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Full text of "Realencyklopädie für protestantische theologie und kirche"

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Realencyklopädie 


für proteftantifche 


Theologie und Kirche 
= Begründet vun 3. I. Berzug 


In dritter verbefjerter und vermehrter Auflage 
unter Mitwirkung 
vieler Theologen und anderer Gelehrten 


herausgegeben 


von 


D. Blberf Bauck 


Profeſſor in Teipzig 


Fünfzehnter Band 
Patriſtik — Predigt 


Ye 


TLeipgig 
3. €. Binrihs’fhe Buhhandlung 
1904 
Inn 


Neal Na Ne UNE deteaien nr eden 


— Nr, —RRRRXXR 


x elek vn unge & Sohn, Erlangen. 


bh 


Berzeihnis von Abkürzungen. 
1. Biblische Bäder. 


Gen — Geneſis. Br = Proverbien. Jg = —— Rd = Römer. 
Er = Exodus. Prd = Prediger. Dog — Haggai Ko = Korinther. 
Le — Leviticus. HL — Hohes Lied. ee — Gadaria. Ga — Galater. 
Nu = Numeri. Se — Jeſaias. — Maleachi. Ep = Epheſer. 
Dt = Deuteronomium. Ser — Seremiad ne — Judith. Phi = Ent 
Sf = Joſua. & = Ezediel Wei — Weisheit Kol = Koloſſer. 
Ki = NRidter. Da — Daniel. To = Tobia. x = Theſſalonicher. 
Sa = GSamueli2. Ho = Hofea. Si = Sirach. ti = Timotheus. 
Kg = Könige. Joe == Xoel. Ba — Barıd). Tu — Titus. 
Chr == Chronita. Am = Amo2. Dat — Makkabäer. Phil — Philemon. 
Esr — Esra. Ob = Obadja. Mt — Matthäus. Hr = Hebräer. 
Ned — Nehemia. Kon — Sona. Me — Marcus. Ka — Jakobus. 
Eſth — Eſther. Mi — Micha. %c — Lucas. Pt = Petrus. 
Hi = Hiob. Na = Nahum. Jo = Johannes Su = Judas. 
Pi = Palmen. Hab = Habacuec. AS — Apoſtelgeſch. Apk — Upolalypie. 
2. Zeitſchriften, Sammelwerke und dgl. 

A. = Artikel. MIR = Monatzfchrift f. kirchl. Praxis. 
AZA = Abhandlungen der Berliner Ulademie. MSG == Patrologia ed. Migne, series graeca. 
MdB — Ullgemeine deutſche Biographie. MSL = Patrologia ed. — series latina. 
ASS = Abhandlungen der Göttinger Geſellſch. Dit — Mitteilungen. Geſchichtskunde. 

der Wiſſenſchaften. NU — Neues Archiv für die Ältere deutſche 
ALEKS = Archiv für Litteratur und irden NE — Neue Folge. 

geſchichte des Mittelalters. a — Neue Jahrbücher f. deutſche Theologie. 

AMA — Abpandlungend. Münchener Alademie. NZ — Neue Hirdlide Zeitſchrift. 
AS — Acta Sanctorum der Bollandiften. NT — Neues Teftament. 
ASB = ActaSanctorum ordiniss.Benedicti. PX — Preußifche Jahrbücher. [Potthast. 
ASS = Abhandlungen der Sädjfifchen Gefel- Potthast = Regests pontificum Romanor. ed. 

ſchaft der Wiffenfchaften. ROSS = Römische Duartalfcrift. 
AT = Altes Teftament. SBA = Sitzungsberichte d. Berliner Wlademie. 
Bd — Band. Bde= Bände. [dunenis SMU = m db. Müncener „ 
BM = Bibliotheca maxima Patrum Lug- SWA = — d. Wiener 
CD = Codex diplomaticus. 88 — Seriptores. 
CR = Corpus Reformatorum. THIB — Theologiſcher Jahresbericht. 
CSEL == Corpus scriptorum ecclesiast. lat. THRB — — Theologiſches Riteraturblatt. 
DehrA = Dictionary of christian Antiquities ThLZ —Theologiſche Literaturzeitung. 

von Smith & Cheetham. Has — Theologiſche Quartalſchrift. 
DehrB = Dictionary of christian Biography THESE — Theologiſche Studien und Kritifen. 

von Smith & Wace. zu — Terte und Unterfuhungen heraus» 
DZ = Deutſche SilterarureBeikung. geg. von v. Gebhardt u. Harnad. 
Du Cange — Glossarium mediae et infimae UB — Urkundenbuch. 

latinitatis ed. Du Cange. RW — Werke. Bei Quther: 

DZAN = Deutſche Zeitſchrift f. Kirchenrecht. WW EAN — Werke Erlanger Ausgabe. 
38 — Forfdungen zur deutſchen Geſchiche. WEWA — Werke Weimarer Ausgabe. ſſgchaft. 
SA — Böttingifche gelehrte Anzeigen. atW Zeitſchrift für altteſtamentl. Wiſſen⸗ 
HIG — HiſtoriſchesJahrbuchd. Görresgeſellſch. da = „ für beutfches Alterthum. 
Hwh — Halte was du haſt. dpm® = „ db. deutfch. mo nen! Geſellſch. 
93 — Hiftorifhe Zeitihrift von dv. Sybel. dpB — „dr. deutſch. Baläftina Vereins. 
Jaffe — Regesta pontif.Rom.ed. Jaff6ed. II. ZI = „ für hiſtoriſche Theologie. 
STH = Zahrbücder für deutſche Theologie. KB = u I — 2 
JprTh — Jahrbücher für proteſtant. Theologie. ZER = „für Kirchenrech 
JthSt == Journal of Theol. Studies. nm = — Ki fatholifche "oenogte 
Ko = Kirengefdicte. MU — „für kirchl. Wiſſenſch. u. Reben. 
KD — Kirdenordnung. IHR = „ fürlutber. Theologie u. Kirche. 
LECB 2 — Literariiches entralbfatt. PR = „ für Proteftantismus u. Kirche. 
Mansi == Collectio conciliorum ed. Mansi. ZprTh = „ für praktiſche Theologie. 
M — Magazin TUR = „ für Theologie und Kirche. 
u —Monumenta Germaniae historica. with = „ für wiffenjdaftl. Theologie. 


IV 


2 680 


11. 
12. 


14. 


15. 


Nachträge und Berichtigungen. 


. Band: S.611 8.25 lied Anm. 2 ftatt Abh. 3. 


S. 744 „17 lies Cörras ſtatt Lwvras. 


. Band: ©.147 3.26f. Simon Afiemani ift weder in Tripolis, noch am 20. Febr., fondern 


in Rom am 19. Febr. 1752 geboren; ſ. Orazione in funere del professore D. Simone 
Assemani tenuta dal prof. D. Gio. Prosdocimo Labeo . .. . il di IX Aprile 1821. 
Padova 1821, p. 21. Eb. Neſtle. 


. Band: S. 622 3. 3 lies Bd XV ©. 338, 5ff. ſtatt Paläſtina. 
. Band: ©.142 2. 
. Band: ©. 71 8. 58 füge bei: Von Hildegard: Schriften ift die medizinifche Causae et 


36 lies G. Voigt Statt E. Boigt. 


curae’, von weldyer Pitra in den Anal. Sacra VIII nur einen Teil des Textes abge- 
drudt und zu dem Reit die Ueberſchriften mitgeteilt hatte, nach der einzigen in Kopen= 
hagen befindlihen Handichrift durch Paulus Kaifer (Leipzig, 1903) als Deftanbteil der 
Bibliotheca Teubneriana gedrudt worben. Benrath. 
S. 474 3.3 füge bei: Zur Abhängigkeit der Echriften des Huß von Wiclif vgl. Loſerth 
in der Litter. Beilage zu den Mt. d. Vereins für Gefchichte der Deuticdyen in Böhmen 
1904 III ©. 53ff. 


. Band: ©. 463 $ 25 lied Land ftatt Lande. 


Band: S. 378 3.38 lied Ignatius Bd IX ©. 56, 54 Statt Photius. 

Band: ©. 403 3.49 lied oafßßarov ftatt oaßßaror. 

S. 446 3.26 füge hinzu: Ulyffe Robert, Supplement & hist. litt. de la Congr£g. 
de 8. Maur, Paris 1881. J. B. Banel, Necrologe des Religieux de la Congr. de 
S. Maur, Paris 1896. Zöckler. 
S. 447 8.10 lied: Tariſſe ſtatt Tariffe. 

„449 „38 lies: 1789 ſtatt 1798. 

„452 „ 3 lies: 1828 ftatt 1833. 

„462 „D5l lies: C. Schmidt Statt F. Schmidt. 

Band: S.304 3.54 füge hinzu: Einen danfenswerten Anfang dazu hat neuerdings F. Die: 
famp gemadjt durd) feine „Mitteilungen über den neu aufgefundenen Kommentar des 
Oekumenius zur Apokalypſe“ in den SBA 1901, ©. 1046 ff. Bödler. 
S. 487 8.58 lied 10 Statt 19. 

„515 „ 14 füge bei W. Degert, Le Card. d’Ossat, evöque de Rennes et de Bayeux 
(1537--1604), sa vie, ses n&gociations A Rome. Paris 1894, Benrath. 
S. 532 8. 2 lie 1090 ftatt 1190. 

„539 „ 25 lied S$urieu Statt Jurien. 

„545 „ 12 lies: 1834 ftatt 1884. 

„546 “ 21 füge bei: Corrispondenza ined. dei Cardd. Consalvi e Pacca nel tempo 
del Congress di Vienna (nit hijtor. Einleitung, Noten 2c.) ed. P. Rinieri, Torino 
1903. Benrath. 
&.610 3.21 lieg 650 jtatt 605. 

„611 „ 12 füge (am Schluß des Saßes) hinzu: —* die 1904 erſchienene Textaus 
gabe von Cuthbert Butler, in Abt. II feiner Monogr. The Lausiac History of Palladius 
(Texts & Studies vol. VI, No. 2). Zöckler. 
S. 613 3. 51 lies VIII ſtatt VII. 

„646 „ 2 lies Lützelberger ſtatt Lützelburger. 

Band: S. 8 3. 18 lies 487 ſtatt 78. 
©. 15 3.21 ftreide die Worte: can. 14 conc. Cabil. (639/54) und. 
„ 54 Seitentitel lied Aquileja jtatt Nola. 

„ 56 3.49 lied migrasse ftatt migrase. 
„ 67 „27 lieg Epitomator jtatt Epitumater. 
„ 76 „46 Ites ihm statt ihn. 

96 „28 füge vor VI. ein: Ungarifche Predigten. 
— „30 füge bei: P. F’s (Papänek Ferenc) Artitel in A. Pallas Nagy Lexikona, 
Budapeit 1896. 13. Bd. 

6.96 3.47 lies Bocskay ftatt, Bacskay. J 
„ 97 „I1lies Amegdicsöult ſtatt Amegdicsöult. 
— „ 45 lied 1242 ftatt 1442. 

„105 „ 6 lieg 542 jtatt 532 

„254 „ 17 lies A® 2 Statt AG 7. 

(Fortfegung auf S. 820) 


Batripaffianer |. d. A. Monarhianismus Bd XIII ©. 303 ff. 


Batrikit, Patrologie, Gefchichte der altkirhlihen LRitteratur, Ge: 
ſchichte der altriftliden Litteratur. — Im Folgenden ift davon abgefehen worden, 
eine Liſte der litteraturgejhichtlihen Tarjtellungen, der Sammelwerfe und der Hilfsmittel zum 
Etudium zu geben. Bei einiger Vollitändigfeit würde fie fehr viel Raum verjchlingen und 5 
dennody nicht alle Anſprüche befriebigen können. Dan vgl. für die ältere Litteratur: Thom. 
Sttig, De Bibliothecis et Catenis PP. variisque vett. scriptor. ecclesiasticor. collectionibus, 
Reip;. 1707; derſ. Schediasma de auctoribus qui de scriptoribus ecclesiasticis egerunt, 
Leipz. 1712; Joh. Georg Wald, Bibliotheca patristica (Sera 1770), neue Ausgabe v. Joh. 
Traug. Leb. Danz, Jena 1834 (beachte den Index rerum et scriptorum memorabilium; Bar: 10 
denhewers [j. u. 3. 31] kritiſche Notiz [S.61] ift unbiliig); Joh. Ulbr. Fabricius, Bibliotheca 
gracca, in der Ausgabe v. Theoph. Chriſtoph Harles, 12 Bde, Hamburg 1790—1809, und 

ibliotheca latina in der Ausgabe von $. Dom. Manfi, 6 Bde, Padua 1754; Carl Traug. 
Gottlob Schönemann, Bibliotheca Historico-litteraria patrum latinorum a Tertulliano prin- 
cipe usque ad Gregorium M. et Isidorum Hispalensem ad Bibliothecam Fabricii latinam 15 
accommodata, 2 Bde, Leipz. 1792. 94 (vollitändigiter und ſachkundigſter Bericht über Die 
älteren Ausgaben); Sohn G. Dowling, Notitia scriptorum ss. patrum aliorumque veteris eccl. 
monumentorum, quae in collectionibus anecdotorum post a. MDK'C in lucem editis continentur, 
Oxf. 1839 (Fortfegung von Sttig 1). Bon neueren bibliographiidyen Hilfsmitteln find zu er: 
wähnen: €. C. Richardfon, Bibliographical Synopsis, als Supplementband des Ueberfegungs: 20 
werted® The Ante-Nicene Fathers, Buffalo 1887 erfdienen. Auh ©. F. W. Hoffmann, 
Bibliogr. Leriton d. gefamten Liter. d. Griechen, 2. Ausg. 3 Bde, Leipz. 1838—45; W. Engel: 
mann, Bibliotheca scriptorum classicorum (für die Beit von 1700—1878), 8. Aufl. von 
E. Preuß, 2 Bde, Leipz. 1880—82; Ul. Chevalier, Repertoire des sources historiques du 
moyen äge, 1. Bd, Paris 1877—86 (Suppl. 1888); 4. Potthaſt, Bibliotheca medii aevi, 95 
2. Aufl, 2 Bde (fortlaufend paginiert), Berlin 1896. Dazu bie litterarifhen Jahresberid)te, 
vornehmlich der Theologiiche Sabreöbericht (jeit 1881), 3. 3. herausgeg. von ©. Krüger und 
W. Köhler. Für die Litteratur der eriten drei Jahrh.: G. Krüger, Geſch. d. altchrijtl. Litteratur 
in den eriten drei Jahrh., Freib. 1895 (Nachträge 1897); U. Ehrhard, Die altchriftl. Litteratur 
und ihre Erforihung, 2 Zle.: von 1880-84, Straßb. 1894; von 1884—1900, Freib. 1900. 80 
Durchaus zuverläfjige bibliographiiche Notizen, die auh im Folgenden mit Dank benugt find, 
bietet neuerdings DO. Bardenhemwer, Geſch. d. altkirchl. Kitteratur, 1. Bd, Freib. 1902, 2. 3b, 
1904 (bis zum Begiun de3 4. Jahrh.); vgl. auch desſ. PBatrologie (2. Aufl., Freib. 1901). 
Für die nachnicäniſche Zeit vgl. jet M. Schanz, Geſch. d. römischen Kitteratur bis zun Ge— 
ſetzgebungswerk des Kaiſers Auftinian, 4. Th., 1. Hälfte: Die Litteratur des 4. Jahrhunderts, 35 
Münden 1904. — Der Wortlaut de3 Art. Patrijtit von J. A. Wagenmann in der 2. Aufl. 
biefer Encyklopädie Bd X ©. 300-309 ijt gelegentlich benutzt. 

1. Eufebius bat unter die Themata jeiner Kirchengefchichte auch einen Bericht über 
diejenigen aufgenonmen, die vom Wort Gottes ald Schriftiteller Zeugnis abgelegt haben. 
Durch feine Notizen über dieſe Schriftiteller und die Auszüge aus ihren Schriften hat so 
er die Grundlage gehaften, auf der die Späteren meitergearbeitet haben. Als der Erite 
aber, der den Gedanten einer felbititändigen Bearbeitung der dhrijtlichen Litteraturgefchichte 
aufgegriffen und ausgeführt hat, iſt Hieronymus mit feinem vielgepriefenen und viel- 
geihmähten Werfchen De viris illustribus (ſ. den Art. Hieronymus Bd VIII ©. 48, 1; 
zum Titel [Epitaphium; de ill. viris vel proprie de scriptor. ecelesiastieis] ſ. Schanz 4; 
405 befte Ausgaben von E. A. Bernoulli, Freiburg 1895 und E. C. Richardſon, Leipzig 
1896 ; Ausgabe für das CSEL von oh. Huemer in Vorbereitung) zu nennen. Es it 
auf Anregung des Präfeftus Prätorio Derter im 14. Regierungsjahr des Kaiſers Theo: 
doſius, d. h. wohl zu Anfang 392, in Betlehem verfaßt und — wahrſcheinlich — vom 
Berfafler im Jahre darauf mit Zufägen (vgl. Kap. 81 und 135) noch einmal heraus: w 

egeben worden. Ein gewiſſer Sophronius veröffentlichte, mwahrfcheinlid im 7. Jahr: 
bunbert (fo O. v. Gebhardt in feiner Ausgabe des Sophronius, TU 14, 1. H., Leipz. 
N ealsEncyllopädie für Theolog'e und Kirche. 3. A. XV. 1 


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2 Fer 
IS, . Ze le Ir seen a si. oder 7. und dem 9. Jahrh. offen), 
Ä ehren Ar mer Tremor verfolgt Hieronymus einen doppelten 
Irı2. zum. ım Srcmer A ze Scrmmitellem ein äbnliches Denkmal errichten, 
d sur von Reifferſcheid, Leipzig 1860) u. a. es 
Nr Ariem Umromi arubret baben, und damit gleichzeitig gegen Gel: 
ws, Wort on Sur vr Vie liefern, daß es auch den Chriften an gebildeten 
zur zucme Älemr zit wre bulk, fo daß jene desinant fidem nostram 
rusinse tantum Simpiteiis 2ryuere suamque potius imperitiam recognoscant. 
Rı: Nr Ased Terz terener? mr S. kurggefaßte Notizen über Leben und Schriften 


na II Sitten Neem S püßikbe: Philo, Joſephus, Juſtus von Tiberias, und 


er AA y zr Sceesmattfer: Tatian, Bardejaned, Novatian, Donatus, Pho⸗ 
am Lumen Femme. nz Sup macht er felbft mit feinen bis 392 (393) beraus- 
urn Sie Tuer der in der Form Sueton oft bis in die Einzelheiten hinein 
a: Torten nic NR Bernoulli, Ter Schriftitellerlatalog des Hieronymus, 


ame SUN TE NS. Zub if 2 von der Kirchengefchichte des Eufebius überall 
o 


de zu a Su Name inmebmen fonnte, jo vollſtändig abhängig, daß feine Arbeit 
ur wer Suche zur SE o cm, noch dazu Kein und nidt ohne grobe Verſehen 
Are aa wie Burn 80-163). Als Nebenquelle diente die Chronik Eu: 
Kr ot Ne mer A Near lateinifchen Auögabe (Bern. 163—174). Dazu kommen, 
zu zu; RA Nr Ne ‚samikhen Yitteratur, Cufeb verjagte, aus eigener Lektüre oder 
RAN Gerste (Bern. 252—295) geihöpfte Zufäße, die, an fich höchſt er: 
wem a Sunriaifigkeie gerechten Bedenken unterliegen. Iſt fo der wiſſenſchaft— 
I Aırz In Nafierme Xaus gering und auch der litterarifche nicht hoch einzufchägen, 
je Bud Id In Nerınit, einen noch nicht betretenen Pfad erftmalig gewandelt zu 
er U uhr Quell nob St. von Syhchowski, H. als Litterarhiitoriter, Münſter 
Sa No sad Ale SS 978 und 979. | 
Irre Ar fund verſchiedene Fortſetzer: Gennadius, Presbyter in Maf- 
Ra Mn XxXJaobdrb: ſ. d. Art. Bd VI ©.514,28 ff., aus der Litteratur haupt⸗ 
iind Cu), Ahrtor ven Sevilla (geft. 636; ſ. d. Art. Bd IX ©. 450, 55 ff.; 
antun Dita \ldefong, Gabileot von Toledo (geit. 667; |. d. A. Bd IX 
Le 8, yametarı Dzialowöki). Dem Mittelalter fehlten Bir jelb titändige litterar- 
ahnt Sudeerr dale Die Uuellen und Hilfgmittel, teild das geichichtliche Intereſſe 
und Near Wan idrieb patriftifche Schriften ab, verwahrte fie in Klofter- und 
Ainteiiduesftut erzermerte ſie und ftellte die Ausfprüche der Väter zuſammen zu exe: 
wand Kateiven O A. Bo III ©. 754) oder zu dogmatiſch-ethiſchen Sentenzen: 
Kenemeigttiett go yueot Jñder: ſ. Bd IX ©. 450). ber die Kenntnis bes patriftiichen 
Wert Behand der griechiſchen Väter, blieb beſchränkt, die Behandlung unkritiſch 
und eerivehtuisied, von kirchlichen oder dogmatiſchen Vorausſetzungen und Rüdfichten 
rd Rn greledbrre Norigenfanimlung bat einen unfhägbaren Wert behalten des 
Rautanden vor Nenituntinopel Photius (geit. um 891) Anoygapn xal auvagidunoıs 
nd dentenmusene Kaum Dıßdov ri. (Bibliotheca) mit ihren Erzerpten aus ‚und 
Veiterlingen au ISU nl beidnifchen, teils chriftlichen Schriftftellern (dj. d. A. Photius). 
Yirtenmnerdudilude Ardeiten im engeren Einn find aus der byzantinischen Kirche nicht 
hei Dagogen find Hieronymus im Abendland das ganze Mittelalter hindurch 
Nachaburer und Fortietzer Jemen. Nomenclatores veteres, gejammelt mit Hieronymus, 
Nenmadim oa Se. ber Fabricius, Bibliotheca ecclesiastica, Hamb. 1718), darunter: 
Honorrus von Auguſtodunum (Autun; Anfang des 12. Sahrh.), deſſen Schrift de 
luminarıua welesine s. de scriptoribus ecelesiastieis mit den Apoſteln beginnt 
und dia aut Anſelm von Canterbury, Rupert von Deuß und andere Beitgenofjen reicht; 
Sitgebert Mont zu Giemblacum (Gembloug) in Belgien (geft. 1112; vgl. S. Hirſch, 
Berl SEE und Wattenbach, Deutfchlands Geſchichtsquellen u.|. w. 2°, 155—162), der 
ſeme Seriptoros owelosiastici gleichfalls von der Apojtelzeit bis auf feine Zeitgenohen 
herabſuübet Dev ion Anonvmus Mellicenfis (fo genannt nad Melt in Niederöfter- 
reich als Aundert der Handſchrift, fehreibt um 1135, wahrſcheinlich im Klofter Prüfening 
bei Regenobura) de seriptoribus ecelesiastieis (heraudg. bon E. Ettlinger, Der ſog. 
Anon. Mell do ser. eeel, Karlsr. 1896); der Anonymus de viris illustribus (nidt 
Heinrich von ent [neit. 1203], 1. Haureau in M&moires de l’Institut Nat. de France, 
Avad. des Inaeriptions et des belles-lettres XXX, 2, Par. 1883, 349—357); endlich 
Jobhaunes Heidenberg. genannt von Tritenheim, Abt von Sponheim bei Kreu nad) 
(geſt. ala), Der mit fleißiger, aber unfritifcher Benugung älterer Quellen ein ausführ: 


4 Batrifit 


ftanden ın reihen Maße zur Verfügung. in erfter Linie mar es die gallifaniiche Kirche 
und dor anderen die IHIN geftiftete Benedifriner- Kongregation vom bl. Maurus 
(1. d. A. Maurmer Bd XII S. 146), die ſich durch ihre Arbeiten unwergänglichen Rubm 
erworben bat. Ibre Mitglieder lieferten die Bajjtichen Ausgaben der Kirchenmäter, die 
3 durch Reichbaltigkeit, pbrlologiich-kritiiche Sauberkeit und nicht zum menigiten durch Schön: 
heit Der Austattung alles bisher Dageweſene übertrafen und teilmerie, wie z. B. die von 
Thom. Blampin (get. 1710) u.a. veranitaltete Augujtin-Ausgabe (vgl. dazu R. C. Rufula, 
Tie Mauriner Ausgabe des Auguftinus, SAW 1890 ff.), biö zum beutigen Tag umüber- 
trorfen geblieben find. Andere Orden metteiferten mit den Maurinern mebr oder minder 
ı erfolgreih. Erwähnung verdienen: die Mauriner Jean Yucas d'Achery ıgeft. 1685: 
Spicilegium s. collectio veterum aliquot sceriptorum etc.); Jacques Tu Friſche 
(geit. 1693: Ambrofius); Jean Mabillon (geit. 1707; ſ. d. A. Bd XI 2. 30: Bern: 
hard v. Clairvaur); Thierry Ruinart (geit. 1709; ſ. d. A.: Acta martyrum sincera); 
René Majjuet (geit. 1716; 1.2.9. Bd XII S. 412: Irenäus); Jean Martianay 
ı5 (geit. 1717; 1.0.2. Bd XII S. 379: Hieronpmus),; Ant. Aug. Touttee igeſt 1719: 
Eyrill von Jerujalem); Pierre Coujtant (geit. 1721: Hilarius von Voitiers, Papft⸗ 
briefey; Tenys Nic. Le Nourry (geil. 1724: Ambrofius; j.aud u. S.5,48); Tenvs 
de Sainte:-Mertbe (Sammarthanus, geit. 1725: Gregor d. Gr.); Julien Gar- 
nier (geit. 172%: Bafiliue); Charles de la Rue (geit. 1739: Irigenes); Bernard 
z»de Montfaucon (geit. 1741; ſ. d. A. Bd XIII S. 431: Athanafius, Chrioflomus) ; 
Prudence Maran (geit. 1762; ſ. d. A. Bd XII S. 244: Cyrill von Jeruſalem, 
Cyprian, Juſtin); Charles Glemencet (geit. 1778: Gregor von Nayianz). Daneben 
die Jeiuiten Fronton le Tuc (Tucäus geit. 1624: Chryfoftomus, Jobannes von Da⸗ 
masfus); der Teutihe Jakob Gretſer (geft. 1625: de eruce); Jacques Sirmond 
2». (geit. 16551: zahlreiche Einzelausgaben); der Belgier Jean Bolland (geit. 1665: Acta 
Sanetorum; 1. d. A. Bd I 2. 148,11); Jean Garnier (geft. 1681: Tbeodoret von 
Cyrus); der Tominilaner François Combefis (geft. 1679: Marimus Konfefier u. a; 
Graeco-latinae patrum bibliothecae Novum auctarium); die Privaigelebrten Jean 
Bapt. Gotelier (geit. 1686; ſ.d. A. Bd IV ©. 305: Patres Apostolici, Ecclesiae 
a0 Graecne monumenta); Etienne Baluze (geſt. 1718; |. d.A. Bd II S. 378: Marius 
Mercator; Collectio veterum monumentorum). Beſonders charalteriftiib für Das Zeit- 
alter find die Sammlungen von Merken der KRirchenichriftiteller, die fogenannten Biblio- 
thecae Patrum, deren altefte gleichfalls auf franzöfifchem Boden entitanven: tie Sacra 
Bibliotheca ss. patrum etc. beraueg. von Marguerin de la Bigne (ſ.d. A. Bdo III 
52.210,48 Bde, Paris 1575; -79 (vermebrt u. ald Magna Bibliotheca veterum patrum 
bezeichnet in d. Ausg. v. A. Scott u. a. Höln 1618—22, 15 Bde); Me Maxima Biblio- 
theca veterum patrum et antiquorum scriptorum ecel., meift alö ven IL Teipont 
(Tupeont) berauag. bezeichnet, in Wirklichkeit bearbeitet von John und ame! Arvi— 
fon, 27 Bde, Lyon 1677 (Bibliotheca Lugdunensis); endlich ein Jabhrtuxi: ’niter 
40 die um der zahlreichen darin geſammelten kleinen Schriftiteller willen nech XX ReESSolle 
Bibliotheca veterum patrum antiquorumque scriptorum ecel., Me iz Lorzirsiner 
Andr. Gallandi ıf. d. A. BR VIE. 344) in 14 Bon mit App, Gun Tan SI 
(2. Abdr, 1788) berausgab. Auch des Rieſenwerles der Acta Sanctorum °‘.:. S. 4.5) 
und der Monzilienfammlungen, die viel patriftifches Material entbalten. ur ri nem 
s Worte gedacht werden. Unvergeſſen bleiben auch die Verdienite der Azetamtanilie 
Aſſemani, vornebmlic \ofepb Simon As, des Kuſtos ber watilaniur Sara 
(geſt. 1768), der in feiner Bibliotheca orientalis Ciementino-Vaticana “ IN. Nom 
1719-28) ungedrudte, unbeachtete und wenig beachtete Luellen zur ſrridenr vrrmrasur: 
gedichte mit erſtaunlichem Fleiß und großer ninid geſammelt und m: wrmollen 
5 —8 verſeben bat. ht 3 aan 
Auch an Daritellungen und Unterfuchu te ed nicht. Zwar das ricidenutzte 
. z. B. o. S. 3, xꝛ) Buchlein des Nationen N Bellarmin S.J. (act. 1621; 
ſ. d. A. Bd II S. 119, ber Liber de s ecclesiasticis (Rom 1613. Paris 
1616 u. 0.) von den biblischen Schviftitellern bi8 auf bad Jahr 1500 reichend, von Dem 
Jeſuiten Phil. Yabbe (Paris 166m und Safe Dudin (ſ. u. S. 6,20; Partie 1682) er: 


ganzt, bedeutet nichte anderes ale cine der Art der alten Nomenklatoren. Envas 
der Art nad Neues und durch jene zumal in ber Zandesiprade Muficben 


Erregendes brachte Dee Doktoro der Sochonne Louis Ellies Tu Pin (Geſt. 1719; 


ſ. d. A. Bd V S. 7 Nouvelle —ã (im 1. Nd Bibliotheque universelle) 


«des auteurs ecelesiastiques, content re de leur vie, le catalogue, la 


Realencyklopädie 


für proteſtantiſche 


Theologie und Kirche 
Begründet von 7. I. Berzug 


In dritter verbefjerter und vermehrter Auflage 
unter Mitwirkung 
vieler Theologen und anderer Gelehrten 


herausgegeben 


von 


D. Rlbert Hauck 


Drofeffor in Leipzig 


Sünfzehnter Band 


Patrifiik — Predigt 


sie 


Teipiig 
3. € Binrihs’fhe Buchhandlung 
1904 


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Berzeihnis von Abkürzungen. 
1. Bibliſche Bücher. 


Gen — Geneſis. Pr = Proverbien. go = nn Rd — Römer. 
Er = Exodus. Prd = Brediger. ag — Haggai. Ko = Korinther. 
Le — Levitieus. St = Sobes Lied. Sad = Sadaria Ga = Galater. 
Nu — Numeri. Jeſ = Jeſaias. Da = Maleachi Ep = Ephefer. 
Dt = Deuteronomium. Ser — Seremiad. Jud — Judith. ii = a 
Kj = Joſua. & = Ezediel Wei — Weisheit ol = Koloffer. 
Ki — Richter Da — Daniel. % = Tobia. % = Thefjalonider. 
Sa = Samuelis H0 = Hofea Si — Sirach Ti = Timotheus. 
Kg = Könige. Joe == Soel. Ba — Baruıd. Tit — Titus. 
Shr —Chronika. Am = Amos. Mat — Matlabäer. Phil = Bhilemon. 
Esr — Esra. Ob = Obadja Mt = Matthäus. Hr = Hebräer 
Neh — Nehemia. Kon = Jona. De = Marcus. Sa = Jakobus 
rt — Either. Mi = Mida %Kc = Lucas PB = Retrus. 
Si = Hiob. Na = Nahum. Jo = Sohanne?. Su = Judas. 
2 ee — Rfalmen. Hab = Habacuc. AS — Apoſtelgeſch. Apk = Upofalypfe 
2. Zeitſchriften, Sammelwerke und dgl. 
A. — Artikel. MI = Monatsſchrift f. kirchl. Praris. 
ABA  — Ubhandlungen der Berliner Ulademie. MS& — Patrologia ed. Migne, series graeca. 
MB — Ullgemeine deutſche Biographie. MSL = Patrologia ed. Migne, series latina. 
ASS — Abhandlungen der Göttinger Geſellſch. Mt — Mitteilungen. [Geſchichtskunde. 
der Wiſſenſchaften. NA — Neues N für die ältere deutfche 
ALKS = Archiv für Litteratur und Kirhen NE — Neue Folg 
geihichte des Mittelalters. — — Neue Sahırbüicher f. BELLE ANEDIOGIE 
mA = — Abhandlungen d. Münchener Ulademie. NZ — Neue firdlide Zeitſchrift. 
AS — Acta Sanctorum der Bollandiſten. NT — Neues Tejtament. 
ASB == ActaSanctorum ordiniss. Benedicti. PX — Preußiſche SO. [Potthast. 
ASS — Abhandlungen der Sädhjfifchen Gefel- Potthast = Regesta Bon cum Romanor. ed. 
ſchaft der Wiffenfchaften. ROS — Römifhe Quartalſchrift. 
AT = Altes Teftament. SBA — Sitzungsberichte d. Berliner Akademie. 
Bd = Band. Bde= Bände. [dunenis.. SMU = — d. Münchener „ 
BM = Bibliotheca maxima Patrum Lug- SWA = — d. Wiener en 
CD = Codex diplomaticus. Ss — Seriptores. 
CR = Corpus Reformatorum. ThIB — Theologiſcher re 
CSEL == Corpus scriptorum ecelesiast. lat. ThB — Theologijcdes Literaturblatt. 
DchrA = Dictionary of christian Antiquities ZTHLZ = Theologifche Literaturzeitung. 
von Smith & Cheetham. THOS = The ologtice Duartalfchrift. 
DehbrB =Dictionary of christian Biography THStKR — Theologifche Studien und Kritiken. 
von Smith & Wace. zu — Texte und Unterfuhungen heraus⸗ 
DLZ = Deutſche Litteratur-Beitung. geg. von v. Gebhardt u. Harnad,. 
Du Cange — Glossarium mediae et infimae UB — Urfundenbud. 
latinitatis ed. Du Cange. WW — Werke. Bei Luther: 


an — Deutſche geitfchrift f. —— 
Fde — Forſchungen zur deutſchen Geſchichte. 


— A— 6Göttingiſche gelehrte Anzeigen. 
9368 Hiſtoriſch chesJahrbuch d. Görresgeſellſch. 
Hwh — Halte was du haſt. 

93 zemu Bei art von vd. Sybel. 
Jafle Regesta pontif. Rom. ed. Jafföed. II. 
IdTh —⸗Ja her für deutſche Theologie. 
Sprit = Jahrbücher für proteſtant. Theologie. 
JthSt == Journal of Theol. Studies. 

KG — Kirchengeſchichte. 

KO = Kirchenordnung. 

LECB = Literarifched entralblatt. 

Mansi == Collectio conciliorum ed. Mansi. 
M — Magazin 

u —Monumenta Germaniae historica. 


WW EU — Werte Erlanger Ausgabe. 
WWWA — Were Weimarer Ausgabe. L[ichaft. 
Zeitſchrift für altteftamentl. Wifjen- 


U — „ für deutſches Alterthum. 

dp — „ . deutſch. morgenl. Geſellſch. 

dvVB = — — .Paläſtina Vereins. 

If = „ für hiſtoriſche Theologie. 

KB = „für Kirchengeſchichte. 

RN = „ für = Denen. 

It o = „ für fatho life Theologie. 

MU — „Ffür kirchl. Wiſſenſch. u. Leben. 

IHR = „ fürluther. Theologie u. Kirche. 

BE = „ für Proteftantismus u. Kirche. 

prh = „ für praftifhe Theologie. 
a = „ für Theologie und Kirche. 

wTh = „ für wiſſenſchaftl. Theologie. 


10 Patriſtit 
a aus Verse ae requirantur ad sn giebt — 
ch 2): ogie Bl 9 Set 


eier der iheolopiehen — 











| & ır en f 
it eigentlich von ber ab (. August. etr. Julianum 1,34 2,33,30]; 
Bard. 3%) Yoc 8 aber Tonnen mt al ee —— m 
RR Tee a ide ie von Stans | —— Fr 
ich e, om e 
als völlig korrelt ericheinen rd daher im ———— liſchen 
Kirche unterſchieden — —— tres ie ——— Zum des 


Kirche pat 
im technifchen Sinn vier Merkmale erforderlich: - antiquitas competens —— 
igens in i — —— bis ins —— 


—— Bun — er: ı 

’ ‚ ma 

gelangten zum Titel — N die Abenb- 
— Yen Bien 150), Petrus Chryſologus, Leo d. Gr. und Iſidor 

50 —— die — ius, Baſilius d. Gr., Cyrill von Jeruſalem, — 

— Chryſoſto von Alexandrien (1883), ), Johannes von D 8 

90). ——— 36 "les in ZEIb 18, 1894, anal) ift die in den Hand— 

none, daß bie Griechen vier große Kirchenlehrer zählen, nämlich 

anaftus, Ba Barlius, Gregor von et; und Chryſoſtomus. Ihre Iitı Bücher 

fen mır von drei obxouer alors Ördaordkoıs und zählen dabei den Atha- 

nicht mit. In ber Abenbländi chen Kirche bat man übrigens den Titel auch —— 


—* Schuftft tellern des Mittelalter und der neuen Zeit gegeben, nämlich Beda 
— is, Petrus Damiani, Anſelm von Canterbury, Bernhard von Clairvauxr, Thomas 


von Aquino, Bonaventura, ‚ Kranz ; von Sales, Alfons von Liguori. 
) Die Beichränfung der Aufgabe unferer Disziplin auf die > Rirchenväter und Kirchen: 





mats mit dem NArd)idiafonat im norddeut 
ht ———————— Sallenfer Yehnabe für 





| ; Fi tronatredht e Entwidlung i Deiter: 
während des —— nn a a L, — 
ß en Br v 
Innebrud 1904, ©. 9 ff., Be ita e Kird in feiner 6 id: 
lung zum | 


Berk, re ange 


= 1904.& 20; Meter iefer, Grim ine io ji; Bu, Ri jaf Lei 1809, — 
zig 1 ’ L, reformierter. ver un \ ; 
Har — nat chen Landeskirche bes - | er 








1901, ©. 286 f « Hinichins, Das preußife Elrdien- 
, Die Erwerbs — —* 
———— Be ale m ds 


| 

‚er Eine er im lie ısor "im Hang 

— Aufheb ung des rg Dentfhrif 
1870 in 2. —— 








5 $ 118—122, 128, in we beiden Werfen aud weitere, beſonders ältere und ausländiiche 
eratur zu Sea Stern, Ueber ben Binglicen —— nach latholiſchem Kirchen: 


t. Am ee ach Br 1:2 J—— ker —— De 









— eg ne 
ee TO orner mw er 

4 — Der Erfahrung ‚sah e Wohlthaten verpflichten, hat auch 
—— fi) enzichen Yarner, SALBEN 
dm ehe va Einfluß auf deren ſchung und Verwal —* 


— auf die Örundheren al die Machthaber in den unteren“ —— 





ldes eine zu nehmen. 
m Drient legte die Gejehgek der chriſtlichen Kaifer denjenigen, Die eine fen 
— SE ageordnet „und ihren Erben ſeit * zweiten Hälfte des 
5. Verpflichtung auf, das Stiftungsgefcäft zu 2* (Zeno 1. 15 
C. de ss. eceles. es: 2 —— —— C. de episcopis 1, 3 von 530, 


—* I — 10 von 545). Um "fie zur Erfüllung dieſer, wie es icheint, oft ver: 
Läffigten ‘ berm billigten die K ‚di oberjte Entſcheid | 
T ul —— Zn —ãe— len erival ig (Em J 


hatte, wenigſtens für ben Konftantinopolitaniichen Pa- 





ntanzubalten, im 546 * 123 e, 18) ein 
| - ben dabei anzuſtellenden Geiftlichen —9 * * | 
Perfon war. So entftand en — * — 
—* Zeit beſſer und, auch ſeiner heutigen Natur ud 
des Stifters Oman) 6 bepeichnet, Größere, insbejondere verf 3 ee 
bat es nie o es noch heute befteht, — —— 
und 17. 3 idert ins Sum dk: inpeteten Batronat, troß borübergehender An: 


55 näherung im Mi Iter, ftreng unterſchieben. 
Im Abendland waren es Die ———— die 2. ns —— * ——— 


uf halb 
auf Biotumögut erh Vorſchlagsr ‚ teilt alſo im 
die Jurisbittion und a — = * Su — 


16 Fatronai 


salfonode ven Trosin (can. 6). Jn ber Traris vollends beberrkbte das Eigen⸗ 
Kirchenwejens und exfubt, je obnmãchtiger 


Nur fowen es für die Bejezung der Kirche und für die Verwaltung des zu ihr ge 
hörigen Bermögens von Bedeutung war, lommt das Cigenfirhenreht bier in Betracht. 
(erade Pierin viel ed eine Jormiihe Ummälzung bervor, Einft butte der Biſchof all, 


rivaten g dem Wege der ordinatio bei 
„uch einen Mh, ver — gl 14 Bee und Amebchlung, un al Laie 
nur da war, wo ——e— — —— ——— 


Zug des Cigentischentedhtes jtellte ſich aller Dienjt an nieveren Kirchen als Kan * 
Jede Kirche mit ihren Gütern und Einkünften, die jet Karl dem Großen als ibr eiſernes, 
unveräußerlicyes Zubehör galten, war eben nur noch ein um den Altar ſich gruppierendes 
1, oriliches Sondervermögen im Geſamtvermögen ihres Herrn, jei es des Königs, fei es eines 
weltlichen Großen, fei es eines Bistums oder Kloſters oder ihrer Vorfteher, nicht mehr ein 
Rechtsſubjekt, auch nicht mehr eine öffentliche Amtsitelle. Infolge deſſen ftellte ſich ibr Betrieb 
als Privatunterneh ung aud dann dar, wenn er, wie insbeſondere bei Pfarrkirchen, mit 
zu (Yunften und Yaften Tritter, nämlich der Piarrgenofien, erfolgte. _ Alſo batte der 
2 ber, regelmäßig und offiziell senior genannt und bloß in Privaturlunden ganz aus 
nahmsweiſe und zufällig auch als patronus bezeichnet, die Berjönlichtent zu beitimmen, 
durch die er feine Kirche bedienen lafien wollte; er hatte auch ten Tienft zu vergeben 
und eventuell wieder zu entziehen. In eriterer Hinficht hielt die korrekt kirchliche Aus- 
drudsweiſe zwar daran feit, daß es fi nur um eine praesentatio, einen Vorſchlag, 
2, eine Benennung handle, und daß der Biſchof kraft feiner Jurisdiktion das entſcheidende 
Wort zu fprehen habe, praltiih aber gab ſich der Epillopat gerne damit zufrieden, 
daß er vom Herm der Kirche über den in Ausficht genommenen Gerftlihen gehört wurde, 
und mußte er froh fein, wenn es ihm gelang, milltürliche Entlafjungen auf ein Mindeit: 
maß zu beſchränken. So lange das Eigenkirchenrecht in Kraft ftand, hatte der ent der 
8) Kirche demnach thatſächlich ein faſt unbeichränttes Befegungs- oder Ernennungs ür 
die Form aber, in der nad) erfolgter Auswahl die Anftellung erfolgte, war es F 
dend, daß das Recht des Herrn an Airhe und Sirchengut in die Geftalt des Eigentums 
ich Heidete, alfo eines wenn auch gleih allem anderen deutichrechtlihen Grundeigentum 
tark öffentlichrechtlich durchſetzten Privatrehts. Die Ausübung und Nubung dieſes 
uo Privatrechts konnte, wenn man von der kirchlich verpönten, nur obligatorifchen und künd⸗ 
baren ——— (mercenarius) abſieht, allein im Wege der ebenfalls privaten, wenn⸗ 
ſchon gleichfalls publi iſt modifizierten Leihe geſchehen (kirchliches Benefizialweſen im 
weiteren Sinne). damals üblichen Arten der Leihe ſind auf Kirchen angewandt 
worden. Selbſt die unfreie Leihe, nämlich dann, wenn der Herr die Kirche mit einem 
wo zum Prieſter ausgeweihten Knecht beſetzte und ihm Kirche und Kirchengut als Pekulium 
einräumte. Doch iſt durch das Kirchenkapitular von 818/19 die Weihe Unfreier und 
damit die Being von Eigenkirchen mit Snechten verboten worden; fie begegnet feither 
nur noch felten on freien Leihen gelangten zur Antvendung der. Libellarvertrag, die 
Teilpacht, Die Prekarie (auch auf mehrere Zeiber), weitaus am häufigiten jedoch das *— 
u; vaſſallitiſche, lebenslängliche Benefizum, die freie Leihe des fränkiſchen Rechts xar &£o 
(kirchliches Benefizialweſen im engeren Sinne). Nicht nur die Kirche leiſtete ihr oe 
weil das Benefizium den Geiftlichen verhältnismäßig ficher ftellte, fondern auch die faro- 
lingifche Geſetzgebung, ingbefondere Ludwigs des Frommen Kirchenlapitular von 818/19. 
Indem es in can. 10 anorbnete, jedem "Eigenticchengeiftlichen müßle (außer der Kirche) 
wo eine ganze Hufe nebit den Zehnten, Oblationen, den Pfarrhaus, Kirchhof und Pfarr: 
garten ohne Entgelt, allein gegen Leiftung feines Kirchendienſtes, zur Leihe gegeben werden 
(ausdrücklich ausgedehnt auf die — J— Kirchen 823— 25 durch Ludwigs des Frommen 
admonitio generalis ad omnes regni ordines e. 5), und nur von einem Mehr 
bürfe der Herr ein anderes_servitium, z. B. einen Zins, erheben, hat es der Benefizial- 
so leihe Bahn gebrochen und fie im abendländifchen Kirchenrecht zur Alleinherrichaft gebracht. 
Div Yeibe jelbft erfolgte durch Imveftitur, einen Aft, der aus dem weltlichen frän- 
kiſchen Recht in das kirchliche mit übernommen wurde; vermittelit eines Symbols, befonderg 
eines Kircbenbuchs, erbielt der Geiftliche Die Gewere, d. h. den Nutzungsbeſitz des ihm 
übertragenen Veihegutes. Dies war freilich je länger defto häufiger nicht mehr das gan 
oo lirchliche Sondervermögen. Schen bald fonderte man bei vermögenden Kirchen geroifte 


IN Teırszeı 


ER nom 2 fire . hm mm auch Diesteitä der 
N. mn wrnenhe Zusmoı ııılz i2s einiges none, irchentrechtlid und im 
Fe „Sl imo uereer m Sıroor r2 Dezacenrcr au Grabe getragen. 

\. yesn no md um rtr 2. szemmz Nie neue BRezeichnung als 
* —.yF Im "arm mer — Ne firdliche Gerichte: 
S Wwuriniimm.o fo sıcz Doms or on Itrerräch menigitens feit 
N Serie core mio oma nte on sonrendem Maße von den 
0 0 mn Pr im lan mzore 2er oaner Aimliche beim Alten. 
n.oenr „an in 2a. “2. "Tem ern renchierte, vielfach miß⸗ 
: Ne lo 2 „on Merle me SrFerzmonirecries beim Biſchof die 
I TED TS Hero TI TIETI sms nis Tupßende und noch mehr 
Ko hen Ar n.mı zer Famı rem on mr rasche Familienglied Durch: 
. °. meemelrzmz oz cz 22m Nr übern Dircfien Nußung 


a che IS mom Fr mem = Smtmusslons Das Turronatrecht 


ser. iur or ol = 22 zes ne zccmsfonalen Banns mit den 
ser.tee Larmen ren mn” Zs zsa’riıztas Jun] bannum seu jus SYno- 
ie Poinis _ _ m nme !riIreerioe or Nr lesen, in Friesland ſogar 
>ır In TILr Jwurine 2 : zo Tas fanonüche Recht wurde 
en mm Ir Rn Tem 1 7m 2m re oo mr de ner Sinſicht überhaupt 
2 er. rien I.2 2er 0. nTern 28 >2 Samın nur jolde Abgaben be- 
nm. >. pe m! zeroer re . 22 Intels von Deren geiftlichen 
C. 5*5 wurde 0.0 „ X 3 iormarr. 3,58% In Wabrheit blieb, 
netto. m Soma 2 jen,onn2ı Nas Sons Üurlsiser bindurd und darüber 
omime Fomı 720,207 00 Jekrr sub im 15. N\abrbundert wird 

Tune nz weh 822 70 Sommers Le Reonataneiſtlichen (Zpolienrecht) 
Neuro m2. wre, ho znDororore ii Jabrbundert wird Damit Die Be: 
In wem 12°, 8277 eder doch einigen Wochen (Megalienrecht) 
S.e2..2. 380 Sue er ginn Sir sat der Vatron, jedenfalls im 14. und 
men Neo Sea Dis om wehnir pen Abgaben nod mit; die unter 

> eye. tan un Ranzen von \abre 1503 an auf Befchl König 


E20 lo genwernzur Sy, pre der bebsburnitichen Rechte und Gefälle in den 
> Rene 2m Uses brmumeschen von Maag und Schweiger, 
oo. a. Dates dis NIV NV, Raiel 189-1904) benmerten fajt bei 
Se Ne den Hr. Sy der Öwrribaft Der Kirchenſatz Direkt (perfünlich) oder als 
une eat, a Bohn Nsaiiubloäaitcht, ganz ausdrüdlic, fie „giltet uber 
S emo ande vos ind Dh, womit Die alte Uberſchußnutzung Des Eigen: 
UENSOL gan ad oh Sprach iriert. aufrabterbalten wear. Und Die Urkunden 
zen New tad.r in Jabrbundert mit den babsburgtichen Kirchen nicht anders 
N ne Zoltert sono zu Ausegang Des Mittelalters der Patron über den 
Sea Ne WuaNanı ssiieoiyit iver veriugt. Wir begegnen noch oft eigenmächtigen 
Staat No lntäyiiuniiaent von Dorattenen und mebelondere mancher eigenmäch— 


Iα. . u die dito nachtraglich Die Genehmigung Des Urdinarius ein- 


NN 08 die veix Veraukerung lieken ſich Die Patrone nicht nehmen. Daß 
wm ad N Na Suneiumg der Geiſtlichen wenig Ruckſicht auf den Biſchof nahm, kann 
a Na Vyepuiponube verwundern. Praktiſch behauptete der Patron noch geraume 
NN son Frnennunorzdenverzog Konrad don Zahringen ſicherte 1120 den Bürgern 
am Vento ya berntiinten. au yablreihe andere Stadte weiterverliebenen Etadt⸗ 
WR NR on une port den Burgern gewablten Vrieſter die Beſtätigung erteilen 
„UN wa nd neberung mil dem hirchlichen Recht in Einklang zu bringen, müßte mar 
gerabäntl, Dylan Babe cun ubpraſentationoerecht, techniſch Rominationsrecht genannt, 
Naht nk ine heryſtüblen wollen. nur einen durch Gemeindewabl Nominierten Dem 
RAY dl tunen u pnſentirren Mehr Wabrſcheinlichkeit bat jedoch die Annahme, 
NN ht babei bu Keihte Bro Unchoſo ganz auſter acht ließ und ſich als zur Be: 
D NN ap r Praſentalien befugt betrachtete, wie dies viele andere Herren und 
RR U nn Uninerſebaſten ihaten, die ein Gemeindewablrecht unter dem Namen eines 

IXX in dub Unſpenehe abet und durchſebten. Spaͤter und anderwärts half 

WR UN tn ya nleltelenn cheibung wie Die franzoſiſche Des 12. Jahrhunderts von 

an MH went venſicbtlile der piritualien, d. b, Dis geiſtlichen Amtes erſcheint 

RN lot aloe arten bb PH, wahrend der Biſchof ernennt und die Inveſtitur 
XX ni 0 yulalueaato m ame von Veſibeinweiſung, verbalis, wenn bloß 


⸗ 


ber Neformation wenigſtens bo auf das Patrona eltend, Der Wegfall 
bijchöflichen urisdiktion, Führt de m Stel nicht überall —* t —— * traffee 









führte zu einer —— Verſtärkung des 


vorübergeh Bi ur 
Georg von Brandenburg von 1573 Tit. 10) wurde fogar die von den Patronen — 
wieder ee genommene Befugnis auch zur eng des einmal Berufenen 


bon — — einem ius collationis des Batrons gejpr d diefer 
genannt. Und —* in an —* Landern rs ich — - umd ſonſtige Be- 
„(tunen ; wie die Nomination zu "ben Bistümern jo 
Ken für ihr Eintreten zu Gunſten ber 
—— Präfentationsrechte zu —8** niederen 
ern — Yunädhit 2 Sparda = 
enen en numm ⸗ 
N —— Bor allem in Öfterreich, two unter Ferdinand I. landes- 
ionen und Generalmandate in ganz icher Weife, wie das evangel 
ißbräuchen entgegentraten, im Sabre 1627 
‚Patronen im Yande unter rohte, er iverbe „ 


iftungen obrifter Patron, Bogt und Schußbere bilissimo 
en Orpinaris | bie fathol den — — —— nicht 


Starrfonfurjes — — (Sessio XXI c. 7 de reform, 
Eee selon im üble aber erh Ds man che Patro t voraus: 
batte, mußte —— der * weren —— den katholiſchen Landesherren ein 
es Einſchreiten —— weſentlich erleichtern. So zogen ſie 
nur im 17. Jahrh die Patronatsftreitigteiten rn Ve en 
jondern e8 erließ gar Beobofb I. im Tractatus de juribus i incorporalikug 
or * 13 1679 auch zum —— —* — ende weltliche Patronatsordnun 
ganzen an das kanoniſche R 
och in einigen Punkten, 3. "8 che formellen Präſentatio 
40 der Nlimentations- und der Ben. * Gunſten des Patrons ——— 
— Das gerade —“ —— * ar 8 eine — e⸗ 
an. Bat ie fpätere Patronatög ung erreichs in zunehmendem 
Bio an. Eine lange Neibe von Erlaffen Maria Therefias und Joſephs IL. verſchärften 
erten Die des Patrons, bejchräntten das Präfentationsreht und riefen 
46 Im on, der nach edem oft genug Luſt seine, auf fein Recht zu verzichten, im 
daß er damit die Laften nicht los w 
ie eide nase ia en anti ejegte Patronatsordnung größeren 
Umfangs aber o das emeine Landrecht jeit 1794 den 
Batronat in J te 1 u —— —— (ogl. Abſchnitt 6 $ 327 ff.) in Er— 
50 gänzung, Detaillierung —— des gemeinen Rechtes eingehend regelte und 
durch 8577 den ordentlichen fuck en Gerichten unterftellte. Dieſer beute noch in 
Geltung en Ordnung trat für den das zum —— noch giltige —— 
vom 1808 die Ausübung der Senn eit betr. zur Seite. 
er Zeit erfolgten im Beitand der Patronate meitgebende Schiebungen, ; 
65 — —5 Yumtälgungen binzutraten. Zwar ſchieden die 1806 Mebiatifierten nicht 
aus dem Kreije der Patronatherren aus. Ihnen garantierte u. a. bie Rheinbundsakte 
Art. 27 und jpäter die deutſche Bundesalte Art. 14 ausprüdlic ihre Patronate mit, 
und wenn fie ihnen auch inzwiſchen, in Baden z.B. 1813, entzogen wurden, jo ließ doch 
die Nüdgabe nicht lange auf warten. Sogar bas Ya br 1848 haben die ſtandes⸗ 
“o und grundbertlid Batronate überftanden. Freilich benugte man z.B. in Baben und 


| 
5 denn 1 


ui Eeirszei 


argprenmremor tin Deo 2 mon - retro und 1861 mit Der Ib: 
lmnashao Bene. 0077, Ar, Sn Generalivnoden, von einzelnen 
Zum, Do ge ocomos.n air sr: zrinm He jetzt fit aber Die Abſchaffung 
mm and emo femme ®r Ser Brauch Die mit Dem Patronat 
wibunt-m.n „toren 1 277..77 27 sten abnehmen ill, oder, wo ber 


Patienat sim Dorn Tot ren. m In mem en hc ĩicheut, in wohl erworbene 
His 2* 7 2 rm mern St on m Autronat zwar bie und da 
Mieilesmin iz rn 9 Imre li ommeı.mı 28 ER dringend die Befeitigung er: 


beiden are nn om + "2 m nme == nicht aller und jeder praftifche 


htm arm ao me mıirier Te Ser osemiie, wie Ste Das Nebeneinander 
un u rcninen FIT STIOSLDT Der TI nr zzmnatiicher Benennung ergiebt, 

! ne. ımoo 72 2er - zızm so siönen baben, im (runde nur 
_ * 2. ı 0 re fmeicmen sauce „Te Patronat ijt der In: 
Freenet ol mr Nor „Tnoem Resua auf eine Nirche oder ein 
om om. eo none oir,eIee 1 227 22.22 22 NT Sierarchie unabhängigen 
Summer orte |. Im emo Ir. Acsectubrten ergiebt fich, daß für 


Se ltmoti om ont De 2rneemem Iren rende Dem aber Provinzial: 
ao „ent oon  npirm som Sms Smmaz aösgee Mehr noch beute 


- Lloenr or Er Imre mm woriäularse Nırchenredt. In 
- . - IS ann me Deoezzmrmei am oun wort am weſentlichen 
. - UNTIL atmen "IF 7 man Herzogtum Weit: 

- rc . mimen Io re Dorn Zaeim om Eicäfelde und in 
. 0 rom Bummeoron oo raksmarzm Selen. Er iſt 

z 2 immer VI 20 INT ze in uhr viegend den öffent: 

. “Tr Dan m wma mE Ben r ar mm mrereſſiert, weil Der 

\. . I mem mom m Hr Sera m um ꝛ. B. Die Pflicht, Die 


=. .n. Ir tm Wir, ED gmezzrn Ne Snbenpermögens teilzu: 
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mon TI. Te me urn Imrtunı m 07% same cin Civilrecht ſah, 
i Tr. IT Mmgen a nd Nm en d26 Fer zerichte md, vor Dir 


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u > N Ne nt, ms ar adtlichei oder 
N. artpalmwrnsius, ateben, und 
EDEN NN ON MYRPSNTIRSI DE Bei 
—— UT SUN Nenn . . hen u ; behandeln iſt, 
x eng IR AN nn NN 02 Tino gelten 


= 








24 — 


ber geift — 35 einen von "den been zu —— die ihm der —* als 
i enpatron war auch nicht, Be 





if | an den Ternavorſch orichlag geb unden. Die 
en geiftlichen 6 Monate (fo —* fer 1861 * 
tie tathekehen Rirche in een nad) Preuß. A 
viel ob Be weltlich oder. geiftlich, jacı r Monate, nach badi Be 
10 lichkeitsedikt ſtets 3 Monate, in O ochen, wenn aber der Patron außer Yandes 


lebt, 3 Monate und wird — —— am bem at (me ib gi 





iR hält TE bon em vorg een — feine Ta — 
es — ee 


ntations rend ber Saienpatzon Re Imerhalb des. Neites de 
entatio sfrift —— — zu präſentieren befugt iſt. Für den gemiſchten Patronat 
ilt die daß er, je —* es den Patronen n vorteilhafteften ift, bald als 


iſtli ienpatr gr Tumus nur don einem ausgeübt —* 
kommen, vie —— der ee oder legtere präjentiert, die Vorſchriften über den geilt 
lichen oder ee zur — Das —— — des Patrons 


durch das 
———— tes die Befugnis zuſteht, dem Patron die von diefem u präfentierende 
35 In oder eine Anzahl von Perfonen vorzuſchlagen, aus denen der eine zu 
entieren —— iſt auf * Nominationsrecht finden, namentlich in Betreff der 
— * J en u Präfentation maßgebenden — Anwen ung. 
t für den Patron nicht, ja es iſt geſetzlich aus: 
„ge offen rap —— ——— in den Kathebral- und Rollegint iteln, und 
“ar & r nur — Kinder — erworben werden. 
en — gewährt das gemeine Recht dem 
F & — erg h. * des Vortrittes vor den 
ozeſſionen in und — ber Are ad) partifulärem und Gewohn⸗ 
tsrecht kommen ihm aber n echte zu, % namentlich der honor sedis, das 
F einen beſonderen Ki ul is — neter Stelle, das ius precum, das 
auf Fürbitte oder auf das Ai engebet, das ius sepulturae, das Hecht auf eine 
J— in der Kirche oder jetzt auf dem Kirchhofe an hervorragender Stelle und 
o 
3. Was die Bagger Nechte des Patrons betrifft, jo hat der eg nad) ge: 
so meinem Nechte im Falle unverichuldeter Di ige und eigener Unfähig zu er: 
näbren, aber nur wenn er Nachkomme des Stifters ift, einen — auf Ali⸗ 
mente aus dem Vermögen der Kirche unter der ——— daß keine andere Perſon 
—5 zu feiner Alimentation verpflichtet iſt, und daß das irdhenvermögen bei Gewäh⸗ 
der Alimente zur Dedung der erforderlichen Ausgaben für die fächlichen und 
65 fön — Koſten des Gottesdienſtes, für die Unterhaltung des Gebäudes ausreicht. 
—*5* —— Rechte, z. B. auf beſtimmte jährliche Gefälle, Zehnten u. ſ. w. lann er 
beanſpruchen, wenn bei der Stiftung vorbehalten worden ſind. 
—— Das Intereſſe des Patrons an der Aufrechterhaltung der Patronatsſtiftung wird 
geſchützt a) durch die ſog. eura benefieii, d. h. das Recht, Kenntnis von ber Verwal— 
“tung des Vermögens zu nehmen, und bei den vorgeſetzten Kirchenoberen die Abjtellung 











den t und —* — RR dabei 10a, der Yaienbatron 30 


ipſtlich BE, ——— id nur den Wegfall der 
it ten des Patrons mit den Mitteln äußern reden 
Dagegen air — oe Biichof nicht hindern, aud weiterhin 60 


— 





26 Patronat Paul 1, Papft 






„Einwirku das Gewi il * atronatspflichten ten. 
en =: = age era Sa en 
5 ım u NW n 


lichkeitsedikt) wie 
— —— Als von der —— Kirche mit dem Patronat 
ı Batronat 








liche Verleihung ſelbſt bei originärem Erwerb durd Stiftung erfordert 
ber Sie einen n ichen U > darauf bat, n SE naar ae, 
| nur als Autorifation des Erwer ischem Grunde Nach 
demf —— 8 = kann Bene mit — tlichen — su ei eine 
kg —— ch als Bofatio ae Bien Gejichnet et, * 
wöohnl n oder n an bie 
— Pie —— der die Beſtäti u; sie * nee in d be sie an N 
burg feit — In Sr hundert an die Stelle nftitution etreten) ukommt. Diefe 


beja n 2 vol regiment auf Grund * ellter Prüfı ennt und aus— 
— Patron berufene ar eichidt und geei net, das —— 
vr er — zu verwalten“, daß der Berufung von uffichts he kein 
zo Berenten — lach Breufifd * Landrecht muß der Patron den Berufenen 
eine Probepredigt und Probelatechiſation halten laſſen und der Gemeinde dabei Ge— 
Ion it geben, en Sehne und nel des Vocierten Ei a4 eben zu können. 
er 
| tat | gdebur eswig-Holftei En i 0 


35 preußen, hei "Weftfalen, 
tan ce Vacierte. Ent ein jus ad Ai a die Verleihung. Andere ri Preußiſcher 
, wenn ein Andersgläubiger Patron iſt und gemäß S 340 3 SKanbibaten 
ieren muß, Mas anderwärts auch für den berjelben Konfeffion angehörigen 
vorgeſchrieben iſt. Übrigens ſchließt ein —— engeſetz vom 28. an 
40 1898 * ie oder zum reformierten B iS Ülbergetretene, nicht ba: 
deren Nachkommen, von der Ausübung des ——— aus, ebenfo Simo⸗ 
niften, der Simonie Verdächtige, der zen Ehrenrechte verluftig Gegangene, Ge⸗ 
— —— während des Konkurſes und ſolche, denen das Landeskonſiſtorium die Aus— 
g ‚wegen Erregung öffentlichen Argernifjes entzogen hat. Gegenüber dem gemeinen 
45 Ne iſt Deine = Se elifchen Patrons für das kirchliche Vermögen regelmäßig 
Bi überbunden. Gr bat, namentlid wo ihm PBatronats- 
LE * auf Abnahme der Kirchenrechnung, wirkt manchenorts bei wich— 
liungsakten geradezu mit, kann im Königreich Sachſen, in — — 
ne lehnen In, wenn auch im Stimmrecht, den Ei ig 
5 un in Safe beitvohnen und. deputiert nad) fehr vielen Kirchgemeinde un = 
ordnnungen (z.B. in Altpreußen, Hannover luth. und ref. u. a.) einen —— Aelte 
falls er nicht ſelbſt, wenn tauglich, als ſolcher eintritt. Darüber, daß die 
vielfach dem gemeinen Recht gegenüber erweitert iſt, ſiehe Bo II ©. 454. 
(Hinfhins +) U. Stut 


55 Paul I, Papſt, Fe OR — Quellen: Vita Pauli I, im Liber pontificalis * 
Muratori Rer. Ital. Ser., —— und bei Duchesne, Lib. pontif, I &.463 ff. 
die Briefe Pauls I, an Rippin in Eu in im Carol. erhalten; man findet jie bei MSL Bd 
bei Jaffe, Biblioth. rer. Germ. 85 IV, ©. 67 ff. und in den MG EE IM ©. 507 ff. Brie 
und Urf, verzeichnet Jaffs I S. 277 fi. Yur Chronologie der Briefe vgl. Kehr in den ai 





Xız. I. 3 tes! Il, Tat 


°-_:r.. fzenm Allein Paul er: 
> ee sr: Denen rer Ditseras polittich wich: 


2 un. De ed F J—— te von 

I NE 7.001,07 Pr ovıe Tal geforderten 

Bra meer ernennen ZB ine, die Swreitig— 

O7 ; 0022.20. mir mer um Die ge 

2 ME — 2angebardiſchen 

a — — mtr Peremaits verfante Pippin 

— — J Te ee ETF ERDE Fatieruiig 

. — - „: Zr.iserm denn ala Rundes 

s 0 rn. Terms nz wm Kam es au einer be 

. — = - 0 mm: Mmumr us daß feine We 

: un "ne - 0 .e. m a Spoleto ven 
> Pa an 2.5 

£ En ara ebene fh immer enger 

. 5 Jurc sehr bedeutend cin: 

— rm nu vniiben dem Vapſttum 

TI. 5 tde, Furbere Raul I. daß 

m nenn Rem ienden werde: Die Kriegs 

* ame. ar Wenrlihrt gegen Die katboliiche 

7 ar "ae. Door. Relationen in Der Angie lebte, 


2 one, 2. SEN um ihm Me ven Pippin 
De — ak : 2 28 es dem Kaiier Konitantin Mo: 

edition den Frantentonig in ein 
ae re Nie, derartiae Antrage an 
F: nn S. 311. Viprpin bielt, ohne 
“= ze Nr airen Nichtlimen feiner italie— 


KABER FT Eu Zöpffel 7) Sand. 


x. maintr anmı !exüXuellenidiriiten 

Ser N ya Peso IL von su) Jak. Ammanati, 
— a un ne) Tr die ebdend, abgedruckten 

—— Sedannt warn KSereneniie, De Gestis 


* Bu 2 loser DoersssilL IS St, DI-IV 
no. a „ee. Ir San. Vra Paul II bet Mu— 
n a Een A nr az vandis, Coloniae Agripp. 


“ * im —— N —J . ; Mar Ko⸗ 

8 REN er Miriss 12 hr sen dreien Werfen 
a — ent che Reformation, i Vul. 

.n s wre et EL 3 en Meveitin Def, 

u wu Ta ber. Auzberr Des, welcher üußerit 

* u. — watoy netto Via ororesozestar Pontiff. Rom. 

“ a „ u Dr: Par II. P. M. Vita prae- 

j sg — Zi De ur — an ities Eecles.. ad 

|: ER, 


ee BE TV, 1 
. m. m Fontes Rerum 
#2: Telerr Beichichte: 
rin te. IV ZW 
st ZISIH Leipzig 
?⁊*. F. Walch. Entwurj 
UN 2.900: Mrd. 
Be ARE Derurgen. veipzig 
u Sa wol, 10, Ib, 
— Tederborn 18 ar 
N LIE 
SEELEN ia, Geich. d. 
vwd, > Rengtüance in 
ER 0 dual, beiorgt von 
sum RL vlom. des Con- 
e nendesn Gurachten 
ar ansuanen, auch wenn be: 





I Yenl II, Fapl 


Vilbel. wett Baiuntider urien un> Trrannen, bildete, nad) 
TIERE ITILLITTTITRTTL ENT Areas . urnchen, Eitelkeit — er tell Hd fogar häufig ge: 
ketnht bh ae Frunttud,t cm (srundzug feines Weĩens, ie Darf man doch über 
It oh nte guten Cingtüſchaften feiner Seele nicht ganz vergeiten. Gegen Hilfe 
l. Vdtiee altee Shen hanae er außerſt freigebig, dem Neporismus buldigte er nidht, in 
0 Mecbbupfluge pinle er ſich ſtreng und gerecht. Rom und die Kirche verdanken ihm 
An Mile leejflillan NMaßtegeln: er verbeflerte die römifchen Statuten, unterdrüdte nad 
Maocdlan he dnsa wellre am ſich greifende Blutrache, unterfagte den Beamten im Kirchen⸗ 
ac une uliheniehnen von Geſchenken, verbot die Güter der römiſchen Kirche Der: 


jellen gu enlfrenlben und beſchränkte den Handel mit geijtlichen Würden. Alle diefe Ver: 


Behtesutusab Bebugguik bei weitem Die eine ſchwere Yalt auf, Die cr allerdings der Kirche zu 
npanopab, Ajhel nanlich Die Annaten ganz aufaubeben, bat er denjelben noch einen 
eelboaab Zpirhens gewahrt, indem er 1170 auch von folden Pfründen, die geiftlichen 
Wenpeusstunnab euweleibtewaben und Die, weil Ste ihre Beſitzer nicht wechſelten, feinen 


Aula aa Bhltearnandpg ewahrten, in jedem 15. Jahre eine Summe unter dem Namen 


vn Abreluachannnten be Enteebadigung jorderte, mit Dem Bemerken, daß Die Durchichnittliche 
Hure sseaäbliuiig vun VBentliben 1 aber betrage. 

yo peltinben und hichenpolitiſcher Bezwbung gebört Das Pontifikat Pauls II. nicht 
han Albeiweltlien ber Pnpttuenbabe. Er zerſplitterte feine Kräfte in Italien an großen 


 Hysnsan ehtenn la Ne au oem Zuge gegen Die Türken zu fammeln. Forderte 


weht Kunbasieniitbunt Der Otter Anguillara, päpftlicher Vaſallen im PBatrimonium, 
len day Allan ste Herrev und war Div Jerſtorung der Burgen derjelben ein wahrer 
yore den Abbau, So binibie doch Der voretlige Krieg (1469) des mit den Vene 
man werlabteiiuit pflev wen Robert Malatefta von Rimini, zu deſſen Hilfe der 
ann Klatine, tra Mzon von Mailand, Die Florentiner und der durch das ſtürmiſche 
Wanfest on Ana Aabuoiilfie von ſeiten Der Kurie verlegte König ‚yerrante von Neapel 
lebten, dv table Bene keinen Zuwachs an Anſehen und Macht; mußte Doc 
ai HE isn Uiiebenoſchluß, der Diefen ganz Italien erjehütternden Krieg beendete, 
Mae one tn vlt ſeuleo tapieren Verteidigers, bes Nobert Malatefta, belafien. 
an helles ab Dam alitlicbe Abendland unter der Führung des Stellvertreters 
onen om agienhe verbrüenden Halbmonde mit Erfolg entgegentreten Tönnen, menn 
at IE begann Herrſceher, Dev unter allen damaligen ‚Fürjten am geeignetiten fchien, 
IE onang lle junes nie Die Türken zu übernehmen, den König Georg Podiebrad 
On betonen ste naht Keber deobalb verfolgte, weil Diefer Die mit der Kurie abge 
— adeler Konpallaten N. d. Art. „Hus“ Nd VIII S. 188, 23), die den Utra⸗ 
lin tue Kemirunien unter beiderlei Geſtalt gewährt hatten, aufrecht erhielt, obwohl 
le by Mrd bie veehtowidrig ihre Unverbindlichkeit und Aufhebung ausgeſprochen 
an ir tag Fink den Bohmenkönig zur Verantwortung nach Rom cittert batte, 
je tr und Pant IE demmpelben am 2. Auguft 1165 vor fein Tribunal. Bald darauf 
alt einen Apbor Rudolf von Lavant den Befehl, alle Verträge, die, ſei es von 
Var welt, une rer Podiebrad gefchloffen worden waren, für ungiltig zu erflären 
win Mattsnkluunn bewielben von ihrem Treueide zu entbinden. Dann trat er in Be 
lenyan an bit nuſruhreriſchen böhmiſchen Magnaten, die gegen ihren König den „Herren: 
last held Anton und Sprach ſchließlich über Podiebrad, nachdem derfelbe vergeblich 
u ymloins Kulie bunb da» Anerbieten, Nonftantinopel den Türken zu entreißen, zu 
einen pub, nn 7%. Dezember 1466 den Vann aus, erllärte ihn feines Reiches 
rtelg nn ſeine Rabkommen für erbunfäbig. Im nächſten Frühjahre erreichte der 
letters Paupftvo ſeinen Höhepunkt, er ließ gegen den ketzeriſchen Böhmenkönig 
la sgpiig Push, auch reizte er Matthias, den Beherrſcher Ungarns, 1468 zum 
Alyyalab Potirlaad; Doch dieſem, der an Gregor Heimburg (ſ. d. Art. Bd VII 
iolpr sum ſebergewandten Vertreter feiner guten Sache der Kurie gegenüber, fowie 
a en eeſeren Leile ſeiner Böhmen begeifterte Kämpfer für ihren Glauben und ihr 
Karla yyhinstan halte, glückte 63, fich des Papftes und — in einem ſchweren Kampfe 
vn Alnpssse ya eriwehren. Als letztere Schließlich in eiliger Ylucht (1170) Böhmen ver: 
lullon sup, walen ſowohl König Matthias als auch der Papſt zu einer Ausfühnung 
Mill Mhrany Pablebrab geneigt, da ftarb derfelbe am 22. März 1471. 
‚ya ſchien Kanmpſen mit dem Böhmenkönige, einem deutſchen Reichsfürſten, brauchte 
paul I darin Nintyubt auf die Faiferlihe Macht zu nehmen, denn fie lag in Trümmern. 
Whl beſhle tar Kaiſer Friedrich III. gerade während der böhmischen Jrrungen Rom 


leo, abel wie es feheint — nur um dort fih aufs tiefite vor dem Papſte zu de⸗ 


32 Paul IIT., Papſt 


I, 1878; v. Drufiel, Ignatius von Loyola an ber römischen Kurie, Münden 1879, ©. 7 ff. 
Baltor, Tie kirchlichen Reunionsbeſtrebungen während der Regierung Karls V., Freiburg t. Br. 
18:9, S. M ff.; Brojd, Seid). des Kirchenſtaates, I (1880), S. 163ff.; Gregorovius, Geld. 
der Stadt Rom im Mittelalter, 8. Bd, pasaim; Janjien, Geſchichte des deutichen Volkes jeit 
dem Ausgange des Mittelalters, 3.9d, passim; v.Reumont, Bittoria Colonna, Freibg. i. Br. 
1881, ©. 136 ff.; Seller, La diplomatie Frangaise vers le milieu du XVIe aiecle, Paris 
1851 ete.; Monumenta Hist. Soc. Jeru (bis jetzt 21 Bde), passim; Nuntiaturberichte aus 
Deutſchland (her. v. Preuß. hit. Aujtitut in Nom), I. Abt: Nuntiaturen des Vergerio 1533 
bis 1536 (189215 des Morone 1536—38 (1892); Legation Aleanders 1538—39 (2 Bde 1893); 
10 Nuntiatur des Verallo 1545. (2 Bde 18087.) Dazu Dittrich, Nuntiaturber. Giov. Morones 
15395. (Paderborn 1892); Benet. Tepefchen vom Kaiferhoje (ber. von d. A. d. Wiſſ, Wien 
1889 I [1538—1546]. — Gualano, Paulus Papa III. nella storia di Parma (ebd. 1899); 
Evjes, Kirchliche Reformarbeiten unter Paul Ill. vor dem Trienter Konzil (RG XV [1%01], 
S. 153—174); de Navenne, Pier Luigi Farnese (RH 1901 [LXXVII, ©. 241—278); 
Capaſſo, La Politica di Paolo III e [Italia (Camerino 1901). 


— 


— 
[ei | 


Alejandro Farneſe, Sohn des Bier Luigi Farneſe und der Giopanella Gaetani, war am 
legten Februar 1.468 in Garino geboren. Zählte die Adelsfamilie, der er von väterlicher 
Seite angebörte, zu ihren hervorragenden Abnen mebrere Nriegshelden, jo hatte Das Ge: 
fchlecht jeiner Mutter dem Ztuble ‘Petri den getwaltigen Bonifatius VIII. geliefert. In 

Nom genog Alejandro den Unterricht des berühmten Pomponius Yactus und begab fid 
darauf nach Florenz, um im Haufe Des Yorenzo Medici den legten Schliff bumaniftifcher 
Bildung zu erlangen. Wäbrend des Pontifikats Innocenz VIII Tehrte er nach Rom 
zurück und ward Zfriptor, dann Protonotar. Daß ibn Alerander VI. raſch von Stufe 
zu Stufe befürderte, zum päpſtlichen Schatzmeiſter, zum Biſchof von Montefiascone und 

235 Corneto, Schließlih 1493 zum Nardinaldiafen von SS. Cosma et Damiano ernannte, 
batte zum Teil feinen Grund in dem unerlaubten Verbältnis, in welchem dieſer Papft 
zu der Schweiter ſeines Schüßlings, der mit einem Urfini vermählten Julia Farneſe, 
Jahre lang ftand. Auch Julius II. und Yeo X. betviefen dem Kardinal Farneſe ihre 
Gunſt, jener indem er ibm das Bistum Parma und an Stelle der Diakonie von SS. 

» Cosma et Damiano die einträglichere von S. Eustachio verlieh, dieſer, indem er ihn 
zum Kardinalbiſchof von Tuskulum erböbte In Dem nad dem Tode Leo X. (1521) 
aufammentretenden Konklave fehlten dem Nardinal Farneſe nur zwei Stimmen, um bie 
Ziara zu erlangen, die er fon längit ins Auge gefaßt hatte. Auch nach den Tode 
Hadrians VI. (1523) war er vergeblich bemüht, die Stimmen der Kardinäle für fih zu 

35 gewinnen; Dem Mailer, Dem Könige von ‚yranfreich ließ er große Summen bieten, wenn 
fie ihren Einfluß auf Die Wähler zu feinen Gunſten geltend machten. Wie er die früheren 
Päpſte zu feinen Gönnern gemacht, jo wußte er jelbjt den aus dem letzten Wahlkampf 
ls Sieger bervorgegangenen Clemens VII fo febr für ſich einzunehmen, daß dieſer ihm 
nicht nur Schwierige Miſſionen an NarlV. übertrug und ibm an Stelle feines bisherigen 

so Biſchofoſitzes Tuskulum Der Reibe nach Sabina, Paläſtrina, Porto und Oſtia, mit dem 
letztgenannten Bistum zugleich Die Stellung eines Dekans Des heiligen Kollegiums verlieh, 
fondern ihn auch, als er den Tod berannaben fühlte, feinen WBertrauten unter den Kar: 
dinälen zu ſeinem Nachfolger vorſchlug. Daß Aleſſandro Farneſe Die Zuneigung von 
ſechs im ihren Zielen fo wenig übereinſtimmenden Päpſten su gewinnen gewußt, iſt ein 
Jeichen ſeiner gewaltigen diplomatiſchen Befähigung, Die ihn mit ebenſo großer Geſchid⸗ 
lichkeit wie Vorſicht ſowobhl zwiſchen den verſchiedenen Parteien im Kardinalkollegium als 
auch zwiſchen den beiden ſich bekämpfenden Mächten, Deutſchland und Frankreich lavieren 
ließ. Die Ztnatsflugbeit, oder ſollen wir vielleicht richtiger ſagen, Die Verſtellungskunſt 
des Kardinals Farneſe, Die dieſer unter allen ſeinen geiſtigen Gaben, mie Sarpi ſagt, 
ſelbſt am höchſten ſchätze, die umfaſſende Bildung, Die große Beliebtheit desſelben beim 
romiſchen Volke, lentten Die Blicke der am 11. Oktober 1534 ins Konklave eintretenden 

Kardinale auf ib, Dem nur eine Eigenſchaft abaina, Die Dem Haupte der geſamten, zum 

Colibat verpflichteten. Geiſtlichkeit zum befonderen Schmucke gereicht bätte, Die Keufchbeit. 

Mogen aud Die feinen vLebenswandel brandmarfenden Nachrichten der Zeitgenofjen über: 

s5 trieben ſein, ſo iſt es doch ſicher, daß ihm vier Kinder geboren wuren, von denen in‘ 
beſondere ſein Sobn Pier Luigi, ein winter, ſittenloſer Geſelle, eine traurige Berühmtheit 
erlangt bat; war er doch nit feiner, ven ſeinem Vater genährten, von dem Kaiſer aber 
nicht befriedigten vandergier der Ztein des Anſtoßes, an dem alle Pläne Karls V., das 
im Glauben getrennte deutſche Reich zur Einbeit zurüdzuführen, zu jralle famen. Es ift 
eo fur Div Art und Were, wie Janſſen Licht und Schatten zwiſchen Natbolifen und Prote 
ſtanten im ſeiner „Geſchichte Des deutſchen Volles x.” verteilt, ſehr inſtruktiv, daß er, 


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\ ed Da Tr ee nun allerdings nit zu venrumker. nu 
„Ser %smeticnzvorfchlag zur Begutachtung überna ig 
S an. gunz zeigte. Ein Unglüd für die Kirche abe mer es, 
. Im Wideritand der Rardinäle ſtieß, die Reform de Kurie 
—6 na Dadurch erregte er in Teutichland, welche: durch 
‚ie Ziraßburg 1537 berantalteten Trud den Rariduas der 

.. ser Den Argwobn, daß die Berufung diefer Heinen. ac 

se Na Kurie beitebenden Reformverjammlung ein Scheinmsr:wt 

„us je emendanda ecclesia brachte Yutber, der & 17 nd 
einer Vorrede und mit Anmerkungen verjah, mm: ur: 

a dieſes Zeugniſſes der Nichtigkeit feiner Ausitellunaen an It 
ara nen, nannte er Die Mitglieder der Kommiſſion, in pölliger 
unmrsesyn „dersiveifelte Buben, Die mit Fuchsſchwänzen die Kirde 
won. 2 den Kardinälen gilt, reformieren wollen”. Seiner Iheimung 
nd sur Det Schein gegeben, alö ob er den römischen Hof um 
San ser das Konzil glaube, es fei nun an der Kurie nichrä mehr 
wa dagen, Eimbid in Das Gelamtverbalten des Papftes zu der Re 

— 3. gewinnen, muß man ji die Werichiebenbeit der Motive, Die 
x wentglieder leiteten, klar machen. satten ein Gontarini, Sadole, 
vodesahl mit Der proteſtantiſchen Rechtfertigungslebre gemonnen, jaben 
nern religivſen Auffaſſung mit Beichämung und Trauer auf De 
eng Mitzſtande, war ſomit Die Reform der Kirche ihnen ein Herne 
atyw Paul III. Die aud von ibm teilweiſe erfannten Schäden und 
N. ea Reiorm und Konzilsfrage mehr von einem firchenpolitifchen Stand⸗ 
> Kauckfuhrung der Abgefallenen zur römiſchen Kirche, die Wiederber⸗ 
‚ideen Anſehens in Deutſchland ſchienen ihm nur dann einige Ausſicht 

et ebag a haben, wenn man im Prinzipe Reformen zugeſtehe und wenn bad 
U ae geforderte Konzil Die Beilegung Des Kirchenſtreites unternebme. 
lt Der Nepotismus feinen unbeimlicden Cinfluß in immer ftärterem 
Gr DL auszuüben, und die kirchlichen Intereſſen und Ziele desſelben 
bt de Wand zu Drüden. Um feinen Enkel Ottavio Farneſe mit Gamerino aus 
vet Ryan Ab Der Papft in einen Krieg mit Dem Herzoge von Urbino, der 1540 
a apbanat Erwerbung Diefer Stadt endigte. Einen größeren Gewinn aber ale 
vorne Gamerinvs dem Hauſe Farneſe brachte im gleichen Jahre die Gewährung 


36 Paul ILL, Papſt 
ag den Sg rd he „Berkünd’ in beil’gen Werfen und in hehren, den milden Sinn, 


Ale an 26. Mai 1541 d des tte, III. 
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iegen, ihm die Berleibung der B In zugeftanden, fo rief jet der am 1. Fer 
N 1543 Kapitel und lerus von $ Im gegen den ber —— ich suvenbenben 


‚ das feinen Urheber aller F en Gnade unwert mache, 


Bun Bermittl Mel, en ei dem damals oil * beiden Sup tern ber Chefin 
— a 2 
4 angetbane ſchwere ele nden. Seinem — ie Züg u 
te er ſich um jo — ern ald Karl V. in dem ie Sünel (dich R —— 
10. Juni 1544) —— den — große Zugeſtändniſſe, * da find: 6 
it des Nechtes, Zuſammentritt eines „Freien“ Konzils, Reformation der Kirche, 
atte. Unerhört waren die Vorftellun gen, die Paul IL wenn — 1544 an ben Raije 
tete; wie mußte diefem das Blut zu 1 Sen und Kop wenn er ſich in 
reiben des Papftes in Parallele geitellt fah zu ven joe Vefegem der aid 
von "Nero und Domitian bis auf Heinrich IV, und Frievrih IL Wohl hat ber Kaiſer, 
um nicht den Protejtanten das öffentlihe Schaufpiel einer beftigen Fehde mit bem Ober: 
baupte der Kirche zu geben, von einer offiziellen Beantivortung dieſes Briefes Abſtand 
65 —— Kaum aber erhielten die Proteſtanten Kunde von dem ſchroffen Auftreten 
on Chi gegen Karl V., als fi Luther und Galvin zu Sachwaltern des ne in 
— riften aufwarfen, die über die Anmaßung Pauls m die Geißel 
ttes ſchwangen. Endlid wurde der Papſt getvahr, tie ſehr er ſich, feinem Safe 
und ber Kirche durch ſein dem * gegenüber eingeſchlagenes Verfahren ſchadete 
co beſchloß einzulenken; am 7. November 1544 fertigte er die Bulle aus, die das ſuspen— 





38 Paul I, Bapft 


Sieg der deutfchen Häretifer. Nun nahm er auf die Münfche des Kaiſers in Betreff der 
Kirchenverfammlung feine Rüdficht weiter, er verlegte diefelbe 1547 nad) Bologna ; ver- 
eblich forderte Karl V. die fchleunige Rückkehr der Konzilsväter nah Trient; feine an- 
Itende Weigerung, diefem Begehren ag u geben, ſowie fein gefamtes, antifaiferliches 

5 Verhalten mußte der Papit ſchwer büßen. Da nänlih Pier Luigi Yarnefe immer neue 
Intriguen gegen Karl V. fpann, ging dieſer jebt auf den Vorfchlag feines Statthalters 
in Mailand, Ferrante Gonzaga, bereitwillig ein, jenen zu ftürzen und deſſen Beligungen, 
Parma und Piacenza, ans Reich zu bringen. Bei dem von Gonzaga in Piacenza an: 
gezettelten Aufſtande ward Pier Luigi ermordet. Gonzaga nahm im Namen des Kaiſers 
10 von Piacenza Befit, ohne jeden Erfolg forderte der über den Tod feines Sohnes tief 
betrübte Papft die fofortige Zurüdgabe der Stadt an feine Familie. Er ſchwor Rache 
nehmen zu wollen, felbft wenn er darüber zum Märtyrer werden follte. In feiner Er- 
regung redete er ſogar einer Verbindung Frankreichs mit den Türlen zum gemeinjamen 
Angriff auf Neapel das Wort. Die Hoffnung, daß es ibm im Anfchluß an Heinrich UI. 
15 von Frankreich — Franz I. war im März 1547 geftorben — doch noch gelingen werde, 
jein Haus zu Ehren zu bringen, ließ Paul III. die Nachricht, daß fich die Proteftanten 
einem Konzile unteriverfen wollten, fowie die Aufforderung des kaiſerlichen Gefandten 
vom 9. Dezember 1547 überbören, die Kirchenverfammlung von neuem in Trient zu er 
öffnen und die Beſchickung derfelben den Proteitanten dadurch zu ermöglichen, daß ihren 
20 bisherigen Beichlüffen die bindende Kraft genommen werde. So ward Karl V. gezwungen, 
die kirchlichen Verhältniſſe in Deutfchland felbftftändig auf dem Augsburger Neichstage 
1548 durch das fogenannte Augsburger Interim (ſ. d. A. „Interim“ Bb IX, 210 ff.) zu 
ordnen. Nachträglich ward die Zuftimmung des Papſtes zu den bier den Proteftanten 
eingeräumten Zugeftändnifjen in Betreff der Priefterebe, des Laienkelches und der Faſten 
25 verlangt, jedoch von dieſem erſt nach langen Verhandlungen und zwar nur infolge davon 
gewährt, daß er ſich damals in feinen italieniſchen Plänen von Frankreich nicht energiſch 
genug unterjtügt glaubte. Am 31. Auguft 1548 entſchloß ſich Paul III. drei Aommitlän 
nad Deutſchland mit der Vollmacht zu fenden, Dispens in den drei von Kaiſer ge 
forderten Punkten zu erteilen. Tod batte Karl V., um dieſes Ziel zu erreichen, N 
30 verpflichten müſſen, die weitere Rirchenreformation einer vom Papfte nad) Rom einzu: 
berufenden, aus wenigen Mitgliedern bejtehenden Prälatenverfammlung anzuvertrauen. 
Es iſt Schwer zu enticheiden, wer von beiden bei biefem Kompromiß ber unehrlichere 
war, ob der Papft oder der Kaiſer. Jener, der dur feine Zugeftändnifje die Zurüd: 
gabe von Piacenza an feine Familie zu erreichen hoffte, erflärte im Geheimen, er werde 
35 die Vollmachten an feine Kommiſſäre fhon fo zu ftellen willen, daß fie ihm zur Er 
füllung feines fehnlichiten Wunfches dienlich feien. Daher zeigten ſich auch feine Ab- 
gefandten in ihren Unterhandlungen mit dem Kaifer nur dann zu einigen Stonzeffionen 
in der Religionsſache bereit, wenn fie faiferlihe Zugeſtändniſſe in der italienifchen An: 
gelegenheit gegen diejelben eintaufchen konnten. Daß es aber Karl V. an der wünſchens⸗ 
0 werten Offenheit fehlte, geht aus feinem Verhalten zu der von ihm gutgeheißenen rö⸗ 
miſchen Reformkommiſſion hervor. Die dem Zufammentreten derſelben entgegenftehenden 
Hindernifje wußte er eber zu vermehren, als binwegzuräumen. Sin diefem Intriguen⸗ 
ſpiel erlitt ſchließlich die päpftliche Politif eine ſchwere Niederlage. Am 12. Juni 1549 
gab der Kaifer feinen Entſchluß fund, nicht nur Piacenza dem Enkel des Papſtes nicht 
45 herauszugeben, fondern audı noch auf Parma feine Hand zu legen. Und al nun um 
die Zeit Heinrich II. von Frankreich Paul III. eine gegen Karl V. gerichtete Liga unter 
der Bedingung antragen ließ, daß Parma dem Ottavio Farneſe entriffen, jeboch dem 

. Bruder desfelben, Horazio, dem der König feine Baftarbtochter zur Ehe geben mollte, 
übertragen werde, da war der Papſt für ein neues Zuſammengehen mit Frankreich ges 
so wonnen. Paul III. wußte auch in diefem Falle feinen Nepotismus gefchidt zu mass 
fieren. Wie früher Piacenza und Parma für Camerino eingetaufcht worden waren, fo 
jollten jett Diefe beiden Städte angeblib an den Stuhl Petri zurüdfallen, Gamerino aber 
bon neuem in den Beſitz des Ottavio Farneſe übergeben. Durch dieſen Tauſch glaubte 
der Rapft ein Doppeltes erreichen zu fünnen. Die beiden Streitobjelte, Piacenza und 
55 Parma, wollte er vorläufig dem Kaiſer, der fie wohl dem Haufe Farneſe, aber ſchwerlich 
der Kirche vorenthalten könne, entreißen und dann diefelben, fobald die Liga mit Franl- 
reich zum Abſchluß gekommen, ſeinem Enkel Horazio, als dem Schwiegerſohne Heinrich IL, 
überlaſſen. Doc dieſer ganze Plan hatte zu feiner Vorausſetzung die Unterwerfung des 
Ottavio Farneſe unter den Willen des ihn feiner Befigungen beraubenden Großvaters, 
co er aber widerſetzte fich, trat fogar, um ſich Parma, weldes der Papſt bereits für die 


40 Faul IV., Papft 


war, umgeben, und fchon früb follen ſich hervorragende Geiftesgaben ſowie außerordent: 
liche Tugend und Frömmigkeit bei ihm bemerkbar gemacht haben. Durch den Umgang 
mit feiner acht Jahre älteren Echweiter Maria, die Dominifanerin wurde, und Durch die 
eigene Neigung veranlaßt, wollte er fchon ala Knabe in das Klofter eintreten, troß der 
lodenden Ausfichten, welche ihm als dem Neffen eines Erzbifchof8 und eines Kardinals der 
böbere Kirchendienft eröffnete. Mit Gewalt mußte der Water ihn aus dem Dominikaner: 
tlojter in Neapel zurüdbolen (1496), um feine Ausbildung im Griechiſchen und Latei⸗ 
nischen, in Rhetorik, Philoſophie, Theologie und im kanoniſchen Recht vollenden zu laſſen. 
So vorgebildet trat Giampietro 14194 in den Stand der Weltgeiftlichen ein; alsbald 
» wandte er fih nah Rom, mo fein Oheim, der Kardinal Oliviero Caraffa, ihn in fein 
Haus aufnahm und ihm die höhere kirchliche Laufbahn erfchloß. 1500 trat er in den 
Dienit bei der Kurie ein, zunächſt als Kämmerer Aleranders VL, nachdem ihm durch 
den heim fchon mehrere Pfründen zugemiefen worden waren. Unter Sulius II. bebielt 
er diefe Stellung bei und ward 1503 Protonotar, 1504 Bifchof von Ehieti (Theate) in 
15 den Abruzzen, ohne dort vorläufig Reſidenz zu nehmen. Als tie brauchbar Julius II. 

ihn anfab, ergiebt fi) daraus, daß er ihn 1506 als feinen Nertreter nad) Neapel fchidkte, 

um Ferdinand den Katholiichen, der von Barcellona dortbin kam, zu bewilllommnen, ob: 

wohl der junge Bifhof dem Haufe der Montorio entiftammte, welche fich jtets den 

Spaniern Finblic erwieſen hatten. ‚Freilich, die politifche Miffton fchlug fehl — die 
2») Zahlung des von der Kurie ala Anerkennung des Lehnsverhältniſſes Neapeld zu Nom 
verlangten jährlihen Tributes fehlug der König von Spanien ab. Des Hoflebeng über: 
drüſſig, vielleicht auch durch das Fehlſchlagen der Miffion veranlaßt, kehrte Caraffa nicht 
nach Rom zurüd, fonvern bielt im Juni 1507 feinen Einzug in fein Bistum Chieti. 
Dort fand er fchlimme Zuftände vor; Mangel an firhlibem Einn zeigten ſelbſt die 
Klerifer. Mit fefter Hand griff er die „Reform“ an, und Sabre lang bat er unter den 
größten MWiderwärtigfeiten gewirkt. Erſt als das Lateranfonzil von 1512 verfammelt 
war, folgte der Theatiner-Bifchof dem Rufe nad Nom, um dort als Vorſitzender einer 
Kongregation zu fungieren. Leo X. ſchickte ihn als Legaten nach England; in dieſem 
Lande follte er den Tribut einfordern, welcher, oft Beftritten, doch thatfächlich fett Jahr⸗ 
. 30 hunderten dem römischen Etuble bezablt wurde, und welcher von feinem PVerfalldtage 
29. Juni) den Namen des Peterspfennigs trug. Auf der Rückkehr traf C. in den 
Niederlanden am Hoflager der Erzberzogin Margaretha von Ufterreih den Dominikaner 
Juan Alvarez de Toledo, den Zohn des Herzogs Friedrich von Alba, mit dem ihn bald 
die UÜbereinitimmung der Anfichten von dem, was der Kirche not thue, zu enger freund: 
jchaft verband. Da C. inzwilchen vom Papfte den Auftrag erhalten hatte, den König 
serdinand für ein allgemeines Bündnis der chriftlichen Kürten gegen die Türken zu ge 
winnen, fo eilte er nad Spanien. Sivar auch diesmal fcheiterte feine Miſſion, weil das 
Auftreten Kranz I. von Frankreich die größten Beſorgniſſe um den Beſitz Neapel bei 
dem alten Könige von Spanien bervorrief und eine Vereinigung gegen die Türken un: 
möglih machte; allein perfönlich batte G. fih des königlichen Wohlmollend zu erfreuen, 
und um ibn am Hofe zu balten, übertrug man ibm das Amt eines Vize-Großkaplans. 
Für 6. ift Diefer mehrjährige Aufentbalt in Spanien nad zwei Seiten bin von maß: 
gebender Bedeutung geworden. Einerſeits bat er bier aus eigener Anjchauung die aus: 
gedehnte und Starke Strömung fennen gelernt, welche feit dem Ende des 15. Jahrhunderts 
innerhalb der ſpaniſchen Kirche mächtig und auf das beivußte Ziel gerichtet war, nach außen 
bin der Nirche den Glanz und die Macht zurüdzuerobern, welche fie in den günftigften 
Perioden des Mittelalters beſeſſen, ſowie im innern die Zitten zu befjern und das Dogma 
und alle Einrichtungen unabänderlich jo zu geftalten, wie ein Thomas von Aquino fie 
abſchließend frjtgeltellt batte. Auf der anderen Seite follte bier ein feindliches Verhält⸗ 
ms zu Dem ſpaniſch-habsburgiſchen Fürſten, wie es tpäter feinen Bontififate die Signatur 
gegeben bat, bereits jene Wurzeln fchlagen. Denn am fpanifchen Hofe ſah er ſich troß 
jener Amtsverleibung zurüdgejegt. König Ferdinand hatte nur gewünfcht fih GE. zu be 
dienen, um den Beſitz Neapels für fen Haus um fo mehr zu fichern. Nocd von dem 
Totenbette aus foller in ibn, dem als einem Angebörigen zweier vornehmer neapolitanifcher 
Familien er nicht geringen Einfluß zutraute, gedrungen fein, daß er feinen Einfluß zu 
gunften der fpanifchen Erbfolge anwenden möge. Vergebens — ber Bilhof blieb auf 
jetten der Aragoneſen, obwobl dadurd feine Stellung am Hofe unleivlih wurde Zu 
dem im Serbjte 1517 anlangenden jungen Könige Karl wußte er noch weniger freund- 
liche Beziebungen zu gewinnen; die tiefe Verbitterung fteigerte fih ibm gegenüber zu 
o Schlecht werbehltem Haß, und die kränkende Übergebung C.s bei Ernennung des neuen 


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42 Paul IV., Bapft 


er. nun noch dreißig Jahre mit nie ermattendem Eifer geführt bat. Für den Senat verfaßte 
er em (Hutachten, „wie man fich in kirchlichen Tingen zu verhalten habe” und jtellte Da- 
bei den Satz an die Spige: „man folle vornehmlich die Aufmerkſamkeit darauf richten, 
die Meßereien zu züchtigen, und fih fern balten von jener Veit, Die nicht allein die 
Seelen morde, fondern auch ſtark genug fer, felbft cin großes Staatsweſen zu zeritören”. 
1932 jandte C. dem Papfte einen Bericht über notivendige Reformen im Kirchen: und 
Kloſterweſen und über das Überhandnehmen der Keßereien ein, welcher in mehreren 
Punkten an feine früberen Reformverſuche anfnüpft, dann aber bezüglich des Vorgehens 
gegen Meger eine Sprade führt, die an Deutlichkeit nichts zu wünſchen übrig läßt. 
„Neger find Ketzer,“ jagt er, „und man muß jte als foldhe behandeln. Nenn aber 
Ew. Heiligkeit ſich fo weit erniedrigt, an fie zu fehreiben, ihnen fchmeichelt und Jich ge: 
wiſſe Zugeſtändniſſe von ihnen entloden läßt, jo tt das der Meg, um fie nur nod) 
mehr zu verhärten und ihre Zahl von Tag zu Tag wachſen zu machen. Möchten doch 
Ew. Heiligkeit um der Ehre Gottes und der Pflichten Ihres Amtes willen ein Seil: 
mittel ausfindig machen. In Zeiten dringender Not wie die gegenmwärtige darf man 
ſich nicht in den alten Gleiſen weiter beivegen, jondern muß äbnlich wie im Kriege täglich 
auf neue Mittel und Wege finnen”. Dieſes in mehrfacher Hinſicht höchſt belangreiche 
Aktenſtück zeigt klar das Ziel, auf weldes C. losſteuert: feine Verjtändigung mit den 
Ketzern, ſondern Anwendung der roben Gewalt! Es war Har: Ram C. zu maßgebendem 
Einfluſſe, jo war an eine friedliche Auseinanderjegung mit den Proteftanten nicht mehr 
su denen. 

Und doch ſchien der Ruf nad Reformen und zivar nad foldhen, die zur Ver: 
ſtandigung hätten führen Fünnen, noch einmal durchdringen zu follen. Nach dem 1535 
ertolaten Tode des unentfchloffenen Clemens VII. beitieg Paul III. den päpstlichen Stuhl. 
Neben anderen durch Gelehrſamkeit bervorragenden und zum Teil uns ſchon als Mit- 
alieder Dee „Uratortums der göttlichen Liebe“ befannten Männern berief er auch C. nad 
Rom und befleidete ihn mit dem Nardinaldpurpur. Von neun ausgewählten Prälaten, 
darunter G., lich Paul IIT. em Gutachten ausarbeiten, welches unter dem Titel „Con- 
silium de Emendanda Ecclesia“ ſchon 1537 durch Indiskretion veröffentlicht wurde 
und welches den legten Verſuch nach der angegebenen Nichtung bin bezeichnet. 28 Schäden 
der Kirche reip. ıbrer Leitung werden bier aufgezäblt und die Heilmittel dazu in Vor: 
ichlag gebracht. An mehreren Stellen glaubt man, wie denn auch Garacctolo ihm die 
Redaktion zuſchreibt, C. ſelber reden zu bören, der in früheren Vorfchlägen und beſonders 
in Dem Verichte von 1532 äbnliches niedergelegt bit. Fünfundzwanzig Jahre Tpäter 
bat Das Trienter Konzil tharächlich in mehreren wichtigen Punkten die bier verlangten 
Reformen Der Sitte Durduetubrt: C. war Damals nicht mehr unter den Lebenden — aber 
ſeme mit nie ermudender Energie immer wieder vertretenen Gedanken find es, die in den 
Mesiplinariichen Reformkapireiln des Konzils endlich zum Yustrag kamen. Im übrigen 
ſellze audı Das „Contlium” obne fofort zu Tage tretende Frucht bleiben. Die Pro: 


teitanten Iperteten, daß man den Gebrechen Doch nicht frifch zu Leibe gehe -- Paul III. 


aber und Me Mebrzabl Der Kardinäle bielten die Vorfchläge für zu radifal. Sa, noch 
Idlmmer. Ta der Want fuch jetzt ſelbſt von der zur Vermittelung geneigten Reform: 
partei abivandie, fd lm we damit einen Stoß, der ihr allen Einfluß nahm. Nur nod 
men essen Vera har fie, den edlen Gontarim an der Zpiße, gemadt, um zu 


inedlicher Ausemanderickana mit den Jroteftanten zu gelangen --- das Regensburger 


Neigienſgerrace von 1341. Auf die bobe Bedeutung desſelben bat Ranke zuerſt bin- 
scrafn Se Ziele per decher Verſuch bekanntlich auch nicht geführt. Im Gegenteil, 
zehn die Megenatdurger Sedondlungen baben der reaftionären Partei der Intranfigenten 
a don Neo Wrienender ade, ein verhängnisvolles Übergewicht zu erlangen. Und fein 


nderer Rs Bas on ir älibender Weiſe mitgewirkt wie C., für den in dem „Gon: 


ENTER Weiue ar ausgleichenden Reformen beſchloſſen geweſen war. Seit 
Sn SSBEnT wor Narr fih an die Spitze der ſchroff reaftionären Partei geftellt 


SSL sen We Zuan de Toledo, der jegt Grzbiichor von Burgos war und 
2.2 > zn Sinlarsae angehörte Durch feine Theatiner lieh GC. im Lande jeder 
2.2 rn sn vweligiöſen Gebiete nachſpüren; einem Ochino wußte er fchon 
enhe. das agent zeitweiſe zu unterjagen; die Abfichten Gontarinis auf dem 

1.75 Geinrae er zu Falle. Mehrfach lieh er Tag um Tag Berichte 


2... Irsbrertune We weh Vehren in Italien an Paul III. gelangen. So drängte 
ron One -- am >21. Juli 1912 erging Die Bulle Licet ab initio, 


2200 De Dun Mach ſpaniſchem Muſter veorganijiert und in Rom das 


u Paul IV., Papſt Paul V., Papſt 


formalen Das jeſuitiſche Inſtitut begüngſtigte er in einer Weiſe, daß ein Mitglied 
Welchen au Die Theologen der Sorbonne ſchreiben konnte: „Mas ſoll ich von unſerm 
ya IV hen? Er bat von Anfang an unfere Sache fo fehr begünftigt, daß Diele 
la hun den Ztifter unſerer Geſellſchaft balten“ (Orlandini I, 15). Paul IV. ftarb am 
ab Munyult 15N, indem er den berbeigerufenen Nardinälen noch mit dem iepten Atem: 
Alu bie IAnquiſition ans Herz legte. Kaum mar die Nachricht von feinem Tode in Rom 
verbietet. ſo vottete ſich der Pöbel zufammen zu einer obnmächtigen Demonitration 
www ber ls den runder des Sant' Uffizio. Man ftürmte das Haus besfelben und 
briretle die Geſangenen: auf Dem Mapitol warf man die Statue des Papftes aus dem 
ve kraltın und ſchleppie Den abgemeißelten Kopf Durch Die Gaſſen. Als aber am folgenden 
Ir bie Yande in der pauliniſchen Kapelle ausgeſtellt wurde, drängte fi doch ganz 
Rom bderber. um den groken Papſft noch einmal zu ſeben, welcher der ganzen gleich 
winter und ſolgenden Entwickelung des katholiſchen Kirchentums den Stempel ſeines 
Wentes und ſemo Wollen auigedrückt bat. Beurath. 


XJ Raul V., Rapit ven u0cb 1621. — Litteratur: Bzovius, Vita Pauli V., Romae 
ey amd an Der Auogade von Platinas Historia de vitis Pontif. Rom., Coloniae 
\eoppiuae tg du: Rarozziu. Berdet, Relaz. della corte di Roma, Venezia 1877, 
I Ye Atwenbrotn in den Senezianijhen Irrungen jind gejammelt in Raccolta degli 
“alte web per te Stampe di Ven. et Roma ctc., Coira 1607; P. Sarpi, Interdicti 

v \enett hist, Vuntabrar 1726, dazu reihes Material im Benet. Archiv; Cecchetti 
la Repaoate Vermwata ce la orte di Roma, Bd II (Venedig 1874), 4037. Bgl. bie Lit: 
wann um Winde Satpi. Richer, Libellus de ecclesiastica et politica potestate, Colon. 
te oe de Zresthbeiiten des Bellarmin und Suarez jiehe die betreffenden Artitel; 
au N Beer Bears opera, edita ab Jac. Montacuto, London 1619, 7 2378q. Die 

alt Puunid weden ud bei Cherubini, Hullarinm magnum, tom. III, p. 189g; 
Werenup \tanrei res gestae Pontif. Rom. ebdiert von Aug. Oldoinus, Romae 1677, 
ii tap Pu'utiuv. Giwsta Pontif.. Rom. t. IV, Venetiis 1688, p. 493 8q.; Heidegger, 
sm guapuaiun  Amstelaentami 1695, p- 321q.; Xe Blanc (Hyacinthe Serry), Historia 
ae anna divinae gratiae, Lovan. 1700; Theodorus Eleutherius (Livinus 

eh Nana Bhianezaa venttrenersiarum de divinae gratiae auxiliis, Antwerp. 1708; Sandinus, 
Via Peaa Ben, pass Al, Ferrariae 1763, p. 677 sq.; Histoire du Pontificat de Paul. V. 
Kai: er, voll. Tehtodd. Chriſtl. Kirchengefhichte feit der Reform., 3. Th., Leipz. 1805, 

>» en Vingard. Mint. of England, t. IX, Paris 1826, p.8lsgq.; Cornet, Paolo V. e 
tee Venen, Wien ISO; Werner, Franz Suarez, I, Regensburg 1861, ©. 82. 
type äitisn Histers of Engl. 1603— 1616, London 1863, p. -78egg. ; Retrucelli della 
won. Hieteite diypleanatigue des Conclaves, 2. vol., Paris 1864, p. 452sq.; Nante, Franz. 
wo bw ION 5 Ui: S. 1325 dv. Neumont, Gefchichte der Stadt Rom, Il 
man IS, We Ranke, Engl. Geſchichte, II, 3. Aufl., Leipzig 1870, ©. 53 ff.; 
kan \altind IN nd Philipp II., 1. X1., Berlin 1870, S. 354 ff. 2. Bd, Berlin 1873, 
oe N Bei ING, ST fi Cappelletti, J Gesuiti e la repubbl. de Ven., Ven. 
wen Pa romenben Rüpijte, 2. Bd und Analekten; Feret, Le Cardinal Du Perron, 


1J nn wanna, Weib, Geſchichte des Kirchenitaates, 1. Bd, Gotha 1880, ©. 851 ff.; 
> nn du Vrntenung der thom.zmolinijt. Kontroverfe, Freiburg 1879; derf., Die 


A owaleinag der them. moliniſt. Kontroverje, Freiburg 1880; Neufch, Der Inder der 

on Eos, 0: Die Kontroverfe De auxiliis (S. 298. -304). Bgl. die Litt. zum 
N a So NHL. S. 256f.). — Ueber den Streit mit Qenedig vgl. Reuſch a. a. O. 
m Ay bertens des englifhen Treueides ebd. E.327ff.; über die Benfurierung 
"ante Kiuitlieud ebd. S. 341ff.; iiber Nicher ebd. S. 355 ff. 


ende Yanabee war am 17. September 1552 in Rom geboren. Sein Water, 

wertttenseluädetat ſich eines großen Anſehens bei der Nuric, befonders mährend 

bee But IV, erfreute, Tieß ibn in Berugia Philoſophie, in Padua Jurispruden 
u Nunbantinung mit dem fanonifchen Recht ift von entſcheidendem Einfl 

en iynyı Nonftellungen geworden. Sie bat ihn gewöhnt, in dem Bapfte einen 

ih walten Nollmachten und weltlicher Nechte ausgeftatteten Stellvertreter 


min hin Mille Geſetz für die kirchlichen Mürdenträger wie für die Könige 
rat han Voll. Mach Mom zurüdgelehrt, wurde Borgheſe Abbreviator, dann 


ns ahacın. nanaturae, und 1588 Bicelegat in Bologna. Als fein älterer Bruder, 
au bin Stelle eines Auditor Camerae für eine gewaltige Summe von der 
talk Due. Murb, verlieb Gregor XIV., um diefen twenigjteng über den Gelb: 
Yo ae ostten dem Camillo das erledigte Amt. Ihn fandte Clemens VIII. alg 
na batere tmub Zpanten, woſelbſt er die ihm erteilten Aufträge fo fehr zur Zus 
etossese Papflev auoführte, daß dieſer ibm bei feiner Rückkehr 1596 den Purpur 


46 Baul V., Papfl 


leihung von Pfründen, mit Genua wegen Beeinträchtigung der Jeſuiten, mit Lucca in: 
folge einer Einſchränkung der Machtbefugnifie päpftlicher Beamten, ja fogar mit Neapel, 
das fich Eingriffe in die Gerichtsbarkeit der Kurie erlaubte, zu einem glüdlichen Austrag 
gebracht hatte, fo hoffte er auch Venedig, das ihn mit einigen auf Grundlage alter Be 
6 ftimmungen wiederholten Geſetzen, die binfort den Bau neuer Kirchen, die Ei 
neuer Orden ohne vorangegangene Genehmigung des Senates der Republit (26. März 
1605), ſowie den Verkauf von Liegenichaften an den Klerus unterfagten, noch mehr aber 
durch die erhafnng zweier der ſchändlichſten Verbrechen angeklagten Geiſtlichen, in Zorn 
verſetzt hatte, durch Androhung und Anwendung geiſtlicher Zenſuren zur Einſicht feiner 
10 Vergehen gegen den apoſtoliſchen Stuhl zu bringen. Er forderte die Zurücknahme der 
von der Hepublit getroffenen Beitimmungen ſowie die Auslieferung der eingekerkerten 
Kleriker. Als dieje beides verweigerte, erflärte Paul V. die von ihr erlaflenen Geſetze 
für ungültig, und drohte für den all, daß die beiden Geiftlichen ihm nicht fofort über: 
geben würden, mit Bann und Interdikt (10. Dezember 1605). Am 17. April 1606 
156 wurden Doge und Senat gebannt, das venetianifche Gebiet mit dem Anterbift belegt, 
eine leßte kurze Bedenkzeit der Republik gereährt. Wie ftellt fi) nun diefe zu den Maf- 
nahmen der Kurie? Einen begeilterten Vorkämpfer feines guten Rechtes fand der Senat 
derjelben an dem venetianifchen Eervitenmönde Paolo Sarpi (f. d. Art.), der in feinem 
mit Geift, Hohn und ätender Säure verfaßten Streitjchriften dem Papfte jede meltliche 
20 Jurisdiktion, ſowie dem Klerus im allgemeinen fein angeblich auf göttlicher Veranftaltung 
beruhendes Anrecht auf eine ftaatlihe Ausnahmeftellung abſprach. Mit gleichen Ent: 
ſchiedenheit verteidigte der Senator Duirini die Republit in einer glänzenden Abhandlung. 
Allerdings fand auch die Kurie federgetvandte Vertreter ihrer Forderungen, die fich ie 
Bellarmin und Baronius bereit zeigten, die legten Konfequenzen derjelben zu ziehen, und 
26 nicht ferne davon waren, im Stellvertreter Betri den Univerſalherrſcher des Erdkreiſes in 
geijtlichen wie weltlichen Dingen zu verehren. Es fcheint aber beinahe, als ob die Kurie 
ſelbſt gefühlt habe, wie wenig ftihhaltig die Gründe ihrer Freunde zu Gunften der aus: 
gedehnten Machtkompetenz der Päpfte gervefen, denn tieberholt erfuchte fie den Senat 
der Republik — nad Ausfühnung mit derfelben —, die meitere Verbreitung der von 
so feinen Verteidigern verfaßten Schutzſchriften zu unterfagen. Doch ber ganze Streit lief 
ichlieglih auf eine Machtfrage hinaus! Wem werben die Priefter und die Orden ge 
borchen, dem Papſte, der ihnen die Verkündigung des Interdiktes gebot und während der 
Dauer desfelben die Abhaltung des Gottesdienftes unterfagte, oder der Republik, die von 
ihnen die Nichtbeachtung des Interdiktes und demgemäß die Fortführung des Gottes⸗ 
35 dienſtes und der Sakramentsverwaltung forderte? Der fiegesgerifie Papſt ſah fih in 
allen feinen Erwartungen getäufcht ; die Verfündigung des Interdiktes unterblieb, der Gottes: 
dienjt warb gehalten, auch die Orden, mit Ausnahme der Theatiner, Jeſuiten und Kapu⸗ 
ziner, die nun zur Auswanderung genötigt wurden, verfagten dem Papfte den Gehorfam. 
Schon dachte Baul V. Venedig den Krieg zu erflären; zu diefem Zwecke legte er Steuern 
0 auf, ließ filberne Kirchengefäße einſchmelzen, Truppen werben und ſuchte nad) Bunbes- 
genoffen; erklärte fi auch Spanien bereit, für den Papft das Schwert zu ziehen, fo 
waren doch die Anerbietungen diefer Macht nicht ernftlich gemeint. Unter ſo bemandten 
Umftänden mußte der Papft ſich glüdlich fchägen, als Frankreich feine Bermittelung anbot. 
Der Rüdzug der Kurie zeigte ſich nun auf der ganzen Yinie des Gefechtes. Wünſchte 
45 der Papſt die ausdrüdlice Aufhebung der beiden venetianischen Grlaffe, fo ließ fich die 
Republik nur zu der Erklärung berbei, fie werde fich bei der Durchführung derjelben mit 
gewohnter Frömmigkeit benehmen, und veriveigerte jede nähere Erklärung dieſes vieldeus 
tigen Saged. Berlangte die Kurie die Auslieferung der beiden Geiftlichen, jo übergab 
die Signorie diefelben nicht dem päpftlihen Bevollmächtigten, fondern dem ranpöfifegen 
60 Geſandten, inden fie die Erklärung abgab, daß das Necht der Nepublif, über die Ver: 
brechen des Klerus zu richten, dadurd feinen Abbrg erfahren ſolle. Paul V. mußte 
ferner alles daran liegen, den Jeſuiten die Rückkehr nach Venedig zu ermöglichen, die Re⸗ 
publik aber war nicht dazu zu bewegen, dem Orden, der ſich ihren Geboten widerſetzt, 
wieder zu Gnaden anzunehmen; noch fünfzig Jahre blieben die Jeſuiten von dem vene⸗ 
65 tianiſchen Gebiete ausgeehtoflen. Nirgends aber trat die Niederlage des Papſttums in 
dem Kampfe mit der Republik fo offenkundig zu Tage, als in der von legterer mit Zähig⸗ 
feit wiederholten und ſchließlich auch durchgeſetzten Weigerung, vom Papſte die Abjolution 
zu empfangen: diefelbe fer nicht nötig, weil Bann und Interdikt Pauls V. in diefem Falle 
ungültig geweſen. Am 21. April 1607 gab Kardinal Zoyeufe im Namen des Pap 
co vor dem Dogen und der Signorie allerdings die Erklärung ab, daß die Kurie alle ihre 


48 Paul V., Papit 


Doc bald verhalfen die ertreinen Beftrebungen des Papftes nad) Ertveiterung feiner 
Macht über Könige und Kommunen einer die Grundlagen päpitlicher Gewalt erfchütternden, 
radifaleren Oppofition zum Erwachen. In Anknüpfung an die alten gallilanifchen Ten- 
denzen Iprac Nicher in der 1611 verfaßten Schrift: de ecclesiastica et.politica po- 

ö testate die Anficht aus, daß die Kirche auch ohne Papfttum bejtehen fünne, daß die 
firhlidhe Gewalt nicht den Päpſten, fondern der Gejamtfirche, insbejondere den dieſelbe 
vertretenden Stonzilen übergeben ſei. Wohl wurden die Säge Richers auf franzöftfchen 
Provinzialſynoden 1612 ſowie von Paul V. 1613 in Rom verdammt, aber damit war 
in Frankreich wenig erreiht. Denn der Papft hatte jelbft dafür gejorgt, daß der leicht 

10 beivegliche Geift der Nation in Erregung erbalten wurde; indem er dem Suarez den Auf- 
trag erteilte, in dem Ffirchenpolitifchen Kanıpfe mit dem Könige von England die 
zu ergreifen, brachte er auch Frankreich gegen ſich auf; denn die 1613 fertiggeftellte Arbeit 
dieſes Jeſuiten ſtieß nun auf gleich heftigen Widerſpruch in Frankreich wie in England. 
Jakob I. ließ das Bud) durch Henfershand vor der Paulskirche verbrennen, und das Par: 

16 lament von Paris faßte 161-4 ebenfalls ven Beichluß, dasjelbe, weil es die Unterthanen 
zur Empörung gegen den König und zu deſſen Ermordung aufreize, dem Feuer zu über- 
geben. Wie tet mußte diejes Borhaben des Barifer Varlamentes Paul V. kränken, der 
durch ein bejonderes Breve dem Suarez fein größtes Mohlgefallen an der rift aus⸗ 

eſprochen hatte. Er beklagte fich bei der die Bormundfchaft über Ludwig XIII. führenden 

20 Regentin Maria von Medici über die Verfügung des Parlaments, und brachte es aud) 
nad) vielen Verhandlungen endlich dahin, daß der König die Ausführung des PBarlaments- 
beichlufles unterfagte. 

Daß der Kampf für das Königtum von Gottes und nicht von Papſtes Gnaden von 
immer breiteren Volksſchichten geführt wurde, betveift der Antrag, den der dritte Stand 

3 in der Assembl&e generale des trois &tats im Jahre 1614 jtellte, daß als Staat‘ 
geunbgeiei feitgeftellt werde, daß der König feine Krone allein von Gott habe und daß 
eine weltliche oder geiftliche Gewalt irgend ein Necht über fein Königtum befige. Dieſem 
Geſetzesentwurf twiderfeßte fich der Klerus, an der Spitze der Kardinal du Berron. Indem 
die Königin-Regentin Maria von Medici ſich auf die Seite der Geiftlichfeit ftellte und 

30 (1615) die Fortfegung der Beratungen unterjagte, bereitete fie dem Stuhle Petri einen 
neuen Triumph. 

Zweimal war Paul V. die Gelegenheit geboten, im Namen Chrifti, deſſen Bilar 
er fein wollte, einem Staate, deifen Angehörige in religiöjfem Fanatismus ſich gegeneim- 
ander wandten, den Frieden zu erhalten, feit 1606 in Spanien, feit 1618 in Deutfchland. 

35 Diefer Friedensmiſſion eines Papſtes war er zunächſt eingedenk, als cr den Plan des Erz 
biſchofs Nibera von Valencia und des Stardinalerzbifchofs Sandoval von Toledo, die dem 
Islam treu anbangenden, dem Ghriftentume trog Predigt und Gewaltmaßregeln mider: 
jtrebenden Moriskos aus Spanien zu vertreiben, 1606 mit der Aufforderung zurückwies, 
eifriger als bisher an der Belehrung derfelben zu arbeiten. Dieſe Surüdieifung ihres 

40 Vorſchlags erbitterte einen Teil der Spanischen Gerftlichfeit in dem Grade, daß bereits ein 
Doktor der Theologie in Catalonien öffentlich zu bezweifeln wagte, daß Paul V. ein recht⸗ 
mäßiger Stellvertreter Chrifti fei. Als nun aber 1608 der jpanifche Dominikaner Bleda 
einen erneuten Verſuch machte, den Papſt für die Austreibung der Moriskos zu geivinnen, 
glüdte e8 ihm, diefen und das Stardinalfollegium von der Notivendigfeit ftrenger Ma: 

4 regeln gegen die Ungläubigen dur die Vorftellung zu überzeugen, daß auch Spanien, 
welches unter allen fatbolifchen Yändern noch allein der Ketzerei Widerſtand geleiftet babe, 
derfelben verfallen werde und müſſe, wenn die Moriskos in dauernder Berü mit 
den Ghrijten blieben. So binderte «8 denn Paul V. nicht weiter, daß König Philipp III. 
1609 und 1610 gegen 381000 jener Unglüdlicyen zwang, Spanien zu verlafien und 

co gegen 50 000 einem fchredlichen Untergange preisgab. 

Hatte der Papſt in Spanien wenigſtens zuerit den Verſuch gemadt, den religiöfen 
Fanatismus einzudämmen, fo zeigte er in Deutfchland beim Beginne des Dreißigjährigen 
Krieges nichts von dieſer Mäßigung, er forderte vielmehr die katholiſchen Mächte zum 
Kampfe gegen Friedrich von der Pfalz auf und verſprach, fie dur) Zahlung von Sub: 

65 jidien zu unterjtügen. Wohl erlebte er noch die Schlacht am weißen Berge (8. November 
1620), als er fih aber an einer zur Feier jener Niederlage des „Winterkönigs“ in Nom 
veranjtalteten Prozeſſion beteiligte, wurde er vom Cchlage getroffen; ein zweiter Anfall 
machte am 28. Januar feinem Leben ein Ende. In den Annalen der Kunftgefchichte 
und der Geichichte der Stadt Rom wird fein Name mit größeren Ehren genannt werben, 

so als in der Geſchichte der von dem demütigſten aller Menfchen gegründeten Kirche. St. Peter 


50 Panliciauer 


Dagegen bat Friedrich den Bericht in dem das Chronikon des Georgius Monachus ent: 
baltenden cod. Scorial. 1D1 als die Grundfchrift vertreten, da dort in durchaus ein: 
beitliher Weiſe zuerft die ältejte Gefchichte der Paulicianer, dann die Hauptpunfte ihrer 
Lchren und zulett eine Anweifung zu ihrer Bekämpfung nebjt abrundendem Schluß ge 
6 geben fei (S. 81), und Photius weder den Auszug des Georgius Monachus noch den 
des Petrus Hegumenus zur Vorlage gebabt haben könne (E. 85f.). Auch die Schrift 
des Petrus Hegumenus ſei nur ein zumeijt wörtlicher Auszug aus Scor., könne aber 
den Namen ded Autors ihrer Vorlage fehr wohl erhalten baben (S. 83. 89). Demnad 
wäre das Abhängigleitsverbältnis dies: Scor., Photius C. Manich. I, 1—10, der Auszug 
tm Chronikon des Georgius Monachus und der des Petrus Hegumenus, Zigabenus, 
Pfeudophotius I, 10—IV und zulegt Petrus Sikulus. Modiftlationen diefer Verhältnis: 
beftimmung fcheinen mir jedoch nicht ausgefchloffen. Bon größter Bedeutung ift es für 
die Geſchichte des Paulicianismus, wie über die von Pſeudophotius und Sikulus ver 
wertete Duelle geurteilt wird (ſ. u.). An der Echtheit der dort mitgeteilten Stüde aus 
15 Schriften des Sergius ift nicht zu zmeifeln (gegen Mirttfh. S. 22 ff.) und auch die ge 
ichichtlichen Angaben kann ich nicht für jo wertlos wie Miirttfchian halten. Fraglich bleibt, 
in wie weit die von Tollius mitgeteilte Abjchwörungsformel für die Erfenntni3 des eigent- 
lihen Paulicianismus in Betracht fommt (Mkrttſch. S. 37f.). Bon griechifchen Chrono: 
graphen bekundet ſchon Theophanes eine felbjtitändige Kenntnis der Paulicianer. Yür 
u feine Fortſetzer iſt Geneſius die Hauptquelle. Unter den armenifchen Quellen läßt ih 
der „Schlüflel der Wahrheit“, obwohl er fehr alte Bejtanbteile enthält, nicht ale Wal 
des Embat aus dem 9. Jahrh. (fo vermutet Conyb. S. XXXII) wahrſcheinlich machen. 
2. Was die Lehre der Baulicianer anlangt, ſo ift für fie ſchon charakteriſtiſch, daß 
fie ſich „Ebriften”, die Statboliichen Romäer nannten, und daß fie den Anſpruch erhoben, 
25 die wahre Tatbolifche Kirche zu fein (Scor. 6. 11). Für die eigentliche Lehrdifferenz zwiſchen 
then und ihren Gegnern wurde beiderfeitig ihre Unterfcheidung des Schöpferd und Herm 
diefer Welt vom himmlischen Gott, auf den allein die Geifter zurüdgehen follen, erklärt 
(Se. 6). Eine Fleiſchwerdung durch die Jungfrau Maria lehnten fie daher auch ab 
(zugleich unter Berufung auf Xe 8, 208); Oottgebärerin iſt ihnen das himmliſche Seru: 
3» falen, von dem Chriftus ausgegangen und in das er eingegangen (80.7). Einen Engel, 
den er feinen Sohn genannt und dem er fein Leiden im voraus offenbart, habe Gott 
aus Erbarmen mit den menjchlichen Geſchlecht gefandt und geboren werden laflen (Se. 19). 
Der Glaube an ibn befreit vom Gericht (Se. 20 ©. 76). Die Angabe, daß der Her 
der Welt die Worte Mt 3, 17 gerufen (Se. 10), berubt offenbar auf einem Mißver⸗ 
5 ſtändnis (wol. Schlüffel der Wahrheit 4, ZRG 16, 266, bei Conyb. ©. 79). Die Be 
deutung Chriſti beitand für fie vornehmlich in feiner Lehre. Sie verehrten ftatt des Kreuzes 
das Evangelium, weil Chriſti Worte enthaltend (Se. 2. 15). Die rechte Taufe feten 
bie Worte Chrifti nah Jo 4, 10 (Se. 12) — doch ließen mande ihre Kinder von ge 
fangenen kirchlichen Klerikern taufen (Se. 17) —, ebenſo ſie das rechte Abendmahl, das 
wer ſeinen Jüngern dargereicht (Se. 8). Während ſie die kirchliche Hierarchie ablehnten, 
nannten fie ihre eigenen Geiſtlichen our&xödıuor nad AG 19, 29, 2 Ko 8, 19 ober 
voreoroe und ließen fie ſich im nichts von den Übrigen unterfcheiden (Sc. 14). Auch 
von dem kirchlichen Mönchtum wollten fie nichts willen; Petrus habe den Herrn der 
Welt bei der Taufe im Mönchsgeivand vom Simmel berabjtürzen jeben und es dem 
15 Menſchen gegeben (Se. 10; val. Das den München vorgeworfene beuchlerifche Benehmen 
in „Schlüſſel“ ep. 9. Auch die Schriften des Petrus scheinen fie abgelehnt zu baben, 
wahrend fie im übrigen als „Evangelium“ und „Apojtel” Die gleichen Schriften mit der 
Mirche lafen (Se. 2. 15 77 yoayıj xal tois Aöyors oltms eloiv ds xal ta nag qu 
drapeddaxta; gegen Mertiſchian S. 108). Tas Hauptgemicht aber legten fie nicht ſo⸗ 
unwuhl auf Die Yebre als auf Die fromme Yebensgeftaltung; bier lag offenbar auch der 
ſchwerſte Anftoß, Den fie an der Kirche nabmen. Im Gegenjaß zu dem an äußere Formen 
und Eeremonien gebundenen Gbriftentum der Kirche wollen ſie — obwohl auch örtliche 
und naltionale Traditionen bet ibnen wirkſam geweſen zu ſein jcheinen — ein mal 
deijliges Obriftentum vertreten. - - Eben dies befunden audı die durch maßloſe Schmähungen 
nelennſtenbneten Schriften ibrer und der fie dort wie es fcheint fortfegenden Thondrakier 
armeniſcher Gegner. Das 12. Napitel der Oratio synodalis des ‚Johannes von Otzun, 
Bao den RMaulicianern gilt, iſt überfchrieben: Reprehensio in eos qui crucem bene- 
divere, vanıtte oleo quod myron vocatur linire vetant (Convb. S.152). In feiner 
Abhinblung gegen Die Paulicianer berichtet derjelbe Johannes (Conyb. S. 153 f.), daß fte 
wm bie Kalboliſchen Wogendiener fchalten wegen ihrer Verehrung der Bilder und des Kreuzes, 


52 Baunlicianer 


Schmutzige, Seraius:Irchtfus. Sechs Gemeinden zählten ſie in ihrem Belennmis auf: 
Maredonien ıRibeiin, Durch Konſtantin und Symeon begründet, Achaja (Mananalis), 
durch Geaneftus geitifter, Philippi, Die Gemeinde des Joſeph und Zacharias, Laodicea in 
Meriuche, Kolomſa (die Konochoriten). 

5 Fur Die Geichichte im einzelnen geben uns leider „außer den Ghronograpben nur 
Ziaabenus, Pieudophotius und Petrus Sikulus Kunde. Die Zuverläffigkeit ihrer Angaben 
bat Mertijchian S. 17 ſchon wegen des Schematismus in der Amtsdauer der Sektenhãupter 
beanitandet. Jedenialls aber iſt am freie Erdichtung auch nicht zu denken. Pſeudophotius 
berichtet, Daß Durch einen kriegsgefangenen ſyriſchen Diakon Konitantin en NIT erbalten 

1. und dieſem ſeine Anicauungen entnommen babe. Nach 27jähriger Yeitung jeiner Zelte 
su Kiboñ̃a ſei er Durch einen Abgeſandten des Kaiſers Konſtantin Pogonatus, Symeon, 
sur Steinigung verurteilt und ven ſeinem eigenen Pflegeſohn Juſtus tötlich getroffen 
werden (Bi. Phot. I, 68 ĩ. Sit. S. 33). Symeon ſelbſt aber verläßt nach drei Jahren 
die Hauptftadt und wird Vorſteher Der Zelte, bis eine Denunziation Des mit ihm rivali⸗ 

1; Nerenden Juſtus ibn mit vielen andern (5911 auf den Scheiterbaufen führt (Phot I, 74. 
Sikt. 2.357 Ein gewiſſer Armenier Paulus, auf Den dieſe Quelle den Urſprung bes 
Namens Paulicianer zuruckfübrt, entrinnt mit feinen Zobnen Gegneſius und Theodor 
nah Epiſparis. Wabhrend Paulus den Gegneſius als Timotheus zum Haupt beſtimmt, 
nimmt Theodor dies vielmebr für ſich aui Grund des Beſitzes der Geiſtesgabe in An- 

»tpruch (Si. 2. dr. Gegneſius, zu einem Verhor vor dent Patriarchen nach Konitan: 
tinopel gefordert, verltand Dort ich durch zweideutige Erflärungen als ortbodor ausw: 
weiten und fehrte mit einem kaiſerlichen Scusbriet nad Epiſparis zurüd, flüchtete aber 
dann mit feinen \unaern nad Mananalis. Zwiſchen ieinem Sobn Zacharias und Pflege⸗ 
iobn Jeierb, Die bier als Ni aleichzeitige Rivalen ericeinen, erneuerte ſich Der Streit 

>, um den Bette Des (Serites. Als man ſich trennte, wurde Zacharias, von cinigen Moßſſcorocç 
geicholten, ven der Saracenen uberfallen, ſein Anbang medergemacht; Joſepb ward zwar 
in Ertiparts beim Einzug von Den Einwohnern mit brennenden Radeln empfangen, aber 
ieinem Anbang vraina es dech abnlich Durch den faiterliden Befeblsbaber; er ſelbſt ent 
rann nad Dem pitttisen Hnziscien und tell dort dreißig Jabre Der Sekte vorgeitanden 

3. baben. Sein Nachiolaer Kaanes val. Sik. 2.51) toll feinen Beinamen drzaoös wegen 
seiner coniichen vebenswiort erhalsen baben. Dagegen babe Sergius-Tyochikus, nad Si: 
tulus. aber nicht neh Prorus, aus ortbederer Familie, neu belebend gewirkt und fei vor 
den katierlichen Nommilazun ı zu? Das Taraceniiche Gebiet aefloben, wo cr nach dreißig: 
jaPTIEer Ipauzker ermordet worden le. Aus cinen Sendichreiben an ſeine Gemeinden 

iin vn reisen ——— Errerpꝛe mir Sik. S. 4A—6 ñ̃., Die Beanitandung der Echt⸗ 
bei: durch Wirrcion Z. . st arundles, vl. uch mit Sit. 18f. Se. 4), die 
ereirnin jsten,. wie iz Rd won als Uraun Des ibm imehnenben Chriſtus und feines 
(ers wuer ur> kön Kedenken trug, ch als leuchtende ade, auten Sirten, Ibür: 

andren unD M: En 2er - Beh mad 1Ko 5,. 3 — auf ſich anzu⸗ 

Z. i8. . Vom Oiten bis sum Weſten. von Norden bis zum 

: >25 Eranzlium Chriti verkundiat u haben (St. S. 45). Ein⸗ 

in, Aussmus: In, wor Den Ayianımenbana entritten, nicht mit Zicherbeit zu Deuten. 

. Ham donnun Som em Sttlichteit und sein liebenswurdiges Weſen nicht 

Zi Z.::  Zemun Un:erbalt erwarb er sh als Zimmermann (Pbot. I, 130. 
Zion hzumaunn Kner Glaubensgenenſen uchte er vergebens zu iteuern. 

2:52 Iriserken Üimernebimungen. Die fur den Kaulicianismus zeitweilig 
zieht rt nEremen nic: rech: derrlich. Rach Theophanes bat ſchon Son: 
us S Armeen, unzer ibnen auch Laulictaner, nad Thracien 
. 2.10%, Der Raiſer Nitephrorus XXäA-X&LIO bediente ſich 
zus LKoraien und yntac in und gab ihnen Dafür 
ı : zo m : wein ad. Unzer Michgel ıSIL—SIN begann aber 
_.T..yung er lauimmmer Zi 2.3 Teeit ermorden jedoch Die Yeiter Der 
„ST un) IIIANIEN novon Ir Zul Ara surf Sarasenischent Gebiet aus 
Etn;ale ins Nomen abe und sabireibe Gefangene „tortzufchleppen 
*Erne turen * AUT Theedera angezweifelt, u. a. weil 
S. 31 BURN den Namnf noch erbitterter. 

SrneDdemen senenlam als geiltliche Nor 

Pin Nation ser erfolgt —, ſtand jet 

wer Kardeas KRrotomandator Des Dux 

dr ar erdaure. ven wo aus nun Die dere 


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54 Panlinns von Nola 
' getabenu Wohl aber, er eine 
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kun ſchließ ch 79% ner Ph Di 


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Paulinus mi 
ut etwa 800 * a II contra Felicem 
—— — —— 










2* Dazu a fidei zu —— ehe Km in 
| netern Die —* von der Dreieinigteit und der Menfchiverdung gegen 


Mehrere Yale vorher ſchon hatte Karl den unbedingt ee — yes 
itig in —52 genommen. Um nämlich in ſeinem 
Kirche die Frage über den nalen des Kellben Geiſtes als Affe gebrauchen zu fünm 
—— er dem Are der Bann den ar a Bu au Lee die er in zu bringen. 
erklärte d zu handeln, als er auf 
—— Die 








——— Rn 
uber u ih vor * Abe die — vom 
ange Mi a Beiftes in Tängerer Rebe aus rechen. Darauf übergab er der Ver- 
a mlung is Die im len rtifel erweiterte Formel von 
35 tinopel, — er mit fühlbarer Spite arte 8 en Rom bervorhob, Be das are erweitern 
eine unter Umjtänden —— * ſei und —J — 
baren Betenntnifjes bau des er befahl f daß alle Alerifer den ergesgen um 
das filioque ert ſamt —— die Be Bunfte betreffender 
Härung binnen Ya — auswendig zu lernen hätten; die Laien hingegen en 
das apoftolifche Symbol und das Baterunfer. Lebtere von jetzt 2 —— im 
reiche auftretende —— begegnet hier Di eriten Male. Vierzehn von der Synode 
außerdem nod) ee ene Kanones galten dem fittlichen 37 des Klerus, der Ehe— 
sen | den Frauenflöftern, der Sonntagsfeier und den Zehnten. 
— Wuürdenträger von Friaul, dem Herzog Eric TB bis 
45 aba gr he nie ge Mae on Fi —* —— die 
een A eng en um po en Intereſſen enfmal diefer Freundſchaft 
iſt neben der jchönen ie egie auf Eri — Tod des Paulinus Liber exhortationis 
de salutaribus ee um welches ihn Erich, wie es fcheint auf Alluins 
Berantafung, gebeten hatte. Freilich darf man der Schrift als folder keinen allzuhohen 
50 Wert beimejjen, denn ſie ift teils Kompilation, teil find il zahnungen zu einem 
— n Leben ohne rechte Ordnung und wenig individuell. Derſelbe 
u Erich hatte auch durch feinen — Angriff auf die avariſche Köni die 
— ins Rollen gebracht. onnen, vollendete bereits 796 Karls 
er * e des Wenblande⸗ war damit — ugleich ein weites on one Aal vn bor 
9 


66 Banlinns von Nola 


ausbildet; er nahm vieles von Aufons fententiöfer, fpielender, etwas felbftgefälfiger 
Manier, nur nicht ganz deflen Umſtändlichkeit an, fo daß der Lehrer fich durch den Schüler 
fiir übertroffen erllärte (Aus. ep. 19 S. 197; 20, 11 S. 181) und ibn nacher vergebens 
bei der weltlichen Poeſie feftzubalten ſuchte. Sonſt ging Paulins Jugend als Vorberei⸗ 
tung au einer weltlichen Yaufbahn bin, und febr frübzeitig erreichte er, durch feine Talente 
wir durch das Anſehen und die Verbindungen feiner Familie empfohlen, bobe melt: 
lube Ehrenſtellen dj. Ausen. ep. 20 v. 3ff. S. 181 und vgl. Paul. carm. 21 v. 374 
- 140). Uber Die Frage, ober, wie ziemlich allgemein angenommen wird, 378 Konful ge 
weſen ſei, ſ. Reinelt S. 60 ff, der ſie mit Recht verneint. Tiefer Zeit gehört das Gehe 
von ANNE an, das man unter den Gedichten findet, c.4 2.3. Aber im öffentlichen Leben 
fast Puaulinus Das Gludk nicht, Das er ſuchte. Wie 09 fcheint, bat er das frühzeitig er 
tan Penn wahrend der Nabe 380-300 iſt er fern von der Hauptitabt. Er ver: 
bb ſie gang oder großenteils wieder in feiner Heimat. Nun erſt wurde er getauft 
mn Helphinus von Barden, 3SU- 414, ep. 3, 4 2. 17). Die Männer, melde 
tennis dm Abendlande fur Empfehlung und Verbreitung des asketiſchen Lebens das 
meiſte ihülen, gewannen nun Ginfluß auf ihn. Er trat in Beziehungen zu Martin von 
Leneo, welcher ihn hochſchäzte und ibm ein frantes Auge beilte (Sulp. Sev. Vit. Mart. 
iv, ı 2 0°8, Paul op. 32,6 2. 282 u ö.), zu deſſen Geſinnungsgenoſſen Bictricus 
nr Na op. IS, 9 S. 136) Ber allem verehrte er ın Ambrofius feinen Vater und 
Aula top. 4, 1.2. If: Ambrosü dileetione ad fidem innutritus sum). Diefe 
Mama lehrten ihn wobl jetzt Schon Chriſtentum und Mönchtum als unzertrennlich an: 
ſehen Loch dauerie vw einige Zeit, bis Diefe Überzeugung bie Herrichaft über ihn geivann 
wuboop. 19,092. 136). Er barte fih mit einer ebenfalls ſehr hegüterten Yrau, The: 
ville. verheiralet; aber dieſe teilte ferne Geſinnung, ja ging darin noch weiter als er. 
Mo um vun ovale, lange erfehntes Kind Den Gatten nad acht Tagen wieder genommen 
tunen, ale Paulinus Sub von der furchtbaren Anklage, er babe feinen Bruder ermordet, 
ntaebt Jub (vgl varm. DE v. 414ff. S. 171f.), jo entfchieden fich beide zuſammen dafür, 
Ib Ternunliig allen Entbehrungen des Mönchelebens zu unterwerfen. din mehrjähriger 
Aufenthalt in Zpanien fett ungefähr 390 follte vielleicht ſchon eine Worbereitungs 
gl Katy ſein, jedenjalls kam in dieſer Zeit der Entichluß zur Reife. Vergebens Hagte 
kur alle vVehrer Auſonius, daß Paulinus von feiner „Tanaquil” beberricht, „immemorem 
velerum peregrinis fidere amicis“, vergebens bot cr Scherz und Ernſt auf, um i 
ba ran ulten Zitten und Studien, bei der Lebensweiſe feines Vaters und feiner Familie, 
lu are Berwaltung feiner Güter und in der Gemeinſchaft feiner alten freunde feſtzu⸗ 
. ballen, Paulinus trauerte zwar, daß er den Lehrer betrübt, aber er Forberte von ihm, 
u, wenn er ſein wabres Beſtes wolle, er ihn nicht hindere, Chrifto mehr als feinen menſch⸗ 
lidlen Natſchlagen au geborchen (Auson. ep. 23-—25 &. 186ff.; Paul. carm. 10 u. 11 
2 199 Am Wade feines Aufenthaltes in Epanien um das Jahr 394 oder 395 
aunligle ibn bab Volk zu Barcelona die Presbyterwürde auf (Ep. 1, 10 €. 8; 3,4 
Dar, unbe muß er feine und feiner grau Güter fchon zum Teil aufgegeben haben; 
nn a vieſe syeit fehreibt Ambrofius (ep. cl. I, ep. 58): „Paulinum splendore 
penis in partibus Aquitaniae nulli secundum, venditis facultatibus tam suis 
qua ollwun conlugalibus, in hos sese induisse cultus ad fidem comperi, ut 
ca In pauperon eonferat quae redegit in pecuniam, et ipse pauper ex divite 
u lucttto, lununm deoneratus gravi sarcina, domui, patriae, cognationi quoque 
valaltent, quo Impensius Deo serviat, und er preijt nun, wie willig auch Therafia 
beta stehn, ſieht aber auch voraus, wie fehr die heidniſch gefinnte Ariftotratie Darüber 
ran Jean, „ex illa familia, illa prosapia, illa indole, tanta praeditum elo- 
yuetlla anigrane a senatu, interceptam familiae nobilis successionem, ferri hoe 
on puma! Micht minder bewunderte Martin von Tours Paulinus als beinahe den 
Auien, welcher in dem ganzen Beitalter die enangelifchen Vorschriften erfülle, indem er 
Pa vwihr verlaſſe und Ghrifto nachfolge (Sulp. Sev. Vit. Mart. 25, 4f. S. 135), und 
ee pricſen ihn Auguftin und Hieronymus. Nicht gleiche Anerkennung fand er bei dem 
wendplun Viſchof Siricius, ale er Nom befuchte. Das ungeheuere Auffehen, welches 
han Saale bye reichen, vornehmen Mannes erregte, die Huldigungen der aus der Nähe 
win erne her zuſtrömenden Goeiftlihen und Yaien ließen den Papſt vielleicht ein 
unbasguumeo UÜbergewicht der Mönchspartei, die Erneuerung einer Stellung, wie die 
ao bissommmma unter jeinem Vorgänger Damafus getvefen tvar, und —8 eine Ver⸗ 
minterung ſeiner eigenen Unumſchränktheit beſorgen, und fo bemühte er ſich fo wenig, 
a Wellen in Mom zu feſſeln, daß dieſer, auch damit der Gedanke daran ihn nicht 


U 2 


* 
= 


60 Panlinus von Pella Ranlinus von Perigueng 


Ausgabe des Symmachus (MG Auct. antiqu. VI, 1), Berlin 1883; A. Ebert, zug Geſchichte 
d. Litteratur d. Mittelalters im Abendl. 12, Lpz. 1889, 405 - 409; J. Rocafort, Dr. Paulini 
Pellaei vita et carmine, Bordeaux 1890; M. Manitius, Geſchichte d. chriſtl.⸗latein. Poeſie, 
Stuttgart 1891, 213—21R. 

6 Paulinus von Bella, wurde ſehr wahrſcheinlich 376 (jo Brandes, Rocafort, Manitius, 
während Ebert auch jet noch das Jahr 382 nicht für ausgefchloffen hält) als Eohn 
des PVicarius (f. Brandes 324 n. 4) von Macebonien Neſperius zu Pella geboren. Der 
Bater fam bald als Prokonſul nah Afrika, um nody im dritten Lebensjahre des Knaben 
nach Bordeaux verjeßt zu werben. Hier lernte B. feinen Großvater Tennen, der damals 

10 (379) Konful war. Unter Vorausfegung der Richtigkeit unferer Chronologie wäre P. 
ſomit der Entel des Dichters Aufonius (ſ. dagegen Seeck LXXVlIIsg.; die gewöhnliche 
Annahme erfcheint genügend gefichert, wenn aud) |f. Rocafort 21f.] das gängihe Schweigen 
des vebfeligen und dem Familienkult huldigenden Aufonius über feinen Enfel auffallend 
bleibt). Er erhielt eine gute Erziehung, doch zwangen ihn im 15. Jahre die Solgen 

15 eines Wechſelfiebers, geiftige Anftrengungen zu meiden. Nunmehr ergab er fich den 
Ihäftigungen und Vergnügungen vornehmer Jugend: Jagd, Reiten, Ballipiell. Ein un 
ehelicher Sohn ftarb bald nad) der Geburt. 20 Jahre alt heiratete er auf Wunſch der 
Eltern und widmete nunmehr feine Kräfte dem durch fchlechte Verwaltung berabgelommenen 
Erbgute der rau. Er war 30 Jahre alt geworden, al® der Barbarenjturm von 406 

20 und mehr noch der Goteneinfall von 412 (ſ. Rocafort 19) auch feine Verbältniffe völlig: 
errütteten. Schlag auf Schlag traf Paulinus, der unter dem Eindrud feiner ichſale 
Fi religiöfen Studien binzugeben begann. Bon der Neigung zu häretifchen 4 
(welcher Art fie waren, läßt ſich nicht fetitellen; Pelagianismus oc 69] wie Semis; 
pelagianismus [Brandes 275] find rein geraten) bekehri, nahm er wieder das Abenbmaßl, 

a5 in der Kirche (jo richtig Brandes 275 und NRocafort 27 f.). Das war 421. Bald baraufı 
vereinfamte er ganz, lebte lange von der Unterftügung anderer, bis ihm ein Glückszufag 
ein beicheidenes Kapital zumarf. Nun führt er ein gottergebenes Leben. Daß er Ti: 
als frommer Mann mit feinem Schickſal ausgeföhnt hat, beweift das autobiograpbiie 
Gedicht, das er, 83 Jahre alt, alfo wohl 459, abfaßte und dem fämtliche vorfteh 

so Taten entnommen find. Es führt den Titel Eöyapeouxds (seil. Adyos, 
praef. 4]; fo cod. Bern., während der verlorene cod. Paris. edyagıorıx Schi; 
opusculum, |. praef. 3] lag; f. auch Ebert 405 n. 4) Deo sub ephemeridis mesg 
textu, zu deutſch etwa: „Danklied an Gott auf den Tert meines Lebensweges.“ Ka 
Ihaulih und anſpruchslos, erfreuli, frei von Bombaſt und Künſtelei, rollen die (610 

35 Verſe dahin, denen man freilich, was Prosodie und Metrik betrifft, den Dilettanten dei 
lih anmerkt. Sie verraten Kenntnis von Virgil, Aufonius, gaulin von Nola, Marti 
Victor, wohl auch Sedulius Juvencus (f. die Nachweiſe bei Brandes 315f. und das 
Manitius in Wochenſchr. f. Hall. Philol. 1888, Sp. 1163 f.). Nocafort? Behauptung 
(S. 87 ff), daß Auguſtins Konfeſſionen benußt ſeien, überzeugt nicht. G. Krüger. 4 

















40 Paulinus von Ferigueug, hriftlihder Dichter, geft. nah 470. — Ausgaben 
Franc. Zuretus im 8.Band der Bibliotheca Patrum von M. de la Bigne, Paris 15795; 
Ehrijt. Daum, Leipzig 1681 (mit den animadversiones von Gafp. Barth); MSL 61, 1000 - 76 
(Abdrud von Juretus); E. F. Corpet (Paris 1852); M. Petſchenig in den Poetae Christiani 
Minores (CSEL 16), ®ien 1888, 1—190 (dazu M. Manitius in Wochenſchr. f. klaſſ. Philol. 

45 1888, Sp. 1134 ff). — Pal. Thom. Wopkens, Advers. critica ed. &. 9. Forſcher 2, Leipzig 
1835, 225— 285; M. Manitius in Ztihr. f. d. öfterreih. Gymn. 37, 1886, 253f. 402-406; 
A. Edert, Allg. Geſch. d. Litteratur d. Mittelalters im Abendl. 1?, Leipzig 1889, 402—405; 
M. Manitiug, Geſch. d. chriitl.zlatein. Poeſie, Stuttgart 1891, 226—232. 

Paulinus von Perigueur (Petricordia) iſt der Verfafier eines umfänglichen Gedichtes 

50 über den hl. Martin von Tours (de vita S. Martini Episcopi libri VI; 3622 Berfe) 
und zweier Eleinerer Gedichte: de visitatione nepotuli sui und orantibus. Die erften 
5 Bücher jtellen eine jadhlih enge Umfchreibung der Vita S. Martini und der Dialogi 
des Sulpicius Severus (j. d. A.) dar; durch breite Deflamationen wird der Mangel an 
eigenen Gedanken zu verdeden geſucht, das Gedicht aber nicht lesbarer gemacht. Dem 

55 6. Buch liegt zu Grunde ein Bericht über die Wunder des Heiligen nad) dem Tode, den der 
Biſchof Perpetuus von Tours (458-— 488), dem Erbauer der neuen Martinskirche (um 473), 
Paulin zugefandt und dieſer in Verfe gebracht hatte. In einem dem Gedichte voran⸗ 
gefchieten (nur in Cod. Vatic. Bibl. Reg. Suec. 582 erhalten und wohl nur für das 
6. Buch beſtimmt) Widmungsbrief an Perpetuus dankt B. in lobrednerifchen Worten für 

eo den ihm geivordenen Auftrag. Auch die beiden kleineren Gedichte find dem Perpetuus 








62 Banlus, der Apoſtel 


Holiten, Zum Evangelium des P. und des Petrus 1868; Krentel, Paulus 1869; derjelbe, 
Beiträge zur Mufpellung der Geſchichte und Briefe des P. 1890; Renan, St. Paul 1869 
cf. Les apötres 1866; L’antechrist (3. Cd.) 1873; Pfleiderer, Der Baulinismus 1873, 2. Aufl. 
1890; Farrar, The life and work of St. Paul, 2 voll. (ohne Sahresangabe); van Manen, 
5 Paulus 3 voll. 1890—96; Ramsay, St. Paul the traveller and the Roman citizen, 3. ed. 
1897 ; deutich von H. Groſchke unter dem Titel: Paulus in der Apojtelgeihichte 1898; Mommien, 
Die Rechtsverhältniſſe des Ap. P., Beitichr. f. neuteitamentl. Wiſſ. 1901, S. 81—96; eine, 
Jeſus Chriſtus und Paulus 1902; Zahn, Zur Lebensgefhichte des Paulus, N. kirchl. Ztſchr. 
1904, 8.23—41; 189—200. Zur Chronologie: Bengel, Ordo temporum, 1741, p.268— 295; 
i0 Wurm, Tüb. Ztihr. f. Theol. 1833, 1. Heft, S. 3—103; Unger, De temp. in actis ap. ra- 
tione 1833; Wiejeler, Chronol. des apoitol. Zeitalter 1848; Hofmann, Das N. Teft. zujam- 
menh. unterfuht V, 11—17; Lightfoot, Biblical essays (gejchrieben 1863) 1893, p. 21—233; 
Aberle, THOAS 1883, ©. 553—572; derfelbe, Bibl. Zeitihr. ed. Göttsberger u. Sidenberger, 
1903, ©. 256—279. 372 -377; O. Holtzmann, Neuteit. Zeitgeih. 1895, ©. 128 ff.; Blaß, 
15 Acta apost. editio philol. 1895, p. 22 ff.; Harnad, Chronol. der altchriſtl. Kitteratur 1897, 
©. 233 ff.; Velfer, THOS 1898, ©. 353—379;, Ramjay, Expositor, 1896 May p. 336—345; 
1897 March p.201—211; 1900 Aug. p. 831—105; Baron, Expositor, 1898 Febr. p. 123—136; 
1899 Nov. Dec. p. 351—367. 412 —430; 1900 July p. 1—14; Schürer, 8wTh, 1898, ©.21—42; 
derfelbe, Geih. des jüd. Volks im Zeitalter Chriſti I? (1901) an vielen Stellen, bejonders 
20 ©. 577 ff.; Bahn, Einleitung in das NT II? (1900) ©. 629—647 ; Hönnide, Chronol. des 
Ap. B., 1903. 

I. Chronologie. Die relative Chronologie ift auf die Erzählungen der AO und 
bie eigenen Angaben des P. Ga 1,16—2, 1; 2 Ro 12, 2 (Rö 15, 23; Phil 9) ange: 
mwiefen, die abfolute auf eine Reihe von Gleichzeitigkeiten, von welchen vielleicht Teine ein⸗ 

25 zige ein böllig unziveideutiges Datum bietet, die aber doch in ihrer Gefamtheit der Willkür 
fh beſtimmte Grenzen fegen. Es find folgende: 1. Durch feine Flucht von Damaskus, 
welche 3 Sabre nach feiner Belehrung ftattfand Ga 1, 17f. = AG 8, 23—28, entzog 
ih P. der Verhaftung dur „den Ethnarchen des Königs Aretad” 2 Ko 11, 32. it 
Sicherheit ergiebt ſich hieraus nur, daß dies zur Zeit der Regierung des Nabatäerkönigs 

30 Aretas IV. geſchah. Die duch Inſchriften und Münzen bezeugten, mindeſtens 48 Re⸗ 
gierungsjahre desſelben fallen wahrſcheinlich auf a. 9 v. Chr. bis 39 n. Chr., vgl. Gut⸗ 
ihmid bei Euting, Nabat. Inſchr. ©. 84f. 87f. Abgeſehen davon, daß ebenjogut a. 
8 v. Chr. big 40 n. Chr. angenommen werden fann, willen mir nicht, ob Aretas IV. 
nicht noch einige Jahre nadı a. 40 regiert hat, da wir von feinem Nachfolger Abias 

s5 nur Willen, daß er unter Claudius (a. 41—54) regierte, und von deſſen Nachfolger Mal- 
chus II. (bei Gutſchmid als III. gezählt), daß die bezeugten 23 Jahre feiner Regierung 
ettva mit a. 49— 71 n. Chr. gleichzufegen find vgl. Gutihmib S. 56; Schürer 1,739. — 
Hönnicke, welcher ©. 41 verſichert, daß eine Inſchrift (Dougthy Nr. 41, ſoll heißen Nr. 1 
bei Dougthy p. 37 — Euting S. 61 Nr. 21) als erſtes Nepierungsjaht dieſes Malchus 

40 das J. 41 n. Chr. bezeuge, verwechſelt den willkürlichen Anſatz des erſten Herausgebers 
mit den Angaben der Inſchrift. Dieſe ſelbſt giebt ehenſowenig wie die übrigen ver- 
wandten Inſchriften an, welchem Jahr irgendwelcher Ara das J. 1 des Königs Maliku 
entjpreche. Einen ficheren terminus a quo bietet uns alſo diefer Synchronismus nicht, 
und einen terminus ad quem nur unter der Vorausfegung, daß die heute vorherrichende, 

45 3. B. neuerdings wieder von Aberle S. 267 als felbitverftändlich angejehene Meinung be 
gründet wäre, daß der fragliche Ethnarch ein von Aretas als Statthalter von Damaskus 
und der Damafcene eingefegter Beanter, und fomit Damaskus zur Zeit der Flucht des 
N. dem Neid des Aretas einverleibt geweſen wäre Dies ift aber lediglich eine auf 
2 Ko 11, 32 gegründete Vermutung; ebenſo die weitere Annahme, daß Damaskus nach 

co dem Tode des Tiberius (gejt. März 37) durch Galigula den Nabatäern gefchentt, von 
Nero aber (alfo nah Okt. 59 wieder abgenommen worden fei. Beide Hypotheſen aber 
haben dody nur einen fcheinbaren Schug an dem Unftand, daß aus der Zeit nad) 34 
und vor 63 feine Münzen oder Infchriften vorhanden find, welche für diefe Zeit die Zu: 
gebörigfeit von Damasfus zum römifchen Reich beiweifen. Sole Beweiſe fehlen 

55 alfo auch für die letzten NRegierungsjahre des Tiberius (35—37). Daß aber während 
diefer Sabre Damasfus nicht zum Neich des Aretas gehörte, ergiebt fich ziemlich ficher 
aus den Grenzitreitigfeiten zwifchen den Damafcenern und Sidoniern (Jos. ant. XVII, 
6, 3), wobei von Aretas nichts verlautet, und aus der Beichreibung des geplanten Feld: 
zugs des Vitellius gegen Aretas (Jos. ant. XVIII, 5,3), wobei das wichtige Damaskus 

so nicht hätte aufer Nechnung bleiben können, wenn es damals dem Aretas gehört hätte. 
Daß die fomit lediglih auf 2 Ko 11, 32 gegründete Hypotheſe weder mit dem Begriff 
Edvapyns noch mit genauer Auslegung von 2 Ko 11, 32 f. ſich verträgt, meine ih NEZ 


64 Banlus, der Apsitel 


in Baläftina gewonnen, fünnen von da aus aber auch nicht erfchüttert werden; denn 
abgefehen davon, daß das Jahr diefer Hungersnot nicht genau zu beitimmen ift (etwa 
46—48), wird in dem einzigen Bericht, den wir befigen AG 11, 28—30, weder der 
Entfchluß der Antiochener, Hilfögelder für die Judäer zu fammeln, noch die Überjendung 

6 derjelben nad) erufalem dur den Eintritt der Hungersnot in Paläftina motiviert, 
von welcher die AG überhaupt nichts jagt. Den eriten Anftoß bat vielmehr die Weis- 
fagung des Agabus von einer die Welt umfafjenden Hungersnot gegeben. Indem Lucas 
binzufügt, daß diefe MWeisfagung unter Claudius fich erfüllt habe, jagt er freilich nichts 
über die Größe des Zeitabitandes zwiſchen Weisfagung und Erfüllung (gegen Hönnide 

10 ©. 45), wohl aber deutlich, daß die Weisfagung nicht unter der Regierung des Claudius, 
jondern noch unter Galigula ausgeſprochen murde vgl. ſchon Bengel, Ordo temp. 
p. 274. Als nun ſchon in den Jahren 41—43 in verfchtedenen Teilen des Reichs Mip- 
wachs und Teuerung eintrat, mußten die Antiochener bierin einen Anfang der Erfüllung 
der Weisſagung des Agabus erbliden (Einl. II, 417. 633f.); und ſie werben mit ber 
15 Überjendung der angefammelten Gelder nicht gewartet haben, bis die Not in Judäa akut 
wurde. Zumal wenn fie hörten, daß die Gemeinde von Serufalem im Jahre 44 aus 
anderen Gründen in ihrem Fortbeſtand bedroht und daher eines Beweiſes der Bruder: 
liebe befonders bebürftig war, werden fie dorthin geſchickt haben, mas fie fett drei ober 
fünf Jahren gefammelt hatte. Auch von bier aus ergiebt fi) nur eine Beftätigung der 
20 ohnedied nahezu ficheren Annahme, daß die Kollektenreife nach dem Paflah und noch vor 
dem Ablauf des Jahres 44 ftattfand. — 3. Der Prokonſul von Cypern Sergius 
Paulus (AG 13, 7—12), deſſen Identität mit dem Prokonſul Paulus einer griedht- 
ichen Infchrift von Soloi (Hogarth, Devia Cypria 1889, p. 114 vgl. NEZ. 1904 
©. 192ff.) und mit dem Curator riparum et alvei Tiberis 2. Sergius Paulus aus 
25 der Zeit des Glaudius (C. I. Lat. VI nr. 31545) teinerlei Bedenken unterliegt, bat 
Cypern vor a. 53, dem Datum der Inſchrift von Soloi, verwaltet. Ferner wiſſen wir, 
daß er nicht a. 51 und 52 dort Brofonful war. Im Jahre 52 hatte dies Amt L. Annius 
Baſſus inne (C. I. Gr. 2632) und zwar, wie fi) aus dieſer Inſchrift ergiebt, als Nach⸗ 
folger des kürzlich erft, alfo wohl im Frühjahr 52 aus diefem Amt gefchiedenen Q. Julius 
30 Cordus (C. I. Gr. 2631). Ta legterer demnach fpäteltens im Frühjahr 51 das Amt 
angetreten hat, jo ift dies der fpätejte Termin, vor welchem der Prokonſulat des Sergius 
Paulus und der Anfang der eriten Miffionsreife des P. anzufegen it. Einen ziemlich ficheren 
Terminus a quo bierfür würden mir gewwinnen, wenn ſicher wäre, daß C. I. Lat. VI 
nr. 31545, tie der erfte Herausgeber diefer Inſchrift Gatti annahm, erft nach ber 
35 Zenfur des Claudius (etiva April 47 bis Oktober 48 vgl. Pauly-Wiſſowa III, 2802) 
gejegt wurde; denn es ift mindeftens unmahrfcheinlic, daß Sergius P., welcher hinter 
dem VBorfigenden der Kommiſſion, dem Konfular Baullus Fabius Perfirus (Konful a. 34), 
die dritte Stelle einnimmt und unter lauter fonft unbefannten Männern fteht, dieſe nicht 
bejonders hohe Stellung (Pauly-Wiſſowa IV, 1792) innegehabt baben follte, nachdem 
0 er ald Profonful von Cypern fungiert hatte. Aber die Vorausfegung ift zu beanftanden 
(vgl. Prosopogr. III, 221; Pauly-Wiſſowa IV, 1793), und vollends die Annahme von 
Hönnide ©. 48 (vorfichtiger Mommfen ©. 83 A. 3), daß die Inſchrift in die Zeit ber 
Zenſur des Claudius falle, ijt abzulehnen, da der Kaifer nicht wie in den ähnlichen In: 
Chriften Nr. 1238. 31546—48 aus den Jahren 73 und 74 als Censor betitelt if. 
45 Wir haben uns für jegt mit dem Ergebnis zu begnügen, daß der Prokonſulat des 
Sergius P. auf Cypern vor Frühjahr 51 fällt. — 4. Die eritmalige Ankunft des P. 
in Korinth erfolgte, furz nachdem Aquila von Italien dorthin gelommen war (AG 18,2 
noooparws EAnkvdora), alfo wenige Wochen nach der Austreibung der Juden aus 
Rom durd ein Edikt des Claudius, wodurch diefe Reife des Aquila veranlagt war (AG 
co 18,2 vgl. Sueton, Claudius 25). Die Zeit diefes Ediktes läßt fi) meber aus Oros. 
VII, 6, 15, der unter faljcher Berufung auf Joſephus das 9. Jahr des Claudius an- 
giebt, noch aus der for. Lehre des Addai ed. Phillip p. 16 und überhaupt nur dahin 
beitimmen, daß es nicht den allereriten Jahren der Negierung des Claudius angehört. 
Denn im Jabre 12 bat Claudius den Juden in allen Städten, Kolonien und i⸗ 
65 cipien Jtaliens und des ganzen Reichs freie Ausübung ihrer Religion zugeſichert, nur 
unter Beifügung der Mahnung, von diefem Recht befcheidenen Gebrauch zu machen und 
die Andersgläubigen nicht zu beläftigen (Jos. ant. XIX, 5, 3; dasſelbe fpeziell für 
Alerandrien im Sabre 11 ant. XIX, 5, 2). Auf derfelben Linie bewegt fi aud, was 
Dio Caſſ. 60,6, 6 berichtet. Da diefer erſt 60, 9, 1 vgl. 60, 10, 1 zum Sabre 42 übergeht, 
und abgejehen von einigen beiläufigen VBorgriffen (60, 3, 1 uera radra d.h. ſpäter; 6,1, 


66 Paulus, der Apoſtel 


Bezug auf den Antritt des Felix ift die Differenz noch nicht allzugroß. Nad Jos. 
beil. II, 12,8; ant. XX, 7,1 wurde Felix gegen Ende der Regierung des Claudius 
und zwar nach dem Zufammenhang der legteren Stelle kurz vor oder in dem 
Sabre 13 des Cl. = 53 p. Chr. nadı Paläftina entfandt. Die Iettere Annahme 
5 iſt die mahrjcheinlichere, weil Joſephus alles, was er aus der ® tung des Felir 
erzählt (bell. II, 13, 2—7; ant. XX, 8, 5—-8), binter den Regierungsantritt Neros 
(bell. II, 12,8; ant. XX, 8, 2) ftellt vgl. Eus.h. e.II, 20,1; 22,1. Dazu fommt, 
daß Tacitus, welcher fih ann. XII, 54 über die damaligen Vorgänge und Verbält- 
niſſe in Paläftina allerdings nicht gut unterrichtet zeigt (Schürer I, 570. 14; Zahn, 
ı0 Einl. II, 638), die Aburteilung des Cumanus durh Quadratus in a. 52 jet, und 
durch den Fortgang der Erzählung (XII, 55 nec multo post) ein beitimmtes dhrono- 
logiſches Wiffen um diefe Thatfache bekundet. Zmifchen der Enticheidung des Quadratus 
in Sachen der Gumanus um das Paflab (Jos. bell. II, 12, 6) 52 (Tac. ]. ec.) und der 
Ankunft des Felix in Paläftina liegt aber nad) Jos. ant. XX, 6,2—7, 1; 9, 5; bell. II, 
15 12, 6—8 fo vielerlei, daß der wirkliche Amtsantritt des Felix mit größerer Wahrſcheinlichkeit 
in das Frühjahr 53, ald vor Schluß der Schiffahrt im Herbſt 52 gejegt wird. — 
Wichtiger ift die Differenz zwiſchen den erzäblenden Hiftorifern und dem Chroniften Euf. 
(Hier.) in Bezug auf die Aıntsdauer des Felix. Als PB. fih vor Felix verantiwortete, 
zwei volle Jahre vor deſſen Abberufung (AG 24, 10. 27), war Felix bereits feit „vielen 
0 Jahren” in Paläftina, und auch bei Tac. ann. XII, 54 ericheint mit unrichtigen Tra: 
ditionen die Kunde von einer relativ langen Amtszeit des Felix verwoben (jam pridem 
Judaeae impositus). Nach Euf. follte diefelbe im ganzen nur 4 oder 5 Jahre gedauert 
haben, fo daß dem Ausdruck AB 24, 10 nur 2 oder 3 Jahre entiprädhen. Vergeblich 
hat man für die neue Chronologie eine Stüße gefucht in der Angabe Jos. ant. XX, 
25 8, 9, daß nad) der Entjendung des Feltus nah Paläftina eine Geſandtſchaft der Juden 
von Gäfarea, welche in Rom vom Staifer Nero Beitrafung des Felix erbaten, pauptjächie 
durch den Einfluß des Pallas, des Bruders des Felix, welcher gerade damals bei Nero 
in hohen Ehren ftand, um die Erfüllung ihrer Petition gebracht worden fei. Daraus 
wird gefolgert, daß die Abberufung des Felix, die Entfendung des Feſtus und die Be 
so mübungen der jüdifhen Gefandten in Rom dem Sturz des Pallas (Tac. ann. XIII, 
14 Nero ... demovet Pallantem cura rerum) zeitlih vorangehe. Nach den mit: 
einander übereinftimmenden Angaben bei Tac. ann. XII, 14. 15; Suet. Claud. 27; 
Dio Cass. 61, 7, 4 (vgl. 60, 12,5) ftebt aber feit, daß die Enthebung des Pallas 
wenige Tage vor dem 13. Februar 55 ftattfand. Wenn Joſephus der Meinung wäre, 
35 daß die Abberufung des Felix, die Entfendung des Feltus nad) Paläftina und die Reife 
der jüdifchen Geſandtſchaft nach Rom vor Februar 55 und doch unter die Regierung des 
Nero, alfo in die 3"), Monate zwischen 13. Oftober 54 und ce. 1. Februar 55 fallen, jo 
würde er eritens fich felbjt in unglaublicher Weiſe widerfprechen, indem er, wie bemerkt, den 
größten Teil der Verwaltung des Felix unter Nero ſetzt. Er würde ung zweitens das ebenfo 
40 Unglaubliche zumuten, daß die großen Seereiſen des Felix, des Feſtus und der jüdischen 
Geſandtſchaft fämtlih in den Monaten November bis Januar ausgeführt wurden. Cr 
würde drittens der unanfechtbaren Thatfache widerfprehen, daß der Übergang der Pro- 
furatur von Felix auf Feſtus nicht in den Winter, fondern in den Sommer, zwiſchen 
Rfingften und September fiel, was fihb aus AG 20,6. 16; 24, 11. 27; 25,1. 6. 13. 
45 14. 23; 27,1. 9 mit Eicherbeit ergiebt. Wenn alfo die Entfendung des Feſtus und 
die Faiferliche Entſcheidung über die jüdifchen Anklagen gegen Felix dem Sturz des Pallas 
ce. 1. Februar 55 vorangegangen wäre, würden dieſe Ereignijle fpäteltend in den Sommer 
54, alfo in die Negierung des Claudius fallen, und Joſephus, melcher nicht nur dieſe 
Ereigniffe, jondern auch alles, was er von der ihnen vorangehenden Amtsführung des 
60 Felix zu erzählen weiß, unter Nero jeßt, befände fich mit alledem in heillofem Irrtum. 
Viertens würde die ganze Amtsdauer des Felir, welche nach AG 24,10. 27 „viele 
Sabre” + 2 Sabre betrug, höchſtens 2 Jahre betragen, vom Sommer 52 oder Früh—⸗ 
jabr 53 (f. vorhin) bis Sommer 54. Die nebenfächlihe Bemerkung über Pallad in ant. 
XX, 8,9 ift demnach entweder als eine irrtüimliche Kombination des Joſephus zu bes 
65 urteilen (jo Bacon im Expositor, 1898 Febr., p. 135; Zahn, Eml. II, 640), ober 
es Wäre anzunebmen, daß Pallas nad jeiner Enthebung von der Cura rerum 
c. 1. Februar 55 doch noch einmal bedeutenden Einfluß auf Nero gewonnen babe (jo 
Schürer I, 578). Letzteres ift aber nad) allem, was Tacitus über das Verhältnis Neros 
p Pallas berichtet (ann. XIII, 2. 14. 23. 65), ſehr unwahrſcheinlich. Daß die Pro: 


60 kuratur des Felix fich über die erften Jahre Neros hinauserftredte, ergiebt auch noch 


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an 
. 


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a. 


“) 


AR Fauln2, der Apsitel 


ro poreemiihree Aniaz für Den Antritt Des Feſtus it, welcher daher in dieſem Artikel 
sa Meine elesz werd, daß aber auch a. So une sl moglich find, wodurch dann fünt- 
m Zizen aus der Jet nad der Kollektenreiie im J. 44 um ein Jahr binauf oder 
miete ⁊erden. 

"en 2er Verrcitung des P. um Tinten 58 rudwärts läßt ſich die chronologiſche 
vr Mer Zrsumme Ste sum Mpeitelleneen® A515, 133 mit ziemlicher Sicherheit 
Seren, zer am Nee Hund der beitimmeen Angaben AG 18,115 19,8—10; 20, 3. 
0, 2. in geh In, iin wozu noch Andeutungen Der Briefe wie 1 Ko 16, 8 vgl. 5,1; 
20° 2.02 anulommen, teils durch Abĩchatzung der für die berichteten Ereigniſſe 
regen —— und Jabreszeiten. Danach fallt der Apoſtelkonvent in den Winter 
roreenih in den Aniang 52. Tee weitere Rückrechnung gründet fih auf 
FAUSIRUNZ, uf Ga 2, 1-1 Nic zui dasſelbe Ereignis wie AG 15, 133 be 
nz And 228 Medi Sabre Wal, 18 nich: in den 14Iabren Ba2, 1 inbegriffen, ſondern 
u een a addieren find. Hieraus errtch en, daß V. 17 Jahre vor dem Mpojitel: 
zerzanz, 352 im Winter 3495 wabrickeinlich su Anfang 35) bekehrt wurde. Dieſes 
Zorn Lö den erforderlichen Spieltaum für die bedeutjamen Entwickelungen zwiſchen 
ven Tede Jeiu und Der Bekebruna Des V. AG 1--8. Die „neue Chronologie“, welche 
die ad ettuna⸗ in das Jabr Des Todes ehr verleat. macht auch die Bemerkung Nö 16,7 
me. Wäbrend P. feine Bekebrung mit derjenigen Der meiſten vömifchen Ghriften 
sein zleidiegt N6 13, 11, erkennt er einen Ebrenvorzug zweier cbemals in Jeruſalem 
ze’sttger Chriiten darin, daß fie fruber als er Ebriiten geworden und geweſen find. Was 
2:2 Das bedeuten, wenn es ſich um einige Monate bandelte? P sit ein vergleichsweiſe Spät⸗ 
Leke EREREr, Er gehörte nicht zu den dozutor uadı,rai AB 21, 16. Tie Kombination von 
(55 2, 11m mit AG 11,30; 12,25 tt unmeglic, weil N kei Gelegenheit der Kol: 
—æ den Petrus jedenfalls, wabrſicheinlich aber auch Die anderen Apojtel nicht in 
Jeruiclem angetroffen bat iſ. o. 2.05, + M.), und wel P. nicht 17 Jahre vor diefer Reife 
des Jabres HH, alſo a. 27 dh 1 2 Jabre vor dent Zeiwpunkt von Jo 2, 20 bekehrt 
worden ſein kann. Ebenſo unmöglich it die Kombinatin von Ga 2, 1—10 mit AG 
18, 22; denn erſtens iſt dort nichts von einer Reiſe des P. nach Jeruſalem berichtet 


Einl. II, 352); zweitens war Barnabas auf dieſer Reiſe nicht in der Begleitung des 


P.: vrinene ie der Galaterbriei aller Wabricheinlichkeit nach vor dem Zeitpunkt von AG 
1,22 geichrieben. Daß V. Ga 1. 2 die Kollektenreiſe unerwähnt läßt, könnte höchſtens 
einen Verdacht gegen die Seicichelichti des Berichts AG 11,30; 12,25 begründen, iſt 
aber auch dazu ungeeignet Denn da P. Damals den Terrus und bie andern Apoitel nicht 


„ın Serulalem angetroffen bat, feblte auch jeder Anlaß, dieſe Reife im Yufanımenbang 


en (Sa 1, 11-2, 11 u enwahnen. Zweitens berubt der Schein, als ob P. dort 
Ing iamtlicen Reiſen nach aemn aufzäble, nur auf dem zadım Ga 2,1, welches 
Meeris n, Irenaus u. a. (1. Seid. ©. Man. IL, 486) nicht laſen, und deſſen Echbeit ſchon 
wizn ieiner ichwankenden Stellung teils der, teils hinter dreßıpv verdächtig it. Aber 


‚zufo wenn es echt wäre, Munde nichts im Wege su überiegen: „Hierauf, nach Verlauf 


x ; ven teilte ich wieder einmal nach \erwialen, diesmal (im Unterfchied von 
eo m her zung Des B Se aban ut. w. 

I. Fire des V. bis zu ſeiner Bekebrung. Die dem P. ſelbſt in den 
Mami Anzabe, daß er in Tarſfus eboren ſei AG 22,3 vgl. 9, 11, 22,39, 
BF im. Ent IL 180, findet eine gewiſſe Beſtatigung Daran, daß er fich drei 
„zer. ne sber Behbrung obne jeden anderen erfonnbaren Veweggrund in dieſe weit 
un hmm Brasigen Wobnſitz abgelegene eiliciſche Stadt zurückzog und eine Reihe 
tn irn Deo rerlebte NS 9,50: 11,25 val. Ga 1,21 Syrien und Gilicien). 
ofen Fon guEssEscen Gegner, vielleicht ſchon im >. Jabhrbundert, hieran bie Fabel 


m. , 227 „7 „in Kind heidniſcher Eltern ſei Epiph. haer. 30, 16. 25), legt ſich 


‚zen iiſt. riker De Vermutung nahe, daß er wie die meiſten in der griechiſchen 


Sy nen Juden ein Helleniſt geweſen ſei. Er ſelbſt widerſpricht dem, indem 
ri eng Lracr aus den Hebraern nennt JM 5,05 2 Ko 11,22, was neben den 
an zerelien Zehn vorliegenden ſtarken Bezeugungen ferner jüdischen Herkunft nur in 


ſrrachziculetem Zum zu weriteben iſt vgl. AG 6,1. Im gegenfäglichen Vergleich 
mit den ven Lalainna aus aegangenm Nepbasleuten (1 No 1,125 2 Ko 11, 1ff., vgl. 
aud ER, 2m igat P., daß ſeine Mutterſprache, die Sprache ſeines Vaterhauſes in 
Tarſus ſo gut wie die ihrige die hebräiſche ſei, naturlich nicht die Sprache des ATs 
oder Die moderniſierte Gelebrtenſprache Der Nabbinen, jondern die aramäiſche Verfehre 
ſprache Der Juden Palaſtinas, Zoriens, Neſopotamiens und Arabiens. In dieſer Sprache 


Paulus, der Apoſtel 


gr bu aa ber Darſtellung der AG leuchtet ein nicht gewöbnliches 

rl gel düit ln bnamon. Als echter Hebräer gab ber Mater feinem Sobn am 
| nm yet Ueſchneidung (Rbi 3,5 vgl. Le 1, 59; 2,21) den zu jener 
ng be nsshhudnn Knien RE, fer on mit Rückſicht auf deſſen Wortſinn ı „Ir 

. DI tb A Den einzigen König Joraels aus dem Stamm Beryamın, 
neh no yatl ne Reäangeborte Ro IL, 15 3b, 5, mas frühe den Anlag zu 

» 12 ebeeseayab Val Vene NL patr. Benjamin 11; Iren. frg. 1: Stieren p.37; 
a nei WED SOSE. Als Sohn eines rümtichen Bürgers muß T. 
a ven Was des wer veriiden Namen gehabt haben und zmar einen dreifachen: 
ones ana and AXaomen. Ta das legtere überall Die gemöhnlichite 
None ea Gro'r, ſo hat ca nichts betzempliches, daß nur Das 
au Na pie ion alterer Zeit mer: Baulbus, von den Griechen 

on mühe zelsen dt, nicht Der Siereinsme Den er ebenjo wie 
ee iur erde Ser und auch nice Das Yeäzomen. meldes ihm ber 
SEN. Npar uud Taa feinen Lebens. zir one Tas fäter ale feinen 
Soden ayeätie Nie wurd bl. Macrob. Saturn. I. 11,536. Die von 
> ran. red) oft wieberhaln Yermzmns. DIE N ſich ſelbſt nad 


x x — 


Ne. wer. hose genannt babe, ur® NM: "nice sufgefommene, ned 
ü onen, Nun gr bei feiner Beben: en Ismensmecfel vollzogen 
3. za Rain georden“ ja, ezrirzen ;eMe Anbalts. Als Hchräer 


vorm en. and wie bor feine Keirruns Zul ı AG 8, 58—13, 9), 


en eäturenst u dem bed rimäsm Years made vucas AG 13,9, 
su iehabgit der Cuellen, zus Ziden 7 por und nach Diefer Stelle 
„alu Stelle und in wine fer Dommeinamiae Yeute fehr ge 
hen Die korperliche Erideiners Nee V. muß ziemlich unanjehnlid 
. aayn .ı rben Varnabas berets ale der Acdenrendere bervortrat, wurde 
N. nennt nl yes, P. mir Hertres iden: ̃ier: AG 14, 12. Im Gegen: 
nz MHiejen ſagten feine Geaner in Kerintb ven ihm 5 rapovela 
net, nal 0 A070: Erdarrusro; Ko 1U, 10. Tau mag jene 
Yu.line nad Wiunllichteit beraeszazen haben, auf welde er nd 2 Ko 12, 7-12; 
ern No 1, 7-18 besicht Mag Dies ichmere Neuraftbenie ober 
san Aungenleiden oder acr Erilerſic geweien fan «Einl. I, 122), & 
es aldnient wie ſich ielbit ale ein ren Ger Geſchlagener, von einem 

2. eveplanler erfeßten. Nr Der Zen Ian er zcaleerr zu fein. Um 
er zent MG 7,58 Mehr er Selbe nd a. ala a0eoßVTns dar 
Yan Erſiheinung acben Die Baulusstsen «Acta Thecla 3) folgendes, 

on xllubeiwe Wild: „en Marne Han ven Getalz dablen Kopfes, mit 
taub, musfulee ı 7 ecextızor:, mit ulammenacmacdienen Augenbrauen, 

is np Kaſe, Voller Anmut: bald eridien er mie cin Menich. bald batte er eines 
eneibhee  Wingelme Züge dieſes Bildes auch in Kieudoluc. Thilopatris 12. P. 
ileben« ehelobs I Mo 7, 7.85 %5. Vergeblich ſuchte ichen Clemens (strom. 

IE tab ſemem Zoos yanızos, val. 3 101, 2.740 aus 1Ko 9, 5; Phi 
m tehwen, daß je werbeirater mar und feine Gattin nur nict mie Petrus auf 
os Mepfintwrentwan mit ſich fubrte. -—- Wabrend feiner Lebrjabre in Jeruſalem wird 8. 
nb hablunsnbasb G. Cie Yitteratur bet Schurer II, 318 aud das Handwerk erlernt 
aan henmutbocı Jub ſpäter als Miſſionar faft regelmaßig Den vebensunterbalt erwarb 
ann. db, KR: INo E12: 6-18: 2Re 11,712: 12, M—18; AG 
ı 20 Unter aznrortmds AG 18,3 iſt ſchwerlic ein „Teppichmacher“ (Luther) 
oa Aulttuchtorber au vertteben, wie fett Hug, Einl. II®, 3287. viele Neuere an: 
als nt beſintierer Beriebhung auf Das eilicium, vinen aus der langbaarigen Wolle 
lesen na atlictiden Ziegen bergeitellten und Danach benannten Yobenftoff. Aber 
llaltung einer zu Den vericiedeniten Zwecken verwendeten Tuches oder Filzes (Mar: 
art Parma rer Homer, 2 Aufl. S. 179.5 Blumner, Technol. u. Technit der Ge 
“al I had, Wweraus unter anderem auch Nomaden ıbre Jelte machten (Plin. nat. 
Wi VE, Br, beißt Ted nicht Zelte anfertigen. Die Archäologen rechnen gewiß mit 
Kubt en tabernaeularii su den Yederarbeitern (Marquardt S. 740; Blümner I, 272 
np) ze haben auch Die Alten den P. regelmäßig als ſolchen vorgeftellt und ihn einen 
inne. genannt (Suis. thes., 3 edit. 1746, s. v. giebt mandıe Stellen befonders 
inetanet, dgl. Dazu Marcus in der Vita Porphyrii c. 9: als cin Nachahmer des 


a. 
u \ 


72 Paulus, der Apojtel 
roh rg Warnung feines Lehrers AG 5,39 ein Beondyos, ein Tobfeind des 


| IT Bete rung und Vorbereitun — u ER 
ET 1 vorhandener Keime, ſondern einen gewaltſame 









a am 
Dr tenbar no h le 
fand, der mit dem eines —* en 
Me di ————— —— —— ein unghoeit 
Werk unverbienten Erbarmens 1 Ti1,12—16; 10 7,25; 280 4, 1 und göttliche 
15 liebe vgl. Nö 5, 6—10. ° e ellmählich dt ihm, ein Sicht über Chriftus aufe 
Be ein — Lich erſten Schöpfun t ihm 
Angefiht Chriſt een er Bu een I 20h vgl. Gen 















ir a mag : —— IB 3, 7-—10. Da nach fe 
wahren i 83, 7— a einem 

20 Zeugnis * tea AG mit feiner Bet feine Berufur zum Äh uns 
mittelbar v jo gilt das von der geſagte däxwr vn de af neE- 


riorevu * — —J die Worte 1 Ko 9, 17 zu al bon der 
rau if die em — edeutend mit dem oA oöv 001 nOÖg kautilew AG 2 
ichfeiten des Vorgangs erfa wir buch iR R Gelbe ) 
35 dies * se daß er ſich area Blau auf in Dam fgebalten Ga 1,17. 
ch Offenbarung, —— en Ola —* verdantt, hatte ie Sum, icht nur zum 


—— unter den egeif ber örrracla * (AG 26, 10 L. * 1Ko 15,8) 

und daher mit Viſionen — Traum oder im zuſam 

so den fann (NG 26, 16 vgl. 22, 17), ſofern dabei an ſich Überfinnl es nn 
nehmbar geworden iſt, ſo unterfcheidet doch P. Be wie die AG im i ifach 

Bericht 9, — 22, 6—16; 26, 9—20 dieſes Erlebnis als ein nur einm m 

artiges bon allen” teren ihm zu teil geworbenen dnoxakuyseıs, — Soduc ‘a 

= 21 18012, — de ine ‚9; 18,9; B2, 17—21; 3 er 27 ‚23. at, au glede Ya ung 

eine gegen ihn —— en wurde, it 

TB — ———— in den erſten Tagen nach der Auferſtehung, 

va — ngen des * und Grab — — anſieh 

1 Ko 15,3—8, und er twodurd 







einer Bel 


ne auf bie Univerfalität * eines Yrbeitsg ietes Getvicht * Bu wird, Se die 


Nu 
ibm die Sendung zu dent Heiden erſt für die Zufunft in du 
50 (m 26,17 verdient drrooteAö den Vorzug bor droorillo Biere 
len Ar ade — ‚denn durch das — aber 


he odhene mie Abficht —— Derufung geivefen ee Es War nicht et 
Be: eines höheren Auftrags, als Folge eines inneren Drangs, wie er auch bei 
anderen, welche Ir Miffionare von Beru waren, ſich regte (AG 8, Aff.; 11,195), wenn 
P. jofort in Damaskus und drei Jahre fpäter bei feinem erſten Befuch nach der Belehrung 
in Jerufalem durch Vorträge in den Synagogen und in Disputationen mit Einzelnen feine 


74 Paulus, der Apoftel 


welche feine Briefe trog Mangeld an rhetoriſcher Schulung (2 Ko 11,6) an fo vielen 
Stellen beweiſen, fonnte P. nicht in Gamaliels Beth hammidrasch gewinnen. Tort 
war die Unterrichtöiprache vorwiegend das Gelehrtenhebräifch der Rabbinen mit gelegent- 
licher Heranziehung der aramätfchen Umgangsfprache, und das hebräifche Original des 
b ATS lag dem Unterriht zu Grunde, wenn man auch von der Eeptuaginta mußte. 
Die völlige Vertrautheit des P. mit diefer, deren Wortlaut ihm troß feiner Kenntnis 
des Originals ſtets zunächit im Sinn lag und querft in die Feder floß, mie unjereinem 
Luthers Überjegung, fest eine jahrelange Beihäftigung mit der belleniftiichen Bibel vor: 
aus, wozu vor der Überfiedelung nah Tarjus keine Zeit war. Da P. zum Gelehrten 
10 erzogen tar, ift eigentlich felbftverftändlich, daß er bei feiner Überzeugung, er folle bereinft 
„fernhin zu den Heiden” gejandt werden, die Zeit des Wartens auf eine unztveideutige 
Berufung zu diefen Wert zur Vorbereitung bierauf durch Lektüre und Studium benutzte. 
Die bei fhärferem Zufeben nicht fo unbedeutenden Spuren feiner Vertrautheit mit der poetif 
Litteratur und ingbefondere der didaktischen Poeſie der Griechen (AG 17,28; 1 Ro 
15 15,33; Tit 1,12 vgl. Einl. I, 51, 435), die Berührungen zwiſchen PB. und den popu: 
läreren Teilen der ſtoiſchen Philoſophie (Xightfont, S. Paul’s ep. to the Phil., 3. ed. 
p. 268— 326) machen es böchft wahrjcheinlich, daß zu den noAda yoduuara, welche ibm 
den Kopf verdreht haben follen AG 26, 24, nicht wenige Erzeugniſſe der griechtichen 
Litteratur gehörten. Nur in Tarfus während der Jahre 38—43 kann er Ort und Zeit 
20 zu ſolchen Studien gefunden haben. P. war der erjte Chrift, welcher rabbinifche Gelebr- 
jamfeit und bellenifhe Bildung in fich vereinigte. Es zeugt für den fcharfen Blick des 
Barnabas, welcher fchon in Jeruſalem dem B. Eingang bei den Apofteln verfchafft batte 
AG 9,27, dag er im Sabre 43 die Neife von Anntiodien nah Tarjus machte, um P. 
für die Mitarbeit an der anwachſenden, vorwiegend heidenchriſtlichen Gemeinde im ber 
35 Hauptitadt der Provinz Syrien zu gewinnen. P. war Sabre lang ohne Zufammenbang 
mit der Miffton und Kirche geweſen. Barnabas mußte ihn fuchen, ehe er ihn fand AG 
11,25 vgl. 2 Til, 17. P. aber würde fehmwerli in den Bitten des älteren Freundes 
die ihm in Ausſicht gejtellte Sendung des Herrn (AG 22, 21) erfannt haben, wenn 
nicht innere Erlebniffe binzugefommen wären. Nach der bier befolgten Chronologie fällt 
30 das, was P. 14 Jahre jpäter fo lebhaft als eine unvergeßlihe Erfahrung fchildert 
2 Ko 12, 1—5, in oder vor den Herbſt 43. Darum tft mabrfcheinlich, daß eben dieſe zu 
feinem Entſchluß weſentlich mitgewirft bat, als Mitarbeiter des Barnabas nad Antiochten 
überzufiedeln. 
IV. Baulus der Mifftionar. Es Tann nicht die Aufgabe fein, bier die alles, 
35 was big dabin für die Verbreitung des Chriftentums geleiftet war, in Schatten ftellenve 
Arbeit des Apoſtels (1 Ko 15,10) im einzelnen zu ſchildern, fondern nur, fie zu charal- 
terifieren. Auch feine Yebrtbätigkeit in Alntiochten (AG 11, 26—13, 1) vom Sommer 
43 big etwa zum Frühjahr 50, welche durch die Kollektenreife nur eine kurze Unterbrechung 
erlitt, war weſentlich Mifftionsarbeit; denn das fchon vorher ſtarke Wachstum der Ge 
so meinde 11, 21 erfubr gleich im erjten Jahr feiner Hinkunft durd fein Zuſammenwirken 
mit Barnabas eine jo bedeutende Steigerung, und der Unterfchied zmifchen der haupt- 
ächlidy durch den Beitritt von Hellenen anmwachjenden Gemeinde von der Synagoge trat 
infolge davon fo ſehr in die Erfcheinung, daß bei der beidnifchen Bevölkerung Antiochiens 
für fie der Name Christiani auflam 11, 26. Daß dies hauptſächlich dag Werk des B. 
35 und P. var, während die übrigen 13, 1 genannten Männer mehr der innergemeindlichen 
Lehre ſich widmeten, zeigt fih auc darin, daß am Schluß diefer Periode jene zur aue- 
twärtigen Miffion ausgefandt tvurden, von den drei anderen „Propheten und Lehrern“ 
dagegen die Miffionsgeichichte ſchweigt. Fällt in diefe Zeit der Beſuch des Petrus in 
Antiochien Ga 2,11--14, wie ih nad dem Vorgang von Echnedenburger zu zeigen be 
so mübt war, WEI 1894 S. 435-—448, fo feben wir, daß P. fchon damals dasjelbe Ber: 
jtändnis des Evangeliums beſaß, welches er fpäter in feinen Briefen entwickelt, und daß 
die Daraus ſich ergebenden Grundſätze über die Geftaltung des Lebens in einer vorwiegend 
beidenchrijtlichen Gemeinde bei ibm unerjchütterlich feitftanden. Da nad dem Wortbegriff 
wie nach der Vorftellung der eriten Kirche der dröorodos cin von Chriſtus beauftragter 
5 und zum Bebuf der Verfündigung des Evangeliums an die noch nicht Glaubenden aus: 
gefandter Wanderprediger it, konnte ſich PB. ganz als einen foldhen erft fühlen, 
nachdem Die Beſtimmung bierzu, Deren er feit der Srfcheinung bei Damaskus fich bemußt 
war, durch Die Ausfendung jeitens der anttochenifchen Gemeinde zur vollen Verwirklichung 
gelangte AS 13, 2-1. An diefer Ausfendung nahm Barnabas gleichen Anteil und, 
eo wie Diefer AUG 14,4. IE, jo werden auch andere Mitarbeiter des P. mit ibm unter dem 


76 Paulus, der Apoftel 


in dem inne ala Hetdenapojtel angefeben, daß ibn darum die Juden nichts angingen, 
jondern er bezeichnet feinen allerdings für jegt im Vordergrund ftebenden Beruf, den Hei 
zu predigen, als eine beſondere Seite feines an ſich die ganze Menſchheit umfafjenden 
Berufs (Rö 11, 13 einerſeits, Rö 1, 5; 1 No 9, 19--21; Kol 1,28 andererfeits). Tie 
5 auf dem Apoſtelkonvent verabredete Teilung der Arbeitsgebiete zwiſchen P. und den älteren 
Apofteln war nad Ga 2, 7—10 nur die vertragsmäßige Feſtſetzung deſſen, mas fi 
bis dahin thatfüchlich entwidelt hatte Der Zweck war nicht, und fonnte vernünftiger: 
weife nicht fein, dem Petrus jede Belehrung eines Heiden, dem P. jede Belehrung eines 
Juden, welcher dem einen oder dem andern auf feinem Arbeitsfeld begegnete, zu unterjagen. 
10 Es handelte fich vielmehr um eine Abgrenzung ber beiderfeitigen Arbeitsfelder jelbit, zu dem 
Zweck, künftighin Irrungen zu vermeiden, wie fie furg vorher durch den Eingriff paläſti⸗ 
nifcher Judenchriften in die inneren Berbältnifie der beidenchriftlihen Gemeinde von An: 
tiochien entftanden waren. — Cine weitere, wie fih aus 1 Ko 9, 6 ergiebt, fchon auf 
der eriten, mit Barnabas gemeinfamen Reife beobachtete Negel war der regelmäßige Ver: 
15 zicht auf jeden materiellen Ertrag der Berufsarbeit. Aus den Anweifungen Jeſu Hr die 
Zebenghaltung der Wanderprediger, welche vor allem auf jorglofe Dingab: an den Beruf 
und barınlofe Benugung der Gajtfreundfchaft williger Hörer binausliefen (Mt 10, 9—13; 
Lc 10, 4- 75280 9, 14; 1 Ti 5, 18), batte ſich die Sitte beraudgebildet, daß die 
Miffionare überhaupt „vom Evangelium lebten”. Auch die Kepbasleute in Korinth Liegen 
20 ſich von der dortigen Gemeinde ernähren und legten eö dem P. als falfchen Ehrgeiz, ald 
Mangel an liebevollen Vertrauen und als wohlberechnetes Mittel zu moralifcher Tyrannei 
über die Gemeinden aus, daß er bierauf verzichtete 2 Ko 11, 7—12; 12, 16—18. P. 
bat dag Apojtelrecht, von welchem er feinen Gebrauch machte, rüdbaltlos anerfannt und 
geiftvoll begründet 1 Ko 9, 4—18 und bat es auch auf die ftändigen Gemeindelehrer 
25 ausgedehnt 1 Ti 5, 17f.; Ga 6, 6. Aber neben der Regel, daß der Arbeiter feines 
Lohnes tert fei, ftand die andere dmpedv Elaßere, Öwoeav Ödre Mt 10, 8. Es galt 
ibm, zumal in den großen Handels: und Induſtrieſtädten wie Ephefus, Theſſalonich, Ko: 
rintb, jeden Schein zu vermeiden, als ob fein Bredigen ihm ein gemwinnbringendes Ge: 
Ihäft je. Wie notwendig das war, zeigt die trog feines Verzichts notwendig geivordene 
30 Apologie in Bezug auf diefen Punkt 1 Tb 2, 3—12. Er wollte, fomweit es möglid 
war, „das Evangelium foftenfrei machen“ 1 Ko 9, 18; und was den Fiihern vom See 
Genezaretb in den Straßen Jeruſalems und auf den Yandftraßen Balaftinag zu tbun 
unmöglich tar, war dem Zattler oder Weber in jeder Stadt, mo er längeren Aufent: 
balt nahm, möglich. Er fonnte in feinem Handwerk arbeiten, wenn auch nur als Ge 
35 jelle unter einem anderen ala Gejchäftsinbaber AG 18, 3. Nichts zeigt fo Deutlich, 
welches Gewicht P. auf dieſe Yebenstverfe legte, als fein Verhältnis zum Haufe des 
Aquila, welder im Dienſt der Miffionsarbeit und der Pläne des P. feine Werkſtatt von 
Korintb nach Epheſus, von Epheſus nab Rom und noch einmal von Rom nach Epheſus 
verlegte und fih dadurch den Danf aller Heidengemeinden verdiente AG 18, 18; 20, 33 
10 bis 35; 1 Ko 16, 19; Rö 16, 3—5;5 2 Ti 4, 19. Dadurch war nicht ausgeſchloſſen, 
daß P. fih von den begründeten Gemeinden, melde von feinem Miffionseifer ſich batten 
ergreifen laffen, Geldmittel für die foftfpieligen Reifen und, mo er wie 3. B. während 
der Gefangenſchaft am Broterwerb gehindert war, auch für feinen Xebensunterbalt zur 
Verfügung stellen ließ 2 Ro 11, 8; Phi 1, 3—75 2,17. 25--30; 4, 10—19. Nur bie 
unmittelbare Verknüpfung irgend welchen materiellen Gewinnes mit der Mifftionspredigt 
bat er peinlich vermieden und ftrenge darauf gebalten, daß ihn niemand die Freude 
bieran, Die er als feinen einzigen irdischen Yohn anjab, verderbe. — Gegenüber den An- 
feindungen und perionlichen Angriffen, welche die Miffionare teils von der Majorität der 
Juden, welder ihre Predigt über furz oder lang überall unerträglih wurde, teild von 
» der heidniichen Bevölkerung, aus verjchiedenen Gründen, teils von ftädtifchen Magiftraten, 
Die ſich den Einen oder den Anderen gefügig zeigten, vielfach ausgejegt waren, juchte 
und fand P. mehrmals wirfiamen Schuͤtz bei den Nertretern der römiſchen Staatsord- 
nung, wobei ibın ſchon Damals, wie fpäter in feinem langivierigen Prozeß, fein römiſches 
Bürgerrecht su ftatten fam AO 16, 36395 22, 25- 29; 23,27, 25, 9—12; 26, 32. 
5 Er hatte Das Glück, daß er es mehrmals mit gebildeten und wohlmeinenden hoben Be 
amten zu tbun hatte; abgeichen von Zergius Paulus, dem „einſichtsvollen“ Prokonſul 
Grverns AS 13, 7, mit Gallio, Dem Bruder Zenecas 18, 12—17, auf deſſen Urteil 
m Sachen Des P. die außerordentlich günjtige ſoziale und politifche Lage der Torintbifchen 
HGemeinde in Der Folgezeit berubte, Später mit Feſtus 24, 27—27, 1. Unter den Aftar: 
so den zu Epbeius, Die als provinziale Vertreter Des Naiferfultus zu betrachten find (vgl. 


dm 
51 


x 


78 Paulus, der Apoſtel 


nach dem Abzug des P. von Korinth aus Jeruſalem dorthin kamen, um ſein Werk nach 
ebxem Zinn zu korrigieren, nicht ſofort mit ebenſo radikalen Forderungen auftraten, ie 
sat Doch ihre Sebäffigkeit gegen P. und die Polemik des 2. Korintberbriefs, daß fte im 
runbe iheſinnungogenoſſen der früber fühner aufgetretenen Judaiften waren. Überall ſab 
„ J', ſie binter feinem Nüden Den Boden untertwüblen, den er bebaut hatte; und er warnte 
such Die noch nicht Davon betroffenen Gemeinden vor ſolchen Yeuten Ro 16, 17—20; 
Yb 3, 1 Nab AG 15, 5 batten fie vor ihrer Belehrung teilmeife der phariſäiſchen 
ltartei angebört, P. nennt fie zaoetoaxtor yıerdadeigoı Ga 2,4 und beitreitet ihnen 
amit nicht nur Das Recht auf den chriſtlichen Brudernamen, iondern erklärt aud ihre 
anßere Zugehörigkeit zur Chriſtenbeit für eine erjchlichene. Von dem Jsrael Gottes (Ga 
6,16, vgl. 4,21 31) und ven der Gemeinde der Yiebbaber Jeſu, die ein Appitel grüßen 
tann (I No 16, 22), ſchließt er fie aus. Als Eindringlinge in die heidenchriſtlichen Ge: 
menden vergleicht er fie Ga 2, 4 mit Spionen; anderwärts mit berrenlofen Sunden, 
zuelihe Die Ztrapen unficher machen ht 3,29. In ihrer Eigenſchaft ais Wanderprediger 
 Bergleidit er ſie mit Hauſierbändlern 2 No 2, 17, nennt fie irontich Die Überapoitel 2 Ro 
II, 0, 12, 11 und umwerbliimt Pſeudapoſtel, argliitige Arbeiter, ja Satansdiener 2 Ro 
II, 1. val. IND, 16ff.: No 16, 2, und ihre Predigt cine Verkebrung des einen 
une cinzigen Evangeliums Ebritt &a 1,7. Dieſe Judaiñnen zweifelten cbeniomenig mie 
want em Phariſaer (Mit 2, 15: No 2, 17- ?ur daran, daß es Pilicht Der Juden ſei, 
is iluten sflenbarte Heilderkennmis su einem Gemeingut der Menichbeit zu maden, und 
Naıt and, Da ſie ſich su Jeius ale Dem Meiſias befannten, Daß es Prlicht der jüdiſchen 
Chattenbeit Ser, Den Herden das Evangelium su predigen. Ja, fie felbit beteiligten ſich 
an cu Auigabe auis enizite, indem Ne ala angebliche Apoſtel Chriſti zu Den Heiden 
u Miheduen, Galatien, Rorinzb ainaen. Sie prediaten auch in ihrer Art Jeiſum 2 No 
- 5 amd ıbrer Benzuzienz, 8 Sic erit Den Heidenchriſten Das echte Evangelium 
Bonsai, irui V. GGa T. I = enizezen. Es frac ñch nur um die Beringungen, unter 
arts Pe Seiden am Sa urn! an sen Gutern Israels Anteil empfangen ſollten. Mit 
2.0. 8. 1NTUNg, DER Sc Achr N: Reicneidung annchmen müßten, um jelig zu werden 
„Is vellberebnan isch 25 Gemeinde Ebriiti zu aclten, iprachen ſie die Anjchau- 
sd, daß die Baden zur hist Vnverlöäbung ın Das jndüche Volk, nur als „Proſe⸗ 
nn. Na Gereßneler om Bol riochar werden tennen. Die Erideinung des Meſſias 
la nach ibret Mndı nice Baran, DER Ne Gemeinde Genres in Form Der Nation 
022: und Dat das dert Vo wrmei cñenbarte Geĩiez fur alle Zeiten Die Yebend 
t,;. der Gemerde Gories Sam Die Atidenmiitisnere, melde Me unbeichnittenen 


„m.ha durch De Iayfeım die Gerennde Ehriia aufnahmen und co ohne Rückſicht auf 


= 
= 


de 


ad ASGSTE nUT Sm Adzemeinen ga onen Yen Wandel anbielten, erſchienen 

a VRerderde: Ne urırmassen Onnfenrzrme und, Sotem he, um Seiden zu ge: 

and UND mis Dederärmten 2 unachemmem Nerierr leben zu £ennen, ñch Velbit Der 
pad Yeheneusii ndS.asın, Ze abmwinmac Sgracliten. melde Me Heiligtümer und 
eo Kent da Nattn ctae Ne: nur sus Menidenzscäusier um möglichſt große Cr: 


aa tue WAT. der Beiden preesen und fc Selbiz ihrer berauben. Sie 
id mo ruzogmiem Zen des Rechrs ut Seas berufen, war nicht ſofern dieſer 


aihalv og Tana Nu Sfenslinzo scnden N 7% 8 — denn Ne Velbit wollten 
unter der Sciden wos aber Sem or dem Geẽetz unzerthan geweſen und 
Der oase OHM aim ur an) Some Numzser oben brsu engelenet hatte (Ga 4, 4; 
Ar WELT zn tt Mut: ergeme:ade anzer Yoruna MT älteren Apoitel 
ide Wander Sea Sram omölpaperhihiina IB behertisze, Iorınzen Die Judaiſten 


Mt EG RUSS ME N sam palitiräcde Cträtender binter fi baben. 
Se hechle ben les DUATLTDO 8a Io) 2a o au mu Ömrrehlungäßriefen von 


v etabant Wit ut Betrits ns Ürret Moss Sr osermchen Ke 1. 1212 Ko 3,1), 
an ine Nabe Nano na Daher a open Sriäccheien Dos Verrus, melde P. 


"ak Weauleiri in SSH Net Bern wrunrDätge Dos Retrus beur⸗ 
"a bi sent den Jüdeatiten Voss, Yemen mußten Nie durch über⸗ 

Zr dienen Des Mondsee a, Söoßiridsisen Treiben Der Heidenmiſſio⸗ 
etw Be Mikipsns Donem Stoon Der zudüchen Chriitenbeit 
reelle Wan Dos 85 In ASTA SD na doruberachender Tämpfung 
een alb Delle Nein SH ASDiE SUN Deo me S\arrhunder weiterglũbte. 
Deo ebzelee ne ieh Des Neil si Ton u Atdetrierung Der Kirche. veriolgten 
nen Doreen fe So sn Deus ser: on der Iren Mund und Wege 
a Po Meraphboie „Dawn oo Par werner Wat non Feitigkeit und er 


ce Zaulns, der Apsitel 


a Pe ee Tore mensam weshes er Evangelium Ro 1, 1; 1 7 
WW— me Dont 2. 1, oder Wort Gottes 1 Ib 2, 13; 
ra uu Be Bay I I T: 2. 2., aber auch Evangelium Ga 1, 7; 


are Baus Bu Be Bar Pa - v2 . : 15, 1432 Tb 1,8, oder Zeugnis I Ro 
ae en ir reb in 155 I Tb 1,$5: 2 Ib 3,1 oder Pre: 
Ye, 7 tr szzine Ns Herm nennt Schon durch dieſen Wechſel 
ba Mn amt Avar 2 zerranz mit den gleichen Vegriffen empfichlt es ſich, 
rei an ET ZEN ZEIT u verſtehen, namlih als cinen ſolchen Des 
eehtuamn 20% yvrers Dr Kaelzauc, welder mi dem Wort „Er. CEbrifti“ ge 
erben man Pop) TON Tun nie, ſo oft man dieies als die Änfadere und 
ntprantelehere se yo 2 zone zur spottoltichen Predigt Ttellte, Sole niemand abbalten, 
we tmgnale Merezner 9: semmmasihben Werttandnities anzuerkennen Gewiß iſt Die 
apattelche Ur oers m 227 wede Ehriitus sum Miꝛꝛelvunl:. Giccritend und \n 
all Bat No “IL... DREH er aber Io osemme Ne Er. Gottes 
hriſtt, nubt over, ve, u. 7.22 vehre, aud Die imafte, von Gr Fentelt, fondern 
el de mie nn mm. Beet adumdie —— m, und mi (Az elbit es it, 
wehler Snye mo mer: onNzr den Menden erwes Sazın 228: und durch ſie 
irdet un?» Vern our "sm (Wa), nn Kos Ber 75 212.13, 2 So 
burn, scene Zr Jrn, wel Chris Nr ee zrunhesenee Vrediger 


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neh Erata. 2 Ser lo ra. WMeL 114: Ser 2.2: 205: 0% 1, und weil 
bhriitu- nut "lm Mur Beate vegarn den —— zz 5 zrsubieten (? No 
PL 220.202 1% is, Dielen. zn Zi oder 22er „berufenen“ 


Aprite! u5 — 1.217. 752 und io lanac ae des Füzmeci au Tage trit, 
wi EoEe ⁊ ⁊Mer das Exr mi der (ri. — Serebrung gepredigt 
om Ara morcen ".mdm. Ser oe vur bir iernenend ze Ned Das echte Ci. 
Kr eo, mtr, in, To Ew . rd BE, Rai 1. 1:2, 5: $h 
lan Sıerrn 2m mmhhe wenn. Ynlıar, melde denſelben 

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dm aa Er EZ “  ospıdelr 1, oe deruns Drana obne beutlichen 
—8* NW m INSIDE IDUTIIDLENTER Berufung zur Heiden: 
we N. Yu, Days IE DIN v * weil er ſchon bei feiner 
Aa I Weare .. ge rrtng shi bl ba ennemiden und ſpäter bon 
a N rn NE Hetden lan weorden war (oben S. 72), 


*4 Panlus, der Apoſtel 
Zn — Zeit ſeines Martyriums, in dem doppelten Sinne der Bezeugung und Ver: 
meer: ieines Glaubens und Handelns vor dem Richter und des Leidens aus folder 
Va ung. beginnt mit feiner Verhaftung im Tempel um Pfingſten 58. Für die auf 
u z:227 ensicheidenden Anfänge diefer Lebensperiode bis zu feiner Überführung nach Rom 
‚Fer 27 aamı auf AG 2128 angetviefen, da wir Briefe des P. aus dieſer Zeit nicht 
rn un? in den Briefen aus Rom (Eph, Kol., Phil.), feine Rüdblide auf Die früberen 
melden Bergänge ich finden. Gegenüber „arger Hpperfritif”, welche gerade an der 
Ia=menz Dos Frogelies des P. in diefem Teil der AG geübt worden iſt, hat Momnifen 
= "=. nos vom Standpunkt des römifchen Strafrechts aus betrachtet, durchweg zu: 
em ern, und abgeſeben von einem einzigen „Mißverſtändnis des legten Redal⸗ 
= 2% 187.) geurteilt, Daß der Bericht jelber „nirgends Anſtoß giebt und nur 

rm erieszungen erfordert” S. 93, und in ibm eine in ihrer Art einzig daſtehende, 
x rs Nechtequellen in crwünſchter Weiſe ergänzende Urkunde erkannt (S. 96). 
"nm Aſien, welche über dad Auftreten Des P. im Tempel und damit verbun⸗ 
‚era mare Öheruchte von Entweibung des Tempels durch einen von P. dort eingeführten 
Zezem zn But gerieten und die anweſende Volksmenge gegen ibn aufbegten, und bie 
„zz aus Der Stadt zum Tempel jtürmenden Haufen dachten nicht daran, ibm vor 
ie.szer der judiſchem Gericht den Prozeß zu machen, jondern wollten ſofortige Volfe- 
* zn :im üben AG 21,27—36. In feinem Bericht an Felit fonnte der Komman- 
ze xırzz wabrbeitsgemaͤß behaupten, daß er den P. durch deſſen Verhaftung von diefem 
24.8 zerener und auch gegen einen zweiten Anſchlag gejchügt babe, bebauptete aber 
„end Sehr wabrbeitewidrig dag er jenes gethan babe, weil er erfahren, daß P. römi: 
wer Kurzer ſei (AG 23, 27; der Verſuch von Mommien, durch ſtarke Interpunktion 
ir und den Lyſias zu entlaften, führt nicht zum Ziel, wenn man nicht menigitens, 
— 53 in Anbalt in der Tradition, uado» ÖE ichreibt). Wie es fich wirklich verbielt, 
22 Te rorangebende Erzäblung. Tie Feſſelung batte P. über fich ergeben laſſen 21,33; 
wen per auf Berchl Des Lyſias zum Zweck peinlichen Verhörs gegeigelt werden folte, 
nd er Yıch um Echteden des Chiliarchen und mit ſofortigem Erfolg auf fein römiſches 
= .rzizeht 22, 24-29. Mus der Verbandlung vor dem Synedrium, welche Lyſias zum 
327? jener —S— veranlaßte (22, 30 23, 10), ſchöpfte er die Anſicht, daß die 
—E————— Der Juden gegen P., welche in der Spnebriumsfigung um Beifein des to: 
mäsen Ehiliarcen fih zu Anklagen vor dieſem gejtalten mußten, fein mit Haft und 
Aernzrung su beitrafendes Verbrechen beträfen 23, 29. Da es fi nunmehr um 
#n!,zzen ber oberiten jüdiſchen Behörde gegen einen römijchen Bürger und zwar an: 
oe Tigen eines LODESMUurDIigen Verbrechens (25, 11--25; 28, 16) bankelte, fonnte 
2’ mer Der Richter fein, ſondern wies Die Ankliger an den Vrokurater, wohin 
= 2.2 den Angeklagten transportieren ließ 22, 30—24, 1. Auch Felix bat aus 
ter ten der Anklager und Dee Angeklagten in Gälarea und den von ihm erwarteten 
zerır midi ausgebliebenen mündlichen Berichten des Lvſias feine andere Auffaſſung 
’, 2 tvritas, wie feine wiederholte und bebarrlice Verſchleppung der Sache zeigt 
Trotzdem beichritten Die Juden ſofort nach Antritt des neuen Prokurators 
zu en Weg der Klage gegen P. vor Dem einzigen Inbaber des jus gladii 
, ubsten Eriabrungen, welche P. mit Felix gemacht hatte, laſſen 8 begreiflic 
? x In Vorichlag des Feſtus, ſich zwar von ihm, aber jtatt in Cäſarea in 
zı2 u !amſen, ablebnte 25,8. u weil er Darin einen veritedten Verſuch 
nr Nuhr greisuuaeben 25, 11. Dazu war er um jo mehr berechtigt, als ber 
ımö.iı Deo eetus im Nideriprudh fand mir feiner früberen Ablehnung des vom 
2. notre unſches, Daf Die Verhandlung in Jeruſalem geführt werde 

_\ °  &g :ror com bedentliches Schwanken des Vrofuraters, welches nicht anders 
een sn le Ne) = a gdcdkeht Zeine Darſtellung Der Sache im Geipräch mit 
7°, 2°. teinesweas genau dem Hergang nach 25, 3—5, ſondern follte 
en zz m.deceochonide gleich nach Antritt dos icnwierigen Amtes mit den 
lan ® ur. kiha F sche Ablebnung ihrer Wunſche verderben. Dieſem Schwanken 
un i arıcen ehr, nad” acnauerem Zrradgebraud, Provota: 


x 
ı. 


— gm Gas 25, ILL ; 26,827 auch 25, 10 iſt ſchon ebenfo 
 rfmsrtandide No STAUMERUNG us Rechtes Dazu und der ſofortigen An- 
. do mins inne Ne Feitus ut wiederum Dad romiſche Bürgerrecht des 
22 2.570 sanfrer in der Erzablung und in den Neden Diefe Rorausfegung 
ie SSSnfLIEEn wird, ha: nich:s auifalliges. da Feitus nad 25, 10 ſich 
| “222 baish des P. bekummert Dante und alie ohne Zweifel aus der 


88 Panlus, der Apoftel Paulus Diatonns 


fönnte dafür zu fprechen fcheinen, daß PB. wie aller Wahrfcheinlichkeit nach Petrus in der 
neronischen Verfolgung umgelommen fei. Aber fie iſt erft im 4. Jahrhundert aufgelommen 
und ift erft entftanden aus Mißverſtand einer gemeinfamen Peter: und Paulsfeier, welche 
urfprünglich einer Translation ihrer beiderjeitigen Reliquien am 29. Juni 258 galt, vgl. 
sin Kürze Cinl. I, 454 ff. Noch Auguftin ſtand diefer Tradition ſehr kritiſch gegenüber, 
geſtützt auf die traditio patrum, wonach beide Apoftel zwar an dem gleicdyen Kalendertag, 
P. aber in einem fpäteren Jahre geitorben fe. In der That verlegen die alten Petrus- 
alten das römische Wirken und Martyrium des Petrus in das eine Jahr, welches P. in 
Spanien zubringt, alfo den Tod des P. in fpätere Zeit (ed. Lipsius p. 16, 3. 8), und 
ıo nach einem jüngeren Zeugnis hätte Irenäus den Tod des Petrus um ein Jahr früber 
als den des P. angeſetzt (Acta SS. Juni V, 423°) Die älteren Zeugen Clemens 
I Cor. 5 u. 6, Dionvfius von Korinth, Irenäus in feinem Hauptwerk, Tertullian und 
auch noch Eujebius in der Ehronit nach dem armenifchen Tert (Schöne II, 156, anders 
nad) der Bearbeitung des Hieronymus) befunden Teinerlei genaueres chronologiſches Wiſſen 
15 und find nur darin einig, daß der Tod beider Apoſtel ungefähr der gleichen Zeit und, 
joweit ein Kaifer genannt wird, unter Nero erfolgt fei. Daran haben auch wir ung ge 
nügen zu laſſen. TH. Zahn. 


Paulus Diakonus, geit. 799. — Werte: Am 3.—5. September 1899 wurde das 
11. Gentenarium des Paulus Diafonus in Cividale begangen. Der nit dem Feſte verbundene 
20 internationale Gelehrtentongreß (vgl. Atti e memorie del congresseo storico tenuto in Civi- 
dale nei giorni 3,4,5 settembre 1899. Cividale 1900) erwählte eine Kommifjion, um eine Ge: 
jamtausgabe der Werfe des großen Yangobarden mit italienijchen, deutichen und öfterreichiichen 
Mitteln in die Wege zu leiten. Bis jept ift nur eine bibliographiiche Vorarbeit erfchienen: 
Carlo Cipolla, Note bibliografiche circa l’odierna condizione degli studi critici sul testo 
25 delle opere di Paolo Diacono. Venezia 1901. Doc) liegt bereits ein Teil der Schriften des 
Paulus in muftergiltigen Ausgaben vor: 1. Historia Romana, herausgeg. v. H. Droyfen in 
MG Auct. antiquiss. II, 1879, p. 4—182 u. p. 185—224. — 2. Fxpositio in Regulam 
8. Benedicti in Bibliotheca Casinensis IV, 1880, Florilegium Casinense p. 12—173. l. 
dazu L. Traube, Textgeſchichte der Regula S. Benedicti in Abhandlungen der hiſtor. Klaſſe 
30 der kgl. bayeriſchen Akademie der Wiſſenſchaften XXI, 1898, S. 599 ff. — 3. Liber de epi- 
scopis Mettensibus bei Fer MG II, 260—268 und MSL 95, 699-710; vgl. MSL 35, 
709—722. — 4. Vita s. Gregorii papae I, herausgeg. v. H. Srifar in ZkTh XI, 1887, 
S. 162—172. — 5. Historia Langobardorum, herausgeg. v. 2. Bethmann u. ©. Bei in 
MG Script. rer. Langobard. et Italic. saec. VI—IX p. 12—187. — 6. Homiliarium. Eine 
35 Ausgabe wird vorbereitet. Vgl. Fr. Wiegand, Das Homiliarium Karls d. Gr. auf feine ur: 
fprüngliche Geftalt hin unterfucht, 1897. Derſ., Ein Vorläufer des Baulushomiliars in THStK 
75. Bd, 1902, ©. 188-205. D. Germain Morin, Les sources non identifiees de l’Home- 
liaire de Paul Diacre in Revue Benedictine XV, 1898, p. 400—403. — 7. Homiliae. Drei 
vermutlich echte in MSL 95, 1565 — 1580; eine vierte jedenfallg unecdhte in BM 27,484 — 486. — 
40 8. Carmina, heraudgeg. v. E. Dümmler in MG Poetae latini aevi Carolini I, 35—86. — 
9. Epistolae, herausgeg. dv. €. Dümmier in MG Epistolae IV, 1895, p. 505—516. — 
10. Epitome Sexti Pompei Festi de verborum significatu in Fr. Lindemann, Corpus 
grammaticorum latinorum veterum II, 1822, p. 1—162. Bgl. Neff, De Paulo Diacono 
Festi epitomatore, Difiertation, Erlangen 1891. -- 11. Ars Donati quam Paulus Diaconus 
45 exposuit, nunc primum monachi (Ambr. Amelli) archicoenobii Montis Casini in lucem pro- 
ferunt, 1899. 


Ritteratur: F. Dahn, Paulus Diaconus, 1876; Betbmann im Ardiv X, 247—414; 
Mommfen im Neuen MArdiv IIT, 185--189, V, 53--:103,; Wai a. a. DO. V, 417—424; 
Dümmler a. a. ©. X, 165; Schmidt a. a D. "XIII, 391-394; Traube a. a. ©. XV, 

50 199 - 201; Neff a. a. ©. XVII 204— 208; Ebert, Allgemeine Geſchichte d. Litteratur des 
Mittelalters im Abendlande IL, 35— 56; Dümmler, MG Poetae latini aevi Carolini I,27 - 30; 
Band, Kirchengefchichte Deutſchlands (2) IL, 158—- 164. Ueber die reiche zumeift italienifche 
Bauluslitteratur, welche aus Anlaß der Gentenarfeier erſchien, f. die Titel im THZB XIX, 
241. XX, 365. XXI, 423 1. 

56 Unter den gelebrten Yangobarden am Hofe Karls d. Gr. ſteht Paulus Diakonus, der 
Sohn Warnefrieds, an eriter Stelle. Er entftammte einer Familie, die fchon bei der Be 
fegung von Friaul durch Alboin und Gifulf die Waffen führte Warum er gleichwohl 
um Gelehrten bejtimmt wurde, während der jüngere Bruder mit dem großpäterlichen 
damen Arichis zugleich Die friegerifchen Traditionen feines Haufes erbte, erfahren mir 

sonidht. Sein Yebrer Flavianus führte ihn in Die lateinische und ariechifche Litteratur ein. 
Er wurde in diefer neuen Gedanfenwelt völlig heimiſch, ohne dDesbalb dem eigenen Volte, 
feinen Sagen und feiner Geſchichte fich zu entfremden. Wie er an den Hof von Bene: 


90 Paulns Diakonus Panlus, H. E. ©. 


früherer Erklärer, wie er auch auf die Verſchiedenheit der Handſchriften der Benediktiner⸗ 
regel eingeht. „Wir ſehen vor uns ein belebtes Bild mittelalterlichen Unterrichts und 
blicken zurück auf die reiche Entwickelung wiſſenſchaftlicher Studien, die vorausgegangen 
iſt.“ Die Langobardengeſchichte, an die Paulus leider nicht mehr die letzte Hand hat 
5 legen können, iſt nad) einem klaren Plane gegliedert. Zwar unterbrechen allerlei Exkurſe 
hier und da die fortlaufende Erzählung, aud trägt das Ganze einen fompilatorifchen 
Charakter, aber die zahlreichen aus mündlicher Tradition oder verloren gegangenen Werten 
gefchöpften Notizen fichern ihr einen bleibenden Quellenwert. Der warme patriotifche 
Ton, der im Munde des Mönches doppelt erfreulich ift, die Farbenpracht der langobar: 
tv diſchen Sagenwelt, die liebevolle Kleinmalerei haben den Ruhm dieſer Nationalgefchichte 
von Anfang an feit begründet. Den Auftrag, eine Sanımlung von Mufterpredigten an 
der Hand des Kirchenjahres für die Nokturn zufammenzuftellen, hatte Baulus von Karl 
ſchon in Frankreich erhalten. Er iſt demfelben dann in Monte Caffino nacdhgelommen, 
jo daß die offizielle Einführung diefes Homiliars (ſ. d. A. Bd VIII ©. 310 f.) noch vor 
15 dem Jahre 797 ftattfinden konnte. Auch dieſes Werk gehört zu den viel gebrauchten 
Büchern im Mittelalter. Daß daneben Paulus in Monte Caſſino ſelbſt als Prediger 
thätig war, beiveifen einige von ihm noch erhaltene Homilien. Auch fandte ihm Biſchof 
Stephan von Neapel gern junge Geiftlihe zum Unterrichte zu. Nach feinem wahr: 
Icheinlih am 13. April 799 erfolgten Tode hat ibm fein Schüler Hildric die Grabfchrift 
0 verfaßt. Das Grab neben dem Kapitelfaale ift beute nicht mehr nachweisbar. 
Friedrih Wiegand. 


Panlus, Heinrih Eberhard Gottlob, proteftantifcher Theologe, geit. 1851. — 
Duellen und Xitteratur: Seine zahlreihen Schriften (befonders feine „Skizzen aus meiner 
Bildungs» und Lebensgeſchichte“, Heidelberg 1839) und die aus feinem bandichriftlihen Nad: 

25 lajje ſchöpfende Monographie aus der Feder feines Schwiegerjohnes Frh. v. Reichlin-Meldegg, 
„H. E. &. Paulus und feine Zeit“ 2 Bde (1853 Stuttg.), deren erjter Band Paulus nod 
zur Prüfung vorgelegen hat. 


®., geb. am 1. September 1761, ift eine charakteriftiiche Geftalt des theologifchen 
Nationalismus auf dem Gebiete der neuteftamentlichen Exegefe. Seine Wiege ftand in 
30 Württemberg zu Leonberg in demjelben Pfarrhaufe, in welchem vierzehn Jahre fpäter 
Schelling das Licht der Welt erblidte. Der Vater, Diakonus Paulus, litt unter einem 
krankhaften Dualismus von Kriticismus und Geifterfeherei, daß er fhließlih ob absurdas 
phantasmagoricas visiones divinas 1771 abgejegt wurde. Im Gegenfaße dazu jchlug 
der Sohn einen Streng rationalen Weg des Dentens ein. Nachdem er das fogenannte 
35 Yanderamen beftanvden hatte, befuchte er nacheinander bie Klofterjchulen zu Blaubeuren 
und zu Bebenbaufen. Hierauf trat er in Tübingen in das Stift ein und beichloß den 
fünfjährigen Kurfus desjelben im Jahre 1784. Dann wirkte er als Vikar an der latei⸗ 
nischen Schule in Schorndorf. Nach den Sahren angeftrengtefter Studien fonnte er zu 
feiner Erholung und weiteren Ausbildung eine Reife durch Deutjchland, Holland, Eng: 
0 land und Frankreich (1787. 1788) machen. Kaum hatte er darauf die Stelle eined Re 
petenten am Stifte in Tübingen angetreten, al3 er zum ordentlichen Profejjor der orien- 
taliſchen Sprachen an der Univerfität Xena berufen ward (1789). Dieje Berufung bildet 
einen Wendepunkt in feiner Enttwidelung. 
Das Aufklärungszeitalter bat kaum einen konſequenteren rationaliftifchen Theologen 
15 gehabt als P. Verſtand er als Jüngling unter Gerechtigfeit Geiftesrechtichaffenheit, unter 
Glauben Überzeugungstreue, fo erklärte der fterbende 90jährige Greis: „Ich ftehe recht: 
ichaffen vor Gott dur das Mollen des Rechten”. Davon, daß die Religion ein un- 
mittelbares, im Gemüte wurzelndes Leben fei, batte er feinen Begriff. Wo er die Re 
ligion in diefer Geſtalt ſah, war er geneigt, Pietismus, Mofticismus u. |. w. zu finden. 
50 Die Religion war ihm ein Miffensalt. „Die Glaubenspflicht des Chriſten“ — hatte der 
Süngling gepredigt — „gebt auf nichts als auf die gewifjenbafteite Anwendung des Ver: 
ftandes zur unbezweifelten Erkenntnis der Chriftuslehre”. Zt die Religion weſentlich ein 
Wiſſen von Gott, fo fomnt alles darauf an, daß ihr Inhalt wahr fe. Wahr aber ift 
nur das Begreiflihe und Ermweislihe. Die Wifjenfchaft, welche mit unzweifelhafter Ge⸗ 
55 wißheit beweift, ift die Mathematik. Mit diefer hatte ſich Paulus an der Hand Käftners 
eingebend befchäftigt. Eingedenk, daß man in der alten Kirche Theologen von freierer 
Richtung Matbematiter genannt batte, ſah er auch jest in der Mathematik eine Vorſchule 
zu Harem Denken GReichlin I, 46). 
AS ordentlicher Brofeffor der morgenländifchen Sprachen fand Paulus feinen großen 


IE Funlue, 05 Paupere= catholiei 


Kia Juihln file don nsafe ll nncht batrienuge Grit in Heidelberg fand er Die Vereinigung 
ta tbesshe ame Poanb, Hin ter ocn hub angelegt hielt. Tort enwickelte er auf Dem 
allen he ansfnsentanttihbe hallein. Seine Borletungen eritredten ich über fait 
all he menleſflamentlichen Eregeſe. Eigentlich war er für Kirchen— 
F besnpen tn Irntnppbe Samaplin, in Die er ſich erſt binsinarbeiten mußte. 
Vera head ſete tſlelletiſebe baligleit bat großer Ausdehnung. an Dart nur das 
recht dien Telsihtann den Uerhlin Meldegg überjeben, um ſich einen Begriff su 
eb Wet An Febr Verbrlbvnivi zzeu als Zohriftiteller möglich aenacht bat. Es 
Wil online andtn shlten  abaalten Aber im großen und gansen buben jeine 
—DIX wi “ine mebr oöoder weniger ſtart bervortretenden Zug 
Vo he Anbanndlle button dieſer Zeit kann man ſein „Leben Jeſu 
et hei ibibte De Anbintennene” 2 Bde. 18289 anſehen. Die 
Nenter bp Ba PD bo Qweriisbes Handbuch uber Die drei erſten Evange— 
et NED Mphy ha die Iyroe des Chriitentums in Den Worten: 
N nase dre Karzeone der Güettbeit. PRaulus unter: 
Zr SS ps Ipsssigett Der Send Ehritt war: „Immer 
oe N rn Ne syipesieoäer Sefimmung Dad Menichen anzu: 
De Net I, de Srnsckter zuch einen äußeren 
VOM NEE IR vettesteaieruna oder Gottes— 


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... U Por Gr PoEeL Bau EET, Por uasEE Vo LEERE FE BTETRT Ay zer Sort erfor unbetrifit, 
NN Ne ot Darp und Nuerd ã:lichen Charakter. 
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2 ha we aNerinde Ir mer Sorte rusebenden (Geiſtes 
Se N aa tn TG pHIUTUBE, MU NAmmmis much ihren 
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Var we ven KRaro virllarte er ſich Dumm und ichrieb an Die Stände von Yangueboc, 
Se aD lttten NE dieſe Abgabe zu bezablen. 
Me ne wer Rer itand danmza!s on Seine achtzigſten Jabre. Schon feit einiger 
N ia X —öXRXEFEE SRREENST seredrr ale Entbehrungen jeines enthalt: 
Da Net ns WPSRWIIEENE Szenen Dicccianrtiien hatten endlich feine Ge 
J AAN N sun Won dem der Konige Widerſtand zu leiſten, 
No I ULLI GB a mus Fromızie son einem Schlaganfall creilt 


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De NENNT ST „zeneie Beier bie su feinem Ende ge 
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IST N NURNRIN 00 22.2 MWazüel de la doctrine Chreötienne et des 
Nana daten 2. Seit 2. et D.). G. Baucet-Maury. 
Diesen, N 0 Zuellen: Piymäanna Birzzıssie iſt von pro: 
En DE "re et worden. Tas fomplereie Serk ijt das dei 
\ \ \ De x ' ————“ .Fizmäny Peter es kura“ (TE. B. und jeine Zeit), 
N.) N, un » 


= Re xieiofer: „P. P., Gardinal“. Bier 1856: Joſeph 
mn UND >> un 18355 J. 5 Miller, „Epistolae, quae haberi 
' \ Keg 1822, zwei Ude: 2. Timon ıJetzir, „Purpura 
“ murden von der ungarijcen Akademie der Wiſſen— 
“02 ze ſjämtlichen Werfe werden im Auttrage der Fünig- 
2. von der röm.-fath. theologiihen Fakultät dajelbit ge: 
SL N eh md erichienen aus der ungarijhen Serie der I. und 
ww. nl: VI. Bo 1903; aus der Serier latina Bdd 1., 
N. NEON 2 ISUT, 9,688 + 619 + 556; im I. Bande der 
on No va;mani mitgeteilt auf 6 Seiten in lateiniſcher Sprache. 
woznnndite Prälat der fatbolifchen Stirche Ungams, wurde 
ande geboren. Zeine Eltern, vornebme altadelige Grund: 
Wegzen ihren Sohn mit unbegreiflichen Leichtſinn — war 
“sm Orte - - im Das Jeſuiten-Kollegium nad Mlaufenburg 
“  Monsomit großem Yärm eröffnet wurde; es war von dem 
N. Kriſtof Bäthori in Jahre 1579 errichtet und wurde 
“est ralentwolle 13 jährige Nnabe murde Zögling der Jeſuiten⸗ 
“z Nunaling bewogen, in ihren Orden zu treten, und ibn 
at Scen ſchicketn. Im Jahre 1597 wurde er an der Uni: 
ts Nr Pbpiloſophie, bald darauf der Theologie emannt. Da 
"okonar auserſehen wurde, gab er bald feine Yehrthätigkeit 
road zurück. Hier nahm ibn ‚Franz Forgäcs (Erabiichof von 
Nr sschites Vertrauen er Dadurd zu gewinnen wußte, daß er 
SVWBꝛuder Des Erzbiſchofs, binnen 3 Wochen der katholiſchen 
wir Erzbiſchof Durd 3 Jahre vergeblich bemüht hatte. Der 
ı Neligionsfreibeit endigte unter Der Führung Des tapferen 
Sy oanariieben Proteftantismus ewig lebenden Bacsfay mit gün: 
Die allgemeine Dieinung forderte von dem Yandtag im 
ont Dep Jeſuiten Ordens. Pazmänd war fühn genug, im In— 
Ne VHerrenhaus eine Berteidigungeichrift zu richten. Dies be 
yore. tathol. Partei. Die Verbannung der Jeſuiten unter: 
Sv Nonges von \nmtobilien wurde ihnen gejeglich entzogen. Aber 
N dad Liſt und Ränke umgangen. 
babhn. Im 16. Jahrhundert war die ungariſche Litteratur, 
»*vRwließlich in die Hände der Proteſtanten übergegangen. P. 
"ee rofefler zu den Waffen der Litteratur, welche er mit jo 
Stein wie ca im Intereſſe feines Glaubens weder vor, noch nad 
Ne Beiden erften Schriften. (1603 und 1605) griff er die Ver: 
Vvriders und Galvins beftig an. Beide Schriften erregten un: 
x dorm ber Polemik verfündigte ein Neuerwachen des ungarifchen 


98 Pizmäny 


Werke Pazmänys: „Dissertatio an unum aliquod ex omnibus lutheranis dog- 
matibus S. scriptura contineat“ (Posonii 1631). — „Nyolez okok amiert egy 
nemes ember valläsät megvältoztatta" („Acht Gründe, kraft welcher ein Edelmann 
feinen Glauben verließ”, Preßburg 1631). Dies letztere Werk erlebte fünf Auflagen und 

6 war voll jefuitifcher Hniffe und Sophismen. 

Das legte Merk, in welchem feine oratorifche Kraft fih in ihrer Fülle und Größe 
eigt und been Herausgabe er auf feine letzten Sabre verfchob, find die „Sonn= und 
R elertags-rebigten“ („Predikäcziök“, Pozsony 1636, p. 1248). Dies Werk enthält 
105 Kanzel-Reden. Die 4. Auflage wurde in diefem Jahrhundert veranftaltet. Es fteht 

10 auch heutzutage im täglichen Gebrauch. Sein populärites Werl ift das Gebetbuch 
(„Imädsägos könyv“ die 1. Auflage im Sabre 1606, die 17. 1869) und „Kempis 
Tamäsnak a Krisztus követeseröl negy könyve“ („Thomas a Kempis, vier Bücher 
von der Nachfolge Chrifti“, Mien 1604), welches in neuefter Zeit gleichfalls mehrere 
Auflagen erlebt bat. — Die Zahl feiner fämtlichen Werke beläuft fih auf 34, von wel⸗ 

156 den 22 in magyarifcher Sprache verfaßt find. — eines Stiles wegen wurde er „der 
ungarifche Cicero“ und „die barte Geißel des Proteftantismus” genannt. Er it in der 
That Begründer der römisch-fatholifchen wiflenschaftlichen Litteratur in Ungarn. Er hand: 
habte die magyarifche Sprache mit großer Meifterichaft, und e8 kann ihm in dieſer Be 
ziehbung von Seite des Proteftantismus nur der einzige Albertus Szengzi Molnär (geft. 

20 1633), der treffliche Überfeger der Pfalmen, würdig zur Seite geftellt werben. 

II. Bolitifhe Zaufbahn. Nah dem Tode des Fürit-Primas und Kardinals 
orgfice ernannte der Katfer und König Matthias, übereinitimmend mit der allgemeinen 
Erwartung, den Autor des „Kalauz“, den hervorragenden Prieiter, zum Graner (Eszter- 
gom) Erzbifhof. Melchior Khlefl, Kardinal und Biſchof in Wien, erteilte ihm die Weihe. 

25 Nun beginnt fein politifhes Wirken, defien Ziel war: die Macht des Haufes Habeburg 
zu fräftigen, dadurd) den Sieg des Katholicamus durchzuführen und die Proteitanten 
gänzlidy zu unterdrüden. Und der ungarische Richelieu erreichte auch teilweiſe fein Ziel. 
Die Erhebung eines ſolchen Mannes an die Spipe des ungarischen Klerus, an eine 
Etelle, die im Sinne der ungarischen Konftitution, den Palatin ausgenommen, den höch—⸗ 

30 ften Rang nach dem Könige hat, verurfachte in proteſtantiſchen Kreifen natürlich große 

Unruhe. Der calvinifche Fürſt Stebenbürgens fühlte auch bald die neue Wendung; er 

war gezwungen, feinen Thron gegen die Angriffe des römifchsfatholifchen Georg Hom⸗ 

— den der Wiener Hof, Khlefl und Pazmäny heimlich unterſtützten, mit den Waffen 

zu beichüßen. 

N Matthias Feine Erben gerader Linie hatte, forderte die ungarische Nation dringend 
die Ausübung ihres Wahlrechts. Die Sefuiten wünſchten Ferdinand, den —ã von 
Steiermark, zum Thronfolger, den Zögling ihres Ordens, welcher als Herzog binnen 
vier Jahren den Proteſtantismus in ſeinen Erbländern ausrottete. Die Unruhe, die Angſt 
der Ungarn war alſo ſehr begründet. Pazmanys Ziel war, die Wahl Ferdinands II. zum 
so König im ungarischen Yandtage (1618) durchzufegen. Eine ſtarke Stütze fand er dabei an den 

zahlreichen, etwa 50 Ariftofratenfamilien, die er teils mittelbar, teild unmittelbar der 
fatholifchen Kirche wiedergewonnen hatte. Die Rönigswahl geſchah. Die proteftantifchen 
Stände kämpften in heftiger, fünf Tage währender Debatte darum, daß ihnen der freie 
Gebrauch ihrer Kirchen im Königseide (der in die Landesgeſetze inartikuliert wird) garan- 

45 tert werde, da die fatholifchen Evelleute kraft ihres Patronatsrechtes die proteitantifchen 
Geiſtlichen und Lehrer von ihrem Gebiet vertrieben und fih ihrer Kirchen bemächtigten. 
In jenen beftigen Diskuffionen ſprach P. die folgenden, für feine Gefinnung ganz charak⸗ 
teriftischen Worte: „malle se ut subditi ipsius desolatum pagum relinquant, quam 
ut contra jura patronatus sui rustiei templa sibi vindicant“. — Den katholiſchen 

bo Ständen gelang e8 auch auf das Drängen Päzmänys, die Inartikulierung des höchſt 
wichtigen „una cum templis“-Punktes zu bejeitigen. — Jetzt befamen die Kirchen: 
ftürmer eine noch freiere Hand. Die höchſten Amter wurden mit fatholifhen Magnaten 
und Herren bejeßt. Damals verloren die Vroteftanten ihr Übergewicht in Ungarn; man 
verfagte ihnen jogar die gerichtliche Beſcheidung ihrer Beichwerden. 

66 Zur Verteidigung der beleidigten und erbitterten Proteftanten trat (1619) Gabriel 
Bethlen (princeps Transilvaniae) auf, die Gelegenheit benügend, welche der Ausbruch 
des 30 jährigen Krieges in Böhmen bot; er drang fo glüdlid vor, daß die Anhänger 
Pazmäanys ſich nad Wien flüchten mußten. Ganz Ungarn fiel ab von dem Könige. 
Der dur Bethlen (1620) einberufene Landtag exilierte Paͤzmaͤny als Friedensſtörer, 

co wie auch die Jeſuiten, und erklärte Bethlen zum Könige Ungarne, — Die verhängnie 


3h 


100 Pazmäny 


traute. Das römische Kollegium (germanico-hungaricum) — welches Gregor XIII. 
für 12 ungarische Stlerifer gründete (1578) — nahm Päzmäny zur höheren Ausbildung 
ungarifcher Jünglinge vielfah in Anſpruch. Am Jahre 1627 fchidte er 10 talentvolle 
Sünglinge in jenes Kollegium, welches er reich dotierte und zu deſſen Protektor er aud 
6 ernannt wurde. — In feiner Nefidenzftabt Tirnau eröffnete er (1626) die von feinem 
Vorfahren gegründete und zur Zeit der Betblenifchen Bewegungen eingeftellte Schule von 
neuem. Die Zahl der Schüler ftieg bis auf 1000. Died war die einzige katholiſche 
Hocfchule im Vaterlande. — Für arme Knaben adeliger Familien errichtete er daſelbſt 
einen „eonvietus nobilium“. — Im Jahre 1630 erweiterte er ihn zum Seminar und 
übergab Die Yührung ganz den Jefuiten, deren Zahl er auf 48 vermehrte Um dem 
römiſch-katholiſchen Schulweſen einen höheren Auffhmwung zu geben, erhob er ihn in 
einem, vom Jahre 1635 den 6. Mat datierten Stiftungsbriefe zum Range einer Uni- 
verſität. Die Stiftungsſumme von 100000 Gulden haben die Sefuiten eorg Dobro: 
nofy und Georg Forr — Päzınanys Freunde — knieend übernommen. Ferdinand II. 
s beſtätigte die erzbiſchöfliche Univerfität auch ſogleich; noch in demſelben Jahre am 13. No- 
vember wurde fie durch P. mit großen Feierlichkeiten eröffnet. Vorläufig hatte fie bloß 
eine theologische und philofopbiiche Fakultät. Der erfte Rektor derfelben war Georg Do— 
bronofy. Zei Nachfolger P.s ergänzten fie mit der juridiichen, Marta Therefia mit der 
mebignifhen Fakultät. Die Unniverfität beftebt noch heutzutage in der Hauptſtadt Ungarns. 
— Das Zentrum der Iefuiten blieb aber Tirnau und es bot ſich ihrer miffionierenden 
Thätigfeit ein meiter Raum. Die Art, wie fie verfubren, iluftriert ein Brief Dobro- 
nofvs : „Duo Calvinistae studiosi fuerunt e Logica exelusi, quia noluerunt fieri 
catholiei“ (1637, 31. März). 
In der fait ganz Iutherifchen Stadt Preßburg rief P. den Katholicismus wieder ins 
Leben. Durch Denkichriften, den Einfluß der fönigliden Macht und feine Autorität 
brachte er es ſoweit, daß troß des Widerſtrebens der Bürger dort eine römiſch-katholiſche 
Schule errichtet wurde (1626); den Grund dazu legte er mit einer Summe von 50000 
Gulden ; er fiedelte auch bier die Sefuiten an, ordnete ihr Kollegium und fchentte ihnen 
feine reiche Bibliothek und eine Buchdruckerei. Den eifrigften der ftädtifchen vier luthe⸗ 
so riſchen Geiftlichen, Jonas Jenes, ließ er wegen einer mutigen Rede exilieren (fiehe den 
Prozeß in Johann Pogners Verzeichnis, Preßburg 1861), — Mit ähnlichen Mitteln 
verfuhr B. in Dedenburg und Szathmär. Mit Gewalt madte er in beiden Städten 
jeine Soldaten — die Sefuiten — anfällig. Die Zahl der Franziskaner bat er binnen 
16 Jahren verdoppelt. Ermuntert durch fein Beispiel übten auch die übrigen Bifchöfe 
ein ähnliches Verfahren. Viele Magnaten bingen enge an den Sefuiten; der Palatın 
Eſzterhäzi führte feine Gäfte in Jeſuiten-Geſellſchaften; vertrieb von feinen Gütern die 
roteftantifchen Geiſtlichen. Die Familie Homonnai rottete in ihren Dörfern die prote 
Hantiiehen Gemeinden aus. Graf Georg Zrinvi, der Tatholifchen Kirche durch Pazınany 
gewonnen, fchrieb prablend, daß er von feinen Gütern zehn häretifche Prediger fortgejagt 
babe. Auch der reichiten proteftantifhen Magnatenfamilie Oberungarns, die ſeit einem 
Jahrhundert der vornehmfte Beſchützer des Proteftantismus war, der gräflicden Familie 
Iburzö, gelang es Pazmäny, zuſammenwirkend mit dem Palatin Efzterhäzt, Die römiſch— 
fatbolifche Religion aufzubringen (1629). Ein Eohn derfelben Familie erhielt bald darauf 
folgenden Wink: Euer Gnaden find nicht verpflichtet, auf Ihren Gütern die Kirchen ber 
5 Vroteftanten zu dulden, e8 würde Sie die ewige Verdammnis treffen. — So viel wie 
Pazmany fchadete niemand dem ungarischen Proteftantismus. 

Auf der in Tirnau verfammelten Landesſynode (1630, 14. April), welche er mit 
glänzender Feierlichkeit eröffnete, Tieß er den ungarischen Klerus das römiſche Missale 
und dag Breviarium annehmen. Das war der Dank für den Kardinalshut. Mit Hilfe 

60 feines intimften Freundes, Lamormains, des Beichtvaters des Königs, erreichte er troß de 
heftigen Widerjtrebeng der füniglicben Kammer (1625) das Zugeftändnis, daß Fünftighin 
die Prieſter ihr priejterliches Vermögen zu kirchlichen Zwecken fpenden durften, und eine 
Urkunde (dat. 1627, 10. Sept.), in der der König in feinem und feiner Nachfolger Namen 
garantiert, daß der römisch-fatbolifchen Kirche ihre Güter in feinem Falle entzogen werden 

65 fünnen, und daß der Meg zur Miedereriverbung der früheren firchlichen Güter frei ge 
macht wird. — Das war ein Vorläufer des deutfchen „Reſtitutions-Edikts“. — Died 
alles geſchah „zur Aiederberitellung des ehemaligen Wohles und Glanzes der Kirche”. — 
Ep förderte er deren materiellen Wohlſtand. Mit ungemeiner Gefchidlichkeit verfchaffte 
er ſich alle feine vorberigen Einkünfte zurüd, jo daß fein Vermögen binnen 10 Sahren 

co fi) verdreifachte. Er machte den Klerus vermögend, reich und dadurch ftark, einflußreich 


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92 Bauluz, 9. €. G. Pauperes catholici 


Er fühlte ſich in derfelben nicht befriedigt. Erſt in Heidelberg fand er die Vereinigung 
von Theorie und Praxis, für die er fich angelegt bielt. Dort entwidelte er auf dem 
Katheder eine außerordentliche Thätigfeit. Seine Vorlefungen erftredten fich über faft 
alle Gebiete der alt: und neuteftamentlichen Exegeſe. Eigentlib war er für Kirchen 
6 geichichte berufen: eine theologische Disziplin, in die er ſich erſt hineinarbeiten mußte. 
Dazu kam eine fchriftitellerifche Thätigfeit von großer Ausdehnung. Man darf nur das 
Verzeichnis feiner Schriften bei Neichlin-Meldegg überjeben, um fih einen Begriff zu 
machen, was er in feiner Heidelberger Zeit als Schriftfteller möglich gemadht bat. Es 
fehlt natürlich nicht an gelehrten Schriften. Aber im großen und ganzen haben jeine 
ı Schriften aus der Heidelberger Zeit einen mehr oder weniger ſtark hervortretenden Zug 
zum Leben. Für feine bedeutendfte Schrift aus diefer Zeit kann man fein „Leben Jeſu 
als Grundlage einer reinen Gefchichte des Urchriftentums” (2 Bde. 1828) anjeben. Die 
gelehrte Ergänzung dazu bildet fein „Eregetifches Handbuch über die drei erften Evange⸗ 
lien“ (3 Bde. 1830— 1833). Diefes findet die Summe des Ehriftentums in den Worten: 
15 Seid anderd gejinnt, denn näher ift geworden die Regierung der Gottheit. Paulus unter: 
jcheidet in Chrifto den Zweck und die Perſon desfelben. Der Zweck Chrifti war: „Immer 
von Aufforderungen zur Abänderung der gewöhnlichen Geſinnung de Menfchen anzu: 
fangen und dur die gottähnliche Millensverbejlerung des Einzelnen aud) einen äußeren 
Zuſtand, den eine wahrhafte Gottheit billigen fünnte, eine Gottesregierung oder Gottes⸗ 
20 Staat für Viele in der Wirklichkeit bervorzubringen”. Was aber Chriſti Perfon anbetrifft, 
io findet Paulus das Wunderbare in ihr in ihrem durch und durch fittlichen Charakter. 
Das Wunderbare in Chrifto iſt er felbit. Ein folcher Geiſt, in einem Menjchenkörper 
erfchienen, ıft an ſich fchon ein außerordentliher. Die von Chriſto ausgehenden Geijtes: 
wirfungen aber wurden durch einzelne Thatſachen unterftüt, die damals nach ihren 
25 Natururfahen unerflärt waren und auch uns meift nicht mit den fich felbjt erklärenden 
Umitänden überliefert worden find. Auf diefen Wundern rubt nicht der Beweis für die 
Wahrheit des Chriftentums. Sind die Behauptungen gottestwürdig, jo ift für fie fein 
Wunder mehr als Beweis nötig. Einen jcharfen Widerſpruch gegen den exegetifchen 
Standpunkt Paulus’ erbob der ihm an Gründlichfeit und Geiftestiefe überlegene Tatho: 
so lifche Ereget Hug. Noch zermalmender aber war der Schlag, den Strauß in feinem 
Leben Jeſu auf Paulus führte. Der Mann raftlofen Etrebens nah Aufflärung ftand 
als ein von der fortjchreitenden Geiftesbildung längſt Überfchrittener da. Und jo mar 
es wirflih. Es iſt gewiß göttliche Ordnung, daß der Greis fich in die Innenwelt flüchtet. 
Paulus aber fonnte es nicht lafjen, immer von neuem fihb in die Wogen des Tages: 
35 lebend zu werfen. Er ſtand im achtzigiten Sabre, als er daran dadıte, cine neue Zeit: 
Ichrift zu gründen: den neuen Sopbronizon. Der tiefere Gang, den die neuere Philo— 
jopbie feit Kant genommen batte, hatte Yaulus, dem doch Fichte, Schelling und Hegel 
nahe genug getreten waren, nicht berührt. Cr blieb bei feinem Dentglauben. Und mas 
war der Denfgläubige? Ein ehemaliger Kollege von Paulus fprah es fchlagend aus: 
4 Ein Mann, der zu glauben denkt und zu denken glaubt. Es war weder Denken noch 
Glaube in diefem Denkalauben. Der Umſchwung des religiöfen, fittlichen und politischen 
Lebens in Deutſchland hatte ibn ebenfalls nicht berührt. Er blieb der Aufllärer von 
1790 bis zu feinem Tode am 10. Auguft 1851. (Kahnisr) P. Tihadert. 


Paulus von Samofata ſ. d. A. Monarchianismus Bd XII ©. 318 ff. 
15 Paulus von Theben ſ. d. U. Mönchtum Bd XIII ©. 217, aꝛ ff. 


Pauperes catholiei. — Fr. Hurter, Geſchichte Papſt Innocenz' III. und feiner Zeit⸗ 
genoſſen, »II, 282 ff. (mehrfach ungenau und verworren; ſ. Müller). Dieckhoff, Die Waldenſer 
im Mittelalter, Göttingen 1851, S. 188ff. Gieſeler, Lehrb. d. Kirchengeſch. II, 2%, 632f. 
K. Müller, Die Waldenſer und ihre einzelnen Gruppen bis z. Anfang des 14. Jahrhunderts, 

50 Gotha 1886, ©. 16—20 u. ©. 54 ff. 

Als „Fatholifche Arme“ (Pauperes catholiei) bezeichnete man unter Innocenz III. 
eine mit Genehmigung diefes Papſtes feit 1208 ins Leben getretene Vereinigung früherer 
Waldenſer oder „Armen von Lyon“ (Pauperes de Lugduno, Leonistae), welche 
nadı erfolgter Musfühnung mit der römifchen Kirche ihr früberes frommes Leben gegen 

55 beſtimmte Bürgichaften und unter bifchöflicher Auflicht fortfegten. Es bildeten ſich zwei 
Gruppen ſolcher refatbolifierten Maldenfer: die an Durandus von Ocsa (Huesca), den 
beim Religionsgefpräch zu Pamiers 1206 durch Tiego von Dsma und Dominikus be: 


104 Pekah Pelagius J. Papft 


Hilfe wendet und Aſſur ſie ihm natürlich bereitwillig giebt, aber um einen Preis, der 
für Ahas und feine Herrſchaft ebenſo teuer zu ſtehen kam als der von Jeruſalem ab 
geiwendete Angriff für ihn zu ſtehen gekommen wäre. Nicht nur äußerlich muß er dur 
ſchweren Tribut Aflurs Sie erfaufen (2 Kg 16,7 ff), fondern moraliih hat er damit 
5 die Sache Judas aus der Hand gegeben und in Aſſurs Hände gelegt. Für Pekah wird 
der Schritt des Ahas verhängnisvoll. Tiglat Pilefer eilt herbei, und was der Erfolg 
feines Eingreifens in den fog. ſyriſch-ephraimitiſchen Krieg, d. h. eben jene Aktion der 
Verbündeten gegen Juda, ift, haben wir oben bereit3 erfahren. 
Diefen biblifchen Nachrichten entipricht nun dasjenige, was ung die aſſyriſchen Syn 
10 Ichrifien erzählen. Es fommen die Annalen Tiglat Pilejerd, außerdem die Beifchriften 
zum Eponymenfanon und die babylonische Chronik in Betracht. Tiglat Pilefer III. 
(Phul) kam 745 zur Negierung. Es ift von Anfang an fein Beftreben geweſen, die 
längere Zeit ins Wanken gekommene Herrfchaft Aſſurs über die Weftländer twieder auf: 
zurichten. Demgemäß wird Arpad, das ihm den Weg zum Mittelmeer in Syrien fperrte, 
15 erobert 740. Das übrige Eyrien hat ſich zunächſt unterivorfen, aber jobald Phul ander: 
mweitig in Anſpruch genommen mar, ſich auch wieder unabhängig gemadt. An der Spige 
Itand Damaskus. Dasfelbe Spiel wiederholte fih 738, nur daß nunmehr Ahas von 
Juda oder wahrjcheinlich ſchon Jotam, wie oben dargelegt, ſich ausfchloffen. Hier greift 
die biblifche Nachricht über den Angriff der Verbündeten auf Juda und des Ahas Bitte 
»o um Hilfe ein. Im Jahr 734 unternimmt Tiglat Pilefer feinen Zug. ein Heer 
wendet fich zuerft — wohl um Damaskus zu ifolieren — nad dem Philifterland. Auf 
dem Weg nah Philiſtäa erobert er Israel; ein Teil des israelitiſchen Gebietes wird zur 
aſſyriſchen Provinz gemacht vgl. 2 Kg 15,29. Tag muß 733 geivejen fein, denn Tiglat 
Pileſer meldet aus diefem Jahre: Pekah ihren König ftürzten fie, Hoſea (Auſi') febte ih 
5 über fie ein (Keilinfchr. Bibl. II, 33). Daraus geht jedenfall® hervor, daß Hofea als 
Führer einer aſſyriſchen Partei in Samarien handelte. — wird ſich nach den Miß⸗ 
erfolgen Pekahs aufs neue geregt haben und bringt Pekah zu Falle. Die Nachricht 
von Hoſeas Verſchwörung liest man auch hier zwiſchen den Zeilen (,ſie ftürzten”), 
während der Ausdrud „ich fehte ein” den von der Bibel berichteten Hergang natürlich 
30 nicht ausfchlieht. Auch fordert die erfte Perſon nicht notwendig die perfönliche Anweſen— 
heit des Großkönigs bei dem Thronmechfel in Samarien. Damit berichtigt fi) das in 
meinen Kommentar zum Königsbuch S. 267 Ausgeführte. Kittel. 


Pelagins und die pelagianischen Streitigkeiten |. am Schluß des Bandes. 


Belagins J. Papſt 555—561. — Quellen: Die Briefe MSL 69 p. 393f. NA 5 
35 ©. 533 ff. Jaffe 1? ©. 124—136. Liber Pontificalis ed. Ducesne I p. 303f. ed. Mommſen 
I p. 155f. Vietor Tonnenensis Chronica MG Auctores Antiquissimi 11 p. 204. Littera: 
tur: Archibald Bower, Unpartheiifche Hiltorie der römifchen Bäpfte, überfegt von Rambach 3 
S. 470ff.; Chr. W. Franz Wald, Entwurf einer vollftändigen Hiltorie der römiſchen Bäpfte, 
»S. 127f.; Rothenſee, Ter Primat des Papftes, herausgegeben von Räß u. Weiz, ©. 463f.; 
40 Reumont, Geſch. der Stadt Rom, 2 ©. 62; Baxmann, Die Politik der Päpfte, 1 ©. 35f.; 
O. Lorenz, Papſtwahl und Kaifertum, ©. 22f.; Gregorovius, Gejh. der Stadt Rom im MU, 
1? ©. 398 f., 409, 459; Hefele, Konziliengejhidte, 2? &.786, 798, 911. 914 ff.; Niehus, 
Geſchichte des Verhältnifies zwifchen Kaifertum und Papſttum, 1? ©. 377f.; Loening, Geld. 
des deutichen Kirchenrechts, 2 S. 46f.; J. Jungmann, Dissertationes selectae in historiam 
45 ecclesiasticam, 2 Ratisbonae 1881, p. 381; Xangen, Geſchichte der römischen Kirche von Leol. 
bis Nikolaus J., S.341ff.; Duchesne, Vigile et P6lage in Revue des questions historiques 
36 (1884), p. 369 51.5 A. Knecht, Die Religiongpolitif Kaijer Juſtinians L, Würzburg 1896, 
©. 125ff.: 9. Hutton, The church in the sixth century, London 1897, p. 162ff.; Hodgkin, 
Italy and her invaders 5 p.50 ff.; Hartmann, Gejhichte Ztaliens 1.85; H. Griſar, Gefchichte 
50 Roms und der Päpfte im MA, 1 Freiburg i. Br. 1901, ©. 549 ff, 580ff. Ueber B.3 Schriften 
vgl. Duchesne in Bulletin eritique 5 (1884), p. 96; ©. Reiter in Serta Harteliana 1896, 
p. 134-7. 
Zu den Geistlichen, die im Februar 536 Papft Agapit I. nad) Konftantinopel be 
gleiteten, gehörte auch der Diakon Pelagius, der Sohn eines cinft in Rom anfäffigen 
65 Stattbaltereibeamten namens Johannes (Duchesne ſetzt ohne genügenden Beweis vica- 
rianus gleid vicarius). Aus der Thatſache, daß P. auch nach den Tode des Agapit 
in Nonftantinopel blieb, um auf der großen Synode im Mai Juni dafelbft die römische 
Kirche mit zu vertreten, und daß er bald danach von Papſt Silverius zum ftändigen 
Vertreter oder Apokriſiar des päpftlihen Stuhles am Taiferlihen Hofe ernannt wurde, 
60 ergiebt fich, Daß der vorber nie genannte Diakon bereits damals als ein beſonders Huger 





106 Pelagins J. Papft Pelagins IL, Papft 
ar hm fen ui Age Aber um ar —* —— 
















ers mit Eafige ee fei 
sofort er En = en — 
er fid — ficniher — Brogeff 
sn St, Peter durch wine —2 von dem 
Vorgängers —— ugleich — er die öff 
Erlaß geger bie 
Nom 
tigen 
10 mung 
ann ; angel IR = den 9 aan. bon le, were er ſich no ——— 
cd dem Könige ert bon Paris gab er mehrfach igenbe Nerficherungen: 


F 


andte ihm ſogar ein ausführliches Glaubensbekenntnis. 
15 — immer wieder der Gemeine en feine — 


—2* —Don di 

—— zu dee, eb Mac dem Schiema nahm 
En e für die durch den zerrütteten Finanzen der —— id ei 
> in Anſpruch. Eine ganze —2* * Verfügungen dieſer Art | 
zeigen, * P. ein äu A enauer Haushalter war. Selbſt um Kirchen: 
wieſen fümmerte er fich ein er vergaß dabei der Armen nicht, * 3. B. Jaffe 
nr. 943. —* orgte er dafür, daß die durch —— Plunderung arg — 

—— neue 2 — erhielten, —* a — 

0 den Prieſtermangel abzubelfen. t weniger ala 49 Bi . — > 
fonen hat er geweiht. em er auch fein Charakter war, jo war er alfo doch —3 
los ein Talent, ein tüchtiger Biichof. Als er am 3. Mär; 561 jtarb, waren 
die ſchlimmſien Übelſtände, welche der gotiſche Krieg in der römiſchen und in den benach 
barten Kirchen nach fich gezogen batte, befeitigt. 9. Böhmer. 


elagins I., Papſt 579-590. — Jafſé 1? er. MSL 72 p. 701 
; Gregorius 











P 
"Uber — ———————— ed. ren 1 p. 160; ed. Dudesne rn Te 
rancorum 1. 10 c,1 ed. Arndt p. 406. Paulus — Hist. tie Lango- 

er 1.3 c.20, 24ff,; Kit, SS rer. a et 103, 1055.; er 

Grad. e.7 ibid. p. 393. — Litteratur: Paronius, An eccl. ad c. 578-590; rchi⸗ 
40 bald Bower, Unparteiifehe Hiſt. der römischen Päpite, 3 S. 504ff.; Franz Wald, — 

einer vollſtündigen Hiſt. der röm. — 26. 120f.; Rothenſee, Der Primat des 

herausgeg. von Räß und Weis 1856, S. 467 ff.; Papencordt, Geſch. der Stadt —— 

Paderborn 1857, S. 67f.; Papſt, —8 des longobarb. Herzo — —— in den Forſ 

deutſchen Geſch., 2 S.422 55; Hinſchius, Decretales Pseudo-Isidorianae, er 2 —F 
er, * 5 lirchl. Trennung Dann dem Orient und dem Deeident, 1, Mi 

649; Neumont, Geſch. d. Stadt Nom, 2, * 78; Belek, Konz — 

S. dar = orovius, Geſch. d. Stadt Nom im MA, 2% 5.20; Niehus, 
hältniijes * — und Papſttum 1°, ©. 383 ff. Sangen, eich. ber 





von Leo d. Gr. bis NitolausL, S. 403ff.; Grifar, Geſch. "Roms und der Im 1 
58.5096 ff. 675 ff. 5 791, su Hartmann, eich. Italiens Bb 1. Bine 25 
ig 


Belagius, der Sohn eines in Nom anfäffigen Goten namens Winigild, 

26. November 579 zum Papſte geweibt, obne daß die Wahl vom Kaifer beitätigt war. 
Denn die Langobarden belagerten um jene Zeit Nom und berbinderian a V * 
mit der kaiſerlichen Regierung. Erſt als es dem Papſt, wie es ſcheint, d t 

55 lichen Tribut gelungen war, die Feinde zum Abzuge zu beivegen, fonnte er | 
Diafonen Gregor, den er als Apokriſiar nad) Konftantinopel fandte, das Befäumme 
holen lafjen. Zwei Aufgaben nahmen P. während jeines Pontifitates befonders in 
ſpruch: der Kampf mit den Langobarden und der Kampf mit ben — * 
italiens. Gegen bie erſteren ſuchte fchon er 580 die Franken *— Als 

60 dieſer Verſuch ſcheiterte, drängte er Durch feinen Apokriſiar Gregor a, A dei cu Raifer 


108 Belayo Pellikan 


es ihm zweckmäßig ſcheint. Seine Gewalt iſt nicht gebunden an Zahl, Gewicht und 
Maß — nicht an Zahl, denn unzählbar ſind die ihm Unterworfenen; nicht an Gewicht, 
denn ſie neigt durch ihr Gewicht nicht zu einer beſonderen Stelle hin, ſondern erſtreckt 
ſich auf alle Länder; nicht an Maß, denn des Papſtes Wirken hat keine Beſchränkung: 
b fo wie Chriſtus den Geiſt ohne Maß empfangen hat (Jo 3, 34), während er den übrigen 
Menſchen nur nad einem gewillen Maße gegeben wird (Eph 4, 7), fo ift gleicherweiſe 
dem Papſt eine Gewalt gegeben, die, felbit an Zahl, Gewicht und Maß nicht gebunden, 
zugleich allen anderen Gewalten dieſes vorjchreibt”. Das Merl „verdankt feine Entftebung 
offenbar dem Armutsitreit ... . Aber einmal zum Reden gelangt, kramt der Verfafier 
10 nad) Art unbedeutender, unklarer Geifter alles aus, mas er im Kopfe und auf dem Herzen 
bat: perfönliche Erinnerungen, Merkwürdigkeiten, die er gefehen, Wunderanekdoten, Sta- 
ſuiſtik des Beichtftuhle, Münfche und Hoffnungen und vor allem eine erdrüdende Maſſe 
von Lejefrüchten” (Haller ©. 84). Mochte auch fpätere Polemik das Eine oder Andere 
aus dem Werke entnehmen — einen Einfluß auf die Beſſerung der kirchlichen Zuftände 
15 konnten doc ſolche Ausführungen nicht üben, da derjelbe Pelayo vor der Autorität des: 
jelben Bapfttumg, gegen welches abfichtlih oder unabſichtlich ſeine Angriffe fich richten, 
das Knie beugt und da er in demfelben Atemzuge verlangt, die Kurie fol Herricherin 
der Melt und Richterin aller Menfchen und menſchlichen Verhältniffe fein, in welchem 
er ihren Trägern und Dienern Entfagung empfiehlt. Übrigens — auch auf Tatbolifcher 
20 Seite „verteidigt wohl kaum jemand mehr (?) die maßlofen und teilweiſe abgefchmadten 
Theorien des Pelayo und Trionfo, die eine ‚traurige Berühmtheit‘ (fo: Paſtor a. a. DO.) 
erlangt haben” (Finke a. a. O. ©. 41). enrath. 


Pellikan, Konrad(Hürsner),geit. 1556. — Das Chronikon des Konrad Bellitan, heraus: 

gegeben durch B. Riggenbad), Bafel 1877 (XLII, 1986. Leider ijt das nützliche Buch dur 
25 eine Anzahl von Drudfeblern entitellt). | Konrad Pellitans von Rufach Hauschronik. Deutſch 
von Th. Bulpinus (Renaud), Straßburg i. E. 1892 (168 ©.). || Zobannes Yabricius, Miscel- 
lanca Tigurina III, 413-439 (Gedächtnisrede auf P.). || Eicher, Bellicanus, in: Encyflopädie 
von Erſch und Gruber, Sekt. III, Bd 15, S. 226—237, Leipzig 1841 (dort Genaues über 
die fehr ausgebreitete litterarifche Thätigkeit PS). || NR. Reuß, Konrad Pellikanus, Straßburg 
3 1892 (35 ©.; Schriften des proteftant. Liber. Vereins in Elfaß:Lothringen, Heft 38). Ludw. 
Geiger, Wie Conrad Pellikan Hebräifch Iernte, in: IdTh 1876, 202—217 (bedarf der Berich⸗ 
tigung. Namentlich irrt ©. darin, daß er die Exiſtenz einer gedrudten Schrift P.3 mit dem 
Zitel De modo etc. beitreitet. Das angeblich 1540 erfchienene Lexikon P.s ift die 1504 ge⸗ 
drudte, den Schluß [13 Seiten] von De modo bildende hebräiſch-lateiniſch-griechiſche Wörter: 
3 jammlung). || Emil Silberjtein, Conrad Pellicanus. Ein Beitrag zur Gefchichte des Studiums 
der hebr. Sprade in der eriten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Berlin 1900 (1046©.; dürftia).|, 
Ad. Horawig und K. Hartfelder, Briefwechjel des Beatus Rhenanus, Leipzig 1886, bei. S.5477. 
Conradi Pellicani de modo legendi et intelligendi Hebraeum. Deutſchlands erftes Lehr-, 
Refe: und Wörterbuch der hebräifchen Spradje, verfaßt in Tübingen 1501, gedrudt in Straß: 
burg 1504, . . durch Kichtdruc neu herausgegeben von Eh. Neftle, Tübingen 1877 (XL, 39 S.). 
Konrad (Kürsner) Pellifan wurde etwa am 8. Januar (Chron. ed. Riggenbad ©. 5) 
1478 zu Ruffach im Elfaß geboren und erhielt ebenda feit 1484 den eriten Unterricht. 
Econ damals war das Lernen für ihn mit großen Schwierigkeiten verbunden. Seine 
(Eltern lebten nämlich in dürftigen Verhältniffen, und fo fonnte er fich keins der in Ulm 
gedrudten Eremplare des Tonat anjchaffen, fondern mußte alleg vom Lehrer Durch: 
genommene mit vieler Mübe abfehreiben. Eine Wendung zum Beſſeren trat für P. im 
Sabre 1491 ein, indem fen Oheim mütterlicherfeits, Jodocus Gallus, ihn nach Heidel⸗ 
berg kommen ließ. Dort hörte er 16 Monate Vorlefungen über römifche Klaffifer und 
Yogif, twurde aber dann, im September 1492, wohl weil Gallus die Koften längeren 
Aufenthaltes fcheute, nach Haufe zurückgeſchickt. Ber der Aufnahme in Heidelberg erbielt 
er durch den Oheim den lateinischen Namen Pellicanus (nicht Pellifex; denn der Groß: 
vater batte zwar das Kürſchnerhandwerk betrieben und daher den Namen Kürsner be 
kommen, aber der Water war nicht mehr Kürſchner). Mittellos und doch wünfchend feine 
Studien fortzufegen trat er im Anfange des Jahres 1493 in dag Minoritenklofter zu 
5 Nuffacb ein. Drei Jahre fpäter März 1196) wurde B. auf Verwendung feines Oheims 
nach Tübingen verfeßt, wo der tvadere und gelebrte Guardian Paulus Scriptoris viel 
gehörte Worlefungen über feotiftifche Pbilofophie hielt, privatinn aber auch den Euflid, den 
(Gebrauch Des I itrolabiums u. ſ. m. erklärte Seit 1499 benutzte P. (angeregt dur 
ein Geſpräch mit Dem Pater Baul Pfedershbeimer, Durch den er auch einen bebrätfchen 
60 Koder der Nebi'im acharonim erbielt) Die wenigen freien Stunden, die ihm feine Ste: 
lung als Mönch ließ, und einen Teil der Nächte, um das SHebrätiche zu erlernen. Dad 


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110 pellitan 


rate furzer Zeit in dringender Wer — gien 
— var Dis Baſel, — ſich P. der 
zu — ae ae on en Gr 15) 
1526) mit den Worten: Gratia Domino meo, qui me ereptum ex 
s egyptiaca et papistica captivitate feeit transire mare rubrum ete 
3m März a, uf die Kutte für immer ab (S.111) und — ich — 


Aa ies, der eines armen — 
er, Mi dem —* ſeine * Frau 1536 q 
10 — einer alten © —— ee a re in; 









—* 6 erfo | 
——— ad forte us Bibtien * | 
‚ die Bedeutung ans hun rafterifieren. Sein 
15 als ebeaift Darf mar nich nad) dem bürftigen zahlreichen Fehlern leidenden 
chen De modo etc, beurteilen, das 2 Reuchlins Rudimenta bald weit über- 
wurde: wir wiſſen anderweitig, daß P. infolge unabl iger weiterer Stubien jeh 
tenöwerte Ken 58 — dem Gebiete auch der nachbiblifchen en Litteratur 
Ir e . 168. 170-183; Silberftein S. 90ff. (S. 102—104: bei 
ah } * in der Kantonsbiblivihet zu Zürich). Auch als — bat 
er P. ald Eregeten und Bibelüberjeger vgl. Silberitein ©. 
jet erh we fieben Folianten beftehendes Bibeliverl, Commentaria 
ed 1532—39, erwähnt, das „ber einzige aus ber Deformationsget yervorgegangen 
ommentar über das Gefa amtgebiet der alt» und neusteftamentlichen Schriften iſt“ Glig 
25 —5 — — || Auf = wendigleit weſentlicher Veränderungen in er tb logiſcher 
iſſenſchaft und in ek Inſtitutionen wurde P. ſchon von Paulus € € criptor 
bingeiviefen: Solebat mihi dieere, instare tempus mutandae theologiae et de- 
ferendae scholasticae disputationis resumendosque priseos sanctos doetores 
et obmittendos Parisienses. Item tempus appetere mutandarum legum 
so marum (Chron. ©. 24, vgl. aud ©. 13). Im kahre Sn erflärte er fh im 
Gejpräche mit Capito gegen die Transfubitantiationslehre (j. Chron. Anhang©. 185—187). 
gm J. 1524 erflärte er Ar zu Gunsten der Priefterehe (Ü iagenbady, | Einl. ©. XXIIf. 
— ſuchte er, ſeiner liebenden Natur gemäß, allem Streiten zu bleiben. 
uardian in Baſel war, inet © er mit Luthers Wiffen (Bri e ed de Wette 553) 
35 den Bafeler Buchdrucker Adam der —— neuer ben der bis 
von Luther veröffentlichten Seiten. Vol. auch feinen höchſt anerfennenbent Brief vom 
März 1520 an Luther über den Drud und das Geleſenwerden Lutherſcher Schriften im 
Bajel: Fac ne aliquid tuorum nos diu lateat (Th. Kolde, Analecs Lutterams 
Gotha 1883, ©. 11-16). Freundliche — zu Luther aufrecht — —— 
40 er ſtets bemüht geivefen; jo werben in zwei Briefen H. Bullingers vom ° 
tember 1538 Grüße B.s an 2. beitellt Kolde ©. 320. 330). Iindrerfeits 
mit unter dem am 30. Auguſt 1539 an Luther gerichteten erg ber — 
ei fi darüber beklagen, daß Luther Zwingli mit Unrecht des —— 
ſchuldigt habe (Kolde ©. 346). Überhaupt war ev mit Zwingli eng befreundet, vgl Mört- 
as fofer, Ulrich Zwingli I (1867), 320 ff.; Horawig-Hartfelder ©. 101 (Brief Ps v. J. 1517 
an Bruno Amerbady über Bücher, die toingli zu haben wünjchte), S. 301 (Brief Zm.s an 
Beatus Nhenanus, ob nicht diefer mit 5 und anderen auf Bejeitigung der Di 
w chen Luther und Erasmus —— önne). Und er ſtimmte auch —— 
bendmahlslehre und leidenſchaftlichem Auftreten nicht überein, vgl. den au 
50 achtenswerten Brief P.s vom 10. Febr. 1546 an Beatus Rhenanus (Hor. 
Offensiones —— summo studio cavemus, quamlibet Luthero [auf bie letzte 
Schrift im Abendmahlsſtreit 1544] responderimus aliquanto austerius coseti et 
cum dolore, qui amieis epistolis placari nunquam potuit. Personas non tam 
admiramur quam veritatem catholicam, ut obligamur deo et ececlesiae. See 
55 Hagt er in demfelben Briefe, daß ihn unmwahr angreifende Briefe des fchon vor 
10 Jahren geftorbenen Erasmus gebrudt worden jeien: Cogor devorare iniuriam et 
malo quam vel unico verbo derogare suae demortui famae (über die expostu- 
latiae des Er. vol. Sal. Heß, Erasmus von Roterdam 1790, Dokumente XVI—XX; 
vgl. Brief von Mich. Humm urg an Rhenanus v. 13. Jan. 1526 bei Hor.=Hartf. S.354; 






J 








do utinam saltem expostulationem suam cum Pellicano aederet, ne tam 


112 Kelt 





bindurch Seine theolegtiche Serttat Deren wur er wert Durch feine Beſcheiden— 
beit, Redlichkeir und Sen Stern Spears oSenen fur alles Höhere [ebendig empfäng- 
lien und menwipgen Der, zn FRUENE Nunb Treue und unwandelbare, aud 
Up abs Kaum SENT nal 
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zu den Taviipnstveon  Dnme or votre Vert: „Theologie Encyklopädie 
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114 Ventetench 


F. I--II. . QUuL Gaivın, In librum Geneseoe commentarius (ed. Hengſtenberaq). ®erlin 1838, 
2 re. hy. Gerhard, Commentarius ruper Genesin. Sena 1637, 4° u. öfter. || Jriedr. Zud, 
unten ber gie Sen, Hulle 1558, 2. Aufl. beiorgt v. Arnold und Merr 1871 [Ergänzungs: 
ywoigeie, Frauz Telitzich, Comm. über die Gen, 4. Aufl., Zeipzig 1872. Die 5. Aufl. hat 

‚zei Ste! Seiter Commentar über die en, 1957. i| &. I. Spurrell, Notes on the Hebrew 
watt the bank of Gen, 2. Aufl., Criord 15%6.' 3. Halevy, Recherches bibliques. L’hi- 
unse. den emiginen d’apres la (ientse. Texte, traduction et commentaire, Paris 1896. 1901 
an, ©. MN. Triver, The book of Genesis, 2. Aufl. London 1904 (741.420 5... || 
.. 2 6 Iherjh, Tie Gen nach ihrer moral. und prophet. Bedeutung. Baſel 1870 (424 S.) 

ze Sıtel- Auflage als: Tie Anfänge der bl. Geſchichte nad) dem erjten Buche Moſis be: 
te oneletifh, wertvoll]. 

une 5 tnl. Serhard, Commentarius super Deuteronomium, Sena 165°, 4°. || Fr. ®. 
fen, Sur dt erflärt, Berlin 1859 717 S. Tie Annahme mofaifher Abfafjung bat Sc. 
ara fortonilllell. 

” frohe Kucuube: The sacred books of the Old Testament [SBOT] A critical edition 
fu Merhre® Meat, printed in colors, with notes ... under the editorial direction of P. 
Hege, ey I. Wall, Gen 1896 (120 S.); S. R. Driver u. H. A. White, Le 189 
5, en Patrıfon, Nu 19005 W. 9. Bennett, Joſ 1895 (32 S.); H. €. Ryle, Er, und 
ve null, Eh Ma such nicht erfchienen. 

u IE Humes Jer altteftamentliche Name iſt NT die (ſchlechthin geltende) An- 
rer, 1 Pefeh, Det. IOTITTES das Buch des Geſetzes, zumeilen mit binzugefügter 
en ae, aa Kaffen Willen der Inhalt dieſes Geſetzes abzuleiten war: 
nischen ZITNI TI, IR, oder mit Nennung Moſes, des menschlichen Mittlers: 
"ei den, I. Ter kürzere Ausdrud TESTER Neh 13, 1 oder TS TES Eör 
0 hl Maoſe als den Berfaffer bezeichnen. Für den in 5 Rollen oder in Bud 
°..  tbonnbenen FU ſagte man in tbalmudifcher Zeit TEN VERN TFT, mäbrend 
oT TEI RE zu gottesdienſtlichem Gebrauch ale Cine Rolle gefchriebenen Pt bezeid: 
or Lramarda Hezeichnung NIPTN 3. B. Oidduſchin 49° Ende. Griechisch: 6 »6uos 
ne NT var d vonos Mwrvoews AG 28, 23. Den jet üblichen Ausdrud Pen: 

„. zu, Laaucbt, ſoweit mir befannt iſt, zuerft der Valentintaner Btolemäus (um 160 n.Chr.) 
Line am Flora (bei Epipbanius, Häreſ. 33, 4): 6 arunas &xeivos vouos 6 tu- 

is Jyopıvoz 77) Mwvrolos aerrareiyo, dann ;. B. Origenes; 6 Jlevrareryos bei 

Stepnlitus, Befut. 8, 14. Lateiniſch: Pentateuchus (vergänze liber) bei Tertullian, 

un Munvion 1, 10 (wo freilich das Geſchlecht nicht erfennban): ipäter und ſelten aud 

Pentateuchum (Iſidor von Sevilla). Die jeit einigen Jahrzehnten üblich gewordene 

Beradnung „Hexateuch“ für Pt + Joſ iſt nach Analogie von Heptateuch (Ambrojius 

u 0 7 Bücher Gen Rih gebildet. 

Tie einzelnen Bücher werden von den Juden gewöhnlich nad den Anfangsworten 
gekanıt: 1. MDENT2, 2, PS oder PISTEN 3. NIET 4. EP oder aTT; 
5. 6°°37 oder EIEIT TEN, vol. Schon Urigenes bei Eufebius RO 6,25. Die bekannten 
griechifchen Namen ZEreoıs, "E£odos, .levırxor, "Avıduol, Aevregovowov bat con 
Zimon Magus bei Hippolytus, Häreſ. 6, 15. 16 (Ausgabe von Dunder und Schneibetvin 
Zz. 216. 218). 

Tie Fünfteilung iſt, wie ſchon J. D. Michaelis, Einl. S. 302 ff., erfannte, älter 
als die LXX, aber nicht urſprünglich. Sie tft älter audı als die Chronik; denn 1 Chr16 
ft in Dem Hymnus, Der David gelegentlih der Überführung der Bundeslade in den 
Mund gelegt wird, die Torologie am Ende des vierten Buches des Pſfalters fchon ver: 
wertet, und die Fünfteilung Des alters foll doch wohl der Fünfteilung der Thora ent 
ſprechen. 

III. Inhalt. Geſchichte des Gottesreiches auf Erden und in Israel von der 

Schöpfung bis zum Tode Moſes und die Geſetze des Gottesreiches in Israel. Geneſis: 

a, I 11 Urgeſchichte: Schöpfung, Paradies, Sündenfall, Sintflut, Völkertafel, Turmbau 

zu Babel, Geſchlechterfolge von Sem bis auf Abram. b, 12—26 Abraham und Saal 

(12 Abraban in Agvpten, Bewahrung der Zara. 20 Ahr. mit Sara in Gerar; 21 Abr.s 

Kertrag mit Abimelekh in Beör-Zcha. 26 Ifaak mit Nebeffa in Gerar, Vertrag mit 

Abimelekh in Beer: Zeh). c, 27---37,1, Jakob. d, 37,2 — 8.50 Joſeph. — II Exodus: 

a, 1-15, 21 Berrüdung Jeraels in Agypten, Berufung Mofes (3—6, 1 eriter Bericht: 

Gott offenbart fib am Horeb; 6,2—7,7 zweiter Bericht), die zehn Plagen über Ägypten, 

Auszug Israels aus Agypten, Durdzug durch das Schilfmeer. b, 15,22—24,11 Zug 

zum Zina u. Bundjchliegung am Sinai (20 Dekalog; 20,22 — 8.23 Bundesbud)). 
eo, 21,12 K.:31 VBorjehriften über den Bau und die Ausjtattung der Stiftshütte, über 
Prieſterlleider und Prieſterweihe und das tägliche Brandopfer. d, 32—34 Bundesbruch 


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deutlicher erk la Weib“ ‚ wie Nu 12,1 
- "mit; Tan a ht Yon ae “EN 


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Pu 21,9. Die 11 a 30 13, 30; 10, 4). Der 
Beabihnitt, welcher das Citat aus „dem B —* 21, 14.15 ent- 
hält, fan er aus nadhmofaiicher Zeit fein; wi Siege Ä en Mofes, die felbft über 
den Arnon 9“ waren, fein Zeugnis d biefer Fluß in ihrer Zeit 

10 die = onba Biber, as Gin 8. 00% is Nu 33 —* en wi 
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toährend doch — ift, Bas bi — —— im 2, Jahre pe 
| 16 Ä 3 Sb der er MC At ein in einheitliches Schriftwerk, ſondern ein zuſammengeſetztes 
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ober ı vom > auf den 2 * a he rn jein, e Ich —J 





* historiam ereationis rerum 5 sr: Quis vero rationem reddat, eur 
historiographus, quae ad operum sexto die productorum dese iptionen = 
tinebant, inter opera sexti diei non recensuerit, sed post deseriptionem HE 

diei septimi novum quasi tractatum composuerit, novo munitum 

s quo eorum, quae jam ante dieta erant, paucis repetitis quaedam, 
eclarata non erant, exponere orditur; quis, inguam, hujus rei red —— 
nem, si haec non sit ratio, quod Moses ad eonfirmandam veritatem suae 
historiae illas Patriarcharum schedas memoriales jene quantum pote cum 
suis &myoapeis voluerit tradere posteris? Aber wir beg derjelben Erſcheinung 

3 aud) im ** Er bringt zwei Berichte über Berufung ne Gottes, und die 
wiberfpr einander zivar nicht, wie man jeht alle Eon tet, wohl aber berüc, 
ſichtigen fie einander in feiner Weife, Moſe felbjt aljo könnte sches als —— 
zweier Einzelberichte gedacht werden; dann wäre ein Anderer, ein Späterer 
menſteller geweſen. on in dieſem Falle wäre die Annahme, daß R 

40 ke Pts, als unmöglich eriviefen. Weitere Forſchung aber hat, wie ſchon bi 

er daf feiner ber beiden Berichte von Mofe berrübrt, ſondern der ziv 
ber St terſchrift, P, berftammt, während der erſte aus zwei Berichten, — des 
J, und dem des Elohiſten, E, zuſammengeſetzt iſt. Diejenigen ran 
die, obwohl — ſich berührend, doc, weil die je fpätere Erzählung — ds 

# nahme auf die frühere ift, von verfchiebenen Autoren herrühren mühjen, unterjcheiben ſich 
auch durch Die Verichiedenheit des Sprachgebrauchs, teilweiſe auch durch noch —— 
tümlichkeiten; und eben dieſe Verſchiedenheit der Darſtellung iſt, wie hernach mod) meiter 
gezeigt werben wird, ein tveiterer wichtiger Grund für die Annahme des Zufammengefegt- 
feins des Inhalts des Pte, 

50 VI. Zur — der Kritik. Lange Zeit hat man beim Beantworten ber 
Frage, wie man über die Entitehung des Pts zu denten babe, unficher bin und ber 
tal denn es fehlte der rechte Hebel zur Befeitigung der im Wege liegenden Schwie 

eiten. Zwei Jahrtaufende hindurch bat Mofe als der Verfafjer des Pis gegolten: g 
dem Judentum der vorchriftlichen Zeit jeit Esra und Nehemia hat die Synagoge 

55 Altertums nicht an der Autorſchaft Mofes gezweifelt (nur ſehr wenige vermutlid 
zweifelnd zu deutende Stimmen bleiben übrig, wenn man M. Eijenftabts , ‚Über Bibelfri 
in ber talmudijchen Literatur”, Frankfurt a M. 1895 [55 ©.] prüfend. — —* * 
udentum des Mittelalters zeigen ſich nur hier und da Bedenken, die Kunde 
inzelbeiten beziehen (Iſaak ben Jafus, Abraham ibn Esra). Auch den 

co galt Mofe als der Berfaffer des Pts, unbeichadet der auf Grund von 4 Er u weit ver⸗ 
















IR Bentatend 


ic rar Seiligleitsgeſetz, H (der Name ift von Aug. Kloftermann geprägt. Charakteriftiich 
2 Metz (Sctegesforpus ift nämlich, daß Gott ſich felbjt als heilig bezeichnet und an 
mar du Forderung der Heiligkeit ftellt). 

Aererdings baben viele, mit diefen 5 Quellen nicht zufrieden, die analptifche Arbeit 

inne meer ausgedehnt und wollen unterfcheiden etiva: Ji, J?, J8; El, E*; D!, De [oder 
Ir = ieluntäre Beitandteile]; Pe d. i. den erzählenden Rahmen der Priefterfchrift mit 
ter. uriprunglich dazu gehörigen Gefegen Wellhaufen: Q = quatuor foederum liber; 
ber es werden nur drei Bundſchließungen erwähnt: Noab, Abraham, Mofe [nicht: ein 
Bund mt Abam]ı, Pb [b.i. H), P* |d. i. ſekundäre Beitandteile, Comill: Px; Kuenen: 

ww PF une Pil. Taß die einzelnen Quellenfchriften vor ihrer Zufammenarbeitung mit einer 
anderen, bezw. zum Hr manche Erweiterungen und andere Veränderungen erfahren baben 
fonnen, iſt verftändigerweife nicht in Abrede zu ftellen. Inwieweit aber diefe Möglichkeit 
Wirklichkeit geworden ift und diefe Wirklichkeit noch erfannt werden kann, ift eine nicht 
immer, geſchweige denn immer ficher zu beantwortende Frage. Viel Wahrſcheinlichkeit 

15 bat Die Annahme, daß in den Priefterfoder, der für Ritualgefehe beſonderes Intereſſe bat, 
ım Yaufe ber Zeit Zufäge eingefügt worden oder eingebrungen find, und gegen die Ber: 
ſuche, Das Urſprüngliche der Priefterfchrift, alfo Q oder Pe, von diefem Späteren zu 
unterſcheiden, ift an fich nichts einzuwenden ; aber man überfchägt jegt meilt die Sicher: 
beit der Ergebniffe dieſer Verfuche. Daß der Kern des Di bis zu und bei feiner Ein: 

»» fügung in den übrigen Hr nicht ohne Veränderungen geblieben tft, ift gewiß möglich; 
aber Diejenigen z. B., welche im Dt auf Grund des Wechſels von fingulariicher und plu: 
ralifcher Anrede Quellen fcheiden, arbeiten mit unzureihendem Mittel. (Als ein Beifpiel 
für die Reſultate, welche der Scharffinn der Jüngeren und ber Jüngſten erwieſen zu 
baben meint, ſei bier der frübere Teil des Ztammbaumsd des Di —* C. Steuernagel, 

3 Handkommentar zum AT, mitgeteilt. Das Geſetzbuch Joſias ſei zuſammengearbeitet aus 
Pl und Sg. Pl babe 3 Quellen: Tho'ebaſprüche, Kriegsgeſetze, Hlteftengefeße ; die Alteften- 
geſetze ſtammen aus ‚kamiliengefegen und einer Grundfanmlung ; I a — aus einem 
Grundgeſetz. Sg babe außer der Grundſammlung noch Nebenquellen). Gegen die jest 
mehr und mehr auffommende Unterjcheidung von J1 und J? vgl. aud Ed. Königs Ein- 

30 leitung in das AT 1893, Z. 197 200 (der Verf. hält an dem dort Geſagten, wie er 
mir mitteilt, feſt). 

VII. Die Berechtigung des Analvfierens ermeift fi erſtens durch aufmerl: 
fames Leſen ſogar einer guten Überjegung folgender Beifpiele, aus denen man das Zu: 
ſammengeſetztſein dieſer Erzählungen aus je (wenigftens) zwei Berichten erkennt: Gejchichte 

35 der Alut und Noabs: P Gen 6, 9-22; 7,6. 11--8,5 (ohne 7, 12. 16°. 17. 392f.; 
8, 20) 132%, 1419; 9,1 17. 28f.; Jalles andere (nur in 7, 7—10 einige Ausdrücke 
vom Hedaktor). ! Zichem und Tina Gen 34. Chamor (Hemor) ift die Hauptperfon in 
den Verhandlungen bei P, ſ. V. 1. 2%. 4. 6. 8—-10. 14—18. 2024; Sichem in anderen, 
wohl zu J gehörenden Verfen. ! Nu 13. 14 die Auskundſchaftung des gelobten Landes. 

wP 13, 1--17%. 21. 25. 26 (bis: Paran). 32 (bis am), 14, 1%. 2 teilweiſe. 5—7. 10. 
>65 29.3138. || Nu 16 der Aufſtand Korahs und der Dathand und Abirams. Lebtere 
beide baben ſich zunächſt und zumeift gegen Miofe gewendet, JE: 16, 1%. 2%. 12—15. 25 
bis 31; Norah aber und feine 250 Anbänger haben gleiches Prieſterrecht für alle Israe⸗ 
(item gefordert, P: 16, 1%. 2P--11. 16: 24.35. Und zwar ſcheint es, daß Korah dop- 

15 peltes Spiel geſpielt bat, da er V. 2-7 und ſonſt als an der Spitze von Männern aus 

verichiedenen Stämmen ſtehend erſcheint, während er V. 8--11 fpeziell Wortführer ber 

Leviten iſt. Noch der Verf. von Dt 11,6 hatte erfichtlih einen Bericht vor ſich, nad 

welchen Tatban und Abiram jelbititändig aufgetreten iind. || Nu 22,22 —35, J, der von 

Bileams Eſelin bandelnde Abichnitt, iſt in eine Erzählung des E eingefügt; das folgt 

nicht nur aus der Verfchiedenbeit der Gottesbezeihnungen und kleinen Beſonderheiten bes 

Sprachgebrauchs, fondern auch aus der Thatſache, daß ein und derſelbe Erzähler nicht 

wobl bat ?2,22 unvermittelt auf 22,2 21 folgen laſſen fünnen. || Nu 25, 1—5, der 

Bericht über Israels Zünde im Moabiterlande ift aus J und E zufammengefegt, tie ber 

auffällige Mechfel von „das Volk“ und „Israel“ zeigt. Der eine Bericht, V. 1b.2. 4, 

erwähnt die Unzucht, welche Jeraeliten mit Moabiterinnen trieben, und den Damit zu: 

Sammenbangenden Götzendienſt; der andere, V. 3. 5, rügt nur Die Verehrung des Baal 

wor. 

' Fin zweiter Beweis für die Berechtigung des Analyfierens iſt die Erkennbarkeit ver: 

schiedenen Sprachgebrauches innerhalb des Pts (Hr). Man leſe hintereinander die 

co Zchöpfungsgefchichte (Gen 1. 2,4%), die Genealogien von Adam big auf Noah (Gen 5 


an 
a 
— 


5 


a 








122 Bentatend) 


gegangene für die Nachiwelt duch Schrift in der Erinnerung zu erhalten. | Sn weiteren 
Abhandlungen beabfichtigt Kloft. zuerft „das ſinaitiſche Bundesbuch“ zu unterfuchen und 
dann „den älteren Erzählungstypus auszumitteln und dabei die in den Chiffren J, E 
und Q ausgebrüdten Fragen, welche für methodifche Forſchung erſt zuletzt fommen dürfen, 

5 zu erörtern.” Vgl. noch die Andeutungen in feiner „Geſchichte des Volkes Israel“ 
Münden 1896, ©. 6f. 18f. 46—48. 92—96. || Der Weg, den Sloft. bei feinen ſehr 
icharffinnig ausgeführten Unterſuchungen einfchlägt, ift vom Standpunkte der Theorie 
aus gewiß vorzuziehn. Auch fagt er mit Necht (mas auch ich häufig ausgeſprochen habe), 
daß dag Vertrauen der meiſten Altteftamentler auf die Sicherheit der Ergebnifje der ana: 

10 Iytifchen Arbeit zu groß ift. Andererſeits aber überfchägt er die Bedeutung der Verände— 
rungen, welche der Tert des Pts im Laufe der Zeit erlitten hat. Das ergiebt ſich aus 
der Thatfache, daß für große Partien des Pts (Hr8) eine von verfchievenen Gefichts- 
punkten aus (Gottesnamen, Spradliches, Sachliches) gleichmäßig ſich ergebende Zerlegung 
und Zuweiſung an verſchiedene Uuellenjchriften hat ausgeführt werden können. an 

15 beachte 3. B., daß in der Flutgefchichte manche Ausdrüde nur in Sahveftüden, andere 
nur in Elohimftüden [Q] ſich finden. 

IX. Zum Schluß gebe ich die Analyfe des Hr3 nad) Carpenter und Bat: 
tersby, nicht, weil ich ihr durchweg zuſtimmte (denn fie will mehr wiſſen, als man 
meines Erachtens mit Sicherheit erkennen Tann), fondern, weil fie die neueſte ift und auf 

20 Grund gemeinfamer Arbeit von 6, bezw. 7 ſcharfſinnigen Gelehrten entitanden. [b= 
Spuren der Thätigfeit eines Herausgebers. e — Ergänzung eines Schreibers Derfelben 
Schule. f folgender Berd. ‘= Röe (unten in der Angabe des Inhalts von P=Pr, 
d. h. die Redaktion, durch welche JED mit P verbunden wurde. “—=R4, d. h. die 
Redaktion, Durch welche JE mit D verbunden wurde]. Einige Drudfehler und Unge 

35 nauigfeiten im Ausdruck habe ich berichtigt. 


JE. Gen 1—13 nur J; felundäre Beltandteile (I) in Klammern: 2, 4-9 
(10-14) 15-25. 3,1-2122)23 (24). 4,12%) 2 (3-16%) 166-241 259. 5,29. 6, 1-1 
(5-8). 71-5 7-105 12 16» 170 22 fh). 8 (68 2b-38 66-12 130 20-22). 9 (182 19) 20-27. 
10 (1 8-19 21 24-30). 11, 1-9 28-30. 12, 1-4° 6-8 °9 (10-20). 13, °1 2 (e3f) 5 6b5-11: 

so 1228-13 (14-17) 18. 

Sen 15ff.; E in Klammern: 15 (1fh) 3f (5) 6 7°‘ 8-11 12-15 (16) 17-18: ® 
(19-21). 16, 10-2 4-8 (97) 11-14. 18, 1-16 ©17-19 20-22% 226-338 336, 19, 1-28 
30-38. 20 (1-17) 18. 21, 1° 2° (6) 7 (8-27) 28-30 (31 |) 33 (34). 22 (1-13 ©14) 15-18 
(19) 20’ d-24. 24, 1-67. 25, 1-4 5(/6) 11" 18%a eaB 'b 21-25 (256) 26* (27) 28 

35 (29-34). 26, 1-3° (30-5) 6-14 (15) 16f 18) 19-33. 27,18 (10) 2f (4) AP (58) 5b_7a 
(7-11) 15 (16-18%) 18P-20 (21-23) 24-27 (28) 29%a (af)b 30%a (RP) b (31°) 31b-34 (35-418) 
4110-42 (43°) 43° (44) 45° (450). 28, 10 (11f) 13-16 (17) 198 ® (20-21°) 21° (22=). 
29 (1) 2-14 (15-23 25) 26 (27-282 30) 31-35. 30 (1-3%) 30-16 (17-20 22ba) 2264-238 
(230) 24f (26) 27 (28) 29-31° 31P-33) 34-38° (386) 39-40°a (af) 41-43. 31, 1(2) 3 

40 (4-9) 10 (11-122) '12® (13-16) 17-18® (19-24) 25 (26) 27 (28-30) 31 (32-42) 43 f (45) 
46 (17) 48 (19) 50°» (51-545) [31, 55 der engl. Überfegung = 32, 1 des hebr. Textes] 
32 (1-3) 4-8° (89-13 14%) 116.230 (19a 2:30) 2428 (246) 25-30 (31) 32 338 eb. 33, 1-17 
(18° bis: Salem. 18”-20). 34, 2P-3° 6857 11 19 26 2965-31. 35 (1-4 66-8) 14 16-224, 
36, 32-39. 37, 2° m bis -22, °-4 (5-11) 12-138 (136. 110) 14° (15- 170 170-188) 180 

45 (19) 21 (22-25%) 2359-27 (28°) 2888 (28P-31) 32% (320-338) 335 (34) 35 (36). 38, 1-30. 
39, 1-48 (424) 19-5 (68) Gap (BP 78) 79-23. 40 (1-23) [In 13 5 15h einiges aus J). 
41 (1-1.122) 148 (1:4°-30) 31. (32) 34 (35%) 35 bis ben (35bB 368) 36b (37-40) 41-45* 
46P (47f) 19 (50-55) 56° (56®) 57. 42 (1) 2) 4f (6) 7 (8 9° 7 [die Worte era arm 
ro2| 9°-26) 27-28% (29-35 28636938. 43, 1-13 (11) 15-34. 44, 1-34. 45, 1° (10-29) 

po 2» (3) 1-58ar (5RB ®-8) 9-11 (12) 13 (15-18) 19° P-218 (2105-27) 28. 46, 1eh (2-4 IP 
5a) 28-34. 47, 1-1 6° 12-278 29-31. 48 (1-23) 2b (8-98) 96-108 (106-12) 13-19 
(20-22). 49, 19-2 18 [18 fpät] (2 1-26) 27 33%B. 50, 1-11 14. (15-17) 18 (19 212) 
241(25P. 


Pentatench 123 


Er 1, 6 (7) 8-12 148 (15-20*) 200 (21) 22. 2 (1-10) 11-23°. 3 (1) 2-48 (4P) 5 (6) 
7-98 (96.13) ‘14 (15) 16-18 19 f 21f. 4, 1-12 13-16 (17) 19-20° (20%) 21-23 24-26 
(275) 29-31. BAND 3 (A) 5-23. 6,1. 7,14 (15) 16-17* (170) 18 (20% 218 (23) 24-29 
[8, 1 der engl. Überf. = 7, 26 des hebr. Textes; 8,5 = 8,1]. 8, 4-11° 16-28. 9, 1-7 
(S-12) 13 *14-16 17f (19-21 22-23°) 236 (240) 2 10 (25%) 256.298 eb e30 (31f) 33f 355. 5 
10, 1% 16-2 35 4-11 (12-13%) 13® (14%) 140-158 (152ß).156-19 (20-23) 24-29. 11 (1-3) 
4-8. 12, 21° 21b-23 25-278 276 29-3 1'357) 37-39. 13, 38 (3) 4656 e7f (9) 10-13 
(“14-16 17-19) 21. 14, 5f (7 9°) 108 (10®) 11-14 (15° 16° 19°) 19 (20%) 200 213 24% 
(241%) 25 27P 280 30 (31). 15, 1 (2-18 20) 22-25° (250 26) 27. 16 (4). 17 (10.24) 

3 2b (4-6) 7 (E Ma bis br". 8-16). 18 (1h) 2-1. (5f) 7 (8) 9-11 (12-27). 19 (2d-3°) 10 
’3b_6 (7-118) 11-13 (14-17) 18 (19) 20-22 (23) 24f. 20 (1) “2 (3-48) "-6 (7a) "7b 
(8) “If (128) “126 (13-172) *17® (18-26). 21 (1-37) [22, 1 der engl. Überf. = 21, 37 des 
bebr. Textes; 22,2 = 22,1]. 22 (1-20°) ‘20-21 (22) '23 (24-30). 23 (1-9* b 10-12) 
13 (14-158) ’15b (16) 17 (18) 19 (20-22) 23-25° (250-26) 27 (28-318) ‘310-33. 24, 1f 
(3-8) 9-11 (12° ® 13-15° 186). 31 (18%). 32 (1-6) 7-14 (15° 16-24) 25-29 (30-34 35). 16 
33, 1 (2) 3-18 ® (5 6-11) ©12-23. 34, 1h-5 ©6-9 10% e10P-13 14 *15f 17-188 b 19-23 
(“24) 25-28 (29-33 34 f). 

Nu 10, 29-33 35f. 11 (1-3) 4-10° 10-12 13 (14) 15 (16f) 18-248 (24»-30) 
31-35. 12 (1-15) 16. 13, 17Pa (17bB-18% by) 18% 19 (20-21%) 22 (23f 26%) 278 (276) 
28 (29) 30f (33h). 14 (128) 16 3 (4) 8 9P 11-24 (25) 31 (39P-40) 41-45. 16 (1%, I yımı 0 
moo-12. 28 12) 13-14% (14b) 15 (25 265 27ba) 27PB-31 (328) 33° (330a 34). 20 (1?) 3% 5 
8*8 (14-18) 19f (21°) 210 (22%). 21, 1-3 (46-9 11P-15) 16-20 (21-242) 2-25 (26 
37-31) 32 (33-35). 22 (2-38) 36-7 (5 var "os more. 8-10) 11 (12-16) 17 f (19-21) 
22-34 35h 36° (366-378) 37P (38) 39 (10f). 23 (1-21) 22f (21-26 27) 28 (29P). 
24,1-25. 25 (1%) 10-2 (3#) 3-4 (5). 25 

Dt (10, 6f. 27, 5-72. 31, 14f 23. 33, 1-2° ‘26-5 6-25 26-29). 34 (1° acer OR") 
1bh (“2f) 4 (5° 65 “10-12). 

Sof 1(1F10-11%). 2 (1) 2f (3 Tas ma Ton. 4e) 46. 50 (5b) 6 (7) 8-98 12 (13%) 
13-14 (157) 17 18° (18 Fr8 R 9 TOR MR) 19-21 (22-248). 3, 1b (1 OSwTma won. 
29) 5 (6) 9-10° 115 (12) 13h (14) 17%. 4 (17-39) 30h (4f) 6-7% 80h 100-11 18h (20). 80 
5,259 13-15. 6 (1) 2f (4-6) 78 (7b-9) 10-12 (12P-13) 14 fh (16*) 165-175 dh 2020 und 
rn 17250 (2088 d) 21 (22-246) 25f. 7, 2-266. 8, 1ah 2-ge 9-11 (12 13) 14-17 
(18) 19-235 (24h) 25 (26) 29. 9 (3) 4f (6°) 6-7 (8-98 11°) 11P-14 (1540) 1528 16 (Ra da) 
aß bp (228) 226.23 26fh. 10, 1eh 2 (1da) 2f (1-5°) Sb-6° und 15 Tram (6b) 729 (10°) 
10P (11) 12-14 16-24h 26 1M,14-9. 13,17 13. 15, 14-19 63. 16, 1-3 10. & 
17, 11-18. 18 (2-65 ’8-10%). 19,47. 24 (1-12h 14-305 329). 


P Gen1,1-2, 4. 5,1-28 30-32. 6, 9-22. 7,6 11 13-16* 17% 18-21 24. 
8, 1-2* 36.53 13° 14-19. 9, 1-17 28$ 10, 1° 2-7 20 22f 31f. 11, 10-27 31f. 12, 5 10. 
13, 6% da 115-12 ba, «14. 16, 183 15f. 17,1-27. 19,29. 21, 10 22-5. 23, 1-20. 
25, 7-11% 12-17 19f 26°. 26, 34f. 27,16. 28,1-9. 29, 24 28-29. 30, 21 228, 40 
31, 18°. 33, 18° von As. 34, 1-28 30a “4 ’6 ‘8-10 12-18 20-25 27-298. 35, ‘5 68 
9-128 'b 13% b 15 220.29, 36, 1e "bye 5b.g 9-28 2931 40-43. 37, 1 2° außer in 
bis *2. 41, 450. 462. 46, 6f 8-27. 47, 5-08 7-11 27028. 48,3-6 7. 49, 1° 18 
284 b. 3320 b, 50, 12f. 11 Er 1, 1-5 13 141%. 2, 230-25. 6, 2-12 13-30. 7, 1-13 19-20° 
21022, 8,1-3 11-15. 11, 9f. 12, 1-13 14-20 21.28 40-42 43-50 51. 13, 1f 20. 4 
14, 1-4 8 9bh 155 16-18 21%a 210.23 26-272 282 29, 15,19. 16, 1-3 5 6f 8 9-1-4° 
15% 6.21 ‘22-30 31-35 36. 17, 1°. 19,2* 1. 20,11. 24, 150-18%. 25, 1-31, 188. 
32,15%. 35,1-40,38. || 2e || Nu 1-10, 28 34. 13, 1-17% 21 25-208 32, 14,1°2 


124 Peutatenqh Feräa 


7 0e fo 2. np-ner AB, 1-1. 16. 12 P 2-7 8-11 IGf 13-24 268 27% 326 563 
45806 10 1-0, w 1-20. 1% 2 = rar >15 06.20, 21, 12 10112. 22,1. 25, 6-18. 
30.30.11 DAN as M. 18, sone mssem 287) 7-0. (Ro 3, 14f 41-23). 

PB HESDE gTDyerituitie 3. 16512. 619 7°. 9,1515 
21. 18, 0-2 IST STH 1-19, 1-12 15 20-62. 16, 1-8 °0. 17, 1% 
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126 Berän 


Grenze; man bat jich darunter nicht eine von der Natur felbit gezogene Linie zu denken, 
vielmehr wird die Grenze zwiſchen Kulturland und Weideland im Kampfe zwiſchen den 
feſt Angejeffenen und den Hirten beftändig, wenn aud langfam, bin und ber gejchoben. 
Als Bewohner diefes Gebiets kommen feit dem Eindringen der Seracliten in die 

5 Sordanländer dieje nicht allein in Betracht. Auf den Höben der Quellbäche des nahr 
ez-zerkä jaßen die Ammoniter (ſ. Bd I S. 455ff.). Unmittelbar nördlich von ihnen 
wohnten aramätfhe Stämme. Denn das 1900 von Schumacher aufgefundene bet rihäb 
öjtlihb von dscherasch entfprict ohne Zweifel dem aramäifchen Reiche oder Stamme 
Beth Nebob, mit dem die Ammoniter verbündet fin? 2 Sa 10,6. 8 (vgl. Mit u. Nacht. 
10 des DEDB 1900, 71ff.). Dann liegt es nabe, auch Aram Zoba nicht am Urontes oder 
wiſchen dem Libanon und Antilibanos zu ſuchen, ſondern es ebenfalls im Oſtjordan⸗ 
ande, im öſtlichen Teile Gileads zu vermuten; bei dieſer Annahme iſt es ganz ver- 
jtändlich, wenn die Ammoniter bei dem Kampfe gegen Davıd ihre aramäiſchen Nachbarn 
zu Hilfe rufen, ferner wenn ſchon Saul im Titjordanlande mit Aram Zoba zu tbun bat 
15. (l. TR ſtatt SS). Ob man den jegigen Urt süf nordieitli von dscherasch zur 
Vergleihung beranziehen darf, ijt allerdings fraglih; H. Windler hat den auf den Keil⸗ 
infchriften erwähnten Ort subiti, der füblih von Damaskus gelegen haben muß, ver- 
gliben (Gef. Israels I, 138ff.; Altorient. gorihungen I, 467). Fraglicher ift, ob 
man aud das Yand Tob, wohin ſich Jephthah zurüdzieht Ri 11,3. 5, als aramäiſch 
20 betrachten darf. Der Name ftedt vielleicht ebenfalls ın Istob, mie die Überfegungen, 
auch Luther das bebräijche 23° 8 wiedergeben. Ta es 2 Sa 10,6 neben den ara 
mäiſchen Stämmen fteht, die ſich mit Ammon gegen David verbunden haben, jo iſt & 
jedenfalls wahrſcheinlich, auch Tob im Iftjordanlande zu fuchen. Darf man den heutigen 
Ort et-taijibe im nördlichen Teile des "adschlün vergleihen? Die Ausfage von 2 Sa 
>; 10, 6 wird freilich völlig anders, wenn man den fehlerhaften Tert dahin ändert, daß zu 
überjegen ijt: und den König von Maacha, Istob, 12000 Mann; dann iſt Istob der 
Eigenname des Königs von Maacha, und bat mit dem Yande Tob nichts zu thun. Aud 
der König Hadadefer von Zoba 2? Sa 10, 15—19 gebört in das Oftjordanland ; da er 
als Sohn Rehobs 2 Sa 8,3. 12 bezeichnet wird, fo tft damit auf einen Zufammenhang 
30 mit dem Stanıme Rehob bingedeutet. Man bat daber Zoba und Rehob fogar als 
identiſch, als zwei vwerfchiedene Namen eines und desfelben Reichs aufgefaßt. Überhaupt 
werden im alten Gilead Aramäer zablreih getvohnt haben; die E77. 2 Gen 29, 1, die 
öftliben Nacbaren Israels, müſſen im Lichte von Gen 31 ald Aramäer aufgefaßt wer: 
den, und der reiche Grundbefiger Barfillat in Roglim in Gilead jcheint nach feinem 
> Namen, deſſen erfter Teil dem aramäifchen "= = Sohn eantfpricht, ald Aramäer gedacht 
werden zu müſſen. Wie ftark die Bevölkerung in dieſer Gegend gemifcht war, läßt ſich 
allerdings nicht näber feititellen. Bon den israelitiſchen Stänmen gehören nach Gilead 
Manaſſe und Sad. Das Gejchlecht air bat den nördlichen Teil, dag Grenzgebiet des 
Jarmuk, bejegt (vgl. d. A. Jair Bd VIII S.541 ff). Vom Geſchlecht Machir, das of 
17, 1. als erjtgeborener, Gen 50,23; Nu 26, 29 ff. als einziger Sohn Manafjes gezählt 
wird, beißt es Nu 32,39 ff. nur im allgemeinen, daß es nach Gilead gezogen fei. Da 
es Ri 5, 14 im Weſtjordanlande figt, jo ſcheint die Niederlaffung dieſes Geſchlechts in 
Gilead einer fpäteren Zeit anzugebören und ijt wohl durd die fiegreihen Kämpfe Sauls 
und Davids gegen Die Aramäer ermöglicht worden. Seine Wohnſitze lagen offenbar 
45 füdlihb von den Städten Jairs. Jair und Machir bilden alfo denjenigen Teil von ⸗ 
Manaſſe, der in Gilead wohnte Ri 10,4; Nu 32, 39f.; Dt 3, 15; Joſ 13, 31, während 
andere Geſchlechter Manaſſes nach dem Argob (Bd II ©. 425) und nach Baſan vor: 
drangen. Machir ſcheint Das mächtigſte Geſchlecht geweſen zu fein; es heißt Nu 26,29; 
36, 1; Joſ 17, 1 Vater Gileads, Gilead iſt fen Beſitz Dt 3, 13 oder Gilead und Baſan 

» of 17, 1. Man darf aber daraus nicht den Schluß ziehen, daß das ganze Gilead Machir 
gebört habe. Ten ſüdlichen Teil Gileads bewohnte der Stamm Gad. Er gehört nad 
dem AT nit zu den töraclitiichen Wollblutjtämmen, er it ın dem genenlogijcren 
Schema em Sobn der Zilpa, der Sklavin Yeas Gen 30, 10f.; 35, 26, alſo Halbblut- 
jtanım. Dieſe Art Des Stammes wird durch 3. 10 der Mefa: \njchrift beitätigt, wo es 
» beißt: „Der Mann von Gad batte im Yande von Altarot feit alter Zeit gewohnt; ba 
befeftigte fih der Nönig von Israel Atarot“. Sein Gebiet wird verſchieden beftimmt, 
fowohl nah Züden bin, wo eine reinlibe Scheidung von dem Gebiete Rubens nicht 
möglich it (vgl. Bd XIII S. 197, 37--41), ale auch nah Norden hin. Hier kommen 
namentlich Die von der Nordgrenze Gads bandelnden Angaben in Betradt. Ihre Unter: 
0 ſchiede mögen teils in gefchichtlichen Beränderungen, teils in einer engeren oder meiteren 


0 
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— 


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“= 
— 


* 


128 Reräa 


Fan ben Vlen des alten Gilead laſſen ſich nur wenige nachweiſen. Über Kamon 
ki, al oo N kun AD VIEL <. Str An dem wädi jäbis meint man Die 
inti ana Doz DI SE MN 2 Sa2, 5 ſuchen zu müſſen, aber bisber ijt eine 
Ile 7Zpur ven ihr neh nude arfunden Die Heimat des Propheten Elias, Thisbe 


ae EI, NASSEN entipricht wabrſcheinlich der Ruine lisdib 


ers hinteb ſueliib vom oderen wadi jabis; neben ihr erbebt jich ein Bergfegel, an dem 
ir Kue bes Reopheten noch run Arten, mär eljäs; cr bat cinjt einen ‘Tempel ge 
ta al Arien Ant VAL, U, 2 und Euſebius, Onomasticon 263; 158). 

den tar [andy Gelorte Ksthori ben Mose hap-parchi, ter um 1314 in bösin 


J tuihepoliw. Audi abe. Studi, wie neuerdings Glermont:Sannemu a. a. O. 


nxeeebeal u Detaiie Nies der Str „el-estib“ als Heimat des Propheten Elias 
AI DENE ip Dis, Na der eigenttiche Rame Des wädi jäbis (ſ. oben) 
mund wien ANtanilritiineit wach ,;as. Thai des Eltes, fer, und smeifelt deshalb Daran, 
aß ern bad de bo net Nabe ste üchen vr od dal. unten zur Yage von Pella). 
Yunlooya Bun drante De \rttaiig Mawwnmm I Zu v0: Net 13, 26f. 30 auf das Tor 
nsdunaes, bebie In —8 Mana, ae te Szu ide notdch von lstib, gedeutet. Eie 
u and Aa Te OH AHUUNs Ter Wea su ihr aus Dem ſüdlichen 
\enisunbu pin Nah Net Beiptal I Zr 2 u, Ter Rame bedeutet „Schlucht“ 
Yun Mbit and IE za Dein wadt Adsehlün ſe Yubli oder vom wädi 


herren Name Stadt, wie Were und Schumaächer, bulten die Spuren 


Vu at ein Äh deut ac Nup tv auf Mabangaim, Die Reſidenz bo: 
War Tr nd Net Tiubeunit Davids sm Kriege gegen Abſalom 2 S 
tn, I Seine Ne Sog tes Smenemiden Stattbalters 1 Kg 4, 14, 
ah Testen Wii Zei, yriigto ger. Me MUT SO Mupe und ! amotb. 
Wu. naar N Dear Erz GSd an ats Hriligtum Wi IL, 11.34; 90 
. io we Nm yichiöie SeDie zn ..  „zooert und verbrannt 1 Mak 3,35. 
ENDE a Men 5 ad Von aut Des Str terdiich vom Jabbok und jelbit 
ee Nr vanla wand Dh son "2°, Aber chen oben tft Darauf 
rl made aa No No DBLSE OL Se der iientdartigen Stelle von Gen 31 
rate ei a nty Andre sun Mine Mizpe für identiſch mit Ramatb 
Mn m Non te aad tn, Ir meer vepienitadt Ramoth in Gilead 


St Wi Nm per Su 'nomasticon des Euſebius 279; 
N own Dan Beremnspei Ir Fraar nicht den richtugen Weg 


an ee leiten. App Moin slim na Dom wvobnitchen Sprachgebraud 
ho uno ob o.ar Kenredosr sep pet inderen Ramath io benannt 
u oa ed Neon. pin Von om Ir wernmmrten Burg kalat er- 
N. wahr De cvin gietunmg, Ds Bespun tt mprecherd, es feblen 

tust Zu et tm, Zowymanmr os quDpeltlih von dscherasch 
.. u. ur Yan sur 0 ipniche Dem hebräiichen 
Work hin DU m Dr ham dass Arme sutte man Dumm den Ort 
J .. . . Wer den Kerze erden Ramath in Gilead 
N I Deo hmap Drooms nrsenpenmn Zhurbalters Ig 1,13, 

m m NL IULTITLLN iz tr Zasn "MM. Freiſtadt und 

er Nenn. N WS. mern: int sben,sn), Euſebius 
tn Malern N on. in .: nr Teren ↄder 22 23 km 
Not ILs tot iprun Ibememoom Se errdı uf das heutige es-salt 


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IR RU Perikopen 


Vn systeme incdit de leetures liturgiques ıMorin, Revue Benediet. 1903 p. 375: Läturgia 
Mearaiiea MIST TS’: Leetionarium Gallic. ıMabillon. De Liturg. gallic. L. II MSL 
 .*. Saemmentarium Galliean. Mus. Ital. T. I MSLT. 72: Comer (Thomas. Opp. 
"Xp te, Dameli Liturgie II. Baluz. Capitul. regg. Frane. II p. 1304 ff. E. Rante, 
DIE FEIR TE ge: terenivpitem. Appendix: Fr. Wiegand, Tas Homiliarium Karls d. Gr.; Ca- 
reise Pranavborum, Gerbert, Monum. vet, lit. Alem. Ip. 4171; Index Epistolarum et 


Uraroetmrum aata consuetud. ceeles. Paris. et Roman. »Biblia, Antverp. 1538); Mis- 
ce Koma on derrein säacres. Cone. Trii. restitutum: Missale Ambrosianum, 1 
‘,  Aeogsarn kenonum b. Paul apostoli ad missas ad usum (ut videtur) ecclesiae 
Ns nano hr Pomas Opp T. V. . 42%. 
Nogene Te Ge spe] aceräing iS. Markew ete. in Anglosaxon and Northun- 


yoxyisogt Mariwmih anti Skat, 4 Ei 38-78: Common Prayer Book (vgl. 


> ". 38 re — Ua \ RE ara re NL ”, . 


Terms Bumamam, DS DIT Nerven outer Ne Epifteln und Evangelien 1524 
3 .. . . 5 ... 


Veto ST N Wein Bun’sz Suflammieiiluns Ser — neuen Perikopenkreiſe 
N Sn Siehe ur Zersur DSss Size. Teutibeä Verikopenbuch, 1892: 
Norris sm Io. ha TDietrm enınsatzen Rirten:Konteren,, 3. Auf. 12. 
Ss Jen uni NTHDDn Gran Ten bedeutet in Der Trofangräcität 
Sie JERRND m. Sn > Au. Sefnus nenn Jei 12, 5-13; Jer 
To Its 25 aurikemn Dial. e. Tryph. e 65, 72, 78, 

SEI NERI AICMIUELIEI Zuuin Bus Gomins: Wer ipricht von propbetifcen 

Se. 1 SOEDANDSLDISDT Smsszim Sırom. III e. s.f. VIIe.14s. in... 


X mom in N STAN 2m Nm ENmN TOrZicleten <dhrtabicnin Terilope (Ho- 
INN in Som 2.005, N ..  paemdir ar nide Den Zinn Damit, Daß es ei 
Va I ZITHENDTI FO ram ma den aanzen Tert in Verikopen (vgl. S15. 


Stan mtl IIND TIN 28 sus ſorer: Die zweite beginnen, nun folgt 
—6 Sole. un Zion ‚ bisinnt er mit den Worten: Das Nor: 
un ai Dur, sm Dome sy ar vu ik ritepen. In Diefem allacmeinen Sinne: 
Ste ZUTDDI2 TI Sırı.z.m aub Die ſpateren Nirchenlebrer Das Wort (val, 
Sun Tiosanr a I In _. Ina Da Ebrmioftomus, die Dafür su iprechen fcheinen, 
N - 


Ne >> Sun, ssırndinben Sinn eines zum Vorleien oder Predigen 


TENNIS TNAT Terses gebabt babe, werden ipäter erledigt werden. 
UNTIL OL. N. Dassrems ein paarmal Das Wort, abır auch nidt ın 
... 0m 07 Don werten bet den Griechen nod bei den Yareinern liturge - 
u Turnen N >, Smabenonenmen aud ihre heutigen tert vorgeichricbenen 
Nett. toren NM Type eüueare, Me Yateiner Leetiones Epistolae et Evan- 
wer Sn2 0 N Ser erfepe als Bezeichnung feftitchender gottesdienſtlicher 
NE Pe En SE N wo der ſogen. altkirchlichen Epiſteln und Evangelien, be 
N = zwar, To viel ich jebe, am Ausgange Des 16. Jahr: 
0°, rent der lateiniſchen md Deutjchen Meile von Den „van: 
>. ar i nu Wen von Brenz betitelt: Pericopae evangeliorum 
NDS LH > oaszenubt tue Uftander in jener Ars concionandi (C ]) 


NN NEN ——— Yirteratur wird Das Wort immer allgemeiner, 
' ' E3 nicht mehr Die ſogen. alticchlichen Perikopen allein unter 


>. rue > — zum gottesdienitlichen Gebrauche beſtimmten 
se 8% seo ge Perikopenbuch 18492. Die Gemeinde bat Die alten 
8 opyiſteln beibehalten. 

>. Ne Sentlopemvelens hangt mit den Lektionarien zuſammen, Die 
. Se Das vLektionsweſen Der alten Zeit der Kirche zurüd;ugeben. 
on SS Nat die Entſtehungszeit und urſprüngliche Geſtalt "ver einzelnen 


* verrſcht, empfieblt es ſich, gelegentliche Notizen, bei denen 
N ur N srl oder wenigſtens ungefähr befannt find, zu Grunde zu 
it hulen muß, das an der einen Stelle Geſagte zu verall⸗ 
> siyräitiltigen Ordnung Der alten Kirche zu erbeben. Zu dieſen 
Wen N Me Rorlefungen am chriſtlichen Gottesdienſt gehören aus dem 
Ne te MET, 3. Die an erſterer Stelle gegebene Ermahnung, 

> vxx wigen. bezieht ſich, wie Die nachfolgenden Stücke: Anſprache, 
pr RUN auf Die Gemeinde gerichtete Thatigkeit Des Timotheus, nicht auf 
RN NH ulſo auf Die Verleſung vor der chriitlichen Gemeinde, und da 
—SFS»»»» des Vorzuleſenden feblt, auf Die Vorleſung aus Schriften 
N undern Stellen kundigen das Hinzukommen anderer Leſeſtücke an, 


136 Perikopen 


cogitarem quid secundum hilaritatem praesentium dierum per hanc hebdo- 
madam vobiscum de scripturis agerem, quantum Dominus donare dignatur 
quod posset in istis septem vel octo diebus finiri, occurrit mihi epistola beati 
Joannis, ut cujus evangelium intermisimus, ejus epistolam tractando ab eo 
5non recedamus. Sin diefen Sätzen Stehen nebeneinander: der ordo lectionum, die 
unentbebrlihen Feftgeichichten und die Wahlfreibeit des Predigere. Wie e8 um die un- 
entbebrlichen Feitlektionen ftand, kann man wieder aus Auguftin fennen lernen (Serm. 
331 e. 1): Resurrectio Domini nostri ex more legitur his diebus ex omnibus 
libris sancti evangelii. Die nähere Beichreibung im Serm. 232 c. 1: Resurreectio 
ı Domini — et hodie recitata est, sed de altero libro evangelii, qui est secun- 
dum Lucam. Primo enim lecta est secundum Matthaeum, hesterno autem 
die seeundum Marcum, hodie secundum Lucam, sic habet ordo evangelista- 
rum. Sicut enim passio ipsius ab omnibus evangelistis conscripta est, sic 
dies isti septem vel octo dant spatium, ut secundum omnes evangelistas re- 
ıs surrectio Domini recitetur. Passio autem quia uno die legitur, non solet legi 
nisi secundum Matthaeum. Aber diejed Herkommen war nicht unverbrüchlich. Auguftin 
verfuchte einmal eine Anderung, machte aber üble Erfahrungen. Volueram aliquando, 
ut per singulos annos secundum omnes evangelistas etiam passio legeretur. 
Factum est. Non audierunt homines quod consueverant et perturbati sunt. 
so Aber auch die Prediger hatten im Intereſſe ihrer Predigt eine gemifle Selbſtſtändigkeit 
gegenüber der Lektion. Chryfoftomus hat über den einzigen Sat 2 Ko 4, 13 drei Pre 
Digten nacheinander gehalten. Sie bedienten fich auch umgekehrt des Rechtes, Die Lel: 
tionen im Hinblid auf ihre Predigten oder auf ein herbortretendes Berürfnis der Hörer 
su beftimmen. Petrus Nav. (Serm. 66): Duas hodie a duobus evangelistis editas 
»»ita recitari fecimus lectiones, ut sermoni nostro vester intellectus occurreret 
(die Parabel von Lazarus und die Erweckung des Lazarus). Auguftin beginnt eine Pre 
digt über die Auferftehung der “Toten (Serm. 362): In memoria retinentes polliei- 
tationem nostram, congruas etiam ex Evangelio et Apostolo fecimus reeitari 
lectiones. gl. Enarr. in Ps. 138 ce. 1; Epist. 29 c. 3—11, wo Auguftin erzählt, 
» daß er, um feine Gemeinde von der Teilnahme an den ſchwelgeriſchen Gaſtmählern an 
den Märtprertagen abzubringen, eine Reihe von Lektionen zufammengeftellt habe. 
Die erften Verſuche, beitimmte Lektionen wenigſtens für eine Diöcefe und für einen 
Teil des Jahres feitzuftellen, werden aus Gallien berichtet. Sie fallen in die Mitte und 
an den Schluß des 5. Jahrhunderts. Gennadius, felbft presbyter Massiliensis am 
35 Ausgange des 5. Nahrbunderts, berichtet von Mufäus (De script. eccles. c. 79 MSL 
I, 58): Musaeus, Massiliensis ecclesiae presbyter hortatu S. Venerii episcopi ex- 
cerpsit de sanctis scripturis lectiones totius anni festivis diebus aptas, responsoria 
etiam psalmorum capitula temporibus et lectionibus apta. Die zweite Nachricht 
ſtammt aus Arverni, dem beutigen Glermont, wo der Biſchof Apollinaris Sidonius in 
w feinem Epitaphium auf Glaudianus, den Bruder des Claudianus Mamertus, fagte: Hie 
solemnibus annuis paravit quae quo tempore lecta convenirent (Epist. IV N. 11, 
MSI, T. 58). Die Thätigfeit war bet Muſäus und Glaudianus im weſentlichen diefelbe; 
fie umfaßte nicht ganze Jahre, fondern nur die befonderen beiligen Zeiten und Tage und 
beitand, da es doch in Gallien ſchon vorber nicht an aller Ordnung gefehlt haben wird, in 
1, der Fixierung, Verbeſſerung und Ergänzung derjenigen Yeltionen, welche der Bedeutung der 
betreffenden Feier entfprecben mußten. Es Tiegt nahe, das von Mabillon mitgeteilte Lec- 
tionarium Gallicanum mit diefen Notizen in Zufammenbang zu bringen. Allen ab: 
geſehen davon, daß dieſes Lektionar (MSL T. 72) aus Luxeuil in Burgund ftammt, 
gehört es nach Mabillons eigener Angabe einer beträchtlih fpäteren Zeit an. In bie 
sı gleiche Zeit würde ein ariechifches Yeltionsverzeichnis führen (B.V.P. Bd X p. 316), dem 
der Herausgeber Die Zeitangabe beigefeßt bat: Saec. V circa ann. Chr. 458. Allein 
der Umſtand, da; Mariä Geburt und Dormitio darin aufgeführt find, erregt Bedenken. 
Ferner fehlen ibm die Yeltionen für die Zeit von Oſtern bis Pfingiten, e8 hat überhaupt 
nur epiltolifche Lektionen. Über feine äußere Geftalt, ob es von Einer Hand gefchrieben 
tt, ob Vücken bemerklich find, Darüber erfährt man nichts. Inter diefen Verhältniſſen ift 
es geraten, auf Derartige Verzeichniffe zu verzichten, wenn man feftftebende Pertfopen aus 
den 5. und 6. Jahrhundert ermitteln will. Der nächſte Gedanfe iſt der, die Predigten 
aus jener Seit beranzuzieben. Allein auch bei dieſem Werfuch ſtößt man auf Schtwierig- 
feiten, Die zur Zeit noch unüberwindlich find. Die erſte Schwierigkeit ift Die, daß man, 
so abgeieben von den Zelten, in der Negel nicht weiß, ob der Prediger feinen Text behan: 





1311 


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142 Perilopen 


dividuellen Kirchenweſen, aus dem römiſchen, herübergenommen und eingeführt worden. 
Das erſchwert das Verſtändnis dieſer Perikopenordnung ſehr. Inwiefern ſie auf Gregor 
den (Großen oder wenigſtens in deſſen Zeit zurückgeht, bleibt vollſtändig im Dunkeln. 
Wiſſen wir über die Reformen Gregors auf dem Gebiet der Meßliturgie, des Kirchen⸗ 

„ geſanges, über die urſprüngliche Geſtalt des Sacramentarium Gregorianum ſchon fo 
gut wie nichts, ſo wiſſen wir über das zu ſeiner Zeit beſtehende Lektionar ebenfalls nichts. 
Zo viel iſt allerdings ſicher, daß zu feiner Zeit in Rom die Sitte, Perikopen zu leſen, 
bereits begonnen hatte. Denn er jagt in der Vorrede zu feinen 40 Evangelienbomilien: 
Inter sacra missarum solemnia ex his, quae diebus certis in hac ecclesia legi 

iv ex more solent, sancti Evangelii quadraginta lectiones exposui, und einzelne 
diefer Homilien lajfen den Tag oder die Zeit ihrer Abhaltung erkennen, wie die 16., über 
die Verfuchung Chriſti, deutlich angibt c. 5, daß fie zu Beginn der Quadragesima ge 
balten wurde. Aber die meiften geben gar feine derartigen Aufichlüffe. Die Au hriften 
find erft von Späteren gemacht und dem Comes adaptiert; auch miderftrebt die Reihen⸗ 

15 folge, Falls fie überhaupt nad irgend einem beftimmten Gefichtspunft eingehalten: ift, 
durchaus der Yeitenfolge des Kirchenkalenders. 

Auch die mittelalterliben Erklärer geben keine authentiſchen Auffchlüfle; ſie wiſſen 
nichts über den Grund der Anfehung der einen und anderen Berifope, außer in den 
ällen, wo der Grund felbjtverftändlich iſt, fonft verlegen fie fih aufs Kombinieren oder 

:» fchreiben einander ab. Hierher gehören: Amalarius, De eccles. officiis L. III, c. 40; 
Rupertus Tuit,, De divinis offieiis L. III—-X, Honorius Augustod. Gemma 
animae I. III IV, Sicardus Cremon. Mitrale L. V—VIII (MSLI, 105, 170, 
177, 213) und Durandus, Rationale L. V u. VI. NRupertus beiehäftigt fi) am ein- 
gehendſten mit den Yeltionen; das Evangelium tft für ihn das, mas das officium des 

ar Tages beherefeh, er beipricht 08 darum in der Negel vor der Epiftel, und in der That 
wird Pi dag Michtige fein, vor allem auf das Evangelium de Tages das Augenmerl 
zu richten. 

Fir Adventogruppe unferer Perikopen erklärt fi) daraus, daß einerſeits die noch bei 
Iſidorus Hiſp. ſich findende Auffaſſung adventus — Geburt Ehrifti vorhanden ift, und 

zo andererſeits das Kommen des Deren in tweiterem Sinn genommen wird: 1. Adv.: Mt21, 
I u (Benodletus qui venit in nomine Domini; über einige andere Evangelien dieſes 
Tages vgl. Mlerol. e. 31), 2 Adv.: Le 21, 25---36 (Tune videbunt Filium ho- 
mins vonlentem); 3. Adv: Mt 11, 2- -10 (Tu es, qui venturus es?); 4. Adv.: 
ot, 19 28 m ost, qui post me venturus est). Die Epifteln find ebenfalls 

so Nach dieſen Geſichtoöpunkten ausgetwäblt: Nö 13, 11—14 (Nunc enim propior est 
anlun nontra); Mo, 5, I 11 (Krit radix Jesse); 10 4,1—4 (Quoadusque ve- 
nlat Domlnus); ‘bi 1, 1 7 (Dominus prope est). Die Evangelien der Weihnachts: 
zeit erllären ſich ſelbſt; doch da es bis in die neuefte Seit berein bemängelt wird, daß 
dad Evangelium don der Flucht nad Egypten und vom bethlehemitifchen Kindermord 
ao immer in Die Tage füllt, die dem Gvangelium des GEpiphaniastage® von der Anbetung 
der Weiſen vorangehen, alſo der zweite Teil der Erzählung dem erften vorangebt, fo fei 
bemerkt, daß die erjtere Perikope gar nicht ale Fortſetzung der anderen gelten foll; fie 
ift für Natale innocentum, den 28. Der, angefegt, alfo dazu beftimmt, das Gedächtnis 
der erſten Märtyrer zu feiern; gerade fo wie die Stepbanusepiftel für den 26. Dez. an- 
an geſetzt iſt, nicht weil Dies der zweite Weihnachtofeiertag iſt, ſondern weil die Epiftel In 
Natale 8. Stephani beſtimmt iſt. Mit dem 6. Januar, im Comes ‚Theophania, im 
Homiliar Epiphania genannt, tritt ein felbftftändiger Geſichtspunkt ein: Die Offen: 
barung der Herrlichkeit Jeſiu. Man braucht ſich nur die epangelifchen Perilopen zu ver: 
gegenwärtigen: Die Anbetung Mt 2, 1 11 (Vidimus stellam ejus in oriente et 
so venimus adorare eum); der zwölfjährige Jeſus im Tempel Le 2, 41—52 (Stupe- 
bant omnes super prudentia et responsis ejus; in his, quae Patris mei sunt; 
non intellexerunt verbum); das Wunder zu Nana Jo 2, 1—11 (Manifestavit 
gloriam suam et crediderunt); der Hauptmann von Kapernaum Mts, 1—12 (Non 
inveni tantam fidem in Israel; multi ab oriente et occidente venient); bie 

65 Stillung des Sturmes Mt 8, 23 27 (Homines mirati sunt dicentes: qualis est 
hie). Ter Comes fügt noch den 5 p. Theoph. hinzu mit dem Evangelium Mt 11, 
25—30 (Revelasti parvulis; omnia mihi tradita sunt a Patre meo). 

Da bier nicht verfucht werden foll, bei jeder epiftolifchen und evangelifhen Perikope 
nachzuweiſen, aus melchem (runde fie für den betreffenden Tag angefegt worden i 

60 jondern nur an einzelnen (Sruppen, wo es am beutlichiten bervortritt, gezeigt werden foll, 


144 | Perikopen 


Teil nicht mehr. Es iſt auch gar nicht unwahrſcheinlich, daß andere Partien, deren An⸗ 
lage uns jetzt nicht mehr durchſichtig iſt, ebenfalls nicht zufällig zuſammengeſetzt ſind. 
Dafür noch ein kleines Beiſpiel, wenigſtens eine Vermutung. Die Evangelien der Tri: 
nitatiszeit |potten jeder Konjtruftion, ſo lange man fie als eine fortlaufende Reihe vom 

5 erjten bis zum Iehten Trinitatisfonntag auffaßt. Im Homiliar find fie in vier Gruppen 
zujammengefaßt: Post pentecosten, Post Natale Petri et Pauli (29. \uni), Post 
Laurentii (10. Auguft), Post S. Angeli (29. Sept.). Betrachten wir die beiden mitt- 
leren Gruppen, fo erklärt die Zählung Post Natale Petri et Pauli vielleicht doch, 
warum auf den erften Sonntag diefer Neibe, die Berufung Petri (bei uns die Perikope 

10 de3 5. n. Trin.), und auf die folgenden Sonntage Reden und Aufträge Xefu an feine 
Diseipuli angejegt find, und die Zählung Post Laurentii, warum in den Wochen, 
die nach diefem Diafonus und Märtyrer genannt wurden, die Wunderthaten an den Le 
profis, an dem Süngling zu Nain, an dem Hydropicus und der Ausſpruch: Non po- 
testis Deo servire et Mammonae gelejen wurden. Doch dies ift nur Vermutung; 

15 iſt fie richtig, dann ift die eine Seite der Sache beftätigt, daß nämlich bei einzelnen Bar: 
tien Planmäßigkeit waltete, die auch beute noch zu erkennen iſt; iſt fie irrig, dann ift 
die andere Seite der Sache beftätigt, daß cin lan für andere “Partien vielleicht von 
Anfang an gar nicht vorhanden war, oder für ung jedenfalle nicht mehr mit Sicherheit 
aufzufinden ift. 

20 Gerade diefe Thatfache aber, daß einzelne Feſte die Auswahl der Perikopen ſichtlich 
beftimmt haben, und die Möglichkeit, eine ſolche Planmäßigkeit mit Hilfe der Kombination 
oder der biftorischen Forſchung, die hier noch ein weites Feld vor fich hat, noch befier 
zu erkennen, als es bis jegt gejcheben konnte, zerftören die gute Meinung von der orga⸗ 
nifchen Einheit des Stirchenjabres, als ſei dieſes vom erjten Sonntag bis zum letzten 

25 planmäßig geordnet, jo daß jede Perikope an ihrer Stelle den Punkt angiebt, an welchem 
das Kirchenjahr gerade angelommen it. 

In den Jahrhunderten, in denen das Perikopenweſen ſich herausgebildet hatte, war 
für die abendländifhen Gemeinden noch eine ziveite Wandlung eingetreten, welche die 
biblische Lektion auf die tiefite Stufe im gottesdienftlichen Leben herunterbrachte. Die 

ao Kultusſprache hörte auf, für die Gemeinde verftändlih zu fein. Wie hoch hatte man in 
der alten Zeit von der Lektion gedacht! Durch die Lektion redet der Herr felbft zur Ber: 
ſammlung, wie Chryſoſtomus in der 3. Homtlie zum 2. The ausführt: der Vorleſende 
ift Prophet. Das Weihegebet, Das über den Lektor gefprochen wird Apost. Const. III, 
ce. 22, lebte: Gieb ihm beiligen Geiſt, propbetifchen Geiſt. Die gleiche Anjchauung 

35 berrjcht im Abendland. Der Yeltor lieft praecepta et evangelia Domini (Cypr. 
Epist. 39 e. 4). Auguſtin fagt (Serm. 170 c. 1), daß die Lektionen mit einander 
gulanmenhängen, als fer es eine einzige Lektion, weil fie alle aus einem einzigen Munde 
ommen. Das ijt aber nicht der Mund des Lektors. Multa sunt ora ministerium 
sermonis gerentium, sed unum est os ministros implentis. Darunt foll nad 

40 dem IV. Concil. Carth. c. 8 v. J. 398 der Bifchof bei Übergabe des Koder zum Lektor 
lagen: Accipe et esto Lector verbi Dei, habiturus, si fideliter et utiliter imple- 
veris officium, partem cum eis, qui verbum Dei ministrant. Pie in der alten 
Zeit fo bochgebaltene Lektion wurde im Mittelalter für die Gemeinde wertlos. %Yür die 
Predigt verlangte man die der Gemeinde verjtändliche Sprache Conc. Turon. III, a. 813 

45 c. 17: Visum est — ut quilibet episcopus habeat homilias continentes neces- 
sarias admonitiones, quibus subjecti erudiantur, — et ut easdem homilias 
quisque aperte transferre studeat in rusticam Romanam linguam aut Theo- 
tiscam, quo facilius cuneti possint intelligere quae dicuntur, und die Gemeinde 
predigt in der Volksſprache iſt auch ſpäter feftgebalten worden. Fraglich aber ift, ob in 

wo der Anfangszeit Des Mittelalters gar nichts geichehen ift, den Gemeinden die Leltion ver: 
ftändlich zu machen. Ich vermag nur ein paar Notizen beizubringen. Walafrid, geft. 819, 
berichtet De exord. c. 7, daß studiosi illius gentis (Gothi oder Getae) divinos libros in 
suae locutionis proprietatem transtulerint, et fidelium fratrum relatione didiei- 
mus, apud quasdam Sceytharum gentes, maxime Thomitanos (Tomi eine Stabt in 

65 Untermöfien am ſchwarzen Meer) eadem locutione divina hactenus celebrari officia. 
Aeneas Sylvius berichtet (Hist. Bohem. e. 13) allerdings in ſehr vorfichtiger Weiſe 
(er jagt: Referunt), daß Gorill in Nom auf Grund einer vom Himmel ertönenden 
Stimme: Omnis spiritus laudet dominum et omnis lingua confiteatur ei, die 
Grlaubnis erbalten babe, ut Selavorum lingua ejus gentis hominibus, quam 

ww baptizaverat, rem divinam faciens uti posset, wobei man ziveifeln Tann, ob auch 


150 Perikopen 


ſchen Bücher, gebrauchen ſollen, iſt von der Autorität der hl. Schrift zu verſtehen. Allein 
thatſächlich wurden die Perikopen außer Gebrauch geſetzt. Ebenſo auch von Calvin. Die 
Pialziſche RC 1563 will, daß die Bücher des Neuen Teſtamentes, die dem gemeinen 
Hann am nüslichiten und der Kirche am erbaulichiten find, an den Sonntagen vor: 
nehmlid vorgetragen und erklärt werden, macht aber in der Ausgabe von 1585 das 
Zugeitandnis: Sonſt inggemein läßt man die fonntäglichen Evangelia (wie man fie 
nennt / bleiben. Doc daß das Volk ftet3 erinnert werde, was das Evangelium fei und 
ie dasſelbige nicht tveniger in Paulo als bei den Evangeliften zu finden. 
Tie eigentumlichite Ausbildung erfuhr das Lektions- und Perikopenweſen in ber 
:. onzfhılanıihen Kirche. Eine Art Vorläufer ıft die Reformatio ecclesiarum Hassiae 
17265: Admonendi sunt universi fideles, ut ad publicam orationem et lectionem 
diligentissime conveniant. — Mane legant per ordinem librorum et capitum 
ex veteri instrumento et, dum totum compleverunt, denuo inecipiant. Sie 
ſaciant vespere ex novo instrumento. Tie Retormatio wurde jedoch nie eingeführt, 
wu auch Vuther (Brief von Mont. nad Epiph. 1527) Davon abgeraten hatte. Ste mag 
ten Lerfaflern der anglilanifchen Liturgie unbefannt geweſen fein. Ein anderes, faum 
ub,uredendes Vorbild batten dieſe Verfaſſer binfichtlih des Lektionsweſens an dem 
BEreviarium Romanum in der Umgejtaltung dur Franzisfus Duignonius (Quignonez 
1.36,. ud, fagt der Verfaffer, ante omnia visum est nobis in consuetudinem 
:FeYieare, ut seriptura sacra maxime omnium toto anno et omnes psalmi 
sinzulis septimanis perlegerentur. — Die Aufichriften: Index librorum veteris 
Textamenti, qui in primis lectionibus legendi sunt, quorum Genesis et primus. 
Jtegum Ieguntur integri, ex aliis vero capita quaedam. -— Index librorum 
vi Testament, qui omnes in secundis lectionibus leguntur integri praeter 
:; Agrralipmin mögen den Yeltionsplan veranſchaulichen. Die Lektion des Jeſajas beginnt 
se Abventszeit, die der Geneſis mit Dominica in Septuagesima. Die Ein 
“tust 63 Book of Common Prayer: Concerning the Service of the Church, 
1 arg Merfall Des in der alten Kirche blühenden Lektionsweſens hervor, die Unvoll- 
ernushet ner zur Zeit beftebenden Yeltion, den Vortrag in der unverftändlichen latei: 
rk zpeche, Die Neuordnung ift nach der lateinischen Überfegung von 1549 (ab: 
statt m Bueerl Sceripta Anglicana) in der SHauptfache folgende. Seven Tag ift 
zen hottesdienft, Matutin und Veſper, und an jedem Gottesdienjte werden zivei 
“Brseen, eine alt und eine neuteftamentliche abgehalten. Die biblifchen Bücher werben 
laufenn gelsfen juxta contextum Bibliorum mit Ausnahme des Jeſajas, der vom 
„44 Nenember bis 31. Dezember gelefen wird, alfo den Schluß madıt, da am 2. Januar 
wit rer Geneſis begonnen wird. Die altteftamentlichen Lektionen gehen ununterbrochen 
end, me Martin und Veſper fort (3.38. am 2. Nanuar wird im Morning Prayer 
“4 glefen, im Evening Prayer ®e 2); die neuteftamentlichen Lektionen find in 
zircn nebeneinander bergebende Gruppen abgeteilt, am Morgen werden die Evangelien 
sont ab die Apoflelgefchichte, am Abend die Briefe in fortlaufender Reihe gelefen. Die 
nulipomena md Das Canticum feblen ganz, Yeriticus bis auf einige Kapitel. Dagegen 
ſun, Min bie gunze Zeit vom 5. Oktober bis 27. November Lektionen aus den Apokryphen 
utentontmen; Anglie. Art. VI 1563: Alios autem libros (ut ait Hieronymus) legit 
ulm eeelesin ad exempla vitae et formandos mores, illos tamen ad dog- 
nat eonfirmanda non adhibet. Die Pſalmen fehlen unter den Lektionen, werden 
alas m jebem Monat vollftändig gefungen. Das Neue Teftament, mit Ausnahme der 
Nyefulopfe, wind im Jahre dreimal vorgeleſen. Hier it alfo gründlich mit dem Beri- 
hpanfen üherhaupt und mit den überlieferten Beritopen gebrochen. In dem Kalendarium, 
melbe, ber erſten Vearbeitung vorangeſtellt ift, find ſämtliche Hetligennamen geftrichen 
nd Mieanabme Dev Apoſtel, des Erzengels Michael und einiger neutejtamentlicher Ber: 
jenen, ſferner ſind ſämtliche Feiertage geltrichen mit Ausnahme der Feſte Ehriftt, einiger 
er nßtimtagge aus Dem Neuen Teſtament und des Allerheiligentages. Aber andererſeits 
me ru alten Sonntage und Die oben erwähnten Feſte beibehalten, und damit auch die 
ad ſie hreſſenbden ‘Bertlopen. Ja, v8 wird fogar beitimmt, colleetam, epistolam et 
. eyangelinin Dominiene diei repeti per totam septimanam, nisi inciderit festum, 
quod proprium habet offieium. Die fpäteren Ausgaben haben für die Sonn und 
Feiertage noch bejondere Yeltionen, meiſtens aus dem Alten Teitament, ein paar aus der 
Apptalvupſe. Tie ganze Einrichtung, einjchließlich des Lektionsweſens, fand Bucers vollen 
Beitall: Modus quoque harum lectionum ac precum et tempora sunt admodum 
 eongruenter et cum verbo Dei et observatione priscarum ecelesiarum consti- 


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152 Perikopen 


bebalten und dem Volke deſto beſſer eingeprägt werde. Oftmals folgen etliche Euangelia 
aufeinander, darinnen einerlei Lehre wiederholt wird, auf daß die Zuhörer dieſelben Lehr: 
punkte deſto fleißiger lernen möchten. Saccus ift auch von der feinen Planmäßigfeit in 
der Anordnung überzeugt. Nicht bloß, daß gemeiniglich folche Euangelia und Epifteln 
; sufammengeordnet find, die fein zufammenftimmen und einerlei Lehre fürhalten, und daß 
viele Hiltorien auf die Zeit verordnet find, wenn fie gejcheben, find auch die Jahreszeiten 
berüdlichtigt ; darum im Frühling, da man anfängt die Aeder und Weingärten einzurichten, 
ta man wieder anfängt zu fehiffen, die Euangelia, darinnen vom Aderbau, MWeingärten 
und Schiffen gehandelt wird, im Herbſt, weil fih um die Zeit gemeiniglich viel Krant: 
10 beiten äußern, viel Euangelia, darinnen von Krankheit gehandelt wird, un Martini, auf 
den 23. Trinitatis, das Euangelium vom Zinsgrofchen, weil man falt in allen Landen 
um Martini Schoß, Zinfe, Pächte und dergleichen zu geben pflegt. Viele Euangelien 
find verordnet, daraus wir zu lernen baben, wie mir eine gefunde Seele zu erlangen 
haben, und dementiprechend folgen im Herbſt, der Zeit der Krankheiten, Euangelien 
1; Barinnen wir erinnert werden, tie wir auch einen gefunden Leib erlangen fünnen. So 
haben unfere Väter ihren Zuhörern die Remedia et corporis et animae zeigen wollen, 
auf daß fie in Nöten Zuflucht zu Chrifto, dem alleinigen Nothelfer, hätten, der aus aller 
Not allein helfen fann und will. 
Wie in Calvins Polemik gegen die Perikopen im tmefentlichen alles enthalten ift, 
3, was gegen fie gelagt twerden kann, fo ift auch in diefer Verteidigung fo ziemlich alles 
gefagt oder wenigſtens angedeutet, was fih zu Gunften der alten Perifopen geltend 
maden läßt, einfchließlih der ihnen hinterher aufgezwungenen Planmäßigkeit und ihres 
Zuſammenhangs mit dem Naturleben. Luthers freie Stellung zu ihnen ift vergeflen: 
KHabermann beginnt feine Predigt über die Perikope des 4. Movent So 1, 19—28 damit, 
>, daß Die alten Yehrer der dhriftlihen Kirche durch den heiligen Geift alfo geführt worden 
find, daß fie nicht ohngefähr, zufällig und ohne alles Bedenken, fondern aus beweglichen 
und wichtigen Urfachen diefen verlefenen Tert auf den heutigen Sonntag gelegt haben. 
So fam es, daß die lutberifchen Gemeinden im Hauptgottesdienft nie über etwas anderes 
predigen hörten, als über die alten Perikopen, wenn nicht die Prediger zu befonderen 
4 Kunftmitteln griffen, um etwas Luft zu Schaffen. Allein gerade dag, mad man zu Guniten 
der Perikopen jo nachdrüdlich betont hatte, ihre sufficientia, wurde den gewiſſenhafteſten 
redigern, die wirklich die ganze chriftliche Lehre vortragen wollten, ein Gegenjtand des 
Zweifels und der Beängitigung. Spener fprad 1676 in einem Bedenken (Bb III 
p. 128) fein Bedauern darüber aus, daß die Kirche den Gebraudh der pericoparum 
s, evangelicarum angenommen und feine freie Wahl gelaffen oder nicht doch mwenigftens vie 
Epifteln zu den Hauptterten genommen habe. Die evangelifchen Texte geben ſer wenig 
Anlaß, die Hauptladen, jo wir im Chriftentum zu treiben haben, vorzutragen: faft alles 
muß nur bei Gelegenheit eingejchoben, ja oft mit den Haaren herbeigezogen werden. 
Wir ich es erfahren, fchreibt er 1681 (III p. 431), als ich im vorigen Jahr alle Glaubens: 
so artikel mir vorgenommen, der Gemeinde zu erflären, und alle damit habe zufrieden jein 
müfjen, wo ich zuweilen nur ein wenig Anlaß babe finden Tünnen. Ich erfahre e8 aud 
dDiefes Jahr, da ich nun die Tugenden daraus zu traftieren vorgenommen. Spener fagt 
aljo, was die Brauchbarkeit der alten Perikopen zur Belehrung der Gemeinde anlangt, 
dag gerade Gegenteil von dem was Saccus darüber gejagt hatte. Es iſt nicht nötig, 
i in möglichiter Vollſtändigkeit alles zu regiitrieren, was gegen die Perikopen gefagt murbe, 
nachdem nun auch bei den Lutheranern die Cppofition and Licht getreten war. Es ge 
mügt, einige charakteriſtiſche Außerungen anſehener Theologen anzufügen. ntereflant 
für die Sachlage find die Außerungen Mosheims, der felbjt ein Gegner der Perifopen- 
predigt iſt (Anleitung erbaulich zu predigen, 1762 u. 71). Nachdem wir beftändige 
» Evangelia und Epiftel haben, geſchieht es, daß die meiften nur einige Stüde, und zwar 
nicht die anfehnlichten, zu willen befommen. Aus diefer Urſache baben bereits viele be 
rühmte Yehrer in unferer Kirche gewwünfchet, daß die Gewohnheit, beftändig über bie 
Epiſteln und Evangelien zu predigen, möchte abgefchaffet und aufgehoben werden. Sn: 
tereffant ift auch, dag Mosbeim die Tonfeffionelle Seite der Frage beftätigt: (Werfchiedene 
55 unferer Yehrer) haben geglaubt, eben deswegen müffe man dieſe Gewohnheit nicht abſchaffen, 
weil Die Reformierten ſolches wünſchen. Man bat Stets befürchtet, daß man den Vorwurf 
des Synkretismi bören müßte, und es wäre auch nichts gewiſſeres gemwefen, als daß, mer 
dieſe Gewohnheit bätte abandern wollen, für einen Synkretiſten wäre angefehen und redt 
geiſtlich wäre verfolgt worden (p. 11). Mosbeim erfennt auch richtig (p. 10) die Gefahr, 
co welche der herrſchende Brauch binfichtlich der Form der Vredigt in ſich Ichließt: Die Lehrer 


196 Perilopen 


Keltunmten Charalter aufgeprägt haben (D. v. d. Goltz, Referat, cbend. p. 173— 76). 
PNe auf dieſe Meiſe gewonnenen fünf Aleiben find angegeben p. 178—95, Der vollſtändige 
Ib ct abgedrudt im Rerikopenbuch (ſ. oben Yitteraturangabei. 

Wem Abiſchluß Der Arbeit bat ſich Die Kommiſſion nicht verbehlt, daß Die Aneignung 


da ve ala vorgeſchlagenen weiten Weiber von neuteftamentlichen Yerifopen in Landes⸗ 


taten, welche ſich bereite im Beſitz und Gebrauch ſolcher befinden, Schwierigkeiten be: 
ai md Die Genehmigung der Konferenz (ebenda p. 655%) wird die allgemeine 
Alduahne der neuen Ordnung auch nicht ſehr beſchleunigen. Die Sache iſt in Fluß 
alten aber nicht zum Abſchluß. Zum definitiven Abſchluß wird ſie niemals kommen, 
on ieeenigſten zu einem allgemein giltigen Abſchluß. Das zeigt ſich an der bisherigen 


| weft dentlich. Denn auch Das Mirchenjabr befindet fih in itetiger Umbildung, 


ot da Aeduimiſſe Des Gemeindelebens mögen im Grunde immer bie gleichen jein, 
ala Se ann un ſehr verfebiedener Geſtalt und Stärfe bervor. Dennoch wird «8 
era Nu au) rund der gegebenen Tarftelung einige Schlußbemerfungen auszu- 


’ I NUR . 


De 


Sn allem iſt au beachten, daß Die geſchichtliche Entwidelung der Predigt ſich immer 
wu ven der Predigt über ganze Bücher der Schrift entfernt bat. Tie Predigt hat ſich, 
ru Woneindepredint und nicht bloß Bibelſtunde war, wohl zu Feiner Zeit an den Gang 

wire dhden Uucheo unbedingt gebunden; ſchon Die befonderen Feiern machten dies 
wenninh Das Vedurjnio Der Gemeinde „pt imnter Dazu genötigt, die Serie zu unter: 
Nun und ade Abſchnitte einzuſeden. Tas iſt der Anfang der Perifopen. Hofmanns 
Auvivrud Encott pp. ), daß Die Prediat Dos Gemeindegottesdienſtes gar nicht in ben 
dal dommen Run ſortlauſende Kebandlung ganzer Bücher der bl. Schrift zu werden, klingt 
ca dr kubdn angeiſchto der Gleibüchse der Predigt. trifft aber den Nagel auf den Kopf, 
Werte cd ude vtiene behamere was noch nienule aeicheben tft und niemals gefcheben 
li, 'cudern SER ANNE Ama micht eintreten fan, wenn Die Gemeindepredigt ſich 
Die Autgabe dewußt Babe Ohne vubedingte Durchiubrung der Serienpredigt wäre 
N KL und RADE wemger aid cine Adicdañung der firchlichen Feſte, alfo cin Stop 
ie rg Bo Audinden Yen 88 daeder sis nur Die feltlofen Beiten übrig; allen 


ad N diete ind MOHN Ruder Bu F mid: alle aleich brauchbar. Der Prediger 


a BT N a ae Bat Den N Mur a Ne. Din Dun 


tanu ul der —WR M er über ein Evangelium zu: 
naliK ad BArdiet, UND Biss as x Ne Buader fann er eö nicht, oder er 
Sul cBie Nunibtiad aut die iy mr an Fr left dann alfo das Gegenteil 
ee Dt Mate din N F vi ound Im Wer Ne Sermpnodigt bezeichnet wird: bie 


> Belauelattent Oe “ mal Nast m zen Verbulmifien auch gar nidt 
tete Dan odebilas ti ge N Ne u m Sundelts eine Auswahl, ſie mählt 
ed RR TRUE Ana un 


Kl El en Ne Nana nt Kemer zo Die Sitte, über einzelne 
rd a IND, Base Dr tina Su SIND, Sur Regel geworden 
wm 2zenzaner oder ob Die Perikopen 

Velo Dt ae tete) „merme weder die Gepflogenkeit, allat- 
a Vera Sn WOREEE Son or aus dr sen Nr Buhl und Dual 


a J Neon one ) Weufus zeumenander ind Geiecht 
VE Fe Far Va “u. I, Beeranzn tin Koremben Nr Peritopen en 
ee N 0 MN AT Pam mäimenmr Die Sonbermeinmungen, 
ot nekad oo. 2 fnen gs 3rerr oem Nur am, mie Der Prediger 
a rot jmigem neigen ze Eren den Tert unter Bei⸗ 
on nn. on inet em 7 re Beztimertung Dieter Frage 
alt N. AD Pro perpımeozete Bermer: Das Berbülums dei 
onen. N Mon nme mom ne berami as Nenfefemägemeinie, 
ML Lie. TIL LT 123 377% sveiesia, Das Nerbülenii der 
ei Irptmorıs si, mern Zeet ur Imidnben Heilswabr⸗ 
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rn on, m on.hzh. 1m Fer wirst zen ar anderen chriſt 
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en NN BEI 27 DITLITTIDI OD NTNOTSERN Terifonenerbnung, 
een Mai ATAr2 LI wi hr Sinn Fr le Mtaegebemn Tat: 
i mn 3 ana Furt na Arsen um atöfpeechen, webe 


160 Periodenten Perpetna 


ander unterſchieden. Der Periodeut hatte keinen eigenen Sitz, den der Chorepiskop hatte. 
Der Patriarch Gennadius von Konſtantinopel ca. 459 giebt ihm bei einer Aufzählung 
des Klerus einen Platz zwiſchen Chorepiskopen und Presbyter MSG 85, 1617 B; ebenſo 
Juſtinian Codex 13, 41, 19. Seine potestas beſtand darin, daß er Baptiſterien kon⸗ 
6 ſekrierte, Kirchen weihte, das Chrisma erteilte, Kleriker und Mönche ſeines Bezirks be: 
aufſichtigte; doch hatie er nicht das Recht zu ordinieren. Übrigens waren die Befugniſſe 
nicht zu allen Zeiten und bei allen Kirchenparteien dieſelben; öfter hat der Periodeut 
lediglich das Recht des Chrismas, vgl. Aſſemani a. a. O. Ebendort ſind die Riten für 
die Ordination des Periodeuten angegeben, danach bei Denzinger, Ritus Orientalium II, 
ı0 Würzburg 1864. Das Amt bat im Orient lange bejtanden; Theodor Balfamon am 
Ende des 12. Jahrhunderts ſcheint es als vorhanden zu erwähnen MSG 117, 1416 D; 
vgl. auch Goar Euchologion, Yaris 1647, 5. 268. 271. Es hat auch das Amt des 
Chorepisfopen überdauert, und ift dann öfter mit ihm und dem des Erarchen identifiziert 
worden; vgl. Aſſemani a. a. O. 9. Adelis. 


15 Berlen ſ. d. A. Kleider und Geſchmeide BD X ©. 523, 16. 


Berpetua, norbafrilanishe Martyrerin. — Quellen und Litteratur: I. Passio a. 
Perpetuae et sociorum ex duobus codd. mesc. et editione [princ.) Holstenii* bei Ruinart, 
Acta... martyrum ..., Ratisbonae 1859, ©. 137—146 (weiteres Quellenmaterial nebit 
der fritiichen Augeinanderfegung mit den übrigen Recenfionen der Alten wird am Angemefieniten, 

a) um Wiederholungen zu vermeiden, mit der Daritellung felbit verflocdhten).. II. Kotthait, Bi- 
bliotheca historica II ?, Berlin 1896, ©. 1517 B und 1518 A; ©. T. Stofes, Art. PBerpetua, 
Dictionary of Christ. Biography by W. Smith... and Wace, IV, ©. 305 B—307 A; 6. 
%. Neumann, Römifher Staat und allgemeine Kirche bis auf Diocletian (I), S. 291—300; 
Yranz Görres, Art. ChHriftenverfolgungen, F. &. Kraus'ſche R.:E. I, S.215—288 und zumal 

25 ©. 228f.; Derfelbe, Ehrijtentum und röm. Staat zur Zeit des Kaiſers Septimius Severus, 
IprTh IV, 1878, ©. 273—327 und zumal ©. 313—315; Derfelbe, Anzeige des Neumann’ichen 
Buches, ZwuTh XXXIV, 1891, S. 235 - 243; Uhlhorn, Fundamenta chronolog. Tertull. 1852 
©. 5 ff.; Haud, Tertullian, Erlangen 1877, ©. 197 f.; G. Nath. Bonwetih, Zertullian, Bonn 
1878, ©. 75—84; Derfelbe, Montanigmus, Erlangen 1881, ©. 185; Abd. Hilgenfeld, Anzeige 

30 der weiter unten zu erörternde „The Acts... of Perpetua*, ZımTh, 34. Bd, 1891, S.126—128; 
Derjelde, Zu dem Martyrium der Perpetua, ebenda 1891, ©. 367—369; B. Aube, Les chre- 
tiens dans l’empire romain ... 180—249, Paris 1881, S. 53—277, zumal 215—229, 
509-525; Paul Allard, Hist. des persecut. II, Paris 1886, S. 2—157 und zumal 55—66. 
102—127. Weitere Litteraturangaben gelegentlid) im Artifel jelbil. 

85 Perpetua, eine Blutzeugin zu Karthago, bezw. höchſt wahrſcheinlich in einer Vorftadt 
davon, gehört mit einigen Öenoffen, Darunter hr Bruder Saturus und eine Sklavin Fe 
licitas, zu den erlauchteften Tpfern des Septimius-Sturmes. Dieſes Martyrium ift her: 
vorragend anhentiſch bezeugt: J. Durch die Depositio martyrum der liberianiſchen 
Chronik des Filocalus von 354, dieſes älteſten Kalenders der römiſchen Chriſtengemeinde, 

4o bei Ruinart a. a. ©. ©. 631: Nonis Martis Perpetuae et Felicitatis Africae. 
II. Durch den Zeitgenofjen und Geiftesverwandten Tertullian, (De anima c.55: quo- 
modo Perpetua fortissima martyr sub die passionis in revelatione paradisi 
solos illice commartyres suos vidit [Sedächtnisfehler des Autors: nicht Perpetua, jon- 
dern ihr Bruder Saturus hatte angeblich die betreffende Viſion!], ed. Dehler, Tertulliani 

45 opp. II, Leipzig 1854, S. 642f.; edd. Aug. Reifferſcheid und Wiſſowa, Tertulliani 
opp., Wiener Corpus XX, 1890, ©. 388). III. Durh die im Wefentlichen echten 
lateinischen Aften (ed. Ruinart a. a. O. nad) der editio princeps des Holſtenius und 
zwei weiteren Handfchriften; laſſen wir Die jonftigen Necenfionen diefer „Passio” aus 
taktischen Nüdfichten einftweilen bei Seite). 

60 Berraten uns Filocalus und Tertullian lediglich die einfache unantaftbare Thatſ 
des Glaubensfampfes, fo verdanken wir der „Passio“ eine Fülle von gejchichtlich hoch: 
interefjanten Einzelheiten. Erſtens und vor Allem atmen die fraglichen Alten den 
Geift des Montanismus — darum werden fie von Ad. Hilgenfeld a. a. O. zutreffend 
„montanijtifche” genannt —, aber eines ſolchen, der ſich von der dyriftlichen Großkirche 

65 noch nicht getrennt bat, mehr einftweilen noch bloß eine vifionär-[hmärmerifche Strö⸗ 
mung bedeutet. Die Engelsvifionen finden ſich c. 13 am breiteften aufgetragen. 
Die Autorſchaft des Montaniſten Tertullian, die man zumeilen, fogar no ein Bon: 
wetih, Montanismus, S. 185, vermutet bat, ift mit Haud u. W. abzulehnen. Denn 
eriteng find Perpetua und ihre Gefährten feine Sektierer, und zweitens ift der Stil bes 

so nordafrikaniſchen Rhetors von dem unferer „passio“ ſehr verichieden. Den religiös 


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164 Perſien Bern 


pas (ntitehen der römifchen Reichskirche, Die den politiichen Argmobn gegen ſie mad 
ruten mußte, da ihre Neigung fich natürlich dem römiiden Reich zumandte (Apbraates, 
hom. 3, 6. 18). Bald nad Beginn des 25jährigen Krieges zwiſchen Perſien und By— 
zanz (jet 337 5; Nöldele, Auffäge S. 99) begannen zuerit barte Berrüdungen, dann (feit 
30 40, Weſtph. S. 83) eine Jahrzehnte (mit Unterbrechungen) andauernde Verfolgung 
unser Zcapur II. (Sozom. II, 9— 16). Als Anjtifter der Verfolgung merden die Juden 
aenannt, Doch waren es wohl die Magier in erfter Stelle. Apbraates gedenkt dieſer Ver⸗ 
tolzung hom. 21 und 23 (vgl. bei. das Gebet S. 404 der Überſ. Berts, TU III, 3.4). 
Einen Einblid in fie aber geben umfangreiche Märtpreraften, vornehmlich die in des Bi: 
idrte Maruthas (f. d. A. Bd XII, 392 5.) Gefchichte der Verfolgung, berausgegeben von 
=: Er. Aſſemani (überf. von Zingerle), während die Märtvreraften bei Bedjan mobl 
rı Überarbeitung der Affemannis find (Weſtph. S. 90); vgl. auch Die Auszüge aus 
jpriichen Alten bet Hoffmann 1. ec. Tie Zablenangaben in Betreff der Märtyrer (ind 
seizm 190000!) find gewiß übertrieben, aber eine entſetzliche Menge ift ibrer ficher ge: 


weſen. Bor allen follte die Urgantjation der Kirche vernichtet werden, daher bejonders 


ser Alerus verfolgt und Die Kirchen zeritört wurden. Nur verborgen konnten die Bifchöfe 
ihres Amtes walten, und auch jo nur kurze Zeit (Weſtph. S. 95. 101); 20, nah an: 
teren 38, Jahre war der Stuhl zu Seleucia unbeiegt. Am blutigiten war das 7. Jabr 
der Verfolgung, in dem an der Austilgung der Chriſten überhaupt gearbeitet wurde; 
audı übertrug man mit Vorliebe Abgefallenen den Strafvollzug an den ſtandhaft Ge 
bliebenen. Auch die durch Jovian 363 an Perſien abgetretenen Gebiete des römischen 
Heide, ein Teil Mefopotamiens mit Niſibis, murde in die Verfolgung bineingezogen. — 
Unter den Nachfolgern Schapurs II. (geit. 379) ward die Xage der Chrijten günjtiger 
(Nöldefe 1. c. 102). Den Chriſten direkt freundlich zeigte ſich Jezdegerd I. (jeit 399). 
108 fchloß er mit Byzanz einen feiten ‚sriedensvertrag. Seine Gunjt wußte Marutbas 
von Maipberkat zu gewinnen und zum Belten der perfiihen Chriiten zu verwerten. Zweimal, 
unter Arktadius und Theodoſius II, mweilte er ın Perfien (Weſtph. S. 125 ff.). Das 
zweite Mal jcheint er jenen Frieden jelbjt vermittelt au haben. ya: erbielt er auch die 
Grlaubnis zu der Synode zu Seleucia im J. 410. Über die Akten diefer Synode |. 
Bd XII S. 3092,32 ff.; Deutib in Braun, D. Buch d. Synhados, ©. 16 ff.; vgl. auch 
Yabourt S. 107 ff. Hier murden Die nicäniſchen Kanones acceptiert, Iſaak von Seleucia- 
Kteſiphon zum Großmetropoliten und Haupt aller Biichöfe erflärtt. Es galt nicht blog 
der durch Die Verfolgung berbeigeführten kirchlichen Zerrüttung abzubelfen, fondern auch 
den für Die perſiſche Kirche jener Tage jo charafteritiichen inneren Zwiſtigkeiten zu be 


„gegen. Doch börten dieſe aud in der folgenden Zeit nicht auf. Stets handelte es fich 


Dabei nicht um dogmatiſche, ſondern um bierarchiiche ‚ragen. An einer Synode in J. 420 
nahm der byozantiniiche Biſchof Akacius von Amida teil (Braun S. 37 ff). Die Ber 
telgung der Chritten in dieſem Jabr war feine grundfägliche, fondern durch die Zer: 
ftorung eines Feuertempels von fetten eines fanattichen Biſchofs (Theodoret V, 39 odx 
eis dEov TO Am zo,oAneros) veranlagt. Unter Babräm V., der ganz von den Magiern 
beberrjcht wurde, kam es aber jofort wieder zu einem Arieg mit Byzanz; bei dem Friedens— 
ſchluß 422 wurde den Ehritten in Perſien freie Religionsübung zugeſagt. Iſt dies fchon 
ein Zeichen, Daß uber Ste aufs neue eine Verfolgung ergangen war, fo erzählen davon 
aud Ibeodoret J. c. und die ſpriſchen Marwrerakten. Auf der Synode des J. 423/424 


wurde Die Appellation nad Antiochien unterſagt (besweifelt u. a. von Weſtph. ©. 162). 


Bahram V. nabm audı Me den Christen von feinem Water gegebene Erlaubnis ihre Toten 
u begraben zuruck Moldeke, Sad 1886, S. STN. Viel erniter wurde die Verfolgung 
jet Dem 8. Jahre Jezdegerds II (4938 304571; Doc fonnte der Patriarch unangefochten 
in Seleucia bleiben. Fur Die Marwrerleichen murde cin eigenes „Haus der Zeugen“ 


hergerichtet. Einen Auiſtand Der Armenier zu beichwichtigen gab ſchließlich der König 


cn chriſtlichen Gottesdienſt wieder frei. Grit Die Trennung der perfifchen Kirche als der 
„daldauchen“ d. h. neſtorianiſchen von Der Großkirche brachte dauernden Frieden. Doch 
Tulln noch 512 zwei vornehme chriſtliche Perſer dem Reichsgeſetz und der Unduldſamkeit 
tar Magier zum Opfer, und 615 wird ein bochadeliger Perſer geſteinigt (unter Mitſchuld 


dena riftlichen konfeſſionellen Seaner), — UÜber Die weitere Geſchichte der perſiſchen Kirche 


Ya, Kötenianer BOXTITS. 723 ff. und Syrien”. 1898 baben die perfifchen Neftorianer aus 
prluncher Rückſicht ihren Anſchluß an Die ruſſiſch orthodere Kirche vollzogen. Bonwetid. 


ern. Yitteratur: Middendori, Peru, 3 Bde. Verlin 1895; Sievers, Süd: und 
Wirisisineitta 1905, Da» Deutſchtum im Nuslande 1904. Konjulatsmitteilungen (brieflid). 


[7 
— 
— 


164 Perſien Bern 


das Entſtehen der römiſchen Neichöfirche, Die den politifchen Argmohn gegen fte wach: 
rufen mußte, da ihre Neigung fi natürlich dem römischen Reich zuwandte (Apbraates, 
hom. 5, 6. 18). Bald nad Beginn des 25jährigen Krieges zwiſchen Perſien und Bo: 
zanz Geit 337 5 Nöldeke, Auffäge S. 99) begannen zuerſt barte Bedrüdungen, dann (jeit 
33010, Weſtph. S. 83) eine Jahrzehnte (mit Unterbrechungen) andauernde Verfolgung 
unter Schapur IT. (Sozom. II, 9- -16). Als Anjtifter der Verfolgung merden die Juden 
genannt, doch waren es wohl Die Magier in erfter Stelle. Apbraates gedenkt Diejer Ver: 
telaung hom. >21 und 23 wal. bei. das Gebet S. 404 der Überf. Bert, TU III, 3.4). 
Einen Einblick ur fie aber geben umfangreiche Märtyrerakten, vornehmlich die in Des Bi: 
ſcheis Marutbas G. d. A. Bd XII, 392 7) Geſchichte Der Verfolgung, herausgegeben von 
St. Ev. Aſſemani (überſ. von Zingerle), während die Märtvreraften bei Bedjan wobl 
eine Überarbeitung der Aſſemannis find (Weſtph. S. 90); vgl. auch die Auszüge aus 
ſpriſchen Akten bei Hoffmann L ec. Die Zablenangaben in Betreff der Märtyrer (ine 
geſamt 180000H find gewiß übertrieben, aber eine entjeglihe Menge iſt ihrer ficher ge: 


s weile. Wer allem ſollte Die Organiſation der Kirche vernichtet werden, daher bejonders 


der Klerus verfolgt und Die Kirchen ritört wurden. Nur verborgen Tonnten die Bilchöfe 
ibres Amtes walten, und auch jo nur furze Zeit (Weſtph. S. 95. 101); 20, nach an- 
deren 98, Jabre war Der Stubl zu Seleucia unbeiegt. Am blutigiten war dag 7. Jabr 
der Verfolgung, in dem an der Austilgung der Chriiten überhaupt gearbeitet murbe; 
auch uberrrug man mir Vorliebe Abgefallenen den Strafvollzug an den ſtandhaft Ge: 
bliebenen. Auch Die durch Jovian 363 an Perſien abgetretenen Gebiete Des römiſchen 
Rebe, cin Teil Meſopotamiens mit Niſibis, wurde in die Verfolgung bineingezjogen. -— 
Unzer den Nachfolgern Schapurs IT. (geſt. 37% mard Die Yage der Chriften günjtiger 
Noldete le. 1027) Ten Chriſten direkt freundlich zeigte ſich Jezdegerd I. (feit 399). 


“des ichloß er mit Bozanz einen feiten Friedensverrag. Seine Gunit wußte Marutbas 


von Naipberfat zu gewinnen und zum Betten Der perfiichen Chriſten zu vertverten. Zweimal, 
unser Arkadius und Theodoſius IL, weilte er in Perſien (Weſtph. S. 125 ff.) Tas 
worte Mal scheint er jenen Frieden Telbit vermittelt zu haben. yet erbielt er auch die 
Erlaubnis zu der Zrnode zu Seleucia im J. 410. Über die Alten tiefer Synode |. 


»Bd XII S. Ad, r: deutich in Braun, T. Buch d. Synhados, S. 16ff.; vol. aud 


eben 2.107. Hier wurden Die nicantichen Kanones acceptiert, Iſaak von Seleucia- 
Kreſeben zum Großmetrepeliten und Haupt aller Biſchöfe erklärt. Es galt nicht bloß 
der durch de Verielaung berbeiachubrten kirchlichen Zerrüttung abzuhelfen, ſondern auch 
der Fur Be operfiicbe Kirche jener Taae to charalteriſtiſchen inneren Zwiſtigkeiten zu be 


gear Doch borten Met aud in Der folgenden Jet nidt auf. Stets handelte es ſich 


dade: nabr um deamatiiche. ſondern um bierarchiiche „ragen. An einer Synode im J. 120 
nahe der dpzan:: niche Biichor Akacins von Amida teil (Braun S. 37ff.). Die Ber: 
°xzans der Ehriſten in dieſen: Jabr war feine arundläglice, ſondern durch die Fer: 
rm gmol Nanriemipels von Yen eines Tanatlicen Biſchefs (Theodoret V, 39 o0x 
a Non Iran Joreauraosiüirariskr Unter Rabram V., der ganz von den Magiern 
RAZISREN. SEES sber erer: RrrDter u einem Krieg mit Byzanz; bei Dem Friedens⸗ 


zur ad wire den Qssrnoim Tertten free Religionsubung zugeſagt. Iſt dies chen 
EOS NSRENT SC SS nencocne Verielguna eraangen mar, jo erzählen davon 
su INN Less) die Sorsisen Moriorersiieen. Mur der Synode des J. 423/124 


TEN NO RENZSDSERSE BEIENDNe nandasz beiteefiz u a von Weſtph. S. 162). 
Daran Vorname sus die Nennen von Tanem Pater gegebene Erlaubnis ihre Toten 


ara mm NENE Wal Isen ZSTD. Viel ermiter wurde Die Verfolgung 
ar ms as Jeidegerds II. 458 3-57 De konnte Der Patriarch unangefochten 
MI SRLSS DENT Nur die Marctererlcichen wurde ein eigenes „Haus der Zeugen“ 
sanaenz gm Uuftsed Nr Srmenier ju beſchwichtigen gab fchließlich der König 
Sr 2m 2t iisinziossiıe int Erf Die Zrennung Der perfiichen Kirche als ber 
NN unszn nen der Großlirde brachte dauernden Frieden. Doc 
; nem : eilicbe Perſer Dem Reichsgeſetz und der Unduldfamteit 
N. ira: Dofrorssoszz geh ein, bechadeliger Perjer geiteinigt (unter Mitjchuld 
Dani en — HI TRERIERER »—_ Über Die weitere Geichichte der perfifchen Kirche 
\ SINE TREE, Eurien“. ISuS haben Die perſiſchen Neftorianer aus 
x sr ar Toriquugg arm DE uffifc-ertbodere Nice vollzogen. Bonwetid. 
Kern. N oz seugs gubemdort, Ber, 3 Bde, Berlin 1895; Sievers, Süd: und 
Nawaon! Tan Due im Auolande 1004. Nonjulatsmitteilungen (briejlic). 


— 
— 


15) 


a. 


— 


—X 


De | 


170 Reterſen 


ran beigegeben. Aus ber weiteren, überreichen Lineratur verweiien wir auf: Molleri 
Cimbria literata II. 63%=q., Jocher III, 1121ñ.. Rotermund zum Zöcher V, 1993 ff. Goe: 
bete, Srundriß® III 1887, &. 212, Ar. 25: Sernam, Lüneburgiſche Reiormationsgeſchichte, 
Bréunſchweig 171%, S. 2i6#.: Bepel, Yebensbeichreibung u. ſ. j. II. Sermitadt 1721, 
zZ. 253#.: Wald, Einleitung in die Religionsitreitiaterten ber enang. lutb. Kirche (1730) II, 
e. Bun. V, 437 ñ. und an andern Steben. nal. das Rezitter.. Brieie, die Neueſte Ritte: 
ratur betreffend, 1 Zeil, Berlin 125%, Adter Briei, S. 36. (von Fll. d. i. Lejiing; vol 
Leſſinge Berle, Ausgabe Hempel, IX, 2 un.ı: Rircner, Kurzgeiaßte Rachricht von ältern 
und neuern Yiederperiaftern, Dale 17.1, &. 36, Wr. 183 ıbier eine Angabe über die ins 
‚Srenlingbauienice Beiangbuh pen 1.04 aufgennmmenen Yieder Beteriens:: Corrodi, Sri: 
tiihe Geſchichte des Chiliasmus, Zürich 2. Ausaabe 174941. 3. BRd. 2 Zeil, S. 133 ff.: Ram: 
bach, Antbhologie chriſtlicher Geſänge, 4. Rd. Wltona und &. 1822, S. 133 ñ.; Doering, Die 
elehrten Theologen Teutichlands u. ſ. j. 3. RBd, MWeuitadi a. d. Orla 1833, S. 245 ff.; 
orner, Entwickelungsgeſchichte der Lebre von der Perſon Cbritti, 2. Aufl, 2. Bd, Berlin 
18533, ©. 103.: Qürſchner, I. W. Reierſen. ein ıbeologiihes Lebensbild aus der Zeit des 
tieriemus, Eutin 1552 im ®rogramm de Gymnañums: H. Schmid, Geſchichte des Bietie: 
mus, Wörblinaen 1563, 2. 1wif.: Koch, Geſchichtie des Kirchenliedä u. | f., 3. Aufl., 6. Bd, 
Stuttaart 1569, 2. 121#.; Ritſchl, Beihichte des Pietismus, 2. Bd, Bonn 1854, S. 25 F. 
'ogl. auch das Henitter aller drei Bänder: Daniel Jacobn in AdBXXV (1887, ©. 508. — 
Ueber Frau Peterſen vgl aub: anne, Leben und aus dem Leben merkwürdiger und erwedter 
Ghriiten, 2. Ausg. 1. Zeil, Leipzia 18412, &. 184. 
Jobann Wilhelm eterien, Iutberiicher Tbeolog, Moritifer und Chiliaſt, wurde am 
1. Juni 164% als ein filius paeis in Canabrüd geboren, mo fein Water, Georg Peterien, 
als vübedicher Kanzleibeamter an ten Friedensunterbandlungen teilnabm. Die Familie 


„ fammte aus Holitein, mobin fie im 16. Jahrhundert aus den Niederlanden übergefiebelt 


fein ſoll. Zeine tromme Mutter, die ala eine eifrige „Bererin“ großen Einfluß auf feine 
erite Entwidelung ausgeübt bat, mar die Tochter des Seniors Andreas Prätorius zu 
Lenabrüd. Nach Beendigung der Friedensgeſchäfte kehrten die Eltern nad Lübeck zurüd. 
on guten Anlagen und bebarrlidem Fleiße unterjtügt, dabei von feiner Mutter zu 
eifrizem (Sebete angehalten, machte er auf dem Gymnaſium raſche Fortichritte in der 
Kenntnis ter alten Zpracden, io daß er noch vor feinem Abgange von ihm durch latei- 
ntiche Arbeiten in gebundener und ungebundener Rebe fib rübmlich auszeichnete. Faſt 
zwanzig Jahre alt bezog er Litern 1669 die Univerfität Gießen, um bei den lutberifchen 
Theologen Hanneten, Haberforn u. a. Theologie zu jtudieren, für die er ſich aus eigener 


; Neigung entichieden hatte. Daneben beichäftigte er fih aber aud eifrig mit der Philo⸗ 


ſophie und beteiligte fich wiederholt an Tisputationen, durch melde er in der klaren Ent 
twidelung wie der gewandten Tarttellung jeiner Gedanken ſehr gefördert wurde. Zu 
jeiner meiteren Ausbildung ging er 1671 nah Noitod, wo er icon im folgenden Sabre 
Adjunkt der philofophiichen ‚safultät wurde, nachdem er von Gießen aus die Magifter: 
würde in absentia ohne fein Nachſuchen erhalten batte. Als ihm dann nadı zweijährigem 
Aufenthalte in Noitod der Yübeder Nat als Anerfennung feiner „Erudition und Ge 
ſchicklichkeit“ das Schabbelihe Stipendium verlieh, bejuchte er auch noch die fächjtichen 
Univerfitäten Yeipzig, Wittenberg und Nena, fehrte dann nad Gießen zurück und begann 
philoſophiſche Norlefungen zu balten. Gin Streit, in welchen Gießener und Marburger 
Theologen über die Prädeſtinationslehre geraten waren, veranlaßte ihn, 1675 zwei Ab: 
bandlungen de praedestinatione reformatorum non divina (gegen Profefior Rein⸗ 
hold Pauli in Marburg) und de osculo juris naturae cum primo praecepto de- 
ealogi (gegen Zamuel Andrei in M.) druden zu laſſen. Um diefelbe Zeit madte P. 
auch die pertönliche Bekanntſchaft Zpeners, den er in Frankfurt a M. befuchte und 
mit dem er eine inmige, bis zu deſſen Tod fortdauernde Freundſchaft fchloß, weil er 
bei ibm ein ganz ander Mefen und Yeben fand, als bei andern Theologen, und „gewahr 
wurde, was für ein Unterſchied wäre zwiſchen einer äußerlichen buchftäblichen Erkenntnis 
und der Atiprmors Ts Alydeias sat eroeperar". Auch durch den Verkehr mit anderen 
Freunden und Freundinnen Speners, ſowie dur die Yeltüre myſtiſcher Schriften von 
Böhme, Frankenberg, Betke, Brekling 2. wurde %. „in dem Guten und der Wahrheit 
geſtärkt“, freilih mun auch von feiner Gießener Umgebung „wegen der Pietät gehöhnt”, 
ebendadurd aber nur um fo „freudiger und dürftiger die Wahrheit zu befennen und das 
laue Weſen zu Strafen”. 

Tbgleih nun P. bei dem guten Ruf, den er durch feine Vorlefungen und Dispu: 
tationen wie Durch litterariſche Arbeiten ficb erworben, auf baldige Beförderung in der 
alademiſchen Yaufbahn boffen durfte, kehrte er doch bald nad jenem Frankfurter Aufent: 
balte auf den Wunſch feines Vaters in feine Vaterſtadt zurüd, um dort Geiftlicher zu 


Lererjen 


a Wann nam Srerimsmauiert bat aus dem eriten Teil acht in fein Geſang⸗ 
u wanna, Pr ws von Diefen Yiedern, tie ſeien reich an ſtarken 
non wesen Masten, me Zwang, ohne Zdumulit Später erichienen die: 
Nenn Znake verſifiziert: CCC Srmmen aus Zion, von 
rin. rs simapegen Gottes in Geiſte gelungen und zur Ertvedung 
org gen orsnaı Ateinın im formliche Yieder uberieget, gebrudt im Jabre 
vo. ers te eb Diefe Umbichtung feiner Pialmen Peterſens 
Na 2 ee ge witter Freunde; Die Umdichtung in faum in Der ;yorm, 
Er. meld mid. Der oft ins Geſchmacloſe verzerrt iſt, eine Ver: 


eſ, 


Nom. wa SEE Abweichung Reteriens und ſeiner rau von dem 
N. N. ren Kirche fand, ſind (um anderes, wie den Vorwurf 
EIRBERURHERRTIITRGERG u übergehen) vorzugsweiſe folgende vier: 1. Die 

— αν Rebe, 2. von Der Wiederbringung aller Tinge, 3. von 
eo nensedke, Nm Eritackermen aller Sreaturen, und endlich 4. die 

. ihifenig auferordentliche und unmittelbare Offenbarungen Gottes 
Sinn Wessriens iit allerdings weſentlich verichieden von Dem eines 

NS Nu N Qaahansiiten des In. Jabrbunderts, Daber cr auch meint, 
ypvarstti NT Conf. Aug. feine Anſich: nicht eite. Was P. lehrt, 
Ss. Tall elemente Men: Chriſtus wird nichtbar auf Erden erjcheinen, 
“og madini ufiurubeen, Das an Die Strelle des Gnadenreiches tritt; Dann 
ern HUN —* der Eritgeborenen des Lammes, die eine Doppelte 
“aan. oehprrtaen, wahren® Ne anderen noch Je Sabre im Gefängnis 

x SS dw amt Er wird cin Mas fen, da Gerechtigkeit und Friede 
u. Nu WIN a ch —E uns nah Jeruſalem surudfehren ; die Auf 

vo ee nid geſcdeden \ärzel; Me Harinsierten Yeiber werben 
NURRBEUHERTERTE* —— Aenuns ıceden vrüchte nom Raume Des Schene. — 
aan no anawer deſenders Mars eine Sèr Nr Enaländerin Jane Yeade 
\ weh, dre er wileresen wiär, meter iort au NT Yehre von der 


⸗ 


ws Dome, Won Ne merzisäeveone, Na cr aulegt aller feiner armen 
sen TURM das Bot Bene owısc Deurzel bat, iondern in der Zeit 
—* —J Ra sur Arezzurn sup für Sic Teufel. gettorben: io muß 


a NN NN FENG oz den ariprunaichen Jutsand Der Sündlofigfeit 
on N a Rn: nu Ne — ai sn und ſelig werden. 
Kalte io I she hu rer San serie, aber aud Die meiften 
mnn MIO DUN I'm Im Jrmtmumi an waren, mal ſie an der 
Nomen An yNssime Is Imteın wurden we a Joh erzablt. Durch jeine 
Nds nuusmun Den Orsotorm aber Joanne cine Yehre, bie 
urn N Ind SLSTInE 2. Maninsn Saum nur un Ip ardtührlider er 
nad ton Dar iz Weninmizmimun: zer zuc an Nerzeidigungen 

ww lie TEL nn MFnhee 78 MT türdeutiche Pietiſsmus 

\ m SermnAnhens scunden haben — Von 
en MUND STD) .A Anlızır Se jeine an Schwert: 
na WU II an neo rn 12m Ni Me äsn ersehen Chriitt: Der 
EN Mm. ÜMSTENDT OT. —J———— en? cine dürftige 
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ont. ww... wi Me Sir, rımonne mchs geſcloſſen, 
Non tin LT NDR on. SZ TNSATLSDT an. die ſich 1695 
BIN u. m wer. Dart 0.00% Itrungen Dei Geiſtes 


Peterſen Peterspfeunig 175 
in zwei Teilen, gebrucdt im Perlebergiben Diftritt 1716 ——— ©. 377, 





Nr. 
Peterspfennig. — Du Eanges$enicdel, Glossar. med. aev. s. v. Denarius Petri (p.62—t 
„4. etus ac I,e.X 3 
ee en 
1 ’ ttler, £ no 
pBelo Stubf (beit ie a Hannover 1397. F. J —— IT. 
ee zur „Deete, Pi De im —— —— 
—* aus England ir A = den hl N lm 


fennig, Re (demarius 8. Por census B. — ii 
‚ Röm ie G von 
nern, — Fe —9— — Ste on Ci We m — tet hu Si 
a nd, bon wo nach den 


Berichten ber 
diefelbi It baben fol (ſ. d b ur 
x Be 3 zum TER L X. de — —— 
heißt «8, habe bie Vermiielung € —— und die 





















Die gan — unfiher da Übungen t3 mitteilt. Die erfte 20 
x un: 2eos III. an Kenulph von ic 
KR De 2 ——— un 
Jänger und ſeine Na dem 
—— ir N um Radfoige — der hade. 
b di Kal eegelmägig nd A u gefendet w — Erſt von % 
Ethelwe f (855) wiſſen wir, ee er 300 Mancufä ie ©. 146), und —* 
polentlich auch in den Gef bon dem ——— ee > 
Rede, Ben Anfange * — — p. 
Ib 040— 946, * ie e ach — 
Leipzig 1858, —— 122. 174). Unter — 10. Jahrhunde 
n — oder De. Dass vor dem Tage Petr 
e entrichtet werden ie, —5 — 
6 von 1008 u. 1009, V, 11. VIIL, 1 . ©. 222. 
244). König Hund erneuerte die Fo | a: — Strafe 1018 
Schmid a. eg D. ‚, 9, ©.260). Seitdem kommt die Abgabe unter Namen Peters: 35 
fennig — ——— or und «8 wen —* vet, daß jeder 24 
Mann ‚mise erte von 30 Pfenn mig zablen foll. 
Wen vier Pennige giebt, follen feine Kae ort * ſeine — en (bon- 
1arii) feine " Dienftleute (servientes) ) fra j er Burgman 
5 Mark bat, ſoll auch den Pet —* jben Ailhelm RL. 10 ar 40 


.334. Damit vgl. die ſogen. riei N 3 und "Edwa 
— ward 
s eine freie Liebes teuer. ad, ter als 2 AM RTL VII. 


ronius, 
—* Ai 10; Thomaffin, 1. | 2 Spin ©. 156). Der 
ppſt Tegte Biihöfen die flicht SE ie d bie —— a orgen, Bi je beauftt 
bie Archidiafonen, die Cinfammlung zu beivirken. Daß dabei nicht bt 
reden jolle, lerander III. ein (e. 12. X. Bi mer, m. —*—— | 
— * emühungen des Klerus, von der ich frei. zu au De 
er II, 26. e. 1205), und bie — — 
5 aus, weshalb von Rom die —— Schritte 

zu begeg nen (j. Innocent. III. lib. 16. PR 173. 

13 ılez Teile; zum ce, 12, X, eit. III. 39 am Ende; Thomaffin a. a. O. 





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176 Peterspfeunig 


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Gregor IL ve te 1 sr Meet Er die Zahlung des P 
; | a 
engufuhen — KENNT < ** x — 


torem suum more ankano) En B Bere | ur Bi | 
r auf ähnliche Leiftungen Karls d (Gregorii VII. lib. "von. e yist. 23 
fans. XX, 338; Jaff. 3993; Alt jerra, *— juris eannon, lib. IIT. e 2. XII, a.C 
El: a. —— xiii indeſſen wurde er damit a. Ebe * ig 
es ihm in 
eit dem 1 —— örte die Leiſtung des Peterspfennigs am e romiſche 
allgemein u eit der ation ſcheint die Abgabe nicht jofort i EL t: 
en zu fein, indem 5.8. ber Lutherifch efinnte a Sl Giſſurus Er et abı J 
"gie 1539— 1548 Der Ye nod erhob, aber nicht mebr nad) —* N 
Spittler ©. 143). Peterspfennig ift übrigens, wie Se a 
Harfe in an fich ein Nusfluß der er von Nom ach a 2 
45 

















— zu machen bemüht geweſen find, ſondern eine Li 
earitativum, caritatis debitum, melde aus dem ur — * id 
* eine notwendige Steuer überging | 


Nichts als den Namen bat mit dem Peterspfennig der nordifchen er das: | 
Peteräpfenmig Li Er in eine Sammlung von Liebesgaben für an jeit 1859 in 
50 zunehmende ängniffe geratenen und zuletzt feines Rirhenftants g aubten PBapf 

Sie begann feit 1860 zuerft in Wien, dann in Irland; dort nab N U Re 

der apoftolijche Vikar Cullen die Anregung. Bald nabınen allenthalben Die 

ie Sache in die Hand, in Deutfchland mit befonderem Eifer K. Martin ' von P 

net 1879). Dadurch gelang es, den Peterspfennig zu einer fortdauernder villige 

55 Abgabe an den Bapft zu machen. Der je nad den bald sünfügeren ee tiger 
gin tigen Verhältniſſen wechfefnbe Ertrag it jo bedeutend, daß er es Pius D * 

te, die von Italien dargebotene Rente von jährlich 39. —E 

uch (Hift. polit. Blätter, 1860, I, ©. 672 ff.). ia 






Während des eriten Septenniums (186168) joll der Geſamter 
eo Francs belaufen haben. Für das Jahr 1870, wo die Kataftrophe ei 














e u 





Petri, L. A. 179 


ren der vom Verfafler ae 

is, —— Cie —2 I Sanberuten färben Kiehupie 3, pn 
| a wie Petri — ar be Enz gut — wi — 
Een in a en gottes— 













ig 
da slö| 
— — 







—**F— den * nern ea ar 
als "für die Hand a 


; der 
eilslehr ande fucı a — itte 
ebande n e eine eigenen Konfirma iyuhelfen helfe 
un — pen — m und 1851. Später or $ 
beit ebenen 3% uen Katechismus (einer Ümarbeitung bes —F Walterſe 
—2 — von * ta. di — oxtr 
rultua m e bier, fo ſ | feine & 
a —* ondere nahm er ſich der zu 
der größten Hingabe an. So bat 5 „Jahre 
= Predigerfeminars zu Hannover, vom 19. | | 
un TE ne —— 
e, ie Schule binburchgegang , baben 
—— dankbares Andenken bewa 171 

















usb fon man im weder Mangel at a Botänbnis, 
— Seelen, noch Mangel an Treue vorwerfen. Er war 55 
erlich zu je Gängen * die Gemeinde abfolut nicht im ftande; hat er doch zu 
ı buchjtäblic Br, feinen anderen Weg verrichten können, als den von feiner 
int vor feinem Haufe liegende Kirche und — Sodann * 
= ‚erfannte darin jelbjt eine Schwäche — in —— nicht 
bt obendrein innerlich robe und ungebildete "Rente zu rg umd mit 00 


—XX 


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Betri, v. 3. 


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zu ogcteinnen, Dazu war er eine su jpröde und 
seisse Vasur. Wenn er nun aber Darauf ver: 


rer: su Dfuchen, jo ſorgte er Dafür, Daß 


ei mm oz tb bierfur aus tbeologiichen und 


no hr. Sorzn oz is mir sroßeiter Teilnahme ent: 


“ 
[3 NN, ». 
un mu. 
⁊ ” . 
Lu; 
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“Wr. Ten zursond ang. Die firde 


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ern sn Zuefsszen Zpitülern und Stif: 
 ır Arrı mt seomde nad dem Vorgange von 
wemnmitsrız Wrzocssieran, Tür entlajjene 


re Dan st mie nm Zenken untr das Volk, 
zen erom "ir 22 zer Konfrmmation (Nüng: 
—RW "ev Dr Sure Se Deräne hir inner 
eu spe ırmer 3mz,: oz 8 Deomamt perlonlid 
a “2 Dorn we sm >33 %8 mit all jeiner 

. Vmspe..m vm Fer 302 zur schen von Gott 
urzegdzn em abemucezen Gaben mit 

> 2. nmase. °: rechte Doc jein 
en nenn nz 1 wem nzzte Wir jahen 
Sn, mm ke er Sypeehmse fordermd und 
J 2 2er zen — .. pon einem 
ulm rm Im mar om zIc den pastor 

IT III T 1. nz tar ir Sertisiar Der han: 

- ı Inr Im rm pr samease Geprägt 

> ne 022. te Mm tnicſionell 

Io rmueroe sm ere y armen ja au 

> I OJ.IMEIT Tore um on Semerranaen uf 
Sen n.m oo mreeree oa weder -- namentlich 

“2. „mern mer meer ’üner Jät. 
2. 7 2.7 2,02 „72 Sremurn, "m ven ıbm von 
yım 2 7. Nr. remeerz Dr ymerisben Nice, 

Seo nie mean VOBerrmiznen einer 

LT IT I —. vun Iocaın auf 

Se .cmer ie I Nez mug Aurenethutigfeit, 
Io rm Eereme or Ferm: une firden: 
or rem ie werner > FSanmarrundgeießes 
vor, mi," 2. Damm Me Sucm@anticen 
: er ie er Zeoßeor ir Since auf 
Dtm si zen om lege 

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2 Ir. 2, rin Dmeiopa razozr one 
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zıewr a2 27 den 


182 Petri, x. A. 


Das uriprüngliche Ziel auch nicht erreicht. Ber alledem bildet Der Iuenba se Roeder: 
eine wichtige Epoche in ber Geſchichte der chriſtlichen Yichesthäriglir Ex mE mer 
die von Wichern ınaugurierte „Innere Miffton” mit cinem Zclage sum Meczsem: Dee 
Intereſſes für alle deutſchen evangeliſchen Kirchenkreiſe. Tag Verri un? ir: Kreanx 
sin bie allgemeine Begeilterung nicht nur nicht einjtimmten, jondern in Der Azz um Rum, 
wie nun bie innere Miſſion anſcheinend inſceniert werden ſollte, ſogar Gofsben afama 
und Dagegen proteitieren zu müſſen glaubten, ift ihnen ſehr übel genemmar zerten Eur 
müflen es uns verfagen, bier des Näheren auf Die Sache einzugeben un? birten zur den 
betreffenden Abfchnitt der Biographie verweiſen (Bd IT E. Inf.) Was wir cher bier 
10 furz konſtatieren müſſen, ift dies: 1. Petri befämpfte nicht Die Sache, "Tie or ielbr Lingt 
aufs eifrigfte getrieben hatte (f. oben). 2. Er wollte die fehr ehrenwerten Rerienen mt 
beinängeln, die die Träger der dern waren. Es iſt ibm freilich, wie er ĩelbũ sugeitebt, 
nicht immer gelungen, maßvoll und fachlich zu bleiben. 3. Um gewiner Übertreitungen und 
Verirrungen willen, die der Inneren Miſſion in diefer ihrer „Zturm: und Drangreriede 
15 anbaftete, haben die Ipponenten vielfach auch die gangbaren Wege verfannt und per: 
borresciert, anftatt in Ruhe die Entwidelung, abzuwarten und baben ſich daber im Yaufc 
der Zeit eines Beileren belehren laſſen müſſen. I. Immerhin bat ſich auch die Innere 
Miſſion beſcheiden laſſen und lernen müſſen, die Grenzen, welche ihr durch das Bacin 
nis und durch die amtlich organiſierte Kirche gezogen waren, zu finden und inne zu 
20 halten. 5. Im Laufe der Zeit baben auch die Opponenten jelbit auf Dem Gebiete der 
Inneren Miffion und in den von ihr aufgefundenen neuen Wegen tbatfräftig mitgeurbeite 
und hat z. B. Petri felbit den Gvangelifchen Verein für Innere Miſſion in Hannover 
mit ing eeben gerufen. 
Von vornberein bat Petri ein fehr lebhaftes Intereſſe an der Heidenmiſſion an ben 
235 Tag gelegt. Sein Name jtebt mit unter jenen 25, die Epiphanias 1834 den _ bannever: 
ſchen Miſſionsverein gegründet haben, und gleich anfangs übernahm er Das Sefretariat. 
Zpäter bat er viele Jahre bindurd) den Verein geleitet und ihm zur Entfaltung nad 
innen und außen geholfen. Nie auf dem Gebiete der inneren, fo bat er aber auch — 
und zwar bereits früber - - auf dent Gebiet der Heidenmiſſion auf den Gang ber Ent: 
30 widelung einen hervorragenden ( Einfluß ausgeübt durch feine Kritil, vor allem durch jeine 
13411 berausgegebene Schrift: Die Miffion und die Kirche“, Sannover bei Hahn. 1836 
hatte ſich aus Gliedern der lutheriſchen und reformierten Kirche die norbdeutfche Miſſions⸗ 
geſellſchaft gebildet. Es währte nicht lange, daß im eigenen Schoße konfeſſionelle Rei— 
bungen entſtanden. Hatte man anfänglich gewähnt, denſelben zu entgehen, wenn man 
35 als einigendes Bekenntnis und als Richtſchnur für die Sendboten die Augustana bin- 
geitellt hatte, fo fam man doch bald dabin, die „Überzeugung“ auszufprechen, „daß 
der bei uns aefchichtlich entjtandene Nonfeffionsunterfchied nicht in die Heidenwelt zu ver: 
vilanzen lei, jondern Daß jihb durch die Predigt des Evangeliums, unter Yeitung des 
Herrn und jeines (Heftes, unter den Heiden Die Kirche eigentümlich geftalten werde“. Um 
y. dieſen Paragraph ins Yeben zu rufen, wurde ein Entwurf zu näheren Beltinmungen 
ausgearbeitet, der dann zur Annahme einer Neihe von Refolutionen (I. e 37 1.) 
tubrte, Die, wie Petri ſich ausdrüdt, Dabin gingen, 1. daß die norddeutſche Niffions-Ge 
jellichaft ein eigenes Glaubensbekenntnis aufridte, 2. daß ſie im eigenen Namen das Amt 
Der Lehre und Aufſicht beftelle, 3. daß Ste ihren Miffionaren Befehl und Vollmacht zur 
#, Einiubrung neuer, getteodientlicher Bräuche erteile. Hiergegen ließ er feine Stimme ver: 
nehmen in der, unter der Form eines Briefes an einen Freund erjcheinenden, genannten 
Breihüre. Man muß ihr das Zeugnis geben, daß fie bei aller Schärfe und Beltimmtbeit 
ber Kritik dennoch jebr fachlich gebalten und fogar in gewiſſem Einne irenifch gefchrieben 
it. Ste machte ein außerordentliches Aufieben und war, wie die Folgen bewieſen baben, 
108 aller Gegenichriften von entſcheidender Bedeutung. Ein großer Teil der Vereine 
ſchied aus und ſchloß ſich teils an Die Leipziger lutheriſche Miſſ.-Geſ., teils (namentlich 
die Hannoveraner) an die ſpäter entſtehende Hermannsburger Dil. Geſ Garms) an, 
während die norddeutſche Miſſ. Geſ. ihren Sitz nach Bremen verlegte und in ihren Kreiſen 
weiter wirkte. Petri und ſeine Freunde neigten ſich der Leipziger MiſſGeſ. um fo mehr 
55 zu, weil man ſie für das einigende Band aller Iutberifchen Miſſionsbeſtrebungen anſab. 
Nichtsdeſtoweniger bat er freilich Die Hermannsburger Miſſion gepflegt, Harms felbft in 
bobem Maße anerkannt, und die in ſpateren Jahren bereinbrechende Separatton jebr be⸗ 
klagt (vgl. Petris Art. in ZPRK, Julibhbeft 1812, we die übrige einſchlägige Yitteratur 
angegeben iſt). 
bo Petris entſchiedenes Eintreten für das im ſeiner Landeskirche zu Hecht beſtebende lu: 








Serena, 1er Ayoitel 


. Jeſus dem Ehriſtus Die Glaubigen in 
Davon auszuſchließen und Daber auch die 
Nott giltige Weiſe su exlangende Sunden; 
nachtigt ſein ſollte. Daß dieie denm P. 
Aten Vorrang begrunden konnen, ergiebt 
d priſitlichen Gaben, mit denen ſie in den 
daraus, daß FJeſus Die dem P. zugeſpochene 
udermal Mit 18, 18 Der ganzen chriitlichen 
nierarchiiche Volrechte unter ſeinen Juͤngern 
So weit aber wirklich dem P. ein Vor 
DSer'elbe auch durch Die zwar ſchwere aber vo 
77 endern mußte Mach Der Vereuung ſöeines ur 
.. nt Es iſt daher nicht ganz undenkbar, daß 
.erdinas nur don Ye aufbebalten eye 22,51 
Verleugnung bezuglichen Direften Borberiuguns 
am arme Der Warnung der den jataniichen 
"z fur den Beſtand ſeines Glaubens gebetet au 
SEEN nach ſeiner Reue ſeinen gleichfalls in Der Mraft 
zum Fetten Halt au dienen. Trotz ſeiner Verleug 
OtAAlung des Kaulus von Seite Des Auferſtandenen 
wart von aller Apoſteln in einer beſonderen Er. 
Danach braucht man met nowendig eine um: 
zul been Verrangs in Dir Erzaäbhlung Dis weh 
Yan Anhangas zum I. Ev. iJo 21, 157 
andene bei feier Erſcheinung am galilaiichen Zu 
md ſeine iruhere Treue erumernde dreifache Frage 
so. „bit du mich Lieb?” zum demutigen Bekenntnis 
auic, um ihm Dann von neuem De Weide ſeiner Schafe, 
> Me Überleitung Der ganzen Gemeinde anzuvertrauen 
»des zu verheißen. 
»Ede Jein beginnende apoſtoliſche Wirkſamkeit des V. 
»BenGegenden dient neben vereinzelten, aber um ihrer 
bedeutſamen Notizen in den paulin. Briefen Der erite 
elle. Und die Darſtellung Der letzteren iſt, was bier 
den kann, nicht als ganz ungeſchichtlich zu betrachten. 
Ama, daß Ne ven Yılas, Dem Begleiter Des Raulus, 
niceht die gleiche Gewabhr geſchichtlicher Zulaſſigkeit 
winbartt berubenden uber Kaulus. Und wennſchon in 
miſchen den Relatienen desſelben Ereigniſſes 0, :ff.: 
Einzelne mehr oder weniger frei behandelt iſt, jo wird 
vlt ſein und ſelbſt Das Eindringen ſagenbafter Uber 
enten. Auch mag Der Lehrzweck Der ganzen Schrif:, 
tan Deo zur Welthauptſtadt ſich vollziehenden Ubergang 
en Afeiden ale einen gottgewollten darzuſtellen, ſowie die 
l'üralicliiieruna Ars. und Paulus auf Die Darſtellung 
ran Aunfiafung Dam der Ms entbaltenen Erzabhlung 


voll hlEr, neie I die miderne Kritik vertritt, It willkurlich. 


. Ir, A 
un Abreinanı 


\ 
aba urch ieine Bezierungen zu Markus (Xol h, To. 113 
+ ler Ne U, Se amd anderen Mitgliedern Der Ur 
4 tg Tele uverigiſige niundliche Munde von P. z3u 
2 ibeintiche daß der erſte Teil Der AG neben anderen 
or llutzeidenuntſzen uber Div hervorragende Thatigkeit Des 


top An. ters, denen man Damm aber feine judaiſtiſche 
line NEUGHUE 


Ä 
vnfbiest Farmer, NT Dir 


da Mecht bat. Erſtlich acht Das aus der 
v dm Thaten und Reden Des P. erzabl: 

rede lieden in der K0, wielche kaum durch bloß mund: 
dar 109 ziertacpflanzt werden konnten. 

e iet NIT cette ſie auch Wendt beurteiltn. 

2.000 Dr ho men undeosbrifitelleriche Redattion er— 
iiorom Damosuinga lutantiche Eigentumlichkeiten int 


Lo an. 








198 Petrus, der Apoſtel 


apoſtolat erkannt und daher mit ihm durch Handſchlag als Zeichen geiſtiger Gemeinſchaft 
einen Bund mit der Beſtimmung geſchloſſen, daß ſie, Jakobus, P., Johannes den Juden, 
Paulus aber mit Barnabas den Heiden das Evangelium predigen ſollten (Ga 2, 1-9, 
vgl. dazu Eieffert, Br. an d. Gal., 9. Aufl. in Meyers Komm... Will man nicht will 
5 fürlich diefen Bundeshandfchlag zu einer Scheinhandlung maden (Baur) oder den Ur: 
apofteln „Hintergedanten” infinuieren (Rfleid.), fo muß man in ihr die Vorausſetzung 
finden, daß P. die paulinifche Verfündigung von der Unmöglichleit volllommener Geſetzes⸗ 
erfüllung und der in Chriſtus dargebotenen göttlichen Gnade billigte und darum auch die 
Heidendhriften als gleichberechtigte chriftliche Brüder anerkannte. Daraus aber, daß P. 
10 mit den anderen Urapofteln die Unverbindlichteit des moſaiſchen Gefege® nur für Die 
Heidenchriften, nicht aber für die Judenchriſten erklärte, hat man fein Recht auf einen 
unausgeglichenen prinzipiellen dogmatifchen Gegenfag zu ſchließen. Denn abgejehen da: 
von, daß auch Paulus keineswegs von den Judenchriſten eine völlige Losſagung vom 
mof. Sees verlangte, erklärt fich jene Thatjadhe aus der damals vielleicht etwas modi- 
15 fizierten, aber nody immer feitgehaltenen Hoffnung, Israel noch vor den Heidenvölfern 
als ganzes Volk für das Ev. zu geivinnen. Ebenſowenig beweiſt die von Paulus 
(Ga 2, 11 ff.) mitgeteilte, im Verhältnis zum Apoftellonzil gewiß nicht frübere (Zahn, 
Wohlenberg), fondern fpätere Scene in Antiocdhien einen zwiſchen den beiden Apojteln 
beftehenden prinzipiellen Gegenfag. Denn erftlih bat fih PB. damit, daß er in Antiochien 
20 die zuerft mit den Heibenchriften gehaltene Tifchgemeinichaft nad) der Ankunft der Ab: 
gefandten des Jakobus wieder aufgab, keineswegs auf den Standpunkt der phariſäiſch 
gerichteten falschen Brüder (Ga 2,4; AG 15,1. 5) geſtellt. Ihre Forderung der Gejek- 
lichfeitt an die Heidenchriften war wohl eine: unbeabjichtigte meitere Konjequenz feiner 
panbun sweiſe (Ga2, 14). Unmittelbar aber war dadurch nur eine Befugnis der Juden⸗ 
25 chriſten, * von dem jede Beteiligung am heidniſchen Eſſen verbietenden geſetzlichen Leben 
auch nur an einem Punkte zu emanzipieren, verurteilt. Sodann aber bleibt es troß 
aller Einreden moderner Aritifer dabei, daß Paulus das gejegliche Verhalten des P. als 
Heuchelei bezeichnet bat, alfo vorausgejeßt haben muß, daß fein früheres freieres Ver: 
fahren mit feiner Überzeugung im Einklang, fein Spätere mit ihr in fittlich tadelns— 
30 werten Widerſpruch jtand. Und die Nichtigkeit dieſer Vorausfegung darf man nidt 
mit der Behauptung beftreiten, das veränderte Benehmen des P. fei nur ein leicht ent: 
ſchuldbarer Mangel an Feftigfeit und Klarheit der Überzeugung (Bisping, de Wette zu 
Ga 2,13), eine notgedrungene momentane Hintanjegung der legteren Heithmaye) oder 
eine bloße logiſche Inkonſequenz (Baur), die Paulus zu hart als hypokritiſche Verleugnung 
35 beſſerer Einficht auffafje (Hilg.), während thatfächlich vielmehr das frühere Verhalten des 
P. „eine augenblidlihe Untreue gegen feine eigentliche Überzeugung” geweſen fei (Baur, 
ZGB 1849, 1675, Schwegl., Zeller, Hilg.). Denn weder Fonnte Paulus in Bezug auf 
jene VBorausfegung dauernd im Irrtum bleiben, noch hätte er den galatischen Judaiſten 
gegenüber, die ihm den Vorwurf der Anmaßung machten, gegen fein beſſeres Wiſſen den P. 
0 der Heuchelei zu bejchuldigen gewagt. Hier bat fich alfo etwas von der früheren bis zur 
Unzuverläffigkeit fortgebenden Beltimmbarfeit des P. Durch äußere wechſelnde Eindrüde 
wieder geltend gemacht. Andererſeits iſt aber freilich der Vorwurf, der Heuchelet nicht 
übertrieben ſcharf zu fallen. Eine völlig klare und durchgebildete Überzeugung des P. 
von dem Nechte der nichtzüdifchen Praxis iſt Damit noch nicht notwendig behauptet (vgl. 
35 Ritſchl, 115). Vielmehr bat Baulus eine folde bei B. tbatfüchlich vermißt. Denn in feiner 
Rede an ibn (Ga2,1-4 -21) bat er, ohne deffen fittlichen ‚sebler meiter zu berühren, ihm 
nur feine logiſche Inkonſequenz vorgebalten, daß er troß feines Bewußtſeins, nicht Durch das 
Geſetz, jondern allein im Glauben an Chriftus gerechtfertigt zu fein, doch das Geje noch 
wie eine unverbrüchliche Yebensnorm behandle und da als folde geltend made, wo er 
50 Damit die Durch fein früberes Verbalten in ibrem Nechte anerfannte ſoziale Gemeinjchaft 
zwischen judenchriftlichen und beidenchriftlicben Sliedern einer Gemeinde ſchädige, fomit 
Die Heidenchriſten moralifch zwinge, zur Atederberftellung derjelben ihrerfeitS die jüdiſche 
Yebenstweife anzunehmen. Eine gewiſſe Unklarbeit des P. in Bezug auf fein damaliges 
Verhalten iſt auch Leicht zu begreifen. Denn abgefeben davon, daß bei feiner Rück— 
55 ſichtnahme auf Die Abgeſandten des Jakobus auch eine Verwechslung falfcher Furcht 
vor Menſchen mit beredbtigter Schonung ſchwacher Gewiſſen eintreten konnte (Ebrard), 
war (auch nah den m der AG erwähnten Vorgängen) Recht und Pflicht feiner 
früberen freieren Haltung gar nicht ohne weiteres deutlih. Durch dieſe hatte er ja die 
in Antiochien zur allgememen und dauernden Zitte getvordene Xosfagung der Juden 
vo chrijten von einem wichtigen Teil des gejeßlichen Yebens beftätigt. Und dazu berechtigte 





202 Petrus, der Apoſtel 


ſolchen muß man ſogar giemlid fiher die allermeiiten der traditionellen Züge ableiten, 
welche Hieronymus zu der Angabe verbindet, P. fei, nachdem er in Antiocien Das 
Biſchofsamt verwaltet und in Pontus, Galatien, Kappadozien, Aſien und Bithynien 
gewirkt babe, im ziveiten Jahre des Kaiſers Claudius zur Bekämpfung des Simon Magus 
b nach Nom gegangen, habe dort 25 Jahre lang die Gemeinde als Biſchoſ geleitet, fei im 
legten jahre des Nero mit nach unten gekehrtem Haupte gefreuzigt und am Vatikan 
begraben worden (de vir. ill. cp. 1). Das antiochenifche Bifchofsamt ift nur aus Ga 
3, 11ff. wo doch thatjächlih nur ein vorübergehender Beſuch gemeint ift, die Mirkfamteit 
in den Eleinafiatifchen Provinzen nur aus 1 Pt 1, 1 gefchlofien. Daß P. den Kreuzestod 
10 erlitten babe, wird ſchon von Tertullian (de praeser. 36) berichtet, fann aber möglicer: 
weile nur aus buchjtäblicher Auffaflung von So 21, 18 gefolgert fein, und daß er, wie 
wohl Urigenes (bei Eufeb. KG 3, 1) andeutet, und fpäter die Petrusaften (Acta Petri 
et Pauli ed. Lips. cp.93) ausführen, aus Demut fich erbeten habe, in umgekehrter 
Stellung gefreuzigt zu werden, entipricht mehr dem Geſchmack der nacdapoftoliichen als 
15 der apoftolifhen Zeit. Daß P. am Batifan begraben fei, tft mit Unrecht aus der 
Nachricht des Cajus gefolgert, wonach zu feiner Zeit dort ein Denkmal zur Erinnerung 
an feinen Märtprertod ſtand (vgl. Lipſius, Quellen, 95). Am beftimmteften aber ift die 
Angabe, auf welche die römische Kirche am meisten Gewicht legt, daß P. ſchon im Beginn 
der Regierungszeit des Claudius nah Rom gekommen und 25 Jahre lang dort Bilchof 
20 gewefen ei, als geſchichtswidriges Produkt unrichtiger Kombinationen zu bezeichnen. Sie 
ift zunächlt dadurch veranlagt, daß man die aus einem Irrtum berborgegangene (f. oben) 
Nachricht Juſtins des M. von dem römifchen Aufenthalt ded Eimon Magus unter 
Claudius in Rom mit der Tradition von P. in Rom in Verbindung brachte, wozu mobl 
aud) die richtige Erinnerung daran mitwirkte, daß die römische Gemeinde wirklich in der 
25 erſten Negierungszeit des Claudius aus indirekten Einwirkungen des petrinifchen Chriſten⸗ 
tums von Paläftına fich gebildet hatte Mit der daraus entitandenen Annahme, daß 
P. im Anfang der Regierungszeit des Claudius nad Rom gekommen fei, muß ſich dann 
die Überlieferung von dem in die letzten Regierungsjahre des Kaifers Nero fallenden Tode 
des P., die anderwveitig gegeben zu fein fcheint, verbunden haben, um die Der von 
#25 Jahren für den römifchen Aufenthalt des P. zu begründen. Wahrſcheinlich iſt dieſe 
ihon in die bald nad dem Jahre 234 verfaßte Chronik des Hippolyt aufgenommen 
(Lipfius, Chronologie, 163), die von dem Ghronograpben des Jahres 354 gebraucht it 
(Mommſen inden ASG I, 1850). In diefe bodenlofe Nechnung brachte die fortichreitende 
Rarallelifierung des PB. und Paulus neue Verwirrung. Sie führte nämlich mie zu 
35 der einen ungefchichtlicben Nadıridit von der gemeinfamen Gründung der Torintbijchen 
Gemeinde durch beide Apoftel, jo auch zu der anderen von ihrem gleichzeitigen Wirten in 
Rom (bei Dionys dv. Korinth). Miöglicherweife kam man auch nur hierdurd) dazu, den Tod 
des B. als mit dem des Paulus wenigſtens ungefähr gleichzeitig in die Durch den Brand 
Roms veranlaßte allgemeine Chriltenverfolgung vom Jahre 64 und ſomit diefe in die legten 
40 Negierungsjabre Des Nero zu verlegen, in welchen nad teiliweifer Tradition der Tod des P. 
jtattgefunden hatte. So rechnet Euſebius in feiner Chronik und feiner Rirchengefchichte in der 
Hauptjache gleichmäßig, im einzelnen aber mit verjchiedenen Schwankungen. Später ging 
man auch dazu fort, den Tod beider Apoftel auf denjelben Tag zu verlegen, indem man 
den 29. Juni, an Dem im Jahre 258 ihre vermeintlichen Leichen beigejeßt wurden, im: 
5 tümlich als ihren Todestag faßte, was nun wieder gar nicht zu der in den Juli oder 
Auguft fallenden neroniſchen Verfolgung ſtimmt (Lipfius, Chron., 50). Andererſeits find 
aber auch Stimmen, twelde den Tod des P. und Paulus zeitlih auseinanderbielten, 
lange Zeit laut geblieben (val. Baxmann, im Beweis des GL. 1867, 274 ff.), wobei dann 
den P. der Vortritt gelajfen wurde. Non einem eigentliden Biſchofsamt dee P., das 
so Hieronymus behauptet, ſpricht auch Euſebius nach den alaubwürdigen Terten nicht. Biel: 
mehr betrachtet er mit Irenäus (3,3,3; anders aber gefälfcht, 1,27, 15 3, 4,3) den 
apoſtoliſchen Konſtitutionen und Nufinus als eriten Bilchof von Nom den Linus (KÖ 
3,2). Erſt ſeit Mitte Des 3. Nabrbunderts it eine ſichere Vorftelung von römiſchen 
Biſchofſtuhl Des P. zu finden (Cypr. ep. 55,8. 59, 10. Wie unficher man aber in ber 
5 Rechnung des 25jährigen Zeitraums war, während deſſen P. auch nad) Euſebius die 
römiſche Kirche geleitet baben foll, zeigt der Chronift vom Jabre 354, der ihn gleich nad) 
dem Tode Chriſti mit Dem Jabre 30 unferer Ira beginnen und bis zum Jahre 55 
reihen läßt. And in der Schrift (des Laktanz?) de mort. persecutorum ift jener Zeit: 
raum tbatfächlid Damit aufgegeben, daß die Ankunft Des B. in Nom in die nur 13jäbrige 
ww Negierungszeit des Nero verlegt wird. Im fpateren Papftbuche aber wird ganz berivorren 


204 Petrus, der Mpoftel 


unwahrſcheinlich. Won anderen Eeinaftatifhen Gemeinden willen wir nichts als von den 
durh Paulus und feine Gebilfen geftifteten vorwiegend beidenchriftlihen, vgl. Ga 4,8; 
Epb 2, 11—3, 13; AG 15,3. 12. 19; 21,19; Ga1,8. 9; 4,13. 19; 180 4,15. 
15, 1-3. Es iſt aber bei der gar nicht erflufiven Stellung des P. gegenüber ben 
5 Heidendriften (Ga 2, 12) nicht denkbar, daß jener etwa nur an die judenchr. Elemente 
von weſentlich heidenchr. Gemeinden ohne Berüdfichtigung der heidenchr. Beitandteile einen 
Brief jollte gerichtet haben. Und daß es in allen genannten Provinzen Kleinaſiens vor 
der zweiten Mifftonsreife des Paulus von feiner Wirkſamkeit unabhängige judenchr. Ge 
meinden gegeben bätte, an die damals der Brief des P. gefchrieben wäre (Weiß, Kühl), 
10 iſt nicht glaublich, da für das pifidifche Antiochien, Ikonium, Lyſtra, Derbe und Epbefus 
aus der Erzählung der AG von dem dortigen Auftreten des Paulus das Gegenteil her- 
borgebt, für die übrigen Etädte Kleinafiens aber feine Spuren folder Gemeinden vor: 
handen find. Die Lefer find vielmehr aus der pauliniichen Miffion berborgegangene 
gemischte Gemeinden vorwiegend beidenchriftlichen Charakters. Auf diefen führt mehr 
15 oder weniger ficher eine Reihe von Stellen, die nur durch Fünftlihe Auslegung der ent: 
gegengeiehten Anſchauung anzupaflen find (Weiß). 1, 14 wird das frühere Luſtleben der 
efer auf ihre Unwiſſenheit, d. b. auf eine Unfenntnis des demſelben entgegenjtebenben 
heiligen Willens Gottes zurüdgeführt, welche den Juden niemald vorgeworfen ift, aud 
nit in den antipbarifäifchen Reden Jeſu, in denen die phariſäiſche Art der Gejehes 
20 beobachtung als heuchlerische charakterifiert wird. Nach 1,21 find die Leer erjt durd 
Bermittelung Chriſti zum Glauben an Gott gelangt. Nah 2, 10 find fie früher über 
haupt fein Volt geweſen und jett erft (als Chriften) ein foldyes und zwar ein Gottesvolf 
geworden, während die Juden immer ein Volk waren und den Vorzug eines Gottesvolls 
nur durch eine direkte Widerfeglichleit gegen Gott, wie fie wohl durch den vorerilifchen 
> Götzendienſt und dann durch definitive Verwerfung feines Meſſias, aber nicht in der 
legten vorchrijtlichen Periode eingetreten ift, gänzlich verlieren fonnten. 3, 6 iſt durch den 
Ausdrud „ihr ſeid Töchter der Sarah geworden“ ganz anders ald Jo 8, 39 das Zugeſtänd⸗ 
nis der Leferinnen c8 nicht geweſen zu fein ſchon vorausgeſetzt, dies leßtere alſo wohl 
eigentlich gemeint. Und 4,3 wird von den Yefern gejagt, daß fie in vorchriftlicher Zeit 
so durch einen Lebenswandel in Ausfchweifungen und mannigfachen Normen des Gößen- 
dienites der Willen der Heiden ausgeführt haben, was von den damaligen dem Heidentum 
gegenüber meiſtens fehr erflufiven Juden jo allgemein nicht gejagt werden konnte und 
aud Nö 2, 17 ff. nicht gefagt iſt. Der Wille der Heiden Steht dabei, parallel ven Be 
gierden der Menfchen, dem Willen Gottes gegenüber, den die Leſer früber nach 1, 14 
35 nicht fannten, nun aber zur Norm ihres Lebens machen follen, daher jener Ausdrud 
nicht ausschließt, daß die Leſer felbit früher Heiden waren. Diefer Annahme widerſpricht 
auch nicht 2,25, wo der Sinn nicht ift: ihr babt eudy wieder umgewendet zu Gott, bei 
dem ihr früher waret (Weiß, Kühl), fondern: ihr habt euch von eurem beibnifeen Zuftleben 
bingetvendet zu Chriſtus, der ja der Erzhirte (5, 4) der Gotte als dem Eigentümer ge 
av hörigen (5,2) Herde ift, desgleichen fteht nicht entgegen die Adreſſe „den ausermäbhlten 
Fremdlingen der Diafpora von Pontus u. |. w.” Denn der aus 1,17; 2,21 fih er⸗ 
gebende bildlihe Sinn der „Fremdlinge“ macht auch die übertragene Bedeutung der 
„geritreuung” wabrjcheinlih. Und da P. das Ideal des altteftam. Gottesvolkes in dem 
neuteftam. realifiert ſieht (2, 5. 9), als defien Angebörtge er auch den meit überwiegenden 
35 heidenchr. Teil der kleinaſiatiſchen Gemeinden betrachtet (2, 10), fo konnte er dieſe Ichteren 
wohl zur „Zerſtreuung“ d. b. zu dem unter den Heiden zerftreuten Israel rechnen. Diefe 
Bezeichnung berubt dann freilih auf der Anſchauung, daß die Gemeinde der bl. Stadt 
zu den weſentlich beidenchr. Gemeinden der Wölferwelt im Verhältnis der Muttergemeinde 
ſteht. Diefelbe Anſchauung liegt ja aber audy der Forderung des P. an die heidendr. 
5v Gemeinden zu Grunde, ibr Pietätsverhältnis zur Urgemeinde durd) Erfüllung von Liebes 
prlichten zu betbätigen (Ga 2, 1D. Auch die auf Das AT fi gründende Darftellungs- 
weile des Briefes kann micht die jüdische Herkunft feiner Leſer beweiſen, da — abgefeben 
Davon, Daß diefe mehr für den Verfaſſer als die ibm perfünlih unbefannten Leſer 
bezeichnend iſt - - in dem Briefe ſich nichts findet, für deſſen Verftändnis eine weitere 
55 Kenntnis des ATS erforderlih wäre, ala fie auch für Heidencriften vorauszufegen tft. 
In Bezug auf die befonderen Verhältniſſe der Eleinafiatifchen Ehriften läßt der 
Brief erkennen, daß diefe damals Anfeindungen von ihren beidnifchen Volksgenoſſen zu er: 
dulden batten (4, ), nicht aber zum Teil auch von Juden (wofür fih Werk auf 4, 14 
beruft, wo doch das Schmähen dem Yäftern 1, 4 weſentlich gleichartig iſt). Auch bie 
w Möglichkeit, daß da und dort Gewaltthätigkeiten gefchehen fünnten, faßt P., mie es fcheint, 


206 Petrus, der Mpoftel 


daraus, daß die offizielle Chriftenverfolgung fich nicht von Rom über die Provinzen ver: 
breiten fonnte (mas erſt verwirrte Berichte jpäterer Schriftfteller angaben), doch aber das 
Ereignis auch nicht ohne allen Einfluß auf die letzteren bleiben Tonnte. Die Kunde mußte 
in diefelben den erhöhten Verdacht gegen die Chriſten als übelthäterifche ‘Feinde des 
5 Menjchengefchlecht3 hineintragen und es Tonnte faum ausbleiben, daß derſelbe ſich da 
und dort auch zu beitimmten Anklagen zufpigte, die dann zu Gewaltmaßregeln führen 
onnten. 
Außer diefen Leiden der Leſer und den daraus für fie fich ergebenden fittlichen Ge 
fahren ift aber auch gar nicht? von ihren Verhältniffen berührt. Sie haben daher jeden: 
10 falls die einzige Veranlajfung des Briefes gebildet und allein feinen Zweck beitimmt. 
Wenn daher der lettere 5, 12 ausdrüdlih dahin angegeben wird, dag P. feine Xefer 
habe ermahnen und ihnen dabei bezeugen wollen, daß das die rechte Gnade Gottes jet, 
in der fie ftehen, fo fan bier nur die Ermahnung gemeint fein, fih nicht durch das er- 
fahrene Leiden zur Rückkehr in das heibnifche Luſtleben oder zu einer Verfennung der 
15 fittlihen Ordnungen der Welt, durch welche jie die ihnen gemachten Vorwürfe verdienen 
würden, verleiten zu laffen, fondern geduldig und mit hoffnungsvollem Blid auf die 
nahende Vollendung die Yeiden zu ertragen, ſowie die damit verbundene Bezeugung, daß 
troß der Leiden, die fie in dem Bewußtſein, die wahre Gnade erlangt zu baben, irre 
machen wollen, dieje ihnen doch ganz und voll zu teil geworden ift, da die ihnen be 
20 fremdlichen Leiden von Gott zum Heile für fie geordnet find. Dagegen ift es irrig, dieſe 
Bezeugung als Beftätigung der den Leſern verfündeten Lehre zu denfen, mag man nun 
darunter eine Bekräftigung ihres ohne Vermittelung eines Apojteld ihnen überlieferten 
Chriftentums durch apoftoliiches Zeugnis (Mei) oder die Betätigung der paulinifchen 
Lehre verjtehen (worin Steiger, Neander, Wiefinger in zweiter Linie nächſt der Ermab- 
25 nung, Guericke, Credner, MWiefeler, Thierfch, Bleek und die meiſten Anhänger der Baurfchen 
Schule fogar ganz befonders den Zweck des Briefes fegen). Von irgend welchen Zweifeln, 
welche die Lejer in Bezug auf die Richtigkeit der beſonderen Art ihrer evangelifchen Ber: 
fündigung gehabt hätten, etwa infolge des Auftretens von Irrlehrern, findet ſich nirgends 
eine Spur. Höchſtens kann man jagen, daß Die Bezeugung der den Leſern zu teil ge: 
30 tvordenen wahren Gnade, weil fie durch die paulinifche Predigt vermittelt war, thatſächlich 
und indireft zu einer Beſtätigung berjelben Durch P. werden mußte. Aber der eigentliche 
Zweck des Briefes iſt ein rein praktischer (de Wette, Brüdner, Grinm) und zwar weſentlich 
ein ermahnender. Tröftliches fließt nur nebenbei naturgemäß in die Mahnung und Be 
zeugung ein. Diefem Zweck entfpricht der Inhalt des Briefes, der fih faum ganz foite 
35 matiſch gliedern läßt. Auf den Eingang, der über die Leiden der Gegenwart All 
auf die Vollendung des Heils binauszufchauen lehrt 1, 1—12, folgen zuerit allgemeinere 
Ermahnungen zu beiligem Wandel 1, 13—-21, zu lauterer Bruderliebe 1, 22—25 und 
zur Auferbauung zu einen beiligen Tempel 2, 1—10, dann in näherer Beziehung auf 
die mit den Leiden verbundenen fittlihen Gefahren Mahnungen, dem chriftlichen Pilger: 
a0 Stande zu entiprechen 2,11. 12, allen die gebührende Achtung zu erweiſen und den Obrig: 
feiten untertban zu fein 2, 13- -17, den Herren, auch wenn man von ihnen leidet 2, 18—25, 
und den Ebemännern zu geboren 3, 1---6, auch die Weiber mit Achtung zu bebandeln 
3, 7, nit Böſes mit Böfen zu vergelten 3, 8—12, die Yeiden nicht zu verdienen, fon: 
dern unfchuldig zu erdulden 3, 13---17, und Chriſto im Leiden nachzufolgen 3, 18—22, 
45 nicht zum heidniſchen Luſtleben zurüdzufehren 4, 1—6, Mäßigkeit und dienjtfertige Liebe 
zu erweiſen 4, 7-—11, unſchuldiges Yeiden zu ertragen 4, 12—19. Dann werden no 
die Altejten zur rechten Antsführung 5, 1—4, Die Jüngeren zur Unterordnung 5, 5, alle 
um Gottvertrauen und zur Wachjamfeit ermabnt 5, 6—9. Ein Segenswunſch (5, 10. 11), 
Bemerkungen über den Brief (B. 12) und Grüße (B. 13. 14) machen den Schluß. Dem 
co Schriftjtellerifchen und theologifchen Charakter, den die Darftellung diefes Inhaltes an fi 
trägt, kommt eine innerhalb gewiſſer Grenzen anzuerfennende Originalität zu. Die Be 
grenzung derfelben ergiebt ſich nicht fowohl aus der altteftamentlichen Ausdrucksweiſe, 
welche auch ohne beſondere Gitate den ganzen Brief durchzieht, oder aus der vielfachen An: 
lehnung an Worte Jeſu, als vielmehr aus der Abhängigkeit von anderen neutefta= 
5 mentliben Schriften. Mit Sicherheit find litterarifche Beziehungen unferes Briefe zum 
Jakobus-, Römer: und Epheſerbrief zu behaupten. Und bier gebt es nicht an, Die In. 
flänge lediglid aus dem gemeinſamen Beſitz der apoftoliichen Stirche an Ausdrücken und 
Ideen zu erklären (Maverboff, Rauch, Brüdner). Die VBarallelen mit dem Jakobusbrief 
lafjen aber wohl nicht den 1. P.Br. (Bengel, Wilh. Brüdner, Zur Kritik des Jako⸗ 
60 busbriefes, ZuTh 1874, 530f. mit Annahme der Uncedhtbeit beider Briefe, Grafe, 


212 Betrus, der Apoſtel Betrus, der Apoftel, Feſte 


bervortraten. Aus allen diefen Erfcheinungen ergeben fi gegen die Anerfennung der 
Echtheit enticheivende Anzeichen. Abgejehen davon, daß der Judasbrief wohl erit nad 
der Berjtörung Serufalems verfaßt ift (ſ. BP IX ©.592), läßt es fich durchaus nicht denken, 
dag PB. den —*— des Judas, der nie wie ſein Bruder Jakobus apoſtelgleiche Autorität 
5 gehabt bat, ganz in fein eigenes Schreiben verarbeitet haben ſollte. Die erheblichen Diffe 
renzen zwiſchen beiden Betrusbriefen, welche durch die beobachteten Berührungspuntte (vgl. 
Weiß ©. 296) lange nicht aufgetwogen werden, laſſen ſich nur zum geringen Teil aus 
der Verfchiedenheit ihres Zweckes ableiten und bei der Annahme der Echtheit beider 
Briefe aus einer redaktionellen Thätigfeit des Silvanus bei der Abfaflung des 1. P.-Briefes 
ıo nur teilweife erklären. Biel weiter würde die Erklärung (von Weiß) aus dem zeitlichen 
Zwiſchenraum von etwa 10 Jahren, der inzwilchen eingetretenen Kenntnisnahme des P. 
von paulinifchen Briefen und der verfchiedenen Beitimmung des 1. Briefes für Juden⸗ 
chriften, des zweiten für Heidenchriften reichen, aber diejelbe beruht auf einer Auffafjung 
des erften Briefes, die fih als unbaltbar ergeben bat. Dazu kommen einige Punkte im 
16 2. Brief, die über die apoftolifche Zeit hinausführen, wie beſonders der vorausgeſetzte 
Spott über das Ausbleiben der MWiederfunft Chrifti (3, 3 ff.) und die Koordination der 
paulinifchen Briefe mit den altteftamentlichen Schriften 3, 15. 16. Auch die Tirchlice 
Tradition iſt der Echtheit des Briefes ungünftig. Bei den apoft. Vätern und den Kirchen: 
Ichriftitellern des 2. Jahrhunderts find Spuren einer Belanntichaft mit unferem Brief 
20 (tie fie befonders Dietlein hat nachmweifen wollen) mit irgend welcher Sicherheit nicht zu 
finden. Erſt feit dem 3. Jahrhundert tauchen ſolche auf aber ohne immer ſchon mit 
einer Anerfennung der Schrift verbunden zu fein. Firmilian von Cäſarea in Kappado— 
zien fcheint ihn als petriniſch anzuſehen (Cypr. ep. 75), nad Origenes (Eujebius KG 
6, 23) war aber zu feiner Zeit nur der erſte als fanonifch anerfannt und noch Eufebius 
20 (KG 3, 25) rechnet den 2. B.:Brief zu den Antilegomenen. Seitdem fommt er immer 
mehr in Gebrauch, indeſſen noch Gregor von Naztanz (Karm. 33, V. 35) erwähnt die 
Anficht einiger, daß von den 7 katholiſchen Briefen nur 3 anzunehmen ſeien und Hiero- 
nymus jagt, daß er von ben meiften wegen der ftiliftifchen Verſchiedenheit vom 1. Briefe 
dem Petrus abgeiprochen werde. Erjt Hieronymus felbjt hat dazu mitgewirkt, die An- 
3 erfennung des 2. Briefes durchzufegen. In der Reformationdzeit wurde aber feine Echt⸗ 
heit wieder von Erasmus und Calvin bezweifelt und feit Semler von den allermeiften 
aufgegeben. DVerteidigt wurde fie dann noch von Niebfche, Flatt, Dahl, Michaelis, Augufti, 
Bott, Hug, Kern, Heydenreich, Thierſch, Dietlein, Stier, Luthardt, Wiefinger, Schott, 
Weiß, Steinfaß, Hofmann, Spitta, gabn. Unentjchieden blieben Olshauſen, de Graaff, 
3: Brüdner, Grau. WBermittelnde Anfichten vertraten Bertholdt, Ullmann, %. B. Lange, 
Bunſen. Der ernfte fittlihe Geift des Briefs fowie die Schwierigkeit, ihm in nachpetri- 
nifcher Zeit eine bejtimmte Stelle zu fihern, können jenen ſchweren Bedenken gegenüber 
nicht entjcheiden. F. Sieffert. 


Petrus, Feſte zu Ehren des Apoſtels. — Baronius, Ann. I, 271 und 341. 
yı Gajetan Genni, Diss. de Rom. cathedra, IV (c. 1760). Marcellin Woltenbuhr, Diss. de 
eathedris Romana et Antiochena Petri etc., Raderborn 1788. Auguſti, Denkwürbigfeiten 
aus der dyriftlihen Archäologie, III, 175ff. Stadler, Vollſt. Heiligenleriton 2c. IV, 810f. 
R. Zinter, Art. „Peter“ in DehrA III, 1623—1628. N. Nille, Kalendarium manuale 
utrinegne Keelesiae, orient. et oceid., t. II (Oenipont. 1885). Kraus, Real⸗Enc. der driftl. 
3» Altertumer I, 496-498. K. A. H. Kellner, Heortologie, oder das Kirchenjahr und bie Hei: 
liaenieite in ihrer geichichtl. Entwidlung, Sreiburg 1901, ©. 163—166. 173—178. 

Ter %Xeitlalender des chrijtlichen Abendlandes weiſt jett dem Schluffe der altkirch⸗ 
lufen Zeit vier Keftfeiern zu Ehren des Apoſtelfürſten Petrus auf. ALS älteſtes dieſer 
ver Jrterzteite bat wohl das auf den Märtyrertod des Apofteld bezüglihe zu gelten, 
23 3::lerch den Zeugentod Des anderen Apoftelfürjten verberrlidt: 

Tas Peter Pauls-Feſt am 29. Juni. Der Thatfache der Beifegung der Ge 
for 'etri amp Bauli (und zwar näher der depositio Petri in catacumbas et Pauli 
in via Ostiensi) als unter den Konfuln Tuseus und Bafjus (258) erfolgt, gedenkt be 
ger. zz om Kabre 3554 dverfaßte Catalogus Liberianus. Derjelbe nennt al® Datum 
„tr Goepelttion: III Cal. Julii, alfo den 29. Suni. Eine feftlihe Begehung des Tages 

re Foren Mgnitel in den Kirchen Noms bezeugen desgleichen ſchon fürs 4. Kahrhundert 
Acker ins (De virg. c. 19 nr. 124) ſowie Prudentius — der legtere in den Verſen 
sun freitepbanon (12): 
’lur solito eoeunt ad gaudia; die amice quid sit? 
4 ktoımam per omnem cursitant orantque. 


I 








In 


Pd 


224 Petrue der Ehrwürdige Petrus Martyr 


eters legte litterariſbe Arbeit waren zwei Bücher de miraculis (Bibl. P. M. 
NXIL, 1087 1105 Er erzablt bier Die Wunder, Die er ſelbſt erlebt, und bon denen 
er aebort und ſich auf feinen Reiſen Mufzeichnungen gemacht hatte. Es iſt ein für bie 
Mullurgeſchichte und die Geſchichte des Aberglaubens intereſſantes Buch, Das die ungeheure 
Macht den Rhantaſie uber fein und ſeiner Zeitgenoſſen wundergläubiges Kindergemüt 
belundet Die Wunder knurfen iich vor allen an das mysterium tremendum und 
div Beide am, ſie beiteben in Traumen. Gehen, Teufelsaustreibungen aus Kranten, 
CErſchemungen ben Engeln und Veriterbenen, in Denen ch oft cin zartes Gewiſſen über 
werte Yacblefialettent offenbart. _ 

N HN vier Vrediaten Serze, one uber Die Verflärung des Herrn (Bibl. 
MONK, Ns ® at dre: sa SNaranı Thes. nov. anecdot. V, 1419— 1450), 
jene vintae eie eeiic Ribl. P. M. XXII. 1132 #1 gedruckt. Als Prediger 


wie als Dan Sa Nirmamları ut N Arrz un! das Epitaphium auf Abälard 
ſind wei die SaUamı dan MEN est Beer war Bernbarb und Petrus 


. Data und oa INLANSSIIOTLIIDSOTIT SS de Nunbachungen tüchtige Seiitungen 


ana bansfintit $Miwto yon SSemsätıen ZSörmieker. . 

Ren der Ve Nenn ss nz Emmwersiaen genannt har, gebört un: 
üreriän au Ne Sms ste nHunnm Sm mann Kirche. Ein unpbileiephijder 
Kopt den der Dot Rn Door, Sram euren und für Die Zubrliäten des 
Darm NIE SDITIO NIT ne Tasse N Friedens Das unverlegith Cbriftliche 
bervercedode: ISSN SNSIpr dom sche in den Doktrinen der Ühiloiopben, 
dern Da de. oe om Zum IX iit der firhlihe Supranssuralismus, 
Now: Nom N nem nn Issumm, der Dann der Kontetionen mit 
ee emeree lten Kirhenvätern am bödien. Seine 
Nemegsbn Down Do enm, secher SSSNESTHN Bernhard von Clairvaut durchaus 
Nedensemn® 0 Der mem 8 sum Nr Aoeltel weiſe ‚fein willſt, fo fol Da thöridt 
u Ne Nomen Si Ne Sr Ansamusägkit ber Logik noch ber Neugierde der 
Alena net seen esen nit u ih zu rühmen wiſſen, außer Chris Jeſe 
— NS MR ... u in, oa, Zr Der Geſetzlichkeit des Ordenslebens jteht 
N ne Be Nano gap ind Änmitenleben, Askeſe und Mallfahrten fin für 


een a na me Rittel zum Ziel, „Die Außerliche Irenmung 
F Nu, *8* an mr, we u nicht die einzige feſte Mauer gegen das 
LEN Er nn Be A dieſe Mauer iſt der Heiland. In feiner 


None on 224naercigend, wirft du jicher fein gegen alle Feinde. 
Pe man nt ir Die Einſamkeit urüdzuzichen, man sicht ſich 
NT pa Die des Hochmuts und der (itelkeir“ (ep. 


| J Grũtzmacher. 
J 2 ⁊—εAiten Bd XII S. 378, 30. 
nem wer no. 
NM sarlun Bd XI S. 630. 
.VKermigli. 


sets, O.Pr. - Vita S. Petri Mart. in ASB April 


Sr Wo Tara N Pietro martire. (Biliani), Vita e martirio del 
Son J ss U den Processus de nece P.M. factus a° 1232, im 


\ STR NT P. Tl. . 7043 auch G. Waig in MG Script. t.XXV, 


en 1. 42.5 II. 211-215. Kerner U. Chevalier im Rep. 
F panda hariorraphiea latina der Nollandijten, t. II (Brüpel 
wrrrberlige dieſes Namens nicht zu berivechfeln mit einem 


"yapdett Ordens. Dem Petrus Martyr de Ruffia, geit. 1365, 

N wurde 1205 oder 1206, angeblich von der Katharer 

\ —DX.CWena geboren, Soll Sich aber ichen mährend feines Stubiums 

aaa lab anbanglich bewieſen haben. Er trat 1221, im 

ade m den Predigererden und erlangte bald boben Ruhm als 

DI, el und oberitaliichen Harctiker Hauptſchauplätze feiner 

ORT a Yılyabrigen Wirkens im Dienſte Der Inquiſition wurden 

N x Mut Among Cremona. Como fewie bejonders Mailanı, 

XXX Niaun wieder 12310 langere Zeit bindurd tätig war. Gr 
un. "' 


in 


228 Petrus von Poitiers Bencer 


fteht, 3— -8 die Taufe, 9 die Konfirmation, 10—13 die Euchariftie, 14—17_ die Ebe zur 
Sprache, während er die übrigen teil andertvärts befprochen hat, teils (die Olung) nichts 
befonderes darüber zu fagen weiß. — Was die Behandlung der befonderen ‘ragen be 
trifft, fo unterfcheidet jih B. von dem Yombarden durch zwei Punkte; er läßt eritens 
5 bon der großen Menge der Autoritäten, die jener in feinem Werke beibringt, die meiften 
weg, und er behandelt zweitens die Gegenftände viel mehr dialektiſch. Damit hängt die 
Neigung zu immer weiter gchenden Teilungen und Einteilungen zufammen. So wnter: 
jcheidet er 5. 3. III, 20 vier Arten der Furdt, 1. die weltliche, 2. den timor servilis, 
die Furcht vor göttlicher Strafe, 3. den timor initialis, in dem die Liebe zu Gott mit 
10 eintritt, 4. den timor filialis, der wieder zivei Anwendungen (usus) hat, den t. reve- 
rentiae und separationis, von denen der letztere bei Chriſto mwegfällt, weil er keine 
Trennung von Gott zu befürdten batte. Start tritt auch das äußerliche abieähen 
befonders bei der Beiprechung des Wertes der merita hervor, und das Auftreten völlig 
unnüger Fragen, z. B. ob der, welcher einer Todfünde wegen die ewige und auch eine 
15 zeitliche Strafe erleidet, mehr geitraft twerde als der, den nur die ewige Strafe trifft. — 
Im ganzen genommen begreift ſich aus der Beichaffenbeit des Werkes zu dem des Yom- 
barden ſehr wohl, daß «8 wenig Anklang gefunden hat und nicht viel gebraucht worden 
it. Die veränderte Anordnung bot feinen entjcheidenden Vorteil und viele Vorzüge des 
Lombarden fehlten ibm. So außer der reichen Fülle von Belegftellen, namentlich die 
29 Bleihmäßigfeit der Bearbeitung (während bei jenem die vier Bücher an Umfang fih 
annäbernd gleihlommen, werben die 5 des P. P. immer fürzer; das legte bat nur etwa 
ein Drittel des Umfanges des eriten) und die Klarheit der fprachlichen Darftellung, in 
der er ihn bei weiten nicht erreicht. 

Außer dem Genannten werden noch zwei Männer als „Betrug von Poitiers“ be 
zeichnet 1. ein Kluniacenfer, Sekretär des Betrug Venerabilis; von ihm finden fi em 
paar Kleine Schriften in Proſa und Werfen in der Biblioth. Cluniacensis und bei MSL 
189, 52 ff. A6ff. 661; val. Hist. lit. de la France XII, 349 ff. 2. Ein Kanoniker von 
St. Viktor, der eine (nicht gedrudte) Schrift De poenitentia seu confessione zwiſchen 
1180 und 1230 verfaßt bat, vgl. Hist. litt. XIV, 484. S. M. Dentſch. 


2 


ei 


30 Reucer, Kaspar, Dr. med., das Haupt der kurſächſiſchen „Kryptocalviniften“, 
geſt. 1602. — Zahlreiche Briefe P.s auf der Breslauer Stadtbibl. und an andern Orten; 
manches gedrudt, 3. B. 3. Voigt, Briejwechjel der berühmteften Belehrten mit Herzog Albrecht 
S. 497 ff.; anderes in CR VII u. IX; manches bei Gillet (j. u.) in den Beilagen zu Bd II. 
Erine Apologia, 1574 vder 75 in Rochlitz gefchrieben, in Zeitſchr. f. preuß. Geld. u. Landes: 

36 Funde 14 (1877) off. 145 fi. ; feine Historia carcerum et liberationis divinae, Tiguri 1605. 

— %. Brendel, Des Troſtreichen Sendbriffes . . an den Engel der Gemeine zu Smyrna . . 

Summariſche Erklärung [die am 2. Oft. 1602 in Deſſau gehaltene LXeichenpredigt], Zerbſt 

1603; Sim. Stenius, Oratio qua publice in Academia Heidelbergensi . . C. Peuceri .. 

Manibus parentatum est, Servestae 1603; J. Chr. Yeupold, Lebensbeichreibung Dr. 8. $.3 

Budiſſin 1745; B. Nöfe in Erſch und Gruber III, 19, 435—456; Nettberg ebd. 457—460; 

Wagenmann in AdB 25, 592 ff.; Eichftädt, Narratio de C. Pcucero, Jenae 1841; Seimburg, 

De C. P., Jenae 1842; Frid. Kod), De vita C. P. Budissini, Marpurgi 1856; Hente, K. P 

und Nik. Nrell, Marburg 18659 (aud in der Sammlung Zur neueren Kirchengeſch, Marburg 

1867; dazu Gaß, StKr 1567, 1508), Calinich, Kampf und Untergang des Melanchthonis⸗ 

45 mus in Nurjachjen, Lpz. 1866; Gillet, Crato v. Grafftheim, Frankf. a. M. 1860, I, 359}; 

Kluckhohn in 53 18, 77; ©. Th. Strobel, Mifcelaneen 4 (1781), 73 ff. 

Ter „Konfeſſor des Melanchthonianismus“ wurde am 6. Januar 1525 in Bautzen 
geboren, wo fein Bater Gregor Bender als Handwerker lebte. Nachdem er anfangs bie 
Schule der Bateritadt befucht, übergab ibn der Vater der berühmten Goloberger Sul 
unter Trotzendorfs Yettung, dem er fpäter ein Ehrendenkmal jegte in der Oratio de Tro- 
cendorfii vita (gedrudt in Tom. V der Deelamationes Melanchthons, Wittenb. [1565. 
1572] 1590). 15.40 bezog er Die Univerfität Wittenberg, wo er auf Trotzendorfs Empfek: 
lung ſofort von Melanchthon als Tiſch- und Hausgenofje aufgenommen wurde Er erhi 
durch Dielen feine humaniſtiſch-philoſophiſche Bildung, ftudierte unter Rheticus, Milich und 
5 Reinhold Matbematif, nahm auch Privatunterricht in Arithmetik bei Stifel, dem Pfarrer 

in Dem naben Holzdorf. Am 1. Zeptenmber 1545 wurde er Magifter, wurde 1548 m 
die Artiſtenfakultät veeipiert, erbielt 1554 die Profeſſur der Mathematif; nach Jalob 
Milichs Tode trat er 1560 in Die medizinifche Fakultät ein, in der er inzwilchen Doltor 
getvorden war. 1550 batte er Melanchtbons Tochter Magdalena (geb. 10. Juli 1531) 
vo geheiratet, ein Schwiegerjohn nad) Melanditbong Herzen. Gr blieb bei ihm im Haufe 


4 


— 
— 


- 


H 


— 


* 
—2 


230 Peucer 


ze ihn des Calvinismus bezichtigten, Die Hofpartei, Die ſich um „Mutter Anna“, die 
irreng lutheriſch gefinnte, von ihren Water Chriſtian III. von Dänemark beeinflugte 
Burturitin, ſammelte. Tie Abneigung der Ztädte gegen Cracow als den fchroffen Ver: 
treter Bes fürſtlichen Abſolutismus fam Dazu. In Dem Wape, als Auguft jest feine 
ernlitiſiche Haltung änderte und engere Verbindung mit dem Kaiſer fuchte, machte er ſich 
uglecich von den Calviniſten als politifcher Bartei los. Er unterdrüdte 1573 als Vor: 
uns ter Zöbne Wilbelms im ernetintichen Sachſen gewaltjam den verhaßten Flacia— 
nizinus, Der ihn umd feine Kirche jo lange und jo bartnädig befämpft hatte, zugleich fiel 
ab auch jetzt für ihn die Rückſicht, daß er um der Flacianer willen die Weland- 
2uninner febonen mußte, bimveg (vgl. Ritter, Teutiche Weich. im Zeitalter der Gegen: 
vtermmutten J, 1597). So nabte auch für P. die Kriſis. Hatten noch etliche Jahre vorber 
—RW Andreäs Anklagen wider ihn bei Hofe ſeine Stellung nicht erichüttern fünnen, 
vꝛliuehr Auguſt und feine Gemablin P., der jeinen Abſchied Daraufhin gefordert hatte, unter 
Berengung ihres vollen Vertrauens sum Bleiben bewogen, je wurde das jetzt anders. 
ii Ferötfentlichung der calwinifierenden Exegesis perspicua des Schleſiers Cureus 
71 (Bd IV S. 352), an der freilich P. ganz unbeteiligt mar, obwohl er von manden 

en den Verfaſſer aebalten wurde, erregte Den Zorn des urfürften. Aber ein Brief 
des Zuperiniendenten Ztoßel an den Hoforediger Schütz. Der deſſen lutberifchem Kollegen 
Georg viſteninus in Die Hände fiel und Durch dieſen Dem Kurfürſten vorgelegt wurde, 
nffnete dieſem Die Augen und gab ibm eine Warte in Die Hand. Die Briefſchaften jener 
beiden, aber and Cracows und P.s wurden unterluct, und 08 fanden ſich Neuerungen, 
aus denen man Die Abſicht. unvermerkt Die kurſfächſiſche Kirche zur calvinifchen Abend⸗ 
mablölehre binuberzuzieben, berausleien könnte. „Nenn wir Die Mutter Anna erſt hätten, 
jo wollten wir den Herrn auch bald kriegen.“ batte u. a. Peucer an Schütz geſchricben 
P. wurde, noch krank. nach Dreden eitiert und ließ ſich bier Die ſpäter Bitter bereute 
Unterſchrijt einer Erklarung abpreiten, Durch Die er ſich ſchuldig befannte, Die Einführung 
einer fremden jaframenziertüben Yebre in Sachſen bi trieben su baben, — ein Bekennmis, 
das man nadıber als Anklage gegen ibn benutzte. Im Juli wurde er in Torgau vor 
den \ Landtag aeltelie, der die Klaßze des Nurfuriten acgen ſeine Näte unterfuchen follte. 
m Der Spruch gegen ton Iaumic darin. daß er Wittenberg nicht verlaſſen dürfte und nur 
feine mediuniſce Erfefer derraben fell. Aber Auautt Taftterte Dies Urteil als zu mild 
und lieh um nad Rochtitz abrubren Umsonst verwendeten ſich Kaiſer Maximilian und 
vandarai Wilbelm vor Heſen fur ibn. Vielmebr verichärite ſich die Stimmung de 
Kuriuriten mus 2 immer mehr acaen IB — Irwirterze iesar auch verwegene politifche An- 
an ichlage der —S— m RREN | Ser Wiederberitellung Der ernettinifchen Herricaft 


in Nuriasin die ren Ir Coch Sens abged ruc:e. Vorbaitung die Auguſt P. machen 
lan Zimt om UT N zen Bi; ERONER on Lennen — wenige Wochen darauf ſtarb die 
Irau dieren Toro ort onzs mehren Menaten erfubr —: er wurde auf Die Pleißen— 
Warn on Lower om og neh ehmenis achract und dert hart bebandelt; aber mit 


a Mm LS gTIzIn TONET zu Lirden un Entbebrungen: vergeblich blieben Die Be 


WELNDn rm und Ziwdferu on rom befebren nal. außer Der Historia car- 
verum p. 28 = hi Zrrt Sümasme Ne Weerafs mt D. C. Peucero, ben 
wi Irene 27T Qyper Dostir ofrandraf wrsiiserze er den Widerruf jeines „Cal: 
umgmup und anımf) Syıns hi Vnndbes der Siam ensormil, Dieſe Standhaftigkei 
„zum mulgı Mir det surturtn mlud zros: wu heben. Am 1. Oktober 1585 
Run ola umumanse, Torte Vnmelnen As run der alternde Kurfürjt am 
Nana ey, 2 nm, Tiear he Navi Neshe Emit von Anbalt ebelicte, 
uch sw er har rm. Dmi fu nase 2 mnnn Zcmieaermüters zur Freilaſſung 
Aa immo Wereioer Pin slwurmm oem NET fun Arefreiung als beſondere 
wuah aunnem. ons fpri sam Bm Je omter Sem Kurüriten noch deſſen 
ums \mmainnehm 21m nun 2’ın wii an Neriprechen, bon dem 
Mut g lm hammonnDn man Nuten am Ss, tehruar 1586 — 
.„ Iarıwm Mer JUN An 0HE o  UDI OO RANTDDIT Nude zuicen aus Der Nähe und 
Sum, tnär Senn sah 212.277 Iran Yoponzd Tonau, wo Der jrürft ihn zu 
„ÄIDTOLDSDIIE LTD An mivmn Das Denim Narıs waren ibm beicichen, die a 
lan ng wm Di non to yo. ps ze Nöım, ın \ Verbindun mit 
een Ne ml n.n. ih U. 20urı 28 Say um ala Naracber in firchlichen 
Ss nn Summer nm TOILETTEN Namen gm un Defien Söhnen, nd: 
Seins NORDEN SANT SID ST suzerih mar er noch ihang 


wos asy Jh sin Suifiänn Ularzersfea Imsmie 1587 verheiratet 


I 


Nr Regel 


Verlediqung Der Formel Melanchtbons: Euangelium esse praedicationem poeniten- 
ine dal Udel E50. Die Wittenberger Catechesis von demfelben Jahre hatte ibn 
vornebinlich zum Berfafler (vgl. o. A. Peucer 2.229, 47). Wie er ale eifriger Philippiſt bier 
immer mehr eine Fulrende <tellung neben Peucer erlangte, jo wurde er auch in deſſen 
any mubineingeriſſen (oben 2.250, 11). Als im Mat 1574 der alt gewordene ©. Major 
aAls ettter der ibeologiſchen Fakultät nach Torgau vorgefordert wurde, gaben die 
juwgeren Kollegen Moeller, Cruciger, Pezel, Yugenbagen und Wiedebram, ihm eine Er: 
flarung mit. in Der fie ihn bauten, jih vom Corpus doctrinae und Consensus Dres- 
densin don 1571 nicht abdrängen zu laſſen; gleichwohl nabm dieſer die von feinem 
dwiegeriehn Paul Erell verfaßten Artikel an mit ihrer ausdrüdlichen Verwerfung der 
zlviniben Abendmabletehre. Sept wurden auch Moller, Cruciger, Wiedebram und P. 
tunb Ferner eitiert und jeder einzeln sur Annahme der Artikel genötigt; da jie ſich aber 
weigerlen, und auch nach Eltagiger Bearbeitung auf ihrer Weigerung verharrten, wurden 
wor > Iuni nach Der Pleißenburg in Leipzig transportiert. Hier preßte man ihnen 
tiv Untervchrüit der Artikel ab, die ſie aber nur mit nachdrücklichem Vorbehalt leiſteten. 
RNach Torgau zuruckgeiubrt mußten ſie Die Obligation unterichreiben, daß fie einen Monat 
in Wittenbeig veiſtridunbleiben tollen, bis der Rurhint über ihren künftigen Wobnort 
verungi haben werde; Dunn Sollten fte an Dem ihnen zugewieſenen Orte in Hausarreſt in⸗ 
terntert bleiben, nichro ohne Erlaubnis drucken laſſen, über die Abendmablölehre „nichts 
monun. dipputirn eder ſchreiben“ aber auch in feine fremde Beſtallung ſich einlaſſen. 

ie wurden an vier verichiedene Orte gewicien. P. nach Zeitz; ihre Profeſſuren nahmen 
anbere en die KRo Mag Maren Obernderier. Im Noveniber 1576 erfolgte darauf ihre 
Vandeevervenrung. IN aut mitt Irau und Kindern nach Eger, als dem „nächiten Ort 
ber nemneni Brise Wange, un Seine Geſundbeit wiederberzuſtellen. Da berief im 
vb Po. bar Jebenn ven Reneu Kascnellenbeagen P., Wiedebram, Moller und 
Bi hub tisch epieht Weiſigang N: ell in ten Land. Ste famen nad Till: 
bung und dead dh daun auf verichtiedene Zrellen verteilt. V. kam zunächſt an Die Echule 
I detalb, DEE OSPERDO SU tes Prediger in Dillenbura verreendet Er vollzog bier jeinen 
hal unbiun st den Qalyuesengs, beſugte im Mars 1578 Die Synode in Neu: 


Ma Dad enteo Mai TS eine „Erklarungsſchrift der Veränderung etlicher 


rrdeinn KU ITELLTUTGT BEET TER BES it NRLIAGH Kagenellenbowen“ aus (bandichr. im Prov⸗ 


ale Waypiedgal, sus der Ns Serint um propositum in Synodo Dillenburgensi 
WERBEN DON Sr ayyzixe Genetalſenede in Dillenburg im Juli befannte 
honig, Nun Qulytrgirug umhuntee Zur Die Einſetzung von Tre: 
Na Du —— nz Leise RU und des Heidelberger Ka⸗ 
Nee TON Dome RECHNIIIM vollendet (wal. K. Müller, 
tet N pop pen ei Z XII 2er V. mar inzwiſchen (Nov. 
2 alone one na nstilin wre aber aud jeden Mitiwoch bei Hofe 
N FT NA IITIENITNINT NE is für Die reformierte Lebre; 
Ä ot Nor. Sy oatrzkm Senn nis ar 1570 Die Veichenpredigt. 
ton eine ye on, one Nar Kan ovarn Kom in darum, unter dem (Finfluß 
ost eg rc Burst DI VII 2.220: Tin Seine Stadt zu zichen. 
DEE yes Ne Men Eier imetemmise Kıbtung feit, teäbrend einige 


ae. sn gnvorzeus Wanzum Staus Glanäus dagegen, Der 
' open Nortutse Io yurherums war. Wach beiden 
x. ce Zerz ame L, Sic aber helfen Rube und Schlich⸗ 
we au um Sylus wirer Sobenn Die Bitte Bremens 
vom Fan kuser Eisen U entbebren. Auf erneute 
s Wo xrer aui gibt Woechen nad Bremen. Sie 
"on er Zieero:. en Aientna und den ealviniſtiſchen Geiſtlichen 
SF 2r..ngrogror es ibnen mube möglich, mit Glanäus 
ir zer teen Ab in ein Kolloquium em: 

: und tuspendterte ibn vom Amt;' 
Er Mr bar td ctlichen Wochen kehrten die PBeur: 
Aber zum, —* b SHE, ta geiallen hatte, ſetzte nun 
no mo Irubſarr 1581 rat er an Anſcharii m 
yo ogrm Der Bemurunzen Ne Luc eriichen Erzbiſchofs Heinrich 
vo bhelten. Seen met & Menings Tode 1584 erhielt 
udenten der Mind un Er —8 damit zugleich auch das 
eine, Das er anfaras neben iciner Stelle an Anſcharii, Die 


STEHE durch: m 


a 


" st Fr 2* 


2 Pfaff 


va Mathloſ, Weſch. jeßt lebender Gelehrten II, ©. 342 ff. Sonſt vgl. Strieder, Heſi. Ge: 
zebriengeſihbhte N, S. 4322 ijj.; A. F. Büſching, Beyträge z. d. Lebensgeſchichte denkwürdiger 
Rervenen III S. 170 j. 287 j. : Holbergs Kirchenhiſtorie fortgeſ. v. X. 2. Köhler, VI, S. 4241; 
Wr Wallerie hiſtor. Gemälde aus dem 18. Jahrh. V, S. 188 }i.; H. Döring, Gelehrte Theo: 
wart des IN Jahrh. II S. 249 ff.: derſ. in Erſch und Gruber III, Sett. XX, S. 1U1f.; 
VRagenmnann td Adu XXV, S. 587 ff.; W. Gaß, Geſchichte d. prot. Dogmatik III, ©. 74ff.; 
Teehnt Weit d. Rationaliomus I, S. 149 ff.; A. Ritſchl, Geſch. d. Pietismus III, S. ñ.; 
Tre, Yelrer und Unterricht von d. ev. theol. Fakultät (Tübinger Feſtſchrift 1877) 

J Ueber die Irenäusfragmente ſ. Harnack, Die Pfaffſchen Irenäus-Fragmente als 
seraasn Rinſio erwieſen (Tu NF V, 3), Leigzig 1900. Dazu H. Achelis, ThLZ 1901, 
229 Werzeichniſſe feiner Schritten bei Meuſel, Lexikon X, S. 353 ff.; Strieder u. Do: 
2 D. eßtered umiaßit 215 Nr., enthält aber nicht die bei Strieder verzeichneten zahl: 
re Muri), 

WPönſi war am DE Dezember 1686 in Stuttgart, wo fein Vater feit 1685 Diakonus 
wer gebdoren. Sein Vater Jobann Ebriſtoph Pfaff, kam 1697 nah Tübingen, wo er 
zunacit Rreicſer Dev vVogik und Metaphyſik wurde; 1698 vertrat er das theologiſche Er— 
raerdingriat, Sparer ructie er in Die dritte, Dann Die zweite theologiſche Profeſſur auf 
Werfen, vebrer und Unterr. S. ST) Die Univerjität bezog der frübreife, außer: 
gewobntich begabte und maßlosd ebrgeizige Knabe ſchon in feinem 13. Jahre (4. Juli 1699), 
Seren nach vier Wochen erlanate er als enter Den Baccalaureat, nad) drei Jabren (6. Sep: 
werber LION die phileieopbtiche Magiſterwurde. wiederum als erfter unter 26 Kandidaten. 
Nachdem er Lieben theolegiicheo Eramen im Stuttgart abgelegt und 1705 Nepetent 
gewerden BE. Narr UN7eu: auf Refebl des Herzogs eine große wiſſenſchaftliche Reife 
an au der er deienderd Jorderung at den orientaliſchen Sprachen ſuchen ſollte. Er 


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ou le Aroßerenn Ziele ernhaed nah Sermbun, mo er Esra und Georg Elieſer 


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Edzard Arien Inne unver sinn Unterverung in rabbiniſchen und talmudiſchen Zt: 
Mer emp Wob I A Audems ira er nabe und verfäunte die Gelegenheit nidt, 
wBertted Mora Lern Dos er Fubrern der pietiltiichen Bewegung gebörten, 
aurunaden Ver Syrien Inote ieste e Jene Neve nad Ropenbagen fort, ging von 
Ntoumneoakeid und po Dsonzdgzeissı uberaß Bestebungen mit den bervorragendjten 
Darpagit atfnupe No Aut der Wurst berlin er endlich in Gießen, um dort bei 
Yo Matv Jan Sao rss gu meben, teurde aber fchleunigit nach Hauſe 


FR) 


wid en Ne rögienur sur ma Wer nad Iralien su begleiten. (Vgl. Die ſelbſt⸗ 


nr Zusinser Anmtttärede 1717, wo er alle (Se: 
* VKeuerana wman wor. Das Reiſeziel war zunächſt 

Set pe in Aſeteiel dirt Jac werreiiie Dort berrſchte der energiſche, 
c Pr eo sie veinliche Viktor Amadeus U. 


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sogen NA ty Non. Di Zope iz ibren Bann zog. Hier bildete 
wo hneto.. veneN vita ae Har zu Sere wiſſenſchaftlichen Intereſſen 
been .t Kiadartın Sun nnd Jonas Ne reiche Schätze barg, verkam, 
une hie Ware tt or Niro 0 Zum m) Stdmus. Es fonnte dem bei 
Neon Drcan Jap, Kryer mein, umseschränften Zutritt zu ihr zu 
ae wre Ne Senz sy Km Museen: verüglid auf die großen 
Fo EL ER os asgrtann DIS sem (elammelte Schriften, jo 
a on, oz anıim 1,25 IL 2. 7: „daß feine Bibliotbed 
on No oem die er nicht Durdaczindert und fid) zu Nutze 
ee mympnm Ziöspe Außer vier enderen Anecdota (Pre 
J yo Wrrfamon fur Tine Ausgabe uberließ, Fragmenten von 
rn. Anumabe benupte fand er Die Evpitome der Inſtitutionen 


. ters cricbeinen ließ. Weit großeros Aufieben erregte Pfaff 
J as Nein unbefannten Fragmenten Dos Irenäus (Haag 1715; 
wi bp. 517 800., dazu II, p. 38ISsqq., Harvey II, 
. . . wäre hat jebr bald Scipio Maffei. Der Die Fragmente in 
eratı d'ltalia XVI, I, p.226sqgq. (1713) veröffentlicht hatte, 
par iuchte ſie in mehreren Artikeln, zulegt in den umfang: 
oa Weenabe von 1715 au widerlegen (das ganze Material dieſes 
abgedruckt). Daß Die Fragmente nicht von Irenäus ber: 
nit zugegeben (ſ. d. A. Irenäus BP IX S. 406,33 ff.) 
sone veröiucht, Daß Die Fragmente eine Fälſchung Pfaffs ſeien. 
one nenug. daß Pfaff über Die Handſchrift, in der er fie gefunden 
nn Andeutungen gemadt bat. Doch fönnte man, mie Achelis 





236 Pfaff 


und ſcharfſinnigſten Männer feiner Zeit durch die ganze Welt getragen. Es entitanden 
in raſcher Folge eine große Anzahl von Differtationen, unter denen die de originibus 
juris ecclesiastiei eiusdem indole von 1719 epochemachend war und mehrfach auf: 
gelegt wurde (zulegt Ulm 1759; eine deutfche Ausgabe erichien 1722 in Frankfurt und 

5 Leipzig unter dem Titel: „Traktat von dem Urfprunge des Kirchen-Rechts und deſſen 
wahrer Beichaffenbeit, welchen beygefüget ift eine Abhandlung von der Bischöfflichen Nach: 
folge”). Pfaff bat in diefer Differtation, der 1742 „Akademiſche Neven über das ſowobl 
allgemeine als auch teutjche proteitantifche Kirchenrecht” folgten, zuerjt die Kollegialtheorie 
fonjequent durchgeführt. Die Kirche iſt danach ein jtaatlid anerfanntes collegium pu- 

10 blieum; aus diefem Charakter der Kirche folgert er das Necht des Staates auf Firchliche 
Gefeggebung, Beauffihtigung u. ſ. w, deduziert aus dem pactum tacitum oder ex- 
pressum das Regiment, deſſen Ableitung aus der Schrift, der Stellung der Obrigkeit 
als membrum praecipuum ecclesiae, den Reichögefeten, der Yandeshoheit er verwirft 
Die Kirche hat demnach das Necht der Übertragung ihrer gefellfchaftlihen Nechte an die 

15 Obrigkeit, der Gemeinde find meitgehende Befugnifje eingeräumt (vgl. d. A. Kollegialis- 
mus Bd X ©.642f. und v. Schulte, Lehrbuch des Tath. u. evang. Kirchenrechtes ' S.277). 
Driginell war die Theorie nicht; aber ihrer Durchführung konnte man Scharffinn, logiſche 
Konfequenz und Gelehrſamkeit nicht abſprechen. Eine Introductio in historiam Theo- 
logiae literariam erſchien 1720 (die einzelnen Teile hatte Pfaff 1718—1720 als Pro: 

20 gramme herausgegeben); ein Lehrbuch der Dogmatif und Ethif war 1719 vorausgegangen 
(Constitutiones theologiae dogmaticae et moralis Tubingae 1719; ed. II Franco- 
furti 1721; noch öfter aufgelegt); ein Lehrbuch der Kirchengeichichte (Institutiones hi- 
storiae ecclesiasticae cum diss. de liturgiis) folgte 1721. Pfaff zeigt fich darın 
als Vielmifjer, aber feine Behandlung des Stoffes iſt höchſt ungleid und von der Weite 

25 des hiſtoriſchen Blickes, der gründlichen Gelehrſamkeit, wie fie die Arbeiten Mosheims 
auszeichnet, ift er himmelweit verfchieden. Kurze Notae exegeticae in Evangelium 
Matthaei (Tübingen 1721) führen ibn als Exegeten vor. Dem pietiftiichen Geſchmack 
trug er Rechnung in mehreren erbaulichen Schriften; fo erfchien 1720 „Kurger Abriß vom 
Wahren Ehriftentum”, in demjelben Sabre ein „Hertzens-Katechismus, oder die eriten 

30 Grund-Sätze der Ehriftlichen Lehre, aus dem Grunde des inneren Ehriftentumg hergeleitet” 
und „Zmölff Betrachtungen über unterfchiedene Stüde des wahren und thätigen Ehriften- 
ums —9— die Würdigung und Charakteriſtik bei Ritſchl, Geſchichte des Pietismus III, 

. 40 ff.). 
Das Hauptfeld feiner Thätigkeit bat Pfaff in einer Vereinigung der evangeliſchen 

35 Kirchen gefehen. Cine ganze Anzahl von Abhandlungen bat er diefer Frage gewidmet 
(Dissertatio thetica de fidei Christianae articulis fundamentalibus eiusque ana- 
logia 1718; Alloquium irenicum ad Protestantes, Ratisbonae 1720, auch deutſch: 
Srtiedfertige Anrede an die Yroteftierende, Regensburg 1720; diss. irenica de influxu 
dogmatis Reformatorum de S. Coena in praxis fidei et pietatis quanto et 

ww quali, Tübingen 1720; diss. irenica de influxu sententiae Reformatorum de 
communicatione idiomatum utriusque naturae in Christo u. a. Geſammelt er: 
ichienen diefe Abhandlungen deutih u. d. Titel: Ch. M. Pfaffens Geſammlete Schriften, 
fo zur Vereinigung der Protejtierenden abzielen, Halle 1723). Auch auf dieſem Gebiet 
war Pfaff nicht originell. Schon längjt hatte man in Brandenburg eine Union der Zu: 

35 theraner und Neformierten ertvogen und die Politik Friedrich I. hatte zu praktifchen Bor: 
Ihlägen geführt (ſ. X. Brandes, Geſch. der kirchl. Politik des Haufes Brandenburg 1, 
©.383 ff. vgl. d. A. „Unton“); die Jubelfeter der Reformation 1717 mag dann weiterhin 
dazu beigetragen baben, den Bedanfen Verbreitung zu verjchaffen und ficherlich ift es Tein 
Zufall gewefen, daß Pfaff in dem Jahre nah dem Reformations-Jubiläum mit feinen 

so Gedanken bervortrat. Es gelang ibm auch, die Aufmerkfamfeit der maßgebenden Kreife 
auf feine Bemühungen zu lenken. Das Corpus Evangelicorum, die Vereinigung der 
evangeliſchen Reichsſtände zu Negensburg enpfablen feine Vorfchläge zur Annahme, aber 
an dem Mißtrauen der Zutberaner jcheiterte ihre Durchführung. Der praftifche Erfolg 
blieb ibm verfagt, und er begnügte fich Später mit der Rolle des Zuſchauers. 

65 In der Folgezeit bat fib Pfaff in feinem Wirken mehr und mehr zerfplittert. Seine 
litterarifche Produktivität blieb unheimlich; aber die Quantität erfeßte nicht, was der 
Dualität abging. In unzäbligen litterarifchen Fehden, in lauter Nichtigfeiten verzettelte 
er fein Talent und feine Gelebrfamfeit. Weil er die Hand nah allen Früchten aus— 
ftredite, Die an dem Wege eines Gelehrten winken, Tam er nicht mehr dazu, auch nur eine 

co zu brechen. Er bat das felbjt empfunden und zuweilen darüber gellagt. Aber er Tonnte 


240 Pfarre, Pfarrer 


lub des Kirchenrechts, I, Graz 1886, 892, Sägmiüller, Lehrbuch des kath. Kirchenrechts, 1904, 
S 101: WMilan Beilie, Tas Kirchenrecht dev morgenländiihen Kirche, Zara 1897, S. 3405; 
Wann, Tractatus de parocho, 3. Aufl. 1850, Schefold, Tie Parochialrechte, 2. Aufl. 1856; Uhrig, 
Der Rechtobegriff der Pfarrei, ThCS LXXII: 1890, S. 57 f.; Sägmüller, Die Entſtehung 
und Entwickelung der Kirchenbücher im katholiſchen Deutſchland bis zur Mitte des 18. Jahr: 
bunderls, TIOS LXXXI, 1809, 2.2067; Soder, I’inamovibilite des deszervants, 1882; 
I zum evangeliſchen: Richter, Lehrbuch des Kirchenrechts 8. Aufl. von Tove u. Kahl, Leipzig 
ISSE, SS ION, 1615 Friedberg, Das geltende Verfaſſungsrecht der evangelijchen Landeskirchen 
in Deutichland und Tejterreich, Leipzig 1885, SS 19, 23, 27: Köhler, Lehrbuch d. Ddeutich: 
evangellichen Rirdenredts, Derlin 1595, S. 160ff.: Schoen, Tas evangelifhe Kirchenredt in 
Rreußen. l. Rerlin 1903, 3255 Rieler, Die rechtliche Natur des evangeliihen Pfarramts, 
Ye ISBI, 


I. Geſchichte. Bis sur Mitte Dos 3. Jabrbunderts war der Biſchof der alleinige 
Zreberaer der Glaubigen. Es gab nur biichöflidie Nirchen, ſtädtiſche, die von Stadt 
buchoien. landliche, Die ven Chor eder Doribiſchöfen geleitet wurden. Cine Ausnahme 
machte allerdings Aegvpten, we eine Art resbrterialvertaffung gegolten zu baben jcheint, 
die aber. weil obne Einfluß auf Die gemeinrechtliche Entwidelung der Folgezeit, bier außer 
pe bleiben kann. 

Um Dre zeit Brot Jabian Die romiſche Gemeinde in zweimal ficben Bezirke, ent: 
ſprechend den Rogionen der ZN jedem Bezirk ſollte ein Diakon oder Subdiakon vorfteben. 
Da Vraanatten der Memienpfiene folgzc eine beichränkte Dezentraliſation der Verwaltung 
div Kubrnv ummineiber na. Von Den romtichen Biichor Dionyſius (259 —268) be 
ade das Rævitbuch, Hie presbiteris evelesias dedit. Dabei iſt natürlich nicht an 
die stunden None yes ga Nenn, Seren os bald Darauf nach Optatus mehr als 40 
sad Selen Bm Neuro nor Se ĩegenannten Titellirchen gemeint fein. In ber 
Tarp dertede hber pontifiealis von Bidet Marcus 3089 zu erzählen: XXV 
tituies m urbe Roma wonstituit quasi diocesis propter baptismum et paeni- 
tentiaw wmulterun gu: ‚unvertebantur ex paganis et propter sepulturas 

martarum. A oysıd Smasz Dieter Angabe verraten ihre Entitehung in einer weit 
eayagrer As, as ssradeie Best, Jahrhunderts ſtand Die Zahl 25, die erſt Galizt II. 
None N zes nicht abſolut feit; fogar das römiſche Konzil von 595 


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ut ne N „> verlagt der Baſilika der bl. Anaſtaſia, Die vor: und nachher 
wenigen N Vezeichnung. Und getauft wurde menigitens im 4. Nabr: 
BON: Swen iz vom Biſchof und nur im Baptiſterium des Yateran, bag feit 
KR a2 oe Auberen, nicht mehr zu ermittelnden biichöflichen Gentrums der 


Sonn... ss den Titelkirchen können alſo damals nur die vorbereitenden 
ya. waln ſein. Erſt ſeit dem 7. Jabrbundert erfcheinen die Titel 


on 0 Jepmmn Miele allerdinge gleich bei ihrer Gründung, im Befis des 
—F San een: dem Ende dieſes Jahrhunderts wurde Die Taufe bei einer 


0 ren or yprssäben Kirchen (außer bei Titeln auch bei den Coemeterialbaſiliken 
„> Zr vaurentius) gejpendet. Aber gottesdienjtliche Mittelpunfte mit 
008, no Narren einige Diefer Titel, deren ältefte wohl aus den in vor: 
20. Reriammlungszwecken benützten Privathäuſern vornehmer Chriſten 
on nenn Sind, ſchon im >. Jahrhundert geweſen fein. An ihrer Spitze 
.d»Zie vateren Nardinalpriefter cvgl. BD XI S. 179f. unter Aurie); 
20a narr Me dibrigen Geiſtlichen und über die Coemeterien und ver: 
— Axniang Dis 6. \abrbunderts nachweisbare Vermögen ibrer Kirchen, 
ticht Des Biſchofs und in ftrenger Abhängigkeit von ibm. Won 
so man bet ihnen noch \abrbunderte lang nichts; vielmehr fcheinen 
m ihrer ideellen Einbeit die bifchöfliche Pfarrkirche Roms dar- 
. wat wurde z. B. das Ferment, Das Abendmahlsbrot, vom Biſchof 
x. Stphelucben Den Titelprieſtern überbracht, wie der bekannte Brief In— 

u Buiſchof von Eugubium (Gubbio), vom Jahre 416 berichtet. 
ss ahninber Weiſe wohl auch für andere Städte war damit bald 
0 Anſang gemacht zur Abordnung von Diakonen und Prieftern in 
sonder hbat viel Für ſich, wenn Harnack vermutet, das habe den An- 
dan beginnenden firchlichen Ausbau Des platten Landes, der dann 
aa Wege ging und \abrbunderte lang die firchliche Urganifation 
ab zurückließ. Tiefer Ausbau ftand auch in anderer Beziehung 
open Ceit der Mitte Des 3. Jahrhunderts wurden Verfaffung und 
na Nelivriches immer mehr vorbilblid für Verfaffung und Recht ber 


254 Pfeffinger Pfingften 


freundfchaftlichen Beziehungen. Er ftarb am 1. Xanuar 1573 und wurde am 3. Januar 
in der Nikolaikirche beerdigt. Georg Müller. 


Pfeifer von Nillashanjen |. Böhm, Hans Bd III ©. 271. 
Pferd f. d. A. Zug: u. Reittiere bei den Hebräern. 


6 Piugften (Pentecoste). — 9. Nicolai, Pentecostalia, Gedani 1645. WM. Hono: 
vius, De Pentecoste, Königsberg 1693. 3. C. Hebenftreit, De Pentecoste veterum, Leipzig 
1715. J. Winkler, De iis, quae circa festum Pentecostes sunt memorabilia, Leipzig 1734. 
Martene, De antiquis Ecclesiae ritibus, t. IV, c. 28, p. 541 sq. Augufti, Denkwürdigkeiten 
aus d. hriftl. Archäol. 2c. II, 3845. Gueride, Lehrbuch der chriſtl.-kirchl. Archäol., Leipzig 

ı0 1847, ©. 190-196. Nilles, Kalendarium manuale utriusque Eccl. etc. II, 279sq. 431.20. 
Kraus, Real⸗Encykl. der hr. Altertümer I, 487 ff. K. A. H. Kellner Heortologie ꝛc. S. 72— 76. 


Pfingiten, Pentecoste, der 50. Tag nad Oftern (ahd. fimfchustin ſſchon bei 
Kero 41], mbd pfingsten oder phingesten, aud) phingestag, phinxtac) ift das dritte 
Hauptjahresfeft der Chriftenheit, im Cyklus der Herrenfeite das lete, den Übergang von 

ı5 Semestre Domini zum Sem. Ecclesiae bildend. Mit feinem älteiten Vorgänger, dem 
israelitiſchen Feſte der Erftlinge, erfcheint es nicht bloß durch die gefchichtliche Thatſache, 
welche in AG 7 berichtet wird, weſensverwandt. Vielmehr entſpricht der jüdischen Dank⸗ 
feier für die Erftlinge der Natur das chriftliche Dankfeſt für die Erftlinge des Geiſtes, 
Nö 8, 23; eine fchon frühzeitig in der Kirche herborgehobene Beziehung (vgl. Auguftin 
20 Ep. 54 ad Januar.) — Das züdifche Feſt diefeg Namens ift, wie bei Joſephus (Antt. 
III, 10, 6) und an verfchiebenen Stellen der Apokryphen (To 2, 1; Mat 17, 32), fo 
auh in AG 2, 1 und 1 Ko 16, 8 gemeint. Sn der chriftlichen Litteratur bezeichnete 
der Name Pentecoste urjprüngli den ganzen feſtlich begangenen 50tägigen Zeitraum 
vom 1. Oftertage bis zur Feier der Ausgießung des Hl. Geiftes. In diefem weiteren 
35 Sinne verſteht die Pfingitfeier Tertullian (De idolatr. ec. 12: „Excerpe singulas 
festivitates nationum et in ordinem exsere ; pentecosten implere non poterunt; 
vgl. De bapt. 19: „latissimum spatium“), der auch ſchon Nichtfaften und Stehen 
beim Gebete als die charakteriftiichhe Weile ihrer gottesdienitlichen Begehung im Gegenfaße 
zur ae berborbebt (De cor. milit. 3). Ahnlich Orig. c. Cels. VIII, 22; 
so desgleichen die antiochenifche Enfänieniynode 341, die in ihrem can. 20 von einer „vierten 
Roche der Bentecofte” und einer „Mitte der Bentecofte” redet (Labbei Concill. II, 579), 
ferner Baſilius d. Gr. de Sp. sancto ce. 27; Constitt. app. V, 20; Caſſian Coll. 
XXI, 11. 19, und nod) der Ordo Romanus: „Tempus pentecostes inchoatur a 
primo die resurrectionis et currit usque ad diem quinquagesimum post 
35 Pascha". Für jenes Nichtfaften und ftebende Beten in der hl. Duinquagefimalzeit vgl. 
man auch can. 20 des Nicänifchen Konzil (Yabb. II, 37); Ambrof. in Lel. VII, t. II, 
Epiphanius (Expos. fid. e. 22), Auguftin (Ep. 86). Als fonftige Weiſen feftlicher 
Auszeichnung der Freudenzeit zwifchen Lftern und Pfingften waren üblih: Unterlafjung 
aller Theateraufführungen und Girfusfpiele, ganz wie an jedem Sonntage (Geſetz des 
40 Theodofius II. von 425: Cod. Theodos. XV, 5 de spectacc.); häufiges eluja- 
fingen im Gottesdienfte (Auguftin Ep. 119 ad Januar, ce. 17); einige andere Gebräuche 
liturgijcher Art (vol. Gafftan, Instit. coenob. II, 6. 18 und Iſidor, De offic. ecel. I, 
32); gottesdienftlihe Vorlefung der Apoftelgefchichte (Chryſoſtom. homil. 63: Cur in 
Pentecoste Acta legantur; vgl. Auguſtin, Tract. in Joan. VE, 18; Serm. 315; 
46 De Praedest. Sanctor. e. 2). 

Im engeren Sinne, ald Bezeichnung nur des Schlußtages der 50tägigen Yreubdenzeit 
kommt der Name Pentecojte (bezw. fein lat. Aquivalent quinquagesima) zum erften- 
male vor in einem Kanon des Konzils von Elvira 305 (Labb. I, 975), wo die bie 
und da geübte Sitte jtatt jenes 50. Tages nad Oſtern lediglid) den 40., d. i. Himmel- 

co fahrt, feſtlich zu begehen, als fegerifch unterfagt und ftatt ihrer eingefchärft wird: „juxta 
auctoritatem sceripturarum cuncti diem Pentecostis celebremus“, vgl. die Wie ver 
holung dieſes Gebots im Concil. Toletan. X, can. 1 (Labb. VI, 460). Für die bobe 
feftliche Bedeutung des Pfingittags als einer weyiorn E&oorn zeugt ferner Eufebius, De 
vit. Const. IV, 64. Als 7usga Tod aweuuaros, ber bejonderer Ehre wert fei, bezeichnet 
65 ihn Gregor dv. Naz. (Orat. XLIV de Pentec.). Die aquitaniſche Pilgerin Silvia (um 
385) ſchildert ausführlich die feierliche Begebung des Pfingſtfeſtes in Jeruſalem, von der 
fie Zeugin war (Peregrinatio Silviae ed. Geyer, c. 43. 44; vgl. Kellner, Heortol. 














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212 Besen ; in ee bm 
R: * . Sceiermadhers Werten aber It eb, bie Miht * 


lehre sn Iſt ch die * —— höchiten ( 
so die fittliche Aufgabe, Tugend die zur | |  fitel 
dem tugendhaften ichen Chalet. 


36  fittliche Aufgabe bleibt, fie * und * 
—EE des — * un. "entbehrlich ich zu ma —* fi 
Das 157 — ve — kann — * 
ein, wir 


u bie flihtformel des Sittengefeges * die —e le Inft 
805 das te fittlichereligiöfe Gefühl und das Gewiſſen 
is nennen; und aus beiden ergiebt ſich der Grundſatz, vielmehr das —5 von 
ſätzen, welches die Pflichterfüllung des Individuums leitet. Der — 
obwohl in ſtrenger Bedingtheit durch das Geſetz, die Sphäre des „aber 
nur für den Einzelnen, beſtimmt. 
— * — hat Ir —— * 2. —— end — 
w Sittengeſetz läßt ja in abstracto auf eine ſehr kurze u 
a. 4 bie Kantjche: handle in jedem Nugenblide fo, daß beine ee 
ug — oder — Ag * —— —* es —— 
Sittengeſetz teil an ichte des ſittlichen Lebens un con 
* Reihe von Abwandlungen, in denen es, weſentlich ſich gleich bleibend, —— 
65 Formeln beſtändig umbildet. So kann die Pflichtenlehre immer nur für ei eſtimmt 
empiriſch gegebenen Stand der Entwickelung der ſittlichen Welt aufgeftellt werben, mie 
als eine für alle Zeiten giltige; und wie für eine bejtimmte Zeit, fo — — 
beſtimmten nationalen und onfeffionellen Umfreis. Dazu fommt dann —— 
der individuellen Inſtanz auf die Feſtſetzung der Pflicht für die einzelne Perſon 
oo einzelnen Fall. Au ag 





















262 | Pflug 


dorf als den geeigneten Mann dafür (ſ. Bd I, 465). Endlich, am 15. Januar 1542, 
entfchied fih B. und nahm die Wahl an; am 17. wurde feine Proflamation am Naum: 
burger Tom angefchlagen. Aber fchon Tags darauf z0g der Kurfürft in Naumburg em, 
verfchaffte fich bier die Zuftunmung des Adels und der Etädte des Etiftd zur Mahl 

6 Amodorfs und ließ diefen am 20. durch Luther mweihen. Aber ein Teil des Stiftsadels 
beriveigerte den Huldigungseid; der Domdechant Günter von Bünau hielt treulid an P. 
als dem rechtmäßigen Biſchof feſt. Tiefer fuchte nun fein unterdrüdtes Recht auf dem 
Speierer Neihstag 1542 geltend zu machen; Johann Friedrich antwortete in einer Ber 
teidigungsichrift (Wittenberg 1542). In Nürnberg 1543 verfoht P. weiter fein Recht. 

ww Marl V. lud ihn als den Iegitimen Biſchof und als unmittelbaren Reichsſtand auf den 
Speierer Neichstag von 1544 ein; inzwifchen trat auch der neue Albertiner, Morig, mit 
ibm in Verbindung. In Speier wurden die Klagen und die Verantwortung vernommen; 
der Maifer aber, deſſen Zeit noch nicht gefommen mar, begnügte fich, Yohann Friedrich 
aufzugeben, daß er bis zum nächſten Reichstag feine Anſprüche ſchriftlich beweiſen folle. 

16 Auf dem Wormſer Reichstag 1545 ließ dann der Kaifer P. mit dem Bistum belehnen, 
am 5. Oktober folgte ein Ponalmandat an den Kurfürften, daß er Amsdorf und den 
weltlichen Vertvalter des Stifte entfernen, P. aber zur Stiftsregierung gelangen lafien 
jollte. Aber Johann Friedrich trogte dem Taiferlihen Sprud. Erſt der ſchmalkaldiſche 
Krieg führte die Wendung berbei. 

21 In Diefer Zeit des Streiteg um das Naumburger Bistum hatte P. 1541 in Negene- 
burg auf ausprüdlien Willen des Kaiſers an den Verhandlungen über das Regen 
burger Buch teilnehmen müſſen, in ſchwieriger Yage einem Ed gegenüber, gegen deſſen 
Nerdächtigungen er eine Verteidigung der Wergleichsichrift aufſetzte. Dem päpftlichen 
Vegaten Gontarini überreichte er bier tiefgreifende Vorſchläge zu einer Reformation der 

2 Bistumer in Yebre, Disziplin und Kultus; auch bier forderte er — wenigſtens für 
Meifen und Naumburg Laienkelch und Wriefterebe. — Auf dem Regensburger 
Religwnegeſpräch 1516 wurde er augen den Einfpruch der Evangelifhen ins Prafidium 
berufen; man bemerkte, daß er Diesmal ganz unter dem Einfluß Malvendas ftand — ber 
ſortgeſepyte Rampf genen Johann Friedrich batte feine Stellung verſchärft, und die poli⸗ 

mo tiſche Ztuation trieb ibn an Die Seite der jchroffen Feinde der Reformation. Der Kaiſer 
aber vertvoftete ihn jezt: Der Krieg werde ibm bald zu feinem Rechte verhelfen. Am 
5 Rovember konnte der Stadt Naumburg melden, Kath er im Begriff ftehe, das Stift 
rinnen; Worin beſetzte Die Stadt, und unter jeinem Paffenſhut huldigte Naum: 
un am 20 dem Biſchof. Amsdorf war nach Gotha abgezogen; der katholiſche Kultus 

a be im Dom wieder bergeſtellt (vgl. Neue Mitteil. XI [1865], 478 u. 485f.). Ale 
tum dm Dezember Nobann Friedrich in fein Xand zurüdeilte und Morig vertrieb, flob 
n mah Hreoden, Die Das Herannahen des Kaiſers abermals die Situation änderte: 
Mai nabhm er zum zweiten Male vom Stift Befig — Mori hatte zuvor der 
Udemerſchaft Die Verſicherung gegeben, daß te „bei der reinen, rechten Religion gelafien 

er henndenıe follten.'' 

IUhollte ent dem Kaiſer bei feinen Interimsplänen dienen. Er wurde zum Aug 
lang Nekbotage berufen ; schon vorher hatte er auf Anregung König Ferdinands einen 
knlan) Mormula sacrorum emendandorum (ed. Müller, Leipz. 1803) ausgearbeitet, 
kon rineltfan mit Helding in Augsburg dem Naifer überreichte. Aus Ueberarbei- 

emp ideſer Borlage durch P., Helding und Agricola, ſowie durch Malvenda und Soto, 
alfa Ina Augoburger Interim (Bd IX, 210; I, 252; VII, 610f.). Nach Zeig beim- 
lebst, yahoo ſich vor Die Aufgabe geitellt, in den Werbandlungen, die Morig jetzt mit 
lu tunen und Theologen führte, das Interim gegen die Bedenken der Wittenberger 
ge oenttigen Neue Mitteil. X, 2, 887); er boffte wirklich jest auf den Sieg feines 

MW Taantulbeltsenmun. Im Muguft 1548 nabm er an den Verhandlungen in Pegau teil. 
orte nihl gelang, Melanchthons Bedenten in michtigen Punkten zu überwinden, 
I aspults ya binterber noch fchriftlih in gebeimer Korreſpondenz, ihm und dem Tyürften 
Cr an Anhalt einen moderierten Tpferbegriff der Meſſe annehmbar zu machen (CR 
vl ddp, vie Antwort beider fiel fchwantend aus (CR VII, 171f. 185f.). Nachdem 
relfeloon In Kloſter Celle die Theologen in weſentlichen Punkten nachgegeben hatten, 
Mur ande Wieder beteiligt bei den Beratungen in Jüterbod zwiſchen Morig und 

bt IE, Jeder den Theologen beider Teile. Auf Grund der dort getroffenen Einigung 
ehe zu Menjahr auf Dem Landtag im Yeipzig in Gegenwart P.s die Vorlage des 
ll gute, Wobei Die Stände befonders gegen Die Wiederherſtellung der biſchöf— 
uhren yushatattton proteftierten. — In jeinem eignen Stift fand P. freundliche Auf: 


an Phariſäer und Sadducãer 


Rhariſder and Sadducäer. Litteratur: Yasnage, Histoire der Juifs; Trium 
tptensun all de DIE. Iud. seetis synt. ed. Trigland. 1703; Garpzov, App. hist.-enit. ant. 
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Wing Tab. ER ISS ASS Wontet, Kesai >. les. orig. des partis rad. et phar., Paris 
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van lhe lreea Pineso Jes the Mess. 1884. IL. lem. : oienzmeig T Jahrh. nach d. bab. 
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Zul Ne. u. der Nu au 8 Fremden, 1896, 123 ff.; Kellhauien, Year 


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Sir te! Dir A onunon. > „N 

u NEN end. Sen DM SEM BEN ud K. 1I?, 1548; Youiiet, Tie Relig. d. 
dpi. gun 4 Sirius, ‚ar . Comien, 9. Sadd. in Cheyne, Enc. Bibl., 
VEN tab Nm. Deo 22 girzerazh: m Vrtonarin. Ztudien, Werlin 1904, 1F. 


Die murmarhnist Wuiprasdcez med Sys Veritandnis Der beiden unter dem 

Nancen derx Deo 2 Do alyrmae berzzn un! Ss zwiſchen ihnen beſtehenden Verbält⸗ 
le ti die wozu, sy gramm Ne sangen Audentums nicht nur, fondern 
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uns Die wei per der WesHinangrsmeo me sur Seriterung Serujalens reichende 
wunpad der Nu) sur Yin 77 von senent Verzeigegenfage beherrſcht, Die 
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—A Sry wid. be N. vor Nur Selbitzeuanis, das geſamte Auf: 
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268 Bharifäer nnd Sadducäer 


politifchen Unabhängigkeit des israchitifchen Volles Die auf feinem Boden wohnenden 
Fremden nun nicht mehr in der Art wie früber politisch abhängige Schußbefohlene des: 
jelben waren, fondern im Grunde gleichitebenve Mitbürger des Perferreiches, jo mußte 
Die Kraft Des Miderftandes gegen das von tbnen ausgebende Unjüdiſche in Glaube 
und Sitte nad dieſer Seite bin bedeutend geringer fein. Und dem religiöfen Leben eine 
folche Kraft zu verfchaffen, daß es die verloren gegangene politifche ‚greibeit als Baſis 
der nationalen Entwickelung erſetzen könnte, das war doch erſt das Ziel, dem das nach— 
exiliſche Judentum zuſtrebte. Dieſem Streben wirkte jede Annäherung des Judentums 
an die dasſelbe umgebende Welt nur entgegen, während es durch nichts mehr befördert 
werden konnte als durch Esras Bemühung um eine möglichſt nationale Abſchließung nach 
außen hin und eine um ſo energiſchere Durchdringung des Ganzen von dem Geiſte 
ſtrengſter Geſetzlichkeit. Dieſe Bemübungen zeigen Daber im Verhaͤlinis zu jener univer⸗ 
ſaliſtiſchen Geſinnung eine weit größere Konſequenz in der Verfolgung der religiöſen 
Richtung, in welche die Zeitverhältniſſe das nacheriliſche Judentum von vorneherein bin— 
s einwieſen. Mochte alſo auch die eingetretene Annäherung an die nichtjüdifche Welt ſich 
nicht allein politiichen und wirtfchaftlichen Interefien, jondern aud von der Idee der All 
gemeinbeit des göttlichen Heils aus rechtfertigen lajien, in Wirklichkeit fonnte nach dem 
damaligen Stande der Sache, wie Esra richtig erlannte, es nur Schwäche des religisien 
Lebens, Mangel an Eifer für Gottes Geſetz fein, woraus wenigſtens bei den Allermeijten 
jene Richtung bervorging. 

Läßt ſich nun aus bieten Verhältniſſen fomohl der lange Kampf zwiſchen beiden 
Richtungen als der endliche Sieg der erkluſiv geſetzlichen begreifen, fo wird beides noch 
verjtändlicher, wen wir bemerken, daß jene beiden Tendenzen von Anfang an die zwei 
verichtedenen Stände Der Schriftgelebrten und der Ariftofraten zu iben 
Hauptrepräfentanten batten, während die Volksmaſſen zmifchen beiden Eeiten bin und ber 
ſchwankten. Der Träger jener Richtung, welche die Abfonderung von dem Nichtjüdifchen 
und die Pflege einer ſtrengen Geſetzlichkeit eritrebte, war nicht etwa das nationale Volls- 
tun (Hanne 174), jondern der Stand der Schriftgelehrten. Entſtanden war dieſer bereits 
im babvlonischen Exil zugleich mit den eriten formlojen Keimen des fonagogalen Gottes: 
dienſtes. (Vgl. Sieffert, Tie jüd. Synagoge zur Zeit Jeſu. Beweis des Glaubens, 1876, 
Sf.) Die Frömmigkeit war fchon Dort unter den Ztrafgerichten Gottes mächtig angeregt 
worden und Doch war auf Dem unreinen Boden der Heidenländer der Gottesdtenjt ver: 
wehrt jamt allen den wielen beiligen Handlungen, melde das Gefe an den jetzt zer 
jtörten Tempel band. So batte alles Dazu gedrängt, ſich cine Stätte zu juchen, wo 
gemeinſames Geber an Die Stelle des Opfers treten und wenigſtens die auf beidnifchem 
Gebiet möglichen beiligen Gebräuche ausgeführt werden fonnten, wie Die Wajchungen 
und Neinigungen und Die Feier Des Sabbatbs. Wo 8 einzelne hervorragende Perfön- 
lichkeiten gab, bildeten Diele für ſolche Beſtrebungen den geiſtigen Mittelpunft. So hatten 
ſich am Fluſſe Eurotas im Hauſe des Propheten Ezechici die Juden, voran ihre Älteſten, 
ana jener Yandichaft verſammelt. um von ihm ein troſtendes und beratendes Gotteswort zu 
hören (Ez8, 15 14,15 20. 1: 33, 36ff.ſ. Wo aber nicht ein geiſterfüllter Prophet der leben⸗ 
dige Dolmeiſcher göttlicher Weiſungen | ſein konnte, da hatte man ſolche in den Büchern des Ge 
ſetzes und Den binterlaſſenen Schriften der Propheten gesucht, Die man nun, fo weit fie in die 
Verbannung mitgenommen waren, gleichfalls zu ſammeln begann. So batte ein tiefes 
Bedurfnis die Eniſtehung eines Standes bervorgerufen, Der fi der Sammlung, Abichrift, 
Verbreitung und Auslegung der DM. Schriften widmete Cara war fchon in Babplonien 
um feiner Schriftgelebrſamkeit und Geſetzeskunde willen berüubmt geweſen (Edr 7, 6. 11) 
und batte, wie 08 ſcheint, an der Spitze eines Kreiſes von Männern geltanden, welche 
das Geſetz zum Gegenſtande ihres eifrigen Studiums fur ſich und der Unterweifung für 
das Volt machten Esr Ss, IUtin. Manche von dieſen batten ihn nad Jeruſalem begleitet 
und neue Schuler Der Geſetzeskunde zog er Dorz beran (Reh S, 42. Dieſer Schriftgelebr: 
ſamteit elle Cora jezt Dre Auigabe. durch Abſchrifit, Zammlung und Redaktion des 
Kettges, durch ſeine Verbreitung und Ausleaung. beſenders auch durch feine Antoen: 
dung auf Die gegenwartigen Verbal:nifie es zum Herrn und Meiſter des jüdiſchen Vollks 
‘u machen. 

zu dieſem Soon Das reſtaurierte ſudiiche Gemeinweſen fett eingefügten Stande der 

Zar gelebr un ſtanden Die Mrrſrofkraten m einen: gewiſſen Gegenſatze. Dieſe, die 
Oberiten und Voriteber Des NR waren, wie ausdrudlich berichtet wird (Esr 9,2), m 
der Schliekung don Ehen iremdlandichen Frat er Sien übrigen porangegangen. 
so Und gender imd ca Die adelzgen Familien, welche zuc ns Gegenſatz gegen die Beſtre 


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270 Bharifäer und Sadducder 


reldes Darüber die betreffenden biblifchen und apokryphiſchen Schriften wie auch Sofephus 
"erkchten, madıt fie verdächtig. Und jicher find fie fagenbaft, wenn, wie es doch fcheint, 
zrerunglih unter der großen Synagoge nichts anderes verjtanden wurde, als jene 
kezeittame religiöfe Verſammlung zur Zeit Esras (Neh 8—10), welche den Synagogen 
3 zuresteenit in der jungen Kolonie begründet hat (vgl. Kuenen, Over de mannen 
der Groote Synagoge, Amſterdam 1876). Wahrſcheinlich alfo hat die Darüber bin- 
zussehende Erzählung von den Dlännern der großen Eynagoge damit nur die Lüde 
Ziegen wollen, melde in der Kenntnis der fpäteren Zeit von dem Entwidelungsgange 
der Schriĩtgelehrſamkeit, zwiſchen Esra und Simon dem Gerechten beitand. Denn erit 
- mit Dieiem als einem Überbleibjel jener großen Gemeinfchaft bezeichneten Manne begimt 
die Keıbe der namentlich befannten Häupter der gelehrten Geſetzeskunde (Pirke Aboth 1,2). 
Kidtsdeitomweniger liegt ohne Zweifel jenen Berichten jo viel Gefchichtliche® zu Grunde, 
kat während jener ganzen Zeit die Beltrebungen Esras um Einführung des Geſetzes in 
tas Xolfsleben vermöge der jehriftgelehrten Beihäftigung mit ihm ihre energiiche ort: 
:; iegung fanden. Daß die für diefen Zwed von Esra eingerichteten neuen gottesdienjtlichen 
Formen fich weiter entwidelten, daß fie größere Negelmäßigfeit und feitere Geftalt er: 
hielten und infolge deſſen auf den Sabbath verlegt wurden, daß fie mit der allmäblid 
eintretenden Ausdehnung des jüdischen Gebietes auch in den Städten der Provinz ſich 
einbürgerten, daß man mehr und mehr befondere Gebäude für fie bejtimmte, das alles 
3% mußte ſich, wenn auch langfam, doch als ficher naturgemäße Folge jener Anfänge von 
ielbit geitalten. Jedenfalls finden wir zur Zeit des Antiochus Epiphanes bereits eigent- 
liche Zynagogengebäude über das ganze Land zerjtreut und in einem Anſehen ſtehend, 
welches die Schergen des Syrerkönigs beftimmen konnte, wie in den Tempel, fo auch in 
jene ihre Brandfadel zu werfen (vgl. aus dem ficher makkabäiſchen Pfalm 74 bejonders 
2. 4 und 8: fie verbrennen alle Gottesverfanmlungen). Mit der Synagoge aber mußte 
audı die Bedeutung der Schriftgelehrſamkeit fich meiter entwideln. Zwar wurde die 
Leitung und YUusführung fäntlicher zum Synagogengottesdienſt gehörigen Kultusakte allen 
‚suden obne Ausnahme zugeftanden. Und nur die Priefter, die ja urjprünglich die Lehrer 
des Geſetzes geweſen waren, bebielten einige wenige Vorrechte dafür. Um Die Wende ber 
3. perfiihen und griechiſchen Zeit fan in dem Buche der Chronik noch die Solidarität der 
Intereſſen zum charakteriftiichen Ausdruck, durch melde Priefter und Schriftgelehrte zu: 
nachſt miteinander verbunden waren. Da aber die Schriftauslegung, die einen weſent⸗ 
lichen Beltandteil des fonagogalen Gottesdienftes bildete, mit dem priejterlihen Amt ın 
feinem inneren notwendigen Zujammenbang jtand und vielmehr nur entfprechende Kennt: 
= nis der bl. Schriften vorausfeßte, fo iſt es begreiflich, daß die der Verbreitung diefer Kennt: 
nis dienende Schriftgelebrjamfeit an felbititändiger Bedeutung gewann, von dem Prieſter⸗ 
ſtande ſich ablöfte, und einen bejonderen Stand bervorrief, deflen Einfluß bei der 
wacdjenden Verkommenheit des Tempeladeld fortwährend zunahm. Am Anfang des 
2. vorchr. Jabrbunderts giebt dafür der begeifterte Yobpreis des Schriftgelehrten im Buche 
40 Sirach (Rp. 39) ein Elares Zeugnis. Gleichzeitig befeftigte fich aber auch die allgemeine 
Tendenz der Schriftgelebrfamfeit. Nicht klarer Tonnte fie zum Ausbrud fommen als in 
den drei Worten, welde den Mannern der großen Synagoge als Inbegriff ihrer Ye 
zugeichrieben werden: Seid bedäctig im Nechtiprechen, ziehet viele Schüler auf, made 
einen Zaun um das Geſetz (Birke Aboth 1,1). Das Streben der Schriftgelehrten das 
4 Bolt zu gewinnen, führt zu einer milden und vorjichtigen Beurteilung des einzelnen 
‚alles von Gefegesübertretung. Deſto jtrenger aber tft ihre allgemeine Richtung. Ihre 
Zammlung von Schülern joll nur dazu dienen, von einer Generation zur anderen bie 
‚solgerungen ficher zu überliefern, welche man aus dem Buchltaben des Geſetzes zur Um: 
ſchanzung desjelben gegen die geringjte Abweichung gezogen hatte. Welchen Umfang im 
co einzelnen dieſe Arbeit der Schriftgelebrten in jener Zeit erbalten hat, läßt ſich nicht mit 
Gewißheit jagen. Aber nicht unwahrſcheinlich ift, daß damals bereits ihrem Hauptinbalte 
nad die im Talmud enthaltenen fogenannten jopberifchen Beitimmungen gegeben murben, 
befonders ſolche, welche ſich auf die peinliche Ausführung der Sabbathfeter, die Gebete, 
das Opferweſen, die Unterfcheidung von Rein und Unrein beziehen (Gräß II, 1, 184ff), 
6 da alles dies ſchon in der Makkabäerzeit mit einer über Das Gejeg hinausgehenden Strenge 
beobachtet twird. In diefer Umzäunung des Geſetzes lag der ſchärfte Gegenſatz gegen die 
außerjüdiſchen Neigungen jener Zeit. 
Vertreten wurden Die legteren auch jett bejonders durch die Ariftofraten, ber 
Macht erbeblich wuchs, ſeitdem Die perfische Regierung das Amt eines Landpflegers, das 
eu fie nach dem Abzuge Serubabeld zunächſt noch einem vornehmen Juden übertrugen, ganz 





iefter_ erhielt mun die Stellung eines Wolfsfürfte 
or) ‚ famen nun immer mehr Mitgliede 





| | € war ei 
‚mit mal Ö et va, Macht, wie feine —— 
—— inc — —* wartſchaft auf —* lichen 





eugegründeten 
— arten. — 
menten miſchte und eine ——— und jüdiſcher erzeugte, die 
auf Judäa ihre Einwirkung In weiterem Umfange aber hat dieſer kb 
pe ker ich 9 eiheitige außerhalb des — Landes ausgebildet, ſeitdem in einer 
—— — wie Agppten, Cyrene, Syrien, Klein 
‚amd ‚Griechen land, ine Alerander und feinen Nachfolgern Juden teils von den 









angezogen “freitoif niedergelafien Und alle dieſe 
dem Stammland e in im Vabındum, am —— wohl erade diej enigen, welche 
Religion zu — F 2 j 


murden, dgl. 







Alerandria —* — u Neftaurationsarbeiten am 

Montet 116). 8 ihrer Mitte ging ein Werk hervor, das als erſtes 
Prodult des jüdijchen Hellenismus dieſen twiederum in hohem Ma 
war, die jeit der Regierungszeit des K. Ptolemäus Philadelphus 

und * —— griech Vibelüberjegung der Septuaginta. zhr Ei 


üche Sprache 
ir Volle d di al bel 
rn Bu rl * eg ee ach * 


— und Aneignung desſelben in Sitte und 

ihren Einzug. Und es läßt ſich von vorneherein erwarten, daß wieber io 
ag Genie fi In Bi nie Bepkhung ya dene ca Herrichern 

| te n Die nächſte Beziebung zu gri en 

—* ihren —— ihre Bildung ließ ſie die Vorzüge der een Kultur am deut- 

ter nnen und gab ihnen bie Fähigkeit, fie am ſchnellſten anzueignen, endlich 

jewährte ihnen die Mittel, um die materiellen Genüſſe, die das — 66 

y; richaffen. ‚So —— ſie —* nur —* Namen zn 











274 Bharifüer und Sadducder 


Negierungsantritt des Antiochus Epipb. noch ein Dann im Belige diefer Würde, melcer 
um feiner Frömmigkeit und Gejetlichkeit willen gerühmt wird, Unias, der Sohn Simons 
bes Gerechten (2 Mak 3, 1; 4, 2). Indeſſen fcheint er mit feiner dem Gefeße im all- 
gemeinen entfprechenden Haltung mehr noch als fein Vater eine große diplomatifche Ela- 
5 ftizität verbunden zu baben, da er fihb mit den ganz belleniftifch gejinnten und wenig 
vertrauenswerten Hyrkanus, dem Sohn des Eteuerpäcdhters Joſeph, in fo enge Beziehungen 
einlieh, daß er deffen ungerecht ertvorbenen Gelder im Tenipel aufbewahrte (2 Dtaf 3, 11), 
und weder anı Hofe von Antiochten perfünlih um die königliche Gunjt zu werben (2 Wal 
4,5) noch fchlieglih gar den Apollotempel von Daphne zum Aſyl zu wählen Scheu trug 
10(2 Mak 4, 33). Jedenfalls ift beſonders der letzte Zug für die bereits weit verbreitete 
Herrichaft des Hellenismus ſehr charakteriftiich. Ihre vollfte Entfaltung fand dieſelbe aber 
erit, nachdem Onias ein Jahr nach der Thronbeſteigung des Antiohus Epiph. aus feiner 
bobenpriefterliden Stellung verdrängt war. Es geſchah Dies durch feinen eigenen Bruder 
Jeſus, gräciſiert Jaſon, der den König dafür durch Berfprechungen hoher Geldſummen 
15 geivonnen hatte. Er wollte diefe teils für jein Ant, teils für die Erlaubnis zablen, in 
Jeruſalem em Gymnaſium ſamt Epbebeion zu errichten und den ald würdig befundenen 
Einwohnern der Stadt das antiocheniſche Bürgerrecht zu verlaufen (vgl. Wellb., Der. 
Geſch. 201), Maßregeln, welche dem Könige als Mittel der Gräcijterung nur willkommen 
fein konnten. Als folche wurden fie denn auch von Jaſon in feinem errungenen hohen: 
20 priejterlihen Amte energiih durchgeführt. Bald ging er dann in der Verleugnung de 
Judentums fo weit, zu den fünfjäbrigen Rampfipielen, melde in Tyrus zu Ebren be 
zum Herkules gräcifierten turifchen Gottes Melfart gefeiert wurden, Geldbeiträge zu Opfern 
für diefen durch jüdische Abgeordnete zu überfenden. Aber nicht lange darauf verlor er 
feine amtliche Stelle auf demſelben Wege, auf dem er fie geivonnen hatte. Ein Mann 
> aus feiner Umgebung, Onias-Menelaos, der einer einflußreichen benjaminitifchen Yamilie 
angehörte, überbot feine Verfprechungen für den König, und jo wurde zum erjtenmale 
einem Nichtaaroniden die bobepriefterlihe Mürde übertragen, einem Menſchen überdies, 
„der feine des Hobenprieftertums würdige Eigenſchaft, vielmehr die Wut eines Tyrannen 
und die Site eines wilden Tieres“ beſaß (2 Mat 4,25). Er madıte c8 möglich, feinen 
3o Vorgänger in ungejeglicher, allem Judentum feindlicher Handlungsweiſe zu übertreffen. 
Nachdem er mit feinem Bruder Lyſimachus gemeinfam das ihm anvertraute Heiligtum 
beraubt, den rechtmäßigen Hobenpriefter Onias ermordet (2 Maf 4,34; Da 9,26; 11,22), 
den König durch Verleumdung feiner Gegner zur graufamen Behandlung Jerufalems ver: 
anlapt hatte (vgl. Gräg 305,20. 1), diente er ibm bei der Entweibung und Plünderung des 
35 Tempels als Führer. Und dann war er es, der dem Könige den Nat gab die Auden 
zum gänzlichen Aufgeben ibres väterlichen Gottesdienftes zu zwingen (of. Alt. 12,9. 7). 
Auf ibn fiel alfo ein großer Teil der Schuld an den harten Befehlen des Königs, melde 
die Befeitigung der Beichneidung, der Zabbatbfeier, der Speifegebote, ja des ganzen Ge 
fees und die Einführung des Zeusfultus an Stelle der Verehrung Jahwes bezweckten, 
0 ſowie der Grauſamkeiten, mit Denen jene durchgeführt wurden (1 ° kat 1, 43 ff.; 2 Mat 
6,18). Der Hobepriefter wurde der „Verräter der Geſetze und des Vaterlandes” (2 Mal 
>, 15). Erſt durch den Aufitand der Makkabäer wurde er unſchädlich gemacht, und fein 
Verſuch, ſich feine Stellung neu zu erobern, führte nur zu feiner Hinrichtung 2 Mat13,4). 
Bald Darauf aber gab die gewaltſame Ihronbefteigung des Demetrius Eoter (16, 2) den 
5 Helleniiten den Mut zu dem Verſuche, mit Hilfe des Königs noch einmal die Herricaft 
zu erlangen. Und ihrem Führer Alkimus, der zwar nicht von den eigentlichen bobe: 
prieſterlichen Familien, aber doch aus aaronitifchem (Hefchlechte ſtammte, gelang es, ſich 
bei dieſer Gelegenheit das Hoheprieſtertum zu verſchaffen, das er, nun von ſyriſcher Macht 
geſchützt, lediglich in politiſchem Intereſſe und im Kampfe gegen alle Verteidiger des jü⸗ 
so schen Geſetzes führte, bis ibn ein plötzlicher Tod dahinraffte (1 Mak 7, 5ff.; 9, IK: 
2 Mak 14,3). Bon da an blieb das SHobeprieftertum erledigt bis es an den Malta: 
bier Simon kam. — Es ift nun jebr begreiflic, daß dieje äußerſte Zufpigung aller bie 
berigen Gräciſierungsverſuche im der radikal helleniſtiſchen Partei auch eine nach der an 
deren Seite ind Extrem gebende Barteibildung bervorrief. Daß nämlich eine folde in 
55 der Erſcheinung der fogenannten Ajfidäer (1 Mak 2, 42 und nad der auch von Fritſche 
bevorzugten alerandr. Yesart 7, 135 2 Maf 14, 6) vorliegt, beweiſt nicht nur dieſer be 
ſondere PBarteiname der „Frommen“, jondern auch die ausdrüdlide Erwähnung der ge 
ſchloſſenen Vereinigung, welcher fie angebörten (ovvayayr 1 Mat 2, 42; 7, 13), ſowie 
die ficbere Art ihres gemeinſamen Handelns (1 Mak 7, 13). Dieſen feiteren Zufammen- 
vo Schluß baben jte aber, wenn auch ibre Richtung jchon lange zuvor vorhanden ivar (mas 


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288 Vharijäer und Sadducder 


nur Darum Werben fie hierdurch Dazu geführt, ihre-Nichtung auf alle übrigen Lebens- 
gebiete auszudehnen, weil ihre ganz gefegliche Geſtalt der Religion alle dieje völlig zu 
beherrſchen beanipruchen muß. Der daraus bervorgebenden äußerlich theofratifchen Idee 
widerjpricht natürlich am jtärfiten cine völlig unjüdische Regierung, daber die Ph. ibr 
nicht einmal Die Steuer theoretisch zugelteben (Mt 22, 17). Mocten fie auch zum Tel 
eine ſolche beibniiche Regierung zunächſt als von der göttlichen Vorjehung berbeigefübrt 
dulden, fie tbaten Das jedenfalls nur in Der jehnjüchtigen Erwartung ihres ficheren zu- 
kunftigen Sturzes (vgl. Gunkel TBYZ 1801, Sp. 10). Und leicht Tonnte der glübende 
Haß gegen Die heidniſchen Seren, Der dieſer Hoffnung zu Grunde lag, bei prattiſch ge: 


richteten Raturen, beſenders im Volk, ficb in fanatifche Thaten umſetzen (Scür. 396). 


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Aber jreilich bringen ſie jener tbeofratijchen Idee wohl auch den untbeofratifchen natio⸗ 
malen Furſten zum Upfer, treiben alſo dann eine nichts meniger als nationale Voltil, 
wer ibre Bekanpfung des Jannai Alerander mit Hilfe des Sprerlönigd das auffallendite 
Veiſpiel liejert. Wie wenig Die Pb. geſonnen find, die Kluft zwiſchen Prieftertum und 
Rolk aufzubeben, bewerten ihre befonders ſtrengen Zagungen über den Zebnten und andere 
ventungen fur Prieſter und Tempel (Weber 44). Aber mebr nod), 8 ſtellten ſich ſelbſt 
lo vine geiſtige Ariſtokratie dem Wolke gegenüber erkluſiver noch, als es die S. thaten 
al eben LOL. Daher ihr Parteiname der (vom unreinen Volke) „Abgeſonderten“. 
Liher ſenes hochmütige, geſpreizte Benehmen, das Jeſus an den phariſ. Schriftgelehrten 
at cd 25,51. Daher jene Verachtung, mit der fie auf das übrige Volk als cn 
onemsubeo und geſeßloſes berabfaben (Jo 7, 49, vgl. die talmudiſchen Beitimmungen 
ulea Dust Geigenſaß zwiſchen dem cheber, dem Genofjen des Phariſäerbundes, und dem 
an bitarez, dem gemeinen Volke, Weber 42 ff.; Boufl. 166 ff.; Schür. 400). Danach 
1. besewitlich, daß Die Popularität der Ph. beim Volke doch ihre Grenzen batte. Mehr: 


anal. hust ab Davfelbe von ibnen in feinem politifchen Verbalten. Und es fehlt jogar 


un S.ddınur nubt an Spuren davon, daß e8 wohl auch feinen Spott über die Auswüchſe 
ts geniningieit auslaſſen fonnte (Jer. Berach. 9,5; Sotah3.4: Bab. Sotah 22,b). - 
done 16 eine beſonders nationale Haltung, cin „glühender Patriotismus” (Gräh 
IE, or in zudducier zu beiveifen; Daß fie eine zeitlang mit den Hasmonäern zu: 


yeemngllten, Gum dafür nicht geltend gemacht werden, da diefe Verbindung erjt da 


nat, als te Regierung der Hasmonäer ihren anfänglichen nationalen Charakter verlor, 
ob ta Farfelben gerade dDadurd unpopulär wurden. Das Ziel ihres politischen Handelns 
abo all vinie die Stärkung des ariftofr. Standes. Nur wo dieſes es ihnen gebietet, 
Ben Je sul mer nationalen Seite, aber viel häufiger führt es fie auf die entgegengefeßte. 


ter ne jul aſche Volkstümlichkeit wird durch ihre Richtung nur gefchädigt. Bon vorne: 


m bapt ca ſich erwarten, daß die bellenifitischen Neigungen der Zadokiten und der 


zen Ariſftötratenpartei vor dem maffabätfchen Nampfe auch nad) demjelben unter ibnen 
sehd spenglieb werden ausgeftorben fein. Auch darf man wohl aus der Thatjache, daß 
2. fh Hasmonäer, der nach dem Übergang Hyrkans zu ihrer Partei die Regierung 


teil, Ariſtobul I. den Beinamen des Philhellenen erhielt, auf ihren eigenen belleniftijchen 


natlar pbließen. Später wurden fie dann die fervilen ‚sreunde der Nömer. Um fo 
1. bFelsenber (Joſ. Jüd. Mr. 2, 8, IH) und bartberziger (Jo). Alt. 20, 9, 1) find fie 
nee Dem Volke. Aus allen diefen Gründen find fie denn auch bei dem leßteren 
oe beliebt.  Nbre Unpopularität iſt, ſo groß, Daß fie, um fi überhaupt möglich zu 


werden, ſich in der Verwaltung ibrer Amter nach den phariſäiſchen Grundfägen richten 





want td Alt. 18, 1, N. Zind aber auch weder die Ph. noch die S. als eigentlich 
weinanalı Partei zu bezeichnen, fo ift Doc auch zu beachten, daß feine von beiden ji 
op halb Der Nation geftellt bat oder etwa einen antinationalen Charakter an ſich trägt. 
mhin unterſcheiden fie fich beftimmt von ibren unmittelbaren Vorläufern, den Aſſidäem 
ont llenften der Zeit Des Antiochus Epiphanes. Die Ph. zeigen nicht jene rein ſepa⸗ 
‚iii Haltung, jene gänzliche Gleichgiltigkeit gegen die nationalen Intereſſen wie die 
Horoı Mir finden fie bei ihrem erjten gejchichtlichen Auftreten in freundlichem Ber: 
lie. a den mafkabätfchen Fürften, und auch als der Zwiſt mit ihnen ausbrad, for: 
sole onen Hyrkan wobl die Niederlegung der priefterliben Würde, welche ibn mit 
.. :trın, Tempelariſtokratie in Berbindung brachte, nicht aber feiner fürftlichen Gewalt, 
iv nellig anerfannten. Die S. aber wollten die nationale CEriftenz des Wolles, 
ihnen und fein Geſetz nicht antajten. Und inden beide Parteien innerbalb des 
trade Ztaates nach politiicher Macht ftrebten, gingen fie von jeiner Anerken⸗ 


eimit iſt die Entſtehung und der Grundcharakter beider Parteien 


290 Vharifäer nud Sadducder 


fert der Talmud den volliten Beweis. Wohl enthält er (bejonders in den Pirke Aboth) 
manche ganz fchönen Eprüche, welche auf rechte Gefinnung und wahre Sumanität dringen 
(vgl. Keim I, 258 ff.). Aber fie fteben vereinzelt da in einem Wufte von äußerlicen, 
den Geiſt des Geſetzes in fpisfindiger Buchltabenklauberei ertötenden Satungen. — An: 
6 dererjeitö zeigen auch die ©. mie ihre Vorgänger, die Alftväer, wieder jene Neigung zum 
Nichtüdifchen, Fremden und die allgemeine Richtung, von der dieſe nur ein vereinzeltes 
Enmptom it, das Beftreben, fich den Genuß der Güter, welche die geiltige Kultur und 
das gejamte menschliche Leben bietet und melde ihnen ihre joziale Stellung, ihre Bildung 
und ihr Befit in reichlibem Maße zugänglidd machen, fich nicht durch eine ängftlice, 
10 atek oe und gejegliche EN verleiven und verfümmern zu lafien. Die gegen: 
ſätzliche Schilderung der Ph. bei Joſephus läßt durchbliden, daß man den ©. eine mwead- 
liche Lebensweiſe vorwarf (Alt. 18, 1,3). Und eine fpäte rabbinifche Überlieferung (Ab: 
both des Rabbi Nathan) weiß von ihrem Luxus im täglichen Gebraudy goldener und 
jilberner Tifchgefäße, fowie von ihrem Spott über die fich abquälenden Ph. zu erzählen. 
15 Befonderd aber giebt der vierte der falomonischen Pfalmen ein freilih wohl phariſäiſch 
gefärbtes Bild von ihrem meltlichen, ja ausfchweifenden Leben und zugleich von ihrem 
heuchleriſchen Schein frommen Eifers. 
9. Hieraus laſſen fih auch die einzelnen theologischen Streitfragen zwiſchen 
Ph. und ©. unſchwer begreifen. Am unmittelbarjten ergiebt fich aus der verjchiedenen 
20 Grundrichtung der beiden Parteien ihr entgegengefegtes Verhältnis zu jener mündlicden 
Überlieferung, tvelche bereit? die Schriftgelehrten der früheren Zeit durch Auslegung 
und Anwendung des Geſetzes als einen Zaun um dasfelbe geichaffen hatten (die zaroga 
zagdöoaıs Yo). Alt. 13, 16,2 oder aoddocıs r@r noeofvreowv Mt 15,2; Mc 7,3). 
„Die Ph., Sagt Joſ. (lt. 13, 10,6) haben dem Wolfe viele Gefege aus der Über 
25 lieferung der —* auferlegt, die nicht geſchrieben ſind im Geſetze Moſis. Darum ver 
werfen die S. ſolche Satzungen und ſagen, nur das habe man als geſetzlich zu achten, 
was geſchrieben iſt, Dagegen das aus der Überlieferung der Väter ſtammende habe man 
nicht zu beachten (Alt. 13, 10,6, vgl. 18, 1,4). Die Ph. wurden zur unbedingten An- 
nahnıe und teiteren Ausbildung der traditionellen Satzungen durch denfelben Sinn ver: 
so anlaßt, der dieſe längſt hervorgerufen hatte, durch jenes ſchon den vormakkabäiſchen Schrift: 
gelcehrten eigene Streben, das ganze menschliche Leben bis in alle Einzelheiten hinein 
durch das Geſetz zu regeln. Zu diefem Zwecke mußte dasjelbe durch Konjequenzen, Aus: 
führung und minutiöfe Kaſuiſtik fortgebildet werden. Und da dieſe Erweiterung dei 
jelben genauer, unmißverftandlicher, weniger zu umgeben mar, als das Geſetz felbit, fo 
35 erhielt fie naturgemäß im Werbältnis zu legterem nicht nur die gleiche, fondern allmäb- 
lich eine übergeordnete Bedeutung. Die Miſchnah erklärt geradezu, es iſt ftrafbarer, zu 
lehren entgegen den Saßungen der Schriftgelehrten, als entgegen dem Geſetze ſelbſt (San- 
hedrin 11, 3). Das führte dann notiwendig weiter zu der Behauptung, daß aud bie 
mündliche Überlieferung wie das gefchriebene Gefeg von Moſes felbft herſtamme (vgl. den 
0 beides zufammenfaffenden Ausſpruch Pirke Abotb 1, 11ff). Und bieraus ergab fid 
wieder die Möglichkeit, eine geſetzliche Beſtimmung durch eine traditionelle Sagung außer 
Kraft zu feßen. — Die ©. konnten unmöglid alle exregetifche Überlieferung vermeiden, 
jondern mußten unter fich felbjt eine folche ausbilden, um ihren Standpunkt gegenüber 
der phariſ. Schriftauslegung zu ſichern. Und daß dies gefchehen tft, fieht man aus ihren 
35 einzelnen geſetzlichen Streitpunftten. In der Megillath Thaanitb (S 10) wird fogar ein 
der pbarif. Gefegauslegung widerſtreitendes fadduc. Strafgefegbuh erwähnt. Einige Über 
lieferungen follen fie au mit den Ph. gemeinfam gehabt haben (b. Sanhedrin 33, 
b. - : b. Horajoth 1a). Milein an feine über das Geſetz hinausgehende Autorität 
wollten ſie gebunden fein, und fo ſehr betonten fie diefe Unabhängigfeit ihres Ur- 
50 teiles, Daß fie einen Ruhm darin feßten, aud ihren Lehrern möglichſt zu opponieren 
(Alt. 18, 1,4. Daß fie aber befonders die gefegliche Überlieferung im allgemeinen 
verwwarfen, geſchah zum Teil gewiß darum, weil gerade auf ihr der Einfluß der pbaril. 
Schriftgelebrten berubte, durch den ihr eigenes Anſehen bejchräntt wurde. Zum Teil 
aber wieſen ſie dieſelbe auch um ihrer felbjt willen zurüd. licht als hätten fie das aus 
65 beſonderem Gifer für das Gefeg Gottes im Gegenſatze gegen Die menjchliche Zuthat 
getban. Ihre Grundbeſtimmung macht es vielmehr zweifellos, daß ihr Beweggrund 
aucd bier ibr Wunſch war, von dem Gejege felbjt in ihrem Thun und Treiben möglist 
wenig beengt zu werden. Darum tiefen jte mit der Tradition auch alle das Geſeh 
jichernden und verichärfenden Folgerungen ab, welche aus demjelben abgeleitet maren, 
9 und beriefen fi auf den einfachen und wegen feiner Unanwendbarkeit auf die vorliegen 


u 


292 Bharifäer und Saddncder 


verhalten haben, obfchon es ganz unrichtig iſt, was man früher behauptet hat, daß fie die 
prophetiichen Schriften verworfen bätten. Daß andererfeits die Ph. die Auferitebung: 
lehre mit großer Entſchiedenheit annahmen, bing damit zufammen, daß fie die eifrigften 
Pfleger der meffianifchen Hoffnungen waren, wie außer dem NT befonders die falomon. 
6 Pſalmen beweifen. Zu beidem wirkte freilich ein bedenklicher Beweggrund mit, die gleiche 
Lohnſucht, welche auch die treibende Kraft ihrer Gefeglichfeit war. Und eben fie gab 
ihrer ganzen Zufunftsertwartung eine fehr ſinnliche Färbung. Bis zu welcher Kraßheit 
fie diejelbe ftergern fonnten, um damit dumme Köpfe für fi zu gewinnen, dafür geben 
ibre dem Eunuchen Bagoas gemachten Vorfpiegelungen (Sof. Alt. 17, 2, 4) ein eritaun- 
10 liches Beifpiel. Daß die S., wie gelegentlih das NT bemerkt (AG 23, 8), die Yehre 
von den Engeln oder einer überirdifchen Geiſterwelt, welche die Ph. auf Grund der um: 
beftinnmten alttejtam. Andeutungen ausgebildet hatten, verivarfen, läßt fich gleichfalls aus 
ihrer den irdischen Verbältnifjen zugewandten Richtung erklären. — Ein dritter dogma— 
tiſcher Differenzpunft wird von Joſephus befonders hervorgehoben, weil er ihn am meilten 
15 für den Geſchmack feiner griechiichen Leſer zurechtmadhen zu können glaubt. Nach jener 
Daritellung (Jüd. Kr. 2,8, 14; Alt. 13,5,9; 18,1,3) wären die Ph. und ©. in ber 
Auffaſſung des Verbältnifies zwischen dem Schickſal und den freien Willen auseinander 
gegangen. Überträgt man jeine Säge in die jüdiſche Denkweiſe, fo haben die Pb. alles 
von der VBorfehung Gottes abhängig gemacht und ſelbſt bei den fittlich guten oder 
20 fchlechten Handlungen der Menſchen eine Mitwirkung Gottes mit dem menfchlichen Millen 
angenommen, die S. Dagegen das Unglück wie die menfchliden Handlungen allein als 
durch den freien Willen des Menfchen bedingt, angefeben. Der Standpunft der Ph. 
begreift ſich bier aus ihrer veligiöfen Wärme, derjenige der S. daraus, daß fie ala Männer 
des praftiichen Handelns den freien Willensentfchluß betonten und wegen ihrer Yeugnung 
25 zu einer zufünftigen Vergeltung ſchon für dad Diesfeits die Harmonie von Tugend und 
Glück behaupten mußten. 

In allen diefen einzelnen Differenzpuntten wie in dem allgemeinen Gegenſatz ber 
Richtungen hat die Oppofition der S. gegen den Phariſäismus durdaus eine relative 
Berechtigung, infofern fie fih nämlich gegen feine unfreie Gefetlichkeit, feinen Traditio⸗ 

30 nalisnıus, feine Lohnſucht, gegen die Sinnlichkeit feiner Vorftellungen vom Jenſeits und 
von der Zukunft des Gottesreihes und auch gegen feine Mißachtung der berechtigten 
Kulturinterefjen wendet. Da fie aber die Fehler ihrer Gegner nur durch äußerliche Ab: 
ſchwächung Statt durch Verinnerlihung des religiöjen Lebens zu vermeiden und zu be 
kämpfen juchen, fo konnte die weitere Entiwidelung und Neubelebung des leßteren nit 

3 an den Sadducätsmus, jondern allein an den Phartfätsmus anfnüpfen. Die Berübrung 

zwiſchen dem Urchriſtentum und dem Sadducäismus war denn aud nur eine geringe 
und äußerlide. Aufgebract über die hrijtlihe Neubelebung der Auferitebungsboffnung 
und in ihrer bieracdhiichen Stellung bedrobt durch die mefjianifchen Anjprüche Jeſu mie 
die entſprechenden Erwartungen der apoftol. Kirche, baben die ©. beide mit Spott und 
noch mebr mit Gewalt befeindet. Dagegen batte ſich mit dem Phariſäismus das ältefte 

Chrijtentum von Anfang an auc innerlich auseinanderzufegen. Bon dem gemeinjamen 

Boden Des Gefeßes und der meſſianiſchen Hoffnungen aus, deren Erhaltung und Nährung 

das größte Verdienft der Pb. bildet, bat Jeſus ihr Satzungsweſen und alle die mannig- 
faltigen Erſcheinungen ihrer Veräußerlichung des fittlichereligiöfen Lebens angegriffen, in- 

5 dem er dejjen tiefite Verinnerlichung an die von feiner Perſon ausgehenden ummanbeln: 

den Mräfte und Das damit begründete Gottesreid) knüpfte. Der Haß, den er fich damit 
in fteigendem Maße von jeiten der phariſ. Partei zuzog, fanatifierte gegen ihn aud die 
von der letzteren beberrichten Volksſcharen. Als aber dann in der ap. Gemeinde die 

Verkündigung der Auferftebung Jeſu vor den Inhalt feiner eigenen mündlichen Predigt 

in Den Vordergrund rüdte, da trat binter der beftigen jadduc. Befeindung des Ev. der 


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65 dem Ap. Paulus, eriwachte jofort in voller Bitterfeit die phariſ. Feindichaft. Ber Paulus 
war 05 aber gerade feine eigene, ganz pbarifäticde AJugendbildung, die ihn dazu führte, 


co wie fein anderer Apoſtel zu beleuchten vermochte. Sieffert. 


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294 Pharmakides Philaſter 


von 1843 zwar die Notwendigkeit einer kanoniſchen Einheit mit Konſtantinopel anerkannte, 
aber doch mit Beſtimmtheit die Unabhängigkeit und Freiheit der Kirche von Hellas fett 
gehalten willen wollte. So konnte das WVerlegende des Ichroffen Vorgehens der hellem: 
ſchen Synode ven 1833 wieder gut gemacht werden und zugleih das auf die Dauer 
unerträglie Verbältnis fchwinden, daß der ölumenifhe Patrtarh und die übrigen das 
Daſein einer felbjtijtändigen Kirche von Hellas ignorierten. Als nun freilich die griechiſche 
Negierung in ihrem Schreiben vom 30. Mat 1850 um Anerkennung der beftebenden Ber: 
faſſung den Patriarchen Anthinws bat, antivortete diefer und feine Synode mit dem 
ZStrodizös Töuos vom Juni 1850 (vgl. Kcböné leoös, nepiiyxwv Ta noaxtıxda ns 
aztas al ueydins Zurödov Ts ovyxoormdeions Er Korotavyrırovsiöieı Eni To0 
navay. olx. zrato. xıg. xvo. "Avdiuov tov Buvlayriov neoi ic Er "Eiladı öodo- 
Nofov ’Exrxinoias. ’Ev Eeı owrjeiw awr. ’lröirtı@vos 7, xara sunra ’Iotvor. 
Patriarchatsdruckerei), in dem die Unabbängigkeit der Kirche zwar anerfannt, jeder Einluk 
der helleniſchen Regierung aber unterfagt und für gewiſſe Fälle Ratserholung von dem Pa: 
triarchen vorgefchrieben war. In Griechenland war e8 nur die zweite Kammer, Die den Tome! 
nicht ohne weiteres annehmen wollte. Erit als Pharmakides feinen "O ovvodırös Touos i 
rıeoi dAndelas, Athen 1852, 629 S. dem Patriarchen entgegenfchleuderte, ſchlug die Meinung 
zu Gunkten der Oppofition um. Es Fam die Kirchenverfaflung von 1852 zu ftande, die 
dem Batriarchen nur firchliche Ebrenrechte gewährte, im übrigen aber die Unabhängigfeit 
der hellenischen Kirche wahrte. Der jogenannte Antitomos des Pharmakides ift eme 
Streitſchrift erjten Nanges, die in glänzender Darftellung an der Wahrheit der Gefchichte 
die Frage der Kirchenverfaffung beurteilt. Mag man die Rüdfichtslofigfeit des Ausdruck 
und manche Übertreibungen beanftanden, fo bleibt doch immer ein ſehr anerfennensmwertes 
Denkmal hiſtoriſcher Forſchung, Die Das Befte der proteftantiihen Schulung verdankt. Es 
Icheint, daß Ph. hernach nicht mehr öffentlich bervorgetreten ift. Ein größeres hiſtoriſches 
Werk gegen die römische Kirche, an dem er in den legten Jahren feines Lebens arbeitete 
(KrjovE ©. 213), blieb unveröffentlict. Von feinen früheren Werken fei bier noch er: 
währt jeine Erklärung des neuen Teſtaments: 77 xaum dadnan era Onournudıov 
doyaiav, Atben 1844, 7 Bde. Ber dem Kommentar benußte er weſentlich den Ye 
denos u.a. Er ftarb am 21. April 1860 (Kıovf S. 203). Mit Necht hebt der Nadı 
ruf an dem Charakter des Pb. feine unerfchütterlihe Liebe zur Wahrheit, feine unge 
beudhelte Frömmigkeit und feine Uneigennügigfeit hervor. PH. Meyer. 


Kherefiter ſ. d. A. Kanaaniter Bd IX €. 739,32. 
Thibejed |. Pibeſed. 
Thiladelphier |. d. A. Lea de BD XI E. 326,1. 


Philaſter, geit. vor 397. — Ausgaben: Sichard, Baſel 1528, unvollſtändig und 
ichlerhaft; J. A. Fabricius, Hamburg 1721, verbejfert aber ohne neue handſchr. Grundlage; 
Galeardus in Collectio Patr. ecel. Brixiensis 1738, erfte voljtändige Ausg.; danach MSL 12 
und XÜehler, corp. haeres. I; neue kritiſche Ausgabe von Marr 1898, CSEL Bd 38. — 
Yitteratur: Tie Proleg. der Ausgaben; Lipfius, Zur Quellenkritik des Epiphaniug, Wien 
1565; Lipſius, Quellen der ält. Ketzergeſch, Leipzig 1875; Harnack, Quellenkritik der Geſch. 
des Smojtieismus, Diſſ., Leipzig 187 und 3hTh 1874; Harnad, Litt.-Geſch. I, S. 150; 
Zahn, Geſch. des nt. Kanons IL, 1, S. 233 7% u. ö.; unge, De hist. Gnosticismi fontibus 
novae quacst. eriticae, Leipzig 18094. Unter den Handſchr. der Görres’fchen Bibliothek hat 
Mary einen aus St. Marimin ftammenden Koder des Phil. entdedt. Er berichtet darüber in 
den SD. der Sächſ. Bei. d. W. 1904. , 

Philaſter (mad Mare richtige Namensform Filaſtrius) aus Agypten (2) ſtammend, 
wurde vor 391 Biſchof von Brescia; Denn in dieſem Jabre nimmt er teil an der Synode 
von Aquileja Manit 3, 2.599. Auguſtin bat ibn ın Mailand kennen gelernt, nennt 
ihn aber nur einen Filastrius quidam. Zem Nachfolger Gaudentius, der noch wu 
Ambroſius Yebzeiten, alſo vor 397 Biſchof von Brescia wurde, rühmt feine Rechtgläubig- 
feit und feine geiſtliche Wirkſamkeit in der Gemeinde (MSL 20, ©. 957); Dies iſt dus 
einzige Datum für fein Todesjpabr. Dagegen gilt als Todestag in der Tradition ber 
Kirche von Brescia der 18. Juli. Der sermo de vita et obitu Philastri (MSL 2?" 
S. 1002) angeblidb von Baudentius 14 Jahre nach Phil.s Tod an feinen Gedächtnistag 
gejprochen, enthalt Iegendenbafte Ausihmüdung Diefer wenigen Daten. Der bürftige 
biographiſche Inhalt und Die Überlieferung (nur in einem Brescianer Koder) haben Mar 
veranlaßt, Die Zweifel Tupins an der Echtbeit twieder aufzunehmen und die Rede für 


296 Phileas Philipp von Heſſen 


alle Marter und den Tod willig erduldeten. Ten Brief an Meletius bat Phileas eben: 
talls aus dem Gefängnis gefchrieben und zwar zufammen mit drei miteingeferferten Bi: 
ſchöfen. Sie rügen bier, daß Meletius ordnungswidrig an ihrer Stelle andere Bilhöfe 
ihrer Gemeinden geweibt, Statt die firchlichen Ordnungen zu fcheuen und ihr und des Petrus 
5 pon Alerandrien Necht zu achten (f. den Art. Meletius Bd XII ©. 559, as ff.). Ms 
den Überjeger des nur Inteinifch erhaltenen Briefs vermutet man den Hilarius in jeiner 
Schrift über das Konzil von Rimini, Harnack S. 442. Mit denfelben Biſchöfen zu: 
jammen wird auch Euf. VIII, 13, 7 und in den griechifchen Alten Phileas genannt. — 
Euſebius erwähnt den Phileas als Beispiel der Durch Reichtum, vornehme Geburt, Würde 
:, ftellung und pbilofophifche Bildung Hervorragenditen unter den ägyptiſchen Märtorern, aus- 
zeichnet zais xara tiv narolda nodıreiaıs Te xal Acıtovoyiaıs Er TE TOis xara 
+unoogtav Aöyoıs (VIII, 9, 6f.). Als einen foldhen laffen ihn auch die Alten er: 
fennen, deren Echtheit in ihrer von Ruinart edierten lateinischen Verfion (ohne nähere 
Begründung verneint von C. Schmidt ©. 22 A. 1) m. E. nicht beanftandet werden darj. 
ı» Zind doch diefe Akten wahrjcheinlich ſchon Eufebius VIII, 9, 7f. (vgl. rõv Er’ dkias... 
zai abtod TOD Nixdorov napaxaklouırros, ws Av alıav olxrov Adporev, Teön Te 
zalday Hal yvvamadv nomoowvro mit Acta ? &. 520 advocati et officium una 
cum curatore et cum omnibus propinquis eius pedes eius complectebantur, 
rogantes ut respectum haberet uxoris et curam susciperet liberorum) und Sie 
2a ronymus, De vir. ill. 78 (disputatione actorum habita adversus iudicem, qui 
eum sacrificare cogebat, pro Christo capite truncatur) befannt, Rufinus VIII, 10 
bat einen Chriſten Gregor als Werfaffer von Alten des Phileas nambaft gemacht, und 
die Schrift wird in ihnen in der vorhieronymianiſchen Faſſung citiert (Le Blant ©. 28). 
Huch die einzelnen Züge des Verhörs, 3. B. die Korderung, wenigſtens dem Einen Gott 
25 zu opfern und der Hinweis auf die jüdifchen Opfer, befunden die Urfprünglichkeit. — 
Kulcianus, der die Verhandlung leitet, var, twie C. Schmidt ©. 47 ff. gezeigt bat, ſchon 
beim Ausbruch der Verfolgung Praeses augustalis in Agypten. Wie lang er bajelbit 
Exarch geblieben, wiſſen wir nicht. Aber Hierofles, beim Ausbruch der Verfolgung 
Statthalter in Bithynien, war fein unmittelbarer Nachfolger, und zivar wenigſtens 308, 
3 vermutlich fchon 306 (ſ. Bd VIII, S. 40; Harn. II, 2, 70). Daher nötigt die Verur: 
teilung durch Kulcianus, das Marturium des Phileas nicht erſt den legten Jahren der 
Verfolgung, etwa gleichzeitig mit dem des Retrus von Aler. (entjprechend Euf. VIII, 13,7) 
zuzuweiſen. Bardenhewer S.212. 639 nimmt an das Jahr 304, die meiften früber 305, 
jest 210-214. Mit Phileas ward zugleich ein bober Staatöbeamter, namens Philo— 
35 dromos, zu Alerandrien entbauptet, nach dem Martyrologium Hieronymianum am 
4. Februar (ſ. Bd XII ©. 560). Bonwetid. 


Thilipp, der Großmütige, Yandgraf zu Heffen, gelt. 1567. — Litteratur: 
Glagau, Anna von Heilen, die Mutter Philipps d. Großm., Marb. 1899; Wig. Lauze, Leben 
und Thaten Philippi Magnanimi ꝛc., Ztiſchr. d. 8. f. heil. Seid. und Landeskunde, Kajiel 
1841 — 43; Rommel, Ph.d. Großm., Gießen 1830, 3 Bde (aud in desf. Heſſ. Gefch. Bd IIIN.); 

M Ph. Hoffmeilter, D. Leben Pb. d. Großm., Staffel 1546; Friedensburg AdB (eine eigentliche 
Biographie fehlt). — Meudeder, Urkunden aus der NReformationszeit, Kaſſel 1836; derſ. 
Mertvürdige Atktenſtücke aus dem Zeitalter d. Ref, Murb. 1838: derj., Neue Beiträge zur 
eich. d. Ref., Leipz. 1841; X. Duller, Neue Beiträge 3. Geih. Ph. d. Großm., Darmft. 1542; 
M. Yenz, Briefivechjel 2. Phil.s mit Bucer, 3 Bde (Publ. a. d. Preuß. Staatdard. Bd V, 

45 XXVIII. XLVII), Leipʒ. 1880—91: Politiſche Korrefpondenz der Stadt Straßburg, I. Bd 
ed. Bird, II. ed. Windelmann, 1882 ff; A. v. Druffel, Kaiſer Karl V. und die röm. Kurie, 
UM BD XIII. XVI AIX, 1877--90. Nuntiaturbericdte, Gotha 1892. — L. Schmitt, 
Der Kölner Theologe Nie. Stagefyr u. der Franziskaner Nik. Herborn, Freib. 1896; W. Frie: 
densburg, Zur Vorgeſchichte des Gotha-Torgauiſchen Bündniſſes, Marburg 1884; derf., Ter 

NMeihstag zu Speier 1526, Berlin 188°; Schornbaum, 9. v. Brandenburg und d. fädjl.:hei: 
jiihen Biindnisbejtrebungen, Beitr. 3. bayer. KG VIIT, ©. 192 ff.; W. Credner, Phil. des Br. 
Heſſiſche Kirchenreformationsordnung, Gießen 1852; K. Köhler, Attenit. 3. heil. Ref.-Geſch. 
3hTh 37, Gotha 1867, S. 217 ff.; Friedrich, Luther und die Kirchenverf. der Reformatio 
Feelesiarum Hassiae von 1526, Darmit. 18995 W. Köhler, Heſſ. Kirchenverf. i. Zeitalter d. 

55 Ref., Gießen 1894; 8. Gonrad, Die Neformationsordnung für die Gemeinden Heſſens von 

1526, Halle (Tin.) 1897; Ehſes, Bejchichte der Packſchen Händel, Freib. 1881; derf.. Ph. v. 

Heſſen u. O. von Pad, Freib. 1856; Hil. Schwarz, Landgraf Ph. dv. Heſſen und die Pachkſchen 

Händel, Lpz. 15845 ©. Mentz, Zur Seichichte der Packſchen Händel, Archiv für Ref.-Geſch. 

Berlin 1903 1, ©. 17275; J. Ney, Geſchichte des Reichstags zu Speier im Sahre 1539 

(Mitt. d. hit. Ver. d. Pfalz) 1879; Th. Kolde, Der Tag von Schleiz und die Entjtehung der 

Schwabacher Artikel in Beiträge zur Neformationsgeich. Köſtlin gew, Gotha 1896, S. 94ff.): 


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298 Philipp von Heſſen 


legen iſt, I war ficher auch feine fittliche und religiöje Erziehung vernadhläffigt worden. 
Anfangs fonnte es fogar fcheinen, als fehlte ihm gleich jo vielen feiner Standesgenofien 
in jener Zeit jedes höhere Intereſſe. Der junge, viel zu früh zur Selbitftändigfeit ge 
langte Fürft, der an dem aller Sittlichfeit hohniprechenden Leben Feiner Mutter, „der Frau 
6 Venus”, wie man jie nannte, ein fchlimmes Vorbild hatte, fröhnte in zügellofer Unge 
bundenheit vor allem der Jagdluſt. Aber in den ſchwierigen —— die er aus 
der Zeit der Vormundſchaft übernahm, dem immer wieder ſich erhebenden Kampf mit den 
Ständen, der Fehde mit Franz von Sickingen u. ſ. w., entwickelte er ſich bald zu einer 
zielbetvußten Herrfchernatur, der auch feinen gefchäßteiten Näten gegenüber ſehr beitimmt 
ı0 jeine Selbititändigfeit wahrte, im eigenen Gebiet und nad außen vor allem für die 
Fürſtengewalt eintrat, und wo er fie bei Standesgenofjen bedroht ſah, zu treuer Bundes: 
genofjenfchaft bereit war. — Mit Xutber iſt er das erftemal auf dem Reichstag zu 
Worms zufammengetroffen. Wie andere mehr hat er ihn aus Neugierde in feiner Her: 
berge aufgefudht und bat mit ihm (nach Cordatug, Tifchreden ed. Wrampelmeyer, Halle 
15 1885 Nr. 1000 kaum in leichtfertiger Weiſe) über deſſen Auslaflungen de impotentibus 
(op. lat. v. arg. V, 98) gehandelt und ihm beim Abjchiede das Wort zugerufen: „Habt 
ihr Recht, Herr Doktor, fo helfe euch Gott!” Es mag auch richtig fein, daß er, mie 
jpäter Hedio wiſſen wollte, als im Fürſtenrat über die Gewährung des freien Geleits 
für Zutber beraten murbe, fi) dahin erklärte, man müſſe eg ihm nicht nur geben, fon: 
20 dern auch halten (3. f. Geſch. d. Oberrh. NF XI, 365 A.), und daher mag es gelommen 
fein, daß Aleander ıhn als malo et tutto Lutherano verdädhtigte (Brieger, Aleander und 
Luther, 1884 ©. 125), aber für die religiöfe Frage hatte er noch Fein Intereſſe und 
ihon am 30. April 1521 batte er den Reichstag verlafien (Reichstagdatten II, 884). 
Auf der andern Seite iſt es jedoch ſchwerlich den Thatfachen entfprechend, wenn man 
35 ihn im Gegenſatz zu fpäterer Zeit als entfchiedenen, ja graufamen Gegner der beginnen 
den religiöjen Bewegung in feinem Lande hinſtellt. Was darüber berichtet wird, läßt 
faum eine reinlihe Scheidung von Geſchichte und Legende zu. Ob er wirklich das 
Wormſer Edikt veröffentlicht hat (mie man aus Lauze I, 67 ſchließen wollte), ift bis jeßt 
nicht erwiefen. Das Wahrſcheinliche wird das fein, daß er felbit nach feiner Erziehung 
sam Alten hing und getreu der Tradition feines Haufes, das jeit langem auch eine kirch⸗ 
liche Oberaufſicht namentlich über das Kloſterweſen in Anſpruch nahm, jelbititändige 
Neuerungen Einzelner nicht glaubte dulden zu fünnen, wofür er das Lob des Joh. Ed 
(Beitr. 3. bayr. KR II, 182), des Cochläus und der Mönche feines Landes erfuhr (vgl. 
L. Schmitt, Ni. Stagefyr S. 53). Aber der Umſchwung muß fich ziemlich ſchnell voll- 
85 zogen haben und zwar nicht lange, nachdem er ſich Anfang 1524 mit Chriftine, der 
Tochter Georgs von Sachſen, des entjchtedeniten fürftlihen Gegner Luthers, vermäblt hatte. 
Den äußern Anlaß bot, daß ibm Luthers Überfegung des Neuen Teftamentes in die 
Hände gefallen war, das er, wie bald die ganze Bibel, mit großem Eifer ftudierte. Eine 
Begegnung mit Melanchtbon auf deifen Reife nach der pfälzifchen Heimat im Frübjahr 
40 1527 und ein von dieſem erbetenes Gutachten (CR I, 703 E) befeltigte ihn in evange 
lifchen Anfchauungen. Noch konnte es Lediglih als ein Eingehen auf den Beichluß 
des Nürnberger Neichstags angefeben werden, al® er in einer Verordnung vom 
18. Juli 1524, die eine jtrengere Handhabung der Sittenpolizei einfchärfte, zu leid —* 
das Volk „im Evangelio und Lehre Chriſti unſeres Behalters und Seligmachers lauter 
45 und rein, treulich und chriſtlich zu unterrichten” (Seckendorf I, 295), aber ſehr bald erfuhr 
man, daß der Fürſt Damit die Lehre Yutbers freigab (Enders V, 14 vgl. ©.13; N. Arc. 
f. ſächſ. Gef. 6, 109 25). Um diefe Zeit begann man in Kaſſel die Meile deutſch zu 
feiern, die Mönche entliefen den Klöſtern, und die Ibrigfeit ging daran, um feine Ber: 
ichleppung zu verbindern, den Klofterbefig feitzuftellen. Als der Marburger Franziskaner: 
u guardian, Nikolaus Ferber von Herborn, der ſich lange Zeit der Gunft des Furften erfreut 
batte, ihn in einer dringenden Epiftel ermahnte, wie andere Fürſten die Neuerer mit dem 
Schwerte auszurotten, ließ der Yandgraf feinen Sendbrief mit evangelifchen Gloſſen ver: 
fehen im Drud ausgeben und befannte jich in feiner Antwort offen zum Evangelium 
(x. Schmitt ©. 52). Und einen deutlichen Einblick darein, wie tief er ſchon in die hei: 
55 lige Schrift eingedrungen war, zeigt fein im Frühjahr 1525 an feine Mutter gerichteter 
Brief, Die ihm im Sinne des Kranzisfaners Vorbaltungen gemacht hatte (Rommel, Ph. v. 9. 
III, 1 ff), und um diefelbe Zeit fam es darüber ſchon zu einen gereizten Briefwechſel 
mit feinem Schwiegervater Georg, dem gegenüber der Landgraf feine evangelifche Über 
zeugung in mannbaften Schreiben vertrat und bereits den Meßkanon als „Gottesläfterung” 
60 bezeichnete und jenen ermahnte, nur dem Haren Wort Gottes zu folgen (Ronmel ebd. ©.3 ff. 


300 Fhilipp von Heflen 


anlehnten, wodurch jene Fühlung mit den Überländern angebahnt wurde, die ſchon ın 
Speier ind Gewicht fiel und in den nächſten Jahren ein hervorragender Faktor in ber 
befliichen Politif blieb. Bor allem fallen in diefe Zeit die Anfänge der Beziehungen zu 
Straßburg, deſſen Vertreter, Jakob Sturm, der Yandgraf damals zuerjt Tennen lernte. 

6 Und welche Stellung er troß feiner Jugend ſich fehon bei den Standesgenoſſen er: 
tworben hatte, zeigt der Umſtand, daß er, der leidenfchaftliche Vertreter des Yuthertums, 
in den Fürltenausfchuß gewählt wurde. So bat er denn aud bei allen Tragen des 
I de weitere Entwickelung jo wichtigen Reichstags eine nicht unbedeutende Rolle 
geſpielt. 

10 Er war e8 aud), der, obwohl die Neigungen zu Neformen im Lande (vgl. Heppe I, 
137) noch vereinzelt waren, auf Grund des vieldeutigen Neichstagsabfchieds von 1526 
zuerit daran ging, eine kirchliche Neuordnung nach evangelifchen Grundfägen in feinem Yande 
vorzunehmen. Neben feinem Kanzler, dem auch bumaniftiich gebildeten Feige (Ficinus) 
aus Lichtenau und dem fchon erwähnten rubigen und bejonnenen Hofprediger Krafft, 

15 beriet ihn dabei ein Mann ganz anderen Schlages, der frühere Franziskanermönch Lam— 
bert von Avignon (f. d. A. Bd XI ©. 220), der das Evangelium mit der Glut de 
Südfranzofen vertrat und das alte Ceremonienweſen mit dem Eifer eines Konvertiten be 
fämpfte. VBiclleiht von af. Sturm aus Straßburg, wo er einige Jahre verlebte, dem 
Landgrafen empfohlen, fam er bald nach dem Speierer Reichstage an den heſſiſchen Hof, 

20 an dem er fchnell Einfluß erlangt zu haben fcheint. Nach längeren Norverhandlungen, 
auch Einholung austwärtiger Gutachten, unter denen das Melanchthons möglichſte Scho⸗ 
nung des Hergebrachten empfahl (CR I, 820ff. Ein oberländifches ZhTh 1867 ©. 223 ff.) 
trat auf Einladung des Fürften am 21. Oft. 1526 zu Homberg ein von der bejftichen 
Geiftlichkeit, der Nitterfchaft und „gemeiner Landſchaft“ beſchickter Tirchlicher Yandtag zu 

25 einem „freundlidy und chriſtlich Geſpräch“ zufammen (vgl. den A. Homburger Synode 
Bd VII ©. 288 ff), um „in den chriftlihen Sachen und Zwyſpalten durch) Gnade de 
Allmächtigen zu handeln“. Über die von Lambert dafür aufgeftellten 158 Streitfäge 
kam es faum zu eigentlihen Verbandlungen, da der Führer der Gegner, Nikolaus Her 
born, fih darauf beichränfte, die Kompetenz des Landgrafen, über Glaubensfragen ker: 

80 handeln zu lafjen und Tirchliche Anderungen vorzunehmen, mit SHeftigleit zu beftreiten. 
Eine Kommiffion follte aus dem Worte Gottes Elarliellen, was in den heſſiſchen Ge 
meinden reformiert werden müſſe. Ihr Ergebnis, die im mefentlichen wohl auf Yambert 
zurüdzuführende, fogenannte Somberger Kirchenordnung, die auf nicht Geringeres au 
ging, als auf eine vollftändige Neugründung des Kirchentums im Intereſſe der Aufric- 

35 tung einer fich ftreng abjondernden Gemeinde der Heiligen (val. Bd VIII S. 290 ff.), 
wurde aber, zumeift, weil Putber ihre Drudlegung aus guten Gründen (Enders, Luthers 
Briefw. 6, 80) widerriet, nicht einmal veröffentlicht, gefchmweige denn, daß man fie ala 
Ganzes durchzuführen verfucht hätte. Zwar wurde die in Homberg beichlofiene Kirchen: 
pilttation im Sommer 1527 wirfli unternommen, aber die Viſitatoren erhielten den 

40 Auftrag, anzuzeigen, „daß fein beifer ordnung form oder weiß fürzugeben und zu machen 
jet, den das Wort Gottes an fich felbjt war”, im übrigen auf Luthers Formula mis- 
sae und feine deutfche Mefje von 1526 zu verweisen und im einzelnen es jo mit den 
Geremonien zu balten, wie e8 in Marburg in der Pfarre gehalten wurde (K. Köhler 
a. a. O. S. 244 ff; vgl. W. Kolbe, Die Einf. der Ref. in Marburg, Marb. 1871, 48 ff.). 

35 Und wenn es auch fraglich tft, ob die 1528 in Marburg berausgefommene Ausgabe des 
ſächſiſchen Vifttattonsbüchleing (v. Tommer, Die älteiten Trude aus Marburg in Heflen. 
Marburg 1892, Wr. 10) eine irgendivie offizielle war, jo läßt fi) doch nicht verkennen, 
daß man ſich immer mehr, namentlich im Kultus, wenn auch nicht überall gleichmäßig, an 
das ſächſiſche Vorbild und jpäter an die Nürnburger Kirchenordnung anlehnte (vgl. die 

so aus dem Jahre 1548 ſtammende Bejchreibung des Marburger Kultus bei %. Herrmann, 
Das Interim S. 179ff.). In den nächſten Jahren vollzog ſich, nicht immer glatt, fondern 
unter manderlei Kämpfen namentlich mit dem deutschen Orden, die allmäbliche Auflöfung der 
zahlreichen Klöſter und Stifte und Die Einführung der Reformation im ganzen Yande, indem 
der größte Teil des Kirchen: und Mlofterguts zu Kirchen: und Schulzwecken und fegend: 

55 reichen Stiftungen allgemeiner Art verwendet wurde (Haſſenkamp J, 128 ff.). Von bejon- 
derer Nichtigkeit tvar aber für die Folge die Fürforge für das gefamte Schulweſen und 
die Errichtung der ebenfalls jchon in Homberg geplanten Univerfität in Marburg, der 
eriten evangeliichen Sochichule, Die im Sommer 1527 in Gang fam. Ganz im Einne 
Luthers erklärte der Yandgraf, daß er nicht der Meinung fei, „daß durch dag gnadenreiche 

co Evangelium alle andern Studia follten und wollten umgejtoßen, niedergelegt und abge: 





304 Philipp von Hefien 


Das alles mußte ihn dazu führen, noch mehr als bisher bei den Oberländern unt 
Schmeizern Anſchluß zu fuchen, bei denen er größeres Verftändnis für feine politische 
Auffaflung der Verhältniife fand. War auch das Neligionsgefpräh in der Hauptſache 
refultatlog verlaufen, jo konnte e8 doch mit allem, was ſich vorher und während desfelben 

5 abfpielte, in politischer Beziehung große Hoffnungen eriweden und wurde jedenfalls für 
die ganze Entwidelung des Yandgrafen von großer Bedeutung. In religiöſem Intereſſe 
peitte er mit Zwingli angelnüpft, aber der weltverftändige Schweizer, deſſen klaren Blid 
ein Myſticismus und feine mittelalterliche Kaiſerverehrung trübte, der mit Begeifterung 
auf den Herzenswunſch des Yandgrafen, Herzog Ulrich zurüdzuführen, einging, hatte ibn 

10 nur zu ſchnell für feine großen politifchen Pläne getvonnen. Der Eintritt in das ſchwei— 
zerifch-ftraßburgifche Burgrecht, den er betrieb, follte nur eine Vorftufe zu Größerem fen, 
womöglich alle Evangelifhen von der Adria bi8 nad Dänemark zu einigen, um dem 
Pfaffenkaiſer (Zwingli opp. VIII, 367) den Zug über die Berge ind deutjche Land zu 
verlegen. Dieſe Gedanken, die Zwingli ſchon auf der Neife zum Religionsgeſpräch nad 

15 Straßburg mitbrachte, die dort und dann ficher auch in Marburg nach allen Seiten ertvogen 
wurden, ſtanden in dem vertrauten Briefivechjel zwiſchen Fürſt und Reformator jebt der: 
artig im Vordergrund, daß die ‚frage der Einigung in der Abendmahlsfrage darüber 
nur noch felten berührt wurde. Und unter diefem Einfluß mußte der Landgraf die An- 
fündigung des Augsburger Reichstags von 1530 mit andern Augen anfehen, ald dies in 

2 Sachſen der Fall war. Daß er, wie es dort und anderwärts gejchab, durch feine Theo: 
logen eine Verantivortungsichrift hätte vorbereiten laſſen, hören mir nicht. Nach den 
Erfahrungen mit der Gejandtfchaft an den Kaifer (Th. Kolde, Anal. Luth. 122 Anm.) 
ſchwankte er, ob er den Reichstag befuchen ſollte. Als er dann doch erjchien, begegnete 
er vielen Argivohn. Die Nürnberger beobachteten nicht ohne Grund, daß er zurüdbal- 

25 tend fei und mit dem „Sachſen“ nicht gut ftände (CR II, 50f.). Seine enge Fühlung 
mit den Straßburgern, von deren Plänen ſchon manches durchgefidert war und von 
denen man fogar den Römern gegenüber fprad (Th. Kolde, Anal. 133) machte ihn ver: 
dächtig, zumal als er troß aller bisherigen Mikerfolge mieder den Verſuch machte, Me 
lanchthon davon zu überzeugen, daß man auch mit irrenden Chriften zujammengeben 

50 fünne, und, ausgeiprochenermaßen, um dadurch den Handel in die Länge zu ziehen, den 
Gedanken vertrat, man müfje auf Grund der früheren Neichstagsbejchlüjfe an der or: 
derung eines Konzils fefthalten, und daß, wenn der Naifer über die Religionsfache die: 
putieren laſſen wolle, die Reichsftände darüber nicht zu entjcheiden hätten (CR II, 51). 
Darüber berrfchte unter den jüchlifchen Theologen große Aufregung. Man achtete auf 

35 jede feiner Außerungen, ob fie nicht vielleicht zmwinglifch zu deuten wäre, und es gebörte 
zu den täglichen Sorgen Melanchthong, der Landgraf, „der Macedonier”, der „Antiochus“ 
fünnte abfallen oder jonjt etwas Thörichtes beginnen. Nachdem er ihn ſchon ſelbſt ge 
warnt und auch Brenz dazu veranlaßt hatte, mußte auch Luther deshalb an ihn fchreiben 
(De Wette IV, 23 vom 20. Sun). Die Sorge, daß er wirklich in der Saframentöfrage 

4 auf Zivinglis Seite ftünde, war, wie Rhegius ſchon am 21. Mai Xutber bezeugte 
(Th. Kolde, Anal. 124; Enders VII, 340) und feine eigene klare Antwort an Meland- 
thon ergiebt, unberechtigt, aber ala Chriſt und Politiker trat er dagegen auf, daß man 
durch Verketzerung der Zwinglianer die eigene Poſition zu ſtärken fuchte, wozu nicht üble 
Luft vorbanden war, und bebarrte darauf, daß die etwaigen Abweichungen der Schweizer 

45 nicht genügten, um fie zu verfolgen. Unter diefen Umftänden mußte ibm der Anjchluß 
an das Augsburger Bekenntnis, dem er doch nicht ausweichen Tonnte, überaus jchwer 
fallen. Uber als nad der Ankunft des Kaiſers die ganze Größe der Gefahr ich zeigte, 
war der Gedanke einer Sonderftellung, wenn er überbaupt dageweſen, vergeflen, ſehen 
wir Philipp mit den andern evangelifchen Fürften Hand in Hand gehen. Als der Kaijer 

60 bald nad feiner Ankunft die Teilnahme an der Fronleichnamsoprozeſſion und die Jofortige 
Abjtellung der evangeliichen Predigt forderte, und der alte Kurfürſt von Sachjen mie 
Georg von Brandenburg betroffen fchwiegen, nahm der Yandgraf das Wort und trat für 
die evangeliiche Predigt mit einer Entſchiedenheit ein, die dem Kaifer die Zornesröte ind 
Geſicht trieb. Und als diefer durch Ferdinand erflären ließ, er könne die evangeliſche 

55 Predigt nicht leiden, wagte Philipp zu antworten: Kaiſ. Majeftät ſei nicht Herr und 
Meiſter über ibre Gewiſſen (CR II I06f. 115). In den von Melanchthon vorgeichlage 
nen Kompromiß mußte freilich auch er eimwilligen, wenn er nicht, ohne etwas dadurch 

u erreichen, allein jteben wollte. Was die Abendmahlsfrage betrifft, jo bat er noch den 
Verſuch gemacht, eine Milderung des 10. Art. der Auguftana zu erreichen, dann aber 
69 doch, wenn auch in diefen Punkte unbefriedigt, unterjchrieben (CR II, 155). Und bie 


306 Philipp von Heflen 


religiöfen Gründen, weil fie fih von der Berechtigung der Gegenmwehr gegen den Kaiſer 
nicht übergeugen ließen, mehr aber noch aus politifchen; und auch in der Folge haben ſie 
nur die Vorteile des Bundes, zu deſſen Beratungen fie fih fat immer ceinfanden, ge: 
nofjen, ohne feine Verpflichtungen auf fi) zu nehmen. Auf der Verfammlung zu Schmal: 
5 falden am 29. März 1531, wo man die Tetrapolitana (ſ. d. A.) al dem Worte Gottes 
gemäß anerfannte (Lenz ZRG III, 437 ff.) und den Kammergericht, das am 24. März zu 
jtrenger Handhabung des Augsburger Abjchieds verpflichtet worden war, in Religions: 
ſachen paffiven Widerftand entgegen zu ſetzen beſchloß, und in Frankfurt a. Main am 
4. Juni nahm der Bund feitere Syormen an und nach mehrfachen, nicht ganz leichten Be: 
10 ratungen, gab er fich, wieder in Frankfurt, im Dezember, eine regelrechte Verfaſſung, in 
den Philipp von Heſſen und der Kurfürſt von Sachſen als Hauptleute an die Spike 
traten, die von den einzelnen Mitgliedern aufzubringende Kontingente ꝛc. feitgeftellt wur: 
den 2c. (val. Ranke III, 280ff.; Windelmann S. 151ff.; Egelhaaf II, 215ff.). Um 
dDiefe Zeit waren neben den Fürſten ſchon 7 oberländifhe und 7 niederdeutiche Städte 
15 beigetreten. Aber mit dem Machstum nach außen wuchſen auch, ohne daß man & 
damals fonderlih bemerkte, was der Werbindung immer das Gepräge aufbrüdte, bie 
Sonderinterejfen, welche Die innere ‚yeltigfeit und die Thatkraft lähmten. Das zeigte fi 
jogleih bei der Stellung zur Königsfrage, die die Fürften am liebiten zu einer allgemeinen 
Bundesangelegenbeit gemacht hätten, wogegen die Städte ſich ablehnend verbielten. Ob— 
20 wohl fie es nah Möglichkeit vermieden, Ferdinand den Titel eines römischen Königs zu 
geben, wollten fie doch von einer direkten Uppofition in diefem Punkte nichts wiſſen. 
Ebenſo gingen die Intereſſen in der Frage der Einbeziehung der Schweizer auseinander, 
und troß der raftlofen, nicht immer einwandfreien Bemühungen Bucerd endeten bie 
Verhandlungen mit den Schweizern (ſ. d. A. Wittenberger Konkordie) mit einem vollitän- 
digen Mißerfolg. Als fie im Sommer 1531 in Frankfurt nod einmal aufgenommen 
wurden, feheiterten fie wie immer an dem Widerſtand Sachſens, ebenfo freilich die Be 
mübungen Zwinglig, den Yandgrafen zu fich binüberzuzieben, der aber gleichwohl feine 
Sonderbeziebungen zu den Echweizern nicht aufgab. 

Weite Ausfichten jchienen die Verhandlungen mit den auswärtigen Mächten zu er 
30 öffnen. Schon bei der Gründung des Bundes batte man darauf Bedacht genommen, ein 
allgemeines gedrudtes „Ausjchreiben” in lateinischer und deuticher Sprache ausgeben zu 
lafjen, in dem aller Welt und bejonders den Königen von Franfreih und England der 
wirkliche Verlauf der Augsburgiſchen Verbandlungen und die Yage der Dinge Fundgetban 
und zugleich die Verleumdungen gegen die Evangeliſchen und ihre Lehren zurückgewieſen 
werden jollten. Diefes Vorgeben (vgl. das fehr zabme, von Melanchthon abgefaßte Schreiben 
von 16. Februar 1531 CR II, 4172 FF), batte zum mindeften den Erfolg, daß beide 
Fürſten weniger als je geneigt waren, zu Gunſten des vom Kaiſer betriebenen Konzils 
und des Türfenfrieges ihre bisherige Stellungnahme zu Kaifer und Papſt zu verändern, 
und die evangeliſchen Bundesfürften in ibrem Widerftande gegen den römischen König 
ermutigt wurden. Es war ein richtiges Gefühl, wenn der Yandgraf je länger je mehr 
in dem Haufe Habsburg den eigentlichen Feind des Proteſtantismus ſah, und es gelang 
ihm in Diefer Zeit auch, den perfönlich verlegten ſächſiſchen Kurfürſten mit fich fort: 
zureigen, aber indem man fib in dem Gedanken feitfpann, durch die ungefegliche Wabl 
Ferdinands jer Das Neichsrecht zerriffen und daß alles Unheil von der Habsburger Haus: 
politit berfomme, verftieg man ſich zu der völlig unbaltbaren Vorjtelung, daß die Türken: 
gefahr werentlih den Anfprücen Ferdinands auf Ungarn und feiner Belämpfung de 
Wojwoden zur Yalt zu legen je. Und fo mußte unter Führung des Landgrafen die 
Schwächung des Hauſes Habsburg, Die ihm mit der Sicherung der evangelifchen Sad 
zuſammenfiel, Das Ziel der Politik der Verbündeten werben, und damit verband fidh bei 
Philipp immer der alte Man der Wiedereinfegung des Württembergers, ja dieſer Ge 
danfe konnte bei ibm cine Zeit lang in den Vordergrund treten bis zur Gefährdung der 
gemeinſamen evangeliichen Zace. 

Nachdem Kerdinand am 5. Zeptember 1530 zu Augsburg mit Württemberg belchnt 
worden war, fonnte die Frage als erledigt erjcheinen. Gleichwohl ließ fich Philipp auch 
55 Jet noch auf Ausgleichsverbandlungen ein, die wie ſchon früber durch Heinrich von 

Braunſchweig, den Schwager Ulricbs, geführt wurden (Wille S. 10). Es waren febr weit: 
gebende Anerbietungen, zu denen er ſich um Des Württembergers willen berbei lich, er: 
Härte er ſich doch bereit (wie Dies übrigens Johann von Sachſen in Augsburg auch 
einmal getban hatte), bis zu einem Monzil die Kirchengüter unter fatferlichen Sequefter 
zu stellen, ja nach den Mitteilungen des durchtriebenen Braunſchweigers (mas vielleicht 


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308 Philipp von Heſſen 


II, 415ff.). Aber Philipp, der ſich von den reinften Abſichten befeelt mußte und nicht 
zulegt damit der Sache des Proteitantismus dienen mwollte, ließ fich nicht abbringen, und 
nachdem die Zufammentunft mit Franz I. ruchbar geworden, war ein Zurückweichen 
faum noch möglid. Der fühne Zug gelang, durch das Gefecht bei Lauffen am 13. Diai 
61534 war Mürttemberg den Haböburgern entriffen (vgl. Egelhaaf II, 253 ff). Ter 
Bertrag von Kadan (19. Juni 1534) und der Friede von Wien 1535 gaben es, menn 
auch als Afterlehen, Ulrich zurüd und brachten troß vieler Verklaufulierungen, die thatſäch 
lih wirkungslos maren, dem ſchmalkaldiſchen Bund nicht wenige Vorteile. Die auf 
Grund des Augsburger Abjchiedes ſchwebenden Prozeſſe beim Kammergericht, dem die 
10 Verbündeten Schon 1534 die Anerkennung verjagt hatten, wurden nad dem Wiener Frieden 
wirklich inhibiert. Der Proteſtantismus hatte feine erfte Kraftprobe abgelegt. Philipps 
Sieg galt als Sieg des fchmalfaldifchen Bundes. „Taufend Bücher”, fchrieb damals voll 
Ingrimm Georg Wicel, „haben der Sache nicht fo viel gejchadet als diefer einzige Feld 
zug der Heilen (Wicel epp. lib. III, 24. Aug. 1534). So urteilten die Gegner, in 
15 gleicher Weife, nur noch enthufiaftifcher, die Freunde. Philipp war der Held des Tages, 
in ihm feierte man den mutigen Vorkämpfer des Evangeliums. Seit jener Zeit erbielt 
er den Beinamen des Großmütigen (Rommel I, S. 372). Und in der That durdh feine 
nicht immer geradlinige, vor feinem Mittel der damaligen Diplomatie zurückſchreckende 
Politik gebt immer als idealer Zug das Streben, der erfannten Wahrheit zum Siege zu 
20 verhelfen, dem Evangelium neue Bahnen zu eröffnen. Überallhin, wo es galt, den 
werdenden Proteſtantismus zu ftärken, den inneren Hader zu unterdrüden, war fein mwad- 
james Auge gerichtet. So ſuchte er ſchon 1532 die evangeliiche Bewegung in Münfter 
durch Sendung evangelifcher Prediger zu fürdern, brachte am 14. Yebruar 1533 den 
VBermittelungsvertrag zwischen dem Biſchof und der Bürgerfchaft zu ftande, gewährte Hilfe 
25 zur Unterdrüdung des Miedertäuferaufitandes und griff ſelbſt in den litterarifchen Streit 
darüber ein, wie er auch fpäter die Stadt belagern half und ihr nad dem Strafgeridt 
über die Täufer, wenn auch vergeblich, die Predigt des Evangeliums zu erhalten fuchte 
(Rommel, Bhil. I., ©. 582; Cornelius, Geh. d. Münjter-Aufruhrs I, 177 ff. II, 358). 
Und daß der fchmalfaldifhe Bund in den nächſten Jahren zu einem wichtigen Faktor 
go der europätfchen Politif wurde, war nicht zum menigiten das Verdienit des Landgrafen. 
Auf dem Tage zu Schmalfalden vom 24. Dezember 1535, auf dem fich jest aud 
die Botjchaften des franzöfifchen und englischen Königs fehr ernithaft um die Gewinnung 
der Verbündeten bemübten, wurde der Bund auf weitere zehn Jahre erftredt, und in 
Frankfurt im April 1536, nachdem foeben Pommern, Anhalt:Deflau, Augsburg und 
s5 Kempten beigetreten waren, wurde er ftraffer organifiert und eine bedeutende Ermeiterung 
der Kompetenzen der Bundeshbauptleute und Kriegsräte befchloffen. Das war nur möglich 
gervorden, weil man jich innerlich näber gefommen war. Daß im Frieden von Kadan 
twiederum die Saframentierer ausgefchlojlen worden waren, bei der Einführung des evan- 
gelifchen Kirdentums in Württemberg die beiden Richtungen im Proteſtantismus von 
40 neuem aufeinanderftießen, und wie man immer wieder wahrnehmen mußte, der innere 
Zwieſpalt den Fortgang der Neformation auch im Auslande hemmte, drängte von felbit 
dazu, auf Grund der Bucerjchen Eintrachtöformel die alten Ausgleichöverfuche mieber 
aufzunehmen. Schon im Tftober 1534 unternahm es der Zandgraf, Luther dafür günftig 
zu Stimmen. uf feine Einladung fonferterte Bucer, der fich inzwifchen ſchon mit den 
45 Oberländern verjtändigt batte, Ende Dezember mit Melanchthon in Staffel, und na 
weiteren das ganze Jahr 1535 bindurdigebenden Verhandlungen, bei denen Philipp, du 
Melanchthon darum gebeten, mitwirfte, fam es im Mai 1536 zur Wittenberger Konkordie 
(1. d. 2). Sie führte zwar keineswegs zu einer vollftändigen Einigung aber doch zum 
Frieden und bedeutete eine von den Gegnern mit großer Sorge beobachtete, twefentliche 
so Feſtigung der politiichen Stellung der Verbündeten. Doch waren fie meit entfernt da: 
von, fie auszumügen. Auch Philipp Dachte nicht daran, wozu jegt die Möglichkeit ge 
geben geweſen wäre, Die Anerkennung des Kaiſers zu erzivingen. Vielmehr juchte er die 
ſehr ernten Beſorgniſſe Karls V. zu zerjtreuen und gab ibm im März 1536 die Ber 
fiberung, er babe in feiner Weife ein Bündnis mit Frankreich zu fürdten (Neudecker, 
55 Merkwürdige Aktenjtüde J, 117 f), und mit dem englifchen Könige wollte nıan nur dann 
in ein Bündnis treten, wenn er die Augsburgifche Konfeſſion annehme, und ein foldes 
Bündnis jollte fih weder gegen den Kaiſer noch gegen den römischen König richten. Erft 
als man auf dem wichtigen Tage zu Schmalkalden (Februar 1537) deutlich erkennen 
mußte, wie der Kaiſer Die aus ber Loyalität der Proteſtanten geborene Schwäche ausw 
go nützen gedachte, beſann man ſich wieder auf die alte Oppofition. Das entjchiedene Auf: 


310 Philipp von Heflen 


(Siphylis), die ihn felbft damals nicht daran denken laſſen Tonnte, zu Felde zu ziehen 
und feinen traurigen ehelichen Verhältniffen, die für den ganzen Proteftantismus ver- 
bängnisvoll werden follten. 
Wenige Wochen nad) feiner Vermählung mit der an äußeren Reizen armen Katbarina 
s von Sachſen, zu der er, wie er fpäter verficherte, nie eine Neigung gebabt hatte, hatte 
er ihr Schon die Ehe gebrochen. Körperliches Yeiden der Fürftin und übermäßiges Trinten, 
das man ihr menigiteng vorwarf, vergrößerten die Abneigung und erregten den Wunſch 
nach einer anderen Gemahlin. Ob im eigenen Intereſſe oder ganz allgemein (jo Rod: 
well S. 8), weil man auch fonft darüber verhandelte, ſteht dahin, jedenfall richtete er 
10 bereits im Sabre 1526 unter Hinweis auf die Polygamie der Patriarchen an Luther die 
stage nach der Erlaubtbeit einer Doppelebe. Diefer anttvortete am 28. November 1526, 
daß es für einen Chriften nicht genüge, der Väter Merl anzufchen, er vielmehr ein 
göttlich Wort für fih baben müſſe, das ihn gewiß mache, gleich wie fie gehabt haben, 
ein ſolches Mort aber nicht vorhanden fer. Eben deshalb miderrate er folches, ſonder⸗ 
15 lidy den Chriften, e8 wäre denn die hohe Not da, als daß das Weib ausſätzig oder 
fonft entwendet würde (Enders V, 411). Wenn Rhilipp ſchon damals für fi) daran dachte, 
jo muß Luthers Belehrung und Warnung den Gedanken ſtark zurüdgedrängt haben, 
wie man aus feiner Stellungnahme zu der Polygamie in Münfter erjeben kann (Rod: 
well ©. 9f.), aber er fam wieder. Ceine überaus finnlide Natur blieb immer ftärter 
20 als der Mille, ein evangelifcher Ehrift zu fein, und je mehr er fih in die bl. Schrift 
vertiefte, um fo mebr litt er darunter. Im Bewußtſein feiner Unmwürdigfeit magte cr 
Sabre lang nicht, zum Saframent zu geben, feste aber fein unzüchtiges Yeben fort, teil 
er nicht anders fünne, wie er meinte. Wielleiht war es Melanchthons Gutachten über 
den Ebebandel Heinrichs VIII. (Enders IX, 93 vol. dazu Th. Kolde, 3RG XIII, 576), 
25 der dem König eher als die Echeidung cine zweite Gemahlin geitatten twollte, das im 
Zufammenhalt mit mehrfachen dafür vertwendbaren Außerungen Luthers z.B. in den 
Predigten über das 1. Bud Mofis (WA XXIV, ©. 303 ff), Beifpielen aus der Geſchichte 
u. ſ. w, ibm nad und nad) die Überzeugung beibradyte, daß unmöglid) etwas unchriſtlich 
fein fünnte, was Gott an den Patriarchen, die auh im NT als Norbilder des Glaubens 
30 gepriejen würden, nicht geftraft babe. Auf dem Kranfenlager, das er fih durch feine Aug 
ſchweifungen zugezogen batte, wurde er fih mehr als je des inneren Zwieſpaltes bemußt, 
reifte der Gedanke, eine zweite Gemahlin zu nehmen. Sein Arzt Dr. Gereon Sayler 
von Augsburg, ein politifh hervorragender, aber fittlich jehr anrüdiger Mann (vgl. Ar. 
Roth, Augsburgs Ref.Geſch. II, 334F.) beitärkte ihn darin: es gebe für ihn feinen anderen 
35 Ausweg, um aus Sünde, Krankheit und Gewiſſensnot, zu fommen, aber auch — fo mifchten 
ih in ſtetem Selbjtbetrug fittlihbe Motive und lüfterne Begierde -—, um Margarethe von 
der Saale, die Tochter einer Hofdame feiner Schweiter, Elifabeth von Rochlitz, zu ge 
winnen. Daß er recht tbat, daran bat er, feitbem er fih dazu entjchloffen, niemals 
mehr gezweifelt (vgl. ſ. Bekenntnis vom 6. Februar 1550 bei Herrmann, D. Interim 
10 S. 209). Es geſchah alfo nicht, um eine Selbjtvergewifjerung zu erhalten, wenn er die 
Zuſtimmung der Neformatoren fuchte, fondern um einen Nüdhalt nah außen zu haben, 
und weil Frau von der Saale u.a. dieſe Gutbeißung und die Zuftimmung des Aur: 
fürjten von Sachfen und des Herzogs Mori gefordert hatte. Leicht wurde eg ihm, die 
unglüdlibe Yandgräfin zu einem entiprechenden Revers zu beitunmen (CR VII, 864; 
3 Lenz I, 358; Nodiwell 31). Bucer, der vertraute getjtliche Freund und politifcher Rat 
geber, mit Dem er im jenen Jahren die intimften politischen und religiöfen ragen ver: 
bandelte, jollte das Weitere beforgen. Und der Yandgraf mußte, wo diefer Mann, der 
ſich längſt gewöhnt batte, auch im fittlichen ragen ſich durch politifche Erwägungen mit 
bejtinmen zu laſſen, zu paden war. Die Sorge, daß alle jo mühſam errungenen polt 
50 tijchen Vorteile mit einem Zchlage verloren geben mußten, wenn der Landgraf, wie er 
drobte, Falls die Theologen ibm nicht belfen wollten, jih an den Kaiſer wendete, mag 
feine legten Bedenken zerjtreut baben (Xen; J, 354). Den Wittenbergern, auf die feine 
politischen Sorgen ſchwerlich Eindruck macen konnten, wird er vor alleın die fittliche Not 
des Fürſten gejchtldert baben, und das war der Punkt, bei dem fte fich bethören ließen. 
5 So kam (ob auf Grund eines vom Yandgrafen mitgefchidten Entwurfes? jo Rockwell 
S. 25%) der verbängnisvolle „gebeime Beichtrat” Yutbers und Melanchthons vom 
10. Dezember 1539 (Te Wette VI, 2397. Zur Beurteilung des ganzen Handels vgl. 
Tb. Kolde, M. Yutber II, S. 486 ff.) zu Stande, indem der Fürſt troß aller ernftlichen 
Warnung doch nur die gewünſchte Gutbeißung der Reformatoren ſah, die feine Ahnung 
so Davon hatten, daß er jchon eine zweite Gemahlin gewäblt hatte. Am 4. März 1540 


314 Philipp von Heffen 


hatte der Landgraf Schon vorber im Winter Verhandlungen mit dem Kaiſer cingeleitet, 
die dann durch Mori vermittelt wurden, aber lange nicht vorwärts gingen, da der Land— 
graf lieber alles dulden wollte, als feine Sache von der des Kurfürften zu trennen, mas 
von Moritz immer als Vorbedingung bingeftellt wurde (vgl. Spleib a. a. O.; €. Bran: 
6 denburg, Morig von Sachſen I, S. 504 ff), und der Kaiſer, um Philipp von meiteren 
Mapregeln zur Gegenmehr abzuhalten, jede bindende Erklärung vermeiden mollte, bis 
man fehe, wie der Strieg in Sachſen verlaufe. Nach der Katajtrophbe von Mühlberg 
wurden die Verhandlungen von Moritz und Joachim von Brandenburg erneuert. Erit 
nad) langen Wochen ſchwerer innerer Kämpfe ließ fi Philipp am 19. Juni 1547 zu 
10 Halle auf Grund der ihm durch die beiden Kurfürften in gutem Glauben gegebenen Ver: 
fiherung (vgl. jedoch W. Friedensburg, Forſchungen 3. Geſch. Bayerns, X. Bd, 192, 
S. 183 ff), weder an Leib noch Gut, mit Gefängnis, Beltridung oder Schmälerung des 
Landes beſchwert zu werden, dazu berbei, vor dem Kaifer fupfällig Abbitte zu thun und 
fih auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Aber der Kaiſer hatte die Unterbändler ge 
15 täufcht oder fie doch in falſchem Glauben gelafjen. Am Abend desjelben Tages war der 
Yandgraf des Kaiſers Gefangener auf der Morigburg. Kein Widerſpruch der empörten 
Unterbändler vermochte Karl umzuftimmen, nicht einmal eine Zufage über die Zeit der 
Haft konnten fie erlangen. Am 23. Juni mußten die beiden Häupter des ſchmalkaldiſchen 
Bundes im Gefolge des Kaifers nah Süddeutſchland ziehen, und obwohl Philipp alles 
20 that, daß die Bedingungen feiner Kapitulation von feinen Söhnen und den Landſtänden 
pünktlich ausgeführt wurden, verblieb er in ſchmachvoller Gefangenfchaft. 

Damit famen auch über die evangeliſche Kirche in Helfen ſchwere Zeiten. Trotz feiner 
großen, auf das Ganze des Proteſtantismus gerichteten Tätigkeit hatte Philipp, der fih 
in einem Erlaß von 1531 als den von den Albnächtigen eingefegten Vogt und Verwalter 

25 bezeichnet (Rommel II, 124), den inneren Ausbau der heſſiſchen Kirche nie außer adt 
gelaffen. Durch mehrfache allgemeine firchliche Erlaffe, die, andern deutichen Gebieten darın 
vorangehend, auch Synoden vorjeben, denen im Sabre 1537 dur eine Wahl:, Viſita⸗ 
tions- und Synodalordnung die Ernennung der Superintendenten zugetviefen wurde, und 
1539 durch die unter Bucers Einfluß entjtandene Presbyterial- und Kirchenzuchtordnung 

30 (Ziegenhainer Zuchtordnung), welde in den einzelnen Gemeinden Vresbyterien errichtete, war 
die heſſiſche Kirche nad) Seite der Verfaflung einheitlicher entwidelt, als andere. Nicht 
dasfelbe gilt von der Hottesdienftordnung, die ſicherlich in den einzelnen Gebieten viele 
Verſchiedenheiten aufwies (vgl. Diehl, Zur Gefchichte des heil. Gottesdienfted, Monatsſchr 
f. Gottesdienft und kirchliche Kunft, Bd 5 [1900] S. 156 ff.). Indeſſen, obwohl es nod 

35 gar jehr an wirklich evangelifchen Zeben fehlte, die „Fuchtordnung“ noch keineswegs durd: 

geführt war, auch mancherlei Seftierer, denen entgegenzutreten jene gerade beſtimmt mar, 
in Lande ibr Weſen trieben (Über Ph.s Stellung zu den Täufern (vgl. Hochbut, Land: 
graf Pb. u. die Miedertäufer, 3bIb., Bd 28 u. 29; M. Lenz, Briefivechjel I, 317 ff.; 
zu den Juden W. Paulus, Die Audenfrage u. die heſſ. Prediger, Katholik 1891, S. 317 ff.), 
ſo war Doch das Yand vollitändig evangeliih und gab es wahrſcheinlich ſehr viel weniger 

Erjpeftanten, die noch auf die Entſcheidung des Konzils tvarteten, als anderswo. 

Nun follte auch bier dag Interim eingeführt werden, und zu aller Überrafchung mar 
es gerade der Yandaraf, der von feinem Gefängnis aus der Annahme des Interims nit 
nur in feinem Lande das Wort redete, fondern aud Kurfürſt Morig dazu zu bewegen 
fuchte. Wenn er der Yandagräfin jchreibt, daß, wenn Mori das Interim nicht beiillige 
und fi dadurch mit dem Kaiſer verfeinde, zu forgen wäre, daß er nicht freifäme (Herr: 
mann 2.3), jo leuchtet das innerfte Motiv der Haltung des in der Sefangenfchaft zum 
gebrochenen Manne geivordenen Fürſten deutlich hervor. Aber Heuchelet, wie man gemeint 
bat, war e8 bei ibm nicht, eber eine Selbfttäufchung. (Val. Brief an Pfalzgr. Wolfgang bei 
so Kluckhohn, Briefe Friedrich d. Frommen I, Nr. 135.) Denn wenn er auch manches als nicht 
mit dem Evangelium übereinftimmend erkannte, und e8 anders deuten zu dürfen glaubte, fo 
meinte er doch alles Ernites feine Beibebaltung oder Wiederaufnabme rechtfertigen zu können, 
weil er inter dem Eindruck der auf ibn, den Laien, einftürmenden römischen Kontrovers 
(itteratur und des Dadurch angeregten emfigen Studiums der alten Väter (vgl. Rommel, 
Gefangenſchaft, Z. 112) jet der Tradition und der wirklichen oder vermeintlichen Übung 
ber ältejten Mirche neben der Schrift einen Wert beilegte, von dem er früher nichts batte 
twijjen wollen. Um des Friedens und der Einigkeit willen dürfe man bier nachgeben, 
da doch, wie er fich einbildete, die Hauptfache, die freie Predigt des Evangeliums und 
die evangeliſche Nechtfertigungslehre gerettet fe. Schon am 22. Juni 1548 erklärte a 
co in einem Briefe, an deſſen Echtheit man damals in evangelifchen Kreifen nicht glauben 


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8 


318 Bhilippi, Fr. A. 


geben bewahrt und überhaupt durch Klarheit des Blides und Befonnenheit des Ur: 

teiles zu einer korrekten Haltung der lutherischen Geiftlichfeit twejentlich beigetragen und 

— *— die lutheriſche Kirche jener Lande an ſeinem Teile vor größerer Vergewaltigung 
ewahrt. 

6 Hinfichtlich jeiner Vorlefungen ſei bemerft daß er vor zahlreichen Zuhörern Top: 
matik, Symbolik, Moral, neuteft. Einleitung, über den Nömerbricf und kleine pauliniſche 
Briefe lad. In dieſe Zeit fällt auch die Ausarbeitung des Kommentars zum Römerbrief, 
dejlen erjte Auflage 1848 bis 1850 in drei Abteilungen (Frankfurt, 2. Aufl. 1856, 
3. Aufl. 1866, 4. Aufl. 1896, ing Englifche überfegt Edinburgh 1878, Clark) erſchien. 

10 In diefen Werke hat er den Nachweis geführt, daß die fortgejchrittene Kenntnis der 
Sprachgeſetze und die derjelben entfprechende Auslegungsfunft in den dadurch ge: 
PA efultaten mit dem Schriftverftändniffe der Tutberifchen Kirche ſich im Einklange 

efindet. 

Während feines Dorpater Aufenthaltes beftieg er auch zumeilen die Kanzel. Auf 

15 Munfch der Hörer find feine Predigten meiltens gedrudt, jo eine Predigt am Bibelfeſte 
1847 (Dorpat 1847 Karow), am Sonntage Remintöcere 1848 (ebend.), „Der Glaube, 
die Nechtfertigung, das Kreuz” (Erlangen 1850 Heyder und Zimmer). 

Im Sabre 1851 erbielt Philippi einen Ruf nad) Roftod, dem er Folge leitete. Er 
wurde am 27. April 1852 unter Krabbes Rektorat in das Noftoder Konzil eingeführt. 

20 Da ihm in Noftod die Profeſſur der neuteltamentlichen Eregeje übertragen war, jo las 
er borzugsiveife eregetiiche Vorlefungen, ferner neuteft. Einleitung, Symbolif und Polemil. 
Seine VBorlefungen über den Galaterbrief und über Symbolik find nad) feinem Tode 
von dem Verf. dieſes Artikels herausgegeben, Gütersloh 1884 und 83. Seine Wirkjam: 
feit wurde ihm anfangs durch den Einfluß, den die Baumgartenfche Theologie auf die 

25 Theologie ftudierende Jugend gewonnen, ſehr erſchwert. Man hat ihn fogar als intelle: 
tuellen Urheber der Baumgartenfchen Abfegung bezeichnet. Daran ift nur fo viel wahr, 
daß er als einer der erjten gegen die Baumgartenfche Theologie Zeugnis ablegte und 
dadurch anderen das Gewiſſen ſcharfte. Wiewohl er in dem durch Baumgartens Ab- 
fegung bervorgerufenen litterarifchen Streit heftig angegriffen wurde, jo fühlte er fich dod 

so nicht veranlaßt, in die Debatte einzutreten, jedoch bielt er es für geboten, fich zu feinem 
hart angefochtenen Kollegen Krabbe dadurch zu befennen, daß er ihm den gerade Damals 
erfcheinenden dritten Band feiner Dogmatif als „dent angefochtenen, nicht überwundenen 
zeugen für das ungmweideutige in Gottes klarem Worte feitgegründete Befenntnis unjerer 

irche” widmete. 

35 Se länger deſto mehr erfüllte cs ihn mit Echmerz, daß die Hofmannſche Theologie 
in der lutberifchen Kirche Einfluß geivann. Es war ibm Gewiſſensſache, zunädit in der 
Vorrede zur zweiten Auflage des Kommentars über den NRömerbrief (1856) gegen „Pie 
ſubjektiviſtiſche Umſetzung der objektiven bibliſch-kirchlichen Verſöhnungs- und Rechtferti- 
gungslehre in Hofmanns Schriftbeweis (zweite Hälfte, erjte Abteilung)” Zeugnis abju: 

a0 legen. Hofmann erwiderte im Februar: und Märzbefte der Erlanger 3PK. 1 hilippis 
Entgegnung erfchten unter dem Titel „Her Dr. von Hofmann gegenüber der Iutberifchen 
Verſöhnungs- und Reditfertigungslehre” (Frankfurt aM. u. Erlangen 1856). In dieſer 
Schrift fuchte er den Nachweis zu führen, daß die Hofmannjche Verſöhnungs- und Redt: 
fertigungglebre mit ihrer Yeugnung der ftellvertretenden Genugthuung und der Yurechnung 

45 der Gerechtigkeit Chrifti nach Inhalt und Weſen vom Glauben und Bekenntniſſe der 
lutherischen Kirche abmeicht, ja im prinzipiellen Gegenfage zu demfelben jteht, und daß fie 
materiell und prinzipiell mit der der römischen Yebre jo nahe ftehenden myſtiſchen oder 
Schleiermacherſchen vollkommen identiich iſt (. 28 u. 532f.). Auf Hofmanns Verteidigung 
feiner Lehre in den „Schußjchriften für eine neue Weife, alte Wahrheit zu lehren” (Nörb- 

co Iingen 1856 bei Bed) antwortete Philippi in einer kurzen „Erklärung“ in der „Evange 
liſchen Kirchenzeitung“ (1856, Nr. 62, S. 638). 

Bon Philippis ſonſtigen Ittterarifchen Arbeiten fällt in die Noftoder Zeit die Aug 
arbeitung der „kirchlichen Slaubenglebre”, deren Prolegomena zuerft in der „Evangeliſchen 
Kirchenzeitung“ und ſodann in erfter Auflage 185-4 (bei E. Bertelsmann in Gütersloh) 

65 erſchienen; 3. Aufl. 1883— 1890, 6 Bde. Ausgebend von den Begriffe des Chriſtentums 
al3 der durch Chriſtum twiederbergeftellten Gemeinjchaft des Menſchen mit Gott definiert Pb. 
die chriftliche Religion als die objeftiverjeit3 Durch göttliche Erlöfungsoffenbarung in Chriſto, 
jubjeftiverjeits durch gottgewirkten Herzensglauben des Menſchen vermittelte Wiederher⸗ 
jtellung der wechjelfeitigen Gemeinjchaft zwischen Gott und dem Menſchen (I, ©. 102). 

co Aus diefer Definition ergiebt fid) ihm von jelbjt die Einteilung der Dogmatik. Dieſelbe 





3:38 Philippus der Tetrarch Philiſter 


Mommſen RS V 511 = 783 000 ME, nah Hultſch nur 522 000 Mk. Seinem Vater 
durchaus unähnlich, war Pb. ein milder, freundlicher Regent, der fih immer im eignen 
Lande aufbielt, Schlicht im Auftreten, jtets bereit jedermann zu feinem Rechte zu ver: 
beiten; to oft ibn jemand auf feinen Neifen Darum anging, beitieg er unterwegs den ſters 
5 mitgefübrten Gerichtsſtuhl und fprach unverweilt das Urteil (XVIII 106). Gleich zu Beginn 
jeiner Negierung baute er Rancas (ſ. Bd VI, 381) an den Jordanquellen (deren unterirdiſche 
Verbindung mit dem Phialeſee er unterfuchen ließ, B. III 509 ff.) zu einer Reſidenz aus, 
die er Cäſarea nannte (G. Ahilippi genannt Me 8,27, Mit 16, 13, Jos. vita 74 zum Unter: 
ſchied von dem bedeutenderen am Meer gelegenen Cäſarea Stratonis), und Beihſaida am 
10 Nordende Des Sees Genezaceth (Ye 9, 107 von dem in den Evangelien jonft genannten galı 
laiſchen Urte zu unterjcheiden, gegen Bd VL, 380 ff.) zu einer Stadt Julias (A. XVIII 28, 
B. IT 168, Plin. V 195, Scurer II? 158-—162). Ph.s Münzen zeigen im Unterjchied von 
Denen anderer Herodäer Das Matjerbild (val. Me 12,16%) und einen Tempel (eber den Auguſtus⸗ 
tempel von Paneas ale den Tempel von Jeruſalem). Seine 37jährige Regierung füllt 
1 ungefähr gerade zuſammen mit der Yebenszeit Xefu, der fich gelegentlich (um den Nadı 
ftellungen des Antipas, Ye 13,31, au entaeben?) auf das Gebiet des Philippus zurüd: 
ſjezogen zu haben Scheint. Allgemein betrauert ſtarb Ph. im Jahre 33:34 n. Chr. um 
wurde in Dem bon ihm ſelbſt erbauten Grabmal zu Julias beigefegt. Da er keine Kinder 
hatte, wurde jein Yand zur Provinz Syrien geichlagen, doch als kaiſerliche Krondomäne 
ont gejonderter Verwaltung der Einfünfte, bis Galigula damit wieder einen Herodäer, 
Agrippa l. belebnte (ſ. Bd L 255). 

Much A. XVIII 137 war Ph. verheiratet mit Salome, der Tochter feines Bruders 
Swrodes und fenter Nichte SHerodtas. Me 6, 17 [Mt 14,3] nennt vielmehr Pbilippus 
en erſten Mann der Serodias, von dem dieſe fich fchied, um den Tetrarchen Herodes 

»Antipaw zu heiraten. Altere Exegeten nebmen darum zwei Herodesſöhne mit Namen 
hilippuſßs an und identifizieren den einen mit dem von Joſephus Herodes genannten 
eb Herodev' d. Gr. von Mariamne, Der enterbt als Privatmann (in Nom?) lebte (jo 
ab Veprer in Der 2. Aufl. nach Deyling obs. sacr. [1711] 259, Nolde, J. T. Krebs, 
Nina, Gerlach, Wieſeler, Weiß, Headlam, O. Holtzmann 125 u.a.) Möglich iſt ja, 

bay Herndebs ver Söhne Des Namens Philippus hatte, ebenſo daß der eine den Doppel: 
nen Herodes Philippus führte Aber es bliebe merkwürdig, daß Joſephus ihn mur 
senden, Die Evangeliſten nur Philippus nennen. Wabrſcheinlicher ift da ein Irrtum, und 
nicht anß ſeiten des Joſephus «Gafaubonus), jondern Des Marcus. Laſſen Doch au, 
bebl weil man Den Fehler bemerkt batte, Ye 3, 10 und gute Zeugen bei Wit 14,3 den 

;, Hunmen ſort. Daß bier zwei Brüder, der Privatmann und der Tetrarch, der Water und 
[si Mann Dev Zalome, verwechjelt find, nebmen mit Volkmar ThJB 1846, 363 aud 
Ma, Schürer, Grimm, H. Holtzmann, Woodhouſe u. a. an. von Dobichäg. 


Philiſter. Litteratur: Außer den Büchern über die Geſchichte Israels vgl. Calmei. 
In. ertatio de origine et nominibus Philist. in Prolegg. et dies. etc. ed. Manſi I, 180139; 
6. Vertheuu, u Befchichte der Israeliten (1842), 186 200: ©. Baur, Der Prophet Amos: 
ll), «6 O1: A. Nobel, Tie Böltertafel der Geneſis (1850), 98. 208. 215; K. B. Start, 
Gaza und die Philijtäijche Küſte 1852; C. Ritter, Erdkunde (1852), XVI, 3, 1685-19; 
or tworſe, Het tiende Hoofelstuk van Genesis in Theol. Tijjdschr. IV (1870), 357 #.: 
#1. ımoall, Die Raſſe der Philiſter in 3wTh XXXIV (1891), 103 -2 108; G. A. Emitb, 
1. Ihe Ih-tonenal Gieorraphy of the Holy Land (1844), 167 ff.; W. Max Müller, Aſien und 
Baepa Muh ultägdptifchen Tentmälern (1893), 336 - 590; derj., Studien zur Vorderaſiatiſchen 
eſehlihle in Wit der Vorderaſiatiſchen Geſellſchaft 11900), 1-42; KAT’ und KAT’ = 
Blwihare -unader, Meilinjchriiten und das Alte Zejtament, 2. Auflage (1883) und 3. Aui: 
bar, men bembeitet von H. Simmern und 9. Windler (103). — Für Die einzelnen 
rbb. 8, Meland, Palaestina ete., 17145 0. Ritter, Erdkunde (1852), XVIL 3, 35f[.: 
vr Kobtjon, Balältina TI (ISSI), 665ff.; V. Guérin, Deseription de la Palestine, Judee 
I 1, 565 W. M. Thomſon, The Land and the Book (]), Southern Palestine and 
Mas ala FISSE, 5ff. 132555 Ch. Glermont:Sanneau, , Etudes d’archeologie orientale X 
ot. 14 ıBihlintheque de V’Eeole des Hautes Etudes), E. Schürer, Geſchichte det 
anrdtelent Bolles im Zeitälter Jeſu Chriſti *II (1808), DI 2; N. Raabe, Petrus der 
wen 105 EB. Meyer, Bejchbichte des Altertyums I, S. 317 ff. 308 ff. 


ic Philiſter beigen im AT STETS, Am 9, 7 und 1 Chr 14,10 emgis; jedoch 

ſarent nie Maſora auch, an dieſen beiden Stellen die kürzere Form. Das von ihnen 
lhulte vand heißt FFE, Dieſer Name giebt zu der Frage Anlaß, ob er als Grund⸗ 
Jess fur "TETE zu gelten bat, oder ob nicht umgekehrt PETE ale eine Nüdbildung aus 


340 Philifter 


dagegen ſcheint anzunehmen, daß die Avviter noch neben den Ph. vorhanden ſind 

(vgl. Joſ 11,22). Die Kultur diefer Gegend mar bie gleiche mie im übrigen Kanaan, 

nur daß fih ägpptifcher Einfluß bier mehr ald in anderen Teilen des Landes aim 

ie 1 fi das auch heute in Gaza beobachten läßt (vgl. d. A. Kanaan Bd IX, 
5 7311. 740). 

Mit diefen Nachrichten, die wir aus den alten Denkmälern gewonnen haben, ſtimmt 
die Angabe des AT durchaus überein, daß die Ph. in das Land eingemwandert feien Am 
9,7; Dt2,23. Tas Land, das fie verlaffen haben follen, wird ebendafelbit und Ser 
47, 4 Kapbthor genannt. Unter diefem Stichwort iſt Bd X, 33 ff. ſchon darauf hingewieſen 

10 worden, daß eine fichere Beitimmung von Kaphthor nicht möglich iſt, daß auch die zur 
Hilfe herbeigezogenen Kerethiter 1 Sa 30, 14—16 x. fowie die Gloſſe Gen 10, 14 eine 
zuverläffige Auskunft nicht zu geben vermögen. Dasfelbe gilt von den ETF, die 2 Kg 
11, 4. 19 neben den Läufern („Trabanten“) in der Föniglichen Leibwache genannt erden. 
Entweder nimmt man mit Bezug auf 2 Ca 20,23 (vgl. 8, 18) an, daß E72 ein Ver⸗ 

15 jehen für E73 ift, oder man erkennt in dem Worte die Karier Kleinafiens und der 
benachbarten Inſeln, die im Altertum wiederholt als Söldner in fremden Dienſten ge 
nannt werden (Berthrau a. a. D. 197; andere Deutungen |. bei Gefenius, Theſaurus 
II, 671). Die erſte Deutung fällt unter das über die Kerethiter Gejagte; die zweite 
Deutung käme überhaupt nur indireft für die Srage der Heimat der Ph. in 

20 infofern man nämlid den 2 Kg 11, 4. 19 für die fönigliche Leibwache gewählten Aus: 
drud dem befannten Krethi und Plethi 1 Kg 1, 38 gleichjegt, der gewöhnlich auf kretiſche 
und philiftäifche Söldner gedeutet wird (f. ©. 344), und dann meiter folgert, daß bie 
Mh. mit der kariſchen Bevölferungsichicht zufammen gebangen hätten. Aber dieje Kom 
bination ift ſelbſt fo unficher, daß fich durch fie die Frage nach der Heimat der Ph. nicht 

25 beantworten läßt. 

Einiges Licht über diefe Frage läßt fih durch die Verwertung der ägyptifchen Denk 
mäler aus der Zeit Namfes’ III. geivinnen. In den Inſchriften dieſes Königs (ettva 
1208—1180 vor Chr.) werden Unruben in Nord: und Mittelfyrien erwähnt, als deren 
Urbeber fremde, früher nicht genannte Leute ericheinen. Ihre Namen werden geleien 

0 Burafati, Zakkari, Schakruſcha, Dano (auch Danona), Wafchafcha, einmal auch Scharbana 
Die Puraſati werden immer zuerft genannt, fie müſſen daher wohl ald der Hauptitamm 
angefehen werden. Daß fie mit großem Troß auftreten, Weib und Kind mit fich führen, 
glaubte Ed. Meyer dahin deuten zu dürfen, daß es fih um eine Art Völkerwanderung 
bandele, die auf Die Grenzen des ägyptiſchen Reiches in Syrien geſtoßen ſei. W. Mar Müller 

35 beruft fi) dagegen auf ihre Benennung „tuher“ — Helden, Söldner und erfennt in 
ihnen beichäftigungslofe Landsknechte, die für ihre eigene Rechnung Freundes: und 
Feindesland plindern. Ramſes III. erzählt von einem Kampf gegen fie zu Lande, wahr: 
fcheinlich im mittleren oder ſüdlichen Pbönizien, und in einer Seeſchlacht; die Worgänge 
fallen vielleicht zeitlich auseinander, nicht zufammen. Aus dem Papyrus Golenifcheif er⸗ 

40 fahren wir weiter, daß der Agypter Uno-Imon im fünften Sabre des Herihor, des lebten 
Pharaos der 20. Dynaſtie, auf einem Schiff nah Tor in Paläſtina fährt, um Bauholz 
zu holen. Diefe Stadt gebört damals den Zakkari, an ihrer Spige fteht der Fürſt Bidir. 
Die ſeltſamen Erlebniffe dieſes Agypters in Dor können wir bier übergeben (vgl. die 
Ueberfegung in Mt der VBorderafiatifchen Gefellfchaft V [1900], 14—27); wichtig ıft für 

5 diefen Zuſammenhang die Thatjache, dag die Zakkari, die unter Ramſes III. mit ven 
Burafatt die Küſte und das Binnenland dur ihre Raubzüge unfiher machen, jet — 
etwa um 1050 — die Herren der Stadt Dor fühlid von Karmel find und die damals 
waldreiche Umgebung beberrihen. Es iſt ihnen offenbar gelungen, fih in Paläftina zu 


jemitifchen Einfluß zurüdzuführen ift. Es Liegt ſehr nahe anzunchmen, daß im He 
eo bräifchen die Endung als die übliche yorm der nomina gentilicia betrachtet wurde, 


342 Bhilifter 


ſ. BIIS. 514ff. An ihren Tempeln batten fie Gottesbilder 1 Ca 5, 1ff.; fie nahmen 
diefe auch mit in den Krieg 2 Sa 5,21, wie die Jsraeliten die heilige Yade. Aus ya26 
ergiebt fich, daß ihre Wahrſager in Anfeben ftanden. Im Tempel des Dagon beitand 
die Eitte, daß Priefter und andere Befucher des Heiligtums den Fuß nicht auf Die Schwelle 

5 fegten 1 Sa 5, 5; vgl. Zeph 1, 9. In allen diefen Dingen liegt nichts Fremdartiges. 
Kenn mir aber die Nachrichten über die mahrfcheinliche Heimat der Rh. berüdichtigen 
und die vereinzelten Spuren fremder Wörter in ihrer Sprache hinzunebmen, fo empfiehlt 
fih die Annahme, daß fie nichtfemitifcher Herkunft geweſen find, aber in Ranaan bald 
die Spradie und die Religion des Yandes angenonmen haben. Zur Beltätigung dient 

10 der Umjtand, daß die Mh. die Beichneidung nicht übten 1 Ca 18, 25 ff.; 17, 26; Ri 
14,3; ja der Ausdrud „Unbefchnittene” jtebt geradezu für den Eigennamen Pb. Ri 15,18; 
1 Sa 14, 6; 31, 4; 2 Ca 1, 20, und in ber Aufzählung der Völker, die zwar bie 
förperliche Beſchneidung vollziehen, aber geiftig unbejdinitten find Jer 9, 247., feblen die 
Ph. Bemerkenswert it, daß die „Seevölker“ des Merenptah ebenfalls unbejchnitten find 

15 — Müller, Aſien 357f.); mit dieſen werden aber die Puraſati Ramſes' III. wer: 
wandt ſein. 

Für die Sat der Einwanderung der Pb. gewährt der Papyrus Golenifcheff einigen 
Anhalt. Tie Reife des Unu:Amon wird in das fünfte Jahr des Heribor gejebt, des 
Amonpriefters, der nach dem lebten Rameſſiden den Thron der Pharaonen befteigt (etwa 

20 1100, Ende der 20. Dynaſtie). Der Fürſt Bidir von Dor bat ſchon 16 Sabre früber 
eine ägyptiſche Geſandtſchaft empfangen, und die Agypter baben ſchon von feinem Pater 
und Großvater Holz gekauft. Demnach müſſen wir ung die Zakkari etwa 40 — 50 Jahre 
vor den Begebenheiten des Papyrus bereits als die ſeßhaften Herren in Dor vorſtellen; 
der Anfang der Anſiedelung wird jedoch noch weiter zurückliegen. Dieſe ſelbſt würden 

25 wir daher bis in die Zeit Ramſes' III. (1208—1180) hinaufrücken dürfen. Sie hat 
fih nicht in kurzer Zeit vollzogen, fondern muß als der Abfchluß längerer Unruben un 
Kämpfe veritanden erden, mit denen vermutlich die Auflöfung des Hetbiterreichs im 
nördlichen Syrien und der ägyptiſchen Oberherrfchaft in ſüdlichen Syrien zufammenbängt 
Um 1100 etwa hatten die Ph. bereits Israel zum Teil fich unterworfen. Es bat den 

50 Anjchein, ald ob fie bald nadı ihrer Feſtſetzung an der Hüfte auch in das Bergland vor: 
gedrungen find. Der Erfolg fiel ihnen mahrfcheinlich nicht zu durch ihre große Zahl, 
fondern durch ihre gute Bewaffnung und dur ihre Friegerische Tüchtigfeit. Der Ueber: 
gang zur femitischen Yandesiprache und Yandesreligion fowie die baldige Abnahme ihrer 
Macht laſſen ſich am einfachtten fo verftehen, daß ihre Zahl nicht ausreichte, um fich auf 

35 Die Dauer gegenüber den Ereigniffen in Kanaan felbitftändig zu erhalten. An Nachſchub 
aus der Heimat wird es gefehlt haben. Ihre Bewaffnung beitand, wie die ägyptiſchen 
Denkmäler zeigen, in Filzhelm, Panzer, großem runden Schild, kurzen Speeren, großen 
Schwertern und Streitvagen (W. Mar Müller, Aiien 364 ff.; 1 Ca 13, 5; 2 Sal, 6). 
Ihre Bogenjcdrügen werden 1 Sa 31,9 genannt. Man darf fie fih überhaupt nicht als 

#0 Barbaren denken. Wenn fie wirtlih aus Stleinaften famen, fo gehörte ihre Heimat zu 
dem Gebiet der ſog. mykeniſchen Kultur. 

In der Zeit, in der wir die Ph. mit Israel in Berührung kommen jehen, zerfiel 
ihr Gebiet in fünf Bezirke 773 Joſ 13, 2), deren Häupter ET7S genannt merden 
(1.2.311,50). Die VBororte dieſer Bezirke waren, von N. nach S. aufgezählt, Efron, Astor, 

s Gath, Aslalon und Gaza. Vielleicht entjpricht diefe Fünfteilung der Zahl der Etämme 
oder Gruppen, in Die die Scharen der Eroberer zerfielen. Tas AT nennt neben ben Pb. 
nur noch die SKeretbiter, TTE, Die den nordweltlichen Teil des Negeb (ſ. Bd XIII, S. 694, 19) 
inne batten. Tie Zakkari fünnten eine dritte Gruppe gebildet haben. Der Her von 
Gath, Achis, wird ! Za21, 10 (11); 27,2 König genannt; es muß unentfchieden bleiben, 

so ob ibm wirflib eine Tberleitung des Städtebundes der Pb. zuftand oder ob der irae 
litiſche Schriftjteller nur den in Kanaan üblichen Sprachgebrauch auf ibn anmendet. Ein 
Vergleich mit den ägyptiſchen Nachrichten zeigt uns ein in mehreren Zügen abmeichendes 
Bild. Tie Küftenftadt Tor und das binnenländifhe Waldgebirge gehört den Zafları, 
den Genoſſen der ‘Ib. Unter Namfes III. baben fie die ägyptiſche Grenze am fühlichen 

55 Yıbanon überſchritten. Dieſe Angaben find insgefamt wohl jo zu verftchen, daß fie un 
die Stationen des nah S. gerichteten Vordringens der Ph. zeigen. Anfangs bielten fr 
ih in den Gegenden auf, die den Hetbitern untertvorfen geweſen waren oder die zu dem 
Yande Amur, dem Gebiete der Amoriter, von den Agyptern gerechnet werben. Damm 
erſcheint das jüdlicher gelegene Tor als einer ibrer Zige. Es iſt kaum zweifelhaft, daß 

te von bier aus auch ibre Hand auf Die große Verfebroftraße, Die von ber Ebene Sarın 


Bhilifter 313 


durch die Vorböhen des Karmel in die Ebene Jeſreel führte (vgl. BPXIV S.597,1— 0), 
gelegt haben. Es befremdet freilich, daß die Umgebung von Dor und die Ebene Saron 
in die fünf Ph.Bezirke des AT nicht eingefchloffen zu fein fcheint. Wenn aber jpäter 
die Ph. gegen Israel felbjt am Gilboa kämpfen, jo müſſen fie doch damals die Ebene 
Saron und die Stadt Dor noch beherricht haben. Die Eroberung der jüdlichen Hüfte 5 
bis Gaza bezeichnet die Grenze ihres Vordringens. Ste batten dieſe fchon erreicht, als 
ihr Kampf gegen Israel begann, durd den fie in der Gejchichte am bekannteſten geworden 
find. Einige Angaben des AUT könnten freilich fo verjtanden werden, ald ob die Ph. 
ſchon viel früher, nämlich zu den Zeiten der Erzväter, in Paläſtina geweſen wären. So 
erzäblen Gen 26 und 21, 22f. von einer Begegnung Iſaaks und Abrabams mit dem 10 
Ph.-König Abimelech in Gerar; Er 13, 17 erwähnt fhon den Meg nad) dem Lande der 
Ph., Er 15, 14 kennt bereits Philiſtää und Joſ 13, 3 die Bezirke der Ph. Aber alle 
dieſe Stellen müſſen als Anachronismen betrachtet werden. Denn es jtebt durch die ägyp— 
tiſchen Denkmäler und durh die “Amärna-Tafeln feit, daß von dem Eindringen der Ph. 
in ihre fpäteren Wohnſitze vor der Zeit der 20. ägyptiſchen Dynastie nicht die Rede fein 15 
fann. Dagegen iſt es nicht unmöglich, daß die Wanderung der Daniten nah dem N. 
Ri 18 direkt oder indireft durch das Vordringen der Ph. veranlagt worden ift. 

In dem langen Kampfe zwijchen Israel und den Ph. find twahrjcheinlich dieſe die 
Angreifer geivejen; denn die erjten Nachrichten Des AT 1Sa 4, 1 ff. zeigen uns die Pb. 
an den Thoren des Berglandes zwiſchen Aphek und Eben Ezer, d. b. ettva am heutigen 20 
wädi känä oder am wädi der ballüt. Eie haben die Abjicht, das Hinterland ibrer 
neuen Heimat zu erobern; Israel ftebt demnach auf der Abwehr. Israel, d. b. haupt: 
fählid die Stämme Ephraim und Benjamin, wird ziveimal in die Flucht geichlagen; in 
dem zweiten Kampf geht fogar die heilige Yade an die Ph. verloren (vgl. 1 Sa Af.). 
Dieſe unterwarfen jih nun das mittlere Bergland, d. b. fie machten es tributpflichtig. 
Ebenjo wird es Juda gegangen fein. Dieſe Yage wird in den Simſonsgeſchichten Ri 13 — 16 
vorausgeſetzt (vgl. 10, 7), ebenjo für Samgard That Ri3, 31. Die Wh. legten an ein: 
zelne Orte Wachtpoſten; erwähnt tverden Geba (d. 1. Gibea Sauld Bd IX S. 578,355 — 15) 
1Sa 10, 5; 13, 3f. und Bethlehem 2 Sa 23, 14. Verſuchte man in JIsrael das Koch) 
der Fremdherrſchaft .abzufchütteln, fo fandten die Ph. zur Strafe eine größere Anzahl 30 
Krieger in das Bergland, die durch Nauben und Plündern die Bewohner in Echreden 
jegten 1 Sa 13, 17f.; 14, 15.22. Die Kurt vor den Pb. war jo groß, daß manche 
Seraeliten in die Reihen der Feinde eintraten und gegen ihre eigenen Bolfsgenofjen 
fämpften 1 Sa 14, 21. Die Herrichaft der Ph. bat jih damals über dag gejamte ſüd— 
lihe Paläſtina im W. des Jordans bis an die Berge Galiläas ausgedehnt. Site tft nicht 35 
etwa ſchon durh Samuel gebrochen worden, wie 1Sa7,5--14 im Gegenfag gegen alle 
anderen Nachrichten erzäblt wird, fondern erit durch Saul und David. 

Saul errang den erften Sieg über die Ph., die durd) den kühnen Überfall Jona: 
tbans bei Michmas in Vertvirrung gerieten und von dort bis nadı Ajalon zurüdgeworfen 
wurden 1 Sa 13f. Der Krieg gegen fie wurde unter Sauls Negierung nicht entfchieden 16 
1 Sa 14, 52; er vollzog ſich mehr in einzelnen Kleinen Gefechten, als in bedeutenderen 
Kämpfen. Ein hervorragender und beim Volke beliebter Führer des israelitiſchen Heeres 
war David, Sohn des Iſai aus Bethlebem in Juda 1 Za 18, 1--19, 8. Ein furzes 
Lied aus dem Munde des Volkes bezeugt uns ferne Erfolge gegen die Pb. (1 Sa 18,7), 
während die berühmte Erzählung über jeinen Zweikampf mit dem Niefen Goliath aus 45 
Gath 1 Sa 17 durd 2 Sa 21, 19 als ungefcdhichtlich erwiefen wird. Als jedoh Saul 
mißtrauifch gegen ihn wurde und ibm ben Aufentbalt in Israel ſchwer machte, entſchloß 
er jich, zu den Ph. überzugeben und ließ ſich und feinen 600 Kriegern von dem König 
Achis in Gath Ziklag (vgl. Bd XIITS. 696, 9- 30) als Wohnſitz anweiſen. Der legte 
Kampf Sauls mit den Ph. war eine größere Schladt am Fuße des Gebirges von Gilboa, so 
die ihm und mehreren Söhnen den Tod brachte, für Israel aber aufs neue den Verluſt 
der Selbititändigfeit und Freiheit bedeutete 1 Sa 29, 31. Die frübere Herrſchaft der 
Ph. über das jüdliche Baläftina wurde durch diefen Sieg wieder bergeitellt und auch da— 
durch nicht geändert, daß Isboſeth (j. d. Art. Bd IX S. 140) ın Mahanaim zum König 
ausgerufen und David von dem Ztamme Juda in Hebron als König anerfannt wurde 65 
2 Sa 2-—4. Als diefer aber an die Spite des ganzen Israel trat, betrachteten fie ihn 
ale Empörer und ſuchten ſich jeiner zu bemächtigen. Doch Davıd mußte den Vorteil, 
den ihm die ſchwer zugänglichen Höhen des Gebirges von Juda gewährten, geſchickt gegen 
die Th. auszunugen und errang nad zablreichen, größeren und kleineren Kämpfen den 
Sieg (wgl. 2 Sa 5, 17---255 21,15 —22;, 23, 9--17). Er führte nicht nur zur völligen co 


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34 Philiſter 


Freiheit Israels von den Ph., ſondern notigte dieſe auch, eine Oberberrichaft Darid⸗ 
wenigſtens in gewiſſem Grade anzuerkennen. Die Nachrichten des AT ſind in tie 
Hinſicht nicht klar genug; 2 Zas, 1b it unverſtändlich, wird aber wohl durch 1ChriS,1t 
zutreffend dahin gedeutet, daß David Gath und das zugebörige Gebiet eroberte. Damit 
hatte die Herrſchaft der Ph. über das Bergland und vermutlich auch über die Ebene 
Jeſreel ihr Ende erreicht. Sie waren jetzt auf die Küſte und ihr nächites Hinterland 
beichränft, hatten aber einen großen Teil der Handelsſtraße nah Agypten noch in der 
Hand. Gatbiter, 600 Mann unter der ;yührung des Ithai, waren Davids Zöltne 
2 Za15,18. Auch feine Leibwache, die Aretbi und Plethi 2 Za 8, 18515, 185 20, 7. 23; 
189g 1, 38. 44, bat wahricheinlih aus Ph. beitanden (vgl. Bd XI S. 89 7.1. Tas nt: 
fpricht der jo häufig geübten Zitte, Die Leibwache des Fürſten aus Fremden zu bilden. 

Neuerdings bat W. Mar Müller die Vermutung ausgeiprocen, daß die friegsgeubten 
Ph. von David nur deshalb beitegt worden ſeien, weil fie gleichzeitig unter ägyptiſchen 
Angriffen zu leiden gebabt hatten. Er macht desbalb den Vorjchlag, bereits für die Zeit 
Davids einen (ſonſt überbaupt nicht erwähnten) Kriegszug Siſaks I. (vgl. 1 Kg 14,25% 
anzunebmen. Aber dieſe ſebr mangelhaft begründete Annahme ſcheint mir dur die Um: 
ftände gar nicht gefordert zu werden. Der Sieg Tavids wird bewirkt durch die Vorteile, 
die er ım Gebirgsfriege ohne Schwierigkeit über die Ph. erringen Tonnte; man denfe nur 
an die Kämpfe der Juden unter den Maflabäern gegen die Syrer. Dazu fam, daß den 
Mh. aus Rückſicht auf ihre verbältnismäßig geringe Zahl (j. oben) an der Beendigung 
bes langen Krieges gelegen war. Zur Zeit Salomos baben die Agypter auf Grund ven 
1Kg 9, 16 ibre Cherberrichaft über das ſüdliche Syrien aufö neue geltend zu maden 
verfucht. Zu dem Zweck war zunädit notwendig, daß fie fich die Ph. unterwarfen. Aus 
der Verfügung über die Stadt Geſer ergiebt ji, daß ihnen das Damals gelang. Aus 


5 diefer Schwächung der Phb. ift es zu erklären, daß die Stadt Tor — vermutlich unter 


Zalomo -- von Israel abhängig wurde Ni 1, 27 f.; Joſ 17, 11, ferner daß Die Orte 
an der Ebene Jejreel und der Karmel in israelitiichen Belig kamen, fowie daß Salomo 
die Verfügung über den füdlichen Teil der Handeleftraße nad Agnpten erbicht. Als 
Zifaf I. unter Nebabeam die ägnptiichen Anſprüche wieder geltend machte, hat er allem 
Anſchein nach mit den Ph. feine Schwierigkeit; denn auf feiner Siegesliſte (ogl. W. Mar 
Müller, Aſien S. 166— 169) werden philiftätfche Städte nicht ald erobert oder geplündert 
erwähnt. Die Ph. werden es alſo veritanden baben, die ägyptiſche Soldateska fich recht: 
zeitig dom Yeibe zu halten. Die Abgrenzung des Gebiet? der Ph., wie fie im AT üblid 
iſt (j. oben), icheint daher die Yage der Pb. im Auge zu baben, wie fie fih nab dem 


5 Eingreifen der Agypter unter Salomo geſtaltet batte. 


Non einer jelbjtitändigen Entwidelung und Gefchichte der Ph. Tann von jetzt ab 
nicht mehr die Rede fein. Durch ihre Schwäche wurde die Vermifchung mit der alten 
einheimiſchen Bevölferung beichleunmgt, ihre Gefchichte wird immer mehr eine Gefcicte 
der einzelnen Städte. Die Kämpfe zwiſchen Israel und den Ph., von denen wir im 
AT noch erfabren, baben jegt nur geringe Bedeutung. Nach dem Abzuge Siſaks ſicherte 
Rehabeam die Grenze Judas gegen die Pb. durch eine Neibe von befeitigten Städten: 
Lachis, Mareſa, Adullam, Socho, Gath, Aſeka, Zorean und Ajalon 2 Chr 11, 7—2. 
Um Gibbethon, deſſen Lage wir nicht kennen, kämpfen die Könige Israels Nadab und 
Elanl Kg 15,27; 16, 15ff. Während Joſaphat von ihnen Geſchenke empfangen haben 


sjell 2 Ehr 17, 11, mußte ſich Joram Durch fie feine Schätze und feinen Haren rauben 


laſſen 2 Chr 21, 167. Gatb ſcheint durch Haſael von Damaskus für Juda verloren ge 
gangen zu fen 2 Na 12, 17, da vs von Uſia ebenfo wie Jabne und Asdod als cane 
feindlide Stadt bebandelt wird 2 Chr 26, 6. Unter Ahab follen die Pb. wieder Vor: 
teile errungen baben 2 Chr 28, 18; von Hiskia Dagegen wird 2 Sig 18, 8 erzählt, daß 
er Bis nab Gaza bin die Ph. zurüdgefchlagen babe. Der Prophet Amos verkündigte, 
daß auch die Städte der Ph. von dem Berichte Jahwes getroffen werden jollten (1,6— 3). 
Zpätere Propbeten wiederholten in allgemeineren Wendungen diefe Drohung Ier 25, 15#.; 
Zeph 2, 4ff.; 63 25, 15ff.; Sad 9, 57; Ob 10. Anfpielungen auf die Pb. oder 
einzelne ihrer Städte finden fihb außerdem Am 6, 2; Jeſ 9, 11 (12); 20. Die Er 


55 oberungszüge Der Aſſyrer trafen Das Gebiet der Pb. ebenſo wie Israel und Juda; unter 


ihren Städten batte Gaza befondere Wichtigkeit für die Herrichaft über Vorderaften, teil 
dort von Züdoften ber eine bedeutende Handelsſtraße aus Arabien mündete, nachdem die 
Könige von Juda die Handelsverbindung über Elath (f. Bd V, 285 ff.) aus ihren Händen 
verloren batten. Der erite, der den Tribut der Ph. Ende des 9. Jahrhunderts empfing, 


vo war Adad-Niräri III; aber erſt Thiglath Pilefer III. (745— 727) verband fie enger 


346 Bhilifter 


jedoh ohne Erfolg. Jonathan machte 147 einen vergeblichen Angriff auf Joppe, drang 
auf dem Rückwege nad der Befiegung des Apollonius in Asdod ein und legte die Stadt 
in Brand, wodurch der TDagonstempel zerftört wurde 1 Mal 10, 75—85. Askalon 
öffnete ihm freiwillig die Thore V. 86. Alerander Balas verlieh ihm die Stadt Efron 

5 mit ihrem Gebiet V. 89. Um 145 bebrobte er Askalon aufs neue und belagerte Gaza 
mit einigem Erfolge 1 Mak 11, 60--62. Bald darauf eroberte Simon die Stadt Joppe 
1 Maf 12, 33. und befiebelte es fpäter mit Juden; Ddiefelbe Maßregel führte er an 
Geſer aus (13, 11. 13—48). Alerander Jannäus (102— 76) vollendete Die Eroberung 
des Küftengebiets. Gaza gewann er durch Verrat und überlieferte e8 den Flanımen (Jos. 

ıw Ant. XIII 13, 3; 15, 4; Bell. jud. I 4, 2). Askalon hatte jedoch ſchon 10-4 v. Chr. 
die Nechte einer autonomen Stadt erlangt und entging deshalb einer Belagerung durd 
Die Juden. Pompejus befreite 63 v. Chr. die Städte wieder von der Herrſchaft der 
Hasmonäer und fchlug fie zu der Provinz Syrien; Cäfar gab jedoch Joppe an die Juden 
zurüd (Jos. Bell. jud. I 7, 7; Ant. XIV 10, 6). Antonius gab die Hüfte an Kleo— 

15 patra von Agypten 36 v. Chr., aber fhon 30 wurden Gaza, Anthedon und Joppe von 
Auguitus dem Herodes überiviefen. Nach dem Tode des Herodes wurde Gaza wieder 
ein Teil der Provinz Syrien, ebenjo Joppe nach dem Tode des Archelaus. Asdod und 
Jamnia erhielt Salome; nach deren Tode wurden ihre Einkünfte der Kaiſerin Yivia über: 
wiefen und fielen fpäter dem Tiberius zu. Anthedon und Gaza litten zu Beginn des 

zu jüdischen Aufftandes durch die Juden, Joppe wurde von Ceſtius Gallus erobert und jeine 
jüdische Bevölferung getötet. Aber die Juden geivannen es twieder und bielten es befegt 
bis zur Eroberung und Serftörung durch Wespafian (Jos. Bell. jud. II 18, 1. 10; 
20, 4; III 9, 2ff.). Jamnia wurde nad der Zerftörung Jeruſalems der Mittelpunkt 
der Juden in Paläſtina. 

26 Schon feit langer Zeit war in diefen Städten von den Ph. wenig übrig geblieben. 
Bereits während der Berferberrfchaft hatten ſich die Griechen in ihnen feitgefeßt und den 
Handel in ihre Hände gebracht. Wie fehr fie dieſen beberrfchten, ergtebt fi) aus der 
Zhatjache, daß die Münzen der Stadt Gaza aus der perfiichen Zeit teils phöniziſche, 
teilg griechische Auffchriften tragen, und daß fie nach attiſchem Münzfuß und mit attıfchen 

30 Typen bergeftellt tworden find. Es bedarf feiner weiteren Ausführung, daß nach Aleran: 
der dem Großen der griechiſche Einfluß ganz gewaltig zunahm. Die Verwaltung der 
Städte wurde nad) griechischen Muſter eingerichtet, die Yegende der Münzen tvar griechiich. 
Die Götter, die öffentlihe Verehrung genoffen, trugen griechifhe Namen: Zeus, Poſeidon, 
Apollon, Aphrodite, Athene ꝛc. Die Städte waren felte, zum Teil glänzende Sige Des 

35 Hellenismus. Aber daneben war das femitiihe Weſen doch noch nicht verſchwunden. 
Soviel griehifh aub in den Städten gefprochen wurde, das Landvolk und ſelbſt die 
unteren Klaffen der Städtebetvohner jpraden bis zum Ende des 4. Jahrhunderts nad 
Chr. aramäiſch. Das bezeugt ung Marcus Diaconus in feiner Vita Porphyrü c.66ff. 
Hinter den griehifchen Götternamen verbargen ſich urſprünglich einheimiſche Gottbeiten. 

0 Der Haupttempel von Agdod trug noch in den Zeiten der Hasmonäer den Namen Da: 
gong, der Stadtgott von Gaza hieß Marnas, d. 1. aramäiſch „unfer Herr“. Sowie dad 
Aramäiſche den Baal in einen Marnas, die Aitarte in eine Atargatis (Derketo) verwan⸗ 
delt hatte, fo machten die Griechen daraus einen Zeus und cine Aphrodite. 

In Bertreff der einzelnen Städte follen bier noch einige topograpbiiche Angaben folgen. 

35 Über Dor ſ. d. Art. Zamaria. Japho wird Joſ 19, 46 als Grenzort des Stamm: 
gebietes von Dan (j. Bd IX, 580, ff), ipäter als Hafenort für Jeruſalem genannt 
2 Chr 2, 16 (15); Esr 3, 7; Jon 1,3 (na Tharjis). Der Ort ift uralt, vermutlid 
weil die der Küfte vorgelagerten Felſenriffe für kleine Schiffe wenigſtens einigen Schuß 
boten. Auf den ägyptiſchen Inſchriften der 18. und 19. Dynaſtie (Jepu) bat cr fana: 

so anitiſche Bevölkerung (vgl. H. Brugſch, Geogr. Anfchriften II, 63 und Tafel 6). Die 
Agypter hatten, wie toir aus den "Amärna-Tafeln erfahren (Japu), einen Beamten dort; 
in dem Papyrus Anastasi I iverden jchon die ſchönen Gärten der Stadt mit ihren 
Dattelpalmen gerühmt. Später müfjen die Ph. den Urt unterworfen baben, da er mitten 
in dem von ibnen befeßten Gebiete lag; doch fehlt ein ausdrüdliches Zeugnis darüber. 

55 Zur Zeit Sanberibs gebörte I. zu Askalon (RAT’, 292). Dur die Perſerkönige kam 
es an die Phönizier (}. oben S. 345,30). Aus 2 Chr 2, 16 (15) bat man gejchlofien, 
daß der Ort zu Salomos Zeit phönizifch gewwefen wäre Wahrfcheinlicher ift aber, daß 
der Chroniſt nach feiner Gewohnheit die Werbältniffe feiner Zeit auf die Vergangenheit 
überträgt. Im NT wird J. (griech. Joppe) als Aufentbaltsort des Apoſtels Petrus er: 

60 währt, der bier Das Geficht von den reinen und unreinen Tieren batte (AG 9, 36. 43; 


348 | Bhilifter Bhilo von Alerandria 


Obwohl der uralte Handel mit Agypten faft völlig aufgehört hat, fo iſt doch ber beutige 
Ort noch ein wichtiger Markt für die Beduinen und ein Stapelplag für Gertte. In den 
Gärten der an Grundwaffer reichen Umgebung werden Olbäume und Palmen gezüchtet. 
Die beute fihtbaren Reſte aus früherer Zeit reichen nicht über das Mittelalter hinauf. 
5 In dein Boden werben bei Neubauten Gewölbe und Marmorftüde gefunden. Den Lauf 
der Stadtmauern hat Gatt auf dem in 3dP XI, Tafel II veröffentlichten Plane nad: 
gewieſen. Die Thore haben fih 3. T. mit alten Namen bis heute erhalten. Co weiſt 
der Nanıe bab el-mäimäs auf die Lage des alten Majumag, der Hafenftabt, bin. Sie 
lag an der Stelle des heutigen Hafens und hat fich teild am Strande, teil landeinwärts 
10 ausgedehnt. Ihre Reſte, Marmorfäulen u. dgl., find im Sande begraben. Diejer Hafen 
wird von Strabo und Vtolemäus erwähnt, wurde dur Konftantin den Großen unter 
den Namen Kwvoravreia zur Stadt erhoben, verlor aber durch Julian die Hechte einer 
Etadt und bieß feitdem wieder Majumas. Neben dem bäab el-chalil, dem Hebronthore, 
befindet fich ein muslimisches Heiligtum, das dem abwl-"azm, den „Starten“, nämlid 
15 Simfon, geweiht ift. Die Baurefte, die man unter der jeßigen Stadt findet, beweiſen, 
daß fie über einem alten Orte Steht, nämlich über der von Gabinius, dem Feldherrn des 
Pompejus, 61 vor Chr. neugegründeten Stadt. Tas ältere Gaza, alfo die von Alegander 
dem Großen belagerte Stadt, hat nach einigen Zeugniſſen des Altertums etwas nörd- 
licher gelegen; es wurde durch Alexander Sannäus 96 vor Chr. zeritört (vgl. Schürer, 
20 Geſchichte des jüdischen Wolfe "II, 87). Genaueres über die Yage dieſes „Alt-Gaza” ift 
nicht befannt. — Noch Südlicher lag Raphia, griech. Pagia, hebr. ren nach dem Tal- 
mud, heute tell refah, 3 km von der flachen und bafenlojen Küjte entfernt. Es war 
im Altertum nad) Polybius V, 80 und Joſephus, Bell. jud. IV 11, 5 die erite Stadt 
Syrieng von der ägyptiſchen Grenze ber, und heute läuft die Grenze Syriend gegen 
25 Ägypten nabe füblih von den Ruinen. Oſtlich vom tell refah zeigt man nod bir 
refah und chirbet refah. — Die legte Stadt der Ph. Gath, lag dem Gebiete Judas 
am nächften. Die Angaben 1 Sa 17, 1f. 52 (mo zu lefen ift: bi8 zum Zugang nad 
Gath) führen zu dem Schluffe, daß diefer Drt in der Nähe des heutigen wädi es-sant 
lag, nicht mehr in Gebirge, fondern in Tieflande. Nach dem Onomaitifon des Eufebius 
30 (ed. de Lagarde 244; 127, vgl. jedoch 246; 129) hätte e8 5 römiſche Meilen oder 
7—8 km nördlih von Gleutberopolis nach Diospolis (Lydda) zu gelegen. Diefes Map 
würde auf die offenbar alte Ortslage dikrin führen, die aber im Talmud jchon den 
Namen kephar dikrin bat. Dagegen fagt Hieronymus zu Mi 1, 10 (vgl. 2 Sa 1,20), 
daß Gath, damals noch ein bedeutender Ort, am Wege von Eleutheropoli® nach Gaza 
3 liege. Es ift bisher nicht gelungen, die Lage diefer Stadt zu beitimmen. Ta es feit dem 
Kriegszuge Hafaeld von Damaskus 2 Kg 12, 18 unter den Stäbten der Ph. gewöhnlich 
nicht mehr im AT genannt wird (vgl. Am 1, 7; Zeph 2, 1; Jer 25, 20), jo bat es 
wohl ſchon früb aufgehört, wirklich eine Stadt der Ph. zu fein. Guthe. 


Philo von Alexandria, der jüdiſche Religionsphiloſoph, geſt. um 12. — 
40a) Ausgaben ſeiner Werke. Die editio princeps (Bdiiwros lovöarav rıs ra rov Movocrux 
K00NHTONTIzA, taTooIxXa, vouoderıza* tov artov uoroßıßka. Philonis Judaei in libros Mosis 
de mundi opificio, historicos, de legibus; eiusdem libri singulares. Ex biblioth. regia. 
Parisiis, ex officina Adriani Turnebi, 1552) war unvolljtändig und litt an vielerlei kritiſchen 
Müngeln. Ebenfv die nächftfolgenden: Genevae 1613f.; Paris. 1640 und Francof. ad M. 
1691 (bloßer Abdr. der ed. pr... Wedeutend wertvoller: Philonis Jud. opp. ed. Thom. 
Mangey, 2 voll.f., Zunden 1742. Den Mangeyichen krit. Apparat bereicherte noch die un: 
vollendet gebliebene Ausg., in 5 Bden von N. F. Pieiffer, Erlangen 1785—1792 (2. A. 1820), 
deren Inhalt dem von Mangey in t. I u. t. II, 1--40 Gebotenen entipricht (vgl. Ereuzer: ThStK 
1832, 5--17 und 3.8. Miiller, Ueber die Tertfritif der Schriften d. Juden Philo, Baſel 
9 1839, Wejentlich nur den Manaeyfchen Tert gaben wieder C. Ernit Ridıter, 8 Bde 8" 
(Lpz. 1828--30, ſowie die Tauchnitz-Ausgabe (ebd. 1851—53). Allen Anforderungen der Kritik 
entipricht die einitweilen nod) unvollendete Berliner Ausgabe: Philonis Alexandrini opera ed. 
L. Cohn et P. Wendland, Berlin, G. Neimer, 1896 ff., big jept ABde 8Svo. — Zitier-Aus⸗ 
gabe bleibt für nachjtehenden Artikel in dev Hauptjade nod) die Mangeyihe Edition. 

b) Einleitungsihriften. Scheffer, Quaestiones Philoneae, I, Marburg 1829. N. F. 
&frörer, Philo u. die alerandrin. Theoſophie, oder: Krit. Geſch. d. Urchriſtent. 2 Bde, Etuttg. 
1823 Bd I, &.1-—113). Großmann, De Philonis Judaei operum continua serie et ordine 
chronologico comment., p. I. II, Leipzig 1841}. Dähne, Art. „Philo“ in Erih u. Gruber, 
Allg. Enc., Sett. III, Bd 23 (1847). E. Tiſchendorf, Philonea, inedita altera, altera nunc 
60 demum recte ex vetere scriptura eruta, Lips. 1868. H. Ewald, Geſchichte d. Volts Israel, 

3. A., Bd VI (1868), ©.257--312. Delaunay, Philon d’Alexandrie, éxerits historiques, in- 


m 
[et 


5 


350 Philo von Alexandria 


weilen in PBaläftina an den heiligen Ortern zu Serufalem ꝛc. ftattgefunden, ob erit nad 
der Nomreife oder ſchon in früherer Zeit, Teine Gemwißheit erbringen. Unglaubiürdige 
Sagen fpäteren Urſprungs find eg, die ihn ın Rom mit dem Apoftel Petrus zufammen: 
treffen, durch denfelben zum Ghriftentum befehrt werben, fpäter aber zum Judentum 
5 wieder abfallen lafien (vgl. Euf. H.E. II, 17; Phot. cod. 105 ete.). Vgl. noch 
Gfrörer a. a. O. J, 1—7; Steinbart, „Philo“ in Paulis Real-Encykl.; Ewald IV, 
2577. Gegen die Annahme des Letztgenannten, Philo ſei nicht Bruder, ſondern Theim 
des Alabarchen Alexander geweſen (jo auch Zeller, Philoſ. der Griechen III, 2) erklärt 
fih Schürer (Gefch. 2c. III, 490) wohl mit Recht. 
10 Bon den Echriften Philos, deren fchon Joſephus (Ant. 18,8, 1) im allgemeinen 
edenkt, bietet Eujebius (H. E. II, 18) ein ziemlich reiches, freilich nicht vollftändiges 
Verzeichnis ; doch find mehrere der bier ſowie in fpäteren Aufzäblungen, bei Hieronnmug, 
Photius, Suidas genannten Werke jetzt nicht mehr, oder nur noch bruchſtückweiſe erbalten. 
Verloren — bis auf geringe Fragmente bei Eufeb Praep. ev. VIII, 6f. —, üt die 
15 wichtige Schrift "Ynoderixd oder "Ynodxaı Oneo ’Iovdaiwr (d. b. wohl „Ratichläge, 
Lebendregeln für die Juden“), welches Wert mit der von Eufeb h. e. II, 18,6 e: 
mwähnten ’Anoloyia into ’Iovdalwv wohl identisch war (j. Echürer, 532f.); desgleichen 
drei Bücher von den unten zu eriwähnenden Quaestiones et solutiones in Exodum; 
zwei BB. der Legum allegoria (f. u); 1 Bud ITeol mod@v und 1 dgl. ITeol 
20 doducv, u. |. f. (Schürer, 534f.). Die Echtheit fämtlicher philoniſcher Schriften ver- 
fuchte zuerſt ein feinem Namen nad nicht mehr befannter ſocinianiſcher Theologe des 
17. Jahrhunderts zu verbächtigen, deſſen Behauptung, ein chriftliher Autor gegen Ende 
des 2. Jahrhundert? habe diejelben verfaßt und dem Juden Philo untergefchoben, Petrus 
Alixius beftritt („Ausfpruh der alten jüdifchen Kirchen wider die Unitarter in der 
25 Streitjache wegen der hl. Dreieinigfeit und der Gottheit unferes hochgelobten Heilands“, 
London 1699; a. d. Engl. Berlin 1707). Die mwindige, durchaus unhaltbare Hypotheſe 
nahm in unferem Sahrhundert ein Hpperkritifer jüdifcher Abfunft namens Kirſchbaum 
wieder auf, nur daß er ftatt eines mehrere chriftliche Tyälicher ded 2. Jahrhunderts den 
großartigen litterarifchen Betrug fpielen ließ (Der jüdifche Alerandrinismus eine Erfindung 
so hriftlicher Lehrer, Leipzig 1841); vgl. die faſt über Gebühr eingehende Widerlegung, 
melde Großmann (De Philonis opp. cont. ser., ſ. oben die Litt.) diefem Einfall 
widmet. — Größere Berechtigung, fer es wirkliche, fer es fcheinbare, kommt gewiſſen An: 
griffen der neueren Kritif auf einzelne Schriften zu. So it die Schrift De incorrup- 
tibilitate mundi (neo! dy:dapoias xöonov — zuerft gedrudt Venedig 1492) durch Frantel 
35 und Bernays als ein von einem Späteren zujammengetragener Gento aus verſchiedenen 
echten philonifchen Schriften darzutbun verjucht worden (Frankel, Paläftin. u. alerandr. 
Schriftforfhung 1854, ©. 33; Bernays in den Monatsberichten der Berl. Akademie 
1863, ©. 34 ff.) — während dagegen 5. Cumont (Philonis De aeternit. mundi, 1. ed. 
Berol. 1891) diefe Schrift als durch eine Blätterverjegung in ihre ichige unordentlice 
40 Geſtalt geratene echte Arbeit Philos erweiſt, unter Zuftimmung von Wendland, Norden 
(Sahrb. f. klaſſ. Philol, Suppl. 19, 1893) und Cohn (vgl. unten). Die von Auder 
aus dem Armenifchen berausgegebenen Reden über Eimfon und über Jona (Oratt. de 
Samson et de Jona, in t. VII opp. Philonis ed. Nichter, Lips. 1830) find ficer 
unecht (vgl. Großmann 1. e., I, 21; TDähne, ThStK 1833, IV); nicht minder Die Inter- 
3 pretatio hebraicorum nominum, welche nad Euſeb und Hieronymus don einigen 
dem Philo beigelegt wurde (Schürer, 5407), ſowie ein im 16. Jahrhundert einigemale 
unter Philos Name gedrudter Liber antiquitatum bibliearum (über melden neue: 
dings James in f. Apocrypha anecdota 1893, fowie %.Gohn im Jewish Quart. Rev. 
1898, p. 277 ff. und Sajter in der Schrift The Chronicles of Jerahmeel or the He 
so brew Bible Historiale, Yondon 1899, gebandelt baben. 

Bei mehreren anderen von der neueren Kritik angefochtenen Werfen läßt das Her 
rübren von Philo fih mit quten Gründen verteidigen. Gegen Frankels Angriffe auf 
das Buch Quod omnis probus liber (in der Monatsfchr. f. Geh. u. Wiſſenſch. des 
Judenth. IL, 30ff. 61ff.) batten ſchon Hersfeld (Geſch. Ser. II, 382) und befonders 

65 Zeller (Phil. der Griechen III, 2, I, 35) abwehrende Bemerkungen triftiger Art gerichtet. 
Gegenüber den neueren Verdächtigungen diefer Schrift jeiteng Ausfelds De libro IJeoi 
tov nayra onovöd. elvaı E&Aevd., qui inter Philonis Alexandrini opera fertur. 
Göttingen 1887) und R. Ohles (die Eſſäer des Philo: IPTh 1888; ſowie in der be 
fonderen Schrift: Die pfeudopbilonifchen Eſſäer und Therapeuten, Berlin 1888) jind 

co Wendland, A. Harnad, Hilgenfeld und befonders Krell (Philo, el T. nr. onovd. elya 


352 Philo von Alexandria 


a) Schriften kosmogo niſchen Inhalts: De mundi opificio (im griech. Original: 
IIegi ts ward Mwoea xoouonodas nicht wie viele Handfchriften bieten: [Jegi Mwosaxs 
xoouonoilas|), eine allegoriihe Erklärung des moſaiſchen Sechstagewerks Gen 1 — bie 
einzige Nepräfentantin diefer Gruppe (obſchon manches Kosmogoniſche nebenjächlicherweile 

sau in Schriften der folgenden Gruppe vorkommt). Taß diefe Schrift als erites Stüd 
zu den Allegoriae legis gebört babe, tft von Dähne unrichtigertveife behauptet worden, 
wie Schon Gfrörer nachwies; vgl. Schürer III, 512 (Separatausgaben diefer Schrift find 
die von J. G. Müller [Des Juden Philo Buch von der MWeltihöpfung erklärt, Berlin 
1841] und von Leop. Cohn [Philonis Al. libellus de opif. m. ed., Vratislav. 1889] 

10 — leßtere die tertritifch wichtige Vorläuferin der Ausg. derfelben Schrift, welche Bd I 
(p. 1—60) der Cohn-Wendlandſchen Philo-Ausgabe (1896) brachte. 

b) Schriften biftorifhen Anbalts, auch allegorifche oder genealogifche genannt, 
dem Inhalte der Geneſis Kapitel für Kapitel zur bift.-allegorifchen Erläuterung dienend. 
Es gehören bierber: Legis allegoriarum libri III, Die Allegorien des Geſetzes, eine 

15 ausführlide Deutung der Paradieſes- und Zündenfallögefchichte Gen 2, 1 bis 3, 19 (ed. 
Cohn, t. I, p. 61—169). Ferner De Cherubim zu Gen 2, 24; De sacrificio Abeli 
et Caini zu Gen 4,2. 3; Quod deterior potiori insidiari soleat zu Gen 4, 8—16; 
De posteritate Caini zu Gen +4, 17—26; De gigantibus zu Gen 6, 1—3 und Quod 
Deus immutabilis zu Gen 6, 1—10 (diefe beiden zufammen ein Buch bildend) ; ferner 

20 die vier Betrachtungen über Noahs Gefchidhte: De agrieultura zu Gen 9,20; De 
plantatione Noe zu derjelben Stelle; De ebrietate zu Gen9, 21—23; Resipuit Noe 
oder De sobrietate zu Gen 9, 24. ;yerner De linguarum confusione zu Gen 11, 1—9 
(in t. II der ed. Cohn-Wendl., p. 229—267) ; bierauf fünf Betrachtungen über Begeben: 
heiten aus Abrabams Gefchichte: De migratione zu Gen 15, 1—6; Quis rerum di- 

25 vinarum haeres sit zu Gen 15, 2—18; De congressu quaerendo eruditionis 
gratia zu Gen 16, 1—6; De profugis zu Sen 16, 7—15 und De nominum mutae- 
tione zu Gen 17, 1--22 (. c., II, 260—314 und III, 1—203). Hierauf folgen, aus 
dem weiteren Verlauf der Batriarchengefchichte eflektifch herausgegriffen, die zwei Bücher 
De somnis zu Gen 28, 12ff. (Jakobs Traum) und zu Gen 37. 47 (Sofepbs und 

30 Pharaos Träume) — ein wohl unvolljtändig erhaltenes Wert, da (nah Euj. II, 
18, 4) Philo fünf Bücher über die Träume verfaßt haben joll. — Endlih die Bio- 
graphien des erjten und des legten der vier teraelitiichen Patriarchen: De Abrahamo 
und De Josepho (die auf Iſaak und Jakob bezüglichen Schriften zwiſchen beiden find 
verloren), fomwie die urjprüngli nicht bierber gebörigen, aber in den älteren Aus 

35 gaben meiſt bier angefügten, weil aufs Gebiet des Exodus und der folgenden Bücher 
der Thora hinüberleitenden Bücher De vita Mosis (herkömmlich als drei gezählt, rid- 
tiger zwei). 

e) Schriften gefeßgeberifhen Inhalts — ethifche Betrachtungen, anknüpfend teils 
an Gebote des Dekalogs, teild an Nitualgefege, insbef. die in Le 1—7 enthaltenen. Es 

40 find die Schriften De decalogo, De eircumeisione; ferner zwei Bücher De mo- 
narchia über das erſte Gebot des Dekalogs: De praemiis sacerdotum, De victimis 
und De sacrificantibus (drei auf Le 1—7 bezügliche Traftate) ; De specialibus legi- 
bus 1. I, über das dritte Gebot; De septenario über das vierte Gebot; De festo 
cophini und De colendis parentibus über das fünfte Gebot; De legibus speciali- 

45 bus II. über daS 6. und 7. Gebot; De concupiscentia über das legte Gebot. Ferner 
die Schriften De judice, De justitia, De creatione prineipum (ju Dt 17, 15ff), 
De fortitudine, De caritate, De poenitentia (diefe drei eine zufammengehörige Schrift 
bildend, wie aus Euſ. h. e. II, 18,2 (Ileoi T@r toı@v doer@v xrA.), ſowie aus Clem. 
Al. Strom. II, Sisq. bervorgebt; vgl. Wendland im Hermes Bd XXXI, 189%, 

oE.435ff., ſowie Schürer S. 519); De nobilitate (griech. IIeol edyevelas — nad 
Mafjebieau und Wendland ein an De poenit. ſich anjchließender Traftat; vgl. Schürer, 
521f). Endlich die über die Abjchnitte Dt 28, 30ff. und 30, 10 ff. handelnden Traftate 
De praemiis et poenis und De exsecrationibus (Wangen, II, 498 —137), welche ein 
Ganzes bilden und, wie ibr Zurüdbliden auf die geſamte alttejtamentliche Urgefchichte 

65 von Enos und Noah an zeigt, als eine Art von Epilog zur Darftellung der moſa. Ge 
jeggebung erſcheinen. 

II. Philoſophiſche Schriften, berrührend aus Philos Jugendjahren und megen 
ibres eigentümlichen, von den fpateren Arbeiten teilweise ſtark abweichenden Lebrgehalts 
jeitens der neueren Kritik mehrfach angefochten (vgl. oben), nämlich: De incorruptibili- 

so tate mundi; Quod omnis probus liber; De vita contemplativa. Hierher gehören 


354 Bhilo von Alerandria 


Die Lehre Philos. — Großmann, Quaestiones Philoneae. I. De theologiae Philonis 
fontibus et auctoritate. II. De Ay, Philonis, 2pz. 1828. Gfrörer a. a. O. Bd II. Zähne, 
Geſchichtl. Tarjtellung der jüd.zaler. Neligionsphilof. 2 Tle, Halle 1834. Derf., Art. „Bhilo“ 
in Erſch und Grub. Enc., a. a. DO. — Georgii, Leber die neuejten Gegenfäge in Auffafſung 

5 der aler. Neligionsphilofophie: 35T 1839, III und IV. SKeferftein, Philos Lehre von d. 
göttl. Mittelweſen, zugleich eine kurze Tarjt. der Grundzüge des philonifchen Syſtems, Leipz 
1846. J. N. Dorner, Entwickelungsgeſch. der Lehre von d. Perfon Chriiti, Bd I. Wolff, Die 
philon. Philvfophie in ihren Hauptmomenten dargejtellt, 2. A. Göteberg 1858. Frankel, Zur 
Ethik des jiid.zaler. Nhilofophen Philo: Monatsſchr. f. Geſchichte und Wiſſenſch. des Juden⸗ 
tums 1867, ©. 2415. 281 ff. Ed. Zeller, Tie Philoſ. der Griechen in ihrer geihidhtl. Ent: 
widelung IV (4. Aufl. 19031, S. 3855. Mar Heinze, Die Lehre vom Logos in der gried) 
Philoſophie, Qpz. 1872, ©. 204—297. Soulier, La doetrine du Logos chez Philon d’Ale 
xandrie, Turin 1876. Sean NReville, Le Logos d’apres Philon d’Alexandrie, Gendve 18:7. 
Derſ., La doctrine du Logos dans le quatri&me Svangile et dans les oeuvres de Philon, 
Paris 1881. Frz. Klaſen, Tie ATL Weisheit und der Logos der jüd.zaler. Neligionspbilo: 
fophie, Freiburg 1879. Micolas, Etudes sur Philon d’Alex., in d. Rev. de V’hist. des reli- 
gions, t. V--VIII (1882—1883). James Drummond, Philo Judaeus, or the Jewish-Ale 
xandrian Philosophy in its developement and completion, 2 vol, Lond. 1888. Wa 
Freudenthal, Tie Erkenntnislehre Philos v. Alex. (Difj.), Greifswald 1891. C. Kiefewetter, 
o Geſch. des Occultismus (1891f.) I, 2, 693—751. Ziegert, Ueber die Anfäge zu einer My: 
jterienfehre, aufgebaut auf den antifen Viyjterien bei Rhilo Judäus: ThStK 1894, S. 706 
bis 732. P. Wendland, Philo und die kyniſch-ſtoiſche Diatribe: Beiträge 3. Geſch. der griech. 
Philoſ. v. Wendland und Stern, 1895, S. 1—75. Anathon Aal, Geſch. der Yogosidee in der 
griech. Philoſ. und in der chriftl. Litteratur, 2 Tle, Lpz. 1896—99. Ed. Herriot, Philon le 
25 Juif. Essai sur l'é—ndole juive d’Alexandrie, Par. 1898. E. Schürer, Geſch. d. jüd. ol, 
»III, 542—562. Theod. Simon, Ter Logos; Verſuch einer neuen Würdigung ꝛc., Lpz. 1, 
©. M zeuflet, D. Religion des Judentums im neuteftamentlihen Zeitalter, Berlin 198, 
©. 411-331. 
Zur Betrachtung der Lebreigentümlichkeiten Philos übergebend, haben mir zu 
30 zunäcjt von feinen Bildungegrundlagen und feiner Stellung inmitten der alerandriniik- 
jüdifcehen Yitteratur im allgemeinen zu handeln. Die eigentümliche Kombination jüdiſch⸗ 
monotbeiftiicher Gottesweisheit mit bellenifcher Weltweisheit, welche ung in den philonifchen 
Schriften entgegentritt, batte ſchon cine lange Neibe von Vorgängern gehabt, auf dena 
jtehend Philo feine Yebrmetbode und Weltanficht, als einflußreichites leßtes Glied diefer 
35 alerandriniſch-helleniſtiſchen Tradition, entividelte. An die Epige dieſer philofopbierenden 
Juden Alexandrias twird herkömmlicherweiſe Ariftobul gejtellt, ein peripatetifcher (oder ge 
nauer ftoifch-peripatetifcher) Denker um die Mitte der dreibundertjährigen Ptolemäerzeit, 
deſſen geſchichtliche Exiſtenz die Kritik modernsjüdifcher und chriftliher Gelehrten (fie 
Grätz |Monatsicr. f. d. Gefch. des Judentums 1878], Joel [Blide in die Neligiond- 
40 gejchichte zu Anf. des 3. chriſtl. Jahrh., 1880|, Nenan, Trummond, Elter [De Aristo- 
bulo Judaeo, Bonn 1894 7.|, Willrich uden und Griechen vor der makkab. Erhebung, 
1895 20.) teilweiſe ganz zu leugnen, teilweise als zweifelhaft darzuthun werjucht bat. Tie 
Behandlung der Nachrichten über diefen Nriftobul als gänzlich fiktiv, d.h. als einer chrift- 
lien Fälſchung des 2. Rabrbunderts entſtammend (jo Elter), mag als hyperkritiſch ak 
45 zulebnen fein (vgl. Boufiet, Art. „Arijtobul”, BP II S. 49, 37f., auch desfelben „Religion 
des Judentums, S. 257); doch kann ibm eine fo bobe Autorität als philoſophiſchem 
Norgänger und Yebrmeifter Philos, wie manche frühere Darjtellungen — darunter mehr 
oder weniger auch die in 2. Aufl. d. Enc. (XI, 610.) —- fie ihm beilegten, Taum mit vollem 
Rechte zugefchrieben werden; vielmehr wird der von ibm auf unferen Alerandriner geübte 
so Einfluß, als ein nur mäßiger zu gelten baben (vgl. beſonders auch Mal a. a. O. II, 
10- 12). Immerhin kann Mriftobul nicht ganz aus der Neibe der jüdifchen Vorgänger 
Philos gejtrichen werden. Die bei dem leßteren zu voller Ausbildung gediehene apologe 
tiſche Allegorifierungsktunft bat doch auch jener fchon geübt und ift damit für While und 
andere vorbildlich geworden. Schon bei ihn findet fih das Streben, Elemente bellenifd 
65 philejopbijcher Weisheit mit den Grundgedanken des altteftamentlichen Monotheismus zu 
verſchmelzen und auf dem Wege allegorifcher Auslegungskünſte als bereits in den Büchern 
Moſis enthalten zu erweiſen. Schon er jucht Die menfchenähnlichen Eigenjchaften Gotte 
ins abjtraft Geiltige umzudeuten und, in Verbindung mit dieſem Trachten nad Befe: 
tigung des Anſtößigen der bibliichen Antbropomorpbismen und -pathismen, zwiſchen bee 
er geiftige Weſenheit Gottes und die Erſcheinungen der Sinnenwelt gewiſſe Mittelweſen oder 
bypoſtatiſche Kräfte einzufügen. Spuren einer ähnlichen Betrachtungsweiſe begegnet man 
bei den ungefähr demſelben Zeitalter angebörenden Urbebern der alexandriniichen Über: 
jegung des ATs (Zubjtitution der Engel für den Namen Gottes an Stellen mie Je, 


5 


— ⸗ 
el 


12 
— 


356 Philo von Alexaudria 


rufen, deſſen Weg dann die folgenden Theologen, namentlich von der alexandriniſchen 
Schule, weiter verfolgten” (J. G. Müller, Art. „Philo“ in Aufl. 1 dieſer Enchykl.). 

Zu einem dogmatiſchen Syſtem mit ſynthetiſch-lokaler Anordnung geſtaltet ſtellt 
Philos Lehrbegriff ſich folgendermaßen dar (vgl. die Überſichten bei Schürer III, 551 

6 bis 561 und befonders bei Zeller‘, IV, 385—467). 

I. Gott an fıd. 

Zwiſchen Gott an fih und dem ſich offenbarenden Gotte aufs ſtrengſte zu fcheiden, 
erforderte ſowohl der altteſtamentlich-theiſtiſche Standpunkt Philos, ald fein aus plate 
niſcher Spekulation ftammender Dualismus zwiſchen Geift und Materie, Unendlicem 

10 und Endliben. Daber weiſt er einerfeit3 alles Pantheiſtiſche, alle Kreaturvergötterung 
mit größter Schärfe zurüd, andererjeits wehrt er alles Anthropomorphifche und Antkro- 
popatbifche von jeiner Gottesvorftellung angelegentlichft ab. Nur um den großen Haufen 
zu fchreden, rede die Schrift zumeilen vom Zorne Gottes (Quod deus immutab,, 
p. 272sqqg. Mang.); nicht bloß menschliche Gliedmaßen oder Körperteile, ſondern über 

15 haupt etwas Körperähnliches Gott beizulegen fer unerlaubt. Gott fei abfolut körperlos 
und außerhalb der Körperwelt, zwar alles umfafjend, aber von nichts umfaßt (De somniis 
I, 630 M). Wie außerhalb des Raumes, ift Gott auch außerhalb der Zeit, ein abiolut 
raum wie zeitlofes Weſen, ja feinen Weſen nad) eigentlich unerfennbar (erfennbar nur 
xcuoꝰ vUnagkıy, nidt xaT olciav; De nom. mutat. p. 82; vgl. Leg. alleg. I, 50. 53). 

20 Der cinzig bezeichnende Name für Gott ift daher „das Sein”, r6 Öv oder 6 av, aus⸗ 
gedrüdt durch das heilige Tetragranınaton (nm), das mit Recht von den Juden gebeim 
gebalten und nur vor geweibten Uhren ausgeiprocdhen wird (De Abrah. p. 367; Wit. 
Mos. II, 92 u. a.; vgl. Plato im Tim. p. 28). — Iſt ſonach Gott eigentlich obne alle 
Qualitäten oder eigenſchaftslos (Arrouos, Legg. alleg. I, 1, 50), fo lafjen doch gewiſſe 

5 Attribute zur Kennzeichnung feines Weſens gegenüber dem freatürliben Sein ſich nicht 
vermeiden. So dag der Unmwandelbarfeit oder Unveränderlichkeit, ausgedrüdt durch Ad⸗ 
jektiva wie droentos, dueraßintos, äxkuns, B&eßaros, loaitaros, und zum Gegenſtande 
bejonderer Betrachtung in einer ganzen Schrift gemacht (Quod Deus sit immutabilis), 
Ferner die Attribute der Einheit (Gott iſt udros, Ev, els xal To näv adıös, u. ſ. jJ 

so der abfoluten Einfachheit im Gegenſatze zur zufammengefegten Natur der Gefchöpfe (Gott 
it eidızgeviis, dxoampyns, xadapds; er it od oryxoına, jondern PVoıs cs dndj = 
De mut. nom. I, 580), der vollflommenften reibeit (De somn.I, 692) und Seligfet, 
kraft deren er unberührt bleibt von allem Kreatürlichen, Materiellen und den daran haf- 
tenden ilbeln (De sacrificantibus p. 857 ; DeCherubim p. 122; De Abrah.p.37R), 

35 der höchſten VBebürfnielofigfeit und Selbitgenugfamteit (er ift dvemdens, obdevös_ zor- 
or, abraox£oraros Eavro, De fortitud. II, 377), fraft deren er allein in feinem 
Verhältnis zu Anderen jtebt, Feines der zzoos ru befhaffenen Wefen ift (De mutat.nom. 
I, 582). Wird Gott das Gute fchlechthin, TO dyaddv, genannt, fo gejchieht dies doc 
nur in dem Sinne, daß er, der Duell alles Guten, als befler denn alles Gute zu gelten 

40 bat (De mundi opif. p. 2). Wird er „Licht“ genannt, fo gejchieht das lediglich in 
bildlichem Zinne, um anzudeuten, daß diefes göttliche Urlicht um fo viel beller fer als 
das fichtbare Yıht der Sonne, wie dieſes die Finſternis an Helligkeit übertreffe (De mundi 
opif. p. 6. 15; De somn. I, 576). 

II. Bott in feiner Bezogenbeit auf die Welt. Die Schöpfung. 

45 Trotz jener Überweltlichteit und Abgezogenheit von allem geichöpflichen Sein, fommt 
Gott Feine abjtrafte Transfeendenz, jondern zugleih auch wahre Immanenz im Berbältnis 
zur Welt au; er ift der alles Erfüllende, alles Durchdringende, nichts leer Laſſende (Legg. 
alleg. I, 52. 88). Er it der Melt Urheber, die böchite Urfache alles Seins (6 afııos 
oder TO aitıov, TO Önaorjotor, auch 6 Toms, Autijo, Önmovpyös ete.), von dem 

co Die gefamte Geiſter- wie Sinnenwelt abbängig it (De somn.1, 588; Legg. alleg. I, 4). 
Gleich jenen Attributen, Die ſeine Transſcendenz oder Unabhängigkeit von der Welt aus 
drüden, kommt ibm daber auch eine Neibe Eigenjchaften der Bezogenbeit auf die Welt 
zu. So die Allmact, fraft Deren ibm alles möglid (De mundi opif. p. 9; De Jo 
sepho p. „#1 ete.) und er die wirkende Urfache von Allem it (TO ÖoaorroLov alıor, 

ös De Cherub. p. 621; De mundi opif. p. 2, ) doyN) tod doäv, Legg. alleg. I, 4), 
die Allwiffenbeit, Traft deren ihm alles bekannt iſt und er auch das Zukünftige vorau& 
ſieht (De ling. confus. p. 1130), die Weisheit, fraft deren er den Rat und Berftand 
aller Menſchen unendlih übertrifft (De migrat. Abr. p. 394). — Bei dem tdt 
ſchöpferiſchen Verhalten Gottes (vgl. J. ©. Müller zu De opif. mundi (1841); Ei 

60 fried, Philo ꝛc. S. 230 ff.; Aal I, 190 ff; auch J. Horowitz, Unterfuhungen über Philos 


358 Phils von Wlerandria 


Zahl nad unermeßlich, zerfallen fie in mehrere Klaſſen, namentlih in wohlthuende (za- 
orarıxal) und in ftrafende Kräfte (xodaotıxai): De linguar. conf. 345; De profugis 
161; val. De sacrif. Abel 1:39. gl. Quis rer. div. haer. 503sq., wo zufammenfailen 
von einer wohlthuenden Hauptlraft, dyadoırns genannt, durch melde Gott die Welt 
s jchuf, jomwie von einer jtrafenden, der doyn, durch welche er die Melt regiert, die Rede it 
ebenſo De Cherub. p. 144 und De sacrif. Abel. et Caini 17:3). Höher als dieje beiden 
Sauptkräfte der (Hüte und der Herrichergewalt, überhaupt den Gipfel der ganzen Reibe 
von Mittelwejen und ibre abjchlupmäßige Zufammenfaflung bildend, erſcheint der gött: 
lie Yogos (De posteritate Caini, S ». 26; De profugis 560; Quaest. in Exod. 
»» II, 68). Er wird einerjeits mit zu den Mittelivefen oder göttliben Kräften gerechnet, 
wie Denn diefe nicht ſelten auch Aoyoı (Aöyor areguauıxoi, Adyoı av Ökmv etc.) ge 
nannt werden; andererſeits ericheint er als höherſtehend, herrlicher und erbabener dem 
fte, als Inbegriff ihrer aller (Övvaıs zart &Eoyıiv, Övvauıs N ueydin, auch Aöyos 
ozennatıxös ſchlechtweg im Unterjchiede von jenen einzelnen Adyor onepuarıxoi: Qui 
ıs rec. div.h. 197; De somn. I, 575; De linguar. confus. 324; De mundi opif.9). 
Bildlich heißt er daher der „Wagenlenker“ der Kräfte oder auch deren „Mutti 
(De profugis p. 1648q.); ferner ibr Water und Führer (De somn. II, 1134), ik 
Aelteiter und Erſtgeborener (Leg. alleg. III, 93; Quis rerum 509). Eind die übrigen 
Mittelweſen Engel oder Boten Gottes &yyeloı (De ling. conf. 345; De somniis |, 
#,586; De vit. Abrah. 136), jo ift der Yogos der „ältelte Engel” oder „Erzengel“ (De 
ling. conf. 41; Quis rerum 509; vgl. Aall 201). Zu Gotte felbjt ſteht der Logos 
m Dem innig nahen Verhältnis, daß er unmittelbar aus feinem Weſen ausfliegt, während 
Die übrigen Aoyor oder Örraueıs erſt wieder von ihm ausfliegen und fich entfalten 
zwiſchen Gott und dem Yogos tft fein Zwiſchenraum; jener ift 5 AaA@v, dieſer 6 Aeyo- 
7, juros (De prof. 165). Auch „zweiter Gott” wird der Logos gelegentlich genannt 
((Quaest. in Gen., fragm. M. II, 625), oder Gottes Ebenbild (De ling. conf. 341; 
Lege. alleg. TI, 79), Gottes Statthalter (De agricult. 19%; De somniis I, 6), 
(GGntteo Gepräge (zavaxıno, De plant. Noe 217), Gottes Werkzeug (De Cherub. 129), 
(Sottes Mittler (eeoinys --- wegen der bei. Wichtigkeit dieſer Benennung ſ. Wal 192) 
s» Welche Rolle er bei der Weltſchöpfung fpielt, erhellt zur Genüge aus der lebten dieſer 
Benenmungen. Der Xogos ift es, durch welchen (ö? 00) die Welt von Gott gejchaffen 
ine (De Cherub. 1. c. u. öfter. In ihm ſubſiſtierte bei der Schöpfung zunädtt 
Synumel und Erde, d. 1. jene göttliche Spealwelt (De opif. mundi 4. 5). Es iſt der 


tb ber Ideen, der dieſe durch Teilung oder Scheidung aus fich berausfeht, aber Adyos 
tous tiny orısarteo» (Quis. rer. div. haer.) Turd ihn drüdt Gott die mitte | 


neben Mräfte, welche in ibm ruben, glei dem Gepräge eines Siegelringes in die Materie 
linrin; daber feine Bezeichnung als „Ziegel Gottes” oder „Siegel des Meltalld“ (De 
profug. 152; De nom. mutat. 1165). Er iſt dag „Band aller Dinge” (De profug. 
1.7), ber Ztattbalter Bottes, durch den diefer alles zufammenbält, jtüßt, ordnet (De somn. 
ud, Gum; Vit. Mos. III, 673). Auch als Hoherpriefter (doyıegevs) und Fürſprecher (naod- 
“/yto,) für Die Menſchen bet Gott wird der Logos gelegentlih bezeichnet (De gigant. 
Il, 60; De migrat. Abr. 152, ete.; Vit. Mos. II, 155 — vgl. Aall 202, Edür. 556) 
Mus Dem Synonypmum onun, deſſen ſich Philo zuweilen bedient (De sacrif. Abel 
ll; ol. Lege. alleg. T, 11: Öyuarı, ed Heös rarıa zorei), erhellt unzweifelhaft, dei 
han Der Vogoso Day bibliſche Schriftwort ift, die altteftamentliche Mittelamacht des göft 
Inn -chaſſens (Gen 1, 3; Pſ33, 65 Dt 8, 3; Me Sa 9, 1ff.) und Meltregiermd 
21 13, 264. Andererſeits zeigt jenes Entbaltenfein der vielen Logoi in dem einen Logot, 
ſuwie Pie gelegentliche Sleichfegung von Aoyos und Aoyiouds (De mundi opif. 5), 
ray ıı bei Ausbildung des Begriffes ſich an die griecdhifchen Philoſophen angelehnt Pit, 
satte nr zunächſt und vornehmlich gewis an die Stoifer. Ihnen erjcheint IN 
Yylınltion zwiſchen einem Zoyos Erdiaderos und A. rooropıxös nachgebildet, die a 
utimal zwar nicht bezuglich des göttlichen aber doch betreffs des menſchlichen Logos madt 
tl De vit. Mos. III, 672 mit Plutarch, Philosophis esse ce. principibus collo- 
guendum, e 9. Syvnonym mit Logos gebraucht Philo zumeilen auch den durchs I 
„br Lenyebntenen Vegriſf der güttliden Weisheit (oogia. &uormmun), Doch dies verhält 
nr maßiſg Jelten und meiſt jo, daß dieſe Weisheit vom Logos mehr oder minder deutlih 
unterſchieben und als eine von ibm ausgehende Kraft oder Cigenfchaft gefaßt wird (De 
profug. 10; Lage alleg. IT, 1103) - - gleichiwie er auch den göttlichen Geilt (mei 
or, m. tooyzrxor) ale eine vom Logos veridiedene Potenz bebandelt (De mund 
wopif. . 11.505 De gigant. 287. 290, De profug. 177). 


360 Philo von Wlerandria 


fie fih den Anfchauungen und Begriffen der Schwächeren anbequemt (Quod Deus im- 
mutab. 280sq.; De somn. 656). Jener unmittelbare Ausdrud der geoffenbarten Kakr: 
beit ift der biblifche Wortfinn: 7 önm xal Ypavepa Anödooıs, al 6mtal yoayaı, ij 
nn Öunynoıs (De Abrah. 29. 35; De Joseph 46), der äußere Körper der Uffen: 
5 barung, melden der allegorifche Einn gleich einem feinen Fluidum allenthalben, wie die 
Seele ihren Leib, durchdringt und erfüllt. Nicht der MWortfinn, fondern der zum Ver— 
ſtändniſſe des Volkes fich berablafjende allegorifche oder uneigentlihe Einn iſt das Por: 
berrfchende im Geſetz (oyed0v ta närra t4 nisiora Tjs vouodeoias dAAnyopektaı, 
De Joseph 46; ta niAeiora raw &v vouoıs oVußola gyavspa dyarav xai Oma 
10 doonjtwv, De spec. legg. 329). Die Fälle, wo dem eigentlihen Schriftſinn der alle: 
gorifche vorzuziehen ift, erfcheinen bei Philo in fürmliche Hegeln gebracht. Ausgeſchloſſen 
it nah ihm der Mortfinn: a) wenn die betreffende Stelle etwas Gottes Unmürdiges 
befagt, wie: „Gott pflanzt Bäume, fragt den Adam, jteigt vom Himmel herab”; b) wenn 
der Wortlaut fich ſelbſt Miderfprechendes befagt, 3.3. wenn Ismael bei Hagar bald als 
Cäugling, bald als Knabe erfcheint, wenn Kain jchon eine Stadt baut, wenn der Cunud 
Potiphar ein Weib haben foll, ꝛc.; ce) wenn die Schrift ſelbſt finnbildlich redet, durch 
Ausdrüde wie „Baum der Erkenntnis, Baum des Lebens”, durch ein Reden der Schlange, x. 
Ferner gilt ein tieferer Sinn ihm indiziert in einer Neihe von Fällen; a) bei Ber: 
doppelung des Ausdruds (3. B. „Abrahanı, Abrabam” Gen 22, 11; „Menſch, Menſch“ 
20 Le 18, 6); b) bei Setzung überflüffiger Morte (namentlich des veritärfenden Infinitivs 
beim Verbum finitum, wie in möt temutün, Gen 3; 4, mo zunächit der leibliche, 
weiterhin aber auch der geiftliche Tod indiziert ift); c) bei Wiederholung von etwas früber 
Gefagtem mit geringer Veränderung; d) bei Wortipielen u. dgl. Näheres über dies alles 
famt den betreffenden Belegen f. bei Siegfried, Philo 2c., ©. 162 ff. Über Philos Art 
25 des Bitierend aus den altteftamentlichen Schriften val. die Dionographie von H. E. Role, 
Philo and Holy Scripture, or the Quotations of Philo from the Old Testament, 
London 1895. 

V. Philos Sittenlehre. (Vgl. Siegfried, Philo v. Aler. ıc. S. 249—272; Wend- 

land, in den Beiträgen zur Geſch. der griedh. Philoſ. u. Religion, 1895, S. 1-75; Tittin, 
30 Die Lehre v. den Tugenden und Pflichten bei Philo, Bern 1898; Herriot, 288-302). 

In der Lehre vom Sittengejeß fteht Pbilo auf ftreng monotheiſtiſchem, altteftament- 
lichem Standpunkte; in der Tugenblebre lehnt er fih an Plato und die Stoifer an. — 
Das göttlibe Eittengefeh gilt ibm als eine die ganze natürliche mie fittliche Welt 
umfaſſende Ordnung; das gefchriebene Geſetz Mofis ift ſichtbarer Abdrud des Naturgeſetzes, 

85 nad) welchem die Patriarchen lebten, während die heidniſche Menichheit mit ihrer Biel: 
götterei, Magie, Aftrologie, Zeichendeuterei, zu ftrafwürdigem Unfug abgeirrt ift (De mundi 
opif. 9. 33; De vit. Mos. II, 656; Quis rerum ö21 sq.; De monarch. I, 819 sq.; 
De migrat. Abrah. 415 sq.). Das israelitiiche Kultusgeſetz bedarf überall geijtiger Teu- 
tung. Seine Opfer gehen allegoriſch auf Remigung von Fehlern und Laftern, feine Feſte 
auf Hetligleit und QTugend, feine Beichneidung auf Herzensreinheit u. f. f. (De vietimis 
849; De septenario; De festo cophini, ete.). --- Unter den Tugenden nimmt 
allerdings, anders als dies in der Tugendlehre der bellenischen Pbilofopben der Fall if, 
die ‚srömmigfeit (famt der Yicbe zu Gott und dem Glauben) die oberjte Stelle ein (De 
mundi opif. 35; De plantat. Noe 255; De Abrah. 358 ete.). Allein im übrigen 
twerden die Haupttugenden gemäß dem bekannten platonifch-jtorichen Schema gegliedert. 
Die vier Nardinaltugenden findet er ſchon im Paradieſe ala der Stätte der Tugenden 
ſchlechtweg (vgl. oben IV); aus dem Hauptſtrom, der „Güte“ (dyadörns) entipringen 
bier die vier Flüſſe Phiſon, d. i. Klugheit, Gihon d. i. Tapferfeit, Chiddekel d. i. Mäßig: 
keit, Phrat d. i. Gerechtigkeit (Leg. alleg. 56 8q.; vgl. Zöckler, Die Tugendlehre des 
co Chriſtentums ꝛc., ©. 10f., ſowie die weiterhin daſelbſt gebotenen Nachweiſe über die viel: 
fache Nachbildung dieſer Paradieſesallegorie bei Kirchenvätern, ©. 80; 114; 121 f.). Be 
ſonders hoch preiſt er unter den nicht-theologiſchen Tugenden die Mäßigkeit (owg:oooVrn) 
und Die Leidenſchaftsloſigkeit (ardadera), dieſes „beite Geſchenk Gottes für den Meilen“ 
(De spec. legg. 776; Leg. alleg. II, 85; De fortitud. 738). In De vita con- 
55 templ. ſtellt er den (möglicherwerfe nur fingierten) Orden der Therapeuten als Ideal 
eines gänzlich von der Welt abgezogenen, jtreng asketiſchen und gottinnigen Zebens ber 
Betrachtung (Bios Yewontixös) dar. Anderwärts (Quod omnis probus liber; aud 
Fragm. apolog. pro Jud. bei Euſeb. Praep. ev. VIII, 11) fchilvert er die Sekte der 
Eſſaäer als das deal eines gemeinjamen Lebens in praftifcher ‘Tugenbübung (vgl. das 
eo oben über die Autbentie von Quod omn. prob. lib. Bemerkte). Lehrer der Tugend 


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362 Philo von Wlerandria Philo von Karpafia 


derer urchriftliher Schriftiteller, worauf ſolche Behauptungen geftügt werden. Den Be 
weis für irgendwelche hijtorische Beztebungen Philos zum Stifter des Chriſtentums oder 
zu deilen Apofteln bleibt man ftets fchuldig (vgl. oben). Und fo zahlreich jene Anklänge 
feiner religtöfen Spelulation an das NT. und die älteften KRirchenväter fein mögen: ge 
srade von den Grund: und Sernlehren des Chriftentums, betreffend Perfon und Wert 
des Erlöfers, weicht der Philonismus fo weit als nur möglih ab. Bei Behandlung 
meſſianiſcher Meisfagungen des AT.s überläßt Philo ſich entweder abſtrakt-ſpiritualiſtiſchem 
Allegoriſieren, oder er bleibt bei einſeitig nationalen Hoffnungen ohne ethiſche Vertiefung 
und Verklärung ſtehen (oben Nr. IV und VID. Wit feinem Logosbegriff ſteht er gan; 
10 und gar auf griechiich-philofophifchem Boden; er hat mit dem johanneifhen Logos des 
NT.s nur eben den Namen gemein. Der philoniſche Logos ift, gleich dem der Platoniker 
und Stoifer, wejentlih nur Ady. &röıdderos, der des NT.S ift weſentlich Ady. roogo- 
o1xös; jener ift eine kosmiſch-naturaliſtiſche Potenz ohne wahrhaft perfünlichen Charakier, 
diefer ift vor allem perfünliches Weſen von etbifch-gottbildlicher Bedeutung, „der einge 
16 borene Sohn vom Vater, voll Gnade und Wahrheit” (Jo 1,14). Jener jteht außer aller 
Beziehung zu Israels theofratisch:nationalen Hoffnungen und Erwartungen, diejer als 
fleiichgetwordener Gottesfohn ift der Meſſias ſelbſt, der neuteftamentlihe Bundesmittler, 
ohne den feine meſſianiſche Idee auch nur gedacht, gefchtweige denn realifiert und zum 
eile der Menjchheit ausgewirkt werden kann (vgl. ſchon oben, am Schluſſe von Abſchn. II. 
Mas das NT. von Logos lehrt, ftebt überhaupt in feiner irgendwie nachmweisbaren Ab: 
bängigteit von Philos Logosipekulation, fondern läßt fih auf volllommen befriedigende 
Meife auch fchon direkt aus dem, was das fanonishe AT. vom Schöpferwort und der 
Weisheit Gottes ausfagt (Ri 33, 6; Spr 3, 19; 8, 22 ff.) herleiten, unter Mitberbei- 
ziebung etwa folcher paläftinenfifcher Apofryphen, wie das B. Sirach (c. 24). Aud für 
25 die Deutung des in Hbr 4, 12 von den Eigenschaften des Gottesworted als eines zwei⸗ 
jchneidigen Schwertes Geſagten bedarfs jener Verteilung auf den philon. Adyos Touevs 
(ſ. o. III), welche Glericus, Bertbold, Gfrörer, Scheffer, Olshauſen u. a. für nötig hielten, 
in feiner Meife. Die Berührung im bildlichen Ausdruck ift bier eine bloß zufällige; vom 
bypoftatifchen Logos Gottes, dem Philo jenes Prädikat roueds T@v ovundarıwy erteilte, 
so iſt beim Verf. des Hebräerbriefes an jener Stelle überhaupt nicht die Rede. Vgl. die 
neueren Kommentatoren (bef. v. Sehnann, Riehm, Zünemann, Degen, fowie die bereits 
angeibrten Unterfuhungen von Keferjtein, Heinze, Clafen, Soulier, Aal 2c.; auch Schürer 
S. 557. 
Braucht ſonach nicht einmal für den chriftlihen Logosgedanken, geſchweige denn für 
35 das durch den fleifchgetwordenen Logos ausgerichtete Heilswerk Philos Spekulation als 
geichichtlicher Erflärungsgrund berbeigezogen zu merden, fo wird darum die Annahme 
einer mehrſeitigen Einwirkung unseres Alerandriners auf die theologifche Xehr- und Ausdruds- 
weile der älteren Kirchenväter, insbejondere ihre Behandlung der Schrifteregefe, keineswegs 
binfällig. Der in diefen formalen Beziehungen von ihm auf die echriftliche Yitteratur ge: 
so übte Einfluß erfcheint als ein ebenfo weitgreifender twie nachhaltiger. Wie die Allegoriſtik 
Philos Schon an Kofephus einen gelehrigen Schüler fand (der ihn beifpieldweife in alle 
gorifcher Deutung des mofaifchen Stiftözelts auf die ganze Welt, des Allerheiligften auf 
den Simmel, der 12 Schaubrote auf die Monate des Jahrs, des fiebenarmigen Leuchter 
auf die 7 Elemente, des bobenpriefterlichen Linnenkleids auf die Erde ıc. nabahmte: vol. 
5 Siedfried a. a. O., S. 278ff.) und wie reihlihe Spuren feines Einfluffes in der fpäteren 
jüdischen Schriftauslegung, bei den Targumijten wie in den Midraſchim, der Kabbala, 
den Religionsphilofopben des Mittelalters nachgewiefen werben können (ebendaf. 291—302; 
vgl. auch Bernhard Nitter, Philo und die Halacha, 1879): ganz fo läßt fich pbilonifcher 
Einfluß in der Phraſeologie und dem allegorifhen Auslegungsverfahren eines beträdt: 
60 lichen Teils der urchriftlihen Schriftiteller, zumal aller alexandriniſch gebildeten (mohin 
in gewiſſem Sinne auch jchon neuteftamentliche Autoren wie Paulus, Johannes, der Ber: 
fafier des Hebräerbriefs, gebören), dartbun. So unter den griechiſchen Vätern, insbejon- 
dere bei Barnabas, \uftin, Theophilus von Antiochia, Clemens, Drigenes, Eujebius, ' 
unter den lateinischen bauptfächlich bei Ambrofius und Hieronymus. Vgl. über dies alles 
55 Siegfried II, 2, ©. 303- -599, wo der von Philo ausgegangene Einfluß auf die chrift: 


liche Allegorijtif die gründlichſte Tarlegung erfahren bat. Zödler. 


Thilo von Karpaſia. — J. A. Fabricius, Bibliotheca Graeca L V. c. 31 Bd IX. 
S. 252; Bardenhewer, Patrologie, 2, Aufl., Freiburg 1901, ©. 276. 
Polybius, der phantafievolle Biograpb des Epiphanius von Salamis, erzählt in 


364 Philopatris 


Der Inhalt iſt folgender: Triephon, ein Mann kleinbürgerlichen Standes, trifft 
— der Ort iſt nicht näher bezeichnet — ſeinen Freund Kritias in höchſter Erregung: er 
muß verbert fein. Triephon will der Sache auf den Grund kommen, um aber nicht 
felbjt dabei verhert zu werben, fordert er von Kritias einen Eid. Daß Kritias als Heide 

5 Zeus nennt, giebt den Anlaß zu einer langen Erörterung, in der Triephon, kürzlich durch 
einen ©aliläer mit Slate und langer Naſe, der in den 3. Himmel entrüdt mar, zum 
Chrijtentum befehrt, alle von Kritiad vorgeichlagenen Eidgötter der Reihe nach megen der 
Unfittlichkeit ihrer Mythen ablehnt, um fchließli den Schwur bei dem dreieinigen Gott 
zu proponieren. Nach kurzen Andeutungen über die Lehren bes Chriftentums mit Belegen 

10 aus klaſſiſchen Dichtern, wobei auch Fragen wie die: ob auch Skythen in die himmliſchen 
Bücher eingetragen werden fünnten (Univerfalismus des Heils), berührt und menſchlich 
enge Borftellungen von Gott und göttlichen Dingen abgelehnt werden, kommt Kritias 
endlich zu feiner Erzählung. Er bat bei Einkäufen in der Stadt einen Saufen Unzu: 
friedener angetroffen, die fih von alten Männlein mit den fatyrifchen Namen Charikenos 

15 und Chleuoharmos Steuererlaß und Finanzreformen durch einen fünftigen Herricher, deſſen 
Namen ihnen fogar aus den Hieroglyphen bes Obelisfen in der Rennbahn ein vom Ge 
birge gelommener Mann mit gefchorenem Haupte enträtjelt haben wollte, prophezeien 
ließen. Als Kritias das für Hirngeſpinnſte erklärt, verfichert ihm ein Freund, der Steuer: 
einnehmer Kraton, es fei durchaus mahr: im Monat Mesori (Auguft) werde es fich er: 

20 füllen. Zum Beweife führt er ihn in ein abgefchloffenes prächtiges FR ein, zu einem 
Kreis von Schwarzjehern, die nicht glauben wollen, daß das Volk zufrieden fer: es ftän- 
den große Veränderungen bevor, Unruhen in der Stadt, Niederlagen durch die Feinde 
Da reißt Kritias' Geduld: er jchilt fie Vaterlandsfeinde, die fi von Altweibergeſchwät 
betören lafjen, wird aber dafür von ihnen fo angelafjen, daß er tie verjteinert ift, bis 

25 diefe Ausſprache mit Triepbon ihn wieder losmacht. Während beide noch ganz vertwundert 
find, kommt ein dritter Belannter binzu, Kleolaos, mit der Botſchaft von großen Siegen 
der Taiferlichen Heere. , So fchließt das Gefpräh mit dem Ausdrud der Hoffnung, daß 
bald Babel zerftört, Agypten unterivorfen, die Perfer unterjocht, die Skytheneinfälle ge 
hemmt fein werden, und mit dem Bekenntnis de Danles an den unbefannten Gott von 

so Athen, dafür, daß fie Untertbanen eines folchen Reiches fein dürfen. 

Der Dialog ift weder in der Anlage noch im einzelnen ein Kunſtwerk, das fich den 
echten Werken Lucians beizählen ließe. Auch trägt fchon die ed. prince. am Ende ben 
Vermerk: oüñroc 6 Adyos ob doxei uoı eivaı Tod Aovxıavod (Ald. I u. a. haben dafür 
outos 6 Adyos vodeveran tar Aovzıarod); Erasmus hat ihn in feiner Überjegung 

35 (Bajel 1521) fortgelaffen; Cognatus und Sambucus führen ihn ald 1. Stüd der Nothi 
dialogi auf (Bafel 1563). Dennoch hat er inner twieder Verteidiger ferner Echtheit ge 
funden, u. a. an Blondell, Bull, Dodwell, Fabricius; fogar nachdem Wieland geurteilt 
batte: „Man kann fih ſchwerlich ärger an Lucian verfündigen, ale ihn für den Vater 
diefes Findlings zu balten“, hat fih an Relle noch ein Verteidiger gefunden. Andere 

40 wollten wenigftens die Zeit Trajans feitbalten, oder gingen gar in die apoftolifche Zeit 
zurüd. Gegner bat dann lange Zeit das allgemeine Urteil beftimmt durch die Theſe, 
die Polemik zwischen Ehriftentum und Heidentum weiſe auf die Zeit Julians. So ur: 
teilten u. a. Wieland, Tzſchirner, Neander, Schnaafe, Plummer, Gap (RE'), Kellner, 
Alzog, Hergenröter, Krauß. Ehemann wollte vielmehr an die Perferfriege unter Valens 

5 und die Verſchwörung des Theodoros bei Ammian. Marcel. XXIX denfen. Die bifte: 
rischen Züge des 2. Teils und eine Anfpielung auf ein Blutbad auf Kreta in 8 9 er 
innerten v. Gutſchmid an die Zeit Des Heraflios; diefen Anſatz ſuchte Crampe daburd zu 
ftügen, daß er für diefe Zeit Spuren von Heidentum in Byzanz nachwies (vgl. Hirzel 
und Garnett). Tagegen batten ſchon C. B. Haſe, Niebuhr, Bernhardy (Jahrb. f. wiſſ. 

so Krit. 1832, IT, 121 ff), Gfrörer, an das 10. Jahrh. gedacht, Die Zeit des Nikephoros 
Phokas (963--969). Gaß und Rohde traten dem, ihre frühere Meinung ändernd, bei, 
ebenſo Stach, S. Reinach, Krumbacher u. a., während Weſſig und Aninger die Zeit des 
Nachfolgers Johannes Tzimiskes (969--976) glaubten vorziehen zu ſollen. Das 10. Jahr⸗ 
bundert bat jeßt jedenfalld die meiften Stimmen für ſich: man fehe Chriſt, Geſch. der 

55 gr. Yitt.’, 7-47; Krumbacher, Gefch. der by. Litt.?, 4597; ©. Schlumberger, Un em- 
pereur byzantin au dixiöme si@cle: Nic&phore Phokas, 1890, 743 A. 3. 

Die Anſätze auf vorfonftantinifche Zeit find Schon dadurch ausgeſchloſſen, daß Z&iowrai 
erſt von Stonjtantin eingeführt wurden, daß der Dialog nah Andeutungen in 8 3 m 
Konjtantinopel fpielt; daß Kaiſer und Neich als chriſtlich gedacht find. Verſpottung des 

60 Chriſtentums liegt dem Verf. ganz fern. Das ſchließt auch die Zeit Julians aus. Für 


366 Philoſtorgius 


(abgedruckt bei MG 65, Col. 455 39q.). Anderes ſ. bei R. Chevalier, Repertoire des sources 
histor. du moyen äge p. 1788. Bar. die Litteratur über die Geſch. des Arianismus in 
8b II, ©. 6, 29 ff. 

Philoſtorgius war um 364 in Boriffus in Kappadozien als Sohn des ftreng arianiſch 

5 gejinnten Karteriug geboren. Als eifriger Anwalt der Arianer iſt denn auch Philoſtor⸗ 
gius aufgetreten und bat feine Feder in den Dienjt der Partei geftellt. SZmanzigjäbrig 
begab er ſich nad) Konftantinopel, um dort zu ftudieren. Unterwegs traf er mit Guno- 
mius zufammen, deilen Werke er ftudierte. Über fein weiteres Leben ift nicht? befannt. 
Nach 425 ift er geftorben. Das Werk, das feinen Namen belannt gemacht bat, war eine 

10 Kirchengeſchichte (ExxAnoaorıxn ioropia) in 12 Büchern, verfaßt von dem Standpunfte 
des Arianismus aus und zu dem Zmed, feine Partei zu rechtfertigen. Leider ift das für 
die Gejchichte des Arianismus wichtige Merk verloren gegangen und für feine Kenntnis 
find wir auf die Tümmerlichen und nur in dem Bericht über das Thatfächliche zuverläffigen 
Excerpte des Photius (nicht der Bibliotheca einverleibt, fondern jeparat überliefert) und 

15 ſonſtiger Benuter an ewigen. Da eine wiſſenſchaftlich brauchbare Ausgabe, die alle Frag⸗ 
mente fammelte, noch fehlt, ift im einzelnen das meifte über die Quellen der Darftellung 
zweifelhaft. Daß Rbiloftorgius die Schriften des Aetiug und Eunomius benußt und 
artanische Echriftftüde (wie die Acta Luciani martyris, Gesta Theophili Indi u. a.) 
berangezogen bat, ift jicher. (Vgl. Photius, Bibl. c. 40 p. 8P,115qq. Bekker.) Auch bie 

20 Benutzung der Kirchengefchichte des Eufeb läßt fich erweifen. Fraglich ift die won Jeep 
angenommene Benutung des Sokrates, Sozomenus und Theodoret. Die Darftellung 
begann mit dem Etreit zwiſchen Alerander und Artus und war bis auf VBalentinian II. 
fortgeführt (Photiug 1. c. p. 8,418 sqq.). Potius nennt (Bibl., cod. 40) die Schrift ein 
Eyxwuıov av alperıxav und findet fie ungerecht gegen die Orthodoxen, für die de 

25 Verfaſſer nur Tadel und Anklagen habe. Den Stil lobt er als blühend, poetiſch, ein- 
drudsvoll, die Darftellung als angenehm zu Iefen; nur zuweilen verfalle er in Bombalt. 
PBartetlichleit in der Schilderung der Perſonen muß man bei einem Hiſtoriker erwarten, 
der ſich als Gefchichtsfchreiber einer Partei weiß, und deſſen Abficht es iſt, feine Ge 
finnungsgenojlen hiſtoriſch zu rechtfertigen. So ift, mas er über die Urfachen des Streites, 

30 über den Verlauf der nicänifchen Synode, über Athanaftus und andere Führer der Gegen 
partei berichtet, ſtark gefärbt, und Philoftorgius verteilt Ticht und Schatten genau entgegen: 
gejeßt, der Gegenpartei nur Schatten, den Arianern nur Licht zumefjend. Er fcheut ſich 
nicht, auch ſolche Greuel, wie die Ermordung der Hypatia in Alerandria, Tediglich von 
feinem Barteiftandpunfte aus zu betrachten und dogmatifche Borniertheit zu fittlicher Ber: 

35 worfenheit zu ftempeln. Demgegenüber werden die Häupter der Anomöer in den Himmel 
gehoben, vor allem Eunomius, vor deſſen Tonfequenter Gedantenfchärfe er die größte Ad: 
tung bezeugte. In allem aber iſt er bemüht, die artanische Theologie als die ältere und 
darum —5*— allein beglaubigte zu erweiſen. Da müſſen ſelbſt die Inder herhalten, 
die von dem Apoſtel Bartholomäus und dann von einem Miſſionar Theophilus ſchon 

40 vor Alters dieſelbe Lehre empfangen hätten (II, 6). So verdient Philoſtorgius als Hi- 
ftorifer wenig Vertrauen, wo es ſich um die Beurteilung der Perfonen und Verhältmiſſe 
handelt. Dagegen ift der Verluft jenes Werkes zu bedauern, weil es zahlreiche That- 
ſachen enthielt, die er teils aus der von ibm benugten Xitteratur teild aus eigener Er: 
fahrung fannte; namentlich was er als Zeitgenofje miterlebt hatte, die Ereigniffe etwa von 

5 395 an, werden von ihm, wenn auch in feiner Beleuchtung, doch weſentlich anders und 
nicht ſelten wohl auch richtiger gejchildert worden fein, als von jenen Gegnern. Wenn 
ihm auch als Hiltorifer, wie Gibbon richtig bervorhebt (History of the decline and 
fall of the Rom. imp. c. 21), die Leidenſchaftsloſigkeit, Vorurteilslofigfeit und das aus 
allen Quellen gejchöpfte hiſtoriſche Wiſſen fehlte, jo erfeßte er es dur die Straft feiner 

60 Überzeugung und den Kampfesmut, mit dem er feine Sache verfocht. Er mollte aud 
nicht fo fehr belehren als gewinnen. Und fo viel darf man troß des ungenügenden Ma: 
terinles, das zur Beurteilung feiner Perfünlichkeit, feiner Eigenart und feiner Arbeit zur 
Verfügung ſteht, Doch fagen, daß wir die Entwidelung des Arianismus und auch die 
feiner Gegner beffer verjtünden und richtiger zu fchildern vermöchten, wenn wir Diele 

65 Schrift eines Parteimannes noch befäßen. 

Das Werk ift noch im Mittelalter aelefen und benußt worden. Photius' Excerpte 
find bereit erwähnt worden; Suidas bat cs für fein Yerifon ausgeſchrieben; Niketas 
Akominatus bat es noch beſeſſen und gelegentlich citiert, und auch Nicephorus fcheint es 
gefannt zu haben. Wie Batiffol nachwies (NOS 3, 1889, ©. 252 ff.), find Fragmente 

co in der Vita Artemii des Johannes von Rhodus erhalten. Wielleicht ließe fich durch eine 


368 Philoxenus 


ſunkenen Volk nur einen Tag lang Buße predigte, während man gerade von ihm mehr 
erwartet hatte. Mit dem Amtsantritt Flavians (498), der zwar dem Henotikon aus 
politiſcher Klugheit zuſtimmte, im Herzen aber ſynoditiſch geſinnt war (Bd XIII, 385, 15ff), 
ſcheint auch Philoxenus ſich wieder reger am öffentlichen Leben beteiligt zu haben. Er 
5 wurde der eigentliche Sprecher der monophyſitiſchen Partei. Zweimal war er in Kon 
ftantinopel (Ep. ad. monach. Senun. Bibl. Or. 2, 15; die Notiz des Vict. Tunn,, 
daß Anaftafius 499 eine Synode in Konitantinopel unter dem Vorfig von Flavian und 
Philorenus abgehalten habe, iſt unbrauchbar). Nach Beendigung des Verjerfrieges (506) 
bat Anaftafius ihn zu fich befohlen: Zevalav Tov uavıyawdppova Nyayev ’Ayaoraoıns 
10 eis Tö Buldvrov, 1» al Dilöfevov, os öldpoova, jagt Theopbanes (150, 4) mit 
biffigem Wortfpiel. Nun beginnen die kurzen Jahre politischen Glanzes, über die Bd XII, 
385, 28 ff. bereit3 berichtet worden tft: auf einer Synode zu Antiochien (508/509) wird 
Flavian gezwungen, ein den dyophyſitiſchen Yehren tiderfprechendes Bekenntnis zu for: 
mulieren; zu Sidon (511/12) Ichnt er allerdings die Zumutung ab, das Chalcedonenie 
15 zu verdammen, thut es aber bald nachher unter mönchiſchem Hochdrud dennoch, obne vor 
der Verbannung bewahrt zu bleiben. Philorenus ift bei alledem der treibende Geiſt, bis 
Severus ald Nachfolger Flaviand die Führung übernimmt. Auf der Synode von Torus 
(513 oder 515, f. Bo XIII, 386,497.) fiegt die monophyſitiſche Teeologie. Menige 
Sabre darauf erfolgt der Rückſchlag (ſ. XIII, 389,28 ff... Zu den unter Juſtin ver 
20 triebenen Bifchöfen zählte auch Mhilorenus. Er twurde (518 oder 519) zuerit nach Phr 
Iippopolis in Thrazien verbannt. 522 war er noch bier (vgl. Epist. ad mon. Senun. 
B. O. 2, 18). Dann ward er nad Gangra in Paphlagonien verfhidt und ift bier, 
vielleicht 523, eines gewaltfamen Todes gejtorben. Die Quellen (Anon., Hist. Mise. 
8,5 p. 158, 17ff., Bar. Hebr. 196) erzählen übereinftinmend, daß man ihn in emem 
26 Neun He der Küche einer Herberge eingeichlofien und durch Rauch von unten ber 
eritidt babe. 

2. Schriften. Philoxenus gilt für einen der berborragendften ſyriſchen Schrift 
ſteller. Affemani, der für den Häretiker als folchen nichts übrig hat, muß Doch zuge 
ſtehen: seripsit syriace, si quis alius, elegantissime (B. O. 2, 20). Neuere Orien⸗ 

so talılten, wie Wright, Guidi (f.u. S.369,18), Budge, Duval und Vaſchalde beftätigen dies 
Urteil. Das Lob beſchränkt fich aber nicht auf die formale Seite feiner Schriftitellerei, 
ſondern wird ausdrüdlih den geiftigen Fähigkeiten des Mannes überhaupt gezollt. In 
der That zeigen ihn die gedrudten Schriften alg einen Mann von großer Erergie des 
Denkens, von ftartem Wollen und warmem Herzen. Den jtreitfüchtigen Krakehler, als 
85 den die Gegner ihn binjtellen möchten, wird man in jeinen Schriften nicht wiedererfennen, 
wohl aber den geiltlichen Berater und Seelſorger, der als ſolcher weithin bejonders in 
den Klöjtern fih mit Recht eines großen Rufes erfreute. Jakob von Edefla (ſ. Bo VII 
©. 551) rechnet ihn zu den vier großen furifchen KRirchenlebrern, neben Ephräm, Jalob 
von Sarug und Iſaak von Antiochten. Als ein großer Kirchenlehrer hat Philoxenus 
40 aud) bei den Armeniern gegolten. Der armenifche Katholikus Sahak (Ende des 7. Anfang 
des 8. Jahrhunderts) eitiert in jener Schrift: „Wider die Zmeinaturenlehrer” die Schriften 
des Philoxenus neben denen von Irenäus, Atbanafius, Cyrill, Epipbanius, Proklus, 
ob. von Serufalem ꝛc. Ebenſo citiert feine Schriften einer der bedeutendften armeniſchen 
Gelehrten des 11. Zabrhunderts, Anania von Zanahin, in feiner ee tperlegung der 
45 Zweinaturenlehrer”. Bar Salıbi bezeugt ausdrüdlich, dag Philorenus’ Lehre in Armenien 
gebilligt wurde (BO. II S. 168F.). In den Handichriftenichägen zu Parts, Rom und 
Orford, vornehmlich aber im Britifchen Mufeum in London finden ſich zahlreiche Schriften 
des Philoxenus, von denen bisber nur verhältnismäßig wenige gedrudt find. Abgeſehen 
von der Bibelüberfegung (j. Bd III, 176, ff), Die Philorenus als Bilchof übrigens 
sonur veranlaßt, nicht ſelbſt angefertigt bat, und cinem nur brucdhjtüdweife erbaltenen 
Kommentar zu den Evangelien (dejfen Veröffentlihbung Baumſtark, Oriens christianus, 
2, 1902, 387 als wünſchenswert bezeichnet), handelt es ſich um dogmatiſche Abband- 
lungen, Briefe, Neden, Glaubensbetenntniffe, Liturgika. Cine vollftändige Yifte aller zur 
Zeit befannten Schriften (80 Nummern) bei Budge p. XLVIII—LXV (vgl. auch Bibl. 
65 Orient.2, 23— 16 und Vaſchalde 24 Note 1). Gedrudt find die folgenden: 1. 13 Reben 
über das chriſtliche Leben (f. o. S. 367, 19): „Wie der Menſch zum Sünger Chrifti wird 
und nach welchen Geboten er wandeln joll, bis er anlangt bei der geiftlichen Liebe, aus 
der die Vollkommenheit ſtammt und in der wir Kinder ber Ahnlichfeit Chrifti werben, 
wie der Apojtel jagt“ (Überſchrift). Auf eine einleitende Rede folgen Erörterungen übe 
w Glauben, Einfalt, Gottesfurdht, Armut, Bauchesluſt, Enthaltſamkeit, Sinnenluft. Dieſe 


370 Philoxenns Phobadins 


im Hauſe Abrahams und im Hauſe Lots, aß und trank Gott in der Welt. Jenes fand 
nur zum Scheine ſtatt, dies in leibhaftiger Wirklichkeit”. Während aber bier alles Ge 
wicht auf „Wahrheit“ und „Wirklichkeit“ fällt, beißt e8 unmittelbar vorber, nachdem die 
menschlichen Mängel, wie Hunger, Durft und Müdigfeit, aufgezählt find, Die auch Gott auf 
5 fih genommen habe (fol. 19a col. 1 8. f. — col. 2, 9): St fo wie vom Menden 
wurden diefe oben erwähnten Tinge von Gott vollzogen. Denn beim Menſchen finden fie 
feiner Natur nach ftatt, bei Gott aber durch jeinen wunderbaren Ratſchluß (odxovowsa, vol 
Bd IX, 608, 12ff.) übernatürlih.“” Und an einer früheren Eielle (fol. 11b, col. I, 
3.29 — col. 2, 29): „Daher ijt er (seil. Chriftus) natürlicherweife auch über dem 
10 Tode, indem feine Fleiſchwerdung in heiliger Weife, ohne Beiwohnung und fündige Luſt 
und Tod, gefhah. Da nichts hiervon in ihm ift, fo mar auch fein Kampf nidht fen 
eigener oder um feiner felbjt willen. Das gilt auch binfichtlih aller übrigen Schwach⸗ 
beiten, die er an feiner Berfon vollzogen bat. Vielmehr hat er ſie mit feinem Willen 
(d. h. abfichtlich) in feiger Perſon für uns vollführt. Denn wäre er ihnen natürlice: 
15 weife unterworfen geweſen, jo wären fie von ihm mit Notwendigkeit zu vollziehen getveien 
wie von jedem Menfchen und daber würde auch fein Sieg über fie ihm (felbit) gegolten 
haben und nicht und. Mit feinem Willen alfo hat er fih allem unterworfen (war a 
unterworfen ?), weder aus Uppigkeit noch aus Mangel, weder aus Zwang nod aus 
ſinnlicher Luft, nicht wie einer, der von Natur Leiden und Tod ausgeſetzt, jondern ber 
don Natur über alles erhaben tft.” Diele Worte beweifen, daß man ein Recht bat, wie 
es Bd IX, 608,31 FF. geſchehen iſt, Pb. im legten Stadium feiner Entiwidelung in bie 
Nähe Julians von Halikarnaß zu rüden: denn die dort nach dem Referat des Tione: 
ſius Bar Salibi (bei Affen. B. O. 2, 168) aus einer nicht näher bezeichneten Schrift des 
Ph. wiedergegebenen Säge, die zu vergleichen find, enthalten die gleiche Argumentation. 
Dagegen muß es fraglich bleiben, ob Wh. in dem Streit zwiſchen Severus und Sulian 
überhaupt bat Partei ergreifen wollen. Dieſer Streit entbrannte ja erft, als Pb. ın 
Thrazien in der Verbannung ſaß. Allerdingd jchreibt Severus (Hist. Misc. 9, 13 
p. 186, 30) austrüdlich, Qultan babe „Das von ihm verfaßte Buch“ „nicht nur in ber 
großen Stadt Alerandrien herausgegeben, fondern überall hin verfandt”. Möglich alle, 
30 daß auch Ph. e8 erhalten hatte, in deſſen (früheren) Schriften Severus (vgl. p. 187, 5) 
„nichts Thörichtes” gefunden haben will. Der Brief an die Mönde von Teleba und jena 
Paſſus unbezeichneter Herkunft ſcheinen jedenfall® die einzigen Dokumente zu fein, in denen 
der Streit Widerhall findet. Einen Niderjpruch gegen die oben wiedergegebenen Sätze, wonach 
Ph. Die Realität der menschlichen Bedürfniffe Des auf Erden wandelnden Gotteswortes nicht 
5 geleugnet hat, dürften fie nicht enthalten. Der Begriff der „Realität“ bat bei vielen 
Theologen ftets etwas Schillerndes, und wen der Streit zwifchen Radbertus und Ra- 
trammug über veritas und figura im Abendmahl gegenwärtig ift, der darf fich darüber 
nicht wundern. G. Krüger. 


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Thöbadins, Biſchof von Agen (Aginnum, vgl. Auson., epist. 25, 79) 
a. d. Garonne, geft. nach 392. — Hauptwerk: I. contra Arianos, MSL XX 13—% 
(nad) Sallandi t. V); ed. prince. von Th. Beza 1570 (über diefe und andere Ausgaben vol 
Schvenemann, Bibl. hist.-lit. Patrum lat. I, 1792, p. 309-312. J. Dräſeke, ZmTH 18%, 
S. 78 98, und deijen Anhaltäreferat in ZEILE X, 1889, S. 335—343. 391—407). gl. 
Tillemont, Mömoirer (Venedig 1732), VI, 427f. Gallia christiana II (1720), col. 895 —89:. 
Hist. lit. de la France I (1733), 2, p. 266- 281. Gallandi (MSL col. 9—14); Kattenbufd, 
Das apoft. Eymbol, L S. 171-1. 

In Gallien hatte man in Abwefenbeit des Hilarius die zweite firmifche Formel 
(Bd II 33f.; Tert bet Hahn, Bibl. der Symbole, 1897, S. 199—201) Oftern 358 ab: 
gewwiefen (Bd II 34, 15 VIII 61, 0). Sie wurde von den füdgallifchen Bifchof Tr. 
50 (über die Namensabtvandlungen Foegadius, Fitadius u. a. ſ. Dräfele, ZwTh ©. 79f) 
in feinem 1. contra Arianos mit den Mitteln abendländifcher Orthodorie (vgl. Bd VII 
39,30 f.5.979,23) geſchickt und nachdrüdlich befämpft. Wenn nicht die Wende des Jahres 
357.98 (Sans, Tie KO Spaniens, S. 250. 232), iſt das Jahr 358 (Bd VIII 380,5) 
als Zeit der Entitebung des Buches anzunehmen. Es ift mit Erregung und gelegentlichen 
ironiſchen Anwandlungen, aus Harer Poſition beraus und in fchöner, Traftvoller Sprache ge 
jchrieben. Ter Gedanfengang der gegneriichen Formel wird bei der Niderlegung im ganzen 
eingebalten, die fpringenden Punfte zuvor (ec. 2) berausgeftellt und im weiteren Verlauf 
durch Berücfichtigung auch jonftiger gegnerifcher Argumente abgethan. SHauptgedanke: 
Wenn Chriftus nicht Gott, ift er fein wirklicher Sohn. Gewiß ift die orthodore Er— 


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372 Phokas Photin 


Phokas, der Märtyrer und wunderwirkende Schifferheilige (Thalaſſothaumaturg), ein 
morgenländiſches Seitenſtück zu dem mehr von den Seefahrern abendländiſcher Meere 
angerufenen S. Erasmus oder S. Elmo, ſoll zu Sinope in Pontos als Gärtner gelebt 
aben und, entweder ſchon unter Trajan oder nach anderer Sage erſt in der diokletianiſchen 
5 Verfolgung, ein grauſames Martyrium durch Verbrühung juer in ungelöfchtem Stall, 
dann in einem kochendheißen Bade ꝛc. als glaubensfeiter Belenner beitanden haben. Tie 
Schiffer griechifcher Meere pflegten ihm zu Ehren Loblieder zu fingen, bei drohenden 
Stürmen feine Hilfe anzuryfen, bei ihren Mahlzeiten auch für ihn als unfichtbar an: 
weſenden Gaft mitzudeden, ſowie nach glüdlic beendigter Fahrt den Ertrag der ihm 
10 beitimmten Vortionen als „Phokasanteil“ an Arme zu verteilen. Kaifer Phokas, der ibn 
als feinen bejonderen Schußheiligen betrachtete, erbaute ihm zu Ehren im Dibippion zu 
KRonftantinopel eine prächtige Kirche Turz vor feinem Sturze durch Heraklius. Tie 
Orientalen Feiern fein Gedächtnis am 22. September. Der gleichnamige Heilige, welchen 
die römische Tradition als finopenfishen Biihof und Märtyrer am 14. Juli — G. o. 
15 die Litt.) darf wohl als mit dem Gärtner Pb. identisch gelten; denn auch er iſt Patron 
der Schiffer (vgl. Stadler, 918). — Verfchieden dagegen von dem Sinopenjer Phokas ſcheint 
jener antiochenifche Märtyrerheilige gleichen Namens zu fein, als deflen Gedenktag der 
5. März gilt und von dem Gregor von Tours berichtet, Die Berührung der Thür ſeines 
Märtyrergrabes bewirke fofortige Heilung vom Biſſe giftiger Schlangen. Vgl. über 
20 dieſen Letzteren Greg. Tur. de glor. mart. c. 99. Zöckler. 


Photin von Sirminm, geſt. 376. — Vgl. die Bd II, 6 genannte Litteratur. Außerdem, 
bezw. infonderheit, Tillemont, M&moires @d. de Vénise VI, 1732; Ch. W. %. Wald, Entwurf 
einer vollſtändigen Hiftorie der Keßereien III, Zeipzig 17606 (hier S. 1—70 die ergiebigite Behand: 
lung des Stoffes und S.6—8 u. 52—56 eine lichtvolle Ueberſicht über die Ältere, vornehmlid 

25 die Chronologie der Eynoden erörternde Ritteratur u. ihre Refultate); Yabricius-Harles, Biblio- 
theca graeca IX, 222-226, Hamburg 1804; C. R. W. Kloſe, Geſchichte und Lebre des Mar: 
celus8 und Photinus, Hamburg 1837; Th. Zahn, Marcelus v. Ancyra, Gotha 1867; Hefele, 
Conciliengeſchichte 1°; A. Harnad, DEGLI? 240 und die übrige BBIV, 16 genannte dogmen: 
geichichtlihe Kitteratur; F. Loofs, Die Trinitätslehre Marcells (SUN, Hilt.:phil. Kl. 12, 

30 ©. 764—81). — Das bürftige Quellenmaterial bieten kurze Notizen in den Urkunden mb 
litterarijchen Ueberreiten des arianiſchen Streites, die Angaben der Hiftorifer dieſer Epoche, 
Epiphanius (haer. 71), Vincenz v. Lerinum, Hieronymus (catal. 107), zwei Predigten dei 
Neſtorius (sermo III u. IV bei Baluze, Opp. Marii Merc. p. 73 u. 79ff.), Marius Mercator 
(ed. Baluze p. 165ff.) und der Dialogus contra Arianos, Sabellianos et Photinianos des 

35 Vigiliug v. Thapfug (MSL 62, 179ff.; vgl. &. Fider, Studien zu Bigiliuß 1897, ©. 25f.). 
Bon den beiden Schriften gegen Photin, die wir kennen — Diodor (vgl. BBIV, 6:2F.) 
Ihrieb gegen ihn vier Bücher (Theodoret, haer. fab. comp. 2,11), und de? Tpanifchen Bilhof 
Audentius Werf de fide adv. haereticos war jpeziell gegen die Photinianer gerichtet (Genns- 
dius, de vir. ill. 14); die pfeudo-auguftinifchen Quaestiones veteris et novi testamenti (Aug. 

40 opp. III MSL 35, 2213f.; val. Bd I, 442, 12) find feine fpeziell anti-photinſche Schrift 
(val. Walch IIT, 68), und im Dialog des Vigilius ijt Photin Nebenperfon —, ift Feine er 
halten; von Photin jelbft Haben wir nur bei Epiphanius einige Aeußerungen und bei Neftorius 
(p. 80) einen Satz; die von Vigilius dem Photin in den Mund gelegten Neußerungen dürfen 
(die$ gegen Bahn) nur als Berichte eined Polemikers gewürdigt werden. 

4b Photin ſtammte, wie Marcel (Bd XII, 259 ff), aus Galatien (Hier. cat.; Socrates 
h. e. 2, 18,7), ja aus Ancyra ſelbſt (syn. Antioch., Mansi II, 1365 B), und mar 
Marcells Schüler (Hier. u. Socr. a. a. O.; Hilarius, fragm. 2, 19 MSL 10, 6#) 
und eine Zeit lang auch fein Diafon geweſen (Hilarius a. a. O.). Sein weiteres Leben 
bor feinem Gpijfopat und Die Zeit, da er cum magno omnium favore (Vincent. 

wo comm. 11, al. 16) Bifchof von Sirmium in Pannonien (an der untern Sau, beim jegigen 
Mitromig) ward, fennen wir nit. Doch darf man, da ESirmium eine mehr latemick 
als griechiſche Stadt geivejen fein muß (val. Mommſen, Nöm. Geh. V, 194), annehmen, 
daß Photin feine von Wincenz (11, al. 16) und Sokrates (2,30, 45) gerühmte Doppel: 
Ipradigkeit fih vor feinem Epiffopat erworben bat, mithin wahrfcheinlich fchon, ebe er 

65 Biſchof ward, längere Zeit auf der lateinischen Balkanhalbinſel geweilt hat. Man bört 
von ibm zuerft, ald die Irientalen auf der antiochenifchen Sunode von 344 ihn ſamt 
Marcell verurteilten (vgl. Bd II, 28, 22). Daß die Abendländer- auf einer Synode 
Mailand im Jahre 345 dieſem Urteil fih anſchloſſen, und daß Photin durch die firmiid 
Synode von 351 aus feinem Bistum entfernt wurde, iſt ſchon Bo II, 28, uff. und 

30, 5. erzählt. Auch das ift oben (Bd II, 29,22 ff.) erwähnt, daß bereits zwei Jahr 
nad) der Mailänder Synode eine andere abendländijche Synode vergeblich feine Abfegung 


374 Photin Photius 


252, ff. bis 253, 31); auch die Pneumatologie Photins konnte an Marcell anknüpfen, 
weil Marcell vor Jo 20,22 Adyos und zweüua nicht unterſchied (Loofs, ©. 771ff). 
Das Detail ift nicht mehr erfennbar. ch bemerfe nur noch 1. daß ich, anders 
ale Zahn ©. 195, die Überlieferung bei Neftorius (p. 80) und Marius Mercater 
b (p. 165), Pbotin habe, den einen Gott Aoyordrwo genannt (um damit Die cine 
bupoftatifche Unterfcheidung ausfchließende Spentität Gottes, des Vaters, und des Logos 
zu behaupten), für zuverläffig halte — Neitorius mag Diodors Gegenſchrift gekannt 
haben —; 2. daß ih feinen Grund ſehe zu Echtbeitszweifeln gegenüber dent burd 
Neſtorius überlieferten Sage Photins: vides (nämlich So 1, 1), quia deum verbum 
ıo aliquando deum, aliquando verbum appellat, tanguam extentum (òd. i. 7200g:0- 
oıx6»,) atque colleetum (Nestor. sermo 4 p.80; vgl. zu den legten, von Wald 
III, 32 als unverftändlich bezeichneten Worten die für Marcell von Zahn ©. 136 mit 
Recht abgewwiefene Auffafjung der Marcelliihen Lehre durch Eufeb); 3. daß ich die An: 
gabe des Marius Mercator, Photin babe nicht geleugnet, daß der Logos in substantia 
jet (p. 165 und 166; beide Male ift nach Baluge non negavit zu leſen), nur für 
irrig anfehen Tann. 

Unter den Werfen Photins waren nad) Hieronymus (cat. 107) die Schrift „contra 
gentes“ und die „libri ad Valentinianum“ die bedeutendften; Sofrates (2, 30, 5; 
vgl. Sozom. +4, 6, 15) kennt ein Bud xara raowv alo&oewv, Rufin einen Traftat über 
das Symbol (expos. symb. 1. MSL 21, 336). Sider ıft das Werk gegen alle Häreften, 
und vielleicht nicht dieſes allein, griechiſch und lateinijh von Photin herausgegeben (Soer. 
a. a. O.; vgl. Vincent. 11, al. 16). Übrigens ijt bei dem hohen Lobe, das Vincen; 
(a. a. O.) den Geiftesgaben Photins fpendet, die Tendenz feines Commonitorium nidt 
unbeteiligt. Losfs. 


[er 
[el] 


ix 
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Photius, Patriarch von Konjtantinopel(8577)858—867 und 878 (8777) — 886; 
Todesjahr durchaus unficher (8917 8972 898%). — Kitteratur: 1. Quellen: Te 
wichtigiten jind die Akten der wider ihn 869 und der von ihm 879 gehaltenen Synode, ſoweit 
jie noch vorhanden find; f. diejenigen von S6Y (4. Konzil von Konjtantinopel — 8. ökumeniſches 
Konzil im Sinn der römischen Kirche), Manſi XVI, 1 ff. (Meberjegung von Nnajtafius Bi: 
bliothefarius [j. über diefen Dann den Art. Bd I, 4925.); von ihm aud eine praefatio, bie 
einen Bericht an Papit Hadrian II. darjiellt und die Bedeutung des Konzils, auch gerade der 
mitgeteilten Akten erörtert), diejenigen von 879 („Pscudo-Synodus Photiana*, aud in Kon: 
Itantinopel, diefe im Sinne der vrientalifchen Kirche zum Teil als „8. ökum. Konzil“ gezählt, 
Manſi XVII, 365 ff. Zur Beleuchtung der wechſelnden Eituationen gereichen bejonders jeine 
Briefe (ſ. bernady) und die der Päpſte Nikolaus I. MManſi XV, 159 ff.) und Johannes VIIL 
(Manſi XVII, 3ff.). S. fonjt den „Iifriios :eeoreywr zarıa Ta xara tor ueyar "Iyrauor, 
von 861 (Manji XVI, 295 ff.; erregte Darjtellung über die Vorgänge bei der Abſetzung de} 
Ignatius, Erhebung des Photius zum Batriardien, Synode zu Konjtantinopel 861; Berfaiter 
dev Archimandrit Theognoſt von Konftantinopel, eis öroua "Iyrarior. Th. hat das Schriftitüd 
» jelbjt dem Papſte Nitolaus V., an den San. darin appelliert, iibermittelt); ferner Bios Iyratior 

von Niketas David Paphlagon, geit. c. 890 (Manſi XVI, 209 ff.; fehr gebäfjig gegen Photius: 
I. Haradoaıvios Kroanerts hat diefe Biographie für ein vielleiht erjt dem 14. Jahrhundert 
angehörendes Machwerk eines „Unierten” erklärt, S. feine Abhandlung Prrödorxtas 6 Ila- 
giasem in der ruſſiſchen Zeitjchrift Vizant. Vremennik, 1899, S. 13—38; 83. Bafiljewäti 
35 bat ihm ebenda S. 39—56 mit einer forgfältigen Beleuchtung feiner Argumente widerfproden. 
Ausführlicher Bericht über beide Abhandlungen von €. Kurtz, Byzant. Zeitichr. IX, 190, 
S. 208 ff. [vgl. auch Art. „Nicetas David“ Bd XIII, 25 f.)); Brief des Metrophanes von 
Zmyrna ad Manualem Patrieium (Manji XVI, 413 ff.); Brief des Stylianus Mapa von eo: 
Cäſarea an Bapjt Stephan V. (Manſi XVI, 425 ff.). Für die zeitgenöfjiihe Geſchichte des 
zo Neiches von Byzanz kommen beſonders in Betracht Joſeph Geneſios, der zwiſchen 945 und 959 
jeine vier Bücher „Königsgeſchichten“ (Baaızeia), nämlid) von Leo V. dem Armenier (813—8%) 
bis zu Bafilius 1. 1807. -886, verfaßte, vielfach noch unmittelbare Berichte verivertend (vgl 
die Ausgabe von Lachmann im Bonner Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae, 1834, de: 
nach auch MSG CIN,9S5 55 dazu Krumbacher, Geſch. d. byz. Litteratur, 2. Aufl. ©. 264]. 
55 jerner der jog. Theopbanes Continuatus (Chronik fiir die Zeit 813—961; es handelt fi um 
Tab. IV, V u.3. Teil VI; j. die Ausgabe von Imman. Beder in Bonner Corpus 1838, danach auf) 
MS CIX, 15 fi; Krumbacher?, S. 347 ff); Snmeon Magiſtros und Logothetes, bez. Leo 
Srammaticus (die Chronik des Eymeon, der wahrjcheinlid mit Symeon Metaphrajtes [2. Hälfte 
des 10. Jahrhunderts] identiſch iſt, iſt bisher nicht ediert, aber ihrem Inhalte nad) weſentlich 
w reproduziert durch Leo Gramm. [Anf. des 11. Zahrhunderts], ſ. die Musa. von Beder im 
Bonner Corpus, 1842, MSGUVIII, 1037 ff.; Krumbacher?, ©. 358 fi. bez. 361 ff.; Patzig, Leo 
Gramm. u. jeine Eippe, Byz. Beitfchr. TIL, 1594, ©. 470 ff); Pſeudo-Symeon Mag. Ausg. 
von Becker a. a. ©. 1838, hinter Theophanes; MSG CIX, 663 ff; Krumbader * 5. 359); Jo 


eo. 
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Hannes jeuneb Giyiges (I, —J Krumbacher? S. 365 ff.; das für 


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* Bieten — rege ch e firdengefchichtfi 


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Die Schriften des Photius mmelt MSG CI—CV, 1860 (im 1. Bde bei. die. | 
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aus älteren disponiert % 
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ee Papadop los elbſt in der ift 1897 t, dab er ſich Teil 
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et lat. ad historiam Photi patr, pertinentia, 2 fase., ed. opulos Keramens, Petersburg 
1899 u. 190 ee *— — XI, 1902, &.234 — mir nicht zugünglich er aber z 
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Bon dem riebenen und m ichen Werte des Moskauer Theolo 
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mann A — — riech. Kirche“, Allg. fl. von Erich 

3b S4, 1866, behandelt die Geichichte des Rhotius” oe befonbere Aue =: sa 
en te Griechenlands — inne des Mittela f.) 
beachtet fü Zur die „Neichäfrie die Invafion der —— nur nd 


n der, 
** Be. S. 515 ff. Ph. als Beleprter im —— a NH * —— 


mitberührend; os widmet Heimbach in feiner er ber un „Grie 
im Mittelalter 20.” ebenda (®d 86, ©. 191 ff.) dem —F ER Auf: 
©. 457 fi). 2. v. Nanfe bietet in Weltgeſch. VI, 1, ©. 173 

— auch der kirchlichen Situation in Fe Baer im 9 

Geſch. Briechenlands jeit dem Abfterben des antifen Lebens L, 241 E 
pe gute Ueberſicht. — auch Kattenbuſch, Vergleichende —— 
üller, Eee S. 369 ff. Ueber —— w eitere — 
erichtet | ‚ 1068 (allg. Bibliographie F * Geſch von ach, 
Aus ält Eee Bett 9 * bie Schriften des Ph, wertvoll — Fabrichus, 

d. nova cur. &. Chr. Sarles, X (1807), 670 if. und Fı (1808), 1f. ©. bafür ferner 65 
| Srundrih der griechiſchen Litteratur, 5. Aufl. von R. Bollmann, I, 1892, 
—— Aus der neueſten griechiſchen Litteratur iſt zu nennen M. Ledeor, — 


Zu Pr 











376 Bhotins 
zıxoi nivaxes 1890, I, 282 ff. u. 2090 ff. (aud) Hier ein Bildnis bee Ph.), Turadsaarie;- 


Kepauevs, ‘0 aareıapyns Pwuos Ws aarmo Ayıos rijs Ondoddtorv xadoklıxjjs Frxinotas, Byz 
Beitichr. VIII, 1899, ©. 647 ff. (wichtig für da Todesjahr des Ph.; der Verf. behauptet, da} 
der 6. Februar 897 das Datum fei). — Somohl Balfrras als Aoıorapyns als Oixoröuo; ge 
5 ben in den Prolegomenen zu ihren oben vermerften Ausgaben einen Abriß des Leben des 
Ph., am felbitftändigften der zu zweit genannte, der beſonders verfudht, die litterarijche Ti: 
tigteit des Ph. genau einzufligen. Die lebte genaue, auf ein neue Datum gejtüßte Re: 
rehnung des Jahres, in dem Ph. das erite Mal zum Patriarchen erhoben wurde, findet jid 
bei C. de Boor, Der Angriff der Rhos auf Byzanz, Byz. Ztſchr. IV, 1895, ©. 448 fi. (25. Ten. 
10 858, nicht, wie bejonder® Hergenröther angefeßt hat, 857; ältere Forſcher Haben jdyon meik 
jenes Datum angenommen, doch widerfpricht Ariſtarches). — Bur Ergänzung ſ. die Art. Jg: 
natius, Patr. v. Konftantinopel, Bd IX, ©. 56 ff. (Hat de Boor mit Berug auf Ph. redit, io 
muß das Jahr der erjten Erhebung des Ignatius anf 847 angelegt werden, nidt wie 
a. a. D., auf 846 — aud das Datum bed „Siegs der Bilder“ oder „Sonntag? der Ortho⸗ 
15 doxie“ verſchiebt ih dann vom 19. Februar 842 auf 11. März 843) und Nifolaus I., Bapit, 
Bd XIV, ©. 68 ff. — Päpſte zur Zeit des Photius: Benedikt III.? 855-858; Nikolaus 1, 
858—867; Hadrian II., 867 — 872; Johannes VIII., 872—882 ; Marinu3 I. (auch als Martin II. 
bezeichnet) —884; Habdrian III. 884—885; Stephan V. (VI.), 885—891; Formoſus II, 
891 -896; Etephan VI.(VII)? 896-897. — Eine Monographie über Ph. die auf der vollen 
20 Höhe unbefangener Forſchung ftünde, fehlt. 

Man wird Photius in gewiſſem Sinne den Luther der orientalifchen Kirche nennen 
fünnen. Kein anderer ölumenifcher Patriarch, wohl aud kein anderer Theolog genießt 
dort als Mann der Gefchichte (alfo nicht bloß als „Heiliger‘), mindeſtens in der Neuzeit, 
ein ſolches Anſehen wie er. Jeder Grieche redet von ihm nur in unbedingter Verehrung 

26 und Begeifterung. Balettas feiert ihn als den oopwWraros unter den Patriarchen und 
nennt ihn den yervalos tijs Ögdodofias noduayos xal owrng. Die Griechen jeben 
in ihn den größten Nepräjentanten ihrer nationalen Art im Mittelalter, einen Typus 
ihres Unabhängigfeitsfinnes, ihres Stolzes auf ihre Gefchichte und ihr angeftammtes 
Ghriftentum. Sie betvundern die Vielfeitigkeit feines Geiftes, feine Gelehrſamkeit, feine 

30 Beredjamteit, feinen Scharffinn. In der flamwifchen Kirche ift er faum minder geehrt. Im 
griechifchen Menologion heißt er tjs ZxxAnoias 6 Pworne Ö mAavy£oraros, der weithin 
Itrahlende Lichtftern der Kirche, dododdEwv Öönyös 6 Erdewstaros. Das ſlawiſche Re 
nologion bietet Anrufungen, in denen er gepriefen ift als „dreimal feliger Gottredner“, 
„grober Erzhierarch der Kirche”, „gottweiſer, güttlicher Glanz der Hierarchie”, |. Malte, 

35 Menologion I (1900), 916 ff.; zum 6. Sebruar. Eein unbeftrittener Ruhm ftammt nict 
unmittelbar aus feiner Lebenszeit. Die Mirren feiner beiden Patriarchate fchufen ibm zu: 
nächft zu wiele Feinde. Die höfifche Gefchichtsfchreibung von Byzanz überfah ihn fait ge: 
fliſſentlich. In Rom hatte man nur Intereife, ihm feindliche Dokumente zu erhalten und 
zu verbreiten. Aber er bat in feinem Volle dod von vorneherein einen großen Rückhalt 

so gehabt. Seine Kirche bat ihn auch bald nad feinem Tode ihrem Heiligenfatalog ein⸗ 
gefügt (f. darüber Papadopulos-Kerameus in der oben 3.2 citierten Abhandlung; es it 
ein Irrtum Hergenwöthers u. a., daß er erſt „ſpät“ zum Heiligen erhoben jet). Bon allem 
Anfang an, felbjt bei exrbitterten Gegnern (3.8. Nifetas Paphlago, oben ©. 374, 11), iſt 
feine Gelehrfamfeit Gegenftand allgemeiner Betvunderung getvefen. Über feinen Charatter 

5 iſt Schwer zu urteilen. Der Tyrann, wozu feine Gegner ihn ftempeln möchten, ift er ficher 
nicht geivefen, wenn er auch hart und herrifch hat fein können. Verſchlagenheit, Toppel- 
züngigfeit, Eitelfeit haben ihn verunziert, aber faum mehr als es überhaupt im Charakter 
feiner Zeit lag und als die Atmoſphäre der Kaiferftadt mit fi) brachte. Er mar eine 
Art von „Univerfalgenie”, Philolog, Philoſoph, Theolog, Surift, Mathematiker, Natur: 

so biftoriker, Nedner, Tichter, Fein origimaler Denker, aber von glänzenden Gedächtnis, eifernem 
Fleiß, gutem äftbetifchem Urteil, großer dialeftifcher Gewandtheit, in praftifhen Dingen 
weitblidend und Elug, überragend an Willenskraft, ein Menſchenkenner profunder Art, ın 
der ‚sreundjchaft treu, wenn auch immer rechnend. Seine Frömmigkeit war in ihrer Weiſe 
cht. So pbrafenbaft er ift, jo fehlen nicht die Herztöne in feinen Homilien und Briefen. 

55 Die ortbodore Kirche des Oſtens verdankt es wirklich in erfter Linie ihm, daß fie ihrer 
Art gegenüber der lateinischen bewußt getvorden iſt. Stolz var fie auch zuvor ſchon 
wider die „Halbbarbaren“ im Weſten, in der Erinnerung, daß alle ökumeniſchen Konzilien 
auf ihrem Boden gebalten worden, daß fie eigentlich die „Väter“ habe, auch in Einen 
das Erbe von Hellas und dem Nümerreih. Photius bat fie vollends in ihrem Selbſt 

so gefüble gefteigert und befeftigt. Er bat ihr die zündenden Schlagworte gegeben, die mt 
vergejjen find. 

J, veben. Photius ift, wie fein Gegner Ignatius, der einzige feines Namens auf 


— — 


378 Photius 


die des „erſten Staatsſekretärs“ (nowroonxpijtis), auch eine militäriſche, Die des „Haupt⸗ 
manns der Leibivache” (nowroonaddeıos). Man kann nicht erkennen, in welchem Maße 
es jih für ihn dabei um wirkliche amtliche Funktionen gebandelt hat. Keinesfalls iit er 
feinen twiffenfchaftlichen Sinterefjen untreu geworden. Verheiratet war er, nebenbei bemerkt, 
5.nie, freilih audı nicht Mönd. Die Umftände, unter denen ihn der Ruf zum Patriarchat 
traf, find auch nur im äußerſten Umrifje befannt. Im Sahre (mahrjcheinlih) 857 mir 
Theodora veranlagt, von der Regentichaft zurüdzutreten. Ihr Sohn mwechjelte damit bloß 
den Wormund. Denn Bardas mußte fi) die ganze eigentliche Macht des „Autofrators” 
zu jihern. Um Theodoras Einfluß, den Michael auch fürchtete, vollends zu befeitigen, 

10 follte der Patriarch Ignatius ihr den Nonnenfschleier weihen. Als er nicht dazu zu bringen 
war, enthob ihn Bardag, der dadurd zugleich einem perfünlichen Rachebedürfnis Genüge 
ichaffen konnte, am 23. November 858 (ich nehme jeßt dieſes Jahr an; f. darüber oben 
©. 376, 10; Ariftarches defretiert bloß von neuem 857) feines Amtes und gab ihm in Ph. 
den Nachfolger. 

15 In dem Artikel „Ignatius“ (Bd IX ©. 56) ift ſchon furz angedeutet worden, unter 
twieviel Schwierigkeiten dieſer unzweifelhaft charaftervolle, aber auch eigenfinnige ja jtarre 
Mann fein Batriarchat feit 847 (ſ. oben S. 376, 13) geführt hatte. Er hatte von vorneherein 
eine Gegenpartei fich gegenüber, die an Gregorius Asbeita ihren Yührer beſaß und ın 
geſchickteſter Weife wider ihn intriguierte. Es iſt nicht zu bezweifeln, daß Ph. zu dieſer 

20 Gegenpartei gehörte. Daß auch Bardas es mit ihr hielt, war an fich bedingt durd 
feine Rivalität mit feiner Schweſter, der Katferin, die an Ignatius einen kräftigen Nüd- 
halt hatte. Durch welche befonderen Veranlafjungen fich feine Mahl auf Ph. als Erſah 
für Ignatius lenkte, iſt nicht zu erfennen. Pb. war noch Laie. Das bot immerhin 
Schwierigkeiten, wiewohl es nicht unerbört war, daß ein folcher auf den Patriarchenftubl 

25 erhoben wurde. Taraftus war ähnlich wie Ph. vom kaiſerlichen Sefretär zu feiner Stel: 
lung an der Spitze der Kirche berufen worden. Es müfjen doch in eriter Linie die hoben 
Eigenjchaften des Ph. geweſen fein, die vielleicht durch Vermittelung des Gregor Asbeſta, 
der felbft nicht hoffen durfte, den ökumenischen Yoovos zu beiteigen, den Bardas da; 
bradıten, Wh. zu erheben. Es fcheint, daß dieſer fich ernftlich gefträubt bat, die geit 

3e lie Würde anzunehmen. Daß er fpäter zäb an ihr feitgebalten, ift fein Gegen 
beweis. Gregor, fein Freund, vollzog jeine Weihe. An fünf aufeinander folgenden Tagen 
vom 20. Dezember an durdhlief er die nötigen VBorweihen, um dann am Weihnachtsfeſte, 
an dem gleichen Tage wie 781 fein Borfahr und Vorbild Tarafius, ald Patriarch ein 
geführt zu werben. 

35 Noch hatte Ignatius nicht feiner Würde entfagt und er hat es nie gethan. Bardas 
und Photius verfuchten vergeblich ibn mürbe zu machen. Ph. erfcheint zunächtt in feinem 
guten Lichte. Er verfäbrt unmabrbaftig und hinterliftig. Im Laufe des Jahres 859 ver: 
ſammelte er eine Synode, durch die er ſchließlich eine Abfegung des Jgnatius in chem: 
barer Wahrung der kanoniſchen Form erzielte. Was von eigentliher Miphandlung dei 

30 felben und auc feiner freunde berichtet wird, ift gewiß nicht alles wörtlich zu nehmen. 
Doch bleiben freilihb genug UÜbelthaten (nicht des Photius, wohl aber) des Bardas als 
Thatſachen bejteben. Ph. jelbft ıft Dafür Zeuge durch feine Briefe an den Cäſar, worin 
er dieſem — in ehrlicher Meinung, Das it nad) feiner ganzen Schreibiweife nicht zu be 
zweifeln - - Vorbalte darüber madıt (Wigne, Ep. Lib. II, Wr. 6, ©. 624f., Balett. 

15 Wr. 159), vorübergehend nimmt er noch feinen Nüdtritt ing Auge (Migne ib. Nr. 4, 
S. 621 B, Balett. Wr. 157) Die Situation war wirklich fehr fchwierig für ihn, denn 
Ignatius batte einen großen Anhang. Cine Hauptaefahr für Pb. in Konjtantinopel war 
die Haltung der Mönche, befonders derjenigen von Studien. Seine Briefe an eine Reihe 
jolcher zeigen die Manmigfaltigkeit der Tüne, über die er verfügte, wenn es ihm dar 

co ankam, zu gewinnen. 

Etwa zwei Jabre gingen dabin, die Pb. foweit als möglich benußte, feinen Freunden 
Biichofsfige zu verschaffen. Ignatius batte jih nach Nom gewendet und beim Papite 
Hilfe geſucht. Ph. bat Das zumächit ignoriert. Schließlih konnte er doch nicht umhin, 
ſich auch nad diefer Seite wider Ignatius zu falvieren. Seit April 858 regierte in 
Nom Nikolaus I. (ſ. d. Art. Bd XIV S. 68. Ph. wendete fih mit einer bejonder 
feierlichen Yegation an diefen und überfandte der Obſervanz entiprechend eine Anzeige 
feiner Inthroniſation als ‘Patriarch (vgl. 7) oös row nanaw Nixdi. a’ Eydoorıorxi, 
Balett. Nr. 1, Migne, Ep. L. I, Mr. 1, 5.585 fi). Das Schreiben verjchletert in feiner 
Darſtellung der Verbältnifje die Sachlage faft völlig. Ph. wollte durchaus nicht .als Hilfe 
60 fuchender erſcheinen. Hefele (IV, 237) nennt den Brief „ebenſo ſchön wie liſtig“. Tas 


a 
Ei 


380 Photius 


wie tief die Verbindung des Papſttums mit dem karolingiſchen „römiſchen“ Kaiſertum 
in Konſtantinopel als Abfall empfunden war. Nikolaus hat alles, was Photius (nominell 
der Kaiſer) ihm zu hören gab, kraftvoll, nicht ohne eine Doſis von Spott, zurückgewieſen 
Aber er hat die Stimmung in Konſtantinopel nicht bezwungen. Unbedingt hielt man 
5 dort mindeſtens daran feſt, daß der Papſt die kirchlichen Grenzen reſpektiere. Ein Anlaß 
ipeziell hierfür bot fich in der Frage nach der Firhlichen Zugehörigkeit der Bulgaren. Auf 
die Geſchichte der Bekehrung dieſes ſlawiſchen Stammes näher einzugehen, iſt hier nicht 
der Ort. Es iſt kein Zweifel, daß can. 28 des Konzils von Chalcedon dem Stuhle ven 
Konſtantinopel das Recht gab, die Oberherrſchaft über dieſes eben damals ſich dem Chi: 
1» jtentum zumendende Volk in Anſpruch zu nehmen. Auch ift von Konftantinopel aus 
zuerjt unter ihm miffioniert worden. Wahrfcheinlid aus dem Sahre 865 ftammt ein be 
rühmtes langes Belehrungsjchreiben des Ph. an den vor Kurzem getauften Fürſten Bo: 
goris, der ſich ala Chriſt nach feinem kaiſerlichen Baten Michael nannte (Balett. Nr. 6, 
Migne S. 628 ff). Es ift in feinem eriten Teile eine Darlegung de8 Glaubens unter 
1» Boranftellung des Symbols, und eine ausführliche Erörterung über die ſieben ökumeni— 
ſchen Konzilien (ec. 1—21, bez. 24), dann eine eingehende ethifchpolitifche Unterweiſung 
(e. 25--118). Es jcheint doch, daß Ph. vorerft nicht im ftande war, zur Tirchlichen 
Ronfolidierung der bulgarischen Verhältnifje ernitlih mitzuwirken. Ban Bogorid mandte 
ſich auch, offenbar aus politischen Gründen, bald nachher mit Anfragen und Wünschen 
nad Rom; von dort wollte cr für fein Volk einen „Patriarchen“ haben. Das lebtere 
fonnte ihm nun Nikolaus zwar nicht bemwilligen, wohl aber fandte er zwei Legaten, im 
weiteren Verfolg auch Priefter, und betrieb ernftlihit die Yöfung der doch vorerft nad 
beftebenden Beziehungen der Bulgaren zu den Griehen. Auch er fandte ein weitläufiges, 
in feiner Art nicht minder intereilfantes Paitoralichreiben an Bogoris (f. Responsa Ni- 
æ, colai ad consulta Bulgarorum, Manſi XV, 401 ff.). Über viele Dinge, die die grie 
cifchen ‘PBriefter angeordnet hatten, giebt er dem Fürſten „Aufklärung“; weiteres noch 
wird zur Inſtruktion der von ihm entjendeten Miſſionare gehört haben: letztere haben 
erfichtlich befonders das Chrisma der Griechen beanftandet, nicht ſowohl an ſich, als weil 
es durch photianifche Prieſter, alfo foldhe, die durch einen felbjt ungiltig geweihten Bifchof 
z, unwirkſam geweiht feien, gefpendet worden, Nikolaus zog alle Konjequenzen feiner „En: 
tenz” über Ph. Die Bulgarenfrage berührte ſich Tanoniftiih mit der Frage nad dem 
fog. Vikariat von Theffalonich, welches die Päpſte für ihre Obedienz forderten, wä 
in Monjtantinopel feit 730 das ganze Illyrikum zum ökumenischen Patriarchat gerechnet 
wurde (f. A. „Orient. Kirche”, Bd XIV, 139,30 ff). Man war in Konftantinopel fchon 
+ aus politischen Erwägungen nit in der Lage, darauf zu verzichten, daß die Bulgaren 
ſich firchlich zum Patriarchat bielten. Nikolaus war zum Überfluß, wie man es nennen 
will, berrifch, gewiſſenhaft, oder unflug genug, gerade jegt in Konftantinopel felbft die 
Photiusfrage, bez. die „Ausführung“ feines „Urteils“ der Entfcheidung zuführen zu wollen. 
Mit den Legaten für Bogoris ließ er drei Geſandte (darunter den damaligen Diakon, 
u fpäteren Papſt Marinus) reifen, Die nicht weniger als acht Briefe — an alle in der Pbo- 
tiusfrage in Betracht Foinmenden Berfonen und Kreife, den Kaifer, Bardas, Photius 
jelbft ꝛc, den geſamten Epiſkopat, felbjt die Senatoren zu Konftantinopel; Ep. 9—16, 
Manſi S. 216 ff, dazu Hergenrötber 1,637, A. 95 — in die Burg des Gegners bringen 
follten. Der Kaiſer ließ die Gefandten ſchon an der Reichsgrenze zurückweiſen, Die Briefe 
4 haben ibre Adreſſen nicht erreicht; fie enthalten Feine neuen Momente, fondern nur mit 
monvtoner Energie Die alten Argumente und „papalen“ Anfprühe Schon die blope 
Nachricht von der Einmifchung des Papftes in die bulgarifchen Verhältniſſe batte alle 
Yerdenjchaften im Patriarchat und am Katferbofe wachgerufen. Ph. fand es jeßt nicht 
mebr an der Zeit zu Diplomatifieren. Auch genügte es ihm nicht mehr, fich defenfiv zu 
6 halten, den Papſt an feine Schranken zu erinnern, ihn „merfen“ I laſſen, daß ſein An 
ſpruch und Anjeben nicht in Übereinftimmung ftebe mit der wirklichen Bedeutung feine 
Ztubles und feiner Stadt. Vielmehr ging er jetzt dazu über, der Sade eine prinzipielle 
Wendung zu geben, um wo möglid ein für allemal die Prätenfionen des Papſtes zu erle 
digen. Es war in Diefem Zuſammenhang, two er die große Aktion einleitete, die Dften 
65 und Weiten überhaupt getrennt bat. Hatte der PBapft feine priefterlihe und bifchöflide 
Legitimität angegriffen, jo tellt er Diegenige De8 Papſtes noch in ganz anderem Sime 
in Frage. Der Papft iſt ein Patron von Kegereien! In einer Enchklika an die Pa 
triarcben des Oftens tritt er Dielen Nachweis an und dieſes Schreiben wird mit Recht 
getwwilfermaßen als die magna charta des Trients in feinem ganzen Verhalten feither 
0 gegen den Occident angefeben (Balett. Ir. 4, S. 165—181, Migne ©. 721 ff.). Schon 


382 Photins 


wonach er ſchon 857 durch Ph. erfegt worden wäre, widerſpricht u. a. bei Niketas der 
Notiz, Manfı XVI, 261, daß er Öl Zyvea teleiwv yodvw» teieiav Adinoıw Treo 
dgerns Eruöeıkausvos „der Kirche wiedergegeben worden“ ; fonad) muß e8 im N. „Igna— 
tius“ Bd IX, 56,29 heißen: „genau am neunten Sahrestage”). 

6 Man darf fich nicht voritellen, daß Ph. in Ronftantinopel nah) dem Sabre 861 
noch in bejonders fchiwieriger Lage geweſen ſei. Er hatte Zeit und Gelegenheit, die cin: 
flußreichen Bifchoffige mit feinen Freunden zu befegen. Seine alte litterariſche Gefolg: 
fchaft, mit der er in enger und tbätiger Berührung blieb, forgte dafür, daß fein Ge 
lehrtenrubm nicht verblaßte. Durch reihe Moblthätigkeit gewann er Einfluß auf das 

10 Voll. Daß hinter feinem ftolzen, Tühnen Vorgehen im Jahre 8661867, in feinen Augen 
gewiß nur erit ein „Anfang“, das im Bilderjtreit gewaltig gejtiegene Kraftbewußtſein 
feiner Nation ftand und ihn anfeuerte, ift längft bemerkt; das in erjter Linie bat feinem 
Auftreten den „welthiftorifchen” Charafter verlieben, den die Folgezeit Har gemacht bat. 
Seine Haltung war ein Symptom ber inneren Konfolidierung des Kirchenweſens von 

15 Byzanz im Kampfe um die Bilder. Man hatte den „Staat“ beftegt, wie jollte man ſich 
von einer freniden Kirche darein reden laſſen. Dafür hatte man ın Rom fein Verſtändnis 
Der Hiltorifer kann die überfcharfe Politit der Hauptpäpite diefer Zeit, Des Nikolaus 1. 
und Hadrian II, kaum cine wirklich kluge und mweitblidende nennen. Zwar mochte ber 
Nachfolger des Nikolaus denken, daß er die Früchte der „Feſtigkeit“ feines Worgängers 

20 ernte und den Orient endlich befiegt babe. Denn Bafılius that zunächſt dem Papite 
gegenüber faft in allem das Gegenteil von den, mas Michael gethan. Ihm erjchien em 
Bruch mit dem Weiten nicht opportun. Um deswillen ließ er Ph. fallen. Nach ein: 
jährigen Berhandlungen mit Rom ließ er in Konftantinopel ein Konzil halten, melde 
die volle Neftitution für Ignatius brachte und unter maßgebendem Einfluffe des Papftes 

25 ftand, dasjenige vom 5. Uftober 869 bis zum 28. Februar 870. Man kann dieſes Konzil 
(das „achte öfumenifche”, oben ©. 374, 28) doch nicht als eine gefchichte Aktion im Intereſſe 
des Papſtes anertennen; es war lediglich das Widerfpiel zu demjenigen von 861. Pon 
Weisheit in der Behandlung des doch wahrlich als willensſtark und für feine Zwecke mittel: 
findig ertviefenen Ph. kann man nicht reden. Hatte man 861 den Anhang Des Ignatius 

0 vergewaltigt, jo verſuchte man jeßt lediglich das Gleiche mit dem des Pb. Glanzvoll für 
den Papſt verlief dieſes Konzil, aber nicht fo, daß es eine Kraftquelle für ibn hätte 
iverden mögen. Im Sinne de Abendlands bedeutet e8 den legten Abſchluß des Bilder: 
ftreits. Ph. betrachtete nicht mit Unrecht fich felbft als den, der eigentlich dieſen Abfchluß 
ihon auf dem Konzil von 861 berbeigeführt babe. Es gehört zur Signatur des Ph., 

35 daß er fih als befonderen Vorkämpfer des „fiebten ökumeniſchen Konzils“ zeigt. Noch 
zählte man im Oſten vielfach erſt fechs große Konzilien. An der Encyklila „an die Pa- 
triacchen des Oſtens“ moniert Ph. (e. 10) eigens, daß das nicht richtig jei. Wenn er den 
Kaiſer für das Konzil von 861 Yegaten in Nom erbitten ließ, die mit ihm die „Reſte“ 
des Bilderjtreitö bejeitigen follten, fo war das nicht bloß vorgeichütes Intereſſe. Ph. 

0 empfand ſich ſtets als berufenen Wächter der Bilderverehrung. Das Konzil von 861 but 

weifellos auch die Bedeutung, im Ortent felbft fchon das Ende des Ikonoklasmus „be 
gelte zu haben. Im Zeichen der Bilder twaltete nur fein Gegenfag zwiſchen Ph. und 
Ignatius. Im Zeichen der Bulgarenfiche, wie Nom mit Schmerzen erfahren mußte, 
auch nicht. Als die päpftlichen Yegaten auf dem Konzil von 869/870 auch bier Mill 

5 fährigkeit für die römischen Anſprüche heiſchten, riefen die Urientalen, wie es in der Vita 
Hadriani II. heißt (Manſi XV, 816): satis indecens est, ut vos qui Graecorum 
imperium detrectantes Francorum foederibus inhaeretis in regno nostri prin- 
eipis ordinandi jura servetis. Der „Abfall” des Papftes vom „Reiche“ brannte 
allen Griechen in der Seele. 

co Nach jener Abjegung wurde Ph. in den Ort Stenos (Safenplab auf der europät 
chen Zeite des Bosporus, kloſterreich, Ruheſtätte des Taraſius) veriviefen. Er ftand dort 
unter jcharfer Aufſicht, war möglicit von jedem direkten Verkehr mit feinen Freunden 
ausgejchlofien, mußte jogar, was ihm beſonders bart erjchien, feine Bücher entbebren. 
Immerhin war Bafılima milder gegen ihn, als Michael und Bardas es gegen Ignatius 

65 geweſen. Pb. hatte Die Freiheit zu reichlichem Briefverkehr. Jetzt erjt erfennt man voll, 
welch ein Serrichertalent er war. Sein Anbang im Klerus war ein ſehr großer geworden. 
Das Konzil wider ibn mußte mit faum zwanzig Bifchöfen eröffnet werden und bradte 
cs, troß aller Bemübungen eine möglichſt große Zahl heranzuziehen, jelbft in der often: 
tativen Schlußſitzung auf nicht mehr ale etwas über hundert. Die herrſchende Partei 

co jorgte durch Die Härte, mit der fie alle treubleibenden Photianer, felbit der unteren Grad, 


384 Photius 


Konzils im einzelnen zu folgen. Wenn man die Alten lieſt, kann man ſich des Em: 
druds nicht erivehren, daß die päpftlichen Legaten zum Teil wohl wirklich nicht verftanden 
haben, worum es ſich jeweilen handele. Pb. übt alle Künfte der Liebenswürdigkeit, an- 
icheinender Ergebenheit gegen feinen „geliebten Bruder” Johannes. Aber er ehrt den 
6 Sinn feiner Forderungen und hat Organe, die ftatt feiner vollends alles Das ausſprechen, 
was feinen Anfprüchen gemäß war. Belonders Zacharias von Chalcedon (f. o. S. 383, 4) 
halt in diefer Weiſe Reden, die völlig wie von Ph. jelbjt verfaßt ſich ausnehmen. So 
leih in der erſten Sitzung meiß er die Bedeutung der Synode fo zu formulieren, daR 
fe mehr zur Rechtfertigung des Stuhles von Rom, der fich wider den Orient verfeblt 
ıo habe, gehalten zu werden fcheint, als zu derjenigen des Ph., dem nur mit Recht jetzt die 
volle Anerkennung durch den Papſt zu teil werde (Manfi XVII, 384f.). Nachdem die 
Synode offiziell geichloflen war, infcenierte Ph. noch ein Nachipiel. Baſilius Hatte ſich 
perfönlich von den Verhandlungen ferngehalten. Nunmehr veranlagt ihn Ph. noch zwei 
Berfammlungen unter feinem Borfit zu berufen, in deren erfter das alte Symbol als 
15 Ausdrud des Glaubens der Kirche befräftigt wird. Das war an fih fein auffallender 
Alt, dem die päpftlichen Legaten auch beiwohnen und zuftimmen Tonnten. Bedeutfam war 
nur, daß Ph. die Verfanmelten erklären ließ, fie wollten das Symbol feſthalten odder 
dpampodvrss, obdEr nooorderres, obÖEv Aueißovres, obÖEv wıußönkevorres (Manfi 
©. 516). Auch das konnten die Legaten billigen (ib.), denn ſeit Zeo III. ftand das 
20 Symbol in jilbernen Tafeln ohne filioque in der Paulskirche zu Rom (vgl. Kattenbuſch, 
Apoft. Symbol II, 481 A. 13). Tennod war es mehr konnivent als klug von den 
Legaten, bier ohne einen Vorbehalt mitzuthbun (Hergenröther II, 519 4. 15 behauptet, der 
bandichriftliche Tert der Deklaration laute etwas anders ald bei Manfi und zeige, daß Ph. 
unter Umftänden d. h. neuen Härefien gegenüber doch eine Erweiterung des Symbols 
25 habe freilaſſen wollen — das wäre nicht unintereffant). Bet der zweiten Berfammlung 
lieg Ph. gar durch einen der Bischöfe eine Rede halten, die unter Lobpreis feiner Frieden‘ 
bemühungen ihn nicht undeutlich über den Papſt erhöhte indem fie ihn als To» Tod avu- 
navros xÖdouov 19 Enıoraclav Aaydıra eis TÜnov Tod dpyınouEvos Ägıorod Toü 
deod Huwv binftellte (Protop von Gäfarea Capp., ſ. Wanfi ©. 521). Wieder hatten die 
0 Legaten nichts zu bemerken, jondern ftimmten nur ein in den Hymmus auf den dyeataros 
rraroıapxns. Über die Haltung des Papftes nach dem Konzil vgl. d. A. Johannes VII. 
Religiös uninterefliert, wie er «8 allem Anfcheine nad) mar, hat er das Perbalten feiner 
Yegaten eher noch überboten, als desavouiert — aus politischen Rückſichten. 
Ph. Stand jeßt im Zenith feiner Macht und des Glanzes. Was er 861 erſtrebte, 
35 hatte er 880 erreicht. Freilich bat fein Streit mit Nom nur kurze Zeit ganz gemubt. 
Daß er unter Marinus I. (f. den Art. Bd XII ©.340), dem Nachfolger Johannes’ VIIL 
wieder aufflammte, iſt nicht zu vertvundern. Marinus iſt bekanntlich der erfte Papſt, der 
nicht unmittelbar aus dem römiſchen Klerus hervorgegangen, fondern ſchon Biſchof mar 
und nah Rom „transferiert“ wurde. Ph. überfah feinen Augenblid diefe nach beſtehen⸗ 
40 dem Rechte irreguläre Art feiner Erbebung und verwahrte ſich alebald gegen den ihm 
mit gutem runde gefährlich erjchbeinenden Mann. Daß es feine geringe Unverfchämtbeit 
von feiner Seite war, die Wahl des Marinus mit Hinweis auf Can. Sardic. 1 und 2 
zu beanjtanden, kann man zugeben, da er ſelbſt im Urient eine Fülle von Biſchofstrans⸗ 
lattonen vorgenommen. Der Pontififat des Marinus iſt zu kurz geweſen, um ſich auf 
45 zuwirken. Daß diefer Bapft den Bann wider Ph. erneuerte, ift ficher, Tonnte diefem aber 
nichts Ernitliches anbaben. Pb. bat nur Anlaß davon genommen, die Frage nach dem 
Ausgange Des bl. Geijtes neu anzuregen. In einem Briefe an den „Erzbifchof von 
Aquileja” (man weiß nicht ficber, wer darunter zu verfteben ift, da damals zwei Stühle 
ſich dieſen Titel beilegten; |. Sergenröther II, 634.) erörtert er von neuem das filio- 
so que und bald nachher 885 oder 886 veröffentlicht er feine ausführliche Schrift „über 
die Myſtagogie des hl. Geiſts“. 
Zu keiner Zeit iſt Ph. durch die Gegnerſchaft der Päpſte ſo in Anſpruch genommen 
eweſen, daß er nicht ſehr vielſeitig ſich hätte bethätigen können. Auch in dem zweiten 
— iſt er um die Wiſſenſchaften und Künſte bemüht geweſen. Er gehört zu den 
65 elaſtiſcheſten Perſönlichkeiten. Zumal bat er ſich auch der Miſſion ſtets ernſtlich angenommen 
(Bulgaren, Ruſſen); das wird im einzelnen noch mehr klarzulegen ſein. Wiederholt ſucht 
er Beziehungen zu „ſaraceniſchen“ Fürſten, dies in erſter Linie, um die Chriſten unter 
deren Herrſchaft, zumal ferner auch die heiligen Orte in Paläſtina, nach Möglichkeit zu 
ſchützen. Auch die „Ketzer“ im Reiche und draußen, Paulikianer und Armenier, entgingen 
eo nicht ſeiner Aufmerkſamkeit und feinen Bekehrungsbemühungen. Kurzum, es iſt nicht zu 


388 Bhyotius 


adrovd. Vol, Hergenröther III, 154ff. und feine Sonderabhandlung ThOS 1858, 
©. 559 ff. Über die Abfaſſungszeit |. o. S. 384, bo; fie ift dadurch verbürgt, daß Pk, 
jelbft offenbar noch Patriarch, in $ 89 Papſt Hadrian III. (884—885) als lebten Rapit 
mit dem er fich berührt habe, erwähnt, jedoch anicheinend als bereit3 veritorbenen. Die 
b Schrift ift durchaus ein jelbitftändiges Produft des Ph. Tiefer ift es ja überbaupt, der 
dad Thema vom Ausgange des hl. Geiftes erſt fo fcharf prägifiert bat, mie es ſeither 
für die Dogmatik dafteht. Merkwürdig ift, daß «3 in den Amphilochien gar nicht zu 
Sprache fommt. Das beiveift wohl, daß ed ganz weſentlich das Bebürfnis mar, wider 
das Abendland Anklagepunfte zu formulieren, was darauf geführt hat, während « 
10 ald poſitives dogmatisches Problem dem Ph. felbjt nicht gerade im Wordergrunde be 
Intereſſes jtand. Ph. will feinen Beweis, daß der Geiſt nur vom Bater auögebe, aus 
der Bibel erbringen. Die bl. Schrift entbält die „Myſtagogie“, die geheimnisvolle Lehre 
von diefem, in ihr Zegoloyeitau oder Deodoyeltar, wird durch Orakel verfündet, was es 
mit ibm für eine Bewandtnis bat, in welcher Weife er mit zur Gottbeit gehört. Tas 
15 Werk giebt ſich (tie die Bibliothek und die Ampbilochien) als die Erfüllung eines an 
Ph. gerichteten Wunſches; es wendet fih an jemand, der eine odvowıs der Gründe für 
die von Ph. vertretene Lehre ſich erbeten babe (der Adreſſat ift nicht zu erfennen — & 
fcheint fih mir um eine Fiktion zu bandeln). Nach Turzer Einleitung fixiert Ph. als 
eigentlichen locus classicus der Lehre das Wort Io 15, 26: Ta fage der Herr nichts 
» als daß der Geift „vom Water” ausgehe, ſonach ift es doeßera und uvdoloyia davon 
zu reden, daß er „auch vom Sohne“ ausgehe. Sofort in SS 3 und 4 deutet Pb. an, 
auf welche Abjurditäten es in der That hinausführe, wenn man legtered, cs 7) Blao- 
ypnpia Boä, Sage: dann müſſe auch das weüua gedacht werden ald ein zoaxtıxör ou 
vtod, denn es fer klar, wenn beide die gleiche Grundurſache hätten, fo könne nicht einer 
2 von ihnen allein ald Urſache des anderen vorgeftellt werden. Werner, wenn zwar be 
Sohn bloß von der öndo Aöyor dndörns des Vaters ausgehe, der Geift aber doppelten 
Ausgang habe, fo ergebe ſich für ihn eine „” ee wie aber fönnte dann 
nod von einer „Einfachheit“ der Trias die Rede ſein? Dieſes Argument, daß der Aus 
gang des Geiſtes gleichwie des Sohns nur vom Vater um der Monarchie in der Trias 
» willen zu behaupten jet, iſt das leitende Hauptargument aller Polemik des Orients gegen 
die Abendländer mit Bezug auf das filioque geblieben. Ph. ftellt alsbald feft, das 
denn auch feiner der deooi xal negubruuor narepes je anders gelehrt hätte. Alle öle- 
menifchen Konzilien ſtimmten auch darin überein, S 5. Sofort wendet fich Ph. dazu, 
weiter zu zeigen, zu welchen Konjequenzen allen die deouazyia der Gegner führe, SS 6 
35 bie 19. In SS 20-90 erörtert er einen Einwand, der von Jo 16, 14 aus gemadt 
twerde: Derfelbe babe gar Feine Kraft. Wielmebr zeigt Ph. SS 31—47 mit meiteren Ar⸗ 
gumenten (bier zum Teil feine Encyklika zum Grunde legend), daß die Unfinnigfet be 
abendländifchen Lehre feitftehe. Wieder läßt er fih auf einen Einwand ein, der aus 
(Sa 1,6 entnommen werde, um dann nochmals, SS 61-—-64, mit dialeftifcher Konſequenz 
wo macherei die Yehre vom doppelten Ausgang des Geiftes zu widerlegen. Folgt eine Aus 
einanderfegung mit den patriſtiſchen Autoritäten des Abendlands: Ambrofius, Auguftin, 
Hieronymus, und der Hinweis darauf, Daß die Päpfte von Damaſus bis auf Habrian IIL 
meift auf jeiten des Morgenlands geitanden, SS 65—89. Abermal? werden dann Ga 4,6 
und verivandte Stellen beleuchtet, SS 90---94. Die Schrift zeigt den ganzen Scharfſum 
4 des Ph., iſt auch verbältnismäßig einfach und durdfichtig im Stil. Indem er bier au% 
drüdlich die Päpfte gegen das Abendland ausfpielt, was er in gewiſſer Weiſe durfte 
(ſ. o. S. 381,19, 20), verrät er einen Fortſchritt feines theologiſchen Intereſſes an dem Pre: 
blem, er war jegt von der Sache felbft mehr angefaßt als im Anfang. 
b) Die .Iyynos teol tjs Marıyalov (veas) dvaßlaoınoews, eine Streitichrift 
ww gegen Die Paulikianer. Das Werk befapt vier Bücher und wurde in diefer Vollſtändig 
leit zuerit von J. Chr. Wolff, Anecdot. graec. I u. II, Hamburg 1722, herausgegeben; 
danach Migne CIL, S. 15ff. Das erite Buch giebt einen biftorifehen Bericht über De 
Paulikianer als neue Manichäer, die drei anderen eine dogmatifch-biblifche Widerlegung 
ber Yebren derjelben. Die jpäteren Bücher jtimmen nicht ganz überein mit den im erſten 
ot kundgegebenen weiteren Abfichten des Autor. In I, 22 fin. fagt leterer, er wolle in 
vinen anderen Bude „eigens“ von dem Sergius, dem er von c. 21 an (f. aud ec 9 
Aufmertjamfeit gewidmet bat und den er ala befonderd Hnoiov jhildert, handeln. Aber 
m IE IV folgt nichts, was auf ibn aud mur Bezug nähme. Hergenrötber, der alle vier 
Yıuber für echt bält, meint, die beiden mittleren jeien eine Bearbeitung urſprünglich 
ww öffentlich gebaltener Homilien. Das iſt eine Mutmapung die Ariftarches, wie mir ſcheint 


it weiter Gr zieht auch das erfte ı 
pn a, m net Ba a 


Det Ber 8 ‚giebt fi durd eine fondere Abreffe (4 li DE. 
—— Ba — * —— * 








erſte 10 
(Dasſelbe ſteht in ter li Beziehung zu der Hist. Ir 
des fog. P vgl. Migne CIV, 12407}. Diefer Petrus gilt den meiften als 
——— b., neuerdings hat ihm aber Karapet Ter- „Die Pau er 
im by. “, 1893] die Erxiftenz abgeſprochen ei Hegumenos 15 
| Ph. fe lernden ogen r bie 
Manichäer von Pb. im eriten — Aöyos verwertet ſei: Ka⸗ 
ge don Jo: 0 im ln t photiantfch, die weiteren jeien eine ie „nach 
Euthymius 3 Me um 1100] verfaßt ſei. Der —* Hypoth —— 
, eh — mbacher ©. 77 mitteilt, der ftlihe Befund; 


e) Über einige — diber ben — — — 





tt. end er benutzt es ala als Material 
= % 558 ff.). & meint, ie barin eine 
ng fine ung und feiner ofition 

Be don —* Gegnern geg en feine — 


daraus zu elite, daß bie einzelnen Stüdte — * — Ko” 





a * Tert unter dem Titel: ? se 
igne CV. — und bei Balettas (oben * 375, SB, „sun 
— ift bei en ©. Sei. N. * * Fi —— 


—— ** —— 73 XIV ts is ut Ru * „Na —— — 


De Wi. 

— zal av ν Aarivam 
culum — —2 — * oben S. 375,26 angegebenen Samm ae 
al8 ebierte, unccht it, bat Hergenzötber fe II, 172 * — 


ah * 
Be Bir die, * — un — 


Rorrebe Kit im Yahre vr nur —* ergänzt — beſon 
en < oden von 861 und 879. Ob Ph. p ht al die neue —— 
hin. Er giebt ſich —————— erkennen 





— e Briefe,” ** auf — fie ihren Äntereff — 
yergenröthe I, 128 ff. Ob auch gewiſſe juriftifche Scholien, die eben bier S. 109 .@ 





390 Photius 


wenigſtens zum Teil dem Ph. vindiziert werden, ihm gehören, laſſe ich auf ſich beruben. 
Die Mitarbeitung des Ph. am Kirchenrecht war weſentlich eine praktiſche, (die Canones 
„ſeiner“ Synoden ſind gewiß ſein Werk) und ſeine Beleſenheit auch in der kirchenrecht 
lichen Litteratur beweiſt auch die „Bibliothek“. 

5 5. Neden. einen kurzen Bericht über diefe begann Hergenröther III, 231 mit 
der Bemerkung, es jet, wie 68 fcheine, von ihnen „nur fehr wenig erhalten”. Getrudt 
waren bis dahin nur zwei Homilien. Migne giebt CII, 548 ff., dieje beiden, fema 
zwei Bruchitüde, deren Redecharakter Hergenröther jedodh S. 236 beanftandet. Einige 
nicht ſehr umfangreiche Verzeichnifje aus Handichriften, waren befannt. Im ganzen mußte 

iv Herg. von zweiundzwanzig Predigten. Seither war eine Anzahl weiterer publiziert morden, 
fo zwei auf Anlaß des Ichredvollen eriten Erfcheineng der“Prös (Ruflen) vor Konſtantinopel 
gehaltene ; zumal hatte S. Ariftarhes in den Jahren 1882—1886 dreizehn neue in ke 
"Exxino. Aindera (in Konftantinopel erjcheinend) mitgeteilt. Sehterer Gelehrte (jet Grof; 
Logothet in Konftantinopel) bat nun 1901 nad ſyſtematiſcher Unterjuchung vieler Biblie- 

15 thefen und unter Benugung der ganzen Pbotiuslitteratur ein Corpus orationum de 
Ph. veröffentlicht, |. oben ©. 375, 21. Er bietet nicht weniger ald 83 Aoyoe xal dwlia 
des Patriarchen. Es bandelt fih nicht nur um Predigten, fondern um alles, mas 
Ariit. als „Vorträge“ glaubt beurteilen zu follen. Co beginnt er die Eamml 
mit einem Aoyos yoauuarıxös über den hl. Athanaſius. Tas Merk (zwei ziemli 

20 umfangreiche Wände) enthält weniger neues, als man zu erwarten geneigt ift. Ariſt 
bietet zum großen Teil nur Kompoſitonen, die er felbft erft hergejtellt hat. Er bat fie 
Recht mit der allgemeinen Mutmaßung, daß die anderen Werke des Rh. reuayıa (Brud- 
ftüde) von „Vorträgen“ fchulmäßiger und kirchlicher Art enthalten. Diefe möglichſt voll: 
ftändig herauszuſchalen und ſachgemäß zu verteilen und zufammenzuftellen, bat er fi 

25 zur Aufgabe gemacht. Ich erwähnte fehon bei Beiprechung des Berta des Ih. milder 
die Manichäer der Arbeit des Arift. nach diefer Richtung. Ob er überall eine glüdlihe 
Hand bewährt, ift eine Frage, die nicht bier zu beantworten ift: ich habe an vielen Stella 
Zweifel. Sedenfall erweitert diefes Corpus das eigentliche litterariſche Material für bie 
Photiusforſchung nur zum Teil. Der „Rhetor“ Ph. tritt vielleicht jet erſt Deutlich ber: 

zuvor. Der „Theolog” Ph. gewinnt weniger neues Licht, ald man zuerjt fich vorftelt 
Doch fehlt es nicht an einer Anzahl wirklicher, wichtiger Inedita und nicht „komponierter“, 
jondern handſchriftlich als photianiſch dargebotener Sean. Arift. hat feine 83 Nummen 
hronologifch geordnet und zwar mit beneidenstverter Selbitgewigheit. Er weiß für jeden 
40Y05, jede Öuukla das Jahr, ja das Datum zu nennen. Eeine Gründe bat er großenteils 

35 nicht mitgeteilt. Der erite, Schon erwähnte grammatifche Logos ift nach ihn am 6. Sp 
tember 829 gehalten, der letzte (Ösudla devripa eis 7 dedowuov Tapıy TOD xupior 
nuav I. Xo.) „nad aller Wahrjcheinlichkeit” am 7. April 882. Bon —— — 
löyoı bietet Ariſt. nur einen, den eriten, fragmentariſch; dann von 23 philofopbifchen mehr 
oder weniger vollftändige Stüde; darauf Proben von 4 dogmatifchen Adyo«, ſchließlich 

40 von Nr. x’ an die eigentlichen „Predigten“, von denen die bedeutfamften „volljtändigen“ 
aus einem Koder des bererklofters auf dem Athos jtammen. Die erite Semi, bie 

Arift. bietet, ijt eine ſolche eis TI yEyynow Tod xvolov Ahudw I. Xo,, 

S. 154- 161. Ste mag bier als Probe feines Verfahrens in der Kürze charakterifiert 

werden. Ariſt. glaubt, daß er diejenige Predigt mehr oder weniger bergeftellt babe, tie 

Ph. am Tage feiner erften Inthroniſation als Patriarch amı 25. Dezember 857 (2858) 

gehalten habe. Das würde der Kompoſition natürlih cin beſonders Intereſſe verleiben. 

Er bat zehn kurze Abfchnitte zuſammengebracht. Sie alle für eine und diefelbe Predigt, 

noch dazu die „Untrittspredigt” des Ph. in Anſpruch zu nehmen, verrät mehr Zuverfiht 

zu einer kecken Hypotheſe, ald Vorficht. Es giebt nirgends, wie Arift. jagt, eine uveia 
der Predigt, Die Ph. bei feiner erften Snthronifattion gehalten bat. „Aber da mir willen, 
dag die Amphilochia, mit den Briefen des Ph., Die Kommentare desfelben ꝛc. Stüde jene 

Homilien enthalten, und da wir darın rbetorische Etüde, die auf das Weihnachtsfeſt Be 

zug baben, treffen, jo haben wir die Etüde diefer Art gefammelt und daraus die nad 

jtebende Homilie zujammengeftellt," S. 149. Entnommen ift $ 1 aus dem Merk gegen 

Die Manichäer, S2 aus Ampbilochia ni (ed. Oec. ©. 183), $3 aus Ep. 6, 11 (Balett. 

2.210, Brief an den Bulgarenfürften), 8 4 aus Amphil. 00 (S. 253), 8 5 ebenbaraus 

00% (2.331), 86 aus dem Merk gegen die Manichäer, S 7 wieder aus den Ampbil, 

ta (2.318), 88 u. 9 ebendaraus, ore (Z. 240—41), 8 10 wieder daraus, zy’ (S. 349). 

Ariſt. bezieht fih auf eine Notiz aus Theophanes, wonach Ph. in der That bei dem 

6o jupponierten Anlaß gepredigt babe. Aber jollte er nur das einemal zu Weihnachten 


vn 
or 


& 


55 


— 


— —— — 


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AIR Photins 


ihm ein folches, um ihn au ehren. Allen die Vorfehung hatte Dabei noch ganz anderes 
im tn, nämlich vinmal, daß wenn nun das Jadua der Auferſtehung geicheben ja, 
unbe die Auen, „Die alles wagen würden”, behaupten fünnten, einer der anderen, Me 
in dem (Nrabe mitgerubt hätten, ſei auferftanden, und ſodann, daß es nicht fcheine, ala 
vb wit Muferftebung nur denen, welchen fein Leichnam ein Nachbar geweſen, mir zu 
wi werden ſolle, daß vielmehr alle Menſchen, ob ihre Xeiber in der Erde oder im Meere 
uben,. ob ſie durch Feuer oder Yuft in Staub verwandelt feien, gewiß fein dürften, ſie 
miilugenteſen. Nachdem er noch Die angebliche Furcht der Juden, Daß Der Leichnam ge 
ſtoplen werden mochte, beiprechen und veripottet bat, wendet fih Ph. zu preifenden Ber: 
Alenbungen DS EGrabeo Ebrifti. Was war Die xußmrös Noe, die das oreoua der- 
Kyut Avasot GESWDOE gegen Die OWOLXOGLOS TOD ÖEONOUXOD OW@NaTos xußwros, 
was die oa Dos Moſes mit all ibren beilbringenden Gegenjtänden gegen die Üwodoyos 
u veuoede oxpen, darin Jeius rubte, wunderbar war die Krippe in Bethlehem, 
aber viel groker noch Das Wunder Des Grabes, denn dort begann nur in der Ver: 


boigenbeit 0 arorroor zes ur Aueoröv olxovonias, bier aber wurde das zid 


in Pers Ludriuas sis Lury reasıßwmow xal dvaniacıy wirklich erreicht, x. Die 
Rede vt ein Berees, RUE. durdeus in den alten Anſchauungen jeiner Kirche murzelt. 

G. Breite Zu find web, Ne wichtigſte Quelle für den Charakter und die Denk 
wene dv merdbvurdien Wonme Ber Miane find Diefelben in drei Büchern geordnet: 
Bouvde Buie au Perite. Temenden, Biichoie, Kater und andere Syürften (24 Nummern), 
Rewaidricie an Baker, Klertfer. Monde w, meiſt Troſt⸗,/ Empfehlungs-, Ermab: 
nungo UND abritche Zrersen mernche er fur, 102 Nummern), III. Briefe an Laie, 
beronduim alletend Sewe Bruno 7 Nurmerm Balettas bat fünf Bücher gebildet 
Sean Zanpebeig It erberith veußir zi> Ne ber Migne iſ. oben 5. 375, 12). Er ftellt m 
AU SERTIUINEE Ne nunrunze m terre xal Eounvreruxal (84 Numntern), fie 
Reli NORSK SCHEN ein. S. 030 4175, Dann tn wo. B’ die Eruorodal sraoaı- 
en N ia a, rw. v De Zuor. napauvdxai (Trof: 
LION Tas ac Te, rag die Srzuuntixal (Scheltbriefe, Klage 
Wa Zei, ae. e denn noch Adgopoe (Nr. 221—26, 
ao dt Stun Bl  Wormonsen munbicaftlicher Art 2c.). Einige 
ST ZPO ab ee Abitur, Jen, sah Neden gedacht fein, mögen aber 
eg We geesen os Nyariamer mot 2.521 su den Briefen: „Daß Pb. 
Ne ereteiprftie Niidee utd de einae Füulle Nr Bosantiner auch bier nict 
a SEE NETTE De Ge TUE se DT OL TG SU TEE ce *der zeigt Ic Bo. in den Briefen als gelehrter, 
ee wmKt namen STEINER Und iers Tderlegener Schriftſteller. Dicht 
wa NV ung hiigst Settsnen erfüllten Zchrüben, welche uns ein lebendiges 
SEN Rewe „Zrosglexe enzrollen, gefallen Die Einen Gelegenheitsbillete, die 
at Dt Won cd in, nt 7 su Wwahren Kabinetsitecken werden, 3. B. das feine 
Mont le Ns AD x. 2zzduchenniciiter Georgios wobl Balett. Nr. 110, S. 432, 


Yu, ” . } - 
— —WR >» vw Rn 
D — 


Ye do. Me Bibelkommentare des Ph., von denen jedoch 
we. Na Dar a ea Sr nen CI 1189 1255 giebt Fragmente ſeiner Auslegung neu⸗ 
—W son sessteri Des Matthäusevangeliums und Römerbriefs. Ehrbard 


— anders weiterer Fundſtätten, Die erſt auszubeuten find. — für 
N ats ne De Theologie ıft Das Yerifon, „leiewr ouvaywyr), Haupt 
een ap Erweitung über die Quellen, kritiſchem Kommentar zc.) ven 
W NS EN seähu. 65, eine ſemaſiologiſche Arbeit von geringer Selbſt 


rs Nagerdiperf des ‘Kb. aber ſchwerlich von ihm jelbit ganz ber: 
—— »Krumbacher S. 519ff. u. 523. Es fell ein Hilfsmittel fen 
ud Autoren, Deren Sprache im 9. Jahrbundert nicht mehr ganz 

0. or eeher. auch der bibliſchen Schriften. Krumbacher glaubt, daß 
EN hf ediert fporden. --- Auch als Poet hat Ph. ſich verjudt. 
ana Nr Oden auf Bafılius) bei Migne CIL, 577 ff.; einen in ker 
dern Hymnus bon neun Üben auf Cbhriſtus erwähnt Krum: 
“ent Artitarches, Einleitung 084. Ü u. oda’ff. — Eine taoal- 

.. 'Lurze Sentenzen, bat Sergenrötber in den Monumenta (oben 

‚dert. Ebendort, S. 12 ff. find einige Fragmente pbilofopbifcer 

12 au ein Eleines, nicht unintereflantes Stüd aus einer 

on WUULEFaS. — Eine Anzabl Schriften des Ph. ift verloren ge: 
rer Julian, eine gegen Leontius von Antiochia, auch wahrſcheinlich 


394 Piariſten Bid 


unterricht auferlegt. Als Ordenstracht nahmen fie ähnlihe lange Röcke von ſchwarzer 
Farbe an, wie die der Sefuiten, jedoch von biefen fich unterfcheidend durch drei Längliche 
Lederfnöpfe, womit das Nleidungsftüd vorn auf der Bruft zugelnöpft wird. — Neue 
Betätigung der Kongregation und ihrer inzwiſchen in zivei Büchern zu je 11 Kapiteln 

s aufgefettten lateinischen Ronftitutionen erfolgte 1622 durch Gregor XV. ; derjelbe ernannte 
ihren Vorfteher zum General und verlieh der Genoſſenſchaft alle Privilegien der Bettel: 
orden. Joſeph Galafanze befleidete den Generalat des nun aud in anderen Ländern (jo 
fett 1631 auch in Polen, desgleihen in Deutichland, Ungarn ꝛc) ſich ausbreitenden 
Orden? bis 1643, wo Konflikte mit den auf die beträchtlichen päbagogifchen Erfolge der 

10 Biariften eiferfüchtigen Jeſuiten ausbrachen, welche feinen Sturz herbeiführten. Von dem 
durdy Urban VIII. damals mit der Viſitation des Ordens beauftragten Jeſuiten, P. Sil: 
veiter Pietrafanta erfuhr Joſeph eine fchonende Behandlung; derfelbe ſoll verſucht baben, 
ihn im Generalat zu erhalten, damit aber nicht durchgedrungen fein (vgl. G. Boẽëro 
S.dJ., Sentimenti e fatti del P. Silv. Pietrasanta in difesa di San Giuseppe 

ib Calasanzia, ete, Rom 1847). Der gedemütigte, aber in feinem Unglüde kindliche 
Ergebung bethätigende und an den Werfen der bl. Therefa, feiner Lieblingsschriftitellerin, 
fih tröjtende Ordensgründer mußte e8 noch erleben, daß zwei Jahre vor feinem am 
22. August 1648 erfolgten Tode auf Betrieb der Jeſuiten durch Innocenz X. Die Kongre 
gation ihrer Privilegien wieder beraubt und zu einer weltlichen Genoſſenſchaft ohne Ge 

20 lübde und ohne das Recht der Novizenaufnahme berabgefeßt wurde. Seit Alerander VIL, 
der 1660 die frommen Schulpäter als reguläre Kongregation, jedoch ohne viertes Gelübde, 
wiederberftellte, kehrten beflere Zeiten wieder. Schon Clemens IX. gab 1669 dem Orden 
jeine fürmlichen vier Gelübde zurüd, deögleichen Innocenz XII. 1698 feine Bettelorden⸗ 
Vrivilegien. Benebift XIV. fprach den Ordensſtifter felig (1748), Clemens XIII. kano⸗ 

25 nifierte ihn (1767); fein Kalofjalbild ziert jest (gleich denen ber übrigen Hauptordens 
ftifter neuerer Zeit wie Loyola, Nerı, Peter von Alcantara 2.) einen der mächtigen 
Nfeiler von St. Meter in Rom. 

Der ſeitdem zu ziemlihem Umfange herangewachlene Orden zählte noch um die 
Mitte des 19. Jahrhunderts in feinen vier Provinzen an 2000 Mitglieder. Die Mehr: 

50 zahl derfelben kommen auf Ojterreich-Ungarn, wo eitich feit 1869 eine ſtarke Rebultion 
der Anftalten des Ordens (Herabjegung der vorher gegen 80 betragenden Klöfter auf 33 
[14 cisleithanifche und 19 ungartfche]) eintrat. Nächitvem zählt die italienische Provinz 
noch die meiften Mitglieder. Doch hat auch bier feit ca. 1860 ein erheblicher Rüdgang 
ftattgefunden;; von den früheren 43 Häufern beiteben nur noch etwa 20. 

35 Die Ordensverfaffung erinnert gleich der Tracht und äußeren Erfcheinung der Wit: 
glieder an die der Gefellfchaft Jeſu (vgl. die Konftitutionen bei Holft.:Br. 1. c.). Te 
das Ganze leitende Generalprobft wird vom Generalkapitel auf je ſechs Jahre gewählt 
und refidiert mit einem Generalprofurator und zweien anderen Gehilfen in Rom. Ein⸗ 
geteilt tft der Orden in Provinzen unter Provinzialpröpften, und Kollegien unter Rektoren; 

40 die leßteren haben die Schulpräfekten und Lehrer unter ſich. Die Ordensmitglieder teilen 
ih in Profefjoren, Novizen und Yatenbrüber. Zöller. 


Pibefeth, ägyptiſche Stadt, bet E34 30,17 neben On erwähnt und von den Griechen 
(auch den LXX) Bovßaoros, jeltener (Herodot) Bodßaorıs genannt, lag im Delta, amt. 
Ufer des öftlichften Nilarınes, der auch nad) ibr der Nil von Bubaftos hieß. Der Name 
45 P. entipricht ägypt. Per-Baste(t) d. i. „Haus (Tenipel) der (Göttin) Baſte“, der Orte 
göttin, die fih den Gläubigen als Kate zeigte und auch in diefer Geftalt oder als 
mit einem Katzenkopfe dargeftellt tourde. Der eigentlihe Name der Stadt war Ball, 
von dem der Name der Göttin („die von Baft“) erſt abgeleitet ift. Namentlich in fpäterer 
Zeit ſpielte P. in der äguptifchen Geſchichte eine große Rolle; es war die Heimat und Reſidenz 
so der libyſchen Könige der 22. Dynaſtie, zu denen auch Schiſchak (ſ. Bd I ©. 213, 13) gehörte, 
und war noch in chriftlicher Zeit als Bischofsfig in Anſehen. Die ziemlih umfangreichen 
Ruinen ihrer Tempel liegen bei Tell Basta, unweit des heutigen Zakäzik. Vgl. Naville, 
Bubastis; Bädekers Ylgypten‘, ©. 163. Steindorff. 


Picarden, Bezeichnung der böhmiſchen Brüder ſ. d. A. Bd III ©. 452, «. 
65 Pick, Israel, Stifter der amenifhben Gemeinde, geft. um 1859. — Schriften 


Picks: Der Gott der Synagoge und der Gott der Qudendyrijten, Antwort auf dag offene 
Sendfchreiben des Bularejter Juden, Breslau 1854. Briefe an meine Stanımesgenoffen ige 


396 Pierins 


Pierins, Presbyter in Alerandrien um 300. — Quellen: Euſ. 86 VII, 

32, 26f. 30; Hieron., De vir. inl.76. Comm. in Hos. praef. Comm. in Matth. zu 24, 36. Ep. 
49,3 ad Pamm. Philippus Sidetes bei C. de Boor, Neue Fragmente des Papiad, Hegeſippus 
und Pierius in bisher unbelfannten Excerpten aus der Kirchengeſch. des Philippus Sidetes, TU 
5 V,2 ©. 169 ff.; Balladius, Hist.Laus. c. 12. 143. Photius, Bibl. cod. 118f. Gejammelte Frag: 
mente bei Routh, Reliqu. sacrae? III, 423ff. MSG X, 241 ff. u. Harnad, Geſch. d. altcıriitl. 
Ritt. I, 439. Vgl. Bardenhewer, Geſch. d. altkirchl. Litt. II, 168 Ff.; Harnad, 1.c. II.2, 66ff. 


Nach einem Excerpt aus der „Chriftl. Geſch.“ des Philippus Sidetes bei H. Dodwell, Diss. 

in Irenaeum, Oxford 1689, ©. 488, über die Reihenfolge der Katecheten in Alerandrien 
10 ift Pierius nach Dionvfius und vor Theognoft Leiter der alerandrinifchen Katechetenichule 
geweſen. Dagegen war nad Eujebius KG VII, 32, 30 gerade damald vielmehr der 
jpätere Bifchof Achillas Vorfteher jener Schule. Auch Photius cod. 118f. ©. 93, 22f. 
34f., jedoh wohl von Sideten nicht unabhängig, nennt den Pierius Vorfteber jener 
Schule und Lehrer des Pamphilus. Dann hätte der alerandrinifche Presbyter Pierius 
15 gleichzeitig mit Achillas jene Schule geleitet, wie einſt Herallad mit Origenes (Eu. VI, 
15). Jedenfalls zeigt den Pierius ald zu jener Wirkjamfeit geeignet feine Charakteriſtil 
bei Eujebius (VII, 32, 26) als Asfet, Philoſoph, Ereget und Prediger (bewährt axoas 
dxımuovı Bin xal nadmuacı guloodpors und ſich auszeichnend rais regt ra ein 
Dewolaus xal Einyrosoı xal tais Eni Tod xowod is Exxinglas Öralekeow). De 
20 Sidete teilt auch mit, daß ein alerandrinifcher Rechtsanwalt Theodor in dem 13. Logos 
eines Gedichts berichte, Pierius und fein Bruder Iſidor feien Märtyrer geworben und 
hätten eine fehr große Kirche in Alerandrien (de Boor S. 170f.). Dasfelbe erzählt aud 
Photius ©. 93», 24 ff. 31 ff. 93P, 28f., offenbar im Anſchluß an Philippus event. feine 
Quelle. Einer Kirche des Pierius und Serapion gedenkt auch Epiphanıus haer. 69,2. 
3 III, 145, 4}. ed. Dind., doch dürfte dieſer Serapion der Märtyrer unter Philippus 
Arabs fein (Euf. VI, 41,8); freilih litt unter Decius auch ein Iſidor in Alerandrien 
den Märtyrertod (VI, 41, 18). Hieronymus, De vir. inl. 76 (und nad ihm Pbotius 
cod. 119 ©. 93®, 29f.) berichtet, daß Pierius nad der Verfolgung in Nom gelebt 
habe; doch könnte er immerhin Konfellor, fein Bruder wirklicher Märtyrer gemorben 
so fein. — Das von Photius cod. 119 gefchilderte Werk (BıßAiov) des Pierius umfate 
zwölf Abhandlungen oder Reden (Adyoı), und auf dieſe wird es ſich beziehen, wenn 
Hieronymus von diversi tractatus und Philippus von mehreren onovödonara des 
Pierius reden. Denn um einen Beltandteil jenes Werkes jcheint es ſich zu handeln, 
wenn Photius einer »öhanblung (Aöyos) eis Tö xara Aouxäv und einer ſolchen && 
35 TO naoya xal röv ’one gedenkt (genauer bei Philippus Fr. 7 Eis mw dor to 
Dond. Dies mar cine umfangreiche Predigt in der Oftervigilie aus dem Stegreif ge 
balten; val. Hier. In praef. Osee: Pierii legi tractatum longissimum, quem in 
exordio huius prophetae die vigiliarum dominicae passionis extemporali et 
diserto sermone profudit und De vir. inl. 76. Bbilippus nennt ausdrüdlich eine 
40 erite Ofterpredigt (£v ze noortw T@v eis TO ndoya, de Boor, Yragm. 5 u. 7 E. 170) 
und unterfcheidvet mindeſtens von diefer Die Abhandlung über Hofea, die er mit emer 
folhen über die Jungfrau Maria (teoi zjs Beoröxov) zufammenftellt (Fr. 7). Es 
dürften dies durchweg Teile des von Photius erwähnten AußAlov fein. agegen ift 
vielleicht Davon zu unterfchetden (fo Harnad I, 441, anders Bardenh. S. 202) die Rebe 
45 des Pierius auf feinen Märtyrer gewordenen Schüler Banıphilus (eis TO» ßBiov Tod aͤyiov 
Ilaugikov), die zugleih exegetifche Ausführungen enthielt (Philippus Fr. 7; Cufebius 
chweigt von ihr). Mit Recht bat man abgelehnt, auf einen Kommentar des Pierius 
zum 1. Korintherbrief aus der freilih dahin lautenden Angabe des Hieronymus, Ep. 
49,3 ad Pamm. zu fchließen. Es banvelt fich vielmehr offenbar nur um eine Erllü 
rung von 107,7 im Zinn der Befürwortung der Ebelofigfeit, vermutlich in der eriten 
Dfterrede, in der Pierius nach dem Sideten (fr. 5) gejagt baben foll, Paulus babe fein 
Weib Gott geweiht (fo auch Bardenh. ©. 201 f.). Vielleicht ſucht man mit Nedt 
(Bardenb. ©. 202) die dem Pierius vom Sideten zugeichriebene Erklärungen der Namen 
Philippus, Herodias, Herodes (de Boor S. 169) in einer Rede über die Entbauptung 
55 Des Täufers. — Schon weil Yehrer des Pamphilus ift Pierius als entſchiedener An: 
bänger des Urigenes ermwiefen. Hiermit jtimmt, daß er Origenes iunior genannt wur 
(Sier., De vir. inl. 76 und danach Photius cod. 119). Mit den Echriften des Drigene 
wurden auch die feinen ftudiert (Ballad. 12. 143). Photius weiß auch direkt von ibm 
zu jagen, daß er die Präexiſtenz der Seelen gelehrt. Schr mit Vorbehalt tft es daher 
co zu verſtehen, wenn Photius ibn im Betreff der Yehre vom Bater und Sohn für ortbodor 





398 Pilatus 


m I S: f. und meinen A. Nicodemus, Gospel of in Hafting® Diet. of the Bible, 

,544 ff. 

Litteratur: Aeltere ſ. bei G. A. Müller, Pontius Pilatus, der fünfte Prokurator von 
Judäa und Richter Jeſu von Nazareth, 1888; Schürer, Geſchichte des jüd. Volkes *I, 487 bis 

6493; Purves, A. Pilatus in Haſtings Dict. of the Bible, III, 875-879; Woodhouſe in 
Cheyne's Encycl. Bibl. III, 3772. — Bon ber Xeben Sefu:Kitteratur ſ. bei. Keim, Leben 
Sefu von Nazara, III, 4855; O. Holkmann, NT. Zeitgeihihte SO; Shailer Mathews 
History of NT timee in Palestine, 1900, 145, 182; Prosopographia imperii Romani, III, 
84; Beder, Pontius Pilatus in Der chriftliche Herold, 1899. 

10 Pontius Pilatus ift nur befannt ald der 5. römifche LZandpfleger Judäas; er ver- 
dankt feine Berühmtheit dem Umſtand, daß er als foldher bei Jeſu Verurteilung mit- 
wirkte. Griesijg-xömiiche Quellen erwähnen ihn nicht außer in Verbindung mit Chrifti 
Tod (aus chriftlicher Überlieferung): fo Tac. ann. XV, 44: Christus Tiberio imperi- 
tante per procuratorem Pontium Pilatum supplicio adfectus erat. Neben ven 

15 len geben nur die beiden jüdiſchen Schriftiteller While und Sofephus von ihm 

ericht 


Ueber feine Familie, Geburt und Jugend wiſſen wir nichts. Mas Legende und 
Kritif in diefer Hinficht aus feinem Namen berausgelefen haben, ift ohne jeden geſchicht⸗ 
lichen Wert. Der Name Pontius Pilatus — das Pränomen wird nie erwähnt — ift 

20 bezeugt durch Jos. Ant. XVIII, 35; % 3, 1; AG 4, 27; [Mt 27, 2] und die alte 
Befenntnisformel 1 Ti 6, 13, bei Ignatius, Juſtin, Srenäus u. f. f. (ſ. Hamad in 
Patrum apostolicorum opera” I, 2, 137 und Kattenbuſch, Das apoſtoliſche Symbol 
II, 288ff., 630f.) und Tacitus. Pontius ift der befannte ſamnitiſch-römiſche Ge 
ſchlechtsname und hat weder mit der Landichaft Pontus noch mit 6 növros = Mer 

25 irgend etwas zu thun; das Cognomen Pilatus — nach den einen der mit dem Chran- 
pilum (Wurfipeer) ausgezeichnete, nad) andern — pileatus der mit dem pileus, dem 
Hut als Freiheitszeichen, Begabte, alfo Freigelaffene, gehört wahrfcheinlich, obwohl es ſich 
fonjt nie findet, zu den in der Familie vererbten, die für den jeweiligen Träger ohne 
Bedeutung find. Nur daß Pilatus ritterlihen Standes war, ergiebt fih aus feiner 

30 Stellung: die Profuratur Judäas wurde ſtets an Ritter verliehen (Caffius Div 53, 15, 3); 
der Ausnahmefall bei Felix wurde als folcher bemerkt (Sueton Claudius 28). 

Pilatus wurde ald Nachfolger des Gratus nach Judäa geſandt und blieb dort 
10 Sabre (Jos. Ant. XVIII, 35, 89). Für die Beredhnung der Zeit kommt einerſeits 
in Betracht die Notiz bei Jos. Ant. XVIII, 89, daß Tiberius ftarb, ehe Pilatus auf 

35 feiner Nüdreife Nom erreichte, wo er fich wegen feiner Verwaltung verantworten follte. 
Tiberius ſtarb am 16. März 37. Andererfeits erzählt Sofephus erit hiernach (90 ff.) von 
Vitellius’ erftem Beſuch in Jerufalen, der nur am Paſſahfeſt 36 ftattgefunden baben 
kann. Schürer, Purves u. a. wollen biernach annehmen, daß die Abfegung des Pilatus 
vorber, im Frühjahr 36 erfolgte. Es iſt aber unmöglid, daß der zur Nechenfchaft ge 

40 zogene Profurator ſich über ein Jahr zur Nüdreife Zeit gelaffen haben follte, zumal Fir 
einen ſolchen Fall die Friſt von 3 Monaten geſetzlich feitgelegt mar (Caſſius Dio 53, 15, 6). 
Pilatus’ Abberufung durch Vitellius kann nur zu Anfang des Sahres 37 ftattgefunden 
haben. Die Reihenfolge der Berichte bei Joſephus muß verwirrt fein. Die Anmefenbeit 
des Legaten von Eyrien, der eine Art Oberauffichtsrecht auch über die andern Berwal- 

45 tungsbezirke des Orients hatte, in Jeruſalem am Bafjabfeft, während ein kaiferlicher Pro- 
furator da war, ift nichts unerbörtes: ebenfo gefchab es mit Ceſtius Gallus und Florus 
(Jos. B. j. II, 280). Vitellius feheint (ob aus politischen oder religiöfen Motiven?) 
regelmäßig zum Paſſah nad) Jerufalen gekommen zu fein. Eufebius’ Berechnungen des 
Regierungsantrittes des Pilatus auf das 12. Jahr des Tiberiug (25/26) ın hist. ec- 

co cles. I, 9 oder auf das 13. Jahr in der Chronik ad a. 2042 find ohne felbftftändigen 
Wert. Pilatus’ Verwaltung ift alfo auf 27—37 anzufegen, nicht 26—36. 

Über die Etellung eines Profurators ſ. d. A. Landpfleger Bo XI ©. 242 ff, übe 
feine Reſidenz Cäſarea BD IX ©. 559, 47 und über den zeitweiligen Aufenthalt in Jerw 
jalem, wobei der prachtvolle Herodespalaft im Weſten der Stadt alö praetorium diente, 

58 VIII ©. 686,9 (anders Barnabé d’Alsace, Le pr&toire de Pilate et la for- 
teresse Antonia 1903). Pilatus wird bezeichnet als procurator Tac., &rziroonos Jos. 
B. II, 169, Xc3,1 Dal; Zrapyos Jos. Ant. XVII, 33, Hyeu@v = praeses Jos. 
Ant. XVIII, 55, 177; Mt 27,2, Le 20,20. 3,1 u. d. Eine unter feiner Verwaltung 
vermutlich in Cäfaren geprägte Kupfermünge |. in Haftings Dict. of the Bible III A. mo- 

6o ney, Tafel Nr. 12. 

Das Urteil über Pilatus’ Verwaltung wird meiſt auf Philos Charakteriſtik begründet, 


402 Piligrim 


Bischof von Paſſau, Vita Godeh. 6 Ser. XI ©. 172 not.6. In dem Zwieſpalt zwiſchen 
Herzog Heinrih von Baiern und Otto II. bielt Piligrim treulich an der Zaiferlichen Seite, 
Sein Lohn war nicht nur die Schenkung des Marienklojterd vor der Stabt und eine 
Teils des in Palau anfallenven Zolls, Dipl. II, ©. 152 ff. Nr. 136 u. 138, ſondem 
bauch die Beftätigung von mehr als zweifelhaften Rechten des Bistums. Schon i. J. 975 
bejtätigte ihm der Kaifer den Befit von Kremsmünfter, 976 den von St. Florian und 
St. Pölten, fpäter wie es fcheint auch den von tting und Mattſee, Dipl. II, S. 13 
N. 111, ©. 151 Nr. 135, über die beiden lebten vgl. ©. 524, Nr. 112. Auf fen 
diefer Klöfter hatte das Bistum einen wirklichen Anſpruch: Niligrim mußte ihn durd 
Vorlage gefälfchter Urkunden zu fchaffen. Bewies ſich ſchon hierbei ein durch moraliſche 
Bedenken nicht gezügelter Ehrgeiz als wirkſam, jo noch mehr in Piligrimd Beitreben, 
Paſſau den erzbifchöfliben Hang zu verfchaffen. Seine Abficht hing zufammen mit der 
Wiederbeſetzung der Oſtmark und mit dem Beginn der Miffton in Ungarn. Mit dem 
größten Eifer hatte man in Paſſau dieſes Werk in die Hand genommen. Wiligrim jelbft 
berichtete i. J. 973 oder 97-4 darüber an Papft Benedift VI, (UB.d. 2. o. E. IL, 5.711, 
Wr. 6). Er ſah die Verbältniffe im günjtigften Yicht: ungefähr 5000 Menſchen jeien 
bereits getauft, zahllofe chriftliche Kriegsgefangene, die bisher ihren Glauben gebeim ge: 
balten, wagten nun fich als Chriften zu zeigen, ſchon begännen fie Kapellen zu bauen, bie 
Heiden legten ihnen dabei fein Hindernis in den Weg, ebenſowenig erfchwerten oder ver: 
binderten fie die Wirkſamkeit der chriftlichen Priefter. Er war überzeugt, daß die Exrich⸗ 
tung einiger Bistümer in Ungarn notwendig fei, um das Erreichte zu fichern und fort 
zuführen. Hieran fnüpfte der Plan des Paſſauer Erzbistums an. Piligrim trug dem 
Papſte die Fabel vor, einstmals fei Yorch, angeblich der urfprünglihe Sig des Pafjauer 
Bistums, Metropole für 7 Bistümer in Rannonien und Möften geweſen; er bat daraufhin 
25 um Verleihung des Balliums, d.h. um Anerkennung feiner erzbifchöflichen Würde, und um 
die Befugnie, in Ungarn die nötigen Bistümer zu gründen. Um den Papit von dem 
Hecht feiner Forderung zu überzeugen, ließ er eine Anzahl falfcher Urkunden früberer 
Päpfte für das Erzbistum Lorch anfertigen (Symmachus, Eugen II., Xeo VII., Agapet IL, 
ſämtlich UB. d. L. o. € II ©. 699 ff. Nr. 1—5). Der Papft ſollte Neues fchaften, 
so indem er glaubte, früher Beſtandenes zu erneuern. 

Daß die Ausführung von Piligrims Blan für die Miſſion von größtem Werte getveien 
wäre, ift unverkennbar. Rätſelhaft erfcheint gerade deshalb, daß er ihn nicht auf geradem Wege 
zu verwirklichen fuchte, fondern durch das gefährlihe und unfichere Mittel des Betrugs 
Warum bandelte er jo? Man wird dieſe Frage nur dabin beantworten fünnen, daß die 

35 Teilnabme für die Ungarnmiſſion ſowohl an der Kurie wie am Hofe des Kaifers zu ge 
ring war, als daß er hätte boffen fünnen, Unterftügung für feine Pläne zu erlangen. 
Der Zweifel daran, Daß der gerade Weg zum Ziele fübren werde, madıte ihn zum al: 
ſcher. Aber fein Ziel erreichte er auch fo nit. Es ift ficher, daß Benedikt VI. ibm 
weder das Pallium gewährte, nod ibn als Erzbifchof anerfannte. Die Urkunde, in welcher 
Benedikt feinen Wünjchen nadfommt, 3. 715 Wr. 7, gehört zu feinen eigenen Mach 
werten. Sie iſt wabhrfjcheinlich ein nicht genebmigtes Konzept. Nach diefem Miperfolg 
wartete er einige Zeit; dann verjuchte er einen neuen Vorftoß; er mußte i. J. 977 in 
eine Urkunde Ottos IL. einem Satz Aufnabme zu verfchaffen, der Lorch für einen alten 
Primatialſitz erklärte, Dipl. II, S. 189 Wr. 167. Wie 08 fcheint, hat man in Salz 
burg jegt von feinen Plänen Runde erhalten und in Nom eine Entſcheidung wider 
herbeigeführt. Denn EB. Friedrich erlangte, wahrfcheinlidh von Benedikt VII, eine Ur: 
funde, durch welche feine erzbiſchöfliche Sewalt in ganz Baiern und Pannonien anerkannt 
wurde, UB. v. Steiermark I, 2.31, Nr. 26. Jetzt verzichtete Piligrim auf feine ‘Pläne: 
er erfannte, daß ihre Durchführung boffnungslos jet. 

7) Die Verſuche, Piligrim von dem Vorwurf der Fälſchung rein zu waſchen, find miß⸗ 
lungen. Denn Die Frage, die Fälſchungen gegenüber entjcheidend iſt: Cui bono?, läßt 
jich, wenn man von ibm abfiebt, nicht beantivorten. Diefer ‚gleden bleibt an ihm fleben. 
Daß er ein bedeutender Mann war und daß er Großes wollte, tjt gleichwohl ficher. Er 
wußte zu ſchaffen: im der Durch die ungarischen Verwüſtungen an Kirchen arm gewordenen 
Paſſauer Diöceſe begannen unter ibm die Kirchen ſich wieder zu mehren, ſ. Mon. Boic. 
28,2, 2.88 Nr 1175 209,2. 2. 11 Nr. Ih Die neuen Bewohner, die in die OR 
mark einftrönen, wurden firchlich verforgt und das Land kirchlich organiſiert; Piligrim 
btelt zu dieſem Zwecke Synoden in der Ennsburg man gebrauchte den alten Namen 
Vorch — zu Mautern und Miſtelbach, Mon. Boie. 28, 2, S. 88, Nr. 117, ©. 206, 
60 Kr. 5 u. 65 vgl. Dipl. II. S. 19 N. 21 v. 985, Mon. Boie. 28,2, ©. 86 Wr. 116. 


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Piligrim Pionius 


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mancher Hinſicht überragte er ſein italter: er war frei von abergläubiſ Vor⸗ 
—S— 
Fälſchung ©. Ba ao auf die ben größte Eintrud 






„Biſchof. 2. Jahrh. — Harnad, Alicht. Litt. 1,1, S. 297. * == 


io ieh von Cu h. e. IV, 21 u 3 — —— jifchof 10 
<. a0, Aa aus dem Briefe un al Zeig Iehtere an 7 
ytos jebt ——— 23, 7 u. 8 einige une — 
es in Hinficht der —— —** ya Gemeindegenofjen (ben 
eg ran na ea nn ea nal ne 
Me ung mitteilen und feine Gemeinde mit einem bo 
amit die nicht für immer bei der der Milch 
ak vi alterten. 





Märtyrer. — Quellen: Auinart, Acta martyram ed. Ratisb. ©. 185 ff. 

iiche Ueberſehungh. AS Febr. I, 37 fi. (bie —— ung Ruinarts und S. 42 eine 

neuere). Mitloſich, Monumenta linguae palaeoslovenicae e cod "aa L. Man Bike 

Der ſche Tert aus cod. Ven. Se: 359 ——— am v Gebhardt, Archiv f. 

duo — und Acta ma A Sc don 90 
4 gen 


(alte 





—  ement eu ERTL: U. 3. Grega, " Persecution, 
Eaind. : and Lond. 1897, ©. 242 ff. (mir ar ®. Salmon in DehrB IV, — 428: 
Er} 


Barbenhewer, Seid. d. altkirchl. Literatur IT, 631 


ine freimüti idigung ——— e dem Molt und ben Behörden, 
Lehrvorträg nnd Önunyoglag), feine Foul Aufnahme der in der 













jeine Ermunterungen an die ihn im Gefängnis bejuchenden Brüder, 

in jtandbaftes Erdulden von Martern, Annag Kar — Dieſer Cha⸗ 

if entſpricht Fre rang ber Bericht ber ha är en. Trotz a 
. 1, das auch der eod. Su- 

ji | ‚je net Die — als Ir ai "Wert des Pionius kenn: 





— iſt ihre Echtheit evident, und ſie geben ein * 
dieſe Verfo 
ge a bem ine — men 3 — die iun bo 


1.9, 4.23 auf w Belanmiehe, ie date g in —* eit Mare ee 
—— wird aus der Verbindung mit LITT zu — 
Be: für die Datierung des Eujebius eintrat, bat jet die der A 

ee in —* ——— Profonful Julius Proclus Quintilianus, ber ** 
den Konſul Pontius Proculus Pontianus des Jahres 238 erblicken. 5 
gennabı — — am Gedächtnistage des Ma ms Polylarps, 
— un, in der au op u 

stonius eime ellenen u uden, 

die in der alten Kirche ſo * erörterte Frage — ioroola ij dtaßönros 2 ag en- 








404 Piouins Piper 


gastr. 1) von der Ericheinung des Geiſtes Samueld 1 Sa 28, 8 behandelt wird; m 
tereilant iſt, daß nad c. 13, 1 die Juden die Drangfal der Verfolgung benugt babe, 
um zu fich herüberzuziehen. Pionius kann bereit3 von einer Reife, die er nad) Paläftına 
gemacht, berichten ep. 4, 18 ff., und er giebt bier eine Schilderung des Toten Meeres. 
; Sehr eindringlib find die Bemühungen der Richter, den Pionius und feine Genofjen zum 
Abtall zu bewegen, auch unter Berufung auf die PVerleugnung des Biſchofs Euktemon; 
ergreifend iit Die Antivort der Sabina auf die Trobung mit dem Bordell: zceö dyio den 
ursnoeı eol Tovrov (7, 6). Nach graufamer Geißelung wird er angenagelt und zu: 
jammen mit einem marcienitiichen Presbyter Metrodorus verbrannt, am 12. Mär. Tas 
1» Martvrium in cod. Mosqu. 376 (183). 202 ff. ift eine fpäte Überarbeitung, tahr: 
icheinlih durh den Metapbraiten, vgl. m. Gel. d. Mont. S. 33. Mit unjerem Pie 
nius hat jener Pionius nichts zu tbun, der um 350—400 die Vita Polykarps (f. d. X) 
geichrieben bat (gegen Salmon S. 428). Bonwetid. 


Piper, Ferdinand Karl Wilhelm, geit. 1889. — F. Piper wurde am 7. Mat 1811 
15 in Stralfund geboren. Er ftudierte 1829—33 in Berlin und Göttingen Theologie, wurd 
18:33 tbeologifcher Nepetent in Göttingen und babilitierte ſich 1840 als Privatdozent für 
Kirchengeſchichte in Berlin, zwei Jahre Später wurde er außerordentlicher Profeſſor; er 
itarb in Berlin am 28. November 1889. 
Als Kirchenhiſtoriker gebörte Piper zur Schule Neanders; ihm „dem geliebten Lehre“ 
20 bat er fein Hauptwerk, die Motbologie und Symbolik der dhriftlichen Kunſt gewidmet 
Und man bemerkt in feiner hiſtoriſchen Betrachtung leicht die neanderiſchen Richtlinien 
Seine litterarifche Thätigfeit begann er 1838 mit jeiner Diſſertation De externa vita 
Jesu chronologia recte constituenda. Es folgte 1845 die Gefchichte Des Oſterfeſtes 
jeit der Nalenderreformation, jodann die verbienftvollen Unterfuhungen: Karls d. Gr. 
2; Stalendarium und Titertafel, Berlin 1858 und Stalendarien und Wartyrologien der Ange: 
jachien, Berlin 1862. Tiefe Studien über das ältere Kalenderweſen hingen mit jeme 
Abſicht, für die evangeliche Kirche einen neuen Kalender zu ichaffen, zufammen. Er dachte 
ihn als ein Gedenkbuch für die Gemeinde. In diefem Sinne gab er von 1850-1810 
den „Evangelifchen Kalender” heraus. Er erfeßte Die Heiligennanen des alten Kalenders 
3 durch die Namen der um die Kirche befonders verdienten Männer von der apoſtoliſchen 
Zeit bis zur Gegenwart; beigegeben war Jahr für Jahr eine Anzahl von LXebensbildern, 
für deren Bearbeitung er einen großen Kreis von Mitarbeitern zu gewinnen mußte; bi 
21 Jahrgänge bieten alſo eine Art chriſtlicher Biograpbie. 
Schon während dieje Arbeiten ihn befchäftigten, hatte fih Piper dem Forſchung— 
35 gebiet zugetvandt, dem die Hauptarbeit feines Yebens gewidmet ift: den chriftlichen Kunſt 
denfmälern. Gr war der Überzeugung, daß die Werke der chriftlichen Kunſt eine michtige, 
in ihrer Bedeutung verkannte Duelle für die Kirchengefchichte bildeten. Beſonders für die 
Erforihung des chriftlichen Yebens kämen fie in Betracht; denn in ihnen offenbare fih 
der religiöfe und ſittliche Charakter jedes Zeitalters, man fei berechtigt, von dem, was den 
0 Rünjtler erfüllt, einen Schluß auf die Gefamtbeit zu machen. Das gelte bejonders für 
ſolche Epochen, aus denen nur fparlich fchriftliche Mitteilungen erhalten ſeien; ex dacht 
dabei zunächſt an Die alte Kirche. Von dieſen Gefichtöpuntten aus unternahm er ben 
Aufbau einer eigenen tbeologiichen Disziplin, der „monuntentalen Theologie”, wie er fe 
bezeichnete. Die erfte Frucht jeiner funftbiftorifchen Studien ift die Mythologie und Sym: 
ar boli der chriftlichen Kunjt von der ältejten Zeit bis ind 16. Jahrhundert. Der afte 
Band erfchien in zwei Abteilungen 1817 und 1851. Piper geht bier den heidniſch mu 
thologiſchen Vorftellungen nad, die in die chriſtliche Kunſt Aufnabme gefunden haben; 
er wollte dadurch den Einfluß nachweisen, den die Ideen der antiken Kunſt auf die drit 
liche Zeit aebabt haben. Der zweite Teil, der in die Schäße chriftlicher Erkenntnis, die 
so in den Symbolen der firlichen Kunſt ausgeprägt find, einführen jollte, ift nicht erfchienn. 
RPiper bat den Sedanfen, fein Werk zu vollenden, lange feltgebalten; jchließlich drängten 
andere Arbeiten ibn in den Hintergrund. Nachdem er 1852 eine Feine Schrift über den 
chriſtlichen Bilderfreis vollendet batte, begann er die Bearbeitung eines zweiten größeren 
Werkes, feiner Einleitung in Die monumentale Theologie, Sie erfhien 1867. Zu Grunde 
65 Liegt ibr ein Artikel Pipers über nionumentale Ibeologie, der in der 1. Auflage bier 
Encyklopädie 1862 erfchienen war. Man bemerkt ichon in den älteren Werten, daß Piper 
die Kunſt nicht eigentlib als Kunſt erforſchte: Form und Stil kamen für ihn faum u 
Betracht. Es bandelte fih überall um das Gegenftändliche, um den Inhalt der Fünfte 
lerijhen Darſtellung. Diefer Geſichtspunkt beherricht auch feine Faſſung der „monumen 


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+08 Pirkheimer 


bereitete eine Scheidung der Geiſter vor. Und fo treu es auch die Humaniſten anfänglıd 
mit Der alten Kirche meinten, fo febr fie auch einem bejonnenen wifjenfchaftlichen Fort⸗ 
fehritt buldigten und ihre Lumaniftiihe Bildung mit ihrem Glauben in Einklang zu 
bringen fuchten, die neue Bewegung riß fie trogdem mit jih fort. So war es audı bi 
Wilibald Pirkbeimer. Allerdings hatte er fih die Tiefe feines religiöfen Gemütes be 
wahrt, aber er hatte ſich auch aus den Schriften der Alten mebr als formale Bildung 
angeeignet. Sein ganzes Denken und Fühlen gehörte der neuen Zeitrichtung an. Welch 
lebbaften Anteil er an den litterarifschen Kämpfen der Zeit, wenn auch immer in da 
Schranken der Mäßigung, nahm, und wie kräftig er für Reuchlin gegen Pfefferforn un 
die Kolner Dominikaner in die Schranfen trat, iſt allgemein befannt, weniger vielleicht, 
daß vr den Werfaffern der epistolae obscurorum virorum jebr nahe ftand und ihnen 
erbebliche Beiträge lieferte. Beim Beginn der Neformation trat er daher fofert auf 
Vutbero Seite und nannte fih noch 1522 „gut lutheriſch“. Deshalb ftand er auch neben 
jenem Damaligen Freund Yazarus Spengler auf der von Dr. Ed 1520 ausgewirkten Bann: 
bulle. So rächte fich derfelbe nämlich für den „Eccius dedolatus“ und die „Schugjchrift“ 
fur Yurber amd demütigte bei den mit ihm behufs Yosfprebung vom Banne geführten Per: 
bandlungen Die beiden Männer und zulett ſogar den Nat aufs tiefite, trat aber infolge 
der neuen Bannbulle vom 3. Januar 1521, welde die Losſprechung der beiden dem 
Papſt vorbebielt, allmäblib mebr und mebr in den Hintergrund. Der an feine Stele 
getretene Nuntius Aleander wußte ſich, von der weltliden Macht trog des Mormier 
Edikts verlaffen und durd Trobungen aller Art eingefehüchtert, im weiteren Werlauf der 
Angelegenbeit Schließlich nicht anders zu belfen, als daß er den beiden riet, fihb an den 
RPapſt zu wenden; und ſchon am 3. Auguſt 1521 erbielt er von Rom Vollmacht, die: 
jelben zu abſolvieren; was wahrjceinlihb noch in diefem Monat gefhab. Pirkheimer, 
kampfesmüde geworden, wendete ſich übrigens feit 1524 nach und nach von der Nefor 
mation und ihren Wortfübrern ab und näberte fich wieder der alten Kirche. Tiere 
Schwenkung läßt fib indes nur ganz begreifen, wenn man fein Verhältnis zum Klara: 
kloſter und den innigen Sufammenbang feiner Familie und feiner Familienintereijen mit 
demfelben kennt. „Denn das Rlaraklofter allein”, fagt Binder, „war das geheimnisvolle 
Band, das der alten Kirche den lange Schwankenden erhielt”, bezw. wieder zufübrte 
Die geiſtreiche Schweſter Charitas, Die Abtiffin des Klarakloſters, von Konrad Celtes be 
jungen, durch ihren Briefwechſel mit Zirtus Tuder, Erasmus von Rotterdam und anderen 
großen und kleinen Geiſtern der Zeit in ganz Deutjchland berühmt geworden, ftand dem 
Bruder ſeit Dean Tod ſeiner Gemablin (1504) befonders nabe. Wie er in ıbr die Krone 


tan Geſchlechtes und das Muster der Nürnberger Frauenwelt ſah und ſich gar oft ba 


1 
> 
- 


ibr Mut und Troſt bolte, jo bewunderte fie in ihm ihren Meifter und Führer und nannte 
ſich mit Vorhliebe ſeine .umpnrdiae” Schülerin. Schon 1502 ſchickte er der damaligen 
Norm in ihrer Aelebrung und Erbauung Die Überfegung des frühchriftlichen Dichters 
Prubentin« und widmete ibr 1513 die ins Yateinifche übertragene Schrift Plutards: 
ber tr yenwinde Wurde Der Gottheit“, Plutarchi Chaeronei, stoici ac viri doctis- 
alınd, du hin qui tarde a numine eorripiuntur, libellus betitelt, die eigentlich feinem 
tebhuinte nten Lebel galt Der Schweſter Mlara, die fett 1494 eingefleidet war, mid 
andy Baht vie ine Lateiniſche übertragenen „Moraliſchen Eprüce des Biſchofs und 
Bisstinane Klo AS kurze griechiſche Sentenzen, und den beiden Schweſtern zuſammen 


da bi Werle Wo bl Fulgentius, Biibofs von Kartbago; auch überfeßte er 1521 einen 


teil dan Keben vo BE Gregor von Nazianz für Diejelben ins Zateinifche; ein zweiter 
lb lirſer Neben erchten erit nach Seinem Tod 1551. Wie bieraus und noch mehr aus 
hun Wileſuiehſel dey Geſchwiſter erbellt, war Das Verbältnis Wilibalds zu feinen Schmwe 
ſen mpenseaabert gu Obarttas, Das eines väterlichen Freundes, Lehrers und Berater: und 


Eben tb apuitgen eben bindurch mit Ausnahme eines in die Jahre 1518 und 1519 


allen jeriurſniſſes mit Charitas, an Dem wahricheinlich die Berbeiratung der Barbara 
wi deal ybult war. Wilibald war damals beftig vom Podagra geplagt und dadurch 
ba une AvatinDb worden. Klara wußte jededh Durch ihr einjchmeichelndes Weſen 
It alle yununepbaft wwwderberzuftellen. Ta begannen 1524 die jebt his ins Cinzelne 
I hans raten des Mlaraflofters, von denen in erfter Linie die Abtiſſin betroffen 
vote Mayo bar zu verwundern, wenn Die Bedrängnifie, in welche die geliebte Schweiter, 
ne nz ohne ihr Verſchulden, geriet, dem Bruder zu Herzen gingen, und 
by hola ſeine Vegeiſterung für Die Neformatton erfaltete? Die Nürnberger Refor 
hc Slaonbie Ebner und Kaſpar Nüßel, Die berühmten „Zofunger”, der einfluß—⸗ 
sh it Spengler, mit dem Pirkheimer ſich obendrein ganz übertvorfen batte, und 


42 Birmin Piſa 


lutem uenit ad passionem). Des Chriſten Aufgabe iſt es nun, Chriſto nachzufolgen 
und das Böſe zu meiden. Der Grundſünden giebt es acht: cupiditas, gula, fomi- 
catio, ira, tristitia, aceidia (dxndia = ociositas), uana gloria, superbia (cap. 13 
und hierzu Caſpari Note 11). Weiterhin wird cap. 16 befonders vor Fleifchesfünden — 
6 Eheicheidung ift nur erlaubt ex anborum consensu propter amorem Christi und 
wegen Ehebruchs —, cap. 17 vor Habfudht, cap. 18 vor Unwahrhaftigkeit, cap. 22 vor 
Zaubereifünden (vgl. hierzu als Seitenftüd die von Caſpari in der ZA XXV, ©. 313ff. 
veröffentlichte homilia de sacrilegiis) gewarnt. Begangene Sünden werben durd 
Almofen gefühnt (cap. 29). — (Köhler 7) Hand. 


10 PBirftinger |. Bürftinger. 


Bifa, Konzil von (1409). — Die Quellen find bei Hefele, Eonciliengefchichte, 2.4, 
Bd 6, 992 ff. aufgeführt; ihr Text abgedrudt bei Manfi, Collectio conciliorum tom. 26, 
p. 1136 sqq., 1184 sqq., tom. 27, p. 115 sqq., 358 sqq. „vier alte Aufzeihnungen und Alten: 
jammlungen“ ; dazu die Chronik des Mönches von St. Denis (Chronicorum Caroli VI, Lib. 30, 
15 cap. 2—4) aud) bei Manfi, tom. 27, 1—10. Aus der Reihe der wichtigeren Heineren Quellen 
find zu nennen der Traktat des Karthäuſerpriors Bonifaz Ferrers (bei Martene u. Durand, 
Thesaurus II, 1436 ff.) und die Gegenfhrift Pierre d'Aillis (Apologia concilii Pisani bei 
Tichadert, Ailli, Appendix p.31--41). Dazu fommt Weizfäder, Reichsſtagsakten Bd VI, 1888. — 
Ueber Geihäftsordnung u. |. w. auf dem Piſaner Konzil vgl. Raumer, Hiftorifched Taſchen⸗ 
20 buch, neue Folge X, S.29 ff. — Titteratur: Xenfant, Histoire de concile de Pise 1724; 
Schwab, Gerjon, 1858; Hefele, Eonciliengefhichte 6, 2 A., 992 ff.; Sauerland, Dietrich von 
Niebeim 1875; P. Tichadert, Peter von Milli, 1877; Höfler, Ruprecht v. d. Pfalz, 1861; 
Erler, Dietrih v. Nieheim 1887; Köpfchfe, Ruprecht v. d. Pfalz und das Konzil v. Bifa, Je: 
naer Diſſ. 1889; Simongfeld, Analekten zur Papſt- und Konziliengeih. im 14. u. 15. Jabrh., 
25 AMA 1891; Stuhr, Die Organifation und Gefhäftsordnung de Pilaner und Konjtanzer 
Konzils, Schwerin 1891 (Diſſ.); L. Schmig, Zur Geld. d. Konzils v. Pifa 1409, ROS 1895, 
351 ff.; Bruno Nibers, U. Piſa in Wetzer und Weltes KL, 2 A., Bd 10, 23 ff. Zu vgl. ift 
aud) J. Haller, Papfttum und Kirchenreform, I, 1903. 


Das Unions- und Reformkonzil, welches zu Pifa im Jahre 1409 abgehalten wurde 
0 hat eine befondere Bereutung wegen des dort gemachten Verfuches, der Fatholifchen Kirche 
eine Verfaſſung zu geben, melde zu dem 1870 proflamierten vatikaniſchen Dogma vom 
Univerfalepiflopat des Papſtes in ſtarkem Gegenjaß ſteht. Dieſer Verſuch iſt mißglüdt 
und mußte mißglücken, weil er nicht in der Konſequenz des katholiſchen Begriffes der 
Kirche liegt; den man zu Piſa gleichwohl beibehielt. Dieſer Begriff treibt zum Monar⸗ 
35 hismus, denn eine Kirche, welche ſich als die Wirklichleit des Reiches Gottes ausgiebt, 
muß durch Gott felbjt oder feinen fichtbaren perfünlichen Stellvertreter regiert werden 
Tiefer Grundgedanke ift der römischen Kirche feit den pfeuboifidorischen Defretalen fo in 
Fleiſch und Blut übergegangen, daß feine Dogmatifierung 1870 erfolgen fonnte. In 
diefeom dogmatifchen Prozeß bat es Reaktionen gegeben; die interefjantefte vor der Refor: 
40 matton iſt die Epifode der Reformkonzilien von Piſa, Konftanz und Bafel. Diefelben 
haben den Grundgedanken gemein, daß die Verfaſſung der Kirche feine monarchifche, jon- 
dern eine repräfentative und zwar eine oligarchifch-repräfentative fein folle; nicht ein 
einziges Glied der Kirche, der Papft, fondern die Nepräfentation der Gejamtlirche, da? 
allgemeine Konzil, ift Negent der Kirche. Tiefe Theorie, der Konziltarismus, trat auf 
45 den genannten Synoden in Gegenſatz zum Papalismus. Läßt man auf dem allgemeinen 
Konzile bloß die Biſchöfe als ſtimmberechtigte Mitglieder zu, jo wird die konziliariſtiſche 
Theorie zum Epiffopalfuften; allein basfelbe ift auf feinem ber brei Konzilien rein durch 
geführt worden. Seine wiſſenſchaftliche Grundlage hat diefes Eyftem in der ariſtoteliſchen 
Staatölehre, die man auf die Kirche übertrug, ohne zu erwägen, daß der ariſtoteliſche 
69 Begriff des Staates die Selbſtſtändigkeit aller Bürger zur Vorausfegung hat, alſo ſich 
von unten aufbaut, während die Fatholifche Biſchofshierarchie umgekehrt mefentlich über 
dem „Wolfe“ ſchwebt. Den Konziliarismus bat e8 deshalb nur zu einer Epifode gebradt, 
während der Papalismus im 19. Jahrhundert feine lebte Nonjeanenz 308. 
Veranlaßt wurde das Pifaner Konzil durch das große abendländiſche Schigma und 
65 Die Neformbedürftigfeit der Kirche. Seit 1378 batte die abendländifche Chriftenheit nämlich 
zwei Päpſte; aber niemand mußte, welcher von beiden der rechtmäßige ſei; man mußte 
infolgedeiten auch nicht, wo die rechtmäßigen Biſchöfe und Priefter zu finden und die 
Saframente wirkungskräftig zu empfangen ſeien. Diefer geiftlihen Not mußte abgebolfen 
werden; aber die ftreitenden Päpfte fegten den Untonsbejtrebungen, welche befonders von 


















Siegen Wwang , hat Viscator ar | 
40 26. Tasse a 3 | 
Mann mmentare zu ſäm Büchern t 
; le eftaments (jeit 1601) fih vor vielen ei 
ee auf den Gedankenzujam ng 
feines Land Be des Älteren, begann er 1597 feine bei 
45 überfegung (vgl. 3b II ) deren ungelenfe 
innert, daß dem Verfaſſer nach eigen ſtändnis ſchon in fei \ 
nilehe NReden Bere 4 ald das —* Ip? folgte he ein 3 |  pioriten 1 
en en Wercks“, der mit feinem en archaͤolog biltorif 
und ——— ——— Material die Überjegung felbſt an Wert — 






so Außer dogmatiſchen Arbeiten über die Rechtfertigung (Libri duo de justifie tion 'e ho. 
minis coram Deo, oppositi sophismatis R. Bellarmini, Herb. > 1500 8) un 

die damals fehrvebenden Streitfragen von Abendmahl und P be 
Kain — pille — —* ti ins 5 — 8) 
ator a eine Unſumme philoſophiſcher, philologi un er 

55 gejchrieben. Unter den letzteren een ich Aphorismi doetrinae ce * ie, ma- 


ximam partem ex Institutione Calvini excerpti, Herb. 1589 u. ö. bei 

— Den umfaſſendſten Einblick in ſeine —— gewähren die inter feinen 
orſitz verteidigten Theses theologieae (Bd 1. 2. Sigen. 1596f. Bob 3.4 Herb. 

1616, 1618). — —— 








Piſtis, Sophia ſ. d. A. Opbiten Bd XIV ©. 404,8. 


Piftoja, Synode ſ. d. A. Nicci Scip. 


Be ven Ba —— —* — wei Männer, Vater 
u Sch Ne he —* en Kämpfen des — einflufreicher, % 
berkichne A ae baben. Ut —* magnus rel  evange- 
—5 — propugnator, ita filius acerrimus illius oppugnator t (P. Freheri, 
Theatrum virorum eruditione elarorum, Noribergae 1688, p. 348). — £itte: 
En daflencamp, Heſſiſche — ſeit dem Zeitalter A Bteformation, 2 2 Bde, 
2, Aus a. M. 18064; 9. Deppe, 8 —— beider | Ion 1. — 
Kin bes * — Senne —— .& cher, 
shiltpps rohmü rdjenrejormation ung. erausg. don re 
Sieben 1852, Br IXXKVTeg.; F dei, * Rein iondverhandlunge F dem 
burg 1541, pe 1889, ©. 71 fi, val. d. Lit. Art.  Gontarini“ IV ı — 
65 


—* —** Das Interim in Hejien, IR GH ne el | 
tohmütiae $ } ei aus den #. 


topmltigen von Heſſen mit Bucer, heraus 
* pm ältere Biftorius (eig. Beder), deſſen — unbelannt iſt, war Altariſt 













hiven 5. 28. 47. Bd), Leipzig Ar 1887. 7 


| 





Piftorins I 47 
eine 


diefes ſchwanlenden Urteil® wegen von Pincier und Hyperius zurüdgelegt und durd) ei 
andere wurde, N Imiderleg. 1647, ©. 409; das i 
En rate Ra an a 


simis testimoniis seripturae et argumentis eonfirmatam ete , Anal. 
Hass. VIIT, ©. 430) vertoerfe. a jüngeren Noviomagus (erh. ban. Gelben- 
eredet“, > einer 
en, 

man 10 





lg bedeutet er an ber 
—— ee By ee —S—— er chen 
übrigens im Lehren t | abl bei dem einfältigen Scheiftivort: bleiben | 
disputationes fi „aba jolle (3. H. Steubing, — aus dem 
en auch die ‚u it f en ab | 
Marb. 1563). Als Schnepf zur Dokt npromot Marburg gelommen war, unter ı5 


ige Bad — von EN u 


————— —— Hessor. fides 1607, p. 1895q.). — | 
— * de di Gef Kirche damals 4:2 abgegeben und fe melanch⸗ 
Sn i nicht er Entfchiedenbeit ei iiche war 


—— eklärten und enden Zuſt⸗ . Na 
— Se | ae dem Beam bon a as ber — 


ine bgeneigter zeigte, fand diefes in Landgraf Ludwig einen Be- 
— (jeit 1576) einen —— feurigen Vertreter, und gewann, w 
befonders in D a Mh — —— 


—— ihm — "Dee — auf der Generalſynode von 1575 
er 


i rt, daß = —— desſelben ſo —* mit dem — — 35 
dahingeſtellt. Thatſache — er auf der enticheidungsvollen a Se: 
yrundlage, deile de und Antithejen, auch deffen nn mit 

iterer Begründung —— — ee 
Dennoh 8* er auch die Bebenten, welche bie die 1b Die Son der Inva- a0 
riata, gegen die den Priva ——— ——— ität und die 


des doctrinae cum gegen die „Verdammung“ der 
die Subtilität ber Ubiquitätslehre er ob, ftändig geteilt und das — Tr 









Stelle unt net. Als nun die i | ieſe heſſiſch 
Zenſur des —— Buches einer oharfen Kritik 3 fen Zr EM —* auf 46 
dem zu Homberg (8. Jan. 1577) die Zurüdweif elben für ſich allein 
ochte Piftorius die erregten Oberbeffen auf dem Konvent zu Marburg 
1577) nur mit om ch mit heſſen —— aber 
von ärung, welche rtentosum 
vocabulum ubiquitatis" zwar „ausmuſtert“, aber bre ſel fehhäit, ſteht in so 
mit ber —— erg he W —* warf Piſtorius vor, ap 
h. von en ifte e en laſſen, ub 
die beriverfe, zu patrocinieren”. Bi beiennt feine „Einfalt, 
Mängel”, aber, daß „ſich all fi a ae nn 
a Ubqui ah bergleichen mehr Wörter, jo neulich in die . 
fand der General u (Nov. 1577) ftatt, auf dem 
jorität Ablehnu h des und 
Parteien —— vr Ken der bie —* —— —* 
roteſtantiſchen wo —* a 
er eher t, daß Piftorius die Bedeutung un der dogma⸗ 60 





MReal-Enchllopäbie Für Theologle und Airde. 8. Uufl. IV. 27 


418 Piftorins I Rifterins II 


tiichen ‚ragen jener Zeit unterfchäßte, überhaupt fein berborragender Dogmatiker far. 
Er war erfüllt von Scheu vor doftrinärer Polemik und behandelte die Dogmatifchen Frag 
immer als praftifcher Kirchenmann. Es muß ertwähnt werden, daß er als folder auch 
in Beziehung auf Verfaſſung und Verwaltung der Kirche, ebenfo in Beziehung auf Kultus, 
„ Tisziplin und Schulweſen während feiner ganzen Amtöführen (ſchon die beijtiche Dit: 
nung der Kirchenzucht von 1539 trägt feine ‘ Namensunteriehrif) eine fehr einflußreice 
Thätigkeit entfaltet bat. Er war neben Hyperius (geit. 1564) und bis zu Hunnius' An- 
kunft der angefebenfte Theolog Heſſens. An den Generalfunoden bon. 1578 und 1519 
konnte der kränkliche reis nicht mehr teilnehmen und 1580 legte er fein Amt nieder. 
vo Tie Wahl feines Nachfolgers gefchah der bevoritehenden Generaliynobe wegen 
und ohne Auziehung ber Pfarrer aus der Grafſchaft Ziegenhain, weshalb ſie anbot 
Milhelm, der übrigens ſchon 1573 für jene ihm angebörige Grafichaft einen beſonderen 
Ephorus angeltellt batte, erſt nach einigen Auseinanderfegungen mit Landgraf — 
anerlannte, aber gegen Wunſch des Piſiorius kann fie nicht ſtattgefunden —*8 
in ſchon 15733 gedachte er abzudanken, und er ſelbſt hat für Nigrinus, den A 
haͤnger der Konkordienformel, geſtimmt. Erin die Erhaltung der Eintracht erflehendes 
Abſchiedoſchreiben an die Generalfpnode von 1580 tft fein „Vermächtnis“ an die heſſiſche 
Kirche. Achtzig Jahr alt, faft erblindet, ftarb er im 9.1583. Ein Werk über die Reihe 
tage und Nolloquien, denen er von 1540—1557 beigetwohnt hatte, ijt unvollendet ge 
0 blieben (Haſſeneamp II, S. 457). 

Gin von J. P. Nöder, De colloquio Wormatiensi, Norimbergae 1744, p. 167 
mitgeteiltes Epigramm giebt Folgende Charakteriſtik: Parvulus es formamque tibi na- 
tura nogavit Corporis ast animi gratia quanta tui? Corpore quo minor es, 
tanto pietate fideque Major es; ingenio ac religione vales. 

2, ® M. Tzſchirner }) Carl Mirkt. 
Piſtorius, Johann, U. — K. Fr. Vierordt, Gef. der evangel. Kirche in dem Groß⸗ 
herzogtum Baden, II. Bd, Karlöruhe 18356, ©. 21ff.; K. Werner, Geſchichte der apolngetiiäen 
und polemiſchen Literatur der chriſtlichen Theologie, 4. Bd. Schaffhauſen 1865, ©. 581. 58; 
4. Räß, Tie Konvertiten feit der Neformation, 2. Bd, Freiburg i. Br. 1886, ©. 488 Fl. 3.8, 
30 S. ff; A. K tleinfhmidt, Jakob III, Markgraf zu Baden und Hochberg, Frankfurt a. R 
IN75, S. 33 ff.; F. Stieve, Vie Rolitif Baiern® 1591— 1607 I (Briefe u. Aften 3. Geſchichte 
des SHjährigen Krieges IV. Bd), München 1878, S. 10, Aum.1; 2%. Sanfien, es des 
deutſchen Volkes ſeit dem Ausgang des Mittelalters, V. Bd, Freiburg i. Br. ©. 389 7. 
33H. u. a.; 9. Hurter, Nomenelator literarius El. II, tom. I, Oeniponte 1892" p. 167 fi; 
3, Sr. v. Weech, Badiſche Geſchichte, Karlsruhe 18, S. 276f.. 

I. Der jüngere Piſtorius wurde geboren zu Nidda den 4. Februar 1546, 
zin eben dem Jahr“, jo äußert er fi ſpäter, „da der unjelige antichriftliche Lutber 
Todes verfahren, mit welchen gottesläfterliden Wann ich vierzehn Tage auf Erden ge 
lebt habe”. Seiner eigenen Angabe nad (Nechtm. Retorf. S. 7ff.) „hat er ſich erſtlich 

a0 zu den theologiſchen Studien begeben“. Schon im 15. und 16. Lebensjahre verteilte er 
theologiſche Elaborate an heſſiſche ‘Pfarrer. „Als ich aber nachher“, erzählt er, „die 
l’rineipia juris bei meinem Vetter Dr. Phil. Piſtorio zu Marburg auch eingemerft, und 
diefelben don wegen ermangelter Demonftration, Die id allweg in den Studien geſucht, 
mir nicht belieben laſſen, bin ich nach meinem Magiſterio durch Veranleitung der philo⸗ 
40 ſophiſchen Kunſt und von wegen gemeinter Verwandtnis zum Studium der Medizin im 
18. Jahr meines Lebens geraten“. Er war anfangs gewillt „bei der Theorie dieſer 
Kunſt zu beharren“, erwarb die mediziniſche Doktorwürde, ward aber auch „in die Praktil 
allgemac hineingezogen“. Im Jahre 1568 veröffentlichte er die feltfjame kabbaliſtiſche 
ZSchrift: De vera curandae pestis ratione, der er fpäter dad Sammelwerk: Artis 
i eabalisticac seriptores GBaſel 158° folgen ließ. Aber auch als Arzt, jo verſichert 
er nachdrüdlich, „babe er doch das Studium der Theologie niemals unterlaflen, auch nicht 
weniger dem juridico studio zutveilen Yult halber Plab gegeben, und alfo Bu Ver: 
leihung göttlicher Gnade alle drei Studien miteinander für ſich jelbft geübt”. Er follte 
bald (Helegenbeit finden, von dieſer vielfeitigen Bildung Gebrauch zu machen, und zwar 
t in Baden. 

Alleiniger Regent der Marklgrafſchaft Baden-Durlach war ſeit 1553 Karl IL, 
der die Reformation in dieſem Lande endlich durchführte. Nach ſeinem Tode (157 7) 
regierte erjt eine Vormundſchaft, 1584 aber wurde die Markgrafichaft unter Karla Söhne 
geteilt: Ernſt Friedrich erbielt Pforzheim, Durlab ꝛc., Jakob III. Emmendingen mit der 

or Markgrafſchaft Hochberg, Georg Friedrid Sulzburg ac. Noch zu Lebzeiten Karls II. wurde 


2 


— 
2 


N 


u 


DL Riftorins II 


Awebuam Riſtorius, mit dem Pappus nicht Disputieren wollte, nahm an dem Geſpräd 
unbe teil, weilte aber während besjelben mit Bufäus, um dem Markgrafen nabe zu 
bleiben, in dem benachbarten Kloſter Thennenbach. Der Markgraf batte gewollt, daß 
man uber Die Mechtfertigungslehre bisputierte und auf feinen Befehl hatte Piſtoriu 
ie Theſen uber fie aufgelegt, die bochbergifchen Geiftlichen hatten Konfutationen dieſer 
There von den Württembergern, von Dr. Pappus und Aeg. Hunnius eingeholt. Allen 
der ſchlaue Piſtorius bewirkte 08, Daß wiederum die Lehre von der Kirche Gegenftand des 
wiehmädbe wurde. In ſieben Sitzungen murde über diefe verhandelt (den 3. big 7. Juni 
am, Endlich ließ der Markgraf erklären, daß „Lutberi Kirch eine neue Kirch und 
alie Die falſche Kirch jene“ und ſchloß das Kolloquium unter den Donnerſchlägen eine 
Giewittero. Pappus follte noch mit Dem zu Ende des Geſprächs in Emmendingen an: 
ariroffenen Piſtorius de justificatione Disputieren, er weigerte ſich aber deſſen und 

verbohnt von den Hofnarren, Davon. Cin Geſpräch zwiſchen feinen katholiſchen ‘Tbeo: 
legen und Aeg. Hunnius brachte der Markgraf nicht zu ſtande, auch der hochbergiſche 
Sup. Name wollte mit jenen Männern nicht anders als ſchriftlich verhandeln. Te 
Markgraf zogerte nun nicht länger, am 15. Juli (25. n. St.) trat er im Kloſter Thennen⸗ 
bach jeierlich zur katboliſchen Kirche über, Buſäus erteilte ihm die Abſolution. Großer 
Jubel berrſchte in Rom. Papft Sirtus V. veranſtaltete ein Dankfeſt, barfuß ſchritt er in 
der Rrozeſſioen einber (8. 18. Auguſt). Wenige Tage darauf ſtarb er. Aber ſchon vor 
im und vor den Dankfeſte mar Markgraf Jakob, cbenfalld nach kurzer Krankheit, aus 
dem Leben geichieden am 7. 17. Auauit 1590). Schon batte er den evangeliſchen Geijt⸗ 
lichen und Schullebrern empfoblen am 2. 12. Auguft) binnen drei Monaten ihr Amt 
medersulanen und das Land zu verlaiten, jchen batte Kardinal Andreas, Bifchof von 
Nana. Seren Werbbikber abgeſandt, um Die bochbergifchen Kirchen neu zu meiben, 
ben wurden katdettiche Iraefter aus Der Nachbarichaft berbeigerufen. Aber_fogleich nad 
Jalere Tode erichien Emt Friedridd in Emmendingen und wehrte die Anderung bei 
Kempen sd We dieier Furit ipäter (pgl. Die Stafforter Bücher von 1599) feinem 
vande in gapimrmie auPdranmgen wollte, ſtarb auc er eines plögliden Todes (1604). 
Dirssay Werber nehonun an Georg Friedrich, welcher fich weder von Piſtorius 


nad yo Erner Iredrech denm Quiberiichen Vekenntniſſe batte abipenftig machen lafien. 


Yeparıyogridie sb heise Vorgänge, aber nicht mehr in Baden. Sogleich 
Mathe Sp TON var er mu dem Weibbiſchof von dannen gezogen. Er trat in 


Say Zur und vienertistfar Dos Biſchois von Konſtanz (mo er 1592 die 


Nena zruso ws) ospi ertnsoon Freiburg. Zein Sohn und eine feiner Töchter 
EEE ge Sy Russe since die andere blieb dem evangeliidhen Glauben tmı 
NS oorogbeoedinaset gnsssd Amt dedtangt ven Suter und Schieiter. 


No neeogspe gro sano Vtorus Die polemiſche Schriftitellerei. Alsbald nach 
u x die Wedrdafte Beichreibung, mas fich bei Martgrai 
ep do. Wilder on» Wrpen wrlzurten" ‚15401, und bie Orationes de vita 
open ae Senn Merkiorren sum Märwrer zu ftempeln, ftellt er ın 


x 


„> r , K —* al .d I NTEN 


nd 


un ν Na tray BUnmatuiar Auf er et vergiftet worden. Dann ließ er 


amonn hl eneoypo beine Sr nme Marker x. driſtliche erhebliche und wobl⸗ 
won Werne weis tern Beosun, Lebre oerlaften und zu den kath. Glauben 
wen Net N De Dar sent ter Juinñikation und der Concluſionsſchrift 
Vogedoun. Mei Jert oiou. Diss! umfangreihe und richt unbe 
No oo. nme Jraisiurt der Vefebrung Des Markgrafen und 
“ur No. az Neo wir otaterriienemomee Sesielben in ebenfoviel Abhand⸗ 
So aa Ne Nessie der datholtichen Nırde aufgebichteten Unwaährheiten, 
Ne too a äärsfenre Uneinigkeit, uber den in Luthers Schrif 
“ya Get, uber Die mit Der Augsburg. Konfeffion ver: 
\ .  "taemdbeben babe mit ihr wie die Ra mit der Maus ge: 
“on. ziäteen und ungetrübten Fortbeſtand der jichtbaren Kirche 
inweraglich wird, als ein ſechſtes Moment, hervorgehoben, 
p.acaubige Kirche auch Die alleinige Beſiegerin aller Kebereien 
en. Zhesichriften, welche Piſtorius nun meiterbin veröffentlichte, 
»..Nn  Lheorema de fidei christianai definita mensura et 
.onura eanon. ete. 1590 (gegen Grynäus), Tractatus de com- 
ea dar er in Streit mit W. Solder geriet, den Verfaſſer der 
No nsmus de Stuttgardia, Mus exenteratus contra Pistor. 
ne Dept 2%. (gegen Hunnius' Ronfutation der 300 Thefen übe 





432 Pius II., Papfi 


zugleich Geiftlihe und Laien an, ihren bisherigen Erzbiſchof — beachtenswerte Worte im 
Munde eines humaniſtiſchen Papftes — „wie ein krankes Vieh und eine verpeitere Beſtie 
zu meiden. Das von Pius II. kraft päpftlicher Provifion dem Zombermm Adolf von 
Naſſau übergebene Erzbistum ließ fich aber Diether nicht fo leicht entreißen; Tim große 
6 Gebietsabtretungen fand er Unterjtügung bei feinem früberen Bundesgenefien, dem Kur 
fürften Friedrih von der Pfalz. Audy das am 8. Januar 1462 rür ben Fall übe 
Tietber und feine Anhänger ausgefprochene Anatbema, daß fie nicht im Rerlaufe von 
18 Tagen das Erzitift dem Adolf von Naffau überließen, bewirkte nicht die Niederlegung 
der Waffen, rief nur eine neue Appellation des Kurfürften von der Pfalz und Tietbers 
19 hervor. Schon glaubten die beiden Kurfürften, nachdem es ihnen geglüdt war, am 
30. Juni 1462 die drei vornehmſten Parteigänger Adolf von Naſſau, nümlih den 
Markgrafen von Baden, den Herzog von Mürttemberg und den Biſchof ren Meg bei 
Seckenheim, ſchlagen und gefangen zu nehmen, den Rücktritt Adolfs von Nañau er 
zwingen zu können, da gelang es dieſem, ſich durch Uberrumpelung am 28. Tktober d. J 
15 der Stadt Mainz zu bemächtigen. Nun koſtete es nur noch einige Verbandlungen, um 
den entimutigten Iſenburger zum Nüdtritt zu beivegen. Derſelbe erfolgte am 5. Cltober 
1463, nachdem ihm zugefichert worden war, daß er einige CS chlöfler und Städrte des Erz⸗ 
bistums auf Lebenszeit als ein gejondertes kleines Fürftentum bebalten ſolle Im Wär 
1464 wurde dann Dietber zu Worms durch den päpftlichen Legaten feierlib vom Bunm . 
20 gelöſt. So hatte Pius II. im Kampfe mit dem Erzbifchof von Mainz einen nicht ur 
erheblichen Sieg errungen, deflen er fih voll ftolzen Selbftgefühls freute. 

Nicht jo Leicht wie mit dem Kirchenfürſten wurde Pius II. mit dem feßerifchen 
Böhmenkönig fertig. Allerdingd batte der Papft Grund, dem Georg Podiebrad zu 
grollen, denn als diefer die Königskrone nicht aus der Hand des Utraquiſtenbiſchofs Ro 

25 kyezana, fondern zweier aus Ungarn berbeigerufener Latholifcher Bifchöfe empfangen wollte, 
hatte er dem damaligen Bapfte Galirt III. am 6. Mai 1458 heimlich einen Obedienzeid 
leiften müffen, in welchem er wohl nicht direft die Aufhebung der Basler Stompaltaten, 
ber magna Charta der Utraquiften, gelobte, immerhin aber den ortboderen Glauben 
der apoftoliihen Kirche zu bekennen und zu ſchützen verſprach, ſowie „has ibm unter: 

30 worfene Rolf von allen Irrtümern, Sekten und Härefien, zur Beobachtung des wahren 
fatbolifchen und ortbodoren Glaubens, zum Geborfam, zur leichlörmigleis, zur Bereim- 
gung, ſowie zum Nitus und zum Kultus der beiligen römischen Kirche zurüdzuführen“. 
RPius II. wollte nun den Georg Bodiebrad nicht eber öffentlicd) mit dem Königstitel nennen, 
als bis dieſer in der That Die Kirche Böhmend zum Sehorem gegen Rom gebradt. 

35 Doch in der feiten Erwartung, daß der König bald energiſche Maßregeln gegen die Ketzer 
in Böhmen ergreifen werde, brachte Pins II. es durch jeine Yegaten dahin, daß 1459 
die twiderjpenftigen Breslauer dem Podiebrad zu buldigen verfpradhen. Wir wiſſen bereits 
daß der Böhmenkönig nach der deutſchen Krone trachtete, fie dur Unterbandlungen mit 
den Nurfürjten zu gewinnen Dachte. Daß aber derfelbe, da er eingejeben, daß auf bie 

4 Nurfürften fein ficherer Verlaß fer, ſich 1461 an den Papſt mit dem von allerband Zu⸗ 
geſtändniſſen in der Neligionsfache Degleiteten Gefuche gewandt habe, ihn durch eine Bulle 
zum römiſchen König zu ernennen, läßt ſich nicht eriveifen. Diefer phantaſtiſche Plan war 
ſchwerlich mehr als ein Ratſchlag ſeines Faktotums, des Dr. Martin Mayr. Eins iſt 
gewiß, daß Pius IT. nicht Daran zweifelte, die böhmiſchen Geſandten würden demnächſt 

46 erſcheinen, um die Wiedervereinigung ihrer Kirche mit Rom auszuſprechen. Es geſchah 
nicht; der Papſt wurde mißtrauiſch; noch mißtrauiſcher zeigte ſich Rokyczana, der in dem 
Könige einen Apoſtaten und Verräter der Utraquiſten ſah; auf einem Landtage am 
15. Mai 1161 iſt Podiebrad genötigt worden, den Utraquiſten, um ihre Aufregung zu 
beſchwichtigen, den Fortbeſtand der Basler Kampaktaten ausdrücklich zu garantieren. Um 

sonun auch nach der anderen Seite bin zu beruhigen, ſandte er enblich im Beginne be 

Jahres 1162 Die oft verbeißene Sefandtichaft an Pius II, die demfelben für Böhmen 

Obedienz leisten jollte, dann ibn aber um die Betätigung der Basler Kompaftaten bitten. 

Die Anttvort Des Papſtes auf dieſes Gefuch iſt befannt. Am 31. März 1462 erklärte 

er „Die Nompaftaten, welche Das Basler Konzil den Böhmen zugeitanden, für vernichtet 
und vertilgt”; fo bandelte der Pius II, der einjt ald Enea Silvio dem Papſte Ca: 
lixt III. angeraten hatte, Doch ja den Böhmen den Yaienkelh zu gewähren, da der Genuß 
des Abendmahls unter beiderlei Seftalt Dem ortbodoren Glauben und ber apoſtoliſchen 

Tradition nicht zuwider fer, jobald er nur mit Erlaubnis der Kirche erfolge. Ein unüber 

legter Racheakt des Böhmenkönigs war 68, daß er den päpftlichen Zegaten Fantinus de 
vo Valle, der in feiner Gegenwart die Utraquijten der Keberei, ihn ſelbſt einer falſchen Aus 


8 


Gerichte ven Parlamente 
geben. Am 15. Juni 1464 
ſſen, ber gemäß er ſich binnen 180 Tagen weg 
ollte. Noch war — dieſe Citation 
koniglichen Häretifer den Sud ee zu 
Unter von } 





istum Letzteren hatte ſchon Calixt III. 1457 zu einem unverſöhnliche 
ae titola | von Cues, 
8 Damelign Bifs don Bere, dab ihm der Derop nad Den Leben tar, Olmiben 
geſchenkt und über die Lande —— ——— worauf von Sig: 
— —— MEERE ER "Auf dem Fürften- 
| Ei — — Berg iu II., der gleich beim Antritt — 
A pe Nusjohmung geiihen dem beim Lalte 
Eee ee 


egn verhäng 
die Fehde, belagerte ibn mit € in feiner Bu — zur Zuri 
nahme des — — von Guss —* hatte, na om zu 80 
wirken, daß alle Strafen, welche etwa über ben ı des Zuges gegen Brunneck 
verhängt werden könnten, umterblieben, lag er b yo mit jo Beftigen — 
über Sigmund in den Ohren, daß jener endlich den Gegner des Kardinals zur Verant- 
ee —— — ar Bi der 05 
ric Bapit, b er er e 
—— an, worauf Bis . am 8. 3. Me 1460 über Sigmund und — 
aus 


die — * von — von Heim: 
g verfaßt, den nun au die pähftliche —— traf. m — fi) 
Sebentoärtige Berbalten a und fich jelb igte, en ren 
ie ec und über jeine 2 ge. * II. for⸗ 


—* bis auf die —— vergeblich: als er —— —8* über —9* ih % 
eo Aufrufs, in einer Bulle vom 23. Januar 1461 br ‚Herzog, teil biejer ſich 
eilige und apoſtoliſ eg zu glauben, 
ſowie auch einen großen Te inwohner Tirols zur Verantwortung 
a ar jo verhöhnte Sigmund in — neuen Appellation den Papſt, daß er mehr 
als 100 000 Perfonen auf einmal vor ver Richterſtuhl fordere. Jmmer mehr brach 50 
bei Pius II. die Erkenntnis Babn, eit zum — ſei. Da bot ſich der 
von Venedig zum Vermittler an. die Verhandlungen 1463 Bene. zwi chen 
den Abgefandten des Herzogs und der Kurie zu ermöglichen, hatte ber Taylı ne 
lichen Benfuren bis auf weiteres juspendieren müſſen. Obwohl er fie, Sigmund 
jede Bitte um Vergebung verweigerte, am 24. Hebruar 1463 erneuerte, jab er es doch ss 
daß der Doge noch weitere Bermittelungsv juche machte. Seit dem Beginn des 
; 1464 war auch der Kaifer eifrig für eine Ausjöhn —— —* ae 
Bevollmächtigten ru Wien den Rudolph von N 


= ri Kegerei, nicht an = 


sy 


an 


von Iſenburg — a umd nun jeit 1462 Bi re von —— an 
Meder ivar der Cufaner nod) Pius IL am Leben, ale am 2. September 1464 60 
Realsläncpklopäbie für Theologie und Kirhe- 3.4. XV. 28 


434 Pins I, Payfl 


der Vertreter der Kurie den Herzog Sigmund vom Banne löfte, nachdem in deſſen Rama 
der Kaiſer die zweideutige Erklärung abgegeben hatte, fein Vetter meine zwar, was er 
am Kardinal von Briren verübt, habe er in der Notwehr gethban und als Regent tbun 
müſſen, fo daß er deshalb in feine Zenfur gefallen fei, doch bitte derjelbe dem beiligen 

5 Vater zuliebe, um mit dieſem wieder vereint zu werben, daß man ihn von feinen Sünden 
abfolvieren möge. 

Die Kämpfe in Italien, die Streitigkeiten mit Frankreich, die Wirren in Teutid- 
land ließen den einen großen Plan des Papftes, den Halbmonde Konftantinopel zu 
entreißen, nicht zur Ausführung gelangen. Die Berziveiflung darüber mochte ibm ber 

10 wunderlichen Gedanken 1461 eingeben, durch einen Brief den Sultan befehren zu wollen. 
Die Vorbaltungen diefes Schreibens, Mohamed II. möge dem Beifpiel Konftantins des 
Großen und anderer zum Chrijtentum übergetretener Fürften folgen, Dann werde ber 
Papft in ihm den Kaifer des Orients und Griechenlands erbliden, ericheinen ebenjo wie 
die in dem Briefe vorgetragene ausführliche Darlegung der Grundlehren ber Kirche un 

15 einem weniger phantaftifchen Lichte, wenn man bedenkt, daß damals Gerüchte im Um 
laufe waren, nach denen ter Eultan Zmeifel an der Wahrheit des Islam bege. Das 
Mobamed II. dem Papſte geantivortet habe, wird ung nicht berichtet. Das Intereſſe in 
Ron und in Stalien zeitweilig für ben Kreuzzug zu beleben, gelang Pius II. 148 
durh Einholung einer Tojtbaren Reliquie, des Hauptes des angeblich au Patras gelre: 

20 zigten Apofteld Andreas, des Bruders Petri. Mit ungemein großem Pompe wurde vom 
I kapfte dag Apoftelbaupt empfangen, im Namen der Römer als deren „Onkel und Bater 
begrüßt. Nach den Reden des Papftes und des Kardinals Beflarion zu urteilen, fol 
dasfelbe die ficherfte Garantie dafür bieten, daß das Türkenjoch zerbrochen, Völker und 
Sürften fih mit dem Kreuze fchmüden werden. 

26 Plötzlich — wie durd ein Wunder, meinte der Papſt — wurde allerdings em 
Hauptbindernis des Türkenkrieges, der Geldmangel, befeitigt. Giovanni de Caſtro ftürzte 
zum Papſte mit dem Rufe: „Heute verfündige ih Eud den Sieg über die Türken,” er 
batte die Mlaungruben von Tolfa entdedt, deren jährlichen Ertrag er jo hoch fchätte, daß 
mit demfelben der Kreuzzug beftritten werden könne. Auch glüdte es dem Papſte, die der 

30 Ausführung feines Lieblingsplanes entgegenftehenden Feindſeligkeiten zwiſchen dem Kaiſer 
riedrich III. und dem Könige von Ungam, Matthias Corvinus, im Juli 1463 beim: 
legen. Im Eeptember dieſes Jahres vereinigte Pius II. in Rom die Gefandten Br: 
gunds und der italienijchen Mächte zu einer Beratung über den Türkenkrieg. et 
beichloß der Poyſt auch ſeinen Beitrag zum Kreuzzuge zu geben: er, der vom Gürtel ab 

35 gelähmt war, erklärte in einem Konſiſtorium der Kardinäle ſelbſt den Türkenzug mit 
machen zu wollen, um die Chriſten dadurch, daß fie ihn, ihren Lehrer und Water, zum 
Tode bereit fäben, nach ſich zu ziehen; wie Mofes wolle au er auf einem Berge beten, 
während das Wolf Gottes mit den Ungläubigen fämpfe. Die Karbinäle forberte er auf, 
gleich ihm das Kreuz zu nehmen, nur wenige derfelben trugen aber nach dem gewiſſen 

40 Tode Begehr. Am 22. Oktober 1463 erließ er die Kreuzzugsbulle. Außer in —** 
und Ungarn fand ſie keinen Widerhall. Philipp von Burgund, die letzte Hoffnung des 
Papſtes, wurde durch Ludwig XL, der Rius II. noch wegen deſſen neapolitaniſcher Politik 
zürnte, zur Hinausſchiebung des von ihm feierlich gelobten Kreuzzuges genötigt. Am 
19. Juni 1464 trat Pius II. feine Reiſe nach Ancona an, von wo er ſich zum Kray 

45 zuge einzujchiffen gedachte. Krank reilte er ab, frank traf er dort ein, noch erlebte er am 
12. Auguſt die Ankunft der venetianifchen Flotte, doch fchen am 15. Auguft verſchied er, 
nachdem er das Abendmahl empfangen und das, was feinem Herzen auf Erden am 
teuerſten geweſen war, den Kreuzzug und feine Vepoten, den Umitehenden ans Herz gelegt 
hatte. Seine Leiche wurde nah Nom übergeführt und in ber Andreasfapelle der Peter: 

60 Tirche beftattet. 1614 find die irdifchen ÜÜberrefte Pius II. in die Kirche ©. Andrea bei 
palle gebracht worden. Pius II. auch noch den legten Ehrenkranz, den ihm die Mi 
und Nachwelt gewunden, Dadurch zu entreigen, daß man feiner Beteiligung am en 
mit einem Filelfo und anderen Gegnern des Papſtes niedere Motive unterfchiebt, iſt 
nichts gerechtfertigt. Die Erklärung dafür, daß er in feinem Greifenalter den Tod au 

65 einem Kreuzzuge juchte, giebt jene Rede, in der er den Kardinälen feinen Entſchluß de 
Beteiligung ankündigte, mit folgenden Worten! „Eterben müfjen wir doch einit ....- 
Erlig die im Gehorſam Des Herrn fterben. Gin guter Tod fühnt ein übles Leben. Bir 
meinen, es gejchebe wohl mit uns, wenn es Gott gefallen follte, daß mir in feinen 
Dienfte unfere Tage endigen“. So verföbnt ung der Tod des Kreuzfahrers mit dem 

0 Leben des Humaniften Enea Silvio und des Papſtes Pius IL Was er auf dem 





Pins IL, Papft Pins III, Papſt 435 


u Bafel verfochten, was er zu er unter —— auf 
—2 der br in feinen Setral Ai ig a it, in der Bulle „in 

minoribus tes" am 26. April 1463 ; — nliche Außerungen des 
Tadels über ſeine der Basler 24 on in feiner „epi- 
stola retractationis ahre 1447 ( ehe ns Il, ©. 40); um jene 5 
Kommentarien über das g Badlr nzil, we auf das Verzeichnis der verbotenen 


Schriften famen (f. Reuſch a. a.D. S.40) vo AR — a re ge 
— * wei, den päpftlichen Standpunkt — eit entgegen. 
in Betreff feiner | Lüpfrigen ovelle forderie er als Papſt in mi eg Hide 
bon den Leſern „Weiſet von Euch den Aeneas,en mt sn At 9 Be Nenn 10 
was uns dieſer eifrige Schriftiteller unter feinen en 
— bie bon jeiner Geburt bis zu einer a ke 

eit ift in en elben if unbetvußter und —— Di * —* — t. Zur 

enem 


Garne übergebe ; ver fe mit einer * * Kun, ae 
m wenigſtens die orragendſten Schriften Piccolomini nambaft zu ma 
— iſt die Geſchichte hehe III. begonnen in ber Hi da Enea ln am 
iener Hofe weilte, vollendet aber a während er * Kardinal war; in äußerſt 
Eng orm werden hier die Ereignifje der Jahre 1439— 1456 etellt. Kurz vor 
bung auf den Stuhl Petri —— iecolomini ad — ſchichte, Die 20 
—* noch der Abneigu ig. ie Verfaflers gegen 1 die . den Hu Gutes 
zu rühmen weiß. Ein aa Gemiſch von Geographie, e* Blfertunde Sefchicht: 
bie beiden Schriften Europa und Afia, jene ca. 1458, biefe 1461 verfa 
Geographie und Ethnographie bilden —* ar die Grundlage für einen Überblid 
hu — * ii u — A — ni Be hr Völker: 5 
ift m em e ausg ja (af entzogen, 
— ihre Abfaffung ae ie fo war Pius II 
ein Liebhaber * — * Cinfamteit, dieſe —— ur die Lektüre der alten Dichter 
ober Dan antiquarische Forſchungen in dem umgebenden alten Gemäuer. 
ius II. audy ein ſchlechter Finanzmann geweſen fein und feinen Nepoten zu 30 
viel Rechte auf feine Kaffe eingeräumt baben, in feinem * Leben war er las 
mäßig, die Ausgaben feines Haushaltes betrugen täglich ungefähr 6—8 ae 
18—24 Marl); geoen die Armen war er freigebig, gegen Se 
— feines ejens gewann ihm die Liebe ber Römer. ilelf 08 BR € — 
dem Papſte Pius II. derartige wider die Natur gehende Verbrechen * wie ſie ſelb 
das Leben des Eneas Silvio nicht geſchändet haben, Ebenjo tweni Grund iſt ar 
— an der vollſtändigen Übereinft timmung Pius’ IL mit der L ber römifchen 
Bote zu zweifeln. Wohl die einzige Ketzerei, die über feine Lippen Ir men * ‚mag, 
var der aus der Erfahrung jeines an Lebens gejchöpfte = KL 
die Ehe genommen, mit mehr Grund mafle 
ius IT. i ——— eifrig bemüht, j: ie ausjuroten. 
eginald Pecock von Chichefter, der die Unfehlbarkeit Kirche au 2 ai —* 
geordneten Autorität der heiligen Schrift geleugnet, 1457 aber ſeine „J rriehre⸗ * 
FR 1a: hatte, dennoch von neuem der Kırde in Schriften entg igegentrat ante gebot der 
1459 der hoben engliſchen Gei 5 und * Legaten, älfigen jamt 45 
einen Schriften zu verbrennen (vgl, Reuſch a. a. DO ©. 36), wozu es aber nicht ge: 
Kheint. Auch gereicht die Bulle vom 11. Mai 1463 ius IT. nicht zur 
Ehre, fie —— die ohnehin blut- und geldgierigen Inquiftoren, ine Milde, feine 





Pius III, Papſt 1503. — Litteratur: Platine, Historia de vitis Pontt. Rom., 
Venet. 1562, 272 ag.; Eiacconius:Oldoini, Vitae et res gertae Pontt. Rom., Romae 1677, 
II, p. 210 sq.; Betruccelli bella Sattina, Hist. dipl. des ——— Paris 1864 fi. ar 7 
Gregorovius, Geſch. d. Stadt Rom, VIII, Stuttgart 1874, S. 4 ff; v. Reumont, f,1 
28” 


26 Pins III, Bapfl Pins IV, Papft 


=, 2 7ñ.: Creighton, History of the Papacy etc. IV (1894), ©. 544 ff.; Baitor, Geid. 
ı. ist: 2: IIL(1895), S 505 ff.; Viccolomini, Il Pontificato di Pio III. (Arch. stor. it. V. 
2. 2. 2. 2=j. [Firenze 1903]); beruht auf den handſchriftl. Historiae Sencuses’ das Sigi- 
ara. Tizis vol. VI) und bringt neben Auszügen aus diefem Werte Aftenjtüde aus tem 


Zur Archiv. 


nsesco Todeschini, Zobn von Nanni Todeschini und Laudomia de’ Piccolomini, 
zezeiz Des Papſtes Pius IL, war 1439 in Siena geboren. Zu Perugia jtudierte er 
zrezrutenz; mit Silfe feines Onkels; er erwarb den Grab eines Doktors und murk 
»:- zus I, der ibm ſchon früber geitattet, Namen und Wappen der Piccolomint an: 
„zn, 1450 zum Erzbiſchof von Ziena erhoben. Einige Wochen ſpäter ward er in 
“re Ber Nardinäle aufgenommen und zwar ald Diakon von Sant’ Euſtochio. Unte 
= '5.nollen des heiligen Rollegtums führt er jevoh den Namen bes Kardinals von 
Zen. Zum Sardinalpresbpter iſt er nie aufgerüdt. ihn jandte Pius II. 1162 nad 
’,zras, damit er und feine Begleiter das angebliche Haupt des Apoftels Andreas imjelbit 


rich empfingen, und ibm vertraute er Nom an, als er fih 1464 zum Beginne be 


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Pzussuges nad Ancona begab. Auch die Nachfolger Pius’ II. haben ſich des Kardinals 
zn Zina zu wichtigen Miffionen bedient, je gebt er im Auftrage Pauls II. nad 
TZeutſchland, um auf den Negensburger Neichgtage den Türfentrieg zu betreiben. Al 
Alcrander VI. den Kardinal Todeschinti-Piccolemini dem in Stalien einbrechenden Karl VIIL 
zen Frankreich zum Zwecke von Verhandlungen entgegenjchidte, weigerte fich der König 
ınzem er der franzojenfeindlichen Politik Pius’ II. gedachte, den Neffen besfelben zu em 
riangen. Daß der Kardinal von Siena Mut befeifen hat und mehr Mut als alle fen 
Kellegen, beweiſt feine Kühnbeit Alexander VI. gegenüber. Diefen, der im Konfiftorium 
2er Marbinäle 1197 erklärte, er wolle aus einer Anzahl von Städten bes Kirchenſtaates 


. Lem Herzoge von (Yandia, feinem Cobne, ein Herzogtum zurichten, widerſprach er allem 


unter 24 Anweſenden. Daß Francesco Todeschint-Piccolomini am 22. Eeptember 1503 
..r Nachfolger Aleranders VI. ward, verdankte er nicht fo fehr feinem mafellojem Rufe, 
al vielmehr jeinem Alter und feiner Kränklichkeit — er war giehtbrüchig und feine %e 
Lnztauer konnte faum mehr auf Monate angejchlagen werden. Aber die Notlage, die 


‚ach die Nähe des franzöftichen Heeres und des Cäſar Borgia gefchaffen war, drängte 


zut Beichleuntgung der Wablbandlung und zur Aufftellung eines feiner Narkbinalsparte 
unliebſamen Kandidaten, dejjen Erbebung auf um jo geringeren Wideritand ftoßen mußte, 
al: Sein in Augficht ftebender Tod ja bald zu einem neuen Konklave führen fonnte Ter 
zinablte nannte fih in Erinnerung an jenen Unkel Pius IH. Seine Hauptſorge war 
., Arm die Ruhe wiederzugeben; aber die dem Gäfar Borgia zum Zwecke einer Aus: 
iulnung mit den Orſini erteilte Erlaubnis, nad Rom zurüdzufebren, war nicht geeignet, 
[st Frieden zu ſichern. Die Orſini verbündeten fie mit den Golonna, um dem Blut: 
menichen Gäfar Borgia, der das Pontifikat Mleranders VI. ebenfo mie diefer felbft (f. d. 
Art. Bo I 2.217) zu der ruchlojeften Gewaltherrſchaft berabgewürdigt hatte, endlich 


ben verbienten Lohn zu geben. In Die Engelsburg flüchtend, vertraute Cäſar nur ned 


an en Zeug Pius' III; aber Diefer, der bei feiner Nrönung am 8. Cftober 1503 ſchon 
in üelach war, daß die beſchwerlichen Geremonien teilweife unterlaffen werden mußten, 
ſturh bereits am 18. Oktober diefes Jahres. Böpffel T (Benrath). 


ins IV., Papſt von 1560-1565. — Litteratur: Jo. Ant. Petramellarii Bono 
nes ac librum Onuphrü Panvinii De Summis Pontt... a Paulo IV. ad Clement VIIL 
Cortintuatio, Bononiae 150995 Jat. Aug. Thuani, Historiarum Sui temporis 11. CXXXVIII. 
0.2 des; Pietro Soave Poland (‘Paolo Sarpi), Historia del Concilio Tridentino (Low 
1 561%, Senf 15295 lateinisch: Xondon 1620, Leipzig 1690) Iib. V; Sforza Pallavicino, 
- JS, I tor del Coneilio di Trento (1619; lateiniſch 1622 u. ö.). Vgl. die Lirt. zu den 
».0 „erenter Konzil“ und „Borromäus“. -- Nanfe, Päpſte I, 3. Bud); ebenda in den „Ana 
Ir. Bde unter N. 31ff. aud jonftiges Material, bei. in der Gejtalt von venetianr 
0 hefatienen, die jept gedruft vorliegen; v. Neumont, Gejh. der Stadt Rom III, Berlin 
F„ "url, Geſch. des Kirchenſtaates I (Gotha 1880). Zur Geſchichte des Konklave: Ribier, 
Memoiren... ) Bde, Paris 1666; Raynaldus, Continuatio Annal. Baroni sd 
0,6 an. Zu dem Prozeß gegen die Nepoten Caraffa vgl. Duruy, Le Cardinal C. 
via Jar. ISSS, ehap. XXIII. Den Prozeß nebſt feinem Ausgange behandelt aud Br 

‚ teonia di Paolo IV. (mebrfach gedruckt, z. B. Ravenna 1798, 2 Bde). Die Bullen in: 

ale, Bullarıım inagnum t. II. 

 Montlave nach Dem Tode Pauls IV. begann am 5. Sept. 1559. Zwei Yar 


00, site ilalieniſch Franzöfiiche und eine ſpaniſche, machten ſich die Voten jtreitig: auf 


yes zutle fur den Nardinal von Tournon oder Ercole Gonzaga von Dlantua, auf diceſer 


Pins IV., Bapft 437 


— reg a a ee inc Lay, Karo Garafa, fm 
Oberhand gewannen, nämlich der des —— Papſtes, Carlo den die 
Ungnade des Fer und ber Kardinal Farnefe, mußten FE 
da ohne. ma ‚ Ranbibat u "Da nude > ein meuer ‚ar nem auf der £if Fe 3 


. 





Den Florentiner Medici nicht bernan, aus beicheibenen Be — iffen | 
1499 geboren, hatte er die Nechte ‚ en 10 
= — en a nf bei der * ———— 


Au Gaalt und als Marcheſe von M nano gel J die Mittel 
Bi —* ma — = in == —** ut 





batte, jo wandte er ten 15 

— — — Tin —* 
aufrecht erhielt. Auch in ſeinem de 

—— —— an Ir il zu dem finſtern 
ſtets in n ; — treffen ihn, 
wie er in einem harter Sn ie ar —— 
auf und ab; Be m ke ae un 
Im Ei aus —*— zu legen, hört ihr Borbrir weiteres an an nd 
in —— feinen Weg . . . Er ergießt in traulichen Verfich 
er bie pie ur e, von Natur die igfeit liebe, niemar In febher Sie 
— verletzen wolle, Bi aber für die Kirche etwas Gutes zu vollbringen 25 


iſt bezeichnend, daß dieſer von alsbald 
baren R — und Strafakt ziwingenden Anlaß fand: an beiden Nepoten Papſt 
Pauls IV N hr ee a den Mn 
welche an den bei Pauls IV. Tode ee per iligt geweſen 
waren Poe Paul IV. oben ©. 44), volle Amneftie batte zu werben laſſen. 30 
D — in 0 Ehe Im De Wildtt vo — — yati iten 


er 





oehanfe um Oromug u Ka lieh ihm nicte übrig, cie me 
waltthätigen en Nepoten im Gewahrſam zu — Im Juni 1560 ließ der Papft beide 
und mit ibnen andere Samilienglieber es jollte reine % | 
die Wahl des Vorfigenden des ſpezi en Gerichtößofes, der unter Üben | 
= Ben ve er erben ee Kon ben 9 nämlich eines gef ——* indes 
zer ‚ Namens Ballantieri, deutete jchon ben an, Mit Herzog bon 
—5 das Ihre — er geſtand alle 
ein und gab auch Zeugnis egen feinen Bruder, den Kardinal. Umſtändlicher 1: 
Lorfahren gegen biejen: 24 Antlagepunfte — fie find mehrſach gedruckt, 
bier auf Mord . Teil: 
nabme an Docdanfclägen, — denen zwei ober drei unter ber unbedingten folution 


begriffen waren, welche Motu proprio vom 5. Juni 1555 zu feinen 
Gunſten erlaffen | tte (im Wortlaut bei Duruy ©. 349). Um ibn on ficher — 
ſetzte man *8 8 17. Artifel die Bei rege ein: suspeetus vehementer de hae- 


n beiben,. * Enb iſchof Garaffa bon —* betrifft, 
ni im — — Abt. Archivio Criminale, a. 1560, Ms 5358 
nebjt anderen zugehörigen Akten zuerft von Duruy a. a. D. bearbeitet worden. 5 
Ende Februar 1561 waren die Verböre und Verhandlungen beendigt. Am 3. März 
fam die Sache vor ein zu dem Ende berufenes Konfiftorium, in dem nad achtftündiger 
Debatte der Wortlaut ber Entſcheidung feitgeitellt wurde. rer verlangte —* 
ler ‚gegen den Herzog und gegen ben Kardinal. Daß bie 
micht in allen Teilen jtichhaltig fei, hoben die dem leßteren günftig ——— ei, — * 


— 


— 


10 


De 


in 


438 Pins IV, Papfi 


aber es blieb auch nach Abzug des Zweifelbaften noch genug übrig. Der Rapit ſagte 
nichts, aber er hatte fchon eine verfiegelte Ordre mitgebracht — es war das Tobdesurteil, 
wie die zahllofen von den Garaffa Gefchäbigten, ja in gewiſſem Umfange die öffentlide 
Meinung e8 verlangten. In der Nacht auf den 6. März wurde dem Herzog angezeigt, 
daß er fterben müfle und Fri bei Tagesanbrub fand auf dem Plage bei dem Gefäng: 
niſſe Tor di Nona nabe der Tiberbrüde die Hinrichtung ftatt. Zu gleicher Zeit führte 
man drüben den Kardinal aus der Engelöburg, um ihn zu erdroſſeln. Einige Jahre 
nachher, unter dem Pontifikate Pius’ V. wurde der Prozeß revidiert, Das Andenken de 
Brüder wieder bergeftellt und Die Beichlagnahme ihrer Befigungen aufgehoben un? — 
der Prokurator Pallantieri wurde zum Tode verurteilt. 

Wenn Pius IV. einem der ſchlimmſten Übel der Kurie, dem Nepotismus, in ber 
erbarmungslofen Verfolgung der Garaffa den legten Stoß hat verjegen mollen, jo it 
ihm das geglüdt. Wenigſtens in der Form, in welcher er nach ſelbſtändiger politiſche 
Macht in eigenen Kürftentümern trachtet und große Bewegungen um der eigenen }erien 
willen berborruft, verſchwindet von jetzt ab der Nepotismus — nur noch Befts und Ehren 
und insbefondere geijtlihe Würden und Pfründen wiſſen fich die Nepoten nach mie vor 
zu verfchaffen. Und wenn ein Nepote wie der auftritt, den Pius IV. ſelbſt fich zur Stüge 
und zum Berater beranzog -—-- nämlich fein Neffe Carlo Borromeo (ſ. d. A. Bdo IIIS. 333) — 
fo wird man fagen müflen, daß das eine neue, für den Papſt wertvolle und für Me 
ganze katholiſche Kirche fehr nüßliche Erfcheinung geweſen if. „Die Cigenjchaften de 
Neffen”, ſagt Ranke, Päpſte J, S. 210, 6. Aufl, „erjebten, was die Strenggefinnten an 
hen Oheim batten vermiffen können . . . geiftliche Gefchäfte wurden mit Eifer und nad 
ben Rückſichten der Kirche vollzogen, die Reformen fortgejegt. Der Bapft ermahnte öffentlich 
bie —6 zur Reſidenz ... die ernſten Tendenzen kirchlicher Geſinnung batten in Rom 
bus Übergetvicht bekommen“. 

Menn bie Hinrichtung der Caraffa auch nicht als eine direfte Konzeffion an Cfte: 
reich und Spanien gemeint war, jo erleichterte dieſes völlige Aufräumen mit den 8er: 
Irelern Der früberen Zeit Doch auch dem Papſte feine Stellung nad außen bin: ie 
lange ev das Ruder führte, bat er in guten Beziehungen zu Spanien und Deutichland ge: 
une fo wie zu Frankreich geftanden. Die von feinem Vorgänger beitrittene Kaiſerwabl 
Aerdinande vom 24. März 1558 bat Pius IV., nachdem er dies in der Kapitulation ba 
feiner eigenen Wabl batte verfprechen müſſen, alsbald anerkannt. Die ganze Politik bat 
er in richtiger Erlenntnis der Grforderniffe der Bett fo gerichtet, daß er nicht auf eigene 
Fauſt wie Raul IV., jondern in Anlehnung an die nun einmal bejtimmenden Mädte 

und Bao war im Italien Die Ipantiche --- dasjenige zu erreichen juchte, mas der Kırdı 
m borteilbafteften wäre. Für das legtere bewies er überhaupt einen Haren Blid. Wenn 
burch jeine Abſtinenz in der boben Politik die Yaft der Kriegskontributionen von der Bevölferung 
bes Kirchenſtaates genommen war, fo jollte Die günjtigere Yage nunmehr zu ftarfen fista: 
liſchen Erpreſſungen ausgenugt werden. Die Gefamteinfünfte des Kirchenftaates, welche 
ur Die Tepe Zeit Pauls IV. ſich auf nabe eine Million Scudi berechnen lafjen, erhöhte 
er im Dritten Jabre jenes Bontiftfates mit einemmal um 40 Prozent durch neue Steuern. 
Als Vorwand u jo aufßerordentlider Belaſtung diente die Geldausbilfe, die dem ran: 
zoſiſchen Hoſe gegen Die Hugenotten, ſowie der Betrag, welcher dem Kaiſer für den Türken: 
krien zu Leiten ſei, obwohl Davon ja nur ein Zehntel zu diefem Zivede daraufging (Broſch 
ud. S. 230 Und Daneben wurden jo viele Mege zur Ausbeutung der Bevölle 
rung neu erfunden, auch Die Steuerſchraube in speziell geiftlichen Dingen — Übertragung 
von Ztellen und Pfrunden, Feilbieten von Nardinaläbüten u. dgl. — wieder fo ange 
zogen, daß man Dem Lapite nachrechnen fonnte, während feines jechsjährigen Pontifilates 
ſeien ſechs Millionen Geldicudi su freier Dispoſition in feine Hand gefloffen. Aus jolden 
-zummen bat er denn auch jeine Nepoten reichlich bedacht, aber mehr ald Geld ode 
liegende Gründe ging ihnen nicht au. 

ZSeine wichtigſte Aktion für Die Kirche bleibt immer die Wiederaufnahme des Trienter 
Monzils, bei deſſen Fortfübrung denn auch Die politiichen Fragen cine gewiſſe Rolle fpielten. 
Zur Geſchichte Der legten. Phaſe Destelben vgl. den Art. Trienter Konzil. 

Fir Kurie konnte mit dem Ergebnis ebenſo zufrieden fein, wie Kaifer Ferdinand fich 
gettiuſcht ſah. Wenn aber er ſich weigerte, Die Beſchlüſſe des Konzils anzuertennen, mern 
hun franzöſiſche Parlament eine abwartende Stellung einnahm und auch Philipp II. die 
Ueſchlüſſe erſt Später und unter Vorbebalt aller Nechte der Krone verfündigen ließ: je 
but Doch Pius IV. den Sieg des Papalisınus über alle Gefahren die ibm drohten, eben 
much Das Konzil entſchieden ald er im Jahre 1564 die Befchlüffe veröffentlichen lich, 


4 Rins V., Rayft 


= = >», Ricderlande und fchidte Dem Herzen Alba ben geweibten Hut und 
” re = nn m Nom öftentlice Gebete für den Sieg der Spanier anertner. 
- 0,7” 2:7 Ensland iprad er Durch cine Bannbulle vom 27. Februar 157" 
- Deo. oz beruchtisten Bulle In coena Domini, welche T. im Jabre 1568 

- „rm zuascen ließ, hat man Den Ausdruck feiner innerften Überzeugung 


. . To: nicht bloß Des Kegerbaſſes, ſondern auch „des bewußt und vor 
2 2 er rm in Die Zouverinttätercchte Der Staaten, Die unter buchitablicha 
.. .. re p,.. zurven Kom aus regiert und beiteuert werden fonnen. Pius V 


>: „zum als die Saule Der Glaubensreinbeit, Die allen Herrichaften der 
- -- 307 ze aeberiam ſeien, einen Stuttzzpunkt biete, und ibn verſage, wenn 
2, armer Brei u. u. C. 2. 2378. 


- 0. rom hs, um den fein ganzes Sein ſich Drebt, Dart man Dabei mid: 
. .- = Tiefer rüdiichtelefe monchiſche Inauiſitor iſt zugleich — im rem: 
„ze mr cm ausnehmend frommer Menſch. „Er lebte auch als karir“ 


- 20.2.2981 nad ven Berichten der ®enettaner, „in der ganzen Streng 

nr: z made Me galten in vollem Umfange, unnachläßlich; er erlaubte hd 

>. pm gear oft las er, alle Tage borte er Meile, Doch ſorgte er dafız, 

TEL NG sangen ibn nicht an Den öffentlichen Geichaften binderten:; er biel 

>. ro dem Irubeiten war er auf ... Tas Glück einer inbrünftigen Andadı, 

W ranen mbriv und von der er mit der Überzeugung aufftand, er ia 

oz sn lm Ende gewäbrt. Tas Volt war bingeriſſen, wenn es im 

um in bariuß und obne Kopibedeckung, mir Dem reinen Ausdruck cine 

57 im Gricht, mit langem ſchneeweißem Yart — fie meinten, 

. ..,. fast babe cs nod niemals acacben” . .. 

“020 ozereee Verlonliekein, Die nichie fur fi, alles nur für Das Interep̃e 

4 Aꝛ:roritat erftrekic, aroßen Einfluß ubte, verſtebt man. Und doch — 

., .zr Varit war er, von der Volizik und ihren Berechnungen verſtand 

„ mie nur Me Velizik der Rekamriung und Niederwerfung der Unfirb: 

Se ses So drangate er m Nom und im Rirdenitaat auf ſtrengſte Sant: 

So NET, wie er je verirand. Wir verbieten jedem Arzt, Der zu einem 

za denielben lanzer als drei Taae zu beiuchen, falle ihm nicht De 
oa. y ymerilen mir (Bulle super gregem dominicum, Bull. IYV,>, 

x > sehen der Feinage und Iluchen ießte er ichwere Strafen feſt. Auch 

\ fm Sys Teme Meriemebasaiitr 3. B. in Der Feſtſetzung ſtrengſter 

So, ser and Marın, daßs er prarzamilsche Funktienen der Möncheprieiter 

. N Aupeesren ww, von der jedesmaligen Erlaubnis Des Bilde 


S Dan n Ifalten wunßten. daß aUes ber ibm u erreichen ivar, wem 
veerlimaswerte Men Au*ſruten und Beitreien der Ketzer, entgegen kam. 
wen pen Sertrea Coſtne ven Ilcren: ga Protonotar Carneſecchi (val. 
„2 N III tper Derreniien Inauiñtion ausliefern — er konnte 
Ns wser NE at Bomubuss, Nele Bode Das Veben zu retten, BT: 
d. [omg Nsukbromm ANETTE I Sand Die andere, indem der 
N N. pH DT Sr og Jeuro mi Angeklagten beladen nad Rem 
INN moin mia inflm Nad na dorthin ſchickte, um der 
te ME Verſeren 4 SLIDUTT STD Nele Opfer zuzuführen (vgl. Bd IX 
N ati II hereten Ln rar ssieniibem Yeben Strenge gegen den 
> [im was MIONEIT Vorder) wor fün Mann — To bat Carlo 
nV Im Emo mim gnadzen em er unter Der Herrſchaft jene 

\ Vans .ın 
u nam u: SEES TSSINTOSITN ach einmal den Weg zu weiſen, 


| omas titten, hansise fm 2 NIZ ise ewinge en könne. Zmeifelles 


Na Ne Nemsmthiie Do Vası a Te maren im Kortichreiten; „Ihre 

es fat "ann ödetn ToQmyDTRSTIIE N . ermitlich jie eine Eroberung 
N fee TO NLTODNSTSNT vz Ungam und Griechenland aus 
NN le nt tt Neu VON Er. ssen Kuren dieſe Gefabr endlich 
DER ER : 22 Sprimzmmzmogaut Der einen, Den Spaniem 
| Says Si NN an . Zr dam es au dem glüdlictten 
2 N. mis Su N, ginn ssäirer ıNanfea. a. 0. S. 2B.. 
Tele x “72 ze Seme V. Er tit von Elemens XI. 


442 Pins VL, Papft 


— in er in ben geiftlihen Stand trat. Als nun ber —— 
o von Ferrara die Stelle eines Auditors bekleidete 
om il ee, folgte ihm Braschi balo babin nahe m 
ihe feinem Berufe untreu geworben. — um Die 
5 Nomen dung und —— einer —— * ten, De 








ee — ven F enebikts XIV. Cinen Bench. 


iefer d ee Bang Kanonikus Ba —— 
15 es Bons, das Proteftorat des allmädı — —— 
ihm 1766 zu der einflußreichen Stellung sine 
verhalf, Dies Amt bat er mit einer ſolchen —— und — ſo olchen ifer 
gefuͤhrt, daß er der Gegenſtand der Zucht und bes Haffes ir der dom Jet te | 
zehrenden Schmaroger wurde. Die Einflußreicheren unter feinen Gegnern wußten 
— — — auf feine andere Weiſe aus feiner Stellung b aus prängen, 
indem fie bei Clemens XIV. feine Kreation zum Kardinal betrieben. Hätte der Papf 
die Abfichten feiner Ratgeber durchſchaut, er hätte nicht 1773 feinen — Schatzmeiſte 
zum inalprieſter von S. Onofrio ernannt. Übrigens ſcheint ſich das Verhältnis 
zwiſchen Clemens XIV. und dem Kardinal Braschi nicht gerade auf das Freundlichfte ge N ſtalte 
25 zu haben. Wir erfahren, daß das ein einzige Wort, — jener zu * eit der Kardinal 
romotion rochen, in der im Koͤnſif ftorium Rardinäle ausgeftoßenen, 
eußerung beitand: „ich twill Thaten, feine arten "Rie das fpätere Pontifika 
* o war der Kardinal Braschi ein Gegner der von Clemens q 
eführten Aufhebung des Sefuitenordens und daher eine dem‘ b 
0 Berfönt feit. Aus Diefer Verftimmung Clemens’ XIV. g — von Si 
frio erklärt es ſich wohl auch, daß diefem zur Beftreitung der oben fire 
lichen —— erwachſenden Ausgaben allein die im ganzen * * Einnabme 
abwerfende Abtei Subtaco verleihen wurde. Es läßt ſich nicht ermitteln, 2 dem 
Sei verbreiteten Gerüchte, der durch einnehmendes Weſen und Schönheit ausgezeichnet 
35 Kardinal unterhalte ein Verhältnis mit Madama Falconiert, I Ihatfächliches 
— liegt; übrigens fagte man ihm noch jchlimmeres nad); das Urteil je 
nach dem Tode Glemens’ XIV, gegen die Wahl Basis 
vr it Geſandte Almada über ihn fällte, ex fer ein Müftlin 
een verdient als das eines Gegners faum eine Beachtung. Im im { 
five zu K geben, waren die Negierungen von Spanien, ‘Portugal und Frankreich 
halb getwillt, weil er als ein Freund der Jeſuiten befannt war. Als die 3 va 
24. und 25. Dezember 1774 im Konklave auf Braschi ihr Augenmerk richteten, jtießen 
fie daher zunächft auf auf den Miderftand der Gejandten ee drei ei Mächte. Da es ſich aber 
ehe daß eine Verfönlichkeit, * in ben Bahnen Clemens’ XIV. zu — abieh, ief 
















45 ſchwerlich die notwendige Anzahl von Stimmen auf fid) vereinigen werbe, 
ee en Negierungen ihren Widerſpruch fallen, wie es ſcheint auch infolge 
igenden Nachrichten, die fie über die Stellung Braschis zu der Jeſuitenfrage 
Jedenfalls durfte derjelbe als einer der gemäßigteren Gegner der Ganganelliſche 
politif gelten. Daß endlih am 15. Februar 1775 nad einem über bier 
so venden Konklave Braschi als Pius VI. den Stuhl Petri beitieg, fonn 
Forſchung berausgeftellt bat, der Kardinal Conti als die Frucht feiner € hemühun 
anſehen; die Nachricht, daß der Kardinal von S. Onofrio der 3 fe wurde von 
den Nömern kühl aufgenommen, eine Stimme aus dem Volke bemerkte: —— sub 
Sextis perdita Roma fuit“, ein Wort, welches an dem Pontifilat Teines 
55 fo in Erfüllung gegangen ift, wie an dein Pius VI, der die völlige Auflöfung 
Kirchenſtaates erleben jollte. Hatten ibm die Belanti ihre Stimmen —* der Hoffn 
gegeben, er werde gleidy nach Antritt feines Pontifikats Anftalten derl 
Jeſuitenordens —* ſo ſahen ſie ſich in in Erwartun al! 


apft den Schein, als liege ihm viel daran, den Prozeß * I * 
60 — ſeiner Entſcheidung entgegenzuführen, thatſächlich war er din bu das 







lı 





IIE7] 1 


ic 





444 Pins VI, Papit 


päpftlichen Breves vom 22. September und ber Allofution vom 25. Tezember 1718 
brachte. Wer in diefer Tragödie oder foll man beſſer fagen Komödie die Häglichtte Rolle 
gelpielt hat, ob der Erzeuger des Planes, Pius VI., oder der Vermittler des Gefchäfts, 
der Rurfürft von Trier, oder der fich zum millenlofen Werkzeug des Truges bergebente 

5 Hontheim, wird ſchwer zu entjcheiden fein; die größte Verfchuldung trifft aber jedenfalls 
den, der am bödhften ftebt und die heiligite Verpflichtung zur vollen Wahrheit bat, den 
„Stellvertreter Ghrijti”, der nun noch den faft Achtzigjährigen zu der Erklärung in den 
„Goblenzer Jntelligenzblättern” zwang, fein Widerruf jei ein freiwilliger geweſen (ebd. 
Nr. 28 vom Jahre 1780). 

10 Toh nun erbob ſich ein Gewaltigerer als Hontheim zum Kampfe gegen Rom, Katjer 
Joſeph II, der im Jahre 1780 Alleinberrfcher geworden war. Inden er die im Febro—⸗ 
nius niedergelegten Grundſätze zur Nichtfchnur feines Handelns nabm, ſcheute er ſich nicht, 
Die legten Konfequenzen aus denfelben zu ziehen und fie dann auch rüdfichtslos als ab: 
joluter Herrfcber zur Ausführung zu bringen; fo ward er der der Kurie gefährlidhite Re: 

15 formater unter den der Aufflärung buldigenden SHerrfchern des 18. Jahrhunderts. 

Daß der Jofepbinismus (ſ. d. U. Joſeph II. Bd IX S. 365 ff.) — unter diefem Namen 
dürfen wir den Cyklus von Reformerlaſſen Joſephs II. zufammenfaflen — von Pius VI. 
in feiner eminenten Bedeutung für das Verhältnis der fatbolifchen Kirche zum Staate richtig 
gewürdigt tvorden tft, darüber fann fein Zweifel beiteben. Daß aber der Papft gegen den 

20 Kaiſer nicht mit der Schärfe eines Gregor VII. vorging, wie die Zelanti es wünſchten, 
mag durch die Hoffnung bedingt geweſen fein, Joſeph II., den er, wie er meinte, durd 
die Weigerung, Seelenmeſſen in der püpftlichen Kapelle für feine verjtorbene Mutter leſen 
zu lafjen, aufs Tiefſte gekränkt babe, vielleicht Doch noch durch einige Zugeſtändniſſe zu 
verſöhnen. Zo erklärt es fich, daß Pius VI. dem kaiſerlichen Erlaß vom 24. März 1781, 

25 vermöge deſſen alle Ordensgeiftliche der öſterreichiſchen Monarchie der Oberaufſicht ibrer 
auswärtigen Urdensgenerale entzogen wurden, nicht nur nicht entgegentrat, ſondern viel: 
mehr im September 1781 die Regulargeiftlichleit von dem Gelübde des Gehorſams gegen 
ihre Ordensvorſteher entband, ja ſogar im Oktober dieſes Jahres in einem Breve an bie 
Öfterreichtichen Bischöfe dieſe vom Kaiſer vollzogene Auflöfung des Ordensverbandes ald 

so eine den Slirchengejegen nicht zumwiderlaufende Konfequenz aus den Majeftätsrechten der 
weltlichen Monarchen beurteilte. Nachdem nun der yäpftliche Nuntius in Wien, Garampı, 
fich für fein Promemoria vom 12. Dezember 1781, welches den Kaiſer über feine Rechte 
belehren wollte, eine fehr derbe Abfertigung des Minifterd Kaunig zugezogen, und als er 
diefelbe zu beantworten gewagt, den fatferlichen Befcheid erhalten hatte, Daß jede weitere 

35 fchriftliche Behandlung dieſer Angelegenheit vom Übel fei, jo glaubte Pius VI. einen 
ſchon längft gefaßten Beſchluß — - trog des Widerſpruchs feiner Kardinäle — zur Aus 
führung bringen zu müſſen. Bereits am 15. Dezember 1781 batte er Sofepb II ange 
dest, daß er perfünlich mit ibm „wie ein Vater mit dem Sohne“ über die firchlichen 
Neuerungen verhandeln wolle. Gewiß darf man es als cin Zeichen der Demut de 

40 Nachfolgers Petri anfeben, daß er, obwohl der Kaifer ihm am 11. Januar 1782 zu 
wiſſen gegeben, daß nichts im ſtande fein werde, ihn zur Anderung, gejchweige denn zur 
Zurüdnabme feiner Maßregeln zu betvegen, am 27. Februar d. J. feine Reife nach Wien 
antrat, nachdem er noch in der Wacht vorber inbrünftig um den Segen des Npoftelfürften 
am Grabe desfelben geflebt und am Morgen der Abreife die Meffe in der Peterslirche 

45 gebört. Ihn geleitete in Die Kaiſerſtadt Die fichere Hoffnung, durch Die ihm eignende, un: 
widerftehliche Yiebenswürdigfeit feines Auftretens das Gemüt Joſephs II. zu erweichen. 
Während feines Aufentbaltes in Wien wurde Pius VI. vom Kaiſer auf aufmerhſamſte 
bebandelt —- nicht jo vom Staatskanzler Kaunig, der Die geforderte Etikette gröblich ver: 
legte -, vom Volke in feiner Mehrzahl mit tieffter Tevotion empfangen; der Zudrang zu 

co feinem Zegen, den er mit wunderbarer Würde und der vollen Weihe eines Stellvertreter 
Gottes zu erteilen wußte, war eben jo groß wie zum Hand: und Fußkuß; doch der Verſuch, 
den Kaiſer und feinen erſten Miniſter umzuſtimmen, war vergeblich. Joſeph II. fchreibt 
feinem Bruder, dem Großherzog Yeopold I. von Toscana, daß ihm die drei Stunden 
täglich, Die er auf die Konferenzen mit dem Papſte verwandt babe, ftet3 fehr langſam 

65 verfloffen ferien. Geringfügig waren die Zugeſtändniſſe Des öfterreichifchen Reformators 
an feinen Saft, fie Dejtanden in der den Urdensprovinzialen erteilten Erlaubnis, dem 
Urdensgeneral ibre Wahl anzuzeigen, ſowie in einem Akte der Courtotfie gegen Pius VI, 
Dem er - - ohne Doch dieſes Vorrecht auf Die Nachfolger des Papſtes zu erftreden — die 
von ibn bisher für fich felbft beanfpruchte Bejegung der Bistümer und Benefizten in der 

vo Yombardei überließ. In allen übrigen Stüden bat Joſeph IL, wie ſein Edikt vom 





446 Bins VI., Papſt 


haben. Daß er aber feit feinem Aufenthalte in Rom feine kirchlichen Refornpläne meh 
zurüdgeftellt, nad) einer Ausföhnung mit dem Papfte um den Preis von Zugeſtändniſſen 
geitrebt habe, it wohl behauptet, aber nicht bewieſen worden. Jetzt gerade mifchte ſich 
der Kaifer in verftärktem Maße in die innerjten Angelegenheiten der Kirche. So be 
5 ſchränkte er am 28. April 178-4 den Reliquiendienft, jo fteuerte er dur ein Dekret vom 
21. März; 1784 den Wallfabrten, durch ein anderes vom 6. Juli 1785 den Prozefftonen. 
Er befiehlt, die Nebenaltäre aus den Kirchen zu entfernen (17. Januar 1785), fchafft das 
Singen der Evangelien bei Bittgängen ab (3. Oktober 1785) und verordnet, daß alle 
ottesdienftlichen Handlungen in der Yandesiprache verrichtet werden (21. Februar 1786). 
aß Sofeph IT. nicht an einen Rückzug dachte, beweiſt vor allem jein Verhalten gegen: 
über den Beichlüflen des Emſer Kongreſſes (1. d. A. Bd V ©.312 ff.), der die Stellung 
der deutichen Erzbifchöfe zu Rom im Geifte Hontheims regeln wollte. Schon als die 
Erzbifchöfe von Köln, Mainz, Trier und Salzburg vergeblid Pius VI. gebeten Batten, 
den für die neue Münchner Nuntiatur bejtinnmten Gejandten nur als päpftlichen Bevoll- 
ı5 mächtigten beim furfürftlichen Hofe zu beglaubigen, nicht aber mit — ihre erzbifchöflichen 
Rechte beeinträchtigenden — — Fakultäten auszuſtatten, hatte der Kaiſer auf eine 
bon den Enbifchöfen von Mainz und Salzburg angebrachte Klage den vier Kirchenfüriten 
am 12. Oftober 1785 gefchrieben, er wolle dem Papſte . und deſſen Nuntien gegemüher 
nicht bloß die beftehenden Rechte der Biſchöfe aufrecht erhalten, fondern auch die ihnen 
20 entrifjenen alten Nechte zurüdzugewinnen ſuchen. Auf die ihm alsdann mit der Bitte 
um „reichsoberhauptliche Einfchreitung und Verwendung bei dem römifchen Hofe“ über⸗ 
ſandte Emfer Punktation vom 25. Auguft 1786 (vgl. Bd V ©. 344ff.), ın der je 
bier Erzbifchöfe fühn ihre fett der Geltung der pſeudoiſidoriſchen Defretalen abbanten 
gekommene Kirhengewalt von Pius VI. — aber nur für fi, nicht zugleich für ibre 
25 Suffragane —- zurüdforderten, erwiderte Joſeph II., fie könnten auf feine „vollftändige 
Mitwirkung und Handhabung nad) dem ganzen Umfange des reichdgrundgefeglichen Kirchen: 
ſchutzes“ rechnen. Eine noch entjchiedenere Warteinahme für die vom Entfer Kongreß auf 
eitellten Forderungen konnte vom Kaiſer kaum erivartet werden, weil in der Emier 
Wunktation die Machtbefugnis der Erzbifchöfe zur Abjtellung der Mißbräuche jo fchuf 
0 hervorgehoben worden war, daß der Anſpruch Joſephs II., felbft die yritintive zu einer 
Kirchenreform zu ergreifen, dabei nicht mehr zu feinem Rechte kam. Übrigens mußte bie 
gegen Pius VI. gerichtete erzbifchöfliche Oppoſition noch einmal ihren Rückhalt beim Kaiſer 
ſuchen, als die bei der Kurie angebrachte Beichtverde des Kurfürften von Köln über das 
Benehmen des dortigen Nuntius Pacca (f. d. A. Bd XIV ©. 546.) feinen anderen Erfolg 
35 aufzuweiſen hatte, ald den, dag Pius VI. am 20. Januar 1787 in einem zu einer Ab 
bandlung anwachſenden Breve den Nachweis zu liefern fuchte, daß das Tridentiner Konzil 
allein dem Papſte das Dispenfationsreht in Matrimonialfachen zugefchrieben, ſowie daß 
der Stuhl Petri fett 1400 Jahren ganz nach feinem Gutdünfen Xegaten abgejandt 
habe. Auf eine ihm im Februar 1787 eingereichte erzbifchöfliche Beſchwerdeſchrift, die 
40 ſich ſowohl gegen Pacca als gegen den Münchener Nuntius Zoglio wandte, antwortete 
Ssofeph II. mit einer Aufbebung der Maßnahmen des Erfteren und mit der an den fur: 
fürften von der Pfalz gerichteten Aufforderung, den Zoglio nicht als Nuntius in feinem 
Lande zuzulaſſen. 
Nicht allein die Bundesgenoſſenſchaft der deutichen Biſchöfe, die Pius VI. um fo 
45 leichter gewann, als diefe lieber von dem in Rom refidierenden Papſte als von ihren 
aus nächſter Nähe fie beauffichtigenden Erzbifchöfen abhängig fein wollten, verhalf der 
Kurie zum Siege über die renitenten Kirchenfürſten; derjelbe warb dadurch erleichtert, 
daß einer der Streiter für die deutfche Nationalfirche, der Erzbifhof von Mainz, ins 
päpftliche Lager überging. Diefer war am 18. Uftober 1785 dem von Friedrich II. von 
so Preußen geftifteten antifatferlichen Kurfürftenbunde beigetreten. Damit nun Mainz dem: 
jelben auch nach dem Tode Des gegenwärtigen Kurfürſten erhalten bleibe, überredete 
König Friedrich Wilhelm IL von Preußen den Mainzer Erzbifchof, fih einen Koadjutor zu 
wählen, der die von ihm befolgte Politik weiterzufübren ſich anheiſchig mache. Der für dieſe 
Würde in VBorfchlag gebrachte Statthalter von Erfurt, Dalberg, fonnte aber nur dam 
55 auf Die päpftliche Betätigung rechnen, wenn fi der Erzbifchof von Mainz von der 
Emſer Punktation losjagte und in Bezug auf alle Disziplinarangelegenheiten gelobte, ſich 
nicht vom Status quo entfernen zu wollen. Als dieſer ſich bereit zeigte, Die päpſtliche 
Forderung zu acceptieren, war damit das Schickſal der Emſer Punktation ſchon entſchieden. 
Da nun auch der Regenburger Reichstag von 1788 nichts zur Aufrechthaltung der Emſer 
co Beſchlüſſe thun wollte, wandte ſich zuerſt der Mainzer Erzbifchof (am 1. Dezember 1788), 


10 


448 Pins VI, Bayit 


darauf gab ihm 1784 Pius VI. zu willen, daß er, indem er fih an feinen Landesberm 
um Abhilfe gewandt, Grundſätze verraten babe, die nie die päpftlihe Billigung erlangen 
fönnten. Über den dem Bifchof von Piſtoja und Prato erteilten Verweis vom Grof 
herzog zu Rede geftellt, erklärte der eingefchüchterte Papſt, daß er an Ricci nichts anderes 
5 zu tadeln finde, als daß er „ein Argernid, das man binter den Kloſtermauern ohne Ge 
räuſch bätte abthun fönnen, an den hellen Tag gebracht habe”, ja noch mehr, Pius VI. 
verficherte in einen: Breve dem Bilchof, daß er für ihn die zärtlichfte Freundfchaft empfinde. 
Den Fehler Joſephs II., die kirchlichen Neuerungen obne Mitwirkung feiner Landes 
bifchöfe durchzuführen, beging Xeopold von Toscana nidt. Am 26. Januar 1786 erging 
10 ein Zirkularfchreiben des Großberzogs, welches in 57 Artikeln einen eingehenden Reform: 
entwurf enthielt, der die verjchiedeniten Punkte der Stirchenvertwaltung und Kirchendisziplin 
umfaßte, wie 3.3. die Einberufung der Diöcefanfonoden, der Verbeflerung der Breviere 
und Meßbücher, die Erteilung der Saframente in den LYandesiprachen, die Zurüderftattung 
der von den Päpften den Bifchöfen entrijjenen Rechte, die Herftellung einer gleichförmigen 
15 und guten Methode in den geiltlichen Studien, die Ausfcheidung verbächtiger Reliquien, 
die Abftellung aller Pracht in den Kirchen, die Verminderung der Prozeſſionen, ſowie 
eine Zufammenitellung tbeologifcher Werke und Erbauungsichriften, aus der die Geiſtlich⸗ 
feit ihre religiöfe und wiſſenſchaftliche Nahrung fchöpfen follte u. |. w. Über dieſen Plan 
wurde der hohe Klerus aufgefordert, Gutachten einzuliefern; von den 18 eingereichten 
20 waren 10 entichieden gegen jede tiefer eingreifende Neuerung, unter Letzteren die Gut 
achten der drei Erzbifchöfe von Florenz, Pifa und Siena; ein Biſchof gab ein ſchwanken⸗ 
des Urteil ab, 7 Biichöfe ſtimmten den meiften Anderungen zu, unter dieſen feiner fe 
entichieden, wie Nice. Es ift befannt, daß Xebterer fofert auf einer vom 18. bis 
zum 28. September 1786 zu Piſtoja abgebaltenen Synode eine weitgehende Kirchen⸗ 
25 reform unter Anlehnung an die Beichlüffe des Utrechter Provinziallonzils von 1763 
ſowie der Deflaration der gallifanischen Kirche von 1682 in Gemeinjchaft mit mehr 
ale 200 Geijtlichen jeiner Diöcefe beſchloß. Obwohl Leopold I. die der Neform feind- 
lihe Gefinnung der Mebrzahl feiner Yandesbifchöfe Fannte, fo berief er fie Doch zu einem 
Nativnalkonzil; dasjelbe hat in den 19 Sigungen, die es vom 23. April bis zum 6. uni 
50 1787 bielt, faft gegen fämtliche Reformvorſchläge Widerſpruch erhoben. Da nun 
Leopold I. trogdem an bdenfelben feithielt, fo wurde fein Verhältnis zu Pius VI. an 
immer gefpannteres; als Schließlich der Bapft dem von der Negierung ernannten Biſchof 
von Pontremoli die Beltätigung verweigerte, hat der Großherzog 1788 feinen Geſandten 
von Nom abgerufen. Bon dieſem bejonnenen und darum gefährlichen Gegner wurde 
35 die Kurie befreit, als Leopold den kaiſerlichen Thron beſtieg; fein Nachfolger in Toscana, 
Ferdinand III., war nicht gewillt, den kühnen Ricci zu unterſtützen; von ſeinen biſchöf—⸗ 
lichen Kollegen und von den Volke angefeindet, legte diefer feine Würde nieder. Indem 
nun Pius VI. in einer Bulle vom 28. Auguſt 1794 nicht weniger als 85 Sätze der 
Synode von Piſtoja verdammte, verurteilte er damit zugleich die ganze Kirchenreformation 
40 Joſephs II. und Leopolds II.; da war es nicht zu verwundern, daß der damalige Kaiſer 
tanz IT. die Publikation dieſes das Andenken feines Onkels mie ſeines Vaters verun⸗ 
glimpfenden Schriftſtücks in den öſterreichiſchen Landen unterſagte. 
Was das Verhältnis Pius' VI. zu den übrigen katholiſchen Staaten anlangt, ſo 
unterhielt er mit Marl III. von Spanien nach dem Sturze des Miniſters Aranda die 
45 freundichaftlichften Beziehungen. 1781 getwäbrte er ibm das Hecht, im Kriege mit Groß 
britannien den jpanifchen Nlerus hoch zu befteuern; ja ihm wurde geftattet, nach feinem 
Belieben Nlöfter aufzubeben, Mißbräuche abzujchaffen, Die Wallfahrten zu befchränten. 
Ev bat denn Karl III., der fih an den Reformen Joſephs II. auf kirchlichem Gebiete 
em Beiſpiel nahm und Die bezüglichen Geſetze des Kaiſers fogar ind Spanifche über: 
50 tragen lieh, Die Nloftergeiftlichfeit der bifchorlichen Autorität unterworfen, das Verbältnie 
der ſpaniſchen Erden zu ibren auswärtigen Generalen gelöft und die Einfünfte eingezogener 
Kloftergüter zu weltlichen Sweden verwandt. 
Auf feinem Yande mag Das Auge Pius’ VI. mit ſolchem Wohlgefallen gerubt baben, 
wie auf Portugal, wo bald nach dem Tode des Königs Joſeph (1777) Donna Manual 
65 alle kirchlichen Anordnungen des Miniſters Pombal wieder umitieß, dem  päpftlichen 
Nuntius Die vor Pombals Tagen eingenommene Stellung zurüdgab, die abgeichafften 
kirchlichen ‚yeittage, Die eingegangenen Bruderichaften wieder beritellte. Erſt 1787 ſuchte 
man in Portugal dem unaufbaltfamen Eindringen römifchen Geifted einen Damm zu 
fegen, indem man die Bücherzenfur dem Inquiſitionsgericht und dem päpftlichen Nuntius 
so entzog, jie weltlichen Händen überwies. 


450 Pins VI, Papft 


genötigt fab, feine Unterjchrift unter die Givillonftitution zu fegen. Ein Dekret der 
Nationalverfanmlung vom 27. November dieſes Jahres verordnete, Daß alle Geiftlice 
fih eidlih zur Befolgung der Givilkonftitution zu verpflichten haben, widrigenfalls jte mit 
Amtsentjegung, Entziebung ihrer Einkünfte und Verluſt der ftaatsbürgerlichen Rechte be 

s Straft werden würden. Über 50000 Pfarrer und mehr als 130 Erzbilchöfe und Biſchöfe 
veriweigerten den Eid. Der durch das entfchiedene Benehmen des franzöjtichen Klerus 
ermutigte Pius VI. faßte am 13. April 1791 einen fühnen Entſchluß. Er verdammte bie 
in der Givillonftitution enthaltenen Neuerungen, drobte zugleich den vereidigten Prieſtem 
mit der Zuspenfion. Auf diefe Kriegserflärung des Papftes antwortete am 4. Mai das 
10 Volk mit Verbrennung einer den Papſt darjtellenden Puppe und des Breves, ſowie am 
14. September 1791 die Nattonalverfammlung mit der Einverleibung der püpftlichen Ge 
biete von Avignon und Venaiſſin in Frankreich; des Papſtes Proteſt vom 5. November 
1791 gegen diefe Beraubung verballte wirfungelog. Und das Schreiben Pius’ VI. vom 
19. Mär; 1792, in melden er die Standhaftigfeit der eidweigernden Briefter belobte, 
15 führte nur zu bärterer Bebandlung diefer todesmutigen Schar. Nah der ſchauder 
erregenden Niedermeßelung von c. 300 unpereidigten Prieftern in Parıs (September 17%) 
jorgte der Papſt unermüdlich für Die Unterbringung der c. 40000 deportierten Geiſtlichen; 
2900 derjelben nahm er jelbit im Kirchenjtaate auf. Als im Januar 1793 Pius VL 
dem franzöſiſchen Konſul die Befejtigung der Abzeichen der Republif an feiner Wohnung 
2 und an der franzöfifchen Akademie unterfagte, jab Frankreich in diefem Verbote eine 
Beleidigung; der erregte Pöbel Roms bewarf den Wagen des franzöfifchen Vertreters 
mit Kot und Steinen und der Geſandtſchaftsſekretär Bafleville erlag der Mut der toben 
den Menge, ein päpitlicer Soldat batte ibm eine tiefe Wunde beigebracht, an ber a 
ftarb. Für diefen Mord verlangte die Republif vom Papfte eine andere Genugtbuung 
als Die, welche er Damit anbot, daß er die That perhorrescierte. Ein politischer Febler 
Pius' VI. war es, daß auch er, als die erſte große Koalition Frankreich bedrohte, ein 
Heer von 12000 Mann ausrüftete; dadurch gab er dem fiegreichen General Bonapart 
noch eine weitere Beranlaffung, 1796 gegen Non vorzurüden. Der Papſt verjuchte & 
mit Unterbandlungen ; fie führten am 23. Juni 1796 zum Waffenftillftande von Bologna, 
3) der der Kurie Die Yegationen von Bologna und Ferrara, die Gitadelle von Ancona, 
21 Mill. France, 500 wertvolle Handjchriften und 100 Kunſtwerke Toftete. Als Pius VI. 
die eingegangenen Bedingungen nicht erfüllte, fich wieder an ſterreich anfchloß, da erließ 
Bonaparte eine neue Mriegserflärung gegen Nom; das päpftliche Heer letjtete den Fran 
zojen feinen Widerftand; der am 19. Februar 1797 zu Tolentino gefchloffene Friede legte 
5 dem Papſte febr barte Bedingungen auf: die Verzichtleiitung auf Apignon und Venaiſſin, 
Die definitive Lebergabe der Yegationen von Bologna und Ferrara nebjt der Nomagna an 
Frankreich und die Auszablung von weiteren 15 Millionen Franes. Der Auftrag, de 
der franzöfifche Gefandte in Rom, Joſeph Bonaparte, vom Direktorium in Paris erbalten 
hatte, etwaige Neigungen der Römer zur Abfchüttelung der päpftlichen Herrſchaft zu be 
günftigen, trug jene ſchlimmen Früchte, als am 28. Dezeniber 1797 e. 300 römiſche 
Republilaner einen Tumult anrichteten und der franzöfifche General Dupbot, ber, mit 
es jcheint, ſich an ihre Spitze geitellt, von der Kugel eines päpſtlichen Soldaten getroffen, 
tot zu Boden ſank; der franzöfifche Geſandte nahm jeinen Paß und verließ Rom. — 
Eden am 10. Februar 1798 ſtand der mit der Beltrafung vom Direktorium betraut 
General Bertbier vor den Mauern Noms; die Thore der Stadt murden ibm am 
13. ‚gebruar geöffnet. Zwei Tage Ipäter verfündeten ce. 300 Römer, daß die Papit 
berrichbaft gefallen, Die Republik aufgerichtet fer; Die Anerfennung ward derjelben vom 
General Bertbier jofort zu teil, von Pius VI. verfagte. Den Morgen des 20. $yebrum 
wurde Diefer als Gefangener von Nom nac Siena, dann von Siena weiter nad Florenz 
geführt. Tod auch bier fand der franfe Greis feine Ruhe; er warb über die Alpe 
nach ‚ranfreich gebracht, am 11. Auli kam er in Walence im Dauphinse an. Scen 
wollte man ibn nach Dijon transportieren, als er am 29. Auguſt 1799 in Balence ftarb. 
An Pius VI. bewundern wir vor allem die Bejonnenbeit, mit der er in den vice, 

jein Pontifikat ausfüllenden Streitigkeiten vor jedem entfcheidenden Schritte Die ibm zu 
Gebote ftebenden Düttel und die ſich ibm eröffnenden Ausfichten auf Turchführung des 
Unternehmens in jeinem Geiſte erwog; Dadurch ward er befähigt, in Betten der größten 
Gefahr mit Würde Unbaltbares aufzugeben und mit Feſtigkeit die ihm als unveräußerlich 
geltenden Mechte der Kurie zu behaupten. Mögen aud die Urteile weit auseinandergeben 
über die kirchenpolitiſchen Beltrebungen Des Papſtes aus dem Haufe Braschi, — in emem 
eo ſtimmen jie überein, in der Anerkennung der Verdienſte, die er ſich um die Kunit durch 


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452 Pins VII, Papfl 


und Cirfumffriptionsbullen” ; außerdem vergl. die bei ben Artiteln „eich“ Bd VI, 152, „Barca 
Bd XIV, 546, „Revolution (franzöfiiche)" und „Ricci (Scipio)“ angegebene Yitteratur. 
Barnaba Yuigi Cbiaramonti war -— wie Pius VI. — in Ceſena geboren und zwar 
als Sohn des Grafen Scipione Chiaramonti und der Gräfin Ghint. Tas Yicht der Wet 
5 erblidte er anı 14. Auguft 17-40 und nicht, wie die Mehrzahl feiner Biograpben angiekt, 
am 14. Auguſt des Jahres 1742. Ten erften Unterricht erbielt er zu Ravenna und trau 
dann, 16 Sabre alt, in den Benediktinerorden. Daß Chiaramonti den Eintritt in die 
unfern von Gefena gelegene Benediltinerabtei Santa Maria del Monte begebrte, geſchah 
wohl unter dem Einfluffe feiner frommmen Mutter, die fpäter felbjt den Schleier in einem 
10 Kloſter der Karmeliterinnen zu Fano genommen bat. Sie joll ihrem Sohne Bamabı 
einit, wie Diefer als Pius VII. ſelbſt erzäblt bat, feine Erhebung auf den Stuhl Pen, 
aber auch die Yeiden, die über ihn als Papit ergeben würden, vorausgejfagt babe. 
Nachdem Gregor -- fo nannte fih Chiaramonti im Kloſter — feine philoſophiſchen und 
theologifchen Studien mit einer Tisputation befchloffen batte, in der er unter anderem den 
15 Sag verteidigte, daß auch die Töchter Evas einen Platz im Himmel erbalten fünnten, 
wurde er Yebrer an dem Kollegium feines Ordens, zuerft in Parma, dann in Rom. 
Pius VI, der mit dem Haufe der Chiaramonti_verrvandt war, beivies ihm dadurch zum 
eritenmale fein Woblwollen, daß er ibm den Titel eines Abtes des Benediktinerkloſters 
von San Galliito verlieh, wodurch Chiaramonti das Recht erhielt, Mitra und Ring zu 
20 tragen. Der Neid einiger Kloſterinſaſſen ward aber bierdurch erregt, er verleitete fie, den 
Bruder Gregor bei dem Papſte wegen Unfolgjamfeit gegen die Befehle der Oberen wu 
verklagen. Als es ſich jedoch berausitellte, daß fih der Titularabt von San Galliito mır 
der Anwendung allzubarter Strafen gegen Urdensmitglieder widerſetzt batte, ſtieg derſelbe 
in der Gunſt Pius VI., der den pflichteifrigen Chiaramonti, um ihn den unaufbörliden 
35 Anfeindungen jeiner Ktlofterbrüder zu entziehen, zum Biſchof von Tivoli erbob. Am 
14. Februar 1785 nahm ibn Pius VI. in die Zahl der Karbinäle auf, nachdem er das 
Bistum Tivoli mit dem von Imola vertauſcht hatte; diefe dein Barnaba Cbiaramonti 
zu teil gewordene Auszeichnung war nicht etwa cin Alt des päpitlichen Nepotismus, fon: 
dern die Belohnung zahlreicher Werdienite, die ſich der Biſchof von Tivoli um feine Did⸗ 
30 ceje erivorben. Als ſich die Franzoſen 1797 Imola näberten, ermahnte der Biſchof feine 
Tiöcefanen, den Feinden feinen unnützen Widerftand entgegenzufegen. Trotzdem brad 
ein Aufſtand in der Stadt Yugo aus; Chiaramonti war es, der den Empörern Rettung 
brachte, indem er den General Augereau durch einen Fußfall bewog, der Plünderung de 
Ortes em Ziel zu ſetzen. Es jcheint faft, ale ob der Biſchof von Imola ſich mit ir 
> Demofratifcben Regierung der cisalpinifchen Republik ausgejöbnt babe, bielt er doch zu 
Weihnachten 1797 eine Predigt, in der er ausdrüdlich erklärte, daß die republifaniide 
Berfaflungsform in feinem Widerſpruch zur fatboliichen Religion jtebe, wielmebr diejelben 
Tugenden verlange, die man völlig nur in der Schule Ehriftt lerne; die Worte „merdet 
ganze Chriſten, aladanı werdet ihr auch vorzüglide Demokraten fein”, entbalten einen 
10 zu Starken Appell an das religiöſe Gefühl, um im Munde des Kardinal eine ibm wider 
Villen von den augenblidlichen Verbaltniifen aufgedrungene Phraſe zu fein. Zpäter 
mebrinals Des Verrates an der Nepublit angeklagt, gelang es Chiaramonti immer wieder, 
durd fein Fühnes und freimütiges Auftreten die franzöſiſchen Oberbefehlshaber zu feinen 
Gunſten au ſtimmen. 
45 Ta Pius VI am 13. Nov. 1798 verordnet batte, daß das Konklave, melde 
ibm einen Nacfolger geben werde, an dem Orte zujammentreten folle, wo um die Jat 
die Majorität der Nardinale ficb befinde, jo ging nad Dem am 29. Auguft 1799 erfolgten 
Ableben Des Papſtes Der Akt der Neuwabhl in Venedig vor fich, da in Dem Gebiete Die 
Republik ſich Die meiſten Nardinäle aufbielten. Haben auch nadı dem Eintritt der Mühle 
in Das Konklave (30, Nov. 1799) zuerjt Der Nardinal Belliſomi, der Kandidat der ftreng 
furialiitiichen ‘Partei, dann der Nardinal Matter, dem die öfterreichiiche Fraktion wohl 
wollte, Die meiſte Ausſicht auf Die Tiara gebabt, jo verloren fie doch Diefelbe, als der 
Sekretär Des Konklaves, Ereole Conſalvi, es unternahm, für den vom franzöfifchen Kar: 
dinalerzbiſchof Maury aufgeltellten Kandidaten Chiaramonti mit der feiniten Rerechnung 
Stimmen zu werben. Am 11. März 18641 wurde einftinmig der Bilchof von Imola 
zum Nachfolger ‘tus’ VI. erwablt; indem er zu Ebren desfelben den Namen Pius’ VIL 
annabhm, ſchien er andeuten zu wollen, daß er, was feine Stellung zu Frankreich betraf, 
in ſeines Vorgängers Fußtapfen zu treten gedente. Am 23. Juli d. J. bielt der Papit 
ſeinen Einzug in Mom, welches ſich freudig dem Stabe des Uberbirten der Chriftenkeit 
60 unterwarf. Eine Die geſamte Nichtung feines Pontifikats beitimmende That Pius’ VII 


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ufers an Frankreich (im Lünev. Frieden, ehrt 1801) um um 5 Bunde 
deutſchen Fürften den Gedanken Napoleons, ſich durch 50er peift 
auf dem a. —— a zu — die —* umzufeßen gedachten ermabnte 










deutfcher Erzbi mit allen Reäften dafır 
Nechte, der 7 dei * der Sicherhei —— 

habe. Doch Dalberg | einer völligen „Sn 
ni ru —* er d — auf dem Rei 


berigen Rurfürften von Mai mit ve et Acer am *akkus VIT. 

abnte, welchen Inhalt — dem Titel eines as — Deu zu geben und 
daß er ſich an die Spitze einer deutſchen Nationallirche zu ſtellen dachte. Denn wenn 50 
auch bie Hurie ihm, der ſchon den Wormſer und Konftanzer Sprengel b 
am 15. Een 1803 zu dieſen Diöcefen er die Adminiſtration der Regensburger 
ſowie am 1. Februar 1805, Negensburg zur Metropolis für ganz Deutſchland mit Aus, 
von Preußen und Ofterreich, erhob und Dalberg in diefelbe einwies, A bat — 
doch nie den Primastitel zuerteilt. Ebenſowenig 2 je die — der ms 
lichen Fürftentümer ihre Anerkennung gefunden. Nur das Gefühl völliger 

t den ° ap — ab, die ſäkulariſierten Bistümer und Stifter ſofort 


Lafahette hatte richtig geurteilt, ald er beim Abſchluß des Konkordates vom 15. Juli 
Napoleons er Mäne mit den Morten aufdedte: „Beitehen Sie nur, die #0 











454 Pins VII, Bapft 


Heine Krönungsflaſche ſoll über ihrem Haupte zerbrohen werben!” Nachdem der Smit 
am 27. März 1804 beantragt batte, die höchſte Gewalt in Napoleons Familie erblich 
zu machen, fo fuchte der als Kaifer der Franzoſen am 18. Mai proklamierte Empor: 
kömmling das, was ibm an alten, wohlbegründeten Herricherrechten mangelte, dur den 
Segen der Kirche zu erfeßen. Stieß auch der Wunſch Napoleons, ſich vom Papſte zum 
Katfer falben zu laffen, zuerit auf den Miderfpruch der Kurie, fo bat doch Pius VII 
endlich nachgegeben, nicht fo fehr infolge der Überredungen des Kardinals Feſch, als viel: 
mebr infolge der Erwägungen feiner Umgebung, die ihm den Wiedergewinn der von de 
franzöfifchen Republik dem Mirchenftaate entriffenen Yegationen, die Zurüdnabme der or 
gantjchen Artikel von fetten Napoleons, fowie die Untertwerfung der fonftitutionellen Bi 
ihöfe unter Rom in Nusficht jtellten. Am 2. November 1804 ward die Reife nad Paris 
angetreten, am 25. November traf Pius VII. in Syontainebleau bei Napoleon em, mit 
dem er gemeinschaftlich nah drei Tagen feinen Einzug in Paris hielt. Wohl Iepte es 
der Papſt durch, daß der Kaiſer die mit Joſephine eingegangene Civilehe noch am Abend 
15 vor der Krönung kirchlich einſegnen ließ, als er aber am 2. Dezember nach der Salbung 
den Kaiſer und die Kaiſerin krönen wollte, nahm ihm Napoleon die Krone aus der Hand 
und ſetzte fie ſich ſelbſt aufs Haupt, darauf ſchmückte er auch feine Gemahlin mit dem 
Tiadem. Die Demütigung, die Pius VII. in Paris erfuhr, war eine tiefere als die, 
welche Bius VI. fih in Wien batte gefallen laſſen müflen; fie war aber das Strafgeridt 
» dafür, daß der Papſt in Napoleon den Mörder Engbieng (geft. am 21. März 1804) zum 
Kaiſer gefalbt hatte. Die Forderung der Nüdgabe der römischen Legationen fchlug Ra 
oleon feinem Gaſte mit der Erklärung ab, was ibm jegt nicht möglich fei, bebalte er 
—* für eine paſſendere Zeit vor. Der weitere Antrag des Papſtes, die katholiſche Re 
ligion als die Staatsreligion Frankreichs zu proflamieren, ward ebenfalld abgelehnt, auf 
wurden die organischen Artikel nicht fuspendiert; eine Zurüdweifung erfuhr ferner das 
Geſuch Des Papftes um Wiederberjtellung der früheren Gefege über die Heiligbaltung ber 
Zonntage und ‚Feiertage, fowie um Surüderftattung der den Bifchöfen durch die Ran: 
lution entrifjenen Gerichtsbarkeit über die Geiftlihen. Was Pius VII. erreichte, war 
wenig: die Entfernung verbeirateter Prieiter aus den Echulämtern und die Zulafjung 
der barmherzigen Schweſtern und der Yazariften in Frankreich. Es ſcheint, daß damals 
der Kaiſer ernjtlih mit dem Gedanken umging, feinen bohen Gaſt ganz in Frankreich 
zurüdzubebalten, ſei c8, daß diefer in Paris, fei es, daß er in Avignon feinen Sitz nehmen 
wolle Als aber Pius VII. den kaiſerlichen Wertrauensmann, der ihm dieſe Ausſicht 
eröffnet hatte, unummunden erflärte, man möge ibn doch lieber gleih ing Gefängms 
35 bringen, dieſen all babe er vorgejeben und eine Abdankungsurkunde ausgeftellt, die die 
Nardinäle ermächtige, ſobald ibm die Freiheit geraubt, zur Neuwahl zu fchreiten, lieh der 
Kaiſer den Plan wieder fallen. Bet dem Antritt feiner Rüdreife am 4. April 1805 
nabm der Papft neben allen Enttäufchungen die Erinnerung an unzählige Beweiſe ber 
Ehrfurcht des Fatbolifchen Volkes vor dem Oberhaupte der Kirche aus dem Paris mit, 
40 welches vor noch nicht allzulanger Zeit Der Göttin der Vernunft zugejauchzt batte. Alle: 
dings Strablte aus den Augen, dem Weſen, der Rede des Papftes eine ſolche Herzensgüte 
dem leicht erregbaren Pariſer Volke entgegen, daß es von der würdevollen, Ehrfurdt ge 
bietenden Erjcheinung Pius' VII. gepadt und zur Bewunderung bingeriffen wurde. Selbit 
Napoleon konnte der Sanftınut, Geduld und Herzensfrömmigfeit feines Gaſtes ben Tribut 
feiner Anerkennung nicht verfagen. 

Auf der Rückreiſe nach Rom nahm Pius VII in Florenz die unbedingte Unter: 
werfung des Biſchofs von Piſtoja, Scipione Ricci entgegen (ſ. d. A) der Pius VI. (ſ.d. A) 
mit den auf die Grundſätze des Gallikanismus zurückgehenden Beſchlüſſen der Synode 
von Piſtoja den Gehorſam aufgekündigt hatte. In Rom am 16. Mat 1805 angelangt, 
50 ſchob er — wie einſt Pius VI. nad feiner Nüdfchr aus Wien — die Berichteritattung 

an das Kardinallollegium jo lange wie möglich hinaus. Und als er dasjelbe zur Ent 
gegennabme feines Neifeberichtes am 26. Juni d. J. verfammelte, fo gab er — au 
bierin Pius VI. gleicbend, der ja von feinen Wiener Aufenthalte mehr Gutes als 
Schlechtes zu berichten gewußt --- eine jo rofige Darftellung von feiner Begegnung mi 
5 Napoleon, Daß die Nardinäle, fo weit fie nicht von anderer Seite über den Mißerfjolz 
Derjelben unterrichtet waren, glauben mußten, alles Wünſchenswerte ſei erreicht oder wert 
demnächſt vom Kaiſer zugeltanden werben. 
Daß aber Napoleon, nachdem er die Weibe zum Maifer von der Hand des Na: 
tolgers Petri erlangt, nicht weiter gewillt war, ſich in feinen Plänen durch Pius VI. 
so behindern zu laſſen, bewies Schon jene Handlungsweiſe nad feiner Krönung zum König 


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unausgeſetzte Drängen des Präfekten Ghabrol, der, um bie Antentionen Pius’ VII. 
erforichen, deſſen Arzt Botta beitochen batte, ging am 18. Mai der Gefangene in de 
Hoffnung, daß er nun bald feine ‚Freiheit zurüderhbalten werde, darauf ein, ſämtlichen 
von Napoleon nominierten Bifchöfen binnen der ſechs nächſten Monate die Anititutionen 
5 zu erteilen, andernfalls ſolle der Metropolit reſp. der ältejte Bifchof der Provinz Das Recht 
baben, die kanoniſche Einſetzung zu vollziehen. Daß der Papſt dieſes meitgebende ZJuge 
ſtändnis machte, kann ihm nicht als Charakterſchwäche ausgelegt werden. Seine Newen 
waren völlig zerrüttet, der Schlaf wollte des Nachts den Erregten nicht mehr erquicken 
Fieber trat ein, er befand fich, nad feinen eigenen Worten, in einem AZujtande de 
10 Rauſches. Jedoch der vorfichtige Pius VII. hatte diefe auf die Faiferlichen Forderungen 
eingebende Erklärung nur mündlich abgegeben, fich geweigert, fich jchriftlih zu binden 
Mit der bloß mündlichen Erklärung war aber Napoleon nicht gedient. Die Frage nad 
der kanoniſchen Einſetzung der von ihm ernannten Bifchöfe legte er einſtweilen ciner von 
ihm am 17. Juni 1811 eröffneten franzöfifchen Nationalſynode vor. Da fie fi nicht 
15 gefügig genug zeigte, wurde fie am 10. Juli aufgelöft. 
Nach weiteren noch nicht zun Biel führenden Verhandlungen erteilte Napoleon im 
Mai 1812 auf dem Wege nah Moslau aus Dresden den Befehl, den Papft fofort nad 
Fontainebleau binüberzufchaffen, angeblich weil die Engländer den Plan gefaßt, von der 
See aus fih Eavonas zu bemädtigen und Pius VII. zu befreien. {in der Frühe bes 
20 10. Juni trat der Bapft Die Reife an. Unbarmberzig war die Bebandlung auf der langen 
Fahrt. Damit man ibn nicht erfenne, durfte er den Magen nie verlajjen, nicht einmal 
zu Mittag. Seine Nahrung wurde ibm in denfelben gebracht, nachdem dieſer in eina 
Remiſe den Bliden Neugieriger entzogen war. Auf dem Mont Genid erfranfte der Greis 
fo ſchwer, daß er um die Sterbefatramente bat. Nachdem fie ihm gereicht, mußte der 
35 Sterbensmüde die Neije fortfegen; am 20. Juni gelangte er nah Fontainebleau. Hier 
nabın der Kaiſer nach feiner Rückkehr aus dem unglüdlicen ruſſiſchen Feldzuge perlönlid 
die Unterhandlungen mit Pius VII. auf. Sie führten, indem Napoleons Überredungen 
von den Bitten der Kardinäle und Prälaten unterftügt wurden, zu dem Konkordate ven 
ontainebleau vom 25. Januar 1813, zu jenem berüchtigten Konkordate, in welchem der 
50 Papſt, wenn auch nicht direkt, fo Doch injofern indirelt auf den Kirchenſtaat verzichtet, 
als er verſprach, in Avignon zu refidieren, alle firchlichen Überbehörden von Nom dorthin 
jr verlegen und ein jährlides Einkommen von zwei Millionen Franks aus der Staat 
aſſe entgegenzunchmen; in dieſes Konfordat waren dann auch die Beltimmungen de 
Nationaltonzils vom 5. Auguft 1811 wegen der kanoniſchen Inftitution der Biſchöfe mit 
35 aufgenommen. Aber durch den Einfluß der berbeigeeilten Nardinäle Confalvi und Pacca 
vollzog ſich rafch in der Stimmung Pius’ VII. ein Umschlag; am 24. März widerrief cı 
alle feine Zugeſtändniſſe. Hatte er feit dem 25. Nanuar das Gefühl mit fich berum: 
getragen, daß er feine Seele und den Stuhl “Petri durch das Konfordat befledt, fürchtete 
er, in Raſerei zu verfallen und in derjelben ſterben müffen, wollte er Die notmenbige 
40 Speiſe nicht mehr zu ſich nebmen, fo fühlte er am 24. März, wie er felbft jagt, feine 
Seele von einer ſchweren Laſt befreit. An 9. Mai 1813 bat Jiug VI. ſogar alle Amts: 
handlungen der vom Kaiſer ernannten Bifchöfe für ungiltig erklärt. Die Ereigniffe des 
Jahres 1813, die Schlacht von Yeipzig, das Einrüden der Verbündeten in Frankreich, 
liegen es Napoleon wünfchenswert erfcheinen, daß der Papſt feinen Aufenthalt wieder ın 
4 Savona nehme; am 23. Januar 1814 mußte diefer die Reiſe antreten. Endlich fchlug 
die Stunde der Erlöfung für den Gefangenen. Am 10. März 1814 gab Napoleon dem 
Papite die Freiheit und den Kirchenſtaat wieder; am 19. März verließ Pius VII. Su 
vona, am 24. Mat traf er in Nom ein, das ibn mit Jubel empfing. Schon am 19. Mai 
d. J. hatte er Conſalvi von neuem zu feinem Ztaatsjefretär ernannt; doch begleitete ibn 
50 derfelbe nicht nach Mom, jondern begab ſich im Auftrage des Papites nach Paris und 
dann nach London, um mit den verbündeten Mächten über die Wiederherſtellung de 
Kircbenftaates zu unterhandeln. Über feine erfolgreihen Bemübungen auf dem Wine 
Kongreß vgl. d. A. Conſalvi Bd IV S. 272,576. Viel bat jedenfalls zu den Erfolgen 
Gonfalvis in Wien der Haß der würften und Diplomaten gegen die Ideen der Revolu— 
65 tion beigetragen, die man nur durch den engiten Anfchluß an den Hauptträger des fon: 
jervativen Geiftes, an das Papſttum, und durch die feſteſte Verbindung zwiſchen Thron 
und Altar mit Erfolg niederfämpfen zu fünnen glaubte Während der Abweſenheit Con: 
jalvis verwaltete Bacca das Amt eines Staatsſekretärs. Sein Einfluß auf die Staat* 
geſchäfte war durchgreifend und der auf Die kirchlichen Angelegenbeiten zeigte ſich in der 


so durch die Bulle „Sollicitudo omnium ecclesiarum“ vom 7. Auguft 1814 vollzogenen 


 — 
458 Pins VI, Papft Pins VII, Papft 


dem Stu oleons Nom zum A [ ber bonaparteſchen lie macht 
—— N Ha SE —— 










ft, ber 


oärm 
—— Gebot Shrifi, die 
war unter bo 
15 = Namen von Ganova, ' 
um zu wiſſen 
ängendfter Weif 
—— 
* monde — E* 
0 m 6. Juli 1823 
Mährend — * 


außerhalb der — nieder 
Nachdem er bas —— 


Pius * ſt von 1829—1830. — —— Die Bullen —— VIII. 
30 — ſich in Bu jani continuatio, ed. Barberi, t. * —* 1856; erg 
25, März 1830 hei rt er, — Beh, b. — ‚Robaı 
Vitae pontifieum Pii VI., XII e 
Montor, Hist. du pape Pie Yo, "Paris * — —— — Ju 
— — —— —* Pak: Schaffpaufen 1858, ©. "97 5.: Gavazzi, he las 
bon 1859; Cipolletta, Mermorie politiche sui conclavi « 
Milano 15 p. 1748q.; eg della Gattina, Histoire diplomatique ı 
4. vol., Bruxelles 1866, p. 366sq.; v. Neumont, Geſch. = Rom, I] * 
©. 681: Nielfen, Die tömi die Kirche im 19, Jahrh., 1. das t beutid 
a ———— — — Ahern win 
40 : po er neueſten u r 
ſiehe die Litteratur beim Art. „Droſte-Viſchering“ Bd V S.2 . 








2 * re —— nen = > Never 1761 in bem € | 

ingoli geboren als Sohn emer adeligen Familie. Den Unterricht 

Jeſuiten in Dfimo und Bologna. Hier widmete er ſich Sf en Sukun der 

#5 Jurisprudenz und begab fid) 1784 nad Nom, wofelbjt er von dem * a 
der an der Sapienza die Profefjur des kanoniſchen Rechtes befleidete, woh in die 
—— Praxis eingeführt wurde, als * zugleich einen k ul: 

fanoniftiihen Studien empfing. n der Abfaſſung Di 

ie canonicarum, einem Hauptwerle der om een 

so des 18. und 19. Kahrbunderts bat der kennmisreiche Gaftiglioni —— 
Devoti am 30, Mär; 1789 von Pius VI. zum Biſchof von Anagni 
war, begleitete ihn — fein Schüler in der Eigenſchaft eines Generalvifars; 
übernahm Gajtiglioni das gleiche Amt bei dem Biſchof Severoli von 
dann einige Zeit ald Dompropit in feinem Heimatsorte zugebracht, —— 

55 am 11. on 1800 das Bistum Montalto bei Nscoli, das er bald 
vertaufchte. In den Streitigfeiten Pius’ VII. mit Napoleon r den — 
niſtiſch gebildeten Gaftiglioni nicht jelten bie Sache des römifchen yerteibi 
helfen. Mit Mut trat er 1808 dem Kaifer ——— als — einen Teil des 
ſtaates mit dem Königreich Italien vereinigte 


sodvon Italien den Eid zu leiften, wurde er als Gefangene aus Gejena en — 
























460 Pins IX, Papft 


1877; Stepiihneag, Fürjtbiihof von Lavant, Papſt Pius IX. und feine Zeit, 2 Bde, Wien 
1879; Art. Bius IX. in der Encyklop. der Neueren Geſchichte von W. Herbit IV S. 226. 
vom Referenten. Als Materialienjanımlung für die Jahre 1860— 78 val. Schultheß, Eurer. 
Geſche-Kalender I- -XIX. Dazu vgl. die Litteratur zu dem Art. Vatik. Konzil. Der Briei: 

6 wechſel zwiſchen Pius IX. und Kaiſer Wilhelm I. vom Auguſt und Sept. 1573 bei With, 
Tuellen zur Bejch. des Papittums (2. Aufl. 1901) 2. 386. Betreffs Aftenitüde und Tar: 
jtellungen zur Gefch. d. Kulturkampfes j d. Art. Ultramontanismus. 

Aus kurzem Konklave, nur zwei Wochen nach dem Tode Gregors XVI., ging ber 
Kardinal Giovanni Maſtai-Ferretti, Biihof von Jmola, am 16. Juni 1846 als ermählte 

10 Bapft hervor. In Nom war er wenig befannt. Zwar batte er einft als junger Mann 
— er war am 13. Mai mwahrjcheinlich des Jahres 1792 geboren —, nachden er im 
Kollegium zu Volterra feine Ausbildung empfangen, verfuct, als jüngerer Sohn aus 
gräflicher Familie in die päpftliche Nobelgarde einzutreten; aber man nahm ibn nicht am, 
weil er an epileptifchen Krämpfen gelitten hatte. So wandte er fih einer andern Yauf- 

15 bahn zu, ftudierte Theologie im Collegium Romanum, erbielt 1819 die Prieſterweibe, 
wirkte einige Jahre in jeiner Vaterftadt Zinigaglia und ging 1823 als Miſſionsprieſter 
nadı Chile. Nach Rom zurückkehrend wurde er Yeiter des Hoſpizes San Michele, Kano- 
nitus von Zanta Maria in via lata, dann Biſchof 1827 von Epoleto, 1832 von Imola, 
endlich 1840 Kardinal mit dem Titel Santi Pietro e Marcellino. 

20 Auf den mit 31 (oder nach anderer Angabe 37) Stimmen aus der Urne hervor— 
gegangenen Papſt warteten befonders fehwierige Aufgaben. Er bat das jelbjt empfunden 
und zum Ausdrud gebracht in einem Briefe, den cr am Abend des Wahltages an feinen 
älteren Bruder Giufeppe fchrieb: er fchrede zurüd vor dem Maße der Werantivertung, 
die auf feine Schultern gelegt werde, nur das Vertrauen auf Gottes Hilfe könne ihm 

25 die Laſt erträglid machen. In der That, abgefeben von den allgemeinen Pflichten der 
Kirchenleitung, waren betreffs der Negierung des Kirchenftaates ſchwere Entſcheidungen 
nahe gelegt: die tiefgebende Unzufriedenheit der Bevölkerung beider Teile, des meitlichen 
und öftlichen, wie fie unter der fünfzehnjährigen Papſtherrſchaft Gregor XVI. (f. d. Art. 
Bd VII ©. 127 ff.) Sich allentbalben geftaltet hatte, verlangte Reformen; mehrere Städte 

so der Romagna und der Marken hatten ſchon aus Anlaß der bevorjtebenden Neumakl 
Bitten an das Kollegium der Kardinäle oder an einzelne aus diefem gerichtet — ſo 
Ancona und Dfimo, während Bologna eine von 1753 Bürgern unterzeichnete Petition um 
Beilerung der unbaltbaren Zuſtände einreichte und Forli, Ravenna und Ferrara dem 
Beifpiel folgten. Als man in Nom und weiterhin von der Wahl des Kardınala Maftat 

35 Nachricht erbielt, boffte man, daß in feiner Perſon der rechte Mann gefunden fe, da er 
ja durch Geburt dem Teile angebörte, der am meijten bisber durch Nevolutionen unter: 
wühlt war und da ibm der Ruf eines verhältnismäßig liberalen und für Die Yage ber 
Dinge verftändnisvollen Mannes vorausging. War doch die Richtung, in welcher die 
Familie Maſtai fi bewegte, eine folde, Daß fie immer als liberal gegolten, und batte 

0 er ſelbſt doch als Biſchof auch mit Yiberalen verfehrt, die ſonſt in den furialen Kreiſen 
gemieden wurde. Cine Neigung, auch an Das Neue offen heranzutreten, lag in jeinem 
Weſen, und was feine allgemeine politiiche Anſicht betraf, jo bat er — im Gegenjaß zu 
der engberzigen Gruppe der Jelanten, wie fie in Gregor XVI. ihr Vorbild fanden — 

allerdings die Überzeugung in Die neue Stellung mit binüber genommen, daß man 

45 ein guter fatbolifcher Prieſter und ein guter Italiener zugleich fein fünne So mochte 
die Patrioten boffen, daß er vielleicht ſogar mit ibnen die öfterreichifche Oberherrſchaft 
bejeitigen und an die Verwirklichung des nationalen Einheitsgedankens in irgend einer Form 
geben werde. 

Guten Willen zur Abftellung offenfundiger Mißbräuche brachte Pius IX. mit. Da 

zo durch unterſcheidet ſich ſein Streben von Der bisherigen Art der Verwaltung des Kircden: 
jtantes, Die nichts geändert und an nichts gerührt willen wollte Schon äußerlich und 
jofort trat Dies zu tage, Sofern er öffentliche Yludienzen einführte, während ſein Vorgänger 
völlig unfichtbar geblieben war. Die liebenswürdige geivandte Art des ſtattlichen mürte 
vollen Mannes entzüdte alle. Nach dem alten Sprude, daß Das Gericht anfangen mühe 

55 am eigenen Hauſe, ſchränkte er Die Sofbaltung ein und verwandte Die Eriparnifie zu 
Sweden der Wobltbätigfeit. Andererſeits ließ er alsbald gewiſſe Unterfuhungen übe 
politiſche Delikte miederichlagen, Die noch von fruber ber ſchwebten — Zeichen einer groß: 
mütigen Geſinnung, De man an der Stelle zu finden nicht mehr gewohnt war. a, 
eine weitergreifende Amneſtie für politifche Vergeben bat Pius IX. einen Monat nad 

ww der Wabl, unter dem 16. Juli, verfindtat, Die ibm überfchäumenden Jubel der Berölte 
rung, aber auch den Zuſammenſchluß der im eigenen Yager gegneriſch Gefinnten eintnug. 


462 Pins IX., Papft 


ließ der König von Neapel gar nicht über die Grenze. Man wollte eben auch ven dort aus 
Gewalt angewendet fehen. Und als nun in Rom die republifanifche Staatstorm erllärt 
wurde, trat in Gacta eine Konferenz der katholiſchen Mächte zufammen, um eine gemein 
ſame Intervention zu beichließen. Da, in aller Eile, rüdten die Franzoſen unter Oudinot 
5 heran, landeten am 24. April 1849 in Civitavecchia und gemannen die Stadt nach emiger 
Gegenwehr. Am 12. April 1850 ift dann P. wieder als Herr des Kirchenſtaates ein- 
gezogen, ın Rom dur franzöfijche, in der Mark und der Romagna durch öfterreichiice 
Bajonette gehalten, — das war das Ergebnis des Verfuches, die alten kirchlichen Anſprüche 
unter den Berbältnifien und Aipirationen der neuen Zeit aufrecht zu balten, klerikal und 
10 national zugleich zu fein. 

Die Reftauration, welche nun ihren Anfang nahnı, Tennzeichnet fich durch die That⸗ 
fadıe, daß durch die römifche Consulta zwifchen 1850 und 1855 mehr ald 90 Tode: 
urteile meift wegen politiicher Vergeben gefällt wurden und daß das Standgericht in Be: 
logna zwifchen 1849 und 1856 nicht meniger als 276 Inkulpate (darunter allerdings 

16 auch folche, Die wegen gemeiner Verbrechen belangt waren) hat erjchießen lafien. Doch 
bat diefer Terrorismus im Bunde mit der völligen Abkehr von allen nationalen auf die 
Einigung Staliens gerichteten Beitrebungen und die Hingabe an die Fremdherrſchaft dem 
Papfttum nur noch ein Jahrzehnt lang dag Gebiet des Kirchenftaates in der alten Aus 
dehnung erhalten können: fodann iſt ein Ztüd nach dem andern abgerifjen worden bi 

zo nach 20 Jahren auch Rom ſelbſt an das geeinigte Jtalien verloren ging. 

Die Verwaltung des Sirchenftaates führte der Papſt durch den Kardinal Antonelli, 
welcher fehr jchnell alle Spuren der liberalen Ara verwilchte, indem er fie wieder au: 
ichlieglich in die Hände des Klerus brachte. Die Finanzverwaltung wurde von Ginzelnen, 
auch von der Familie Antonelli felbit, zum Schaden des Ganzen, ausgebeutet (Broich 

26 a. a. O. S. 4132) Was die Unterrichtsverivaltung leijtete, dafür gab 1871 cine Jäb 
lung derer, die nicht leſen und fchreiben Tonnten, den erjchredenden Beweis. In ber 
Juſtizverwaltung wurde die „Präfautionshaft” in ausgedehnteftem Maße verwendet — 
d. h. wer irgendwie, auch auf anonyme Denunziation hin, verdächtig erichien, der konnte 
auf unbeftimnte Zeit inbaftiert werden, bis etwa einmal genügende® Material zu einem 

so Prozeſſe gegen ihn vorbanden fein würde (Broſch a. a. D. ©. 429f.). Die alien 
verwaltung trat folcher Juſtiz würdig zur Seite, das Räuber- und Bandenmefen I 
dauernd in der Gampagna und bis in die Stadt Nom hinein geberriht. In all dieſen 
Beziehungen, auch mo es ſich um Handel und Gewerbe und feine Yeitung und Förde 
rung bandelte, jeben wir die Verwaltung des Kirchenftaates nach wie vor mit den de 

86 nientarjten Forderungen und Bebürfnifjen der Zeit im Gegenfaß. 

Wenn Pius IX. es feit der Rückkehr von Gaeta abgelehnt bat, auf den (Gebieten 
des äußeren, politischen, fommunalen und gefellfebaftlichen Leben? den Forderungen ber 
Neuzeit zu ‚entiprechen, jo bat ibm, wo das firchliche Intereſſe ins Spiel kam, jeder Ge 
danke an Anderungen, die nicht VBerfchärfungen der Poſition waren, von jeber fern ge 

40 legen. Ten zum Behuf der Taufe feinen Eltern heimlich entriffenen Judenfnaben Mortaru 
aus Bologna bat P. 1858 trotz gerichtlicher Klage des Waters, troß diplomatischen Ein- 
ſpruchs von Seite Frankreichs und Englands als „jein Kind” zurüd zu behalten be 
foblen, und hat ihn trog aller Erregung der öffentliden Meinung in Europa nidt 
berausgegeben (vgl. Proteſt. Taſchenbuch 1903, Sp. 1116). Und der inneren Kirchen: 

35 leitung wurde der Charakter eines abjoluten, Gregors VII. Ideale ſich ftedenden Papali- 
mus mebr und mehr aufgeprägt. Cine Probe darauf, was ſich der Epillopat in ber 
katholiſchen Rirche bieten laffe, war die Art, wie das Dogma von der unbefledten Cm: 
pfängnis Marias 185-4 feitgeftellt und verfündigt wurde (vol. Bd XII ©. 327 ff., beſ. 
S. 328,17 ff). Durch göttliche Fügung bezeichnet der Bunft, wo unter P. die Abſolut⸗ 

50 beit des Papſttums in der Definition feine Unfeblbarkeit ihre Höhe eriteigt, zugleich den 
jähen Sturz der weltliden Herrſchaft. Da die Vorbereitung und die Durchführung jener 
im Vatikaniſchen Konzil einer gefonderten Darjtellung vorbebalten it (j. d. Art.), jo ver: 
folgen wir bier zunächſt Die äußere Geſchichte feit der Neftauration weiter. Da dieſe mit 
der Niederwerfung revolutionärer Bewegungen in ganz Europa zujammentraf, fo iſt & 

65 erflärlich, Daß Die Autorität des Papftes auch auferbalb des Kirchenftaates in den näd- 
jten Jahren Erfolge aufgewiejen bat. In dem Verbältnis mit Spanten kam 1851 ein 
Konkordat zu ftande, und nad zeitweiliger Störung der auten Beziehungen eine aber 
malige Vereinbarung 1859, welde der römijchen Kirche eine ſehr günftige Poſition cin 
räumte (vgl. den A. Konkordate BB XS. 728,2 FF), ja Dieselbe ald die Staatsreligien 

so anerkannte und dieje Geltung auch auf die Kolonien erjtredte. Tasfelbe ward bezüglich 


464 Pins IX., Bapft Binsvereine 


Subeljahr veranitaltet und von ihm „die ganze Welt dem heiligen Herzen Jeſu geweiht“; 
1876 wurde im Batifan das Andenken an die vor 600 Jahren bei Legnano erlittene 
Niederlage Friedrich Barbarofjas begangen — alles das aber 1877 in Schatten geitellt 
durch die Feier des fünfzigjäbrigen Prieiterzubiläung, bei welcher außer unzähligen koſi⸗ 

6 baren Geſchenken Geldbeträge in der Höbe von 16 Millionen Franken geſpendet wurden. 
PB. batte ſelbſt eine Bezeichnung für ſolche Tribute der Gläubigen erfunden, die er 
bei Audienzen verivendete: er nannte das „Consolations“ — und in der “That tröſtete 
er fih damit über manches, was ihm widerfuhr und verabläumte nicht, Die Zumendung 
folcher „Tröftungen“ bei den Befuchern recht deutlih in Anregung zu bringen. 

10 Die „Sabre Petri“ hatte B. nicht allein erreicht, fondern auch um fieben übertroffen, 
als jein Heimgang erfolgte —- am 7. Februar 1878. Der Mann, welcher ſeit der Zeit 
des Exils in Gaeta den maßgebenden Einfluß in der Yeitung der Kurie ſich zu beivabren 
gewußt, der Kardinal Antonelli, war ihm im November 1876 im Tode vorangegangen. 
Das, was beide mit allen Mitteln erjtrebten, nämlich die Wieberberftellung Der meltlichen 

15 Herrichaft, haben fie nicht herbeizuführen vermocht; fo Binterließ P., da Kurie und Kirche 
nicht Verzicht leisten, als cin dDauerndes Vermächtnis feinen Nachfolgern das Streben nad 
dem mit Neueinrichtung des Papſtkönigtums einjt berbeizuführenden „Triumpb der Kirche“, 
über den doch die Gefchichte zur Tagesordnung übergegangen tt. Benrath. 


Finsvereine. — SKatholifhe Darſtellungen: H. Menne, Ueber den Zwed und Nupen b. 

20 katholiſchen Vereine Deutichlande, Osnabrück 1848. Sendfdyreiben über die kath. Vereine 
Deutfchlands: Hiit.pol. BL. 1849. Berhandlungen der fath. Bereine Deutichlands (jährl. 
Berichte, feit 1848 ericheinend). Theod. Palatinus, Entjtehung der Generalverjammlung ber 
Katholiten Deutichlands, Würzburg 1893. Heinrich Brüd, Geſchichte der kath. Kirche im 
19. Sahrh., III, 511—537 (auch desjelben Verfafjers Bivgr. von Adam Franz Lennig, Wainz 

35 1870, ©. 111—126). O. Pfülf, S. J. Art. „Biusverein” in KRU? X, 77—80. 

Bon proteftantifher Seite vgl. die Darjtellungen der Entjtehung der kath. Vereine 
in der Darmſtädter Allg. KZtg. 1548 u. 49. 9. Schmid, Geſch. d. kath. Kirche Deutichlands 
jeit Mitte d. 18. Iahrhunderts, München 1874, ©. 667. 758 ff. F. Nippold, Handbuch der 
neueſten Kirchengefchichte?, II, 707 ff. Kurtz-Tſchackert, Lehrb. zc. 13. Aufl. IV, 115f. 

80 Piuspereine beißen Die fatbolifchen Bolfsvereine von Geiftlihen und Laien zur 
Durbfübrung des Prinzips unbedingter Freibeit und Selbitjtändigfeit der römischen Kirche 
Sie verdanken ihre Entjtebung den ftürmijchen Beivegungen des Revolutionsjahres 1848. 
Zu Mainz trat bereits im März Diefes Jahres auf Anregung und unter Xeitung be 
Domberen W. 5. Yennig (vol. Brüd 1. ec.) ein aus etwa 500 Bürgern bejtebender Verein 

35 zur Wahrung der Nechte und Intereſſen des Katholicismus zufammen, der fich nach dem 
damaligen Rapfte Bio IX. Piusverein nannte und nad deſſen Vorbild ſich raſch in zahl: 
reichen anderen Städten der Nbeingegenden, Süddeutſchlands, Schlefiens, Deutfch:Teiter: 
reiche ꝛc. Aſſociationen ähnlicher Art bildeten. Je weniger günftige® Gebör die feitens 
einiger derfelben (Nachen, Breslau ꝛc.) an Das deutſche Parlament in Frankfurt gerichteten 

40 Adreſſen bei dieſer Verſammlung fanden, deito fefterer Zuſammenſchluß und jorgfältigere 
Organifattion der verjcbiedenen Vereine erichtien geboten. Gemäß einer beim Kölner 
Dombaufeſt im Auguft 1848 ergangenen Anregung wurde im Lftober desfelben Sabre 
zu Mainz die erſte Generalverfanmlung deutſcher Piusvereine, befchidt von 83 jolder 
Genoſſenſchaften, abgebalten. Man ſchloß ſich zu einem großen Gentralverein zufammen, 

s der ſich „Katholiſcher Verein Deutſchlands“ nannte, abfürzend aber gleich den einzelnen 
Zweigvereinen ebenfalls als Piusverein bezeichnet zu werden pflegt. Zweck des Vereins 
joll laut $ 1 fen: „die ſozialen und politiichen Fragen vom fatholiichen Standpunlte 
aus zu behandeln, insbejondere Die reibeit, Unabhängigkeit und das Wohl der Tatbo- 
liichen Kirche zu wahren und zu fürdern“. Unter den behufs Erreichung dieſes Zmeds 

50 zu erjtrebenden Zielen und zu betbätigenden Grundfägen treten befonders bervor: Unab 
bängigfeit der Mirde vom Ztaat; Yeitung der Schule durch die Kirche; Volksbildung 
im katholiſchen Geiſte und Übung chriftlicher Barmberzigfeit; Gehorſam gegen den Japit 
und die Biſchöfe; Unterordnung unter jede Staatsverfaſſung, foweit fie nicht Nechte der 
katholiſchen Kirche beeinträchtige ; Defenjive, nicht aggreſſive Stellung zu den alatboliscen 

65 Konfeſſionen. Zur Latronin Des Vereins im Ganzen wie der Ginzelvereine wurde die 
Mutter Gottes erklärt, jedes Vereinsmitglied zum Beten eines täglichen Vaterunſers und 
Ave-Maria für Die Zwecke des Vereins verpflichtet, u. 1. f. 

Sehr raſch wuchs Das jo begründete und allentbalben fih ausbreitende Inſtitut der 
Piusvereine zu einer anfehnlichen Macht beran, Deren Die Yeiter der ultramontanen Polit 
vo geſchickt fi) zu bedienen wußten. Die unmittelbar nad dem Tonjtituterenden Tag ven 


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466 Pinsvereine Placet 


Empfängnis errichtete Marienſäule ein, erftattete triumphierenden Bericht über das ge 
ſegnete Wirken ber verichiedenen Zweig⸗ und Nebenvereine und empfabl Die Neubegrun— 
dung don neuen derartigen Genoſſenſchaften, insbeſondere von Paramentenvereinen, dir 
jener Himioben den katholiſchen Frauen unter Hinweis auf Martas Windeln fürs Chi: 
find und auf dag Xeichentuch des gefreuzigten Herm als erſter Beiſpiele chriftlicher Pa— 
ramentenverfertigung ans Herz zu legen ſuchte. Bei der Freiburger Verſammlung (185 
wurde mit vieler Zuverſicht von Denchlande baldiger Rückkehr zur tatbolifchen Glaubens 
einheit geredet. Zu München 1861 proteſtierte man gegen die Beraubung Des Kirchenſtaaucs 
als Sottesraub; zu Würzburg 1864 empfahl man Beteiligung an einer vom Papite aus 
geichriebenen Anleibe; zu Trier 1869 erklärte man die Syllabus-Encyklika Des verbergeken: 
den Jabres für Die größte That des \abrbunderts, prices J. v. Görres als „größten Deurichen“ 
und nannte den Trierer bl. Nod „ein Symbol der fatboltichen Einheit”. Yu den ke 
tigiten \\nveltiwen auf den Proteſtantismus ſchritt man jelbitverftändlich ſeit Ereffnung 
Des ſog. Kulturkampfs fort; jo namentlih zu Breslau 1872. — Uebrigens trat im Lu'e 
der Multurfampfjabre allmäblid - - neben engerem Anfchlufte der Piusvereine an die 
deutſchen Bilchöfe und Aufbören des früberen gelegentlichen Verkehrens über deren Köpfe 
bintveg mit Nom - eine etwas anjtändigere Haltung der antiproteftantifchen Polemik ww 
Tage. Dan befleigigte fich wieder mebr nad jenem Grundſatze zu handeln, daß nicht a4 
greſſiv, fondern nur Defenfiv gegen die akatholiſchen Befenntnifje zu verfahren ſei. „Nicht me 
dem Schwert, fondern mit dem Kreuze wollen wir kämpfen,“ lautete die auf dem 25. allg 
Katholikentage zu Würzburg 1877 ausgegebene Parole. Und ebendafelbjt erklärte man: 
„Las Wort Nevolution iſt im Wörterbuche der Natboliten nicht zu finden. Auch nidt 
einmal in unſeren Herzen wollen wir auf eine gewaltſame Ummwälzung hoffen!“ Tide 
etwas rubigere Stimmung bebauptete ſich eine Zeit lang, wich jedoch feit Den 8Her Jabren 


5 wieder einem mehr ſtürmiſchen Norgeben. licht bloß das Zul einer endlichen vol: 


ftändigen Wiederbefeitigung der Falckſchen Matgefege, jondern darüber noch hinausgehende 
Bejtrebungen gebören zu dem ftebenden Programm der Generalverfammlungen Diefer 
Vereine. Schon zu Düffeldorf (1883) erklärte Mindtborft die bedingungsloſe Auslice 
rung der Schule an Die fatbolifche Kirche für eines der Ziele, Die nach Bejeitigung jener 
Geſetze vor allem anzuftreben jeien. Unbeſchränkte Aiederzulaffung aller katholiſchen Orden 
einſchließlich der Geſellſchaft Jeſu, Wiederherſtellung der weltlichen Herrſchaft des Tapiısı 
gehören zu den Poſtulaten, welche ſeitdem jahraus jahrein ſeitens dieſer Verfammlunge 
erhoben werden. Es iſt in der That die Religionspolitik Pius' IX., der Wltramentani: 
mus in unnachgiebigſter Haltung, Dem die Geſamtheit der iusvereine von Anfang an 


35 zugeſchworen tft und bleibt. Ihr letztes Ziel iſt Herſtellung nicht etwa eines parttätiicen 


Verhältniſſes der beiden Konfeſſionen, sondern völlige Natbolifierung Deutichlands, di 
Herbeifübrung jener idealen Zukunft, wo - nach den begeiſterten orten Des Freibemmn 
v. Loẽ beim Natbeltfentage zu Bonn (1851) — „Deutſchland ein katholiſches Land und 
Die Kirche wieder Die Yerterin der Völker fein wird”, Hödler. 


Placet (placetum regium, regium exequatur, litterae pareatis) heit cm 
Genehmigung, welde fircenregimentlicen Anordnungen jeitend der Staatsgewalt erteilt 
wird, bezw. Die ſtaatliche Einrichtung, daß nur die Jolchergeitalt genehmigten kirchlichen 
Anordnungen ftantsleitin anerkannt und aufrecht erhalten werden. Dieſelbe jegt voraus, 
daß Ztaat wie Kirche ſich beiderfeits ſelbſtſtändig bewegen. Für eine Kirche, die von 


45 Der Staatsgewalt regiert mid, wie Die reformatoriſche Landeslirche es wurde, bat N} 


Placet keinen Sinn, und cbenio unanwendbar tt cs, wo Der Staat Die Stellung eines 
in kirchlichen Dingen von der Kirchengewalt ſchlechthin abhängigen Dieners hat, wie die 
vorreformatoriſche Kirche ſie ibn ſeit Rapſt Gregor VII. zuwies. So kommt das Place 
nach Einzelanfängen, die eher Vorläufer, als Wurzeln zu nennen ſind, in der Eigenſchan 
eines ſtaatlichen Rechtsinſtitutes zuerſt vor, wo der Staat beginnt, ſich von jenen kirc⸗ 
lichen Anſchauungen zu emanzipieren und ſeine Selbſtſtändigkeit, weil Selbſtverantwen 
lichkeit, zu empfinden: am früheſten, entſprechend der Entwickelung der königlichen Gewalt, 
in Spanien (Geſetz K. Alfons XI. von 1348). Dort war es bereits durch eine Reibe 
königlicher Verordnungen ausgebildet, als K. Karl I. (in Deutſchland V.) zur Regierung 
kam und es, ſich gelegentlich auf unvordentlichen Gebrauch berufend, unter Beitritt der 
Cortes entſchieden handhabte. Friedberg, Die Grenzen zwiſchen Staat und Kirche und 
die Garantien gegen deren Verletzung, Tübingen 1872, S. 534f. 342f. In Frankreich 
iſt es faſt ein Jabrhundert junger und alt jeine eigentümliche Seftalt durch die 
Stellung der Wirkſamkeit der Parlamente. e Regel, daß päpſtliche Bullen erſt durch 


468 Blacet 


Friedberg S. 200f. &.828 Anm. Über die bayerifche Entwidelung vgl. Friedberg a. T.; 
Kahl, Über die Temporalieniperre bejonders nad) bayerifchem Kirchenrechte, Erlangen 18%, 
©. 132; Mayer, Kirchenbobeitärechte des Königs von Bayern, München 1884, ©. 18; 
Reinhard, Kirchenhoheitsrechte des Königs von Bayern, Münden 1884, ©. 141; Seil, 
s Staatsrecht, 2. Aufl, 1, 87 ff. 161. Archiv für k. KKe62 (1889), S. 430 ff.; Ardiv 
für öffentl. Recht 10, 181. — Dieſe bayerifchen Verhältniſſe find dadurch qualifiziert eine- 
teile, daß bis 1803 die Bilchöfe, welche die Yandesregierung fich gegenüber batte, fämtlib 
jelbjit benachbarte Yandesherren waren, andernteild daß die Iandesherrliche Behörde, durd 
welche die ſtaatliche Kirchenhoheit gehandhabt ward, der geiftlihe Rat, ein aus Geift 
19 lichen und Nichtgeiftlichen gemiſchtes Kollegium war, deſſen Zufammenfetung die Art der 
Handhabung bei. des Placet beeinflußte und es möglich machte, daß dieſelbe zur Zeit 
der Etiftung der Münchner Nunciatur (1785) von verfchievdenen jener Biſchöfe jogar 
ausdrüdlich, wenn auch weder prinzipiell, noch nıehr als bloß vorübergehend, anerkannt 
worden ift. Im übrigen läßt fih, nach Anfängen, die fchon 1479 liegen, das Rechts⸗ 
15 injtitut als in Bayern voll beitebendes nachweisen jeit der Inſtruktion an den geiftlichen 
Rat vom 2. Julius 1629 (Kahl a. a. O.). Die fpätere Geftaltung iſt durch das General: 
mandat vom 3. April 1770 bedingt, Durch die Verordnung vom 24. Mai 1803, Das Religions 
edit von 24. März 1809, 8 65 und das entiprechende Edift vom 26. Mai 1818, 858 
fortgeführt worden. Nach diefem 8 58 dürfen feine Gefete, Verordnungen ober fonftige 
20 Anordnungen der Kirchengewalt ... ohne Allerböchfte Einficht und Genehmigung publiziert 
und vollzogen werden. Die geiſtlichen Ubrigfeiten jind gebalten, nachdem fie bie könig 
liche Genehmigung zur Publikation (Placet) erhalten haben, im Eingange der Ausidre- 
bungen ihrer Verordnungen von derſelben jederzeit ausdrüdlich Erwähnung zu tbun. In 
Ofterreih findet fih das Placet ausgebildet gleichfalls ſchon in der erften Hälfte des 
25 17. Jahrhunderts vor (Friedberg ©. 132). Maria Therefia reflribierte 18. März 1746 (Cod. 
Austr. 5, 217 bei Friedberg ©. 151): es fei „ununterbrochene Obſervanz“, daß in ganz 
Ofterreih „päpftliche Bullen, von was Natur fie immer fein mögen, oder auch ander 
den statum publicum berührende geiftlihe Verordnungen zu publizieren, nicht geitattet 
werde“, ohne Genehmigung des Yandesfürjten. Seit Fürſt Kaunig, der in ben öfter: 
go reichifchen Niederlanden und in Paris feine Schule gemacht hatte, beginnt der Galle 
nismus in van Espenſcher Form auf die öfterreichifche Geftalt diefer Dinge zu wire: 
nad dem Hofdelrete vom 2. und 7. April 1784 bedürfen alle allgemeinen Belehrungen, 
Anweifungen, Anordnungen an Pfarrer und Seclforger des Placet, gleichviel in melde 
Weiſe fie ergeben; nach dem Hofdefrete vom 17. März 1791 müſſen die päpftlichen Yullen, 
35 Breven und Konjtitutionen, bevor fie angenommen und befannt gemacht werben, lande& 
fürjtlich genehmigt fein, und zwar foll die Worjchrift fih auch auf alle älteren päpft 
lichen Anordnungen ohne Ausnahme bezieben, dergeftalt, daß jede früber ergangen 
Yulle u. ſ. w, fobald Gebraud davon gemacht werden joll, zuvor die landesfürſtliche 
Genehmigung erbalten muß, da felbit für angenommene Bullen die verbindende Kraft 
40 und Giltigkeit nur fo lange dauert, als nicht durd) neue Staatsverordnung etwas anderes 
vorgejchrieben wird. Tiefe Hofdelrete find dann im wefentlichen normierend geblichen 
bis 1848. 
Als fett dem achtzehnten Jabrbundert in Preußen, feit den politischen Veränderungen, 
welche Deutfchland zu Anfang Des neunzehnten Jahrhunderts trafen, auch in anderen pre: 
5 teſtantiſchen Deutfchen Staaten die römiſch-katholiſche Kirche ohne Einſchränkung rezipiert 
ward, wurde ſie auch bier allentbalben nur mit der Einrichtung des Placet zugelatien, 
was bei ihrer offiziell aggreifiven Stellung gegen den Proteftantisinus für eine proteftan- 
tifche Negierung ſich von jelbit veritand. Vielfach richtete man fich bierbei nah dem 
öſterreichiſchen Beijpiel, obwohl man keineswegs allenthalben fo weit ging, wie dieſes. 
Eine Zufammenjtellung der betreffenden Anordnungen f. in (v. Kamptz) Codicillus is 
landesberrlichen jus eirea sacra betreffend, in Heft 100 der von v. K. herausgegebenm 
Jahrbücher der Preuß. Gefeßgebung, aud im ZSeparatabdrude, Berlin 1838. 
Tie Konſequenz der dem fonjtitutionellen Syſteme entiprechenden Freilaffung jozialer 
Bewegung tft, daß auch Die Eirchlichen Ipntereffenverbände ihre Angelegenbeiten ſelbſt 
65 ordnen und -- ſoweit ihre Sozialen Mittel reichen — verwalten, fonad daß Die römiſch⸗ 
katholiſche Kirchengenoſſenſchaft joldhe Freiheit gleichfall® genießt. In dieſer Gebanlen: 
reihe bat das Placet keinen Raum; jo lange nicht vom Staate verlangt wird, daß er 
über den Bereich feiner eigenen und allen von ibm zu ermeſſenden nationalen Geſamt⸗ 
intereffen hinaus auch kirchliche Intereſſen in Schutz nehme und pflege, oder fo lange 
co ihm nicht jene Geſamtintereſſen die Pflicht auflegen, die Bewegungsfreiheit der katholiſchen 


+. 5, um Bug 1078 8 | 






mit dem jus statuendi, wide on * er 
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ee Rindhenorbnungen des 16, und 17, Sabrunb —— 
Zuzieh iſcher Sachverſtändi des a try 
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‚ten on einem beſo 
so nicht die Rede fein. mo bie Kirche ein 
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jonderen Gründen der Fall war (Mejer, Kirchenrecht © 196, Nr. 8), va fü 
ein jene Autonomie kontrollierendes land lidyes Placet 
85 T ch in Rheinland-Rejtfalen ©. 1757. 1797. 2577. u. ö.). As dann di 
geh Idete fog. gemifchte age durch die preußii ft 7 fü 
and-Weftfalen vom 5. März 1835 generalifiert und weiter entpidlt ar, w 
obwohl die Provinzialfynoden fein eigentlides jus statuendi w E35 
KO, tibereinftimmend mit dem WER. (i. ig a 
40 — deren „Beſchlüſſe erſt dann in treten, — 
Ir Tompetenten Staatsbehörben erhalten 103 lt 7 
age — elbſtregiment geeignete presbyterial-ſynodale ——— der, evan 
Kirchen erſt ſeit 1848, Bei Snake m wurde, indem man Firchlicherfeits ein fe 
ftändiges Autonomierecht der Synoden in Ausficht nabı —* ſtaatliche et de 
45 gegenüber für völlig korrekt erachtet, v. Bethmann⸗ oülw 
evangel. Kirche der Rheinprovinz und Sinn Bl 1829), 
on Kicchenverfafiungsentwunf von 1851, $S54 | n 
emberg vom 2. März 1858 bei v. Mofer, Allg. Kirchenblatt 1 31 u. 
Auch iſt ein derartiges te bei Einführung jenes Sintonemier a entbalber 
so eingeführt worden. Nur ift dadurch, daß das enge Kirchenregiment | bt, wele 
mit der ſynodalen Kirchenvertretung ein kirchliches Statut — —— rcheng 
— vereinbart, vermöge der ſogenannten Gemiſchtheit der heutigen Kirchenverfaſſung in 
Landeshernlicher En der Landesherr aljo ſchon am — des Statuts beteilig 
ift, die Einrichtung anders, als der katholiſchen Kirche No — , Moin 
55 in altlandesticchlichen Zeiten, es das Stantgoberhaupt Ale jolches, —— n Gu 
wwilligung das Statut nicht zu jtande kommt; die „Prüfung jeiner ſtag lichen Zuläffi 
feit verbindet ſich mit der Erwägung darüber, ob die firchen Sanftion * 
bezw. Publikation verfügt werden folle. Du diefem Zwecke bört der Sant ‚Sherr, bevo 
er die desfallſige Enticheidung trifft, Die fompetente oberite S — 
co durch dieſe veranlaßt, das Placet zu verſagen, fo geſchieht Dies, imden er 


472 Blacens Pland, ©. J. 


zu Ro 5 und Tan. Chamier (Panstr. III, 7, 20. 21; 8) einer folden geradezu wider⸗ 
jprochen bütten. Auf feinen am meiften verwandten Vorläufer Ziwingli, der propter 
virtutem salutis per Christum praestitae (Fid. ratio V. Opp. ed. Schul. und 
Schulth. IV, 7) die Erbfünde nicht ohne mweitered als Schuld jedes einzelnen Menſchen 

5 gelten laffen wollte, bat er ſich jedoch merkwürdigerweiſe nicht berufen, wahrſcheinlich, um 
nicht in deſſen weitere Konjequenzen vertvidelt zu werben. 

Es ift überrafchend, mie cine Lehre. die f ch nicht gegen die Grundlagen der evan 
gelifchen Seilserfenntnis, fondern lediglich gegen eine Spezialität der Urtbodorie richtet, 
die franzöfifche Kirche in ziemliche Erregung bringen fonnte. Unter dem Vorſitz von 

10 Gariffol, der das auf Saumur etwas ciferfüchtige Montauban vertrat, wandte fih dr 
Nationalſynode von Gharenton 1644 (Aymon II, 680), ohne einen Namen zu nennen, 
tpider die Behauptung, „que toute la nature du péché originel consistoit unique- 
ment dans la corruption qui est hereditaire ä toute la posterite d’Adam, et 
avec laquelle tous les hommes naissent; et dans lequel on nioit que le pre- 

ı5 mier p&ch& d’Adam nous füt imputé.“ Diefes Dekret follte von allen Baftoren 
und Kandidaten unterjchrieben werden. Längere Verhandlungen folgten, an melden ſich 
Gariſſol, Rivet, Des Marets und andere Orthodore litterarifch beteiligten. Placeus felbit 
veröffentlichte erſt ſpät feine mit ſcholaſtiſchem Scharfſinn erfüllte Verteidigungsſchrift: 
Disputatio de imputatione primi peccati Adami, Salm. 1655. Bis dahin batte 

20 er auf eine neue Nationalſynode und auf die Feftftellung gewartet, ob er mit dem Dekret 
von Gharenton wirklich gemeint fe. Da mehrere Provinzialfonoden genauere Begrün- 
dung twünjchten, 309 die Nationalfunode von Loudun 1659 alle angebrobten Maßregeln 
zurüd: es folle einfach bei Art. 10f. der Conf. de foi verbleiben (Aymon II, 750). 
Die Züricher Urtbodorie bat es ſich aber nicht nebmen laffen, noch 1675 in der For- 

2: mula consensus helvetiei, übrigens ohne Angriff auf die Perjonen, mit dem ganım 
Salmurianismus die bloße imputatio media et consequens zu veriverfen (Art. 10—12. 
K. Müller, Bel. der ref. Kirche 864f.): Die allgemeine Korruption der Menſchheit werde 
nur erklärt und ſicher feſtgeſtellt, wenn man als Grundlage ein göttliches V 
urteil denke. E. F. Karl Müller. 


30 Tland, Gottlieb Jakob, geſt. 1833. Eine vollftändige Aufzählung aller 
Schriften Plancks ſ. in der Pütter-Saalfeld— Defterfenyfchen Geſchichte der Univerjität Gertinge 
Il, 121; III, 2837; IV, 270, wo aud die Schriften iiber ihn nachgewieſen jind. Die be 
deutendſie unter diejen it die jeines Schillers und Kollegen Zr. Yüde: Dr. ©. 5%. Rland, 
Ein biographiſcher Verſuch, Göttingen 1835, 80; darin audh Rupertis Gedädhtnisreden und 

35 ein von Tejterley gezeichnetes, von Lödel gejtochenes Bild, das aber durch ein von Grimm 
radiertes übertroffen wird. Weitere Beiträge zur Lebenegeſchichte und Charakteriſtik Plande 
geben: Schläger, Zur Erinnerung an Pland, Hameln 1833; Schmidt, N. Nekrolog der ?. 
1833, II, 5811. ; Hall. un Pitz. 1837, III, 181ff.; Rheinwald, Rep. 1839, Bd 25, S. 105 ff. 
Mohnicke in SHTh 1836, IL, 313 #1. ; E. Henke, ebendaf. 1843, IV, 75ff.; G. Frand, Geſch. 

40 der prot. Theol. III, 359. — au vgl. ijt ferner über P. vor allen noch befonders F. Chr. 
v. Baur, Epochen der kirchlichen Sejchichtsfchreibung S. 174—192; deifen KG des 19. Zabrk. 
Ss. 105ff. und dejjen yeitichrift zu Ehren Blands: „In Osiandri doctrinam ex recentiore 
theologia illustrandam“‘, Tüb. Tii. 1831, 4%; % A. Torner, Geſch. d. prot. Theol., 704q.; 
Uhlhorn in IdTh 1857, 640ff. In den Lehrbiihern der Dogmengeſchichte von Thomaſius, 

46 Darnad, Loofs wird P. merkwürdigerweiſe gar nicht gewürdigt, auch von Seeberg nur (DO. 
I, 6) nebenbei einmal erwähnt. 


Gottlieb Jakob P., proteftantiicher Theolog und Kirchenhiftorifer, ift geboren den 

15. Nov. 1751 zu Jlürtingen im Herzogtum Württemberg, geit. den 31. Auguft 1833 
in Göttingen. Als älteftes unter 16 Mindern des aus Yauffen am Nedar gebürtigen, 
so in Nürtingen angejtellten Stadt- und Amtsſchreibers Georg Jakob Planck und jener 
rau geb. Yang, wurde er frübe zum Studium der Theologie beftimmt und durchlief die 
gewöhnliche Yaufbabn eines württembergifchen Theologen als Yateinfchüler in feiner Barer: 
jtadt, als Kloſterſchüler zu Blaubeuren 1765 und Bebenhauſen 1767, als Stipendiat und 
stud. theol. in Tübingen 1769- -74, wo die Philoſophen Ploucquet und Boek, beide 
55 Yerbniztaner, von Theologen aber beſonders der fromme Kanzler J. Fr. Reuß, der gelebrte 
Kirchenbiſtorikter J. Ar. Cotta, der ſtrengorthodore Dogmatiker Chr. Fr. Sartorius x. 
feine Yebrer waren, und wo innige Freundſchaft den ebenſo gemütvollen als ſtrebſamen, 
auch poetiſch begabten Jüngling mit gleichalterigen Studiengenoſſen, wie Spittler, Georgii, 
Sen, Abel u.a. verband. Nachdem er 1771 als Primus unter 31 Komilitonen Magiſter 
eo geworden, 1771 fein theologiſches Examen vor dem Ztuttgarter Konſiſtorium eritanden, 


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474 Plauck, ©. 2. 


gleich feſt, die Göttlichkeit wie die Vernünftigkeit des Chriftentums, die Notwendigkeit wie 
die Erfennbarfeit einer unmittelbaren Gottesoffenbarung. Tas tft Die Überzeugung, die er 
in Tübingen in der Schule des Theologen Reuß mie des Yeibnizianers Ploucquet ge 
wonnen und unter allem Wechſel der Zeiten und Syſteme ſich bewahrt bat; denn aud 
die fortichreitende Aufflärung vermochte ibn nicht zu überzeugen, daß er den Begriff ciner 
unmittelbaren Uffenbarung aufgeben müßte (vgl. feine apologetifhde Schrift vom Jabr 
1821: Über die Haltbarkeit des hiſtoriſchen Beweiſes für die Göttlichfeit Des Chrijten: 
tums; Yüde S. 73ff.). Deutlich aber ift er fich der Aluft bewußt, die ibn und jene 
Zeitgenofjen von der alten Urtbodorie fcheidet. Jedem müfje e8 wahrnehmbar fein, daß 
die Veränderungen der legten 30 Jahre mehr an der Geftalt der Theologie verändert 
haben als vorber die Veränderungen von Jabrbunderten. Und zwar ift es ein Tre 
faches, tworin Pland die ſeit Mitte Des 18. Jahrbunderts in und mit dem Geiſt unferer 
Theologie vorgegangenen Veränderungen erfennt (Gejch. der proteftant. Theol. S. 357 ff.), 
nämlich 1. in der Erkenntnis von der Notwendigkeit einer tieferen exegetiſchen und fu: 
tiihen Begründung des hiſtoriſchen Wiffens wie des dogmatiſchen Syſtems, 2. in de 
Befreiung von den dem Forſchungsgeiſt angelegten unmwürdigen Fefleln, und endlich 3. in 
der Toleranz und Gerechtigkeit gegen Andersdenkende. Damit bezeichnet Pland auch die 
Punkte, wo er felbit in die tbeologifche Entiwidelung einzugreifen fih berufen und be 
rechtigt glaubt. Mit der tieferen eregetifchen Begründung des dogmatischen Syſtems bat 
er jelbjt nur vorübergebend ſich befaßt; es gehört dahin feine 1774 in Tübingen unter 
dem Vorſitz von Neuß verteidigte Diss. theol. de canone hermeneutico, quo serip- 
turam per scr. interpretari jubemur, cine Mbhandlung, die nicht bloß feine da 
malige Vorliebe für exegetiſche Ztudien erkennen läßt, fondern zugleich feine antitbetijde 
Stellung gegenüber der damals aufkommenden rationaliftifchen Eregeje bezeugt. Das: 
jenige Gebiet aber, zu welchem frübe vigene Neigung und Begabung wie äußere An: 
regungen (durch Gotta, Yebret, Spittler 2c) ihn binzogen und morin er mit richtiger 
Gelbjtbeurteilung feine eigentliche Yebensaufgabe erkannte, it das Der hiſtoriſchen 
Theologie. 

Mand batte fo fehr Die Natur und Die Ausbildung eines Hiltorifers, Daß man 
lagen kann, audı feine ganze Nichtung als Theolog, ja feine Gefinnung als Menih und 
Chriſt war dadurch mitbeftimmt Wit einer foldhen fich felbft vergeflenden Vertiefung 
ging er der Erkenntnis deſſen nad, was geſchehen und was alfo Gottes Mille gemeien 
iſt; mit folder Freude und Andacht bing er an den Bildern vergangener Zeiten und an 
der Mebeit, fie aus Schutt und Entſtellung beraus in immer reinerer Geftalt wieder ber: 


5 zuſtellen; jo ſehr befriedigte ibn die ideale Eriftenz in dieſen Negionen der Gejchichte, und 


ſo groß war der Reichtum, welcher ibm bier erfebien, daß er über dem Mllen nit 
Aufmerkſamkeit und Intereſſe genug bebielt, an ſich zu denken, feine eigene Perſon wichtig 
zu nebmen und groß zu finden; ſelbſt feine befondere chriſtliche Erkenntnis, eine der zahl: 
lofen Mischungen aus Alt und Neu, welde ihm Die Gefchichte zeigte, kam ibm nict ſo 
bedeutend vor, daß er jemals dafür einen Streit anzufangen oder gar dafür Partei zu 
machen Sich bätte entjchliegen fünnen. Und wie ibm dies die Anjpruchlofigfeit und Heiter: 
feit jener Seele ficherte, fo betwabrte 05 ihm aud feinen Optimismus und fein Gott: 
vertrauen, ſchützte ihn vor Hadern und Schwarzjeben; die Melt erfchien ibm nidt als 
eine massa eorruptionis unter einem zürnenden Richter in der Nähe der Ichten Zeit; 


45 feine Frömmigkeit war nichts als Dankbarkeit gegen Gott, Bewunderung der „mannmig: 


faltigen Weisheit” und Hüte, die alles immer herrlich binausführt, und der Unerjcöpt: 
lichkeit der dazu gewährten Setlsanftalt; fein Verbältnis zu den Menſchen mar nichts ale 
Wilde im Aufſuchen Des Guten, welches ſich trotz mancherlei Sprache und Entitellung 
überall finden mußte, nichts als Liebe und Tienftfertigfeit gegen Ste, unter welchen er 
memals einen Feind batte, und wie er darin ſich ſelbſt nicht genügte, fo verwandelte ſich 
nur gegen diejenigen Seine Milde in Strenge, welche die geiftlichen Führer der übrigen 
jein und dennod „buch berfabren” und durch irgend etwas Anderes als Durch Dietelbe 
unerſchöpfliche Geduld ihren Beruf, andere zu leiten, bewähren wollten. 

Tiefe Denkart wirfte denn auch in feinen biftoriichen Schriften auf feine Auffaflung 
der Nircbenlehrer früberer Zeiten em, tpelde der Hauptgegenſtand derfelben waren. Te 
grögten Fleißes im Benutzen aller ewreichbaren Quellen konnte er, welcher in den ge— 
ſchehenen Tingen die Wege und Abſichten Gottes jab, ſchon aus Gottesfurcht und Ge 
wiſſenhaftigkeit ſich nicht entſchlagen; aus demſelben Grunde auch nicht der jorgfältigitn 
Kritik ihres Wertes und ibrer Zuverläſſigkeit. Was er aber zu dieſen gemeinfamen Eigen: 
ſchaften aller rechten Hiſtoriker Eigentümliches binzutbat, war eine Unterjuchung, weld« 


476 Fland, ©. J. 


verfaſſung in 5 Bänden, Hannover 1803—9, und zwar Band I: Entftehung und Aus 
bildung der chriftl.-tirchl. GSefellichaftsverfaffung im römischen Staat; Band II: in ven 
neuen Staaten des Occidents bis in die Mitte des 9. Jahrh.; Band III—V : Geſchichte 
des Papfttums von da bis zur Reformation. — Das eritgenannte Merk, unftreitig 
b Plancks Hauptwerk und von epochemachender Bedeutung in der protejtantifchen Gedicht: 
ſchreibung, als erjter Verfuch einer pragmatifchen und unparteiifchen Gefchichte der Re: 
formation und des lutberifchen Lehrbegriffes, will zeigen, wie aus der Neformation des 
gelamten firchlichen Lebens der proteftantifche Lehrbegriff ald ihr innerfter Haltpunkt all 
mäblich hervorgeht, wie die neue Kirche mit ihrem unterjcheidenden Dogma und ihre 
10 eigentümlichen Theologie ſich fonjtitutert. Aber freilich wird jener Lehrbegriff oft weniger 
dogmenhiſtoriſch aus feinen Grundgedanken und deren innerer Fortbildung abgeleitet, 
vielmehr werden diefe Gedanken und deren verfchievene Modifikationen felbit meiit be: 
trachtet ald Wirkung perjünlicher oder zufälliger äußerer Faktoren, als entitanden oder 
doch mitbeitimmt durch die perfönlichen Neigungen oder Beitrebungen ihrer Belenner; die 
15 ſubjektive, perfönliche Seite der Entwidelung it zu ſtark hervorgehoben, man vermißt 
nicht jelten den objektiven Pragmatismus der Idee, man abnt nur hinter dem Vorhang 
der äußeren Erjchbeinungen die innere Entſtehung des Lehrbegriffes (vgl. Die Urteile von 
Lücke S. 21; Baur, Epochen, S. 174ff.). — Die fpäter, 1803—9 entitandene Geſchichte 
der Rirchenverfallung, gewiſſermaßen eine nachgelieferte Rechtfertigung der Reformation 
20 durch den Nachweis ihrer gefchichtlichen Notwendigkeit (vgl. die Schlußtvorte des V. Bandes), 
durch Gründlichkeit des Quellenſtudiums, durch einbeit der pragmatifchen Verknüpfung, 
durch edle Unparteilichkeit, durch Elare und wohlgeordnete Darftellung dem erjtgenannten 
Merk gleichitebend, trägt doch noch mehr als jenes die Schwächen des Plandichen Ge 
ſchichtspragmatismus an fich, der vom eriten Anfang der Kirhe an jede Veränderung 
25 mit inquifitorifcher Strenge darauf anficht, welche Abficht ihr zu Grunde liegen Tonnte, 
und der insbefondere die Gejchichte des Papſttums nur ald planmäßige Eriverbung oder 
ſchlaue Erfchleihung einer unrechtmäßigen Herrſchaft zu betrachten weiß — eine Betrad- 
tung, bei der man ſchließlich nicht jowobl die Päpſte felbit als vielmehr den Geſchicht⸗ 
ichreiber betvundern muß, welcher fo tief in ihre innerften Gedanken bineinfchaut und die 
so feingefponnenen Fäden ihrer kunftvoll verfchlungenen Politik mit jo ſcharfem Blid auf 
det (vgl. Baur a. a. O. ©. 186). 

Viele andere firchenbiftorifche Schriften und Abhandlungen Plancks zeigen teils feine 
urteildvolle Teilnabme an den kirchlichen Ereigniſſen feiner Zeit (fo feine Fortſetzung ven 
Walchs neueſter Neligtonsgefchichte in 3 Bänden, Lemgo 1787—93, von melden Br I 

35 und II fajt nur mit Papſt Pius VI. und Kaiſer Joſeph IL, Emfer Kongreß, Synode 
von Piſtoja ꝛc., Bo III mit der kirchlichen Revolution in Frankreich von 1791 fi be 
Ichäftigt; ferner zwei Schriften über die katholiſche Kirche, ihre neuelten Veränderungen 
und ihr Verbältnis zur proteftantischen Kirche aus den Jahren 1808 und 1809, beide auf 
gezeichnet durch Nüchternbeit und Unpartetlichkeit des firchenpolitifchen Urteils; dann dra 

so Schriften über die gegenwärtige Lage und die Bedürfniſſe der proteltantifchen Kirche, über 
Trennung und Wiedervereinigung der chriftlichen Hauptparteien u. |. f. aus den Jahren 130), 
16, 17 (dal. Lüde S. 59 ff), — teils find es Beiträge zur allgemeinen, zur älteren oder 
mittelalterlichen Stircbengefchichte, wie feine Fortfegung von Fuchs, Bibliothek der Kirchen: 
verfammlungen (Bd IV), jeine Beiträge zur Geſchichte des Tridentiner Konzil (Aner- 

45 dota ad hist. C. Trident. pertinentia fase. I-XXV in einer Reihe von akademiſchen 
Trogrammen), feine Specimina anthologiae patristicae, Göttingen 1820—32, #, 
feine neue Ausgabe von Zpittlers Grundriß der Kirchengefchichte 1812, dann eine große 
Zahl von fleinen Auffäßen, Programmen und Rezenſionen kirchengeſchichtlichen Inhaltes 
(Lücke S. 13 ff), ſowie endlich fein Verfuch einer „in großen Umrifjen gezeichneten Ge 

50 fchichte Des Chriſtentums von der erjten Geftalt im Geiſt feines Stifters und feine 
Apoftel Durch alle Neränderungen bindurd bis auf unfere Zeit herab“ — ein von ihm 
lange geplantes Werk, von weldem aber nur der Anfang zur Ausführung Tam in feiner 
1818 in 2 Bänden erjebienenen : „Geſchichte des Chriftentums in der Periode feiner eriten 
Einführung in Die Welt dur Jeſum und die Apoſtel“, — einer Schrift, die freilic, 

55 wie von aller zugegeben wird, jenen Hauptwerken wett nachfteht und im Grunde nur 
noch ein pathologiſches Intereſſe bat zur Charafteriftif eines übermundenen hiſtoriſch⸗ 
tbeologijchen Standpunktes (vgl. darüber Lücke S. 71; Baur S. 187; Uhlhorn S. 6410 N. 

Auch lands übrige theologiſche Schriften zeichnen fihb aus dur Das Ausgeben von 
den genau unterfuchten Gejchichtlichen, durch reife Erfahrung und Mäßigung des Urteile, 

so und durch das Fromme Verlangen, cine verſöhnende Mitarbeit „nicht zur Zerſtörung, 


478 Blaud, 9. 2. Plath 


teſtamentlichen Kritik und der Erforſchung der Sprache des NT.s widmete er nun auch 
vorzugsweiſe ſeine litterariſche Thätigkeit. Der erſteren gehören an ſeine „Bemerkungen 
über 1Ti“, Göttingen 1808, gegen Schleiermachers Beſtreitung der Echtheit jenes Bridge: 
gerichtet, und fein „Entwurf einer neuen fonoptifchen Zufammenitellung der drei eritan 
5 Evangelien nad) Grundfägen der böberen Kritit” (im Anſchluß an Eichhorn), Göttingen 
1809. Für die Unterſuchung der Sprache des NT.s wurde ſein Antrittsprogramm de 
vera natura atque indole orationis graecae N. T., Göttingen 1810, jo bedeutend, 
daß der vornehmite Kenner diejes Fachs, Winer, ibn „den Eriten genannt bat, der mit 
Vermeidung weſentlicher Irrtümer der Früheren den Charakter der neutejtamentlicen 
10 Diktion Har und volljtändig entmwidelt babe”; ein größeres Werk über denfelben Gegen: 
ftand, eine isagoge philologica in N. T., follte folgen und beſchäftigte ihn lange; ın 
fünf Programmen aus den Jahren 1818, 21, 24, 25, 27 gab er Proben eines Yerifons 
für das ganze NT, welches aber unvollendet blieb. Neben diefen eregetifchen Stubien, 
von welchen er noch in anderen lateinifhen Programmen (3. B. über das Yulaseran- 
15 gelium, den Kanonbegriff, die Ehriftologie des NT.S ꝛc.) Proben gab, richtete er, veran: 
laßt durch die dogmatischen Vorlefungen, die er jeit 1817 regelmäßig bielt, feine Auf: 
merkſamkeit auch auf die Neligionspbilojopbie und ſchloß jich bier, wie fein „Abriß der 
philofophifchen Religionslehre” (Göttingen 1821) zeigt, eng an die Ergebniſſe der Friesſchen 
Vhilofopbie an. Im Sabre 1810 war er außerordentlicher Profeſſor, 1817 Doktor, 1823 
20 ordentlicher Profeſſor der Theologie geivorden; aber die fehredliche Krankheit, welche feine 
Lehrerwirkſamkeit von Anfang an geſtört batte, die Epilepfie, fegte ihr auch ein frübe 
Ende. An Frömmigkeit, Herzensgüte und Anfpruchslofigfeit war er feinem Vater gleich, 
als Ereget und durch fein fnekulatives Talent ihm vielleicht noch überlegen, den er freilid 
an EScharfblid, Umficht und Kunjt des Hiſtorikers ebenſowenig als andere theologiſche 
35 Zeitgenoſſen erreichte und deſſen kraftvolle und faft ritterliche äußere Erjcheinung fi bei 
nahe jugendlicher als die gevrüdte Haltung und Stimmung des kranken Sohnes darftellte. 
Allgeme geliebt und beflagt jtarb Heinrich Planck noch zwei Jahre vor feinem Later 
am 23. September 1831. Wagenmannt) B. Tichadert. 


Plath, Karl Heinrich Chriſtian, geft. 10. Juli 1901. — Georg Plath, Karl Plaib, 

30 Inſpektor der Goßnerſchen Miſſion. Schwerin. Bahn. 1904. 

K. H. Chr. Platb, wurde am 8. September 1829 zu Bromberg geboren, wo jene 
Mutter jich vorübergebend aufbielt; der Vater war Pfarrer, fpäter Superintendent in 
Schubin und zwar bis zu feinem erit 1894 erfolgenden Tode. Den erften Unterricht 
empfing Plath, mie Die meiſten Pfarrerſöhne, im väterlichen Haufe, bejuchte dann zwei 

35 Jahre lang das Gymnaſium in Poſen und wurde 1843 Alumnus der Schulpforta, die 
er ala primus omnium 1819 verlieh mit der Abſicht, Whilologie und Mathematik zu 
ftudieren, doch wurde bald ein Theologe aus ibm, der fich anfänglich allerdings ſtarl auf 
orientalische Sprachen warf. Von 1819—53 jtudierte er in Halle und Bonn, abfolvierte 
dag erjte Examen in Koblenz, das zweite in Bofen und bezog dann 1854—56 das Witten: 
berger Predigerſeminar, wo er zu Schmieder, den er al3 den „Führer feiner Seele“ be 
zeichnet, in ein bejonders berzlices Berbältnis trat. Won bier aus machte der friice, 
begabte und kenntnisreiche Nandidat in Berlin 1855 auf Schmiederd Nat auch das Uber: 
lebrereramen, da dieſer ibn zum Geiſtlichen und Yebrer an einer böberen Erziehungsanitalt 
für berufen bielt. 

16 Und eine ſolche Berufung erbielt in der That Plath ſchon 1856 als geiſtlicher In— 
ſpektor und Neligtonslebrer an den Franckeſchen Stiftungen in Halle und zugleich als 
zweiter Geiſtlicher an der dortigen Glauchaſchen Kirche. Diefe erft neu gegründete Stelle 
legte feine geringe Arbeitslaft auf feine Schultern und bereitete ihm auch fonftige, manchmal 
recht verdrießliche Schwierigkeiten; aber jein fröblicher Zinn, fein junges bäusliches Glüd 

so und der erfriichende Verkehr mit gleichgeſinnten Männern, namentlih den Paſtoren Seiler 
und Hoffmann, gaben ihm immer neuen Mut. Hier empfing er auch die erften nad: 
baltigen Miſſionsanregungen und veröffentlichte er (1860) feine erfte Litterarifche Arbeit: 
F Yebensbild Canſteins, als einen „Beitrag zur Geſchichte des Speneriſch-Franckeſchen 
RPietismus“. 

55 1563 kam dann der Ruf an ibn, der ibn erit auf das Gebiet führte, welchem feine 
eigentliche Yebensarbeit gebören Jollte: in Die Miffion. Der alte, ſchon gebrochene Wall: 
mann war es, der Plath als Inſpektor der „Sefellibaft zur Beförderung ber ebangelt: 
ſchen Miſſionen unter den Heiden” nad Berlin rief. Hier jollte er außer als Lehrer 
am Miſſionsſeminar und Reieprediger vornehmlich als Miſſionslitterat tbätig fein. In 


4 


> 


480 Plath Platina 


konnte wie kein anderer Miſſionsinſpektor von ſich ſagen: ich bin viel gereiſet. Man 
kann ja darüber zweifelhaft fein, ob ein Miſſionsinſpekttor fo viel Zeit auf Reiſepredigt 
verivenden darf; jedenfalls ift diefe Arbeit aber gerade für Plath, der durch feine perjön- 
liche Liebenstwürdigfeit und feine zündende Beredſamkeit feinen Haupteinfluß übte, das 

5 Hauptinittel geweſen, die infolge der rapiden Ausdehnung der Goßnerſchen Kolsmiſſion 
wachſenden Unterhaltungsmittel zu befchaffen. Sehr begeiftert war Plath für die deutjche 
Rolonialpolitif und er trug ſchwer daran, daß es ihm nicht gelang, eine Goßnerſche Miſſion 
in Deutſch-Oſtafrika zu begründen, da ſich die bejonnenen Freunde nicht davon überzeugen 
ließen, daß ein foldhes neues Tojtipieliges Unternehmen ing Werk gefebt werden fünne, 

10 ohne die alle Kräfte des kleinen Vereins in Anfpruch nehmende Kolsmiſſion in verbäng: 
nisvoller Weife zu fchädigen. 

Neben der großen Xiebenswürdigfeit, der aufopferungsvollen Selbſtloſigkeit, und der 
unermüdlichen Treue, die Plath auszeichneten, darf aber auch nicht verfchiwiegen werden 
daß er etwas bon einem Ginfpänner an fich hatte, manchmal durch munderliche Speku⸗ 

15 lationen überrafchte und nicht jelten von feinen Fachgenoſſen gefonderte Wege ging, ven 
denen er ſchwer abzubringen ivar. So tfolierte ihn auch fein — wie er ihn bezeichnete — 
„großkirchlicher“ Standpunkt, der ſich 3. B. dadurch charakterifiert, daß er zur Feier des 
50jährigen Jubiläums der Kolsmiſſion nicht bloß die anglikaniſchen Hochkirchler, fondern 
auch „die “VPriefter, Mönche und Nonnen der katholiſchen Kirche in Ranchi“ emladen 

20 wollte, ein öfumenijcher Idealismus, den er angefihts der Oppofition der ſämtlichen 
Kolsmiffionare, die mit den Vertretern diefer beiden, ihre eigene Arbeit fo ſchwer ſchädi⸗ 
genden Gegenmiffionen ein YJubiläumsfeit gemeinfam zu feiern für unmöglich erklärten, 
nicht durchzuſetzen vermochte. Nur für die Teilnahme der anglilanifchen Geiſtlichkeit fand 
fih cin zu Plaths Freude unanftößiger Ausweg. ed. 


25 Platine, Bartolomeo, Tbeolog und Humanift, gejt. 1481. — Eeine 
Edriften: Opus de vitis ac gestis Summorum Pontiff. ad Sixtum IV. P. M. deductum 
. pr. Venetiis 1479); über die zahlreichen jpäteren Ausgaben ſ. Molleri Dissertatio de 
B. Platina, Altd. 1694); Historia inclytae urbis Mantuae et seren. fam. Gionzagae, 11. VI, 
ed. Zambecius, Viennae 1675; über fonitige Schriften vgl. Niceron, Hommes illustres p. VIIL 
30 Bon der Papſtgeſchichte erfhien nod) 1888 eine englifhe Ueberjegung. — Litteratur: Tire: 
boschi, Storia_d. letterat. ital. VI, 1; VI, 2; Acriſi, Cremona litterata I, 310eq.; Gaspar 
Veronensis, De Gestis tempore Pauli II. (Wuratori, Rer. Ital. Script. III, 2, p. 103; 
eipberg, Die polnische Geſchichtſchreibung des Mittelalters (1873), S. 351f.; Voigt, Tie 
Siederbefebung des Hajj. Altertums (2. Aufl. 1880f.) IL, 237 ff.; Burdhardt, Die Kultur der 
35 Nenaijjance (3. Aufl.) II, 277f.; Creighton, Hist. of the Papacy, III (1887), 2i4f.: 
Schmarſow, Melozzo da Forli (1886), &. 25f. 42f. 338f.; Biſſolati, Le vite de due ill 
C'remonesi, Milano 1856; Chevalier, Repertoire des sources de l'hist. du Moyen Age 
1877 ff.; 1888; Paſtor, Gefch. d. Päpſte II (3. u. 4. Aufl. 1904). 
Der Verfafier der erften Gefchichte der römiſchen Päpſte, Bartolommeo Sacchi aus 
10 Piadena (daber Platina) in der Nähe von Cremona, war 1421 geboren, ftudierte unter 
Ugnibene Bonifoli in Mantua und wurde Erzieher der Söhne des Markgrafen Lodovico 
Gonzaga; 1457 ging er nad Florenz, um bei Argyropulus Griehifch zu hören und fam 
1462, wabrfcheinlih in Gefolge des Kardinals Francesco Gonzaga, nach Rom, mo a 
einige Pfründen und bei der Neubeſetzung des Abbreviatoren-Nollegums unter Pius II. 
5 1164 auch in diefem cine Stelle erbielt. Jedoch nur für kurze Zeit, da Paul IL im 
nämlichen Jahre die Anordnung feines Vorgängers rüdgängig machte und fo Platina 
neben andern feine Stelle twieder verlor. Aufs tiefſte gefränft und ſchwer geichäbigt 
ſchrieb Platina im Namen aller ſcharf an den Papſt, Da Audienz veriveigert wurde; er 
erreichte dadurd nur, daß er verbört, in den Nerfer der Engelöburg getvorfen und der 
so Folter unterzogen wurde, ja ſchon ging das Gerücht, der erzümte Papſt wolle ihn ent: 
baupten laffen. Wach vier Monaten ließ ihn Diefer jedoch frei, nadidem man neben ibm 
noch den Vorſteher der „Römiſchen Akademie“, Pompenio Leto, inden man ihnen 
Attentatsgelüfte gegen den Papſt andichtete, wegen angeblicher heibnifch-republifaniicher 
Verſchwörung ſcharf bergenommen hatte. Ein Dritter, mit dem Akademienamen Gulli: 
65 machus, entflob. Zu Rang und Stellung kam Platina erjt twieder durch Pauls I. 
Nachfolger, Sixtus IV., der ibm eine Stelle als Vorfteher der vatikaniſchen Bibliothek 
übertrug, welche er bis zu feinem Tode bekleidet bat. 
Unter feinen gelebrten Arbeiten fommt bier in Betracht feine Lebensbeſchreibung Nr 
Päpſte, Die er auf Verlangen des Papſtes Sixtus IV. fchrieb und unter dem Titel: 
60 Opus in vitas summorum pontificum ad Sixtum IV., zu Venedig im Sabre 1479 


486 Klaton Plitt 


öffentlichen Luſtbarkeiten abſtellen und wenn fie das gethan, bin ich bereit, öffentliche Geber 
zu veranlaflen und felbft zu balten. Die Ausbrüde feines Mißfallens am Add mi 
den reichen Klaſſen — fo erzählt Clarke von feinem Beſuche des Metropoliten im Perewa 
Hofter — waren ftreng und ungetwöhnlid (strong and singular), ebenjo die Weile, wi 
5er die unumfchräntte Macht des Kaiſers (Alerander I.), die ihn umgebenden Geahe 
und die Unmwahrfcheinlichkeit baldiger Verbeſſerung ſchilderte. P. erlebte nidyt mehr der 
feffelnden, auch religiöfen Wandel wie in dem Leben des Kaiſers, fo auch für kurze Zat 
am Hofe und in der ganzen ruſſiſchen Gefellichaft. Er ftarb, 75 Jahre alt, in dbemielben 
Sahre, in welchem Napoleon in Moskau einzog und auch wieder die in Flammen af: 
10 gegangene Stadt — für Rußland ein Gottesfeuer — verlaffen mußte, in demſelben Jahre, 
ba als ein laut redendes Zeugnis des anhebenden Umfchlages die Bibelgefellichaft gegründe 
wurde, die dem ruffiichen Volt das Wort Gottes in feiner Mutterfpradhe gab. Der we: 
ftorbene Metropolit war aud ein Wegbereiter diefes Wandels; feine tüchtigiten Schüler, 
nun in hoben firchlichen Stellungen, die eifrigiten Förderer der ſtaunenswerten Bibd: 
15 verbreitung im meiten ruffiichen Neiche mährend des erjten Jahrzehntes nad) dem Tode 
Platons. D. Daltsn. 


Plenarien. — Litteratur: J. Alzog, Die deutſchen Plenarien im 15. und zu Anfang 
des 16, Jahrhunderts (1470- 1522) in: Freiburger Diöceſan-Archiv VILI (1874), ©. 35H. 
Die deutſchen Plenarien vor der Reformation in: Hiſtor.-polit. Blätter für das kath. Teutid- 

2 land, 8577 (1876), ©. 17ff.; Franz Falk, Die Drudkunit im Dienſte der Kirche zunäcit in 
Deutichland bis zum Jahre 1520 (Schriften der Görres-Geſellſchaft), Köln 1879, S. 29ff. — 
Berzeichnifje von deutſchen Plenarien bieten: 1. Ludwig Götze, Neltere Gejchichte der Bud: 
drudertunft in Magdeburg I. (Mugdeburg 1872), S. 28ff. (51 Nummern); 2. Alzog a.a.&, 
E.260 ff. (38 Nunmern); 3. Tüb. THIS Bd 56 (1874), &. 690 ff. (13 Niunmern); 4. Hifter.: 

25 polit. Blätter, Bd 77 (1876), ©. 38 ff. (60 Nummern); 5. Falk a. a.D., ©. 80ff. (99 Nummen). 
Ueber niederländiihe Plenarien vgl. Campbell, Annales de la typographie n&erlandaive au 
15. siecle 1874. — Auszüge aus den Predigten der Plenarien bei Alzog a. a.D. ©. 4; 
Cruel, Geſchichte der deutſchen Predigt im Mittelalter, 1879, ©. 533 ff. — Ueber einige 
fiinitlerifhe Blätter eines Augsburger Plenars vgl. Bredt in: Anzeiger des germaniiden 

30 Polionehnuſeume, Nürnberg, 1901, S. 123ff. -- Eine gründliche, abfchliehenbe Unterjudung 
e 104). 

Mit dem Namen Plenarium (liber plenarius) bezeichnete man im früheren Mitte: 
alter ein Miſſale, das alle liturgiſchen Stüde in fich vereinigte, Die zu einer Mehfeter 
überbaupt gehörten. ‘Das missale plengrium (oder einfady plenarium) bot aljo alls 

35 vereint, was ſonſt im Der Regel getrennt im Sacramentarium (die vom Prieſter zu 
[efenden Meßgebete u. f. w.), im Graduale (die Gefangsftüde des Chors) und im Lec- 
tionarium (biblische Yefeitüde, ‘Berifopen) nebeneinander ftand. Daher mag fidh mobl 
der Name erflären. Solde Plenarien gab es nachweisiih Schon im 9. Jahrhundert; die 
bandjchriftlih erbaftenen Sollen nicht über Das 11. Jahrhundert zurüdgeben (Thal⸗ 

40 bofer, Handbuch der katholiſchen Liturgik I, 17). -- Sm fpäteren Mittelalter übertrug 

man dieſe Plenarien ins Deutſche und fügte Erflärungen, Beifpiele und Darlegungen 
der Mepgebräude bei. Indeſſen baftete der Name keineswegs nur an diefen Meß— 
büchern, ſondern diefen Namen trugen ebenſo Schriften, die im mefentlichen nur die ſonn—⸗ 
und feittäglicden Epiſteln und Evangelien mit „Gloſſen“ oder „Poſtillen“ über die Evan: 
gelien entbielten. So beigen die Plenarien auch vielfach Evangelienbücher, ja aud die 

Bezeichnung Poſtillen wird auf fie angewendet. Jedenfalls follten dieſe Bücher der 

Privaterbauung dienen. Ob die „Slofjen“, wie man vermutet bat, wirklich auf die 

„myſtiſchen Sottesfreunde” zurüdzuführen find, müßte erft genauer unterjucht werden. 

Tiefe ganze Yitteraturgattung war vielleicht nur buchbandlerische Spelulation; um em 

50 neues Plenar berzuftellen, bedurfte es nur eines Momptlators oder Nedaftors. Merl: 
würdigerweiſe verſchwindet dieſer Zweig religtöjer Erbauungslitteratur fett der Neformatione: 
zeit. Bis jetzt iſt kein Plenar nachgewieſen, das jünger al3 1521 wäre. P. Drews. 


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litt, Guſtav Leopold, geit. 1880, 

9. L. Plitt, lutheriſcher Theolog, bier mabefondere zu nennen ala Mitherausgeber 
dieſer „Nealencyklopädie“, war geboren am 27. Marz 1836 zu Genin bei Zübed als Schr 
des dortigen Paſtors litt und feiner Gattin, geb. von Mauderode. Er verbantte die 
eriten tieferen Eindrüde, welche feinen nachmaligen dhriftlichen und tbeologiichen Charaktet 
bejtimmten, dem edlen Elternbaufe, in deſſen reichem und gefegnetem Familienkreiſe er feine 
Knabenjahre verlebte. 


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Grlanzen 1-73. 

Weitere und Seotar: mirsrize Birne Mransun Ib dem nun ın Der Alute is 
Alannesalı ers Zriınen zur Gr zorakss Sonne Einselttudten uber Die Geichichte dur 
Kefermatien, Me unermullt rer ra den vericteteniten Zeiten Ttch ausdehnen 
man nal. Dre Abrandlunaen uber „\stofos Zrasfeester von Eiſenach, Den Yebrer Yutbere”, 
Grlangen 1278, ufer „io wur erfuin vurkerbio En ‚ Erlangen 1876, und „Gabriel 
Biel ale Krctiaet ——— Erlenaen I, hlicplich su einer Birgrapbie vutbere 
zuſammenzufgnen, tim zur den aIrund!ichiten —** lichen Studien berubenden, abe 
gleichwobl nit: tur nz Elite Gelettret, Sondern fur das Deutiche evangeliſche Volt be⸗ 
ſtimmten Wirarasze. Das von ibn begonnene Werk wurde nach ſeinem Tode von 
ſeinem Freunde, Azsurimalter E. x Leiten in Lubeck, vollendet; es erichien 188; 
I. Ausg. Det. 3ꝛu Sabre 1877 werner Stck mit Dem Begründer dieſer „Neal: 
encyklopadie, LrrtWer . . Berıoa, um mit dieſem Das Wert neu zu bearbeiten. Er 
war zur Betetliaun; on Der Hernusaabe Der Realenepklovadie Durch Feine umfaſſenden 
theologiichen Kenntnuie, Seinen ziernen Fleiß, ſein organiſatoriſches Talent, feinen weiten, 
von der Entidietent: er kirchlichen Stellung keineswegs eingeengten Morton be 
ſonders geeignet. 

Aber nach Here Willen sell Plirt auch Dies Werk nur etwa bis zur Hälfte vol: 
enden. Zcen tim inter 1=7175 wwigten ſich ber ibm Die eriten Spuren der Hals— 
und Bruſtkrankbeit, vweldeer er inte Jabre danach zum Opfer fiel. Zwar ſchien die 
Krankheit nach ihrem eriten Auftreien nachzulaſſen und vorüberzugeben. Aber am Schlum 
Des Zommertemelters 1876 erjaß tw ihn Die Krankheit aufs neue, er lag Die Ferien hr 
durch franf, ebenſo Ten großten Teil Des Winteriemeſters 1876/77, und ſah ſich durch 
Das andauernde Leiden genötigt, für Das Sommerſemeſter 1877 und für Das Winter: 
jemefter 1877 78 behuis jener Erbefung Urlaub zu nehmen. Der Aufenthalt in Reden: 
ball während des Sommers und in DTavos während Des Darauffolgenden Winters Ratte 
eine underfennbar gunſtige Wirkung; mit Freude und Zuverſicht begann Plitt im 
Zommerjemelter 1578 eine unterbrochene Thätigkeit aufs neue; aber Die zeitweilig nl: 
geſtandene Krankheit Lam am Ende des Winterſemeſters 187980 zu erneutem Ausbrud. 
Es war je letztes Krankenlager, ein langwieriges und ſchweres — Die Erprobung und 
Bewäbrung feines ausgereijten chriſtlichen Ebarakters. Wobl befeelte den erſt im 45. Vebens 
jabre, inmitten einer glucklichen Häuslichkeit, eines Kranzes eben berantvachjender Kinder, 
eines geſegneten Berufes ſtehenden Wann der Wunſch einer längeren Lebensdauer, und 
Die Natur der Krankheit brachte co mit ſich, daß dieſer Wunſch zur Hoffnung ſich ge 
ſtaltete. Aber als dieſe Hoffnung durch die zunehmende Schwäche ſich ihm als vergeblich 
erwies, Jab er mit voller chrüftlicher Klarbeit und Gefaßtheit dem Tode ins Angeſicht 
Wenige TI Tage vor ſeinem Abſcheiden diktierte er noch ſeiner Gattin Worte der Mahnung 
und des Troſtes als geiſtliches Vermächtnis ſur die Seinen; am Abend vor ſeinem 


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490 Bönitentiarins Pöſchl 


aus anderen Ländern giebt Thomaſſin a.a. O. Kap. X, Nr. VIf.) Das tridentiniſch 
Konzil beitimmte endlich sess. XXIV, cap. VIII, de reform.: „In omnibus etian 
cathedralibus ecclesiis, ubi id commode fieri poterit, poenitentiarius aliquis 
cum unione praebendae proxime vacaturae ab episcopo instituatur, qui 
magister sit vel doctor aut licentiatus in theologia vel jure canonico, et an- 
norum quadraginta, qui aptior pro loci qualitate reperiatur, qui, dum con- 
fessiones in ecelesia audiet, interim praesens in choro censeatur“. Näbere &: 
läuterungen über dieje Verordnung find durch die Kongregation für das Tridentinum 
ergangen und mitgeteilt bei Ferraris bibliotheca can. s. v. canonicus, Art. IX, 
nr. 47 8q. und in der Nichterihen Ausgabe des Konzils zu diefer Stelle S. 34. 38. 
Vgl. auh Le can. cont. 24, 235. Bei den neueren Einrichtungen der Tomtapıd 
ijt mehr als bisher auf die Beitellung eines eigenen Kapitularen für die Bertretung ie 
Biſchofs in den Reſervaten (ſ. d. A. Casus reservati, Bd III, 752) Nüdficht genommen, 
wie in Bayern, Preußen, der oberrbeinifchen Kirchenprobinz, der Schweiz. — Ein eigme 
Poenitentiarius major (Großpönitentiar) ftebt in Nom an der Spiße der Poeni- 
tentiaria (f. d. A. Kurie Bd XI, 178; vgl. Bangen, Die römiſche Kurie, Müniter 1854, 
S. 419f.). As Vertreter desfelben erfcheinen die poenitentiarii minores, melde in 
St. Meter, im Lateran und in St. Maria Maggiore für die Gläubigen aller Sprachen 
beſtehen (Hinſchius, AR. I, 431). (8. 3. Jacobſon F) Sehling 


Pöſchl, Thomas, irrfinniger Chiltaft, geſt. 15. Nov. 1837. — Litteratur: 
Die Sekte der Pöſchlianer in Cberöjterreih i. d. 3.1819, 2.%. 1822, 2. Würth, Die pre 
teſtantiſche Pfarrey Vöklabruck (1812—1825). Ein Beytrag zur Kenniniß des Zuſtandes der 
Proteſtanten in Oeſterreich und der Pöſchlianer jener Gegend, 1826 A. Klein, Geſchichte dei 
Chriſtentums in Oeſterreich und Steiermark, 7 (1842) ©. 200f.; F. 2. Zillner, Die Röfchlianer 
oder betenden Brüder in Oberöſterreich, 1860. SA. a. d. Allgem. Ziſchft. ſ. Pſychiatrie, 17.8; 
v. Wurzbachs Viographiiches Lexikon des Kaiſertums Defterreich 23 (1872), S. 19-23 wm 
die Quellen dajelbit; Fr. H. Reuſch, AB 26 (1888), S. 454f. und die Quellen bajelbi; 
M. Hiptmair, Thomas Pöſchl im Lichte feiner Selbſtbiographie, 1893; TH. Wiedemann, Die 
religiöje Bewegung in Oberöſterreich und Salzburg beim veginne des 19. Jahrhundert 
1890, und die hier S. VII---IX angeführten Quellen (vgl. die Rezenſionen: THRB 1891, 9, 
236 „Allgem. Ztg.“ 1891, Beil. Nr. 63ff.); Kühn in Weper u. Beltes irchenlertton 10° 
(1897), ©. 118—121. 

Thomas Pöſchl, am 2. März 1769 zu Höritz (Böhmen, Kreis Budweis) geboren, 
ein beſchauliches, träumeriſches Kind, ein mittelmäßiger Schüler, erhielt auf ſein, der 
Mutter und eines pietiſtiſchen Cifierzienfers Drängen vom Vater, einem Zimmermann, 
die Erlaubnis zur geiftlichen Yaufbahn. Gebildet zu Linz und Wien, nicht ohne die Nöte 
eines Bettelftudenten, Tudmäufer und Betbruder geicholten, von feinen Lehrern als fleißig 
und fittfam bezeichnet, wurde er, im Jahre 1766 geweiht, Kooperator und Katechet zu 
Braunau am Inn (1804), zugleich Direktor der Stadtſchule; troß eigenen Leidens voll 
Aufopferung in den Zpitälern. Seitdem er als Galgenpater den ev. Buchhändler Palm 
zur Mordſtätte begleitet (1806), an deſſen Witwe er erjehütterte Briefe fchrieb, wurde er 
ſchwermütig und von glübendem Hafje gegen Napoleon als den leibbaftigen Teufel er— 
füllt. Palms Blut ſchreie nad Zühne, dort, wo es gefloffen. Infolge feiner donnem— 
den, auch den Klerus nicht fchonenden Predigten galt P. den einen als Heiliger, den 


s.anderen als Narr. Damals traf ihn der als göttlih erfannte Ruf der „Brüder und 


und Schweſtern in Zion”, Des fatbolifchen Zweiges der durch die Kriegswirren und bie 
nerböfe Erfeböpfung im „Yandl“ erwachten myſtiſch-chiliaſtiſchen Bewegung. Somobl zu 
Boos (f. N A. BdIII, 317) als zu Sailer (ſ. d. A.) Stand er in Beziehung, aber ‚ohne 
Ihre Intberanifierenden Gedanken zu teilen. 

Auf die Klagen von Braunauern wegen ſeines Treibens, namentlich der vielen im 
Religionsunterricht eingeſtreuten Teufelsgeſchichten, wurde er nach Ampfelivang in Haus 
rudviertel verfeßt, als von Dem getreueften Selfersbelfer des oberften Teufels Napoleon, 
dem König von Bavern, feinem damaligen Yandesberren. 

Wieder fand er viel Zulauf und Vertrauen; Die Zioniſten verlegten ibr Haupt 
quartter ihm nad. Sehr einflußreich wurde das „Herzbüchlein“, neu herausgegeben bon 
Goßner 1. d. A. Bd VI 770), der freilich den Vorwurf, zu den Pöfchlianern zu 
gebören, ale Schimpf betrachtete und Meder mit ibrem Kommunismus noch mit ihren 
Viſionen etwas gemem baben mochte. 

Die Wölferfchlacht bei Yeipzig brachte in Pöfchl den Wahnſinn zum Ausbrud. Ge 


vo ſtützt auf die Offenbarungen jeiner Pythia, der Krämerin Magdalena Sidinger get. 


492 Poiret 


laſſenen Korreſpondenzen und ſeine Bibliothek verfügte. Er war Ps Geſinnungsgenoſf, hält 
ſich aber von jeder Uebertreibung, geſchweige Lobhudelei frei. Ueber die Bourignon, die 
damals freilich ſchon 40 Jahre tot war, hat P. ihm wohl nicht viel mitgeteilt; am brie: 
lihen Vertehre B.3 mit der Frau Guyon geht er faſt vorüber: fein Bericht aber wird bunt 
5 die fonjtigen zerjtreuten Nachrichten über P. aus jener Zeit nur bejtätigt. Die Arbeit it in 
De goddelyke huishouding, 2de deel, 1723, Byvoegsel bl. 31—86, gedrudt unter dem Titel: 
Kort verhael van des schryvera Petrus Poirets leven en schriften; wie id; vermute, bie 
Ueberfegung der P.s Posthuma vorangehenden Comment. de vita et scriptis Poireti. 36 
habe dieſe Posthuma nicht auftreiben fünnen. Auch über P.s Werke werden in diejem Ver- 
10 hael die unvolljtändigen Angaben der Bibl. Bremensis, welche Niceron u. N. nur wiederholen, 
ergänzt. Neben diejen Verhael bieten das Befte über ®. Ypey, Geschiedenis vande krite 
lyke kerk in de achttiende eeuw, 1809, X, bl. 510-531; derf., Gesch. der Systematische 
Godgeleerdheid. III, bl. 46-—61 und Göbel, „Geſchichte des chr. Lebens in der rbeiniich-wei- 
phälifchen evang. Stirche“, III, 1860. Ypey, der Kirchenhiſtoriker in Groningen, bat jleikig nad 
15 B., deſſen Leben, Ideen, Schriften, geforiht und mandes von ihm gelefen. Göbel wurk 
aud) fonjt öfters auf P. hingelenft, befonders aber bei feinen ausführlichen Mitteilungen über 
und aus Terjteegen. Xepterer nämlich hat zwar P. nicht mehr periönlich gefannt, auch von 
Beziehungen des in Holland lebenden Franzoſen zu den niederrheiniihen Kreiſen, denen Ter- 
jteegen entitammıte, verlautet wenig oder nichts; aber bei Terſteegens vielen Bejuchen in Hol 
20 land ijt er Freunden P.s, welche ihn überlebt hatten, ſehr nahe getreten, u. X. bem Arzte 
Dr. Schrader in Amſterdam (Leeuwarden?), u. hat er ſowohl den Autritt betommen zu P.s binter- 
lajjener Bücherſammlung (Göbel III, 317, 333 Fußnote), wie er einiges Handſchriftliche aus 
P.s Nachlaſſe ererbt hat (ib. ©. 335). Was Werte allgemeineren Inhalts, Gottfried Arnold, 
Ritſchl imIII. Teile feines „Pietisimug“, Dr. Hylfemas Reformateurs, Haarlem1900 u. 1902, u.bal. 
25 über P. haben, bietet wenig Neues. Cine eingehende Arbeit über B. fehlt bis jept, ebenio 
eine volljtändige und zuverläfiige Biblivgraphie feiner Werte. Die ausfüihrlichfte Liite der 
Auflagen diefer ſowie aller älteren Notizen über ibn u. a. in van der Aa, Biographisch 
Woordenboek. Bon jeinen Papieren finden jich vielleicht noch einige unter denen der Bon: 
riqnon in Kopenhagen und Terjteegens auf der Otterbed beiolbort, nördlid von Elberfeld; eine 
Menge von P. eigenhändig für den Drud fertig geitellter Abjchriften von Arbeiten der Bau: 
riguon, von ihm felber verfaßter Abhandlungen, jowohl herausgegebener al& ungedrudter 
Konzepte aus jeiner Feder zu verfchiedenen Schriften ſowie folde feiner Briefe an A. M. 
van Scürman, Serarius, Yvon u. ſ. w., in der lUniverfitätsbibliothet zu Amfterdam. 
indeſſen 


P. wurde 1646 in Metz geboren der Sohn gebildeter reformierter Eltern; 

35 war ſein Großvater noch Katholik geweſen. Im früheſten Alter wurde er Waiſe. er⸗ 
lernte das Rupferjtechen - - das Bild Antoinette Bourignons iſt von ihm geſtochen — 
aber wandte ſich bald theologischen und Hitterarifchen Studien zu; ſchon in feinem 
16. Jahre war er als Yebrer der franzöfiichen Eprache in Buchsweiler (Damals Hanauiſc, 
im Elſaß) tbätig; lebte dann, ftudierend, franzöftich Iehrend, bald auch in diefer Sprache 
so predigend, in Baſel, Hanau und feit 1668 in Heidelberg, überall die Gunft angefebene 
Männer, jo des Johann Rudolf MWettjtein in Bafel, des Daniel Spanbeim und 6 
Fabricius in Heidelberg geniehend, wie ſchon in Me der Hauptpaftor David Ancillen, 
der Water des Berliners, ihm feinen Schuß angedeiben ließ. In Bafel ftieh er zu 
fällig auf Schriften des Gartefius, welche ihn mächtig feſſelten und deren logiiche un? 
5 metbodische Schärfe, auch als er in fpäteren Jahren dem Gartefianigmus tie jedweder 
Philoſophie den Abſchied gab, Doch nie ihre Nachwirkung bei ihm verloren. Sodann lee 
er a Kempis und Tauler; bejonders aber fühlte er fih angeregt von einem pfeudo- 
nymen Golländer, Dem Freunde Des Arias Montanus, des Verleger? Plantin, des Ca: 
jtellio, welcher unter dem Namen Emmanuel Hiel (er hieß Hendrif Jansz. van Baur: 
so neveldt, war Mennonit, ſpäter Anhänger des Hendrik Niclaes: ſ. Nippold in Nie 
ners Zeitſchrift 1862) in der 2. Hälfte Des 16. Jahrhunderts den Akkerschat, „Ader: 
ſchatz“, ſowie Erklärungen biblifcher Bilder u. ſ. w. herausgegeben hatte, ſelbſtverſtändlich 
bolländifch, denn der Autor verftand nur dieſe feine Mutterſprache. Doch gab es zu Rs 
Zeit Davon eine franzöfiiche, jegt wohl verjchollene UÜberfegung. Es muß wohl der relı: 
giöſe Nealismus -— im Gegenſatze zu jeder nur Begriffe, Kehren, Ideen enthaltenden Re 
ligion geweſen jein, welcher obngeachtet Der verworrenen Auseinanderfegungen in Hiel 
dem P. fo ſehr zugeſagt bat: ſ. P., Bibliotheca mysticorum selecta, ed. 1708 
p. 176644. - Nachdem er eine Zeit lang bier und da, auch in Heidelberg und Mann: 
beim, zur Aushilfe den Dienſt in der franzölifchen Kirche verſehen hatte, nicht immer zur 
Befriedigung weder des pastor loci noch der Gemeinde, der fein Drängen auf inneres, 
echtes Chriftentum wenig gefiel, wurde er 1672 franzöſiſcher Pfarrer zu Annweiler in 
Malz weibrüden. Hier bat er er batte ſich inzwiſchen mit einer wohl begüterten 
Witwe aus feiner Geburtsſtadt, Claudia tin, Witwe Grandidier, verheiratet — Die Greud 


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twofelbft feine Frankfurter | 


Secien beiahen, freundlich pelodt 
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und Zufägen, welche jeinen veränderten Gefinnungen Rechnung trugen. Ex 10 
== die ourignon in Holland gejucht, war, als er börte, fie lebe WE in Ham⸗ 
vorhin geeilt und —* eim —* —— ihr Se lee 
ngen end, * ibm eine jo 
Wink, © Seine, iu venled. @eben mit Gott, Selbitverleugnung, obne jed« 





us, Philoſophie und Ki  Seltentva 
und ei nt Denfen des Nabrbunderts enden böfen Sei 
— —2 Ir —— ah: getönt. 


er — 
eb, ne ale ce Br, bis jegt ihn —— 


Dienfte verharrt; fie auf ihren Fahrten von 
en und von ba nach Staneler begleitet; 


ebrfah nad) Holftein ss | 
| n wieder 2 de Toutes les 
oeuvres de M. Autolnetts Bou zu —— "I — in 8°, 1679—1686. 


— — — — 
* - | 


er 





498 Poiſſy 


riſchen Lehrbegriffes. Bald darauf, un Frühjahr 1561, ließ König Anton von Navarra, va 
neue Gencralftatthalter des Königreiche, Die deutſchen evangelifchen Fürften auffordern, Be 
fandtichaften mit Verwendungen für die franzöfiichen Proteftanten an den Hof abzuortne, 
worauf er Ddeuticherfeits ermahnt twurde, die Ausgsburg. Konfeifion zur Annabme a 

5 bringen, und zwar befonders im Punkte der Lehre vom Abenpmabl. Welch ein Triumph, 
wenn Anton mit feiner ganzen Partei und vielleiht gar mit dem ganzen Yande um 
lutberijchen Lehrbegriffe fich befennen follte! Beſonders Herzog Chriftopb von Rürttm- 
berg zeigte jich in diefer Meife tbätig. Bereit am 12. Juni fertigte er einen beſonderen 
Sefandten an Anton ab, mit einem Exemplar der A. Konf., des neuen mürtt 

10 Befenntniffes und verfchiedener anderer Bücher der Iutberifhen Theologen. Zur Durh 
führung der Neformation drang er auf ein Nationallonzil. Diejelben Bücher überſandte 
er dem Herzog von Guiſe mit der Bitte, zu prüfen, ehe er verfolge. Der mürttembergiid 
Geſandte fand die Prälatenverfammlung, die ald Nationallonzil handeln follte, berens 
ausgejchrieben. In diefer Beziehung war jeine Botſchaft alfo überflüflig geworden 

15 Aber des Herzogs Nat, proteftantische Theologen beizuziehen, fand Aufnabme be dem 
Könige und der Negentin, und auch feine Empfehlung der A. Konf. blieb nit ohne 
Nachwirkung. Am 25. Zuli verfündigte ein föntgliches Patent allen, die in der Fe: 
gionsangelegenbeit zu Poiſſy etwas vorbringen würden, freies, ficheres Geleit. Tie ia 
tbolisch gejinnten ‘Jrälaten gingen in dem Einne darauf ein, daß Die reformierten Pre 

20 diger aus der Schrift und den Kirchenvätern widerlegt werden follten. Der Kardinal 
von Lothringen verfprach dies zuverjichtlih und begehrte feine anderen Maffen als ix 
Schrift und die Kirchenväter. Er nahm fib aud vor, den Zwieſpalt zwiſchen Lutbe 
ranern und Neformierten zu benußen, um diefe in die Enge zu treiben. Die Reformierten 
dagegen waren voll Freude und Hoffnung. 

25 Demgemäß wurde alſo die Sache des Kolloquiumd von allen Seiten betrieben. 
Schon vor dem 25. Juli ging ein Bote mit Briefen von Anton, Condé und Golige 
und der Gemeinde zu Paris nach Genf ab, um Beza zur Teilnahme einzuladen. Dieſer, 
nächſt Calvin dag Haupt der Genfer Reformation, war dur feine Umgangsformen, fein 
Kenntniffe, feine Gemandtbeit der dazu geeignete Mann. Auf den Befonderen Run 

30 der Megentin wurde auch ihr Landsmann Peter Martyr PVermigli, damals Profeſſor m 
Zürich, berufen. Ebenjo wurden die deutfchen evangelifchen Yürften gebeten, ibre The: 
logen abzufenden. Allein bei der berrichenden konfeſſionellen Spannung fonnte man fib 
über die den Theologen mitzugebenden Inſtruktionen, Die man doch gleichförmig zu machen 
twünfchte, nicht einigen. Nach langen Verhandlungen zogen es die deutfchen Fürſten ver, 

3 auf eine große gemeinfame Gefandtichaft an den franzöfifchen Hof au verzichten (vgl. 
Kluckhohn, Briefe Friedrichs des Frommen, Kurfürjten von der Pfalz I, 208). 

Beza war jogleid bereit, die Einladung anzunehmen, aber die Genfer Regierum 
empfand es übel, daß man fi bloß an Beza, nicht aud an fie geivendet, ba fie ihm 
den Urlaub zu geben batte. Da zugleich die Züricher Bedenken äußerten megen Martyre 

40 Abjendung, da die Runde einlief von einem neuen barten Edikte gegen die Reformierten, 
jo fand man «8 in Genf nicht ratjanı, Beza, auf dem obnebin ein Kontumazurteil ale 
auf einem um ber Religion willen Ausgewanderten lafte, wegziehen zu laffen, und er 
mußte mit ſchwerem Herzen an die Gemeinde in Paris fchreiben, er werde dem Kolle 
guium nicht beiwohnen. Tiejer Brief war für die Prediger, welche ſchon anfingen, ſich 

4, einzufinden, und für die Häupter der Neformierten am Hofe ein wahrer Donnericlag. 
Sogleich erliegen fie an Beza ein dringendes Schreiben, doch ja ihnen feine Hilfe nicht 
zu verfagen (10. Auguſt 1561), und Anton von Navarra mußte an die Herren von Genf 
ſchreiben und fie bitten, Beza zieben zu laffen. Das wirkte. Während Martyr noch ın 
Zürich feitgebalten wurde, trat Beza am 17. Auguſt feine Reife an und traf am 22. Auguft 

son Paris ein. Die Freude über feine Ankunft war um fo größer, als unterdeſſen bereits 
große Bejorgnis entftanden war wegen der Anjchläge der Gegner. Am anderen Tage, hieß 
es, jollte Franz von Guiſe mit einem tüchtigen Saufen bei Hofe eintreffen, daher Goligny 
mahnte, man jolle allentbalben Hilfe zufammenraffen und fie auf das Allerjchnellite an 
das Hoflager ſchicken. Zoldies ſchrieb Beza an Calvin in Genf drei Stunden nad feine 

65 Ankunft in Paris. Gr ſetzt binzu: „du ſiehſt, welch ein QTumult bevorfteht, wenn be 
Herr nicht auch hierin uns in Gnade bewahrt. Ich für meinen Teil, der ich vielleicht 
in einen Bürgerkrieg, jtatt in ein Kolloquium geraten bin, werde mich hier rubig verhalten, 
bis die Unferigen am Hofe, von meiner Anweſenheit benachrichtigt, mich wiſſen laſſen, 
was ich thun ſoll“. 

en Tiefe Beſorgnis zeigte fih damals als unbegründet, fie follte fich aber fpäter nın 


500 Poiſſy 


rechtſchaffener und durch heilfame Lehren ausgezeichneter Perſonen mögen das Kolloquium 
präfidieren; 3. alle Streitpuntte follen allein durch Gottes Wort im A und RI at 
idhieden werben, als auf welches allein der Glaube ſich gründen kann. Bei ſchwierigen 
Ausdrüden fol man im AT den bebrätfchen, im NT den griechifchen Urtert zu ‚sie 
b nehmen; 4. zwei von jeder Partei beftellte Schreiber jollen Tag für Tag ihre Prototele 
gegeneinander vergleichen, und bieje jollen nur dann als richtig anerkannt werden, mens 
beide Barteien fie gejeben und unterzeichnet haben”. Diefe Bittichrift wurde am 17. Augutt 
in feterlicher Audienz dem König übergeben. Diefer nahm fie gnädig auf und verfprad 
bald darauf Bejcheid zu geben, indem er die Prälaten davon in Kenntnis zu ſetzen ge 
ı0 denke, um momöglih mit ihrer Beiftimmung die Sache in? Reine zu bringen. An 
26. Auguſt berieten die Brälaten über diefes Geſuch der Neformierten. Sie bättn & 
zweifellos vertvorfen, wenn fie nicht den beſtimmten Willen der Regentin gefannt bätter 
So begaben fih am 28. Auguft die Karbinäle nah St. Gerinain, um der Königin mi: 
zuteilen, daß man die Meformierten anbören werde. Aber man fuchte menigitens zu 
15 verbüten, daß der König felbjt dein Kolloquium anmwohnte. Noch am Tag ver der Er: 
öffnung desfelben, am 8. September, fam eine Teputation der Sorbonne an den Het: 
in einer langen Rede beklagte fi der Großmeifter von Navarra über Die von den Fire: 
teftanten verübten Verfolgungen und warnte vor dem gefährlichen Unterfangen, mt 
Ketzern ih in eine Disputation einzulafjen. Aber auch diefe legten Anjtrengungen, um 
20 den König und Die Negentin von Poiſſy, „two ihre Ihren durch die ärgerniserregende 
Lehren der Reber beleidigt werden fünnten,” fernzuhalten, jcheiterten an dem feſten Willen 
des Hofes, die Neformierten zu bören. 
Tags darauf, am 9. September, nabın endlich das Geſpräch feinen Anfang im große 
Refektorium des Nonnenklofters zu Poiſſy. Der junge, damald gut ausjebende Köny 
35 nahın unter dem für ihn errichteten Thronbimmel Play. Er war umgeben von jene 
Mutter, den Prinzen und PBrinzeffinnen des föniglidhen Haufes, den Großmwürbenträgen 
der Krone und vielen Herren und Tamen vom Hofe. Von geiftlicden Herren waren an: 
wejend: Kardinal von Tournon, Präſident der Vrälatenverfammlung, die Karbinäle ven 
Kothringen, von Chatillon (diefer zur Neformation fehr geneigt), von Armagnac, ven 
30 Bourbon, von Guiſe, die Erzbifchöfe von Bordeaur und Embrun, 36 Bifchöfe, die Stel 
vertreter der abivejenden Prälaten, die Abgeordneten der Abteien und Stifter in groke 
Zahl, Doktoren der hl. Schrift, viele Mitglieder der Sorbonne, — überdies Zuhörer in 
Menge Da man dem Kampfe nicht ausweichen konnte, jo mar alles aufgeboten worden, 
um durch Zahl und äufere Pracht im Aufzuge die Hugenotten zu überbieten und, wenn 
35 möglich, einzufchüchtern. Die zwanzig Abgeordneten der reformierten Gemeinden und 
ihre Alteften, im ganzen 34 Berjonen, mußten einige Zeit warten, ehe ſie Zutritt er 
hielten. Als fie Dur die auf beiden Seiten neugierig ſich andrängende Menge binturb 
in den Verſammlungoſaal eingeführt wurden, entfubhren einem Kardinal die Worte: „M 
kommen die Senferbunde”. „Ja wahrlich,” erwiderte Beza, „treue Hunde tbun not ın 
der Schafhürde des Herrn, um anzubellen gegen die reißenden Wölfe“. Die Männer 
blieben am Eingange des Saales ſtehen, denn Site wurden ihnen nicht angewieſen. 
Nachdem der König einige Worte über den Zived der Berfammlung geiprochen hatte, 
ließ er den Kanzler de L'Höpital vortreten, der den Verſammelten die Aufgaben des 
Kolloquiums ausfübrlib darlegte. Die Schlichtung der Neligionsitreitigkeiten durch Ver— 
45 anjtaltung eines Kolloquiums fer berechtigt, weil es für jedem Fürften Pflicht und Redt 
fei, für die Bedürfniſſe der Kirche zu forgen, wenn: fein allgemeines Konzil einberufen 
fer. „Und ſelbſt wenn zur Zeit ein foldies vorbanden wäre, läge darın ein Grund, auf 
diefe VBerfammlung oder auf eine andere, die der König zum gleichen Zweck einberufen 
wollte, zu verzichten? Nein; da cin allgemeines Konzil zum größten Teil aus Nicht: 
so franzofen ſich zufammenfegt, jo iſt es unfähig, die Wünſche und Bebürfniffe Frankreichs 
recht zu würdigen.” Er mahnte dann zur Duldfamteit und Mäpigung. „Dan braudt 
nicht viele Bücher: das Wort Gottes genügt. Das Gewiffen darf nicht vergewaltigt, 
jondern ſoll durch wirkliche und binreihende Gründe überzeugt werden“. Nachdem er ned 
auf die verbängnisvollen Folgen eines eventuellen Bürgerkriegs hingewieſen hatte, deſſen 
65 ziveifelbafter Ausgang nicht nur Frankreich ing Verderben ftürzen, ſondern auch nod eine 
ende Intervention bervorrufen könnte, beſchwor er die Prälaten, Die notivendigen Re 
formen ins Merk zu jegen, ohne die Beſchlüſſe des Trienter Konzils abzuivarten, um 
die Anbänger der neuen Religion jo aufzunehmen, wie ein Bater feine Rinder aufnimmt, 
da fie ja ebenfogut getauft und Chriſten feien wie fie. 
& Darauf rief der Herold: „Theodor von Beza bat das Wort!“ Bea, in ſchwarzer 


502 Roifiy 


dem Kanzler eine Protejtation dagegen ein; diefer wußte es dahin zu bringen, dab de 
Vrälaten ibre Abficht des Verbammens und Abbrechens des Selpräces mwenigitens au 
ichoben. — Am 16. Eeptember fand nun die Sitzung ftatt. Der Kardinal von Yotbringe 
eröffnete fie mit einer langen und ftolzen Rede. Nachdem er von der Pflicht des Ge 

5 horfams gegen den König gefprochen, führte er diefem zu Gemüte, daß er Tiener de 
Kirche ei, verpflichtet, Diejelbe zu nähren und zu erhalten. Tarauf fam er auf Bea 
Rede zu fprechen. Es babe die Prälaten gefreut, daraus zu entnehmen, daß die Refer: 
mierten mit ben Artikeln des apoftol. Symbols übereinftimmten; aber fie hätten übe 
verfchiedene andere Punkte Erklärungen abgegeben, welche vom Glauben der katholiſchen 

10 Kirche abmwichen. 

Als er auf die Lehre vom bl. Abendmahl zu fprechen fam, vermied er es fehr geſchick 
von der Transfubjtanttation und von der Meile zu reden. Er jprad von der leiblichen Gegen: 
wart in einer Weiſe, die der lutberifchen Auffafung fich jebr näberte. Im übrigen enthidt 
er fih aller beleidigenden Ausdrücke. Tie Rede machte auf die Königin und alle Anwein- 

15 den großen Cindrud. Aber vergebens bat Beza, fofort erwidern zu Dürfen und ve: 
gebens baten Die Reformierten um eine Abichrift. Die Rede follte nicht diskutiert merken. 

tah der Rückkehr nah St. Germain wurden Beza und Peter Martyr vom Prinzen 
Condé und Admiral Coligny ins Geſpräch gezogen, die ihre Überrafchung über die Räft 
gung des Kardinals Ausdruf gaben und es beſonders billigten, daß er nichts über die 

20 Meile und die Transfubftantiation gejagt hatte. Wenn je die Königin fie kommen laftı, 
follen fie nur mit vorfichtiger Zurückhaltung über diefe Rede ſich auslaflen. In der Ti 
wurden fie am folgenden Abend zur Königin befohlen. Sie nahnı Peter Martyr af 
die Seite und fragte ibn nad feinem Urteil über die Rede des Kardinals. Er gab zu, 
daß fie in vielen Punkten ſich deckte mit den Überzeugungen der Reformierten und iprad 

35 die Hoffnung aus, daß eine Verftändigung möglich werde, menn man die Abentmahl* 
frage ganz außer Tiskuffton ftelle und jedem erlaube fo zu glauben und zu prebigen, 
wie es nach feiner Überzeugung dem Worte Gottes gemäß fe. Katharina nahm die 
Außerung fehr beifällig auf und ermahnte vor dem Abſchied Beza und Peter Martır 
noch einmal, ſie mögen alles aufbieten, um die Eintracht zwiſchen Reformierten und Aa 

30 tbolifen berzuftellen. Tiefes Verhalten der Königin beiveilt, daß es ihr bei der Beror 
ftaltung des Kolloquiums aufrictig um die Verfühnung der Parteien zu tbun war. 
Wenn diefe nicht zu ftande Fam, jo trägt Katharina jedenfalls nicht Die Hauptſchuld. 

Die weitere Enttwidelung der Angelegenbeit wurde zunächit beitimmt durch das Ein 
greifen des päpſtlichen Legaten, des Kardinals von Ferrara, Onkels der Herzogin von 

35 Guife. Er gab der Königin den Nat, den König von den weiteren Verhandlungen fem: 

zubalten, ebenjo den Kardinal von Tournon und die Mehrzahl der Prälaten, angeblid, 

weil man nad Ausicheidung der intranfigenten Geifter leichter zu einer Werftändigung 
komme, in Wahrheit aber, um auf Diefem liſtigen Weg das Kolloquium jeder offiziellen 

Bedeutung zu entkleiden und zu einer Privatunterbaltung unverantwortlicher Vertreter 

beider Konfeflionen berabzudrüden. Die Königin fiel auf diefe Lift herein. So murk 

auf den 24. September eine Konferenz von je 12 Vertretern beider Parteien einberufen. 

Die Debatte, die wieder refultatlos verlief, jchloß mit der Frage Des Kardinals von 

Lothringen an die Neformierten, ob fie bereit wären, Die Augsburgifche Konfeſſion zu 

unterzeichnen. 

35 Über die Motive des Nardinals zu diefer frage ift viel verhandelt worden. Völlig 
abzuweiſen iſt Die Vermutung, als ob etwa der Kardinal ſelbſt geneigt geweſen märe, auf 
den Boden der lutheriſchen Auffaflung vom bl. Abendmahl zu einer Verftändigung die 
Hand zu bieten. War auch manchen Neformfreunden unter den franzöfifchen Prrälaten 
ein derartiger Wunſch zuzjutrauen, jo waren die Neformierten doch im Necht, wenn fie 

so im Diefer Arage des Nardinals einen geſchickten Schachzug Diejes verichlagenen Politikers 

jaben, um Die franzöfiichen Meformierten mit den deutſchen Proteftanten zu entziveien. 

So wurde dem anweſenden reformierten Theologen eine Abjchrift des X. Artikels der 

Augsburgiſchen Konfeſſion zugeftellt. Tags Darauf verbandelten auf Befebl der Königin 

Biſchof Montluc von Balance und d'Eſpence mit Beza und Nicolas des Gallards über 

eine Nompromißformel, auf die beide Seiten ſich einigen follten. Sie bekam in heut: 

liher Anlehnung an den Tert der Augsburgifchen Konfeſſion folgenden Wortlaut: 

„Nous croyons que le vrai corps et le vrai sang de Jesus-Christ reellement et 

substantiellement, c’est-A-dire en leur propre substance, sont, d’une maniere 

spirituelle et ineffable, prösents et offerts dans la sainte c&ne et qu'ils sont 
sw ainsi reeus par les fideles qui eommunient“. Als aber am 26. September die 


= 


4 


& 


Foiliy 503 


— der —— 
J J — — — 












hatte — in ber * J dom 26. —— 
Jeſuitengenerals Lainez. Am 15. ae 1561 Be hatt Brälatenverjan 
a en Dee Aetıet 2 frankreich verbotenen ENDEN: 
geiprochen. anf bi Aattete Saite, der im Gefolge des on Fer⸗ 
rara nach St. Germain —— eh Te fiihen Prälaten in der Eigu von 
26. September hau ‚ daß er durch beftige —— gegen die —— 
neten und maßloſes üten gegen Die tobestoürbige Reberei etzerei jegliche G t zu 
jeitiger —535 vollends Er behandelte die a als „Wolfe“, e“, 16 
„Aen“, „Mörder“. Un die önigin richtete er die Zumutung, ee ne 
bem Lande jagen und nicht mebr länger anhören sten. Das il in Trient fei er 
öffnet: dort werde man über ihre Sache enticeiden. Er tal iſch und mit folder 
Oegs, ha, dr Kain u Zinänen Anger mu, te er fih, als ob 
er weinte; eben fo feine 8 hätte auch nad) "dem Urteil der 0: 20 
= einem — er angeſtanden als einem Prieſter (Klipffel a. a. O. 1217). 
ja exwiderte. Die Debatte jegte ji bis in die Nacht hinein Für die weitere 
—* ſſion wurde ein Ausſchuß niedergeſetzt, beſtehend aus fünf von katholi—⸗ 
ite und fünf rear reformierter —— unter —— Montluc und d’Eipence, unter 
* "RD ice en. voß Ychıs Chef in 
te diefer Ausihuß die Formel zu ir befennen, in 
einem heiligen Abendmahle * able gebe um ——— die ee Arie 
»eibes und Blutes dur die W ſeines Algen Gef 
Yeib, der für ung geftorben, empfangen und Erin au, ne gei ei dure den Olauben 


r uns gegentwärtig macht und wir diefen as ee Dahrbaftg, und un der | 
für und 06 und natülichen Yeib, er natürliche Blut durch die Kraft des ne 
Sees einpfangen, fo befennen wir im dieſer Weiſe die Gegenwart bes Leibes und 
Blutes unferes Erlöfers im heiligen Abendma * — Alle am Hofe waren mit dieſer 
ormel und Mont es ſchien der ſchwierigſte Punkt erledigt zu fein. Katharina bezeugte s5 


Montluc ihre Billigung, während , damit weniger zufrieden, als hart 
galt; doch wollte er obiger Konfeffion jeine uftimmung nicht gerade verwei⸗ 
uch der Kardinal erflärte, er babe in feinem & nie einen anderen Glauben 


= ehabt, und er hoffe, daß die jammelten Prälaten ſich damit lg geben würden. 
ein dem war keineswegs jo. Als die Formel ihnen am 9. DO) I N 
en fich re ald damit ei rn 
—* — b’ ce hatte Mübe übe, ih — en feiner Teilnahme i und 
der Kardinal von otbringen wurdel haft getabelt; er — ſich daß in 
—— Dingen die Doktoren heller ſähen, deren Urteil er ſich denn — Sofort 
—* sine eng, bei Gem a — und ber — gefa RN ‚die eier anuhöneh 45 
ebener Meigerung, 
und bi AR Ka de — der aus dem on a 


= zu hin, am 18. * 19. ee famen kant wu Ei ologen in — 50 
„bie 


Michael Diller (Bd IV ©. 658) und Beter Boquin (Bb III ©. 320), 

bie Rlürttemberger © atob Beurlin (Bd H ©.671), Jakob Andreä (Bd I 8 —* 
und Balthaſar Bidembach. Seit dem 9. ember konnte fein Km mebr darüber 
ein, daß der Kardinal von —— die —— mit ugsburgiſche 


in die Enge treiben wollte. Deshalb hat man in der —— der 65 
— eine Liſt des Kardinals —— wollen, der die Reformierten und —** 
eiſchen laſſen wollte. Allein mag auch des Kardinals Berufung auf 
mittelbaren Anlaß zur Reiſe jener deutſchen Theologen en Haben 
fiber ift a nach 8 Zeugnis, daß König Anton von Navarra au ener Ent 
jchliefung den Herzog Ehriftoph von Württemberg und den Aurfürften von ber @ 


MM Poiſſy Pole 


Salz um die Zuſendung von Theologen bat, um durch dieſelben eine authentiſche Er 
rung der Auauftana geben zu laflen, die nad feiner Meinung mit dem calviniſchen 
Rekenntnis ubereinftinmte (vgl. die überzeugende Darftellung bei Boflert a. a. O.). Leide 
ſtarb Das Haupt der Gelandtichaft, Jakob Beurlin, am 28. Oktober in Parts, ebe fe 


‚vom Konig von Navarra in St. Germain empfangen murde. In der Aubienz, die ten 


Geſandten am 8. November gewährt wurde, jprad) Navarra den Wunfch aus, fie möchten 
die Ubereinſtimmung der in den legten Verhandlungen zu Poiſſy feſtgeſetzten Eintrachts— 
formel mit der Augsburgifchen Konfeſſion bezeugen. Tre Pfälzer waren bierzu geneigt, 
div Württemberger hatten ernfte Bedenken. Ihrer Inftruftion gemäß befchräntten fie ſich 
jchließlich darauf, dem König von Navarra den Sinn der Auguitana auszulegen und 
ihn zur Annahme derjelben aufzufordern. Nach manchen vergeblihen Werbandlungen 
über die Einigung des deutſchen und franzöfiichen Proteftantismus wurden die Geſandten 
endlib am 23. November wieder entlaffen. — Das Religionsgeſpräch zu Poiſſy batte 
gezeigt, daß eine Einigung der beiden Parteien durch gegenfeitige Konzeſſionen völlig un: 
möglich je. So blieben für die Zukunft nur zwei Wege frei. Entweder leben beide 
Konfeilionen nebeneinander in gegenfeitiger Tuldung oder zieben fie Das Schwert zum 
Kampf um Sein oder Nichtfen. Der edle Kanzler de l'Hopital bat ftet3 den Meg ber 
pegenfeitigen Toleranz empfoblen. Aber die Zeit war nod nicht reif für die Getantan 
diefes Propbeten. So iſt frankreich den andern, den blutigen Weg gegangen und hit 
ſich im Wernichtungstampf gegen den Proteftantismus Wunden gebolt, von denn & 
heute nod nicht geneſen tit. (Serzsg }) Eugen Ladhenmann. 


Role (PR olus)Reginald, gell. 1958. — Boles Schriften: Vita Longolii(in: Batesi 
Vitne seleetorum aliquot virorum Londini 1681, p. 240—247. Pro ecclesiasticae unitatis de- 
fensione 1. IV, Rom oo. J. (1538); Straßburg 1555 (von Vergerio herausg.); Ingolſtadt 159%. 
Apologia ad Carolum V. Caesarem super IV libris a se scriptis De Unitate Ecclesiae (bei 
Quirinli, Epist. Poli I, £.066--171), jeparat nebit anderen Schriften: Lovan. 1569. Pro- 
venium alterum ejusdem libriad regem Scotiae (bei Quirini I, ©.171—188). Apologia ad 
Anplué Parlamentum (ebd. 179- 187). Denkſchrift an den Proteltor von England (7. Sept. 
150’ in: Calendar of State Papers, Venetian 1534—1554, p. 241—273. Epistola ad 
-clunrddum VL. Angliae Regen: de Opere adv. Henr. scripto (bei Schelhorn, Amoenit. Hist. 
Kerl et Lit Franeof. et Lipeiae 1737, p. 191—276). Oratio qua Caesaris animum &- 
ennlere eonntur ut adversus eos qui nomen Evangelio dederunt arma sumat. o. O. 1551. 
Orntio de Vaneo, Rom. 1555. Oratione della Pace, Ven. 1558. De Concilio Liber; De 
Hapteano C'onntantini Imperatoris: Reformatio Angliae, Dilingae 1562. (De Conc. nebit 


Du Kot. Angpliae auch Rom, 1563, De Cone. nebjt De Bapt. Const. aud) Venet. 1562). De 


Humme Pontifiee Christi in terris vicario, Lovan. 15609. An uniforme and catholrke 
Kıyinen Andachtohuch) im Latin and Englishe, London 1555. A treatise of Justification 
Ionmele men the writinga of Card. Pole, Lovan. 1669. Epistolarum Reg. Poli voll. V 
ch Mi Neutrini, Briniae 1744184. Zahreiche jonjtige Briefe in den Calendars of State 
age, voruehmlich in: Henry VIIL Ungedrudte Schriften in der Bibl. von Corpus 
Chi Collepe, Uamnbridge. 

vetteratur: Vita R.VPoh SR. E. Card., Italice scripta a L. Beccatello, Latine red- 
ds ab N. DPurhitlno, Venet. 1563. London 1690 (aud) bei Quirini, D; Schelhorn, His. 
oguitaa Ki Polo adn. Henr. VIII. seripti (Amoen. Hist. Ecel. et Lit., 1737, p. 1—1%: 


. Pbatipp > Ihateny ob the lifte of R. Pole, Oxford 1765; Hook, Lives of the Archbishops of 


Cunterhny, Vol VIE London 1869 (mal. dazu die Bejprehung von Reumont im Theol. 
U alt, Ronn ISCH, Sp. 64-975 und 903-1805). Ueber die in England getroffenen 
Heafparypht vgl Maunrenbrecher, Die Lehrjahre Philipps II. (Hiſt. Tafchenb. 1883, S. 271— 346): 
map, Si ‘der der verb. Bb. I (Bonn 1883) passim.: %. ©. Lee, Reginald Pole (Ronden 
ro Sen, Ist. of the Churech of England IV (London 1891); Zimmermann, Soc. Jes, 
and Pole (Negrnvburg 18931: Gairdner, Letters and Papers of the reign of Henry VI. 
unten 150.9); The Cambridge Modern History, vol. II (Cambridge 1903) passim, kei. 
Id nl 
Role fein Vater Sir Richard erſcheint auch als Pool, de la Pole), ftammte aus 


. bar auggiirenden Familie von England, da feine Mutter Margaret, Tochter Des Herzegs 


vi Elarence, eine Nichte Edwards IV. und Baſe der Gemablin Heinrichs VII. mar. 
Gaben 15600 m Ztaffordibire war er eins der jüngeren unter jechs Geſchwiſtern. Sein 
Kata ſtarb, als Reginald fünf Sabre alt war; jene Mutter warb als Pflegerin und 
Erneherin Der 1516 geborenen älteften Tochter Maria des Königs Heinrichs VIIL be 
uf DTagegen forgte Der Nönig für Die Ausbildung Des Sohnes, der ſich ſchon 1515 
In . ifo Den Brad eines „Bachelor of Arts“ erwarb. Siebzehn Jahre alt erhielt 
on Noscombepräbende, dazu 1519 noch eine zweite, an der Kathedrale von Zalie: 


506 Pole 


punkt in der Stellungnahme ihres ſonſt unentſchiedenen und zum Transigieren geneigten 
Verfaſſers bezeichnet. Beccadelli und die ihm folgen, glauben nun zwar dieſes pfpco— 
logiſche Rätſel binlänglich aus P.s Treue gegen den bl. Stuhl und die Kirchenlehre erflüren 
zu können, ſowie aus dem gerechten Zorne desjelben über das willfürliche und grauiame 
6 Vorgehen Des Königs gegen Mitglieder des englifhen Klerus, die ihm felbft nabe ſtanden 
- - allein volles Licht werfen auf P.s Vorgeben erit einige aus dem Archiv von Simancas 
durch Bergenroth bekannt getvordene Briefe, welche inzwilchen teild von P.s Hand, teils 
von der des faiferlihen Agenten Tornoza in Venedig an Kaiſer Karl V. gerichtet worden 
waren (Hook a. a. O. &.70ff) In dem erften (4. Auguft 1534) berichtet der Agent 
10 über das, was er von P. perfönlich über defien politifhen Pläne gebört: die Un: 
friedenbeit in England ſei groß, P. ftebe mit Verfonen dort in Korreſpondenz, welche 
gewaltfamen Umſchwung planten; tolle der Kaifer nur einigermaßen den Großneffen 
Edwards IV. unterftügen, fo werde diefer England auf des Kaiſers Zeite bringen. Ein 
eigenbändiger Brief P.s an den Kaifer (15. Juli 1535) kommt auf diefen Punkt zurüd; 
16 vorfichtiger im Ausdruck als Tornoza, der bereits gleichzeitig von Entthronung des Königs 
redet, verfpricht PB. dein Kaiſer nur, daß er alle Urjachen des Mißvergnügens megjcaifen 
werde, welches England demfelben verurfacht babe. Man wird nicht fehlgeben, wenn man 
diefe politiſchen Pläne P.s mit dem lange Jahre von ihm gehegten Gedanken, vie Han 
der Goufine des Maifers, der Tochter Katbarinad von Aragon, für ſich zu gewinnen, m 
3 Beziehung bringt. 

Als Antwort auf die Schrift P.s „De Unitate“, welche allfeit3 das größte Er: 
ftaunen bervorrief, befahl der König ihm, dem Unterthban, nad England zurückzukehren 
und perfönlid Nechenichaft über fein Verhalten abzulegen. P. lehnte dies ab ; fo lange 
die Zuprematsafte beitebe, Die jo viele heilige Männer bereits zur Tortur und zum Tode 

m gebracht, wage er nicht, wie gerne er es thun mwürde, dem Befehle zu gehorchen; der 
Ahnig möge dem Bifchof von Durban den Auftrag geben, die Schrift zu beurteilen. 
Tas geſchah, und der Brief vom 13. Juli 1536, in welchem diejer Gelehrte die Argu— 
mente Ps zurückwies, iſt noch erbalten (j. Hool ©. 95, A). Am Tage vor deſſen An: 
kunft erhielt P. ein päpftliches Breve, meldhes ihn nad Rom berief. Großes war ihm 

vr zuggebacht; zunächſt follte er teilnehmen an der Kommiljion von neun Würdenträgem, 
welche auf Vefehl Pauls III. das „Consilium de emendanda Ecclesia“ zujammen: 
ſtellten. Am 22. Dezember 1536 ward er mit mehreren von diefen zum Kardinal ernannt. 
Hin biefelbe jet fehrieb er Die „Apologia ad Angliae Parlamentum“ (bei Quirini J, 
1,9 18%), welde Durch ihre maßvolle Form günftig gegen „De Unitate“ abjtict, je 

»u, ilr die Poſition Diefer aufrecht erbält. In Rom fand PB. erflärlichen Beifall. 1537 
ſanbte ihn Raul III. als Yegaten in die Niederlande, damit er von dort aus, möglıdit 
in ber Nabe Onylands werlend, Die Inſurrektion anfachen könne. Raynald ad a. 1537, 
38 und VLruirini teilen ein eventuell zur Veröffentlichung beitimmtes päpftliches Breve 
an Div engliſche Nation mit, welches die Inſurrektion ausdrücklich billigte und für de 

0 bestullfigen Anordnungen Deo vVegaten Gehorſam forderte. Zugleich ergingen Breven an 
te Konige don Frankreich und Schottland ähnlichen Anbalts, die Inſurrektion zu fördern. 
Aber jo weit Tan es nicht. Die Nlugbeit und Entjchiedenbeit Heinrichs VIII. bat damals 
ber, wie wir ae Den jegt zugänglichen Staatspapieren erjeben, in hohem Grade gefähr: 
lichen und auch über vinen Teil Des Adels ausgedehnten Machination die Spitze abge 

in brochen; aber war P. angeht, ſo ſteckte Doch binter jeinem Vorgeben etwas mehr uls 
lediglich „nicht vom Glück begünſtigte Diplomatife Bemühungen zu Gunjten der fathe: 
liſchen Intereſſen in England'', wie A. von Reumont (Vitt. Colonna S. 203 [1881]) 
ſeinen VLeſern abſchwachend mitteilt. 

Nachdem die Inſurrektion erſtickt und P. ſeitens des Königs als Hochverräter vogel— 

wo fer erklart worden war, hielt er es fur geboten, Die Niederlande zu verlaſſen. Eine Zeit 
voll Demutigungen fur den Legaten folgte, Da weder der Kaiſer noch Franz I. ven 
Frankreich Sub offen des .Verraters“ annebhmen mochten. Er zog nach Paris — Franz I. 
obwohl in der Nabe gab ihm Feine Audienz. Dann rettete er ſich auf Das Gebiet Dei 
erbiibors von Cambrav nur mit Zagen nahm der ibn auf und ſah ihn mit Freuden 

so bald wieder abzieben nach Luttich, wo er endlich in Ruhe ein paar Monate zubrachte. 
„Deus nobis have otia feeit“ ſagte er aufathmend zu Priuli. Einen von England 
angekundigten Unterbandler wollte er nicht abwarten. Im Auguft Tehrte er nach Italien 
zuruck. Paul III., Dev dem „engliſchen Kardinal“ ſtets gewogen blieb, ließ ihn den 
Mißerfolg nicht enigelten. Na, er nahm ibn im Juni 1538 mit zur Bufammentunft 
son Nizza und ſandie ihn im folgenden Jabre um Kaiſer nach Toledo, wo der eng— 


NON Pole Polemik 


baiten. ließ ev hervorzerren und zu gräßlichem Schauſpiele öffentlich verbrennen; nid: 
RAN als 5 Biſchofe, 21 Geiſtliche, 8 Edelleute, 84 Handwerker, 100 Männer aus dem 
Rolle auperden 26 Werber find in der Seit, mo der Ratgeber der Königin mar, te 
Arvenduna der wieder bervorgeſuchten alten Ketzergeſetze zum Opfer gefallen. Und ba 
der rer fetten ſeines RPapſt gewordenen Feindes Garaffa, der einft mit ihm das 
N nern” aearbettet hatte, jezt noch cine Anklage auf Ketzerei erfahren müſſen. Nicht 
KIELER a mmenfunfte in Viterbe batte man von Nom aus mit eiferfüchtigem Aug: 
Seas denn war. ale im Kenklave nad dem Tode Pauls III. 1549 Die Mehr: 
NN >. „ernen Sub auf R. zu vereinen Drobten, Caraffa mit der Anklage auf Neger 
None und batte Die Wabl vereitelt: Derjelbe Garaffa bat als Paul IV. di 
rat Yan Ro zurudaezogen und ihr als Neger vor das Tribunal des S. Uffizio 
BE VEHTEER TEEN E "ur sein Zegera. denn fein Tod bat ihn davor gerettet, bier iu 
KEG WETTET NER yhelb Den Anus —S — utes aber bat ſein Name als Der eines 
Soyee ed Darfuäaere SENAT ZA mir salzen, wie ſich aus dem nach dem „Com- 
genden Inquisiterum" zug im orzereafzen Bereismatertal (ij. Archivio della 
Swielä 5 Nora patria, Bm ISS =. sm. ergiebt. 
Die osedtie Anbei Tyan funem Vererlarnde, melde ibm nach der Sinrictung 
Neo grysnzere Juyroum  unzmzazr mern mer, elle V. nicht lange befleiven. Als 
op ra IS, Wawriser DS zen Taro nad Dem Tode der Königin, war wenig 
Aue, No ner ne) sr yupenzoer zes Ne Surüdführung Englands unter bie 
peu Zange eier Day vr zur®e nd surf dem Krankenbette hatte er von 
Ser ooypadeNi Neo syn sun V. men Bi win? Hofnung gelebt, Runde cr: 
nich UND Nero wine neide den sont HM Ztubl einnabm, bat in jene 
Da LES NINE 17 Nr era Zr Faden, an Dem Die Cbedien: 
el KURT TIL, Beurath. 


Koitix Ss... 2.2 Eνα Der Rame Polemitk (xvn v 
an α. α Fa rt aber Die Frage, obs im 
x νν T EL HL ——— —X — Disziplin geben ſoll. 
ip me Deegigd N. op az erste * Voelemit als Gegenſtand 
opt. tion >, Surrumm zeme, daß eine Polemik als be 
din mi... Dun ihito th BLZ ID Sue Dur Ser Krieg“ unvermeidlid iſt, 

Don Nun we. we ou jeinm 'on > Ss {om ſich nur fragen, 

at 2 Sy ne Zursmähzsoeör ter innerhalb Der dog— 

N ou vrattiichen TAme. 

ee “ m NOTEN (Sortea in d.. Welt Der Zünde und des 
on. — Durch ſeine ars: zeichichtlicdhe Entwickelung 


no No do näampft werden; Das Srtenzum iſt auf beitane 


\ N > rum angewieſen. Als dexz Ne Theologie erwachte, 
\ . vie aftlichen Mitteln zu rurzer Sentnnen: man kämpfte 
zer Juden und Heiden un? Neimpfte Häretiker und 

. nn eielieitige Streitlitteratur zied: ñch in Der Theologie 

. muy atororenr bis berauf in untere Tage. Aber © 
Sole Litteratur aller Zweigen Der iecelegtichen Wiſſenſchait 
arterenden Nirengeſchichten angeber. Damit iſt ſchon an: 
ic theologiſchen Disziplinen beteiligt ſind. Der Exeget 
ꝛewt:ge Verſtandnis des Urtertes Der Bibel, der Kirchen: und 

. n. „nenbrige Auffaſſung der gefchichtlichen Entwidelung des 

der Dogmatiker gegen alle tbeoretiichen Feinde Des Chrüten: 
ab seiner religioſen Gemeinſchaft, der Etbiker gegen die ir: 
nvehen Weltanſchauungen im allgemeinen und an tauſend 
enderen, Der praktiſche T Theologe vollends, welcher die Theorie 
videlt, findet unendlich oft Gelegenbeit, gegen irrtümliche Auf: 
„ „polemifteren”. Dabei werden Metbode und Mittel des 
cn können, Je nach Beſchaffenbeit des Gegenſtandes, um den 

Beichaffenhei der ftreitenden Perſonen jelbjt. Als Reſuliat 

ud demnach der Satz, daß es eine beſondere theologiſche Streit. 

. —8 Das iſt theoretiſch richtig. Aber in der Praris ge— 

N HET. 
on, Je findet er gegen beſondere Beamer und auf bejonderen Ge 


510 Bolemil 


wieder unendlich iſt. Die dogmatiſchen und etbifchen Önmbanjchauungen laſſen ſich dann 
weiter verfolgen in die Sphäre der Verfaſſung und der Rechtsbildung, in die Sphäre der 
gottesdienſtlichen Feier (des Kultus), der Miſſion, des Wiſſenſchaftsbetriebes und des fünft- 
leriſchen Handelns. Tas alles kann Inhalt der Polemik werden. Tie Abgrenzung de 
6 Stoffes hängt ganz von praftiichen Werbältniifen, von den Bedürfniſſen der Zeit und den 
Stimmungen der Polemiker ſelbſt ab: gegen nicht-chriftliche Religionsgemeinſchaften und 
Weltanfhauungen muß für das Weſen des Chrijtentums, gegen Katholicismus und Selten 
tum für die evangelifch-firchliche Eigenart proteftantifcher Frömmigkeit gelämpft werden 

In nächſtem Verhältnis jteht die theologische Polemik zur Apologetif und iſt fe 

10 ſchwer von ihr genau zu unterjcheiden, wie der „Angriffs⸗“ vom „Verteidigungskriege“ 
denn die Apologetif ift die Wiſſenſchaft der Verteidigung des Chriltentums gegen all 
möglichen Angriffe feiner Gegner; zu diefen gehören die außerchriftlichen Religionen und 
die chriftentumsfeindlichen Weltanjhauungen. Ihnen gegenüber wird immer bauptiädlid 
das Mefen des Chrijtentums verteidigt iverden müflen; aber wie die beite „Verteidigung“ 

15 gelegentlich doch der Angriff ift, fo kann die Apologetif auch des polemifchen erfahren: 
nicht entbebren. 

Als Ziel der theologischen Polemik ift die fräftige Geltendmachung der Bofttion der 
Religionsgemeinſchaft, der der Polemiker felbjt angehört, ins Auge zu faſſen, nit m 
dem Sinne von ftarrlöpfiger Rechthaberei oder bloß logifcher Konſequenzmacherei, jondern 

zu dem Zwecke, aus dem Gedankenkreiſe feiner Kirche heraus die Unhaltbarkeit der gegne: 
riſchen Poſition nachzuweiſen. Wie die Erfahrung lehrt, wird diefes Ziel in der Regel 
nur im Streife der eigenen Glaubensgenofjen erreicht; aber aud in diefer Beſchränkung 
it das Refultat einer wiſſenſchaftlichen Polemik nicht gering anzufclagen; denn ſie dient 
‚zur Stärkung des Tirchlichen Ehrgefühls innerhalb der Religionsgemeinfchaft, der der Po: 

25 lemifer angehört, und kann fo für weite Kreife von großem Segen werben. Das wird 
in der Regel das praftifche, weil erreichbare, Ziel der Polemik fein. Indes gleichzeitig 
foll der Polemiker feinen Blid böber erheben und als Refultat aller Polemik eine Ver: 
ftändigung mit den Gegner erftreben, jo daß beide ftreitende Parteien einen gemeinjamen 
Boden der Erkenntnis und Yebenzführung gewinnen. So foll fib die ehrlich gememte 

3 Polemik in echte Irenik verwandeln, denn aller Streit fol doc fchließlih Dem Frieden 
dienen. Obgleich dieſes höchſte Ziel aller Polemik bis jet noch nicht erreicht iſt und ın 
abfehbarer Zeit vorausfichtlich auch nicht erreicht werden wird, fo foll es doch dem Po: 
lemiter ftets vorſchweben; er darf es nie aus den Augen verlieren, und mag unausgefeßt 
beberzigen, daß der Heiland nicht die Streitfüchtigen, jondern „die Friedeſtifter“ jelig ge 

35 priefen und ihnen den Chrennamen von „Gottes Kindern” beigelegt bat (Wit 5,9). Nadı 
dDiefer Zeichnung des Mefens und Zieles der theologiſchen Polemik verjchaffen mir uns 
einen Überblick über 

II. die Gefchichte und Yitteratur derfelben. Die polemifche Litteratur ber 
Chriftenbeit erjbeint von Anfang bis auf Schleiermacer als dogmatiſche Gelegenbeits: 

40 fchriftitellerei; je nach zufälligen Bedürfniffen werden gewiſſe Gegner ins Auge gefaßt 
und bejtimmte Gebiete des tbeologiihen Erkennens oder der ethifchen Lebensführung als 
Kampfobjekt bebandelt, faſt ausnahmslos unter der Worausfegung, daß der Standpuntt 
des Polemikers eo ipso der riditige fer, Die Polemik iſt alfo in allen diefen ihren Er: 
ſcheinungen eine zufällige und dogmatiſtiſche. Da ſchon in den apoftolifhen Schriften |r: 

45 lehrer energifch befämpft wurden, fo folgten die Väter Ddiefen Spuren entfchieden fofert, 
als der große Ninglampf der Weltanfbauungen die Yitteratur der „Apologeten“ ins 
Yeben rief. Seit Juſtin dem Märtyrer gab es in der Chriftenheit „polemifche” Yitteratur. 
Suftins grundlegendes Werl zara naoav aioeoewv ijt zwar verloren gegangen; mir 
dürfen aber annebmen, daß die Härefeomacen der alten Kirche feit Srenaus auf ihm 

co Fugen. Für ung begmmt Die polemiiche Yitteratur mit Irenäus &eyyos xal dvaroom) 
Ts wevdnvbnov Yradcews; es folgt Tertulliang Apologeticum, feine Schrift de prae- 
scriptione haereticorum und viele andere gegen einzelne Gnoſtiker gerichtete Werke. 
Hippolytus ſetzt im 3. Jahrhundert in feinem FAeyyos die dogmatifche Polemik gegen die 
Keßer fort. Neben der Polemik gegen Die Heiden gebt die adversus Judaeos einher, 

65 von Juſtin bis auf Enprian. Die dogmatifche Theologie der griechifchen Kirche des 4. 
bi 8. Jahrhunderts ift ſtark polemifch, von Athanaſius bis auf Johannes Damascenus; 
denn vom arianischen bis zum Bilderftreit folgt eine Yebrftreitigfeit auf die andere. Gleich⸗ 
zeitig wird die Theologie Des Abendlandes Durch den donatiſtiſchen, pelagianifchen und 
femipelagianifchen Streit vom 4. bis ind 6. Jahrhundert polemiſch bejchäftigt, zeitweiſe 

co auch durch den Kampf gegen den Manichäismus; ganze Gruppen der Schriften Auguſtins 


— des Chriſtentums und. insbefondere des Proteftant 


in, Darauf aber aud) Be Tranthafe Stangen — | 




















ee EN et, h 
e e en. Den d j enfi 
oSads Polemik in 1839, 283 gegeben, * er die tale. * iltunft 


, faht die P 
nölehre, während 31 
Dogmatil, 3, Teil, 1852) eine ‚uf die die pilofophühe und pofitive fi 
— —— och bie Polemik als theol i 
Aber em man au rt, die Polemit a co Prinzi re auf 
hauen und agenbac) Encyll on 8.4. 1869, 304 ff. * eintici, Enchklopädi 
1893, 180 en der weitverbreiteten Stimmung Ausdrud — —— daß Polemik 
— lite nicht sagte wenn bie D 1 og nice verivandte Dis; 1 
eit thun. e en nädige eich, ae 8 
—— Als in der römiſchen Air Hei Te Anfang 26 Ultrame 


tanismus fein Haupt wieder erhoben nn und ic 2a 1814 — Jeſuiten 
Kampf gegen den ———— in altgewohnter Weiſe weiter betreiben E 
ſich eine praftijche 


olemif gegen den Ultramontanismus als Br 
45 diefem Gefichtspunft unt erfcheiben wir als befondere Phaſe der Polemik in 
c) die praktiſch— theologische olemit der PBroteftanten gegen —— 
Ei Rirde Veranlaßt ift dieſe Phaſe durch das aggreffive der römiſch 
oliſchen Theologie und Geſchichtsſchreibung der neueren Zeit. Die Führung in t 
Si chtung übernahm 1832 Möbler in feiner —— die —— — Pot 
50 liſch ibealifierendem Standpunkte abgefaßte Polemik gegen den Proteftantismus die —* 
folgte Görres' Brandſchrift „Athanaſius“, die in dem preubiichen Bi chofsſtreite Die 
tholiten fanatifierte. Eine ungeheure Aufregung brachte die b Kniebeugungsf 
hervor; die Yitteratur darüber gehört zu den trübjten Erjcheinungen des deutſchen @ 
lebens; ſelbſt ein Döllinger, damals noch ultramontan, ze die Forderung 
66 Kniebeugung der oteſtantiſchen Soldaten vor der —— geweihten Hoſtie („Der 
teſtantismus in und Die Kniebeugung“, Regensburg 1842). Dann folgte das 
grobe — gefchichtliche Werk Döllingers ie Reformation, ibre — Entwickelung 
und ihre Wirkungen”, 3 Bände (Regensburg 1846—48), durch und buch Tenbenzichrif 
— des Luthertums. Demſelben Zwecke diente feine Lutherſtizze 185 
60 * etzer und Weltes Kirchenlexikon. Hat Döllinger auch ſpäter (1871) ſeinen Stant 





Polemit 513 






Ds völlig verändert und Luther als den Sohn des Bari ser geprie 
doc 1 bei dem Ultramontanismus, ja bei der gefamten offiziellen römiſchen Kirche, 

Nie de ber Geſchich ibung diefelbe geblieben. Janſſens „Geſchichte des 

Voltes“ 170). und Denifles „Luther und Luthertum im der erſten Entwidelung 

(Mainz 1904), find nur die zielbeiwußte Fortſetz ch Döllingerfd 

Kichtfbeibung. Cs mar mt zu emarten, daß Bi 

ar 

er tende hpolemijche Yitteratur. 
wie das — eit dem —S 


ſchrieb Luher im neueſten tömifchen € 
Gef, Re, 7 (1884), 11, —— he Pamp 
morb® erfolgte ie Abfertigung TB Robbe, „Luthers Selbftmon 
nmal Luthers her Seine Denifles Schandid it it man im profefn 
üiden Lager völli 2 —— ich ausg ich darüb Ihr: 
903, De. 5; — ——— Beleudhe 0 
vun) ig 1904, Th. —— 2u3 1904. 
Eben: Be 
oder fte zum Gegenjtande der Ko 
anderer Gebildeter überhaupt ae | »richiet 
wiſchen rg —— und Proteſ 
n. Dieſem Bedürfniſſe fommen $ 
—— der — —— gegen die römi 
behandelt in ern Tanitt 
Werte, Satan) und Beiſachen (Kultus, — Biſſenſch 







mit dem modernen Nomaniemus: aber die e Biken * In mar a 
die des Eee, —— die Haſeſchen Buches bewirkt 
zwar im Leſer bie —— Syſtems; aber was an 


„Beitfragen“) ins Kor * fa — in — Es. 


brennenden 
an die Stelle ber a m a röm die evange —— 


a 160 —— alich Bictor Schulte, Fu —— Evan⸗ 
l 
[em Litteratur im b Sinne des Mortes gebört auch der Eyflus ber 
„ge = gen für —— — Galle 1883 .)ı * i —— Aufgabe — 
— — — —— 
weiteren Kreiſen en u i 
tragen alle ſtreng fachlichen Charakter, Kite * g — der ultramontanen 


ſchichtſchreibung ganz von ſelbſt polemiſch. Direkt polemiſch —— 

—— Bus Wahrung den deutjch-prot iſchen —— — 1880), — 

—— ‚zahlreiche ° an vereinigt und eine Fülle populärer 
eifen, daß fich bie, tonfejfionellen Gegen in — erheblich verſchärft 


und d Mä 1904 ten A des 82 des Jeſuit 18 
r Biefe Verfcheehung mod) fig, 5 ee jäle Die „Siteratur Di 
igung der —— 





— * Vamberg 1863 und % —— Die — 
in deutſchen Landen“, Breslau 1903), Hera enn fie ——— — — 
rg re er ins Geivict. (Bal. Pelts Art. „Bolemit“ nRE' 11,791.) —— 60 
RealsEnchklopäble für Theologie und Hirde. 9. M. XV, 


514 Polemo⸗ Polen 
Polemo, Polemianer ſ. d. A. Dimöriten Bd IV ©. 669, 5. 


Rolen. Reformation und Gegenreformation. — Litteratur (mit Ausſchluj 
der gegenwärtig mit regem Eifer ftattfindenden zahlreihen Veröffentlichungen zeitgenön. 
(16. Jahrh.) Urkunden, Briefe u. ſ. w., wie bie bisher in 10 Bden erfchienene Acta Tomiciana: 

5 wie die von Wierzbowsli ausgegebenen 5 Bde Uchansciana, deren legter Band unter dem 
Conbertitel Jacob Uchanzki, Arzybiskup Gniezuenski 1502—1581 die Zeit und das Leben 
des ftarf evang. gejinnten Erzbiic. eingehend fchildert; wie die von demj. Berf. herausgegebenen 
Materialy do dziejow pismiennietwa Polskiego 1398—1558; wie die big jegt in 2 Bden von 
Hipler u. Bafrzewäti herausgegebene Briefſammlung (1525—58) des Kardinals Hofins: wie 

10 die von Wislocki herausgegebene Brieffammlung (1546—53) des Biſch. Zebrzydowskti; wie die 
von Korzeniowski herausgegebene Orichoviana u. viele andere; zugleiy unter Hinweis auf 
die ungemein jorgfältige Bibliografia Historyi Polskiei von Ludw. Fintel (Krakowie 18% 
IT, 740— 781): Regenvolseii Systema hist.-chronol. Traj. a. Rhen. 1652 (in d. Lebensbeſcht. 
von Jablonski iſt näher angegeben [S. 442 ff.), daB die von d. preuß. Oberhofprediger geplante 

15 Neubearbeitung diefer Ältejten Ref.⸗Geſch. Polens nicht zu ſtande gekommen und die jahrzehnte: 
lang für diefes großartig angelegte Werf gefammelten Urkunden u. |. mw. verloren gegan 
iind). -- Qubienidi, Hist. reformationis Polonicae, Freistadii 1685. — Sablonäfi, Hiet. 
Consens. Sendom, Berolini 1731 (dazu: Talton, Dan. Ernjt Jablonski (Berl. 1903) u. darin 
insbefondere den Abſchnitt „Eintreten für d. ev. Glaubensgenoſſen in Polen u. Litauen“ 

20 S. 302—354). — Acta conventus Thorun. 1645, Varsaviae 1646. — natiu®, Polonis 
reformata, Berol. 1745. — Kautz, Praecipua relig. evang. in Polonia fata, Hamburgi 1789. 
--- Frieje, Beitr. zur Reform.-Geih. in Polen und Litauen, 3 Bde, Breslau 1786. — 
Krafinsti, Hist. sketch of the rise, progress and decline of the ref. in Poland, London 
1838. — Fiſcher, Verjud) einer Geſch. d. Ref. in Polen, Grätz 1855. — Lukaszewicz, Geld. 

25 d. ref. KK. in Ritauen, Leipzig, 1848. — Derf., Bon d. KR. der böhm. Brüder in Gros: 
Polen, Gräß 1877. — Der. D. Reform. in Groß-Polen, Darmftadt 1843. — Schnaafe, 
D. böhm. Brüder in Polen, Gotha 1860. -- Wengiersti, Chronik d. ev. Gem. in Krakau biö 
1657, Breslau 1880. — Dalton, Joh. a Lasco, Gotha 1881 (nebit der in d. Artikel Laski Bd XI, 
292 angegeb. Literatur). — Stoniedi, Geſch. d. Reform. in Polen, Breslau 1872. — Lube- 

3% witsch, Istoria Reformazii v Polschje, Warschawa 1883. — GSembraydi, Die poln. Refor: 
mierten in Preußen, Königsberg 1893. — Borgius, Aug Poſens u. Bolens kirchl. Bergangenbeit, 
Berlin 1898. — Wotſchke, Andreas Camuel u. oh. Sekluchan, Poſen 1902. — Griegern, 
Nikol. Rey als Polemiker, Leipz. 1900. — Kraufe, Die Ref. u. Gegenref. in Polen, Bojen 11. 

Die reformatorifche Seivegung de 16. Jahrhunderts — tiefgreifend und um: 

55 geftaltend mie feit den Tagen der Apoftel feine andere innerhalb der chriftlichen Kirche, 
den treuen Söhnen der Nelormation bis zur Stunde offenkundig unter Führung bes von 
dem Sohne Gottes feiner Gemeinde auf Erden verheißenen heiligen Geiftes jich vollziehend — 
hat die gefamte römische Kirche ergriffen und erfchüttert; die Ringe der geivaltigen 
allen ſich unſchwer bis tief in die morgenländifche Kirche hinein verfolgen, die feit Jah: 

40 hunderten bereit ihre gejonderten, immer mehr fich vereinfamenden Wege gegangen war und 
geht. Unberührt von der Bewegung fonnte Polen zumal bei der damals ftarfen, ſchier unlöt- 
baren Verbindung zwiſchen Etaat und Kirche nicht bleiben; auf beiden Gebieten ift das 
mächtige Neih ganz bejonders ftarf von ihr erfaßt, fein ferneres Geſchick weſentlich 
durch den der fegenfpendenven Reformation in Polen bereiteten widrigen Verlauf bebingt 

5 und beeinflußt. Wenige Yänder boten der Bewegung eine jo günftige, lange zubereitet 
Malftätte. Das Reformationgjahrbundert ift in der Gelchichte Polens das Jahrhundert 
wie feiner größten Staatlichen Mlachtentfaltung jo auch der Blüte feines geiftigen Lebens. 
Mitten in Europa gelegen, dehnten fi die Yandesgrenzen unter den um die Mitte des 
15. Jahrhunderts auf den Thron gelangten Jagellonen im Weiten bis nach Ungam. 

so Böhmen und in fchlefifches Gebiet hinein aus; im Norden berührte das Reich die Kohle 
von Danzig hinauf nad Kurland bin; denn auch das Gebiet des Deutſchherrn-Ordens 
in Preußen war Yebnftaat Polens getvorden. In Oſten verband eine Perſonalunion das 
weite Gebiet von Litauen mit Polen; der größte Teil von Weiß-Rußland, im Süden 
Rot-Rußland, die Woiwodſchaften von Wolhynien, Podolien und Kijew gehörten Polen 
san. Weit über diefe Grenzen binaus erjtredte fich der Machteinfluß des Neiches nach der 
Moldau und Walachei bis in das Chanat der Krim. König von Böhmen und Ungam 
war em Großjohn von Wladielaus Jagtello (1348 —1434); eheliche Verbindungen rüdten 
benachbarte Herrſcherhäuſer den Nönigen von Polen verwandtſchaftlich nahe und ftellten fie 
mehr oder minder unter den Machteinfluß des gemaltig aufftrebenden, im Krieg und 
so Frieden glüdbaften Polens. Drei Söhne von Kafımir, der von 1444—92 den Thron 
inne batte, wurden Nönige von Polen, die beiden älteren nur menige Jahre, der britte 
dagegen, Sigiemund J., von 1513— 18, in zweiter Ehe mit der für Polen und auf 


518 Polen 


von dem Kleinadel, der über die Habgier einer Kirche grollte und mit ihr zerfiel, die einen 
großen Teil des Grundbeſitzes in ihrer „toten Hand” hielt, ebenfo von dem Grokakel, 
der mit der berrfchfüchtigen Kirche und ihrem immer ftärkeren politifchen Machteinfluß 
um die Herrfchaft rang. Unzutreffend wäre, auf dieſe für eine Reformation der Kirk 
» immerhin nur äußerlichen, meltlihen Beweggründe das raſche Wachstum der Anteilnahme 
Polens an dem fiegreichen Vordringen der Neformation allein oder auch nur in fena 
Hauptteilen zurüdführen zu mollen. Der tief religiüfe Sinn bes ſlawiſchen Volkes, das 
fih von der entarteten Nirche abgeſtoßen fühlte, und mit ernſtem Begehr dem von der 
Neformation wieder erfchlojjenen Evangelium und feinen hoben, ewigen Artikeln göttliche 
i0 Majeftät in der Zorge um die Eeligfeit zumandte, bat unverfennbar weſentlich zu der 
Annahme der Reformation beigetragen. Welch eine Reihe herrlicher Geftalten weiſet bie 
jugendliche Kirche der Neformation in Polen auf! Wer kann ihre glänzenden Namen ale 
aufzablen, wo bald ſchon die Hälfte, zwei Drittel und mehr des Adels ſich ihr ange 
ichloffen, darunter die Eöhne und Töchter der hervorragendften „Wappen und Eippen‘ 
1» zumal Klein Polens, die in ihren fittlich.veligiöfen Emfte auch um deswillen ſich jo mächtiz 
von der von Calvin ausgehenden reformatorifhen Etrömung angezogen fühlten, weil ber 
Genfer Reformator feinen Gemeinden in hohem Grade die Kirchenzucht ans Herz gelegt 
(vgl. die in den Laseiana |Berlin, Neutber 1898] zum erftenmale veröffentlichten Klein 
polnische Zunodal: Protofolle aus den Jahren 1555—61”, zumal ©. 381ff.). Nur auf 
eine dieſer Yichtgeftalten ſei hingewieſen, eine Freude und Ehre der geſamten Kirche der 
Reformation, auf den Fürften Nikolaus Radziwil, den Freund Calvins (der twegen feine 
ſchwarzen Haare den Beinamen „der Echwarze” erhielt zum Unterſchiede von feinem 
gleichnamigen, ebenfall® der reformierten Kirche angefchloffenen Vetter mit dem Beinamen 
„der Rotbaarige”), der fein königliches Vermögen dazu verwandte, in feinen meit aut: 
>> gedehnten litauiſchen Yanvesgebieten den Glaubensgenoſſen reich audgeftattete Kirchen und 
Schulen zu gründen; darin vorteilhaft und lobefam jo vielen proteftantifch gewordenen 
Fürſten in Teutfchland und anderwärts unähnlich, die mit begehrlicher Hand ledig 
gewordene römifche Nirchengüter zur eigenen Bereicherung einzogen. 
Mährend in Klein-Polen die Neformation und zwar mit reformiertem Gepräge ber: 
30 hältnismäßig rafchen Fortgang unter dem Abel und in den wenigen Städten des Lande 
hatte (unfer deuticher Bürgerſtand fehlte dortzulande faft völlig), blieb audy Groß-Polen 
in feinem Adel und feinen Städten nicht zurüd, anfänglid fait ausfchließlich unter 
dem Einfluß Wittenbergd und des deutfchen Neformatore. Früh kam bier ein weitere 
einflußreiches Element in verftärktem Grade binzu; wir find ihm fchon vor der Reformation 
in den zuwandernden Huſſiten begegnet. Aus ihren beiten Teilen batten fich „die böb 
miſchen und mähriſchen Brüder“, die bald unter dem Namen „Brüderunität” fid) zujammen: 
ſchloſſen, herausgeftaltet. Der verbängnisvolle Ausgang des fchmalkaldifchen Krieges Taftete 
ſchwer auf den Umitätesbrüdern; binnen 14 Tagen murden ſie von König Ferdinand aus 
ihren Heimſitzen vertrieben. Ein Teil (ihrer etwa 400) der unglüdlichen Auswanderer 
auf den Zuge nah Preußen (1517) blieb in Poſen zurüd; die bochangejebenen Familien 
Gorka, Leszcinski, befonders aber Oſtrorog gewährten den Flüchtlingen Herberge und aud 
Glaubensſchutz und empfingen als Gegengabe die Predigt des Evangeliums, durd melde 
veranlagt, ſie fih und ihre zahlreichen Gutsleute der feftgefchlofienen, durch ftrenge Kirchen 
zucht ausgezeichneten evangeliihen Gemeinschaft anfchlofien. Den Pfadfindern folgten in 
1» den nächjten Jahren weitere aus ihrer böhmiſchen Heimat vertriebene Brüder, ebenjo galt: 
freundlid) von den adligen Familien auf ihren weit ausgedehnten Gütern aufgenommen, 
an denen fie eifrige Glaubensgenoſſen befaßgen. In den Jahren 1553—79 ftieg die Zahl 
ihrer Gemeinden, teild aus Yandsleuten, teils aus im Yande gewonnenen Polen beftebend, 
auf 79, zumeift Die Schöne und wohlverdiente Frucht einer emfigen, ſehr gefchiditen Thätig: 
feit während eines Vierteljahrbunderts des Bruderpriefters Georg Israel, des erjten Unitätd 
jentors für Polen, der feit 1558 von feiner Synode zu Boleslam die Würde eines böchften 
Michterd erbielt. Die Zahl der Brüdergemeinden in Groß-Polen mag damals die der 
lutberifchen Gemeinden in dem gleichen Gebiete übertroffen haben. Ihre Wirfjamfeit 
bejchränfte jih nicht auf diefen Teil ‘Polens. In der Unität trat den Neformierten in 
„Klein-Polen eine einbeitlich gefchloitene, auf Kirchenzucht ernſten Bedacht nebmende, im Be- 
fonntnis bei den unterfehtedlichen Yebrpunften der jugendlichen Reformationskirche der 
reformierten Ausprägung nabe kommende evangeliſche Gemeinfchaft entgegen, bie beſaß, 
was fie ſelbſt noch Schwer entbebrten, eine felte, bewährte Leitung, geordnete Kirchen⸗ 
verfaflung und Kirchenregiment. Der weitaus überwiegende Teil der kleinpolniſchen 
io Szladıta hatte ſich Der raſch wachſenden reformatorſchen Bewegung im Lande angejcloiien: 


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Polen —— 


525 
IV. zu einem Religionsgefpräd 










in Bolen und Sitauen 
war nicht WOHER 
mit der Hand am ber 





Ih — —*— * 4 u— 
denen er d und ge vollen He ehenbfter Renntnie der Recht 
— — u a Bedrängten eintrat. Aber auch 
die Könige von Preußen und ihr Hofprediger ge nn ge 
reif Untergang geworden, nicht retten. Der Sieg der Gegenreformation 


— Verhängnis des blühenden N d 
an dem das Volt endlich rent ae; m id fe "im Snge o 5-7 


Polent, Georg v. j. Georg dv. Polentz Bd VI ©. 541. 40 


Poliander (Gramann, gewöhnlib Graumann), Johann, 
Quellen und raue; —38 —— He ee Bien reg: 2 VI, 2: 
. Speratus u. J. Poliander in Ku irzburg S. 60 rm um Aufenthalt $. Bo: 

13 in Nürnberg, in — Ben ar xc. VI, 4 9 Pubuͤlat. aus d. K. preußi— 
Der euer Bb 43—45: unden buch der — — * —— 6 
‚890, Ei. ©. Ber und im michti Band, U nad) 
d. —— enger bis 1541 (Pol.). — eber A ben und —5 Erläutertes —— II, 
Roft, Memoria Poliandri, Lips. 1808, und: Was hat die Zeipgiger ® Thomas: 
"ir die ——— gethan? Leipz. 1817; Rhesa de primis sacrorum atoribus 
in Prussia; progr. Regiom. 1824; Coſad, P. Speratus Leben und Lieder, 1861, 8 TE 60 
Johannes Poliander (Graumann, eig. Gramann) wurde 1487 in a. M. 
im Stift Würzburg geboren. Nächſt Brießmann und Sperat iſt er 8* in der 
Dreizabl der von Yutber mit dem Ehrennamen Prussorum evangelistae zei 
nn len Reformatoren. Er jtudierte feit 1503 auf ber Unverfität —* unter 
pe ß der humaniftiichen Schule, wurde dort 1506 Baccalaureus und 65 
1516 ai der Philoſophie. Bald darauf tritt uns ber humaniſtiſch gebildete jı 
rn —— und dann als Rektor der Thomasſchule in mu: 
—— m Freund, dem ausgezeichneten Leipziger Humaniſten Petrus 
— mit denen er ihm feine Schrift paedagogia widmete, begrüßt. 


526 Poliaunder 


lich hat er nach einer handſchriftlichen Notiz in einem als von Erasmus ihm zugeſandten 
Buch auch mit dieſem auf dem Wege feiner humaniſtiſchen Bildung Beziehungen gehabt 
Mofellanus erteilt ibm das Lob eines „feit vielen Jahren im Unterrichten erfahrenen 
Pädagogen”. Uber twie diefer fonnte er fein Muge gegen das helle Licht des Evangt 
6 liums, wie ed von Wittenberg ber ihm entgegenleuchtete, nicht verſchließen. Als Ama: 
nuenfi® des Dr. Eck bei der Disputation desfelben in Leipzig 1519 mit Yutber un 
Carlſtadt empfing auch er twie mehrere andere humaniftifch gebildete junge Männer von 
der fiegreichen Belämpfung der Edichen Theſen durch Luther emen fo mächtigen Eindrud 
von der Wabhrbeit des Evangeliums, daß er mit einer größeren Entſchiedenheit ſich ik 
10 in feinem inneren Leben zuwandte. Ohne fein Schulamt aufzugeben, bezog er im Herbſt 
1519 die Univerfität Wittenberg, two er durch engen perjönlichen Verkehr mit Yutber und 
Melanchthon und durch fleißiges Hören der Vorlefungen und Predigten Luthers, Totwie bein: 
ders auch durch ſorgſames Sammeln feiner Predigten zu einer feiten evangelifchen Ueberzeugung 
gelangte. Nach Leipzig in fein Amt zurüdgelchrt erwarb er fi 1520 im Auguft mit fernen 
15 Freunde Mofellanus das Baccalaurcat der Theologie trog des anfänglichen, aber vom 
Herzog Georg als nicht hinreichend begründet abgewiefenen Widerſpruches der Tyakultät 
gegen die Zulaffung beider zur Erwerbung diefer Würde. Ohne polemifches Auftreten 
bielt er in durchaus evangeliihem Zinn nad dem Vorbild der Wittenberger bibliidx 
Vorleſungen. Durch feine Tüchtigfeit als Gelehrter und Lehrer gewann er das Ver— 
20 trauen des Biſchofs Konrad von Würzburg ald Angehöriger des Stiftes. Auf deſſen 
Anregung berief ihn 1522 das Domkopitel in das durch Paul Sperats Abgang erledigte 
Amt des Dompredigers in Würzburg. Hier bielt er es für feine Aufgabe, zunächſt gan; 
vorfichtig und bebutfam nur der pofitiven Verfündigung des Evangeliums fih zu be 
fleißigen. Aber ald er dann doch gegen das ganze äußerlide Weſen der Heiligenver: 
20 ebrung feine Stimme erbob mit der Belchrung, daß man die Heiligen nur wahrhaft ebre, wenn 
man ihrem Glauben, ihrer Yiebe und Geduld nacheifere, geriet er mit den Predigem 
unter den Mönden 1524 in dauernden, zunehmenden Konflikt und erfubr auch em 
von ihm als unberechtigt abgewiejene Zurechtweiſung. Von der Bürgerfchaft wegen 
feiner Predigttbätigfeit hochgeſchätzt und das Vertrauen des Biſchofs mie eines Teiles 
30 des Domkapitels immer noch genießend erbat und erhielt er nad einiger deshalb ein⸗ 
getretener Verzögerung die Entlaſſung aus feinem Amte Nur kurze Zeit war a 
im Frühjahr 1525, durd den Nat zu Nürnberg berufen, unter großem Zulauf de 
Volkes dort Prediger der Klariffinnen und dann während des Sommers nur kurze Zeit 
auf den dringenden Ruf des Grafen von Mansfeld Prediger daſelbſt. Während deflen 
35 hatte man ſchon aus Preußen fich bemüht, ihn zu gewinnen. So folgte er denn im Jahre 
1525 dent Durch Yutber an ihn ergangenen Ruf des Herzogs Albrecht von Preußen (Lutb. Br., 
de Wette ID), welcher dur cine vom Herzog an den Hofkaplan Friedrich Des Meifen ge 
richtete Bitte um Zuſendung eines „tapferen chriftlichen Prieſters“ veranlaßt mar, nad 
Königsberg, wo er nun feinen bleibenden Wirfungsfreis fand. Hier war er fortan 
40 ein eifriger Mitarbeiter an dem Werke der Reformation, welches vor ihm bereits dunk 
Sobann Briesmann und Paul Zperat mit Eifer und fegensreihen Erfolg gefördert 
worden war. Er trat in das Pfarramt der Altitadbt ein, welches vor ihm Sperat, 
der Hofprediger des Herzogs (ſpäter Bilchof von Pomefanten), nad der Entfernung des 
unrubigen, in Karlſtadts Weiſe reformierenden Johannes Amandus (1524) ein Jahr 
45 lang interimiſtiſch bekleidet batte, während Jobann Briesmann an des Biſchofs Georg 
von Polenz Stelle das evangeliſche Pfarramt am Tom verwaltete. Durch das Band 
inniger Freundſchaft mit Beiden verbunden, wirkte er einmütig mit ihnen zur feſten 
Grundlegung der evangeliſchen Kirde in Preußen. Der imponierenden Erſcheinung 
feiner Perſönlichkeit entiprady der prägnante, energijche Geiſt, welcher fich in feinen fie 
so aus der Schrift unmittelbar geſchopften gedanfenreichen, kernigen Predigten, deren Kon: 
zepte in mebr oder weniger leſerlicher Schrift deutſch und lateinisch auf der Stabtbiblie: 
tbef in Königsberg aufbewahrt find, ausſpricht. Vgl. Eofad, Paul Sperat S. 58, N. 130. 
Außer den Predigten über eine Evangelienharmonie und einer Erklärung der Genefis waren 
08 Die in größeren Bruchjtüden noch vorhandenen öffentlichen Vorlefungen über das 1. 
5 und NT, in welchen er den Gebildeten und der Studierenden Jugend die Tiefen der 
biblifchen Wahrheit zu erjchliegen ſuchte. Hier war 3. B. Georg Venetus, fpäter Biſchof 
von Samland, jein Schüler. Der Charakter jeiner Vorträge entjpricht dein mit Vorliee 
oft wiederholten Spruch: In Chriſto find verborgen alle Schäße der Weisheit und Cr: 
kenntnis. Als Tichter des Yiedes „Nun lob men Zeel den Herren“, neben dem Be— 
co kenntnisliede Sperats: „Es iſt das Heil uns kommen ber”, das ältejte Yoblied der evan⸗ 


528 Boliander Bolyglottenbibeln 


superatur“ zu bezeichnen pflegte, vermachte er teftamentariih dem Hate ber Altitadt; 
fie befinden fich, vielfach mit Bemerkungen von feiner Hand verfehen, nebit feinem bant- 
Schriftlichen Nachlaß auf der Königsberger Stadtbibliothek. D. Dr. Erima. 


Boliti, 2. |. Katbarınus Ambrof. Bd X ©. 190f. 


6 Polychronins, Biſchof von Apamen und Bruder des Theodor. von Mopfueitia, 
gehört zu den hervorragenditen Eregeten der antiochenifchen Schule. Über feine Leben: 
umjftände wiſſen wir außer einer Notiz bei Theodoret (h. e. V, 39), aus welcher zu fol— 
gern, dab P. über das Jahr 428 hinaus als Biſchof gewirkt hat, fchlechterbings nick. 
Aber auch feine eregetifchen Werke find nicht auf ung gelommen; denn obgleich Poly 

10 chronius niemals ausdrüdlich verdammt worden ift, fo ift er doch faktiſch in ſpäterer Zei 
als Häretiter angefehen worden, was, wenn es noch eincs bejonderen Beweiſes bedarf, 
aus einer byzantiniſchen Gatene (Bardenhetver ©. 22) hervorgeht. Unter foldken Um: 
jtänden baben ſich nur Citate aus feinen Werken, zum Teil allerbings umfangreide, ın 
verichiedenen Gatenen erhalten. Indeſſen find auch fie korrigiert, verfürzt, erweitert und 

15 durch Sorglofigfeit oder Abfiht der Kompilatoren mit Unechtem verfeßt worden. Tas 
bisher gedrudte Material, welches namentlih Mat jehr vermehrt hat (f. dann Migne, 
Ser. gr. 101; 162), bat Bardenhewer (Rolychronius 1879) einer eingebenden Wundi⸗ 
gung unterzogen. Ihm gebührt das Verdienft, den Polychronius wieder entdedt, refp. die 
Maifchen —— zuerſt eingehend bearbeitet zu haben (zu vgl. die älteren Arbeiten 

20 über die antiocheniſche Schule und Nolte, Tüb. ThOS 1868, S. 451). Indes bat 
Bardenhewer die bisher noch ungedrudten Gatenenfragmente nicht gefammelt (f. Fabricius⸗ 
Harleß, Biblioth. gr. VIII, p. #39—669 und X, p. 362 sq. und 3. 3. Cod. Paris. 
gr. 174), auch die Scheidung von Echtem und Unechtem nur teilmeife vollzogen. 

ALS ficher darf man annehmen, daß Polychronius umfangreiche Kommentare zu Hiob, 

35 Daniel und Ezechiel verfaßt hat. Ylnderes ift zweifelhaft. Von dem Daniel-Kommentar 
befigen wir relativ die meiſten Bruchftüde. In feiner Eregeje des Propheten berührt fid 
Polychronius mit Porphyrius, und das genügte zu feiner Verurteilung. So deutete er 
das Bud) ftatt auf den Antichriſt auf Antiochus Ehipbanes und ſah in der vierten Rei: 
monarchie das macedonische Reich, in den 10 Häuptern die Diabochen. Überall ift er 

30 bemübt, den biftorischen Sinn feftzuftellen und polemifiert unter Bezugnahme auf Urigenes 
gegen die allegorifche Teutungsweife, ſowie gegen die Theorie von doppelten Skhriftfinn. 
Dennoch fcheint er in der Kritik fonjervativer wie fein Bruder geweſen zu fein und gegen 
deffen Kühnheiten in Bezug auf Die Beurteilung einzelner kanoniſcher Schriften fogar po: 
lemifiert zu baben. Dies zeigt namentlich fein Hiobfommentar. Tod find abfchliegente 

36 Urteile noch nicht möglid, da die Kritif der Polnchroniusfragmente erft begonnen bat. 
Die fprachlichen, antiquarifchen und biftorischen Kenntniſſe (namentlid in der fortjchen 
Geſchichte) des Polychronius waren bedeutend; in die femitiichen Sprachen fcheint er aber 
nicht tiefer eingedrungen zu fein, obgleich er fihb um Nachrichten über Die YA. des 
bebräifchen Urtertes und „des Syrers“ bemüht bat. Seine Ehriftologie ift aller Wahr: 

40 Scheinlichteit nach feine andere gewefen als die des Theodor; doch iſt anzunehmen, daß 
P. fich nicht ſo bejtimmt wie Theodor ausgefprochen haben wird. 

Ueber verfchiedene Polpchronit, Die zum Teil mit dem Bifhof von Apamea verwech⸗ 
jelt worden find, |. Bardenbewer S.18 (wo überhaupt die Literatur forgfältig verzeichnet 
ft) und Fabricius-Harleß a. a. O. Adolf Harnad. 


Polyglottenbibeln. — Litteratur: Discours historique sur les principales editions 
des Bibles Polyglottes. Par l’Auteur de la Bibliothdque Sacree [Le Long), Paris 1713, 
354 ©.; Le Long-Maſch, Bibliotheca sacra, Halle 1778 -90. 4° Pars I (cap. 4 p. 331—4W8); 
B. Pick, History of the printed editions of the ©. T., together with a description of the 
Rabbinie and Polyglot Bibles (Hebraica IX [18023] 47—116); Bd IT des Historical Ca- 
talogue of the Printed Editions of Holy Scripture in the Library of the British and Fo- 
® reign Bible Society compiled by T. H. Darlow and H. F. Moule, Xondon (I, 1903 II ned 
nicht erjchienen). 

Polyglottenbibeln find im allgemeinen Ausgaben der bl. Schrift in mehreren Epraden 
zugleih. Der Begriff iſt infofern ein unbeltimmter, als die Bibliographen denſelben bald 
enger, bald weiter gefaßt haben, jo zwar, Daß beutiged Tages der Name nur felten auf 
ſolche Ausgaben angewendet wird, wo neben dem Urtert eine einzige Überjegung ftebt, 
zumal eine in gangbarer Yandesfprace oder auch eine lateinifche. Oft wird berfelbe aber 
gar auf eine ſehr geringe Zabl größerer, vielſprachiger Bibelmerfe befchräntt, die den: 
jelben im gelebrten Sprachgebrauche ſozuſagen für ſich in Beſchlag genommen haben. 


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530 Bolyglottenbibeln 


in welchen zum Urterte irgend eine ältere, ebenfalls Tirchlich beglaubigte, alfo zu anterm 
als vein eregetifchben Zwecken berbeigezogene Überjegung fommt, weil auch bei dieſen da 
Begriff von Vielheit (zzoAvs), der in dem Namen liegt, nicht zu feinem Nechte kämt; 
dahin gehören 3. B. Aufammenftellungen des Urtertes mit der Bulgata oder mit Yuuker, 
6 wie die eben genannte „Evangeliiche Deutiche Original:Bibel“ von 1741. 40 u. ſ. w. 
1. Diejenigen, in welchen zum Urterte zwei Überfegungen in derjelben Sprache fomma, 
aus dem gleiden Grunde; alfo wo man, um eine ältere Überjegung zu verbejlern, de 
Urtert dienend danebenjtellt und damit Die neue Überfegung in ihren Abweichungen reht: 
fertigt. Co 3. B. die Ausgaben des NIS von Beza, oder die vierte Erasmiſche ven 
1527, oder Die vierte Stepbanifche von 1551; oder eine New-Yorker mit doppelter enz: 
lifcher, jene ältern mit doppelter lateinifcher Überfegung ; 5. genauere Bibliograpben we- 
weigern den Namen Bolnglotten auch folchen Ausgaben, in denen überhaupt lauter Übe: 
fegungen, der Urtert aber gar nicht erfcheint; Doch liegt diefe Befchränfung nidt m 
etymologiſchen Begriffe, jondern allen in der Tonventionellen Gelehrtenſprache. Dabin 
15 gebören z. B. Bücher wie die Ausgaben des Hohenliedes oder der katholiſchen Briefe in 
athiopiſcher, arabifcher und lateinischer Sprache, durch Niſſel und Peträus 1654. Wie 
viel mehr alfo, wo gar nur zwei Ueberjegungen vorkommen, wie in den ſchon erwähnten 
koptiſch arabifchen, ſypriſch-arabiſchen Druden oder in-den im vorigen Sahrbundert öfter: 
veranſtalteten franzöſiſch-deutſchen; 6. ohne alle Frage falſch angewendet ift der Name, 
zo wenn man ibn 3. B. der fogenannten Biblia pentapla gegeben hat (Wandsbeck 1711), 
in welcher zwar fünf, aber lauter deutſche Überjegungen jteben, die fatbolifche von Ulen 
bern, Die lutberifche, Die reformierte von Piscator, die jüdiihe von Athias und Weiz un 
Die nieberländifche der Generaljtaaten; 7. fonjequenteriveife müßten wir gegen den gang 
haren Sprachgebrauch auch Diejenigen Ausgaben ausfchließen, in welchen neben dem Ur: 
2 dert eine ältere Überfegung in fremder Sprache Steht, dieſer letzteren aber zu leichterem 
Berftändnie dev etwaigen Unterjchieds eine (lateinifche) Überjegung (alfo eine Verſion der 
Rerfion, nicht zwei Verfionen dem Terte) beigefügt if. So 5. B. Die im 17. Jabr— 
bundert mehrfach zu Schulzwecken gedrudten Specimina der Targunte mit nebenjtebendem 
Urtert und lateiniſcher Überfegung, oder dag NT des Le Fövre de la Boderie (Juris 
so ber Venenatus, 1584, 49), in welchen zum griechifchen und ſyriſchen Terte eine lateinüche 
Nberjebing dieſes letzteren fommt. Es tjt ein triglottum allerdings, fol aber nicht m 
bibliographiſchen Sinne unter die Polyglotten gerechnet werden. 
Nach Ausfonderung aller dieſer Rubrifen, welche aber in den Katalogen der Biblie 
thelen, befonders derer im Privatbeſitz, öfters zu den Polnglotten gerechnet werben, bleiben 
mn verhältniomäßig wenige Werke übrig, welchen jener Name mit Recht zufommt un 
vom Sprachgebrauche vorbebalten wird. Unter dieſen find nun vier, Die auch in ir 
EGeſchichte Des Vibeltertes eine bedeutende Stelle einnehmen. 

I. Tier vomplutenjiice Polyglotte. — Litteratur: Außer Le Long j. o. S.528,% 
Jranz Telipiehb (f Bd III S. 4,36 ff); Gregory, Textkritik 924—928; Rud. Beer, Hand: 
ſchriftenſchätze Spaniens (WEB 18015 93 Pf). 

Eines der berübmtelten und jeltenjten Bibelwerfe, welches unter der Auffict un 
auf Moften des Nardinals Franz Annenez de Giöneros, Erzbifchofd von Toledo und Kanz 
av von Gaftilien (geſt. 1517), unternommen und von den damals berühmteſten &e 
Iebiten Spaniens beforgt wurde, unter denen bejonders Demetrius Dulas aus Area, 
1, Alius Ant. von Yebrira, Diego Yopez de Stunica, Ferd. Nunnez de Guzman und Alp. 
ent Zamora genannt zu werden verdienen. ach wieljäbriger Arbeit wurde von 1585 
bis 1517 zum Drude gejchritten in der Stadt Mlcala de Henarez (Complutum iM 
Nm), Durd den Druder Arn. Wilb. De Brocario, und derjelbe wenige Monate ver 
In» Mundinalo Tode beendigt, Das Werk ſelbſt indeſſen erit 1520 auf befondere Erlaubnis 
“ers X. veröffentlicht. Es begreift ſechs Aolianten, von denen die vier eriten das AT, 
rar funfte Das ST entbält, der legte aber ein bebrätfchschalbäifches Lexikon nebſt Gram 
matik und einigen dveripandten Yugaben, was alles nachber befonder® unter dem Titd 
„Alphonsi Zamorensis introductiones artis gramm. hebraicae", 1526, 4°, wiedet 
belt vwunde (ſ. Darüber Steinſchneider, Bibliogr. Handbuch 1859, Gentralblatt für Bible 
. thetzweſen, 1896, 317). Die in dem Werke zujammengejtellten Texte find: 1. im 

hehraiſihe Des ATs; 2. das Targum des Unkelos zum Pentateub; 3. Die LXX; 4. de 
Külgata; 5. Das griechifche IT. Tem Targum und der LXX tvurde noch eine genau 
lateiniſche Uberfegung beigegeben. Über den bebr. Tert, der feine Accente, “aber Bezeich⸗ 
mung ber Penultima-Betonung bat, ſ. Delitzſchs Abb. von 1878; der Urſprung des 
vo laleiniſchen iſt noch nicht gründlich unterſucht; der griechiſche, der bier erſtmals gedrucki 


. 


Polyglottenbibeln 531 
wurde, in ber Hauptfache aus den vatilaniſchen Hoſſ. 68 bei HP, wieleiäk auch 


Imes: us der Venedi 
be den. wu Shan —— — — 


bräi der I eändert (Bb III ©. 
Kälte Des Tegtes und des Sri ib Das — {mi mm hen 
Buchftaben bezi ——— une en 36 
finden zu Taffen (Rertleierts mile — und — — in Ph. 


er 


runden Typen obne Spiritus mit here 


Schaffs Companion to the Greek Testament). Der Tert des | 
trotz allem jeitherigen Forſchen unbelannt geblieben find, bat eine ger tumn iche, von 10 
der des gleichzeiti —— Erasmiſchen vielfach al race ', tt etwas weniger 
intorrelt nl8 ber egtere, hat aber doc; neben vielen ganz offenbaren Fehlern eine bebeu- 
tende Anzahl Lesarten, welche die neuere Kritik feitdem wieder hervorgejucht und allgemein 





eingeführt bat. Dies ift befonders in der Apofa der Fall (TbXZ 1894, 658), 
es 2 en —8 ſeltenſten —8 een Teilen, Anderung nad ber 
SE 7 ficher, für andere Stellen wie 2 Ro 5, 10 (Ka) möglich, 


wie 
Semler, Göze und andern viel geftritten wurde (j. 


Das Wert fol nur zu 600 Gremplaren gebrudt torben fein und, kommt deshalb nur 
äußerft jelten a auf dem Büchermarfte vor ad rar Preife Apponyi 114 Pfd.St., 0 
150, ge 10e, 2 * 176; 1881 195 Pfd. St. 1884 176 und 225, 1801: 


5 
Bes 
: 
8 

> 

0) 


150: RX £00 Verfchiedenheiten auf dem dem Tücblets mb ‚am: Gnbe bei 
Hebräerbriefs |. Raialog Bible 5% Britiiben feums. Das griechifche NT ift erſt in 
—— undert (durch Pet. Al. Gratz, Prof. der kathol. ie zu Tübing 
und Bonn, 1821 und 1827) wieder genau abgebrudt worden. 


II. Die antwer ae Ana alte (Biblia regia). — &itteratur: u 
Sceler, Geſchichte der Entſtehung der berühmten —— re und Biogra: 
re . mit biejer beauftragten 1 Montano, (Uns Ipantjchen 

265—272, Auf Grund von —— — 56 ei 
—— Arias Montano (in Memorias de la 
nr ©. 425; oben Bd III ©. 4; die Pitt. in "ef, Einführung | in a eh 


uf Koften Kö 11. den franzd ar 

Buhbrufe Ehritoph Mlantin 1569 Ben 572 in —— nben gebrudt, unter 

—— von ipanı Theologen Benedikt Arias, genannt Montonus 
de la Sierra) unter an mn berühmten 

— elgier und Franzoſen, —— Mi 

la Boderie (Fabrieius Boderianus) und Franz S Saphelen | 

Nachfolger, alle drei rem Orientaliften. Die vier a Bänbde 






—— das Neue. her den U Sieten, ber Salgate. Sram ni in me an 

a dan Überpun begleiteten LXX finden fich bier chalbätfche Targumim über das ganze 
a, Nehemia und Chronik ausgenommen) nebſt deren ati 

j u. NT kommt auch die alte forifche Verſion —— — er die 


chung 
Epiſtel Petri, die zwei kleineren des Johannes, die des — hlen. 
Auch dieſer iſt eine lateiniſche Überfegung beigegeben. zweim eber a5 

Se dt einmal in * —— ſyriſe —— —— ei 
den en Terten mit hebräiſcher * * folg an —— das bebräifche 
Lerifon des Santes Bagninus, 1— nase ers la —— * 
Meile ante ———— von Maſius, ein "rinbefes 


—— Traktate des Arias unter 5 Sach, —— Fa —— 121) 
—— Dr (Topographie alems va 
reg über Map u H dic) u erbem mod) viele 
Bandes |. —5 in dr jun, me Syriaca ed. Sagarde S.19. Der * — 
der aber öfter als ſiebenter zwiſchen * —— ———— 
mals den hebräiſchen und griechiſchen U 
von Arias durchlorrigierten Em ir —* * —— — ier der 
Vulgata, und gerade dieſer Teil des Werkes, beſonders des F iſt 
worden. Die kritiſche Vorarbeit, weiche bei einer ſolchen unerhehm 


war, läßt viel zu wünſchen übrig. In vielen Stüden blieb man in * von oo 





| 


632 Polyglottenbibeln 


dem complutenſiſchen Werke; der handſchriftliche Apparat, der für die einzelnen Terte zu 
fammengebracht worden, war fein fehr bedeutender. Der griehifche Tert des NTs ni 
aus complutenfifhen und ftepbanifchen Lesarten zujammengefegt. “Dabei ift das mel: 
würdig, daß der Abdruck im legten Bande in mander Stellen von dem im fünften db 
5 weicht. Antiquariſch 120. 150. 180 ME. Gedrudt wurden 960 gewöhnliche Eremplar, 
200 beflere, 30 feine, 10 ertrafeine, 13 auf Pergament, wozu 165263 Tierbäute nöm 
waren; im Brit. Mufeum das Dedilationseremplar an Alba für feine Dienjte in da 
Niederlanden. 
III. Die Pariſer PRolyglotte. — Kitteratur: Le Long S. 104— 204; 366 bit 
10 549; Le Long: Maid I, 350 ff. 
Die äußerlich glänzendite, aber tmwillenfchaftlich geringfte von allen, wurde 1629 ie 
16-45 bei Ant. VBitrs in 7 Sprachen gebrudt, auf Koften ded Parlamentsadvokaten Gur 
Dichel Le Jap, ın 10 Bänden größten Formate. Tie vier erften Bände find bloße ik 
drüde der Antiwerpner Bibel. Die zwei folgenden Bände enthalten das NT aus ber 
15 felben Ausgabe abgedruckt, aber vermehrt erſtens dadurd, daß die bier nur einmal ge 
gebene ſyriſche UÜberfegung durch die Antilegomena (Bd III S. 174,26) vervollſtändigt 
it, fodann durch Zugabe am untern Rande einer arabijchen Verfion mit lateinijcher Über: 
fegung. Die übrigen Bände enthalten aber noch mehrere, früher entweder gar nicht eder 
doch nicht zufammengebrudte Terte: 1. den jog. ſamaritaniſchen Pentateuch nebit der fr 
20 maritanifchen Überfegung desfelben (f. Bd III ©. 145), 2. die furifche und 3. eine ara 
bifche Überfegung des ganzen ATS, fämtlich mit lateiniihen Verfionen. Won Gelehrten, 
die fich bei der Mrbeit beteiligten, nennen wir nur den Uratorianer Sean Worin, der ne 
namentlich mit den famaritanifchen Terten bejchäftigte, und den Maroniten Gabriel Sir 
nita, dem man das Meifte bei der ſyriſchen Arbeit verdankte (denn die andern Teilnchme 
35 thaten nur wenig), der aber mit Ye Jay Streit befam, eine Zeit lang von der Leitung 
des Werkes verdrängt und fogar ind Gefängnis prozeffiert wurde. Re Jay fette jein 
Vermögen dabei zu, war aber ſtolz genug, den Antrag des Kardinals Richelieu ah: 
teifen, welcher ihm die Ehre des Patronats bei diefem Unternehmen, alfo auch ben Nad- 
ruhm desfelben, un eine bedeutende Summe ablaufen wollte. Ze ze mußte noch qulegt 
30 feine Bibel als Makulatur verlaufen. Antiquariſch fehr felten vorfonmend (120 a) 
IV. DieYondoner Polyglotte, die wichtigfte, wiſſenſchaftlich ſchätzenswerteſte und 
jet noch verbreitetite. Unternommen wurde das Werk von Brian Walton, fpäter Biihet 
von Cheiter, und vollendet 1657 in 6 Folianten (London bei Th. Roycroft). Es ift Karl IL 
gewidmet, doch eriftieren auch Exemplare mit einer republifanischen Dedikation, mas uns 
35 Daran erinnern mag, daß die Arbeit, unter den chen einer langjährigen Revolution und 
den Schreden des Bürgerkriegs begonnen und mutig fortgeführt, eben in dem Zeitpunkte 
zum Abſchluß Fam, mo die politifchen Geſchicke Englands wieder in das alte Geleife Tih 
zu ordnen im Begriffe Ivaren. Zu Gebilfen, mittelbaren und unmittelbaren, hatte Kalten 
getviffermaßen Das ganze damalige gelebrte England, namentlib aber Die Urientaliften, 
40 unter denen noch beute mit Ruhm genannt werden Edm. Gaftle (Caftelus), Eh. Pocode, 
Tho. Hyde, Dudley Loftus, Abr. Wbeloe, Tho. Greaves (Gravius), Sam. Clarle (Ole 
ricus), dieler anderer, minder fich beteiligenden nicht zu gedenfen. Der große Vor 
dieſes bis beute noch nicht verdrängten Bibeliverfes befteht nicht nur in der größern An 
zahl alter orientalifcher Berfionen, die in demfelben aufgenommen find, fondern namentlid 
in der viel größern und intelligenten Sorgfalt, welche Die Herausgeber auf die Herſtellunz 
der Texte ſelbſt verwendeten. Es zeigte ſich an den fait gleichzeitig erjchienenen Polr 
glotten von Paris und London, wie bereit? Damals in pbilologifchen Dingen die prote 
ſtantiſche (wenigſtens Die reformierte) Wiſſenſchaft die Eatholifche überflügelt hatte. Ta 
Yondoner Bibelwerk enthält in feinen vier erjten Bänden dag AT, und zwar außer dem 
co hebräiſchen Texte nebjt Der Antiwerpener nterlinearverfion, den famaritanischen Pentr 
teuch, Die LXX nach der römischen (watifantichen) Ausgabe von 1587 und mit den 
Varianten des Koder Mlerandrinus, Die von Flaminius Nobilius zufammtengeftellten Fraz⸗ 
mente der vorhieronymianiſchen lateinifchen Überfegung (Itala), die Vulgata nah der 
römiſchen Edition mit den Ktorreftionen Des Lukas von Brügge, die forifche Peſchito, mit 
65 der Überfeßung einiger Apokryphen vermehrt, ebenjo eine bejlere Ausgabe der arabijcen 
Nerfion, die Targumim aus Burtorfö Ausgabe, die famaritanische Überfegung Des Penta⸗ 
teuchs und endlich Die äthiopiſche des Pſalters und Hohenliedes. Alle dieſe Terte (im 
ganzen 9 Sprachen), nebſt Iateinifchen Überjegungen des griechischen und der orientaliſchen, 
ſtehen ſpnoptiſch neben- oder untereinander. Außerdem finden fih im vierten Bande noch 
60 ziver andere Targume zum Pentateuch, das des Pirudojonathan und das von Jeruſalem, 


3 
oo 


| 


| 
| 


Bolyglottenbibeln 533 
nebft einer Sen Über desjelben Buches. Das NT erſcheint im fünften Bande, 


was den mit geringen Anderun ee aus der befannten 
Felipe 1 9 35 mit Arias’ PBerfien und den Varianten des 
oder — m, day * ar lateiniſcher (Bulgata), ätbiopifcher und 
arabifcher U en ——— ebenfalls ämeich mit buchftäbti 
Dehnung ins kommt nun nod im zn Bande 






Large. gu re allen 


es nachher mehrmals berausgeg ade 
in 5 Be Im en un 1,8 8°, m zu den beffienen Der ganze ſechſte Band 


wird. Denn man der — 


* — 


ſhen 
J all di dem j 
en — —* — Det, ie —— — * 
ber Kritik — dam die ——— die ste, m air che, * che —— 
Air DS Ha a 
jtreiten lönnte. Dazu fomnit, md, dab, Ah 
t 


die 
t 
ugung Sheri it, — zu au F ‚du no 
nur an Kimanapen N ee Pa —— —* | | en 
en iſt un i des Textes der Bulgata a einige 
au als genügend auspofaunte Verſuche gemacht worden find, anderer Dinge nicht wo 


ehe dieſen vier großen und vorzugsweiſe ſogenannten Polyglotten führen wir nur 
1. Die Heidelberger 55 —— beſorgt von Bonav. Corn. Ber: 


Sprache n G 
Se an pur * a 





lurz au 


Urterta und Wu fe in. 
—— lyglotte b war. Auch der griech —— 

giebt — — Ad * Be Abzüge in ame ” 
—* mit den Zahlen 1599 oder 1602. Es iſt aber überall Grunde 
* oc das AT eine Polyglotte, das N ift einfach —— mit der inearverſion 


2. Die Hamburger Polyglotte. Ein Werk, das ſich felten volli Aa 
Es beſteht aus einer 1587 in al von Elias u herausgegebenen | Bibel 
welcher im Drud die Radikalbuchſtaben von den übrigen ir Almen de And und einer 

1596 v von Dad. Molder beforgten Ausgabe, in welcher in vier lumnen der griechiſch 
Tert des A und NTs, die Vulgata, die lateiniſche Überfegung des Bagninus 

die des N von Baza, und die beutjche Luthers in 6 Foliobänden bene stellt find, so 





Polyglottenbibeln 


0.2 m coenqenannte hebräiſche RNibel Titelblätter mit der Jabrzabl 1 
..r 2 ze Werke aus derjelben Offizin von J. Lucius famen. Eine gar 
er, Lcriche. Sbgleich die däniſche Regierung alle Kirchen Schleswigs zwang 

An derausgeber an den Betteljtab brachte. 
. seraer Polyglotte. Der cben genannte Elias Hutter (f. BR VII 
„st eiriebianr Bibelfabrifant, gewiſſermaßen jelbjt im zweideutigca 
see, sat jelbititändig mehrere Werke veranitaltet, Die bierber geboten 
zeirtaiged AT, 1590, Fol., tft unvollendet geblieben und bricht beim Bude 
> malt in tes Spalten links den bebrätichen Tert zmifchen dem dal 
su zriechiſchen, rechts den lutberifchen zwiſchen dem lateintfchen und cin 
asia. In Berref dieſes leßteren variieren Die Gremplare. Es giebt meldı 
„ut, dere mit ttalienticher, andere mit plattdeuticher, endlich andere mi 


re input ich weiß nicht zu jagen, tweldie Mundart damit gemeint iſt, da ma 
iv Srempiar su Geſicht gekommen if). b) Ein alter bebräifch, griechiſch, la: 


ou 


derutſch, Inu, 8% e) Ein neues Teftament in zwölf Spracen, 1599, 2 Ile 


os niet auf Der erſten Nolumne die ſyriſche Überſetzung, deren damals ned 


„sit 


ande er Selbit überſetzte, und die italienische Des Bruccioli von 1562, je Kr 
Alerrutander gelegt; auf Der zweiten ebenſo einen von ihm ſelbſt gefertigten 


oRn awererlet Buchſtaben gedruckten hebräiſchen Tert und bie ſpaniſche UÜcberichun; 


BR \ [ 


worte Reuia von 1569; auf der dritten den griechifchen Tert und Die franz: 
irren Aberiegung von 1: IRB: auf der vierten, der eriten des zweiten Blattes, Ni 
„id Me Damals gewöhnliche englifche Überfegung von 1562; auf der fünften 


unbe und Quiche von 1589; auf der jechiten eine böhmiſche von 151% un 
une Fin, Den Brief an die Laodicäer überfegte Hutter jelbjt aus dem Yate- 


.L 


I 
. 
u 


x 
x ⸗ 


u Yy 


3 du »anitlichen übrigen Sprachen propter insignes et solatii plenas dor- 
Die Werfwurdigfte aber an dem Buche iſt Die Kedbeit, mit melder Huuct 


x Aberetzungen, um jie einander näher zu bringen, bebandelte und umgeitalter, 


at on der Vorrede anrübmt, ja daß er nicht nur bin und wieder den gricht 
he UI aus der Vulgata oder fonjt änderte oder angeblidh verbollitändigte, 
untl Wi lutberiſchen Orthodoxie zu gefallen ohne weiteres Lesarten fabrizierte, 3.B. 
NS. wur al Üro® ’Inood Aguorod,. Ro 1, 5: uoredorn Ö£ uövor; 
add. xl ex Tod Erös zomotor; 1 Pt 3,15: xoior Tr Veör Nor 
1 d Ein VT in vier Sprachen, hebräiſch, artechifch, Inteinifch und beund, 
intel uneerandert genommen, 1607, 1° (Titel⸗A. 1615). Cs giebt aud ven 
iucauorn einzelner Propheten in vier und einzelner Evangelien in zwölf Sprachen 
oa vet eigener Verleger und Druder. 
OP hlet Yolnglotte von Chr. Neineccius, Rektor zu Weißenfelbe. 
ed ne Lankiſchs Erben 1715 (neuer Titel 1717), Kol, das NT gedrudt, ın 
oa re Me ſyriſche und eine neugriechifche, ferner Yutbers deutſche und Sch. 
RIRBEITIIIN Uberſetzung kamen, nebſt griechiſchen Varianten, Parallelſtellen und 
denne Das AJ erſchien erſt 1750f. in zwei Bänden und begreift auße 
valigenannten Überſetzungen nur den hebräiſchen Tert und die LXX. Ce fin 
stv tt WET, eregetiſche Anmerkungen beigefügt. 
BR. clereldjde Polyglotte, I816- 55 bei Welbagen und Klaſing erſchienen 
Banden gr. 8, unter Der Yeitung von Rud. Stier und C. Gi. .. 
Ya NE bebrätfeb, griechiſch, lateiniſch und deutſch; im WI in der vierten 
era verſchiedener Deuticher Überjegungen. Es giebt auch Eremplare, we 


u‘ 


or ernste Die enaliiche Überfegung entbält. Sonſt aber erjebeinen auf dem 


N 
us 


et einem ſtereotypierten Werke, verſchiedene Nabrzablen. Der griechücbe 
oo pahbt wenig don Dein vulgären ab, iſt aber von Varianten Der bedeuten. 
ne Nrasithonten begleitet; Dev Des ATs iſt von Vöckel und Landſchreiber nad 
»iberopunbkten bearbeitet, Daber auch Die franzöſiſche Ausgabe, die unter Ya: 
an Nenner bet Nover und Chernovitz in Paris erſcheint (BD 4, 1905) nicht 
21 
»rno lan einer Biblia tetraglotta vom Jahr 1859, deren Leitung un 
ar Profeſſur der Theologie übertragen werden jollte, |. Yagardes Sym- 
and Jen Yebensbild von Anna de V. 2.60. Sie wäre jedenfalls mas 

ade, als alles was ſeither verjucht wurde, wie beifpielsmeife Die Bihlia 


er y 


va read WM De Levante und andern (Yond. 1861—76 in 6 Bänden 1"), ren 


av Auvgabe ale Biblia Triglotta giebt, welch letztere zum jeßigen und: 


636 Polykarp 


(bier auch weitere Litt.); Corſſen, Itſchr. f. RTL Wiſſ. 3 (1902), S. 61 ff.; O. Pfleiderer, Du: 
Urchriſtentum“, Berlin 1902, II, 256ff. 
Die frübeſte Kunde von Polykarp geben die Briefe des Ignatius an die Erbheier 
(21, 1) und Magneſier (E. 15) und der an ihn ſelbſt gerichtete. Der eigene Brief dee 
b iR aber ift ein Begleitſchreiben bei Überfentung von Briefen des Ignatius, melde die 
Philipper von ibm erbeten batten (ec. 13). Die Beitreiter der Echtbeit der ignatianiſchen 
Briefe (noch zuletzt Hilgenfeld) müſſen daher auch den Brief des P. für untergeſcheben 
oder interpoliert erklaͤren. Nun bat aber bereits J Irenäus (Adv. haer. III, 3, I; val. Eui. 
IV, 1:D des Briefes P.s an die Philipper gedacht als eines Zeugniſſes Feines Glauben⸗ 
10 und ſeiner Predigt der Wahrheit („Fort ÖF zal EUOTOMN] Ilokrxagaov gös Bicicnoiors 
y —XR ixarınran), EINS zal Tor zagaxrıjoa mis zUOTEWS altot zal to xnor; yua 
Tijs — vi pPoviöueror xal goortisovies Tijs Earı@dr oWmrıDlas —* 
u ade") Aud iſt ebenſo eine Abfaſſung durch den etwaigen Fälſcher der Ig⸗ 
natiuobriefe wegen ſeiner völlig abweichenden Art ausgeſchloſſen, wie eine Interpolauen 
ib (f. 3. vertreten beſonders von A Ritſchl S. 584ff., noch jetzt von Hilgenfeld S.51f 
durch die in allen Teilen gleichmäßige Benutzung Des 1. Clemenöbrictes (vgl. 1. Clem. 
ed. 2 Gebh. Ham. S. XXIVff.. Die Erflärung für den nad ce. 13 an die Syrer zu 
übermittelnden Arie der Pbilipper giebt Der Wunſch Des Ignatius Ad Sm. 11. \d 
Polye.s wal. dazu z. B. PRileid. 2.228. Der Brief ift ſomit durchaus gleichzeitig mit 
dem Martvrium dev Ignatius und unter Trajan geichrieben. Tie Beziehung der Be 
zeibnung ewTtoroxos tor Surord für den \ Leugner von Auferitebung und Geridt 
e.7, 1 auf Marion, den P. nach Irenaus III, 3, 4 in Rom fo genannt, it viel zu 
unſicher, um daraus etſwas schließen su können (jo jegt auch Samad II, 1, 387). Der 
Arie) iſt griechiſch nur zuſammen mit Dem Barnabaskrief, aber nur bis 9,2 3, überlidet; 
eo. 10]. de nur durch eine naclaittar lateiniſche Überſetzung erhalten (ec. 9. 13 auch durch 
Wut. NOS TIL, 36, 13 iien. Der Kennzeichnung des Briefes durch Irenäus entfpricht jun 
Anbult: Obriftus, der fur uns gelitten und als der Auferftandene erhöht iſt, wird aud 
m auſerweden. wenn wir Gottes Willen thun. Schlicht und in Anlchnung an de 
neuteſtamentlichen Schriften, beionders 1Pt, wird zu chrijtlihen Wandel ermahnt. Der Ver⸗ 
» untrieuung eineb Prevbpters Valens wird e. 11 gedacht. Von der ſmyrnäiſchen Gemeinde, 
beren Repraſentanten er und Die Presbyter, in deren Namen er ſchreibt, ſind, ſagt P. 
um GBegenſaß zu den Pbilippern e. 11, 3, daß ſie in gen Tagen des Baulus Gott neh 
nibt erläannt nos autem nondum noveramus), Ob P. und Die Presbyter damalt 
bon um Veben geweſenegßabn. werte, IV, 252 17), ergicht jih daber hieraus noch nict 
Mohl aber wit. daß die Pbilivpper ich gerade an ihn gewandt und daß Ignatius ſeines 
Karte ont ab gedentt und an ibn noch verſönlich Tchreibt (wenn ſchon im Ton dır 
Aremnalknung dab bo d, wie V. ſchen um 110115 eine meitbin angefehene Perſon— 
libte deween SIE muß 
Kant entpribtee wav De imvrnaiſche Gemeinde in den Brief erzählt, Den fie über 
han Mater ran Nam nach dieſem ımart. Polve. 18, 2) durch einen Marcion an 





bay Ureneinezutt Rhüdome nun. aber zugleich an die 
ba nern im Alien von den haretiiſchen Gemeinſchaften Überiehr. u. 16, 3), Dicker 
Yudannbonft baber bervettelt werden, val. Harnack II, 1,341 — Kirche allermärts ge⸗ 


lat Dat wier oe Subnet nur dir gan; außerordentliche Verehrung für P. in der 
onpitkit Bentyitör tab DE DI To, Do Er TolS zu Nuäs 190v015 dıddoxaso: d-Tooto- 
ana nennt SORT auch Sem Mur außerbalb der Kirche (val. 16,2 or 
wann hen, Mnnion co uno tor Aootarar). Die Echtheit und Je 

- be - * 

leeletlielbee Sant den Martpriums seo nicht au bezweifeln; früher erhobene Bedenken Ind 
a Nubert geyat fein gelaſſen. Kleine Diferenzen gegenüber Dem Euſ. NG IV, 
be ste brlurit YrcDibanı WESTEN Terz ſind belanglos, jelbit wenn man «8 ablehmn 
te The en og mi Wordswertb und Zabn zeot ow’oaxa zu leſen otır @ 
rs ybitee amtte Vu an itenden Die Angaben Des Martyriums baben eine Beni: 
gen dendbo he Dres vebantiz gewordene Inſchriften (Det Lightf. I, 613 f.; vol. das 
ee Ve M rphimuutt Dieſfe zeigen aber auch Die Zuverläffigfeit der von Euichius 
lagen Nnbnbare 1, Denn Me zeigen den 12,2 als Aſiarch und 21 als Hobe— 
sn une ot atlien bezeichneten Philippus für 110--153 als Aſiarchen und jcen 
> ab Klansbeh tal 1 Uberprieiter und Agonethet von Tralles. Aus Der Nachierit 

a er tun ara entus ho. S. ſtr;und dem alten Martyrolog ergiebt ſich, daß 
Plelire nun Selen gelitten bat (vgl. Lightf. I, 677 ff... Es war cm großer juducher 
alla inien Pos h 21. 7, 1;3 vielleicht außer Sabbath zugleich Purimfeſt, Yiabt. 


538 Polykrates Polytheismus 


Polykrates von Epheſus, um 190. — Quelhlen: Euſebius Chronik armen. ; 

J. 2210 Abr., bei Hieron. z. J. 2211f. Abr. KG III, 31, 3 V, 24, 2—8. Hieraus Hier. 

De vir. ill. 45 und wohl auch Anatolius, De rat. pasch. c.7. Bgl. Routh, Rel. sacr. ’II, 

9. MSG V, 1355 ff. -- Litteratur: Harnad, Geſch. d. altchriftl. Ritt. I, 260; II, 1, 323: 

5 Be Forſchungen III, 187; VI, 162. 169 ff. 208 ff.; Bardenhewer, Geſch. d. altkirchl. Lit. 
‚580. 


Bon Polykrates von Epbefus wiſſen wir nur durch feinen Streit mit Viktor ven 
Ron (feit 189) über die Paſſahfeier (vgl. Bd XIV, 731f. 736. 742). Der Streit batte 
nach Euſebius noch ftatt unter Kommodus (gejt. 31. Dez. 192), und an Maximin von 
10 Antiochien, dem Eerapion 190/191 gefolgt it, follen in der Sache Briefe gejchrieben fen. 
Damals, alfo um 190, war Volykrates feit 65 Jahren Chrift (er fchreibt Euf. V, 24,7 
Er Einxovra nuevre Erin EXwv & xvolw) und ſchon feit längerer Zeit ergraut; da a 
einer chriſtlichen Familie angehörte, der ſchon ſieben Biſchöfe vor ibm entjtammten, wirt 
er ſchon früh getauft fein. Auf einen Verkehr mit Schülern der Herrnſchüler beruft a 
15 ſich nicht, fondern auf einen folchen „mit Brüdern aus der ganzen Welt”. Bilter 
bat ihn aufgefordert, eine Synode in Sadıen der Diterfrage herbeizuführen. Die Simox 
ſprach fich aber fehr entfchieden für die kleinaſiatiſche Praris aus, den 14. Riſan als 
Felttag unter Brecden des Faſtens zu feiern, ihr Wortführer war Polyfrates (fo L 
Bd XIV, 736,5). Er berief ſich auf die kleinaſiatiſche Ueberlicferung und machte de 
0 Leuchten der Eleinafiatifchen Kirche geltend, die immer am 14. Nifan das Paſſabfeſt ge 
fetert hatten. Viktor bat dennoch die Heinafiatifche Kirche erfommuniziert, iſt damit je 
doch nicht dDurchgedrungen (Euf. KG V, 24, loff.). Bauwetid. 


Polytheismus. A. Wuttke, Gefhichte bes Heidentums, 2 Bde, Breslau 1852f.; J. Til: 
linger, Heidentum und Judentum, Negendburg 1857; Mar Müller, Ejjayd, 4 Bde (deutide 
25 Ausg. der Chips from a German workshop), Leipzig 1868— 1876); derfelbe, Vorleiungen uber 
Urfprung und Entwidelung der Religion, mit beſ. Rüdjiht auf die Neligion des alten In: 
dien, Straßburg 1880; Karl Werner, Die Religionen und Kultur des vorchriftlichen Heiden: 
tums, Schaffhaufen 1871; Engelbert Lorenz Fiſcher, Heidentum und Offenbarung, Mainz 1878: 
C. P. Ziele, Kompendium der Religionsgefhichte, deutih durch F. W. T. Weber, Berlin 189, 
32. Aufl. 1887; George Rawlinfon, The religiona of the Ancient World, London 18}; 
W. Schneider, Die Naturvölker, Mihverjtändnifie, Mißdeutungen u. Mißhandlungen, 2 Bi, 
Münſter 1885 (nebft dem Ergänzungsband: Die Religion der arrifanifhen Naturvölter, 1891}; 
derfelbe, Beichidhte der Nelig. im Altertum, 2 Tle, Gotha 1895—1898 (unvollendet); Chan: 
tepie de la Eauffaye, Lehrb. der allgem. Religionsgeſchichte, 2 Bde, Freiburg 1887 f., 2. Auf. 
3 1897; Bruno Lindner, Grundzüge der allgem. Religionswiſſenſchaft auf gefchichtlicher Grund: 
lage (im Handb. der theol. Nijjenfch., 3. Aufl.), III, 566-699; Konrad v. Orelli, Allgemeine 
Religionsgeſchichte, Bonn 1599. 

Ueber Urfprung und frübejte Entwidelung der Neligionen: Fr. Yabri, Die Entſtehung 

des Heidentums und die Aufgabe der Heidenmiſſion, Barmen 1859, 2. Aufl. 1867; D. Zödler, 

40 Die Urgeitalt der Religion: Allgem. Miflionszeitfchrift 1880, ©. 337 ff. (vgl. desjelben „Lehre 
vom Urjtand des Menſchen“, Gütersloh 1879, ©. 188 ff., ſowie den Anhang bei Lindnere 
Grundzügen der allg. Neligionsw. (a. a. O., S.674ff.); E. ©. Steude, Ein Problem der 
allgem. Neligionswiijenichaft und feine Löjung, Leipzig 1881; Duke of Argyli, The Origio 
of Religion, considered in the light of the Unity of Nature: Contemp. Rev. 1881; Heman. 

45 Der Urſprung der Religion, Baſel 1885; Jul. Köftlin, Der Urjprung der Religion: THE 
1890, IT, ©. Stofh, Das Heidentum als religiöjes Problem 2c., Gütersloh 1403. 

Bal. noch die Ausführungen in den Taritellungen der chriſtl. Apologetit von Ed. Baum: 
ſtark (Chriſtl. Apologetif auf anthropologiiher Srundlage, Frankfurt 1872 2c, I, 2412 ij; 
von A. Ebrard Apologetik, Bd 11: Pie Religionen der Menſchen — Gütersloh 1875, 2. An. 

50 1880;, von P. Schanz (Mpologie des Chrijtentums [2. Aufl. Freiburg 1897]. Bd II, S. 1-14! 
von Hermann Schultz (Chriftl. Apologetif, 2. Aufl. Göttingen 1902, 8 12— 20. 

Polytheismus, der gelebrtere Name für das, was font Abgötterei, Götzendienſt ode 
Heidentum genannt wird. Da die beiden erjteren Namen ſehr häufig auch derartige Aus 
artungen monotheiſtiſcher Neligtofttät wie Die 1 yo 5, 21 warnend erwähnte, oder mi 

55 der katholiſche Bilder-, Reliquien- und Heiligenkult zu bezeichnen dienen; da ferner it 
ame Heidentum (vom gotb. häithns, abd. heidan „ländlih”) nichts als ein germant- 
ſches Aquivalent für das jpätlateinifche paganismus, alſo eine notorifch einfeitige, durch 
äußerliche und zufällige Umftände (nämlich durch das längere Sicherbalten polytbeiftikber 
Zitten und Anſchauungen bei Yand: als bei Stüdtebemohnern — vgl. Walentinians 1. 

sound Der folgenden Matfer Edikte gegen die pagani, feit 3685 aber auch Theod. Zahn 
Unterſuchungen über „Paganus“ in Nk3 1899, S. 18—42) veranlaßte Bezeichmung® 
weiſe iſt; da endlich das Gleiche auch von den auf das griehifche 28° (bei den LAN 


540 Bolyiheismus 


Elohim iſt der mit den frommen Vätern vor twie nach Noah verlebrende; er und lem 
anderer its, der fich dann auf dem Sinai offenbart und hier feine alleinige Anbetung 
als oberſtes und erſtes Gebot verlündigt. Die Bibel betrachtet ſehr beftimmt die Pid- 
götterei der Heiden als berubend auf einem Abfall von dem Einen lebendigen Gotte der 

5 Urzeit. Im Alten Teftament wird dieſe Entftehung des Heidentum® durch einen Abral 
bom Urmonotheismus erzählt im Anfchluß an die Gefchichte vom Turmbau zu Babel 
Gen 11, Uff. Das an diefes Ereignis ſich Inüpfende göttliche Strafgericht der Epracen- 
verwirrung bedeutet zugleich mit der Zertrennung der Sprachen und Nationen auc die 
der Religionen, mag inmerhin dieſes lettere Moment vom alten (jahviſtiſchen) Erzähler 

10 nicht beſtimmt und ausprüdlich hervorgehoben werden. Mit Recht baben fchon. alter 
chriitliche Denker in Gen 11 die Entitebung des Heidentums angedeutet gefunden, ; 2. 
Drigenes, der die durch den göttlichen Strafakt zerftreuten Menfchen fortan völkerweiſt 
einzelnen „Engeln“, d. i. Nationalgöttern untergeordnet werden läßt (c. Cels. 1.V), aud 
Auguftin (De Civ. Dei. XVI, 6 3. €. u. 9). Bon neueren Vertretern diefer Auffallung 

15 der Nataftrophe von Babel ala der „Geburtsftunde des Heidentums“ vgl. bei. Schelling, 
Einleitung in die Philoſophie der an ie (Werke Abt. II, Bd 1, S. 94 f.); An 
in der Gefchichte des A. Bds; Deligfch zu Gen 11, 1—9; %. Yabri in der oben ange 
führten Schrift von 1859; Auberlen, Die göttliche Offenbarung, I, 131 ff. u. II, 118f}.; 
Kaulen, Die Sprachverwirrung zu Babel (1861); M. U. Strodl, Die Entſtehung der 

20 Völker, Studie aus einer Philoſophie der Geſchichte (Schaffhaufen 1868); vgl. —* aus 
neueſter Zeit die Andeutung bei A. Jeremias, Das Alte Teſt. im Lichte des alten Orients 
(Leipzig 1904), S. 178. — Weitere bibliſch⸗urgeſchichtliche Hinweiſe auf die nur allmählich 
erfolgte Hervorbildung des Polytheismus aus dem urſprünglichen Monotheismus bietet 
die Geſchichte Abrahams: Gen 14, 18 iſt Melchiſedeks El Eljon noch derſelbe Gott wie 

25 Abrahams El-Schaddai; aber nad Joſ 24, 2 ff. hat Abraham, da er nach Kanaan zog, 
fih fhon von einem gößendienerifchen Vater und Bruder trennen gemußt. Desgleichen 
die Gefchichte Jakobs, der von feinen mejopotamifchen Verwandten und Schwiegervater 
Zaban ber das Unmefen Heiner Hausgögen, Tberaphim (f. d. U.) in feine Familie em- 
dringen fiebt (Gen 31, 19f.; 35, 2f. ꝛc.), ſowie meiterhin diejenige Joſephs ın Agupten, 

su der eines dortigen Sonnenprieiterd Tochter heiratet (Gen 41, 50) und zumal diejenige 
Mofis, der nur in gewaltigen Rampfe wider ägbptifches und mibianititches Heibentum 
(vgl. Deut. 32, 15 ff, Am 5, 25; auch Num 12, 1ff.) fein Bolt beim Glauben an 
den Bundesgott Jahwe zu erbalten vermochte. Auch im Neuen Tejtament wird das Her: 
vorgegangenfein der betdnifchen Religionen aus einem Degenerationd: und Zerichungs: 

35 prozeß, wodurd das urfprüngliche Geeinigtfein der Völler im Glauben an Einen Gott 
verloren ging, überall vorausgefegt. Das von Paulus zu Anfang feines Römerbrieis 
(Rö 1, 21 ff.) entworfene Gemälde von der Genefis des Heidentums nimmt zwar nicht 
ausdrüdlid Bezug auf die Turmbaufataftrophe und das darauf Gefolgte, paßt fich aber 
diefen altteftamentlichen Nachrichten fehr wohl an und ergänzt fie gleihfam. Dort waren 

003 Äußere Symptome des zunebmenden Abfalld der Völker vom wahren Gott und ihres 
immer tieferen Verſinkens in götzendieneriſchen Aberglauben, welche verflochten in die Er: 
eigniffe Der Urgefchichte bervortraten ; bier wird das Innere des Entartungsprozefjes felbit 
anſchaulich und mit erfehütternder Wirkung befchrieben: „Weil fie mußten, daß ein Gott 
ift und baben ihn nicht gepriejen al3 Gott, noch ihm gedankt, fondern . .. . baben wer: 

45 wandelt die Herrlichkeit des unvergänglicdhen Gottes in cin Bild gleich dent vergänglicen 
Menfchen und der Vögel und der vierfüßigen und der Ffriechenden Tiere; darum bat jie 
auch Gott dahin gegeben in ihrer Herzen Selüfte, — — die da Gottes Wahrheit baden 
verivandelt in Yügen und baben geehret und gedienet dem Geſchöpf mehr denn dem 
Schöpfer“ u. f. f. Auf der gleichen Worausfchung eines Urmonotheismus, von dem die 

co heidniſche Menſchheit abgefallen, fußen die befannten Ausſagen der Pauluereden in der 
Apojtelgeichichte, welche darauf binweifen, wie Gott in vergangenen Zeiten „alle Heiden 
Ihre eigenen Wege babe wandeln lafjen”, und wie fie, die doch göttlichen Geſchlechtes, 
während der „Zeit der Unwiſſenheit“ Gott unter goldenen, filbernen oder fteinernen Bil: 
dern anbeten zu müſſen gemeint bätten AG 11, 16; 17, 29 f.). 

66 Je unzweifelbafter hienach die bibliiche Offenbarung den Monotheismus die hiſto⸗ 
rijche "Priorität vindiztert, um fo beffer erſcheint die Frage berechtigt, ob für die um: 
gefehrte Annahme eines Urpolntbeismus, wie fie in modern naturaliftiichen Kreiſen fett 
ettva einem Jahrhundert beliebt geworden und immer noch zahlreiche Vertreter zählt, 
etwelche jachliche, durch Sprach-, Altertums- oder Neligionsforfhung nahe gelegte Gründe 

vo vorhanden ſind? Der jeßt weit und breit herrſchenden evolutioniftiichen Spekulation auf 


512 Bolytheismns 


in Auflage 1 diefer Enchklopädie enthaltenen Artikels „Fetiſchismus“, buldigte einer äbn: 
lichen evolutioniftiichen Betrachtungsmweife; er befchrieb die fetiſchiſtiſche Religion „gleichſam 
als das erfte Hineintreten des religiöfen Berwußtfeind in ein ſonſt vom tierifchen nur 
wenig verſchiedenes Leben”, überhaupt als die „denkbar niedrigfte Stufe der Religion, 
5 aus welcher alle entwidelten Religionen erſt geworden feien“. Förmlich zum Dogma e- 
Itarrt erjcheint die Fetiſchismus-Hypotheſe in dem Werke von Dr. Bub Schule, Fe 
tiſchismus; ein Beitrag zur Anthropologie und Religionsgeſchichte (Xeipzig 1871), wo eme 
jtreng pbilofopifche Erklärung der einzelnen Hauptrichtungen des Fetiſchaberglaubens (be 
treffend Stein, Berg, Waſſer⸗, Feuer-⸗, Baum, Tierfetiiche u. ſ. f.) verfucht, überall aber 
10 von der Vorausſetzung aus argumentiert wird, als ftehe der jeweilig roheſte Fetiſchkult 
beutiger Wilden der Urgeftalt aller Religion notwendig am nächiten. Ähnlich Ib. Adhelis, 
Der Fetiſchismus als univerfelle Entwidelungsitufe des relig. Bewußtſeins (Auslan 1891, 
Nr. 49). Mehr oder minder beeinflußt durch die Fetiſchismustheorie zeigen fich Kultur: 
biftorifer wie K. Tiveften und Fr. v. Hellwald, Orientaliften wie F. Spiegel (Zur vergl 
15 Neligionswifjenfchaft im „Ausland“ 1872), Naturphilofophen wie Carus Sterne (Werden 
und Vergehen ꝛc., 1877), E. Hädel, Noire, Dodel :c., Neligionsforfcher mie felbit Wuttke 
(deſſen Gejchichte des Heidentums [1852] trog ihrer poſitiv monotheiftifchen Grundvoraus 
fegungen doch infofern zur Fetiſchismushypotheſe ungehöriger- und inkonſequenterweije 
hinüberſchwankt, als fie unter den gejchichtlich bekannten Religionsformen die der Fetiſch 
so anbeter als älteite und primitivfte betrachtet, aljo ihren Charakter als eines Degradation: 
und Entartungsproduftes verfennt) und tie neuehiens G. Roskoff in ſ. Gefchichte des 
Teufels (2 Bde 1870) und befonders in feiner Monographie über das Religionsweſen 
der rohejten Naturvölfer, Leipzig 1880. Gegenüber der bejonders dartoiniftifcherfeits öfters 
borgetragenen leichtfertigen und kritikloſen Annahme: es gebe überhaupt zahlreiche wilde 
35 Völker ohne jede Spur von Neligion, und diefer angebliche abjolute Atheismus fei (mit 
Yubbod, ſ. o.) als die eigentliche Baſis und Anfangsſtufe des gefanten rveligiög-fittlichen 
Entwidelungsprozelfeg der Menfchheit zu betrachten, hat Roskoff in der leßteren Schrift 
eine Reihe jehr guter Unterfuchungen zufammengeitellt, die dem teild vorber teils fpäter 
durch Gelehrte wie Waig, Peſchel, Gerland, Mar Müller, de Duatrefages, Schneider (vgl 
30 oben die Lit.) 2c. gegenüber der Uratheismushnpothefe Vorgebrachten das Siegel der Be 
ftätigung aufprüden. Allein da, wo der Fetiſchismus in Betracht fommt, ſchwankt auch 
er zur naturaliftiichen Betrachtungsweiſe hinüber; Zauberei, die Grundlage alles Feti⸗ 
ſchismus, gilt auch ihm als Urgeftalt alles religiöfen Leben? und Streben der Wilden. 
Dabei weicht er von Wuttke darın ab, daß er diefe Annahme ganz allgemein fapt, fie 
35 nicht etwa bloß auf die gefchichtlich befannten Wilden, ſondern gleich auf Die der frübeiten 
Urzeit bezieht und von einer monotheiſtiſch gearteten religio patriarchalis nidts 
wiſſen will. 
Die setiichismustheortie, und zwar in ihrer unbedingteren Ausgeltaltung ebenſowobl 
wie in der limitierten Form, die fie bei den beiden zulegt beiprochenen Gelehrten trägt, 
so iſt wiſſenſchaftlich falſch. Sie fußt auf unbaltbaren Vorausſetzungen ſchon mas den Be: 
griff der als „Fetiſche“ bezeichneten Götzen betrifft. Unter einem „Fetiſch“, portugiehid 
fetisso (richtiger feitigo) tft nicht mit jenem de Broſſes und der Mehrzabl der Vertreter 
der Hypotheſe eine „bezauberte und darum tweisfagende Sache“ (chose f6e — enchantde 
— rendante oracles) zu verjteben, als ſei dag Wort von fari, fanum oder fatum 
45 berzuleiten. Vielmehr gebt dag Wort auf die Wurzel facere zurüd: feitico entipridt 
dem lateinischen factitius und bezeichnet etwas Fünjtlih Gemachtes, insbeſondere etwas 
zu religiöfen Andachtszweden Gemachtes, wie etwa cin Amulet, ein Kreuz, einen Rofen: 
franz, kurz das Arbeitsproduft eines feiticero, eines Verfertigerd derartiger’ religidier 
Kunftgewverbeartifel. Das Wort erinnert aljo an Ausdrüde wie factura, italieniſch fat- 
50 tura — Jauberformel, oder wie das gleichbedeutende ſanskritiſche kritya (von kri madın), 
oder wie das von dieſer letzteren Nadir entftannmende lateinische carmen, franzöſiſch 
charme, Zauberfprud. Fetiſche in des Namens ceigentlicher Bedeutung find ſonach An— 
dachtsmittel oder Rultusobjekte, die jedenfalls auf eine fortgefchrittenere Religionsentteide 
lung, ja auf einen beginnenden Verfall des religiöfen Lebens hinweiſen. Und dieſer 
55 wahren Bedeutung Des Namens Fetiſch (ſowie feiner Synonyma in Afrikas Negeripracen, 
3. 3. gri-gri vder gru-gru, enquizi, mokisso, wong etc.) entipricht aud das tbat- 
fächliche Auftreten der betreffenden Neligionsform im Xeben der Naturvölfer. Fetiſche 
find immer Trümmer älterer und vollflommenerer Gottesvorftellungen; irgend welche Idee 
von einem anzurufenden Weſen böberer Art muß jchon vorbanden geweſen fein, wo zum 
Machen eines Fetifch gejchritten wird. Der Stein, Klog, Knochen, Lappen, Haarzopf, 


544 Bolyiheismus 


jollen, ettva in Quellen oder Flüſſen, als Nompben, Nigen 2c., in Bergen ober Felien 

als Berggeifter (Stobolde 2c.), in Gewächſen ald Baumgeiiter ( Hamadryaden 2c.), in we: 

ſchiedenen Tieren, namentlid) Schlangen --- weit verbreitet, beionders in den beiden 

letztgenannten Formen, als Baun und Schlangenkultus (WhHto- und Soolatrie, legten 
5 befonders als Upbiolatrie); 

2. anthropolatrijcher Animismus: Verehrung abgejchiedener Menſchengeiſter, denen 
entweder in ber Luft oder fonftigen unbelebten Naturmedien, oder in lebendigen Tier 
leibern ihr Sitz angewieſen wird, je nachdem einfachere Formen Des Öctterglauben: oder 
die kompliziertere Scelenivanderungalchre der Betrachtung zu Grunde liegt. Es iſt das 

ıo unbeimliche Gebiet des Epiritismug im meitelten Sinne, dem dieſe beſondere Form de 
Animismus angehört; nekromantiſche Bräuche verfchiedener Art, bei roheren Völkern nid: 
fach mit ſchamani ſcher Raſerei verbunden, bie und ba zu ophlolatriſchem Tämonenake: 
glauben und Teulelsbienfte ſich ſteigernd, entfalten ſich auf dieſer Baſis; 

3. patriarcholatriſcher Animismus oder Ahnendienſtkultus der Vorfahren beſonderer 

15 Familien oder ganzer Stämme mittelſt Totenopfern u. dal, insbeſondere ſolchen Stamm: 
vätern dargebracht, die als Helden, als Religionsſtifter, Staats- oder Städtegründer x. 
zu Moblthätern ihrer Nachkommen getvorben (Heroentult), oder auch innerbalb des be 
ichränfteren Familienkreifes ſich baltend (Zaren, Benatenkult); bei wilden Völkern dadurb 
nicht felten in cine eigentümliche Form des Tierdienited übergehend, Daß die Stamm: 

» väter als durch gewiſſe Naubtiere oder Vögel oder ſchnellfüßige Jagdtiere ıc. verfinmbilblicht 
gedacht werden, welche dann die Bedeutung ftehender Embleme der betreffenden Stämme 
annehmen (beraldifcher Sinnbilderdienit oder Totemismus, nah einem befonders durch 
Lubbock eingeführten Ausdrud). 

Mit den Verjuchen, entiveder eine oder die andere diefer Formen des Animismus, 
25 oder auch fie alle zuſammen nebſt Diefen oder jenen Zuthaten fetiſchiſtiſcher Art (io Tylor, 
l.e., Alfred de Réville in ſ. Prol&gomenes sur l’histoire des religions, Pars 
IRB: C. P. Tiele in ſ. Kompendium der Religionsgeſchichte [nicht in ſeinem größeren 
Werke „Geſch. der Relig.“ ꝛc. ſ. 0.]; O. Seeck u. a.) an die Spt 1 aue Religionsentivide: 
lung zu jtellen, ftebt e8 ähnlich mie mit der Fetſchismushypotheſe. Ihre Durchführung 

umerſchwert ſich dadurch, "hat die ſogen. animiftifche Betrachtungsiveife vielfach auf fompli: 
zierte Prozeſſe Des Nachdenkens und der gereifteren Mythenbildung zurückweiſt, daß ſie 
(laut ausdrücklichem Zugeftändnis mancher Vertreter der betreffenden Hypotheſe, 2. 
Tieles, l. c., S. 11) einer „Art von primitiber Philoſophie“ gleicht, daß fie gerade auf 
boberen Kultur: und Neligionsjtufen vorzugsweife kräftig entfaltet bervortritt — man 

5, Denle nur an das Orakelweſen der Hellenen und an den modernen nefromantifchen Spin: 
tiomus nordamertlantjchzengliieben Urjfprungs! - - Was fpeziell den Ahnendienſt betrift, 
Den eine Anzahl bierbergebörtiger Forſcher mit befonderer Vorliebe als Urform aller 
Meligioſität darzuſtellen judht (Herbert Spencer in |. Principles of sociology, ſowie in dem 
Aufſatze: The origin of animal worship, in . Essays, 1874; ferner die ſüdafrikaniſchen 

a, Sprach und Religionsforſcher Bleek und J. Fenton; O. Gaspari, Die Urgejchichte der 
Menschheit, I, 263 17, bezw. auch Yippert in der angeführten Schrift über den Selm: 
fult), jo ſcheitert die Hypotheſe, ſoweit fie ihn betrifft, hauptſächlich an zwei Erwä— 
nungen. Tas pietätsvolle Aufbliden zu den Abnen, ihre Verehrung durch Tpfermahle, 
ihre Orakelbefragung ꝛc. ſetzt an und für ſich eine längere geſchichtliche Entwickelung 

und das Gelangtſein zu einer reiferen Kulturſtufe voraus, als daß darin dus alle: 
früheſte Keimen religtofer LVorftellungen und Traditionen erblidt erben dürfte. So⸗ 
dann belebrt uns die Entwidelung gerade derjenigen Religion, in welcher der Ahnen: 
fult feinen intenſivſten Gehalt und ſozuſagen feinen Haffiihen Ausdrud gefunden, der 
altchineſiſchen Neichereligion, aufs Umwiderfprechlichjte darüber, daß der Glaube an 
ein höchſtes göttliches Weſen bier den Hintergrund und die biftorifche Boransfegum 
für die Den Abnen Dargebradte Werebrung bildete. Zu der in ferner Höhe un 
ſtarrer Abgeſchloſſenheit tbronenden Simmelsgottbeit (Ti, Shangeti, Thian) ſind die 
Ahnen als mittleriſche Fürſprecher oder als Zwiſchengottheiten erſt allmählich in Laufe 
der Zeit hinzugetreten; das umgekehrte Entſtehungsverhältnis iſt ſchon deshalb höchſt 
bh unwäbrſcheinlich, weil es einen beſonderen Prieſterſtand in China niemals gegeben bat, 
vielmehr dem Kaiſer als oberften Patriarchen des Volkes und den einzelnen Familien⸗ 
vätern die Ausübung aller Kultusthätigkeit von jeher allein oblag (vgl. dv. Orelli, ©. ti}. 
Tesgleichen bilden in der ältejten Neligionsentividelung der Indier die Pitris (— Manen), 
Die Riſchis (= Weile, Heroen) und andere Aquivalente des Ahnendienſtes jonitiger 
w Völker unleugbar accefforifche Elemente, denen Ältere und einfachere Formen des Natur: 


546 Bolytheismns 


der Sternenfult bis zu einer Verehrung der Tierkreisbilder, der Planeten ꝛc. entmidelt, 
jo feßt er eine Kulturſtufe von ſolcher Höhe voraus, wie ſie in die Erſtlingszeiten der 
Menſchheit und ibrer Neligionen überhaupt nicht paßt. Beſteht er lediglich aus Ver: 
ehrung der Zonne als männlichen Prinzips und daneben des Mondes als empfangenen 

5 weiblichen Prinzips (wie etwa bei den Alt: -Arabern), jo jegt er fajt noch mehr Reflexien 
voraus und erjcheint gejchichtlich faum als älter wie jene Faſſung. Yäßt er obendrein 
zum Sonmnenkult noch Erdkult, zur Helio- oder Uranolatrie noch Gäolatrie binzutreten, 
wie in ziemlich vielen alt: -orientalifchen Religionen (vgl. Döllinger, Heidenthum und 
Judenthum, ©. 56F.; A. Neville, Essais de eritique religieuse; J. Happel, Tie 
10 altchineſ. Neichsreligion, Z. 4), jo nimmt er einen ferualsdualittiihen Charakter an, da 
ein ziemliches Quantum kosmogoniſcher Spekulation vorausfegt und unmöglich als zu 
den Anfangsitufen der Religionsentwickelung gebörig gelten fann. Die wirklich einfachen, 
primitiden Formen der Geltirmverebrung nebmen fich in der That cher wie Monotbeisinus 
aus; als Das eigentlich Göttliche erjcheint in ihnen nicht fowohl Die Sonne, oder da 
15 Mond, oder das „Heer Des Himmels” (5 Moſ 4,19; 17,35 2 Kg 17,16; 21, 35: 
er 8, 2; 19,135; 3e 1,55 AG 7, 42), ſondern vielmehr der Hinmel ſelbſt als 
Symbol oder Manifeſtation der höchſten ſegnenden Macht, im Verhältnis zu welcher den 
einzelnen Geſtirnen eine ſekundäre Geltung als bloßen üntergottheiten zukommt. Daber 
denn die Sabäismushypotheſe von nicht wenigen an der Annahme eines Urmonotheismu⸗ 
20 feſthaltenden Gelehrten in der hier angedeuteten Beſchränkung feſtgehalten wird: als die 
Zwiſchenſtufe, durch welche die Menſchheit bei ihrem Abfall von der urſprünglichen Ver— 
ehrung Eines göttlichen Weſens zur Vielgötterei zunächſt hindurchzugehen hatte oder als 
Uebergang zu den gröberen Formen des Polytheismus. So im weſentlichen 3. Görs, 
Grazer, UM. Schlegel, G. Ritter, Movers (Die Phönicier, 1840, I, 148 ff.), Kork, 
35 Benjamin Gonjtant, F. De Rougemont x. Vgl. auch Steude a. a. O., ſowie die ven 
W. Schneider ın bem angeführten Werke gegebenen Nachweiſe von Spuren früheren 
Himmels oder Geſtirnkults bei vielen Naturvölfern (III, ©. 63f. 72. 101f. 264f. 37654 
Die Kritik der Sabäismushypotheſe führt überbaupt ınit einer gewiſſen Notwendig—- 

feit zur Statuierung eines Urmonotheismus, wenn aud nicht eines ſolchen ven völlig 
zo ausgebildeter abjoluter Geſtalt. Einen nur relativen PMonotheismus, bejtebend in eine 
theiſtiſchen Grundvorſtellung mit pantheiſtiſchen Beimiſchungen, wollte bereits Schelling 
in ſeiner Philoſophie der Mythologie und Offenbarung (herausgeg. 1856) als Ausgang“ 
punkt aller religiöfen Entividelung binjtellen. Viele Spätere baben ihm darin beigeftimmt, 
namentlich auch J. G. Müller. In Auflage 1 diefer Encyklopädie fagt derfelbe behufs Charal 
35 teriſtik dieſes relativen oder pantbeifierenden Urmonotbeismus: „Monotheismus und Volk 
tbeismus“, waren noch nicht auseinander gegangen, und bei der beivußtlofen Unbefangen⸗ 
beit des unfchuldigen Zeitalters war man beider Elemente als beterogener jich nod nicht 
bewußt; das pantbeiftiiche Naturgefübl und das tbeifttiche Gottesgefühl waren noch fried⸗ 
lich beieinander”. Man darf einer derartigen Auffaſſung des gemeinſamen Ausganı“ 
40 pinrftes für alle heidniſchen Religionen wobl zujtimmen, vorausgefegt, daß man in dem 
befchriebenen relativen Monotheismus nicht die allerurfprünglichte Erſcheinungsform der 
Religion, ſondern bereits den Anfang eines Herabſinkens von derſelben zu niederer Stuje 
erblickt. Es iſt nicht Die Religion des Paradieſes, ſondern Die der nicht unter Gottes 
direktem Offenbarungseinfluſſe verharrten nachparadieſiſchen und nachſintflutlichen Voöolker— 
15 welt, die Religion der „ihre eigenen Wege“ (AG 14, 16) zu wandeln ſich anſchidenden 
Heiden iſt es, welche diefen nur relativ monviheiſtiſchen Charakter getragen baben wird. 
Die neuerdings von Mar Müller für diefen relativen Monotheismus der frübelten 
geſchichtlich erforichbaren Zeit vorgefehlagene Benennung „Kathenotheismus“ oder „He 
theismus“ ſtützt ſich zwar zunächſt nur auf gewiſſe charakteriſtiſche Eigentümlichlkeiten der 
ao vediſchen Religionsſtufe Des alten ‚nie, läßt fi aber ſehr wohl auf die frübeiten 
Religionsſtufen verſchiedener anderer Nölfer von ähnlichem bobem Alter mutatis mu- 
tandis übertragen. Als Henotheismus bezeichnet nämlich Müller (Vorleſungen über 
Urſprung und Entwickelung der Religion ꝛc. S. 292ff., auch ſchon in dem Aufſatze: 
„Weber Henotheismus, Polytheismus ꝛc.“ in der Deutſchen Rundſchau, September 1878) 
55 den kindlich naiven GIlauben an einzelne, „abwechſelnd als Höchſte hervortretende“ Natur: 
mächte, wie beſonders der Rigveda ihn in vielen ſeiner Lieder zum Ausdruck bringt. „Es 
werde, jo lebrt er, „in dieſer älteſten Urkunde der vediſchen Religionsſtufe fein: 
wegs bloß Varuna, der Sinmelsgott nut Prädikaten göttlicher Macht und Würde aus 
geſtattet, ſondern gelegentlich werden auch Mithra, Arjaman, Agni oder andere Götter 
oniederen Ranges jo angeredet. So oft einer Diefer individuellen Götter angerufen wirt, 


548 Bolytheismns 


fräfte der Natur als Werkzeuge zur Beherrſchung des Weltalls gebraudie. Tin dem um 
2300 0. Chr. gefchriebenen Papyrus Priſſe ift Jchlechtbin nur von Einem göttlichen Weſen, 
angeredet bald als nuter (Gott), bald mit dein geheimnisvollen Nanıen hanti, die Rede; 
die zum Geborfam gegen dieſe Gottheit mahnenden Eittenfprücdhe Elingen fajt mie alt 
5 teftamentlich (Yautb, Aus Agyptens Vorzeit, 1879, ©. 367). Mag Le Page Renouf ın 
feinen 1879 gehaltenen Hibbert-Lectures über die altägyptifche Religion (London 185%, 
deutich Yeipzig 1882) darın recht haben, ‚Daß er das Fehlen einer ftreng perjönlicen 
Faſſung dieſes oberjten Gottes der alten Agypter behauptet und, ähnlich wie Mar Mülle 
betreffö der vediſchen Gotteslchre, bei der Annahme eines bloßen Henotheismus ftatt 
10 eines eigentlihen Monotheismus ftehen bleibt: auf jeden Fall weift auch er die vieliah 
noch vorfommende Annahme eines Urpolptbeismus der Agypter zurüd und erklärt betref? 
der Frage, welche Beltandteile ihrer Religion als die älteren zu betrachten jeien, ob die 
geiftigeren und erbabneren oder die grobjinnlichen, ausdrüdlih: „The sublimer 
portions are not the comparatively late result of a process of development or 
13 elimination from the grosser. Thesublimer portions are demonstrabiy ancient; 
and the last stage of the Egyptian religion, that known to the Greek and 
Latin writers, was by far the grossest and most corrupt“ (Hibb.-Lect., p. 119. 
(Vgl. V. v. Strauß, Die altägyptiſchen Götter und Götterfagen |Heidelb. 1889), I, 23]: 
E. Wallis Budge, Egyptian religion, vol. I, Zonton 1899; v. Orelli, S. 150ff.) 
an Als Ausgangspunkt der Religionsenttoidelung der älteiten Völker ftellt fich ſonach 
überall, fo weit Die gefchichtlichen Urfunden reichen, ein relativer Monotheismus ode 
Henotbeismus dar, der auf einen reineren Urmonotheismus als feinen Vorgänger zurüd: 
weiſt und fenerfeits einem mehr oder minder rajchen Vergröberungsprozefle unterliegt, 
wodurch er zum völligen Polptbeismus oder Götzendienſte berabzufinten in: Begriffe itebt 
35 Aus einem erjt werdenden Monotbeismus lajjen die in unferer Aufzählung berüktte 
Erſcheinungen fich nirgends begreifen, wohl aber umgelehrt aus einer allmäblichen Te 
generation des urfprüngliden Monotbeismug, welcher teild pantbeiftifch zu verblaſſen 
teils polytheiſtiſch zu zerfabren beginnt und dem fih bald mehr aftrolatriiche (fiberild- 
ſabäiſche) bald mehr pbofielatrifche oder antbropolatriihe Verderbniſſe anbeften. Tai 
so diefer Entartungsprozch allenthalben auf demfelben Wege vor ſich gegangen fei und die 
gleichen Zwiſchenſtufen durchlaufen babe, Tan unmöglih angenommen werden. Tea 
der aus der Theologie der Vedas abjtrabierte Müllerſche Schematismug : zuerit halbgrei: 
bare, dann ungreifbare, zuletzt greifbare Tinge als Anbetungsobjelte, Darf als allgemeint 
Regel angenommen werden, noch bat der Sonnen: und Geftirndienft als das unak- 
35 änderlih und in jedem Kalle auf die Anbetung des unfichtbaren höchſten Gottes zunakt 
Gefolgte zu gelten. Und ähnlich wie mit dieſem zeitlichen Stufengange wird es * auch 
mit den verſchiedenen Arten und Motiven der älteſten Mythenbildung verhalten. Weder 
jenes einſeitig naturaliſtiſche Verfabhren bei Deutung der Göttermythen, welches überall 
nur Perſonifikationen von meteorologiſchen Prozeſſen findet, noch der einſeitige Anibre⸗ 
a0 pologismus der Euhemeriſten, noch die durchweg nur Wirkungen diaboliſcher oder däme⸗ 
niſcher Mächte wahrnehmende Betrachtungsweiſe der altkirchlichen Orthodorxie befindet nd 
mit dem wirklichen Thatbeſtande im Einklang. Es giebt Sonnenmythologen, die ımie 
Dar Müller ur feinen früberen Schriften, 3.8. den Ehians zur vergl. Religionswinenid. 
1869; desgl. Cor, Tarmeiteter, Senart, Bergaigne ꝛc.) möglichft allen Götterfagen ana 
45 auf Die aufs oder untergebende Zonne, die Morgenröte ꝛc. bezügliden Sinn abzugetrinna 
ſuchen; ferner Wind und Sturmwolkenmythologen (wie Roſcher, Schwartz :c.), Yuft: und 
Waſſermythologen (wie Forchhammer) u. ſ. tw. Keine dieſer Einſeitigkeiten bleibt vor ie 
Verfallen in mancherlei Abſurditäten geſchützt, ſo wenig wie ausſchließliche Geltend⸗ 
machung Des euhemeriſtiſchen oder des dämonologiſchen Prinzips eine Gewähr gegen Nr 
zo gleichen bietet. So gut wie Die bl. Schrift, laut dem oben von ung Dargelegten, nee 
zoolatriſchem und ſonſtigem Naturdienſte auch Antbropolatrie und Dämonolatrie ale ii 
der Geneſis Des Götzendienſtes beteiligte Faktoren zur Geltung bringt, weiſt der tha— 
ſächliche Gang der Mythenbildung bet älteren wie neueren Völfern auf ein Zuſamma— 
wirken Diefer Mebrbeit von Urjaden bin, und zwar ſtets fo, daß je nach der perfchiehnet 
55 eiepeltion der Volfer das eine oder das andere Element als überwiegend twirhas 
erſcheint. 

Was ſchließlich das Verhältnis von Polytheismus und Sittlichkeit betrifft, ſo Flak 
auch un dieſem Betreff Das ſtrenge Urteil in Geltung, das von der bl. Schriften Alta 
wie Neuen Teftaments über die Abgötterei insgeſamt, ohne Unterjchied ibrer verichiedenn 

w Ztufen oder Arten gefällt wird. Die Gögendiener find ſchlechtweg Übelthäter IX *. 





550 Pomerius Pontiſikale 


handen iſt, hat man dieſen um volle 200 Jahre jüngeren Autor frühzeitig mit Pomerin 
identifiziert, wozu obendrein der Umftand, daß auch diefer Julianus nicht chriftlicer Ab 
kunft, nämlich Sprößling einer jüdischen Familie war, mitgewirtt haben mag (1. ; ®. 
Gave, Hist. litter. script. ecel. I, 467; auch nod Kalkar, Israel und die Kirche, Ham 
6 burg 1869, ©. 19f.). Julianus, nach fpanifchzkirchlicher Überlieferung „der bl. Julianus“, 
ein zum Ghriftentum befehrter Jude (ex traduce Judaeorum, nad Iſidor Pacenſi 
um 751), mar Erzbiſchof von Toledo vom 29. Januar 680 bi8 zum 8. März 69. 
Sein Eifer für die Erhaltung und Verbreitung des orthodoren Glaubens, wie für de 
Reformation des in Sittenlofigleit verfallenen Klerus wird gerühmt. In Diefem Sinne 
10 wirkte er namentlich auf mehreren zwiſchen 681 und 688 unter feiner Zeitung zu Toledo 
gehaltenen Synoden. Als Primas der Spanischen Kirche trat er beſonders dem Papfte 
Benedikt II. mit dem vollen Bewußtſein feiner Würde gegenüber, als dieſer tabelnde Be 
nerfungen gegen fein Glaubensbekenntnis auszusprechen ſich erlaubt hatte. Für ſeine 
Entjchiedenheit in diefer Beziebung zeugen beſonders die Erklärungen, die er auf de 
ıs Eynode des 3. 688 gab, f. Conciliorum nova et amplissima collectio, cur. J. 
D. Mansi, Flor. et Venet. 1759sq., T. XII, p. 9. Eine von ihm gegen den Papft 
Benebift II. gerichtete Apologie ift mit einigen anderen von ihm verfaßten Schriften, 
welche fein Biograph Felix, Erzbifchof von Toledo 693--700, aufzählt, verloren gegangen. 
Doch find noch einige andere Schriften von ihm vorhanden, wie die oben erwähnten 
2 Prognosticorum futuri seculi Lib. III (Lips. 1535); De demonstratione sextae 
aetatis s. Christi adventu (Heidelb. 1532); und befonders eine als hiſtoriographiſche 
Yeiltung wertvolle Historia Wambae Regis Toletani de expeditione et victoria, 
qua rebellantem contra se Galliae Provinciam celebri triumpho perdomuit 
(herausgeg. in Andreas Duchesne Rerum Gallicarum et Francicarum Scriptores, 
3 tom. II, Paris 1739, p. 707sq.; aud in t. VI der Espagna sagrada, fowie un 
MSL t. 96). Bon den außerdem ihm beigelegten Schriften ıft ein Commentar. in 
Naum prophetam fowie ein Liber de contrariis wohl ficher unecht. Dagegen dürfte 
Julian ſehr mahrfcheinlih an der letten Redaktion der altipanifchen Liturgie und be- 
gleihen an der des weitgotifchen Kirchenrecht einen weſentlichen Anteil gebabt babe 
so (vgl. Gams a. a. O.). Zödler. 


Bontianns, Römſiſcher Biſchof nach Urbanus (230— 235). — Lipfius, Chrone: 
Iogie J zöm. Biihöfe S. 263; N. Harnad, Geſchichte der altchriftl. Litt. IL, 1, S. 107F. 

Unter ihm wurde eine Synode zu Rom gebalten, die dem Nundfchreiben des Deme 

85 trius (Verurteilung des Urigenes) zuftimmte (j. Hieron., ep. 33, 4; 84, 10; NRufm, 
Invect. in Hieron. II, 20). Hieronymus fagt: „Damnatur [Origenes] a Demetrio 
episcopo .. . in damnationem eius consentit Roma, ipsa contra hunc cogit 
senatum, non propter dogmatum novitatem, non propter haeresim, ut nune 
adversus eum rabidi canes simulant, sed quia gloriam eloquentiae eius et 

0 scientiae ferre non poterant”. Tas entfchuldigende Antwortſchreiben des Origenes tur 
bereits an den Nachfolger Pontians, Fabian, gerichtet. 

Pontian, der vielleiht am 21. Juli 230 Bifchof geworden ift, wurde als Upfer ber 
Verfolgung des Mariminus Thrax nah Sardinien deportiert (zufammen mit dem Gegen: 
biſchof Hippolyt) und refignierte dafelbft am 28. September 235 (Depofition im ovemet. 

 Callisti an einem 13. Auguſt). Adolf Haraad. 


Pontififale beißt, was fih auf den Bifchof bezieht, namentlih die von ibm zu 
brauchende Kleidung und zu vollziebende beilige Handlung. Daher nennt man diejenigen 
jura ordinis, welche dem Biſchofe vorbebalten jind, pontificalia.. Darüber, wie die 
felben verrichtet werden follen, find ſchon zeitig befondere Anordnungen in der Kirche er: 

so gangen; Die römiſche Nirche macht es fich zu befonderer Aufgabe, Abweichungen von den 
zu Mom üblichen Formen möglichjt zu Defeitigen. Nachdem Paul III. und Paul IV. 
Die älteren Nitualbücher in dieſem Sinne einer bejonderen Revifion hatten unterverfen 
lafjen, übertrug das tridentinische Konzil die Angelegenheit einem Ausſchuſſe, deſſen Ar: 
beiten der Papſt zur Vollendung der Sache benußen follte (Coneil. Trident. sess. XXV. 
5 continuatio: de indice librorum etc... Was dadurch zunädit unter Pius V. 1568 
für das Miſſale und Brevtartum erzielt wurde, bejchloß Clemens VIII. auch für vie 
Pontififalten. Gr gab daber einer Kommiffion den Auftrag, unter Benugung der älteren 
bandjchriftlichen wie gedrudten Werke cine forgfältige Umarbeitung vorzunehnen und ibm 


D 
“ 


X Pontoppidan 


volerin“, eine Nachweiſung des heidniſchen und römiſch-katholiſchen Abk: 
benge berrnoib in Dänemark und Norwegen vorhanden war; dieſem folgte ipate 
Mor Cprichwörter“. 
Se beauſtragte ibn ein königl. Reſtript ſowohl eine Erklärung des Katechismus aus 
ehe dev et neues Gefjangbuch zu ſammeln. Bereits 1737 war die Erklärung 
Yonieoan Wotteninbe”) ferng und murde im folgenden Jahre in Dänemark und 
Nein stanfubre Mit idr bielt der Pietismus feinen Einzug ın die Dänifche Schul 
od u Nenkimenänuntrmer und großen Einfluß bat P. durch dieſes Buch auf die 
hätt Breiipn sukeubr Xec wird vin Auszug aus feiner „Erflärung” an mehren 
wa ot Wortuz erzuct Danemart bat fie aber in den Tagen des Nationaliz 
ner Weis Yezeus Sd II 2.5373, 237) meichen müffen. 1740 erſchien fein Ge: 
wapdad aa mermnräns Junb Aumebme von Brorſons (Bd III S. 418) Gelängen, 
oa Ne Das Ir Tα des Vietismus gebören, Bedeutung erbielt. 


Ws Armisdar und bone her Hauptſtadt hatte P. verbältnismäßig leichten 
Nav. ee oa Azsızen, und aus feinen ſtets wachſenden Sammlungen 
tele ten Dart M ‚Marmora Danica”“ ıI—II, 1739— 41) fammelte er mit: 
iu. dn ITreerse sen Seaptumn und Seclidhen Dentmälern, und in „Annales ec- 


\ 


wu are! IT zab er eine amnaliftiihe Tarftelung ver 
Voerrepgenmua TDomenmimie se zum rem Ivo, eine Materialfammlung obne geicict: 
N dub anfesas gar gr mem Lomsen tmerteell durch den mitgeteilten Stoff. 


. neben non Non ter SMe sırn „Videnskabernes Selskabs Skrifter* 
m Xaundim ar Dan Done Ne rider Sprache und ihr früherer wie gegen: 


vente tun on Dubuam morz m nsrebe, wie Die deutfhe Sprache nad ver 
tervmaber ya Swalertın, co N 0 rom Nönfösprechenden Gegenden im füblicen 


ausge, Bauer Ahantions wur eim fübjütifches Gloflarium 
Nom housensio m, Jar narren Wertlen tun er noch Zeit, einen religiöien 
Son Need, ade, Woman cm srafiicer Prinz, der Die Melt durchzog um Cbriſten 
vo aneden oben, Sdenien, \talien, Frankreich, Holland, England, Deutik- 
8 2 Stein ar wma son dem fand, mas er iudte” (I—IIL, 1742 — 43). Dieir 
FOR N: de san ne Reiſebeſchreibung, aber in Wirklichkeit eine freimürige 
Non. ae Ameise Des eigenen Yandes und anderer Länder, und er hat 
Nora Der Nenner mie ‚vortießer und Nachabhmer gefunden (über das Verhältni? 
"2. ni. „ud Aubmig Solberge Niels Klim fiche X. Paludan, Om Hol- 
vu, Sömanusen 1878, 2. 310 ff). 
N ‚an Biber im Bergen ernannt, wo seiner große Aufgaben warteten; 
ana eines fräftigen und cifrigen Hirten, und einen jolden erhielt 
20 ren m Schullehrerſeminar für Norwegen und that überhaupt viel, 
“x racan Zssäiebulunterricht aufzubelfen. Auch der gelebrten Schule erwuchs 
idinen Leitung; er errichtete cin Seminarium Fridericianum, in 
or Sader und Die neueren Sprachen den erſten Pla erhielten. Xuf 
a .aetegtt veritand er, feine Augen und Uhren gut zu gebrauchen, und das, 
or rite erichien in einem „Glossarium Norvagieum“ (1749) und in 
ran naturlichen Geſchichte Norwegens“ (1752—53); feine Hirtenbriefe 
ers bilden zum Zeil Die Grundlage für ſein „Collegium pastorale 


ea, 


tens tige er ſich viele Feinde, Die ihn zu jürgen juchten. 1754 reifte er 
era ld wurde im folgenden Jahre zum Profanzler an der Univerfttät er 
en af. Sollten. Als Prokanzler richtete P. indeſſen fehr wenig 
oa roten wie die ſchlechten, scheiterten an einem zähen Widerftand. 
tin Jehriftitellerifcher Wirkſamkeit, und gab zunächſt heraus „Ori- 
nina” 1,60) und Später Die zwei erſten Teile des michtigen topograrki: 
en dunske Atlas“ (1763---64); die 5 legten Bände wurden nad 
a ugrundelegung feiner Sammlungen von feinem Schwager 5. de Hoi⸗ 
se uandvig berausgegeben. Auch auf dem nationalöfonomischen Ge 
sing mamentlich durch Die Serausgabe von „Danmarks og Norges 
Magazin" I VIII, (1757-60), in gewiffer Beziebung eine bahnbrechende 
Nulsentelungent don verſchiedenen entbielt. 
tn yanbet 1764 war fein fleißiger Arbeitstag zu Ende Mitten in der Arbeit 
tun bev Todes und fagte zu einer Frau: „Grüße meine Freunde und 
rapid tm Glauben an Gottes Sohn ſterbe.“ dr. Rielſen. 


N oygchr 


554 Pordage 


Magie, und ebenſo will der Umſtand gewürdigt fein, Daß gerade religiös angelegte Gemiuer 
bon einer verfegerungsfüchtigen ftarren Orthodoxie den Ertremen entgegengetrieben wurden 
P. teilt mit Jakob Böhme das gutprotejtantijche Beitreben, mit feiner Spekulatien 
den Rahmen der Schriftoffenbarung an feinem Punkte zu durchbrechen und allem Bent: 
b lichen derfelben in feinem Syſteme eine Stelle anzumweifen. Die in ihm fortwirkende 
Geifteserleuchtung kommt diefen Streben in überrafchender Weile zu Hilfe, und das ilt’z, 
was unfern Theofophen von den alten Gnoftifern, mit deren phantaſtiſchen Emanations 
theorien er ſich ſonſt fo auffallend berührt, wieder unterfcheidet. Die ihm geivorbene Er: 
leuchtung läßt ihn den ewigen Gott erfennen als das Weſen aller Weſen und die Lk: 
10 fache aller Urfachen. Die ewige Einheit offenbart fih als Dreiheit in Einbeit, der Bater 
ift Erzeuger des Sohnes oder Wortes, der das Centrum oder Herz der Treieinigfeit bilde. 
Ter bl. Geift ift das Leben und die Kraft, die vom Pater durch den Sohn Gottes 
den Willen des Vaters ausführt. Bon Gott erzeugt, nicht geichaffen ift nun die 
Weltkugel der Ewigkeit („der tiefe Ungrund feiner eigenen Ewigkeit iſt von ibm ſelbſt 
15 erboren‘) mit drei unterfchiedenen Räumlichkeiten: Vorhof, Heilige und Allerbeiligites. 
Im Centrum diefer Kugel, der Gottesrefidenz befindet ſich das Gott felbft vorſtellende 
Auge, das im Vorhof gefchlofien, int Heiligen aufgetban, im Allerbeiligiten mit feinem 
Glanze offenbar ift. Gott bat aber auch einen Leib, und an dem begnabdeten Bilienär 
ift derjelbe vorübergegangen mie einftens an Mofe. Er beftebt in einem ewigen Nebel 
zu und feine Figur ift diejenige der Arche Noahs. 

Einer Art Mittelmeien ift im Syiteme von P. eine bedeutende Stelle zugewieſen, 
nämlid) der Sophia oder bimmlifchen Weisheit, die er ald den Glanz vom Auge ber 
Ewigkeit, als Mitgefellin und Aufwärterin der bl. Dreiheit aufgefaßt willen will. Dicſe 
reine Jungfrau iſt es, melde die Geheimniffe und verborgenen Wunder der Gombeit 

25 offenbart. Außerdem ftatuiert unfer Theoſoph eine Reihe von Emanationen oder Beilte, 
deren Subſtanz die gleiche iſt wie diejenige der Gottheit felber. Einer niedrigeren 
Sphäre gehören die ewigen Geifter der Engel und Meniben an. Während Adams 
ewiger Geiſt die Geifter jeiner Söhne gebar, find dagegen die Seelen und Leiber der Engd 
und Menfchen nicht unmittelbar aus Gott, fondern aus den Weſen der ewigen Natur 

3" erſchaffen. P. weiß fogar die Geftalt der ewigen Geifter zu bejchreiben: ſie iſt lin 
driſch, eine durchſichtigem Nebel ähnliche Figur. 

Was die ewige Natur anbetrifft, fo ift fte nicht gleich der eivigen Welt aus Gott 
geboren, fondern von ihm gefchaffen aus dem göttlichen Chaos, dem ewigen Nichts, jener 
Subſtanz, die in fich die Kräfte der Melten barg. Auf die ewige Natur mit ihren vier 

35 ewigen Elementen: Feuer, Luft, Erde, Waller und den drei eiwigen Prinzipien Schwefel, 
Salz, Merkur folgt im Syſtem als dritter Kreis die engelifche Welt, aus jener durch 
den göttlichen Willen in einem Nugenbli bervorgebradt. Auch fie bat die dem Tempel 
entfprechenden drei bl. Räume. Statt der Sonne leuchtet in ihr die göttliche Dreieinig: 
feit in einem unbegreiflichen Lichte. Auch bier fommt der Sophia mit ibrem Leibe 

40 (Morgenitern Off. 2, 28) eine centrale Stellung als Mitteliwefen zu, von dem mancherlei 
Emanationen ausgeben, in deren Befchreibung eine und kaum erichwingliche Phantaſie 
dem Autor willfonmene Dienfte leiftet. 

Der engelifchen Welt reibt fih an als vierter Kreis „das Paradies mit feinem Norbef, 
dem Thal der Brunnen.” Das it die Welt, in der Gott feine Güte gegen alle Vin: 

45 [chen erzeigen wollte. In ihr wurde durch die Sophia vor der Uffenbarung ber fiht: 
baren Welt der erite adamiſche Menſch erfchaffen. Mit der Subjtanz aller Dinge beyabet 
und mit der Zopbia vereinigt trug Adam in fich die Fähigkeit, als eine Art Mannweib 
fich felber fortzupflanzen. Die Belchreibung diefer Fortpflanzung gehört zum Abftrufeiten 
in dem oft jo abenteuerlichen Syftem von P. Zur Erfchaffung der Eva mußte Adam 

u feine weibliche Tinktur bergeben. 

Aus den noch folgenden drei Streifen: der Feuerwelt, der finfteren Welt un 
der jichtbaren, d. h. unferer gegenwärtigen Menjchenwelt ſei nur noch Der fecite 
von der finftern Welt bandelnde bervorgeboben, weil ſich da unfer Theoſoph beſon— 
ders um das Problem des Böſen bemüht. Gott iſt nicht etwa der Urheber des Bölen, 

65 fondern Yucifer, ein Angeböriger und Fürſt der Engelwelt, fand gewiſſermaßen dasſelbe, 
da er die Yiebe Gottes verließ, feine Luft in feiner vigenen Stärfe nahm, nicht mehr untır 
Gott jteben, fondern als ein abfoluter Herr regieren wollte Mit fih nabm er eine ganze 
Geſellſchaft gleichgeftalteter MWejen und machte fih in feinem Falle feine eigene Hölle. 
P. weiß uns aus feinen Vifionen nun ganz genau zu jehildern, wie die Ketten bieier 

so gebunden-freien Geifter ausfchen und von was für Qualen fie heimgefucht werden: ſie 





ver Gesten ber Teufel, Ahr ber Zontie unerfchlitterlich f dx of 
und fucht für zu A feiner — One die — 
ahren, nach einer Art ſpelulativen —— den ee ae 5 
er ' 


m ſiebenlopfigen Drachen enbarung. Seine , bie | 
im a einer bö * Tinktur, Er fie in die Seelen der neben ausftrabler 
Iaflen, N wen — babe art beichäftigt * die Frage, Dre Gott auc 

er Hölle noch fein 
8 das uber des — Glaubens 

= — ge m Menſchen mit der verflärten Perſon 

ber ihm muß vorangeben der der Erneuerungstand; die 
a die Erlöfu und 3 zu ftande, Bon Ba lehrt er, da 
vor dem Sündenfall die Menjchbeit angenommen —* 
außer uns nicht — ben. Aber er allein ft Aa u —— m ER m und ı6 
geboren werden, wie denn auch die * diefen —— neben dem 
erſtern verfünd: ar Auf die frage, was wahr * laube ſei, antwortet P., daß 
derſelbe nicht nur tröſtlicher Art ſei: „er iſt eine Begierde, die 





dringet in die Liebesbegierde, en — f et in Gottes Barm- 
berzigfeit und en ören in ibr in bie allertieffte Demut vor Gott 0 
und in ben Tod Chriſti, zum rt — Wi — 
Von den beſte A, firchlichen | 5 feiner Weiſe befrie: 
bigt, und ber Ing örige der englifchen Eviffopal a 1 ge⸗ 
—— mit ſcharfen Worten zum ngriff gen iſt Babel chis anderes 
als die exiſti ‚ und die Grunbditeine der ie wie Neue und Buße 2 


ne die ui Ziegel daran, während die fubtilen en Diftinktionen der afabe: 
n Kleriſei den „Leimen und Kalt“ für biefen bem 1 gang —— Bau * 
liche er —— nichts. Wer von der him 
——— Dreieinigkeit tingiert 
ihrer —— die göttliche Dada: N „erben bann u Gefihte teil 30 
— aan ai annes. — ic b ni — 
aber wo gegeben ſind, da haben ig iſt 
re en ** * ſo nah verwandte efehde 
a Was gefordert wird, ift Bereinigung mit Gott, twobei wir dem Eigenen Willer 
—* müſſen. 35 
on diefe ——— s Gedankenwelt zeigt viele dem wahren Chriſtentum 
de —— Manches ſtreift ans Poetiſche, wie anderes völlig ungenießbar 
ift. Das Beite und Tieffte ftanımt bei teilweiſe wi ht Terminol aus Jakob 
Böhmes Schriften, defien ſtarkem Geifte der feinige indefjen nicht ebenbürtig war, Aber die 
Anhänger von PB. preifen es als deſſen V Nah die Gedanten jenes a 
in ein: vegelredpted Spftem gebracht habe. Gegenüber a ee 
ne ar gr anzuerfennen, daß die praktiſchen Forderungen von P. aus dem 
iſchen nie abbolven Geift des Evangeliums he find, über 
ber ehe ürre des theologifchen Gezänkes der Zeit uns anmuten wie eine 
liche Daje. P. war mit feinen nächſten iden (Thomas Bromley, Edw. Ze und as 
Sabberton) im Gegenjat zu vielen jeiner fpäteren ——— ängſtl * — tt 


ze vanfen in feiner Weiſe zu durchbrechen und 

ann und Weib mur zu empfehlen mit ausbrüdti | 

ihbrauche, Das entjpricht du dem alljeitig bezeugten reinen. 
* wi A — Kreiſe, dem Kern der Philadelphier. 
olgende Schriften erſchienen: 1. Truth appearing throu — 

5* a re Scandal ete., 1655. 2. Innoceney appearing 
the dark Mists of pretended Guilt ete. 1655. 3. A just Narrative of the Pro- 
ceedings of the Commissioners of Berks against John Po 1655 (ab⸗ 
gebrudt in State Trials). 4. The Fruitful Wonder... By — 55 
Physie 1674 (Erzählung von vier Kindern anläßlich einer Geburt 
Thames, wahrſcheinlich von P.). — Poſthume Werte: langer on 
Mystic Divinitie of the Eternal Invisible. —* a Person of 
1683, bevorwortet bon Jane Leade, herausgegeben von Dr. Edw. —— 
gründlich philoſophiſches Sendſchreiben xc., Anfterbam 1698. MNeudrud 1727. 7. Vier w 
















556 Bordage Porphyrins von Gaza 


Traftätlein 2c., Amſterdam 1704. — Cine zwei Seiten unfaffende Annonce in ‘Jane 
Leades Fountain of Gardens 1697 giebt die folgenden Titel von P.s Werten, die 
nicht engliſch publiziert find: 8. Philosophia Mystica. 9. The Angelical World. 
10. The Dark Fire World. 11. The Incarnation of Jesus Christ. 12. The 
6 Spirit of Eternity. 13. Sophia. 1-4 Experimental Discoveries. Unſere Tar- 
ftellung hat fi) im vorftebenden hauptjähli an die deutiche Ausgabe von Pordage 
Schriften gebalten, betitelt: Göttliche und Wahre Metaphysica oder wunderbare und durd 
eigene Erfahrung erlangte Wiflenichaft der unfichtbaren und ewigen Dinge: nemlich von 
denen unfichtbaren Velten ...., ihren Einwohnern ꝛc. durch Johann Podädſchen, der Artzner 
10 Doctor, aus feinen Msptis getreulich gezogen, nebit einer Einleitung 2c., Frankfurt und 
Leipzig 1715. 3 Bde mit einen Porträt von J. P. (Der Überfeger und Verfaſſer der 
den ganzen erften Band umfajjenden Einleitung nennt fich nicht). A. Rüge. 


Borete, Margareta |. d. U. Brüder des freien Geiftes Bb III ©. 471, 
Borphyrins S. d. U. Neuplatonismus Bb XIII ©. 779,8. 


15 Porphyrius, Biſchof von Gaza, geſt. 26. Febr. 420. — AS III, 643ff.; Tike 
mont, Memoires X (Ben. 1732), p. 70%3—716. — Geine Vita, von dem treuen Begleiter Marcus 
Diakonus verfaßt, vormals nur in lateiniſcher Ueberſetzung bekannt, ift in griedhijcher Urgejtalt 
herausgegeben von M. Haupt, ABA 1874, S. 171—215, und 1875 ſep.; danad) genauer (nad 
2 Hſſ., eine 3. in Zerufalem) von Societatis philologae Bonnensis sodales (Lips. 1595), 

20 darunter N. Nuth, defien De Marci diac. vita Porph. episc. Gaz. quaestiones historicae et 
grammaticae, Bonnae 1897 (Difj.), einen ergänzenden Kommentar bilden (p. 20ff. Berechnung 
der Lebensdaten). Vgl. Dräſeke, ZuTh 1888, S. 352—374 (beſpricht Konjekturen von Eber: 
a „and Lfenen), und dejien Gejammelte patriftiidye Unterfudhungen, Altona u. Leipz. 1889, 

26 Als Anfang 395 der Biſchofsſtuhl von Gaza erledigt war, — Aenend nad) kurzer 
Amtsführung geitorben, defien Vorgänger Irenion (363 ın Antiochia) die Heine Biſchofs⸗ 
wohnung nebit der Irene-Kirche gegründet hatte, während Asklepas, Teilnehmer am Xi: 
cänum und Sardicenfe und als PBarteigänger des Athanafius und Marcellus in bera 
Geſchicke verflochten, Gründer der „alten“ weitlih von der Stadt belegenen Kirche geweſen 

so war; dazu wird c. 20 ein uaorüorov des Timotheus vgl. Eufeb., de mart. Pal. 3 
genannt —, bat die Heine Ehriftengemeinde den Metropoliten Johannes von Cäfarca um 
Beitimmung eines neuen Biſchofs. Die Wahl fiel auf P., der, um 347 zu Theſſalonich 
geboren, von angefehener Familie, dem verbreiteten Drange an die Mönchsftätten Aym- 
tens gefolgt war und nad fünfjährigem Aufenthalte in der ffetiichen Wüſte die Stätten 

35 des heiligen Yandes aufgefucht hatte, wo er fünf Jahre unter Entbehrungen bis jur 
Schwächung jeiner Gejundheit verbrachte, danıı in Serufalem mit Marcus, einem Schon: 
Ichreiber, zufammengetroffen war, der jich ihm behilflich erwies und in feinem Auftrage 
in die Heimatſtadt reifte, um den dort vorhandenen Beſitz des P. zu veräußern, melder 
nun in und bei Jeruſalem und an ägyyptiſche Klöfter verteilt wurde. Bifchof Praylius, 

auf P. aufmerkjam geworden, hatte ihn zum Presbyter gemacht und ihm die Bewachung 
des Kreuzesholzes anvertraut. Man braudte in Gaza einen Mann, der mit Mort und 
That dem noch herrſchenden Gögendienft entgegenzutreten und das wie in andern Städten 
Paläſtinas (vgl. Harnad, Die Miffion und Yusbreitung des Chriftent., ©. 421 ff.) ned 
ſpärlich vertretene Chriftentum zu fördern im ftande war. In der That gewann P. bald, 

15 nad einem Regenwunder (vgl. den Fall bei Harnad a. a. D. ©. 476f. Anm. 1), zu 
den vorhandenen 280 Ghriften (c. 19) 127 und in demfelben Jahre weitere 105 bin 
(ec. 21), was bei dem Anſehen und der Bedeutung der Stadt (vgl. Schürer, Geld. des 
jüd. Volkes, 3. Aufl, TESEFF), immerbin noch nicht übermäßig ins Gewicht Fallen mohte, 
zumal tvenn aus der Umgegend noch mande binzugerechnet waren. Das feindliche Nerbalten 

so der Bevölkerung, unter dein ſchon der Einftedler Hilarton zu leiden gebabt (ſ. Bd VII 
S. 55 unten), madte dem Biſchof das Amt recht fauer, fo daß er fich mwicherbolt ent: 
ſchloß, bei Hofe wegen Schliegung und Zerſtörung der Tempel vorftellig zu merben, das 
erjtemal (398) durch feinen Tiafonen Marcus, dag ziveitemal (401/402) perſönlich, 
in Gemeinſchaft mit dem Erzbifchof von Cäſarea. Beſonders der Tempel des Hauptgetted 

5 Marnas (wol. Schürer a. a. O. 22P), deifen auch Hieronymus einigemale gedenft, mar 
den Chriſten ein Argernis, und es wurde bei Dem zweiten Hofbeſuche durch Wermittlung 
der Kaiſerin Eudoxia, nach inzwiſchen erfolgter Geburt und Taufe des jüngeren TIbeode: 
jtus, die Mareus c. 14ff. beſchreibt, die Zerftörung befchloffen und kurz nad der Nüd: 





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in anderer Weife bot ge Fr neue Sun ‚il 
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„fie Kräfte —— Am 3. 1727 hielt er fine I etzte Predigt, nad 

der Nüdfehr von einem Eramen ein Schlaganfal jeaof fen bat 
uw Men We ran, «ji —J — 
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warb in ber — zu Ber raben. Seine set das im Ok 
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itterariſche Thätigleit iſt nicht von zähle T — ur 


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— 1758 nicht weniger als 24 T von Süden, De 
ein großer Teil davon find nur Predigten, Befonbers Seien r se 


 Besfonen, die der Sitte der Zeit gemäß im Drud herausgegeben Fb Jı m Teil fi int 
unter jenen 24 Büchern aud) ode mit aufgeführt, die nur von Porft | 
auegüige | —* aus anderen größeren Werfen von ſeiner eigenen Hank 
— ng und at — von Edikten und Verordnungen im Inter 

äftigt. Doch find immerhin auch einige 

“Bin mr ech io 6 —— die „Theologia viatorum a 
Führung der Seelen auf dem Wege zur Seligfeit” und die „T 
genitorum oder das Wachstum der MWievergeborenen”. Cs find natürlich € 
asfetischer Art, wie ſolche allein dem Pietismus entſprach * fe ind dun 
so erfüllt von dein Geiſt jenes gefunden Pietismus, der zivar Die nd Ausdrucksweiſ 
in jeder Generation modelt, aber im inhalt ſich immer. gl "bleibt, indem ihm Zie 
und Methode zugleich it "die perfönliche Lebens⸗ und — zwiſchen dem 
Erlöſer und der erlöſten Seele. Porſt hat manche Verwandtſ mit Johann Arnd 
dem Verfaſſer des bekannten „Wahren Chriſtentums“, wie er denn * die ſeinem G. 

a angehängten Gebete einfad aus Arndts Paradi ommen bat; u 
ein Buch von ber göttlichen ung ber Seelen bat feiner det ma mander | Sy dei 
Seele viel geboten, wie das z. , bie * riftlichen Bene LEBE riten Beſih 
von jenem Exemplar, das je ent auf ber ibliothef in Berlin i 
bezeugen. Eine neue Yusanh e bat der he rrer Staubt in — 

w Zu bleibendem mwohlverbientem Andenken iſt aber Porſts Name 


MN 
11 





















— buch & 















— 





560 Bort-Royal 


encourager ces Religieuses dans le temps des leur oppression, afin de servir & tous le 
fid2les qui se trouvent dans les temps de trouble, o. O. 1750, 4 Bde; derſ., Vies interessante: 
et &difiantes des Amis de P.-R., Utredt 1751; Guilbert, M&moires historiques et chrono- 
logiques sur l’Abbaie de P.-R. des champs, depuis la fondation en 1204 jusqu’& la mer 
5 des dernitres Religieuses et Amis de ce monastdre, Utrecht 1755—1759 (nur der 1. wm 
3. Zeil erfchienen); Gréégoire, Les Ruines de P.-R. des champs en 1809, Paris 1809: Fangere, 
Lettres de la Mère Agn?s Arnauld, publiees sur les textes authentiques, Paris 1858, 2 Ex 
(mit Einleitung); Morei, Quinze ans du sidcle de Louis XIV, 3 Bde, Paris 1859; Sainte 
Beuve, P.-R., 5 ®de, Baris 1840— 1859, immer nod) das befte Wert über B.:R., aber der Geift 
10 B.:R. ift nit darin zu finden; Sehe, Les derniers Jansenistes depuis la ruine de P.R 
jusqu'âà nos jours (1710—1820), 3 Bde, Paris 1891; Quesnel, Correspondance sur lea affaire: 
politiques et religieuses de son temps, 2 Bde, Paris 1900; Allier, La Cabale des Dervots 
1627— 1666, Paris 1902, S. 159— 192; Lichtenberger, Encyclop@die des sciences religieuss, 
Paris 1877— 1882, Art.: P.:R.; H. Reuchlin, Geſchichte von P.:R. 2Bde, Hamb. 1839--1854; 
15 vgl. auch die Litteratur zu Pascal. 


Port-Royal (de Portu Regio, Porregium, Porreal, Porrois, Port du roy 
mit unficherer Ableitung), eines der berühmtelten franzöfifhen Nonnenflöjter, belannt 
durch den bedeutenden Einfluß, welchen es im 17. Jahrhundert auf die Fatbolische Kirche 
und Gefellichaft Frankreichs ausübte, jo daß fein Name eine Art Feldgefchrei gegen den 

20 Jeſuitismus wurde, in einem tiefen, fumpfigen, ungefunden Thale der Ypette gelegen, 
zwifchen Verſailles und Chevreuſe, Tep. Seine, wurde 1204 durh Mathilde von Gar: 
land, rau von Mathieu Montmorency-Marly gegründet und gehörte dem Gijterzienjerorden 
an. as nabe gelegene Bernbardinerflofter Baur, de Cernay übte eine Art Aufficht 
über e8 aus und ftellte ihm die Beichtväter. Tie Abte von Giteaur hielten von Zeit zu 

25 gut Vilitationen, wovon noch Protokolle vorhanden find, 3.8. 1504, 1572, 1574 

uch die Gunſt der Bäpfte erhielt es die Eremtion von der Jurisdiktion des Parijer 
Erzbiſchofs, durch Honorius III. 1223 das Privilegium, das Abendmahl zu genießen, 
aud wenn das ganze Land im Interdikt fei, ſowie das für die Folge fehr wichtige Recht, 
als Zufluchtsort (retraite) für folche Laien zu dienen, welche ohne das Gelübde abyu- 
s0 legen, fih von der Welt zurüdzichen und Buße thun wollten. Das Klofter bekam raſch 
eine ziemlich große Anzahl Nonnen (1233 zählte man ſchon 60), gebot auch über einen 
bedeutenden Beſitz und zählte unter feinen Nebtiffinnen Namen aus den vornehmſten 
franzöſiſchen Familien. Die Kirche, von Robert von Luzarches erbaut, und 1229 voll 
endet, der bl. Jungfrau geweiht, zeichnete fi) in architeltonischer Hinficht durch nichts 

35 aus. Bedeutung für die firchliche Gefchichte gewann das Klofter erft, als Jacqueline 
Marie Arnauld Abtiffin desjelben wurde. 

Sie war die Tochter des berühmten Advokaten und Generalprofuratord Anton 
Arnauld (geb. 1560, geit. 1619) und der Katharına Marion und gehörte Der tüchtigen 
Familie Arnauld aus der Auvergne an, welche Frankreich eine Reihe edler und bedeutender 

40 Hechtsgelehrter, Syinanzleute und Soldaten gab. Es war ein ehrenwertes, religiös bean: 
lagtes Geſchlecht, wie die Patriarchen reich) mit Kindern gefegnet (Anton La Motbe 
Arnauld, ibr Großvater, batte 20 Kinder, ihr Vater 10) und lang lebend, mit aus: 
geprägten ſtarkem Familienbewußtſein, deilen Glieder es mit ihrem Chriftentum wohl 
vereinbar bielten, alles zu thun, um ibr Haus emporzubringen, felbftftändig und unab 

45 hängig, ſtarke Geiſter, welche Die fittlib entnervende Macht des Jeſuitismus frübe er: 
fannten und mit der Muttermilch eigentlich die Abneigung gegen den Orden einfogen und 
lebenslang Feinde Desjelben waren. 1504 verteidigte Anton Arnauld die Univerjität 
von Paris gegen den Urden und verlangte deſſen Mustreibung aus Frankreich; es wurde 
ihm nie von dem Urden vergeben und vergeflen. Söhne und Töchter mandelten ın 

;o feinen Fußtapfen, jo daß man den Kampf des Janſenismus mit den Drbden nicht gan; 
unrichtig einen zwijchen dem Hauſe Arnauld und der Geſellſchaft Jeſu genannt bat. 
Familienpolitik brachte es dahin, daß Johanna von Boulehart, fett 1575 Aebtifjin von 
Port-Royal, die 7jährige Nacqueline (geb. 8. September 1591 zu Paris) zur Koadjuterin 
mit der Ausficht auf Die Nachfolge annabm; am 2. September 1599 wurde Jacqueline 

65 eingeſegnet und nahm den Novizenſchleier; ein Jahr fpäter nahm ihre Schmefter Jeanne 
(geb. 31. Dezember 1595) ebenfalls den Schleier, um Abtiffin von St. Cyran merden zu 
fünnen; um die päpſtlichen Bullen zu erlangen, hatte man beidemal das Datum der 
Geburt gefälfht. 1602 ftarb die Abtiffin Boulehart. Am 5. Zuli nabm Jacqueline, 
welde in Maubuiſſon erzogen tworden war und den Namen Angelique de Ste. Madeleine 

co angenommen batte, Die Abtei in Beſitz; nur widerjtrebend gab der Bapjt feine Beitätigung. 
Jahrelang führte Jacqueline ihr früher getvohntes wenig religiöfes Leben, gepaart mil 


562 Bort-Royal 


Geifte war eine neue Gründung Zamets, cin Klofter für die beftändige Anbetung tes 
Altarfatraments, welches Mai 1633 in der Nähe des Louvre feierlich) eingeweiht wurde 
und zu deilen Oberin Angelique vom Erzbifhof von Paris beftimmt wurde. Bald nach 
ihr wurde der Mann als Prediger und Beichtvater in das Sakramenthaus eingefüht, 

5 der durch feine Verbindung mit Janſenius Port-Royal von den unfruchtbaren Regen, 
auf die es geleitet worden war, ablenkte und ihm die eigentümliche Richtung aufbrüdte, 
die es zu einer welthijtorifchen Erſcheinung in der franzöfiichen katholiſchen Kirche machte, 
Jean du Vergier de Hauranne, geb. 1581 in Banonne, feit 1620 Abt von Et. Cyran mt 
deswegen gewöhnlih St. Cyran genannt, geft. 11. Oktober 1642. 

10 Seit feinen Stubienjahren mit Janſenius befreundet, blieb er mit ihm in der [chen 
digften perfönlichen und brieflihen Gemeinſchaft und teilte feine religiöfen und kirchlichen 
Anjchauungen völlig, war fein Kampfgenofje im Streite gegen die Jeſuiten; ftreng gegm 
ih und andere, myſtiſchen Spelulationen nicht abgeneigt, fein hervorragender Str, 
aber begabt mit der Kraft einer überzeugenden, rubigen Beredbfamfeit, mit dem fichern 

15 Blid eines zuverläffigen Beichtvaters, war er zum Gewiſſensrat angefochtener Seelen vie 
geſchaffen. 1623—25 wohnte er häufig in Paris und wurde mit allem, was Frankreich 
Bedeutendes in Kirche und Staat zählte, bekannt; der ftille, ruhige und befcheidene Mann, 
welcher die Geifter derer, welche mit ihm zufammenfamen, fehr leicht beberrichte, war 
eine Kraft, mit welcher man rechnen mußte. Nichelieu trug ihm mehrfach Biichoföftge an, 

20 ſtets aber zerichlug fih die Sadıe. 1633 erregte ein Büchlein von Agnes (Arnauld), 
Chapelet secret du St. Sacrement, in welchem fie nad der Zahl der Jabrbunderte 
jeitt der Einjeßung des Abendmahls 16 Tugenden Chriſti beipricht, großes Aufſehen 
Die Sorbonne verurteilte e8 am 18. Juni. Zamet nahm es in Schub, St. Cora, 
gerne in myſtiſche Subtilitäten eingehend, und Janſenius billigten es. Zamet führte aus 

3 Dank für feine Hilfe St. Cyran in das Safranıentshaus ein, deflen Bewohner wega 
der Schrift fehr angefeindet wurden. Durch ihn murde die Nichtung der Nonnen ba 
eine andere, der verweltlichende Einfluß Zamets verfhwand immer mehr. Ebenfo war es 
in Port-Royal (in Paris, 16. Mai 1638, mußte das Sakramentshaus ganz geräumt 
werden, fein Vermögen und Rechte wurden auf Port-Royal übertragen). . 

30 1636 war Angelique dorthin zurüdgelehrt, ihre Schweiter Agnes wurde zur Abtiffin 
erwählt, St. Cyran wurde aud) hier der getftliche Leiter und führte als Beichtvater und 
Prediger Einglin ein (geb. 1607, geit. 1664). Es wird ſich nicht feititellen laſſen, daß 
St. Cyran eine Erneuerung der franzöfisch-fatbolifchen Kirche im großen anftrebte, vom 
Reformator in proteftantifhem Sinne batte er nichts an fich, er mar der getreue, wahr: 

35 haftige Arzt einzelner Scelen, die er retten wollte dadurd, daß er von auguſtiniſchen 
Grundſätzen auögebend, auf wahre innerliche Frömmigkeit, auf wirkliche Buße, auf Be 
obachtung der vigenen Seelenzuftände, auf Bethätigung der Religion in praftiichem Thun, 
auf Beduͤrfnisloſigkeit, Sclbftzucht, mit echt katholiſchen asfetiichen Übungen drang. Gin 
Feind von Glanz, nie bemüht ſich äußerlihe Geltung zu verichaffen — er liebte em 

40 gewiſſes Verftedjpielen, Anonymität bei feinen Schriften — bejaß er eine zähe männlide 
Unabbängigkeit, und auch diefe Seite feines Weſens ift auf die wahlverwandten Seden, 
die er in der Familie Arnauld und andern Gleichgefinnten fand, übergegangen. Unter 
feinen Einfluß und von feinem Geifte belebt entiwidelte fih in Port-Royal jenes eigen: 
tümliche Elöfterlide Xeben, das zwar weit entfernt ift von der proteftantifchen Freiheit 

45 des Glaubens, in jpezifiich Fatholifchen Dogmen, Gebräuchen und Kult (Werebrung der 
bl. Jungfrau, der Heiligen, Glauben an ihre Wunder, Neliquienfult, Anbeten des Sakra: 
mentes 2c. St. Cyran öffnete z. B. nie ein ketzeriſches Buch, ohne das Kreuz vorher zu 
Schlagen), jtreng auf dem Boden der fatholifchen Stirche blieb, aber fonjt eine Verinner: 
libung und Vertiefung des religiöfen Lebens bezwedte und bewirkte, welche troß mander 

so Übertreibungen und mönchiſch-asketiſcher Weltflucht hohe Achtung verdient, für lange Zeit 
ein Gegengewicht gegen die veräußerlichenden und verflachenden Einflüffe des Jeſuitismus 
bot, ein Salz der Kirche war. Jener merkwürdige Zug der, Weltflucht, welcher im 
17. Jahrhundert ein charakteriftiicher Begleiter der Frivolität und Üppigfeit der vornchmiten 
franzöfifchen Geſellſchaft it, machte ſich auch bier in eigentümlicher Weife geltend in dem 

55 Einjiedlervereine, twelcher ebenfalls unter St. Cyrans Einfluß fih in Port-Royal auf dem 
‚selde bildete. Ilnton Lemaitre (geb. 2. Mai 1608, geft. 4. Nov. 1658), der älteft: Sohn 
ber älteften Tochter Arnaulds, ein dvorzüglicher Advokat, dem die höchiten Ehrenſtellen 
winkten, eine feurige, leidenfchaftlihe Natur voll Wärme und Tiefe, entjagte, ergriffen 
durd eine Predigt St. Cyrans am Totenbette feiner Tante d'Andilly, 1637 feinem Be— 

sorufe, „um ſich ganz zu den Füßen Gotted zu werfen”. Bald nad) ihm beſchloß jein 


564 Bort-Royal 


halten. Den erjten Beweis davon gab er durch feine Schrift: De la fr&quenie com- 
munion (erjchienen Auguft 1643); fie war mit ihrem Proteft gegen das leichtfinnige 
Kommunizieren, mit ihrem Drängen auf Buße, mit ihrer Warnung vor dem opus ope- 
ratum cine praftifche Anwendung janfeniftischer Grundſätze und erregte überall ebenie 
b großes Auffehen als Widerſpruch. Es war das Manifeit, mit welchen Port-Royal offen 
gegen den Jeſuitismus auftrat, von dort an zog das ftille Klojter die Aufmerkſamkeit ver 
geiftlichen und weltlichen Behörden auf fih, bis es ihren Anordnungen erlag, Amault 
wurde nach Nonı berufen, ging aber nicht, jondern einem bei den Anhängern von Port: 
Royal ſich häufig findenden Grundfag folgend, anonym zu fchreiben oder fih in cine 
10 Stille Verborgenheit zurüdzuzichen, blieb er mehrere Jahre lang verborgen. Daß Port 
Royal durch ihn an Anſehen gewann, war natürlid), die Jahre 1648—56 waren die ter 
größten Blüte. Das Klofter wurde vergrößert. Iſaac de Louis Lemaitre (nach feinem 
Anagramm gewöhnlich de Sacy genannt), geb. den 29. März 1613, geit. 4. Januar 1684, 
der jüngite Bruder von Anton Xemaitre, feit 1638 in Port:Royal, batte fich dem geilt: 
15 lichen Stande gewidmet, la8 1650 feine erſte Meſſe dort und blieb etfriger Anhänge. 
1648 fehrte Angelique von Paris nach Port-Royal auf dem Felde zurüd, in demſelben 
Jahre wurde auch die Ordenstracht geändert (Ubbildungen der verfchiedenen Tradt ſ. in 
Helyot V, 526 ff.). In den Kriegen der Fronde hielt fih das Klofter zu der königlichen 
Bartei, aber als Innocenz X. durd feine Bulle vom 31. Mat 1653 fünf Säge von 
20 Janſenius verurteilt hatte, brach der Sturm gegen Port-Royal als die fichtbare Burg des 
„sanfenismug in Frankreich log. Arnauld wurde megen jeiner Oppofition gegen die Bulle 
aus der Sorbonne gejtoßen (31. Januar 1656), er, Eacy, Fontaine und Nicole (geb. 
1625, auch aus einer Advofatenfamilie ſtammend, feit 1654 auf innigfte verbunden mit 
Arnauld, ein fanfter ruhiger Geift, mit nachgiebigem Charakter) bielten ſich in Paris ver 
25 borgen, die Einfiedler erhielten den Befehl, fih von Port-Royal zurüdzuziehen, aber der 
gefürchtete Schlag wurde zurüdgehalten dur das Wunder mit dem hl. Dorn (f. Bo XIV, 
©. 711,36), welches als fichtbare Intervention zu Gunſten Port-Royals gedeutet wurde, und 
durch die Verteidigung des Janſenismus, welche Bascal in feinen Lettres provinciales 
übernonmen hatte. So tvaren die näcften Jahre Zeiten der Ruhe. Arnauld Zonnte 
80 jeine Parifer Einfamfeit wieder mit der in Port-Royal vertaufchen, Nicole folgte ihm 
dahin nad, d'Andilly und die anderen Einfiedler fanden fich dort wieder zufammen, und 
Einglin wurde fogar, auf Angeliques Borfchlag, von Retz zum Cuperior der Nonnen 
ernannt. In diefen Zwiſchenraume des Friedens fchlug aber der Tod der Gemeint 
tiefe Wunden: innerhalb zweier Sabre raffte er 25 Schweitern weg; doch drängten ſich 
85 Immer neue Jungfrauen nach in die angefeindete Gemeinde. Aber die Verhältnmiſſe än- 
derten fich, ald Ludwig XIV. 1660 die Regierung felbjt übernahm; er war feit entichlofien, 
dem Janſenismus wie dem Proteftantismus in feinem Reiche ein Ende zu machen, mit 
jeinen Anfichten von einer woblgeordneten Monarchie ſtimmten die Unterjchiede des Ve⸗ 
fenntniffes bei feinen Untertbanen nicht überein. Am 13. Dezember 1660 erllärte er 
0 feine Abficht dem Präfidenten der Verſammlung des frangöftichen Klerus. Ten Worten 
folgten bald die Ihaten, von da ift Port-Royal nur der Schauplag eines hoffnungsloſen 
Widerſtandes, dem von Zeit zu Zeit kurze Pauſen der Erholung gegönnt waren. Die 
einen Schulen waren ſchon 1660 verboten worden, im April 1661 mußten die beiden 
Klöfter ihre Penſionäre, ihre Poltulantinnen und Novizen entlaffen, unter Thränen und 
5 Proteften wichen fie von ihrer geiftigen Heimat; 66 Töchter verlor die Gemeinjchaft auf 
diefe Meife. Singlin entging mit Mühe der Baltille, er und Arnauld verbargen fid 
wieder in Paris. Am 8. Juni 1661 erging der erite Hirtenbrief, der mit feinen jchteun: 
enden Ausdrücken die Unterzeihnung möglich machen follte. Nicht ohne ſchwere inner 
Kämpfe unterzeichneten endlich die geängfteten Nonnen. Am 6. Auguft ftarb die Mutter 
co Angélique in Port-Royal in Parız, bis zur legten Stunde eine treue Belennerin ibred 
Glaubens. Auch der Schweiter Pascald brach dieſe Gewiſſensbedrängnis das Herz, fie 
itarb am 4. Uftober 1661. 
An die Stelle des durch eine lettre de cachet verbannten Singlin hatte Port-Roval 
den Molmiften Bail als Zuperior annehmen müſſen. Neiner der Freunde, Arnauld, 
65 Pascal, Zinglin, durfte fih mehr nah Port-Royal wagen, der Verkehr war nur ned 
ein briefliher. Am 11. Juli 1661 hatte Batl die Vifitation der Klöfter begonnen; bie 
2. September währte diefelbe; alle Nonnen in den beiden Häufern und die Scheitern 
Konverſen wurden eine um Die andere verbört, und da nad der Sitte von Port-Roval 
jede nachber für das Kloſter einen Bericht über ihr Verhör niederfchrieb, kennen mir die 
co Art Des Verhörs, die Fragen und Antworten fehr genau. Die Fragen bezogen ſich auf 


566 Bort-Royal 


die Broteitanten aufzutreten, der Tod verhinderte fein Vorhaben, 1669 erjchien das Werl 
von Arnauld und Nicole: La perpetuit& de la foi de l’Eglise catholique touchant 
l’eucharistie, gegen den protefiantifchen gelehrten Geiftlihen Claude gerichtet, der Bor: 
läufer des befannten Werkes von Bofjuet, Histoire des variations. Ebenſo billigte 
5 Arnauld im ganzen die Aufhebung des Ediktes von Nantes. Aber iron diefer Beitre: 
bungen, feine Rechtgläubigkeit zu bemweifen, traf ihn doch dasfelbe Schickſal wie jenen 
Gegner. Tas Klofter hatte in den Friedensjahren ſich wieder bevölfert und anſebnlich 
dergrößert, die Einfiebler waren wieder zurüdgelehrt, Männer und rauen aus ber vor: 
nehmiten Gefellfhaft nahmen zeitweise ihren Aufenthalt dort, Pascals Pensees erſchienen, 
10 Nicole gab feine trefflichen Essais de morale heraus. Aber als diefer 1677 feine ge 
wandte Feder dazu bergab, einen Brief an den Papft Innocenz XI. zu richten, worin 
un Verurteilung der laren Lehren der Kafuilten gebeten wurde, fab der König darin cine 
Berlegung des Maffenftillftandes; in dem Streite über die Regalien, der damals heftig 
entbrannt war, war ihn die Teilnahme des Janſenismus für den Papft zuwider. Ar: 
15 nauld und Nicole mußten aus Frankreich flüchten. 1683 durfte Nicole twicder in ſein 
Vaterland zurüdichren, tvo er am 16. November 1695 ftarb. Der unbeugfame Arnauld 
bielt jich teild in Belgien, teild in Holland auf; am 8. Auguft 1694 ftarh er, fein Hey 
wurde nad) Vort:Royal gebraht. Dorthin hatte der Erzbifhof Harlay am 17. Zum 
1679 den k. Befehl überbradyt, die Zöglinge fortzufchiden und feine Nonnen mehr auf 
20 zunehmen, bis die Zahl der Profefjen aus 50 zurüdgegangen fei; auch die Einfiela 
mußten das Stlofter verlaflen, von da iſt die Gefchichte desfelben ein langſames Sterben 
1681 waren e8 noch 61 Nonnen, 1693: 43, 1705: 25; die Bitte, Novizen wieder an 
nehmen zu dürfen, als ihre Zahl nur noch 50 betrug, wurde abgeihlagen. Am 8. Ja 
nuar 1700 ftarb Marie ne igue von St. Thereje, die lebte Arnauld in Port-Royal; 
26 am 3. uni 1691 war die Abtiffin du Fargis geitorben, ihre Nachfolgerin wurde St. Thella 
Racine, die Tante des Tichterd, der ein alter Zögling von Port-Royal in jenen Sab 
der Ben dem Kloſter treulich zur Seite stand. Am 19. Mai 1700 fant Diele 
Abtiſſin ins Grab, ihre Nachfolgerin Elifabeth von St. Anna Boulard tvar die legte 
Übtiffin in Port:Royal_auf dent Felde (geft. 20. April 1706). Auf ihre dringenden 
so Bitten hatte man den Nonnen erlaubt, einige Mädchen mit dem weißen Schleier E be⸗ 
kleiden, Ne follten fie unterftügen in den Offizien, in der ewigen Anbetung des Sakra⸗ 
mentes u. dgl. 
Die Bulle Clemens XI. Vineam Domini vom 15. Juli 1705 mit ihrer vollftän- 
digen Verdammung von Janſenius führte die Kataftropbe herbei; Die Nonnen, ibren 
35 Grundſätzen bi8 zur Halsitarrigfeit getreu, unterfchrieben fte nur mit einer Klaufel. Ne: 
bizen anzunchmen wurde ihnen nun auf das ftrengite verboten; als die Abtiſſin ſtach, 
durfte feine neue mehr gewählt werden. Das Hlctter Vort:Royal in Paris benützte die 
Gelegenheit, durch einen neuen Raub am Mutterklojter die eigene mißliche finanzielle Lage 
zu verbeſſern. Gin füniglicher Befehl (1707) legte trog aller Proteltationen dem SKlofter 
wauf dem Yande auf, jührlih eine Rente von 6000 Livres an das Pariſer Kloſter abzu⸗ 
liefern, die Zahl aller Antvefenden (es waren noch 17 Nonnen und 9 Konverfen) murden 
mit den Dienftboten auf 36 beichräntt. Am 22. November 1707 wurde dag Klofter er: 
fommuniziert, der alternde Mönig, der vor dem eigenen Tode den Untergang von Port 
Royal erleben wollte, wirkte eine päpftlihe Bulle aus (27. März 1708), welche, damit 
5 „das Neſt eines fchlimmen Irrtums“ ganz zerjtört werde, erlaubte, Die Nonnen über 
bin zu verfegen. Durch ein Dekret des Erzbifchofs von Paris vom 11. Juli 1709 wurde 
das Klofter Port-Royal auf den syelde für aufgehoben erklärt und fein Vermögen dem 
von Paris zugetviefen. Als die Abtiffin des letzteren Belig von dem Klofter nehme 
wollte, wurde fie nicht eingelaffen. Am 29. Oktober fam der Polizeileutnant von Paris 
so mit feiner Mannfchaft; dem königlichen Befehl, welcher jeder der Nonnen ibren fünf: 
tigen Wohnſitz anwies, gebordhten diefelben obne Widerrede. Dies militärische Aufgebot 
gegen eine Schar von 22 armen webrlofen frommen Jungfrauen, von tveldhen die jüngite 
über 50, mehrere über 80 Jahre zäblten, würde einen fomifchen Eindrud machen, wenn 
nicht die tiefe Tragik unterdrüdter Gewifjensfreibeit, welche frivolem Töniglichem Macht⸗ 
55 gebot erliegt, daraus fprechen wide. Des Trojtes, Des Beiftandes beraubt, welchen die 
Gemeinſchaft verleibt, ließen ſich die zerftreuten Nonnen bald beivegen, die Bulle zu unter: 
zeichnen, nur zwei, darunter die Priorin Anaſtaſie du Mesnil, blieben ftanbbaft, am 
18. März 1716 ſtarb fie im Urfulinerinnenklofter zu Blois, obne die Sakramente zu 
empfangen. Das königliche Mißfallen erftredte jid bis auf die Gebäude von Port-Roval, 
6o nach Befehl vom 22. Januar 1710 wurde Kloſter und Kirche zerftört, auch den Toten 


568 Portugal 


welches ihnen die Pfarrlirchen feit dem 12. Jahrhundert alljährlih aus Dem Zehnten ihrer 
Gemeinden zu liefern batten. Jedoch die Fürſorge für die Machtftellung Der Krone un 
für die futurelle Entwickelung des Staates führte 1759 unter Joños Nachfolger Joſepb 
Emanuel zur Vertreibung der Sefuiten aus dem Lande durh den mächtigen Winifter 
; Marquis Bombal, welcher diefe Maßregel auch auf die Kolonien ausdehnen ließ. Zu: 
gleich wurde die Eäfularifierung eines großen Teiles der Kirchengüter ind Merk geſetzt 
Freilich errang bereits unter der Nachfolgerin de8 K. Joſeph Em., Maria I., bie Gait- 
lichfeit iwieder den umfaflendften Einfluß, abgeſehen vom Fernebleiben der Jeſuiten, deren 
Orden im Sabre 1814 nur unter ausdrüdlichem Proteſt Portugals wieder aufgerichtet 
10 wurde. Die ſchweren Erfchütterungen des Staates und Königtums, wie fie im Gefolge 
der napoleonifchen Ariege fich einitellten, führten in den Jahren 1834—36 zu einer ticer 
greifenden Reaktion gegen die Macht und die Einfünfte der Geiftlichfeit; denn legten 
war nach Aufbebung der Verfaflung von 1821 durch König Dom Miguel (1826— 1835) 
wieder zu beherrichender Stellung gelangt. Nunmehr wurden durhd König Dom Pedro 
15 Die von Miguel zurüdgerufenen Iefuiten wieder des Landes veriviefen, das beitebenix 
Tribunal der päpftlichen Nuntiatur abgeichafft, Bifchöfe und Geiftliche, auch Möndk, 
welche für die vorige Nichtung auftraten, ihrer Stellen enthoben; die Übertragung ir 
Pfarreien ward zur Sache der Etaatöregierung erflärt. Insbeſondere wurden aud all 
Männerklöfter und deren Hofpize und Lehranftalten aufgehoben. Zur dauernden Turd- 
u führung gelangte die Maßregel gegen die Klöfter allerdings nit. Wielmebr wurde der 
zeitiveife geitörte Verkehr mit dem bl. Etuble 1840 wieder hergeftellt und ein Konkordat 
18412 dem Abſchluß zugeführt, allerdings nicht ala ſtaatsrechtlich giltig veröffentlicht. Cs 
fonnte fich aber eine Anzahl von Orden und Klongregationen im Lande wieder ausbreten, 
deren ngehörige Pfarrdienfte erhielten und Lebranftalten mit Internaten einridteten 
35 Daneben vermehrten ſich die Bruderfchaften, welche fih Wohlthätigkeitszwecken widmen 
und von der Bevölferung mit reichlihen Ependen jährlich unterftügt werden, um Hoſpi⸗ 
täler, Waifenhäufer und Hofpize zu erhalten. Einige gefegliche Beltimmungen erinnerten 
allerdings auch meiterbin an das Etreben des Staates nach Aufrechterhaltung feiner fou- 
veränen Macht. Co die Vornahme des Verkaufs der Kirchengüter im Jahre 1862, aus 
30 welchem jedoch der Ertrag an den Klerus übergeben wurde, während zugleich ein Staats 
beitrag von jährlid 650000 Milreis an die Geiftlichkeit abgeführt wird. Dabei bat fett 
1836 jede Kirchengemeinde durch Umlagen für ihre Pfarrgeiftlichleit zu forgen, wäbrend 
die Zehentabgabe damals in Wegfall fam. Cine andere Mapregel der Staatshobeit war 
die Einführung der Giviljtandsregifter im Sabre 1878, wodurch namentlich auch Nict: 
35 fatbolifen gefeglihe Eben möglid wurden. 

Doch ſichern bierarchische Ordnung, Wirkſamkeit der Orden und privilegierte Stellung 
dem Katholicismus eine überlegene Macht. Die drei Kirchenprovinzen Braga, Evora und 
Yıllaben zählen auf dem Feſtlande 9 Bistümer außer den 3 Erzbifchof:, bezw. dem Ya: 
triarchenſitze; ihnen unterjteben über 3800 Pfarreien. Die Inſeln und die meitafrikant- 

so Shen Kolonien werden außerben noch von 4 Bistüimern Tirchlich vertvaltet. (Am indischen 
Ozean waltet der Grzbifhof in Goa als Primas des Oſtens, melchen der Erzbifchof von 
Granganor und die Biihöfe von Mocambique, Meltapur, Cochim, Malakka und Timer, 
auch in China die Biihöfe von Macao, Nanking und Peling unterfteben.) Trotz ter 
Aufhebung von 1836 ſodann ſtehen Jeſuiten, Lazariften, Franziskaner, Wäter vom 
15 bl. Geift u.a. mit einer immer größeren Anzahl von Niederlaffungen und Klöftern in den 
meiſten Städten in öffentlicher Wirkſamkeit. Zudem ift die katholiſche Religion (auch durd 
die freie Werfaffung von 1821) alg die alleinberechtigte des Landes anerlannt, und keine 
andere Konfeſſion darf bis beute Nultusgebäude errichten, twelde das Ausfeben ven 
Kirchen bätten. Zehn Biſchöfe und Erzbifchöfe haben Sit und Stimme in der Pairs— 
so kammer. —- Jmmerbin ijt es bei der Geltung des englischen Namens in Lande allmählıd 
zur Bildung von evangeliichen Gemeinden gefommen, welche aus portugiefiichen Staats 
bürgern beſtehen, ſowohl Gemeinden der high church als der Freien fchottischen Kirche, 
namentlich in Gorunna, Porto, Liſſabon, Bortalegre. Seit 1885 entftanden aud kleine 
deutjche evangeliſche Gemeinden, und zwar in Porto, Yiffabon und Amora, auch auf ie 
5 Inſel Fayal (Azoren). Es wird aber die Geſamtheit der Evangelifchen deutſcher, eng— 
liſcher und portugtefifcher Zunge nur 1100 Getragen. -—- Mit den evangelifchen Gemeinden 
find fait ftets Schulen verbunden; die deutſche zu Yilfabon bat den Charakter einer Real; 
Schule mit Yatein (6 Klaſſen), auch jene zu Porto. An jeder deutfchen Schule it der 
Geiſtliche Die erſte Lehrkraft. 
Y Wenig entividelt ift das Volksſchulweſen Des Staates. Denn nur etiva ein Fünftel 


570 Poſitivismus 


Kurz nachdem ein heftiges Zerwürfnis ſein Verhältnis zu dieſem Gönner gelöſt hatte, 
trat er in die Ehe mit Caroline Maſſin, wobei er die von feinen religiös geſinnten Eltem 
gewünſchte Firchlibe Einfegnung beharrlih ablehnte. Die Ebe wurde Feine glüdlice 
Ein Plan, reihe Zöglinge in Penſion zu nehmen, zerfchlug fih. Der pompbaft angelün- 

6 digte und anfänglich fogar von Gelehrten wie Aler. v. Humboldt, Poinfot, de Blam- 
ville 2c. befuchte Kurfus von 72 Vorlefungen, worin er „bie Philoſophie aller Wiſſen 
ichaften” darſtellen wollte, mußte jchon nach dem dritten Vortrage abgebrochen werben, 
da ein heftiger Anfall von Wahnſinn bei ihm fich einftellte (1826). Halb gebeilt aus 
Esquirols Srrenanftalt entlafjen, bolte er, einem von Lamennais erteilten Rate folgend, 

10 die bis dahın verweigerte Tirchliche Trauung nach, verhöhnte aber die Traurede des Prie 
ſters durch zmifcheneingeftreute irreligiöfe Bemerkungen und unterfchrieb das Protofoll fo, 
daß er feinem Namen boshaft fpottend die Namen „Brutus Bonaparte” beifügte! Uftere 
GSelbftinorbverfuche, dabei einer, von welchem ein in die Seine ihm nachipringender fömg- 
licher Leibgardiſt ihn rettete, folgten während der ein ganzes Jah —— Gene 

15 ſungsperiode nach. 1828 nahm er die mündliche Darlegung feines philoſophiſchen Lehr 
ſyſtems wieder auf, ermutigt durch den Beifall geiſtesverwandter Forſcher, wozu diesmal 
außer Poinſot und Blainville namentlich der Medigner Brouſſais und der Geomeier 
Fourier gehörten. Das Jahr der Julirevolution ſah den erſten Band ſeines Lehrgebäudes 
erſcheinen, deſſen übrige fünf Bände binnen 12 Jahren nachfolgten und fo das Haupt 

20 werk feines Lebens, den Cours de philosophie positive, zum Abſchluß bradıten. Tie 
12 Jahre von 1830—42, während deren er auch (dur) den Minifter Guizot 1833) eine 
feſte Anjtellung als Repetent an der polyt. Echule und Eraminator erhielt, außerdem 
aber durch populäre Vorlefungen über Aftronomie (veröffentlicht 1844) Ruhm erntett, 
bildeten nad Littré die grande Epoque de sa vie. Anfeindungen von Tlerilaler und 

25 politisch-fonfervativer Seite wegen des atheiftifcherevolutionären Geiſtes feiner Philoſophie 
beraubten ihn 1842 feiner Staatsanftellung und nötigten ihn, zumal da die durch Stuart 
Mil ihm erwirkten Geldſpenden reicher englifcher SSreunde bald zu fließen aufhörten, 
feinen Unterhalt aufs neue durch mathematiſchen Privatunterriht zu erwerben. leid» 
zeitig führten anhaltende Zerwürfniffe mit feiner Frau zur völligen gefeßlicdyen Trennung 

so don derſelben. Cin neuer fürzerer MWahnfinnsanfall, über den nichts Sicheres befamt 
getvorden, fowie ein Teibenschaftliches Liebesverhältnis zu einer, wie er, nach unglüdlicer 
Ehe von ihrem Gatten getrennten Madame Glotilde de Baur (1845) bilden den Über 
gang zu feiner legten Gebendchodhe, welche durch die Ausarbeitung und Publikation feines 
„Syſtems der pofitiven Politik” bezeichnet it (Systöme de politique positive, ou 

35 Trait& de sociologie, instituant la religion de l’humanite, 1851—54). Voraus 
ging der Beröffentlihung dieſes Syſtems der (1848 zum erftenmale erichienene, dann in 
Bd I de Système mit einigen Veränderungen abermals gedrudte) einleitende Traftat 
Discours sur l’ensemble du Positivisme, wovon E. Rofchlau neuerdings eine deutick 
Eonderausgabe veröffentlicht hat (unter dem Titel: „U. Comte, Ter Poſitivismus in 

0 feinen Weſen und feiner Bedeutung”, Yeipzig 1894). — Comte erjcheint während dieſes 
legten Lebensſtadiums bis zu feinem am 5. September 1857 erfolgten Tode meniger 
mehr als pbilofopbifcher Yehrer und Syſtembildner, denn als Hoherpriefter einer neu zu 
gründenden Religion der Humanität, unter deren Grundgedanken ein phantaftifcher Syrauen- 
dienft oder Kultus des ewig Meibliben cine Hauptrolle jpielt. Anregung zur Ausbildung 

45 dieſes feines letzten Syſtems, in weldem jogar Anklänge an katholiſche Mariolatrie (den 
Kultus der Vierge Möre) wahrnehmbar find, hatte ohne Zweifel die Leidenjchaft für 
jene frühzeitig verjtorbene Madame de Baur gegeben, deren Grab er feit 1846 wöchentlich 
mindeftens einmal befuchte und deren Gedächtnis er nie anders als in den leidenfcaft- 
lichſten Ausprüden feierte. Auch tägliches Yefen eines Abfchnitt aus Thomas a Kempis 

sound eines Geſangs von Dante, dazu regelmäßiges Morgen: und Abendgebet und eine 
Diät von asfetischer Strenge und Einfachheit gebörten zu den Lebensgewohnheiten feine 
legten Jahre. Den Aufbau und Ausbau feines Religionsſyſtem halfen ein „poſitiviſti⸗ 
icher Kalender” (1851; 4. Ed. 1852) und ein „pol. Katechismus (1853) vollenden 
(vgl. unten). 

55 Die Anbängerfhaft Gomtes begreift einen engeren und einen weiteren Kreis ober 
eine Sekte und eine Schule der Poſitiviſten in ſich. Zur erjteren gehören die gläubigen 
Jünger aud feiner pofitiwen Politik oder Humanitätsreligion, zur leßteren die ausfcließ: 
lichen Bewunderer feiner „pofttiven Bhilofopbie”, Denen das fpätere Syſtem wenn nidt als 
Produkt einer ernftlichen Geiſtesſtörung, doch als fentimentaler Schwindel oder als an 

so Analogon zu Platos „Republik“ und „Geſetzen“, Werfen, die man zivar jtudieren aber 


4 


Weiäbei ——— Ye , ©. 19 
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im engeren und eigen 
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Gerdictsmiflenihaft, Wiesbaden 1819, ©. 13ff. * 
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— igiöfe efte der Bo befitt dieſelbe ihren N od 
am Systöme de ue positive, Sr jener Calendrier und € ;atechisme posi- 
—— (1849-1853) populärere Zehrnormen —— hen. ft „Ur 
ung ber —— ophie in Religion“, was Inde 
50 juni abe Ad an ie —— eine Philo sine 00 Gott, Sie ü 
Moral dann mit einer lem abfoluten A 
entfehiedenften eig Bein slofigkeit. Der Humanitätskultus, ——— 
wen —— äuft, ſtellt ſich dar als ein phan 
erkultus. Zwei volle Stunden eines jeden Tags, ol der | Pe 
65 — d. h. der „Ausſtrömung jener Gefühle, womit wir die 
der Liebe und der Anhanglihlei unter dem Bilde von — 
uns wirken“. Der öffentliche Kultus der Poſitiviſten * 
wiederkehrende e. Nach jenem Calendrier, der zugl 
und Erbauung: u bildet, Ih der Jabreslauf geteilt in 13 A — 
co dieſe Monate" führen statt. der berfüömmlichen Benennungen altheidniſchen 1 


674 Bofitivismns Poſſidius 


tum jedenfalls von franzöſiſcher Seite her Anregungen empfangen; Comte einerſeits und 
Jellinek andererſeits figurierten bier als die religiöſen Reformer, von melden die Voll 
endung deſſen, was einſt Moſe und die Propheten zum Beſten der Menſchheit erſtrebt, 
zu erwarten ſtehe (S. Simchowitz, Der Poſitivismus in dem Moſaismus erläutert und 
5 entwickelt, auf Grund der alten und mittelalterlichen philoſophiſchen Litteratur der He 
bräer (Mien 1880). — Wegen des Sekularismus von golyoake, Bradlaugh x. als eine 
englifchen Parallele zum Poſitivismus f. den betr. Artifel. BZödter. 


Poſſevino, Antonio, „gt 1611. — Ueber feine litter. Thätigfeit überhaupt vol 
Hurter, Nomencl. lit. I, 2. ed. 180ff. 

10 Poſſevino, Jeſuit, päpitlicher Tiplomat, gelehrter und fruchtbarer Schriftfteller, mar 
geboren zu Mantua im Jahre 1534. Nachdem er in Rom ftudiert und eine Zeit lang 
Erzieher der Kinder Yerdinands von Gonzaga, Statthalter von Mailand, gemeien, lie 
er fi) 1559 in den Sefuitenorden aufnehmen. Er trat fofort als eifriger Bekämpfer ie 
Proteftantismus auf, zuerft in den Thälern der Waldenfer, dann in ‘Frankreich, befen- 

15 der3 zu Lyon und Rouen. Häufige Reifen im Intereſſe jeined Ordens, die Herausgak 
einer Neihe polemifcher Schriften, das Rektorat der Sefuitenkollegien zu Apignon und 
jpäter zu Lyon füllten die Zeit von 1562—1577. In lebterem Jahre beauftragte ihm 
Sregor XIII., die Rückkehr des Königs und des Volles von Schweden zur römiſchen 
Kirche zu betreiben; er fam, dem Namen nad als Taiferlicher Gefandter, Sand den Hof 

20 teilweise feinem Zwecke geneigt, vermochte indeſſen troß vieler Geſchicklichkeit, den Abtal 
Schwedens nicht zu erlangen. Hierauf (1581) fandte ihn der Papſt ala Nuntius nad 
Polen und Rußland, ſowohl un den Frieden zwiſchen beiden Mächten zu vermitteln, ald 
um die Ruſſen zum Katholicismus zu beivegen. Bald darauf wurde er abermals nad 
Polen geſchickt, 1586 jedoch nach Italien zurüdberufen, wo er fich nacheinander zu Padua, 

25 zu Bologna und zu Venedig aufhielt, mit wifjenfchaftlichen Arbeiten beichäftigt. Er ftarb 
au Ferrara 1611. Seine polemifchen Schriften, deren Titel man unter andern bei Rı 
ceron findet (deutiche Ausgabe Bd XVI ©. 302 u. f.), fönnen nur noch Intereſſe 
für die fpezielle Gefchichte der betreffenden Zeiten und Gegenden (unädft Fr ich und 
Polen), für die er fie verfaßte Sein biftorifches Werl: Moscovia, sive de rebus 

% moscovitiecis et acta in conventu legatorum regis Poloniae et magni ducis 
Moscoviae, Wilna 1586, 8°, iſt wichtig, indem es die umjtändliche —— d 
enthält, was er als Nuntius in Rußland und Polen gewirkt. Eine Art Anleitung 
die beſte Art, die verſchiedenen Wiſſenſchaften zu ſtudieren — Bibliotheca selecta qua 
agitur de ratione studiorum, Rom 1593, 2 Bände Fol. — iſt mit viel unnötigem 

35 Beiwerk überladen und überhaupt von geringem Belang. Das vorzüglichite und aud 
jest noch, feiner Mängel und Irrtümer ungeachtet, brauchbarfte Werl Poſſevinos tft fein 
Apparatus sacer ad scriptores veteris et novi Testamenti, eorum interpretes, 
synodos et patres ete., Venedig 1603— 1606, 3 Bände %ol., eine mit vielem Fleiß, 
obfhon nicht mit gehöriger Kritif gemachte Sufanmenftellung der Quellen fämtlicher 

0 Teile der Theologie. . Chmidt T (Benrath). 


Poſſidius, der heilige, geft. nad 437. — Duellen und Ritteratur: 1. De 
äußert fpärliche Quellenmaterial beſchränkt fic) auf einige Andeutungen in der von ımierem 
Heiligen verfaßten Biographie feines huchverehrten Meijters und Freundes, des hi. Augujtinus 
von Dippo (S. Augustini Hipponensis episcopi vita auctore S. Possidio Calamensi episcopo, 

45 ed. Joann. Salinas, Augustae Vindelicorum 1764, einſchließlich der durchweg vortrefiliden, 
teilweife noch heute nicht veralteten, Anmerkungen, 162 S.; nod) immer die beſte Ausgabe!). 
eine Anzahl von auguitinischen Briefen und Konzilaften, worüber alles Nähere im Artikel 
jelbjt, auf ein Schreiben des Papſtes Innocenz I., endlid) auf eine gleihfall3 ſpäter zu würdigende 
Stelle des Chroniſten Prosper Aquitanus sive Tiro. 

50 2, Tillemont, M&moires etc. XTII, Paris 1710, ©. 154. 2987. 394. 398—401. 55. 
461}. 464. 526. 539. 541. 505. 693. 695—701. 765. 781. 904f. 939. 942. 947-952; 
Morcelli, Africa christ. III, &.34. 140; P. amd, O. s. B. Artikel Poſſidius bei Wetzer 
und Welte, (fatholiiches) Kirchenlerifon X, 2. A., Freiburg i. Br. 1895, ©. 238; Bottheit, 
Bibl. histor. II, 2. W., Berlin 1896, €. 1186, Henry Bright Phillott, Art. Poſſidius in 

65 Dietionary of Christ. biography IV, S.445B bie 446B, Acta Sanct. Boll. s. 17. Maii (Mai 
tom. IV, Antverpiae 1685, I, Daniel Papebroch, S. J., De s. Possidio ... commentarius 
praevius, ©. 27—29A, II. Vita ex vita et operibus S. Augustini collecta auctore ..- 
Keferlohero ... abbate, &. 29— 34. Endlich verweife id, fo weit die Anfänge des nord: 
ajritaniichen Wandalenreicyeg, die Jahre 429—437, in Betracht fommen, auf Nleris Schwarze, 

60 Afrikaniſche Kirche, Göttingen 1892, zumal ©. 83. 145. 154; Ludwig Schmidt, Geſchichte der 


576 Boffidins 


den Aufpizien Auguftins zwanzig Konzilien, zumeift zu Karthago ftatt. Ihre Akten (ba 
Manſi III u. IV) hat Hefele, Konz.:Geih. II, 2... (S. 65f. 77. 80. 82. 86. I7—, 
102. 104ff. 113. 1157. 121. 132—134. 136—138) gut erläutert. Unterſchriften des 
Biſchofs von Galanıa find äuperft ſchwer nachzuweiſen. Übrigens hatte der glauben: 

b eifrige Prälat Die Genugtbuung, durch ein päpfiliches Schreiben wegen feiner auf eine 
Synode zu Karthago gegen die Belagianer bewieſene Energie belobt zu werden. Es 
handelt ſich um das Schreiben „Inter caeteras Romanae“, Innocenz' I. (sed. 401 ?—117; 
vgl. Jaffẽ-Wattenbach, Reg. pont. Rom.I, edit. II, ©.14) vom 27. Januar 417 (Post 
consulatum Theodosii Augusti VII et Junii Quarti Palladii v. c.) (auszüglid 

ı» bei Saffe-Wattenbah a. a. O. Nr. 323 (118), p. 48 und im Wortlaut bei Manfı III, 
S. 1075 und hiernach bei Migne 33, ©. 783). Das Aktenſtück iſt gerichtet an die Bilcöfe 
Aurelius, Alypius, Auguftinus, Evodius und Poſſidius. 

ec. XXVIII, S. 119 ff. jchildert der Autor die entjegliche Invafion Nordafrikas durch 

Wandalen Geiſerichs (429). Schon im zweiten Jahre widerftanden bloß drei ftart be 

1 feitigte Städte Karthago, Cirta, und Hippo regius dem Feind. Nach der Zerftörung 
feines Biſchofſitzes Calama begab fih Poſſidius nach Hippo, ftand feinem väterlichen 
Freunde während der Belagerung der Stadt durd) die Wandalen und während jene 
legten Krankheit zur Seite und war auch bei feinem Tode (28. Auguft 430) zugegen. 

Nach Prosperi Tironis (= Aquitani) epitoma chronica, ed. Th. Mommsen, 

»» M(}, auct. ant. IX. Berolini 1892, p. 475, Wr. 1327, wurde Poſſidius nebſt anderen 
Biſchöfen im Jahre 437 (= Adtio II et Segisvulto coss.) auf Geiſerichs Befehl aus 
Afrika vertrieben („In Africa Gisiricus rex Wandalorum intra habitationis suae limites 
volens catholicam fidem Arriana impietate subvertere quosdam ... episcopos, 
quorum Posidius [corr.: Possidius] et Novatus ac Severianus clariores erant, 

», oatenus persecutus est, ut eos privatos iure basilicarum suarum etiam e civi- 
tatibus pelleret, cum ipsorum constantia nullis superbissimi regis terroribus 
eederet“). Bon da ab verſchwindet Poſſidius aus der Geichichte, jo Daß mir weder fein 
Todesjabr noch den Urt feines Ablebeng kennen. Als feinen Todestag feiert die latho⸗ 
liſche Kirche den 17. Mai, aber aud) hierfür läßt fich feine einzige, irgendwie an das Zeit⸗ 

sr alter des Heiligen beranreichende, T.uelle anführen. Mit Fug meint alſo Phillott a.a.d. 
2. 116B: „The date of his des Boffivius] death is unknown“. Gams a.ıt. 
bezeichnet zwar zutreffend die „fpäteren Nachrichten über ihn“ als „unficher“, aber nur 
in hyperkritiſcher Anwandlung Tonnte er das entjcheidende, einwandfreie Zeugnis de 
Seityenoffen Prosper Aquitanus gleichfalls als „unſicher“ brandmarfen! ller Ruhr: 

s Jeheinlichleit nach bat der Biſchof von Galama ein hohes Alter erreicht. 

Poſſidius bat dem bochverebrten Meifter mit feiner Biographie freilich nicht em 
„Monumentum aere perennius“" errichtet, — das hat diefer ſelbſt und weit beſſer 
durch feine unfterblihen Werke bejorgt —, wohl aber einen würdigen, den dankbaren 
liebevollen Schüler und Freund zugleich ebrenden, Denkſtein geſetzt. Gewiß fchreibt er 

ao panegyriſch, wie Potthaſt und andere nicht mit Unrecht annehmen, aber nur dann, wenn 
er im allgemeinen das Lob feines Helden anſtimmt. Im einzelnen indes erden ſich 
nicht leicht lobhudelnde Übertreibungen nachweiſen laffen; baben wir doch, wie ſchon ge 
zeigt wurde, einiges Tuellenmaterial zur Kontrolle; jeine ſubjektive Wahrheitsliebe it 
über allen Zweifel erbaben. Ich Tann den Benediftiner Gans nur zuſtimmen, wenn er 

10 (a. a. O.) die „einfache und darum um fo anziehendere Darftelungsmweife” des Autors 
rühmt; er fehreibt aber auch für einen Nordafrifaner in diefem fpäten („eiſernen“) Zat 
alter ein jehr reines Yateın. Und was für ein ungemein reichhaltiges Material fteht ihm 
zur Verfügung! Was er über feinen Helden zu jagen bat, deutet er ſehr fchön in feiner 
leſenswerten „praefatio" (S. 5--8), S. 6f. an: ... de vita ac moribus ... optimi 

w Augustini, quae in eodem vidi ab eoque audivi, minime reticere debeo ... 
ipse ... omnium minimus fide non ficta ... de... venerabilis viri et exortu 
et procursu et debito fine, quae per eum didieci et expertus sum, quam 
plurimis annis ejus inhaerens charitati ... explicandum suscepi." Mit wohl: 
tbuender pietätvoller Zurüdbaltung ſieht der Schüler von einer Schilderung der Ve: 

„irrungen Des jugendlichen Auguſtinus ab, teil der Meifter ja fie felbjt im jeinen „eon- 
fessiones“ jo freimütig entbüllt bat (Praef. p. 7f.). 

Cine jchöne Stelle (e. XXII, S. 92f.) der vorliegenden Biographie möchte ih ge 
wiſſen fanatiſchen Temperenzlern ins Stammbuch fchreiben, weil aus ihr hervorgeht, daß 
Zt. Yuguftin, wenngleich ſelbſt Alkohol-Abſtinent, gleichwohl den Nebenmenfchen den 

Wein keineswegs unbedingt unterfagte: „Mensa [Augustinus] usug est frugali e& 


578 Boftille Botamiäna 


Die berühmteſten Poſtillen der Iutberifchen Kirche find Luthers Kirchenpoſtille, Wittenb. 
1527; und Hauspoftille. — 1542 nah V. Dietrich; 1549 nad Ge. Rörer. Ferner Ne 
lanchthon, Ebv.-P., verdeuticht Nürnberg 1549, Latein. Hann. 1594. — Brenz, Evo, 
Frantf. 1550. —- Gomin, Wittenb. 1535. — Career, Frankf. 1538. — Joh. Spangen: 
5 berg, P. für junge und einfältige Chrijten, Magdeb. 1542. — V. Dietrid, Kınder-R, 
Nürnb. 1546. — Matheſius, Sarepta oder Bergpoitille, Nürnb. 1562; und Eonntags-, 
1565. — 0. Gigas, Evv.-P., Alten-Stettin 1570. — Sim. Pauli, Epp.- und Evo.-R, 
Magdb. 1574. — NE. Selneccer, Evv.-B., Leipz. 1575. — Mufäus, Epp.: und Evp.P. 
1979. — Til. Hesbus, Evv.P., Helmit. 1581. — oa. Mörlin, Evv.-B., Erf. 1581. — 
10 Eiegfr. Saccus, Ev. =, Mag deb. 1589. — Aeg. Hunniug, Epp.⸗ und Evv. B., 
1591. M. Ghemnig, Ev. NR, Magdeburg 1594. — Hier. Mencel, Evv.-P., — 
1596. — Luc. Oſiander, Bauern-P., Tübingen 1597. — M. Mirus, SR, Jena 1605. — 
Geo. Strigenis, Evv.: u. Epp.-R., Yeipzig 1617. — So. Gerhard, B., Jena 1613 und 
P. Salmonäa, ib. 1633. - - Jo. Arndt, Evv.⸗P., Lep . 1616. — Val. Herberger, Her: 
15 poftillen; evang., Sciph. 1613 und epilt, ib. 16973; Geifkreiche Stoppelpoftille. — Gotrfr. 
Amold, Epp.-B., 1704. Evv.“P., 1706. -- ©. C. Rieger, Herzpoftille, Stuttg. 1742 unt 
Herz: u. Handpoftille. - - Freglinghaufen, P., 1744, 5. Aufl. 
In der Zeit des Pietismus und der Aufklärung verſchwindet der Name, bis ihn 
Claus Harms durch ſeine Winter- und Sommer-Poſtille 1808 und 1811, neubearbeitet 
20 182.4, miedererwedt und G. D. Krummacher ihn durd feine Hauspoftille auch in die er⸗ 
weckien reformierten Kreiſe einführt. Durch W. Löhes Evangelien: und Cpiftelpoitilke, 
1847 und 1858, und Mar Frommels Herz, Haus-, Pilger-Poſtille (Evang., Eyiiteln 
und freie Terte) ift der Name Poſtille wieder voltstümlich geworden. 
In der reformierten Kirche giebt es keine Poſtillen, weil ſie auf eine Perikopenord⸗ 
2: nung feinen Wert legt. y der katholiſchen Kirche tt der Name Poftille befonders 
durch Goffines vielemale aufgelegte und bie in die Gegenwart neu bearbeitete in zahl: 
reiche fremde Sprachen überſetzte „Hauspoftill oder Chriſt-Catholiſche Unterrichtungen 
von allen Sonn- und Feyr-Tagen des gantzen Jahrs“ zuerſt Mainz 1690 erhalten werden. 
on Postilla bildete man das Verbum postillare, das zuerjt bei Nik. Trivettus 
so zum Jahre 1243 vorfommt, indem er über Kardinal Hugo de Vienna fchreibt: Hie 
totam Bibliam postillavit. Cbenjo beißt es auf dem Epitaph des Nikolaus v. Yora 
(geit. 13-40) im Franziskanerkloſter zu Paris: Postillavit Biblia a principio usque 
ad finem. Sein großes exegetiſches Poſtillenwerk bezeichnete man daher auch ale 
Postillatio Lyrani. (Ral. Tucange, Glossar. man. V. s. v. Postilla.) D. Holſcher. 


35 Potamiäna, cine chriſtliche Sklavin und Martyrin im ägyptiſchen Alerandrien. Ihre 
Geſchichte jtellt Sich dem Forſcher dar als ein intereflantes Nätfel biftorifcher und pbi- 
lologischer Nritif.e Nur zwei Quellen kommen in Betracht, Eufebius (Hist. ecel., ed. 
Guil. Dindor£ IV, Lipsiae 1871, 1. VI, e.5, S.246f.) und Palladius von Helenopolis 
(Historia Lausiaca c. III, ed. Migne, Patrol. Graeca XXXIV, p. 1009. 101. 

a», Denn die abendländiſchen Martyrologien des ;grübmittelalters, der jog. Hieronymus, Beda, 
das Romanum parvum, Abo von Vienne, hiernach Uſuardus und Notker, folgen, 
und zwar, wie ſich alsbald zeigen wird, kritulos, dem Biſchof von Cäſarea. An der Ge⸗ 
jchichtlichfeit unferer Heiligen zu zweifeln, wäre Hoperfritif: Sie iſt Durch den „Water der 
Kirchengeſchichte“ und durch den Diefesmal gut unterrichteten Palladius, der laut e. 1, 

4 p. 1009 ein Zeitgenofje Des großen Theodoſius (379—395) mar, ausreichend bezeugt. 
Aber Thatſache ft, daß die ſchöne keuſche Jungfrau ſchon zur Zeit des Euſebius eine 
Yieblingsfigur der Legende geworden war: zuegi is. nokös o — clo ri võy raod 
Tols EU mpI0ts Aaderar, ‚uvgia per aeo uns, Tov s@naros ayvelas TE xal zagde- 
yias, &° 7 dußrtoeye 10ös duaords dyamıoauerns ..., jo Eus. h.e. VI, 5 ©. 246. 

wo Beide Autoren berichten übereinſtimmend, daß die hriftliche Heldin der ägpptiichen Re 
tropole angebört bat und mehr eine Martorin der Schambaftigkeit und Keuſchheit denn 
des Glaubens geweſen iſt. Ztreitig tft nur, ob Potamiäna unter Kaifer Septimius Se 
verus (zwiſchen 202 und 211) oder erſt unter Marimin IL Daja (etwa zwiſchen 306 und 

310) in einem mit glübendem Pech arfüllten Keſſel grauſam zu Tode gemartert wurde. 

55 Griteres berichtet Gufebius ch. e. VI, c. 1, 5, 2.239 246 $ und erwähnt fogar als 
den damaligen alexandriniſchen Präſes einen gewiſſen Aquila, der ſich freilich für die Zeit 
des Septimius auch ſonſt nachtweifen läßt. Dieſer eufebianifchen Chronologie folgen 
GG. P. Ztofes (Art. Potamiaene im Dietionary of Christ. Biography IV, &.447 B um 
Aubé, Les chrötiens dans l’empire romain...180--249, Paris 1881, €. 132 — 131. 


580 Potamins Prabende 


ſchriften verweiſen. Daß dergleichen von P. wirklich nach feiner Beteiligung an der fir: 
mifchen Formel gejchrieben war (Gams S. 317 A. 4), ift nicht recht glaublich, man müßte 
denn vollendete Charalterlofigfeit annehmen. In einem Fragment (4) des opus hist. 
bei Hilarius (MSLX, 681) wird P. neben Epiktet von Gentumcellä ald Gegner des Liberius 
5 (. d. A. Bd XIS. 450) zu Rimini 359 erwähnt (vgl. GamsS. 315f.). Ein Jahr zuvor fieht 
Phöbadius von Agen in ihm noch einen Gegner, der die Durchjegung jener Formel mit 
dem damals üblichen Mittel, der Umberfenvung von Briefen, betreibt (etr. Arianos 5): 
in einem (nach Gallien gelangten) Briefe, „quae ab oriente et oceidente transmissa 
est, .. asserit, carne et spiritu Christi coagulatis per sanguinem Mariae et 
10 in unum corpus redactis, passibilem deum factum.“ Hier ijt Die Vereinbeitlichung 
Gottes und Chriſti bis zur Behauptung der Leidensfähigkeit Gottes gejteigert. Eine ber: 
artige Unflarbeit war bei dem damaligen Zuftande der abendländifchen Theologie nichts 
Cinguläred, mochte dem P. aber gerade ſeitens des Hofius den Vorwurf der Härefte ein: 
getragen haben. Wann der Brief an Athanaſius vor dem Jahre 357 gefchrieben ift, it 
15 nicht zu beſtimmen. Seine Echtheit und lateinifche Driginalform wird dur das Bor: 
bandenfein zweier furzer Traftate von der Hand des P. erhärtet, die, gleichfalls in bar: 
barifchem Latein gefchrieben, unter den Merken Zenos von Verona (edd. Ballerini 1739) 
auf uns gelommen find (de Lazaro und de martyrio Isaiae prophetae, MSL 1411 
— 1415) und die Vorgänge fehr draftiich fchildern. In dem erjteren redet P. fich jelbit 
Han. Die Verwendung des apokryphen Martyrium Jeſaiage Tann im Heimatlande des 
Priscillian nicht wundernehmen. E. Sennede. 


Pothinus, Märtyrer in der Verfolgung von 177. — Pothinus, TTobßeivéoc, bei 
den Späteren Photinus, war nad der galliichen Tradition der erſte Biſchof von Lyon, 
|. Greg. Tur. Hist. France. I, 29, ©. 47 vgl. In glor. mart. 18f. €. 521. Ti 

25 Nachricht ift wahrſcheinlich richtig. Ta Pothinus neunzigjährig ftarb, ift er im Sabre 87 
geboren. Der Anfang feines Epiſkopats kann alfo vor 150 Finaufreichen. Von feinem 
Martyrium giebt der Bericht der Gemeinde über die Verfolgung unter Marcus Aurelius 
autbentifche Kunde. Das ftolze Wort, mit dem P. die Frage des Legaten, mer der Gott 
der Chriſten ſei, beantwortete: &a» 7js Afıos Yvoöon, und die empörende Behandlung, 

30 die Dem reife widerfuhr, zeichnen die Stimmung auf beiden Seiten (Eus. h. e. V, 1). 

Hand. 


Potiphar ſ. d. A. Joſeph Bd IX E. 356, so. 


Vräbende (praebenda, Yfründe) iſt urfprünglich der Lebensunterbalt, welcher 
Mönchen oder Klerifern an dem gemeinjchaftlichen Tijche gegeben wird (praebenda quo- 
tidiana in refectorio ad majorem mensam, ſiehe Du Fresne s. v. praebenda). 

35 Dieſe Bedeutung tft auch fpäterbin noch im Gebrauche geblieben, 3. B. Innocenz II. 
im c. 15 X. de verborum sign. 5, 40; infolge der Auflöfung des gemeinfcaft: 
lien Yebens aber wurden die Einfünfte der Stifter geteilt und dem einzelnen Pit: 
gliede des Stifts eine feſte Einnahme zugewviefen, benefieium (f. d. A. Bd II S. 591 
u. d. Art. Kapitel BP X Z.35), und nun bieß diejes praebenda. So erklärt GregorVIl.: 

ı beneficia, quae quidam praebendas vocant (c. 2. Can. I. qu. III), weshalb aud 
der Ausdruck beneficium praebendae oder beneficium praebendale gebraucht mird 
(e. 17 X. de praebendis. III, ». ‚Innocent. III. a. 1198). Die durch Sonderung 
der bona communia bewirkte Stiftung der Präbenden (ec. 9 X. de constit. I], 2. 
Innocent. III. a. 1198) erfolgte nicht überall (in praedieta ecclesia [in Ati] non 

s erant distinetae praebendae c. I X. de concess. praebendae. III, 8. Innocent. 
III. a. 1201. e.25 X. de praebendis. III, 5 |in Troyes]); mo fie aber eintrat, wur: 
ein Teil der Einkünfte doch zu täglicher Verteilung (distributio quotidiana) rejeriert 
und dafür der Austrud praebenda im urjprünglichen Sinne mitunter beibebalten ii. 
ec. 16 X. 5, 40 md urfundlide Belege bei Ant. Schmidt, De varietate praeben- 

» darum in ecclesiis germanieis dissertatio, Heidelberg 1773, SIV, auch in den von 
ihm berausgegebenen thesaurus juris ecclesiastiei, Tom. III, p. 226. 227). In 
der Regel wird jedoch unterſchieden zwiſchen der Präbende und den täglichen Hebungen: 
Corpus praebendae est, quod pereipitur praeter distributiones cotidianas, quae 
illis solis dantur, qui personaliter et praesentialiter intersunt (Bartbol., Paris 

> 1226 bet Du Fresne s. v. corpus praebendae). Da den Stiftögliedern die Präbende 
gebübrt (eanonicus praebendarius c. 2. dist. LXX. Urban II. 1095), in derſelben 











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581 Brädeftination. I. Schriftichre 


Eph 3, 10-—12 dies nabe gelegt erfcheint), noch Die Menichheit noch ein Teil der Mend 
heit ift Gegenitand der Erwählung. Vielmehr iſt von einem auf Chriſten bezügliden 
Ratſchluß die Rede. In Chriſtus find die Einzelnen erwählt. Chriſtus bildet gleichiam 
das Fundament. Und nur die, welche auf dieſem ſtehen, gelten als von Ewigkeit erwablt 
52. auf RE 8, 28—30. Tie Worte xard oödeoıw xintoi dienen zur Rechtfertigum 
des Partikularismus. Andererfeit3 findet man in ots npoepvw xal ooweoıoer (2%) 
ein Vorauswiſſen und eine dekretierende Vorausbeſtimmung. Das Problem der Stelle 
liegt in der richtigen Auffaflung von rooeyyw. Tie Geihicdhte der Exegeſe weiſt eme 
große Zahl von Auslegungen auf. Nach bibliichem Sprachgebrauch kann zooyıyr@oxer 
iv nicht fein ein effektives Borausmiffen, jondern ein Vorauserfennen der Einzelnen als Heli 
glieder, ein Erfüren, „eine freie Erfebung zum Heil”. Dieſe Bedeutung iſt Durch den Nüd: 
gang auf das altteftamentlihe F7° (= yıyyaoxeın d. Septuaginta, vgl. Ho 13, 4; 
Am 3, 2) geficert, vgl. die anderen Stellen Rö 11, 2; 1 fo 8, 3; Ga 4, 9, feme 
2 Ti 2, 19; 1 Pt 1,20. Bon bier aus ift die Annahme einer Prädeitination aus: 
15 gefchloffen. Vielmehr denkt Paulus nur an Gläubige. Tie xara npddeoıı xinoi 
jind die einzelnen Gläubigen, welche in Yiebesverbundenheit mit Gott ihres Heiles gewiß 
find und die Wurzel ihrer Erwählung darin feben, daß fie Gott erfürt bat. Die xAroı: 
wird allgemein als Ausführung der zoodeoıs vorgeltellt, und in dem Vorſatz ein zwei⸗ 
faches Thun vorauegefegt, ein Vorauserkennen der Einzelnen und cin Vorberbeitimme, 
2» Chriſti Ebenbild zu werden. 3. auf Nö 9—11. Hier erflärt Paulus das ſtarke Uke: 
handnehmen der Heiden im Gottesreich. Er rechtfertigt das Fernbleiben Israels von dem 
meſſianiſchen Heil und verteidigt die Hoffnung, daß Israel gerettet werden wird of 
aller widerjprechenden Momente. Gottes Heilsmwille an Israel ift nicht vereitelt. Tas 
Volk ift zwar des Heiles verluftig gegangen, aber es wird zu feiner Zeit der Gemein: 
ihaft des Heils teilbaftig werden. Israels Verwerfung iſt nur ein Mittel zur PRenrir: 
lichung des univerfell göttlichen Heilsplanes. Innerhalb diefer Erörterung findet ſich eme 
Darlegung über die Prädeitination. Rö 9, 6--24 fagt Paulus, daß Die einen ermählt, 
die anderen verworfen find, daß Gott ohne Rückſicht auf leiblihe Abftammung und auf 
dag eigene Verhalten der Wienfchen bandle. Man bat den Abfchnitt in verſchiedener Weiſe 
30 beurteilt: a) Innerbalb von Rö 9- -I1 nehme der Apojtel einen verfchiedenen Stan: 
punkt em. In Rö 9 wird die Unbedingtbeit des göttlichen Begnadigungs- und Verbär: 
tungswillens ausgeſprochen, im weiteren Verlauf aber diefer einfeitige Standpunkt ergänzt 
(Mever, vgl. ähnlich zulegt 8. Müller: Rö 9 liberlegung des Apoſtels während eine 
Durchgangsſtadiums). b) Es fer vom Werbalten Gottes die Nede, welches in der zat: 
35 gefchichtlichen Entwidelung feine Urfachen fowie feine Wirkungen babe. Paulus dent 
nicht an ein überzeitlies Thun Gottes, Sondern an ein innergejchichtliches, weltregiment⸗ 
lides. Es handle ſich um Die providentielle Nolle, welche Juden und Heiden in dem 
allgemeinen Gang Des göttlichen Reiches ſpielen (Beyſchlag). e) Nö 9—-11 Liegt eine 
Antinomie vor. Neben dem Liebenden Gott, welcher fich mit grundlofer Freiheit erbarmt, 
jtebt der hafjende, der verftodt, wen er will, Ro 9. Während Rö 10 eine gejchicelih 
faufale Erklärung der Verſtockung Israels dargeboten wird, löft fih Rö 11 die Zmweibeit 
in den Yiebesiwillen auf. Nö9 wird jomit Determinismus gelehrt, wobei ztveifelbaft bleibt, 
ob Die Prädeſtination partikulariſtiſch oder univerſal gemeint iſt (Holgmann, leider). 
A) In Nö 9 bildet der Glaube bezw. der Unglaube, welcher nidt obne freic Selbtt: 
> beitimmung entitebt, Die Vorausſetzung für die Erwählung bezw. die Nermerfung Tas 
Verhalten des Menſchen tft irgendwie Norbedingung der Verfügung Gottes. Cinen der 
pelten Grwäblungsratfchluß giebt es nicht. Reif find zum Verderben die, welche ſich 
Dasfelbe durch eigene Schuld zugezogen baben (v. Hofmann, B. Weiß; vgl. Kühl: Die 
Zelbitverftodung Israels kann auf Gott zurückgeführt werden, weil fie auf Grund emer 
von Gott [ohne Rückſicht auf die Eigenart der Juden] feitgefegten Norm der Heil 
erlangung erfolgte. Gerade das von Gott gegebene Geſetz konnte Anlap zu jener Sul 
tung werden, welche Die Mehrheit Israels der Rechtfertigungsordnung gegenüber zeigte). — 
Zur richtigen Wuirdigung muß man im Auge bebalten, daß es ein geichichtliches Problem 
tft, weldes Paulus beantwortet. Er will die Frage löfen, wie der reihe Miſſionseriolg 
55 unter Den Heiden mit Den altteftamentlichen Verbeigungen zu vereinigen ſei, und Dur: 
legen, daß Diele trotz Der Verftodung der Israeliten nicht hinfällig geworden find. Au 
dieſem Zweck zeigt er Die Unbedingtbeit des göttlichen Gnadenwillens, Die ſouveräne Frei— 
beit Sottes; er weiſt bin, wie auch nach Dem Alten Teftament Gott unter den leiblichen 
Nachkommen Der Erzväter Stets ohne Rückſicht auf Wert oder Unwert ſich die auswähle, 
eo an Denen er ſeine Verheißung erfüllen will (v. 199. Was fo von Jakob und Eſau geſagt 


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588 Brädeftination. II. Kirchenlehre 


Gleichnis von einem Baume, der den vönos Veod bedeutet, und von welchem die an: 
zelnen Zweige den Menſchen zur Pflege übergeben werden, breit auszuführen (Sim. VIII, 
1. 3,2), obne überhaupt an Jo 15, 5 zu denken: der Erfolg bängt durchaus an de 
rein menſchlichen Thätigkeit. Ausfagen wie etwa 2 Ti 2,25 werden dabei rational zu: 
rechiaelegt (6, 1): Veös Zöwxe nvedvua tois dkiors ol'oı uetavoias. In dieſem Ju: 
fammenbange tritt dann zum eritenntale der Gedanke einer Gnadenwirkung ex praevisione 
auf, der von da ab das geläufigfte Mittel zur formellen Anerfennung und fachlichen %- 
feitigung prädeftinatianifcher Ausfagen wurde: (vv elde nv xaodiay uEAAovoar xada- 
gar yevEodaı ... ., Tortoıs Edwxer TIP ETAvVOLav. Auft Apol. I, 28, 56. MSG 
6, 372 (vgl. 44, 13 p. 396; Dial. e. Tryph. 12, 78 p. 565; ren. IV, 29, 2. MSG 
7, 1064 und die bei 8. Müller, Die göttl. Zuvorerſehung ©. 84f. 102 angeführten 
Stellen): nooywwoxe tivas Ex eravoias owdnoeodaı uEllovras. Solche morali 
jtifchen Borausfegungen werben bibliihen Worten (3.3. Orig. hom. in Ez.I, 11 zu Mi 
13, 18. MSG 15, 677: in tua potestate positum est, ut sis palea vel frumen- 
is tum) und Begriffen (Glem. Strom. I, 18, 32. MSG 8, 804 zur Erklärung ende 
paulin. Sprachgebrauchs: ayrnv dvdownnwv xerinusvwy ol Unaxovoas Borinder- 
tes xAntoi mvoudodnoar. Chryſoſt. zu Nö 8, 28. MSG 60, 541: Paulus fügt zur 
xAnoıs die noodeoıs, va un To näv 7 xAnoe Öw, was Theod. M. bei Gramer 
cat. IV, 263 dahin erläutert: ob äcı orveoyei, dAAa Tois eboeßT ng6deoır Eyovan) 
20 ohne weiteres untergefchoben, auch wenn dieſelben thatfächlich in die entgegengefegte Rich 
tung deuten: Geburt und Wiedergeburt unterjcheiden fi nad) Juſt. Apol. I, 61, 71. 
MSG 6, 421 fo, daß die erftere dem Menschen angetban wird, während er die chin 
jelbit erwählt (EAoueros dvayaııydjvaı). --- bgleich feit der Mitte des 4. Jahrbun⸗ 
derts rhetoriſche Schilderungen der Gnade und ihrer unbedingten Notwendigkeit reichlicher 
35 auftreten und vollends feit dem auguftinifch-pelagianifchen Streit ſich notgedrungen ke 
baupten (Zanderer a. a. O. 556ff.), bat das griechifche Ghriltentum den unverbüllt foner 
giſtiſchen Grundzug nie verleugnet. ‚Kür die Prädeſtinationslehre bat wohl zuerſt Je 
hannes Damascenus die entjcheidende Formel geprägt (de fid. orth. II, 29, 95. MSG 
94, 968 F.), indem er das göttliche — ** monyovusvorv, welches in bedingter Weile 
9auf die Seligfeit aller Menfchen zielt, von dem Yelnua Enduerov unterfcheidet, welches 
auf rund der vorausgejebenen Mürdigfeit die Zahl der Erwählten partitular und end⸗ 
giltig feſtſetzt. Dies iſt noch heute die Yehre der ortbodoren anatolifchen Kirche. Aufl. 
Kat. I, 3 (bei Philaret, Gefch. der Kirche Rußlands, überf. von Blumentbal, 1872, I, 
293 7.; vgl. Conf. orth. bei Kimmel und Meißenborn, libr. symb. I, 90ff.): „Wal 
35 Gott vorberjah, daß einige ihres freien Willens gut, andere ſchlecht gebrauchen werden, 
jo bat er auch jene zur Herrlichkeit vorberbeftinnmt und diefe verworfen”. Innerhalb der 
gejamten griechifhen Theologie iſt nur ein Moment vorübergehend aufgetreten, melde: 
auf ein in das Verfonleben übergreifendes Wirken der Gnade nachbrüdlicher bätte bin- 
deuten fünnen: der Glaube des Urigenes an eme Wiederbringung aller Geifter (de prine. 
III, 5. MSG 11, 5357f., contr. Cels. VI, 26 p. 1331). Dod hängt dieſe Erwartung 
mit unterchrijtliben Gedanken zufanımen, erfcheint auch mit der chriſtlichen Freiheitslebre 
nicht hinreichend ausgeglichen. Einen wirklicen Einfluß konnte fie fchon wegen ibhres 
ejoterischen Charakters nicht gewinnen. 

Die lateinischen Kirchenlebrer vor Auguſtin baben zwar die bis dahin feitgeftellten 
Zäße vom freien Willen (Tert. adv. Mare. II, 6. MSL 2, 317f.; Cypr. ep. 5, !. 
MSL :, 832: homo libertate sua relietus et in proprio arbitrio constitutus; 
Ambr. de Jac. I, 1. MSL 11, 628: voluntate arbitra sive ad virtutem propen- 
demus, sive ad «eulpam inelinamur) und von der göttlichen Präſcienz (Tert. adr. 
Mare. II, 25. MSL 2, 358; Ambrofiafter zu Rö 8, 29. MSL 17, 134: quorum 
merita praeseivit, eorum praemia praedestinavit; vgl. aud zu Rö 9, 11) in feinem 
Punkte grundſätzlich revidiert, baben aber andererfeits einen jo tiefen Eindrud von dem 
Wirken Der Gnade auf das \ndividuum empfangen, Daß ihre Ausfagen den bibliſchen 
Vorlagen in viel böberem Maße gerecbt werden. Nur bei Yactantius (div. inst. IV, 2. 
MSL 6, 525: Christus ideo se carne induit, ut desideriis carnis edomitis do- 
ceret non necessitatis esse peeeare, sed praepositi ac voluntatis) fand Pelagius 
jtürfere Anknüpfungen für feine Lehre. Im allgememen batte Die ſeit Tertullian en: 
giſcher ausgebildete Yebre von der Erblünde und andererfeit3 Die don Cyprian betonte 
Bedeutung der Kirche und ihrer Heilsmittel Das Verſtändnis für Gnadenwirkungen, die 
uber eine Erleuchtung des Verſtandes hinausgehen, bedeutend gefördert. Daß Cyprians 
60 „extra ecelesiam nulla salus“ in gewaltigen Stimmungsunterſchiede von Der ratie 


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ALU Prädefination. II. Kirchenlehre 


bir Enade zwar anerkannten, aber, wie mit Necht gejagt worden tft, Doch nur für Katz 
bielien Klaſen S. te), Im Abendlande wird es hauptſächlich Die Entivertung de 
tirchlihen Guadenmittel geweſen ſein, um Deren willen die Verurteilung des Pelagianis 
musb auch in Kreiſen ſich durchſetzte, die an dem bloßen Moralismus feinen Anſtoß ge 
— nemzien batten Cone. Milev. 416 et Carth. 418 en 2. MSL 44, 1728 itellt auf 
Grund der Erbiundenlebre Die Notwendigkeit der Nindertaufe feſt. Dagegen iind die 
tz meräaliſtiſchen Nommentere des Lelagius su den pauliniichen Briefen Jabrhundene 
lang unler dem Ramen feines Gegners Hiervnvmus gegangen und nur Daburd vor ie 
Kerniblung vevabhrt werden Ebene galt bis ins 16. Jabrhundert das von Pelagius 
wen tler Lo autegie Wlaubensbekennenis ald ein Werl des Hieronpmus oder gu 
Ne Aungitin co use ſich in Die Rindertaufe, bebauptet aber, semper nos esse liberi 
arbitri. wu, Vibi. der Zum, 5. Auf, 2. 2881). Für Auguſtins Widerjpruch 
ailen Stehen Sehaptepunfir. Im Gwgemag zum Pelagianismus bat er jeine Brüdei- 
atienvixoie, deren veraktiiche Grundzuge fett 50% feitttanden, konſequent durchgebilden 
ta Mn nreibende Kratt Dafür rar nicht Die Idee oder gar Die Praxis Der Kirche, ſondern bie 
aplatie Frei von Sunde und Gnade Reuter S. 1177). Die Züge diefer fertigen 
Son ilrilen 'u tringendernaßen dar: 
Sn Welcu We ad Gerte Rilde geſchañ̃enck (de nat. et gr. 46, 54. Opp. X, 
3 Werben ie der eutcerdende und unverlertun Grundzug nicht die abftrafte Wabl⸗ 
u tadest, veudern De nevende Berbindung mit Get :mihi adhaerere Deo bonum est 
Exp. I’. Opp. IV. 1746: Conf. I, 1, 1: VIL te, 16. Opp. I, 661. 742 ete.. 
Sense ot pen vernberem am Die Stelle Dee bleß moraliſchen Intereſſes ein wahrbaft 
vuluspaehen Grnndzug getreten: ohne göttliches adjutorium, welches über Die moraliid« 
Kuttbstientattteng wendete binausgreift, vermag Ton der erite Menſch nicht im Guten 
vetbatten ade mat. et gr. IS, 56); allerdings sicht dieſes adjutorium (im Unter: 
bitde ven dem wateren) nur Die Dlöglichkeit, nicht die Verwirklichung der Gottesgemen: 
wis denlerat homini Deus bonam voluntatem; in illa quippe eum fecerat, 
yuu Iewerat veetum: dederat adjutorium, sine quo in ea non posset permanere 
i vellet, ut auteın vellet, in ejus libero reliquit arbitrio (de corrept. et gr. 
lb. st vl. 10, 27. 12, 531.58. Opp. X, 935ft. Diejes iberum arbitrium gebört 
in Weſenvauoriſtung Der menſchlichen Perſonlichkeit (de grat. et lib. arb. 2, + vl. 
I, 1. 1, .. Opp. X, 88h): quando enim (homo) volens facit, tunc dicendum 
vol opus bonum. Weil es auf die Gefinnung Der Liebe in allen Thun ankommt, dar 
im Mb che als unter Zwang bandelnd gedacht werten (ebd. 18, 37, vgl. de corr. 
ab. 7,5 Opp. X, 905. 917): praecepta caritatis inaniter darentur homini- 
bus, ton habentibus liberum voluntatis arbitrium. Dieſer Gedanke wird beion: 
mio dt Ger Richtung weiter verfolgt, daß die Schuld der Zünde uneingejchräntt auf den 
enſiben fallt (de grat. et lib. arb. 2, I: nemo Deum causetur in corde suo, 
„ul »ibi imputet quisque, cum peccat): jo iſt Der etbifch gefärbte Prädeſtinations- 
» glaube don dvornberein gegen den pantbeiltiichen Naturalismus abgegrenzt. Auguſtin bat 
u bieſem Stück feine Schwer erkämpfte Scheidung vom Manichäismus nie verleugndt 
Conf IV, 15, 26 vgl. V, 10, 18. Opp. I, 704. 714: contendebam magis in- 
vonututabilem tuam substantiam coactam errare, quam meam mutabilem 
„ponle deviasse et poena errare confitebar). Andererſeits erlaubte es ihm feine 
ode Grunderfahrung nicht, vermöge Des liberum arbitrium den Menſchen (mi 
Wlian von Eelanum zu reden Aug. op. imperf. I, 78. Opp. X, 1102) non Gott zu 
unmwgipieren: dasſelbe blieb alte für die Entwidelung zum Guten mehr nur bie Er 
ſcheinung eines es beitimmenden göttlichen Gehalts, Durch welchen es erit jeine ;greibit 
in eilem böberen Sinne, als eine Selbjtbewegung im Yebenselemente, gewinnt (de cort. 
setbogr. 11,232; vgl. de praed. sanct. 15, 30. Opp. X, 936, 982): Quid erit libe 
lu tibero arbitrio, quando non poterit servire peccato? Die niedere Form der 
Wenhlſfreiheit ſollte nur der Durchgangspunktt zur wahren ‚yreibeit fein (de corr. et gr. 
I’. 35 vgl. 10, 28): Prima libertas voluntatis erat, posse non peccare: novis 
ala verit multo major, non posse peccare; prima immortalitas erat, posse 
arte Mori: novissima erit multo major, non posse mori; prima erat pers® 
‚orte potestas, bonum posse non deserere: novissima erit felieitas per- 
„wcsanline, bonum non posse deserere. — Tbatfäclich wurde der freie Wille 
ana ber Durchgangspunkt zu Zünde, Tod und Berdanımnis (de nat. et gr. 3, 3. 
up N, 219: originale peccatum comınissum est libero arbitrio). Vermöge der 
lat bes Geſchlechts (Nö 5, 12: in quo scil. Adam omnes peccaverunt. OP. 


592 Brädeftination. II. Kircheulehre 


vgl. 2,37. 20, 40. Opp. X, 972: fides et inchoata et perfecta donum Dei estı. 
Alſo (ebd. 17, 3:9: electi non eliguntur, quia crediderunt, sed eliguntur, ut 
eredant. Gott bat einen certus numerus (de corr. et gr. 13, 39. Opp. X, s4ı 
uud der massa perditionis (ebd. 10, 26) berausgezogen: Haec est praedestinatio 
6 sanctorum, nihil aliud: praescientia scilicet et praeparatio beneficiorum Dei, 
quibus certissime liberantur, quicumque liberantur. Ceteri autem ubi nii 
in massa perditionis justo divino judicio relinquuntur? (de don. pers. 14, 35, 
vol. de corr. et gr. 7, 12; de praed. sanct. 12, 23. Opp. X, 1014. 923. 977). 
Eine Art von Notwendigkeit wird nur gelegentlihb für das Scheidungsverfabren übe: 
io baupt (ep. 1914. 2, 5. Opp. II, 875: Si omnis homo liberaretur, utique lateret, 
quid peccato per justitiam debeatur; si nemo, quid gratia largiretur), niemal 
aber für die unbegreiflide Verfügung über die einzelnen Berfünlichkeiten konſtruiert. Das 
frübere Verjtändnis der zzooyrwoıs als einer praescientia iſt dabei unverändert ge 
blieben (8. Müller a. a. O. ©. 85f.): mas Öott vorausficht, find aber nicht mehr 
ıs menjchlihe Entſchlüſſe, jondern feine eignen Gnadenwirkungen (de praed. sanct. 14, 
31. 10, 38. Opp. X, 982). Im Blid auf die Erivählten muß alſo die praescientia 
als praedestinatio verjtanden werden (de don. pers. 19, 48. Opp. X, 1023). m 
Blick auf die Übrigen ergab fi dabei der Stimmungsvorteil, daß dieſe negative Seite 
nicht betont zu werden brauchte (de praed. sanct. 10, 19. Opp. X, 975: praede 
» stinatio ... . sine praescientia non potest esse, potest autem esse sine prae 
destinatione praescientia. Dieje Unterſcheidung läßt fchon für den eriten Sünden 
fall fupralapfariide Gedanken fern bleiben. De corr. et gr. 12, 37. Opp. X, 98: 
Deo quidem praesciente, quid esset Adam facturus injuste; praesciente tamen, 
non ad hoc cogente): nad dem Zündenfall werden die Nichtermählten eben judieio 
2, oovoulto, somper tamen justo (de grat. et lib. arb. ?1, 43, vgl. de don. pers. 
13, 33. Opp. X, 900. 1012) in der massa perditionis belafjen (de grat. et üb. 
nrb. 23, 15. Opp. X, 910), aus welcher errettet zu werden niemand einen Aniprub 
beiaf (de grat. et lib. arb. 21, 12; de corr. et gr. 13, 42. Opp. X, 407. 92 
Dieſe verſchiedene Accentuation entiprach der Grundanſicht, nad) welcher alles Gute auf 
ww Wort, alled Bofe auf den freien Willen zurücgeführt werden foll (de nat. et gr. 23,25. 
Opp. N, 250: ut in peccatum iret, suffecit homini liberum arbitrium, ut autem 
rodlont ad justitiam, . .. opus habet vivificatore, quia mortuus est), fand aber 
weht auch Darin eine Ztüße, daß nah Auguſtins platonifierender Theorie das Böſe nur 
ein Heſelt (Ae ib. arb. 11, 20, 51. Opp. 1, 1270), ja das um Ö» iſt (Soli. I, 1,2. 
Opp 1, 860: malum nihil esse), zu welden von Gott aus eine pofitioe Beziehung 
leer au gewinnen iſt. Doch traten Diele letzteren Beſtimmungen fpäter mebr zurüd, 
Je baß bezuglich Dev Pradeſtination zum Verderben, wenn auch nicht zur Sünde, aud 
einſelne ſcharſere Auvſagen monlich werden (Ench. 100; vgl. de civ. Dei XXIJ, 21,5; 
de gerat et ib. arb. 21, 13. Opp. VL, 279; VII 729; X, 909: juste praede- 
wo nlinanit ad poenam). Keineofalls bat Auguftin die Zurüditellung der Kehrfeite dazu 
verwenbet, ſich über Die partikulariſtiſchen Konſequenzen zu täuſchen: 1 Ti 2, + eritredt 
ul olles Gnadenwille nicht uber jeden einzelnen Menſchen, fondern über omne genus 
hünnun, . per quaseunque differentias distributum (Ench. 103. Opp. VI, 
db, auibere Drum mit gleichem Erfolg de praed. sanct. 8, 14. Opp. X, 971). — 

in tv Buublubuung Dev Gnadenrates an Den Griäblten (de praed. sanct. 10, 1. 
Op N, 9.1. praedestinatio est gratiae praeparatio, gratia vero jam ipsa do- 
male De worr ot grat. 7. 13. Opp. X, 924: quicunque ab originali damna- 
liené diviune gratiae largitate disereti sunt, non est dubium quod et procu- 
alu ein atuliendum Evangelium et cum audiunt, credunt, et in fide, quae 
open dllsettonenm operatur, usque in finem perseverant) erfolgt, mie bei Augujtine 
dust dran Kirche ſich von ſelbſt versteht, auf geichichtlichem Wege, durch die mahnende 
ut Lix gauze Schrift de eorreptione et gratia (14, 43. Opp. X, 942: pa- 
Hantue heamines se corripi quando peccant, nec de ipsa correptione contra 
yialinin arsumententur, nee de gratia contra correptionem) ift dem Nachweiſe 
m yelwbntet. baß geſchichtliches und individuelles Gnadenwirken einander nicht ausschließen, 
in Auſubl, die aus Dem grundlegenden Entwurf über das liberum arbitrium jid 
anmittellen ergiebt Gugl. de don. pers. 15, 35. Opp. X, 1013 über Phi 2, 13: nos 
valtaua, se Deus operatur in nobis et velle, vgl. Retr. I, 23, >. Opp. I, 621). 

v bleibt jur Die Freie ſittliche Betätigung Dis zu Dem Grade Raum, dab fortwäbrend 

w bon nern Die Rede jein kann, Die freilich legtbin auf Gottes Wirken ruben (de grat. 


594 Brädeftination. II. Kirchenlehre 


plere. Aliquos vero ad malum divina potestate praedestinatos esse... non 
credimus), wird eben dies befagen wollen, daß unter den getauften Chriften die got— 
liche Gnadenwahl feine Scheidung vorgenommen bat. Damit tft aber bei aller ſonſtigen 
Herübernabme pleropboriicher Formeln cin mefentlicher Gedanke Auguftins preisgegeben, 
sund die Bahn iſt frei, daß man ſich auf jener mittleren Linie tvieder zujammenfnk, 
welche Durch die altbefannte Theorie von der Präſcienz bezeichnet wird (fo nicht bloß di 
Maflilienfer Aug. ep. 225, 3. Opp. II, 1003; Kaujtus von Reji, de grat. Dei ?, ?. 
MSL 58, 815f. Caſſiodor zu Pf 81, 14}, MSL 70, 592, fondern auch der jonit auge: 
ſtiniſch rebende Gregor J., hom. in Ez 9,8. MSL 6, 873). Diefe Schwenkung in 
10 den Schülern Auguftins infofern nabe, ala auch der Meifter das überfonmene Schem 
der Praͤſcienz formell unangetaſtet ließ: der von ihm hineingelegte neue Inhalt wurde 
aber mindeſtens nicht gefeſtigt, wenn man ſpäter meiſt noch viel nachdrücllicher al 
Auguſtin ſelbſt betonte, daß die praescientia mali feine praedestinatio als aliqua 
voluntatis humanae coactitia necessitas jei (ulgentius von Nuspe, ad Monim.|,:. 
15 MSL 65, 157). Wie leicht die bei Auguſtin verſchieden gewendeten beiden Seiten der Ya 
ſeienz auf eine Linie geraten, zeigt der Prädeſtinatus (III, 1 ve. II. MSL 33, 63, 
vgl. 622: Per praescientiam Deus praedestinationem suam constituit. Nam 
quos praesciit nullo modo converti, hos praedestinavit ad mortem; et quos 
praesciit omnimodo converti, hos praedestinavit ad vitam), der fich damit fralih 
a» eines gründlichen Mißverftãndniffes ſchuldig macht. Konnte dieſe Gleichſtelung aber einem 
Theologen unterlaufen, dem ſchon die bloße praeseientia den Greuel der nötigenden 
praedestinatio zu enthalten ſchien, wie viel näher lag diefelbe, wo man umgekehtt auf 
Gottes Vorauswiſſen fich mildernd bezog? Für die praftifche Etimmung tar man ome 
bin in der Annahme wie auch immer göttlich gewirkter merita einig (jo auch der augufti 
2 niſche Verfaſſer der Schrift de vocatione omn. gentium II, 31. MSL 51, «16: 
meritum fidei divinitus inspiratum). 

Abgejeben von manden Verwiſchungen ins Unklare, die infolge dieſer beiderſeitigen 
Gravitation zur Mitte eintreten mußten (ſchon Cöleſtin I. glaubte in feinem zu Epheſus 
431 gebilligten Schreiben an die Maffılienfer Auguftins Gnadenlehre ohne die profun- 

»o diores difficilioresque partes intercurrentium quaestionum halten zu fönnen MSL 
51, 201; Denzinger $ 97; Mansi IV, 1337 B), find während ber ‚folgenden Yahrbun: 
derte neue Gedanken nicht gebildet tworden (Die Hauptichrift ‘der auguſtiniſchen Schule, Des 
sulgentius de veritate praedestinationis MSL 65, 603}. vertritt Die Theorie des 
Meiſters ganz unverändert). Intereſſant iſt auf auguſtiniſcher Seite nur der Verjuch 

35 eines unbekannten Schriftſtellers, den Partikulariomus der Gnadenwahl mit einem emit: 
haften Univerſalismus des Gnadenwillens zu vereinigen: die noch aus dem 5. Jakt 
bundert ſtammende Zchrift de vocatione omnium gentium (I, 12. II, 2. 16. 2% 
MSL 51, 6641 ff.) will im Hinblick auf Gottes allumfaffende Vorjebung und Ghriiti uni: 
verſales Heilsweri I Ti 2, 4 integre pleneque gelten laſſen; freilich wird nad 1 Ti 

40 1, 10 die bonitas generalis durch Die specialia beneficia ber ewigen Seligkeit über 
troffen. Die Baradorie, dag Gott alleın das Heil wirkt, allen Menſchen dasſelbe gennt, 
und daß Doch nicht alle jelig werden, überwindet der Glaube: quanto hoc ipsum dif- 
fieilius intellectu eapitur, tanto fide laudabiliore eredatur. — Auf gegnerifcher Scit 
mögen als erſter Verſuch, die Prädeſtination von den menſchlichen Perjonen auf die al- 

45 gemeine Heilsordnung zu ziehen, einige Sätze des Prädeſtinatus notiert werden (III, 1. 
MSL 53, 629. 632): Omnia bona, quae faciunt homines... ., dicimus Dei 
praedestinatione completa, . qua ipse nunquam mutet sententiam bonitatis 
et incessanter sit bonum volentibus promptus, malum autem volentibus im- 
paratus . .. Hoc propositum Dei praedestinatum confitemur et fixum..... 

». Non enim aliud praedestinavit ille qui condidit, nisi ut secundum ejus homo 
possit vivere voluntatem. 

Ein wirklich neues Moment tft erſt in dem Prädeſtinationsſtreit des 9. Jahrhunderts 
zu Tage getreten. Die Formel Gottſchalks von Der gemina praedestinatio, die ſich 
pariter auf Diejenigen eritreden Sollte, Die man ſonſt als praedestinati und praeseiti 

>, unterfchied (Yängere und kürzere Confessio MSL 121, 357. 347), mochte ja wohl em 
Theologengeſchlecht ſchrecken, welches bei aller offiziellen Verehrung Auguftins feinen wir: 
lichen Gedanken gerade in dieſem Ztüde jebr fern ftand. Schließlich trug aber ber mo 
dernus Praedestinatianus (wie Hinkmar, de praed 21. MSL 125, 182 fchaudernt 
jagt) doch lediglich Auguſtins Theorie vor; und auch für die ihreffere Form fonnte et 

co jich nicht bloß auf gelegentliche Außerungen Auguſtins ſelbſt (oben S. 592, 37), ſowie 


bi Rrädeftination. II. Kirchenlehre 


mb rn Richtung auf Feine Präſcienz gegründet willen; denn wer Dies unternimm, 
wanerarte subjieit (eum) mutabilitati (MSL 121, 352, vgl. 368). Die populären 
Warp der Genner. daß er dem Wenichen Die U Rerantiwortung nchme und alles tnlice 
heben iaube; 3. Rab. ad Not. MSL 121, 1531: Dei praedestinatio invitum 
‚hemmen Laeıt pewrare), ind rogdem unverjtändig. Zanfter und freundlider ſtell: 
Ni ui Denteripsttgs ber Ratramnus Dur, Der fich Gottes gemina praedestinatio 
nad an der alwerpfinden Weltregierung klar macht (de praed. 2. MSL 121, 41, 
Bo qäued ormmia divinis agantur dispositionibus): wie Die Zachen, jo muſſen 
Dar ta die Kerteiten nit bren Sogn Zielen ewig dor Gottes Augen ſtehen. Fübn 
Nevoonlbes tut gar Bitten ir welcher Die Anſicht, quod fides donum Dei sit p. 3 
vi Fenoma?tten ABI MITD, To vermag Diefer Unterbau Die bekanmen 
a denden up die voriichtig apologetiſche Ausſprache doch endhih 
arntitch nicht ganz su tragen. Haben wir es Doch enfad 
ot Mppaiet Zusdeanft der Setcach:zunag su tbun: was für den in ber Geſchichte 
made Murat sw mit und 103 za abiptelt, ut vor Gott notiwendig und er 
Yan Mwst [I zum, weißes ber nunniebr pantbeiltiich gewendet erſcheim, 
Sa nad von gtennivn Bun de praedestinatione entworfen (II, 2. MSL 361: 
seiten le rent As, 430 sunt universa, Immo ipse est universa . 
pse unus 4”yüe idem est, cum sit omnium naturarum causs 
gen tubilfuen Den Zers Sans Muftraancbers Hinkmar bat er damit niet 


oz zur ehem Standpunkte gegen Gottſchalks gemina prae- 


Be TE EL I a 1 zt 
A ZR, 


idaredlisnltt To. T 


Pan duhecut un 2 


— ae ta VEN 
til: te nei, wiriz Auhilfenabme Der platoniſchen Theorie vom unweſen— 
\ wenn . se. Est autem Deus eorum causa, quae sunt. Igiur 

aa dene v.thll, Pas non sunt); in Der Sache ſtimmte er Doch viel m 

“,.oon..e Soar uteizus als mit Der landlaufigen ſemipelagianiſchen Anſicht. Ts 
a answer nusfer Mbitond, ob in dieſen ‚ragen ein perlönlich beteiligte 
u on. di mi Srizuberlegene Verſtand Dos Vbiloſophen redet. Der Zmit 
no N hate Lʒadeſtination war freilich cin Wortgezänk, hinter welchem ſic 


an ur the Denen: Sr Ach. 
.nseadte Streit endete mit Der Umiegung einer Yebensfrage in Schul: 
> Dae Acior von Da ab Die Signatur Der mittelalterlichen Lehre. Es würde 


vo eigenartigen Kombinationen, welche jedes Syſtem mit den übe: 
u ‚Seimrseßben Zügen vornimmt, zu verfolgen. Während Der nüditen 
“an Sur wie allgemein eine Lebriorm geberrſcht zu baben, welde 
oa menden ſemipelagianiſcher Ausdrücke einerſeits und Der auguſtiniſchen 
onen Sure (gratia irresistibilis un® donum perseverantiae! 
ei N Gnade bhoch erhebt und Die Formeln Auguſtins über praescientia 


enabled fr Wan und bloße praescientia des Boſen ſtetig wiederholt (Anſelm, 
or äeseientine et praed. cum libero arb. I, ,. MSL 158, 51; 
, I, 1. bh MSL 102 651; Thomas, Summa I, 25, >. 
einaltenen Menſchen zwar ein „freier Wille“ bleibt, aber erit durch 
rt illen wird und auch allen Durd Die Gnade in Diejer Richtung 

re dan egliches Verdienſt in jedem Stadium des Chriftenlebens von Gott 

ad daber nach Auguſtins Entwurf allgemein eingeſchärft (An. a. a. TC. 
tot, Rernbard, de grat. et lib. arb. 14, 46f. MSL 182, Met: 
0 *"25p.716;5 Thom. Summ. IL 105, b. Wir würden es alſo mit 


X 


we Nooaan Am 


[| 

Soon dienten zu thun baben, wenn jich nicht ein Zug Bernhards (a.ıT. 
nr team Darbete: Das Jiberum arbitrium it nicht aleichmaßige 
za vadere per se quidem potuerit, non autem resurgere, nisi 
getıtınm  .. Ned et nos illud post resurrectionem amissuri sumus 
oe 11,19, 1P. HBleſ; ähnlich Am. delib. arb. 11 p. 506: post mortem', 
pn mseparabiliter alii bonis, alii malis admisti fuerimus. TImt 
ran peisererantiae erſt jenſeits dieſes Yebens ein, jo wird die Möglichkeit 
ar nen hir Adam, jondern auch für Die Begnadigten gelten: in der That 
ee anguſtiniſche Unterſchied der beiden adjutoria (0. S. 5313, 1) ver 
sts, wo eine Bezugnahme ſich faſt bätte aufdrangen müſſen 3 B. 
I 9 15 21, 1p. titne. 701; etwas anders IL, 25,7 in der Beihre: 
ons post reparatlionem vero ante cunfirmationem, welche legte 
zit von Der zZukunft erhofft wird: IL, 25,6. Von dieſer VBeobadun 
te uvzunehmen ſein, in deſſen mehr deterin iniſtiſchen Zügen, die jreilich 


598 Präbeftination. II. Kirchenlehre 


Thomas zum Doctor ecelesiae unleugbar in das feinipelagianifch-jefuitiiche Fahrwaſſer 
eingelentt, obgleich eine abſchließende Enticheidung offiziell nicht zugeltanden wird (PVer⸗ 
rone, Compendium theol. 36. Aufl. 1881. 8 411: eccelesia nunquam istam contro- 
versiam dirimere voluit; poterit igitur unusquisque salva fide illi opinioni 
b adhaerere, quae magis arriserit, meliusque ad solvendas incredulorum et 
haereticorum difficultates conferre videbitur. Tiefe Wendung ift eine werftedte 
Empfehlung der Präfcienz-Theorie). 
4. Was fie im Mittelalter nur gelegentlih aus der Ferne zeigte, bat die Fra 
deftinationglehre in den erften Zeiten des Proteftantismus kräftig geleiſtet: als Ausdrud der 
10 perfönlich erfahrenen Macht der Gnade ftellte fie die individuelle Heilögemißbeit gegen 
die kirchlichen Anſprüche ſicher. Waren in den erften Jahren alle übrigen Xebrformen 
einſchließlich der Rechtfertigungslehre noch im Fluß, fo ftellte fie das allen reformatorifden 
Beiftern gemeinfame „Gentraldogma” dar. Von Luther haben mir aus feiner porrdor: 
matorischen Zeit Außerungen eines religiöfen Auguftinismus, der theoretiſch mebr und 
ib mehr den bärteren Sonfequenzen entgegenftrebt (Bredigt 1512 über 1 30 5,4 WAL 
10: Non nobis quaerentibus ..., sed ipsius misericordia volente generantur 
hac generatione quieunque generantur. Der Menſch hat aber noch einige Selbit 
entſcheidung: resuscitabilis est natura, nisi ponatur obex et resistatur gratiae. 
Serm. de propria sap. 1515, WA I. 32 vgl. 145. Doch 1517 gratia irresistibilis. 
w Disp. contr. schol. theol. 29. WA I, 225: Optima et infallibilis ad gratiam 
praeparatio et unica dispositio est aeterna Dei electio et praedestinatio. Disp. 
Heid. 1518, 13. WA I, 359: Liberum arbitrium post peccatum res est de solo 
titulo),. Daß die Entividelung über Auguftin binaus fogar zu einem Supralapſarismus 
führte, der bereits Adams Fall unter das göttliche Dekret mitbegriff, Hat einen meiſt 
25 überfebenen religiöfen Grund: hatte Auguftin die ältere Freiheitslehre Durch Bertiefung 
des Freiheitsbegriffs religiös überboten, jo ging Luther (übrigens ohne zutreffende Kennt: 
nis dee hiftorifchen Thatbeftandes) noch darüber hinaus, indem er zum Weſen des Menſchen 
und fomit zun Inhalt ſchon des erjten adjutorium gratiae (vgl. o. ©. 590, 25) nicht blog 
die mögliche, fordern die realifierte Gottesgemeinfchaft rechnete (Thes. Heid. 15. I, 36%: 
30 Nec in statu innocentiae potuit stare activa potentiä). Hieraus ergaben fi alle 
Paradorien der reformatoriichen Lehre: der Fall des Menfchen, der auch nach Auguftins 
Freiheitslehre leicht begreiflich fchien, twurde nun zu einer großen und furdhtbaren Un 
begreiflichkeit. E3 kann gar nicht anders fein, als daß Gott ihn irgendwie gewollt 
haben muß. Diefe Annahme bängt alſo unmittelbar mit der fonfequent religiöfen Be 
35 urteilung des göttlichen Ebenbildes im Menſchen und der Sünde zuſammen. Für die 
theoretijche Durchführung boten fidh dann freilich die fpefulativen Süße von der völligen 
Unbedingtbeit des göttlichen Willens, twie fie Duns und die auf ihn folgenden Nomina- 
listen, aber auch (Luthers Tifchreden ed. Förftemann II, 66) Laurentius Valla und (für 
Zwingli, vgl. R. Stähelin, Zwingli I, 73.) ein myſtiſch-pantheiſtiſcher Geift mie Picu 
ww don Mirandula zurechtgelegt hatten. So ſchloß man nicht bloß von der erfahrungs— 
mäßigen Unfreibeit des fündigen Willens, von welcher Xutber legtlich innerlich ausging, 
auf Gottes allwirfende Gnade, fondern auch umgekehrt von Gottes allumfafjendem Wirken 
auf die Undenkbarkeit eines liberum arbitrium (fo auch Mel. loei 1521, CR 21, 871.: 
Quandoquidem omnia quae eveniunt, necessario juxta divinam praedestinationem 
4, eveniunt, nulla est voluntatis nostrae libertas. Yuther, assert. omn.art. 1520.36. 
berief jich für diefe absoluta necessitas ausdrüdlih auf Wiclif, WA VII, 146); aber 
auch die Boranftellung dieſes letzteren Gefichtspunftes diente nicht der Spelulation, jendern 
dem Ausdrud einer Frömmigkeit, die fich überall von Gott getragen mußte. Sämtliche 
Neformatoren find davon durchdrungen, daß allein diefe Lehre, die ſie ala cine bib— 
50 Kifche Der in Das Chriftentum eingedrungenen Philoſophie gegenüberftellen, dem wirflid 
lebendigen Glauben entipridt (Yutb. de serv. arb. Opp. lat. var. arg. VII, 137; 
Mel. loei ER 21, 86; 3wingli de prov. 6. Opp. ed. Eduler u. Schulth. IV, 122; 
Galv. inst. 1559, III, 21,1. CR Opp. Calv. II, 679). Die Frage, ob die me 
formatoriſche Prädeſtinationslehre aus dem Glauben oder aus zeitgenöſſiſcher Spekulation 
>> geflofen, iſt demgemäß als Alternative überbaupt nicht zu ftellen. Zur ſpyſtematiſchen 
Darlegung iſt Luther befanntlich dur die Schrift deg Erasmus 1524 de libero arbitrio 
veranlaßt worden. Der Inhalt feiner Antwortſchrift de servo arbitrio 1525 it 
BD XL 736, 267. mitgeteilt.  Ubne Diefen Vorgänger (erft 1526 in der deel. de pece. 
orig. III, 6327. bat Zwingli eine dogmatiſch feititebende Erwählungslehre vorgetragen) 
co würde ſich Z3wingli ſchwerlich mit dev rüdlichtslofen Konſequenz des anamnema de 


600 Bräpeftination. II. Kirchenlchre 


perfönliche Glaubensleben vergewiſſerte (was bei ihm fogar zu einer Unterfchägung der 
Gnadenmittel führte. Fid. rat. 7. Opp. IV, 10), blieb die Xchre bei ihm und jenen 
Nahfolgern viel dauerbafter mit dem Glaubensberwußtfein verbunden. Mit der wer 
ſchiedenen Schäßung der äußeren ge amtel bängt es auch zuſammen, daß für Zwingli 

5 grade die Grmwäbhlungslebre zur Erweihung der kirchlichen Grenzen führte (Scliglat 
einzelner Heiden, fid. exp. Opp. IV, 65, und der ungetauft fterbenden Kinder, de pror. 6 
p. 125): die Identifikation der electi mit der ecclesia invisibilis (fid. rat. p. St.), 
die Luther nur gelegentlih (Leipz. Disp. 1519. WA II, 287) vollzogen Bat, it in 
feiner Theologie ein wichtiges Glied. 

10 Luthers Prädeſtinationslehre fteht hinter feinem Katechismus (II, 3) und der Aus: 
burgischen Konfeffion (Art. 19 liegt die neue Lehre vom adjutorium gratiae des II: 
ftandes vor: „jo Gott die Hand abgetan,” aber durch die melanchthoniſche Behauptung 
gemildert, daß Gott trogdem nicht Urheber der Eünde ſei. Art. 5 wird Objektirttät 
der Gnadenmittel und Prädeitination eigenartig kombiniert). “Die Confessio variata 

15 1540 bat diefe Spuren vermwijcht: feit 1532 (Comm. in Rom. Marp. 1532 p. 165: 
aliquam causam electionis in nobis esse. Dagegen fagt Flacius noch 1567 in der 
Clavis Scripturae s. v. praedestino: qui praescientiae nomen referunt ad quali- 
tates in hominibus praevisas, ... sciant, se esse ita ineptos et imperitos, 
ut ne refutatione quidem indigeant. Bemerkenswert iſt übrigens in WMelanchtbons 

20 Nömerbrieffommentar 1544 der Verſuch, Rö 9 auf die hiſtoriſche Erwählung der ecclesia 
electa zu deuten. CR 15, 675ff. Ahnlich auch Pighius: Calv. opp. 8, 346) lebt 
Melanchthon ſynergiſtiſch und univerfaliftifch (morauf ein befonderer Nachdruck liegt, um 
den Ernft der Heilspredigt zu retten. Römerbr. 1535 Hag. p. 144 ff.) Unter den k« 
deutenderen Geiſtern des Jahrhunderts iſt ihm darin zunächſt nur der reformierte Yaslı 

25 gefolgt, der daneben noch Zwinglis Gedanken über die Seligkeit der ungetauften Kinder 
übernahm (Opp. ed. Kuyper II, 563 ff. vgl. 676). 

Inzwiſchen war bereits der Mann aufgetreten, der für die ihm folgenden Kreife die 
Prädeitinationslehre zur unerläßlichften Grundlage des Glaubenslebens gemacht bat. 
Was Calvin inhaltlich über die Erwählung vorträgt, ift nich® anderes, als mas fi 

30 zerftreut in Bußerd Kommentaren findet: des NReformators ſyſtematiſche Kraft bat aber 
die Fäden der Lehre geordnet und mit ungzerreißbarer Notwendigkeit an die Grund: 
elemente des evangelifchen Glaubens geknüpft. Grabe meil Calvin parabore Spefula- 
tionen mied und fich ftreng an die bibliichen Grenzen halten wollte (an Läl. Socinus 
1552. Opp. 14,230 val. 14, 417. 253: Ego certe, si quis alius, semper a pars- 

ss doxis abhorrui et argutiis minime delector; sed nihil me unquam impediet, 
quin profitear ingenue, quod ex verbo Dei didiei. Nihil enim in ejus magistri 
schola nisi utile traditur. vgl. Inst. III, 21, 1—-3), wurde feine Lehre zu einem 
unausfcheivbaren Pfeiler des Syſtems: fie wird nüchtern und praktiſch erit ala Stütze 
des Rechtfertigungsalaubens vorgetragen und liegt doch bereitö in dem alles beberrfchenven 

so Grundgedanken von der Ehre Gottes geborgen. Galvin ift weit entfernt, ın der an 
Pantheismus ftreifenden Weife Zwinglis eine apriorische Notwendigkeit der Verberrlicung 
Gottes Durch die Sünde zu fonjtruieren ; aber er findet nachträglich, daß Die Verwerfung 
nicht minder tie die Erwählung Gottes Ehre ind Licht fegen müflen (Cons. Gener. 
Opp. 8, 346: ex genere humano partim irae partim misericordiae vasa ad 
ss illustrandam Dei gloriam proferri; Inst. III, 22, 11). Auch Luthers Determt 
nismus erjcheint bei Galvin infofern gemildert, als die Beichreibung des Urftandes wieder 
der auguſtiniſchen Anficht angenäbert wird: Adam iſt in utramque partem flexibilis 
(Inst. I, 15, 8: In hac integritate libero arbitrio pollebat homo, quo, si vellet, 
adipisci posset aeternam vitam. Hic enim intempestive questio ingeritur de 

oo» occulta praedestinatione Dei, quia non agitur, quid acceidere potuerit necne, 
qualis fuerit hominis natura). Ter Zupralapjarısmus bleibt trogdem jteben (Inst. 
III, 23, 8: Lapsus est ... primus homo, quia Dominus ita expedire censuerat; 
cur censucrit nos latet. Certum tamen est non aliter censuisse, nisi quia vi- 
debat nominis sui gloriam inde merito illustrari. Ubi mentionem gloriae Dei 

55 audis, illie justitiam cogita ... Cadit igitur homo, Dei providentia sie ordi- 
nante: sed suo vitio eadit). Tas abjolute Defret, gratia irresistibilis (vgl. auch 
Opp. 10, 165) und donum perseverantiae werden in der befannten Weiſe vorgetragen 
(Inst. III, 21,5 fiebe BD III, 674,50). Dieſer Yebrentwurf erfcheint aufs engite mit 
Calvins ganzer Slaubensweife verbunden: obwohl er im wefentlidhen ein Schüler Lutbere 

so war, teilt er doc, wenn auch in ermäßigter Weife, mit Zwingli das Bedürfnis nad 


602 Rrädeftination. II. Kirchenlehre Praedestinatus, Liber 


Streit und die leife Ablehnung des donum perseverantiae (R. 800) doch vielleicht 
auf ein anderes Verftändnid: Erwählte werden zunächſt alle fein, welche Die Taufe faktiſh 
in den Gnadenſtand verjegt, Die aber danach wieder abfallen können. Ob die Werfafle 
der Konkordienformel felbit in voller Klarheit jo gedacht haben, muß dahingeftellt bleiben. 

5 „jedenfall find ihre Säge von den Xutberanern alsbald überwiegend in dieſer Weiſe 
urecht gelegt tworden. Daß dabei der wirkliche Prädeftinationsglaube ſchwindet und die 
Objektivität der Gnadenmittel nur einen verfeinerten Synergismus verbüllt, iſt unleugbar. 
Sp bat denn bereits Hutter (Compendium 1610. XIII, 27) wieder ftatuiert, Deum 
respectu praevisae fidei elegisse homines. 

10 In der reformierten Kirche führte der Spnergismus der Arminianer (f. d. A.) um 
erneuten Feſtſtellung der Lehre durch die Dordrechter Synode (f. d. A.) 16187. Grak 
wenn man die vielfache Schattierung der Abgeordneten aus faft allen reformierten Yünden 
bedenkt, muß die Sicherbeit, mit welcher die Lehre in voller Schärfe (jedoch infralapfarıdı, 
wie denn feine Belenntmisfchrift jemals weiterzugeben unternahm. Can. Dordr. ], :i 

15 ausgeprägt wurde, als ein Zeichen dafür gelten, daß die biftorischereformierte Glauben 
weiſe unlösbar mit diefem Grundzuge verachten ift. Die Schroffbeit Der Stonfequenen 
rief freilich immer wieder nah Milderungen, nicht bloß in Deutſchland (Conf. Sigism. 
16145 5. d. A. Barckhauſen u. der Streit über d. allg. Gnade Br II E.395), ſondern aud 
auf echt calviniſchem Boden. Hatte Beza die vorfichtige Haltung Calvins durch ceime 

"don oben beginnende fprefulative Nonftruttion überboten (Quaestiones theol. 1580. I, 
108: Praedestinatio est aeternum et immutabile decretum, quo constituit, in 
aliis quidem in Christo ex mera gratia servandis, in aliis vero in Adamo e 
suomet ipso justo judieio damnandis glorificari), jo begann alsbald die Schule 
von Saumur andererſeits die etbifchen Momente der calvinifhen Xehre zu enttoideln, 

25 wobei Doch wenigſtens Amvrauts (ſ. d. A., ferner Rajon) Universalismus hypotheticus, 
der mit der Präſcienz-Theorie gar nichts zu Schaffen hat, die religiöfen Erfahrungsgrund⸗ 
lagen völlig unangetaftet ließ. Der jchroffe Widerſpruch der Helvetiſchen Konienjus 
formel 1675 (ſ. d. MW) bat nur cin kurzes Dafein gefriftet. — Sin England batten die 
Articles of Religion 1552 und 1562 (Art. 17) die Erwählungslehre klar und mix 

30 feftgejtellt, obne der reprobatio zu gedenken. Die fchroff calviniftifchen ” Yambeth- 
Artikel 1595 (ſ. d. WA) als offizielle Interpretation durchzuſetzen, ift nicht gelungen. 
Diefelben find aber ihrem Inhalt nach in die Weſtminſter-Konfeſſion 1647 (ſ. d Al 
übergegangen (ep. 3. 10. 17), um welche ſich die Puritaner als treueſte Schüler Galrıns 
gefammelt haben. Daß auch in diefen Kreifen die harte Konſequenz drüdend empfunden 

35 wird, zeigt die Thatfacde, daß im Mat 1903 die Presbyterian Church in the Tı. 
St. of America eine Kevifion bez. Ergänzung des Bekenntniſſes vollendet hat, meld 
unter dorfichtiger Schonung der Yebrfubitanz den Glauben an Gottes allumfaflende 
Liebe, die Erwählung früb fterbender Kinder und die Miſſionspflicht feſtſtellt (K. Müller, 
Bek. S. 911 ff). — Daß ſich von der englifchen Kirche der univerfaliftifch und ſynergiſtiſch 

0 lehrende Wesleyaniſche Metbodismus (ſ. d. A. BD XIL, 762) losgelöft hat, foll ber Tell 
ftändigfeit wegen nur angemerkt werden. 

Es kann nicht die Mufgabe fein, Die Anfichten neuerer Theologen zu regijtrieren. 
Fin neues Element bat Schleiermachers Auffag über die Yehre von der Erwählung 1819 
(Werke I, 2.393 77, zulegt noch wiederholt bei O. Pfiſter, Die Willensfreiheit, Berlin 

16 1903) in die Diskuſſion geworfen: die Ausſicht auf die endlihe WBefeligung aller 
Menfchen, wobei die göttliche Erwählung der Völker und Jndividuen nur einen geſchidt⸗ 
lichen Vorzug bedeuten würde. Im übrigen bat unfere gejchichtlibe Darſtellung abjidt: 
lich bier und dort Momente beivorgeboben, die Schon vor Sahrbunderten vorbildeten, was 
in unſerer Zeit oft als neue Entdeckung vorgetragen wurde. Gine wirkliche Arbeit an 

so den Problemen wird neuerdings wenig geleiftet, - - man müßte denn Die unerjchöpflicen 
Verſuche, in der Nachfolge Des alten Zemipelagianismug beterogene Gedanfen un 
Formeln zu verſchweißen, als ſolche betrachten — und doch lohnt es ſich, Die une: 

äußerlicben Grunderfahrungen des antiſynergiſtiſchen vvangelifhen Glaubens, melde die 
reforinatoriiche ‘Prüdeftinationslebre zum Ausdruck bringen wollte, mit der zweifelloſen 
55 bibliſchen Wabrbeit Des Heilsuniverſalismus auszugleichen. E. 5. Karl Mäler. 


Praedestinatus. Liber. Sandjichriiten: Codex Augiensis 109 in Sarlärute 
se. IN; der Anfang ift von der Sand Neginberts gejchrieben, der größte Teil zeigt die Schrift 
einer wenig geübten Möncsband. Cod. Cassinensis 322 sc, X (f. Neifferfcheid, Sitzunge 
berichte d. Wiener Akad., Phil. hiſtor. 1.71 [1872], S. 155 ff). Eine jüngere Abfchrift hiervon 


604 Praedestinatus, Liber Prädinins 


voluntas hoc loco quam gratia. illa merito praecedit, haec ordine MSL 53,611 Di. 
Tie Willensfreibeit des Menfcben iſt aber dur den Zündenfall nicht aufgehoben, wid: 
mehr im Gegenteil erft ans Yicht gebracht worden (662 B sqq.). Letztes Ziel iſt Fre 
williger Gehorſam unter Gott nach dem Borbilde Chrijti (videamus itaque ipsam 

‚libertatem arbitrii quid faciat, ut dei gratiam perfecte conquirat. exinanit 
libertatem suam et servum se effieit dei MSL 3, 664 C). 

Daß die vorgetragene Anſchauung pelagianisch iſt, trogdem fie künſtlich den Anicen 
zu eriveden ſucht, die firchliche zu fein, läßt fich nicht bezweifeln (v. Schubert a. a. ©. 
Z. 28 ff.; vorber ſchon Mauguin und Aler. Natalis). Wenn trogdem 665 B der Ya 

1» gianismus feierlich in vier Anatbematismen verdammt wird, jo fpricht das nicht Dagegen. 
Tas kann ein Manöver fein, durch das leichtgläubigen Lejern Sand in die Augen ge 
ftreut werden fol. Der Kreis, aus dem das Machwerk ſtammt, ift damit beſtimmt Übe 
den Verfaſſer felbjt fehlen alle Nachrichten, und Anbaltspunfte, ibn zu beftimmen, find 
nicht vorhanden. Won Arnobius dem Jüngeren, der nach dem Vorgange Sirmonds vid: 

1, fach als Werfajler angefeben wurde, muß man abfehen. Tagegen fpricht Ichon die Sprache, 
ſowie Die ganze Art der Darlegung, die ein anderes Temperament zeigt. Wenn babe 
auch Arnobius benjelben Kreifen angebört haben mag, denen der Verfaſſer des Trade: 
natus entſtammt, jo it er doch ſchwerlich mit ihm identisch. Die Zeit, in der die Schrift 
entjtanden fein muß, tft von v. Schubert (a. a. O. S. 76ff.) richtig beftimmt worden. 

>, Die Situation, in die dieſer Vorjtoß des Pelagianismus gegen die auguftinijche Yehre ın 
Hom bineinpaßt, iſt Die erjte Hälfte des 5. Jahrbunderts. Wielleiht bat v. Schubert rer 
(a. a. O. S. 116), wenn er in den Buche die Arbeit nicht einer einzelnen Rerjönlid- 
feit fiebt, fondern das Werk mehrerer Hände, und wenn er ald den Zweck der breiten 
Fälſchung im erſten Buch liegt eine ſolche ganz offenbar vor, vermutlich auch im 

5 zweiten den annimmt, den Papſt zu einem Eintreten für die Pelagianer zu beſtimmen 
Tas würde zu dem Vorgeben des Julian von Eclanum vortrefflich ftimmen. 

Erwin Breufden. 


Prädinius, Regnerus, get. 1559. --- Effigies et vitae professorum Academise 
Gironingae et Omlandiae. Gron, 1654, p. 368q.; Suffridus Betrug, De scriptoribus Frisize. 
Fran. 1669, p. 164sq.; D. Serdes, Historia Reformationis, Gron. 1742, tom. II; ZI 
Diejt Yorgion, Regnerus Praedinius, Gron. 1862 (Acad. proefschrift); Regneri Praedini 
Frisii Gironingensis, viri clarissimi atque doctiesimi, Scholae quondam Groningae Rectoris, 
Opera, quae supersunt, omnia. Ed. Joannes Acronius, Bajel 1563. 


Unter den Männern, Die im Neformationszeitalter an der Verbreitung der referma: 
35 torifchen Gedanken kräftig mitgearbeitet baben, nimmt Regnerus Pradinius, Der Rektor dir 
berühmten Zt. Martinsſchule in Groningen, einen bedeutfamen Blaß cin, obwohl er zit: 
lebens innerbalb der römiſchen Kirche geblieben iſt. Prädinius wurde in Winfum, Tre 
vinz Groningen, im J. 1510 geboren, nicht wie wohl behauptet ift, 1507, 1508 oder 
1509; vgl. Dieſt Yorgion 2.19 20. Nach der Angabe des Suffridus Petrus (S. 169) 
40 wäblte er dieſen Namen, weil er auf dem Yande geboren war („Praedinius enim vo- 
cari voluit, quod in ruri et in praediis esset natus“). Über feine Eltern wiſſen mir 
nichts, vielleicht gebörten fie Dem Bauernftand an. Sein erjter Unterricht jcheint mandes 
zu wunſchen übrig gelaflen zu baben, wenigjtens redete er ſpäter von feiner „infelieitas 
in seribendo“, und leitete Diefe Daraus ber, „cum mihi prima aetate ad optima 
45 praeceptor et dux desset“ (Opera p. 726). Bald jedoch trat eine Wendung sum 
Beſſeren ein, als er ſchon in ſehr früben Jahren nad Groningen gefchidt wurde, mo er 
im Brüderbaus der Brüder des gemeinſamen Yebens unter die vortreffliche Leitung pen 
Goſewin van Halen fan, des Lefannten ehemaligen Famulus von Weſſel Gansfort. Hier 
Schloß er Freundſchaft mit Albert Hardenberg (ſ. d. A. Bd VII S. 408), der mit ihm 
so Dasjelbe Zimmer bewohnte und „in eodem lecto multo tempore“ ſchlief. In Gre— 
ningen wuchs Prädinius beran in einem Kreiſe freifinniger Männer, und es ijt nidt 
unmöglich, daß auch Der Persona der St. Martinskirche Willem Frederiks, der Freund 
und Bewunderer Des Erasmus und ein warmer Beſchützer des dortigen Brüderhauſes, 
Einfluß auf ibn ausgeübt bat (ſ. W. Zuidema, Wilhelmus Frederici, Persona van 
»» Sint-Maarten te Groningen, Gron. 1888). 
Non Groningen ging er zur Fortſetzung jener Studien nach Löwen, wo er bis etwa 
1529 geblieben ſein wind. Obwohl die dortige Univerſität ihren ftreng katholiſchen 
Eharakter bebauptete, wirkte der Einfluß des Erasmus immer noch nad. Prädinius 
jtudierte bier Theologie in Erasmiſchem Geiſt und bildete ſich zugleich heran zu dem 


606 Brädinins Rrämsufiratenfer 


feit und die alles befeelende Lebensmacht im Chriften, wodurch er mit Chriftus veremigt 
und ein Kind Gottes wird. Mit Necht fagt Acroniu® (Opera, Ep. Dedic.): „Uberall 
folgt Pradinius dem einfachen und mächtigen Wort Gottes, dag, twie er feinen Schülem 
ſtets einprägte, ung nicht gegeben ift, darüber zu difputteren und zu ftreiten, jondern um und 
5 Erkenntnis Gottes zu verleihen, damit wir lehren, feft zu glauben, um ein frommes, ber 
liges Leben zu führen”. Mährend Prädinius in Wort und Schrift jo lehrte, polem: 
fierte er nirgendwo in feinen Werfen ausdrüdlich gegen die Lehren der römischen Kirche 
Sn welchen Anfehen Gansfort, „summus ille vir Wesselus“, und Erasmus, 
„virorum longe doctissimus“, bei ihm ftanven, zeigt ſich auch darin, daß er eifrig 
10 ſolche Bücher fammelte, die früher Eigentum diefer beiden Männer geweſen tvaren. Aub 
einige Handicriften von Gansfort befanden fih in feinem Befit (ogl. Hardenberg, Vita 
Wesseli Groningensis, p. 11). Die Univerfitätsbibliothet in Groningen befist noch 
ein Exemplar des von Erasmus 1527 herausgegebenen Neuen Teftaments, das Yurber 
gebört hatte und 1555 Eigentum des Prädinius wurde. Luther bat bier gegenüber Er: 
15 tlärungen des Erasmus einige furze, meiſt ſehr fcharfe Anmerkungen gemacht, denen Frö- 
dinius wiederum feine Bemerkungen zu Gunften von Erasmus binzufügte. Daraus erhellt 
u. a. deutlich, daß er Jich viel mehr zu Erasmus als zu Luther bingepogen rüblte 
. D. van Ber. 


Präexiſtenz Chrifti ſ. d. X. Chriftologie Bd IV ©. 11 und ©. 23ff, 


20 Präfonifation, von dem in der Latinität des Mittelalters üblichen praeconizare, 
praeconisare, in dem inne von praeconari (j. Du Fresne s.h. v.), „öffentlich ver: 
fünden”, nennt man den Akt, durch welchen der Papſt in der Verfammlung der Kardi⸗ 
näle die durch die Prüfungen derfelben geeignet befundenen Prälaten als Bifchöfe pre: 
flamiert und ihnen beftimmte Bifchofsfige überweiſt. 9. 3. Jacobſon T. 


26 Brälat, Prälatur. — Tas Tanonifche Recht teilt die Kirchenämter ein in beneficia 
maiora und minora. Zu den eriteren gehören diejenigen, welche ihrem Inhaber eine 
Regierungsgewalt (iurisdietio ordinaria) gerwähren, und diefe Inhaber beißen Prälaten. 
Im ftrengen Sinne zählen bierber nur Papſt, Patriarchen, Primaten, Erzbiihöfe und Bi: 
ihöfe. Cie beißen daber auch praelati primigenii, principales. Pie den \Vrälaten 

so zweiter Ordnung (praelati secundarii, adseiti) werden gezählt die Kardinäle, die Ye 
gaten und Nuntten, die Prälaten der römischen Kurie, die ereinten Abte, die Pröbite 
und Delane der Kapitel. Die Terminologie fteht übrigens nicht ganz feſt. Val. Hinſchius, 
Kirchenr. 1, 386 ff. 

Unter praelati nullius im jtrengen Einne veritebt man ſolche Geiftliche, melde 

35 eine Jurisdiktion in einem vom Diöcefanverbande ganz losgelöſten Sprengel ausüben. 
Sehteres ift bei den eremten Abten und Prälaten mit iurisdietio quasi episcopalis 
nidyt der Syall; doch werden auch fie wohl praelati nullius genannt. Wirkliche prae- 
lati nullius beſitzt Deutjchland nicht mebr. 

Bon befonderer Bedeutung find die Prälaten der römischen Kurie, d. b. die Geilt: 

40 lichen, melde Funktionen des NMirchenregimentes des Papſtes teild perfönlich, teils zu Be 
börden organiftert, teils in jelbjtftändiger Miffion, teild zur Unterftügung der Karbinäle 
ausüben und darum aucd einen bejfonderen Ehrenvorrang genießen (Monsignori, violette 
Tracht), oder den leßteren ohne Anteil an der Jurisdiktion befigen (Ehrenprälaten). Über 
die einzelnen von Vrälaten befleideten Amter, ſowie die Prälaten-Kollegien, und über dic 

5 Abjtufungen in den eigentlichen, wie den Ebren-Prälaturen vgl. Bangen, Die römiide 
Kurie, Münden 1854; Hinſchius, Kirchenr. 1, 388 ff. Die Zulaffung zur Prälatur, die 
als eine Art Vorjtufe für den Kardinalat betrachtet wird, ift an verfchiedene Bedingungen 
gefnüpft, wie Alter von 25 Jahren, funfjähriges Rechtsftudium an einer Univerfität, Beñt 
des Doftorgrades beider Nechte, ziveijährige Nechtöpraris an einem geistlichen Gerichte, 

so und Ablegung einer Prüfung vor der Signatura iustitiae. TDispenjtert der Papſt ven 
diefen Erforderniffen, fo Spricht nıan von praelatura gratiae, jonjt von praelatura 
iustitiae. Benedikt XIV. bat für die Ausbildung zur Prälatur eine eigene Afademit 
gegründet, die ſog. academia ecclesiastica. E. Sehling. 


Prämonſtratenſer. — Duellen und Ritteratur für Norbert: Vita A in MG N 
85 XII, 670--703 bejte Duelle für Norberts Leben, bejonders reichhaltig der zweite Teil, der das 
Xeben Norberts auf deutfhem Boden behandelt (j. Hertel, Forſchungen zur deutſchen Geſchichte 


608 Brämouftratenfer 


Bartholomäus von Laon wollte ihn in feiner Diöcefe behalten und bot ibm das gerak 
erledigte Kanoniterftift St. Martin in Laon an, aber dies fcheint nicht dem Wunſch te 
ehrgeizigen und eigenwilligen Norbert entfprocdhen zu baben. Er legte Den Ranonifern 
eine fo jtrenge Negel zur Befolgung vor, daß diefe für Norbert dankten. Dagegen wu 
5 er nicht abgeneigt, im Sprengel feines Freundes eine neue uftung zu begründen, in ber 
er nach eigener dee eine Muſterſchule jtreng asketiſch lebender Kleriker ſchaffen konnte 
Er mwäblte bierzu in dem Walde von Coucy eine Einöde, die ibm der Biſchof jchentte. 
Praemonstratum ivar der Name diefer 1120 errichteten geiitlichen Pflanzung. Tas 
der gewählte Ort erſt von Norbert diefen Namen erhalten babe, ijt eine jpätere Ordens 
10 legende. Hier ftedelte fich Norbert an und es gelang ihm ficben fehr reiche Anhänger 
zu geivinnen, die erſt kürzlihb aus Lothringen nad Laon gekommen twaren. Ebenſo 
glüdte es Norbert in Deutichland, den Grafen Gottfried von Kappenberg dahin zu bringen, 
1122 fein reiches Stammſchloß zu einem Kloſter der Norbertiner zu machen. Allerdings 
zog er ſich dadurch die Feindſchaft des Grafen Friedrich von Arnsberg zu, des Schwieger 
15 vaters des Grafen von Kappenberg, der aber ſchon 1124 eines plötzlichen Todes fturk 
(Aug. Hüfing, Der fel. Gottfried, Graf von Kappenberg, Münſter 1882). 1124 rief man 
Norbert nach Antiverpen, wo der ſchwärmeriſche Keber Tanchelm (geit. 1115) mit großem 
Erfolg gewirkt hatte. Norbert gelang es durd die Begründung eines Klofters das Toll 
wieder zur Unteriverfung unter die kirchliche Gewalt zurüdzuführen. 1125 ging er nad 
20 Rom, um vom Papſt Honorius II. die Beitätigung feiner Einrichtungen zu erbitten und 
am 16. Februar 1126 erhielt er die Beſtätigungsbulle für feinen Urben. Hier ſcheim 
er bereits Zufagen betreff3 des erledigten Erzbistums Magdeburg empfangen zu baben, 
denn auf feiner Rückreiſe entzog er fihb in Würzburg dem Drängen des Volles, das ihn 
zum Bifchof diefer Stadt machen wollte. Mit dem Grafen Theobald von der Champagne 
35 ging Norbert dann im Sommer 1126 nad) Deutſchland und kam auf dieſer Reife nad 
Spever, mo gerade in Gegenwart des deutſchen Könige Lothar und des päpftlichen Ye 
gaten Gerhard über die Befeung des Magdeburger Erzbistums verhandelt wurde. Ver 
mutlich durch den Einfluß des päftlichen Legaten wurde Norbert zum Erzbifchof ermäblt, 
von Lothar durh das Ecepter mit den Regalien belchnt und von Gerhard mit Ring 
so und Stab ausgeſtattet. Wahrjcheinlich begleitete er darauf den König noch nah Straf: 
burg, ebe er ſich nach feiner Diöcefe begab (j. Bernhardi S. 100). Erft dann zog er, 
geleitet von den Biſchöfen Otto von Halberjtadt und Xudolf von Brandenburg nad 
der nordifchen Metropole. Barfuß, als Bußprediger von der Menge wegen feiner Aalde 
ald Heiliger bewundert, bielt er feinen Einzug und wurde am 25. Juli 1126 von einem 
35 feiner Suffragane, dem Biſchof Udo von Zeig, geweiht und intbronifiert. Als kirchlicher 
Eiferer und bartjinniger Asket begann Norbert ein ftrenges Regiment, entfrembdete ſich 
aber dadurch bald die Gemüter feiner Didcefanen. Er nötigte die Occupanten ber Kircen- 
güter zur Zurückgabe und mübte fich mit zudringlicem Eifer, aus den beiten Stifte 
die bisherigen Inhaber zu vertreiben und an ihre Stelle feine Prämonftratenfer zu jegen. 
40 Für die Miſſion unter den Slaven that er nichts, jo daß dieje zahlreich wieder in das 
Heidentum zurüdfielen. Beſonderes Mipfallen erregte es, daß Norbert mit Bewilligung 
König Yothars feinen langgebegten Wunſch, in die Marienkirche zu Magdeburg Prämon—⸗ 
itratenfer zu bringen, 1129 durdfegte. Mehrere Jahre lang hatten ihm die Klee 
Widerſtand geleitet, bis ihn Norbert endlich brach. Nod im felben Jahre erfolgte wie 
45 Beitätigungsbulle Des Papſtes Sonorius II. (Jaffé 5303). Der Klerus fandte jegar 
Meucelmörder gegen den Erzbifhof. Der Archidiafon der Magdeburgiſchen Kirche, A: 
ticus, Wurde als der Anſtifter diefer Verſchwörungen gegen das Xeben Norberts besichtigt. 
Aber audı dag Volk nahm gegen den bartnädigen Erzbifchof Partei. Der angeblich durch 
eine grobe Ausſchweifung verunreinigte Dom ſollte von neuem geweiht werden. Klerus 
co und Bürgerſchaft wollten aber nichts Davon wiſſen. Der Erzbiſchof vollzog nun die Weibe 
bei Nacht. indes die Sache wurde rucbar. Man läutete die Gloden, das Volk ftromte 
zufammen und erbob Lärm vor den verfchlojienen Türen des Toms. Norberts Gegne 
werbreiteten das Gerücht, er wolle nur die Reliquien und den Kirchenſchatz jteblen und 
damit von Dammen zieben. Das Volk erzwang ſich den Emtritt in den Dom, Norbet 
65 mußte im einem ficheren Turm Zuflucht ſuchen. Der Burggraf Heinrich von Groigkt 
beſchwichtigte die Unrube, aber der Erzbifchof zog es doch vor, feine Kirche zu verlafen 
und fih nad Neuwerk und dem Peterskloſter bei Halle zu begeben. Seine Gegner bannte 
er und wartete, bis Die Unterbandlungen zu ſeinen Suniten ausgefallen waren. Erf 
nachdem Diefe fih vor ibm gedemütigt batten, fehrte er als Sieger in feine Hauptjtadt 
co zurüd. Eine entſcheidende Nolle fiel Norbert in dem päpftlihen Schema zu, das durch 


610 Trämonftratenfer 


feinem Traktat De ordine canonicorum regularium (Pe;, Thes. Anecd. IV, 2, 11% 
die untrennbare Vereinigung des befchaulichen Yebens und des Dienftes Der Kirche mit 
dem gemeinfamen Gang des Petrus und Johannes zum Gebet in den Tempel (Ap.3,1}. 
Das Cigentümliche des neuen Ordens jicht Bernbardi (Xothar von Zupplinburg S. 9) 
sin dem ariftofratifchen Element, welches ihm nach dem Naturell feines = Stifters gleich ba 
feiner Gründung eingehaucht wurde, aber darin unterjcheidet er ſich doch wenig von in 
Ciſtercienſern und den älteren Möndsorden. Das für mittelalterliche Verbäliniſſe Neu 
ift vielmehr in der Beltimmung der Negularfanoniter zum Predigtamt, Beichtbören und 
der Beforgung der Pfarreien zu fehen. Die Ordensverfaſſung entwickelte ſich ähnlich dem 
Ciſtercienſerorden, da auch der Prämonſtratenſerorden im Gegenſatz zu den älteren Orden 
einen internationalen Charakter bekam. Der ganze Orden war in verſchiedene Gircaren, 
d. h. Ordensprovinzen geteilt. Zur Zeit der böchiten Blüte des Ordens im 13. Jahr: 
bundert gab es 31 Gircarien, an deren Spige ein Gircator ſtand, der Dem Provinzial ın 
anderen Orden entiprach. An der Spitze des geſamten Ordens ſtand als Generalabt der 
; Abt von Premontre „der erite Vater des Ordens“. Die Verfaffung gab dem Abt von 
Prémontré wie bei den Cluniacenfern dem Abt von Cluni cine Itrenge monarchiſche Gewalt, 
wie fie bei den ariſtokratiſch verfaßten Giftercienfern nicht beſtand. In der Verwaltung de 
Ordens ſtanden aber dem Generalabt die Abte von Floreffe, Laon und Cuiſſy, „Die Vaiter 
des Ordens“ zur Seite. Gemeinſam mit dem Abt von Laon viſitierte Der Abt von Tre 
20 montr& fämtliche Etifter nach dem Worbild der Giftercienfer. Das Kloſter Prémontte 
wurde von den drei „Vätern des Ordens“ gemeinfam vifitiert.. Die Norfteher der em. 
zelnen Ordenshäuſer erbielten feine ſelbſtſtändigen Vorſteher, feine Äbte, fondern nur Pröpike 
Sie mußten ſich alljaͤhrlich nach der Beſtimmung des Gründers am Feſt des heiligen 
Dionyſius (9. Oktober) in Prẽmontrẽ zu einem Generalkapitel verſammeln. Auch dieſe 
Beſtimmung iſt dem Ciſtercienſerorden nachgebildet, ſie dient dazu, den Zuſammenhang 
des internationalen Verbandes zu erhalten, bat ſich aber bier ſchwerer als bei den Gifte: 
cienfern auf die Dauer aufrecht erhalten Laffen. Tie Ordenstracht befteht in Soutanı, 
Skapulier und Mozetta aus weißer Wolle Die weiße Syarbe wählte Norbert, weil aud 
die Engel weiß gekleidet wären, Wolle, weil die Büpenden wollene Getwänder trügen, 
30 In den Chor geben ſie zur Sommerzeit mit einem dünnen Überwurf und weißen Almu: 
tum, im Winter mit Rochet und einer größeren Mozetta. Auf der Straße tragen | fe 
einen weiten weißen Mantel und weißen Hut, auch ihr Virret bat weiße Farbe. Tie 
Kleidung der norbertinifchen Chorherrn war im Verhältniſſe zu den Mönchen und an: 
deren Nequlierten elegant, fie erforderte Sauberkeit und Mittel, diefelbe aufrecht zu a: 
halten. Die gottesdienftlicen Vorſchriften ſind ziemlich peinlich, entbalten aber nichts 
Eigentümliches, als daß der Jungfrau Marta eine bejondere Devotion erzeigt werden ſoll. 
Fleiſchgenuß iſt Schon nach Norbert für Geſunde ſtreng unterfagt. Faſten ſind häufig 
Die Geißel ſpielt eine große Rolle. Man bedient ſich ihrer zur Abtötung des Fleiſches, 
ſie wird aber auch als Strafmittel gebraucht. Täglich ſoll Bußkapitel gehalten werden 
Die Sünden werden in leichte, mittlere, ſchwere, ſchwerere und ſchwerſte eingeteilt und 
nach den verſchiedenen Klaſſen mit verſchiedenen Pönitenzen belegt. Die leichteſten Strafen 
find Herſagen einiger Gebete und Abbitte im Konvente, die ſchwerſten lebenslängliche Cin- 
ferferung und ſchimpfliche Ausſtoßung aus dem Orden. Nenn der Einzelne auch eine 
jtrengen Negel unterworfen blich, To jollte doch der Orden durch die Macht des Beſihes 
15 im ſtande ſein, ſich in der Melt zur Geltung zu bringen. Beſtand doch ſogar die Be: 
ſtimmung, Daß das beigebradhte Gut der Novizen, Die zum Weltleben zurüdfehrten, nicht 
aurüdgegeben, fondern Kranken und Armen ausneteilt. werden jollte (distinetio prima 
e. 16 de novitiis probandis). 
Die Ausbreitung Des Urdens erfolgte ſehr raſch. Bereits die Beſtätigungsbulle dee 
5: Lrdens vom Jahre 1126 zählt 8 Stifter auf: Prémontrs, Kappenberg, Floreffe, Laen, 
Ilmſtadt, Viviers, Zt. Annalis (Diöceſe Meg) und St. Michael zu Antwerpen. Vor 
und mit dem Ciſtercienſerorden hat er ſich vor allem im Oflen Deutſchlands ausgebreitet, 
und Das Gebiet rechts Der Elbe verdankt Dem Orden feine Chriſtianiſierung. Das Wa: 
rientloſter in Magdeburg bildete den Ausgangspunkt für Die Miſſion unter den Wenden 
und Die Urbarmachung des Landes. Doch faßten bei Norberts Lebzeiten die Prämon— 
itratenſer feine Wurzel öſtlich Der Elbe. Erſt als die feite Hand Heinrichs des Lowen 
ann Albrechts des Bären Die Heiden im Zaume bielt, entjtanden im Slavenlande ihre 
Yrlanzungen Tas erite Pramonſtratenſertloſter öftlich der Elbe Leitzkau iſt bereits 1159 
Yıabanden (Winter S. I und S. 125); 08 wurde mit Unterjtügung des Markgrafen A: 
4, bucht Des Bären geftiftet. Tas nädite Jerichow ſtammt aus dem Jahre 1144 (Winter 


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6i2 Brämonfiratenjer Pratorius, Abdias 


Silbermann des Stifts ad Salvatorem zu Paſſau machte ſich befonderd um jeine Ver 
breitung verdient (Idea et Summa antiqui sacri tertii ordinis div. Norberti, Pafju 
1751). Benebift XIV. verlieh den Tertiariern reiche Privilegien 1752. Die Angehörigen 
diefes Ordens tragen cin Feines weißes Stapulier unter ihren Kleidern. Er iſt befonders 
sin England, Kanada und Nordamerika verbreitet. Hand in Hand mit ihm geht die Cy- 
bruderfchaft der Sühnmeſſe, die die Prämonftratenferin Roſa Mirabal in Boulieu (g 
1882) errichtete und Leo XIII. 1886 beftätigte (Madeleine, Manuel du Tiers Ordre 
de St. Norbert, Caen 1887). Grügmader. 


Bräfentationsredt |. d. A. Patronat oben ©. 23, Pfarrei oben E. 239 und 
ıo Nominatio regia Bd XIV ©. 153. 


Präfenz — Präfenzgelder.. — Jeder Inhaber einer geiftlihen Stelle ift ve: 
pflichtet, diefelbe in Perſon zu verwalten, injomweit nicht aus gefeglichen Gründen eme 
Stellvertretung und Abweſenheit des Beamten zuläffig ift (f. „Reſidenz“). Die perjönlide 
Anweſenheit (Bräfenz) wird im Befonderen von allen denjenigen gefordert, denen bie 

15 Pflicht obliegt, an den gemeinfamen fanonifchen Stunden im Chore teilzunehmen (f. d. 
A. „Brevier” Bd III ©. 393). Nach der NVorfchrift des Konzild von Vienne 1311 ft 
dies der Fall in den Kathebral:, Regular: und Kollegiatlirchen, in anderen nad ber 
Obſervanz (c. 1 in Clem. de celebratione missarum et aliis divinis officiis, III, 
14). Diejenigen, welche diejer Verordnung nicht nachleben, follen, abgejehen von anderen 

20 Strafen, die „Präfentien” und „Konjolationen” verlieren. Präfentien, Präfenzgelver 
find aber ſolche Zahlungen, welche durch die perfünliche Gegentvart täglich verdient und 
täglich oder wöchentlich verteilt werden (praesentiae oder massa diurna, distribu- 
tiones quotidanae). Konjolationen jind Leiftungen in Geld und Naturalien (Ben, 
Geflügel, Eier u. a.), welche zu gemwiflen Zeiten unter die Gegenmwärtigen verteilt werden 

26 (f. Du Fresne s. v. consolatio; v. Spilder und Brönenberg, Vaterländifches Archiv für 

hannöveriſch-braunſchweigiſche Gejchichte, 1834, Heft I, ©. 37). Dazu gehören Obla⸗ 
tionen, Hebungen für gemwille Jahres-, Gebächtnisfeiern u. dgl. (memoriae defunc- 
torum, anniversaria , DBeilpiele aus Sapitelftatuten bei Dürr, De annis gratiae 

canonicorum, Mogunt. 1770. SVIII. in Schmidt, Thesaurus juris ecel. Tom. VI, 

.195). Da nicht in allen Stiftern dergleichen Präfenzgelder und ähnliche Hebungen 
ergebradht waren, hat das tridentinijche Konzil vorgeſchrieben, daß der dritte Teil aller 

Früchte und Einnahmen zu täglichen Diftributionen für die Antvefenden verwendet werben 

jolle (Cone. Trid. sess. XXI. cap.3. de reform.); fonft follen die täglichen He 
bungen den übrigen Nefidierenden zufallen oder zum Beften der Kirchenfabrif oder einer 

35 anderen frommen Anftalt nach den Ermeſſen des Biſchofs verwendet werden, sess. 
XXIV. cap. 12. de ref., verb. c. 32 X. de praebendis III. 5 (Honor. III) 
c. un. de clericis non resident. in VI°. III. 3. (Bonifaz. VIII). Damit ber 
Verordnung ſelbſt entiprochen werden Tonnte, bedurfte es bejonderer Beamten, melde 
die Präſenz überreichten und die nötigen Regiſter führten. Diejes find die fogenannten 

40 Obedientiales oder nach ſpäterer Bezeihnung Punktatoren (vgl. Benediet. XIV. in- 
stitutio 107, de synodo dioecesana lib. IV. cap. IV.). 


(9. F. Jacobſon F) Schling. 


Prätorius, Abdias, geit. 1573. — Jöcher III 1744, VI, 783; Großes Univerjaller. 
Leipzig 1741, XXIX, 140; AdB XXVL 513 f.; Wetzer u. Welte X?, 276 (Meufel, Kirdl. 
45 Handler. V, 394, enthält Irrtümer); Joh. Bismard, Vitae et res gestae praeeci 
theologorum, Halle 1614, Dd. 3 f.; danad) YoH. Adam, Vitae germanorum theolog,, 
1653, 5. 464 (9. Pantaleon, Prosopographiae heroum atque illustrium virorum totius 
Germaniac, Basil. 1565, III, 521; 3.9. Quenjtedt, Dialogus de patriis, Witteb. 1654, 
©. 197); ©. Ludoviei, Schul⸗Hiſtorie, Leipzig 1708, IV, 75. 80. 99ff.; J. C. Becmann, XNotitia 
co universitatis Francofurtanae 1707, &. 925. 275f. 1172; ©. G. Küjter, Martin Friedr. Seidels 
Bilderſammlung, Berlin 1751, S. 80f.; Freiwillige Heb:Opfer von allerhand in die Theologie 
laufenden Materien, Berlin 1715f., TIL, 605$. 667f.; IV, 35f. 300f.; ©. Holjtein, Das 
altſtädt. Gymnaſium zu Magdeburg in Zahrb. für Philologie und Pädagogik, 1884, Bd 1%, 
E.68 ff.; CR IX, 900. 973. 974. 1042. 1048. 1068; Brief von Paul Eber an Gamerarius 
55 in Döllinger, Die Neformation, Regensburg 1846f., II, 397, Anm. 8. 
Ueber feine einzelnen Schriften ſ. Jöcher, Ludovici IV, 104f., Holftein a. a. D., Küſter⸗ 
Seidel ©. 82 (Stettner, Clerus Magdeburgensis). 
Abdias Prätorius, eigentlih Gottſchalk Schulze (Brief Melanchthons bei Said: 
Küfter S. 81) wurde am 28. März 1524 (jo Bismard, Küfter: 24. Oft., AdB., 25.CH, 


80 


614 Prätorins, Abdias Präterins, Stephan 


matritulationen auffallend ab, 1564 wurden die Capita reformationis eingefükt, 
welche das Anfehen der Univerfität wieder heben follten, die Profefforen aller Fakultäten 
follten in der reinen Lehre des Evangeliums einig fein (Xeutinger II, ©. 13841; Hauſen, 
Geſch. d. Univerfität u. Stadt Frankfurt a. O., Frankfurt a. O. 1800, ©. 11 ift tendenziös 

6 die ee Fiamten der Univerſität Frankfurt a. O., ber. v. Reh, Breslau 18%, 
S. 25. 75f. 85 f.). 

Wegen feiner Gewandtheit und Sprachkenntniſſe wurde Prätorius vom Kurfuͤrſten 
vielfach in kirchlichen und politiſchen Angelegenheiten verwendet, jo daß er wiederholt 
längere Zeit von Frankfurt abmwejend war. Sp wurde er zu den drei Disputatione 

10 herangezogen, welche Joachim II. mit dem päpftlichen Legaten Gommendone und einem 
Sefuiten in Berlin in feiner Gegenwart am 21. Februar 1561 und folgende Tage balten lieh, 
Commendone ſollte die evangelifhen Fürften zur Beichidung des Tridentinifchen Konzils 
willig machen (Weber und Welte III?, 695f. Pallavicino, Geſch. des Tridentin. Concils, 
deutfch v. Klitfche, Augsburg 1835, V, ©. 188 ff.; Prifac, Die päpftlichen Legaten Com: 

15 mendone und Gappacini in Berlin, Neuß 1846, bei. ©. 128f.; dieſe Fatholifchen Tar- 
ftelungen find nad) den evangeliichen Berichten zu berichtigen, vgl. Becmann S. 92}; 
Zeutinger ©. 410ff.). Die Berichte über diefe Disputationen ſchwanken in Einzelbetten, 
auffallend ift, daß der märfifche Chronift Peter Hafft, Schulreftor in Berlin, eine Die 
putation zwiſchen dem Bifchof Johann Karnefius von Zazinth Johann Franzistus ven 

20 Zatznitz) und einigen Jeſuiten einerjeits ſowie Agricola und Prätorius andererjeits, an der 
33 er teilgenommen babe, auf den 30. Januar 1555 ſetzt, aber damals war Prätorius 
noch nicht, mie er angiebt, Vrofeflor in Frankfurt (Mierononicon Marchicum, 159%, 
abgedr. ın Riedel CD Brandenburg. IV, 1 ©. 46f.). Eine andere Disputation mit Ge 
fandten des Königs von Ungarn hatte Prätorius am 12. November 1561 in Yrankjut 

26 über das hl. Abendmahl zu Palten, Musculus hatte feine Beteiligung abgelehnt (Memo- 
rabilia der Stadt Frankfurt vom Stadtichreiber Statius bei Riedel a. a. O. IV, ı 
©. 368). Am 4. Februar 1562 wurde er nach Berlin berufen, da dort eine franzöfiike 
Geſandtſchaft eingetroffen war; zivar fam er zu fpät, mußte jedoch ein Schreiben an den 
König von Frankreich aufjeßen (Hebopfer III, 650). Im Juni desfelben Jahres wurd 

ser als Gefandter des Kurfürften nah Warſchau gefchidt (Leutinger S. 421), Anfang 
September ging er auf den Konvent nad) Fulda, wo er als kurfürſtlicher Abgeſandter 
am 18. September das Protofoll unterzeichnete (G. Neudeder, Neue Beiträge zur Geb. 
der Reformation, Leipzig 1841, ©. 73f.): im Oktober nahm ihn der Kurfürſt wie auch 
jeinen Gegner Agricola mit auf den Reichstag zu Frankfurt aM. (Andr. Angelus, 

35 Annales Marchiae Brandenburgicae, Frankfurt a. ©. 1598, ©. 360f.). 

In diefer Zeit war die Stellung des Nrätorius in Frankfurt unbaltbar geworden 
und er ging mit dem Plane um, nadı Wittenberg überzuficdeln, verjchiedene Male entwih 
er dorthin, fehrte aber, wenn die Stimmung am Sof günftiger war, zurüd. Ja am 
20. April 1562 hatte er eine Disputation mit dem Kurfürften und fonnte Bedingungen für jene 

10 Rückkehr ſtellen (Kawerau, Agricola S. 325), doch i. J. 1563 erfolgte die endgiltige Entfcei- 
dung des Kurfürſten gegen die Pbhilippiften, am 19. April 1563 hielt diefer eine große Rex 
vor feinem Hofe und den Theologen, indem er ſich fcharf gegen Buchbolzer wandte 
(Küfter-Zeidel ©. 42, J. Chr. Müller und G. ©. Küfter, Altes und neues Berlin, Perl 
1737, V, S. 299; Geppert, Chronik von Berlin, Berlin 1839, I, ©. 57). Im November 

15 1563 nach dem Tode feiner eriten Frau fiedelte Prätorius nah Wittenberg über, ob: 
wohl ihm Joachim den Abfchied nicht geben wollte. Doch blieb er in der Bunt 
Joachims und kam aud von Wittenberg öfter nah Berlin. Als er fih am 13. Juli 
1565 (Küfter- Seidel ©. 82) in Berlin mit einer Enfelin Melanchthons, Sabina, it 
dritten Tochter des Sabinus, verheiratete, wodurd ihm die Bibliothef Des Sabinus zu 

50 fiel (Xeutinger S. 109. 121), erſchien auch der Kurfürft zur Hochzeit und erbob ihn dann 
nebit dem Kanzler Dieftelmeier u. a. in den Nitterftand (Peutinger ©. 422); 1568 jel 
Prätorius aud cin Haus in Berlin erworben haben, auch 1569 tar er, wie die er: 
rede jeiner Loci (Locorum theologicorum Dni Ph. Melanchthonis analyse 
paulo generaliores.... Vitebergae 1560) zeigt, ebenfalld in Berlin. In Wittenberg 

55 hatte er fich in der philoſophiſchen Fakultät babilitiert und wurde 1571 Dekan. (nk 
1572 fiel er in eine bigige Krankheit, der er am 9. Januar 1573, noch nit fünfig: 
jährig, erlag. elf. 


Frätorins, Stepban, lutheriſcher Erbauungsfchriftiteller, geft. 1603. — 
J. F. Danneil, Kirchengeſchichte der Stadt Salzwedel, Halle 1842, „Urkundenbuch“; Ther 


616 Pratorius, Stephan 


gehaltenen Kirchenvifitation 4 (5) Irrtümer habe widerrufen müflen und in einem Revers (Els 
wich, Commentatio de fanaticorum palinodia, Wittenb. 1715, ©. 35; Unſchuldige 
Nachrichten 1727. ©. 916f.) verfprochen habe, fämtliche Eremplare der verbächtigen Bücher 
auägulichern und nichts ohne Konſens des Konfiftoriums druden zu laſſen, obwobl Spener 

san der Wahrheit des Reverſes nicht zweifelt (Theol. Bedenken, Halle 1712 ff., IV, 137, 
516; Consilia et judicia theologica, Frankfurt a. M. 1709, I, 38f.) und Erblam 
die Verwarnun war nicht für ganz hiſtoriſch beglaubigt, aber doch für innerlich ſehr 
wahrſcheinlich balı (THEIR 1872, ©. 372) läßt fih nicht beweiſen; Dagegen ſpricht 
(Theol. past. pr. VI, 730f.; Danneil, Coſack S. 64), daß der angebliche Revers nicht 

10 aufzufinden iſt, das Datum nicht zu den feſtſtehenden Daten der Kirchenviſitation paßt, 
das Viſitationsprotokoll die Übereinſtimmung der Paſtoren und des Magiſtrats in der 
reinen Lehre bezeugt (Danneil, Urkund. Nr. 115) und die Viſitationskommiſſion ihm ein 
—5 Zeugnis über ſeine Rechtgläubigkeit unter dem 29. Juni ausgeſtellt hat (Danneil 

tr. 116). 

15 Durch feine Traftate, die er felbit jeit 1570 herausgab oder die von feinen Freunden 
veröffentlicht wurden, hat er über den Kreis feiner Gemeinde hinausgewirkt; auch übe 
die Grenzen Deutfchlands hinaus ging feine Wirkfamteit, fo — er an Antwerpener, 
mit denen er von Roſtock her Beziehungen hatte, die „Troſtſchrift an die Hochbetrübten 
von Antorff“ (Tr. 47). Er gehoͤrt zu den wenigen, die in jener Zeit Intereſſe für die 

20 Heidenmiſſion hatten; in feinem „Seefahrertroſt“ (Tr. 48) für die Kaufleute des Kontors 
zu Bergen in Norivegen mahnt er dieſe zu helfen, daß auch die fernen Inſeln das jelige 
Licht des Evangeliums überflommen. Diefer Traktat wurde aud ins Lateinifche über 
jest (Frankfurt a M.: Fluctus et luctus marini) und niederdeutich als bejondere 
Gebetbuch herausgegeben (Een chriſtlick Bedeboeck, Lübed 1611). Unter den 80 von 

35 G. Arnold (Unp. 8. u. 8.9. ©.89) aufgezählten Traftaten ftammen einige, wie Tr. 16 
„vom Frieden Gottes”, Tr. 35 „Geichichte eines edelen Knaben“ nidyt von ihm (Theol. 
past. pr. VI, ©. 860). Die Traltate des Brätorius wurden dadurch befonders verbreite 
und empfohlen, daß oh. Arndt eine Sammlung bderfelben veranitaltete, die 1622 zum 
erſtenmale erfhien. In dem zweiten Teil find 14 geiftliche Lieder mit ihren Melodien 

80 aufgenommen; unter ihnen befindet ſich aud ein Lied von der fröhlichen Auferftehung 
und Himmelfahrt Jeſu in 15 Strophen „Was hat geiban der heilige Chrift”, das in 
verfchiedene Gejangbücher, wie das Hamburgifch-Nabeburgifche von 1684; das Freyling: 
baufenfche von 1704 u.a. Aufnahme gefunden hat (%. €. Webel, Hymnopoeographia, 
Herrnſtadt 1719f., II, 317; J. ©. Griſchow, ber. v. Kirchner, dur geiabte —2* 

85 von älteren und neueren Liederverfaſſern, Halle 1771, S. 27; €. Koch, Geſchichte des 
Kirchenliedes, 3. Aufl., Etuttg. 1869f., II, 322; U. F. W. Fiſcher, Kirchenlicderlerikon, 
Gotha 1878 F., 2. Hälfte, S. 331®). 

Die Traltate des Prätorius bat Später der Danziger Prediger Martin Statius be 
arbeitet, ihre Gedanken dem Inhalte nah in der Form von Frage und Antwort in 

40 Jieben Bücher unter Milderung verjchiedener Härten ın feiner „Beiltlichen Schatzkammer 
der Gläubigen“ zuſammengeſtellt (Lüneburg 1636 u. ö. ſiehe die Ausgaben bei Große 
S. 151), nachdem er 1625 einen „Vortrab der geiſtlichen Schatzkammer“ vorausgeſchidt; 
einen „Statius continuatus“ mit Zufügung verſchiedener Aufſätze von Prätorius als 
Vorreden und Zeugniſſe ſowie Anſprachen für jeden Wochentag veröffentlichte mit Empfehlung 

45 des Dresdener Oberhofpredigers Jak. Weller (abgedr. auch Unſch. Nachr. 1704, ©. 473; das 
judieium Schuckmannii ſteht Unſch. Nachr. 1743, S. 405) der Saalfelder Amtsſchöffer 
S. Steiner (Arnſtadt 1649). Wie die „Geiſtliche Schatzkammer“ die Gedanken des 
Prätorius von neuem verbreitete, ſo gab ſie auch Anlaß zu neuen Angriffen, zumal 
Statius ſchon als Anhänger von Rahtmann verdächtig war. Es entjtand über bie 

so Schriften des Prätorius ein beſonderer Streit, der ſogenannte „prätorianiſche Streit“. 
Co bekämpfte ſchon Calov als Gegner von Statius vor allem die „fanatiſche“ Sentenz 
des Prätorius und Statius, daß die Gläubigen die Seligfeit befäßen, und zwar nidt 
nur in der Hoffnung, fondern in Wirklichleit (Systema loc. theol.,, Wittenb. 1677, X, 
539. 606; XII, 403). Der eigentliche Streit wurde durch Speners Gegner, den Kor: 

> hbaufener Diakonus Dilfeld angefacht, der den Prätorius als einen Geiftespermandten 
von Eſajas Stieffel bezeichnete; verftärft wurde der Angriff durch den Greifswalder 
Seneralfuperintendenten Tiburtius Rango, auf deſſen Betreiben die „Schaglammer“ in 
Schwediſch-Pommern verboten wurde (Heinfius, Kurze Fragen aus der Kirchenbiftorie des 
Neuen Teftaments 1727, VL 425. 665f.; J. ©. Wald, Hiftor.=tbeol. Einleitung in die 
 Religionsftreitigfeiten der ev.—luth. Kirche, Jena 1739, IV, 614%; Ch. €. Weismann, 


618 Brediger Salomo 


1,2 bildet zugleich den Zielpunkt, in twelchen die Ausführungen des Buches vor dem 
Epilog zurüdfinfen, 12,8. Mit 1,12 tritt Koheleth felbjt in der erften Perſon redend 
ein und führt in der erften großen Ausführung 1, 12—2, 23 den Induktionsbeweis für 
die Eitelkeit alles menfchlichen Strebeng aus der Erfahrung, die er als König zu Inu: 
5 ſalem geſammelt. Wiewohl durch Begabung und dur die Gunft diefer Stellung m da 
Lage, dem Streben nad Willen, nad) Genuß und Beſitz, nach befriedigender Thätigken 
in audgiebigiter und planmäßigfter (2,9) Meife nachzuhängen, fand cr doch alles eitel; 
mehr Qual ale Befriedigung; im beiten Fall das Gewonnene unficher, den legten Aus: 
gang für alle gleich. Das aber ift, wie die zweite große Ausführung 2, 24—3, 22 zeigt, 
ıo nicht bloß Zufall, fondern göttlihe Ordnung, die allen realen Erfolg unabänderlic jet: 
jtellt, ohne die fein Thun noch Genießen, ohne deren beftimmte Friſten fein Gelingen it; 
die dem Menjchen feine Arbeit mit ihrer Mübfal, wie mit ihrer Freude zumißt; Die ihm 
war die Ewigkeit und mit ihr den Drang nad Erkenntnis ins Herz gelegt, aber ſein 
—** Denken durch die Paradoxien der Erfahrung fo zerſchlägt, Daß das Reſultat 
15 äußerjte Demütigung in Bezug aufs eigene Erkennen, Fund Gottes und Selbſtbeſchei⸗ 
dung in der zugemwiejenen Lebensfreude fein muß. Diefen beiden zufammenbängenten 
Ausführungen, deren Gefüge jedoch gegen das Ende hin ſchon merklich Ioder geworden 
ft, ſchließt fi als dritter Abſchnitt ce. 4—6 cin Konglomerat einzelner Türzerer Aus: 
\prüche an, welche teild aus Beobachtung und Erfahrung Nachträge zur erften und zeiten 
20 Ausführung bringen (4, 1—3. 4-6. 13, 16. 5, 7f. 9—6, 6), teils aber audy jelbit 
ſtändige Meifungen praftifcher Yebensweisheit enthalten (4, —12. 17—5, 6), in denn 
das ch des Redenden fat ganz zurüdtrit. Durch den Schluß 6, 7—12, melder wie 
Refultate von I und II (im Suden fein Friede; das Beſte die Freude am Gegebenen; 
alles vergänglich) energisch zufammenfaßt, wird auch diefer Abfchnitt in Das Gefüge des 
25 Ganzen eingegliedert. Mit einem neuen Anſatz ftrebt der vierte Abſchnitt 7, 1—9, 1 
dem Schlußrefultat, 9, 7 — 10 zu, die Freude und das frifche Wirken am Gegebenen als 
beite Zebensregel zu empfehlen. Nach viner Aufreibung von Sprüchen tiefen Lebens 
ernfte3, die aber 7,6 durch die Bemerkung, daß auch das eitel fei, jäh durchſchnitten 
werden, und nach einem warmen Lobe der Weisheit, welche als die richtige Mitte un: 
so nützes Grübeln und pharifäifches Nichten ausschließt, mendet ſich hier Kobeleth dem ſchon 
vorher mehrmals berübrten Lebensrätſel zu, wie wenig das Ergehen der Menjchen mit 
ihrer Tugend und Weisheit in Proportion ſtehe. Die eingehende Betrachtung desſelben, 
aus der die Erfahrung bezüglich des Meibes 7, 25—28 und die Gnomen vom politiicen 
Berbalten 8,2ff. jelbitftändig beraustreten, bahnt den Meg zu jenem Reſultat reiig: 
35 nierender Praxis. Parallel zum Aufbau des vierten geht der des Finften, abſchließenden 
Stückes 9, 11--12,8. Der Vorzug der Weisheit vor der Thorheit bildet bier den Aus 
gangspuntt. Die Durchführung, welcher ſich fofort wieder eine Reihe politifcher Weis— 
beitsfprüche eingliedert (10, 3- -11. 16—20), gebt dur die Mahnung zum Witten 
11, 1ff. auch bier zur Freude am Leben über, 11, 7ff.; jo jedoch, daß dies ceterum 
so censeo des Buches in ſchönem Auffchwung, der an breiter Wucht der erften Ausführung 
äbnelt, an dichteriſchem Pathos te hinter fi läßt, den Ausblid auf Gericht und Tod 
zur eigenen Vertiefung ſich Deigefellt. Der Epilog 12, 9.-14 fügt einige Worte über 
Koheleth ſelbſt, über feine Sprüche, über die MWeisheitslitteratur im allgemeinen und die 
Summe derfelben dem Ganzen an. — Wer ift das ch, dag in diefem Buche ferne Be 
45 obadhtungen und Erfahrungen mitteilt? Koheleth wird es am Anfang 1,2, in it 
Mitte 7,27, und am Schluß 12,8 genannt. 1,12 nennt es ſich ſelbſt fo, und iden 
tifiziert fihb mit der Perſon eines weiſen, reichen, glänzenden Königs über Israel zu 
Jeruſalem, unter dem, wie ſchon der Verfaffer der Überſchrift richtig erkannt bat, fan 
anderer als der Sohn Tavids, alfo Salomo verftanden werden kann. Unter den zahl: 
60 reichen Deutungen des Namens Kobeletb, deſſen Form als fem. part. Kal der Wurzel 
kahal nicht zu verfennen iſt, fünnen in der Gegenwart nur noch zwei in Betradt 
kommen. Der älteren maskuliniſchen (LXX: &exinormaoris, Lutber: Prediger) baben 
Dlshaufen (Lebrb. S 119a) und Delitzſch die iprachlidde Begründung gegeben, daß das 
ſpätere Hebräiſch Mannsnamen mit femininifcher Endung bildet (Reh 7,57; Esr 2,51). 
65 Zalomo babe das Cognomen Nobeletb „der Gemeindejfammler, Prediger” verhalten mit 
Beziehung auf die große Weihefeier, bei welcher er Israel zur Genteinde verſammelte 
(Hiph. jak’hel) und predigte, INS, 1. 55--61. Dazu paßt die maskuliniſche Non: 
Itruftion Des Wortes 12,8, der aber Die femininiſche 7,27 gegenüberjtebt. Und di 
Korrektur der legteren Stelle nah 12,8 läßt die Entjtebung des feltfamen Tertiehlers 
vo anerflärt, während die Entjtebung der maskuliniſchen Leſung 12,8 ſich aus der Beziehung 


620 Brediger Salsms 


15a) oder mit Salomo felbft, feine Kanonifation mit den Männern der großen Synagoge 
in Beziehung feten (Aboth R. Nathan 69), und die es bereits zu Herodes und Gamalids 
geden als kanoniſche Autorität gebraucht fein lafien (Baba bathra 4a. Schabbath 30b). 
enn auch die griechiiche Überjegung unferes Buches, welche unfer Tert der LXX- bietet, 

6 das fpezififche Gepräge des Aquila (adv —=*eth accusativi) trägt und Demnach vor 100 n. Chr. 
fchwerlich entſtanden fein wird, fo ift Damit nicht eriwiefen, daß die die erfte und ältele 
Ueberfegung des Buches geweſen. Sowohl die Fragmente der Herapla (ed. Field Ox 
1875, II, p. 377 sq.) als aud) Hieronymus (praef.comm.) wiſſen von einer Überfegung 
des Buches durch Aquila neben der der LXX. Namhaft höber mit der Abfaſſung des 
10 Buches binaufzugeben nötigt und die Thatjache, daß e8 im Buch der Weisheit Sale: 
monis als vorhanden ausgeſesn erſcheint. Die Wahrheit der zuerſt von E. Chr. Schmidt 
(S.s Pr. 1794) gemachten Bemerkung, daß ein polemiſches Verhältnis zwiſchen beiden 
Büchern beſtehe, darf in der Einſchraͤnkung, daß nicht Koheleth ſelbſt, ſondern die an 
feitige Ausmünzung desjelben durch eine libertiniftifche Richtung im Buch der Meiäheit 
15 befämpft fei, gegenmwärtig als anerkannt gelten. Vgl. Wei 2,1—5; 3, 2f.; 5, 14—16; 
8, 13 mit Koh 9,2. 5. 10; 8, 8; 1, 11; 2, 16; 3, 18-21; We 2, 6—9 mit Kob 
9, 79; 3,22; 5,17; We 7,175 8, 10; 8,16 mit Kob 7,24; 1,18; 9,11 
u. a. m. Überall fingen durch Beichreibung und Widerlegung der Gegner, gegen mweld« 
fi die Meisheit Sal. wendet, Ausfprüche des Koheleth hindurch, auf welche FR diefelben 
20 beriefen. Kann die Entitehung des Buches der Weisheit zumal wegen feines erhält 
niljes zu Philo nicht über ca. 100 dv. Chr. hinabverlegt werden, fo ift damit ver ter- 
minus ad quem für die Entitehung unjere® Buches, und zwar mit der näheren Maf: 
gabe firiert, daß es dem Buch der Weisheit, da dasfelbe bereit auf feine Auswirkungen 
reflektiert, nicht zeitgenöffiich, fondern voraufgegangen if. Ob auch das Bud Eiradı, 
25 deſſen Abfaflungstermin nicht über die Anfänge des 2. Jahrhunderts bimabverlegt 
werden kann, den Koheleth bereit3 vorausfege, läßt ſich nicht mit gleicher Sicherheit fagen. 
Die nicht feltenen Parallelen gnomiſcher Gedankenbildung (vgl. die Aufzä lungen bei 
Plumptre ©. 56ff. und Wright ©. A1 ff.) beweiſen noch nicht Für Abhängigfeit Sirachs 
wogegen allerdings es naheliegt, in der Kormung von Stellen wie Sir 11,11; 14, 18; 
so 21, 12. 33 (36), 18 den Einfluß der Lektüre von Koh 1. 2 zu erkennen. Es ift bemer: 
kenswert, daß 11, 11 die hebr. Sirachfragmente einen Gebrauch des Wortes jage'* auf 
weifen, der fih fonjt nur Koh 1,8 findet, während zugleich die Ausführung des llel⸗ 
gedankens Koh 9, 11 bei Sirach 11, 12f. dieſen als den jüngeren erweiſt. Und jedenfalls 
iſt klar, daß jene mächtige Neuerweckung israelitiſchen Patriotismus und Religionseifers, 
35 welche mit den Makkabäerkämpfen ins israelitiſche Geiſtesleben eingetreten iſt, vom Ver 
faſſer unſeres Buches noch nicht miterlebt iſt: vom Eifer um dad Geſetz, von der Aus 
wahl, Miffton und Zufunftshoffnung Israels ift feine Seele unbeivegt ; der kosmopolitiſche 
Charakter, der in der altteftamentlichen Chofhmalitteratur wurzelhaft angelegt ift, iſt Ba 
ihm auch des Icgten Neftes nationaler Farbe entfleidvet. immerhin bleibt für die nähere 
so Beitunmung der Entjtehungszeit des Buches der weite Raum von der Nehemiaepode 
c. 430 big c. 200; der Zeitraum der israclitifchen Volks: und Litteraturgefchichte, betreife 
deſſen unfer biftorifches Wiſſen von ficheren Taten und Details fo gut mie verlaffen if. 
Die nehemianifche Epoche felbjt weiſt in der fozialen Lage Jeruſalems manche Erſchei⸗ 
nungen auf, welche mit den in unferem Buch vorausgefeßten übereinftinmen. Aber über 
45 fie hinabzugehen nötigt fchen der Umftand, daß der Titel mal’äkh im Koheleth bereits 
rezipierte Bezeichnung des Priefters ift 5, 5, während er bei Maleachi nur erft noch ın 
Verbindung mit Jahve diefe Bedeutung und daneben auch noch andere hat, 2, 753,1. 
Sehr viel weiter würden wir binabfchreiten müſſen, wenn eine ftarte Aufnahme ſpezifüch 
ftoifcher und epifuräifcher Whilofopbeme in das Buch, mie fie von Tyler, Plumptre, 
so Palm u. a. behauptet worden tft, als thatjächlid anerfannt werden müßte. Das ift aber 
nicht der Fall. Die zuerit von Zirkel 1792 ausgeführte Thefe, daß die Spracde de 
Buchs griechiſchen Einfluß aufweiſt, bat allerdings ihre guten Gründe Auf Kobeleth 
(5, 17. 3, 11) berubt der neubebräifche Epradigebraud des Wortes japhe im etbifchen 
Sinne des griechiſchen xndor; der Einn von 3, 12 wird fofort plan= und zufammen: 
55 hangsgemäß, wenn man bei “asoth tobh an er zodrteır denkt; vgl. a. jom tobha 
7, 14 mit einneoia; die Anſätze zur Formung pbilofopbifcher Termint wie tur oxer- 
teadau 1, 13. 2,3. 7,25, bor Hemoeir 9, 1 (vgl. bar 3, 18), ma-schehaja 10 or 
7, 24 weiſen auf ein Eindringen griechifchen Ferments in bebräifche Sprech: und Denk— 
weile. Und daß dies Ferment erſt dann voll verftändblic wird, wenn mir uns bie 
eo populärphilojopbiichen Gedanfenformen vergegenmwärtigen, welche als Niederfchlag der grie 


622 Prediger Salome 


feine Betrachtungen über das Nichts an allen Lebensausgängen machen müſſen, dur die 
Erwägung zu mildern, daß das AT überhaupt über ein Jenfeits zwar Ahnungen, aub 
Weisfagungen, aber keine Lehre bat — das Buch der Weisheit ift in diefem Betreif em 
fühnerer Neuerer als Koheleth — fo bleibt doch beftehen, daß es ein Unterichied it, 

b wenn das AT von dem, was über den Tod hinaus liegt, nichts lehrt, und wenn Kobe 
leth immer wieder ausführt, daß der erfennbare Inhalt der Zukunft das Nichts fer. 9, 6. 
10; 11, 8. Man begreift, wie die neuere Eregefe, deren eigenfte Virtuofität in der Fi⸗ 
gierung pſychologiſcher Gefamteindrüde befteht, nicht mübe wird, von der Zimeifelfuct, 
Müdigkeit, Blafiertheit des Buches zu reden; mie die Bezeichnung eines „Hohenliedes der 
10 Skepſis“ für dasfelbe fich hat bilden fünnen. Und doch iſt das nicht gerecht. Ein ftartes 
Bollwerk pofitiver religiöfer Überzeugung und Lehre fteht den Biveifeln ungebrochen gegen 
über. Über all diefem Treiben der Welt waltet Gott allmädıtig. Er ift der Schöpfer 
12, 1; 7, 29; er hat dem Menfchen das Leben gegeben und iſt Herr Darüber 8,8. 15; 
12, 7; 9, 11f.; er hat ihm das Suchen und die Mübfal gegeben 1, 13; 3, 10. 18; 
15 8, 17, fo daß dies ganze Weſen der Eitelkeit als Gottes Beranftaltung hingenommen 
iverden muß 2, 26; er giebt ihm aber auch die Freude an der Arbeit 3, 13; 5, 11 und 
am Genuß 2, 24; 3, 13; 5, 185 6, 2; 7, 14. Gott ordnet alle® nad Zeit und 
Meife, und an diefer Ordnung, die gut 3, 11 und unabänderlih ift 3,14; 6, 10; 7,13, 
hängt jeder reale Erfolg 3, 1—8; 7, 14; 9, 1. 11. Wie tragifch es fei, daß er dem 
20 Menfchen die Ewigkeit ind Herz gelegt (3, 11; die Bedeutung Welt, die einige Reuere 
bier wieder aufnehmen, mwiderftreitet dem jtehenden Gebraudy des Wortes “oläm bei $.), 
und daß er doch dem dadurch beftimmten Verlangen des Menſchen nad tranjcendente 
Erkenntnis das Refultat verfagt hat 3,11; 7, 23f.; 8, 17f.; 9,1; 11, 5: fo iſt er doch 
der Melt nicht entrüdt. Alles, au das Vermwirrende und Demütigende menschlicher Er 
25 kenntnis weiſt darauf hin, daß in der Pflanzung der Gottesfurdt in der Welt feine Ab- 
icht beſteht 3, 14; 5, 6; 7, 18; 12, 135 er zürnt 5, 5; er wird ala der Nichter feine 
ronung auch in der fittlihen Welt durchjegen 3, 17; 5, 7; 8, 6—8. 13; 11, 10; 
12, 14. Darum giebt e8 auch fittlihe Güter in der Welt. Ein Gut ift das Leben 
9, 4}. 7—10; 11, 7f.; ein But die wahre Weisheit (f. 0.); ein Gut die Gemeinſchaft 
so 4, 7—12; ein But die Obrigkeit 5, 8; ein wohl mahrzunehmendes Gut die Freude an 
Arbeit und Lebendgütern, die Gott jedem zugemefjen. 3, 22; 2, 24; 3, 12; 5,17; 
6, 2—6; 8, 15; 9, 7f.; 11, 9. So ungewiß der von ihm allein abhängige Erfolg, fo 
gewiß ift doch, daß er da, wo Feine Arbeit, auf alle Fälle fehlt; darum ift wie Die Freude 
am Gegebenen und Gegenwärtigen, fo das Wirken im Gegebenen und Gegenmärtigen 
86 Pflicht, p lange es Tag ift. 11, 1—6; 6, 9; 9, 10. Kurz, jene Grundpofitionen, auf melde 
das welkende Judentum den lebendigen Reichtum bes prophetifhen Glaubens reduziert 
und die es mit Äußerfter Energie feitgebalten bat: die Gewißheit von dem Einen ewigen 
Gott, dem Schöpfer und Wegierer der Welt und von feinem Geridt, find das Funde 
ment, auf dem fich die Gedankengänge Koheleths, aud) die geivagtelten, bewegen. Wobei 
40 zu beachten, daß in Betreff des Gerichts er auf dem altteftamentlichen Boden bebartt, 
jofern er dasſelbe zwar ans Ende verlegt, aber über einen jenfeitigen Vollzug desſelben 
nichts ausfagt. Allerdings, in die Starken Felſen der religiögefittliden Grundanſchauung 
twüblen die Ginwürfe der Welterfahrung tief hinein. Dean hat den Eindruck ringender 
Gedankenreiben, und wenn an einzelnen Stellen Sat und Gegenſatz ſich im dialektiſchen 
45 Spiel folgt, fo Daß die mittlere Wahrheit von ſelbſt refultiert (4, 4—6. 7, 16—18. 5, 7}, 
jo ſtößt an anderen Thefe und Antitbeje hart und unvennittelt aufeinander (8, 11—13. 
2, 10}. 13ff. 3, 26. 6,2 u. 6.) Daber die Verfuche älterer, das Buch mit Gregor 
d. Gr. als einen Dialog oder nit Luther als eine Anthologie aus verſchiedenen Ber: 
faflern zu begreifen, denen ſich neuerlichft Bickell mit dem Einfall, die Riſſe des Zu: 
co ſammenhangs aus dem Verſehen des alten Buchbinders der Handſchrift zu erflären, und 
Siegfried mit dem mühevollen Scharffinn Des Verſuchs angeſchloſſen hat, Die Geſtalt dei 
Buchs nad) Analogie der Quellenſcheidung in den biftorifchen Büchern durch fchichtenmeile 
Entjtehung begreiflih zu machen. Gin Verſuch, der troß exegetifcher Gewaltthaten und 
der Annahme von vier ſehr verfchiedenartigen Verfaſſern keineswegs reſtlos aufgebt, und 
55 der wie alle ähnlichen an dem ftarfen Eindrud der Einbeitlichfeit der fprachlichen und 
ſchriftſtelleriſchen Individualität des Verfaſſers ſcheitert. Ohne die Möglichkeit fpäterer 
Zuſätze auch im Innern des Buchs von vornberein leugnen zu tollen, wird man doch 
jagen müſſen, dag jih Art und Geſtalt des Buchs am Beten bei der Annabme Eine 
Verfaſſers begreifen, der weit entfernt von dem Ehrgeiz des Tonjequenten Doftrinärs, mit 
eo rüdjichtslofer Ehrlichkeit als widerfpruchsvoll vorträgt, was er als widerſpruchsvoll be 


624 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


recht oberflählih; A. Brömel, Homiletiſche Kharatterbilder, 2 Bde, 1869 und 1874; A. Rebe, 
Zur Geſchichte der Predigt, Charakterbilder der bedeutenditen Kanzelredner, 1879. I. Lrigenes 
bis Zauler. II. Luther bis Albertini. III. Schleiermader biß zur Gegenwart; R. Rote, 
Selniate der Predigt von den Anfängen bis auf Schleiermadjer, Hrög. von N. Zrümpelmann, 
1881; H. Hering, Die Lehre von der Predigt, 1. Hälfte: Gefchichte der Predigt, 1894—189:, 
weitaus die befte zufammenfajiende Darjtelung. Kurze Skizzen in den Lehrbüchern der Homi: 
letit (j. d. 9. Homiletit Bd VIII ©. 295, ı6ff.; in der dort nod) nicht erwähnten Homilenl 
von %. 8. Steinmeyer, hrsg. von M. Reyländer 11 ©. 286—329 eine keineswegs voll: 
ftändige, aber fehr anregende Skizze) und in den Lehrbüchern der Praftifchen ieologit 
10 vgl. bei. Zöcklers Handbuch der theologifhen Wifienihaft, Bd 4, 3. U. 1890 ©. 290—3%, 
und E. Chr. Achelis, Lehrbud der praftiihen Theologie, 2. Aufl. 18988, Bd IS. 614f. 
Weitere minder widtige ältere Litteratur ift verzeichnet bei Paniel S. 19 ff. und bei Leng, 
I, ©. 12—17. Einzeldarftelungen in: G. Leonahrdi (fortgefegt von W. v. Langsdorff). Tie 
Predigt der Kirche. Klaffiterbibliothet der hriftlichen Predigtlitteratur. Mit einleitenden Mono: 
15 graphien, 1888 ff., bis jetzt 32 Bde, die Einzelbände von fehr verfchiedenem Wert; mande 
ausgezeichnet, andere unfelbititändig.e inige® bei E. Bindemann, Die Bedeutung bes 
Alten Teftaments für die chriftliche Predigt 1886; ©. Kawerau, Ueber Laienpredigt. Eine 
efchichtliche Betradytung, Monatſchr. f. J. M., Bd X; — vom katholiſchen Standpuntt ans: 
ppier in Weber und Weltes Kirchenleriton, 2, A. 1896 Bd X ©. 314—347, 
20 II. Bearbeitungen von Ausſchnitten der Predigtgeſchichte, ſoweit ſie größere Zuſammen- 
hänge verfolgen; alle Einzellitteratur ſ. am Anfang der betr. Abſchnitte. 
1. Die alte Zeit. J. Hildebrand, Diss. de veterum concionibus, 1661; F. B. Ferrarius, 
De ritu sacrarum ecclesiae veteris concionum, 1692; derf., Libri tres de veterum Christia- 
norum concionibus, 1621 u. d.; M. ©. Hanſch, Abbildung der Predigten im erſten Chrijten⸗ 
25 tum, 1725; Weiſſenbach, De eloquentia patrum 1. XIII, 1755ff.; Th. Tzſchirner, De clarıs 
oratoribus veteris ecclesiae Comment.. 1—IX, 1817—1821; %Billemain, Tableau de !’&o- 
quence chretienne au IVme gidcle, 1849— 1855; Probit, Lehre und Gebet in den drei erften 
Hriftliden Sahrhunderten, 1871, kathol. 
2. Mittelalter und fpätere Zeit, bejonders für Deutihland. Ph. H. Schuler, Geſchichte 
30 der Veränderungen des Geſchmacks im Prebigen, injfonderheit unter den Protejtanten in 
Deutichland, 3 Teile, von der Reformation bis Ende des 18. Jahrh. 1794; CH. W. Zlügge, 
Geſch. des deutfchen Kirchen: und Predigtwejens, 2 Bde, 1800; Döring, Die deutfchen Kanzel: 
rebner des 18. und 19. Jahrhunderts, 1830; C. ©. F. Schenk, Geſchichte der Ddeutjch-prote: 
ftantifchen Kanzelberedfamtkeit von Luther bis auf die neuejten Zeiten, 1841; 8. Schmidt, Ueber 
35 da3 Predigen in den Landesſprachen während des Mittelalters, THStK 1816; W. Beite, Die 
bedeutenditen Sanzelredner der Iutherifchen Kirche, Bd I (Reformationgzeitalter) 1856, 8 II 
(16. Jahrh. nach der Reformation) 1858, Bd III (Arndt bis Spener) 1886, vielfach treffliches 
Material; 8. 9. Sad, Gedichte der Predigt in der deutjchen evang. Kirche von Mosheim biö 
Menten, 2. A. 1875, ruhige, objektive Darjtellung; Cl. G. Schmidt, Geſchichte der Predigt 
10 in der evang. Kirche Deutſchlands von Luther bis Spener in einer Reihe von Biographien 
und Charakteriſtiken, 1872; J. Marbach, Geſchichte der deutihen Predigt vor Luther 1874, 
erfhienen nur Bd I, 1 Vorgeſchichte und erjte Periode I00—1250, mit vielen Allgemein: 
heiten und Srrtümern; ©. L. Schmidt, Bilder aus dem Predigtweſen der Rejormationzzeit. 
Sn: J. Marbach, Die dentfche Predigt, 1873— 74, vielfach unzuverläffig und überholt; L. Erie: 
46 brig, Zur Geihichte der Predigt von Mosheim bis auf die Gegenwart, 1875, ohne gründlid« 
Sihtung; M. Rieger, Die altdeutihe Predigt. In: W. Wadernagel, Altdeutfche Predigten 
und Gebete, 1876 ©. 291445; ©. Eruel, Geihichte der deutſchen Predigt im Mittelalter 
1879, beruht auf gründlicher Durdyarbeitung der Quellen und ragt hoch über die Borgänger 
hinaus; G. L. Schmidt, Prediger der Reformationszeit, ZprTh 1879 ©. 311 ff., 1880 ©. 17H, 
© 1885 ©. 113 ff.; derſ., Predigten aus der Reformationgzeit. Mit Einleitung über das Pre: 
digtiwefen in der Reformationgzeit, 1888 (16 Predigten von verſch. Verfaſſern über verſch 
Stoffe); F. R. Albert, Die Geſch. der Predigt in Deutfchland big Yuther, Bd I (600814) 189, 
Bd 2 (814— 1100) 1893, Bd III (1100— 1400) 1896; der Wert der Buchs beſteht vornehmlid in 
den Mnalyfen und den Mitteilungen aus dem Anhalt der Predigten. Die Methode, jede Fre 
65 digt vor allem inhaltlid) an der Bibel zu mejjen, führt nicht zu erjchöpfender, alljeitiger Bür: 
digung der houmiletiihen Produkte, E. Chr. Achelis, Meifter evangeliiher Kanzelberedfamtett 
(im 19. Jahrh.). In: C. Werdshagen, Der PBrotejtantismus am Ende des 19. Jahrhundertt, 
Bd II, S. 693— 716 (eine tiefgrabende, fein charakterijierende Darftelung; über das 19. Jahr: 
hundert das Borzüglichite, was wir beſitzen). — Werte vom katholiſchen Standpunlt aus: 
60 of. Kehrein, Bejchichte der katholiſchen Kanzelberedſamkeit der Deutichen, 2 Bde, 1843; ZN 
Briidar, Die kathol. Kanzelredner Deutſchlands feit den drei letzten Jahrhunderten, 5 VWde. 
1867— 1871; N. Linfenmayer, Gejhichte der Predigt in Teutihland von Karl dem rohen 
Dis zum Ausgange des neunzehnten Sahrhunderts 1886, jehr forgfältig, vielfach Eruel er: 
gänzend. Außerden vgl. F. Bel, Bemerkungen zu Schönbachs Geſchichte der altdeutſchen 
65 Predigt, Ztſchr. f. deutiche Philologie XXX, ©. 226—237; Woltersdorf, Zur Gejchichte der 
Leichenreden im MA, ZprTh VI (1884) ©. 359ff.; P. Keppler, Zur Paſſionspredigt dei 
Mittelalters HJG III (1882) S. 285 ff., IV (1883) ©. 161ff. Sehr wertvoll aud für die Ge: 


5 


626 Bredigt, Geſchichte der chriſtlichen 


geleiteten: Bibliothet der Kirchenväter. Auswahl der vorzüglichſten patriſtiſchen Werte in 
deuticher Ueberjegung, Kempten 1869 ff. 

3. Drude älterer deuticher Predigten und Predigtſammlungen. Müllerbof und Scherer, 
Dentmäler deutfcher Poefie und Proſa, 3. U. (hrsg. von Steinmeyer) LIX. LX. LXXXTVI; 

6 gofimann von Tallersleben, Fundgruben für Geſchichte deutiher Sprache und Litt., 1830, I, 
.66ff. (vgl. A. E. Schönbad unten 3. 26f., Bd IL); H. Leyfer, Deutſche Predigten de3 13. 
und 14. Jahrhunderts, 1838 (enth. Predigten aus der Leipzi er Sammlung); * in Haupt 
und Hoffmanns Altdeutſchen Blättern, II, S. 178ff. (2 Stücke derſelben Sammlung), vgl. zu 
diefen Leyjerihen Editionen U. E. Ehönbah unten 8. 22f.; Karl Roth, Deuiſche Fre: 
10 digten des XII. und XIII. Jahrh. Nebit einem geſchichtl. Borberiht 1839 (— Bd 11 Teill 
der Bibliothek der gejamten deutjchen Nationallitteratur von der älteiten bis auf die neueıe 
Zeit, Quedlinburg und Xeipzig vgl. hierzu U. E. Schönbadh unten 3. 24f., Bd ID; Fr. K. 
Grieshaber, Neltere noch ungedrudte Sprachdenfmale religiöfen Inhalts, 1842; Wild. Kader: 
nagel, Ueber die mittelalterlidde Sammlung zu Bajel, 1857 (enthält Bruchſtücke Möjterl. Tiid: 
15 reden [colläzien] aus der Mitte des 12. Jahrh.); %. Kelle, Speculum ecclesiae, 1858; il: 
helm Wadernagel, Altdeutſche Predigten und Gebete, 1875; 4. Jeitteled, Altdeutjche Predigten 
aus dem Benediktinerflofter St. Paul in Kärnten, 1878 (wenig zureihende Ausgabe; vgl A 
E. Shönbad) in Anzeiger für deutſches Altertum u. deutſche Litt, 1879 IV]J, 1); 3. Schmidt, 
Proömium und 7 Stüde aus den Predigtbuch des Priefterd Konrad. 9. Jahresbericht des K. 
29 8. Staatsgymnaſiums im III. Bezirte in Wien 1878, S. 1—20 (aud) im Zelbjtverlag des 
Berf. gejondert erjdjienen), vgl. unten A. E. Ehönbad 3. 28f.; -— ganz bejonders: Anton E. 
Schönbach, Altdeutihe Predigten. Bd I, 1886 (enthält alle noch nit von Leyſer (ſ. oben 
8. 6] gedrudten Stüde der Leipziger Handichrift und 3 Stücke der Blaubeurer Handidrift; 
13. und 14. Zahrh.); Bd II, 1888 (enthält die Oberaltacher Sammlung, welche K. Roth ji. o. 
a: If, zur Ergänzung von 6 Bruchſtücken der Regensburger Handſchrift benützt Batıe: 
hönbady hat diefe Regensburger Stücke bei den betr. Nummern wieder mitgeteilt, ebenfo das 
von Hoffmann [j. oben 3. 5 veröffentlichte Fragment, welches einer dritten Handſchrift der 
leihen Sammlung angehört, 12. Jahrh. und jpäter); Bd III, 1891 (enthält die deutſchen 
Bredigten des Prieſters Konrad aus der Wiener Handichrift [vgl. oben J. Schmidt 3. 18i.], 
30 dazu die einzelnen Nummern der Sammlung entipredenden Regensburger Fragmente [vgl. die 
Beröffentlihung von 8. Roth oben 3. 9). Diefe Ausgaben von Schönbach jind durch 
größte Sorgfalt, umfaſſende Ermittelung aller Beziehungen und Quellen des Inhalts der 
Predigten und durch trefflihe NRegiiter ausgezeichnet); — A. E. Schönbach, Predigtbrucjirude 
in 6 Bublifationen, fämtlic in ZA; I in Bd 19 (NZ Bd 7) 1876, ©. 181ff.; II in B% 
35 (N Bd 8) 1876, ©. 217 ff; III in Bd 22 (NF 10) 1878, S. 235 ff.; IV in Bd 24 (K512) 
1880, ©. 128ff.; V in Bd 25 (NF 13) 1881, S 288 ff.; VI in Bd 27 (NS Bd 15) 1883, 
S. 305; A. E. Schönbach, ZA Bd 28 (NF Bd 16) 1884, S. 1ff. (Weingariner Predigten); 
derj., Mitteilungen aus altdeutſchen Handſchriften EWA, Bd 94 (1879), S. 187—232 (ab: 
gedrudt verjchiedene zragmente von Fredigten bezw. Bredigtfammlungen). Ferner: ZA Bd 15 
4 (NF Bd 3, E. 373. (Pred. von Meiſter Edart); Bd 23 (NY Bd 11), ©. 345ff. (Haupt, 
Bruchſtücke von Predigten); Yd 24 (NF Bd 12) ©. 87 fl. (Schönbach und Steinmeyer, Zur 
Predigtlitteratur); Bd 32 (NF Bd 20), ©. 119 ff. (E. Heinemann, Predigtbruchftüde aus zer: 
ihnittenen Wolfenbüttler Hſſ.; Bd 35 (NF Bd 23), ©. 350, 355 ff. (Werner, Predigtbruch⸗ 
jtüde); Bd 38 (NF Bd 26), S. 200ff.; Bd 41 (NF Bd 29), ©. 364ff. (Etrauch, Bredigt- 
45 bruchſtückej; Bd 44 (NZ Bd 32), S. 186}. (Münchener Reimprebigt): — Graff, Diutiska I, 
©. 280. (Et. Galler Predigt); Birlinger in Alemannia IX, ©. 259f.; Germania (ed. Bfeiffer) 
Bd 1 (1856), ©. A4lff. (Ar. 8. Grieshaber); Bd 3 ©. 360ff. (Diemer, Predigtentmwürfe aus 
dem 13. Jahrh.): Bd 10 S. 464ff. (Barati; Bd 19 ©. 305 ff. (R. Diefenbady); Mone, An: 
zeiger für Kunde der deutfchen Borzeit, Bd 7 ©. 393 ff. (Weingartner Pred.), Bd 8S. 4009ff. 
so Ph. Strauch, Alemannifche Predigtbruchitüde aus dem 11. u. 12. Jahrh., in Ztſchr. f. deutſche 
Philol. XXX, S. 186-225; Fr. Pieiffer, Altdeutſches Uebungsbuch, S. 182 ff. (Weingartner 
Predigten); Fr. Pieiffer, Die deutfchen Myftiter des 14. Jahrh, Bd 1 1843, Bd 2 18: 
Keinz, EWA 1809, BD IL, S. 290ff.; Piper, Notker und feine Schule, III, S. 3995. (Weſſo 
brunner Predigten); W. Wadernagel, Altdeutfches Lejebuch (Zeil 1 vom „Deutichen Lejebudh”, 
55 enth. Poeſie und Proſa vom 4. -15. Jahrh.), 1. A. 1835, 2. A. 1839]. 

4. Deutjche Predigten nad) dev Reformation. W. Beite oben zu II 2; 9. Ned, Homi: 
letiiche Lektionen aus den Werken der Väter der ev. Kirche 1881; derj., Die Erbauungslitte: 
ratur der ev. Kirche Deutfchlands, Bd 1 (Luther big Moller) 1883; E. Bauer, Allgemeine 
Predigtianmlung aus den Werfen der vorziüglichiten Kanzelredner zum Borlefen in Land: 

60 kirchen, 3 Bde, 1S41- 1844: Bibliothek deutiher Canzel Beredfanifeit, Gotha und Nemw:Yort 
1327 ff. Corpus concionum miscell. 4 Tle. 1695ff,; Scott, Mujfterpredigten der jept be: 
fannten ausgezeichneten Kanzelredner Deutſchlands und anderer prot. Länder, 4 Bde, 1836 
bis 1837; Stöckicht, Die hrijtliche Predigt in der evang. Kirche Deutſchlands, 3 Bde, 1876 
bis 1850; — aus neuejter Zeit! E. Quandt, Sonn: und Feſttagspredigten. Cammlung von 

65 Predigten gläubiger Zeugen der Gegenwart, 1. die jrohe Botichaft, 2. die Erkenntnis dei Heils, 
3. der Weg des Lebens; 2. Etage, Wahrheit und Friede, 1. Bd 1894, 2. Bd 1898; Geiit 
und Leben 1. Bd 1595, 2.88 1809; Gnade und Freiheit 1901, Vredigten von Anhängern 


628 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


tigfter Beichränlung auf die eigentliche Aufgabe. Unzäbligemale find die Briefe ver 
Apoſtel alg Mufterbeifpiele der Predigt der Apojtel verwendet worden. Nun lafien die 
neutejtamentlichen Briefe wohl die Geftalt erkennen, in melcher die Apoftel Gegenftänk 
des chriſtlichen Glaubens unter verfchtevenen Umftänden und bei verjchievenen Anläfien 

5 dargeftellt und den Gemeinden nahegebracdht haben. Sie geftatten auch reichlidde Schlüfie 
auf die Art, in welcher diefelben die fittlihen Zuftände in ihren Gemeinden zu erörtern 
pilegten, um die Forderungen der chriitlichen Sittlichleit ebenfo ernft wie geichidt und 
wirkſam geltend zu maden. Gewiß wird dieje Art, mit den Gemeinden umzugehen, ın 
dem mündlichen Verkehr mit denſelben mefentlich die gleiche gewefen fein. Trotz alledem 

10 muß aufs Nahdrüdlichite betont werden, daß Briefe eben feine Predigten find. Es fehlt 
jede Möglichkeit, aus ihnen in einzelnen zu beftimmen, in welchen Formen fich etwa 
Anſprachen der Apoftel beivegt haben mögen, welche im engeren Sinne gottesbientlicen 
Charakter hatten. Und es braucht nur auf einen Brief wie den Römerbrief hingewieſen 
zu werden, um zu zeigen, wie der Briefcharalter die gejamte Darftellung, Ausfü 

15 und Formgebung beherrſcht. 

Se mehr man allmählich auf die Verwertung der neuteftamentlichen Briefe in dieſer 
Richtung verzichten lernte, um fo zäher hielt man ſich für die Charafterifierung der ape- 
itolijchen ‘Bredigt an die von der AG mitgeteilten Reden des Petrus und des Baulus. 
Indeſſen auch der Verwertung diefer Stüde ftellen fih mannigfadhe Schwierigkeiten ent: 

20 gegen. Noch ſtehen fich bezüglich der Entitehung diefer wie der anderen Neben der AG 
recht verſchiedene Anfichten gegenüber: die einen erklären fie geradezu für mehr oder minder 
freie Erfindungen des Verfaſſers des Buchs (Jülicher, Einl. ins NT, 3. u. 4.4. 1901, 
©. 351), die anderen fahen in ihnen, wenngleich twieder in ſehr mannigfaltiger Art, eine 
„Nachwirkung de Nedevorgangs” (4. B. Hering, Geld. d. Br. S. 3). Aber alle, aud 

25 die konſervativſten Beurteiler, find darin einig, daß fie in feinem Fall als Nachichriften 
oder genaue Miedergabe gehaltener Predigten gelten dürfen. Ihr Worworrat wie ibr 
Stil ftellen fie in enge Verwandtichaft zu dem Übrigen, mas vom Verf. der AG ftammt; 
und ihr Lehrinhalt fteht mit dem, was wir aus den Briefen über die Verfündigung der 
Apostel willen, nicht auf gleicher Stufe. 

30 Außerdem iſt bezüglich diefer Neben zu beachten, daß fie nach der ganzen Situation, 
in welche fie hineingezeichnet find, nicht entfernt als Predigten im Sinne von gotte: 
dienftlichen religiöfen Anfprachen genommen werden können. Sie entfprechen fämtlid 
einer ganz bejonderen, konkreten Situation, die regelmäßig von derjenigen einer chriftlichen 
Semeindeverfammlung außerordentlich verfchieden ift. Petrus redet vor Juden aus allen 

35 Yändern unter dem einzigartigen Eindrud des Pfingſtwunders (2, 14 ff.) und ebenfo ver 
jeinen jüdischen Volksgenoſſen nach der Heilung des Lahmen (3,12). Die Rede 10, 347. 
ift ganz beherrjcht von der vorausgegangenen Belehrung über Gottes Abfichten betreils 
Rein und Unrein; fie will außerdem nichts anderes fein als eine häusliche Anſprache vor 
einer Schar von Unbejchnittenen. Von den Reden des Paulus trägt diejenige zu An: 

0 tiochia (13, 16 FF.) den Charakter einer Miffionsanfprache vor Juden. Dagegen find bie 
Norte zu Lyſtra (14, 15 ff.) ganz und gar mit der befonderen Lage verwoben: Heiden 
vergöttern die chriftlichen Miffionare und diefe proteftieren energiih. Die berühmte Rede 
des Paulus auf dem Areopag zu Athen (17, 16ff.) iſt als eine beſonders für disputa— 
tionsluftige Philoſophen berechnete Darlegung gedacht. Und die Anfpradhe an die Alteiten 

#5 zu Epheſus (20, 17 FF.) trägt fo perfönlichen Charakter und ift in fo hohem Grade von 
der Abſchiedsſtimmung beberrfcht, daß fie erft recht nicht als „Predigt” in Betracht fommen 
kann. Dasjenige alfo aus diefen Neden, was allgemeineren Charakter trägt, iſt Miſſions— 
rede und nicht Gemeinderede. Mag man nun die Art der Apoftel ſelbſt darin wieder: 
gefpiegelt finden, oder mag man fihb für berechtigt halten, die Neden zur Kennzeichnung 

50 der Art zu verwenden, wie ein chriftlicher Schriftiteller des erſten Jahrhunderts ſich folde 
Reden gedacht bat, — jedenfalls ergeben ſie für die Gemeindepredigt und ihre Gedichte 
nichts. Wohl aber mag die Miffionspredigt jener erjten Zeit wirklich die Züge aufge 
wieſen baben, welche den Neden des Petrus und Paulus eigen find. In diefem Sime 
find zu beachten: den Heiden gegenüber die padenden Antnüpfungen an Gottesglaube 

65 und GSotteöverebrung in der griechischen Religion, die Feinheit, mit der gegenüber dem 
gebildeten Philoſophen auch einmal ein Dichterwort aus deſſen eigenem Lager benügt 
wird, der fcharfe Gegenfaß zum Polytheismus, two er in kraſſer, finnlicher Form hervor: 
tritt, die energiſche Bezeugung des Wunders, das in Shriftus geſchehen iſt, der ernſte 
Appell an das ſittliche Gewiſſen, verbunden mit der Ankündigung baldigen, zur Einkehr 

co mahnenden Gerichts. Den Juden gegenüber aber wird fiherlih dag AT, die Erinne 


630 Predigt, Gedichte der chriſtlichen 


©. 123ff.; für Hippolyt bei. Trümpelmann in R. Rothes, Geſchichte der Predigt, Anhang 
6.483 ff.; Kleinert (oben S. 627, 41) ©. 22 ff. 267; in Predigt d. Kirhe Bd 22 ©.13 ff. Leber: 
jeßung der Rede Eis ra üyıa Beopareıa. 
Der größte Denker und Gelehrte der griechiichen Kirche, Origenes (ſ. d. A. BoXIV 
5 ©. 467), nn auch der Bater der griechifchen Predigt im eigentlichen Sinn als f 
firchlicher Sitte. Insbeſondere Tann man die fortlaufende theologifch-praftifche Auslegung 
eines beitimmten Tertes in der Predigt, alfo die „Homilie” in dem fpeziftichen Sinn de 
Mortes, auf ihn zurüdführen. Wichtig iſt auch, daß die ‚Brebigt. in diefer Zeit der an 
tretenden Scheidung des Gottesdienftes in einen homiletiſch-didaktiſchen und einen myſta⸗ 
ı0 gogifchen oder Kommunionteil nicht mehr einen rein ejoterifchen Charalter behält, ſondern 
wegen der Anweſenheit auch der Katechumenen zugleich miſſionierend-apologetiſch zu wirken 
fudt. Sie darf die divina mysteria nur andeuten, daher die feit Drigenes häufige 
Formel an jolden Stellen der Predigt: Icaoıw ol ueuvnusvor. 
Über die auf ung gelommenen Homilien des O. ſ. d. A. Bd XIV ©. 478,#Ffl; 
15 ebendort iſt auch feine Predigtweiſe (S. 479,8 ff.) und feine auch für die Predigt wichtige 
Auslegungsmethode (S. 479,23 ff.) kurz charakterifiert. Cinige® mag hinzugefügt werden 
Dur ihn erhält die Predigt die feite Form einer Terterflärung und Anwendung. Die 
Erplifation des Lehrinhalts eines Schriftabfchnitts, Die bisher fehlte, tritt in den Vorder: 
grund; die jpezielle Paräneſe verallgemeinert fich; die bisher mehr aphoriftifche Anwendung 
20 der Allegorie in der Schrifterflärung wird nun durchgeführte Methode. Dies iſt das 
Neue und Tonangebende in feiner Predigtweiſe Fortan gewinnt die allegoriſche Aus 
legung mit ihrer Willkür, auch mit ihrer Vorliebe für das AT einen unabſehbaren Einfluß 
auf die homiletiſche Schriftbehandlung der Folgezeit bie zur Reformation. O. folgt 
in der Predigt, meift mit einem Exordium beginnend, ziemlich genau dem Tert Bers für 
25 Vers, legt ihn bisweilen grammatifch-biftorish aus, ſchält aber, damit felten zufrieden, 
aus diefer Schale meiſt den tieferen müftifchen oder allegorifchen Sinn heraus. Bei alt: 
teftamentlichen Berichten fucht er gern in äußeren Dingen Abbilder des Überſinnlichen, 
bie und da auch Typen Ghrifti und feines Reiches. Uber er vergißt nicht, daß die Ent: 
widelung des moralifchen Sinnes, die praftifch-paränetifche Schrifterllärung, die eigentliche 
su homiletiiche Aufgabe fe. Da wird denn Vieles, mas ald äußere Gefchichte erzäblt ift, 
verinnerlicht und fo verflüchtigt; Tiere werden zu Leidenfchaften, Bäume zu Tugenden, 
Brunnen zu Erkenntniſſen u. ſ. f. Von einem eminenten Gedächtnis, ſtaunenswerter 
Schriftkenntnis und Gelehrſamkeit unterſtützt, weiß er auch Heine Züge geiſtreich, vielfach 
praktiſch, öfters allerdings auch breit auszulegen und anzuwenden. Hie und da freilid 
35 geht er im AZurechtlegen einzelner von der Schrift berichteter Handlungen (f. Vots Töchter, 
gom. 5 in Gen.) bedenklich weit. Er ſchließt ganz kunſtlos, meiſt mit einer Dorologie. 
Sp ſonderbar und willfürlih die allegorifhe Deutung oft anmutet, fo fpielt er doc mie 
aus bloßem Wohlgefallen mit derjelben, fondern fucht ſtets ein erbauliches Reſultat damit 
zu gewinnen. Doc will er mehr die chriftliche Erkenntnis vertiefen, ald auf den Willen 
40 wirken. Lehrhafte Gedanken treten bei diefer durchaus ſpekulativ didaktiſch angelegten 
Natur überwiegend entgegen, viel feltener der asketiſche Geiſt der alexandriniſchen Theo: 
logie. Totus est in docendo (Erasmus). Formell gleicht feine jchlichte, rubige, mit: 
unter trodene dunynois (c. Cels. III, c. 50), die fih nur auf Momente je und je zu 
höherem Schwung erhebt, nie nach rhetorifcher Fülle, Rundung oder Abwechſelung ftrebt, 
45 die ihre Einheit lediglich in Schriftabjchnitt hat, des Themas und der Dispoſition aber 
entbehrt, mehr einem praktischen Kommentar als einem rednerischen Kunſtwerk. — 
Darüber, inwieweit die fchlichte Homilie in der Schule de Origenes weiter gepflegt 
wurde, fehlen ung ausreichende Belege. Die unter dem Namen Gregors des Wunder: 
thäters aufbebaltenen Homilien find wahrſcheinlich fpäteren Urfprungs (f. d. A. Bd VII 
60 S. 158, 1 ff). Ihrer Art nach gehören bierher die in ſyriſcher Sprache fpäterbin, nämlich 
wilchen 336 und 345 verfaßten Homtlien des „perfifchen Weifen” Aphraates (ſ. d. A 
BDIS.611). ‚jedenfalls traten die Warnungen des Drigenes vor eitlem Prunken mit 
rhetoriſcher Kunſt allmäblih in demfelben Maß in den Hintergrund, ald die Sitte ſich 
einbürgerte, die Jahrestage der Märtyrer gottesdienftlich zu feiern und biebei nah Ar 
65 der heidnifchen Panegyriter am Jahrestag des NegierungsantrittS des Kaiſers kunftvolle 
Gedächtnis- und Yobreden auf jene zu balten. Zur jehmudlofen dukte tritt allmäblih 
der Funjtvolle Adyos, zunächſt als Aöyos narıyyuoıxös, im folgenden getraum aber aud 
die Lobrede zum Gedächtnis großer Männer überhaupt und fonftige Kafualreden (Ordi⸗ 
nations-, Antritts-, Abjchiedsreden u. ſ. f.). Tiefe Neden werden befonders im 4. hie 
so 5. Jahrhundert zur Entfaltung des üppigjten rbetorifchen Glanzes benugt. Die Anfänge 


632 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


punkt ihrer altlirchlichen Blüte. Nicht felten in heidniſchen Nhetorenfchulen gebilvet, ar: 
beiten nun aud die bedeutendften chrijtlichen Prediger nach Kunſtregeln auf redneriſche 
Effette hin. Ihre Kraftitellen find häufig mwohlberechnete, eingelernte Figuren. Die Kunft 
wird Selbitzwed. Dem Glanz der Rede fühlt man oft das Glänzenmwollen ab. Tie 

& den Text ihuftrierenben Bilder aus dem Leben paden; aber die oratorifche Fülle, dic 
Übertreibungen, die Schönmalerei hat nicht felten mehr Blendendes ald wahrhaft Yeuk: 
tendes und tief Wärmendes. Statt wirklicher Erbauung fuchen die Hörer oft nur ältke 
tiichen Genuß und laufen nach der Predigt vor der Kommunion wieder fort (Chrofeft 
hom. 3 in ep. II ad Thess.). Tie Predigt wird ein bäufig vom Volk beflaticte 

10 firchliches Schaufpiel. Daher die Klagen erniter Kirchenlehrer über den ».ooros, über das 
von ihnen felbit verzogene Publikum und feinen verborbenen Gefhmad (3. B. Chryſoſt 
hom. 30 in Acta Ap.; Gregor v. Naʒ. orat. 36; carm. adv. episcop.; Hieron. Comm. 
3. Gal.:Br. Vorr.). Vollends die Kaſualrede, zumal die Leichenpredigt feit der zimeiten 
Hälfte des 4. Jahrhunderts mit ihrem überladenen Prunt und unevangelifchen Menſchenlob 

15 % t, daß eine wahre innere VBermittelung zwifchen dem Zmed der Predigt und bieder 
Iatfzichen Redekunſt nicht gefunden ift. 

Der Form nad) blieben die Homilien analytifche Terterflärung und Anwendung 
ohne Thema. Die Aoyoı deuten ein joldhes öfter an oder nennen e8 auch (bei. häufig 
über moral. Gegenftände: Trunkſucht, Wucher u. ſ. f.); aber aud ihnen feblt meijt die 

20 ſyſtematiſche Anordnung und Einteilung. An die heutige ftrenge Architektonik unierer 
fontbetifchen Predigt ift noch nicht zu denken. Der Eingang leitet bald rbetorijch den 
Gegenſtand ein, bald bildet ihn nur ein kurzes Gebet (Auguftin) oder ein „Gelobt fa 
Gott” (Chryfoft.), oft mit dem Kanzelgruß edoyvn näoıv, pax vobiscum, den die Ge 
meinde durch xal uera nvevuaros oov erividert. Die gewöhnliche Anrede, tft: meine 

25 Brüder; bei ANuguflin” findet fh je und je auch das jonft den Biſchöfen und Abten (fpäter 
dem Papft allein) gegenüber übliche sanctitas vestra, aud) caritas, fidelitas vestra. 
Der Schluß faßt bald zufammen, bald ermahnt er; in der Regel läuft er in eine Do: 
Iogie au. Das „Amen“ tft feit dem 4. Jahrhundert häufig. 

Der Inhalt der Predigt fpiegelt alle Strömungen des inneren Lebens der Kirche 

so deutlich ab. Neben der noch immer voriwiegenden alerandriniichallegorifchen Methode 
eigt fih nun auch die grammatifch-hiltorifche Interpretation der Antiochener; bie tief ein⸗ 
— Vehrſtreitigkeiten des Zeitalters machen ſich bemerkbar; die immer ſchärfer ſich 

ausbildende Prieſter- und Opferidee, die Überſchätzung der Myſterien eint ſich mit der 
wachſenden Tendenz auf imponierende Feierlichkeit und ſtrenge hierarchiſche Ordnung 

35 Man erkennt die ſich allmählich feſter geſtaltende Feier des Kirchenjahrs mit feinen Feſten 

und Gedächtnistagen, wie den allgemeinen Trieb zu ſteigender Verehrung der Märtyrer 
und der jungfräuliden „Gottesgebärerin” (Predigten ibr zu Ehren feit dem 5. Jabrh.). 

Das überjpannte Lob der guten Merfe und namentlihd auch der Zug der Zeit zu be 

jchaulicher, mönchiſcher Askeſe ſpiegelt fih ab. Einen Hauptteil des Predigtinhalts bilde 
daher jegt bejonders im Drient vielfach die Volemik, die das Togma bis in die feiniten 

Spitzen der Gemeinde einprägen will. Im übrigen zeigt fih im Orient mebr poetdd 

pbantafievolle, im Abendland mehr dialektifch nüchterne Rhetorik; dort mebr ideale Über: 
ſchwänglichkeit, ja Schwulſt und pruntendes Wortgeklingel, bier mehr reale praftiiche Ten: 
denz, größere Einfachheit und Klarheit. Tod iſt auch in diefer Periode den Rednern in 
ihrer Geſamtheit ein beiliger Ernft, ein von der Wahrheit des chriftlichen Glaubens und 
dem Segen der Kirche tief erfülltes und begeiftertes Gemüt nachzurübmen. Noch leben 
fie in der Schrift, argumentieren aus ibr wie auch aus der Gejchichte Der Kirche und 
zeigen oft eine große Wertrautbeit mit der biblifchen Gefchichte. 

Tas Predigen wird allmäblid Berufsſache, inebefondere mehr und mehr der Biſchöfe. 

o Schon die Entwidelung der vorbergebenden Zeit weiſt deutlich in dieſe Nichtung. Neben 
den Bifchof predigt der Presbyter, vor allem in den Yandfirhen. Der Diakon darf nur 
nit Ermächtigung Des Biſchofs predigen. Der Bilchof predigt figend von feiner Kathedra 
aus. Vor größeren Zubörermaſſen wird oft vor dem Altar oder vom Ambon herab (jo 
gewöhnlich Chryſoſtomus und Auguftn) gepredigt. Die Gemeinde bört bald ſtehend (Nord: 

5 afrika), bald Figend zu (Italien und Orient). Tie Predigt hat ihren Play im erſten 
Teil des Gottesdienſtes nad den Pſalmgeſängen und Schriftleftionen und vor den Kirchen: 
gebeten. Ein Zchrifttext oder eine Schriftleftion Liegt ihr faft durdiiveg zu Grunde Der 
Vortrag war frei, nicht unmeditiert, aber felten memoriert, die Tauer ſehr verfchieden, ın 
der lateinischen Kirche kürzer als in der griechtichen, wo mande Hörer ab und zu den 

ww Schluß nicht abwarteten. 


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634 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


prunts, in gefuchtes Pathos, ins Schmwülftige und Maßlofe bis zur Leidenſchaftlichken 
Die Häufung der Namen, Eigenfchaften u. |. w. (f. I. Pred. zu Nazianz) ift mitunter 
unglaublich; die Überfülle der Erklamationen fchadet oft wieder ihrem Eindrud. Cr wil 
„erteidiger des janften Wortes” fein (Carm. 1. II, 1, 11); aber er bietet in den gem 

6 tlammenden Schmähreben auf Julian (Adyoı ornÄırevuxoi 4 u. 5, nicht vor der Ge: 
meinde gehalten) die ganze alttejtamentliche Rüſtkammer auf zur moraliſchen Vernichtung 
„des Drachen, des Aſſyrers, Ahabs, Pharaos“ u. ſ. f. Stets treu bleibt er ficb aber m 
der nachdrücklichen Verteidigung der orthodoren Trinitätslehre (f. bei. Orat. 71—31), dr 
den Hauptinhalt feiner Predigt bildet. Obwohl er die dogmatifchen Subtilitäten, die in 

10 jener Kampfeszeit auch dem niederen Volf geläufig waren, einzujchärfen weiß, verliert a 
doch bei aller Polemik den praktischen Predigtziwed nicht aus dem Auge. Die troden 
theologifche Formel erjcheint überall religiöß belebt und erbaulich verwertet. Seine Pre 
digten, fait alle Aoyoı, ohne jpeziellen Text, flechten nur verfchiedene Schriftworte em, 
verfolgen aber einen Gedanken und Zweck, ob auc mit vielen Abſchweifungen. He: 

15 vorragend find außer den genannten unter den moralifchen Reben die „über die Mäßigung 
im Disputieren” und „über die Liebe zu den Armen”, unter den Lobreden die über die 
Makkabäer Orat. 15. 

Auf ihrem Höhepunkt tritt und die griechische Predigt in dem Antiochener entgegen, 

in welchem die alte Kirche ihren größten Redner ehrt, weil in feiner Rede das Halfte 

»» und das biblijchzeregetiiche, das rhetoriſche und das volkstümlich praftifche Element fih 
inniger als in andern durchdrangen, und beſonders, weil auch feine Predigt ihn als ganzen 
Mann und feiten Charakter durchweg erkennen läßt, in Johannes Chrofoftomus 
Über ihn ſ. d. A. Bd IV S. 101ff.; dort Aufzählung feiner Homilien S. 107,8ff; 
Bedeutung feiner praktischen Thätigkeit und Stellung zur Schrift S. 109, 31 ff.; dogma- 

35 tiſche Stellung feiner Homilien S. 109,5: ff.; Bedeutung und Art ale Prediger ©. 111, 
ff. aff. Schärfer ald dort ift herborzubeben, wie Chr. troß aller Anwendung rhetori⸗ 
ſcher Aunftmittel doch auch in den Predigten den Tert gründlih auszunügen weiß. Mi 
den Rhetor verbindet ih in ıhm der Echriftausleger. — Unter feinen Nachahmern fa 
nur fein Zeitgenoſſe Aſterius, Biſchof von Amafea, hervorgehoben, deifen Homilien fih 

so durdı fruchtbare Behandlung und glüdlihe Teilung des Tertes auszeichnen (ſ. d. A. Bo I 
S. 102). 

In der Gruppe der vorwiegend dogmatiſch-didaktiſchen Prediger ftehen rbetoriih me 
niger bedeutende Gejtalten. Won den vielleicht hierher gehörigen en des Biol 
Fufebius von Emefa (ſ. d. U. Bd V S. 618F. bei. 618,46 ff.) iſt faſt nichts erhalten. 

u Die fatechetifchen Neden des Cyrill von Jeruſalem, von dem Homilien nicht erhalten 
find, geftatten, ibm bier einzureiben (f. d. U. Bd IV S. 381 ff, bef. 383, a1 ff.). Übe 
die lediglich dogmatiſch intereffierten „Reden“ des Athanaſius f.d. A. Bd IIS. 191 f, 
bei. 2.200,27 ff. Die Homilien des Cyrill von Alerandrien (vgl.d. A. Bd IVES.377f, 
bef. 378, 57 ff.) tragen gleichfalls ausgeprägt dogmatifchpolemifchen Charakter. Als eigen: 

go tünnlicher Homilet tritt der Antiochener Theodoret, Biſchof v. Cyrus (vgl. d. A.) be 
fonders durch feine 10 Reden von der Vorſehung Gotte8 (ohne Texte) bervor. Hier 
predigt er eine Art natürlicher Religion; er fucht den Vorſehungsglauben mit feinem Einn 
und großem Echarfblid in jtreng geordneter Darftellung, bündiger und lichtvoller Diktion 
aus der Schöpfung durch phyſikotheologiſche Beweiſe und eine Theodicee der focinlen 

10 Verhältniſſe zu rechtfertigen, von der Werfitatt Gottes in der fchaffenden und ernäbrenden 
Matur zu feiner Offenbarung in Chriftus aufiteigend. Tas phyſikaliſche und phyfiolo⸗ 
giſche Detail, das ſich mitunter ing kleinlich Anatomiſche verliert (ſ. die Darlegung bei 
Naues der Hand, Rede h) erinnert ganz auffallend an manche rationaliftifche Hebner des 
18. Juhrhunderts. 

za zIu Der asfetifchen und myſtiſchen Gruppe gehören befonders Die Prediger der Wüſte, 
in Monchevorfteber. Die 29 Reden des ägyptiſchen Möndes Jeſajas, eines Zeit: 
gennſſen Des Mbanafius, find ſchlichte Homilien im Charakter der hriftlichen Urzeit. Die 
meiſten ſchließen fich nicht an einen Tert an, aber fie entbehren auch der Allegorie. Es 
Hr praktiſche Ermahnungen, teils allgemein chrijtlicher Art, teils fpeziell an die Möndk 

eypahibtet In ihrer fententiöfen Norm und mit ihren finnigen Vergleichen erinnern fie 
ion an Secrivers zufällige Andacıten, in der Aufzählung der Tugenden (Orat. 7) mu- 
tatın anutandis an die älteſte Moralpredigt Buddhas (Allg. Miſſ. Ztichr. 1876, 388 fi). 
Kan Makarius dem Alteren (. d. A. BD XII S. 91, bef. ©. 91, ff.) find 50 Se: 
mitien erhalten. Es find tertlofe Neden; Die meisten geben Antworten auf Fragen der 
wi Dinmbs Redneriſchen Glanz zeigen fie nicht, aber fie weiſen eine Fulle von edlen Bil 


636 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


landes noch mehr durch feine außerordentliche Begabung ald Dogmatiker und Tialcktile« 
und durch die großartige Energie jeined vom Evangelium tief ergriffenen Geiſtes, ak 
jpeziell durch feine rhetorifche Bildung, feinen unermüdlichen Eifer im Predigen (oft pre 
Digte er täglich, zumal in der Faſtenzeit, meift ohne fchriftlihe NWorbereitung, aber mx 

5 ohne Gebet) und feine bomiletifche Fruchtbarkeit. Über ibn f. d. A. Bd II E. >37: 
feine Predigten find dort 283, ff. aufgezählt. 

Im Unterfchted von Chryſoſtomus wie von Ambrofius ift die Predigt Auguftin 
vorberrichend felbiterfabrene, zeugniskräftige, dialektiſch Scharf gefchliffene und doch fer 
praftifche Xchre. Diefer frühere Lehrer der Rhetorik bat feine heidniſche Schulbildung un 

10 Wiſſenſchaft weit mehr innerlich überwunden und dem Evangelium dienitbar gemadt als 
jene griechifchen Rhetoriker. Er macht immer den Eindrud eines Mannes, der heilsgewiß 
triumpbiert, nachdem er den Irrwegen des Fleiſches und der falfchen Philoſophie, bei 
Heidentums und Ketzertums entgangen. Was er gelebt hatte und lebte, das bekannte 
diefer Mann der Konfeffionen; und was er lehrt oder befämpft, fühlt man ibm ftets ala 

15 in eigener beugender oder feliger Erfahrung felbft erlebt ab. Daher die binreigende Madt 
jeiner Predigt. Logik und Rhetorik, Vertrautbeit mit Klafjifern und Häretikern, While 
jopben und Aftrologen geben feinem fcharfen Verjtand, feiner tiefen Spekulation und le: 
baften Rombinationsgabe ebenfo die dialeftiihe Schulung des Gedankens, den präzien 
Ausdrud und reiche Gebiete zur Slluftration, wie feine tiefe Heilserfahrung, jtete Selbtt: 

20 gucht. und fleigige Schriftforfchung feiner Predigt eine oft überwältigende Zeugniskran 
verleihen. 

Gegenüber den Griechen zeichnet ihn ein tieferer Durcblid in Die chriftlichen Grund⸗ 
wahrbeiten aus, der für den Mangel der Einzelerflärung des Tertes entichädigt (f. be. 
tract. in Joan. und Auslegung des Vaterunſers serm. 56—59). Angenebm berührt, 

35 daß er im Allegorifieren doch wenigstens etwas mehr Takt zeigt, die hiſtoriſche Wirklichlen 
bei altteftamentlichen Erzählungen ein Hein wenig mebr gelten läßt und im Verhältms 
zu manchem der griechifchen Redner die Polemik nicht ganz fo ſtark in den Vordergrund 
bringt. Scine Neben zeigen wohl auch größere Einbeit, ftrenger zufammenbängende Ge 
danfenfolge, wiewohl ſyſtematiſche Anordnung und feiter Entwurf vermißt wird. Tie 

30 dogmatiſche Erörterung ift oft mebr wilfenjchaftlich als populär; die Beweiſe find mandmal 
advokatiſch⸗ſpitzfindig; die ethifch-antbropologifchen Ausführungen aber find von einig: 
artiger Tiefe des chriftlihen und zugleich mwillenfchaftlihen Sinned. Herrſchende Yaiter 
ftrafen, Buße predigen, aber auch zur Yicbe Gottes locken kann er wie Wenige (beionbers 
trefflib serm. 9. IR. 19. 20. 34. 125. 180. 344. 351 u. a.) In den Feſtreden preiit 

35 er Die großen Thaten Gottes mit befonders begeiftertem Schwung. 

In der Daritellung fefjeln die ſchneidige Tialektik, die prägnanten Antitbeien (. z B. 
Predigt am Stephanustag, sermo 31-4), Wortfpiele, witzige Cinfälle, pfeilichnell binge 
worfene, geiftwolle Gedanken; ſodann die große Yebbaftigfeit der Anfaſſung und der fee 
Happort mit den Hörern, der zuweilen die Nede faft zum Dialog werden läßt. Ta 

so wirfen in den obnebin meift kurzen “Predigten die imperatoriiche Kürze des Auabruds, 
die Eleinen Sätze padend, oft binreigend. Solden Worzügen gegenüber treten leicht er: 
kennbare Fehler, wie Mangel an Methode und gründlicher Ausführung, einzelne Spide 
reien, Gemeinplätze, bie und da auch Breittreten eines Gedankens, in den Hintergrund. 
Überall liegt ein Tert zu Grunde. Der Eingang iſt meift ruhig, einfach; ein Thema 

45 oder eine Teilung wird ſehr felten angefündigt; ein Gchriftivort, eine kraͤftige Senten; 
oder eine Aufforderung zum Gebet bilden den Schluß. 

5. Niedergang der griechiſchen Predigt vom Ende des 5. Jahrhunderts an. Blid 
auf die ſpätere griechiſche (und ruſſiſche) Kirche. Das übertriebene Wortgepränge der 
griechiſchen Kanzelberedſamkeit, zumal der Kaſualreden wie die Lobrednerei ſelbſt auf ned 

50 Lebende, ja Zuhörende, ſogar auf Heiden (Gregor v. Nazianz auf einen anweſenden hab: 
niſchen Philoſophen!), alle dieſe Dinge erweiſen ſich bald ala Elemente des Verfalls 
Anderes wirkt in gleicher Richtung. In der Reichskirche treibt die Predigt immer aus 
ſchweifender Heiligen- und Marienkultus; ſie wird immer ſpitzfindiger im ‘Dogmatilieren, 
immer weltflüchtiger in der empfohlenen Askeſe, immer oberflächlicher in der Betonum 

55 der Werkheiligkeit. Dazu kommen Momente der gottesdienſtlichen Entwickelung mie dei 
Zuſammenſchwinden des didaktiſchen Nultusteils zur bloßen Einleitung der Opferbandlung, 
die glanzvoll rhetoriſche Ausbildung der Yiturgie und ihre Entfaltung bis zur bierurgid 
dramatiſchen Darftellung der beil. Geſchichte im Späteren griechtfchen und ruſſiſchen Gottes 
dienſt. In dieſem ganzen Rahmen wird die Rolle der Predigt immer unſicherer, ſie jelbtt 

vo immer entbehrlicher. 





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Grundlag der Predigt war, fi — 
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neseit, saltem hoc, quod notissimum est | 

et faciant bonum, inquirant pacem et Meet eam ... Derfelbe erklärt 

einem ziveiten Capitulare: Commonendi sunt (sacerdotes), ut diebus 

pro captu ingenii unusquisque sacerdos ad plebem sermonem praedicationis 

faciat, Das —— episcoporum (801): Ut omnibus festis et dominieis 16 

diebus unusquisque sacerdos evangelium Christi populo praedieet, Die 

bon Tours 813 beitimmt Can. 17: Visum est unanimitati nostrae, ut quilibet 
episcopus ar homilias ceontinentes necessarias admonitiones, —— sub- 


‚id est de fide catholica prout possint, de perpetua 
retributione bonorum et aeterna damnatione — — — Ha rede 








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ot, das —— die aus ber —— bi ui Scene ae — in ve 
Eittenlebre ſoll von den Lajtern und —— =. ‚und von den 
Tugenden und Werfen, = das ewi werben. Zugleich 





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ef So Intoefung auf das Gericht und das — © * Linſen⸗ 
—— 7f). — errang 
— —— tthätigkeit eingewirkt. Wenn ee 
at die — nn han Ark na —*. 
— 33 a) Aus dem Geſagten ergiebt ſich von fi 


— redi d . 
An iicher. T igt in tefem eitabichnitt eriftiert —— 


digt ‚I | 8* 
fpätere Niederfhrift der in der Volleſprache gehaltenen Predigten, zu noch größerem 
Teil Predigtmufter für die Vorbereitung oder aud) geucben für Die u erh 
durch den Prieſter. Lateiniſch * die zahlreichen 
Smerke dienten, darunter die tv ihtgfte fe das Homiliarium des Paulus Diutesae, 
das Karl der Örofe ——— Uber alle > Sammlungen vgl. dv. U. Homiliarium 
Bd VIII ©. 308, über die des Paulus Diafonus ebenda ©. 310, ff. Alle dieſe 
Sammlungen maden große Anleihen bei der patriftifchen bomiletifcher Yitteratur. Nur 55 
nt wenige berjelben bieten auch oder vorwiegend Eigenes aus der Feder der Männer, 

deren Namen fie tragen. —* ermaßen klar wird die Art des Hrabanus Maurus 
( d. Art. Bo vom ©. feine Homilien Bd VIII ©. 309, ff). Audh er 
alles amdere als ‚et; Gäfarius von Arles bat ibm "sehr vielfach Die 
e gegeben. Er pflegte eine Auswahl aus fremden Arbeiten zu treffen, fie w 
Real-Enchflopäbie für Theologie und Nine. 3. U. XV, 41 


62 Bredigt, Gefchichte der chriſtlichen 


zu kürzen, ſeltener Ergänzungen hinzuzufügen. Aber er hat doch ſeinen Samp 
lungen, namentlich der erſten, einen eigenartigen Charakter aufgedrückt; ſie ſind vor 
herrſchend moraliſierend. Praktiſche Fragen werden behandelt, Er Bräude m 
Laſter geftraft, chriftliche Tugenden nachdrücklich und andringend empfoblen. Aud tx 

5 Feitpredigten zeigen Diefe Tendenz. Hraban „eilt von der Erwähnung der gefeierten That: 
jache fort zur Aufforderung zu Buße und Heiligung” (Haud). Die Predigten der zweite 
Sammlung folgen genau dem Tert und erklären ihn, bäufig mit Hilfe Der Allegork. 
Auch die Predigtweile des Haimo von Halberftadt (geft. 853; ſ. d. A. Bd VI 
E. 3418, bei. 348, 51f.) ergiebt fi aus feiner Sammlung. Er zeigt ſich weniger praktik 

19 und andringend; er giebt längere Homilien, twelde dem Tert genau nachgeben, aba 
manchmal recht weit bergebolte Grörterungen an die Behandlung desſelben anfügen 
Seograpbifche, biftorifche, eregetifche ‚ragen kommen fo zur Beiprechung. Ihn zeick 
aus, daß er den Zuſammenhang bes Tertes nicht derart ignoriert, wie Dies fonjt mei 
geſchieht; er pflegt an den vorausgebenden Abfchnitt anzufnüpfen. Linſenmayer bezeicne 

15.08 als nicht wahrſcheinlich, daß die Homilien Hatmos wirllihd vor dem Vollkl gehalten 
wurden. 

Eine Reihe von lateiniſchen Predigtwerken, welche bekannten Männern dieſer Zeit 
zugeſchrieben wurden, ſind entweder ſicher nicht aus deren Feder oder ihre Ableitung nt 
mindeſtens zweifelhaft. Lnter dem Namen des Columba (get. 615) find 13 instrue- 

» tiones überliefert, die vor Mönchen gehalten zu fein fcheinen. Den Namen des Golumbı 
tragen ſie zu Unrecht (f. d. U. Columba der Süngere BP IV S. 245, ff). me 
Lateinisch uf ung gefommene Predigt, welche dem Schüler Columbas, Gallus, zugebören 
joll, ſtammt ficher nicht von diefem, fondern ift ein Machwerk fpäterer Zeit, das nah 
den Zurzen Angaben der Vita St. Galli (in Perg, Monumenta Germaniae ]I, |) 
gearbeitet iſt. Diefe felbft giebt nur an, daß Gallus das Volt ermahnt babe, fi zum 
Schöpfer Jeſus Chriftus, dem Sohne Gottes, zu befehren, welcher dem Menſchengeſchlecht 
aus jener Sündhaftigleit den YJugang zum Himmelreidh wieder eröffnet babe (vgl. Crud 
S. 7). Eind die Homilien des Eligius von Noyon (geft. 659) echt, mas freilich 
gleichfalls durchaus fraglich ift, dann zeigen fie einen Mann, defjen Rede im fchlichter 
so Sachlichkeit ſtets auf die Hauptſache zielt (vgl. d. A. Bd V ©. 301, off. und dazu be 
Bemerkung Bd VI €. 808). Die dem Bonifatius zugelhriebenen Predigten rühren 
nicht von ibm ber (ſ. d. A. Homiltartum Bd VIII ©. 309,35 f. u. d. A. Bonifatius Bor II 
S. 300,5 P). 
Auch noch im 12. Jahrhundert fehlte es nicht an lateinifhen Predigtwerken. Gin 
35 homtletifches Hilfsmittel, wie dag Speculum ecclesiae, welches dem Honoriu® 
von Autun zugefchrieben zu werden pflegte (j. d. A. Bd VIII ©. 327 ff., bei. S. 329,» 1), 
mußte lateinifch verfaßt fein. Helles Unterfuchungen (oben ©. 639, 31.) baben jüngit ge 
zeigt, Daß wahrfcheinlich nicht Honorius von Autun, fondern ein Einfiedler Honorius 
der Verfafler der Sammlung war, die dann fpäter wriümlich dem Honoriug bon Autun 
4 zugeſchrieben wurde. Die Sammlung ſelbſt iſt nach Kelle identiſch mit Den Deflorationes 
ss. patrum, als deren Verfaſſer ſonſt der Abt Werner von St. Blafien betrata 
wurde. Beide jtellen nur verfchiedene Necenftonen desfelben Werke dar. Wir babe 
Darin eine Sammlung wohl zuerft deutſch gehaltener, dann in ein homiletifches Hilfabut 
geftalteter Predigten auf die Feſt-, Hetligen= und viele Sonntage, der Kirche ala „Spiegel“ 
s5 zur Erkenntnis ihrer Flecken vorgebalten. Sie hat vielen beutichen Predigern zur Ar 
wgung und zum Muſter gedient (Migne, Patrol. tom. 172, col. 813— 1004). Cbidm 
von Ambrofius, Auguſtin, Gregor u. a. vieles, auch den häufigen Gebrauch der Allegmi 
und Topologie entlebnend, bleibt Die bier geübte Predigtweiſe für die Entmidelung in 
deutſchen Predigt Doch von Bedeutung: einmal, weil fie zuerit in diefelbe die gerftluk 
zo Deutung auch klaſſiſcher mythologiſcher Dichtungen (Ulyſſes, Sirenen u. f. f.) und natur 
gefchichtliher Schilderungen einführt; ſodann in formeller Hinficht durch ſelbſtſtändigen 
Behandlung des längeren Grerdiums mit eigenem Vorſpruch als Tert zu einem in he 
abgerundeten Ganzen, auf das dann erjt die biftorifchzallegorifch-tupifche Erörterung de 
Evangeliums folgt, und durch ſtete Verwendung einer Menge von Anekdoten, Bil, 
> Exempeln als Schlußteil. Auch ein anderes Hilfsmittel trägt, wenngleich nicht in alla 
(Heitalten, das Gewand der lateinifchen Sprache: der fogenannte Physiologus. 
Erwachſen aus einer alten griechiſchen Schrift, bringt dies Büchlein Tierlegenden au 
vorchriftlicher Zeit in allegerifcher Deutung in Verbindung mit der chriftlichen Wabt 
beit. Es erſchien in verfchiedener Geftalt, lateiniish und dann auch deutſch; cite 
co Wird es infolge von Mipverjtändnis von manchem Prediger ald „Meiſter Physiologus 


iD 
[1] 


4 
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6H Bredigt, Geſchichte der hriftlichen 


Linſenmayer iſt bemüht (S. 317), das Gefamturteil über diefe Epoche, insbejonder 
über die Predigt des 12. Nahrhunderts, möglichft günftig zu fallen. Er ment, daß 
„troß der beichräntten literarischen Hilfsmittel jener Zeit, trog der Schwierigkeiten, welde 
eine erit in der Ausbildung beagriffene Sprache den Verwalter des Predigtamtö bereitete, 

6 vielfach erfreuliches geleiftet wurde”. Uber man wird dies Urteil mit ftarker Neierm 
aufnehmen müſſen. Aus dem „Mangel an Lriginalität und dem allzuftarten Anlehnen 
an die lateinischen Vorlagen aus der Wäterlitteratur” muß man diefer Zeit einen jchärferen 
Vorwurf machen, als Linfenmayer es thut. Und wenn er diefen Nachteil teilweiſe da 
durch aufgehoben glaubt, daß „fih die Predigt als Erklärung des Evangeliums auf dem 

10 foliven Boden der firchlihen Tradition bewegte und die reihen Schäße der patriftiid 
Eregefe, ſoweit thunlich, auch dem chriftlihen Volke zu vermitteln bejtrebt war”, fo lam 
man dem unbedingt nicht beipflichten. Die Firchliche Tradition war durchaus nicht jolıde, 
die patrijtiiche Exegeſe großenteils allegorifch. 

In ihrer ganzen Art unterfcheiven fih im übrigen diefe deutſchen Predigten nict 

15 eben jehr von den lateinischen. Das biblifche Lefeitüd, das im Eingang furz angedeutet 
ift, wird der Reihe feiner Verfe nach umfchrieben; an die einzelnen Daten ſchließen ſich 
allerhand Deutungen, — vielfach allegoriſch-myſtiſchen Charakters, an. Einleitung tie 
Schluß find fehr Inapp, wie die Stüde felbft überhaupt in der Negel außerordentlich fım 
find. Sie münden oft in eine Ermahnung oder einen ©ebetsfeufzer aus. Andere 

20 Predigten verberrlichen in naiv-populärer Weile einen Heiligen oder fuchen den Gedanlen 
eines Feites verjtändlich zu machen. Gegen Th. %. Crane, der den Gebrauch der Be: 
ipiele erit um 1200 beginnen lafjen will, hat Schönbady namentlih unter Berufung af 
Bd I feiner „Altdeutichen Predigten” nachgewiefen, daß ſchon im 12. Zahrbundert die 
Predigt Beifpiele, Erzählungen u. ſ. w. geboten bat. 

25 a8 Predigtbudh des Priefterd Konrad giebt einen vollftändigen Jahrgang 
Predigten. Für die Sonntage ift zuerſt die Epiftel kurz, dann dag Evangelium etwas 
länger behandelt. Die lateinisch citierten Einzelverje find umjchrieben, bei den Evangelim 
vielfadh mit allegorifchen Deutungen verjeben, und werden jo in paränetifcher Wendung 
den Hörern nahegebracht. Für Die Feſttage find mehrere Stüde gegeben, die gleichfalls 

so an biblifche oder aber liturgijche Texte anknüpfen. Cine große Heibe von Heiligen: 
predigten vervollftändigt das Ganze. Diefe tragen Stark Iegendarifchen Charakter. Die Dar: 
jtellung bat entjchieden etwas Volkstümliches, wennſchon fie naturgemäß ſehr primitiw it 

c) Bon den Bilchöfen jener Zeit, die ihrer Nedegabe ivegen rühmlich ermähnt werden, 
obne daß uns mit wenigen Ausnahmen Proben ihrer Beredſamkeit erhalten wären, ſeien 

3 genannt: Zalomo von Konftanz (gejt. 920), der bäufig vor dem Mole predigt, 
Erzbiſchoff Bruno von Köln (geit. 965; Pertz VI, 267), Konrad von Konftanz (get 
976; Ver VI, 432); der große Scharen anziebende, einfah und erjchütternd zugleich 
predigende Wolfgang von Negensburg (geft. 994; Wert VI, 535), der tbränenred« 
und viel zu Ihränen rührende Ulrich von Augsburg (geit. 973; Vers VI, 267-535), 

40 Erb. Heribert von Köln 998— 1011, von deilen Predigterfolgen Rupert von Des 
berichtet (Vita S. Herib.); der durch fein Zeugnis von Gotted Gnade und Geredhtigfet 
„auch Herzen von Stein” eriveihende Erzb. Anno von Köln (geft. 1075), der aber auch 
ein eifriger Förderer Des Heiligendienſtes war (erg XIII, 470). Befonders erwähnen 
wert ift Erzb. Bardo von Mainz, get. 1051, der „Chryſoſtomus feiner Zeit” „propter 

4 duleisonam praedicandi melodiam“, der in einer erhaltenen Predigt vor ade 

Konrad II. den Glanz aller Heiligen vor Chriſto dem Yicht der Welt erbleichen lich, dir 

Hörer „mit dem Thau der Schrift übergoß, ins Bad der Thränen tauchte und auf dem 

Altar geiltiger Zerknirſchung ſchlachtete“ (fo fein Biograpb Vulculdus, vgl. Cruel S. 87ff; 

Pertz XIII, 332), ferner der fchlichte asketiſche Volks- und Stiftsprediger Godebard, 

Biſchof von Hildesbeim (get. 1038; ‘Berg XIII, 162), der ſchriftkundige Abt Rutbard 

von Hersfeld fett 1059 (Pertz VII, 135), Adelbert von Bremen (Bd I S. 149), aufe: 

dem endlich der hinſchmelzend predigende Eremit Güntber im Böhmerwald (Berk AI, 

195%). Vgl. Cruel S. soft, Albert II S. 1428}. 

Die Predigt, namentlich Die deutiche Predigt vor 1200, zeigt manche Anfäge p 
fraftvoll wolfstümlicher Art, und fie giebt ohne große Spisfindigfeiten vielfach praftiid« 
Mahnungen. Aber das tiefer religiöſe Moment tritt ſtark zurüd und die Anſätze zu 
Volkstümlichkeit ſind durchjegt mit den Anfängen jener PBredigtmärlein, die gewiß nic 
jo einſeitig ſchroff zu beurteilen find, wie es manchmal von ebangelifcher Seite gejchehen 
it, Die aber auch alles andere ſind, nur nicht erfreulib un Sinne evangeliſcher Predigt 
(hierzu Linſenmayer S. 177 1). 


8 


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Van Bredigt, Geſchichte der chriſtlichen 


Farutſerſchung; ſo wird fie da und Dort gereinigt und aus Schrift und chrüıitlicher Er: 
iabeung beraub au ernten Bußruf an das gefunfene Voll und Die verberbte Kirche; 
endieb une den Dingen des bürgerlichen und weltlichen Yebens, Die Dann wohl je veran: 
Aeden daßk Dir agenlichen Heilswahrheiten immer ferner rüden, daß Die Predigt verflad 
und cließlich bie zum Poſſenhaften veräußerlicht. 

a’ Die Reimzeit Der neuen Hauptrichtungen der Predigt im 11. und 12. Jahr 
zundert. Wenngleich die Predigt des 11. und 12. Jahrhunderts in der Hauptmafk 
Nunbaue den Ebarafter der Unjelbftitändigfeit trägt, ‚zeigen ſich doch ſchon in dieſen Jabr 
bunderten Anfänge der ſpäteren Entwickelung. Die Anfänge der ſcholaſtiſchen Predigt 
datieren etwa bon den Rredigten des Biſchofs Fulbert von Chartres (geſt. 128: 
val. den A. BoD VI S. 310, bei. 311, uff.). Sie find trocken lehrhaft, Doxmatıik- 
vpolemiſch, allegoriſch und Dialeftiich und enthalten recht Fünjtliche Berveisgänge. Beſonderẽ 
auvſichweifenden Marienkult weiſen die Sermone des Peter Damiani auf (geſt. 1072; 
d. A. Rd eIV S. 192, ff), ebenſo Die ſomuckvollen und bereits ſehr kunſtreichen Homilien 


„de Biſchoisßs Amadeus v. Ya uſaun— (geſt. 1158). Über die Sermone des Biſchofs 


Ivo v. Ebartres (act. 1116) A. Bd IX S. 664, bei. 666, ff. über _Nrebigten 
din berubmten Antelm ven Ganterburn (get. 1109) . BIS. 566, :1f. Tun 
gefallige Daritelung und maßvolle Allegorie zeichnen fich die kurzen textlofen ° Feſtreden des 
Mardinale Gottfried vd. Vendöme aus d d. A. BoVII S. 37f.). Für Hildebert 
dv. Tonro act 11336.d. A. Bd VII S. 67 ff, bei. 70,30 ff. 58 ff. 71 uff.; für 
Abalarde wer LEE ichmucklos und rlüfftg gebaltene Predigten vg. Bd I S. 21, 38ft. 

Die Antange der freien Volkspredigt zeigen ſich bei den Vorläufern ber prebigenben 
Bettelmendr. Der friche Hauch, der im geitalter der Kreuszüge durch Die abendlänk: 
ſchen Volker gebt. Die tiefe Erregung Der Geiſter erzeugt eine neue Form homileriſchet 
Thauagleit. die außerbaib Der Kirchenmauern ſtattfindende Vollspredigt Auf Gaſſen und 
HNerrinaken Irre Vie Aiche wieder mitten unter das Wolf und begeiſtern Hoch und 
Weder in Petition Improevüationen für die Befreiung des hl. Landes. So Papft Ur: 
ban dio de dekaninzen Rede su Glermont 1004 (1. Bb XI. 99,: 2, ff.; über Ben: 
ud ou) Der sbramtrticbe Mond Raduli predigt in den Hheingegenden has 
IHNEN OEBBERTER ENT gegen Die Juden. Norbert v. Xanten, Erzb. v. Magdeburg 
db EEE, der öchneidige Bußprediger, ein zweiter Täufer Johannes, bat am Nieder⸗ 
vr nnd om Frankreich Durd fein glübendes Wort, feine Warnung vor falſchem Ber: 
at at dav opus operatum ungebeueren Erjiolg 0. d. A. Prämonſtratenſer BD XV 
er Acwittich in Frankreich der Ztifter Des Urdens von Fontevraur, Robert 


beson. und Fuleo von Neuillye(geſt. 1202; ſ. d. A. Bd VI S. 312, 5fF.. 


2% bornler der myſtiſchen Predigt, die mit der Zeit auch auf das Voit tiefer ein: 
alla hDeiwtihbe, Funden wir Dei Dem innigen, beſchantichen und gelehrten Hugo 
. Ye eit 111; vgl. d. A. Bd VIII bei. S. 439, 15f.. Noch weit beller glänzt 
np NND luftiich. myſtiſchen “Predigt Bernhard von Clairvaurx (geit. 1153), 
sohn allad oe Kanzelredner Dieler Zeit, ja ber größte lateiniſche Prediger des 


Yuan wo Merrabe. d. A. Bd II S. 6254, Dei. S. 635, 2uff. (feine Predigten! 
il 9.0 AR ale Prediger). Ihm geijtesvertvandt ſind —— Acbtiſſin in 
urn an 1.8; ſ. d. A. Bd VIII S. 71ff.), und bei. Ailred, Abt in ir 
hal act LIUBN, der über ein Wort mebrere Predigten balten kann (Bibl. mar. 


ta XVIII. 0m 
Ya tn lalteiniſebe (md deutſche) Kunſtpredigt der Scholaſtiker (1200--1350) iſt Dr 
ern Nuserut ibrer Theologie, Wie dieſe doctores ecclesiae bei allem Aufſchwunz 
udbanbsehtiuben Geiſtes auf Schulen und Univerfitäten in der Regel nur den firchlid 
\alman ant ſormal logiſch verarbeiteten, Die neue aus Ariftoteles gefchöpfte Dialckiil 
om amynehiit, Me einzelnen Dogmen durch definitiones, distinctiones, quae- 
en anptmenta tt ſ. w. analpfierten, abgrenzten, begründeten und fuftematifdh auf: 
on do yengt Pub Der Einfluß dieſer neuen Wiſſenſchaft auch bei der Predigt in ber 
ebenda zerplitterung des Stoffes, in der Einführung ſpitzfindiger, mehr ſchulmaßiger 
Anlieber und fruchtbarer Unterſuchungen, aber auch in ſtrenger Ordnung und in 
antuealinget freilich oft pedantiſcher, ſilbenſtechender Partition, die nicht immer cine or 
ande laut bedeutet. Dem Stoff wird meiſt ein logiſches Schema aufgezwungen. 
rent um in zahlloſe Unterteile zerlegt, die zu einer Menge unfruchtbarer, ab: 
ee ikler Keſflerionen führen. Daber iſt Darſtellung und Stil bald ſehr ſchulmäßig 
hm bulb auch mit Bildern, Blumen und oratoriſchen Künſteleien überladen 
ern mnbt bieſe Predigt wenigſtens der bisberigen Crdnungslofigfeit ein Ent 


618 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


vollemäßig für die Maften in der Landesſprache, oft auf freiem ;yeld vor vielen Taxine 
in frifcher, naiver Natürlichleit, immer fonfret anjchaulid und mit lebensveller, Malers 
dramatifierender, in explicatio und applicatio praftiih greifbarer Tarite una, die ne 
oft bis zur burlesfen Redbeit in Bildern und Betiptelen und sur Derbbeit ım Austnd 
6 iteigert, aber Das Wolf immer padt und lefteifiert. formell ift Diele Predigt der Denfhr 
größte Gegenſatz zur troden abitralten Temonitration eines Albertus oder Thomas 
Dabei entbebrt dieſe Volkspredigt Der Ordnung des Inhalts nicht. Nur hal: fh dit 
jtets an konkrete Bilder und leicht bebaltbare Merkmale. Wahre und cdelite Kopulacur 
wird freilich nur felten erreicht, am wenigiten von den Vielen, die den volfsiumliden Im 
19 durch Trivialitäten zu treffen und jpäter durch vulgäre Wige, Anekdoren und Sctrink 
pifant zu jein fuchten. Tieferes und allieitiges Nerltändnis Der Kernpunkte des Sun 
geliums feblt Dielen wenig und einſeitig gebildeten Buß: und Sittenpredigern chmie me 
eine regelmäßige Gemeinde. Ihre Art wird bald Manier. Mit ihrem religiöien Ca 
dermengen ſich oft tendenziöſe Intereſſen des Ordens oder der Kirche (ſ. Pie Kontor: 
predigten). In den Schranken abergläubiſcher Zeitvorſtellungen bleiben ſie ſrerede be— 
fangen. „Raſche Buße“ (Berthold, kirchliche Beichte, die Tugenden und Verdienfte te 
Heiligen, Schrecken der Hölle werden der Sünde und dem Laſter, Die alleinſeligmadbendt 
Kirche der Gefabr der Ketzerei gegenübergeſtellt. Dazu finden ſich hochgetriebener Ina: 
kult (beſonders bei Franziskanern) und maßloſe Verberrlichung der Ordenshäupter. Tea 
20 Legendenkram wird durch dieſe Prediger Dem Volksbewußtſein immier tiefer eingeimpn 

Insbeſondere iſt etwa ſeit dem 14. Jahrhundert eine Abtwärtsenttwidelung dieſci 
mönchiſchen Volkspredigt in der angedeuteten Richtung deutlich zu ſpüren. Der ſitllicke 
Feuereifer tritt zurück; das Beſtreben, anziebend und unterhaltend zu reden, Domini 
Anekdoten, Wundergeſchichten, dramatiſierende Form machen ſich breit. Legenden, su denc 
Jakobus de Voragine den Stoff bietet ij. d), werden reichlich eingeitreut. So führt did: 
Predigt zu der Ipäteren ungünftigen Entvidelung (1. 3) bin. 

Einzelne Prediger. Hier find zu nennen: der Tominilaner Johann v. Nicensa 
(um 1230), der hodangejchene Kreuzprediger und Ketzerverfolger Konrad v. M tarkutg 
(. d. I. üd X =. 717), der Auguſtiner Eberbard (um 1285), vor allem abe iu 
weitaus bedeutendite aller dieſer Volksprediger, der Franziskaner Bertb old v. Regens 
burg (ſ. d. A. Bd II S. 649). Als Seiten: aber auch Gegenſtück zu Bertbold je 
hier noch, weil er ſeinen Einfluß deutlich verrät, der ſog. „S Schwarzwälder Predi— 
ger“ genannt, d. i. Der dem badiſchen Oberland entftammende unbefannte Verfjaſſer “ 
Predigtſammlung, welche (Sriesbaber in „Die deutſche Predigt des 13. Jabrhunderts“ ı 
352 Abteilungen 1811 1846 berausgegeben bat. Der Verfaſſer war ein —— 

der ſeine Predigten vor Laien bielt und fie zugleich als homiletiſches Hilfsbuch verofem 
lichte. Er muß ein metbodiſcher Kopf mit ſcholaſtiſcher Bildung geweſen fein. Zen 
Predigten über die Sonntagsevangelien geben zuerſt cin (ateinifches Proömium, Dann ein 
deutſches Erordium, welches das ganze Evangelium umſchreibt. Die Ausführung da 
10 Predigt geſchieht mit deutſcher Wiederbolung Des lateiniſchen Vorſpruchs ſamt Thema un 
Dispoſition in populärer, naiver, oft recht radener (vgl. Die Perſonifikationen „Here Lat, 
Herr Mund, Herr Teufel, rau Ziele” u. N), fajt nie trivialer Sprache mit kräftig, 
inniger MNabnung und größerer Setonung F Dogmatiſchen. 
d) Die gewöhnliche Parochial- und Kloſterpredigt des 13. und 14. Jahrbunderts — 
435 Ber der gerade in dieſem Jabrbundert auffallend großen Unwiſſenheit Des Pfarrkleru⸗ it 
Die Predigt noch weitaus nicht allgemein, geſchweige wahrhaft fruchtbar. Wobol die qui 
Hälfte Desfelben gebört zu Den illiterati. Im 10. und 11. Jabrbundert hatte die It: 
liche Geſetzgebung ſich mit Der Predigt jo aut wie gar nicht beſchäftigt. Eine Iren 
Synode von 1227 mahnt nad dieſer langen Pauſe zuerſt wieder Die Geiſtlichen, das Boll 
uber Glauben und Zittenlehre zu unterrichten; fie verbietet den illiterati et inexperti 
zugleich das Predigen; ſtatt Defien Sollen fie Die fratres Praedicatores et Minores rw: 
digen laffen eYintenmaner S. 77). Erſt von jeßt ab, beſonders vom 14. Jahrbunden 
an, dringen Synoden wieder häufiger Darauf, daß Div Pfarrgeiſtlichen predigen. Die Bi— 
ſchöfe bleiben in erſter Linie zur Predigt verpflichtet; und es fehlt nicht an ſolchen, die 
65 Dies Amt geübt (Tinſenmaver S. 107ff. ): Ded überträgt Die Mehrzahl dasſelbe an Stell— 
vertreter. In dieſer Zeit Bis ins 15. Jahrhundert treten Die deutſchen Predigtmagaꝛine 
zurück, während an lateiniſchen homiletiſchen Hilfsmitteln fein Mangel iſt. Sdtopfliche 
Hauptfundgruben bildeten tür Heiligenpredigten vor allem Die geradezu tonangebenden Le 
genda sanetorum des \alobus De Woragine iſ. d. A. Jakobus von Viraggio Bd VIII 
br. S. 561,1). Fur erzablende Moraltherunnen jdöpfte man 5. B. aus den Gesta 


1 


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650 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


ſtarken Widerhall; daher wir mehr deutfche myſtiſche Predigt haben als beutfche fchola- 
ftifche. Bei einfacherer Form der geordneten Predigt, oft etwas lofer Anlchnung an im 
Tert Tommt die deutfche, bauptfächlih dem Dominikanerorden und feinen Etubienfigen in 
Köln und Etraßburg entfproffene Myftit mit ihrem Etreben nad Verinnerlichung des 

5 Dogmas und ihrer tiefen Sehnſucht, aus dem Verderben der Welt und der Kirche beraus 
zukommen, einem allgemeinen Bedürfnis entgegen. Daher rührt auch ihr nachhaltigerer 
Einfluß auf dag Gemüt des Volles. 

Im einzelnen kann auf die großenteild fehr ausführlichen Einzelartikel verwieſen 

werden. In den Predigten des Kardinals Bonaventura (f.d. A. Bd III S. 28, 

10 bei. S.287,59 ff.) find fcholaftifche Elemente neben den myſtiſchen deutlich bemerkbar. In 
voller Tiefe, aber auch in voller Einfeitigkeit beberrfcht die Myſtik die Predigten des 
Meifter Edart (ſ. d. A. Bd VS. 142, be. ©. 148,59 ff.). Nicht ale Denker, aber 
als Prediger überftrahlt ihn noch der im beiten Sinn des Worts erbaulichite Prediger 
des Mittelalters, Jobann Tauler, in dem die Gabe populärer Verjtändlichkeit fi mit 
15 gewaltiger religiöfer Kraft verbindet (f. d. A.). Wie in Edart das fpefulative Denten, in 
Zauler die innige, tiefe Anfaffung des Willens, fo tritt ung bei dem Ulmer Dominilaner 
Heinrih Sufo (geft. 1365) die Gefühlsmyſtik entgegen (f. d. A). Seinem zartbefai- 
teten, dichteriichen, romantisch ſchwärmeriſchen Gemüt liegt die Vollkommenheit ın brün- 
ftiger Minne und füßem Genießen des höchſten Guts. Den Namen Sefus trug er af 
20 feine Herzgrube geitochen. Überall zeigt er zarte Wärme der Empfindung, an das Gefühl 
ſich wendende Sprache des Gemüts, die ung in ihrem Rhythmus oft wie Muſik „um: 
fäufelt“. Aber es ift unmittelbare, in vielen lieblichen Bildern ſich ausfprechende An- 
Ihauung. Seine Hauptforberung: „ſich Gott laſſen“, fih „in fein Nichts weiſen laſſen“ 
u. ſ.f. — Für andere deutjche —* jener Zeit, die auch als Prediger wirkſam waren, 
26 dgl. 3dA Bd 8 ©. 209ff.; Bd 15 ©. 371ff.; insbeſondere für Edart den Jüngeren 
ſ. d. A. Theologie, nipftifche, für Heinrih von Nördlingen f. d. A. Bd VII S. 607 
be. 608,35 ff, für die unter dem Namen Herrmann von Friglar gebenden Predigten 
j.d. X. Bd VII ©. 708. Bebeutender find der nieberländifhe Weltpriefter Heinrich 
Ruysbroek (geit. 1381; ſ. d. A.), den die Entzüdung, das völlige Verlorenfein in gött- 
sv liche Gedanken charalterifiert, der aber auch die Gebrechen der Kirche und die Laſter 
jeiner Zeit freimütig befämpfte, und der fromme Utrechter Kanonikus Geert Groote 
(vgl. d. A. Bd VII ©. 185, bei. ©. 186,31 11.5 188, 0ff). An dieſe Prediger wird 
am beiten angereiht Johann Charlier von Gerſon (geit. 1429), dem die Myſtik die 
wahre Theologie war. Seine Predigten find meift franzöſiſch. Über feine Richtung im 
85 allg. |. d. AU. Bd VIE. 612, bei. ©. 613, iff.; feine Predigtthätigkeit S. 614, biff. 

f) Die Predigt der kirchlichen Neformer. Der Blid auf die erfte größere reforme 
riſche Bewegung führt uns nad) England; dort hat Johann von Wielif feinen patrie- 
tisch-firchenpolitifchereligiöfen Zielen aud feine Predigt dienjtbar gemacht. Durb den 
Einfluß, melden Wichf auf Huß ausübte, wurde feine Thätigfeit zugleich freilich aud 

so für Deutichland bedeutſam. Die Würdigung der aud die Predigt beitinnmenden Gejamt: 
stellung Wiclifs ſ. im A. Wichf. Wir haben von ihm Predigten in lateinifcher und in 
englifcher Aufzeichnung, — beide auch in der beſonderen Art ſtark voneinander abwei— 
hend. Die lateinischen find jo geartet, daß man annehmen fann, fie jeien vor jungen 
Theologen gehalten. Sie find völlig nach der Scholaftiichen Methode gebaut, find gelehrt, 
45 kunstvoll und abjtraft und beivegen ſich in Frageſtellungen und Begründungen der tbeo: 
logischen Schulen. Inhaltlich geben fie allerdings die Anfihten Wiclifs 3. T. in fraft- 
voller Polemik wieder. Die engliihen Predigten find fchlichter, einfacher, ja populär ge 
halten; fie feſſeln durch ihre eindringliche Haltung. Beſondere religiöje Kraft zeigen ſie 
ſämtlich nicht; was ihnen ihr Sondergepräge giebt, tft weit mehr die twuchtige Per: 
60 tretung feiner Neformgedanfen gegenüber den kirchlichen Mißbräuchen als Annigleit und 
Tiefe des frommen Gefühls. Die Schrift iſt formell durchaus Die Grundlage aub 
diefer Predigten wie das Fundament der geſamten Wirkſamkeit Wiclifs. Seine Predigten 
find Auslegungen von Schriftabfehmitten, — 3. B. der Vergpredigt, von Mt 23 ff., Er 1, 
Di 32, Hab 3, obne Des Themas und der Einteilung zu entbehren. Aber er veriteht 
55 die Schrift nicht in originalen, reformatoriſchem Sinn; ift fie — und zwar AT wie AT 
— ihm auch der Maßitab, an welchen er in der Nirde alle Dinge mißt, fo verftcht a 
fe doch nach feinen Eirchenpplitifchen und, was Weſen und Inhalt des Heils betrifft, 
gut fatbolifch-icholaftiichen Überzeugungen. Auch feine Predigten brauchen reichlich das 
Mittel der allegorifchen Muslegung, um die Autorität der Schrift für Diefe feine Wei: 
zo nungen in Anſpruch zu nehmen. Zugleich forgte er Durd die nach Dit 10 organifierte 


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Rredigt, Geſchichte der chriſtlichen 


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„na Renaissanee Samt Bernanlin de Sien 
>, Miche! Meno:, Ein Weitiag zur Werlittie Der Homileul 
Yoga Rider ISS5 5. Joſtes, Johannes Beyze, 18323. 
enden, welche wir uber Die Regelmäßigkeit und Haufigkeit 
yo Mittelalters buben, machen Die Gewinnung eines Urteile 
a, tt in dieſer yet vielfach eingeſchärft worden: das icheint 
ietzen. Nach einem Zeugnis aus dem Halberjtädtiſchen it 
uf den Döriern meiſt gar nicht gepredigt worden. Ned 
Kant ſehr viele Prieſter offiziell als zur Predigt Des Werts 
RXlcbbnet. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurden 3. B. ın 


N: zı | hercıpı . F. ered: Sn 


5 


654 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


machen” ich unterjtände. Gine bejondere Klaſſe der Kanzelreden bilden die Ablafpre 
digten. Die Ablaßprediger verfäumen nichts, um ihre Predigten zugkräftig und wirkung:: 
voll zugleich zu geftalten. Die Angriffe auf den Ablaß werden in bilderreicher S:prade 
auf den Satan zurüdgeführt, der alle feine bölliihen Heere gegen denfelben mobil made. 
5Für den Ablaß wird vom Standpunkt der Kirche in dialektifcher Sefchidllichleit und immer 
neuen vollstümlichen Wendungen jeder denkbare Grund ins Feld geführt. Bei der Aus 
malung des Leidens Jeſu, beim Lobpreis der Maria, ihrer Barmıherzigfeit und ihres Kit- 
leidens finden die Prediger warme Herzenstöne. Sonft aber füllen vielfadh Märlem 
zweifelhaftefter Art die Predigten. Und durchweg wird die Chriftenbeit ermahnt, verdienit 
10 liche Werke zu thun, um dadurch etwas zu ſammeln, worüber man ſich in Emigfat 
freuen könne. Kein Wunder, daß Luther (De Wette III, 228) davon geiprochen but, 
dag man in Erfurt zu feiner Zeit Feine einzige chriftlihe Predigt hören konnte, mobe 
auf das „chriftlich” der Ton gelegt werden muß (vgl. hierzu Kolde a. a. D.). Vor allem 
aber wird die durchfchnittliche Predigt diefer Zeit charakterifiert durch Die oft angetvendeten 
15 Mittel des Spotte8 und der Satire, ſowie dur die äußerſt derben, realiftifchen Aus: 
führungen, die fih — Sogar bei manden der Beſten — bis ins Pikante binein verire. 
Hierher gebört denn auch jene Beilloje Sitte des „Uftergelächters”. Viele Prediger er: 
zählten, um ihre Zuhörer für die Strapazen der langen TFaftenzeit zu entfchädigen, in ie 
Ofterpredigt luſtige Schwänke, ahmten Tierftimmen nad und trieben andere äbnlice 
2» Scherze. Selbit infenmaber, der dieſe Dinge ſoviel ald möglid aus dem „ſchalkhaften 
Pen der Zeit” zu erflären und mit der „Luft am Fabulieren”, die einem Voll von 
. frifcher Lebensauffaflung natürlich fei, zu beichönigen ſucht, will die offenbaren Aus 
Schreitungen diefer Art, wie fie im 15. Sahrhundert fih einfchlihen, nicht mehr entidul: 
digen. Auch er hebt hervor, daß manchmal geradezu Unerbauliches und Anſtößiges ver: 
2; getragen wurde (S. 182ff.).. Dazu kommt dann als meitered, für die Beurteilung 
entfcheidvendes Moment die volllommen fcholaftische Grundlage diefer Predigt und im Zu: 
jammenhang damit wie mit der gejamten Art der Kirche die flache Behandlung des hriit: 
lichen, ja des religiöfen Moments. 
Der äußere Verlauf der Predigt hält fich im allgemeinen an vie unter dem Einfluß 
3» der Scholaftif ausgebildete feite Struktur. Dem Tert (Thema genannt; meist, aber nict 
immer der hl. Schrift entnommen) folgt eine Begrüßungsformel, das Exordium und bie 
Cinteilung (ſehr vielfach gereimt, wozu eigene Reimlexika halfen), Waterunfer oder Aw 
Marta, Ausführung des in der Einteilung Angegebenen, kurzer Schluß (Ermabnung, 
Hinweis auf Abläffe 2c.), Amen oder Dixi oder beides. Außerdem finden jich zahlreiche 
; Nebenformen, je nachdem gleich der Tert die Einteilung liefert (textuale Pr.) oder erſt am 
aus dem Tert geivonnened Thema (tbematische Pr.); — Collazien (ohne ſchulmäßige 
Einteilung mehr im Charakter der geiftlihen Unterhaltung), — emblematifche Predigren 
(Einteilung nach den Eigenschaften irgend eines ſinnlich wahrnehmbaren Gegenſtandes 
u. ſ. w. 
4 F. Landmann urteilt über dieſe Periode zufammenfaffend: „Wir ſehen die Predigt 
auf der Höhe der Zeit, was ihre Vertreter, ihre Form und ihre Ziele angeht”. Aber dies 
Urteil iſt apologetiih voreingenommen. Wer die jcholaftiihe Grundlage dieſer Fre 
digt nicht als „gefund“ ansprechen und über die in ihr verfündete Lehre nicht fo günitig 
wie er (E. 220) denken kann, muß diefe Zeit, wie auch der neuelte evangelifche Predigt: 
biftoriter (Hering S. 85) thut, ale eine Zeit des Verfalld der Predigt bezeichnen. 
Einzelnes. Nicht alle Namen von Predigern, deren WIE gebrudt oder bandicriftlid 
auf uns gelommen find, können genannt werden, ſondern nur die bedeutenderen (j. die 
Fülle von Namen bei Kandmann!). -- Eine Gruppe für fi bilden Prediger von meit: 
ſcher Tiefe und veligiöfer Kraft, wie fie zumal aus den Brüdern des gemeinſamen Lebens 
(ſ. d. A. VBd III S. 172, bei. ©. 503,55 ff.) bervorgingen. Hierher gebört der ausgezeichnet: 
Johann Veghe (ſ. d. A.) und Thomas a Kempis (f.d. A), unter deſſen Namen die 
berühmte Imitatio Christi mit immer noch umſtrittenem Recht gebt, dem aber auch 
kermones ad novitios, meditationes de passione Domini und ähnliche Werke zu: 
gefehrieben werden. — Dagegen zeigen die folgenden Predigten deutlich Die oben gejchilderte 
„Art: die Faftenpredigten (Quadragesimale) des Basler Franziskaners Johann Gritid 
mit 26 Aufl. im 15. Jahrh. ES find deutſch gehaltene, dann ing Yateinifche überfegte Tre: 
digten mit gelehrt fcholaftifcher Ausführung, vielen Gitaten zur Nutzanwendung (auc aus 
Cicero, Ovid u. a), Kabeln, Anekdoten und vorberrichender Moral; die sermones aurei 
des Dominikanerprior® Johann Nider (geft. 1438), Verfaſſers des Formiecarius 
(l. Bd VIII ©. 33,38 ff); — Die drei deutichen Predigtmagazine: Parati sermones 


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45 


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⸗ 


ut Predigt, Geſchichte der chriftlichen 


Der innere Verfall der Predigt zeigt ih in Deutfchland jtärfer bei Dem beiten 
Nuguſtinerlelior Gott ſchalk Sollen in Osnabrück (geft. nah 1481) in feinen Epiſtel⸗ 
predigien mit ihren Auslaſſungen über Erbicaften, Kauf und Verlauf, Häuferbau u. «, 
mu ibren Schwänken und Spottanekdoten. Beſonders gedieben aber Die burlesken Aus 
wuchſe Dev Predigt in Italien und Frankreich. Der Tominilaner Gabriel Barletta 
iin im A. BdeII S. Uf. auoreichend charalteriſiert. In Frankreich vertritt dieſe derbe 
Sutenpredigt der gleichfalls ſebr populare Pariſer Minorit Olvivier Maillard (geit. 1502; 
Advenzo Alten, Sonntagspredigten u. a), der zwar freimütig das Ablaßunweſen und 
beiondero die Zittenverderbenifie, Habſucht Der Advokaten, Wucher u. ſ. f. jtraft, dabei 
aber durch ſeine Syvaße. profanen Schwanke und Scherze, und namentlich durch die häufige 
Behandlung ebieoner Dinge Die Verbindung Des Burlesfen mit den Scholaſtiſchen nod 
widerticher macht ale Bearleite, Zen Ordensgenoſſe Michel Menot, Wrofefior in 
Toriv act um DIS, mr Der Neben ven ‚raltenpredigten, die 1519 erfchienen, it 
pen Ehrutreb am dieſer Zueue on der 2. Auil. der RE außerordentlich niedrig eingeſchätzt 


reden. ige ro uaboon Sarnen breiizeen viel Zpielendes und Gezwungenes, ja für 


wie Vadiabe under  Zerne nwDehilderungen jind oft geradezu unpaſſend 
dondde: Ader x are Nmiser mer undeaöhrer bleiben, was jchon Engelbardt bemer: 
gebeden ber Mas gr cm gm! an gwer \epr derber, aber auch freimütiger und ftrenger 
Zunmpndia zei . Ne Beniikrrims und genaue Vebensfenntnis mit feurigem 


gm up medien . 
Waruu a) Fyena zen: me Teedist Th ausgelebt. Ihre Überladung mit 
Zrefen un Vorne N der zriiisen Vrbeuungäiwed fremd waren, batte ihre 


* 


ne \anslası zus Se Ram un® Verfüngung aus ber Duelle des 
un Sao per, a2 met mn sone ne Emeuerung Des religiöjen Yebens 





. 

I Dunn, 22 Rrılar Dir meuirer Zeit. Tas Zeitalter der Refor⸗ 
mn N 7 or Bemsumm Nur run Feırdme m der Entwickelungsgeſchichte 
Neo Duo wmmLar Aunszmermen mieht neu aus Der Schrift auf 
Neo yeah ala and es team 22° Jerz väter) ver Schrift aufbauend, erzeugt bie 
dur. tu tooniu ou drop ge, uma ASlteadunz dem Die Predigt den Mlittelpunft 
N ..y Neo st. pas Mate unbe wieder az eve, unerbört allgemeine und 
art bulgsniirgen svrser Ven tbren ern Aurlemmen an überflügelt dieſe 
warm getreu Neon, Die fich smor uch Da und dort zu größerem 
R ron. rg Bamfrmh iogar neue. ı7 zer Art Elaffifche Blüten von 
Ir... ro her DI Vredigt in Ihr vores Red im Nultus nicht wieder 

Er oa ten Sonnen und kultiſchen Prin:zca sur nidt einfegen kann. 
Sour ar Naar wissen hemiletiiche virterszur weitaus zum größten Tel 

N at tn Aus Dieiem Grunde 2 von diejer Periode an die 
8 \ no de veranzuſtellen, zumal Die der germanischen Völker, die 
N. 0... wrnaeid 2.7 bomiletiſches Geprage sicht; diejenige der fatbolifchen 
. on zusiieis bervortritt, einzugliedern. Die ungefähre Schägung Chriit- 

yo rss Verhältnis ven ev. und farb, Vredigt ſoll auch bier nicht 

x, Ne Seren, daß, wenn beute von wenigſtens 160 —1700U0 ct. 
, an Da Vrediat erſchallt rüber voewm alleın in den Verein. Staaten, 

RNZSHERN u. ſ. RT, don Taufenten von Mocenpredigten nicht zu 
x J Seine das Vierfache Der regelmäßigen katb. Predigt fein dürfte. 


ge dg der lutheriſchen und reformierten Kirche, deren Unterſchied für 
ra tn pr 18. Jahrbundert zurüdtritt, jondern auch Die der deutichen 
yon pn auseinanderzuhalten. Den erſten geitraum bildet Das Nefor: 
on. very Neubildung Der Predigt, erjt in Der lutberiiben, dann in der 
on Non iit erforderlich ein Blick auf Die katholiſche Predigt im 16. Jahr: 
a nenre Entvidelung Der vroteſtantiſchen Predigt bildet die ZJeit 
sone x. Hfonimen Des Pietismus ine neue Phaſe. Daher umſchließt der 
 wwdigt der proteſtantiſchen Urtbodorie bis in die Zeit Spenerd 
voor befonders in Der deutſch-lutheriſchen Kirche die Predigt IN 
ns Dogniatismus don Div mebr biblifch erbaulidhen zu unterfcheiden, 
ya aerprnttertan Kirche Die der franzöſiſchen und englifchen Zunge ftärker 
ı An den Beginn größerer Kormvollendung in Der evangeliſchen 


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Kredigt. Geichichte der hriftlichen 


>2", zer zrmih der proteſtantiſche Dialekt wird un 

> Immer „er ıuoerbibel zu reden brauchen, um dem Toll 

> mar, ‚ziden Klerus und Yaien mußte fe: 
N ->.2.27 „wwenzez sermones ad celerum und teutida 


oo, ee prir. Sortmäßige Neubiltung der Tredizı 
- Lower u 8% eaelmaßigkeit bewirkt durch die ver 
der, ur der dienſt am Wort, nicht mehr 
"mo vrrore , und durd Die Stellung der 

.. "tr nzecnse Wirnelnunfe.e Von nun an 


.n mn * z= @rzs eultus Novi Test.“ ı(Yutke, 


Sun mm Is „„ elters. — Irliu⸗ 

ı Ft iumeıın Sr I an S. 75. 3 

- - me 2. 7 103 S. Bl 24 
a2. mm Tmeıt oe Biedigten 1512 bis 

DE rn u EEE “Lenz Sicchter, Qutber als 

0m tt Stimm Din Szutzen, Hwh VII: 
mm „zT ... £..ornem winleT le Prediger, Hwb 
ln Im To Lit 07.0.7 Gor:uben 135; Joh 
. S.wrıtıkun BL. SS (in mander 
Olunmlhimarupinvs.. zm._onmsuche S- gern, 

8êF 0. „mmenfaflum melak 177 Ze’n2rıı G. D. Bonent, 
mut... ron Ibm ISIN, &.20- = Für Funenbagen 
rn. Fienhagen, 1888, 2 27 I3Ur: Kuchwald. 
77. 25ñ, 1885; für Wo niig EX᷑er. Tie erite u. die 
- iu 5* IT. Kreuznach IÄS3: tin Ser. Zur. Balmer, Vren 
RE Frejiel, Johannes —8 z ,Ire Ered. d. Kirche 


ze Buchwald, Matheſius' Predge:: m Vurbers Och, 


„272 Matheſius als Prediger, Anl: LI Im), S. 245 
„.ım“ Herzog Erna von Wothe mm. 2m arıcik durch bein. 


2. Tr. Simons, Tie Mechierne: Tror:zen zus Taſchenmecherẽ 
Tier. Ardetien aus d. rheiniih. mit I . Seren UF 3. Den 

.. 2222 De ichwediſche Littraturmeitnat:. 2 ergentümlicde 

nn Z’arttedt, Prodikoverk-amhetens :e2 ze Andliga välts- 
N Onukrine 1550, Lund IST: in EILT Sichere, Vie m: 
ei, 2 loi. 4, für Wenns Zim.r 2. 2: br. Sem 

get Prelikante uleven van vrocgere Tor: =. , vom fatk. 

van kath. Wiſſenſchait u. kirchl. Yeser Sir: Isa S. 2lF 


Be SEE dreliaer. 

wage der Erfurter Zeit vor I2008 mußa 22227:2 mir Predigten 
a sr den Monchen beginnen; und mohl !Sor ie 2°. bat er in 
“2 in Erfurt op anfänglichen inneren Iren: ın a 
..>s. Ze 1511 ubernahm cr außer dieſer Hot nc. RXgbatigtein 


on Srtigten m Der Wittenberger Stalirfarrhrs:.  Diefe legten: 
... Wden Vordergrund: um 1517 hat er Kir = Sn und wel: 
—— außerdem aber auch an Wochentagen sorrersı Zu Be 


st SD Die Predigtihatigkeit; gegen Die Neurrunzez Wittenberg 
NETTETAL. . bis Neminiscere 1: 2 taglich. An Der tzernren Zeit bat 
non dor Den Brüdern und Dann zweimal in dir seorrhrce ge 


N aenbagen 1525 Ztabtvfarrer geivorden, mar ir tchr bäuñg 


\ aıdent Dat er Dei aablreichen (Helegenbeiten Außerhalt Wirrenbergs ge 


Vredigt areßen Gindrud auf Friedrich den Weiſen gemacht baben. 


SP erregte er als Rrediger Aufſehen; Scharen ven Horem 
mrend manche an Dem rückbaltloſen ſittlichen Ernſt ſeiner Worte fd 


ur der genannten Invokaritwredigten war gewaltig: aber auch ion 


BERN we Zcharen auis tiefſte ergriffen. 

sa ichon 1511 haben wir wei lateiniſche Kloſterpredigten, aus 1514 bis 
„ru geichriebener Kredigten über Die firchlichen Perikopen, meitt 
ituche. Namentlich jene beiden, aber auch einzelne der legteren, ſoweit 
„sale Waren, bewegen ſich noch in ſcholaſtiſchen Formen und in uk 


660 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


Arril 1529 erichtenenen „teutih Katechismus“, den Mufter für die Katechismuspredigt 
Der Pfarrer bietenden großen Ratechtsmus. Auch feine in den nächiten Jahren veröffent- 
lichten vraftiihen Erklärungen sum Bialter und anderen Teilen des AT beruben zum 
Teil auf gehaltenen Tretigen. Ben 1530 bis 1532 find die Predigten über die 

5 predigt gehalten, die 1532 gedrudt wurden, und ebenjo die über So 6, 26—8, 38, meld 
nach jenem Tod herausgegeben murten. Aus Predigten, die er feit 1532 zu Haufe vor 
den Seinen und einem engeren Kreis bielt, iſt die fogenannte Hauspoftille entſtanden; 
1544 gab ſie Veit Tietrib aus eigenen Nadjchriften beraus, 1559 Andreas Poach aus 
Nachſchriften Rörere. Beide Ausgaben fünnen Luthers Worte nicht genau wiedergeben; 

1n getreu aber iſt im weſentlichen beienders Die zweite, während Tietrich felbititändiger ver: 
fuhr, au einige eigene Predigten zur Ergänzung beifügte. Die Predigten dieler Haus 
poitille find vielleicht neh ungesmwungener, auch noch breiter ald frühere Predigten; un 
zugleich tritt in ihnen die Polemik zurüd, die ſchlichte praktiſche Darlegung berricht allem. 
Der einfache Wortſinn des Tertes leitet ihn; die Hauptgedanken geben dem Ganzen ben 

15 Halt und Die Zuiammenfaflung ,; alle Neigung zum Allegorifieren ift überwunden. — Aus 
den gedrudten Predigten ſpäterer Jahre Teien noch genannt die zweiundzwanzig kurzen 
Predigten, d. i. Predigtentwürfe über evangeliſche Perikopen in lateinifcher Sprache und 
die Trredigten über Jo 14—16. Zahlreiche meitere Predigten Luthers find in neue 
Zeit, insbejondere in der Weimarer Ausgabe jeiner Merle, zum Drud gelangt. 

a Penn die Predigtweiſe irgend eines Reformators mit Recht die beroifche (Schleupner 
1608) genannt werden fonnte, to mar es die 28, dieſes ohne Frage größten Kanzd: 
redners unter ihnen, bei Dem ſein angebornes Nebetalent, verbunden mit einer eminenten 
Gabe plaſtiſcher Sprachgeitaltung, und fein reformatorifches Wirken in unzertrennlide 
Wechſelwirkung jtanden. Wie in Leben, fo ift er auch auf der Kanzel der feite, von 

2; der Mahrbeit und Gerechtigkeit feiner Sache unerfchütterlib überzeugte Mann, deſſen ge 
drungene Kraft, geftäblt im ;yeuer des göttlichen Morts und der Anfechtung, in Berfol- 
gung des einen großen Zweckes, das Schriftzeugni® dem Papit und Teufel zum Teok 
wieder in jein Recht einzufegen, auch in der Predigt furchtlos neue Bahnen bricht. Feſten 
perfünlihen Glauben an das frei machende Evangelium, im fchwerften Kampf errungen 

39 Heilsgewißheit und daraus erlangte Zeugnisfreudigfeit, originale Kraft frifcher, echt voll 
tümlicher Taritelung und Veranſchaulichung, die mit offenem Blick das Leben und feine 
Bedürfniffe beobachtet und darum geilterfüllt und zugleich vollemäßig redet, — rechtes 
Ebenmaß der dialektiihen und redneriſchen Kraft, der dabei eine binreichend univerfelle 
Bildung, freie Verfügung über die Schäße der Klafjiter und der Profangefchichte zur 

35 Seite ſteht, und Einheit des vebens mit der Lehre, dieſe Grunderfordernifje einer & 
Ichlagenden Wolföpredigt bat Y. in einer feit den Wpofteln unerreichten Meife in ſich 
vereinigt. 

Voll vom Gegenſatz gegen Non macht er zum Hauptthema feiner Prebigten 
Chriſtus und das alleinige Heil im Glauben, die Nechtfertigungslehre, dag Verhältnis von 

40 Glauben und Werken. Gr jpridt immer wieder davon, auch wo der Tert (mie ; ®. 
die wwangelifchen ‘Bertfopen, mit denen er daher unzufrieden ift) weniger darauf führt. 
Tie ſchriftmäßige Belehrung und Erbauung des Kolls in den Hauptjtüden des Glaubens 
bleibt dag Ziel feiner Predigt. Taber wird das Gefchichtliche meift kurz, der Lehrgehalt 
reich entwickelt. Wie er jelbjt im Wort lebt, jo will er auch nichts als die Schrift aus⸗ 

45 legen und anwenden. Und nachdem er (ſ. o. S. 659,7 ff. ff.) anfangs nach der Sitte der 
Zeit Der Allegorie gebuldigt, jagt er ſich je länger deito mehr von ihr los. „Literalis 
sensus, der thuts, da iſt Yeben und Straft innen; — im andern ift nur Narreniner, 
wiewohl es hoch gleißet“. Ganz bat er allerdings die Allegorie auch fpäter nicht über 
wunden. (Näberes ſ. Bindemann a. a. O. 2.70). Durch feine ſtark polemifierente 

sound „den Harniſch“ Des Terts hervorhebende Weiſe (vgl. da und dort die ſcharfe Be 
zugnabme auf Zwingli) verliert freilich feine Auslegung öfter an Objektivität. Dob 
feblt dieſer vorwiegend lehrhaften Predigt die etbifche Anwendung nicht. Auch auf die 
jtttlihen Schäden der Zeit, Trunkjucht und „Wöllerei der wüſten Deutſchen“, Luxus u.a 
regnet es je und je Keulenſchläge. 

65 Ten Runftmitteln eitler Rhetorik feind, nicht für Gelehrte, fondern für Das geringe 
Volk predigend, wird Y. ein bahnbrechender Meifter befonders auch in populärer Sprad 
und Tarftellung Im Ausmalen des Terts ſehr glüdlih, mitunter behaglich brat, 
reproduziert er ihn gern in beller freude am Evangelium mit den Farben und Tönen 
feiner Umgebung, bald lodend, bald erſchütternd (j. die gewaltigen Predigten über 1% 

15,35.) Mit ſinniger Naturbeobachtung giebt er auch treffende Vergleiche aus dem Tier: 





Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 663 












bunderts von ſchlicht —5 Geiſt —“ ward die 
——— — das Hauptmitte —— * 
Seine Sonft — en der begabte, Menſchenlenner DM. El 
in —* nme - —— der 7 kämpft gegen. It an dir Be 
nter eiftlichen 3 auch bier die 5 
sehen igt auf, vol. neh "Paftors Andr. — bei der ung Guſtav 
Aus Ung EN ei er Ayo Devay ——— (über 
ben w 8 V * 595ff.) us ‚ Primus 
—5— (. d Ic: altehrwürdige —— Steinberger in ı0 


Schladming um —— 

b) Die Predigt in der reformierten Kirche des i 
Bwingli als * 1857; U. Krauß, Calvin als Fre | 
vellier, Etude sur la —— de Calvin, Montauban 1896; 8. 
Bedienaar des woords 1897 us, Etud. liter. sur Io Gerivninn (rang I ern, 1 
1841, ©. 288—315 (für Bao); I. —— Ambroſius Blaurers P Prod das 
likum, mitgeteilt und mit verſehe ben, Inh 1809, & andere P 
u in Jakob Fundelins "Bein em TR = 15 


er er ana a Bobig fr. fie Rio De 
jelbe Bedeutung wie Luther für bie 20 
! dreich Zwingli (j.d, U.) u en 1516 ha in Einfiedeln bas ſonn⸗ 









tägliche Mepevangelium biblijch auszulegen. Seine berühm am ber Engel⸗ 

min au, ae ma, Übel Sta u Si LT, TO 

— — und Chorherr (1521) am Gre * in — in Mn en Pre 235 

Digten das NT planmäßig durch; | Wochenprebi am Markttag 

Erklärung der Pfalmen für —* = —* * —— | | 
auf | run v m 

em „obne menſchlichen Tand“, 1 Notvenp 
auf Chriftus, den alleinigen Seligmacher, die Zurüdführung 
ſchließlich auf ihn iſt der poſiti d 


en ee 
ur € rat, m au | chen . 
‚berbunden tar. — — — —— i 


‚om — aus, im ai er anf Hu kei Hirtenamt 
ber Hirt“) und thatfräftige Baterlandsliebe fih in chmolzen 
han —— Tiefſinn, die j öpferüfche Nah rin die Senat der Lusfübrung 
Sprachbeherrſchung Luthers er Glaubensübergeugung, ber 
fter Beredſamkeit, Alarheit und Fate Bl Ertenntnig, ja auch an populärer 45 
Bee nur wenig nach, Ä edanfengang bei ihm icher i 
—— ige, hei Eh —— Dialekt war für die Wirkung 
e hinein eine 
rmel find Im r cu anfıbe Andnanbeihun der Natfde 
— die — und —— der Schrift werden; daher zo 
ee ang der menigen von 3. felbit ebiexten i (. Werke ed. 
eg BIER OL u IE Den götel, —— 
—— des Wortes Gottes u. a.; auch die Schrift „ber Hirt“ 1524 aus einer Predigt 
9 Vor Gelehrten kann er auch einen höhern, ſehr — —— Ton anſchlagen 
* u Bern 1528, W. II, 203—226). er von Leo Judä niedergeichriebenen 55 
serm. pop lares in psalm. et proph. j. W. IV, 205ff. 

Unter Berufung * die er Kirche bat ——* ſich grundſätzlich von der trabitio- 
nellen Perilopenpredigt losgemacht, und bie —— und oberdeutſchen ſind 
a darin gefolgt. durch wurde ein bleibender charakteriftiicher Unterſchied zwiſchen 

— rehokanieden und lutheriſchen Predigt begründet. In jener berridyt von nun an die so 














ul 















290,8 ff. 58 
; BU (. d. Eh ©. — 
lärung g Bücher. Die 
Veſch. — i 
geratene Ba 





er ad absurdum zu führen, und nungen, aus 
Ernft feines geiftlichen Lebens bervorleuchtet, beleben bie Daritellung. Aber 
50 wie Zwingli, geſchweige wie Luther, konnte * e mehr ariſtokratiſch fein geſchliffene, 
aber auch 8 sdruck urbanere Natur auf der Kanzel nicht e —— 
(ſ. d. A. Bb V ©. 762), dem die edit ein —* tli aa Din mittel jet 
matoriien Thätigkeit war, find feine Predig up 
in Senf ur Calvin, Theodor v. 1 Bo (j.d.$ 0 | 
55 iſt Ll6 Rungelrebher fein eigentlicher Meifter zu nennen, wenn er c 2 
toriichen Glanz der Rede entſchieden Pak Calvin ftcht. Es var: ei 
um Weihnachten 1561 unter drohender Gefahr feitens des blut 
bor Taufenden von Hugenotten im Freien nahe bei Baris p 
Bekennern, an Stephanus erinnernd, den offenen Himmel * 
so Leben Genfs gehörten ſeine (ebendig vorgetragenen Predigten zu | 









































666 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


nächſt Yatimer der populärite englifche Prediger jener Zeit. Der Hauptapologet der nz; 
liſchen Reformation, Jobn Jewel, der zablreihe “Predigten hinterließ, hat mebr Bera- 
tung für Die wiljenfchaftlihe Togmatil. Am befannteften ijt feine Predigt Challenge 
to the Papists über 1 Ko 11, 23 ff., die dem Papfttum einen ſchweren Schlag veriekte 
». (‚stjb, Masterp. I, 146 ff). Miles Coverdale, Biſchof v. Ereter, nachher ſtandhafter 
Nonlonformiſt (geft. 1567) zieht noch als 80jähriger Greis in St. Magnus in Yonden 
aroße Scharen an. Über die Predigt der Buritaner vgl. die AA. Puritaner, Cartiwrigbt 
(Ud III S. 733) und Knox (BB X S. 602 ff.; ſ. auch u.). 
In Schottland verkündet der ſchriftbewanderte, asketiſche Wanderprediger 
ww Wiſhart ſeit 1544 in glühendem Eifer das Evangelium in Dundee (beſ. auch durd 
öffentliche Auslegung des Römerbriefs), Apr u. a. O. bis er 1546 den Feuertod erleide. 
Der Mann aber, deſſen brennende Scele auch die brennenden Worte fand, Die das ganze 
ſchottiſche Volk gegen Das Papfttum entflammten, und deffen Predigt zugleich der Refor- 
manen ım Schottland Das ernite, ftrenge Gepräge aufdrüdte, dag fortan ein Erbitüd de 
1Kuche und Predigt dieſes Yandes blieb, war John Knor (. d. A. BB XS. 602 ff. 
bey nn » jfenn. Er war in der Predigt ein glübender Eiferer gegen römiſchen Gogem- 
bienſt und zugleich ein unbeitechlicher Zittenprediger gegen die Habjucht der Großen wie 
wien Div lederen Sitten Des Hofes. Nein gelebrter Disputator, fondern ein Mann de 
Wolle mit praltiſchem Beritand, voll Thatfraft und Ausdauer, fein Fanatiker, aber fchroff 
v kenſequent biv zur Herbbeit, bei allen Eifer klar, bejonnen und klug, Tonnte er das Poll 
bulch ſeine Reden nicht bloß sur Begeiſterung fortreigen, jondern auch zügeln und be 
ſonnen leitien Im eriten Teil der Predigt erläutert er in der Regel den Tert nad He 
lin udn und gemäaßigt Ders für Vers; bei der Anwendung im zweiten Tel 
Witt ins Jeuer bis zur gewaltigſten Araftentfaltung. Tort zeigt er ausgebreitee 
». 7chrifikenniniv, hier viel Geſchick sur Übertragung der Tertwahrheiten auf die Zeitver: 
haliniſe und eine befondere Babe, den Eifer Des Volks waczurufen. Doc fehlte der 
ſuüengen Scharfung der Gewiſſen und unnachlichtigen Beitrafung der Laſter auch der Troft 
ro Evangeliumd fur Bekummerte nicht. Zur Veröffentlihung von Predigten fand er 
ltonıy Seitz Daher iſt nur übrig eine lange Homilie über Jeſ 26, 13—21, eine Erflärung 
wlan Pt, Mh, eine Rede gegen Die Meile, alle voll Kraft des Ausdrucks, innerer Wärme 
ie Alter Entſchiedenbeit. Zonft ſeien nur genannt: der ebrtvürdige Walter Mill (oder 
Mıband delt. 1258) und der gelebrte Humaniſt Andrem Melville (Bd XII E. uff), 
ber nubt bloß ein eleganter Schriftiteller war, jondern auch ein fchlagfertiger Redner und 
Mirbiant 
u FJur die Predigt der Zeparatilten und Zeften des Reformationszeitalters fer bier nur 
wu bie PL Denk (Ad IV S. 576 ff), Hubmaier (Br VIII S. 418 ff), Menno Si— 
uote (HB NIT S. 586 17) und Maspar Schwendfeld verwieſen. 
er Lie tutboliiche Predigt Des 16. Jahrhunderts. — Kehrein, Gefchichte der kathol. 
Muntzelberennmteit bei. 1, 42 ff. IL 87 ff.: F. Dipler, Tie deutichen Predigten und Katedjeien 
or balland WBifchore Hoſius u. Nromer, Feſtſchr. der Görresgeſellſchaft 1885. 
ie zeigt ſich im großen und ganzen beberricht von der Polemik gegen die reforma— 
loriſchen Yehren. Bei Dem allenvärts Drobenden Abfall von Rom it die Werteidigung 
ta eſlebeuden und nur zu oft Die Ausrottung der Ketzerei ihr Grundthema. Der Kampf 
ſJegen ben predigtſtarken Proteſtantismus - - und öfters nur er — treibt auch die fathe: 
1 fun Kirche zu mehr Fleiß auf bomtletiichem Gebiet; |. Die Einſchärfung der Predigt an 
alle Pharrgeiſtliche auf dem Tridentinum, Sess. V, ec. 2. Tod bleibt bet der pri: 
upiell verſchiedenen Wertſchätzung Dev Predigt und ibrer verſchiedenen Stellung im Kultus 
tern Uireben ihr Unterſchied in homiletiſcher Produktivität ein greller. 
Unhebeutend ſind Joh. Ecks Auslegungen der Evangelien 1532 und Die Postilla 
a ralholten wo Dt. Evfengrein 1576, viel originaler Dagegen die deutſche Poſtille, Feſt⸗ 
tmanılwan, Nißpredigten, hom. in Threnos und viele Rommentare des Mainzer Tom: 
untengito ob Wild egeſt. 155-5, Der in manchen Lehren den Neformatoren näher 
ont, este Veſen der Schrift empfiehlt und Die Allegorie meidet. Etwas vermittelnde 
varltung baben Die deutſchen Poſtillen (Winterteil 1546, 7. Ausg. 1556), Paſſionspre— 
agb I} des Georg Wicel (ſ. d. A.). Mönchiſch Burlesfes bis zu ſchmutzigen 
ſahen geſteigerter Prunk der Rede ſamt einer pars ridieula an Heiligenfeſten findet 
Jul ni mann Minoriten Cornel. Adrianſen in Brügge um 1550 (Xeng II, 336f.). Übe 
ansteht, Biſchof von Ermland, 1. d. A. Bd VIII S. 382, beſ.S. 3, rt. 
Hatvo tan Lalern in Trient ragte als Redner bervor Biſchof Muſſo von Bitonto, der 
el in roſſnungopredigt Des Konzils deſſen Unfehlbarkeit jelbjt im Fall der größten fit: 


















1 je ih —— wi 


wogen. 
rang a. Can sank in —— enge Regeln die 
jioängen | on ganz bej erde 

a Me nbeeb aid die 


it gerade cine fünffa re 
auf 2 Ti 3, 16 — 15, 14 be B 
—— derſelben bereits im Brau 


17 Jahr underts eine derartige beberrichende G | 5 bald feine Pr 
een galt Ne he * — ober Iden e einen — 
iderl ahnung, t ubeuten t —* * At nentl 
Widerl ie der Polemik gegen A a: nacht. tourde 


nderslebrende an ga NEL NEUERE 
nur zu jehr dem dogma — ſpitzfindigen, auf reine Lehre pi —* Geiſt des 
55 Luthertums. — Die ethoden, —— ſonſt im einzelnen Ma nah) 
tten lbfiverlänblich ar enug äußerſt beichränfte rn Leipziger, Je Ma | 
fäbter u. ſ. w. Meth eibobe): 3 ——— —* Namen lediglichen —* en 
der aber keineswegs auch der Ort ihrer allgemeinen Geltung war. be 
Man muß übrigens, um diefe Dispofttionswut mit ec wüchſen zı 
so neben dem Hang der Zeit zu begriffsfpaltender Methode und zu log yiich abft te 


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nz zu 
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—— Dan F 


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670 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


2. wie der Blitz herunter”). — Die durch Polemik und Scholaftif oft gelangmweilte Ge 
meinde wird dadurch mehr unterbalten, aber freilich nicht gerade tiefer gefördert. Und 
auch das etwa zuerjt Anziebende eines Bildes mußte jich bald verlieren, wenn, wie & 
da und dort geichab, ein und dasfelbe Bildthema bei ſämtlichen Perikopen des Jahres 
durchgeführt und jo auf ganze „Realjahrgänge” (d. b. bei denen ein und derjelbe Gegen 
itand ein ganzes Jahr hindurch behandelt wurde, bei H. Müller und Ecriver) übertragen 
wurde, womit dieſe Manier vollends zur unerträgliden Manie ward. So führte; 2. 
ein Prediger im Sennebergifchen jede Predigt ald „geiftlihen Hahnenfchrei” aus; ja 
3.8. Carpzov IT. in Leipzig (geit. 1699) Itellte einen ganzen Jahrgang hindurch Chriftus 
als Handiverlsmann dar, als den beiten Tuchmacder Mt 6, 25, Laternenmacher (1. Epipb.), 
Brunnengräber (Mis. Dom.), Tapezierer (Himmelfahrt) u. |. w. (Schuler I, ©. 325 u 
197 ff.). Abnlib nahm ein Nürnberger Prediger 1692 jeden Eonntag ein Handiverl 
durch, die Schufter (4. Advent „Schubriemen auflöfen”), die Wirte (2. Epiph. „aus Waller 
Wein!“), die Bierbrauer (15. Trin. „was werden mir trinten?“) u. f. f. (Darmft. Ag 
NY. 1872, ©. 580 ff). 

Indeſſen berrfcht die Unfitte der Bilderſucht doch nicht überall gleihmäßig, z. B. ın 
Sachſen weit mebr ald in Schwaben (Schuler I, ©. 173). Auch iſt im Auge zu be 
halten, daß daneben die praftiche wahrhaft erbauliche Predigt fih dieſe ganze Zeit bin 
durch in einer Schönen Reihe von Kanzelrednern fortjeßt, denen ed weniger um Polemil 
ale um lautere Serzensfrömmigfeit zu thun iſt; und ebenfo, daß jene Zeit in Derbbeit 
des Ausdruds und Naivität der Bilder auch für geiftliche Zivede unendlich mehr vertrug 
als Die unfere. 

Neben den Perifopen, die noch im 16. Jahrh. faſt ſchon normal, im 17. für den 
Hauptgotteodienſt obligatorifch werden, und neben der Schrift überhaupt dienen ala Terte 
audh: der Katechiomus, bie und da auch fonft eine Belenntnisfchrift (Konkordie, ſ. u), 
Nirchenlieder, bef. im 17. Jahrh. (f. die vielen Yiederpoftillen 3. B. von Feinler, Geiltl. 
Türtenglode 1663 über „Erbalt ung, Herr, bei deinem Wort”, Alard, Spiegel, 3. Chr. 
“amt ana. ſ. Yen II, 88) und Sprüchwörter (ſ. die Sprüchwörterpoſtille von Cordes 
16760, Widers 1675). 

Einige intereſſante Eigentümlichkeiten und Außerlichkeiten der proteſtantiſchen Predigt 

von 16. bie ins 18. Jahrhundert mögen hier Erwähnung finden. Ihre Länge betrug 
nach den lutheriſchen Kirchenordnungen meilt *, oder eine volle Stunde, im 17. Jahrh. 
hauſig bio au 2 Ztunden. Yeichenpredigten dauerten bisweilen bis zu 3 Etunden; je 
binmebnr die Veiche, je länger Die Predigt. Es finden ſich Veichenfermone von 90 Tuart- 
ſeilen Velannt oft, daß Die Zahl der regelmäßig gehaltenen Predigten Damals viel größer 
ſoar ale beut. In großeren Gemeinden wurden jonntäglic drei Predigten gebalten; da; 
tamen reiblube Wochenpredigten und Die Predigten an den damals viel bäufigeren Feſt— 
und Muptanen. Groſß tvar Die Uffenbeit und Derbbeit der Kanzelſprache; noch 1721 
muſß dw VRerliner Konſiſtorium Scheltworte wie „Ochſen, grobe Eſel, Flegel“ für die 
Mantel verbieten. Die baufinen Klagen über Verkürzung des Gehalts in der Predigt 
eher A oa Medlenburg ein Werbot der „Zalarquerelen” hervor. Gegen den mit de 
celaſtikhem dev Predigt zunehmenden allgemeimen Kirchenſchlaf wurden nicht felten be 
ſonbere mit Stocken bewafinete Weder angeſtellt. Für dieſe ginzelh giten ſei beſonders 
un Khelud. Kirehl Leben des 17. Jabhrh. I, S. 131ff,, und M. C. Curtius, Krit. Ab: 
unelinyen bee. C. 167 if. verwieſen. 

ar Hie Piedigt Dev polemiſch konfeſſionellen Dogmatismus. Hier rauſcht Die Kanzel 
in ſtarker von Auoſallen tbeologiſcher Silbenſtecher gegen alte Häretiker mie gegen 
mn Me dene Vebre wird mit peinlicher Akribie gegen jeden Verſuch eigentümlicer 
Yartyebilbung ante behänlte verteidigt.  Ztatt evangelifh erbaulider Glaubens: und 
Viytanbuuntp Dett De Volk theologiſche Selabrtbeit und ärgerliches Schulgezänf. Und 
na mltan onentuit elatucher Norm und Ausführung, wobei gewöhnlich die Einleitung 
Io yeinmatedbin Erlauzerung des Textes, Die Tetlüberjchriften in lateiniſchen terminis, 
kn ulaltyeatenes on a buretiiben Gruppen, Die praftiiche Anwendung in unwirkſamer 
ART BEINE. s dir Predigten eines Pfarrers Andreä in Erlangen (1568), der 
ame Abizilenarn benebt: 1. Unterfcheidung der Lutheraner und Papijten; 2. die 
and vw out dv Zuemglianer; 3. gegen Die Schwenkfeldianer; 4. gegen die Wieder 
undaa int Bampit die Moral nicht immer zu kurz. Aber auch fie verleugnet bie 
Syn ie ten nicht, tritt ſcharf und Ted auf, befonders in Form der Straf: 

sm Uheatrum diabolorum 1587. Hierher gebört Tilemann Heb’ 
NHL NS, beſ. S. 11,22 14,23 ff), hierher auch die weniger be 


Aiwure 
astoyseih Ah. 






1 











— —— — | 
a (geft. 1637), Rahtmann (geft. 1628), u 
Een 

die Sittenverberbnis der Zeit aufdedt, 
gebt ram und 




























Arndts, auf ve ni — Leipzig (geft. 1680), der 


und Symnaf. — in ie en Bao * — 
| u. A fine 
bied. a Be 1619, 6. 4. en .f Als ein —— 





= — beach Immer | 
Bali eiBn er 1626; 
q 21) eide in fin 


Haben (3. % mit lebendigen Farben, 


der reichen Erfahrun 1,2 30 ınmet m Gase m * 
denen Geiſtes. Zus über Nebenpunfte im Tert fann er einer Predi t ba 
Titel feiner —* en Predigtſammlungen ſ. BB vII S. f. Do 
erwähnt die überhaupt wenig gelannten — oder 145 Lhriſtliche Tran 

65 mones, Nürnberg 1657, von denen 3 e ga mi H 
als in der Aufzählung aller ne öko Eriwäl nungen t 
betreffende Bräutigam trieb diejen Traureden, die an 
Menjchenmögliche Leiften, hat aud J. Hermann dem Serhmn ad der 
Tribut entrichtet, Über Yohann — als Prediger vgl, Bi Bd 

560,12. Juſtus Gefenius (ſ. d. A. Bd VI ©.622, bei, &, & 




















674 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


nover (get. 1718) mit feinen fpäter gejammelten plattveutichen Predigten, deren name 
Lebenswahrheit in Sittenfchilderungen an Schuppius erinnert, wobei aber das Naive jo 
ſehr ing Trivial:Komifche übergeht, daß fie faum in diefer Form gehalten zu denken jmd; 
der fübdeutfche Prediger Spörrer in Nechenberg bei Dinkelsbühl um 1720, der ſeinen 
„Bäuerle” das Schachern, Saufen u. ſ. f. in ähnlicher, unglaublich derber Weiſe unter 
die Nafe reibt (3. B. „es ſchmeckt mir ja über die Maßen ſehr wohl, ich ſauf mid die 
Woch nur 7mal voll” u. dgl). Von beterodoren Predigern ſei nur der an Tauler ſich 
bildende Val. Weigel erwähnt, Bf. in Zichopau, Kurſachſen (geft. 1588), deſſen em- 
feitiger Intellektualismus und myſtiſcher Spiritualismus im Streben nah Verinnerlichung 
der Erlöfung und Rechtfertigung gegenüber der fcholaftischen Beräußerlichung des Tog- 
mas auch in feiner Haus» oder Kirchenpoftille 1611 u. ö. zu Tage tritt. 

Von außerdeutjchen luther. Predigern gehören in diefen Zeitraum aus Tänemarl: 
Kol. Hemming, ſ. d. A. Bd VII S. 659, bei. S. 661,65 ff. Seine Dort genannte 
Boftille leitete nach der ccht volkstümlichen die gelehrte Predigtweiſe ein; ſie legt alle 
(Gewicht auf eine forgfältige Teilung des Textes bis zum gezwungen Künſtlichen; femer 
Kaspar Brochmand (ſ. d. A. Bd III S. 112), defien —8* „Sabbati sanctifica- 
tio“ (ſeit 1636 in 14 Aufl) wohl die Schriftlehre ernſt und eingehend darlegt, aber 
ohne Rückſicht auf das Leben; die Anwendung wird dem Leſer überlaſſen. Dagegen it 
Dineſen Jerſin, Biſchof zu Ribe in Jütland (geft. 1634), einer der einflußreichſten Pre 
20 diger Dänemarks, ein Vorläufer des Pietismus, der praftifch die Gewiſſen zu wecken weiß 

Meiſt eine Generation binter Deutfchland zurüd enttvidelt ſich die Predigt in 
Schweden. Bon ca. 1600 an wird der chriftlihe Glaube aud bier als ein bloßes 
Wiffen bebandelt; doch tritt der Ortbodorismus nicht fo ſchroff hervor wie in Deutik 
land. Durch lebrbafte Kraft in Darlegung der Glaubenswahrbeit ragten bervor Biſchof 
Joh. Nudbed in Weſteräs (geft. 1646, declamationes und Leichenpr.) und %. Bot: 
vidi, Hofpr. Guſtav IT. Adolfs, den dieſer ſehr hoch fchäßte (geit. 1635 als Biſchof von 
Yinlöping). Mebr an das Gefühl wenden fih J. Matthiä, Bilchof zu ÖStregnas 
(geft. 1670), und J. E. Terfer, Biſchof v. Linköping (geft. 1678, Leichenpr. u. a.), die 
Vertreter des Synkretismus. Sonſt find noch zu nennen die beiden % & ezelius (übe 
so fie vgl. d A. Bd VI S. 654), und die oratorifch bedeutenden Erzb. Hagain Spegel 

(Ende des 17. Jahrh.) und Jeſper Svedberg, Bilhof in Skara (geft. 1735), zwei der 
größten Prediger Schwedens, in denen Glaubenswärme, Klarheit und rednerifcher Glan; 
ih in ſchönſter harmoniſcher Verbindung zeigt. 


b) In der reformierten und anglifanifchen Kirche. — van Ooſterzee, f. o. S. 625, 4: 
35 Deppe, Geſchichte des Pietismus und der Myſtik in der reformierten Kirche, namentlich der 
Niederlande, Leiden 1879; N. Ritſchl, Beichichte des Pietismus, Bd I 1880; M. Goebel, Se 
ihichte des chriſtl. Lebens in der rheinijch:weitjälifchen evangel. Kirche, 1852; — fir Saurin: 
J. Quandt, Jacques Zaurin. Ausgewählte Predigten, 1896, Bd 31 von „Die Pred. d. Kirche 
(vielfach ältere Ueberſetzungen!); Sachow, Saurin als Prediger, Baitoralbl. f. Hom. 1593 9.3; 
- für England: Reid, Memoirs of the Westminster Divines, 1811, dazu die umjangreide 
firhengeihichtlihe Litteratur, wie jie in den AA. Anglikaniſche Kirche, Baptijten, Kongrega: 
tionalijten u. j. w. aufgeführt it, und für die Perjünlichkeiten bej. die engliſche „National 
siographie“. 
Auch in der reformierten und in der anglifanifchen Kirche verleugnet die Predigt 
45 den verbildeten Geſchmack des 17. Aabrbunderts nicht. Ihre Poftillenlitteratur zeigt em— 
blematiſche Titel und etwas von Allegorie äbnlich der Iutheriihen. Doch erhält ſich in 
ibr, abgejeben von Holland, im ganzen eine etwas einfachere Methode mit weniger Kün: 
jtelet, vielleicht auch mit durch den Einfluß des in ihr mehr gefchäßten Hyperius (ſ. d. A. 
Bd VIII 2.505). —- Tie reformierte ‘Predigt deutfcher Zunge wird in dieſem Zeitraum 
vo bei. vertreten durb Abr. Zcultetus, Hofprediger und Prof. in Heidelberg (geft. 1624 
in Emden, Pſalmpoſtille 1620); Joh. Müller (Joels Straf, Buß: und Gnadenpoſaune 
1667) und Felix Wyß in Zürich (geft. 1666, Bußjpiegel Jonä 1672); Bernb. Meier 
m Bremen (geſt. 1681, Pred. über den Heidelb. Kat.; Verborgener Schatz der Wahrbeit 
oder 112 Gvangelienpred., 4. Teil 1687, 4. Aufl. u. a); Sam. Eyen in Bern (geft 
1700); None. Del, Inſp. zu Sersfeld (get. 1733, Poſaunen der Ewigkeit 1706, 6. Aufl; 
Kommunionpred. 1712, 3. Aufl; Zions Lehre und Wunder oder Evangelienpred. 1723, 
I. Aufl: Pred. über Gen, rd u. a.) Gr beginnt ftet3 mit 2 Eingängen, in der Aus 
führung erklärt er meist zuerſt die griechifchen und bebrätfchen Worte. Die Predigt über 
freie Texte berrjcht vor. Durch Ariedr. Ad. Yanıpe kommt die coccejanifche, bibl. praft 
co Reaktion gegen Die ortbodore Scholaſtik mit ihren Licht und Schattenfeiten auch auf die 


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676 Bredigt, Geſchichte der chriſtlichen 


„saquelot |[geft. 1708]; Abbadie ſ. Bd J S. 25; Lenfant ſ. Bd XI ©. 366; Beauſobrte 
ſ. Bd II S. 499, bei. ebd. 3. 58 ff.) und in Holland werden alle von Superville und 
Saurin überftrablt, die wir gleich bier beifügen. Daniel de Euperpille, Paſtor in 
Kotterdam (geft. 1728), der janfte, Tiebenstvürbige Charakter, überragt feine Worgänge 
san fpefulativer Kraft und philofophiicher Begabung. Wir stoßen bei ibm auf tief tbee 
logijche, relig.:philefopbifche und etbijch-Ipefulative ? Neben. Er entnimmt feinem Tat einen 
allgemein anziehenden Gegenſtand und führt ihn in ruhig ſynthetiſcher Weiſe, oft im 
reicher Fülle aus. Er wird nie rein fpefulativ, fondern bleibt ſtets — und zwar mehr 
ale Du Bose — praftifh und erbaulich. Aber er fpricht oft zu didaftiich, mehr me 

10 thodiich als naiv; und eben dadurd) fehlt fliner Rede Lebendigkeit und Beivegung. Tie 
Phyſiognomie des Textes berückſichtigt er im einzelnen zu wenig, daher iſt er weniget 
durchſichtig als Du Bosc. Von ihm rühren 5Bde Predigten ber. Den eigentlichen 
Höhepunkt der franzöfifch:reformierten Predigt auch für das 18. Jahrhundert bildet Jaques 
Saurin, für deſſen Würdigung aber auf den A. verwieſen werden kann. Kurz genanm 

ib ſeien ſonſt noch die weniger bedeutenden Prediger Jakob Basnag e (1. Bo TIES. 411, 6ff 
und Henri Chatelain in Amſterdam (geſt. 1743). 

Aus der holländiſchen Kirche ſchallt uns ont das dogmatifhe Gezänke der Remon⸗ 
ftranten und Kontraremonftranten auch von der anzel entgegen. Statt bibliſch⸗evange 
licher Erbauung berricht Dogmatismus, gelehrte Dispute, erregte Polemik, breit aus 

ao führlicye, qelebrte Terterflärung in den mehrere Stunden langen Predigten. Mit Gysbert 
Voetius (f. d. A.) und feiner Schule wird die Predigt auch hier fcholaitifch beeinflußt, 
während die Tertbebandlung meijt analytiſch bleibt. Mir finden meitläufige „Eregeie un 
Mechtfertigung des kirchlichen Dogmas, geſchwollene Form, mageren Inhalt. Eine has 
des gefeierten Vorſtius (geft. 1680) „über das lange Haar” 1 Ko 11, 14 Iedt 3 
25 lang die ganze niederländifche Kirche in Bewegung. Später Tann Smiite eld ini 
delburg (geft. 1739) über „das zerſtoßene Rohr“ 145 Predigten halten! Se eres * 
ſich, ob auch unter viel Unnützem und Sonderbarem, bei dem Notterbamer Hellen: 
brock (geft. 1731) und befonders bei dem praftifcheren und innerlicheren Wilh. a Bralel 
(geſt. 1711) und bei Aeg. Franken in Maasluis (geſt. 1743), der ſich, wie manche da 

so» mals, der ſynthetiſchen tethode zumendet. — Mit der allmählichen Emanzipation der 
bolländifchen Homiletif von der Scholaſtik durch die coccejanifchen Homiletifer und ih 
Vehandlung der herrſchenden „Föderaltheologie“ kommt mehr Prophetiſch-Typiſches in die 
Predigt, aber die dürre pbilologifche Tertanalyfe dauert fort. Die Mafje der Prediger 
legt noch immer den Text Wort für Wort aus, und zivar ganz fathedermäßig, mit cm: 

1 geftweuten philologiſchen und archäologiſchen Erläuterungen und in ſchleppendem Kanzelſtil, 
was bei dem in Holland febr häufigen Durchpredigen ganzer Bücher der Schrift eine be 
fondere harte Geduldprobe in ſich ſchloß. Bis man zu dogmatifcher und etbifcher Ent: 
wickelung kam, hatte die Eregeſe den größten Teil der Zeit ſchon vorweggenommen 
Zelbſt Die „Nontordangmetboße”, ein Wort durch ſämtliche Schriftftellen, Die es enthalten, 

gu binbindb zu erörtern, weicht langſam. Ernſtere Goccejaner aber fegen die befiere Theorie 
auch in die Praris um, und bringen — auch durd größere Berüdfihtigung der Meral 

mehr Yeben und applifative Kraft in die tote Orthodorie der Predigt ; fo beſonderẽ 
Lid Flud van Giffen (geſt. in Dortrecht 1701), der „Reformator der Predigt ſeiner 
zeit“. Andere Coccejaner vermehren noch die Breite der Predigt durch endloſes — 

u, fieren und Typiſieren; fo Lob. d'Outrein (geft. 1722 als Prediger in Amjfterdam), der 
II V. uartbande Predigten über die Gleichniſſe hinterließ, darunter 54 allein über den 
verlorenen Sohn, und H. Groenewegen, Prediger in Enkhuyſen, Verfaſſer einer „Schaf: 
tammer der Zum: und Vorbilder“, der über das eine Gleichnis von den Arbeitern im 
Meinherg emen ſtarken Quartband Predigten fchrieb (Xen II, 303 ff.), Die unter anderem 

add) Die ganze Kirchengeſchichte enthalten. Antiſcholaſtiſche Predigten finden ſich auch bei 
Gun Nemonftranten, z. B. bei J. Upten bogaert im Haag Geſt 1644), Arminianern, wie 
but Den ruhig milden Phil. v. Vimborch (ſ. d. A. Bd AI CE. 501), und den wallon⸗ 
ſchen Predigern. Much der günſtige Einfluß der oben genannten franzöſiſchen Prediger 
wirkt zur Bildung eines beſſeren Predigtgeſchmacks nach 1750 mit. 

77 Auch Die engliſche Predigt des 17. Jahrhunderts zeigt auf der einen Seite zuert 
eine formelle, dann eine materielle Degeneration gegenüber dent frifchen, freudigen Zeugni® 
ernſt der Predigt im Reformationszeitalter. Formell führt feit dem legten Niertel dei 
16. Habrhunderts Das Ztreben nach Gründlichkeit und genauen Diſtinktionen aud bier 
au einer fehtwerfälligen Struftur, icholajtifchen Breite, gelehrten Gitaten ber kirchlich dog: 

co matijchen Predigt. Materiell jeben wir eine arnıinianifche Hof: und Hochlirche und cal⸗ 











— 


55 Gewinns willen‘ verraten !” (v. Vrebigt 
Mile Zheol 5 jeiner — eis Wi 
& 
Manton (seit. 167 77), Prediger in Stofe — 
ein fleißiger Gelehrter, der nach Erzbiſchof Uſſhers — * 
so ausdrüden konnte, aber doch durch feine langen —— 


680 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


Allgemeines. Abgeſehen von dem glänzenden Aufſchwung der katholiſchen Kanıd- 
beredfamleit in Frankreich ſetzt fich in bemerkenswerter Meife namentlich die Miſſion⸗ 
predigt und die derbe Volfepredigt innerhalb des Katholicismus fort. So blühte in Jtalım 
ım 17. Sahrhundert die Predigt noch immer ganz befonders in der Faſtenzeit und in 

5 Feitzeiten, wenn Jeſuiten und andere Urdensprediger Miffionen abhielten, um durch gan 
efonders padende und erfehütternde Vorträge zu Buße und Berichte zu treiben. Der ge 
feiertfte italienische Bußprediger jenes Jahrhunderts war der jefuitifche Asket Paolo Sry: 
neri (geft. 1694), der 27 Sabre lang die Städte Italiens unter den bärteften Selbit 
peinigungen durchzog; von ihm Conciones quadragesim. 2. ed. 1754. Aehnlich wie 

10 er fein Neffe gleihen Namens (geit. 1713). Ein Fortjeger der derben Volkspredigt (f. o. 
©. 666) in der Adrianſenſchen Manier war in Frankreich der Auguftinermönd Andre 
(geit. 1675), in Deutichland und zwar in unerreichter Weiſe der Augujtinerbarfüger und 
faiferl. Hofprediger in Wien Abraham a St. Clara (Ulrich Megerle), für den auf d. J. 
Bd I ©. 110 vermwiejen werden Tann. Die von ihm geübte Predigtart, ein verjpäteter 

15 Nachllang aus dem 15. Jahrhundert, blieb keineswegs vereinzelt; man denke bejonders 
an die Kapuziner in Schwaben (nicht in Tirol) mit ihrem burlesfen Humor: fo an Mau—⸗ 
ritius Nattenhuſanus („Der alte redliche deutfche Michel . . . in fonn= und feiertäglicen 
Pred.“, 4. A. 1715), an Bater Cochem, den Sefuiten Veit Schäfer, Pater Rocco ın 
Neapel u. |. w. bis auf den „Wiefenpater” bei Münden nod) um 1780. 

20 Das gerade Gegenſtück dieſes derben Volkstons bildet die oratoriſch glänzendfte und 
geglättetſte Art von Predigten bei den franzöſiſchen Prunkrednern im Zeitalter ud 
wigs XIV. Die Wurzeln des raſchen Aufblühens dieſer Kanzelberedſamkeit lagen weniger 
in der katholiſchen Kirche ſelbſt als in den Zeitverhältniſſen, im Aufſchwung der geſamten 
franzöſiſchen Litteratur zu ihrer klaſſiſchen Blüte. Die früher eintretende Emanzipation 

35 von der Herrichaft des Yatein hatte bier die Ausbildung und Abglättung der Landes 
ſprache zu geſchmackvollem Ausdrud beichleunigt. Vermittelſt ihrer wetteifern fchöne Litte⸗ 
ratur, Theater und Kanzel, um die ariftofratiich feine Sitte der fog. guten Gefellichaft 
für ganz Europa tonangebend zu madyen. Der König will eine neue Blütezeit ber Yitte: 
ratur beraufführen, um fih in ihrem Glanze zu fpiegeln. So beruft er auch hervor⸗ 

30 tretende Kanzelredner als Advents- oder Faſtenprediger oder Kafualredner an den Sol, 
um ihre Talente zur Erhöhung des Glanzes feiner Regierung zu verwerten. Kunſt und 
Yıtteratur werden beberrfcht von der Sucht, das klaſſiſche Altertum nachzuahmen, zugleich 
aber oft genug von der andern, dem Stönig zu ſchmeicheln. Auch die Aanzelberebfamte 
pflegt jene erftere Neigung; ſie erftrebt eine Neftauration der Beredſamkeit der alten Kirche, 

35 ohne die Fehler derſelben klar zu erkennen und zu vermeiden. Es erfolgt die Wiederein⸗ 
führung pompbafter Panegyriken auf verjtorbene berühmte oder hochgeftellte Verfonen, wobei 
die Redner ganz wie vor Alters die glänzenditen Triumphe ihrer Beredfamteit feiern 
tollen. Much dem König und Sof gegenüber wird die gefährliche Klippe der Menſchen— 
vergötterung von dieſen Predigern fo wenig wie von den altgriechiſchen Vobrednern ver: 

so mieden, obſchon fie mitunter der forrupten Ariſtokratie mutig das Gewiſſen jchärfen und 
beſonders Durch Hinweis auf die Flüchtigkeit aller irdischen Größe felbjt Dem Leichtlebigen 
Hof eine Thräne entloden. Es ijt eine Beredſamkeit nicht für das Wolf, nur für Ge 
bildete, eine Entfaltung aller oratoriſchen Kunſt vor einem Zunftverftändigen Publikum. 
Ganz bejonders ragt fie hervor durdy Vollendung der Form, durd die blendende Grazie, 

45 womit fie die oft geijtvollen Gedanken und Beobachtungen bald in alles fortreigendem 
Schwung reich und rund enttwidelt, bald mit effeftwoller Knappheit in wohlklingenden 
Eentenzen und frappanten Antithefen hinwirft, bald in ſtreng logischen Satzketten mit 
gewandter Dialektif rubig und ficher erbärtet. So teilt diefe neue franz. Nanzelrbetont 
den vollen Glanz, aber auch alle die inneren Schwächen diefer Kulturperiode, bejonders 

.50 das Glänzenwollen mit eleganter Daritellung und Geiftreichigkeit. Pflegte man doc fit 
dem Auftreten Bofjuets ſehr bezeichnend die Kanzelberedſamkeit felbft nur als einen Zweig 
der Schönen Yitteratur zu betrachten. 

Wie in diefer Periode des „Klaſſicismus“ der yormendienft die Bedeutung des Inhalts 

übertvog, fo wird von dieſen Rednern auch das ſpezifiſch Ghriftliche des Tertinhalts nict 

65 felten der glänzend 'oratoriſchen Form in Darftellung Des allgemem Menſchlichen geopfert. 
Nicht tiefere chriftliche Erbauung ift es ja, was Hof und Adel ſucht, wenn er in eine 
Art von Paradezug zur Predigt gebt, fondern mehr nur eine Abwechslung in geiftiger 
Anregung, genußreide Hingabe an den Redner und Bewunderung feiner Kunft. Scen 
trägt Die Frömmigkeit der Gebildeten, jo weit fie nicht bereits Freigeiſter find, eine bloß 

so noch deiſtiſche Grundfarbe. Taber überwiegt denn bei dieſen Rednern die Moral, Gottes 


682 Predigt, Geſchichte der chriftlichen 


©. 344. Beſonders hervorzuheben find feine Paffionspredigien, vor allem die mit dem 
Titel Dei virtutem u. ſ. w., ferner die Predigten über Die Auferftehung Chriſii, die 
göttliche Vorſehung, den Ehrgeiz, die Verfühnlichkeit. Erheblich weiter bleibt Efprit Fe: 
bier hinter Boſſuet zurüd. Über ihn f. d. A. Bd VI S. 95. Nicht genannt jind dert 
5 feine allerdings tweniger bedeutenden Advents⸗, Miffiond- und Synobalpredigten und feine 
Lobreden auf Heilige. Eine Rede auf Turenne ist Fléchiers Meiſterſtück; über denfelben 
Turenne bielt auh 3. Mascaron, zumeilen Mdventöprediger in Berfailles (get. 1703 als 
Biſchof von Agen) eine öfters genannte Gebächtnisrebe. Cie hat mitunter hochfliegende 
Gedanken, tft aber von bizarrem Gefhmad. — Der lebte Stern erfter Größe in dieſer 
10 Rednergruppe ift der Dratorianer Sean Baptift Maffillon. Das im A. Bd XII ©. 111f. 
über ihn Gejagte fer hier nur durch einige Notizen ergänzt. Aus den Faftenpredigten ber 
früberen Zeit ragen die Homilie über den verlorenen Sohn mit ihrer ergreifenden Schil⸗ 
derung des Laſters der Ausſchweifung, die über Mt 5, 3ff. mit dem berühmten Eingang, 
darin er die Seligpreiſungen Chriſti denen einer ſchmeichelnden Welt gegenüberſtellt, die 
16 über die kleine Zahl der Auserwählten Le 4, 27, dabei Redner und Hörer ein tieer 
Schauer ankam, aus den fonftigen die über die Gottheit Chrifti, ein Muſter einer dog: 
matifchen Predigt, und die über den Tod des Gottlofen und des Gerechten (Offb. 14,13) 
mit ihrer dramatifchen, erfchütternden Schilderung der letzten Momente des unjelig Ster 
benden hervor. Die 1718 gehaltenen 10 Heinen Faftenpredigten find feine Paffionz 
& predigten, fondern cin NRegentenfpiegel für den jungen König, Belchrungen über jene 
Amtspflihten, Warnungen vor Sinnenluft, Schmeichelei, Ehrgeiz, mit einem ſolchen Emit 
und Freimut gegenüber den verweichlichten Hof, einer fo feinen Menſchenkenntnis in 
Edhilderung der Gefahren der Großen (bef. die Rebe sur les tentations des grands) 
und einer fo Inappen, aber deſto eindrudsvolleren Grazie der Diktion, daß fie Die weitaus 
25 gelefenften und als Mufter ftudierten Neden M.3 wurden, die auh auf Voltaire Tiſch 
nie fehlen durften. Was ihn auszeichnet, ıft der hohe, fittliche Ernſt, der unerbörte Frei⸗ 
mut, mit dem er auch einen König Ludwig XIV. nach deilen eigenem Geftändnis „un: 
zufrieden mit fich felbjt” machen fonnte. Ihm wird das Schmeicheln nicht fo leicht wie 
einem Bofluet, obſchon auch er darin zumeilen der Zeit huldigt. Ein leicht erregbares 
zo Mitgefühl erleichtert ihm das Eingehen in allerlei Zuftände und madt ihn tie wenige 
zu einen ausgezeichneten Kenner des menſchlichen Herzens und Lebens, zum Birtuofen in 
etbifcher Malerei. Sein an Gicero heraufgebildeter feiner Geſchmack, die einfach edle, ge 
bildete Redeweiſe, die leichte, elegante, harmonifch abgerundete Diltion, die unübertroffene 
Glätte und Lebendigkeit des Stile, der ungefünftelte Wohllaut der Sprache machen ibn 
35 zum „Racine der Kanzel”. Aber er iſt weniger fruchtbar an neuen Gedanken als Bour- 
daloue. Bourdaloue lefen faft nur Prediger, Maffillon iſt in den Händen aller Ge 
bildeten. Won dem Glänzen und Glänzenwollen beſonders Boſſuets in feinen Kafualreden 
bebt jich fcharf ab die Predigt Kenelong (j. d. A. Bd VI S. 32ff., bei. ©. 35, 35 ft.). 
Gemäß feinen Predigtgrundfägen in den Dialogues sur l’Eloquence, in denen er fid 
4 contre l’affectation du bel esprit dans les sermons wendet, quellen feine Predigten 
nicht aus der Kunſt und Anftrengung des Schönrednere, fondern aus dem Gebet, gott: 
inniger Meditation, geiftliher Erfahrung und chriftlicher Unterrichtsmeisheit hervor. Eie 
meiden allen Prunk oder forcierte Deklamation, aber fie find ftet3 lehrreih und zielen 
immer auf Reinigung der Herzen ab. Die Wertſchätzung der Schrift, Die er als edelftes 
45 Mufter wahrer Beredſamkeit empfahl, ift für ung befonders anfprechend. In feinen Merken 
(ſ. A) find nicht viele vollftändige Predigten, in Bd XVII (Discours und sermons) 
befonders folche auf Feſte und Hetlige und außerdem Furze Prebigffigsen. 
Mit Maffillon ſchließt Die klaſſiſche Periode der franzöſiſchen Kanzelberedſamleit 
Der Jeſuit W. v. Ségaud (gejt. 1748) mit feinen lebhaften Sittenfchilderungen, Paulle 
so mit jeiner Gefüblsglut und befonders der Mifftionsprediger 3. Bridaine in St. Sulp- 
Paris (get. 1767) mit feiner furchtlojen Bekämpfung der Ungerechtigfeit und erjchüttern: 
den Schilderung der ewigen Vergeltung jind Nepräfentanten der nachklaſſiſchen Jet. 
Aber mit Boffuet und Bourdaloue war alles Spaßhafte und Andecente des Kanzelſtils 
in Frankreich raich vollends vwerjebtwunden. Und wie fortan der feine Weltton Der fran: 
65 zöſiſchen ſchönen Yitteratur und überbaupt franzöftfcher Sitten das allerivärts in Eurem 
nachgeahmte Mufter wurden, fo wurden auch die größten diefer Prunkredner, Boſſuet 
und Maſſillon, mujtergiltig für die fatbolifche Manzel aller Yänder; ja fie trugen ſogar 
viel zur Verbeſſerung des Nanzeljtils in der evangeliſchen Kirche bei. | 
4. Die materiellen und formellen Wandlungen der protejtantifchen Predigt ds IS | 
bis in den Anfang Des 19. Jahrhunderts. 


















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- umftändlich genug; und die Einteilung und 1 Sid 
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co die Predigten = praftiicd gemeint; und es ift nicht zu — 





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B. die Bergwerlspredigt im Anhang der Epiftelpr. 1824, S 
de merkwürdige Hebung, Der Tat und f gar Di 















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prebiger, um Du ec —— zur Schri 
der ‚2 Bde 1783 ff; X 
eiche der t, 47. 1774). ‚Bei ihm a 
fommenden poetifch-äfthetifchen beft ‚dam 
w dem Einfluß von MHopftods Meffins, Youngs Nachtgede hör am 


.-.- 
- 


un Predigt, Geſchichte der hriftlichen 


halle Jubenlub Den Bankrott des Chriftentums bedeutet; Die rationaliftiiche war die Fem, 

in welcher vw erbalten blieb, bis 08 in befferen Zeiten neue Blüten treiben Tonnte. 
Man muß bin alles um Auge bebalten, wenn man die Predigt Dieier Zeit richtig 

beurleilen will. Nor allem aber darf man fie nicht nad) ihren Auswüchſen allein kit 


ſieren, ſondern zZgleid nach ibrem Durchſchnitt und ihren beſſeren Erzeugniſſ en. Te 


ublulen Art, die Predigt der Aufklärung mit derjenigen gefchmadlofer Nüplichkeitspretige 
(a) gu identifizieren, wurde ein Urteil entiprechen, welches die gefamte orthodore Prediat 
eiha nach Jobann Heermanns Traureden (ſ. o. 2. 672) beurteilte. Sa, bei Anwendung 
dee MWapltabe fante Die rationaliſtiſche Predigt ı noch böber zu jtehen als Die orthotere 
Denn öelbit Die ilachiten Rationaliſten geben Nüßliches und Praftiiches ; Der gefeierte Dichier 
Jobann SeCHNO an „ber Dit zablreiche Traureden gebalten, in denen fein oder faum an 
Sat dumänd, mug —F praktiſch war, ſondern alles lediglich antiquariſch-archäologiſd. 
— us ensenz nur ven dieſer Tredigtepoche mit Ehriitlich (NE : BHXVIII 
Don one won NT partie bonteuse der deutſchen ‘Predigt zu \prechen. Die ortbe: 
zoom wuien Vertretern genau im gleihen Zinn einen homiletiſchen 
: ir armen Natienaliften. 

>, Reiz Ir Zernt der rationaliſtiſchen Predigt entfpricht ſelbſwerſtändlich 
x zb sur Bibel Stelle. Man war von wirklich gefchichtlicer 
wen Nr Zeekonad cu mer enmernt, um Die Unterfchiebe zwiſchen ibr und ber 
„one Wruerumt Doors usereber Man glaubte vielmehr Die leßtere in der Bill 
AN a mul A ebene Die Schrift Die Predigt dDiefer Zeit nicht entierm 
Se. Sry Dar Ürmelire und des Vietismus. Es beitcht fein Bedürfnis nad 
tt TTV! Saat zes, Die eigene vernünftige Erkenntnis genügt vichjad 
nr, Done hedenfinmeli ritt gegenüber der philoſophiſch-moraliſchen 
F dd. Zehn hr E zu maot der Ichirungvollzpoetiichen oder moraliſch⸗lebt⸗ 
wen ln Ni * — y,en Ser ailedern manche flache Umbdeutung mit unter: 
I EEE zn yoradt srunmeainche Ebriurcht ver der Schrift nirgends vermift. 
. rmman in Vedeuzung: er iſt nicht mebr das Eonititutive 

an id AN. der Aunuimspun der Ürmament. 
d ytegun Nr spannen Prediat liegt in ihrem Inbalt. Das Chriſten- 
we oo STyen Auch die Beiteitichiebung Des Tertes iſt ſicher fehr 
"er dei. after Neem, daR fe grundtäglich praktiſche Religion 


.8 vorm — 
. GE E21 — Sn wem zchrtet, Die ſie vor Sich hut, auch ihre (de: 
> te Dont .arTı. arsftemm endlich daß fie Harc Ordnung und 

>. order Put 

.. num der sytierseben Fachzeitſchriften genannt, die 
> > 22. Sam fir Lrediger” jeit 1770, Baer 
run Suhre Neues Magazin für Predigt“ 
. \ n .2rer rosproybern Wilbelm Abrabam Teller 
E :rr,z ar see Sal Die Artikel. Cine berter: 
Sooaer..n ur Umuee *3 „Luis, Auguſt Hermann Nie— 
ti nem 52. ..:: 723: BU XIV S. 54, bei. S. 55, vij. 
un ham en Die vielen anderen Prediger 
mann Kintmmroe Soldan, Snell, Schuderoff u. u. 
van Zdriscatmän ın einer für Die Gemeinde 
:* Kant rer So zer te luſtig machte. Jabhlreiche 
rer Doz wetlahn ſich n Sasben Raiſonnements und nud: 
Nulc.h" Ser BE tder Hrrer: Sc Sersc ır Bremen, Yöftler in Gotbo, 
ne ni mine Kielſchreiber —— in Hamburg (Homilet. 
emittag pret. 13 Zum. ISe2 ff. u. a. Andere appel 
nn empfindſamen Tellamans: az und weicher Zentimentaltät 
Bo air Reit, der ſeine Prediaten sar neh als „Erinnerungen an 
2, u in einer PFredigt ſogar runde angiebt, „warum Chriſtu⸗ 
pre, Ebrenberg im Berlin, der Kenner und Erbauer bei. de⸗ 
in Mulbeim a. Jh. u. a. Job. Gottl. Marezoll geſt. 182 
am Ablehnung Der chriſtlichen Kerndogmen über Zollikofer, fin 
ste Ibhm iſt Der Prediger „Der Yehrer Der Religion, der fich mit 
—R ter. Ian Lehren Der Nernunft und Des Chriſtentums zu unter. 
en Pd in Ruckſicht auf den Geiſt des Seitaltere 17907. Auch m 
1 init ve nie wir eine tiefere Würdigung Jeſu. Das find allerdina: 


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698 Predigt, Geſchichte der qrifil ichen 


befördern ſollen“ (Vorw. S. IVff.). Vorwiegend lehrhaft, aber nicht trocken, ſtets aus ver 
Schrift ſchöpfend, auch die Einzelzüge der bibliſchen Erzählungen treu beachtend, giebt er 
ohne alles Geiſtreichſeinwollen ſchlichtes, aber geſundes, kräftiges Hausbrot. Einfach und 
klar iſt feine Dispoſition; bibliſch ſchlicht, aber flüſſig ſeine Sprache. Gerade dieſe Ein: 
6 fachheit iſt an einem Prediger am Sit des Pegneſiſchen Blumenordens beſonders anzu: 
erkennen; fie bedeutete einen bewußten Gegenſatz gegen die Mode des jentimental_orate: 
riſchen Tone. Über andere altgläubige, ftillwirtende Prediger jenes fräntifchen Kreiſes 
Pf. Buchruder in Nehweiler, Pf. Bom hard in Gundelsheim |. Thomafius ©. 153 ff. 
Neben diefen Schtvaben und Franken feien auch die Weftfalen nicht vergeffen. Unter 
10 den Begründern des eigentümlich gearteten, lutherifch Tirchlihen Pietismus im Minden: 
Ravensbergiichen, der dort zur Zeit des ftarriten Nationalismus unter Predigern wie 
Weihe, Rauſchenbuſch, Erdfid, Jellinghaus, Mauritius u.a. aufblühte, und der bi baute 
ein ſehr reges kirchliches und Miſſionsleben entfaltet, ragt neben Weihe G. E. Hartog 
hervor, Pf. in Löhne und Herford (geit. 1816). Die Echriften dieſes in Halle unter 
15 %. Lange gründlich gebildeten, außerhalb Weſtfalens wenig gelannten Zeugen gebören 
noch jeßt zu den Lieblingsbüchern des dortigen Landvolks, befonders das Predigtbud 2 7. 
1806, 1811 und 1836, 14 Baflionspredigten 1813, Anfechtungspredigten, Heimweh—⸗ 
predigten u. a. Ausgezeichnet durch große Klarheit, populäre Faßlichkeit und Bebaltbar: 
feit des Gedankenganges, Fräftigen und präzifen Ausdrud, durch eindringlichen Emit in 
20 der reichen praftifchen Anwendung, leiden fie — im Unterfchied von den Predigten mander 
anderer Ausläufer des Pietismus — an keinerlei Formnadhläffigfeit, auch nicht an ber 
ſonſt fo häufigen Breite, fo gründlich fie auch oft den Unterfchied von Natur und Gnade 
behandeln. “Der Grafichaft Tedlenburg entſtammen die troß mancher Befonderheiten gleich⸗ 
falls hierher gehörigen Brüder Johann Gerhard, Yriedrid Arnold und Johann Heinrich 
235 Haſenkamp (ſ. Bd VII ©. 461 ff.). 

Auch im Wuppertbal fehlen kräftige Vertreter einer biblish geprägten Frömmigkeit 
nicht. Aber die Hauptlanzelfterne dieſes Kreifes fallen in den folgenden Jeitabſchnitt 
Eine originale Kraft alten Schlags war der lutheriſche Miffionsbegründer Job. Zänide, 
Prediger an der böhmischen Kirche in Berlin (geit. 1827). Aber er war nur durd fein 

zo praktisches Wirken von Bedeutung, nicht als Kanzelredner. Von ihm einige “Predigten 
bei Xebderhofe, Leben Jänickes 1863, S. 16 ff. 153 ff. 


b) Die außerdeutfche proteftantifche Predigt im 18. Jahrhundert und im Anfang dei 
neunzehnten. — J. N. Brun, Gammelt nyt om og af Bishop Johan Nordal Brun, Kri- 
tiania 1822; Vincent, Histoire de la predication protestante de langue frangaise au 

35 XIX. siecle, 1871; Xones, Some of the great Preachers of Wales, 1885; Omen, Me 
moir of Daniel Rowland, 2.%. 1848; Williams, Welsh Calvinist Methodism, 1872; Morgan. 
Memoir of Thomas Charles &. 178fi. 291; Rees, Memoir of Williams, 1846; E. Morgan, 
Ministerial Record of Williams, 1847; Groß, Sermons of Chr. Evans, Chicago 1870; Don. 
Fraſer, Life of Eb. Erskine, 1831 und Life of Ralph Erskine, 1834; &. &. Moore, Memoir 

40 of A. Carson; Cummings, Lebensbild von Ed. Payſon, 1829; Holland, Biographie von 
J. Summerfield, 2. A. 1830; Willitt, desgl. 1857; —- Rob. Baird, Kirchengeſchichte, Fir: 
lie Statiſtik und religiöfes Xeben der Vereinigten Staaten von Nordamerifa I, 1844; Aholt 
Zahn, Abrig einer Gefchichte der evangelijchen Kirche in Amerifa im 19. Jahrhundert, 1889; 
C. A. Bartol, The Boston Pulpit. In: The New World, Vol. II, 1893, S. 479ff.; Die 

45 Predigt der Kirche, herausg. von W. v. Langsdorff, Bd 32 (John Wesley); weitere Kitt. na: 
mentlich bei den Artifeln über die einzelnen Denominationen in England und Ameritfa. 

Auch in dieſem Beitabjdmitt verpflanzt jich der Wellenſchlag des geiftigen Ringens 
von den deutſchen Kathedern und Kanzeln vielfach ing Ausland, vorab in den lutheriſchen 
Norden. So befonders der Kampf des Pietismus und der Orthodorie, nachher der ie 

5 Nationalismus und des Bibelglaubens. 

a) Dänemark und Zfandinavien. In Dänemark ſchuf der Pietismus (deſſen Bahn: 
brecher Lütkens war, ſ. oben S. 675,30) feinen Prediger erften Ranges. Er juct feine 
Nahrung bauptfächlid in Überjegungen deutſcher Erbauungsfchriften. Bifchof Hersich 
in Zeeland (get. 1757), deſſen gewaltige Beredfanteit Zeitgenoffen nicht genug rühmen 

65 können, jtebt ſchon in einiger Oppoſition zu ibm. Die vielen, auch auf norbifchen Kan: 
zelm Mode "gewordenen Aremdmwörter jtören bei ihm. Über Chriftian Baftbolm, den 
Hauptrepräfentanten der Aufklärung in Dänemark, ſ. den A. Bd II S. 442. Durch 
glänzende Tiktion und klare Anordnung, wie der Zeitgefchmad fie nıehr und mehr auch 
bier verlangte, waren jeine Predigten auch für Die Gebildetſten anziebend. Freilich iſt ıhm 

sonach Iheorie und Praris die Beredſamkeit nur noch ein prächtiges Kleid zur Verhüllung 
recht magerer Gedanken. Der bedeutendjte Vertreter Des um die Wende des 18. Jahr: 


700 Predigt, Geſchichte der qhriſtlichen 


(franz. und beutich) ganz fchlicht, herzlich, volfätümlih aus Schrift und Leben ſchöpfte 

Bilder und Beifpiele reichlich einftreute, mitunter auch die feichte Aufklärungsweisheit 

ne Zeit, der „Herrn Raiſonneurs“ oder den Dünkel der Schriftgelebrten, „der Fro- 

ejloren der Univerfität Jeruſalem“, in der fröhlichen Gemißheit feines Bibelglaubens ſehr 
6 kräftig, abfertigte. 

Von jenen Predigern, welche die verfolgten Evangelifchen Frankreichs in ben ſchwer⸗ 
ften Leidenszeiten aufrichteten und ſtärkten, haben wir begreiflichermweife feine Predigten 
überfommen. Für zwei derjelben Tann auf die bezüglichen AA. verwieſen merden, für 
Antoine Court (Bd IV ©. 306.) und Paul Rabaut. Außerdem mögen Deſubas 

10 (geft. 1746) und J. Roget (geft. 1745) genannt fein. 

Holland zeigt in diefem Zeitabfchnitt faft mehr nennenswerte Homiletifer, an denen & 
überhaupt nie Mangel batte, alö bedeutende Kanzelredner. Die alte „gewöhnliche hollän- 
difche Predigtmweife” der umſtändlichen Tert: und Worterflärung gebt jet langſam und ge 
mächlich in die neue „englische Manier” der fontbetifchen Methode über, und zwar gefchieht 

16 das durch den Einfluß Tillotfons und Saurins. Prof. Hollebeef in Leiden bricht durch feme 
Abhandlung de optimo concionum genere 1768, in der er jede unnötige Worterllärung 
befämpft, —* dieſe Reform Bahn. Der Groninger P. Chevalier betont die Syntheſe 
ſchon faſt zu viel; ſeine kerklijke Redevoeringen 1770 gleichen mehr ethiſchen Ab: 
bandlungen und zeigen den einreißenden rationaliftifchen Moralismus; vdasfelbe gilt von 

2 den vielen Bredigtbänden von Ew. Kift in Dorbrecht (geft. 1822). ©. Bonnet n 
Utrecht (get. 1805) ftellt in feinen Predigten Mufter einer Verbindung der alten und 
neuen Predigtiveife auf: im erſten kürzeren Teil der Predigt Terterflärung, im zeiten 
fpeziclle Ausführung des Tertgegenftands, zubritt ein paränetifcher Schlußteil. Der fromme 
„Mtrechter Gellert“ af. Hinlopen (geft. 1803) war ein halbes Jahrhundert lang em 

25 lebendiger Proteft gegen alle Scholaſtik; ähnlih nah ihm 2%. Egeling in Leiden 
(geft. 1835) mit feiner nachdrüdlichen Empfehlung einer fruchtbareren Predigt. Fortan 
blieben hebräifche und griechifche Broden von ber holländischen Kanzel verbannt. Proben 
ſchwülſtiger Rhetorik zu Ende des 18. Jahrhunderts finden ſich in den Predigten von 
3. Bofh und %. van Loo. Auch das Lefen der Predigt verbreitete ſich unter eng 

so liichem Einfluß vielfach feit der ziveiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 

y) Die Predigtgefchichte von England und Wales iſt im 18. Yaprhundert reich an 
eigentünlichen und bedeutenden Kanzelgeftalten. Der befchräntte Raum gejtattet nur 
einen Überblid. 

Die Enttoidelung des religiöfen Lebens und mit ihr die Entwidelung der Predigt 

s5 ift in England in vielen Beziehungen ihre eigenen Wege gegangen. Der Höbepunft de 
Aufflärungszeit wurde bier erheblich früher erreicht ala in Deutichland, nämlich bereits 
in den Anfängen des 18. Jahrhunderts (f. d. A. Aufllärung BP II ©. 234, 17ff. um 
den A. Deismus Bd IV ©. 531, 41ff.). Und dann trat um die Mitte des 18. Jahr: 
bunderts ein Umschlag ein, der in feiner Art in der Gefchichte der deutfchen Kirche feine 

40 Parallele hat, der aber zum großen Teil durch die Predigt bewirkt wurde, und der chenfo 
auf die Predigt von ſtärkſtem Einfluß war: das Aufkommen des Methodismus, namentlid 
in feinen Hauptvertretern Wesley und Whitefield. Vielleicht können wir die unmittelbare 
Gewalt und die vielfeitig wirkſame Kraft evangelifcher Predigt kaum irgendivo anders 
fo deutlich "beobachten wie bier. Weſentlich aus der Predigt — wenigſtens Whitcheld 

45 war nichts als Eriwedungsprediger und bei John Weslen war Die Nredigt überall das 
Primäre — erwuchs eine Bervegung von riefigem Umfang und eigentümlicher Kraft; 
eine Bewegung, unter deren Einflüffen die Niüchternheiten des Nationalismus und des 
Eupranaturalismus zurüdgedrängt wurden und kraftvoll pulfierendes religiöjes Leben 
iproßte. Zugleich betveifen die gleichen Einflüſſe auch die Kraft, neue Tirchliche Gebilde 

so zu Schaffen und zu befruchten. Aber cs iſt von bobem Intereſſe, zu jeben, mie die Pre 
dDigt alle diefe Wirkungen eben damit gewann, daß fie aus den üblichen Gleiſen berau& 
gedrängt wurde. Aus der Predigt ın der Kirche ward die Feldpredigt vor Taujenden; 
nit der Predigt ordinierter Geiftlicher wirkte vielfach die von Laien zufammen; ja & 
erwuchs eine Laienpredigt in bisher unerbörtem Umfang. Aus ruhig geordneter Tert- 

55 predigt war erjchütternde Erwedungspredigt getvorden, in der auf die Form nichts, auf 
die Kraft alles ankam. Die Predigt Des Methodismus bat Gewaltiges gewirkt, indem 
fie bergebrachte Formen zerſchlug und nichts fein wollte, als ein unmittelbar aus tiefiter 
Seele fommendes lebendig anfaſſendes Zeugnis. 

Im einzelnen mögen bier zunächſt einige Prediger erwähnt fein, die ihre Wirkſam⸗ 

eo keit vor dem Einſetzen diefer neuen Bewegung batten. Ein ſchlichter Prediger des alten 


702 Bredigt, Gedichte der chriftlichen 


Predigtiveife beider Männer gegeben bat, fei zur Ergänzung noch angefügt. Whitefield 
jhildert er jo: Seine ganze Kraft und Zeit fteht im Dienft des Evangeliums; der eme 
Eifer um die Seelen durchglüht ihn. Daher auch die merkwürdige Kraft und Eindring⸗ 
lichleit, der gewaltige Ernſt feines Zeugniffes, und wieder die hinjchmelzende Liebe, wenn 
ser bat: lafjet euch verfühnen mit Gott. Er ſprach immer wie einer, der eine direkte Bot: 
Ichaft Gottes an die Seelen auszurichten hat. Allee war Feuer und Leben an ibm. „Er 
prebigt mie ein Löwe“, fagte ein ſchlichter Mann. Und er ließ fih von feinem Eifer 
öfters zu weit fortreißen; früher vom Unmillen zu unbarmherziger Rüge der pflichtwe: 
geflenen Geiftlichen, ſpäter wenigſtens von der Erregung, die er felbit hervorbrachte, ſo⸗ 

10 daß er mitunter famt den Hörern in eier Flut religiöfer Gemütsbewegung ſchwamm, 
und nicht felten im Mitgefühl mit dem Sünder weint. In Amerifa mußten da und 
dort ftörende Auswüchſe diefer inneren Erregung bei feinen Hörern unterdrüdt werden 
Indes war ed ihm keineswegs um flüchtige Gefühlserregung, fondern um wirkliche innere 
Umwandlung des Herzens zu thun. Dazu kam die eminente Beherrfchung der Spradk, 

15 bei der ihm alles gan müßelos über die Lippen floß; eine große Gabe feilelnder Be 
ſchreibung und Darftellung; die Kunft, bei einer zwar nicht beſonders hochfliegenden, aber 
lebhaften Einbildungstraft geiftlihe Dinge zu verfinnbilblichen, malend fie vor Dem Auge 
entiteben zu laflen; der frifche, padenve, dramatiſche Stil; auch die Fähigkeit, feine Rede 
ſtets der Zuhörerſchaft anzupafjen und jo Volk und Adel anzuziehen; endlich Die ebenio 

20 Hangvolle als fräftige Stimme, die einnehmende Erd und vollkommene Aktion. Er 
war kein Meiſter in hoher Spekulation und zeichnete ſich weder durch Tiefe der Ge 
danken, noch durch Strenge der Logik oder glänzende Dialektik aus; auch war er mit 
unter zu baftig und unbilig im Urteil über andere. Aber die Wirkung feiner Rex 
vermochte dies nicht zu beeinträchtigen. 

25 Wesleys Art aber war, wie Chriftlieb fie zeichnete, ruhig lehrhaft, immer Kar, 
logifch, methodisch, dabei einfach, allverftändlich, aber nicht troden. Sie zeigt mi 
Stürmiſches, nicht einmal oratorifh Schwungvolles. Die Sprade ift flüffig und kräftig, 
aber nicht fortreigend. Je und je verfchmelzen fich Logik und Eifer zu jcharfer Argu: 

mentation und durchdringendem Appell ans Gewiſſen. Unter der ruhigen Oberfläche 

30 fpürt man die Glut eines Dunge nach Ecelen, die auch dann und wann berborbrict, 
aber ohne Flug der Vhantafte, ohne poetische Bilder, alles in fchneidigem Ernſt. Geordnet, 
pointiert, behaltbar, tvaren dieſe Predigten in der Regel kurz, der Vortrag würdevoll, die 
ganze Haltung gebietend. 

Auch über die weniger bedeutenden Prediger gleicher Richtung giebt der A. Ne 

35 thodismus zum Teil Auskunft. Di Sohn Wesleys Bruder Charles Wesley 
. Bd XII ©. 753,5ff, 754, 756,51, 760,88f., 766, 41ff, 773,2. 27. Die 
Zahl der ftaatsfirchlicdyen Geiftlichen, welche mit der Bewegung fompatbifierten, war 
jo gut wie völlig auf den Kreis der Gräfin Huntingdon beichräntt. Hier find zu 
nennen: William Sletcher, der fühn, Träftig und ohne Umfchweife die evangeliſchen 

40 Hauptivahrheiten predigte, — ein hervorragender Prediger (S. 766, 15 ff. 775,5]; 
William Grimfbaw, ein überaus populärer Prediger mit gewaltiger Anziehungskraft 
(©. 766,26, 777,52f7.); John Berridge, ein geiftvoller, manchmal etwas zu exzentriſcher 
Mann, mit einer eigentümlicen Neigung zu drolligen Vergleihen (S. 775, 10f. 777,5); 
Henry Benn, der fih vor allem und mit großem Erfolg auch an die Fabrikarbeiter 

45 wendete, der aud die ſchlechteſten Subjekte zu erjchüttern wußte, der übrigens aud) die 
Liturgie in Predigten erflärte (S. 775,11); William Romaine, der als Gelehrter eine 

eachtete Stellung einnahm und defjen marfige, beitimmte Predigten mit ihren fur, 
räftigen Sentenzen zu den beften feines Zeitalterg gehören (Alarm to a careless world; 
12 ‘Bredigten über Gejeg und Evangelium; Auslegung von Bf 107 und vom Hohmlie; 
so dgl. S. 775,12); endlihb Vincent Berronet (S. 777, 54ff.). Auch Romland Hill 
(©. 775,3 ff.) mag bier genannt fein. In Behandlung des Tertes fehlte bei ihm fette 
matiſche Ordnung. Aber feine Predigtweiſe var ungemein pointenreich, geiſtvoll, praktiſch 
und fühn anfafjend. Alle Sünde und Thorbeit geißelte er fchonungslos; bei allem Emft 
aber läßt er den Humor fo wenig vermijjen tie ambdererfeit3 fchneidenden Sarkasmus. 

55 Schlagende Sentenzen und drollige Scherze von ihm lebten lange fort. Bon ihm rühren 
her: Christ erueified 1783; The end of the Christian ministry; Village Dia- 
logues in 34 Aufl. 

Aus dem engeren Kreis um Mesley gehören bierher Thomas Cofe GBd XI 
©. 777,505, 781,51), Ad. Clarke (Bd IV ©. 129, 16 ff), Francis —2 Von 
co Laienpredigern aus der methodiſtiſchen Bewegung mögen unter Hinweis auf den A. Ne 


704 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


dies Stammesgepräge. Warme Herzenskraft faßt in glühendem Appell die Gewiſſen 
an; die Ausführung wächſt bei völliger Selbitbeherrichung des Redners oft in der Kraft 
bes Gedantens und ber Sprache in einen Sturm, der die Hörer eleftrifiert, jo daß fie in 
laute ‚pulinmung ausbrechen; kurze, braftifche Sprichwörter werden häufig gebraudt; 
6 die Diktion iſt poetifch, Die Art des! ortrage gleichſam beophetiich-infpirtert. Hochtliegende 
Phantaſie veranihaulicht alles in Bildern und verivertet hierzu immer die Naturidör- 
heiten des eigenen Landes. Ja der Tert wird der Faflungsgabe des Volkes derart an- 
gepaßt, daß oft Szenen der biblischen Gejchichte — ganz unhiſtoriſch, aber jehr packend 
und maleriſch — völlig in die wäliſche Szenerie und bie Verhältniſſe des 18. Sehr 
10 hunderte eingelleidet werden. Im übrigen regiert doch bei allem glühendem Ernſt und 
Eifer ein ſchlichter, das Wolf anheimelnder Stil. 
Howel Harris (geft. 1773; über ihn, beſ. über fein Verhältnis zum Methodismus 
ſ. BP XI ©. 760, Re 765, 0 f.), ein wahrer Boanerged mit flammendem Blid und 
ebietenber altung, aus beffen Munde Tonner und ai e hervorbrachen, daß die Leicht 
fr ten ung ſtanden, predigte ſeit 1735 in Talgarth, dann überall bei Jabr⸗ 
ten, Kirchweihfeſten, Wettrennen vor Tauſenden, bis ganz Wales von ſeinen mäd- 
tigen Pofaunenftöben gegen die herrjchenden Laſter und Die —*8 Irreligioſitãt wieder⸗ 
hallte. Keine Verfolgung, blutige Mißhandlung und Steinigung bringt dieſe ein 
um Schwei igen (. feine Autobiographie 1791, engliſch 1792). Seine oft ee 
20 ſetzes- und Bußpredigt erllärt fi aus der "tiefen fittlihen Berfunfenbeit d Be, 
eben ihm ift zu nennen der treffliche ftaatskicchliche Prediger Griffith Jones. Eme 
Hauptftüge der Bewegung tar ferner der Pfarrer von Llangeitho, Daniel R owlant 
(geit. 1790; über ihn vgl. Bo XII ©. 765,20 ff). Die Wirkungen feiner Gottesdienite, 
u denen die Leute 60 Meilen weit heritrömten, grenzen and Wunderbare. Seine wenigen 
25 Finterlaffenen Predigten (engliih 1774) zeigen feine volle Größe nit. Im Unterſchied 
von Whitefield baute biefer fromme, demütige, fleißig ftudierende, ſich jorgfältig oo 
bereitende Redner feine Predigt immer in ftreng ſyſtematiſcher Ordnung und Nlarbeit 
und brachte, je märmer er wurde, deſto Tiefered und Gewaltigeres hervor. Yu be 
ftärfiter Erregtheit blieb er feiner jelbſt ſtets mächtig. Die melodiöſe, wandelbare Stimme 
go konnte bald erſchütternd den Kampf des Chriſten und gleich darauf in hinſchmelzendem 
Ausdruck den Sieg der Gnade ſchildern, bald mit autoritativer Gewalt die rieſige Ber: 
jammlung faſſen, daß ganze „Wellen der Begeifterung“ über fie gingen und faft 40 Jahre 
u feinem Tod fi alte Leute noch davon erzählten. Diefem berrlichen Mann, ver ber 
Kirche zeitlebens treu blieb, entzog der eiferfüchtige Bilchof 1768 nad) dreigigjähriger 
85 Thätigkeit pregie Die Vredigtlicenz und legte dadurch den Grund zur fpäteren Trennung 
des erivedten Volks von der anglifanischen Kirche und zur Bildung der Welsh Cal- 
vinistic Methodistice Church 1810. 
Aus der großen Zahl der übrigen wäliſchen Prediger fein nur noch die dei 
größten unter den neueren hervorgehoben: William Williams von Wern, ein philo⸗ 
40 ſophiſcher Kopf, voll originaler Ideen, deſſen Predigt bei allen Schwung vorwiegend 
ernſte, männliche Denkarbeit zeigt. Neue, überraſchende Bilder, poetiſche Anſchauung 
vereinigen ſich oft mit dieſem männlichen Ernſt in furzen, draftifchen Sägen oda 
Sprichwörtern zur durchſchlagendſten Kraft. Chriſtmas Evans, der bauptfächlich in Angleſea 
wirkte, ein weitberziger Calviniſt und Baptijt (get. 1838), ift der Bunyan der wäliſchen 
45 Kanzel. Wie Wenige der biblifchen Bilderfprache mächtig, in parabolifcher, tableauartiger, 
oft jogar dialogiſcher Darjtellungskunft faft einzig, konnte er wohldurchdachte Allegorien 
einer glänzenden, aber leicht durchlichtigen Kette vereinen, ja mit böchitem Flug ber 
 hantafic die großen Erlöfungsgedanten und -Thaten geradezu dramatifieren; vgl. 3. 8. 
den ungeheuren, von Gottes Gerechtigkeit bewachten Kirchhof des menfchlichen Todes 
50 fluchs, zu dem die Gnade Einlaß begehrt, und den Dialog zwiſchen beiden. Seine Pre: 
digten zeichnete er aber erjt gegen Ende feines „bend für die Prefle auf; und nur 
ein Teil von ihnen iſt ins Englische überſetzt, &} ef. die Predigt über Nö 5, 15 Fall 
and Recovery of Man, Fiſh, Masterp. II, 396 ff. Die Hauptfäule der calviniftifch: 
methodiſtiſchen Gemeinſchaften für as war Sohn Elias von Angleſea (geft. 
55 18-41), ein Redner von vollendeter und oft wirklich erbabener Art, ein lerneifriger Auto: 
didaki, der alle redneriſchen Gaben, Klare Logik, tiefes Gefühl, glängende Imagination, 
frappante Leichtigkeit Des Ausdrucks, gebietende Haltung, mächtige Stimme mit ſeltenem 
Gebetseifer vereinte und Tag und Nacht in der Meditationsarbeit vor Gott jtand. Tie 
Art, wie er mit Ernſt, Kraft und Gefchielichkeit der Rede große Verſammlungen über: 
60 wältigte, erinnert ganz an Whitefield und Rowland. Mit einer Predigt konnte er M 


706 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


länder weit mehr zu feiner Naturausftattung als bei Schotten oder Engländern. Ge 
wiſſe nationale Charakterzüge, Lebbaftigleit, Wis, Einbildungstraft, leichte Erregbartat, 
auch Echarffinn machen bier häufig auch das niederfte Wolf beredt und geben ebenio 
auch dem herrichenven Predigtſtil eine befondere Färbung. Wie fich bier Teltifches Blu 

6 mit den fchottifchen und englifchen Einwanderern mifchte, fo vereinigen ſich oft in be 
iriſch-proteſtantiſchen Predigt eigentümlihe Vorzüge der fchottifchen Kanzelberedſamkei 
(Kraft des Intellekts, d arte Beſtimmtheit des Gehantens, genaue Echlußfolgerung) und 
folhe der englifhen (Klarheit und Reinheit des Stil und praktiſche Anwendungskraft) 
mit weit mehr Gefühlswärme und Begeifterung bis zu beftigem Eifer. Daber it die 

10 trifche Beredſamkeit nicht felten etwas outriert, zu reich an Blumen und Hyperbeln, wie 
— he auch einfach und doc erhaben auftreten und dabei überwältigende Energie ent 
alten Tann. 

Tie Predigt der iriſch-proteſtantiſchen CEpiflopalficche zeigt eine Kombination von 
britischen Gedankengehalt und irijcher Illuſtrationskraft (ſ. auch Fiſh, I, 562 ff.). An 

1» Kraft und Glut der Beredſamkeit ift fie der anglifanifchen meit voraus. Durch den 
Gegenſatz gegen das Papfttum, auch wohl mit durch den Einfluß des Presbyterianismus 
im Norden der Anfel ift fie auch in neuerer Zeit durchichnittlich fchärfer evangeliih ge 
finnt geblieben, als die der englischen Epiflopalen. — In der feit 1642 durch ſchottiſche 
Einwanderer aufblühenden presbvterianifchen Kirche erklingen noh im erften Wiertel de 

> 14. Jahrhunderts die Kanzeln vom Streit der Unitarier und Trinitarier über „Unter: 
fchrift oder Nichtunterfehrift” der Weſtminſter Konfeffion feiteng der Prediger, bis 1829 
durch Ausſchluß der Unitarier die lange gelähmte Kirche zum inneren Frieden gelangt. 
Seitdem fehen wir auf den Kanzeln der nun zur „presbyterianiſchen Kirche von Irland“ 
geeinten Synoden die fchottifch-calbiniftiiche Theologie vorherrſchen, aber in eleganterer 

2 englifcher Form und mit jener iriichen Wärme der Berebfamteit 

Die am meiften bervortretenden Prediger unter den Epiffopalen find: Walter Blake 
Kirwan, früher katholiſch und Profeffor der Moralphilofophie in Löwen, dann Telan 
von Killala (geſt. 1805), der populärfte Prediger feiner Zeit, befonder8 durch feine Predigten 
iiber die Nächftenliebe berübmt, ein Virtuog im Aufdeden der natürlichen Quellen ber: 

o felben, im Servorloden der „latenten Tugenden des menſchlichen Herzens“. Es ziebt ſich 

durch feine 13 serm. (1814 u. 16) eine wahre Kraftlette begeilterter Ermahnungen (eine 

Yirobe bei Fiſh I, 583 ff.) ; ferner der reichbegabte, mehr als Poet befannte, ſehr jung 
verstorbene, eifrige Charles Molfe, Hilfsprediger in Ballyclog, Tyrone (geft. 1823) 
Der binterlaffene Band Predigten zeigt ganz cvangelifhen Inhalt, edle, jchöne Ein 

s5 fachbeit, viel ertvedliche Kraft und mitunter Stellen von höchſter Beredſamkeit. — Ten 
den übrigen Proteſtanten jei nur erwähnt Alerander Carſon, erft Presbyterianer, 
dann Baptijt (geft. 18-44), ein kräftiger Geift, von umfaflender Gelehrſamkeit, gewandter 
Polemiker und Apologet, jehr fruchtbarer Schriftfteller, auf der Kanzel hervorragend durch 
vriginelle Erpofition, gedanfenreihe Abwechslung, wodurch er jeden Gegenftand inter 

ao eſſant zu machen weiß, bei Kernpunkten aber auch durch gewaltige Kraft, die plöglic 
wie ein Vulkan in einem Strom flammender Gedanken bervorbridt. — Auch in 

E) Amerika, fpeziell in Neuengland, nimmt nad) der beroifchen Gründerzeit mit 
ihrer erniten, frommen, ob auch etwas fteif feholaftiihen Predigt die Kraft und Ent: 
fchiedenbeit der Predigt merklich ab. Wit Jonath. Edwards und jeiner Schule (i. 

4 Bd V S. 171) beginnt eine neue Phaſe der amerikaniſchen Predigtgeſchichte. Die unter 
feiner treuen Arbeit 1734 in Nortbampton, Maſſ., entitandene merkwürdige Ertmedung 
fürderte mächtig die Predigtfraft vieler Geiſtlicher. Sie wird viel tiefer in der Betonung 
der fouveränen Macht und freien Gnade Gottes, der Nechtfertigung durch den Glauben 
u. ſ. w. und zugleich geiftlich erniter. Andere freilich wenden fih, durch manche Auswüchſe 

co abgeſtoßen, vom evangelischen Calvinismus mehr und mehr ab. 

Der franzöfifche Nrieg 1755- -63 und nachher der Unabhängigfeitsfrieg wirken un: 
günftig auf Das religtöfe Yeben befonders Neuenglands und bahnen der franzöftichen 
pilofopbie den Weg. Schon in der Zeit unmittelbar vor dem Unabhängigkeitskampf 
zeigt Sich bier eine Reihe ſtark politifierender Prediger, Die gern über „Regierungsgrundjäge 

66 im Verhältnis zu chriſtlicher Civiliſation“ predigen. Bald wird Freiheit der Unterſuchung 
das Schlagwort, das ſpezifiſch Bibliſche und Chriſtliche nur leichthin berührt, ein freudiges 
Feſthalten des urfprünglicen Galvinismus immer feltener. Am liebften befchränkt fich die 
Predigt auf allgemem anerkannte Wabrbeiten der natürlichen Religion und Moral. In 
diefer Atmoſphäre reift der Unitartanismus, das amerifanifche Seitenftüd zur Aufklärung 

so in Europa, deſſen Hauptfig Neuengland ift und der jeit 1787 Sonderfirchen bildet. 













— 3 
















ußergen 
Stimme, er Manier und ya dei 
die ——— vor ſich, als ein ——— 
— ——— 


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ae me er Tat A rag Herpa Tan en 


entanten des Uniterianismus auf kr Kae fü —V —* 
ARE Enge 265ff.) und Ele Dalaran. 


reuss 
einflußr S. 5. 788) der in | einen Ye zten 
fi edt ———— in der Schule der More Ian 
enftänbe ER und —— zuerſt auf der Kanzel cu 
—— a a 
e Vatriarchen Sonoten Ameitas agen mehr 
paftorale Treue u. —— —— . Heinrid 
T Meie, — ro, —5— war ein unermuͤdli — Reifeprebi 


der in deutfcher, —*— I 2 holländiſcher, ja * — — —* ad J— zus 
—* und praktiſch zu reden wußte er 1787). —* — | 
—— tor in Hagerstown und Newyork, —* der era 

45 —* (geſt. 1844). 

5. Die Predigt in der evangeliſchen Kirche des 19. Jahrhunde 

a) Deutſchland. — C. Werdshagen, Der Prot. am Ende des 10. rtö 2 Bde 

darin vor allem E. Ehr. Achelis, Meiiter evangelifher Han ei ser 4,565.), 
ferner Hermens, Die evang. Verkündigung in Heer und Marine IT Et — biogt 
50 Stizzen über Löhe, Harleß, Nitzſch, C. Schwarz, L. Harms, ſe. — RR  _®. Denten 
I. ©. Hafenfamp, MR. Nothe, Tholud, Bed (Bd IT); P.Dreiws, Die — 

hunderte. Kritiiche Bemerkungen und praftifche Wlute, 1903; P. Dres, ET | 

der ew.:Iuth. Landeskirche des Königreich Sachſen, 1902, ©. 1 165 ; NM.6d D 

geben der evangeliichen Kirche der Provinz Schlefien, 1902, S. 


S. X: 
Anvanız igiten Jahrhunderts); F. Th. Schufter, Vorbereitung un 
107 it. Teil, S. 14ff.). “2 Fa 
Zu a) Thomafius ſ. o. S. 690, 213 G. Ede ſ. o. E&. 690,4; Benbdiren, Der Einfliuh 
Predigt auf das teen des Glaubenslebens in diefem Jahrh., PRaftoral 
so u. ſ. w. 1896; R. Bendixen, Bilder aus der legten religiöfen Erwedung in Deutfe 
Fr. H. R. v. Frant, Geſchichte und Kritik der neueren Theologie, nöbejondere be 


= 








710 Bredigt, Geſchichte der chriſtlichen 


Predigt, Evang. Gemeindeblatt für Braunfchweig 1900, Nr. 45; Monatichrift für Bottesdienk 
und kirchliche Kunft 1900, ©.153ff. (Curtius), ©. 321 (Rieger); Winter, Der Erfolg der 
Predigt, NZ 1901, ©. 974; Th. Häring, Zeitgemäße Predigt 1902; Gaſtrow, Die Praxis des 
Amtes und derfriticismus, MEPB 1902, ©. 230f.; deri., Die Praxis des Amtes und der Eub- 

5 jettivigmus, MB 1902, ©. 310ff.; K. Böhme, Die Predigt und die moderne Weltanſchauung, 
MP 1902, ©. 349 ff.; Gaſtrow, Zur Frage nad) der Praris der Predigt, MEB 1902, ©. HOF.: 
J. Smend, Zur Frage der Kultusrede, Theol. Abhandlungen, H. J. Holgmann gewidmet, 14% 
(wertvolle, neue Geſichtspunkte); Krieger, Was ift unter Zeitpredigten zu verfteben und m: 
wieweit gebührt denfelben ein Plaß auf unferer evang. Kanzel? Hwh Bd 25 (1902), ©. 416ff.; 

10 B. Blau, Welche Aufgaben erwachſen der evang. Verkündigung aus dem geiteigerten Erfenntnis 
bedürfnis der Gemeinden? 1903; F. BZippel, Warum nicht mehr Predigten in Form der 
Homilie? 1903 (vielfach chief); NR. Seeberg, Die Kirche Deutſchlands im 19. Jahrhundert, 
1904; DO. Baumgarten, Predigtproblene, 1904; W. Richter, Randbemerfungen zu Baumgartens 
Predigtproblemen, MB 1904, ©. 153 ff.; M. Schian, Reform der Predigt, Chriſtl. Welt 1904, 

15 Sp. 315 ff. 340ff.; ©. Freybe, Laienwünſche für die evangelifche Predigt der Gegenwart, Pro: 
teitantenblatt 1904, S. 181 ff. 193 ff.; G. Mayer, Fürs geiltlihe Amt, 1904, ©. 113ff. Mo: 
derne Predigtideale;, W. Wolff, Wie predigen wir der Gemeinde der Gegenwart? 1904; vgl 
auch die oben ©. 708,51 ff. genannte Litteratur. 

Für Roofs: Ehlers, Profefiorenpredigten, Chrijtl. Welt 1894, Sp.827 ff. ; — für Ehlers: D. 

20 Baumgarten, Neuer u. alter Glaube, Chrijtl. Welt 1898, Sp. 771f. 795 ff. u. ebda. Sp. 1243 F.; — 
für Baumgarten u. Frenſſen: F. Niebergall, Zwei moderne Prediger, MtP 1904, ©. 2827.;— 
für Kalthoff: PB. Drews, Soziale Predigten von Kalthoff, Ehriltl. Welt 1899, Sp. 1049 F.; 
F. M. Schiele, Ueber ſoziales Predigen, MtP 1991, ©. 188 ff.; Rolffs, Naumann u. Frenfien, 
Theol. Rundſchau 1904, ©. 229 ff. vgl. S. 308 ff.; Drews, Chriſtl. Welt 1902, Sp. 1131f.; — 

25 für H. Kaifer ſ. MB 1901, S. 398ff.; K. Heflelbaher, Neue Bahnen für die Dorfpredigt, 
MEP 1904, S. 20 ff.; für die Evangelifationspredigt f. d. A. Evangelifation Bd V ©. 663 fi; 
Wurfter, Die Lehre von der Inneren Milfion, 1895, S. 404 ff; — für E. Schrent: ®. Grim: 
berg, Die GEvangelifationgvorträge des Prediger Elias Schrenk, ZTHR 1897, ©. 65fl.: 
EHrijtl. Welt 1896, Sp. 563 ff. (Art. Schrent); ebenda 1896, Sp. 618 ff. (Nochmals Schrent);— 

30 für S. Keller dad Vorwort „Unfer Bredigen“ in Samuel Keller. Ausgewählte Predigten. Hersg 
von F. J. Winter, ohne Jahreszahl (1904). 

a) Die Neubelebung der Predigt bis gegen Mitte des Jahrhunderts 
und Die Nadhzügler des alten Nationalismus. — Allgemeines. Zwiſchen dem 
neuen Xeben, das am Anfang des 19. Jahrhunderts in die evangelifche Kirche Deutid- 

35 lands einzog, und zwiſchen der etwa gleichzeitig einjegenden Neubelebung der evangelischen 
Predigt befteht eine lebhaft jpürbare innere Mechfeltvirkung. Die friſch und kräftig pul- 
fierende Frömmigkeit giebt der Predigt neue Blüte; die Predigt ihrerfeitS aber bilit 
wieder dem neuen evangelifchen Leben zu fräftigem Durchbruch. 

Unter den Faktoren, welche die Predigt jener Zeit wirkſam beeinflußten, ſtehen bie 

40 einfchneidenden politifchen Greignifje voran. Die Not des Baterlandes in der napoles 
nischen Zeit und die Miedergeburt desfelben in innerem und äußerem Aufſchwung, 
namentlich auch die das gefamte Volksleben in feinen Tiefen ergreifenden Erlebniſſe der 
Berreiungsfriege drängten auch die Predigt aus ihrer befehaulichen Ruhe und ihren 
ethifchen Grörterungen auf ganz beitimmte Aufgaben bin. Prediger und Gemein 

5 traten in der Gemeinſamkeit ihres Fühlens in emen inneren Konneg, der ber Predigt 
ganz anderen Wiederhall gab, als zuvor. Schleiermader und Dräſeke waren cs vor 
allem, die im ſchweren wie im guten Tagen aus zugleich chriſtlichem und patriotiichem 
Herzen heraus die richtigen Worte fanden, un Gottes Zeugen an das deutfche Wolf zu 
fein. Aber neben ihnen fand fich mancher andere, der, wenn ſchon in minder bobem 

50 Geiſtesflug, doch mit gleichem Ernft und Mut das, was Deutjchland erlebte, auch von 
der Kanzel aus beleuchtete. -— Des weiteren wurde die immer jtärfere Selbftbefinnung 
auf Das Konfret:Chriftlie in der ‚römmigfeit von größter Bedeutung für die Predigt. 
Die Aufklärung batte Gott, Tugend und Unjterblichfeit gepredigt. Gegenüber den Ideen 
ließ fie die Bejchichte zurüdtreten, gegenüber der gefunden Vernunft die Bibel und mut ihr 

55 Die Geſtalt Ghrifti, gegenüber den Fragen der Sittlichfeit die großen Notwendigkeiten der 
chriſtlichen Frömmigkeit. Unwillkürlich batten ſich die Grenzen zwifchen der chriftlichen und 
außerchriſtlichen Frömmigkeit erweicht. Jetzt machte ſich in allen dieſen Beziebungen allmäblid 
ein Umſchwung geltend. Wohl gab es noch manchen bedeutenden ‘Prediger, der die alte 
Art weiterpflegte (z. B. Nöbr); aber je weiter dag Jahrhundert vorrüdte, um fo mehr 

eo geriet dDiefe Schar in die Minorität. Wohl bat der vernünftige Supranaturalismus da 
alten, am Rationalismus gegenfäßlid orientierten Schule auch jeßt noch feine Vertreter 
gehabt; — gebörten dody neben Dräſeke auch Prediger wie Theremin diefer Nichtung ar. 
Uber auch aus ihrem Kreis vedeten Die Bedeutenderen gleichjam in neuen Zungen; cm 


712 Brebigt, Geſchichte der driflicgen 


Vorhandenſein diefer (Gemeine der Gläubigen für ihn nur eine Illuſion bedeutet hi 
Er will immer als zu Brüdern fprechen und ihr chriſtliches Bewußtiein entiwmiden, m 
erft gründen, nur befeftigen und weiter erbauen. Daher macht er bie Tarttellung de 
gemeinfamen Glaubensberwußtieind zum konſtituierenden Grundmoment Der Tredigt. Te 
6 rührt auch feine Betonung des Rechts der Gemeinde auf Taritelung ihres Glaubens u 
der Predigt. 
So iſt denn der Hauptinhalt feiner Predigt eine ganz durchſichtig Klare Taritelug 
feines inneren Lebens für gläubige Chriften. Tie Welt der etbifchen Getunten mm 
keineswegs vernadhläffigt, aber auch diefe quellen bervor aus dem lebendigiten religuwie 
ı0 Bewußtſein. Faft überall giebt feine Predigt rubige Neflerion über das Fromme Cecil, 
in fpäterer Zeit mit ftärferer Betonung jener durch Chrijtus vermittelten, im innere 
Gefühl zu erfahrenden und lebendig zu erbaltenden Gemeinſchaft mit Gort. Im ühya 
ſpiegelt Feine Predigt naturgemäß getreu die religiöfe Stellung wieder, melde aus jene 
prinzipiellen Darlegungen berfelben befannt iſt (vgl. d. A.). Charakteriftiſch it insbeim- 
15 dere die Art, wie die Eünde in feinen Predigten bebandelt wird. So entſchieden er die 
Notwendigkeit der neuen Geburt aus dem Geiſt betont, fo faßt er doch bei feiner alla 
ideal gedachten Gemeinde meilt nur bie feineren Gebrechen ing Auge und verläßt and 
in der Darftellung der Sünde eine vornehme ethifhe Höhe nicht. Es iſt mehr an ab 
neklärtes Hinausgehobenfein über den Zuftand, da das Fleiſch herrſchte, was bei ibm zu 
20 Geltung kommt, als ein fraftvolles Mahnen zum Kanıpf gegen fortbauernte fündig 
Neigung. In den Feſtpredigten treten die einzelnen hiſtoriſchen Fakta naturgemäß zum, 
fo ſtark auch die Perſönlichkeit Chriſti felbit Diftorifch gewertet wird. Die befannte A 
neigung Schl.s gegen das AT zeigt ſich auch in der Wahl feiner Texte; altteftamentice 
finden ſich bei ihm nur vereinzelt verwertet. 
26 Die Behandlung etbifcher Stoffe ift fehr oft meifterbaft, die Analyſe der pincele 
giſchen Zuftände unübertroffen. Denn Schl.s größte Gabe, die dialektiſche, kommt md 
auf der Kanzel überall zur Geltung und giebt feinen Predigten Das vorberrichente Ge 
präge. Mit welch klarem Durchblick in den tiefften Grund der Tinge und Erſcheinungen 
vermag er ganz nah Angrenzendes zu fondern und ebenfo in verſchiedenen Formen de} 
Gleichartige zu erfennen! Ganz befonders trefflich find die Predigten über die Ehe, de 
ihn das irdiſche Paradies ift, ſowie die über Kinderzudt und das Hausgefinde (1. W 
S. 371 ff.), die auch am öfteften feparat erfchienen (Predigten über den chriſilichen 
Hausftand). Kleinodien feiner Rafualreden find die Traureden (IV. Bd ©. 808 ff.) und 
(Srabreden (IV. Bd ©. 825 ff., 836 ff); Dazu einige Predigten Tafueller Art, aus denen 
ein warmer Patriotismus und bober Glaubensmut bervorleudtet, der vielen (auch dem 
‚sreiberen von Stein) in fchiwerer Zeit die Zuverficht ftärkte (f. die Neujahrspred. 18, 
3b I, Z. 281 ff.: „Was wir fürchten follen und was nicht“; cbenfo einige der tl 
genden: „Der beilfame Nat zu baben, al& bätten wir nicht”; „Bon der Beharrlichkei 
gegen Das uns bedrängende Böſe“). Verglichen mit Dräfeles politifchen Reden zeigen 
fie obne Frage feineren Takt, größere Befonnenbeit, maßvollere Art, reinere Bewahrung 
des reiligiös-firchlichen Charakters. 

Beſonders in der erften Zeit fich nicht fehr an den Text bindend, folgt Schleiermader 
bei jeiner Einteilung felten den Momenten des Textes, der meift nur aus einem ode 
Doch aus ganz wenigen Berfen beiteht. Ein fo ganz an ftrenges Denken gewöhmer 
45 Redner, wie er, disponiert den aufgejtellten Gedanken mehr material als formal gen 

Tas Thema ſelbſt aber iſt meift ein anfprechender Gedanke in ganz natürlicher Faſſung 
Häufig gebt, zumal in den erjten Sammlungen, der Tertleftion ein VBoreingang voraus. 
Nach der Form der Darftellung läßt fih der Grundcharakter der Predigt Schl.3 

als Der einer von allem Pathos volllommen freien, Elafliich ruhigen Gedankenenwide— 
vo fung bezeichnen. Überall beitebt der ſtrengſte logische Zufammenbang und Fortichritt in 
der durchweg Iehrbaften Darlegung. In gleihmäßiger Dialektit produziert ſich Gedanke 
aus Gedanke, obne Wiederbolung, ohne Phraſe, ohne allen poetiſchen Schmuck, ohne jede 
Abſchweifung. Im Unterfcbied von der öfters ſtark rbetorifchen Sprache der „Neben 
über Die Religion“ fließt Die Hare, troß Der Yangatmigfeit mancer Perioden einfache, 
66 aber immer lebendige, mebr antit edle als bibliſche Sprache und Tiltion ganz chen: 
mäßig dahin. Setzt je ein rednerifcher Schwung unwillkürlich an, fo gejchiebt es nur 
auf einen Moment; ſogleich bat Die rubige Neflerion wieder die Oberhand. Nirgends 
finden fih befondere Nraftftellen. Nur als Ganzes foll Die Nede durch die Wahrheit und 
Nlarbeit der Bedanfenentwidelung wirken. Bon den Gefahren des Ertemporierens merlt 
eo man bei dieſen (freilich erjt nacb dem Vortrag aufgezeichneten) Predigten nichts, um ſo 


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714 Brebigt, Geſchichte der qhriſilichen 


beiterem, poetifchem Sinn, voll frifhen Humors. Diefe Eigenfchaften ließen ibn nicht 
zum befehrungseifrigen Erwedungsprediger werden, wohl aber zum Volksredner, der cbenſo 
die Gebildeten feſſelte, wie er den fchlichten Leuten verftändlih war. Die Plaſtik ſeiner 
Sprache, der Reichtum und die Wucht feiner Gedanken madıten ihn zu einem ganz ori⸗ 
5 ginalen Redner, der mit eigenem Maß gemeſſen fein will. Am beften ift er noch, we 
nigiten® was Sprache, Geiftreichtum und Originalität anlangt, neben Dräſeke zu ſtellen 
Denn audy bei ihn hat die fchöne, oft poetifche Sprache etwas Hinreißendes. Strömt 
fie auch nicht immer voll abgerundet dahin, weil er gelegentlidd auch einmal in abrupte 
Form zu reden liebt, fo verfügt er doch ftets über reiche Gedanken und Förnige Ba: 
10 dungen, und mit lebhafter Phantafte weiß er treffende Bilder zur Illuſtration heranzu⸗ 
ziehen. Beſonders hervorgehoben fei, daß Harms ein — abgefehen vom Nationalismus — 
viel vernachläſſigtes Gebiet je zumeilen bebaut hat: das der Naturpredigl. Manchmal 
tritt das Pathos infolge vieler Ausrufe zu ftart hervor. Auch klingen die bier und du 
einem Teil der Predigt vorangeftellten Oden uns jest fremd. Seine Themata baben 
15 nicht felten etwas Padendes; 3. B.: „Tas Glüd der Unglüdlichen”, „Der Würgengel m 
bürgerlichen Leben oder der Hude“ Immer aber find feine Themata wohlflingend; 
mitunter widerſteht er freilich auch der Verfuchung nicht, fie zu reimen. Die Teile jemer 
Predigt find manchmal allzu zablreih; am 6. Trin. hat die Predigt der älteren Poſtille 
ihrer zwölf. Er führt die Ordnung der Rede ftet3 gewiflenhaft durch, iſt aber dabei nicht 
0 ausfchlichlid) durch den Tert beſtimmt, fo daß er aud ein paarmal ohne biblifchen Tert 
epredigt hat (Altere Boftille, Karfreitag und 5. Trin.). In feiner Stellung, zum Be 
enntnis fand er zahlreiche Nachfolger unter den Predigern. Erwähnt feten bier noch 
zwei: Martin Stephan (ſ. BP XIV ©. 197, ff.) und W. ©. Rudelbach (vgl. d. A. 
Biblifch und befenntnismäßig zugleich beftimmt waren von der reformierten Seite 
25 her befonders die beiden Krummacher. Über Gottfried Daniel Krummacher vgl. 
dv. A. BD XIE. 153 ff. Bezuglich Friedrihb Wilhelm Krummaders jet unter 
Verweis auf den AU. (Bd XI ©. 152f.) noch eine genauere Skizze feiner Predigtart 
gegeben. Er war ein Maler in Worten, mit finnlic bandgreiflihem Realismus und 
ungemein lebhafter Einbildungstraft. Diefe Einbildungskraft ift feine Stärke; fie hilft 
% ihm, fnappe Tertandeutungen fruchtbar zu machen und die biblifchen Geftalten frifch, padend 
und mit plajtiicher Kraft vorzuführen. Zugleich bebeutet es allerdings feine Schwäche, 
dag er dieſe Einbildungskraft nicht hinreichend zu zügeln gewußt hat. Nach drei Seiten 
bin bat dies feine Predigtweiſe ungünftig beeinflußt: einmal ging er nicht felten fo meit 
ins Einzelne und Einzelfte, ing Drajtifche und Plaſtiſche, daß er darüber geichmadios 
35 wurde; ſodann Tam es vor, daß er durch die Art feiner Ausmalung den Nerven der 
Zuhörer mehr zumutete, als diefe ertragen fonnten, — 3.8. in der Schilderung der Ent: 
hauptung Johannes des Täufers; endlih — und das tft das Wichtigſte — trat über ber 
lebendigen Anſchaulichkeit die gejchichtliche Wirklichkeit zurüd. Das von ihm bejonterd 
gefchägte AT wird ihm vielfach zum Träger rein neuteftamentlicher Lehren; das Typiſche, 
ja das Allegorifche nimmt er öfter zu Hilfe; die Detaild feiner Ausmalung werden un: 
gefhichtlih. Die gewaltige Wirkung feiner Predigt ift allerdings durch all dies nicht be 
einträchtigt worden. — Auch 9. F. Koblbrügge (. Bd X ©. 633 ff.; beſ. S. 637, ff.) 
gehört hierher. Die Benügung altteftamentlicher Terte und Lebensbilder iſt fett dicſen 
Vredigern auf der reformierten Seite ficher häufiger geweſen als auf der lutberifchen. — 
4 Endlich fei unter den Neformierten genannt Friedrich Ludwig Mallet (vgl. d. A. Bd XI 
E.126, bei. ©. 127, 16 ff.), ein Vertreter der einfachen, aber fortreißenden und geiltvollen 
Chriftuspredigt. 
Kür Claus Harms war Schon auf gewille formale Berührungen mit Bernbard Drä- 
ſeke bingewiefen worden. Im übrigen ſteht freilih Dräfele den Genannten nicht eben nabe. 
» Seine Predigt, die im A. Bd VS. 18, bei. S. , aff. ausführlich gefchildert iſt, iſt gefennzeuhnet 
durch lebendigen Schwung, Durch binreißende, begeiſternde Kraft. Aber inhaltlich bat ir 
weder den bibliſchen noch den bekenntnismäßigen Ton gleich kräftig angeſchlagen. Sie 
war allgemeiner orientiert. Mit ibm nahe verbunden war der freilich viel weniger be 
deutende Biſchof N. F. Eylert, bei dem der Schwung zur Überfehbwänglichfeit wird un 
65 an Die Stelle lebendiger Friſche die Salbung tritt (ſ. Bd VE. 702, bei. S. 702,6, 
703,30 ff). -— Hier ſeien auch einige weitere Prediger genannt, die, wennſchon tupra: 
naturaliftifch gerichtet, immerbin innerlich über die eng jupranaturalijtiiche Art binaus 
gewachſen find: Der Nönigsberger Ludwig Auguſt Kähler (ſ. Bd IX ©. us9 if, ke. 
S. 690,55 ff, 692,37 ff.) und der Wittenberger Heinrich Leonhard Heubner Auch 
60 diefer war, obſchon in feiner legten Zeit dem lutheriſchen Konfejlionalismus zunei⸗ 


in Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


Tre Jabrzebnte nach den Freibeitskriegen, in Denen einerjeit3 der Rationalismus nod 
ae Macht repräſentierte, während andererjeits die Einflüfle Schleiermacherd und anderer, 
dazu Die Erweckungebewegungen eine fräftige Gegenwirkung übten, bilden eine Verne 
der Garung auch fir Die Predigt. Starke Individualitäten wie die gejchilderten breden 
nu ud zuerit Den Bann Der rationaliſtiſchen gefühligevernünftigen, ſchwungvoll-pathetiſchen 
Predinuveiſe. Erit ſeit der Mitte Des Jahrbunderts, von da ab aber in ſteigendem Maße, 
Sudre iich ein Durchichnittstwpus der den neuen Einflüſſen entiprebenden Predigt. 
Dicjer Durchichnit:swpus entipricht ſeinem ganzen religiös-dogmatiſchen Habitus nad 
ibt entfernt der geiamten Eigenart Schleiermachers. Nicht in der dialektiſchen Schärje, 
aut. der Zedanklichen Tiere Seiner Predigt lag dasjenige, was eine Predigergeneration 
diteihnittine den zn lernen konnte. Vielmebr bat E. Chr. Achelis (Der Prot. am 
End Ne ne Sabrpunders BD II S. sub durchaus Recht, wenn er als das Ent 
cdbridende wipermioz, wie Schleiermacher einerjeits Chriitus ala den jchuldlofen Erloie 
weit Diuide und Id in den Mittelpuntft feiner Theologie gettellt hat, und wie er andere: 


te Me Bredial vieder sur böemeindevredig: gemacht bat. Tas Letztere iſt praftifch nicht 


“ 
- 


lbs OP NROGLNEN zvorden wie das Eritere. Denn die neu erwachende Frömmiglen 
edte, ven At gpeefiing Der derinflußt, ort die Bußxredigt ſtärker in den Vordergrund 
ao dir üredigt Den pamniemſemen Heilsbeſñtz: Ste war nicht ſelten Bekehrungspredigt 
Kon zent Vedentung pr dagegen das erſte Moment, Die energiſche Betonung der 
Nyieeduusteig SDR, Map Ne OT von der nachrelgenden Predigt faſt nirgends gerade 
Yo selgulyeranie DUDEN, Die Zteieetnißer te gemein: batte. Die feinen Yınien, melde 
own uudor argraeirti gm Ziele Nee iubtilen Tarlegungen des dialektiſchen 
usmwallete datt een) wicht Ne Merineren Der firchlichen Belenntnifje, die plajt- 
Wrksse asd Murten Ns ar armme „um Qurcdichnittächarafter der neun 
tee aan nzmii Bun wu ron Mr Rorens serrer Cinflüfle, Daß fie wieder an 
Date nid Da Su num me 

Mer yaı SMLIWRT TTOLDDGZ On: nis zes Stellung zum Text verbunden. Te 
Niet. u Ser, N. Ausortzz Na Eiseizerzes beiteben; aber er beutete es, 
wu bo yet sun.  Ammrs sen Tas nrw: Iertinene Des Chriftentums war dm 


hubaen Dez, ar rzıiın unendlide fonseriziee 5 das rationaliftifche. So wird hr 


ah tehen „iumurmscn Keritand nunmerz 22 zusuebeutete Stoffquell, deutlich 
mbar uni hr Vratigt. Side das ede migbräuchliche Deutung desſelben 
an." Rat, Tie allıgeriite Texzunms wird arundjäglic faſt überall 
nis. zn NE bomuft eher unberuk: 2*: zum Selten geübt. Namentlich dem 


N aan. LIND I Tandidnittepredigt unberanz: m: rfenmnie Des hiſtoriſchen Sinns 


wabian rind Par wird die Geiabr Der zizätieen!en, den Unterſchied der Teite 
ui veeerden Teutung at rieſengreß. Außeze 2Aebt Me Predigt auch in ſolchen 
ditlen nb, Sie legt Das WVTm das AT pr wen fie beweiſt mit bibliſchen 
all in Napt Den Tert in Der Regel nach an Cell beiten aud. Die Perikopen⸗ 


abn bebalten ihre alte Bedeutung; aber „ei Terz and -— wenngleich vielfach nur 


Jal ledes Mitte FJabr nicht außer Gebrauch nes Venterenreiben werden neben die 
dien spheßt ival. oben Z. 155, 5811) und durcha zerredez:: auch in lutheriſchen Gegenden 
werteit enzelne bibliſche Bucher fortlaufend zum Gezentien) —F Predigt gemacht; die 
HMaypubiit, Das Vaterunſer finden häufige Behandlunz. Bibelitunden ergänzen, was die 
tagt in dieier Hinſicht nicht leiſten kann. Auch Die Serben Der Predigt iſt vom Tem 
boetuuflupt; Me gewinnt bibliſchen Klang, vielleicht mandmal ſo ſtark, Daß fie für Ni 
tn tina Wenwinde allzu archaiſtiſch gefaßt erichent. 
Unter dieſen Einwirkungen beſtimmt ſich aud der Inbalt der Durchjchnittlichen Tre 
1 willeneer Ratienaliemus mit Vorliebe ethiſche Themata gewäblt und dieſe dann 
or ulluliber, ja allzugrundlicher Svpezialiſierung durchgeiubrt, jo kommen Die ethiſchen 
ont allein ben durch Die Wirkung Des Gegenſatzes — jet beinab in Miß— 
. Metalpredigten“ alten als minderwertig und muchen rationaliſtiſcher Neigungen 
bteı. Fur Die religioſen oder religibss dogmatiſchen Themata, Die nun alleinberr- 
st neahell, HE eine ſpeziellere Behandlung ſchwieriger, und Der Gegenſatz, anfangs gegen 
nes MD Lichtireundtum, dann gegen Proteſtantenverein und Liberalismus, 
eh ze gib neuere freiere Theologie, immer aber genen unchriſtlichen Zeitgeiſt laßt dir 
AL oayı Jreriger Die ſtete Betonung Dev chriſtlichen Hauptlebren als nötig ericheinen. 
> hell Ele ſpeziellen Themata aufs zentrale Themata wie Buße, Gnade, Geridt, 
©. Ehriſti, Me VRerſöͤhnung werden natürlich in unendlichen Variationen — 
Aſhent. Tie Folge tft, daß der Predigtinhalt in die Gefahr kommt, ſtereowp 


718 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


ründetes, fcharf konfeſſionelles Zutbertum in ernfter, eindringender, oft erfchütternde Dar⸗ 
tellung. Sie betonen die Lehre, ohne doch das Evangelium mit der Lehre zu verwed 
jeln. Es find — alles in allem — kraftvolle Zeugniffe einer ernſten, Tcharfdentenden, 
durdhgebildeten Perjönlichkeit von ſtark ausgebildeter, Tutherifch-tonfejfioneller Art. — Rit 
sihm war eng verbunden 8. K. Müntel, Paftor in Oiſte bei Verden. Von ihm: „De 
Tag des Heil“, Goangelienpredigten, 1860 und „Das angenehme Jahr des Herm“, 
Epiitelpredigten, 1853. Während er auf die Form meit geringeres Gewicht legt ala 
Petri, gleicht er ihm in der Sorgfalt der Ausarbeitung und in der Klarheit der Ge 
danken. Aber er hat einer Dorfgemeinde gepredigt; das beitimmt vielfach feine Beiſpiele 

10 wie feine Sprache; das hat auch dazu beigetragen, ihn zu größerer Einfacdhbeit zu nötigen, 
fo daß man feine Predigten vielleicht fogar populär nennen darf. Geht er doch auf bie 
Lebensverhältniſſe des Landvolks reichlich ein, vermeidet er doch nicht ein berbes Bart, 
wie es dem Brauch feiner Yeute entfpridt. Aber um vollauf populär zu fein, ift er allın 
lehrhaft; die Erkenntnis — im lutherifch-tonfeffionellen Sinn des Worts — beitimmt 

15 feine Darbietung, das Thema prägzifiert er genau; jeine Tertauslegung ijt ungekünſtelt 
Aus Sachſen gehört hierher U. B. Zangbein (Das Wort vom Kreuze, 4 Bde; vgl 
über ihn Drews, Kirchenkunde I, 166, 168). 

Zwei andere Prediger, die gleichfalld dieſer Gruppe zugezählt werden können, haben 
bis in die legte Zeit gewirkt: Chr. E. Luthardt in Leipzig und G. Uhlborn in H 

20 Von Chriftian E. Luthardt haben mir folgende Predigtfammlungen, die zwiſchen 1855 
und 1895 erjchienen find: Zehn Predigten; Ein age von Jeſu Chriſto; Das Heil 
in Jeſu Chriſto; Das Wort der Wahrheit; Die Gnade Gottes in Jeſu Chriſto; Gnade 
und Wahrheit; Das Wort des Lebens; Gnade und Friede; Der Meg des Heils; Licht 
und Leben; Es ift in feinem Andern Heil; Jeſus Chriftus geitern und heute; Predigten 

25 und Betrachtungen. Er vereinigte gründliche Verwertung ded Textes mit großer Ent- 
Ichiedenheit des religiöfen Aesiie Die Art dieſes letzteren greift nicht eben jelten in 
Dogmatifche hinüber. Einfach gewaltige Ruhe kann ihm gerade fo zugejprochen werden 
wie mächtig wirkende ethifche Kraft. Der Umftand, daß die meiften der von ibm heraus 
gegebenen Predigten in der Univerfitätsfirche gehalten find, erflärt ihre reichlich theologiſche 

so Haltung. — Gerhard Uhlhorn (geb. 1826 in Usnabrüd, feit 1855 in SHannove, 
geſt. 1901, f. d. U.) veröffentlichte: Predigten in der Schloßfiche zu Hannover 1870; 
Zur Erinnerung an die Kriegszeit 1871; Predigten auf alle Sonn- und Felttage des 
Kirhenjahre; Gnade und Wahrheit (Evangelien: und Epiitelpredigten 1876—1877). 
Uhlhorn batte feine bejonders hervorragende Gabe der Darftellung; aber der krafwoll⸗ 

s5 ernjte Inhalt fand ftet3 eine entiprechende Zorn. Die wiſſenſchaftlich gründliche Art 
feines Denkens prägt fih auh in der Gedantenbildung feiner Predigten aus; er bet 
innmer Tiefdurchdadhtes, Gediegenes. Ten Tert pflegte er forgfältig ın feiner Eigenart 
zu erfajjen und nah allen Momenten auszunügen. Machtvoller fittlicher Ernſt jmarte 
fich mit der Energie lutberifcher Gnadenverfündigung. 

40 Bon deutfchen Lutberanern im Ausland fett der Mitte des Jahrhunderts fei bie 
noh U. F. Huhn (geft. als Prediger in Reval) genannt; ein warmer, begeifterter Pre 
diger, oft glübend im Werben für feinen göttlihen Herin und Heiland. Won ihm Pre. 
über die 3 Glaubensartifel 1851 ff.; Pred. über die 10 Gebote 1856; Über das Vater 
unfer nad Luthers El. Kat.; Uber den verlorenen Sohn; Prev. auf alle Sonn: un 

4 Feſttage 1861 u. ö.; Buß-, Beicht: und Abendmahlspredigten 1860; Pred. über die 
Xeidensgefchichte; meift mehrfach aufgelegt. — Über €. F W. Walther, den fchref 
fonfeffionellen luth. Pfarrer in St. Louis, Prof. und Präfes des Konkordia-College du 
jelbit, Gründer der Miſſouri-Synode, der unter feinen dortigen Kirchengenoſſen der gründ 
lichite Kenner der Schriften Yutbers war (geit. 1887) und feine „Amerifan. [utb. Evan 

so gelienpoftille” 1871 |. Brömel II, 302 ff. 

Bon diefer Gruppe der entjchieden fonfeflionellen Prediger mag eine zweite Gruppe 
unterjchieden werden, Die fih von der erjten durch den geringeren Einjchlag des Kor 
fejfionellen und die jehärfere Betonung des Praftifchen, Gemeindemäßigen, Individuellen 
unterjcheidet. Prediger, Die mit ihrer vollen Überzeugung auf lutherifcher Seite fteben, 

65 aber dieſe Überzeugung in der Predigt, die fie vor allem religiös-praktiſch geftalten, minder 
accentuiert zum Ausdrud bringen, nd z. B. 8. H. Caspari in München und Friedric 
Ahlfeld in Yeipzig. Bon K. H. Caspari haben wir Predigten über das 1. Hauptitüd 
des lutherischen Statechisinus, ſeit 1852 in vielfachen Auflagen; 14 Predigten 1858; Bon 
jenſeits des Grabes (Sonntagspred.) 1962, mehrfah neu aufgelegt; Des Gottesfürdhtigen 

go Freud und Leid (MWochenpred. über den Pfalter) 1863 und 1870. Seine Predigten haben 


720 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


gewiſſer Glaube. Die Form feiner Predigten ift künſtleriſch vollendet; manchmal tritt 
die rhetorifche Art vielleicht zu deutlich hervor. In vielem mit ihm auch geiltig verwandt 
it Emil Frommel, der Hofprediger und Garmifonpfarrer zu Berlin (get. 1896). Er 
predigte bibliſch: er hat nicht felten, fogar in Feitpredigten, größte® Gewicht auf Ein: 
6 führung der Gemeinde in die bibliiche Gedankenwelt gelegt; er predigte praktiſch: alle 
Beziehungen zu den Menſchen unter feiner Kanzel nütte er aus, und die ſeelſorgerliche 
Einzelfenntnis beitimmte ibm ſtets den Stoff und die Art der Darbietung des Stoffes; 
er predigte fünjtlerifch: feine Rede war immer aufs geinite durchgebildet, aufs Anmutigite 
geraten; er predigte in hobem Maße anregend: Erlebnifje, Gefchichten, Anwendungen, 
10 Ausdeutungen, Veranſchaulichungen durchzogen feine Rede von Anfang bis Ende; er pre 
digte cin fröhliches, zuverfichtlides Chrijtentum, eine Gottestindfchaft im Sonnenlicht 
göttlicher Vaterliebe; er predigte ein Chrijtentum, das mit der Kultur im Bunde mar: 
alle Weltfremdbeit lag ıbm fen. Tas Togmatifche war feine Sade nicht; und vielleicht 
war felbit die gedanfliche Vertiefung der chriftlichen Grundanfchauung zu wenig feine At. 
15 Aber wieder zeigte ſich bei ihm wie bei Ahlfeld, wie unendlid) vielen gerade dieſe rein 
praftifche, den Hörer nicht allzuſtark anjtrengende Predigtart vor allen anderen zulagt. 
Cie hat ihn audy zu einem Prediger für alle Volksichichten gemacht, wennſchon Bebilvete 
naturgemäß die ;yeinheiten feiner Predigt am Beiten zu würdigen mußten. 
Ferner müſſen bier noch zwei hervorragende Prediger genannt werden, die noch nict 
2 lange zu predigen aufgehört haben: Rudolf Kögel und Heinrid Hoffmann. Uber Kögel 
[.d 4. BD X ©.610, bei. S. 611,3 ff.; ©. 612, a7ff. feine Predigtfammlungen. Toy: 
matifch jtrenger als Frommel, bat doch auch er feine dogmatifche Vertiefung angeftrebt; 
feine Kraft war die geniale, oft freilich übermäßig bervortretende Rhetorik, der alles andere 
dienftbar wurde. — Auch für Heinrih Hoffmann kann auf den A. (Bd VIIIE. 221, 
25 bei. 221,38 ff.) verwiefen werden. Die Eigenart feiner ‘Predigt beitand in ihrer feinen, 
eindringenden, feelforgerlich ſcharfſinnigen Pfuchologie, in der energiichen, knappen Ge 
drungenheit, mit welcher er reiche und tiefe Gedanken anfchaulih zum Ausdruck brachte, 
in der überzeugenden, auf eigenem Erleben ruhenden Zeugnisktraft, welche fie dem Evan 
gelium in deutlich Iutherifcher Prägung, aber ohne polemifche —— gab, und endlich 
so in dem wuchtigen, heiligen Ernſt, mit dem er die Gewiſſen anzufaſſen verſtand. Zwiſchen 
Kögel und H. Hoffmann wird kein großer Unterſchied der theologiſchen Meinungen und 
der religiöſen Stellung beſtanden haben; wie verſchieden waren fie doch! Kögel der Tre 
diger des Berliner Toms, der erjte evangelifche Geiftliche Preußens, der Redner bei allen 
großen und boben Anläfjen vaterländifchen und höfifchen Charakters, eine Art Fürit auf 
35 der Kanzel; und dagegen Heinrih Hoffmann, nur in der befcheidenen, engen Nteumarlı- 
kirche in Halle, nirgends ſonſt als Prediger gehört! Kögel der Rhetor auf der Kanzel, 
der Meijter des Stile, der Beberricher aller Form; H. Hoffmann — bei aller Wucht des 
Stils — vor allem Berfünder erniter Gewiſſensgedanken, feelentundiger Gemeindebirt 
Eie haben beide vor allem für Gebildete gepredigt; aber bei Kögel war für die einfachen 
0 Leute die Faſſung der Gabe zu hoch, bei Hoffmann war ihnen die Gedrungenheit der 
Gedanken oft zu Schwer faßbar. Emil Frommels feine, leichte Kunft, Ablfelds anfaſſende 
Erzählerkraft, Gerofs lieblich-ſanfte Art iſt Kögel wie H. Hoffmann fremd geblieben. 
Nur kurz erwähnt feien bier andere Prediger diefer Richtung: Johann Friedrich 
Wilhelm Arndt, über deſſen Mrt der WU. Bd II ©. 113, befonder® ©. 114, ıcfl. 
45 114,56 ff. ausführlich orientiert; der Berliner Strauß, deilen Predigten durch Innigkeit 
und Gemütstiefe fih auszeichneten (Hering S.248), und Karl Büchſel (ſ. d. A. Bd III 
E.525), deſſen derbe, formlofe, urwüchſige, knorrige, aber ungemein ernſte und praktiſche 
Predigten weithin gewirkt haben. 
Endlih darf nod am eheſten dieſer Gruppe angefchloffen werden: %. 2%. Etein: 
so meyer, jo wenig er auch in feiner charakteriftiichen Eigenart in irgend cine Echablone 
bineinpaßt. Bon ibm: Predigten 1841; Ich will rühmen des Herrn Wort 184; 
Zeugniſſe von der Herrlichkeit Jeſu Chriſti 1847; Beiträge zum Schriftverſtändnis in 
Nredigten in 4 Teilen 185157; Feſt- und Gelegenbeitsreden aud dem afad. Gotte& 
dienjt 1862; Predigten aus den legtvergangenen Jahren 1870; Predigten für das ganze 
65 Kirchenjahr, Drag. von M. Nepländer, 2 Bde, 1902; Predigtentwürfe nach dem Kirchen: 
jabr geordnet, brag. von M. Neyländer 1903; Für die Paſſions- und Ufterzeit. Erbaus 
liche Vorträge für Yaten (zu feinem Gedächtnis berausgegeben 1900). Seine Predigten 
find in der That „Beiträge zum Schriftverftändnis“. Der Tert, den er aufs jcärfte 
ergründet, giebt ihm den Predigtjtoff; die dialektiſche Eregefe desfelben wird oft zu breit 
60 oder auch zu fünftlich; aber die Gedanken find immer tief und originell, der Aufbau 


122 | Bredigt, Geſchichte der chriſtlichen 


Univerfität durchzitternden Ereignis. In der Form bewegt er fih möglichſt frei, öfter 
auch in der Tertbebandlung, ja Tertwahl, fo daß er mitunter auch über andere ala 
Schriftterte predigen fanıı, wie 3. 3. über die Augsburgiſche Konfeſſion. Er rühmt 
und verberrliht oft die Schrift ald Ganzes, ohne fih doch ftreng an ibre emzelnn 
5 Ausfagen zu balten. — Gin Bietift vom reinften Waſſer ift Guftap Knak geivden 
(geit. 1878). Bon ihm rühren zwei Sammlungen ber: Sie faben niemand als efum 
allein, Evangelienpoſtille; und: Xafjet und ihn lieben, denn er bat uns zuerit gelicht, 
Epiſtelpoſtille 1871. In fchlichter Syorm, aber unmittelbarfter Ergriffenbeit hat er ven 
dem Heiland der Sünder gezeugt und bat, ans Herz und Gefühl der Gemeinde appellie 
ww rend, ihre Yiebe zu Chriſtus zu wecken gefucht. Vielleicht repräfentiert er Die gefühlvollſte, 
innigſte Predigtweiſe von allen Predigern des 19. Jahrhunderts. Der ungebeuren Rudt 
jeines religiöfen Gefübls gegenüber traten Texterfaſſung mie Lehrgedanfen bei im 
völlig zurüd. 
An vierter Stelle nenne ich folche Prediger, welche erftend die chriftliche Wahrheit 
ts in einem außeren Gewand darbieten, welches der Bibel nicht fo unmittelbar entlebnt it, 
wie bei vielen Der früber angeführten, fondern mehr der eigeniten individualität de 
Predigers, Der neuen geiftigen Durchdringung des Evangeliums entipricht, zweitens aber 
das Beltreben zeigen, mande Eden und Kanten der biblifhen Verfündigung abzufcleifen 
und jo Die chriftliche Yehre in gemilderter Geftalt auch mit dem Empfinden der Zeit in 
zo Cinklang zu jegen, — obne daß doch der mwejentliche Gehalt des Evangeliums irgend 
zurückträte. Es iſt fein Zufall, daß unter den Predigern diefer Richtung die akademiſchen 
Theologen bejonders häufig find, am häufigften aber die fog. Vermittlungstheologen. Es 
iſt ebenſowenig au verwundern, daß bei manchem von ihnen die denkende Durchdringung 
der Wlanbenswabrbeiten michtiger erfcheint als die unmittelbare Wirkung auf Herz un 
2. Gewiſſen. Nach manchen Seiten feiner Predigtweiſe kann man verjucht fein, auch Thelud 
dieſer Gruppe zuzuzählen; bat er doch ſtarke apologetifche Neigungen, und zeigt er doch 
eine dem Zweifler gegenüber jo freundliche Irenik, eine jo geringe Neigung zu ſchroffem 
Topmatifieren, daß er getroft neben einzelnen Predigern vermittelnder Richtung ftehen 
kann. Aber bei ibm überwiegen doch die biblifch-pietiftiichen Elemente. Das ift gar 
waribt der Fall bei Karl Immanuel Nigich (j. d. A. Bd XIV ©. 128, bei. ©. 131,@fl. 
1:31,28 jf.; interefanteg Urteil eines Hörers Rytz, C. A. R. Baggefen, 1884, S. 124. 
Gleich derjenigen Schleiermachers zeigt auch feine Predigt eine volllommen einträctige 
Ineinanderbildung des Religtöfen und Sittliden. Auch er legt, fern von aller Rhetont, 
auf Die Form und ſprachliche Vollendung nicht eben zu viel Mert. Er hatte das aud 
a mubt beſonders nötig. Denn die tiefe innere Harmonie feines Weſens, berubend auf der 
vollgereiſten Durchbildung jener wiſſenſchaftlich theologifchen und praftifch Eirchlichen An: 
ſchauung, dev milde, unverrückbare Friede und die Verföhnlichkeit feines Gemüts fpiegelten 
jub von ſelbſt aufs Anziebendfte bei feiner Predigt ab. Sie fanden ihren Ausdruck in 
ver klaſſiſchen Rube der Daritellung und Ausführung, die, durch und durch lebrhaft, 
wo übervoll von Gedanken, in gedrungener Kürze faft mit jedem Mort den ftofflichen Inbalt 
wachſen dp, Daber im einzelnen nicht immer leicht durchfichtig, wohl körnig, aber öfters 
wuh vpunkel, dazu in der Ausführung der Teile nicht gleichmäßig iſt. Doch beherrſcht ber 
Erunbgedanke in dem fast immer ſchon an fich Intereſſe mwedenden Thema Deutlich das 
(uw, und Die Partition iſt ftets ungefünftelt. Die abgellärte Gediegenheit Des tief 
vo thtenypentben und zum Nachdenken zwingenden Inhalts, der auf Grund forgfältiger exege 
iſher Erwagung in Die Tiefen der Schrift wie des Herzens einführt und dabei in die 
lialſten Hoben des fittlich religtöfen Lebens binaufiweift, wiegt die Mängel der im Aus— 
ind mitunter etwas Fremdartigen Form reichlih auf. — Gleichfalls durcaus nicht pe- 
pular jenen die Predigten von Prof. Julius Müller (ſ. d. A. Bd XIII ©. 529; von 
wo hban f'rebigten uber das chriftliche Yeben; Zeugnis von Chrifto und von dem Meg zu 
ba ſur ei uchenden 1516). Das Charakteriſtikum diefer Predigten ift die argumen: 
eentee chrijtauslegung amd Die Iebrhafte, dialeftiiche Entwidelung, welche den Hörer 
lan Valun gi energiſchem Mitdenken nötigt. — Richard Rothes (f. d. A.; von ibm Ent: 
wueſen gu Abenbandachten über die Paftoralbriefe berausgeg. von Palmie 1876. 77; chen: 
. ſpelelee len ben 1. Brief des Johannes herausgegeben von Mühlbäußer 1878; Rothes 
mbyplahfine Predigten Derausgegeben von Schenkel und Bleef, 3 Bde, 1868) Predigt 
en gg A pm aus ſeiner eigentümlichen, tief und fein angelegten Natur geboren. 
Ya hah. war ganz Eigenes, in Sprache wie Gedankenbildung Individuelles, ja recht 
vaflttun Möherneb. Nirgends iſt er bibliſch un Sinn der einfachen Aufnahme bibliſcher 
u nelandbeleri'e oder Weitergabe eines biblifchen Gedankens. Aber überall ift er im höchſten 


724 Bredigt, Gedichte der chriſilichen 


Wert in Anſpruch nähme audy ohne die fittlihe Anwendbarkeit; fie greifen, darın Trä- 
ſekes Art aufnehmend, ing moderne Seelenleben hinein. Dit hohem Schwung, mi 
vollendeter Beherrihung der Form, unter rüdhaltlofer Turchbrechung der üblichen Predigt: 
jchablone weiß er hinreißend zu predigen, ohne doch ein populärer Prediger fein zu fünnen. 
In der dialektiſchen Behandlung auch fchmwieriger Zeitfragen zeigt er große Gewandtheit 
Den Tert nügt er in geiftvollztiefer Erfaflung aus, ohne je feinem Mortlaut befondere 
Gewicht beizulegen. Chriftus tritt bei ihm keineswegs zurüd, obfhon er naturgemäß in 
anderer Art gepredigt wird, als die biblifch gefaßte Kirchenlehre ihn kündet. Die Predigt 
von Schwarz kann kurz als idealiſtiſch-hochfliegend, rhetoriſch-gewaltig, religiös-wam., 
10 ſittlich⸗ernſt, in der Lehrauffaſſung deutlich frei charakteriſiert werden (ſ. d. A.; von ihm 
8 Sammlungen „Predigten aus der Gegenwart“ ſeit 1859). — Von anderem Schlage 
und doch vielfach mit ihm verwandt ijt der erſt neuerdingd auch bei ung recht gewürbigte 
Schweizer Albert Bigius, Pfarrer in Twann, bernady bernifcher Regierungsrat (vgl. be 
fondere das Vorwort zur 1. Aufl. des 1. Bandes feiner Predigten, 1883, von €. Hey), 
15 von dem 7 Bde nachgelaflene Predigten jeit 1883 herausgegeben find. Auch er ſpricht 
frei und offen, vielleicht noch deutlicher als Schwarz, feinen Tilfenfus gegenüber ker 
„früheren Kirchenlehre” aus. Wie GC. Schwarz am Heformationsfeft über „die Fortent⸗ 
twidelung der Reformation” (Bd I 1859) predigt und dabei gegen Formelweſen und Ge 
wiſſenszwang fpricht, fo hat A. Bigius zum Gedächtnis der Heformation über „tie Ver⸗ 
2 jüngung der chriftlichen Religion“ geredet und dabei erklärt, fort und fort werde die Reli⸗ 
gion wieder alt, und fort und fort müfje fie, ftatt an einzelnen Vorftellungen, Lehren und 
Bräuchen ängftlich feftzubalten, fich mit verfüngter Kraft neu erheben. Es ift ein durchaus freier 
Geift, der aus Bitius überall Spricht. Aber fehr verfchieden von Schwarz ift feine fon- 
ftige Art. Schwarz iſt der Spealift vom reinften Mafler, ſelbſt nachdem er (Vorwort zur 
25 8. Sammlung) durch reichere Lebens- und Amtserfahrung immer mehr vom idealen Bol 
um realen hingedrängt iſt. Bitzius ift, feinem Vater (Jeremias Gotthelf) gleich, Realift 
uch und durch. Ber Schwarz ijt alles Schwung, alles Begeifterung, bei Bitius alle 
Mirklichkeit, alles Sache. Er wird dabei nicht nüchtern oder troden, der Austrud it 
kraftvoll, vielfach auch einfach ſchön. Aber er ſcheut auch nicht vor derbem Wort, ver 
50 der Miederholung der aus dem täglichen Leben bekannten Redewendungen zurüd; fein 
Anliegen ift nur, überall den beiten, d. h. den a A Ausdrud zu geben. Wit 
dieſem Regiment des Gegenjtanves, der behandelten Sache hängt aufs engite die Wahl 
feiner Themata zufamnen. Er vermeidet nicht allgemeine Gegenftänbe, aber feine Meifter: 
jchaft zeigt fih in der Behandlung der vielen jpeztellen Themen. Frauentreue, der Schuß 
3 Gottes, die neue Turmubr, der Eegen der Eltern, Statiftil, die Grundſätze der Armen: 
pflege, — das find einige derfelben. Jeden Anlaß, jedes Ereignis in der Gemeinde nügt 
er aus: eine Feuersbrunſt, die Weinlefe, den Sängertag, den Anfang der Winterſchule. 
Es iſt jelbftverftändlich, dag ihm bei dieſer Art der Tert nicht oberſtes Geſetz fein fann. 
Analytiih ſind feine Predigten nie. Sie behandeln den Stoff, der ihn und jene Ge 
40 meinde befchäftigt, fie behandeln ihn in tieferniter, innerlich religiöjer, fittlich energiſcher 
Art, fie benügen Dazu ein Tertwort, dem obne vergewaltigende Deutung eine feine Be 
ztehung auf den Etoff gegeben, eine ernfte Lehre für den Fall entnommen mird, aber fr 
laffen fih nie allein vom Tert leiten. Moralpredigten im üblen Sinn aber giebt a 
nirgends; bei aller Freiheit gegenüber dem überlieferten Xebrftoff fühlt er jich im Innerſten 
s eins mit dem Ghriltenglauben aller Zeiten: „Freuet euch darüber, daß unjer Chriiten 
laube nicht Sterben kann”! Nur würde allerdings derjenige, welchen es auf Die Bibliice 
usprägung der chriftlichen Wahrheit ankommt, bei ihm feine Rechnung nicht finden; bie 
Form, in welder er den chriftlichen Glauben predigt, entitammt feinen Herzen und jene 
Zeit. Gr mabnte feine Hörer: „Haltet ja nie das Belennen eines fremden Glauben 
60 für frönmer als dag Ausſprechen eures eigenen!”, und fo Sprach er ſelbſt jtetö den cigenen 
Glauben in eigenfter Geftalt aus. Mit alledem iſt B. jedenfallg einer der praktiſchſten, 
wenn nicht der praftifchite Prediger Des 19. Jahrhunderts geweſen. — Die Predigten de 
Schweizers Heinrich Yang (ſ. d. A. Bd XI S.255, bei. ©. 259,39 ff.), fo frifch, bilder— 
reih und begeiſtert ſie find, unterſcheiden fih Dod von denjenigen von U. Bigius ver 
55 allem dadurch, daß fie nicht bloß religiös-ſittliche Zwecke praktiſch verfolgen, fordern den 
eigenen freien tbeologischen Standpunkt rüdbaltlog vor die Gemeinde bringen und ie 
(Gemeinde für ibn twerben, dabei aber den eigentlichen Predigtzweck nicht ſelten vergeſſen. — 
In diefe Gruppe gehören ferner Daniel Schenkel (ſ. d. A., von ihm 24 Predigten übt 
rund und Ziel unferes Glaubens 1843-—11; Das Heilswort der Liebe 1850; Tas 
ro Troſtwort der Hoffnung 1851), Alexander Schweizer (j. d. A., Predigten für denfend: 


5 


| 


Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 725 
Jeſu —— Predigten über das Reich Gottes * den Dee 


Da —— u. bigt d ten Zeit | J 
ger u ie € iſie 
t ti 


ſein alle bedeutenderen neueren Predig e 
gewiß gehört doch ein Überblick über bie | be 5 
= lt es * zu fragen, welche Wandlungen — ber 

ar machen. 







3 


— ‚2. — * —— | | 

it not; en — —— — J 3: eine G - 

erheißung un um t im en ana vemer — Wort 

vom Kreuze), der mit trartboller Einfeitigleit t be ottes 

Menſchen verkündigt. * RER 5 
Alle diefe Prediger wollen „das alte Evangelium“ een — 

Kirchenlehre, alle wollen bibliſch fein und tertgem sig 5 

auch nicht immer mit der Aufitellung der eigenen \ — —— e in 
redigt ausbrüdlich moderne Aufftellungen ab ober po eh egen die ——— 
ngeliums we freigerichtete — neigen «ben 5 Khan iie chriſten⸗ 35 

tumsf Berg e Strömungen. er fie wollen d vo praltiſch ee Glauben 

= Sittli — pflegen. Sie er wenig Rüc ht a auf bie ragen und Zweifel, welche 
eptiſchen modernen Menſchen bewegen, ſondern ſie gehen von der Zuverläſſigleit des 

worts aus, appellieren an die Erfahrung bon feiner — * richten ſ 
anz an die im alten Glauben ſtehende Gemeinde. Dabei ſind —— As er 40 

Born; fie wiffen den Text praftiih zu faſſen und auf das Haare religiöfe ans 


— die vierte Gruppe ſetzt ſich — F die Gegenwart hinein fort, wennſchon 
nicht ohne charakteriftiihe Wand In er wie af Denanbr in Berlin 
fönnte man vielleicht auch zu den ern oh; zweiten —— fi — he 45 
ebenfogut wie Emil Frommel i Fig werden fonnte od) i er Überein- 
ſtimmung im Zebrgehalt, bei a EB I auch feiner Predigt abet milder, 
—— er, moderner, als die —5 * zweiten —5* es durchſchnittlich find; allem 
Eifern iſt er abbolb, feinem innerften Wefen entfpricht es, wenn er befennt: — 
— zu ſagen und es zu glauben, daß das Evangelium mit ve vertvandt fei 





nur menfchlih groß und e " it“ (Evangelifche are I, — Fa En 
er zugleich aud) — feiner, als manche der — etzt G Dryanders P 
weiſe zeugt ebenſo von feinſter Bildung, eleganteſ 


——— 
chung wie von religiöſer Wärme und biblifcher Beten er 1. Brief De ob. 
in Predigten; Evangelifhe Predigten; Predigten über das dhriftliche Leben; Das a e⸗ 55 
lium Marci in Predigten und Homilien ausgelegt). Wie die jeinigen, fo lafien 
Predigten einer Anzahl anderer, namentlich auch alademifcher Theologen am beiten als 
—— der Gruppe Nitzſch anfehen, wenngleich naturgemäß die Wandlungen der 

chen Anſchauungen auch auf die Ba diefer Vertreter einer konſer 


tung nicht ohne Einfluß geblieben Nur einige hervorragende Prediger feien 60 


a 


726 Predigt, Geſchichte der chriſtlichen 


genannt: fo Erich Haupt in Halle (Rilgerihaft und Baterhbaus; Mein Reid iſt nicht 
von diefer Melt), der überall außerordentlihe eregetifhe Schärfe mit ſpannender Kraft 
der gedanklichen Enttwidelung und tieferfafiender Märme verbindet; fo Guſtav Kawerau 
(Predigten auf die Sonn: und Feittage des Kirchenjahres 1897 ; Neue Sanımlung 1899 u. a.,, 
6. der nad eigener Darlegung im Vorwort zur „Neuen Sammlung‘ den Chriſten im Gottes 
dienſt jtets feiertägliche Erquidung geben will, und zwar nicht durch Kunſt menſchlicher 
Mede, fondern Durch den beiligen Ernſt, die Tiefe und Kraft des Wortes Gottes jelbi. 
Als ausdeutender und zeugnisgebender Diener diefes Wortes erfaßt er den Tert ſtets in 
feiner Beſonderheit, beberzigt aber auch überall den Sag Steinmeyers, Die Predigt jolle 
10 Neligion, nicht Theologie zum Inhalt haben; ferner Julius Kaftan (Das Evangelium 
des Apoftels Baulus in Predigten; Das Leben in Chriſto; Sudet, was droben tit), €. 
CEhr. Achelis in Marburg (Aus dem alademiſchen Gotteödienjte in Marburg; Chriftus 
reden), und neben dieſen Akademikern, die alle vorzüglich durch die Wucht der Gedanten 
wirken, W. Faber, Generalfuperintendent von Berlin, der, mebr als alle anderen tet 
15 Kögel rhetoriſch veranlagt, auch Wortfpiele und -Anklänge reichlich verwendet (Jeruſalem 
und Vineta; Yicht und Seil; Wartburg und Kyffhäuſer). Allen diefen Predigern ift eigen, 
daß fie, twefentlich das alte Evangelium predigend, doch für moderne Empfindungen, Stim- 
mungen und ‚ragen ein tiefes Verſtändnis befigen und darum ſelbſt dort unwillkürlich 
auf Diefelben Nüdficht nehmen, wo fie fich allein an altgläubige Hörerkreife zu menden 
20 glauben. 
’ Verfchieden find die Genannten aber auch unter fi, weil die Form, in melde fie 
die chriftliche Wahrheit fafjen, keineswegs bei allen gleih ft. Darum find nun aud die 
Grenzen zwifchen ihnen und zwiſchen der freieren Predigtrichtung oder wenigſtens dem 
rechten Flügel derfelben fließend. Zu diefem rechten Flügel gehören die Prediger, melde 
25 Theologie und Weligion namentlib für die Predigt aufs Khärffte fondern, ſo daß die 
ftrittigen ragen der religiöjen Erkenntnis lediglich der Theologie, der populären Ver: 
fündigung aber allein die religiöfe Beeinfluffung zugeteilt wird. Zu diefer Gruppe ge 
hören namentlich viele von U. Nitfchl beeinflußte Prediger. Schon 3. Kaftan (f. o.) 
fann gerade fo gut bierber gerechnet werden wie zu den vorhin Aufgezäblten; äbnlih 
3.8 %%. Bornemann (freibeit und Frieden, Religione Reden; Gott mit uns); Her 
mann Echulg (Aus dem Univerfitätsgottesdienite, 2 Bde), Paul Drews (Chrijtus unfer 
Leben, 2 Bde), 3. Gottſchick (Abjchiedspredigten an die aus der Vredigeranitalt aus 
tretenden Kandidaten), Friedrich Loofs (der manchmal etwas mehr ind Gebiet der tbeo- 
logischen Erkenntnis bineinführt: Predigten 1892; Die Schöpfungsgeichichte; Der Zündenfall 
3 und der Turmbau zu Babel; Predigten, zweite Reibe 1901 u.a), R. Ehlers (Bilder aus 
dem Leben des Apoftel Paulus; Aus feftlihen Stunden; Tas apoftoliiche Glaubens: 
befenntnis). Eine Nuance deutlicher macht ſich die freiere theologifche Stellung bemerkbar 
bei Predigern wie Otto Baumgarten (Predigten aus der Gegenwart) und Erich Förſter 
(Das Ziel des Mollene). Alle bier aufgezählten Prediger aber find einig in dem tiefen 
10 Berftändnis, welches fie dem „modernen Menjchen”, feinen Empfindungen und An: 
ſchauungen, feinen Zweifeln und Bedenken, feinen ragen und Intereſſen entgegenbringen. 
Zwiſchen diefer Gruppe und zwiſchen dem Iinfen Flügel der freieren Theologie be 
jtebt vor allem der Unterjchied in der Predigt, daß diefer leßtere auch vor Der Gemeinde 
ausdrücklich den Kampf gegen die traditionelle Faſſung der chriftlichen Erkenntnis auf 
snimnt Im übrigen zeigen fih innerhalb dieſes Flügels wieder recht verſchiedene Stim: 
mungen. Da ijt der geiftvolle und gedankentiefe, in Eregefe und Reflerton gründlice 
Prof. Heinrich Holgmann in Straßburg, der feinen Predigten (Gefammelte Predigten 
in 4 Abteilungen) jelbjt den Charakter von Muftern kultiſch eingerahnter Predigten ab: 
ſpricht, weil ſie zuweilen mehr Abhandlungen als Predigten werden (über ihn: Baffermann, 
os. Holtzmann als prakt. Theologe, Brot. Monatsb. 1902, S. 172— 184), — da find P. Kirmß 
(redigten, in der Neuen Kirche zu Berlin gebalten, 2 Bde) und W. Babnjen (Evan: 
gelienpredigten für alle Sonn- und Feſttage Des Nirchenjahre), da iſt Heinrich Ziegler 
(Tie Ztimme Jeſu in der Gegenwart), der mit gleichem Idealismus wie Carl Schwarz, 
wennſchon nicht mit gleich ſchwungvoller Durchſichtigkeit predigt, -— da find aber aud 
bu n radikale Geiſter wie Die beiden Bremer A. Kalthoff (Schleiermachers Vermächtmis 
an unſere Zeit. Religiöſe Reden; An der Wende des Jahrhunderts. Kanzelreden über die 
ſozialen Kämpfe unferer Zeit) und Moris Schwalb (Predigten; Ziele und Hemmniſſe 
einer kirchlichen Rformbewegung; Gebrechen und Yerltungen des Tirchlichen Proteſtantismus; 
Unſere Moral und die Moral Jeſu; Neligtöfe Zeitfragen; Religion ohne Wunder und 
vo Ciffenbarung, alles „Kanzelreden“), der einer Predigt feiner letzten Predigtreihe das Thema 


ı 


— 


—* Predigt, Geſchichte der qhriſtlichen 


ſemeinden“ und ebenſo die Andachten „Auf der Dorfkanzel“ von Erwin Gros. Au: 
bruutlich fei übrigens bervorgeboben, daß dieje bier an die Gruppe der theologiſch freieren 
Yhediger angejichloffene Richtung der modernerealiftischen Predigt keineswegs auf diejt 
Gruppe befehräntt ft. 

Aber ebenſo wie Die vierte und bejonders die fünfte Gruppe ſtarke Mandlungen a: 
fahren baben, iſt dies der Tall mit der dritten Gruppe. Die pietiftiich-gefühlsinnige 
Predigt iſt zu Gunſten einer methodifttfchsertvedlichen in den Hintergrund getreten. Webl 
hatte auch die Predigt 3. B. eines Knak und anderer Pietiſten ſtets ein eriwedliches Mo— 
ment gebabt, aber ibre vorwiegende Abficht war die „Erbauung” der Gläubigen. Gan; 
anders Die moderne Evangeliſationspredigt in ihren mannigfachen Abarten: von dem cm: 
ſeitig janatiſcen Karl Adel zu dem rubigeren $. Stodmeyer (Fyeitpredigten, Berg: 
predigt Jeſu Ebriſti in 5 Predigten, das Gebet des Herrn in 9 Predigten), dem pirde- 
logiſch feinen und vielſeitigen Elias Schrenk (Alles und in allen Chriſtus; Allen durch 
den Glauben; Zucer in der Schrift, Betrachtungen; Dein Wort ift meines Fußes 
Veucbtey und dem energiſch kirchlichen, erwecklich apologetifchen, geijtreich-modernen Samud 
Reller (Menichenfragen und Gottedantworten. 70 Predigten). Mag der methbhodiftijche 
Vehleſchmack dieſer Predigten größer, geringer oder ſehr gering fein, mögen fie id 
mehr an Die chriſtliche Gemeinde, die erntchriltlichen Kreiſe oder die nichtchriſtlichen 
Mahen wenden, mogen fie mebr bibliichinnig oder mehr modernpraftifch verfahren und 
darm unverkennbare Abnlichkeit nit den eben vorbin befprochenen modernen Prediger 
aufſweiſen: ihre Abſicht iſt Die „Bekebrung“, ibr Ziel tft die „Entſcheidung“, ihre Art 
N Die Div aufruttelnden Bußrufs (1. d. A. Cvangelifation Bd V ©. 661, beſonders 
Zoba,arll). 

Wohl zeigt Die moderne Predigt auch gemeinfame charafteriftiiche Merkmale: fo die 
piinbeloyinb reg, an Das Seelenleben des Hörers überall mit vollem Verſtändnis an 
luupſende Methode, Die religies praftiiche, Dem Dogmatiſieren abholde Art, die Erkennmis 
ta Nonvendiglett, gerade den Fragen unierer Zeit gerecht zu werden; — wohl finden 
Ib m dieſem Sinn „moderne" Prediger in allen Yagern von der Rechten bis zur Linken 
m vuryelnen uber bleiben die eingeichlagenen Wege ſebr verſchieden. Ebenſo verſchieden 
fine tie Anſiebten uber den God: oder Tiefltand der Deutichen Predigt im allgemeinen. 
Man kann ſebr peſſimitiſche Urteile leſen. Nab R. Zeeberg (a. a. O. ©. 204f.) iſt die 
Lauubpbantispirdint ſeit einem Menfchenalter zunidgegangen. „Wie wenig originelle Ge 
warten, neue Veobachtungen, beilige Pſychologie, praktiſche konkrete Beztebungen begeanen 
ut. u bei modernen Predigt:!“ Nach J. Smend ia a. O. S. 2137) iſt Die Predigt 


. unutcbllv unpopular, wirkungslos, Dur den Kultus verderben. Andere Urteile laſſen 


niinleſtens erkennen, Daß ſehr viel zu beſſern ut (CT. Baumgarten a. a. O. S. 7ff.), und 
Reſerungovorſchlage verbinden ſich außer in den aenannten Werfen auch fonft mit mehr 
ea minder ſcharfen Worten über die ungenügende Wirkſamkeit der beutigen Vredigt. 
Hr ullen Berechtigung ſcharfen Urteils wird doch Drews (a. a. O. S. 59) Necht baben: 
vie Predigt zeigt neue Triebe. Ein Frühling ſtebt ver der Thur“. 
by Div außerdeutſche evangeliſche Predigt des 19. Jabrbunderts. — Für Dänemurt, 
dien und Norwegen: C. Gleiß, Aus dem evangeliſchen Norden. Zeugniſſe von Chriſto 
in Firbtglen aus der ſtandinaviſchen Kirche unſerer Zeit I82 (mit Pred. von Marten'en, 
Müönſier. Monrad, 7509, Grundtvig, Kierlegaard u. a.: dert S. XVI aud) die nordiiden 


Prerlatſäamimlungen dieſer Zei; N. A. Anderston, Ropande Roter 1832 (populär); 2. Nanne: 


un, l'ertruiter fra Kirken I---III, Kopenhagen 1895—1S09 (Charatteriſtiken von ©. ©. 
Naatıab, VW. Hoſtrup. N. Frimodt (RBd 1, 9 8%. Martenien Bd D\, J. 9. Paulli, 9. ©. 
url (Ud 39; EM. Skarſtedt ſ. o. S. 655,35: ©. Billing, Biskopen Ebbe Gustav Bring, 
"nn 1586875, Th. Klaveneß, Ter moderne Indifjerentismus und die Kirche, Vortrag auf ?. 
or by huth. Nonferenz in Lund 1901, Chriſtl. Welt 1901, Zr. 1124ff., vgl. ebda. Sp. 913i.: 
Gamers zu den Vorträgen bei der 10. Allg. luth. Konferenz in Qund (erfchienen in Qunt; 

115 Theſen zu dem Vortrag in Mind. Gegenwart, Bemeindeblatt f. Bunnover 1% 
hi 1 1. Nielſen, Der Proteitantismus in den nordiiten Landen. In: Werdähagen, Ter 
eehgtunte mo am Ende des 19. Jahrhunderts, Bd II S. u84ff.; — für ©. Kierkegaard 


naher ri MM. genannten Litt.; Bin Ringer Jeſu, Ehriitl. Welt 18093, Sp. 318ff.: Paul 


ala, mie Kierkegaards Angriif auf die Ehriftenkeit, Chrüitt, Welt 1895, Sp. 147 ff., dazu 
Yale ebd. Ep. 4115 für Grundtvig noch: Kaftan, ©. der Prophet des Nordens 1876; Mon: 
so, ver Grundtvigianismus, Chriſtl. Welt 1901, Sp. Shit. 48 ff. 

ur die Schweiz: A. Haldane, Memoirs of Robert and James Haldane, 5. ed. 1855; von 
04 Bol, Sie reform. Kirche Senfs im 19. Jahrh., 15625, Vincent ſ. o. S. 625, 22; Bloeſch, 
neliſches Yeben in der reformierten Zidweil. In GC. Werdshagen, Ter rot. am Ent 


— 


m dr ahrhunderts, Bd IT S. Seriir.: für Vinet: A. Schumann, Alexander Vinet. Aus 


Bredigt, Geſchichte der chriſtlichen 729 


gewählte Predigten und Reden. Mit einer einl. Monvgraphie. Bd 12 von „Die Pred. d. Kirche“ 
1890 (dort aud) weitere Ritt.). 

Für Frankreich: Vincent |. o. ©. 625, 22; E. Ehrhardt, Der Proteftantismus in Frank: 
reich und Belgien am Ende des 19. Jahrh. In: ©. Werdshagen, Der Prot. u. ſ. w. Bd II 
©. 1037 ff; für U. Monod: Faßmer, Bon Adolf Monods Sterbebett, Ehriftl. Welt 1895, 6 
Sp. 1116ff. 1138 ff.; Comte, La predication contemporaine, Ad. Monod et Lacordaire. Thöse 
de Genève 1882; Breffenfe, Etudes contemporaines, Paris 1880; Leon Stapfer, Ad. Monod, 
L’honme et le predicateur (Thöse); Baul Stapfer, Prof. der Litt. in Bordeaur, Bossuet et 
A. Monod; für andere Prediger: Edm. tapfer, Dekan d. theol. Fat. in Paris, La predi- 
cation d’Eug&ne Bersier, Revue Chretienne, Bari 1893, ©. 29 ff. 104 ff.; für die beiden 
Coquerel: Athanase Coquerel pere. Notice biographique von N. Coquerel fils 1868; Palix, 
Ath. Coquerel pre consider comme predicateur (These de Paris) 1885/86; Jules Deväze, 
Athanase Coquerel fils, sa vie et ses oeuvres, Paris 1884 (These de Gendve), allzu enthu- 
fioftifch, auch gerade die Predigtweije wenig berüdjichtigend,; ganz anders gründlich Erneit 
Ströhlin, Prof. in Genf, Athanase Coquerel fils. Etude biographique, Paris 1886. Dieje 15 
Biographie geht aud) auf die Predigtthätigkeit näher ein (bei. S. 157ff.). 

Für Holland: J. Hartog |. o. ©. 625,40; J. J. van Tojterzee ſ. v. ©. 625, 41; ©. Cramer, 
Brot. Leben in den Niederlanden. An: E. Werdähagen, Der Prot. am Ende des 19. Jahrh., 
Bd II ©. 917ff.; Deperingh, BZeugnilje des Evangeliums aus der holländischen Kirche 1855. 

Für England:Schottland: vgl. d. Litt. zu d. AA. über die anglitoniiee Kirche u. d. einzelnen 20 
Freikirchen; Sir, Pulpit Eloquence of the XIX. Century; J. Voelter, Aug England. Bilder 
und Skizzen aus dem kirchlichen, kulturellen und fozialen Leben, Heilbronn 1896; U. 3. Car: 
Igle, Das englifhe Kirhentum im 19. Jahrh. In: C. Werdshagen, Der Brot. u. ſ. w., Bd II 
©. 941 ff.; Scaff:Sadjon, Encyclopaedia of living Divines and christian workers in Eu- 
rope and Amerika, 1887; für F. W. Robertfon: Stopford A. Brooke, Life and Letters of 25 
Fred. W. R.; &h. Broidyer, Fred. W. R. Sein Lebensbild in Briefen, 2. X. 1894; Banyr: 
hofier, F. W. R., Ehriftl. Welt 1895, Sp. 369 ff., bei 416ff.; für Nob. u. Broofe: C. Broicher, 
Stopford NA. Brooke, Ehrijtl. Welt 1898, Sp. 870ff.; für Kingsley namentlih: Charles K., 
Driefe und Gedentblätter, hrsg. von feiner Gattin 1884, S. 235 ff.; für Maurice: The Life 
of Fred. D. Maurice chiefly told in his own letters. Edited by his son Fred. Maurice, 30 
2 Bde, London 1885; Leben von %. D. Maurice. Erzählt von Fred. Maurice. Deutſch von 
Maria Sell, Darmftadt 1885; H. v. Dungern, F. D. Maurice, Yührer der chriftlich-fozialen 
Bewenung Englands, 1900; für die Kongregationaliften: Evan und Hurndall, Pulpit Me- 
morials of 20 Congregational ministers, 1878; — für James: Dale, Life and Letters of J. 
A. James, 1862; fir Watfon: Paul Jäger, Jan Maclarens Theologie, Chriſtl. Welt 1898, 35 
Ep. 698}. 72355; A. Menzieg und J. Herkleß, Der Proteſtantismus in Schottland im 
19. Sahrhundert. In: C. Werdähagen, Der Prot. u. ſ. w., Bd II S. 695 ff.; — für Chal— 
merd: A. Rüegg, Thomas Ch. Ausgewählte Predigten und Kaſualreden, 1891. Bd 14 von 
„Die Predigt der Kirche”; Moderne Predigten aus vergangenen Tagen, Chriſtl. Melt 1892, 
Sp. 488 f}.; -— für Drummond: N. Smith, Henry Drummond, deutfh v. H. Groſchke, Berlin, 40 
Warned 1900; C. C. (Glemen), Henry Drummond und feine Schriften, Chrijtl. Welt 1893, 
Sp. 641f., 660ff. 684 ff. Pal. die AN. der National Biography. 

Nordamerita. N. Nordamerifa Bd XIV ©. 165, bei. ©. 212, 11ff.; dort wie in den 
AN. Baptiften, Rongregationaliften u. j. w. weitere Litteratur; insbeſ. R. Baird — K. Brandes 
j. Bd X ©. 680, 44ff.; N. Zahn, Abriß einer Geſchichte der evangel. Kirche in Amerika im 45 
19. Sahrh., 1899; Friedrich Munz, Homiletif, Eincinnati, Chicago und Et. Louis 1897, dort 
©. 258 Weberjiht iiber die neuere amerifaniiche homiletiſche Litteratur; eine ſolche Ueber: 
fiht auch in der Mufterfammfung Preachers Treasury (Mandeiter), vgl. Wi. Thom. Moore, 
Christian (Quarterly, feit 1869; Schaff-Jackſon, |. oben zu England: E. Simons, Eine ameri- 
kaniſche Dankjugungspredigt, Ehriftl. Welt 1899, Sp. 253 ff; Das religiöfe und kirchliche 50 
Nordamerifa zur Zeit der Weltaugftellung in Chicago (befonderd Nr. 3), Chriftl. Welt 1894, 
Sp. 2041 ff.; — für Beecher: Evangeliſche Kirhenzeitung 1870 (September); Protejtantifche 
Kirchenzeitung 1885, Nr. 49—50; Sof. Coof, Boston Monday Lectures, 1887 (März); — 
für Moody (außer im A.): Der Evangelift D. L. Moody, Lebensbeſchr., Kaſſel 1900; H. Haupt, 
Dwight L. Moody, Chriſtl. Welt 1901, Ep. 369 ff.; C. A. Bartol, The Boston pulpit: Channing, 55 
Taylor, Emerson, Brooks. The New World, Bojton 1893, S. 479—492; für Brooks allein: 
Godrane, Un grand predieateur amdricain, Phil. Brooks. Revue du Chr. prat. 1893, 3; 
C. C. (Elemen), Phillips Brooks, Eine Lichtgeitalt ans der amerikanischen Kirche, Chriſtl. Welt 
1893, Sp. 346 ff.; für Ehadwid: F. Jacobi, J. W. Ch., ein Unitarierprediger, Chriftl. Welt 
1898, Ep. 755 ff.; fir Finney (f. d. A.)!: CH. 9. Finney, Lebenserinnerungen, Düſſeldorf 60 
1902, 22 Reden von Ch G. Finney über religiöſe Erwedungen. Ueberſ. von E. v. Feilitzſch, 
1. Hälfte, Düſſeldorf 1903; — für Peabody: Bode, Tie religidie VBerjorgung der Studenten, 
EHriitl. Welt 1892, Sp. 119 ff; O. Baumgarten, Andachten fir Studenten, Chriftl. Welt 1898, 
Ep. 1131 ff, 1899 Sp. 103 ff. (eine Andacht in Ueberſ. Sp. 313). 


0 


Dänemark. „Für die wichtigeren unter den dänischen Predigern diefer Bett kann & 
auf die AU. verwwiefen werden. Jakob Peter Mynſter, Biſchof von Seeland, der in 


730 Predigt, Geſqhichte der Griflicen 
edler einfacher Sprache, mit reichen und tiefen Gedanken prebigte, hat Die däniſche Pre 
digt aus den Banden des Nationalismus & tieferer Erfaffung der evangeliichen Wahrheit 
geführt (. d. A. Bb XIII ©. 608, bei. S. 609, 57 ff.). Nicht eigentlich Prediger, aber 
religiöfer Schriftfteller war der Prophet der Innerlichkeit, ter & ner des Frehfichen 

5 Chriftentums, Sören A. Kierkegaard (f. d. A. Bd X ©. 278). Mepnfters Nachfolger 
Prof. und Biihof Hans Laſſen Martenfen läßt bei allem gewaltigen Emft, be 
feinen Predigten eigen ift, und bei aller Mannigfaltigfeit der Tertbetradhtung und ber 
Textanwendung, die ihm zu Gebote fteht, doch wirklich feſſelnde Kraft manchmal vermifien 
(. d. 4. Bd XII ©. 373, bei. ©.378, 31ff.; deutfch: Die Leivensgefchichte Jeſu Chrifti, 

10 Paffionspredigten, 3. und 4. Aufl. 1903; Hirtenfpiegel Ordinationsreden)). Ein Pre 
dDiger von ganz originaler Kraft war Nitolai ar Severin Grundtvig (f. den 
A. Bd VII ©. 206, bei. S. 208,0 ff.). Die ſtarke Polemik feiner erften Predigten 
egen den Rationalismus tritt fpäter zurüd, aber es blieben die Unerjchrodenheit ſeines 
ebendigen, auf innerer Erfahrung beruhenden Zeugnifles gegen den Abfall der Zeit vom 

15 Glauben der Väter, das feurige, erregbare Temperament und vor allem feine ganz ber: 
borragend volfstümliche, poctifch angebauchte, zündende Beredfamfeit, durch Die er noch ala 
Achtziger große Scharen anzog. Seine oft mit Gebet beginnenden Predigten find kıy. 
Ein Grundgebante ift da, aber ohne ſcharfe Dispofition (Praedikener [aus den Syahren 
1832—39] 1875). Sein großer Einfluß wirkte fort, ebenfo feine Predigtweiſe in zahl 

20 reichen Anhängern, 5.8. in W. Birkedal, Paftor auf Fühnen (Gleiß ©. VIIIff.) und 
in feinem hervorragenden Schüler C. Hoftrup, Schloßprediger in Hilleröd (Friedri 
burg), der zugleich ein bedeutender Luftipieldichter mar (geit. 1892). Die wvielgeleſene 
Poſtille (Praedikener paa alle Söndage 1878) des Biſchofs von Lolland und Salfker, D. 
G. Monrad, des bekannten Verf. von „Aus der Welt des Gebets“, zeichnet ſich na⸗ 

26 mentlich durch einen ſcharfen Blick für das Pſychologiſche und durch feine Charalterzeid- 
nung aus. Für andere Prediger wie N. ©. Blaedel, R. Frimodt und % LH. 

aulli (get. 1865 als Stiftsprobit an der Frauenkirche und kgl. Konfeffionarius in Kopen 
gen) fer auf Gleiß und Nanneſtad verwieſen (f. oben). Erwähnt ſei aber nod Bil 
elm Bed (geit. 1901; ſ. Nielfen a. a. O.), ein Dorfprediger, vor allem aber ein Er 

80 wedungsprediger, ein „dänischer Wesley”, der mit feiner andringenden, kraftvollen, wohl 
bogmatifc engen, aber keineswegs methodiſtiſch ungejunden Predigt mächtige Wirkungen 
erzielte. 

Bon hervorragenden lebenden dänischen Prebigern mögen genannt fein: T.S.Roer: 
dam, der jegige Bifchof von Seeland, ein Schüler von Grundtvig, der zwei Predigtjamm: 

85 lungen herausgegeben hat; J. Baulli, Sohn des oben Genannten, gleich ihm Stifte 
probft an der Frauenkirche und kgl. Konfelfionarius, Herausgeber zahlreicher Predigt- 
fammlungen, und 9. Uffing, Prediger in Balby bei Kopenhagen. Bon letzterem ftammt 
eine jüngft erfchtenene Sammlung von Predigten über die neue Epiftelreihe. 

Erwähnt mag noch fein, daß in Dänemark faft durchweg frei geiprochen wird; nur 

40 ſehr felten wird die Predigt gelejen. 

Norwegen. Als bervorragender Kämpfer gegen den Rationalismus, aber auch 
al3 bedeutender Prediger gewann großen Einflug Wilhelm Andreas Werels (1797 bie 
1866), zweiter Prediger an der Erlöſerkirche in Chrijtiania, ein Mann von Grunbdtoig- 
fcher Stihtung, milde und innig. Sein „Andachtsbuch für gemeine Leute” fand ungeheuer 

35 Verbreitung. Seine Predigten (Hauspoftille, 2 Bde) waren ſchlicht und einfach, aber an 
iehend durch Tiefe und Kraft (Nielſen a. a. D. ©. 996). Yerner mögen genannt fen: 
. Andr. Berg (get. 1861 als Baftor in Levanger) mit feinen kurzen, durchfichtig Haren 
und praftifchen Predigten (1863), ganz orthodor, aber in jener ın Norwegen in der 
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts berrfchenden Art, welche lutheriſche Ortbodorie mit 

60 Firchlichem Pietismus verbindet. Ahnlich geartet ift die „Hauspoftille für Kinder” von 
Honvratus Halling in Chriſtiania, Horten und Lone, religtöfem und homiletiſchem 
Edhriftfteller. -— Etwa in dieſe Richtung gehört von jeßt lebenden Predigern G. Jenſen, 
N in Chriftiania, milde von Grundtvig und der lutheriſchen Ortbodorie be 
einflußt. 

65 Daneben tft in jüngfter Zeit eine mehr „moderne” Predigt getreten, die mit äbn- 
lichen Beitrebungen in Deutfchland etwa parallel gebt, während fie doch theologiſch der 
lutheriſchen Kirchenlehre erheblich näher bleibt, ale das in Deutfchland gejchieht. Man bat 
bier die Aufgabe erfannt, auch durch die Predigt dem modernen Kulturmenfchen mit 
warmherzigem Verſtändnis zu begegnen und ihn, indem man ſowohl von den ortbodoren 

co Lehrjtuhl wie von dem Piedeſtal pietiftiicher Frömmigkeit herabjteigt, für Kirche und 





Bredigt, Geſchichte der hriftlichen 7133 


Frankreich. Aus den Streifen, welche der fchmweizerifchen Erweckungsbewegung 
naheitanden, ging Adolphe Monod hervor, einer der erjten, vielleicht der erite unter 
den franzöfifchen Kanzelrednern des Jahrhunderts. Über ihn ſ. d. A. Bd XIII ©. 358; 
Charakteriſtik feiner Predigt dort ©. 359, 37 ff. 360,23 ff. Deutſche Ausgaben feiner Pre: 
digten: Ausgewählte Schriften, 8 Teile. Überf. von F. Seinede, Bielefeld 1860— 1862; 
Ausgewählte Predigten, Oldenburg 1865; ferner in mehreren deutichen Ausgaben „Der 
Apoſtel Paulus” und „Leste Worte an feine Freunde und die Kirche”. — Sein Bruber 
Friedrich Monod (f. d. A. Bd XIII ©. 362) iſt als Prediger von geringerer Be: 
deutung. Auch die anderen Prediger feiner Richtung erreichen ihn nicht, jo zahlreich die 
bedeutenderen Erfcheinungen find, welche die reformierte Kirche orthodoxer Färbung in 10 
Frankreich hervorbrachte. Mit in erfter Reihe ftehen Grandpierre und Eugene Ber: 
fier, deſſen Predigten auch ind Deutiche überjegt find (1875; Ausgewählte Predigten 
1881), neben ihnen ferner Männer wie Baſtie, Bouvier, E. de Preſſenſé, Vidal, Buiffon. 

Es wäre ungeredht, neben der orthodoren Richtung nicht auch die Größen des freien 
franzöſiſchen Proteſtantismus zu ihren Recht kommen zu lajjen. Er bejaß zwei ganz ber= 15 
borragende Prediger in den beiden Coquerel, Vater und Sohn. Athanaſe Coquerel 

ere wirkte von 1818 bis 1830 in Amfterdam, von 1830 an in Paris, wo er 1868 
Harb, Er vertrat den älteren franzöfifchen Liberalismus, einen Liberalismus ruhig: 
gemäßigter Farbe. Bon ihm ftammen 6 Sammlungen Sermons. Zur Charakteriſtik 
feiner Predigt, deren Form ſtets „scrupuleusement les traditions classiques“ ivahrte 20 
(Ströhlin), fei die Schilderung von Mounier bier wiedergegeben, welche Ströhlin 
©. 20 abdrudt: „On &tait ravi, ebloui par cette predication brillante, par ce 
riche fond d’idees toujours interessantes et serieuses, spirituelles et souvent 
saisissantes, par ce language clair, net, incisif, le tout d&bit& avec des effets 
de geste et de voix qui ne depassaient jamais ce que permet la dignité de la 2 
chaire, mais qui augmentaient considerablement l’impression du discours. 
C’e&tait bien l’&clatante confirmation de la parole de Ciceron, en vertu de la- 
quelle l’action est la premiere, la deuxi&me et la troisiöme des choses essen- 
tielles“. Tiefe begeilterte Beichreibung läßt deutlich erfennen, wieviel die äußere Gabe 
der Rede bei den Erfolgen von A. C. pere mitgewirtt haben mag. Athanafe Go: 
querel file, geb. 1820, Paſtor in Nimes und von 1848--1864 (bi zu feiner Ab— 
egung durd) das orthodore Konfiftortum) in Paris, geit. 1875, mar der Yührer des 

eien Proteftantismus in Frankreich, ein genialer, vielfeitiger Mann. Seine Predigten 
wurden wegen ihrer religiöfen Kraft und Innigkeit allgemein gefchäßt. Er liebte eine 
freiere Form; die der Homilie var ihm ſympathiſch. Aktuelle Tragen behandelte er mit 36 
umfafjendem Geiſt und wunderbarer Tiefe. Cinfachheit mit Eleganz verbindend, mirfte 
er nicht durch die Wucht der Phraſe, ſondern durch die Kraft der Gründe, Seine ‘Pre: 
digten, namentlid die bei befonderen Anläfjen gehaltenen, waren geradezu Ereigniſſe. 
Sehr zahlreide Sermons find einzeln erfchienen (Bibliographie bei Ströhlin); fo 3. B., 
um einige der charakteriftischen Titel zu nennen: Elan vers Dieu; Le Ministöre de « 
l’esprit; Le Pöre, le Fils, le Saint-Esprit; La Science et la Religion. Cine 
Sammlung Sermons et Homelies erſchien 1855 u. 58; eine Auswahl deutich Leipzig 
1866. — Neben den Coquerel ijt befonders etiva noch Ferdinand Fontanès zu nennen. 

Holland. Als praktiſche Stanzelredner traten in der eriten Hälfte des Jahrhun— 
derts hervor: der bedeutende Leidener Upologet Prof. E. A. Borger (geit. 1820), als 
Redner vor allen glänzend, auch originell, noch heute viel gelefen (2 Bde Predigten); 
ferner ganz bejonders der Haager Hofprediger 9. 5. Termout (geft. 1867), von feinen 

eitgenofjen der „Napoleon der Kanzel” genannt um der imperatorifchen Kraft feiner 

eredjanteit, der Gravität und Suavität feines Stils willen (4 Bde Predigten). — Wie 
Dermout durch die Straft und Borger dur den Glanz, fo ragt der äfthetifche Erklärer so 
der Schrift, bei. des AT, %. 9. van der Palm, Profeſſor in Leiden (geft. 18-40), 
durch die Anmut feiner Rebe hervor, ein bolländiicher Dr. mellifluus, ein Dann don 
bermittelnder Nichtung, der immer maß: und gejchmadvoll bleibt und der um feines ele⸗ 
ganten, lieblichen Nedefluffes und feiner Hangvollen Stimme willen unter feinen Zeit: 
genofjen viel gepriefen wird (ſ. d. A. Bd XIV S. 614, bei. 616, 1ff.). 65 

Würdig reiben fih dieſen die Zierden der Nemonftranten an: Profeſſor U. des 
Amorie van der Hoeven, Water (geft. 1855) und Sohn (geft. 1848); der Erſte, Verf. 
einer Schrift über die vorbildliche Beredſamkeit des Chryſoſtomus, ein vollendeter Nedner, 
mit freien, gewaltig anziebendem Bortrag (2 Bde Predigten). An Tiefe ward er von 
feinem Sohn (1 Band Predigten) nocd übertroffen. Über van Dofterzees geiftvolle, co 


a 


ur» 


5 


132 m setz der chriftlichen 


IP a Fa =r3 mit Breiten Faltenwurf auftretend. 
vıntloyıma too 272.579, beſ. 2.580, 2717 Rei me 
wat zn Zen .7er Kanzelgrößen, fo von Beets in Uimde 
IS er or Utrecht; J. R. Haſebroeck in Amt 

5 ae n legter Zeit iſt in Deutſchland — 
ganz : . 54 . zur aber auch ſeine ins Deutſche übertragenen 
Yumivoono m MS II. 10 über neuteſt. Terte 1806, 2. ur, 
ohne ;2, om : gelenkt. Kr predigt ſchlicht, obne jede Mat 
Tuırveono 22 und mit pinchologiich tiefgreifender Wenden 

jo bittunz 0 -_ 
von Ian. do rrodor calviniſtiſchen Predigt eine ſtarke Zire: 
Biſchui ur Drei großen Parteirichtungen in Der Zar 
vi... nl 2.511, 2ff. haben naturgemäß aud u 

Ben I... nr De Einreibung in eine diefer Richtungen or 

u ; zung eine erichöpfende Charakteriſtik der kirchlichen 
deutiet .. >: Unterſcheidung nach dieſen Srupven als immg 
H. Ve:. rer Überſichtlichkeit beibebalten werden. 
die m. en Kirchen iſt Die Predigt in Der biſcheilichen 

wo don N zung. Die Predigt iſt meiſt verhältnismäßig Br, 
tanin-! Individualität Zpielraum bleibt. Das Leſen Nr 
liche, \.. schiebt Deutlich merkbar oder durch größere Yor: 
fr -srzls iſt es der normale, herrſchende Brauch. 
Gele 2 >. romaniſierende Richtung läßt die Predigt wel: 

25 F Aes Intereſſe in Anſpruch. Die Predigt tft kurz eder 
hund . Ir Niten treffen, Die mehr aufſatzähnliche Elaborcte 
Ami >. „sen Zeugniſſe. Anders beim minder ſakramente 
zer „eh, Dem Die Mehrzahl der nachber Genannten ar 
an jen; zwei Geiſtliche ſtehen, Die einſt Durch ihre re 

3a teili!. zn Einfluß übten, dann aber zu Rom übergingen: 
net" .Kenmand d. A. Bd XIV 2.1; von ihm S E83 
NN. s, auferden ned 5 „Bde Predigten) und Sen Edward 
mar  2n0ft, bei. Z. 256, 27 ff.. Zodann find bier von 
Di Bunen: Der — Profeſſor und Kanonikus vr 

Ki vomd Bouverie Puſey (get. 18825, 1. d. NM. Zum 
Ne re „. :vomfort to the Penitent veranlaßte ſeine Zuswemten 
De  N\abre. Von ihm: Sermons on solenmn subjects 
ner . pi. ISIS 0695 0 serm. before the University, ri 
v :.ogdral sermons 1882. Ferner Der getitlicbe Dichter \olt 

lien von ihm Sermons IS76- 803; der Hiſtoriter, Ticu 
. le taelt. 1866; won ihm sermons for children I»: 
u von Oriord, dam ven Wincheſter (geſt. INT, ein av 
res, an ſchlagfertiger Beredſamkeit alle Biſchofe übrer 
r . J. Hootk, Dekan von Ehbicheſter und Saurtpaiter ven 


die Prediat eines ſtrengen, feſten Anglikanismus Zi 
im übrigen nicht als ein Mittel zur Erweckung, ſondem 
an ferner ein anderer gemäßigter Vertreter Dieser Schur, 

“m meiſten vbhiloſophiſche Kopf: James Bowling M LEE 
eteiſer in Oriord igeſt. 1878), Der in ſeinen Predize 
edanlenreich it; von ibm University Sermons itei. 
—J of human Judements) Practieal and Pa- 
W »Abvologet und Kanzelredner gefeierte Kanonitus der 
Non —* ibm Sermons preached before the Univ. ot 
wlous subjeets 158721; Serm. on the Resurreetiei 

\ Frstineit, Charles More, Der jetzige Biſchof von Wer 
a. hu iaziale Reform; der Canon don St. Pauls, Denm Secot: 
“ — und ſozigliſtiſichen Neigungen; und endlich Ber! 
niron, unter den gegenwärtigen Biſchöfen vielleicht der x 

at hochtirchlicher, milder Richtung, Verfaſſer mehrerer VPredigt 

"waren on preaching 1895. 


’. 
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736 
eines ungemein vielſeitigen Mannes, der mit Blick in het — 


Menichenleben, mi Eympathie alle ber M 
Sim, Für —— alle Ba ie — — —— Al 


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weitherz eh ueiheit von cilen Part en ale: Mmoang u m 
in — bei alle na an feine Kirche — war und blieb er für 
Hoch und Niedrig überaus anziebend; von ibm Sermons and Essays on the Apostolie 
z» age 1846; Sermons 1863 (von feinen Reifen durch biblifche Länder mit dem Prinzen 
von Wales); Adresses and sermons (im Amerika gehalten), Neiw-Yorl 1879 u d. — 
Aud) Thomas Arnold (.d. A. Bd II S. 121 ff.) muß wegen feiner 5 Be Treign 

ter erwähnt werden. Ein bervorzagender neuerer „Prediger bes Abt, au Be Dice 


bi Kingsl zugieich V reli Yale bad 
Beben Che, Yazlus u. 1. Deutfg Eee Eioige in W 35* use, 
Weſtm 


Kingsley und Maurice. Maurices Nachfolger Page Roberts Der ein ſehr 

so reicher ‘Prediger im Weiten von London. 

Schwer in eine beitimmte Parteirichtung einzureihen find bie Vertreter ber gelehrten 
Richtung, die fich für allgemein engliich hält, alle’binge der Broad Church am nächſten 
fommt: 3.3. Lightfoot (f. d. A. BB XI ©. 487; außer den dort ©. 489, af. ge 
nannten Werken noch Cambridge sermons 1890 ;, Sermons preached on Special 

85 occasions 1892) und Brooke F. Weſtcott (1. d. A. und B VII ©. 368, 3-1). 
Von legterem: Christus consummator. Some aspects of the work and 
of Christ in relation to modern throught 1886. Er nimmt bier ftet3 auf mobeme 
Zweifel Be Zug. knüpft aber an die Bibel an und entwickelt feine religiöſen Gedanken 
aus ihr. Er jtellt hohe „Anforderungen an bie Hörer. 

) 2. Freie Kirchen. In ihnen fteht die Predigt im allgemeinen höher in Blüte als 
in der Staatskirche; die ganze Art des Gottesdienftes ftellt fie in den Mittelpunft. Auch 
hier wird die Predigt zumeilen gelefen; falls der Prediger die Kunſt verftebt, zu lefen, 
als ſpräche er frei, hat auch niemand viel dagegen einzuwenden. Aber ier wird hau⸗ 
figer frei geſprochen als in der Staatskirche; zumal in letzter Zeit wächſt die Neigung 

#5 dazu. Auch ſonſt laſſen ſich insbeſondere Far die Entividelun der Predigt gegen dad 
Ende des 19. Jahrhunderts charakteriftifhe Linien aufzeigen. Die Predigt hat an the 
logifcher Art verloren und an etbijcher Fundierung geivonnen. Sffentliche ragen, foziale 
Angelegenheiten werden gern behandelt. Die Predigt verliert mehr und mehr den ora⸗ 
torifchen Charakter; fie nimmt einen fchlichteren Ton an, der von gewöhnlicher Unter: 

co haltung freilid) immer noch durch Mürde und Vornchmbeit ſich abhebt, der aber auch 
mandımal zu ziemlich gebaltlofer Nede führt. Die Gemeinden find auch in den ai 
firchen der langen Predigten mehr und mehr überdrüffig geworden; auch hier pflegt 
fie auf die Tauer einer halben Stunde einzufchränten. Wirklichleitzfinn und Aufri ig 
feit wird zur kategoriſchen Forderung an die Predigt; eigene, perfönliche Erfahrung ober 

65 der gegenwärtige Intereſſenkreis follen vegieren. 

a) Baptiften: Kurz genannt feien Kohn Foſter (. d. A. Bd VI S. 134 ff. be. 
©. 135, 17f., dazu Fiſh, Masterpieces I, A117f.); Hugh Howel Bromn in Liverpool, 
ein Prediger mit Mutterwitz und volfstümlicher Kraft: Alexander Maclaren, Prediger 
in Southampton und Mancheſter. Friſch im Gedanken wie im Ausdrud, stellt er alte 

co Wahrheiten oft unter ganz neuen Geſichtspunkten dar oder bringt mit kurzer Wendung 


728 Predigt, Geſchichte der hriſtlichen 


gemeinden“ und u die Andachten „Auf der Dorflanzel” von Erwin Gros. Aus: 

drücklich fer übrigens hervorgehoben, daß dieſe hier an bie Gruppe der theologifch freieren 

Asrebiger AH Nihtung der mobernerealiftifchen Predigt keineswegs auf biele 
ruppe ränkt iſt. 

6 Aber ebenjo mie die vierte und beſonders die fünfte Gruppe ftarfe Wandlungen er 
fahren haben, ift dies der Fall mit der britten Gruppe. “Die pietiftifch-gefühlsinnige 
Predigt ift zu Gunften einer methodiftifchsermedlichen in den Hintergrund getreten. 
hatte auch die Predigt 5. B. eines Knak und anderer Pietiften ftetö ein erweckliches Mo⸗ 
ment gehabt, aber ihre vorwiegende Abficht war die „Erbauung“ der Gläubigen. Gan 

ı0 anders die moderne Evangelifationspredigt in ihren mannigfachen Abarten: von dem an- 
feitigefanatifhen Karl Idel zu dem igeren J. Stodmeyer (Feitpredigten, Berg 
predigt Jeſu Chrifti in 5 Predigten, das Gebet des Herrn in 9 Predigten), dem pfycho⸗ 
logifch feinen und vielfeitigen Elias Schrenk (Alles und in allen Chriſtus; Allein durd 
den Glauben; Sudet in der Schrift, Betrachtungen, Dein Wort ift meines Fußes 

16 Leuchte) und dem energifch Ticchlichen, erwecklich apologetifchen, geiftreich-modernen Samud 
Keller (Menfhenfragen und Gottedantworten. 70 Predigten). Mag der methodiſtiſche 
Beigeſchmack diefer Predigten größer, geringer oder fehr gering fein, mögen fie ſich 
mehr an die chriftliche Gemeinde, die ernttchriftlichen Kreife oder die nichtchriftfichen 
Maſſen wenden, mögen fie mehr biblifch-innig oder mehr modern-praftifch verfa und 

2 darin unverlennbare Ähnlichkeit mit den eben vorhin befprocdhenen modernen Predigem 
aufweifen: ihre Abficht ift die „Belehrung“, ihr Ziel ift die „Entſcheidung“, ihre Art 
t die Ye aufrutielnden Bußrufs (ſ. d. A. Evangeliſation Bd V S. 661, beſonders 

. 663, ao ff.). | 

Mohl zeigt die moderne Predigt auch gemeinfame charakteriftiihe Merkmale: fo bie 

35 pfuchologiich-feine, an das Seelenleben des Hörers überall mit vollem Verſtändnis an 
Enüpfenbe Methode, die religids-praktifche, dem Dogmatifieren abholde Art, die Erkenntnis 
der Notwendigleit, gerade den ragen unferer Zeit gerecht zu werden; — wohl finden 
fih in diefem Sinn „moderne” Prediger in allen Lagern von der Rechten bis zur Linien. 

m einzelnen aber bleiben die eingef lagenen zoege jehr verfchieden. Ebenfo verſchieden 

30 find die Anfichten über den Hoch: oder Ziefftond er beutichen Predigt im emeinen 
Man kann ſehr peſſimiſtiſche Urteile leſen. Nah R. Seeberg (a. a. O. ©. 209f) iſt die 
Durchſchnittspredigi ſeit einem Menſchenalter zurüdgegangen. „Wie wenig originelle Ge 
danten, neue Beobachtungen, heilige Piychologie, praftiiche konkrete Beziehungen begegnen 
ung in der modernen Predigt!" Nah J. Smend (a. a. O. ©. 213 ff.) ift die Predigt 

6 durchaus unpopulär, wirkungslos, durch den Kultus verborben. Andere Urteile laſſen 
mindeſtens erfennen, daß fehr viel zu befiern ift (O. Baungarten a. a. D. ©. 7ff.), und 
Beſſerungsvorſchläge verbinden ſich außer in den genannten. Werken auch fonft nıit mehr 
oder minder fcharfen Worten über die ungenügende Wirkfamfeit der beutigen Predigt. 
Bei aller Berechtigung fcharfen Urteils wird dody Drews (a. a. O. ©. 59) Hecht haben: 

„Die Predigt zeigt neue Triebe. Gin Frühling fteht vor der Thür”. 

b) Die außerdeutfche evangelifche Predigt des 19. Jahrhunderts. — Für Dänemart, 
Schweden und Norwegen: O. Gleiß, Aus dem evangelifhen Norden. Beugnifie von Chriſto 
in Predigten aus der jtandinavifhen Kirche unferer Zeit 1882 (mit Pred. von Martenſen, 
Mynjter, Monrad, Fog, Grundtvig, Kierkegaard u. a.; dort S. XVI audy die nordiſchen 

5 Predigtiammlungen diejfer Zeit); K. U. Andersfon, Ropande Röſter 1882 (populär); 8. Nanne 
jtad, Portraiter fra Kirken I—III, Kopenhagen 1895—1899 (Eharatteriftiten von 2. ©. 
Monrad, ©. Hojtrup, R. Zrimodt (Bd 1), H. L. Martenien (Bd 2), 3. H. Pauli, R. ©. 
Blaedel (Bd 3); E.V. Skarſtedt ſ. o. ©. 658,35; ®. Billing, Biskopen Ebbe Gustav Bring, 
Lund 1886/87, Th. Klaveneß, Der moderne Indifferentismug und die Kirche, Vortrag aui ?. 

60 10, Allg. luth. Konferenz in Lund 1901, Ehrijtl. Welt 1901, Sp. 1124 ff., vgl. ebda. Sp. 915j.: 
Srundrijie zu den Vorträgen bei der 10. Allg. luth. Konferenz in Lund (erfchienen in Lund) 
©. 3—14; Thefen zu dem Vortrag in Kirchl. Gegenwart, Gemeindeblatt f. Hannover 1WI 
Nr. 4; Fr. Nieljen, Der Rrotejtantismus in den nordiihen Landen. Sn: Werdghagen, Der 

. Protejtantismus am Ende des 19. Jahrhimderts, Bd II ©. 984ff.; — für ©. Kierkegaard 

65 außer der im N. genannten Litt.: Ein Zünger Jefu, Chriftl. Welt 1893, Sp. 318ff.: Paul 
Graue, Sören Kierkegaards Angriff auf die Chriftenheit, Chrijtl. Welt 1898, Sp. 147 ff., dazu 
Biejeler ebda. Ep. 411; fir Grundtvig noch: Kaftan, ©. der Prophet des Nordens 1876; Mor: 
rad, Der Grundtvigianismus, Ehriitl. Welt 1901, Sp. 5321ff. 548 FF. 

Für die Schweiz: A. Haldane, Memoirs of Robert and James Haldane, 5. ed. 1855; von 

o der Goltz, Tie reform. Kirche Genfs im 19. Zahrh., 1862; Vincent f. o. S. 625,22; Bloeſch, 
Evangelisches Leben in der reformierten Schweiz. An C. Werdähagen, Der Brot. am Ente 
de3 19. Jahrhunderts, Bd II S. 897 ff.; für Vinet: A. Schumann, Alerander Binet. Aut: 


Bredigt, Geſchichte der hriftlichen .. 729 


gewählte Predigten und Reden. Mit einer ein!. Monvgraphie. Bd 12 von „Die Pred. d. Kirche“ 
1890 (dort aud) weitere Litt.). 

Für Frantreih: Vincent ſ. o. ©. 625, 22; E. Ehrhardt, Der Proteitantigmus in Frank— 
reich) und Belgien am Ende des 19. Jahrh. Sn: C. Werdöhagen, Der Brot. u. ſ. w. Bd II 
©. 1037; für A. Monod: Faßmer, Bon Adolf Monods GSterbebett, Chriſtl. Welt 1895, 5 
Sp. 1116ff. 1138 ff.; Comte, La predication contemporaine, Ad. Monod et Lacordaire. Thèse 
de Genève 1882; Prefienje, Etudes contemporaines, Paris 1880; Leon Stapfer, Ad. Monod, 
L’homme et le predicateur (These); Paul Stapfer, Prof. der Litt. in Bordeaur, Bossuet et 
A. Mouod; für andere Prediger: Edm. Etapfer, Dekan d. theol. Fat. in Paris, La predi- 
cation d’Eugene Bersier, Revue Chrätienne, Paris 1893, ©. 29 ff. 104 f.; für die beiden 
Coquerel: Athanase Coquerel pere. Notice biographique von A. Eoquerel fils 1868; Palix, 
Ath. Coquerel pere consider€ comme pr&dicateur (These de Paris) 1885/86; Jules Deveze, 
Athanase Coquerel fils, sa vie et ses oeuvres, Paris 1884 (These de Gen?dve), allzu enthu: 
fiaftifch, auch gerade die Predigtweife wenig berüdjichtigend; ganz anders gründlich Erneit 
Ströhlin, Prof. in Genf, Athanase Coquerel fils. Etude biographique, Paris 1886. Dieje 
Biographie geht auch auf die Predigtthätigkeit näher ein (bef. ©. 157 ff.). 

Für Holland: J. Hartog ſ. v. ©. 625,40; J. %. van Ooſterzee f. o. ©. 625, 41; ©. Cramer, 
Prot. Leben in den Niederlanden. In: C. Werdöhagen, Der Brot. am Ende des 19. Jahrh., 
Bd II ©. 917ff.; Meyeringh, Zeugnitie des Evangeliums aus der holländischen Kirche 1855. 

Für En and-Schoitland: dgl. d. Kitt. zu d. AV. über die Anglilanifche Kirche u. d. einzelnen 20 
Freikirchen; Sin, Pulpit Eloquence of the XIX. Century; %. Boelter, Aus England. Bilder 
und Skizzen aus dem firdhlichen, kulturellen und fozialen Leben, Heilbronn 1896; A. J. Car: 
Ile, Das englifhe Kirchentum im 19. Jahrh. In: C. Werdshagen, Der Prot. u. f. w., Bd II 
©. 941 ff.; Schaff-Jackſon, Encyclopaedia of living Divines and christian workers in Eu- 
rope and Amerika, 1887; für F. ®. Robertfon: Stopford A. Brooke, Life and Letters of 25 
Fred. W. R.; Ch. Broidyer, Fred. W. R. Sein Lebensbild in Briefen, 2. X. 1894; Bay: 
Hofer, F. W. R., Chriftl. Welt 1895, Sp. 369 Ff., bef 416ff.; für Rob. u. Broofe: E. Broicher, 
Stopford N. Broofe, Chrijtl. Welt 1898, Sp. 870ff.; für Kingsley namentlih: Charles K., 
Briefe und Gedentblätter, hrsg. von feiner Gattin 1884, S. 235 ff.; fir Maurice: The Life 
of Fred. D. Maurice chiefly told in his own letters. Edited by his son Fred. Maurice, 30 
2 Bde, London 1885; Leben von F. D. Maurice. Erzählt von Fred. Maurice. Deutih von 
Maria Sell, Darmjtadt 1885; H. v. Dungern, 5. D. Maurice, Führer der chriftlich-fozialen 
Bewenung Englands, 1900; für die Kongregationaliften: Evans und Hurndall, Pulpit Me- 
morials of 20 Congregational ministers, 1878; — für James: Dale, Life and Letters of J. 
A. James, 1862; fir Watjon: Paul Zäger, Jan Maclarens Theologie, Chriſtl. Welt 1898, 35 
Sp. 698. 723ff.; A. Menzieg und J. Herfleß, Der Proteftantiamng in Schottland im 
19. Sahrhundert. In: C. Werdöhagen, Der Brot. u. ſ. w, Bd II S. 695 ff.; — für Chal— 
merd: A. Niegg, Thomas Ch. Ausgewählte Predigten und Hafualreden, 1891. Bd 14 von 
„Die Predigt der Kirche”; Moderne Predigten aus vergangenen Tagen, CHriftl. Welt 1892, 
Sp. 488 ff.; -— für Drummond: A. Smith, Henry Drummond, deutſch v. H. Groſchke, Berlin, 40 
Warned 1900; C. C. (Clemen), Henry Drummond und feine Schriften, Chriftl. Welt 1893, 
Sp. 641f., 660ffF., 684 ff. Vgl. die AN. der National Biography. 

Nordanerita. A. Nordamerifa Bd XIV ©. 165, bei. ©. 212, 11ff.; dort wie in den 
AN. Baptiften, Rongregationaliften u. |. w. weitere Litteratur; insbeſ. N. Baird = K. Brandes 
ſ. Bd X S. 680, 44ff.; N. Zahn, Abriß einer Geſchichte der evangel. Kirche in Amerika im 45 
19. Sahrh., 1899; Friedrid) Munz, Homiletif, Bincinnati, Chicago und Et. Louis 1897, dort 
©. 258 Ueberſicht über die neuere amerikaniſche homiletifhe Litteratur; eine folche Ueber: 
fiht auch in der Mufterfammlung Preachers Treasury (Mandejter), vgl. Will. Thon. Moore, 
Christian Quarterly, feit 1869; Schaff:Jadjon, f. oben zu England; E. Simons, Eine ameri: 
faniihe Dankfagungspredigt, Chriſtl. Welt 1899, Sp. 253 ff; Das religiöfe und kirchliche 50 
Nordanıerifa zur Zeit der Weltausftellung in Chicago (befonder3 Nr. 3), Chriftl. Welt 1894, 
Ep. 204 ff.; — für Beecher: Evangeliſche Kirchenzeitung 1870 (September); Proteftantifche 
Sirdenzeitung 1885, Nr. 49--50; Xof. Coof, Boston Monday Lectures, 1887 (März); — 
für Moody (außer im A.): Der Evangelift D. L. Moody, Lebensbeſchr., Kajjel 1900; ©. Haupt, 
Dwight 2. Moody, Chriftl. Welt 1901, Ep. 369 ff.; C. A. Bartol, The Boston pulpit: Channing, 55 
Taylor, Emerson, Brooks. The New World, Boſton 1893, ©. 479---492; fiir Broots allein: 
Godyrandg, Un grand predicateur am6ricain, Phil. Brooks. Revue du Chr. prat. 1893, 3; 
C. C. (Elemen), Phillips Brooks, Fine Lichtgeitalt aus der amerikanischen Kirche, Chriſtl. Welt 
1893, Sp. 346 ff.; für Chadwick: F. Zacobi, J. W. Ch., ein Unitarierprediger, Ehriftl. Welt 
1898, Ep. 755 ff.; für Finney (f. d. N): CH. ©. Finney, Lebenserinnerungen, Düſſeldorf 60 
1902, 22 Reden von Eh. ©. Finney über religiöjfe Erwedungen. Ueberſ. von E. v. Feilitzſch, 
1. Hälfte, Düſſeldorf 1903, — fir Peabody: Bode, Tie religiöje Verſorgung der Studenten, 
Chriſtl. Belt 1892, Sp. 119ff.; O. Baumgarten, Andachten fiir Studenten, Chrijtl. Welt 1898, 
Ep. 1131ff., 1899 Sp. 103 ff. (eine Andacht in Ueberſ. Ep. 313). 


— 


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Dänemark. Für die wichtigeren unter den däniſchen Predigern diefer Zeit kann #5 
auf die AA. verwiefen iverden. Jakob Beter Mynſter, Bischof von Seeland, der in 


730 , Bredigt, Geſchichte der chriſtlichen 
edler einfacher Sprache, mit reihen und tiefen Gedanken predigte, bat bie däniſche Pre 
digt aus den Banden des Rationalismus zu tieferer Erfaffung der evangeliichen Wahrheit 
gerührt (f. d. A. Bd XIII ©. 608, bei. ©. 609, 57 ff.). Nicht eigentlich Prediger, aber 
religiöfer Schriftiteller war der Prophet der Innerlichkeit, der © ner des End ichen 
5 Chriftentumg, Sören A. Kierlegaard (f. d. A. Bd X ©. 278). Mynſters Nachfolger 
Prof. und Bischof Hand Laſſen Martenjfen läßt bei allem gewaltigen Ernſt, der 
feinen Predigten eigen ift, und bei aller Mannigfaltigkeit der Tertbetrachtung und der 
Textanwendung, die ihm zu Gebote fteht, doch wirklich feſſelnde Kraft manchmal vermifien 
(. d. 4. Bd XII ©. 373, bei. S. 378, 31ff.; deutſch: Die Leivensgefchichte Jeſu Chriſti, 
10 Raflionspredigten, 3. und 4. Aufl. 1903; Hirtenfpiegel [Orbinationsreden)). Ein Pre 
diger von ganz originaler Kraft war Nikolai Frederik Severin Grundtvig (f. den 
4A. Bd VII ©. 206, bei. ©. 208, ff). Die ſtarke Polemik feiner eriten Predigten 
gegen den Nationalismus tritt ſpäter zurüd, aber es blieben die Unerfchrodenheit jene 
lebendigen, auf innerer Erfahrung beruhenden Zeugniſſes gegen den Abfall der Zeit vom 
15 Glauben der Väter, das feurige, erregbare Temperament und vor allem feine ganz ber: 
vorragend volkstümliche, poetifch angehauchte, zündenve Beredſamkeit, durch die er noch ala 
Achtziger große Scharen anzog. Seine oft mit Gebet beginnenden Predigten find kur. 
Ein Grundgedante iſt da, aber ohne ſcharfe Dispofition (Praedikener [aus den Jahren 
1832—39] 1875). Sein großer Einfluß wirkte fort, ebenfo feine Predigtimeife in zahl 
30 reihen Anhängern, z. B. in W. Birkedal, Paſtor auf Fühnen (Gleiß S. VIIIff.) und 
in feinem hervorragenden Schüler C. Hoftrup, Schloßprediger in Hilleröd (Friedri 
burg), der zugleich ein bedeutender Luftfpieldichter war (geit. 1892). Die vielgeldene 
Poſtille (Praedikener paa alle Söndage 1878) des Bifchof3 von Lolland und Faliter, D. 
©. Monrad, des befannten Verf. von „Aus der Welt des Gebets“, zeichnet fih na 
25 mentlicy durch einen „garten Bid für das Pſychologiſche und durch feine Charakterzeich 
nung aus. Für andere Prediger wie N. ©. Blacdel, R. Frimodt md LG. 
Paulli (get. 1865 als Stiftsprobit an der Frauenkirche und % Konfelfionarius in ſtopen⸗ 
bagen) fei auf Gleiß und Nanneftad verwieſen (f. oben). Erwähnt jei aber noch Bil 
helm Bed (geft. 1901; f. Nielfen a. a. O.), ein Dorfprediger, vor allem aber ein Er 
80 wedungsprediger, ein „dänischer Wesley”, der mit feiner andringenden, kraftvollen, wohl 
bogmatiich engen, aber keineswegs methobiftiih ungefunden Predigt mächtige Wirkungen 
erzielte. 
Bon hervorragenden lebenden dänischen Predigern mögen genannt fein: T. S. Roer⸗ 
dam, der jebige Bifchof von Seeland, ein Schüler von Grundtvig, der zwei Predigtfamm: 
85 lungen herausgegeben hat; 3. Baulli, Sohn des oben Genannten, gleich ihm Stift 


gieiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrſchenden Art, welche Iutberifche Ortbodorie mi 
50 


Honoratus Halling im Chriftiania, Horten und Lone, religiöfem und homiletiſchen 
Schriftſteller. — Etwa in diefe Nichtung gehört von jegt lebenden Predigern G. Jenſen, 
er in Chrijtiania, milde von Grundtvig und der Iutherifchen Orthodorie be 
einflußt. 

65 Daneben ift in jüngster Zeit eine mehr „moderne” Predigt getreten, die mit äbr: 
lichen Beftrebungen in Deutfchland etiva parallel gebt, während fie doch theologifch der 
Iutherifchen Kirchenlchre erheblich näber bleibt, als das in Deutfchland geſchieht. Dan bat 
bier die Mufgabe erkannt, auch durch die Predigt dem modernen Kulturmenfchen mit 
warmherzigem Verftändnis zu begegnen und ibn, indem man fowohl von dem ortboberen 

vo Lehrſtuhl wie von dem Piedeſtal pietiftifcher Frömmigkeit berabfteigt, für Kirche und 


























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60 Sratiäicheeinfadhen, aber gedankenrei ſſelnden Andachten ir Ch St 





digt, Geſchichte der chriftlichen 743 


AurbardUniverfität in Cambridge, Prof. F. ©. Peabody 
- Chapel, short addresses to young men on personal 
.noon addresses. Deutſch: Peabody, Morgenandachten für 
Kaumgarten 1900; dazu von demfelben: Abendſtunden, deutſch 
„Sie find völlig aus der fonkreten, gegebenen Situation ges 5 
: und mit der Zeit, haben ganz beitimmte Gegenftände und da— 
Zie find am Belten mit Naumanns Hilfe-Andachten zu vergleichen. 
‚tiger der Unitarierfirche hat neuerdings angefangen, nach Deutichland 
it Sohn White Chadwick in Brooklyn, ein Mann von großer 
3), „Die die ſchwierigſten religionsphiloſophiſchen Probleme in volkstümlicher 10 
zu bebandeln weiß”, auch von dichterifcher Phantafie und religiöſem 
x jein moniſtiſcher Pantheismus wirkt doch zu kalt (von ihm deutſch: 
Dogma. Sechs Vorträge. Überjegt von A. Fleifhmann 1891). 
uf die neuere Fatholifche Predigt von der Mitte des 18. Jahrhunderts big 
Fr — 6. ©. Wilke, Neue Predigt:Bibliothek des An: und Auslandes, Auswahl 15 
hen Stanzelwerfe neuerer Zeit. I.—VII. Jahrgang 1845—51; Gottſched, Neuer 
IE HR: XS. 234ff.; Neuejted aus der anmutigen Gelehrfamteit 1753 S. 840. 
Er; eine Auswahl anerkannt guter Predigten auch aus neuerer Beit mit voll: 
Fr nhaltsangaben des jedesmaligen Werks und nad) Rubriten geordnet ijt die „Fundgrube 
ice Brediger.“ Paderborn 1897 ff.; eine vorzügliche Ueberjicht aud) iiber die Predigt: 30 
Fr IDerzjelupredigt! Marienpredigt!) in Nathol.-theol. Bücherkunde, hersg. von Mario 
— Zubngmutti bef. II und II. Wien 1891; weitere Litt. in H. Kihn, Encyllopädie und 
ohnloale ber Theologie 1902 ©. 488ff.; Predigtzeitichriiten dort ©. 491 ff.; Weber und 
X Sp. 3416—348; Thomafius, Das Erwaden, f. o. S. 690,21; 8. Tiedmeyer, Die 
Frremasbewenung in Deutfchland während des 19. Jahrh., 4. Heft, Baden (bei. für Hen- 26 
10085 Für Lacordaire (außer der im A. genannten Litt.) Comte, La predication 
utemporaine. Ad. Monod und Lacordaire, Thöse de Geneve, 1882; ©. Donbre, Essay 
ur la prödiention ceatholique contemporaine. Etude d’homiletique comparee, Montauban; 
Sannleiter, Beachtengwerte Predigten eines Benediktinerd (DO. Rottmanner). Nkg 1903 
EXIV) &, 396 ff. 50 
N Nur jehr langſam arbeitet fi in Deutichland die fatholifche Predigt aus der noch 
| eraume Zeit fortdauernden Formloſigkeit und inhaltlichen Unbedeutendheit zu der anſehn⸗ 
hen Höbe binauf, die fie im 19. Jahrhundert 3. B. durch Joh. Mich. von Sailer er: 
reichte. Der Aufſchwung und die Reinigung der deutſchen oratoriichen Brofa in formaler 
Dunlicht (etiva von 174U—7U), nachher aud) der Einfluß der neuen Epoche unferer Litteratur, 85 
am deren Negeneration zu Elaffischer Höhe der Anteil der Katholiken im achtzehnten Jahr: 
Dunbert ja überhaupt ein geringer blieb, zeigte fih auf den katholiſchen Kanzeln entſchieden 
fpäter ald auf den lutberifchen. Die großen Vorbilder im eigenen Lager, wie Die der 
franzöjiichen Glanzredner, wurden wohl in Italien frühe nachgeahmt (f. oben Segneri); 
in Deuticland Hagt noch 1776 cin kathol. Homiletifer Wurz (Anleitung zur geiftl. 40 
Beredti. ©. 8) über die fortdauernde ehr große Mittelmäßigfeit des Stile. Bon den 
philofopbiich-rationaliftifchen Zeitftrömungen wird die katholiſche Predigt gleichfallg be: 
 einfluht, aber wiederum etwas Später als die proteftantifche. Dagegen vollzog ſich ihre 
 Müdkehr zu ftrengerer kirchlicher Orthodoxie ungeführ gleichzeitig mit dem Umſchwung in 
ber protejt. Predigt. Aber aller milderen Gewöhnung des fathol. Klerus bie zum 3. Jahr- + 
ebnt bes 19. Sjahrhunderts, der jtärferen Betonung des allgemein Chriftlichen, aller 
ren, elaftiicheren Auslegung des Tatholifhen Dogmas wie aller gemütlichen Tradition 

































im Freundnachbarlicher Annäherung an proteft. Geiſtliche bereitete der fteigende Einfluß des 

 oiederbhergejtellten Jeſuitenordens ein jühes Ende. Seitdem iſt der Preis der Kirche und ihrer 
Gnadenmittel, des Bapfttums und feiner Heilsſchätze, die Verberrlichung der Heiligen und ihrer 5 

Tugenden, vor allem der Mutter Gottes, wieder das vorherrichende, aber in moderner 

ache und manchmal mit viel Redekunſt ausgeführte Hauptthema der Predigt; und bie 

uft zwiſchen beiden Kirchen und dem Inhalt der beiderfeitigen Predigt wächſt immer mehr. 

Indes ift auch in der neueren Zeit, verglichen mit der allgeme proteftantifchen 
Predigtfitte und Vorschrift, in der kathol. Kirche die Allgemeinheit der ‘Predigt -—- ab: 55 

en von den alten: und den Feſtzeiten — noch feine lüdenlofe, zumal in romaniſchen 

dern. Auch in Altbavern gibt es Didcefen, worin in manchen Dörfern bis in die 

iyeite Hälfte des 19. Jahrhunderts jogar nie gepredigt wurde, und dann erjt en Anfang 

zmit gemacht ward. 

Daher laſſen ſich in ber Entiwidelung der fathol. ‘Predigt Deutichlands mährend co 

* letzten anderthalb Jahrhunderte drei Phaſen unterjcheiden: zuerſt eine inhaltlich 


74 Predigt, Gedichte der chriſtlichen 


in der alten Dogmatik wurzelnde und ſprachlich noch recht unbeholfene Predigtweiſe hi 
etiva zum letzten Drittel des 18. Jahrhunderts; dann eine Zeit des Einflufjes der ratic- 
naliftitchen Philoſophie, der Aufllärung und einer ſporadiſchen Reaktion Dagegen durch 
eine dem evang. Standpunkt fich nähernde Bervegung, befonders in Süddeutſchland, be 

sind 2. und 3. Nahrzehnt des 19. Jahrhunderts; endlich von da ab die immer allgememer 
Neitauration der ultramontanen Nichtung auch in der Predigt bei gefälligerem ſprach 
lihem Ausbrud. 

Im Anfang des 18. Jahrh. ſehen wir manche fathol. Prediger gany wie in alter Jet 
Zitate aus altrömifchen Autoren mit ſolchen aus Kirchenvätern twunderlich zuſammenmiſchen; 

10 dgl. 3. B. die Sittenpredigten des baverifchen Benediktiners Placidus Urtlauff, „Sittliches 
Rauch⸗Altar d. i. Eonntagspredigten” 1701. Die Kirchweihpredigten des Auguftiners Sam. 
Depfer in Wien (um 1700) find zur Hälfte Yatein. Auch fonft ift der deutſche Kanzelſtil bäufig 
mit Yatein durchjegt, z. B. in den fehr zahlreichen und langen Yobreden des Benebdiktiners 
Cebaft. Tertor auf die Heiligen. Bezeichnenderweife find e8 fat immer Ordensgeiſtliche, 

15 die mit Predigten an die Offentlichkeit treten. Wie früber, fo find auch im 18. Sabıh. 
ganze Nahrgänge Moralpredigten nicht felten; fo bei dem Kapuziner Jordan Annanienſis 
ın Tirol, bei dem Karmeliter Pacificus a cruce in Arles (Geiſtlicher Sittenwald — 
109 Moralpred. 1726), der fih aber wenigſtens auf feine kurzen, klaren Dispofitionen 
etwas zu gute thun kann. — Vergleicht man ſpäter die fchöne, ſchwungvolle Sprache eine 

x Mosheim mit den katholiſchen Predigten im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts, — 
wel ein frappantes Zurückbleiben der letteren in ſprachlicher und ftiliftifcher Hinficht! 
Konnten die deutfchen Proteftanten an Tillotfon, Eaurin u. a. ihren Stil glätten lemen, 
warum nicht auch die Katholiken an Bofjuet und Maffillon? Aber Da che man die 
Sprache 3. B. eines Xaver Dorn in feiner gefehmadlofen Lobrede auf Karl VII. 1735 

25 oder feiner Heufchredenpredigt („Mas bedeuten die Heufchreden? Echo: Schröden! d. i 
moralifche Kirchweyhpredig eingeriht auf dermahlig-gefährliche Zeit-Umftände” 1750), 
oder des Theatiners Marim. Eteger in Vlünchen in feiner aberwigigen Lobrede auf den 
b. Gajetan („der die Mochen feines Lebens, in einem Freytag, wie Chriſtus, mit Greut- 
zichen zubringende, wie Chriftus gecreugigte b. Cajetanus”, 1745, 9 Bogen lang!). Auch 

die Predigten de Pater Joſeph Angelus a St. Claudia, feine Yeichenrede auf 
Karl VII., „ven von der Fußſohlen an bis zur Scheitel des Haupts, ganz dörnernen Kapyſer 
(München 1745) zeigen die Bilderfpracdhe des 17. Jahrh. ın noch ganz ungefeilter Kom. 
Letere beginnt: „Zum öffter mahlen fchon ift meine Zungen zu einem Pembſel, meine 
Norte zu Farben, meine Predig zu einem Gemähl worden” u. f. wm. Bei einzelnen 

85 finden ſich allerdings fchen jet Anſätze zu beſſerer Handhabung der Form (Kehrein I 
©. 83; II ©. 183). — Huf eine ganz ungewöhnliche Bibelkenntnis ftoßen mir in den 
furzen, einfach bisponierten Predigten des Hermann Schlöſſer zu Orſoy (geft. 1718), 
die nahezu aus lauter Bibelftellen beiteben; |. Verbum breviatum (Predigten für 
Sonn: und Feſttage) 1699; Verbum lueis aeternae (über den apojtol. (Slauben) 1701; 

40 cine Probe bei Mehrein II, 177 ff. 

Antiproteftantifche, oft beftige Polemik bei fchon viel geiwandterer Sprache findet fh 
bei den Augsburger Dompredigern Franz Neumapr, Jeſuit (9. Streitreden über wichtige 
Slaubensfragen, 3 Bde 1764—66), und Alois Merz (geit. 1792; 97 Kontroversreien 
1763). Cine mit Sorgfalt geglättete Sprache, im weſentlichen ſchon ganz unfer moderne 

45 Hochdeutfch, redet in feinen zahlreichen Predigten (8 Teile 1783—86, dazu viele Ge 
legenbeitsreden, vgl. bef. die Trauerrede auf Maria Therefia) Ignaz Wurz, Prof. ber 
geiftl. Beredſamkeit in Wien (geft. 178-D, auch Verf. einer „Anleitung zur geiftl. Bercdi.“ 
1776. Der würdige, fraftvolle, männlich beredte Stil, die Vermeidung aller Schulzäntereien, 
das Hervortreten auch philofopbifcher Gedanken und Gefichtöpunfte zeigen den beginnenden 

so Einfluß des pbilofopbifchen Zeitalter. Sehr ſtark zeigt fih dann der Einfluß der Auf: 
Härung bet dem Neltgionspbilojopben B. Bolzano (get. 18485 von ihm „Erbauung® 
reden an die akademiſche Jugend” in zablreihen Boden), ba B. M. von Werfmeifter 
und vollends bei dem Franziskaner Eulogius Schneider (get. 1794). U. Selmar 
repräſentiert eine geradezu utilitariſche Predigt. 

65 Cine der edelften Geſtalten unter den kathol. Nanzelrednern des 18. und 19. Jahr: 
bunderts, Die auch uns Proteftanten um ihrer frommen, milden und weiten (f. jene 
„Grundlagen der Neligion” 1805) Geſinnung willen ganz befonders ſympathiſch berührt, it 
Johann Michael von Zatler (.d. A.). Seine „Vertrauten Reden an Jünglinge“ (2 T. 1809) 
wie auch feine Sonntagspredigten in der Univerſitätskirche wirkten nachhaltig. Sie ver: 

so anfebaulichten ſeine trefflichen Predigtgrundfüße, daß der chrijtlihe Redner nicht blefe 











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Sr Ba erh me, 
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eit alles. Getvich 9* 
die inäle: Melchior} rbr. 
.d 9. Bo IV ©. —— 
— — 1864; hriften und Reden von 
— 186976) | — ma bon —— er 
ferner der Breslauer of Heinrich von Förſter (g 
6 Bde, 5. Ausg. 1878), ber Bonner ofeffor ran) Xaver Dieringer ( 
Bar Neibe von anderen Theologen wie Colmar, Dinkel, Ebe 


P. Rob. 
rankreich glänzte gegen die Mitte des Jahrhunderts ala d 

— H. Dom. ———— Über ihn ſ. d. A. F8 S. 201ff. 2 
ſei bier nur auf P. Hyacinthe (Loyſon) hingewieſen, der 1869 a 

b5 —— — al — Prediger war und ſpäter eine Fatholtichz 
ft al — ige Leiſtungen der heutigen nen Mi auf 

—— ge ei igen u * mäbungen der Proteſtanten finden fi 

(Neue ev. a 14. Xuni 1873). Wo Chriftus behan * L D, | 
bie hiftorische —— Einzelnes: der Name FJeſu als perſon * | 
so. Herz Jeſu. Über das Fegfeuer werden alljährlich m November Predigt 


















Sicht 













































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Ei. — 





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— dep. I 







X, 628) erwähnt, ‚uıb. mit. an ‚ber, — —* 
gestis (30, 54. X, 350) redet, ſowie * den — aus d Ä 


bie Eonoh 1,25ff. vall II, a ne und dem 
bo mehrere 
WB, 7; — —J—— —— — 


Rriugins und der pelagianiſche Streit 


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. d. 2. pWTD zei Smemr Zi; Phil 2, 14. p.SisB, 


x or. ia mon est noullus invenitur liberum arbitrium 
; =. I.y zo mzr zen Adam bersuleiten. Pelagius far > 
IS... r Amrmene Sicat und Nafeb ala ſolche ber eine, zu 

. N oerrene oem A mab Mr 9, 32: leben (fe 3, 12. 
gi stäs em habet mori Ro 5, 7. p. fer Bi, 


N, N Fmn.n.s 2a UTiis mMOrsıhos, 12. P BS1Cı nidz als 
W ae Su wınmn Zurer aan b. oñenbar: das 


Ne, Ion .nmem om Bıhs "Tıuı iom us —e nic: uni 
nor So.r 02 zer Alm» Zune om Ne Belt geemma 
. run on ale !z mr 'vnn Jasmin Sen Tod os 

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naterial die Tiefe des Evangeliums nid s 18 iA r ton 
ius analog zu beurteilen. Wer teilt denn heu — 
is et concupiscentia? Die pelagianiſch de Faffung d 

— der. Menjchbeit fteht modernen, „kirchlichen“ Gedanken von der „Gel 
und Gefamtjchuld näher als die auguftinifchen ( das corpus peecati= 
5 Nö 6, 6. p. 672B). Der Ausideidung alles „ yftfchen“ in 
lagius, der moraliftijchen Steifheit feiner Termini wird mar ı 
b Denkt, daß er fonfequent die phyſiſ e ——— 
— non natura filii dei sumus (Eph 5,1. p. 8350). 
a in mancher SHinficht dem Apojtel 

schon gejagt (vgl. oben S.753,5). Auch fein [5] 








Pelagius und der pelagianifche Streit 757 


ift tiefer. Freilich iſt er nicht tief genug: wie den Auguftin feine Myſtik, fo hindert den 
Pelagius fein intellettualiftifcher Moralismus am Verſtändnis des Neligiöfen. Allein, wie 
Auguftin, jo hat auch Pelagius mehr, ald er ausgemünzt hat. Die spes retributionis 
— fides) ift ihm durch die remissio begründet; die remissio aber rubt auf Chrifti 
Kreuz. Daher jagt er, in sola fide crucis esse salutem (Ga 5,11. p. 819D); ja 6 
das dia Tod oravood in Eph2, 16 erläutert er p. 828C mit den Worten: „per solam 
fidem crucis“, quae nullum deterret, non enim gravis aut diffieilis est, quam 
habere etiam latro potuit erucifixus; daher erflärt er 1 Ti 1, 14 durch ein „coepi 
diligere Christum, qui mihi magna peccata dimisit“ (p. 876B; vgl. Ga 6, 14. 
p. 823A); daher verfteht er Le 7, 47: mit einem „eui enim plus dimittitur, plus 10 
diligit“ erklärt er Nö 15, 9 (p. 711C; vgl. Rö 5,20. p. 671C); daher betont er oft 
die Danfbarteit: magnitudo beneficiorum excitat in se magnitudinem caritatis 
(Rö 5, 5. p. 666D; beachte die Faſſung des Tod Deod ald Gen. obj.). Und iver 
möchte bezweifeln, daß Pelagius perfünlich an der hl. Echrift mehr hatte als eine nova 
lex, tvenn man ihn fagen hört, daß omnis profectus ex meditatione descendit (1 Ti 15 
4,15. p. 882 C), und wenn man das gratiam dei dispensare bei ihm mit dem prae- 
dicare identifiziert fieht (2 Ti 2, 2. p. 890B)? Weiſt nicht auch die Begrüdung der 
Pflicht heiligen Lebens mit den Worten: ille probat se deum habere in notitia, qui 
semper deum in praesenti habens peccare non audet (Rö 1,21. p. 652 A; 
vol. Eph 1,17. p. 826 A), oder mit den andern: Christus ideo surrexit, ut nos si- 20 
militer resurgamus, qui autem hoc vere cognoseit, satis agit, siomnino 
non peccet (Phil 3, 10. p. 849B), darauf bin, daß Pelagius ein perfünliches Ver: 
hältnis zu Gott und Chriftus Fannte, das feine moraliftiichen Formeln ebenſowenig be: 
jchreiben fonnten, wie Auguftins phyfiiche und hyperphyſiſche Begriffe dem Zarteften feiner 
perfönlichen Frömmigkeit gerecht zu werden vermochten? 26 
4a. Freilich das Intereſſe des Pelagius lag nicht da, wo feine Gedanken den pau— 
Iinifehen am nächſten ftehen, und wo fie einer Vertiefung am eheſten fähig geweſen wären. 
Den Beweis hierfür liefert fein Brief an die jugendliche, vornehine römische virgo De: 
metriad (Aug. II, 1099— 1120). Zwar ftammt diefer unter den Werfen des Hieronymus 
(Vall. XI, 1ff.= MSL 30, 15—45) uns erhaltene Brief erſt aus dem Jahre 413 oder 30 
414; aber er nimmt auf den Streit nit Rückſicht und bietet nichts, das der Pelagius 
ber Kommentare nicht auch hätte jagen können. Daher darf er unbedenklich Hier verwertet 
werden. Daß Gott in der Taufe den Ghriften alle Cünden erläßt, zu feinen Kindern 
fie annimmt, verrät fich auch bier als Überzeugung des Pelagius (c. 24 p. 1116; 19 
p. 1112). Aber es ift wenig davon die Rede; der Ton liegt darauf, daß die Getauften 35 
ita coelestis nativitatis memores esse debent, ut inter malos viventes omne 
malunt vincant (16p. 1110). Der Ernſt diejer Forderung paßte vielen nicht: durum 
est — bieß es —, arduum est, non possumus, homines sumus, fragili carne 
eircumdamur (ibid.). Daher pflegte Belagius, wie er felbft jagt (vgl. oben ©. 750,2), 
primo naturae vim qualitatemque monstrare (2 p. 1100), ne tanto remissior 40 
sit ad virtutem animus, quanto minus se posse credat (ibid.). Die possibilitas 
utriusque partis (d. i. boni et mali) betont er als eine Worausfegung feiner fittlichen 
* Forderungen. Na, ihm ift in hac utriusque partis libertate rationabilis animae 
decus positum (3 p. 1100); hoc quoque ipsum, quod etiam mala facere pos- 
sumus, bonum est, ... quia boni partem meliorem facit (3 p. 1101). Und ss 
troß aller Macht der longa consuetudo vitiorum, welche die Menſchen, die ihr nad): 
geben, ita obligatos sibi et addietos tenet, ut vim quodammodo videatur ha- 
bere naturae (8 p. 110-4f.), gilt doch: semper utrumque possumus (8 p. 1101; 
vgl. 17 p.1111). Lediglich kraft des bonum naturae haben viele Philojophen, obwohl 
alieni a deo, doch tun fünnen, was Gott gefällt (3 p. 1101). Und wenn Belagius so 
auch fagt: quamdiu sumus in hoc corpore, numquam nos ad perfectum ve- 
nisse credamus (27 p. 1118), fo bleibt es doch cin an ſich erreichbares Ziel, jegliche 
Sünde zu überwinden: ſchon in der Zeit der lex naturae, zwiſchen Adam und Moſes, 
kennt die Schrift Menſchen, die heilig gelebt haben (4 p. 1102); Abraham, Iſaak und Jakob 
haben in vollkommener Weife den Willen Gottes gethan (5 p. 1102). Und die Ehriften haben 55 
mehr als die Schöpfergnade (3 p. 1101)! Hier wäre Gelegenbeit gewefen, die reli- 
giöfen Gedanken der paulinifchen Briefe zu verwerten. Doch die angezogene Stelle 
(3 p. 1101: vide, quid Christiani facere possunt, quorum in melius per Chri- 
stum natura et vita instructa est, et qui divinae quoque gratiae adjuvantur 
auxilis) erwähnt die in dem Briefe nicht völlig ignorierte gratia remissionis in 0 





760 Pelagins und der pelagianifche Streit 


6. Iſt feit dieſem Einfchreiten gegen Cäleſtius in Karthago von einem pelagtanijden 

Streit im Occident zu reden? -- Ra und nein! Ja, weil feitden die in Startbago cr- 
Örterten Fragen Gegenstand des Streited wurden; nein, weil Pelagius und Cäleitius, die 
im fernen Trient mweilten, zunächſt in dieſen Streit nicht verflochten wurden, Pelagius 

6 überdies von Auguftin mit ängftlicher Hochachtung behandelt ward. Es tft unmöglich, 
bier diefe m. E. noch nicht in ausreichend helles Licht gerüdten Verhältniſſe jo ausführlich 
zu behandeln, wie es mit Hilfe der Predigten und Briefe Auguſtins gefcheben Tann. Ich 
befchränte mich auf die Hauptſachen. Auguftin, der natürlih von den Geſchehniſſen hörte, 
auch Später bei einer Antvefenbeit in Kartbago von den Alten der Ennode gegen Cäle 
10 ſtius Kenntnis nahm (de gestis 11, 23. X, 331), behandelte, wie andere Bifchöfe, die 
Sache zunädft in Predigten (vgl. sermo 170. 174. 176) und Geſprächen (retr. 2,33. 
I, 614). Als dann die angeregte Frage in weiteren Kreifen diskutiert ward, und mul- 
torum fratrum perturbabatur inlirmitas, fchrieb er auf Trängen des 
comes Marcellinus, der mit folchen Brüdern „täglich läftigfte Debatten hatte“ (de gestis 
15 11, 25. X, 335) — wohl [Ende 411 oder] Anfang 112 (vgl. opp. Leonis ed. Balle- 
rini III, 8146) — feine beiden Bücher de peccatorum meritis et remissione et de 
baptismo parvulorum (X, 109—185), denen als drittes (185—200) der Begleitkriei 
an Marcellinus angebängt iſt (vgl. retract. 2, 33. I, 644) und das demſelben Marcel: 
linus geiwidmete Buch de spiritu st littera (X, 201—246) bald folgte. Die Streit 
20 punkte --- die Erbfünde, Die Notwendigkeit der Kindertaufe, die [au von Auguſtin, 
vgl. de spir. 1. X, 201 und de pecc. mer. 2, 6, 7 ff.] zugegebene Möglichkeit, wenn 
auch Unmirklichkeit, des sine peccato esse ope adjuvante divina, der Unterfchied des 
ATS und NTe (spiritus und littera) — find bier teil mit, teild ohne Polemik gegen 
Andersdentende erörtert, Velagius und Cäleſtius aber werden in den genannten Büden 
25 gar nicht erwähnt; nur der Brief an Marcellinu8 (= de pecc. mer. III) nennt ven 
Belagius, in ebrender Weiſe, und widerlegt die in feinen Römerbrief-Kommentar ange 
führten Argumente anderer (nämlich des Gäleftius) gegen die Erbjünde (vgl. retr. 2, 33. 
I, 641). — Im nächſten Jahre (413; vol. praefatio p. 23) zeigte ſich in Karthage, 
wie verbreitet Die „pelagianifchen” Gedanken waren. Auguſtin predigte dort am Se 
so hannistage, 24. Juni (sermo 293. V, 1327 ff.; vgl. de gestis 11, 25. X, 335), und 
berührte zum Schluß auch die Notwendigkeit der Kindertaufe. Das wirkte wie ein Stoß 
in ein Weſpenneſt. Auguftin erfuhr — offenbar erſt nad diefer eriten Predigt —, wie 
leivenjchaftliche Anhänger bier die pelagianischen Gedanken batten. Man drobte mit ben 
Kirchen des Orients: die würden die verurteilen, die ihre Meinung nicht teilten (de ge 
5 stis 1. c.); als Neuerer (sermo 294, 20, 19. V, 1347), ja als Häretiker (ib. 21, 20) 
bezeichnete man Auguftin und feine Gefinnungsgenoffen. Auf Veranlaffung des Aurelius 
von Nartbago nabm deshalb Auguftin drei Tage fpäter (27. Juni) in einer zweiten 
‘Bredigt (sermo 294. V, 1335; 1348) die Streitfrage, aus weldem Grunde die 
Kinder zu taufen feien, zum alleinigen Gegenftand feiner Erörterung, und geftand jelbit 
in der Einleitung in Bezug auf feine Ausführungen vom Xobannistage: non tanta 
dieta sunt de tanta quaestione, quanta in tanto periculo a sollieitis die 
debuerunt (p. 1336). Die ganze Predigt, infonderbeit ihr entgegentonmender Ton (vgl. 
namentlich 21, 20 p. 1948), iſt ein Beweis dafür, daß der [nie mit Namen genannten! 
irrenden Brüder mehr war als eine unbedeutende Minorität (vgl. dag maxime apud 
5 Carthaginem, Aug. ep. 157, 22. II, 685). — Im näditen Sabre, 414 (vgl. opp. 
Aug. II, 67.4 not. a) erfubr Muguftin durch einen Brief eines uns unbelannten Hila— 
riug (Aug. ep. 156. II, 673), daß in Syrakus quidam Christiani folgende Säge 
verträten: 1. posse esse hominem sine peccato et mandata dei facile custodire, 
si velit; 2. infantem non baptizatum, morte praeventum, non posse perire 
so merito; 3. divitem manentem in divitiis suis, regnum dei non posse ingredi, 
nisi omnia sua vendiderit, nec prodesse eidem posse, si forte ex ipsis divitüs 
fecerit mandata; 4. non debere jurare onnino; ». ecclesiam, de qua scriptum 
est non habere rugam neque maculam, esse, quae nunc frequentatur populis, 
et sine peccato esse posse. Yon Diefen Süßen ftammt der erjte, den Marius Der: 
5 cator (lib. subnot. p.:3) Dem Cäleſtius zufchreibt, aus den Eclogae des Velagius (Hier. 
dial. 1, 32. Vall. II, 729, vgl. Aug. de gestis. 30, 54 u. 6, 16. X, 350 u. 329); 
Garnier 1,571); der vierte wird auch dort zu Haufe fein, denn er entipricht einem Titel 
der Teſtimonien Eyprians 3,12 ed. Sartel p. 125) und giebt die Meinung des Pelagius 
wieder (dal. oben S. 758,9); der fünfte bringt gleichfalls einen Gedanken des Pelagius 
so zum Ausdruck gl. zu iNol,2p. 717 BG; au 2 Ti 2, 20 p.892 A; Aug. de gestis 


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auf den Orient den Boden entziehen. 

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Say wohl — — * Buch de —— übermittelt, 


eitig mit dem Briefe an die Demetrins (414) — tt 
55 de nat. et gratia bei Garnier I, 373-377). Daß Auguf 
das nicht f dar als die Kommentare zu den cn Baulinn, 


der fama nicht atte glauben wollen, — eper fit 

Nol. 186, 1, 1. II, Se das iſt Freilich eine Untoaheheit, 
wahrlich nicht ziert; Auguftin Fannte längft das Kommenta d 

© E.760,6:) und will (vgl. de’gestis 26, 51) fon in feinen A 


Belagind und der pelagianiſche Streit 763 


veritohlen zurechtgeiviefen haben! Doch died Wert des Pelagius verfuchte u. a. einen 
Autoritätsbeivers für feine Lehre, und neben Sactang (vgl. oben ©. 755,35), Hilariug, Am⸗ 
brofius, Hieronymus u. a. war bier Auguftin felbft, der frühere Auguftin (de lib. 
arbitr. 3, 18, 50. I, 1295), ins Feld geführt. Daß dies für Auguftin ein Hauptanitoß 
mar, zeigt die Behandlung diefer Sache in der Gegenfchrift, die er im Laufe des Sahres 5 
415, zunächſt für Timafius und Jakobus ausarbeitete, der Schrift de natura et gratia 
(X, 246—290). Noch in diefer zugleich für die Öffentlichkeit beftimmten Schrift ift der 
Verfaſſer der befänpften Schrift (libri quem misistis conditor c. 7) nicht genannt, 
„ne offensus insanabilior redderetur“ (?ep. 186, 1. I, 816; vgl. oben ©. 761,3). 
Die perfönliche Zufpigung des Etreites war dann eine Folge der meiteren Gejchehnifje 
in Baläftına. 
8a. Johannes von Jeruſalem, der „Belagius ſehr liebte” (Aug. ep. 179, 1. II, 774), 

bat am 29. oder 30. Juli 415 (Oros., apol.7, 1 p. 611; vgl. Garnier I, 167), höch— 
ſtens einige Monate nad) der Ankunft des Orofius, in Serufalem mit feinen Presbytern 
oder einigen feiner Presbyter (vgl. Oros. ap. 4, 1 p. 607: consessu presbyterorum) ı5 
einen conventus abgehalten — vielleicht war's eine Diöceſanſynode, vielleicht eine Fleinere 
Gerichtsverſammlung —, und hier ift über Belagius verhandelt. Der Bericht des Oroſius 
(apol. 3—6) iſt parteiifch bis zur Unglaubwürdigkeit, für die Thatfache der Verhandlung 
und für eine Epijode haben wir auch durch Johannes felbjt Nachricht (Aug. de gestis 
14, 37. X, 342 f.). Es jcheint, als ob Orofius durch fein Mühlen gegen Pelagius die 20 
Verhandlung veranlaßt habe (vgl. ſchon Wal IV,588 Anm. 3): er ward vor die Ver: 
fanımlung citiert, framte dort aus, mas im Occident gegenüber der „Härefie” des Bela: 
gius Schon gefchehen ſei und noch gejchehen ſolle — Auguftin fchreibe gegen das Bud) 
de natura —, und produzierte Augufting Brief an Hilarius. Auf Forderung des Jo: 
hannes ward dann aud) Pelagius — offenbar, damit er ich verteidige, — gerufen (Oros. 3). : 
Die folgenden Verhandlungen litten darunter, daß Oroſius nicht griechiſch ſprach und 
einen jchlechten Dolmetſch hatte (Or. 6, 1). Daß Pelagius, der griehifh ſprach, die 
„Blasphemie“ fich hat zu Schulden kommen lafjen, zu fagen: „et quis mihi est Augu- 
stinus?“(Or.4,1), darf man billig bezweifeln; er bat vielleicht, wie Sohannes (Or.4, 3), 
Darauf hingewieſen, daß Auguſtin garnicht gegen ihn polemifiert habe. Sachlich fcheint 30 
nur über die Frage der Möglichkeit fündlofer Vollkommenheit geredet zu fein. Die De: 
batte, bei der, wie beide Berichte beiveifen, die Majorität der Verfammlung auf feiten 
des von Oroſius Verklagten ftand, endete damit, daß Pelagius der Formulierung des 
Sohannes zuftimmte und den anathematifierte, qui dieit absque adjutorio dei 
posse hominem ad profectum omnium venire virtutum (Aug. de gestis 14, 37. 3 
X, 343); — das entiprad) feiner längft gehegten Meinung (vgl.oben &.753, 16 1.757,59), 
doch verſtand er unter der gratia nicht die ad singulos actus nötige inspiratio, die 
Auguftin behauptete. Nach Oroſius endete die ganze Verhandlung damit, daß Johannes 
einer Forderung zugeftimmt habe, daß an Innocenz von Rom eine Geſandiſchaft mit 

riefen gefchidt und feinem Urteil gefolgt werben folle, der „Häretiker“ Pelagius bis 10 
Dahin Schweigen je halten habe (6, 4). Daß dies fo nicht wahr ift, zeigt das fpätere 
Benchmen des Johannes gegen Crofius und Pelagius: Oroſius hatte es nötig, fich wegen 
Ketzerei zu verteidigen (vgl. 7, 2 und was folgt, und oben Bb XIV, 494,58); zu Pela— 
ius aber ſtand Johannes noch nadı mehr als Jahresfriſt fo, daß Auguftin es für gut 
Bielt ihm gegenüber von Pelagius ald dem „frater noster, filius tuus“ zu fprechen 15 
(ep. 179, 1. II, 774). Sicher ift alfo nur, daß Oroſius mit feinem Borftoß gegen Pe: 
lagius in Kerufalem Leinen Erfolg gehabt batte. 

8b. Nicht glüdlicher, aber viel folgenreiher war ein zweiter, der von den gallifchen 

Biichöfen Heros von Arles und Lazarus von Air ausging. Beide waren ale Partei: 
ginge, des Uſurpators Ronftantin nach deſſen Beſiegung (411) genötigt geweſen, auf ihre oo 

iüchofsfige zu verzichten (vgl. DehrB s. v. u. I, 657 f.; Duchesne, Fastes &pisco- 
paux1,91$.248.271f.). Dem Auguſtin und feinen Anbängern gelten fie als sancti 
fratres (ep. 175, 1. II, 759; Prosper ad ann. 412 ed. Mommſen p. 166); Bapft 
Bofimus, der zwar auch voreingenemmen, aber befjer unterrichtet war (vgl. Noris I, 113 f.), 
entwirft ein ſehr ungünftiges Bild von ihnen (Jaffé' Nr. 330, Aug. X, 1721; vgl. 65 
auch Joann. Ant. bei Aug. de gestis 16, 30. X, 319). Was fie nah Paläftina ge 
führt batte, wilfen wir nicht. Taß fie vorber zu Auguftin Beziehungen gebabt batten, 
ift nicht zu erweiſen; doch iſt ficher, daß fie mit Oroſius in Raläftina fich zuſammen— 
fanden (vgl. Aug. ep. 175, 1. II, 759); und daß fie nicht ohne voraufgehende Berftän- 
Digung mit den paläftinenfiichen Gegnern des Pelagius vorgingen, iſt jelbitverftändlich, co 


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764 Belagins und der pelagianiſche Streit 


wenn auch nicht belegbar (gegen Walch IV, 598). Genug, fie reichten dem Biſchof Eule 
gius von Cäſarea einen libellus gegen Pelagius ein (Aug. de gestis 1, 2 u. 3,9. X,3%. 
325) und veranlaßten dadurch, daß im Tezember 415 (Garnier I, 169 f.) cine Synode 
von 14 Biſchöfen (Pelag. bei Aug. de gestis 30, 54. X, 350; Aug. c. Jul. 1,5, 19. 
5X, 652, wo die Namen gegeben find) in Diospolis (Hier. ep. 143, 2. Vall. I, 1067), 
dem alten Lydda (Hier. ep. 108, 8 p. 696), fi) mit der Urthodorie Des Pelagius ke 
ichäftigte. Über die Verhandlungen diefer Eynode find wir, namentlich dur die Aus 
züge aus den Alten, die Auguftin in feiner Schrift de gestis Pelagii gegeben hat, ie 
gut unterrichtet, daß über das Thatſächliche Fein Zweifel fen kann (vgl. Wald IV, 
10 591--609). Die Ankläger waren nicht gegentvärtig, weil einer von ihnen erkrankt war 
(de gestis 1,2. X, 320); die Klagpunkte ihres Libelld wurden den Eynodalen von einem 
Dolmetſch vorgelegt (ib. p. 321), Pelagius verteidigte fich griechiſch. Unter den Alag- 
puntten (vgl. die Überfiht bei Wal IV, 601—609) waren die an Säße des Pelagius 
ſelbſt anknüpfenden mit wenig Sachkenntnis, aber mit viel Heinlihem Argwohn formu: 
1b liert; Pelagius konnte die angegriffenen Außerungen zumeift durch bloße Snterpretatien 
verteidigen; den Hauptvorivurf, daß er Ichre, posse esse hominem sine peccato, si 
velit, erledigte er dadurch, daß er diefe possibilitas, wie in Serufalem, von dem adju- 
torium dei abhängig madıte (de gestis 6, 16. X, 329). Den eigentlichen Fragen 
des pelagianischen Streites kam die Anllagefchrift nur mit den Sätzen nabe, die fie aus 
2» Schriften des Cäleſtius entnommen batte. Pelagius hat diefen Klagpunften gegenüber, 
fomweit fie nicht auf Grund eigener Außerungen von ihm fchon erörtert waren, ſich nidt 
nur darauf zurüdgezogen, daß die Sätze nicht von ihm herrühtten; er bat die ihm vor: 
gelegten Sätze RR verurteilt (de gestis 11, 23 ff. 14, 30ff. 18, 42f). Das Enke 
war, daß die Synode dem Pelagius, qui piis doctrinis consentit, contraria vero 
ecclesiae fidei reprobat et anathematizat, fein Eteben innerhalb der Tatbolifchen 
Kirchengemeinfchaft bezeugte (de gestis 30, 44. X, 346). Die von Auguftin und fernen 
Geſinnungsgenoſſen ausgeſprochene und bis zur Gegenwart bin immer tieberbolte 
Anklage, daß Velagius die Ennodalen getäufcht habe — Hieronymus bezeugt auch ber 
„miserabilis“ synodus ſelbſt feine Verachtung (ep. 143,2. Vall. I, 1067) —, ift um: 
30 gerecht. Sie hätte nur dann recht, ivenn man aus de gestis c. 32 f. (X, 352 f.) Ichliegen 
dürfte, daß Pelagius in dem brieflichen Bericht über die Synode, den er ſelbſt an Auguftin 
ſchickte — er kannte Auguſtins unausgefprocene Animofität gegen ihn nicht oder igne- 
rierte fie —, ausdrüdlich erflärt babe, er fünne die Sätze des Cäleftius nicht verurteilen 
Allein Das noluit anathematizare bejagt nur, daß er diefe Verurteilung nicht au 
geiprochen batte (val. Das cur ergo non ita et in illa chartula scriptum est?!). Taf 
Pelagius die anftößige Formulierung, die Cäleitius feinen Gedanken, oder Baulinus (oben 
©.759,37 ff.) den Säßen des Gäleftius gegeben hatte, fich zu Nu machte — in Nüdficht auf 
diefe Formulierung fonnte er die meiften diefer Sätze verurteilen, obne feine Mei— 
nung zu verleugnen (Nr. 6 oben S. 759,35 gab er zu): diefen Kunftgriff mag man 
wenig freundfchaftlich nennen, obwohl er dem Gäleftius nicht fehadete, denn um ihn han 
delte es jich gar nicht. Doch das Verftedenfpielen an fih war einer binterlifiigen An- 
klage gegenüber entfchuldbar und eine Täufchung der Richter Schon deshalb nicht, meil 
diefe dem Pelagius geneigter waren als feinen Anklägern und den KRunftgriff des Pe 
lagius, wenn Ste ibn durchſchauten, vermutlih im Stillen gebilligt baben. Überdies 
fennen wir aus den Alten nur das, was Augujtin erwähnen mußte, um das Urtel 
erflärlich zu machen, oder erwähnen wollte, weil es gegen Pelagius fich vertvenden lieh. 
Daß Pelagius unter der gratia ctivas anderes verftand, als Auguſtin (vgl. die Iehrreidk 
Formulierung Auguſtins de gestis 31, 56. X, 352, oben ©. 756,5), ift freilich richtig; 
das adjutorium gratiae iſt neben der gratia creationis, der gratia remissionis 
so und der gratia doctrinae bei ibm ein unflarer Begriff. Allein diefer unklare Begriff 
tft bei vielen andern nachweisbar; Auguſtins Ausprägung des Begriffd war noch nict 
fanktiontert und den Synodalen von Tiospolis ſchwerlich befannt; und am NT gemeffen, 
war auch Auguſtins Yehre nicht korrekt. Endlich fehlte dem Pelagius das dogmatiſche 
Intereſſe in hohem Maße, an der communio catholica aber lag ihm viel. — Wit 
55 dem Verlauf der Verbandlungen in Diospolis konnten Pelagius und feine ‚Freunde zu 
frieden jein; fie waren es auch (Pel. ep. ad quendam amicum presbyt. bei Aug. 
de gestis 30, 51. X, 350). Daß ihr Unmut gegen die Urheber der Anklage fih ın 
den Gewaltthätigkeiten Yuft gemacht babe, denen nach der Synode die Siedelei des Hie— 
ronvmus ausgefegt war, ſcheint Auguſtin am Schluß feiner Schrift de gestis andeuten 
so zu wollen (X, 358): doch bat Walch (IV, 613 Ylıım. 3) mit Recht darauf bingewieien, 


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768 Pelagins uud der pelagianiſche Streit 


eine wirffamere Diine gelegt, und ſchon am Tage vor ihrem Generuiirz mm u * 
Kaiſer Honorius erließ am 30. April 418 in Ravenna, vielleicht = Kemurtunz := 
fartbagifchen Synode vom November 417 (vol. Aug. X, 17265 not 3. zul = 
Drängen der Afrifaner (Aug. epp. 201, 1. II, 927) ein sacrum res:r_::’ım 
6 dad „responsum est“ bei Aug. ce. Jul. 3, 1,3. X, 703), Das, use me Luarmım 
des pelagianiſchen Biftes in Nom und an anderen Orten klagend, 2 Sezzemum ve 
Caleſtius und Pelagius aus Non verfügte, ihre Anhänger dem femreeuzı Wurm == 
zuliefern und zu erilieren befahl (Aug. X, 1726f.). Daß Welagize zer ver I 
weifung betroffen iſt, iſt mehr als unwahrscheinlich. Zwar Il m zu men! 
10 vielen Bedenken ausgefegten Nachricht des Marius Mercator (comm. F... ec 
dabei auf Briefe Des Theodotus von Antiochten und Praplius ven Sem zu wm 
(S. 766,59) an den römiſchen Biſchof beruft, von einer unter Dem os ee Io 
verjammelten dem Abendland ganz unbelannten]) Synode [in Antie&:z:, m — 
(Garnier I, a f.) oder Anfang 418 getagt baben könnte (Tillemont SI: 
Joris2, 4 p. 259 plädiert mit fchwachen Gründen für „nach 421”, we Yeriır * 
trieben ſein; allein daß er infolgedeflen vor den 30. April 418 nach Kr semen% 
(Mansi IV, 475), iſt eine ziemlich unmögliche, auch finguläre Annzzz:: zz a 
nichts Davon, und noch im Zommer 418 nimmt Augultin Rüdik: == mm u 
bandlungen, welche Pinianus, ſeine Gattin Melania und ſeine Shrismmze LIED 
in Paläſtina mit Pelagius gerübrt batten (de gratia Christi 2. I, :-: 22 
Kunde von dieſen Verbandlungen iſt, abgeſehen von der chronologiſch mer Sam ze: 
baren unfichern Nachricht über Die Synode des Iheodot, das legte, was mar * e 
hört; ſeine < Spur verliert ſich im Orient. Von Cäleſtius erzäbit Augufirr 2. Zo2s 0 
2,3,5. X, 57), daß er nad Eingang der afrifanischen Antwort auf >: Em 
bricfe Des Zoſimus den nun nötig getvordenen neuen Berbandlungen n& zuusce an 
Dean künnte danach annehmen, Dat Cälejtins ſchon im Tegember 417 Re te 
babe (vgl. auch de pecc. or. 7, 8 fin. X, 359). Doch rüdt Marius Wiercszm azemc 
p. 13-4) die Flucht des Cäleſtius näber an die ‚gleich zu erwähnende epistula Terra 
des Zoſimus beran, Die feine [und Auguſtins Quelle iſt, und am 21. Miz ıı vo 
zo Cäleſtius noch in Nom geweſen zu ſein. Es tft daber möglich, ja wat xi 
Cäleſtius dem kaiſerlichen Reſtripte wich. Man muß dann annehmen, daß Are ># 
Entweichen Des Cäeliſtius fälſchlich als Alucht vor Der neuen Unteriudhuna ac — 
Und diefe Annahme bat viel für ſich. Denn dem Zoſimus blieb nad ver eu 
Kaiſers und dem afrikaniſchen Generalkonzil (vgl. auch dv. Schubert S. 25. ns 2 
als ein einfaches Einlenken in die Babn der Afrikaner, und die ausfübrtice Izim= 
der causa de Caelestio et Pelagio, Die er in feiner fog. epistula tractoria :-> Mar. 
Merc. comm. p. 13D, Lonnte feine wabrbaftige fein. — Es iſt hierbei some 
daß dieſe berichte epistula tractoria, Die leider nicht erhalten iſt, dem karten: sa α 
und dem afrilantichen Generalkonzil folgte Da Sofimus noch am 21. Am ze 
Brief nad Afrika ſchickte, der an ein jo völliges Einlenken nicht Dachte; Da des Arm 
Des Honorius Nom nur ale eine Der Stätten nennt, Da Das pelagianiiche [6 Pont ZN 
merkbar mache; Da Die Pelagianer Die eleriei romani (einjchlieglih Des Zrtrzs 8 
ſchuldigten, daß fie, jussionis terrore perculsi, ſich nicht geſcham: Hana. = 
Wabrbeit untreu zu werden (Aug. ce. duas epp. 2, 3, 5. X, 573, vgl. der ss 
des Kapitels u. ce. Jul. 1, 1, 13. X, 618: ſo iſt troß ber eifrigen Verteidi⸗ʒa⸗ de 
gegenteiligen Anſicht, welche die Ballerini (opP. Leonis III, 813 ff., beionders » 
Quesnell entgegengeſetzt haben, keine andre Annahme möglich (vgl. ſelbſt ax ® IX. 176. 
Daß die Alten des afrikaniſchen Generalkonzils auch in den Händen Des Zei 
waren, ehe er die epistula traetoria ſchrieb, iſt dann ebenſo ſicher: die Ni me 
w ı Mai kamen von Karthago gewiß nicht viel langſamer nah Rom, als cin am Zu. Art 
in Ravenna ausgefertigtes kaiſerliches Nejkipt; doch irrt Wald (IV, 631—rr. wenn a N 
enistula traetoria cine ausdrucliche Villigung der Gnadenlehre Des afrikaniſchen Roma 
nachweiſſen will (der von ibm vitierte Satz gebt nicht auf Zoſimus, ſondern zur Me 
erweiterte ep. Unelestini ad Gallos, Jaffé“ Wr. 381, zurüdı. Frubeſtens Erde 
„April, aber ſchwerlich viele Wochen ſpater, wird nach erneuten Berbandlungen mir feinen 
Klerilern Zoſimus div epistula traetoria erlaſſen haben. Es war ein ſebr ausfubrlidæ 
cdreiben, Ds Div ganze eausa Caelestii et l'elagii geſchichtlich darlegte und ra 
eitteilungen aus den Werken Der beiden brachte (Mar. Merc. comm. p. 134u. 1384 
Tie erhalienen kürzen Fragmente (Aug. opp. X, 1730f.) ſind bedeutungsles. Was 
ww Dumm rip Den men einer epistula tractoria verſchafft bat (wgl. Mar. Mere. comm. 


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770 Pelagins und der yelagianiiche Streit 


dargetban werden. Tas zweite der oben (S. 769,15) erwähnten Taiferlichen Edikte, das 
in einer Ausfertigung an Aurelius von Karthago vom 9. Juni 419 uns erhalten it 
(Aug. ep. 241. II, 927), verfügt, daß alle Bifchöfe, welche der Verurteilung des Pelagius 
und Galeftius nicht durch Unterjchrift zuftimmten, entjeßt und vertrieben werden jollten. 
son der ep. tractoria des Zoſimus it da feine Rede; es fcheint, als folle Aurelius 
die definitio aufjegen, die unterjchrieben werden ſoll; und dem entipridht, ſoweit der 
anicheinend korrupte Tert erkennen läßt, der Girkularerlaß, in dem Aurelius den kaiſer⸗ 
lichen Befehl am 1. Auguft 419 den Bifchöfen feines Kirchenfprengels tmeitergicht (Aug. 
X, 1751). Auch aus der Kichenprovinz Aquileja erfahren wir durch den fälſchlich ſog 
 libellus fidei Juliani (Garnier I, 319— 323), ein Schreiben mehrerer Bilchöfe dieer 
Kirhenprovinz an ihren Metropoliten (vgl. Wald IV, 678; Caspari 346 Anm.; 
Brudner 5. 31f., v. Schubert ©. 81), daß der Adreſſat eine unterfchriftliche Zuftimmung 
zur Verurteilung Abmwejender (d. i. des Pelagius und Cäleftius) von ihnen gefordert hat 
(3,3. Garnier I, 323). Analoges wird feit Juli 419 der römische Bifchof (Bonifaz I 
17 Ic 29, Dezember 418, bezw. 1U. April 419; vgl. Bd III, 287) für fein Gebiet, die 
uburbilarifhen Provinzen, zu fordern genötigt geweſen fein. Daß ſchon Zoſimus ın 
feiner epistula tractoria — oder, da dies bei deren univerjaler Adrefle (vgl. oben 
S. 769,4) ſchwer denkbar ijt, gelegentlich derfelben von feinen Provinzal: 
bifhöfen -- died gefordert bat, it möglich, bat aber m. E. an der Nachricht Des Marius 
x Diercator nur eine ſchwache Stüße, denn die Forderung einer unterfchriftlichen Zuftim: 
mung zu der ganzen epistula tractoria, die Marcus Mercator vorausfest, ift meer 
fonft nachweisbar, noch ſehr mwahrjcheinlih. Jedenfalls kann das Exil der mit Julian 
Exilierten nur an die Verweigerung der vom Kaiſer geforderten Unterjchrift gebunten 
geweſen fein. Won folcher Taiferliden Forderung bören wir aber erft aus dem Jahre 
26 410. -- Dennoch bat die epistula tractoria Julians Herbortreten veranlaßt. Sie bat 
jweifelloe die Verurteilung des Pelagius und Cäleftius als eine Pflicht der Orthodorie 
yingeftellt. Und das bradte Julian in Harniſch. In zwei Briefen an Zofimus, die er 
jelbjt erwähnt (bei Aug. op. imp. 1,18. X, 1057), tft er dieſer Zumutung entgegen 
etreten. Nur von einem derjelben, vielleiht dem eriten (Brudner ©. 10 Anm. 3), 

Bu baben wir Fragmente (bei Garnier I, 333f. aus Mar. Merc. lib. subn. p. 16f., we 
aber ©. 17 3.15 ftatt immortalem zu Iefen ift: eum mortalem). Sie fritijieren die 
Verurteilung der 411 in Karthago zenfurierten Sätze des Cäleſtius (oben S 759, af). 
Auch mündlich ift Julian in Nom ſelbſt ald Gegner des traducianum peccatum auf 
getreten (Mar. Merc. lib. subn. p. 18). Daß die noch unter Zofimus (geit. Dez. 413) 
geweſen it, kann man deshalb für wahrfcheinlich halten, weil noch Zofimus den Julian 
anathematifiert bat (Aug. c. Jul. 1, 4, 13. X, 648: damnator tuus). Tod wiſſen 
wir über die italiihen Ereigniſſe bis Sommer 419 fehr ſchlecht Beſcheid. Selbit dus 
Schisma, Das nach dent Tode des Zofimus eintrat (Eulalius Gegenpapjt des Bonifei 
bis April 419; vgl. Bd III, 287), iſt und nur durch fehr wenige, allerdings durchaus 
0 zuverläflige Tuellen bezeugt (vgl. Jaffe I?, 51f.). Ob es mit den pelagianifchen Wirren 
zujammtenbing, oder nicht, läßt ſich nicht entjcheiden, obwohl Sultan in dem Schisma 
eine göttlihe Strafe für die Untreue Des Zofimus ſah (Aug. c. Jul. 6, 12, 38. X, 
812f.). Jedenfalls beberrichte in dieſer Zeit die pelagianifche Frage das Intereſſe der 
italifchen Biſchöfe. Tie „Pelagianer“ waren aufgefcheudt und bemübten ſich, Stimmung 
45 gegen Die „manichätiche” Lehre zu machen, die ihnen entgegentrat. Dieſem Zwecke biente 
u.a. auch ein, vielleiht von Julian verfaßter, nur aus einigen Erwähnungen uns be 
fannter Brief an den in Ravenna einflußreihen comes Balerius (vgl. oben Bd IX, 
603,11 u. Bruder S. 37), der für die weitere Geschichte folgenreih wurde. Der Brief 
juchte den Valerius dafür zu geivinnen, daß in der wichtigen Frage, um die es ſich 
wo handle, eine ordentliche (d. h. ſynodale) Prüfung veranlaßt werde, damit womöglich eine 
Ktorreftur der erſchlichenen Entſcheidungen einträte (Julian bei Aug. op. imp. 1, \W. 
X, 1054), und denunzierte gleichzeitig den Auguſtin bei dem in glüdlicher Ebe Iebenden 
Aorejjaten als einen damnator nuptiarum (Aug. de nuptiis 1,1. X, 413). Auguſtin 
erfuhr von dieſem Briefe und juchte desbalb Ende 418 oder Anfang 419 (Aug. opp. 
X, 110) in feinem erften Bude de nuptiis et concupiscentia ad Valerium (X, 
412-— 438) den ihm gemachten Vorwurf zu widerlegen. Dies Buch ward der Anlaß der 
erjten antisaugujtinifchen Schrift Sultans: nod) im Sommer 419, wie der Zufammtenbang 
der Ereigniſſe zeigt, widmete er jeinem ibm gleichgefinnten bifchöflichem Kollegen Zur: 
bantius eine vier Bücher umfaſſende Gegenjchrift, von der zahlreiche Fragmente erbalten, 
vo aber noch nicht zujammengeftellt ſind (vgl. Bd IX, 603, 8f. u. Brudner ©. 38— 146). Ib 


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op. imp. >, Lie, X, 13169, iſt bier der Ausgangspuntt 


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772 Pelagins und der pelagianifche Streit 


Julian wußte den Dielem Werk noch nichts, als er feine ciliciſche Mußezeit (Mar. Mere. 
ib. subn. p. 319 benutzte, um eine zweite, fehr umfangreidre Schrift gegen Auguſtin, 
die VIII libri ad Florum ıval. BP IX, 603, 19) augzuarbeiten: Auguſtins zmeites Bud 
de nuptiis, das fein Freund Florus in Ronitantinopel aufgeftöbert hatte (Jul. bei Aug. 
fir Julians Polemik; aud 
de „nuper“ dem Bonifaz von Ron gewidmeten IV libri contra duas epp. Pela- 
gianorum tennt er (ib. 2, 178 p. 1218); lange nach 421 darf man die Schrift nicht 
entſitanden denken. Auguſtin bat von ihr vor 427 nichts gehört (vgl. Aug. opp. X, 
Ian), Die ausfubrliche Gegenichrift, Die er in Angriff nahm, als Alypius aus Rom 
ihm eine Aböchrift mitgebracht hatte (vgl. ep. 224, 2. II, 1001), gedieb nur bis zum 
ſechiten Buche incl.) und trägt deshalb den Titel des Opus imperfectum (X, 1050 bis 
lies, Daß Julian auf eines der beiden direkt gegen ihn gerichteten Werke Auguitins 
geantwortet hat, erfabren wir nicht. Wir fennen von ihm außer den im vorigen cr: 
wahren Schriften nur noch zwei, vermutlich jüngere, aus denen Beda uns Fragmente 
wurbeionbrr bat Gugl. BP IX, GU4,2 ff): einen Kommentar zum Hobenliede (Garnier I, 
ASS, Bruder S. 74f. u. E. 73 Anm. 1 u. 2) und eine Schrift de bono constan- 
tiae Garnier 1, 359; Brudner S. 75) Auch aus dem perjönliden Leben Sultans 
nach Abfaſſung feiner libri VIII ad Florum weiß man nur wenig, aber Dies wenige bängt 
mit Dem Schickſal Des gefamten Pelagianismus eng zufammen. Ehe davon gefproden 
wird (. Nr. 12), würde bier \ulians Polemik gegen Auguſtin ın formaler und materialer 
Hinſicht zu würdigen jein, wenn nicht der A. Aulian mir gejtattete, mich auf wenige Be 
merlungen zu beſchränken. Julian iſt ein leidenjchaftlicher, ja gelegentlich gebäffiger 
(BD IN, 603, auff.), aber ſehr gewandter und glüdlicher Polemifer geweſen. Er traf 
MAunguſtin an jeiner wundeſten Stelle, - - da, mo feine Gedanken im Phyſiſchen }teden 
wwblieben waren und in der That eine rechte Würdigung der Ebe erjchiverten und mit 
dem Glauben an einen perjönlichen, gerechten und heiligen Gott in Konflikt gerieten. Aber 
Julian war mebr alg der geſchickte Anwalt des Pelagianismus. Er iſt auch fein Syſtematiker 
neweſen (vgl. BD IX, 604, 11--606). Quae tu si non didicisses, Pelagiani dog- 
matis machina sine architecto necessario remanisset, jagt Auguftin jelbft (c. Jul 
6, 11,36. X, 842). Neu im Mergleich mit dem, was wir von Pelagius hören, jind 
War jehr wenige jeiner Grundgebanfen ; die Anſätze zu allem, was man bei Julian 
jindet, ſind auch bei Pelagius nadıweisbar, während viele Gedanten der Kommentar 
two Pelagius bei Julian nicht bervortreten. Neues kann man aud gar nicht ertwarten, 
weil jebr alte Gedanken die Grundlage Des pelagtanifhen Denkens find (vgl. oben 
ob, Aber Jultan bat Die ihm mit Pelagius gemeinſamen Gedanken in ftrafteren, 
wſlematiſchen Zuſammenhang gebracht. Hiermit bängt es zujammen, wenn es auch ar 
nleub Durch Julians individuelle Art, Bildung und Erfahrung bedingt iſt, daß die 
nsteliſihe Färbung Der pelagianiſchen Gedanken, die bei Pelagius gelegentlich die Be 
tn des bonum naturae zu gefährden jchien (vgl. oben ©. 752,31) und be ten 
ſieiliſchen Pelagianern Ste in der That gefährdete wol. oben ©. 760,» und Aug. ep. 
1,5,57. 11, 681), bei Sultan in hohem Maße, wenn aud nicht völlig, zurüdtrüt 
ſonl ADIX, 605, 1 ff), während der intellektualiſtiſch-moraliſtiſche Grundzug des Pe 
laununwinue bet ibm zu jchärferer Ausprägung gefommen it, als bei Pelagius. Der 
EBnenſah, in dem Der Pelagianismus zum Auguftinismus ftand, hat erft bei Julian 
han konſequente Ausgeſtaltung erbalten. Aber eben diefe Ausgeitaltung zeigt (vol. 
SEN, 604,20 52, daß im pelagianifchen Streit letztlich doch Augujtin das relatın 
RNabtige vertrat. 
12. Tab Julian noch vor 431 einmal wieder in den Occident zurückgekebrt ſei, 
beat zu dem Vielen, was Garnier (I, 148) ohne wirklichen Anhalt in den Duellen be 


— uplel hat. Nicht beſſer ſtebt es mit feiner noch bei Wald (IV, 683) nachwirkenden 


Rleuptung, Daß Theodor v. Mopſueſte ſelbſt i. J. 423 den Julian nach feiner Ent: 
en te Eilicien auf einer Synode zu Anazarbus verurteilt babe. Urt und Zeit dieſer 

vnebe It Garnier (I, 2197) erraten, Die Verurteilung jelbjt fol Marius Mercator 
vlt asymb. Theod. p. 40f.) bezeugen. Allein wenn Marius Mercator bier fagt, 


han ſolle aus Dem von ibm überiegten Bekenntnis Theodors (vgl. Hahn, Bibliothek ver 


"pinbels, 3. Aufl. <. 502-308) erjeben, dab Theodor zwar an feinen „neſtorianiſchen“ 
Relelaen ſeſtgehalten babe, ſeiner (Julians) Lehre aber entgegen geweſen fer und ihn nad 
ala üeggang in conventu episcoporum provinciae suae verurteilt babe, fo zeigt 
you, baß Marius Merentor ihm willkommene Ihatjachen „bezeugt“ finden konnre, 


ve star Augen nichts derart „erſehen“ (vgl. Ahnliches comm. p. 138 3.7 v. u. fü 


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follte. Spener wußte diefe Einrichtung zu iner pla 
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erbreitung der bereits in einer der Landgemeinden bot 
n angelegen fein lafjen (Grünberg ©. 169 f.). 








780 | Pietismus 


Den klarſten Beweis der tiefen Einwirkung der Spenerſchen Bewegung auf das ge 
famte firchliche Leben liefert die temperamentvolle Stontroverslitteratur, von deren Aus 
dehnung die Thatfache eine Vorftellung giebt, daß die Göttinger Sammlung allem aus 
den Sahren 1690—1699 mehr ald 500 Nummern aufiveilt und doch nicht den Anipruh 

sauf Vollftändigkeit erheben kann (Grünberg S. 269). Zahlreiche Schriften erichienen 
anonym, viele waren gelebrte Unterfuchungen von größerem oder geringerem Umfang, 
anderen gab man die Geftalt des Briefe oder es waren Brofhüren, manche erſchienen 
in deutfcher, andere in lateinifcher Sprache, furz alle dem damaligen Gefchlecht geläufigen 
Formen der Mitteilung gelangen zur Verwendung. Von befonderem Intereſſe iſt die von 
10 einem ungenannten Gegner Epenerd (Chr. Albr. Roth in Halle?) 1691 veröffentlichte 
Imago pietismi, weil wir bier bereitö im mefentlichen die Anktlagen erhoben finden, die 
dann in den antipietiftifchen Streitichriften regelmäßig wiederkehyren. Denn nidt mu 
werben bier die collegia pietatis als ein den geiftlihen Hodhmut nährender Mißbrauch 
charakterifiert, fondern e3 wird dem Pietismus auch vorgeivorfen, daß er irrtümlich über 
ı5 den Glauben lehre, von einer trügerifchen Vollkommenheit rede und auf den Abweg neuer 
Dffenbarungen und dhiliaftifcher Spekulationen geraten fei, daß er durch die Entwertung 
der Privatbeichte die kirchliche Ordnung gefährde und durch fein ganzes aufregendes Ge 
babren ein Einfchreiten der Chrigkeit notwendig made (Grünberg ©. 276, ebd. ©. 277 fl 
über das tief ftehbende Pamphlet „Befchreibung des Unfugs ... zu Halberſtadt ... 1692, 
20 und die antipietiftiichen Schriften von Joh. Benedikt Carpzov vgl. d. A. oben Bd II 
©. 728,57 ff). Daneben gedenten wir des Angriff? der Bittenberger tbeologifchen Fa 
fultät, den ihr Senior ob. Deutfchmann (vgl. d. A. Bd IV ©. 589) in feiner „Cbrift 
lutherifchen Vorſtellung“ 1694 unternahm und dann 1696 noch durch die „Abgenötigte 
Antwort“ ergänzte, meil der Autor ebenjalld nad) Art der fpäteren pietiftifchen Stret- 
25 literatur durch eine gewaltige Ausdehnung der Schlactlinie und durch die Häufung der 
Vorwürfe den Gegner zu vernichten ſuchte; er ftellte fi) das Ziel, Durch die Aufftellung 
von 284 Irrtümern Spener als Abtrünnigen von der Lehre der Iutberifchen Kirche zu 
überführen. Zu derjelben Zeit führte der Kampf des Hamburger geiftlichen Miniſteriums 
gegen die dortigen pietiftiihen „Neuerer“ zu ſcharfen litterariihen Auseinanderfeßungen, 
% vor allem zwifchen Joh. Friedr. Mayer und Epener, bei denen der Iebtere feine Rube 
und Befonnenbeit nicht immer zu behaupten wußte (Grünberg ©. 241 ff. 292}; Ritſchl 
II, ©. 174ff.). In den gleichen Jahren mußte ſich Spener der Angriffe des ſtreitbaren 
Danziger Paſtors Samuel Schelwig (vgl. d. A.) erwehren, defjen antipietiftifche Schriften 
in der „Sektiereriſchen Pietiſterei“ (1696. 1697) ihren Höhepunkt fanden, die gewiſſenbaft 
35 alle VBerfehlungen der Bietiften vegiftrierte, um das fchon im Titel zum Ausdrud kom: 
mende Geſamturteil zu rechtfertigen, daß die Pietifterei ein Konglomerat verjchiedenartig: 
ſter feftiererifcher Elemente darjtelle. Cine andere Serie von GStreitfchriften wurde durch 
die Spenerjche Schrift „Behauptung der Hoffnung künftiger beflerer Zeiten“ (1692) an: 
geregt; bier trat ihm bejonders der Lübecker Superintendent Auguft Pfeiffer entgegen. 
Der von Nafpar Schade angefachte Kampf gegen den Beichtitubl bat zwar Epena 
auch litterarifche Angriffe eingetragen, aber die überaus ſchwierige Lage, in die ibn das 
Vorgeben ſeines Schülers brachte, ergab fi vorwiegend aus der turbulenten form 
der Agitation und den peinlichen Verdächtigungen der Perſönlichkeit Schades, in der Sache 
jelbjt nahm er den gleichen Standpunft ein (Ritſchl II, ©. 202ff.; Grünberg ©. 329 fi. 
45 In feiner Ortbodorie ift Spener ſehr früb angefochten worden. Bereit vor dem Erſcheinen 
ber Pia desideria hieß es von ibm, er wolle cine neue Religion aufbringen (Grünberg 
©. 173) und ſchon der erjte größere litterarifche Angriff, den der Nordhäuſer Pfarrer 
G. 8. Dilfeld gegen ibn eröffnete (Theosophia Horbio-Speneriana oder ſonderbare 
Gottesgelahrtheit Horbs und Speners, 1679), lief im legten Grunde auf den gleiden 
co Vorwurf hinaus, wenn der Verfaſſer auch zunächſt nur die Spenerfche Forderung, dab 
das Studium der Theologie die Wiedergeburt vorausfege, zu widerlegen ſuchte. Die An: 
Hage auf Seterodorie iſt in der Folgezeit nicht mehr verftummt, obwohl Epener keine 
Mühe geſcheut bat, fie zu entkräften. 
Großes Gewicht legte er auf die Übereinstimmung mit Luther. „Nächſt der Schrift 
65 verdanke ich Dem lieben Luther das Vornehmſte meiner Theologie. Wer meine Schriften 
left, wird wenig antreffen, das nicht in ihm Grund hätte, ja gewiſſermaßen aus 
ihm bergenommen wäre, obwohl ich ſelbſt oft nicht weiß, daß ich aus ihm rede oder 
jehreibe, weil es von mir gefaßt als mein eigen geworden,” und dieſem Bekennmis 
jhliegt er eine Meibe von 16 Punkten an, im denen er mit Luther übereinjtimme 
69 (abgedr. Grünberg S. 321f.). Seiner Hochſchätzung für den Neformator giebt er audı 


782 | Bietiömns 


Leſers abhängig machte und daß er in den fombolifchen Büchern Wefentliches und Unweſent 
liches unterſchied, auch Schwächen und Srrtümer fand. Vorzugsweiſe aber erregten 
Widerſpruch feine Ausführungen über die Aneignung des Heild: über das Weſen der 
Erleuchtung, die Bekehrung ald VBorausfegung der wahren Theologie, Die Buße und den 

sterminus gratiae, den rechtfertigenden Glauben und fein Verhältnis zur Heiligung, das 
Berhältnis von Geſetz und Evangelium, die Gewißheit des Heild und die Proben und 
Kennzeichen des Gnadenſtandes d. h. der Wiedergeburt, über die hriftliche Vollkommen- 
beit und das Halten der Gebote Gottes. Scharfe Ablehnung erfuhr auch Spener mit 
den von ihm zäh feitgehaltenen eschatologifchen Spekulationen über die der Kirche broken: 

ı0 den Gerichte, den Fall Babels, d. b. des päpftlichen Rom, die Belehrung der Juden und 
die dann für das Volk Gottes folgende Zeit der Herrlichkeit, deren Anbruch er zwar 
nicht chronologisch vorausberechnete, aber als nahe beworftehend anfab. 

Die oben erwähnte freiere Stellung Spenerd zu dem lutheriihen Dogma umſchloß 
die Vorausfegungen für eine relative Anerkennung auch anderer Kirchengemeinſchaften 

16 (Grünberg ©. 4182 ff). Die unfichtbare Kirche, die Gemeinſchaft der Heiligen bat ihre 
Glieder nicht nur in der lutberifchen, Gott hat nad ihm auch in den „falſchgläubigen 
Kirchen“ „einen verborgenen Samen von lieben Seelen”. Der römifch-tatholifchen Kirche 
trat er allerdings jcharf entgegen und in der Herausfehrung ihres Grundirrtums, des bierar: 
hifchen Prinzips, ſtand er Dinter den anderen lutherifchen Theologen feiner Zeit nict 

20 zurüd, auch erfannte er Elar, daß die vom Papſttum gepflegte Frömmigkeit die Gebilbeten 
zum Atheismus führt. Dagegen urteilte er wefentlidy günftiger über Die reformierte Kirk 
als font üblih war. Nicht daß er die zwiſchen den beiden evangelischen Kirchen k«- 
ftehenden dogmatiſchen Abweichungen verfannte oder auf feiten der Reformierten das 
Borhandenfein von Irrtümern in Abrede ftellte, aber er wertete fie anders und meinte, 

25 daß fie „mehr in der Theorie als in der Praxis beftehen”, da ja beide Kirchen bas Heil 
auf den Glauben und die Gnade Gottes begründeten und die bl. Schrift als DQuelle 
hriftlicher Erkenntnis anerfannten. Aus diefer Sachlage ergab fih für Spener die Hoff: 
nung und die Möglichkeit einer Vereinigung der beiden Stirchen, freilich nicht durd die 
MWiederaufnahme der ſtets gejcheiterten Auseinanderfegungen über die vorhandenen dogma- 

so tifchen Differenzen. 

Die lutherischen Gegner Speners twaren daher nicht im Unrecht, daß fie ihn als Lutheraner 
in dem damals üblichen Sinne nicht gelten lafjen wollten, fie würden auch dann richtig 
geurteilt haben, wenn es Spener gelungen märe, in jedem einzelnen Punkte, mo man 
ihn angriff, ſich erfolgreich zu verteidigen. Denn es iſt vomehmlih die Grunditimmung 

35 und Gefamttendenz Speners, die über den engen Rahmen des Yutbertums jeiner Zät 
binausdrängte. Der ftrifte Beweis für Die Heterodorie Speners wurde allerdings nur jeht 
unvollfommen geführt, denn die Fähigkeit, in neue Gedankengänge einzudringen, mar 
nicht entwidelt, und die Theologie Speners war widerſpruchsvoll und unabgefchloffen. Bor 
allem aber lag der Nernpunft des ganzen Streits gar nicht auf dogmatiſch-theologiſchem 

40 Gebiet. Aber nur vereinzelt zeigt jih ein Anſatz zum Verftändnis diefer Sachlage, ı. 8. 
bei dem Yeipziger Profeſſor Walentin Albertt (ABB Bd 1 ©. 215f.), der in der Vorrede wu 
jeinen Vindieiae exegeticae Joelis II 1698 als den Grundfehler des Pietismus jene 
Forderung einer bochgefpannten Heiligkeit, alſo die falfche Beſtimmung des ſittlichen 
Vebensideals bezeichnete (Grünberg S. 281ff.). Auch die weltflüchtigen Neigungen, die 

43 ſich bei Spener von Jugend an zwar nicht ale eine ibn beſtimmende Grundrichtung feines 
Weſens, aber als eine Alnterfteömung nachweiſen lafjen (über feine Stellung zur eigenen 
Familie Grünberg ©. 377 ff. vgl. Ritſchl IL, ©. 101f.), haben in den gegen ibn ge 
führten Kämpfen feine Nolle gefpielt. 

II. Der Halleſche Pietismus. ©. Kramer, Auguſt Hermann Frande. Ein Leben: 

w bild. 1. Zeil Halle a. S. 1580, 2. Teil 1882; derf.. Beiträge zur Geſchichte Auguſt Hermann 
Franckes, Halle 1561; derſ, Neue Beiträge zur Geſch. A. 9. Fr. Halle 1875; M. Schrader. 
Geſchichte der Friedrichs-Univerſität zu Halle, 2 Bde, Berlin 1894; G. Fr. Hertzberg, Auguit 
Hermann grande und jein Halliſches Waiſenhaus, Halle a. S. 1898; A. Rauch, Chr. Thomaſius 
und A. H. Francke (Progr.), Halle 1898: R. Kayjer, Chr. Thomafius und der Pietismus, wii. 

65 Beil. 3. IB. d. Wilhelm-Gymnaſiums, Hamburg 1899; Ritſchl II S. 385 —584. 

Für die weitere Entwidelung des Pietismus war es ein Ereignis von epochemacen: 
der Bedeutung, daß nachdem die Univerfität Yeipzig fih ihm verfchloffen hatte — frei 
Lich nicht dauernd, denn im Jahre 1710 gab die dortige theologifche Fakultät auf cine 
Anfrage die Erklärung ab, daß der Pietismus feine Sekte fei, fondern unbilligerweiſe 

co don trrigen und niedrigen Beiveggründen dafür ausgegeben würde (Schrader I, S. 146) 


784 Pietismus 


mus durchaus nicht abhold war. Die erſte Anklage erfolgte ſchon im Jahre 1694 und 
richtete fich gegen fein Programm über Poirets Myſtik und den 3. Teil feiner Geſchichte 
der Weisheit und Thorbeit; Thomafius verfpracdh, fih in Zukunft theologifcher Fragen zu 
enthalten (Schrader I, ©. 123 f.). Als er dann aber von der beftimmteren Ausprägung 
5 des pietiftifchen Urteil® über die fogenannten Mitteldinge felbjt betroffen murde und ven 
reformierten Prediger Achenbach an Stelle Frandes ſich zum Beichtvater mählte, richtete 
bie theologifhe Fakultät am 29. Dezember 1701 an ihn ein Mahnichreiben, in dem fe 
ihm Arianismus, Socinianigmus und Beltreitung der certitudo magiae Schub 
gab. Aud wenn man die vorhandene Spannung voll in Rechnung ziebt, war der Gegen: 
10 angriff des Thomafius in dem Programm d. %. 1702 (Für Anftalten, da man die 
Zeute mit gewiſſen Lehren wollte fromm machen, follte man nit einen Grofchen Wer 
even, noch im geringiten fich dergleichen Dinge annehmen; man made nur das Land voll 
önche. Nüßlicher fei zur Ausftattung einer Bauernmagd 10 Reichstaler anzulegen, als viel 
1000 Taler zu einem folchen Geftifte; bejjer wäre getvefen, man hätte zur Zeit der Neforma: 
15 tion tie die Klöfter auch die Hofpitäler und Waiſenhäuſer eingezogen und in Zuchtbäufer 
verwandelt, da ein einziges ots einer Republik mehr Nuten thue als 1000 Hofpitäler 
oder Waifenhäufer vgl. Tholud, Kirchl. Xeben II ©. 73) nach Form und Inhalt unentſchuldbar 
und hat daher dem Verfafler feiteng des Oberfuratoriums eine nahdrüdliche Zurechtweiſung ein: 
getragen. Anders endete der Konflitt d. %. 1713. Aus Anlaß feiner Abhandlung de concu- 
20 binatu, in der er nachzumeifen fuchte, Daß das Alte Teftament die Kebsehe erlaubt, das Neue 
fie nicht ausdrüdlich verboten habe, wurde bie Val Iotnn die in diefer Beweis⸗ 
führung eine Verteidigung der Kebsehe erblidte, gegen Thomafius vorftellig. Aber die 
angejtrengte amtliche Unterfuhung wurde niedergefchlagen, als fich herausſtellte, daß der 
Verfaſſer mißverftanden worden war, und ein Kgl. Erlaß vom 7. Auguft 1713 ermahnte 
25 die Theologen zur Friedfertigleit gegen den von ihnen wiederholt beleidigten Thomaſius 
wie gegen die Neformierten, gegen die fie viel nadhteilige Dinge vorgenommen bätten. 
Daß die Angelegenheit dann nody von dem Reichsfiskal bei dem Neichshofrat in Wien 
1715, vielleicht auf Anftiften der Hallenfer, aufgenommen wurde, Tonnte die Lage des An: 
gegriffenen nur verbefjern, da der König von Preußen begreiflicherweife dieſen Eingriff in 
so feine Gerechtfame zurückwies (Schrader I, S. 205—211). Alle diefe Kämpfe ver tbee 
logischen Fakultät find aber in Schatten geftellt worden durch ihr Vorgehen gegen ihren 
Kollegen, den Philoſophen Chriftian Molff (E. Zeller, die Vertreibung Molffs aus Halle: 
3 X, 1862, ©. 47—72). Daß fie die von ihm vertretenen Grundfäge über die Bewer: 
barfeit aller Glaubensſätze und feinen Determinismus ablehnte, war ihr gutes Recht, deren 
86 wiſſenſchaftliche Bekämpfung und Widerlegung bei diefer Beurteilung ihre Pflicht. Aber un: 
fähig zur Yöfung diefer Aufgaben, ließen fich die Theologen von der Meberzeugung de 
Gemeingefährlichkeit feiner Doktrinen dazu verleiten, fih um eine gewaltfame Unjchätlid- 
machung ihres Urhebers zu bemühen. Daß fie ihr Ziel erreichten, war ein Erfolg von 
zweifelhaften Wert, fie bezahlten ihn mit einer empfindlichen Einbuße an Achtung un 
#0 haben fchlieplih das Gegenteil von dem erreicht, was fie beabfichtigten. Der Konflikt 
nahm feinen Ausgangspunkt bei der Prorektoratsrede Wolffs über die Moral des Konfutie 
1721, gegen die feitend der Fakultät bei dem Oberfuratur v. Bringen Beſchwerde en: 
ereicht wurde. Weitere Zwischenfälle verjchärften die Situation, vor allem die litterarifchen 
Angriffe auf Wolff durch dejjen früheren Schüler Magifter Straehler. Zu einer rubigen 
45 Prüfung der gegen Wolff erhobenen Anlagen ift es aber überhaupt nicht gefommen, da 
infolge ded Cingreifend der Generäle von Natzmer und von Löben König Frievrih Wil: 
beim I. am 8. November 1723 jene berühmte Berfügung erließ, die Wolff feines Amtes 
entjegte und bei Strafe des Stranges anwies, binnen achtundvierzig Stunden Halle zu 
verlaſſen (Schrader I, ©. 211—219. Die Quellen über den ganzen Streitfall ebent. 
b0 S. 229 Anm. 25). 

Von noch größerer Wichtigkeit aber find die Litterarifchen Kämpfe des Halleichen 
Pietismus mit feinen Gegnern außerbalb Halles, denn in ihnen handelt es ſich nicht um 
Auswirkungen und Betbätigungen feiner Grundfäge, fondern diefe felbit, fein eigentliche 
Weſen find der Streitgegenftand. Bon den Angriffen jenes Joh. Friedr. Maver in Hamburg 

65 und Samuel Schellwig in Danzig, die ſchon Spener entgegentraten (vgl. oben ©. 780, 30. 2), 
jehen wir bier ab, da fie an Bedeutung weit zurüdbleiben binter der umfafjenden Kritik, 
die dem Wittenberger Brofelfor der Theologie Valentin Ernft Löfcher den Ruhm des ge 
wichtigsten Gegners des Hallejchen Pietismus eingetragen hat. Sn dem „Vollſtändigen 
Timotheus Verinus“ (Erjter Teil, Wittenberg 1718), — vgl.d. Art. BD XIE. 593 ff.; 

EM. v. Engelbard, Valentin Löcher, Dorpat 1835, S. 200f.; Ritſchl II, ©. 409 ff. — 


786 Bietismus 


nicht entgehenden Abftufungen gerecht zu werden. Aber fein Urteil über die Belehrung, 
feine Yuffaffung des Amtsbegriffs, feine Wertung der reinen Lehre, von den anderen Ab: 
weichungen zu ſchweigen, fußen auf einer von den Hallenfern grundfäglich ſo abweichenden 
theologifchen Gejamtanfchauung, daß weder auf dem Wege fehriftlicher Auseinanderjegung 

s.nocd durch die perfönlihe Zufammentunft mit Francke und Herrnſchmied im Mai d. J 
1719 zu Merfeburg die von Löfcher erfehnte friedliche Vereinigung erzielt wurde. Tas 
Berlangen nad) Verftändigung und das Entgegentommen war auf feiner Seite das größere, 
auch in der Art der Polemik mar er feinen Gegnern überlegen. Die Haupticuld an 
dem Scheitern aller Einigungsverfuche trug der ftreitfüchtige Yange, aber auch Frances 

10 Verhalten war nicht einwandsfrei (Tholud, Der Geift der lutherifchen Theologen Ritten: 
bergs, ©. 308-382, ander® Kramer, U. H. Frande II, S. 307—315). 

Die Anfeindungen des Halleichen Pietismus von feiten der lutheriſchen Ortboborie 
haben weder deilen Anhänger an ihm irre gemacht noch feine weitere Entfaltung gebemmt. 
Die Frandefchen Erziehungsinftitute wuchſen und vermehrten fich, es entitanb die Gan- 

15 ſteinſche Bibelanftalt (vgl. d. Art. Bd IIIS. 710, 44), mit der dänischen Miffion in Trantebar 
wurde die befannte Verbindung eingegangen und Francke fand daneben nody Zeit, der 
gefangenen Schweden in Sibirien ſich anzunehmen (Kramer II, ©. 181 ff.). Sein Tod 
im Jahre 1727 bedeutete für die Fakultät einen um fo ſchwereren Berluft, als Paul Anten 
1730 und Breithaupt 1732 ihm folgten und Johann Jakob Rambach (vgl. d. Art.) der 

2 Nachfolger Franckes in feinem alademifchen Lehramt jchon 1731 einem Ruf nach Giepen 
folgte. Da Herrnſchmied ſchon 1723 gejtorben war, fo verblieben aus der erften Gene 
ration nur noch Joachim Lange (get. 1744) und Johann Heinrih Michaelis (geft. 1738), 
die nicht im ftande waren, die Fakultät auf ihrer bisherigen Höhe zu erhalten, und in 
Gotthilf Auguft Frande, der dem Vater in der Leitung des Waifenhaujes folgte und 

25 dann auch in eine theologische Profeſſur einrücte (1727), einen Kollegen erhielten, deſſen an: 
ſpruchsvolles Wefen feinen Leiftungen nicht entſprach. Die in den dreißiger Jahren in bie 
Fakultät berufenen Männer: oh. Liborius Zimmermann (geft. 1734), Johann Georg Knapp 
(geft. 1771), Benediktus Gottlieb Glaufewis (geft. 1748), Johann Friedrich Gallenberz 
(geft. 1760) ſuchten zwar die alte Hallefhe Tradition fortzujegen, aber waren nicht be 

80 fähigt, den im Niedergang begriffenen Pietismus neu zu beleben. Auch der 1769 ein⸗ 
tretende Johann Ludwig Schulge (geit. 1799) und Gottlieb Anaftafius Freilingbaufen, 
der von 1771 bi an feinen Tod 1785 neben ihm gewirkt bat, zwei Nachzügler der pie 
tiftifchen Richtung, twaren dazu nicht im Stande. Zu ihrer Zeit war bereits die durch 
Sigismund Jakob Baumgarten (1734—1757, vgl. d. Art. Bd II ©. 464 ff.) eingeleitete 

35 Umgeftaltung der Fakultät weit fortgefchritten ; fein Schüler und von 1753 an Kollege 
war der Begründer des Hallejhen Nationalismus Johann Salomon Semler (geft. 1793). 

Manchen Einrihtungen und Schöpfungen des Halleſchen Pietismus ijt eine große 
Einwirkung auf die evangelifche Kirche Deutſchlands befchieden geweſen und fie erinnern ned 
heute an ihn, trogdem ilt ein frühes Nachlaſſen feiner Spanntraft bemerkbar und mit 

dem Tode U. H. Frandes it fein Höhepunkt nicht nur erreicht, fondern bereits über: 
fchritten. Allerdings hatte die mächtige, thatkräfttge und bedeutende Perfünlichkeit dieſes 
Mannes die Gefahren der Einfeitigfeit und der Übertreibung diefes Pietismus in manden 
Beziehungen herabgemindert und feine Schattenfeiten weniger hervortreten laſſen. Aber bie 
ihm anbhaftenden Fehler find doch nicht erit in der zweiten Generation entitanden, fie 

65 find daher nicht nur ala Entartungen der Epigonen aufzufaflen, fondern als charakteri⸗ 
ftiiche Ericheinungen des Halleſchen Pietismus, die für feine Gefamtbeurteilung unent: 
bebrlich find. 

Eigentümlich ift ihm zunächſt der Mangel an PVerftändnis für die Mannigfaltigfet 
und den Reichtum der Entwidelung evangelijcher Frömmigkeit. Die „Belehrung“ in dem 

5 Einn, in dem ‚grande jte erlebt batte, wurde nicht als eine individuclle Yebensführung 
gewürdigt, fondern unter Ignorierung der von der Gejchichte des religiöfen Lebens bar: 
gebotenen Erfahrungen als der normale Weg zum Heil beurteilt. Bier ſetzten dann die 
weiteren Fragen ein, welche Kennzeichen das Vorhandenſein einer Belehrung garantierten, 
vb ein Bußkampf ftattfinden müſſe und ein zeitlich firterbarer „Durchbruch“ u. ſ. w. Durd 

co die Bejabung dieſer Forderungen wurde zugleih ein Maßftab für die Beurteilung dei 
Ghriftentung anderer Menſchen gewonnen, bei deſſen Handhabung die Hallenfer Pietiſten 
feine nachfichtigen Nichter waren, wenn ſie auf „Unbekehrte“ ſtießen. Daß die religiöie 
Einwirkung auf die Schüler der zahlreichen Anftalten in Halle eine intenfive war, ergab 
ih aus dem Zweck ihrer Gründung. ber angefichts der vielfachen Weranftaltungen, 
60 die gottjelige Geſinnung der Zöglinge zu tweden und zu nähren (Kramer IL, ©. 123— 123), 








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gerade jene e größten der von ten} zu gute gel 
2 . Der Mürktembergifche ietismus, — C. Grüneifen, 
ſchichte der religiö meinichaften in Württemberg, mit befonderer Rückſicht auf die neu 
— ——— 1841, S. 63- 142; C. Römer, Kirch. ichte 2.4 
bearb. von Fr. Nous, Stuttgart 1865 ; €. v. Weizfüder, — ‚und, Unter der evange⸗ 10 
liſch⸗ Falultät der Univerfitä t Tübin ur Gegenwart 
(Feitprogramm ber ar —— —— ag Mein ei Sätula Tubing 
im Sommer 1877), ©. 8 a Gemein Gemeine u ab 1 Württembergs 
Herausg. von * Tub ngen 187 Kifdr I, ©. tiembergiſche Kirchen 
geichichte. Herausgegeben vom Calwer Berl äverein, Calw umd Sera 893, 8.478 fi.; 15 
Chr. Kolb, Die Yn ünge bes Pietiömus und muß in‘ ‚ Stuttgart 1902 
(SN. a. d. Bierteljahröheften für — a IX—XI 


von —— —— denn in dieſem u an ine gehe Zall 
a — Die von 





Anhängern gefunden, fondern eine eigentümli Selbit 
digfeit hat un befundet und ihn von 


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ti nterſcheidet. Die N | 
Shener el felbit als —3 pa 1662 Eee. 
Tübingen Beiepum —— trat er Air * „gannen —— von: Profeſſ | 
ſchaftliche Beziehungen — | 3 | 
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Spener Ko 
Abgeſehen von den den des kirchlichen Lebens, die hier wie im ganzen übrigen 
Deutf — wo der a Ai — allgemeine und * Vorausſetzung 













fat © 44; 

ichtig war ie + bes titen bes Yandes dem —— nicht ente gegen 
traten. Ms Herzog Eberhard Lubio — die — er Spener 
mit großen Hoffnungen begrüßt auf —2 iſche erwieſen, 
denn die Zeit der Grävenitz hat | IE Aber obwohl — 
weit davon entfernt war, dem er —— auf ſeine —— — —— einzuräumen, 
ſo hat er doch eine ganze Reihe von a are | befteilt, —— 
Teil tapfer ihres Amtes gewartet Baker (Ritihl II, ©. of; RG ©.4 P 
zuerft Johann Reinhard Hedinger (1698 — 1704), dann 4 a Be —— (1711 bi 
1715), darauf Samuel Urliperger (1715—1718), mit dem 
Herzog fpäter in Augsburg feinen Wirkungstreis * ſchu Gramm * | 
Auch unter dem latholiſchen Herzog Karl Aleyander —— bli ieti 
mus am Hofe nicht unvertreten, indem er Jakob Mofer 1734 als Regierungsrat 
nad; Stuttgart berufen wurde, der „vom Pietismus ben praftijchen — — 
beurteilung unter dem Gegenſah von Sünde und Gnade fid) angeeignet 


II, ©. 35). 


Wefentlihe Förderung erfuhr ber Pietismus von feiten des Kirche ‚ das 55 
früh begonnen bat, die Spenerfd a für das kirchliche Leben h zu ber ber: 
werten. Die von ibm getroffenen ref ed ee aan 


©. 87f. auf Grund ber hir ugänglichen Akten des Konſiſtoriums m des 

teilt, waren folgende: hfüßrung der Kinderlehre 1681; Einführung — 
(der Antrag ns pi dem Synodus 1692 wurde Bla nich tonmen); 
bung des Unterrichtsweſens, infonderbeit der Vollsſchule; Berbefferung des Pre 






[4] 


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788 Rietismnd 


(Seredriateit, Friede und Freude im beiligen GSeiſit. Um desn iLen Ichan: er cin Lenz: 
des Ichentigen (RPlaubens bober, al& einen Zentner Des Biegen Finssricher. A: men. un! or 
Trorilein wahrer xiebe edler, als cin ganzes Meer Per Wiñcnichæẽ aller (Seheimnme suurz 
II, 2.382; Rramır, A. H. Frandes Padagogiſche Schritten, zanarrialsc ie. 2.-72 

zrande war Demnad der Überscuguna, daß lebendiger Slaube un? caufrich:ioc Kaum; 
Die unerläßlice aber auc einzige ichlechtbin nermendige Ycrausteguns Der (önuiseriennm: 
ſind; damit war tem bloß verttantesmäßiaen Winſen Der selbirttanfiae Wert ahacinııı 
unt «5 war burdaus folgerecht, Daß er den geſamten S:udienaana Des Studierender . 
ſprechend einrichtete, d. b. in eriter Linie fih bemühte, ibm zu jenen reliatöien Zusicır 
su cerbeltiin. Ale akademiſchen Vorleſungen erbielten daber Den Charstier vor \ 
bauungsſtunden und Ermwedungspredigten. „Es wirt fine Leetion in theologicis :: 
baltın, ta man nicht aufs Herz gebet, und Ta man nidt ſuchet, einem jealiden ann 
Zeele su dringen“ Kramer IL, 2. 388. Jede Vorleſung wurde mi Wehe wit: 
une geſchloſſen. Tazu wurden zweimal wöchentlich Konvente der waluliätämisliene 27 


gen Telan abgehalten, bei denen die Studierenden über ihre Studien nd ausm 


mußten und aud andere Beratung empfingen (tramer II, 2. 374. Sm Musa 
ker Zrucien jtand Lie Beichäftigung mit der bi. Schrift und mar in den —— * 
Tie Meihode der Auslegung entiprach ber Abzweckung der Theelogie Kramer II. 2.5 SEEN 
fdılvß aber nicht aus, daß Francke tie Überſetzung Luthers verbeſſer:e Kramer l, >. 1 J 


Tie Kehrſeite bieſer Auffaſſung von der Theologie war die Unprod ulrieis 
Hullenfer Jakultät auf dem (Sebiet der ſtreng wiſſenſchaftlichen Arkeit ı Sdrader I. 2.22. 
Frauckes Befähigung iſt nicht zu bezweifeln, war er doch auch ausmärtiges his, alted der 
Veiliner Akademie iA. Harnach, Geſchichte der Mal. Preuß. Akademie der Wiñenichte 
zu Berlin, Berlin 1900, S. 111), aber er war durch feine Stiftungen viel zu nerte 
Anſpruch genommen. Taß dadurch jeine Wirkſamkeit als akademiſcher vehrer perctur. 
wnbe, hat er, es war dies Die Folge feiner Aufiaſſung der Theologie 1val. Nitic au 
25. nl), nicht empfunden. Ta auch Breithaupt Durch ſein Torpelamt an einer Kar un 
tatien auf Die wiſſenſchaftliche Theologie gehindert wurde, Yange durch feine Hart ze. 
nmuiſche Art zu rubiger, rein gelebrter Thätigfeit nicht geeignet war, Rambach mar N: 
abigkent zu wiffenfchaftlicher Anregung beſaß, wie jeine Einwirkung auf Baumacrica 
beweilt, aber ebenfalls dem erbaulicen Element in ſeinen Vorträgen einen ſtarken %ler 
geſhahrte, ſo beſchraänkte ſich ber Anteil der Hallenſer an der Weiterbildung der :dee 
lugiſchen Miſſenſchaft auf Die Leiftungen von J. H. Michaelis im ‚sach Des Niten Its 
mente Taß Die neue Vegrundung der Ibeologte, auf Belehrung und erbauliches Zi 
ann den Schriſt Atitſchl II, Z. 256.267), die Verpflichtung zur wine —— 
Aſierſetzung mit Der orihodoren Theologie und die Notigung su einer Umer> 
han aaa geſamten ſyſtematiſchen Theologie in ſich ſchloß, wurde ebenjewenig erfann:, mi 
1 Henwenteigbeit einer wiſſenſchaftlichen Auseinanderfegung mit extremen Erideinunnz 
genen Yayer und mit dev Wolffſchen Philoſophie. Ta Diele Aufgaben im Hahn 
[ar Weruüſsunſgahen Dev Falultät lagen war ihre Ignorierung eine Unterlattung, die ti 
bene nenppte und und gerächt bat. Die Fakultät eritarrte und verlor ihren Eintia 
a dee alaennpbe Jugend dgl. Die trefflichen Ausführungen Schrader II, 2. 22:t.: 
ua ben Aeſtimonienſtieit 1727 jj.: Tholuck a. a. C. S. 28-531). 

He an Ehigentumlichkeiten Deo Hallejchen Pietismus hat Tholuck auch ſeine Gleic 
illigtent gegen bie Intereſſen dev Kirche genannt ca. a. 18); dieſes Urteil ti nic“ 
uinnzutreſſent N elle angreſſiven Haltung zu reden, wär. x allerdings zu viel geſagt, wur 
bob Arne heiſpiclvweiſe weit entſchiedener als Spener für Die Beibehaltung des Beiche: 
ſtühls, aber bie Kirche wird in Der That bei jeite geſchoben, als nicht exiſtierend bebandelt. 
I ben» borte einen einer ‘Predigt Franckes, Die weientlih zur Trübung feines Fe 
Babun guten Kerhaltniſſes zu dem Redner beigetragen bat (vgl. oben S. 784) Nie Nur: 
ſornerung, „daß Ebhriſten ſchuldig wären, ſich von weltlich Geſinnten auch in Der Auperlid 
burgerliben Konverſalion zu ſeparieren“ (Tholuck S. 110, aus den Alten der tbeol. 
Faälultäat Haäallei, Ehriſten im Sinne Franckes und des Halleſchen Pietismus waren 
Die Wiebeigehhrenen, ie Jub demnach von den Unwiedergeborenen abſondern ſollten: 
DTaß eine erſolgreiche Turchführung dieſes Prinzips antikirchlich wirken mußte, liegt auf 
Der Mund, Vezeichttend iſt es auch, daß zwar Francke in ſeiner Idea studiosi theo— 
logiae (S 28 un. X. 2.1700, im Anſchluß an Me Dogmatik „Die vielmalige Leſung Der 
ſymboliſchen Schriften“ empſftieblt, „auf daß man den rechten und gewiſſen Verſtand ven 
dem öffentlichen Vekenntnis Der Lehre derjenigen Kirchen, in deren Gemeinſchaft man ſich 
befindet, erlange und andern Grund davon geben könne“, aber David Michaelis in der 


790 Pietismnd 


weſens (gefordert wird die Behandlung bibliiher Bücher in den Wochenpredigten fun 
der Epilteln, der Prediger foll applicatio ad auditores üben und ad usum et acdi- 
fieationem practicam auslegen) ; Befeitigung von Mängeln der Beichtpraris (durd die 
„Chriſtliche Erinnerung“ von 1701 wird den Kommunilanten die Anmeldung bei ihen 
5 Beichtvater empfohlen); fchärfere Handhabung der Stirbenzucht ; Die Errichtung ven 
Presbyterien (Beſchlußfaſſung unterblieb); die Empfeblung der Privatieeljorge durch Haus 
befuche ; ernitere Beachtung der fittlich-religiöfen Notftände im Volksleben; Einſchreiten 
egen Unfitten des Pfarrerſtandes. Schr Stark tritt dann der Einfluß Speners ın den 
Bemühungen hervor, die Ausbildung der Theologen zwedmäßiger zu geftalten Kolb 
10 S. 17ff.). Ten leitenden Gefichtspunft gab ſchon das Edikt von 1694 (ſ. u.), indem es 
erklärte, daß auch umfafjende theologiiche Bildung nicht zur mahren Erkenntnis Ootte 
führt, wenn das Herz der Welt anbängt, und den Profeſſoren zur Pflicht machte, md 
nur gelehrte, jondern vor allem fromme, gottfelige Yeute beranzubilden. Unter Hinweis 
auf die bei den Prüfungen bervorgetretenen Dlängel wurde dann durch ein Reſtript vom 
15 4. März 1695 verfügt, daß die Profejjoren die Stifter zur höchſt benötigten Erkolierung 
des studii biblici ſowohl als das systematiei alles Ernftes anbalten, das studium 
exegeticum bergejtalt betreiben, daß fie zugleich in locis theologieis et formandis 
concionibus unterwiejen werden. 1691 wurden die Lehrer das Alten und Neuen Tetta: 
ments aufgefordert, nicht nur einzelne dieta polemifch zu traftieren, fondern ganze bb 
20 liſche Bücher zu erflären und den usus aud in concionibus zu zeigen. Die moraliſche 
und bomiletifche Theologie follte fleißiger traftiert werden, auch follte der professor 
controversiarum die Kontroverfen ratione Pietismi, Chiliasmi, Fanatismi k- 
handeln. Die Beobachtungen bei der Viſitation von 1689 führten dann zu dem Erlaß 
des Konfiftoriums vom Januar 1700, der dem Ephorus des Stifts zur Pilicht made, 
25 dafür zu forgen, daß fich feine verbächtige Pietifterei einfchleihe. Daher wird Das Leſen 
der Bibel, woraus allein die wahre Pietät gefchöpft werben kann, befoblen, ferner wird 
ichriftgemäße Ausarbeitung der Predigten verlangt und außerdem die neue Forderung 
geftellt, daß die Studierenden in der Katechijation unterwiefen werben. Dice An: 
regungen des Kirchenregiment3 haben ihre Wirkung auf den Unterrichtäbetrieb nicht ver: 
0 fehlt (vgl. Weizſäcker). Beweiſen ſchon dieſe Erlafje ſeine wohlwollende Haltung gegen: 
über dem Pietismug, jo verftärkt fich diefer Eindrud durch den Einblid in Die Verhand⸗ 
lungen im Konfiftorium und Synodus, über die Kolb ©. 22 ff. berichtet. Angeſichts der 
wachſenden Bedeutung der pietiſtiſchen Bewegung in ganz Deutfchland wurde jogar der 
Gedanke eriwogen, ob die Hilfe der evangelifchen Fürften anzurufen fe, um durch em 
35 einheitliches Vorgehen die Streitigkeiten zu fchlichten; der Herzog fcheint den Antrag abgelehnt 
zu haben. Wit Erfolg dagegen bat das Konfiftorium in Stuttgart ſich darum bemübt, der 
Uebertragung der pietiftiichen Kämpfe auf mwürttembergifchen Boden vorzubeugen. Als 
die Schrift Des Tübinger Profellors Michael Müller Considerationum theologicarum 
decas diefe Gefahr beraufbeichtwor, wurde fie Tonfisziert, und am 28. Februar 1691 
s erihien das von Spener mit Freuden begrüßte Edikt (A. L. Reyſcher, Vollftändige ... 
Cammlung der mwürttembergifhen Geſetze 8. Bd, Tübingen 1834, S. 470—479), das 
zwar von der unverbrüclichen Geltung der fumbolifhen Bücher und der verbandenen 
Kirchenordnungen ausging, aber dur die Aufnahme einer ganzen Reihe von Punkten 
dem Pietismus Entgegenfommen zeigte (Römer S. 374 ff) Auch als im Sabre 1701, 
5 wiederum durd Müllers Schuld, der terminiftiihe Streit nah Württemberg verpflanit 
zu werden Drobte, gelang ed dem Konfijtorium dies abzumenden (Kolb €. 32 ff.). 
Gegenüber den religiöfen Privatverfammlungen, in Württemberg „Stunden“ ge 
nannt, Die bereit3 in den achtziger Jahren Eingang fanden, war das Werbalten der 
Kirchenbebörde kein gleichmäßiges; ſoweit fie nicht unter geiftliher Leitung ftanden, 
so wurden fie anfangs zum Teil unterfagt. Erſt die Verbandlungen, zu denen die Cinric: 
tung von collegia pietatis durch einige Nepetenten in Tübingen im Jahre 1703 Anlap 
gaben, baben zu einer fürmlichen Geſtattung Der Konventifel geführt, Doch wurde ihre 
Verlegung in Die Nirche verlangt (Nolb S. 41f.). Tiefes Wohlwollen des Konſiſtoriums 
bat aber nur dem ftreng auf dem Boden der Kirche ſich baltenden Pietismus gegelten, 
55 nicht Dem jeparatiftifch gearteten. Tas Yand der „jelbititändigen Individualitäten“ Gt. 
Nippold, Was bat das evangeliſche Schwaben dem Gefamtproteftantismus zu Bieten? 
|Bortrag|, Leipzig 1890, S. 6) war für diefen feparatiftifchen Pietismus in befonderem 
Maße prädispomiert. Seine Vorftadien lajfen ſich bis in die Anfangszeiten des Pie 
tismus zurüdverfolgen (Nolb S. 48 ff), er fand gerade unter den durch Frömmigkeit 
vo und Ernſt ausgezeichneten Geiftliden Anbang und niftete ſich an verfchiebenen Orten, 


[4.77 Erremmi 


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nee zugegen \tlen urc WE ten hetarmamen sEösmoMmeren” oh. Cu m. Io 
Ien,n.a Zeben une Mirten, Zıuuuzar 1231. 2.37%, Anm. 2). 
Zu olade Zubiiteenzder har Jurzerbez acaenüher Der P”rüperacemeane & 
Wire. a Einilvi Zrentorts mar Ser jenem eriten Beiuh im Sabre 1724, de 


z, weite felzıen, aut mande Areie tim zminser, er mus Ab mir großen Tlana 
wuhte eine Habe ven jungen Zeerizzen sum Einrin ın Me Brüdergemeine :: 
Iuegen Aber Lauemte ung grofere Ertzlze blicken ihm veriagt, Da Männer wie Nies, 
Yıllınger, Meiemann und rer allem Renael, ter an ter Biltuna telbimändiger Gemem. 
ken, an Lır Pilege der Yluttkeoleame, an ter Lerienlicteit Des Grafen Zinzenderi ın 

ss, mandyem anterın Anſtoß annabm Abrif ter Arudergemeinde 17591), Dem weiteren Ti: 
bringen Leg Herrnhutianismus entgegentraten und ein Ziel fegten, ohne daß jedoch tut 
Lieie urudwerfung Die freundlichen Besichungen zur Brüdergemeine vellttändig ab 
gebrochen wurden; fie baben ſich, meientlib auf Dem Boden Der Wertichägung im 
Wuffionsarbeit, bis auf ben beutinen Tag erhalten (Wurttemb. RG S. 512 18.). 

7 Ter britte Hauptzweig des Pietismus iſt Die von Zinzendorf geſtiftete Arüder- 
gemeine vgl. d. A. Zinzendorj. 

IV. Tie Husbreitung des Pietismus. 
Bon dem Verſuch einer Statiſtik über Die Ausbreitung des Pietismus wird he 
abyefehen, Da fie nur unter Heranziehung der Biograpbien einzelner RPietiſten möglich it, 

yı te Sefchichte Der Inſpirierten und Separatitten berüdfichtigen muß und erjt Dann mi 
Ausficht auf Bollftändigleit wird geliefert werden fünnen, wenn Die begonnene Erforſchung 
ber Geſchichte des Pietismus in einzelnen Territorien fortgefchritten fein wird. Non diee 
wird Damm auch Die Stlarftellung der von Herrnbut und Halle auögebenden und fidy nicht jelien 
kreuzenden vinien zu erwarten fein. Schon Speer war ein Mann der „Beziehungen“, 3.8. 

a Francke ſtand ihm darin nicht nach, beide aber werden durch Zinzendorf in Schatten gefitik!, 
der ſie mit Virtuoſität gepflegt bat. Das reichite Material für die Verbreitung Des Pierismus 
ſuidet ſich bei Ritſchl, Grünberg bietet wertvolle Ergänzungen für Die Zeit Speners (2. 28 
Auodehnung dev Bewegung i. J. 1695), Berthold giebt eine Zuſammenſtellung Der pieriftiicen 
Giaſenhoſe, Die ihre Brauchbarkeit Durd die Stellung des Verfaſſers sum Pietismus nid 

weeinbußt, Tholud giebt Kirchliches Veben IL, S. 117 199 eine Überſicht über Die erwedten 
Kreiſe an den lutheriſchen Höfen, den Univerſitäten, unter dem Adel „vor Der Entſtebung 
ben eigentlichen Rietiomus“, in Der Geſchichte Des Rationalismus S. I6-— TS cine ſelche 
uber Die Fortſchritte des Pietiomus an "ofen und Univerſitaten, über Die Einflußſpbäre 
ſpeztiell Dev Halleſchen Rietismus finder ſich manches in Den Kramerichen Arbeiten ubea 

N Frande. hinſichtlich Herrnhuts verweiſen wir auf Das unzen S. 812 uber Die Diaivpora— 


ibatigkeit der Rrudergemente Geſagte. Von neueren Sperialarbeiten Wien acemann:: Th.Kelde, 
ar Geichebte Des Pieruämus in Iranken: Bettrage zur barerüchen Rischerse&tdse VIII, 
len 10T. Den INS IJ. Batteiger. Zur beichtchie des Leeirsmius m Narr 


dh X > .ı. . 2 — Mund Na man ae." > Ya — 
ebend IN a, v n b 1.3 ss wre 1 —4 . A „io Steps uensmeött 

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Be in —— —— Mn icher Mitt 
> mann, Die Gefchichte der 

io enangelikhen Since, Berlin 18527 ©. 128-190: 67. ©. 


Kine. ber Ronfin ation, in Bl aus d. heil. $ Fun ng 
ardeland a. a. D, ©. 452 v. Nathuſius, ındbud 
ipzig 1903, ©, 56—63). bedeutungsvoller abe 

Eingreifen K Franckes in das Erziebungsivefer 

Pädagogik und 


—* —— — 1843, 131-187; 
Rolks —2 otha 1858, ©. 39—57; 
jiehung vom — — IV.Bdo,1 
ebend, ©.287 das ein von Johann Jakob di 
zu teil gewordenen ättigung, eben. — 
V. Bd, 3 Abt, 1902, ©. 7-9: 
Schmid, Encpflopädie des ** i 











ferner 
jungs und i 
Leipzig 1885, ©. 104; K. Fiſch chichte des ar 
1. Bd, Hannover ‚1892, ©. 219 ff; | Ä 
den deutſchen Univerfitäten und BD 2. Auf 
II. Bd 1897, ©. ogit der 


—8 4 d. is 2.31; 0 We Set ichte und — 


Hauptmerfmal des —— 

auſ ae auf di Bein chrift aufbauen will. an N — 

Aufſtellung *—— * u nur —— was die * 

beſtand, als ihre Grundlage — — ſow * durch — 

giſchen —— par die Schrift als durch die Art —* 
ſchied er ſich von der Schriftbenugung ſeitens ber I 

— ——— 
olen niedergelegt und dieſe als ſetze 
—— ge Die 
=. 5* in Is gleichen in hun enbeit. Infolg —— 

eine Wiederanknüpfung an einen 

—5 — ———— und indem er dem — er bi 

digen —— in der Schrift zuſprach, —* et dem Laien das R 

ihm abhanden gekommen war. Daher bat U — auf das zib 

— ge 8 — — —— 712, J , und | noeh iſch 
egenſtand in der e gemacht ( e, Evangeli Katech 
& 239), daher auch feine Bemü ee um Al e Verbreitung der B 

Canſteinſchen Bibelanftalt in Halle (vgl. d. * — S. 10) ihre Mittelpun 

fanden. Die Segnungen dieſes —— nr freilich ber Bieiemne 
jelbjt wieder dadurd verkürzt, daß er, mit —— von — wie —5 und 0 


Bengel, aber aud) diefe nur in beſchränktem und Er: 
twägungen auf die Behandlung der Schrift keinem Cinfug yunchand (pl. (gl. —— 
ration Bd IX ©. 192,00), Die Folge war, daß in der Auslegung ein 
Subjeftivismus fich breit machte, daß die Bibel wie ein Zauberbuch oe wurde, 
man durch „Däumeln“ Anweifungen und Natjchläge m —— (über biete % 
Unfitte: Berthold a. a. ©. II, © 207—210; R sh 1 . 160—164 u. a, über 
das berenbutiiche Los: ebend. ın, &. 392—395 u. a.), — ter dem Ein 
düfteren Beurteilung der Zuſtände in Kirche und Welt, die den Bid yet die Ho 
auf die Zukunft richtete, die Weisfagungen und apofalyptif —— cine vhun 
erfuhren, die dem Hang zu Schwärmerei nie — | 

Der praktiſch⸗lirchliche Gharatter bes Pietismus verbietet zwar ‚ibn als eine > 
logſche Bewegung zu behandeln, aber er hat ans zur ice Theole 
licher Natur —* find, — der menu des —— der einen einen ia 








—— und dem n nase * m lung zu Bd Sodann enthielt 


die Geſchichte des Pietismus die * daß ein [cbendiges, tief empfundenes es 
religiöfes Leben fann, das bein Yandesfirchentum gegenüber feine Se Selbfthändig- 2) 


798 Bietismns 


keit bewahrt, daß alfo der Anſpruch bes Ießteren, das vorhandene Chrijtentum zu um: 
ipannen, auf einer Selbittäufchung beruht. Ein kritiicher Rückblick auf Die Kirchengeſchichte 
der vergangenen Jahrhunderte würde die Bedeutung dieſer Beobachtung noch geiteigen 
haben, denn die Wahrnehmung, daß zu allen Zeiten das offizielle Rirhentum mit im 

5 vorhandenen Chrijtentum fi) nicht gebedt hat, hätte dem Irrtum vorgebeugt, daß die 
durch den Pietismus entbüllte Sachlage als eine zufällige oder vorübergehende gewürdigt 
twurde. Aber die nichtpietiftifche wiſſenſchaftliche Theologie der erften Hälfte des 18. ‘ah: 
hunderts hat diefen Schlußfolgerungen ſich verfchlofien, obwohl die Unpartbeifche Kirchen 
und Keberhiftorie G. Arnoldts (vgl. d. A. Bd II ©. 122) freilih in ſehr einfeitiger ‚som, 

10 zu derartigen Erwägungen angeregt hat. Cin Eingehen darauf würde eine Fülle neue 
Srobleme erichlofien haben. 

Der Pietismus bat ferner durch die Erſchütterung der nadhreformatorifchen Scholattit 
und feinen Kampf gegen die Überfchägung der Eymbole den Weg frei gemacht zu neuer 
FÄRSSHA NG Forſchung, zeigte diefer die hl. Schrift als ihr erſtes Arbeitsfeld und ftelt 

15 ihr durch die Vertretung neuer religiöfer Gefichtspuntte neuc Aufgaben. Die Berant- 
wortung dafür, daß alle diefe Anregungen keinen Umſchwung ber Theologie berbeigefüht, 
fondern nur dazu gedient haben, deren Neubelebung im 19. Jahrhundert vorzubereiten, 
ift aber nicht nur der mangelnden Beweglichkeit und —— — der orthodoren 
Theologie des 17. und 18. Jahrhunderts zuzuweiſen, vielmehr trifft den Pietismus jelbit 

20 eine ftarfe Mitfhuld an diefer Wirkungslofigfeit der in ihm ruhenden Keime zu neum 
Entmwidelungen. Denn er hatte fein Verftändnis für das Weſen und die Bedeutung der 
Wiſſenſchaft, feine are Einficht in den Begriff und die Aufgabe der Theologie im Unter: 
chied von der Predigt, fein Bedürfnis nad) fcharfer, begrifflicher Formulierung, es fehlte 
ihm daher auch die Achtung vor ernfter, ſtreng fachlicher wiſſenſchaftlicher Berufsarbeit 

25 Es genügt, an das oben über den Hallefchen Pietismus Gefagte zu erinnern. Daß Spener 
eingehende heralbifche und genealogifche Studien getrieben und darüber Werke veröffent: 
licht bat (Grünberg, Spener ©. 154. 197. 227, vgl. 376), iſt ebenfo wenig geeignet, das 
Gefamturteil über die Stellung des Pietismus zur Wiſſenſchaft einzufchränfen, mie die 
volle Anerfennung der Verdienſte Bengeld, oder die Thatjache, daß es nicht an einzelnen 

80 Beiträgen pietiftiicher Theologen zu den verichiedenen theologiſchen Disziplinen fehlt (vol 
Hoßbach, Spener, II, ©. 352ff., über die Bedeutung des Pietismus für die Kirden- 
geichichtsfchreibung, die Behandlung des Lebens Sefu u. |. w.: Nippold a. a. O., 1.®, 
©. 150—153). Auch das iſt nicht zu überjehen, daß der zur Herrichaft gelangte Pie⸗ 
tismus durch Verſagung des früher von ihm betonten Rechts auf Freiheit dann aud 

85 felbjt rajch der Veräußerlichung und Eritarrung verfiel, die mit jeder Schul- oder Partaı 
bildung verknüpft iſt. 

Durch den Pietismus vollzog ſich auch eine gewiſſe Entwertung des Togmas und 
feiner offiziellen Urkunden. Nicht als ob er fie direft angegriffen hätte, er Stand ja auf 
dent Boden der gleichen Überzeugung, aber durd) feine Betonung des chriftlichen Lebens 

4 und jeine Verivendung der hl. Schrift büßte das Dogma die dominierende Stellung an, 
die es bisher inne gehabt hatte, es wurde nicht angetajtet, aber es verlor einen Tal 
feiner Autorität. Die Wirkung diefeg Prozefles trat in der neuen Beurteilung des „er: 
hältniſſes der lutheriſchen und reformierten Kirche” hervor. Die Beobachtung, daß Ichen: 
diges, perfünliches Chriftentum ſich nicht auf den Umkreis der Mitglieder der lutberiicen 

45 Kirche beichränfte, war unabteisbar, damit aber war der anderen Konfeſſion im Prinzip 
die Gleichberechtigung gejichert, wenn auch Spener nur allmählih fein Urteil über die 
Reformierten freundlicher geltaltet hat und den Hallenfern und Württembergern Diele Frage 
binter anderen zurüdtrat. Aber diefe Zurüdbaltung beweiſt nur die Stärke der ad: 
wirfung früberer Anſchauungen, war auch zum Teil die Folge der beftebenden Recht— 

50 verbältnijje oder des Mangels an unmittelbaren Berührungen mit den Reformierten. Ju 
Haren Entfaltung und Durchführung iſt aber die konfeſſionelle Indifferenz dort gelungt, 
wo der Pietismus in Die Lage verfegt wurde, die Gründung einer neuen Kirche zu pol: 
zieben d. b. in der Brüdergemeine. Hier iſt mit Erfolg der erite Verfuch einer Unien 
unternommen worden. Daß Diefe erjte unierte Kirche unter der Einwirkung auch ander, 

65 dem Pietismus nicht entſtammender Gedanken ins Leben gerufen wurde, unterliegt freie 
feinem Zweifel, aucb kann Die Zinzendorfihe Tropenidee nicht als pietiftifche in Anſprud 
genommen werden. — Es iſt nicht zu leugnen, daß die einfeitige Wertlegung auf pır: 
Jünliche Frömmigkeit dazu führen fonnte, gegebenenfalls aud) die Grenzlinien gegenüber da 
„römiſch-katholiſchen Kirche” als geringivertig zu beurteilen, und eine ſolche Entwickelung 

so hätte in gewiſſen Erjcheinungen der Halleſchen Pädagogik, in einzelnen Formen pietijt: 


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Pietismus 801 


gewißlich ſolcher Mißbrauch gemeiner als gut iſt. Da muß ſolches ius episcopale, ſo 
als ein beneficium der Kirche zum Beſten ſollte ſein, dasjenige Inſtrument werden, 
damit alles Gute gehindert, ja die Kirche öfters mit ſolchen Leuten verſehen werde, nicht 
ſowohl, wie es derſelben zuträglich, als wie es den Mächtigen an Höfen wohlgefällig iſt: 
es muß das Hindernis alles Guten werden, daß wo der weltliche Arm dieſes nicht will, 
diejenigen, welche noch in dem geiſtlichen und Haus-Stand gern etwas Gutes thun 
möchten, ſolches nicht thun dürfen ... Daher achte ich ſolche caesaropapiam und welt: 
liches Antichriftentum recht für diejenige Veit, die nach dem Yußerlihen unferer Kirche 
den Garaus machen mag. Auch fehe ich nicht, wir mögen es bemänteln wie wir wollen, 
auf was Meife wir's verantworten fünnen, daß mir den dritten Stand von allen den: 
jenigen Pflichten, fo ihnen nad) göttlicher Ordnung und Exempel der eriten Kirche gehören, 
ausgefchlofien haben: daraus mehr Ungemad) entfieht ale mit MWenigem ſich ausführen 
läſſet“ (vgl. Letzte theologiſche Bedenken hrsg. von K. H. von Canſtein 2. Aufl., Halle 
1721, ©. 92). Zugleich erhob er die Forderung, daß den Predigern Laienälteſte 
zur Seite gejtellt werden, „die neben denfelben Auffiht auf die Gemeinden hätten 
und mit Vermahnen, Zujprechen, Strafen, Tröften und aljo Fleiß das von den andern 
Gelehrte in Übung zu bringen bei der Gemeinde dem Predigtamt an die Hand gingen“ 
(ebend. IV, ©.309). Der Gedante der Einführung von Presbypterien wurde in Württem: 
berg aufgegriffen (vgl. oben ©. 790,5f. Kolb S. 14) und in den herrnhutiichen Ge⸗ 
meinden verwirklicht. Eine allgemeine Beteiligung des Laienelements an der Klirchen- 
verwaltung bat aber Spener nicht erreicht. Dies wäre nur möglich geweſen auf Grund 
einer freiwilligen Selbſtbeſchränkung der Landesherren, dazu aber fehlten im 18. Jahr: 
hundert alle Borausfegungen. Der Bildung bejonderer feparierter Religionsgefellichaften 
jun weck der Durchführung dieſes Kirchenverfafjungsideals ftand aber ebenfojehr der 


irhlihe Sinn Spenerd im Wege, ald die durch den Weitfälifchen Frieden gefchaffene 2 


Rechtslage, der zufolge nur den in diefem Friedensſchluß anerkannten Kirchen Duldung 
in Deutichland gewährt werden follte. Allerdings erließ der Reichsgraf Gafimir von 
Büdingen am 29. März 1712 eine Erklärung, in der er „allen denjenigen, fo zu Büdingen 
neu anbauen wollten, außer anderen Privilegien eine vollkommene Dewienefreibeit ver: 
ſprach und niemand fich etwas beforgen follte, der fi etwa zu einer andern Religion 
befannte, oder entweder aus Gewiſſensſkrupel oder aus Überzeugung ſich zu gar feiner 
äußeren Religion bielte, dabei aber doc äußerlich ehrbar, ſittſam und chriftlich lebte“ 
(Wald, Einleitung V, ©. 223; Barthold II, 20. 21), aber ſchon nad) wenigen Monaten 
erging ein faiferliches Kammergerichtsmandat, das den Widerruf des Edikts „als wider 
des Reichs Grundfagungen” befahl und dem Grafen eine Gelditrafe auferlegte. Freilich 
wurde dag Urteil nicht reipeftiert und Büdingen erhielt für lange ge den Charalter 
einer Zufluchtsftätte aller verfolgten Separatiften und Abenteurer. Auf die eigenartige 
und firchenrechtlich intereflante Entwidelung der herrnhutiſchen Brüdergemeine, die für 
Preußen durch die Generalfonzeffion vom 25. Dezeniber 1742 und in Sachſen dur das 
BVerficherungsdefret vom 20. September 1749 als felbitftändige Kirche anerkannt wurde, 
ijt hier nicht einzugeben. 

Aber wenn auch dem Pietismus keine Wege offen ftanden, die Mirchenverfaflung um— 
zugeltalten, fo iſt er Doch für deren meitere Gefchichte nicht bedeutungslos getvefen. Zwiſchen 
ihm und den Hauptvertretern des Kollegialſyſtems beſteht eine innere Verwandtſchaft, die 
in deſſen Hauptvertreter Chriſtoph Matthäus Pfaff (vgl. Ritſchl III, ©. 58, oben Bd X 
©. 643, 11—:50) erfennbar ift und aud) dadurd angedeutet wird, daß beide Richtungen in 
Halle ihren Hauptfig gehabt haben (Thomaftus, 3. H. Böhmer), vgl. K. Rieker, Die recht: 
liche Stellung der evangelifchen Kirche Deutſchlands in ihrer geichichtlichen Entmwidelung 
bis zur Gegeniwvart, Leipzig 1893, ©. 273. „Die Verwiſchung der Grenzen zwiſchen 
Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Gleichgiltigkeit gegen die Reinheit der Lehre, die 
Abneigung gegen dogmatische Streitigkeiten, die Hervorhebung des Praktiſch-Sittlichen in 
der Religion, die Toleranz gegen Andersdenfende, die Betonung des dritten Standes in 
der Kirche und die damit zufammenhüngende Reaktion gegen den beherrichenden Einfluß des 
geiftlihen Standes, die Beſchränkung der Staatögewalt auf die Aufficht in Sachen der 
Religion” (ebend. S. 274), das waren in der That Gedanken, die den Pietismus anziehen 
und befriedigen mußten, da fie ſich mit feinen eigenen Thejen dedten. Dieje Überein- 
ftimmung ift von erheblicher Bedeutung, da die größere Selbftjtändigfeit gegenüber dem 
Staat, die das 19. Jahrh. der evangelischen Kirche gebracht bat, und die Umgeftaltung ihrer 
Rechtsverhältniſſe, die als ein großer Fortfchritt beurteilt werden muß, eben auf die natur: 
rechtliche Beurteilung der Kirchen als Korporationen im Staat zurüdgeht (ebend. 272). 

RealsEnchklopädte für Theologie und Kirche. 8. A. XV. 51 


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‚deren Zxie muß ſedoch ohne weiteres sugeachen werten. daß Der Cintrud einer 8 
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Lad Dem Urteil der ortbotoren Geaner me Yıeisrus wurden freilich Piete wohin 
Wirtungen der Neubelebung Der Theorie von Dem sllacmemen Yrieiterrum, jomez >= 
Mertahren uberhaupt Veritandnis und Anerkann s tant, durch Die ſich antdiem- 
ivSciabren und Nachteile mer ubermozen. Teak die Einführung Der collegia pier: 
su Kerinten Anlaß aeben fonnte, wurde beraits serazz mal. oben 2.770, Da he tbanıt 
bearandet waren, 1 vieliech von geaneriicher Zus bebzupteı worden ıpal. u. a. Sur 
Z. 427. Nötlın 2. Tele. Cine noch breitere Mnarttstäche aber ber Das Vertez 
des Viczisnius sum Separatismus. Won fen Scmur st io oft und je be 
aan Pen Kiensmus erhoben worden, alä Der der Schiererei. Soerern ibm tumm 
Abiich: untergeichoben murde, aut Separationen ren Den vorhandenen Sanbosfirden - * 
zuarbeiten. it dici Anklage durch die Geſchichre wideriesz werden. Tenn überbau: * 
dir berrnbutiiche Zweig hat es. wie ermähnz, zur Bildung einer Nebenkirche gebrat: 
Umitande aber, unter denen Ne nd vollzoa, wi Der Charatter. den Sic annahm, mir 
fin, Tag Diele Schöpfung nice ein Musfluk von Sckenaet geweſen itt. Auf der > 


eiaung Die Piczismus sum Separatismus tehr leicht enritchen Ionnte. Schon te 
obzhrung Des von Dem Serlommen abweichenden Gebabrens der Wietilten mar gecigre 
Aufieben u erregen. Die Pieriiten jelbit beitri:ren frelik, daß cs cinen „PVietism⸗ 
gebe, aber Der Außentichende machte Die BReobachtung. daß seine Freunde eng ulammc 
bichen und fi unterſtützten, daß das Geiübl Der Auismmengebörigfeit auch age 
über den Geſinnungsgenoſſen an anderen Urin lcbendia mar, daß icine Anbanz: 
cine auferer denzliche Mubrialer und Nermebiamicht ın der Nerfolguna ihrer Imede wm 
iclteten und einen ſtarken Einiluß ausubıen. Muri. Der Pictismus mar cine „tan 
wenn er Dick auch beitritt, un? batte ichon ums Jabr 1riu] Dies Enmvridelunasitm 
erreicht Grunbera. Spener 2. 264. In Der Rlutczcit Des Anleihen Tierismus nız 
Dann ale mis einer Parteiorganiſatien verbundenen Nachteile noch ftärfer bemer, dee 
Streben nad Macht, eineitiges Reurteilen Des Geaners und Mangel an Kritik gegenutt 
Den Geirnnungasgenoſſen. Der Piensmus erichien alio ala eine ſich bewußt und ſder 
yon den ubriaen Glaubensgenoiſen untericheidende Aichruns, Pie Rh im kirchlichen m: 
im zewschattliken veben bemerfbar made und dadurch. daß fie sur religidten vr 


derung ihrer Mitalieder Yeranitalungen mat, Div mer Dioden zu gute famen, den Verdat: 
errezze, aut Dim Wege Der Abſonderung ierrzuſchrenen und Dir vielfach bereits einge 


tretenen inneren Entiremdung Me außere vosidteng felgen u lafen. - Meben Mär 
Erzmidlins Ds Viensntus sur iinchlichen Rarte; tar Me Thatiache, daß zablıeH: 
mm wrete Kerienlichkeiren sd ihm amtasatten oder menissten® ſich an ır 


birietrinzun Als ene sprefttonmle Bewenung übre er naturgemaß eine itarte I 
apunseiret aut alle Elemente ans, die mit den beitebenden tirchlichen Verbältniten ni 
surtrießen waren. der erwarteten hie Verſtandins und Unterichlupf und hoffen mi“ 


art, die victvtiichen Rreite ibren Zwedden Mentibar su macen, ic fanden feundlice Ari. 
nrw. Zu waran Dielen Fallen fer wein angebrach: und Der Pictismus bar «& 
buren rufen, Det er aeenuber manchen En:tumgiſten und Propheten von ragmürtiar 
Coanstier per radialer Welinnuna u wengebende Nachſichz geubt bat. Dieſes Na 
hal en:rang aber mer Dem Wun'che, antitirchliche Reitrebungen au unieritugen, ior. 
dan te UÜber:rzunung, Dan die vorbandenen tirdhcben Einrichtungen vertagten un? md: 
wbr ihren Alstsabken gewachien waren, Dat daber jede RNußerung geiſtlichen Ye: 
idea 1a ui, auch Dann, wenn Nein Kerionkedeiten und Fornien aufm 
Tome Zemmmiban rweden und nur ariraaen und gedulde: werden konnten inal. No 
© zZ, 757. Tee untlare Stellung Is Wansmis ausenüber Dom Mamlalämı: 


m Zuorrsuzmps door ın Dobent GErade Aucianer. Das acaen ihn beitchenne Wi 
: aba and erliat:. daß ſeine Weana sum ohne abſichtlive Vertennung de 
Pole : Ir nlonaen tennten. one scher Ureretninrimung amöcen beiden (run 
- "Öl ll. zZ War. Aber weromitenonoch einen Schrit: weiter cebe 


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>! ou der Rituemus Selbe Der Narrboden fur ſevaratiitiſche Geuit 


21T Sr 1er Sem Keurterrung Der damgticen türchlien Zuſtande. Duck ter 


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das Narr aciben aber iſt zwiſhen Rietiswmus um 


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zZ... mar gpzurlieödenm, denn Mir enter wiü wine Ketormpiane inner: 


Sue m str reifen und Mebt srunSiagie ut Dem Boden Des avi 
Zoe on tab unun F teten, MY Separatsmus dagegen versmeiteli an de 


Super For bor ia stnchb rum Tode eritarrten Nirchen und nimmt Seinen Zar) 


Bietismns 803 


ort grundfäglich außerhalb des beftehenden Kirhentums. — Die Motive zur Separation 
von der Kirche weiſen eine große Diannigfaltigkeit auf, fie lagen zum Teil auf dem Gebiet 
der Lehre, teild gehörten fie der Ethik an, teils entfprangen fie einer allgemeinen Gleichgiltigfeit 
gegen die Kirche, ihre Önadenmittel und ihre Berfaflung infolge vertvirrender Einflüfje myſtiſcher 
Schriften, aber auch bloßer Neuerungsſucht. Geiltig begabte und religiös flarf angeregte 5 
PVerfönlichkeiten haben der Kirche den Rüden gekehrt, neben ihnen aber ftehen Phantaften und 
folche, die fefter Zucht und Ordnung entrinnen wollten, ein aufgeregtes Weſen wird fich bei den 
meijten nachweijen laflen. Die Gründe für diefe meitverbreitete Unruhe liegen nicht nur 
in der damaligen Beichaffenheit der Kirche, fondern wurzeln auch in den allgemeinen Zeit: 
verhältniffen. Unter dem Einfluß der durch den Pietismus geübten und angeregten Kritik ift 10 
die verbreitete Unzufriedenheit und Erregtheit dann allerdings erſtarkt, aber dieje Wirkung 
war doch nur dadurd) möglich, daß die Kirche zivar über fehr bedeutende äußere Machtmittel 
verfügte, aber nicht PS in der Lage war, dem Reiz des Lebens außerhalb ihrer Grenzen 
durch den Hinweis auf höhere geiftliche Förderung in ihrer Mitte die Spike zu bieten. 

Zu den wichtigſten Charakterzügen des Pietismus gehört ferner der hohe fitt- 1 
lihe Ernſt und die herbe Strenge, die er in der Seftaltung des praftiichen Lebens 
durchzuführen verfucht hat. Die von ihm vorgefundenen Zuftände machten ein energilches 
Eingreifen zur Pflicht, um die Sittlichleit war 8, zumal an den Höfen und unter dem 
Adel, ſehr ſchlecht beitellt, aber aud) das Bürgertum der Städte und die Verhältnifje 
auf dem platten Lande boten traurige Bilder. Die Nachwirkungen des großen Krieges, 20 
der die deutfche Kultur und Sitte auf allen Gebieten bis in ihre Tiefen erfchüttert und 
nicht felten entwurzelt hatte, zeigten ſich in Zügelloſigkeit des gefchlechtlichen Lebens, in 
Luxus, in ſchwelgeriſcher Yebenshaltung und Mikachtung der Rechte anderer (G. Freytag, 
3. Bd; 4. Bd ©. 5ff. 18f.; Biedermann ©. 27 ff. 517 ff.; Tholud, Das kirchliche Leben 
I, ©. 218—242; II, ©. 140— 211). Dem Kurfürften Johann Georg III. von Sachſen 26 
bat Spener durd) feinen Freimut imponiert und als Dresdener Hofprediger fich nicht ge: 
icheut, ihm wegen feines Lebenswandels ernite beichtväterliche VBorhaltungen zu machen, 
mochte es durüber auch zum Bruce fommen (Grünberg ©. 208. 220 f.), auch fonft, 3.3. den 
ſächſiſchen Ständen gegenüber, hat er e8 an Offenheit nicht fehlen laſſen (ebenv. S. 223). 
FR. Hedinger und ©. Urliperger haben die gleiche Tapferkeit dem Herzog Eberhard Ludwig 30 
von Württemberg gegenüber beiviefen (Mürtt. KG ©. 488f.). Auch andere Beifpiele (Bieder- 
mann a.a.D. ©.335 Anm.) bezeugen den moralischen Mut pietiftifcher Prediger. Ob über 
die Nefultate der Bemühungen des Pietismus um die fittlihe Hebung des Volle über- 
haupt ein eingehbendes Urteil möglich ift, wird erſt zu enticheiden fein, wenn die firchen- 
geſchichtliche Spezialforihung fi dem 18. Sahrhundert in größerer Ausdehnung zu: 36 
gewandt haben wird, fpeziell der Geſchichte des Beichtweſens, ale dies bis jet der Fall 
ft. Immerhin liegen auch fchon jett wenigſtens einige Materialien vor. Ritſchl hält 
es für wahrjcheinlid (II, ©. 539f.), daß die vor dem Auftreten des Pietismus in Dem 
geiftlihen Stande verbreiteten XLafter des Ehebruchs und der Trunkſucht durch ibn ver: 
drängt worden find. Aber es wurde über die Neradhtung des Predigtamt3 auch fpäter 40 
noch jehr geklagt, ebenfalld über die fchlaffe Handhabung des Beidhtjtuhle. Für MWürttem- 
berg darf eine mefentliche fittliche Einwirkung auf den geiltlihen Stand als ficher an- 
genommen werden (Kolb a. a. O. ©. 17 u. ſ. w.). Bezüglich der Leiftungen des Wietis- 
mus in den Gemeinden muß das Urteil noch zurüdhaltender lauten (vgl. Ritſchl II, 
©. 540). In Stadt und Yand wird das Bild ein verfchiedenes geweſen fein, ein ver: # 
Schiedenes int Norden und Eüden, ein verſchiedenes oft in nebeneinander liegenden Terri- 
torien, denn dem Eifer des einzelnen Pfarrers mußte der feiner Amtsgenoſſen, des Kirchen: 
regimentg, der weltlichen Obrigfeit, das Intereſſe des Landesheren zur Seite treten, um 
Abhilfe zu Schaffen und das Zuſammenwirken diejer Faktoren mußte Beſtand haben, um 
dauernde Befjerung herbeizuführen. In Bezug auf eine einzelne Gruppe im Volföleben, 50 
den Model, iſt dagegen der fittlihe Einfluß des Pietismus direlt nachweisbar (Ritſchl II, 
S. 541f.) und wenn aud) an manchen der pietijtifchen Grafenhöfe die dunklen Kehrſeiten 
der pietiſtiſchen Frömmigkeit nicht gefehlt haben (vgl. Berthold), jo ift Doch ihr fittliches 
Geſamtniveau ein anderes geivorden. Der Pietismus hat alfo nicht umſonſt gearbeitet. 
Die Neubelebung der dem Vroteftantismus innewohnenden, aber in dem Sahrhundert 55 
des 30jährigen Krieges erichlafften, fittlichen Kraft, war zu der Zeit, ald Speners Wirken 
begann, eine Cebensftnge für die evangelifche Kirche Deutſchlands, nach zwei Menſchen— 
altern ſah es in vielen ihrer Teile doch ſchon anders aus. 

ber der Pietismus hat fich nicht damit begnügt, einem zügellofen und entjittlichten 
Bejchlecht in den Weg zu treten und für höhere Lebensgrundfäte zu werben, ſondern er 

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804 Bietismns 


fteht in einer mißtrauifch ablehnenden Haltung dem gejamten natürlichen Leben gem: 
über. Es ift nicht nur die Verweltlichung, die er befämpft, d. b. die falfche Hingak x 
die Güter diefer Welt, fondern er betrachtet die Welt felbit ald einen großen Organism: 
der Eünde, vor deſſen Berührungen fich jeder erwedte Chrift bei Gefährdung ſein 
5 Ecligfeit zurüdzichen muß. Es mag bier dahingeftellt bleiben, ob der Pietismus x 
diefent Urteil durch die Schärfe des Gegenfages zu den von ihm befämpften Verirru 
gelangt ift, alfo auf dem Wege der Eteigerung feines Charakters als einer Realtion: 
betvegung, oder aber durch die Beſchäftigung mit der hl. Schrift, deren asfetijchen Ele 
menten der pietiftiich gerichtete Bibellefer jener Zeit bejonderes Intereſſe ſchon unte 
10 dem Einfluß eschatologifcher Stimmungen entgegenbradte, oder aber durch die Nat 
wirkung vorreformatoriicher Anſchauungen oder reformierter Einflüſſe, wahrſcheinlid 
baben alle diefe Faktoren zufammengewirkt. Die fchiefe Stellung des Pietismus zur Bei 
(DO. Zödler, Askeſe und Mönchtum, 2.Bd, Frankfurt aM. 1897, S. 572— 580) wurde 
dadurch Gegenſtand der Kontroverſe, daß er den Anfpruch erhob, daß Die öffentliche 
15 Sitte nach feinen Grundfägen umgejtaltet würde, d. h. daß der Befuch des Theaters, dr 
Teilnahme am Tanz, Kartenfpiel, Tabakrauchen, Scherzen nicht als gleichgiltig d. b. als 
fogenannte Mitteldinge (vgl. d. A. „Adiaphora” BDI ©. 174, 2—176, 20), jondern al 
Sünde und Greuel vor Gott von dem Ghriften gemieden merden follten. Nicht nur 
unter feinen den niederen Ständen angebörenden Anhängern, fondern auch unter dem 
20 pietiftifchen Adel bat dieſer Rigorismus fich durchgefett, Heinrich II. Neuß-Greiz machte 
ſogar den Verſuch, durch ein landesherrliches Mandat vom 17. September 1717 vide 
Grundfäge zur öffentlichen Anerfennung zu bringen (Ritſchl II, ©. 451). Eine allge 
meinere Einwirkung auf die Volksſitte ift diefen Grundfägen aber nicht befchieden ge: 
weſen. Der Pietismus felbit ift jedoch an ihnen niemals irre geivorden und alle feine 
25 Zeige haben — von gelegentlichen milderen Urteilen Epeners können wir abjeben, va ſie 
feine Nachfolge gefunden haben — die Überzeugung feltgehalten, daß der befebrie Chrift 
in Bezug auf die genannten Punkte notwendig Entjagung üben müſſe. Diefer Gedante 
tleidete fich wohl auch in die Form, daß „wenn die Gnade und Wahrheit in Chrifte, 
Vergebung der Sünden und alle himmlischen Güter recht erfannt würden, jo fände man 
san ſolchen Dingen feinen Gefchmad mehr, fondern hätte eine viel reinere und bejtändiger 
Sreube an Gott, dafür man das andere nicht achtete” (Worte von G. A. Francke an 
önig Friedrich Wilhelm I. von Preußen 1727 vgl. ©. Kramer, Neue Beiträge ©. 172), 
aber dem Cinzelnen wurde durch die öffentlihe Meinung der pietiftiichen Kreife die Ent: 
ſcheidung darüber, melche Folgerungen etwa aus dem Beſitz des Gnadenitandes für die 
35 Öeltaltung von Gefelligfeit und Erholung zu zieben wären, abgenommen, ber Verzicht auf 
jene Dinge war Kennzeichen der Partei. Daß dieſes gefegliche Weſen mit evangeliſcher 
Freiheit unverträglih war und mit Luthers Stellung zur Welt in ſchroffem Widerſpruch 
and, iſt unmittelbar einleuchtend. Die Konjequenzen dieſes Irrtums waren für ben 
Pietismus ſehr bedeutungsvoll, denn durch feine Weltflüchtigfeit it er dazu verführt 
0 worden, der Kunſt, der Wiſſenſchaft, der rein weltlichen Bildung fein Intereſſe oder 
wenigſtens nicht dag ihnen zufommende zuzuwenden (Dorner, Geſch. der prot. Theologie, 
S. 6 10ff.; Yutbardt, Sefch. d. Etbif, S. 304 ff). Diefe Zurüdbaltung bedeutete nichts 
geringeres als den Werzicht des Pietismus auf eine tiefere Beeinfluffung des allgemeinen 
Geiſteslebens, bat ibn felbjt in eine tfolierte Polition gedrängt und mußte auch feinen 
45 religtössfittlichen Wirkungen Schranfen fegen. Dadurch war natürlih nicht ausgeſchloſſen, 
daß bei einzelmen Perjönlichkeiten pietiſtiſche Frömmigkeit und Belig hoher geiftiger Bil: 
dung Sich gut vertragen baben, die Gefamtftellung des Pietismus wurde jedoch Davon 
nicht berührt und er zeigte Feine Geneigtbeit, den Anregungen des Freiherrn Fr. Karl 
von Mofer, der die Pflege pofitiven Anteils an den Bewegungen des Kulturlchens jeiner 
so Zeit befünvortete, Folge zu geben (vgl. Ritſchl III, S. 118f.). 

Tb der Pietismus bei dieſer Neigung, fih auf feine Heinen Kreife und engen G« 
dankengänge zurüdzuzieben, auf die Dauer der Gefahr gewachjen geweſen wäre, fich von 
dem Firchlichen Yeben abdrängen zu laffen, alfo den Irrweg der von ibm ſelbſt vwerurteilten 
jeparatijtiichen Abjonderung doch zu betreten, iſt schwer zu jagen. Aber dieſe Prüfung 

65 iſt ihm dadurch erjpart geblieben, daß er — es iſt dies Die leßte bervorftechende Eigen: 
tümlichkeit des Pietismus — der Yiebestbätigfeit fih zumandte, Die ihn mitten in 
das aftive Yeben bineinführte, ibm die Segnungen der Arbeit erſchloß und dazu geführt 
bat, daß er der Träger eines big dahin in Deutfchland unbelannten evangelifchen Uni: 
perfalismus wurde Der Impuls zur Inangriffnabme diefer Aufgaben lag im Weſen 

codes Pietismus. Wie nach Yutber mit innerer Notivendigkeit die guten Werke aus dem 





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’ Pietismus 807 


lands den großen Dienſt geleiſtet, fie auf das praftifche Chriſtentum hinzuweiſen und ihr 
damit den Weg gezeigt, wie fie ji) von dem Übergewicht des hereichennen Intellektua⸗ 
lismus befreien orımte Jedes der von ihm begonnenen Liebeswerke ftellte ihr konkrete 
Aufgaben und repräfentierte ein Arbeitsprogramm, defien Größe erit die Verjuche, es zu 
verwirklichen, enthüllt haben. Die Beobachtung ferner, daß diefe Unternehmungen dur 5 
freie Privatbeiträge Einzelner gegründet und gehalten wurden, war eine Erfahrung von 
roßer pſychologiſcher Wirkung, denn „zum erjtenmale wurde durch fie dem Wolfe in das 
Bewußtſein gebracht, wie Großes durh das Zuſammenwirken vieler Kleinen geichaffen 
werden fünne” (G. Freytag a. a. O. 4. Bd, ©.24). Auch die verbindende Kraft gemein- 
famer Arbeit machte fich geltend. Nicht nur daß fie in den pietiftifchen Kreifen den Ge: 10 
meinfinn beförberte, der wohl nirgends ſtärker fich entwidelt hat, al3 in der Brüdergemeine, 
fie hat aud) einen vorher nicht beftehenden Verkehr zwiſchen Mitgliedern verjchiedener 
Kirchen herbeigeführt. Bon der Weckung eines evangelifcen Gemeinfchaftsgefühle zu reden, 
würde zu meit gegangen fein, aber die Überbrüdung territorialer, nationaler und konfeſſio— 
neller Abgrenzung durch die Erkenntnis des Vorhandenſeins allgemein evangelifcher Auf: 
aben war geeignet, ihm die Wege ebnen. Die Heidenmiffion brachte in den deutjchen Prote- 
antismus das ökumeniſche Element, das auf die Dauer feine größere Kirche entbehren 
kann, fie hat fein Selbftvertrauen gegenüber der römifch-Fatbolifchen Kirche geitärkt, aus 
deren Mitte oft genug die Unterlafjung jeder Miflionsarbeit als Beweis von Unfähigteit 
und Ohnmacht gedeutet worden war, und hat durch ihre Rückwirkungen auf das heimat: 20 
liche Tirchliche Leben diefem reiche Segnungen zugeführt. Wie nun aber ein bedauerne- 
wertes Nachlafjen der pietiftifchen Sicbesthätigfeit in Deutfchland Lonftatiert werden muß 
(vgl. oben), fo haben wir in ähnlicher Weife bezüglich der von dem Pietismus ing Leben 
erufenen Heidenmiffion feftzuftellen, daß es ibm nicht gelungen it, die evangelifchen 
!andesfirchen für ihre Unterftügung zu mobilifieren. Sir die vorliegende Unterfuchung 25 
muß e3 genügen, darauf hinzumeifen, daß diefe für die Weiterentwidelung der Miffiong- 
arbeit ſehr nachteilige Zurüdhaltung nicht nur auf Stumpfheit der firchlichen Kreiſe zurüd- 
geführt erden darf, Jondern auch durch das Verhalten der pietiftiichen Kreife mitbedingt 
geweſen ift. Denn fie haben es nicht veritanden, den Schein zu vermeiden, daß jie die 
zun Teil glanzvolle Entfaltung ihrer Unternehmungen, die als Fortjchritt des „Reiches 30 
Gottes” dargeitellt wurden (%. Weiß, Die Idee des Reiches Gottes in der Theologie, 
Gießen 1901, ©. 43— 48), zugleich als Erfolg ihrer Partei zu verwerten bejtrebt waren, 
wie Löſcher ihnen —— hat (Uhlhorn a. a. O. S. 250; vgl. für ſpätere Zeiten 
Chr. Märklin, Darſtellung und Kritik des modernen Pietismus, Stuttgart 1839, S.241; 
E. Fr. Langhans, Pietismus und Chriftentum im Spiegel der äußeren Miffton, Leipzig 35 
1864, dagegen Evangel. Miffiongmagazin, Bafel 1865). 

Daß dieſer Pietismus in die Entwidelung der evangelifchen Kirche Deutſchlands tief 
eingegriffen hat, wird von niemand beftritten, das Urteil über den Wert feiner Geſamt— 
wirkung tft dagegen kontrovers, da er felbjt einer verjchiedenen, ja geradezu entgegen: 
gelegten Auffafjung unterliegt. Als das größte Hindernis des Verjtändnifjes feiner Erden: 40 
gefchichtlichen Bedeutung iſt die Nichtbeachtung des Unterjchiedes zwiſchen dem Pietismus 
ded 18. Jahrhunderts und dem fogenannten Pietismus des 19. anzufehen. Denn ie 
verführt dazu, die hiftorifchen Verhältnifje unter denen er entjtand und aus denen er 
jein geichichtliches Recht Ächöpfte, nicht fo hoch zu veranfchlagen, mie fie es verdienen, und 
erzeugt die Gefahr, ihn nicht aus fih heraus zu verftehen und für ihm felbjt Secun: 45 
däres in den Vordergrund zu fchieben. Aus der vorftehenden Darftellung ergiebt ſich 
und zumächit der weſentlich evangelifche Charakter des Pietismus, der dadurd) nicht in 
Frage geftellt wird, daß ihm Glemente beigemifcht geweſen find, deren einfeitige Ber: 
tretung nicht nur die Berfpeltive auf ſchwere Berirrungen eröffnete, fondern fie auch that: 
ſächlich hervorgerufen hat. Als praftischereligiöje Neformbewegung hat er ji) das er: so 
dDienft erivorben, eine ganze Weihe fundamentaler Gedanken der Neformation wieder ang 
Vicht gezogen oder in die ihnen gebührende centrale Stellung eingerüdi zu haben, vor 
allem den Begriff des Glaubens als perfönlicher Erfahrung (Ritſchl II, S. 427), er bat 
der Diktatur der lutheriſchen Scholaftif cin Ende bereitet, hat das Gewiſſen der Kirche 
gegenüber Notjtänden des Volkslebens gewedt, hat ihr den Ausblid auf unermepliche Auf: 55 
gaben außerhalb des eigenen lanbesfirchlichen Verbandes eröffnet, hat der gefährdeten 
hriftliben Sitte neuen Halt gewährt und wefentlid dazu mitgewvirkt, daß die Kirche in 
religiöfer wie im füttlicher Hinficht in der Mitte des 18. Jahrhundert3 eine andere Höhen: 
lage aufwies als in der Mitte des 17. Zur Zeit der pietiftiichen Streitigkeiten bat es 
allerdings an dem Verſuche nicht gefehlt, den Pietismus dadurch ins Unrecht zu jegen, vo 


5 


* 
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ht Pietismus 


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Pietismus 809 


lichen Religion, zu dem Weſen der Frömmigkeit, zu der hl. Schrift zu erinnern. Aber 
daneben haben poſitive Beziehungen beſtanden, wie nicht nur einzelne Perſönlichkeiten 
(Thomaſius, Edelmann, Dippel u. a.) beweiſen, ſondern die Beobachtung zeigt, daß beide 
zu der lutheriſchen Orthodoxie in Oppoſition ſich befanden, beide die religiöſen Rechte der 
Einzelperſönlichkeit vertraten, beide das praktiſche Chriſtentum betonten. Auf der anderen 5 
Seite ift aber auch die Herleitung der Aufllärung aus dem Pietismus unzutreffend. Denn 
ſie jeßt voraus, daß die Abarten und Auswüchſe des außerfirchlichen und radikalen Pietismus, 
die von ibm felbit als fremde Gebilde abgeftoßen wurden, als die charakteriftifchen Erfchei- 
nungsformen des Pietismus gewürdigt werden. Außerdem wird überfehen, daß die Boraus- 
jegungen der Aufflärung (vgl.d.A. Bod IIS. 225ff.) ſehr mannigfacher Art waren und in ihren 10 
Quellpunkten weiter zurüdreichen als bis in die Anfänge des Pietismus. Aufllärung und 
Pietismus find vielmehr zwei Bewegungen, die in der Zertrümmerung des Klerilalismus ein 
gemeinjfames, allerdings verfchieden bemwertetes, Ziel verfolgen, auf diefem Wege an mandjen 
Punkten fich berühren, aber in ihrer meiteren Entwidelung dann auseinandergehen. 

Bon aller Mitihuld an dem rafchen Emporblühen der Aufklärung in Deutichland 16 
iſt aber auch der echte Pietismus nicht freizufprechen, denn er hat infolge feiner Gering- 
ihägung der Willenfchaft (vgl. oben die Halleiche Fakultät) die Jugend nicht miljen- 
ſchaftlich ausgerüftet, um den Kampf ‚mit der Aufllärung aufzunehmen, ja er hat die 
mit dem Triebe nah Erkenntnis Ausgeſtatteten dadurch, daß er e8 unterließ, ihn zu be: 
friedigen, ihr zugeführt. Über Pietismus und Aufklärung: J. Kaftan, Die Wahrheit der 20 
hrijtl. Religion, Bafel 1889, ©. 171. 

Einer fcharfen zeitlichen Abgrenzung des Pietismus ftehen erhebliche Schtoierig- 
feiten im Wege. Seine verfchievenen Hauptzweige haben eine gejonderte Entwidelung 
durchgemacht und zu verfchievenen Zeitpunkten ihren Höhepunkt erlebt. Der Hallefche mar 
Ihon ums Sahr 1730 (vgl. oben) in die Periode feines Niedergangs eingetreten, er verlor 26 
an geiltiger Kraft und damit ſank fein Einfluß; ald Gotthilf Auguft Francke 1769 
Itarb, war die alte Gentrale des Pietismus für Mittel: und Norddeutichland diefem be: 
reits jo gut wie verloren. Der Württemberger Pietismus hat niemals Zeiten erlebt, in 
denen er einen fo ausgedehnten Einfluß ausübte wie der Hallefche, aber es war ihm dafür 
eine ruhige und ftetige Entwidelung beichieden. Er hatte auch den Vorzug, feine Blüte 30 
nicht nur einer einzelnen Perfönlichkeit zu verdanken, daher wirkte der Tod Bengels 1769 
nicht ähnlich) wie der A. H. Frandes. Die Brüdergemeine hatte durch Überwindung ber 
von ihr al8 „Sichtungszeit“ bezeichneten Sturm: und Drangperiode jo viel innere und 
äußere Feſtigkeit gewonnen, daß das Hinfcheiden Zinzendorfs im Jahre 1760 ihren Be: 
ſtand nicht mehr bedrohte und Gottlieb Spangenberg (geft. 1792) feine ſegensreiche Thätig- 86 
feit antreten fonnte. E. V. Löfcher, der bekannteſte Iitterarifche Belämpfer des Pietismus, 
war bereits 1747 geftorben, ſchon vorher aber hatten die „pietiftiichen Streitigkeiten” auf: 
gehört, in der tbeologifchen Litteratur eine bejondere Nubrif zu bilden. In der Mitte 
des 18. Jahrhunderts war demnad der Hallejhe Pietismus nicht mehr eine gelonderte 
Gruppe im Tirhlichen Leben, der württembergiſche führte ein ftilles Dafein, die Brüder: «o 
gemeine wurde mit dem größten Teil ihrer Kräfte außerhalb Deutſchlands feitgelegt, die 
Zeit des aggrejliven Pietismus mar vorüber; mas er der evangeliichen Kirche zu fagen 
hatte, hatte er ihr gefagt. Er wirkte weiter durch die von ihm geichaffenen Konventikel 
beziv. Gemeinden, durch die von feinem Geift befruchtete erbauliche Xitteratur, durch die 
Fortführung der von ibm begründeten Liebeswerle, aber er war feine Partei mehr, nur ss 
noch eine Richtung, er blieb dur feinen bejonderen Frömmigkeitstypus ein Faktor im 
firchlichen Yeben, aber er ſtand nicht mehr in deſſen Vordergrund. 

Auch über den Anfang des Pietismus beftehen große Meinungsverjchiedenbeiten. 
Nicht über feine weitere Worgefchichte, denn daß ſchon vor Spener im 17. Jahrhundert 
und noch weiter zurüd eine Reaktion gegen die in Kirche und Theologie herrichende Rich- 50 
tung und deren Folgen für das chriftliche Leben fich durchzuſetzen ſuchte, daß es auch 
inmitten der Orthodoxie nicht an Männern fehlte, die unter der Eritarrung und Verknöche— 
rung litten, daß dieſe „Xebenszeugen” Gedanten und Wünſche geäußert haben, die ſich 
mit denen des Pietismus aufs engfte berühren, alles das iſt vorzugsweiſe durch Tholude 
Forſchungen zu allgemeiner Anerfennung gelangt. Damit ift zugleich geſagt, daß der Pie: 56 
tismus Durch taufend Fäden mit der Vergangenheit verfnüpft war und feine Selbititän- 
digkeit nicht Durch die Vertretung big dahin volljtändig fremder Gedanken erweiſt. Trotzdem 
ijt er von den Zeitgenoffen als etwas Neues beurteilt worden und mit Necht, denn er 
faßte Die zerjtreuten Neformgedanfen zufammen, zog die praktischen Konſequenzen, führte 
jie weiter und verſuchte ihre Verwirklichung. Das war die Leiftung Speners und daher co 


810 Bietismns 


kommt ihm in der durch diefe Sachlage gegebenen Beſchränkung die Bezeichnung bes 
Gründers des Pietismus zu (Kramer, U. H. Francke I, S.63f. gegen Tholud, Tas 
firchliche Yeben u. f. mw. II, ©. 31). Dem Einwurf (Ritfhl II, ©. 149), daß Spena 
diejer Titel zu verfagen tft, weil aus feiner Zebensarbeit „etwas ihm Fremdes“ berworging 
b und er „der Patron einer ihm heterogenen Geiſtesbewegung geworden tt”, liegt Die um: 
anfechtbare Beobachtung zu Grunde, daß der Pietismus in feinem weiteren Verlauf in 
nicht unmejentlichen Punkten ſich von Spener entfernt hat (vgl. oben. Aber aud in 
dieſen Entwickelungsſtadien find die Spenerfchen Grundgedanfen noch in dem Maße wirkſam, 
daß die zu Abweichungen ſich geftaltenden Weiterbildungen durch das Gemeinjame über: 
10 wogen werden. Es wäre anders zu urteilen, wenn der Pietismus feinem Grundcharalter 
na nicht als eine evangelifche Bewegung zu beurteilen wäre, denn von der Wertung 
diefer Abweichungen hängt die Schätzung ihres Abſtands von Spener ab. 
Die Vorgeſchichte und Zeitgefchichte des Pietismus weiſt endlich auf die Beziehungen 
zwilchen ihm und ähnlichen Bewegungen innerhalb der reformierten Kirche. Tin den 
15 von der Staatsfirche losgelöiten Kirchengemeinfchaften Englande war längit vor dem 
Auftreten des Spenerſchen Pietismus ein Ddiefem verwandter Geilt erwacht, Der dann 
durdy das Medium einer auch in Deutfchland viel gelejenen erbaulichen Litteratur auf den 
Kontinent gewirkt hat. Für das meftliche Deutfchland wurden auch die Berührungen 
mit der niederländifchreformierten Kirche von Wichtigkeit (H. Heppe, Geſchichte Des Pie: 
© tismus und der Myſtik in der reformierten Kirche, namentlicd der Niederlande, Leiden 
1879; Ritſchl, Pietismus, Bd 1). Diefe „pietiftifche” Richtung innerhalb der reformierten 
Kirche, die ſich auch in dem reformierten Broteftantismus Norddeutichlandg findet (Theodor 
Untereid in Mühlheim a. R., get. 1693; Joachim Neander in Düffeldorf, get. 1680 ; Ger: 
bardt Terfteegen in Mühlheim a. R., geit. 1769, u. a.), haben mit dem lutheriſchen Pietismus 
25 die Mertlegung auf das praftifche Ehriftentum gemeinfam, die freiere Stellung gegenüber 
der in der reformierten wie in ber lutherischen Kirche übermächtigen und in beiden Kirchen: 
gebieten mit den gleichen Folgeerfcheinungen verknüpften Orthodorie, die Tendenz auf 
engeren Zuſammenſchluß der Gläubigen, Anfchauungen vom chrijtlichen Leben, die an 
die der MWiedertäufer erinnern (vgl. Fr. Loofs, Grundlinien der Kirchengejchichte, Halle a. S. 
3 1901, 8 290 die Frage nach dem Urfprung des Pietismus, 291 Pietismus und Myſtik 
auf reformiertem Gebiet). Diefe übereinftimmenden Züge zwifchen dem Iutherifchen Pie 
tismus und feinen Parallelen auf reformiertem Boden liefern den Beweis, Daß wir cs 
bier mit einer internationalen Bewegung zu thun haben, wie ſpäter die Aufflärung eine 
geweſen ift, die alle europäischen Xänder durchzogen hat. Aber wenn auch von den 
35 Buritanern, den Labadiſten und den Niederländern manche Anregung nad Deutfchland 
herübergeflogen fein mag — die Rückwirkung auf die reformierte Kirche blieb nicht aus, 
wie die Schweiz beweiſt (E. Blöſch, Gefchichte der ſchweizeriſch-reformierten Kirchen, BdII, 
Bern 1899, ©. 31—55; W. Hadorn, Geſchichte des Pietismus in den ſchweizeriſchen refor: 
mierten Kirchen, Konftanz [1901]) --- fo bleibt doch der Pietismus „eine weſentlich 
40 deutiche und proteitantiihe Bewegung” (Tröltih a. a. O. S. 370). Er ift nit ein 
Produkt des reformierten Auslandes, jondern iſt auf dem Boden der lutherifchen Kirche 
Deutichlands erwachſen, ähnliche Dispofitionen und Zuftände fehufen ähnliche Bewegungen 
(vgl. Grünberg, Spener, S. 120— 122). 
VI. Tie WVeiterentwidelung des Pietismus am Ende des 18. And am 
Anfang des 19. Jahrhunderts. — Nitihl 3. Bd, Vorrede; F. Nippold, Handb. der 
neuesten Kirchengeſchichte I, 847, S.577--585; derj., III, Geſchichte des Proteitantismus ſeit 
dem deutichen Befreiungstriege, 1. Bd. Geidyichte der deutſchen Theologie, Berlin 1890; 8. 
A. Haſe, Kirchengeſchichte, 11. Aufl., Leipzig 1856, 8411: Der orthodore Pietismus und ſeine 
Auswüchſe; derſ. Kirchengeſchichte auf der Grundlage akademiſcher Vorlejungen, 3. Th., 2. Abt., 
501. H., Leipzig 18092, 8 205, ©. 397 429; A. Zahn, Abriß einer Geſchichte der evangeliichen 
Kirche auf dem europäiichen Feſtlande im 19. Jahrhundert, 2. Aufl., Stuttgart 1888: ©. Frank, 
Myſticismus und Pierismus im 19. Jahrbundert: Hiſtoriſches Taſchenbuch herausgegeben von 
W. Maurenbrecer, 6. F., 6. Jahrg., Leipzig 1887, S. 197-277, 9. Frank, Geſchichte und 
Kritik der neueren Theologie, 2. Auil., Yeipzig 1805, S. 199-- 220; R. Bendiren, Bilder aus der 
05 leßten religiöjen Erwedung in Deutſchland, Leipzig 1897; derj., Bilder aus der Erwedungs: 
geichichte des religiös-kirchl. Lebens in Deutjchland in dieſem Jahrhundert: Evgl. luth. tirchen- 
zeitung 1898; E. Blöſch, Geſch. d. ſchweiz. ref. Kirchen, Bd IT, Bern 1899, S. 149 — 157, 207 — 245: 
Chr. Tiihbaufer, Geſchichte der evangel Kirche Teutjchlands in der erjten Hälfte des 19. Jahrh., 
Baſel 1900; Fr. Loofs, Grundlinien der Nirchengefch., Dalle a. <. 1901, $333—335, &.247 — 2%); 
9. Budde, Zeugen un. Zeugniſſe aus dem chriitlich-Firchl. Xeben von Minden:Ravensburg, Werbel 
19915 8. Tiesmever, Tie Erwedungsbewenung in Teutjchland während des 19. Jahrh., 1. Heft, 
Minden:Navensberg und Lippe, Kafiel (19011; 2. Heft Das Ziegerland, dag Dillthal und dad 


Pietismus 811 


Homburger Land (1902); 3. Heft Das Wupperthal, das Ober: und Niederbergiſche Land (1903); 
4. Heft Baden (1903); R. Seeberg, Die Kirche Deutichlands im 19. Jahrhundert, Leipzig 
1903, ©. 53—59; 8, Eell a. a. O. ©. 381; ©. Ede, Die theologiſche Schule Albrecht Ritihls 
und bie evangelifhe Kirche der Gegenwart, 1. Bd. Die theologiſche Schule Albrecht Ritſchls, 
Berlin 1897; 2. Bd. Die evangelifchen Landeskirchen Deutſchlands im 19. Jahrhundert, 1904. 6 


Die Aufklärung war eine viel zu groß angelegte und tiefgreifende geiftige Bervegung, 
als daß die vom Standpunkt des Chrijtentums aus notwendige Auseinanderfegung nit 
ihr einzelnen Perfönlichleiten oder einer einzelnen Richtung innerhalb des Proteftantismug 
hätte überlaffen werden dürfen. Daß ſie ſchließlich unter Herübernahme wichtiger von 
ihr gewonnener Erkenntniſſe überwunden worden ift, war das Ergebnis des Zujammen: 
wirkens fehr verfchiedenartiger Kräfte und Kreife. Unter diefen behauptet der Pietismus 
einen hervorragenden Pla. Was er in die Wagſchale werfen fonnte, war nicht theo- 
logiſche Erudition, nicht philofophifche Bildung und Schulung, nit Einfluß auf große 
Mafien, er hatte damals auch nicht das Chr der in Staat und Kirche Regierenden, fon: 
bern wirkte lediglich durch die ſtarker religiöfer Überzeugung ſtets innewohnende Macht und 
durch die innere Kraft des von ihm vertretenen Chriflentums. Er murde der Kryſtalli⸗ 
jationspunft für zahlreihe Mitglieder der Landeskirchen, die unter dem Einfluß der Auf: 
Härung auf das Gemeindeleben (G. Ede a. a. D. ©. 65—96, vgl. daneben X. Thifötter, 
Der ortbodore Pietismus und der Nationalismus im vorigen Jahrhundert in: Deutich- 
Evangelifche Blätter XXIX, H. 5, Mai 1904, ©. 330 ff.), bei den amtlidhen Organen 20 
der Kirche die religtöfe Förderung nicht fanden, nach der fie verlangten, er verjtand eg, 
die fih ihm Anfchließenden dauernd zu fefleln und ihnen in der Propaganda für den 
alten Glauben ein Ziel zu fteden, das über die traurigen Zeitverhältniſſe hinaushob und 
den „Zeugengeift” entfachte. So entitand eine pietiftifche Reaktionsbewegung, zunädjit 
ganz in ber —— aber fie ſchwoll an, und als dann endlich Das Treiben „der 26 
Stillen im Lande” der Katheder, Kanzel, Schule und Litteratur beherrfchenden Zeitrichtung 
fühlbar wurde, war fie bereits eine Macht, die in dem Prozeß der geiftigen Erhebung 
Deutichlands im Zeitalter der Freiheitsfriege fi) Geltung verfchaffte, wenn auch an diefer 
Erneuerung noc andere Faktoren des nationalen, litterariſchen, theologiichen, kirchlichen 
Lebens beteiligt geweien find. Aber der von dem Pietismus ausgehende Einfluß war so 
ein fo bedeutender, daß er faum geringer einzufchägen fein dürfte, ald der im voran: 
gehenden Jahrhundert von dem alten Pietismus ausgeübte, wenn er auch infolge der ver: 
änderten eitverhältnifje andere weniger in die Augen fallende Formen angenommen bat. 

Die Verbindung zwiſchen dem Pietismus des 18. und dem des 19. Jahrhunderts 
—— durch Die Reſte des alten Pietismus, die Brüdergemeine, die Chriftentums- 36 
geſellſchaft. 

Die im Jahre 1780 von J. A. Urlsberger geſtiftete deutſche Chriſtentumsgeſellſchaft, 
über deren Geſchichte vgl. den Art. Bd III ©. 820-823, bezeichnet in dreifacher Hin- 
ficht einen Fortfchritt gegenüber dem Pietismus der alten Zeit. Erftens hat fie zur Er: 
reihung ihres Zwecks ihre Mitglieder ald Verein organijiert. An der Spige ftand ein 40 
Ausſchuß, bei dem die Meldung zum Eintritt erfolgte und der die Entjcheidung über die 
Aufnahme in der Hand hatte, die Mitglieder mußten Beiträge zahlen und konnten wegen 
unordentlihen Wandels oder Nichterfüllung der Vereinspflichten ausgefchlojfen werden 
(Zur hundertjährigen Gedächtnisfeier der deutfchen Chriftentumsgefellichaft. Drei Reden von 
Riggenbach, Stodmeyer, Brätorius, Bajel 1888, S. 11; Wurfter, Innere Miffion, ©. 19f.; 4 
Uhlhorn a. a. O. S. 319). Die Verbindung zwiſchen den einzelnen PBartikulargefellichaften 
(1781 Nürnberg, 1782 Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Stendal, Prenzlau, Magdeburg, 
Minden, Wernigerode, Yondon, 1783 Bünde im Ravensbergiichen, Penkum in Worpom: 
mern, Salberitadt, Stettin, Altona, Bremen, Osnabrück, Titfriesland, Köthen, Paſewalk, 
1784 NRönigeberg, Flensburg, Temmin und Anklam in Bommern, Dresden, Dömnig in „, 
Medlenburg, Amijterdam, fpäter noch Elberfeld, Tüfjeldorf, Straßburg, Breslau, Roſtock) 
vermittelt das „Gentrum” Bafel durch Korrefpondenzen und Überfendung von Protokollen, 
bis nadı Schweden und Amerika dehnte fich der Briefivechjel aus. Das mar offenbar 
eine Urganifation, die in jeder Beziebung der Bezeichnung ale Verein genügt, d. b. es 
war ein Aktionsmittel für die evangelifche Kirche geivonnen, defien Vorbild bahnbrechend 55 
gewirkt bat. Die Chriſtentumsgeſellſchaft bat zweitens die Preſſe in ihren Dienft ge: 
nommen. Wegen des wachſenden Umfangs der Vrotofolle wurde, nachdem der Plan der 
Gründung einer chriftlicben Zeitung fallen gelaffen worden war, 1783 ein monatlidy er: 
jcheinendes Blatt gegründet, das feit 1786 den Titel führt „Sammlungen für Liebhaber 
chriſtlicher Wahrheit und Gottfeligkeit” und noch heute befteht. Diefe „erjte eigentliche wu 


ui 


0 


— 


6 


812 Pietismus 


chriſtliche Zeitſchrift in deutſcher Sprache“ zog ſich zwar durch die Beſchränkung auf rein 
erbauliche Mitteilungen enge Grenzen, aber hat nicht nur für die Mitglieder der Geſell⸗ 
ichaft, fordern für die Entwidelung des chriftlichen Zeitfchriftenmwefend Bedeutung erlangt 
(aa. 0. S. 18; Wurfter ©. 31. 27). Die Chriftentumsgejellichaft bezeichnet Drittens 
sin der Gefchichte der Liebesthätigkeit einen Cinjchnitt, indem aus ihr die Basler Bibel: 
geſellſchaft (1804), der dann zahlreiche andere in Deutichland folgten (vgl. d. Art. Bd II 
©. 693f.), die Rettungsanftalt in Beuggen, die Chrifchona, die Basler Miffionsgejellichait 
(vgl. P. Eppler, Gefchichte der Basler Miffion 1815-—1899, Bajel 1900, ©. 3 ff.) beraus: 
wuchſen und fie darf ald der Anfangspunkt der inneren Miffion bezeichnet werden, da 
10 ihr eigentümlih tft: „1. die Erkenntnis eined gemeinfamen geiftigen Notſtandes in der 
Chriftenheit; 2. der Verfuh durh Zufammenfafjung lebendiger Gemeindeglieder in freiem 
Verein demjelben entgegenzumirlen,; 3. Der internationale Charakter; 4. die bei aller 
konfeſſionellen Weitherzigkeit doch grundſätzlich Eichliche Haltung” (Wurfter a. a. O. S. 31; 
vgl. 3. Chr. Reimpell, Geſch. d. inn. Miffion im 19. Jahrh. in der ev. Kirche Deutſch⸗ 
15 lands, Monatsfchrift für inn. Miffton von Tb. Schäfer Bd 23, Gütersloh 1903 S. 313 ff). 

Vielleicht hat die Brüdergemeine zu feiner Zeit einen größeren Einfluß auf ben 
deutſchen Proteftantismus ausgeübt als im Zeitalter der Aufllärung. Die Abgeichlofien: 
beit ihrer Niederlaffungen, nicht für alle Zeiten ein Vorteil, gab ihr damals die Mög- 
lichkeit, ihre Eigenart gegen die Einwirkungen des Zeitgeiftes zu fchügen, und je länger 

20 fie auf dem Wege ruhiger Entwidelung verbarrte, um fo größere® Vertrauen wurde ihr 
entgegengebradbt. Schon zur Zeit Zinzendorf® bildeten ji in England und Hollant 
Hilfsgeſellſchaften zur Unterjtügung ihres Miſſionswerkes (A. Schulze, Abri einer Ge 
fchichte der Brüdermiffion, Herrnhut 1901, ©. 51), aud ihre Freunde in Deutichland 
haben fie dann unterftügt, vor allem feit am Anfang des 19. Jahrhunderts die erweckten 

5 Kreife von Miffionsfinn erfüllt wurden. — Zinzendorf hatte ferner die Pflege religiöjer 
Gemeinihaft mit den außerhalb der herrnhutiſchen Kolonien mohnenden Freunden ſich 
angelegen jein lafien. Aus diefen Bejuchsreifen entmwidelte ſich ihre „Diaſporathätigkeit“, 
die nicht darauf abzielte, Austritte aus den Landeskirchen herbeizuführen, ſondern inner: 
balb deren Grenzen Sreundesfreife der Brüdergemeine zu bilden. Im Jahre 1775 belief 

80 fich die Zahl diefer Angehörigen auf ca. 30000, von denen die Hälfte den ruſſiſchen 
Oftfeeprovingen angehörten, die übrigen verteilten ſich auf die ſächſiſche Oberlaufig, das 
Rheinland und die Schweiz (19. Burkhardt, Die Brüdergemeine I, Gnadau 1893, ©. 98... 
Diefe Thätigkeit, Die ſich mwejentlih in der Form von Reifepredigt, Seelforge und Ver— 
teilung von Schriften vollzog, bat ſich dann noch weiter ausgebreitet, aber beim Beginn des 

35 legten Jahrzehnts des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt überfchritten (ebend. S. 112 — 114). 
Über die gewaltige Ausdehnung dieſes Diaſporawerkes, das fih wohl über Hunderte von 
Orten erjtredt hat, giebt aus den Quellen gefchöpfte Auskunft: Ranzau, Geſchichte der 
Brüderdiaſpora, verfaßt 1774. Diejes tum Archiv der Brüder-Unität zu Herrnbut zur Zeit 
leider nur bandjchriftlich vorbandene Werk giebt auf 1332 Seiten, wozu nob Supplemente 

0 treten, eine Uberficht über das Diaſporawerk, deſſen Ausdehnung einen eritaunlichen Um: 
fang bat (Nanzaus Anordnung: a) Die Brüderdiafpora in Chur-Sachſen, Ober: und Nieder: 
Lauſitz, Schleften; b) im Brandenburgfchen, Franken, Schwaben, Thüringen; ec) England, 
Schweden, Schwediſch und Preußiſch-Pommern, Preußen, Yıievland; d) Württemberg, 
Wetterau, Helfen, Pfalz; e) Schweiz; f) Nopenbagen, Schleswig-Holftein, Nieder: Sachfen ; 

sg) in den übrigen dänischen Yanden; h) in Litauen, Rußland und Holland; i) in Frant: 
reih). Eine Frucht der Pflege Diefer Beziehungen waren die Predigerlonferenzen in 
Herrnbut, deren bundertjäbriger Beltand 1854 gefeiert werden konnte. — Als Diele 
Diafporatbätigfeit durch das in den Landeskirchen neuerwachende religiöfe Xeben natur: 
gemäß eingeengt wurde, eröffnete fih der Brüdergemeine ein neues Arbeitsfeld in ber 

so Erweiterung ihrer Erziebungsanftalten (Burkhardt a. a. O. S. 139}. 

Die Erwedungsbewegung fand endlich Anfnüpfungspunfte in den unter ibrer Ein: 
wirkung neu auflebenden Nonventifeln des alten Pietismus. An Württemberg waren die 
„Stunden“ niemals ganz verſchwunden, ibre Leitung lag in unferer Zeit anfangs meilt 
in der Hand von Yaten, bis zablreihe Marrer, unter denen W. G. Ludwig Hofader 

55 (geit. 1828) bervorragte, der Bewegung ſich anjchloffen. Sm Sabre 1828 murde die 
Zahl der Stundenbefucher auf 30000 geſchätzt. Wie der Pietismus ſich im Firchlichen 
Leben ausivirkte und Später auf das Mirchenregiment Cinfluß gewann, Darüber vgl. 
Württembergiſche Mirdengefdichte Z. 597 --616. Won befonderer Bedeutung für dieſen 
ſchwäbiſchen Pietismus iſt dann ſein enges Verbältnis zu der Basler Miffionsgefellichaft 

geworden, Die in Württemberg Dis auf den beutigen Tag ihr widtigjtes Hinterland bat 


Bietismns 813 


und von dort ihre Leiter zu berufen pflegt. Ein fo bedeutender Mittelpunkt des Pietis— 
mus, wie ed Bafel war (Spittler u. a.), mußte für die ganze deutſche Schweiz wichtig 
werden. Anregungen vorübergehenver Art hat Frau v. Krüdner (get. 1824 vgl. d. Art. 
Bd XI ©. 146—150) auch hier zu geben vermocht, außerdem hat der Neveil in der 
franzöfifchen Schweiz (vgl. Bloeſch a. a. O. ©. 207ff., H. v. d. Goltz, Die reformierte 5 
Rirde Genfs im 19. Jahrhundert, Bajel und Genf 1862) auf den Often gewirkt. Neben 
Bern und Zürich fei genannt St. Gallen, das der Mittelpunft eines großen Freundes- 
kreiſes wurde durch die geiftreiche Anna Schlatter (geit. 1826, Ritihl I, ©. 541—564; 
35. M. Zahn, U. Schlatters Leben und Nachlaß, 3 Bde, Meurd und Bremen 1835—65; 
A. Zahn, Frauenbriefe von A. Schlatter u. ſ. w., 3. Aufl., Halle 1875). — Für die Ent: 10 
widelung der Erwedung in Bayern it charakteriftiich, daß fie auch in der dortigen römifch- 
fatholifchen Kirche Anhang fand (M. Boos, M. Sailer, M. N. FYeneberg, 3. Goßner, 
J. Lindl). Ausgangspunkt des Pietismus wurde durch den Kaufmann Joh. Tobias Kießling 
(geit. 1823, vgl. F. W. Bodemann, %. T. Kießling, Nördlingen 1855) Nürnberg. Vgl. 
G. Thomafius, Das Wiedererwachen des evang. Lebens in d. luth. Kirche Bayerns, Erlangen 15 
1867. — In Baden wurde das neue Auftreten pietijtifchen Geijtes feit den Teuerungsjahren 
1816 und 1817, fein meiteres Vordringen ſeit der Union von 1821 beobachtet. Ein 
Hauptmittelpunft wurde Pfarrer Alois Henhöfer in Spid, der 1823 mit feinem Patron 
Sreipern von Gemmingen und einem Teil feiner Gemeinde Mühlhaufen zur evangelischen 
irche übergetreten war (vgl. d. A. Bd VII ©. 674-677; Kr. F. Vierordt, Gejchichte zo 
der evangelifchen Kirche in dem Großherzogtum Baden, Karlsruhe 1856, ©. 447. 454f.; 
Tiihhaufer ©. 364 ff.; Tiesmeyer a. a. 5 H. 2. — In Norddeuiſchland war der Pie: 
tismus big auf zerftreute kleinere Kreife in der Aufklärungszeit untergegangen (vgl. Uhl: 
born a. a. D. ©. 326. 336.) und hatte, als diefe ihrem Ende zuneigte, nirgends einen 
Belisitand aufzumeifen, der etwa mit dem mwürttembergifchen Pietismus hätte in Parallele 25 
gefegt werden fünnen. Seht erlebt jener reformierte rheiniſch-weſtphäliſche Pietismus cine 
fräftige Nacblüte in dem Arzt Samuel GCollenbufjh (geit. 1803, vgl. d. A. Bd IV 
©. 233— 241), den drei Brüdern Hafenlamp (Johann Gerhard, geit. 1777; Friedrich 
Arnold, geit. 1795; Johann Heinrich, geit. 1814, vgl. d. A. Bd VII ©. 161—163), 
Gottfried Menken (geft. 1831, vgl. d. X. Bd XII ©. 581—586), den beiden Brüdern so 
Krummader (Friedrich Adolf, geit. 1845, Gottfried Daniel, geit. 1837, vgl. d. A. Bd XI 
©. 150—152, 153—155). An der Spige der Elberfelder lutherifchen Gemeinde mirkte 
zu der gleichen get der als Hallenfer Student für den Pietismus getvonnene Pfarrer 
Hilmar Ernft Rauſchenbuſch (geft. 1815; W. Xeipoldt, H. E. Raufchenbufh, Barmen 
1840, vgl. ©. Frank a. a. O. ©. 2427.) Das Wuppertbal iſt im 19. Sahrhundert 35 
eine der gefichertiten Domänen des Pietismus geblieben, vgl. Ede ©. 290--299. Daß 
er in Berlin, einem Mittelpunft der deutfchen Aufklärung, Eingang fand, hat feine weitere 
Geſchichte als einen feiner wichtigften Erfolge erwieſen. Er ift vorzugsweife an den Namen 
des fchlefifchen Barons Ernſt von Kottwitz (geft. 1843, vgl. d. A. Bd XI ©. 18—53) 
und den Prediger Johann Sänide (geit. 1827; 8. 5. Yedderbofe, 3. Jänicke, Berlin 40 
1863) gelnüpft. Für Sachſen vgl. Blantmeifter, Sächſiſche Kirchengeſchichte ©. 336 ff. — 
Die Anfänge von Neubildungen des Pietismus find noch nicht für alle Teile Deutfch- 
lands erforscht, das reichite Material bietet Tiſchhauſers Kirchengefchichte, bezüglich der 
Entwidelung von der Mitte des 19. Jahrhunderts an iſt auf Ede, Die evange- 
lichen Landeskirchen Deutichlande ©. 185—405 zu verweilen. Wichtige Nachrichten ss 
finden fi in folgenden Biographien: J. Jacobi, Erinnerungen an den Baron Ernſt von 
Kottwig 1882; 2%. Witte, T. A. ©. Tholud, 2 Bode, Bielefeld 1884. 1886; J. Bach: 
mann-Th. Schmalenbach, E. W. Hengftenberg, 3 Bde, Gütersloh 1876—92;, Fr. Nip- 
pold, Richard Rothe, 3 Bde, Wittenberg 1873; U. Hausrath, Richard Rothe und feine 
sreunde, 1. Bd, Berlin 1902; %. Oldenberg, J. H. Wichern, 2 Bde 1881—87; W. Baur, oo 
Geſchichts- und Lebensbilder aus der Erneuerung des religiöjen Lebens in den beutfchen 
Befreiungskriegen, 4. Aufl, 18845 4. Zahn, Meine Jugendzeit, 1882; dazu Wange: 
mann, Geiftliches Regen und Ringen am Oftfeeitrande, Berlin 1861; €. €. F. Dalner, 
Sammlung etliher Nachrichten aus der Zeit und den Leben des Dr. Albr. Joach. von 
Kradewig, Gen.:Zuperintendent von Pommern und Rügen, Stralfund 1862; H. Petrich, 55 
Pommerſche Lebens- und Landesbilder, 2. TI, Stettin 1884. 1887; 9. O. Frommel, 
Frommels Yebensbild, 2 Bde, Berlin 1900. 
Iſt es ſchon jchwer, dad Weſen des Pietismus des 18. Jahrhunderts zu bejtimmen, 
jo jteigern ih die Schwierigkeiten noch erheblid), wenn man ſich dem modernen Pietis— 
mus zutvendet. Er bildet feine Firchenverfaflungsmäßig abgegrenzte Gemeinjchaft, feine 0 





Pietismus Nordamerika, Vereinigte Staaten 815 


neuere Orthodoxie handelt F. Kattenbuſch, Von Schleiermacher zu Ritſchl, 3. Aufl. Gießen 
1903, ©. 29—31, ebend. ©. 42f. über feine Beziehungen zu ber ſogen. Vermittlungs— 
theologie, vgl. außerdem GC. Schwarz, Zur Gefchichte der neuelten Theologie, 4. Aufl., 
Leipzig 1869, ©.62—66; A. Müde, Die Dogmatik des 19. Jahrhunderts, Gotha 1867, 
S. 217 ff.; M. A. Landerer, Neueſte Dogmengeichicht, hrsg. v. P. Zeller, Heilbronn 1881, 6 
S. 201 -217; Württemberg. Kirchengeſchichte S. 601— 603. Dieſer Umſchwung in der 
Stellung des Pietismus wurde dadurch weſentlich befördert, daß die Liebesthätigkeit in 
der Heimat wie unter den heidniſchen Völkern von kirchlicher Seite jetzt in ihrer ganzen 
Bedeutung erkannt wurde. Da der Pietismus dieſe Arbeitsgebiete von alter Zeit her in 
Anſpruch genommen hatte, war ihre höhere Wertung zugleich eine Anerkennung ſeiner 
Thätigkeit, und da es ihm gelang, ſie weſentlich in der Hand zu behalten, als ſie unter 
dem Anwachſen des kirchlichen Intereſſes für innere und äußere Miſſion ſich erweiterten, 
ſtieg ſein Einfluß wie das ihm von kirchlichen Kreiſen zugewandte Vertrauen. 

Das Geſamturteil über die Bedeutung des modernen Pietismus für die evangeliſche 
Kirche Deutſchlands kann nicht in eine kurze, ihn anerkennende oder tadelnde Zenſur zufammen- 
gefaßt iverden, denn er ift in noch ftärferem Maße als der alte Pietismus eine fomplizierte 
Erſcheinung, voll von heterogenen Elementen, ein anderer im Süden als im Norden, ein 
anderer im Welten als im Lften, ein anderer in der Großſtadt ald auf dem Lande, an 
der Jahrhundertwende ftellt er ſich anders dar ale im zweiten und dritten yahraehnt, 
wiederum in anderem Charakter in den fünfziger und fechziger Jahren. Seine Leiftungen 20 
auf dem Gebiete der inneren und der äußeren Miffion werden ald ein Verdienſt jebt 
wohl nahezu allgemein anerfannt, wenn auch jeine Methode nicht mehr die einzige a 
und Korrelturen erfahren hat. Ferner ift fein Anteil an der religiöfen Neubelebung 
Deutfchlands im erften Drittel des Jahrhunderts cin fo bedeutender und die Zahl der 
jpäteren führenden Perfönlichkeiten im kirchlichen Leben, die in der Erweckungszeit die für a5 
ſie entfcheidenden Impulſe empfangen haben, eine jo große (Ede, 2. Bd, ©. 185ff.), daß 
wir in diefen direften und indireften Einwirkungen ein meiteres Verdienſt des Pietismus 
fonftatieren dürfen. Nur darf nicht überfehen werben, daß jener Aufſchwung des relt: 
giöfen Lebens weder in jenen Anfängen noch in feinem Fortgang ausſchließlich unter 
pietiftifchem Einfluß geitanden hat. Thilötter (a. a. DO. ©. 336) betont mit Recht, so 
daß zahlreihe Männer, „die weder orthodor-pietiſtiſch noch rationaliftiich waren”, das 
religiöfe und kirchliche Leben fehr gefördert haben; er hat dabei das Rheinland im Auge, 
aber das Urteil wird auch auf viele andere Teile Deutjchlande, zutreffen. Die Ermeite- 
rung feiner Arbeitsfreife und die Verbindung mit den Yandesfirchen bat ihm im Laufe 
der Sahre vielfach dazu verholfen, das konventikelhafte Weſen abzuftreifen. Aber es mußte 35 
ihm feiner ganzen Veranlagung nad, die ihn auf kleine Kreife weiſt und das Verftändnig 
für den ganzen Reichtum geiftigen, nationalen, fulturellen Lebens verjchließt, trotzdem 
verfagt bleiben, zu einer großen vollstümlichen Bewegung ſich zu entwideln. Dem hand 
auh im Wege, daß er fo wenig wie einft der Hallefche Pietismus der Verſuchung zu Partei: 
treibereien und lieblofem Aburteilen über Andersdenkende id) gewachſen zeigte. Die Beobach: 40 
tung von 2. Wiefe bei einer Reife nad) Süddeutfchland 1846 („Der Pietismus in Württemberg 
ift naiver und treuberziger als bei ung, mo er leicht einen tendenziöjen und unduldfamen Cha: 
ratter annimmt”, Xebenderinnerungen und Amtserfahrungen * 1, Berlin 1886, S. 123) 
iſt keine ſinguläre. Das Zugeſtändnis dieſer Schattenſeiten und Schwächen des Pietis— 
mus berechtigt aber nicht, ihm die Anerkennung zu verſagen, daß er durch die Opfer: 
willigfeit feiner Anhänger, durch deren Anteilnahme am kirchlichen Leben, durch die Pflege 
eines erniten, lebendigen Chriftentums innerhalb des deutfchen Proteſtantismus ſich fen 
Grijtenzrecht gefichert hat. In eine kritiſche Lage bringt ihn neuerdings dag Auftreten 
der modernen, auf den amerilanifch:engliihen Methodismus zurüdgehenden Gemeinjchafts- 
bewegung, die, wenn auch Pietismus und Methodismus ſchon durd ihre Entftehungs: so 
gefchichte in enger Beziehung ftehen, neben dem Pietismus eigenartige Ziele verfolgt 
(P. Fleisch, Die moderne Gemeinfchaftsbewegung in Deutjchland, Leipzig [1993], ©. 8f.). 


Carl Mirbt. 
Zu Bd XIV ©. 789. 


Nordamerila, Vereinigte Staaten. g) Kongregationaliften. — Die Litteratur 5; 
j. d. A. Kongregativnaliiten Bd X ©. 680, 26 ff. Hierzu Congregationalists in America. 
A popular history of their origin, belief, polity, growth and work by Rev. Albert E. 
Dunning, D.D. New-York J. A. Hill & Co. 44 East 14th Street. Auf Seite XXVIILfr. 
diejeg Wertes iſt die wichtigfte Litteratur verzeichnet. 


Die Geſchichte der amerikanischen KRongregationaliften ift bereits im X. Bd behandelt. co 


[5 


0 


m 


6 


> 


b 





Nordamerika, Vereinigte Staaten 817 


3. Das Sonntagsfhulmeien und Verlagsweſen. Im Jahre 1825 wurde The Mas- 
sachusetts Sabbath School Union in Bofton gegründet. Sie war urfprünglich als 
Hilfsverein für die American Sunday School Union gedacht, wurde aber 1832 völlig 
fongregationaliftiich. 

Im Sabre 1829 war The Doctrinal Tract and Book Society zur Verbreitung 5 
der Hopfinfiichen Theologie gegründet worden. Aus diefer Gejellihaft twurde 1854 The 
Congregational Board of Publication. Dieje Behörde wurde 1868 mit dem Sonntag⸗ 
ichulverein vereinigt unter dem Namen The Congregational Sabbath School and 
Publishing Society. Um das Verlagsweſen auf eine rein geſchäftliche Grundlage zu 
ftellen, wurde 1874 das Sonntagsſchulweſen der Gefellihaft für Innere Miffion übertragen. 10 
Merkivürdigerweife fanken feitvem die Einnahmen des Verlages ſowohl wie die der Sonn= 
tagsichulvereinigung. Als man dann im Jahre 1882 Berlag und Sonntagsfchule wieder 
zulammenfpannte, ging es bei beiden wieder in die Höhe. Der Name der vereinigten 
Gefellfchaften ift fett 1883 Congregational Sunday School and Publishing Society. 
Gegenwärtig tverden die Sonntagsichulen der Kongregationaliften von 671292 Kindern 15 
befucht. By den Verlag befteht ein eigene® Haus, The Congregational House in 
Bolton, Maſſ. Dortfelbit ift auch eine Bibliothek eingerichtet, deren Hauptzweck es ift, 
alles zu fammeln, was auf die Gejchichte der Kongregationaliften Bezug hat. 

4. Statiftil. Im Jahre 1903 hatte die Kongregationaliftenliche 6071 Paſtoren, 


5900 Gemeinden, 483 776 Familien, 660 400 Glieder. 20 
Cämtliche obige ftatiftiiche Angaben find dem Congregational Year Book 1904 
(Boston, Congregational House) entnommen. 8. Brendel. 


Derz3eidhnis 


der im Fünfzehnten Bande enthaltenen Artikel. 





Artikel: Verfaſſer: Seite: Artikel: Verfaſſer: Seite: 

Patripaſſianer ſ. d. A. Monarchianismus Pauperes catholici göder .... 92 

Bd XIII ©. 303ff. Pavia ſchackett.. 9 
Patriſtik Krüger.. 1Pavillon Bonet-Maury . . 94 
Patronat (Hinſchius F) Stutz 13 | Pazmany Bale - .» .» .. 96 
Paul I., Papſt (Zöpfiel 7) Haud 26 Bearjon ShHilT . . . 10 
Paul IL, „ (Böpffel +) Benratb 28 , Belah fittel. - . » ..108 
Paul III, „” (3göpffelt) Benratd 31 | Pelagiuß und der pe- 
Paul IV., „ Benratb . . .39°  Tagianifche Streit Lo . . . . 747 
Paul V. (Zöpffel }) Benrath 44 Pelagius J. Papſt Böhmer . . . . 105 
Paula, Franz von ſ. Franz von Paula Belagius II, „ Böhmer . . . . 106 

Bd VI S. 223. Pelayo Benrath -. . . . 107 
Baulicianer Bonwetih . . . 49 | Bellifan Strat . . . ...108 
Paulinus v. Aquileja Wiegand. . . „53 Ä Pelt Dorner .. . 11 
PBaulinus v. Nola (Henke F) Haud . 55 ! Benn, W., ſ. d. N. Quäler. 
Paulinus v. Bella Krüger . 59 , Bentateud) Strad . . . .. 113 
Paulinus v. Perigueur Krüger . . . . 60 | Peräa Gute . .. . 124 
Pauliiten |. d. N. Liguori Bd XI Beraten d.N. Oppiten Bd XIV ©.405, ze. 

©. 501, ff. Perfektionijten Zöckler .».. 10 
Paulus der Apvjtel Zahn . . 2.61: Berifopen Walter Cafpari . 131 
Paulus Diakonus Friedrich Wiegand 88  Beriodeuten Aheli® . . . 0.19 
Paulus, H. E. G. (Kahnis 7) Tſchackert 90 Perlen ſ. d. 9. Kleider und Wejchmeide 
Baulus von Samofata j. d. A. Monar: BdX ©. 523, 18. 

chianismus Bd XIII S. 318 ff. Perpetua Sörres . . 2.1680 
Baulus von Theben ſ. d. A. Mönchtum Perrone Tſchackett. .. 188 

Bd XIII ©. 217,3 ff. ı Perjien Bonweih . . . 163 


NealsEncyllopädie für Theologie und Kirche. 3. U. XV. 52 


818 


Artikel: Berfaffer: 
Berhittbo !. gi u. Beni iberf Bu e 
ibefüberfegungen 
8b III ©. 167 ff. 8 
Beit |. d. U. Brannheiten und „peilhisibe 
der Israeliten Bd XI ©. 
—— H 


N Gerlach |. Gerlach Peters 8 VI 


Petavius 


Beten (Wagenmann }) 
Veterspfenni Saat +) Bödtfer 

eterspfenn acobſon er 
Petri, L. A. etri 


Petri, Olav und Lars ſ. Schweden, Re⸗ 
formation. 

Petrikau Erdmann 

Petrus, der Apoſtel Siefſert 

Petrus, d. Ap. Feſte Bödler . 

Petrus v. Alcantara (Herzog 7) gzöcler 

Petrus v. Alexandrien Bonwetiy . . 

Petrus von Amiens f. d. A. Kreuzzüge 
Bd XI ©. 99, «. 

Betrug von Blois Deutih . 

Petrus von Bruis Deutih . 

Betrug Cellenſis Schmid . 

Betrus von Cheltſchitz ſ. d. A. Brüder, 
böhmiſche, Bd III ©. 447, se, 

Betrug Comeftor ſ. d. A. Bibelüber: 
ſetzungen Bd III ©. 128,2: und Hi: 
ftorienbibei 8b VIII ©. 156, 21. 

Beter von Dresden Cohrs —— 

Petrus d. — nad: } 

Petrus Fullo ſ. A. Monophyfiten 

B S. a0. 

Petrus Lombardus Bd XI ©. 630. 

Petrus Martyr ——— ſ. Vermigli. 

Petrus Martyr Zöckler. 

Petrus Mongus ſ. d. A. Monophyſiten 
Bd XIII ©. 380, 10. 

Petrus von Poitiers Deutſch 


Beucer (Mallet }) Kawerau 
Pezel Kawerau 
Pfaff Preuſchen 
Pfaffenbrief Fleiner 


Pfandrecht bei den Hebräern ſ. d. A. 
Gericht und Recht Bd VI ©. 582, sn. 

Pfarre, Pfarrer ; 

Pfeffinger 

Ru re Te Böhm, Hand 


— d. A. Zug⸗ und Reittiere bei 
den Hebräern. 


Pfingſten Zöckler 
— israel. v. Orelli 
Pflicht Burger 
Pflug Kawerau 


Pfründe ſ. d. N. Benefizium Yb II 
u. Batronat, oben S. 16. 
Pharifäeru. Sadducher Sieffert 
Pharmakides, Th. Meyer . 
Eiern ſ. den A. Bd IX 
, 32. 
Ptdeſa ſ. Pibeſed. 
—— ſ. den A. Leade Bd XI 


©. 326, 44. 
Bhilajter Schmid 


Seite: 


Verzeichnis der im fünfzehnten Bande enthaltenen Artikel 


Artikel: Berfaſſer: 
Phileas Bonwetſch Nr 
Philipp, d. Grohmütige Kode . . . - 
Philippi Fr. U. Philippi T - - - 


Philippi, Jacobus Schulze 


| Philippiner, Bezeihnung der italieniichen 


166 


Xx 
paar, 
or 


EIN 
[eo 





: 40. 
Philippiſten 


Oratorianer, ſ. d. Art. Neri Bd XIII 
S. 712 


(Zanderer }) Kawerau 322 
Philippus, d. Apoſtel Sieffertt . . 331 
Bhilippus Arabs 2 (Ublhorn F) Görres 331 
Philippus, der Evan: 
gelijt Gieffert 34 
Philippus v. Gortyna Krüger . 336 
Philippus, Papſt |. d. 9. Konitantin II., 
Bapit, Bd X ©. 774, 2. 
Philippus von Side Brate . - „ . 336 
Philippus d. Tetrarch v. OD. A = 7; 
Philiſter Guthe. .. 338 
Philo v. Alexandria Zödler . . 348 
Philo von Karpaſia (Gaß a) Saul 362 
Philopatris v. Dobſchütz 363 
Philoponus ſ. d. a. „gebannes Philo: 
ponus Bd IX ©. 3 
Philoſtorgius — en . 365 
Philoxenianiſche pen be) bung ſ. d A. 
Bibelüberſetzungen Bd III S. 176, so H- 
Philorenus Krüger . . 367 
Phöbadius Hennede . 370 
Phönizien |. Sidonier. 
Phokas öckler 71 
Photin v. Sirmium Loofs.. 372 
Photius „ gettenbufh . 374 
Phylakterien |. d. A. Zephillin. 
Piacenza, Synode ſ. d. U. Urban II. 
Piariſten zodier 393 
Pibeſeth Steindorff 394 
Picarden, OR der böhmifchen 
Brüder |. d. X. Bd III ©. 452, a. 
Pick Zöckler 394 
Pictet Choiſy. 395 
Pierius Bonwetſch 396 
Pietismus nn 77 
Pighius 397 
Bitten |. d. A. — hirche Bd X 
S. 226, ff. 
Pilatus . Dobihüß 397 
Pilgerväter f. d. U. Songtenutianialtiten 
d X ©. 684, uff. 
Biligrim Haud . 401 
Pinytos eu H Daud . 403 
| a Bonwetſch 403 
Pipe Haud . 404 
Sippinifche Schenkung 1. d. A. Batrimo: 
nium Petri Bd XIV ©. 771,2 ff. 
Pirke Aboth f. d. A. Thalmubd. 
Pirkheimer tr .- . 40 
Pirmin (Köfler r) Haud . 409 
J——— ſ. Pürſtinger. 
| Bifa Tſchackert 412 
Piscator Müller 414 
Piſtis, Sophia ſ. d. A. ige 404,.. 
Piſtoja, Synode ſ. d. W. Ricci Scip. 
ı Biltorius I later T)Mirbt 415 
415 


294 


Piftorius, Johann II (Tſchirner T) Mirbt 
Bitra, 3.8. ſ. d. A. Mauriner Bd XII 
S. 452, a. 


Verzeichnis der im fünfzehnten Bande enthaltenen Artikel 


Artikel: Berfaffer: Seite: 
Pius I, Papft Böhmer . . 421 
Pius II,, n (Böpffel F) Benrath 422 
Pius II iu (Böpffel F) Venrath 435 
Pius IV., „ Benrath . . . 436 
Pius V., Benrath . . 439 
us vi, Popſt (Böpffel }) Benrath 441 
Pius " (Böpffel F) Benrath 451 
Pius vu, „ (Zöpffel }) Venrath 458 
Pius IX. „ Nah . 459 
Hiusvereine Bödler . 464 
Placet (Htejer up) Sehling 466 
Placeus 471 
Planck, G. J. Bagenmann +) Tſchacert 472 
Planck, H.L. Wogenmann) Tſchackert 477 
Plath Warned . 478 
Platina (Heller +) Benrat 480 
Platon Dalton . . 481 
Blenarien Zrew 486 
Plitt 487 


Frank P.. 
Plymouthbrüder ſ. d. A. Dart B IVS. 483, 
Pneumetomadien ſ. d. 4. Macedoniug 
Bd XII ©. 4 
Poach, U. ſ. d. A. Sntinomiff Gtreitig: 
feiten Bd I ©. 5 


90, ss 
Pocode Herzog r 
Pönitentenorden Saud . 
Pönitentialia ſ. d. A. Vußbücher 8b III 
gr 81, so. 
önitentiariug ( acobion T) Echling 
Böll oefche 
Poiret Cramer .. 
Poiſſy (Herzog f) Lahenmann 
ole Benrath . 
Polemit Zichadert . 
Polemo, PBolemianer ſ. d. A. Dimöriten 
Bd IV ©. 669, «s. 
Bolen Dalton . . 
Pond tg D v. |. Georg dv. Roleng 
Bollanber Erdman 


Boliti, 2. |. Katharinus A. Bd xXE ioof 


Polychronius Harnad . 
Polyglottenbibeln (Reuß f) Neitle 
Polykarp Bonwetſch 
Polykrates Bonwetſch 
Polytheismus öckler 

Pomerius öckler 
Pontianus arnack. 
Pontifikale Jacobſon ) Sehling 


Artikel: Verfaſſer: 
Pontoppidan Nielſen. .. 
Poppo ſ. d. A. Cluni BBIV ©. 182, s7. 
Pordage tig gz— 

Porete, Margareta ſ. d Brüder des 
freien Geiſtes Bd III * 471, 20. 

Porphyrius ſ. d. A. Neuplatonismus 
Bd XIII ©. 779, ss. 

Porphyrius v. Gaza dennede . 


Borit Idel 

Portiuneule: Ablaß f.d.N. Franz v. Aſſiſi 
Bd VI ©. 201, ır. 

Port:Royal (Shot y) Lachenmann 

Portugal 

Poſitivismus te: 

Poſſevino — Venrath 

Poſſidius Görres . . 

Poftille Hölſcher. 

PBotamiäna Görred . 

Potamius ennede . 

Pothinus 


Potiphar ſ. d. A. Sofenh IX. 356, so. 
Präbende (Sacobfon }) Sehling 
Prädeftination I. Schriftlehre Hoennide 
Brädeftination II. Kirchenlehre Müller 
Praedestinatus, Liber 1 eufhen 
Prädinius n Veen 

Perlen Chriſti !. > U Thriſtologie 


V S. 11 
— *52 — — Tr. 
Prälat, Prälatur GSehling . 
Prämonſtratenſer Grützmacher 


Präſentationsrecht ſ. d. A. Patronat oben 
©.23, Pfarrei oben ©. 239 und No- 
inatio regia Bd XIV ©. 153. 
Präfenz (Sacobfon » Sehling 
Rrätorius, Abdias Wolff. 
Prätorius, Stephan Wolff 


Pragmatiſche Sanktion ſ. Santtion, pragm. 


Monardianismus 


Preciſt 
Prediger Salomo Kleinert . 
Predigt, Geſch. der (Chrijtlieb }) Schian 
Predigt, Theorie der 
Bd VIII ©. 29. 


Nordamerika, Vereinigte Staaten 
g) Kongregationalijten Brendel . 


b2* 


819 


Seite: 
551 


553 


617 
617 
623 


ſ. den A. Homiletik 


815 


820 Nachträge nnd Berichtigungen 


(Fortſetzung von Seite IV) 


15. Band: S. 349 3.54 füge bei: und b. €. v. Dobſchütz, Jews and Antisemites in Ancient, 
Alexandria, im American J. f. Theol. 1904, p. 728—755. 
©. 354 8. 28 füge zur Litteratur iiber Die Lehre Philos Hinzu: M. Friedländer, Geſch. 
der jüdiſchen Apologetik, Zürich 1903, S. 192—328, und E. Sachſſe, Die Sogeniehte | bei 
Philo und Johannes: NZ. 1904, S. 747— 167. Zöckler 
S. 624 3. 64 füge bei: Linſenmayer, Beiträge zur Geſchichte der Predigt 1889. 
&.625 „ 25 zu IIc füge bei: 1. für die engliich-fchottiihe Predigt: Edward Williams, 
The Christian Preacher, or, Discourses on Preaching, by several eminent Divines, 
Englieh and Foreign. Revised and Abridged. Boitabelbhia 10 %.9. Bloom, Pulpit 
Oratory in the Time of James the First, London 1831; b. Zaughan, The moden 
Pulpit viewed in its Relation to the State of Society, Sonbon 1842, Daniel Moore, 
Thougths on Preaching, specially in relation to the requirements of the age, hie 
1861; Thomas J. Potter, The Spoken Word, or, the Art of Extemporary Preachi 
London 1872; Daniel Moore, C. Dallas Marston, E. Baylay, Preachiag, Three Le. 
tures, London 1874 ; &. H. Spurgeon, Lectures to my Students, Rondon 1876; X. P. 
Mahaffy, The Decay of Modern Preaching, London 1882; il. M. Taylor, The 
Scottish Pulpit from the Reformation to the present day, New-York 1887 ; Biichet 
Baldwin, Principal Rainy, I.R. Vernon, Fred. Haſtings u. a., Papers on Preaching, 
London 1887; Henry Burgeß, The Art of Preaching and the composition ‚of Sermonz, 
Lond. 1888; Henıy Twells, Colloquies on Preaching, Lond. u. New-Yort 1889 (ein 
Verſuch, die "Rirfun der Predigt auf verjchiedene Gefelihaftötreife zu ffizziren) ; James 
Stalfer, The Preacher and his Models, New-York 1891; John Watlon (Jan Mac: 
faren), The Cure of Souls, New-York 1806. So. Goman, Preaching and Preachers 
Criticisms and Suggestions, London 1902. — 2, Für die amerilanijche Predigt: Ehe: 
nezer Porter, Lectures on Homiletics and Preaching, and on Public Prager, 
2. ed. 1844 (RPionierarbeit) ; Henry Fowler, The American Pulpit: sketches, bio- 
graphical and descriptive, "of living American preachers u. ſ. w. 1856 (}. aud 
©. 627,19), Nich. Murray, Preachers and Preaching, 1860; Daniel ®. Kidder, 
A Treatise on Homiletics, 1864; W. ©. T. Shedd, Homiletics and Pastoral Theology, 
Eight Ed. 1874; denn Ward Becher, Yale Lectures on Preaching, 1872—1874; 
Richard ©. Storrs, Conditions of Success in Preaching without Notes, 1875 (gilt 
als klaſſiſchy; Ph. Broot3, Lectures on Preaching 1877 (als hervorragend gerühmt): 
Matthew Sinpfon, Leetures on Preaching, 1879; €. &©.Robinfon, Lectures on Preachin ng, 
1883; T. Harwood Pattifon, The History of Christian Preaching, 1903; Lewis U. 
Braftom, Representative Modern Preachers, 1904; C. A. Dargan, History of Preachinz, 
1904; David H. Greer, Tectures on Preaching, 1904. — Einige Werte, die mehr ins 
Gebiet der Homiletit gehören, find Hier mit aufgeführt, weil auch fie charakteriitiic 
für die Art der engliſch-amerikaniſchen Predigt jind. 
. 625 8.37 füge bei (zu Ser): 2. ed. London 1888. 
625 „ 47 füge bei: 3. Aufl. 1895. 
627 zu 6 füge bei: val. auch die S. 743 3. 14ff. aufgeführte Kitteratur. 
627 3.20 The Homiletik Monthley umfa t bis 1884 8 Bde; feit 1885 fortgefegt als 
The Homiletic Review, bis jet 88 0-48. 
679 3.46 füge bei: B. Gaudeau, Les pröcheurs burlesques en Espagne au XVII. 
sieele, Baris 1591; Freppel, Bossuet et V’&loquence sacree au XVII. siecle, I, Paris 
os Chazel, La predication de Massillon, 189-4 ; Fabre, Flechier orateur, 1855. 
379 g. 49 lies Gaudar für Gandar. 
„20 füge bei: I. Herzog, Was lernen wir von Zinzendorf für die Verkündigung 
des Evangeliums? Chriſtl. Welt 1900, Sp. 488 ff. 5308ff. 
«29 3. 43 ff. füge bei: Henry van Duke, The Gospel for an Age of Doubt, 1596; 
Albert J. Lyman, Preaching in the New Age, 1902; für Beecher: Lyman Abbott, Henry 
Ward Beecher Boſton und New: :Morf 1903; für Channing: John White Chadwia, 
William Ellerx Channing, Minister of Religion, Boſton und New-York 1903; jir 
Rroofs: V. G. Allen, Lite and Letters of Phillips Brooks, 1900; für Buibnel: 
Theodore T. Munger, Horace Bushnell, Preacher and Theologian, 1899. 
7412.57 füge hinzu: Jonathan Edwards (vgl. Alexander V. G. Allen, American 
Relisious Leaders: J. Edwards 1890) und Edwards A. Part (Memorial Collection 
of Sermons by E. A. P. 1902), der in dem fünfziger u. jechziger Jahren des 19. Quhr- 
hundts blühte. 


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30. Oktober 1904. 





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not later than the date due,