd^ein(id[i ed and^ ift, ba^ ber %cta^f)m ald ©ottedbilb )u0ralel<
jtoeden gebraud^t tourbe, fo toenig ftd^iere 9(nl^alt^uitlte l^oben Urir bafür, ba^ gerabe bie
£ofe bad mit bem @))^ob üerbunbenen Drale(d in p>Ä Xera^^im beftanben. 2)te eimige
Stette, bie un« über bie gorm be« SC^eroto^im unterrid^tet (1 Sa 19, 13), fjjric^t bafür,
46 ba^ fte ®röfee unb Oeftalt Don 2Renjd^enfö})fen Ratten.
e« fommt ani) bor, bafe ^al^toe feine Slnttoort giebt (1 Sa 14, 37; 28, 6). 5Da«
ift ein 3^'^^^ ^^^ ^ai}to^ jümt unb bag eine fd^n)ere Sd^ulb auf bem SSolI laftd. 9n'
junel^men, ba^ in f old^en fällen beim Schütteln ber Sofe teined ber beiben )um 93orf(^ein
gelommen fei, ober aber beibe gugletd^, ift leine ganj befriebi^enbe Srflärung. 9tan toirb
eoel^er annel^men muffen, bajs aud getoiffen SSorfommniffen betm SSoQjug bed Sodtoerfend
ber ^riefter ben Sd^Iujs ^og, bo^ bie ©ottl^eit nid^t anttoorten tooQte, unb bann ben leken
3(It, bad eigentliche äBe^en ber Sofe gan^ unterließ. 9lud^ bad \P^^t bafür, ha% W
äSerfal^ren beim Sofen nid^t fo ganj etnfad^ h>ar, fonbem ba^ irgenb toelc^e tDm))^iertere
!Dlani^u(ationen babei t)orgenommen tourben. Selbftoerftänblid^ liegte man jum $riefter
66 bad ftd^ere 3utrauen, ba^ er feinet 9(mted gan^ unparteiifd^ toaUete, unb bie Sntfc^ung
b©8 Sofe« eine ganj objeftiije toar.
2lber boc^ mufe in cinjelnen göHen unb bid ju einem getoiffen ®rab ber fubjcltitwi
Deutung bed Sofe^ burd^ ben ^riefter S})ielraum gelaffen toorben fein. 3*^ gtoei goflen
toenigftend, Don benen unfere Srjö^Iungen berichten, gel^t bie Sudlunft, bie^^to^ bun^
eo Sod erteilt, über bai^ einfädle „ja" ober „nein" l^inaud. S9ei ber äBo^t Scmte )um
&0» tri bat ^etrSeni « 645
Itönig onttDortet bod So^ auf bte f^age, ob Soul im Saaer ontoefenb fei, nid^t nur mit
fA^"f fonbem offenbart nod^ genauer, ba^ er beim ©cjKia berborgen fei (1 ©a 10, 22).
Unb toenn man fid^ ba^ au(^ nod^ ettoa fo erllären lönnte, ba^ man eine toeitere ^^tage
annimmt, ettoa: „ift er im Sager ober beim %xoiV\ fo ift bod^ eine folc^e ®rlt^ng
ni^t mej^r mdgßc^ in bem anberen ^aS, (2 @a 5, 23 f.), too ^ai^toe bie 9(ntn)ort erteilt : 6
^ie^e nid^t binauf, i^nen entgegen", mit bem gufa^: „fonbem toenbe bic^ gegen i^ren
Salden unb romme bom Salagepölj l^er über fte u. f. to." $ier tommt man ol^ne bie
Xnnal^e nic^t aud, ba| ber $riefter irgenbtoeld^e er(äutembe SrÜörung auS eigenem
^injutl^at Ob unb intoietoeit bie fiofe felber baju 9tn(a^ geben fomtten, toiffen toir gar
nid^t. Sagarbe (Sie rebibierte Sut^erbibel 19) bertoeift auf bie ätnalogie ber fd^on oben lo
ertuo^ten Sofe in TlMa, Sie ^atfad^e felbft ift aud^ bedtoe^en Don ^[ntereffe, n>ei( fie
un^ erltärt, toie bie ^anb^abung bed Drale(d getoiffe Jlenntntffe borau^fe^e, bie nid^t
iebermamt o^ne toeitered befa^
@d berfte^t ftd^ nac^ bem ©efagten bon felber, ba^ bie $anbl[K^ung biefed So^oraleld
nic^it jjebermannd @ad^e toar. 0)>fem {onnte iebermann; baju gel^drte teine befördere i6
Jtunft. Slber bie ©ott^eit auf trgenb eine SBeife befragen, bad lonnte nur einer, ber ber
®ottbeit ongenel^m toar, ü^ Siener, ein „9Rann ©otted". Senn nid^t jebem ftanb bie
Sott^eit Siebe unb 9lntn)ort. Unb toeiter mu|te man, toie bemerft, jur ^anbl^abung bed
Oroleld unb jur @rllärung bed So^entfd^eibed getoiffe Jlenntniffe, eine oetoiffe "Zed^nil
l^en. 3)lit anberen Sorten, bie ^anb^obung bed Sofed ift Soc^e bed Uiriefterfianbed, 20
beffen SSoned^t. Sie $ut bed ©ottedbilbeiS unb bie Erteilung bed Sodentfc^eibed finb bie
(^alteriftifd^en Aufgaben bed $rie{|ierd. %>d) im Seuteronomium toirb bad afö bte
toefentlid^e älufgabe beiS ^riefterd bejeid^net, ba| er Urim unb 2;bummim Derforgt unb ber
X^ora toaltet (St 33,10). 3Rit „SC^ora" bürfte urfbrünglic^ mdftö anbered gemeint fein,
ald ber burd^ ha^ So^ gegebene göttlid^e @ntfd^eib, unb bad ^erbum ^"^ fd^eint ur- 25
f))rünglid^ bad äßerfen ber Sofe ju bebeuten. Srft \pätn l^at „2:^ora'' bie allgemeinere
Sebeutung bon „Untertoeifung" über^aut)t erl^alten. @ben ber S3eft^ biefed SoiSorateld
bürfte biel baju beigetragen ^abm, bad ^riefteramt erbltd^ ju mad^en; biefe Jtenntnid
unb tSröl^igteit, ba^ Oralel ju ^anbl^en, bererbte ftd^ Dom SSater auf ben @ol^n.
3n alter Qnt ]p\dU bad Sod eine gro^e Stolle im Seben ber ^aeliten. @in @aul so
unb ein Sobib tl^un nid^td toid^tiged, o^ne Dorl^er baiS Sod ju befragen (t)gl. bie ange»
fü^^rten Stellen). Unb toaiS bon biefen Jlönigen erjö^lt toirb, bad bürfen toir aud^ bon
$ribaten borau^fe^en, ba| fte nömlid^ bei ollen möglichen Slngelegenl^eiten bie ®ottl^eit
burd^ Sod befragten, fo gut toie fte bie Sienfte ber Selber in 9tnf))rud^ nahmen (bgl. 1 @a
9, 6 ff.). 3l<ii) ber SSorftellung bed ^riefterlobe; unb über^au))t ber f^öteren 2:rabition86
tourbe bad eroberte Seftjorbanlanb burd^ Sod unter bie einjelnen Stamme berteilt (Slu
26, 55 f.; 33, 54; 34, 13; 36, 2 f.; 3of 13, 6- 14, 2; 23, 4; 5ßf 78, 55; 105, 11;
9® 13, 19). Sor ^ai^toe an ber 2:^üre bed D^enbarung^elted in @ilo toarf ^[ofua bie
Sofe (3of 18, 6. 8. 10; 19,51). ®an} beutlid^ ift bier bad j^eilige Sodoratel gemeint. Sen
Xudbrua Urim unb ^ummim bermetbet bie Srjöl^uing, toeil man biefe bamald nid[it mel^r 10
ob Sodoralel, fonbem ald gel^eimnidbolled @tüd beiS |o^c^riefterli(^en Omated anfal^ (Dgl.
9rt Urim unb Si^ummim). Sedl^alb gebrandet ber (Snäi^ler nur bm allgemeinen 31vl^
bruct "yy^. 3lad) jübifd^er Xrabition toaren bei biefer SSerlofung jtoei ®efä^e aufgefteQt,
in einem bie ^miliennamm, im anberm ebenfobiele Sofe mit S3e)eid^nung ber @rbteile;
ber $o^e))riefter mit ben Urim unb X^ummim fei babei gegentoörtia getoefen. Sie ein* 46
t einen SJonbedteile, bie bm ©tämmm gufielm, toerbm ebmfalte alg „Sofe" berfelbm, ^?'i.\
►ejeid^net (3of 15, 1; 17, 1 ; 3li 1, 3 u. a.). Semmtfjjred^enb nimmt aud^ §efefiel
(45, 1; 47, 22) eine neue SSerlofung bed ^eiligm Sanbe« für bie mefftanifd^e 3ww»nft
in Slitdfic^t @bmfo tourbm nad^ ber f))äteren Xrabition bie Sebitmftäbte unter bie Dier
Sebitmgefc^led^er t)erloft (3of 21, 4f.; 8, 10; 1 6^r 7, 63. 65). Über^aut)t toirb 3ofuaöO
angetoiefm, in aHm Singm burc^ bm ßolj^ejjriefter ba^So^oralel )u befraam (9lu 27, 21),
unb ba^ bad in ber älngelegml^ett bed ^ebm^efuc^eiS ber ©ibeonitm nicpt gefd^al^, toirb
getabeU (3of 9, 14).
SSon befonberer Sebeutung toar ha^ So^pralel für bie @nttoidCelung bed 9ted^ted in
aeL @d ift fc^on ertoä^nt, toie man in bunHm %oSltn badfelbe jur @rmittelung bed 66
ulbigm antoanbte (3of 7, 16 ff.; 1 ©a 14, 36 ff.), äud^ fo mand^er anbere ®nt«
fc^eib in 9te(^tdfac^m, bürfen toir borau^fefeen, tourbe ebmfalld mittelft beiS Sofed eingeholt.
So« toar noc^ in f))ätefter Seit ©itte ($ef 24, 6; ^r 18, 18; 16,33; TOt 27,35 f. u.).
Sie ^ora ber ^riefter, bie tote oben ertoäl^nt, btelfad^ mittelft bed Sofed getoonnen
hmrbe, toar in alter Qüt gu einem nic^t geringm Xeil redjftlic^m (S^aralterd. äBelc^m ao
646 2o» M ben ^drimi
l^o^en @tnflu^ btefe ^ota ber ^rieftet auf btc Snttmtfehtng bcd gonjm 9lec^ ^atte,
ift in bem 9(rt. ©eru^ unb Siedet (^b VI @. 572) gqemt tootben.
3Bte lange biefed fio^iyralel bei ben ^raeliten in Ümmg blieb, toiffen toir nii^ @d
ift immer fe^ 0ett>aat, aud bem @tillf(^h>eiaen unferer toenigen DueDen tDritgc^ienbe
6 @(i^Iüf[e jiel^en ju tt)ouen. ^mmer^ mu^ afö auffoJDtenbe ZJ^aift bmßattest tixxben,
bag gegenüber ber fe^ l^äufigen SrtDöl^ung be^ Sofed jur 3^ @auä unb Datribd bod^
fe(be bon @aIomo ab gar nid^t me^ genannt tt)irb. äBol^l erfdjfeinen @)>^ob unb %ctQ^
pi^m aud^ noif in f))äterer 3^t ald Shtdrüftung^egenftänbe bed ^etligtutnd ($of
3, 4), aber ob bamit noc^ bie Befragung bed SodorafeB berbunben toor, ecfoi^cen toir
10 nid^t. S3on einer Befragung bed ledigen Sofed l^dren toir feit Solomo nidfti me^.
ÜRan tDirb baraud tüenigften^ fo Did fd^Kej^en bfirfen, ba| bad ^ige Sodorolel ettood in
ben ^tntergrunb gebrängt tourbe, um fo me^r ald bad auc^ oud inneren ®tänben be^
greifltd^ ifL Senn tovc feigen nunme^ bie ^xop^äm immer )a^Ireid(fer auftreten unb
bemerten babei, ba^ in folc^en ^öEen, n>o bie alte 3^ ^ Sodorolel befrogte, man fic^
i6ie|t an bie $ro^^eten toanbte. „Bot ic^ gegen 9iamot^ ©Ueobjie^?'' fo fcoot ie(t
Spad bie 3al^n>ü>ro))l^eten (1 Jlg 22, 6 ff.), ein S)abib toanbte fui^ mit foU^ ^gen
an bad So^oratel (f. oben). @benfo tmtrbe burd^ bie @inrid(ftung einer ftoatlii^ geinb«
neten 9ted^t^flege unter ben Jlönigen feit @aIomo bad So^oralel auf biefem (Sebiet prfld^
geengt. Unb fd^Ke^ic^ Derfd^toanben unter bem @inf[u| ber tn:o))^etif(i^en $rcbtgt bie
30 ®ottedbiIber @))l^ob unb Xncöpfftm ganj <m& bem Jlult, unb mit ber SbfAaffung ber
au^erierufalemitijdben Heiligtümer fiel boQenbd bie ®elegen^eit für bod Soll töcg, boS
l^eilige £o^ m befragen. @o {onnte e^ bal^in {ommen, ba^ Urim unb Z^ummim tM>It
ftänbig Derfcptoanben, fo ba^ man nac^ bem @^ nid^t einmal i^re alte SB^eutung me^
red^t t)erftanb. 3ofe)}l^uiS be^au))tet jtoar (Ant. III, 8, 9), ba^ bid 200 ^obvt wc feiner
26 3^it bad l^eilige Soöoralel befhmben l^e. Slber oüDle fonfUge jjübifc^e Übmieferung ge^
ba^in, ba^ man Urim^^ummim im gtoeiten Xemtoel nid^t mel^r l^e.
Samit ift nun aber {einedtoeg^ gefagt, ba^ über^ut)t bie Sitte bed Sofen^ abbun.
Ser ©runbgebanle beim Sofen toar ia immer ein reltgiöfer, man fa^ bann bie (£ntf(^
bung ber ©ott^eii 9lber bedungead^tet mögen fd^on frül^ neben bem $neßer, ber bad
80 offizielle So^oratel bertoaltete, au<fy bie Saien bann unb toamt ba^ Sod „getoorfen'' ^aben,
fo gut tote l^eute in benjenigen Jtreifen ber d^riftlic^en Jlird^, toeld^ bod Sod nod^ ^anb<
l^aben, unb barin eine göttlu^e (Sntfd^eibung erbliden, ber Saie fein Sod /,2ie^t'' tc ÜReben
ber im eigentlichen Sinn beiS SBSorted htltifd^n ^anblung bed befragend hä So^oroIeU mag
fd^on frü^e bad ))rofane (toenn ber 3luä)rudC erlaubt ift) Sofen in Übung getommen fein,
36 unb btefer S3raud^ blieb natürlid^ unberül^ Dom @d^idEfal beS Sodoroletö fortbefie^
3Benn koir ^. S3. lefen, bag man bie Jlriegebeute ober bie ®efangenen burd^ Sod t>erteilte
ßoel 4, 3; 3la 3, 10; Db 11), bafe man ®runb unb ©oben einer eroberten ©tobt
^i\Da üerlofte (SHi 20, 9), ba^ uir Reit Sle^emiad je ber je^nte 5Kann, ber ftd^ in gern»
falem anftebeln foHte, burdj^ 2o« beftimmt tourbe (3le^ 11, 1), toenn ©8 ald Sitte er*
40 toäl^nt toirb, bag man bei Streitigleiten um 3Jlein unb Sein 2c bad 2oi ftatt bed Stu^
ter^ entf(^eiben lieg ($r 18, 18), fo toerben toir in allen biefen %diSim an ein
bom l^eiltgen SoiSorafel unabl^ängiged So^toerfen ju beulen l^aben. $r 16, 33 toirb und
bad JU jener 3«il gebräud^lid^e 93erfal^ren befdjirieben : im Sufen, b. ^. im Soufc^ M
5Uetbed üom an ber S3ruft, f^üttelt man bie Sofe, too^l meift Stetnd(^, tote ber aSU
46 gemeine 2lu«brudf für So«, ^y:-T} jeigt, bi« eine8 „herausfällt" (^PJ) ober ^auäommt
(N2£; unb äl^nlid^e 3lu*rüdfe). an anberen Stellen toerben ^felc^en mit Flamen be?
fd^rieben al« 2ofe ertoäi^nt (£e 16, 8: ä® 1, 26).
S))e3iell im jtoeiten %tnipd tourbe nod^ nac^ bem SSerluft bon Urim unb Xl^mmim
bad Sofen t}ielfac^ geübt. 3)aS ® efe^ fd^eibt jur Seftimmung ber beiben S9ddfe cm gro^
60 SSerföl^nungStage baS So« t)or. 9Ia^ rabbin. 2:rabition toaren e« gtoei Sofe in ^öuemer
S3üd^fe, im erften Xempel t)on ^olj, im jtoeiten Don ®olb, ba« eine mit ber 3itf(^
mn-^b, ba« anbere mit ^t^tä, bie t)om §ol^cj)riefter, nac^bem er fie gehörig gerüttelt,
l^erauSgejogen tourben (f. ben 9lrt. SSerfö^nungStag). ^ie amtlic^ Serrtd^tungen
ber ^riefter tourben in ber äßetfe burd^ So« t)erteilt, hai unter ben eingebien, j^ ber
66 24 ^riefterorbnungen lonftituterenben ^rieftem bie SlmtStage Derloft tmnrben. SHed gefc^
nad^ bem lalmub (3om 22, 1 tjgl. Sig^tfoot ju Sc 1, 9) in ber SBeife, bafe ber bie
SSerlofung leitenbe ^riefter eine 3^^^ nannte bie größer toar, ald bie ^aifi, bor i^ im
JtreiS umftel^enben ^riefter. @r jäl^lte bann bei einem bon ü^ beliebig Sefttmmten oud
ber 9tetl^e btefer ^riefter an^ebenb im Streife l^erum, unb toen bie bon ipm genannte 3<^
60 traf, bem fiel bamit bie betreffenbe Sienftt)ernd^tung )u (Sc 1, 9; bgL 1 Qi/t 24, 5f[.;
£o0 (ei bat ^drSent 29ttto 647
Stgl^oot, Hör. hebr., p. 708 sqq., 1032 sqq.). Slud^ bte i^nhionen ber Sek>iten tmb
Icbitif^en ©inöc^öre unb %f)ox^ttt (1 6^r 24, 5 ff.; 25, 8 ff.; 26, 13 ff.) unb bte
iol3lteferung ber SSotetl^äufer für ben SUtar (9Ie|^ 10, 35) tourben burc^ Sö^S beftimmt.
|n ft)äterer 3^^^ tourbe für ben SSerlofungdalt ein befonberer $rtefter angefteQi
9Bte geläufig nad) aQebem bem SSoIte bad Sofen toor, erfte^t man Jd^Itef^Iic^ noc^ bo^ 6
xcaii, ba^ „Sod'' ein gangbarer bilbltd^er Sludbrud tourbe, für bad Don ^ai)tüt bem etn;^elnen
^[draeliten beftimmte Sebendfd^tdfal, für ®üter unb ®aben aller 9lrt, bie il^n bom 2[al^n>e
guerteilt n>aren, für güd^tigung unb Strafe, bie^ai^tDe über tl^ Der^ängte(t)gl.3ef 17,14;
3er 13, 25; ©a 12, 13; ?Pf 16, 5 f. »ensinget*
Sorrtu (Lauretum). — ${e frü^eften, noci^ f|)firl{4en unb »enig aui^gefc^mücften lO
9{Q4ri(6ten über bad Heiligtum Don fioreto bietet grlaoiud IBIonbu«^, päpflHcber @efretär
unter (Sugen IL unb beffen vcad)f olgern bis ju $iud 11., geft. 1464, in feiner Italia illustrata
(bei «Picenam% p. 339). @d folgt ber IBericdt bed $ropfted Seremannud (f. u. im Xe^ft) bei
Soptifta ^antuonud , Kedemptoris mundi Matris Ecclesiae Lauretanae nistoria (enthalten
in beffen Opp. omnia, Antverpiae 1576, tom. FV, p. 216 sq.). ^ 16
^ie IRei^e ber proteftantifcben $oIemifer toiber ben £oretoIuIt, benen bann ^a^I-
reiche rdmif^e Apologeten i^re 93erteibigungen unb 93er^errli4ungen bedfelben entgegen^
festen, eröffnet $eter $aul 93ergeriud mit feiner burcb eine neue $riuilegiumfpenbe SuIiud'lII.
j)T000)terten @treitf 4rif t : Della Camera e Statua della Madonoa, chiamata dl Loreto, la
qnale h stata Duovamente diffesa dl Fra Leandro Alberti, Bolognese, e da P. Giulio III. ao
oon un solenne privilegio approbata 1554. @ein 6o^n fiubmig überfe^te biefelbe ind fia*
teinifdye unter bem c^aratteriftif^en 2:itel: De Idolo Lauretano. Quod Julium m. Ro
mannm emscopum non puduit in tanta luce Evangelii undique erumpente veluti in con-
temptum Dd atque hominum approbare, Rom. 1556 (aud) S^übingen 1563 ; ^alberftobt
1672). $gl. bie beutf^e Ueberfe^ung oon ^. IBranb, «lltenburg 1667, fotoie bie oon 8ift 26
(6. 2*21 ff. feiner aRonogrop^ie über »ergcriu», ©raunWweig 1871, 2.«ufl.) mitgeteilten
$roben ge^amifc^ter $olemit aud biefer (ü^nen «IngriffSfci^rift. Weitere (ritifc^e ^eleu4«
tungen beS Soretohtltud oon proteftantifcber Seite erfolgten burc^ 3f- (Safaubonud (Exer-
dtat. VII ad Baronii Annales eccles. p. 154 sq., Francof. 1615), burci^ ^att^iad ^emegger
{tt ©tragburg in bem $u4e Hypobohmaea Divae Matris Deiparae Camera, seu Idolum 30
Lanretannm (Argentor. 1619, 4"^), bur4 3- ^. @4rö(f^ in 93b 28 feiner ftirci^engef^ici^te,
Seipjig 1799, 8. 258 ff.; neueftend bur4 S§. Srebe (f. u. im £e^).
ftat^olif^e flpolo^ien lieferten auger SoroniuS (Ann. eccl. ad ann. 9, n. 1,
p. 87) unb feinem f^ortfe^er SRo^nalbud (Ann. ad a. 1291. 1294. 1295. 1296. 1471. 1507.
1533) bef onberi» go^lreicbe @d)rtftfteller aud ber (Skfeaf^aft 3e{u. @o ald erfter ^iberleger 35
bed SBergeriud : $etr. Surrianud, Besponsio apologetica ad capp. argumentorum P. P. Ver-
serii haeretici ex libello eius inscripto: de idolo Lauretano, Ingoist 1584; ferner $etr.
^aniftuS in feinem mariologifcben %Berfe De Maria Virgine incomparabili et Dci genitrioe
Cl. V., Ingoist. 1577; ^orat. ^urfeUiniid , Lauretanae historiae L. V., Mogunt 1599
(oucift Venet 1727; Rom. 1837); 3o^. dufebiu« ißieremberg in feinen berüd)tiftten ,,Jro. 40
p^Sen ber ^aria" (Trophaea Mariana s. de victrice misericordia Deiparae patrocinantis
hominibus, Antwero. 1658, p. 170. 204 sq.); 9, 93artoIi, Le glorie delSantuario di Loreto,
Macerata 1700; ^artoreUi in feinem Teatro istorico della santa casa Nazarena della s.
Virgine Maria, 3 voll, fol., Rom. 1732—35. — 9Wau ogl. befonbcr» ou4 ©encbift XTV.
($roi&per fiombertini) : De Servorum Del beatificatione et Beatorum canonizatione, 1. IV, 45
pars II, c. 10, fomie bie ungefö^r aud berfelben geit ^errü^renbe @(^itberung bed (fi^naben«
ortd fioreto unb feined (S^lanjed in 3o§. Qö, i^epglerd „(^ortfe^unfl feiner neueften Steifen'',
^nnooer 1741. @. 414. 428 f. — 9{euefte romifd^^apologetifc^e iSeiftungen: IBartoIini, Sopra
la 8. Casa di Loreto, Roma 1861 (Seric^t über bie Unterfuc^ungen bed röm. %rofefford
ffiatü, woburc^ bie patöftinifd)e ^rooenien) ber ^auerfteine unb bed ^örteld ber (Sofa @anta so
auf mineraIogifd)«4emif4en ^ege [1] feftgefteUt morben fei). 9. ^oled^au, Nazareth et
Lorette, $arid 1865. (^. @pencer 9{ort^cote, ®erül)mte Onabenorte U.S. f$rau, 0. b.(lnc^I.
oon etubemunb (StUn 1869), @.78ff. 3«®. IBuittaume, La Sainte-Maison de Lorete.
Preoves authentiques du miracle de sa translation, Roma 1884; 3- @ouren, ^ad ^I.^aud
lu )Boreto unb bie lauretanifd)en (S^nabenorte in ben beutfc^en Sanben, 2. 9(uf{ , (Sinfiebeln 66
1883 u. ö.; 91. ^uranb, L'^rin de la Sainte Vierge. Souvenirs et monuments de sa vie
mortelle au XIX« si^le, Visits, ^tudi^ et discut^ (2 vols.), Lille 1885; Stephan
Oeiffel, 8. J., ^ad 61. ^au^ SU Soreto, mit $(6bilbungen, ^reiburg 1891 ; ^^e^er, 9rt. „Soreto''
in ÄÄß*, VIU, 145—152 (in ijuoerfi^tlicbfter 3Beife für bie öef^icfttli^feit ber ßoreto-Sage
eintretenb — looju jebod» 5. iC. Sunf [J^OS 1901, 6. 472 f.] bemerft, bafi bamit gerobeju go
ein »(Jrreoel an ber SBo^r^eit'' oerübt nerbe; ogl. aiici^ $. ®rifard me^r nur ffeptifd^e (Sr^
loA^nung ber fiegenbe oon ber Casa santa in feine 9?ebe beim ^ünd^ener Statf^. ®ele§rten-
fongrefe 1901).
fBegen ber lunft' unb Iiturgiegef4i(^tli(^en Sitteratur f. u. im Xe^t.
648 Surfte
(fübdfÜtd^ Don Stncona an ber Dmt bott nadf %timo ffi^cenboi (üfenool^ scbgcn), toöb
töfgm feinet «ndgefeterten ^oufe^ ber 1^1. i^^irngfiou, ber Santa Casa, einem (^nB&c^
mittelaUerlu^ eeitenfitüd pa ftooba, ntc^t unfKiffenb oä bod ,,aReBa bed Stittelatteid''
6 b^dj^et 3)ie betreffenbe Segenbe, obfc^on erf| gegen SRitte b^ 15. So^ii^iiiibertd bei
gflotnud Slonbud uthinblid^ ertoo^ (f. u.), fc^eint ftd^ unmittelbar noc^ b^em Snbe bed
3eitolterd ber ltreu»fige, im Slnfd^lug an ben %aB, Xccod unb bie ^al^Jknn% ba legten
Stefte be^ Jldnigrei(^ 3^^^^ ^^ ^^ 2)ärlen, gebilbet ui ^aben. 3laä^ iSj/tcc \n)IU
ftönbig enttandelten ®eftaU bei 9a))tifia SRantuamtd 1676, fotme auf einer ^(^nfttofel
10 ber SBoUta^dlird^ )u Soreto, beren ^fyOi ^RcAO^ Semegger 1619 (f. o. b. Sit)
mitteilt, ttKtr bad $aud 9Rarid ober bie ,,^ige ^ütte'^ eigentlich nur bteienige Stube
in ber äBo^ung ber 3Raria ju SVa^oret^, toorin biefdbe geboren unb ei^en toarb, bie
Serfünbigung burc^ ben @ngel ®a6nel embfing, bad ?!efudlinb bid fu jfioitm 12. £e6end>
jjal^e er}og unb atu^ f))dter nod^, nac^ beffen ^immdfoi^, too^nte. 2)iefe @tube foBen
15 fd^on bie 9l))oftel in eine Jlir^e Dertoanbelt, ber bmftferti^e (Sbangeliß 2u!Ua abtt mit
einer ^öljemen Statue SRoriä mit bem Sbrifitinbe auf t^em Xrme gef(^mfi<ft ^aben.
9id )um Untergange be^ Jtonigreic^ ^erufalem fei beftänbig ®ottedbienß in biefem Jtin^
lein ge^en toorben. Dann ober, toeil bie Zürten ed mit g^^i^^nrng bebro^ten, feien
@ngel erfd^ienen, toeld^e ba^ ^ige$aud burc^ bie Süfte entführten mw edjutn&c|^ mu^
90 Slauni^ jtoif d^en ^ume unb 2:erfato im nörblid^en 2)almatien (ettoa fünf 3RetIen dfUic^
bon 3eng, alfo jiemltd^ entfernt Don ber Oft&lfte bed Xbriatifc^en 9Reercd) brocf^ (1291).
Da^ bort in ber Stockt auf einem $ügel niebergefe^^te fymi fei burd^ bad (Senefen t>e^
fd^iebener in i^m betenber Uranien fotoie bunb eine @rfc^einung ber ffl, ^[ungfrau {elbß
Dor bem S3ifd^of äHqranber bon Xerfato (Derbunben mit tmtnberbarer Rettung beweiben
26 Don langwieriger Strantl^eit) ate e(^te äBol^ftotte ber SRutter ®otted beglaubigt toorben.
9lud^ l^e eme bon 9Iitolau^ prangi^Kmi, bem Stattl^er t>on ^ume, nad^ 9{a)aret^
obgeorbnete ®efanbtfdbaft, burd^ unterfud^ungen an Ort unb Steue bie ^brntitot bed
$aufed mit bem bafelbft Derfd^tounbenen ®ebäube toiber {eben 3ta>eifel {u^ gefkQi €(^on
brei ^a^re f))äter Rotten bie @ngel bad ^ud abermals toeggetragen, unb itoat biedmol
80 nad^ ber fd^rdg gegenüberliegenben Jlüfte SDlittelitaliend, too ed no^e bei Stecanotum (jc^
Sftecanati) in einem äBalbe niebergefef^ tourbe (10. S)e)ember 1294). !Radb ber 93eft|enn
biefed 3B3albed, ber frommen Saureta, tourbe bie in htrjem ju großem Stuf gdangenbe
älnbad^t^ftötte bemnöd^ft ,,$eiltgtum ber gloneid^en ^^ungfrau Don Soreto'' (saodlam
gloriosae Virginis Mariae in Laureto) benannt. DoÄ foQ fie aud^ l^ier, )ur älb^
86 toenbung ber Don im äßalbe ^aufenben 9iäubem ^er bro^enben ®efa^ nod^ einmal
eine tounberbare SSerfe^ung erfahren ^aben, taufenb Schritte näl^ niu^ Slecanatum
f)'m auf einen $ügel, toofelbft fte enbltd^, nad^bem bem Streite ^toeier bort anfäfjtger
S3rüber um il^ren ^eftft burd^ eine nod^malige SerrüdCung um $feilf(^u|h)eite geto^tt
toorben toöre (!), )ur Stulpe gelangte unb i^ren bauemben Stai^ort erhielt (7. 6e|)-
lotember 1295).
(Sinen erl^ebltd^en Sluffd^toung na^m ber Soreto^SBallfa^rtdlult erjt feit ber 2. ^älfte
bed 15.3al^r^unbertd. @rft btefer @))0(^e gel^ört bie (Sntftel^ung bed j[ener ^nfd^fttafel )u
®runbe Itegenben S3eri(^ted bed $ro))fted Xeremamtud bei ä3a))tift Don 3)lantua an, too--
nad^ teil« ein ßinftebler, teite „jtoei red^tfd^affene Sürger Don Stecanati" — beren einet
46 Derftd^erte : quod avus avi ejus vidit, quando angeli praedictam Ecolesiam per
mare portaverunt, toö^renb ber anbete [\d^ auf bad 3^9^^ f^^^^ ^^^ ^(äjitt alt-
getoorbenen ©rofeDaterd berief — bie S^atfad^e ber tounberbaren ßerbeibringung bet
casa Santa aud bem 3){orgenlanbe Derbürgten. @rft in biefe 3^ f^^ bie ©efd^ic^te
Don ben angeblid^ tuxi) eine bämonifd^ie $etfon )u ©renoble 1489 gebotenen toei^fagen«
60 ben 9tuffd[ilüffen, toeld^ie genaue Sröffnungen barüber brad^ten, an toelc^en Stellen M
ungefähr 40 %n^ langen ^aufeiS 3Jlaria einft gelniet ffob^, <d^ ber @r)engel i^ erfc^en,
too btefer leitete bei Ueberbringung feiner SSotfcpaft ftanb, burd^ toeld^ed ^mfler er j^erein»
lam u. f. f. 9lud[i bad über biefem ^enfter angebrad[|te, angeblich Dom 1^1. Sula^ ^
rü^renbe Jlrujifiibilb fotoie ba^ gleid^ifaHd bem Sula^ beigelegte bdljeme SRuttergottedbilb
66 (Dgl. oben) ftnb Äunfti)robuftc too^l ebenbetfelben fjjoten ^eit 3" P^ f^^ ^^^ minbet
bie frü^fte ))ät)ftlid^e Jtunbgebung getoid^tigeter 3lrt ju Sunden ber I^L Jungfrau Don
2oreto, eine SuIIe ©iytu« IV. Dom gö^te 1471, toeld^er toeiter^in eine fold^ Don ^uRud H-
(1507) folgte, toorin betreffe ber angeblid^en Xrandlofation bed ^l. ^aufeS aud 9{a)aret^
nad^ Soreto bet d^arolteriftifd^e 9ludbrud gebrandet ift: ut pie creditur et fama eet
60 (f. bie beibcn $uQen bei Stai^nalbud }u ben betr. ^ol^ren). fernere ))ä)){Ui(^e SBoljflt^ätet
i9nto 649
bed £oreio<$eiligtumd tourben Slemend VII. (geft. 1634), ber il^ feftm ^nbamente
unterbauen unb ft>ä^enbbem bie gro^e ^öljeme casa buci^ftäb(ul^, an fUirlen Xauen auf-
J^^gjt, in ber Suft fd^toeben lie^ ; @i|tud V., ber gum @d^u^e ber SoretotooIIfai^er einen
titterorben ^ftete (f. u.), aud^ bie bie casa santa umgebenbe Jtird^e ^ra(l^tt)o(I ou^
fd^müden lie^, toed^olb il^ neben bem Eingang berfelben ein Senhnal in Ueberleben^ 6
gröfee errichtet tourbe ; Ignnocenj XII. (geft. 1700), ber ju ®l^ ber ^l Jungfrau bon
£oreto ein befonbere« Officium cum missa ftiftete; Senebitt XIV. (geft. 1758), ber
^ bed ZronäoIationdtDunberd in feiner berühmten ©d^ft über bie „Selige unb ^eilig^
torec^ung ber Jtned^te ®otted'' annol^m. Unter ben bem l^(. $aufe bäj}ftli(^erfeitd exieilten
SSoruc^ten ift befonberd bemertendtoert bie S^emtion bon fonftigen ^öperen (Seric^tdinftonjen, lo
fo ba^ aHo XnQogen j. S3. toegen @rbfc^aftderfd^Ietd[iung, Xeftamentdfölfd^ung k, nur bor bem
eigenen @(erid^^Df e bed I^L &au\^, afö 9tid^ter unb ^ortei )uma(, abgeurteilt n^erben bürfen
— ein ^ribilegium, toomit fonft nur nodf bie ^ril bon @t. $eter begabt ifi %idf bie
Seß&tigung unb ^ribil^erung ber jal^lreid^en 91ad(|bilbungen bed Soreto^^aufed an anberen
Orten (f. u.), fotoie feit bem 18. ^al^r^unbert bie toeite SSerbreitung ber Souretonifc^en i6
Siturgie (f. u.), I^aben nid^t toenig jur $ebung bed ätnfel^end bed berühmten SBaQfa^rt^
otteiS beigetragen. — SBetteifemb l^aben aadf tat^olifd^e ^rften, befonberd unter bem
Stnfluffe beS ^^^i^^o^^^^ <^^ ^^ ^au))tg5nnerd unb ^örbererd bed Soretofultud ftel^enbe,
bod „l^eilige ^au^'' befd^enlt unb feine ^ere^ng )u ^eben gefuc^t. Selannt tfl, ba^
^binanb II., ber UnterbrüdCer be^ $roteftantidmud in ben l^abi^burgijd^en Srblanben»
imb jeittoeilig aad) in 2)eutf(^Ianb, bad ®elübbe, tooburd^ er fic^ )u biefen blutigen
®Iaubendt^aten berf)flidbtete, amäUtar ber ^(.3Jlabonna atfioretoabgele^ bot Souid XIII.
bon ^rantreid^ fd^müdne bie S3ilber ber lauretanifd^en ÜRaria unb bed (S^riftudlinbed ba-
felbfi mit golbenen Itronen, befe^t mit foftbaren perlen unb @be(fteinen ; Don ben barauf
ougebrac^ten SotiDinfd^riften befagte bie auf ber ^rone ©^fti : „Christus dedit mihi, 25
Christo reddo coronam.'' S3efonberd goil^Ireid^ bertreten unter ben Si^en ber Jlird^e
S2oreto ftnb bie al^ SSotilrgefc^enle jum 3)anl für erbetene unb erl^tene ^tad^fommen^
^ gef^enbeten Jtinber Don mafftDem ®o(be ober Silber ; fo u. a. ein 24 $funb fd^toered
Jtinb Don ®oIb, ber SRabonna baraereid^t burc^ einen 351 ^funb fd^toeren @ngel Don
Gilber — bie ganje ®ru))^e gleid^falld ein ®efd^ent Souid XIII. gum Sante für ben ao
\pcd geborenen X^onerben Souid XIV. ^aft nod^ loftbarer ift ein neben bem ^axipU
bilbe ber SRabonna htteenber @nge( Don ®oIb, gefd^müd(t mit diamanten, toelc^er ber
SRabonna ein ^erg barreid^t ; ed ift bied ein äßeifegefd^ent Don ber ®ema]^Iin ^atoH II.
Don @nglanb etnige 3^^ bor ber ®eburt i^red So^ned, bed $rätenbenten ^aioh III.
Siele SBeilffegefd^enie Don SEBert Rängen ober l^ingen früher aud^ unmittelbar an oer Statue 86
3Rariag, unter beren ®etoänbem (Dgl. über^aut)t Seiffei, 6. 23—26). Äum Unterhalt
ber )a]^lrei(^en etvig brennenben ®olbs u. @ilberlam))en ber 5tird^e foQen iäi^rli^ 14000$funb
an 9Bad^ unb Öl Derbrau^^t toerben ; für jebe 2arr(pt foQ ein Jla))ital Don 1000 Xl^em
ober me^ aefKftet fein. (Snorme Summen floffen ber Jtird(|e unb i^rem Jllerud aud ber
Xbbaltung ber »al^lreid^en ^Reffen, burd^fd^nittlid^ 40000 iäl^rlid^, )u. Um bie 3^^ ^^^
l^ikpfiten Slüte oed 2iefuiti^mud, )u älnfang beiS 17. ^a^r^unbertd, foQen jal^raud jai^rein
an 200000$ilger nad^Soreto getoaUfal^rtet fein. ®^am @nbe bed 18. ^al^l^unbertd na^m
biefe $ilgermaffe bebeutenb ab ; Dollftönbig gerftört fcpien ber ©lanj Soretod, afö bie t^an^
jofen 1797 bie S^ö^e ber Jtirc^e faft gänjlid^ ausraubten, ^od^ gab 9Ia^oleon fd^on
1800 toenigften« einen 3:eil berfelben jurüdf; unb feit ber Jleftitution beS ^efuitenorben« 46
unb ber 9teubelebung ber ultramontanen Seftrebungen burd^ i^n ^at [xq bie ^ilaer«
frequen) ioieber bis m jäl^rlid^ 100000 unb mel^r gehoben. 3^ ben mand^erlei Sräudpen,
tüorin bie entl^fuiftifd^e Slnbac^t^timmung ber heutigen Soreto^^ilger i^ren Slu^rudC finbet,
8e^5ren u. a. : htteenbed 92ieberfallen fd^on beim erften Slnblid ber Ruippd beiS ^omiS ;
nieenbed Srllimmen ber bad ^eilige ^ani umgebenben Stufen fotoie Jtüffen ber äßönbe, 60
bedfelben; Seidbte unb Jtommunion in ber Jlird^e, bejto. in ben feit 1894 in beren S^or
bergerid^teten Rapdlm für bie ^ilger ber Derfc^iebenen Stationen (grangofen, Seigier,
i>eutfd^e 2c.); Sarbringung Don großen Sterben, toeld^e über unb über mit ®elbftüdCen be^
Mtt fmb; auc^ too^l 2:äton)ierung bed SlrmS mand^er $ilger mit einer baS Silb ber
SRabonna Don Soreto barfteHenben blauen 3rid^nung u. f. f. (Seiffei, 6.131 f.; Dgl. 3^rebe, 66
5Da« ^eibentum in ber römifc^en Äirc^e, IV, 1, 323).
Seine lünftlerifc^e äluSftattung, fokoeit fte Don bebeutenberem SBerte ift, Derbanft ber
S)om Don )&)reto l^aut)tfa(^lid^ jenen Steftaurationen unb Derfd^önemben Srtoeiterungen,
iDelc^e bie $ä)}fte ^uliud IL, Seo X., SlemenS VII. unb f^äter @i|tud V. i^m angebetl^en lte|en.
Unter ben (Erftgenannten, toä^renb ber ^. 1510 bis gegen 1525, toanbten !^ca SignoreQiao
660 Sorrto ioi
unb ber gto^e Silbl^auer Sanfobino ber casa santa iBre X^gfeit )u ' bed b^term
^arfleQung ber SSerMnbtgung, feine ^ro))^eten unb @tb)^Qenfiatuen bofeKfi f^dfim ju
ben au^e^eid^netften @d^ö))fungen ber ftrd^Iid^en $IafittI. ^n ord^teftomfcper ^inft^^ ^e
Sramante (geft. 1514) i^m borgearbeitet burd^ Anlage einer mächtigen od^temgen Sbi^,
6 burd^ bie äußere SSerfleibung beS Somd mit SRormor 2c SSoDenbet tourbe ber Sau unter
©i^tud V. 1587 ; unter il^m erhielt er ben Rinnentron), ber i^m fein ^l^ed feffatnad^
artige^ ätu^fel^en berleil^t. 93gl. bie genauere ^efd^reibung be^®ebdubed mit fernen 21x0«
ptÜm (12 in ben Seitenfd^i^en unb je 3 in ben brei Jtreujegormen) unb boren rei^ien
Sc^mudC in bem ,,Sauretanifd^en ^i^erbud^'^ bon SSoIentin SBfirgler, O. min. (SBib^
10 bürg 1879) ; aud^ ©auren, ®uranb unb Seiffei (a. a. D., ©. 21 ff.) fotoie bie Seipjiger
Sttufir. Reitung 1896, 23. 5Roüember • enblid^ bie Sleifei^bbü^er für gtolien bon
ÜBuna^, ©fett^fö 2c. — Über bie Soreto^ßäufer ober Ülod^bilbungen bc« Dri?
ginafö ber Casa santa an berfd[|iebene SBaQfa^rtdftätten bed SRobonnenntltd f . u. a.
%xf!bt, Sad ^eibentum in ber römifd^en Aird^e 2c. II, 98, too \ptutH bon einem foldjien
16 SoretO'^eiligtum )u ä(berfa in Sam^mnien ge^anbelt ift. 3)ie 3^( ber beutf^fen itult^
ftätten biefer älrt beträgt nad^ Sauren 26, toobon ongeblid^ 8 auf 9lei((^ä>eutf(^Ianb,
9 auf Öfterreid^ unb 9 auf bie Sd^toeij tarnen; boc^ neigt Seiffei (a. a. O., 6. 27)
baju, r^e auf minbeftend 50 ju fd^ci^en. 3^ ben berü^mteften gel^dren bie auf bem
@^5nenberg bei Sntoangen, bie auf bem ^obel bei Sug^burg unb bie in bor Jtölner
30 $farrtird^e jur 1^1. ÜRaria in ber j{ut)fergaffe.
3)ie neuerbingd infolge i^er eifrigen @m))fel^Iung fettend jefuitifd^ SRoriobgen gu
toeiter Verbreitung gelangte Sitanei Don Soreto (Lit. Lauretana) batiert tofSbix btd
}u ben Reiten ber ä())ofte( noc^ aud^ nur bid gum ^ofyct 1294 gurüdC, rü^ btebnel^ in
t^rer ie^tgen ®efta(t erft aud ber atoeiten $ölfte bed 16. ^[al^r^nbertd f^ (älte^ 3)ru(I
26 bom ^al^re 1576). ^en älteren %xopm, beftel^enb aud bem oft tüteber^olten Sittruf
„Sancta Maria, ora pro nobis !'' tourbe barin, tool^I in @rinnerung an ben Sieg
über bie dürfen bei 2tpanto (1571), bie ^[nbocatio „Auxilium christianonim'' 1^
utgefügt. 93gl. 9(ngeIo be Santi, LeLitanie Lauretane. 2.ediz.. Roma 1897 (canif
beutfc^ burd^ 3. SRörgel; „®. £. Sit.", 5ßaberbom 1900); bgl. «. Siodf inZ^DS 1605,
80©. 317 f.
3ur ®efd^id^te bed Sidtumd Soreto (ober genauer ber Dioecesis RedneCensis
et Lauretana) t>gl. Ugl^elli, Italia Sacra I, 766—771 ; SKonalbo SeojHirbi, Serie
dei Vescovi di Recanati ; ®amd, Ser. episcopp. ecd. cathol., p. 719.
Über ben 1587 üon ©ijtud V. geftifteten Slitterorben bon Soreto (Ordo et Re-
86 ligio Equitum Lauretanorum Pontificiorum, ober aud^ : Defensori della S. Casa
di Loreto), toeld^er bie Soreto-^ilger gegen lanb- unb feeröuberifd^ed ®efinbelju f^ri^^
l^aite unb ftd^ bid in^ 18. ^al^rl^unbert hinein in einer ©tärle bon 200—260 SRitgliebem
erhielt, f. 9. ©iuftiniani, Hist. cronol. dell' origine degli ordini cavall. etc., Venet.
1692 ; au4 Slel^er im AR. a. a. D.
40 äBegen ber nad^ bem Heiligtum üon Soreto benannten ^rauenfongregationen
f. Sb VI, 240, 16—21. awiet-
fioretofi^ittiepeni f. Sb V ©. 392, 37—42 u. Sb VI ©. 240, le— 21.
fiot (i^'"^) Reifet in ber ©eneft« ber ©olj^n Aarane unb 9leffe äPbral^am«, toeld^ biefen
auf feinem 3uge aud (S^aran nad^ Jlanaan unb $g^))ten begleitete (12, 4' 13, 1). 9Ran
46 bg(. über feinen ^vlq mit Slbral^am, feine Trennung bon biefem, feine Gefangennahme
burc^ Äebor^Saomer unb feine Befreiung ben 3lrt. Sbral^m S3b I ©. 107.
9tod^ gefäi^rlid^er aU jene au^Iänbifd^en ^inbe tourben bem Sot bie Setool^ner M
©ibbimtl^aled fe(bft, nä^er bie üon ©obom, unter benen er ftd^ aufj^ielt. 3^^^ erlangte
er in biefer ©tabt, toeld^e bie ^aut)tftabt bed ®aued getoefen )u fein fc^eint, eine ange^
60 fe^ene Stellung, üieQeic^t infolge jener ^ajtotfd^ienhtnft 9(bra|amd, ber bie ©obomiter
gleid^foUd biel ju banlen l^atten. SQetn biefed in feinen ü!ppx^ fc^önen SBol^nft^ fittli((
tief l^erabgelommene ©efc^Ied^t fa^ bod^ im ©runbe ungern btefen „^embling^ in feiner
3Ritte, beffen guteiS S3eifi)ie( eine forttoöl^enbe Slntlage feiner Umgebung toar. Sgl ®en
19, 9 mit 2 $t 2,7. 8. Ste bie ®reuel, toeld^e in befonberem aRofee bort im ©^toonge
65 toaren, erfd^einen jene n)ibematürlic^e ^leifd^edluft, bie mit ©obomd 9{amen f))ri(^ta>5rtrtd^
berbunben ift unb grobe 93erle|ung ber j^eili^ften ^flid^ten gegen bie 3Renfd^, a. 9. be^
©aftred^teiS ; bam eine fred^e, l^off artige ©td^ier^eit bei foU^em toüflen ©ünbenleben, @i
16, 49 f.; bgl. Sc 17, 28. 29. 9lud^ eine« Slbral^am inftänbige gürbitte (®en 18, 16 ff.),
Sot 661
ta>eld^ mc^t nut Don feinet treuen Srüberltc^Iett (jegen Sot »engt, fonbent ben ^^nb
®otted au^erbem auf ber $öl^e Don ®en 12, 3 geigt, Dermoopte bod ©erid^t über jene
SünbenfUibte nic^t me^r auf}itl^a(ten ; benn teine gel^n (Sered^te tooren in @obom )u ftnben.
J)ie ®ngel ©otteS, toeld^e — menfdplid^ gefjjrod^en — ben ©tanb ber ©inge in jener
Stobt erhinben foHten (t>g(. 18, 21), fanben bort ben @m^fang, toeld^er bie SetDol^ner 6
fenn^eid^ete (19, Iff.): ^terifd^e Stud^toftglett ber 3Renge, bie jebed l^eilige ®efe^ ®otted
ungefc^eut mit t^^en trat (19, 4 ff.), freunbfd^aftlid^e unb aufo))fembe Slufnal^me Don
feiten 2otö (®en 19, 1—3; ßbr 13, 2). Unter bem le^en ®eft4^t^unft ift oud^ 19, 8
|tt begreifen: Um bie ^eilige $flid^t bed ®aftfreunbed ju toaJ^en, ift Sot fogar bereit, bie
eigene gomilie gu o)9fem, toad freUid^ bie gdttKd^en ®äfte nid^t gulaffen. $ad Tla^ ber lo
Sünben Sobomd unb il^er Umgebung toar DoQ. 9(n biefem in bie fd^Iimmften fiafter
beö ^eibentumd fo tief Derfuntenen ®efd^Ied^te ^t ®ott ein für aQe 3^^ erfd^retfenbed
QjS^mpd flatuiert. 3Bäl^renb fte in ber Sid^eri^eit ber SSerblenbung nur Don fc^mlofer
6ünbenluft brannten, toaren bie 9tad^eenge( fd^on in ber @tabt unb ur))(5ft(id^ brad^ ein
®m(^t herein, ft>e(d^ nur Sot mit genauer 9^ot entrinnen lonnte, ni(^t opne bag aud^ 15
einige ber Seinigen i^ren fal^(äfftgen Unge^orfam bamit büßten, ba^ fte in ber 3Riffet^at
ber Stobt umlomen.
2)ie Sd^toiegerfd^ne Sotd, too^I erft Dertobt mit ben nad^^er genonnten ^üj^ttm
(3of())^. Sulg.)/ ft)otteten ber äßamung unb blieben an bem jum Untergonge getoet^ten
£jirte. Sot felbfJ mufetc toie mit ®eh)aJ[t bem SSerberben entriffen toerben (16, 19 f.). ®rao
ift ein trefflid^ Seif^iel bafür, toie ber $err autoeilen bie Seinigen, toenn fte nid^t fo
gloubentoutig^unb entfa^imgdfrettbig ftnb toie Sibral^am, bur(^ mäd^tige^ @ingreifen foft
toiber il^en SiUen au^ tl^er Umgebung unb Don i^rem Seft^e l^intoegrei^en mu^ ju
1^ Slettung. 9lod^ fd^toerer ofö Die ^etnbfd^oft ber SEBelt ift berSt)ott ber SSertoonbten
m trogen unb ber Sßct auf aQed, tood i^ Don irbif(^en ®ütem feft^ält, (ie^e einen 36
fo(f^ 9Renfd^ nic^t jum @ntf(^luffe {ommen, toenn nid^t bie $anb bed ^erm il^n ge«
bieterif(^ ergriffe unb Dom Orte ber ®efa^ entfernte „traft ber Sd^onung ®otted üoer
i^'' (S. 16.) Singe^ärft tourbe bem Sot, nid^t umjufe^en unb nid^t ftille )u fte^en,
btd er ind ®ebir^e löme. 9(ber fo toeit reid^te bie Straft nic^t. So erbettelte er ftd^ bie
(Erloubnid, in ÜR^'or ober Qo'ax bleiben ut bürfen, toeld^e Stobt fo Hein fei, bo^ fte ao
tooi^l bem Unteraonge entrinnen fönne. vlaä) 13, 10 ift bied ber füblid^fte ^unft be^
Sibbimt^Ied unb jtoor tool^I nid^t auf ber Don Often toeit ind tote iDteer Dorf))ringenben
ßolbinfel (Slobinfon), fonbem toeiter füböftlid^ m fud^en. (SSgl. SBe^ftein, @i:curd )u S)e»
li|fd^ ®eneftd 4. ä(., S. 564 ff.) Sod SSeib Sotd, bem SBeic^bilb ber Stobt bereite
eiänffen, lonnte ftd^ nid^t entgolten, ben Slid borti^in gurüdCjutoerfen unb fo bod gegebene 86
Sabot )u übertreten, toeld^eiS too^I borin feinen ®runb l^otte, bo^ bei ber bringenb nötigen
Site ein loubember StüdEblid )ur äSerjögerung fül^ren unb fo DerberblidEf toerben tonnte,
Diedeic^t ouc^ borin, bo^ bod göttliche Saiten m feigen bem unl^eiligen Su^e ber Sterbe
lidfm nic^t jufle^t (JtnobeO. (@ine qregetifdSi toertlofe Segrünbung geben bie Stobbmen bei Sifen»
menger, (Sntb. Igubent. II, 455.) ^ojS Strofgerid^t ereilte bie Unge^orfome. 3^^ Soljfäule 10
erjtcccrt, mu^ fte old hmmenbed SBei^iel forton am 3Bege ftdben. S)iefe äfngobe ^ängt
mtt ber @ioentüm(id^teit bed „toten ÜÜeered'' jufommen, bod betonntlid^ unDerl(fäItnidmä^ig
ftort mit Sol) gefertigt ift, fo bo^ bie äludbüttftung bed Seed bie ®egenft&nbe mit einer
Sol3lrufte über)iel(^t. SBenn olfo bo^ oud $eimtoe^ nod^ Sobom ober oud SSortoi^ gurüdC^
bleibenbe SBeib bad Dp^tt feinet imgel^orfamen Säumend tourbe, fo log nol^e, in einem 46
ber Soirfegel, toel^^e am Ufer be« See« emj^onogen, il^e toomenbe (Sc 17, 32) ®eflalt
)u erblioen. 3u ailen ^Atm tourbe fte in biefer SBBeife Don ben Setoo^nem jener ®egenb
gnetgi S3gl. äBei 10, 7; SofcjJ^u« ait. I, 11, 4. ©benfo bezeugen i^ SSor^benfein
eiemene[ 9lom., grenöu«, 3:ertuuian. Db immer biefelbe Säule bafür ausgegeben tourbe,
iß froglid^ * ebenfo, ob bie Don Volmer entbedCte ^Ifennobel, toelc^e gegentoärtig bei ben 60
Scbuinen bafür gilt, bomit ibentifd^ ift. ^ebenfoUd foll biefelbe boS äBeib Sot«, nid^t
Sot« loc^ter (Sltebtn, $btob. unter Sot mit «bbilbung), borftetten. SSgl. 5Palmer, Sd^ou«
))Iot; ber 40iä^. fflüftentoonberung 3«raete, 1876, S. 371 ff.
Do« über bie gonge @bene l^ereingebrod^ene ®eric^t felbft toirb olS ^er« unb
©d^toefelregen bejei^^net (Dgl. 5ßf 11, 6; 6^ 38, 22), infolgebeffen bie gonge ®egenb66
,,umgelel^", b. ^. Don ®runb ouiS Dertoüftct tourbe (bie orobifd^en Jtommentotoren bed
Itoron molen freilid^ biefe Umtel^ng bo^in ouS, ®ott l^obe bie Stäbte toie einen Jtu^
in bie i5d^ gehoben unb in ber Suft um^etoenbet). £a^ toir ed ^ier mit einem gefd^id^t»
lUfm Slotureretonid )u t^un l^oben, ift nt(^t obgutoeifen. DoSfelbe l^t [xi^ ben umliegen«
ben S^öltem tief eingeprägt unb tourbe, jumol in ^öroel, )u aOen 3^^^ ^^ benttoür» gq
662 &üi
btged ©ottei^erid^t im @inne getrogen. SSgL S)t 29, 22; am 4, 11; $d 11, 8; gef
1, 9; 3, 9- 3er 20, 16- 23, 14; 49, 18: 50, 40; Älagel. 4, 6; 3e 2, 9. Suc^ kie
JQafftler tDtf|en Don ber Kotaftro^^Be. Strobo n>et^ aud ber SRelbung ber @mgeborenen
bon breige^n in jener ®egenb gerjtörten Stobten unb leitet bie Sntfte^ung b^ @eed bon
6 @rbbeben, buRanifd^en SluiSbrüd^en unb a^pf^alU toie fd^toefeli^K^gen l^^en Duellen ob.
^citud, Hist. V, 7, enöi^tt bon einem ungel^eueren, burd^ S3(i|e en^ünbeten Sronbe
biefed Sanbftrid^ed. 3biq bie geogro^l^ifd^e S3ef(^affenl^eit bed toten SReered (bahr lüt
„wer bed Sof' nennen ed bie ätrober bid ^eute), ift baut ongetban, jenen getDoÜfamen
SKudbrud^ gerftörenber SIemente ut bezeugen ober bo($ lei^ter benibor ju nutzen. Siebe
10 barüber ben Slrt. $aläftina. ^er fd^koefel^ unb a^l^ltreid^ Soben (14, 10) mac^t
namlid^ einen unge^euem (Srbbranb toal^rfd^emlid^, ob nun berfelbe burc^ Srbb^en ui^
buHonifd^e SuiSbrüc^e (@trabo) ober bur^SBIi^e bom^imme((2acitud; bgL ben biblifc^
^erregen) en^ünbet toar. ^it ber bibKfd^en @r}ä|(ung, toonad^ nur bie X^okbene
babon betroffen tourbe, ftimmt genau überein, ba| bte umliegenben ®ebirge {einorlet but
16 lanifd^e Störung auftoeifen (^offmonn, S3(idCe in bie frül^efte ©efd^id^te bed gelobten Sonbed,
I, ®. 33). 3<^folB^ ^^ Jlataftro))^e ift gtoar bod Solgmeer nic^t erß entffamben, too^I
ober baiS füblid^e ®e(änbe bedfelben berfunfen.
S)ie erjä^Iung 1 2Jlof 19, 1—28 gehört ber jel^obiftifc^en Duette an. S. 29 f<^
aa& P entnommen, in toeldpem bad ®ame nur fummarifd^ enä^It ixmr. 93. 30—38 folgt
90 aui^ ber erfteren nod^ eine etl^nogra))^ifd9e Überlieferung, toelcpe ben Urf^rung ber SRoabiter
unb 9(mmoniter enäblt, beren gemeinfamer ätl^n^err ^ot ifi ^n 3^^ ^K^^^ ^^^ nid^^,
fonbem ftieg xni Gebirge hinauf mit feinen beiben ^^öd^tem, unb too^nte bort in ^ö^Ien.
@^ fd^eint olfo feine Siiftenj nad^ ber Jlataftro))^e immerl^in eine lümmerlic^e getoorben
)u fein. Sabei erging ed ibm toie nid^t feiten berf))rengten @tömmen, bie in freni^ Um
26 gebung fid^ nieberge(affen Ratten: er ^atte 3Jlül^e, ftd^ fort^u))f[an2en. 93on feinen Zdc^tem
toirb erjöl^It, fie l^ötten au^ ber Seforgnid, toegen il^er tfolierten Sage teine SRomier }u
bdommen, fxd^ unerlaubterloeife bon i^rem SSater !Rad^{ommenf(^aft erfc^Iic^en, tooron bie
Hebräer (Sant bolfMmlid^er @tbmoIogie) bie 9tamen 3Roab unb ämmon erinnerten:
=i«'i^ f. ü. a. 3«73 unb V^2? gleid^ '^'^ria gebeutet (93. 38), b. 1^. ©ol^n meined nS^^en
80 9Iutgk>em>anbten bg(. 3at3B 1888 @. 282 f. 93ea(^te bie berbeutli^enben 3uf% in
LXX gu 93er« 37—38. 2ot felbft fj)ielt babei eine äj^nlic^ untoürbige Slotte, toie 9M
bor feinen Söl^nen, aber feine @d^u(b ift bie fleinfte. Sad getoiff enlofe 2^un berX5(^ter
betoeift, bag fie bom gottbergeffenen @obom, au« bem tool^I audp xfyct 9Rutter fitommte,
nur )u biel mitgenommen l^atten. Jlnobe( finbet in ber Srjäl^Iung biet Untoo^c^einlic^,
86 allein ba« barf man nidbt an^ ben 9(u^en laffen, ba^ ed toeniger eine J^miliengefd^ic^te,
a(d eine Stamme^efd^id^te ift, jtoar ntd^t, tote feit be SBette manche Sceuere bd^au))ten,
eine ^ure (Srfinbung be« l^ebröifd^ien 93olI«^affe«, eber eine Überlieferung, toelc^e an ben Um
mti^olt l^atte. ©ie mod^ten fidb
öl^nlid^e 93ergel^ungen, tote fte l^ier i^ren ©tammmüttem gur Saft gelegt toerben, ak foU^
fitten ber betreffenben ©tämme einen bleibenben älnl^alt l^atte. ©ie mo(^ten ftdb burt^
40 betoeifen, in benen ba« terad^itifd^ie 93lut mit ©obom« Unart befledEt toar. 93dnerei unt
93lutfd^anbe bannte bort ntd^t ba« ftrenge ®ef^ be« ^eiligen ®otte« !3«rael«. 93gL jur
SlS^arafteriftil biefer 9SöIIer j. 93. 31x1 25 unb 2 Äg 3, 26 f. 93ead^ten8toert ift ober au(^,
toa« ®unfel (®enert«, 1901, ©. 197 f.) erinnert: ba^ bie ®efdbid^te ganj tool^l ber mo»
abitifd^^ammonitifd^en ©tammfage entnommen fein tonne, tnbem nac^ oltertümlid^fier
46 ©d^ä^ung bie Srjielung üon 9tad^!ommenfd^af t bem SBeibe fo l^od^ ftanb, ba^ e« jur @rs
retd^ung biefe« 3^^'^ I^Ö^^ ^^^ 93Iutfd^anbe fu^ nid^t fc^ämen, fonbem man biefer I^
ber ©tammmütter fogar al« einer ^erotfd^en gebenfen mod^te, toöl^renb aüerbing« bod
i«raeltttfd^e ®efül^I baburdb beleibtgt tourbe.
2Ba« ben ganjen ß^flu« ber ®efd^ic^te Sot« betrifft, fo ift er fidler nic^t ein Sr*
60 jeugni« jjübifd^er $|antafte, fonbem ber üielfad^ an lololen @rinnemngm l^aftenbm Über«
liefemng mtnommen, bie ein allgemeinere« @r6e ber älbra^amiben toor. 93^1 Deßftfc^
m $iob 15, 28. 3!)ie gan^e Haltung ber Srjöl^Iung entf))rid^t jener ^^atnon^iftlen
^ieriobe, too burd^ ®otte«furd[|t unb 3Jlmfd^enfreunblid^Ieit (bgl. befonber« ba« ^ig gc^
l^altcne ®aftrec^t) jene einfacheren, ed^t femitifd^m §irtenftämme fid^ vorteilhaft toor ben
65 abgefeimten 93eh>o^nem ber lanaanitifd^en ©tobte au«2ei(^netm unb bie ^mmflen einc^
unmittelbareren Umgang« mit ber ®ott^eit fid^ erfreuten, al« e« f))öter felbft im Sötte
®otte« ber goD toor. 35ie parallelen au« bem gried^tfd^m ©agenirei« (ber SBefu^ breier
®ötter beim greifen §^rieu« Ovid. Fast. 5, 494 ff. )u ®m 18 unb ber jtoeier ®ött<r
bei ^^ilemon unb 93auci« Ovid. Metam. 8, 611 ff. ju ®enl9) ftnb bemerfen«toett,
60 beredjftigm aber nid^t jur älnjtoeifelung ber Originalität be« biblifc^m Stoffe«. — 3)iefc
Soe inhhtttu» (Siitanhn» 653
t^ jugdtommene UeBerlieferung ober ^ot ber tötaelitifd^e SSerfaffer in ein größeres ©anged
mit ^ebad^t aufgenommen. 3Bte ü6erl^aut)t bie ®eneftd bte @ntftel^ung bed idraelitifd^en
SoUdtum^ im gelobten Sanbe unb bad SSerl^ältnid bedfelben jur übrigen üRenfd^^eit, ind«
befonbere ouc^ ju ben ftammk>ertoanbten 3ladßaxn, toie @bom, ^S^mael u. f. to. Ilorlegt,
fo toirb l^er badjenige jn^ifd^en ^^xad unb ÜRoob^Slmmon georbnet. äBid^tig ift, ba^ 6
bicfe freitoiOig an Slbtol^am bo^ Sanb ber 93er^ei|ung überladen unb ftd^ bamit ieben
älnf^mid^ auf bodfelbe begeben ^aben. 93on bleibenber S3ebeutung ift femer, ba^ biefe
Stamme mit ^l^rael burcp SSertoanbtfd^aft unb gemeinfame @rlebniffe Derbunben jtnb,
tDorouf aud^ toeiter^in bad SSoI! ©otted Stüdfui^t nel^men foQte (St 2, 9. 19), ebenfo^
fe^ aber, ba^ jtotfd^ien biefem unb jenen eine moralifd^e Jttuft beftel^t, toeU^e fte tiefer lo
unterfd^eibet, old bie freitoiQige örtlid^e Trennung fte einft gefd^ieben l^at. 3)iefe JUuft
l^ben bie lotifd^en Stamme burd^ t^r feinbfeliged SSerl^alten erweitert (St 23, 4 f.), h)e((^er
Unbonl gegen Slbra^amiS 92ad^tommen ebenfo ben alten Xrabitionen n>iberf))ra(^, ald er
ben immer größer koerbenben älbfianb gtoifd^en bem 93oUe ®otted unb biefen ^eibnifc^
geworbenen Schöffen au^ befferem Stamme ertennen lief;. ip. Orelli« 15
2nlhtxtn» Sibranbud, geft. 1625. — Sixtini Amama Sermo fonebris habitas post
exequi&B D. Sibr. Lubbertd. Fran. 1625; £. L. Vriemoet, Athenarum Frisicarum ubri
duo. Leov. 1758, p. 1—19; e. 3. $). Xjabcn, 3)a§ gelehrte OftfrieSlanb. «lud« 1785, I,
245 — 262; Sftr. @cpp, Het godgeleerd onderwije in Kederland, gedurende de 16« en 17«
eeuw, ßeiben 1873, I, 135—143; 5B. 53. ©. ©oelcÄ, Frieslands Hoogeschool en het Rijks 30
Athenaeum te Franeker, Leeuw. 1878, 89, II, 29—34.
SibranbuiS fiubbertuiS toar ber erfte ^rofeffor ber ^eo(ogie an ber 1585 geftifteten
Uniberfit&t ju ^aneler in f^edlanb, too er gu feiner ^^i^ ^^ ber befannteften unb
tüchtigsten nieberlänbifd^en ^^eologen toar. 3Rit jel^r biel ©ele^rten feiner 3^t ft<in^ ^
in S3riefta>ed^fel. @ine gro^e älnjol^I Don Briefen Don i^m toie an il^n ift gefammelt im 25
„älrc^ito ®abbema'' ju ^eeutoarben, toäl^enb biele anbere an Derfd^iebenen pä^en ge^
brudEt finb.
(Seboren ift er )u Sangtoarben in Oft^gfrie^lanb 1556 ober 1557 unb erlogen in
Sremen bom Sleltor SKoIanuiS. hierauf ftubierte er in Wittenberg, SRarburg unb ®enf,
tDO er ein treuer Sd^üler Don S3e)a toar, mit bem er auc^ in fd^riftlic^em SSertel^ blieb, so
1577 toar er in Safel, Don too er nad^ 92euftabt jog, too bamold bie i^eibelberger eDan«
gelifc^^tl^eologifd^en UniDerfttät^rofefforen bocierten. ^efonberd Don Qao), Urfmud füllte
er ft(^ fe^r angezogen. @r Derlei^rte je^r freunbfc^ftlid^ mit i^m unb blieb il^m ftetd in
^eunbf4Ktft Derbunben.
^m ^cä^ 1583 toar er in @mben tl^ätig aU flranlenbefud^er, toä^enb er aud^ @i| 86
im Jlird^enrat I^Kitte. ^ier geigte er ftd^ ftetd ald ein „fluger gelel^er 3Rann, getoanbt
im Stebeftreit'', an bem ÜRenfo äUting einen tüd^tigen Reifer ^atte. älber bad betoog ge»
robe ®raf Sbgarb, ^öAfthm^rfd^einlid^ auf 9lnftif ten bed lut^erifd^en ^ofprebigerd fiigariu^,
ui befel^(en, i^m ben S)ienft gu hlnbigen. 3^ feinem ®lixi begehrten bie Staaten Don
grie^lanb im $erbft 1583 feinen S)ienft, um bie Sieformation in biefen ©egenben förbem 10
)u i^elfen. ^m älnfang bed ^ai)xt& 1584 fam er alfo ald ^rebiger nad^ §riedlanb, too
er bi« ju feinem 2:obe bleiben foQte, feit 1585 jebod^ al« UniDerfität«j)rofeffor in granefer.
ginen 1596 an i^n ergangenen Stuf ald $rofeffor nai) $eibelberg, too er am 27. SKai
1587 inm Dr. theol. ))romoDtert toar (nad^ SSerteibigung Don „Theses theologicae,
de quaestione, an homo in hac vita legem Del perfecte praestare possit''), 46
toied er ab.
S)ag Urteil, toeld^e« Btpp über i^n föDt, ift fe^r J)arteilid^. Subbertu« ftanb beim
Statt^lter unb ben Staaten Don ^e^Ianb in ^oj^er ^d^tung. £a^ er mit 3RaccoDiw$
(f. biefen art.), ber ein fd^led^te« Seben fül^rte, nid^t in ^eben lebte, f})rid^t noc^ nid^t
gegen ibn, S)afe er mit a^ruftu« (f. b. % 8b V S. 46) in ge^be lebte, ift au8 ber 60
^erfc^ebenl^eit bed tl^eo(ogifd[ien Stanb))untte!S beiber m erflären. @r geigte ^idf ftetd fe^r
tDo^tooDenb gegen bie Stubenten, bie ftd^ orbentlid^ fül^rten, aber er l^atte einen tiefen
$a| gegen bie gügelloftgleit, bie fe^r ftarl an ber UniDerfttät ^errfd^te. ®r toox fel^r
t^iääg unb fa^ Don ÜRorgend 3 Ul^r an bei ber ä(rbeit. äfö ^rebiger mad^te er auf
feine ^örer tiefen @inbrudf. äö ^Profeffor jog er Diele Stubenten an. ©r na^m am 66
Streit mit ben 9temonftranten lebenbtgen Anteil, nid^t o^ne fieibenfd^aftlidt^Ieit; f))äter
gab er m ertennen, ba| er ben ^rieben l^od^ad^tete unb toar traurig, ba^ 9tom Don bem
gtoieftHUt unter ben ^roteftanten 92u^en gog.
664 iuhhtttu» Sifarattktt0 Sttctatt ber ^»xtfm
®r t^ot ft>ad er !onnte, um 9lom Slbbrud^ gu tl^un. Igm ^o^ 1595 toidte er
träftig mit, um bie reformierte Aird^e in ©roningen )u begrünben. S9eim Snttourf einer
Jlird^enorbnung für ©roningen toax er auä) beteiltgt. ®egen 9tom fd^rieb er t)erfc^ene
äßerte („De Papa Romano libri decem, soolastice et ttieologice oollati cum dispu-
6 tat. Rob. Bellarmini'', Fran. 1594; „De Conciliis libri quinque", GenevaelGOl;
„De Ecclesia libri sex'', Fran. 1607; „Replicatio de Papa Romano, adversus
Jac. Oretserum'', Fran. 1609). SRami^ Dan @t. SQbegonbe ^ried fein Sßert gegen
SeQormin fei^r. 3lai)' feinem ^obe fanb man unter feinen $a))teren nod^ eine ou^ü^
Kd^e Schrift „Anti-BeUarminus".
10 alte l^eftiger ©egner bed SocinianiSmu^ n>ar er belannt SRit Unterß^jpmg ber
Obrigteit fud^te er in ben SBo^nungen ber @tubenten nad^ focinianifdJKn Septimen. Sr
felbft fd^rieb: „De Jesu Christo Servatore libri quatuor contra Faustum Sod-
num'' (Fran. 1611). 9(ud^ mit Sertiud unb SSorftiud tam er in ©treit. ®egen ben
erften fc^rieb er: „Epistolica disceptatio de fide justificante, nostraque ooram
16 Deo juBtificatione'' (Delf. 1612). ^iefe Sd^rtft lam ol^ne fein SBiffen in bie Öffent«
(id^Ieit. ®egen SSorftiud toaren gerid^tet : „Declaratio responsionis D. Vorstii" (Fran.
1611) unb „Cpmmentarii ad non agnitos XCIX errores, Lubberto a Vorstio
objectos'' (Fran. 1618). ätud^ mit ^ugo ©rotiuiS ift er in Streit gdtommen. (Segen
beffen „Pietas ordinum Hollandiae et Westfrisiae" (Lugd. Bat. 1613), toortn er
20 SubbertUjS befd^ulbigte, bie genannten Staaten beleibigt gu fyibm, toel^e er fu^ in feiner
„Responsio ad Pietatem Hugonis Grotii" (Fran. 1614).
9[tö $rofef[or bocierte er Dogmatil, toobei er aud^ ben ^eibelberger ftotec^i^mud mit
feinen ©d^iUem bel^anbelte. 3[uf bogmatifd^em ©ebiet gab er aui: „De prindpiis
Ghristianorum dogmatum libri Septem'', Fran. 1591; burd^ Seja fe^ ac)niefen,
26 1595 tPteber aufgelegt; „Replicatio de principiis Christianorum dogmatum , Fran.
1608 unb „Commentarius in Gatechesin Palatino-Belgicam'', Fran. 1618.
^m ^ol^re 1607 toar er 3JlitgIteb be^ Ston\>mM )u 'd ©rabenl^age, ber eine notio^
na(e @^nobe borbereiten «foQte, unb 1618 tourbe er ju ber nationalen St^be
)u Sorbrec^t abgeorbnet. ^ort gel^örte er mit Sogerman unb ®omanid, obloo^I
80 er mit Id|terem nid^t in allem eind toar, ui ben l^eftigften ®eanem ber ätemon^
[trauten, ^ie S^nobe ernannte i^n jum Stet^ifiond^Jtommif^ndmitguebe fftr bie Über-
fe^ung bed alten Xeftamented. 93et)or er al^ fold^ed auftreten lonnte, toor er bereite
(11, ^an. 1625) feiig entfd^Iafen.
SubbertUjS toar au^ inntgfter Überzeugung entfd^iebener Solbinift, ol^ne feine Gdb^
86 ftänbigtett baburd^ auf2uo))fem. Sefonberd auS feinen Sriefen gel^t feine @^Ii(^IeU unb
2:;reue ju tDteberl^oIten SRalen l^erbor. 3)a^ er bt^meilen l^eftig unb leibenf(^aft{id^ bei
fetner @tretttt)et{e toax, lag gang im 3<^^^0^^f^- ®^" ungeftümer S^aratter unb feine
gro^e ätrbeit^Iaft ftanben tool^I bi^n^eilen grünblid^en 9tad^forf(^ungen im 9Beg. @r toor
übrigen^ ein 3Rann, beffen SBerte einen S3en)etd großer ^reue unb ftttlid^en @ntfted ab<
40 geben, ^a^ bie Slemonftranten i^n fd^arf verurteilten, erllört ^ aud feinem ®ifem fär
bie ))er))flid^tenbe ffraft ber 93e!enntmdfd^rif ten unb aa^ feinem SBiberftanb geaen i^ Xb*
toeid^ungen k>on ber reformierten fie^re. ätber aud^ fte tiHxren nid^t k>orurteUdfrel
®. ^. na« See».
Sot^ringen f. @Ifa^«£ot^ringen S3b V @. 319.
46 Low Chnrch f. Slngai. Jlird^e 9b I @. 544, 45 ff.
Snctan ber Stftrtqrer* ^te ^At biefed bebeutenben d^riftlic^en Se^rerd fäQt in eine
ber bunlelften @))od^en ber ©efd^td^te ber alten Kird^e, f^^egidl ber ontiod^ifc^en, unb bie
eigentümlid^e SteQung, toeld^e er eingenommen ^at, ift felbft eine ber Urfac^en getooi^,
toeSifcib Sufebiud il^n unb feine ^^xi berfd^leiert ^at. SBad tt^tr über bie ^arfon unb
60 bai^ SOBirlen Sudans tDiffen, ift aud t)eretnzelten f))ärlid^en 9toti)en jufammenjuftdlen.
Sufebiud ertoöi^nt t^n in ber Jlird^engefd^td^te nur jtoeimal, beibemal, um fein
ruIj^mDone« SKart^rium in JJicomebien mitzuteilen (unter 5Kai;imin im 3al^re 312); über
feine $erfon fagt er lebiglid^ bted, bag er ein in feinem ganjen SBoi^ oudgeieic^eter
$redb)^ter in Slntiod^ien getoefen fei (VIII, 13), ba^ er ein ent^tfame^ Seben geffi^
66 ^abe, bezaubert in ben ^l. 38tffenfd^aften (IX, 6). 3Re^r teilt er nic^ mit; er ^t ii^
fomit aud ber großen 3al^l bon ^ort^rem l^öd^ftend burd^ fein befonberd ^errlic^edSRortk^rium
^ert)or, fofem er „in ©egentoart beiS Jtatfer^ bad ^immlifc^e Steic^ S^fti )uerß in Slorten
Sttrion ber WtixUtttt 655
butd^ eine Sinologie, fobann aber aud^ ^urd^ bie ^at Derfünbigt fyä>i". 9(Ber audf
über bie ontiod^enif d^en Sifd^dfe ber bomaltgen Mt, ^omnu^, ^imäud, S^riQuiS fotoie
über bad üRorti^um bed St^nOud ^üQt fid^ @ufebiud in Sd^meigen. Sagegen bringt er
h. e. VIII, 1 allgemeine Slnbeutungen über grauenDoQe 3uftänbe in ben Jlird^n Dor
Xu^rud^ ber biofletianifd^en 93erfo(gung, bie man gunäd^ft auf bie f^rifd^-^aläftinenfifd^en 6
®emeinben, aljo ft>ol^( auc^ auf Slntiod^ien bejiel^en borf, unb bie jened @d^h)eigen gu
motivieren Meinen. ^a§ Sunlel aber toirb fofört einigermaßen erteilt burc^ bad, toa^
totr t>on 9(le;anber Don äUqranbrien, Slriud, @))t))l^aniud, $^Uoftorgiud über Sudan er«
fa^rren. äUesonber in feinem 9tunbf (^reiben Dom ^al^re 321 (bei 2:^eoboret. I, 3) über
Xriud unb ®enoffen fögt, ed fei belannt, baß bie neuaufgetaud^te Seigre mit ber be^ lo
Sbion, Xrtemad, $aulud Don Samofata jufammen^önge, 3v diade^dfievog Aovxiavbq
djioawdycDYog l/bieive xqi&v ijiioxojicov TiokveteTg ;|fßovovc. ,/33on ber ©ottloftgleit
biefer SRenfcpm l^ätten jene fojufagen bie $efe eingefd^lürft, bie ba je^t mit bem ^tic^
toorte: If ovx dvrcov, gegen und auftreten; fte finb ^etoiff ermaßen beren Verborgene
@c^ßlinge.'' 3Bir erfahren bier, baß fiuctan für bie ananifd^e £e|re üeranttoortKd^ ge« 15
mac^t toirb, )ug(ei(^ ober, baß berfe(be unter bem @))tflo^at bed Somnud, ^^imäud, S^rilutd
\Uif von ber ®emeinf4Ktft ber ®roßIir(^e in Slntiod^ien fem^ieU (f. über &jioawdyo}yog
bie 92ote bed SalefmiS ). b. @t.). @eine 2:rennung von ber Jtird^e fällt olfo jeitlicb ^ik^^
ivobrfc^einlid^ jufammen mit ber ä(bfe^ung bed $aulud (c. 268) ; ed ift aber in btefem
3ufammen^ange nid^t unkoid^tig, ju erfahren, baß Sudan (f. Suibad s. h. v.) fe(bft, toiego
$(mlud, oud Samofata fiammen foQ. Sie Kombination liegt na^e, baß Sucion bie
(^{itologifc^en @ä^e fdned großen Sanbdmannd geteilt ijoX unb nad^ bem 2:;obe bedfelben
dn $au^t ber nattonoIÜrd^Iid^en f^fcben $artd in Xntiocbien im ©egenfcü^ jur ^eniftif A»
rdmifc^en getoefen ift. 2Snbef[en lann bie Übereinftimmung ber beiben Männer feine Vou«
lommener reff), {dne bauembe getoefen fdn : minbeftend bie Vortoeltlic^ @rf4Ktffung bed 2&
Sogod unb fdne voQe $erf&nli$fdt im tl^dfd^ ^efu mu^ Sudan f))äter gelehrt ^cibza,
Sied ge^t nic^t nur aud ben d^riftologif^en X^efen fetner jol^lrd^ Sd^üler l^erVor,
fonbem folgt ouc^ aud ber verfd^iebenen Slrt, in toelc^er (Sufebiud ben $au(ud von Sa«
mofota unb ben Sudan be^anbelt. Wiener ift i^m ein gefäl^lid^er ^(el^rer, über bt^en
fc^tpdgt er ober läßt vielmehr umgele^rt burd^blidCen, baß er i^ verehrt Saß Sudan so
rec^t dgentlid^ ber iBater ber ,,arianifd^en ^ärefie'' ift, toirb namentlich aud bem Sriefe
bed älriud coi @ufebiud von !Rifomebien (bet @t)i))l^an. h. 69, 6 ; 2:^eoboret. I, 4) beutlid^.
Xriud nennt in jenem ©c^rdben, in todd^iem er ben^eunb turg über bie alqranbrinifc^en
SSorgönge orientiert unb bie Se^e anbetttet, um toeld^er toiHen er eslommunijiert toorben
ift, ben Sufebiud dnen treuen ®enof|en aud ber @<^u(e Sudand. @r ift fu^ fomit be< 35
toußt, nid^td anbered in ben angefod^tenen Sö^en gu leieren, ald tood er Von Sudan ge*
lernt ^at. Samit ftimmt Vortreff lid^ überdn, baß @))i))l^niud (h. 43 init.) bdläufig
bemerit, „bie 9(rianer jäl^Iten ben Sudan ju ben S^ärtVrem'', er fd ein SSertreter ber
orionifc^en ^ärejte getoefen. @^i))l^aniud totU alfo nid^t dnmal Von bem „3SlM^xtc"
Sudan etioad totffen, toä^enb bod^ älle^anber burc^bltdCen läßt, baß Sudan Vor fernem 4a
Xobe fdne SonberfteQung in Slntiod^ien aufgegeben ^. ^^iloftorgiud (f. II, 12 — 14;
UI, 15) ift bed Stul^med bed 3){ärt^rerd voU. äBir erfa^en Von i^m, baß faft alle
fc^nfthmbiaen, berühmten arianifc^en unb femtarianifd^en 2:;^eologen aud ber erfien ßiälfte
bed 4. I^o^r^unbertd bie Schüler bed Sudan getoefen fmb (@ufebiud 9ticomeO., ^arid
e^cebon., t^eognid 9tic., Seontiud Slntiod^., ätntoniud ^rf., älfteriud ea)))>ab., %m& 45
unb viele anbere, inbirelt aud^ Slätiud), unb baß bie @ti(^toorte ber $artd unb bie nur
aud SSerlegenljfdt burc^ bie Drt^obo^en bidtrebitierte ober bemätelte biblifc^e 3Retl^obe ber*
fetben auf Sudan jurüdCgel^en (über bie Sd^üler Sudand f. auc^ ^oborei h. e. I, 4;
!Kice»)bor. h. e. VIII, 31).
Sod S9ilb, toeld^ed toir fo oud bürftigen SVotijen erleben, ift dn fel^ überrafc^enbed : so
gtmfc^en c 275 u. 303 Sudan an ber @))i^e einer ftrebfamen, gefc^loffenen Sd^ule, dfrig für
meti^obifc^ S9ibelftubium toirlenb, getrennt von ber großen Jtirc^e in Sntiod^ien. m ift
aber mel^ old jtodfell^aft, ob toirtltc^ bie d^riftologifc^en @ä$e Suciand allein unb bauemb
ben ®runb )ur 2:rennung abgaben. Ser @trdt mit ^aulud Von Samofata, ber f c^ließlicb
)ur 9(bfe|ung. bedfelben führte, l^tte auc^ dnen ^olitifd^en ^intergrunb. @d läßt fiep 66
nic^t mel^ audmad^en, in toelcbem @inne fein „Siabod^e'' Sudan i^n fortaefe^t l^t.
Seffen 6(büler, bie Slrianer, füllten ftc^ iebenfaHd ald ort^obo^e lat^olifd^e S^riften unb
finb old fold^e vor bem ariamf6en Streit nid^t angetaftet toorben. 2!a auc^ von ale^an*
brintf(^ ®dte l^aben nid^t alle, toie @))i))^antud, ben Sudan fallen laffen. $feubo<
at^afiud (Synops. S. Script, fin.) nennt i^n ben adligen unb großen Sldteten unb ao
666 Sttcum ber aRSri)|m
^Raxt^tzt, S^r^foftomud l^at il^m eine Sobrebe gellten (f. Opp. T. n, p. 524 sq.
ed. SKontf.) unb bie Jltrd^e f)ai fd^Ite^lid^ bad äRort^rium be^ ,,^l. Sucton'' gelten toffen
(f. Acta Matyr. Metaphr. ). 7. ^on.), nac^bem ed im nilomebifc^en mlenber, ber
©runblage ouer übrigen gried^ifd^en; Deneid^net toorben toar (f. bod äbefte ft^c^
6 SRart^rologium )um 7. Januar). Ser ^erfud^ bed SSoroniud (ad ann. 311, n. 12
unb ad. ann. 318, n.75), ben Sudan Dom SSortourf ber ^eterobo^ie rein)utaHtf($en, ref)).
jtoifd^en itoA fiucianen ju unterfc^eiben, borf old antiquiert gelten (f. $efe(e, 2^. Z^Q6
1851, ©. 188 f.).
9Bad h)ir fonft Dom Seben unb bem äBirfen bed Sudan toiffen, ift folgenbed (f. 6at)e,
10 Hist. Utt. [1720 f.], P- 97; 9tout^, Reliq. Sacr. IV, p. 3 sq.; Jlil^, SMe S3d>eutung ber
antioc^. ©c^ule, 1866, ©. 47. 2. „antioc^enifc^e ©d^ule", »b I ®. 592,3iff.): Sudan
joQ auiS ©amofata ftammen (?) Don angefel^enen Sltem unb erhielt feine SUbung in ber
iRad^barftabt @beffa, too ber grünbKd^e ©d^nfttenner SRacariud dne ©d^ule ^elt (f. ben
3)leta))^raften ). 7. 2ianuar). $)ie ©d^ule Don @bef(a, too bad S^riftentum fo frü^ ^m
16 ©iege gelommen toar, ft>o Se^rer, toie Sarbefaned, toirften, toor ol^ne Rtoeifd neben
äUe^anbnen bie berü^mtefte bed 3. ^ai^r^unbertd. Ob Sudan auc^ in Sofarea gebilbet
toorben ift, ift mtnbeftemS nic^t fidler. @r ftebelte nac^ 9(ntiod^ien über unb begrünbete
bort red^t dgentlid^ bie antioc^enifc^e Ssegetenfd^ule, an tDelqfer er ix>al^(^einli(^ ben
^re^b^ter Sorotl^eud (@ufeb. h. e. VII, 32) )ur ©dte ^atte. &Än tDi{fenf(^aft(i(^er
ao mbm toettdferte mit bem bed arteten (f. ©uibai^). ®r ftarb aü ^ort^rer, nad^bem er
toai^c^einlici^ toteber in ©emeinfd^aft mit ber antioc^enifd^en ©ro^Ürd^e getreten tvor,
unter 3Ra£tmin, ber neben bem 9(uguftuiS ©aleriud feit ber äCbbonlung SStottetiond in
@)^nen unb %l^^ten ^errfd^te unb bie überall einfc^Iummembe SSerfolgtmg fünfttic^ auf-
recht erhielt. Obgleid^ er im ^^rül^jal^re 311 mit ®alenud )u dnem Xoleranj^ttt für
36 bad Sl^nftentum ftd^ bequemen mu^te, fo fing er bod^ gldd^ nad^ bem Xobe bed ®alertud
ci^ unab^änaig geworbener 9tegent im ^erbfte 311 bie alte 2l^ätig{eit toieber an. 2)ie
SSerfolger fucpten auc^ biefe^maf befonberd bebeutenbe Serfünbiger be^ SDongeltumd auf,
fo neben ^ifc^of $etru^ Don Slesanbden unb bem bortigen ©(^nftlrititer ^efi^iuS ben
^ßredb^ter Sudan (@ufeb. h. e. IX, 6). ®r tourbe — bie 3^randIo)terung beBagter
80 ^erDonagenber (Sänften toar bamaliS üblic^ — Don Sntioc^ien nad^ !Ricomebicn Qt^dfUppt
(f. aud^ $ieron. de vir. ill. 77 ; böiger ber „episcopus Nicomediensis Lucianus" bd
§onoriu« Sluguftob.), too ber Äaifcr felbft reftbierte, im SGBinter 311/12. 6in offene«
Selenntnid, ba^ Sufebiud in ber Ä.'®efd^id^te ertoöl^nt, in fdnen 9Rärt)^reraIten töol^'
fd^einlid^ mitoetdlt unb ^ufin ju @ufeb. h. e. IX, 9 tdltodfe überfe^t fyd, (egte Sudan
86 Dor feinem Stid^ter ab. @d mad^te auf bie l^dbnifd^en ^nffbxct Sinbrud. ©eine legten
^ge im ©eföngnid unb fdn Snbe l^at ba^ ©ebäd^tnid ber ^olgejeit au^efd^müA (f. bie
©efc^ic^te Don SudaniS 9(benbma]^ldfder im ©efängnid bd ^^tloftorg. h. e. II, 13, au<^
S^rVfoftom., Homil. in Luc. Mart. Opp. II, 524 sq., Stuinart, Acta Marl. p. 503 sq.
Rufin.). Unter ben foltern ift er jufammengebrod^en. ©einen Sdd^nam füllen bie
40 Sänften über bie 93ud^t ber $ro))ontid nad^ ber fd^rög gegenüberliegenben ©tobt 3)re>
^anum. £en Xoten e^rte Konftantin, inbem er mit at beffen ©ebäc^tnid bie jfinfort
nad^ fdner 3Jlutter $eIenoDo(t^ benannte ©tabt neu aufbaute unb il^r ©teuerfrd^ gab.
Rnxi Dor feinem 2^obe fou er felbft bort in ber aRärft^rerürd^e gebetet ^aben (f. Chron.
Pasch, ad. ann. 327, Sluinart p. 505). ^^iloftorgiud (II, 12) bag^en tod^ ^u er*
46 jöi^Ien, ^elena l^abe am 93ufen Don 9Iitomebien dne ©tabt, $eleno))oIid, gebaut, hml ber
&etd[inam bed Sudan Don einem ^el))^in Dorthin getragen n^orben fei ^n 9lntio<!^
fderte man ben 7. Januar ald ^^obe^tag Sudans; bie bortige Jlird^ ^at fu^ biefen
adligen nid^t nel^men laffen. S)ie am 7. Januar 387 Don ß^foftomu« ge^Itene Sob»
rebe auf i^n ift nod^ Dor^anben.
60 SSad fdne litteranfd^e X^ätigteit betrifft, fo ^at @ufebiu^ nid^t dn^ ©d^rift Don
i^m genannt, ©ohated fc^toetgt, ©ogomenu^ (h. e. III, 5) bend^tet in benfelben oO«
gemeinen Slu^brüden, h)te @ufebtud, lebtgüd^ Don i^m: rd tc älXa ebdoxifubtaxog xoi
Tag leqäg ygacpäg etg äxgov 7]xQiß(oxa)g. ßttoaiS au^fü^Iid^er finb $ierpn)^mud unb
nac^ i|m ©uiba^ unb ber SRctoj^^raft. ^ieron^mu« nennt (de vir. ill. 77) 1: feine
66 Slejenfton ber Sibel^anbfd^nf ten (f. aud^ ©utbad unb ben iDleta))l^raften) ; 2 : libelli „de
fide", 3: nonnullae epistolae (f. auc^ ©uibad). 3)a2u tommt bie Don Stufin mit*
geteilte o^ologetifd^e Siebe. äSon ben Briefen \)at ftd^ in bem Chron. pasch, (p. 277
edid. Ducange) ein funed 93rud^ftü(t dned ©d^rdben^ Don Stitomebien ou^ an bie
älntiod^ener erbalten (f. Sloutb, 1. c. p. 5), in mdd^em ber äRärt^rertob bed Sifc^fd
eo9lnt^tmud mitgetdlt ift. 93onS3nefen im aQgemdnen bemerlt ©uibad (p. 459, ed.itu^):
Sttctatt ber Mixtum 657
i^i&ero yag xal inicfToXäg äjuiXei yervaiOTdrag, i^ (hv (pcogdaai ng äv evudla
^dioyg, fjv 6 ävijQ negl tcüv ^elcov eacoCe yvcofirjv. S)ic a))o(o9etif(l^e SRebc (Siufin.,
ed. Sacciari I, p. 515) ^ält ftc^ im Stal^men bed Üblichen, lögt aber ben c^hftolo()tfd^en
@tanb))un{t bed Sudan burt^blidCen („Deus unus est, per Christum nobis adnun-
ciatus et per S.S. nostris cordibus inspiratus" . . . ,,Deus sapientiam suam 6
misit in hunc mundum came vestitam, quae nos doceret etc." ^ieSebeutung
S^ti tüvA> burc^aud auf feinen Sel^rerberuf unb auf bte ©efe^gebung burd^ i^n be^
fc^rontt; felbfi bort, h)o üon feiner n)efenl^aften Unfterblic^teit gerebet n)trb, mac^t Sudan
rnc^t bte älntoenbung auf und. Surd^ fdn 3Renfd^fdn unb fdnen ^ob ^at S^riftud und
dn 9d{)9iel ber ©ebulb gegeben). SBid^tig ift nod^ bie @rkt)ä^nung ber gefölfc^ten lo
$Uatudaften, bie Semertung ,,parB paene mundi jam major huic veritati (seil.
Christianae) adstipulatur", unb bie Srjö^Iung: „Adstipulatur bis ipse in Hiero-
solymis locus, et Golgathana rupes sub patibuli onere disrupta: antrum
quoque illud, quod avulsis inferni januis corpus denuo reddidit animatum,
quo puriud inde ferretur ad coelum" (bie @(^t$dt ber 9tebe ift beanftanbet Don i6
ZiOemont unb Don Satiffol, La Passion de S. Lucien d'Antioche, in bem Compte
rendu du congr^s scientifique. Internat, des Catholiques 1891). 3n ben Stlten
bed Sudan (Bolland. I. p. 363), bie bie Überarbeitung alter ananifd^er ätrten ftnb (f.
Säotiffol, 1. cX Reifet ed, Sudan l^be ber Ätrd^e Don 9ttIomebien eine §anbf4^rift bed
9 u. 3i!X, bie er felbft gefc^eben, ^interlaffen. Son ben libelli de fide ift taum Änz ao
&pux übrig geblieben. 3)o4^ n)irb ed ftc^ auf fte begießen, n^enn @))ip^aniud (Ancorat.
33) fagt: Sudan unb bie Sudaniften leugnen fdmtli^^, ba^ ber @o^n ®otted dne menfct^-
lic^e @eele angenommen l^be, unb tDoQen i^m nur einen menfc^Iid^en Seib juerfennen,
um bie menfc^Iic^en 9(ffelte, tok Trauer, t^eube u. bgl. bem Sogod felbft jufct^reiben unb
i^ bamit für dn geringered ffiefen ald ®ott, für dn ®efd^ö})f erMären ju fönnen (biefe 25
Se^e ^t ariud ebenfaOd Derteibigt ; f. über^aut)t b. 9t. ätriud Sb II @. 10, 58). @in libellus
de fide Sudond l^ätte jui^ jebod^ noc^ erbalten, n)enn bad im ^[abre 341 Don ben in Stntioc^ia
Derfammelten Sif^^öfen re)i))ierte ©laubendbdenntnid mirlli^ Don ibm ^errü^ren foQte.
3>cu^elbe finbet ftc^ mitgeteilt bA Xt^anaftud (Ep. de synod. Arim. et Seleuc. § 23.
Opp. ed. SRontf. I, 2, p. 735), Sofrated (h. e. II, 10), tat. bei $ilanud (de synod. 80
§29. Opp. ed. Coust. II, p. 479); f. gjlanft II, p. 1340 sq.; $aH »bliot^ef ber
©l^mbole, 3. äufl., § 154. ®iefe brd 3^^" toiffen nic^td baDon, bafe Sudan ber 33erf.
biefcd Sefenntnijfed fdn foll; bagegen fagt ©ogomenud (h. e. III, 5), bie Sifc^öfe ^u
Slntiodj^ien l^otten ed i^m beigelegt (Sleyov dk Tavrrjv ttjv niariv 6X6yQa(pov evQrjxe-
yai Aovxtavov ?aL) ; berfelbe berichtet (VI, 12) aud^, dne in ßarien 367 Derfammelte 86
femiarianif(^e S^nobe ^abe ed ald lucianijcb anerfannt, bad ®ldd^e ^aben nac^ bem Sierf.
ber fieben 2)iaIoge über bie 2:;rinität bie 3Jlacebonianer getl^an (Dial. III in Theodoreti
Opp. V, 2, p. 991 sq. ed. Schulze et Nöss.). ^ud) bie ©emiarianer f((^dnen auf
bet ©^nobe ju ©eleuda im 2ia^re 359 bad ^etenntnid bem Sucian gugefc^rieben ^u
^en (f. ßo^ri, 3Kte unb neue dueüen gur ®ef4^. b. a:auff^mbotd, ©. 42 f., n. 18). 40
^er tudantf(^e Urf))rung toirb bed^alb auc^ Don Qxddc (a. a. D.), ^aina^t, 93aroniud,
»uü (Defens. fid. Nie), $a^n (a. a. D. ©. 184 f.), a)omer ((gnttoic!el.-®ef((^. b. S. D.
b. $crfon ßbrijii, I, ©. 802 f., n. 20) unb anberen anerfannt. 3"^^ff^" 1- ©ogomenud
felbft begtodfelt ben lucianifcben Urf^rung bed ©^mbold {jidiegov de dXrj^cög xavxa
itpaoaVf ij rijv Idiav ygaipfjv oefivonoiovvxeg rcp dSKojuari rov ßiägrugog, Xiyeiv ovx 46
Ix^y 2. Der SSerf. ber obengenannten 3)ialoge* fagt, M^ ©^mbot fd auf ber ©^nobe
Don ben Sifc^ofen inter))o(tert n)orben unb getraut ftd^ nod^ bie 3uf^^ anzugeben (xa-
riyvcov rrjg 7igo<r&rjxrjg, fjg ngoae&i^xare, xal ^yoi öel^ai, Sri 7igooe9t]xaTe hdv-
xux avtfj, vfmg rijv ngoo&i^xrjv bü t6 doeßiaregov [?] jigoot&i^xaTe) , — 3. 9Wit
9te(^t mac^t ber ^eraudgeber ber äBerte bed ^ilariud g. b. ©t. barauf aufmer!{am, ba^ 60
Xt^anaftud einige $^rafen au^ bem ©^mbol ald Don 9(cadud unb Sufebiud ^errül^renb
Ienntli(^ mac^t unb bag ätcaciud felbft me^rered aud bemfelben bem Slfteriud beilegt. 9lud^
$t(ariud lö^t burd^bliden, bag bie auf ber ©^nobe Derfammdten Sif^^öfe bie Url^eber bed
Sefenntniffed fden. 4. @intge Slbfd^nitte in bem ©^mbol, namentlich gleid^ ber Eingang
unb ber Sc^Iup Don xavrrjv ovx Ix^vreg ri]v martv ab, Denaten ftd^ Don felbft ald 66
antio^ifd^. Der ludantfd^e Urfprung bed ©^mbold ift barum aud^ Don Stout^ (1. c.
p. 16 sq.), $efele (6ondl.=®efd^., 2. «ufl., I, S. 259. 524), Äeim (31. „Sudan" in ber
crften SlufL b. 6nc^!l.) unb anberen bejtoeifelt toorben. ^^\>od^ toirb Gadpari (a. a. D.
©. 42, n. 18), bem SSerf. ber Dialoge folgenb, Slec^^t ^aben, toenn er in bem ©^mbol,
in toüdftm er, fo n)ie ed Dorliegt, junöc^^ft lebiglic^ bad ber antioc^entfc^en Stfc^öfe Dom eo
658 Sudan ber äRSr^rcr
^afyct 341 ertennen toiü, ebte (ucianifd^e ©runblage Don antiod^ifd^ S^^^^)^^^
unterfd^eibet. Sie ^erfteQung ber lucionifc^en SSorlage ft>trb im einjelnen ni^t mepr mdglid^
fein ; bod^ koeift Safari auf bie teiltoeife SSerloanbtfd^aft bed SdtetmtniffeiS mit ber (Slavbznd^
formel bed ©regoriuiS ^aumaturgud l^in, fo ba^ bon ^ier aud k>ienet(^t monc^ $l^a[en
6 ald lucianifc^e ermiüelt Serben lönnen. Jlattenbufc^ (at)oftoI. e^i^ol I, 6. 266 ff.) ifi
)u ber äbtnoBme geneigt, ba^ ntd^t foh)ol^( bie 2. ald üielme^ bie 4. ontioc^iUc^ormd
unb bad S3efenntnid in ben 9t))oftoIif(l^en Jtonftitutionen (VII, 41) auf bem Setenntnid
Sudans rul^en unb ^at bad gu erloeifen berfuc^t (f. aud^ a. a. D. II, ®. 202 f.). Sine
anbere ^^^ot^efe in Segug auf £uäand t^eo(oaif(^e ^ätigleit (I, ®. 394) fyu er II,
10 @. 205 tpteber jurüdCgejogen. Sie Sl^riftologie ^iciand betreffenb, fo Iffat ^efde (a. o. 0.
@. 258 f.) ol^ne S^wfd vitd^t, toenn er fagt, ba^ bie fieugnung ber (Sleic^etDtglett bed
So^ned mit bem SSatcr ein ^nbamental))untt in ber Sel^e Sucton^ getoefen fein muffe.
Somer (a. a. 0. @. 802 f.) I^at, freilid^ ^aut)ifäd^(id^ auf ®runb bed interpolierten SJe^
Ienntnif[ed, bef[en @d^Iu| übrigen^ aud^ er für nic^t luctanifd^ ^db, bie Sl^rt^Iogie Sudans
16 t)ie( ju fe^ bem ö/lloovoiov angenöi^ert.
Sc^lie^Iid^ ift nod^ bon bem $aut)th)ert Suciand, feiner S9ibeIrecen{ton, ju reben.
9(ud^ hierüber fmb bie Seric^te f))ärlid^. $teronl^mu^ ertoä^nt, abgefe^en Don ber ®tdle
de vir. ill. ba^felbe, nod^ etn )9aarmal (ad Damas. praef. in evv.; praef. ad Pa-
ralip. ; ad Rufin. 11, 26. Epist. 106 ad (Sunniam). 93on ber LXX Slecenfton
20 Sudans fagt er, ba^ bicfelbe t)on Jtonftantinopel biiS Slntiod^ien, alfo in ber SEBefi^fte
bed Dftreid^^, Derbrdtet fei, tocü^renb man in äUqranbrien unb 9(egVt)ten bie 9lecenfion bcd
$ef|^(^iu^, in Bt^xxca unb ^alöftina bie bon @ufebtud unb ^ami^l^ilud Verbreiteten 916<
fd^riften ber arbeiten be« Drigene« lefe. @r fagt, ber t>on t>xdm fog. „Sucionu^" unte^
i(^etbe fid^ beftimmt k>on ber fogen. xoivi^, beutet alfo an, ba^ k>iele btefen Unterf(^iA
26 überföl^en. Über bie neuteftamentl. 2:;ectn:iti! bed Suctan f))ri(^t er fid^ noc^ mt^finftiger
au^, <d^ über bie altteftamentlid^e : „praetermitto eos Codices quos a Luciano et
Hesychio nuncupatos paucorum hominum asserit perversa contentio, quibus
nee in toto V. T. post LXX interpretes emendare quid licuit nee in Novo
profuit emendasse, cum multarum gentium Unguis scriptura antea translata
80 doceat falsa esse, quae addita sunt.'' 3Jlit Sted^t fagt 9teu^ (®efd(f. ber ^l. @<^ften
912:^, 5. Sufl., § 367) : „a)em SBortlaute nad^ lönnte man W auf bie SorfWIung
(ommen, jene ^Ränner koören barauf au^eganoen (a^oIrV))l^ifd^e?) 3nter))olationen cojS*
mmerjen ober umgelel^rt fold^e etnjufül^ren.'' 3^^^{I^<^ tprunft ^ieron^mud ^ier augen^
fd^einlic^ mit fetner Kenntnis ber äSerjtonen unb fuc^t biembeit be^ bogmatifd^ berbdc^tigen
86 £uctan )u bi^frebitieren. 2Ba^rfc^einItd[i ^at ed ftc^ lebiglid^ um folc^e SteJDlen gel^anbdt,
bie bereite feit bem 9(nfang bed 3. ^oi^r^unbertd in ben gned^ifcben Sibel^bfc^nften
enitoeber fehlten ober l^ingugefügt toaren. 3)er ^be( bed ^ieron^mu^ j^at übrigen^ fo^
t)tel getoirft, ba^ im fog. Decretum Gelasianum, in toelc^em aDed mögliche, toa^ bem
äSerf. nur nad^ ^örenfagen befannt toax, ))räf{rtbiert toorben ift, oud^ „evangelia quae
40 falsa Vit Lucianus apocrypha ; evangelia quae f alsavit Isicius (seil. ,,He8ycliiu8",
f. ben 2t. Sb VIII, ©. 18) apocrypha" abgetoiefen [mi (Srebner, (Sefc^iic^te b. Sonon,
6. 290 ; Sleufe a. a. D. § 366). ©afe unter biefem Sudanu« nid^t ber berüc^ftigte fieudu«
ju berftc^en ift (5KiC, Prolegg. in N. T., p. XXXVII [1707]),. fonbem ber SKärö^rer
ift geloife (|. auc^ S^^n, Acta Joannis, ©. LXXI, n. 2). Über bie Quellen, Öe*
45 Jd^affen^dt unb fritijc^en ©runbfäfte ber Slecenfion be^ 3ifX^ burc^ Sudan iüiffen toir
noc^ nic^t« ©id^erc« (f. b. 2t. Sibeltejt 33b II ©. 737, 3ö). 3lad) bem SSorgang Sllterer fyd nodi
$ug (Sinl. i. t>.3lX, 3. 3lufl., ©. 196 f., ©. 203— 222) berfud^t, nac^jutodfen, bafe2udan
ftd^ eng an bie f^rifd^e ^Pefc^ito be« 91X3 angefd^Ioffen Ij^at, bie ^anbfc^riften EFQHSV
unb bh jricn bon ber SRecenfion Sucian^ abhängig. 3)ie neueren Xestfritiler bed92X3 finb
50 fle})tijc^er gcloorben unb loagen e«, foloeit mir belannt ift, nic^t me^r, dne ^anbf<^nriftens
famtlte auf Sucian gurüdgufü^ren ; aber t)telldc^t toerben toir in ber nöc^ften 3ulunft S(uff(^(üf{e
erhalten. @d bleibt auc^ no^ bor aQem m ertoägen, ob nid^t Sudan bie (Sbongelien in ber
©eftalt be« 2)iateffarong recenfiert ^at. Seffer ftnb toir über bie LXX SJecenfwn Sudans
untenic^tet. Sturer ^teron^mud berichten über biefelbe ^feuboat^anafiud, ber üRetop^ofi
55 unb nad) i^m Suiba^. 2)er le^tere fagt : „ovtog rag legäg ßißXovg Idcbv jioiv xo
vo&ov eiode^ajüLevag, tov xe xQ^'^ov kvuijvajuevov jioUa rdw iv avxalg, xa2 xi\g
avvExovg &q) izigcov eig kiega jueramoecog, xal fjUvtoi xal xivcov dv&QCMUOV
jiovrjQordTcüv, oi tov 'EU^rjviojbLov TZQOoeri^xeaav, naQaxQeipai rdv iv amalg yovv
jieiQaoajuevcov xal Jiokv rö xißdrjkov iv ramaig onecQdvxcnv, airrög äjidaag äva-
eo Xaßüjv ix xtjg 'Eßgäidog ävevecooaxo ylibxxrig, fjv xal avxijv ijxQißQ}xa}g ig w
Sncimt ber SRSrt^rer Snriait non Samofata 6ö9
fiAXuna ^v, ndvov xfj hiavoQdihoei JiieTorov eloeveyxdfuvog. 9lad^ biefen SBorten
(f. aiu^ Pseudoathanas. Opp. [Coloniae 1686] II, 157: ,,L., cum in pradictas
versiones et Hebraeos libros incidisset, et diligenter, quae vel veritati de-
erant, vel superflua aderant, inspexisset, ac suis quaeque locis correxisset,
versioDem hano Ohristianis fratribus edidit, quae sane post ipsius certamen 6
et martyrium, quod sub Diodet. et Maxim, tyrannis sustinuit, libro videlicet
propria ipsius manu scripto comprehensa, Nicomediae sub Gonstantino rege
magno apud Judaeos in pariete armarii calce circumlito, in quo custodiae
graüa posita fuerat, inventa est") tptrb l^eriömmlt^ angenommen, ba6 Sudan bie
LXX ouc^ a\j& bem l^ebräif^en Xecte emenbtert l^abe; inbeffen ift neuerlicp etnge^enbe lo
jlenntnid bed ^ebräifc^en bem Sudan ab0ef))rüc^en tporben (f. Dictionary of Christian
Biography II, p. 859), ob mit @runb, mögen anbete entfc^dben. Sie Unterfuc^ungen
über bie LXX Slecenfton bed Sucian ftnb np^ ni^t jum Wo
c^Iu^ gebtel^en (@rabe Bot
be^aut)tet, bajg ber ^tobtest im Jlob. 3([q:. au^ i^r ftamme, f. Slout^ l. c. p. 4). ©e^
fötbert ftnb biefelben toorben burc^ ^elbd 9(u^abe ber $e£a))la bed Ocigened (f. 91eftle is
in ber ^23, 1876, 9lr. 7); e« finb berdtg Kriterien gefunben, naä^ toelc^en bie Su«
dantfc^e SRecenfion befrimmt toerben fann, f. SRtftle in ber Sbm®, 1878, ©. 465—508,
735 f., unb »ideC in ber 3!2^, III, 2, ©. 407 f. gür bie t)rot)^etifc^en »üc^er fie^t
^ielb bie ludanifc^e Slecen^on in ber ^anbfc^riftenfamilie 22, 36, 48, 51, 62 u. {. Id.,
für bie l^iftorifc^en in ben 6obb. 19, 82, 93, 108, für ben Octateuc^ unb bie ))oetif^en ao
Sucher 1^ er fie no^ nic^t ftc^er aufgefunben. Sine 9(u^gabe ber ludanifc^en LXX auf
®runb fo umfaffenber unb dnge^enber @tubten, toie fte bid^er au^ nur annöl^emb nie^^
manb gemalt 1^/ ^<^e $au[ be Sagarbe in älu^tc^t gefteQt (f. t^£3, 1876, SRr. 23)
atfammen mit ben ^agmenten bed 9(quUa, S^mma^u^ unb Xl^eobotion. Unter ben
Rirc^enbätem lommt namentlid^ S^rtofoftomud für Sucian in Setra^t (f. Sagarbe a. a. O.). 26
Son esegetif^en arbeiten Suctand ift fo gut toie ni^t^ überliefert toorben, felbft bie
Satenen getoä^ren !eine 9(u^beute. Soc^ ift ed fel^ toobl möglid^, ba^ S. au^ auf bem
^be ber S^egefe fc^riftfteQerifd^ t^ötig getoefen ift. @t^d Senenftd ^at juerft barauf
oufmerlfam gemacht (Bibl. S. IV, p. 281), ba^ in ber ))feuboorigeniftifc^en artanifd^en
Expositio Hbri Jobi ftc^ eine ätu^legung Sudans gu einigen SSerjen bed 2. cap. finbe. ao
Slout^ 1^ 1. c. p. 7 sq. bie @teQe obgebrucft („B. Luciano quae adscripta est
Expos. Jobi c. II comm. 9. 10 apud Anonymum in Gomment. in Lib. Jobi
Latine tantum excuso, a Joach. Perionio olim converso''). 93on ber betreff enben
9bt$(egung de beati Jobi uxore fagt aber ber anonyme jtommentar lebiglic^ bie^, ba^
er fte Don 1^1. 3J}annem erl^alten l^abe, bie fte al^ bie bed ^ört^rerd Sudan ,,cui 86
Christus charus fuit" bejeic^net l^ätten. @d ^anbelt ftc^ um eine nur münblic^ ge«
gebene, Don ben @^ülem im ©eböc^tnid betoa^rte ,,intelligentia" Sudans j. j. @t. ;
benn ber Snon^mud fäl^rt fort : ,,Dicebant illi, ut b. Lucianus explanans docebat''.
Sin KmiXixÄ für eine q:egeti((^e fc^riftfteQerifd^e Arbeit bed S. lä^t ft^ ber SteQe nid^t
entn^men. Vbolf ^arnaif. 40
Snctan Hon Samofata. — Sit.: f. SreUer in ipaul^. SRcalenc^TIop., IV, 1165 f.;
S^fcbirner, f^aa bed ^eibentum§. I, 315f.; $(ancf, S. u. b. S^riftent^. i. b. %\i<Bx^, 1851,
4, 826; ©Qur, 3)ie brei erften 3a^r^., 395 f.; Äeim, CTcIfu», 143 f., unb in ber erften «luf-
lagc biete« ©erfeS, VIII, 497 f.; @örgel, fi.8 ©teUung jum (J^riftcnt^um, «Kempten 1875;
©ema^ Sudan unb bie ß^nifcr, 1879, bQjuXtjSS, 1879, 9ir. 17. 3)ie Sittcratur, namentll* «
bie Ältere, ift fe^r gro^. Ueber (Jottcrifl, Pereg. Proteus [1879] unb beffen JBermutung ber
Une^t^eit bed „$eregrinud $roteud" {. ^^S3 ^a. O. — LuciaDus ab Immanuele Bekkero
reoogn., Lipsiae 1853, Vol. 2, p. 91—103; PeregriDus R; (. au4 bie ?lu«ßaben üon Qqs
cobto unb oon gfri^fcbe. ^eutfc^e Ueberfe^ung bed Xrartated oon ^ielanb, oun $aul^ unb
t>on IBerna^d. 60
^n ber 2. $älfte bed 2. ^[al^rl^unbert^ befd^öftigte fic^ bie gebilbete rdmifd^e ©efedfc^aft,
foDtel toir toiffen, nur erft fe^r oberfläc^li^ mit bem S^riftentum, ben einzigen Selfud
ou^enommen. ^onto, ber ^reunb üJtarc äluretö, fd^eint gegen bad SJ^riftentum ge«
fc^rieben ^ l^en, aber toir toiflen nic^td 93eftimmted bon biefem Suc^e. üJtarc Slurel
jelbft, (Sptctet, @alen, ber Siebner 9(riftibed ertoä^nen bie S^riften nur beiläufig. 3lu^ ber 66
oerüc^tigte ,,®t)ötter" Sudan ber ,,93Ia^^emift", ben nad^ ©uiba^ bie $unbe jerriffen ^^aben
foQen, beffen @(^rift bie Jttrc^ent)öter t)em>ün{c^ten (auc^ bei ber älufftedung eine^ f^ftema«
tifc^ Serjeic^niffed Verbotener Sucher im 16. ^a^r^unbert, bem fog. Index Tridentinus,
tourbe ber ^eregrinu^ Suctan^ fofort mit verboten, f. 9ema^, Sudan unb ber Sentier
[1879], @. 87 f.), l^at ed noc^ nic^t für nötig gehalten, bie S^riften jur befonberen 3'^' 00
42*
660 Sttcian non Samofoto
f^eibe feinet Sßi^ ju mad^en. 92ur jtpeimol, fltt^tig im ,,9l(qranber'' (25. 38) unb
eingel^enber im ..H^eregrinu^ ^roteu^^' tommt er auf fie )u f^red^en (ber Xraltat ^^ilo^
patxi^ ift entf (Rieben unedel unb gel^ört einer biel f^äteren ^Ät an; f. borüber ®edner,
De aetate et auctore Philopatridis, Opp. Ed. Bip. Vol. IX. Ob ftc^ $^Uo))feu{L
6 16 auf ß^riften bejie^t, ift jtoeifel^aft). SRa^ bem ^ntereffe, toeld^c« für un^ feine hirje
@c^tlberung l^ot, ^at man mel^r ober toeniger gebanfenlo^ auc^ ba^ ^ntereffe beftcmmt,
tpeld^ed Sudan an ben (S^riften genommen l^at. 3l\d^t nur erfc^ien lange 3^^ i^^ ^^^^
@))ifobe im Seben bed ^eregrinu^, in toel^er er bei ben Sl^riften DermeiUe, ben Z^logen
al^ ber jtem ber gefamten Schrift; man bebujierte auc^ avS ben toenigen ®ä^en ein«
10 ge^enbe Sefc^äftigung fiucian^ mit bem ß^riftentum, feinen ^l. ©(^ften, fetner ©e»
f^ic^te u. f. to. 93on bem S3orn)urfe einer fanatifd^en 6^riftenfeinbf((Hift bis ju ber
tounberlic^en SSermutung Äeftner«, 2\idan fei in^el^eim ein jjreunb ber ß^^en getoefcn,
ftnb ade üJtöglic^Ieiten über ,,Su€iani^ Stellung gum ß^riftentum'' erf(^d))ft toorben. 2)en
bcfonnenen 9Ka^nungen Oermar« (j. ^nna'q^ a. a. D. ©. 1 f.) ift toenig ®e^dr gefc^oift
15 toorben, unb e^ ift auc^ nt^t ju ertoarten, ba^ burd^ ^tütt^ 3(b^blung (Sllesonber
unb ^eregrinu^, beutfd^e Slunbfc^au, ^ianuar 1877) unb burc^ bie in ber $au^tfa<|e gu^
berlöf^e, gefc^macboQe Unterfuc^ung tion 93ema^ (f. oben) bie ))^antaftifd^ Su^
beutungen ber lucianifd^en 9Iot)eUe enbgiltig abgetoiefen ftnb. Umgete^rt foQ nidft ge»
leugnet n)erben, ba^ bie ßrgö^lung Suciand über bad SSerl^altnid bed $eregrimid )u ben
20 ß^ften, auc^ toenn man fte nur bad fagen lä^, toa^ fte toirltic^ fagt, einer ber tnte^
effanteften unb le^rreic^ften 93eric^te ift, ben toir au^ l^eibnifc^er ^ber über bie ß^ften
beft^en. 9Iur bon biefem foQ in folgenbem bie Stebe fein, nac^bem bie nottDenbig^en
9tott}en über bad Seben Sudans borau^efc^idt ftnb.
Sudan« Slütejrit — fein ©eburt^ja^r ift nic^t fic^er (c. 120) — fällt in bie Sle^
26 gierungen ber beiben 3(ntonine ; aber audf noc^ unter Jtommobu« ift er t^g getoefen.
©eboren ift er m ©amofata in ©örien Don armen ßltem, ßdgßaQog tijv qxovifiy, ®oc^
fe^te er e« burc|, ba^ er fi^ ber 9t^etori! toibmen burfte, bie er bieQeic^t in Kleinafien
ftubiert Ifai, ^n feinem Seben unb fdner fc^riftfteQerifc^en X^ätigldt laffen ftc^ iXoti-
mö^ig brd Venoben unterf^dben. 2!)ie erfte beginnt mit feinem auftreten in bo: ge«
80 ric^tlic^en ^ra^ii^ in älntioc^ien, bie er jjeboc^ balb aufgab, um al« Slebefünftler bad Stdc^
ut burc^wanbem. 3Re^reremal ift er in 9lom gen)efen, au^ ©übgaQien \^ai er berü^
Wx finben i^n in Xl^effalonic^, in Ol^m))ia u. f. to. Samald tourbe er dn berühmter
"^Siann unb lehrte atö folc^er in fein SBaterlanb ©l^nen jurüd. 9(u« biefer 3^t ftammen
feine ßrftling^arbeiten. ©eine iXotxit ^enobe al« ©c^nftfteQer ift burc^ ben ^ufent^t in
86 ält^en be^eic^net. ^ier machte er bie Sefanntfc^aft De« $^tIofo))|^ 3)emonas (bo(^ ift
ba« ,,Seben be« 2)emonaj" nac^ Sema^« ni(^t bon Sudan gefc^rieben) unb bilbete bie
fpftematifc^e ^olemil gegen bie Slehgion, gegen bie bamalige $^Uofo))^ie, aud^ gegen bie
St^etorif, Don ber er fic^ lo^fagen tooDte, a\xi, bie feine beften unb rdfften ^Dialoge fenm
gd(^net. 3)amatö ift er c. 40 "^oi^xz alt getoefen (um ba« ga^r 165). 3"^^^ ^^0^^
40 er ftc^ fpäter, toa^^dnlic^ a\x^ ©elbmangel, boc^ toieber auf Äunftrdfen, ja er na^m
fogqr ^ule^t, tro^ fdne« Sobe« ber Unab^ängigfdt, eine SlnfteUung im junftifc^en %Qii^
in 2tg^t)ten axy unb ift toa^rfc^einli^ bort im ^o^en Sllter geftorben.
Um Sucian« ©teQung jur ^^ilofop^ie unb }ur Sieligion ber 3^ V^ toürbigen, \foX
man feft^u^alten, bafe er in erfter Sinie Sitterat ift — Sß^ilofo))]^ im engeren ©inne be«
46 äBorte« ift er über^au))t nic^t, toenn i^m auc^ ßpihxr ali ber unbergldc^lic^e Se^rer gilt
— fobann, ba^ er in einem 3dtalter religiöfer SReftauration Don oben lebte, toeld^e« ni<l^t
nur fnDoler ©eftnnung, fonbem auc^ emftem ©treben xxai) SBa^rl^eit unb äufflorung
Slngriff^untte genug bot. ©dn bet^enber ©t)ott trifft in ben mdften göllen toirÖic^ bod
SSeräc^tlic^e, §o^le, §euc^lerifc^e unb 2lbfurbe; ^ier berül^rt flc^ mit il^m in frapj)anter
60 SSäeife fein 3^^^0€"öffe, Sanb^mann unb ÄoDege, ber c^riftianifierte Sl^or ^ottan. 8ber
bie ärbdten Sucian« fwb boc^ toefcntlic^ nur fe^r gefc^idte ^uilleton«; fie finb nic^t
a\x^ toirtli^ emfter ©orge um bie 3wftänbe bc« Steige« ^erau^eboren; fo tonn er au^
über fold&e ©cenen lebiglic^ f))otten unb lad^en, too anberen, ßmfteren, bag Sachen Der*
ge^t. Ob Sema^« mit ber fc^arfen ß^arattenftif Sudan« (©. 42 f.) im Siedete ift — „ein
56 anfd^einenb nic^t fe^r glüdlic^er äbDotat, ift er o^ne emfte ©tubien in« Sitterotentum
übergegangen; untoiffenb unb leichtfertig trägt er lebiglic^ eine ni^iliftifc^e Öbe in Segug
a\x\ alle religiöfen unb meta))^^fifc^en ^^ragen gur ©c^au unb rei^t alle« al« Derlel^rt unb
läc^erlic^ herunter. 9{ur bie im Jlaifer gi))felnbe ^ureautratie ^at er auc^ in i^
f(^limmften Vertretern ftet« mit feinem erborgten Slttijigmu« Derfc^ont: bie 3Jlenfc^en er«
60 füllen nac^ i^m il^ren Seruf, n)enn fie biefer ge^orc^en unb i^re gegenfeitigen 93e}ie^ungen
Sudan nott Sontofata 661
burd^ einen getoiffen ©c^ltff be« gefeDtgen Sene^nten^ bel^agltd^ machen" — toage i(^
nic^t )u entfcpeiben. @me bergletd^enbe S^f^n^^^fi^ung ber S^nÜer, Sudans, ^arc
Slurel^, Selfud' unb ber c^riftüc^en ^^ilofo^l^en in Sejug auf i^re @teQung )ur dffent«
(i(^ Sieligion jeigt, ba^ bie äiertpanbtfc^aft jtDtfd^en ben ^latonitem unb ben c^tiftli^en
X^eologen ungleich größer ift, aU jtDtf^en ben S^nüem unb ben S^riften, gefd^toeige 6
}ti>tfd^en letzteren, \. 9. ^tian unb Sudan, fo frai)))ant auc^ oft bie Überduftimmung
m ber Jtritit ber ^t^ologie ift, unb fo nol^e fi^ Sudan unb ^atian in ber Rutil ber
(St^niler fte^en (über bad ä^erl^ältnid be^ S^riftentum^ 2^ ben ))l^iIofo))^ifd^en ^artden in
ber jtodten ^ölfte beg 2. ^al^r^unbert« f. SCI^S^ 1879, ©. 395 f.).
®er 3:raltat ,,^eregrinu« ^roteu^" ift Am ©at^e auf bie Gljniler, nöl^er, toie lo
Sema^ gegdgt ^at, auf ben bamatö no<^ lebenben cbnifc^en ^I^Uofopl^en X^eagened.
3)ie S^nifer, unter benen e^ frdlid^ au^ fe^r unfaubere Elemente gab, ftnb bent Sudan
befonberd antit>at^ifc^, toenn au^ bie 9e^au))tung, ber e^te (Sl^ni^mu^ fd bem Sudan noc^
unleiblic^er getoefen, aU ber erheuchelte, übertrieben ift. 93eftimmt tourbe er ju fdnem
Sfogriff auf X^eogened burc^ bie übertriebenen Setounberungen, ja 3lt)otl^eofterungen bed i6
$eregrinud, toelc^e biefem burd^ bie Seniler ber fc^led^teren ©orte, aber auc^ in Weiteren
unb befferen Areifen, fteigenb ju teil tourben. Sudan felbft, ber jenen noc^ ))erf5nli(^
gefonnt ^e, backte anberd über il^n, unb al^ noc^ X^eagened, ber nö^fte ®eno{fe bed
^eregrinu^, ftc^ in 9lom dnen 92amen ju mad^en begann unb babd fd^toerlid^ bie SSer^
^lic^ung be^ ^eregrinud unterlieg, ba füllte S. [idf ^u öffentlid^em @inf^reiten ge^ 30
brungen. ©o beftimmt 9ema^, getoig ridt^tig, ben ^toti ber ©d^rift auf @runb dner
Sntbedung in Oalen., Method. med. 13, 15; {e^r ))roblematif(^ bMbt aber bie S^ren^ '
rettung bed ^eregrinu^, toie fte berfelbe ©elel^rte berfu^t ^at, felbft toenn man bereit ift,
bd Sudan bad ^ö^fte üJtag bon Srdftigleit im SSerleumben anjune^men. Sie 3^0^
nif[e, toeld^e Semaljd bdgubringen fu^t für bie @^ren^aftig!eit bed S^nileriS, ertoeifen 26
fid^ ate ni^tige; namentlich fd^eint mir bie ©teile Tatian, Orat. 25 migbeutet. Sema^d
fc^lie^ aud ben Sßorten xarä töv ügaytia^ bag ba^ folgenbe ein Sitat aud einer ©c^rift
ober Siebe bed ^eregrinu^ fei, unb mdnt nun, ^eregrinu^ ^abe fdbft, toie Xatian be«
ieuge, in nüchterner Sßürbigung ber t^atföc^li^en SebendDerbältniffe bor Übertrdbungen
»inftc^tlic^ bed S^ni^mu^ getoamt. äSIein bai^ xaxä x6v Tlganea ift nac^ bem 3^ so
fammen^ange fe^r toa^rfd^einlid^ mit „toie $roteu^'' ju überfe^en, unb ber ©inn ift
ber, ba^ bie S^nüer, jelbft bie e^traDaganteften toie $roteu^, ben ©attler brauchen
für i^ren 9tan)en, für i^ren SJtantel ben Sßeber, für il^ren ©tod ben ^olj^er. äluc^
n>ad fonft Serna^ mm ©c^u^ bed ^eregrinu^ bdgebrad^t ifai, über eine getoiffe
©olibaritdt jtoifc^en ©Triften unb Sl^nifem, t)erf(^lägt toenig; man braucht nur bie 85
Slt)oIogeten (f. SEatian c. 19, p. 84. 86, 1. c. 25; Sujiin, Apol. II, 3) unb ettoa bie
$^ilofo))bumena, too Pardon ben S^nifem angehängt toirb, ober Tertull. de patient.2
)u lefen, um bie 3lnti^atbien ber Äird^enDöter toal^rjune^men. — 2)er 3"M^ be^ luda«
nifc^en, cca ben ^latoniler Jtronio^ geri^teten Xraftatd, fotoeit er Seben unb Xob ^eregrinu^
ent^, i{l in Stürze folgenber: $eregrinu^, bad „^rac^tgebilbe ber SRatur'^ ber Don 40
ben Senilem betounberte 5ß^iIo(ot)^, ift m gemeiner äSerbred^er — Sudan felbft ^at Don
Anbeginn feine ©inne^rt beobachtet unb feinen Seben^ang Verfolgt (c. 8). SRa^bem
er bie SJlanne^jal^re endd^t ^atte, tourbe er in 9(rmenien ali^ Sl^ebred^er erta))))t unb
gebü^renb mi^anbelt, barauf Derfü^rte er dnen jtnaben, unb fonnte fic^ nur burd^ (Selb
Dor beffen @ltem fd^ü^en, enbli^ ^at er gar in feiner SSaterftabt Marion am $elled))ont 45
feinen SSater ermorbet, ba er ba^ @rbe l^ciben tooQte. Sie©ac^e tourbe ruchbar, ^eregri»
nud mu^e fliel^en unb tam nac^ längeren ^rrfal^rten nad^ ^aläftina, ref)). t^idldc^t nac^
9ntiod^ien. Sort trat er ben S^riften bd, fc^mdd^elte ftd^ bei i^nen An unb tourbe dn
angefe^ener Se^er (c. 1 1 ff . ; über bief en 3lbfc^nitt f. unten). 6r f am aud^ alg ßl^rift
ind ©efängni^ ; ber bamalige ©tatt^alter in Serien lieg il^n jebod^ laufen, ^eregrinud so
le^e in feine SSaterftabt jurüd, tonnte aber ben 3$erba^t to^^ bed SSatermorbee nur
baburc^ befc^toic^tigen, bag er fdnen üJtitbürgem fdn @rbtdl, 15 Talente, jum ®efc^en!e
machte, ©c^on bort toar er im ^abit dned S^nilerd aufgetreten, tourbe ober no^ auf
feinen toeiteren Sldfen Don ben S^riften atö einer ber übrigen angefel^en unb unterhalten.
3)od^ mugte er um eined SSerftoge^ toiQen — Sudan fagt, too^rfd^dnlic^ \^<&z er ettoa^66
bd t^nen SSerbotene^ gegeffen — audfc^eiben, unb ba er bie überdlte ©c^enlung an feine
Soterftabt nid^t rüdgängig mad^en tonnte, |q befd^log er, ^xi^ jum ©^toinbela^Ieten a\x^
mbilben. Sie Sluebilbung erhielt er in äg^))ten unb trat bann dne Jlunftrdfe nac^
Italien, nöl^er na^ 9lom an. Sort jog er burc^ feinen ct^nifd^en J^mut unb bie un«
berfc^mten Angriffe auf ben milben unb fanftmütigen jlaifer nic^t nur bie oQgemdne eo
662 Sitriait Hon Samofota
9(ufmerlfamleit auf fu^, fonbem erlDarb ftd^ auc^ gto^e 9eTül^mt|^ett. 3)er Praefectos
urbis, ein toeifer üJtonn, Dertpted tl^n enbltdb aud ber @tabt. 3)iefe biStae Sectouutng
erl^öBte natürli^ feinen SRul^m. @r begab fic^ nun nad^ ©tied^enlonb unb fe^e bort feine
revolutionären Angriffe gegen ben @taat fort, namentlich Derfdumte er teine ^feftoerfamtn«
6 lung in Otom))ia, um ftd^ bemerllic^ ju mad^en. Sei ber britten, ber er beitoo^nte, Rbt«
bigte er, aU bereite fein frü^ered Slnfe^en gefunlen toor, fein Sorl^oben an, bei ber
näd^ften ftd^ felbft au Derbrennen, liefen $lan fül^rte er benn toirKic^ aud ; Sudan feCbfi
iDiO 3^9^ ^^ ^oW getpefen fein, er erjö^lt benfelben nac^ eigenem Srlebnid unb toiO
auc^ öffentlich bie Seniler babei berf))ottet ^oben. @r berichtet toeiter, ba^ er feflbfi 3KiU
10 url^eber ber !IRärc^en fei, bie balb borauf über ben Xob bed ^eregrinu^ erja^lt toorben
ftnb. 9(m @d^lu^e ttfc^t er noc^ einige Sc^anbgef^ic^ten unb ^idmmerli^Ieiten b«S
gelben auf, beren Slugenjeuge er auf einer f^ai^rt bon Xroad nac^ 6^en gekoefen
fein toiQ.
Sie Sintleibung, in toelc^er Sucian bie ©efd^id^te erjö^It fyxt, lonnte ^er ffiglic^
16 toegbleiben. Q^ fragt ft^ t)or allem, toie toeit bie beri^teten ^otfac^en auf SEBo^fri^
berul^en; babei foQ Don aQen ©c^anbt^aten, bie bem ^eregrinu^ Dorgen)orfen ftnb, notür^
lid^ abgefel^en toerben. Sie @|iften} eine^ c^nif^en $|iIofo))l^ $eregrinud $roteud
(über ben iRamm f. Semat^ @. 89 f.) lann ni^t bejtoeifelt n)erben (gegen $Iancf unb
9aur). SSielleic^t bie ältefte ÜRa^ric^t über il^n ift bie el^renDoüe @rt9ä^nung, toelc^e il^m
ao Dor feinem Xobe Slulu^ (SeUiu^ ^at )u teil toerben laffen, ber t^n m 9t^en getroffen
. I^at (12, 11). au^ bie 3loth, bie Nation über il^n bringt (Orat. 25), ber i^n m Slom
gefe^en l^aben toill, legt bie Slnnal^me no^e, ba^ ^eregrinu^ bamal^ nod^ am £eben toar.
Sein auffaQenber, felbftgetoäl^Iter Xob toirb Don 3(t^enagora^ (c. 26), XertuQtan (ad
mart. 4), (Sufebiud (Ghrod. ad ann. 2181 ; ÜRarc 9(urel 5), fotoie Don Sudan felbft
26 (Fugit. 4 ; Indoct. 14), bem SSerf. be« „Semonoi" (c. 21), 5P^iIofirat (Vit. Sophist.
II, 1), älmmianud SRarceQ. (XXIX, 1, 39) ertoö^nt-^eregrinud ioar o^e 3^>>^ ^
in Italien unb ©ried^enlanb betannter ^l^ilofo))]^, unb fein ^ob l^at bad größte Shtffe^
gemad^t. Seine SSaterftabt ebrte ibn bolb nac^ fdnem Xobe mit einer Sibfoule, Don
toelc^er ättl^enagorad mittdlt, |te gelte atö dne oratelfDenbenbe. (Sufebiud 1^ — DieQeic^t
80 fd^ö))fte er l^ier toie b^ ben anberen 9}ad^rid^ten über bie oI^m))ifc^en 6))tele aud !^iu^
älfrilanu^ — genau ba^ Xobe^jal^r bed ^eregrinu^ angegeben (165 p. Chr.), unb e^
liegt fein ©runb Dor, il^m l^ierbd ju mißtrauen. Siefe 3^n0<^c geftottet ed, für bad
Seben bed ^eregrinu^ einige Säten feftjufteUen. 3lad} Sudan o. 19. 20 föllt ber ^b
bed ^eregrinu^ auf bie 4. ^tDerfammlung in Ol^m))ia, bie er mitgemacht ^i 9Ran
36 brauet biefer Eingabe nic^t ju mißtrauen, toeil jene SSerfammlung auc^ bie 4. getpefen
ift, toeld^e Sudan felbft befud^t l^at (c. 35). Sudan unb ^eregrinud lebten eben gleu^
gitig bamal^ in @riec^enlanb, unb td lann nid^t auffallen, ba^ bdbe teine ^er in
l^mpia Dorbdliegen. ^eregrinud ift mitl^in f))äteftend 152/53 aud Slom Derbannt
toorben — baju ftimmt aud^ bie 2lngabe in c. 18 — ; fein römifcber äufent^t f&llt
40 alfo in bie ^a^re um 150. @r ift f))äter nic^t mel^ bal^in jurüdgete^rt (Sied ift für
bie Seftimmung ber Slbfaffung^^eit ber tatianifc^en Oratio Don SBic^ttgtdt 9Ii(^t un-
toa^rfdj^cinlic^ ift, ba^ ber Praefectus urbis [c. 18] „ein toeifer 3Jlann", ber ben 5Pere»
grinu^ ^tDtfc^en 150 unb 152/53 aud Slom au^etoiefen l^at, jener Urbicud gen)efen ijt,
ber aud Justin. Apol. 2 bdannt ift.) Sie d^riftlid^e @))ifobe bed $eregrinud faQt m
46 bie Dier^iger ^al^re. Sa^ berfelbe toirflid^ ^dttoeilig Sl^nft getoefen ift, tann Sucian un-
möglid^ erfunben ^abcn, ebenfotvenig, ba^ er aö ß^rift im ©eföngni« gefeffen ty± ^ere*
gnnud toar eine Diel gu befannte ^erfönli^feit, aU ba^ Sudan eine fol^e Srfinbung ^otte
toagen bürfen. Sa^ 2:atian unb bie fpöteren 3lt)ologeten über bie @^riftlic^teit M
5ßeregrinu^ — Dorau^^e^t, ba^ fte um biefelbe getoufet ^aben — f^toei^en, ift natürlich.
60 ^äUt übrigen^, tote gejdgt toorben, bie c^riftli^e Spifobe ^eregnnud in bte Diajiger ^o^,
fo ift ^u erinnern, eine toie bunte (SefeDfd^aft bamafe (f. §irt. b. §erma«, bie Onofliler,
guftin) fic^ nad^ ßl^riftu^ nannte, refp. mit bem ß^riftentum tJül^lung fuc^te. SCber aller-
bing^ ift e^ fe^r toa^rfc^einlid^, ba^ bie Setaild jener ^nftli^en @))ifobe beS $eregrinud
Sucian bunfel geblieben fmD, unb ba^ er fte ba^er in fdner SarfteQung toilRürlic^ be^'
66 belt \)aL 9lur möd^te td^ mir bafür bie Argumente ni^t aneignen, bie Qai^n (Sflnatiu«
Don Slntiod^ien ©. 520) geltenb gemacht l^at, ber bie 3ügc be« d^riftlic^ ^eregrinud bed
Sudan übertneben l^at, um bie Ungefd^tc^tlid^fdt berfdben ju ertoeifen. dlod^ mi^ictfcr
fte^t ed mit ber Slnna^me 3^^"^/ ^^6 ^eregnnud auc^ ald 3Jlärt^er nac^ &idan nod^
eine Äarrif atur ber c^riftlic^en ÜWärt^rer fein f oO. Sie Sdege, bie 3abn (©. 522 f.) bofur
Gobdgebrac^t ^at, betodfen hai ni^t; Sudan marftert c. 16 mit toünfd^endtoerter SeutTu^*
Sttcfott Hon Sawofotii 663
teit ben 9ruc^ be^ ^eregttnu^ mit bem Sl^flentum, unb in ber Sc^ilberung feinet felbfis
getoäl^lten %oi^, toie überl^au^t Don c. 16 ab, berü^ er aud^ nid^t einmal me^r mit
einem SBorte bie c^riftlid^e ß^^ifobe bcö ?ßl^iIofoj)l^en (Dorl^er l^at er nur c. 4 auf fie an«
gef))ie(t). Sie ganje feinte ber Q6fxx^, bie ftd^ gegen ben S^ni^mu^ überl^au))t richtet,
tofirbe Derloren gegangen fein, tpenn Sudan bie Selbftoerbrennung bed ^eregrinu^ anberd 6
motiviert ^e, m ani ber c^nifd^en Nosomanie überl^au))t. v&oS)l h)ei^ Sudan, bag
au(^ Don ben Sl^rijlen Diele ftd^ freitoillig aufo))fem (c. 13), aber er benu^ biefe Be-
obachtung ni^t toeiter, um ben fetbftgetoö^Iten ^ob be^ S^nilerd DerftönbUd^ ju machen;
im ©egentdl : ben ßl^ften gefielet er auSbrüdli^ m (a. a. D.), bafe fie ben 2:ob toirl«
Ii(^ Derac^ten, ber Seniler gel^t, gefoltert Don ^obe^ngft (c. 33), au^ Sitelleit in ben lo
%o\>, Somit biribt ed babd, ba^ 1. ^eregrinu^ toirHicp S^rift getoefen ift (ganj ö^Iid^,
toie fdne 3^0^"^ff^r ^^^ !Diord))^tlofoDl^en ^uftin unb ^tian S^riften tourben, uur
mit bem Unterfc^iebe, ba^ fie ed auc^ blieben ; unb tote biefe in ben d^riftlid^en ©emdnben
Dermöge il^rer Silbung unb i^er loiffenfc^aftKd^en Äenntniffe Seigrer aetoorben ftnb, fo
mag au(^ $eregnnu^ Se^orträge gel^alten ^aben), 2. ba^ er um bed d^riftlid^en 9e« i6
lenntntffed toiQen im ©eföngni^ gefeffen l^t, aber frdgegeben tourbe, 3. ba^ er nac^mald
ba^ S^riftentum aufgegeben ^at; ben ®runb geftel^t i8udan felbft nid^t ju toif[en. Sad
Uebrige, toa^ Sudan Don ben ©efd^icfen feinet Reiben aU S^riften erjä^It, mag teit
todfe auc^ nod^ auf Sßa^r^dt berul^en ; bod^ beft^en totr nid^t bie ÜRittel, um ed )u loru
troOieren. üRan gel^t ba^er jtd^erer, toenn man barin einen @^alt aui^ ben aOgemdnen 3o
Äenntniffen Sudans Dom ß^ftentume p^l^t. SBeld^erlri 3lrt ftnb biefelben getoefen, unb
toie beurtdit Sucian bad Sl^ftentum? ^\ü>ox fd bemerlt, ba| ber Granat nic^t um
mittelbar nac^ ber ©elbftDerbrennung gefc^neben jdn lann, ba Sudan c. 27—30, 38—41
beuttic^ genug auf @rdgntff e anf))ielt, bie fic^ na^ bem Xobe bed ^eregdnud begeben l^aben
(f. audj^ c. 43 init.). Sod^ barf bie Slbfaffung^dt auc^ nic^t todt Don ber 3dt bed 25
iobed abgerüdCt toerben (f. 9(t^enag. c. 26). Sßir l^aben in bem ^raltat um Urhtnbe
oud ben ^ai^ren c. 170 über bad Sbnftentum m erlennen, unb jtoar birelt nur über
bad fVdfc^^ Sl^riflentum (c. 14. 43) ; benn Don bem römifc^en f))rid^t Sudan überl^au))t
nic^t ^oc^ fe^t Sudan bie Überdnftimmung ber Sänften oQer Orten Doraud. ^m fol^
genben foD Suctan fe(bft reben; nur dnige UmfteQungen ftnb Dorgenommen. ao
3)ie @^ften fmb dn religidfer Sunb, in toelc^em dn in ^aldftina gefreu^tgter üRenfc^
^Dc^ Derel^rt totrb. (3n ber aOäieberl^erftellung ber l^anbf^riftlic^ Derberbten ©teile c. 1 1 :
biiyQaq)ov' rbv jufyav in bieyQdq)ovzo' fxiya ftnb Ädm [Gelfu^ ©. 147 f.] unb Ser«
noV^ [a. a. 0. 107 f.J juf ammengetroffen ; boc^ ift ju Dermuten, bag J^ier allju älnftdgiged
aus bem lejte beseitigt toorben ift). ®iefer ^at „bie neuen SBeii^en" in ba« Sebenas
eingefti^ (c. 11). Sr l^at ate ber erfte ©efe^eber ben (Soften auc^ bie Überjeugung
beigebracht, ba^ fie, fobalb fie dnmal übergetreten toören unb ben l^eUenifc^en (Söttem
obgefagt bätten, l^tngegen il^, ben aufget)f&I^Iten©o))l^tften, anbeteten unbna^ beffen ®efe^en
lebten, aujumal 93rüber fden O/^o^^iff' l^ier in malam partem gebrandet, f. Sema^
©. 109 ; guftin, Apol. 1, 14, lel^nt ben SRamen augbrüdlid^ für Sefu« ab). 6tn todtere« 40
S^altenftifum ift, ba^ ^d^ bie Unglüdlid^en felbft übenebet l^aben, ba^ fte gan^ unb
gar unfterblic^ fden unb in aUe (Stotgleit leben toerben, toed^b fte aud^ ben %^ Der«
achten unb Diele Don i^nen fid^ frdtoiQig aufo))fem. SDDed achten fte in gldd^er SBdfe
für gering unb balten e« für gemein, nad^bem fie jene Seigren ol^e genaueren Setoeid
angenommen l^aben. ^eft fte^en fte ju dnanber, ja fie enttoideln eine unglaubliche 46
Slü^gteit, fobalb dner in dne SJotlage gerät; für il^re gemdnfd^aftli^en 3»^tw«f!^ ift
i^en nic^t« ju teuer (c. 13 ; f. 2:ert. 2lt)olog. 39). äfö ein gemdnfame« Unglüdt faffen
fie e« auf, toenn dn 93ruber in« ©efängni« gefej^t toirb {2\xAan c. 12 fe^t Dorau«, bafe
man lebiglic^ um be« c^riftltd^en 93e!enntntf[e« toiQen bamal« gefänglid^ dngejogen toerben
tonnte, aber ebenfo, ba^ bie SRid^ter nic^t Sebenfen trugen, eingefe^te G^riften unter 60
Umftänben toieber loSjugeben [c. 14]. ©o ^at ber SJertoalter ©^rien«, „ein Siebl^aber
ber ?ß^iIofo})^ie", ben $eregrinu« lo«gegeben unb il^n nic^t dnmal ber Seftrafung für
toert erachtet, „ba er beffen SSa^ntoi^ erlannte unb bafe e« i^m lieb fdn toürbe, ju fterben,
bamit er fid^ baburd^ 3?ac^ru^m ertoerbe" — bdbe« entf})rid^t ben bamaligen Serl^ält-
niffen). ©ie fej^en in einzelnen göHen alle« in Sctoegung, um i^n lo«jubefommen. 3P »
bie« nid^t möglid^, fo toirb auf ba« angelegentlid^fte im ^efängni« für i^n geforgt. Su«
don erjäl^lt in Sejug auf ^eregrinu«: „®ldd^ am frühen 3Jcorgen fonnte man in ber
Umgebung be« ©efängniffe« alte äiSittoen unb SBaifenfinber toarten feigen" (ob biefer
Äua au« bem Seben gegriffen ift, ift fel^r fragli^- Sudan toar toa^rfc^dnlic^ nur bie
8lufmerlfam!dt befannt, mit toel^er SBittoen unb SBaifen in ber alten Äird^e bel^belt oo
664 Bttrian Hon Sttm^fahi
tDurben, fo ba^ fte aU befonberd geeierte jtla^e erfd^tenen), ,,bte leitenbm SR&iner unter
t^nen beftad^en bie ©eföngntötDäd^ter, um btinnen bei t^m fc^lafen )u fönnen. Zkmn
tDurben mannigfaltige ÜRal^ljetten l^ineingef^fafft, il^ ^eiligen @t)rü(^ tamxbm bor»
getragen, unb ber gute 5Peregrinu^ — benn Wefen Slamen trug er bamafö noc^ — ^
6 bei il^nen ein neuer @otrated. ^a fogar aud ben Stäbten ber $roDin) SKfta tamen Satte,
tDcId^e bie Sl^riften im SRamen tl^rer (Semeinbe abgefc^ictt l^en, um SeifUmb nu leiften,
bie 93erteibigung }u führen unb ben ÜRonn )u tröjten''. 3^er einzelne 3^0 in biefer
@c^ilberung — mit SSudnal^me be^ @(^lafen^ bei bem SRort^rer (boc^ f. bie Acta
Theclae) — lann oud ber c^riftli^en Sitterotur Don bem I. Slemen^brief ab bid )um
10 Xraftat XertuQian^ de jejunio me^rfac^ belegt toerben, ol^e ba| eine einjdne fd^^ft»
fteUerif^e DueQe nac^getoiefen toerben tonnte, an^ toelc^er Sudan Q^^bpH fyxL Sbu^
,,ber neue @otrate^'' ift nid^t unerl^ört, unb toenn Sudan o. 11 fagt, bie @^rtfien ^^ottcn
ben ^eregnnui^ für dnen ®ott gel^alten, fo ftimmt bad mit ben imd fonft beldimten
^dbnif^en SSorfteQungen Don berborragenben d^nftlic^en ^erfonen unb il^ 93ere(^ng
16 bei ben ©laubigen burcbau^ überdn. ^er f|)e)ielle 3^^^ ba^ aud einigen Stobten 9{tend
^riftlid^e ©efanbte nad^ 9(ntio^ien lamen, toirb burd^ bte l^gnatiudbriefe beleuchtet; Sudan
ertoöl^nt Slfien, um dne todt entfernte ^roDin} }u nennen (xal arjv xäx xcäv h Aoiq.
nokemv). Sie Situation ift dne burcbaud anbere, atö in ben ^[gnatiudbriefen, unb ed
liegt bedl^alb Idn @runb Dor, ju bel^au))ten, Sudan muffe {te nottuenbig gelefen ober bie
30 in i^en erjöl^Iten Segeben^dten gelaunt l^aben (gegen 2fl^ a* a- C- ^^ ^- Ignat
p. 327 sqq.). @^ ift auc^ nic^t einmal nötig barauf binjutodfen, bag in ber erfien
$ölfte be^ 2. ^a^rl^unbertd bie Sl^nften Slftend allem 9(nf^dne nac^ neben ben rdmifcben
toie bie jal^lrdd^ften, fo aud^ bie rü^dgften, bie 9({taten über^au^t berühmte SlbDototen
getoefen ftnb, unb ba^ iened bem Sudan betannt getoefen fein lann.
26 ^ur toeniged ift ed, toad Sudan fonft noc^ über bad S^riftentum bdbringt 3)ie
Soften l^aben „Am n)unberfame ^ßd^bcit'^ in ber {tc^ benn auc^ ^eregrinu^ unterrid^ten
lieg iA ben ,,$neftem unb ©d^nftgele^rten^' in ^alöftina. ^eregrinud übertraf bolb
aQe unb tourbe ^roDbet, SSerdn^ldter (^Ibiafard^), @^nagogen^ut)t, hn» oOed in aDem
(„Il^iafarc^" finbet fu^ in ber d^riftlid^en Sitteratur nid^t, Äenfotoenig „^riejier" in ber
80 älteren ; Sudan l^ellenifiert ^ier bie fircbli^e SSerfaffung Idcbt, ebenfo tote in bem @a|e:
jiQooxdxrjv avxov bzsygdwovto, 3)oc^ fomtte er anberd nic^t auf allgemeine^ Serftonb»
nis^ rechnen. @o nennt aucp ^\x\^n in ber 9t))ologie I, 67 ben Seiter bed ©otte^bienftcd
TiQoeoTcogy obfd^on getoig bamatö bie^ nicbt mebr ber terminus technicus für biefen
in ber (Semeinbe getoefen ift. 3)ie Stu^brüde „5ßroj)l^et" unb „©tjnagogen^oujjt", aud^
86 „©cbriftgelebrter" [diddoxalog] fmb jutreffenb, unb eö ift Idn @tux& Dor^ben, mit
^dm liu bebau))ten, ficbtlid^ toiffe Sudan toenigften^ im dmelnen jtoifc^en S^riftlic^
unb Sübifd^em nic^t ftc^er ju trennen, ©. 147). 6r bolmetfqte uno lommentierte „bie
Sudler'', unb Derfagte aud^ felbft Diele. @o toud^ fdn Slnfe^en ind Ungemeffene unb
ber ®aufler unb Slubrnjäger fanb bei ben Sl^nften fdne Sled^nung; er tourbe gee^ unb
40 lebte ^ugldd^ auf i^re itoften. Senn ba fte aUed ^rbifd^e Derac^ten unb o^ne Setodd
auf ein pfünftige^ Seben fdb^örmerif^ Dertrauen, fo toerben fte au^ebeutet „^[tnbet
td^ bA ibnen ein ®auHer dn, ein genebener 9Kenf(b, ber ba todfe, toie eg gemac^^t toirb,
0 ift er, e^e man ed fid^ Derfte^t, in !ur;ier 3^^ ^^^ getoorben unb lac^t bie dnfobigen
Seute au^ (^ter^u unb }u manchem anberen f. bie ©cbilberung ber ^xoplfztm in ber
46 Sibad^e). 2)en freigegebenen ^Peregnnu« begldteten ß^rtften auf feinen SBanberungen toie
„2^rabanten" — öbnlid^ toerben aucbS^f*^" unbXatian Don einigen ibrer©c^üler begleitä
toorben fein — unb forgten für feinen Unterhalt, bi« ber 93rucb erfolgte (c. 16). Sudan
giebt an, bag bie Soften ftrenge @))etfeDerbote Ratten unb Dermutet, bag ^eregrinud biefe
übertreten bobe.
60 9lQe toefentlid^en 'imerfmale ber d^nftlid^en Srüberfc^aft l^at Sudan genannt, toie fte
ibm, bem fd^arfen Seobac^ter, im 2tbm ficb barfteQten, unb er ^at toiruid^ bad S^arot
tenftifcbe gefe^en unb ba^felbe fo gefc^ilbert, toie e^ einem unintereffterten, Derflönbigen
93eobacbter bamatö erfcbdnen mugte. @^ ift nid^t^ neued, toad toir nadf ber Sehüre ber
aijjologeten be^ 2. g^^r^unbert^ au« Sucian« SarfteDung über ba« (S^riftentum ber ba»
66 maligen 3dt erfahren — aucb Übertreibungen fmb nur toenige ju Derjei^nen; gu ZdM^
9Kut unb ^Sebnfu(bt f. 3uftin., Apol. II, 4; SertuH., Ad Scap. 5; Mart. Polyc. 4;
XertuQ., De fuga 4 sq. ; aber bag ^ nic^td neue« ift, ift eben ba« Sßic^tige ; benn bdb»
ntfcbe« 3^0^^^ beftätigt l^ier, toa« man ^riftUcben @acbtoaltem entnel^men tann. 3lvi^t
um bie Onginalität bicfe« 3^0*^^ff^ B^ b^ben, ift bie ^tfpoti)^z, Sudan ^e bie <brifl»
60 Uc^e i'itteratur berüdEfic^tigt, ab^utoeifen, fonbem todl fw^^ere ©^uren einer fold^ SWicf»
Bttcton nott Samofottt 665
fic^tnal^me 6ei tl^m fel^Ien. 9(nf))telun9en, bie oftmals naäi bem 93oT()anae bon Jlrebd
unb (SU^ftött gefammdt fmb (^ule^t nod^ Don 3a^n a. a. 0. @. 592—594, Sotterill u. a.),
toürben, tocnn p« gubcrlälfiß toören, betoeifen, bafe Sudan d^ftlic^en ©d^riftcn hcS ge«
nauefte Stubium, ein Stubium i^rer Sßörter, getoibmet ^ätte, unb btefe Jlonfequen)
foDte ollem fc^on ftu^ig ma^en. 3Benn Sucian bon feinem ^eregtinu^ fagt, er l^e bie 6
Sucher ber Stiften tommentiert unb fe(bft ntaz baju gefertigt, fo folgt bod^ ni^t, bag
ber Seric^terftatter in ber ^riftlic^en Sitteratur betoanbert toar. „^n einigen gäHen,"
fogt Äeim a. o. D. ©. 501 mit SRed^t, „mögen bie SSäunbererjöl^Iungen ber lucionifc^en
verae historiae an ällt- ober 9Ieuteftament[i(^ed erinnern, unb felbft an ^onö SBalfifc^,
aber auc^ bad $eibentum l^atte ö^nli^e Sagen unb bie ))^antaftif(6en (Sebilbe ber ba« lo
maligen fo HtppxQ touc^emben Steifelitteratur, auf bie e^ Sudan abgefej^en ^at, Imnm
toir gar ni^t genug. $5(^ften^ bd dn paax Stellen lönnte dne tntifc^e Betrachtung
jtoeifel^ft fdn, toie bd ber Sefd^rdbung ber ©tabt unb ber ^n\tl berSeligen, burd^ bie
man an $ro))l^eten unb 9(})ofal^i)fe erinnert toerben fann; aber immer ftnb bie SÜ^nlicb'
leiten oberflöd^flic^e, immer mu^ man fagen, au^ bie betbnif^e $^ntafle tonnte äl^nlic^ed, i5
lonnte inöbefonbere lu dner ^n\ü ber Seligen dne ©tabt ber ©eligen erfinben, unb fo*
iDdt ft)e)iftf^ altteßamentU^e ^ben in ber SrlDöl^nung mil^f« unb l^onigftrömenber
DueQen Dortommen, fo f^nb fte aud bem Sinbnngen iubaiftifc^er 9(nf(^auungen in bie
^etbnifc^ Sitteratur mittelft ber in^ $dbentum eingefd^muggelten jübif^en ©ib^Qinen
fottfam ju erflören." 3luc^ c^riftlic^e ^riftfteDer be« 2. ^al^r^unbert« lennt Sudan ni^t : 20
ber „in S^en ©efangene" ^at mit Sfinotiu« fo toenig gemdn, toie ber fu^ Derbrennenbe
$eregrinu^ mit $oIyIart). 2Ba^ nad^getoiefen toerben lann, ift immer nur bied, bag SBort^
f(^, 3)iItion, ©c^ilberung unb äfti^etifc^er ©ef^macf bd fe^r k)erf(^iebenen ©c^riMtdlem
dned ^üUdttt^ ftetd bo^ eine getoiffe SSertoanbtfc^aft l^en. ^ie ÜRöglic^feit foQ au^
gar niq^t geleugnet toerben, bag Sudan biefe ober jene c^riftlic^e ©c^ft gelefen l^at ; nur 25
lä^ ft(^ ba^ nic^t betodfen. SHIerbing^ ift feine Jlenntni^ be^ S^nftentumi^ nicbt nur
dne ,,bage unb oberflächliche'', toie Jldm bel^aut)tet l^at. ,,@r l^at nid^t dnmal ben Ütamen
S^rifK unb ift fe^r unÖar barüber, toa« dgentlid^ im S^ftentum oon ß^riftu« fommt";
ober bod erftere ifl jufällig unb \>a^ anbere betoeift böd^ftmd bie 93orftd^t bed Beobachtern
ben. 3)oc^ fagt \a Sxidan audbrüdKic^, ba^ S^riftu^ „bie neuen 3Bei^en'' in ba$ Seben so
eingefü^ unb ba^ er fdnen 9(n^ängem bie Ueberjeugung beigebrad^t l^abe, ba^ fte aOe
unterdnanber Srttber fden, fobalb fte dnmal Übergetreten toären, ben l^eQenifd^en ®5ttem
obgefagt l^ätten, hingegen i^n anbeteten unb nacb fdnen ©efe^en lebten. 2)ied genügt,
unb ed Icmn bemßegenüber fc^toerlic^ in Betraft !ommen, bag ber c^ftlic^e Unfterbli^»
Idtdglaube unb bie SSerac^tung bed ^obed Don il^m nid^t birett mit Sbdftu^ in ^Serbin- 86
bung pebrad^t toorben ift. 2)a| Sudan aber Srtoögungen über ba$ S^nftentum S^nfti
unb bte Se^re ber f})äteren ßl^riften in SBeife ^ulian^ angefteHt l^aben foH, ift böHig un*
too^c^dnlic^. J{dm be^aut)tete todter, bie Sb^ften l^ingen nacb Sudan fo lofe mit
G^ftu« jufammen, bafe fte fdne SSerel^rung aufgeben unb anberen ©ot)^iften folgen fönn«
ten. 3ubem toiffe Sudan Don ber Sebeutung bed Itreujed unb bem @))od^emac^enben 40
ber Xttferfite^ung nic^t^. 9(Qein ba^ le^tere anlangenb, gilt Dielme^, ba^ toir nic^t toiffen,
tood bem Sudan barüber betannt toar, ber ja nic^t SSeranlaffung l^atte, aUed gu fagen,
tood er tou^t, unb bie erftere 9el^au))tung ift eine ftar!e Übertreibung, ba Dielme^ nacb
Sudan bie Anbetung (Sl^nfti dn ^au))tftüct bed Sl^riftentum^ ift. Sßa^ Jleim fonft no^
jum Setodfe einer blo^ „Dagen" Äenntniö be« S^nftentum« bei Sudan bdgebrac^t l^at, «
erlebigt fi4 in gleicher SBdfe. Ädnen ber üblid^en SSortoürfe gegen bie G^riften f^ai
Sudan nacpgef})ro^en (gegen Äeim, ßelfu« ©. 149), felbfi nic^t ben ber ©taatdfdnbfc^aft.
SUIem 9(nfd^eine nac^ ift i^m bad S^nftentum dne ungefährliche Setoegung; er ^ ed
getoift ntc^t mit ©^m)>atl^ie betrad^tet ; aber bie ßinföltigfdt unb ganj befonbere l^orl^dt
ber Si^nften, bie Don jebem ©c^toinbler au^ebeutet toerben tann, ruft nic^t einmal ben so
©Dott l^erDor; il^r rül^riger ©emdnftnn unb ibre lobe^Derac^tung ift lebiglic^ dne ©elt«
famleit, i^e Anbetung bed geheugigten @o))l^iften freilid^ ganj befonberd abfurb. Unb
boc^ biefe ©Triften ftnb neben ben gebilbeten ©täbtem unb ben aufgellärten ®i)ifuräem
bie dngijBen „SSemünftigen" in ber todten SBelt, bie bie ©auleßünfte be« neuen 5Pro«
Poeten Äejanber Don äbonoteic^o« burc^fd&auen, ja ber erfte Slu^todfung^ruf ailejanber« »
ge^t toiber fte (SUejanb. 25. 38). 6« bldbt babd, im „^eregrinu«" ^t Sucian bie
©;nüer mit giftigftem §obne überfc^üttet, bie ß^riften lebiglic^ nac^ bem Seben gefcbil»
bot 9tatürli^ ift, um mit 5teim ]iu reben, fdn Urteil übertoiegenb An ungünftige^, lein
lobenbed. 9(ber ba^ ift felbftDerftänblic^ ; toic^tig ift, ba^ er fte nic^t atö ©c^toinbler,
nic^t ot^ Serbrec^er, nic^t atö SleDolutionäre, fonbern ald blinbgläubige, aber ber Stuf^ eo
666 Sttriott Hon Sowofata Sttcifer
o))ferungi unb bed ©emeinfmned föi^t^e Snt^uftaften borgefieat ffaL 3)ad eine Sßoit
„Bopf^t^" für Sl^riftu^ genügte freilu^ ber e^olgejeit, um ben i^cion )u einem 9Ia^
i)l^emtften m {lem))eln unb bad in feinem Sendete nid^t toeiter )u fd^en, toorin er
aU ^iftoriler 3^0"'^ (Mtgi für bie Sleinl^eit ber c^riftlic^en @ad^e unb bed c^rijUic^
h Seiend. «^«If ^nxnnä.
fiiicibit« f. ^ouftu« »b V S. 783, 88 ff.
Sncifer Hon Salorid (geft. 370 ober 371) unb bad luciferianifc^e Sc^i^ma.
S)ie filtere Sitteratur üer^ei^net bei (B.ßrüger, £., ®tf(()of Don (S. unb bad 64idma ber
fiudfcrianer, ßelpjig 1886 (@. 101 f.). fterüor^uöcbcn : @. fic «ßoin bc JCiUemont, M^-
lomoires etc. 7, Yen. 1732, 514—528 unb 763—769; di. (JeiHler, Histoire g^n^rale etc. 5,
$Qrt8 1735, 384—439; 3). ^apcbro« In AS SKai IV (20/5), 660—688; iRattWi, Sanünia
Sacra, SRom 1758. S. 72—77; ©ör. ©. grj. SBalcd, ©nttourf einer ooUftfinbtaen ^tftorie
ber Äe^erelen 3, fielpjig 1766, 338—377; bic ^rolegomeno ber ÄuÄgabe ber «ofett (f. u.).
Sl^gl. nod) ^. Partei, 2. ton Slagliari unb fein fiatein. im tlrd^io für tat. fiejrifogr. unb
16 ©ramm. 3, 1886, 1-58; O. ©arben^ctoer, «rt. ß. im Äß. 8, Sreib. 1893, 200 ff.
Ouellen: 3)ie ©griffen ßudfer«, nur in einer ©onbfcdrift (Cod. Vat 133, f. barüber
9ieifferfd)eib, Bibliotheca etc., 1, 383) erhalten, erftmalig herausgegeben oon 3. £iliud, $an«
1568; in neuer S^ecenfton uon 3o^. ^om. unb 3ac. (Soleti, $en.l778 (abgebrucft MSL 13,
691—1050) ; beftc !ritif*c Aufgabe Don SB. ©ortel im CSEL 14, Vindob. 1886; nähere«
20 über Ueberlieferung unb 9(udga6en bei ßrüger 97—101. (Einige IBriefe bei» Siberiuft (f.
b. 91.). 9{otiafn bei ben ßir^enMftorifem iRufinnd, <Sofrate8, €o{omenuft unb ^oboret,
bei ^tbanafiud unb ^ilariud. Hieron. Vir. ill. 95. Geonad. Vir. ill. 16. ^auptqueOe füi
bad 64idma ift ber fogen. Libellus Precum beS gauftinud u. ^arceOinud (f. 9(rt. grauftinu«
»b 5, 781 f. ; obgebrurft MSL 37—107 unb CSEL 35. 5—44). «ujerbem bie Alteroatio
25 Luciferiani et Orthodoxi bed ^ieron^mud (Opp. ed. Vallarsi 2, 169—202, MSL 23,
153—182; bie @4rift ift na« ®. &rnj^maditx, ^ie ^Ibfaffungd^eit ber A. L. et O. beft ^.,
in 3ß® 21. 1900 [1901L 1—3 in 92om ^tvif^en 382 u. 384 gef^rieben). ^te l^ebertatalogc
August, haer. 81, Praedest. 81, P8.-HieroD. 25, Qemi. 14, Isid. 56, Paulus 45 (Qe^ier.
Corp. Haereseol. Tom. 1).
80 ^ie oon @. $. Sladpari, üuellen jur ®ef4. b. ^auff^mbolS unb ber Oloubentogel 2.
66rift. 1869, 128—182 bcm fiucifcr jugef^ricbenc Xaufrebe (^aubfcbriftlicft bejeic^net al«
exhortatio saneti Ambrosii episcopi ad neophytos de symbolo; f. über bie 9{ebe gr. S^itten«
bufd), ^a8 apoftolifdjc ©pmbol, Scipjig 1894—1900, an oerfc^iebcnen im SRegifter unter
exhortatio be^et^neten SteQen) flammt nid)! >on S. (f. ßrüger 118 ff.), aucfe ni^^t oon du«
86 febiuS oon ^erceüfi (fo ^üger a. a. D.), fonbern möglic^ertveife oon ®regoriud oon (Sliberift
(fo Äattenbuf« 206 f.).
Ser Sifc^of Sucifer bon Salarid auf ©arbinien (aud^ Garalis, Caralitanus; bgL
Ärüger 10 91. 1 ; ba« jefeige ßagliari), einer ber l^i^igften SSerteibiger be« nicdnifc^
©tauben^ unb Der @ac^e oe^ SSt^anaftud, tritt juerft ald ©efanbter bed £iberiud ^or,
40 ber i^n im SBinter 354 mit bem ^re^b^ter ^anfratiu^ unb bem Sialonen ^ilariud nod^
üKailanb fd^icfte, um bon bem bort toeilenben Äaijer Äonftantiu« bie Berufung eine^
neuen Äonjile« ju ertoirlen (f. b. 3f . Siberiu« 93b XI ©. 451, 52). Auf bem JtonjU ju Wailonb
(f. b. ä. 3lriani«muig 93b II ©. 30, 48 ff.) ael^örten er unb gufebiu« bon SJerceOä (f. b.
31. 95b V ©. 622), ben Sucif er felbft um ferne leilnal^me gebeten l^otte (p^l feinen 95rief
46 an 6uf. bei§artel319), ju ben toenigen, bie aud^ bem Äa^er gegenüber auf entfc^Aenem
SBtberftanbe be^arrten (bgl. S.^ 93emerlungen in ber ©c^rift Moriendum cp. 1. 2
p. 285, 28 ff.) unb bemjufolge berbannt tourben. ©eine Slnl^änger (pQl Lib. Prec.
cp. 16 [63] u. 25 [89 J) erjä^lten J})äter bon einem bierfo^en ßjil. SBir toiffen nur, bafi
er junä^ft in ©ermanicia in Jtommagene lebte (Luc. de Äthan. 1, 9 p. 81, 3; bgL
60 auq b. ä. ßubojiu^ 93b V, 578, 3^) ; atö jtoeiter 3Serbannung8ort toirb @Ieutbero})oIt« in
^aläftina genannt, too c^ ^toifc^en i^m unb bem 93ifd^of Sut^d^iuiS über JlonbentSet
berfammlungen, bie £. in feinem §aufe abhielt, jum 3ufammenfto^ lam (Hieron. Vir.
ül. 95; Lib. Prec. 30 f. [109 f.]); bielleid^t infolge biefer Sleibereien toarb 2. in bie
2:^ebai^ trang})ortiert (©ofr. 3, 5 ; ©ojom. 5, 12 ; a:^eob. 3, 2). 3m Siil bot er eine
66 SReil^e heftiger ©treitfcpriften gcfc^rieben, bie [xd^ birelt gegen ben Äaifer Konftentiu«
xid)im, Der barin in ber rüctfi(^t^lofeften SBeife unb in immer neuen Variationen ate
fie^crjjatron unb geinb ®otte«, afö jloeiter ©aul, Sl^ab, S^^beam unb ©})ie6gefeDe
aller ^einbe ®otte« unb feine« SSoHe« bel^anbelt totrb. SUe mij^fid^ ©teilen ber
Sibel toerben unter biefem ©eftd^t^jjunlt auf il^n angetoenbet unb mtt berfd^lDenberifc^
60 ^üOe Jte^er))räbi!ate über ü^n au^efc^üttet (eine 931umenlefe bei ^BMdf 363 f. na<^ ^w^;
fittcifer 667
befonber« gehäuft Äthan. 1, 19 p. 100, 23 ff.). 5Dlan Derftcl^t ti, bafe Äonftantiu«, aü
er bte erften etl^alten l^atte, bur^ feinen Jtantmer^emt ^lotentiud oudbttcflu^ bei 2. am
fragen Iie|, ob er ber SBerfaffer fei, toeld^e ^age 2. mit bem ftoljen §inU>eiig barauf, bafe
et freubia allem entgegenfe^e, \oa& ju feinem Untergange unternommen toerbe, hzia^tt (t)gl.
ben Srieftoe^fel jtoifc^en glorentiu« unb 2uc. §artel 321 f.). 2eiber entl^alten bie ©d^riften 6
}ur Seftimmung tl^er ßntftel^ung^jeit nur toenige 9(nl^altei)un{te, lönnen aber mit einiger
aBo^rfc^einlic^Ieit (t>o^ f. aWöOer in 1^23 1887, ©J). 35) fo georbnet toerben : 1. de
non conveniendo cum haereticis (p. 3 — 34), de regibus apostaticis (p. 35 — 65),
de Athanasio I u. II (p. 66—145; 146—208) t)or §erbfi 358, bie le^tgenannten
Süd^ in ben ÜRonaten nac^ 9(uguft 358; 2. de non parcendo in deum delinquen- 10
tibus (p. 209—283) na^ ^uni 359; 3. moriendum esse pro dei filio frül^eften^
360, bieOeid^t erft 361 (p. 284—318). 2)ie reichlichen »ibeicitate geben ben Schriften
eine nid^t geringe SBic^tigteit für bie ©efd^ic^te be^ lat. Sibelte^te^ Dor ^ieron^mui^, auc^
für bie 5lanonggefc^id^te fmb fie nid^t toertio« (bgl. §ama(f in 1^23 1886, 172—175 ;
Jltüger 110—115); im übrigen fmb fie breit unb DoDer SBieber^olungcn, geben aber i6
bod[^ ein (ebenbiged 93ilb bon bem leibenfc^aftli^en, befd^rönlten, aber tfyclid^m @ifer bed
über^gung^treuen ÜRanned, ber in feinem Jlreife ber böc^ften SSerel^rung geno|. ^lertuOian,
S);))rian, Saltanj l^at er gelefen, unb unter biefer 2e!türe l^at bie Originalität toenigften^
ber ©c^rift Moriendum bebenlli^ gelitten, ba in fte lange Partien aud ben beiben
le^tgenannten Tutoren o^ne Slngabe be^ ^nborted ^erübergenommen fmb ((S^))rian be« ao
treffenb bgl. ben ^nbej I bei ^artel 340*»; ju 2aftang ©. Sranbt in ben ^roH. feiner
Slu^obe 9b I, p. CHI).
3)er %o\> bed Jlonftantiud unb bad ätuftreten ^fulian^ mad^ten 2.d @^I ein @nbe
^I. ^ierju unb jum folgenben 3luf. 1, 27. 30; ©o!r. 3, 5. 6. 9; ©ogom. 5, 12. 13;
2$eob. 3, 4. 5). SBäl^renb 362 bie ©^nobe i^u äde^anbrien (f. über fte älrt. Slriani^mud 36
Sb II ©. 39, 63 ff.) unter bed 9(tl^anaftui^ 2eitung tagte unb unter SerüdEftd^tigung ber
Ser^oltniffe, um cille SRi^tarianer möglid^ft )u einigen, bef^Io^, ba^ aQe, toelc^e je^t ben
©louben t)on 9ticäa annehmen, SSeri^eibung ersten unb in i^en lirc^Iic^en Stürben be«
loffen toerben foQten, toar 2. jur Orbnung ber bortigen SSer^öltniffe nac^ 9lntio^ien ge«
gangen (f. b. SKrt. 3ReIetiud Don 9(ntio<^ien). ©tatt aber bad ^^endtoert )u förbem, ao
gog er nur £)l ind |$euer, inbem er burd^ Voreilige Orbination bed ber aUnicänif&en
(euftat^ianifd^en) Partei ange^örigen ^re^b^terd ^aulinud )um Sifc^of bie ©))altung jtoifcpen
ben Parteien Derfeftigte. älli^ fein alter 2eiben^efä^rte @ufebiud Don ^erceOä Don SUe^
sanbrien nac^ Slntiodpien lam, um bie 9(ufforberung ber @^nobe )u überbringen, fanb er
bie DoQenbete ^atfa^e Dor unb fog ftc^ mrüd. 2ucifer aber trat nunmel^r überl^au))t 86
gegen jene milbe Suffaffung auf; alle in oen. legten ^o^ren Jlom))romittierten foQten nur
f 0 aufnal^me ftnben, ba^ fte il^rer lird^lic^en ätmter Derluftig gingen, aQe um il^rer ©tanb^
^ftigfeit toitten Verbannten in il^re Siechte eintreten. 9la^ bem Lib. Prec. cp. 16 (62 f.)
)^oDo)ierte er auf ber Stüdheife in 3l^ü eine äl^nli^e ©cene toie in 9(ntiod^ien, inbem
er bem Sifc^of 3i>ftntui^, ber an ©teQe be^ rechtgläubigen, um feiner Xreue gegen 9(t^* 40
nafiud toiden Dertriebenen 3Jta|tmuiS getreten toar bie Hirc^engemeinfc^aft Dertoeigerte. @r
beruhe bann 9iom, 30g ft^ aber nac^ Salari^ jurüd unb lebte ^ter unangefod^ten, ja
um feinet 93efenntnif|ed unb feinet ftrengen 2eben^ toiQen Derel^rt, aber in fd^idmatifc^er
Stbfonbenmg Don einer jtird^e, bie er bur^ SRad^gtebtgteit gegen fe^erifd^e 2ebre in Dielen
i^ Jtterifer beflecft fal^, bt« ju feinem SEobe (370 ober 371 ; f. ftrüger 56 91. 5). 46
©orbinien blieb über feinen %oh ^inaud ^ittel))unlt (f. bie Sßorte bed Slmbroftu^,
de exc^essu Satyri fratris MSL 16, 1362 f.) biefer gerabe bur^ i^ren ortl^obojen
(Sifer tei^matifc^en ©emetnfd^aft, toeld^e atö ortl^oboj gegen ben ©eltennamen t)rotefiierenb,
fotool^l Don ber ^bee ber SReinl^cit ber Jtird^e unb be« ^rieftertum« al« Don einem leb«
l^en Sled^t^efü^l getrieben, ftcb baran ärgerte, bag toanfelmütige Sifc^öfe jefet im be> 60
quemen ®enufe ortl^obojer ®^ren ftanbcn, toä^rcnb ftanb^afte Sefenner babur^ an ber
9lüctte^r ge^inbert tourben. 2e$tered gab ber Partei namentlich aud^ nad^ ber bur^ %f)tO'
bofiu^ l^erbeigefül^rten SBenbung neuen Stnftofe. ^^x toar bie Äirc^e jjur §ure getoorben ;
ber 5llerud fei bur^ Scft^ unb @^ren gum ^^e gefommen; ü^m gelte me^r bad ^xipn*
tieren um bie Sll^etorif al^ bie fd^li^te SBa^rbeit be^ SDangeliumiS. ^n ©))anien Dere^rten 66
bie 2uciferianer ate einen ber irrigen ben Sifc^of ©regoriu« Don ßliberi^ (ßlDira
in »aetica, je^t ©ranaba; Hier. Vir. lU. 105; f. über ®r. Ärüger 76—80; g.Saniel
in DchrB 2, 739 ff.), ber bem alten §oftu^ Don Gorbuba bei feiner SWüctle^r nac^ Bpa^
men fdjwfoff entgegengetreten toar (Lib. Prec. 9 f. [32—40] ; f. b. ä. §oftu« 93b VIII,
©.382, 2 ff.); au^ Don einem ^ßredb^ter SSincentiu« erjä^lt ber Lib. Prec. 20 [73— 76J, eo
668 Sttcifer Sttctti9 U.
ber für feine ©emeinfd^aft mit @regor l^eftige Slnfeinbungen nu erbulben l^oite. ^n Zrier
ftonb ber ^re^b^ter Sonofu^, ber ben ©etft be^ 93e!ennerbif^of^ $auUnud (Sit Xria«
nigmu« »bll ©. 50,46) bertrat, ouf il^rer ©eite (Ub.Prec. 21 [77]). 3« ^om fettp
beftanb eine luc^erianifd^e $artei (bie nt^t mit ben flnl^ängem bed Urfmud jufommen«
6 jutoerfen ift; f. Ärüger 81 ff. unb ben 9(rt. Urftnu^, ®e0en))a))ft) unb machte unter i^rem
fd^idmatifd^en 93i{d^ofe @))^efiu^ bemSamafud ut fc^affen, ju beffen Untnftfi^ung ^iero«
n^mu^ feine ©treitfd^rift (f. o. 666, 23) f^rieb. ^I^r l^atte {tc^ aud^ ber ^Haton ^tuirtud
(f. 0. 666,40 unb ben «rt. §ilariu«, röm. 2)iaIon »b VIII ©. 67,i4ff.)ju0efeat »uc^
im Dften l^otten bie Suciferianer GJefmnung^cnoffen (ögl. Lib. Prec. 26 ff. [92 ff.]). 3^
10 D^rinc^u^ in ber äg^))tifd^en Jltrc^en))robin^ ^e))tanomod gab ed f^on um ba^ l^al^r 360
eine fc^idmatifc^e ©emeinf^aft, an beren Bpx^t ein ÜRönd^ ^eralliba^ atö Sifd^of flonb.
üJtit i^r gewann @))l^efiu^ ^^lung, <d^ er ftd^ im l^a^re 382 ober 388 auf einer geifi^
liefen ÜRiffton im Orient befanb. 3lad} Digxin^ui tpanbte ftc^ auc^ eine Heine ©enoffem
fc^aft )u @leutl^ero))o[id in $aläftina, burc^ i^r Domebmfte^ üRitglieb, eine 9tonne ^er^
15 mione, um geiftlic^en Seiftanb. @))^e{utd tDiDfai^rte, an ©teQe bed ^erallib'ad, ber Sitte unb
^ielt fxdf einige ^tit in @Ieutl^ero))oIii^ auf. 3(ld er bon bort nac^ Slfrila )urttd(ret{le, Iie| er
jtoei treue Oenoffen, bie ^re^b^ter j^auftinu^ unb 3JlarceIIinud, gunUt, bie in ben
^öufem ber ©laubigen gotte^bienftuc^e 3ufammenfünfte abhielten, bid il^nen ber Ort^
bifd^of mit (Setoaltma^regeln entgegentrat, ^it il^en bergeftalt {ugefügte UnbiQ tmcada^
30 fie jur Slbfaffung ber an bie Jtaifer SSalentinian II., X^eoboftud unb ben jungen Srlobiu^
genuteten Sefd^toerbefc^rift (fog. Libellus Precum), über bie im S(rt ^^fKnud (9b V
@. 782) bad 92äl^ere nac^julefen ift. Ser @rfoIg toar, ba^ ein bon 3;l|eoboftud an ben
Praefectus Praetorio Äl^negiu« gerid^tete« 3leffrij)t bom ^al^e 384 (MSL 13, 107 f.)
fi(^ gegen bie SSerfoIgung berer erflörte, bie mit bem ©))anier (Sregoriud unb bem Driem
25 talen ^eratliba^ in ^ird^engemeinf^aft ftünben. Siefed taiferlic^e ©nabenebitt iß, eine
^ronie bed ©^idEfald, bie le^te ^iftori|^e ^ac^ric^t, bie toir bon ben Suciferionem er^en.
3Ran toirb annehmen bürfen, ba^ ba^ ©c^iMa bie junod^ft beteiligten ^erfonen nic^t
lange überlebt l^at. SBad bon befonberen Sel^rmeinungen ber S. erjäl^lt toirb (bgL bie
Jle^ertataloge), ift ebenfo unft^er toie unbebeutenb.
80 ^ ©arbinien l^t man Sucifer aU ^eiligen betrad^tet, beffen Seid^am int ^<äftt
1623 au^egraben unb in ber Jlatl^ebraltird^e bon Salarid beigefe^t tourbe. (Sin Srob^
ftcin, jtoeifcUo« ftjcitere« üJlad^toerf, ber ba^ älter be« 93if^of« auf 81 3fl^re angiebt,
biente gur Beglaubigung. Ser calaritanifd^e Sr^bif^of fuc^te bem $a)){le Urbon YIII.
in umfangreicher ©^rift bie §eiligfeit £.« ju erloeifen. änbere o})})onierten. 5Der ^[iaj)ft
86 aber erlieg am 15. ^uni 1641 ba^ bon ^nnocen^ X. am 16. Oft. 1647 beftätigte 5De(ret,
bur^ toel^ed bem ©treit für unb gegen ^.1^ äln{))rüd^e auf $eilig!eit ©c^toeigen auferlegt
tourbe. (fö. mUtx t) 0. SMger.
Sttcttiö L,^ap\i, geft. 254. — Ou eilen: a:^prian« «riefe ep. 61 unb 68. €ufcb.
h. e. VII, 2. Lib. pontif. I, 32 ed. 'iWommlen. gaff^ I, @. 19 f. ßipfiu«, (Jftronologie ber
40 römifcften 93i|*öfc, Stiel 1869, S. 1*23 ff. 207 ff. DchrB III, 752.
Sudu^, Sifd^of bon 9iom, ÜRad^folger bed Someliu^, toal^d^einlid^ bom 25. ^uni 253
bi« 5. 3Räxfi 254. 9Roc^ loöl^renb ber Verfolgung, in ber Gomeliud berbannt toorben toar,
jum Sifc^of gen)ä^lt, n)urbe auc^ Suciu^ balb nad^ feiner SBei^e berbamtt; er burfte aber
n)ieber jurüdtfe^ren. ^er Brief 6^))rian^, in bem biefer il^n ju feiner Sflüdle^r beglück
46 toünfd^t, ift noc^ erbalten (ep. 61), aber nic^t ber frühere mit ber Begrünung )u feiner
SBa^l unb feinem itonfefforentum (ep. 61, 1). 2lu^ ep. 68, 5 (at)rian^ toifjen tote, baft
er in betreff ber äBieberanna^me ber (Gefallenen nac^ getl^aner Buge ebenfo urteilte toie
Someliud, unb bag er bied brieflich gegen S^bnan au^ef))ro^en. ©ein (Srabflein
(AOYKIC) ift im 6oemeterium Äaflifti nod^ erl^alten. ®ie ännai^me eine« 5Kärtl^rer*
60 tobe^ ift unbegrünbet. C»«»ctf^.
SncinS II., 1144—1145. — Soffen S.7ff.; 3Battcri4, Pontificum Eomanorum vitac
II 8. 278 ff.; 3. üangeii. ö)cid)icf)tc ber vom. Äircbc bid 3nnoc. III., 1893 ©.372; 2B. «iefe-
bre*t, ®cf(bi(bte ber bcutfcften Äoifcrieit, 4. S3b 1877, 6. 222 ff. ; g. Orcgoroüfu«, ©cfd). ber
6tQbt 9?om im Sli«, 4. 5Bb 4. 9lufl. 1890 S. 460 ff.; ©. 3. 0. C^efcle, eonciliengeft^., 5.35b
M 2. 5lufl. uon ?r. jenöpflcr 1886 S. 492 f.
Äu ben unter §onoriu^ II. unb 3"""^^^* II- ^" ^^ beutfd^en Slngelegenbeitcn
manc^ac^ t^ätigen Äarbinälen gehörte ber Äarbinaljjre^b^ter ©erwarb bon ®. ßroce,
f. m ^eutfc^lanb^ 4. Bb ©. 160 3lnm. 7. @r lourbe ate guciu« II. am 12. 3R&ci
Sttctud n. Sttdud m. 669
1144 ber Stad^folger Söleftin^ II. @^ \oax x^m eine fune unb {Ulmtifc^e 9(mtöfül^rung
befc^teben. 2Sm Sinfang feinet $ontifi!atö l)attt er einen Erfolg : e^ gelang il^m bie äluf«
lofung bed ftäbtif^en Senatö ju er}h)ingen. 9(tö aber im ^erbft 1144 bog freunbli^e SSer^ält«
ni« be« ?PaJ)fted ju SHoger I. bon ©ijilien eine Störung erlitt, trat au^ in 5Rom ein Um«
fc^Iag ein: bie 9(ömer erneuerten ben Senat, an bie @))i^e trat ^orban ^ierleoni; er be« 6
jeid^nete fui^ afö ^atriciud unb er^ob älnfpruc^ auf ade Sleaalien ber römifc^en Jlirc^e,
^iccp\i unb fllerud foUten bon 3^^^^^ ^^^ Dblationen leben. Suciud ^at gegen ben Senat
}u ben äBaffen gegriffen, aber ol^ne einen @rf o(g }u erringen ; er ftarb in biefen Jtäm))fen
am 15. ^bruar 1145. ^aitif.
2ndu» III., ^aj)ft, 1181—1185. — Saff^ II S.835 ff.; fBatteri«, Pontif. Eoman. lo
vitoe II @. 650; 3. iJangcn, ®ef*. ber röniiWcn Äir*c bi« Snnoc. III., 1893 8. 557 ff.;
?. 6(^cffer^«oldjorft, Sf. JJricbridj« I. lefter ©treit mit ber Ihiric, 1866, @. 20ff.; 3B. ®lefe-
brecftt, ®eW. ber b. itaifcrjelt, 5. «b 1888 u. 6. 93b 1895, fortgcfcft oon ^. \>. @imfon;
§. ®regoromud, (»efd). b. Stabt 9iom im SBt^, 4. $b 4. 9uf(. 1890 @. 574 ff.; ^efele. iSom
ciliengef^idjtc 5. ©b 2. «ufl. o. «. Änöpfler 1886 @. 722 ff. ifi
3u ben einf[u|retci^ften Jlarbinälen unter 9(lq:anber III. gel^örte $ubalb Don Oftia.
@r fUtmmte au^ Succa, tarn unter ^nnocenj II. in^ JtarbinaId!oQegium, Don ^obrian IV.
erhielt er bad 93tdtum Dftia. 9(m jtoeiten ^ge nac^ bem Xot SUe^anberd tourbe er in
SeDetri )um $a))fte getoä^lt, 1. Sept. ItSl, unb am Sonntag banacb lonfefriert.
Sein ^ontifilat toar toenig glüdli^. 93efonberd n)urbe er ber 9t5mer ni^t ^en;90
nur bon Slnfang SRobember 1181 bi« 5Witte 9Kär;i 1182 bermoc^te er in 5Rom ju reftbieren,
tiKi^renb ber gangen übrigen Reit feinet ^ontiftfatd ^ielt er ficb au^mört^ auf, gumeift
in SeQetri unb ^nagni. älu$ bem Jlaifer gegenüber betoied er teine glücflid^e ^anb.
3m Denetionifc^en ^^eben bon 1177 toax bie ^age ber mat^ilbif^cn @üter nic^t entfc^ieben
tporben, fonbem ber jtaifer berfpra^ nur im allgemeinen: Omnem possessionem . ., 26
quam Romana ecclesia habuit et ipse abstuHt . . , restituet ei salvo omni iure
imperii, c. 8. 3)ur(^ bie legten Sßorte mar ber ungelöfte 3^i^M^ berbedt. Senn h)ä^«
renb bie Jlurie bie matbilbifc^en ®üter ald tirc^Kc^en 93e^ betra^tete, be^u^tete bereif er,
ba^ fie bem Steige gehörten. 3lun h)ar begüglic^ ber älteren Streitfragen im 11. Jtapitel
bed gebend beftimmt: Mediatores ex parte domini pape et domini imperatoris so
constituentur, quibus controversiae committentur, ut eas iudicio vel concordia
terminent. 93on biefer 93eftimmung machte man nad^ bem SSorfc^lage bed Jlaiferd auf
bie Dorliegenbe Streitfrage älntoenbung. 3)a^ Sc^ieb^eric^t bilbeten S^riftian bon SRaing,
flonrab Don Sßormd, ber ^rotonotar SBorttoin, ^ubolb Don Oftia, SBil^elm Don $orto
unb ber jlarbinalbiafon ^[acinctud, Boso Vita Alex. S. 446. ^ber bad Sc^ieb^eri^t ss
Dermoc^te bie il^m geftedte 9(ufgabe nic^t )u löfen. Sie ftanb im ^. 1181 genau auf
bemfelben fünfte tote im ^. 1177. @i^ f(^iof|en [xö^ ebenfo bie rec^tlic^e Überjeugung
bed ^ßa))fied unb Jlaifer^ toie ber beiberfeitigc 9[$ortei[ aud. 9Iac^bem ^ubalb $a))ft ge«
tporben, fc^Iug ^ebrid^ im ^^ja^r 1182 einen SSerglei^ auf fol^enber ©runblage Dor:
bie jlurie Dergic^tet auf bad mat^ilbif^e @rbe, erhält baaegen gtoet ^^l)ntA aQer di^d^^ 40
einlünfte in Italien, ba^ eine für ben $a))ft, ba^ anbere für bie Jtarbinöle, C. 1. 1 S. 420
3lx. 296. SUIein Suciu^ ging toeber auf biefen 9[$orf(^lag, noc^ auf einen gleiten, ben
^ebri(^ im Sommer 1183 machte — Slu^fd^eibung bed Sleic^^s unb bed Jlirc^engutd,
C. I. a. a. 0. — , ein. ßbenfoloenig fü^frten bie })erfönIic^^en Unter^mblungen jtoifd^en
$a))fl unb Jtaifer, bie im Ottober 1184 in SSerona ftattfanben, m einer ^erftänbiguna : 45
bie ^age blieb ungelöft, ba ^iebrid^ mit aQer @ntf^ieben^eit auf bem Siecht bed ^eicpd
bepanb, f.b.Sertrag mit 5Wailanb D. ll.gebruar 1185, C.I. I S.430 9ir.303,9. 3n«
)tDtf(^en tparen no^ anbere ^agen aufgetaucht, bie ba^ anfangt freunblid^e 3$erl^ältnid
bed $a))fted lum ffaifer trübten, ^m ^eben Don 9ienebig toaren bie toä^renb bed Sc^i^
mad getoäi^Iten beutf^en Sifc^öfe in i^ren SBürben anerfannt toorben. @ine 3(udna^me co
tourbe nur in betreff berjenigen gemacht, bie Don einem ber laiferli^en $ä))fte unmittelibar
tonfetriert ober bie an bie SteQe Derbrängter ale^anbrinifc^er 93ifc^öfe gefe|t toorben toaren.
3)emgema^ galten bie Don i^nen DoQjogenen Orbinationen ald niditig. @^ toar ^ebric^
SSunf^, ba| bie üJti^ftönbe, bie ftc^ baraud für einige beutf^e ^ii^cefen ergaben, bun^
9leorbinationen ber Setreffenben beigelegt toürben. $)er $a))ft f^ien geneigt, fc^Iieglic^ 66
toied er )u SSerona ben 2Bunfd^ ^ebric^ jurüd. ^er ^efd^Iu^ ber S^nobe Don Sienebig
lönne nur burc^ einen S^nobalbefc^Iug abgeönbert n)erben, Arnold, chron. Slavor. III, 11
S. 95. 9Bar in biefem ^ade ba^ 3^ein be^ $at)fted eine ))erfönlic^e Unfreunblic^Ieit gegen
ben Kaifer, fo fc^lo^ feine Parteinahme im Xrierer SJifc^ofdftreit einen Eingriff auf
670 Sttctud ni. 2ihta, fbi»tnm
beffm tirc^Iid^e Stellung in Seutf^Ianb in ftc^. ^n Xrier ^tte im g. 1183 eine
So))))eIh)al^I ftattgefunben. Sie eine Partei tDö^Ite ben Som))ro)){it Slubolf, bie onbere
ben Srjbialon ^Intor. ^iebtid^ entfc|ieb auf einem $oftag )u JlonfUm) ber beutf^tn
Su^legung bec^ SBormfer Kon!orbatö gemd^ nadf einem Bpind^ ber ^^rflten, ba^ 9IuboIf
6 ber red^tmä^ig getDöUte Srjbifd^of fei unb belehnte il^n. ^n SSerona berlangte er barauf^in,
hai Suciud i^m bie 2Bei^e erteile, allein biefer mar nic^t baju }u betoegen, €(est Trev. cont.
111,6 SS. VIII, ©.384. e« fc^eint, ba^ er fw^ me^r ober toeniger beutlit^i fOrgoImor, ber
an bie Jlurie alpptümt ^attc, erttdrte Arn. Lub. III, 11 ®. 96. @eine Haltung nac^ bem
SSeronefer %aQ boQenb^ richtete ft^ birelt gegen ba^ Siedet bed Jtoiferd. Snblic^ erreid^
10 l^ebrid^ feinen Sßunfc^, ^einric^ VI. )um Kaifer gefrönt ju feigen, ebenfalls nic^t : Suciu^
^at il^n in SSerona f^toerlic^ runb abgelehnt; aber jebenfaQd nid^t^ get^, i^ )u er»
füSen. ^m ^af^xt banad^ erfolgte feine beftimmte ß^^^^ifu^S/ Chron. reg. Gol. ^
1185 6.134. 9[u(^ in Segug auf bie italienifc^e $oIitit toar olfo ber ®egenfa| {toifc^
griebrid^ unb ber Äurie toi&er offenbar.
16 Suciud ftarb am 25. Oltober 1185; er fyit SSerona nic^t mel^ berlaffen. @eine
^ötigleit l^at nirgenb^ geüört unb geförbert ; in i^rer ftet^ negativen ßoltung leitete fte
bielmel^ ben neuen Streit jtoifc^en ben beiben ©etoalten ein, ber oldoolb noc^ feinem
Xobe au^brac^. ^aniT.
Sttctiiö, 53riten!önig f. »b V ©. 288,6off. S5b X S. 205,59.
20 Snb f. SSöltertafel.
SnbmtOa^ b. ^tiU, f. Xfd^ec^en, S3e!e^rung jum S^riftentum.
Sfibecf, 9 i dt um. — US. bed !6idtumd Sübecf, herausgegeben Don fieDertu«, Olbenb.
1856. Unter ben er^ä^lenben OueQen fmb am toic^tigften Adam Gesta Hammab. eccL pontü.
MG SS VII @.267 ff., 6eparatauggabc o. 3Bai6. 2. 3IufI. 1876; Helmold, Chronica Slavor.
26 MG SS XXI @. 1 ff., 6eparal ausgäbe 1868. Arnoldi Chronica Slavor. SS XXI S. 100 ff.
©eparataugflabc 1868. Annal. Lubic. SS XVI ©. 411 ff. Series epiac. Lubic. SS XIII
@.347. — iioppenberg in ^erf «rcftio IX @. 385; fiaSpc^rc«. 3)ie ©cfc^rung S^orbalblngien«
1864; ^tVo, (S)ef(()i4te be§ @6. ^amburg-^remeu, 1877; ^auct, ü® ^eutfdjlanb« 3. u 4.95
1896 u. 1902; (Subfl, Hierarchia cathol. med. aevi, 2 ^be, ?Künfter 1898 u. 1901.
80 Sa^ f))ätere 9i^tum Sübcd tourbe bon Otto I. in Olbenburg, bem ^avptüttt bed
loenbifd^en Stammet ber 3Q3agrier, gegrünbet. ® ie S^xt tft nic^t überliefert ; toa^c^einlic^
föQt bie ©rünbung erft in ba« ^a^r 968, f. Ä© ©eutf^Ianb« III ©. 107 f. 2)er erjie
93ifd^of, (Sgtoarb, erhielt bie 3Bei|e bon @'S. 9lbalbag bon Hamburg, Adam II, 14 @. 50.
3)enn ba« neue Siötum foDte cil^ ©uffraganbi^tum unter Hamburg treten, ©ein Sfe,
86 Olbenburg, toenbifc^ ©targarb, lag auf ber öftlic^en ©))i(e $olftein^, fc^on bamold nicpt
unmittelbar am üJteer, obgleich ber Ort al^ civitas maritima bejei^fnet toirb, Adam
II, 18 ©.53; ie^t ift er ein Sanbftäbtlein mit ungeföl^r 3000 eintoo^nem. 2)erDIben^
burger ©Jjrenael umfaßte ben gamen tvenbifc^en 9Kifftongbejirf §amburg8; er be^nte f«^
alfo bon ber Vieler ^uc^t füböftlic^ bi^ gegen bie ©übgrenjc bed ie^iaen üRedlenbura oud.
40 3"*^^^f* f^^^ ^^^ SWiffion^arbeit unerwarteten ßrfolg ju l^aben, f. Ä® 3)eutfc^^Ianw III
©. 138 f. aber bie ffienbcnerl^ebung ber ^abre 990 unb 1018 jerftörte atte« bi« ba^in
©rrei^te, a. a. O. ©. 255 u. 647. 6rft unter 655. 2lbalbert bon Hamburg ging ed toi^et
bortoärt^; nun erfolgte eine mm Siöcefaneinteilung bed SBenbenlanbed, burc^ tüel^fe bec
Olbenburger ©))rengel bebeutenb berlleinert lourbe, inbem ?We(fCenburg unb Slafedburg Si«
46Wofdft|e n)urben, Adamlll, 20,©. 110. 6r befd^ränfte ftc^ feitbem auf bad öftlic^ ^ol^
(tein. ^ber auc^ je^t {am ed nid^t )u einem feften 93eftanb be^ Sidtumd. Sie @rl^ung
ber SBenben gegen (Sottfc^alf im 3- 1066 fteßte bielme^r ben Seftanb ber Äird^ bon
neuem in g^age. 6rft burc^ Sicelin (f. b. ä.) tourbe ba^ ß^riftentum im Olbenburger
Si^tum für bie 3)aucr begrünbet. ^m 3ufa>n»nenl^ang mit biefer geftigung ber SJer^oIt*
60 niffe ftebt bie SSerIcgung bed Sifd^of^ft^e^ bon Olbenburg na^ ber raf(^ aufblOl^enben
Sßad^barftabt SübedE. Qm S^ni 1154 überlief griebric^ I. bem fäd^fifc^en §erjog ^ein*
rid^ b. £. baig SRed^t, bie Sifc^öfe bon Olbenburg, üKedflenburg, 3tafteburg ju inbefüeren,
MG C. I. I, ©. 206 5Wr. 147. 311^ Sicelin ftarb, ernannte nun ^einric^ feinen Äojjlan
®erolb jum Sifc^of ; §abrian IV. ^at i^n am 19. 3uni 1155 fonfeWert, f. Ä® 2)eutfc^Ianb«
66 IV ©. 206. 6r fanb Olbenburg ungeeignet für ben ©i$ eine« Siötum« unb brang in
^einric^, e^ nad; Sübedf, ba^ turj bor^er in beffcn Sefi^ übergegangen hnxr, )u berlegen,
fmtä, eidttun iibtd, Kxiiüiit Serfaffttiv nttb SiatijKt 671
Helm. 1,89,®. 179. Ser^ergog toiKfal^rte tbm; bie SSerlegung tpurbe auf einer Sanbe^»
tjerfammlunfl in fiünebwg im 3- 1158 au^eft)ro(l^en, f. 3)el^io II, ©. 78.
Seitbem traten neue Störungen nic^t mel^r ein; aber au allgemeinerer SSebeutung
gelangte bad Sübecler Sidtum niemals, ^ie glönjenbe @ntfaftung ber ftobttfc^en üRad^ft
bröngte ben Sifc^of in ben $intergrunb. 6
»ifc^ofäifte: Sghmrb 968— ? ; ffiago; (Sjico bor 988—?; golctoarb; Sieginbert bor
992—?; »ern^arb 1013 ober 1014—1023; älein^b 1023—1032; 5Dleinl^er 1032—?;
3lbl^elin*©tej)^n nac^ 1035—?; ßjgonad^ 1043— ?; Sebi^alanj. Sicelin 1149—1154;
®eroIb 1155— 1163; Äonrab 1164— 1172; ^einri^ 1172—1182?; ©ietric^ 1186—1210;
Serti^oB) 1210—1230; Sol^ann 1230—1247; Slbert 1247—1253; Sol^ann b. 2)iefi lo
1253—1259; Sodann b. a;raIoU> 1260—1276; Surc^Kirb b. ©eelen 1276—1317; $ein*
ric^ b. »od^olt 1317—1341 ; Sodann b. üJluIe 1343—1350 ; »ertram ßremon 1350—1377 ;
Slilolau« Siegenbod 1377— 1379 ; flonrab Don Oeifenl^eim 1379—1386; ^o^ann Älem«
benft 1386—1387; (Sber^arb bon aaenbom 1387—1399; Sol^ann b. 3)ülmcn 1399 bi«
1420; Sül^ann Segele 1420—1439; 9?ifoIau« ©adboto 1439—1449; »molb SßJeftfaliÄ
1450—1466 ; Sllbert Ärummenb^cf 1466—1489 ; 23^oma3 ©rote 1490—1492 ; a)ietri(^
ambe« 1492—1506; 2öill^elm aßeftfal 1506—1509; 3o^nn Or^ni^^olt 1510—1523;
©einridji Sotf^olt 1523—1535. ^aitif.
2ihtä. Äir^Iic^e SSerfaffung unb ©tatiftü. — Sltteratur : Söbctfif^c
Serorbnungen unb »etanntmad^ungen, indbef. ^anb II @.291 ff. @. 301 f., Sanb III 6. 25 ff. ao
€.326 ff. ©tatiftif^e ^JRittbeilungen aud Un beutf(6en eoangelif^enfianbedrirdien 1880 u.f.io.
Saigend, (Sef^ic^te ber *8übecfif46n S^ir^e ton 1530 bid 1896 (fat^.). $aberb. 1896; ^zi%
®ef4i4te ber eDangeIif(^«reformterten ®etneinbe in fiübecf, ^ühed 1866.
3)ie bon bem Sieformator Sttbedd D. I^ol^. Sugenl^agen enttuorfene Jtird^enorbnung
tburbe am ^ftngftabenb 1531 bom 9lat unb ben Sürgem anaenommen. Sßenn biefelbeas
auc^ infolge bolitifd^er äBirren niemals )u boUftönbtger Surd^fü^rung lam, fo toar unb
blieb bo^ Sübed feit i^rer Slnnal^me eine lutl^erifc^e ©tabt. ^toax ging nac^ SBuDen«
tpeberd ©turj auf ®runb eined ^ertrag^ bom 26. äluguft 1535 bie Slegierung toieber
auf ben ,,alten dlat" über, beffen üJtitgUeber gum 2:eil S(n][!önger ber ))ä))[tli^en ^irc^e
tporen. 9(ber an ber ©))t^e jene^ SSertragd ftanb bad Oelöbnid, ba^ td bet ber $rebigt ao
bed reinen Sbangelium^ unb ber äSertoaltung ber ©atramente unb ^ird^engebröuc^e fo,
toie fte bepänben, für aDe 3^^ berbleiben foHe. ^amit toar für bie toeitere fird^Iid^e QnU
tpidelung ein fefter 3lu^angd))unlt gegeben. 3lud^ bad bifd^öflid^e SomIa))iteI, \>cS am
fangd toiberftrebte, bermoc^te baran niqtd ju änbem, um fo toeniger, ba bie 3<^I b^
latJ^oIifd^en Jlanonilate aQmä^Ud^ bid auf bier jufammenf^mol). jfatl^iolif^er ©otte^bienft 86
freilid^, ber in einer ber „Curien" ftaltjufinben Jjflegte, l^örte tro^ mannigfaltiger Se«
fc^räntungen unb ^inberungen nie gana auf. @r biente jum Stücf^alt für bie tatJ^oItJd^e
®emeinbe in Sübea, bie famt i^ren $rieftem mel^rfac^ bur^ laiferli^e Sriefe in ®q\x^
Commen tourbe, bi^ fte na^ ber im ^[al^re 1803 erfolgten ©äfularifation bed ^om«
itefö ouc^ beim ©enat freunblic^ered @ntgegenIommen fanb. SSeffer gelang ed für eine 40
3eit lang, burc^ fd^arfe ÜRanbate bem Einbringen reformierter Elemente )u toe^ren. Sod^
führten fc^lie^i^ bie $anbeldbe)tel^ungen }U $oQanb aud^ in biefem ©tüdte )u einer mi^
beren 3}rajid. Eine Ileine reformierte ©emeinbe entftanb unb tou^te fid^, ftdftig geförbert
burc^ bie Sei^ilfe au^n)örtiger (Slauben^enoffen, unter 9tot unb Sebrängnid )u b^^avpim.
^e Erlaubnis jur Erbauung etned 5lir^leind bor bem ^olftentl^or unb mr älb^altung 45
i^er ®ottedbienfte bafelbfl erhielt fte im ^a^re 1693, juerft noc^ unter erfqilDerenben Se«
bingungen, bte aber in ber ^olge immer me^r in SBegfaQ tamen. 9id )u älnfang bed
19. 2lal^r^unbertd blieb bte Slufna^me in ben 3tat aQen 92i^tlut^eranem berfagt. @^
toor ein ßreigni«, afö nad^ ben ^i^ei^eitdlriegen, im ^^^re 1815, ber erfte reformierte
Senator erloäi^lt tourbe. ^m ^o!^xz 1825 tourbe für bie reformierte ©emeinbe bom ©enat so
ein „Segulotib" erlaffen. 3)a«felbe gefd^a^ im S^^re 1841 für bie fatl^olifc^e ©emeinbe.
Sinegefe^ic^e ©etoä^r ber boQen ))olitifc^en unb bürgerlichen ©teic^bered^tigung embfingen
bie ^jTitglteber beiber ©emetnben burc^ bie „Serfaffung ber freien unb $anfett|^bt Sübea''
bon 1848, rebibiert 1851 unb 1875. ©od^ gebort bie toeitübertoiegenbe We^gal^l ber
Setooj^ner auc^ j[^t noc^ bem ebangelif^^ut^erifd^en Selenntnid an, unb „bie ebangelifc^ 66
lut^fd^e Jlir^e im SübedKfd^en ©taate'' nimmt nad^ toie bor bie ©teQung ber ©taatd<
tirc^e ein.
3)er £übedti{^e ©taat l^at auf 298 qkm nad^ ber 3Äi^Iung bom 1. Xejember 1900
96775 ©intoo^ner, bon benen 82 098 auf bie ©tabt fiübed unb beren SJorftäbte, 1941
672 2tAtd, NrdiKc^c Serfaffniig ttnb @tati^
auf ba^ ©töbt^en Xrat)emttnbc, 12 736 auf bie Sanbbeiirte entfallen. SSon ber ©efornt^
beüöKetung ftnb 92981, b. 1^. über 96°/o eüangelif^^ut^erifc^.
älugenblidli^ gtebt ed im Sübedif^en Staate 12 ebangelifc^-Iut^erifc^ Stitdfipiüt,
bon benen 7 auf bie @tabt Sübecl, 5 auf bad Sanbgebiet entfallen, ^ie ^aHjl bec ©et^id^ien
5 betrögt 21, nömlic^ 16 in ber@tabt, 5 au^er^alb berfelben. Sie ftöbtifd[^en Jlin^fpiele {tnb
nac^ ber Qaii^l ber ©eiftlid^en in 16 Seelforgebejirte geteilt, beren 93et>5Uerung im ^^tcn
ber ©tabt unb in ber SJorftabt ®t. Jürgen ung^% je 4000, in ben Sorftöbten ©tSer«
trüb unb ©t. Sorenj ungefähr je 7—9000 beträgt. 3n ben beibett le^enonnten Sor»
ftäbten h)irb bie Einrichtung neuer jttrc^f))iele ge))lant. Sin (Sotte^^öufem fte^ 15 )ur
10 Verfügung, bon benen 8 in ber ©tobt unb beren SSorftabten fic^ befinben.
9Die „SJerfaffung für bie ebangelifc^=lut][^erifc^e Äirc^e im Sübetfifc^en ©toate" iji mit
Seginn be^ ^o^ed 1 895 in Jlraft getreten. 3tad^ i^r ift ber ©enat i^n^ober bed Jtm^em
regimentd, toelc^ed teitö bon il^m felbft, b. 1^. bon feinen bem ebangelifc^lut^fc^ Se^
tenntni^ angel^örigen üJtitgliebem, teil^, in feinem äluftrage, bon bem „Ain^enrote" coO^
16 geübt toirb. 2)er Jlirc^enrat beftel^t au^ jtbei ebangelifc^-lutberifc^en ©enotoren, bon benen
einer ben SJorfi^ fü^rt, unb bem „©enior be^ geiftli^en 9Kinifterium«", |oh)ie coiÄ einem
geiftlic^en unb brei nid^tgeiftli^en 3Ritgliebern. 2)ie bicr le^tgenannten ^ttglieber toerben,
unb jtoar bad geiftlic^e auf SSorfc^lag bed geiftlid^en üJtinifteriumd, bie brei nid^tgeifUi^en
auf %$orf(^lag ber ©|^nobe, bom ©enat auf je 6 ^af)x^ getoä^lt. S)er SBirhtng^fretd bed
20 Jtirc^enratd ift ungefähr berjelbe tbie in anberen Sanbe^ttrc^en ber ber Jtonftftonen. Sei
Srlag neuer unb Slbönberung befte^enber Jlirc^engefe^e, bei SSomal^me bon SSeränbentngen
ber ^irc^|))ielgren2en unb Einrichtung neuer Stix6^]pxüt, be^leid^en bei ber 9(udfc^reibung
bon ^ir^enfteuem bebürfen bie Slnträge bed ^ir^enratd einerfeitd bie 3Ritgene^mimtng
ber ©^nobe, anbererjeit^ bie Seftötigung, bejiD. (Genehmigung bed ©enatS. »n bie mU
26 genel^migung ber ©^nobe ift ber Jtirc^enrat ferner gebunben bei Einführung neuer unb
älbänberung befte^enber liturgifc^er älnorbnungen unb tirc^lic^er ^anbbüd^ unb bei Se«
Billigungen bon 3ufc^üffen ani ber „allgemeinen ftirc^enfaffe'', fotoie bei ber Shtffitdlung
bed Subget^ unb ber Slbred^nung biefer Jtaffe. Sie 3$erfünbigung ber jtirc^engefe^ fyd
ber Senat jtc^ borbe^alten. — 2)a« gciftlic^e SKinifterium umfafet fämtlic^e im Smte be«
80 finblic^e (Seiftlid^e im Sübedifc^en ©taate unter bem 3$orft$ bed aud ber ^aüfi ber fünf
tau))ti)erfonen (b. ^. ber erften ©eiftUc^en an ben fünf fiirc^en ber inneren ©tobt) bom
enat ertbä^lten ©enior^, bem bnxd) bie ©eniorat^orbnung bon 1871 bie SefugniRe unb
Obliegenheiten be« „©u^)erintenbenten" übertragen fmb. 3lu^ ber ÜKitte bed geiftiic^
Slinifterium^ beruft ber ©enior bie Äommifftonen für bie 3lb^altung ber t^eoloigifc^en
86 ^anbibaten))rüfung unb bed JloQoquium^, tbelii^em neuertbö^lte ©eiftlic^e ft^ )u unterjie^
^aben. Sem geiftlic^en SRinifterium in jeincr (Sefamt^eit fte^t bie Begutachtung aller
bie Se^re ber Rirc^^e betreffenben Vorlagen ju, fotoie aller SBorfc^läge für bie äbfaffung
liturgifc^er gormulare, (Sebete unb lirc^lic^en §anbbüc^^cr. — Sie ©^nobe bepe^t aui je
bier üKitgliebem ber SSorftdnbe ber ftäbtifc^^en Äirc^engemeinben unb au3 je jtoei 3Rits
40 gliebem ber Sorftönbe ber Jlirc^engemeinben in Xrabemünbe unb in ben Sanbbejirfen,
femer an^ brei bom Airc^enrat o^ne Slüdfu^t auf eine beftimmte ©emeinbe )u emennenben
©emeinbegliebem, toelc^e einem Jtirc^engemeinbeborjknb nic^t angehören bürfen. ©amt-
liche ©^nobalen toerben auf fec^^ 2la^re ertoö^lt. ^^ren 93orft|enben tbö^It bie ©^nobe
au^ i^rer eigenen üJtttte. Ser ^ir^enrat ift bei ben 3$erfammlungen ber ©);nobe bun^
46 Äommifjare bertreten, toeld^e an ber Beratung jeberjeit teilzunehmen berechtigt finb.
^ft gleichzeitig mit ber ßirc^enberfaffung, nämli^ am 18. Januar 1895, tDurbe ein
„®efe^ betrcffenb bie allgemeine ^irc^enfaffc für bie ebangelif^4ut^erifc^en jtirc^engemetnben
ber ©tabt iJübecf" erlaffen. 9Jac^ biefem ®efe^ bilbet ben ©runbftod ber augemeinen
jtirc^enfaffe ein unantaftbarer ftat)italfonbd bon 150000!IRart, gebilbet au^ SSermoltung^
60 überfc^üffen be^ ©t. ^o^anni^s^lungfrauenllofterd, bed $eiligens®eift^of))ttal^ unb bed
Surgflofterg. gu ben 3infen biefeg Äa^jitalfonb^ tritt au3 ben Überjcbüffen be« ©t 3o*
l^annid-SungfrauenHofter^ ein jä^rlic^er Seitrag bon 16000 9KarI. Sc« Weiteren toirb
bie allgemeine Jlirc^enfaffe burc| eine 5lirdt;enfteuer gef))eift, bie bon fämtlic^en 3Ritgliebem
ber ftäbtifc^en unb borftäbtt|c^en Jlirc^engemeinben, beren fteuerbared ^a^re^eintommen ftcd
55 auf me^r ald 1500 "Slaxl beläuft, erhoben toirb. Obtoo^l biefe Jlirc^enfteuer btd^er nur
5*^/0 ber Einfommenfteuer betrug, l}at fte \\i) bereite al« ein tbidj^tiger ^Itor für bie^ort*
enttDictelung be^ Sübecfifc^en Äirc^entocfen^ betoä^rt, fofem pe bie Erbauung ^tbeier neuen
©ottedl^äufer ermöglicht ^at unb für n)eitere Unternehmungen berfelben Srt bie nötige
finanzielle Unterlage bietet. Sie ©emeinben bon Srabemünbe unb in ben Sonbbejirfcn
60 ffabm an ber allgemeinen Jtirc^entafje leinen Slntetl.
SubtH, tir^Ii^c SÜrrfaffung unb Stalt^f
673
©ne Sird) engem ei nbeotbnung, biitti luclc^e bie Öiiijelgemeinben eine ätetttetung in
Jlin^cnbaiflänben unb @emeinbeauäfdjü{ien ertiietten, \oax für bie Statt üüitd beteitä
am 8. 33eäen)6er 1860 erlaRen rtiorben. ©ie litt an ii^iceten SRÖngeln unb Wiiibe bcö=
^Ib Don ber S^nube unb bem Stirt^enrat einet griinblidjen Umaibritung untcrjogen. 2)ic
neue flinken gcmeinbeortnung erlangte am 8. 3;e). 1897 (Seje^eölratt. 3^re iDidjtigftcn 39c= &
fümmungen |inb bie folgenben: 3*«^ fiirt^tpiel jetfäHt in JD Diele Seelforgebejirfc alö
©eifttic^e an ber betreffenben Rir^e angcflctlt |inb. ^infi^nUct) ber ^^aufcn finb bie ©e;
meinbegheber ouälc^tiefeti^ an ben ©eiftlit^en t£)ie« Seelforgebejirte gebunben. 3" ""f"
onberen Sejie^ungen ^aben fie baö SHet^t, fic^ buri^ „2lbmelbung" beim Lüfter itfren ©ee[=
[orget frei ju roä()(en. Stbc Siri^cngcmeinbe toirt buxü} i^ren SJorftonb betlreten, bet lo
au« ben ©eiftlic^en ber fiirrfje unb jlDÖlf burt^ Urtoaljten auf (((^ 3a|jre gtloä^llen ®e=
mcinbemitgliebem beftefjt. 3)er Sorflanb tjat bie ilethjaltung oder ®cmcinbeangelcgen=
Reiten, inäbefonbete audj bed flirc^enbermöflenö ju befurgen. 3"^ ÜÜatimebniung ber Iiri$=
lUt/m SIrmenpftege tDä^tt er Slrmen^fleger in ctforberlic^er ^d^\, Bon tenen minbeftenä
jWei bem SSorftanb angeboren muffen, ber einem bon biefen ben !Borft§ überträgt, Sei is
her 5!Ba^I oon Gleiftlit^en treten bie bem flirt^enrat ange^ötigen Senatömiigliebet unb ber
Senior beS geiftlii^en '■Blinifteriumä tnil Stimmrei^t bem 93prflanb bei. Hie Seftätiguiig
ber 3Sa^l erfolgt burc^ ben Senat. 2In ben ©rlnfe biefer fiirc^engemeinbeotbnung ((^loö
im ^ai)n 1898 eine neue SIbgrenjung ber ifiri^fljiele unb bie Sinteilung betfclben in
©eelforgebejirfc fic^ an. — 33ie Äirtdcngemeinbeotbnung für üraüemünbe ift im lDefent= 20
It<^ ber Kirt^engemeinbeorbnung für bie Stobt Sübti nac^ebilbet. 13k Air<^engcmcinbe:
oibnungen für bie bier Sonbgemeinben Si^Iutu)), @enin, iSe^Ienboif unb ^uÜe unters
fc^eiben fu^ bor allem baburi^, bog bie ^a^l ber Sorftanbämitglicber fleincr ift unb bag
neben bem ^orftanb ein @emeinbeanöfi^u| fte^t, ber bei ber SBa^l ber ^ftoren unb bei
ber ßnlfi^etbung über finanjiette ^x%m mitjutwirten ^at. 2b
fflenn toir unö nun Weiter ben Ergebniffen bet liri$Ii(^en ©tatiflif jutoenben, fo
muffen tuir mit ber Semertung beginnen, bafe bie tfier aufjuflt&renben ^aitlai infofem
iit(^t BöHig genau finb, olä fie ft($ auf bie beiben eoangelifc^en Äonfeffionen jufommen
bejie^en. 2)oc^ ift bei ber flleinfieit ber reformierten ©emeinbe ber ^^ter ein fo »er^
ff^ttinbenb geringet, bnfi man fuglic^ über ifjn tjintoegfetien barf. Sfijaö nun juerft bie so
fai)l ber Saufen anlangt, fo betrug biefelbe auf 100 lebenbgebotene flinbet, bie ^at)[ ber
inbet aus gemifctiten (l^cn pn §älfte angefe|t:
1880—84: 99,327„; 1885—89: 99,07"/.;
1890—94: 98,42''i„; 1895—99: 99,85'/„.
(Stiuaä anberä fte&t fiä} bai 33er^ältni€, Icenn mit ber ^ai}l bei in rein ebongeCifc^en sg
@^en geborenen ßinber bie ^ai^l bei an foli^cn ßinbem üoII;cigenen Saufen beiglic^en
toiib. 33ie 21ngaben für bie ^ät oon 1880- -89 fehlen ^ier. (Sä lonn olfo nur bie 3eit
Bon 1890—1899 in Settai^t genommen Werben. 2)aä Ergebniä ift, bap Bon je 100
lebenbgeborenen Äinbem ebangelifc^et Giiepaare getauft würben:
1890—94: !)9,33",„; 1895—99: 99,05"/,,. 40
9luä biefen ^ai^lm erbeut, baf; im Sereicfe bet ebangetifE^'lut^erifcben Äirije im
Sübedifc^en Staate nut ein tleiner Seil lebenbgeborenet Jtinber ungetauft bleibt. IKandje
freili^ empfongen bie Saufe erft im fc^utpflit^tigen 3llter. 3" erwii^nen ift biet, bafi
iomtüc^e £eitcr ftaatli^er unb priBater Sttiulonftalten auf Slnroeifung ber Obetff^ulbelfürbe
bei ätufno^tne bon neuen S^ülcm bie Vorlegung eineä Souffi^einä forbern. Sjerjeidiniffe a
berjenigen Jtinber, „für welche ein Sauffc^ein nic^t beigebracht morben ift". Werben ^olb:
iä^li(^ bem Senior be^ geiftlii^en Minifteriumä überreicht. 35iefer benennt fobann ben
@eiftlic^ ber einzelnen Seetforgebejirfc biefenigen ^milien, in meieren fii$ ungetoufte
Jtinbet befinben, mit bem (Srfuc^en, ben Q.ltan ben noc^träglidien ^oUjug ber Saufen
noijejulegen. 3iut in Uetf)(UlniSmä{;ig fettenen goflen gefc^ic^t bieö oijne (ärfolg. so
3i^nli(^ ftefit eS mit ben Stauungen, bejügii*^ beren übrigens bie Stotiflit erft Bom
^o^re 1883 an bie nötigen Unterlagen bietet. Suf 100 @^efa)[iefiungen tomen:
bei tein eb. ^oren bei getnifi^ten ^aren
1883;84: 103,18"/,; 92,66"/,;
1885—89: 101,95''/„; 72,06"/,,; BS
1890-94: 99,81"/^; 146,67°/.;
1895—99: 99,96°/,; 138,00"/,,.
äluS biefer SabeQe ergiebt fti^, bag baS ^er^öltniä bei gemifc^ten
KMl'ltncitlliiDdblt m Xfttalaalt unb alr4e- 3. fl. XI.
I
674 &übtd, ftr^Iii^e Serfaffung nnb 6tttti^l Sfide
günftigeS, bei rein et^ongelifd^en ein nid^t ungünftiged genannt toerben borf. S^mer^
Meiben in ber Stobt Sübec! adjäl^rlidSi einige $aare ungetraut. @inev bei ftabtif^ ®ti^
liefen teilt bie 92amen berfelben feinen SImtdbrübem in ben einjelnen .@eeIforgebqirten
mit, burd^i beten ))erfönli(i(ie (Sintpirtung nod^i ntond^ed $aar mx 3ladfyofxaiQ ber Ztauung
6 t)eranla^ toirb. Seibev l^at ed ben Slnfd^ein, old ob in neuefiev ^dt bie Qai^l ber ^are,
tpeld^ie bie 3^rauung obtocifen, in ber ßunal^me begriffen tpäre. @in ft4fered Urteil hierüber
tpirb ftd^ iebod^ erft nad) Slblauf bed näd^iften Duinquenniumd getoinnen laffen.
Äonfrrmiert tourben burd^fd^nittlid^i in ben 3<^^*
im ganjen oud gemifc^ten @^en
10 1880—84: 1140; ?
1885—89: 1288; ?
1890—94: 1534; 4;
1896—99: 1627; 8.
%cSit, in benen getaufte Jtinber Durd^i il^reSltem t)on ber Stünftrmatton jurflcfgel^alten
15 tporben tpdren, finb nid^t belannt getoorben unb lommen tpol^l übcä^u'pt nic^t t)or.
Jtinbergotte^bienftc tDerben mit einer einjigen 9ludnabme in fämtlu^en etKingelif<^
lutl^erifd^en Jtirc^engemeinben ber @tabt Sübed gehalten. 3)er ältefte über^Kui))t iß ber
in ber @t. ^[alobiftrd^e, tpeld^er im ^[ai^re 1875 entftanb. ^^m folgte old ber dltefie mit
®ru))))enfvftem im ^^^re 1879 ber Don @t. üRarien (je^t im ,;ek>angelif(^ Seretnd^mtd'O-
ao ©egentoörtig giebt e^ 9 Jtinbergotte^bienfte in Sübecl, aQe mit ®rut)))enfvftem; 8 toerboi
üon 5ßaftoren* geleitet, einer üon einem ©enbboten be« „SSerein« für Ignnere SKiffion in
©4lle«toig-$olftein". Ungefähr 2000 Äinber ))flegen [xd^ einjuftellen. Reifer unb ^elfe«
rinnen ftnb ettoa 100 an i^rer Untertoeifung beteiligt.
üRit bem Jtird^enbefud^ ber @rh)acl^{enen ftel^t ed ntc^t gut. Slud^ bie Beteiligung
26 am l^eiligen Slbenbmai^l lägt t)iel gu toünfd^en übrig, ^m SSerl^ältnid )ur S0>5lleruned:
)iffer betrug bie gal^l ber ^ommunilanten :
1880—84: 19,07^/.; 1884—89: 20,03°/«;
1890—94: 19,75°/o; 1895—99: 18,37«/o.
®d fd^ieint, ba| fid^ l^ier ein aQmäl^lid^ier 9lü(fgang anbahnt, ber toie man bermuten
80 tnu|, nid^t biejenigen ^milien, toeld^e !ReuIonfirmierte „)um Slltar bringen'', fonbem ben
eigentlidjjen Äem ber Slbenbma^l^emeinbe betrifft.
@ine erfreuliche ßunol^me tDeift bagegen bie ^ai)l ber {ird^ilid^ien Seerbigungen auf.
©ie betrug im SSer^ältni^ ju ber ^af)l ber SSerftorbenen, bie totgeborenen unb ungetauften
ÄinDer abgered^net, in ben Si^^'^^-
86 1880—84: 36,54«/o; 1885—89: 48,69«/o;
1890—94: 56,06«//, 1895—99: 60,40«/o.
3Kan toirb au« biefen ^oÜ^kn ben ©(i^lufe jie^en bürfen, bafe ein getoiffer, freiließ
nid^t ju überfd^ä^enber (Sinflu^ ber ^ird^e in immer Weiteren Jtreifen ber 9et)5lterung fu^
geltenb mad^t.
40 ©egenüber ber eDangelifd^^ut^erifd^en ftird^e bilben bie Slngel^örigen ber anberen d^xx^-
lid^en Sefenntniffe nur eine unbebeutenbe 3Kinber^eit. 9lad^ ber Serufdftatiftif bon 1900
gab e« Reformierte 690, SRömifc^fatj^olifc^e 2176, fonftige (S^riften 227. ®ie 3fleformierten
unb bie Sat^olifen befi^en ©otte^^äufer in ber inneren ©tabt. 33on Selten finb bie 3t5
bingianer, SBaj)tiften unb SWormonen bertreten. 3)ie ^a^l ber 3uben, bie über eine ftattlic^
46 Synagoge berfügen, betrug 1900: 670. 21Ö religionäo« belannten ftd^ jur felben 3^
29 ^erfonen. ß- »• «««le-
ßfl«e, ® ottfrieb S^riftian griebric^, geft. 1855. — ©anber, D. gfriebr. 2..
fibt ju S3urdfelbc unb ^rufcffor ber X^cologie, C)annoücr.ßinben 1891; 83fll. Oefterle^, dkfÄ.
b. Unimfität ©öttingen. IV. Steil (18*20-37). QJöttingcn 1838, @. 407— 9; 3ul. Mütter in
60 b. 3f®Ö1855 9ir. 16. 17; 3). ©cfienfel, ^Qvmftftbtcr A3 1855, (5. 1260 ff.; 9tcbcpenning. ¥rot.
StS 1855; ei)rcnfcurf)ter, XfjSt^ 1855; bcrfclbc in ber 1. «luflaöc b. (Snc^floK 2- «nfL
x>on SBagenmonn; btefer and) in ber 91 bS. 9Iugerbem ^anbeln von fi. beilöufig, boc^ )uni
Xeil einaet)enb bie Biographien feiner i^reunbe : Fünfen (9?ippoIb), ^e^ (^anfen), fiadimann
(C>er6), iÖi^fd) (93ei)frf)lafl), SRütf)c Ci«ippo(b), Xftolucf (Sitte), SBiAcm (Olbenberg). ^an(^
66 brinc^en ferner ^iItt)eQ, 6(t)(eicrmad)erd Seben in Briefen, unb ber (S^rimm«^af)Imannfd)e
93rie*fn)cc6fel, fix^qf). üon SPP^I- ^nö bem rcidjen fc^riftlic^en ^la^Ioffe fi.Ä, ergfinj! bur^
ben ber ißrüber ©rimm, ucröffentlicftt: S3riefiüecftfe( fi.^ mit ben )6rübern ®rimm wn
6anber, ^anni)Oer»fiinben 1891, fomic 33riefe Ä. fiac^manniJ an ß. in ben 9{euen Sö^^^^- f-
^^ilotogic unb ^öbagogif (1892).
Sfiile 675
(Sottfrieb S^ftian ^ebrid^ Sude, geb. 24. Xuguft 1791 in Sgeln bei HRagbeburg,
gefL 14. ifebruar 1855 in ©öttingen, toar f. 3* ^^^ ^^^ angefe^enften unter ben fog.
beutf^ iBermittelungdtl^eoIogen. Sol^n eine^ Aaufmanne^, ettDorb er auf ber ^omfcbuie
m Slagbebttra unter ©ottfrieb Senebitt f^nl grünblic^e ))^Uolo9ifcl^e SSilbung unb erfuhr
Ott feinem itoftgeber, bem (Slementarlel^rer ber 2)omf(^uIe 3. 6^r. SBunberling, tief« 6
imtlenbe (Sinbrüde ^ermi^utifci^er ^ntmigleii 3)ort fc^lo^ er aud^ bie für fein innere^
geben einPufereid^e ^freuubfc^aft mit bem toenig älteren ^.aug.U^Ie au« (Serbftäbt (1788
bid 1813), fixerem ©rünber bei8 nod^ l^eute blül^enben ,,6^rift(i(i(ien SSereine« im nörb«
lic^n 2)eutf(^lanb''. tiefer SBerle^rdtreid ftimmte il^n fi^mbat^ifd^i für ba« neu ertoac^enbe
))Dfitibe @(auben^ unb d^riftlic^e SSereindteben, ol^e bocp ben emften tpiffenfc^aftlic^en 10
unb fritifdjien 3)rang in \i)m ju erftiden. @o fc^Io^ er aÖStubent in $aDe (1810—12)
pd^ eng ®. 61^. Rncöpp an unb na^m in ber ^omiletil g. 33. Slein^arb jum 9Jlufter,
blieb ober babei aud(i banibarer @d^üler bon 9. $. Sliemel^er unb t)on Sß. ©efeniu«.
SDiefer befonberd getoann i^n für Sibele^egefe unb Jtirc^engefd(|id^te. Slad^bem er fd^on
1811 in $aDe ben erften alabemifdjien 5Preid mit einer Slrbeit „De usu librorum V.T. 15
apocryphorum in libris N.T. interpretandis'' gewonnen, ging er 1812 nad^ ©öttingen,
um bort bie gefteSte 3(ufgabe »De ecdesia christianorum apostolica'' 5U bearbeiten,
für bie er 1812 ebenfalls ben ^reiiS ertoarb; ein @rfo{g, ber i$m 1813 bie @telle eine«
t^Iogifd^en Si^etenten eintrug, bie er, feit 1814 ^aQijd^ier Dr. phil., h\& 1816 betlei«
^e. ^n ©öttingen geno| £. bamafö unter bem begeiftemben @tnbrude ber beutfc^en, ao
nomentfid^ ))reu^ifd^en @r^ebung, in anregenbem gefeuigem SSerlel^re mit bem $rofeffor
@^. %. 2). be SiOerd, bem bamoligen ©öttinger ^rit)atbo)enten Aarl ^binanb 93eder
unb beffen trepid^er ©emol^Iin, toie im ent^uTtaftifc^en 3Bettftreben mit einem ^irlel
S' genblid^er ©enoffen, ber ft^f befonberd um &). R. ^o\, 93unfen fd(iarte, fonnige Sen^]a^re.
on ben bortigen Sunbedbrübem, bie lebeniSlang treue gh^nbfc^aft hielten, ertoarben 25
neben Sunfen unb Jtarl Sad^mann, ben nöd^ft t)erbunbenen, aud^ bie 2)ic^ter äSi. $e]^,
Srnft @(^ul)e, ber $^iloIog (Si)X. Sranbi«, bie ^[uriften Slemend JUen^e, 2[ol^. älbam @euf«
fert u. a. Slui^m unb Snfe^en. 3Re^rere griffen 1813 unb 1815 ju benSßaffen, tpa« S. bie
fc^toantenbe ©efunbl^t t)erbot. ^n jener gtit berlobte biefer [x6) mit feiner fipöteren ©attin,
Henriette ÜRüSer oud ©r.^Sobungen im benad^borten @i(^felbe. Siebe jum engeren ))reu^i'80
fc^en SSaterlonbe, auf bad er mit aQen Patrioten ^offnung«t)oQ blidte, unb lebl^afte SBert«
fc^ä^g @d^Ieierma(^d führten S. 1816 nad^ Berlin, tt}o93unfen unbSac^mann bamatö
t)arüberge^enb tpeUten unb t^m bie SBal^n ebneten, befonberd auc^ i^n bei @d^letermac^er
einführten, ber bereit« inxtfy 23 Iitterarijd(ie 3(nfänge, namentlich burc^ ben i^m über::
fanbten Vortrag : „Über ba« @tubium ber ^ermeneutif be« 92X« unb i^rer ©efd^ic^te'^ 86
für ben jungen ^(^enoffen eingenommen unb t)on beffen tparmer^ingabe an ba«@t)am
gelium ^o^^^^i^ (unter Berber« @influ{fe) angenehm berül^rt tt>ar. S. tourbe am 26. ^uni
1816 inSertin Sicentiat unb ^ribatbojent ber S^eologie. @r t)erlebte al« fold^er bort in
regem geiftigem äudtaufd^e mit ben erften 3)tännem ber jungen Unit)erfttät ^toei für feine
innere (Snttoidelung bd)eutenbe ^a^re. 92eben @d(ileierma(!^er trat i^m ba(b be SBette 40
befonber« nol^e; er f^atte bie ^eube, jtoijd^en biefen beiben, einanber bi« ba^in fremberen
©önnem innige ©emeinjc^aft ^er}ufteUen. Slber auc^ mit ^ieanber fc^lo^ er ^erjltc^e
%xunbf(^ft, bie i^n u. a. auf« neue ber ^ra{tifd(ien df^ftlid^en £iebe«t^ättgleit nä^er
p^rte, befonber« bem belannten 33aron t)on jtotttDi^, beffen untoiffenfc^aftUc^e (Sngj^erjtg^
feit unb ^^bjd(iaft g^en be äBette freiließ engeren älnfd^flu^ nic^t julie^. 3(ud^ anbere 46
oI« tl^eoIogifd(ie 2|nterenen, toie bie 3Jlufit, ber er eifrig ergeben tt>ar, fanben bort reiche
92a^^rung. ^ie Segrünbung ber et>ange(ifc^en Union burd^ bie gemeinfame 9lbenbma^(«feier
am Sl.Oftober 1817 begrüßte unb beging S. al« begeifterter Xeilne^mer. 3)te ))atriotif(^e
Stimmung ber ^eit toie bie älnjeid^ien ber beginnenben Stealtion berührten fein em))fängs
l\d)ti ©emüt lebhaft. 3)od^ flanb er bem ))o(itifc^en treiben n)ie jeitleben« me^r nur 60
oI« mitemf)fcnbenber Seobac^ter gegenüber. äBöl^renb btefer ^al^e erfd^ienen Don i^m:
„©runbri^ ber 5R33ic^en ßermeneutil unb i^rer ©efc^ic^te" (©öttingen 1816), „Über ben
^KUidfm ftonon be« Sufebiu«'' (^Berlin 1817), eine 9lu«gabe ber 3)telan(^t^onfd^en 9l))o«
logie (baf. 1818) unb bie mit be SQSette bearbeitete „Synopsis Evangeliorum" (Berlin
1818- 2. aup. 1840). 3m§erbftl818 tourbefi., unb ^toar über ©rtoartcn al« orbentlid^er 66
$rofef[or ber X^eologie, an bie neue Uniberfttät 9onn berufen. 2)ort begann er im 3l))ri{
1819 feinen glüdlid^en ©l^eftanb. 3im ^uguft b. 3- ^^^^^ ^ bon feiner ^fultät jum
D. theologiae ernannt, ^ie ad^t ^af)xt ber 3Btr!famtett in Sonn inmitten ber befreun^
beten ^IiUtat«toQegen Slugufti, (l^iefeler, 9ii(fc^ unb Qai unb im SSerle^re mit älmbt,
%. ®. SBelder, äBinbifd^mann, 91. 3B. bon Sd^Iegel, 9liebu^ u. a. begrünbeten £.« ^o^en eo
676 Sfide
Stuf in ber alabemtjd^en 28elt. ^md) feine jugenblid^i frifd^en SSotlefungen (^2lid^ Sie«
gefe unb Jtird^engefd^ic^te) unb befonber^ burd^ feine tl^eologifd^e ©efeUfd^oft übte er glüd^
Itd^ften @in^u| auf bte ftubierenbe ^ugenb. daneben na^m er lebten Xnteil an ber
SIeuorbnung be^ et)angelifcl^en Jtird^entDefen^ unb ben Anfängen bed fird^Iic^ Scbend,
6 bef onber^ ber SRifftondfad^e, im ))reu^ifc^en St^einlanbe. Sin ber Aonftituierung ber eDongeCi«
fdl^en ©emeinbc in Sonn felbft tpirlte er ci^ ®emeinbet)ertreter, f)>dter neben Xmbt £lt^,
mit. 9lud^ bie jtanjel beftieg er bort in SSertretung ber ^^nbe Bad unb 3l^\df mx^
öfter. £ie^ bie Entfernung t)on 93erlin unb ber primitit)e Suftanb ber Sonner 93ibliot^
mand^e mit Siebe gehegte litterarifd^e @nth)ürfe t)erftegen, tpie bie (Sefd^tc^te bed 3Sbf^
10 ji^mu^ in ber d^rifUid^en jtird^e, bie mit 92eanber ge))(ante Seorbettung ber ©noftiler, bie
mit be SSiette bereite in älngriff genommene neue Stu^abe ber SBerle Sut^^, fo trat
2. in SSonn xuerft mit feinem §aul)ttoerle l^eröor, bem ,,Äommentar über bie ©d^riften
bed @t)angeliften ^o^aniied'', al^ tDelc^e er @t)angelium unb Sriefe, nic^t aber bie 9))o<
tal\)p\t anerlannte. 3)ie brei »änbe erf(!^ienen (Sonn) 1820—25. ®er erfte, 1820 er»
16 fdl^ienene Sanb enegte gro^ed äluffe^en unb n?urbe in ))ofttit)en jtreifen atö erlöfenbe X^
aegenüber ber l^errfd^enben rationaliftifd^en Sludlegung tro( getoiffer jugenblic^, bom
S(utor ba(b felbft ernannter SRängcl ebenfo l^od^ gefeiert, tt}ie t)on ber bamold no(^ bomi«
nierenben ®egen))artei, namenttid|^ bem i^eibelberger $aulud, belöm^ft unb t>erungltm))ft
Unter bem heftigen @treite litt 2ä jarte, an fu^ friebfertige unb leidet t)er(e^Iid^e 9tatur
20 fd^merjlic^ ; befonberd lonnte er \pättt fd^tper t)erh)inben, ba^ i^m bad überjeugte Qm
lenlen in eine ruhigere, Inaüßpm 3(rt ber Se^nblung t>on ))ofttit)er @eite mit Unred^t aä
gurüdtpeic^en in ber Sad^e angelegt unb t)erbad^t tourbe. ^n eine anbere (itterarifc^ ^be
jog i^n gegen ®nbe ber Sonner ^a\)xz famt feinen galultot^enoffen ber 5ßrofeffor ber
H$^iIofo))l^ie S^erbinanb 2)e(brücl in Sonn, ber aegenüber bem ^riftf)rin)i)>e ber proteftan^
26 tifd^en 5£^eoiogie ben Stüdgang auf bie altfircplic^e Re^la fidei unb bad a))ofto(if(^
©V'^'E^olum f orberte. 3)tit ben JtoQegen Bad unb 92i$fd|^ anttoortete S. in ben brei Senb-
fd^reiben ,,Über ba^ älnfcl^en ber ^eil. Sd^rift unb i^r Ser^öltni^ }ur ©laubendregel in
ber ))roteftantifc^en unb in ber alten jtirc^e'' (Sonn 1827), beren britted, umfangreu^fto
Don i^m t)erfa^t ift. Slu^erbem gab 2. mit S^'leiermad^ier unb be SEBette ^eraud bie „2^
90 logift^e 3eitfc^rift" (Serlin 1819-22), mit®iefeler bie lur^Iebige „geUfd^rift für gebilbete
ei|;riften ber ebangelifd^en jtirc^e'' ((Slberfelb 1823), für bie er toertboDe Seitrage liefote,
n)ie befonber^ für biefe bie au^e^eid^nete „Jturjgefa^te ©efd^ic^te [unb jtritit] ber Sutl^
rifc^en Sibclüberfe^ung". ßnblic^ begrünbete er im 3<J^re 1827 mit ben Kollegen 9li$f4
(Siefeler unb ben ^eibelberger ^reunben UHmann, Umbreit bad no(^ f^t blü^enbe ^axopU
86 organ ber SSermittelunget^eologie, bie X^6tft\ ^ie intimeren ^anbfc^riftlid^en ältten er^
geben, bafe er babei nid^t nur be^ ©ebanfend Sater unb eifrigfter götberer, fonbem aiu^
Serfaffer bc^ für bie 3^itfc^rift nod(f ^eute mafegebenben 5Programme^ h>ar, bad toefentlic^
binaudläuft auf bie ^au^tpuntte : treuem ^eft^alten am pofttit>en ©runbe in ber ^eiligen
©c^rift, freie, getoiffen^afte, fo l^iftorifc^e n?ie ))^ilofot)^ifc^e gorfdjiung, unt)arteiif(^, be*
40 fc^eibene unb boc^ mutig emfte Kritif — ober nad^ einer bei S. beliebten, aud^ t>on
©d^leiermad&er gelegentlich at)))robierten furzen gormel: „Serbinbung bed freien teiffen^
fc^aftltd^en (Seiftet mit bcrJlraft be« eigentümlid^ c^riftlid^en." S)ie gri^fd^nft felbft begann
mit 1828 ju erfc^einen. 3m ^tociten ^a^rgange brad^te fie ©d^leiermad^er« no(^ ^te oft
citiertc „©enbfc^reiben an Surfe."
46 Snjtoifd^en h)ar 2. iperbft 1827 afö 9lad^folger Ä. g. ©täublin« bem burc^ ®. g.
^Planrf, feinen 2e^rer, Vermittelten Slufe nac^ ©öttingen gefolgt, too er ben SReft feinet
2ebeng t^erbringen follte. 2)ie geringere ßntfemung \)on (Sgeln unb ©rofebobimgen, bie gröscre
SBirlfamfeit (©ommer 1827: unter 1452 ©tubenten 309 Ideologen), bie reid^ere Siblio*
tl^ef unb banibare äln^önglid^teit an bie Georgia Augusta entfd^ieben für ©öttingen. %wl\äf
60 mu^te er bafür ber geliebten Airc^engefd^ic^te, bie er in Sonn mit befonberem ©lüde
l)ertreten f)att^, entfagen unb neben ber9IXlid^en ©^egefe atö$au))tfad^ fVftematifc^e ^ij^-
logie übernehmen, an bie er ^ag^aft herantrat, unb in ber i^m gleid^e äußere @rfolge
nid^t gelangen. 3Jiit feiner üorftc^tigen 9lrt, Probleme über Probleme auf}utt>erfen unb
)u beren grünblic^er Searbeitung anzuleiten, oft auc^ im einzelnen mit einem getDiffenl^ften
66 „Non liquet" abjufd^liefeen, erinnerte er manchen ^eunb an bie alte ätiabemie unb galt einer
3iugenb, ber \)on ber §egelfd^cn ©eite, fd^on me^r unb me^r aud^ au^ bem lonfeffionett
lut^erifd^en Säger ber blenbenbe ©d^ein f^ftematifc^ fertiger ©rgebniffe toinfte, balb — in
ber $au))tfac^e unberbient — ald nid^t entfc^loffen unb entf^ieben genug. 2)od^ trat
bie« erft nad) unb nac^ l^eröor. ^m 2lnfang getoann er — neben ben greifen^ft er«
60 ftarrten fliegen ^lanrf unb $ott unb bem franlen jüngeren $lanrf im bejaubemben
fifttle 677
®lanjc reifer, frol^er 3ugenb etnl&erfd^reitenb — rafd^ eine glämenbe ©teHung im ge^r*
Utptt toie bei ben @tubenten. 2)a^ ®erebe t)on feinem m^ftifc^en $ange, ba^ il^m t)om
^D^anne^ftreite nod) nod^ing, fd^toanb bor bem Sinbrude feiner frifd^en @m))fang[i(!^Ieit
för oQed ed^it Rumäne. @ein lebenbiged lird^Iid^ied 2i"i^^^ brad^te tiefer angelegten @e«
mütent ein jünbenbed ®{ement na^e, bad man an ber (Söttinger X^eologie oft fd^merjlid^ 6
t)enni^ ^tte. ©elbft mitten im f))äteren lonfefftoneHen Streite erlannten feine ®egner
no(^ an, ba| mit biefem 3Ranne ber erfte fräftige $aud^ bed neuen Sebend nad^ ©öttingen
unb bamit für Unit)erfttät unb Sanbe^Iird^e reicher @egen gelommen tpar. 9luc^ ein
trauter Jtreig geiftooHer ^eunbe, bem ebenbürtig, ben er in Bonn berlaffen, f(^Io| ftd^
balb um i^n. ^n benen, bie er toorfanb, Dtfrieb 3KüIler, bem 5PbiIoIogen, ben ^w^P^" ^^
®. §ugo unb 3. %. 2. ©öfc^en, bem 5P^ilofo))^en 3. ä. SBenbt, bradjite ba« 3ia^r 1829
©ol^lmann, bie »ruber ®rimm, ben ^uriften Slbred^t, ba« 3a^r 1831 auf S.« (Smbfel^»
lung Otfriebd jüngeren Sruber ^uliud SRüQer unb bad ^a^r 1832 ebenfo ben betpäl^rten
®cnoffen ®iefeler au« Sonn. @o lonnte S. f})äter fein erfte« ®öttinger ^^i^^nt mit
SBel^mut unb @el^nfud^t ba« $arabie« feine« 2eben« nennen. ^^Iid(i fielen balb audfi 16
trübenbe Schatten in bie« $arabte«, bie £. nad(i feinem reizbaren ^Temperamente, toie i^m
©d^leiermad^er einft fd(frieb, jur Ungebül^r fc^toer m emj)finben })Pegte. @o l)atU er 1831,
al« er tro^ aUe« Sträuben« bem bamal« nod^ geltenben Xumu« gemä^ ^rorettor tperben
mu^e, ben totbrigen Sturm ber ®öttinger 9tet)olution au«2u^alten, fal^ bei ber nad^folgenben
tonftitutioneüen ^eugeftaltung be« Jtönigrei(!^e« i^annot)er fein bringenbe« Verlangen nad^ 20
freierer fird^lid^er Serfaffung, beren Segen er bom SR^einlanbe ^er lannte, unberüdtfid(ftigt
unb litt innerlid^ tief unter ber Sluf^ebung be« Staat«grunbgefe|e« t)on 1833 burd^ Jfönig
@m{i äluguft (1837) unb i^ren traurigen folgen für bie Untt)erftt&t, ol^ne bo(^ mit ben
ü^m in ber 3Re^rjal^t eng befreunbeten fieben entfefeten 5ßrofefforen bie SSefriebigung unb
ben Stul^m eine« aud^ nac^ au^en ^in t)erftänblid9en o))fermutigen $anbeln« 5U teilen. 25
^m ®runbe be« ^ecjen« mit ben Srübem ®rimm, 2)a^lmann unb ätlbrec^t roefentlid^
übereinftimmenb, glaubte er bod(i in biefer t^age be« ®etpiffen« beren gemeinfamen
Sd^tten ftc^ nid^t anfd^lie|en )u bürfen, fonbem befc^rönlte fid^ auf ))erfönlid^e äSertoa^s
rung gegenüber bem Jturatorium ju $annober unb ))afftt)e @nt^ltung t)on aÖen $anblungen,
bie tpie bie Unit)erfität«n?a^l )um Sanbtage nac^ bem oltro^ierten ®efe^e feinem 9ted|t«s so
betou|tfein ft)iberf))rad^en. 2)ie er^ebenben @inbrüde be« Uniberfitöt«iubtläum« t)on 1837,
bei bem er bem geliebten jtarl Sad^mann ben t^eologifd^en 2)o{tor^ut überreid(ien burfte
Sie f<^on bei ber S^belfeier ber Augustana 1830 bem berliner greunbe % SB. §o|s
c^) unb bie beutfd^en ^l^ilologenbe^ammlungen begrünben ^alf, tpte ba« fortbauembe
SSertrauen be« Unit)erfttät«furatorium«, namentlid^ be« Derbienten Jturatorialrate« $o))ben£ 86
fkebt, fonnten i^n angcftd^t« ber fmlenben Uniberfität n\d)t entfc^äbigen. Sin harter Schlag
für ben bereit« erfc^ütterten S. toar Dtfrieb SKüCer« (1840) 2^ob auf beffen gried^ifd^er gor^
fd^ung«reife. 6« ift getotft ac^tung«h)ert, toenn aud^ fd(fn?er berftänblid^, bafe fi. unter biefen
Umftanben tro^ toieber^olter Stufe nac^ au«n?ärt« (Jtiel unb ^atte 1838, 3ena 1843,
Sett)^ig 1845) treu an ber Georgia Aii^sta au«^arrte; toofür i^n bie Stegierung burd^ 40
Smennung )um tDirllid^en (au«tpärtigen) matt im Jtonftftorium ju $annober (1839) unb ^um
äbte bon 93ur«felbe (1843) au«jeid(fnete. änbauembe lörperlid^e Seiben — fieber», f})äter
Qud) ®ic^tbefd5itoerben — unb ^erbe gamilienberlufke — nur ein Sol^n bon fieben Äin^
bem überlebte il^n nebft ber SRutter — lamen l^inju. 33or allem brüdte ben frü^ altern^
ben 3Rann bie aune^menbe t^eologifd^e SSereinfamung. 2)a« jüngere t^eologifd(ie ®es 46
fd^led^t toanbte ftd£i teil« ber rabilal Iritifd^en Stic^tung ju, bie nad) %, dl^r. Säur bie
Xübinger Schule ^ie^, teil« ber lonfefftoneQ lut^erifd^en Strömung, bie in Erlangen unb
£ei)})ig unter $arle^, Jta^ni« unb ^^omafm« i^re ^au))tquartiere fanb. ^ie 3Ritte, 5U
ber Südfe unb feine greunbe hielten, ^atte biefen (gjÄemen gegenüber um fo fd^toereren
Stanb, ba i^r befonbere« 6]^ari«ma, bie et)angelifc^e Siebe«t^ätigleit in ben Vereinen für 60
äufeere unb innere SKiffton, bie £., eingebenl feiner oben ertoäl^nten Sugenbeinbrücle, ftet«
l^o^fd^ä|te, fxd) eben erft ^u entfalten begann. 93on ber liberalen Wenge ber ®ebilbeten in
feiner fojialen Sebeutung nod^ laum erlannt, n?ar ba« d^riftlid^e 93erein«tpefen überbie« bei ber
liberalen D^eologie be« 3K^fti5i«mu« toerbäd^tig unb ftanb bei ber lirc^icnftrengen Siechten im
®erud^e be« Subieftit)i«mu«. '^m ^Punfte ber äußeren 3Kiffion bxad) ^uerft ber ®egenfa5 5U bö
ber lonfefftoneHen Partei offen ^ert)or. 2. unb feine ^eunbe btiefen e« al« befonberen Sorjug
ber älteren 3Riffton«beftrebungen, ba^ [w bon ber et)angelifd^en Union al« ®runblage
au«gingen unb auf bie Union«gefinnung ber ^etmifd^en ^eife ftärlenb jurüdhpirhen, tDo-
gegen bie 9leulut^eraner auc^ hierbei bie Sonberung al« ®ett>if[cn«fad^e forberten, feit bie
2)re«bener aRiffion«gefeafc^aft (1836) ftc^ auf biefen @tanb))un!t gefteHt ^atte unb ba« 00
678 Sfide
untoniftifd^e iBorgel^en ber 9torbbeutf(^en (SefeQfd^ft (1839) auf offenen ffitbetf^nnu^ ber
fül^renben 3Rönner in ber l^nnot)enf(|en (Seiftlid^Ieit, namentlu^ bed einfbt^retd^ ^3<i1^otd
D. S. 9. $etri in $annober, gefto^en toat. 2. t>tdf^U biefe Stfoi^nrung um fo mel^, tDetI
gerabe er mit Stoeften unb onberen treuen Slnl^ängem @(^(eiermad^ oang im Sirnie
5 bed j){eifterd juerft tpieber auf ben l^iftorifc^en unb nod^ fortbouemben SBert ber refor«
matorifd^ien S9etenntntf[e, tpenn aud^ mit ^rotefi gegen i^e bitnbe Sbmbololatrie, lyat^
getpiefen unb ber Xl^eologie ftetd tlar unb entfc^ieben )>raItif(i(|s{ird(fH(l^ Sl^araltcr im^i^iert
^atte. ^r bie bon Sutl^er angegangene Stid^tung in ber ebangelifd^ Slird^ toor er }ett je
mit einer SBärme eingetreten, bie man i^m e$ebem oft genug f))öttifd^ ald £ut^ertümelet aufs
10 gemußt l^atte; toie er benn auc^ gleid^ feinem j|üngeren^hfeunbe2[uliud3RüIIer in bem kyer-
^ängni^boQen Slgenbenftreite ba^ gute !Rec^t ber ^reu|if($en Sut^eraner gegen ^ie getoaUfome
©(eid^mad^erei ber offijiellen ))reu^ifd^en Union bertrat, too er lonnte. Sof^lpHdt f^toer
ftir 2., bag auc^ bie gemäßigten Elemente ber l^nnobenUen ®ei{Ui(^Iett, barunter feine
liebften @d^üler, aud @(^eu bor ber Qtn\ux ber lauten SJBortfü^er ober nn Qdfttd bor
15 bem Silbe ber Goncordia discors, bad bie {oreußifc^e Union i^en bomald geigte, i^
al^ bem äSertreter bed berfemten Union^ebanlend femer unb femer rftdttm. Xu(^, tood 2.
aU tröftlid^e ^eic^m ber 3eit begrüßte, toie ber ©uftabr^Slbolfberein (feit 1842) unb ber
äBittenberger Hird^mtag (1848), mtfemte il^n immer me^ bon einer $artei, toelc^ felbfl bie
l^iftorifd^ unb ftaatdrecptlid^ begrünbete gemeinfame S^eic^nung ber „boQftänbig getrennt
ao )u l^altmbm'' luti^erif^im unb reformiertm Jtird^m ald ebangelifi&er oud ber amtlich
Bpxad)^ getilgt fel^m tooQte. Sei ber gereijtm itontroberfe biefer gartet mit ber ®5ttinger
t^eologif4ien ^lultät im3al^el853 unb ben f olgmbm ^al^rm ftmtb üBrigendE toie fein
^eunb ©iefeler bereite afö tranler iDlann mel^r jur Seite. Samold fü^m bie jüngeren
KoSegm 3)omer unb (Sl^rmfeud^ter, mit bmen er allerbingd in ber ®runbfrage ^c^ ein^
26 toußte, aSBort unb geber. 9lur mit äußerfter Sel^errfcbung feiner Sc^merjm — „la^
am Üörtjer, aber geiftcglol^m, ®ott fei 5DanI, noi) nidft" — lonnte 2. bi« @nbe 1854
SBorlefungm unb Sozietät fortfe^en. ^m Januar 1855 brad^ er boQenbd jufommen^
emt)fa^l fu^ nod(i burd(i eigenl^dnbigm Slnfd^lag ber ^bitte feiner .^i^drer unb {tob
nad^ f4ltoeren Seibm^tagm am 14. gfebruar, toenig über ein ^albed^aj^ nadf ©iefelo:
80 (ftarb 8. 3uli 1854).
9luc^ in ben legten ®5ttinger ^[al^e^ntm toar 2. litterarifd^ fleißig unb fruchtbar.
Setnm ^ol^anneStommentar ergämte er burc^ bm „Serfuc^ einer boQftötiiigm Einleitung
in bie Offenbarung So^anni« uno bie gefamte ai)0lalvt)tifd5ie ßitteratur" (Sonn 1832;
2. aiufl. in 2 Sbn. 1852). ®m Kommentar felbft bearbeitete er nod^ jtoeimol (2. »ufl.
86 1833—36; 3. ^ufl. 1840—1856, 8b III l^erau^gegeben bon feinem S(^^toiegerfo^e ©mP
Sert^eau). ^r feine bogmatifd^en Sorlefungm mttoarf et einm „(Smnbnß ber ebom
gclifc^en Dogmatil" (©öttingm 1845), ber, nur an gw^^rer unb gfreunbe abgegeben,
bicl 3lnertennung fanb. ®m®rudf einer jtoeiten, auf 3"^*^^ t^eologifc^ fjreunbe für
bie boQe i&ffentlid^Ieit beftimmtm Stürbe unterbrach er felbft im Unmute ber le^en
40 3ia^re (1852). ß^^arafteriftifd^ ift ba« aJlotto au« äuguftin (De trinitate IX, 1) : „Hoc
sapiamus, — tutiorem esse affectum vera quaerendi quam incognita pro cognitis
praesumendi. Sic ergo quaeramus tanquam inventuri, et sie inveniamus
tanquam quaesituri. Quum enim consummaverit homo, tum incipif' 2C. 3Rit
Äarl SBiefeler begrünbete er 1845 bie „Sierteljja^rfd^rift für 2^eologie unb Jlird^e", bie,
46 feit 1849 5IBonatgfd^nft, 1852 einging. Sie brad^te biel S^refflic^e«, nammtlic^^ aud^ bon
£. felbft, tonnte aber ben 9ttß jtotfd^m ber ^{ultöt unb ber tonangebenben ^ßortei in ber
l'anbe^Iirc^e nid^t überbrüdtm. Se^eid^nenb für 2. ift gleich fein erfter eigmer Seitrag:
„Site freien Sereine; ein nottoenbige« Äaj)itel in ber t^eoloaif^en 5Koral". J)m 2^ä
blieb ij^r geiftigcr Urheber treu, gn ben legten ^af^xm lieferte er einige Sluffo^e in bie
60 bon feinen ^eunben 5?eanber, 3l\ij]d) unb 3. 5Wüller begrünbete „®eutfd^e geitfc^rift für
^riftlic^e SBiffenfd&aft unb d^riftlic^e« Seben" (Serlin feit 1850). gfortlaufenb begleitete er feit
1828 bie toid^tigften 9?eu^eitm ber Ideologie unbÄirdjie al^Äritiler in bm ©dtttnger®^
lehrten Slnjeigen. ©eine bort niebergclegtm Urteile über ©trauß', Saurd u. a. Shiffe^
erregmbe ©(^riften toie über bie Sitteratur ber Uniongftreitigleitm k. bleibm für bie
66 ®e|^ic^te ber Ideologie immer beac^tm«toert. daneben gel^t eine lange 9lei^ Heinerer,
faft burd^toeg bebeutcnber felbftänbiger arbeiten, bie in Uniberfttät«))rogrammm unb geffc
ft^riften ober aU glug^efte crfd^iencn. SJarunter bie gelegen ^rogrammauffö^e : „Quae-
stiones ae vindiciae Didymianae (1829—32, 4 ätuffö^e), Ethicae Ck>nfe8sionis
Au^stanae causae et rationes (1830), De mutato per eventa Christi consilio
60 (1832), De invocatione Jesu Christi in precibus Christianorum acrius defi-
Sfiife Sfige 679
nienda (1843, 2 3(uffa|e). ferner bie gfeftf^ft: Narratio de J. L. Moshemio
(1837) unb: Epistula gratulatoria ad G. Hugonem de eo, quod juris pruden-
tiae cum theologia commune est (1838). 2)en $reid unter biefm Opusculis t)erbient bie
Bdjxi^ : Über bad 3(Iter unb ben äSerf af[er, bie urf))rünglicl^e §orm unb ben toal^ren @inn bed
firc^lid^en t^ebendft)ru4ied ,,In necessariis unitas etc/' (®ött. 1850). Unter ben 6
mei^r ))ralti{c^ gerichteten Slrbeiten gebührt ber gleid^e Slang £.^ 1840 unb 1842 im
Sdttinger 3iti{fu)n$t)ereine gel^altenen t)ier Sieben: ;,Über bie allgemeine 6^riftent)f[i(^t ber
2^na^me am SRifftondtperfe unb ba^ befonbere Sßerl^öltnid ber SJtiffton^ereine }ur ala«
bemifc^en SSiiffenfd^aft unb 93ilbung'^ ,,Über bad SSer^öItnid ber lonfefftoneQen SSerfd^ieben-
^en ber jtird^e nu i^em 3Rif|tondtt}erIe ober über ben nottDenbigen Union^grunb unb lo
Unimi^ed ber ®^rif(li(^en SJliffton'', „28iber falfd^e^ £ob unb falfd^en 2:abel ber S^rift«
(id^ aJtijfionen ober (Srunblinien )u einer toal^ren unb l^eilfamen Jmtil berMben'', „^xt
)tDtefa(^, innere unb öugere 3Riffton ber etHmgelifd^ien jtirc^e, ii^re gleiche Slottoenbigleit
unb nottoenbige SBerbinbung'^ ä3e(onberd bie letzte Siebe bejeid^nete S.d Sd^üler äSicpem
1843 ald Sorbotin feinet balb nad^^er erfd^ieinenben 9(ufrufe^ jur ©rünbung bed Semi» u
nared für innere SRifjton. 2)en Siamen ,,^^^^^ 3)tiffton'' nol^m er, toenngteidSi mit ettoad
onberer Segrenjung bei^ Segriff ed, au^ i^r. 2)ie ganje äBörme unb Streue feinet (Semüted
offenbart £. enblid^ in einer Sieibe bon biogra))^if^en Slac^rufen an Se^rer, %reunbe unb
@<^üler, unter benen bie an ®. 3. $Iand, @d^Ieiermac^er, be 28ette, Dtfrieb 9RüIIer
(@enb(4reiben an bie 93rüber ®rimm) |erbonagen. 20
S.d 3^ob lenhe nod^ einmal bie Slide ber gefamten ti^eologifc^en 2Belt auf biefe eb(e
Seftalt au^ ber Rt\t ber beutfd^en äSiebergeburt am Seginne bed neun^el^nten 2|a^r^un«
bertd. 9Ia4l|^er ift fein Siame rafd^ier, ald er berbiente, burd^ bie ^^lut ber neuen Sreig^
nif|e unb Aämf)fe beifeite gefd(ioben. 6a«brr.
£&ge — ift jebe toiffentlic^ untoal^e 3(u^fage, aber auc^ jebed auf Xäufd(iung bedas
Siac^ften bered^nete SSerfd^toeigen ober 33erbre^en ber 28al^l^: eine @ünbe, mit toelc^er
ed bie ^eilige @d^rift ebenfo emft unb ftreng, ald bie ^elt leidet unb oberfIäd(|Iid& nimmt
3ur @rtenntnid toirb bie Sünbigteit ber Süge toie jebe anbere @ünbe burd^ ®efet^
gebra$t Sii^ 3, 20; 7, 7. 13. S)ad göttlid^e SBerbot: ,,3)u foOft nid^t falfd^ 3eugnid
reben toiber beinen Stäc^ften'', grrift, bu4lftäblid(i gefaxt, aüerbingd nur eine fonberlic^so
Serle^ung ber äBa^r^eitd- unb Siebe^flid^t l^eraud, aber feinem geiftlic^n 33erftanbe nad^
lann ed nur fo gemeint fein, hai ed aQe unb jebe Süge unterfagen toill. Stiefer unb
arünbli(^ toirb bad äBefen ber Süge bon Sl^riftud aufgebedtt Qo 8, 44), unb atö il^r Ux*
peber, ber fie in bie SJlenfd^entoelt ein^efü^rt j^at, ber Teufel begeid^inet: „@r ftel^t nid^t
in ber äBoi^eit, benn äBa^^eit ift mc^t in ti^m. 28enn er bie Süge rebet, rebet er bon 86
feinem eigenen, benn ein Sügner iß er unb ein SSater be^felbigen^', b. i. bed Sügnerd.
ä(uf bie Urgefd^ic^te ber SJlenfd^^eit ift ^ier )urüdgeb(iclt. ®ad erfteäSort, baS ber Satan
mm SJlenfdS^en rebcte, toar Süge. SEBer nun ein i^ügner ift, ift bed Xeufe(d Ainb, fteSt
fic^, toie fein geiftiger äkter, auger^alb ber SSia^r^eit, bie ©otte^ Sereic^ ift, unb tritt in
ben Sereidji ber ginftemi«, too ber S^eufel §errfc^er ift. 40
Siad^bem in 2lefu S^rifto bie SBa^rl^eit perfönlidb erfd(|ienen unb i^ Sieid^ aufSrben
(^0 18, 37) burc^ i^n gegrünbet ift, beföm^fen bie zt^oftel boS aQentl^lben berbreitete
Safter ber Süge auf« emftlid^fte. „Seget bie Sügen ab/' f^ireibt ^aulu« Qpf) 4, 25, „unb
rebet bie 333a^rl^eit, ein jcglid^er mit feinem Slä^iften." 3)em %\tui gebietet er, mit ben
jlretem, ate berüti^tigten Sügnem, fc^arf ju tocrfa^ren (3:it 1, 12 f.); Dffenb.3jo21,8 unb 46
22, 15 n?erben au^brüdlid^ bie Sügner bon ber @tabt ©otte«, bem ^immlifd^en ^erufalem au^
gefd^Ioffen. 3Ba« aber aQen biefen einzelnen äBorten ^u ©runbe Hegt, ift bie Slnfc^uung,
bag bie ©otte^emeinfc^aft, ju toelc^er toir in S^rifto ^efu berufen unb ertoäl^U ftnb, fiqi
mit ber Süge fi^Iec^terbing« nidjit berträgt. „SBJir toiffen aber," Reifet e« 1 30 5, 20, Mi
ber @ol^ Sottet gelommen ift unb ^at und einen @inn gegeben, ba^ toir erlernten ben 60
SBal^r^aftigen unb finb in bem SBäal^r^aftigen, in ©einem ©ol^ne 3efu ß^rifto." §ier
finbet bie Süge leine ©tötte mel^r. ^n biefem Sichte lann lein ©d^en ber Üntool^rl^eit
jugelaffen no^ gebulbet toerben.
Sißeber bie Setoal^rung ber eigenen 3Kenfd^enh)ürbe, auf toelc^e Jlant, nod^ bie Slücfs
fid^t ber menfd^itid^en ©emeinfd^aft gegenüber, auf n?e(c^e ^^d^te bad abfolute Verbot ber 66
Süge begrünbet, gc^t biefem Safter fo birelt an bie SBurjd, toie biefer biblifd^e §intoei3
auf bad ))erfönKd9e Sebengoer^ältni« be« G^riften ju bem ®ott, ber „ein Si^it ift unb in
3^m ift leine ginftemi«" (l ^0 1, 5) einerfeit«, unb anbererfeit« bie (Sntif^üttung be«Ur*
f)mmg« ber Süge in bem äBefen be« SRörber« bon Anfang. ^a)u lommt ober no^, ba|
680 Sfige
bic @(^nft nur ein SBoit ^ ffit bod an%Iii^ unb atteo^ti^titöinägiae Sflgcn öi 9»
fediO«! Serif ^e unb füt bie Seugnung btt aBo^t^ fi^Ie^t^ht, in Udifc bei SQifidl bni
®Dtt unb feinem SBnte, tme 2 X^ 2, 9. 10 steigt toiri), f<Htef|ri(^ ouälmtfL Sök
Sßanuinß, bie äinfänge eined SntMged ui betreten, bei in toh^ 9bfliunb btf So»
fibo^enS enbigt! (Sotnei, @^riftli(^e ©loubenele^, II, 1. ^ölfte, @. 98ff.X
3Rit biefer tiefmiften 3(nf^auung uon ber Süge befiitbtt ftc^ nun bn ^cuttge 3BeCt'
btau(^ in ^nQnn SBÜberfleit. @ine Unma^^ftiglttt btut^jit^t ben Qefdlf^aHItQcti Xon,
ben münblu^en @ef))tä(^umgang, bie Mitteilung bei Xoaeäbegeben^ctten unb bic CiÖit»
rung bei la^tifca^m in bet 3<^"8^i^'' ^ tjolttift^e uiÄ $artetltbcn, ben ^Sodiis
10 mmtaii^mud unb bit S3i))[Dniatte, ben iDmmarjieOen unb Sötfenbetfe^, ba| man botm
erfi^ietlen tofiibe, tvenn man ni(^ längfl boron aetoö^ toöie unb mel^ obci tDcnign
jelbft mitt^äte. 3Ran benneibd eben au(^ foigföltig ben ^filii^en Slomen £figc unb
fUft fu^ mit Umft^eibungen unb Seft^ünigungen. Site lontKntioneKen Sügen ^ci^ feint
Wtaniam, bie ^re^e mug i^ien £eleni $itanle^ bieten, in bet ^iolitil ge^ bic $aitei'
u liUCfic^ten ia aÖa^ibeit voi, bie tiatlamentaTifc^ ^tmen ben^fen auf ber ttm^ttaitinuOm
^ttton, in ber SD[)}Iomatie ift bie Qfptaäft ba^u ba, bie (Spanien ju tMibergen, im (So
(c^ft mug bie Jtonkirrenj be{ämk>ft berben, bie SiJrfe fernit üba^fälpt leine 3)^aL ^
Summa tS loirb übeioO gelogen, aber bun^ ftiÖftititDeigenbe überrinlunft leugnet mos,
ba^ ed \o fei!
30 %jx eine Srt bei Süge, bie ju anbcren 3"^ blühte, i^ neueibtngd jiemüi^ ou^
Sxad gdomtnen: bie leligtöje ^euc^elet. Man trifft fte noc^ unb erträgt fie taimi in ber
mobemen 3:^ologie, too mit ün^Iit^bogmatift^en Gegriffen t^fd^münjerei getrieben unb
d)nW.\if« SSenbungen mi^tauc^t toeiben, um ben Unglauben ju bemänteln. €onft ober
tMiIo^nt fi4'0 iDenig, rinen Si^etn beä gottfeligen 38efeng gur @^)au |u tragen, toom bit
3t nadte ©ottlofigleit lein ^inberais beä ^orrtommenä unb ber ö^entlii^ a^tung mc^
btibet.
Sliefe $errf(^ ber Süge ma^t tS ber Stbil f^toer, nii^ rigorifUfi^ }u fein, ffiti
berufen bie ^age ber fogenannten ^ctlüge. SKan bat Seif^ide, berfeOien in bei Sibd
nat^mrifen MoHen. äCber bie 3it><tbeutigteiten, bie Sbra^mn m %i^t)ten (®en 12, II ff.)
eounb in ©eroi (ib. 20, 2) T«^ erlaubte, unb bie 9IuSfIüi^te Sabibä in 9tobe (l@a21,2)
unb in @at^ (ib. 2], 13; 27, 10) gebären nii^t ^ier^er, geft^iveige benn bte augenfo^cin'
li^en Sügen Sarai (@m IS, 15) unb ^atoU (ib. 27, 19). 3)aS Serfa^ SJabib«
unb $ufati (2 Sa 15, 31; 16, 18) mutete unter bie erlaubten Jtriegdliften ju itc^tn
fein. @)ett)iffermafien gebilligt ftnben toii im 3X bef. hoäf nur bie 3:äuf(^ng, bcitn
8fi ^a^ab jur ?tetlung ber Jlunbfi^fter in ^eric^o (^o 2) unb in ä^lic^em gaOc bad ffieib
beö ^aburiterä (2 Sa 17, 20) fit^ bebienlen, unb auf berartige JtoQifionen beft^rotjen
benn aui$ Siot^e, Martenfen u. a. bie erlaubten ätuina^en uon ber ^flii^t ber S3a^
(»aftigleit. ^oä) tciib bie @i(aubniä genauer, sHi getnü^nli^ gefi^i^t fi>mtu[iert tveiben
muffen. 3l\^t, „tvenn ein Menf(^en[^en ober fonft rin ^ö^ercä @ut nur bitrc^ eine Sägt
to gerettet toerben lann", fonbem „toenn ie^ inbibibucd j^ur Slcltung leinen anbeten äludMcg
erftnnen, lein anbereg Dlittel erfinben fann", ift mir geftattel, »on ber ^a^i^ ju toeii^,
unb felbft bann greife ic^ m biefem Mittel nid^t oijne fi$ulb6elr>ufetcä ©tfii^I metner Un:
julongtiiileit unb S(^tpa(^|eit. JJenn eä mufi mpijli(^ fein, o^nc l^üge but^juEommm.
3)ag aSorbilb beffcn, „tuetc^er [eine Sünbe get^nu Iiat, ift audj lein Setiug in Setnera
4& Slunbe erfunben" (1 Spt 2, 22), Wiettio&I @u „brtfuAei ift allcutiinlben gle«^ toie totr"
($br i, 15), forberi unbebingle Slai^folge, unb rin boHtommener Mann (<Sf)^ 4, 13) ift
nai^ Sfl'obu^ 3, 2 nur ber, „ber au(^ in feinem SSorte fehlet".
äu<^ Sdierjlügen, ^ronie, r^etorifc^e übertrribungen tünnen mir fo unft^ulbig unb
unbebenflif^ nii^t erai^ten. (£g liegt, fagt man, bri biefen Stebemrifen iebe Sbfit^t einet
BO Wirflicfeen iäufi^ung, jebe böfc Mrinung ganj fem; fie bienen nur jur Seluftiguitg, jum
griftigen @rgü|en. Slbn baä lann bo($ nur gelten innerhalb einei gan; miteinanba
üertraulen gefeQigen JlreifeS, unb mie oft fü^rt felbft in rincm folt^en bod Übermaß be^
Srgöfceni ju blutigem ^^D'^ 3)ic Sefa^r lauert überoD, too man mit bet Söge f^
einläßt, ^^en Sann jii breiten ift nur ba äluSfii^t, too man i^ feine ftongcffiom
u ma<^t.
S)ie Süge ^at i^e @efi$i(^te von bem an, bag fie in bie SBelt ^eteintrat, btd bo^
too baie enbgiltige ©erit^t beä fierm fie vertilgen toirb. @S ^e^ i^ ni»^ eine ga^
artige 3uf'»nmenfaffung unb On^nbarung il^rer Mac^t in ber legten 3(tt bebot, ba Ivir
entgegengeben (Dffenb. ^o 13). 2Uleö, toa« nur je an aUerlebtung bet SBo^t^ an
60 i'eugnung unb £äfterung ®eütS unb ^riner HfyK bagetvefen i% ttittb in bem Stei^ bei
S&tt Sfiflentintti 681
Sbttic^ßd )ur J^öd^ften Steigerung gelangen, tiefer freiltd^ lune 2:numf)l^ ber Süge
bereitet ftA t>ox m ber oDmä^Ud^en 3(6flum^f ung bed fittlid^en Urteiifd über i^re bielgeftal^
tigen Srf^etnungen in ber ®egenn>art. SSier jenen nidfit förbem tpiQ, mag t)or biefer ftd^i
l^öten. Statt »itrger.
Sfiflentantt, ^oad^im, geft. 1655, unb ber Streit über bie 3)tenf(i(i^eit 6
Sl^rifti im Xobe. — @ein fieben tft befc^rieben in $6Htpp !Ret^meQerd 9?a4ri(6t t)on ben
Si^id^aitn, (Schriften unb ®aben fiütfemanniS, herausgegeben unb Dermetjrt t^on hortend,
für ft^ unb q(S 9[n^ang ju SütfemannS Sorfc^macf u. f. lu. (Sraunf^tueig) gebrucft. (Sine
Sürbigung bed ^anned giebt ^^olucf, Sfab. fieben. 2. ^bt. 8. 109.
3n ber erften ßälfte be« 17. Sa^rl^unbert«, toä^enb ber Überma^it ber Se^rfird^e lo
über bod tiefere d)ü]Üi6^^ Seben, bot S. burcb feine Srbauung^fd^riften unb feine ^erfön«
lic^eit, in tpeld^er t^eologifcbe ®ele^rfamleit mit bem innigen toerttl^ätigen ©(auben be^
$tetidmu^ unb po))ulärer Ttad^t ber 3lebe berbunben tpar, im ©eifte Slmbtd unb ^ol^ann
SRüOerd toeit^in getoirlt; fein Streit mit ben lut^erifc^en Ortl^obocen über bie tpo^re
SKenfc^^eit ßl^fli im SCobe mad^te jtoor grofeeg Stuffeben, ip aber ol^ne Sebeutung ge« 15
bfieben. — 2, ift am 15. ®ejember 1608 m ®emmin in Sorpommem geboren. @r
toor auf ber Sd^ule )u Stettin uti^ befud^te oann junöd^ft bie Uniberfitöten ©reifdtoolb
unb Strasburg, too er [xtfy in 2)annl^auerd Unterrid^t unb Umgang bilbete. darauf burd^
reiße er ^anrreid^ unb Igtalien unb ftubierte nad^ feiner Stüdtel^ )u StoftodC tpeiter. 1638
nol^m ü^n bie ))bi{o{o))^ifd^c ^Mtät bort in bie 3^1 ber magistri legentes auf, 1643 30
tourbe er $rofeffor metaphysices et physices unb \dfxxA mehrere fd^olaftifd^-p^ilo«
fopl^ifd^e Schriften, j. S3. lineamenta corporis physici, Sloftodt 1647. Sd^on bor^er
l^e er aber in Stoftod )u ))rebigen angefangen, unb feine Xl^ätigleit ci^ $rebiger tourbe
für boS d(iriftli(^e Seben in ^oftodt, bad \a f))äter neben Stro^urg ein j^aut)tf^ einer
innigeren c^riftlid(ien 9tid^tung toarb, bon großem @influft : Scriber unb $einr. 3MIer er« 25
bielten l^ier bon il^m mäd^tige Anregung ; ^ol^. ^al. ^abriciu^, ber bergebend ben anberen
$rebigem ber Stabt bie 9lot feiner Sede fiagte, fanb bur^ feine ^rebigten unb fein
©ef^öc^ t^eben. 3)iefe mannigfad^e ^ötigteit lourbe nun burc^ einen Streit, in ben
er mit ber ftreng orti^obo^en Partei SRetflenburg^ geriet, bie ber $er}og begünftigte, unter«
bnK^. Sd^on im 3)tittelalter toar ber Sa| au^ef))rod^en toorben unb an frommen so
9R&nnem, toie 3Reidner unb®rauer, b<^te man ibn aud^ iamaU rui^ig ertragen: Sl^riftud
fei toä^rrenb ber 3eit feinet Xobed nid(|t toabrer 3Renfc^ getoefen. Zxo^ feiner fd^olafttfd^«
fubtilen gaffung ging ber Sa^ bei biefeit STOännem au^ einem religiöf en ^ntereffe ^erbor.
Süttemonn ipxatfy bad fo au^ (VII. propositiones metaphysices et physices: disput.
II. loco corrolarionim) : jum Segriff be« SKenfd^en gehöre aufeer ber (Sjiften;i üon 86
Seele unb bon 2eib bie ^orm i^re^ g^f^^^^^f^'"^/ ^^^ Sinl^eit. 3Kit biefer @tn^eit
toar alfo im Xobe aud^ bte ÜJlenfd^^eit G^rifti aufgehoben. 2Ber nun be^u^tet, fte fei
odlieben, „entjie^t, mag er tooden ober nidfit, bietet ber äBa^^eit be^ Xobed S^rifti.
aBer aber befennt, ba| S^riftud nur fc^einbar (putative) geftorben fei, Zann ftd^ aud(i
nur für fd^einbar erlöft l^alten''. SSiie fonnte man nun aber, inbem man biefe jtonfequeni 40
ber grlöfung«le^e jog, bie Oottmenfc^l^eit (Sbrifti retten? ©ie göttlidjie Seite ©^riftt
foDte ni^t b{og mit ber Seele, aud^ mit bem Seibe berbunben gebac^t toerben. ,,®d l^t
ja too^l," fagte er in feiner ß]^arfreitag«i)rebigt (S. 299), „bie Seele biefen Seid^nam
berlaffen, aber bie (Sott^eit ^at i^n nic^t abgelegt. @d too^nt benno^l in bem toten Seibe
boÄ toabre, toefentlid^e, etoige geben." ®od9 tro^ biefer ^ffung blieb ein a33iberf))rud^ 45
gegen bie ort^obo^e Sel^e ; biefe fa^te bie (Sottmenfd^^eit ß^rifti atö eine immertoä^renbe,
nie oufgel^obene. So entbrannte ein l^eftiger Streit. Sütlemann berteibigte ftcb in ber
dissertatio physico-theologica de vero homine; ein alter greunb, Sc^ragmüOer,
^^e )u 3J2arburg benfelben Sa| berteibigt unb fanb bort bei feinen JtoQegen ben ^ef^
tigften äBiberfbruc^. eo
®ie Äonfequenx ber ortl^obojen Seigre fc^ien, bafe ber Seib ßj^rifti, ba er mit bem
®eifte nod^ bie ©in^eit be« 2Renfd(fen auögemati^t ^abe, unbertoe^lic^ getoefen fei. ^ier«
gegen ftettten nun jtoei toeimarifc^e §oft)rebiger, GoDer unb SBartl^olomäi, in einer ano«
n^men Sdf^ft i^re S'^^U^ ^"f (J^o tbeologifc^e 3lufgaben u. f. to. in ßoller« Samms
lung rv, S. 553 ff.) unb toerteibigten bon biefcm 5PunIte au« Sütlemannd 2lnfid^t. 3« ^
ben bogmatifdjien S^riften biefer 3ia^re fe^en toir überall biefe ^agen bebanbelt. 3^^^
8emb in feiner ßinleitung in bie cbriftlid(fe Sittenlebrc (S. 299) fa|, baft ^ier nur über
bie logifd^e grage geftritten toerbe, ob ©in^eit bon Seele unb Seib ate ein toefentlid^e«
9RerImal )um Segriff be« 3Jtenfd^en gel|^öre; $faff ertlärte bad®an)e für eine ;io;'o/io;(/a.
682 Sfiflentaiitt SdcrU
3(u(i^ Solot) unb ©erl^arbt tooEten, ba^ man ftc^ an bad Sd^riftivort l^alte unb m>gc
fragen bermeibe. 9lnber$ eine gro^e Stenge ber bamaligen @tteittl^eoIogen. S)ad Stefultot
fa^te nun ber fetner ^eit fo berül^mte äSei^mann in folgenben @ä$en gufammen. So»
tDo^I boS SR^fterium Der Sin^eit aü ber tpa^rl^aftige ^Cob müßten fefige^alten tücrben.
6 3Ran muffe bemnad^ jtpifc^en ber ))l^)^ftla(tfc^en SEBaJ^r^eit ber gemeinen Sd^fäi^g unb
anbererfeitd ber göttlid^en @c^ä|ung unterfd^ieiben: 3lad) jener fei 6^rif|ud mc^ me^
SJlenfc^ getDefen, ft>o^( aber nacp biefer. Ser ^orm nad) (formaliter) fei er ni^t me^
3Renf4 }M nennen getDefen, tDol^l aber bem ©ein nad^ (materialiter), ba fotoo^I X&tpa
ald ®eift nod^ tpirllt(i(ied @ein gel^abt bätten. hiermit enbete ber Streit. 2)enn bie f^
tu teren ^^eologen t)er|d^mä]^ten biefe fdbolafüfd^en Subtilitöten.
jtel^ren toir )u fiütlemann jurüa. Raum tparen jene propositiones am fc^toonen
Brette angefd^Iagen, fo Verlangte ber Stoftoder ^l^eologe Sotl^mann, ber Sütlemann fcpon
lange nid^t tDol^I tPoQte, t)on bem ^roreftor Unterfagung ber Si^utotion unb Jtimfi^
lation ber ^efen. 3)a i^m baS abgefc^Iogen tpurbe, erfd^ien Sot^momt bei ber ^biäpu^
16 tation unb o^))ontertc mit großer ^eftigleii 3Ran muffe ^toifd^en bem natörlic^en unb
üBematürltc^en 3Jlenfd(ien unterfd^eiben; ber letztere ^ötte ntd^td mit ben 9{atur^efe^ ju
tl^un. Sütlemann aber fd^lug il^n mit $br 2, 17, bag S^riftud in aQen 2>mgen ben
Srübem pleid^gefefet fei, au^ bem $elbe. Sot^mann benu^t nun feine SertaKtnbtfd^aft mit
bem 3)timfter, er bringt bie @ad^e an ben luti^erifd^ eifrigen $er}Dg SCboIf ^ebrid^, unb
ao auf biefem ltam^f|)la$ gelingt i^m bad Streiten beffer: Sütlemann totrb vorläufig t)on
jtangel unb Jtatl^eber entfernt. 9lber bad eingeforberte ®utad^ten ber tl^Dlogifd^en§afuttat
bittet, i^n toegen einer fo geringen t^age, bie ben ®runb bed ©laubend nic^t betreffe,
feinem 3(mte nid^t langer ju ent^ie^en; bie ©eiftlid^en bed Sanbed unb bie Stoftoder ®ts
meinbe fteben auf feiner Seite. So toirb er benn in einem neuen Slejlri^t gu Jlat^^
26 unb Jtanjel jupelaffen, unter ber Sebingung, bo^ er einen beigelegten Sleberd unterfd^reibt
Slber ebenfo btefer al« ein folgenber milberer fmb gegen fein ©etoiffen. 6« erfc^eint bom
$ofe ber Sefel^l, tmterfd^reibe er nic^t, fo foQe er binnen ad^t 3!agen Stobt unb Sonb
ol^ne fid^ered ®e(eit räumen. 9(ber f^ion el^e il^n bied Urteil traf, toax i^m ein Xf^l 6e>
reitet. SSierjel^n ^ge borl^er ^atte er nömlid(i bon ^eriog ätuguft bon Srounfcptoeig
80 burd^ SSermittelung ber eblen ^er^ogin, einer medHenburgifd^en ^rin^efftn, einen Stuf ob
©eneralfubertntenbent unb ^of^rebiger erhalten. Seine ©emeinbe begleitete ben SBagen
be« SBegjie^cnben noc^ eine lange Strcde unter S^^ränen; auf einer Keinen Än^ö^ hti
SBäege^ |telt er feine Saletrebe boH inniger d^riftlid^er ^ömmigleit unb männlid^er gutoers
ftd^t. ^n 93rauttfd^tDeig trat er nun in einen gefegneten SSiinungdtreid. @d toor too^l
86 nid^t o^ne Sporne, bafe §erjog äuguft einen feiner SWinifter nad^ TOedlenbwg fanbte unb
für bie „Überlaffung" be« Sütlemann banlen liefe; „bafem be« §eru)g« Siebben me^r
bergleid^en getftreid^e unb gelehrte Männer übrig l^aben foQten, modelten ue nid^t ermangeln,
biefelben i^m ^ufommen )u laffen'^ 93on il^m ging bie treffliche Sdpulorbnung ^enog
Sluguft« au« (1651); ebenfo arbeitete er bie Äirc^enorbnung bon 1657 au«. 6« fmb
40 noc^ §anbbriefe be« $erjog« bor^anben, bie jetgen, toie er auc^ in 5PriJHitt>crl^tniffen
Süttemann« diai gern l^örte. 93erett« in feinem 46. ^al^re erlag er einer l^i^igen Jlrant
^eit (1655).
S)te Schriften Sütlemann« toaren fe^r mannigfaltigen Snl^alt« : biele ftnb fd^olafHf(|ä
))^tlofo))^ifd^ unb bogmattfd^, tt}ie de baptismo, de deo naturaliter cognoscibili ; felbfi
46 lateinifd^c 6j)tgrammc ^at ber in ben flaffifd^en Stubien too^lbetoanberte SRonn g^ic^tet
Slber eine iüeitgrcifenbc SBirfung l^at er burd^ feine erbauliti^en Schriften geübt. (Sr toor ber
6rbe ämbt«; neben beffcn toa^rcm G^riftentum mar ba« gelefenfte ®rbauung«bu4i auf
länger^in Sütlemann« 5ßorfd^mad ber göttlid^en ®üte (1. au«g. SBolfenbüttel 1643). gn
einer naiben ©ejd^id^te jener ^6t Verbietet ber 2^eufcl einem Säugling nur jtoei 33ü<^
60 aufeer ber Bibel : 2lmbt« iüa^rc« ßbriftcntum unb bie« 8ud{> Sütlemann«. Sein Süd^lcin
bom irbifc^en ^ßarabiefc i)flc0tc man ärnbt« Suc^ al« 2lnl^ang anzufügen. Seine: ^e
auf ge^n Saiten, feine ^rcbigten unb feine geiftlid^en Oben bienten benfelben erbaulichen
3jocäcn. @r ^at frciltd^ nid^t ben naiben, jum §er^en gel^enben Sibelton toie Slmbt unb
3Jlüner in feiner ®en?alt; bod^ fc^reibt er fd^lid^t, m einem für jene ^dt betounbem*
66 teerten SJeutfc^. ^Witten in bem teo^lgeorbneten ®ang feiner Setrad^tung reifet i^ oft
bie Slnfci^auung ber Siebe ®otte« ju f^of^em Sd^tounge ^in. ^U^eip.
ßniö öott fieott f. oben S, 393.
ßn!ori«, Ä^rillo«, geft. 1638. — ßftteratur: 3)tc OueHcn crften Slonge« finb
roit ftet« bie (Schriften be« tt)riao« felbft, üon benen e« bod) me^r giebt, al« man geo&(n«
SttlorU 683
liA annimmt. S^ie t^eoIogtfd)en ^erfe »erben mir in ber ^eben^gefcfti^te bed f^t^vlü felbft
nennen, ^ier toertueifen tuir auf bie groge ^(n^abl ber SBriefe an i^n unb toon i^m, bie ^u-
le^t t)on fiegronb, Bibliographie Hell^nique on description nÜBonn^ des oavrages pabu^s
par des Grecs an di^-septi^me si^le, $artd 1894—1896 herausgegeben finb, namentli^ int
4. Sanbe. .^ier, 6.161 ertufi^nt £egranb auc^ eine anbere no4 nic^t herausgegebene ©amm- 5
lung Don ungeföftr 130 ©riefen, bie er aber eingefebcn ^at. ©benba 8. 169—175 pnbet
man au4 eine £itteraturüberft(^t, in ber aber bot^ manches fel^It. ^ir fe^en nnS ba^er t)er«
anlagt, eine anbere fiitteraturüberfidjt aufjuftellen. ^n ^ufjei^nungen jüngerer ober älterer
3eitgeno{fen t^on Six^xiU fommen in IBetradjt:
1. ^ad Fragmentum vitae Cyrilli Lucarii per AntoDinm Legemm bei X^omaS 6mit6, lO
CoUectanea de CyrUlo Lucario Patriarcha Const. , fionbon 1707, @. 77—83. ^iefe ^öcftft
roertDoQe ^arfteQung ftammt uon bem unten t^iel genannten 9lnton Seger unb ift auf ®runb
t)on 9uSfa(;en SCt^riUS felbft »erfaßt. £eiber reid)t fte nur bis 1629. 2. Narratio epistolica
tarbarum inter Cyrillum Patr. Const. et Jesuitas etc 1627 u. 1628, a(d ^n^ang ju ben
Mysteria Patrum Jesuitarum Lampropolis 1633, einer ©c^rift beS 9(nbreaS StiuetuS. au4 15
bei Smit^ a. a. O. @. 84—119 unb bei ^^rnon in bem gfeic^ ^u nennenben ^erfe @. 201
6tö 236. ©ieüeic^t ftammt ber ^uffa^ t}on ft^xiU felbft, bod) t)gL fiegronb a a 0. III,
6. 88. 3. Ueber ben Zoh ^xxU beriditet ber ^ugen^euge 9?at|anael l^onopioS, ^xiU
^Totofi^gfello« in einem ©riefe t)om 4. 3"^^ 1638 an ^. ßeger, juerft bei 3- ^- ^ottinger,
Analecta Historico-Theolodca, Süticft 1652, 6. 564-566. S)anacb bei fiegranb a. a. O. IV, ao
<5. 514 ff. 4. Leo Allatios de ecclesiae occid. et Orient, perp. consens. etc, $öln 1648 @. 1013,
1073 unb fonft. dr mid baS berid)ten, qaae a fide dignis hominibus unb l^riQd f^reunben
gePrt ^at. 8ein ^auptgemä^rSmann ift aber ®eorg Si^orefftoS, eine a(S X^eolog mie^enfc^
46dift ^meifel^afte $erfönli(6feit, überbied ber ^obfeinb S^Xjxm. @eine XarfteOungen finb
ba^er fe^r ge^fiffig. 5. Üebertrieben gänftig urteilt bagegen $>ottinger in bem fd^on genannten 26
»crfe. 6 EvyevtagAhoyXog, 84üler be« Äor^bafleuS, ©if*of ö. 9?auparto« unb Strta unb gefudjter
Setter fci^rieb eine dxoXov&ia ixxXrjaiaaTixrj über ^riüod. nad& beffen Xobe. 33gl. beffen fieben
Don tlnaftaftod ®orbiod bei Sathas, Bibliotheca graeci med. Aev., ^enebig 1872, @. 443.
9lld fp&tere Bearbeitungen bürfen fdion gelten folgenbe $Berfe: ^ie fieben3bef(f)reibungen
tion $tt^x\ü bei ^omad 8mit^ in ben fcbon genannten CoUectanea, 8. 3—70, bie er t}ort)er so
fd^on in lleinerem Umfange in ben Miscellanea fionbon 1686 erfcbeinen lieg. 8ebr gebäfftg ift
bie 84ilberung in bem ^erle „La Perp^tuit^ de la foi de l'^glise Catholiqne tonchant
rEucharistie. »u8g. t)on 1782, S3b IV, 8. 533-645, wo^I t)on 8»enaubot ftammenb unb
berDorgerufen burcb bad jiDeifellod bebeutenbe ^erf x>on ^ft^mon, Monuments authentiques de
la Religion des Grecs etc. ä la Haye 1708. @r brachte jum erftenmal x>Ul banbfd)rift« 86
licbed Material, »enn aud) fe^r unfritifcb. 9(u(b toax feine $ofemit maglod. Ob aber
bie Angriffe Don )6. ^aureau in feinen Singularit^s historiques et litteraires, $arid 1861,
auf ben (Sbaralter 9(^mond bered)tigt finb, fcbeint mir ^roeifet^aft. 8ebt mertt)o(I finb bie
leiber nur furjen Beurteilungen bed ^rid burcb ben berübmten $atr. t). S^^nf. ^ofttbeod,
namentlicb in feiner ^laxoQia jieqi tujv iv ^h^vooXvuotg jtaxfttnnxfVoavKOv 8. 1170 unb in 40
öielen anberen feinen SBerfen, tjgl. ßegr. a. a £). II, 8.466,111,70, aud) bie Elften ber 8l)nobe
t). 3^tufalem bei Fimmel, Monumenta fidei ecclesiae orientalis, 3cna 1850. I, 8. 325 mit ben
9ln65ngen. ^ojTttbeod ift bauon feft überzeugt, bag ßl^rid Saluinift »ar, er fanb ed aber im
3ntereffe ber Hircbe me^rfacb nötig, biefe uReinung ya verbüflen. 9Iud ben Kerlen bed
18. 3abti)unbertd ift nur ju nennen bie Historia Gymnasii Patavini t^on 92i(oIaod ßom« 46
nenod $apabopuIog, 2 Bbe 1726, Benebig, ein fßerf, bod nacb bem Urteil t^on fiegranb,
Bibliographie Hcll^nique be« 16. Sa^r^unbert«, ?ari« 1885 I, 8. V mit böd»fter Borficbt
)u benu^en ift, aber leiber nocb immer mit fieo ^tdotiod i^ufammen ge^^en ^^rill gebraust
mirb. ^m 19. 3abtbunbert bat ftcb mieber eine gemaltige Sitteratur über ^rid gebilbet,
aud ber mir nur bad Befte nennen. Bon Bebeutung bleiben immer bie ^orte bed 60
großen ftircbcn^iftorifer« ®icfeler, ße^rb. ber ^®. III, 2, 1853, 8. 698 ff. Sntereffant, aber
obne b*Porif(ben ®runb ift ber Berfud) bed 9)?. SRenieriS in feinem ©erle Kvq, Aovxanigy
6 oix. naiQ. Ät^en 1859, ben religiöfcn 5Weformücrfu(b beS l^^riü ald einen |)oIitif(ben bar*
iufteOen. 9?a(b S^enierid opferte ^)rta bem grreiiieitjf^ebanten feinen (ä^Iauben. ®r fnüpfte
mit ben proteftantifcben ^fi^ten an, um fein Bolf mtt beren ^acbt t}on ben Surfen ^u be« 66
freien. Bon ben ®riecben ift ju nennen aud) 8atbad in fetner NFOFXkrjvixt^ fpdolo)>lny ?(tbcn
1868, 8. 244 ff. (Siegen i^n, ber mie bie meiften (^ried)en bie S^ec^tglfiubigfeit bed ST^ria
feftgebalten, manbte ficb ^emetracopulod in bem 'KOrtxov i)fiFnoX6yim' 1870, in feinen TIqoo-
^fjxat xai AioQOdyoeig j^u 8atl)aS oben genanntem ?Berf, fieipjig 1871 unb in ben *AVra-
roQ&(ooetg aq?aXfiduüv, iricft 1872, bic bte glcicbc Bejiebung baben, inbem er entfcbieben bie eo
Ortbobofie Ä^riK« beftreitet. 3)aö 5Berf ^^Jid)Ier«, 3)er ^otriartb ß. 6. unb feine ßeit,
SRfincben 1862, bad im 8tilc beS fieo ^Oatiud gcfd)iieben ift, bat ber Berfaffer felbft mebr*
fad) gemilbert in feiner befonnten ®efcbid)tc ber Trennung ^mifcbcn Or. u. Dcc. 1864-1865.
©ertüolIeS bat bie 'ExxXfjataoTixij \\Xt)OFia gebrad)t. 3i nenne bie ^Irtifcl ber Siebattion
Sabrgang III (1882—1883) 8. 48. uon ©bamabopuIoS ebenba 8. 151-153, uon ®ebeon, 65
Sabrg. K, 8. 122—123 unb gortfe^ungen. enblirf) ift bie furje aber urtcilSüoHe 3)ar=
fteHung bei ^attenbuf(^ in feinem Sebrbucb ber t)erglei(benben j^onfefftondfunbe, ^reiburg
684 Stttorid
1892 ^u üerdeic^en. gm Urteil trifft qu4 t^ielfac^ noc^ ^u ®ag in bem 0rtilel ber 2. «[ufl.
biefer (Snc^Iiopäbie.
^Ote dk KvQiXkog S KcavüravnvovjiöXscog ifpcogä'^ r'^g vöoov ravxfjg (sc. bed
6a[t)inidmu^) jueteaxfjxivai, — xal ol trjg algioecog nQoaonü^ovxeg näoav ix xovxwv
5 fie&^ iavt&y ?;u«r c^i^i^aav r^v ävatohxfjv ixxXiioiav, xöre drj x&te, dxmsQ vnb
^ydkov Jiaxdyov dvünvio'&ivxeg 61 fjfiiiEQOt, SXkog &3il(og Jicog ngdg Jio^d-
xa^iv dirjyelgovxo, xal ävdgixcog juezd xfjg äXTj'äelag ditjyayvlCovro xov Ttgoaigi-
ßivxa xovxoig ädixwg jucbuov äjiofj,d^ao'9ai onovdd^ovxeg, äuS biefen iEBottm be8
$atr. 9lcItario« toon 3^^'^"^/ ^^ bebcutenben unb ortl^obojen S^^Ö^^ff^ Äi?rite
10 {^ExxXrjo. *AXyi^. 1, 1880—1881, 2, 104, oudji bei Slenoubot, Gennadii etc. opuscula,
$an« 1709) ae^t ^crbor, toie bie g^tß^noffen be« il^riH bereite feine Sebeutung für bte
bomolige griec^ifd^e ortj^obo^e Jtird^e erlannt l^aben. ®r ^ot guerft feit 1453 bie Xcdit
au« ü^rcm großen ©d^Iummer ettoedt. ®aö 17. So^rl^unbert toirb üon feiner 5ßerfon be*
l^errfc^t. ^ie im 18. ^o^rl^unbert einbringenbe älufflörung fteQte anbere ^roUeme,
15 erft bon ba an treten aud^i bie bon Jl^riS angeregten tragen im SJlorgenlonbe ^urüd
$eute tDiffen nur nod^ ©elel^rte t)on i^m; bie meiften Don i^en aber fe^en oOed ooran,
feine Ort^obo^ie )u retten, ^n ber nad^ifolgenben @Ii)3e bed Sebend Jl^riQd tonn coxii
nur ba^ ber leitenbe ©ebanle fein, bie religii^fe, t^eologifd^ie unb lird^Iic^e ©nttoiddung
jt^rilld barjufteSen mit Stücfftci^t auf bie t)on tl^m t)erfud^te Steformation feiner Jlirc^e.
ao Dbtoopl im einzelnen au^ Je^t nod^ t)ieled bunlel bleibt, fo laffen {t4f bod^ brei
3eiten in ber Snttoidelung Jt^riug unterfd^eiben, beren frü^efte biiS )u ber erften ftorfen
^erüi^rung bei8 3)tanned burc^ ben ^roteftanti^mud reicht. 2)iefer toenben toir und )u«
nädSift ju. il^rillo« fiularid {Kigdkog Aovxagig) — nidjit anber« ift )u fc^^reiben — ,
ober tote er mit feinem toeltlid^ien 92amen bie|, Aonftantinod, tourbe geboren am 13. 920»
35 t)ember 1572 in Jtanbia, ber $au!))tftabt ^tia^ (Seger bei @mit^, Collectanea, 6. 77,
für bad ^al)x aud^ bie 92oti) im Cod. 334, ber aud bem ^afyc 1640 ftammt, bei Papadop.
Kerameus legoaoXv/uzixi^ BißhoMxi], tom. IV, entl^altcnb bie Codd. beö SRetoc^n
bed 1^1. ©rabed in ftonftantino))el, 1899). ®r toar leinedtoegd „obscuris ac miserrimis
natus parentibus'' (Seo Wiaüui a. a. D. @. 1074). 3Re(etiod $egad Idnn bem Stqt.
80 fdjjreiben : Uepupavatv yovecov ndidd oe ovx ^ tv^ri dXX S '&e6g iqwoe (Segronb IV,
©.215) unb Ä^r. felbft rü^mt ftd^f feinem ®egner, bem ^atr. S^imotl^eo«, in bem ©riefe
bom 4. 3"*^' 1613 gegenüber ,'Y/xeig oucog otdaxe, Saov nEgUprifjLog xal xcrrd ym
xal xaxd '&dkaooav naxQig ij ifjiri^ xai 8xi ov axdvog xal q?QavCfjXa yivog luxxov
xal av&QcoTioi ßdgßagoi, v6'9oi, dovXoi xal ädtjXoi ol i/uol yovdg, dXX^ kXXtjveg
85 evaxrj/J'Oveg, iXev&egoi, h xe tv noXtxeiq, xal xfj ixxXrjoiq jieglßXejnoi (S^onb IV,
279). S)ie« Gine jur Gl^arafteriftil ber ©d{>ilberungen be« 2eo atHatiu«. 3n Äreta toot
il^rUIo« Selber 3KeIetio^ BlaftoS, bem aud^ 3Keletio« ©^rigo« feine erfte Silbung üerbanfie
unb ber für einen bebeutenben Se^rer galt (fiegranb a. a. D. II, ©. 395, 470; ®ebeon,
'ExxX. 'AXri», IX, ©. 166). 5Rad& Seger (a. a. D. ©. 77) lam il^rill bereit« in feinem
40 12. ^a^re nad^ äSenebig unb t)on ba balb nad^ $abua, too er V\^ mm 23. Sebendjal^re
blieb. §icr toirb er aud^ ben Gremonini unb ^iccolomini gel^ört l^en, beren Flamen et
toenigftend bem Seger genannt ^at (a. a. 0. ©. 77). ^ßid^Ier legt auf bie jlonftatierung
biefer Xl^atfad^e großen SBert, um au^ bem Ginflu^ biefer ©Ie))tiler bie SSorliebe ^xWA
für ben ^roteftanti^mug ju erllären. ©id^er ift aber im ©egenteil, ba^ biefer mit TOa«
45 jimo^ 3Kargunio« (f. b. 31.) ju ber 3^t einen fe^r regen Srieftoed^fel unterhielt, ben Se^
Sranb a. a. D. 8b IV beröffentlid^t ^at. 6r fannte biefen 2^eologen, ber ber römif(^
Eirti^e fel^r getoogen ioar unb eine Union jioifd^en ben beiben Äirc^en anftrebte, jebeitfalte
üon Äreta l^er, too 3Kargumo« ettoa bon 1579—1584 aldSWiJndji lebte. ÄV^tt^SteDung
)u bem le^teren toar bie eined ©d^üler^. äluc^ vermittelte ber geleierte 3)largunio^ i^m
60 bie Selanntfd^aft mit abcnblänbifc^en ©elel^rten, toie 3)at)ib ^öfd^el unb %t. ©^Iburg. 9la(^
©ebeon l^abtxi bie Sejiel^ungen jtoifd(fen ben beiben SKännem auc^ noij beftanben, aÖ
il^riH tl^eologifdSf fd^on anbere Sahnen befd^ritt. 2lu^ ben SBorten, mit bcnen 5l^nll in
bem Briefe toom 6. ©e})t. 1618 bem 3Jl. 2t. be a!)ominig feine frühere ©teHung jum Äa«
tl^olici^muö fd^ilbert, lann id^ nur ben großen ßinflufe be^ TOapmo« SKargunio« auf Ä^riJ
55 erfennen. ß^ Reifet ba (Segranb IV, ©. 333): Et quamvis cum Romano pontifice
non communia canemus, neque ipsum prout se confitetur, pro capite scilioet
ecclesiae aceeptaremus, credebamus tamen praeter quaedam pauci momenti,
in quibus graeca ecelesia dissentit a latina, dogmata ecclesiae pontificiae vera
esse, doctrinam vero reformatarum ecclesiarum ut inimicam veritati abho-
GO minabamur re ipsa nescientes quid abhominabamur. ^iccolomini unb Gremoniiri
Snforid 685
^en bm Jt^riE alfo tDol^l nid^t bem Jtat^olicidmu^ abtpenbig azmad^t ^m übrigen tPtrb
man ja jugefte^en, ba| It^riQ ftd^ nic^t oUjubiel Don abenblönbifcper S3Ubung angeeignet i^at
Sein Sotein tft nid^t einmal immer grammatifd^ torrett, bad ^i^'^^^^f^ fc^eint er getpanbt
)u bel^errfd^en, unb fein ©riec^tfd^ tpar treffenb unb elegant, ft>ie benn JtorVbaQeud aud^
jloei Sriefe it^rill^ in jetne 3KufterjammIung: TvTiot tiiatokcbv xtL 2lu^. bon 1786 6
6. 132 unb 133 (auc^ bei Segranb I, 20 unb 21) aufgenommen ^at. $l^iIofopl^ifd^e
93Ubung, namentli^ (ogifc^e <Sd^u(ung Derröt er me^rfac^; ob feine t^eotogifc^e SUbung
aber jemals eine tiefere getpefen ift, be^tpeif (e id^. ^a^ er ben ^roteftanti^mu^ tl^eologifc^
t)dt(ig begriffen l^at, loerbe ic^ unten mebrfac^ beftreiten, boc^ Iä|t ftd^ nic^t bertennen,
ba^ er bie tpic^tigften ))roteftantifd^en Se^ren fo perarbeitet f)ai, ba^ er fte namentlich in lo
feiner Confessio mit bollMmlic^ griec^ifc^er Sinfac^^eit bortragen lonnte. !3m2io^tel594
toar feine Stubien^eit tpo^l abgefd^loffen, benn SReletiod $egad fd^reibt an i^n atö einen
iegofiovaxog unb jivev/uanxog (6. 3uß 1594, üegr. IV, S. 214). Slm 2. SKai 1595
tft er bereite &)^gteQo^ am $of bed ^atriard^en in älle^anbrien. 2)iefer, 3Reletiod $ega^
tDor ein SSertpanbter JtbriU^. 2$on 1595 bi^ ettpa 1602 barf man i^n fid(i im Slu^Ianb 15
beulen. 1596 toar er vidtox ber rufftfc^en Stiabemie in SBJilna. 3)ag ergiebt fic^ aud ber
Sütgabe am ©c^lufe be« AidXoyog dg&ödo^og bon SReletio« 5Pega^, ber 1596 in SBilna
gebrudtt unb Don ft^riOo^ torrigiert n?urbe (einzig belannted beutfc^^ed @£em^{ar in ber
Sibltoti^el )u SBoIfenbüttel). ^n biefer 3^t na^m Jt^riQ a(^ S3eauftragter bed ^atriard^en
bon 3(le£anbrien an ben mel^rfad|^en Union^Perl^anblungen jtpifc^en ben Perfc^iebenen Ron^ 20
feffu)nen in $o(en unb Sitt^auen teil. 3lo6) im ^a^re 1600 Perl^anbelte ^riQ nad) ber
9li4ltung (SRegenPol^ciu^, Systema Historico-Chronolog. Eccles. Slavon. 1652,
©. 427). 3" ^'^f^ 3^^ H Abritt, fo be^au^)ten feine !at|oIifc^en ®egner nod^ immer,
au4l nad^ ®enf unb ääittenberg getommen. £eo älÖatiu^ unb ^ßa))abopu(od tennen fogar
bie @elbf umme, bie er bort für feinen Übertritt ^um ^roteftanti^mud ersten (a.a.D. 1073 25
b}tt}. 293). @c^on ©iefeler bemertt, ba^ bie DueQen nid(|t^ Pon einem 9lufent^(t im
Slbenblanbe toiffen. ©afe er nic^t in ®enf getpefen, geigt beutlid^ ber ^r^cit be^ Srief«,
ben bie ®enfer Il^eologen 1628 (Segr. IV, 375) an i^n fd^rieben, um ben ä. fieger il^m
ju em^jfe^Ien. JBäre Ä^riH Por 30 ^ö^ten in ®enf getpefen, Rotten biefe STOänner beffen
ol^ne ^age in bem Sriefe @rh)äl^ung getrau, ^n berfelben 3^^ f^l^ Sularid aud^ ein 80
Setenntnid gum römifc^en Jtat^olici^mud abgelegt ^oben. ^er l^efuit @Iarga ^at in
feinen Miscellaneis de Synodo Brestensi (nac^ Slegenbotöciud @. 471) einen SSrief
Sttfxiüi Pom 24. Januar 1601 Peröffentlid^t, in qua Gonfessionem fidel suae Ro-
manae conformem edit. £eger ^at nun ben Jt^riQ gefragt, ob bem fo fei, unb biefer
fyit ed unter @ib in Slbrebe gefteUt (a. a. D. @. 79). ^ielleid(|t aber ^ bie gange ®ad)t 86
barin i^ren ®runb, ba^ Sulari^ bamatö noc^ romfreunblidfi tpie fein £e^rer 3Rarguniod
geftnnt tpar.
93alb nac^ 1600 ftarb SReletio^ ?5ega«, nadji ®ebeon, jüvaxeg jiarQuiQxwol @. 548,
am 13. @et)tember 1603. tiefer ätngabe bin i^i auc^ in meiner „tl^eologifc^en £itt. b.
Sied^. Jtird(ie im 16. ^^ol^rl^unbert'' 1899 @. 54 gefolgt. Slod^träglic^ f^ab^ id) in bem 40
riefe Don 9iof. Scaliger (Epp. Seal. 3lx. 157 ©. 349, Ed. Pon 1628, ^antfurt) Pom
13. 3Jlai 1602 gelefen, SDteletiod fei ante paucos menses geftorben, alfo tpo^l fc^on
1601, fpöteften^ 1602. %iao« tourbe nun ber 3Jac^folger be« SReletio«, alfo tpol^t
1602. Öffentlid(i rü^mt er fid^ 1613, ba^ er bad Slmt o^ne Simonie erl^alten ^e
(gegr. IV, 279). hiermit fd^liefet bie erfte ^Periobe be« fieben« Abritt«. SBon ))roteftan» 45
tifd^en (Sintoiriungen ift bid jje^ gar nid^td nad(igutpeifen. SBa^rfd^einlic^ fällt in biefe
3eit auc^ feine ©c^rift gegen SJlarcu^ Sujiu«, in ber er bie 38ere^rung ber Silber ber«
teibigte, Pon Ä^riB in feinem ©riefe an 331, ä. be ®ominid ertoct^nt (Segr. IV, 336) ;
bie barauf erfolgte ®egenf(!^nft Pon ^u^ud ^at bei i^m ben 93ilberglauben untergraben.
Sotpol^l 3Rarcud ^uciud 3;ran^f^lbanu^ unb feine SBerte, tpie bie @^rift be^ jt^rUI fmb 60
mir unbetannt.
®ie jtoeite ^ßeriobe in ber @ntn?iclelung be« Ät^rill red^nen tpir bon bem Sefteigen
bed ^roned Pon 3lle£anbrien bid jum (Eintreffen bon 91. £eger in Jlonftantinopel 1628.
@d ift bie 3^t, in ber Sulari« nad^ unb nac^ mit bem Aat^olicidmud über^au^t brid^t
unb bem ^roteftantidmu« immer nä|^er tommt, nad^ au|en gtpar ben ©rud^ mit feiner 66
itird^e bermeibet, inbeffen ben ®ebonIen einer Slef ormation berfelben ^eimli(^ immer ftärler
tperben lä^t. @ein ^o^e« 3lmt eine« ^atriard^en bertpaltete er babei fe^r energifd^,
tpie er fid^ benn auc^ bor einem Jtonflilte mit bem ölumenifd^en $atriard(ien nid^t jd^eut
(Segr. IV, 230 ff.). SSielfadji tpar er auc^ auf Seifen unb ))rebigte babei biel, toie er
benn auc^ in äUecanbrien ba« 9Bort berlünbete. Seiber ift bon ben $rebigten Sbft\ü^ 00
686 Snlorid
nur boS SBentgfte 6elannt, namentltd^ nur bte Slu^jüge in ben SKten ber Sl^obe )u fionS
ftantino))el t)on 1672 (jtimmel a. a. O. @. 341 ff.), h)%enb bm^ in ber ^jbtioO/d be^
3Jleto<l^iond bed ^eU. ©robed in Jtonftanttno^el umfangreiche ^onbfcfiriften eine gro^e ^cifi,
$rebigten ^iOd entl^alten, namentlid^i 9Ir. 39, 262, 263, 406, 427, 430, 439 (itotolog
5 bei8 $a))abop. a. a. £).)•
Seine ^etel^rung jum ^roteftanti^mu^ erjäl^U Sulori^ in einer an ®pl. 1 erinnentben
aSBeife bem 3K. 21. be 3)omini« in bem fc^on genannten Sriefe (Segranb IV, 333 ff.).
Ubi vero Deo placuit misericordi nos illuminare ut animadverteremus quo in
errore versabamury mature cogitare incepimus, quid opus esset facere. —
10 Quid ergo feci? Libris aliquot evangelicorum doctorum quos Oriens noster
non quod nunquam viderit, sed neque utrum essent, obstantibus pontificüs
censuris, nunquam audiverit, opera et favore amicorum acquisitis, spiritu
sancto assiduis orationibus invocato, per triennium doctrinam graeeae et la-
tinae ecclesiae cum ea, quae est reformatae collavi (sie). 2)ad ®eb)iffen iß il^m
16 babei ber Stid^iter getpefen. @o i^at er bie SSia^rl^eit ber ))roteftantifd^en Sel^e erionnt
3Bann biefe 3 3^rr getoefen f^nb, i^at 5t^riQ leiber nic^t gefagt. @eine erfte Serül^mmg
mit bem J^oSänbifc^en ©efanbten Someltu^ ^aga (eigentlich 3im ^agfft, 6mit^, (Collect
©. 71) föDt ungef% in ba8 Sal^r 1602 (»rief an U^tenbogaert üom 30. SKoi 1612
bei: Praestantium ac erudit. viror. epist. eccl. ettheol. Jac. Arminii etc., Am-
30 stelodami 1684, @. 314 ff. unb \päitt bei Sl^mon a. a. D. ©. 125 f.). S)er ©nglanbet
Sanbiud berid^itet in feinem Sieifetpert (@mit^, Collect. @. 14) über ben Orient oud bem
^oi^xt 1611, jt^riQ fei reformatae ecclesiae ämicus. 3)agegen ift ber fc^on citierte
Srief an ben berül^mten Stemonftranten U^tenbogaert md^r ablel^nenb ald freunblid^ )u
nennen. @r befämpft barin bie abenblönbifd^e $^iIofo))l^ie, (obt bie UntDiffen^ bed
26 Oriente, bie i^n bor xaivoxofuaiq betpal^re. @in 9leuei8 tm Orient anjufangen, i^Sii er
nur magno cum scandalo totius Ghristianitatis für mögKd^, unb lonn nur ipünfdj^,
bad U'd Jtirc^e auc^ beim ällten bleibe. 3(m 4. 2[uni 1613, tur} nad^ibem er bie il^
angebotene öfumenifd^e ^atriard^entoürbe abgelehnt, toeil er ben bafür geforberten $rei^
ni^t jal^Ien tooQte, mu^ ftd^i Jt^riQ aber f4lon gegen ben SSortourf öffentlid^ toerteibigen,
80 er fei ein XaineQavoq (©treitfdf^ft gegen ben ^atr. limot^eo«, Segranb IV, 269 ff.). 6t
t^ut ba^ mit bem boQen S3eh)u^tfein einem Ignoranten aegenüber^ufte^en, ber leine S^-
nung l^at, toad ed um bie lutj^erifd^e Seigre fei. @r beruft ftc^ barauf, ba^ feine Ort^o«
bo^ie tpeltbefannt fei unb nennt babei feinen ©lauben an ben breieinigen ®ott unb Sl^
ftum ben ßrlöfer, eine SSerteibigung, bie i^n atterbingö im ^öc^ften ©inne, aber ni^t im
86 ©inne bamaliger ^agefteQung in ber griec^ifd^en ^ird^e atö ort^obo^ ertoie^. tiefer
93rtef ift eigentlid^ ba^ ©c^önfte, Xoai Jt^riQ gefc^rieben. @^ ge^t ber ^^rü^Iingd^c^ be^
reformatorifci^en Sefennen^ burc^ feine 2ßorte. 3^ ^^^^ barum auc^ bie Überzeugung,
ba^ in biefe 3^^ ^^^^ ^i^ ^^^ ^cifit faSen, in benen ^riQ ft^ t>on ber SBa^r^eit bed
^roteftantidmu^ überzeugt l^at. $)enn gerabe in biefer 3^ empfing er auc^ ))roteftantifc^
40 Sudler, bon benen er ein ^erl bed älrminiu^ ertoä^nt. %a% finbet flc^ mit einer 2)ars
fteQung feiner bamal^ nod^ unDoQenbeten tl^eologifc^en Überzeugung in bem Sriefe an
U^tenbogacrt bom 22. ©e))tember 1613 (juerft in ber oben genannten Srieffammlung
©. 357 ff., bann bei ä^mon ©. 130 ff., Segranb IV, 269 ff.), »ei ber ©c^ilberung ber
ortl^obo^en ghed^ifd^eu Se^re meint er, bie Se^re be^ älrminiu^ bom ^(. ©eifte unterf^eibe
46fMi^ nic^t fo fel^r bon ber gried^ifi^en, bon ben ©aframenten treten fc^on bie 2)aufe unb
ba^ äbenbma^I befonber^ ^ert)or. 3)ie §au^)tunterfc^eibung«lel^ren bom freien SSäillen, ber
Slec^tfertigung, ber ^röbcftination iDiQ er nid^t be^anbeln, de quibus quid certe te-
nendum, nondum constat mundo (Segranb IV, ©. 310). Sefonbere görberung in
ber ^enntni^ unb älneignung ber ))roteftantifd^en Seigren getoann Jt^riK bann burc^ bie
60 Jtorref))onben) mit bem ^oQönbifc^en Staatsmann 3)at)ib Se Seu be äBil^em, bie am beften
bei Segranb IV, ©. 313 ff. abgebrudtt ift. äud^ biefer fanbte i^m SBerfe, nämlidb Don
ben ärminianem fionrab SSorftiuS, ^ugo ®rotiu«, bon SRainoIbu« (3jo^. ? cfr. 3.®.2BaI(^,
Bibl. Theol. Sei. I, ©. 255), aber auc^ ben „Hutterum". Sebeutfam ift, bafe in biefer
Äorref))onbenj il^rill jum crftenmal toon feiner catechesis f))rid{>t, quam orientalibus
66 meis oblaturus sum. ^od^ ^ält er bie äluSfü^rung einer Sieformation feiner Slirc^
für unmögüd^ (Segr. IV, 316). 3Jon ben SSorbcbingungen einer folc^en unb t)on ber
ebangelifd^en Se^re tocrrät er aber nur fdf^iüac^eS 5ßerftänbniS, toenn er bie 9leformt)orfd^Iäge
äSü^emd ba^in beanttportet : Ego omnia illa capita apte credo ad tria posse re-
duci, quae si missa fierent, et opposita introducerentur, facilis esset refor-
eomatio. Explodatur ambitio, avaritia et superstitio; introducatur humilitas ad
Siitoid 687
exemplum Christi Domini, contemptus temporalium et simplicitas evangelii
et facilüme obtinetur cupitum. 3)m ^u!))tf($aben bev griec^tfd^ien jttrd^^e fd^iUbert er
ober mit ben SEBorten : Ecclesiam graecam nil tarn pessundat ut superstitio. 3)ted
eine 9Bort über bie Sieformotion geigt gut @enüge, ba^ Jt^riO um 1620 iebenfoQ^ ben
$TDteftantt^mu^ nod) nic^t betftanben ^at. SStdleid^t liegt bad aud^i barin begrünbet, 6
ba^ er bi^^er tDefentlid^i bie Se^re ber Srminianer tennen gelernt l^otte. 3)em SSerte^r
mit äBil^em berbanten tpir aad) eine umfangrei(^ Beurteilung bed römifd^ien Itat^olici^
mud burc^ Sbfxiü, ^ener ^atte i^m ein Qjsmplax ber 1616 erfc^ienenen neugried^ifd^en
Überfe^ung ber Dottrina christiana t)on 93eQarmin gefanbt. it^riS fc^icfte ed mit ^anb^
fc^riftlid^en Slotijen berfc^en jurücf (Segronb IV, 322). ®iefe« ^im^lax befinbet fw^ je^t lo
in ber Unit)erfttätöbibliotl^ef in Serben. 93on Segranb (I, 106) burd^ groben barouf
oufmerlfom gemacht, ^obe id^ bie fämtlid^en älnmerfungen ou^ bem mir ^ier^er gefanbten
SBerle abgefd^rieben. ^en ®efamteinbrudt lann \6) ba^in gufammenf äffen : ^ie älnerten«
nung ber Schrift, aU aQeiniger 92orm bed (glaubend unb bie 93etonung bed alleinigen
SSerbienfted 6|rifti tritt ftarf perbor, baneben legt ^riQ aber SEßert auf mand^ierlei Jtleinig- 16
leiten, unb überft^t namentlich in ber @t^it augenfällige Aonfequenjen bed römifc^en 6^«
ftemd. %id^ ^ier l^abe id) bad Urteil gen?onnen: eine tl^eologifd^e ^urd^ibilbung ^at bem
Sbfüü boc^ gefehlt. 3)en fd^on ^öu^g genannten 93rief an 3Jt. 3t. be 3)ominid, ber aud^i
in biefe 3rit fällt, aber ntd^t tpefentli^ ^eued bringt, toiU id^ ber Jtürje falber übergeben,
dagegen finb ^ier mehrere Schriften ju nennen, bie Icbiglic^ ©treitf^riften gegen bie 3o
Stömer ftnb unb babei einen reformatorifd^en ©ebanten k)öQig t)ermiffen laffen. Sol^in
ge^^ört guerft ber SSrief an ben ngiyxinav Kvgiov ^Icodwrjv "PadovX ßoeßöda, av^h-
Trjv xal yvrioiov xkriQovdfiov rfjg OvyxQoßXaxicig äjidorjg bei ©ofit^eod, ^atriarc^ bon
Serufalent in feinem Tö/Liog äydnrig xaxä Xarlvcov SaffV 1698 ©. 547 ff. (5lgl. 8ibl.
in i^onnober). 2)er 93rief enthält eine $olemiI gegen bie 3lnn>enbung bed äCvfwv bei 95
ber 3Ref[e. 92eue ©rünbe toerben nid^t borgebrad^t i^öc^ftend ift bad bemerlendtoert, ba|
JlVrill allein flc^ auf bie ©d^rift berufen IdUI. 2)oftt^eod l^t im älnfd^lu^ baran eine
5ßrebtgt il^riO« an bie Drtbobojen gu lergobift beröffentlidjit, a. a. 0. 552 ff. S)ie ^ßrebigt
toor fd^on 1632 \>on X 3Raiti). ßar^o^^ilo^ in feinem Keinen SEBerle: ^ AjiodoxijMxala
xal xatdxQuaig Jtjg ht dvöjLiaxi KvqüLXov etc. Rom. Typis Sacr. Congr. de Prop. 80
fid. berdff entließt, jtoeite Slu^abe 1671. 3)iefe Siebe entl^dlt fed^^ älnatl^mati^men, bie
ftc^ gegen bie ^ömer rid^ten unb toefentlid^ t)om Slu^ang be^ ^l. @eifted, bom ^gfeuer
unb bem Primat bed $abfted ^anbeln. äUled gang griec^ifd^ unb bodp nad^ SarVo))^ilod
aud bem ^al^e 1616. ©el^r intereffant ift aud^ bie ©c^rift ^riQ^ gegen bie ^[efuiten, bie
^fo^Hib. Äerameu« in bem 1. S3anb ber ^AvdXexxa kgoooX, axayvoXoylag, $eter«burg 86
1891, ©. 220—230 guerft beröff entließt l^at, in il^rer Slrt ein gjTeifterftücI ber ^ßolemil,
bie gule^jt bie SJlittel angiebt, toie man bie Sertrribung ber gefuiten borbereiten fann.
©ie föUt \pcdn al^ bad ^a^ 1612, benn ber ^atriarc^ Stimot^eud, ber 1612 gur Sie»
gierung lam, toirb fd^on ertoö^nt. 91U ^otriar^ bon ätle^anbrien l^at er aud^ bie ovv-
xo/wg JtQayjuaxeia xaxd 'lovdaicov h änXfj diaXixxcp ngbg FecoQfwv xdv Jtdqyav 40
^^erau^egeben. ©ie erfc^ien 1627, gebruit in ber unten *gu nennenben S)ruclerei inlton«
ftantino))el, Segranb I, ©. 234, mir ift fte unbefannt
am 4. SJobcmber 1620 tourbe Sulari« ^ßatriard^ toon Äonftantino^jel. £eo Sttlatiu«
unb ^a))abopulod tooQen be^au!))ten, er ^abe feinen Vorgänger bergiftet. 9Bir galten un^
babei nid^t toeiter auf. 9lld öfumenif^er ^atriard^ ^atte R'gxxü entfc^ieben nod^ me^r @influ^. 45
2)arum toirb er bon ben ))roteftantifc^en üJläd^ten, namentlid^ ben i^oQönbem, noc^ me^
gefudjit, bon ben Igefuiten, bie bon bem frangöftfc^en Sotfc^aftcr be SKard^ebille protegiert
tourben, aber noc^ mel^r angefeinbet. 1623 toar feine erfte SJerbannung. ©eine Stellung
gur Sieformation mac^t inbejfen in ben erften '^ai)xm feine befonberen ^ortfdjiritte. 3Siel«
leidet ^inberte ^ier bie offigieUe ©tellung, bie Ä^riß einnahm. Sefrembenb fann ic^ ed nur so
nennen, toenn feine offigieUe ©teflung i^n im3a^rcl622 bal^in führte, eine $eiligji)red(fung
borgune^men. 6« ^anbelt ftc^ um ben ^l. Fegdoi/xog 6 Niog, ber 1579 ftarb. S)ad
§iftorif4e ift nä^er bargefteHt tn bem BißXiov xdv dgdov X6yov, ßonbon 1625 (Se»
granb I, 188 ff.), ber griafe Sb)xxü^ ift au« bem offigiellen Äobej be« 5Patriar(^t«
abgebrucft in ber 'ExxXrja, 'AX. Sa^rgang III. (1882—1883) ©. 48. gtoar fpricbt ftdji 66
ber ?|Jatriar4^ fe^ getounben aui, er fagt aber bo^: elxög iaxi xal ngdg diavo^rjv
xwv vTikg qwaiv xagiofidxaiv xov xeXeragxocov nvti'^fiaxog fJLt] navxdnaoiv äxQV'
oiovg elvai xäg tcüv i9eicüv dvdgcbv ngeaßevaeig xal fxeoLxeiag. 3n toelc^em ©egenfoji
fte^t bad gu ber Siote auf ©.91 ber oben genannten Dottrina be« SeUarmin (aud^ bet
Segranb I, 108): Meoixrjg dg 6 Xgiaxog fjLeoixov /Ät] deö^uvog' 6 Xgioxdg ojiXayx' 60
688 Sttlarid
toei^, ob h>tr ben furchtbaren ®egen(a( ganj lennen, in ben er felbft aQmäJ^id^ %t^
lommen tpor?
3lm beiläufig fei l^ier nod^ ertoäl^nt, ba^ ^riQod eine Sud^bruderei burc^ ben ^t
6 \d^\itm 9tiIobimod 3Reta|ad um 1527 t)on @nglanb ^er in JlonftantinDt>eI einfügen lie^
^uxd) bie SRad^inationen ber ^[efuiten tourbe bie 2)ru(fcrei t)on ben Xürten ^etftört
@ine neue, bie britte @ntto)i(fe(ungd))eriobe ^rilld beginnt erft mit bem Jlommen
bon 9nton Seger. ^er ^atriord^i fc^eint bamal^ felbft bad Sebür^iid ge^t )u ^Kiben,
feine Sejie^ungen )u ben ^roteftanten )u ftdrien. @r Infi))fte toieberum an mit bem
10 ®r)bifci^of bon Santerbur^. 1616 l^atte er fd^ion an ®eorg 3(bbot gefd^eben, bcr bo^
mate biefe SteQe inne l^atte. ^e^t ift ed ber Srjbifd^of ®eorg, an ben er fii^ toenbet
älud^l bie @enbung be^ berühmten Codex Alexandrinus mug aU ein SRittel )um 3^^
ber SSerbinbung mit ben @nglänbem aufgefaßt toerben. 2)a lam il^m t)on onberer Seite
Mfe. Someliud $aga lieft einen ^rebiger für bie ^oQönbifc^e ©efanbtfd^ft fommen.
u Si$ toar Slnton Seger aud $iemont. 2)a^ 92dl^ere über beffen ^erfon bei @oiebter, Hi-
stoire litteraire de Gen^ve, @enf 1786, tom. II @. 130, bod^ nidjit o^ne ^ler,
beffer in Pauli Golomesii Italia, ^amburg 1730, @. 195 ff. @r hmrbe bon ben ®atfer
©eiftlic^en entfanbt. Seger toar Salbinift. @r lam 1628 unb blieb i\» 1636 (Segronb
IV, 454). 9Ber toiQ fagen, ob er jum SSer^ngnid ober )um @egen für bie etHuigeKfc^
2o9etoegung lam? 33iel)[ei(i(|t ^ötte er fu^ beffer barauf befd^röntt, ben Ä^riOod unb feine
©eiftlid^lfeit )u einem Haren @tanbpunft l^inburd^jufü^ren unb getoortet, ba^ bie Setofgung
in bad SSolt burc^ bie eigene ©eiftlid^Ieit lam. älber er unternal^m ed, bot ßalbimdmuS
unvermittelt in bad Soll einjufül^ren. @d^on in feinem 93riefe bom 4./31. 3Ran 1629
ift er ftd^ Ilar, toad ju t^un ift, bie Sibel mu^ in bie SJolföf^rad^ie überfef^t, @<^ulcn
25 muffen gegrünbet toerben, ein Aatec^i^mu^ l^erau^egeben toerben (Segranb IV, 381). ^f^m
ftimmt Someliud $aga bei (Segr. IV, 383). @r toiU bie erectio eine«$ Oymnasii, olfo
too^l eine ^ö^ere Sd^ule ^i(üt ber bon Seger erftrebten @lementarf4iulen. 93ie biefe ^ßföne
burd^gefül^rt tourben, löftt fid^i nid^t Ilar beurteilen, ^ie Sibelüberfe^^ung erfdj^ten 1638.
®« ift bie auc^ bon Seufe, Bibl. Nov. Test. 1872 @. 142 befdf^ebene. S)a« »efie
80 giebt Segranb I, 363 ff. 2)em @runbte^ toar eine neugrie(^ifd(ie Überfettung beigefügt,
bie 3)ta|tmud SaQiu^olita berfa^t ^atte unter 93eil^ilfe jt^riQd. Se^terer l^at ouc^ bie bei
Segranb abgebrudte (Einleitung gefc^rieben. 3)er 3)rucIort ift @enf. 3lad) bem Orient
tam fte erft, atö Jt^riQ f(i^on tot toar. 9lud(i Bd^idm tourben errid^tet, benn Stat^anael
Jtonoi)iod fann e^ bellagen, ba| nad^ bem äBeggang Segerd fie ind Stocien geraten (Segr.
86 IV, 493). Ob ein ä^olfdlated^i^mud gefc^rieben tourbe, toiffen toir nid(|t. Sagegen gab
1629 Jt^riQo^ feine belannte Gonfessio ^erau^. 3)ad mu^ bamal^ ein @reignid in ber
tl^eologifqen SSielt aud^ bed älbenblanbed ^etoefen fein. @d^on im ^a^re 1629 erfc^ienen
jtoei lateinifc^e Slu^gaben, toeld^e babon bte Ed. princeps ift, toagt auc^ Segranb nit^t
)u entfd^eiben (I, 267). 9lu^ bemfelben Igai^re finb bier fran^öfifd^e, eine en^lifc^e, eine
40 beutfd^e Überfe^ung (©öttinger Uniberfitöt^bibliot^el) belannt. vlid^t aQe bon btefen koaren
boQftänbig. drft bie älu^aben bon 1633 an fügen baju am @nbe bie bier ^ogen unb
bringen ben gried^ifc^en unb lateinifd^en %^jct. ^a^ griec^ifd^e Original liegt in ®enf.
Segranb giebt ba^ 5fJä^ere, and) ein gölpw^il« (Segranb IV, 315 ff.). 3"^ g^njen jä^le
id(i 19 älu^aben ober Überfe^ungen. 3)a^ bie Gonfessio ein äBert bon J^riSod felbfl
46 ift, foQte nic^t me^r beftritten toerben. Segranb f^at e^ untoiberleglid[l nac^getoiefen. SBo^
ben Ignl^alt ber Gonfessio anlangt, fo ^at $ugo @rotiu^ in feiner (o^ne feinen 3lamtR
erfd^ienenen) älui^gabe ber Gonfessio bon 1645 in ber @inlätung bemerjft: „Ita ad
amussim cum praecipuis Galvini placitis consentiens, ut ex ilüus Christianae
religionis Institutione descripta videri posset.'' 2)ad gilt aber bod^ l^ö(^|iten$ bem
60 Sinne nad^. $ic^ler n?eift auf bie älb^ängigfeit bon ber Gonf . Gallicana l^in, u^ mbdfU
lieber bie Belgica bergleic^en. 3^^ näheren @inge^en fe^lt ber 9laum. 3!llan fagt am
beften mit ® a| : Sad Se!enntni^ ift calbinifd^, aber in ber Bpxai^ ber griec^ifc^ SMft
unb bem 93etenntnt^ ber le^teren möglic^ft angenöl^ert.
SSSie bie Gonfessio in ^onftantinoi)el aufgenommen tourbe, lönnen toir Wtoer be«
65 urteilen, ba bie genügenben Quellen fehlen, ^a^ intereffantefte griec^ifcbe Sonnnent ift
bie fc^riftlidjie SRet^tfertigung, bie im 3ja^re 1636 ber @rjbifd{>of SWeletio« ^ntogaOo« bon
@t>^efo^ für fid^, ben 92eot)^^tod bon ^eraclea unb ben Jt^rtll fc^rieb unb }tDar atö Areter
an bie Kreter (Segranb IV, 432 ff.). 3)ana(^ mu^ bie Aufregung gegen bie Gonfessio
boc^ eine jiemlid^e getoefen fein. 3^ar l^atten bie meiften biefe too^l nid^t berflonben,
60 bennod^ nannte man ben Jl^riUo^ einen algerixög, feine älnl^änger nxd^t minber (@. 439).
2utm» 689
Xud^ la^t bte Schrift beutltd^ erlennen, bag eine ®V^^^^ geh>efen h>ar, bte [xd) mit ben
xsfpäXaia bed ^riQ befd^oftigt ^atte. Sie ^te i^n ]ebenfaO^ nid^t k)ecbammt. ä(uc^ Itej^
man \>on feiten ber (Segnet ben Oeorgio^ Äorejjtoi^ nacp Ronftantinojjel lommen. 35er
mu^e mit Seger bi^utieren. 3Jte^rfa(^e SSerbannungen bed ^atriord^en f(^einen bie ek)ans
gelifc^e Setoegung nid^t aufgeholten ju ^aben. 3)a!^ größte Unglüd aber h>ar ber ^ort« 6
aong Segerd 1636. ^toax mad^te aud^ fein 9{ac^f olger @artori^ einen guten 3(nfang. @r
Porb aber fd^on 1637 (Segranb IV, 498). ®in SRadj^foIger fd^ien ntc^^t gleid^ befd^afft toerben
m lönnen. 3mh>ifc^en f))annen aber bie @egner eine neue ^ntrigue gegen ben ^atriard^en.
äUd @ultan ÜKurab gegen bie Werfer ju ^elbe »e^en tDoQte, k)erbäc^ttgte man i^m ben
ib^rillo^, er h>iegele bie Jtofaden auf. S9ei ber Slbtpefen^eit bed ^eered lönne ba^ boppdi lo
f^öl^rlid^ toerben. Ser @ultan ^örte auf baiS @erebe. ®r li^ ben ^atriard^en burdj^
ianitfc^ren ertoürgen unb feinen Seid^nam ind ^eer toerfen. Seine ^eunbe fanben bie
lei(^ unb begruben fte }uerft fem t)on Jlonftantino))el. @rft nad^ ^a^ren lonnte bem
ilJ^nQod eine Siul^eftätte in Jlonftantino))eI t)erfd^afft toerben.
Sa^ mit bem Xobe bed ^atriard^en bie 9eh>egung nid^t erlofc^, beh>ei{en bie @V' ^^
noben \>on 1638 in Äonftantino})eI, 1642 ju 3affV, 1672 in ^erufulcm, 1691 in Äom
ftanttnot>eI. @^ ift aud^ nid^t ber %a!H, bag R\)xill leine ä(n^änger gehabt ^abe. 2Bir
muffen im ©egenteU be^aut)ten, k)er^ältni^mögig ^atte bie ek)angelifcbe S3etpegung k)iele
%reunbe. @(^on 1629 lann Sorneliu^ $aga an bie @enfer fc^reiben: Et quamvis fun-
damenta, quae antehac jacta fuerunt adhuc latent, nee vulgo apparent, tarnen 20
cum rev. patr. Gonstantinopolitanus et Alexandrinus, alilque nonnuUi prae-
cipui praelati et antistites graecae ecclesiae lumine evangelii illustrati sunt,
non parva mihi spes affulget etc. (Segr. IV, 382). §reili(^ |atte ft(^ ^aga in bem
Patriarchen t)on 9(Ie£anbrien geirrt. 3)iefer, @eraftmod mit Flamen, fc^rieb in feinem
Sriefe t)om 8. ^uli 1629 eine ^öflic^e aber entfc^iebene 3(bfage. 3(ud^ beffen fpäterer 25
^(^folger, ber betannte 3Jletro))^aned Jlrito))ulo^, tpar lein 9(n^änger bed 5t^riU. 3(1^
Kuger Wann benu^te er bie äSorteile, bie i^m t>on biefem burd^ beffen SSerbinbung mit
ben $roteftanten geboten tpurben. Seine W)U Ort^obo^ie behielt er aber babei unb unter-
)ei(^nete 1638 bie Sejd^Iüffe ber @V"^^^ ^^^ ftonftantino))el, bie ben £utari^ k)erbammte.
SbenfaOd möchten tptr ben betannten Sriftoteliter Jtor^boQeu^ nic^t einen SalDiniften ao
nennen. ®^ fte^t aOerbing^ h>o^l au^er 3^^^^''/ ^^6 ^ i^ ^^ittn bie Xranefubftantion
beftritten, in feiner ^Emoxolt] doy/LuiTiHhan ben ©op^romo« ^^olfa^K (hinter benSöerten
ber a. 3oemifau, ed. gug. Sulgari«, ?ßeter«burg 1797, Sb 2, 742 ff.) belennt er fxd^
ober für rechtgläubig in ber 9(benbma^läe^re. @r toar eine tritifd^e 9Iatur, be^l^alb ben
tritifc^en @runbfä|en ))roteftantifd^er t^orfd^ung juget^an, babei aber religiös gleic^giltig. aö
9Ud 9(n^änger Jt^riU^ aber ift ju nennen ^IReletiod ^antogoUoi^, Srjbifc^of k)on (Sp^efod,
beflen Jlon^t>onben2 Segranb a. a. 0. IV k)eröffentlic^t. 9lamentlic^ feine fd^on oben ge^
nannte 9(t)Ologie k)on 1636 lommt ^ier in Setrac^t. 3laäf bem Xobe bed 3)teifter^ tDurbe
er bon ben @egnem aud Jlonftantino))el k)ertrieben unb ging nad^ ^oQanb. 3lm 23. Se^
)ember 1644 lieft er ftd^ in Serben aU Stubent einfc^reiben, bamal^ 50 ^a^re alt (Segr. 40
IV, @. 521). Sitate k)on il^m bei (Slaube) Reponse au 11 vre de Mons. Arnauld
intit. la perpetuit^ de la foi etc.^ ^^^£1 ®' ^^^ ^^^ ^^ Moni, Hist. Grit, de la
Creance et des Cout. etc. ©. 215. SJcadj^en bie l^äufigen Älagen be^ ÜReletio« in
feinen Briefen über feinen @elbmangel unb bie baran gehtüpften S3itten nic^t ftetd einen
angenehmen ®inbrud(, fo mu^ man bod^ anerfennen, bag er um feinet Selenntniffe^ toiUen 46
ft(^ fyit t)erbannen (äffen. 3lud^ ber ^atriarc^ ^{eop^^tod III. k)on Jtonftantinopel toar
bem ft^riU günftig geftimmt; früher al^ (Sr^bifc^of k)on ^eraclea gehörte er mit 3U ben
brei Sefd^ulbigten, bie SIteletiod ^antogado^ 1636 k)erteibigen mugte. ^m übrigen Dergleic^e
Segranb IV, 450 ba« Urteil Seger« über il^n, 491 $aga« Urteil, 463 ßm^fel^lung^brief
für Seger. 3)en 3netro))o(iten k)on ältl^en ©opl^ronio« nennt %rtQ felbft in feinem Srief 60
Dom 10. aWörj 1637 inclinato alla religione reformata (Segr. IV, 487 ; ä^mon 166).
£eo älQatiud erllärt auf ba« 3^dnt^ be« S3artl^olbu« 9tifu|iu« ^in aud^ ben ^^atrtard^en
iPort^enio« ben jüngeren (1644—1645 unb 1648—1651) für einen »n^änger ß^rite
(De cansens. 106J . 1022. 1076). 3«^««^f^^ erlaubte er bie Verteilung ber Ueberfe^ung
be« SWajimo« Äaüiutoolite« (®ebeon, mvaxeg naiQiaQx, ©.574). 35en Patriarchen 2:beo= 65
t>^aned t)on 2lerufalem barf man ebenfaQ« 3U ben ^reunben be« Jl^riU rechnen. (Sr l^at
1630 biefen gegen ben 5?orh)urf ber ße^erei t)erteibigt (Segr. IV, 113). iyergleic^e fonft
oxiii Segranb IV, 427. 502. 304). 5Jeben biefen Vertretern ber ^öc^ften ©eiftlic^Ieit giebt
ed eine Slei^e öon ÜRönc^en unb nieberen Oeiftlic^^en, bie für Ä^rill engagiert toaren. Söir
rechnen ba)u namentlich ben Vibelüberfe^er SRa^imo« Jlaltiut)olite«, ben fc^on oben er« eo
9lea(<((nc9r(opäbie für X^cologir unb Mirc^e. 3. ^. ZI. 4^
690 2utaxi» Snla9 ber Suftitgdip
toä^nten Sflatl^anael Äonoj)u>« (Scgranb IV, 491. 502. 513), bcr md^ bcm Xclbt J&nD«
nad^ Dsforb ging (£egr. IV, 516) unb bie Institutio rel. eh. bed Saltmt tnd (Sriec^ifd^
überfe^en tDoQte, ben ^^otl^eod 9(6battod au^ ite)>^allenta (Segr. IV, 46. Glaube a. a. 0.
981), ben 9liIobtmo^ IWetoia«, ber jebenfate mit Sulari^ fe^r befreunbet unb tum ©ng^
6 lanb au& ))rotegiert h>urbe. Set bebeutenbfte SSertreter einer colbinifterenben 9(benbma^(^
le^re toar So^anne« Äar^ojjtoHe«, f 1C92, aWega« Sogot^ete« in ÄonftantinoJ)eI. ßr ^
feine freien älnfid^ten mel^rfac^ in ^rud anheilen laffen, fo bag f(^Iie|li(^ 2)oftt^eo^ öon
^erufalem, fein $aut)tgegner, bie ©^nobe t)on itonftantino))el 1691 gegen i^n berief. Steuere
Sried^en neigen ben Rat\)opf)t}ü^^ in @d^u$. ©eine catoinifd^e Geologie ift aber nic^t
10 gu beftreiten. SSergleid^e aud^ namentlich feine SSriefe *ExxL *AX. III, 424. 9uc(
ben fd^on oben ertoä^nten @ugeniod Sitolo^ nenne id^ ^ier, ber in feiner gugenb getoi^
itr Jl^riU ertoärmt toar, fonft f)ätU er nid^t eine 9lIolut^ie für i^n gefd^eben. (SkbWdf
eien noc^ einige 3Jlänner ertoö^nt, bie bei Segronb t)ortommen. ^d^ bin nic^t fi^fer, cb
te nid^t um be^ irbifd^en SSorteitö toegen mit Seger unb ber ebangelifc^en Stic^tung in
16 aSerbinbung traten. 6« ftnb namentlid^ SWid^ael Ärale« (Segr. IV, 401), aRajimo« 3(^0»
bio« (gegr. IV, 500), ber SRönd^ Sgnatio« (Segr. IV, 501), unb ein Sl^or ©eorgio«
(Segr. IV, 509). *|. Weiper,
8tt!oö. — 3ur ßittcratur ügl. bie «?l. 3cfu8 e^riflu«, aKatt^äu«. ?Karfu«, wo bie
arbeiten juv Soangelienfrage oer^eic^net Tmb. — ^ie SSer^anblungen über bie 9«^ ^aben
20 einen fi^nli^en Umfang angenommen. ®ute Orientierung bieten S'6^^^^ ^^ fur^gefagten
j^ommentar' unb ^ol^mann im ^anbfommentar*. '$)a^\\ QMUx in (S^reifto. ®tubien: bie
91® als ©egenftanb ^ö^erer unb nieberer Ihritif 1895 unb ^ol^mann (fett 1901 We^er) in
^3^. — 3n relatio ^o^em SJtage ^aben auc^ 92i4tt^eo(ogen ftcb Uifanift^en Stubien ivl-
geroanbt: fo neuerlich beifpieldioetfe %ogeI, 3ur (S^()arafteriftit bed £(. nac^ @prad)e unb 6tiP
26 1899 (oq(. baju übrigend ^atofind, Horae Synopt 1899) unb bef. I31ag in feinen laf^U
reid)en ^ublifationen bef. betr. ben ^ejrt b. %CM, bie ^u einer uiel bemegten Üontrooerfe ge-
führt ^aben ; weiter S^amfa^, St. Paul the traveller etc. beutf^ u. b. i. $aulud in b. W
1898. ^ie (litationen im folg. belieben M hierauf, ^o nur 3<^bn genannt wirb, ift %t*
meint: Einleitung ind i^^^ II, 1900. SD^ein „Hauptproblem ber Eoangelienfrage 1890" ift
80 citiert alÄ „Eofrage".
Sula^, gried^. Aovxäg, tool^l fidler jufammengejogene f^orm für Lucanus (t)g(. 3^^^^
®. 336) tommt breimal im 31%, unb gtoar ald 92ame eined bem paulinif(^en 5lreife ange^drigen
aKanne« öor, nämlic^ Äol 4, 14; 5ßl^il 24; 2 Sti 4, 11. Sffiirb ber genannte Äol 4, 14
al« 6 laxQog 6 dyojirjTog bejeid^net, fo d^aralteriftert i^n ber g(eid^}ettige ^^ilemonbrief
35 neben anberen ald owegyög. SDa Äol 4, 1 1 au^brüdtlid^ bie „owegyoi aü& ber Se=
fc^neibung'' ^erau^ge^oben toerben, ol^ne ba^ SI. i^nen beigegöf^lt toürbe, fo lann lein
3toeifel fein, bag er aud nid^tjübifc^em S3lute toar, unb ift anjune^men, ba^ er no<^ ba^
mal« unbefd^nttten getoefen fein bürfte, alfo nic^t toie ^ie unb ba t)ermutet toorben, ein
^rofel^t. S3eibemal ftcl^t er unter ben bie Slbreffaten grüfeenben. 35arau« folgt abct
40 nid^t, bag er in iloloffae perfönlic^ fc^on be!annt war, toenn man aud^^ offenbar t>on i^m
toufete. SDagegen ergiebt fid^, ba^ er jur 3^^ ^^ Jjjei ©riefe, b. ^. jur 3^ ^^ ^^
©efangenfd^aft bei^aulu« toeilte unb t^n in feiner äBirIfamleit unterftü^te, bieQeic^t caiif
aU 9lr^t ftc^ i^m befonber« nü^Iid^ mad^te. 3)}an bead^te in festerer ^inft(^t bie cb*
fonberhd^e Formulierung Jtol 4, 14. Statt nac^ feiner fonftigen SBeife ju fc^reiben:
46 A. 6 dyajirjTÖg iargög (t)gl. Qplf 6, 21 ; fiol 1, 7; 4, 7 u. 9 ; 2 li 1, 2) ober: A. 6
largog 6 dyajirjTog jLtov (ögl. SÄi) 16, 5; 8; 9; auc^^ 5ß^il 1), brüdtt ber »poftel ftd& fo
au«, ba^ ba« 6 äyaTirjxog o^ne (lov einen eigenartigen Ion erhält, ret^t toie einer, ber
in banfbarer (Erinnerung aa erfahrene ©utti^at bei ber genannten $erfonli(^{eit t>erti>eiU.
2lm meiften öergleid^bar ift SRö 16, 12 b: tlegaida rrjv dyajiTjTrjv, ^rig noUA ixo-
50 niaoev h xvgico. — 2öie in ber erften, fo toar Sf. aber auc^ in ber )toeiten ®efangen<
fc^aft beim ^poft'el, toenn anber« toir bered[^tigt ftnb 2 li 4, 11 aU gefq^i(^tli(^e« 3^^
ju t)ertoerten, unb jtoar ftanb er jur 3^^^ ^^ Schreiben« bem Slpoftel al« @in)iger )ur
@eite. @« liegt nad^ bem eben bemerften befonber« na^e anjune^men, bag toteberum
feine är^tlic^e Qualität babei mitfprad^. 3)er älpoftel mochte unter ben einer audg^e^nteren
56 SQSirtfamteit in 9tom ungünftigen ^l^er^ältniffen eine« 6re«cen«, Xitu« unb Xi^icud leichter
l^aben entraten fönncn (v. 10 u. 11), al« be« bur^ feine mebijinifc^en Jtenntniffe i^
aud^ perjönli^ nü^lic^en (Senoffen.
SDamit ift aber auc^ alle« erfc^öpft, toa« au« au«brüd(lid^en 9(u«fagen be« !RZ« ^
mit @i(^er^eit entnehmen lä^t. ^er 9tö 16,21 ertoä^nte Suciu«, übrigen« ein gebomer
£tttad ber (gnangelip 691
5Jube (avyye^g juov), ober bctSuctu« t)on Ä^rcne inSKS 13, 1 l^abcn ntd^tö mit unferem
Ja. ut t^un. 9(tc^t nämlic^ bIo|, ba^ bte SlntDenbung k)erfd^tebener formen be^ 3lamm^
bei ^ulitd untDa^tfd^einKd^ tpäre, unb ä(@ 13, 1 nur unter ber SSorau^fe^ung, bag biefe
6(^ft nid^t t)on £t. ftammte, in SSetrac^t aenommen tperben !5nnte, ba anbemfoUd SI.
getoift fogut toie in ben „SBirftücfcn" ouc^^ ^ier bie ©elbftnennung in britter ^erfon öers 6
mieboi ^e (geg. Sid^^om, @inl. I, 581 f.), fo ftnb e^ tpo^l überl^au))t tro^ Origenec^
ad Rom. 16,21 gtoei ganj t)erf(^iebene 3lamtti (t>gl. 3^^^ ^•^- ^-1 anberd freili(^
Slamfai? ©. 172). Sl^er toäre c« möglid^, ba^ ber 2 fto 8, 18 ertoäl^nte ©ruber, ben ber
älpoftel mit XituS nad^ ftorint^ entfenbete, mit unferem £1. ibentifd^ fei. "Slnlai gu biefer
H^on \>ox Origened oufgetaud^ten 9(nna^me gab oUerbingd tpo^l nur bie berf e^rte S3e)ie^ung lo
ber SSorte ov 6 enaivog h reo evayyeXUp xxL auf unfer britte^ ßbangelium. 9Der
Umftanb, ba^ bei ber brei SKonote f))äteren Steife bed älpoftel^ k)on Korint^ nad^
gerufolem in 31® 20, 5 bai^ jtweite „SBirftüdf" (bgl. unten) einfcjt, iiai aber auc^ nad^
Srfenntnid jened grrtumd bie ©ebanlen k)ieler bei £1. feftge^olten. (Sbenfogut tonnte
man freiließ ben anberen „©ruber", ber v. 22 ertoä^nt toirb, mit i^m ibentifijieren, toie i6
f(^on 6alk)in tDoQte, inbem er ungenauer äBeife ald na\izi\x einftimmige 3Innal^me bied
bejeic^net, bag £1. „unter ben brei SSoten" geh>efen fei. ^ie S^aratterifierung pagt nid^t
toeniger, toie bie v. 18. 2ln SBa^r^eit ^anbelt ed ftc^ aber in feinem ^^e um eine
eigentliche Xrabition, fonbem nur um eine trabitimteQe (Siegeje betr. v. 18, bie ebentueQ
nur burt^ einen nedKfc^ 2>^\cXli mit ber 2Bir!lid^Ieit übereintommen tpürbe. 20
@d bleibt ju fragen, XocA ettpa tDirtlid^e au^erbiblifd^e Überlieferung unb h>ad bie
bon foI(^er bem £1. }ugdd^riebenen nt(. @d^riften lehren.
@rftere bietet ein uRoment bon ©elang, b. i. bie ^erhmft bed £1. au^ älntiod^ien
(tjgl. Sufeb. Ä® III, 4, 7; fotoie bei aWai, Nova patr. bibl. IV, 270, eine SteDe, bie
@t>itta fogar bem ©rief bed ^uliu^ 9(fr. an 9(riftibed }un)eifen )u bürfen glaubte ; ©rief 25
be^ 3. S. 2C @. 69 u. 111). 3)ag bie^ ni(^t axA ber fd^on berührten @rtt)äl^nung jene^
£uciud 9(@ 13, 1 entftanben, ift fc^on baraud erft(^tlid[^, ba^ biefer eben audbrüdHicp atö
oud Jt^rene ftammenb bejetc^net tpirb. Sbenfotoenig tDtrb bie fpäter nod^ mel^rfad^
)u berü^renbe eigentümliche £edart bed Cod. D }u äl@ 11, 28, tponad^ fd^on ^ier erft«
malig bie erfte $erf on ^luralid auftritt (avveaxQaßijuivcov dk ^/icav), QueQe jener 9tac^rid^t ao
fein. SiebenfaUd tritt fie gang o^ne ©egie^ung auf biefe Stelle auf. 3Ran tpirb fte al^
tDtrIlt4fe ^atfad^enüberlieferung anfe^en bürfen, bie aÖerbing^ an^ jener £e^rt — bie
Slbfafjung ber 31® ober \)od) i^rer „SBirftüdfe" burd^ £f. al^ erioiefen toorau^efe^t — eine
intereffante ©ejptätigung emt)fangen mag. Ser älntioc^ener begegnet banad^ tDirtlid^ guerft
in SntuK^ien. SRöglic^ tpäre babei immerl^in, bag bied bod^ nic^t eigentlid^ ber @eburtdort, ss
fonbem nur bie ^eimat ber ^milie bed £t. toar, in bie biefer frü^^^eitig überftebelte.
Sßenn StamfaV fic^ für eine ä^nlicbe annähme auf bie eigentümlich fc^toerfällige älu^s
bruddtpeife bei @ufeb., III, 4 beruft (a. a. O. @. 320) unb \>on ba au^ bie @enautgteit
ber bem Sufeb. zugegangenen 92ac^ric^t erhärtet, fo gilt beibe^ aud^ mit ©egug auf bie
anbere Stelle : „to /xir yivog änd t^c ßocDßievrjg *Avxioxeixig 7]v". — Dl^ne jeben 40
Sßert finb bie gelegentlid^en SJtitteilungen über bad äBirtung^ebiet be^£t., über ba^ k)on
i^m eneic^te £eben^lter, über ben Ort feiner litterarifc^en ^^ötigteit u. bgl. 3Ran6^^
lägt fic^ noc^ herleiten au^ ÜJiigberftönbnid neuteftamentlid^er SteQen. änbered fd^toebt
t>öQig in ber £uft, trägt aber ben Bumpd ber Ungefd^id^tlic^teit an ber Stirn, tpie }.©.
feine S^S^i^^d^^^ B^ ^^" ft^l^gig 3^9^^^ »^^ f^'^^ ^bentität mit bem ungenannten 46
@mmau^j|ünger (t>gl. bagegen @k). 1, 2). 3lud^ bie 92ad^rt^t, bag er ein ^aler getoefen
fei, ift natürlid^ nur eine fmnige Sage, bie too^l auf einer ©ertaufcbung ber ©egriffe, auf
einer ©ertoed^felung bon g^ber unb $infel beruht (bgl. über bie^ atte« 3^^"^ ©• 334 ff.,
tDofelbfl ouc^ bie nötigen Duellen^ unb £itteraturangaben). 9teben folc^en Sagen mag
immerhin bed ®rotiu^ jtombination SrtDÖl^nung finben, toonadS^ £f. = £uciQiu^ ein 50
t:etgelaffener be^ $aufe^ ber £ucillier getoefen, ber ftc^^ in SRom ber befonber« toon
Uwotn unb ^eigelaffenen geübten ^eiltunbe jugetDanbt l^abe unb fpäter nad) älntioc^ien,
fetner {^etmat, übergefi^elt fei (Annot. in £v. sec. Lucam, init.). ®rotiu^ k)erbinbet
bamit freiließ bie oben abgetoiefene älnna^me, bag £f. in 9tom ober älntioc^ien ^rofel^t
bed SubentumS getporben fei. 66
Ungleich bebeutfamer für unfer 28iffen \>on bem 3Jlanne £!., al^ bie in rein geleierte
SReinungen au^laufenben Überlieferungen, ftnb, bie 9licbtigfeit ber ^^rabition k)orau^ef e^t, bie
ü^m jugefd^riebenen Schriften be« 31% beren ©efpret^ung freilid^ loeit über ba^ ^ntereffc
an ber ^erfönlic^teit unb ben Sd^icffalen be^ älutor^ ^inaudfü^rt.
2. Srei Schriften bed 31% ftnb e^, toelc^e mit bem Atomen bed £1. in ©erbinbung eo
44*
692 Sniad ber (goftitgdip
gefegt h>orben fmb: baS brttte Sbangelium, bie 3[))ofteIgefd^t(i^te unb bec ^ebraeibrief.
^oq lommen emftltd^ nur bie jmei erftgenannten in Settad^t. S^^^^^ ^^ ^^^ Snnal^nte,
Dag auc(i ber ^ebräetbrief au^ bed SI. ^eber ftamme, fe^ frü^ nad^utoetfen (t)al. S.
^cbräctbricf, SBb VII ®. 494 unb 504 f.). aber ba« »Iter ber aSorftelüing ^ebt pe fo»
6 h>entg tpie ber Umftanb , bag fie btd in bie neuefte 3^ l^tnein Siertreter gefunben fyü,
^inaud über ba^ Urteil, bag tDtr ed aud^ ^ier nur mit einer $^))ot^efe, unib gtoor mit
einer unhaltbaren ^\)poti}^t ^u t^un ^aben.
älnber^ fte^t e^ mit @k). unb 9l@. 3)ag ed fd^on t)or Origened ali^ felbftoerft&nbli(^
galt, bag bad britte @bangelium bon bem $aulu^fd^üler £(. ftamme, f^at fid^ bereite oben
10 ergeben, al^ ber alten älu^legung ber SBorte 2 ito 8, 18: h reo evayyeXUo gcbac^t bHtrb.
Oleid^artig ift bie beliebte Sejiel^ung bei^ „eifayyeXiöv fiov** be^ 5pauluö auf unfer 81«
(Sb. (Sufeb. III, 4). ©0 berfe^rt beibe^ toar, fo ift e« eben bo(| ein «ßeugnid für bie
freili^^ fd^on für bad Ic^te drittel bed 2. ^a^rl^unbertd feftbejeugte 9lnf^auung. ^^inbet
ftc^ öor 3i^«^äw^ I^nc augbrüdtlid&e 5Rennung be« 21., fo gtoeifelt bod^ fein 3$ernänftiger
15 me^r, ba| feine älu^fage (haer. III, 1 u. ö.) älu^brud einer burd^aud onerlonnten 9.^op
fteQung ift. ®d bebarf barum aud^ nid^t, bag man no(^ erft ben ^an. SRuratori, Siemens
311. ober lertuHian, adv. Marc. IV, 2 ff., gefc^toeige bie f})äteren 3^9W^ff^ anfü^.
35iefelben Flamen treten für lulan. Urfjjrung ber 31® ein. SBeiter jurüdt fü^en Iguftin
unb SKarcion. SBa« jenen anlangt, fo fommtbef. dial. 103 (ed.Dtto ©.372) in»etrac^t
30 @^ toirb bort Sejug genommen auf Sc 22, 44. Sad Semerfen^toerte babei ift aber, ba|
l^uftin au^brüd(li(9 bie i^m fonft geläufige Sttation ba^in änbert, bag er nic^t einfa(^ auf
bie äjio/Livrj/LiovsvibuiTa xcbv dkoGxoXcDv fic^ beruft, fonbem fagt: h x, äno/xv., ä (ptjfu
vjid t.äjiooTÖlcDv aifTov xai t. ixelvoig naQaxoXov&rjodyxcov (WvriraY&ai, yi-
ygamai. ©c^on 3^^ f<*"^ ^^^^ //^^"^ beutlic^e ^inloetfung auf ha2 SSerl etne^
25 a))oftolifd^en Segleiterd, toie unfer £t. (31® ©. 36), toie er benn über^mt^t auf^ beftimmtefle
^uftind SHbl^öngigleit k)on unferem £1. be^aut)tet (@. 46). 2!ßad aber äKarcion anlangt, fo
ift nic^t nur l^eutjutage anertannt, bag er unfer britted @bangelium toefentlic^ in feiner ie^igen
®eftalt bei 3tu^rbeitung feinet @k)angelium^ k)or ftd^ l^e, unb borf bie Umle^ng be^
Ser^öltniffe^, toonac^ 3Rarcion^ @k)angelium bie ®runblage bed lanonifc^ £1. bilbe,
BD al^ allgemein aufgegeben gelten, fonbem e^ ift getoig rid^tig bermutet toorben, bag SRorcion
mit ber öon il^m Rol 4, 14 borgenommenen ©treid^ung ber Sffiorte 6 largdg 6 äyoTttj-
tög einer getoiffen Slbneigung gegen ben SJtann £t. I^be 3ludbrud( geben tooDen, bie
ftd^ nur barau^ crllärt, bag il^m beffen ßbangelium — unb gar erft bie 31® — biet
\ad) jum S5}iberf})rud^ 3lnla6 gab (3a^n ©. 175 unb &R II, 528). — Serüdpc^tigt
86 man ^iemebcn ben Umftanb, bafe toenigftenö, loa« ba« (Sb. betrifft, auc^ nirgenb« bie
©pur einer abtoeic^enben Irabition ober auc^ nur — bi« in bie 5Reujeit — eine« ab=
toeic^enben Urteil« fid^ jeigt, obgleid^ boc^ in ben ©d^riften felbft nid^t« birelt auf £1.
führte, fo toirb man ^ugefte^en muffen, bag ba« xata Xovxav ber ©bangelium^Ianb«
fc^riften — für fic^ felbft eine nic^t ganj beräc^tlii^e 3"f*ö"J. — ^wr^ ^'^^ f^ 9"^
40 3:rabition gebedtt erfd^eint. 3lber aud^ ein 3Biberf})ru(^ gegen bie 31®, ber \a ba« 6b.
ntd^t unberül^rt laffcn toürbe, ift, man möchte fagen, nur f^einbar bor^anben. ^enn ba|
3)Jarcion unb bie ©einen toie angebeutet ein S3uc^, toeld^e« ber toieberertoac^ten morcio«
nittfc^en Jtritif be« 19. l^a^r^unbert« al« ^beal einer bie ura))oftolifd^e unb poulinifc^e
9lid^tung au«gleid^enben Senbenjfc^rift erfc^ten, ablehnen mugte unb abgelehnt ^tte, auc^
45 toenn e« berbrieftc 3^0"'^^ f^^"^ Urfprunge« bei fid^ gehabt ^ätte, ift eben felbftberftönb«
tic^. Unb nid^t anber« ftel^t e« mit ber bon ©ufebiu« (IV, 29) berid^teten Slblc^nung
feiten« ber entratitifd^en ©eberianer, nur ba^ bie 31® bie«mal mit ben ^aulu«briefen
ba« ®efd^id teilt, fotoic bei ben bon Epiph. haer. XXX gefc^ilberten ©bjoniten (1. c
cap. 16). 3)a« bertoerfcnbe Urteil ber ÜRanid^äcr enbUc^i toarb fd^on bon 3tuguflin mit
5o3lec^t auf ihre 3lbneigung gegen bie ^fingftgefd^ic^te jurücfgefü^rt (de util. credendi 7;
ep. 237, 2). 3" öllen bier ^äDen ^anbelt e« fic^ gar nic^ft um bie litterarifd^e Seßrei*
tung ber lufanijc^en 3lutorfd&aft. Um fo fc^toerer begreif lid^ ift, toie ®über in ber bor.
3tufl. b. 31. \\i^ bon ber ^^ad^rid^t be« Patriarchen $^otiu« (Quaest. ad Amphiloch.
145), ba^ einige in Giemen« 31., onbere in Sarnaba«, nod^ anbere in St. ben SSerfaffet
56 ber ä® crblicfen, fotocit \}ai berblüffen laffen, ba^ er bie« toirflid^ für bie Slnf^Kmung
freiließ „nur äufeerft Heiner Greife" ^ielt, h)ä^renb bod& auf J)latter $anb liegt, bafe ^iet
eine SScrtocc^felung mit ben über ben |)br umge^enben SJleinungen ftattfanb (fo auc^ 3^^
©. 335, ber noc^ barauf tocift, bafe bie DJotij be« ^^otiu« au« einer in ben Opp. Chryso-
stomi ed. 3)lontfaucon III, 757 ff. unter ben ©>)uria ftel^enben ^omilie fiammt (764 D),
60 fo ba^ ber betr. ^rebiger bie ^ertoirrung angerichtet ^at). @« toirb bobei bleiben, ba^
Sitiftd htt Snangeltfi 693
bea(^iendn)erter SBiberf^rud^ ober aud^ nur abtoetd^enbe Urteile über ben 9(utor ad Theo-
philum [xd^ ntd^t ^ben.
3. dürften totr nun angejtd^tö btefe^ 3;^atbeftanbe^ bie Irabttton emfad^ über*
nel^men, fo ergäbe ftd^, mie {c^on bemerh, atöbalb eine er^eblid^e @rtt>eiterung un[ere^
SBiffend um bie ^erfönlid^teit unb bie Bd)\i]aU bed £1. ß^^^^f^ tpürbe flar, ba^ tpir 5
i^n tDeit länger in ber ®efeQfd^aft $auli ^u benlen l^aben al^ ftc^ au^ ben SSriefen
nac^toeifen lägt. Selanntlid^ erjä^lt nämltc^ bie 91® partientpeife in erfter ^erjon
^urali^. 3ji ber Serfafjer be« ©angen ber ^aulu^cfä^rte 2f., fo fann öemünftigers
toeife lein QtoÄ^d erhoben toerben, bafe er unter biefem „Sffiir" f})ejiell mit ju toerfte^en
tfl, be}tp. hai, too bad ,,3Bir'' auftritt, er old älugen^euge fd^reibt, unb nic^t aU einer, ber 10
frembe ®orte in feinem lejt toiebergiebt , gumal ba ia^ auftreten biefer gorm ber
9eri(^terftattung ba, too eine SSergleic^ung möglich ift, aufd befte jufammentrif^ mit ben
jKiuHnif^en SRoti^en über 21. (bgl. ftol 4, 14 unb 5ßl^il 24 mit ben bie 3eit bon 21® 20, 5
bi«©c^lufe betreffenben „Sffiirftücfen" : 20, 5—15; 21, 1—17; 27, 1—28, 16; baju ba«
oben bemerfte ebentueDe 3uföwtwt«^ftimmen öon 2 Äo 8 mit 31® 20, 6ff. (bead^te aud^ 16, is
10—17). 35ieg bebeutet nun aber, ba| £t., toenn er ber 3Serfaffer ift, and^ auf benSReifen
t)on %xi>ai bi« $^ili))))t balb nac^ bem älpoftelfon^il, toeiter bon ^l^ilip^i bid ^erufolem
unb t)on ^erufalem biiS9iom bor unb nad^ ber ®efangennal^me $auli beim 3l))oftel getoefen
tfi — älber nic^t allein ba«. @d^on längft ^at man bemerft, bag, toenn auc^ ba«
„SBBir" be« recijt)ierten lejte« auf bie oben angegebenen SSerfe befd^ränlt ift, ber „Sffiirs ao
berid^f' mö^lic^ertoeife erl^eblid^ toeiter greife, nur ba| ber (Sc^reibenbe leinen älnla|
l^tte, babei bte lommunilatibe ^orm angutoenben, toeil bie betr. Sä^e jtoar bon folc^em
reben, toad unter ben äluaen be« S3eric^tenben bor [lä^ ging, toobei er aber nic^t birelt
mit^belte. Sod^ nod^ frül^er al« im 3ufammenl^ang be« erften „SBirftüde«'' taud^t
ba« „aSir" au^ in ber fd&on ertoä^nten 2e«art be« Cod. D ju ä® 11, 28. 35iefelbe 25
^ 9la| ben Slnfto]^ gegeben }u ber f))äter gu berüi^renben 9inna^me einer bo))))elten
Slecenfton be« ®efd^id^t«n)erfe« burdb 21. eigene $anb. ^n bem bef. au« 2e«arten bon D
unb 3Serh>. erlennbaren Äonjet)t l9abe 2f. fc^on 21® 11,28 jene« t)fxcbv gefc^rieben.
9Ran l^ot über biefe ipvt'otl^efe geftritten (bgl. unten). Slber ba« fd^eint mir oderbing«
f(^toer beftreitbar, bag n)enn man bie überlieferte älbfaffung be« ®an2en burc^ ben ^au^ 90
liner 2t. aner!ennt, man auc^ bei biefer 2e«art toirllic^ e« mit einem au« feiner ^eber
flammenben Xejtbeftanbteil ju tl^un ^at. SBeber ber SSerfud^ bon SBei^, toonad^ eine
toomöglid^ burd^ ein 3^if(^^nglieb bermittelte Jloneftur in med^anifd^em ^nfc^lu^ an ba«
fj)ätere „Sffiir" borliegen fottCStU, XVII, ©.111, nod^ entfc^tebener ^axnad 213321 1899,
©.316) rwd) bie 9Reinung3lamfa^(©. 23; 172 f.), toonac^ ein mit 2lntiod&ia gufammensss
bongenber 9iebaItor ba« „toir'' ein^efc^altet ^aben foQ, l^aben befonbere äBa^rfd^einlic^Ieit
für fid^. $at S3Iag nic^t red^t mtt feiner 2lnna^me, ba^ ein ^araUelte^t borliegt, ber
bem Jlon2e)>t be« 21. entftammt, fo toirb nid^t« übrig bleiben, al« bie SBorte birett jum
Urtext gu machen unter ^rei«gqbe ber lectio recepta (bgl. aud^ 2!ßei| a. a. O.). Samit
aber ift bann nid^t nur bie Überlieferung bon ber ^erfunft be« 2!. au« 2(ntiod^ien be« 40
ftätigt (bgl. oben), fonbem berfelbe toirb auc^ bereit« bor ^auli erfter 3Jliffu)n«reife al«
®lieb ber antiod^enifd^en ®emeinbe mit bem 2l))oftel in perfönlid^e SSejie^ung gefegt;
m. CL SB. toir ^oben, bie ^id^tigteit berXrabition über bie ©d^riften borau«gefe(t, in 2t.
einen ®efä^en ^auli, ber, toenn er aud^ nic^t ftetig in be« 9[))oftel« 9tä^e toar, bod^
früher al« ein Ximotl^eu« unb tool^l auc^ Xitu« ü^m in« 2luge gefc^aut ^at, ber mit ibm 46
aetoefen ift in ®efa^ren ju äBaffer unb ju 2anbe, mit bem ^eien toie mit bem &^
fanaenen, unb ber fd^lieglic^ bei i^m ftanb, al« bie ©chatten be« S£obe« be« 2lpoftel« 2Beg
umfüllten.
9(ber noc^ me^r! tiefer SJtann erfd^eint bann ntd^t nur al« ein d^riftlid^ gefmnter
^eunb unb älnl^änger be« 2lpoftel«, auc^ nic^t blog al« ber 2lnt, ber bie ®abe ^atte go
bem 2l^oftel ben leiblid^en $ul« ju füllen, fonbem toir l^ätten ipn ju beuten al« einen
bielgereiften, bielfeitig intereffterten unb informierten SWann, ber aJtte«, loa« um i^n l^er
borging fd^rfen 2luge« ju beobachten berftanb — beuten toir an ben ©d;iffal^rt«berid^t!
— ber fic^ ^ineinjuberfe^en tou^te in bie (Sm})finbungen unb SorfteDungen ber SSor^
nel^men — er fc^reibt für „©eine ©EceDenj" I^eop^ilu« — unb ber bocp berftanb, fo 55
einfacfi px reben unb ^u beuten, bafe auc^> ber Einfältige feine SBorte faffen tonnte —
man lefe bie Äinb^eit«gefd^ic^te ober bie 2lbfc^>ieb«fcenen auf ber legten Steife nad^ ^ttn^
falem! — ^^fonberl^eit geigt er fid^ aber al« guter §iftoriter. 6« mag \a getoife mifeber«
ftänblic^ fein, toenn Slamja^ i^m Jogar ba« ^räbitat eine« ^iftoriter« „erften Stange«"
betlegt (©. 3). ©c^toerlidp ^ält alle«, toa« biefer ®ele](^e al« 3^^ raffinierter ybax» eo
694 Sttlad htt Sumigdifl
fteQuna^hinft regtftriert, tDtrRid^ bei naiverem ß^f^^^^ ®^^- S^mer^ bletbm in
ber %^at eine 9teil^e SSeoBad^tungen, bie un^ 9ief))elt beibringen nid^t nur k>or ber ^eim
l^örigleit bed äludlegerd, fonbem au(^ t)or ber ^njtnnigleit bed Xutord, ber gefc^i^ftfic^
Situationen unb $erfönlid^leiten mit toenigen SBorten gutreffenb d^alterijtert, bun^
6 leidste 9luancen be^ ä(u^bru(!d geh>ifie Umft&nbe anbeutet, unb fid^ bamit cii fod^btnbig
oft aud^ in |e^r nebenföd^lid^en fünften ertoeift. @elb{l eine ben SI. oblel^enbe unb
t)iele ber berid^teten XJ^otfac^en unb 3^1^^^^^ beftreitenbe 5triti{ 1^ ft(^ bem Sinbrud
nid^t ganj k)erfd^Iie|en lönnen. ÜJtan beachte befonber^ bad t)erbreitete günftige Urteil
toenigftend über bie ,,SBirftüd(e'' ber 9(@. 92immt man f^mn, tuod bod $ro5mium
10 bed &>, lel^ über bie ^ä^igleit bed @(^reibenben m untencbeiben )h)tfc^en Seric^t
unb DueQe, foh>ie über feine Srienntnid ber SRottoenbigleit ,,rritif(^er" SSorarfreit, unb
lombiniert man nun bie^ aUed mit bem, \oa& über bie £ebenSt)erl^ätoitf[e be^ SL
un^ belannt toarb, immer borau^efej^, ba| bie Xrabition im Steckte tfl, fo tofitbe
aQerbingd ber befd^eibene ärjtlid^e Segleiter bed $aulud )u einer ^erfönfic^Iett t>on gan)
16 ^erbonagenber SSebeutung für alle 3^^ ^"^ f^^ @qriften müßten biOigertDetfe )u
ben aQererften ©runblagen für unfere (Srfemttnid ber Urf))rünge bed Sl^entumd unb ber
d^riftlid^en itirc^e bienen. 3)ie ^^age tft nur, ob nicbt t)ieQeid^t bod^ fntifc^e Sebettten bor«
l^anben ftnb, toeld^e l^inreid^en, felbft eine fo gute ^rabition ju toiberlegen.
4. Sie hitifc^e Seanftanbung ber lulanifc^en 9(utorfd^aft ^at ftdjf oud no^tc^enben
20 ©rünben mel^ auf bie 9(@ ate auf ba^ (Sbangelium gerid^tet. ^e in biefem berichteten
^atfad^en lagen auf aQe ^äQe toeiter )urüd(; ber älutor er^ob, auc^ ti>enn ed 2t. toor,
!einerlei 9(nf))rud^ auf älugenjeugenfd^aft ober gor S3eteiligung an ben @reigniffen, man
lonnte i^m bermeintltd^e Umgeftoltungen bed äBirllid^en el^er )u gute ^en; angeblich
Iird^en))oIitifd^e Xenbenjen lonnten fiel bon boml^erein nid^t fo beu^ic^ nac^toetfen [offen,
26 aU man ed ba tl^un ^u lönnen glaubte, too fd^on „Iird(feni>olitifd^e" @retgniffe ©egen-
ftanb ber 3)arfteQung toaren; „unglaubtoürbige'' Singel^ü^e toerbcn in groger ^aifl auäf
burd^ 3Rc unb 3Rt gebedtt, benen man bielfad^ nod^ $la^ m ber a))ofio(tf(^en 3^ glaubte
antoeifen }u muffen. Sod^ ift ba$ Urteil über ba^ ©Danoelium natürlich bem über bie
^& gefolgt. 3)ie 3Jleinung, bag ed fi(^ um t)erf(^iebene 93erfaffer ^ble, iß nur feiten
80 unb k)erflaufuliert ^erborgetreten unb toirb burd^ bie ©leid^artiglett beiber 9BerIe nac^
@))rad^e, älnfd^auung^toeife unb 3Jlanier ber 3)arfileQung bon felbft toiberlegt (DgL Rältt,
@. 414 ff.; ^ebrid^, Da« Su!a«eb. unb bie a® SBerle beöf. Serf. 1890; auc^ »ogd
unb öatolin« a. a. D.).
man lann nun gemäg bem ®ang ber ©efamtenttoidelung ber hitifd^ Xrbeit
86 am 9teuen Xeftament ^toci $aut)trid^tungen in ber Jtritil auc^ ber lulantfc^en Sd^ften
unterfc^yeiben. Die eine ift bie „tenben^tritifd^e''. Die urf))rünglid^ Snfd^mmng ifi bobei
bie, bag beibe Schriften, in il^rer gegentoärtigen §orm toenigften« bematoetten 2[al[^r^unbert
entftammenb, gefc^rieben feien, um in bem brennenben Streit jtoifcpen 2lubaidmud unb
^aulini^mu« in betougter SBeife SSerföl^nung ftiften m l^elfen, inbem n&mlic^ Xl^en
40 unb SSorte ^efu unb bann feiner beiben großen 9(t)oftel in lül^nfter UmtDonblung ber
aßtrflid^Iett fo bargefteUt toürben, bag leine ber beiben Parteien fortbin bie SRöglic^Iett l^oben
follte, fic^ tooD barauf ^u berufen. SJielmel^r fottte bie Darftellung baju bienen, einer 35«=
mittelung SSoben ju fd^affen, bei ber aderbing« toeitge^enbe ^orberungen be« nod^ übertoiegem
ben ^ubai^mu« auf bogmatifd^em, et^ifd^em unb ))rattif(^em @ebiet anerlannt bleiben foDten,
46 bod^ unter ber Sebingung, bag einerfeit« ber ))au(inif(^e Uni))erfali«mu«, anbererfeit« bie
))erfönlid^e ©leic^bcrecftigung $auli jugeftanben toirb, — ein ^ebendborfc^Iag alfo eined
„5ßauliner«" an bie ®egen})artei. ©o — unter Berufung auf ©c^nedknburger. Über boi
3h)ecf ber ä® 1841 — bef. %, S.Saur (Ärit. Unterff. Jc, ©.501 ff.; ?ßaulu«^, ©.8jf.)
unb 3^0^ (31® ©.3 16 ff.). Die« toarb bann toeiter^in mannigfad^ umgebilbet 9m ent^
60 fc^eibenbften unb einflugrcid^ften burc^ Ok)erbed( mx 91®, ber im 3uf<^^^^i^^S ^
einer injtoifc^en pr 3?or^enfc^aft gefommenen äuffaffung ber älteften Äird^engefc^ic^^te bie
Xenbenj ber 93erf5l^nung jtotfd^en jtoei gl eid^jeitigen Parteien aufgab unb Dielme^ einen
9(u«gleid^ jtoifc^en SSergangenl^eit unb ®egentoart finben tooQte. Die 91® — er ^onbelt
nur t)on i^r — ift i^m „ber 3Serfuc^ eine« felbft toom urd^rifUit^ !3ubai«mu« fc^on
56 ftarf beeinflußten §eibend^riftentum«, ftd^ mit ber SSergangenl^eit, in«befonbere feiner eigenen
@ntftel^ung unb feinem erften S3egrünber $au(u« au«einanber)ufetot'', toobei e« natürlich
aud^ nid^t o^ne betou^e Umbilbung ber ®efci^ic^te abgebt (in be SBette« eseget ^Vb. I, 4,
4. aiufl. ögl. bef. ©. XXXI f.).
Die anbcre gorm ber jlritif ift bie „litterarlritifc^e". Da« Gl^aralterifKfd^ ifl ^er,
60 baß bie be^au^tete Un)uläng(id^leit ber DarfteQung beiber ©d^riften jurücfgefül^rt toirb auf
2vSa» htt Snitttgelifl 695
bie 3uf^^^^^^^^i^^0 älterer QueQen bon fe^r berfd^iebener ^£enben}, ^erlunft unb
SQSert burd^ bie ^onb eine^ 3Jlanned, ber ben Singen nid^t mel^r no^e ^enug ftanb, um
feine SSorlagen be^ertf(^en )u lönnen. 9(ud^ biefe ^(uffaffung ^t toie bie tenben}trttifd^e
in Sc^nedenburger, i^re SSorläufer unter ben äSerfed^tem ber "ilrabttion bon ber lu!an.
^erhinft ber ©Triften; fo bef. in ©c^Ieiermac^er (Ueber bie ©Triften be^ 21., I, 1817). 6
3^))if(^ SSertreter unter ben Steueren ftnb \ptii. mit Se^ug auf bie 3(@ beif))tefötDeife
&p\tta (Sie ä®, i^re Queffen 2c. 1891) unb ßlemen (GJ^ronol. ber panl Briefe 1893,
€. 97 ff.), ober aud^ ^(|mann, @inl. '. 9tur bag bei i^m fd^on beut(i(^er ^eraud«
tritt, h>ie beibe fritifc^e iRicptungen, — and) bei ben (benannten nid^t o^ne Berührungen
(IwL jL S3. 3«D^ SBürbigung ber SBirftüdte, Element „jubenfreunblid^er unb jubenfeinb* lo
lidjer Slebaltor" ber Stt®), — - fid& miteinanber öerfc^Iingen. Sie mannigfaltigen 5Ruancen
bier angufül^en, ift nic^t angebrad^t SJlan fel^e bad Steferot barüber bei 3<^^ a.a.O.,
bei $ol|mann, bei 6(emen, im %f)^^ u. f. tp. @benfo erfd^eint ed l^ier nid^t angejeigt
unb über^ut)t unfruchtbar, ju berfuc^en, ben einzelnen @rünben ber einzelnen itritiler,
mit benen ie bie betreffenbe ^ofition überjeugenb gemad^t tperben foQ, na^jugel^en. ®d u
lommt immer toieber barauf ^inau^, tpa^ fc^on 9aur unb Qcütt ^erborlel^en, bag 1. bie
®efamt}ei(^nung, bie Stimmung jo^ufagen bed S3erid^te^ bed @b. toie bef. ber ^® mit
ber fonft }u ermittelnben gefc^i^tlid^en 9BirIIic^Ieit in einer SBeife ftreite, toelc^e bie 30>*
faffung bur(^ einen ben @reignif(en fo na^e fte^enben SJtann toie £1. au^fd^Ue^e, ja bie
gntereffen fpöterer Q^t burc^fd^immem (af(e ; ba^ 2. au(^ im einzelnen fid(i SSorfteQungen ao
jeigen f oDen, toeld^e erf ennen lajf en, ba^ bie 3rit 3efu, toie feiner 3lpofteI bereit« im ©d^Ieier
ber SSergangen^eit liegt, ftatt tpie man bei einem, ber nod^ lange mit ben ä())ofteln ber-
fe^rte, ertuarten foUte, noc^ bie fd^arfen Jtonturen ber äBirllid^Ieit aufjutoeif en ; unb
ba^ 3. auc^ ))ofttibe 2Biberf;prüd^e ju folc^em unb f)66)\t oufföUige 3{erf4n>eigungen bon
fol(^em fu^ finben foÜen, tpa« anbertpärtd^er an^ unanfed^tbaren OueQen betannt ift unb 26
einem St. nid^t ^ötte unbetannt bleiben lönnen, fo bag bie Sifferenj jtpifd^en bem Sendet
unb bem, toa« m berichten tpar, fotüeit fie nid^t au« ber Xenben^ einer ]päittm 3^t ju
erflären fein fou, au^ ber Unlenntnid berfelben ftammen mu^.
3Rit biefen brei @tüd(en h>irb man fu^ alfo au^einanberfe^en muffen. 2!ßad neben«
^er ethKt nod^ in Setracbt tommt, lä^t ftdt^ gelegentlid^ erlebigen. Sie ^age ift, ob bieao
SintDonbe ^inreid^enb ftnb, toirilid^ gum ^luf^eben einer fo ftorten Xrabttion gu nötigen,
ober ob fie nid^t bielletd^t, fei e« burd^ richtigere Slu^legung, fei e« burc^ jutreffenbere
SBürbigung ber älbftc^ten mie ber Situation be« trabitioneuen 9(utord, be^to. burcb ben
emftlic^en SSerfuc^, feine SarfteQung als eine anbere SSeleud^tung nur ber fonft berichteten
Xl^ac^en uir @eltung )u bringen, fotoeit [xä^ erlebigen, ba^ man bie SJtöglid^Ieit luta« 86
nifc^er SKbfajfung jugefte^en mu^, toomit bann bie burc^ bie Xrabition gebotene älßal^s
fc^einlic^Ieit toieber in il^ Stecht tritt unb bie ^ofitib für fte fpred^enben Momente toieber
i^ SSoQgetDic^t getoinnen. @in SSerfud^ bie @ntfte^ung ber ©c^riften in baS ©anje be«
gefc^id^tlic^ unb litterarifd^en ^roiejfed ber a))oftolifd^en 3^ J^inein^ujeid^nen unb bmteben
bie SRögltc^Ieit ober SBal^rfd^einlic^feit ber tritifc^en ip^))otl^efen )u bergleic^en, ^ätte bie^o
Unterfu^ung abmfc^lie^en. Senn erft toenn le^tere« gefc^e^en, toirb man bon einem fu^eren
9IefuUate reben tonnen. Sa« ^olgenbe tann natürlid^ nur 3lnbeutungen geben.
5. Ser natürlid^e 3lu«gang«))untt für bie Unterfud^una ift ba« @bangelium. @d
loirb eingeleitet burc^ ein ,;$roömium'^ 3Jlan toirb, um objettib ju berfa^ren, badfelbe
borläufig fo betrad^ten, ba^ bie trabitioneQe lutanifc^e älutorfc^ boraudgefe^t unb ge» 46
fragt toirb, toa« [xd^ unter biefer 93orau«fe(ung ergebe, um bann ju ertoägen, ob bie« Sr«
gebni« ein in fic^^ übereinftimmenbe« fei. — ©ne 33orfrage ift, ob bie SSerfe fid^ nur auf
ba« @b. ober aud^ auf bie äl@ bejiel^en. ObtDo^l befonber« burc^ ^^f)n eine 9leil^e
fc^rfftnnigß jufammengefteQter ®rünbe für bie le^tere 3Jleinung in« ^elb gefül^rt toerben,
toirb man fie boc^ au« nic^t minber fc^toertoiegenben @rünben be^toeifeln bürf en. ^ebenfaU« 60
toirb e« ftd^ empfehlen, borläufig bie SSejiel^ung nur auf« @bangelium anmne^men,
tpo« ia niAt au«jc^lie^t, ba| man ^interl^er auc^ bie äl@ in i^rer 9Beife unter bie SQSorte
geftellt bentt. — 2Ba« ift'« nun, toa« fte un«f fagen? — ©ie bejeid^nen ba« (Sbangelium
al« gefc^eben für einen borne^men 3Rann, ber bom (S^riftentum {d^on getoiffe Jlimbe
fyd, o^ne boc^ fc^yon S^rift, \a auc^ nur „Jtatec^umen'' im f))äteren 9Bortfinn )u fein (bgl. 66
3a^ ©.361). 2Bie biefe ^unbe geartet toar, erfahren toir freilid^ nid^t. ^öd^ften« ba^ ]xt
im gan}en in paulinifc^em ®eift gehalten toar, ift borau«2ufe^en. Surfen toir einen
©d^lu^ jiel^en au^ ben 9teben ber 31®, fo l^at ^^eo))l^ilu« bemommen bon bem ®ott
^immel« imb ber @rben, ber ftd^ ben 3Jlenf^en lunb getl^an b^be, junäc^ft in ^«rael,
ol« ber @inige ^ztt, ber aber in le^en 3^^ gefanbt l^abe ^efum @l^riftum, toelc^er 6o
696 Snftid htt SuftitgeHfl
ftd^ betj^öttgt l^abe in 98ort unb SBunber, Don bm ^uben and Jtreu) ae^gt fei, aber,
auf erftanben bon ben Xoten, nun lebe unb regiere ein ^eilonb für aOe, bie bei ü^ SSergebung
il^rer ©ünben fud^en. Samit berbunben toar natürli^ mancherlei detail über bie ^tfyäm
unb Sieben btefed (Sl^riftud, fd^toerlid^ aber irgenb eine jufammenl^&ibe Darbietung bar eb.
6 ©efd^id^te (bgl. meine abfrage @. 17 ff. 134 ff.). Der @t)angeli{l fe^t nun boroud, boft Z^
))l^tIuS (ebenfo tpie tttoa tl^m öl^nlic^ fUuierte Sefer) fic^ gu fold^er Itunbe nic^t abUfmenb
berl^alten l^at, ba| ed aber barauf anlomme, il^m burc^ tüeitere Darreid^ung einen @tnbfi(f
in bie äaq?(iXsia bed (gehörten }u berfd^affen. Die ^age ift, in n>el(^er Stic^tung bieS
SSebürfnid gu beden h>ar? — Da^ ed ftd^ nid^t blog um bie S3eh)äl^rung einzelner Qx»
10 näl^lungen, eth>a gar bef. ber 9Bunber l^anble, ift Kar. Setont ber SSerIfaffer aud^ fein
forgföltiged ^orfd^en, ia mad^t er in ber 91® burd^ baS „SBir" auf feine eigene Xugem
^eugenfc^aft gelegentlid^ aufmertfam, fo bemül^t er fid^ boc^ nid^t tDeiter borum, im etn}dnen
feine SrjöJ^lungen aU toaffx ju ertoeifen. Obenbrein lag bem Sehm^ein ber 3^ ^^
Sebenlen toeniger n(ä)c, Dagegen mochte ein anbered einem ^eo^l^Iud nabe liegen. SBie
16 bemerlt, l^e er getüi^ leinen georbneten Unterrid^t emf)fangen, bofür ober mancherlei
unb berfd^iebenartiged aud ber eb. ©efd^id^te, aud^ loo^l in berfd^iebener Stelotiim ju
«l^ören belommen. ^r ben naiben ÜJtenfd^en ift fold^ed lein SDlan^el. ®r begnügt ftc^
mit „Oefd^ic^ten", je mel^, befto lieber. Slnber« beim l^ö^er ©ebtlbeten. SBol^I finbet
fidt^ aud^ ^ier eine äl^nlic^e @rfd^einung: ba nämlid^, h)o bie ©runbtl^^ad^e bed @bam
20 geliumd „®ott in S^rifto bie SBelt berfö^nenb'' gan} unabhängig bon Sißmng ober Un<
bilbung bed ©ubjeltd mit übertbältigenber ÜRad^t ium inneren Srlebnid getDorben ift, mit
ber StiQung bed religidfen Sebarfd aQe StefTe^ionen überf))ringenb unb aued „^ißorifteren"
über^olenb, unb ben „übergefc^icbtlid^en'^ ben burd^ ben Zot erl^bl^ten gegentpärtigen
S^riftud in bad Zentrum aü^x ©ebanlen rüdtenb. ßier toirb j|ebe @in}dgefc^i^te ein
25 3^9>^i^ f^^ ^^^ ©anje. SJtan tbirb ed gerabeju old ifenn^eic^en gefunben „ebongelifd^"
(Glaubend anfe^en bürfen, ba| biefer fo fid^ unabhängig toei^ bon ben älefultaten ber „Seben-
^efusf^orfd^ung''. 9lber bedtoegen bleibt bod^ im allgemeinen ber ^rieb bed ®ebilbeten
auf ©dd^id^te. Der mäd^tig borbringenbe 3^ugengeift eined ^aulud batte benfelben bei
feinen $orem aQerbingd too^l geittoeilig gurüdgebrängt. Der 9l))oftel berftonb ed, bie l^eiä«
80 berlangenben Seelen unmittelbar mit ftd^ l^imurei^en in jene centrale (9etbi|l^, bie m^i
,,]^iftoriftert". S^riftu«, ber Oelreujigte bor Slugen gemalt unb ß^riftud ber (Sr^^te in
bie §crjen g^flanjt! bad toar fein SBeg geloefen. Sin 3;^eoj)l^iIuö jebod^ unb feinet
gleichen, an bie bad @bangelium me^r burd^ ^renfagen gelommen, tooDten hod^ gefc^id^tTtc^
informiert fein. Unb bem entfjjrid^t, loa^ bad H^^oömium in v. 3 in 2ludfic^t fteHl Der 6b.
86 ift aDem bon 3lnfang herein genau nad^gegangen unb tüitt je^t xa^e^fjg babon berichten.
Da^ bie« xa'&e^fji; nid^t einfad^ bie c^ronologifd^e Drbnung audfagt, ift fd^on oft fefl«
gefteCit toorben. (giS h)irb ein ©d^reiben gemeint fein, bei bem bie Dinge in i^rem gegen^
f eiligen SSerl^alten mr DarfteHung lommen. ®« l^anbelt fic^ nic^t nur um ein ovvrdoociv,
ein 5lebeneinanberftellen, fei e« nac^ einem fad^lic^en ©d^ema ober nad^ ber äußeren 3«^
40 folge; fonbem e« foQ ein innerer 3ufammen^ang be« ©efd^e^enS heraustreten, ^o genau
ba«, toa« bem angenommenen Seoürfni« be« X^eo))l^ilu« angemeffen toar. üRon toirb
jugeben muffen, bag hierin nid^t ber minbefte 9lnla^ liegt, £1. nid^t al« @d^ber )u
benfen.
(Sin fold^er liegt aber aud^ nid^t in ber (Erinnerung an bie Vorarbeiten bieler in v. 1.
46 SBir l^aben fretlid^ nur nod^ eine Heine ^a\fi, bon ©bangelienfd^riften, bie toir ettoa ol«
borlulantfd^ an^ufel^en in ber Sage fmb. Dod^ änbert ftd^ ba« aud^ nid^t, toenn toir um
einige Dezennien l^eruntergcl^en mit ber Datierung unfere« britten ®bangelium«. SBit
muffen un« in biefe ^l^atfac^e finben, bafe ^ier mand^e« befinitib berfc^tounben ifi Stter
toir ):iaitn bod^ etliche« SJlaterial, fei e« in urfprünglic^er, fei e« in toeiter berorbeiteter
60 ©eftalt, toomit \ü\x ba« nolXoi too^l bedten fönnen (bgl. unten), ©el^r lange jubor mufe
unb toirb ba« nid^t entftanben fein. SVür 21. aber mo^te ba« §eranloac(^fen einer folc^
Sitteratur ben ©inn fc^ärfen für il^rc iKottoenbigfeit, nic^t nur im 3;ntereffe ber gläubigen
G^riften, bie je me^r unb mel^r ber münblid^enWitteilung einzelner ©innerungen burd^bie
34)oftel entbehren mufUen (bgl. 3Kc), aud^ nic^t nur im ^intereffe be« jübifc^ unb
66 jubenc^riftlid^en Setoufetfein«, ba« einer ©id^erung be« „mefftanifd^en" Hnf^jruc^ 3^
beburfte (bgl. 3Kt), fonbem ^hm im 3i"tcreffc fold^er Reiben, tüie toir ben 3^ot)bilu^
ju (^arafterifteren betfuc^ten. Unb fo unternahm er benn feine 2lrbeit, b«to. fcpricb
junäd^ft biefe« ^J^oömium. SBiebcr toirb man, toie bemerft, nid^t bel^aubten rönnen, bofe
bie 3lu«fagen be«fclben ber 3:rabition betreff« bie Slutorfd^aft be« SI. gutoiberlaufen.
GO $lber ift nun auc^ bie^u«fü^rung berart, ba| manba« gleid^e Slefultot getoinnt?
2nia» htt Snattgeltp 697
®me Sd^ritt für Bä^nü t>ot)mxt^ gel^enbe Unterfud^ung tDürbe jtDedd Seant«
iDortung biefer ^age bo^ Sbangelium juerft für ftd^ in Setrad^t m nehmen, ^aBm, um
boTon bann ergängenb bie Siergleid^ung ber anbeten @bb. ju f^Kelen. S9ei ber immer
oOgemeiner ft^erbenben 3(nertennung aber ber S^atfad^e, ba^ tpenigftenS ba^ @tne biefer,
hod 9Kcs©)angelium unb jtDar toefentlii^ in feiner Je^igen ®eftalt, bem 2t. öorlag unb 6
Don i^m benu^t toarb, barf ^ier in ablürjenber Seife aldbalb mit einer SSergleid^ung
bed ÜRc eingef^t tDerben. ^n ben älbtoeic^ungen tpirb bad (S^ralteriftifd^e bed £1. be^
fonberd beutlic^ toerben. ^n viererlei Seael^ung unterfd^eibet ftd^ bie 9lnlage bed £1. bon
9tc — 1. äBöl^nb 3Jlc bie ganje SarfteOung in jtDei großen @r}ä^Iungdgn4)))en hat:
a) 3efu 9Sirten in @alilöa, b) bon bem ä(uf6ruc^ aud ©alilöa (10, 1) bid jum Öfter« lo
morgen, giebt £1. jtoar biefelben beiben ©xuuppm, fteQt aber ber erften fein Jlinb^eit^
eDongelium k)oran, ber jtoeiten feine 9(uferfte^ungdgef(^id^te nad^, unb fügt ^toifc^en beiben
ben frül^er fogen. Sleifeberic^t 9, 51—18, 14 ein. — 2. 393ä^renb £1. bem 9Rc innerl^alb
ber @ni))))en a) unb b) meift auf^ genauefte folgt, nimmt er bod^ an einigen @teQen
fra))t>ierenbe UmfteQungen bor; man t>al. beif^iel^toeif e : bie ©efangennai^me bed^uferd;i6
bie 9la}aret^fcene (aOerbing^ mit offenbar anberer DueQe); bie 2lüngerberufung (ebenfo);
SRutter unb Srüber; 3Sortourf bed Seljebulbünbniffed; Oleid^nii^ bom ©enflom. —
3) älud^ too bie UmfteQungen ed nid^t k)eran(a^ten, finben ftd^ bod^ öfter mmtoürbige
Suäaffungen im äSergleid^ mit bem fonft ))araQeI laufenben Snc^SSeric^t; man t>gl. ba^
^^len bed @leid^niffe^ t)om felbfttoad^fenben @amen; ber ganzen Sr^ö^lung^grut^pe bom ao
gleiten ©eefturm, bem ^önbetoafc^^en, ber 5Rorbreife, ber jtoeiten ®i)eifung unb bem
linben in ^et^faiba; f))öter berS^efrage; ber %:age nad) bem bomel^mften @ebot; ber
®ottberIaffen^eit am Jtreu) u. a. m. — 4. ^c^ auger^alb ber brei großen 3^!^^
(f. Bub 1) finben ftd^ eine Steige (Einfügungen, toie 9erg))rebigt ; $au))tmann; ^üng«
Itng bonSlain; bie ®ru})))e: 2äuf erfrage, @ünberin, bienenbe ^auen* 3^^^^^» $t^^^;as
Slangftreit am legten 9lbenb; 2lefud t)or $erobe^; SBorte an bie toemenben ^auen, über
bie Areuji^enben, an ben @d;äd^er u. a. m. — £ä^ man nun felbft nod^ ba^ingefteQt,
ob bied totrllic^ aUe^ Umgeftoltungen einer eigentlichen, fonft befolgten „SSorlage"' n>aren,
b. ff. ob £1. ben 3Rc toidliif bor ftc^ liegen patte, obtool^I bad ^'^^ J^ bejtoeifeln tft, —
iebenfaHd ertoeifen fie fic^, gemeffen an bem t^atfäd^lidt^ borliegenben ^c, großenteils bon ao
felbft ald bem Sbfel^en bienlid^, auf ®runb forgföltigen ^orfc^enS eine bem Xl^ot>I^Uud
jugebad^te organifd^ ftc^ entfoltenbe ®efd^id^tdbarfteQung ^u geben. @o bor aQem bie
Bub 1. u. 2. genannten 3(bh>eid^ungen bon 9Rc, bei benen ed im allgemeinen auf ein
folc^eS ®ef(^i(^tdbilb l^inaudlommt, fo aber oud^ bie sub 3. unb 4. naml^aft gemad^ten,
toenn man l^ier ouc^ bie Slbjtoedhtng \p^\^ü auf baS ^ntereffe bed gebilbeten Reiben 86
mit berüd(fid^tigen muß, für ben einiget beifeite ju laffen toar, toaS 9Jtc (ober gar ÜJtt,
toenn man barauf mit ad^ten toiS) barbietet, anbereS l^injugufügen, \oa^ bem 98i{fen ober
ber älbftc^t jenes fem la^.
@ine anbere ^age tft nun aber, ob biefe 9(uS' unb Surd^fül^rung ber im ^roömium
auSgeft>ro(^enen 9(bftd^t ju bem pa^t, toaS toir bon £f. toiffen? $ier tritt nun loenigftenS «o
für ieoen, bem baS 2lo^anneSet>angeIium ni^t bon boml^erein ein unglaubtoürbigeS £e^P
gebiegt ift, eine meift unterfd^ö^te Sc^toierigieit auf. S3ei einem 3Jlanne nämlid^, ber ben
(Sreigniffen nod^ fo na\)^ ftanb toie £1., ber inSbefonbere noc^ bielfac^ ®elegen^eit gehabt
^ben muß, mit Spofteln unb fonftigen Sugenjeugen p berle^ren, foQte man boc^ eigent«
Ixdf ertoarten, baß baS im ^robmium ange!ünbigte ®efd^ic^tsbilb nod^ in ganj anberem 46
äJb&ße ftc^ bon ber ^arfteQung beS üJlc (begto. aud^ ^t) abhöbe unb jtoar Atn in ber
SRtc^tung auf 3^. 35ie ©c^toierigfeit toäd^ft, je mcl^r man ßrnft mad^t mit ber ®laub*
tDürbigleit beS bierten @oangeliumS. @te brobt aber bireft tbhlid^ ju toerben für bie W>*
faffung unfereS @k). burd^ £t., toenn man bie 9(uSfage 1,3 auf ein k)on (anginer laufenbeS
^orfc^en nad^ ben X^atf ad[ien ber eo. @efc^ic^te begießen ju muffen glaubt. ^)a>ax totrb gelteno so
gemacht, baß bod^ berSSeric^t beS£I. toirflic^ nad^ ber jol^. ^arfteQung ^inneigenbe 3^0^
ouftoeife. 3" ^^ ^^^ ^^^ jufammengefteüten ©tücfen (ßöfrage S. 52 ; t)gl. auc^ S.96 2lnm.)
Ij^at 3^ ^^^ befonberS nac^brüdlic^i bie 2^axi^lovdalag in 4,44 gefügt (©. 375; 391;
ligl. aud^ ba« über 4, 14 S. 374 f. u. 403 u. baS @. 443f.aemerfte). aber aud& toenn man
annimmt, baß £1. nocf) me^r berartigeS f)äiU t)orbnngen tonnen — id^ ^abe auf biefe SJtög« 66
Itc^Ieit a. a. D. S. 34; 128ainm.; 255 f. bereits ^ingebeutet, — fo bleibt bat)on unberül^rt,
baß gerabe biejenigen ÜRomentc nic^t j^ur ®eltung fommen, toel^^e bei einem, ber, allem
bon anfang l^erein genau nac^ygc^enb, in gcrufalem, bei ben Ura))ofieln, Grhinbigungen ein*
Seaogen l^e unb ber barauf^in bie eo. ®ef(^id^te {xa'&f^^g) fd^reiben toitt, toobei er barauf
wiäft fein mußte „überall eine @nttoidelung beS @))äteren auS bem grüneren nac^ju- eo
698 aOa» itt Suftitgdifl
toeifcn" (3a^n @. 373), ntd^t fo ööttig Rotten bcifctte bleiben fönnen. 3:^eo})^tIu« erfä^
ntc^t nur ntd^tö bon bem, toad go 1—4 erjä^lt toirb — ba« xa2 ^v xrjgvaacav dg
xäg ovvaycoyäg zfjg 'lovdaiag 4, 44 fann btefe Sücfe bo<^ fd^tüerlid^ auffüllen, —
fonbem auc^ niAtö öon bcn ^tbefuc^en unb Sorgängen in Igerufalem ^o b; 7 ff. ;
5 10, 22 ff. unb nic^tö bon SqaruS unb toai bamit jufammen^ängt 11, Iff. ^ba& ftnb
bod^ aQed nid^t (S))tfoben, bie beifeite bleiben lonnten o^ne tDefentlid^e Umgefialtung
bed ©efc^id^töbilbed, tpie ettt)a bie 9Bunbert^aten \>on Sl^oragin unb Set^faiba, t>on benen
übrigend SI. eben aud^ h)o^l nid^tö eingelned in @rfal^rung gebrad^t l^ot, fo ba^ et fii^
mit bem „I6yu>v" 10, 13 f. begnügt, ba$ in biefer ^in^t eine le^rreic^e parallele )u
10 13, 34 bilbet, ober toie fo mand^e @))ifobe aud bem lieben $auli, bon ber S® fc^toeigt,
toeil fie für ben ®ang ber ©efc^yid^te im ganjen nic^ytd toefentlid^ed aufträgt 92etn, ^er
l^nbelt ed ftd^ um bie entfd^eibenbften SJlomente ber SntioidCelung, aud benen bad Spöiat
jetoeilig ^erau^toud^d. Ttaq unfer älutor borum, toie gefagt, allerlei auc^ aud bem
jol^anneifd^en Srjä^lung^Ireife bemommen l^oben felbft über bad t)on i^ Serüdfu^tigte
u |inau^, mag er tn einigen S^Qm fogar e^ leife burd^blidCen laf(en, bag er t)on einer
mel^äJ^rigen Sauer bed öffentlid^en Seben^ ^efu unb einer 9ludbe^nung berfelben auf
2|ubäa unb ^erufolem toei|, fo toirb baburd^ ba^ Urteil nic^t berührt, bag i^m „ein
toirllid^ Ilared Silb k)on bem ®efamtt)erlauf ber @efd^id^te 2lefu, t)on ber Drbnung unb
Sebeutung ber beifeite gelaffenen Partien gefehlt ^abe'' (meine abfrage @. 128 Xnm. u.
ao 254 ff.). Somit f(^eint nur bie älltematibe ju bleiben, bag entioeber bie ®ef(^i(^tli4flett bed
t)ierten ®0. ober bie älbfaf|ung bed britten burd^ ben äl^oftelfd^üler £t. }>reiiaqgeben toirb.
3)od^ ed ift toirüid^ nur @d^ein, benn in SBa^r^eit nötigt baS ^roömium bed SI., foDtel id^
fe^e, mit nid^td ju jener Stnnal^me einer ial^elangen SSorarbeit bed Sutord. 9u(( toenn
man nämlid^ unter )8etonung bed $art. $erf. nagi^xoXau^H&ii bie Überf e^ung ^e)^ :
26 „nadfttm ic^ — na^egangen to ä r e'', ol^Ie^nt, ergiebt ftd^ boc^ nod^ nic^t bie 9l5tigung
)u überfe^en: aU einer, ber bom älnfang l^erein aQem genau na^gegangen ift — bie
eimige fjorm bei ber bad naQaxoXov^eiv über v. 1 gurüdttoeifen tonnte, -— fonbem e3
l^ei|t: befd^log a\xii id^, na d^ bem id^ aQem bon boml^er genau nac^egongen bin. %c&
aQein natürliche SSerftänbnid ift aber bann bied, ba^ bad Ttagaxoiov^eTv erfl infolae
ao unb aus älnla^ ber SSerfuc^e ber bielen einfette. Samit aber toirb bie 2)auer bed 3laq*
forfc^end t)5Qig unbeftimmt gelaffen. SI. lann feit t)ielen ^al^ren, er lann bieüeic^t cüj^
nur einen SBinter lang ftd^ ber Aufgabe getoibmet ^aben, unb man lann aud^ nic^t be^
fyivilpttn, bag bamit bem &xQißcbg ober bem ävco^ev ®etoalt gefd^el^e. I^ened ift ja
über^aujjt nur ein relatioer Segriff. 35enlen toir ben £1., angeregt bon ben Untemel^mungcn
86 ber anberen, beren S3erid^te forgfältig bergleid^en, burc^ eigene @rinnerung an gelegenuic^
aud freierer Duelle ®e^5rted ober il^m fc^riftlic^ t)orliegenbe SRotijen ettoa eined )ettt9eiligen
Sluto^ten, fotoie burc^y ade in feiner bermaligen Sage irgenb tl^unlic^e Umfrage
bei fold^en, bie einmal mit g^fwd i" Serül^rung gelommen loaren, ober bei fold^, We
ben ober jenen 2l})oftel gehört i^aXiza^ ertoeitem, ergänzen ober reltifigieren, fo ift ni(^t
40 einjufe^en, tt)arum er bied fein X^un nic^t fo befd^rieben l^aben foQte, auc^ toenn cd ni4ft
eine lange Steibe bon ^lai^ren bauerte. SBo^l aber ift bei fold^er Sachlage begreiflich, bog
er unter bem @influ^ indbefonbere bed i^m borliegenben 3Jlc (cf . ob.) jtoar loum bad ®runbs
fd^ema ber ^iffion^rebigt im allgemeinen {^cifn @. 444 ; gegen ein fold^ meine @bfrage
@. 129 ff.), aber bad ©runbfc^ema biefcd auf t)etrin. jtagddooig jurüdttoeifenbcn, ältefken
46 ber f^no>)t. ßbangelien aufnal^m unb ed burd^ bie mand^erlei großen unb Meinen S^f^r
bie i^m ate bcrbürgt fid^ barboten unb für bie er $la§ unb SJertoenbung für feinen 3tow
fanb, toeiter burd^ etlid^e äludlaffungen unb UmfteQungen, ^u neuer unb onbetdortiger
®eftalt aufarbeitete, ^ur ©eftalt einer nac^ SKöglic^Ieit too^lgeorbneten ©efc^ic^tc ^^u,
bie bem gebilbeten Reiben ben erhofften 3)ienft leiften foBte (bgl. meine 6bfr. ©.254 ff.).
60 Samit toäre benn aud^, fotoeit ed ^ier angängig ift, bie ^age toirllid^ bejol^t, ob bie
Sludfü^rung bcd im ^roömium enttoorfenen ^rogrammd aud ber ^ber be« gefd^ic^tlic^
Sulad gefloffen fein lönne.
Ober fodte toirtlid^ fc^lieglid^ ber angebliche Umftanb, bag baS ®b. unllare SrinnC'
rungen ober jonft bcrbürgten JJad^rid^ten SBiberfprcc^enbe« entl^alte, boc^ noc^ nötigen,
66 ettoa bei äl^nlic^er Sorfteflung be« litterarifc^en ^rogeffed bod& an einen erP f}>äter leben^
ben älutor ober QueUcnrebaltor ju beulen? — ©etoife, man lann angefidj^td biefeö ober
jened 93eric^td an fagenl^afte Umbilbung ober äludfc^müdung gemannt toerben. 93ielen
gehört fd^on bie jungfräuliche ®eburt bal^in; anberen fmb nur einzelne R\x%z biefer ober
anberer Srjäl^lungen bebenlUc^. älber bad Reifte ift ja buxd^ analoge Senate bed 'IRc unb
60 Tttf bie man bod^ mit 9tec^t ber a))oft. ^eit )ufd^reibt, gebedEt, unb toenn fiiäf über btefdben
fittlod htt (St»atigelifi 699
Jjmaa^ nad^ft^ei^bor @agenl^afted fönbe, fo fel^ß bod^ tool^I jeber 9(nl^(t jur SefKmmung
bcr S^0]^5^^ ^ö^ ^^ ^'^ "'^* ^ö''^^ auftreten lönnen ! — SBa« toetter bte unleugbaren
Oeinen 2)tfferenjen bon ben anberen ßbangelien anlangt, fo toäre in jebem ^^De erft ju
unterfud^en, h)er benn etgentltd^ im Sfled^te fei, unb ob ftc^ nid^t bielleic^t eine ä(uf närung
getoinnen laffe. Unb baöfefbe tft betr. ber großen äbtoeid^unoen öon 3Rt in ber Äinb^eitd* 6
unb $enlid^{eit^efd^i(^te ju fagen. ÜJtit ber $erf5n(ic^Ieit bed sBerf. l)ai ba$ aQed unmittelbar
nid^tö px tl^un, fotoenia h)ie bie ^age, ob bie „Sd^afeung" 2, 2 u. ä. in allen fünften genau
befd^rieben ift. — Smitlid^ in S3etrad^t fommt nur oa« 38er^ältni« ber lufanifc^en ,,§errlic^s
lettigefd^id^te'' gu 1 ito 15, off., freilid^ nic^t in bem Sinne, ba| baS @d^h>eigen bed
^ouTud über bie @rfd^einung bor ben @mmaudj[üngem, toorüber bem St. offenbar ein lo
befonber« guter Serid^t borlag, ©d^toierigfeiten mad^te, tool^I aber toeil bie toeitere Srjäb^
lung bed SI. ber Sufjä^lung $auli fd^einbar fotoenig entfpric^t. ^od^ lann man nicpt
überfeinen, toie immerl^in gerabe 21, unter ben (Sbangeliften am meiften bem J^aulinifd^en
9eri(^t ftd^ annäl^ert ; f^je^ieO toei^ er bon ber Srfc^einung bor ^etruS (24, 34 bgl. 1 Ro
15, 6) unb bon einer im getoiffen ©inne barauf folgenben Srf^einung bor ben ®Ifen i6
(unb benen mit i^nen). ^a^ er bann in rafd^em älbbred^en nur nod^ bed legten 3u«
fommenfeind lurj gebeult, tann um fo toeniger auffaQen, aU er toirfßd^ am @noe feiner
„©cfd^id^te" unb bielleid^t aud^ feiner ScfiriftroHe angelommen ift, fo ba| er, aud^ loenn
er ©enauered tou^te, to^er 9(n(a| noc|y ÜJlöglid^teit ^atte, ed anzufügen unb fein @bam
gelium burc^ Häufung gleichartiger SSeric^te ju berlöngem. 20
^urd^ bie Erinnerung an bte Serül^rung mit 1 Ro finb toir nun aber gleid^jeitig an
bie fd^on oft beobad^tete unb tenbenjhitifd^ au^ebeutete, jebenfaOS aber na^e^u einftimmig
onerlonnte ^otfad^e erinnert toorben, ba^ ba^ (Sbangelium in Stnfc^uungd- unb Sar«
ftedung^toeife bielfad^ eine „^aulinifd^e ^rbung'' geigt, o^e ba^ man übrigen^ ben @in<
brucf litterarifd^ bermittelter äbl^ängigleit geloönne. — 9limmt man bamit bie umfaffen^ 25
ben SRad^toeifungen gufammen, burc^ bie ber Snglänber §obart bie SSertrautl^eit be«
älutord mit ber mebiginifc^en Sitteratur unb Terminologie bargetl^n ^at (the medical
language of St. Luke, 1882; bgl. bie äu«h)a^I bei 3a^n ©.41 7 f.), fo bürfte in ber
a^^ot bie 2!rabition bon ben berjc^iebenften Seiten beloä^rt erfc^einen, unb bie Iritifc^en
©eonftonbungen loürben fd^toer begreiflid^, toenn nid^t, h)ie bemerlt, bie 31® ba§ @b. ao
immer toieber in ben ©trubel jöge, ber bie neuteftamentlid^en ©d^riften ju berfd^Iingen
trachtet. @d gilt barum — mit Übergebung ber l^ier bod^ nid^t ium 9(udtrag ^u
bringenben DueHenfrage — al^balb gur ä® ben Übergang gu machen, loobei natürltd^
tbieber unb l^ier erft rec^t nur bie §au})tt)unlte berül^rt toerben lönnen.
6. @d toarb fd^on oben angebeutet, ba^, toenn aud^ ba^ $roömium jum @bangelium nid^t 86
ol^e toeitere« auf ä® mitbejogen toirb, feine Slu^fa^e bo(^ auc^ für ben devtegog Xöyog
bon Selang ift. @« ^anbelt ftd^ t^atfäc^Iid^ um etne ^ortfe^ung. ^mmer^in toirb baS
borouÄgefeftte Sebürfni« be« Sefer« ein tttoa^ anbere« fein, gleic^biel ob man au« bem
äBegfou be« xQduoxe fd^Iiefet, bafe ai^eop^Uu« injtoifd^en S^rift getoorben ober nic^t. 5IRan
fyd l^ier laum anjunel^men, bafe bie 3ufälligleit, m ber eine ^Be bon Überlieferungen an 10
%i^pf)iLu^ gefommen, ibn ben geftdperten gefd^ic^tlid^en ®runb be« t^riftlit^en ®Iauben«
nod^ entbel^en Iie|. 2)agegen mo^te bie SSerjt^ieben^eit ber JJorm, in ber ba« ßl^riftentum
bem oebilbeten Reiben entgegentrat, begto. ber ©ebanle, ob nid^t bie Sffieife, toie bie aui
bem ^ubentum |erborgegangene SReligion je^t ben Reiben bargeboten toerbe, einen un»
berechtigten S3ruc| mit ber SBergangenpeit bebeute, ja ber ®ebanfe, ob nid^t ^ier überl^ui)t «
eine „ungeorbnete" S3etoegung borliege, immer toieber jum änftofe toerben fönnen. 2)a^
berartige ober bod^ bertoanbte ©timmungen gerabe in ber a))oftolifc^en RAt f elbft bei S^riften
fid^ toirllid^ eingeteilt f^ahm, befunben nid^t nur in i^rer SBeife Wt unb §br, fonbem
tool^l aud^ 9tö. Sä|t ftd^ alfo geigen, bag 9l@ einer folc^en ©ttmmung entgegenlommt,
fo ift bamit fd^on nic^t toenig ju ©unften ber trabitioneHen goffw^Ö getoonnen. Jlun lann »
man e« aber eigentlich al« allgemeinen (Sinbrudt bejeic^nen, ba^ be« S^faffer« Semü^en fid^
in jener Stid^tung betoegt. SBie imßbangelium ävco^ev einfe^enb giebt er au6) ^ier eine
©efd^id^töbarfteHung, ber man e« anmerft, bafe fie bemül^t ift „bie ©nttoidtelung be« ©pöteren
au« bem grüneren barjufteUen", fo>toar,ba6 junäc^ft ein S3ilb ber ura))oftolifd^n anfange
gejeidfnet toirb, bann bie aUmä^lid^e @nttoid(elung auf bie ^ereinjie^ung ber Reiben in«®otte«s 66
ret<^ perbortritt, unb toeiter jur ©arftellung lommt, tote burc^ ^Jaulu«, beffen ® eftalt bereit«
bor|er einpefül^rt ift, nun bie SBeiterfü^rung jener anfange boDjogen toarb, unb jtoar
junäc^ft bt« ju ber §infunft $auli nad) SRom unb feinem bortigen SBirlen. 35abei toirb
aber nid^t unterlaffen ju jeigcn, toie biefer SKeg $auli nid^t ettoa toillfürlid^ getoäl^lt toar,
fonbem toie ber 3[))oftel göttlicher Seitung unb SSeifungen gefolgt ift, bejto. )ugleic^ burdj^ od
700 2vlta» htt (StifttigeHp
ber ^uben SSerl^alten ftd^ )u feinen @ci^ritten gebrangt fal^, anbererfeit^ aber aad^ bteßu^
ftimmung ber übrigen 3l))oftel unb ft)^ieQ be^ $errenbruber$ l^alobud fanb, toenn audji
legerer einen ettpa^ abh>eic^enben @tanb))unh t)ertrat, ber aber boc^ mmmerme^ gegen
$auli SBeife au^ef))ielt tperben lönne. Siebenter toirb enblid^ bemerKid^ gemacht, toie
6 bei ^aulud, fo gut ft^ie bei ben Ura))ofteln bor i^m, aud^ in bem Sier^oltnid )u ben
ftaatlid^en 3(utoritäten lein 3lnla^ gu Sebenlen borliege. äUfo bie äludfüi^rung entft>ri((|t
beraub bem 5ßroömiunt be^ ©bangeliumd erftc^tlid^en Slbfid^t (fva iniyvcßg tyjv doipä-
Xeiav) unb fd^on in ber a^oftoIifc|yen ß^t tpa^rfd^einlic^en Sebürfniffen/felbfi ta>enn man
bie mel^r unb mel^r älnl^änger geh>innenbe äSermutung, ba| nod^ ein tgixog iovog be^
10 abftd^tigt toar, ber aud^ auf bie ura))oftolif(^e 2!ßir{famleit jurüdgreifen foQte, ou^er 9(m
fd^tag lä|t. 3)ie ^age ift nur toieber, ob bie 9(u^fÜ^rung aud^ ben ^Xf^aAtn viü\pi^,
ober ob in biefer Sejie^ung SSebenlen borl^anben finb, bie bie SCbfaffung burq ben ^ßoulu^
fc^iUer aufl^eben?
3)en ^intoeid auf bie angeblid^ ungefd^id^tlid^e ^araQelifterung ber ©d^tdfale be^
u $etrud unb $aulu^ foQte man freiließ nid^t me^r toieber^olen. ®oh>eit eine foU^
toirllicb borliegt, ge^t fte nid^t über \>a2 f)xnaa^, toad man bei fo bertDanbten Ser>
^öltniffen ertoarten barf. @d^limmer toäre ^, toenn bie älnfc^auungen betber in
ungefc^ic^tlid^er 9Beife gur itonf onanj gebrad^t toären. 3)od^ mü^te bie angebliche l^ifhmfc^
^iffonanj beffer nac^getoiefen fein, old burd^ eine, jtoar fd^on in ben SIementtnen bor»
ao liegenbe, aber burd^ biefe^ 9(lter no(^ nid^t gere^tfertigte Slu^beutung ber @))ifobe ®a
2, 11 ff. unb burd^ eine tl^atfäd^lid^ beraltete Sluäegung ber jtorint^erbriefe. Sbtd^ toenn
man bor allem 1 $t toiatürlid^ au^er Slnft^lag fe^t, bleiben ®a 1, 18 (bgL 24)
unb 2, 9 gerabe für bie Qtxt, in ber $etrud in ber ä(@ feine 9loQe ft>ielt, Qtu^m
eined guten @inbeme^mend, unb laffen ben @ebanlen grunbfö^lid^er Differenzen ntc^t
35 auffommen. Sag immerl^in $aulud in feinen SSriefen — au^ leicht erftd^tlic^en
(Srünben — bielfad^ anbere %bm anmfd^lagen toeife, ol^ in ben Sieben ber ä®, ift
felbftberftänblid^. SSleibt obenbrein nidpt au^er älnfa|, bag auf jeben %aSi, gleic^biel
ob man bie Sieben ber 31® für freie Jlon5e))tionen nat^ Wct gried^ifd^er ^iftoriogro^
pf)k bält ober i^nen münblid^e ober fd^riftlid^e Üeberlieferungen ju ®runbe liegen logt, ber
80 Seric^t eben ber eine^ Dritten ift unb beffen @igenart nit^t berleugnen toirb, fo ti>irb ow^
bon ^ier au8 ein emftlid^e« Sebenfen nid^t entfte^en. Dafe toeitcr ba« Serben beiber
SIj)oftel in ber Reiben frage ben SReben entft)rec^enb bargeftellt toirb, ift felbjtberfiänb*
lid^. @d beftel^t aber aud^ in 28irtlic^Ieit lein ®runb, toarum nid^t ^etrud fcpon frü^
geitig ben SBeg gur 3lnertennung be« Uniberfali^mu^ gefunben \^cä>m foHte. 3S3enn e3
86 nad^ 5ßfleiberer (Urd^riftentum, ©. 47) „bie (Sntfc^loffenl^eit bon 5Petrug 3;enH)erament unb
noc^ mel^r feine rüdt^altlofe Siebe jum §erm 3. toar, toai^ il^n (auf bem ä^oftellonbent)
ade anberen 33ebenten beifeite fe^en unb bie S3ruberl^anb ber ®emeinf(^aft bem ^etben^
a})oftel reid^en liefe", fo fielet man bod^ nid^t ein, toarum er j. S3. unter ben 91® 10 u. 11
gefc^ilberten Umftänben nic^t ju bem bort bargeftellten Ser^alten ^ötte beftimmt toerben
40 tonnen. Unb ebenfo ift fc^toerlid^ p ertoeifen, bafe ^aulu« nic^t bie für ben gebomen
^uben getviefene 9tnlnü))fung bei ben ©^"^9^0^ benu^t l^ben lönnte. @iS beborf laum
ber Erinnerung an 1 Äo 9, 19 ff.
Dod^ ber Slaum berbietet biefen allgemeineren @rtoögungen toeiter nad^auge^.
Die Sntfc^eibung liegt nic^t l^ier, unb nic^t in ben einzelnen angeblid^ fagenl^ften ®^
46 goi^lungen. @ie liegt bort, too £uta^ audbrüddic^ mit ))aulinifd^en Sbtifagen gufam^
menftöfet. ßrtoeifen fid^ bie ba be^au})tcten SBiberfjjrüc^e toirflic^ atö unlösbar, fo
fm!t aQerbingd ba^ Vertrauen jum übrigen fel^r er^eblid^. Der locus classicus
bleibt 31® 15, Iff. bgl. mit ®a 2, Iff. ältere unb neuefte ©armonift« fyit bie
©c^toierigleit ju ^eben berfud^t, inbem ®a 2 auf eine anbere ^erufalemreife (ä® 11,
60 27 ff., fo neuerlich toieber SHamfa^, 33. SBeber; 21® 18, 22 fo SBiefeler; ober axd)
ai® 9, 26; bgl. bie „3)?ufterfarte" aDein au« bem ^a^re 1893 im Sö^3» XIII, 130 f.)
bejogen toarb. Dag ift geioife abple^ncn. 3lm ^äupgften l^ilft man fw^, inbem man
barauf toeift, toie ba^ bie burd^fc^lagenbe ©c^toierigfeit bereitenbe Dehet nad^ bed 2uto
eigener Darftellung lebiglid^ Sad^e ber Urgemcinbe getoefen fei, toie e^ aud^ gar nt<^t eine
66 gefe^lid^e äluflage für bie ^eibencbriften bebeute, an bie biefelben um il^red $eiU ftriHen
gcbunben fein follten, ja, h)ic c^ überhaupt nid^tg eigentlid^ 9Jeue« barfteÖe gegenüber ber
allgemeinen ß^riftcn^flic^t (fo bcfonberi§ fc^arffmnig Äloftcrmann allerbingö mit jtonjeltui
gu V. 20), unb h)ic eg barum aud^ für ^Jöulu^ tocber ben ®alatem gegenüber nottoenbig
gu ertoäl^nen, nod^ fpäter irgenb au^brüdflid^ ju bertreten toar. Dafe biefe @rlebigtmg bem
60 guten ffiillcn ber Sefer me^r jumutc, aU jene Scrftd^erung, bafe ba^ Dehet tenbenjiofft*
fiüIflB kcr Svaigdtp 701
twife obet auÜ} nur infolge tDtniarIi(^eT Kombination ^iet^er beilegt [ei, tann man laum
&t^au)]ten. ^m Gegenteil, ti Iaht ftct) manc^eä bafüt |agen, unb man türndt angeftd^tä
b« SJüiftigfflt bei Quellenangaben unb anbeieifeit« b« bi^^er getnonnenen SSetwi^ng
bei Iutani|{^en S9eii(^teift<ittung bobei tvo^l iBeiu^tgung fajjen. itoä} ift (ic eben ni(6t
fD unbebingt einlnid^tenb, bag |ie aQe toeiteien SJeifui^e ab|4nitte. Unb in Xnbetrac^t g
bc« Umflanbeä, bag an bei ^^atfacbe beä S)ehetä innei^[b bei a})ofto(if^en 3eit über>
^ul)l nit^t gejlMifelt merbcii tmn (bgl, äulf^' ^amad, 9(3331 1899, ©. löOff.), unb
boS nwt bie gtttge nacb bei ®elegcnkit eine bistutabte t(t, bie einjige Angabe b'WÜbei
ab« bei einem ©(Iirififiedfr iic^ finbet, bei [vi) frinet foigltc^ 9emüf)ungen tiienigften«
no(^ SD. 1, 3 betou^l toai, i[l tä nid^t nur ein ^nteieffe einei boreingenommenen pax' lo
moniftit, [onbem ^fli^t gefunbei gcfi^ii^tlii^ei |i^Di{(^ung immer aufd neue eine lefUofe
Söfung anguftieben. 2)afi e^ frctlii^ mi^lid) ift, an biefei Stelle h)o eine einge^enbe Sei
aiünbung au^efi^Ioffen iß, fidi barauf einjulaffcn, ift beutlii^. ^mmei^in hiiib e€ iw
läffig fein, mit einigen äSonen bie ::)ltd)tun^ anzugeben, in bei bieQeic^t Jcne€ refüofe
Slefultol ftd^i toiitlid) eigiebt. Sluäjuge^en i]t babci von etnei testtiitift^en Sorfiage betr. u
®a2, &. 3!)ei lecitiieite ^e^ lieft b<o^ am 'Anfang ; ak oddv unb bieä o£i3e ^t bieSrtlä:
lung beä @a^eä, felbft too ti geftricben ipirb, beä öfteren noc^ ba^in beein^u^t, ba| man bie
äluöfage ebenfo bejie^t, tuie c^ bei bei letipicvtcu i;e«art fafl unbcrmeibüt^ f(^eint, nämlid^
auf bie 99ef(^neibung bc« 3;ituö. 3n 35Jtt^^it bttrfte aber gerabe bie irrige ^^ie^ung
beS Ba^ hierauf bie £e^rt beranlagt boben , tbie f i^on älmbiofiafter em))funben ao
^t, unb e« toirb mit i^m, mit lettullian unb Bidotin, mit ^renfiuä (interpr.)
tmb $e(agiu0, mit ben plurimis codd. graec. et lat. bed 31ictonn, mit D, d
unb e b(ä oic ovdi lu ftieii^en fein, tvie bieä eitigebenb JUo^ermann (^lobleme im
aifoftcIte^L ®. 3B ff. bgt. aui^ 3a^n, &R II, 498) noc^etbiefen ^at. 9iui tbiib man bann
nic^t nui jene ^ejie^ung beä eT^a/iev xrl. auf beä ^ituä S9efc^neibung aufgeben ae
mfiffen, fonbem au^i bie bon Jlbflermann unter Berufung auf ^ieron^mui borge:
f^Iagene Sejiebung auf baä ganie Sleifeuntemebmen beä äl)3ofteU. 3Jielmeirr büifte bann v. 6
bneft auf bte ben @alatem bejfannte 3lnerlennung bt§ ^efretä feitenä beä ^aulud
unb Samobaä ge^en. — Offenbar nämlit^ §at e« Sßauluä mit beflimmten Serteum>
bungen gu t^un. ^Itan ^at i^n bei ben @alatem beft^ulbigt, ba^ er ben 3Rantel so
nacb bem äBinbe ^änge (1, 10). Slnfangä, nacb [einer Setebrung, ^be er fi^ aläbalb
in ^enifalem inftruieren (äffen, ^acbba ^obt er aui Jtonnibenj gegen bie ^eibnifdien
Vorurteile fein gefef^eäfieieg Evangelium »ertUnbtgt. 2)ann tviebet fei er nac^ ^erufalem
gegangen, toeil er feiner Sat^e un|ii^ei getoorben toar. Unb ba i}abt er fic^ ja au^ ge:
^orfamft jeneä Stehet gefallen Ia[[en, bon bem, borau^e[ef(t ba| eä auf bem Jlonbent n
entftanben, bie Sefer bed Sriefä, toenn ti Sübgalater hMiren, Jlenntnid b<^ni> ober boä
mon anbetenfaßg ibnen je^t Borfü^irte. 3Baä er aber — [o toirb man ^iniugefügt baten
— [i(^ [onft not^ (ettoa in ber3ufammenlunft xar' l&iav) bobe oon ben „®eltenben" a«f=
erlegen laffen, ba tcotte man gar nic^t nai^fragen ! SBie er bann toieber in änlbi^ien toor, —
borau«gefe(jt bafe bieS niit auf eine frübere 3eit ju bertegen ift (ogt. Sa^n in 9U3 1894, lo
©, 435 ff.) — ba bobe er freilicti f«^ [^leunigft auf« neue mit Spettuä übeitooifen u. f. to. {»gl.
1, 16ff. 2, Iff. unb fpei. not^ 5, 11). — jiem gegenüber fteHt nun *ßauluS llar, Wie er
oläbolb nac^ [einer Setebiung fi<^ nt<^t mit ^Iet|^ unb Slut be[)!io(^en fyibt k. ^aiau[,
noc^ brei Sübren, [ei er nacb ^erufalem gereift, ben Äepb«* fenncn ju lernen unb fri bort
ganje fünfje^ iage geblieben jc. 3)aiauf — nai^ 14 ^abren! — [ei er obermaW ^in=«
*nifa^ogen unb ijabt ibnen [ein ßoangelium borgelegt, aber nidtt einmal, bafi man ben
mitgenommenen öeDenen lituö jur Seft^neibung gebrängt ^alte ! Söegen ber y/evöddei-
tfioi ober bitten fie (er unbSamabaS) einen Moment natbgegeben in Untetorbnung (obet
BieHeiAt be([ei; ber Unterorbnung SRaum gegeben ; [o Älofteimann), bamit ni(bt (bieä ^t
®etbiqt) bunb biirtnädiged SBeigem ein bie @rbaltung ber ebangelii(ben Süabrb^it fitr bie bo
^bnif^wn SJefer bebro^enbet Sife entftebe, b<itt«n alfo batum bie Sßermittelung, bie bot^t
toobi iigmbtsie in bem Geltet liegt, [vä} gefaden laffen. ^on ben Qteltenben ober, —
tbm Ratten Bie ni(btS ^miJi aufeilegt (ober »oigclegl), (onbem im (Draenteil «. — Unb
todi ben Streit mit betrug anlange, [o l)äüe ba eben bie[er bie Sibulb gebobt. — 3Ran
fie^ otebolb, toie, t»enn bie[e auffaffung iftei^t ^at, ®a 2, 1 ff., iunöcbft im 0aii|itl)un(t u
mit a® 16, Iff. nicbt« toeniger al« in SJiberfpnH^ ftebt. ffiielmebt ift ti eben 2u(a«,
ber burc^ bie 3KittetIuns beß Sielret« ba« übet bem faiftb belogenen v. 5 liegenbe Iiunfel
fitztet, bad man bun^ ^tnjufügung bon olg ovde bon ällteiä tünftlit^ ju eibeOen [ut^te.
— 9bei ^t ni(bt ^auIuS fpätei ba« geltet enifpre^enb bem ^QÖg wgov WDig ignoriert,
bü^renb 9t® 21, 25 botauöfeft, ba^ ei noä) in oDgemetner Geltung hur? — ^an Isirb co
702 Sttiftd htt Snottgelip
bted nur bcl^auipttn löntten, tDcnn man nid^t genau jufte^t unb m^befonbere hod getoic^
tige ij/i€r^ 21, 25 ntc^t bead^tet. @erabe im @egenfa| )u ber an $aulud gerüsteten
9(ufforberung fi(S ben ^ubenc^riften atö einer }u ertDetfen, ber nid^t abtrlumtg iß t)on
Snofed, betont ^alobud burd^ ba^ ^juelg offenbar, bag er barauf t)er)td^ten totQ, bem
5 äl))ofteI abermals ein SRac^geben in ber Sttd^tung be^ 3)elretd jujumuten : „^ttm^ htt
^eibenc^riften aber, ba ^aben toir jene^ ©(^reiben erlaffen, b. f), bamit foQft bu unbe«
^elligt bleiben." — 3Ran foDte beulen, ba| fid& fo toirKic^ alle^ crflört. 1. ^aulud Icmnte
auf bem Jlonbent fotoeit nachgeben, aU er i^at, inbem er ber @enbung bed 6<Srttben^
an feine @emeinben nid^t toiberf^rad^, \a er tonnte ben ©emeinben t)on 2)erbe, i^ftra k.
10 (16, 4) bie doy/dara mitteilen, aber er ^at ftd^ nid^t t>ttp^id^ttt, fte aU folc^e döy/iaza
an6^ toeiter^in feinem 3Jliffton^ebiet aufzulegen, toennfc^on il^m ber gn^olt berfelben ptt^
]bnlxd) nxd)t unfVm))at^ifd^ toar. (3)er ftorle 9(udbrud( eixEiv tfj vjioxayfj, nebenbei be«
mertt k)ieUeid^t eine bon ben @egnern guerft gebrauchte ^Beübung, f)at übrigen^ fein ®egem
ftüdC in bem owvjtoxgiveo^ai, ba^ v. 13 bem $etrud unb ben wrtgen *IovdauH
t% nac^fagt). 2Bie tpeit er im fpäteren SSerlauf feiner ^ifftondt^tigleit Slnla| genommen
^at, ettoa feinerfeitd in t^orm eined Statfc^laged ober SBunfc^ed bat)on )u reben, Idnnen
toir ^ier nid^t unterfuc^en. ^n ^age läme f))e)ieQ ber erfte Jtorint^erbrief. 2. I^alobud
fonnte tool^l feinen einftigen SSorfd^lag nid^t bedabouieren, aber er lonnte onerlennen, ba^
$aulud nic^t gebalten tDor, jenen SSefc^lu^ toeiter burc^^ufe^en, unb loirb bereit gctoefen
ao fein, ben Slpo^el gegen ebentueUe Siortoürfe in biefem fünfte in @d^u| )u nehmen, toobei
immerhin möglid^ aber nid^t ndtig ift, ba| ibm felbft bie ftritte unb oSgemeine S>ur^
fü^rbarleit unb ber 9Zu|en be^ 3)etretg jtoeifell^aft getoorben tpar. 3. )5ulad enblid^
Satte ein ^ntereffe baran, bem XSeo))Silu^/ ber bon ber @ad^e bielleid^t tttoai gehört
Saben tonnte, toie jubor ba^ g^f^^^^^I^^^^^ \^^^ 3)etretd, fo je^t biefe (SrKäning b^
26 ^alobui^ mitzuteilen, toonad^ man in 2|erufalem felbft barauf k)er)i(Stete, bie 2)imSfüSrung
t)on $aulu^ ju forbem, be^to. bie @a$e ald eine lä|li(Se anjufeSen bereit toor. — @d
mug f)\tt leiber mit biefen Slnbeutungen genug fein. @oQten fte ben rechten SBeg toeifen,
fo toirb man aQerbing^ mit nod^ größerer 3ut)erftd^t atö ed bei ber oben angegebenen
Söfung möglid^ fc^eint, ertoarten bürfen, ba^ ber SSerfaffer aud^ in anberen göUen too^I
80 orientiert geto^en fein toirb, unb ba^ bie forgföltige Sead^tung feiner 9(udfagen brie an
biefen für bie gan^e ©efc^icSt^enttoidelung l)od) bebeutfamen Stellen, fo aud^ in anberen
me^r ober toeniger mic^tigen ^^untten un^ Ergänzungen ber burc^^ulud befanntenZ^at^
fachen barbietet, n)ie fte ihm nur @iner ju geben k)ermo^te, ber ben @reigniffen no^e
genug ftanb. 6« S^^belt ftc^ beif})ieUtoeife junäd^ft um bie tociteren 3^nifalemreifen, für
86 bie gleid^faU^ ber Umftanb in Setrac^t tomm*t, ba^ $aulud in @a beftimmte Serieum«
bungen im 3(uge S^t; um ba^ 3uf^^^^"^^^ff^" ^^^ ^^^^ römifc^en ^uben c. 26, für bod
eine SRetonftruttion ber ©efc^ic^te ber römifc^en SS^iftengemeinbe mit 9erü(tft(Stigung be^
Slaubian. gbitt« (Sueton, v. Claud. 25; a® 18, 2) bie ertlärung bringen S&ft, unb
um äSnlic^e %äüt. @d S^nbelt fic^ aber aucS um bad ^fingftmunber, bie ©ütergemein»
40 fd^aft u. a. angeblid^ auf t)ern)Ouenen SRac^rid^ten beru^enbe, übrigen^ nic^t einmal bann
birett gegen Sutad al^ älutor ffjrec^enbe 3^9^; ^^- <tud^ um bie Übergebungen t)on bef.
aud ben JlorintSerbriefen (boc^ t)gl. auc^ ®a 2, 1 1 ff.) betannten %^a^ad^cn, bie ober für
ben Fortgang ber gefd^id^tlic^en @nttoictelung nid^t^ auftrugen. Ser }ugemeffene Staunt
geftattet tein (Singe^en auf bied aUe^. dagegen mug, toenn and^ in aUer Äürje, auc^
45 ^xtt toie beim @t)angelium noc^ ein S3(ict auf bie ))ofttio für lutanifc^e 9(utorf(Saft \pxti
d^enben ?!Komente getoorfen toerben.
auf ber ©renje S»^su liegen bie fc^on me^rfad^ berührten „SBirftücfe". 3)a^
biefelben aud ber älbftc^t be^ ä(utord ftammten, ftc^ ah ^(ugenjeugen )u ent)>feSIen, toäS"
renb er e^ bocS nic^t toar, toirb feiten noc^ be^aujjtet. 35a« Slaffinement, mit bem ba«
50 „SBir" meift nur bei toeniger toid^tigen SSer^ältniffen eingefc^muggelt toare, ift, felbft toerai
Sc 1, Iff. nid^t Oorläge, unglaublicb. Wan nimmt faft aQgemein an, ba^ ^i^^er bem
„SBir" ein Slugengeuge fte^t, bc^to. bafe bie SBirftücte titoa einem SleifetagebudS^ entflammen.
9Ran meint aber Oielfad^, bafe ber Schreiber t)on bem Slutor be«®anjen ftc^ untacfc^eibe.
SebenfaD« fpri^^t fc^on ein« hiergegen, b. i. ber 3Kangel an f})rad^lid&en 3)ifferenjen gegen*
55 über bem übrigen iejt. 35a« toenige, toa« j. S3. ^tütt ©.514 anfül^rt, lommt nic^t in
S3etrac^t. 3Sgl. bagegen ibid. unb §atotin«®. 148ff. ^inju tommt, bafe jeber 38erfi4^
bie ©tüdfe einfad^ ^erau«3ulöfen, ju einem Sdt^riftftüdt fül^rt, ba« toörtlid^ fo jetotft nic^t
al« lagebuc^ u. bgl. aufgefc^riebcn ift, in ba« man feine Die ©reigniffe begleUenben 9to«
ti^en einträgt. $ätte aber eine Um- unb @inarbeitung \>on anberer ^anb ^ttgefunbm,
60 in bem "Sla^i ba^ bie betreffenben Stüdte ber 9lebetoeife be« (äan^tn affimiliert toorben
Sttiftd ber (gtiftngeltft 703
tomrcn, fo toote ba« ©tel^enlafjcn bc« fujieig ein toöDtgc« SRätfel. §tntDieberum crflärt e«
ftt^ Don fclbft, tocnn bcr SSerfafjet be« Jagebuc^« unb ber ä® bogfelbe ,,3^" tet)räfcns
ticrcn, b. ^. aber toenn ber SMutor ad Theophilum ein SReifegefä^rte be« ^aulud toar,
ber aud^ bei freier S^nu^ung feiner 9loti^en bae ^^^ir" fielen laffen tonnte. Unb jtoar
{Ummt bie 3^^ b<>nn mit ben aud ben ^iaulu^briefen getoonnenen älnbeutungen über bed 6
2ulad Sertoeilen beim 2lJ)ofiel (ögl. oben). Vortrefflich J)a|t bagu jene« toereingelte ,,h>ir"
11,28 (nad& D), ba8 toieber mit ber Irabition öon ber antioc^^en. ^erlunft bedSufa« unb
anbererfeit^ mit ber babon tool^I unobl^ängigen Überlieferung k)on einem Stntioc^ener Xl^eo))^i:
lu^ (tjgl. 3a^n ©• 334) jufammentrifft. — ffieiter lommen auc^ ^ier bie SRad^loeifungen ^obortg
in ä9etra(^t betr. bie mebi^inifc^en 3(u^brücte (t>gl. oben), ©etoig toäre boiS für fu^ lo
no^ lein SSetoei^, fotoenig toie an ftd^ bie meift aner!annte ^ertoanbtfc^aft mit ^aulud
f4fon bie 9(bfaffung burc^ einen $au(u^efä^rten bart^ut. Stemmen toir e^ aber j u f a m m e n
mit bem, toorauf jubor getoiefen toarb, unb k)or aUem mit ber ftarten Xrabition, fo barf
man tool^l fagen, ba| bie lutanifd^e ä(bfaffung taum mit Siedet angefochten toerben lann,
unb barf ba^ äSertrauen teilen, toelc^ed ^iftoriter toie (Surtiu^ unb SRante, ^l^ilologen 15
tote 9(a^ unb 3$ogel, ä(rc^äologen toie Siamfa^ bem S3uc^e ebenfotoo^l fc^enten, tote eine
groge Steige Geologen.
8. @iS berbleiben noc^ einige %:agen. 1. 9Bad bieDueQen anlangt. SBie fd^on am
gebeutet ^t man auc^ ^ier Dueuenfc^eibungen Oerfud^t. 3Iber angeftc^t^ ber ^^atfad^e,
ba^ man nic^t toie bei ben @00. ^araUelberid^te ^um 9lu^ange))tmfo nehmen tann, er^ 20
fd^etnt ber äierfud^ toenig SluiSfid^t auf irgenb ftcbere 9lefultate ju bieten. Sarum foQ
ntc^t geleugnet toerben, ba^ befonberd ber erften ipälfte 3. %, älufjeic^nungen anberer t)or«
gelegen ^aben bürften (t)gl. bie einfd^lägigen 9lrbeiten feit Sd^leiermad^er, bie neueren c^a-
ralteriftert t>on ^^Izt a.a.O.). 2. 2!ßa^ baS SSerl^ältnid }u ben ))aitlinifd^en Sriefen an^
langt. 3)iefelben toerben tettö ald ftart benu^ (bef. 2l<tcobfen), teild ald bem £t. über^au^t 25
ntc^t pgänglid^e Urfunben betrad^tet. 3)ie SBa^rl^eit toirb fein, ba^ £1. gerabe für bie
3ett, für bie und bie ))aulinifd^en Briefe befonberd bienen, fd^toerlid^ ein gro^ed SSebürfnid
nac^ t^rer erneuten ober erftmaligen £efung gel^abt \:iaizn bürfte. Unb am aQertoenigften
tß bei i^m ein tüftelnbed $erauefuc^en einzelner ^iftorifc^er X^atfad^en, toie toir ed ooQ«
)te^ muffen, toa^rfd^einlic^. itlingen bie SSriefe oxi (bgl. }. 9. bad oon Giemen betonte so
TtoQ&üv nur ®a 1, 13 unb 23 unb 9l@ 9, 21), fo toeift baS noc^ nid^t auf litterarifd^e
„Sudnü^ung''. 3. SBaiS bie 3eit unb ben Ort ber älbfaffung anlangt, fo^ ift ©id^ered
ntc^t ju ermitteln, ^ie noc^ t)on S3la| unb etl. feftge^altene 3Jleinung, ba^ ber Serf.
am Slbfd^lu^ ber gtoei röm. ^al^e $auli fd^reibe (baS (St), alfo nod^ ftü^er), ift unmöglid^.
93on anberem abgefe^en entf^etbet gerabe ber Sci^lu^ ber 3(@ fid^on bagegen. Sie 31b:: 35
^gtgleit bed ®o, t)on SJtc, ber ftc^er erft nad^ $etri ^obe fc^rieb, giebt ben ^^erminud a quo.
äBorte, toie 21.21,20 ff. machen ed, auc^ toenn man nid^t birelt ein vaticinium ex eventu
bort finbet, eigentlid^ jur ©etoi^l^eit, ba| bie 3^törung S^nifalemd t)orüber ift. SReuerlid^
^ jtrenlel bie ältere SJteinung litterarifc^er ^b^ängiglett t)on Sofet)l^ud neu ju ertoeifen
t>erfud^t (3ofe))^ud unb £1. 1894). Soc^ ift feine Argumentation t)on Selang too^l nur 10
fotoeit ed ftÄ^ um Selamttfd^aft bed £1. mit bem bell. Jud. bed 3ofe))^ud ^anbelt ('Sogel
©. 57 ff.). SBäre fte in biefem 5ßunfte gtoeifelloö ftd^er, fo fönnte £1. nid^t t)or 5Dlitte ber
ftebjiger ^d^z gefc^rieben ^aben. Wan mag aber felbft bie ac^tjiger ^^^re annehmen.
Ueber ben Ort ber 9(bfaffung ftnb beac^tendmerte Ueberlieferungen nid^t oor^anben. 2lft
SRc in 9lom entftanben unb tool^l ^unöcbft für bad römifcbe Kird^engebiet befümmt ge« 45
loefen, fo fönnte man barin einen 3lnlafe pnben, aud^ bed 2t. ©c^riftftetterei in SRom ftd^
boÖjte^enb }u beulen, too auc^ ^ofe^^ud fd^rieb. ^reilic^ fe^lt jebe 92ad^rid^t über einen
f)>dteren längeren ätufent^alt bed £f. in 9lom.
Sagegen muffen beibe Schriften bed St. frü^jeitig in 9lom betannt getoefen fein,
^agt man nämlid^ 4. nod^ nac^ ber älteften Verbreitung ber @ci;riften nod^ t)or ii^rer so
ou^rüctlic^en 92ennung ald lulanifd^er, fo toirb fc^on Siemens 91. ald fc^toer anfechtbarer
3euge genannt toerben muffen. 3Jlan t)ergleid^e auger ben Sttaten t)on etningel. ^enen<
toorten 13, 2 unb 46, 8, bie nad^ Jlombination t)on 3Jlt unb £t audfe^en, unb bem tom^
binterten atl. (Sitat 18, 1, bad in 3l@ 13, 22 fein 'Sorbilb l^at, bef. bie SSe^ugna^me auf
bod £oaion 31® 20, 35 in 2, 1, bie um fo toeniger aud münblic^er Überlteferung ab^u» 66
leiten ijt, atö auc^ bie Sitation^fomtel 31® 20, 35 me^rfac^ Jonft bei Siemens na^flingt,
\Ci aucp ber nähere Jlonte^t nic^t o^ne getoiffe toeitere Slntlänge an jene 9iebe ift,
bie unter fold^en Umftänben bod^ am @nbe nid^t zufällig ftnb. Soc^ lann bem ^ier fo
toentg toeiter nac^egangen toerben, toie ber ^rage, ob unb toietoeit ftc^ auc^ bei $erma^,
Sonutbad, ^gnotiu^, unb in ber Sibac^e, fotoie bei ^ol^car)) unb %oip\a^ 3lnle^nungen eo
704 Stilad ber (Snangcltfi 2uta» tion %o^
ftnben. ^ie geleierten @bitionen p^^^m tie meiften SlnRonge )u regiftrieten, boc^ i{l ed
faft immer möglid^, ftd^f eben bamit }u begnügen unb bie Sent^ung )u t)emetnen. 2)ied
erfcbeint, tote fd^on oben gezeigt, ganj au^ef^Ioffen bei ^uftin, fotoie bei SRarcion unb
anq in ben Slementinen. ^amit aber ift man fd^on an ber ®ren)e ber birelten 3^0'
5 ntffe tut Sf . al3 Serfaffer ber Jtoei ©d^riften angelangt, tooüon oßen bie 3lcbe toor. —
@d bleibt 5. nocj^ atö le^ter $un{t bie ^age nad^ bem %egt bed @t). unb indbefonbere
ber 91®. 3lo(i) in ber borigen äluflage lonnte ed genügenb erfd^einen, b>enn gefagt toorb :
,,^er 2e£t ber 91® ift berborbener ol^ berjenige irgenb eined onberen Suc^ bed 9tXd".
^njtoifc^en ift befonberd burdff %t. 93Iag, ber bobei o^ne ed )u toiffen einen u. a. fd^on
10 bon le SIerl au^ef)}rodeenen, Obrigend audff bon S^l^n (unb %. ®(ei^) gelegentlich ind
9(uge gefa|ten, toenn aud^ nodf» niät berfolgten ®ebanten aufnahm, bie testbitifc^ ?^Ag^
in ein böQig neued @tabium gebracht. 9(u^e^enb nämlid^ bon ber 93eoba(^tung, ba^ eine
Steige befonberd im Occibent berbreiteter, unter ben großen $ff. jumeift burc^ Cod D ber^
tretener Se^rten junäd^ft ber 91® tetnedtoegd ben S^aratter fonftiger äSerfd^Ummbefffnmgen
16 tragen, jonbem nad^ ^n^alt unb §orm einen nid^t minber originalen Sinbrud maid^, aU
bie redimierten paxaMm Se^beftanbteile, fteQte 91. bie ^l9)>ot^efe auf, bo^ bie X® t^
fäd^lid^ bon boml^erein in bo)}))eIter ®eftalt erfd^ienen fei, nämlidEf in einer bie urf^mhigs
lic^e Slonje^mtion toiebergebenben befonberd ben Occibent bei^errfc^enben, boc^ auc^ in @t^en
unb %^)}ten (sahid.) gelefenen ^orm (ß = ed. Rom.) unb in ber bon Sf. felbft für
20 bie SBibmung unb ^erau^obe ^ergefteuten rebibierten ^orm, bie im Orient aur ©eltung
tarn unb fc^Iie|Iic^ tm toefentlid^^en ftd^ burd^fe^te (a = ed. Antiocb.), tbobei ober na^
türlid^ eine Steige bon Sedarten aud ß in bie im allgemeinen a bertretenben $bf(. unb
ja^lreid^e Se^rten,' bie auf a l^intoeifen, in bie 3^ugen für ß, f)>e). in D (Weniger in ^or.)
eingebrungen fein lönnen unb toerben, unb toobur^ erft re(^t nid^t au^efc^loffen ift, ba^
25 in beibe Sestformen audf» bie fonft üblid^en 3^e^änberungen britter fic^ emgefdj^lic^
l^aben. Seftterer Umftanb ift bon 93lap toenigftend in ber 9(udfü^rung tbo^l unterfc^
toorben. ^ud^ ^at bie 9ludbe^nung feiner $)^))ot^efe au^ auf bad Sbongelium, b>obei
iebod^ umgele^rt bie ^zn^zn für a ben älteren Xe^t barbieten foQen, ben @inbrud( ettoad
abgefdEftoäd^t. älber audf» toenn man fe^r bieled bon bem, toad ). 9. SBei^ gegen Sla^
80 fjjejiett in D ol« ft)äteren Urft)rung« in 9lnft)ruc^ nimmt (2;U XVII, 1 ff.), pt^xAt, fo
bleiben bodff eine 3Sinioi)l bon 93arianten ber ß'&xuppt, bie ftd^ to^er old ^olge einer
einfachen Icgtbertoilberung, nod^ aU gruc^t einer bon einem fjpäteren borgenommene 2^*
rebifton rec^t begreifen laffen tooQen, aber aud^ {(^toerlid^ ald burc^ itorreftur bon anberer
^anb an^ ben ^anbfd^riften ber a-^xunppt ^tnau^ebrängte in SBa^r^eit aQeinberec^tigte
85 Se^rten borju^te^en finb, fonbem nac^ @)}ra(^c^aratter unb ^n^alt in ber SlidEftung ber
Sla^fd^en $^t)Ot^efe toeijen, bie benn auc^ bei ©ele^rten toie SJeftle, ^aifn, ^^tc,
33elfer, Sogel u. a. entf(^iet)ene 3uf^<^^u>^0 ^^ bielfa(^ felbftftänbiger Se^nblung be^
einzelnen (bgl. bef. )u 9t® 15) gefunben l^at. Sa^ bie 9ltten nod^ nt(^t gefc^loffen finb,
bezeugt 93la|' eigene^ Sc^toanlen, infofem er jule^t nidjit me^r a ober ß, fonbem eine
40 beiben borange^enbe gorm atö bie erfte Slteberfc^^nft beg Sf. anfielt, auö ber bie beiben
ebitionen geflojfen ftnb (SC^StÄ 1900, ©. 11 unb 19). Ob übrigen«, felbft toma bie
^ic^tigfeit ber $^t)otl^efe fic^er ertoiefen toäre, bomit bie 93emü^ungen um ben 9la(^
toeid ber|c^tebener unb berfc^iebenartiger Quellen böQig illujorifd^ gemacht tbürben, toie
man too^l gemeint l^at, ift bod^ 3U be^toeifeln. (Sd ift nic^t einmal ju leugnen, bog
45 ba« SSerfal^ren folc^er jtoeimaltgen 9tu«gabe an fid^ ebenfogut bon einem 9lutor ber mif*
a))oftolifci^en h}ie ber a))oftolijd^en ^^\t geübt h^erben fonnte. Soc^ berme^en aOerbingd
jene abtoeid^enben /^-Sedarten burd^ bie in i^nen enthaltenen unb nun erft ind boQe Si^t
getretenen betaillierten 9lngaben eine« offenbar ben 2)ingen na^efte^enben, ja 11,28 aö
Slugenjeuge jc^reibenben 2lutor« bie ^"ftanjen für bie Überlieferung bon bem lufanifc^en
50 Urfprung ber Schriften um ein Weitere« aJloment. 3Ba« mit ber 93etoäl^ng bicfer Ueber«
lieferung für unfer SBiffen unb unfer Urteil über ben Sf. ber 5Paulu«briefe getbonnen ift,
toarb oben angebeutet. Sc^toerer aber toiegt, toa« biefer Sf. un« für unfere @rfenntni^
ber ebangelifc^en unb a))oftolifc^en ®efd^tc^te barreic^t. $<^ttl C^ütU.
Sufa« b. $rag f. 33b III ©. 454, 0 7 ff.
56 gnia« t)on lu^ (Jubenfi«), geft. 1250. — glorcj, Hispania eacra XXII; gfabri«
ciu?, Bibl. lat. med. aevi III, 8. 833; 3Ircüalo in {einer 2lu«aabc Sfibor«, IsidoriaDa I,
cap. 13, MSL 81, 6. 63 ff.; ^otttiaft, Nova bibüoth. hist. 2. «ufl. I, ®. 747.
Sufa« bon Xu^, geboren ^uSeon in@))anien, ^anonifu« be« 3fiboru«{üfte« bafelb^
bann 3)iafonu« 3U XvCg in ® ahmten, mac^t 1227 eine 91eife nad^ 3^^^"^/ befud^t in
2nta» tiott Sttly 2uUuB tion äRatttj 705
Stalin $<4>{^ ©tegot IX. unb Sliad t)on Sortona, ben @eneral bed ^onjtölanerorben^,
tDtrb 1239 Stfd^of t)on Xu^ unb ftirbt 1250 (mäf ben AS, nad^ ^lorej 1249). @t
fbeOte eine grofte S^rontl Don @))anien )ufammen. 3)ie )tt)et erften 93üqfer entl^alten
bie l^tfhmfc^en arbeiten 3f^o^ ^^ S^f^^/ ^^^ beiben l^ten bie bed ^Ibefond unb
3ultanu« mit eigener gortfeftung t)on 670—1274 ber f^Hmifc^cn tra (= 1236 n. 6^r.) 6
jj^ou^eg. Don Sd^ott, Hisp. illustr., ^anlfurt 1603, 9b IV. 9(u|erbem ift gtoetfelto^
t)on i^m eine SBiberl^ung ber SUbigenfer unb anberer ^e^er. 3)ad 93uc^ befielet meift
aud @scer))ten aud ®regot bem ®ro|en unb ^fxiox, ift aber nic^t untotdE^tig für bie
Itenntnid ber @rftengef($i(i^te in @übfranlreid^ unb @)}anien. @r beläm)}ft axLcfy folc^e
Jle^p qui negant esse alteram vitam et invisibilia esse non credunt. älfö or^ lo
6atßtf(^er ^cmatiler in Jtunftfad^en ^eigt er ftc^, inbem er bie ^arfteUung ®otte^ in
Stenf^engeftolt ft^ejieQ unb ber Xrimtät old Ae^erei berlDirft (mit 3Borten Sftbord) unb
ebenfo bie 3)arftdIunQ beS Jlrujif^, bie ^|e übereinonber mit einem 9Iagel befeftigt.
Seibied taxtr fonft in jener RiAt fd^fon jiemlidEf getoö^nlid^. 3)a$ 38ert ift ^erau^egeben
bon 3Rariana unter bem xitel De altera vita fideique controversiis contra Albi- 16
gensium errores, ^ngolftabt 1603, bonad^ BM 9b 25, @. 188 ff. unb itölner Bibl.
Patr. Sb 13, @. 228 1[. Ob feine Schrift über bie miracula sancti Isidori, auf
bie Sulod in ber SSorrebe )u biefem S3u(^ ^intüeift, ibentifc^ ift mit ber vita Isidori,
tpeli^e bie SoDanbiften Veröffentlicht l^^en (AS Apr. I, @. 330; Slreoalo, Isido-
riana, App. II, MSL S3b 82, 6. 19 ff.), ift unftd^er. 3)ie SSoOanbiften unb Slrebalo 90
befiretten ed. fü. ei^niib.
SnOnd, @r)bifd^ofbon3)lain), geft. 786. — S. Bonifatii et LuUi epistolae,
in Bibliotheca rerum German. ed. Ph. Jaff^, ^Berlin 1866; in MG Epist. III ed. d,
2)ümmler, öertin 1892. Vita Lulli aoctore Lamberto Hersf. ed. ^oIbers@gger in MG SS
XV @. 135 ff. unb in Lamperti opera, ^ann. 1894. Epitaphium Luili ed. d. Tümmler in 25
MG Poet, lat II @. 649 ; 3- Sfr. Sommer, Regesta arcuiiepiscoporum MaguDtinensium,
bearb. d. (S. ^tll, 1.9b, Snndbrucf 1877 @. 34 ff ; ^abiOon in ben ASB saec. III, 2
S. 392 ff. Slcttberg, St& 5)eutf<ftl.. I, ©. 573 ff.; ©frörcr, «Dgcm. m, 3, 1 unb 2; OclSncr,
3at)Tbü(ber bed Sfr^ntifc^en SReid)d unter $t. $ippin, fieip^ig 1871 ; 9lbel, Sa^rbüc^er be<$
^Täntif(ben SReicbd unter l^arl M., Berlin 1866, 2. ^Tufl. u. @imfon 1888; ^af^n, Sonifa) 80
unb ßttl. ßclpjig 1883; ^aud, Ä® 3)eutf(^Ianb8 1. u. 2. 53b, 2. ?lufl., fieipjig 1898 unb
1900; ^attenbad), ^eutf^IanbS ©ef^icbtSqueOen, 6. ^Tufi., I, Berlin 1893 8. 137; $olber=
dgger in 91« IX @. 285; XIX @. 509; S)ümmlcr in bcu fjorfcb. XXV S. 177 f.
SuHuö toax älngelfac^fe n?ie S3onifatiud, an beffen älrbeiten er ftd^ beteiligte. 9Bol^t
^enber Seute Jtinb tourbe er bem Jtlofter Walmedburt; jur (Srgiebung übergeben. 93on 86
bort ging er nadb 9Il^ut^e0e. @^ toar in ber ^txt, in ber Sonifatiud bort Se^er toar.
3lad) einer SBaUfal^rt nad^ 9tom folgt er i^m nad^ ^eutfd^Ianb. ®r toar bamold nod^ ein
jüngerer 3)lann; benn erft in 3)eutfd^Ianb erl^ielt er im ^a^re 745 ober turj t)orl^er bie
^ialonentoei^e. Ungemein eng fdfflo^ er ftc^ an Sonifatiu^ an. 3luc^ biefer fd^ä^te il^n;
er bebiente ftd^ feiner toieberl^olt in toid^tigen Senbungen. SuQud ift ed, ber 751 badto
berü^^mte $ribilegium bed $a|)fted 3^^^^^^ f^^ ^^^ ftlofter ^Iba mit^eimbrac^te, bad
753 burc^ Jtönig $it))}in beftött^t tourbe. Slld äSonifaHud bie SSefd^toerben bed ällteid
füllte, bestimmte er ft^ ben Suuud jum ©el^Ufen unb orbinierte ibn bed^alb 752 ^um
Sifd^of , offenbar für bie @teQung eined S^orbifc^ofd, bie SuQu^ bei ipm ein^unel^men l^atte.
(Sr trug auc^ Sorge, ba| ^ippxn i^n gu feinem !Rad^foIger in 3)2ain) ernannte. 2lebod^ 46
erl^ielt SuUud bie ergbifd^öflidEfe SBürbe junäd^fft nic^t. SuQud l^at bann bie Seiche bed
Sonifatiu^, bie nac^ SRaing gebrad^t n)orben toar, nadf» ^Iba geleitet, ^n feinem unb bed
38finburger SSifd^iofd 3Jlegingo) äluftrag fd^rieb ber ^riefter SEBiOibalb bad 2Atn bed
Sonifatiud.
SuQud gehörte va ben eifrigen SSertretem ber Siedete bed @)}ifto)>atd, unb toarso
bemüht, Jeine bifdb5fli(|e 9(uffid^t über ^bnd^ unb 9{onnenfl5fter burdS^aufü^ren. ^araud
ergab fi4 ^ ^^^ SSer^dltnid ju einem anberen bonifatifd^en Schüler, bem 9(bte @turm
bon f$ulba, toeld^er feinerfeitd bie Ilöfterlid^e Unab^öngigleit in i^rem umfaffenbften @inne
t)erteibigte. @o gingen bie beiben großen Stic^tungen, bie e))if{oi>ale unb tUfterlic^e, bie
in Sonifatiud bereinigt toaren, in feinen Schülern au^nanber. SuDud tooQte nic^t btog 66
bie au^ergetob^nlid^e, burc^ ba^ ^ribileg gemährte ))ä))ftlid^e ^uridbütion über ^ulba
burc^ feine bidcefanbifc^öflic^e erfe^en, offenbar toünfc^te er, biefem Jtlofter gegenüber eine
ä^nli^fe @te0ung einzunehmen, h}te ^onifatiud, unter toetd^em ^ulba atö unter bem päüp^U
liS^ Segaten ftunb, er tooDte ber eigentlid^e $err bed Jtlofterd fein, ben älbt [xd) unter«
Rco(>9nc9t(opäbie für XfftolOQit unb Airc^e. 8. Ü. XI. 45
706 Sti0ti9 tiott äRtittj 2nfba, Slai^munbttd
geben feigen toie einen bIo|en ©tettbcrtreter.* 3Dlan Wrieb c« feinem Slateju, ba| Sturm
763 toegen beS Serbac^tö bon ^einbfeltgteit gegen Jtönig ^ippia in bod Jao^et ^mi^ed
berbannt tt)atb. ^i^^^f^^^ ^^^ SuQud bamald bom Jtönig erreicht, ba^ i^m bie ^errfc^
übet bad itlofter übertragen tt)urbe. 9{ac^ jtoei 2[<k^i^^ f^eilic^ tourbe @turm \>on ^ippm
5 begnabigt unb erl^ielt bon tl^m 767 anäf bie Seitung bed Jtlofterd tüieber. 3)er Jlönig
l^ob bad bem Sifc^of übertragene ^o^eit^ed^t nrieber auf unb erlDeiterte fogar bie Unob«
^ängigleit bed Jttofterd noc^, inbem er ed in feine befonbere ^efenfion na^m, fo bog ed
fortan, n?ie in geiftlic^er Sejiel^ung unter ber p&p\H. ^[uridbittion, fo in b>eltlt<^ Singen
5um %Al unmittelbar unter bem Jtönig^eric^t ftanb.
10 Siefe @rlebigung bed Streitet fül^e jur ©rünbung bed Jtlofter« ^erdfelb. SuOud
tooQte einmal fein Jttofter l^aben toie 93onifatiud, einen SRul^eort für fu^ )u befd^oultc^
^urüdFgepgen^eit. Sa ed nun mit ^Iba nic^td toar, fo grünbete er fiep fein eigene^
Klofter, tool^I 768 ober 769. @r berftanb ed, burd^^ eine tpie ed fc^eint nid^t fe^r e^^ic^
(Srtoerbung ber ©ebeine bed 1^1. SBigbert feiner (Stiftung eine befonbere 9ln)iel^un^Straft
16 )u berlei^en. Ser @)}annung mit @turm aber ^ot tooj^l beffen Xob 779 ein @nbe
gemacht Sie Siferfud^t beiber 1^ ftdEf toenigftend eine 3^^ ^0 <^ ^uf i^ betben
Snftitute übertragen.
£ul toar al^ 93if(i^of bon Tlaini ^tac^folger bed Sonifatiud. Sie erjbifdi^fltd^
3Bürbe bagegen erbielt er erft im 3ufammen^ang mit ber @meuenmg ber 9letro^olitam
20 berfaffung burc^ Jtarl b. ®r. SBa^fd^einlid^ im ^a^r 779 richtete biefer bad @rfu(^
an ^abrian, i^m unb Xtl))in bon S^^eim^ bad Pallium ^u berleil^en. Samald ffoi
^abrian eine Unterfucbung feiner 9tec^tgläubigleit, feinet Sebendtoanbeld, aai^ feiner Orbi^
nation angeregt; ber @runb ift nic^t mel^r tlar 3U fteUen, man ^ört auc^ nic^t, toad bad
@rgebni$ toar. Sod^ erhielt £ul ba^ $aOium unb bie er)bif(^5fli(i^e SBBürbe. @ein
25 @influ| al$ Srjbifc^of ift mit bem bed Sonifatiud nid^t entfernt gu bergleic^en ; <md)
toar bad iBerl^äXtnid gu Jtarl nid(|t immer ungetrübt. So(^ nal^m ber Jtönig, M £.
il^m fein Softer übergab, badfelbe nod^ 775 in feinen @d^u( unb berlieb il^m ^m*
munitöt unb freie Slbtema^I, @treitigleiten im Jtlofter foQten auf ber öffentlichen @l^obe
entfc^ieben toerben.
80 3^ ^^ mi|lic^en (Srfal^rungen, bie £. in madf^en l^atte, gel^ört ouc^ bie mit Ut«
rec^t. ^m ^a^re 754 l^atte Sonifatiud feinem ©^orbifd^of @oban bod bortige S9idtum
übertragen. 3lad) beffen 2obe blieb ber erlebigte @i| erlebigt, unb nur atö Xbt unb
^re^b^ter leitete (Sregor bie tJncfifd^e Äirc^e. äU enblid^ im 3^^^ 780 in ber ^erfon
Sälberic^g toieber ein Sifc^^of ernannt tourbe, erhielt biefer feine aSeil^ bon Äöln, iai
35 fc^on an ber älu^btlbung feiner enbifc^öflic^en Steifte arbeitete. 2Bal^rf4feinli(^ ^t Jlaifer
JUarl biefe ßntfd^etbung j^erbeigefü^rt. ßttoa 18 3^^^^ \P^^ M Äöln bann bie
er^btfd^öflic^e 9Bürbe h^irflic^ erl^alten. Sie SSegiel^ungen )u 3Rain) tooren bobun^ ob«
gefc^nitten.
3!Han f)öxt toä^renb ber legten Seben^jal^re S.« toenig bon il^m. Sr J)flcgte be»
40 fonber^ bie SSerbinbung mit feiner angelfäc^fifc^en $eimat, unb fudj^te bort Irofi für
bie Slnfec^tungen, bie er im granfenreidj; erfuhr. Soc^ fie^t man, ba^ er in ber Surt^
fü^rung ber tanonifd^en Orbnung ftreng blieb, unb ba| ed i^m audb an Vertrauen tmter
ber l^o^en @eiftlic^teit be^ 9leic^^ nic^t fe^lt. Ser SleidEftum bed jtlofter« ^er^elb touc^,
burc^ Sc^entungen bom 5l5nig unb bon ^ribatleuten. Ob £. toirHidEf oni) no(^ bod
46 ftlofter SJleibenftabt gegrünbet l^at, lä^t ftc^ nic^t ganj fieser bel^auj)ten; aber e« ift ni<l|t
unh)a^rfc^einli4 6r ftarbam 16. Dttober 786 in feinem Älofter, unb tourbe bort ou^
beigcfe^t. ©eine irbifc^en Übenefte ^aben bann 852, too fie erl^oben unb in eine neu«
erbaute ftirc^e gebracht tourben, auc^ nic^t berfe^lt, eine tounbert^ätige Jtraft )u betoeifen.
3. »eisfftifet t (9^ni).
50 S«nnö, SRa^munbu«, geft. 1315. — I. ©iograp^ien. S)le ftltefte Vita, oon
einem ungen. 3ci^g^n<^ff^n )üuUu0 auf (äJrunb üon beffen eigenen Mitteilungen abgefaßt (unb
§mar anf^einenb 1312, bei roeld)em Sa^re bie ^r^ä^Iung abbricht) mieS nac6 Sacqued (Sufturier
S. J. (vjcft. 1715) in feiner ju Ma^orfa 1700 ocröffcntlicftten Dies» de cultu immemorabili
b. E. Lulli et de immunitate qua gaudet sua doctrina. @. biefe Vita lateiniftb in ASB t.
66 V. Jun. (1708), p. GGl— 6G8 (mit CJomm. praevius unb ocrfc^iebenen (Srgänjunaen, babci einer
Dias, de orthodoxia et libris b. Raymundi uom Sefuitcn 3.»©. @oIIier (SoUerius). @o»
bann in forretterer ©icbergabe bei Saljinger in t. I opp. Raymundi, Prolog. (1721); fowi«
franiöf., mit erläuternbem unb etflänjenbeni Äommcntar, in ber Hist litt de la Fräoce,
t XXIX, p. 4—46. — Die fpäteren 53iogrQpöien finb oöne felbftftänbigen ?Bert unb oielfü*
60 unjuDcrIäffig. @o bie oon (5. ©ooittu« (6ouiat|) in ASB 1. c, p. 668—673 ; femer 2. »ob*
2nUu9, 9t(d;munb 707
bitig in ben AnDal. Minor, t. II. III unb in De Scriptorib. 0. Mid. (1650); ^erroquet,
La vie de R. Lulle, Vendome 1667; Vernon, La vie etc., ^oriö 1668; 5iic. §fntonio,
Bibliotheca Hispanica vetus II, 122 sq. (^abrib 1788). %tiimti\t beffer bie neueren 9(r*
beiten, mit ^. 2'6to, De vita B. Lulli, ^Qe 1830; 9lbolf ^elfferic^, ^laim. £.. »erltn 1858;
SittT^ in ber Hist litt de la Fr. 1. c, p. 1 — 386 (grünbltc^fte neuere ^arfteUung mit ein* 6
ge^enber tritifc^eu SSürbigung üon £.9 Schriften; bie üon ü'ütv^ unoodenbet gelaffene Arbeit
}um ^eil ergfin^t Don (S. ^aur^ou); SHariud ^nbr^, Le bienheureox B. Liule, $Qrid1900
(anmutia f^ilbembed, aber ^ie unb ba ad^u p^antafieüoQ gehaltenes, in ber 9enu(ung ber«
artiger Sudfc^er ^c^riften wie ber SRoman Slanquema ald ^iftorifcber ßilfdqueden oft bebenN
Ii4 weit ge^enbed fiebendbilb, gefc^rieben für bie Sol^fc^e 6agioIogtfd)e Sammlung, Les Saints). lo
9aU avidi $3il^. Srambac^, $ed 9^. SuO. Seben unb ^erfe in Silbern bed 14. Sa^r^btd.
(12 Si^tbrucftaff. in gfot.), ßaridru^e 1893; §t ^efemetter, ®ef(6. b. OccuItiSmud II (fieipa-
1895), @. 41—47; ©artmann im ftftß*, X, 747—753; ©urter, Nomencl. lit theol. cath.,
t IV, ool. 378-384 (1899).
IL KuSgaben ber ^erle fiuIU. ^ie aud früherer 3ett (üor bem 18. 3a(r(.) is
fftmtli(!6 gan} unüoQftänbig; ). 0.: B. Lulli opera ea, quae ad inventam ab ipeo artem uni-
veraftlem pertinent, ArgeDtorati 1498 (u. ö.; ed. postrema 1651). — Srfte auf ^oOftfinbig«
leit angelegte, aber unfertig gebliebene (S)ef amtau^gabe : 3do @al}inger, Beati Baym. LuUi
doctoris illuminati et martyris opera, ^ain^ 1721 — 48, 10 $be gfol. (»oDon aber 93b 7 u. 8, mof)t
»eil Tte ungebrudt blieben, je^t fehlen, ^ie oprf)onbenen 8 93be bringen ca. 40 Schriften ^um^bbrucf go
[no(4 nid^t ben Dierten Seil ber bem Herausgeber überhaupt üorliegenben], mobei fic^ übrigend
me^rered Unechte, (errü^renb t)on bem alc^pmiftifci^en 64riftfteQer 9?aQmunb be ^arrega [ugl.
unten], befinbet. — Unoodftfinbig blieb bid^er bie Don ®eronimo d^ofeQo begonnene Äudgabe
ber Sierle im urfprünglic^en lotatan. ^ialett: Obras de Bamon Lull, texto original publi-
cado etc. (Palma 1837), ber eine Sammlung (atalanifcber (^ebic^te vorhergegangen mar: 26
Obras rimadas de B. L., escritas en idioma catalan-provenzal, publicadas por primera
vez por Geron. Bosello (Palma 1859).
^gen ber einzelnen Schriften f. u. im Xejrte.
III. ^arftellungen unb ftritifen ber fie^re fiulld. «iuger SoIIier tu ASB
1. c, p. 691—696, f. bie audfü^rlicbe ^{ec^tfertigungdfcbrift für fiuü unb bie finUiften oon so
9lnton. 9}aQm. ^aSqnal, Vindiciae Lullianae s. demonstratio critica immunitatis IHuminati
Doctoris B. Baym. LuUi martyris, 4 voll., 9Iüignon 1778. 9(ud bem legten Sf^brbunbert :
Sittr^ unb C>elfferi(6 a. a. O.; ^. Slitter, ®efd)i(bte ber c^riftl. WloU Sb 8; fi, 92eanber,
Sr«., 3. «. (1856), II, 364-369. 496 ff. 560 ff.; (grbmann, Orunbrife ber ©ef*. b. ¥^iIof.*I,
411—430; ^aur^u, Philos. scolastique II, 235sq.; $rantl, Q)e|4. ber Sogt! III. 156ff ;86
etödl, ^Ijilof. b. «RittelalterÄ H, 924 ff.; Sleutcr, Wefcb. ber «ufflörung im iRlttelalter II,
95 ff.; 3of^ Siamon be Suanco, Bamon Lull considerad como alquimista, Discurso etc.,
^rcelona 1870; gfranddco be $. danalejad. Las doctrinas del Doctor Illuminado Bamon
Lull, 9Rabrib 1872; «Ren^nbej t) ^dax)0, Los Heterodoxos Espanoles, ajiabrib 1880, t. I,
p. 528 sq. — Ueber ben an bie ÄonbemnotionSbuffc ÖJregorS XL uom 3al)re 1376 ficb an- 40
f(^lie(enben Streit megen ber Ste^tglSubigfeit ober bed l)firetif(^en S^arofterd ber Schriften
2nU (Suaiftif(6e ßontrot)erfe) {. auger (Suftnrier u. Soüier (oben, I) bef. SReufcb, ^. 3nbe; k.
I, 26—33.
SbD^munbud SuDud (Stamon £uQ), ft^anifdE^er (Sbelmann, 3)i(^ter unb S^rtftfteQer,
p^tIofo)>b tmb ^eolog, SRifftonar unb SRärtt^rer be^ 13. bid 14. ^^^^^^^unberte;, — eine ^
ber mentDiirbigßen $erf5nlid^Ieiten bed 3Jltttelalterd burc^ bie )Berbinbung, toenn aud^
ntdEft J^ormontfcpe ^urdjfbringung fe^ berfd^iebenartiger (Stgenfd^aften bed ©eifte^ unb
®emüted, burd^ abenteuerlid^e Seben^fdEfidfale, t)telfeitige X^ätigteit, gro^e fc^riftfteQerifc^e
%mdftboxt6t, toie burdff ben (Stnflu|, ben er nic^t bIo| auf feine ^eit» unb )Bolf^enoffen,
fonbent auf ferne 3<>^^^unberte burc^ ben Slu^m feinet 9{amend unb fetner @d^riften ^
geübt fyd. 3)ad tl^eologtfd^e g^ereffe nimmt er bor aQem baburd^ in 9(nf^ru4f, ba^ er,
gleich feinem franjidtanifd^en Orben^bruber unb 3^^0^^ff^ 9loger93aco, ben fd^on beim
9I. ^onj h>a6me$mbaren ftarlen 3^0 3ur (Srtenntnid ®otte^ aud bem Seben ber Jtrea-
turen in ber Stid^tung auf eine tt?if{enfd^aftlt(^ geftaltete 9Iaturt^eologie (freilid^ t>on anberem
Spalter ald biejentge Sacod) tneiter berf olgte, fotvie femer burc^ fein SSorläuferber^cUtnid ^
)u feinem um 250 ^a^re jünaeren fpanifdffen Sonb^mann So^ola, mit toelc^em er in 93e)ug
auf glü^enbed )>ro)}aganbiftif($ed Streben wetteiferte. @r barf, obfc^on tnegen be^ l^etero-
bo|en unb t)on ben betretenen SBegen ber @(^oIafttt me^rfad^ obtoeid^enben S^aratterd
feiner Se^rtoeife ber ^eUigf)>red[^ung nid^t teilhaftig getnorben, boc^ getniffermagen atö ein
^fifU)rif(^eÄ 3*^'W^ö'^* jtoifd^en jenen beiben Drben^rünbem gelten, alfo jene „place ^
intermMiaire entre S. Frangois qu'il continue et S. Ignace quil pr^pare ä
oertains ^rds" beanf)}ruc^en, tvelc^e eine fetner neueften 9iogra))^ien i^m antoeift
(f. 3oI^ bei 3R. Snbrö 1. c, p. II). — Iro^ feiner »erü^mt^t fdfitoebt freilidfi über
45*
708 Stilltid, Stai^munbud
feinem Seben unb über feinen Sd^riften immer nod^ ein eigentümlid^ed Shtnlel: benn
,,n?^er l^at er oQed bad ergebt, tt>ad @)}ätere ju feinen @{^i(ffa(en l^in}ubi(^teten, no<^
^ot er aQe bie Sudler gefcprieben, bie unter feinem 92amen umgingen".
2Ba$ n?tr über fein Seben ftd^ered tütffen, befdjiränft fic^ im ®runbe auf bad, txKtd
6 iene ^ufjeid^nungen eined feiner Schüler bom ^afyct 1312 beridEften, nebft bem, toa^
feine @(i^riften fonft ^ie unb ba an bio9raf)l^ifd{ien ^aten entölten ; aftbere, me^ ober
minber unfid^ere ober tt)iberf)>rec^enbe ätngoben fmb bei $erroquet, @al^inger u. o. ju-
fammengefteQt. Gegenüber bem, tood teitö bie älteren Siogro))^ tetld Slnbr^ ben
©d^ilberungen bed Slomand 93lanquera an SSeiträgen jur 93ert)oIIftänbigung feinet
10 Seben^bilbe^ ju entnel^men berfud^t ^aben, erfd^eint Iritifd^e Sorfid^t geboten. — @r tfl
geboren ca. 1232 (al. 1234, 1236) ju ^alma auf ber SSaleoreninfel HRoOorca au0 bor«
nel^mem unb reichem f)}anifc^en ©efd^Ieq^te. @ein 93ater toor ber arragonejifc^e Stitter Slamon
£ua au^ Sarceflona, ber 1229—1238 an ben JhiegS^ügen Jtönig ^ofob^ bed gröberer^
l^erborragenben Slnteil nal^m unb bon biefem mit 93efi|ungen auf ben balearifc^en unfein
16 belel^nt toarb. 9ln bed genannten Jtönigd ritterlid^em^^ofe berbrad^te SuD bie erften
30 ^a^xz feinet Seben^ atö angefe^ener ^ofbeamter (gran senescal) im 2)ienfle ber
3Belt unb ber toeltlic^en 3Rinne, in aQen ritterlidjien Jtünften geübt, tndbefonbere au(^ in
ber Aunft be^ ©efanged, bie er in ber SBeife unb ®)>ra<$e ber 2^roubabourd ober
^öfifdjien 3)ic^ter feiner 3^^ unb feinet !ßoIIed betrieb. @r toor ber^eiratet mit ber eblen
ao 93Ianca be $ican)^, bie i^n mit einer Xoc^ter (3Ragba(ena) unb einem @o^ (Domingo)
befc^entte, unb lebte in glüdlid^en 93erm5gen^berl^ltniffen, aber burc^ unb burc^ ote SBelt^
mann (— competenter dives, toie er felbft fagt, lasdvus et mundanus). 3Ritten
im Xaumel ber SBeltluft, bie il^n fogar bid )u el^ebred[^erifc^em treiben fortriß, erfa|it ij^n
))Iö|ltd^ toie ein S3li$ aud Weiterem ^immel bad bange ®efü^l ber Seere unb ^Itc^tig^
26 feit aQer irbifc^en S)inge. Sin erf(^üttembe^ äu|ere^ Sreigni^ (ber Slnblid einer an
Sruftfrebg leibenben fc^önen grau, unb jtoar gcrabe berjenigen, ber er in toilber Suft
nac^gefteQt l^attc) foQ i^n jur @elbftbefinnung unb Umle^r aebrac^t ^en. Seffer be»
plaubigt atö biefe älnna^me, bie bod^ nur auf ber l^l^)>otl^etif^en Deutung eined bon i^m
m ber Schrift De miracuüs mundi (VIII, 28) eri^öl^Iten SBorgangd old i^ betreffenb
80 fuftt, ift bie 3u^ü(Ifül^rung feiner Sefe^rung auf toieber^olte SSiftonen bed gdbreu)tgten
Spriftu^ (angeblid^ fünf {urj ^intereinanber), h^oburc^ er )ur (Srtenntni^ bon ber (Sttelfeit
feinet biel^erigen %\)un^ unb )um @ntfd^lu^, burd^ Schrift unb Siebe fortan für bie ®ad}t
Qi}xx^tx ju totrfen, getrieben tourbe. @ine balb banac^, am ®ebäc^tnidtage bed ^L ^anjidfu^,
bem 4. Dftobcr (toal^rfd^einlic^ bed ^a^xz^ 1266), gel^örte $rebigt gab feinen ®ebanten
85 eine befttmmtere ^treftlon : er bertetit einen ^eil feiner ®üter, bid auf ba$ jum Unter*
^alt feiner gömilie 5Joth)enbige, unter bie 3lrmen, mac^t eine aScilfal^rt nad^ ©t. Igago bi 6.
unb anberen ^I. Stätten (fc^toerlic^ auc^ fc^on nad^ 9tom unb ^läftina, tbie Xnbr^
p. 38 annimmt) unb jiel^t \\d) bann nac^ fetner ^eimatinfel üHajorla jurüd, ganj erfüQt
bon bem ©trcben nac^ mtfftonarifc^em SBirfen unter ben gröfetenteife mol^ammebanifc^en
40 Setoo^nem biefer 3inf^l wnb ber übrigen Sänber bed S^l^m. Denn brei ©ebanlen toaren
e^, bie il^n fd^on bon jenem 5D?oment feiner Sefel^rung an befeciten unb beren Sertoh*
lid^ung er mit einer tounberbaren 3D?ifd[>ung bon jäl^er ©nergie unb J)l^antaftifdber Über-
f^tocnglic^teit berfolgte: für« erfte bie 3luebilbung feiner „großen 3Btf[en«lunP" (b. ^.
einer aü^ in ftc^ begreifenbcn unb jeben SBiberftanb ber 3^?^^!^^ wnb ungläubigen be»
46 fiegenben d^riftlic^en Uniberfattoiffenfd^aft), bann bie Slbfaffung bon ©elften unb $e^
anftattung bon 2)iß})utationen jur SSerteibigung ber SBa^rl^ett bed ß^riftentum«, fohrie
britten« bie ßrtoerbung unb Verbreitung orientalifc^er ©{jrac^^fenntniffe unb Srrid^tung bon
SKifftonefc^uIen jum ^tü^dt ber Serbrettung be« ß^riftentum«. 3Sor aflem lernte er jrtt
felbft arabifd^ bet einem maurifc^en ©Haben, ber i^n aber, al« er bie Slbftd^t SuQ« mern,
60 au« ®lauben«fanati«mu« mit bem 3^obe bebro^t, fo ba^ ber biefem 3DlorbanfdS>lag nid^t
ol^ne eine fd^toere !J?erh)unbung Entgangene feine arabifd^en ©{jrac^^ftubien auf onbere SBeife
fortfe^en mufete. Ungefäl^r in bie ^^\t biefe« ßrlebniffe« ober ettoa« frü^ (jebenfaud
noc^ bor b. % 1275) fällt fein 3wfö"i"i^"^'^€ff^^ ^^^ bem greifen Dominilanergele^ten
Slaimunb be ^eniafort, bem er feinen $tan eine« Sefuc^« ber Uniberfität ^ri« be^fd
66 feiner toeiteren toiffenfc^aftlic^en 3lu«bilbung borlegte, aber mit bem Srgebniffe, ba^ bet
berül^mte fianonift (tiiöglic^crtoeifc ein l^ertoanbter feiner gontilie) il^m bringenb babon abriet
!Öull toirb nun (Sinfiebtcr, inbem er auf bem ^u feinen ^ejt^ungen auf 3Ra|orta gehörigen
Serg Slanba (untoeit ^alrna) eine ^um Setrieb feiner 5lontem})lationen unb gde^rten
3lrbeiten geeignete ^ixtU bcjie^t unb gleichzeitig bie Sejie^ungen ju feinen gamUien»
60 ange^örigen böQig abbricht, ^n einem noc^ erhaltenen 2)oIument, batiert bom 3. SRär)
SttOtid, 9l(d;munbud 709
1275, giebt feine ®emal^ltn 93Ianca bot melden 3^0^ bi^ Srllcirung ob : il^r ©ema^I fei
,,fo gänjlid^ Iontem)}latib getootben, ba^ er ful^ um bte SSertDoltung feiner irbifd^en ®üter
nid^t me^T lümmere", toe^l^alb für biefe ein Jturator befteUt toerben müf(e (Hist. litt. etc.
p. 9; Änbrö p. 56). — @r fd^eint l^ierauf bem Drben be« ^I. granj ate 2iertiarier bei«
getreten )u fein; benn in bad gegen @nbe 9Iobember 1276 )u SRiramar auf üJlajorla 6
errichtete JtoDegium )um @tubium ber arabifc^en unb ber cpalb&ifc^en ©pxaiift, beffen
Seitung er mit Genehmigung be^ $a))fte^ ^io^annXXI. übemal^m, lieg er 13 junge
3ran;|i^Ianer aö ©tubierenbe eintreten. Sieben ber an biefem ©eminar ber 1^1. Irmität
)u SRiramor (für beffen @inri4ftung er ben $at ber @e{e^en ber benad^barten Uniberfität
^ont)9eIIier eingel^olt l^oben foIO geübte Sel^rtl^ätigleit tüor ed bie Slu^rbeitung jener lo
„großen 3Bif[en8lunft" (Ars maior, f. u.), toa^ i^ toäl^renb ber näc^ftfolgenben 3a^e
^u^tfäc^li^ befd^äftigte. Um bie ^itte ber 80 er ^al^re fd^ien il^m enblid^ berß^unlt
getommen, bie Sludfül^ng feined großen SRifJton^roieltd in Weiterem Umfange ju be^^
treiben, ^e au^ebe^nten zBSanberungen, tüelc^e 3(nbr6 p. 88 sq. i^n fdj^on um biefe
3eit )ur l^örberung feiner ebangelifd^en ^totit audfü^en läf|t (burc^ 3)eutfd{ilanb, n?o er is
bei bem frommen Äaifer SRuboI^I^ I. S'^tereffe für, feine 5piäne au toedten gefud^t l^obe:
borni burd^ ©ried^enlanb, Arabien, bie ^rtarei, %^)}ten unb iRorbafrila, fotoie na^
einem Sefuc^e in (Snglanb burc^ Portugal, ba$ maurifc^e @panm unb abermals bunp
9{orbafriIa !) ftnb leere $l^antaftegebtlbe, für toelc^e lebiglic^ bie Sr^öl^lungen jene^ Siomand
aU Duelle bienen, toäl^enb ber jeitgenöfftfc^e SBiogro))^ bon i^nen nic^t^ toeig. 3la6^ 30
legerem begab er fid^ (ungefäl^r ein l^a^rjel^nt nac^ ®rünbung jene^ 3Jlifftondfeminard
auf SRajorla) nac^ 3lom, um ben $aj)ft $onoriu§ IV. für ben $lan ber Srrid^tung bon
SRifftondanflolten in allen Sänbem ber Sl^ftenl^eit )u getoinnen, traf aber ben ))ä^ftlic^en
@tu^l erlebigt (^onoriud geft. 3. ^vl 1287) unb bei bem folgenben $a))ft toenig Sm«
)>fanglid^Ieit für feine ^been. 9lun toanbte er ftc^ nad^ $arid, unb foD ^ier mit (Sr- 26
loubnid bed jtonjlerd ^ertolb b. @t. 3)en^ öffentlid^e Sorlefungen über feine SRetl^obe
ge^en l^en. ^oäf erhielte er mit benfelben nur geringe @rfolge, toe^^alb er, naA
ettoo jjtoeiiäbrigem Sertoeilen in ber franjöftfd^en §auj)tftabt (1287—89), fic^ junäd^ft
nac^ 3)cont^eQier begab, um an biefer $o(^fc^ule, mit ber er frül^er bon SRajorta aud %er«
binbungen angelnü))ft l^atte, feine Se^rborträge unb fc^riftftellerifc^en Unternehmungen so
tpetter m betreiben. Slud^ l^ier fd^eint er, nad^ ber älteften fßxoffcalp^k ungefdl^r jtoei
; lana ^ ^
feinem ätufentl^alt^orte madj^te. SSon l^ier aud befc^liegt er — naäf einem neuen turjen
^al^e lang getoirft ju ^aben, toorauf er für bie Sauer ettoa eined ^^re^ ®enua pi
Sefuc^e in 9tom, ber fo toenig toie jener frül^ere, ein aünftiged Srgebnid für feine Unter«
ne^mungen lieferte — einen f?ijfu)n«berfud^ in 9lorbafriIa ju ma^en. Sr f^ifft ftd^ in 86
®enua ein (^erbft 1291), toirb püi^li^ in feinem @ntfc^lug toieber toanlenb unb bleibt
Iranl mrüd, reift ober bon untoiberfte^lic^em ^ange getrieben, mit einem neuen ©c^iffe
bennoqf ab, lonbet ju 93ugia im Itönigreid^e Xuni^, )}rebigt toiber ben^äam unb forbert
bie faracenifd^ ®elel^rten )u einer förmlid^en ©laubendbi^utation l^erau^ mit bem 93ebing,
bag, toenn bie ©rünbe für bad S^riftentum ftd^ ftärler ertoeifen toürben, bie @egner jum 40
S^ftentum, anbemfaQd er jum ^^lam übertreten toerbe. SuQ fud^t jm ertoeifen, bag
ber cbriftlidEfe ©ottedbeoriff ber beffere, ba ber ^dlam jtoar bon ©otted ^ac^t unb 38eid«
l^, aber nic^td bon Sottei^ Siebe h)if(e. ©eine äBorte fc^einen Sinbrud ntmadj^en; ba lä^
ber JtBnig, bon faracenifc^en Gelehrten auf bieSefal^r bed^^lam aufmenfam gemacht, ben
eifrigen $i$)}utator ber^aften. @r toirb jum ^obe berurteilt, auf 93ertoenbung eined 46
anbmn arabifc^en @ele|rten begnabigt, aber aud bem Sanbe bertoiefen unter ber emft«
lid^en S3ebro^ung, bag man i^n fteinigen toerbe, faQd er fu^ toieber im tuniftfc^en Steic^e
bliden laffe. 3)enno<^ bertocilt er nod^ einige Aeit, ^eimlic^i auf einem ©d^iffe im $afen
UKirtenb auf eine ©elcgen^eit, um toicber anö 2anb m lommen. ©c^lieftlic^ fie^t er fid^
boc^ genötigt, nac^ Italien jurüdple^ren, unb bertoeiift nun ettoa ein^a|[^r lang (1292 bi$60
1293) in 92ea))el, too er feine tn ^üni^ begonnene Tabula generalis boUenbet unb
feine a)}ologetifc^e Disputatio quinque sapientum (bgl. unten) berfa^. 3luf bie
Äunbe, ba| ber ßinftebler $eter bon üJlurrbone ben J)äj)ftlid&en ©tu^l beftiegen ate
Söleftin V. (5. 3uli 1294), eilt er, toeil er bon i^m bie «rfüEung fetner SBünfdJe ^offt,
noc^ 9lom. Slber Söleftind Slegieruna toar bon )u lur^er Sauer unb fein 9ta^folger 66
Sonifatiud VIII. mit gan^ anbcren Sinaen befc^äftiat. 9lud^ bon i^m toieber abgetoiefett,
fe^rt er nad^ einem ettoa ^toeijäl^ngemaiufentl^alte inzKom (in loelc^en bie Slbfaffung feine«
©ebid^td Desconort unb be« S^rattat^ Arbor scientiae faßt; f. u.) junäc^ft nac^Oenua
gurüdf (1296), um bann, nac^ fürjerem SSertoeilen auf üKajorfa, feine ^arifer Sel^rt^ätigteit
toieber aufjunel^men. leite biefem abermaligen ^rifer ^^e^rtoirfen (1298—99), baö bon eo
710 SttOitd, Sto^munbud
befjeren Erfolgen aU bad ftfä)ztt begleitet toar, teild einem neuen Sertoeilen auf feinet
^eimatinfel gehört eine Steil^e tüeitecer Schriften in $oefie b>ie in $rofa an ; f o eine gegen
bie ))antl^eifti)ci{ien S^Ie^ren ber $atifet Xriftoteliler gerid^tete Declaratio per modum
dialogi edita contra CCXVIII opiniones erroneas aliquorum philosophorum,
6unb eine bem Jtönig $^Ui)))) le Sei unb feiner ®emal^lin geioibmete Philosophia
amoris. Sttoa in bie ^a^re 1300—1301 ift bie Orientreife )u fe^en, bie i^n, M^
S3etreibung feiner ^ifftonen unter ben SRol^mmebanem, nad^ (S^ptm unb Don ba toeiter
nad) Jtlein-Sirmenien (Utoerlid^ nadff bem fem abgelegenen unb fc^tper )ugangrtd^ eigent^
liefen 9(rmenien, f. b. Hist. litt., p. 35) führte, ^n bad bann )unöAft aefolgte
10 Xriennium Don 1302 — 1305 fallen — bei unau^efe|t eifriger ©c^ftftellert^&tigleit —
abtoec^felnbe Slufentl^alte in ®enua, SRajorta, 3)lontt>euier, fob>ie obertnald in ^ßortd; bei
biefem britten, jebenfaQd nur lurjen $arifer Xufent^te mü^e er bie me^a^ er^ä^Ite
S3egegnung mit feinem großen Orben^enoffen 3)und Scotud gel^t l^en, borouiSgefelt
ba| biefelbe J^iftorifd^ n?äre. ytocfy im ^al^re 1305 ober im folgenben unternimmt er feine
15 jtDeite SRiffiondfa^rt nad^ bem faracenifdE^en 9lorbafriIa, bie^mal befonberd in ber Sbju^t,
bie ^Derroiften ju beläm))fen. @r lommt unter beftönbigen l{äm))fen unb Seben^efai^
toieber nadf» S3ugia, too er mit einem arabifd^en ^bUofo)>l[ien, $omer ober ^omor, bid*
)}utiert, bon einem $riefter gegen bie Solfötout befd^ügt, jule^t aber na<^ fec^lmonatUi^
fc^toerer ©efangenfd^aft audgetoiefen toirb. Stuf ber Ütüofreife erleibet er bei ^ifa @(^iff«
20 brud^, rettet laum bad nadEte Seben, verliert ober feine ganje $abe unb feine 9ü4ier
(1307). Jtaum ^at er ftd^ erl^ob, fo eilt er über®enua )u bem neuen $a))fl Slemend V.
nad^ älbignon, unb berfud^t fid^, nad^bem aud^ biedmal ber ))äf)fttid^ ^of fic^ tu^I unb
ablel^nenb gegen feine ^orfc^läge ber^alten, noc^mafö in $arid (1309—1311) mit 2e^
borträgen über feine Ars, fotoie mit 3)id))utationen unb StreitfdEfriften toiber bie Sfoerroiften.
26 ®egen @nbe bed 3. 1311 begab er fld^ auf bad Jtonjil ju Siienne, bem er eine 9{eU^ bon
Anträgen toegen SBerbammung ber at)erroiftifd^en Se^ren, toegen Sereinigung ber geiftUc^en
Stitterotben )u einem einzigen, toegen (Sroberung bed 1^1. Sanbed, befonberd ober toegen
@rrid^tung bon 3)lif fwndfqfulen unb bon Se^rfteOen für ben Unterrid^t in ben otientdifoen
Bpxai)m unterbreitete. Seine meiften iffiünfdjie blieben auc^ je^ lieber uner^t 9oir
80 feinem legten 9(ntrag mt^'pxad^ bie Jtird^em)erfammlung burd^ @rnc^tung t)on orientoTtfc^
Sel^rfteQen in ber ^eftbenj bed $at)fted unb an einigen Uniberfttäten, $arid, Sobgno,
Öirforb unb @alamanla (f. Clement. Hb. V, tit. 1, cp. 1). Über bad Ie|te 2^rienntum
feinei^ h^ec^ielboQen Seben^ i^^^^ — ^^^^) f^^' ^^ ^^^ $aut)tqueQe ba^felbe nic^t me^
mitbebanbeit, unjufammenl^ängenbe unb meift toenig )ut)erläffige 3tadfAäftm überiiefert
85 @r fd^eint, laut ben 3)atierungen feiner legten Sd^^riften, na(^ Seenbiaung bed iton}i&
t)on Sienne junäc^ft auf SRajorla, bann noc^mald in $arid unb in üRon^eQier getoefen
)u fein unb bann bon 3Refftna aud feine le^te norbafrifanifd^e SRiffton^aj^ angetreten
m ^aben (@nbe 1314). 3lad) einigem Sertoeilen in Xunid, too er nodb^ einige Xrottote
fd^rieb, begab er tro^ ber früheren Sebro^ung ftd^ toieber nad^ SBugia. äßar ed iodf fein
40 ^öc^fter äBunfc^, toie er i^n hirj jubor in feinem 3Berf De contemplatione aa^
gef^rod^en l^atte, nic^t toie anbere uKenfc^en an SUtenSf^toäc^e )u fterben, fonbem bon
i2iebe^lut ber^e^rt (non prae senectute per defectum caloris naturalis — imo
prae amoris ardore^. (Sine 3^t lang ^ielt er ftd^ in ber (StiOe unb Serborgen^
unter ben borttgen c^nftlic^en ftaufleuten auf ; bolb aber trat er offen ^erbor unb ^btgte
45 mit ftürmifd^em @ifer halber ben ^dlam. @d folgen neue äludbrüd^e ber SSoUdtout, er
toirb ergriffen, mit Schlägen au$ ber @tabt and 3Jleeredufer getrieben unb geftetnigt
(29. giuni 1315 am gefte ber Sl^joftel $eter unb SßauO. ^albtot toirb er bon j^toei
d^^riftltc^en @d^iffd^enen aud @enua Sobobico ^aftorga unb @te)}l^ Solon (einem m*
!ieblid^en SSorfa^ren bed @ntbedEerd ber neuen 2Belt) aufgefunben, an Sorb gebrad^t unb
iirbt untem)egd, noc^ e^e fte 3JlaQorca eneic^t, in ber 3täf)t ber tleinen ^nfel Sobrera
ben 30. ^uni 1315.
'©0 ^at ber fromme 5IJJann getban, toad er tonnte, ©eine ©el^nfud^t noc^ bem Sage,
ba ber ^l. ßifer ber 2lt)oftel toieberle^ren, ba fromme 3Dlönc^e aud 2iebe )u ß^fto, be»
toanbert in ben ©^rac^en frember SSölIer, ^u ben Ungläubigen ge^en toürben, bereit für
55 bie !Ber!ünbigung bed @bangeltumd t^r Seben ^u o))fem, ift ibm nid^t erfüQt toorben.
Slber bafe nic^t äußere ©ctoalt bad bem $erm tool^lgefäBige SDlittel ber Setel^rung fei,
ba^ bur^ Siebe, @ebet unb X^ränen, bur(| Eingebung bed eigenen Sebend nad^ S^rifH
unb ber 3Kärt^rer SSorbilb bie Ungläubigen übertounben toerben muffen, bad hnir i^
burd^ bie ©rfal^rungen unb Äämjjfe feinet eigenen gebend öar getoorben. ^attz er früher
60 ald d^rtftlic^er 9flttter im ^ienfte feined {öntglic^en ^erm felbft bie SBaffen gegen bie Un-
SnOttd, Slal^munbud 711
glöubigen getragen, fo tüar e^ in ber }h)eiten $eriobe feinet Sebend, nad^fbem er aud
oefc^Ud^er älbgefd^iebenl^eit jju energtjci^er X^atlraft ftc^ aufgerafft, bad ^öd^fte ^\d
feined Strebend, ald Streiter S^rifti mit ben 3Baffen bed Seiftet unb mit ben ^Ritteln
(^ftßd^er SBiffenfc^aft bad l[|immlifc^e 9tei<|f bed $eilanbed unter ben Siere^rem 3Jlol^am'
mebd auszubreiten unb bie SBa^l^eit bed dEfriftlic^en (Glaubend ^egen eine ungläubige b
$^ilofo))^te, indbefonbere ben bamold Don ben älrabem ^er and) m ber d^riftlidjien 2Belt
^ auibreitenben älberroiSmuS ju berteibigen.
2)er eine ©ebanle, in n?el(|em ade S3eftrebungen £uQd jufammenlaufen unb bon
loek^em aud^f feine ßefamte litterarifd^e S^l^ötigfeit — feine ))^iIofo)}l^ifc^en unb aQgemein«
toif|enf(^>aftli(^en, feine tl^eologifd^en, feine J)oetifd^en Seiftungen — befeelt unb be^errfc^t lo
ßnb, ift ber bon i^m ixim erftenmol Ilar au^ef)}ro4fene unb energifc^ berfolgte d^riftltc^e
SRifftoi^ebanle : in ber eigentlid^en ^eimot bed ^dlam, in ben eigenen Qpxaö^m ber
orientalifd^en 935Uer bad 6l(|riftentum j^u berlünbigen unb burdff eine neue unb einfache,
aOen )ugängli(^e unb auf jeben ^nl^alt ontoenbbare toiffenfc^aftlic^e 3Jletl^obe bie ©egner
ber c^rifttid^en SBal^rl^eit unter Soften unb Reiben ju toiberlegen, aber auc^ bem d^rift^ i6
liefen 9So({e in bolfötümlic^er @))rad^e unb $orm bad ^tzai bed d^riftlic^en SebenS, bie
®Iut ber mbftifd^en ®ottedliebe, bor älugen ju fteDen unb fd^lie^lid^ biefe ftdEf felbft ber«
l^renbe Sieoe^lut burd^ bie Eingabe beS eigenen SebenS im 3)tenfte S^rifti ju beftegeln.
S>ad ift bad PM, bad er faft fünfzig Sa|re lang mit tounberbarer Energie berfolgt
unb in feiner äBeife fterbenb erreid^t ^at. 20
^amit ^ben toir bereite bie ein^eitlid^e ®runbtenben), toie bie berfd^iebenen ®at«
tungen feiner ga^lreid^en, teils in lateinifd^er, teils in arabifd^er, teils in f))anifc^er @))rac^e
berfa^en Sd^ften angegeben. 3)ie 3^^" berfelben toar eine au^erorbentlid^ groge, toenn
oud^ nidfft aUeS, toaS i^m \pättt jugef^rieben tourbe, toirtlic^ bon il^m ^errü^rt. 9{ic^t
toeniger als 410 Sd^riften SuQS ber^eid^net ein in ber Sibliot^et beS @Scurial befinb« 20
lidSfer Äatolog, berfafet bon einem ©panier 3). SilriaS be So^ola (f. ^elfferidji ©. 73). ©a«
mit ftimmen ungeföl^r bie eingaben Don SBabbing, Scriptores Min., unb bon 'J2. Antonio
unb $. So^er, ben i^erauSgebem ber Bibliotbeca Hisp. Vetus II, 122, toelc^e 321
ec^te uitb 81 uned^te 9Iummem jöl^len; f. bie 9te))robuItion i^reS SSerjeid^niffeS bei
©oHier: ASB 1. c. p. 697—709 unb bgl. bie nad^ anberer SReii^enfolge georbnete unb 30
Iritifd^ geftd^tete 8ibßograi)^ie in ber „Eist. litt. delaFr." p. 74—386, tocld&e bei ber
30^1 bon 313 ed^ten SBenen SuQS fielen bleibt. — SBegen ber fabulierenden Über«
treibungen einiger ätlteren, toeld^e bon über 2000, ja bon 4000 LuUiana rebeten, ebb.
p. 67 sq. — 9lur ein ber^öltniSmäfeig Heiner leil ber SBäerfe ift gebrudEt, bieleS nur l^anb«
f(^ftli(^, befonberS auf f^anifd^en, frangöfifd^en, beutfc^en 93ibliot]^eIen (g. S. in ÜJlünc^en) 35
er^en.
3)ie l^erfömmlidjie Jtatalogifierung ber SuDfc^en SBerte (bei 31. ätntonio k. unb in
ben ASB) unterfd^eibet 12 @xu:ppm ed^ter ©{^riften: 1. Libri artium generalium;
2. L. Grammaticae et Rbetoricae; 3. L. logicales; 4. L. pbilosopbici ; 5. L.
metapbysici' 6. L. variarum artium (toobei u. a. Slftronomie unb Slftrologie, ©eo^io
metrie unb ^rit^meti^ aud^ ^olitit k.); 7. L. Medicinae; 8. L. Juris; 9. L.
spirituales et contemplationis; 10. L. praedicabiles (l^ierbei eine Ars praedica-
bilis, eine Ars praedicandi maior unb minor, ein Liber super quatuor sensus
Scripturae, etc.) ; 11. L. quodlibetales seu variarum rerum; 12. L. variarum
disputationum seu controversiarum (b. 1^. ))olemifd^'abologetifc^e ^raftate unb ®e< 46
^räc^e, gerid^tet jumeift gegen bie älberroiften, auc^ gegen 3)col^ammebaner, ^uben k.).
2)a3u treten no(^ gtoei ®xvüpptn unechter ober toenigftenS berbäc^tiger 3Berte, nämlidE»:
1. Libri, qui sub Lulli nomine circumferuntur (20 9Iummem) g. 93. Liber
Mercuriorum; Lib. Apertorium, L. Repertorium; Magia naturalis; De se-
cretis naturae s. quinta essentia) ; 2. Lib. chymici b. LuUo perperam imputati, 60
61 an ber 3^0- — D^ne unS an jene, in me^rfac^er ßinfic^t anfed^tbare ®ruj)pierung
ber ed^ten Lulliana ju binben, lieben toir auS bem ungeheuren äSorrat einiges SBid^tigere
in näherer Betrachtung ^erauS.
1. Sei feinen f^anifd^fen SanbSleuten lommt SuD bis auf ben l^eutigen Xag in erfter
Sinie als ^ic^ter in 93etrac^t. ©ein Obras rimadas (bon StofoQo gefammelt in b. 66
äuSg. bon 1859 ; f. 0) gel^ören ju ben auSgejeid^netften ®rjeugniffen ber Jj)anifd^smittel3
alterlic^en 9{ationallitteratur, naiver beS catalanifc^-^robencalifd^en 3^^0^ berfelben. ^aS
mit SRw^t berü^mtefte feiner ©ebid^te ift jenes im ^al^re 1296 juSlom entftanbene ftlagclieb
El desconort („hxz SSertoüftung")» bö^ b«n ©d&merj iiber bie bon SonifatiuS VIII. erfahrene
3urüdh)eifung (f. 0.) i^m ent^re^te, beftel^enb auS einem in 69 }h)ölf)eiligen ©tro)>^en60
712 fMM, Sto^munbud
etnseReibeten 38e(l^fel9ef))rä(^ )h>if(^en einem frommen Eremiten unb )ta>ifd^ 9lal;munb
felbft, tüorin jener i^n bergeblid^ )u tröflen berfuc^t (f. bie ätuMge boroud, nad^ ber fronjdf.
Übecfeljunfl bon Ouorbio m Hist. litt. p. 23—30 lu bei Slnbr^, 150—156).
2. 9(4erl^alb @)}aniend t)erbanft SuC feine Serül^mt^ett junäd^ft feiner SRet^be,
5 jener ® r o ^ en Jtu n ft (Ars magna s. generalis s. universalis), bie bon feinen GdfiHan
unb Xnl^ängem (ben fog. SuQ^ten) ebenfo oft überfc^ö^t, ald bon onberen ju gertna^
fd^ö^ig bel^anbelt toorben ift. ^oS SBefen berfelben befte^t barin, bo^ berfd^i^ene teib
formale, teild materiole Segriffe, bie mit Sud^ftaben bejeid^net ftnb, in k)erfd^iebenen bre^
baren Jtreifen ober anberen matl(^ematif(^en ^guren fo jufammengeftellt toerben, bog fi^
10 burc^ ^el^ung ber 5treife ober burc^ S^^^^i ^ SSerbinbun^linien bie fdmtTtc^ mda-
lid^^en Jlombinationen med^anifd^ mit Seid^tigteit überfeinen laffen. SMe Segriffe fmb nicpt
toeiter abgeleitet, fonbem äu|erli(^ fd^emattfd^ )ufammengefteQt unb muffen mit i^rm
Sud^ftabenjeidjien (bem fog. Alphabetum artis) audtoenbig gelernt toerben. 2)ie SegriffS»
berbinbungen ftnb nidfft aud ber ©ad^e gefd^ö^jft, fonbem nur jufammengeiüürfeb; bie
15 Definitionen ftnb meift ^t^^^^itionen, bie toieDer ebenfo med^nifd^ ou^enbig gelernt
toerben ; bie Setoeife metft erfd^lid^en ober petitiones priocipü. S^ibem ^ 9. bod Subicft
Deus nad^einanber )u ben 9 burd^ bie Sud^ftoben B— E bejeic^eten $räoiIaten bonitas,
majgnitudOy aeternitas, potestas, sapientia, voluntas, virtus, veritas, ^oria
in Sejiel^ung gefegt toirb, toerben bie (Sigenfd^ften ®otted gefunben, unb jtaHtr mit $Ufe
20 bon 9 anberen $nn)i))ien, nämlidji : Dif ferentia, Gonoordantia, Gontrarietas, Initiam,
Medium, Finis, Maioritas, Aequalitas, Minoritas. Ober, inbem bie 9 berfd^i^enen,
toieber aud ben Sudjiftaben B— K bejeid^neten ^agen utrum, quid, de quo, quare,
quantum, quäle, quando, ubi, quomodo auf ben ©ottedbegriff angeto^et toerben,
ergeben ju^ @ä$e toie bie folgenben: ®otted Dafein ift nottoenbtg, toeu ed fonft über»
25 i^axößi letn noth^enbiged @ein göbe; ®ott ift esse, nihilo extra se egens, sed omnia
entia egent eo ; er ift bod esse Optimum et infinitum, befi^t bie summa bonitas,
duratiOy magnitudo ; er ift in toto creato creans et in omnibus actibus oreans;
er ift in frinem SerJ^öUnid jur 2BeIt pius, humilis, misericors, potens, justus, gratia
plenus; feine quidditas est ipsa Deitas. @o toerben bie Segriffe toeber toirffic^ erB&rt
80 nodb abgeleitet, fonbem lebiglid^ fd^ematiftert. @o mec^anifc^ aber bad gonje Sorfo^^ren,
f 0 lam ed boc^ ju einem Sebürfnid ber 3rit entgegm, unb nic^t blo^ im 13. gobrl^unbeit
(ob ed SuQiftm, bie i^rm Se^er ali Doctor illuminatus })riefen, fonbem ouq ^pSim
3^Uofo)}^en unb X^eologen, j. S. Slgrit^ba bon 3tcütdi^tm, ©iorbono Smno, 9b^.
tird^er k. ^abm ftc^ mit ber luQifd^en ffunft befdjiäftigt. 3]flan glaubte barin ein beouemed
86 SRittel ju beft|en, um mit leidj^ter iSliä^t aOe mögli^en Segrifpberbinbungen )u finben,
über alle t^agm Slu^hinft ju geben, aQe 9Bi{fenf($aftm auf rine ©mnbtoinenfcpaft jinüd»
pfü^ren. Unb fo äu|erlic^ bie SRetl^obe, fo toiOIürlid^ unb f)>ielenb bad gan^eSSerfo^,
fo barf man bod^ ni^t bergeffen, ba^ bie ganje fd^olaftifdbe SRanier, bie überlieferten
3)enfformm ber ariftotelifd^en £ogiI unb 3Reta))^^ftI auf bad rird^lid^e 2)ogma anjutoenben,
40 um lein ^aar h^eniger äu|erlid^ unb toiQIürlic^ toar. SJnbem alfo SuQ bm ^rmdidmud
ber fc^olaftifc^en SJletl^obe auf bie @))i^e trieb, l^at er nur baju beigetragm, ben too^rren
3Bert ber bamaltgen @d^ultoiffmfc^aft aufjubecfen, unb l^at gejeigt, toie man bun^ me^
d^anifd^e Sel^anblung be^ üJted^anifd^en Qtxt unb 3Jlül^e \paxtn fönne für nü^id^e 2)inge,
b. 1^. einerfeit^ für bie ßrlemung ber Bpxai)tn, anbererfdt« für bie ®rlmntni3 ber ffhciu
45 täten, aDermetft aber für Serteibigung ber d^riftlic^en 3Bal^l^eit. 3)enn eben l^ierju erf Aien
il^m feine äBiffenfc^aft^le^re al^ geeignetfte^ 3Jlittel, unb bad n>ar auc^ ber ®runb, toeä^olb
er biefelbe göttlicher Eingebung )u berbanim glaubte, obgleid^ nid^t untaml^rfd^einlic^, ba^
er bafür ältere DueQen ober SSorbilber bmu|t l^attc. @o erinnert Slitter an bie bdtennten
logifc^m Äunftau^brüdfe, bie getoö^nlic^ bem 2anb«manne £uD« $etru^ §i«^nu« (f 1297)
60 jugefd^rieben toerbm ; toa^rfc^einltd^er nod^ ift, bag ed jübifd^e ober arabifd^ SSornonger
toaren, benm 2utt fic^ anf d[)Iofe (t)gl. $elfferid^ ©. 81) ; er felbfi nennt feine 5hmp aud^
gerabeju Kabbala, toa^ er erHärt al^ receptio veritatis divinitus revelatae. — S)ie
Derfc^iebenm Bearbeitungen (Slu^jüge, abfürjenben Slebaftionen k.), toelc^ Stoi^munb (einer
Ars magna nac^ unb nac^ angebetl^en Ite^, ftnbet man bereinigt in ^er obm ertoo^nten
65 @ammetau^gabe : R. Lulli opera ea, quae ad inventam ab ipso artem universalem
pertinent (®tra|burg 1598, 1609).
3. ^ac^toiffenfc^aftlic^e Slrbeiten. ^ie üJlet^obe ber ))ISii[ofot)^if(^ 9u(^
ftabenred^nung oetfud^t nun SuD anjutoenbm auf bie barfd^iebenartigften Aufgaben ber
bamaligen SBiff enfc^aft : nic^t bIo| Sogif unb SJletop^J^pJ, ©rammatil unb SW^ru, fonbem
60 auc^ ©epmetrie unb ^ritl^metit, 'Jtaturtoiffmfc^aftm, ^l^Vf^ ^^ ^l^emie, 9ln^o)>oIogie,
SttOttd, 9lavmunbud 713
9Rebt)m unb Sl^trurgte, Sled^t^, Staate unb fogor Jtrieg§h>i{Tenf(^aft (biefe m einem Liber
militiae Beciüaris, einem Lib. mil. dericalis unb einet Ars de Cavalleria) ftnb t)on
i^, balb IäT)er bolb au^füJ^tlid^er, bel^anbelt tüorben (t)gl. bie angeführten Schriften»
bet|^(^nif[e). SRerftoütbtg ift, n?ie fid^ bei il[im, äl^nlic^ n?ie bei feinen englifd^en Mt* unb
OriDNen^enoffen % Saco, im ©egenfoi gegen ben fd^olaftifdE^en t^ormolidmud ber Sinn für 5
9Iaturbeobad9tung unb für realem, encVlIot)äbifc^ed SBiffen mäd^tig regt, ^n biefem Sinne
mag man i^ mit Sleuter (a. a. D. @. 95) ben einjig nationalen @{^oIaftiter Bpcmtn^,
nd^en Sacon ben )h>eiten ^oll^^iftor feinet 5Jial^|^unbertd nennen : er iß freilid^ @(^olafüIer
nur, fofem er ber jünftigen Sd^ultoiffenfd^ft feine neue SBiffen«lunft entgegenfe^, 5PoD^s
j^^iftor nur, fofem er feine auf aQe SBiffen^ebiete antoenbbare uniberfeQe äKetl^obe ganj in 10
ben 2)ien^ bed einen gtoeded f^dlt, ber ^^riftlic^en SBol^rl^eit^erteibigung, ber 9Rif^on unb
9l[))oIogetiI, um burd^ biefelbe bie SBal^r^eiten bed S^riftentumd mit a))obittif(i^er Sid^er^eit
)u bemonftrieren, bie ungläubigen ©eieren unter ©Triften, Sieben unb HRol^mmebanem
meberüubid^utieren. Son feinen SSemül^ungen für bie äSenoirllici^ung feinet SRiffton^
geban!end ift fd^on bie Siebe getoefen; mit bemfelben ^öngt aufd engfte jufammen 15
4. bie ai>oIogetifd^st)olemifd^e JUaffe feiner SBerte. Sie toenbet [\i^ gegen jtoei
Jtlaffen öon ®egnem — einerfeitö gegen bie „Üntoiffenben", toeldjje bie SBiffenfd^aft, aö
bem (Slauben geföi^Iid^, bertoerfen, tocil fte meinen, hoS S3etoeifen unb Segreifen ber
religidfen 9Bal^l[ieiten beeinträd^tigte bad SSerbienft bed ®Iaubend — anbererfeitiS aber gegen
bie ;,UngIäubtgen'^ toelc^e bie mtilel bed d^riftlic^en (glaubend für bemunfttoibrig, falfc^ 20
unb irrtümlidji erRären, inebefonbere aber gegen ben bamald aacfy in d^riftlid^en itreifen
toeit verbreiteten at)erroiftifd{ien @a$ bon ber bo))))eIten SBal^l^eit, bo^ man ald lat^olifd^er
(Sfycx\t ttti>a& glauben tonne, toad nad^ ben ®ef^en ber Semunft unmöglid^ fei SBir
beft^en bon SuO eine Sleil^e bon Schriften, gebrudEte unb ungebrudEte, toeld^e gegen bie
®egner ber (^tlic^en 3Bal^^eit, f))e}ie0 gegen ben Slberroidmud, gerichtet finb, ). S3. 25
Duodecim principia philosophiae s. lamentatio philosophiae contra AverroistaSy
Articuli fidei sacrosanctae, de reprobatione Averrois, Disp. Raimundi et Aver-
roistae de quinque quaestionibus, Liber contradictionum inter R. et Aver-
roistamy De centum syllogismis circa mysterium trinitatis. De ezistentia et
agentia Dei contra Av., ^s theologiae et philos. mysticae contra Av. (bal. ao
ßelfferic^ ©. 106 ; oud^ Renan, Averroes et T Averroisme ©. 203). gi^m felbft ifi
®lcmben unb SBiffen umertrennlic^ berbunben; bie 2^rennung beiber erfd^eint i^m ald bad
grd^efte ^inbemid ber Verbreitung bed S^riftentumd, im ^iberftreit mit ber SBal^rl^eit
tote mit ber Siebe m ®ott, atö Sdj^ma^ für bie äBiffenfd^aft, ja atd fo feelen« unb
gemeinbeberberblid^, oo^ er fogar bie toeltlic^e ©etoalt jum (^fc^reiten gegen bi^e X^eorie 86
aufforbert. (Sott ift \a, toie i^öd^fte Quelle, fo aud^ f)'66)\ivc ®egenftanb bed SBiffend unb
bed (glaubend; beibed finb ällte bedfelben ©eifted, ber in bem einen toie in bem anberen
fi(^ felbft bet^ötigt. S3eibe forbem unb förbem ftc^ gegenfeitig: bad 3Biffen bient bem
(glauben, inbem ed bie SSorurteile gegen bie ®laubendtoabr^eiten betäm))ft, i^ren ^^nJ^K^lt
ald ettoad SRöglid^ed fe^t; ber @laube bient bem 2Biffen, toeil burc^ ibn ber 38iae40
gebäftigt unb ber ®eift tüd^tig gemad^t toirb, ju immer l^öl^eren Srtenntnidftufen ftc^ )u
erl^eben. ©egenftati^ bed ®laubend lann nic^td fein, toobon ber 93erftanb nadjitoeifen fann,
bol^ ed fu^ felbft ober ba^ ed bem Segriff ber göttlid^en SoDIommen^t toiberft)ri(^t.
aÄererfettd fe^ erft ber ®Iaube ben ®eifi in bie rechte ^öffung, um )u ^o^en unb immer
l^öl^eren 3)ingen ftd^ aufjufc^toingen ; benn ber ®laube mit feiner (Sinfalt fliegt bem 46
mü^fam arbeitenben, burc^ bie Sc^ranfen ber Sinnlid^Ieit gehemmten Serftanb immer
boran. ^ebe Stufe, bie bad SBiffen erreicht l^at, toeift allemal lieber l^öl^er l^inauf nai^
einer nod^ i)b\)ttm Stufe unb einem nod^ ^öl^eren ®ut, toelc^ed nur ber ®laube beft^t:
äl^lid^ n?ie in einem ®efä^ bad über bem ^Baffer fc^toimmenbe £)l immer l^öl^er ftetgt,
je ^ö^er bad SBaffer fteigt. ^n biefem Seben freilid^ ift ber menfd^lidS^e ^nteHeft buri* 60
bie Sc^anlen ber Seiblic^Ieit gebunben, bal^er ber ®laube bie Stelle bed (Srtennend bielfac^
bertreten mu^ ; benn ®ott, ber im l^öc^ften Sinne gro^ unb gut, teilt ful^ bem erfc^affenen
®eifte nur fotoeit mit, afe biefer fäbig ift, fein Silb unb feine SollIommenISieit in fidS>
oufjune^men. Dal^er ift unfere @rfenntmd ®otted feine abäquate, fein SSegreifen be«
Unenblic^en burdff ba^ @nbltcf)e. S)urc^ bie Sünbe befinbet fvä) bie menfdEfli^e @rtenntnid 66
in einem g^f^anbe ber ^ribotion unb ^nformität, ja e^ fann fo^ar ein falfc^er ®laube
alle Äräfte ber Seele in feine ©etoalt befommen burc^ ©etoo^nl^eit unb (Srijiel^ung. SBeil
aber bo(^ immer bie SSemunft eine l^öbere ®etoalt über bie Seele ^at, aU Sr^ie^ung unb
®etool^n][^eit, fo fann ber falfc^e @laube burc^ bie 3)la4ft ber ^toingenben SSernunftgrünbe
ttbertounben, ed fönnen bie Slrtifel be^ c^ftlic^en ®laubend, ja alle ©e^mniffe bed eo
714 SttOnd, Sto^munhid
Sl^ftentumd a))obiltif(i^ betütefen tüerben (probari per necessarias rationis). Denn
tüte ber ®laube feinen Urf)}run0 in ®ott pot, fo mu^ aud^ fein ^ni^att t)ollfiänbi0 \ooifc
fein, toeil ®ott und nid^t täufdjien lann. ^ft ober ber ©laubendin^ notta>enbig tocift,
fo mu^ er aud^ bett)eidbar fein. — Einige ber ge^en ben ^^lam gend^teten @<^riften
6 berfa^e Sta^munb in arabifd^er @))rad^e; fo fd^on jtotfd^en 1275 unb 1285, tDo^renb bed
Se^irfend in ^Ritamar, bie Xrahote Alchindi unb Teliph (Hist. litt. p. 12). Se^
fonbexd gern unb nid^t ol^ne ©efc^idlid^Ieit l^anbl^abte er bie bialogifd^e 3)arfieIIuti^form,
unb jtoar im Dienfte feiner antisaberroiftifd^en unb fonftigen ^olemil (bgl. bie t>or^
angeführten Disputationes gegen bie älberroiften, ouc^ bie fd^on früher ertpo^nten De-
10 daratio pro modum dialogi gegen bie 218 $arifer ^h^Iebren), toie aud^ in ben feinen
SRifftondjtoeden bienenben 2B^en. ^u ben bemeriendtoerteßen ber lederen Slrt gehört
S' ned ®^pxixi) ber fünf 3Beifen t)om ^a^e 1294 (Liber de quinque sapientibus, in
b II ber aJlainjer au«g. feiner SBerle; togl. Hist. litt. p. 102—107), toorin ein
römifc^er, ein griec^ifd^er, ein neftorianifd^er unb ein jjolobitifqer Sl^rift ftd^ über i^
15 ®lauben unter fid^ unb mit einem @ara)enen unterl^alten unb bo: Se^tgenonnte indbefonbere
burd^ ben römifd^^^latl^olif dj^en @)}rec^er (ben „Lathius", b. i. Sbd^munb f eibfit) über bie
Irrtümer bed ^lam fa belehren berfud^t, bann aber eine bringenbe Sitte um UnterfU^ung
ber SRol^ammebanermtf^on an ben bamaligen $a))ft (Söleftin V.) beigefügt tmrb. ferner
bie audfü^Iic^e Serteibigung ber Xrinitöt unb ber SRenfc^toerbung ©^rifti gegenüber lenem
ao idlamifdjien $^iIofo)}l^en $amar bom ^ai^re 1307 (Liber, qui est disputatio Raymundi
christiani et Hamar Sarraceni, in 8b IV ber SWainjer auSg. ; bgl. Hist litt. 152—158);
ber Liber de gentili et tribus sapientibus {®^pxai) eined l^eibnifd^en ^SSßo\cpffixi
mit einem 3uben, einem Soften unb einem Sarajenen ; f. Hist. litt. 90 — 100); ber
Liber super Psalmum 'Quicunque vult', sive Über Tartari et Christiani
36 (ib. 144—148), u. a. mel^. äud^ feine 2lt)oIogie be« aboftolifc^ ®(auben«belentttniffe8 —
bad er im XnJd^Iu^ an eine in ber nad^tl^^omiftifd^en 2;i^eologie bed SRitteloUerd )temli(^
beliebte @inteilung^h>eife atö in 14, nic^t 12 älrttlel jerfaQenb auffa^ (bgL boju u. a.
3)ionb^ b. Jtartl^äuferd Summa fidel orthodoxae t. III, 5, fotoie @l. Slume, $. a))o{L
®laubendbetenntnid,^eiburg 1898, ®.202) — rieftet i^abologetifc^s))olemif(^9läfonnement
80 l^au))tfddtilid^ gegen ben ^^lam unb beffen Seugnung ber ^nlamation ©otted in S^rifto (über
de XIV articulis sacrosanctae Romane catholicae fidei ; bgl. Hist. litt. 113 — 118).
5. 3)ogmatif^e Schriften. iBon ben \pzmüm Krd^lid^en Dogmen ift ed bor allem
bie ®ottedle^re, bie Se^re bom ^afein, SBefen, befonberd aber bie bon ber 9)reieimgleit
®otted, mit ber ftd^ £uQ einge^enb befc^äftigt l^at. 6o im Liber de trinitate in
86 unitate, in De Est Dei, De cognltione Del, De unitate et pluralitate divina, De
trinitate et incarnatione. De trinitate trinissima u. f. to. (bal. ^elfferic^ @. 70,
too mel^r atö 30 hierauf bejüglid^e @d^riften unb älbl^anblungen aufgejä^It ftnb; be^L
Hist. litt, etc., p. 311—323). 3)ie Unterfc^iebe in ®ott fielet Sutt barin begrünbet,
toeil überhaupt fein SBefen ol^ne folc^e gebac^t toerben fann; bie 3)reieinigfeit ift ber et»
40 f^5t)fenbe ^iludbruct für bie äSoQfommen^eit ®otted atö bed f\ö) felbft mitteilenben ^fien
®uted. 3)ie älbleitung ber brei ^erfonen gefc^iel^t ö^nlid^ toie bei 9(uguftin ober ben
Siftorinem: ber Sater ftd& felbft afö Sater erfennenb, jeugt ben ©ol^n, beibe burc^ bie
Siebe ftc^ betrac^tenb ben ^I. ®eift; beim Satcr beginnenb finbet bie göttliche ?ßrobufs
tibität i^re Slul^e in bem ^I. ®eift ate bem giele ber beiberfeitigen Siebe be« aSaterd unb
45 be^ ©o^ne^ ; bie brei ^crfonen berl^alten fic^i toie principium, medium, finis ber ©elbffc
betoegung ©otte«. — 3)ie ©c^öt)fung ift 2öerf ber freien Siebe ®otte«, bie Sr^tung mit
ber ©d^öt)fung ibentifc^; bie SJlenfc^toerbung ®otte« aber ift nottoenbig teil« jur botten
Offenbarung ber göttlid;en SSoOfornmenl^eiten, teil« jur (SrfüQung be« SBel^toecfe«: ut
satisfieret illi fini, ad quem mundus creatus ; nadf eingetretener ©törung burc^ bie
60 ©ünbe mufete fie gefd&el^en, toeil fonft ®ott nic^t erfüllen toürbe, toa« er ftd^ felbft unb
feiner aSollfommeni^eit f^ulbig ift. ®anj berfel^rt ift ber Unglaube an göttlu^ SEBunber,
ba ja boc^ ©d^öt)fung unb 5IJJenfc^toerbung bie größten SfBunber fmb. Slaturerfenntni« unb
Srfenntni« ber übernatürlichen ®otte«toerfe forbem unb bebingen jtd^ gegenfeitig : ba| ber
^Renfc^ ba« Übernatürliche nic^t boUfommen ju erfennen bermag, ift nic$t )u bertounbem,
66 ba er ja auc^ in ber 9latur fo biele unb gro|e ®e^eimniffe nid^t begreif 33iel 3Mft
giebt ftd^ SuD, bie göttliche ^röbcftination ju bereinigen mit ber menfcplic^ f^rei^ : ba
jene auf olle« fic^ erftrerft, fo fann er bie ^ei^eit nur bel^auj)ten bur^^ Unterfdj^ung
einer bo)}))elten 93etradS;tung«toeife, n?ie alle« einerfeit« auf en?ige 3Beife befte^t in ®ott,
anbererfeit« in ber neitlicben ßrfd^einung fid^ barfteDt. Semerfen«toert ift cuid^ bie an
60 älnfelm erinnembe Sluffaffung be« @rlöfung«h>erle« S^rifti ol« einer bon bem ®ottmenf(^
SttOnd, Stal^munbud 715
gdeiiteten unenbltd^ ©atidfaltion für eine unenbUc^e @(^ulb (de artic. üdei 18), fotüie
Ue an 3)und @€Otud erinnembe 3)ebuItion ber erbfünblofen ®eburt ber 3Ram: „®ott
imb bie ©ünbe fönnen nid^t in einem ©ubjeft jufammenlommen". (SBeitere« f. bei Sleanber
n,511, 560 ff., 605 ff. unb bei Sleuter II, 96 ff., 330 ff.).
98ie SuU in (»tattifd^-Iird^lic^en 3)ingen rid^tige Slide geilen unb borl^anbene SRängel 6
cclannt l^t, jeigen ). S3. feine ^u^erungen über ben 3Bert ber SBaOfol^rten (De contem-
platione cp. CXIII), über falfc^e ^\ü>tt: unb Jlreuje^erel^ng (bad redete 93ilb bed
®elreu)igten fmb nic^t picturae et ligna, fonbem ein Sl^rifl, in toeld^em 6l[irifti gloriosa
humanitas eine ©eftalt gewonnen fyit ; 9Ieanber @. 497) ; femer ^u^erungen über bad
®ebet old bie Seele bed ^riftltd^en Sebend, über bie Siebe otö bie d^ftlid^e ®runbgeftnnung, lo
Ober Mafien, Jtafteiungen, SJlönd^tum, über Sllmofen a(§ bie ed^t c^fÜic^e %oxm ber ©üter^
gemenifc^ft ; aud^ eine @<^ilberung ber Derfd^iebenen @tänbe ber Sl^riftenl^t, il^irer $f(id^ten,
Xugenben unb Untugenben jc. (f. über^uj)t ba« bei 9leanber II, 497—99 3ufammengeftettte).
6. Son befonberem Snlereffe fmb enblid^ für bie Äenntni« ber ganjen SBeÜ^ unb
Scben^onfd^uung ßuttö feine J)ralttfd^serbaulid^en ©elften, ©o feine Proverbia s. i6
über mille proverbiorum ad communem vitam, ber Liber de orationibus, ^er
Liber decontemplationibus in Deum ; me^e mariologifd^e 2^raltate tok: De laudibus
b. Mariae (aud^ Liber b. Mariae, ein @^pxäi) ber brei ^amen Saubatio, Oratio,
^tentio mit bem ßinftebler Slaljmunb über bie 2!ugenben ber 1^1. Sungfrou); De „Bene-
dicta tu in mulieribus" (Sc 1,28); über conceptionis virginalis (DieQeid^t unecht, ao
f. HiBt. litt. 257); aud^f mel^irere nod^ ung^rud(te toie: De centum signis Dei, De
Septem sacramentis, De Septem donis Spiritus sancti, etc. ^u ben origineUften
SBerten biefer ©attung gel^ören: ber Liber Felix, s. de mirabilibus Orbis, aud)
bäitelt: De miraculis coeli et mundi, unb ber c^riftlid^e Sloman Blanquerna. ^er
Liber de miraculis ift eine 9lrt bon orbis pictus, tüorin ein SSater feinen ©o^ ^^feli^ 25
burc^ SB3alber, Serge, (Sbenen, SBüften, ©täbte k, tpanbem lö^, um i^n bie 3Bunber
®otted lernten )u le^en unb oQerlei Setrad^tungen an2ulnü))fen über (Sott, Sngel, $imme{,
Elemente, Planeten, Säume unb ^flanjen, Xiere, Stenfd^en, $arabie^ unb $ölle. S)er
Stonum Blanquerna (t^oQftänbiger : Blanquerna [ober in onberer ©(^bung: Bra-
cbema] magister perfectionis cbristianae) ift eine 9lrt bon geiftltd^fem @ittenf)>iegel so
)ur Serl(^errli$ung bed S^ftentumd unb befonbenS bed SRönd^tumd, inbem ber $elb burc^
aOe möglichen Situationen unb Seben^er^Itniffe l^inburd^efü^rt nrirb — er toirb Sin«
ftebler, 3Rönd&, «bt, ©ifc^of, Srjbifc^of, Äarbinal, «Pa})ji — um julefet bie liora toieber
meberklegen, ftd^ aÜ XloüSnn ind ®ebirge gurüdjiel^en unb bad ^oeol franji^anifc^er
^eiliffcett in m^ftifc^er ©otteinl^eit unb fera))l^ifc^er Siebe^Iut in ben eingeflod^tenen geift^ »6
Ivifm 2)ia(ogen unb Siebedliebem (dialogacions t cantichs de amor entra TAmich
y Lamat) jur 3)arfteIIung )u bringen. 3)ie fünf ©tänbe ober Sebenöberl^ältniffe, toeld^e
ber $elb ber @r}äblung v nad^inanber burd^Iebt : bad @l^eleben, hoS JUofterleben, ber
$r&Iatenftanb, bie ^ßa^fttoürbe, unb le^tlid^ bad Iontem)}latibe (Sinfteblerleben toerben in
d^enf 0 bieten Suchern gef c^ilbert (bal^er ber boQe Xitel ber f)}anif^en Su^aben bed SBertd : 40
Blanquerna maistro de la perfeccion christiana en los estados de matrimonio,
relijrion, prelacia, apostolico seHorio y vida hermitana contemplativa) ober la«
teintfd^ : Liber Blancherna, tractans de quinque statibus personarum : de uxo-
ratis, religiosis, praelatis, cardinalibus et pontificibus, etc.) 3)ad fünfte S3ud^,
unter bem befonberen Xitel : Liber amici et amati ober : Blanquerna de amico et 46
amato. e^ifKerte frü^jeitig auc^ <di befonbere ©{^rift für ftc^, tote benn fd^on bad ber älteflen
Vita Sta^munbd angehängte ©c^riftenberjeid^nid ed atö ein befonbere^ SBert neben bem
„Liber Braehernae'' nennt. Db e« bom 33erfaffer ju bem urfj^rünglic^ nur in 4 Sudlern
obgefa^en 9loman erft nad^tröglid^ l^in^ugefügt toorben (fo bie Hist. litt. p. 253), lö^
fidj^ niät befkimmt ermitteln. @$ ift jebenfall^ ba^ eigne @infteblerleben SuQd auf bem 60
SSerge Slanba ober in 3D?iramar, bem bie in biefen ®eft)räd^en „gtoifd^en ^eunb unb ©e*
liebtem" gefc^ilberten Srfal^ngen rcliaiöfer Äontemblation mm großen Xeil entnommen
finb. SDoc^ reid^en bie barin (h}ie auc^ f onft ^ie unb ba in bem Sloman) ju Xage tretenben
autobiogra))^fc^en 3üge toegen il^re^ unbeftimmten unb f)}orabifd^en Sl^alterd nid^t baju
l^in, il^e ettoaige SSertoertung )u Ergänzungen ober gor )u S3erid^tigungen bed anbertoeit 66
überlieferten Seben^bilb« SuBiS ju redptfertigen. — SBegen ber üerfc^iebenen 3lu«gaben f. Hist.
litt. 252—255 (t)gl. bie Sn^altöanal^fe bei 2lnbr6, p. 102—116).
SMe fiirc^e ^at lange gqd^toanft, ob fie SuD aU SRärtl^rer unter bie ^eiligen ber>
fefen ober atö Jte^er berbammen foQe (f. bef. ©olterd Commentar. praevius in ASB
L c, p. 633 sq.). ^n^befonbere toar e^ ber Dominicaner 9Ii{ol. @V"^^^^« ^nquifttor oo
716 SitOttd, Stoi^munbud StMmil
bon Srragonien im 14. ^ai^xf)., bet in feinem Directorium fidd II, 189, 9 me^ aß
50 (naA anbetet ätngabe 500) ^[tttümet unb jte^eteien in SxtUi @(^nften nad^ta>ied unb
il^ bedpalb bei $a^{l ©tegot XI. betflagte, bet benn auc^ bie Se&üre einiger feinet
©d^riften betbot. Sinige bet bon bemfelben (burd^ S)eltet bom 26. 3<uiuat 1376) bet^
6 utteiben 100 @ä^e SuDd, bie attö 20 @(i^tiften bemfelben gebogen b>aren, 1^ S>ai)ing(t
in fein Encbiridion symbolorum et definitionum etc. (6. ed., p. 147) aufgenommen,
). S3. Prop. 96: Omnes articuli fidei et Ecdeslae sacramenta et potestas Papae
possunt probari et probantur per rationes necessarias, demonstrativaSy evi-
dentes; Prop. 97: Fides est necessaria bominibus rusticiSy insciis, mini-
10 stralibus et non babentibus intellectum elevatum . . ., sed bomo subtiliB fadlins
trabitur ad veritatem cbristianam per rationem quam per fidem; Prop. 98:
Qui cognoscit per üdem ea, quae sunt fidei, potest dedpi; sed qui cognoscit
per rationem, non potest falli: nam fides potest errare et non errare, ete.
^anad^ toar ed alfo befonbetd bet ftatf au^e^t>e ^^iteQe&uaKdmud bet Suilf«^
16 Sd^olaftit, bet l^iet beanftanbet unb old tationaliftifd^ ^uflel^inung gegen bie fin^lic^
älutotität betbammt toutbe. — 93on ben jal^Iteic^en ätnl^ängetn SuOd toutbe obet bie
®iltig!eit biefe^ Utteild ftübjeitig befititten unb bie SBuDe ©tegotiS enttoebet atö bon
S^metic gon) unb gat etbic^tet, obet ald auf einen anbeten al^ SuD begüglic^ bargefkOt
^et in i^ betutteiUe Sla^munb fei bet 1371 im ^nquifition^efängnid geflotbene SRot^
ao munbu^ !Reo)}totud oud ^ttega, Setfaffet bet l^iätetifcpen Schrift De invocatione dae-
monum). &qon in einet für £uQ fid^ güt^tig etflötenben @enten) bed JtatbinoIIegaten
äUamanni bom ^jal^e 1419, toeld^e bie SuQiften )u ettoitlen imt|ten, tbutbe biefe Set^
böd^ltigung bet SSuDe ®tegotd au^ef)>tod^en. ^n bem bon ba an but^ biet gf^rl^unbette
fu^ l^injie^enben Stteite ^abm namentlich ftan)i$Ianif(^e Otbendbtübet unb f)>anifd^e Sanbd»
26 leute SuQd füt beffen Slec^tgläubigleit ^efttitten, toöi^tenb fömtlid^e an bet 5tontrobetfe
beteiligte ^ominilanet füt bie @a(i^e tl^ted Dtbendgenoffen S^metic einttaten, olfo ben
l(fätetif(^en S^ataltet bet Seilten SuOd be^au))teten. älbet auc^ jefuitifd^etfeitd iß bet
SuQidmud me^tfac^ beläm))ft unb bet Setbteitung SuüfdEfet Schriften entgegengetoittt
tootben. Stad^bem $au( IV. (1559) bie butd^ jenes 3)ebet ®tegotd XI. betbommten
80 Schriften SuQS auSbtüdlic^ in bie jtoeite ^affe bed 3^^ 0^^^ ^^^t toutbe )u Zrient
1563, auf SSetrieb bet f)}anifd^en JlonjilSmitgliebet, bet auf i|n oejüglid^e $af[ud im !^)[nbq:
toiebet gefttid^cn. SQäö^tenb bet Sa^te 1580—1620 fanben neue SBet^nblungen in 9lom
batübet ftatt, ob fiuDö ©d^riften butc^ ben 3nbej ju betbieten feien • toiebetl^olte Slngtiffe
teils bet bominilanifc^en $attei, teils einjelnet ^lefuiten (bef. aud^ S3euatminS) auf biefelben
85 toutben butd^ baS fd^ü^enbe @intteten beS ft>anifd^en ^ofS füt ^e untoitifam gemacht
Sinjelne @d^tiften auS bem ^teiS bet älnl^änget £uQS, befonbetS folc^e aU^miftif(^
^n^aUS fmb in bet ^olge betboten tootben; aud^ ^at ^aüßji S3enebilt XIV. bie Sd^rt^
ienet 93uIIe @tegotS XI. unb beten toitflid^ gegen SuQ gerichteten Sinn auSbtüdRid^ fefi'
gefteUt (De beatificatione etc. I, c. 40, n. 4). @ine ettoaige Stneuetung biefeS olteten
40 anti^SuUjc^en S)eItetS abet l^at et untetlaffen ; ja getabe untet il^m butfte @at)inget feine
äluSgabe bet SBetle beS „Doctor illuminatus et martyr R. L." unae^ir^ett etfd^en
laffen. — Untet $tuS IX. ift jtoat cinetfeitS ein Dffijium beS „feiigen Sla^munbuS SuHuS"
füt SKajotla genel^migt (1847), auc^ bem 3Ktnoritenotben bie jäl^tlid^e geiet eineS %^
beSfelbcn am 27. 5Kobbt. geftattet tootben (1858). 3lbet anbetetfeitS butfte auc^ unter
45 biefem botle^ten ^ajjfte in einet offijiöfen g^i^f^ift beS 93atiIanS (ben untet äutoritot
beS aKagifter ®. ^olatü etfc^einenben Analecta Juris Pontificii, II, 2480) bie ®iltigfeit
beS toibet SuD gerichteten SefretS @tegotS XI. aufS neue bel^au))tet toetben (1857).
©. über^auj)t SReufc^ a. a. D., ®. 28—33. S'Acr.
fintJUÖ, ©erbatuS, geft. 862. — Serfc: ed. $apiriuS 3Raffon, ^ari» 1588; beffer
50 ©alujc, <PQriS 1664, 5lnttüerpen 1710; bonad) BM ©b 25 unbMSL ©b 119; bie ben ®ott*
fcöallfdjen ©treit betr. 8(t)riften aucft bei Mauguin, Veterum auctorum, qui de praed. et
gratia script. opp. <ßariö 1650, bie Äanoneg ü. ©erneuil aucft MG, leg. I, S. 383; bie
©riefe in neuer c^ronolog. Drbnung mit Einleitung unb ^otcn: Desdevires du Dezert,
Lettres de Servat Lonp, «Pari« 1888. — Sittcratur: ^RabiDon, AnnaL ord. S. Beoed.
56pa88im; Hist. litt, ©b V, 6. 255 ff.; ^efelc, Äonä..®cfc6. ©b IV; 3)ünimlet, Oefc^i^te M
oftfränf. mtidi^, 2. 9lufl. 1887, ©b 1 unb 2; ^aud, Ä®. 3)eutf<ftIanbÄ ©b 2; ($bert, (Skfd).
ber fiitt. im ^?l, ©b 2 S. 205 ff.; Nicolas, Etüde sur les lettres de 8, L., Thfese pr^.
k la Fac. de Paris, Clermont-Ferrand 18G1; Giry, ^tudes CaroliDgiennes in Etudes
d'histoire du m. Ägc d^di^es ä Gabriel Monod, $arl« 1896; Sprotte, ©iogrartie be«@.S.,
60 StcgcnSburg 1880; Sangen, ^3 ©b 48; @^9l, p^ilof. m. 1891 ®. 389 unb 402 ff.
Sittmd 717
Su^ud ift um 814 geboten aud bomel^mec romantfc^er ^milie, bon ber aui) Der»
{(^iebene anbete ©lieber ju l^o^en lirc^lid^en SBütben gelangt ftnb. Seine ecfte Silbung
eid^ielt ec unter 9lbt 9llbri(^, f)>dter Sr^bifd^of bon Bttii, im Jtlofter ^^erri^red (untoeit
bon @eniS, l^eut 3)e^art. fioiret), toeld^ed einft aud^ unter SUhtin gefianben ^atte. Slber
bte toiffenfd^ftlicijien Xrabitionen aud ber 3^ ^^^^ b- ®^* tooren am Srlöfd^en. S. toar 5
bon feinen toeflfränlijdjien Seigrem toenig befriebigt. ^ie Siebe jur SBiffenfc^oft, nid^t bie
^eube an ber beutfd^en Bpxacfyz, toie man i^m nac^fagte (ep. 1, Desd. @. 62), trieb ben
^ttngling )ur berü^mteften @(i^ule berget, nad^ ^u(ba ju ^abanud 3Jlaurud. ^ort l^ielt
er ftc^ bon 830—36 auf unb fc^Io| mit Slaban unb bieten anberen beutfdjien ®ele^en,
befonberd mit Sinl^arb in Seligenftabt, bemob fetner Hafftfd^en (SIegam el^rfurd^tdboD betounber» 10
ten SSerfaffer ber vita Caroli, toenigftend brieflich ^eunbfd^aft. ©dpon ein gefd^ä^e^ ©lieb
ber geleiten SBelt — Diaban toibmet i^m feinen Jtommentar ju ben panl Snefen, 9lbt
Srun bon ^erdfelb berlangt unb erhält bon il[im 836 bie vita Wigberü — tarn er
nad^ ^(erriered jurüd. 837 reifte er toieber mit 9(bt Obo b. %^xx, na$ ^eutfd^Ianb, er«
bonlte aber untertoeg^ im itlofter @t. 2^ronb (bgl. ep. 20, Desd. 6. 63 mit Hild. vita 15
Faronis MSL 119 @. 430). Seine ©enefung fd^eb er ben ja^Uofen ©ebeten feiner
gfreunbe )u unb nannte fxcfy bon ba an Serbotud. Seine Se^rt^gleit in ^err., bon
bet nod^ ®jPH^^ ^^t ^"^ gef ommen ftnb in ©eftalt bon 9ta(^fd^riften feiner 3)i{tate burc^
Sd^üler (ßWl a. a. £).), machte i^n balb toeiter belannt. S^on 838 lann er ftd^ ber
©unfi bed i^aiferd Subh^ig unb ber Jtaiferin ^ubitl^ rühmen, bte i^n an ben ^of be^go
fo^ilen, unb Seförberung erhoffen (ep. 6, Desd. S. 76). 3lber erft in ben Sruberlriegen
nad^ Subtoig^^b gelang ed i^m, ftd^ in ben Sattel 3U fd^ftoingen unb unter Serbröngung
bed (di Parteigänger Sotl^ard in Ungnabe gefallenen Dbo burd^ bie ©unft Aartö bed
Jla^ren felbft 9lbt in ^iered m toerben (842 ; nad^ ©ir^ a. a. O. 840). 93on ba an
toar ed mit ber Stu^e feinet Sebend borbei. 9lU einer ber großen SafaJQlen bed SlAifi 25
iDurbe er hineingezogen in ben Strubel ber )>olitifc^en unb Ktd^lid^en 5{änt))fe. Seine
Selbftbe^aujptung atö 9lbt unb bie @rl^ltung ber Seben^föl^igleit feiner Slbtei tourbe fein
ßaut)tintereffe. @§ ift eine böfe Rtit: SRormannen, 33retonen, Slquitanier, bie feinblid^en
Srüber Sot^ar unb Subtoig ber ^eutfd^e fuc^en boS unter bem fd^toac^en Slegiment Jtartö
bed Jtal^len fd^ledjit bel^ütete SBeftfranlen l^eim. 3n bem 9luf unb 9lb ber Parteien ift ao
ed nur bem getoanbten ^olitiler möglich, fid^ oben ju galten. Su))ud betoied fU^ aü
fol(^. 2)o(^ zeigte er eine in jener ^zxt hoppdt fc^ä^endtoerte ^uberläfftgleit, inbem er
feinem ertoä^lten ^errfdjier 5tarl immer treu blieb. @r jiel^t mtt in ben unglüdClic^
itrieg gegen bie Slquitanier unb gerät bei ber Ütieberlage ber ganten am 14. I^uni 844
felbft in ©efangenfd^aft, aud ber er jebod^ fd^on am 5. ^uli toieber l^ieimle^rte (ep. 90. 91, 85
Desd. S. 96. 97). @in ßug nad^ S3urgunb im ^cä)x borl^ ^te i^n um 10 $ferbe
gebracht, je^t lie^ er feine ganje 5trieg!paudrüftung bal^inten. ^ad ^af)x barauf befc^reibt
er ben S^f^^^^ f^"^ ftlofterd: bie Kirc^engefä^e muffen beriauft toerben, bie Srüber
baben feit brei ^af)xtn leine neuen 5tleiber befommen unb gelten in 2nw)ßtn, bie itnec^te
faft nadt, man toei^ nid^t me^r, h^o^er Srot nel^men. Unb nodf» l^aben bie Lieferungen 40
unb Ärieg^leiftungen lein ©nbe (ep. 32, S. 110; 42, S. 116). gm Sa^r 846 mu[
Supud )ur Steife nad^ SRerfen, too^in er jur 3ufammenlunft ber Jlöntge gelaben ift,
^reunbe unb ^eunbinnen um ©elb angeben (ep. 50, S. 124 f.). @r fdprieb bad (Sl(
bor aOem ber Sut^ie^ung ber cella s. Judoci (S. Josse sur mer bei Etaples an ber
ilüfte bed 5tanald) ju. Siefe ^atte früher ju ^^erri^ie^ gehört unb toar flh: ben Unter« 45
l^t bed bebötterten Jtlofterd unentbe^rlidEf. ftarl aber l^attt fie einem toeltlic^en ©ro^en
berlie^en. 93id @nbe.848 mu^te £u|pu^ bitten unb alle nur benfbaren Sermittler an«
rufen, ja mit ^immel unb $5lle bro^en, bid ibn Jtarl enblic^ erhörte (ep. 62 S. 148
)u bejiel^en auf bie Slu^iö^nung jlarl^ unb Sot^ard m gerönne 2|an. 849, Tümmler I,
S. 338). 3m $erbft 849 reifte 2upu« im Auftrag be« Äönig« nad^ SHom. 3)ort trat w
S;m erftenmal ber ©ottfc^alEfc^e Streit in feinen ©eftc^t^heid (de trib. quaest. MSL
b 119 S. 623), toä^enb er mit ©ottfd^alf felbft, o^ne bie Streitfrage ju berübren,
fc^on früher lorref^onbiert ^atte (ep. 30). Su))u$ toar entf^ieben auf Seite Xuguftind,
bemgegenüber infaustus Faustus (b. S^eji) fc^toeigen mu^ : conticescant ranae, dum
ooeium tonat. @r bertrat in feinem Süd^lein de tribus quaestionibus unb münblid^ 66
unb fdEfriftlid^ gegen ftönig ftarl unb ^infmar (ep. 128 unb 129) bie Sel^e bon ber
Unfreil^eit bed natürlid^en äBiUend ^um ©uten unb ber ^rtilularttät ber ©nabentoal^l,
bo(^ o^ne bie boDe ftonfequenj ber bo)})}elten ^räbeftination ju juel^en unb aud^ toieber
borftd^tia einfc^ränfenb (bgl. Srief an §inlmar Desd. S. 168). ®a« eigentlid&e ^ntereffe
bet (^pc^ ^ömmigleit tritt bei il^m Ilar ^or. ^ie grommen bmuen ©Ott „aQed eo
718 StMitid
h>ad fte I^a6en unb [xni" (ep. 128 an Roxi @. 163). S)er redete Streiter ©otted erf&^
ed an ftc^ felbft, hai er o^ne ®ott md^t^ ift (@. 165). ^m übrigen jeigt T^ SÜ))ud
aud^ in biefer @a(i)^ old guter ^olitiler. @r erfd^^eint ald ^infmard ^omb unb ^artä»
genoffe nic^t nur auf ber S^nobe bon @oi{Yond (Stül^i<>j^^ B53), b>o bte ©ac^e ®ottf4fa(fö
6 nic^t ivix Bpxad^t lam, fonbem aud^ nodb nacfy ber $arifer S^nobe bedfelben ^o^red, too
er ftdEf mit ber @^nobe gegen ^inlmar für bie auguftinifd^en @ä$e bed ^rubentiu^ cr^
Kart l^atle. 9lber er l^iütete ftd^, für ©ottfd^II )}erf5nlid^ einjutreten unb M ^i^ ^
jie^ungen ju bem (Singelerlerten nid^t tüeitergefül^rt. 3laci) 850 lommt in feinem Srief»
tDec^fei laum mel^r eine Slnf^ielung auf bie Streitfad^e bor. @r befaßte fUq \tift in bot
10 dinftigeren ^a^ren mit ber SBieberaufrid^tung feinet t)erfaDenen JtloßevS, erbtttet txm
jiönig @btluTf bon (Snglanb Slei jum ^adf^beden, S3üd^er jiur SerboDfitänbigung feiner
S3ibIiot^eI bon englifc^en ^eunben, bon 3)eutfc^Ianb, bom H>a)){l, $ol) )um ^Rau eine^
^lu^fdjfiffed bon onberen ^eunben. ^ie ®unft bed Jtönigd leud^tete i^ immer me^.
@r toar monatelang am ^of unb offenbar nid^t nur gern gefe^en ate 2)i))Iomat unb
16 3Rann ber SBiffenfdpaft, {onbem anäf ol^ to^iger ©efeDfc^after bei ben ,,l^li<^ %^
mal^len'^ mit benen man berunglüdEte @s))ebittonen, toie bie nadf» ber S3retagne 851 ein^
}u(eiten ))flegte (ep. 85, Desd. ®. 174). 6o blieb benn 2upu^ feinem Jtönig ouc^ treu
m ber fd^Iimmflen 9lot bed ^^al^re^ 858, too Jtarl fein ganjied Steid^ Subtoig bem 2)eutf(^
l^te überlaffen unb nac^ Surgunb fid^ jurÜdFjiel^en muffen. 2vcpvS folgte i^m mit $in(mar,
ao toäl^renb bie Xreue anberer geiftli^er unb toeltUc^er ®ro^en, aud^ SBeniloiS bon BtnS,
ind äßanlen geriet, ©leic^jettig ))Iünberten bie 9Iormannen bie Seine auftodrtd unb be»
brol[|ten felbft bad entlegene ^erri^red. 3)er ftird^enfd^a| tourbe nad^ Sluserre geflüchtet
9lo(^ ärger tourbe e^ im ^a^x 861. ^toca blieb ^^^^^ fdbft nocp bon ben gefitot^
teten®äften berfc^ont; aber bie Aufregung unb bie @ntbe^rungen biefer 3<Kl^te erfc^ütterten
26 Su))ud' ©efunbl^eit gan). Sein le^ter S3rief ift 862 bom firanlenbett aud an SBenilo
bon Send gerietet, eine 3Ra^nung, ber furchtbar angetoad^fenen Krc^lid^en SSertoilbenmg
entgegen}utreten. Über biefenS3rtef fü^rt leine St)ur feinet Sebend l^inaud; er ifl i^en^
faOd balb nad^ber geftorben.
iBon SBerlen bed Su))ud ftnb erl^ialten ber fc^on genannte liber de trib. quaest.
30 mit angel^öngtem coUectaneum aud ben Jtirc^enbätem, eine ber beffem t^ologifc^
Seiftungen ber 3^i^; femer bie vita Wigberti unb vita Maximini. (!^l^m biefe abgu«
fprec^en ift lein ®runb. ^ie 3$onebe allein jeugt fc^on burc^ c^aralteriftifc^ Su^erungen
für feine »utorfd^aft. 3)ie bon aJlötter im ä. £ut)u« ber 2. 3lufl. S. 34 Snm. ange=
beutete Jtombinatton mit äßalbo unb Slbal^arb ift inbeffen toertlod.) ^ie gesta impe-
86 ratorum fmb tetn SBerf bon 2vCpu^, fonbem Slud^üge aud Suetond Jtaifergef(^i(^te, bie
er einmal Äarl bem Äo^len überreichte (ep. 93, Desd. S. 147 bgl. SSKä a. a. 0.).
Sangen tooQte i^n jum 9lutor ber )}feubotftbonfd{ien 3)elretalm madf^m. @d giebt baftte
feinen burc^fd^flagenben ®mnb. ^oc^ citiert er (ep. 130) einen 93rief ber )>feuboiftb.
Sammlung. 2)ie Jtanoned ber S^nobe bon SSemeuU (843), bie ftd^ befonberd g^en ben
40 3J}tgbrauc^ bed JtirdE^engutd burc^ bie ^^rften n?enben, ftnb bon iJ^m rebigiert. @r ^tte
ja )ur @ntrüftung barüber feine befonberen )>erfönlid^m ®rünbe. ^ad SEBic^tigfie bon
i^m ftnb feine 93riefe. @r Iorref)}onbiert mit faft allen bebeutenben SRännem ber Q/eit,
mit 5t5mgen, $ä))ften unb ftirc^enmönnem. S)er au^ef))rod^en )}erf 5nlid^ S^ratter giebt
biefen Sriefen ^eute noc^ Slei^ unb ^arbe unb mad^t fte ju einer toertboQen ®efc^t4ft^
46 quelle, ^te realm SSer^ältnijfe unb bie Stimmungen ber SRmfd^en, bie barin Id^ten,
f^iegeln [xä^ bter mit feltener Xreue. ^er 93Ubungdftanb jeigt fid^ n?eniger im Stil, ber
bie IlafftfdSie Sietnl^eit nur mü^fam ^u b^f)aupttn fud^t, ald eben in ber ^l^igteit, ftc^
lebenbig, inbibibueU in Sc^erj unb (Smft )u äu^em. $on SBert unb SBürbe ber üBiffen«
fAaft ^at er gegenüber ber geiftltc^en Sng^eniglett unb bem banauftfc^m Sinn, bte ftc^
sofd^on toieber breit mad^ten, einen beutlic^en begriff: Amor litterarum ab ipso fere
initio pueritiae mihi est innatus. Mihi satis apparet propter se ipsam appe-
tenda seien tia (ep. 1, Desd. S. 44). Stefe Siebe fyxt i^n aud^ in ben ftürmif^n
^a^rm feinet f)>äterm Sebend nie berlaffen. @r treibt Xectfritil unb bemül^t fic^ um
^erfteHung guter Äobije«. 3)ie Älaffifer, Cicero boran, ftei^m in feinem ^ntereffe eben*
66 bürtig neben ben ftirc^enbätem. @r citiert fogar in de trib. quaest. Sicero unb SSirgil
neben Sluguftin. älber auc^ bie Aenntnid beS ^eutfc^m gel^ört i^m jurSilbung, obtoo^
er e« nic^t liebt (ep. 91, Desd. S. 98). SBcnn er §eiligenlegmben fc^bt, fo beruft
er fid^ auf bo« aSorbilb be« Sattuft unb Sibiu« (vita Wigb. MSL S. 681) unb ber*
^ri^t ftriaf gegenüber unglaubtoürbigen gabeln (vita Max. MSL S. 667). @r übt fte
60 freilidji in äBirtlidjiteit nur in fe^r befd^eibenem 3)ta|e. So ift Sut)ud eine erfreuKc^ 6^
Sittmd Sttfi, Sfifleml^eit 719
fc^emuna in ber ©efc^tc^te btefer 3^ ^^ 3(66Iül^end unb SBellend ber lorolmgtfc^en Sil»
bung. (WlJ&Utt t) 9i. e^ntib.
Sttfl, Sfipem^eit. — 3J{tt bem SBorte Sujl bejetd^nen h)tr f oiDol^l eine @m|)finbung,
ab einen 3^rieb. ®er ÜRcnfd^ geniest Suft {'^dov^, voluptas), toenn fein ßeiftige« ober
ftnnli(^ed ©efüi^I angenel^m, too^ltl^uenb berührt ift. 2)amit ^ängt aber bie Suft aU %xxA 5
{ÖQfii^, ^/btög, TiQo&v^ia, hudvfjLla, concupiscentia) na^e jufammen, inbem ber
9tenf(^ ben ßuftanb ober 3Roment ber Sefriebigung, ben er einmal genoffen, ju Der«
langem, fefi^u^alten ober )u erneuern bege^.
@ünbliq ijjt an ftc^ toeber bie @m))finbung, noc^ ber Xrieb ber Sufl. 3)a^ boEe
tDirKid^e Seben in feiner ^aft unb Slegfamleit ift bon ber ©elbftbefriebigung nottoenbig 10
begleitet, bie aEemal eintritt, h)0 ein bon ganjem ^er^en erftrebte^ 3^^ erreicht ift. Unb
)u ftoeben, über ben gegebenen $unlt be§ 3)afeind ^inaudjutrac^ten, ift mit bem SJerben
ber Kreatur, mit il^er lebenbigen @nth)i(lelung bon felbft gegeben ali ein unberdu^erlic^e^
2ebendf^m))tom, beffen gän^^lic^e^ 9(ufl^ören einen StiQftanb, eine Srla^mung bed Sebend
bleuten toürbe. 9Bte ein SRenfc^, bem nic^td SSergnügen mac^t, ungefunb ift, fo ift einer, 15
ber ni(^td fuc^t unb begel^rt, in ©efa^r, geiftig )u t)erfum))fen.
@ittlid^ beftimmt toirb bie Suft in beiberlei ^inftc^t erft burc^ il^r SSerl^ältnid )um
!^, )ur freien ^erfönlic^teit beS SRenfc^en, unb burc^ i^r Öbjett. 9Bo, h)ie im Reiben»
tum, bad ^6^ ft^ felbft, fein natürlichem @m))finben unb Sege^ren, gur Seben^norm er«
^Ai, ba entfc^eibet bie Suft über ba^, XocA juträglic^ ober unjuträglic^, hrnd gut ober 20
böfe fei: Sqog avfjLq)OQiiDv xal dav/Mpogicov xigiptg xal ateQnlYj (Democritus ap.
Ritter et Preller bist, philos. edit. IV, p. 52); rrjv fjdovfjv d^;f^v xal xiXog Xi-
yo/i£v elvai tov jbuzxaQicog ^rjv, — xifÄtjriov td xaXov xal rag ägetäg xal td rot-
ovtötQOJia, idv ^dovrjv JzaQaaxevdCij ' idv dk fÄtj JiaQaaxevd^rjf xaiqeLV iaxiov
(Epicurus 1. I. pag. 352) ; elvai dk xijv '^dovrjv dya'&dv xäv dno xwv dartj^otd- 36
Tcov yivrjxai . , , el ydg xal f} nqa^ig äionog eTrj, diX^ ovv ij ^öovrj öi avxfjv
aigeirj xal dyai96v (Cyrenaici [AfristippusJ 1.1. p. 164). 2)ie itonfequen) ^ieraud jiel^t
Prbtagoras : jidvxcov xQrifxdxcov /uhgov äv&Qconog, toelc^en Sa$ ^laton im 3^^eätet ba^in
erläutert : ola fikv ixaoxa ijLiol q>aiveTai, xoiavxa fih iaxiv ifAol, ola dk aol, totavxa
di ai aol. äv^Qcojiog dk av te xdyco 1. 1. p. 134). — fÜ&o ba^egen bad 34 ^^^ &^^ BO
liefen ®efe$ unb SBiEen ftc^ untergidbt, ba beftimmt bie ^erfönlt^Ieit, toad i^r Suft unb
tDOd Unluft fein foD. 3n)ar fagt fc^on SlriftoteleS mit SnUang an 9lö 7, 19: did fikv
ydg tfjv ^dovriy td (pavXa Jigdtxofxev, dtd dk xrjv Xvjirjv t(bv xaXtbv dnexdue&a,
unS giebt bte Siegel yaigeiv te xal XvneTo^ai olg del SlUein toer fefet bied otg dei
feft? Obne ben Sei^anb göttlicher Offenbarung greift ^ier bie SRenfd^peit immer fel^I. ss
5Der ^falmift aber lann (37, 4) fagen: „l^abe beine Suft an bem $erm, ber toirb bir
geben, toa« bein $erj toünfc^t"; lann (1, 2) ben fclig t)reifen, „ber feine Suft ^^ai am
(S(efe|e bed $erm''; tann bad äßo^lgefaQen an ben äßerten (104, 24), an ben ^aiza
(111, 2; 139, 17), an ben ©eboten unb Siechten (112, 1; 119 gang), an ber ^erfon
Sebobo^ (73, 23—28) für @eligfeit unb SBonne, für bie eingia toa^re unb toä^renbe 40
8efriebigung beS ^erjend erflären. 9{oc^ tiefer in bie (Semeinfc^aft mit (Sott berlegt bad
91Z bie l^öc^fte unb t)oDIommene Suft be^ Sl^riften. $ier lommt e§ gu bem /nrjxhi
iavrcp f^v (2 5lo 5, 15); Cco dk ovxhi iym (®a 2, 20) unb gur SSertoirflid^ng ber
Sitte 3efu (3o 17, 23): iycb h aixdig xal ov h IfjioL
6elbftt>erftänbltc^ fc^liegt biefe Suft nic^t aDe fonfttge Sefriebigung etloa aud. Sufi 45
am ©c^önen, toie e« bte Äunft, am SBal^ren, h)ie e« bie SBäiffenfc^aft jeigt, felbft Suft an
bem, toa& nur bie leiblichen @tnne angenehm berührt, ioie @))eife, Xrant, unb ber ganje
fogenannte itomfort barf bem S^riften nic^t berioe^rt, gefc^toeige benn oXi @ünbe Der«
bommt toerben: ^)ergleic^;e bie opoftoUfc^en SEBamungen 5lo 2, 16—23- 1 %\ 4, 3—5
toor übergeiftUd^er Sfefefe, unb 1 Äo 7, 29—31 öor ungeiftlic^em 33eraeffen be« (S^riften* 60
berufe, ber über alle trbifc^en 2)tnge ^inaudtoeifet. Sünblid^ ioirb bie iBuft an ber itreotur
erft, toenn ftc^ ba« ^erj boran l^ängt, toenn jur fjdovri bie im^/ula tritt unb biefe ben
aSäiflen, bie ?ßerfönlic^leit überwältigt, mit fic^ fortreifet, jum Änec^^te ber Suft mac^t.
tiefer anberen Seite be« (SegenftanbeS toenben toir und nun ju. 3(ud^ bie Suft ald
3^rieb ift, h)ie oben bemerlt, ein toefentlic^^er Seftanbtcil ber mcnfd^Iic^en 9?atur. aber ber po
Xrieb für ftc^ aDein ift blinb unb bebarf ber Seitung, bed 3^^^^* ^nhtm bie römifcbe
Jtirc^enle^e bie« frenum für eine befonbere, bem erften 3Renfc^en t)erlie^ene (änabengabe
(donum superadditum) anfielt, t)erftümmelt unb emiebrigt fte ba« menfc^Iic^e äSejkn,
aü loeb^e«, jener (äabe beraubt, tote ein fteuerlofe« ^^rjeug, ben SBaDungen unb ^e<
720 Sttfi, Sfiftarn^eit Sit^
gedrungen ber ©tnnltc^Ieit unb t^rer triebe ))ret^egeben tpore. ^n bem nmrmalen ^
ftanb bed Srftgefc^affenen belS^errjc^te ber gottedbilbltc^e ®etft bte feelifc^letbli^ Slotus
unb gab bereit trieben bte gebü^renbe Sltc^tung. 9Qd ober ber %x\A bon btefer fyxx'
fc^ft [xd) etttatt)t))terte uttb m folfc^er ©elbftft&nbigleit nad^ bem SSerbotenen griff, touAt
6 er )ur concupiscentia prava, jur bti^v/uiia sensu malo, unb bte fo m Unorbmmg
geratene ÜRenfc^ennatur tft bon oen $rotoi)Ia{len per traducem auf bte ©ottung fiber»
gegangen. 3lun barf $aulu« 3*0 7, 7 bte fonft aud^ in ber ©d^rü^ (j. 8. 8c 22, 15)
al^ vox media gebrauchte ini^v/Ma ibentifd^ mit ber äfmQxla fe^en unb einmal fogen:
thy äjuagnav ovx eyvcov unb bad anbere 3Rcd: trjv hu^vfilav ovx fjdetv, uxib bad
looifx hu^fiYiaeu; Cy-^T^ «b ej20, 17) ol^ne beigefügte« Objdt al« bte Ur« unb SBurjet
fünbe J^injteKen ; h)ie benn über^au))t, naid^ ber feinen Semertung Sremer« (SBörtobud^
ber n. t. ©räctt. s. v. htvdvfda) im neuteftamentitdben @))rad[!gebrau(^ ber fttttic^ 6^
ralter ber tu'dvijda ntd^t fo fe^r burc^ bad Objeft cii bur$ ba« Subjeft bffümmt
toirb : tjgl. 3o 8, 44 xäg hu'dvfjdag xov jiargdg v/luov, Sld 1, 24 biidvijJm xwv xclq-
16 dicbv, ®a 5, 16 imßv/Luai oagxog, 1 ^o 2, 16 hcv&vfda xwv dw&cJifA&v u. f. Xo,
— 3)en ^ergang ber @ntfte^ung ber X^tfünbe avA ber Suft {Idia &u&vula) befc^freibt
auf« älnfcpaulic^jte ^a 1, 14—15. 2)ie Aufgabe ber Sl^riften gegenüber Den Stegungen
ber fünbigen Statur bejieic^net ®a 5, 24; jb 3, 5.
Sie Sel^bifferen) ber ^roteftantifc^en unb römifd^latl^olifd^en Jtirc^e in betreff ber
ao @rbfünbe beh)egt [vi) j^u))tf äc^lic^ um bie 3(uffaf[ung imb Seurteilung ber concupiscen-
tia. Slac^bem im ÜRittelalter tetlh)eife grober ^elogtanidmu« geiS^errfcpt l^otte, ber bon n*
erbter @ünbe, im falfc^berftanbenen ^ereffe ber menfc^Iic^en t^ei^eit, über|Knt)>t nic^t«
tt>if[en toiQ, auc^ ber concupiscentia ben fünbigen (S^aralter abf))rid^t, fe|te ho& Xri«
bentinum feft, ba^ nac^ bem SSerluft bed donum supematurale bo« menf(^G(^ SEßefen
26 jioar gefc^toäc^t, boc^ noc^ unberle^t borl^anben, ba^ b>eber berSRangel ber justitia ori-
ginalis nod^ bie concupiscentia, bie auc^ in ben SBiebergeborenen bleiibe, eigentlich
@ünbe fei. 2)ie reformatorifc^e Se^re bagegen betrachtet bie concupiscentia nic^t otö
bloßen fomes peccati, fonbem al« böfen alfectus ber Seele (Conf. Aug. I^, aß
reatus et culpa (Form. Gonc. I). 9iuf ioelc^er Seite bie tiefere unb fittlic^ emfferc
80 Suffaffung ber Sac^e befte^, lann nid^t jtoeifel^ft fein.
Süftem^eit enblic^ im engeren Sinne nennen h)ir bie hanl^afte Srreguttg bed Ses
ge^ng^bermögen«, toobon ftgnifilante S3eift)iele ®en 25, 29—34; 2 Sa 23, 14—17;
2Äg 5, 20—27 beridj^tct toerben. 2)aöib« fc^toerer goD 2 Sa 11 entf^jrang ber unbe=
ioacpten Süfteml^eit, bie bann9!atl^an (ib. 12, 4) mit einem ®afte bergleic^t, ber bei bem
86 reichen SRanne einlel^rte. S'^^^^*^^^'^^ nimmt bie imihjüua xwv fxp&akficyy biefen
f>)ejififc^en 6^ara!ter an 3ob 31, 1 ; $r 23, 33 ; ÜRt 5, 28 ; 2 $t 2, 14. 3lber 0x0^
bor ber Süftem^eit ber gula (3to 13, 13. 14) toirb 9lu 11, 4. 20. 34, t)gl. 1 Äo 10,6
oI« bor einer Sünbe, totber bte ber ^^m ®otte« {td^ te^, geh)amt %<jA auftreten ber
Süftem^eit tft immer ein 3RerhnaI innerlicher Unorbnung, ein S^mj^tom ber Übermacht be«
40§Ietfc^e« über ben ®etft (®a 5, 16. 17). @ine ioo^lbemeffene 9l«Iefe, ioie fte $aulu«
übte (1 5lo 9, 27), fü^rt ju ber ^J^ei^cit, in toelc^er ber ®eift bie i^m juftel^ienbe ^en«
fdj^aft bcl^au})tet ($l^i 4, 11—13). «arl »»rgrr.
Sttt^er, ajlartin, geft. 1546. — ßit teratur. SJon Sut^er» ©crfcn cjiftieren peben
fogcnannteOefamtauggaben: 1. 3)ie Söittenbcrger, 1539—1558, 19 groHobänbe, 12beutfdK
45 unb 7 lateinifcöc; 83b 1, bcutfcft. erfc^ien 1539 mit einer Sorrcbe bon fiutftcr fclbft; ebenfo
1545 ber erfte lateinifc^eSanb; bem ^tueiten beutfc^en $anbe, brr erft 1548 beraudgefommen,
jeboc^ fd)on t^or fiut^erS £ob im ^rucf begonnen loorben ift, ge^t aucb no^ eine Ißorrebe
oon i^m uoran, bei ber fi(^ tnbeffen fragt, roie roeit fte fd)on oon t^m felbft Derfagt tft; ber
jroeitc latcinifc^e 83anb crfcljien 1546 — auc^ erft nai ßutl^crÄ Xob — eingeführt burdj SRe*
60 iand^tt)on mit einem ®ericl)t über fiutl^erS fieben. ^ie Sammlung ber Scbriften fiut^rft ift
^ier nod) fe^r unt^oüftänbia. @ie mar erfolgt auf Einbringen bed 5hirfürften go^ann ^riebri^.
^ie 9lebattion mar \>on iGut^er bem %, ^örer ^ufammen mit Safjpar (Sruciger übertragen
unb ging nac^^er oon jenem auf (^. ^ajor über. EluffaQenb ift in jenem 2. beutfc^n ISanb
bom g. 1548, baft am 6d)Iu6 ber ©c^rift „ba6 biefe ©orte (S^rifti . . nodj fepfte^n" eitt
66 feinblic^ gegen ^u^er gerichteter ^(bfc^nitt tueggelaffen ift, roorin man ein unerlaubted, teil«
ben^iöfed Eingreifen ber Herausgeber fe^en möchte (ugl. ^eim. 91ud|). 23, 45 f.): Sigenttiiii:
Iid)ed l^at ^ier auc^ ber %tiX bed ,,8ermond t^on bem @atrament bed SeibeS u. f. yo." 1526,
bcffen urfprünglicfte ®eftalt jebod) überhaupt unfidjer ift (5B« 19, 474). Snbeffcn borf bie
^ittenberger Eludgabe barum nic^t überhaupt M tenbenjiöd unjuüerläffig üerb5d)tigt toerben.
60 2. 3)ie Sinaer ÄuSgabc (in 3oI.) 1555—1558,— oeranftaltet burc^ ebenbenfelben dürften,
nad)bem er bed ^urfürftentumd unb Wittenbergs t)erluftig gegangen aar, unb metter bunt
Sttt^tr 721
feine Sö^ne, — unter ber 9(uf{td)t ebenbedfelben (juuor na4 ^finemarl megberufenen, je^t
}um S3ibIiot(erar in 3ena ernannten) ffi'6xtx, — unter 9{ebattion üon 3o^. ^urtfaber, ^of«
))rebiger in Sei mar, — unter ^itmirfung üon 92il. oon ^mdborf, 9}a^eberger u. a., — mit
getreuerer iBiebergabe ber Originalausgaben, ald in ber Sittenberger ®efamtaudgabe ftatt
$at, ~ bo(4 glei^faad no4 fe^r unüoaftänbtg. @d ftnb 8 beutf^e goliob&nbe, na4 1560 5
im ganzen unb im einzelnen mieberljolt neugebrudt (im ganzen 1560—1564 unb 1575—1580)
— unb 4 (ateinif^e S3&nbe (neue 9luf lagen bed ganzen [c^on 1556-58, bann 1564 ff. 1579 ff.
1600ff., — unb meiter^in no^ einzelner Sönbe). ^a^u gehören 2 (Srgdnjungdbänbe, erf dienen
1564 unb 1565 in (Sidleben burd) ben bort^in übergegangenen ^urifaber, — nur reic^enb
bid SU Sut^erf^riften r>. 3. 1538. 3. ^ie 9(Itenburger 9(udgabe 1661—64, in 10 Solio' 10
bfinbien, — üeranftaltet (meil an ben bid^erioen 9ludgaben Mangel fei) üom f dc^ftf^en ^erjog
griebri^ Sil^elm bur^ feinen ^ofprebiger eagittartud; manc^ed ift ^ier neu aufgenommen;
aber anbereft fe^It unb oon fiut^erft lateinifc^en Schriften ftnb gar leine im ©runbte^t unb
nur menige in Ueberfe^ung aufgenommen. @in ©upplementbanb erf^ien 1702 in
^De, bur4 3. (&- S^i^lcT' init %forrebe oon SSubbeud. 4. ^ie £eip}iger ^udgabe 1729 16
bid 1740 (oon 3. ©. Pfeiffer, (5^. &. ©ömer unb 3. 3. ©reiff): [xt giebt ben 3n§alt ber
tlltenburger 9(udgabe unb bed ^aQ. Supplementbanbd toieber mit Sericbtigungen nad) Ur«
brucfen, unb ba^u neue Ueberfe^ungen mehrerer lateinifc^er @d)riften, — im ganzen 23 ^olio«
b&nbe. 5. ^ie Salc^if^e «udgabe. 24 Ouartbönbe, 1740-1753, — burc^ 3. &. iBaI4
in 3ena, — bie biS ba^in üoüftönbigfte Sammlung üon fiut^erf^riften nebft ^iftorifcb mert« 20
ooHen 3uo<^^cn' — ^^^^ ^^c urfprüngli^ Iateinifd)en ©(^riften nur in einer für ben miffen^
f4aftlid)en &thxaudi ungenügenben S3erbeutf(^ung, ferner Sut^erd ^eutf4 vielfach mit fRüd»
Ittbt auf bie 9tebett)eife ber (S^egenmart unb au4 miQtürlic^ unb ^uffiflig geönbert, — aüed
oftnt ben erforberlic^en 92ad)meid ber gebrausten Urbrude. 6. ^ie Q^rlanger (Erlange r*
gfrantfurter) 9(udgabe, feit 1826. ^ier ftnb bie beutf^en @d)riften in 67 (Oltao-)^finben 25
1826—1857 ttiebergegeben, baüon ob 1—20 (^rebigten) unb ©b 24—26 (reformat. ^iftor.
Schriften) in ^weiter, oon (£. l^ (Snberd bearbeiteter 9luf[age 1862-1885; bem fcbon in ber
1. Huflage oufaeftellten ®runbfa(, ba^ ber tuirllid^e fiut^erteirt mögli(^ft treu mieberaegeben
merben foQte, ift erft (^berd rid^tig nad)getommen. S3on ben Iateinifd)en Schriften Sut^erd
erfc^ienen fürd erfte bie e^egetif^en, nämlid) bie ^Auslegungen altteftamentli^er IBü^er in ao
28 »Änben mit bem Xitel „Exegetica Opera Latina" (vol. 1—23 im 3. 1829—1861, Vol.
24—28 im 3. 1884—1886) unb baneben bie (Sommentare pm ©alaterbrief in 3 S3önben
(1843—44); ferner Opera lat. yarii argumenti ad reformationis historiam imprimis perti-
nentda in 7 Oftnben (1865—1883). Uebergangen finb in biefer Sammlung bei allem Streben,
enblid) üollft&nbig }u merben, bocb fo loicqtige @d)riften, toie bie AnnotatioDes in aliquot ca- 35
pita Matthaei oom 3* 1^38 unb Suppatatio aDDorum mundi om 3* ^^^^ ^"^ 1545. $on
^nt^erd ©riefen ^at biefe Hudgabe ber ^ffimtlic^en iBerte Sut^erS" bie beutfd)en f^on unter
jenen beutfc^en Schriften aufgenommen, ^ie Iateinifd)en erfc^einen ^ier feit 1884 (bei an*
berem ©erlag) in einem üon (Snberd ftreng ^iftorifcb fritifd) bearbeiteten „©rieftoedifel'', in
»eld^m au4 jene beutfc^en ©riefe noc^ mit Hnmerfungen üerfe^en unb üerüollftänbigt, ferner 40
©riefe anberer mit aufgenommen [mh; berfelbe ift jebo4 bid je(t (mit ©b 8 0. 3- 189B)
nur bid au ben ©riefen 0. 3. 1531 gelangt (ogl. i^amerau in XtiStSt 1899 S. 155^). ©gl.
5u biefen 6 (S^efamtaudgaben : S$ft, 9?Sr ©b 19. ^ur 6.: ebenbaf. ©b 49. 7. „D. ^. fiu-
t§erd föerte, tritifd)e (S^efamtaudgabe, Weimar, 1883 ff." ^iefed ^ert ift aud«
gegangen Don $L ihtaate (ber feit ©b 7, im 3 ^^^'^^ ^urc^ fein ©efinben an ber Mitarbeit 45
oer^inbert ift), unterftü^t burc^ einen oon ^aifer ^il^elm I. betoilligten ftaatlid)en ®elb:
beitrag. geleitet bur4 eine 00m iD'^inifter ernannte j^ommiffton, — baju beftimmt, |Amtlid)e
Schriften Sut^erS in (^ronologtfc^er Orbnung aufzunehmen mit genauem 3nrüdge^en auf bie
urfprüngli^en ^rude unb, foioeit fi^ no4 ^anbf^riften fiut^erd auffinben laffen. au4 auf
biefe. Huf genommen toerben ba^u au4 genügenb juoerlfiffige 92a(6f Triften oon ©orlefungen 50
unb $rebigten burd) Hnbere. @rf(^ienen finb fo bid (Snbe bed 3* 1^01 S^rtften aud ben
Sauren bid 1527 in ben ©önben bid ©b 24, oon benen jebod) ©b 10. 17. 18 (namentlid)
mit ber ltird)enpoftine) no(6 im 9}üdftanb ftnb. ^ie Mitarbeiter finb ^ier : ^aate, j^amerau,
(£. X^iele, (&. ©uc^malb, $. ^reiod, mt. MüHer, ^offmanne, $ietf4, Steiff, 0. 911bre4t.
H. ©erger, ^. ^altber. ^ie fämtlic^en ©riefe unb bie Xifc^reben foOen erft and @nbe ber 55
ganzen Hudgabe ^ü fielen tommen. — ^ie ^auptfammlung ber ©riefe ift fo bid je^t, bei
em UnooQenbetfein jener (£nberdfd)en, no4 biefe: „©riefe. Senbfc^reiben unb ©ebenten" fi.d
in 6 ©ftnben Don ^e %Bette unb Seibemann 1825—1856, — )u|ammen mit „Seibemann,
ßut^rbriefe 1859", mit .,©urf^arbt, )ü.d ©rieftoedifel 1866", mit jenem «nberdf eben „©riefroedjfel"
unb mit „ftolbe, Analecta Lutherana, 1883''. ©on Sutberd ^ifc^reben ftnb btdber no4 bie go
{Kiuptgefamtaudgaben: „^ie beutfcben Sifcbreben ober Ck)lloquia . . nad) Hurifaberd 1. Hudg.
mit ©eraleicbung foioobl ber StangetDalb|d)en ald ber Selneccerfcben 9{ebattion beraudgegeben
Don grörftemann unb ©inbfcil* in 4 ©finben 1844—48, unb bie lateinifc^cn „Colloquia, me-
ditadones etc.'S nacb einem bem ^aQeftben ^ai{en§aud gebörigen (Sobejc mit ©ergleid^ung ber
editio Bebenatockiana ^eraudgeg. oon ©inbfeil in 3 ©dnben 1863—1866. (Srftrebt roerben 65
mni aber eine Hudgabe, meltbe nic^t, tuie biefe beiben. blog auf fetunbfire Hbfdjriften uon
Xifdireben, fonbem auf originale ißacbf^riften bcrfelben ^urüdge^t. ^i^tige für bie ^tU
8lca(>(lncl)r(opäb{e fUr Z^tolo^it unb iHxÖit. 3. 9(. XI. ^Q
722 Sitt^er
marf^e Ausgabe p Benü^enbe Vorarbeiten baju ^at @eibemann ftbriftHc^ ^intfrlaffen.
Pinseln oerö^entUdjt ift btö je^: ISauterba^d Sagebu^ auf bai» 3a^r 1538 Don Seibf«
mann 1872, Sagebud) über D. tfl. Sut^er Don (S. (Sorbatud beraudgegeben üon ^E^mpeU
me^er 1885 (nid)t aQed barin glei^ urfprünglicb), £ifd)reben £.8 nacb ben tlufjei^nungen
6 t^on 3. @4Iagin^aufen« ^eraudg. t). SB. $reger 1888, Analecta Lutherana et Melanchthon.
mit Sif^reben S.d nad) ^atbefiud, betaudgeo. üon ®. SöfAe 1892. ^ Sd 2)i4tnng«n
finb gefammelt befonberd in: Sbic^tungen ton £>. ^. S., b^tauftg. 0. WbtU, 1883, unb in:
D. m. fi.d ^i(btungen . . beraudg. 0. ®. @(bleudner 1892 (aud) Sateinif^ed).
Biographien jQ.d. ^gl. Sogel, Bibliotheca bibliographica Latherana 1851. SBtr
10 l^aben nod^ XarfteUungen ber fiebendgefd)id)te fi.d uon 3e<t9ei^<>ffei^ unb ^reunben beftfelben:
oon ^eIand)tbon in feiner )Borrebe ^u jenem 2. lateinifcben 16anbe ber ^ittenberaer Kud^
gäbe oon 8.« ©erfcn 1546 (CJorp. Ref. 6, 155 ff. 20, 430 ff.), mit apologetifc^cr Xenbeng.
nur fur^ unb toeniger bebaut auf bie einzelnen S^itangaben, — 00m 9Ir}t Sla^eberger in
Vufjeicbnungen, bie erft 1850 bnrd) 92eubecfer („bie banbf(briftli(be (Sefcbic^te dta^ebergeid über
15 S. unb feine 3^^^") b^taudgegeben worben finb, o^ne ftrenge Orbnung, toereinjelt unb luden«
baft, aber mit mancherlei intereffanten eigentümlicben Mitteilungen; — enbli^ oon ^atbe^
find bie erfte eigentlicbe, in $rebigten uorgetrogene, aber mit Umpd^t auSgefubrte Otogra|>bie
(^iftorien t)on bed @bi^n)irbigen . . . ^. 2.^ ^fang, fiebr/ fieben unb Sterben • . . burtb
ben alten ^errn M. ^atbeftum geftelt'' u. f. »., 9{ürnberg 1565; neu b^rauftgeg. ti. ®.£öf4e
20 in 3ob. ^atbef. audgemäblten Werfen Bb 3, $rag 1898). Von feinblicber ®eite gab fi.«
ßeitgenoffe unb b^f^iget Gegner @0(bläud 1549 b^^aud: Oommentaria de actis et scriptis
M. Li ... ab a Dom. 1517 usque ad a. 1546 (nacb SIeibenft Urteil: über cahimniis, nu-
gis, conviciis refertissimus). $gl. ju ben bi^ber genannten Scbriflen: ^.$Ittt, bie oier erften
Sutberbiograpbien, ein Vortrag, Erlangen 1876. 9{äcbft biefen ift bier no4 ju nennen: StU
26 neccer, Hietorica narratio et oratio de D. M. Luth. 1575, unb Treffer, Historia M. Loth.
1598. 3n ber gfolgejeit fommt tu, bid ind 19. ^abrbunbert, ^u feinen mabr^aft »iffenfcbaft-
Heben, auf bie legten Oueflen jurüdPgebenben, ber reiben ^rabition gegenüber fritifd^n Unter»
futbungen unb ^arfteQungen uon fi.d !Oeben; üg(. @b* Runder, Vita M. Luth. etc. 1699,
beutfcb 1706, g. @igm. fteil, aWer!n)ürbige ßebenöumftfinbe W. fi.8 u. f. w. 1746: ßingfe,
80 9?eifegefcbi(bte )i3d 1796 (faft eine ^iograpbie) ; Ufert, S.d fieben u.f.». 1817 (bauptfficbUcb
®ibIiograpbtf(bed). Q^nen roiffenfcbaftlicben^tnforberungen entfpri(bt au(b noc^ nicbt ber für«
ganje gebilbete $ublifum fcbreibenbe ^. $fi^er (S.d men 1836) unb üoQenbft anbere oie
@tang (1835) unb Sebberbofe (1836). ßuerft üerfucbte bann 9e. teurer S.dSeben
,,rein aud ben Ouellen bar^ufteUen", bocb obne bie erforberIid)e l^oUftfinbigfett unb @4Arfe
85 ber gforfcbung (r,2.^2tbtn aud benOueOen erjfiblt'' 1843, bann überarbeitet bid ^ur 3.9uf[.
1870; baneben populärer ^udaug feit 1850). SReicbbaltigfted gelebrted Material, aber über«
mSgig n)ettf(bi(btig unb gleicbfaüd obne genügenbe @cbfirfe ber grorftbung Hegt oor in „^ÜX'
gen«, ß. oon feiner ®eburt bid jum «blaöftreit 1517", 3 ©änbe 1846—47. 3enen wiffem
fcbaftH^en ^nforberungen fu(bte bann in einer möglicbft uollft&nbigen fiutberbiograpbic h^
40 oenügen ha^ 3Berf „3. ÄöftHn, W. fiutber, fein fieben unb feine @<briften, 2 ©be, 1875"
(jttjeite neu burcbgearb. $(ufl. 1883, neue oerbefferte Wufi. gcgenroärtigin SSorbereitung; bo»
neben tjon bemfelben SScrf. : ,,fi.« fieben, mit SQuftrat., in l»b, unb ,,3R. fiutber. ber beutfcbe
^Reformator'', &eftfd)rift j. 10. 9^oü. 1883); ebenfo bie fürjere ©iograpble „m. Sutber"
1884—88, 2 53be, oon 3:b. Äolbc; unb aud^ bie in ibrcr Äürje für» „beutfci^e eoan^el. «olf
45befHmmte t)on &. $litt 1883 (nacb $.d $'ob ^u @nbe gefübrt oon $eterfen). ^uf (Brunb
gleicb ftrenger roiffenfcbaftHdicr Unterfud^ung roill Arn. Söerger in feinem (1895 begonnenen,
bi« je^t jnm 3abr 1532 fortgefcbrtttenen) ©ud)e „3R. fiutber in fuHurgefdjicbtHdier 3)or.
fteüung" (ju ?l. ©ettelbeimS »iograpbicnfammlung „®eifte8belben, fübrenbe ©eifter* ge^brig)
ben 9{eformator „nicbt nur ald bad reHgiöfe ®ente, fonbern s^leid) ald J^uHurbelben ^ur
50 Wnfcbauung bringen." «uf bie fürSSSolf bcftimmten fiutberbiograpbicn (befonberS a^.8lobe«
„D. m. fiutberS fieben u. f. ro. 0. % Wartin" in 3 ©änben, 2. «. 1884 ff., unb ©udjroalb«
„D.W. 8. u.f.n)." 1902) fann bier nitbt »eiter eingegangen werben. — tBon römifdjer 6eite
au« (ogl. oben über ^ocblfiud) ift fiutber am gef^ictteften burcb Sanffen in feiner »Qk«
fcbi(bte bed beutfcben IßoIfeS feit bem ^udgang bed Wittelalter«'' mit ^ilfe reifer biftorifcber
66 @)elebrfamfeit ^um Q^egenftanb einer ebenfo böi^artigen roie fing oorft^tigen gef4id)tH(ben
2)arfteaung gcmocbt rcovben (togl. 3. ÄöftHn, 8. unb 3. Sanffen, 1883, 1.-3. «lufl. »on
gleicber Stenbenj: eoer«, W. fiutber, fieben«* unb (Sbarafterbilb, 6 ©be, 1883—1891. —
granjofifcb proteftantifcb : fj^l. ^ubn, fiutber, sa vie et eon oeuvre 1883, 3 ©be.
8u 2.^ ^bcülogie ogl. %t}. ^arnacf, 2.^ 2:beoI. mit bcfonbcrer ©ejicbung auf feine
eo »erföbnung«. unb erlbfungSIebre, S3b 1, 1862, «b 2 1886; 3. «Win, fi.« X^eol. In ibrer
gef(bi(bt Heben ^ntroicflung unb ibrem inneren 8"fömmenbangc, 2 ©be, 1863, — ^koeite üott«
ftänbig neu bearbeitete tlufl. 1901; @. fiomma^fc^r S.« fie^re ü. ctbtf^-reUgiöfen ©tonb-
punft au« u. f. ro. 1879; fi utbarbt, 3)ie ©tbif 8.8 in ibrcn ©runbjfigen 1867, 1875-, ^e»
ring, 3)ic W^ftif 2.i, 1879.
66 SKartinSutl^er, tourbe am 10. 5RoöemBer 1483 «i einleben geboten. SeinSSater,
§an8, toar atö Sergmann öon ÜRö^ra, Wo er üor^er gelebt ^otte, bort^tn gcjogen. Ur^
fprüngUc^ toar berfelbe, ebenfo tote auc^ ber SSater unb (äro^tKtter be^felben, naq Su^er^
Stttiier 723
eigener Angabe ein „xtd^tn Sauer" getoefen; ber 9?ame (Suber, au(^ Silber; ,,2utl^er"
^fet erp unfer SKartin 2., feit 1517) ift offenbar ein« mit Sot^r, G^Iot^ad^ar (= Äleo*
^otod). 2)ie ÜRutter, 3Rargarete (eine geb. S^^q^^, nic^t fiinbemann), ftammte au« einem
bürgerlid^en ©efc^Iec^te. 3)er angegebene ©eburt^tag ftel^t feft (Sre 3, 414); unb auc^
hca ^aijt barf cii ftc^er angefe^en toerben (nid^t 1484, obgIei(i(; ÜRelanc^t^on unb au4 s
£ut^ felbft tDOI^I jeittoeife jur 9(nna^me biefed ^ol^^ed ftcb neigten; geh)i| nid^t 1482,
gegen Orgel, t)om jungen Sut^er 1899, togl. Äatoerau in 3lf3 11, 163 ff. unb 2)reto« in
3^. Siunbf^ou 3, 205). 93on @i«Ieben jogen bie @Item ein ^albed ^aJ^x barauf toeg,
naid^ SRondfelb, h)o ber 3$ater \päitt in ben 9lat lam.
äSater unb 3Rutter jeigten in ber Jtinberjuc^t eine Strenge, unter toelc^er 3Rartin lo
fd^on tttoa^ Don ben i^ ^ernac^ fo fc^toer bebrängenben Sc^reden be« ®efe$ed berfd^^medten
tnod^te. Saju lam bon feiten beiber ber @inbrua bieberen, red(;tf(^ffenen 2Befen«. 2)ed
Soter« gerabe« ftttlid^e« Urteil richtete fic^ anöf gegen ben Derberbten S^araher be§ geift^
lid^ Stonbed: er orgtoöl^nte l^inter bemfelben „®lei«nerei unb Süberei". Sin ber 3)httter
tDtrb Don ÜRelanc^t^on (Curriculum vitae etc., Corp. Ref. 6, 155 sqq. Domel^mlid^ i6
gerühmt pudidtia, timor Dei et invocatio. Über ben äSater fagt Sut^er nac^ bem
Zobe bedfelben (9r. 4, @. 33): dignum est — lugere me talem parentem; —
Pater misericordiae — me — per ejus sudores aluit et finxit qualis, qua-
lis sum.
2)er @rtrag Don ber Slrbeit bed SSaterd, beffen ölonomifc^e Serl^ältniffe anfangt be^ 2)
Drängte tantren, admö^Iid^ i^od(; ftc^ befferten, reichte ^in, ben ®o^n bie lat Schule be^
fu(^ )u loffen, )uerft in uRanifelb, 1497 in ÜRagbeburg (tool^I in einer ftäbtifd^en @(^e,
Bei Se^rem oud oen Srübem bed ©emeinfamen bebend. S. fagt : bei „9luQbrübem" Dgl.
(gD. 513 1881, 5Rr. 23), feit 1498 in ©fenac^, too bie aJlutter SSertoanbte l^atte. Sut^er
fyit inbeffen bafelbft mit anberen ärmeren ®(^ülem aaöf „Dor ber S^ür panem propter 25
Deum fagen imb ben Srotreigen fingen'' muffen ; bann na^m fid^ Urfula, bie ^aa be^ ans
gefe^enen Jtun) Sotta, bed itnaben an. 3^ ^ifenad^ toar (nac^ 9ta^ebergerd Angabe) einer
ber tüchtigeren ©rammatiHeiSirer, ^.Xreboniud; bei Sut^er jeigte ftcp bereite „vis ingenii
acerrima et inprimis ad eloquentiam idonea" (SRelanc^t^on), unb ed )og ii^n auf
eine l^o^ ®(^ule. @o lie^ i^n bie @ltem 1501 auf bie Erfurter UniDerfitöt geJ^^en. so
@ein @tubium filierte i^n bafelbft in bie ^errfc^enbe spinosa dialectica hinein, inbem
er gimäc^ft $l^iIofo))^ie ftubierte; feine ^av^Ütfycct barin tvaren bie 9lominaliften Xrut-
Detter unb Smolbi (Uftngen). S^gleic^ tourbe er toenigftend mit einzelnen @enoffen be^
iungen l^moniftifc^en „$oeten''^eife§ (fo mit Srotud 9tubianud) befreunbet. 3Rit jenen
Sehern ftanben biefe bamald auf gutem ^^e. Sut^er tourbe 1502 Saccalaureud, 1505 86
^Dflagifter. 3^,3$ertrauen auf feine f(bönen®aben l^o^en SSater unb SSertoanbte, er toerbe
in toeltlid^en Ämtern fein ®Iüdt machen tonnen; jener beftimmte il^n mm fünften.
93on Sut^erd religiöfer Snttoidtelung bid ba^in toirb ixn^ berid^tet, ba^ er bei
ber emften fittlic^^eligiöfen Stic^tung, bie er aud bem elterlichen $aufe mitbrad(;te, burc^
oud in ben uneDangelifc^en, bie bamalige fiirc^e be^errfd(;enben 9(nfic^ten Dom ^eitötoege 40
befangen iDor, o^ne Don irgenb toem in Setanntfc^aft mit ber 1^1. @d^rift eingeführt )u
iDerben. ^d^t l^ören toir Don übertoöltigenben Sc^reclen, toelc^e anl^altenbed Slac^benfen über
® otted 3^^ ^^^ f^^^ emften @inn brad^te. ^am erfc^ütterte i^n {naö^ 3Reland(;t^ond ^n«
gäbe) bod rafc^e, toa^rfc^einlic^ t>m6) 2:otfc^(ag erfolgte @nbe eined ^^nbed. innere älngft,
bie ben toal^en Xroft nic^t ju finben tou^te, trieb i^n in rafd(;er @ntfd^eibung )um ^ei« 45
Itaen SDlönd^leben. Unter ben @c^redten eined ©etoitterd gelobte er ed unb ging bann
fofort, am 17.3uli 1505, in« äuguftinerllofter ju Srfurt, — unertoartet für bie ©einigen,
)um tiefen @c^mm für feinen SSater, — felber o^ne Ilcfred Seiougtfein, magis raptus,
äuam tractus (99r. 2, 47); 1507 em))fxng er bie ^rieftertoei^^e. — SKit aufridj^tigem
lifer gab f\d) äntiftt in bie tieffte ÜRönci^bemut ba^in. 9lic^t minber eifrig ftubierte er so
feine ^^eolo^ie ; bte ©elften ©abrief D. Siel unb b'älillid lernte er beinahe audtoenbig,
lad fleißig bte Occam«, auc^ ©erfon«. 9lber bie inneren fläm))fe unb JQuolen, bie ä(n*
fec^tungen burc^ 3^^if^^ ^^ ^^ eigenen ©eligteit erreid(;ten, anftatt burd(f fromme Übungen
gelinbert ju toerben, jeftt erft ben |öd^ften ©rab. Segierig unb tief erfaßte er ben 3^==
^ruc^ eine« einfachen alten Ilöfterlic^en Se^meifterd, ber i^ auf ben Slrtilel Don ber 66
SünbenDergebung Dertoie« unb i^m aebot, hierauf ju l^offen. 3)ie befte unb frud^tbarfte
Selebrung em))fing er Dom Drben^Dilfar ^ol^ann Don @tauDi$, ber i^m ein Dertrauter unb
Däterlic^ greunb lourbe. Unter ben mittelalterlichen Ideologen lernte er afe 3^^901
ber göttlid^en ©nabe ben ^etl. Seml^arb lennen. ^ad @ntfc^eibenbe aber toar, ba| er in
bie ^L @d^ft felbft fic^ Derfenite. eo
46*
724 £ttt^er
3(uf ben ®et{l unb bie ftenntntffe be^ befc^eibenen Stönd^ burc^ @tau)>t^ oufmerljam
gemadj^t, berief \f)n fiutfürft t^riebric^ 1508 auf einen ))^iIi)fo))^tf(^ Se^r^I an ferner
neuen Untoerfttät äBUtenberg. @r lad ba 3)taleltif unb ))l^ilofo)c)l^if(^e ®t^ nad) Xrifto»
teied; 1509 tourbe er baccalaureus ad biblia. Sann tpurbe er(to)ad Don ollen Sutper^
b bu>9ra))^en btö m m. 9(b^anbl. tn 2;^tJl 1874, 319 ff. überfelSien tporben ift) oud un^
belannten ©rünben an bte @rfurter Uniberfttöt jurüdgerufen, h)o er gegen bret Stmeßer
blieb, unb 1511 (nad^ anberen fcbon 1510) in Orben^efc^&ften tpo^l tpcgen etned im
Orben entftanbenen Streitet, nad^ fHom gefanbt (t>9l. ^audrat^, 3R. S.d Siomf a^, 1894 ;
Qllt, £.d 9teife nac^ fflom, 1899). $ier em}>|ing er Sinbrüde bom Serberben bed ro«
10 mifc^en jtir^entoefend, toeld^e \pcdn feinen Stfer h)iber 9lom fteigerten * bod^ bomaß
traten jte feinem DöQig l^ingebenben ®Iauben an bie itin^e nod^ leinen Sbbnu^. 9tad^
Sßittenberg jurüdgele^rt, h)urbe er l^ier am 18. Oltober 1512 )um Dr. theol. ptomotmL
1515 tourbe i^m bad Dtben^ilariot für Steigen unb ^üringen anvertraut (Sx tmirbe
femer, inbem er freitoiDig für ben alten unb hauten SCBittenberger &tabt))farrer ^mi
15 eintrat, eifrig aud^ ald ftöbtifc^ $rebiger, toie ald $rebiger in feinem Jtlofter t^ätig.
@(^on je^ geigte fxö^ bei i^m biejenige Umgejloltung feiner Snfc^ungen, Über<
uugungen unb Seftrebungen, iraft beren er bann 1517 in ben il^m Don oben jugetDiefenen
Seruf eintreten tonnte. @r l^atte fu^, toie ed fein innere^ Sebürfnid mit fiä) brachte, bon
ber $l^iIofo))^ie ioeggefei^int ju berjenigen Xl^eologie, toelc^e — nudeum nucis, medul-
20 lam ossium scnitatur (9r. 1, 6). 2)en jtem ber ^eilbringenben Sßa^eit fuc^te er
für fic^ unb feine i^vi)'6xtt tote in ber ®(^rift überl^aubt, fo bor cSUm im Sldmerinnefe
unb in ben Don i^m gan^ auiS bem neuteftamentlic^en ®eift ^eraud aufgefaßten unb ax^
gelegten ^falmen: in feinen SSorträgen über biefe beiben 9üd(;er leud^tete pim erftenmale
(3ReI.) baiS eDangelifc^e 2x6^1 toieber auf. 3^^^ ^^ ^ ^^^ ^'^ $falmen. 3&\x beft^
26 noc^ älnmertungen, bie er fic^ bamald in fem ®£emt)Iar bed lateinifc^en ^falterd etnfd(|neb,
um fte ben QMi}bxttn ju bittieren unb ben auefüi^id(;en Xe^t ber 1518—1516 gel^aUenen
$orIefung, ben er für ben 3)rudt fertig maö^m tooUte (SBeim. 9lu^. 9b 3. 4). 6o
na^m S. juerft ben ^f alter Dor unb bann ben Sldmerbrief; nac^ biefen ben an bie ®a«
later, an bie Hebräer unb an 2;itud. @eine Sorlefungen über ben an bie ®alater
80 gab er 1519 in neuer Bearbeitung l^eraud. 9Son ben SSorlefungen über bie anberen Sriefe
ftnb neuerbingd 9la(^fd(;riften entbedtt toorben, bie ieboc^ noc^ auf SSeroffentlid^img in ber
SBeim. 9lu^. toarten. 93om ^a^r 1516 ftammt too^l auc^ eine noc^ in 9{a(^(^rift Dor«
Sianbene, im Jtlofter gel^altene äSorlefung über bod Suc^ ber Slic^ter. Unter ben menf(^
tc^en, tird^lic^en Sc^riftfteDem ^at je^t jumeift äluguftin auf i^ @influß geübt, mit
35 bejfen @d^riften er erft turj Dörfer nö^er betannt unb Dertraut getoorben toat; er le^
mit biefem fc^on ^ier im @egenfa$ jur @iaengerec^tigtett eine ®otteSgered^tiateit, bie Don
©Ott und gefc^entt toerbe ; unb \6)on ^ier faßt er tiefer, ald äluguftin, bie ^ebeutung M
©laubcnd auf, toelc^er ber „lurje 2Beg" ju i^r fei. — Unter ben mittelalterlichen Se^rem
ioirtte am ftärtften auf fein ^nnered bie innige, an bie ®nabe ®otted unb an S^rifti
40 $erfon unb ^eitetoert fid^ l^altenbe Sleligiofität ©t. Sem^arbd. — 1516 lernte er bie
Sn^ftit Xaulerd unb ber „beut{d(;en ^l^eologie'' (Don il^m felbft 1516 u. 1518 l^au^egeben)
tennen unb tourbe Don iJ^r getoaltig in feinem inneren ergriffen. 9lud^ ifyc gegenüber
aber bel^au))tete er feine Sigentümlic^teit in ber äluffaffung bed ^eildtoeged, in todd^ er
Dielme^r bur^ bie biblifc^en, j^aulinifd^en Sludfagen beftimmt iourbe.
45 Sßö^renb £. noc^ ganj unbefangen bem ^ertfc^enben ilirc^ntum ergeben blieb, ifi er
bod^ in biefer äluffaffung fd(^on )oefentlid(; ju bemjenigen Stanbpuntte burdj^Arungen, für
toelc^en er bann feit 1517 gegen bie 9lu%rü(^e jened jtird(;entumd tamf^fen mußte. 3)ad
$etl ru^t i^m rein auf ber göttlichen ®nabe. äSon 9!atur trachtet ber SJlenfc^ fc^lec^t^
nur nac^ ^leifc^lic^em (beff en 93egriff Sutl^er fc^on je^t niöft bloß auf bie sensualis con-
50 cupisc^ntia, fonbem auf bad äßefen bed ganzen nod^ nic^t toiebergdborenen SRenf^Kn
unb Dor aQem auf feine @elbftfu(^t audbe^nt), unb aSe feine guten sBerte finb @ünbe;
®ott muß ben Saum erft burcb einen ©nabenatt gut machen, e|e er gute %it(^te bringt,
unb jum @m)9fang ber ©nabe fann ber 3Renf(^ auf teine SBeife fu^ felbft Dorbereiten:
unica dispositio ad gratiam est aeterna Del electio et praedestinatio, — Don
55 fetten bed Wenfc^en bloß rebellio. ^iefe SeiS^re Don ber rein bun^ göttlidbe ©naben^
mirfen ^ergeftcQten ©etec^ttgteit bed fonft DöDtg unter bie @ünbe gebannten SDlenfc^ ifi
ed, toorin £. ganj an 3(ugu[tin fid^ anfc^Iteßt, ja über i^n (namentlid(; mit ätudfagen au^
fc^on über ben Urjuftanb) noc^ binaui^gel^t, mdi^renb er im Unterfd(;ieb Don bemfdfben mit
$aulud le^rt, baß hierbei ber ÜJienfc^ rein burdj^ ben Don ©otted ©nabenloort unb ©eift
CO gemirtten ©lauben, tüdd)tt SSertrauen auf ©otted Dergebenbe ©nobe in S^fto fei, bie
Silber 725
Sergebtmg erlangen unb bor ®ott befiel^ lönne, unb ba^ im ©laubigen bann ©otted
(Seifl jugleic^ innere Sled^tbefc^ffenl^eit h)trle, bag aber aud^ ber alfo äßiebergeborene unb
(Seredjfte in ollen feinem ©uteStl^un fort unb fort no(^ fünbige, ol^ne 3iufytti unb SSer«
bienfl fei unb nur burc^ bie bergebenbe ®nabe unb ben (Glauben an fte bor ©ott beftel^e.
Sut^erd Suffaffung bom ^eil^e^e felbft fül^rt und bann junäd^fl gon^ in ben ^eid jener 6
99b^ ein. ^en ©runbmg btlbet bie ))erfönli(^e Seue^ung bed emjelnen Subiettd ju
(Sott unb S^ftud im ©lauben. Unb gtoar ift ber ©laube mit reiner, auf aSed Sigene
ber)i(^tenber Eingebung eind: bie ed^te ©ottedfurc^t bed ©laubigen ift biejenige, ioelc^e
— pure propter Deum timet Deum. ©Ott gegenüber mu^ er bann — sese in
purum nihilum resignare, aufgeben ben StgenioiQen, ber ald bie ©runbfünbe bom lo
Xeufel fommt, — aufgäen, leinedioegd nottoenbig auc^ äu^erlic^, too^l aber imterlid^, aSeS
Jlreatlirlic^e, — omnia habere indifferenüa. ^n feiner Slic^tung auf S^rifhid fül^
ber ©laube, mit Jener boQIommenen ^ingabe aSeS Sigenen, )ur boEIommenen @l^e mit
Sl^rijfatd. 9{om Sege jener ^fül aber fc^eibet ftd^ ber Sutl^erd im ^erbortreten bed
@(iiMbbetou^tfetnd \iatt allgemeinen 9eh)u|tfeind bon 9{i(i(;tigleit bed @nbli(^; jene Sle^ i6
ftgnation ift 'if^m bor aDem SSerjicbt auf bie eigene ©ered^tigleit; ber ©laube aU ©laube
and Unfic^tbare bor aQem ©egenfa| gegen bad SSertrauen auf eine eigene, in SBerlen
fu^tbare ©ered^tigleit. 3)a richtet jtc^ benn ©lauben unb Hoffnung allein auf S^riftud,
ber allein bad ©efe$ erfüllt unb unfere Strafe getragen ^at, unb \px\d)t gu il^m: tu es
justitia mea» ego autem sum peccatum tuum, tu assumsisti meum et dedisti 3o
mihi tuum; -— fo sufficit Christus per fidem ut sis justus. ©ered^t finb toir
fo fc^on nad^ ber bamaligen Seigre Sutl^erd ex sola imputatione Dei, fofem er bie
Sünbe nic^t jured^net, ja: omnis sanctus peccator revera, justus vero per repu-
tationem Del miserentis. ^iefe Srbarmung ©otted bezeugt fic^ innerlich in „beim^
lid^em Sinrünen: beine @ünben finb bir bergeben''; aber fc^on toamt Sutl^er auc^ bor 26
ber SReinung, ba^ @d^ulbbergebung nur ftat^nbe, ioo @m})^bung jened ß^^^^ff^* ~~
2|n ber „justificatio'' toirb bie ^erfteüung eigener innerer 9flec^tbef(|affenl^eit, toobon man
bod SBort allgemein berftanb, bon S. forttväi^renb (unb auc^ fbäter nod^) mit befaßt,
biefe ^erflellung erfolgt aber erft mit unb auf ©runb jener bem ©lauben )u teil Serben«
ben imputatio, @ünbenbergebung unb ©ered^tannal^me: unb Jtraft, Xrieb unb ^^eubigteit »)
^m ©utedtl^un toirb fo bon £. auc^ eben aud biefem mavibm felbft ^geleitet ; aud bem
bettrauenben ©lauben ge^t nad^ S. fü^e Siebe ^erbor; ber burc^ ben ©lauben innetool^^
nenbe S^riftud felbft fd^fft aQed unb übertoinbet aQed, unb fo aldbamt toirb er bem
©laubigen auc^ ald 9eif))iel borleuc^ten; toad aber ber ©laubige je^t ioirlt, bad tl^ut er
mdft )u eigener ©erec^tigleit: nulla operatio confert justo aliquid justitiae, sed 86
Deo per eam et hominibus servitur. Unb in fold^er SBeife boQbrac^t finb and) todU
Itd^e tlrbeiten, bie äßerle eined f^ürften ober auc^ eined gemeinen ^anbtDerlerd, ©Ott fo
tbol^lgefällig ald ©ebet, %a\tm, 95iailien. — ^VLQztült ioirb alle jene ©nabe burc^ bad
SBiort, in toeld^^em nid^td anbered i% benn Sl^riftud felbft, bad Srot bed Sebend; ed ioirb
biefed 9rot gegeben öu^erlic^ mittelft bed 2)ienfted bon ^rieftem unb Selbem burd^ SBort, lo
fotbie burd^ ©ahament bed älltard, innerlich burc^ „©otted felbft Seigren'', inbem ©Ott
immer bei feinem SBorte ift. Seftimmter toirb fie jugeteilt burc^ @bangelium, nad(;bem
jubor bod ©efe$ fein äßert get^an, b. 1^. ftrafenb unb bemütigenb jur ©nabe und ^in«
getrieben ^at; ba tünbigt bann bad @bangelium Rieben unb sBergebung an. 9(u(^ jened
%mt bed ©efe^ed aber fteQte Sut^er bamald unter ben Segriff bed Sbangeliumd, inbem 46
biefer i^ fo ben ganjen ^n^alt ber neuteftamentlic^en Sdpriften umfa^; aber nur bie
©nabetti)erlünbigung ift opus evangelii proprium, jened (ba| ed latificat mandatum,
magnificat peccatum) bielme^ ein op. evang. alienum.
Neffen aber, ba| bie l^errfc^enben tirc^lic^en älnfc^auungen benen, ioelc^e ÜRittelpunIt
fetned ©laubend unb Sebend getoorben loaren, toiberftritten, toar Sut^er ftd^ ni^t beiou^, go
no<^ auc^ f)aüi er aufgehört, fold^e @lemente ber lird^lid^en Se^re, ioelc^e mit jenem ÜRittet
punitt nic^t auf bie ^auer ftd^ bertragen tonnten, audbrüdlic^ felbft nod^ anjuerlennen.
®r forbert im ©egenfa^ jur l^errfd^enben @itte, ba^ bie 9ifd(;öfe ald il^r erfted 9(mt bad
^rÄigen anfeilen f oDen ; bon lügenl^aften © efc^id^ten, bon f alfd^en fiegenben, bon SRenfc^en::
meimmgen unb ÜRenfc^enfa^ungen foQ bie ^rebigt frei bleiben ; unb ed foD anö^ nid^t 66
(tbie leiber faft überaU gefqe^e) blo^ über mores et opera, fonbem indbefonbere de
fide et justitia ge)9rebtgt toerben. @old(;ed, meint fiut^er, foDte ber erfte ©egenftanb
reformatorifc^er Semül^ungen fein, ber jtoeite bann 3Jla^egeln gegen bie innere 3)emorali<
fotion bed Älerud, in beffen eigenem 3""^^ k*^ 2öelt foUte überwunben toerben. Sei aD
bem aber ftel^t er in ber beften ^Reinung bon ber Ütbereinftimmung ber firt^lid^en ©runb? oo
726 Sit^
lehren mit feinen eigenen, iDeld^e nur in ber ^racid ^^intongefe^t feien. 9Iament(t<l^ regt
fidj^ in Sut^er, fo fel^ er am Seben bon ^rieftem unb $ät)fien ärgemid nimmt, nod^
leine Bpux bon R^m^d an ber Sutoritöt unb äSoQgenHilt ber äußern JHn^ ald f<>Ukr;
©el^orfam gegen l^e, bie untrügliche, ift i^m eind mit ®el^orfam gegen (S^riftud. SRon
6 fielet iebo(^ nic^t, ba^ £utl^er über bie 9lrt biefer (Setoalt tpeiter repdEtiert l^ätte. 9K(^t^
tft mel^ old ber ÜRangel an Setpu^ein über feinen bereite eingetretenen ®egenfa^ gegen
bie Ricö^t ein flarer 93eh)eid bofür, h)ie ber (Seift, aui loeb^em feine Snfd^ungen pd^
erjeugten, fo ganj ein ))orttiber, innerlich unt)ermerlt jeugenber unb treibeid)er, fo gar nU^t
ein Seift ber 92egation ober anö^ nur ber !ritif(^ iKe^ecion getoefen ifL
10 2)ie geiftigen Srjeugniffe, bie toir bon Sut^er aa» biefer 3^ ^4 beft^en unb in
toelc^en biefe Stnfd^uungen unb Seigren niebergelegt finb, finb jene ^falmenborlefungen,
lateinifc^ niebergefc^riebene ^rebigten feit bem ^a^re 1515, eine SBorrebe )ur beutf(|fen
Geologie (Xitel : „SBad ber alte unb neue 3Renf(b fei'O 1516, eine 9lud(egung ber ^eben
Su^folmen, bie erfte eigene @(^ft, bie er feCbft ^erau^egeben, unb bie erfte, bte er
Iß beutf4 gefc^rieben f^ai, bebeutfame tl^eologifc^e 3;^efen bei Sembarbid (t). gelbürc^) unb
®ünt$erd 3)id))utation 1516. 1517, $rebigten über bie 10 ©ebote (latein. berau^egeben
1518), älu^Iegung bed SSater^Unferd (beutf^) 1517. — äBid^tig fmb femer für bie gan)e
©efc^ic^te feiner geiftigen Snttoidelung toie feinet äußeren gebend feine Sriefe.
3)er Sbla^^anbel, meieren ber mit Sluftrag bom 9)lain;ter Srjbifd^of berfel^e
30 3)ominiIaner Xe^el in ber 9lö^e bon Wittenberg trieb, beranla|pte Sutl^er mm erftot Um*
))fenben auftreten, — aber, toie er felbft meinte, niä^t gegen bie fiird^e, fonbem für i^
eigene @]^re unb nad^ il^em eigenen ioa^ren Sinn unb SCBiUen. @r begann, Dor bem
ÜRi^braud^e bed SblaffeS im Seui^tftul^Ie unb auf ber jtanjel pi toamen, toäl^renb feine
bogmatifc^e 3bi[x6)t Don bemfelben auf ®runb feined ®laubendmittel))imlted fonfequent,
36 tomn aud^ nur aJDlmä^Iic^, )uerft mit teiltoeifer, bon i^ felbft offen au^ef))ro(^er Um
ftc^erl^eit ^ geftaltete. 9lm 31. Oltober 1517 fc^lug er feine 95 3:i^efen an ber Sd^loft«
Krc^e )u äBittenberg an. Sinen entfc^eibenben <^au))tangriff aber meinte er lux^ nicpt
einmal mit i^nen )u unternehmen. @r l^atte bie Si^efen nic^t fc^on )u allgemeiner Ser»
breitung beftimmt, iooDte in benfelben auc^, ioie ed bem ^oralter folc^ X^en ent<
80 \pxa6), nic^t lauter fc^on feftfte^enbe 93e^au))tungen, fonbem teiltoeife nur erft einen ®egen«
^anb bed ^üpviit^ auffteUen. ^1^ ^^I^Ktlt ift bemgemä^, toad er fd^on in $rebigten
t)orgetragen l^atte: ^^n Su^gebot iooue, boft bad ganje Seben eine SBuf^e, nömli(^ /w
rdvoia, fei, unb fei nid^t t>on ber ))riefterlid$en confessio unb satisf actio )u berftel^;
unb jioar forbere ^ mit ber innerm Su|e auc^ äußere @rtötung bed §leif(^ed; unb ti
86 beftel^e ba^er mit jener, b. ^. btd jum Eintritt ind Himmelreich, immer auc^ bie poena
fort. 9lid^t in Setreff biefer felbft, fonbem nur in Setreff ber t>on i^m auf erlwttm $önen
tooDe ber ^apft @rla^ eintretm laffm, ber ))ä))ftlid^ Slbla^ fei ba^er nid^t Serfö^nung
mit @ott felbft, lönne t)ielmel^ nid^t einmal bie eigentliche Sc^ulb ber geringflen täglich
Sünbe l^intoegne^mm. 2)ie ioirllid^e @c^ulb ioerbe t>xdmtfyc bom $a))ft nur infofem er<
40 laffm, old er bie t)on feitm®otted erfolgmbe @rlaffung berfelbm anlünbige unb befUitige;
unb fold(;e )9ä))ftlic^e Vergebung, b. 1^. Slnlünbigung, fei )toar mit nic^tm )u Derad^tm, ed
trete aber aud^ o^ne bed ^apfted älbla^ auf blnge toal^re compunctio pin DöDige Ser«
gebung für bm S^ftm ein, unb t>a^ SSerbimft Sl^rifti unb ber ^eiligm toirle auc^ o^ne
bed ^apfted 3^^^^" ®nabe bed innerm, unb ftreu), %oh unb ^öDe bed du^erm Wim*
46 fc^m ; ber too^re @c^a^ ber Kirche fei bad Stxxnaelium bon ber ®nabe ®otted, unb biefeS,
nid^t ettoa ber äObla^, fei aud^ bie l^öc^fte, bem Hia))ft anvertraute ®nabe. ^nbeffm unter-
toerfe ®ott jebm, ioelc^em er bie @d^ulb t)ergebe, in aSm StüdEeti gebem£btigt, ouc^ bem
^riefter ald feinem @tell))ertreter. 3)te Slbläffe alfo lä^t bann Sutper für bie Don ber
Sirene auf erlegtm @traf m unb Seiftungm geltm. 9lber ber toal^r^ft Su^fertige foO gerabe
50 auc^ )um Xragm Don itrem unb $ein toiUig fein. — Sabet ioiU Sut^er überall nid^td
ate bm toal^rm @inn bed ^a))fted felbft an^px^m, ber Don bem getridbmm 9Ri|brau(^
ioo^l felber gar nic^td toiffe. — Sluffallenb tonnte fd^einm, ba^ Sut^er bie Sebeutung bed
fonft \ö^on überall Don i^m DorangefteQtm ®laubmd ^ier nic^t ^erDor^ob; ed toar aber
bie innere 93u^e, ^u toelc^er biefer il^m gel^örte, unb beim 9(bla| ^anbelte ed ftd^ für E
56 nid(;t um bad SSerJ^öltnid ju biefer, fonbem um bad SSer^öltnid bedfelbm )ur satisfactio,
an beren @tatt berfelbe tretm tooQte unb berm äßal^r^eit Sutl^er felbft niqt im ®lauben,
fonbem in bem aui biefem ^erDorael^enbm Sebm fanb.
9Bad Sutl^er aud reinem, felbftftänbigem innerm älntrieb gef^od^m, fanb aldbolb
burc^ 3)eutfd^lanb ^in einm SBiber^aQ, bm fein äu^erlic^ teinedn>egd loeUftrebenber no^
60 aud^ nur toeitfc^aumber @inn nic^t geal^nt ^e. @eine ^fen ^^liefm fd^ier in 14 Zagen
burc^ gan) 2)eutfd^Ianb ; benn oQe SBelt Hagte über ben 9(bla|; unb h)eil oQe Stfd^^öfe
iinb Soltored ftiUf(i(;h)tegen unb 92iemanb ber Jla^e bte Scheuen anbmben tooDte, ttKirb
ber £ut^er ein 2)oItor oerü^mt, ba^ bod^ einmal einer lommen toäre, ber brein 0riffe'^
äßeiter trieben il^n bie Angriffe ber ©egner: ^e^eld, — be^ 3)ominilanerd $rieriad, bed
))ä))fUidben Magister palatii — bed ^ngolftöbter ^rofanjlerd ^o^. @d, be^ bebeutenbften 6
unter ipnen (f. 316. V, 138 ff.) ; er antwortet bem erften in ber „^^eil^eit be« ©ermon«
Dom 9lb(a|'^ bem @c{ in ben Asterisci adv. obelisc. Eccii, bem $rieria^ in ber Re-
spons. ad Sylv. Frier, dial.; ^oogftraten, ber aud^ gegen ii^n ben lürjeften SCBeg ber
Ste^ergeric^te em))fol^Ien l^atte, tourbe 'mit einer lurjen Scheda abgefertigt. Sut^erd be^
beutenbfte ätrbeit über bie im Slbla^ftreite angeregten tragen ftnb feine Resolutiones lo
disputationum de indulgentiarum virtute 1518. — 3^^!^^ ^^^^ 9(rbeiten unb
Aäm|)fe hinein l^atte er im 9()>rU 1518 an einem 9(uguftinerIont)ent in ^eibelberg teUju«
nehmen, h)0 er für eine 2)i^utation %^^tti über bie menfd^^Iid^e @ünbenlnec^tfc^aft unD
göttUd^e ®nabe (o^ne Seju^na^me auf Die 9(bla|frage) vorlegte. ^mSSerlaufe bed@treited
über ben älbla^ trat je^t bte fürd römifc^e ftird^^entum h)ic^tigfte |^age l^erDor nad^; ber i6
unbebingten ähitoritöt ber köpfte, inbem namentlich bie ^ur Slbla^tpeorie gelSiörige, Don
Sut^er beftrittene Se^re Dom thesaurus ecclesiae auf eme ))ä))ftli^e Suue (Don Qlt»
mend VI.) jtd^ ftü^te. — äSon jenen ©egnem aQen fa^ ftc^ Sut^er unb^ingt ald Itei^er
oebronbmarft; auf Unterbrüdhtng feiner Seigre al^ einer Ie^erifd(;en richtete fiA auc^ Don
llnfang an bad Seftreben bed ^ßa))fte^ ; Suti^er f elbft tourbe Don il^m nac^ 9tom citiert ao
Wm ^rfürft ^^^ebric^ h)ar nic^t h)iQend, feinen berühmten äBittenberger Xl^eologen ol^ne
toeitered ))rei)ugeben ; unb ber ^apft, ein guted @inDemelSimen mit bem ^oc^gefteKten 9tei(^<
fürften ^öl^er anfd^Iagenb ate ben Untergang be^ Don il^m gering gefc^ö^n 3RönAed,
eilte nic^t )u ben öugerften Schritten. 2)er Jtarbinallegat (Sajetan foQte erft Derfudpen,
benfelben in ))erfön(ic9er, m Slugdburg get)fIogener SSerl^anblung (Oft 1518) }ur Unter« 26
toerfung )u bringen. Sutber fteute ftd^ bar ald untert^änigften @obn ber ^eiligen römi::
f(^ jtlrq^e, Dertoeigerte aoer bem SeDoQmäc^tigten bed ^apfted ied^ unb feft, burd(f 3^
r^en unb 2)ro]^ungen unbetoegt, ben äBiberruf unb a))))ellierte juerft a papa non bene
informato ad melius informandum, bann (am 28. 9loD.) Dom ^apft axi ein aüge«
meined jbnjtl. ao
®d(;on fteQte er je^t auc^ bie Se^au))tung auf, ba^ ed für bie S^riftenl^eit eine 3^
gegeben l^abe, ioo noc^ lein i)ö))ftliAer Primat beftanb: biefer gehörte ^iemac^ nic^t mm
ur^rünglidien unb untoanbelbaren Sßefen ber 5tird(fe. $inftd(;tli(^ ber römifc^en fiurie ftieg
gar bie äl^nung in il^m auf, ba^ ^ier ber Slntic^rift regiere. @c^on Dorl^er, bem ^rieriad
gegenüber, batte er auc^ in betreff eine^ bie ftirc^e reDräfentierenben ilona^d menigftend 85
bie SRöglic^Ieit, ba^ e^ irren lönnte, au^efagt. Unb inbem er nad^ ber Sebeutung ber
lirc^Iic^en @£iommunilation fragte, unterf^ieb er )ioifd(;en ber communio externa et
corporalis, Don ber biefe au^f^Iie^e, unb ber communio fidelium interna et spiri-
tualis, ber einer bennodp angei^ören lönne: a\xi feiner Sluffaffung bed fiieildtoege^ ^ing
fo für i^n in bem burc^ ben 9(bla^ angeregten Streit aud^ bie neue äluffaffung ber Jltrd^e 40
ober c^ftlic^en ©emeinbe ald ©emeinbe ber ©laubigen l^erDor.
9tod^ fübrte ber äBunfc^ bed $apft^i ntit bem Jlurfürften, jumal beim SeDorfte^en
ber ftaifertoa^l, in gutem @inDeme^men )u bleiben, ju einem (e^en SSerfuc^ feinerfeitd,
ben ^anbel mit Suti^er frieblid^ beijulegen. t^eunblidj^ed 3^^^^^ \^^^^ ^^ ^^ ^^*
fürften gefanbten Jtammer^erm, Jl. D. ÜRiltig, Dermod(;te bei Sut^er fo Diel, ba^ er bei «6
einer 3ufammentunft in 9Q[tenburg im Januar 1519 ^ur Untertoerfung unter ein bid auf
toeitered beiben Parteien aufjulegenbe^ Sc^toeigen, ju emem bemütigen 93rief an ben $a))fi
unb )ur älbfaffung einer ©c^rift, toelc^e feine ^ere^rung gegen bie römifc^e itirc^e bezeugen
foQte, fi(b Derftanb. @in fold^er 93rief jeboc^ mürbe jtoar fogleic^ bort Don il^m abgefaßt,
iDurbe aber, ba berfelbe tro$ bemütigfter SludbrüdEe ben SBiberruf Derh)eiaerte, ol^ne 3^^iM ^
DonüRilti) nic^t geeignet gefunben unb ging nic^t ab (Dgl. Srieger in 3^© 15, 104 f.). Unb
in einer beutf^en @^rift, bie £. nad^^er Detfa^te (Unterrid(;t auf etT 9lrt. u. f. h).) f^^racb
er, toöbrenb er ju einer 9(nbetung ber ^eiligen unb jur Slnna^me eined J(egfeuerd fuv
forttoäprenb belannte, au^ ben älbla^ old erlaubt ^ugob, boc^ mit aQer Uffen^eit avi^,
ba| er bie @intoirIung Don 9(bla^ aufd t^egfeuer nid^t glauben tonne, ba^ ©otte^ ©ebote 6S
über ber Äirc^e ©ebote ftel^en, unb femer, ba^ bie grage über bie ©etoalt be« römtfdj^en
Stu^led ber Seelen Setigfeit gar nic^td angebe: G^riftu^ ^abe feine 9Xxd^z nid^t auf
äu^erlic^e ©eh)alt unb Doriafeit, über^au))t nic^t auf yiiüxi^t ^in^e gegrünbet @iner
neuen Slnfac^ung be^ ^am^fe^ felbft glaubte er bann ftc^ ni^t entjtel^en ju bürfen, ciÄ
(gkl, feinen Jtollegen Jlariftabt )u einer 2)id))utation nad^ £ei))}ig l^eraudforbemb, gegen i^n eo
728 Sttt^er
felbfi bie $au))tfä$e richtete. Seibe bü^utterten mit (M Dom 27. guni btd 16. ^ult 1519
(bgl ©etbemann, S)te lei))}. S)t^ut. u. |. h)., 1843). 2)te 9el^au})tun0en, auf toel^ 2\jiä^
burd^ bie 3)idJ)utation gefül^ tourbe, toaxm bei i^m in ber ^axtpi^adft nxifi neu, ober
bi^ bol^n no(9 ni(^t in fo beftimmter, Süffelten erregenber 9Beife ber SBelt Dm: Xugen
6 9^^ tDorben. @d bal^in ju bringen, i^n fdrmlid^ old einen Don ber rdmifc^ Ittn^
SDDgefaQenen l^injuflellen, ioor gerabe Sdd älbftd^t getoefen, inbem er ben gonjen Streit
auf ben entfc^eibenben $unlt, bie SeiS^re Dom päp^id)tn ^rimate, l^intrieb. (Sdi $au))tfat
fagte junäc^Jt nur etto>ad ©efc^ic^tlic^ed aü§: bie römifcpe Jlirc^e fei fd^on bor SUbeßer?
3eit bad Oberl^aubt aEer anberen getoefen; inbem aber Sut^er bied unter Serufung auf
10 bie ©d^rift, bod 9cicäer Jtonjil unb bie ©efc^ic^te bon 1100 Salden, beftritt, l^atte er bo^
jus divinum be^ ))ä)9ftli(^en ^rimated über^auj^t aufgegeben, fo ioenip er aud^ ben gegen«
ioörtigen Primat ^atte bereiten iooDen: er leitete biefen nur fo, toie lebe anbere befie^enbe
©etoolt, t)on ®ott l^er; ja er fteEte in feiner SKudfül^ng bie ^flid^t ber Untertöerfung
unter i^ auf eine Sinie mit ber ^flic^t ber Untertoerfung aud^ unter göttlich 3^%^^^
16 \. 9. auc^ unter bie ®eioa(t ber 'XMca, faQd ®ott unter [xt beuate. 2)agegen bqog er
bie $au))tbetoei^teIIe ber $a))iften Stattl^. 16 ie^t au^brüdEIid^ auf alle, in beren Samten
äietrud gerebet l^abe: bie ®^lüf[el feien feinem Sinjelnen, fonbem ber Jlin^, unb bo^
^ei^e ber ©emeinfc^aft ber ßeiltgen gegeben, unb ber jßriefter jei nur minister ec-
desiae. ^m SSerlaufe ber t)id)9utation \px\ift er aud : bie Jtirc^e t{l eine 9Ronar«^ie, bot
20 aber ju il^rem Qaxcpit nid^t einen ÜRenf^en, fonbem Sl^riffatm feiObfl; ber ©loube, bafe oie
, römifq^e Jlin^e über ben anberen ftebe, ift utr Seligleit nid^t nottoenbig unb bie Stenge
bon ^eiligen in ber gried^ifc^en itird^e, toelqe nie unter ber @ttoalt bed ^ßa^jHd lebten,
lann ftc^er lein Schmeichler bed $a))fted Dom Fimmel audfc^Iiegen ; ed gilt aber ber ^u^fc^
ober Dietmel^r fc^on 3(uguftinfd^e@a^: una est sancta et universalis ecolesia, quae
äsest praedestinatorum universitas; unter ben )u jbnftan) Derbammten ®ä^ bed
QvS {inb ed^t ebangelifc^e, ioie ber foeben genannte. Sa^ Sutl^er bid ju biefer ^u^erung
über bod jtonjianjer 5ton)il fortfd^, ioar bad toid^tigfte, einem @d l^oc^toilRommene Sr«
gebnid ber 3)i^utatton: nid^t blo^ eine ÜRöpIid^Ieit bed 2lrren$ alfo, fonbem toirKic^e ge«
ioid^tige ^trtümer legte er aud^ JtonjUien bet unb gioar f})e)iell bemjmigm Jlongil, toelcjied
80 bie 9lom gegenüber freiere Stic^tung ber latl^olifd^m S^en^eit borjugdtoeife l^od^^ielt unb
bem böpfttid^en Slbfolutidmud mtgegmfteQte.
9[n ein ©tiQefte^m ber Setoegung, toie 3Rilti^ gel^offt batte, iofire inbeffm bei ber
äludbel^nung, ioeld^e fte atöbalb getoonnen ^atte, auc^ bei allem @c^ioeigen Sutl^ nid^t
mel^r ju beulen getoefm. 3)ie ©d^riftm Sutber« toarm in bm toeitejien ilreifen mit einer
86 Begier aufgegriffen toorbm, bon toeldj^er felbft ein fonft ioeit lefeluftigere« S^^^ W
laum mel^r eine SSorfteQung )u machen Vermag. ^nSBittmberg ftanb feit 1518 SRelanc^
t^on neben fiut^er. 9Son aQen @eitm ftrömten junge unb alte ©tubierenbe l^erbei, um
bann bm em))fangmm Samen ioeiter ju tragm. @d ioar bad einfache 9Bort, toeld^
ioirlte ; ber ioeif e j^urfürft tl^at bad Sefte, toad er für badfelbe ald Sanbe§fürft t^n lornite,
40 inbem er, ol^ne Partei ju nehmen, ed einfach gemö^rm lie|. Über 3)mtfc^lanb l^inau^
fal^ Sutl^er fd^on 1519 nad^ granlreid^, Snglanb, Stalim feine ©c^riftm bringm.
Sutl^er ft)irb in jener 3rit gefc^ilbert al« fräftiger ÜRann, aber burc^ ©orgm unb
©tubierm fel^r abgemagert, — in loiffenfdS^aftlic^er Siebe über einm groftm Sleid^tum Don
©adj^en unb fflortm gebietmb, — im ^wfönlid^m Serielle freunbRc^ unb Ioeiter. ®ag
46 ^äm))fen, in ba$ er toiber SOSiDen aud 3Rebitation unb ftiQem SBirIm r;eraud toKir ^ineim
geriffm toorbm, l^atte nebm frifc^er Äraft unb furc^tlofer Äü^n^eit eine mitunter rücfc
ftd^t^lofe unb maglod berbe ^eftigleit in i^m ertoedt, toelc^e )u bejö^mm er felber fü^
berpfltd^tet, aber minber, ald er ed münfd^te, fällig füllte. 2)ie lebmbige Duelle, toelc^
feinSQBort entftrömte, gab bmSSorträgm unb©d^riftm auc^ bie befonberd toirifamegorm:
60 ©))rad^e unb ©ebanfm mad^en ))on ber (in bm 95 X^efm noc^ l^errfd^enbm) ©(^ulform
ftd^ frei unb Oereiniam in unt)ergleic^nc^er SBeife bad, ioad bad ti^eologifc^e, unb bad, toad
bag einfache j^rafttfc^-religiöfe Sebürfnig forbert. — 3Son ©c^riftm, ioeld^e au3 feiner afas
bemifc^m 3:i^ätigfeit ^erborgingm, faKen ing 3al^r 1519 ber (Heinere) Äommentar jum
©olaterbrief unb operationes in psalmos.
65 ©d^on Inü)}ftm fid^ für Sutl^er aud^ j^erfönlic^e SSerbinbungm au^er^alb ^eutfc^lanb^
an; er befam felbft guf^bungm au^ ^talim, femer, infolge ber £eij)jiger 2)i^utation,
33nefe unb Slbgefanbte t)on bö^mtfc^m Utraquiftm, unter toeld^m fein Sinfluft fc^on feit
1518 toirftc (t)gt. (Sinbcl^, 93ö^m unb SKä^rm im 3eitalter ber Sieformation, I, Oefc^.
ber bö^m. Srüber, Sb 1, 1857).
60 ^n ^eutfd^lanb geriet er je|t, nebm fort^efe^ter ^olemif mit ^ä, befonbep^ auc^
Sttt^er 729
mit bem S^reÄener SJ^coIogen ©rnfer in ©ttcit: gucrp au« anla^ be« SScrl^Itniffed, in
tüelc^ed er bevmdge fetner SrKärungen bei jener S^i^ntotion fxd) )u ben böl^mifc^en
Jle|}em f elfte.
3n ^inftc^t auf bie toeitere Snttüidelung feiner fie^re ging e« Sut^er, tpie er felbfl
fogt: velim» nolim, cogor in dies eruditior fieri, tot tantisque magistris certa- 6
tim me urgentibus et exercentibus. ^n engfter Sejiel^ung ju feiner m^ftifc^en 9(ns
f^Kntung bon ber tpai^en aQumfaf[enben ^ei(^emeinf^aft, h)ie f^e ber ©laubige mit
@^rifhtd unb feinen ©ütern unb jugleic^ mit S|irijli ©emeinbe geniest, entfaltet er im
,,©erm. to. b. ^ocbtoürb. ©afram. b. Seic^n. g^rifti" 1519 (jufammengel^örig mit bem
©ermon bon ber ®ufte unb bem bon ber 3^fe, — alle brei ber §erjogin ÜRargareta lo
Don Srounf^toeig unb Süneburg getpibmet) bie Sebeutung be« Sibenbma^te, beffen
SBerl eben biefe Semeinfd^^aft fei; auc^ aQe feine Snfed^tungen lege ber ©laubige auf
bie ©emeinbe unb Si^ftum unb nel^me anbererfeit« bie Seiben ber ®emeinbe mit auf
fic^. 3^^^ J^^^ ©emeinfd^aft, nämlid^ unferer SSertuanblung in ben geiftlic^en Seib,
b. 1^. in bie ©emeinfd^aft S^fti unb ber ^eiligen, nennt Sutl^er bie (bon i^m fo ol^ne t6
alled naivere @inge^en l^ier noc^ in ber Iat|oItf(^en äßeife j^ingefteDte) SSertoonblung be«
Sroted in ben tüo^^ftigen natürlichen Seib S^rifti; bon biefem Seibe an \\6) ft)ri^t er
nic^t ioeiter; S^ftu« felbft, fogt er, ^be biefen feinen natürlichen Seib geringer geachtet,
aü jenen geifllic^en Seib, bie ©emeinfc^ft feiner ^eiligen. 3Ran ^t inbeffen bei biefer
3)eutung beS ©atramented, bei ber bem ©ermon ganj eigentümlichen bloßen $ert)or^ebung ao
ber geiftlid^en communio überl^au))t, bie ^ier Dorliegenbe befonbere SSeranlaffung )u be«
achten: bie toal^e, burc^ ©alrament bebeutete ©emeinfd^ft foH ben lat^olifd^en Srüber»
fc^en entgegengefe^t toerben. ©onft bflegt Sutl^er fc^on bamald bom iSbenbmal^l, gemä^
ben Sinfe^ung^Stoorten, ju fagen: S^ftu« l^abe barin Vergebung ber ©ünben befcpieben,
unb toeiter^in legt er bte ©runbbebeutung be« älbenbma^ld eben in biefe S^teilung ber 26
Sergebuna. — Sefonberd ioic^tig für ben ioeiteren Jtam))f gegen Stom ift au$ ber in ben
@ingang oed ©ermond gefteDte ©a$, ed foDte burc^ ein Itonjil ber @enu^ be« älbenb«
mal^ld unter beiben ©eftolten ioieber l^gefteDt toerben, toietool^l Sutl^er bie« nic^t ald
fdrmlic^ bon S^ffat« geboten anfa^. — ©d^on toirb i^m femer bie römifc^e Sel^ bon
fteben ©alramenten, ba ju einem fold^en bod^ au^rüdHid^e ^öttlid^e SSer^eii^ung a:forbert ao
toerbe, )u einer fabulatio (9r. 18. 3)e). 1519). 2)er (»riefterltd^ ordo 1^ für i^n neben
bem burd^ bie ©Arift gelegen allgemeinen ^rieftertum leinen ©inn me^r: ioad il^m
Sigentümlic^ed bleibe, fei blo^ Seremoniale« (ebenb.). ®er ganje ©lauben an« f^feuer
ip i^m ^ik^ji unftd^er, nac^bem er ^d^on in bem „Unterr. auf etl. Srt." (f. o.) nic^t« me^r
über bie Sebeutung bedfelben gu beftimmen getoagt l^atte. — Sie lutl^fc^e ©runblel^re 86
bon ber Jtirc^e felbft, burc^au« rul^enb auf ber nur burd(f Den ®lauben bebingten un*
mittelbaren 9e»el^ung lu bem in SBort unb ©alramenten ftdb barbietenben Sl^riftu«, fteEt
ftc^ fc^on reif bar in ber Entgegnung gegen einen 3lngrifjf oe« ^anji^faner« SUbelb ju
2etJ)jig („SBon bem 5Pat)fttumju SRom", 3uni 1520): ber äußerlichen ßi^ftenl^eit mit
bem geiftlidben 9led^te unb ben Prälaten toirb al« bie einzig toal^e, aDein bon ber ©d(^ft lo
onerfannte Kirche bie ©emeinbe ber ©laubigen entgegengefe^t, toelc^e nic^t gefeiten, fonbem
jegloubt ioerbe, auc^ ber äußerlid^en römifc^en Sinigleit nic^t bebürfe, ioeld^ ober bod^
elbft auc^ il^re äußeren 3^^^ i^^^f nämlid^ 3:aufe, ©afcament unb ©bangelium. —
Bom ftttltc^en Seben, ba« mi bem ©lauben fließen unb bie toa^r^ften ®otte«gebote in
Siebe )u ben 9läc^{ten erfüllen muß, ^anbelte er befonber« in bem großen ,,©ermon bon «6
guten Sßerlen" ®rül^ja^r 1520). SSon guten SSJerfen unb SBerlen fonberlic^er ©eiligleit
im latl^olifd^en ©inne tann für i^n niAt me^r bie 9lebe fein; toa^rl^aft gut ift auöf ba«
SBirlen ber ©laubigen in jebem meltlid^en, bon ©ott berorbneten 93eruf. Sie äußerlichen
©o^ngen ber itirc^e binben fie nid^t, fte foDen fid^ aber ju ben il^rer noc^ bebürfenben
Unloürbigen ^erablaffen. 60
©eit ber Seityjiger Si«^utation fanb Sutl^er auc^ Xeilnal^me unb ©enof[enf^ft unter
^umanijten, bie anfänglich in feinen Jtämj^fen nur ©treitigleiten bon SRönc^en unb ©d^uU
Geologen gefeiten l^atten. — äßid^tig tourbe hierfür bie innige ©emeinfd^ft be« unter i^nen
fd^ion poc^angefe^enen, je^t gan^ bon feiner 2;l^eologie burc^brungenen jungen ^umaniften
3Jlelanc^t$on mit il^. — auf SRelanc^tl^on« anbringen toanbte Sutl^er felbft pc^ mit 66
einem Srief an SReudj^lin unb brüdfte in«befonbere bem SKeifter @ra«mu« fc^on in einem
©(^reiben bom 28. SKärj 1519 feine §oc^ac^tung au«. — 3e§t fud^te namentlich ber für
bie ^maniftifc^en gntereffcn unb gegen bie ginfterlinge umtriebig tl^ätige ßrotu«, im
^l^ja^e 1520 bon einem 9luf enthalte in ^talm jurüdtgete^rt, SSerbinbung mit Sut^er.
97lit Srotu« toar in gleid(;er ©efmnung unb gleid^em ©treben Ulricp bon ^utten eo
730 Sttt^er
toerbunben, unb burd^ biefen nur mit feinem 9Borte unb feiner 0eber Ir&ftigen Stitter louxbe
ber burd^f ^ieg^tüc^tigleit unb Seft^tümer fiorle ^xani Don @tdingen angefeuert Die
Jtrift^ in toeld^e bie bamalige SnttDiaelung ber Steic^erfaffung unb (onbedpenlic^ @t»
taxxlt ben beutfc^en älbel brachte, trug baju bei, benfelben über|au))t and) für bie finj^^
5 liefen 93eti>egungen leichter erregbar ju machen. — @^ tourbe für Su^ fel^ ftaglid^, ob
er, toemt ber löngft brol^enbe Sann über il^n au^^pxod^m fei, nixp länger toerbe in
©ac^fen t)erbleiben lönnen. @d mar bie 9{ebe Don einer ^luc^t nac^ Sö^men. 2le^ luben
il^n ©idingen unb bann aud^ Stitter Silbefter \)on @d^auenburg auf il^re Seft^ungen unb
unter il^ren @d^u$ ein. ^utten trug fid^ mit lül^nen ©ebanlen Don einer @rbebung bed
10 beutfc^en ä(beld unb Befreiung Deutfc^Ianbd burc^ fie t)on ber römifd^en Xi^ronnel
3n biefer Sage Iie| Sutl^er bie ®(^rift „ä(n ben c^riftlic^en 9(bel beutf(^er Station''
erfc^einen (9(nfana 9luguftd 1520). 9luf feine ©runblel^ren fic^ ftü^enb, befiel^lt er ^ier
iai bon @ott geforberte, bom $a))ft unb Jllerud aber gurüdCgetoiefene Sffierl bor 9teformas
tion ben Saien an: benn $riefter, geiftlic^en @tanbed, fmb fte alle, jd^on bermdae i^
15 ^ufe, ioenngleic^ bie Übung eined öffentlichen Slmted innerl^alb btefer ©emeinSe Don
lauter ^rieftem nic^t allen, fonbem nur ben bon ber ©emeinbe Beauftragten giemt. @o
foE benn (Dgl. aud^ fc^on im @erm. \>, b. g. äSerlen) ba)u t^un, loer am erften lonn,
ald ein treu ®lieb be§ gangen j{5t)>er^, bamit ein rec^t, frei Jlomil )u ^erfteüung too^
9lef orm gu ftanbe lomme ; ed Dermaa bie^ aber niemanb fo ioo^l afe bie todäxqt Obrig«
ao feit 9lfö beftimmte ©egenftcütbe, auf toelc^e bie reformatorif(^e Xl^gleit fid^ richten fou,
nennt Sut^er ^ier, too er gumeift )ur toeltlic^en Obrigleit \pxx(i)i, niqi bie Don i^m an*
gefo(^tenen 2el^r))un!te felbft, fonbem Krc^Iidfe 3Ri^bröud^e, bergleid^en bid ba|^ häufig
aad) fc^on auf ben Steid^tagen jur ©pxaqt gelommen toaren, unb be^nt feine S^tb^
rungen gugleic^ auf bad gefamte Gebiet öffentlid^er @ittltdbleit aud — )u gefamter „l3effe*
26 rung be^ ^rtftlic^en 6tanbe§'' : üRinberung ber ^aÜ^l ber 5tarbindle unb ber Xnf orberungen
be§ t)ät)ftli^en ßof e«, älbfd^ffung ber Ännaten u. f . to. ; — änerlennung ber ©etfeftpän*
bigleit ber toeltltd^en ®etoalt unb älu^fd^^Iu^ toeltlid^er 3Ra(^tanf))rüdbe, fo 3. 9. aud^ bed
9[nf))ruc^ed auf ben Ttpfc^en Jtönigdtitel, an^ ber ^af^ftgetoalt; SCbt^un bed gnterbiftd,
bed mit bem Sänne getriebenen SRi^rauc^ed, ber Derberblid^en SCBallfa^rten, bä Unfugd
80 ber Settelorben, ber nur ju Unfug fü^renben Dielen f^ertage u. f. to. ; — Sinfc^reiten
gegen ^auen^öufer, Settel, £up«; — SReform ber UniDerfttöten; — befonbet« toic^:
^reil^eit be« Don (Sott felbft freigegebenen ©l^eftanbe« für ben Äleru«, unb : SBäieberDereini*
gung mit ben Sö^men, unter bem 3ugeftänbnid, ba^ $ud, toenn audf ein Ae|er, boA
mit Unrec^ft Derbrannt toorben fei — toobei fiut^er, mit 85ejug auf bie „^ifarben", au(9
86nod^ bie Se^au))tung beifügt: nid^t bie ti^omiftifc^e unb ))ö))ftli(^e SeiS^re Don ber Xrand*
fubftantiation, fonbem nur bie toa^re ©egentoart bed natürlic^m Seibed S^rifti im no«
türlic^m Srote felbft fei ©egmftanb be« (Stauben« (in ber 3Serh)erfung ber 2:randfubfian*
tiation toar ^DlelandS^t^on fd^on Dorangegangen). — ®« ift falfc^, toenn man b^^axtpttt,
fiutl^er ^abe in biefer ©d^rift unorbentli^ bie (Semeinbe ate eine blofee SKenge unter fü^
40 gleid^er Sl^riftm gum ®infc^reitm l^erau^gef orbert ; er forbert fie Dielme^r al^ eine unter
Dbrigteitm georbnete Wmge unb gunäc^ft in i^rem Flamen eben bie Obrigleit felbft auf,
unb legt l^iermit ber Dbrigfett biejmige Sefugni« unb ^flic^t bei, Don toel^^er bann toirfc
lid^ bie eDangelifd^en ^rften auiSgingm; nur ftel^t er bei ber aQgemeinm Stbleitung bed
getftlid^m Staubet ber S^riften au^ ber 2:aufe baDon ab, ba^ (mie er fonft felber te^),
46 Diele nac^l^er t^atföd^lic^ biefm geiftlid^en Sl^aralter ioieber Derfd(;er}en. 9leu|ere (Setoalt
einzelner, gerabe aud^ einzelner älbeliger, Dertoarf er fd(;on bamal« entfc^iebm.
$au))t))unlte ber $oIemi! ^tnftc^tli^ ber (Slaubm^Iel^re ftellt bann bie Schrift De
captiv. Babylon, (b. l}, Don ber captiv. unter bem ^apate) auf, — befonber« ^in»
fidftlic^ ber fiel^re Don ben ©aframentm. ^n betreff be« äbenbma^Ö: gegm bie 3^ran^
60 fubftantiation ; gegen ba« aJlefeojjfer (SQBefm be« ©aframmtg Dielme^r in bem 35erl^^ung««
toorte: ;,effet — — gur aSergebung ber ©ünbe"); gugleic^ unb in^efonbere gegm bie
Äeldfrmtgie^ung (über ba^ aJleftojjfer femer: „©ermon Dom % lefi, b. i. Don ber ^
SReffe"). aSon bera:aufe: ^Rechtfertigung burc^ fie blo^ too geglaubt h)irb; forttoo^enbe«
Segrünbetfein beö ^eileö in i^r and) für ]pättx (SefaDene, — tm ®egmfa| gur äReinung,
66 btef c muffen, bc« ©d^iffeS Derluftig, nac^ ber Su^e öl« einem 93rette greifm ; gegm falfc$e
SBertfc^ä^ung ber (Selübbe mit ä3er!ennung be« eimigm SBerte« ber ^ufe: ime toürben
am beftm gang unterbleiben. iBon ber Su^e: i^r SßJejm (Dgl. fc^on bisher) in bem, bem
©lauben bargebotmm SSerbeifeungiSloorte. 3lte ©alrammte lönnm nur biefe brei, fcaft
be« für fie gegebenen SSerl^eifeung^toorted, anerlannt toerbm, unb in ftrmgem ©inne bloS
60 ^ufe unb ^benbma^l, fofem nur bei ii^nm auc^ ein institutum divimtus Signum
Silber 731
^ttfmbe. Sei ber SSertoerfung Ded ©olramentö ber £)Iung jugletc^ freiere älu^enmg
(fegen eine @(^ft be^felben fionond, auf toeU^^en fiut^er fonft cdi auf bie einjig ftd^
DueDe ber SCBo^r^eit ftc^ beruft, — gegen ben ^alobudbrief (non esse apostoli Jac.
nee apostolico spiritu dignam, multi valde probabiliter asserunt).
3)en ))ofUit)en SJKttel^untt ber ^eildlel^re unb bed $ette(eBend f a^t enblic^ bie Sdjfo^ 6
,,Son ber^eü^eit eined Sl^riftenmenfc^en (lateinifc^ unb beutf(|(;) uifammen: boQIommened
Sindtperben mit S^rifto, in toelc^em h)ir fromm, geredet, feiig {tnb, mittele bed 9BorteS
bunl^ ben ®[auben; l^iemac^ bann @teQung beS S^riften in ber irbifc^enSSelt: einerfettd
gfrei^eit bedfelben aU eined über aQed ^u^ere gefteOten fidnigd unb ^riefterd, — anberer^
feitd DoDIommene Eingebung in Siebe gegen ben !Räcbften, unb itoax, bermdge eben jener lo
%reibeit, ouc^ unter bie äußeren @a|ungen, h)o bie Stücffid^t auf @d^h)ä(^e ed erforbert
w fteQt biefe Schrift bie Sereinigung ber tiefften äJl^füI mit ber reformatorifc^en ®runb«
lel^, unb bie SSereinigung ber ))oDften unb ftc^erften 93e]^)9tung biefer Sei^ mit ber
in i^r felbft begrünbeten rü(fft(^tdt)oIIen ^ilbe in ^infic^t auf ))raltif(^e Surc^fül^ng
i^er reformatorifd^^en ftonfequenjen bar. — 3Ran lann biefe Schriften ald bie brei refor* i6
motimfd^en ^au))tfc^riften Sut^erd bejeid^en.
Sut^er fc^icfte bad Süc^Iein de libertate Christ, im Oltober 1520 felbfl nodf, auf
3RiUi$' älnbringen, bem topfte }u; ftatt freiließ 92a(^giebigleit hoffen )u laffen, fügte er
feiner bidl^erigen Berufung auf bie ^I. ©d^rift je^t audbrüdflic^ auc^ bie toic^tige Srllärung
oei: leges interpretandi verbum Dei non patior; nur bad berfu^erte ^ut^er aucp ao
in feinem legten ä9riefe an ben ^apft, bag er i^m unb feinem Stuhle immer bod 93efte
getiHtnfc^t l^obe. — ^^^^ ^^^^ ^^ \^^^ ^^ 9(ugufl gehört, bag @d mit einer pci:p^
lic^ SonnbuQe in ^ei|en angelommen fei; enblid^; toar fie toirKid^ am 21. @e))tember
bort bon bemfeOben angefd(;lagen toorben. 2)ad Schreiben fiutl^ an ben $a))ft, bad er
auf ben 6. @e))tember jurüdEbatiert l^atte, tonnte nic^t mel^ )ur ^erftedung bed gebend as
bienen, ber burc^ bie SuQe an ftcb, tpeil fte erft nac^ 120 2:agen jtraft erlangen foDte,
noc^ nic^t unmöglid^ gemad^t getoefen ioäre. 3)iefem Ie£^ Schritte fiutl^erd jum ^eben
folgte bann fc^on am 12. ^ejember bie offenfte, tedtfte Srllärung bed itam))fe^, bie feier«
(id^e Verbrennung ber 93ulle unb ber ))ä))ftli(^en D^etalen )u Wittenberg (barauf eine
6d|^ft : „SEBarum bed ^apfted unb feiner jünger Süc^ Derbrannt fmb'' ; femer )ur ao
Sled^tfertigung ber bon berSBuKe t)erbammten@^e: „Assertio omnium articul. etc.'',
,,®nmb unb Urfac^ atter ärtilel ic").
Suti^ älrt mar ed, einfach fo, toie bie SBal^^l^eit forberte, im ftam))fe boronjugei^
mit ber bloßen Jtraft bed 3Borted. $ö^ere ^gung lenlte aud^ bie öu^eren Serl^ältniffe
0, ba| bod Sinfd^reiten äu|erer ©etoalt gegen i^n forth>al^renb gel^emmt tourbe: f o am 86
önglul burc^ Slüdftc^ten, bie ber ^opft auf flurfürft ^ebric^ )u nehmen ^e ; fo bann
toeiter^in baburc^, ba^ ber neue Jtaifer in Slnbetrac^t ber i)outifd^en Stellung, bie ber
^ßot>fl i^ni gegenüber einnahm, unb ber Stimmung unter ben 9ieid^ftänben, bie löngft
eine SRenge firc^Iic^er Sefd(;ioerben )ufammengelSläuft litten, ed nic^t xäüxöf finben tonnte,
bem $|a^fte ol^e loeitered feinen 9lrm gegen ben großen ®egner )u lei^, unb aud^ 40
f^erl^, tüenn er burd^greifenb gegen biefen ein^ufc^reiten geneigt toar, bod^ burc^ ))oIi*
ttf(^e 91üdtftd(|ten unb ©(pioierigleiten fic^ immer toieber gebunben füllte.
3ladf ben ®runbfä|en ber ))ä))ft(id^en Jtirc^e mar bad le^te Urteil über £ut^ mit
bem Sänne au^ef))ro(^en. 2)er ))öt)ftli(^e £egat Sleanber aber mu^te fid^ gefallen laffen,
bo^ berfelbe, toie ed bie Slei^ftönbe begebrten, erft unter freiem ®eleit bor biefe nac^ 46
SBormd geloben tourbe. Sut^er ^atte, fo umge hierüber ))erl^anbelt tourbe, bad @rgebnid
mit Stube ertoartet; einer 33orlabung bed fiaiferd tooUte er getroft folgen aU einem gött«
lid&en Stufe; inbeffen toar er befc^äptigt mit heftigen ©treitf duften gegen ®mfer, mit einer
Streitfd^ gegen ben ^ominilaner ^mbrofmd Sat^arinud, ioeld(;e namentlid^ bur^ neue
Darlegung bed pegen 9(toelb t)orgetragenen Segriffd ber Sxx<fy^ für ux\§ bon SQiert ift, mit 60
ber älrbeit an emer ^oftille u. a.; fein fe^lid^er t>erfönli(^er 3Bunfd^ toäre getoefen, ben
Jtam})fedtmrren entnommen bei feinen (Stubien bleiben ;(u bürfen. Slac^ äßormd )ielSienb,
f^t er ft(^ ben Pforten ber $ölle gegenüber auf bad äSertrauen, ba| S^riftud lebe. 3)ie
Stimmung, in toeldj^er er bie iRei(^ftänbe traf, tonnte einem Äämj)fer für Sieform ber
ftird^ günftig erfc^einen, faQd ein Solcher bad, toogegen jene Stimmung junäc^ft fic^ 66
ric^e, auc^ mx $au))tfa(^e, ober menigften^, jener ftd|; anbequemenb, einftmeilen ju feinem
Xudgong^unne machen moDte; gegen bte toeltlid^en Eingriffe bed römifd^en Stu^led nämlic^
tooren bort Sefc^toerben aufgeftellt toorben, meiere mit Sä^en ber Sd^rift an ben beutfc^en
S&el )ufammentrafen, unb toirtlid^ meinten Die Staube, m Setreff ber Slngriffe ^ut^erd
ouf bod äußere Jlirc^entum foOe man jebenfall^ glim^flic^ mit i^m berfo^ren, nur im qj
l:
732 Sttt^er
%oüt (ej^orrltd^en 9Btber{})rud^ gegen bte j^ergebrac^te ®lau6end(el^ tooOten fte einer
Sb^tderllänuig gegen il^n betfKmmen. Sei Sutl^er ober rü^ fid^ n\d^ ein ®ä)ante
boron, ob er gunt 3^^ ^ner jbalition ouc^ nur einen ©d^ritt loeit Don bem, tood i^m
Don toom^erein bie eigentlid^e Sebendfrage getoefen toax, jurüdtDcidben biirfte; er (e^
6 auc^ eine @inlabung, t)orl^er ju einer Unterrebung mit bem faiferlicpen Seid^ttHiter ®Iat>io
auf bie na^e bei SBormd gelegene Surg Sidingend, @bemburg, gu lommen, o^e toeitered ob.
9(m 16. 9l))rU in SBormd eingetronen, h)urbe er gleich am folgenben Xage bem Stei^^dtag
borgefü^ unb l^ier einfach befragt, ob er )u feinen Schriften, bte il^m Dorgebgt unb beren
%itA ))orgeIefen tourben, fU^ betenne unb i^ren ^^l^alt toiberrufe ober borauf beharre;
10 Ser^anblungen über ber Slic^tigleit biefed S^altd foEten, ioie ber Jtoifer bem SOeonber
jugefagt l^e, gonj au^efc^Ioffen fein. StUl^er, o^ne 3^^^^ ^urc^ bi^^ Serfol^ren über«
vaUt, erbat ftc^ noc^ 3^ )u^ Überlegung unb er^elt fte bid )um anbem ^^og. 9(m
Slbenb bed 18. 9())rtl iourbe burd^ ^ol^. b. (Sä, ben C^ixal bed fturfftrfien Don Xrier,
bie {^age noc^ beftimmter fo an i|n gefteKt : ob er feine Sudler alle berteibigen ober
16 Qt\oa^ toiberrufen ioolle. @r antwortete in einem tool^I überlegten SSorttag, ben er noc^^er
auc^ @))alatin ^anbfd^riftlic^ gab unb ber fo gebrucft tourbe — erft (atetnif(^, baim oiu^
beutfc^. @r unterfd^ieb barin )ioif(^en brei älrten feiner Sucher: ^ feien baruntec folc^
über ®(auben unb Seben, bie aui^ bon @egnem für unfd^blic^, ja nü^id^ onerlannt
ioürben; anbere ^abe er gegen }m))tftif(^e, für Seele unb Seib berberblid^e Sokungen unb
ao Snma^ungen geruhtet unb Don biefen lömte er 92i(^t$ jurüdne^men, toie ja üoer Sob^
aud^ allgemein in ber Sl^riftenl^eit gdSagt toerbe : fürd 3)ritte ^e er gefc^rieben gegen
einjelne ^erfonen ald a3orIäm))fer jener UntoaJ^^rpeit unb S^rannei, unD gegen fie mBge
er too^I in ber Bpxad)^ ju ^eflig geioorben fein, lönne aber in ber ©odpe oud^ 9{i(^td
toiberrufen. 2)0^ toarte unb bitte er nod^ ci& fc^hmc^e Jtreotur, bag man 3<ugnid g^en
26 i^ vorbringe, i^n mit ))ro))l^etif(^en unb eDangelifc^en @d^ften übertoinben möge. Ituf
biefe Snttoort l^in l^ielt i^m ber Offi)ial nac^ iESeifung bed jlaiferd f(^ bor, bog er
für bie Selben, bie er toiberrufen mü^e, gar ntd^t erft eine SBiberlegtmg bur($ @($rifts
grünbe )u ertoarten, fonbem fte fd^on auf ®runb früherer, gegen gleichartige 5te|ereien
gerichteter Sntfc^eibungen ber jtirc^e unb namentlid^ beS Jtonftanp Itongifö für bertoerflic^
80 m ertennen ^abe. 3)arüber entftanb nun nod(; eine erregte lurje ^AaUt gtoifc^ bem Dfftjiol,
ber Don i^ toenigfteniS nod(; bie Unterwerfung unter bad itonjil ju erreid^ firebte, unb
i^m, ber Dielmel^r auf feiner Dorigen ©rllörung beftanb, bi« ber Jlaifer SKc^td Weiter
l^ören WoEte unb bie SSerfammelten in einer Unruhe, Welche bie 9lebner unDerftönbltc^
machte, fic^ )um Slufbruc^ erl^oben. Streitig aber ftnb ^ier bie berül^mten le|ten ffiorte
86£utl^erd Dor bem Steic^dtag il^em genauen äBortlaut nac^. Sutl^er l^at o^ne Rttm^ü
felbft jener Don il^m niebergefc^riebene $au))trebe aud^ nod^ eine lurje Sngabe (in Der er
Don fui^ in ber erften $erfon rebet) über bad, Wad er bann Weiter noc^ bem Offtjial e^
Wibert l^abe, beigefügt; e^ ftnb bied bie betannten SBorte: Nisi <K)iivictu8 fuero testi-
moniis scripturarum aut ratione evidente . . . victus sum scripturis a me adductis
40 captaque est (K)n8cientia in verbis Del, revoc^are neque possum neque volo quid-
quam, cum contra conscientiam agere neque tutum sit neque integrum, unb
^ierju alö ©c^IufeWort „®ott l^elf mir 3lmen" (Dgl. bie Don ©Jjalatin gefc^riebene S^
^®m 1894, 156, Sasa 7, 877). geboc^ in einem bei ©runenberg in ffiittenberg (1521)
erfc^ienenen lateinifd^en unb ebettfo in einem ebenba felbft erfc^ienenen, offenbar rec^t eilig
46 ^ergefteDten beutfc^en ^rudt lautet icS @c^lugWort DoDftänbiger : „^c^ tann nic^t anber^ ^ier
fte^e tc^, ®ott ^elf mir" (fflä 7, 838 ; D. 2)ommer, 2. 3)rudte au« ber Hamburg. ©tabtbibL
1888 6. 115 f. 3Ä® 9,613): unb biefe« gange ©c^luftWort ift, nur mit UmlicBung ber
SBorte „ic^ fann u. f. W." uno „^ier fte^e ic^", auc^ in ben Don Sut^er« greunben 1546
l^erau«gcgebcnen unb nod^ gu feinen Sebgeiten Dorbereiteten 2. latein. S3anb feiner SBerle
60 (oben S. 720, 49) übergegangen. 3)ie ©d^t^eit biefer Weiteren 3Borte jle^t l^iemac^ nic^t fo
feft, wie Wenn Wir Wüßten, bafe auc^ jte Don feiner eigenen $anb aufgejeid^net feien,
älber ®rünbe gegen fte liegen boc^ teineSWeg« Dor, benn Sutl^er f^at jene Wettere ätebe,
Wie wir bemerken, auc^ fonft nur gam tur} Wiebergegeben unb lann bie« DoEenb« mit
jenen SBorten getrau ^aben, bie fa^licp nid^t« 93ebeutfame« enthielten, fonbem mir einen
66 aiu«brud feine« Slffette« unb ®emüte«, Wö^renb Don biefem für feine fiefer jebe« 3Bort
SBert l^atte. äluc^ Weift bie SBiebergabe ber Schlußworte in einem äug«burger 3)ru(I
Dom Sa^re 1521 (3Ba 7,864, 877, 631 64,383) iebenfaU« barauf ^in, baß 2ut^ ein
SBort im Sinne be« „^ier fte^e id6>" beigefügt ^t; bort nämlic^ fcwt 2ut^: „®ott
lomm mir ju ßilf, Slmeji, ba bin ic^." Uebrigen« fönnte ber 3lu«bruc^ „lomm mir ju
60 ^ilf ", ber Dor vlDem in einem 53eric^t be« 3lug«burger ©efanbten ^euttnger erfc^eint, e«
Silber 733
\xa^lxd) mod^en, ob ntc^t biefer 9(u^ni(I i^ermdge fetner properen Stgentümlid^Ieit ber ur^
ft^ünglid^ getoefen fein unb Sut^er bann bafür beim 92teb^(^reiben ben getDöl^nlid^eren
„®oü l^f mir" gefegt ^oben fönnte. — SSgl. )u Sut^er t)or bem Sleic^^tag befonber«
a33( 7, 814 ff. Sieid^tag^Iten jung. Steige II, 1896, Srieger, äUeanber u. £. 1884 ;
Adloff, bte 2)e))ef(i^ bed 9lunt. aieonber 2 1897, MIoff, Sriefe, 2)et)ef(^en unb Seric^te 6
über £. 1898. ^au^rati;^, ätleanber unb £. 1897 (bagu Itolloff in btfdS;. Siter. 3tg.
19, 233 ff., m. 2zf)mam ^tad^ric^ten \). b. tgl. ©fQfc^. ber äBiffenfdS;. in ©öttingen pf)rl.
^fL 6. S. 1899 91. 2) ; über fene legten äßorte £.d bgl. bon mir: Höfttin, £.d 9{ebe in
SBäcnfm« 1874, 2^©tÄ 1875, 129 ff., $erb^ beutfc^. £U. »lott 1881 ©. 117 f.
3lad^f^tK tourben noc^ burc^ eine Jtommiffton unter bem @rjbif(i(;of bon Xrier Der^ lo
g')Iid^e Serfud^e mit £utl^er gemacht: entfd^etbenb toax fein äSer^orren auf einem t)om
n)il Derbammten @a$e — bem auc^ in fic^ fo bebeutungdboDen bon ber Ecclesia
universalis quae est numerus praedestinatorum; ald ber fiurfürft t)on Sranbenburg
fragte, ob er erllärt l^abe, nid(;t meieren ju iooDen, er fei benn burc^ bie Schrift überführt,
antwortete er : ^a — vel rationibus clarissimis et evidentibus. ^n oQer Strenge i6
erfolgte enblic^ am 25. Tlai bie 3((i(;t^erf(ärung gegen il^n; bie nötigen Unterfc^riften ber
@täi&e, bie freilid^ et)entueQ il^re ßuftimmung fc^on bor^er jugefagt Ratten, toaren ie^t
bod^ nic^t o^ne £ift unb Überrafc^ung (t)gl. vlaxdt) gewonnen toorben. £ut]^er aber, am
26. bon äßormd abgereift, tourbe na^ einer bon feinem Jlurfürften getroffenen, l^eimlic^en,
i^m felbft j[ebo(^ nic^t unbetannt gebliebenen SÜeranftaltung tmtertoegd aufgehoben unb auf ao
bie SBortburg gebraut; t)öDige SSerborgen^eit foDte il^n gegen eine SSoDgiel^ung ber 9U^t
f(^ü^en; er lebte bort ald ^unler ®eorg.
Sutl^erd 9(uf enti^alt auf ber SSartburg fü^rt )um jtoeiten 9(bf d(;nitt feinet reformatorifc^en
SBiirlend ^über; man tann biefen be^eic^nen ald bie 3^^ ^^ ))ofitiben aufbauend —
b^ aufbauend ntc^t bIo| im Unterfc^tebe bom @inreiften, fonbem auc^ im Unterfc^iebe as
Don bem fd^on erfolgten £egen ber toefentlid^en ©runblage, auf toelc^er ber Slufbau rul^en
foOte; )uglei(^ trat mit bem aufbauen ein ^äm})fen neuer 9(rt ein, nämlid(; gegen ®oId(;e,
toelc^, angeblich bon berfelben urf))rünglid(;en ebangelifc^en ©runblage au^d^enb, nac^
Sut^crd ttbeneugung nunmel[^ in eine anbere @eite beiS ^rrtumiS hineingerieten unb einen
pofüibm 9{eubau enth)eber unmöglich )u maö^m, ober toenigftend ju entfteKen unb ju ber« ao
k^fren brol^ten.
Sine gro^e Sebeutung l^atte ber älufent^alt £utl^erd in feinem ftiUen „^Qtjfwg" ober
$atmod, tote er ed in feinen Briefen nennt, c^ne ^toeifel auc^ für feine eigene innere
©rünbung unb bie ruhige l^armonifc^e ©eftaltung femed 9(nfd(;auend unb Strebend, ^r
bie Segrünbung bed fir(^Iid(;en Saued, bem er in feiner 9!ation ald bad $au))ttoerf}eua 86
bienen foQte, toar bad iQoxüpttüttt bed SBartburgaufent^alted bie bort begonnene Stbep
überfe|ung, nämlic^ junäc^ft bie bed bleuen Xeftamentd, toelc^e bann im Btpimbct 1522
gebruot eirfc^ien (ogl. bie @e))temberbibel, ^lac^bilbung ber erften äludgabe, mit Einleitung
bon 3. ftöfUin, Serlin 1883). Sluc^ bad erfte @tüdE feiner beutfdS^en 5tird^en))oftiIIe ging,
neben anberen Qetneren @d(;riften, Don ber 3Bartbur^ aud (Dgl. Soffert in ^Ci^tfi 1897, 10
271 ff.). — 2)er £el^begrünbung SRomd gegenüber btente bte toidj^tige ©dj^rift gegen ben
£ötoener 3;ij^eologen £atomud; fte fteUt namentlich bad SSer^ltnid Don ®efe^ unb ®nabe
and £i(^t; femer bad äßefen ber in (Sl^rifto mitgeteilten ®nabe, toobei Don ber objeltiDen
®nabe ober $ulb ©otted gegen ben @ünber, mit toelc^cr biefer um ber justitia S^rifti
toiHen ben fie im ©lauben ergreifenben Sünber für geredet annimmt, bie benfelben innerlich 46
^enbe ©nabengabe unb bie burc^ fie in i^m getoirtte qualitas animi unterfc^ieben
unb fobann biefe Teilung ^toar ald eine rabitale aufgefa^, jugleic^ aber bad an fvdf Un»
ßenügenbe biefer coepta justitia, bad ^ortbefte^en Don @ünbe nac^ ber ^£aufe, ja ber
]ebem guten äBert an fic^ nod^ anl^aftenbe S^arafter ber @ünbl^fttgfeit nac^brüdRui^ be*
l^aut)tet toirb. Sefonberd ju ertoö^nen ift femer feine @(^rift „9Son ber Seichte, ob bie so
ber ^{k4>ft 3Rac^t i)ab^ ju gebietm'', toorin er biefm Säeic^tjtamng energifc^ Dertoirft, eine
freitoiUige $riDatbeid(;te tnbeffen al^ ^eilfam emi)fielSiU. — $en Srjbifc^of SUbrec^t,
ber mit $Ufe feiner in ^alle gefammelten Sleliquim toieber einm grogm älbla^anbel
erdffnm tooÖte, bebro^te er brieflich fo fd(;arf mit einer @treitfd(;rift, bag berfelbe baDon
obftonb. 66
(San) befonberd toic^tig aber ift für ben Sfeformator £ut^er biefer Sufent^alt baburd^
getoorben, ba^ ed infolge bedfelben il^m befd(;ieben toar, bie öu^ere reformatorifd(;e ^ötigteit,
toeI(^e auf bie bid^er Don i^m audgeübte Möge £e^rtl^tigleit folgen mu^te, feinerfeitd gar
nic^ in angreifmber unb jcrftörenber SBeife, fonbem po[xtiii> mäfeigenb unb fonferDierenb
)u beginnen. 60
734 Bittrer
D^ne fein ^ajut^un machten einige fäd^ftfc^e ®ei|Uic^e, namentlid^ ber tüchtige Sent^
fyahi bon ^bünlj^en, bad Siecht mt Sl^e füt ftc^ fstattifd^. Snbere, n&mlic^ nt^t bIo|
ein itorlfiabt, fonbem ani) ein SRelanc^tl^on, gingen bereite ba^in toeiter, ouc^ bie ®üliigteit
bet SRönd^elübbe anzufechten. Sutl^er toor ber beben{(i(^ete: er erinnert, ba^ biefe mit
6 eigenem freien SBiDen übernommen ftnb — toeift ungenügenbe ®rünbe jurüct — finbet
ober felbft ben entfc^eibenben ©runb in bemjenigem Sinne, aud toelc^ biefelben ffcttycn>
iiuge^en i)f{egen, ndmlic^ animo salutis aut justitiae quaerendae per votum ; barum
tnb fte t^m je^t impia, sacrilega. ^e^ SBeiteren ertlärt er fic^ bann öffentlich gegen
fie in einer eigenen @<^rift de votis monasticis. ÜRit Sinberungen im Jtultud, unb
10 jttHxr mit Sbf^affung ber bon t^m be!äm))ften ![Reffe, begannen bie älugufliner in SBitten-
berg unter ßuftimmung ber Uniberfttät ^ber ber ^rior be$ Jtlofterd n)iberf^ra(^ fysA*
nädfig. Sutl^er begtünbete bie SSertoerfung ber SReffe in einer (loteinifc^en unb beutfc^)
@(^rift De abroganda missa privata. 9lber fo feft er auf biefen ®runbfä^en beßanb,
fo bebentlic^ toar i^m nun, toai er über bad )9raftif(^e SSer^alten bon ©laubendgenoffen
15 über ein tumultuorifc^e^ ätu^treten bon ![R5n(^en aud feinem jtlofter, über Stüctfifl^tds
Ioftg!eit ber Steformeifrigen gegen ©dbtoad^e, \a über tumidtuarifc^e Störungen bed 9Re|>
gotte^ienft^ unb ^niurien unb ®etoalttl^ätig{eiten gegen 5tlöfter unb 3R&nd^t auiS SBitten«
berg bema^m. ^lö^Iic^ erfc^ien er ju Slnfang 3)e2emberd felbft bort unter feinen ^crnnben
auf einige 3:age. 3lai) ber SBBartburg jurücfgde^rt, fc^rieb er „Sine treue Sermo^nung
20 bor 9lufru^ unb @m))örung'', toorin er jeben älufru^, auc^ toenn Sled^ted erfhrebt tvürbc,
für Unrecht ertlärte. ^n SBittenberg aber brängten jtorlftabt unb ber bisherige SlugufUner»
mönc^ 3^^^0 i^^ ^^^ ^^^^ ^^f^'S unb rüdfi^^t^Io^ bom)&rtd ; fie brangen auf 8(bt^
ber $ribatmeffen unb auf ein aDgemeine^ Sbenbma^I sab utraque unb aui^ mit 9n<
faffung ber ätbenbmal^I^elemente burc^ bie Saien, toie e$ bann jtariftabt an äBei^nocbten
25 toirOid^ beranftabete; fte berbammten auc^ bie S3i{ber in ben Jtirc^en, unb ber SKogiftrat
lieg fie toegfc^affen. ^a^u tamen g(eid^ mu^ SBei^nac^ten bon 3^i^<nt ^er, too 9)cün^
il^en ge})rebigt ^atte, brei Sc^toärmer, meiere ^ö^erer unmittelbarer Offenbarungen biu^
träume, SSiftonen unb ®^pxäd)t mit ®ott ftc^ rühmten, bie Jtinbertaufe bertiKirfen, bie
Sertilgung ber ®ottlofen unb bie Stiftung eined neuen ^eiligen ®ef(^Ie(^td antünb^gtcn,
80 auc^ bereite Steigung ju @m))örung jeigten. üßelanc^tl^on tourbe buni^ ben erften (Sinbxuct,
toeld^en fie ^erborbrac^ten, getoaltig belegt, unb jetgte auc^ nad^^er noc^ Unfic^^eit in feinen
9tatfc^(ägen i^rettoegen. jcarlftabt toar i^nen ganj jugeneigt. üßtt i^nen ))rebigte au(^
er SSera^tung ber äSSijTenfc^aft, meil ®ott ed ben 28etjen berberge unb ben Unlmtrbigen
offenbare. 2)ie ftäbtifqe Schule n)urbe aufgelöfi, biete Stubenten gaben bad Stubium
85 auf. — ^a trat benn Sutl^er, unb jtoar f ogleic^ mit groger Seftimmtbeit unb 5llar^
auc^ gegen äSerirrungen, toelc^e an feine eigene Se^re ftc^ anfc^loffen, auf ben Jtam))f))la|.
@r l^ieb ben Sc^toörmem entgegen: ®ott ^abe nie jemanben gefanbt, ol^ne i^ burd^
einen SRenfd^en ju berufen ober burc^ 3^^^ f^^ ^^^ i^ }^ugen; foI(^ SetDäl^nmg
müßten auc^ fte bortoeifen ®egenüber bon il^rer 33erh)erfung ber Jtintertaufe lommt er
40 fc^on je^t barauf, bag frember ®Iaube nic^t unmittelbar für ben ber Jtinber eintrete, tvol^
aber bur^ ^rbttte dingiegung be^ ®laubend für fte erlangen tonne; bag man coli)
toirflic^ auf ®runb ^ieroon bie Jtinber taufen foDe, toill er junöc^ft toegen bed allgemeinen
Itrc^ltc^en Jtonfenfud feftl^alten — nac^^er mit (Sntfc^iebenl^eit toegen ber Shtfforberung
in aJlatt^. 19, 14 f.
46 stuf ber SBartburg aber fanb er jje^t {eine Slu^e mel^r in bem ^ange, anä^ ptf
fönlic^ ben neuen ®efal^ren ftd^ entgegenjuftellen ; er fa^ in ben bid^erigen SBirren nur
ein 9Sorf))iel für Sc^toerere^, für groge @m))örung in beutfc^en Sanben. Sr berlieg feinen
3uflu^tdort; ber Aurfürft foQe ftd^ barüber nid^t {ümmem, i^n auszuliefern fei er nic^
ber))flid^tet ; ^ole man il^n aber, fo foDe er bie S^l^ore offen laffen ; er felbft tDeig fidb m
sol^ö^erem Sc^u^e: „\a, id) l^alt, ic^ tooQe @. Jt. t$. ®. mel^r fd^ü^en, benn fie miSf
fc^ü^en lönnte. (Sr traf am 7. aKärj in Wittenberg ein (bgl. b. Sejolb in 35li® XX,
186 ff.: S.«. SRüÄe^r b. b. SBartburg; Äatoerau, S.S. SRüdHel^r b. b. SBartburg nad^ SBitten«
berg, SJeuja^rdbl. ber l^iftor. Äommiff. f. b. $rob. Sac^fen 1902). Sofort )}rebigte er bom
Sonntag SReminifcere bis S^^^cabit in ac^t Sermonen jene ^flic^ten ber Siebe, ber Qadft
65 unb Orbnung. ^ie 3^ic{auer $ro))^eten räumten, na^bem [xdf Sut^er ^u einer Unter»
rebung mit i^nen l^erbeigelaffen ^atte, bie Stabt; er l^atte fte auc^ ftd^ gegenüber tro^ig
gefunben, bergebenS bie ^orberung, burc^ SSunber fu^ auSjumeifen, i^nen borge^oben,
bann übrigens il^ren ®ott bebro^t, fold^e ja ntc^t ju tl^un oi^ne ben SBiOen feinet
®otteS. S3eim älbenbma^l tourbe j[e|^t ber aufS Opfer bejüglic^e SRe^anon to^eggelaffen,
eo ber Jtel(^ jeboc^ anfangs nur an biejenigen £aien, toelc^e felbft eS toünfc^ten, ouSgeteilt
inüitt 735
@d h)urben, nac^bem bte 9teuerer bie Seichte ganj toeggetvotfen l^atten, barauf gebrungen,
bo^ bie Jtommumlanten ftd^ borget metben unb in ^ftlic^er Seichte %xo\i jucken unb
i^ren (Stauben unb i^r SSerlangen nad) @nabe betennen. 3)tej[eniae neue Orbnüng, tt)el(^e
Sut^er mit größter Slüdfic^tna^me au^^ SSefte^enbe unb auf bie Sebenfen unb S&ürfniffe
©(^toad^er in SSSittenberg ^ergefteQt l^atte, beröffentKd^te er in einer „Formula missae 6
et communionis" 1523. SBeiter^in toat x\)m befonberd an ber $erfteDung beutfc^er
©efonge für ben ®otte«bienft gelegen: 1524 erfd^ien bag erfte SBittenberger (Sefangbüc^Iein
mit üier Siebem üon i^m felbft. — (Sine umfaffenbe neue Drbnung für eine ©injelgemeinbe
tourbe 1523 im ©täbt^en 2ei«nig berfuc^t (Slic^ter, ©b. Ä.^Drbn., 1,10): SRatunbein«
tDol^er befd^loflen, ba| fie i^re c^riftli^e ^ei^eit, fo))ieI bie S3efteDung bed $farramted to
anbelange, nic^t anberd benn ber ^I. @(^rift gemö| gebrauten tooDen, ba| ^eber in
feinem ^ufe kn6)t iü)tn unb, h)o barin Ünflei^ bermerft toürbe, bie ganje einget)farrte
Serfammlung fic^ beffen annel^men unb Jol^e^ mit §ilfe ber Dbrigleit jur ©träfe unb
Sefferung bringen foUe — ba^ für bie SJebürfniffe be« 5ßrebigtamtg, ber ©Aule unb be«
9[nnenn)eieng ein gemeiner Jtaften foUe eingerichtet, berfelbe unter je^n au^ 9tat, bürgern is
unb Säuern erft>ä^lte IBormunbe gefteUt, auc^ iä^i^(i<^ breimal jur Beratung ber barauf
bejüglic^en 3)inge bie gan)e ®emeinbe berfammelt toerben. fiutl^er em))fal^( biefe Sin-
rid^tung, ta>a^renb er einen ä^nlic^en (Snttt)urf Jtarl^abtS für SBittenberg, toorin jugleic^
bie Silber berbammt, auc^ bie (Selber für Ünterftü^ung Don $anbn?erfem in 9lnf))ru(b
genommen toaren, fogletc^ abget^an ^otte. 3lxd)t bto^ ber 9lat, fonbem befonberd au4 ao
bie älbeligen nmren babei t^ötig. ®en Jturfürften bat Sutl^er um $ilfe jur ^urc^fü^ng
ber Drbnung. ^n Setreff i^red ^n^alted ift )u beachten, toie Stat^mitglieber auc^ im
Streife ber Aafien)}orftänbe felbft eine ftänbige ©teile ungeteilt mar. Sut^er unb bie anberen
Steformotoren blieben überl^^oupt immer bei einer 9(uffaf[ung ber d^riftli^en (Semeinbe unb
Solt^emeinfc^aft ftel^en, für tpelc^e bie bürgerliche unb tird^lic^e Dbrigfeit ein^ tamren. 25
©0 foOte bann bie bürgerliche Obrigteit aU c^riftlid^e auc^ bem @bangelium Slaum fc^affen
unb religiöfen n?ie fittli^^en „®reueln" (abominationes) toel^ren. — ^a machte bann
freiließ eine beim römifd^en ^at^oliji^mud be^arrenbe Dbrigfeit nur bon ber nämlichen
$flic^t gem&l il^ed eigenen ®ett)if{en^ Slntoenbung, tt)enn fie au9 i^rem ®ebiete bie Ser«
ttnbigung etHtngelifc^er $rebigt fem ^ten tPoDte ; ed trat ^ier unleugbar ein getoiffer ao
innerer Konflilt für Sutl^er ein. 9lld feine Sudler bon ^erjog ®eora bon ©ac^fen ber^
boten tourben, gab er hiergegen eine ©d^rift ^eraud „über bie toeltlic^e ®ett)alt, toie toeit
man il^®e^orfam fc^ulbia fei". Xa lehrte er nun einerfeitd, ba^ man auc^ hierin gegen
bie Dbrigleit fic^ nic^t aufzulehnen, nämtic^ bie Sucher jtt)ar ni^t auszuliefern, ieboci^ bie
©träfe l^ierfür gel^orfam m tragen f}abt, anbererfeitS, ba^ ber Dbrigfeit Siecht nur auf ss
2eib unb (Sut fic^ erftrecte unb fte nic^t ben ©eelen ®efe^e ju geben l^be. älber bie
bon il^m einer ebangelifd^en Dbrigfeit beigelegte Serec^tiaung unb Ser)}flic^tung, , gegen
bie Serbreiter bon „®reuetn'^ toofür eben auc^ jebe unc^riftlic^e Seigre unb retigiöfe Übung
ertlärt n)urbe, toenigftend auf bem äußeren Seben^ebiet ein^ufc^reiten, ja il^nen bie äußere
(Estften) unmöglich ju machen, mu^te er benn boc^ auc^ einer römifd^ gefinnten jugeftei^n. «0
Slufmerffam unb teilnel?menb folgte Sut^er bem Singange, toelc^en bie ^rebigt beS
StKingeliumS auc^ auStoörtS fanb. @r feiert ben %oh ber beiben Slutjeugen in Srüfjel
1523 (mit feinem erften Siebe: „6in neue« Sieb toir f)thm an'% fotoie ben beS ^einric^
bon 3^^^" 1524. @r ermahnt ferne ©lauben^enofjen in SRiga, 3let>al unb Doqxit
unb an anberen Drtcn. — Sefonber« toic^tig toerben je^t bie Sejie^ungen ju ben Sö^men 45
(t>gI.SbIII ©.456, 7), unter meieren befonber« Sut^erSgreunb ?5aul ©})eratug üon 3glau (in
9Rä^en) an^ Stnflu^ übte. (Sin Serfel^r mit ben bö^mifc^en Srübem (^ifarben) tourbe
angetnü^ft infolge ^on ^agen, loelc^e SpttaUx^ in Setreff il^rer älbenbma^tölei^re an
Sut^ gefc^icft l^atte ; bie fragen toaren aud^ injofem toic^tia, als eS fxd^ je^t fel^r be«
fUmmt barum ^anbelte, ob er bte XranSfubftantiation )}em)ertenb, boc^ bie ma^re ©cgen^ go
mart beS SeibeS mit ©trenge feft^alten tooüe. Sut^er bel^au)>tete biefe unb ^offte ben
®(auben baran auc^ bei ben Srübem DorauSfe^m m bürfen; bie Anbetung beS ©atra«
mentS, toeld^e befonberS in ^age ftanb, erflärte er für frei. 3lad)htm l^ierauf baS ^avtpt
ber Srüber, i^r ©enior SufaS, ©efanbte unb ©c^riften an il^n gefc^icft f^attt, fc^rieb er
für fie baS Süc^lein „Som anbeten be« ©aframmt«" u. f. to., 1523 — feine erfte 66
©trettfc^rift gegen eine Seugnung ber natürli^en ®eaentoart unb eigentlic^m leiblidben
©eniefeung, obgleid^ jene ein „toa^reS", nämlid^ „geiftlic^eS" ober „faframentaled" ®e»
niesen beS SeibeS S^rifti aU eines jur Siechten ®otteS )}ertoeilenbm annal^men. @r fügte
no^ mehrere toeitere Sebenfen bei, bcfonberS auc^ barüber ob fte ni^t bmSOBerfm neben
bem ©louben jubiel einräumen, äußerte ftc^ je^t aber im ganjm fe^ freunblic^ gegen eo
736 Sttt^cr
unb ü6er fie. %>if biel tt)eitgreifenber toaxm bie 9(udft(^ten getoefen, toeiut bte Uttoquiflen,
tote fte eine SBeile geneigt fc^ienen, an Sutber fic^ angefc^Ioffen Rotten. £ut^ S^A
1522 an bie bö^mifc^en Sanbftönbe, fte jur iBe^arrlic^teit gegen bod ^o^fUum ermapnei^.
1523 fc^icfte er bur^ ben Söhnten @^aDud Sonera, ber einige 3Ronate in äBtttenberg ju^
5 gebradbt ^e, eine ©ci^rift de instituendis ministris an ben 9lat unb bie ©emeinbe
Don $raa; fte enthält feine toic^tigfte 9(udfü^rung über bo^ Siedet ber ©emetnbe ttnb
itoax auo) einer @in)elgemeinbe, ftc^, toenn bie bi^^erigen {ird^ltc^en Dbem i^ bad ®fxünr
geßum borentl^ten, auf ®runb bed allgemeinen $rieftertumd felber mit neuen 2)ienem
bed SBorted ju berfel^en. Unb jtDor fou ed fo babei )uge^: primum orationibus
10 Deum quaeretis — tum convocatis — quorum corda Deus tetigerit ut vobis-
cum idem sentiant — eligite — qui — idonei — visi fuerint; tum impositis
Buper eos manibus illorum, qui potiores inter vos fuerint, confirmetis et
commendetis eos populo. @eien einmal mel^rere Sürgerfc^aften mit foUet SBo^l
il^rer eigenen Sifc^öfe ober tieften borangegangen, fo mdgen bann biefe Sif^dfe felbß
16 ftc^ SJorgefe^te unb SSifitatoren ertoo^Ien, bid ganj Söl^men }u einem legitimen unb ebon»
gelifc^en @))tf!o))at jurüdfel^re. Salb barauf trat iibod^ in ber Haltung ber bd^mifcfien
@tänbe ein groger Umfc^lag ein: fte fuc^ten, Sol^era felbft an ber @))i^e, Slu^d^ng
mit bem $a))ft. SSon SSerl^anblungen Siit^er^ mit i^nen ^ören toir fbäter nic^td m^.
9leue $otemiI erl^ob [vi) für Sutj^er namentlich burc^ eine ©egenf^rift bed engRfd^
20 Aönigd ^einric^ VIII. gegen bie @ä|e be$ Suc^e^ De captiv. Babyl. über bte @aha«
mente 1522. S)en @c^mä^reben be$ Jtönigd fteUte Sut^er in feiner Sd^rift Contra
Henricum regem bad boDe 3Rag feiner eigenen 3)erb^eit entgeaen. Ser mit feiner
3)erb^eit fu^ ))aarenbe rebtic^e, gutmütige @inn lieg i^n fbäter noqf auf ®etoinnung bed
Aönij^ ^offen unb beranlagte i^n 1525 ju einer ebenfo bemütigen aü bergdlic^ Sitte
26 um sBergeil^ung.
Sad toicptigfte @reignid in £ut^er^ iRampji mit bem Jtat^olijidmud tourbe jd^ feine
@nt3h)eiung mit Sradmud, mit toetd^em auc^ ein groger Xeit ber anberen ^umanifien bon
ber ©emeinfc^aft mit ber 9leformation ftd^ loöfagte, nod^ auf Sefferung inner^Ib bed
alten Jtird^entumd ^offenb unb einer offenen Jtritif aegen bie $rin2ii)ien bedfelben ftd^ ent^
90 l(^altenb. (Sradmuö ^atte löngft an £ut^er^ @c^rfe unb 2)erbl^eit Xnfto^ genommen,
ebenfo biefer an feiner Unlenntniö ber @nabe ®otte$, bie allein bad ^et( tmrle, imb
feinem SRangel an ^iJtut unb @ntfc^iebenl^eit. S^QUid) trieben i^n bomel^me ®önner,
gegen Sut^er ju fc^reiben, toö^renb anbere il^m fd^toere SRitfc^ulb an ben gegen bie Itird^
lo^ebrod^enen Stürmen bortoarfen. @r lieg enblic^ 1524 eine Schrift De libero ar-
35 bitrio gegen Sutl^er erfc^einen : jum Slngriff^unlt tDÖ^lte er fo einen @egenfUxnb« in
toelc^em er gegen Sut^erd bon ber Jtirc^e berbammte @ä$e jugleic^ feine eigene über»
jeugung berfod^t. Sutl^er ipar in feiner äluffaffung bed Ser^öltniffed ^toifc^en gdttfii^
äBirfen unb menfc^lic^er ^ei^eit auc^ über ben Sluguftini^mu^ l^inaud gegangen, unb bon
c^riftlic^ religiöfen Slu^fagen tbeiter )u aUgemein meta))^^ftf(^en (in ber „Assertio onm.
40 articul." : „Omnia necessario fieri''). ^em @radmu^ entgegnete er bann nad)
längerem 3ög«ni 1525 in ber ©d^rift De servo arbitrio, in ber er auf feinen fc^ffflen
(bon ben f))äteren Sut^eranem oft unbefugt umgebeuteten) Sö^en über biefe servitudo
beftanb. @r le^rt : älOmac^t unb älOlüiffen^eit ift bei ®ott, bem SlDed unbebingt be^
ftimmenben, fc^lec^t^tn eind, unb fo bann auc^ ^räfjien) unb ^röbeftination ; n)er alfo
45 berloren gel^t, gel^t burc^ benfelben unbebingten äSiüen ®otte^ berloren ; 3l\d)ti betpeift
hingegen ba^ 3Bort, ®ott iPoQe ben Xob bed @ünberö nic^t : benn man mug unter«
fd^eiben jmifc^en bem ge))rebtgten @ott ober ®otted SBorte unb jtoijc^en bem berborgenen
®otte; ®ott felbft, feinem und unburc^forfc^lid^en 28iIIen ; man barf aud^ nic^t bortoNerfen,
marum ®ott ben 3BiIIen ber Söfen, toelc^en er betoege, nic^t auc^ önbere : benn rec^t ifi,
60 ipad er tl^ut, be^megen, ipeil er ed tt)ill, unb toavnm er folc^ed toirtlid^ in Setreff ber
Söfcn iPtU, gehört )u ben ®e^eimniffen fetner 3Jlaieftöt ; hie est fidel summus grados
credere illum esse dementem, qui tam paucos salvat — justum, qui sna
voluntate nos damnabiles facit. @o erfolgte fc^on älbamd %ani bedtoegen, koeil
®otted @etft i^m ni^t ^um ©ei^orfam gegen bad ®ebot beiftanb. freier äBille laim nie
66 bon 3JZenfc^en, fonbem nur bon ®ott j)räbijiert toerben • tooute man ben SRamen je no<^
bei SRenfc^en gebrauchen, fo lönnit man ed nur mit Sejug auf bad, ioad unter i^m
fte^t unb n?orüber er ^u berfügen ^at, ntc^t aber mit Se^ie^ung auf ®ott: unb ouc^ ber
in jenen Verfügungen fic^ bet^ätigenbe SSille felbft n?irb einjig eben burd^ ®otted SBiOot
regiert, ©eine erlöfenbe SBirffamleit toill bann jtoar ®ott an had SBort binben, aber
60 nur infofem, ald ber ®eift nur burd^ bad 28ort tt)irft, nid^t infofem, aU ob er bun^
Snt^cr 737
btefed üBetoK toirlen unb bann bte 9(nnal^me bem menfd^Kd^en SBiUen on^eirnfteOen toürbe.
Sut^er toiS biefe ^ortKmgenben Seigren offen Dotgetrogen l^en ; nur foDe man nimmer^
ntel^ ein Sinbrmgen in ben berborgenen SBiQen berfuc^en, bielme^r einfad^ an ben ge«
offenborten, bad SBort, fic^ galten; fo toerbe bann gerabe erft in biefer Se^re bon ber
92ottoenbigteit unb Unloanbelbarteit bed göttlid^en SBoDend ber ®Iaube @i(^er^t finben; 6
bod Unbegreiflich ober ioerbe er a(d foU^ed ^nel^men, bi^ bed ^enfc^en @o^n fu^ offen»
boren toerbe.
31m meiften mu|te aber Sut^er ouc^ ie^t noi) ber Rart\p\ gegen benienigen ^einb
ongelegen fein, ber innerl^olb ber eigenen ^irc^e ftd^ immer ju hdfavcpim fucfte, gegen
jenen (Seift folfc^er ^eil^eit. Jtarlftobt (bg(. b. 9. S3b X @. 76 f^ f^attt md) SutJ^er^ lo
ätüdßel^ bon ber 9Bortbur^ nur fc^einbar fic^ beruhigt @r berfenhe fid^ je^t in mittet
olterlic^ mi^ftif c^e ^itm tote biejenigen, bon toelc^en Stünjer unb bie 3tbi(tauer $ro))l^eten
oudgc^angen toaren, iooDte aU c^riftlic^ Saie unb Sauer leben, toollte bann bad $fans
omt in Drlomünbe, bad mit bem il^ übertragenen SBittenberger @tift^rc^ibiaIonat ber«
bunben toor, felbft ausüben unb lieg ftd^ bon ber bortigen 6(emeinbe ba^u tod^Ien, bie ifi
er fitr feine ©runbfö^e getoann, beftritt femer bon feinem bermeintlic^ geifUtc^em @tanbs
(mnlte ouiS bie ^räfenjbed Setbe^ 6l^i im 9(benbmal^(, toö^renb er fic^ jugleic^ in
au|erru^ SBeife and äBort bed äUten 5Ceftamentd l^ielt, ouf ®runb bedfelben bie Silber
berbot, bogegen bie ^ol^amie julöfftg fanb u. f. to. 9luf ®runb bed WX^ meinten auc^
onbere ^u ttrc^Hc^en, fo)ialen nvb bürgerlichen Steuerungen fc^reiten ju bürf en : man ^örte ao
nomentlui^ bon einer SBieber^erfteOung bed mofaifc^en ^ubelja^red reben, too bie ber»
lauften ©runbjtücte an bie urf))rünglic^en Sefi^er jurüdfoDen foDten. !gn)totfc^en !am
9Rün)er, ber bie $au))t))erfon unter jenen Sc^toörmem in 3^^(I<^u getoefen, bann aber
onbertoörtd umj^ergejogen toox, nac^ SRittelbeutf erlaub jurüct, tourbe 1523 Pfarrer in SlOU
fiä^t unb arbeitete auf eine Stebolution )ur fiierfteQung eined Steic^ed ber ^eiligen in as
feinem Sinne ^in (mit i^m toollten übrigen^ Kariftabt unb bie Drlamünber leine ®e«
metnfc^ft l^en). — ®e^en jtarlftabt fc|^, noc^bem Sut^er bie Drlamünber bergebtic^ burd^
t)erfönlic^ ®inh)irfung (tm äluguft 1524) pred^^tjubringen berfuc^t l^tte, berfiurfürft ein:
er f^ i^n ob unb bertoied il^n bed Sanoed. ®egen biefe ganje Slic^tung gab Sut^er
om 6(^lu| bed ga^ 1524 unb Slnfang bed ^afred 1525 bie größere Schrift ;,2Biber so
bie ^immtifc^en $ro)9l^eten k" ^eraud. ^ie neuaufgetretene ^age über bad mofaifc^e
®efd^ beonttoortete er barin bom !lRittel)}unIt feiner ^eitdle^e oud: bad ®efe|[ ift Über«
f^ax^t oufgel^oben in @(;riftud, toelc^er bed ®efe^ed @nbe ift; fofem bann auc^ bieS^riften
noc9 gdttlic^en ®eboten leben foDen, finb biefe boc^ fo toenig me^r bie mofaifc^n felbft,
bo| I^ere bielme^ olle in^efamt aufgehoben bleiben, fonbem fic fmb bie jebem Slenfcben 85
^ ^^ gefc^ebenen, bie mofaifc^en aber nur, fo toeit biefelben mit bem 9{euen Xefta«
mente unb bem natürlichen ®ef4e gleic^ftimmen, \a mit leiderem Sin 3)ing fmb. @ben
bieron, nämlic|i an bie innige Sejie^ung, toelc^e Sutl^er toirflic^ ^toifc^en bem toa^ren ®e«
polte ber mofaifc^en ®ebote unb jtoifd^en ben ®eh)iffen^eboten erfannte, fc^log fid^ ber
l^roltifd^ ®ebrauc^, ben er boc^ bom 2)eIalog (bgl. Jtate^idm.) machte. Unb femer gab 40
er ju, man möge auc^ für bad ®ebiet bed toeltltc^m Slegimentd manc^ fein @sem))el aud
3Rofe entnel^mm; ober bie ®ebote felbft gebm l^ier unter Soften nic^t bon SRofe, fon«
bem bon ber Obrigleit aud ; nic^t mo\ti Steckte, fonbem laiferlic^e Siechte f oQen gel^ltm
tberben.
Sod ^er griff toeiter; eine bon Sut^er löngft befürchtete allgemeine @m))ömng 46
bro^te im Sauemfriege lodjubrec^en. 3)ag bie rebolutionäre Setoegung im Sauemftanb
letnedtoegd erft eine t^c^t ber ebangelifc^en unb reformatorifc^m ^^rebigt, fonbem aud
ben bolitifc^en, ö{onomifc^m unb fojialen SSerJ^öltniffm l^erborgegangm mar, jeigen tlor
i^ bebrol^lic^m Srfc^einungen unb äluSbrüc^e fc^on feit @nbe bed borangegangenen ^a^r«
htnbertd. Slber in jener glaubte fte eine Seftötigung aud^ für bie bon i^r beanf))rud^tm 50
Steckte unb ^eil^eitm ju ^nben, unb mö^renb fte burc^ jene lebenfolld ermahnt mar, bie
fbifptüdft nur auf bemSBege bedSlec^td unb ber Orbnung geltmb ju mac^m, bermoc^te
fte bon ben Obrig!eitm unb l^errfc^enben itlaffen auf biefem 28ege nic^td ju errei^en.
3Rümer unb ®enoffm tooQtm mittelft jener Setoegung i^e freiließ nur genniltfam ju
reolifterenben fc^to&rmerifc^en unb fanatifd^m ^bem bon S^fti 9iei^ burc^fe^en. 66
Den SRünjer nun f)aitt Sut^er f ogleic^ ol^ne toeitered atö falfd^en $ro)9^eten bermorfm.
^ejmigen Sauem aber, meiere nicpt toie jener über bad objeftioe ebangelifd^e SSiort ftd^
erbebm tooDten, bemühte er ftc^, erft mit ^erjltc^er Xeilna^me ju belel^ren, bog bie dj^rift«
fiepe ^eibeit nid^t eine fleifc^lic^e fei, fonbem auc^ mit £eibeigmfc^aft jufammenbeftel^m
Iftnne ; (Singriff in bie ®üter ber Dbrigleit unb Sufftanb gegm bief elbe fei berbotm ; eo
RcoMnc^nopabU fftr 2:^eo(O0ic unb »itdtt. 8. H. XI. ^j
738 Snt^cr
iDoDe tl^nen bie Dbrigleii leinen d^rtfUic^en Pfarrer ^Atn, fo foQten fie fdbft einen ta>a^Ien
unb bann auc^ felbft em&^ren; tooQte man il^nen bod SDangelium felbft teerten, fo b^
bürfen fte hiergegen leiner @etoa(tt^aten ; fte foQen fliegen unb hcS StHingdium immer
im $er)en bleiben laffen. ^ie ftänften 9Borte richtete er jugleid^ an bie onbere Seite,
6 bie dürften unb $erren, toel^e ben gemeinen SRonn fd(;inben. 2)a aber, ol^e ber Se«
lel^^rung ju achten, bie ,,m5rbehfc^en unb räuberifc^en Siotten'' lodbrad^ unb tmUeten,
gebot er in @otted ?Hamm mit „S>t^m, Schlagen unb SBürgen" i^r Xeufetötoefen nieber»
jufc^Iagen. @r rechtfertigte fic^ bann gegen bie bittem SSonoürfe, bie i^ felbfl toegen
fold^er ^örte trafen, — mahnte noc^ bem @iege ju Sarml^erjigleit mit ^inn)eid borootf,
10 ba^ nicft SRenfc^eti^anb, fonbem (Sott ben äiufru^ geftiOt, — unb tönbigte ben grau«
famen ,,^ünferlein'', ben ,;toütigen, unftnnigen S^^tannen'', einen etoigen 2ofy^ cax, gegen
ben ber %oh burc^ bie ^anb ber Säuern ein ©eringed getoefen toöre. So in ben
©((^ften: „ßrma^nung jum ^eben k."; „9Biber bie mörberif^en SRotten" tc.; ,,@enbs
brief t>. b. garten ȟc^Idn k.", 1526.
16 2Bie ber ben Sauemirieg erjeugenbe (Seift innerlich, fo brol^te ber Sieg ie|t ou^erUd^
bem Sbangelium fc^toere ®efal^, inbem bie ^Eot^olifc^en, obgleich fte nur im Sunbe mit
ben Sbangelifd^en gefiegt, bo(^ an^ ber Steaftion gegen bie SIetoegung unter ben Souem
eine SIeanton gegen bie neue £e^e überl^u))t Soften mad^en ju tonnen. — ^fn fob^
3ett ber Srangfa(, nod^ toä^renb be$ Jtrieged, Don 9(nf(i(^ägen gegen feine eigene $erfon
ao bemel^menb, )ug(ei(^ jtd^ felbft fd^on alt fü^lenb unb bem Zoit no^e meinenb, faj^
Sut^er einen ))erfönli(^en @ntf(^(u|, toelc^, baju nod^ fo raf(^ eis möglich oudge^tt^,
bei ben ^nben ©efc^rei bed ^o^ned unb üble Slac^r^e, bei manchen ^unben ongf!«
lid^ed Sebenfen bert)orrufen mu^e: er bermol^Ite ftc^ am 13. ^uni 1525 mit ber t>or^
maligen 9}onne flat^arina Don Sora (f. b. 9(. S3b III @. 321 f.). @r t^ ed in eblem
26 (Slaubendtro^ gegen feine ^einbe, — in ber Hoffnung, ob ber 9ierad|^tung, bie i^n be^
l^olb treffe, toerben bie @ngel lachen unb bie Xeuf el toeinen — o^ne bon SSebedeibenfc^
^c^ beioegt ju fül^Ien — um bor feinem 3:obe noc^ ein 3^0"^^ ab)ulegen für bie ^re,
bie er felbft bem S^eftanb geben lel^e, auc^ um feinem SSater burd^ Sorge für 9tai^
lommenfc^ft ge^orfam fic^ ju ertoeifen.
80 9lm 5. ^ai 1525 toar Sut^erd Sefc^ü^er, ^ebric^ ber SBeife, ge{lorben. 9B%enb
er innerlich fd^on gam ber eüongelifd^en Se^re jugetl^an toar (t)gl. 3- ftöfUin, gftiebric^
ber aOBeife unb bie Scblo^M« m SBittenb., »eftf^r. 1892, unb 2|StÄ 1882, 700f.
1893, 609 ff.), ^otte er bo(^ ol^ Sanbe^^en fu^ gnmbfä^lic^ barauf befc^anh, i$r freien
9taum unb Sc^u^ ju geh)ä|ren, inbem er immer nod^ auf eine allgemeine Steformation
85 für bie abenblönbifdpe S^riftenl^eit ober ioenigftend bie Jtirdl^e bed beutfc^en 9lei(^ ^offte.
Sein ^ad^folger ^ol^ann toar bielme^r ju felbftftänbigem lanbe^l^errlic^em 93orge$en inner*
l^alb feinet (Sebieted bereit. @ine reiqSred^tlic^e @rmöc^tigung baju gab bann ber Sletdj^
tagöbefc^lufe Don Sj)eicr 1526.
Über toeitere ^ortfc^ritte in ber Drbnung bei^ ©otte^bicnfte^, für toetc^ er je^
40 beutf^e liturgifd^e (Sefänge J^ergefteUt l^atte, berichtete Sut^er 1526 in ber Sc^ft „3)eutf(^
SKeffe K." äud^ für bie SBod^engotte^bienfte forgt ^ier £ut^er: e« foUen biblif^e »ü^^er
in il^nen bur^gcnommcn toerben. ferner bringt er auf eine Jtatec^idmu^ntertoeifung.
SSomtoeg aber Dem)a^rt er ftc^ toieber, ba^ au^ ben formen fein neued @efe^ gemalt
toerbc; fo foU man benn aud^ ba, too man anbere gute Orbnung l^abe ober ed beffer
46 machen ^u fönnen glaube, nt^t meinen, biefe SBittenbergifc^e annehmen }u muffen. 3)ad
Slugenmerf toitt er gerid[^let ^aben „auf bie ^wgenb unb bie (Einfältigen", um jene ju
erjie^en, bicfe ju reijen, — auf bie faltifc^en 3uftänbe, ba Diele noc^ nic^t fi^riften finb
unb bad mehrere Seil erft fte^t unb gafft; eine anbere SBeife rechter eDangelifc^ Orb*
nung müf|te nic^t fo öffentlich unter aQerlei 93olf gefc^el^en, fonbem biejenigen, bie mit
60 (Srnft Sl^riften fein tooUten, mufften mit 9{amen ftc^ einzeichnen unb in einen Raufen
aDein ftd^ Derfammeln ^u eigenen ©ottedbienften, too bann auc^ nac^ 3Rt 18' S^^ 0^^
toerben !önnte unb too e^ ni^t Dielet unb großen (Sefange^, auc^ nur einer turnen, fernen
SBeife für 2:aufe unb Salrament bebürfte. — ^ie aDmö^Uc^e Umgeftaltung bed Zauf*
rttu« Don^ie^t ba« „laufbüc^tein" 1523 unb 1527. — ©ie erfte eDangelifc^ Drbtnation
66 erfolgte gu äStttenberg im 3Rai 1525, inbem juerft ®. Slörer in fein ^rebigtomt bafdbfi
feierlich mit ^anbauflegung unb (Sebet eingeführt tourbe. Sut^er ^atte l&ngft, befonbecS
in fetner Sd^rift De captiv. Babyl., ba« {atl^olifc^e sacramentum ordinis, bun^
toelc^e« einer Dermöge befonberer (Seifte«mitteilung jum ^ßriefter toerben follte, Dertoorfen,
unb an feine Steüe nur bie orbentltc^e ä3erufung gum 9lmte ber $rebigt unb Sabo<
60 ment«DertoaItung gefegt, ba« unter ben Dielen giften ))riefterlic^en S^rotter« bf
Sttt^er 739
fUmmten Smjelnen )u übertragen fei. 9(ber atö angemeffener menfd^lid^er Slitud babei
foSte bte ßonbouflegung mit ®ebet in feierlichen gemeinblid^en ©ottedbienften bienen: fo
)uerft bei Vtixn 1525; f)>ater, feit 1535, ift bann, nac^ Sut^erdSlat, eine fold^e Drbina«
tion old einmaliger 9C!t ber feierlichen Berufung ind ^rebigtamt über^au))t an benen, bie
ftt^ boju in einer Prüfung tüchtig gejeigt ^en, boSjogen toorben : fo tourbe 28ittenberg 6
SCudgongdort audb für bort ge))rü^ unb orbinierte $rebiger anberer Orte unb Sönber
(I9gl. (S. 9tietf(^el, S. unb bie Orbination 1883; Suc^hmlb, äBittenberg. Drbiniertenbuc^
1687—1560).
9lu(^ eine ebangefifd^ tirc^Iid^e Organifation im ganjen, nämlic^ nid^t bIof( ein für
fh^ befle^enbed ekKingelifcped ®emeinn>efen, fonbem auc^ eine beftimmte SJerfaffung unb lo
fortioä^renbe üieitung für ba^felbe lam jekt ju ftanbe, — unb ffoax }uerfi eben burcb
jenen neuen 2anbed|erm Sutl^, auf Sutper^ anbringen unb 3Beifungen l^in, mittelft ber
auf feinen 9tat 1527—29 borgenommenen SSifttation.
Sutl^er fanb, ba^ bie 3uftönbe bad @iirfc^eiten einer bi^^eren, obrigleitlic^en ®etoaIt
erforberten. @r Uagte fc^on 1525 über 3u(9tloftgteit bed SSolted, Unbanf gegen @otted u
SBort, Sanieberliegen ber Pfarreien u. f. n>., tocgegen ber Sanbed^en ftc^ atö treued
SBerljeug bon ®ott gebrauchen laffen m5ge. äluf bie $flic^ten, toelc^ einer c^riftlicf^en
Öbrigleit in biefen lird^tic^en Singen obliegen, ftnb toir fc^on im SSorfte^enben (oben @. 735)
^tngeffi^ toorben. Sie foS überall toe^renb unb ftrafenb gegen externas abomina-
tiones ta>ie gegen publica flagitia einf^reiten, — foQ, toie Sutl^er je^t namentlich in ao
feiner Sorrebe )um SSifitatorenunterric^t 1528 erllarte, aJDler ^toietrad^t unb^Slotten'' unter
i^ren Untertanen toe^ren; inbem er femer in i^ ben SSormunb ber 3^0^^ unb aDer
ber religidfen Untertoeifung Sebürftigen fie^t, toiQ er, ba| fte auc^ toibecf))enftige Stöbte
unb Sörfer )um Unterhalt ber ^rebiger anhalte. Unb toeiter foD bann ebenberfelben
taKgen bö: ^o^eit, bie ti^r ald toeltlic^ Obrtgteit bon ®ott berlie^en ift, auc^ innerl^alb 26
ber d^rifUid^en ®emeinbe ald folc^er unb bon feiten biefer ®emeinbe eine l^öl^e @teQung
mit dejug auf bie imterfirc^lic^en älngelegeni^eiten überl^u))t, auf bie ^erfteQung utw
j^onbl^ung ber Kreislichen Drbnungen im einjelnen, bie SefteQung ber einjelnen tirc^«
udfm ämter, bie lird^lid^en SSifitotionen u. f. to. juerfannt toerben. @o foDen in Stäbten
bie Stabträte aU commembra ec^clesiae bie ®eiftlic^en berufen. So foDte je^t jene so
Sifttotion burd^ ben Iturfürften angeorbnet toerben. 3)ie n>ir{(ic^e älu^übung folc^er Se«
fugniffe gehörte nac^ Sut^er nic^t )ur obrigteitlic^en ®eh)alt ald folc^er. ®em l^ötte fte
SiU^er einem ebangelifc^ gearteten @)>if(o)>at übertragen. Slber er tou^e, toie er in jener
Sorrebe fagt, leinen, ber „)um redeten Sifc^of« unb Sefuc^eramt rechten Sefel^l l^atte,''
imb bat baper ben j^rfürften ab feine bon ®ott berorbnete Obrigfeit, „ba^ S. fturf. 86
®n. aud Ariftlic^er Siebe (bem Sie nad^ toeltlic^er Obrigfeit nic^t fd^ulbig ftnb) unb um
®otM ttriuen tooSten etli^e $erfonen ^u folc^m 9lmt forbem unb orbnen." S)>äter
(1542 in „@sem))el einen rechten c^riftl. 6ifc^of ju toä^len'O faat er bon ben ebangelifc^en
%lrfien [elbff, ba^ fte je^t „Slotbifc^öfe fein muffen''. — llnber^ tooOte bie ^efftfc^e
Sl^be m $omberg 1526 bon ben ebangelifd^en $rin)it)ien aud bie SiJxd^t geftalten:«o
nac^bem auc^ bort bie ebangelifc^e $rebigt burc^ ben t^ürften eingeführt toar, foüten nun
ec^te Selennngemeinben bur^^ förmlichen Zutritt ber einzelnen ftc^ bilben, unb biefe f oQten
unter einem Sl^obalregiment, in toelc^ jeboc^ ^rft unb Slbel eine ^auptfteUe behielten,
ftc^ fetbft regieren, bad Pfarramt befteOen unb r^te Qvid)t üben. Sut^er aber, bom Sanb»
grafen befragt, bertparf jtoar auc^ je^t nid^t eine f olc^e ^bee an ftd^, ja backte felbft noc^ 46
^r. b. 29. ÜRärj 1527) an eine et^te „Sammlung ber Sänften'', toelc^er allein bad
Itrc^ltc^e Strafen )uftel(;en foQte, unb l^offte fogar, fte f oQte burc^ bie SJifttation angerichtet
tofrben, entgegnete feboc^ : „ic^ tann noi) nic^t fo tü^ fein, fo einen Raufen ®efe^e mit
fo m&^en äBorten bei \xn^ borjune^men'' ; man foQe boc^ erft toinlic^ Pfarren unb
Sc^tilen mit guten ^erfonen berforgen unb biefen gel^drige Slntoeifung geben; banad^eo
möge man toeiter ge^en, toie ftc^ bie Sad^e too^l felbft toerbe geben unb }toingen. Sad
toor benn ber ®runbfa|, nac^ toelc^em bei ber fäc^ftfd^en äSifitation berfa^en tourbe. Unb
bie (SrgebnifFe berfelben toaren leine^toegd geeignet, jofort )u einem Xrac^ten nac^ ibealeren
Skrfaffungi^tormen ![Rut ju machen ober jene bon Sutl^er felbft 1527 noc^ au^ef))roci^ene
Hoffnung )U bertoirllic^en : rusticis nihU disc^ntibus, nihil scuentibus, nihil oran- 66
tibus, nihil agentibus, nisi quod libertate abutuntur etc. So tritt benn ber®e*
bonle, im Solle eine ec^te Sl^riftengemeinbe auc^ in äußerer SJerfaffungdform barjuftellen,
gerabe fe^ boQenbd ganj jurüd l^inter bem äSeftreben, erft burc^ ®efe^ ben 9{icbtcbriften
)u toe^n unb burc^ @bangelium fte erft bem toal^ren S^ftentume ju getoinnen; bad
obieltibe Itirc^entum bleibt bem SSolte in berfelben ^('nn, toeld^e ed bei @infüf^ng ber eo
47*
740 Siti^
9teformation onnol^m, auöf femerl^m gegenübetfte^en: in einem bie (Snabenmtttel bar^
bietenben Pfarramt unier bom Sanbe^l^enn eingef^en unb il^ ^^ctanttoütäidfm Stftto«
toten ober @u))erintenbenten ; ba^ aber nun biefe ^orm eine an fic^ geforberte fei, ^
Sutl^er fo toenig je au^ef))ro(l^en, afö bie Überjeuaung, ba| bie 3^tdnbe, burd^ toeb^
6 fie t^atföc^Iic^ geforbert erfc^ien, immer biefelben bleibm müßten.
^ie SSifttation fanb alfo ftatt 1527—1529; bg(. Surll^rbt, ©efdbic^te ber fä^fftfc^
Jtirc^en« unb ©c^ulbifttationen 1524—1545, 1879. 3um „MnitvA^U ber Sifttotoren
an bie ^farri^erren'', toelc^en iDlelanc^tl^on berfaf^te, fd^rieb Sut^er bie Sonebe. @r felbfl
toar feit @nbe Oftober 1528 in einem ber Sejirle ob SSifttator t^ätig. — Sluf bie Sifi«
10 tation ^in entf))ra^ er (bgl. fc^on in ber ,,beutf(^en ÜReffe'O einem $au))tb^firfmffe,
toelc^ed befonberd auc^ fie toieber and fiid^t geftellt $atte, inbem er 1529 feine betben
Jtotec^idmen erfd^einen lie^ (bgl. ben 9(. Jtate^idmen fiutl^erd 9b X @. 130 ff.).
9Rit ber reformatorifc^en S^ötigleit, bie Sutl^er in ber Itirc^e übte, berbanb flc^ enblic^
fel^r enge unb grunbfa|mö|^ig bad toärmfte ^ntereffe fürd @d^ulh)efen (bgl. StüfUetn,
16 Sut^erd @infl. auf bad SSoI&fcbultoefen u. (. h). in 9ieu^ unb 6uni|, Seitr. ). b. t^eoL
2Biffenf4, IV, 6.89 ff., auc^ tn bef.älbbruct 1852; Schäfer, De llnfluence de Luther
sur r^ducation du peuple, 8tra8sb.l853). @(^on bie 2eidniger Drbnung ^e ben
^ugenbunterric^t unb jtamr auc^ ben ber Wäbd^en, für ein ^od^ndtiged Slmt emäxt 1524
batte Sutl^er felbft eine @d(;rift auiSgel^en laffen „an bie 9latdl(^erm aKer St&bte beutfd^
30 Sanbed, ba| fte c^riftlid^e Schulen aufrichten unb leiten foOen" ; in bemfelben ^afyct ber<
lehrte er mit ®))afatin über einen @d^ul))(an. @o fc^Iiegt benn ouc^ berSifttotorenunter»
xx6)t mit einem Slbfc^nitt über bie Sd^ulen. S(ud ber nac^folgenben Rüt bgl. befonberd
bie ;;$rebigt, ba| man bie Jtinber jur Sd^ule leiten foD'' 1530. — @d ift, fo le^ er,
@ac^e ber Dbrigleit, für Srric^tung bon @<^ulen ^u forgen ; bie Jtinber bo^in )u fd^iden,
35 ift eine $flid^t ber @(tem, ju ber fie bon ber Obrigfeit foOen angelten n)erben : benn
fürd allgemeine SBol^I ift aufd bikpfte baran gdegen. Sutl^er bat bobei ^ubtfä(^U(^ hcA
Sebürfnid ber Jtirc^e, einen iRad^lbuc^ fürd ^rebigtamt ju befommen, im 9(uge, tboffir
il^m bor aUem ber (bon ben äBalbenfem unb Söl^men ju il^rem @<^en bema(^Ufftgte)
Unterricht in ben alten Bpxad^tn bon SBert ift, — unb femer bad Sebürfnid U& toldU
30 liefen Stegimented (fo aud^ ber 93i{ttationd<Unterric^t). ^ied, unb femer ber Sinflu^
eined tttoa^ einfeitigm $umanidmud, f^attt jur $olge, ba| bie ^c^t ber reformoton«
fc^en S3eftrebungen junö^ft bod^ no^ nid^t ein allgemeine^ 93oU»fc^uln)efm toat: 3Rp
lanc^t^on im SSifttationd-Unterric^t rebet bIo| bon gele^m @d^u(en. Sut^er felbft inbeffen
fe^en toir auc^ für SefteOung einer schola vernacula bejorgt unb nic^t minber ffir
86 ÜRöb^enunterric^t, toie er bmn auc^ biefen in ber @d^rift an bie 9tatdl^erm allgemein
geforbert ^atte.
^nbeffm toar bie 3(benbmal^Ufrage ju einem ®egmftanbe ou^ebe^en
J{am))fed unb umfaffenber £e^raudfü^mngen für Sut^er l^erangetoac^fen. @d^on e^
Sut^er bie Xrandfubftantiationdlel^re berloerfenb, bod^ im ®egenfa( gegen bie 2e^
40 ber Sö^mifc^en Srüber (oben S. 735,45) für bie toirllic^e (Segentoart be« Seibed 6^
öffentlich eingetretm toar, ja tool^l fc^on bor feiner 3(breife nac^ SBormd 1521 (bgL
m. S^eol. S.«* 1, 395), ^attt er bon bem 9?ieberlänber $oniu« eine fc^ftlic^ Xud^
fül^rung ^ugefc^idt erl^alten, toorin bad „ift'' ber @in{e^ungdn)orte ci^ blo|ed „significat''
gebeutet mar. Sut^er lie^ biefe 3uf^^^u*^0 unbeantwortet 3^i*^d^^ ^^ ^^ ^^
46 fclbe and) gelangte, acceptierte bie fc^on feinem bi^i^erigen @tanb))unft mtf))re(^enbe S)eiM
tung unb trug fte namentlich in feinem commentarius de vera et falsa rellgione 1525
bor. Sutl^er aber, ald er n?a^mal^m, ba^ auc^3^ingti unb Seo^ubä, femer ouc^ Ddo*
lampab bie ma^re (Segenioart bed £eibed 6l^n{ti bertoarfm, erfc^im i^ SCnfd^ouuns
bon bom^erein in engfter IBeripanbtfc^aft mit ber 5larlftabtf(^en unb ber fc^tbormerifc^^
60 falfc^en geiftlic^en überl^au))t. Über ber heftigen, ja leibenfc^aftlic^en @rreaung, in todäft
\\)n biefe berfe^t ^atte, fe^en mir i^n ju einer ml^igen Prüfung bed Unterfc^idbe^, ti^diffn
bie (Sefd^id^te feit^er ^ioifc^en B^i^d^^i unb Jtarlftabt genugfam ertoiefm fyd, nic^t tommen.
^n mancherlei toeiterm ©eftaltungen — tote bei ©c^toentfelb, Jtrauttoalb, — f o^ er boim
bie „^eft" ber „6aframentiercrei" toac^fen unb über bad ©ebiet bed ebongeltfc^ 8e»
65 {enntniffe^ ft^ berbreiten. @r toei^ nic^t anberd, aU ha% enttoeber er felbft ober jene b(9
Satans Wiener fein muffen. Bai) er boc^ 3^i"0^^ ^^^ ^^4 j4^" ^ anberen ^out^t^
ftücfen, über ,, Saufe, @rbfünbe, ber @aframente ^rauc^, du^erticp SBort, ungef^idte^^
lehren'' (Sr. 4, 25) ; meinte er boc^ aud) bei ben gegentoärtigm „Salramentdrotten'' bot
3)iün^erfd^en älufru^rgeift ju erfennen. Oeff entließ ^eugte er ibiber fte 1526 in einer So(»
Gorebe jum (berbeutfc^ten) Syngramma Suevicum gegm Oelolam))ab. 2)ann erfc^cn
Snii^er 741
bon tl^m (bod^ nic^t bon i^nt felbft Jf^ermigöegebcn) em „Sennon D. b. Salramenten
toiber bie ©d^toärmgeiftct" unb im jjrü^ia|re 1527 ßob er eine fltöfeere ©<^ritt ,,S)a6
bicfc SQSorte noc^ feftfie^en" ^erau«. Qwjtpifci^ f((^e6en jegen i^n DeIolamt)ab
unb m tt)iebet^oltenmaIen B^ingli, toobei biefer ftd^ eine freunbhc^e $a(tung ju geben
berfu^te, in ber 2^t ober mit berl^enbem fc^ulmeifterlic^em Xone ]px€jd^. Sut^et tooQte 6
boräuf no(^ eine le^te unb eingel^enbjle 9(u^fül^ng geben in ber @^rift „3iom 9(benbs
rncäfl (SfyA^ü, Selenntnid'' 1528; bie Weitere @ntgegnung 3^inglid, ber j^t ouc^ grob
unb ^eftig tburbe, lie^ er unbeantwortet. 3Bäl^renb bann Sanbgraf $^i(ii)t) im ^inblidC
auf bie Qro^e ©efol^r, ioe((^e ber Sleic^tag^befc^lu^ bon @))eier 1529 unb toeiter etn bom
Jtaifer mit ^anlreic^ unb bem ^ßat)fie gef^(off euer ?^cbe über ben $roteftanti^mud brachte, lo
eifrig eine Bereinigung mit aDen Xn^ngem ber Steformation betrieb, erRörte fic^ Suti^
gegen i^ed Mnbnid, in toeId(;em man bie Jte^erei mit ftörfen l^elfe. Unb ju bem SSer»
fu^ $^i)))9d, burc^ ein in 3Rarburg )u ^tenbed ®ef))rä(^ Vereinbarung in benStreit^
j>unlten l^bei}ufü^en, lieg er jtoar, opne Hoffnung auf ©rfolg, ftd^ l^erbei, fanb auc^ in
bem ®^pxäd^t (1. bid 3. Ottober 1529), bei toelc^em er felbft bem bon i^m ftetd ad)' i6
tung^ unb liebeboQer bel^anbelten Detotam))ab, 3ReIan(^t^on bem3tt)ing(i gegenüberftanb,
bei feinen ®egnem bie bon i^m borbem nic^t ertoartete Übereinftimmung mit feinen Ba^m
in betreff jener anberen Se^unlte (bgL bie bon tl^m felbft aufgefegten Xrttlel ber Slfer«
einbonmg), blieb aber in betreff bed ^au))t))unlted, ber 9(benbma^tele^, im 9Biberf))ruc^
mit i^en * bed^alb ioeigerte er ful^, fte Srüber ju nennen, obgleid^ er ^eben unb Siebe 30
»ifagte. S)ie dürften felbft mad^ten bann bie Xmtal^me ber fogenamtten Sd^toabac^
Sbtixel, )u toelc^en er jene 3Rarburger nod^ umgearbeitet f^cdtt, )ur Sebingung ber Xeit
na^me an i^em Sunbe. — 9Bad Sut^erd ganje Stellung )u biefer Slbenbmal^t^frage
betrifft, fo belannte er 1524 (9r. 2, 577): l^te i^n fünf ^ä^xt jubor jemanb berichten
mögen, bag im älbenbmal^le bloged Srob fei, fo koöre i^m hiermit ein großer 3)tenft ge« 25
ti^ n)orben unb er l^abe felbft auc^ ^arte 9lnf ec^tung barüber gelitten, inbem er gefeiten,
bog er bamit bem $c4)fttum ben grölen $uff bätte geben lönnen. SOBad i^n aber bei
feiner Xnnal^me ber too^ren ®egentoart bed iSeioed Sprifti beirren lieg, toar nic^t ein
bloge^ JUeben am Suc^ftaben ber Sinfe^ung^orte, berglei(^ i^m ja fonft nid^t eigen
tDar, fonbem bielme^ ber l^eigbegierige unb banibare ®ebanle an eine folc^e inbibibueQe so
Serfiegelung unb Darbietung ber burd^ biefed Seibed 3:ob geh)onnenen Sünbenbergebung
in ber realen Darreichung Am biefe^ Seibe^ felbft, unb ^ugleic^ gegenüber ben 3^^fdn
an ber SRöglic^Ieit einer fold^en ®egentoart biefe^ menfc^lu^en Seibed cii folc^en ber ®e«
baute and boDe @indtoerben bed ®öttli(^en mit bem SRenfc^lic^en in biefem ßeilanbe
@^ftud. hiermit toeift er bie Sintoenbungen ab, bag bie ®egentt>art bed Seibed un^^ as
nötig unb unnü^ unb bag fte unbenibar fei. ^n bem „Setenntnid'' bom älbenbma^le
ftü^^t er fte au(| burd^ SSudfagen über breierlei (fc^on bon @<^olaftilem borgetragene)
SBeifen, in benen ®ott unb fo auc^ ber ®ottmenf4 S^riftud unb fein £etb an einem Ort
fein tömte : nämlic^ localiter (fo nur an @inem Orte), definitive ober unbegreifliA (b. 1^.
räumlich nic^t gebunben unb ol^ne eigene Slaumau^^nung) unb repletive (alle Orte 40
uiglei^ füllenb); fo, fagt er, tomme auc^ bem Seib S^fti, unb jtoar f(^on bon Sl^fti
SRenJ^ioerbung an r^letibe SQlgegentoart )u, mac^t inbeffen für fein @ein im älbenb«
mal^tefatrament, too er auc^, ol^ne bod^ räumlich gdbunben m fein, ftc^ bon und ^ben
unb greifen laffe, f))e)iell feine be^nitibe SOlgegentoart gelteno. 3)ag berfelbe aber toirtUc^
fo gegenn)ärtig fei, bafür genügt i^m bad @infe6ungdtt)ort bed $erm, unb bageaen finb 45
i^ aQe auf bie Slöglic^leit bejüglid^ @intoenbungen ein gottlofer SSemunftbünfel. @o
be^arrt Sut^er auf biefer leibli^^en ®e^entoart unb il^rem äBerte. 9li(^t minber jebod^
^ er ftetd auc^ feft, bag nic^t bad letblid^e ®eniegen für fu^ nü|e, fonbem nur bad
^inne^men in bem (Stauben, m beffen Slnregung eben bad bem ®nabentoort ^ier bei<
gegebene l^öc^fte $fanb bienen foD, unb bag ed pidb babei l^ble um 9tit^en unb ^eil 60
für bie @eele, mit beren ®enefung bann aud) bem i^eibe gel^otfen toerbe. Sei biefer gan^
Sludfül^ng barf enblic^ nic^t überfe^en toerben, bag folc^e SRomente, toeld^e in biefen
Streitf Triften jurücttreten, bedl^alb nid^t ettoa bon Sutl^er i^t über^au))t l^intangefteOt ober
gar aufgegeben toerben. Dad ®egenteil erl^eDt aud gleichzeitigen unb f))dteren, befonberd
pta!tt%\d) popxdäxm Schriften, 3. ^. ben Jtatec^idmen tmb ber „SSermal^nung )um Sa« 66
troment bed ^erm'' 1530. @r tamfsfte gegen bie Sluffaffung bed SRal^led atö einer
blogen fymboltfc^en ®ebä^tntdfeier; bag aber toirtlic^ in il^m bad ®ebad^tnid Sl^rifti ge»
feiert, fein Seiben unb ®otted ®nabe geeiert toerben foDe, fteOt hod) aud) er felbft ioieber
aü erfied ^in ; unb jioar foD ed ein 5jf entlic^ed ®ebä(^tnid fein, — toed^alb Sutl^er f ogar
Sebenfen gegen ^ribottommunionen öugerte, 9Bad fobonn bie ^^rud^t bed @atramented ao
742 iuOin
für ben ®ente^enben anbelangt, f o legt er bod ^au))tgeh)t(fft immer toteber auf bad SBort :
;,für eu^ gegeben'', unb l^termit auf bte burd^ Sl^ftt %oh j^ergefteOte Serfdl^mmg unb
SJergebung, (e^ aber jugleic^, ba| fo bod $er) aud^ )ur Stdbe bed Städ^fien ectoettert
unb erfrifd^t toerben unb ba| ha» ©alrament felb^ aai^ bod $er) erfrifd^ »tr Siebe
6 bed Släd^ften unb ,;bie Stnigceit ber Sitten in einem geifUid^en Seibe S^fK bun^
einerlei ®ei{l, ®lauben, Siebe unb Areu) u. f. h). borbilben unb )etg«t'' foQe. ^Dagegen
l^ot Sutl^er, fotoeit toir fel^, nur in jener @d^, ,,ba| biefe iBorte u. f. io'' bmn
gal^e 1527, unb jtoor im 9nf(^Iu| an SBorte bon %en&ud unb ^ilariud, unb in einer
(burc^ 33. Sietric^ l^auSgegdbenen) $rebigt ou^l fo ^(^ geäußert, ab ob ber fofroments
10 lid^e ®enu| bed Seibe^ QfyA^ü burd^ ©laubige aud^ birelt (h)ie ein qfHtpfjoxov A&a-
vaoiag) i^rem Seib etoiged Seben bräd^ite. ÜberaK fonft erfd^t bei i^ me Sejiei^ung
auf unfere SeibUc^Ieit fo bermittelt toie im @a| be8 ®r. ftaiec^idmud : „ta>o bie 6me ge»
nefen ift, ift bem Seib aud^ gel^olfen/' Geine Sel^ bon ber SBAeutung bed abcnbma^
bleibt b\» ju feinem Snbe biefelbe. ®r fa^ Tte }. 93. noc^ in feiner ed^ „Siber bie
16 32 9lrt. ber ^eologiften ju Sdtoen'' 1545 barm jufammen, ba| man in bemfdDben
Vergebung ber Sünben uno ttoxat» Sdben l^abe.
Unter ben gef%Iid^en Su^ftd^ten, h)e(d^e eine Sereinmung ber Kn^ger bfr Stefor»
mation fo iDünfd^endtoert gemad^t l^en, berfammelten ftd^ bie Steid^SfUcnbe 1530 mit
bem jtaifer ju 9(uaiSburg, too enblid^ be^itib Ober bad SSerl^ältnü^ be6 9lei<^ )u ben
20 ^roteftanten entfc^teben toerben f oQte (f. 9b II @. 242 ff.). Sutber bmrbe bim feinem
jturfürften in Jtoburg jurüdgelaflen; t» lonnte bon boml^ein nicpt bie iRebe babon fein,
ben bom Itaifer unb Sieic^ ©eäc^teten nac^ älugöburg mitjunel^men. txa 8elennintd
aber, toelc^ in 9ug$burg borgelegt hmrbe, berul^te, burd^ ÜJldandj^on geflattet, auf
SSorarbeiten, an h)e((^en Sutl^ felbft ben h)efentlid(fften Slnteil l^atte: bie bon ber SUmf
26 f effton borangefteOten toid^tigften ©laubendfä^ geben ben ^rü^ ber ®d^toaba<^ Xrtilel
beinabe boDftänbig unb gronenteild mit benfelben SBenbungen unb Shtdbrücbn toieber (bgL
Jtnaare, Sut^erd Slnteil an b. SlugiSburg. ftonfeffton, 1863). ®r biOigt ben Snttourf am
15. 2Rai: er toü^e nid^t« )u änbem, fömte aud^ nid^t „fo fanft unb leife treten''. Sr ffitk
oUerbingd ju einem fo fel^ ma^altenben S^0>^^^ fd^toerlid^ \t felber innerlich ft(^ be»
aoftimmt gefunben; er erd^ am 29.3uni: pro mea persona plus saus oessum est;
er fann aud^, ali bie gute älbfu^t bed SJla^Itenö mi^ungen mx, bie Semerhmg nid^
jurüdt^alten: „Satan bene sensit apologiam vestram Seifetretterin dissimulasse ar-
ticulos de purgatorio, de sanctonim cultu, et maxime de Antichristo Papa".
^nbeffen bem>al^rte er ftc^ felbft üb^avcpt bagegen, ba^ man feiner Slutorität folge. ®ro^
86 artig ift bte Suberfu^t, bie er toäl^enb ber fc^toanlenben SSerl^anblungen unberrädft )u
®ott l^egt, unb mit ber er 2:^eoIogen unb ^olitiler, feinen fturfttrften, ben Jlan^er Srfid,
ben ÜRelanc^tl^on in feinen Jtoburger Briefen ju beruhigen h)eig. SSertrauen^ou folgt er
auc^ ben ©d^ritten fernem leife tretenben, Sermittelung erfe^nenben greunbe», obgleich ein*
ma( längere^ äludbleiben bon Briefen au^ 9(ugdburg feine Ungebulb erregte unb 9)lelan<^
40 t^on anberen toegen au großer 92ad^iebigleit berbädptig h)urbe ; er felbft fte^t fc^on bei
Uebergabe ber ^onfeffion leine ÜJlöglid^Ieit, nod^ mei^r nac^jugeben, giebt ccadf hcXb aOed
hoffen unb SBünfd^en in Setreff einer Sereinigung auf („doctrinae conoordia plane
impossibilis, nisi Papa velit papatum suum aboleri"), l^offt bagegen fe^t nod^ auf
eine ,,})oHtifc^e (Sintra^t", b. ^. auf eine gegenfeitige ftaatKd^e ©ulbung ber beiben Sleli«
46 gion^lparteien im Sleid^e. @r jeigt l^ierin je^t unb aud^ fonft einen Haren, tiefen, geraben
Slid in bie trennenben ®runbfragen, toie i|n ÜRelanc^t^on nid^t befa^; er nimmt aber
bennoc^ biefen toarm in ©d^u|, — ru^ig in bem ®ebanlen, ba| 6|rtftu« lebe; er felbjl,
Sutber, toerbe, ipenn bie ©einigen je „ben Slbter in ben ©adt ftedten liefen", fid^ lommen
unb il^n befreien (S5r. 4. 155).
60 SBS&^renb ber Sieic^abfdS^ieb ben ^roteftanten, bamit fte fic^ untem)firfen, nur no(^
fur^e Sebenl^eit geftattete, lie^ ber Jtaifer, ba bie ))roteftantif(^en 9Ieid^fürfiten unb ©tobte
je^t ^u einem feften Sunbe in ©c^mallalben fid^ jufammenfd^loffen unb )uglei(^ bie ©e«
fa|r be^ Sürfentriege^ brängte, bod^ n?ieber SergleiA$berfu(^e bome^men. ©ie fül^rten
jum Slümberger Sleligion^frieben 1582, b. 1^. toxttlxq ju einer „jjolitifd^en @tntra(^t" in
66 jenem ©tnne, bte bid ju einem entfd^etbenben aQgemeinen Jtonjile beftel^ foBte. Sut^
|atte bei ben Ser^anblungen barüber bie $flic^t ber 9{a(^iebigleit gegen bie })rotefiam
tifc^en dürften felbft mit großem 92a^bru(te geltenb gema($t: toer )u l^art fc^neuje, ber
^mtngc Slut ^eraud; fie foQen ftd^ begnügen, für fic^ felbft %neben ju betommen: treten
anbere il^rem ®laubm bei, fo bürf e man bie« biefelben auf eigene ®efal^ t^un lajfen ;
eo einem fat^oltfc^en ^rften felbft bürfe man o^nebie« fo h)enig ^umuten, feinen Untert^en
inOfct 743
bad (Sbattgeltum freizugeben, a(d ein ))rotefiantifc^er ftd^ S^axiQ t)on anbeten gefallen (ie^e,
mit feinen Untert^onen }u ma^en, toai jene tooDten.
Sugleid^ toor feit bem Sleid^tag bon ©jjeier 1529 unb Slug^burg bic %t%t befon«
berd bringenb getvorben, ob, toenn ber jtaifer ben ^eben bertoeigere, bie ^^ürften auc^ ju
betoaffnetem SBBiberftanbe beredj^tigt ober gar bertjflid^tet feien. 2Bir ^örten, toie Sutl^er, 6
bon ber äBartburg jurüdfe^renb, burd^aud leinen folc^en @d^u^ gegen ben jtaifer tooDte.
SUic^ nod^l^et erllörte er: ein fjürft muffe ben Äaifer, cii feinen $erm, gegen bie Unter*
tl^en nad^ belieben einfc^reiten (af[en, toenn er einen berfo(gen ober gefangen f e^en toolle.
®egen @d^u|s unb Xru^bttnbniffe unter ebangelifd^en ^jften l^atte er immer grof^e 9lb«
neigung, er ptrd^tet, e« toerbe barin auf menfd^Ii^en 23i^ unb $Ufe, anftatt auf ®ott lo
bertraut : unb ©ebraud^ ber ®etoaIt gegen ben Jtaif er bertoirft er o^nebied unbebingt ; ber
jtaifer fei ftaifer, aud^ toenn er Unrecht t^ue, unb e$ toerbe burc^ fein Unrecht bie $flid^t
bed (Se^orfamd für bie Untert^anen nic^t aufgehoben. @o (e^rte Sut^er nod^ fe^r be*
ftimmt 6. SRörj 1530, lo%enb j. S9. Sugenl^agen 1529 mit Berufung auf ba« SOte
a:eftament für ben gaD, ba| bie laiferlic^e (Setoalt gegen ®otte« SBort ftd^ le^re, ober i6
ba^ ber Dber^en al« Sergetoaltiger, SKörber unb lürfe aufträte, ben c^riftliAen gürften
©etoalt erlaubt ober otelmel^ getoaltfame SSerteibigung il^rer Untertl^anen geboten l^tte
(^ortleber, $anbl. u. äu^fc^r. b. b. Urf. b. teutfc^en iWea« u. f. to., ZI 2, S3b 2 C. 3).
£u^ nac^ bem Sleic^dtage bon 1530, ati ber Sd^maltalbifd^e Sunb gefc^Ioffen tourbe,
toomte 2utl^ forttoö^renb babor, im SSertrauen auf jJIeifd^eÄtrm etlüa« bergleid^en ju ao
untemel^men, ja bel^ielt feine Slbneigung gegen Sünbniffe übertäubt, mahnte femer ftet«
bringenb, bad aRöglid^fte «i t^un, um ben grieben ju loal^ren. SlDein feine Sluffaffung
ber gh^age, ob man bem Raifer toiberfte^en bürfte, geftabete ftc^ i^m je^t babun^ anberd,
bafe er, angeregt burc^ bie ßrllärungen ber S^^S^/ über ben ß^aralter ber 9leid(;«ober*
getoalt felbft beftimmter refleltierte. ®iefe bebujierten: bie beftel^enben laif erliefen ®efe^e26
felbft 0>« ^öifer felbft in feinen ©efe^en'O geben einen SOBiberftanb in fällen, toie bem
borliegenben, ju, nämlid^ bei ö^entlid^em, notorifc^en Unred^t, toie ba, too ber Jtaif er, fo»
lange nod^ eine 9())))ellation (toie l^ier an ein Aonjil) anj^öngig fei, )ur ©träfe fd^reiten
tooue. Sann, fagt er, toürbe allerbingd auc^ biefe Seftimmung felbft mit ju bem, toaiS
bed Jlaiferd fei, gehören ; ed gölte : lex statuit resistere, — ergo resistendum est. so
»r. 4, 222. darüber nun aber, ob ^ toirIli(^ mit bem befte^enben Siechte fo ftc^ ber»
^alte, toeift er bie (Sntfc^eibung böHig bon ben Geologen ab an bie ^[urifien. 92ur fo
biel fe^en toir ü^n gerabe ^ienn au^ in betreff ber Siechte felbft febr beftimmt al« aß«
gemeine^ $rin^i)) borau^fe^en, ba| man nid^ irgenb toeld^e einjelne öul^ere fjform bed
loeltlid^en jRegimente«, toie ettoa bie abfolutiftifd^e, fonbem jebe^mal nur bie in ben ein* 36
mal JU Stecht befte^enben ©efe^en begrünbete ald göttlid^ fanltioniert angufe^en fyA^.
3)ie (Sntfc^eibung barüber aber, toad toirflid^ Slec^tend fei, l^en alfo bie ^uriften auf
t^ ®etoiffen ju nehmen. ®ene^migen fte ein93ünbnid jum SQSiberftanbe gegen ben Jtaifer,
fo tonnen bie X^eologen um jened fleifc^lic^en Vertrauend toiQen immer nod^ abraten;
allein red^tmä^ig bleibt bad Sünbni« bermöge jener Siechte. — 6r felbft tnrebigte bann «o
offen bie rechtmäßige SRotloel^ in einer „Sßamung an bie lieben S)eutf(^", 1531, —
oud^ ^ier auf« Siecht unb bie guriften ftc^ berufenb ; äufru^r fei nur, toenn einer tootte
„fcttft §err fein unbSRec^t fteuen". 9lur nod^ beftimmter unb allgemeiner lauten fbätere
©äi^e, im Saläre 1539: „toie ba« (gbangelium ber Dbrigleit »mt be[tätigt, alfo beftärtgt
ed auc^ natürliche unb gefegte SRed^te ; — unb ift nic^t ßtoeifel, ein jeber SBater ift fc^ul* 46
big, nac^ feinem SSermögen 'Beib unb Jtinb toiber öffentud^en ÜRorb ju fc^ü^en; unb ift
lein Unterfc^ieb jtoifc^en einem $ribatmörber unb bem Jtaifer, fo er außer feinem Xmt
unred^t ®etoalt unb befonberd ö^entlid[^ ober notorie unrechte ®etoalt bomimmt; benn
öffentliche violentia l^ebt auf atte ^flid^ten jloifd^en ben Untertl^anen unb Dber^erm jure
naturae" (Sr. 6, 223, 5, 161). SKan beachte l^ier, toie Sut^er nunmel^r noc^ toeitereo
jurüdge^t, bi« auf bie aHaemeine gorberung eine« 3?aturred^te« ; er fagt aud^ bon biefem
Sed^te nid^t, baß e« eine beftimmte, fo ober fo befc^ränlte Slegierungdform forbere, —
tool^l aber, bie ))ofttibe S3efc^ränft^eit ber Jtaifergetoolt al« Z^ad^t boraudfe^enb, baß
beim Zerreißen fotc^er ©c^ranfen ba« Slaturred^t felbft ben SBBiberftanb erlaube.
9(eue frieblic^e Ser^anblungen mit ber fot^olifc^en Äirc^e lamen baburc^ toiebcr in e6
Anregung, baß ber ^Oip\i SereittoiQigfeit au^\pxai), ein Jton^il }u berufen, ©ein SRuntiu«
98ergeriu« fam felbcr im SRobember 1535 mit Sut^er in SBittenbera (auf ber 2)urd^reife
^um Äurfürften bon S5ranbenburg) jufammen; er mußte biefem geftel^en, baß er e« l^ier
in bielen ©tücfen bod^ anber«, al« berichtet getoefen, gefunben ^abe. Sut^er glaubte an
feinen emftlic^cn guten SBillen beim ?Jo^fte, fo fe^ er felbft ein toa^^aft freie« c^rift* eo
744 inäitt
lid^ed jton^tl getoünfd^t ^ättc ; inbeffen erbot er jtd^, )um JtonjU, too man ti immer ^en
mi^e, „mit feinem $alfe'' ju lommen. 9(1^ bann bad Jtonjil toirOid^, unb )toar ol{^
toeitere^ jur ,,@£ftir))ation ber aiftigen lut^erifc^en jte^erei'' au^efc^eben ta>urb^ meinte
er in einem Sebenlen, man foQe ftd^ l^erburc^ nic^t obfd^reden loffen, fo ba| man bie
6 Xeilnal^me im SSoraud bertoeigem Mrbe: eben l^ierauf fei e8 Don ben®egnent abgefe^,
inbem fte fo einen XeufetöIo)9f fd^eu^lid^ fürftedten. @r f^e, bom iturfürften beauftragt,
Srtifel für ha9 Jtonjil auf, toelc^ in aQer Schärfe ben Segenfo^ gegen bad ))at)i^f^
3)ogma unb Jtirc^entum aufragten (bgl. b. 3(. ,,@(l^mallalb. 3(rtim"); mit @ntfc^eben$eit
\pxui)t er an9, ba^ ber $a))ft ber ^;r^te Snbec^rift ober SEBiberd^ff' fei; er fe|t ben
10 ^ciH, ba^ ber $a))ft feinet Xnftmu^ auf götäic^e Sered^tigung fu^ begebe unb nur
nod^ al^ ein burd^i 3)lenf(^en em>ö^Ited Qoülpt gelten tooDe, meint aber, bied fei urnndgüc^
unb ed h)äre bamit ber @^ftenl^eit erft nid^t geholfen, toeil bann ben ^ßaäfjt Serac^tung
treffen unb bie Flotten nur june^men toürben; man bgl. auA ^ier, n)ie bemt Shtgdburger
Sleid^tag, bie SSerfd^iebenl^eit bei Sut^erd unb SRelonc^t^ond Slitf (bgL bed (eueren 3ufa(
ifi ^u feiner Unterfc^rift). Ser Sunbedtag ju Sc^maßalben (^ruar 1537), für todd^ er
jened Sebenlen au^efteQt l^otte unb auf todi^tm er felbfl antoefenb toar, toegen fd^tixrer
@rlran{ung aber bor bem ©d^Iug abreifte, (el^nte bann bieXdlna^me an bem jtonjil ob.
— Seine 3(nft(^t bon Jtonjilien überl^au))t enttoidCelt Sutl^er 1539 in ber @ärift: „Son
ben Soncilüd unb Jtirc^en''. 93om $abfte unb einem päip^xd^m Jtonjil fei leine Slefor»
30 mation ju ^offen, toeil ber $abft im SSoraud )um Sel^anen bei feiner eigmen Sd^e ber>
))fli(^te. ^ber aud^ bie alten Konsilien unb bie SSäter fönnen nid^t ald DueQ einer 9le*
formation angefel^en toerben; SSöter, toie Sem^b unb 9(uQuftin, toeifen felbft )um m>
f)9rüng(i4ten 9om ber l^eil. @d^rift; unb tooQte man bie emjelnen äußeren S^ungen
ber Jtonnilien geltenb mad^, fo toürbe man fd^on t>om erften jerufalemifc^ an m ©e?
26 böte, bie man bod^ nid^t tooDe, unb in 2Biberf))rü(^ ftd^ bem>idfeln ; bie gan^e 2^ bed
d(;riftlid^en ®laubend ober (äffe nid^t <mi allen SS&tem unb Jtonjttien jufammen ftc^
Hauben, unb bad, tooburd^ bie JtirAe Seftanb bellten l^e, feien nic^t fte, fonbem nur
bie l^eil. @(^ft, toeld^e bor il^nen beftanb unb ani tveld^er auc^ fte il^ £el^ Ratten,
^ie bier $au))tconcUia nad^ einanber bel(^anbelnb, jeigt bann Sutl^er, toie bie eine ta)efent>'
80 (id^e 3(ufgabe eined jeben nur getoefen fei, Rare ©runblel^ren ber 1^. @(^^ )u ber*
teibigen; im übrigen beftätigte bie ©efc^id^te ben 9lu$f))rud^ ©regord bon9{a)ian), tvonoc^
man oller Sifd^öfe SoncUia bon toegen i^rer S^uc^t, il^red 3<ntled u. f. to. fliegen muffe.
@o berbietet benn Sut^er jebem AonjU, neue ©laubendartifeT ju fteDen ober nmt gute
SSerte anjubefe^len, toeil auc^ biefe oOe fd^on in ber @d^rift gelel^ feien, ober Zeremonien
86 bei @efa^r bed ©etoiffend aufjulegen u. f. h). Sin fionji! foQe nur mit Semut, tvie ein
®erid^t, nac^ bem alten Steckte, b. ^. nad^ ber ^eil. Bdpc\^, Urteil \pvt6)m, h)0 9{ot beS
Glaubend ed erforbere, unb banad^ bie neuen ©tauben^artUel unb neuen 3BerIe bertoerfen.
^ierju mü|te man red^t grünblid^ in ber @d^rift geleite, emfUid(f (Sott jugeti^e 3Ränner
unb hierunter auc^ etliche bom toeltlid^en Staube (benn ed ge^e auc^ fte an) {ufammen«
40 laben. @d^toer möge ein folc^ed Jtonjil ju erreichen fein ; toollten bie übrigen c^riftlid^
^rften ed ntc^t, fo ipäre toeniaftend ein b^obiniielled, beutfc^ed, ju toünfd^; muffe man
ganj an einem berjtoeifeln, fo foQe man bie @a(^e®ott befehlen unb inbeffen bie Ileinen
unb jungen ßoncilta, ba« ift 5ßfarren unb ©d^ulen, förbem. 3""^ ©<^luffe fügt Sut^
feiner Sd^rtft nod^ eine Slu^fü^rung über ha& toal^re 3Befen ber Jtird^e überl^K^t bei, —
46 bie mid^tigfte über biefen ©egenftanb axi^ jener 3^^. !^ebt nic^t minber ald frü^, ba
i^n bie öulerlic^ greifbare Jlird^engemeinfc^aft audftieg, fte$t Sutl^er bie Jtirc^, anftatt in
irgenb foldjcr äußerer ©emeinf^aft, bielme^r nur in ber ©emeinfc^aft ber ^eiligen, in
toeld^en S^riftud lebt; folc^e erfenne man am ©ebrauc^e ber ©nabenmittel unb @(^lüffel
famt Seftedung ber lirc^lid^en Smter, am Seten, am 3:ragen be$ l^eil. Jlreu||ed; tmb
60 ^iergu fomme bad allerbtngd minber getoiffe 3^^^/ ^^i f^^^ bom ©etfle gel^eiligt, coiif
ber gtoeiten 3^fel SKofe in i^rem ©anbei entf)}red^en.
Bd)öm Slu^ftc^tcn l^atten ftd^ unterbeffen für bie äußere @rtoeiterung be$ ebongelifc^
©ebteted burc^ S^egententoec^fel im ^erjogtum Sac^fen unb in fturbranbenburg eröf^tet
unb erfüllt. §erjog §einrtd^ unb Äurfürft Qoac^im II. (1539) nahmen bie Sieformation
56 an. Sut^er felbft tourbe na^ 2eij)jig berufen ; er })rebigte an ?Pfingften bor bem $ofe,
eben jene Se^re bon ber ^irc|e neu bejeugenb. ^ie neue Sranbenburger Orbitim^ toor
in $infi^t auf bie alten Zeremonien fo fonferbatib, toie leine attbere; Sutl^er memt, fo
toeit nur ba^ gegen bad (Sbangelium SSerfto^enbe entfd^ieben abgetl^an toerbe, mö^e man
fidj^ ba^ anbere immerl^in gefatten laffen, — übrigen^ nid^t o^ne &fott über bte 8i«b»
60 ^abereien ^l^er Äurfürftl. ©naben,
Sitt^cr 745
Sttood nod^ etl^ebenbered, aber fretltd^ oud^ bon bornBetein ettDad fcl^ Unftc^ered
fydU bte ^offtmng, toeld^e fd^on jubor in Setreff einer ^Bereinigung unter ben $ro<
teßanten felbft über bie 9(benbmal^(äel^re ftd^ ju bem^irflid^en fd^ien. Su^er, ber überaus
ftebfame SJermittler (f.»b III, 609 ff.), ^e fc^on 1530 in «oburg j)erfönUc^ mitSut^er
baiüber berl^beli Sut^er liegte faft unübertoinblid^e^ SRi^trauen; er felbft fönne in 6
9&dft& toeid^en; tooQen bie ®egner bie toa^re ©^entoort be$ Seibe^ einmal toirdic^ ju«
geben, fo begreife er nic^t, toorum fte noc^ an äußerer Darreichung für ben ![Runb ber
impii ^ flogen. So toeit bann auc^ Su^er na^igab, fo glaubte Sut^er boc^ nur um
fo loemger, ba| bemfelben bie anberen folgen toerben. daneben \pxai) er forttoöl^enb
über 3|^inQli unb feinen Untergang ungef^eut bad ^ärtefie Urteil aud unb hnimte bor lo
ieber Slemetnfd^ mit feiner Sel^e. 9(ber ald er über Ser^offen aud^ bie anberen Ober«
beutfc^ nad^iebig toerben fa^, ba tourbe aud^ feine Se^fuc^t naiä) (Sintrad^t unb bie
^etibe, mit ber er il^ entgegenfa^, in ben l^erjlid^ften SBorten laut. 3Bir!It(^ f(^lo| er
1536 eine Äonforbia mit jenen in SBittenberg ab (f. 3*®.^ 17, 222 ff.). SSon i^ Seite tourbe,
unter tl^dd^lic^er S3er(eugnung be$ 3^i"dfi<^^i^^udf ^ 9nerfennung ber toa^ren ®eaen« i6
toort bid lu ber bon i^|er geforberten Konfequen) borto&rtd gegangen, ba| ber Seib
oüd^ bon Den Untoürbigen em))fangen toerbe. dagegen ging Suil^er nic^t fo toeit, a\xA
SCnerlemtung eined @m)9fangend burd^ eigentliche impii ju forbem, unb e$ blieb fo bod;
noc^ Slaum für 9u|enS Sleinung, ba^ ein @m))fang bei biefen, n&mlid^ bei ÜJlenfc^en,
toelc^e „aKed berlac^en unb gar ntd^td glauben'', ni^t ftattfinbe, fonbem nur bei, toemt 20
au(^ untoürbigen, fo boc^ ben Sinfe^ung^toorten glaubenben @^ften. 2Btr tonnen, ie
befttmmter Sut^er fonfl gerabe auc^ auf bie 5lonfequen)en bringt, nid^t um^in, in biefem
3ugeflänbnid, ba| bon ben impii gefc^toiegen toerbe, überl^u^t eine Unfic^er^eit in Setreff
ber S^^ toal^unel^men, toie toeit benn toirKid^ aud ber objeltiben ®egentoart unmittet
bor oufd @m))fangentoerben burc^ ben 9Runb aQer @enie^enben gefc^loffen toerben muffe. 26
Sut^ fetbfi fc^eint fu^ nic^t beftimmter über fein 3^0^^^^^^^ au^ef))ro(i^en m l^en.
SQlem nad; gebadete er toirUid^ felbft, bed erfe^nten ß'eled toegen, ie^ ein Sluge ju»
jubrüden. So fc^eb er benn 1537 felbft auc^ freunblic^ an ben Sanier Sürgermeifter
unb an bie Sd^toeijerorte; er toei^, baft bort noc^ ®egner finb unb fo gro^e R^ietrac^t
iä>ztfyaapt mäft fo leicht unb o^ne Starben ju l^eilen ^egt, ^offt aber, bad trübe SBaffer so
toerbe fu^ bod^ fe^en. Über S^'^d^i betennt er (an Suuinger 1538), il^ feit ber ![Rar«
burger 3ufammen!unft ))erfönUc^ für einen virum Optimum gehalten ju l^en. Die
S4itoei)er liegen ftd^ jebod^ nid^t bal^in bringen jene 5lonIorbie anjunebmen, unb Sutl^er
ni^t bo^in, ba| er bon ber jtoifd^en il^m unb ibnen noc^ beftel^enben Differenj abgefel^en
botte; er tooQte nur ^eben unb freunblid^ed SSertragen, mit ber Hoffnung auf oum&l^ as
li(^ nod^ toeitere (Sinigung.
Dad Streben nac^ möglic^fter Bereinigung mit ®lauben^enoffen jeigte Sut^er ba«
mold in noc^ l^bl^erem ®rabe in ber Slnertennung, toeld^e er tro| aller Differenzen ben
bd^mifd^en Srübem fc^enfte. 9lac^ bem 2^obe bed Senior 2u(a^ 1528 traten unter biefen
jjüngere ![Ränner an bie S))i$e, toelc^e ben SBittenberger @inflüffen löngft offener geftanben 40
botten, bor allen ^[o^ann älugufta, bon jeftt an bad eigentliche $au))t ber ®emeinbe (bgl.
9b III, 458 f.). 91U nun bie Srüber 1533 eme für ben ÜKartgrafen ®eorg bon Sranbenburg
befkimmte 9l))ologie il^re^ ®laubend beutfc^ ^erau^aben, fd^rieb Sutj^er eine SSorrebe baju.
Xugufta lam mit anberen älbgeorbneten felber nac^ SBittenberg. Die Srüber l^atten 1 535
ein Selemttnid an Jtönig ^binanb übergeben unb berfagten je^t auc^ eine neue, an iene 45
frül^ere ftc^ anlel^nenbe, aber fel^r umgeftaltete 9l))ologie^ Sutper ^alf beibe Schriften jum
Drude fihrbem unb gab bem Sefenntnid felbft toieber emeSSorrebe bei (1538). 9(ud^ noc^
in i^ neueften S^rift, ber neuen 9t))oIogie (in Balth. Lydii Waldensia etc., Ro-
terod. 1616, sect. II, p. 92 sq.), toar il^re S^ec^tferttgung^le^re nid^t )ur lutl^erifc^en
getoorben (fte unterfc^eiben einen boip))elten Sinn bed $fi$orted ; im jtoeiten Sinne fäDt 60
t^nen bie ^Rechtfertigung mit ber toiebergebörenben I^ötigleit ®otted, im elften Sinne,
old eine auger ben 3Renfd^en erfolgenbe, mit bem borangegangenen ertoö^lenben fHaU
fd^Iuffe ®otte^ jufammen); unb in Setreff beg Slbenbmal^le^ lehrten fie jtoar — quod
panis — est corpus Christi praesentissime, ^ielten ober hierbei benno((^ feft an ber
Unterfc^ung ber fahamentalen @egentoart ald einer f))irituellen bon bem „personalis u
seu corporalis essendi modus", in $infi(^t auf toelc^en Sl^riftu^ nic^t auf ber @rbe,
fonbem tm $immel fei. Sut^er toeig t^e Slebetoeife nidj^t anjune^men, toiD fie aber auc^
nic^t jur feinigen jtoingen, — „fofeme toir fonft ber Sachen ein« toerben unb bleiben,
bid ha% ®ott toeiter fc^ide nac^ feinem SBiUen'' ; e$ gelte ^ier, ben Sd^toac^en im ©tauben
auf)unei^men. ' eo
746 Snt^er
3nnerl^a(6 feiner eigenen Jttrd^ befianb bie $au)>ttl^ttgtett Sutl^erd, fo fe^ er ouc^
). 9. an ber SSifttation Anteil nal^m, boc^ nie eigentlich im duneren Dtganifteren unb
Dtbnen, fonbem in bet 93er{ünbtgung be$ SBorted felbft burc^ ^rebigten, burc^ @d^rtft*
oudlegung t)om jtat^eber oud, buni^ gebrudte 9(udlegung bibßfcber Sucher, burd^ Heinece
5 bon ber ^eildtoal^^eit jeugenbe @c^ri^, buni^ pxdA\cfm, auf ©otte^ort begrünbeten
Stat u. f. to. 3(te ^rebiger toxxttt er je^t an ber ©tabdirc^e neben feinem gh^eunb
Sugenl^agen, ber an SteQe be$ 1523 t)erfii>rbenen $einje bom SRagiftrat <d^ @tabts
p^axvtt eingefe^t toarb ; er bertrat biefen aud^ toäl^enb feiner langen 9lbn)efen]^t (8b III,
©.628 ff.) in 9raunf(^toeig, ^amburg, Sübed unb befonber« (1537—1639) ©änemarl,
10 berfa^ babei auc^ treulich bie ^ribatfeelforge mit Jtranlenbefuc^en u. f. h). äbtd ben
näd^ften ^al^ren nad^ feiner SlüdSel^r bon ber äBartburg toiffen mir bon feiner ^dngt»
tl^öttgleit, ba^ er in il^ — neben ^rebigten im $au))tgotte$bienft über bie ^^xHdpm,
bie nac^^er teutoeife in feine Jtirc^enpoftille lamen — 1522—24 ben 1 u. 2 $t unb ben
^uba^br unb 1623—1527 auc^ 1 u. 2 iDlofe ))rebigenb auflegte, toeld^e Auflegungen
16 bann im ^rud erfd^ienen, — bon feiner ftatl^ebertl^ätigleit, ba^ er 1524 — 26 fämt^
(id^e Keine ^xopf^ttm, fobamt ben ^rebiger Salomonid unb toeiterl^in ben ^^(oa er»
Hörte. SBol^l nod^ in feinem 5t(ofter l^ielt er 1524—25 eine Sorlefung über bad Seutero«
nomium, bie er bann lateinifd^ l^erau^ob. 1526 beröffentlic^te er, ol^ne ba| er bors
ber barüber eine 93or(efung gehalten ober get)rebigt Ifäü^, eine ))rafttfd^ äludlegung bed
ao 3ona, mit ber er befonberd unter ben je^t bem (Sbangelium brol^enben ®efabren bie
©löubigen aufrichten h)oQte, — ferner bed ^bahil unb 1527 bed Sad^orjla. SoufUinbiee
Sendete über ben ®ang feiner atabemifd^en %orlefungen, beren ©egenftanb immer bibüfcpe
9üd^er toaren, unb feine ^rebigten befi^en toir jebo$ nid^t. ^r bie SBX ^e fu^ ba<
bon nod^ bie( neue^ gefunben unb fte erft fteQt bie erforberßc^en grünblic^ ^orfd^ungen
26 barüber an ; bei biefen ift bef onberd auf ben Unterfd^ieb ju ad^ten jtoifc^en ben bon Suäfcc
fe(bft ftammenben ^ten unb benen bon 92ad^c^retbem, bie babei fd^ berfd^eben ber«
fuhren unb unter benen fein ^eunb 9S. ^ieterid^ (hierin namentliA berfc^teben bon
®. 9Iörer) ftd^ fe^r biel eigene Eintragungen erlaubt ^at Unter Sut^erd ferneren Sor*
lefunaen ftnb iebenfaQiS bie über ben Salaterbrief (1531—36; großer Jtommentar 1535)
80 bef onber^ toid^tig ($au))tbarfitellung b. $eitelel^re), fobann bie fett 1536 mit mand^en Unter»
brec^ungen fortgefül^rten, an mannigf ad^en tl^eologifc^en Erörterungen reichen, am 17.9{0'
bember 1545 bollenbeten Sorlefungen über 1 3Wofe (1. 8b, 6. 1—11, ^erau«g. 1544);
bon ^rebigten neben benen über bie $eriIo))en fortlaufei^e über bad 3Ratt^u^ unb bod
go^annc^^Sbangelium (üRt 5—7. 18—24; ?jo 1—4. 6—8. 14—16). Sut^er« Äirc^
86 ))oftiQe (bie jtoeite ^ölfte nid^t bon i^m felbft rebigiert) tourbe 1527 boHenbet %a
^rebigten, ioeld^e Sut^er, burc^ £eibe^fd^tt)äd^e bon ber ^anjel jurüctge^en, 1532 feinen
^inbem unb feinem ©efmbe ^ielt, ging l^emac^ (1544 burd^ Seit ^ieteric^, 1559 bun^
anbr. $oad^ au« ®. SRörer« TOanuffritJten) bie §au«J)ofKae ^erbor. — 3)te »ibelfiber»
fe^ung (f. 8b. III, ®. 70 f.) lam 1534 jum ©c^luffe, bod^ folgten noc^ Slac^beffeningen
40 bon S.« $anb bid 1545. — ^eunbe Sut^er« betrieben auc^ eine ©efamtaudgoBe feiner
©d^rtften. darüber Sut^er 1537 (8r. 5, 70): De tomis meorum librorum dis-
poneDdis ego frigidior sum et segnior, eo quod Satumina fame perdtos
magis cuperem eos omnes devoratos; nuUum enim agnosco meum justum
librum nisi forte de servo arbitrio et catechismum ; mandavi tarnen negotium
46 D. Casp. Crucigero, si quid faciendum est. 1539 erfc^ien ber erfte 8^ ba
beutfd^en ©d^rtften, — boran eine 8orrebe, beginnenb; „gern ^ätte ic^ g«f«^«n, bo^
meine 8ü^er ollefamt toären ba^tnten blieben unb untergangen", — ba man ol^nAiei
über bie 8üc^er bon Wenfd^en ju menig an bie, unter oratio, meditatio, tentatio )u
ftubterenbe ^l. ©d^rift ut !ommen ))flege. 1545 folgte, mit öl^nlid^en 8ertoa^ngen ui
50 ber 3Sorrebc, ber erfte ?öanb ber lateintfd^en 2öerle (bgl. oben ©. 720, 46).
'Slnd^ innerhalb ber lutl^ertfc^en Jtir^^e felbft tauchten mieberl^olt ^agen auf, toelc^
ju bcftimmteren 2tu«fagen 2ut^er« über loic^tige 2el^r>)unfte führten. — 8et ber 38a»
toerfung ber römifd^en D^rcnbeidbte legte er bod^ einer ebangelifc^ 5ßribatbeic^fte fe^
^ol^e 8ebcutung bei bgl. 8b II, ©. 536 ff. ®iefe ru^t il^m nicf^t auf irgenb toelc^
65 rid(^tenben Xl^ätigfett be$ 8etd^tiger^, fonbem auf bem objeftiben 8er^^ungMorte an
fid^, mit toeld^em Vergebung toa^rl^aft jugeteilt, obgleid^ immer nur bom ®lauben an*
geeignet totrb — unb fobann nä^er barauf, baf(, toä^renb bad bergebenbe SEBort ouc^ in
jeber $rebtgt be^ @bangelium^ überl^au))t erf^aUen foQ (unb hierin bem gebunbcmn
©ünber au^ fd^on bor ber SBieberaufna^me in bie Jtird^e Vergebung berfd^ffen Uml
ßo ^ ^ier erft rec^t f))ejiell ben einjelnen ju befjen innerer ^ergetoifferung trifft, unb jtwr
ÜuOitt 747
burc^ einen bon (Sott baju t)erorbncten Wiener bed SBorted unb (^riftlid^ Sruber. 3)tefer
^t bann Jened SBort bem borum Slac^fud^enben auf ®tunb feinet Slad^fud^end, andf
tt)enn fein maub^ jtDeifeD^ft erfd^etnt, jujuft^red^en, unb foQ ed nur ba, too Unglaube
unb Unbu^fertigleit ganj offenbar ift, jum Seften bed 9la4fu(^enben felbfl, ber e$ bo<^
ntc^t ftc^ aneignen lönnte, i^m borentl(^ten. ^n Stümberg nun er^ob ftd^ um 1533 ein 6
Streit barüber, ob, toie ber SRat bem 2. Djumber unb anberen 5ßrebigem geocnüber e«
tDoOte, ndben ber ^ritnitbeid^te au(^ bie bid^er üblid^e öffentliche allgemeine iKfoIution
(9b II, @. 537) nod^ beibel^alten toerben bürfe. Sut^er entfcpieb fogleic^ gegen Dfianber ; mit
il^m bie anberen äBittenberger, unb fo aud^ toieber auf neue 9(nfrage 1536. ga er felbft fe^te
eine ^o'fw^^I föt öffentlid^e äbfolution auf: toal^d^einlic^ gerabe für bie SWlmberger 1540 lo
(9r. 6, 245, bgl. Corp. Reform. 3, 957). ®er innere SinKang biefer Sn^t^eibung
mit jener Se^e Sut^erd bon ber Slbfolution über^au))t ift f(ar (gegen Jtliefotb, ^ieSeid^te
unb abfolution, 1856, ©. 339): bie abfolution ift für i^, ba fte nid^t ettoa auf j)riefterBc^em
Urteil über ben einzelnen rul^t, ani^ aU aDgemeine boc^ eine toal^r^aft objeltiDe unb toirflic^e
@rtetlung ber SSergebung (bgl. bie formet a. a. D.), unb anbererfeitd ip bie tbirllic^e Sin« i6
eignung auc^ bei ber ^mbaten fo gut, toie bei allgemeinen, erft burc^ ben @(auben be«
bingt unb infofem jjene fo gut toie biefe conditionalis. 3(uc^ fonfi jeugt Sutl^er gerabe
in jener \pöicctn 3«t fe^ befttmmt für biejenige Seite feiner Sebre bon ber Stbfouition,
iDeld^e toir fur)n)eg ald bie bem römifc^en Sefen entgegengefebte begeic^nen Idnnen. Sted^t
audbrüdRid^ ftellt er auc^ bie bom bloßen Sruber (ntd^t (^eiftliopen) bem Sruber ju^ 2o
geftnrod^ene SSergebung unter ben Segriff ber Sc^lüffelgetoalt (bg(. aud^ Sd^mall. 3(rt.
„bom (Sbangelio'O* Unb ju ber Seftimmung bed SSifitatorenunterrid^td, tbonac^ niemanb
o^e borl^ergegangene^ SSerl^ör unb Seichte jum Sabamente jugelaffen Serben foDte,
machte er gerabe je^t in ber neuen offi^ieOen Slu^abe bon 1538 ben au^brüdRid^en 93eifa(:
berftänbige ^erfonen, bie ftd^ felbft tool^l ju unterrid^ten toijfen, bürfen nic^t baju ge« 35
}hnmgen toerben, unb fo gel^e er aud^ felber, bamit er ftd^ niqt „eine nötige @eft)o^nl^eit
nn ©etoiffen mac^e'', etlicpemale ungebeidbtet ^nju. 93gl. über bieten Se^rpuntt femer
Stet^, 3)ie ^ribatbeic^te unb ^ibatabfolution ber lutl^erifc^en Jtir^e, 1854; "^fi^tttc,
Sut^er« 8e^e bon ber »eichte, 1857; bom Unterg. „Sut^er« Seigre bon ber Äin^e, 1853",
©. 26—46. 80
1537 brad^ ber Streit mit 3o^<tnn 9gricola über bai^ ®efe^ aud, gu toeld^em 9gri«
cola fc^on 1527 gegen SRelan^t^on toegen beffen SSijttation^rtttel ftd^ erhoben, toeld^en
aber Sut^er bamald nod^ beigelegt l^atte. ge^t ftritt Slgricola mit Sut^er felbft, ber fd^arf
Cm a:i^efen bom Saläre 1537 u. 1538 unb in „ffiiber bie Slnttnomer" 1539) entgegnete;
f. b.9l. 9b I, S. 586 ff. SBemt agricola lehrte, bad ®efe^ SRofe gelte nidbt me^r unb bie 9u|e 96
fei nid^ aud biefem unb überl^au))t nic^t au^ bem ®efe|ie, fonbem auein au9 bem ßban«
gefium, b. 1^. bem SBorte ber ®nabe in ßl^rifto, gu })rebigen, fo mod^te er l^ierbei immer«
9in meinen, auf frühere lut^fc^e Sä^e )u bauen, nac^ tbeld^en eine toal^rl^afte 9u|e
ober juerdvoia, Sinne^nberung, nid^t au$ bem Sc^redfen bed ®efe^e$, fonbem ex amore
justitiae l^erborge^t unb bie £iebe ju ®ott unb }ur ©ered^ti^Ieit ober jum ®utm nur m
auiS bem ®mvA ber $eildbotf(^aft unb gnäbigen Siebe ®otte$ mt ®laubm. Slber immer
befianb Sutl^er barauf, ba^ bad ^eilistport fold^en ®lauben in ben fünbigm $er)m nicfft
toirten tonne, toenn biefe nid^t erft burc^d ®efe^edtt)ort unb bie bon biefem ergeugten ®e>
to^endfc^redtm gebrod^en feien, ba^ cdifo bie ®efe^edtt)irlungen ober biefed opus Dei
alienum leinedtbegd fd^on toa^re 9Ieue, too^l aber Sorbebingung für bad biefe toirtenbe 46
opus Dei proprium feim (bgl. 9b III, S. 589). 333a« bei Slgricola nic^t ioie bei
SüsÜ^ }ur @eltung fam, ift bor allem ba« ®etoi(^t ber Sd^ulb unb bie Sebeutung bed.
Sd^ulbbenni|tfeind. ^^m gegmüber toie« Sutl^er je^t namentlich auc^ barauf ^in, toie
über^au})t überall im v(X, too Sünbe, 3om unb ©eric^t aufgebedtt toerbe, ba« Amt be«
®ef^e« unb nid^t ba« be« Sbangelium« malte : f o fei felbft ba« SSater^Unfer boll bon ®efe$e«« 6o
lel^ unb namentlid^ aut^ bie 5Prebigt bom Äreuge 6^fti ; femer barauf, toie bie ©efe^e«»
))rebigt ja auc^ allen SRenf^en unau«tilgbar im ®etoiffen fte^e: unb nur al« ein« mit
biefem ®eh)iffm«gefe^e foQte Ja aud^ ba« mofaifc^e fortgeltm.
3)ie toid^tigfte Itrd^Iic^e ^norbnung, an melc^er Sut^er ftc^ nod^ ut beteiligm f)atU,
toor bie ©rric^tun^ bon Äonftftorim (f. b. Sl. »b X, S. 752 f.). Sie erfc^ienm al«65
bringenbe« Sebürfni« befonber« megen ber ß^efad^en. äu« Sut^er« Sc^eibung be« geip»
liAen unb ioeltltc^en ®ebiete« unb fobann au« feiner älnfu^t bom Serl^ältni« bc« toelt*
liefen Sec^te« jum mofaifd^en ®efefee folgte für i|^n, bafe er, bie 6^e al« toeltlic^en, toie»
toobl I^L Stanb betrad^tmb, biefelbe ber toeltlt^en Obrigfeit jutoie«; bie mofaifd(;en
i^timmungm foQtm auc^ ^ier nur al« bea(^ten«toerte gefd^idptlic^e @cem^el be«jenigm ®t9 oo
748 Siit^cr
fe^ed gelten, toelc^ed bte SSemunft im eigenen S^nem bed ÜRenfd^ gefc^eben ftnbe;
unb eine Beteiligung ber ®ei{ili(^en fc^ien i^m nur baburd^ geforbett, bc^ biefer @tanb
feiner 3Ratur na$ mel^r old irgenb ein anberer toeltlid^ ju ^agen bed Seii>if|end fü^
3lai) einem unter Suti^er^ S^f^^^^^d bon ^[onad berfa^ten ®uta(^ten tvurbe 1539 hcA
6 erfle Jtonftfbrium m 3Bittenberg errid^tet. 3^e größte Sebeutung ober für Skrfoffung
unb Seben ber Jtiro^e erhielten bann bie Jtonftftorien baburc^, ba| oud^ bie Übung ber
Sjüd^i i^nen pfoOen foQte. @d^on bidl^er l^otte bie Seid^te bor ber 3^^^<^fN^ jF"^
^enbmol^Ie btefer ftbung bienen foQen, inbem biejjenigen, h)eUe in öffentlich Saftem
l^ten, bon bemfelben foDten jurüdCgetoiefen toerben; ber Schmoll Xrt. (xm Slnl^ange bon
10 ber 9ifc^5fe ©etoolt) tooQten bie ^utidbiltion onftott ben Sifc^öfen, au^brüdETup aDen
$fanem übertragen, ^nbem man fte an 5tonftftorien übertrug, badete man oud^ an
Sinfü^ng bed ,,öffentlic^en'', bürgerlid^e folgen nac^ [\i) )iel^enben Sonned (9r. 4, 388).
®erabe j[c|t nun, inbem bie mit ber fä6ftfd^en ^ifitation 1527 auf bie 2)auer ein*
getretene Sierfaffung jum 9lbfc^lu| lam, fe^en toxt bei Sut^er boDenbd am auffoDenbflai,
ifi toie ed 9lotftanb ift, toad i^n mt älnnal^me biefer formen beftimmte, toie er fetbft über
fte J^inau^ftrebte, toie er bie 3Rt^ftänbe, bie gerabe aud^ toieber an fie bon bomi^erein
ftd^ l^ingen, ptMxi^ fül^lte. Slld 1589 barüber, ba^ ber Sann aufgerid^tet toerben foQtc,
umtü^ ©efc^rei in ber SBittenberger ®emeinbe laut ^etoorben ioar, l^atte er gqeigt, toeld^
9(rt bon Sann er f eiber nac^ 3Rt 18 anzufangen totüend fei: er toürbe ben @ünber etfl
20 t)ermal^nen, bann jtoei ^erfonen, afö jtoei SUnplant ober aud^ anbere, m il^m fc^tdOi,
bann t^n bor ftc^ nel^men im Seifein ber jtoei StaSpiant, jtoeier bom 9iat unb ibtfien«
l^erm unb ^toeier el^lic^er 3Ränner bon ber ®emeiiü>e, bann ed dffentlid^ ber SSxdft an?
fagen unb me ©lieber berfelben bitten, ba^ fte „l(^elfen )u raten'', nieberlnien, unb imber
tl^n beten unb ii^n bem ^fel übergeben Reifen (Xifd^eben, ^eraudg. b. Sörßemonn 2,
25 354); „il^ atte", fagt er, „müfet felbft mitl^elfen, toie ©t. «ßaulu« fagt: — mit bem
ganjen Raufen''; ebenfo foQ man ben ftd^ Selel^renben öffentlich toieber annebmen, tmb
nic^t blo^ bie eine $etfon bed ^arrerd foO ed tl^un. S(ud^ nad^l^er (1540, 9r. 5, 307)
toetft er einen $faner, ber einen Xotfd^löger toieber aufnel^men follte, an, bie berfammelte
©emeinbe einjulaben — ut absolutionem ejus, quam petit humiliter, probet; einen
80 anbem in Setreff ber Sertoeigerung c^rifUid^en Segröbniffe« (1544, Sr. 5, 698): vide,
— an magistratus tibi adesse cum ecdesia velit. @o toiÜ aud^ bie bon 2uÜ^
gebittigte SBittenberger ^Reformation 1545 (Slic^ter, JID, 2, 81 ff.), bafe gur Übung bed
Sännet beigqogen toerben all! honesti et docti viri, — tanquam honesta membra
ecdesiae inter laicos, ex reliquis gradibus poptüi. 92irgenb$ aber ^dren toir bon
85 einer toirllid^en b^altifd^en 2)urdbfü^rung biefer mit bem ebangelifd^en Jtir^enbegriffe fo
eng gufammen^ängenben ®ebanten — Stuf bad toad einer emften Übung ber S^cbt, ge<
rabe auc^ toenn fte t)on oben herunter t)eranftaltet toerben foQte, in ben Saiwednrc^
befonberd l^emmenb in ben 9Beg treten mii|te, l^atte Händler SrüdC Sut^er fd^on borper
aufmerffam gemad^t: bie Dom 3lbel unb S3ürger u. f. to. fürd^ten fic^, i^r toerbet an
40 Säuern anl^Äen unb banac^ an fte fommen" (3:ifc^r. 2, 350). 6« Hingt fo übel be«
beutfam, toenn Sut^er felbft (1541, Sr. 5, 329) bon ber 3uc^tübung be« ffiittenberga
5lonftftorium$ nur meint : pertinebit — ad rusticos cogendos in ordinem aliquem
disciplinae. — SereittotDig, unb babei mit Sebauem über bie eigenen 3u|^be, erferatt
Sut^er bie in anberen Kirchen gemachten Serfuc^e an. Sgl. an bie ©d^toeijer 1537 (Sr.
46 5, 86) : „bielleic^t ift c« bei euc^ in biefem ©tüdt (in $inftc^t auf Sann unb ©c^lüffeO
ba^ gefaxt, benn bei un«". ÜRit Sejug auf bie ^effifc^e Sud^t burc^^ ^Sltefie (bon 1539,
Slid^ter, ÄO 1, 290 ff.) 1543 (Sr. 5, 551): placet exemplum Hassiacae ezcommnni-
'cationis: si idem potueritis statuere (im ^erjogtum @ad^fen), optime fadetis;
sed centaurii et Harpyiae aulicae aegre ferent. Sefonber^ er}ä^len bie bdbmifc^
60 Srübcr, toie Suti^er bebauert ^abe, eine ber irrigen ö^nli^e 3^«^* ^^^ einführen )u
fönnen (bgl. Comenii, Historia fratrum etc., c. praefat. Buddel, Halae 1702,
p. 23. 25). — 6r ^offtc auc^ fo noc^ auf 3upanbeIommen einer befferen 3w^^i obgleich
er fid^ nic^t me^r im ftanbe füblte, barüber ju fc^reiben (Sr. 5, 668. 701 im ^(dftt
1544). gnbeffen meinte er (lifc^r. 2, 357), ed fönnte ja jeber ba^ ^l. SGßerf mit <^
65 lieber Sertoomung berjenigen, toeld^e i^m bie 3fläc^ften feien, beginnen ; aber barin mbff
freiließ feiner tttoa^ toagen, toeil bie SBal^rl^eit ein feinbfelig $ing fei. — 8lud^ fonp
f)ai er bie folgen ber neuen Serbinbung ber ^ird^e mit bem Staat befonberd gegen M
@nbe feinet Seben^ fc^merglic^ gefül^lt: @ott lönne feinen Segen geb^, toenn ein $of
nad^ SßiOfür jene regieren tooQe, unb ber Satan tooQe je^t toieber neu, mtr in tun«
Go gefd^rter äBeife beibe bermengen ; er befennt im $inblid( auf bie Ferren bom 9bel (1541,
Sttt^et 749
Sr. 4, 399): verum est, eos, qui in politia sunt, semper fere hostes fuisse, sicut
et erunt, ecclesiae.
Suti^er^ Seben^enbe nal^te. Sefonber^ lAfyx^ fyittt üfn fc^on bet fd^toete Jtronll^eiti^
onfoU (@temleiben), ben et in @d^mallalben 1537 burc^jutnad^en l^e, an ben %oi ge«
ma^nt. 3)ad @efül^I, gealtert ju fein, l^dren n)ir il^n untet ben Stampfen unb Saften, 6
bie il^n k>on au|en unb innen brüdten, fc^on lange Dorl^et öu^em, h)äl(;renb er nod^
in t)onfter SRüftigleit k>or ben 3(ugen ber ^^nbe unb ^inbe baftonb. 3Ran toürbe
[vi^ nun fe^r irren, h)enn man meinte, bod Sl^ralteriftifd^ ber legten ^dfyct beS SRe»
formatord fei ein erl^ebenber SRüdblid auf einen in ber 9BeIt l^ergefteQten berrliAen
Jlird^enbau getoefen. @d fc^ien im @egentetl, atö ob er gerabe aud^ je^ nod^ bei allem lo
3)anle für bie ®nabe bed @t)angeliumd ed nur befto me^r fttl^Ien mü^e, toie fe^
bemfelben bie groge 9Belt in ^infid^t auf Seigre unb Seben femb bleibe unb h)ie Dielme^
eine 3^ t>^ 3)rangfa(e unb ©erid^te ald eine 3^^ ^^^ ©lanjed oud^ für bie Aird^e an*
gebrochen fei.
Sm tiefften fd^merjten il^ bie Erfahrungen, bie er fd^on k>on Anfang an überall, is
too einmal bie 9ief ormation erfolgt toax, über ba$ SSerl^Iten ber SJtenge gegen ba^ (Stxm^
aelium l^e machen muffen. 2iene 5tlagen über bie 3u(^tIoftg{eit unb ®lä(^iltialeit beS
i^anbt)olted, n>e(c^e n>ir t^n bei ber föc^jtfd^en SSifttation äußern ^drten, h)ö^ren fort unb
^gem ftd^. @d lommen boui nid^t minbere jQogen über ben 9lbel, — unb in betreff
feiner bann ni^t blog über ^leic^iltigleit, fonbem h)ie toir bereite fo^en, aud^ über ||0« ao
fitit>e Serfud^e )u l^emmenbem @ingreifen in$ Aird^enh>efen felbft. @r bellagt 1541 (m
5, 408) >- licentiam seelerum, horribUem, ~ nobiUum — tjrannidem. perfi-
diam, malitiam, eontemtum verbi plane satanieum etc. ©d^on 1535 ^tte er
(9r. 4, 602 f.) im ^inblidt auf ä(bel unb Säuern angerufen: bad $a)>ftlum ^e bod^
b^er für bie 9Be(t g^a^; biefe tooQe ben ^£eufe(jum ®ott l^en; bamald ^aben bie 96
9tf<|^öfe auf Unterbrüoung ber ^annei beulen muffen, nur ba^ fie ed in übler SBeife listen
tmb )uglei4 bie Stirere unterbrüdnen; er felbft n)oue, ftatt nad^ neuen folc^en Jletten für
bie SE^rannen ju begeben, lieber bulben in bem ©ebanlen, ba^ unfer SReid^ t)on oben
^ fei. — ^ier^er, unter bad Serptenid ber 9BeIt unb beS ^(eifc^ed jum @t)angelium,
tft and^ ber örgerlid^e @l^el^nbel $^ilit)b^ k>on ßeffen ju ftellen. @r, ber Serbeiratete, ao
ioor bon Siebe ju einem abeligen gt&ulein ergriffen h)orben, be^au))tete aber, üoerl^u))t
bie bringenbften ®eh)iffen^urfad^en ju l^ben, toeldl^e il^n nötigten, nad^ einer anberen f^au
ftc^ umjufel^en. @r lam auf ben ®ebanlen einer 3)o))))eIebe. 3laö) 93r. 6, 79 l^atte er
fc^on 1526, alfo ol^e S^Ä^d lange k>or jener Siebe, Sut^er über bie 3^ff^'^^ bon
^dppddfm befragt, toie toir ja aud^ fc^on in ber Aarlftobtfc^en Setoegung biefe ^age 86
S) erleben fa^en; feine eigene @ad^e betrieb er feit 1539 burc^ Su^er bei Sut^er uüb
elond^tl^on aufd Sngelegentlic^fte (^I. Srieftoed^fel Sanbgraf $l^ili))^ 2c. in: ,,$ublis
latumen a. b. ))reu^. @taatdar(^ik>e" 93b 5). 3)ie Xnftd^t Sutl^erd über bie Sigamie über«
bau))t toor: ®ott toiQ nad^ feiner urf))rüngli(^en Drbnung blo^ SJtonogamie, unb bie
SSorgänge bei ben ^atriard^en aeben ben Soften lein SReqt, bat)on abjuge^en, toaren 40
aadf felber nur ^olge k>on ^totfällen; inbed fönnen aderbingd 9{otfaIIe Dorlommen, loo
aadf unter ©Triften eine 3)i^enfation, bergleic^en ba aud^ toirÜic^ fd^on getoä^rt tourbe
08r.6, 241), nid^t unjuläfftg ifi,— unb (foSut^er in ber g^ad^e ßeinric^;« VIII. 1531,
99r. 4, 296) eine fold^e ^opptUbt toöre einer red^tdtoibrigen @$ef^eibung immer nod^
boriujie^ ; aQein eine f oI(|;e 3)vSpenfation Idnnte jebenfalld nur atö 9eid|^trat erteib 46
iDcrben, Idnnte bad öffentliche Siecht, toelc^ed nur @ine ®attin anerlennt, nic^t änbem,
unb mü|te loegen ber ^efa^ öffentlichen ärgemiffed burd^aud geheim bleiben. 3^^ ®Ieid^«
fleOung ber bei Soften möglichen SRotfälle mit benen ber altteftamentlic^en ®otte^
m&nnet, toonad^ bie l^ier julöf^e 3(btoeid^ung t)on ber SJtonogamie aud^ bort juläfftg
toerben mu^e, trug nottoenbig bie ®Ieic^fteIIung bed gan^ ftttlid^en Srlenntni^ unb go
Scbcndfianbed biefer SJtänner mit bem ber Sl^riften unb SBtebergeborenen bei, ber toir bei
Stttj^ toie bei ber bamaligen X^eologie über^au))t begegnen. SOSad fobann ben %a!H mit
^tii)^ betrifft, f o ^ielt il^m Suti^er feine @ünben unb feine $flid^t fo gerabe unb ftrenge
bot, tote eS an folc^en Orten feiten gel^ört n>erben mag; er gab aber mit 3)IeIanc^t^on
^cr bod^ bod SSor^anbenfein eined 9lotfaQed auf bad $in ju, toad $^i(it))9, tool^l t>or2ug9s 66
toetfe münblic^ burc^ Sujfer, gellagt l^atte. 3)ie Trauung fanb 3. 3Slati 1540 im Seifein
VtdaniftSfon& ftatt. Sutber beftanb ftreng auf ®el^eim]^tuna ; bem itaifer gegenüber fei
bie neue ^au für eine Jionhibine m erllören. 3(($ bie @ad^e, toie ed laum anberd ge»
{i(f|fcn tonnte, ruchbar n>urbe unb ^eland^t^on im @d^er) über bad t)erurfac^te äirgemid
bä auf ben Xob erlranite, tröftete i^n Sutber in 3i\jii)t barüber unb trat bann mit ge» oo
750 Sitt^et
tDoItigem ®e6ete für bte @rl^ltung feinet Sebend ein. @r felbfl aloubte au(^ je^t nix^
bie Sac^e jloar ntc^t k>or ber äBelt, aber k>or @ott Derteibi^en üt lönnen.
3)te Unmöglic^IeU, mit ber römifc^en Jtin^ je friebltd^ \\ä^ ju t>erftanbigen, fublte
Sut^ gerabe aai) in biefen legten ^jo^ren loieber befonberd ftarl, toö^renb neue Ser»
6 ntitteIungiSk)erfuc^e begannen. @r mu^te l^ierüber mit feinen {(oQegen im Januar 1540
ein Sebenlen audfteQen, fügte aber feinerfeitd gleich bie @rllärung bei, ba| er \>on ben
$a))iften fo n>enig l^offe, ald t)on il^rem ®otte, bem Xeufel; nur Dorüberae^enb l^ffte er
einmal, beritaifer möchte ed bod^ nod^ )u einem 92ationaIIon}iI lommen (offen; er fuR^,
ber SRid^ter broben felbft geftotte leinen SJergleid^ ; bad 93lut Slbdd ta>erbe er ni^t fo ^^
10 ge^en laffen. Jlein äSunber, toenn ein $oIttiIer, toie Aanjler 93rüd, bei jenen Serfud^
feinen „rumorenben ®eift'' fürchtete unb il^n ,,gef))art'' feigen tooQte, bid ed ndti^ toare,
mit ber Sauma^t jujul^auen (Corp. Ref. 5, 661). Sut^er fa^ lein ^eil, loo nt<|^t Dor
aQem bie fc^rifttoibrigen Seigren offen aufgegeben toürben; „ferendum non est, ut
ornentur nunc bono sensu et interpretatione commoda." @o äußerte er fic^
15 namentlich ben äSerl^anblungen bed burc^ SJtelanc^tl^on unb Sruciger bef(^ic(ten Siegend«
burger Jton))entd 1541 gegenüber, ^n feinem 9Bege fei ju leiben, bog man, toie ^o
t)erfuc^t lourbe, an^ ber Xrandjubftantiation einen Slaubenlartifel mad^ ^n bon Stegend«
lurger SSergleid^e über bte Slecptfertigung (per fidem vivam et efficacem) fa^ er ,,etn
Weitläufig, gefltdt 3)ing", bad o^nebied feinen Seftanb l^aben fömte; bie ^age, tood
20 gerecht macfe, unb bie t^age, toa^ ber ©ered^te ald folc^er t^ue, muffe man nor audctn<
anber ^en, toöl^renb ber $a))iften @d^fl^eit looQe, ba^ man nic^t burc^ ben ®laubm
aO(ein, fonbem auc^ burc^ äSerte ober burc^ Siebe unb in^erenbe ®nabe, tDeI(^ oDed
gleich t)iel fei, gerecht toerbe; Siebe unb äSerfe fönnen nid^t fein ber @o^n ®ottcd
ober fold^e ®ere$tigfeit, bte t)or ®ott fo rein fei ald ber @obn; ba| fte geret^t ^et^,
asgefc^e^e aud bloßer ®nabe: „benn®ott toiS fte nic^t anf e^en glei(9 feinem So^ne, fonbem
um feined @o^ned toiUen, ber im ^erjen burc^ ben ®Iauben loo^net". 9Ud ber Jtttifer
1545 neue Unter^anblungen eröffnen tooDte, gab Sut^er jtoar bem Snttourfe 3Mand^
tl^ond ju einer 28iebert)ereinigung mit bem Sptff ofKite (fog. SSiittenb. Sleform.) feine Unter«
fd^rift, boX aber noc^ für) t)or feinem Xobe, SRelanc^t^on mit feiner ätbfenbung auf bod
80 „nichtige unb t)ergebli(be AoQoquium )u Siegendburg" ^u t)erfc^onen. ®egen bie t)on ben
®egnem bro^enbe ®efa^r blieb feine Hoffnung biefe: res nostrae — oonsUio Dei
geruntur; verbum currit, oratio fervet, spes tolerat, fides vineity ut nos — ,
nisi caro essemus, dormire possimus feriarique. — Seine eigenen (Srtlärungen
gegen bad römifc^e ffirc^entum toaren unb blieben fo ftarf unb ftärfer ald je. @r ti>ei^
86 ni^^td bat)on, ba^ ber Xaufbunb \a boc^ aud^ bie ®egner in ber Jtirc^e S^rifti erholte :
„i^ toerbet", fagt er 1541 (in ber ©d^rift „SBiber §an« äBorft") „getoi^ic^ getauft in
ber rechten Xaufe, — unb koad alfo getauft lebt unb ftirbt bid in bod fiebente ober a(^te
gol^r, — loirb feiig j aber toenn ed gro^ toirb unb eurer Sügent)rebigt — folget, — fo
fället ed ab t)on fetner Xaufe unb Sräutigam; — biefe $ure — ift eine abtrünnige
40 ©^e^ure, bagegen bie gemeinen §uren — f^ier l^eilig finb." S)ad S^^r öor feinem %oit
erf4^ien nod^ bie ©d^rift „SBiber bad 5Pat)fttum ju 3lom" u. f. to., — mit ben ©c^lu^
toorten: „bie teufelifc^e $(^fterei ift bad le^te Unglüd auf Srben unb bad nö^fle, fo
alle leufel t^un fönnen mit alle il^rer 9Jlad^t". — 3" ^"^ ^at, toel^^e ben ®egnem
befonberen unb jebenfaQd nic^t unfc^einbaren älnla^ )ur Sefd^toerbe unb )u getoaltfamem
46 Sinfc^retten gab, l^atte inbeffen Sut^er felbft mitgetoirtt, inbem in bad Sidtum Staumburg
auf ®runb bat)on, bag ed unter ©c^u^ unb Sanbed^ol^eit ber fäc^fifc^en ^rften fie^,
tro^ SBiberfpruc^d bed ^a))tteld, 9lmdborf t)om Jlurfürften eingefe^ unb t)on Sut^ 1542
getoei^t toorben toar (t)gl. Sb I, 465). 3)ie äBittenberaer Geologen Ratten t)or^er ein
®utad^ten audgefteUt, in toeld^em fte bie Slec^tdfrage nid^t entfc^eiben tooQten, aber tuiter
60 SSoraudfe^ung bed t)om Jturfürften in älnfpruc^ genommenen Slec^ted erflärten, ba^ cc bie
3)om^enen uir SBal^l etned et)angeltfd^en Stf4^ofd jtoingen möge, jugleic^ j[ebo<|^ Dor ge»
toaltfamem Jßorge^en toamten. 9la4^er fc^rieb Sut^er eine Slec^tfertigung : „@sem)>el,
einen rechten c^riftltc^en Sifc^of ju toet^en'': aud ber e^angelifd^en äinfc^auung über^mi))t
leitet er bie @tlttgfeit ber nac^ altem ^rauc^ unter S^t^^n ber benachbarten „9if<|^5fe''
66 unb im Seifein bed äSolfed unb ^^ürften erfolgten SSieti^e ab, fotoie $fli(^t unb Sted^t ber
®emetnbe felbft, t)on folfc^en ipirten ftc^ abjutoenben; ba^ ber Jturfürft ber toirffic^
Sanbe^fürft unb ©c^u^^en fei unb aU folc^er gegenüber bem 9i^m famt feinen @in<
fünften ba^ Sleformationi^rec^t l}abi, fe^t er ^ier, o^ne toeiter )u fragen, t)oraud. @r tou^,
bie äBet^e — burc^ t^n, ben ^ärefiarc^en, — fei audax facinus et plenissimum odio,
CO invidia et indignatione (ä3r. 5, 451).
7S1
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Sncfc UM COMB 3***^^ T)Bit*hiBM< ly bei itw öbc imni ^tuifeci ^^vdi^^cni MmlsK SAd»
ttbcif c^BBg pigcK^kll 6att)t, tai boitigcii ^r^igcni ^tt @CBuiB|<h3tt «znf. Si xtulc 9k
fcnia BttBWBtfk^ bi< Bot ma S^^ologte ^fnm^ bcikfecBc Sbil^ahe bcr Scsfc M*
fdbcB 1543. Sabüi^ fi^icB ihB bie ^triebet iad d«iie (Mtct obMi^cb |b «mIcb »
buni^ bic bOB Snffcr BBb JWriflm^tboB bctf&i^c jcdumi jtctpfBMUmtiiiBbBmig^ iNMbt
aSUMsk^ hd iferai Sctem^fagCB über bod XbcBbanU bie GdvAaBn^ ciBCi leftfid^
@ciuiffcd wB^cfet, bufaBcbr bie GB^^ofamg bes ScAeiS euifiMl^ old ein btBunOfjJ^ Seit BBib
@<K!be bcd SlflBbeB^ be jewI^Bet ; )5utbei ff<ütt twc^er fU^ ^oni ^dftx Knnibei ^cäu^ts^ Ki§
Stefam^tboB bei ieaeBi SesI ib So^ tdnen ^unxciReB'' JtoOcgcn bidbeB loü^ BBib m
bann bei ber grffflnmg ^tdom^tbond fkb benibigt, boft bie CibnaBg btt^ SM BBb bie
SatrauKBte maä^ ber oll^^einen SSeife lebce aiib treibe; be^ bef%cr er&öne a fHl^
n^vbbet gegen fie, toobei XBi^bocf bod Seinige t^ot, bcd Stei^cci SibtUemwg ju fIcigenL
Odfon bocbcr ffoiU er eine eigene &^n|t gegen bie j^Doigfianer jni ber^ffcntCd^eB b^
(tbfkbtigL Scbfie^bl^ re^te ^b aui^ luk^ Sctoeiilfeib jb neuen tfrfUaiingeB. 60 cv> s
fc^ |tt &^ bef gtt^ 1544 bod ^fage Selcnntmd be6 Sahttment^" ;^^^ embMl
feine nese Se^renfloMfebiiig, ober eoK \o fUxnt Set^cunnoiiig ber ^SatraBieniSfd^ludiiBtr*^
dd a je frü^ omggeftynHi^: bie ^äuf^ter berfelben finb ibm Zrbfüi^er oba Seden*
mdrber; inbem a in ibrem Unglauben an bie Oegemoort bcd Seibed atd^ Unglauben coi
bie ®ottnien{c^beit 6^n^ unb leengnung ber Sabi^ bon @otte€ Sorten fiät, ruft er «
auiS: ^nmb unb rein, gang unb Uled geglaubt ober 9liii^ geglaubt!" Suf eine (Snt*
gegming ba 3"^^ ertoiberte a nic^ me^. 2|n X^efen gegen bie ^Xbeologt^ bon
Sotoen'' \ptadf a 1545 äba ,,bie ^oingla unb aOe €ahamentdfci^anber^ ou^: fie feien
Ae|er unb bon ba bl^djKtlfdvfyn Imdft abgefonbert; unb toenige So^ bor feuiem
^be (Sr. 5, 778): bod eben ^abe a bege^ bo^ fie, brie fw nun in ibrer (Segenfc^rift s
getban, offen aB feine geinbe fic^ ecflären; ibm genüge bie eine €<lig)>reifung beS
^folmed: fetig ba ^Dtann, ba nubt loanbelt im State ba Satromentiera u. f. lo. Über
eine angebüc^ berfonlic^ Xu^erung Sut^erS mit Sejug auf fie in einem Ic^^ ®e>
\ptadfc mit SRelonc^t^ bgL 3)ieftelmann, 2)ie lef^ Unterr^ung i^utbecd mit ^Kdarak
t^on, 1874, boju 3. Äöfttin I^St« 1875, 373 ff.; $au|leita in ^«3 1898, 8;nff.«o
1899, 455 ff.
Shu^ gegen bie Xbenbma^e^ ber bobmifc^ Srüber ^tte a 154t fic^ ernfHiii^
bertoo^ ^r. 5, 349 f.): (ong^ fei i^ tbre St^endort bon ber „fottamentolcn'' ®(gen*
toort baböc^tig ; f oute a ®etot]^^ erlangen, bo^ fie t^n get&ufc^t, f 0 loetbe er fie dffmt«
Itd^ otö i'ügner unb ipeuc^ler branbmorfen. ^od^ fc^on ba^ ^cApc borauf tourbe )ftuguf)a is
toieber freunbltc^ bon t^ in Wittenberg aufgenommen unb nxnrf feincrfeitd ben Sitten*
bergem i^ren 3Rangel an Qndft bor; l'utbn gab ibm, toie loenige ^abrje^te nac^^
!^ciud berichtet, bie ipanb ba ©emeinfc^ft \Sx bie ganje Unität; fie mögen für t$re
flabtfc^ Station Sipofiel fein, toie er unb bie Seinigen für bie beutfc^ (Safte. Lib. V,
§99. ^cr.; Comen. a. a. D. 26); er lieft t^m au($ einen Srief nackigen mit brübersso
Ivd^ Srmo^ung: ut nobiscum perduretis in communione spiritus et doctrinae,
prout coepistis; fo toiQ er t^nen gefc^eben ^en ongefic^td no^ ZclM (f. Sübing.
Sammlung einiger in bie Jtirc^^ifi einfc^flag. S^friften, 16. Stüd, S. 568 ff.). Wan
fte^t, tote aud^ t^m unter bem Seioufttf ein bon 2)tfferen)en iod) bad ®efü^l Sinen ®eifM
fortbefte^en tonnte. m
6tn faft nodf auffoQenbered 3^B>^^ ^terfür bleibt feine SteQung ^egen 'SRelanc^tl^on.
^urc^ bie f^ergiftifc^fen Sä^e in ben ft)öteren Slu^oben ba £oci Iteft tt fic^ nie )u
einer erflörung gegen i^n baanlaffen. S<^!on 1537 toar berfelbe 3toinglifc(>er änftc^ten
über ba$ Slbenbmai^l befc^lbigt koorben. Sutl^er fanb manche« bei tpm berbäc^ttg, tooSte
ober ,,fetn $er) mit i^m teilen'' unb i^n nic^t fc^eiben laffen. Sir ^örten, toie er t^m oo
752 Sitt^et
bei bcr Äölner SReformation bcrtraut; fo ouc^ (S3r. 5, 646), im 3tpiil 1544, h)%enb er
bad „turge Selenntni^'' fc^tieb: de M. Phil, mihi nulla est omnino suspicio. 9iudf
old ed ftc^ um bte neuen Unter^anblungen mit ben ^o^iften 1545 l^nbelte, regte fid^
bei i^m lein ä(rg gegen 9JteIanc^t|^on, fonbem nur ber SSunfd^, i^ ju fd^onen. Unb
6 ben Socid unb ber gonjen t^eologifc^en äBirIfamleit SJtelcmd^tl^on^ f))enbet er auc^ no(^
in ber SSorrebe )um 1. 93b feiner loteinifc^fen äBerle 1545 l^ol^ £ob. Sgl. über boS
aSerJ^ältni« beiber ^u einanber: aRij in i^&tSt 1901, 458 ff. — »ber freiließ, bo^ n^
feinem 2obe im Jlreife ber il^n umgebenben Ü^eologen ber ^ebe leinen Seftanb bc«
^Iten n)erbe, foD er fd^on auf feinem Jlranlenlager in Sc^maOalben 1537 toori^er«
10 gefagt ^en.
SJtit ollen jenen Jtlogen über bod ^leifd^edleben, ben Unbonl, bie SSerac^hing gMp
bod StHmgelium berbanb ftd^ für Sutl^er immer beftimmter bie Sudftc^t auf fc(fn)ere Se>
richte, todd)t über 3)eutfc^ianb lommen muffen unb n>elc^e er t)on ben Xürlen ^er ober
ouc^ in einem ,,malum intestinuin" ertoarten )u muffen glaubte; ber @tanb ber 9Belt
16 fd^ien i^m ganj bem bor ber @ünbflut ober bem bab^Ionifc^en S^il ober bem Untere
gange 2l^<^^ni$ ju gleichen. @))ejieQ toar er über @ittenIoftgIeit in feinem SBittenbecg
erjümt; auf einer Steife im Sommer 1545 bro^te er, gar ni^^t me^ in biefed @obom
ju tommen. Söngft aber glaubte er, [%df einen na^en Slbfd^ieb aud biefer 9Bett toünfc^
unb l^pffen ju bürfen; er fä bod^ koenig me^r nu$ auf @rben. @ine älblel^nung, über
ao Jlird^enjuc^t ju fd^reiben, begrünbet er 1544 bomit, ba| er fei senez, ezhaustus, piger
(9r. 5, 701). 2Bir fe^en inbeffen, toie er bennod^ ju fc^retben unb ju täm)}fen fotitfui^.
Stö er aber feine SSorlefungen über bie ®eneftd 1545 ^um @(^Iu^ gebracht 1)aüt (oben
@. 746, so), toünfc^te er, man möge für il^n, ber nid^t toetter t)erm5ge, ein guted Stünblein
erbitten. — 9(m 23. ^Januar 1546 brad^ &tt^er toon äBittenberg auf nac^ @idldben. &
36 toaren ni(^t gro^e {in^lid^e Xngekgenl^eiten, bie ii^ bortl^in riefen, fonbem ein ®efuc^
ber Standfelber (Srafen, ba| er einen @treit, ber über il^re Sergtooie unb anbered unter
il^nen fic^ erl^oben botte, beUegen miki^te. Sutl^er tou^te ftc^ i^nen berpfliii^tet, atö hmäf
feine ®eburt i^rem Gebiete juge^örig ; er tooQte fid^ baran toagen, um bann mit gh^euben
jtd^ in feinen @arg ju legen, loo er jubor feine lieben 2anbed^erren bertragen ^be. S>ie
80 Slu^leic^ung gelang il^m. 3)ic Sriefe, loelc^ er k>on @iäeben avS fc^rieb, unb bie Sieben,
toelqe bor ben ^eunben bort bon i^m gefül^rt unb bon biefen l^ema(^ aufgejeic^d
kourben, geigen noc^ red^t ben träftigen, an finniger Siebe reid^en @eift. ^ber unter ben
@ef(^ö^en toar bie @orge für feine ©efunbbeit ^intangefe^t koorben; eine Fontanelle, bie
er feit lange (bgl. 9r. 5, 600) am @(^enlel trug, toar juge^eift; er ^atte auc^ fc^on
86 auf ber ^inreife bebenflic^ ftc^ erlältet. 3)a füllte er am 9lbenbe be^ 17. ^bruar
l^e^igen ^rutf auf ber Sruft ; ald er m Sette ging, befahl er feinen @eift @ott mit ben
Sßorten $f 31, 6; er toieberl^olte biefelben mel^rmal^, inbem er unter benipänben ber u»
i^n bemühten f^eunbe bed @nbed toartete ; er bantte ®ott, ba^ berfelbe i^m feinen @o^
geoffenbart, n>el(^en er gelel^ unb belannt ^abe ; al^ ^onad unb Pfarrer Söliud i^m lu^ft
10 nod^ bie ^age ind D^r riefen, ob er auf bie bon i^m ge))rebigte £e^re fterben tooQe, fprad^
er nod^ ein beme^mlid^ed ^a. SRul^ig, mit einem fanften legten SUemjuge, entfdblief er am
SKorgen be« 18. J^ruar (gegen bieSüge bon Sut^er« Selbftmorb f. befonber«: 91. ?Jaulud,
£.d Seben^enbe 1898, au^i Erläuterungen unb Ergänzungen }u 2lanffen$ @efc^. b. beutfc^
Solle« 93b 1). — ®ie Seiche lourbe feierlich in ber ©d^loftnrc^e ju SBittenbew beftottet
46 28ie ber lebenbe ut^ fterbenbe Sut^er, fo kourbe auc^ noc^ fein Seic^nam ©egenftanb
lügen^fter @age. 3Jtan er^ä^lte — unb jtoar no(^ bid auf unfere @egentoart unb auäi
unter ber 93eböllerung öon SBittenberg f elbft — ba^ berfelbe loöl^renb be« ©c^mallolbifc^fen
5triege« l^eimlid^ meggebrad^t unb auf einem no^en ^Ibe vergraben koorben fei. 93ä ber
bom Jtaifer äSU^elm I. t)erorbneten SReftauration ber itirc^e nun grufr man nad) ben
60 Seic^namen ber beiben ?leformatoren, brang l^inunter bid ju bem $2elan(^t^ond, tpurbe
iebo(^ am toeitergraben nac^ bem Sut^er« 1886 burc^ ein Serbot be« Jtaiferd Derl^inbert,
ber bie @rabedru^e ber Sleformatoren nic^t geftört l^aben n>oQte. 9lber jtoei bei ben
Sleflaurationtobeiten befd^äftigtc SKänner, koelc^en bie ^ier berbleibenbe Ungeh)t|^eit un«
erträgli^ mar, koagten t)or bem 9lbf(^lu^ ber arbeiten ^eimlid^ am SSormittag bed @onn<
66 tag«, 14. gfrf^ruar 1892, noc^ l^inuntergugraben bi« auf ben ganj morfc^ geworbenen ©arg
Cutter«, beffen ®ebeine fie barin „regelred^t gelegt" unb in no<]9 jiemlid^ gutem Seftonbe
fanben. (Einer ber beiben ÜJIänner, ber bamalige SRauretpolier unb nad^^erige ©c^Io^
lir^enbiener §. SRöml^ilb fonnte im 3<^w 1897 einem Sleifenben gegenüber, ber bie Um
gekoi^eit in betreff be« Sut^erleic^nam« bellagte, fein ®ei^eimni« nic^t me^r )urü(t
GO ^Iten unb kourbe infolgebeffen bon feiten äSorgefe^ter t)eranla^t , barüber münbli^
2nättt 1I6A
unb fc^riftlid^ ju berichten ; bec anbete, nämlid^ $aul @rot^, 1897. old Igl. ))Teu^tf(l^er
Stegierungdbaumeifter in 2lemfa(em, toeld^em bort Slöml^ilb^ älngobe Vorgelegt toutibe,
totberf^rac^ i^r ntd^t, fthnmte i^ Dielme^ bttrd^ @tillf^kt)eigen bei; f. X^tft 1894,
631 f, 1897, 824 ff.).
Überbliden toit biefen ganzen Serlouf k>on Sutl^er^ Seben unb SBirlen unb bor aQem 6
bie Sntkoidelung feiner eigentümlid^en religidfen Stnfd^un^ unb Sel^e, fo feigen toir beren
toic^tigften, in ftd^ jufantmenl^ängenben pofttiDen ^nj^olt bet Sut^er fc^on Oor unb lebenbig
getoorben al^ er feit 1517 bofür lämpfenb eintreten mu^te, unb bie IConfequenjen nacp
ben t)erfc^iebenen Seiten l^in unb namentlid^ im ®egenfa$ gegen bod römifd^e JtirAentum
unb bie ^ä))ftlic^en 3Raö)tan]pxiJid)t lamen bann t)ouenbi^ jur Sntfaltung bid jur SQieber« lo
le^r £.^ t)on ber SBartburg unb feinem Rartip^ oegen bie Sd^toörmer. 9Ud bad tpoöft^
mac^enbe @reignid für bad fernere äSirten be^ 9leformatord b^eid^net man ^äufig ben
Sauernirieg; biefer ift bied aber nic^t mit 93^ug auf Sutl^erd ^rtfc^reiten unb @tel^«
bleiben ober par Stüdkoört^el^en in feiner ©laubenderlenntnid unb SeJ^e, fonbem nur in
Sejug auf feine Jtüi^n^eit unb Schärfe im ))rattifc^en reformatorifc^en SSorge^en unb auf i5
bie Siege^l^offnungen feiner ®egner unb bie ^urüdl^Itung t)ieler, bie ettoa Dorl^er nod^
il^m Ratten jufaQen mdgen. ^Dlobifilationen in ber il^m eigentümlichen Se^e treten ba
nur noc^ ein, fofem er balb me^ bad eine, balb mei^ ha^ anbere Stoment m betonen
fic^ t)eranla^ fai^. — äBic^tig ift für unfere Setra^tung unb äBürbigung ber Se^re Sut^erd
befonber^ ber Unterfc^ieb jkoifd^en folc^en Sel^rftüden unb SJtomenten, bie er eigene t)on ao
feinen eigentümlichen ^öd^ften $rin)i))ien aud mit feinem Genien burc^brungen, unb folc^en,
in benen er mel^ nur bie überlieferten Sel^geftaltungen beibel^alten ^at ; unb jugleic^ toirb
ftc^ auc^ bei fold^en, toelc^e ganj eigentümlicp bei il^m geftoltet un^ k>on i^m burd^bac^t
erfc^einen, ^in unb koiber fragen, ob nic^t l^ierbei bod^ in feinem eigenen Genien nod^ Der»
fc^fiebene mit feiner eigenen inneren Snttoidelung jufammenl^ngenbe ^attoren jufammen« 36
trafen, bie il^n ju emer loal^rl^ft einl^eitli^en Srlenntni^udfage nic^t lommen liefen.
3)ie @runbkoci]^rl^eit, t)on ber er jeugt, bleibt immer jened „©erec^ttoerben burd^ ben
©lauben an (Sl^riftu^'', koie er ed au$ (Sottet SBort uitb jkoar t)ome^mlic^ bei ^uIuiS
gelernt unb felbft burc^ ®otte^ ©nabentoirlung erlebt ffot @r ift, jo befremblid^ bie^
und auc^ erfc^einen mag unb fo koenig ed auc^ oft bead^tet toirb, me baut gelommen, so
gemäfi ber^^eutung, koeld^e dtxaiöco fxdftt bei $aulud ^at, bied nur k>on iRecytfertigung
im @inn ber @erec^tertlärung ober @ered^tanna^me )u Derfte^en, t)erftel^t barunter t>kU
me^r immer aud^ ein innerlid^ed ®ered^tgemac^ttoerben bed gläubigen ©ubjeltd, fe^t aber ald
erfted immer bie @ünbent)ergebung aud reiner ®nabe unb mit i^r jene ©ereotannal^me,
lägt erft aud bem ®eift, ber ben alfo Segnabigten ju teil toirb unb in toelcpem fte bie 86
9}erfö^nung unb Vergebung genießen, ibre 9led^tbefc^ffen^eit unb 9led^tt)er^lten ^or«
Qtl)m, unb finbet biefe i^re ^ec^tbefd^affenl^ät immer noc^ t)iel ju unt)ollIommen unb be»
fiech, aU baft fie t)ermdge i^rer t)or @ott beftel^en tonnten, ^nfofem ))flegt man bod^
unfere tirc^licpe Seigre t)on ber @erec^tigteit au^ ©lauben mit 9le^t auf Suti^er felbft unb
nic^t ettoa erft auf SRelanc^t^on, mrüd^ufü^ren. 3Ludf ^ai Sut^er f^äter no^ fc^ärfer aU 40
früher jened erfte 3Jtoment für fid^ betont. 3)ag Sut^er t)on 9lnfang an eine burc^ ®otted
^ebietenbed unb ftrafenbed 9Bort getoirtte @etoiffen^d^ütterung jur SSorbebingung für
imm ©tauben unb jened game aui^ bem ©enug ber (Sottedliebe unb aud ber Siebe )u
®ott ^ert>orgel^enbe 9iec^tt)er^alten machte, l^aben toir fc^on oben Slgrilola gegenüber
bemerft ; teinedtoegd ^at er baju erft burc^ SJtelancbt^on fic| beftimmen loffen. Sei &itl^erd 46
äludfagen über bad ben @lauben ertoedenbe aöttlic^e SBirfen unb t)ollenbd über bie innere
göttliche ^2itteilung an bie burc^ @lauben ©erec^tgetoorbenen ift bann für ibn c^ralte»
riftifc^ ber getoaltige Slealidmud, toomit er bie toirtlid^e unb t)oD[e @egentoart ©otted felbft
im ^eiligen ©eifte, \a ©otted felbft ald bed l^eiligen ©eifted be^au))tet ; nac^ einer @elbfts
befKmmung ber gläubigen Subjette unb ©ottedtinber, toomit fte auf bie Sflegungen unb go
triebe biefed ©eifte« in i^rem ^nnern boc^ erft felbft eingeben toürben, fragt er nic^t, —
l^at inbeffen boc^ gegen bie auf foldbe @elbftbeftimmung bezüglichen fpäteren Slu^agen ber
toon i^m fo l^oc^ gefc^ä|ten Loci SRelanc^t^on« nie ftd^ au^elaffen. äSon ^ier au^ n>er*
ben toir enbltd^ aucp auf bie^age l^ingefü^rt nac^ bem SSer^ältni« jtoifc^en ©otted SBiQen
unb allmächtigem äSirfen unb jtoifc^en menfd^lid^em SOBollen unb toirRid^er ober t)ermeints 66
lieber ^et^eit überl^aupt. ^iermtt aber tommen toir auf jene t)on Sut^er einft bem @ra«*
mud gegenüber t)oll angeführten @c^e t)on einer alle« treatürlid^e Sein, SBerben unb
SBoQen fc^lec^t^in beftimmenben göttlichen 9lQmac^t unb $räbeftination, bie t)on und an^
ertannt toerben muffen, in beren ©e^eimniffe toir aber nic^t einzubringen t)erfud^en bür«
fen, tnbem toir mit unferem ©lauben unb Seben nur gan) an ©otted Offetibarung ineo
9lcaI«(Snc))f(opöbie fttr Zf^toloqit unb ftir((e. 8. K. XI. 48
754 Sttt^er
fetnem Bof)n S^riftu^ unb an bicfen feinen @ol^n und )u galten l^ben; in ber gonjen
, ärt, tote Sut^er ^iertoon tebet unb biel Heber noc^ fc^toeigt, ^ören tott too^I bie ©rfa^s
. tunßen nac^ßinoen, bie er baöon \>ox feiner toa^ren ©rfenntni« bed (Stoangeliumd in f^e^
fulierenben ®en{t)erfuc^cn unb in religiöfem SSangen gemacht l)at (t)on ben urfprünglid^
6 auf il^n eintoirienben {ird^lid^en ^^eologen ift it^ biefen ®ebanlen t)om abfoluten @ott
. burd^aud {einer fo toeit toie er gegangen, er ift bur^ feinen bon i^nen baju beftimmt
toorben). — gn Sut^er« 2e^re öon ®ott ift ©runbgebanfe ber, bafe toir bie rechte Qx--
lenntnid ®ott nic^t auS unferen eigenen @j)e{uIationen, noc^ aud einer blo^ natürlichen
Offenbarung gu entnel^men, f onbem bon feiner boDfommenen ©clbftoffenbarung in G^rifto
10 aud ju il^m em^orjufteigen unb i^n fo aU ben, toelc^er toefentlic^ Siebe ift, )u erfennen
unb im bertrauendt)oIIen ®Iauben hieran auf ein Sinbrinaen in bad, toad und ^ier no<^
berborgen bleibt, ju ber^ic^ten Ratten. 3)amit, ba^ nad^ iSut^er biefer @ott fein ^erg unb
gamed SOBefen im menfd^getoorbenen S^riftud obieltit) bor und erfd^Hegt unb ba| £ut^
badfelbe ®ottedtoefen ganj in bem ben (El^riften mitguteilenben ^eiligen (Seifte gcgentodrtig
16 fein läii, ergiebt ftd^ für i^n auc^ ein inniger 3ufammen^ang gtoifd^en bem, toad toir
ölonomifc^e Srinitöt ju nennen t>f^^0^/ unb jtoifd^en bem i^r gur Soraudfe^ung bienenben
etoigen gwfflnimenfein bed 3Saterd mit bem Jjräejiftenten So^n unb bem bon beiben Quä^
ge^enben @eifte. Sagegen fönnen toir in ber aud^ bei Sutl^er fel^r häufigen äSegeic^nung
biefer brei $erfonen ald mens, intellectus, voluntas ober aU potentiä, sapientia,
gobonitas ni(|t eine mit feinen eigenen @runbgebanlen gufammen^ängenbe, f onbem nur
eine avS ber überlieferten ^^eologie bon i^m entnommene SSorfteQung bei i^m fe^en. ^ür
feine Sluffaffung bed gefc^)tc^tli4>en ßl^riftud, unfered §eilanbed unb §erm, ift c^arafteriftif<^
bad 3)ringen aufd innigfte @indgetoorbenfein bed ®ött(id^en unb SJlenfc^Iid^en in i^m ftatt
eined bloßen 92ebeneinanberfte^end ber beiben 9!aturen; hierbei bro^t aber bermöge ber
25 ä(rt, toie aucb^Sut^er ^ier bie 93egriffe bon 92aturen unb Sigenfc^aften ^anb^t, gerabe
bei i^^m bie SKenfc^^eit G^rifti i^rer SSa^r^aftigfeit berluftig gu ge^en: fo befonberd bei
ber \i)x im äbenbmoi^Idftreit beigelegten Dmnij)räfeng. 3n ber Sluffaffung bed objeftiben
SBerföl^nungdtoerted ßl^rifti, in toeld^em 2ut^er mit ber ^erfömmlic^en Ideologie ein ftelt
bertretenbed ©intreten für und ©ünber fic^t, unterfc^jeibet fid^ Sutl^er bon biefer f^avpU
ao föd^Iic^ baburd^, ba^ er, entf^rec^enb bem bon ü^m auf bie @c^ulb geleaten @etoid^t, f old^ed
Eintreten bor aDem ald ein 3;ragen ber ©ünbcnfc^ulb unb ©träfe auffaßt; an einem ©ins
ge^en in bad mit biefer ganzen ^ibee und borgelegtc Problem fel^It ed übrigend aud) bei
il^m noc^. — ^ür 2utl?crd reformatorifc^en Äampf toar neben unb mit feiner Sc^rc bon
ber ©laubendgerec^tigleit bon l^öc^fter Sebeutung bie bon ber Äirc^e ober ©emeinbe G^rifti
36 unb bon ben in il^r gefjjcnbeten ®nabenmitteln. ^n feinem SRingen nac^ ^eildgetoi^^eit
mu^te er innig boH SSerlangend, Vertrauend unb 2)anfcd an bad objeftibe ©ottcdtoort fid^
l^alten, in toelc^jcm ®otted ®eift felbft fic^ i^m bejeugt, unb an bie bom §erm felbft ein*
gefegten SBa^rjeic^jen unb $fänber, nämlic^ bie beiben ©alramente, bie ald foI4^e nic^t
blo^ ben ©lauben anregen unb ftärfen, fonbem eben burc^ ben ©lauben noc^ auf bes
40 fonbere SBcife jjebem Singeinen bad boHc ^eildgut unb bor allem bie ©ünbenbergcbung
mitteilen: fo im ©egenja^ einerfeitd gegen bie bcrmeffene ©c^toärmgeifterei, anbererfcitd
gegen bad römifc^e Äird^entum mit feinen angeblich ^öc^ften unb boc^ nur mcnfc^Ii(^en
äußeren Drbnungen, ©a^ungen unb aJJad^tjJjrü^en. ®ie Äir4>e ift iJ^m bie ©emeinbe ber
©laubigen unb eben hiermit ^eiligen, toelc^e burc^ biefe ©nabenmittel ^ierju tocrben unb
46 in ©otted 9Jamen fie fort unb fort gu bertoalten ^abcn. ^n bie äußere, an fic^ toanbet
bare ©eftaltung ber Äirc^e aber, bie 2\xti)tx fo ald ©emeinbe ß^rifti anerfennt, greifen
nun fe^r bie gefc^i4>tlic^ borliegcnben ^wftänbe unb 3SerF)ältnifie ein, in benen er göttliche
S33eifungen für fein eigcned reformieren fa^: ber 3wft<wtö ber im bidl^erigen Rir^entum
geeinten S3eböHcrung, bermöge befjen eine ec^t cbangclif4>e Äirc^e mit iJ^ren ©nabenmitteln
60 ber großen 9Renge nod^ gang übertoicgenb ald objeftibe älnftalt gegenübertreten mufete, unb
guglei4> ein S3ebürfnid äu|cren ©d^u^cd unb äußerer Seitung, für toelc^ed Sut^er nur bei
ben bon ©ott fürd toeltlic^e ^Regiment eingefefeten ©liebem ber Äirc^e ^ilfc gu fud^en
toufete. — Sutberd Sluffaffung bed aud bem dlauben unb ^eiligen ©eift fliefeenben fitt^
lic^m Jlec^tberl^altcnd ber ß^riften in biefer SBelt läfet fic^ furg barin gufammenf äffen,
ö6 bafe fie, fc^on je^t innerlich ber ^immlifc^en ©üter teilhaftig unb über biefe SBelt ergaben,
ftc^; gegenfeitig in Siebe biencn unb mitteilen unb ©otte unb ftd^ gegenfeitig eben auc^
in ben bon ©ott eingefe^ten toeltlid^ fittlic^en Drbnungm unb ©tänben (G^e unb §aud»
ftanb, Dbrigfeit unb ©taat) bienm unb bie i^nen ^ier bargebotenen toeltlic^^en ©üter
banfbar genießen foDtm. 3Kan J)flegt l^ier, toa^ bm ©egenfal^ gegen bm Äat^oligidmud
60 betrifft, befonberd unb gtoar mit Siedet ben ©egmfa^ gegen bie SBeltflüc^tigfeit bed Äa«
thnEiöäEB^ ^ temoL Slia Ucaat Mdnta itt Kst d«i fciMto^i^ «»c ^^ddiiM^ifi^
Ux XDdäiäim Srnxx sn^Xs^abcn idOift, im am i«Uhr «^ommb^ mMk )» tatvtai
p3£^ istiboax xodouir in wd l»i» j^aiaitiai Md" te crit «m @9d< )<r ^4fK vul
ba»CTndiQib£3i SnCnitwiig si^ l^rffinuMiAcQ» intb er 1«^ %te W )^cM <!9d< ite«
fsi rie aLcrnaäm ^ol Sir ibtai wäk Ke dvt f. S. n micr SAvm «i Hn iM 4
im^ kinai SammeB tto brnSaita, tia l« cn^KsfacR SixiuKsK «ni^ ^^IM|j(CR ^e^ 1^d^
Ikbox, bnxga&dtcm m^ ix^ialai ^skBniiCBld«M cm l^B^M(^mxt1k »lib Hjicm^ ittd^
bosiai, dtii ^D6 imudpefi» ^ pi Smcnca hkna cmtaSmi ciidcoutoi^ ^tkmih
mk ss^ iexiMSiDe^ tk IBUnan^ wäk ^a^ bcnMi ^ frat XetOMim A it «mI^ ^
btnt @döm, nzr bie ndtüche SÜttm m. i ftu, gopctiqi, o1<t mr ^j^«l4^, ^fi| <r fte «d
in ba ibna rn Soct ^egcKsicB l$d<snai$ ««äidtcit »^ i» Kr K4mi <Sk«iii«Bfb^^
hebanbds lAm. Sgl Mn^ol ^Ixanl @L Sobi^ ^caildB»^ Kt SikjUmi dm«i Ml
Btasi u. 1. tr. in: Sno^, Smwmwuji wasmamr«. «üb iianit SbKoM. ^ :2l» 1$^;
9100^6» iLB gTTflini.3 pm Sojwfiftwn^ 1^7. — <^ki«ii irir oi^i&i» ^^wnUt Ml btc^Skw^
frage bei acte, txnc bcm hc dOonoc, bcs ;^^;iäiah Hm^ @U»Kii^ unb fwMt ^^cta^ u
Hlbenbai oöl^aivtex i>ra d«a gopcmc« Mcbcn fd lo^ UMb ft« jt<ip<w«qi ircfbcil
mum, tr lözni^ a biet ftct^ gUkbmsid fir bic hMii( Snmü&t b<T bcili^ &dMjt
gegen bte Snfpxuc^ ber icmijd^ find«. i^^aoMT cdkr {iu{A er Mcfcn <IUa«bcii ond^ Aiif
ein inneres 3^^^"'^' ^*^ Sc^ @€tK beim rate« <§kiicaiMfc ba S(bii|t m bCK ^\it*
Hgen ablegt unb pDca md» blc$ für tCRt Sinmtat bcr &hrift, fcnbcm ond^ b«t(t fiiit:M
i^en 5^^^^ unb auf @ninb bdiidbcn cdaubt er ^ Km« ^ llmaVKibwM yrri^bcn
bem böberen GKnofta unb JSext cmj^dner ix bei bÄ Sdnit cbct ^®ctM ^^M'* uit
fonnnengefalten ^Süd>a, auf tccübe cboi iS. 7^1, .^^^ bcuialtdt bc^ ;^taMM»Sbndt^ biiwtmtm
treiben \ri, unb untcxfifceibet oud^ im ;^^tiiMt ba ^^^tcbcnboi 64«ifl«n )ii^ifa^ Nu
bte grttTube Cffenborung betrtffenben ui^ bau rein auf irdtlicbc^ b<^lkt><n lUrffc^tm. ;»
fbub bierin bleibt a ftdb gleich bd feiner Suffaflun^ bei Gchift, iwiB f«^ oucb bobci
htsb gan^ ftä^a in feinem @(aubcn an fie unb itrni ;?^nbalt :)lb(t bie tioin imlrc^Nn
^rebleme bot er mm ©egcnfitanb ein^ebcnba imffcnfcbaftrKber QriMrten»^ ni(bl ^a<^
Seine ortboboren 9iac^fo(gcr festen btcfdbe beifdu; inbem fic auf (Smnb be# Uwlimo*
nium Spiritus S. bte beiL S^rrift einfa(^ für obtoUtt unb untcif(bi<bllol^ int^inett et* «i
Hören ^u tonnen meinten. Sßbr muffen nomentlid^ gleicb bd bicfet (Stunbfcaae tnne
tperben, todd^ Aufgaben ber Steformotor geiabe mit feinen (Srunbau^fo^ boc^ einer
fünftigen ®Iauben^iffenf(^ no(^ binterlaffen 1^ — :^m übri^ barf für :^tb<r$ ^^
logie auf Die oben (S. 722, 69) genannten )ufammenfaffenben ^^rfie&unaen bem>iefen iwrben»
Xer gon^e ^'e^ortrag £ut^ bej^ ienen (S^oratter frif(^ vebeni, auf )i>el(^ »5
\d)on bei feinen erften Schriften ^ingetoiefen tourbe. Seilte Sbrod^ \^t mtMxi^ $ttKtft»
ßinf a(bbeit, Älori^ ; er ^ ftd^ bei aller liefe unb S<^rf e bo<^? ebenf o fem bott Über«
fc^mänglic^feit be^ @efü^tö ober ba ^bantafte, tt>te bon etna btaleltijd^ SubtilitAt, fo
gemig er auc^ gu eina folc^ beranlagt u>ar unb in Streitf(^rtften (tc (unbgab. ^Jiad^
einer anbaen Seite ^in malt a un« felbft ben Sbaratta feine« ^^ortrag*, gegenüba bott 40
bem bc^ Sren^ (Sr. 4, U9): ®r habe nic^jt bie Jhinft unb <^ilbung tine biefa, uttb
müfje imma ftürmen unb föm^jfen. — Dabei pflegt [xd^ bie CWrunbleprc bottt 4^eil, U>le
fte ibn )}erfön(ic^ imma bekoegt, fo au(^ in feinen )Hu^brungen in ben '^^crbergrunb unb
3Ritte[)}unft gu brängen: ed ift bied eine toefentlic^e (Sigentüntlid^teit au^ feiner 6(bvtft«
auelegung unb feina ^rebigten. 3" Jena toeife a bon jebem Moment attiJ üu ben böcpflen 45
@ertc^t0)}unhcn em)}or)ufü^ren unb aud^ üba fc^einbar unfruchtbare Slbfdl^nitte feine« ^il^^e«
©eift unb Seben gu babreiten; bei Se^^anblung folcber Scbrifttejte, bcren öeAte^^ung |^u
jenen ©runblel^ren urfprünglic^ noc^» feine fo unmittelbare ift, unb femer bei veftinnnuttg
bon ßingel^eiten inna^alb eined Fleete«, ivelc^e gegenüba bem ^auptgebantcn be«felbeit
nur unteraeorbnete 93ebeutung b<^en, tommen bann freiließ bie 3[nf))rü(^e gef(^i(^t(td^a m
unb fprac^lic^er @enauigteit oft ni(bt |\u i^rem Steckte (Unterfc^ieb bon Galbin). ^er
aQegorifd^en älu^legung bat a bie 93etoei«fraft abgefproc^en, \}ai tnbefjen bilblic^e Deu*
tungen aU anregenb uno anmutenb gerne noc^ angetoanbt. ^n betreff be« ^l^rebigen«
ift bei i^m näc^ft ba Jorberung, bafe 6l;riftu« ba v^nl^lt fei, bie erfte bie ber Ülnfalt
unb Slngemcffen^eit für ba« ,,arme 3Solf " ; feinen IJrebigtcn fe^lt bie Sc^ulf onn : fie mv
))flegen mcift in fel^r cinfac^a SßSeife, o(;ne ein borangcftcHte« Ilj^ema, aba ntit beftimmtcm
aibfc^en auf bie gu be^anbelnbc ©runblcl^rc unb 3J(a^nung, bcm Wange bc« Icxtc« j|u
folgen unb babei äu«lcgung unb änh^enbung in cinanba ui baU^cben (bgl. Skftc, I)ic
bebeut. Äanjelrebna ba ältacn lut^aifc^en Kirche IHöd, S. 80— :HJ; (J. ;llona«, !t)ic
Hanjclbaebfamteit Sut^er« 1862 ; ^aing, Xicl;rbu(|^ ba ^omiletif S. 8ü ff.). «»
48*
756 Sttt^
SEBte ftc^ für Sutl^ev mit feiner d^ftlid^en ©runbanfc^uung bie älnerlennung für bie
freie Set^ätigung be^ menfd^lid^en @eifted auf bem kDeUlid^en ®ebiete t)erbanb, fo geigt
er md^ p^bnlxo) einen frifc^en lebenbigen Sinn l^ierfür, ben i^m bog Setoufetfein ber
ollem SQeltlid^en anl^aftenben @ünbe nic^t löl^men lann. ^06^ fc^c^t er, nic^t blog toegen
6 bed Sienfted für bie Ätrd^e, fonbem old Stittel ber ©eifte^btlbung Hbnfyajdpt, oQe eblen
fiünfte unb SOBiffenfc^aften; fo indbefonbere bie SBiffenfd^aft ber alten @))ra(^en unb bie
SBBei^^eit ber Stiten in Dingen ber SBelt; ^in unb toiber ftreut er feinen ©riefen ßitate
auö biefen ein. ß^arafteriftifc^ ift femer für i^n ber ©inn für öolfötümlid^ SSäei^l^eit
unb SBi^ in ©J)ri(^h)örtem, ^eln, 3Serfen u. f. to.; toäbrenb ber S^age in Äoburg 1530
10 bearbeitete er einen S^eil ber fabeln ^o^)g (3^^iele, S.g ©pric^toörterfammlung 1900;
^iele, SJ gabeln 1888). — ^n bie g^e hJoDte, h)ie toxx fa^en, Sut^er eintreten, um
biefem kDeltli^en ©tanbe ol^ einem ^o(^jua(^tenben, t)on @ott i^erorbneten, auc^ im eigenen
Sdben ein 3^8*^^^ 5^ geben. Sebeutfam ift benn aud^ ber ß^arafter, hjeld^en fein e^e*
lic^ed Seben trägt : ed geigen ft(^ barin leinerlei abfonberlic^e, |o(^ (euc^tenbe ®aben, ^w
16 gcnben, fieiftungen ober (Sreigniffe, burc^ toeld^e ber S3Ii(f bc^ S3ef(^auer« über bie gctoö^n«
lid^en, gering unb loo^l gar gemein bünlenben Partien be^ irbifc^en, natürlichen, aber fo
gerabe l)on (Sott georbneten ©tanbe^ jj^inloeggel^obcn hjürbe, too^I aber ein treue«, freubige«
unb gebulbiged, ebenfo ec^t menfc^lic^ed ald c^riftlid^e« @inge^en in jene gen)ö^nli(^e ^e^
ben^orbnung. toeld^e ben ftoljen ^eiligen fo beräc^t(i4 )oar (nähere« über %tau unb ^inber
20 f. 89b III, 322 ff.). Die SBriefe unb 3:ifci^reben fteDcn un« ben Slcformotor bar, tok er
bei aSeib unb Äinbem fein innige« SBebagen fü^lt, finnig bie ®aben unb 2BerIe ©otte«
in ber gamilie, im ^erantoac^fen ber Äinber u. f. U). beobachtet, au« folc^er S3eoba4>tung
lernt unb auc^ onbere belel^rt, burc^ Äranl^eiten unb lobe^fäDe in ber gamUie bie bit^
terften ©c^mergen erfährt, auc^ ber gürforge für bie Ölonomie unb felbft i^re eingeinften
26 SÄürfniffe ftc^ annimmt. 9Rit feinem bef^eibenen irbifd^en ®ut übte er l^ingebenbe gtei^
gebigleit gegen bie Sielen, toelc^e i^n überliefen. — 3"^ Äreife bon greunben freute er
fid^ bei ©J)eife unb Iranf unb bei frifc^er, natürlicher, für ein belifatere« Dl)x mitunter
Siar gu berb natürlicher Siebe, gm ©enuffe ber ®j)eifen aber geigte er eine folc^e ÜMäfeig^
eit, ba^ e«, gumal bei ber ©tärte, loelc^e fein 2eib betommen ^atte, einem 9Jlelanc^t^on
80 berhjunberlic^ loar; er faftete oft, ja etliche 3;age nad^einanber. ©eine Siebe toar allejeit
öoU ©alge«. SWelanc^t^on rü^mt in ber Seic^enrebe feine SBürbe in aDem, fein §erg o^ne
galfc^, feinen l^olbfeligen 2Runb; immer ^abe man bei i^m gefunben, toa« el^rbar, loa«
gerecht, n>a« leufc^, ioa« lieblich ift.
©ein innere« Seben foDte ein fieben in bemütig ringenbem ®Iauben bleiben unter
86 ben geloaltigften Anfechtungen in betreff feine« eigenen ©eelen^eile«. 6« fmb biefe um
fo merfloürbiger bei ber untoanbelbaren ©etoifel^eit, toeld^e für i^n aUejcit bie ©naben^
leiere an ftd^ ^at, unb bei ber ftet« getroften ßw^^r^^^/ 1^ ©orglofigfeit, lodere er in
betreff ber öffentlichen ©ac^en unb ©efa^rcn gerabe aud^ in ben f^toierigften Slugenblicfen
au«fj)ric^t. ©ie treten meift, aber nic^t immer, in 3Serbinbung mit ben förderlichen Seiben
40 auf, benen Sut^er öielfac^ untertoorfen loar (ju biefen Ugl. Äüc^enmeifter, S.« Äranfen^
gefcl^ic^te 1881). 2lm ftärfften treten fie un« in ©riefen au« ber ^ioeiten §älfte be« ^Qi}x^
1527 entgegen; er fül^lt fic^ im Äam^)fe mit bem 2^eufel felbft, ja gar toie in ber §öflc
unb toie nur noc^ bur^ einen gaben mit bem §eilanb bcrbunben; flehentlich nift er bie
gürbitte ber ©ruber an; er toeife aber, e« bürfe i^n bennocl^ nic^t ber geinb Dcrberbcn;
46 er muffe barunter gcbemütigt toerben ; e« fei i^m ein Srfa| für ben i^m nic^t befc^iebencn
9Jlärt^rertob ; toen SBelt unb leufcl fo Raffen, ber muffe loo^l g^rifto gefallen. — ?Jie
fteigen au« biefem feinem 3""^i^ eigene ^läne für toeitgreifenbe äußere I^ätigfcit auf;
i^m felbft J)flegte ber ©ebanfe an balbige« Slbfc^eiben Diel nä^er ^u liegen. 6« ift, loie
2U älnfang, fo au^ femerl^in, ber 2lntrteb eine« ^ö^eren, aud^ burc^ äußere Fügungen
60 nac^brücflic^) angezeigten Serufe«, Iva« il^n jum ffiirfen unb il'ämpfen beftimmt, ja gtoingt;
ba giebt er fic^ bann mit aDer Kraft feine« ^nnem unb feine« burc^ Slnfec^tung geftä^lten
perfönlid^en ©lauben« ben Slufgaben l^in; ba fennt er auc^ feine g^rc^t unb ängftlic^e
SRücflMt me^r; ben (grfolg aber erloartet er einfach unb fieser Uon oben burc^ bie Äraft
be« SBorte«. Sniitt« ^dftlin.
bcr im 6Iftcn Sanbc enthaltenen ?lrtifel.
Krtifel: SerfafTet:
^tonftant. @(!^enfun0 ^. ^ö^mer . . .
^lonftantinopel unb beffen Matriarchat
(®a6t)^Ö-^e^er
j^onftantinopel. @^nobe r>. 381 f. 9b II
@. 43, M — 44, 4i.
^onftantmopoiitanifdied @QmboI
^bolf ^arnac!
^onftanj, Bistum ^aud . . . .
^^onftanj. ftonjil (®.SSoiött)».«c6
^onftitutioncn, «poftoUf^c f. «bl@.734
bis 741.
Kontemplation f. ^^ftif.
Kont)ofation f. ^nglifan. Stixdit SBb I
6. 543, 4t- 544, M.
^o^I^aad $. @. 9logge .
S^ooperator ^eri(09 t • •
^Opiaten ^. 9(d^clid . .
Jloptifc^e Kir^e, f. am@ct)Iu6t).»bXII
jl^ora^ 5r. SBu^I . .
i^ornt^al (8(timibt f) @. Stolb
«^orporationdafte t)on 1661 f. 9b I
6dte:
1
($aflenba(5 t)
$. äjcftacfcrt .
»offc ....
D. Ä. ©ctimibt
@. 529,11.
Kort^olt
^lotttDifr
S^rabbe
Äträmer, ^e inri* f. SBb VIII @. 33, *.
iMn^eb.b. Hebräern SBcnjlngcr
Krafft, «bam (^po^ftut^t) ^»rbl
^afft, gobann (©ittett) Xfcftacfcrt
Mrafft, 3. ef)r. ®. S. I?. ®oebcI t
.Mrafft, Äarl @icffert . .
Jlrafft, mmm ©Icffcrt . .
SJrain, 9lnbrca«, erjbifc^of tj. f. 9b I
©. 516,«».
Kranfcnfomtnunion f. ©b VII 6. 6, ««— m.
ilranf^cltcn unb 4)cilfunbc bcr S^rac»
liten 9en^inger . . .
5h:ant^ D. (Sari 9ert^ean .
Ätraut^ Ä. @pätt) . . .
Stxtn (Cdn)alb8(6mibtt)
®eorg "SRüUtx
Kreta 3obanne§ ©cift .
Shetbi unb ^Ictbi ü. CrcIIi ....
Kreu) u. Kreuzigung 9ictor @(^ul^e .
Kreu^altar f. 9b I @. 397,«».
Streujaufftnbung 9ictor @tbul(e
Krcujbrüber f. 9b VI @. 438,m-439,i».
Kreuücr^ebunfl 9ictor Sdbul^c .
Kreujedjei(!ben Victor ®d)ul^e
12
28
30
35
35
35
36
38
47
48
53
56
57
57
59
60
62
64
79
81
85
88
89
90
92
92
93
Krtifel: Setfaffer: edtc:
Kreuj^erren Böcfler .... 96
Kreuzprobe f. 9b VÖ @. 34,«.
Krcuasügc • gricbri* fflicganb 97
Krieg Karl 9urgcr . . 106
Kricg8ioef.beib.f)ebr.9cnainger ... 111
Kritif, biblif^c ®. ßcinrici . . 119
Krübener ®. Krüger ... 146
KrummaAcr, Sr. «Ib. ^. SKallct f • . 150
Krummatber, gr.®. 3lub. Kögcl f • • 152
Krumma^er, ®. ^. 9R. ®öbel f • • 153
Krujifij 9ictor Stbul&e . 156
Krypta f. Kircbenbau, 9b IX @. 786,44.
Kr^ptocalotniften f. MbiHppiften.
Kübel D. e. 9url . . 157
Kücbener ^erman ^aupt . 161
Kübnöl Södlcr .... 161
Kuenen 9(bolf Kampbaufen 162
Küfter (^. SWerj f) f>a«rf 170
Kulturfampf f. Ultramontanidmud.
Kultud f. ®ottedbienft 9b VII @. 1 f.
Kunibert (fBagenmann f)
^auct 172
Kunft, bilbenbe, bei ben ^ebröem
9enjinger ... 173
Kunft unb Kirche 9ictor @4ul(e . 175
Kurie (g ^. Sacobfon f)
t). @4ulte ... 178
Kurfe 9ontt)etf(ö ... 187
Kujtafcl f. 9b VI 6. 275, it— .4.
Kufcb f. 9ölfertafel.
.Vt^boned ^emetrioS $^. a^e^er ... 190
Ktjneroulf f. 9b IV @. 364 f.
Kt)rie eleifon f. fiiturg. gformeln.
£.
fiababie (® öbel f) ®. c^ranl 191
fiaban f. 9b VIII ©. 544, n.
fiabarum f. Sonogramm (Ibtifti.
ßabbc Söcfler . . . . 196
fia^mann, (Sari f. 9b II 8. 758, uff.
fiaebmann, Sodann ®. 9offert ... 197
fiacombe f. 9b VII 6. 268,M-271,f.
fiacorbaire (SRcu^linD^fcnber 201
fiactantiuS (Srwin ^reufcben . 203
LacticiDia $. ^infc^iud f .211
ii!5fare f. S^meben.
be fiagarbe 9?eftle .... 212
fiaien ^. «Ic^elid . . . 218
768
8et)ci4trii9 tor im dfim 9(aAt etttl|iiltrtteti KrtGM
«rHf el : 8etf afTer : 6dte :
fioietibrüber u. @4tDeftern f. 3)'2önd)tuin.
fioienlommunion $. ^infdiiud f . 219
Salnea J. Scfuitcnorbcn ©b VIH @. 769
8. 19—49.
fiombert, gfran^ (^agenmann f)
©arl 3Rirbt . . 220
fiambert o. {)erdfelb 0. ^olber-@gger . 223
£ambert le S^gue ^ertnan ^aupt . 225
fiombet^artilel §. ^attenbufc^ . 227
fiambruS^ini (SHüpfel f) »etirat^ 229
ßame* f. ©b IX ©. 700, »«ff.
fiamennaid (S. $fenber ... 231
ßamm f. b. ?l. @innbilbcr, Ariftlltöe.
fiamtniften f. b. ^. 9)>lennontten.
Sampc (O. Sfielcmann t)
@. Sf. S^Qtl a^üner 233
Sampetioner f. ^effolioner.
iBoncelott
fianbbif^of
Sanbbetane f. ©b
fionberer
(^. ». Sacobfont)
©e^IÄig ....
§. $inf(^iu9 t
. 783,wff.
^. ©dimibt t . .
fianbedtirc^en f. bie 9(Tt. ^rc^e »b X
@. 338,«— 339, M u. Äir(6«T!reglmcT!t
»b X 6. 467,4»— 476,M.
236
236
238
^Qucf .... 242
Sieffcrt .... 242
S>. ©ö^mer ... 249
Dr. % e^rlft . . 255
(©agcnmann t)
®eorg müUtx . . 261
ffl. Sftrafft t . . 264
fieopolb ^QrI®oe( 268
fiQngcnfteitt ^inr. tjon f. ©b Vn 6. 604
bis 607.
Sangl^ton (Bitpf^an J. ©b IX @. 118,«— 67.
Sanbo
fiatibpflfger
ßanfranf
Sang
£ange, Soa^im
Sänge, $o^. $eter
Sangen
Sangobarben
Sanguet
&. $>a6n ... 271
(X^eobor e^ott t)
% Sfc^acfert . . 274
Saobicea, @^nobe (S. f)ennecfe . . 281
Sa $lace f. $(aceu8.
Sapplänb. Wiffton @Iof ^aHer ... 281
Lap» ^bolf ^omad . . 283
Sorbner e. (S^ött t • • 288
Sa Olo^ellc, ©efenntni« öon f. ©b VI
@ 230 ff.
Safalle, 3. S. be f. Sgnorantiud ©b IX
6. 58 ff.
SqS (5aJo« ©enrat^ .... 289
Sofidu« (^Bagenmonn f)
Sofep^ SKüDcr . 291
SaSfi D. a)aIton ... 292
Sateau, Suife f. b. ^. ©tigmatifation.
Sateinif^e ©ibelüberie^ungen f. ©b III
6. 24—58.
fiateranf^noben : 1. t)on 1123 f. b. ^.
(Salijt II. ©b III 6. 642, «off. 3)ic
©cf*Iüffe MG CI I @. 574 9?r. 401.
— 2. üon 1139 f. b. 91. 3nnocenj II.
©b IX ©. 11 1,16 ff. 3)tc ©cftölüffc
MansiXXI ©.525 f.— 3 üon 1179
f. b.?l.9lIejonbcrIII.©b I ©.343,6o ff.
3)ic ©ef*lüffc Mansi XXII ©.210 ff.
— 4. t»on 1215 f. b.Ä. SnnoccnjIII.
©b IX ©. 120. 6« ff. 3)ic ©ef^Iüffc
Mansi XXII ©. 953 ff. — 5. üon
Vrtif el : 8erf äffet : 6d tc :
1512—1517 f. bic «rt. 3uliu8 U.
©b IX ©.624, 16 ff. u. SUo X. «Itcn
Hardouin Ck)nc. Coli, ©b IX ©. 1 570 ff.
Labbei et Cossart coli. codcU. ©b XIV.
Satlmer S. ©tfioett f . . 297
Satitubinarier (£. ©c^oeQ f . . 298
SatomuS, ©art^ol. ®. i^amerau . . 300
Satomud, Sacobud (&, ßamerau . . 302
Saub^üttenfeft gr. ©u^I ... 303
Saub Sgeobor ftolbe . 306
SaurenttuiS b. ^. f. ©ijrtuS I., $apft.
Saurentiud, ®egenpapft f. ©^mmac^uS,
?5apft.
Saurentiud ^aüa f. ©alla.
fiaufanne, ^inri* o. f. ©b VII ©. 606.
Saoatet (&. uon ©d)ult^eg<
dfle^berg ... 314
Sajar oon ^arpi f. ©b II ©. 7l6i,ff.
Sajorlftcn (armenlfcfte), f. 3Re<^it^ar.
Sasorifien (^rlefter ber Wiffion) f. ©in-
centiuS be $aulo.
fiajoruöritter Söcfler .... 325
Sca f. 3af ob ©b VIII ©. 544, n ff.
2taht ^rnolb SRüegg . . 326
Seanber ßöcfler .... 328
Seben, emigei» ^. ftS^Ier ... 330
Sebrija (3. ©eisfScfer t)
©enrat§ .... 334
fiebuin Söcfler .... 334
Sc 6^ne (S^arleiS f. ©ibelüberfe^ungen
©b III ©. 137,16—6*.
2idjUx ^. JJicfer ... 336
Se eierc f. ©lerlcu« ©b IV ©. 179.
fiectionadum, Sectionen f. ^erlfopen.
Sector ^. «(fteliö ... 337
See, «. f. ©ftafer«.
See, 3effe f. SJ^etl^obidmud in 9(merifa.
Seen^of ©. 3). uon ©ecn . 339
fie S^öre f. fjaber ©tapnlenp« ©b V
©. 714.
Segalcn u. S^unticn (^. ^f- 3acobfon t)
r>. ©tftulte ... 340
Legenda aurea f. ©b VIII ©. 561,6 ff.
Segenbe uon ^obf(!^ü^ . . 345
Seger @miIio Ctomba . 349
Segiftcn unb 3)efretiften f. ®Ioffen unb
©loffotoren ©b VI ©. 715.
Se^ninf*c SöeiSfagg. S'odltx .... 351
Seibed u. Sebend(n:afen bei b. ^ebrfiern
f. ®eri4t u. ^edjt bei ben |>ebrfiern
©b VI ©. 579, 6 ff.
Seibni^ fRuboIf ^cfen . 353
Seicbenreben f. Äafuaüen ©b X ©. 116, i ff.
Seiben S. Semme ... 360
Seip^iger S)idputation f. Sutl^er.
Seipjiger 3nt«"ni f. 3"tcrim ©b IX
©. 211, 66 ff.
Seip^ig. Kolloquium (ftlofe t) &<^u({ . 363
Se üRaltre D. ©ranbe« . . 36.')
Senfant (5. ^fenber ... 366
ScntuluS f. e^rlftuSbilber ©b IV
©. 65, 61 ff.
Seo I.. ber ©rofee 9J. ©onwetfdb . . 367
Sco II., $opft ©onroetfcii ... 374
Seo III., „ ^aud .... 374
fito IV., „ ^aud 377
id|itt9 ber tut elfim Stube ettt^Itetteit UrtOd
759
Krtifel: SBerfaffer: Seite:
fico V., ^ ßaucf 378
2to VI.. ^ ^aucf 378
fico VII., „ twud 378
fieo VIII., „ ^ucf 379
ßeo IX., „ aarl 3Kirbt . . 379
fico X., „ ©cnrot^ .... 386
fico XI., „ SBcnrot^ .... 390
fico XII., „ 93cnrat6 .... 390
fico 0. 9(4riba f. (Sätulariu^ S9b III
@. 620.
ficon ©cnral^ .... 393
ficontiud ü. ^^jana fioofi» .... 394
ficonttu9t).9{c(M?oIi0 $. ©clacr ... 398
ficporiud f. 9{cftoriantdmud.
fie Ouicn göcfler .... 399
ficrinum ®rü(mad)cr . . 400
ficfcr J. ^auQt, »b VII @. 478 ff.
fic6 (SBogcnmonn f)
$. Sf^Qcfcvt . . 404
ficffing C^arl SBcrt^cau . 406
fictfiu« JR. Sccberg . . 414
ficftineS, @^nobc t>, f. Liftinae.
fiettner f. I^MenbQu 93b X 6. 788, «ff.
ficj^tc 3)in9c f. ©«(^alologic S3b V
©. 490 ff.
fiepte Oclung f. Oclung.
ficuc^tcr, ber fiebenarmige f. Tempel*
gerate,
ficuc^tcr l^ir^engeröte f. fitster im
®otte^bienft.
ficuciuS f. »b I 6. 664, M.
ficudben 8. ^. oan SScen . 416
ficüeller« ©. @ctioca t • • -^17
fieui, fieoitcn, fieottcnftöbte
0. OrcUi ... 417
fieinat^an f. SBb V @. 8, ••— 10,« ff.
fieuirotSc^c f. SBb V 6. 745, »e ff.
fieoiticu^ f. $cntatcud).
fie^bccfcr (?l. 6c6tt)eiacr f)
@. S. ftarl WüHcT 427
fiei)bcn, 3o^. tjon f. TOinftcr, SBieber*
täufcr.
fici)feT (SagcnmQnn f)
So^anncd ftunje . 427
fi'^üfpitol ®. SBonct-WQur^ 431
fiiafiüin f. ficbuin oben 6. 334.
fiibanon ©ut^e .... 433
Libclli pacis, libellatici f. Lapei oben
8. 283 ff.
Libcr ceDsuum Cencii camcrarii f. ^o«
noriu« III. ©b VIII @. 319, «ff.
Libcr diumns Romanorum ponti-
ficum {% $>inf*lu« f)
t). ©cbultc ... 438
Über pontificalis D. 91. ©racfmonn 439
Libcr «extus f. ftanonen» unb SJcIrc*
talenfammlungcn ©b X @. 15, s.
Libcr vitae »Ictor ©cftulfe . 446
fiiberatud ®. i^rüger ... 449
fiiberiQ ®. ®Ö6 . . . . 450
fiiberiuS ®. Ärüger . . 450
fiibcrtlner I. gf. ©Icffert ... 456
fiibcrtiner IL (Xrecbfel f) (J^oifl) 456
fiibcrtincr III. (Xrecbfcl t) tS^oif^ 457
Libri Carolioi f. ÄoroIinifÄe ©üdier
33b X @. 8a
«rttfel: BerfafTer: 6dte:
fii(5t, bibl. »egriff f. »b V @. 457,«
bid 458,10.
fit(!^t unb Sflc^t f. Urint 3:ummim.
fii^tenberger @ugen fiac^enmann 461
fitester unb fieu^ter ISictor @4ul(e . 464
fii(ÖtfTeunbe ©orl 3Kirbt . . 465
fil^tmeffc f. mavia,
fiiciniuä, Äaifcr f. »b IV ©. 682, sa.
fiibbon mubolf ©ubbenfieg 474
fiibmina f. 93b in @. 509, «s bid
510.it.
fiiebe itaxl ©urger . . 476
fiiebedma^Ie f. 9(gapen ©b I @. 234 ff.
fiiebner ^Rirfiocl .... 479
Liftinae, ©^nobe (Söcijf äd er t) 4>öucf 484
fitg{)tfoot, 3o^n ®uftaf Kaiman
fiig^tfoot, 3. »orber (5. 9lcn6 ®rcgor^
fiiguori unb ber fitguorianerorben
3öcIIer . . . .
fiilit f. grelbgeifter 93b VI ©. 5.«.
fiimborc^ $. @. 9togge . .
fiimbuS f. Segefeuer 93b V ©. 791, 10.
Limina apostolorum f. Visitatio limin.
apostol.
486
487
489
501
filnbfc^
fiingarb
fiint
fitnud
fiinjer fixitht
fiippc^ctmolb
fiippe<©(!^aumburg
fiipftud
fiitanci
©. ©cftoell t . •
6. ©*ocn t • •
9^. 93cnbijen . .
^audt
ftlüpfel t . . .
D. 93rQnbeÄ . .
D. ©ranbeö . .
Lic. 5. 9^. ß4>r»u«
SJrcwS . . . .
Literae dimissoriales f. ©bIV ©.669, n.
Literae formatae 9[boIf {^arnacf . .
fiiturgie D.f)crmann gering
filturgif f. ©ottcSblcnft , ©cgrlff 2c.
©b VII ©. 1 ff.
filturglfc^e gormein 3)rett)8 ....
filubgcru«, ber ^eil. ®. U^I^orn t • .
filubpranb (©claffidcr t) C^aucf
fiioingftone 91. ©runbemann .
fiiolanb. (S^rtfttanirterung f. ^Ib. 0. Üiiga
©b I ©. 295 ff.
503
505
505
513
513
515
518
520
524
536
538
filorente
fiobwoffer
Loci theologici
©enrat^ ....
(9}i4. fiau^mann f)
f. «. «öftlin . .
obanned ^un^e .
fiocfe, 3. f. 3)ei«mu« ©b IV ©. 538,«»
bi§ 539, »4.
545
557
559
559
566
568
570
fiobenftein
fiöbe
2^t
fioen
£6ner
fiöf(^er
fiogod
fiobn
fioiften
fioüarben
fioman
fiombarbud
fiood bei b. f)ebrSern ©cn^ingcr
fioreto Södler
(®oebeIt)öan©ecn 572
S^ubolf fiöbe . . 574
(«.@tä^Unt)f)oucI 576
(9Bagenmann t)
Sorl Wirbt . . 586
Dr. e^r. ®e^er . .589
(tj. ©ngelbarbt t)
©cor^ ^üaer
Ö. Äim . . .
C. Ulm . . .
^erman ^aupt
9iuboIf ©ubbenfteg
©. 2). oon ©cen
9^. ©cebcrg . .
593
599
(505
614
615
626
630
642
647
760
SnjcUlittd ber tut elften fBanU «tt^nltetteti UrtOd
«rtifcr : SBerfaffer :
ßorctofcftwcftcrn f. ©b V @. 392,f7— m
unb ©b VI 6. 240,ie— ti.
Cot D. Orctti . . .
fiubbertud@ibranbud@. ^. Dan Seen .
Sot^ringen f. eifoft-fiot^ringen ©b V
©. 319.
Low Church f. ^Inglif. mrdjt ©b I
©. 544, 45 ff.
lÜucian b. 3)'2örtt)rer 9(boIf .^arnad
Sudan D. ©amofata ^bolf ^arnac! ■ .
fiucibu« f. fjQuftuS ©b V 6. 783, 88 ff.
ßucifer öon Molaris CäKöÜer t) Krüger
ßuciuS I., ipopft ©omoetfct) . . .
SiucluS IL, „ ^QUCf . . . .
fiuciud III., „ ^auct . . . .
fiuciuö ©ritenfönig f. ©bV ©. 288, m ff.
©b X @. 20r), 5t.
Sub f. ©ölfcrtofel.
edte:
650
653
654
659
666
668
668
669
«rtifcl: »erf äffet:
SubmiOa b. ^eil., f. £fc^d)en, ©ele^-
rung jum (S^riftentum.
fiübecf, ©i^tunt ^aucf ....
fiübecf, firc^Iic^c ©erfaffung unb @tati
ftil ß. SRanfe . .
ßücfc ©anbei . . .
£üge 6arl ©urger .
Sütfemann ^ilt^e^ . . .
iSutd oon £eon f. oben ©. 393.
fiufari« ^6. 3We^er . .
iSufad, b. (Soangelift $aul (Smalb
fiufaS t)on $rog f. ob DI ©. 454, 57 ff
£utad t>on Sui) fH. ©dimtb . .
2uliu^, (5rabif(f)of (3Sei5fäcfert)C)aucf
£uUud, 9{ai)munbud S^dkx . . .
£upud (Möllert] ©4mib
iiluft, )^üftern^ctt C^url ©urger
£ut^er Suliud ^'öftliu
6cite:
G70
()71
674
679
681
682
704
7(r»
706
716
719
720
Xladitväge unb 3ertd?ttgungen.
1. Sanb.
S. 118 3. 41 lie« 1759—64 ft. 1769—64.
, 225 „ 34 „ 1 @a ft. Sfo.
„ 279 „ 27 „ 1417 ft. 1147.
3. Sanb.
5. G48 3. 43 füöc bei: 9(br. ©aloö tüiirbc nacti 3. JJ. SWa^cr (f. ßlt.) „1612* am 16. «pril
alten ©alcnberiJ" geboren. ^U fein XobeStag wirb gcroö^nlid) bcv 25. SJebr. (1686)
bejei(!^net. ^ie Ie}^te Cluelle bafür ift mobl ^. uBitte, Diarium biographicum
^anjig 1688adaDDum. ^U an bemfelben Xage tjerftorben mirb ebenba 93. Stog,
Ober^ofprebiger bc§ Slurfürften uon ©ranbcnbuvg, anflcgebcn. ?luf ben Qitidi*
zeitigen Zob biefer beiben Gegner ift ein (Epigramm gebiditet roorben, in bem
jebo^ ber Xag felbft ni(^t angegeben ift. ^aSfcIbe ftc^t bei Öilient^al (£r*
Iftutertc« $reu6en 1724 f., 53b. II @. 530, roieberobgcbrudt in ^reuftifcfter
Xobedtempel (1728 f.), @. 207. (Scfeterer gicbt ©. 207 ben 25. gebr., auf @. 509,
offenbar nur infolge ^rucffe^Ierd, ben 20. S^br. a(d Salood ^obe^tag an.)
3)cn 25. 'Sthx. geben fonft notft au 3). ^. ?lrnoIbf, ^iftoric ber Äönigöberger
Uniüerfität II, 1746, <B, 201, 3öd)cr=9flotermunb, ©ele^rtenlejifon, ^aur bei
@vf(^ unb Q^ruber. ^amit f^einen aber bie Angaben ber genannten Seiten-
rebe nic^t übereinjuftimmen. ^adi it)r ift (£. geftorben 1686, „nad)bem er fein
Sebcn gebraut auf 74 3^^^ weniger 6 ^o(^cn unb 6 2:age". Saut Xitelblatt
ift er ,,ben IV. Martli" beerbigt luorben. ^a burt^ le^tere 9(ngabe gemö^rleiftet
ift, bag man in Sittenberg noc^ ben alten ^alenber battc — fonft fiele ber
Xobeötag fpäter alö ber IBegräbniStag — , fo ergiebt [\dj meiner ©cret^nung
na4 aU Xobedtag ber 27. gebruar. 3. $»«)€.
i3. 802 3. 28 lie« 93enbijen ft. »enbien.
8. Sanb.
6. 561 3- 39 füge bei: Sf^euefte ^Bearbeitung : IjSl legende dordc de Jacques de Voragine.
Nouvellement traduitc en f ranyais avcc introduction, notices, noteH et rechcrches
8ur lc8 sourccs par l'Abbe J.-B. M. Roze, Chanoine hoDorairc de la Cath^dralo
d'Amiene. 3 voll. Paris 1902.
9. Sanb.
@. 33 3. 12 lieö SbX^ ftatt 3b3:^.
10. Sanb.
6. 135 31^ f"9C bei: 3)a6 ber Überfefcr ber 93re8lauer Äanonitu« geiuefen fei, ift ein
3rrtum; über bie ißerfönli^feit bed richtigen (Bauromannud ogl. ^au^ in
ber 3tfd)r. b. 93ercin« f. ©ef*. u. «Itert. 6*Iericn« XVH 231; XIX 149 unb
9(b^ 8. V.
8. 139 3. 42 füge bei: ^Sietteit^t fte^t ber junfitöft für ba«^auÄ beftimmte fogenannte 3ürl(öer
^:i^anbfatc(^iömuS (fieo 3ub«, ogl. ©b. IX @. .5.52, »•), ber, lange üerfdjoüen,
neucrbingd in ber ^gl. ©ibliot^ef in IBerlin mieber aufgefunbcn ift, j^u biefet
Untermcifung in JBejie^ung; ögl. über tbn Mon. Germ. Paed. XX 122 ff.
unb fjluri in: Zwingliana 1902 S. 2<i5— 71, ber feinen 9lu«fü^rungen eine
gute (V<^!fimiIereprobuftion ^injufügt; ogl. auc^ Zwingliana 1897 8. 21 ff., 1898
S. 56 f., 1899 6. 123 f.
8. 145 3. 1 ff. füge bei: Duxdj bie @tubic be« Äirt^enrat« ©affermann: „3ur 3ragc be« Union«^
Ü^ate^iSmud. (Sine ^arfteüung feiner gefdiic^tli^en (^ntmicfelung in ©aben
nebft praftif^em (Srgebnid'' (Tübingen u. )(!eipjig 1901), bur4 bie er nic^t
einen neuen jl^ate^idmud, fonbem ein biblifc^ed 6prud)buc^ oorbereiten n^ill, ju
bem er einen (Entwurf oorlegt, ift bie $ated[)idmui)frage in ©aben aufd neue
in glu6 gebracht »orben; ugl. (S^ronil ber (E^riftl. ©elt 1901 ^J^r. 26 @p. 295;
<»r. 49 Bp. 579 u. 581.
762 9lai^i%t mib SetU^tigttxgtK*
6. 152 S. 47 ff. füge bei: Pfarrer D. SofTert in 3laUm teilt mit. bog ber Sren^fc^e ftateAtdmud
unb bie wftinberle^re" nur fiir bod alte ^erjogtum SBürttemberg ffreng mafegebenb
finb, hai man in 9}eu*Q3ürttemberg c&tx ben iSut^erif^en Katec^idmud fi4 tetl^
meife (fo im ^o^enlo^er £anbe unb in ben oberf(6n)fiBifd)en 9leid)8ft5bten) a(ft
ein^eS fate^etif^e^ fie(rbud) geroa^rt ^at. ^gl. au4 bie Serl^anblung ber
6. iBÜTttemberg. Sanbedf^nobe über bie SteDipon ber »fiinberle^re" : CT^ronit
ber a^riftl. Seit 1901 9?r. 6 6p. 47 f.
@. 155 3.49fÜ0e bei: S)ur4 SRunbf^reiben D. 9. gpebr. 1901 bat bad fianbedlonflftorium Don
©tebenbürgen angeorbnet. „bag Dom 1. Sept. 1901 an in fSmtlic^en @4ul^
unb ebenfo im iKonfirmanbenunterric^t ald S^atecbidmuS audfc^Iieglicb ber Xe^t bed
kleinen iSut^erifcben l^atecbidmuiS gebraucht merben barf, ber üon ber Sifenad^er
fiir^enlonferena feftgefteQt morben ift" ((S^ronil ber S^riftl. mit 1901 92r. 15
@p. 168).
23 füge bei: Mal (£Dang. ftirc^enbl. f. Württemberg 1899 9^r. 7 ®. 49.
57 He« 478 f. jt. 784.
21 f. „ «pl 2. 20 ft. 3, 20.
21 „ »b. II ®. 458-464 ft. 450-464.
37. S8 ift fürjlid^ na^gemiefen morben, bag ftomanber aud Sl^aienfelb ftammt.
feit 1502—3 glei^ac^i^g mit Smingü in Safe! ftubiert ^at unb f^on anfangt
1523 (nicbt 1524) in Ü^ux al« Pfarrer angefteüt morben ift, Dgl. Swingliana
1901 6. 225 f., 227 f. u. 1902 @. 275 f. 284.
6. 684 3. 19 Iic8 ©b. II, 386 ft. 286.
^ III, 439 ft. 409.
„ ßubroig XVni. ft. XVII.
„ 350 ft. 335
„ BaaiXixog ft. BaatXixog.
„ bie bie ft. ber bie.
„ profilierte ft. pofüierte.
^ bie ber ft. bie bem.
„ fepulfralen ft. fepufralen.
^ 878 1. Spalte 3- 5 u. 11 liei» SSafferfc^leben ft. Wafc^erfc^Ieben.
,, 880 2. „ . 9 lic« (5. 9^. ft. 6. ®.
11. Sanb.
@. 5 3- 39 lied mutilus ft. mutius.
61 „ 26 „ au(^ ft. au«.
143 „ 36 „ 3. ®. earpjon?« ft. 93. ©arpaotofi^.
156 „ 42 „ qjlocfborft ft. ipiodfftorft.
157 ^ 21 „ ©b. X ft. IX.
330 „ 13 „ ©errera ft. $>crreDo.
346 ,,12 „ of the ft. the of.
„ 347 „ 43 „ 8©% ft. ©91W.
„ 347 „ 58 „ ftreitftc baö Äomma nad) Scrlefung.
„ 348 „ r>0 füge bei: Örifar, ®ef4i4tc SRom« 1, 723 ff. 733 ff.
„ 3()7 „ 12 füge bei: Sgl. bie <Racbroeife in (5. ü. 3)obf(öü6 ©^riftu^bilber 1899 ©. 308*»
bi« 330**. ö. 3)obf(öü6 untcrfd^cibet 4 fjormen ber epistola Lentuli auf
®ruHb t)on ctiua 80 Xejtjeugcn unb »eift natft, bu6 ba« Stücf im Anfang
bc« 14. 3at)rbunbcrt8 anonym al« au« ben „Ännalcn ber JKömcr'' auftautbt unb
erft im 15. ga^rbunbert uon ben italienif(5en ^umaniften fortfdftreitenbcr ^eife
einem ©riefe beö SentuIuS umgeftaltet wirb.
@ 440 3- 55 licö 6cgna ft. Scgna.
„ 507 „10 „ Astcrisci ft. Asterisei.
„ 507 ^ 35 „ S*euvl§ ft. @(^eucr«.
508 „ 1 „ fü^uenbe ft. följnenbe.
509 „ 18 „ fctc nad^ balb ein Äomma.
693
. 12
714
. 55
772
„ 43
772
„ 48
822
. 2
843
. 56
854
. 2
854
H 40
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20. Slpril 1902.
In Order that othera may use ihis book
I lease relurn il as soon as posaible, but
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